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Stories of Switzerland

The Stories of Switzerland:

by Aus dem Schwabenkrieg - Benedikt Fontana

Source: Aus dem Schwabenkrieg - Benedikt Fontana

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Einstmals, im Ausgange des fünfzehnten Jahrhunderts, hatten sich die Schweizer mit ihren biedern Nachbarn über dem Rhein und Bodensee überworfen, besonders der guten Stadt Konstanz wegen, die sowohl der Schwäbische Bund als auch die Eidgenossen gerne besessen hätten. Die alte Bischofsstadt wäre erst nicht ungern schweizerisch geworden, aber als die ungestümen Eidgenossen sie einst überfielen und mit Gewalt zu eidgenössischer Minne zwingen wollten, kündigten ihnen die erbosten Konstanzer die Freundschaft und traten dem Schwäbischen Bunde bei. Dies und weitere Ursachen brachten den sogenannten Schwabenkrieg zum Ausbruch. Man stritt hin und her und tat sich beiderseits viel Abbruch und Schaden, wobei jedoch die Schwaben hübsch hinter dem Rhein und Bodensee blieben. Am ärgsten plagte es die Schweizer, wenn die Schwaben ihnen über den Rhein hinüber "Kuhmäuler" zuriefen und bei ihrem Anblick zu muhen und zu plärren anfingen. Als nun auch der Kaiser Maximilian, den man den letzten Ritter nennt, dem Schwäbischen Bund zu Hilfe kam, sah es für die Eidgenossen bös aus. Der Kaiser aber wollte die Schweizer zwingen, die neue Reichsordnung anzunehmen, und dann gedachte er das Graubündnerland und danach auch die Eidgenossen wieder der österreichischen Herrschaft zu unterwerfen. Jetzt brachen die Schweizer eilends mit all ihren Pannern auf, dem Heere des Kaisers entgegenzurücken, denn wenn des Kaisers Heer siegte, mußten sie für ihr Land grausige Zeiten erwarten, da der österreichische Ritter Burkhardt von Randeck, ein grimmiger Schweizerfeind, gesagt hatte: "Ich will auf den Tag im Schweizerland räuchern und brennen, daß Gott im Regenbogen vor Rauch und Hitze blinzeln und die Füße an sich ziehen muß." Aber der Himmel hörte diese lästerliche Rede, und die Strafe folgte ihr auf dem Fuße. Denn als nun des Kaisers Heer über die Berge stieg, um zuerst die Graubündner zu unterwerfen, empfingen ihn diese und ihre Eidgenossen also vortrefflich, daß er nach vielen grimmigen Gefechten und Kämpfen den Krieg verlor und die Schweiz und ihre Bundesgenossen von Graubünden für immer bei ihren Freiheiten belassen mußte. Ganz besonders heiß ging's in diesem Kriege in der Schlacht auf der Malserheide zu. Da gewann sich ein Graubündner namens Benedikt Fontana großen Ruhm. Er führte den Gewalthaufen der Graubündner und ihrer Eidgenossen. Nun versperrte ihnen eine lange Schanze den Vormarsch. Ein Sturm nach dem andern wurde von den tapferen Tirolerschützen, die hinter der Schanze steckten, abgeschlagen. Als nun auch der österreichische Feind im Rücken in hellen Scharen angestürmt kam, mußten die Schweizer fürchten, erdrückt zu werden. Da riß sie ihr Anführer Fontana zu einem letzten wilden Sturmangriff auf die Schanze mit sich fort, und es gelang, die stark bewehrte Mauer zu nehmen. Fontana stand als erster jenseits der Schanze. Aber da traf ihn ein Schwertstich in den Unterleib. Wie gelähmt stutzten seine Kampfgenossen einen Augenblick, da sie ihren Anführer auf die Knie sinken sahen. Aber er erhob sich noch einmal, streckte das Schwert hochauf und rief, mit der einen Hand die gräßliche Wunde am Unterleib zudrückend: "Eidgenossen, frisch drauf! Kümmert euch nicht um meinen Fall. Ich bin ja nur ein einzelner Mann. Heute könnt ihr als Sieger das Vaterland und eure freien Bünde retten. Werdet ihr aber besiegt, so kommen eure Nachfahren in ewige Knechtschaft!" Dann sank er tot zusammen. Jetzt sprangen die Eidgenossen, jauchzend vor Wut und Kampfgier, über die Schanze und schlugen den Feind nach blutigem Ringen vollständig. Jenem Lästerer aber, dem Ritter von Randeck, war es sonderbar ergangen. Nämlich etwa einen Monat vorher brach er mit zehntausend Mann von Konstanz auf und überfiel einen Haufen Eidgenossen im Schwaderloch. Sie hatten schlechte Wache gehalten und sich überraschen lassen. Nun mußten sie sich fechtend in den Wald zurückziehen. Jetzt wurde der Randecker so übermütig, daß er vorschlug, man wolle gleich nach Zürich ziehen, ins Herz der Eidgenossenschaft. Die Führer konnten sich aber nicht einigen. Also machten sie ein mächtiges Feuer an und fingen an zu kochen und zu braten und wurden guter Dinge. "Ei", sagte aber der wilde Randecker, als er sah, wie alles drüber und drunter ging, "seht euch vor, die Kühmelker kommen gewiß wieder!" Und sie kamen. Sie hatten sich in den Wald zurückgezogen, wo nach und nach so viele Schweizer zu ihnen stießen, daß ihrer wohl vierzehnhundert zusammengekommen sein mögen. Nun versuchten sie's mit einer Kriegslist. Sie verteilten ihre Trommler im ganzen Wald und ließen sie dann von allen Seiten drauflostrommeln und Wirbel schlagen, daß es einen Mordslärm gab. Entsetzt fuhren die Schwaben in ihrem fröhlichen Lager auf, denn sie meinten, ein gewaltiges eidgenössisches Heer sei im Anzug. Und als nun die Schweizer jauchzend aus dem Walde hervorbrachen, schossen die Krieger vom Schwäbischen Bunde zu hoch. Die Eidgenossen aber fuhren auf sie los, warfen sie auf die Geschütze zurück und auf das entsetzlich rauchende Lagerfeuer, also daß ihrer viele von dem Rauch und der Hitze versengt wurden und erstickten. Und als nun die Eidgenossen nach einem kurzen Hau das Feld behielten und die Toten absuchten, fanden sie auch den wilden Ritter von Randeck mit versengten Haaren und geschwärzt vom Rauch neben den Geschützen am Feuer liegen. Mit Grausen erinnerten sie sich jetzt seiner lästerlichen Rede vor dem Kriege. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Heer im Schrattenberg

Source: Das Heer im Schrattenberg

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Das sogeheissene Wetterschiessen nennen sie um Escholzmatt Gurnigeln. Die Leute stellen sich vor, dieses Donnern oder Kanonieren komme vom Gurnigel her, unter welchem Namen sie diesfalls nicht nur den bekannten Berg im Bernbiet verstehen, sondern auch das Schrattengebirge. Wie mal im Herbst ein Hirt seine Herde von der Alp ab dem Schratten trieb, bemerkte er, dass ihm ein Schaf fehle, konnte es aber nicht mehr finden. Sein Erstaunen war nicht gering, als beim Wiederauftrieb ihm das verlorne Schaf so wohlgenährt und froh entgegensprang. Doch wollte es nicht mit der übrigen Herde fressen, man sah, dass ihm diese Weide nicht mehr gut genug sei und es eine bessere kenne. Mein Hirt denkt, er wolle dem Ding schon auf die Spur kommen, verliert das Schaf nicht mehr aus dem Auge, sondern schleicht ihm auf seinen Pfaden nach. Es ging einer Felsenhöhle zu und dann einen langen grossen Gang hindurch in einen unübersehbaren grossen Saal, der ringsum von hellen Kristallen funkelte und wo an prächtigen Bahren die schönsten Streitrosse standen, unzählig viele. Da hatte das Schaf es lang gut genug. Beim Herumgehen kam er an ein hohes stolzes Tor, das bei leichtem Berühren aufsprang und dem überraschten Auge einen zaubervollen Anblick öffnete. Ein anderer Saal, voll Gold und Edelsteinen schimmernd und blitzend weitete seine lichten Räume tief dahin und an herrlichen Tischen sassen und schliefen gar viele schön und wohl gerüstete Kriegsmänner. Zu hinterst, dem Tore gegenüber, ruhte an eigenem Tische der Heerführer. Dieser hob jetzt sein Haupt auf und fragte ernst und würdevoll einen andern Offizier an der Seite: „Wie spät ist es?" - „Ein Tausend achthundert dreissig!" gab dieser zur Antwort. „So müssen wir noch 45 Jahre warten", versetzte der erste und schlief wieder fort. Der Hirt dachte nun auf den Rückzug. Wohl kam ihm der Gedanke, die Unterirdischen könnten von den unermesslichen Schätzen an Gold und Diamanten einige Hände voll leicht entbehren. Aber er beschloss, doch zuerst seinen Seelsorger zu beraten. Den Eingang merkte er sich gut und liess auch das Schaf einstweilen zurück. Hernach kam er wieder dahin, um jetzt so viel möglich von den herrlichen Dingen sich anzueignen. Zu spät, das Loch war nimmer zu finden und das Schaf kam nimmer zum Vorschein.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Das Herdmännli von Mellikon

Source: Das Herdmännli von Mellikon

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Zur Zeit als die Grafschaft Baden noch dreiörtlich regiert wurde (von den drei Orten Bern, Zürich und Glarus), lebte im Dörflein Mellikon, das im Zurzacher-Bezirk nah am Rhein liegt, ein Junker aus dem Urnerlande. Die schönsten Matten und fruchtbarsten Aecker waren sein, ein hübsches Herrenhaus mit einer Kapelle daneben war sein Sommersitz. Weil er aber keinem Menschen aus dem Badener- und Aargauerlande genug traute, so hatte er einen Urner zum Verwalter seiner Höfe gemacht, und dieser erwarb sich dermassen seine Zufriedenheit, dass der Junker gar oft zum Schwarzheinrichbauer sagte, seit er diesen Aufseher habe, regne ihm das Geld in die Kisten zum Dach herein. Nach und nach lernte dieser Schaffner die lustigen Brüder in Mellikon und Reckingen kennen und zahlte ihnen die Zeche, so oft er mit ihnen trank und spielte; aber um den Grosshans fortspielen zu können, musste er endlich den Junker bestehlen. So gab er dem Obermüller von Reckingen manches Viertel Korn um einen Spottpreis. Beide hatten in einer Winternacht wieder einmal einen Schlitten mit gestohlenem Korn geladen und eben wollte der Verwalter noch den letzten Sack hinter das Haus hinab tragen, da stürzte er so unglücklich die Stiege mit hinunter, dass er auf der Stelle todt blieb. Der Müller liess den Schelm liegen und sprengte mit seiner wohlfeilen Ladung heim. Am andern Morgen fand ein Schuhmacher von Rümikon den todten Mann unter seiner Last. Aber zu gleicher Zeit hörte man nun droben auf dem Kornboden ein Seufzen und Poltern, dass Niemand mehr hinauf zu steigen wagte. Der Junker wendete sich nun, um des Unholdes los zu werden, an einen Kapuziner im Kloster zu Baden, und dieser bannte ihn glücklich in eine Felshöhle in der Neuburgerhalde. Da zeigt er sich noch von Zeit zu Zeit unter einem Loche des Felsens und verspottet die Leute, die zu ihm hinauf blicken. Das Volk kennt ihn schlechtweg als das Herdmännli. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 293 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Wettermännchen in der Pörtlialp

Source: Das Wettermännchen in der Pörtlialp

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1. Wenn man's allemal vom »Beerdli« her jauchzen hörte, sagten die Leute am Ronastutz und in Fellenen: »Ähä! ds Wättermanndli het wider g'jützet im Beerdli; äs wird wiëscht.« Von Zeit zu Zeit sah man einen grossen, schweren Mann vom Beerdli herkommen; der hatte einen grossen Hut auf und ging bis in den Kästalwald; nie weiter. Dort verschwand er. Und jedesmal wurde es dann wüst. Mein Vater hat ihn oft gesehen, aber nie so nahe, dass er ihm hätte das Gesicht beschauen können. Man vermutete, es sei der nämliche, den man auch jauchzen hörte. Albin Indergand, Amsteg 2. Ja, das ist wahr! im vorderen Beerdli (Pörtli) hört man von Zeit zu Zeit Einen jauchzen, und dann gibt's wüst Wetter. Ich habe ihn selber gehört und gesehen. Wir gingen eines Herbsttages ins Fellital, um dort Holz zu holen. Auf einmal hörten wir vom andern Beerdli her Einen jauchzen. 'S isch äs prächtigs G'jütz gsy und isch eim ganz bekannt vorchu; mä hätt meegä meinä, mä hätt-ä scho mängsmal g'heert, der danä. Wir jauchzten ihm ebenfalls zu, aber er verstummte. Zwei bis drei Tage nachher legte es einen tüchtigen Patsch Schnee. Seine Wohnung hatte er im Alphäuschen im vordern Waldi. Oft hörten sie ihn am Abend seinen Stock neben der Haustüre an die Wand stellen und dann hineinkommen. Aber dann gab es bald schlecht Wetter. Das war ein sicheres Zeichen, wenn man ihn den Stock an die Wand stellen hörte. Ich war mehrere Sommer Senn daselbst. Eines Abends, als ich zu beten gerufen hatte und zur Hütte zurückkehrte, kam Einer grad zum Türgricht heraus, witschte in schnellen Schritten an meiner Seite vorbei und eilte von dannen. Ich dachte, es sei der Hirt. Als ich aber die Hütte betrat, waren Hirt und Zubub drinnen, und keiner hatte die Hütte verlassen oder einen Besuch gesehen. Das war das letzte Mal, dass ich den gespenstigen Hütteninsassen bemerkt hatte. J.J. Walker, 72 J. alt, Meitschligen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Bettenhund

Source: Der Bettenhund

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  In der "Betten", wo ein Bächlein die Gemeinden Rebstein und Marbach scheidet, sah man früher den Bettenhund mit weit herabhängender Zunge, feurigen Augen und einem langen Schwanze. Am Steg, der aus zwei Brettern bestand, erschien das Tier, und es begleitete den nächtlichen Wanderer bis zum großen Kirschbaum vor dem Unterdorfe. Einen Frevler, der den Hund rief, begleitete dieser sogar bis zur Haustüre. Ein höchst unangenehmer Begleiter, wenn er auch keinem Menschen ein Leid zufügte! Von der gegenwärtigen Generation hat ihn niemand mehr gesehen. J. U. Büchel.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 64, S. 29   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Brunnen zu Schwanden

Source: Der Brunnen zu Schwanden

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Im Schächental lässt sich gar nicht versenken, nicht einmal mit Quecksilber. Vor Zeiten hatte man dort gar kein Brunnenwasser. Da fingen sie an, zur St. Anna, der Kapellenpatronin, zu beten. Da kam eines Abends ein Bettler und fragte übernacht. Barmherzig nahmen ihn die Leute auf, sagten aber, wenn er etwa dürsten sollte, müsse er in Gottes Namen selber für Wasser sorgen, sie hätten keines im Hause. Er meinte, bis morgen würden sie schon Wasser haben. Am Morgen war der Bettler schon in aller Frühe fort, und neben dem Hause floss ein prächtiges Brünnelein mit klarem Wasser, das in der Folge auch im Winter nie versiegte und nie einfror. Karl Gisler Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Burgvogt von Brunnegg

Source: Der Burgvogt von Brunnegg

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Wenn anderes Wetter eintreten soll und besonders wenn die heil. Zeit heranrückt, hören die Leute am Fusse der Brunnegg ein anhaltendes Getöse droben auf der Burg. Man sagt, der Burgvogt reite auf seinem Choli (Rappen) auf die Jagd. Das that er auch einmal im strengsten Winter mit seiner Kuppel Hunde und einem Tross Reisigen. Vor Kälte erstarrten ihnen die Füsse, da fand der Vogt einen armen Holzhacker, erschlug ihn und wärmte im aufgeschnittenen Bauche seine frierenden Füsse. Von dem Augenblicke an brach ein grässlicher Schneesturm los, er muss sie alle zusammen verweht und begraben haben, keiner ist mehr ins Schloss zurückgekommen. Diejenige Stelle, wo der arme Bauer starb, kennt man noch; bis dorthin sprengt der jagende Reiter, dort hört man sein weidmännisches Hop-Hop! verstummen. Belesene Leute nennen ihn Gessler und meinen, es sei derselbe, der den Tell zwang auf sein eigenes Kind zu schiessen. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 187 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Chriemhildengraben

Source: Der Chriemhildengraben

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Ein fahrender Schüler, der in Salamanca die Zauberei erlernt hatte, kam einst auf seinen Fahrten durch die Welt, die er mit Hülfe des Teufels unternahm, auch an den Türlersee. Zu dieser Zeit wohnte dort eine Frau Namens Chriemhild, welche sehr schön, dabei aber auch sehr bös und neidischen Gemütes war. Ihr Hass und Neid war aber besonders gegen ihre Nachbarsleute gerichtet, deren Felder und Wiesen sich immer bei weitem fruchtbarer zeigten als ihre eigenen. Da nun das schändliche Weib schon längst gewünscht hatte, einmal ihre Bosheit an dem Gut ihrer Nachbarn auszulassen, so kam ihr die Ankunft des fahrenden Schülers, durch dessen Kunst sie Wiesen und Felder derselben wo möglich noch unfruchtbarer, als die ihrigen, zu machen hoffte, eben recht. Dieser, in sündiger Liebe zu dem schönen Weibe entbrannt, willigte auch alsbald in das böse Verlangen ein und machte sich eines Nachts daran, einen großen Graben zu ziehen, vermittelst welchem er das Wasser aus dem Türlersee auf die Wiesen und Felder jener Nachbarn leiten wollte, um sie so zu überschwemmen und ihren warmen, fruchtbaren Boden in kalten, nassen Moorgrund zu verwandeln. Bald wäre auch das boshafte Werk gelungen, nur noch wenige Spatenstiche fehlten und das Wasser wäre in den Graben eingebrochen, da kam aber von ungefähr ein frommer Pilgrim des Wegs daher, der das Schändliche des Unternehmens sofort erkannte und den fahrenden Schüler samt dem bösen Weibe mit der Kraft seines heiligen Willens auf den Glärnisch verbannte, wo beide verdammt sind auf dem Mittlern, mit ewigem Eis bedeckten Gebirgsstock einen Garten anzulegen; erst wenn dieser Garten, den das Volk das Vreneligärtli oder den St. Verenagarten nennt – jener Pilger soll nämlich die heilige Verena gewesen sein – vollendet ist, wird die Erlösung der Beiden erfolgen. Das wird aber wohl niemals geschehen, eben so wenig als den Verdammten bei Lebzeiten die Vollendung des Grabens gelang, der von dem bösen Weibe noch heut den Namen „Chriemhildengraben" führt. (Anm.: auf der Landkarte findet man am Ende der südwestlichen Bucht des Türlersees den Häxengraben.) C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Dank des Bettlers

Source: Der Dank des Bettlers

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Kam da im Frühling des Jahres 1887 ein unbekannter Bettler nach Spiringen und klopfte in einem Bauernhaus zu Hellprächtig an und bat um Speise und Trank. Aber kaum hatten ihn die harten Leute angeschaut, schletzten sie unter Schimpfen und Schelten über das unverschämte Bettlerpack vor seiner Nase die Türe zu. Er schritt hinüber zum andern Hause und brachte auch hier in aller Bescheidenheit seine Bitte vor, aber sie schnauzten ihn nur an und wiesen ihm die Türe. In einem dritten Haus, im Isenprächtig, wo arme Leute daheim waren, gaben sie ihm ein ehrliches Almosen. Da hielt ihnen der Bettler eine Ansprache und weissagte: »Es wird bald ein grosses Unglück geschehen, aber dieses Haus wird verschont bleiben.« Und so kam es. Am Pfingstmontag des genannten Jahres verschüttete der Bergsturz die zwei Häuser und die Wiesen zu Hellprächtig und tötete sieben Personen. Das benachbarte Haus, wo der Bettler Barmherzigkeit erfahren, blieb auf wunderbare Weise verschont. Später fiel auch es dem Schächenbach zum Opfer. »Das hani einisch z'Birglä-n-obä-n-äs alts Müetterli g'heert verzellä.« Ferdinand Dubacher, 30 Jahre Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Hausgeist im Remsenberg

Source: Der Hausgeist im Remsenberg

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Im hochgelegenen Berggut Remsen in Bürglen baute mein Vetter ein neues Haus, aber nicht mehr ganz auf der alten Stelle. Als es beinahe fertig dastand, hörten sie auf dem alten Hausplatz flennen. Mehrmals ging der Vetter auf diesen Platz hinaus, suchte und forschte, konnte aber gar nicht herausfinden, was oder wer da so weine. Endlich dachte er, da sei vielleicht eine arme Seele, und deerer miess eppis mangierän. Er holte Rat bei einem Geistlichen, und der sagte, er solle sie anreden, müsse dann aber alles erfüllen, was sie verlange. Der Vetter dachte, die wird etz ämel e keis Kapital verlangä, und redete sie an. Sie sagte ja, sy syg än armi Seel, äs alts Meitli, wo einisch vonnärä Läuwi undermä-n-Ofä erdrickt wordä syg und da miess lydä. Und jetz mecht sy äbä wider under Dach. Der Vetter sagte: »Wenn du mier und mynä Chindä und Chinds-Chindä nyt z'leid tüesch, channsch du i das nyw Hüs iberächu, i weli Chammer, dass du witt. Aber darfsch ys nyt im Wäg sy.« Die arme Seele kam dann in das neue Haus, und sie spürten nie etwas von ihr. Ambros Walker Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Lehenzins

Source: Der Lehenzins

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Unter dem düstern Giswiler Stock im Unterwaldnerland liegt ein schönes Heimwesen, das "Iwi" genannt. Die Matten sind voll von schönen Bergblumen, also daß die wilden Bienen ihre liebe Not haben, sommerlang die Millionen voller Honigbecherlein abzusuchen. Einst war ein hablicher Bauer mit seinem Sennten von dreißig gutfarbigen Kühen aufs "Iwi" gefahren. Wie er da im Vorsäß war, erschien unversehens eines Tages, als er eben, den Melkstuhl am Arm und den Eimer in der Faust, sich unter eine Kuh setzen wollte, ein wunderliches Männlein vom Giswiler Stock her. Es hatte einen langen, weißen Bart und ein uraltes Gesicht. Verwundert blieb der Mann stehen und wartete, bis das Männlein vor ihm stand. Wie es nun bei ihm angekommen war, grüßte es freundlich, und dann bat es in den eindringlichsten Tönen, der Bauer möge ihm doch für den Sommer eine Kuh ins Lehen geben. Der Bauer, der das seltsame Männlein noch nie zuvor gesehen hatte, glotzte nur verwundert auf sein altmodisches Röcklein und sagte nichts, denn er traute der Geschichte bloß halb. Als aber das Männlein nicht nachließ, ihn um eine Kuh zu bitten und zu beten, fiel es dem Hirten ein, er habe ja noch eine magere, nichtsige Kuh, die ohnedies abgehend sei und wohl bald dahinsiechen und umstehen werde. Um dieses Stück Vieh sei's am Ende nicht schade, auch wenn er's nie mehr zu sehen bekommen sollte. Also sagte er dem Männchen das magere Urner Kühlein zu, doch wollte er ihm vorher die Schelle abziehen, denn er schätzte die Glocke der Kuh höher als sie selber. Als aber das Männlein bittlich anhielt, er solle ihm doch die Kuh samt der Schelle lassen, willigte der Bauer schließlich ein. Auf St. Michaelistag sollte ihm jedoch die Kuh samt Lehenzins pünktlich wiedergebracht werden. So war denn der Handel gemacht. Das wunderliche Männlein zog mit seiner mageren Lobe ab, und der Bauer sah der Kuh nach und dachte: Dich und das alte Männlein sehe ich gläublich nicht wieder. Immer ferner läutete die Schelle der abziehenden Kuh, bis er sie nicht mehr hörte. Da hockte er sich auf seinen einbeinigen Melkstuhl und begann das herandrängende Vieh zu melken. Aber als er eines Tages vor sein braunes Häuschen trat und an den Giswiler Stock hinaufschaute, sah er weit oben in den Gemsplätzen sein mageres Kühlein munter weiden. Da gab er die Kuh völlig verloren, denn dort mußte sie ja gewiß bald abstürzen, da nur Gemsen in jenen Schroffen gefahrlos zu weiden vermochten. Danach sah er nicht mehr hinauf, denn er fuhr mit seinem Sennten auf die Hochalpen und vergaß den ganzen Handel. Doch ging es ihm diesen Sommer immer merkwürdig gut. Sein Vieh ward rund und glänzend, während seine Nachbarn allerlei Seuchen hatten, also daß ihre Kühe gegen den Herbst zu die Haare stellten, als ob sie beim Bürstenbinder gesömmert worden wären. So wurde es Herbst. Da war der Bauer wieder von der Hochalp ins Vorsäß "Iwi" abgefahren, und die Kühe sprangen vor Vergnügen wie die Heuschrecken vor der Sense im saftigen Herbstgras herum. Am Michaelistag saß der Bauer vor seinem Häuschen und dachte an nichts. Da hörte er eine Kuhschelle mit absonderlich schönem Klang läuten. Wie er neugierig aufschaute, sah er das Männlein mit dem schneeweißen Barte daherkommen. An der Hand führte es eine Kuh, die glänzte wie die Seide am Zapfen. Da sei nun die Kuh wieder, sagte das herankommende Männlein, die er ihm lehenweise in die Sömmerung gegeben habe. Wieviel Lehenzins er nun von ihm verlange. Der Bauer mußte nur so Augen machen. Er konnte zuerst gar nicht glauben, daß die schöne Kuh mit dem saitengeraden Rücken und den strotzenden Milchzeichen das elende, abgehende Kühlein sein sollte, das er dem Männlein im Frühling ins Lehen gegeben hatte. Endlich erholte er sich von seiner Verwunderung und sagte, daß er gar keinen Lehenzins begehre. Er wolle ihm gegenteils gerne im nächsten Lenz wieder eine Kuh zur Sömmerung überlassen. Doch das seltsame Männlein antwortete, es brauche nun nie mehr eine Kuh, da es für sein ganzes Leben Milch und Käse haufensgenug habe. Dann überreichte es dem Bauer ein Bratkäslein und sagte zu ihm, er gebe ihm nun diesen kleinen Käse als Lehenzins. Er solle ihn aber ja nie ganz aufessen, dann habe er immer Käse. Da lachte aber der Bauer nur und schüttelte ungläubig den Kopf. Das Männlein aber rief aus: "Thio und liog!" ("Tu's, und dann wirst du's schon sehen!"), und im Hui war es weg und lief flinkfüßig wie ein Spinnlein am Giswiler Stock hinauf. Am Abend, als der Bauer mit seiner Frau zu Tische saß, kosteten sie vom Käslein, und es bedünkte sie, es habe einen gar vornehmen Geschmack. Sie ließen dann auch die Nachbarn oftmals davon essen. Jedesmal, wenn man das Käslein wieder hervornahm, war es ganz wie zuvor. Das ging wohl zwei Jahre lang so fort. Aber eines Tages hatte der Bauer den Schneider und den Schuhmacher gleichzeitig auf der Stör (in Arbeit im Haus). Wie er das Bratkäslein dem Schneider und dem Schuhmacher als Vesperbrot auftischte, da schmeckte es ihnen so vortrefflich, daß sie, ohne daß der Bauer es gerade gewahrte, das ganze Käslein aufaßen. Da ward der Bauer zornig, als er's bemerkte, denn nun konnte das Käslein nicht mehr wachsen, wie viel und wie lang er auch den Schneider und den Schuhmacher ausschimpfte. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Rockbub von Golzer

Source: Der Rockbub von Golzer

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 Im Gruobacher auf Golzer im Maderanertal wuchs ein Bub bis zum 20. Altersjahre im Rock auf. Eines Tages trug der Vater Mist aus, und der Bub schaute zu. Als er sah, wie der Vater bei jeder »Trägi« einigemal ausruhte, fragte er, warum er denn mit dem Bitzi Mist so oft ghirme. »Ja nun,« sagte der Vater, »wenn's so gmeint ist, Bub, so trage du einmal selber!« Da nahm der Bub einen grossen Grisskorb voll und trug ihn ohne auszuschnaufen eine grosse Strecke durch das steile Port hinauf und leerte ihn. Albin Loretz Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schatz auf dem Kaiserstock

Source: Der Schatz auf dem Kaiserstock

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a) Der gelehrte Urner Landammann, Dr. K. Lusser, erzählt in einer Handschrift von 1833 folgende Sage, die im Urner Wochenblatt 1921, Nr. 44, veröffentlicht ist: »Die kleine, kraterförmige Vertiefung oben auf dem Kaiser in Isental soll daher rühren: Gereizt durch die Sage eines da verborgenen Schatzes sollen Hirten sich eingewühlt haben. Schon stiessen sie auf die Hiena des gewaltigen, mit Geld gefüllten Alpkessels, als sich ein furchtbares Gewitter erhob und die Suchenden vertrieb, nachdem sie zu sterben meinten, worauf die Grube wieder zufiel und keiner es wagte, sie wieder zu öffnen.« b) Auf dem Kaiserstock in Isental ist ein ganzes Chessi voll Geld oder, nach anderer Auffassung, ein Schiff voll Ledergeld verlochet. Einmal machten sich mehrere Isentaler dahinter, den Schatz zu heben. Wie sie mit ihren Hauen auf den Deckel kamen, wurde es plötzlich dunkel, und ein gewaltiges Donnerwetter entlud sich ob ihren Häuptern. In der Angst ergriffen sie die Flucht und versteckten sich in einer Felsenhöhle. Als sie auf den Platz zurückkehrten, um ihre Arbeit zu vollenden, war der Schatz noch dreimal so tief in den Erdboden versunken. Hätten sie, bevor sie flohen, noch schnell ihre Hauen kreuzweise darüber gelegt, so wäre das Geld nicht verschliffen; die Hexe oder der Teufel hätte dann nicht darüber Gewalt bekommen. »Das ha-n-i mängs dutzedmal g'heert verzellä.« Mich. Imhof, 80 J. alt; Hans Aschwanden, 50 J.u.a. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schmied von Rumpelbach

Source: Der Schmied von Rumpelbach

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Erlaubte dem Teufel, ihn mit Leib und Seele zu holen, wenn er ihm neun Jahre lang genug Geld verschaffe. Der Teufel nahm den Pakt an, brachte dem Schmied Geld in Hülle und Fülle, dass dieser in Saus und Braus leben konnte. Als die neun Jahre ihrem Ende entgegeneilten und die letzte Stunde der Frist herangebrochen, schloss der Schmied alle Türen seines Hauses bis auf eine, und hinter diese legte er ein Wolfeisen. Der Teufel kam und rumpelte mächtig an allen Türen, bis er die rechte fand und öffnete, um glücklich in das Wolfeisen zu plumpsen. Vor Freude hüpfte und tanzte der Schmied um den schwarzen Gefangenen herum und rief: »So jetz Tyfel! jetz bisch dü mynä statt ich dynä!« Und dieser seinerseits heulte und winselte, schwor und fluchte durcheinander. Am Ende verlegte er sich aufs Bitten und flehte den lachenden Schmied an, ihn loszulassen. »Wenn du mir wieder neun Jahre und wieder Geld genug schenkest, will ich dich laufen lassen«, meinte der Schmied, und der Teufel versprach es gerne, wurde vom Eisen befreit, hinkte davon und liess den Schwanz hangen. Nachdem die Gnadenfrist verstrichen war, erschien der Höreler wieder in der Werkstatt und wollte seine Beute. Aber der Schmied zeigte ihm ein Gewehr und sagte: »Sofort werde ich mit dir kommen. Aber sage mir noch, was für ein Instrument dieses ist.« »E, das ist doch eine Zigarre«, erwiderte der Teufel. »Du hast's erraten«, sagte der Schmied, »das ist präzis eine Zigarre. Stecke sie ins Maul, ich will sie dir anzünden, und dann reisen wir selbander ab.« Gleitig steckte der Teufel das Gewehr ins Maul, der Schmied liess es los, es gab einen Krach, und der Schwarze wälzte sich ächzend und stöhnend am Boden. Ein grosses Wunder, dass er nicht tot war. Der Schmied hielt sich den Bauch vor Lachen. Endlich packte er den bös Blessierten, warf ihn in einen Sack, band zu, legte ihn auf den Amboss und begann darauf loszuhämmern. Da heulte der Teufel aus allen Kräften und bat, ihn loszulassen, und versprach alles mögliche. Um eine neue Gnadenfrist, diesmal von fünf Jahren, liess ihn der Schmied laufen. Die fünf Jahre waren dahin, und der Böse stand schon wieder beim Schmied vor der Türe und sagte grinsend: »So jetzt, Schmiedlein, komme!« Dieser aber entgegnete mit Lachen: »Ja, du hast alle Wissenschaften mit Löffeln gefressen; aber meinen Kopf will ich an einen Batzen setzen, ich kann dir ein Tier zeigen, das du nicht kennst.« Das wurmte den Teufel, punkto Kenntnisse und Wissenschaften liess er sich nicht foppen. »Wenn du mir ein solches Tier zeigen kannst«, sagte er, »will ich nicht mehr Teufel sein und für immer und einfür allemal auf einen so ungeschlachten Klotz verzichten, wie du einer bist.« Jetzt hatte der Schmied, was er wollte. Er ging und wälzte sein altes Weib mit dem mächtigen Kropf im Honig herum und dann in den Hühnerfedern, stellte es in einen Baum hinauf und sagte hernach zum Teufel: »So, jetzt beschaue dir den Vogel da im Baume und sage mir, wie er heisst!« Der Teufel schaute und schaute, betrachtete das merkwürdige Geschöpf von allen Seiten und schüttelte den Kopf. Zuerst musste er lachen, dann aber wurde er fuchsteufelswild und brüllte: »Nein, ein solches Tier, welches das Euter am Halse und den Schwanz am Kopf hat, habe ich noch nie gesehen.« Und dampfte ab. Vor dem Teufel hatte der Schmied jetzt Ruhe, aber dafür kam nach einigen Jahren ein anderer, der Tod, und führte ihn ab in die Ewigkeit. Zuerst kam er an die Höllenpforte. Aber da wollten sie ihn nicht. »Du könntest mir noch die ganze Hölle mit samt allem verkaufen, packe dich!« brüllte der Oberste der Teufel. Da ging der Schmied vor die Himmelstüre und klopfte hübscheli an. Aber St. Peter machte ein verdriessliches Gesicht, als er öffnete und den Sünder erblickte. »Du hast's mit dem Teufel gehabt, nicht mit unserm Herrgott«, schnerzte er, »gehe zur Hölle, dort ist dein Gevatter!« Aber der Schmied zog schnell sein Schurzfell ab, warf es hinter die Himmelstüre, sprang blitzschnell darauf, setzte sich und rief: »Ich bin der Schmied von Rumpelbach, Da bin ich, und da bleib ich und sitz auf meiner Sach.« Und da hinter der Himmelstüre, sitzt er heute noch auf seinem Schurzfell. »Diä Gschicht hed-is alligs der alt Fadä-Daller-Wysi verzellt.« Jos. Maria Arnold, Unterschächen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der starke Vater

Source: Der starke Vater

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a) Ein älterer Mann besass einen ungemein starken Sohn, der ihm eines Tages freudig berichtete, er habe bei seinen »Stubeten« mit vielen Gegnern gerungen, aber bis jetzt keinen gefunden, der ihm an Kraft gleichgekommen sei. Da lächelte der Vater. Als der Sohn am Abend wieder an den gewohnten Ort zu seiner Liebsten gezogen war, schlich der Alte ihm verkleidet nach und liess vor dem Hause den Herausruf ertönen. Alsogleich erschien der rauflustige Sohn und machte sich über seinen vermeintlichen Gegner her. Da zeigte sich die ungeheure Stärke des Alten, der seinen Sprössling nach kurzem Ringen warf und in die Flucht trieb. Am folgenden Morgen war der Sohn ganz niedergeschlagen. Vom Vater über die Ursache seiner Betrübnis befragt, gestand er, bis jetzt habe er geglaubt, er sei der Stärkste in der Gemeinde, und nun sei ihm letzte Nacht noch ein Stärkerer begegnet, was ihn schrecklich wurme. Lachend erklärte ihm der Vater den Zusammenhang, mit der weisen Mahnung, dass einen jungen Mann Bescheidenheit am besten ziere. b) Die gleiche Geschichte erzählen die Isentaler von einem Mann, den ältere Leute noch gekannt haben wollen. c) Der mittlere der bekannten drei starken Portnerbuben war ein lebensfroher Bursche. Zu Ostern ging er nach altem Brauch bei den Jungfern auf Eier los und an der Chilwi auf Chrapfen. Aber nie hätte er den Brüdern davon gegeben. Das verdross sie. Eines Abends – es war eben Ostern, und sie wussten, dass er auf Eier ausgegangen – passte ihm der stärkste von ihnen vermummt auf. Nach hartem Kampfe überwand er ihn und zerschlug ihm die Eier, die er auf dem Kopfe unter der Kappe versteckt hatte. Am nächsten Morgen klagte der Besiegte seinen zwei Brüdern: »Jetzt habe ich gemeint, hier herum der Stärkste zu sein; aber gestern abend bin ich doch auf einen gestossen, der mir über war.« Die zwei lachten heimlich, verrieten sich aber nicht. Frau Arnold-Gisler, Bürglen; Hans Aschwanden, Isental Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die drei Blutstropfen

Source: Die drei Blutstropfen

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die man an einer Wand eines Hauses auf dem Stalden in Bürglen, in dem zur Franzosenzeit ein einquartierter Franzose ermordet worden, sieht, sind nicht wegzuwaschen und nicht auszutilgen. Fr. Wälti-Gisler u.a. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die entlarvte Hexe

Source: Die entlarvte Hexe

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Vor vielen Jahrzehnten lebte in Liedertswil eine alte Frau, die als Hexe galt. Nun war in einem anderen Hause ein fremder Weberknecht eingestellt worden, der auch davon hörte. Er schloss sich einigen jungen Burschen an, die im Hause der vermeintlichen Hexe jeweils abends zusammenkamen. Er erzählte ihnen, er habe ein sicheres Mittel, um eine Hexe zu erkennen und wolle es in diesem Falle ausprobieren. Bevor sie wieder in das besagte Haus z’Chilt gingen, verteilte er ihnen sogenannten Teufelsdreck, den sie in ihre Tabakspfeifen einfüllen mussten. Als sie in die Stube traten, lag die Alte wie gewöhnlich auf dem Ofen und schien zu schlafen. Nun setzten sich die Burschen an den Tisch und auf die Ofenbank und fingen an zu «tubaken». Bald entwickelte sich ein ordentlicher Rauch in der Stube. Die Alte fing an zu schnupfen und zu niesen dass es eine Freude war. Ihre Aufforderung, das Rauchen doch sein zu lassen, beantworteten die Burschen durch noch stärkeres Rauchen. Auf einmal geschah etwas Sonderbares. Wie ein Wollknäuel rollte die Frau vom Ofen auf die Kunst und auf den Boden, zur Türe hinaus, in die Küche, bis an die Haustüre, wo sie dann liegen blieb. Jetzt waren der fremde Knecht und seine Kameraden überzeugt, dass die genannte Frau eine Hexe sei und sie mieden fortan jenes Haus. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Die entlarvte Hexe

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1. Ein Bäuerlein, dem eine Hexe alles Vieh verderbt hatte, sagte eines Morgens zu seiner Gattin: »Wenn es so ist, so will ich auch ein Hexenmeister werden.« Sie riet ihm ernstlich ab und warnte ihn mütterlich vor diesem sündhaften Schritte. Weil er aber sein Vorhaben nicht aufgab und in allem Ernste einen Hexenmeister aufsuchte, sagte sie endlich: »Ja, wenn es dein Ernst ist, so will ich dich die Hexenkunst schon lehren.« Der Mann erklärte sich einverstanden. Um Mitternacht musste er, mit einer Mistgabel bewaffnet, seine Frau auf den Miststock begleiten. Dort hätte er nun die Gabel in den Düngerhaufen stecken und Gott und allen Heiligen abschwören sollen. Sie sprach, hinter ihm stehend, die Formel vor. Er murmelte etwas, und auf einmal kehrte er sich wie der Blitz um, und mit den Worten: »Jetz g'seh-n-i, das ä Häx bisch,« stach er die dreizinkige Mistgabel dem falschen Weib ins Herz. Am Morgen lag es tot auf dem Fleck und war brandschwarz. Der Mann hatte es schon lang im Verdacht gehabt und tat nur dergleichen, als ob er die Hexerei auch lernen wolle, um es auf solche Art zu fangen. Fr. Zäzilia Gisler-Walker, 70 J. alt 2. Einst kamen drei stolze, prachtvolle Meitli über Hüfi und durch das Maderanertal ins Land, blieben da, und alle drei heirateten in der Folge Ratsherren, eine in der Blüemlismatt hinter der Reuss, eine im Ried ob Amsteg und die dritte, weiss ich nicht wo. Der Ratsherr im Ried merkte bald, dass seine mehr könne als andere, und nahm sich vor, sie auf die Probe zu stellen. Er sagte eines Tages zu ihr, er möchte ihre Künste auch lernen. »Gut,« antwortete sie, »so komme morgen abends mit mir nach Amsteg hinunter, dort stellen wir uns auf einen Rossmiststock, und dann musst du mir alles Wort für Wort nachsprechen, was ich dir vorsage.« Der Mann versprach das. Als sie dann auf dem Miststock standen, sprach die Hexe: »Jetz simmer ufem Rossmist.« Der Mann sagte es nach. »Jetz verschweere-mer Jesum Christ,« fuhr die Hexe weiter. »Und ich erschlah, wer näb-mer isch,« sagte der Mann und erschlug die Frau mit der Faust. Josef M. Baumann, Gurtnellen, 68 J. alt, Bauer, Fuhrmann, Taglöhner Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Erdbibberli zu Frick

Source: Die Erdbibberli zu Frick

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Auf der Waldhöhe des Frickerberges wohnten winzig kleine Leute in Steinhöhlen, durch die sie sich gar hübsch und nach der Ordnung ihre Taglichter gebrochen hatten. Bei Tag zwar trieben sie kein Geschäft und Helle hatten sie daheim nicht nöthig; war es aber schon spät Abend auf dem Felde und ein fleissiger Bauer konnte nach einem heissen Aerntetage seine Garben doch nicht alle zumal heimbringen, dann kamen die kleinen Leute zu ihm herunter und halfen, dass er Schober und Mandel nicht über Nacht auf dem Acker stehen lassen musste. Auch ins Dorf herein kamen sie an Winterabenden zu Stubeten (auf Besuch) und halfen Hanfstengel raiten, oder Flachs spinnen. Ein noch nicht bejahrter Mann versichert, er habe als Knabe noch manchmal ihre Wohnungen weit in den Berg hinein begangen, die Erdbibberli aber seien damals schon ausgezogen gewesen, weil ihnen die vorwitzigen Leute Asche hinein geworfen hatten. Ungeheuer oder gar Gespenster seien sie aber nicht gewesen, sonst hätte man nicht beinahe in allen ehrbaren Haushaltungen die schönsten Geschichten über sie zu erzählen gehabt. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 274 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Hexe und die drei Glocken

Source: Die Hexe und die drei Glocken

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1. Bei einem fürchterlichen Hagelwetter stürzte eine verheerende Rübi brüllend und tosend aus dem Gosmertal hervor und drohte, die sämtlichen Felder bis nach Schattdorf hinunter zu verwüsten. Da läuteten aber die Wetterglocken zu Bürglen und Schattdorf, und auch das helle Stimmchen des Glöckleins der Loretokapelle mischte sich in den Chor. Jetzt hielt die Rübi in ihrem drohenden Sturze inne, und die Hexe, die oben darauf sass, schrie erbost: »Wenn ds chly Sywli (oder: ds Vrenäli) gysset z'Loreetä und ds Greti schrytt z'Birglä und das gross Loos (Mutterschwein) briälet z'Schateref, isch nymeh z'machä!« 2. Drei Hexen waren damit beschäftigt, die Vierschröt, einen riesigen Felsen, zu stürzen. Da begannen zu Bürglen, Loreto und Riedertal, die Glocken zu läuten. Jetzt entsanken den Hexen ihre Zauberkräfte, und sie mussten ihr menschenfeindliches Beginnen aufgeben. Die eine der beiden klagte: »Wennd diä gross Fährlä z'Birglä und ds Vreni im Riädertall und ds Sywli z'Loreetä gysset, isch doch rein nymeh z'machä.« Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Hexe und ihr Ehemann

Source: Die Hexe und ihr Ehemann

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Es war einmal ein Ehemann; der hatte eine Frau, die häufig zur Nachtzeit zum Tanze ging. Aber der Mann merkte das lange Zeit nicht, denn sie legte ihm allemal, wenn sie ausging, einen Besen ins Bett. Endlich aber merkte er's doch. Er passte auf, sah sie aber nur in die Küche hinaus gehen, und dann hörte und sah er nichts mehr von ihr. Am Morgen, als er erwachte, war sie wieder bei ihm im Bett. Das nächste Mal schlich er ihr nach und schaute durch das Schlüsselloch in die Küche hinaus. Da legte die Frau schöne Kleider an, putzte und schmückte sich wie ein lediges, hoffährtiges Meitli, nahm dann eine Salbe aus einem Häfelein, bestrich damit einen Stock, hielt diesen mit beiden Händen in das Kamin hinauf und murmelte dazu: »Obä-n-üß und niänä-n-a, Im Elsass unnä stillä stah.« Und im Herrjeeses war sie fort, zum Kamin hinaus. »Das könntest du auch machen!« dachte der Mann, ergriff das Häfelein, bestrich einen Stecken mit der Salbe und sagte dazu: »Obä-n-üß und a!« Er hatte nicht alles verstanden. Da fuhr er wie der Teufel in die Höhe, prallte aber am Kaminrand an und zerschlug so märterlich den Kopf, dass er halb ohne Verstand auf den Küchenboden hinunter fiel. Am nächsten Morgen merkte die Frau an dem verbeuleten Kopf des Mannes, was geschehen, aber sie sagte kein Wörtlein und der Mann auch nicht. Dieser gab es noch nicht verspielt. Wieder passte er seinem schönen Fraueli auf und machte es ihm nach. Diesmal sagte er: »Obä-n-üß und niänä-n-a!« Jetzt fuhr er grossartig zum Kamin hinaus. Aber draussen wusste er nicht wohin, und deshalb fiel er bald in die Dornen und wurde herumgeschleift, bis er den Stecken fahren liess. Als er erst beim Morgengrauen heimkam, war die Frau schon wach und sagte spöttisch, indem sie den Zerschundenen von oben bis unten mit einem hämischen Lächeln betrachtete: »Wemmä will aarig sy, müess mä gschyder darzüe tüe.« Fr. Arnold-Gisler, Bürglen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Pfaffenkellerin

Source: Die Pfaffenkellerin

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a) Wenn bei Horw und Kriens Türst und Streggelen jagen, indem eine Schar kleiner Hunde einem grossen, einäugigen bellend oder kläffend folgte, so ist allemal die Pfaffenkellerin dabei; sie hat schreckhaftes Aussehen, glühende Augen und zottigen Pelz. Ihr Name haftet noch an einem Bachtobel beim Dorfe Horw.   b) Sie wütet, wenn die Steiner Aa bei Schwyz überflutend und tosend dahertobt, und im Sisigerbach, wenn er in gleicher Art anschwillt.   c) In Stansstad, auf dem Riede gegenStans zu, durchzieht sie in wilden, stürmischen Nächten mit grauenhaftem Wehgeschrei die sumpfige Fläche. Sie soll einst vom sogenannten Palmkäppeli (am Bürgen, eine Viertelstunde von Stansstad) einen Sprung getan haben bis zu einer Brücke in der Näbe des Rotzloches, also über 20 Minuten weit. Noch trägt die Brücke das Mal davon. Wo die Unselige absetzte, drückte sie den Geissfuss in den Stein, so dass der Abdruck noch sichtbar ist.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Die schöne Küngold und der Tanz am Looweiher oder wie das Dorf Küngoldingen zu seinem Namen kam

Source: Die schöne Küngold und der Tanz am Looweiher oder wie das Dorf Küngoldingen zu seinem Namen kam

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Die Wartburghöfe liegen auf halbem Wege, will man vom Loohof ob Oftringen zum Sälischlössli gelangen. Mein Ziel aber war die Ruine Wartburg. Die betagte und dennoch rüstige Frau mit den auffallend behenden Augen, der ich unweit der Wartburghöfe begegnete und von der ich gleich nach dem "Grüessgottwohl"  erfuhr, dass sie hier in der Gegend aufgewachsen sei und jeden Strauch und jeden Stein kenne, legte mir noch ans Herz, doch auf dem Rückweg bei ihr einzukehren um mich zu stärken, denn heute sei das Säli geschlossen. Sie habe eben einen feinen Suuren Mocken aus der Beize genommen und müsse ihn nur noch eine Stunde köcheln. Und eine halbe Rüeblitorte warte auch noch auf ein Schleckmaul. Weniger der Suure Mocken und die Torte entlockten mir schnell ein "Ja gerne", als vielmehr eine interessante Geschichte aus eben dieser Gegend, die sie mir zu erzählen in Aussicht gestellt hatte, falls ich dann mehr Zeit haben würde, denn jetzt in einer halben Stunde hatte ich oben mit einem Freund, einem Ruinenforscher, abgemacht. Und so fand ich mich drei Stunden später – es ging schon gegen Abend - in einer heimeligen Bauernstube ein. Die Alte mit den behenden Augen sass nun  mit mir zu Tische und wusste aus alten Zeiten gar Sonderliches und Interessantes von der Burg, vom Berg, ja von der ganzen  Gegend  zu berichten, und so auch die Mär von der schönen Küngold.  *** "Küngold war eine anmutige, zierliche aber auch eigensinnige  Jungfrau aus einer Adelsfamilie im Burgund. Sie liebte das Leben, das Lachen, den Tanz. Doch dann wurde sie mit dem rauherzigen Twingherrn von der Wartburg ob Olten, den man nur den "Ifenthaler" nannte, verheiratet. Der aber liebte mehr das rohe Kriegshandwerk, Abenteuer und Zechgelage mit seinen Kumpanen und war mehr abwesend denn zu Hause. Einst folgte er wieder dem Beistandsruf des Gra-fen zu einem Feldzuge gegen Unbotmässige im Norden, wo viel Sold und Raubgut winkten. Derweil langweilte sich Küngold unsäglich auf der einsamen Burg. Sie sann nach Abwechslung. Der misstrauische Ehemann jedoch hatte ihr drei Bewacher zur Seite befohlen, die niemals von ihr weichen durften, so auch auf ihren Ausritten nicht, bei denen sie das Städtchen Zofingen bevorzugte. Dort war sie auf dem Markte gern gesehen, denn sie bezahlte gut und mit den begehrten Zofinger Pfennigen. Heute kaufte Küngold feinen venezianischen Stoff für ein neues grünblaues Reitkleid und wurde dabei vom Sohne eines reichen Stoffhändlers bedient, dem Laurents vom Sisgau, der an der jungen Edelfrau sogleich grossen Gefallen fand. Doch auch Küngold’s Herz entbrannte  in Zunei-gung und Begierde. Bald schon ritt sie erneut gegen Zofingen, diesmal um den Stoff für ein goldgelbes Abendkleid zu erstehen, und beim dritten Male liess sie sich vom schönen Kaufmannssohn gar ein Mieder in zartem Rosarot anpassen. Als unter zwei Händlern ein handfester Zoff wegen eines falschen Zollmasses ausbrach und man nach dem Marktrichter rief, steckte Küngold dem Kaufmannssohn geschwind ein Briefchen zu, was allerdings einem der Bewacher trotz des allgemeinen Tumultes  nicht  entgangen war. In dem Briefe forderte sie Laurents zu einem heimlichen Treffen in Kunolfingen auf, einem kleinen Dörfchen vor den Toren Zofingens. Stadtauswärts reitend blickte sie zurück und nahm klopfenden Herzens das Nicken des ihr nachblickenden Geliebten wahr. Der Looweiher liegt am Waldrand und an jenem Wege, den Küngold jeweils bei ihrem Ausritt nach Zofingen bevorzugte. Es ging die Sage, zur dämmernden oder nächtlichen Stunde habe man dort schon mehr als einmal einen Reigen tanzender Mädchen in langen bunten Gewändern beobachten können. Als Küngold auf dem Rückweg mit ihren drei Bewachern an eben diesem Weiher vorbeiritt, flüsterte ihr eine Loo-Elfe zu: "Wir sind neun, mit dir sind’s zehn"   Erstaunt sah sich Küngold nach der Elfe um, die sich in schneller Folge von grünblau über goldgelb zu rosarot und dann in schwachen Dunst verwandelte, um darauf ganz zu verschwinden. Doch ihre Worte  begriff sie nicht, und die drei Begleiter hatten vom Ganzen nichts bemerkt. Als Küngold nach Einbruch der Nacht aus der Burg abschleichen wollte, erwarteten sie vor den Toren schon die drei misstrauisch gewordenen Begleiter: "Wir sind deine Bewacher, wie der Herr uns befohlen. Du wirst und niemals los." Küngold wollte schon verzweifeln, denn bald würde ihr geliebter Laurents vergebens unter der grossen Linde am Reckolderhubel zu Kunolfingen auf sie warten. Doch da fielen ihr die sonderbaren Worte der Elfe ein - und die kluge Frau begriff. In Begleitung ihrer Bewacher ritt sie mutig und erhobenen Hauptes den steilen Bergpfad hinunter. Am Looweiher bot sich den Vieren ein gar wunderbares Schauspiel. Um das Wasser tanzten im Mondlicht neun anmutige elfenhafte Jungfrauen, jede von Kopf bis Fuss nur mit einem dünnen Schleier bedeckt, jeder Schleier in einer anderen Farbe und so, dass die  zarten weiblichen Formen durchschimmerten ohne dass die Gesichter zu erkennen waren. Die drei Männer waren vom Anblick der anmutig tanzenden Elfen gebannt und starr. Dies machte sich Küngold zu eigen, um hinter einem Busch ihre Kleider abzustreifen, den bereitliegenden Schleier überzuwerfen und sich so als zehnte Tänzerin in den bunten Reigen einzugliedern, ohne dass die betörten Männer diesen Vorgang bemerkten. Da plötzlich erwachten sie aus ihrer Starre und erinnerten sie sich ihrer Pflicht. Doch Küngold, die unerkannt mittanzte, blieb wie vom Erdboden verschluckt. Die Bewacher suchten sie überall und entfernten sich dabei immer mehr vom Looweiher. Küngold schlüpfte wieder in  ihre Kleider und ritt leise von dannen, hinunter zu ihrem Laurents.    Die verliebte Küngold aber wollte schon anderntags zu später Abendstund wieder einen Ausritt nach Zofingen machen. Die Bewacher fürchteten den Zorn des Burgherrn, genannt der Ifenthaler, sollten sie sich von dieser Frau wieder an der Nase herum führen und sie zu ihrem Geliebten entwischen lassen. Um im Anblick der Elfen nicht wieder zu erstarren, träufelten sie sich den Saft der Tollkirsche in die Augen, sodass sie eine Weile nur noch verschwommen sehen konnten und – deshalb - nicht mehr erstar-ren würden. Dafür spitzten sie umso mehr die Ohren und hörten tatsächlich, wie Küngold auf ihrem Schimmel sachte wegritt. Sie folgten ihr in ausreichendem Abstand und sahen, jetzt wieder klaren Blickes, wie  sich Küngold unter der Linde am Reckolderhubel mit dem schönen Sohne des Kaufmannes traf. Die drei Männer überfielen Laurents und schleppten ihn fort in Richtung der Wartburg. Ihr Weg führte wieder am Looweiher vorbei. Diesmal hatten die Elfen jedoch auch ihre Schleier abgelegt und tanzten ganz nacked im Mondeslicht. Von neuem blieben die drei Männer wie gebannt stehen und vergassen alles um sich, auch ihren Gefangenen. Diesen Augenblick nutzte Küngold, um Laurents die Fesseln zu lösen und ihm so zur Flucht zu verhelfen. Der Ifenthaler kehrte zwei Monate später aus den fremden Kriegs-diensten auf seine Twingburg zurück und erkannte eines Tages, dass Küngold schwangeren Zustandes war, dessen Ursache in die Zeit fallen musste, als er mit seinen Haudegen gerade Bauerndörfer jenseits des Hauensteins  plünderte. Er stellte die drei Bewa-cher zur Rede, die ihm nun alles beichteten. Da erkannte der Twingherr, dass ihm Hörner gesetzt wurden, und er suchte wütend nach seiner Frau. Diese aber entwischte ihm auf ihrem Schimmel, um sich am Looweiher im Reigen der Elfen zu verstecken. Der Ifenthaler bemerkte ihren Fortgang und jagte ihr mit seinen Männern nach. Am Looweiher fand er den angebundenen Schimmel und sah auch den Tanz der Elfen, von dem ihm die Bewacher berichtet hatten. Er umstellte sofort den Teich mit seinen Mannen und fragte eine Elfe nach der andern: "Bist Küngold du?"  Doch alle zehn antworteten ihm jedes Mal im Chor: "Ich bins, nur zu!" Nun entbrannte der ungestüme Ritter wieder in Wut und befahl seinen Mannen, sich mit ihren Schwertern auf die Elfen zu stürzen.   ◊◊◊◊◊◊◊◊◊◊◊◊◊◊◊◊◊◊◊◊◊◊◊◊◊◊◊◊◊◊◊◊◊◊◊◊◊◊◊◊◊◊◊◊◊◊◊◊◊◊   Da fuhr vom Engelberg her donnernd ein leuchtender Wagen her-an, durchbrach den Belagerungsring, lud alle Elfen und auch Kün-gold auf die Wagenbrücke und jagte mit ihnen südwärts, verfolgt vom Reitertross. Im Dörfchen Kunolfingen verschwand der Wagen plötzlich in einem regenbogenfarbenen Nebelschleier. Der Ifen-thaler und seine Waffenknechte aber stiessen stattdessen  auf eine gehörig bewaffnete Streitschar der Zofinger, an deren Spitze Laurents, der Kaufmannssohn ritt. Ein seltsamer stattlicher Jägersmann mit  stechenden Adleraugen hatte ihm rechtzeitig, als er sich gerade anschickte seine Pferde von der Weide ausserhalb der Stadtmauern zu holen, die Botschaft von Küngolds Not über-bracht. "Ich will nur mein ungetreues Weib", begehrte der Ifen-thaler im Anblick der bewaffneten Zofinger unwirsch auf. "Dann sucht sie!" rief ihm Laurents zu,  "Es bleibt Euch bis zum Sonnen-untergang Zeit".  Bis die Nacht hereinbrach suchten die Gehilfen des Twingherrn das ganze Dorf Haus für Haus nach Küngold ab. Doch sie blieb verschwunden. Man sagt, der Führer des leuchtenden Wagens und der Warner des Kaufmannssohnes seien beide Male der sagenumwobene Dürst gewesen, der Freund und Beschützer der Looweiher-Elfen. Die Elfen jedoch tanzten nie mehr am Looweiher. Es gibt Leute, die wollen gesehen haben, wie die Jungfrauen ab selbiger Zeit jenseits der Wartburg und des Säli um den Katzenweiher im Säliloch tanzten. Andere wiederum wollen in Zofingen von burgundischen Weinhändlern gehört haben, in den Weinbergen der Cote d’Or tanzten seit einigen Monden an warmen Sommerabenden buntfarbene Elfen, die dort vorher noch nie gesehen wurden." Die alte Frau mit den behenden Augen bot mir ein weiteres Stück ihrer etwas übersüssten Rüeblitorte an, doch ich winkte dankend ab. "Der Dürst, oder der Türst, wie er im Luzernerbiet genannt wird, geisterte also auch in hiesigen Landen?" "Ja, aber noch mehr im solothurnischen Gäu und Thal.  Aber nun zurück zur Küngold:" "Man sagte auch, das Paar habe unbeschadet das Burgund er-reicht, wo Laurents und Küngold in einem Weingut glücklich weiterlebten und neun Kinder hatten. Jedes der neun Tauffeste wurde von immer mehr Schaulustigen besucht. Es hatte sich nämlich herumgesprochen, dass bei jedem dieser Feste mit Einbruch der Nacht neun Elfen in wunderschönen farbigen Gewändern im Hofe vor dem Festsaale tanzten, gar anmutig und lieblich und von zarten Flötentönen begleitet. Laurents aber wurde im Burgund ein angesehener Weinbauer und Weinhändler, von dem die Zofinger Ratsherren noch lange ihren vorzüglichen Stadtwein bezogen.  Doch der Name der schönen Küngold fand gar Einlass in die Bücher der Amtsstuben und in die Karten der Geografen. Da nämlich damals in dem Dörfchen vor den Toren Zofingens von den Männern des Ifenthalers so oft und gar laut nach der Küngold gerufen worden war,  und da dieser Name so nah dem alten tönte, nannten Fremde wie Eigene dieses Dorf fortan Küngoldingen und verdrängten so den ursprünglichen Namen des Alamannen Chunolf." *** Küngold Der Name Küngold kommt auch in alten dokumentierten Geschichten aus Zofingen, Solothurn etc. vor. Und in einer Legende aus dem Kloster Kleinlützel verliebt sich ein junger Graf unglücklich in eine fromme Nonne namens Küngold.  Dürst oder Türst erscheint als Sagenfigur in vielen Geschichten aus verschiedenen Gegenden der Schweiz. Er stammt aus heidnischen Zeiten und führt in Stürmen und Gewittern besonders in der Vorweihnachtszeit einen wilden, heulenden und hornenden Tross von Hunden, Rössern und Gespenstern an. Elfen Sind anmutige Naturgeister in Frauengestalt, welche die Erde schon vor den Menschen bewohnten. Sie sind von grosser Weisheit und Schönheit und unsterblich, können aber auch gewaltsam ums Leben kommen. Die Elfen tanzen gerne an stillen Gewässern, auf Anhöhen und in Bäumen. Kunolfingen ist alamannischen Ursprunges und erscheint in alten Schriftstücken als Dorfname für den später gebräuchlicheren Namen Küngoldingen. Der Zofinger Pfennig war in Frühmittelalter ein weit über Zofingen hinaus verbreitetes Zahlungsmittel. Die Herren von Ifenthal waren begüterte Kleinadelige, denen unter anderem auch die Wartburg gehörte und welche sie vermutlich auch bauen liessen. Quelle: Gehört und aufgeschrieben von Sepp Arnold, Oftringen (Schweiz), Emailzusendung vom 9. März 2006 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dr Bur mit em Fueder Garbe

Source: Dr Bur mit em Fueder Garbe

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Die Pest Urkunden aus den Pestzeiten fehlen bei uns vollständig. An andern Orten mögen Chorgerichtsmanuale und Sterberödel noch Eintragungen enthalten, die das Bild über die Seuchenzüge vervollständigen helfen. In den Städten dagegen liegen in den Archiven Aufzeichnungen von Zeitgenossen. Die Stadt Bern wurde von elf Pestseuchen heimgesucht; das Jahr 1670 bildet den Abschluss von 1349 hinweg; der letzte Seuchenzug verschonte den heutigen Oberaargau vollständig. Die Sage weiss von der Pest viel zu erzählen; ihr mattes Dämmerlicht zündet in die Vergangenheit hinein und beleuchtet geheimnisvoll die Dinge längst entschwundener Zeiten. Die Erinnerung an die Tage grosser Trübsal blieb lebendig bis in die heutigen Tage hinein. Schnell kam der schwarze Tod heran; der grosse Sterbet erfüllte die Menschen mit Angst und Schrecken. Unheimlich mähte der Tod die Schwaden; es war die grosse Schwinde. Kein Eindruck war gewaltiger als ihr Auftreten. In diesen Tagen der Angst und des unsäglichen Jammers ging auch das Denken der Menschen ungewöhnliche Wege und lenkte in alte Bahnen ein: Das ist keine gewöhnliche Krankheit; finstere Mächte, böse Dämonen, vernichten die Menschheit. Viele beugten sich und nahmen die fürchterliche Krankheit hin als gerechte Strafe für begangene Sünden. Dr Bur mit em Fueder Garbe Vorem grosse Stärbet isch dert, wo jetze dr Huttelwald isch, e grosse Chorrnacher gsi. E Bur het sälb Chehr mit zweune Stiere Garbe ihegfüehrt; aber z mltts uf em Acher isch er umgheit u dr Bur u d’Stiere, dr Wagen u d’Garbe si do verfulet. Wo sie ’s Strössli hei gmacht, het me teuf im Bode no Ofeplatte gfunge. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Drei Stumpebäse

Source: Drei Stumpebäse

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Drei Stumpebäse Öppe vor drüne Johre isch es so nass gsi; d’Sach het nid vürersch welle un isch ehnder hingertsi zrugg. Du hei sie im Nochberhus gmeint, d'Bohnere sig verhäxet. Dr Res isch i Chalberbach zum Dokter, u dä het ne dr Rot gä, sie sölle i dreine Egge vo dr Bohnere e Stumpebäse ufstelle. Sie hei’s eso gmacht. Aber richtig, gnützt het es nüt; äs isch eifach z’nass gsi; anger Lüt hei’s prezis glich gha, emel mir au. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Ein grosser schwarzer Mann

Source: Ein grosser schwarzer Mann

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ohne Kopf begegnete meiner Tante, die gegen 80 Jahre alt geworden ist, als sie einmal vom grossen Lusser'schen Haus oben im Dorf durch das Weglein gegen das Höfli ging. Dann marschierte er dreimal um einen nahen Baum herum und verschwand plötzlich. – Das hat sie oft als eine sichere Wahrheit erzählt. Fr. Schieli-Mattli, 38 J. alt, Altdorf Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Einä-n-ohni Chopf

Source: Einä-n-ohni Chopf

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Jää, dass de das grad alles nytt syg, gläube-n-i de doch äu nitt. Miër hed ämal einisch ä Gurtnäller eppis v'rzellt, das isch de sicher eppis ibernatyrlis gsy. Der het v'rzellt, är und nu ä Büeb syged einisch bi dä Geissä gsy. Und d'rnah häiget sy uf einisch in-n-ärä Stüdäpesch-ä-n-innä-n-eppis gmerkt. Das häig eisstig äso gweiggelet und ghürelet. Und sy häiget Stei uffgläsä-n- und häiget afah Stei uff's riährä. Und äs cheem uss der Peschä-n-üsä-n- und gäg sy, und sy häiget eisster mit Steinä gäg'm pänglet, was sy nur häiget meegä. Jä, wennd das ä natyrlächä Mänsch gsy wär, hed-er gsäit, der hättet sy zächä mal erriährt. Ändlächä sägi doch einä, das gfalli ihm nitt, und da syget sy d'rvogluffä. Am Abed häiget beed gschwullä Grindä gha und häiget i ds Bett miëssä. Bis a Tod züechä häig se's 'tribä! bim Haar hätt-se's 'putzt! »Jä, und wië het de der üssgseh, wo da uss der Peschä-n-üsä chu isch?« Da hed er neiwä nitt vill chennä sägä, weder ämal ä kei Chopf häig-er gha, und halbä syg-er wyssä gsy und halbä schwarzä. Speeter heiget se's düe einisch am Pfahr gsäit uder ammänä Kapizyner, baschtä-n-ämal am-mänä Geischlächä, und der häig gsäit, das syg ä-n-armi Seel gsy. Diä hättet sy nur sellä-n-i dä dry heechschtä Nämä-n-aredä, de hättet-si-si chennä-n-erleesä. Äs häig-ärä ganz wenig meh gfählt. – Das het miër der N.N. v'rzellt; är het seho ä chly güetlochtig chennä lygä, weder das ha-n'em doch miässä gläubä. Fr. Zurfluh-Jauch, 49 J. alt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by En arige Has

Source: En arige Has

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En arige Has Dert, wo dr Wäg i Brüggewald ihe geiht, het e Jeger mängisch uf ene Has glusset. Dä isch gäng dèr s’ glich Wägli cho, u dr Jeger het mängisch uf ihn gha. Aber wen er gemeint het, jetz sött’s ne gä un es heig nid chönne fähle, het dr Has s’Mannli gmacht un isch dervo, gar nid öppe, wie wen er vor em Schütz e grosse Reschpäkt hätti. Bluet het dr Jeger nie gfunge; aber em Treib het er chönne nogoh bis zumene alte Hüsli; do het er’s allimol verlore. Verdrüssig het er einisch emen alte Jeger vo Gumiswil dervo brichtet. Dä het nid viel druf gseit, weder er söll e chli Brot i Lauf stosse. Dr Jeger het gfolget un isch em Has go abpasse. Dä chunnt eismols derhär, macht s’Mannli, we wen er dr Jeger wett föpple u für e Nare ha; aber dä zieht ab, u dr Has isch dervo gsatzet wie no nie. Am Bode het dr Jeger dä Rung Bluet gfunge un isch dr Spur no. Do steiht bi äim alte Hüsli es Fraueli verusse. Um ei Arm het’s e bluetige Fätze vo ihrem Jaggli gliret gha. ’s Bluet isch a Bode tropfet. „Müesse de die arme Tierli emel alli töt si?“ het es grauet. „Das cha me mache, wie me will. Emel ’s nöchscht Mol chönnt’s de äim Has meh weder ume es vorders Bei breiche; es chönnt ne de grad rächt gä“, seit dr Jeger druf. Sider sig e ke Has meh dür äis Wägli i Brüggewald ihe. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Erdmännchen bei Gippingen

Source: Erdmännchen bei Gippingen

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Auf der linken Seite des Zusammenflusses von Aare und Rhein liegt da, wo das Reuenthal und das Fullerfeld zusammenstossen, ein geringer Berg, in welchen drei Höhlen hinein führen. Der ganzen Umgegend ist es bekannt, dass hier vor Zeiten drei Fuss hohe Männchen gewohnt haben. Damals aber waren diese Höhlen Säle voll Pracht; goldene Leuchter standen darinnen, auf deren jedem den ganzen Tag acht Kerzen auf einmal brannten; die Wände waren von Glas und warfen den Glanz der Lichter zurück. Aber trotz dieser Herrlichkeit musste jedes der Männchen der Reihe nach die untergeordnetsten Hausarbeiten verrichten: auskehren, backen, die Leuchter abstauben, ja in der Aerntezeit sogar die Aehren auf dem Felde vom Halme raufen und drinnen in der Höhle mühsam mit Steinen ausklopfen und auskörnen. Ganz besonders berühmt waren ihre Wähen, wohlschmeckende Kuchen von dem allerdünnsten Teig. So oft ein Bauer sein Land umpflügte, dem sie vorher in seine reifen Aehren gegangen waren, kamen sie zu ihm auf den Acker und legten ihm dankbarlich ein solches feines Kuchenbackwerk auf das Höchli des Pfluges hin. Das gefiel dann dem Pflüger gar wohl und er liess sich's schmecken ohne alle Nebengedanken. Sogar Most sollen sie dazu gegeben haben und zwar aus einer Kelter, die auf der Ostseite jener Höhe mitten in einem Weinberge gelegen war. Ein Mann aus Gippingen war's, der bei diesen Männlein lange Zeit gelebt hat. Er hatte zufällig ihre Höhle aufgefunden und auch jenes eiserne Gitter, mit welchem sie von innen verschlossen war, öffnen können. Als er in die Kristallgänge kam, hatten die Männchen gar grosse Freude über sein Erscheinen, denn sie führten eben Krieg mit einer fremden Völkerschaft, und der Gippinger musste ihnen dabei helfen. Er gewann ihnen den Krieg und ward ihnen lieb und werth. Zuletzt erinnerten sie ihn, dass er nun auch wieder hinauf auf die Welt gehen müsse, nahmen Abschied von ihm und gaben ihm einen Wagen voll Gold mit. Als der Gippinger damit in sein Dorf heimkam, waren die Seinigen längst gestorben und von seinen Nachbarn erkannte ihn keiner mehr. Er selbst war so alt, als ob er viele hundert Jahre im Berg gewesen wäre. Da fühlte er, dass es auch mit ihm zu Ende sei, und weil ihm Niemand mehr angehörte, vermachte er all sein Gold der Kirche. Einmal um die Aerntezeit kam ein Bauer heraus ins Feld, der es nicht erwarten konnte, dass sein Korn endlich zum Schneiden reif werde. Gerade befand sich ein Erdmännchen in seinem Acker. Es hatte ihm gewiss noch keinen Halm umgetreten; aber da es seinen neidigen Blick bemerkte, erschrak es und wollte entfliehen. Gleich erwischte er es beim rothen Röcklein, gab ihm ein paar Streiche, schimpfte es recht grob und wüst herunter und liess es endlich laufen. Seitdem weiss kein Mensch, ob sie ausgewandert, oder alle in ihrer Höhle gestorben sind; doch meinen alte Leute, sie seien noch zusammen am Fullerfelde in einem heimlichen Stübchen und schaffen aus einer Bergschlucht Kohlen für die dortigen Bewohner heraus. Auch beim Frickthaler Dorfe Oeschgen haben sie in dem grossen Graben gewohnt, der Lenzensteig heisst, und den Bauern Kuchen aufs Feld gebracht, die so schwarz bestreut waren, daß man meinte, sie hätten ihr Backwerk mit schwarzen Waldameisen verzuckert. Am liebsten hörten sie's, wenn man versprach, ihnen dagegen etwas aus der Bauernwirtschaft mitbringen zu wollen. Ihre Tracht an Rock und Hut war schwarz. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 280 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Fuchs, Nachtkappe, Göller

Source: Fuchs, Nachtkappe, Göller

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1. Auf dem Sagenplatz am Etzlibach lauerten zwei Buben ab der Herrenlymi den Füchsen. Endlich näherte sich ein solcher der Beize, und die Buben schossen und trafen. Es gab einen kolossalen Rauch. Wie sie das Tier holen wollten, fanden sie an der Stelle, wo es gestanden, nichts als eine Nachtkappe! (19. Jahrhundert). Jos. Maria Zberg, Silenen, 75 J. alt 2. Es geschah in den Fritterbergen im Schächental, dass zwei Jäger auf Füchse lauerten. Bald kam einer, und ein Jäger schoss, der Fuchs aber rollte den Bergabhang hinunter. Als ihn der Schütze holen wollte, erwischte er nichts anderes als ein rotes Göller. Kath. Wälti-Gisler, von Unterschächen Die Mutter ergänzt: »Die zwei Jäger nahmen den Fuchs heim und liessen ihn in der Küche liegen, in der Absicht, ihn am folgenden Morgen auszuweiden. Fanden nur mehr ein rotes Göller. Das war amm-änä z'altä Mittwuchä.« Fr. Gisler-Arnold, von Unterschächen, 70 J. alt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Göscheneralp

Source: Göscheneralp

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Vor alten Zeiten gehörte auch Göscheneralp zur Pfarrei Silenen. Wenn sie eine Leiche nach der Pfarrkirche zur Beerdigung trugen, gingen sie mit ihr am ersten Tag bis nach Wyler in Gurtnellen, stellten sie dort über Nacht in die St. Anna Kapelle und brachen am nächsten Morgen in der Frühe mit ihr wieder auf, um etwa nach zwei Stunden in Silenen anzulangen. Josef Walker, Gurtnellen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Hexenwerk beim Ankensieden

Source: Hexenwerk beim Ankensieden

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Zu Häggrigen war die Mutter damit beschäftigt, ein Chessi voll Anken einzusieden. Schon begann er zu zerfliessen, als ein fremdes, altes Müetterli mit aufgelösten, über den Kopf herabhangenden Haaren in die Küche kam und etwas Anken bettelte. »Hesch de-n-äs Gschirrli?« fragte die Mutter, was die Fremde verneinte. »Sä cha d'r ich kei Ankä gä,« hiess es jetzt, »miär hennt zwenig Gschirr.« Da stellte sich die Unbekannte ein wenig auf die Seite und verliess nach einiger Zeit das Haus durch die Hintertüre. Jetzt fing es an, im Anken – nicht etwa im Feuer! – zu chlepfen, zu braschlen, zu krachen und zu pfeifen auf eine übernatürliche Art und Weise. Der Anken hob sich plötzlich im Chessi, ging über und tat furchtbar, selbst dann noch, als das Feuer schon abgestellt war. Die Mutter schüttete davon in eine Mutte; er siedete und wallte immer noch im Ohessi und in der Mutte. Erst, als sie Gesegnetes hineintat, hörte der Spuk auf. Mehr als 20 Pfund Anken gingen dasselbe Mal verloren. Nachher vernahm man, es sei eine alte Hexe gewesen. Der Landjäger packte sie. (19. Jahrh.) Frau Baumann-Dubacher, 85 J. alt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Im Kreise laufen

Source: Im Kreise laufen

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Gedeon zu Färnigen im Meiental, der es liebt, mit einem Gläschen Schnaps den Rachen zu putzen, war eines Abends vom Dörfli her auf dem Heimweg begriffen. Bei dem grossen Stein in der Feldmatt zu Aderbogen, den sparsame Leute mit einem Kartoffelgärtchen bepflanzt haben, setzte er sich, um ein wenig zu ruhen. Nicht als ob er etwa schon weit gewandert wäre, o nein, höchstens eine Viertelstunde, aber er hatte eine schwere Kiste zu tragen und zudem noch einen Laib Brot und eine Flasche Bundesfusel. Nach einer Weile erhob er sich und marschierte weiter, marschierte die ganze Nacht hindurch, und als es am Morgen zu beten läutete, stand er immer noch neben dem Stein. Er war die ganze Zeit um den Felsblock herumgetrabt. Jetzt lenkte er doch seine Schritte Färnigen zu, aber die Schnapsflasche, die musste er zurücklassen, sonst wäre er nicht vom Fleck gekommen; das Brot hingegen konnte er mitnehmen. Ferdinand Dubacher Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by In das Tal Josaphat zitiert

Source: In das Tal Josaphat zitiert

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a. Man hatte soeben Einen gehängt, als sich drei Burschen in einem dem Galgen nicht fernen Wirtshause niederliessen und anfingen zu zechen und mit Karten zu spielen. Bald betrat ein vierter den Raum; sie kannten ihn gut, und einer von ihnen hielt ihm sein Glas entgegen und forderte ihn auf, Bescheid zu tun. »Gesundheit,« rief dieser, indem er das dargebotene Glas ergriff und hob: »Der Schelm am Galgen lebe hoch!« Dann setzte er sich und leistete den drei Ersten Gesellschaft. Es mochten einige Minuten seitdem verflossen sein, als ein Fünfter zur Türe hereintrat, auf den Burschen, der das Lebehoch ausgebracht, losschritt und mit unheimlichem Ernste zu ihm sprach: »Heute in drei Tagen wirst du dich im Tal Josaphat einfinden und Rechenschaft ablegen, ob ich ein Schelm bin oder nicht.« Kaum gesagt, verschwand er wieder zur Türe hinaus. Während der Zitierte daheim über das Gehörte nachdachte, wurde er von einer tötlichen Angst ergriffen. Ruhelos wanderte er im Zimmer auf und ab, lief endlich zum Pfarrer und bat ihn um Rat und Hilfe. »Mein Lieber,« sagte dieser, nachdem er sich die Geschichte hatte erzählen lassen, »mein Lieber, da ist nicht gut raten und helfen. Gehe ins Kapuzinerkloster, dort lebt ein heiligmässiger Pater, der vielleicht helfen kann.« Ohne zu säumen, eilte der Arme zum Kloster und fragte an der Pforte nach dem frömmsten Pater. »Es sind zwei heiligmässige Patres da,« wurde ihm erklärt, »ein jüngerer und ein alter.« Den alten wünsche er, war sein rascher Entscheid, und er wurde zu ihm geführt. »Ich kann dir nicht raten,« sagte dieser, nachdem er alles gehört, »gehe zum jüngern, der ist über mir.« Aber auch der jüngere, eine bleiche, abgemagerte Gestalt mit mildem Blick, schüttelte den Kopf und meinte: »Ich kann dir nicht helfen. Suche die Jesuiten auf; vielleicht kann dir einer helfen, sie sind weise und in aller Gottesgelehrtheit gut unterrichtet. Kann dir keiner helfen, so musst du in Gottes Namen erscheinen im Tal Josaphat. Aber das sage ich dir, hast du Unrecht, so bist du für immer und ewig verloren.« Die Angst lässt ihm keine Ruhe, er wandert in die Hauptstadt zu den Jesuiten und klagt dem Obersten des Klosters seine Not. Der weist ihn zu dem gelehrtesten und frömmsten Pater des Hauses. Aber auch dieser wiegt ernst und überlegend sein Haupt, und erst nach langem Nachdenken erklärt er: »Der Fall ist äusserst schwierig. Ich selber bin ausserstande, dir zu helfen. Aber sage mir: »Hast du auch Patenkinder?« »Ja, etwa zwanzig,« sagt der Arme. »Ist vielleicht eines von ihnen gleich nach der Taufe gestorben, bevor es eine irdische Nahrung erhalten?« »Ja, eines meiner Patenkinder ist wirklich sogleich nach der Taufe gestorben, und ich glaube, es hatte noch keine irdische Kost genossen.« »So gehe jetzt sogleich an sein Grab und bete da, und auch ich will beten. Das Kind wird dir erscheinen und, wenn du es bittest, vielleicht statt deiner ins Tal Josaphat gehen. Aber harre aus, es wird gewiss kommen.« Erleichtert und Hoffnung schöpfend, hastete der Bursche zum Grabe seines Göttikindes, kniete nieder und betete mit aller Inbrunst seines gepressten Herzens. Am dritten Tage erschien das Kind und fragte den Götti freundlich lächelnd, was ihm fehle, und versprach, für ihn ins Tal Josaphat zu gehen, denn er schilderte seine Not gar lebendig und bat so eindringlich. Das Kindlein hiess ihn am Grabe auf seine Rückkehr warten und verschwand, und der Bursche setzte sein Gebet fort. Aber Stunde um Stunde verstrich, und das Kind kehrte noch nicht zurück. Fast gab der Betende die Hoffnung auf. Endlich erschien es, aber nicht mehr mit freundlichem Lächeln. Drohend erhob es sein Fingerchen und sagte: »Getti, Getti! das mal und niä meh! wiä ha-n-ich fir ych miässä kämpfä-n- und stryttä da änä. Hätt ich nur das chlynst wältlich Chestli gnossä g'ha, sä wäret miär beedi, ich und iähr, ewig verlorä g'sy«. Sprach's und verschwand. Alte Leute behaupten, jene Kinder, die sogleich nach der Taufe sterben, ohne das Geringste, ohne auch nur die kleinste irdische Nahrung von dieser Welt gekostet zu haben, seien die schönsten Engel und hätten die grösste Freude im Himmel. Ja, es gab Mütter und gibt vielleicht noch solche, die extra aus diesem Glauben die neugeborenen Kinder 24 Stunden ohne jegliche Nahrung liessen. Frau Arnold-Gisler, Bürglen; Frau Baumann-Dubacher; Frau Regli-Baumann b) Lange schon hatten sie miteinander gestritten und »gerechtet«, die zwei hartköpfigen Bauern, der Prosper Bär von Schattdorf und der Kempf von Attinghausen, und sich nicht einigen können. »Im Tal Josaphat machen wir's miteinander aus,« war ihr letztes Wort. Eines Tages, da der eine der beiden feindlichen Bauern auf dem Felde arbeitete, fingen die Totenglocken der Pfarrkirche ihr dumpfes Lied zu singen an. »Wer ist wohl in die Ewigkeit hinüber?« fragte auch er und vernahm, dass es sein Widersacher gewesen. »Jetzt wirds bald an dich kommen,« sagte er zu sich selber, ging zu einem Pater Kapuziner und beriet sich mit diesem. »Habt ihr auch ein Patenkind?« – »Ja«, antwortete der geängstigte Bauer, »aber es ist als unschuldiges Kind gestorben«. »Gut«, sagt jetzt der Mönch, »so wollen wir das Patenkind in das Tal Josaphat schicken; ihr aber geht heim und macht euch für alle Fälle zum Sterben bereit!« In der folgenden Nacht erschien das Kind seinem Paten, erhob drohend das Fingerchen gegen ihn und sprach in vorwurfsvollem Tone: »Getti, Getti, machet-mer das nimmä, ich ha gnüeg miässä fir ych kämpfä-n- und stryttä im Tal Josaphat!« Dem Bauer selbst blieb für diesmal der gefürchtete Gang ins Tal Josaphat erspart. Fr. Gamma-Gamma Das Patenkind war sofort nach der Taufe gestorben, ohne vorher irgend welche Nahrung erhalten zu haben. Es sagte: »Getti, Getti! Iähr hättet-m'r glyh ä schlächti Helsätä g'gä. Weni äs einzigs wältlichs Chestli gnossä g'ha hätt, sä hätti's miässä midem verspilä.« David Imhof u.a. c) Die Sage wird der Hauptsache nach auch in Ursern erzählt. Das Kind sagte: »Getti, Getti! einisch fir dich g'strittä, das zweit mal nimmä! Ich hätt's bald miässä verspilä. Bald wäri mit diär verlyrsg'gangä.« Jene Kinder, die nach der Taufe sterben, ohne irgend eine irdische Nahrung, »äs wältlichs Chestli«, genossen zu haben, nennt man Wesperli oder Wesperchind, »das sind die schönsten Engelein«. Der obgenannte Volksglaube reicht also wohl in die Zeit zurück, da man den nüchternen Kindern nach der hl. Taufe auch die hl. Kommunion erteilte; daher die Betonung des weltlichen Köstleins im Gegensatz zur geistlichen Nahrung der hl. Kommunion. Die Ursner Einleitung zur Sage wurde mir so erzählt: Äs sygä zwee Pürä gsy, diä sygä-n-eißtig hindäränand gsy und heigä nie vonänand meegä. Und de heiget's mitänand g'richtet und g'rächtet, bis ändlächä-n-einä der ander i ds Tall Josaphat g'ladä heig. M.A. Schmid, 75 J. alt d) Totäschidälä sind Totäschidälä, damit z'gspassä-n-uder z'spettlä, das gidä nitt. Als Einer einen Friedhof beging, rollte ihm beständig ein Totenschädel um die Füsse; unwillig gab er ihm einen wuchtigen Fusstritt. Jetzt fing der Schädel an zu reden: »In drei Tagen musst du ins Tal Josaphat!« Könnt euch denken, dass es dem Mann angst wurde. In seiner Bedrängnis nahm er Zuflucht zu einem Kapuziner, und dieser fragte ihn, ob er nicht ein Patenkind habe. »Wohl, aber es ist in der Unschuld gestorben,« erklärt jener und wischt den Angstschweiss von der Stirne. »So gehet jetzt,« belehrt ihn der Pater, »an sein Grab und betet da drei Tage und drei Nächte. Vielleicht wird dann das Patenkind für euch in das Tal Josaphat gehen.« Gerne gehorchte der Mann. Am dritten Tag erschien ihm das Kind, sagte aber in einem gar ernsten Tone: »Getti, Getti! einisch und darnah nimmä!« Und war verschwunden. Für diesmal entging der Frechling dem Tode. Zäzilia Gisler-Walker u.a. e) In einem andern Falle zog es, als es in Schattdorf anfing zu läuten, dem Überlebenden den Tschoopen über dem Kopf zusammen, es wurde ihm unwohl, und er starb rasch. f) Noch in den neunziger Jahren des letztverflossenen Jahrhunderts luden zwei Männer von Altdorf, von denen der eine dem andern den Hauszins in lauter Zweirappenstücken ausbezahlt hatte, einander in das Tal Josaphat. Zufällig starben bald nachher beide innerhalb acht Tagen eines plötzlichen Todes. g) In Meien war es Brauch, einander in das Tal Josaphat zu zitieren. Einer, der auch einmal einen andern dahin eingeladen, starb bald, und als man bei seiner Leiche betete, war auch der Eingeladene dabei. Da klopfte es an der Türe. Er dachte sofort, das gelte ihm, ging hinaus und kam schneekreideweiss zurück. Bald hernach starb er. Fr. Furger-Mattli Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by In der Kornmatte

Source: In der Kornmatte

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einem hochgelegenen Berggut zu Bürglen, sei das schönste Korn gewachsen, und im Myhlegg, ebenfalls einer hochgelegenen Bergwiese, habe eine Mühle gestanden, deren Standort noch erkennbar sei. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by In Klaryden

Source: In Klaryden

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Ein Ratsherr begleitete einen Kapuziner, der in Erstfeld die Ehrenpredigt gehalten, nach Altdorf. Als sie auf dem Schächengrund anlangten, sahen sie ein Wybervölchli, das ihnen in aller Eile entgegen kam. Kaum erblickt, stand es schon vor ihnen. Der Pater merkte wohl, dass das kein gewöhnliches Weibsbild sei, und stellte es. Auf seine Anfrage gestand dasselbe, es komme aus dem Elsass und müsse »i Klarydä«, um dort Hitze und Kälte zu erfahren, denn diese, zwei Stücke habe es in seinem Leben nie leiden wollen. Meine Erzählerin, von Riemenstalden, Kanton Schwyz, gebürtig, hat die Geschichte von einem in Riemenstalden angesessenen Erstfelder gehört und fügt bei: »Ysiri Müetter het mängisch zu ys Chindä gseit: du channsch den äu i Klarydä ga Hitz und Chelti durämachä.« Frau Planzer-Gisler, Sisikon Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Jäggeli im Ofenloch

Source: Jäggeli im Ofenloch

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In mancher Bauernstube steht heute noch der alte Sandsteinofen aus Urgrossvaters Zeit. Noch immer spendet er Wärme und Wohlbehagen und ist zur Winterszeit der Mittelpunkt des häuslichen Lebens. Generationen haben ihre Spuren an ihm hinterlassen. Hundert und hundert Geschichten sind schon auf ihm erzählt worden. Unter diesen findet sich eine, in welcher der Ofen selber mitspielt. Hört sie: Der Schuhmacher Jäggeli hätte eigentlich in Helfdergott daheim sein sollen, denn er besass nichts als ein überschuldetes Hüttlein und darinnen eine Stube voll Kinder. Obwohl er sein Handwerk gut verstand und fast Tag und Nacht arbeitete, konnte er den Rank doch nicht finden, um sich aus der Misere heraus zu winden. Das Einkommen reichte kaum hin, um die Familie zu ernähren. Die Schulden aber wuchsen von Jahr zu Jahr und drohten zuletzt, den armen Mann aus dem Hause zu drücken. Jetzt suchte er Hilfe bei den Verwandten. Doch diese spotteten: „Von anderer Leute Leder ist gut Riemen schneiden.“ Da ging er zu den Nachbarn. Auch diese fertigten ihn bös ab: „Dir Geld leihen? 0 nein! Die Schuld könnte man an den Kamindeckel schreiben“. Um das Mass der Bedrängnis voll zu machen, rührte sich endlich noch der Lederhändler in der Stadt. Er verlangte Bezahlung der Schulden und wollte keine Waren mehr „dings“ geben. Alles schien sich gegen Jäggeli verschworen zu haben, um ihn zu ruinieren. Was sollte er jetzt tun? Er fand keinen Ausweg mehr aus seiner Not. Halb verzweifelt machte er sich eines Tages auf den Weg nach der Stadt. Er wollte den Händler noch einmal um Barmherzigkeit anflehen. Tief in Gedanken versunken wanderte er durch einen Wald. Da sprang plötzlich eine lange hagere Gestalt aus einem Gebüsch und versperrte ihm mit gespreizten Beinen den Weg. Der Fremde trug einen grasgrünen Rock, und auf dem hohen spitzen Hute wippte eine rote Hahnenfeder. Unter den buschigen Brauen glommen schwefelgelbe Augen, und am spitz vorstehenden Kinn baumelte nach Geissbockart ein langes schmales Bärtchen. Das war der leibhaftige Gottseibeiuns. Jäggeli erkannte ihn auf den ersten Blick. Mit meckernder Stimme begann der Böse zu reden: „Warum bist du so traurig? Was für ein Kummer drückt dich? Sag es mir, ich möchte dir helfen.“ Der Schuster antwortete tapfer: „Ich will nichts von dir. Ich kenne dich schon. Du bist der „Tüüner“ und willst mich verderben. Gib sogleich den Weg frei.“ Doch der Teufel liess ihn nicht gehen. Er zog ein Säcklein aus der Tasche, griff hinein, hob eine Handvoll Goldstücke heraus, schüttelte sie auf der Hand, dass sie wie Glöcklein klingelten und liess sie eins nach dem andern wieder ins Säcklein tröpfeln. Dann meinte er grinsend: „Geld fehlt dir, du guter Mann, nichts als Geld. Dieser Beutel wäre deine Rettung. Kannst ihn haben. Ich komme später gelegentlich einmal bei dir vorbei, dann musst du mir dafür eine ganz leichte Aufgabe lösen, und du bist frei. Die Sache wird dir sicher viel Spass bereiten.“ Mit diesen Worten drückte er dem Schuster das Säcklein in den Arm und verschwand. Nun stand Jäggeli mitten im Wald auf der Strasse und hielt ein schweres Pünteli Goldstücke in der Hand. Er war von dem plötzlichen Erlebnis noch ganz verwirrt. Erst schüttelte er den Kopf - dann das Säcklein - dann wieder den Kopf - und wieder das Säcklein - und wusste nicht was beginnen. Schliesslich sagte er zu sich selbe: „Das Gold lasse ich nicht auf dem Wege liegen, sonst findet es am Ende noch einer, der es nicht nötig hat, und das wäre jammerschade. Meinetwegen soll der mit dem grünen Tschopen nur kommen und mir eine Aufgabe stellen, ich werde ihm schon zu antworten wissen, denn ich habe auch ein Hämpfeli Verstand im Kopf. Drum Jakob, greif zu, handle grosszügig und mache, dass du jetzt den Rank erwischest.“ Jäggeli wanderte frisch entschlossen der Stadt zu. Bald stand er im Laden des Lederhändlers. Jetzt wollte er einmal aus dem Vollen schöpfen und alles anschaffen, was ihm bisher gefehlt hatte. Doch der Händler kam ihm zuvor und fragte, ob er Geld habe. „Das will ich meinen,“ antwortete keck der Schuster und schüttelte das Säcklein. Der Klang des Geldes wirkte ein Wunder. Das Herz des Gestrengen hinter dem Ladentisch wurde weich wie Butter und seine Stimme süss wie Honig. Untertänig notierte er, was der Käufer wünschte: aller Arten Leder, vom harten Sohlleder bis zum glümpfigsten Kalbsleder, ferner Klingen, Feilen, Ahlen, Nägel, Zwecke, Leisten. Das alles - und was er von früher noch schuldete - zahlte Jäggeli mit glänzenden Goldstücken. Der Händler war voll Neugierde und fragte: „Habt Ihr eine Erbschaft gemacht?“ - „O nein“, antwortete der Kunde, „und gestohlen hab ich auch nicht. Nehmt das Geld nur ohne Bedenken an, es stinkt nicht.“ An diesem Tage begann für Jäggeli ein neues Leben. Das hemmende Bleigewicht der ewigen Geldnot plagte ihn nicht mehr. Frohsinn herrschte jetzt im Haus. Gar oft hörte man den Meister ein heiteres Lied singen oder pfeifen und im Takt dazu das Leder klopfen. Die Freude schaffte neue Arbeitslust und brachte endlich sichtbaren Erfolg. Die Schulden konnten abgewischt werden und die Familie gelangte zu einem bescheidenen Wohlstand. Alles ging gut. Jäggeli hatte endlich den Rank erwischt. Doch halt - man soll den Tag nicht vor dem Abend loben. An einem schönen Sommertage befand sich der Schuster mutterseelenallein zu Hause. Frau und Kinder waren in den Wald gegangen, um Beeren zu sammeln. Jäggeli sass am Werktisch und schnitt das Leder für ein Paar neue Schuhe. Da stand urplötzlich der Teufel vor ihm und meckerte: „Guter Freund, deine Frist ist abgelaufen. Nun musst du die Aufgabe lösen. Gelingt dir das nicht, so gehörst du mir.“ Darauf nahm Satan den Schuster am Ärmel und zog ihn hinaus in die Küche. Dort riss er das eiserne Ofenbrett heraus und meinte: „Die Sache ist ganz einfach. Du kriechst jetzt da in den Ofen hinein, und wenn du wieder herauskommen kannst, ohne dass ich es sehe, so bist du frei.“ Der Schuster wurde bleich vor Schrecken und rief: „Du verfluchter Lügner, eine leichte Aufgabe hast du mir zugesichert, und jetzt verlangst du etwas ganz Unmögliches. Nein, da mache ich nicht mit. Fahr aus dem Haus, du alter, stinkender Geissbock, sonst …“ Der Teufel liess den Erzürnten nicht weiterreden. Er packte ihn kurzerhand am Nacken und am Hosenboden, stopfte ihn wie eine Reiswelle in den Ofen, drückte das Brett zu und hielt davor Wache. Der arme Jäggeli. Da liegt er nun bäuchlings im engen finstern Ofenloch, allseits umgeben von russigen Sandsteinwänden. Wie eine Maus in der Falle kommt er sich vor. Was soll er jetzt tun? - Vorerst den Mut nicht verlieren und ruhig Blut bewahren. Dann jenes Hämpfeli Verstand hernehmen und sinnen und suchen. Vielleicht gibt es noch einen Ausweg. Vielleicht…? Der Gefangene streckte beide Hände nach vorne und tastete die Ofenwand ab. Da fanden seine Finger eine viereckige Vertiefung. Was mochte das wohl sein? Aha! Das war der „Ofenstein“. Die alten Sandsteinöfen besassen nämlich an der Vorderwand eine handgrosse viereckige Öffnung, die zum Russen diente. Dieses Loch wurde von der Stube aus mit einem genau passenden Steine verschlossen. Jäggeli schlug nun ein paarmal mit der Faust daran. Der Stein gab nach und rollte auf den Stubenboden hinaus. Licht drang durch die kleine Öffnung. Hell wurde es auf einmal im Gefängnis, hell auch im Kopfe des Gefangenen. Plötzlich sah er einen rettenden Weg. Mit lauter Stimme jauchzte er durch das Russerloch in die Stube hinein: „Juhui! Juhui! Chräbli, chom iha - i bün i der Stuba!“ Als der Teufel das hörte, sprang er mit einem Satz zur Küche hinaus, sauste wie’s Bisenwetter durch den Hausgang und stürzte mit der Türe in die Stube. - Es war niemand da. Diese wenigen Sekunden wusste Jäggeli zu benutzen. Er drückte mit den Füssen das Ofenbrett hinaus und mit zwei drei ruckartigen Bewegungen kroch er rückwärts aus dem Ofen. Von Russ und Asche besudelt stand er jetzt inmitten der Küche und rief so laut er konnte: “Juhui! Juhui! Chräbli, chom usa, - i bün i der Chuchi!” Im nächsten Augenblick stürmte der Satan in die Küche. Jäggeli ergriff die Ofengabel, stellte sich drohend vor seinen Widersacher und sprach: „Du hast mich nicht herauskommen sehen. Du hast den Handel verloren. Nun mache dich flugs aus dem Hause, oder ich steche dich an.“ Der Teufel fluchte und stampfte vor Wut. Dann verwandelte er sich in stinkenden schwarzen Rauch und entwich durch das Kamin. Er zeigte sich nie mehr. So also hatte der Schuhmacher Jäggeli den Teufel überlistet. Die Kunde davon wanderte von Mund zu Mund durchs ganze Land, und wo immer zur Winterszeit Menschen auf einem warmen Sandsteinofen traulich beisammen sassen, da erzählten sie diese Geschichte. Und wenn jemand in eine verzweifelte Lage geriet, aus der es keinen Ausweg mehr zu geben schien, dann pflegten unsere Voreltern zu sagen: „Der ist fast so schlimm dran wie Jäggeli im Ofenloch.“   Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch


by Kraft des Betrufs

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1. Auf der Nidwaldner Alp Niederbawen riefen sie aus Faulheit, oder weiss Gott warum, einige Abende nacheinander nicht zu beten. Damals hatten sie noch Pferde auf der Alp. Nun hörten sie eines Abends die Pferde wie rasend herumpoltern. Der Boden zitterte förmlich unter ihren Füssen. Als die Älpler vor die Hütte hinausrannten, sahen sie, dass der ganze Trupp wie durch die Lüfte der Kulm zu sprengte. Jetzt griff der Senn zur Folla 1 und rief zu beten. Die Tiere beruhigten sich allmählich und kehrten zurück. Seitdem haben sie da oben den Betruf nie mehr unterlassen. »Das mag eppä vor 50 Jahrä g'sy sy, ich mag mi nu b'sinnä,« meint meine Erzählerin. Marie Ziegler 2. a) Noch zu Menschengedenken alpete zu Scharti und Oberberg eine Familie von Bauen. Eines Abends gingen die zwei Buben nach Bauen hinunter z'Stubeten und liessen das Vieh allein im Oberberg. Man fragte sie, wer ihnen das Vieh besorge, und lachend gaben sie zur Antwort: »E, 'Kiëh hem-mer am Santä Toni ibergä, und der Stiër cha sälber lüegä.« Als sie am Morgen auf Oberberg ankamen, konnten sie den Stier nirgends finden, während das übrige Vieh wohl behalten um die Hütte herumstand. Im Laufe des Tages fanden sie den Stier auf der andern Seite des Berges tot zu unterst im Gygenstäfeli. b) Nach anderer Darstellung schloss der Senn am Samstagabend beim Betruf den bösen Alpstier vom Segen aus, indem er rief: »B'hiët Gott Alles uff diser Alp, ohni d'r Stiër nit!« »Der sell sälber lüegä,« meinte er. Als die Älpler am folgenden Tage aus der Kirche kamen, fanden sie den Stier tot unten in dem »Butzen« genannten Teil der Alp. Mich. Imhof; Jos. Maria Aschwanden; Marie Ziegler c) Statt des Stieres wird bei der Erzählart 2a auch ein rotes Chüehli genannt, ohne nähere Angabe der Alp. Josefa Imhof-Aschwanden, 85 J. alt. d) Alp in Uri. Eine weisse Kuh war nicht gut zu melken. Betruf: »B'hiët Gott Alles ohni äs Häutt (Haupt) nitt.« Der Senn dachte die weisse Kuh. Diese fand man am folgenden Morgen geschunden vor der Hüttentüre und in der Türe zwei blutige Messer eingesteckt. Heinrich Walker, Reusstal Fußnoten 1 Der Betruf wurde durch den Milchtrichter über die Alp ausgerufen. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Krieg künden

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 Kurz vor dem deutsch-französischen Kriege geschah es, dass dem Nachtwächter in Einsiedeln, wenn er begann, die Stunden zu rufen, ein Mann begegnete und zu ihm sagte, er solle die Jahrzahl rufen und nicht die Stunde. Endlich fragte der Nachtwächter den Abt um Rat, und dieser sagte ihm, er solle das nächste Mal den Geist anreden und fragen, warum. Er folgte, und auf seine Anfrage sagte der Geist: »So schaue in die Luft!« Er schaute und sah in der Luft allerlei Leute, Militär, Totenköpfe, Pferde, ganze Heere. Jetzt rief der Nachtwächter die Jahrzahl. Am nächsten Abend erschien der Geist nicht mehr und nahm der Nachtwächter wieder die alte Art des Nachtwächterrufs an. Bald darauf brach der Krieg aus. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Lebendig begraben

Source: Lebendig begraben

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Man erzählte in Altdorf von einer Frau, die im ehemals Crivellischen Hause, jetzt Fürsprech Karl Huber, wohnte, dass sie in der Nacht nach ihrer Beerdigung, mit einer Laterne versehen, zu Hause anläutete und, als man sie mit Schrecken erkannt, erklärte: der Totengräber sei gekommen, habe ihren Sarg geöffnet, um einen kostbaren Ring von ihren Fingern zu nehmen. Da der Ring aber nicht leicht zu entfernen war, schnitt er ihr in den Finger, was sie auch weckte. Als sie sich aufrichtete, sei der Totengräber davon gesprungen und habe seine Laterne stehen lassen. Die Frau soll nachher in ihrem Leben nie mehr gelacht haben. Schriftl. v. Fr. Oberst Epp-Schmid Nach anderer Erzählart war die Dame aus dem Roll'schen oder auch aus dem Schillig'schen Hause, und begleitete sie der Totengräber nach Hause. Wird ähnlich auch in Unterschächen erzählt. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Mädchen kündet seinen Tod

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Josef Maria Tresch in Bristen, genannt der »schwarz Tresch«, begab sich eines Abends auf Besuch zu seiner Liebsten. Auf einmal hört er jemand daherkommen; rasch versteckt er sich hinter einer Tanne, um die Person heimlich zu beobachten. Es ist sein Schatz, der talaus wandert. Trotzdem strebt Tresch seinem Ziele zu und findet zu seinem nicht geringen Staunen die Geliebte zu Hause. Das kommt ihm unheimlich vor, und bald geht er wieder heim. Einige Wochen später ist das Mädchen beim Wildheuen erdrohlet. An jenem Abend sei auch der Pfarrer von Silenen auf dem Friedhof spaziert und habe das Mädchen zwischen den Gräbern stehen gesehen. Als er sich erkundigte, ergab es sich, dass es gar nicht auf dem Friedhof gewesen.   David Imhof, Seedorf, u.a. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Mandlenejäger um Villnachern

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Unterhalb Villnachern finden sich auf einer geringen Anhöhe die Ueberreste einer Burg, welche die unbestimmte Sage Lichtenau nennt. Da wo jetzt Haselgebüsche sich an die Aare hinabziehen, sieht die Gegenwart noch einen wilden Mann, dem sie den Namen Mandlene und Mandlehenjäger gegeben hat. Er ist schwarz und langhaarig, schleppt eine grosse Keule hinter sich her und geht in stillen und drückenden Sommernächten, wenn das Wetter sich ändern will, am Flusse bis gegen Birrenlauf und von dort wieder zum Villnacher Walde hinab, trägt die Weidenbündel, welche Bandhauer dort zum Garbenbinden sich schneiden, hinweg, und erscheint damit bei der Schinznachter Fähre, wo sein schallendes „Hop hop!“ den Fährmann aus dem Schlafe weckt. Dieser aber lässt ihn rufen, seitdem er ihn einmal mit seinen Weidenbündeln deutlich am Ufer stehen und sogleich wieder verschwinden sah, als der Kahn ans Ufer stiess. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 182 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Melkzauber

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In eine Wirtschaft zu Altdorf kamen Leute und bestellten Kaffee; die Milch müsse heillos rar sein, dass man nirgends keine bekomme, fügten sie erklärend bei. »Es gibt schon Milch, wartet ihr nur einen Augenblick!« tröstet die Wirtin mit dem Spitznamen »Geisshebamm«, nimmt einen »Waldhäntschä« (groben Handschuh der Waldarbeiter) und zieht und streicht am »Dymlig« (Däumling), wie wenn sie melken würde. Und es floss wirklich Milch heraus. »Aber ich dänkä-n-eppä-n-äs Pürli heig's scho g'spirrt!« – Wenn sie das Nachtessen bereitete und drüber brennen wollte, fuhr sie einfach gleitig nach Glarus und holte dort den Böllen aus irgend einem Garten. (19. Jahrhundert.) Josef Maria Furrer, der letzte Bettelvogt, 84 J. alt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Mit dem Toggeli tanzen

Source: Mit dem Toggeli tanzen

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Einem wurde geraten, wenn das Toggeli komme, ihn zu plagen, solle er's schnell packen und dreimal mit ihm in der Zimmerdiele herum tanzen. Er machte es so, und nach der dritten Runde war es auf einmal ein hübsches Frauenzimmer. Frau Regli-Baumann, 76 J. alt, Wassen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vo de Härdmändlene ûf der Ramsflue

Source: Vo de Härdmändlene ûf der Ramsflue

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Hinder der Aerlisbacher-Egg, zwüschen-em Dörfle Hard und dem alte Lorenze Kapällele, stoht im-ene Thale so ganz elleige e grüsli vertraeite Flue, se säge-ere d'Ramsflue. Uf der hindere Sîte isch se hohl, und d'Höhli het numme e chlîne Igang. Do sind denn emole, me weiss nit äxact i wele Johrgänge, so rarige Mändle gsiî, die sind i de Höhle ûs- und îgange, händ ganz e so es eiges Läbe gfüehrt und en apartige Hûshaltig, und sind ganz b'sunderig derhähr cho, so wärklich gestaltet; und mit eim Wort, es isch halt kei Mönsch ûs-ene cho, wer se denn au seige, und was se trîbe. Ämel chochet händ se nüt, und Würzle und Beeri g'gässe. Unden-a der Flue vorbî lauft es Bächli, und i dem Bächle händ die Mändlene im Summer badet, wie Tüble, aber eis von-ene het immer Wacht gha und het pfiffe, wenn öpper derhär cho isch ûf em Fuesswäg: denn sind se amme gsprunge, was gisch, was hesch, der Bärg ûf, dass ene kei Haas noh cho wär, und wie der Schwick in ehre Höhle gschloffe. Dernäbe händ se kem Mönsch nüt z'leid tho, im Gäggetheil, Gfelligkäite, wenn se händ chönne. Einisch het der Hardpûr es Füederli Rîswälle glade, und wîl er elei gsî isch, het er's au fast nit möge. E so'nes Mandle geseht's vo der Flue oben abe und chunt dert dur ab z'höpperle über d'Riese, und hilft em Pûr, was es het möge. Wo se de der Bindbaum wänd ûfe thue, so isch das Mandle ûf em Wage gsî und het grichtet, und der Pûr het überunde azoge a de Bindchneble. Do het das Mandle s'Seil nid rächt ume g'liret, und wo der Pûr azieht, schnellt der Baum los und trifft s'Mandle and Finger und het's würst blessiert. Do fôht der Pûr a jommere und sein „o heihe, o heie, wenn's nummen-au mer begegnet wär.“ Do seit das Mandle „abba, das macht nüt: sälben tho, sälben gha!“ Mit dene Worte springt's vom Wagen abe, het es Chrütli abbroche, het's verchavlet und ûf das bluetig Fingerle g'leit, und das het all's ewägg putzt. Do springts wieder ûfe Wage und het zum Pûr gseit, er soll s'Seil numme wieder umme gê. Mängisch, wenn rächtschaffne Lüt dur'n Tag g'heuet oder bunde händ und se sind nit fertig worde bis z'Obe und s'het öppe welle cho rägne, so sind d'Härdmandle cho, und händ g'schaffet und g'wärnet drûf bis alles im Schärme gsî isch. Oder wenn's dur d'Nacht isch cho wättere, händ se s'Heu und s'Chorn, wo dûsse glägen-isch, de Lüte zum Tenn zuetreit, und am Morge het halt alles gross Auge g'macht und se händ nid gwüsst, wer's tho het. Denn hend erst no die Mandle kei Dank begehrt, nummen-au dass me se gern het. Amme-n-im Winter, wenn alles Stei und Bei gfrore gsî isch, sind die Mandle is oberst Hûs chô z'Aerlispach; se händ's halt gar guet chönne mit dene Lüte, wo dört gwohnt händ, und sind amme durh d'Nacht ûf em Ofe gläge, und am Morge vor Tag händ-se se wieder drûs gmacht. Was aber gar gspässig gsî isch: se händ ehre Füessli nie vüre glo, händ es scharlachroths Mäntele traeit vom Hals bis ûfe Bode-n-abe. Jetz hets im Dôrf so gwunderige Maitle und Buebe gha, die sind einischt z'Nacht vor das Hûs go gên Aesche streue, dass se gsäche, was de Härdmändle für Füessle hebe. Und was händ se g'funde? S'isch frîle wunderli: Änten- und Geissfüess sind i der Aeschen-abdruckt gsî. Aber vo säller Stund a isch keis Mandle meh cho, und se sind au nümme ûf der Ramsflue bliebe; i die Kräche händ se se verschloffe, tief i d'Geissflue hindere, und händ keis Zeiche mê von-ene gê, und chömme nümme, so lang d'Lüt eso boshaft sind. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 267 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by "Lucern, die edle Stadt, von Liecht und Schin den Namen hat"

Source: "Lucern, die edle Stadt, von Liecht und Schin den Namen hat"

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Von der Geburt unsers lieben Herren Jesu Christi fünfhundert und drü Jar gezelt by des Keisers Mauricio, in den Zitten ouch der heilig Vatter Sanctus Benedictus gelebt und Christenglauben geprediget hat, ist da vor vil Jahren alwegen gesechen worden uff der Hoffstatt, do yetz das löbliche wirdig Gotzhuse Sant Leodegarde, uff dem Hoffe zuo Lutzern stat, ein brünnet Liecht von ettlichen seligen Lütten. Umb deswillen ist in dem obgenannten Jahre ein Capel an das Ende gebuwen worden die man hat genempt Sant Niclaus Capel. Darnach ward von Wikardo, so ein Herzog von Schwaben war, daselbs ein Münster gebuwen, nach der Regel und Uffsatzung Sancti Benedicti, Gewicht in der ere der heiligen Martrer Sancti Maurici und Sancti Leodegarin von welichem Gotzhuse ouch dem Liecht also alwegen brünende gesechen ward, die löbliche Stadt Lutzern jeren Namen und Ursprung empfangen. "Zur Zeit des Kaisers Mauricio, fünfhundert und drei Jahre gezählt nach der Geburt unseres lieben Herren Jesus Chrstus – zu der Zeit auch der heilige Vater Sankt Benedict gelebt und den Christenglauben gepredigt hat – wurde auf der Hofstatt, wo jetzt das löbliche Gotteshaus Sankt Leodegard auf dem Hof zu Luzern steht, ein brennendes Licht von etlichen seligen Leuten gesehen. Darum wurde in den obengenannten Jahren eine Kapelle gebaut, die Sankt Niklaus Kapelle genannt wurde. Später wurde hier von Wikardo, einem Herzog von Schwaben ein Münster gebaut, nach den Regeln und Vorsätzen des heiligen Benedikt, geweiht den heiligen Märyrern Sankt Mauricius und Sankt Leodegar. Von diesem Gotteshaus, in dem das brennende Licht gesehen wurde, hat die Stadt Luzern (lux = Licht) ihren Namen und Ursprung empfangen."  (Übersetzung al)   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by 's Nachtvolch (Mundart)

Source: 's Nachtvolch (Mundart)

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Das ist eini vu dä korjousiste Geistergschichtä. Es hät ämoul der Schuelmeister z' Flums gäge Mitternacht e sou ä-n-eigetümlis Gmurmel köürt uf der Gass nidä wienä Gibätt vunerä mächtigä Schar Lüt. Är uuf, schläft nu in des ei Housebei, springt ans Pfister, und was gsieht er? Ä langi, langi Prozäsiu vu gstorbnä Flumserä, dou und döt einä vu dä na Läbenda derunder! Das Gmurmel ist vum schmärzhafte Rousekranz chu, wou der ganz Lichäzug hättet hät. Under de vorderä hat er vil alti Bikannti ussägfunda. Je witer hindert im Zug, desto fründer und ubikannter sins' em wordä. Vorne hät er der alt, schwarz Flumserfahnä gsieh, ds Chrüz, der Geischtli und näbet dem Messmer ihnä sälber, nu im einä Housebei und ds Pfisterläuferli am Hals. Alls hät bättet uhni ummi-z'luegä. Verstandä heigmä vum Gibätt nüt as: „. . . Und erlöusis vor em Übel, ammä!" Där, wous gsieh hät, ist gli druf erchrangget und gstorbä wiä die anderä-n-au, wou vu dä noch Läbendä derunder gsi sind.  Albrecht, Erinnerungen. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 340, S. 191 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by 's Schneemannli

Source: 's Schneemannli

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Lukas Manhart, ein vieljähriger Hirt, erzählt: "An Abenden, bevor im Spätherbst die Schneestürme hereinbrechen und die Hirten nötigen, mit der Herde von Alp zu fahren, sah ich oft ein kleines Männchen mit einem weissen Mantel, das gar seltsam rief, aber nirgends einkehrte. Soweit diese Gestalt zu sehen war, soweit war am andern Tag der Boden mit Schnee bedeckt." Auf der Alp Prod hat diese Erscheinung den Namen "Nepermannli", weil man seinen Aufenthalt im Neperwald vermutet. Der eigentümliche Ruf wird jetzt noch manchmal vor eintretendem Schneefall vernommen und ist wahrscheinlich das Geschrei eines Alpenvogels. Ferd. Stoop   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 300, S. 166f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by 's Tufmannli

Source: 's Tufmannli

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Schaan (Oberschan) ischt witt und breit das eltischt Dorf. Vor viela, viela Johra, d'Ureltera hänn's nit möga ddengga, ischt denn unn wenn e munzigs Mannli in's Dorf chuu; es hät neamad gwüßt, woher ass es gsi ischt. Naiswär hät's nu emol gsea us Tuf aha chuu, doa hat men em Tufmannli gsait. Das hat denn e teila Lütt wohr gsait, unn gueti Rööt ggii, unn hat meng Ungsehl verhüetat unn in verzwisteta Laga ghulfa, aß alls en uufrichtiga Respekt gha hät vorem. Aber es hät denn oo a soa kurriose Gwunnata, unn z'Schaan häts o allbig ötschwas uisrichtigi unn laidwerchigi Lütt gkaa, unn wo's emol vor dena beim Spötterbank verbei heg müaßa, so hegen s'is wella z'Schanna stella. Ab demm sei d's Mannli gränza-loas ertoobet unn heg na d's Böasischt gwüüscht unn zum Rädlifüehrer gsait, er müeß, soa lang ass er läbi, en böasa Nochbuur haa unn a schlächts Dach und gsäält Broat. Dar ischt affa gnueg gstrooft gsii, unn die andere hänn ihren Tail o no überchuu; aber d's Tufmannli ischt gliach nia mea chuu, unn das ischt mänger Huishaltig übel ggange. U. Adank. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 153, S. 72 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by 's Wibli vo Steckbore

Source: 's Wibli vo Steckbore

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Vor alten Zeiten kam alle Jahre das sogenannte "Wibli vo Steckbore" zur Kirche, um da Weihnachten zu feiern. Noch jetzt besteht darum die Redensart: "Es lüt dem Wibli vo Steckbore!" Und die Kinder lassen auf der Straße den eintönigen Ruf erschallen: "Steckbore Wibli! Steckbore Wibli!" Eine schon längst verstorbene Nachbarin sagte mir einst, es sollte heißen, 's Wibli vo Steckawege." Ein altes Mütterchen habe nämlich alljährlich am Weihnachtsabend den Gang zur Kirche von Hohenems gemacht. Alljährlich zur gleichen Stunde konnte man sein Lichtlein beobachten, wenn es die Gegend durchschritt, wo es in der "Stecken Wegen" hieß. Sobald die Leute das Lichtlein sahen, sagten sie: "Aha, 's Wibli vo Steckawege kunnt!" U. Schawalder   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 60, S. 27 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by 's wiss Bruggfräuli

Source: 's wiss Bruggfräuli

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In Ennetbühl, auf der Brücke, die über das Mühletobel führt, sieht man nachts das Bruggfräuli. Es ist nicht bösartiger Natur; denn es fügt keinem Menschen ein Leid zu. Wer mutig ist und keinen zaghaften Schritt tut, kann sogar unbehelligt an ihm vorüberwandern; andere kehren allerdings besser um. Es wird freilich auch behauptet, das Bruggfräuli sei nur beim Mondschein zu sehen. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 429, S. 254 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by .Steinwerfende Geister

Source: .Steinwerfende Geister

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a) Nahe dem Jochgebirge bei Engelberg schiebt ein Gletscher sein Geröll gegen den Trübsee hinab. Er heisst Pfaffengletscher wegen einer Geschichte, die hier passiert ist. War nämlich mal in Engelberg ein ungemein starker Klosterbruder, so dass er gewöhnlich den Säumern die Salzfässer ganz allein von den Tieren hob. Dieser ging einst um den Besitz der Alp Trübsee die Wette ein, ohne auszuruhen ein mit Salz gefülltes Fass, ein „Salzröhrli" sagt man dort, vom Tal auf das Joch hinauf zu tragen. Es gelang ihm wirklich mit der Last bis nahe an das Joch zu steigen, ohne einmal zu rasten. Endlich bei einer Quelle, wo er sich mit einem Trunk Wasser erfrischen wollte, stürzte der Bruder tot dahin. Man begrub ihn an selber Stelle, die man jetzt noch den Pfaffenhaufen nennt. Sein Geist ist zur Strafe dieser Vermessenheit in die Gletscher und Klüfte des „Joches" gebannt und gibt sich bisweilen durch seltsames Tosen und Klingen kund. Man sagt dann, der Pfaffe sei geschäftig. Und wenn jemand ihm zuruft: „Pfaff, wirf Steine", so lässt er seiner nicht spotten und tut es.   b) Im schwyzerischen Wäggital erblickt man am Gugelberg eine Felshöhle, das Schuhmacherloch genannt, weil darin ein Schuhmacher hämmern soll. Mal rief ein übermütiger Mensch in das Loch hinein: „Schuhmacher, gib mir auch einen guten Leisten", da schmetterte ein Stein neben ihm nieder und verleidete ihm die Lust zu weiterm Spott mit der Geisterwelt.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Ä chaltä Bettkamerad

Source: Ä chaltä Bettkamerad

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Ihretnä zwee Gurtnäller – ich chennt-ech-s' mit Namä-n- und Gschlächt a'gä – syget einisch i Fellänä-n-innä ga strahlä. Am Abed syget-s' im soginanntä Riëdmattergadä ga ubernachtä. Und wo si da glägä syget, dië zwee, syg äu Einä chu züennä-n-innä, ä gryßlächä Ma, und syg hinder-s' züechä ga liggä. Aber Jesses, wië syg der chaltä gsy! wië Ysch! Dië zwee Gurtnäller häiget dië ganz Nacht keis Äug züe'tah und häiget-si nit 'terfä v'rweiggä bis am Morget, wo's z'bättä glyttet häig. Düä syg-er v'rschwundä. Joh. Jos. Walker So erging es auch einem Gurtneller, der über Gespenstergeschichten gespottet hatte. Das Gespenst war noch kälter als Eis! Alphütte zu Waldi. Heinrich Gamma Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by A d'Rööww chun!

Source: A d'Rööww chun!

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Z'Gadmen uf dr Furen häin dee Junge tanzed und gholäied und es Feerrelli ghäben. „Wa sol e nen hitöön?" chunnd äina vor ds Pfäischter. „Wa d'ne gnun heschd, dü Plagaff", hed äina iwwäreddem Tanze bbreeled uw wenig old niid täichd derbee. E-r-Raschd vergäid; döö ischd äina chun und hed gsäid, är danki däm, wan im Bschäid ggän häigi; jetz chenni är a d'Rööww. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ä scheeni Frau

Source: Ä scheeni Frau

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Da syg äs alts Hüsäli gsy, wo jetz d'r Oxä staht. Und da häig-mes all Abed gheert bättä, ja, i dem Hüsäli innä, und vill Lytt syget ga loosä. Und nachedänä häigs ghäissä, da miäss ä scheeni Fräu lydä; diä sell Schriftä v'rbrennt ha, häig's nu ghäissä, und wäg dem miäss si lydä. Und d'rnah häiget sy's am-mänä Pater gsäit, und der häig gsäit, wennd-si äso und äso mängi Mäss fir si lahet la läsä, sä wärd-si erleest. Das häiget sy düe gmacht, und uff das häig-mä nymeh gheert. – Das hed alligs ysiri Müetter v'rzellt. Frau Mattli-Gerig, 45 Jahre alt, Wassen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ää Atta!

Source: Ää Atta!

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Uf em Beelti z'Gööttannen häi d'Zwäärgleni gholfen hewwen. Es Mäitli hed ne zööglöögd. Uf ds Mal hed's gsäid: „Ää, Atta, lööged, weler Feess!" Das hed d'Zwäärgleni i d'Nase gstochen; si siin heenni worden. Si häi ds Wärchziig la ghijen und sii furt und häi si vun da an nee mee zäigd. Si häin drum Feess wee Enti ghäben. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Aarauer Stadtbach

Source: Aarauer Stadtbach

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Die Stadt Aarau liegt hart am Ufer der Aare, von welcher es seinen Namen führt, und hat also, so oft dieser Gebirgsstrom höher steigt, mehr Wasser in Gärten und Wiesen, als den Besitzern lieb ist; zum Ueberflusse aber wird es der Länge nach auch noch von einem eigenen Stadtbach durchzogen und gerade dessen Unentbehrlichkeit wird sich trotz des vorhandenen Uebermasses an Wasserkraft ein guter Ortsbürger niemals bestreiten lassen. Nachdrucksam hat sich früherhin die Stadt nach diesem geringen Bache zubenannt als „Aarau am Susbache gelegen“. Ob man ihn Susbach hiess nach dem städtischen Kaufhaus, an welchem er vorbeigeht, und das schon eine Freiheitsurkunde Herzog Leopolds III. von Oesterreich i. J. 1381 Sustenhaus (Lagerhaus) benennt; oder ob die freigebige Susanna Schännis ihren Taufnamen dazu geliehen hat, als sie diesen Stadtbach dem Orte zum Geschenke machte, dies kommt hier nicht in Frage. Die besondere Werthhaltung des Bächleins ist eine ausgemachte Sache und dauert jetzt noch fort. Man hat darüber folgende Tradition. Im Jahre 1270 nahm Schultheiss und Rath von Aarau die Versammlung der geweihten und gottverlobten Schwestern Christi, genannt von Schännis, in Bürgerrecht zu Schutz und Schirm auf und schenkte ihnen eine zwischen den Mauern und dem Aarflusse gelegene Hofstatt (Aargau. Beiträge v. Kurz u. Weissenbach, 1847, S. 547). Sie waren durch eine Feuersbrunst um ihr Frauenstift Schännis im Gasterlande gekommen (heute ein St. Galler-Pfarrdorf) und obdachlos geworden. Da man sie zugleich auch aller städtischen Umlagen und Tellen enthob, so war ihr Dank ein doppelter. Ein Stiftsfräulein von Schännis erbot sich daher der Stadt zum Gegendienste; sie liess den Bürgern die Wahl frei, ihnen entweder eine goldene Kette machen lassen zu wollen, die rings um ihre Mauern gienge, oder ihnen eine Quelle von der Mächtigkeit eines Baches auffinden und durch den ganzen Ort leiten zu lassen. Der Bürger Sorgfalt für den allgemeinen Nutzen und das Wohl der Nachkommen entschied sich zum Letztern und schlug den gleissenden Goldreichthum dagegen aus. So müssen sich denn jetzt in einer viertelstündigen Entfernung von der Stadt reichliche Bergquellen beim Dorfe Sur sammeln und nach wenigen Minuten schon als ein ruhiger und bis zum Rande gefüllter Bach der Stadt zugehen. Zwar bezweifelt man die geschichtliche Gültigkeit jener Erzählung und behauptet, derselbe Bach, dessen eine Urkunde vom J. 1292 gedenkt (Aargau. Beiträge, 553) müsse schon in den frühesten Zeiten durch den Ort geflossen sein, da er die Burggräben des uralten Thurmes Rohre mit Wasser versah, der nachweislich lange vor dem Schänniskloster als Freiung hier gestanden hatte. Gleichwohl hat dieses Bächlein nach und nach neue Nahrungsquellen für die Bürger eröffnet, die zahlreichen Fabriken der Stadt hervorgerufen und sich dadurch in jene Goldkette verwandelt, welche von der Klosterfrau anerboten war und von der Genügsamkeit früherer Zeiten noch ausgeschlagen werden durfte. Auch eine eigene Verehrung widmet man ihm noch, und dieselbe ist schon alt. In der handschriftlichen Stadtchronik von U. Fisch heißt es unter dem Jahre 1688: den 4. Herbstmonat sind die Burger von Aarau nach altem Brauch und Freiheit mit Trommen und Pfeiffen ausgezogen, den Bach zu fischen. - Diese Verehrung mag auf eine altreligiöse Beziehung der Einwohner zu einem Gewässer hindeuten, das zahm und wohlthätig ist und nicht, wie der wilde Aarfluss ein Menschenleben zum Opfer nimmt. Wenn alljährlich im Hochsommer der Bach zur Reinigung abgestellt worden und dann wieder losgelassen ist, so beginnt ein allgemeiner Feiertag. Die Schulen sind geschlossen, Fabriken und Werkstätten ruhen. Jung und Alt zieht sonntäglich geputzt, mit Maien und Ruthen geschmückt, unter Trommelschlag dem Bach bis zu seinem Ursprunge entgegen und marschiert Abends dann mit den wiederkehrenden Wellen in militärischer Ordnung zum Thore herein. Nach dem Trommeltakte rufen sich dann die Abteilungen des Zuges folgenden Reim wechselweise zu: Der Bach chunnt, der Bach chunnt! Sin mine Buebe-n-alli g'sund? Jo - jo - jo! Der Bach isch cho, der Bach isch cho, Sin mine Buebe-n-alli do? Jo - jo - jo! Die Knaben, vor denen ein halbes Duzend ihrer eigenen Schultamboure hertrommelt, tragen lange grüne Zweige, auf welche ausgehöhlte beleuchtete Kürbisse gesteckt sind, auch brennende Wergbüschel liess man mit dem Wasser herabschwimmen; und eine Anspielung auf diese aussergewöhnliche Beleuchtung sowie zugleich ein Spott auf die zwei nächstgelegenen Dörfer soll es sein, wenn man dazu singt: Füerjo, der Bach brünnt. D'Surer händ-e-n-azündt, D'Aarauer händ-ne g'lösche, D'Chüttiger rite-n-üf de Frösche. Eggen, in seiner hds. Sammlung zu Ulr. Fisch, hds. Stadtchronik von Aarau, meldet, dass im J. 1831 dieser Ruf auf polizeilichen Befehl untersagt worden ist. Ohne Folge. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 19 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Abenteuer an der Gemeindegrenze

Source: Abenteuer an der Gemeindegrenze

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Martin Truttmann, gewöhnlich Jostli-Marti genannt, machte von Beggenried her den Heimweg gegen Seelisberg. Es war tief in der Nacht, als er beim Marchstein anlangte und ihm ein grosser schwarzer Mann, bedeckt mit einem Lederschopf, mit kurzen altertümlichen Lederhosen bekleidet, die Arme entblösst bis unter die Achseln, mitten in den Weg stand. Marti schaute so eine Weile und sagte dann laut zu sich selber: »Da wirdi-n-i dänk meegä-n-i Gottsnamä durä-gah!« und schritt mutig vorwärts. Da legte sich die Erscheinung auf die Seite. An der nämlichen Stelle soll schon früher einmal einen Seelisberger der Schrecken so erfasst haben, dass er ihm den baldigen Tod brachte. Schriftlich von Alois Infanger, Bauen, 30 J. alt. Quelle:  Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Abenteuer beim Geisterbannen

Source: Abenteuer beim Geisterbannen

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In der Läutergen, einem Landgut in der Gemeinde Morschach, das aber dem Dörflein Sisikon näher liegt als dem Mittelpunkt von Morschach, wohnte damals eine Familie Hofer (eigentlich Imhof), die am Abhang der Fronalp Berggut und Alp Fron besass, wo ein Unghür hauste und den Leuten lästig war. Sie beschlossen, es bannen zu lassen, und beriefen zu diesem Zweck den Pfarrer Imhof von Sisikon, zu dem sie mehr Zutrauen hatten als zu ihrem eigenen Ortsgeistlichen. Er kam; aber als er vor die Türe stand, die Stola anlegen und das Buch in die Hand nehmen wollte, da warf es ihn unversehens in die Misti hinaus. »Oho!«, rief jetzt Imhof, »habt ihr euren Ortspfarrer nicht gefragt?« Sie sagten: »Nein« und liefen eiligst nach Morschach hinunter und fragten den Pfarrer. Der gab seine Erlaubnis, und jetzt bannte Imhof das Unghür »i ds Chöpfänä«, wo es nicht mehr schaden konnte. M. Josefa Aschwanden Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Abenteuer im Brunnital

Source: Abenteuer im Brunnital

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Ganz falsch wäre es zu glauben, dass es nur in alten, längst vergangenen Zeiten Geister gegeben. Noch vor wenigen Jahren geschah es, da kehrte der junge, wackere Bergführer Franz Zgraggen, Dubeler genannt, von einer glücklich ausgeführten Bergfahrt von Disentis über den Brunnipass ins Maderanertal zurück. Schon von weitem sah er eine Person stehen bei der verlassenen Hütte der Brunnialp. Er dachte, es sei ein Bergsteiger, der da übernachten und dann morgens früh den Oberalpstock erklimmen oder den Brunnipass begehen wolle. Ein Älpler konnte es nicht sein, denn der wilde, hochgelegene Stafel war schon geräumt. Wie aber Zgraggen näher kam, bemerkte er, dass die Gestalt keinen Kopf hatte. Es wurde ihm etwas unheimlich zumute, denn es war sonnenklar, dass solches nicht mit rechten Dingen zuging. Eiligen Schrittes durchmisst er das einsame Tal, gewahrt aber mit Schrecken, dass die geisterhafte Gestalt, jetzt mit Kopf, ihm auf dem Fusse folgt. Es nützt nichts, die Schritte zu beschleunigen, der Verfolger tut es auch. Erst in der Nähe des Gasthauses auf dem Balmenegg wird er vom Schrecken erlöst. Dort machte er dem Kurgeistlichen, einem frommen Pater von Einsiedeln, Anzeige und bat ihn, sein Möglichstes zu tun, um den büssenden Geist zu erlösen. Nach einiger Zeit konnte der verständige Mönch den Bergführer versichern, dass ihn von nun an der seltsame Verfolger nicht mehr beunruhigen werde. Von Gespenstern ohne Kopf wird überhaupt vieles gefabelt. Franz Epp; Franz Zgraggen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Abenteuer in gespenstiger Sennhütte

Source: Abenteuer in gespenstiger Sennhütte

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Unter den entlegenern Alpen hinter Escholzmatt gab es eine, die lange Zeit geflohen und verrufen war. Einen jungen, kampfrüstigen Mann, der in jene Gegend gelangte, mahnten die Leute in der Nachbarschaft ernstlich davon ab, über gewisse Grenzen zu schreiten, oder gar die Sennhütte dort zu betreten, denn so viele den Versuch gewagt und hingegangen seien - keinen habe man je wieder gesehen, sie müssten sämtlich des Todes geworden sein. Man sah, dass in der geheimnissvollen Alp Sennenwirtschaft betrieben werde; man sah, wie morgens eine Herde ausgelassen, abends heimgetrieben werde; man sah vom Hüttendach den Rauch aufsteigen, wie wenn wirklich daselbst jemand hause, die Mahlzeiten bereite, Käse, und was immer das Sennen mit sich bringt, beschaffe. Aber nie sah man einen Menschen zum Vorschein kommen, unsichtbar blieben stets die Kräfte, die diese Alp bewirteten. Wer mag doch dort drüben der seltsame Bewohner sein? Welches Geheimnis birgt diese Hütte? Über diese Frage wollte und musste der kühne Mann Licht gewinnen, die Ruhe seines Lebens schien ihm davon abhängig. Flehentliches Abmahnen goss nur Öl ins Feuer, er hatte keine Furcht, nur Siegeszuversicht. Bangen Herzens schauten ihm die Leute nach, sie hielten ihn für verloren; sie erbarmte der schöne, wackere Bursche. Er ist bei der Hütte, aber Totenstille herrscht. Er geht vor die Fenster und ruft, niemand lässt sich sehen oder hören. Er geht an die Türe, probiert leicht sie zu öffnen, sie springt auf und er setzt frisch den Fuss über die Schwelle. Noch wankt der Boden nicht unter ihm. Sicher tritt er auf, fest schaut er um sich. Hm, er ist in der Küche, auf dem Herd brennt ein Feuer; drüber hängt zum Käsen gerüstet der Kessel. Er ruft dem Sennen, aber kein Laut unterbricht das unheimliche Schweigen. Jetzt tut er, als ob er den Gäumer hinter dem Kessel im Herdwinkel versteckt glaube. „Ja, du dort hinten, du schreckst mich nicht, komm nur hervor." Beim Nachsehen ist aber niemand hier. Vielleicht dass drinnen, dort, wo die Türe angebracht ist, ein Hausbewohner zu finden wäre. Versucht es zu öffnen - und eine hübsche Stube nimmt den Hereintretenden auf. Der Tisch ist mit Tellern, Besteck und Speisen bereits aufgerüstet. Auf der Seite steht ein schönes Bett mit einem Vorhang davor. Aber kein lebendes Wesen will zum Vorschein kommen. Für wen denn diese Tafel? - „Wart“ - denkt nun der Nachforschende,- „ich will sie gewis entdecken." Damit huscht er ins Bett und zieht den Vorhang so, dass er von da aus unbemerkt, wie er glaubt, sehen und beobachten könne, was am Tische denn vorgehen, wer da kommen soll. Endlich tritt eine gewaltige, zum Schauder anregende Gestalt herein. Die wüste Figur hat wohl einen Kopf, aber ein menschliches Antlitz will nicht daran hervortreten. Jetzt zählt er die Teller auf dem Tische und ruft dann aus mit furchtbarer Stimme: „Das Totengericht ist fertig; nur ein Teller fehlt noch, für denjenigen, der dort im Bette liegt!" Der Waghals ist also entdeckt.- Ist  er des Todes? Warum nicht, schon schreitet das Gespenst auf ihn los, packt ihn am Arm - ach wie brennt das! Und horch, es spricht plötzlich in ganz anderm, unerwarteten Ton: „Fürchte dich nicht; ich will dir dein Leben lassen, will dir unaussprechlich dankbar sein, wenn du mich erlösest. Aber freilich, die Bedingungen sind sehr schwer. Ich fürchte! Nur ein Haar zu viel oder zu wenig stürzt dich unrettbar in den Tod und mich in neue Qual!" So der Geist. Der herzhafte Gast, auf alles gefasst, wankte nicht in seinem Entschlusse alles zu wagen, was zum freudigen Ausgang führen könne und anerbot sich gleich zu den gefährlichen Proben. „Steh' auf!" Er gehorcht. Das Gespenst heisst ihn an den Tisch herantreten und mitessen. „Ich habe nicht eingebrockt und brocke nicht aus!" Drauf brachte der Geist Schaufel, Licht und ein „halbviertliges Mäss" herbei und legte dies dem Manne zu Füssen mit dem Befehl: „Heb's auf und trag's in den Keller!" - „Ich hab' nichts heraufgetragen und trag' nichts hinunter!" antwortete jener keck. Da langt der Geist zu, trägt die Sachen weiter und winkt dem andern, dass er ihm folge, was dieser tat. Unten im Keller gebietet der Geist, indem er auf eine bestimmte Stelle deutet, wieder: „Da grab's heraus!" - „Hab' nichts verlocht, ich loche nichts hervor!", so weigerte sich der Beherzte. Da grub der Geist, bis ein Kessel zum Vorschein kam, den ihm der Gast herausheben sollte, worauf dieser wieder weigernd sich ausdrückte: „Hab' ihn nicht hineingetan, ich tu' ihn nicht heraus!" Als endlich der „Wandler" diese Arbeit selbst verrichtet und das Geld im Kessel in zwei Haufen geteilt hatte, sprach er: „Jetzt wähle dir einen Haufen; triffst du den rechten, so ist dein zeitliches Glück und mir das ewige entschieden, sonst aber bist du des Todes und ich der Pein nicht ledig." Schnell umarmte der Schlaue beide Haufen mit den Worten: „Einer wird wohl der rechte sein." Damit hatte er wirklich gewonnen, ein ungeheurer Reichtum war sein eigen, vergnügt lächelte der Geist dazu und entschwang sich gleich als weisse Taube nach oben.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Abenteuer mit einem Gespenst

Source: Abenteuer mit einem Gespenst

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Unser Vater († 1923, 84 Jahre alt) – das hat er oft erzählt – schaute eines Abends nach den Zicklein des Nachbars aus und stand dabei auf dem Riggäport zu Gufern, Maderanertal. Da erblickte er in einiger Entfernung im sogenannten »hählä Schachä« bei einem Stein die Gestalt eines Kuhhirten, den Stock mit beiden Händen hinten am Rücken festhaltend, in grauwollener Kleidung, mit grauem Hut, die Hosen bis zu den Knieen hinaufgelitzt. – Er sah alles ganz deutlich. – Der ging dreimal um den Stein herum, dann weiter, sprang – es war, wie wenn er fliegen würde – über den Sydenbach. Der Vater folgte ihm eine Strecke weit; dann wandte sich die Erscheinung wieder um und kam dem Vater entgegen. Der Vater ging nun nach Hause; er merkte, dass ihm der Unbekannte folgte bis zur Brücke. Nachdem der Vater zunacht gegessen, suchte er sein gewohntes Lager auf und schloss die Hüttentüre. Nachts erwachte er; es kam Einer und lüpfte die Falle, ging dann dreimal um die Hütte herum, warf noch etwas an die Hüttentüre, das tönte wie eine dürre Kuhhaut, kam in die Hütte herein und stieg die Leiter hinan auf die Ruossdiele und warf sich dort geräuschvoll auf den Boden. Jetzt entschlief der Vater. Am nächsten Morgen hatte er alles vergessen und ging an die Arbeit; als er am Abend heimkam, fiel es ihm wieder in den Sinn. Er ordnete sein Bett und fand darinnen – zwei Tuolen im Nätsch! Neben ihm muss also jener Geist geschlafen haben; denn die zwei Tuolen waren nebeneinander und deutlich von einander geschieden. Fr. Imhof-Tresch, 52 Jahre alt. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Abenteuer mit Katzen

Source: Abenteuer mit Katzen

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Ein lediger Schächentaler ging öfters zu einer Verheirateten in Attinghausen. Eines Abends geriet er in der Nähe des Galgenhügels in einen Haufen Katzen, die ihn zudringlich umgaben und begleiteten. Eine von ihnen tat sich besonders hervor und war ihm beständig in den Füssen. Er schlug mit dem Stocke drein, aber umsonst. Ein Fusstritt, mit dem er die freche bedachte, brachte zuletzt alle zum Verschwinden. Nun ging er weiter; er ging und ging und musste gehen ohne Rast und Ruhe die ganze Nacht hindurch, ohne je zu wissen, wo er sich befinde, und, als am Morgen zu Attinghausen die Betglocke läutete, sah er sich in Schweiss gebadet, abgehetzt und abgemüdet, drei Stunden ob Attinghausen zu hinterst in der Waldnachter Alp. Aber von seinen sündhaften Gängen war er geheilt. Er hat es selber seinen Nachbarn und einer von ihnen mir erzählt. Ähnlich erging's dem Voggä-Heiri ennet der Märcht. Frau Arnold-Gisler, Bürglen, 50 J. alt, u.a. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Abermal tausend Jahre

Source: Abermal tausend Jahre

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Ein Bauersmann, der auf der sogenannten Höhe seine Kuh melken wollte, fand sie nicht bei der Hütte, sondern erst nach langem Suchen weit entfernt auf einem Felsen, der mit Alpenrosen bewachsen war. Die Nacht fiel herein; auf einmal stund vor ihm ein Geist, der ihn mit diesen Worten anredete: „Du kannst mich aus den Qualen des Fegfeuers erlösen, wenn du an einem gewissen Abend, wo ich dir wieder erscheinen werde, mich berührst. Mir voran wird aber furchtbarer Lärm gehen, dass der Boden, auf dem ich stehe, erzittern wird." Der Bauer versprach ihm dieses und der Geist verschwand. Am andern Tag machte sich jener zu einem Beichtvater und fragte ihn, ob dieses erlaubt wäre. Gern unterstützte ihn derselbe hierbei und bat ihn recht inständig, sich doch nicht fürchten zu lassen. Dieser machte sich an den bestimmten Ort, wo ihm der Geist erscheinen sollte. Er kam zur Nachtzeit dahin. Auf einmal hörte er um sich her ein furchtbares Geheul und Jammergeschrei; es streubten sich seine Haare vor den Feuer sprühenden Teufeln, die ihm ihre Krallen in den Leib zu schlagen drohten. Furcht und Entsetzen bemächtigte sich seiner. Er vergass das gegebene Versprechen; Besinnung und Mut zerflossen in Nichts. Er rannte auf und davon, stolperte über Stock und Stein, so dass er weder wusste, wo er sich befand, noch merkte, dass er sehr stark am Beine beschädigt sei. Der Geist aber schrie immer furchtbarer: „Ich muss jetzt abermal tausend Jahre Qualen leiden." Durch dieses Geheul wurde der Felsen, auf welchem der Geist stand, so erschüttert, dass er sich teilte, und deshalb wird dieser Ort von da an Spalt genannt.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Bei dieser Sage gibt es keine genaue Zuordnung zu einem der fünf Kantone. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Abgegangene Orte

Source: Abgegangene Orte

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Hinter »vor Dorf«, d.h. hinter Zumdorf, bis Schmidigen sei vor Zeiten eine Stadt oder ein grosses Dorf gewesen; da sollen auf prächtigen Gütern die grössten Urner Herren, Talammänner und andere hohe Beamte gewohnt haben. Wenn diese ihre Frauen spazieren führten, im Winter sonnen wollten, brachten sie selbe auf ihren mit Leder überspannten Mistbännen daher. M. Antonia Furrer, 80 Jahre alt, Hospental Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Abgottspon und der Tanz am Grossen Berg

Source: Abgottspon und der Tanz am Grossen Berg

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Am Grossen Berg bei Embd war verborgener Tanz. Viel lustiges Jungvolk hatte sich da eingefunden, und es ging recht fröhlich, ja ausgelassen zu. Pfarrer Abgottspon wusste davon. Trotz nächtlichem Dunkel und steilem Pfad nahm er den Rosenkranz in die linke Hand und den dicken Stock in die rechte und stapfte hinüber an den Grossen Berg. Er ging auf das Tanzlokal zu, stiess die Stubentüre weit auf und rief hinein: «So, was treibt ihr da?!» Die ganze muntere Gesellschaft war augenblicklich wie gelähmt; völlig unerwartet war ihnen dieser nächtliche Besuch. Als man sich vom ersten Schrecken erholt hatte, tönte es aus der Reihe der Tänzer: «Oh, wir haben nichts Böses im Sinn; lustig darf man wohl sein!» - «So so, also tanzt einmal weiter», sagte der Pfarrer. Gesagt, getan. Die Diele ächzte und knackte, und Schwüle brütete in der Stube. «Nun seht dort!» rief der besorgte Seelenhirte und zeigte den Tanzenden, wie der Teufel in der Gestalt einer Schlange sie umschlungen hielt und mit ihnen umfuhr. Alle sahen es, ganz genau. Totenblässe malte sich auf den Gesichtern. Lautlos und bleich stellten sich die Burschen auf die Seite. Die Töchter stiessen Schreie des Schreckens aus. Für dieses Mal war der Tanz zu Ende. EMBD Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Abraham und Abramessa

Source: Abraham und Abramessa

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Zu Abraham und Abramessa sagte eines Tages die Mutter: «Nehmt eure Fässlein und geht in den Wald, um Heidelbeeren zu suchen, aber passt auf, dass ihr euch nicht verspätet!» Abraham und Abramessa zogen los und fanden auch schon bald ein gutes Plätzchen. Abramessa las in einem fort Heidelbeeren ab und hatte auch bald ihr Fässlein voll, während Abraham zwei oder drei in das Fässlein und drei oder vier ins Maul steckte, und so hatte er knapp ein halbes Fässlein beisammen, als seine Schwester das ihre schön voll hatte. «Warte, ich will dir helfen», sagte Abramessa und begann abzulesen, doch da gab Abraham ganz auf und stopfte eine Heidelbeere nach der andern in den Mund. Unterdessen war die Zeit um, und Abramessa sagte: «Jetzt, voll oder nicht, wir müssen aufbrechen, denn die Mutter schimpft mit uns, wenn wir zu spät kommen.» Doch Abraham wollte davon nichts wissen und gab zurück: «Ich gehe nicht nach Hause, bevor ich mein Fässlein voll habe.» So machte sich Abramessa ganz allein auf den Heimweg und begegnete einem Wolf. «Oh, lieber Wolf», sagte sie, «geh und beisse Abraham, damit er nach Hause kommt.» - «Nein, das mache ich nicht», sagte der Wolf, «denn Abraham ist mein guter Kamerad.» Dann sah sie einen Hund und sagte: «Geh und beisse den Wolf, damit der Wolf Abraham beisst und Abraham nach Hause kommt.» Doch der Hund sagte: «Nein, ich beisse den Wolf nicht, denn Abraham ist mein guter Kamerad.» Sie ging noch ein Stück weiter und begegnete den Stöcken. «Geht», sagte sie, «und schlagt den Hund, damit der Hund den Wolf beisst und der Wolf den Abraham, damit Abraham nach Hause geht.» - «Nein», sagten die Stöcke, «wir machen das nicht, denn Abraham ist unser guter Kamerad.» Jetzt sah sie das Feuer und bat es: «Oh, geh und verbrenne die Stöcke, denn die wollen den Hund nicht schlagen, und der Hund will den Wolf nicht beissen, und der Wolf will den Abraham nicht beissen, und Abraham will nicht nach Hause gehen.» - «Nein», sagte das Feuer, «ich mache das nicht, denn Abraham ist mein guter Kamerad.» Da sah sie das Wasser und bat es: «Geh und lösch das Feuer, denn das will die Stöcke nicht verbrennen, und die Stöcke wollen den Hund nicht schlagen, und der Hund will den Wolf nicht beissen, und der Wolf will Abraham nicht beissen, und Abraham will nicht nach Hause gehen.» - «Nein», sagte das Wasser, «ich mache das nicht, denn Abraham ist mein guter Kamerad.» Jetzt begegnete sie den Ochsen und sagte: «Oh, geht und trinkt das Wasser, denn das Wasser will das Feuer nicht löschen, und das Feuer will die Stöcke nicht verbrennen, und die Stöcke wollen den Hund nicht schlagen, und der Hund will den Wolf nicht beissen, und der Wolf will den Abraham nicht beissen, und Abraham will nicht nach Hause gehen.» - «Nein», sagten die Ochsen, «wir machen das nicht, denn Abraham ist unser guter Kamerad.» Da sah sie die Stricke und sagte: «Oh, geht und bindet die Ochsen an, denn die Ochsen wollen das Wasser nicht trinken, und das Wasser will das Feuer nicht löschen, das Feuer will die Stöcke nicht verbrennen, und die Stöcke wollen den Hund nicht schlagen, und der Hund will den Wolf nicht beissen, und der Wolf will den Abraham nicht beissen, und Abraham will nicht nach Hause gehen.» Doch die Stricke sagten: «Nein, das machen wir nicht, denn Abraham ist unser guter Kamerad.» Jetzt begegnete sie den Mäusen und bat sie: «Oh, ihr Lieben, rennt rasch, zernagt die Stricke, denn die Stricke wollen die Ochsen nicht anbinden, und die Ochsen wollen das Wasser nicht trinken, und das Wasser will das Feuer nicht löschen, und das Feuer will die Stöcke nicht verbrennen, und die Stöcke wollen den Hund nicht schlagen, und der Hund will den Wolf nicht beissen, und der Wolf will den Abraham nicht beissen, und Abraham will nicht nach Hause gehen.» Doch die Mäuse sagten: «Nein, das machen wir nicht, denn Abraham ist unser guter Kamerad.» Jetzt kam die Katze, und Abramessa sagte: «Oh, geh rasch und friss die Mäuse, denn diese wollen die Stricke nicht zernagen, die Stricke wollen die Ochsen nicht anbinden, die Ochsen wollen das Wasser nicht trinken, das Wasser will das Feuer nicht löschen, das Feuer will die Stöcke nicht verbrennen, die Stöcke wollen den Hund nicht schlagen, der Hund will den Wolf nicht beissen, und der Wolf will den Abraham nicht beissen, und Abraham will nicht nach Hause gehen.» Die Katze sagte: «Ja, sofort, ich muss nur noch meinen Kleinen den Brei geben.» Und sobald das getan war, rannte die Katze los, um die Mäuse zu fressen, und die Mäuse liefen, um die Stricke zu zernagen, die Stricke, um die Ochsen anzubinden, die Ochsen, um das Wasser zu trinken, das Wasser, um das Feuer zu löschen, das Feuer, um die Stöcke zu verbrennen, die Stöcke, um den Hund zu schlagen, der Hund, um den Wolf zu beissen, und der Wolf, um den Abraham zu beissen. Doch als der den Wolf kommen sah, begann er zu rennen und gelangte atemlos nach Hause. Die Mutter freute sich sehr, als sie ihn auftauchen sah und dass sie ihre Kinderchen wieder zu Hause hatte, obwohl Abraham nur ein halbes Fässlein Heidelbeeren brachte. (Oberengadin)   Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Abstimmig anno 1831

Source: Abstimmig anno 1831

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Anno Einedryssgi isch en Abstimmig gsi, wär bi der Stadt wöll blybe und wärs mit den Insurgänte haig. In eusem Huus z Ammel hai si alli Mannevölcher in der vordere Stube versammlet. E jede het eleigg müesse ins Näbestübli go und dört sy Stimmcharten in es wyssis oder in es schwarzis Chischtli gheie. Wils der Gmeinrot aber wunder gno het, wie die Manne stimme, het men am Tag vorhär in d Chammertür es Loch bohret, und d Mueter het die ganzi Zyt müese ufem Schemeli ob stoh i der Chuchi uss und zue däm Loch yne luege, wie si stimme. Anwil Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Abstimmung anno 1831

Source: Abstimmung anno 1831

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Anno Einedryssgi isch e-n-Abstimmig gsi, wär by der Stadt wöll blybe und wär’s mit de-n-Insurgänte heig. In eusem Hus z Ammel hei si alli Mannevölcher in der vordere Stube versammlet. E jede het eleigg müese ins Näbestübli goh und dort sy Stimmcharte in es wyssis oder in es schwarzis Chischtli gheie. Will`s der Gmeinrot aber wunder gnoh het, wie die Manne stimme, het me-n-am Tag vorhär scho in d’Chammertür es Loch bohret und d’Mueter het die ganzi Zyt müese ufeme Schemeli obe stoh i der Chuchi uss und zue däm Loch yne luege, wie die Manne stimme. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Abt Hugo bannet Schlangen

Source: Abt Hugo bannet Schlangen

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Im südlichen Teile des Kantons Freiburg ist das vom Jaunbach bewässerte Bellegardetal. Hier liegen die Trümmer des Schlosses Bellegarde und der Schwarzsee. In diesem durften bis 1798 die Mönche von Altenryf (Hauterive) frei fischen. Diese Gerechtsame hat folgende Veranlassung. Vor alten Zeiten bewohnte ein wahres Schlangenheer die Alp Les grosses Combes, die in dem Gerichtsbanne des Klosters Altenryf liegt. Das Ungeziefer biss Menschen und Vieh und stiftete viel Schaden. Bei jedem Schritte, den man tat, wurde man von Schlangen angezischt. Sie drangen in den Staffel, soffen Rahm und Milch, stahlen Brot, Käse, Ziger, und wanden sich um die Hälse der heulenden Kühe, welche dann blutigrote Milch gaben. Kaum wagten sich die Kühe noch dorthin. Betrübt gingen nun die Älpler nach Altenryf zu dem ehrwürdigen Abt Hugo, der im Rufe der Heiligkeit stund und erzählten ihm ihr Herzeleid. Den folgenden Sommer kam der Mönch, wie er's versprochen, nach Les grosses Combes. Unerschrocken trat er mitten in das Schlangenheer, das ihn nicht berühren durfte, aber hoch sich bäumend ihn umzingelte und geifernd anzischte. Der Himmel verfinsterte sich und ein fürchterliches Gewitter nahete heran. Es donnerte und blitzte ohne Unterlass, die Erde dröhnte, es fielen nussgrosse Schlossen, mit Menschenhaar vermengt. Die Sennen sahen von fern mit Grausen und Entsetzen zu. Ruhig und ernst verrichte der Mann Gottes seine Gebete, besprengte die giftigen Schlangen mit Weihwasser, beschwor sie, streckte gebietend seine Hand aus und verbannte sie samt und sonders in den tiefen Grund des nahen Sees. Vor Grimm spieen die Schlangen Gift und Feuer aus. Kaum hatte Hugo die letzten entscheidenden Beschwörungsworte gesprochen, so klumpten sich die Schlangen kugelrund zusammen, und rollten mit fürchterlichem Getöse die steilen Berghalden über Stock und Stein hinunter in die Tiefen des nahen Sees, dessen Grund von da an ganz rabenschwarz aussieht, weswegen man ihn auch den Schwarz- oder Mönchssee nennt. Der Abt winkte die erstaunten, frohen Älpler zu sich. Mit dem Ungeziefer war auch das Gewitter verschwunden. Freudig bezeigten die Sennen dem Manne Gottes ihren Dank, und aus Erkenntlichkeit für den geleisteten Dienst gelobten sie jährlich von ihrer Alp einen schweren fetten Käse im Kloster Altenryf auf dem Altare des heiligen Bernhard zu opfern. Zum Zeichen, dass beides, Wunder und Gelübde wahr sei, drückte der Abt seinen rechten Fuss auf einen nahen Block von Kalkstein, wo heut zu Tage noch der Mönchstritt zu sehen ist. Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Adalbert von Waldhausen

Source: Adalbert von Waldhausen

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Adalbert von Waldhausen Im Bachsertal liegt gegenüber dem „Erdmännliloch“ der Hof Waldhausen. Etwas südlich davon erhob sich im Mittelalter eine Burg, deren Ruine heute von der Kantonsgrenze durchschnitten wird, und die nicht zu verwechseln ist mit dem nahen Sitz der Ritter von Tal. In dieser Burg wohnten die Edelleute von Waldhausen. Einer der Ritter, den das Volk sogar Adalbert den Grossen nannte, muss nach alten Überlieferungen ein arger Zwingherr gewesen sein. Einmal sperrte er einen Burschen, der ihm ein armseliges Häslein abgeschossen hatte, lange in den Turm. Des Knaben Grossmutter bat den Ritter, er möge doch den Enkel freilassen, weil er ihr Trost und Hilfe sei. Der Herr aber spottete ihrer und liess den Burschen nicht aus dem Gefängnis. Da schwur ihm die Alte Rache. Nach einem halben Jahre, nachdem die Grossmutter bereits gestorben war, befreite der Ritter den Jungen. Aber jetzt stellte sich auch die Rache ein, welche die Alte geschworen. Die Kinder, die des Ritters Adelberts Frau zur Welt brachte, blieben winzige Zwerge. Sie wohnten lange Zeit im Berge drin, und noch heute heisst ihre Wohnung „das Erdmännliloch“. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Unterland Nach Hedinger, S. 26. Von K. W. Glaettli in Prosa umgesetzt nach einem Gedicht von Johannes Huber, Lehrer in Tal-Bachs, der vor hundert Jahren die mündliche Überlieferung in einer langen Reimgeschichte zusammenfasste. Diese erschien 1860 in de Zeitschrift „Feierabend“, dann 1922 indem Blättern „Fürs Heim“, 1925 in A. Bopps „Zürcherchronik“ und am 12. 11. 1955 in einem Zeitungsartikel von P. Corrodi im „Zürichbieter“, Nr. 266.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Adelboden

Source: Adelboden

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Es waren einst Friesen ins Land gekommen, die hatten in Frutigen ihre Wohnstätten aufgeschlagen. Einst weidete ein Friesenknabe in dieser Gegend seine Herde. Bei Sonnenuntergang, als er seine Schutzbefohlenen zählte, bemerkte er, dass nicht die ganze Zahl beisammen war. Es fehlten gerade die schönsten Ziegen. Flugs sperrt er, was da ist, in die Bergstatt und macht sich auf die Suche nach den Verlorenen. Durch Wald und Schluchten eilt er dahin, immer rufend, immer lockend, bis ihn zuletzt die Nacht überrascht. Von grosser Müdigkeit übermannt, sucht der Bub unter einem grossen Tannenbaum für die Nacht eine Lagerstätte. Da dringt im Schlafe ein seltsames Geläute an sein Ohr und wie er sich umschaut, sieht er in schöner, freier Gegend, inmitten grüner Triften ein Kirchlein stehen. Wie er aufwacht, scheint schon die Sonne durch die Zweige. Rasch nimmt er Stab und Hirtentasche und eilt weiter, seinen Ziegen nach. Da, endlich öffnet sich vor ihm ein weites schönes Tal, umkränzt und geschützt von hohen Bergen. Es ist das Tal, das er im Traume geschaut. Aber kein Kirchlein ist weit und breit zu sehen. Keines Menschen Spur findet sich darinnen. Doch an einer frischen Quelle inmitten des Wiesengrundes sieht er seine verlorenen Ziegen an der Tränke. Auch er trinkt nun von dem köstlichen Labsal und spricht zur Quelle gewandt: "Geissbrunnen sollst du heissen!" Voller Jubel über seine Entdeckung eilt er talwärts, um den Seinen die frohe Kunde zu bringen. Da entschliessen sich fünfzig Hausväter, mit Weib und Kind hinaufzuziehen ins höhere, reiche Alpental. Geissbrunnen ward darum die Stelle genannt, wo der Knabe seine verlorenen Geissen gefunden, und ist der Name bis auf den heutigen Tag geblieben. Weil aber der Talgrund voller äsiger Weide war mit herrlichen, kräftigen Futtergräsern, nannten die Neuleute den Ort, wo sie jetzt ihre Hütten aufrichteten: Adelboden. Der Traum des Geissbuben aber hinsichtlich des Kirchleins ging erst viele hundert Jahre später in Erfüllung. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Affenkind

Source: Affenkind

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Zu Weggis im Kanton Luzern, so erzählte ein alter Mann von Bauen, diente eine Magd bei einem Witwer, der zwei liebliche Kinder hatte. Aber wie ja Kinder sind, auch sie machten etwa dumme oder übermütige Streiche, und dann wurden sie von der jähzornigen, groben Magd Affen gescholten, auch dann noch, als sie der Meister dafür ernsthaft tadelte und es ihr strenge verbot. Sie heiratete später und zwar gerade ihren Dienstherrn, und da wurde sie auch von der verdienten Strafe ereilt. Das erste Kind, dem sie das Leben schenkte, war ein Affe, ein rechter wilder Affe, den sie töten mussten. Auch die zwei lieblichen Kinder ertranken eines Tages auf dem Schulwege im Mühlebach. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Agatha von Hohnau

Source: Agatha von Hohnau

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Agatha von Hohnau war ein tugendhaftes, schönes Mädchen, das vor etwa 430 Jahren im gedachten Schlosse blühte. Hans von Reusseck, Herr zu Bottenstein, stellte ihrer Unschuld nach und es gelang ihm einmal mittelst List und Gewalt die Jungfrau von seinen Knechten gefangen zu nehmen. In einem Kahne sollte sie ans jenseitige Reussufer gebracht und dem bösen Ritter ausgeliefert werden. Doch sie wagte einen Fluchtversuch in die Wellen. Nach einigen Tagen fand man ihre Leiche im Gebüsche des linken Flussufers, unten an der Sinserbrücke. Daselbst hörte man spät bisweilen ein sonderbares Gelispel. Fischer wollen sie in weisser Gestalt gesehen, andere ihren wehklagenden Hilferuf vernommen haben.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Agathebrot und Füüreliheiss

Source: Agathebrot und Füüreliheiss

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Oben in den Näfelserbergen lebte vor etlichen und hundert Jahren ein Geissbäuerlein, das seine kleine Herde ins Wildheu trieb. Damit seine lieben Ziegen kein Unglück treffe, bewahrte der fromme Mann in seiner Hütte gesegnetes Brot, sogenanntes Agathenbrot, und gesegnete Kohle auf. An einem Nachmittag sass unser Bäuerlein zufrieden auf einem Stein und hütete, als ein Gewitter über dem Brünnelistock heraufzog. Sofort rief es seine Schützlinge zusammen und schlüpfte mit ihnen in die niedere Hütte. Es war höchste Zeit, denn schon brach ein wahres Unwetter los. Der Hirte dankte Gott, dass er unter Dach war, und überzählte nochmals seine Geissen. Zum grössten Schrecken fehlte die schönste, die am meisten Milch gab. Sofort lief er hinaus, um sie zu suchen. Als er um die Hütte bog, sah er weit unten eine weisse Gestalt, welche die Vermisste fortführte. Wütend und doch mit geheimem Grauen verfolgte er die Gestalt. Der Weisse band das Tier an eine Tanne, kletterte katzenflink hinauf und lauerte auf das Bäuerlein. Dieses rannte herbei und erschrak nicht wenig, als es in den Ästen einen unheimlichen Geist erblickte. Es war auch ein grässlicher Anblick, denn der Körper war nicht aus Fleisch und Blut, sondern durchsichtig und nur mit flatternden Hemdfetzen bekleidet. Das Scheusslichste waren aber die langen, gelblichen Zähne, mit denen der Geist fletschte. Doch der Bauer fasste sich ein Herz, trat unter die Tanne und band die Ziege los, während das Gespenst krächzte: «Hettisch du nüd Agathebrot und Füüreliheiss, wüürdisch nüd losbinde di Geiss!» Wohlbehalten gelangte das Bäuerlein mit seinem froh meckernden Tier in die Hütte zurück. In jener Nacht konnte der Mann kein Auge schliessen, denn er sah noch immer den weissen Geist vor sich.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Agnes von Brunnberg

Source: Agnes von Brunnberg

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Nesa von Brunberg war von dem Wege einfacher und reiner Sitten abgewichen, auf welchem sie doch ihre Eltern und Geschwister hatte wandeln sehen. Sie zog es vor, den Lockungen des reichen Ritters von Rätenberg Gehör zu geben, ihrem Elternhause und den Ermahnungen und Tränen ihrer Mutter den Rücken zu kehren und nach Rätenberg zu ziehen, um in Leichtsinn und Schande ihr Leben hinzubringen. Der Ritter von Rätenberg hatte seine rechtmässige Gattin von der Burg vertrieben; nun fesselte er Nesa an sich durch reiche Geschenke, durch Vergnügen, wie sie Zeit und Ort nur immer bieten konnten, und Nesa liess sich von dem Glanze blenden. Sie scheute sich nicht, auf schöngeschirrtem Pferde und in prunkendem Kleide in der um Brunberg liegenden Fetzwaldung zu jagen, bei den Fenstern ihrer elterlichen Wohnung vorbeizusprengen und dabei die Töne der Hörner erklingen zu lassen. Das war den Gefühlen der Mutter zu viel; der Schmerz um die Verirrungen ihrer Tochter warf sie auf das Sterbebett. Ihre nahe Todesstunde fühlend, wollte die Mutter einen letzten Versuch zur Besserung ihrer Tochter machen. Seit Jahren hatte aller Verkehr zwischen Mutter und Tochter aufgehört; jetzt aber sandte sie einen Diener mit der Aufforderung an die Tochter, zur letzten Lebensstunde der Mutter zu kommen und ihr letztes Wort zu hören. Zu einer andern Zeit hätten Gatte und Söhne gegen eine solche Botschaft Einsprache erhoben; jetzt aber liessen sie diese gewähren. Aus dem Hause getreten, hörte der Diener den Lärm der Jagd im Fesswald; kaum war er in das Dunkel des Forstes gedrungen, so rauschte ein Hirsch an ihm vorbei. Bald folgte ein Rudel Hunde und hinter diesen der Ritter von Rätenberg und Nesa zu Pferd. "Um Gottes willen, Herrin, haltet!" rief der Bote. "Eure Mutter liegt im Sterben und will Euch noch einmal sehen. Kommet und zögert auch nicht einen Augenblick." Nesa hatte das Pferd wirklich angehalten und blickte unschlüssig den Ritter an. "Pah!" rief dieser; "alte Weiber wollen alle Tage sterben und sterben doch nie. Stirbt sie, so wird sie den Himmel wohl finden; wir aber verlieren den Hirsch. Vorwärts, vorwärts!" Er spornte sein Ross, gab auch dem andern einen Hieb, und vorwärts brauste die Jagd. Wie der Diener diesen Bericht nach Brunberg brachte, stieg die furchtbarste Erbitterung im Herzen des Vaters und der Brüder auf; die Mutter liess eine Träne ans ihrem Auge fallen, faltete die Hände und sprach ein leises Gebet. Alle fühlten, dass hier etwas geschah, was ihnen unmöglich gewesen wäre; die Mutter betete für die verlorene Tochter. Auf einmal aber zuckten die Lippen der Flehenden; der Engel des Todes hatte ihr Gebet und ihre Seele in Empfang genommen. Noch einige Jahre ging es so; dann zog auf dem Ratenberg die Armut ein, und endlich musste der Ritter selbst seine Burg verkaufen. Er schloss sich als gemeiner Krieger einem Zuge nach Jerusalem an, und niemand hat von ihm weiter etwas gehört. Nesa aber wurde eine fahrende Sängerin. Die Lieder, die ihr früher beim üppigen Mahl auf Rätenberg vorgetragen worden waren, sang sie jetzt selbst in ärmlicher Kleidung in den Höfen und Hallen anderer Burgen und selbst auf Märkten, um so den kümmerlichen Lebensunterhalt zu gewinnen. Da fasste sie plötzlich eine der verheerenden Krankheiten, die in jenen Zeiten so häufig und so mörderisch waren, und mit der Krankheit fasste sie zugleich eine mächtige Sehnsucht, das Haus ihrer Väter noch einmal zu sehen. Den Tod im Herzen, schleppte sie sich der Heimat zu, kam gerade zu jener Stelle, wo am Eingang der Fesswaldung der Weg von Rickenbach nach Kirchberg sich in zwei Äste spaltet, aber nicht mehr weiter. Wie ein Gespenst stieg hier eine strafende Erinnerung aus dem Boden; dies war die Stelle, wo der Diener ihrer Mutter sie angerufen und vor das Sterbelager gefordert hatte. Unter der ersten Tanne rechts vom Fusswege nach Kirchberg sank Nesa zusammen und gab den Geist auf. Aber diesem Geiste versagte eine höhere Macht die Pfade in die jenseitige Welt. Die Träne einer sterbenden Mutter verschloss ihr den Himmel; das Gebet der sterbenden Mutter verschloss ihr den Ort der Strafe und der Reinigung. So blieb die Seele festgebannt an den Ort, wo sie aus dem Körper getreten war. Sobald die Dämmerung in Nacht überging, sah der Vorbeigehende ein weibliches Wesen unheimlichen Aussehens unter der Tanne sitzen. Alter oder Sünde und Not hatten tiefe Furchen in das Antlitz gegraben, und das lauernde Feuer der Augen zog unwillkürlich jedes Herz enger zusammen. Diese weibliche Gestalt war die hingeschiedene Nesa, war jene arme Seele, die so übel ihren Lebenspfad gewählt hatte. Die verirrte Seele Nesas behielt aber die bösen Neigungen bei. Wenn immer ein des Weges unkundiger Wanderer das unter der Tanne sitzende Weibchen um den rechten Pfad nach Wolfikon und Kirchberg fragte, so schoss ein blitzartiges Leuchten aus ihren Augen, und sie wies ihm einen. Wehe ihm, wenn er der Weisung folgte. Stundenlang irrte er in den Waldungen umher und holte sich bei stürmischer Witterung im Sommer Krankheiten, im Winter den Tod. Die nähern Anwohner waren daher bald über die eigentliche Natur des weiblichen Wesens unter der Tanne aufgeklärt; sie warnten ihre Kinder und Hausgenossen, in der Dunkelheit bei der gespenstischen Stelle vorbeizukommen, und wenn das Fessfräulein unter der Tanne sitze, sollen sie ja keine Frage an dasselbe richten, ja nicht auf dasselbe hören, sondern fromm das Kreuz schlagen und rasch vorbeieilen. Wohl errichtete eine fromme Hand, der Nesas Geschichte bekannt war, das Bildnis der Gottesmutter an der Tanne, unter welcher das Fessfräulein seinen Sitz hatte; sie hoffte damit die Kraft jener letzten Träne der Mutter Nesas aufzuheben und der Seele der Tochter den Weg ins Jenseits zu bahnen. Vergebens! Noch Jahrhunderte lang übte das Fessfräulein sein unheilvolles Wesen. Noch jetzt leben Leute, die seine Erscheinung wahrgenommen haben wollen. Da geschah es, dass an einem stürmischen Winterabend ein Mädchen von 18 Jahren den Fussweg hereilte. Angst und Wehmut malten sich in seinen Zügen; sein Schritt war eilig. Da plötzlich stund es am Eingang der Fesswaldung stille; es wusste nicht, welchen Weg es zu wählen hatte. Es blickte um sich, und sieh da, unter der ersten Tanne sass ein altes Weibchen, das ihm zunickte. "Um Gottes willen," rief das Mädchen, "wo geht man nach Wolfikon?" Das Weibchen blickte das Mädchen eine Zeit lang an. Gerade in diesem Alter und Schmuck der Jugend war Nesa gewesen, als sie den Pfad der Abwege betreten hatte. Es schien, als wollte sich dem Geiste Nesas ihr eigenes früheres Bild vor Augen stellen. Endlich aber zuckte das unheimliche Feuer aus dem Auge des Weibchens; stumm erhob es den Arm und wies den Pfad — es war der falsche. Schon wollte sich das Mädchen dahin und damit in sein Verderben stürzen. Da blickte es noch einmal das Weibchen an und sah das Hohnlächeln auf dessen Lippen. "Um Gottes Barmherzigkeit willen," rief das Mädchen; "wenn Ihr selbst das Fessfräulein seid, erbarmt Euch und zeigt mir den rechten Weg. Die Mutter liegt auf dem Sterbebette und möchte mir noch ihren Segen geben! O, bringt mich nicht um mein Heil, ich habe sonst nichts; bringt die Mutter nicht um den letzten Anblick der Tochter! Mensch oder Geist! Gott wird es Euch vergelten!" So sprechend und die Hände ringend, kniete sie vor dem Weibchen nieder. Das Weibchen blieb längere Zeit stumm; endlich brach ein Lichtstrahl aus seinem Auge, aber ganz ein anderer als früher; es war ein milderes, ein vertrauenerweckendes Licht. Sie erhob den Arm und zeigte der Flehenden einen andern, den rechten Pfad, und das Antlitz wurde dabei so mild, dass das Mädchen ohne den mindesten Zweifel forteilte. Nun war aber auch die Stunde gekommen, welche Nesas Seele gereinigt und befreit hatte. In diesem Mitleide mit dem Geschicke eines Mädchens, das zur sterbenden Mutter eilte, hatte sie ihr eigenes Verbrechen gesühnt, und ihr Geist erhob sich nun in andere Räume. Wohl besteht zur Stunde noch das Marienbild an einer Tanne beim Eingange in den Fesswald, wohl eilen jetzt noch die Wanderer scheu an dieser Tanne vorbei; — dennoch wurde das Fessfräulein von keinem Menschenauge mehr erblickt.                                                                C. G. J. Satter. (Chronik von Wil, St. Gallen, Scheitlin & Zollikofer, 1864.) Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 458, S. 270 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ahasver (C. Kohlrusch)

Source: Ahasver (C. Kohlrusch)

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Als Ahasver auf seiner ewigen Wanderung zum ersten Male die Alpen überschritt, und zwar kurze Zeit nach seiner Verfluchung, wählte er die Grimsel zum Uebergangspunkte. Entfesselt bis zu ihren Quellen, welche aus dem Schoos der Berge hervorbrachen, rauschten Rhone und Aare, und wie jetzt an dem fröhlichen Rheinstrome, lebte ein munteres Geschlecht an ihren Ufern. Die sonnigen Berge waren umkränzt von Reben, Eichen und Buchen wiegten ihre grünen Häupter in den lauen Winden einer warmen Luft, und Scharen von Singvögeln belebten die dichten Waldungen. Hinter Obstbäumen versteckt, ragten stattliche Dörfer inmitten des fruchtbaren Geländes. Wo der Wanderer anpochte, trat man ihm entgegen und lud ihn gastfreundlich ein, sich zu erquicken an dem edlen Weine, den die Halden in überschwenglicher Menge lieferten. Aus den hellen Wohnungen, den frischen Gesichtern der Kinder wie der Alten, glänzte das Wohlbehagen. Aber nicht weilen durfte der Unglückliche in dem Lande des Glückes; sein irrer Fuss trug ihn weiter nach dem Norden. Mancher Jahreswechsel war über des nimmer ruhenden Haupte dahin gerauscht, und er fand sich wieder in der Nähe der Alpen. Er gedachte des glücklichen Volkes, das er damals getroffen, der gewinnenden Herzlichkeit, womit er empfangen und erquickt worden war, des schönen Landes, das er damals durchstreifte. Er beschloss, sein Herz noch einmal an dem Anblicke zu laben. Aber düstere Ahnungen beklemmten seine Brust, als er die Maienwand hinan schritt. Dicker Nebel verbarg ihm das umliegende Land. Droben angelangt, sah er ihn zerstieben von einem gewaltigen Windstosse der aus dem Haslitale hervorbrach. Er glaubte verirrt zu sein. Dunkle Fichtenwälder bedeckten die steilen Flanken des Gebirges, die hohen Stämme knarrten unter der Wucht des Sturmes, der ihre Wipfel schüttelte, und heisere Raben und lichtscheue Eulen begleiteten mit misstönendem Krächzen und wimmerndem Klageton das Geheul des Windes in den finstern Klüften. Er suchte lange vergebens menschliche Wohnungen; endlich fand er ein paar Hütten, dann wieder etliche. Die Köhler, welche sie bewohnten, ein gutmütiger, aber ernster und schweigsamer Stamm, teilten mit ihm was sie hatten, schwarzes Brot und Bier, aus den jungen Sprossen der Tannen gebraut. Abermals, nach vielen Jahren, betrat der ewige Jude das bekannte Gebirge. Der Pfad, den er früher gewandelt, war verschüttet. Kein Vogelgesang, kein Rabengekrächz schallte ihm entgegen. Ueber kahle, nackte Felsen strauchelte sein Fuss, hier und da nur grünte ein spärlicher Grashalm. Todesschweigen herrschte, nur manchmal pfiff in durchdringendem Tone das scheue Murmeltier. Und an den Bergeshalden, wo früher Reben gegrünt und Eichen das lockige Haupt gewiegt hatten, an denselben Halden, die später Fichten getragen, da hingen jetzt mächtige Eismassen herab, und die wilden Schluchten waren erfüllt von gigantischen Gletschern. Aus dem Schnee aber ragten zerrissene Felsnadeln in finsterer Majestät, welche sich gen Himmel zu schwingen schiene und den eisigen Winden trotzten, welche um ihre Gipfel schnoben. Vom Menschen sah Ahasver keine Spur, und er, der Verfluchte, war das einzige Wesen dieses Geschlechtes in der Gegend, die mit ihm unter ähnlichem Fluche zu seufzen schien. Und Ahasver setzte sich auf einen Stein in der Tiefe des Thales, wo ringsumher die Felswände ihn einschlossen und weinte, und seine Tränen schwollen an, und als er erleichterten Herzens den Rücken wandte, um in das Hasletal hinabzusteigen zu bewohnten Gefilden, hatten die Tränen einen kleinen See gebildet. Dessen Wasser sind, trotz der vielen Zuflüsse aus den Gletschern umher, warm, wie die ersten Tränen Ahasver's. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Ahasver (H. Hartmann)

Source: Ahasver (H. Hartmann)

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Als Ahasver auf seiner ewigen Wanderung zum erstenmal die Alpen überschritt, wählte er die Grimsel zum Übergangspunkte. Entfesselt bis zu ihren Quellen, welche aus dem Schosse der Berge hervorbrachen, rauschten Rhone und Aare. Wie jetzt an dem fröhlichen Rheinstrome, lebte ein munteres Geschlecht an ihren Ufern. Die sonnigen Raine waren umkränzt von Reben und Eichen. Buchen wiegten ihre grünen Häupter in den lauen Winden einer warmen Luft und Scharen von Singvögeln belebten die dichten Waldungen. Hinter Obstbäumen versteckt, ragten stattliche Dörfer inmitten des fruchtbaren Geländes. Wo der Wanderer anpochte, trat man ihm freundlich entgegen und lud ihn gastfreundlich ein, sich zu erquicken an dem edlen Weine, den die Halden in überschwänglicher Menge lieferten. Aus den hellen Wohnungen, den frischen Gesichtern der Kinder wie der Alten, glänzte das Wohlbehagen. Aber nicht weilen durfte der Unselige in dem Lande des Glückes; sein irrer Fuss trug ihn weiter nach Norden. Mancher Jahreswechsel war über des nimmer Ruhenden Haupt dahingerauscht. Da fand er sich einst wieder in der Nähe der Alpen. Er gedachte des glücklichen Volkes, das er damals getroffen, der gewinnenden Herzlichkeit, womit er empfangen und erquickt worden war, des schönen Landes, das er ehedem durchstreift. Er beschloss, sein Herz wieder einmal an dem Anblicke zu laben. Aber düstere Ahnungen beklemmten seine Brust, als er vom jungen Lauf der Rhone die Maienwand zur Passhöhe der Grimsel hinanschritt. Dicker Nebel verbarg ihm das umliegende Land. Droben angelangt, sah er ihn zerstieben vor einem gewaltigen Windstosse, welcher aus dem Haslital hervorbrach. Er glaubte verirrt zu sein. Dunkle Fichtenwälder bedeckten die steilen Flanken des Gebirges, die hohen Stämme knarrten unter der Wucht des Sturmes, der ihre Wipfel schüttelte, und heisere Raben nur und lichtscheue Eulen begleiteten mit misstönendem Krächzen und wimmerndem Klageton das Geheul des Windes in den finstern Klüften. Er suchte lange, lange vergebens nach menschlichen Wohnungen. Endlich fand er ein paar Hütten, dann wieder etliche. Die Köhler, welche dieselben bewohnten, ein gutmütiger, aber ernster und schweigsamer Stamm, teilten mit ihm, was sie hatten, schwarzes Brot und Bier, aus den jungen Sprossen der Tanne gebraut. Abermals, nach vielen Jahren, betrat der ewige Jude das bekannte Gebirg. Der Pfad, den er früher gewandelt, war verschüttet. Kein Vogelgesang, kein Rabengekrächz schallte ihm entgegen. Über kahle, nackte Felsen strauchelte sein Fuss. Hie und da nur grünte ein spärlicher Grashalm. Todesschweigen herrschte ringsum. Selten nur pfiff in durchdringendem Tone das scheue Murmeltier. Und an den Bergeshalden, wo früher Reben gegrünt und Eichen das lockige Haupt gewiegt hatten, an denselben Halden, die später Fichten getragen, da hingen jetzt mächtige Eismassen herab, und die wilden Schluchten waren erfüllt von gigantischen Gletschern. Aus dem Schnee aber ragten zerrissene Felsnadeln in finsterer Majestät, welche sich gegen den Himmel zu schwingen schienen und den eisigen Winden trotzten, die um ihre Gipfel schnoben. Von Menschen sah Ahasver keine Spur, und er, der Verfluchte, war das einzige Wesen dieses Geschlechts in der Gegend, das mit ihm unter ähnlichem Fluche zu seufzen schien. Ahasver, so berichtet die Sage, setzte sich auf einen Stein in der Tiefe des Tales, wo rings um ihn herum die Felswände ihn einschlossen und weinte. Es war zum ersten Male, dass er sass, zum ersten Male, dass er weinte, und seine Tränen schwollen an, und als er erleichterten Herzens den Rücken wandte, um in das Haslital hinabzusteigen zu bewohnten Gefilden, hatten die Tränen einen kleinen See gebildet. Dessen Wasser sind, trotz der vielen Zuflüsse aus den Gletschern, warm wie die ersten Tränen Ahasvers. Wer weiss, wenn er jetzt herabstiege auf dem gewundenen Pfade von dem Totensee her, dem stillen Grabe der treuen Österreicher, die dort den Felsenpass furchtlos verteidigten gegen das gewaltige Anstürmen der zerlumpten französischen Freiheitsapostel, wer weiss, wenn er dann dort unten den hohen Schornstein rauchen sähe und die freundlichen Fenster eines Hospizes im Sonnenscheine blinken, wenn das Gebell der Hunde an sein Ohr schlüge, würde er sich dann nicht vielleicht die Augen reiben, und sich die Gegend ansehen und zweifeln, ob es dieselbe sei, oder ob nicht neuerdings eine bessere Zeit bis in die höchsten Berge des Oberlandes hinaufgestiegen sei? Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Ahasver`s Ruheplatz

Source: Ahasver`s Ruheplatz

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Dort, wo sich wild und schauerlich im Aargletscher in tiefer Eiskluft zwischen dem Lauteraarhorn und den Wetterhörnern jene düstere Felsenhöhle öffnet, die, eine Zufluchtsstätte der Gemsenjäger, unter dem Namen "die Jägerhütte" bekannt ist, war der Ruheplatz Ahasver's, kam er auf seiner ewigen Wanderung nach der Schweiz, dem einzigen Lande auf Erden, wo der im Zorn noch gnädige Gott seinem irrenden Fuss eine kurze Rast gegönnt hatte. Dort, so berichtet die Sage, habe er, nachdem er bei seinem ersten Kommen an jener Stelle unter schattiger Rebenlaube, das zweite Mal aber in dichtem Waldgebüsch geruhet und endlich beim dritten Mal seinen Ruheplatz voll starrem Eis umgeben, und nichts als Schnee- und Eisfelder angetroffen habe, kündend prophezeit: er werde zum vierten Male wieder kommen; dann aber werde ein einziger Gletscher sein was vom Brienzer See weg bis nach Wallis hinauf jetzt noch fruchtbares Talgelände, grüne Matte und grasreiche Alp ist und auf ewigem Eis werde er von da aus wallfahrten und die Stätte aufsuchen müssen, wo allein er findet, was ihm sonst überall auf Erden versagt ist - Ruhe für seinen müdgehetzten Leib. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Äina mid Widerhooren

Source: Äina mid Widerhooren

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Äis ischd äina bin enem läärren Hüüs verbii; döö hed äina zem Pfäischter üüsagseen; där hed Widerhoore ghäben. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Allerlei vum Gäismäitli

Source: Allerlei vum Gäismäitli

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Äs hed ubergrääwwd ghäben; da wän äina gägem stäinigen Eggelti ggangen. Im Schnee ischd es Gspoor gsiin wee vun arra Gäis. As sii Tritta gsiin vum Gäismäitli. A Chääserstatt häi rra ds Gäismäitli o gseen. I Fäldhublen isch'sch uf enem Hubelti gsässen und hed ds Haar gfträäld. Äs gäid mengsmal allem Alpbach naa abhi bis i d'Schnägge-w- wäid; aber den gid's läids Wätter. Äs ischd äina gäge Schlafbeelen hinderhi. In Nellen ob em Wäg ischd es Mäitli gsiin; altvätrisches Gwand hed's aghäben, und äs wä gsiin, as wes z'Gsteli wän. Är hed im bbreeled, ob er im selli hälfen. Döö hed's taa-w-wee wild ung glached; äs ischd ds Gäismäitli gsiin. En Haslibärger hed uf dr Schiirwittri es Bäichelli dartaan. Ds Gäismäitli hed das erseen und ischd all Tag uf dee Wittri chun; den isch'sch uf das Bäichelli gen hocken und hed ds Haar gsträäld. Döö häim Bööben ds Bäichelli furtgschrissen; aber am Tag derna ischd ds Bäichelli umhi dar gsiin. Undrem Loibstock ischd es Gööd, am Beel säid ma-m-ma. Äs stäid e Schiir drüüf und es Wäidhüüsli. Äis sii s' mid dem Vee da gsiin. D'Chääsmilch häi si in enem Bittelli im Chuchelli ghäben. Döö ischd äis us em Wald abha ds Gäismäitli chun; äs ischd bim Hüüsli zööhi ggangen, ischd i ds Chuchelli inhi, hed us em Bittelli Chääsmilch trüühen und trüühen und ischd derna umhi gäg em Wald embrüüf ggangen. Rüüggitriini hed gsäid, we's es Gäismäitli gäbi, häigi äs ses am Gwärtler gseen. As siigi an arra Fure ghocked und häigi e wiissi Schniggellen mid schwarze Tupfe ghäben. Das hed's gööd chennen gän; näin, göss, äs ischd nid alls Trug, was ma gseed. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Allerlei Zauber (Mundart)

Source: Allerlei Zauber (Mundart)

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Der alt Mingli im Fäld ist au ä souä halbä Zauberer gsi; er hat chünnä Muschelä vertribä, boggermint! Und gägä d'Häxä hat er im Chüestall mit Wichtwasser gfochte. D's Bärtsche Wib im Jude-Winggel hat ämoul zuoä üs Chinde gseit, wiä mär ä Trüllwind gsieh hind uff der Strouß Hälmli und Staub uftribe: "Stupfend ämel be Lib und Labe nit dri; er chüntend chrumm und lahm würde!" Im Trüllwind hind d'Häxä tanzet.  Und wümme-n-ä Hagelstei undersuecht, findt me schiär allimoul ä Höürli dri. Das hind d'Häxä dri tua vu dem Hour, wou die usubere Jumpfere nouem Streilä statt in d's Für zum Pfister ussi flügä luh hind. Albrecht, Erinnerungen.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 182, S. 85f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Alles glaubt der König doch nicht

Source: Alles glaubt der König doch nicht

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Es war einmal ein König, der glaubte alles, was man ihm erzählte. Er versprach demjenigen, der ihm etwas sagen würde, was er nicht glauben könnte, die Hand seiner Tochter und seinen Thron. Da kamen Leute aus allen Ländern der Welt und schwatzten ihm allerlei Lügen vor, die er alle glaubte. Eines Tages aber reiste ein Handwerksbursche namens Hans durch dieses Land und als er vom Versprechen des Königs hörte sagte er sich: "Ich will hier mein Glück versuchen". Er ging zum König und sprach: "König! Ich will dir etwas sagen, das wirst du nicht glauben." „Gut“, sprach der König, "wenn ich aber alles glaube, was du erzählst, so verlierst du deinen Kopf." Der Bursche war einverstanden und begann zu erzählen: „Ich ging einmal auf das Feld und säte ein paar Körner Hanf aus und dieser wuchs und wuchs, so hoch wie ein Kirchturm.“ „Das glaube ich dir“, sprach der König. „Ich kletterte am Hanfstängel hinauf, denn er war stark und dick und wuchs kerzengerade in die Höhe,“ erzählte Hans weiter. „Als ich ganz oben war, konnte ich Städte und Dörfer, Wiesen und Wälder, Berge und Täler, Bäche und Flüsse sehen. Aber ich hinabklettern wollte, liess ich den Hanf los, stürzte herab und fiel zwanzig Fuss tief in die Erde hinein. Vor lauter Schrecken lief ich nach Hause, holte mir einen Schaufel und grub mich aus." „Das glaube ich dir“, sprach der König.“ Am nächsten Tag“, sprach Hans weiter, „ging ich wieder zu dem Hanfstängel und er wuchs bereits bis in den Himmel. Ich wollte schon immer den Himmel besuchen, deshalb kletterte ich hinauf und brauchte dafür ein ganzes Jahr. „Das glaube ich dir“, sprach der König. „Da war es aber so schön , Engel flogen in der Luft umher und sangen wunderschöne Lieder und Lobgesänge, ich sah viele alte Bekannte, die alle mit den schönsten Kleidern angetan waren und in silbernen Kutschen herumfuhren. Meine geliebten Eltern aber sassen in einem goldenen Wagen. Aber als ich weiter ging, o König, da sah ich deinen Vater. Er war mit Lumpen bedeckt und hütete Herde Schweine!" „Das ist nicht wahr!", schrie der König wütend. „Wenn du es nicht glauben willst, dann denke an dein Versprechen!“ rief Hans da lachend. Da musste ihm der König die Tochter zur Frau geben, denn alles glaubt der König nicht.   Märchen aus der Schweiz, Fassung Djamila Jaenike, nach: T. Vernaleken, Kinder- und Haumärchen in den Alpenländern, Wien 1863 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Allmend zu Eigen eingeschlagen

Source: Allmend zu Eigen eingeschlagen

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Es geschah vor etwa 6–7 Jahren in der Gemeinde Geschenen, dass ein Geissbub öfters an einer bestimmten Stelle in der Nähe von Abfrutt »än altä tügg-lychätä-grawä Ma i bluttä Fiëssä, ohni Tschopä« antraf. Er kam auf die Idee, das sei eine arme Seele, und auf den Rat seines Pfarrers fragte er sie eines Tages an, was ihr fehle und wie ihr zu helfen sei. Er behielt sich aber das erste und letzte Wort vor. Der Geist bekannte, er habe während seines irdischen Lebens jedes Jahr den Hag um sein Eigentum um Handbreite auf die Allmend hinausgeschoben. Dafür leide und wandle er hier schon 100 Jahre, und weitere 100 Jahre stehen ihm bevor, wenn nicht jemand 70 Messen, darunter eine bestimmte Anzahl in der alten St. Kolumbanskirche zu Andermatt und die andern ebenfalls in zwei genau bezeichneten Kirchen für ihn lesen lasse. Sein Wunsch wurde erfüllt. Die Leute steuerten zusammen, und der Geissbub gab sogar von seinem Göttigeld. Der Geist erschien nicht mehr. Aber der Geissbub starb genau ein Jahr später, wie es ihm der Geist gesagt. Fr. Wipfli-Baumann u.a. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Alls z' underoben!

Source: Alls z' underoben!

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Äs hed afan üüstagellen; o im Bärgen hed's afan aabren. Döö sii rra an Engschtlen und siin in en Hitten; aber wee hed das drigseen! Alls ischd hooggis um bbooggis direnandre gsiin; ds Chääslad z' underoben; dr Schottetrog umgwelbta; d'Bäich abenandren; egghäis gottsiigs Dingelli ischd mee am Ort gsiin. Da häin doch vil Liit gloibd, das siigi eppes vum Engschtlemmäitli; aber dr meer Täil hed wellen han, äs siigi vum Wasser und vum Gfreerren. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Alpgespenst auf Oberalp

Source: Alpgespenst auf Oberalp

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Zu einer verlassenen Sennhütte in der Oberalp bei Urseren kamen mehrere Jäger. Es war schon Spätherbst und das Vieh aus der Alp. Sie mussten hier übernachten und schürten mitten in der Hütte ein Feuer. Da fing es aber auf dem Dache furchtbar zu lärmen und rumpeln an. Die Jäger geboten ernst und herzhaft Ruhe, sie drohten sogar; umsonst. Einer nahm endlich seinen Stutzer und schoss an den Ort, wo das wilde Ding sein sollte und auf den Schuss fiel etwas wie eine Kuhhaut herab. Zugleich entstand ein so unheimliches Geschrei, dass es den Jägern durch Mark und Bein ging und sie für gut fanden noch bei der Nacht den Ort zu verlassen. Andermatt zueilend, über eine halbe Stunde weit hörten sie den schrecklichen Schrei. Was es gewesen, konnten sie nie erfahren.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Alpgespenst und Oberhaupt

Source: Alpgespenst und Oberhaupt

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Auf Seelegg im Maderanertal standen zwei Hütten nahe beieinander, die eine etwas höher als die andere. Die obere war zerfallen und nicht mehr im Gebrauch; niemand wagte es, sie zu betreten, denn darinnen hauste »Einer«, der sich von Zeit zu Zeit auf dem Jützstein in der Nähe der Hütten sehen liess. Eines Tages kam es dem baumstarken Küher und dem Tinner in den Sinn, das Gespenst zu reizen; sie stellten sich vor die Hütte und riefen: »Wennd eppis mit d'r isch, sä chumm, m'r wennd's scho mit d'r üssmachä!« In der Hütte regte sich nichts. Sie wiederholten die Herausforderung; auch jetzt blieb es still. Das gab ihnen Mut, und sie schrien noch lauter und lachten höhnisch. Jetzt aber nach der dritten Herausforderung, da ging plötzlich die Hüttentüre auf, und das Gespenst sprang heraus, ergriff zwei »hämpflige« Steine und zerrieb sie zu Staub und Asche, feiner als Mehl, indem es dabei den Frechlingen zuschrie: »Wenn ds Oberhäupt (d.h. der Senn) däby wär, sä tät-ech all dry zerrybä wië dië Stei.« Frau Tresch, Lungenstutz, u.a. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Alpheuer

Source: Alpheuer

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In den Bergen bei Flums lebt ein Riese, der Alpheuer. Wenn das Wetter umschlägt, hört man ihn droben jauchzen und jodeln. Dr. Henne-Am Rhyn, Deutsche Sage. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 309, S. 174 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Alpveränderungen

Source: Alpveränderungen

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Unsere Alpen waren vor alten Zeiten viel höher hinauf und stärker befahren als heutzutage. An vielen Orten, wo gegenwärtig nur noch Schafe und Ziegen weiden, wurden damals Kühe aufgetrieben. So weideten nach der Sage die Älpler auf Firnen ennet der Märcht mit einem Sennten Kühe auf dem untern Geissberg, wo man wirklich noch heute Spuren von ehemaligem Gemäuer sieht. Einmal wurde das Sennten von einem Hagelwetter überrascht. Das erschreckte Vieh stürmte wild der jähen Fluh zu. In dieser Not hängte sich der mutige Hirt an den Schellenriemen der vorausstürmenden Trinkelkuh, um diese und mit ihr die folgende Herde zurückzuhalten. Aber es war umsonst. Sie riss ihn in unaufhaltsamem Lauf mit sich fort und über die jähe Wand hinaus, und ihr nach stürzte die brüllende Herde über den mehr als 100 Meter hohen, senkrechten Felsen in die Gorplangg hinunter und zerschmetterte. Pfr. Jos. Arnold u.a. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Alraune

Source: Alraune

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Dass mit der Alraunwurzel früher viel Zauber getrieben worden, ist allbekannt. Man schnitzte aus derselben allerlei menschliche Figuren, die man für zauberkräftig hielt. Im Werdenbergischen hielt man den Alraun auch für ein wirklich existierendes katzenartiges Tier, welches dem Hause Glück und großen Reichtum bringe. Nach N. Senn, Chronik.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 118, S. 57 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Alraune und Hühnerei

Source: Alraune und Hühnerei

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Rellis einer, von Bürglen, trachtete beständig nach einer Allarunä. Endlich wurde ihm geraten, er solle von einem brandschwarzen Huhn das erste Ei nehmen und es unter einer – ich weiss nicht, ob der rechten oder der linken – Achsel tragen, bis das Junge ausschlüpfe; das werde dann die gewünschte Alraune sein. Er liess sich solches nicht vergebens raten und trug wirklich eine Zeitlang ein solches Ei »under der Üx«. Zufällig fiel es ihm aber einmal bei der Arbeit herunter und zerbrach. Und da heig scho eppis Läbigs dri gweiggelet, im Dotter, eppis Brandschwarzes; da heig nimmä vill gfählt, sä wärs üsschu. Theresia Gisler, 73 Jahre alt, Spiringen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Alraunen

Source: Alraunen

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1. »Allarünä sind grasgriäni Freschli, mä findet-s' mängisch mitzt i dä Mattä-n-innä und mängisch a dä Haselstüdä. Da hennt-si alligs g'seit, diä tiäget Gäld schyßä.« 2. In einem Hause in Seedorf kehrte eines Abends ein Fremder ein, und der sprach unter anderm auch von den Alraunen. Am Tage darauf mähten Tochter und Mutter aus diesem Hause miteinander in ihrem Mattli. Da kamen der Tochter die Alraunen in den Sinn, und sie dachte bei sich: »So eini mecht-i etz doch äu g'seh!« Im gleichen Augenblick sprang ihr eine auf die Sense. Die Mutter sah das und liess einen Schrei ab. Dann wandte sie sich zur Tochter und sagte: »Dü! das isch ja än Allarünä! dü müesch eppis darnah' tänkt ha, dass d'r diä grad uff d'Sägäsä springt.« Die Tochter bekannte ihren Gedanken und erhielt von der Mutter einen scharfen Verweis. Das Tier wollte aber nicht mehr weg; sie mussten den Geistlichen holen. Kath. Tresch-Gisler, 80 J. alt 3. Ein armes Mädchen diente in der Fremde. Nach längerer Abwesenheit kam es wieder einmal heim zu seinen lieben Eltern, und da erzählte es, es habe jeden Morgen einen Frosch mit Blut zu hirten. Das gefiel den gottesfürchtigen Eltern nicht, und sie liessen die Tochter nicht mehr in diesen Platz zurückkehren. Franziska Kruog, 70 J. alt, Wassen, u.a. 4. Wenn man im Namen »aller Rünä« unter einer Weisshaslen gräbt, bekommt man Geld. A. Fedier, Bristen 5. Dä-n-Allarünä miäß mä-n-all Tag bützä-n- und schorä wiä amm-änä Chind. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Alrünäbiächli

Source: Alrünäbiächli

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»Z'Fliälä hed Einä-n-äs Alrünäbiächli gha. Da hed är de nur miäßä z'hindervir dri läsä. Und darnah, won-ner zum erschtä Mal dri gläsä het, syg uff der Rüeßdili obä grad ob-em züechä uf einisch doch äu äs hüerä G'rimpel und Gschytter losggangä. Nu, är isch üfä ga lüegä, und da syg wirkli ä schwärä Hafä dobä gstandä. Är het 'tänkt: ›Da ha-n-i etz ämal einisch gnüeg,‹ und isch mid-em appä-n-iber Stägä und hedä-n-ab'teckt. Aber da syg doch furchtbar und schytzli äs wiäschts Tiär obä drüff ghocket. Är isch ämal äso erchlipft, dass er sitdem syner Läbtig gstigglet het. I ha-n-ä nu sälber 'kännt.« Kath. Arnold-Muheim, 90 J. alt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Alt Bichelsee

Source: Alt Bichelsee

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Alt Bichelsee Die Burg Bichelsee stand einst dort, wo sich heute noch auf der Südseite des Seeleins ein waldiger Hügel erhebt. Gegenüber, auf dem Haselberg, stand zu gleicher Zeit ebenfalls eine Burg. Die beiden Burgherren galten als gute Freunde und sie verabredeten, dass jeder dem andern Hilfe bringen solle, wenn er ihrer bedürfe. Sie rieten hin und her und auf und ab, wie sie einander heimlich Mitteilung zukommen lassen könnten, ohne selbst die Burg verlassen zu müssen, und da kam ihnen ein glänzender Einfall. Sie liessen von Burg zu Burg eine Kette spannen und richteten ein Eichhörnchen ab, das die Briefe über diese luftige Brücke von Haus zu Haus tragen musste. Wie lange diese Post betrieben wurde, steht aber nirgends zu lesen. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Nater, Geschichte von Aadorf und Umgebung, Frauenfeld 1898   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Alt-Wülflingen

Source: Alt-Wülflingen

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Alt-Wülflingen Auf Alt-Wülflingen hauste als letzter Bewohner der Raubritter Graf Hugo. Seine Gemahlin war eine Edle von Multberg. Sie ertrug das Unwesen ihres Mannes aber nicht und starb vor Kummer in jungen Jahren. Die beiden Kinder, die sie zur Welt gebracht, Karl und Albina, gab der Vater seinem Bruder, der Abt war im Kloster Bodman am Bodensee, in Pflege. Karl wurde in der dortigen Klosterschule erzogen, während Albina in ein geistliches Stift jenseits des Sees kam. Der Bruder besuchte die Schwester oft, indem er mit dem Ruderboot über den See fuhr. Eines Tages wurde er vom Sturm überrascht, aber vom Fischer Martin gerettet. Albina hatte der Bergung zugeschaut und ein Gelöbnis getan. Sollte der Bruder durch ihr Gebet errettet werden, so wolle sie ihr Leben dem geistlichen Stande weihen. Nach der wunderbaren Rettung pflegte des Fischers Tochter Angelika den jungen Grafen gesund. In der Zwischenzeit hatte Hugo sein Räuberwesen übler getrieben denn je. An einem Maisonntag überfiel der sogar das Dorf Wülflingen, just als die Leute im Gottesdienst waren. Durch das Geschrei aufgescheucht, stürmten die Männer aus der Kirche, rissen auf dem Friedhof die eisernen Kreuze aus und schlugen auf das Raubgesindel ein, das Raub und Leben lassen musste. Die erschlagenen Freunde  wurden im Kirchhof begraben, und man pflanzte zu ihrem Gedächtnis auf ihren Gräbern einige Trauerweiden. Diese wurden aber später bei einer Friedhofänderung weggeschafft. Den Grafen und seine Reisigen verscharrte man auf der Walstatt und setzte an die Stelle eine Linde, die (1850) noch grünte. Die Burg wurde vom Volk gestürmt und verbrannt. Seither wurde in Wülflingen alle Jahre der erste Maisonntag als festlicher Tag von der Dorfjugend gefeiert, an jener Stelle, wo der Tyrann erschlagen worden ist. Eine prächtige, mit Blumen, Bändern und Kränzen geschmückte Tanne wurde auf der ehemaligen Walstatt aufgestellt. Das Dorffest nannten die Wülflinger den Maientrunk. Nach Jahren, als die Kinder des Grafen Hugo erwachsen waren, kehrten sie auf das väterliche Erbe zurück, und da sie gute Menschen waren, halfen ihnen die Würfliger ein neues Haus, die Burg Hoh-Wülflingen bauen, welche im Volksmund  die Neuburg genannt wurde Diesen Namen erhielt auch der dazugehörige Hof im Tal unten. Karl heiratete die Schifferstochter Angelika. Albina erbaute unweit der Neuburg das Klösterlein auf dem Beerenberg. Für Angelikas Bruder, Hartmann, welcher mit der Schwester ins Tösstal kommen musste, baute Karl am Fluss eine Mühle, die Bodmanns- oder Bodmers-Mühle geheissen wurde, weil eben Hartmann vom Bodensee kam. Seine Nachkommen bilden das jetzt noch lebende Geschlecht der Bodmer. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Winterthur und Weinland Republikaner-Kalender 1850, S. 54, Titel: Die Schlossruine Alt-Wülflingen (eine Volkssage). Die Gchr. Wülflingen 1920 kennt die Sage, wenn auch vereinfacht. Man vernimmt, dass die Sitte, einen Freiheitsbaum aufzustellen, im Jahre 1868 zum letztenmal ausgeübt wurde. Nach der Volksmeinung hat der Brauch seinen Ursprung in der Feier des Burgenbruches. Die erschlagenen Grafen sollen mit 200 Dienstmannen in voller Rüstung unter jener Mauer vergraben sein, welche die Jahrhunderte alte Dorflinde umgibt. - Der Knabenverein holte jährlich die grösste Tanne des Kirchholzes und pflanzte sie am 1. Mai auf dem Lindenplatze auf. Sie wurde mit Kränzen und Bändern geschmückt und es herrschte bescheidene Fröhlichkeit. Am 2. Mai zogen dann die Knaben mit den Töchtern Arm in Arm nach Pfungen, Töss oder Neftenbach. Es ging einfach zu! Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Alte Burg bei Waldhausen

Source: Alte Burg bei Waldhausen

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Der Bauernhof Waldhausen liegt zunächst beim Dorfe Fisibach auf einem kleinen Berge, über den die Kantonsgrenze des Aargauer-und Züricher Landes geht. Hier stand eine Raubburg von solcher Festigkeit, daß man ihr mit Gewalt nichts anzuhaben vermochte. Die Bauern kamen daher auf den Gedanken, oberhalb des Schlosses einen Stollen in den Berg zu treiben und darinnen die Grundfesten der Burg zu unterwühlen. Dies gelang, die stolze Burg stürzte ein, die Räuber wurden unter dem Schutt begraben, mit ihnen aber auch alles Geld und Gold, das sie den Talleuten abgepresst hatten. Da nun in der Nacht eines jeden Karfreitags sich alles Verwünschte wieder regen muß und darum befragt sein will, wie man es erlösen könne, so gingen auf dieses Ziel einige kecke Männer an den Burgstal, taten ihre Anfrage und erhielten alsbald den gewünschten Aufschluß. In der nächsten Nacht am Karsamstag müsse man weißgekleidet hieher kommen und den Marchstein ausheben: unter ihm liege ein Schlüssel, der die Eisentür öffne, hinter welcher der ganze Schatz stecke. Mit dem Nachgraben habe man fertig zu sein, bevor es im Städtchen Kaiserstuhl zu Christi Auferstehung läute, und mit den Schatztruhen müsse man unter Dach kommen, ehe das Morgenläuten beginne; die eine Kiste könne man gegenseitig verteilen, die andere müsse für gute Werke verwendet und zu Kirchenzwecken geopfert werden. Sprechen dürfe bei allem keiner ein Wort. Die Männer führten dieses ohne Schell und Fehler aus. Sie fanden Schlüssel, Eisentüre und Schatztruhen. Am allerschwersten war's, letztere fortzuschleppen; doch kamen sie auch damit heim. Als der vorderste Träger eben den Fuß über die Dachtraufe hineinsetzte, da gerade fing es in Kaiserstuhl an, Betzeit zu läuten, und wie die Geister es vorausgesagt, so geschah es nun. Gerade so viel, als von der ersten Truhe noch nicht unter Dach war, verschwand. Es war der kleinste Teil, den sie nun hatten, aber er war groß genug, um unter alle verteilt und allen ein schönes Vermögen werden zu können. Damit sollen zugleich jene Burggeister alle bis auf einen erlöst sein. Mitgeteilt von Seminarist G. Burkhard von Fisibach Quelle: E. L. Rochholz, Naturmythen. Neue Schweizer Sagen, Leipzig  1862. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch    


by Alte Jungfern

Source: Alte Jungfern

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Nach einer alten Sage der Sarganser sollen die Mädchen, die aus eigener Schuld alte Jungfern werden, nach ihrem Hinscheiden an dem grossen Riete bei Schan, im Lichtensteinischen, sich versammeln und dort ihre Zeit fromm und züchtig damit zubringen, "Grüsch" (Kleie) auseinanderzulesen und die Häufchen dann zusammenzuknüpfen. J. Natsch.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 186, S. 87 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Alte Jungfern werden in den Rottalgletscher verbannt

Source: Alte Jungfern werden in den Rottalgletscher verbannt

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Wenige Mädchen sterben im Berner Oberlande als alte Jungfrauen. Gelegenheit ist allen geboten, eine zärtliche und sorgsame Hausfrau und liebevolle Mutter zu werden. Die, deren Herz im Leben kalt gegen das Gefühl der Liebe blieb, sind verdammt, ihre Schuld in dem Schnee und Eis des Rottalgletschers für ewig zu büssen. Quelle: Hans Michel, Ein Kratten voll Lauterbrunner Sagen. Wengen 1936. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Alte Jungfern, verdammt im Rottalgletscher

Source: Alte Jungfern, verdammt im Rottalgletscher

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Wenige Mädchen sterben im Berner Oberlande als alte Jungfrauen. Bald findet eine jede ihren Uli oder Heiri, mit dem sie als zärtliche und sorgsame Hausfrau und liebevolle Mutter die Freuden und Leiden dieses Lebens teilt. Dies kommt aber daher, weil erstens die Berner Mädchen sonst alle liebebedürftigen Herzens sind und zweitens, weil sie wohl auch ein wenig die Strafe fürchten, welche solche, die als alte Jungfern sterben, nach ihrem Tode zu erwarten haben; denn alle, deren Herz im Leben kalt gegen das Gefühl der Liebe blieb oder die gar, die Ehe verwerfend, in unsittlicher Leidenschaft entbrannten, sind verdammt, ihre Schuld in dem Schnee und Eis des Rottalgletschers für ewig zu büssen. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Alter Seeboden

Source: Alter Seeboden

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Wo der Weigischbach von Liedertswil her in die vordere Frenke mündet, liegt in der weiten Talmulde Oberdorf, die grösste Ortschaft des Waldenburgertales. Die Geschichte weiss zu berichten, dass das Dorf vor dem Bergsturze vom Dielenberg (1295) weiter unten, bei der Pfarrkirche St. Peter sich ausbreitete, während frühere Siedler im geschützten Seitentälchen des Weigisch ihre Wohnplätze hatten. Die mündliche Überlieferung geht aber noch viel weiter zurück, in jene Zeiten, da noch keines Menschen Fuss jene Gegend betreten hatte. Damals waren die beiden Bergzüge Dielenberg und Kai zusammenhängend und ein schöner, fischreicher See dehnte sich in der Talweite aus. Erst als der Abfluss desselben den Bergriegel allmählich durchschritten hatte, kam der heutige Talboden zum Vorschein. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Alti Brüch

Source: Alti Brüch

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Alti Brüch We’s mit eme Chrankne starch hingerabe geiht, so macht me i dr Chuchi e Chessel voll Wasser zwäg, vowäge dass si d’Seel no chönn wäsche, gäb si furtgeiht. Isch de dr Tod do, so schwänkt men all Gütter us, wo i dr Stube si u d’Pfäischter macht men uf. Drufabe het me früecher es Zwäheli oder e Lumpe gno u het dr Totnig dermit gwäsche. Die, wo no öppis uf de-n-alte Brüche hei, gheie das Zwäheli nid wäg, sie göh u liere’s umene süessen Öpfelbaum ume. Mi het albe gseit, we dr Lumpe vergange sig, so sig au dr Totnig im Grab verwäse, ’s Wasser, wo me dr Totnig dermit gwäsche het, schüttet me nid öppe i ’s Hüsli. Mi geiht dermit i ’s Dachtrauf oder schüttet’s i dr Hoschtert us. Aber mit dene Brüche geiht’s wie mit angerem au; sie bliebe dehinge; mit de Johre änderet mängs; junge Züg het nüt uf söttigem. Die Bräuche, die bei einem Todesfall geübt werden, beruhen nicht alle auf der gleichen Vorstellung; verschiedene Anschauungen, die sich eigentlich ausschliessen sollten, gehen nebeneinander her oder fliessen ineinander über; die Wandlungen, denen sie im Verlaufe der Zeit ausgesetzt waren, erschweren ihre Deutung. Die Vorstellung, wie sie sich im Brauche äussert, die Fenster zu öffnen und Flaschen und Gläser umzukehren, ergab sich aus der Beobachtung bei einem Sterbenden. Dem mit dem Tode ringenden Menschen ging der Atem ab; in der kalten Luft mochte der letzte Hauch sichtbar in Erscheinung treten und mit dem letzten Atemzug entwich das Leben; also liegt das Leben im Hauch. Darum öffnet man das Fenster; die Seele soll in's Freie treten können. Aber neben dieser Vorstellung treten noch andere Anschauungen auf, deren Ursprünge noch weiter zurück liegen mögen. Die Überlebenden wickelten das Tuch, mit welchem sie den Toten waschen, um einen Apfelbaum. Dieser Brauch geht wohl auf die Vorstellung von der Körperseele zurück: Die Seele des Toten geht über in das Wasser, das der Waschung diente, oder in das Tuch. Darum schüttet man das Wasser in die Hofstatt hinaus; das Umwinden und Binden des Tuches dürfte wohl bezwecken, die Seele am Baume zu befestigen; auch die Vorstellung von der Baumseele könnte noch mit dem Brauche in Verbindung stehen; denn auch die Anschauung war einmal lebendig, dass die Seele in Bäumen weile. In den Bräuchen, wie sie hier geübt werden, kommen die Vorstellungen weit zurückliegender Zeiten zum Ausdruck; die Vorstellungen aber, die noch heute bei Völkern, die auf einer niedrigen Kulturstufe stehen, lebendig sind, leben im Glauben unseres Volkes nicht mehr; die Lehre des Christentum oder ein besseres Erkennen verdrängten sie ganz oder teilweise; der Brauch hingegen, die äussere Form, überdauerte den Inhalt und begleitete den Menschen, der den ursprünglichen Sinn des Brauches nicht mehr verstand, Jahrtausende hindurch bis in die Gegenwart hinein. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Alti Brüch

Source: Alti Brüch

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Alti Brüch Es Chalb, wo am Mittwuche jung isch, tuet nid guet. Aber mi cha däm wehre; mi hout ihm öppis vom Ohr ab, bängglet’s furt u seit: „Do hesch di Sach!“ Nom Chalbere het men albe em Chalbeli öppis von ere Chlaue abghöie, het’s hinger d’Stallstüre bängglet u gseit: „Das ghört em Mittwuche!“ Das Büschel Haar und die Abschnitte vom Huf stellen allerdings ein wertloses Opfer dar; aber die Volkskunde zeigt uns, wie im Verlaufe der Zeit der Wert der Opfergabe stets zurückging und am Ende Dinge als Opfer galten, die für den Menschen wertlos waren. Der Mittwoch war Wodans Tag; steht das Opfer vielleicht mit dem alten Gott der Germanen in Beziehung? Eine ähnliche Handlung wie an den Kälbern wird an Lämmern vollzogen; ein Schüler berichtete mir: „Dr Schofhirt het em Vater gseit, we me de Lämmli dr Schwanz abhaui, nähm se ke Vogel.“ M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Aluegen isch gnue!

Source: Aluegen isch gnue!

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Aluegen isch gnue! E bösi Frau braucht es Chingli bloss azluegen u de isch’s lätz! Drum isch es gut, wen e Muetter weiss, wie sie söttigem cha wehre. Mit leit em Chline es Zödeli unger ’s Chöpfli, wo me die drei höchschte Näme druf gschriebe het. Der „böse Blick“ verursacht nach dem Glauben der Primitiven Schaden; aus Furcht, die ein unheimlicher Blick einflösst, erwuchs der Glauben an eine schädigende Wirkung. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Am Gsangfescht

Source: Am Gsangfescht

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Am Gsangfescht I de siebezger Johre isch z’Madiswi es Bezirksgsangfescht gsi. Do isch en Inschrift gsi, u druffe het es gheisse: Mit süessem Spiel bezwang vor Zeit Orpheus den Leu und Stier. Mit Eurem Sang bezwinget heut Das Galgelölitier. Das Galgenlölitier ist kein wirkliches Tier; tiergestaltige Tote fragen und antworten. Es wohnt allerdings in der Erde; aber die Seelen der Toten gehen auch in die Höhlen der Berge hinein und weilen in der Erde, und von der Erde aus erhebt das Galgenlölitier sich in die Luft; im Sturm braust es einher. Was heisst aber Galgenlölitier? Mit „Löl", wie das Wort auch schon gedeutet wurde, hat es nichts zu tun. Lo = Wald; Löli = das Wäldchen, Galgenlölitier heisst das unheimliche, dämonische Wesen in Tiergestalt, das im Galgenlöli wohnt. Die Verwandtschaft der Erzählungen vom Galgenlölitier mit den Sagen vom wilden Jäger kommt in andern Sagen deutlicher zum Ausdruck. Ein Hund, Gragöri mit Namen, kommt mit dem wilden Jäger und bleibt bei einem Bauernhause zurück; in den Zwölften des folgenden Jahres kehrt der Jäger wieder, und Jäger und Hund verschwinden. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Am Holz

Source: Am Holz

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Äis sii rra am Holz gsiin. Si hätte gmangled z' warmsen; Brood u Chääs häi s' no ghäben, aber Milch nid es Trääni. Döe hed äina gmäind, wen numme d'Milch mangli, sa chenni är schon hälfen. Är hed den Hegel us dr Täsche gnun, hed nen üüftaan und in e Stock gsteckd. Derna hed er es Hammbräntli zwische d'Chneww gnun und hed afam mälhen. Im Handumdräjen isch'sch volls gsiin. Die andren häi zöegseen; aber egghäina hed vun där Milch wellen nän; nid äina hed si verzennd. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Am Martinsloch

Source: Am Martinsloch

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In der langen Felsenwand der zerfressenen Tschingelhörner ob Elm ist ein mächtiges Fenster zu sehen, gerade als ob ein Riese mit einem ungeheuren Hammer ein haushohes Loch aus dem grauen Gestein herausgeschlagen hätte. Es heisst das Martinsloch, und die Elmer kennen es wohl, denn zweimal im Jahr scheint die Sonne just durch dieses Loch auf den Käsbissenturm ihres alten Kirchleins. Woher aber das Bergauge wohl seinen Namen hat? In alten Zeiten soll hier hinten der heilige Martin, abseits der Welt, in allem Frieden seine Schafe gealpnet haben, bis eines Tages ein Riese von der andern Seite des Berges her sich an die Herden gemacht habe. Darüber soll der Heilige dermassen in Zorn geraten sein, dass er ihm seinen schweren, eisenbeschlagenen Bergstock nachwarf und zwar nicht den Riesen, wohl aber die Felswand traf, aus der unter dem gewaltigen Anprall mächtige Felsblöcke heraussplitterten. Die Bündner auf der andern Seite des Gebirges wissen aber noch anderes zu erzählen. Ein Flimser, mit seiner schönen Tochter Maria, habe oben am Segnespass seine Schafherden geweidet; dabei sei der Tochter ein junger Senn auf der Glarnerseite derart ans Herz gewachsen, dass sie von dem reichen Bündner, den ihr der Vater längst ausgelesen hatte, nichts mehr wissen wollte. Auf Martinitag nun musste der Glarner Senn wieder ins Sernftal hinunterziehen, denn die Nebel kamen, und es wurde kalt, und er fand weder Zeit, noch Gelegenheit, von dem Mädchen Abschied zu nehmen. Maria, von ihrem Heimweh getrieben, stieg ihm in die Tiefe nach aber sie verlor im Nebel den Pfad und verirrte sich in den Felsbändern der Tschingelhörner. Auf einmal aber schaute sie durch ein mächtiges Felsenfenster auf ein kleines Dorf hinunter, das mitten im Sonnenglanz lag, und die goldenen Zeiger am Turm leuchteten und zeigten ihr den Weg in die Heimat des Sennen. Im Hause seiner Eltern fand sie den ganzen Winter hindurch Obdach bis zum Tag der Lichtmess, wo sie nun Hand in Hand wieder über den Berg zurückgingen, um jenseits im Bündnerland den Segen des Vaters zu erbitten. Doch als dieser das Paar kommen sah, verriegelte er Fenster und Türen und jagte sie beide mit Schimpf und Schande davon. Zuletzt sind sie noch gesehen worden hoch oben am Felsenfenster des Martinsloches, und dann nie mehr. Der Zugang aber verwitterte vom Tag an und ward schwer zu erklimmende Wildnis bis auf den heutigen Tag. Nur die Sonne findet noch ihren Weg und scheint hinunter auf den stillen Gottesacker von Elm.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Am Rynächt

Source: Am Rynächt

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geschah es einst, dass ein Wanderer, ich weiss nicht warum, vor sich her fluchte, den Teufel herbeiwünschte. Plötzlich fiel von der Fluh herab eine Bürde Heu auf ihn, drückte ihn zu Boden und hielt ihn solange gefangen, bis er imstande war, mit der Zunge im Munde das Kreuzzeichen zu machen. Marie Haas, 28 Jahre alt, Altdorf Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Am Sundeg spinnen

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Äigetli bin i im Wiihel dehäimme gsiin. Döömalen isch'sch z'isem Hüüs nid alls wee rächt ggangen. Am Aben und in dr Nacht häim mer im Loibelli Tritta gheerd; bald da, bald dert ischd eppes umhagschlaarped. Ma hed gsäid, da siigi drum äis es Wiib gsiin, das häigi nid gwissd, we s Sundeg old Wärchteg siigi und no an häilige Tage gspunnen. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Am Urnerloch

Source: Am Urnerloch

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war's nie geheuer. Wer von unten herauffuhr, dem begegnete es sehr oft, dass hier die Pferde durchaus nicht weiter zu bringen waren; man musste entweder abspannen, die Sachen hindurch tragen, die Pferde führen – oder dann tüchtig fluchen. Auf andere Weise ging's nicht. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Am Wäbstuehl

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Am Wäbstuehl Amene Ort hei sie z’Obe bis am zwölfi gwobe. Derno si sie i ’s Bett. Drufabe het’s im Chäller afo wäbe. U das isch all Obe so gange. Derno si sie einisch go glüssele, wie das zue- u härgangi. Du isch d’Frau Faschten am Wäbstuehl gsi. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Am zähetusig Rittertag

Source: Am zähetusig Rittertag

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Am zähetusig Rittertag Am zähetusig Rittertag, het ’s Grossmüetti gseit, geiht alben e länge Zug vo dr Altburg zum Hänseli uehe. Mi ghöri Chöttine rassle; aber gseh tüei meh nüt. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by An der Basatienwand

Source: An der Basatienwand

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An der Basatienwand bei Sargans hört man in mondhellen Nächten oft ein Rufen, Wimmern und Klagen. Das rührt von zwei Liebenden her, die dort unselig gestorben sind. Im Proder Feld wohnten sie, Rupp, der kühne Junge und seine Mathilde. Einst kam Graf Kuno, dem das Mädchen auch gefiel, aus dem Tale herauf. Er wollte die Maid frech entführen; Mathilde aber weigerte sich, auf sein Schloss zu kommen. Er befahl seinen Knechten, die Widerspenstige einzufangen und ihm aufs Ross zu bringen; im roten Gemach des Schlosses sollte sie Gehorsam lernen. Nun eilte Rupp herbei und wollte sich seiner Braut annehmen; aber Graf Kuno befahl, man solle ihn binden und in den tiefen Turm werfen. Der entschlossene Jüngling wirft den ersten Schlossknecht nieder; als aber die andern auf ihn eindringen, fasst er seine Braut und stürzt sich mit ihr über die Felswand hinab. Der frevelnden Hand sind sie entronnen; aber ein freiwilliger Tod führt immer zu einem, unseligen Ende. Bis zum jüngsten Tag müssen sie dort mit Rufen, Wimmern und Klagen ihre Sünde büssen und müssen die Stelle unheimlich machen, wenn nicht eine unschuldige Seele, eine reine Jungfrau, sich ihrer erbarmt und sie erlöst. Nach Dr. A. Henne   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 184, S. 86 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by An der Schreia

Source: An der Schreia

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Ob der Schreiabruck, zwischen Camperneis und Halbmil, hört man vor grossen Wassergüssen in der Mitternacht den Bach ausschöpfen und Sand werfen, eine Folge alter Streitigkeiten über Schöpf-und Wuhrpflicht. J. B. Stoop Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 329, S. 183 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by An die Schiffbiete gehängt

Source: An die Schiffbiete gehängt

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Zwei junge Burschen, die mit einem Schiffli am Rittersprung vorüberfuhren, an jener Stelle, an der sich ein Lebensmüder den nassen Tod geholt, waren so vermessen, den Ertrunkenen beim Namen zu rufen. Auf der Stelle hängte sich der Gerufene an die Biete des Ruderschiffes und schaukelte dieses so heftig, dass die Beiden von Sehen und Hören kamen und ihnen die Lust zu frevlem Tun für alle Zeiten verging. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by An Gowwli

Source: An Gowwli

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An Gowwli ischd vor Ziiten Chrüüd gwachsen, das d'Älper tags driimal häi chennem mälhen. Aber döö wän en Älper gsiin, där hed si versindeged. Jetz gheerd me nen in dr Nacht griinen und räären: »I und min Hund Ringgen, I und mi Chöö Riin Und min Höör Triin Meessen geng uf Bleemlisalp siin!" Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by An s faltsch Stutzanneli grote

Source: An s faltsch Stutzanneli grote

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An einem Samstagabend war ich in Arboldswil in der Wirtschaft. Tischgenossen erzählten vom Stutzanneli. Ich mischte mich auch ins Gespräch und sagte, ich fürchte mich vor keinem Gespenst. Alle achten laut heraus und meinten, ich würde heute abend vor dem Stutzanneli fortspringen. Als ich durch den Stutz heimging, sah ich plötzlich eine weisse Gestalt auftauchen. Unerschrocken rief ich: «Wär do?» Keine Antwort. Ich wiederholte dies einige Mals. Immer noch keine Antwort. Nun geriet ich in Wut und schlug mit den Stock auf das Gespenst ein. Jetzt aber antwortete es – es war ein Kamerad – und bat mich erbärmlich aufzuhören. Noch viele Wochen nachher sah man auf seinem Kopf und Gesicht «blaue Mösen». Ziefen Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by An Vrenelistanz

Source: An Vrenelistanz

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Kein Gletscher und kein Gandeggä Und dafür hundert Hälminä! (Gefleckte Kühe) So seufzen die Hirten der Alpen. Früher ist es wirklich einmal so gewesen. Wo heute die Gletscher mit Riesenfüssen die Moränen vorstossen und mit gewaltigen Fingern sich an die Bergrippen klammern, sind einmal grüne, reiche Alpen gewesen. Eine solche Alpe war auch im Talkessel der Jäginen, die sich ans Grosshorn lehnen. Nur die Alten wissen noch zu sagen, wie diese Herrlichkeit verschwunden ist. Die Alpe, damit ich’s nicht vergesse, hat Heimalp geheissen und gehörte dem reichsten Lötscher. An Heimisch Eggen stand die Hütte, gerade den Anen gegenüber. Hier schaltete den ganzen Sommer Vrene, die älteste des reichen Alpbesitzers. Die Mutter hätte ihr gerne eine ältere Magd als Gehilfin — im wahren Grunde als Schutzengel mitgegeben. Weil aber Vrene gross und stark war wie ein Mann, meinte der Vater, sie solle alle Arbeit selbst besorgen. Der Tochter war es recht, und die Mutter konnte nichts mehr für sie tun, als sie dem Allmächtigen empfehlen und ihr jeden Abend den Muttersegen aus der Ferne spenden. Einmal hat es der Mutter keine Ruhe gelassen. Sie hat ihr Kleinstes aus der Wiege genommen und ist in der Nacht zur Alpe emporgestiegen. Schon beim Guggisee sah sie ein helles Licht in der Hütte und hörte Musik, Tanz und übermütige Jauchzer. Am ganzen Leibe zitternd tritt sie an die Stubentür und schaut durch die runde, russige Guckscheibe. Mehr muss sie sehen, als ihr die schlimmste Ahnung sagen konnte: Tanzende aus allen Alpen und in der Mitte der leibhaftige Teufel, mit dem Bockfuss lustig den Takt schlagend. Im Augenblick, wo sie die Türe öffnet, sehen die Tanzenden erst den Bösen in ihrer Mitte. Feuer schnaubend vor Wut knirscht der Schwarze: Mag die Unschuld mich vertreiben, Die letzte Seele muss mir bleiben. Vrene kommt zuletzt an die Türe. Schon streckt der Teufel die Krallen hervor, um sie zu fassen, da springt die Mutter im gleichen Augenblick mit dem unschuldigen Kind auf dem Arm in die Stube. Seinetwegen kann der Böse der Mutter nichts anhaben und auch Vrene ist ihm entgangen. Mit geballter Faust in Rauch und Nacht ist er verschwunden. Die Mutter wischt sich die Angsttropfen von der Stirne. Vrene reicht ihr zum Lohn eine Tasse Käsmilch für sie und den Wurm auf den Armen, während sie den Gästen auftischt, was Küche und Keller vermögen. Keinen Angriff versucht die Mutter mehr auf ein so hartes, kaltes Herz und flieht von dem undankbaren Orte mit dem unschuldigen Kinde. Ihre Tränen rollen auf den Boden und werden zu Eis, zu Strömen von Eis, die ihr auf dem Fusse folgen und den Talgrund von Berg zu Berg bedecken. Seither ist die schöne Alp verloren unter einem tiefen Gletscher. Wer um die Mitternachtstunde an Heimisch Eggen vorübergeht, dem begegnen Sennen und Sennerinnen aus allen Alpen in altmodischen Trachten. Dürfte er sie fragen, wohin sie gehen, so würden sie ihm sagen: An Vrenelis Tanz, an Vrenelis Tanz, An die Heimisch Eggen. Quelle: J. Siegen, Sagen aus dem Lötschental, Erweiterte Ausgabe der Gletschermärchen (1905), Lausanne 1979. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Andere Entrückungen und Entführungen

Source: Andere Entrückungen und Entführungen

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1. »Meines Bruders Töchterlein«, so erzählt mir ein Mann von Attinghausen, »hatte sich beim Sammeln von Heidelbeeren zwischen Herrenzwy und Regliberg verirrt und übernachtete hart an einem Abgrund, wo es erschöpft einschlief. Doch am folgenden Morgen wurde es, wohl eine gute halbe Stunde von jenem Punkt, wo es eingeschlafen, nämlich in Kaspar Furrers Langacher, im Freien von der Frau Furrer angetroffen und geweckt. Wie es dorthin gekommen, weiss kein Mensch. Aber sy tüet's ä g'wissni Wahrheit.« Anton Brücker, 70 J. alt. 2. Ein Älpler von Seelisberg marschierte seiner Alp zu. Er war furchtbar müde und faul und hätte gern ein Schläfchen gemacht. Als er den Eingang zur Alp erreicht hatte, sah er einen Schläfer neben dem Türli auf dem Boden liegen. Er meinte, es sei der Knecht, und sagte zu ihm: »Stand üff und gang afigs, i will äu ä chly anäliggä-n- und schlafä; i bi furchtbar fülä.« Jener stand auf und ging von dannen; Kempf aber, so hiess unser Seelisberger, legte sich und schlief ein. Doch wie erstaunte er, als er am nächsten Morgen auf der Hohen Fluh unterhalb Beroldingen, mehr als eine Stunde von seinem Ziel entfernt, erwachte. Das hat er selber meinem Gewährsmann erzählt. Hans Aschwanden, 50 J. alt, Isental 3. Wenn allemal ein gewisser Isentaler nachts über den Seikberg-Steg bei den sogenannten 3 Schützen ging oder bim verhyttä Stei, wie es da auch heisst, wandelte so ein Gespenst mit herabhängendem Schlampihut vor ihm her. Kopf konnte er keinen an ihm sehen. Als einst Nachtbuben in der Nähe des Steges über dieses Gespenst foppten und spotteten (einige hatten etwas Öl am Hut), erblickten sie plötzlich ob einer Tanne so äs Häuri oder Wäuti, ohne recht erkennbaren Kopf, aber mit einer grossen, runden, glühenden Glasscheibe auf der Stirne; sie wollten schauen, was es sei, aber im Augenblick waren sie (ihrer sieben oder acht) in drei Parteien nach drei Richtungen auseinander gesprengt, sie wussten nicht wo und wie. Erst am Morgen beim Aveläuten trafen sie einander wieder beim Schluchenkreuz. Einige hatten die Nägel aus den Schuhen geschlagen, andere hatten räudige Mäuler infolge des Schreckens. Frz. Jos. Zwyssig, Isental, 70 J. alt, der auch dabei gewesen und es mir erzählt hat. Oder: Das Gespenst bestand aus zwei feurigen Augen. Alois Herger, 40 J. alt. 4. Mit einem Isentaler, der z'alten Wochen, d.h. Mittwoch in der Fronfasten, z'Stubeten ging, fuhr es aus der Taltiefe bis in das hochgelegene, schwer zugängliche Hornloch hinauf, und erst am Morgen, als es in der St. Jakobskapelle im Grosstal zu beten läutete, fand er sich zurecht und konnte wieder zutal hinabsteigen. Hans Aschwanden 5. Ein Seelisberger hatte den Lehenzins für eine Kuh bezahlt und war nun, da die Dunkelheit schon hereingebrochen, auf der Heimkehr gegen Geissweg. In der Nähe des alten Häuschens beim Chalcherli hob es ihn plötzlich in die Höhe und fuhr mit ihm hoch durch die Lüfte bis beinahe vor sein eigenes Haus, und das sind doch mehrere hundert Meter. Als er daheim in die Stube trat, da staunten ihn alle an und riefen ihm entgegen: »Jä, was isch etz äu mit diër, dass dü hinecht halbbluttä heichunnsch?« Jetzt erst beschaute er sich, und wirklich, es hatte ihm die Kleider fast ganz abgerissen. »So isch m'r etz nu nië g'gangä«, meinte er kopfschüttelnd und erzählte sein Erlebnis. Jos. Maria Aschwanden, 60 J. alt. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Andere Kündzeichen

Source: Andere Kündzeichen

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1. Pfarrer Egger in Römerstalden ging einst spät in der Nacht von Morschach heimwärts, und weil er ein älterer Herr war, führte ihn der (1915) noch lebende Wirt von Römerstalden am Arme. Als sie in der Nähe der Kemletzenkapelle waren, da wich der Pfarrer plötzlich seitwärts so weit als möglich aus, und weil der Wirt fragte, was er habe, sagte der Pfarrer, ob er es denn nicht sehe da mitten auf dem Wege. Erstaunt entgegnete der Wirt, er sehe nichts. Der Geistliche erklärte ihm, es liege eine Gestalt im Wege, und wenn er nichts sehe, sei es ein Kündzeichen, dass es an dieser Stelle bald ein Unglück gebe. Es vergingen keine 14 Tage, so wurde daselbst Knüppelholz herabgeworfen und dabei ein Mädchen erschlagen. Schriftl. von Hrn. A. Schaller, Sisikon 2. In der Schreibstube eines Herrenhauses in Altdorf sahen sie einmal einen Säbel herumtanzen. Nicht lange nachher wurde dessen Besitzer, einer der Ersten aus der Obrigkeit von Uri, eines Morgens tot in seinem Bette gefunden (1845). Agnes Arnold Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Andreeslen am häiligen Aben

Source: Andreeslen am häiligen Aben

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Am häiligen Aben hed es Mäitli vernun, mid wäm's hochziiti. As hed im Hemmli d'Stube gwischd, ds Gischter in Hemmlistock üüfgmachd und's derna hindertsi üüsiträägen. Derna isch'sch i ds Bett und hed gsäid: „Anderees, i bitten di, Bettstatt, i betritten di, Lass mir erschäinen, Wela sol mäin Eemann säin, Hed er Ross, sa riited er, Hed er Chie, sa triibd er sa, Hed er niid, sa sel er chun, wien är ischd." Düöe siin drii Mannevelcher hindrem Tisch gsässen; driji, nid eppa äis! Äs hed das nid chenne verstaan und hed gwärwäised, was das etz fir drii siige gsiin. Aber äs ischd chun, wie's hed gseen; z'driimalen hed's ghiiraated; zwee siin im gstorben, und dr dritt hed ins uberläbd. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Angebrannte Milch

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Der Senn auf jener Hinterländeralp hätte sich bald zu Tode geärgert, denn einerlei, ob er ein grosses oder ein kleines Feuer unter dem Kessi anfachte, immer brannte die Milch am Kessiboden an, und weil auch der beste Senn aus angebrannter Milch keinen Käse machen kann, so kam er immer mehr in Schaden und wusste bald nicht mehr wo ein und aus. Einmal kommt ein altes Linthaler Manndli auf die Alp und schaut unverwandt ins Feuerloch und ins Kessi, sagt aber kein Wort und der Senn auch keins, und wie es fortgeht, schüttelt es den Kopf und ist verschwunden. Anderntags steht es wieder in der Hütte und fragt nach dem und jenem und wie es stehe mit dem Vieh und mit allem. «Wenn ich nur den Ärger mit der Milch nicht hätte!» seufzt der Senn. «Ihr habt’s ja selber gesehen, jedes Mal brennt mir die Milch an, und dabei ist das Kessi geputzt und geglänzt wie ein Spiegel.» Wie das Manndli aber zum dritten Mal bei ihm steht und ihm zuschaut, wie er das Kessi mit heissem Wasser und Katzenschwänzen fegt, bis es spiegelglatt ist, da fragt es ihn ganz gelassen. «Habt ihr auch schon ins Feuerloch geschaut?» Aber der Senn sieht beim besten Willen nichts als ein paar halbverbrannte Knebelchen und eine Hand voll Asche. Das Manndli fängt an mit seinem Stecken in der Asche herumzustochern, räumt das ganze Feuerloch aus und findet zuallerunterst einen dicken, eichenen Nagel, der nicht verbrannt ist. Den schaut es zufrieden an und wirft ihn weit über den Bach. Wie aber der Senn verwundert fragt, ob denn das Nägelchen an dem ganzen Unheil schuld sei, da nickt das Manndli und lacht leise: «Es wird wohl noch etwas anderes dabei gewesen sein?» Was aber, das verriet es nicht, ging seines Wegs und erschien nie mehr. Der Senn aber hatte vom Tag an keine böse Stunde mehr mit Käsen.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Angereesle

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Angereesle Bim Angeressle het men albe hinger am Rügge düre imene Löffel Wasser in es Gschir gschöpft; derbi het me nüt dörfe verschütte. Gnau chan i nümm säge, was alls het müesse goh; i bsinne mi ume eso blösseli dra. De het men au e Spruch gselt: Angerees, i bidde di, Bettschgetbrätt, i tritte di, Du wellischt mer verhälfe zu re Frau, Die mit mer z’Chilen u z’Märit chömm au. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Angetan

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Auf der Alp Wildenberg erschien einst mitten in der Nacht ein Unhold. Er zeigte sich nicht in der Hütte, schlug aber mehrmals wie mit einem starken Stock an deren Planken. Die Hirten hörten es wohl; aber keiner getraute sich, hinauszugehen und nach dem Täter zu sehen. Nach wenigen Wochen erkrankte einer der Älpler. Er bekam ein "böses" Bein, das keinerlei Verletzungen zeigte, aber doch zu einem unförmlichen Klumpen anschwoll. Der Unhold hatte es ihm angetan. U. Sprenger. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 311, S. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Angst und Not

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Angst und Not In der Herrschaft Grüningen soll in grauer Vorzeit ein sonderbarer Brauch geherrscht haben. Wenn ein zum Tode Verurteilter sein Leben lassen musste, führte man ihn zur „Richttanne“, wie man die Richtstätte damals hiess. Dort durfte der arme Sünder die Gnade erbitten, um sein Leben zu rennen, und diese Gnade konnte ihm nicht verweigert werden. Man liess dann den Verurteilten in der Richtung gegen das Haus rennen, das da heisst „Angst und Not“. Nach einer gewissen Zeit, wenn also der um sein Leben Laufende einen bestimmten Vorsprung hatte, liess der Richter ihm Ross und Reiter nachjagen. Vermochte der Laufende das Haus zu erreichen und zu betreten, bevor die Reiter ihn eingeholt hatten, so durfte die Todesstrafe an ihm nicht vollzogen werden, im anderen Falle hatte er sein Leben endgültig verwirkt. Weil nun die Gejagten, wenn sie Hufschlag der Verfolger hörten, in den Ruf ausbrachen: „O, hilf mir Herr in meiner Angst und Not!“ erhielt das dort stehende Haus den Namen „Angst und Not“. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Mündlich von Lehrer Wilh. Fischer, Bubikon 1945. Variante: Ein Delinquent sollte an der Richttanne gehängt werden. Aber er machte sich frei und rannte den Hang hinab zum nächsten Haus und rief: „Ach, verbergt mich doch, ich bin in einer Angst und Not!“ Von da an soll der Weiler den bekannten Namen haben. - Nach dem Grüninger Amtsrecht von 1668 wurde das Hofgericht zu Dürnten im Dorfe Dürnten abgehalten. Anerkannte eine Partei den gefällten Rechtsspruch nicht, so wurde „zu Adletshussen uff der Höhe“ Nachtag gehalten. Seltsam genug, dieser Rechtstag auf freier Bergeshöhe, denn vom dortigen Wirtshaus wird noch nichts gemeldet. Ob dort vielleicht das Gericht unter einer Tanne tagte? Jedenfalls befand sich dort keine Richtstätte. Dennoch heisst der Ort „Richttanne“. Das Hochgericht des Amtes Grüningen befand sich auf einem aussichtsreichen Hügel zwischen Grüningen und Adletshausen. Das Amtsrecht bestimmte: „Ytzickhen ist schuldig, das Hochgericht machen zu lassen und vor dem Abgang zu erhalten. Adletzhusen soll dazu die Leiteren machen lassen.“ - Zur Ortsbezeichnung „Angst und Not“ äussert sich Bruno Boesch in der Zs. „Der Deutschunterricht“, Heft 5/57, Stuttgart, S. 44: „…und an der Stelle Angst und Not (mundartlich Angschtenot) stand vielleicht vor Zeiten ein Bildstock mit der Darstellung Christi am Oelberg.“ Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Anna Vögtli

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Anna Vögtli, die aus bösem Verdacht ihr Vaterland Bischofszell verlassen, kam auf ihrem Irrweg nach dem aargauischen Pfarrdorf Ettiswil. Da brachte ihr böser Geist sie auf den Gedanken, Zauber mit Hostien zu versuchen. Kaum bestahl sie den Schrein, so fiel auf sie Schrecken der Tat; schwer drückte der Gott. Sie, zitternd, warf die Hostie in die Nesseln des Grünhags. Siebenblättrig sprosste eine weiße Rose, das Heiligtum tragend. Ihm neigten sich die Tiere des Feldes; umleuchtender Glanz entdeckte es der unschuldigen Hirtin. Worauf der Leutpriester mit Glockenschall, Kreuz, Fahnen, Licht und dem gläubigen Volk die Feier der Einholung bereitete. Da umfasste die glückliche Erde den Herrn. Aber ein Teil der Hostie, in schön erbaueter Kapelle, gab weit her zusammenfließenden Menschen Vergebung der Sünde, und bekräftigte dieselbe durch begleitende Zeichen. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Annelis Grötzli

Source: Annelis Grötzli

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Wenn man so vor 60 - 70 Jahren den obern Teil der Bärschner Alp durchquerte, stiess man von ungefähr auf eine Rottannenleiche. Ihr modernder Stamm zeichnete eine ziemlich gerade Linie am Boden hin, die ihre einstige Höhe genau andeuten mochte. Ihr zur Seite lagen die weissgraugebleichten Astüberreste. Dieser Baum wurde „Annelis Grötzli" geheissen und zwar aus folgenden Gründen: Ein altes Weib, mit Namen Anna, sei mit Tod abgegangen (ob an dieser Stelle oder wo anders, wird nicht gesagt) und müsse hier wegen eines zu Lebzeiten begangenen Verbrechens „wandeln" und zwar so lange, bis es von jemand erlöst werde. Es erscheine in schwarzer Kleidung und weissgrauer Haube, gehe in gebückter Stellung einher, werde von Hirten nicht selten gesehen und nicke gegen sie, wenn es sehe, dass es von ihnen beobachtet werde. Doch die Stunde der Erlösung kam für das arme Weib. Als nämlich einmal ein Knecht dem Sennen erklärte, er fahre mit dem Vieh nicht mehr dahin zur Weide, da das Anneli ihm wieder erschienen sei und den Drohfinger gegen ihn erhoben habe, da hätte dieser im Unmut seinen Stock ergriffen, sei hingeeilt, habe auch sofort das Anneli gefunden und zwar in Gestalt eines halbverfaulten Baumstrunkes, in Mannshöhe mit einem seitlich ausgewachsenen grauweissen Schwämme geziert. Diesen riss der Senn weg, übergab ihn, in der Hütte angekommen, dem Knechte mit den Worten: „Nun habe ich das Anneli erlöst - zum Danke dafür schenkte es mir seine Haube, und ich schenke sie dir nun zum Angedenken an deinen heute bewiesenen Heldenmut in dieser mit jetzt glücklich abgeschlossenen Schauergeschichte." O. Giger. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 350, S. 196f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Antusuhans

Source: Antusuhans

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Antusuhans selig (der Hans des Anton Anthanmatten) ischt en tolle brave Ma g'si; het frili nit g'rad d's Pulver erfunnu, aber do de Litu in's G'sicht g'seit, was er gedeicht het. Wa der Bischof Blatter selig i Saas uf d' Visitaz cho ischt, ischt Antusuhans Chilchuvogt g'si und het darum miessu schaffu und ufwarte. Da isch's kapitiert, dass der Bischof am Mittagessu g'seit het, in de Täleru und uf de Bärgu gäbe es guots Roggubrod; er wellti geru danafa choru. Duo hensch dum Chilchuvogt g'rieft, er selle abu um guots Roggubrod lotze, der Bischof welle schi. Duo ischt unse Hans glich mitener wissu Zwelu inner Hand in d' Stube cho und het dum Bischof g'seit: «A ba! Narrheite! Bischof! Sid nit Eifältige! Esset ier hie Wisbrod — Roggubrod chenter de de heimu essu.» (Saaser Mundart)   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Anzahl der Geister im Bockitobel

Source: Anzahl der Geister im Bockitobel

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Vom Bockitobel erzählt das Volk, es sei mit armen Seelen von unten bis oben oder bis zum Alptürli hinauf dicht angefüllt, und wenn man nachts von Erstfeld her gegen Waldnacht hinaufsteige, höre man sie weinen und klagen. Vereinzelte wollen wissen, es seien böse Geister, ja sogar Teufel. Dass ihre Anzahl unermesslich sei, beweist auch die Sage, die ich jetzt erzählen will. Ein Erstfelder Bäuerlein brachte seinem Pfarrer, der mit der Geisterwelt auf vertrautem Fusse stand und immer zum voraus sagen konnte, ob bald wieder eines seiner Pfarrkinder die Reise in die Ewigkeit antreten werde, den Zins. Der freundliche, leutselige Priester stellte ihm Käs und Brot und ein Glas Italiener auf, wie es eigentlich jeder richtige Zinsherr tun sollte, und ging dann ins Stübli, den Empfangsschein zu schreiben. Auf dem Tisch, an welchem der Bauer sass, lag ein grosses Buch, und das erregte seine Neugierde; er schlug es auf und blätterte darin; lesen konnte er nicht, denn es war lateinisch geschrieben, und er kannte mit Not die deutschen Buchstaben. Als der Pfarrer den Schein unterschrieben hatte, die Stüblitüre wieder öffnete und den Neugierigen in dem offenen Buche blättern sah, erschrak er heftig, denn er meinte, der Bauer habe darin gelesen. Hastig und aufgeregt rief er: »Was macht ihr da! Um Gotteswillen, nehmet eiligst einen Sack voll Reis, laufet und schüttet ihn ins Bockitobel hinunter!« Zum Tode erschrocken gehorchte der Bauer, und als er zurückkam, meldete er: »Es haben noch nicht alle ein Körnlein bekommen.« Da mient äu nu äs Par gsy sy. Dz Platti Liesi sälig, das het vill vom Bockitobel b'brichtet! Wenn das nu läbti, das wisst-ech scho G'schichtäli z'verzellä! Zacharias Zurfluh Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Apfelbaum der Sarmenstorfer Einsiedelei

Source: Apfelbaum der Sarmenstorfer Einsiedelei

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Die kirchliche Verehrung, welche die drei Angelsachsen seit alten Zeiten in den Freienämtern geniessen (No. 474), wollte sich im vorigen Jahrhundert ein listiger Waldbruder zu nutz machen; er hiess Haigeli und war aus Schwaben gekommen. Bei der St. Wendelinskapelle ob Sarmenstorf baute er sich am Saume des Buchenwaldes ein mit dieser Kapelle verbundenes Haus, verschaffte sich Reliquien, die er für den Leib des heil. Firmanus ausgab und eröffnete damit eine neue Wallfahrt, die ihm viele Gaben und Geschenke eintrug. Mit der zunehmenden Andacht der Leute wurde sein Lebenswandel immer schlechter. Seine Klause barg allerlei Waffen; nicht bloss das Wild, auch allerlei Dirnen jagte er im benachbarten Walde. Die Tagsatzung zu Baden hatte darüber bereits eine Untersuchung anstellen und ihn verwarnen lassen; er fuhr jedoch in seinem freien Leben fort, vergrösserte seine Zelle und berief sich bei allem auf ein ihm vom Fürstabt zu Einsiedeln hiefür ausgestelltes Patent. Auch als das Konstanzer-Bisthum ihn hierauf aus dem Lande wies, wendete er sich noch an Landvogt und Geistlichkeit und versicherte, wie man nur mit höchstem Frevel die Aechtheit des von ihm ins Land gebrachten Leibes des heil. Firmanus bezweifle, dass aber Gott nun durch ein Wunder dieses zu bekräftigen die Gnade haben wolle. Trete der Himmel selber ins Mittel, so werde man ihn gewiss sein Leben ferner in dieser Einsamkeit verbringen lassen. Zum Zeichen dessen werde in dieser laufenden Winterszeit und zwar schon am nächsten Sonntagsmorgen der alte Apfelbaum vor der Wendelinskapelle voll Blätter stehen. Man that, als ob man noch auf diese Probe eingehen wolle. Am Sonntag vor Tagesanbruch schickte der Sarmenstorfer Pfarrer seinen Sigrist Stutz hinauf, um nachzusehen, wie es mit dem versprochenen Wunder stehe, und wirklich fand der Sigrist den Baum ganz belaubt. Mit dieser Nachricht war dem Pfarrer und den Gemeindevorstehern wenig gedient; schleunig gieng man daher noch im Zwielicht hin, hieb den Baum um und schaffte ihn so auf die Seite, daß man nirgend eine Spur mehr davon anzugeben wusste. Nun wurde der Eremit aus dem Lande getrieben. Pfarrer aber und Sigrist nebst den Uebrigen, welche den Baum mit umgehauen hatten, bekamen dafür von Stunde an entzündete Augenlieder, die berstend sich stülpten. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Arme Seele

Source: Arme Seele

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Und allemal wenn wir Kinder einen Stein gefunden haben, der wie zernagt ausgesehen hat, so haben wir gesagt: »Der hed äu ä-n-armi Seel mit gfyrigä Zändä-n-üffgläsä.« Fr. Gamma-Zgraggen, 40 Jahre alt, Silenen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Arme Seelen

Source: Arme Seelen

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In Attinghausen lebte vielleicht vor einem halben Jahrhundert ein altes Meitli, das z'alten Mittwoch geboren war. Es ging nachts aus wie am Tage, ohne sich zu fürchten, und es kamen dann oft arme Seelen ihm entgegen, manchmal ganze Bittgänge. Auf dem Kreuzwege bei der Attinghauserbrücke sah es ihrer ganze Scharen, und es schien, als ob sie mit einander zankten, einen solchen Lärmen verführten sie. Mathilde Rämi Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Arme Seelen auf dem Friedhof

Source: Arme Seelen auf dem Friedhof

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In Münster wirkte lange ein Pfarrer, Ägidius Werlen mit 20 Namen. Er hatte auch Gesinde, zwei Knechte und zwei Mägde, denn er betrieb ein ansehnliches Bauerngut und konnte wohl bis an die zwölf Kühe wintern. Dieser Pfarrer verliess in der Nacht oft seine Wohnung und begab sich auf den Friedhof. Dort betete er lange und sprach mit den armen Seelen der Pfarrei, denn er wusste von allen Abgestorbenen, die während seiner Amtszeit verschieden waren, wo sie sich in der Ewigkeit befanden. Nur bei zweien war es ihm nicht bekannt. Das Gesinde beobachtete natürlich die Gewohnheiten des Pfarrers, und Knechte und Mägde besprachen untereinander, wie sie dem Geheimnis auf die Spur kommen könnten. Ein Knecht stellte sich als Spion bereit und meinte: «Da will ich doch schauen, was der Pfarrer jede Nacht draussen zu tun hat.» Und richtig, in der folgenden Nacht verliess der Kilchherr wieder das Haus. Er überschritt den Kirchenplatz und ging die Friedhofmauer entlang auf den Friedhof: der andere ihm nach. Als der Knecht auf der Mauer angelangt war, stand der Pfarrer schon mitten auf dem Friedhof, rings umgeben von einer unzähligen Schar armer Seelen. Der Knecht staunte und wusste nicht recht, ob er träume oder wache; da löste sich plötzlich eine arme Seele aus ihrem Kreise und schoss auf ihn zu. Der gute Knecht wurde ohnmächtig, erholte sich aber nach kurzer Zeit wieder und schlich heim ins Bett. Am andern Tage hoffte er, der Pfarrer habe von diesen Vorgängen nichts gemerkt. Aber der Pfarrer rief ihn gleich nach dem Mittagessen zu sich und warnte ihn, das nächste Mal dürfe er nicht mehr so "gwundrig" sein. Hätte er gestern auf dem Friedhof nicht gewehrt, die armen Seelen hätten ihn "zerribe und zerstibe wie ds Gstip i der Sunne!" MÜNSTER Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Arme Seelen auf den Gletschern

Source: Arme Seelen auf den Gletschern

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Marianna Schmid in Hospental, 75 Jahre alt, betet jeden Abend für die verstorbenen Seelen ihrer Eltern, Verwandten, Wohltäter, und zuletzt noch »fir alli armä Seelä, wo uff allä Firä-n- und Gletschä lydä mient fir ä boldigi Erleesig und dz Fäck z'vermiltä«, und erzählt folgendes fir ä gwissi Wahrheit: Wir hatten einmal Mission in Hospental, und einer der Missionäre war ein Walliser, namens Blatter. Dieser ging nach der Mission ins Wallis hinüber, mein Vater und Johann und Eduard Bennet begleiteten ihn über die Furka. Stets ging er in ihrer Mitte. Als sie aber eine Strecke weit neben dem Rhonegletscher marschiert waren, bemerkten sie plötzlich, dass Blatter unversehens zurückgeblieben war. Sie suchten und fanden ihn am Rande des Gletschers; er machte mehrmals das Kreuzzeichen über letztern und seufzte dann, dass sie es hörten: »O dü armä Gletsch! O iehr armä Seelä!« Er hatte da die armen Seelen auf dem Gletscherfelde geschaut. Für diese beteten nun die drei Wanderer kniend Fünfe und setzten, nachdem Blatter noch einmal das Kreuzzeichen über den Gletscher gemacht, ihre Reise fort. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Arme Seelen bannen

Source: Arme Seelen bannen

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Wenn man die armen Seelen eines Hauses bannt, soll man sie nie ganz weg bannen, sondern so, dass sie noch unter Dach und Fach sind, an Feuer und Licht und am Gebete »Teil und Gmein« haben, aber nicht schaden und sich nicht sichtbar machen können. Eine Frau liess auch einmal ihr Haus einsegnen und die armen Seelen bannen, aber sie liess dieselben ganz zum Hause hinausbannen. Seitdem hörte sie jeden Abend vor dem Hause weinen. Sie fragte den Pfarrer, was das sei, und dieser sagte ihr, das sei ihr verstorbener Mann, und fragte, wie sie habe einsegnen lassen. Sie sagte wie, und da machte ihr der Pfarrer Vorwürfe und änderte auf ihren Antrag den Bann; er erlaubte den armen Seelen, unter Dach zu bleiben, liess sie Anteil haben an Feuer und Licht und am Gebete, aber verbot ihnen zu schaden oder sich sichtbar zu zeigen. Jetzt hörte die Witwe ihren Mann nicht mehr weinen. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Arme Seelen beim Einzug eines Pfarrers

Source: Arme Seelen beim Einzug eines Pfarrers

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Als die Leute zu Wassen ihren neuen Seelenhirten, den Pfarrer Christen (1728), feierlich in die Pfarrei und Pfarrkirche einführten, schaute ein Mann von der Höhe zu Äntschigen in das Dorf hinunter und betrachtete den feierlichen Einzug. Da sah er den Pfarrer ganz im Schneeweissen und vor und hinter ihm ganze Scharen armer Seelen, die ihm das Geleite gaben. »Hittä hend-r-ä wysse Heer ibleitet«, sagte nachher dieser Mann zu den Wassnern. Der Pfarrer aber zeigte sich in der Folge als ein ganz besonderer Liebhaber der armen Seelen. Frau Regli-Baumann, 75 Jahre alt; Franziska Kruog u.a. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Arme Seelen erweisen sich dankbar

Source: Arme Seelen erweisen sich dankbar

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Es war ein furchtbares Wetter, und die Bäche tosten durch die Schluchten. Man fürchtete Rübenen. Da hatten sie auch einen schönen Wald, der in Gefahr war, von der Rübi vernichtet zu werden. In der Not versprachen sie 12 heilige Messen für die armen Seelen. Jetzt sahen sie 12 Männer mit Zappyen auf der Achsel in einer Reihe hintereinander dem gefährdeten Walde zuschreiten und ihn retten, aber wie, weiss ich nicht mehr. Maria Dittli, Gurtnellen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Arme Seelen hinter dem Ofen

Source: Arme Seelen hinter dem Ofen

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In einer Alp des Meientales hatte ein Weibervolk die Schweine zu füttern, tat es aber mit Parteilichkeit, indem es den einen mehr zuschöpfte als den andern. Nach seinem Tode musste es wandlen; es zog mit dem Sennten zu Tale und erschien hinter dem Ofen des geschädigten Bauern, wo es mehrere Jahre sich aufhielt, bis die heranwachsenden Kinder, die sich fürchteten, reklamierten, worauf es der Bauer verbannen liess. Frau Baumann-Dubacher Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Arme Seelen unter dem Tisch

Source: Arme Seelen unter dem Tisch

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Speise und Trank, die man unvorsichtiger Weise auf dem Tisch verschüttet hat, darf man nicht auf die Diele hinaus wischen. Eine Mutter in Unterschächen hatte die gegenteilige Gewohnheit. Nach ihrem Tode betete der Sohn ein Jahr lang für ihre Seelenruhe, hörte dann aber auf, indem er sich sagte, sie werde jetzt wohl erlöst und in die ewige Seligkeit eingegangen sein. Da erscholl, während er bei seiner Mahlzeit sass, plötzlich die Stimme seiner selig geglaubten Mutter unter dem Tisch: »Ich bin noch nicht erlöst, weil ich die Brosamen unter den Tisch gewischt habe!« Kath. Kempf Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Arme Seelen vor dem Ofen

Source: Arme Seelen vor dem Ofen

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a) Pfarrer Lusser in Altdorf (gest. 1891) schimpfte einmal stark mit seiner Magd, weil er bemerkte, dass sie Holz achtlos vor den Ofen hinwarf, und sagte, sie solle es nicht so raass hinwerfen, sondern sorgfältig, hübscheli hinlegen; vor dem Ofen seien arme Seelen, die die Wärme aufsuchen. Theresia Gisler, 73 Jahre alt, Spiringen b) Auch Pfarrer Arnold in Unterschächen (gest. 1898) habe die nämliche Mahnung erteilt und sie damit begründet, es sei auf jedem Scheit eine arme Seele. Frau Müller Imholz, 52 Jahre alt, Unterschächen c) Auf Arni im Moosberg hatte die Lawine ein Haus zerstossen, und der Besitzer baute an einer andern Stelle ein neues. Da hörte er eines Tages auf dem alten Hausplatz flennen und merkte, dass es eine arme Seele sei. »Wenn d'niemmerem nyt z'leid tüesch, chansch ja im nywä Hüs ichehrä!« rief er ihr zu. Da kam sie in Mannsgestalt ins neue Haus und nahm ihren Platz auf dem Sitz hinter dem Ofen ein, und er gab ihr ein Schemelchen, dass sie ihre Füsse darauf setzen konnte. Ausser dem Bauer sah sie niemand. Nach einem Jahr sah er sie ganz schneeweiss vom Hause über den Treschenbüel dahinschweben und verschwinden (19. Jahrhundert). Frz. Jos. Zurfluh d) Als Franziska Gisler zu Flüelen gestorben, wurde sie noch oft von einem Verwandten hinter dem Ofen auf der Bank sitzend gesehen, bis sie durch heilige Messen erlöst war. Frau Gisler-Zwyssig e) In einer Alp in Meien hatte ein Alpler die Kühe schlecht gemolken, so dass sie ums Euter kamen. Aber nach seinem Tode hat man den noch lange gesehen ohne Kopf in der Alphütte umgehen und an den Käsen schaffen. Als einst bei der Alpabfahrt der Bauer in seinem Bodenheim ankam, war der Geist auch schon da, stand neben dem Ofen und fragte, ob er nicht im Haus bleiben dürfte bei Feuer und Licht. Er wollte sich begnügen und hinter dem Ofen sitzen. Aber der Bauer meinte, er und die Frau hätten nichts dagegen, aber die Kinder würden sich vor ihm fürchten, und erlaubte ihm den Aufenthalt nicht. Ein Älpler, der an der Alphütte vorbeiging, hörte einst den Geist überlaut seufzen: »Ich bi doch än armi Seel!« Frau Baumann-Dubacher f) In einem Hause im Isental liess sich lange Zeit hindurch ein geisterhafter Mann blicken, der hinter dem Stubenofen auf der Treppe sass und tubäcklete. Die Leute glauben, es sei der verstorbene Grossvater gewesen. Wie es mit ihm gegangen oder was die Hausinsassen zu seinen Gunsten getan, weiss ich nicht (19. Jahrhundert). Maria Ziegler g) Kaum hatte Peter Anton Furrer die Pfarrei Seelisberg angetreten (1844), besuchte er auch schon jedes Haus seines Wirkungskreises. Dabei kam er so zum-män-ä-n-üffputztä Maitli. Als er die Stube wieder verliess, schlug »es« ihm die Stubentüre so heftig an die Fersen, dass er beinahe gefallen wäre. »Da isch eppis nitt sübers«, dachte er, kehrte in die Stube zurück und stellte das Maitli zur Rede. Das aber lachte nur und meinte, es habe nie etwas gemerkt und nie gehört, dass etwas da nicht in Ordnung wäre. Und darnach verlangte er zwei gesegnete Kerzen und hiess das Mädchen, nachdem es die Kerzen gebracht, die Stube verlassen. Nach einer Weile konnte es wieder eintreten. Der Pfarrer, ganz in Schweiss gebadet, sagte, auf dem Ofenbänkli, nahe der Stubentüre, sitze schon seit 70 Jahren eine arme Seele, ein Greis, dem die stets fliessenden Augentränen tiefe Rinnen längs der Nase ins Gesicht gegraben. Seine Kniescheiben seien ganz zerfetzt, da die aus- und eintretenden Personen ihm allemal die Türe an die Knie geschlagen. Er habe viele Leute in seinem Leben geschädigt, und er, der Pfarrer, wolle nun mit ihnen reden, dass sie es ihm schenken, dann werde der Geist erlöst sein; vorher nicht. Frau Arnold-Tresch, 52 Jahre alt, in Seedorf Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Armer Mann vom Teufel verführt

Source: Armer Mann vom Teufel verführt

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Ein armer Mann, der den ganzen Tag über im Walde Reisig gelesen hatte, kehrte Abends spät mit dem schweren Bündel auf dem Rücken und seine große Armut beklagend nach Haus zurück. Da plötzlich trat ihm ein schwarzgekleideter Mann in den Weg und bot ihm eine große Summe Geldes für seine Seele an. Entsetzt frug der Arme: „Wer bist du?“ – „Der Teufel!“, so erschallte die Antwort. Da floh der Unglückliche, doch immer von Stund an, wo er ging und stand, trat ihm derselbe schwarze Mann in den Weg und wiederholte sein Anerbieten. So gedrängt und da seine Armut von Tag zu Tag drückender ward, gab der arme Mann endlich nach. Da erhielt er von dem Teufel, denn Niemand Anderes war der Schwarzgekleidete, einen feinen Staub und eine schwarze Nadel, mit der er Menschen und Vieh töten konnte. Das trieb er jedoch nicht lange, denn man fasste bald Verdacht, worauf er als Hexenmeister auf den Scheiterhaufen kam und verbrannt wurde. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Arnold Winkelried

Source: Arnold Winkelried

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"Laßt hören aus alter Zeit von kühner Ahnen Heldenstreit, von Speerwucht und wildem Schwertkampf, von Schlachtstaub und heißem Blutdampf. Wir singen heut' ein heilig Lied, es gilt dem Helden Winkelried." So beginnt das Sempacherlied, das die Schweizer Jungen so gerne singen, das ist der Sempachermarsch, den die Eidgenossen blasen, wenn's zum Angriff in die Schlacht geht. Das Lied aber hat seine Entstehung der Schlacht bei Sempach zu verdanken, die erst so recht die Freiheit der Schweizer festigte. Nämlich die Herzöge von Österreich, die früher in den eidgenössischen Landen eine so große Herrlichkeit ausübten, konnten es nicht verwinden, daß sie bei Morgarten von den drei Ländern Uri, Schwyz und Unterwalden besiegt worden waren und daß ihre Macht in den österreichischen Vorlanden von diesen Völkern und ihren nun auch mitverbündeten Eidgenossen von Luzern immer mehr geschmälert wurde. So beschloß denn der österreichische Herzog Leopold der Glorreiche, die vier Waldstätte um den grünen Bergsee zu züchtigen und sich die Stadt Luzern und die Alpenländer wieder zu unterwerfen. Er zog, wie einst sein Ahnherr, mit einem gewaltigen, aufs beste ausgerüsteten Heere gegen die Bergländer aus. Es war im Jahre 1386 zur Erntezeit, als das stolze Kriegsheer vor ein Städtlein namens Sempach kam, das an einem stillen, kleinen See liegt, in dem sich die obstreichen Höhen spiegeln. Die Eidgenossen von Luzern, Uri und Unterwalden, mit Zuzügen von Zug und Glarus, lagen im Walde versteckt und sahen nicht ohne Bangen den jungen Herzog mit seinem glänzenden Heere von viertausend Reitern und Fußvolk bei Sempach stehen. Die Österreicher trieben es gar übermütig, da sie des Sieges zum voraus gewiß waren. Sie mähten rund ums Städtlein das reife Korn ab, und ein Kriegsmann ritt vor die Ringmauer und rief hinauf: "Schickt doch den fleißigen Mähdern das Morgenbrot hinaus!" Da antwortete ihm des Städtchens Schultheiß: "Ich hoffe, meine Herren von Luzern und ihre Eidgenossen werden's euch bald genug also bringen, daß manchem von euch der Löffel aus den Händen fallen wird." Sie führten auch ganze Wagen voll Stricke mit sich, an denen sie die Eidgenossen aufhängen wollten. Als nun Herzog Leopold die Eidgenossen im Walde merkte, befahl er, daß sich sein Heer in Schlachtordnung im freien Felde aufstellen solle, und kein Ritter dürfe auf dem Pferde bleiben. Jetzt zeigten sich die Eidgenossen am Waldrand. Wie sie Ritter Hasenburg aus den Tannen auftauchen sah, klein an Zahl, aber in guter Ordnung, riet er seinem Herzog, er möchte doch seine Person nicht zu sehr dem Kampfe aussetzen, worauf ihm der Ritter Ochsenstein höhnisch zurief: "Hasenburg, o Hasenherz! Wir wollen die Eidgenossen, noch vor's zunachtet, dem Herzog gesotten und gebraten auf den Tisch liefern." Der junge Herzog aber sagte: "Das wolle Gott verhüten, daß ich euch allein kämpfen lasse. Ich will Gutes und Übles mit euch teilen, mit euch siegen oder sterben." Es war ein gar schwüler Tag, und die Sonne brannte vom Himmel. Jetzt rannten die Schweizer in Keilform, wie bei ihnen gebräuchlich, mit gewaltigem Kriegsgeschrei von den Hügeln herab ins Feld. Wild schwangen sie ihre Hellebarden und Knüttel und meinten gleich im ersten Anlauf an den Feind zu kommen. Doch des Herzogs Heer hatte sich so aufgestellt, daß den heranstürmenden Schweizern ein gar stachliger Eisenhag von lauter langen Spießen, die bis aus dem vierten Glied sollen vorgeragt haben, entgegenstand. Also prallten die Eidgenossen an dieser fürchterlichen Hecke gar böslich auf mit ihrem lebendigen Keil und sahen mit Schrecken, daß sie dem Ritterheer, das mit Schild und Speer wie eine Mauer dastand, mit ihren Schlagwaffen nicht beizukommen vermochten. Schon der erste Anprall auf diesen Eisenigel hatte viele Eidgenossen niedergeworfen. Ratlos standen sie vor den Spießen, und obwohl sie darauf loshämmerten mit ihren Knütteln und viele zerbrachen, kamen sie doch nicht an die Ritter, denn immer wieder wurden die zerbrochenen Spieße aus den hinteren Reihen rasch ersetzt. Bangen ergriff die Schweizer. Noch nicht ein Feind war gefallen, und schon lagen viele Eidgenossen sterbend unter den Spießen, und auch das Panner von Luzern sank mit seinem greisen Schultheißen. Und unversehens kam Leben in den Speerwald der Ritter. Er begann sich, langsam vorrückend, zum Halbmond zu formen, um die Schweizer einzuschließen und dann in dem eisernen Wall zu erdrücken. Schreckensbleich, wie eine vom Donner aufgescheuchte Schafherde, taten sich die Eidgenossen noch enger zusammen. Sie wähnten sich verloren, fliehen aber wollten sie nicht. Da rief auf einmal ein Mann aus Unterwalden namens Arnold Winkelried mit gewaltiger Stimme: "Eidgenossen, ich will euch eine Gasse machen. Sorgt für mein Weib und meine Kinder!" Wie ein Wetterleuchten in der Nacht fuhr er an den Feind, griff mit beiden Armen in die dichtstehenden Spieße und riß sie mit Riesenkraft mit sich zu Boden. Aber wie ein gestauter, plötzlich losbrechender Wildbach rasten jetzt die Eidgenossen über ihn hinweg, brachen in die im Speerwald entstandenen Lücke ein und ließen ihre Hellebarden, Knüttel und Morgensterne also herumwirbeln, daß den Rittern die Helme von den Köpfen und die Speere aus den Fäusten flogen. Ei, wie mußten jetzt die Herren an einen so blutigen Tanz, die sich bisan für die Musikanten gehalten hatten! Umsonst versuchten Ritter und Reisige sich zu stellen und mit ihren langen Spießen die Stürmenden niederzustechen. Diese Dornhecke vermochte den Wildstrom nicht mehr aufzuhalten. Eine blutige Straße tat sich in ihren dichten Reihen auf; die wütenden Eidgenossen bahnten sich mit wildem Jauchzen, zu dem die Panzer der Ritter einen gar schrillen Klang gaben, den Weg zur Freiheit weiter, immer weiter bis gegen die Mitte, wo der junge Herzog Leopold hielt. Es sank die Fahne von Tirol, es rang ein junger Hirt von Gersau dem Grafen von Hohenzollern das Panner seines Landes aus der Eisenfaust, es fielen die Ritter und Herren in ihren schweren Harnischen, die ihnen jetzt den Arm lähmten und sie erstickten. Und immer näher und näher klirrten und krachten die Hiebe der schrecklichen Wegmeister, immer näher rückte der bluttriefende Pfad dem Herzen des österreichischen Heeres, dem Herzen des Hauses Habsburg. Und jetzt stürzten sich die vordersten blutüberströmten Eidgenossen zähneknirschend auf das Hauptpanner von Österreich. Ein grausiges Ringen - es sank das stolze Panner. Aber Ritter Ulrich von Aarburg hob es wieder hoch und rief: "Retta Österreich, retta, retta!" Er hielt es, bis auch er zusammengehauen wurde. Doch der junge Herzog Leopold von Österreich, der jetzt ohne Helm, mit blitzenden blauen Augen und wehendem Lockenhaar unter seinen Getreuen stand, erfaßte selber das sinkende Panner aus des Aarburgers Hand. Hoch schwang er's auf und rief seinen Rittern, die ihn fortreißen und retten wollten, zu: "Das verhüte Gott, daß ich fliehe! Es ist so mancher fromme Biedermann um meinetwillen in den Tod gegangen, daß ich von diesen nicht weichen will; lieber ehrlich sterben als unehrlich leben!" Umsonst warf sich Martin Malterer, der der Stadt Freiburg im Breisgau Feldzeichen trug, vor ihn, ihn zu schützen. Er wurde erschlagen und nach ihm auch der junge, heldenmütige Herzog. Jetzt kam das Entsetzen in das Heer. Die Ritter riefen: "Die Hengste her, die Hengste her!" Aber die ungetreuen Knechte hatten sich auf den Pferden längst aus dem Staube gemacht. Wehe allen, die nicht zu fliehen vermochten! Sie wurden von den grimmigen Eidgenossen schonungslos zusammengehauen. Bald war die Schlacht aus. Ein Heer von Adeligen, mit wohl dreihundertachtzig gekrönten Helmen darunter, bedeckte das Feld, auf dem am Morgen ihre Knechte noch voll Übermut das Getreide niedergemäht hatten. Auch eine große Anzahl der Hilfsvölker aus den Städten lag im Blute, darunter der getreue Schultheiß Klaus Thut von Zofingen, der das Panner seiner Stadt, um es zu retten, in den Mund gesteckt hatte. Aber als die Eidgenossen jauchzend und frohlockend ihren Sieg feiern wollten, ertönte auf einmal weit durch Berg und Tal das Heerhorn von Uri, der Uristier. Und als die Krieger, ihn in Bedrängnis glaubend, seinem Rufe nachgingen, erblickten sie zu den Füßen des gehörnten Heerhornträgers den Helden Winkelried, wie er tot auf dem Gesichte lag, in seinen Armen die stachlige Garbe der blutüberströmten Spieße. Da sank wie der Schatten eines Berges tiefe Trauer über die Eidgenossen. Sie umringten den toten Helden, der ihnen die blutige Gasse zum Sieg geöffnet hatte, knieten nieder und beteten mit ausgestreckten Armen für seine Seele. Drei Tage lang blieben sie auf der Walstätte. Die Unterwaldner aber zogen mit ihrem toten Helden still über den See der vier Waldstätte, ihn unter den leuchtenden Firnen seiner Heimat zu begraben. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Aroleid

Source: Aroleid

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In Zermatt heisst es an einer Bergschaft "Aroleid", was so viel bedeuten soll als Leidwesen von einem Ari — Geier — oder grauen Adler, verursacht. Dieser Name soll folgendem traurigen Ereignis entnommen worden sein: Eine Mutter welche das Vieh hütete, legte ihren Säugling in das Gras nieder, um dem Vieh nachzulaufen, das sich zu weit entfernte. Während ihrer Abwesenheit kam der Geier — d's Ari — und raubte ihr das Kind. Als sie zurückkehrte, sah sie einen grossen Vogel in der Luft, von dem eine lange Fäsche (Band) herunterhing. Die Unglückliche erriet schnell, was dies bedeute; — erfüllte Berg und Tal mit ihrem Wehklagen, fand aber das liebe Kind nie wieder.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Aroleid

Source: Aroleid

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Im Zmuttale wohnte eine Familie mit zahlreichen Kindern. Am Sonntag gingen Vater und Mutter nach Zermatt in die Kirche und liessen unterdessen die Kinder allein. Diese sprangen dann in den umliegenden Wiesen umher. Da geschah es, dass "ds Ari" – so werden die Geier noch heute in Zermatt genannt, plötzlich hinunter auf eines der Kinder schoss, es bei den Kleidern packte und davontrug. Der Knirps aber zappelte so gewaltig und schrie so entsetzlich, dass "ds Ari" es für ratsamer hielt, seinen Raub auf der andern Seite des Zmuttbaches niederzulegen. Der Ort, wo dies geschah, trägt bis heute den Namen Aroleid. Man behauptet, dieser Knabe sei später ein tüchtiger Jäger geworden und habe manchem "Ari" den Garaus gemacht. Nach einer andern Sage heisst es, dass eine Mutter ihren Säugling in das Gras niederlegte, um dem Vieh, das sich zu weit entfernt hatte, nachzueilen. Während ihrer Abwesenheit raubte ein Geier das Kind und trug es davon - auf Nimmerwiedersehen. ZERMATT Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Aroleid

Source: Aroleid

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Im Zmuttale wohnte eine Familie mit zahlreichen Kindern. Am Sonntag gingen Vater und Mutter nach Zermatt in die Kirche und liessen unterdessen die Kinder allein. Diese sprangen dann in den umliegenden Wiesen umher. Da geschah es, dass "ds Ari" – so werden die Geier noch heute in Zermatt genannt, plötzlich hinunter auf eines der Kinder schoss, es bei den Kleidern packte und davontrug. Der Knirps aber zappelte so gewaltig und schrie so entsetzlich, dass "ds Ari" es für ratsamer hielt, seinen Raub auf der andern Seite des Zmuttbaches niederzulegen. Der Ort, wo dies geschah, trägt bis heute den Namen Aroleid. Man behauptet, dieser Knabe sei später ein tüchtiger Jäger geworden und habe manchem "Ari" den Garaus gemacht. Nach einer andern Sage heisst es, dass eine Mutter ihren Säugling in das Gras niederlegte, um dem Vieh, das sich zu weit entfernt hatte, nachzueilen. Während ihrer Abwesenheit raubte ein Geier das Kind und trug es davon - auf Nimmerwiedersehen. ZERMATT Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Äs fählt nu meh, ass mä meint

Source: Äs fählt nu meh, ass mä meint

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Zu Wattingen, etwa eine Viertelstunde hinter dem Bergdörflein Wassen, lebten in einem Häuschen eine Stiefmutter und ihre Tochter einträchtig zusammen. Sie redeten viel von der Ewigkeit und machten miteinander aus, welches zuerst sterbe, solle zurückkommen und dem andern kund tun, was ihm noch fehle zum Eintritt in den Himmel. Die Stiefmutte starb zuerst. Eines Nachts kam sie zur Tochter, eiskalt, legte sich zu ihr in's Bett hinter ihren Rücken und offenbarte ihr: »Äs fählt de nu meh, ass mä meint.« Dann bat sie, noch acht heilige Messen für sie lesen zu lassen. Franziska Kruog Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Äs wäm Mälchesziid

Source: Äs wäm Mälchesziid

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Vum Eggacher naha chunnd es Wägli abha i-w-Wäg. D'Liit häin näben däm Wägli grossa Schade taan, bsunderbar bi-l-läidem Wätter. We s' desüüf old desab siin, häi s' ds Chrüüd verstampfed u-s-siin näb em Wäg ggangen. Dr Bbüür hed das nid welle tolen und hed z'beede Siite vum Wäg Hagstäcke schreg igschlagen. Es Morgeds siin dee Hagftäcken üüsgschrissen im Chrüüd glägen. Milchbööben hätte 's gmachd ghäben. Am Morgen drüüf siin dee Bööben enumhi verbii und häi zum Vee wellen. Jetz hed se dr Bbüür bbanned. Si häin nid es Bäin, nid es Ärmli mee chenne-w-wäiggen. Döö sii d'Chilcheliit chun. D'Bööbe siin no geng da gsiin. Dr Bbüür wän o derbee gsiin. Är hed taan, as wen er niid wissti und hed zum Bööbe gsäid: „E, e, Bööben! As wäm Mälchesziid." Mid däm häi s' chennen gaan. D'Hagftäcken häin vun da a-r-Rööww ghäben. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Äs wilds Mandli

Source: Äs wilds Mandli

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heig-nä vill ghulfä-n-uff Babärg (einer Alp in Isental). Aber im Fehn syg-si-si eisster im Heiwstock ga versteckä; und wennd-s-es gfragt heiget, worum das äs das machi, heigs alligs gseit, der Fehn syg das umgsindisch Wätter, der trechni eim ds Marg i dä Beinä. Einisch heiget-s es neiwis erteibt; was, das weiss-i nitt. Und darnah heig-s gseit, wennd-s'etz das nitt gmacht hättet, sä hätt's-nä-n-eppis 'zeigt, dass uss der Süffi nu meh zogä hättet weder uss der Milch. Diä Wildä syget chlylochti, ghaarigi Mandäli gsy und heiget gross Bärt gha. Diä Altä hennt vill von-nä prichtet. Alois Herger, 40 Jahre alt, Isental Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Asbest

Source: Asbest

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Felix Donat Kyd plaudert in seinem Büchlein »Panorama oder Aussicht und Rundsicht der zwei Anhöhen Gütsch und Bühl« (1860): »Am Bristen verloren die alten Hexen, wenn sie auf ihren Besen aus dem Kalber-, Kuh-, und Stierenland (Unterwalden, Schwyz und Uri) ins Pumperluserland fuhren, ihre Haare, welche sich seither versteinerten und an mehrern Orten des Bristens unter dem Namen Asbest oder Bergflachs gefunden werden.« Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Aschengrübel

Source: Aschengrübel

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Ein kleines Mädchen hatte seine beiden Eltern früh verloren. Sie hatten ihm nichts hinterlassen als nur ein wunderschönes, strahlendes Kleid und dazu ein Testament; kein Mensch wusste aber, wo dieses hingekommen war. Also nahm das Mädchen das Kleid in ein Tüchlein und suchte sich einen Dienst. Es musste froh sein, endlich in einem vornehmen Haus eine Unterkunft zu finden, wo es die niedrigste Küchen- und Stallarbeit zu besorgen hatte. Deswegen nannte man es nur das Aschengrübel. Sein schönes Kleid aber versteckte es gleich anfangs unter einer Tanne. Nach einiger Zeit war im Orte Musik und Tanz; da ging es lustig zu, und am fröhlichsten war der Sohn des vornehmen Hauses, in welchem Aschengrübel das armselige Leben führte. Da bat auch das Mädchen ihre Herrschaft um Erlaubnis, auf den Tanzplatz zu gehen. "Ja", sagte die Meistersfrau, "gehen und zusehen darfst du, aber beileibe nicht tanzen." Da ging es zu der Tanne hin, wusch sich unterwegs an einer Quelle Gesicht und Hände von Staub und Russ blank und zog sein strahlendes Kleid an, und da war es eine wunderschöne Jungfrau. Als es nun auf dem Tanzplatz erschien, blickte alles nach ihm hin, und der vornehme Jüngling kam allen andern zuvor, und weil er Aschengrübel nicht erkannte, lud er es zum Tanze ein. Aber es liess sich nicht dazu bewegen, so dringlich er es auch bat. Zeitig entsprang es und kam wieder unter die Tanne zurück; hier legte es sein Kleid weg und machte sich Gesicht und Hände wieder russig. Da kam plötzlich ein winziges Männchen hinter der Tanne hervor, das grüsste mit freundlichen Worten, und - hast ihn nicht gesehen - da war der Kleine wieder verschwunden, wie er gekommen war. Von der Zeit an hatte aber der vornehme Jüngling keine Ruhe mehr, bis er es zuwege gebracht hatte, dass wiederum ein Tanz abgehalten wurde. Aschengrübel fragte die Herrschaft auch wieder um Erlaubnis, hinzugehen. "Ja", sagte die Meistersfrau, "gehen und zusehen darfst du, aber beileibe nicht tanzen!" Da tat es wie das erste Mal, und als es in dem strahlenden Kleide auf dem Tanzplatz erschien, da hatte der Jüngling wieder nur Augen für die schöne Jungfrau und bat sie noch dringlicher als das erste Mal, mit ihm zu tanzen, und als Aschengrübel es verweigerte, wollte er ihm mit Gewalt einen Kuss geben. Aber es entschlüpfte ihm wie ein Mäuschen vor der Katze und kam wieder zu der Tanne zurück. Da kam auch das winzige Männchen wieder, das grüsste noch viel freundlicher als zuvor. Dem Jüngling kam aber die schöne Jungfrau nicht mehr aus dem Sinn, und er hatte keinen Trost und keine Freude auf der Welt, bis wieder Tanz war. Aschengrübel tat wieder nach Gewohnheit, und als es in dem strahlenden Kleid auf den Tanzplatz kam, da fasste der Jüngling es bei der Hand und wollte es nicht mehr loslassen, bis es ihm versprochen hätte, dass es seine Frau werden wollte. Nun hätte es sich in den Boden verkriechen mögen, weil es ihm endlich sagen musste, dass es nur das Aschengrübel sei, das im Hause seiner Eltern die armselige Küchen- und Stallarbeit verrichte. Allein der Jüngling hatte es ebenso lieb wie vorher und setzte sofort den Tag fest, an welchem die Hochzeit gefeiert werden sollte. Aschengriibel bedingte sich aus, bis dorthin noch unbekannt bleiben zu dürfen, und der Bräutigam musste versprechen, den Namen seiner Braut geheimzuhalten. Dann ging Aschengrübel zu der Tanne, und da kam auch das winzige Männchen, das schmunzelte vor lauter Freundlichkeit, als es grüsste. Als aber der Hochzeitstag da war und Aschengrübel zum letzten Mal zu der Tanne kam, um das strahlende Kleid anzuziehen, funkelten des Männchens Augen vor heller Freude und Güte, und es sagte: "Da hast du auch etwas zur Mitgift." Damit übergab er ihm ein Buch, und als es dasselbe öffnete, da war es das Testament ihrer Eltern, das sie zur Erbin einer grossen Herrschaft einsetzte. Hocherfreut eilte Aschengrübel zu ihrem Bräutigam, der Bräutigam führte Aschengrübel zu seinen Eltern, und da ward eine Hochzeit gefeiert, ihr habt in euerm Leben noch keine schönere gesehen.   Quelle: Otto Sutermeister, Kinder- und Hausmärchen aus der Schweiz. Aarau 1873. (Innerschweiz, Entlebuch). AaTh 510 B.  (Nach Lütolf Sagen 493.) Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch. Audioversion, erzählt in Walliser Mundart von der Märchenerzählerin Luciana Brusa    


by Aschengrübel und Erdmännchen 

Source: Aschengrübel und Erdmännchen 

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Einem vornehmen Kinde starben früh die Eltern weg. Sie hinterliessen ihm aber nichts als ein Testament, das sie einem guten Freunde zum Aufbewahren gaben, bis die Tochter gross geworden, und ein wunderschönes Kleid. Da sonst die verlassene Waise keine Mittel hatte, um ihr Leben zu fristen, nahm sie das Kleid in einem Tüchlein mit und suchte sich einen Dienst. Das Mägdlein musste froh sein, endlich in einem gar adelichen Hause Unterkunft zu finden, wo es die niedrigste Küchen- und Stallarbeit zu besorgen hatte. Desswillen nannte man es nur den Aschengrübel. Das schöne Gewand hielt es unter einer Tanne verborgen. Nach einiger Zeit war im Orte Musik und Tanz. Unter die Fröhlichen gehörte vor allen der Sohn des Hauses, in dem Aschengrübel lebte. Von diesem Sohn hatte sie besonders viel zu leiden, seitdem sie ihm einmal bewiesen, dass ein armes, verlassenes Mädchen und strenge keusche Sitte nicht unvereinbare Dinge seien. Jetzt ergriff sie ein unwiderstehlicher Drang auf den Tanzplatz zu gehen. Ihre Meisterschaft gab endlich die Erlaubnis, dass sie gehen dürfe, da Aschengrübel zufrieden sein wollte, wenn sie nur ein wenig zuschaucn dürfe. Sie wusch sich, ging zur Tanne hin, holte ihr herrliches Kleid und zog es an. Wie durch Zauber geschah, dass sie nun eine wunderschöne Jungfrau vorstellte und am Tanze aller Augen auf sich zog. Besonders war es gerade der Vornehmste aller Jünglinge, der sie ersuchte, mit ihm zu tanzen und der sie nicht mehr lassen wollte. Aber so sehr er in sie drang, sie nannte ihren Namen nicht und wusste sich endlich unter einem Vorwande wegzustehlen. Unter der Tanne verbarg sie wieder ihr Kleid und kam ins Haus zurück, wie sie gegangen war, als der arme, unscheinbare Aschengrübel. Jener Jüngling hatte seitdem die Ruhe seines Herzens eingebüsst und da sein Forschen nach der schönen Jungfrau umsonst war, sorgte er dafür, dass wieder ein solcher Tanz wie früher und am gleichen Orte veranstaltet wurde, in der Hoffnung, die Holde möchte wieder kommen. Alles verlief wie das fühere Mal, sie kam. Und dem Jüngling ward es angetan, dass er sie noch lieber haben musste, besonders als er, sich etwas vergessend, Anlass erhielt, die strenge Zucht der Schönen zu bewundern. Und ihn dieser Zwischenfall not und gar um ihre Gunst gebracht hätte. Denn nur aufrichtiges in sich Gehen, das er bewies, rettete ihn von diesem grössten Leid, das ihm begengen konnte, nämlich dass sie ihm für immer den Abschied gab. Ihren Namen aber enthüllte sie ihm noch nicht und entfernte sich wieder ebenso heimlich als das erste Mal. Wie sie die Tanne erreichte, stand ein winziges Männchen da, ein Zwerg, den sie sonst noch nie gesehen. Derselbe tat ungemein freundlich und lobte sie hoch darum, dass sie sich gegen den Jüngling so brav benommen; solle so fortfahren, sie werde dann glücklich werden. Dann ging sie heim und war was vorher und hatte es um kein Haar besser als früher, niemand benahm sich freundlicher gegen sie. Dem Jüngling dagegen kam die züchtig schöne Jungfrau nicht mehr aus dem Sinn und es half kein Trost und kein Vergnügen, bis wieder Tanz war. Er täuschte sich nicht. Die Ersehnte erschien und däuchte ihm viel lieblicher noch als die vorigen Male. Lange sträubte sie sich, ihm ihre Herkunft zu offenbaren. Er werde, wenn er sie kennen oder sehen würde, wie sie sonst bei der gewöhnlichen Arbeit sei, sie gewiss nicht mehr lieben sondern verachten, sagte sie ihm wiederholt. Allein er gab ihr die heiligsten Versicherungen unvergänglicher Liebe und Treue. Und so lernte endlich der Sohn jenes vornehmen Hauses, in dem Aschengrübel diente, diese ärmste Magd seines Vaters als die erwählte Braut seines Herzens kennen. Das entsetzte ihn nicht, er hatte sie gleich lieb und bestimmte gleich den Tag der Hochzeit. Aschengrübel bedingte sich aus, bis dorthin unbekannt zu bleiben und zu leben wie vordem Ihr Bräutigam musste das zugenben und versprechen, den Namen seiner Braut geheim zu halten. Bei jener Tanne, wo das Mädchen unterdessen das schöne Gewand behalten wollte, stand wieder das Männchen, lobte wie früher und sagte, er werde sie hier am Tage der Hochzeit, wenn sie das Kleid hole, auch noch sehen und beschenken. Was war 's, das er ihr alsdann übergab? Das Testament ihrer Eltern, welches sie zur Erbin einer grossen Herrschaft machte. Angtan mit dem Prachtgewande, wie es kein schöneres gab, kam sie zum harrenden Bräutigam, der das Testament von ihr entgegen empfing, und seinen erstaunten Eltern die herrliche Braut in der Person ihres Aschengrübels vorstellte. Wie nun der Bund gesegnet war und die Neuvermählten auf das herrschaftliche Gut der Frau reisten, begegnete ihr auf dem Wege wieder das gute Männchen und sagte, dass er ihr, und zwar insbesondere für sie, noch ein Geschenk in die Schürze zu legen habe. Was tat er hinein und hiess sie sorgsam darauf Acht zu haben? Sie durfte es den Begleitern nicht sagen, um nicht ausgelacht zu werden und liess auch die Sache unvermerkt aus der Schürze fallen, es waren ja nur — Rossbollen. Nur etwas Weniges blieb davon hängen. Wie sie später nachsah — war es blankes Gold.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzrtn 1865, Bei dieser Sage gibt es keine genaue Zuordnung zu einem der fünf Kantone.. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Äschenhiifleni uf dr Fiirblatten

Source: Äschenhiifleni uf dr Fiirblatten

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In dr häiligen Nacht isch'sch gsiin. Da siin alli, wa zer Hüüshaltig häi gheerd, i ds Fiirhüüs, und es eeders hed es Äschenhiifli uf dr Fiirblatte gmachd. Am Morge siin alli angäänds virha und häi gwundred, ob ira Hiifli no ganzes siigi. Wen es Hiifli zersteerts ischd gsiin, sa hed's ghäissen, dasjänig, däm ds Hiifli siigi, meessi ds Jaar drüüf stärben. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Auch das Wasser bannt er

Source: Auch das Wasser bannt er

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Der gleiche Arzt konnte auch das siedende Wasser unschädlich machen; aus demselben holte er ein Goldstück heraus, ohne sich die Hände und Arme zu verbrennen.  G. W. Füllemann Das erinnert an die Feuerproben auf den alten Dingstätten. Der Priester sprach: "Ich beschwöre dich, Kreatur des Wassers, daß der Teufel weiche aus dir und du dem Herrn dienest zur Offenbarung der Wahrheit gleich dem Feuerofen des Königs von Babylon, da er die drei Jünglinge hineinwerfen ließ." Dann hatte der Angeklagte den goldenen Ring herauszunehmen, ohne sich zu verbrennen. Damit war seine Unschuld bewiesen.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 59, S. 27 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Auch ein Knecht

Source: Auch ein Knecht

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in der Kuhplanggenalp konnte es gut mit dem Teufel. Häufig schlief er am Schatten hinter einem Stein, und dann kam jedesmal der Teufel und wehrte ihm die Fliegen. Dänk mid'm Schwanz. Ferd. Furrer, 35 Jahre alt, Erstfeld Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Auf dem Kaiser

Source: Auf dem Kaiser

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in Isental bin ich auch einmal gewesen. Zuoberst ist ein schöner Platz, tupfeben wie eine Stube, in der Mitte eine rundliche Vertiefung wie ein Wellchessi und um diese eine Erhöhung ähnlich einer berasten Mauer. Zur Franzosenzeit seien von allen Seiten grosse Schätze dahin geflüchtet worden. Einst versuchten wagemutige Leute, diese Reichtümer zu gewinnen. In der heiligen Nacht gruben sie nach ihnen; schon sahen sie's blinken und glitzern; da wehte der Wind den Klang einer Kirchenglocke, die soeben zur Wandlung läutete, vielleicht von Isental her, bis auf die luftige Höhe, und ach! der Schatz verschliff vor den Augen der gierigen Sucher in die Tiefe. So sei es schon mehr als einer Partie ergangen. Fr. Truttmann-Truttmann, 35 Jahre alt, Seelisberg Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Auf dem Maielistein

Source: Auf dem Maielistein

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hatte der Gamma Mary von Schattdorf den Füchsen gebeizt. In der Nähe lotzte er. Nach einer Weile kam einer dahergeschlichen. Den aber schoss der Mary nicht. Der trug, bei Gott!, auf dem Kopfe »Hübä-n- und Chäppli«, die damals übliche Urner Frauenkopftracht. Jos. Muheim, 66 Jahre alt, Schattdorf Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Auf dem Schatzbödeli

Source: Auf dem Schatzbödeli

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oder Burgli in der Ysleren zu Attinghausen ist ein Schatz vergraben. Drei Männer gruben nach ihm, und ihre Arbeit versprach Erfolg, denn schon schlugen die Spaten auf dem harten Metalle auf. In diesem Augenblick begann das Vieh im nahen Stalle zu brüllen. Schnell liefen die drei hin, um nachzusehen, konnten aber nichts Unrichtiges entdecken. Als sie zu ihrer Arbeit zurückkehrten, war der Schatz versunken. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Auf dem Scheibenbödemli

Source: Auf dem Scheibenbödemli

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zu Seelisberg ist ein tiefes, tiefes Loch im Boden, Hell-Loch genannt, das gaht bis i d'Hell appä, und wenn ein Kind Goldrosen (Feuerlilien) an seinem Rande pflücken will, dann schiesst plötzlich der Teufel aus dem Krachen heraus und zieht es hinunter. Alois Truttmann, 15 Jahre alt, Maria Zwyssig, 18 Jahre alt. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Auf dem Schlosshügel

Source: Auf dem Schlosshügel

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Auf dem Schlosshügel bei Rohrbach vernimmt man jedes Mal vor einem Gewitter ein Geheul und ein Knallen der Peitschen und ein Rasseln des Wagens gerade an der Stelle wo der frühere Schlossherr eine ungeheure Brücke bauen wollte. Zu dem Bau sollten die Bewohner unerschwingliche Beisteuern geben. Quelle: Theodor Vernaleken, Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch  


by Auf dem St. Georgenberg

Source: Auf dem St. Georgenberg

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Fahrende Schüler haben durch den Bergspiegel in die Felswand hineingeschaut und da, wie an der höher gelegenen Steienwand und im Goldloch der nahen Alp Sennis, unermessliche Schätze von Gold und Silber entdeckt. Den Venedigern verwandelten sich die Steine dieser Gegend in Gold, und aus ihr sollen sie sich alle ihre Reichtümer geholt haben. An der glatten, gewöhnlichen Menschen unzugänglichen Felswand mitten unter den Kapellen befindet sich eine Türe, die ins Innere des Berges zu den Schätzen führt. Diese öffnet sich zuzeiten am hellen Tag. Geistliche Herren treten aus ihr hervor, steigen, man begreift nicht wie, an der Felswand empor zum Gipfel und sonnen da zwischen den Kapellen ihre Messgewänder und allerlei kostbare Geräte. Während dieser Zeit getraute sich niemand, die Höhe zu besteigen. Haben sie ihre Schätze lange genug gesonnt, so kehren sie zurück, verschwinden im Berge, und die Türe schliesst sich wieder. In der Nacht aber gehen auf der Höhe noch viel unheimlichere Dinge vor. Oft, wenn in Flums oder Bärschis die Glocken die Mitternachtstunde geschlagen haben und das Tal im tiefsten Dunkel liegt, wird es da oben plötzlich hell, und man sieht schwarze Gestalten zwischen den zwei Kapellen Kegel schieben. Mit zwei goldenen Kugeln werfen sie unermüdlich nach silbernen Kegeln, und deutlich hört man unten das dumpfe Rollen der Kugeln, das Fallen der getroffenen Kegel und die verworrenen Männerstimmen, bis Schlag ein Uhr plötzlich alles verstummt und verschwindet. Von den schwarzen Gestalten tragen einige eine weisse Kopfbedeckung; bei den meisten aber ist nichts Weisses mehr zu sehen. Jene sind noch erlösbar, diese nicht. O. Giger. *** Wodan, der Gott der Winde, ist auch der Gott des bewegten nächtlichen Spiels. An seine Stelle trat in der christlichen Zeit vielfach der hl. Georg, der Patron der Ritter und reichen Herren. Wirklich ist das sehenswerte alte Wallfahrtskirchlein dem hl. Georg gewidmet, und das lärmende Gefolge des einstigen Heidengottes wurde zu einem Heer unruhiger Geister, die mit ihrem Spuk noch die Gegenden erfüllen, an denen ihr Herr und Gebieter einst am eifrigsten verehrt ward. Der St. Georgsberg ist ohne Zweifel eine uralte Kulturstätte; er war ein natürlicher Opferaltar für die heidnischen Festgelage; auf ihm stand auch ein römisches Kastell, dann im Mittelalter ein kleines Beguinenkloster, was alles der Volksmund in seinen Sagen bis auf unsere Zeit festgehalten hat.  Nach Dr. E. Buss Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 360, S. 201f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Auf den Bristenstock

Source: Auf den Bristenstock

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Dem Pfarrer Elmauthaler in Altdorf (gest. 1884) begegnete einst auf dem Schächengrund ein ihm bekanntes Frauenzimmer aus seiner Heimat im österreichischen Salzkammergut Er redete es an und vernahm von ihm, es müsse auf den Bristenstock, um dort seine Sünden abzubüssen. Josefa Imhof-Aschwanden, 85 Jahre alt, Altdorf Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Auf den Gräbern

Source: Auf den Gräbern

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In den alten, kriegerischen Zeiten waren einmal alle wehrfähigen Männer von Simplon fort in den Kampf gezogen. Vermutlich wegen Zwistigkeiten mit den Ossolanern. Da geschah es, dass plötzlich eine Menge Welscher die Gondoschlucht herauf gegen Simplon vorrückten. Ein einziger wehrhafter Bürger war im Dorfe geblieben. Der hiess Carlo und war ein tüchtiger, tapferer Mann. In der grossen Ratlosigkeit wusste er vorerst nicht, was beginnen. Dann sammelte er alle Frauen des Dorfes und führte sie in Männerkleidern und bewaffnet hinunter, den Welschen entgegen. Wo es heute heisst, "Auf den Gräbern", oberhalb Gaby, begann die Schlacht. Carlo stritt wie ein Verzweifelter, und die Frauen wehrten sich tapfer. Als der Anführer aber ermattet war, seufzte er: Wenn ich doch einen Schluck Wasser trinken könnte, dann ginge es wieder», und er steckte sein Schwert in die Erde. Sogleich entsprang da eine ziemlich grosse Quelle, die noch heute fliesst. Carlo kämpfte weiter, doch die Lage wurde immer schlimmer, bis dann endlich, wie eine Legende erzählt, die Muttergottes auf den Bleiken ins Geschehen eingriff. Sie erschien in strahlender Pracht und stellte sich auf die Seite Carlos und seiner Kämpferinnen. Voll Wut schrien die Welschen: «Schaut, die weisse Frau, jetzt ist auch sie noch gegen uns! Jetzt können wir nichts mehr machen!» So gewannen die Simpeler diese Schlacht. In der Bleikenkapelle hängt noch heute das Bild, das den Sieg verewigt. Nach dieser Darstellung wird die Muttergottes von Engeln getragen, und unter ihr sieht man die fliehenden Welschen auf Rossen. Man erzählt ferner, die Bewohner von Simplon hätten aus Dank für den Sieg eine Kapelle versprochen und wollten sie zuerst unten im Scheitelboden bauen. Aber jeden Morgen fanden sie die Werkzeuge am Platze der heutigen Bleikenkapelle. Der Name "Auf den Gräbern" wird wohl daher rühren, weil man die erschlagenen Feinde dort beerdigt hat. SIMPLON-DORF Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Auf den Hüfigletscher

Source: Auf den Hüfigletscher

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Sepp-Marie's Babä hatte im Geiss-Sticki, einem Gütlein vor »im Wiler« zu Gurtnellen, gearbeitet. Auf dem Heimwege begegnete ihr eilenden Schrittes eine in Ursern verheiratete Gurtnellerin. »Wohin, wohin so eilig?« fragte Babä. »Auf den Hüfigletscher, und mein Leib im Oberland ist noch nicht erkaltet.« Einige Tage später vernahm Babä, dass jene Person zur Stunde der Begegnung gestorben war (19. Jahrhundert), Johann Tresch, Präzis Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Auf den Surenen-Alpen

Source: Auf den Surenen-Alpen

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Auf den Surenen-Alpen zwischen Engelberg und Uri hat man eine eigentümliche Überlieferung, die aus einem andern Frevel das Verwildern der Bergtrift entstehen lässt. Vor langen Jahren, heisst es, kam einer Rotte mutwilliger Jungen in den Sinn, einen Widder zu taufen. Da ward zur Strafe dieser Ruchlosigkeit ein entsetzliches Ungeheuer aus dem Widder, und Schafe, Rinder, Kühe, selbst Menschen in Unzahl wurden von ihm zerrissen, also dass die Gegend öde ward und immer wilder aussah. Nach langem aber zog ein fremder fahrender Schüler des Weges. Der war kundig geheimer Künste und gab dem betrübten Volke Rat, wie es sich helfen könnte. Er gebot, sie sollten das Erstlingskalb von einer starken Kuh nehmen und es zwölf Jahre lang säugen lassen, jedes Jahr durch eine Kuh mehr, bis ihrer ebenfalls zwölf sein würden und das Kalb erstarkt wäre zum fürchterlichen Stier. Dann sollten sie eine reine Jungfrau wählen, die an ihren Haarschnüren dieses Ungetüm auf die Alp hinführte, wo es ihnen Ruhe schaffen könne. Die Hirten taten das. In wenig Jahren wuchs das Kalb zu einer Grösse, dass man eine hohe Bühne für die Kühe bauen musste, an denen es forthin saugen sollte. Endlich kam die festgesetzte Zeit, und als das rechte Mädchen auserkoren war, so zog der Riesenochse, sonst unbändig, ihm still und gehorsam nach. Es schritt an dem Bergabhang weit empor bis zu einem grossen Steine, welchen es erkletterte, und wo es den Geführten von der Schnur entliess. In kurzem brach das Untier des Berges mit schrecklichem Gebrülle daher, und ein furchtbarer Kampf erhob sich mit dem Ochsen, bis jenes tödlich verletzt erlag. Da trank der erhitzte Stier aus einem nahen Quell, und fiel plötzlich leblos zu Boden. Aber die Oberfläche des Berges kehrte nie zur alten Herrlichkeit zurück, er ist auch jetzt noch rau und steinbedeckt und nicht so kräuterreich als er vordem gewesen. Man sagt auch, die Klauen der Hinterfüsse des Stieres hätten sich so tief in den Stein geprägt, dass ihre Spuren bis auf den heutigen Tag sichtbar seien. Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Auf der Alp Fursch

Source: Auf der Alp Fursch

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Als die Eisenbahn noch nicht erstellt war, wurde das zur Sömmerung in die Glarner Alpen verlehnte Vieh von Flums über die Pässe am Schönbühl und Wissmil getrieben. Der alte Jahn hatte mit einem andern Bauer verabredet, sie wollten die Alpfahrt ins Glarnerland gemeinsam machen. Sie gedachten bei den Hütten zu Fursch aufeinander warten. Aber jener kam nicht. Als es dunkelte, trieb Jahn sein Vieh zusammen in den Hof und machte in der Hütte ein Feuer. Wie er später zur Türe hinausschaute, kam gegen die Hütte her eine Gestalt in schwarzem Mantel und Wetterhut, trat in den Hof und fing an, das Vieh auszutreiben gegen den Stollen hin. Jahn überwand die Furcht, lief dem Vieh nach und kehrte es in den Hof zurück. Der Unheimliche war verschwunden. Am Morgen aber hatte es so viel Schnee, dass Jahn froh sein musste, wieder heimzukommen. J. B. Stoop   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 305, S. 169f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Auf der Brunnegge

Source: Auf der Brunnegge

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Auf der Brunnegge soll ein Schatz begraben sein. Ein Mann versteckte dort, als im Wallis Krieg herrschte, sein ganzes Vermögen. Damit es niemand stehlen könne, bestellte er einen Geist als Wächter. Dieser gibt das Geld nur einem heraus, der sieben weisse Kühe im Stall hat und sieben Knaben mit weissen Haaren sein eigen nennt. So um 1900 herum zogen einige junge Burschen einmal mit Pickel und Schaufel aus, um diesen Schatz zu heben. ULRICHEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Auf der Heidenburg

Source: Auf der Heidenburg

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Dem freundlichen Hügelgelände von Bassersdorf sieht man’s nicht an, wie ungeheurig es in jener Gegend ist. Dort gibt’s einen waldbestandenen Hügel, der ein Aussehen hat wie der alte heilige Hain eines verschollenen Heidenvolkes, und ist vielleicht einstmals auch ein solcher gewesen. Kurzum, heute noch heißt man ihn die Heidenburg. In Sturmnächten will man oft einen Reiter ohne Kopf, auf einem weißen Pferde, aus dem verrufenen Wald herausbrechen und zu Tal jagen sehen, wo er aber spurlos verschwindet. Auch wissen die Hellseher in Bassersdorf, dass unweit des Engelrain, an einem stillen Bache, eine weiße Frau umgeht, Frau Escher wird sie genannt. Sie bewacht den Steg, der über den Bach führt, und wer in böser Absicht drüber will, dem erscheint sie unversehens und winkt ihn drohend zurück. Aber am unheimlichsten ist’s beim Steinmürli. Dort gespenstert es seit Urzeiten. Nämlich, unter diesen römischen Mauerresten steht ein alter Baum, unter dem ein köstlicher Schatz verborgen sein soll, Obwohl es viele und vielartige Schatzgräber in der Welt gibt, den Schatz unter dem Baum hat bis heute noch niemand herausgebracht. Einmal freilich versuchte es ein beherzter Mann. Er machte sich zur mitternächtlichen Geisterstunde zum Steinmürli-Acker und begann nach dem Schatz zu graben. Kaum hatte er die Hacke in die willige Erde versenkt, so stund ein wunderfeines Weib vor ihm, so dass er vor Schreck die Hacke fallen ließ. Aber die schöne Frau bedeutete ihm, er solle nur mutig weiter graben, alsdann sei ihm der Schatz sicher. Er müsse jedoch noch zweimal kommen, bis er zu dem Schatz gelangen könne, und er müsse sie heute und in den zwei folgenden Nächten küssen. Das dünkten nun den Schatzgräber keine allzuschweren Bedingungen, und also küsste er das schöne Weib, dass es schnalzte. Getrosten Mutes erschien er in der nächsten Nacht wieder unter dem alten Baum. Aber als er zu graben anheben wollte, sah er vor sich eine große hässliche Kröte, die von ihm nun den zweiten Kuss haben wollte. Erschrocken prallte er zurück. Und wie sie ihn auch anäugelte, und so zärtlich er den Mund zu büscheln versuchte, er brachte es nicht über sich, die Kröte zu küssen. Traurig ging er heim. In der dritten Mitternacht schlich er sich wieder zum Baum. Aber wie entsetzte er sich, als er unter seinem weitausladenden Geäste eine noch viel scheußlichere riesenhafte Kröte kauern sah, die begehrlich nach seinem Kusse auszuschauen schien. Der Anblick dieses Scheusals hatte jedoch den Schatzsucher also erschüttert, dass er sich voller Entsetzen davon machte und für immer den Verstand verlor. Ebensowenig gelang es einem andern Manne, den Schatz zu heben. Auch dieser wagte sich um Mitternacht zu dem verrufenen Baum und fing sogleich an zu graben. Als er eine Weile gelocht hatte, erschien auch ihm ein Weib. Das sagte ihm, er werde den Schatz sicher und heilig entzaubern und herausbringen, wenn er vorher einen andern Baum, dessen Standort sie ihm genau angab, fälle. Aus diesem Baum müsse er aber eine Wiege zimmern, und sobald einst in dieser Wiege ein Kindlein weinen werde, sei der Zauber gebrochen und der Schatz sein. Dann verschwand das geheimnisvolle Wesen. Nun ging der Mann nach Hause. Dann begann er nach dem angegebenen Baum zu suchen, aber obwohl er Wald um Waldung ablief, er konnte ihn einfach nicht finden. Endlich, nach langem Suchen, kam er dazu. Doch war zu seinem Verdrusse und zu seiner Verwunderung das Holz dieses Baumes so steinpickelhart, dass er gar lange Zeit brauchte, bis er ihn zu Fall brachte. Bis er aber gar die Wiege aus diesem widerspenstigen Holze zuweggezimmert hatte, dauerte es eine halbe Ewigkeit, und eines Tages musste er mit Tod abgehen, bevor ein Kindlein in der endlich fertigen Wiege lag.     Meinrad Lienert, Zürcher Sagen. Der Jugend erzählt, Zürich 1918. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.    


by Auf der Kreuzstrasse

Source: Auf der Kreuzstrasse

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a) Neben dem Zuchthaus in Altdorf ist eine Kreuzstrasse, wo sich die Wege nach Bürglen, Schattdorf, Attinghausen und Altdorf kreuzen. Da hat einmal ein Freund dem andern geraten, er solle in der Heiligen Nacht des Christfestes mitten auf der Strassenvierung mit Kreide einen Kreis um sich beschreiben und von 11–12 Uhr darin stehen; es werden dann drei kommen, und wenn er sich vor ihnen nicht fürchte, könne er einen grossen Schatz haben und den erlösen, der ihn hüten müsse. Der Freund, lüstern nach dem Schatze, befolgte den Rat. Als er im Kreise stand, kam Einer; nun, der war noch anzuschauen. Der Zweite, der erschien, war schon schreckhafter. Der Dritte sah aber so entsetzlich aus, dass der gute Mann in seinem Kreise erschauderte, heraussprang und aus Leibeskräften davonlief. Frau Inderkum-Scheuber, 50 J. alt, Schattdorf b) Zu Schattdorf versprachen sie einst einem frechen Burschen eine schöne Summe Geld, wenn er in der Heiligen Nacht von 11–12 Uhr auf einer Kreuzstrasse sitzen bleibe. Er nahm an und setzte sich wirklich zur gesagten Stunde auf die Kreuzstrasse. Aber da kamen von allen Seiten die abenteuerlichsten Gestalten auf ihn zu, gingen haardicht an ihm vorbei, sie ritten auf Rossen und fuhren mit Karren und Chaisen über ihn hinweg. Doch er hielt stand. Es geschah ihm nichts. Wäre er zur Seite gewichen, so wäre es ihm übel ergangen. Die versprochene Summe mussten sie ihm auszahlen. Fr. Wipfli-Herger, 80 J. alt, Schattdorf Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945, Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Auf der Marcht

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zwischen Andermatt und Hospental ist es furchtbar »umghyrig«. Da hat es schon oft Menschen und Fuhrwerke b'stellt und irregeführt. Josef Maria Russi erzählt: »Als ich mich eines Abends spät in mein Gut Marcht begab, um bei einer Kuh zu wachen, begegnete mir beim Fleischgraben ein kleines schwarzes Mandli, das umkehrte und mich bis zum Stall begleitete; es ging zu meiner Rechten, immer im haarnämlichen Abstand von mir und im gleichen Tempo mit mir. Es war aber nicht etwa Mondschein und ich hatte auch keine Laterne bei mir. Ich fragte später einen Hospentaler, der auch dort ein Gut besass, und der sagte, es sei ihm haartupfgleich ergangen.« Man sagt, es habe daselbst vor Zeiten ein Priester auf einem Versehgang eine heilige Hostie verloren; dieser müsse nun da wandlen, und auf geschehene Anrede habe er eingestanden, ihm sei nicht zu helfen. Vor wenigen Jahren gesellte sich bei der St. Anna Kapelle zu einem Soldaten, der nachts von Hospental her Andermatt entgegen marschierte, ein Weibsbild mit langen, aufgelösten, über den Rücken hinunterhängenden Haaren und begleitete ihn, an seiner rechten Hand einherschreitend, bis nahe an die hintersten Häuser von Andermatt, wo es plötzlich verschwand. Der Soldat hielt das Bajonett stets in seiner linken Hand parat, um sich im schlimmsten Falle damit zu wehren. Geschehen ist ihm nichts Böses, aber er hatte eine solche Angst ausgestanden, dass er daheim einen ganzen Kessel voll Wasser austrank. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Auf der Moosalpe

Source: Auf der Moosalpe

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In dieser Alpe soll es früher an den ersten drei Tagen jeden Monats nicht recht gewesen sein. Wenn das Vieh ruhig in den Färrichen lag, sprang Schlag Mitternacht eine Hälfte auf und rannte über Zäune und Latten, wo sie sonst nie darüber mochten. Das Vieh stob in alle Richtungen auseinander bis hinunter in St. Martins Wald. Die andere Hälfte blieb ruhig im Färrich liegen und käute wieder, wie wenn nichts passiert wäre. Eine Kuh lag einmal so, dass die Trichel in die andere Hälfte des Färrichs hinüberlangte. So nahm es die Trichel mit einem Riemenstück weg; der Riemen war wie sauber abgeschnitten. Der Grund dieses Spuks soll darin gelegen sein, dass früher einmal mit den Marchen da etwas gefrevelt wurde. BÜRCHEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Auf der Mur und auf dem Wang

Source: Auf der Mur und auf dem Wang

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Zwei Brüder sollen vor längst vergangenen Zeiten vom Wallis her mit ihren Frauen über das hohe Grenzgebirge, an den weissen Schneehäuptern vorbei, ins Lauterbrunnental herübergestiegen sein. Als sie nach langer und mühsamer Wanderung von der Wildi in die Zähmi hinunterkamen, staunten sie ob dem schönen, menschenleeren Tal, dem saftigen Kraut der Weiden und dem bunten Flor der Alpenblumen. An den steilen Hängen kletterte schwarz und wuchtig der Hochwald empor. Riesige Schermtannen, deren gebogene, flechtenbehangene Äste bis auf den Boden reichten, rauschten im Wind und neigten ihre alten Wipfel. Auf einer Seite war die Fluh wie eine himmelhohe Mur und auf der andern war ein grüner "Wang" (Abhang) Unten aber, da brausten die wilden Wasser im engen Tal in wirrem Lauf gen Mitternacht. Über die beidseitigen Flühe nieder stäubten wie Brunnen die Bäche in den Grund und suchten hier regellos ihren Weg. Einmütig beschlossen die beiden Walser: "Wir gehen nicht hinunter in die Tiefen, wir wollen uns oben auf beiden freien Höhen niederlassen." Sie trennten sich. Der eine stieg rechts hinauf und siedelte sich auf dem Wang an, der grossen, saftgrünen Geländestufe am Fusse des Jungfrauberges. Der andere stieg auf der linken Seite der weissen Lütschine noch höher empor auf die luftige Krone der Mur und baute hier Haus und Herd. Dort oben waren sie sicher vor Lauigfahr und Wassernot; Holz und Weide gab’s die Fülle. Sie lebten auf den einsamen, sonnigen Höhen glücklich und zufrieden. Aus den kleinen Bergsiedelungen auf der Mur und auf dem Wang wurden später die stattlichen Dörfer Mürren und Wengen. Quelle: Hans Michel, Ein Kratten voll Lauterbrunner Sagen. Wengen 1936. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.    


by Auf der Oberplegi-Alp am Glärnisch

Source: Auf der Oberplegi-Alp am Glärnisch

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Auf der jetzt vergletscherten Oberplegi-Alp am Glärnisch war ein Senn gewesen, der sich versündigt hatte mit einer Jungfrau Kathrin. Er hatte eine Treppe aus Käse erbaut, und seiner alten Mutter Mist zur Speise vorgelegt. Da stürzte der übermütige Frevler einmal mit der Kathrin in eine Gletscherspalte, und soll nur zuweilen, ganz in Flammen stehend, von den Leuten gesehen werden und die Worte ausrufen: "O ich und Kathrin und Pari (der Name seines Hundes) müssen immer und ewig unterm Firren si." Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Auf der St.-Johann-Brücke in Freiburg

Source: Auf der St.-Johann-Brücke in Freiburg

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In der Mitte des vorigen Jahrhunderts ging eines Nachts ein Stadtbürger namens Cugniet über die kleine St.-Johann-Brücke. Da hörte er auf dem naheliegenden Ölberg ein ausserordentliches Geräusch, wie das Schreien, Wehen und Schlagen der Fittiche grosser Raubvögel, von einem singenden Gesumme begleitet. Hin und wieder wurde es von gellendem Gelächter oder liebeseufzendem Stöhnen unterbrochen. Er lehnte sich an das Brückengeländer und hörte diesem sonderbaren Auftritte zu, den er nicht erklären konnte. Nur auf Augenblicke unterbrach ihn das Geplätscher der Saane und ihr Wellenspiel. Auch schien es Cugniet, dass hin und wieder rotgelbe oder graugrüne Flämmchen aufschimmerten, die sich im Kreise schnell bewegten. Da, pautsch! empfing der Neugierige unversehens eine kräftige Ohrfeige, wie von einer eisernen Hand, dass er vor Schmerz und Schreck «Heiliger Joseph» ausrief. Da stand wie aus dem Boden gewachsen plötzlich neben ihm eine ihm wohlbekannte, vornehme Dame, die einen Besenstiel verkehrt zwischen den Beinen hielt. Auf diesem sonderbaren Reitpferd flog sie in die Nacht und verschwand. Zuvor aber schenkte sie dem Bürger einen silbernen Becher als Preis für seine Verschwiegenheit, die Cugniet auch bis vor seinem Tod getreu beobachtete. Die Dame war eine geheime Hexe und befand sich auf dem nächtlichen Ritt zum Hexensabbat, der irgendwo auf der Bürglenhöhe oder auf dem Stadtberg abgehalten wurde.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Auf der Suche nach dem Franzosenschatz

Source: Auf der Suche nach dem Franzosenschatz

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a) Ältere Leute wissen zu berichten: Am Chüegraben, etwas nördlich der Allme, wurde in den Jahren zwischen 1860 und 1870 unzählige Male von Leuten aus nah und fern, oft unter Beobachtung von besonderen Zeremonien und unter Benützung des «Geistlichen Schild» und durch «Christoffeln», nach einer verborgenen Kriegskasse der Franzosen gegraben, wie es scheint, stets erfolglos. Jener Schatz war nach der Überlieferung von zwei ungetreuen Beamten auf die Seite geschafft worden, als das Lager plötzlich abgebrochen werden musste. Die beiden konnten sich des ungerechten Guts nicht freuen, denn bevor sie wieder zu dem versteckten Schatz gelangen konnten, fiel der eine im Krieg, der andere machte seinem Leben im Gefängnis ein Ende. b) Als das französische Heer über die Napoleonstrasse zog, vergruben Soldaten im Chüegraben unter einer mächtigen Eiche einen Schatz. Zwei Männer versuchten später in einer Nacht den Schatz zu heben. Doch als es zwölf Uhr schlug, mussten sie Pickel und Schaufel fallen lassen, und sie rannten entsetzt davon, weil ein französischer Soldat aus der Grube emporstieg. Oberwil Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Auf einer G'hirmi

Source: Auf einer G'hirmi

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im Grosstal sass oft ein Wybervölchli mit einer Gabelen auf dem Rücken; ob Geist oder Hexe, wusste mir niemand zu sagen. Maria Ziegler; Mich. Imhof, und a. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Auf Gottes Schutz gebaut

Source: Auf Gottes Schutz gebaut

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Zwei Männer mit straff gefüllten Geldgurten kamen vom Lauisermarkt und marschierten durch den finstern Wassnerwald hinab, der aber nicht etwa in der Gemeinde Wassen, sondern in der Gemeinde Gurtnellen liegt und in alten Zeiten wegen seiner Räuberbanden berüchtigt und gefürchtet war. Die Gotthardstrasse durchzog ihn seiner ganzen Länge nach von der Kapelle »bei der Tafelen« bis zum Güetli diesseits des Wyler. Die zwei Wanderer hatten einen grossen Hund bei sich; mehr als auf diesen vertrauten sie aber auf den Schutz Gottes und wurden einig, den Rosenkranz miteinander zu beten. Wie der eine der beiden beim Beginn des Gebetes das Kreuzzeichen macht, schiesst ein grosser Mann hinter einer Tanne hervor und ruft giftig: »Dü machisch doch grad wiën-nä Geissbock!« Aber zu folgen oder ihnen etwas Leides zuzufügen, das vermochte er nicht. Albin Baumann, 75 J. alt, Gurtnellen; Marie Ziegler, Bauen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Auf und fort

Source: Auf und fort

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Ein wildes Männchen hielt sich in Portels auf und machte sich den Bauern durch allerlei Dienstleistungen nützlich. Diese aber waren ihm dafür nicht dankbar, sondern neckten es, indem sie ihm heimlich gekochte Kirschen hinstellten, die den Wilden gar sehr zuwider sein sollen. Das Männchen wandte sich zur Türe und sprach: "Gute Nacht und Dank, Und essed de Chriesiblägel underem Bank!" Auf und fort! Es wurde nicht mehr gesehen. A. Sprenger   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 291, S. 161 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Aufregung um ruhelose Selbstmörder

Source: Aufregung um ruhelose Selbstmörder

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In den 1850er Jahren hörte man im ehemaligen Gasthaus Rössli, dem einst eine Schmiede angegliedert gewesen war, besonders in schwülen Gewitternächten «die zwei Schmiede» schmieden. Es handelte sich um Vater und Sohn S., die, offenbar gemütskrank, sich beide das Leben genommen hatten (1772 und 1809). Den Vater hatte man nach altem Brauch im Walde verscharrt. Gegen die Anordnung der Basler Regierung, den Sohn auf dem Friedhof zu bestatten, revoltierte die Bevölkerung, da sie des Glaubens war, Selbstmörder gingen um und störten die Ruhe des Gottesackers. Die Mahnungen des Statthalters und «eine liebliche Rede» des Liestaler Pfarrers fruchteten nicht. Unter anderem behauptete einer an der Gemeindeversammlung, der Vater S. sei ihm einmal (wie auch anderen) auf der Strasse erschienen, so dass das Pferd Reissaus genommen habe. Der Leichnam des Sohnes wurde bei Nacht auf einem in Itingen entwendeten Karren, eskortiert von zehn Mann mit Ober- und Untergewehr, ins Cholholz geführt. Als die Leiche versenkt war, soll einer der Begleiter plötzlich geschrien haben: «Er chunnt!», und alle seien davongerannt. Die verantwortlichen Gemeindeväter und Schulmeister Rolli mussten sich wegen des «Complotts» in Basel verantworten – aber ihren Willen hatte die Gemeinde durchgesetzt. Die beiden Toten hatten damit keine Ruhe: Man hörte, wenn Wetterwechsel bevorstand, wie früher zwei Hämmer im Takt den Amboss schlagen. Schliesslich gelang es einem aus Dornach beigezogenen Kapuziner, «sich mit den Geistern in Verbindung zu setzen» und diese in zwei Glasflaschen zu bannen. Das half. Die Flaschen wurden auf einen Kasten gelegt. Nach Jahren der Ruhe machten sich Unkundige mit dem Kasten zu schaffen, da fielen die Flaschen herunter und zerbrachen. Die «armen Geister, aus den Flaschen befreit, begannen wieder ihr Wesen zu treiben». Lausen Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Aus dem alten Zürichkrieg

Source: Aus dem alten Zürichkrieg

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Um die Mitte des fünfzehnten Jahrhunderts entzweiten sich die Zürcher um einer großen Erbschaft willen mit den Schwyzern und ihren Eidgenossen. Es war ein langwieriger Bürgerkrieg, in dem die Schwyzer unter ihrem tatkräftigen, aber eisernen Landammann Ital Reding viel Ruhm und Land erwarben. Also taten sich da die Zürcher und ihre früheren Eidgenossen manch bitteres Leid an, das sie später reute. Einstmals zogen die Eidgenossen mit ihren Pannern vom Zimmerberge her gegen die Stadt Zürich, um sie zu stürmen. Die Zürcher erwarteten sie jenseits des Sihlflüßleins hinter einem dichten Grünhag. Sie waren guter Dinge, ließen sich den Wein in Zubern, Gelten und Wassertansen aus der Stadt zutragen und fürchteten sich nicht. Aber auf einmal brachen die Schwyzer und Glarner mit wildem Geschrei und Haarusrufen durch den Grünhag und fielen über die Zürcher her, die sich jedoch mannhaft zur Wehr setzten. Als aber auch die übrigen Haufen der Eidgenossen nachdrückten, fanden sie's geratener, sich hinter die Mauern der Stadt in Sicherheit zu bringen. Sie räumten also flink das Feld und rannten der Stadt zu, hinter ihnen drein, wie das Donnerwetter, die Eidgenossen. Als fast alle Zürcher über den schmalen Steg waren, der über den Sihlfluß nach der Stadt ging, stellte sich als ihr Letzter ihr Bürgermeister, der riesenhafte Rudolf Stüssi, auf den Steg. Dort wehrte er mit seiner Mordaxt den ganzen Gewalthaufen der nachdrängenden Eidgenossen also heldenmäßig ab, daß nicht ein einziger über den Steg zu kommen vermochte, bis der größte Teil der flüchtigen Zürcher die Stadt erreicht hatte. Erst dann gelang es einigen Eidgenossen, die sich heimlich unter den Steg machten, den Helden an den Beinen herunterzureißen und zu erstechen. Danach jagten die Eidgenossen über Kopf und Hals den fliehenden Zürchern nach, und zwar so eifrig, daß einige von ihnen als erste mit den letzten flüchtigen Zürchern zugleich durchs Rennwegtor in die Stadt gelangten. Sie wären wohl alle hineingekommen und hätten die Stadt gewonnen, wäre nicht eine besonnene Zürcherin auf den Turm geeilt. Diese ließ das schwere Fallgatter hinuntersausen. Da mußten die heranstürmenden Eidgenossen draußen bleiben. Einige von ihnen aber, die in ihrer Kampfwut doch in die Stadt gekommen waren, wurden vor den Augen der vor dem Tore stehenden Eidgenossen niedergemacht. Darunter war auch der Landschreiber Küng von Glarus. Bevor er fiel, steckte er das Fähnlein der Stadt Zürich, das er erobert hatte, durch das Fallgatter seinen Landsleuten zu und schlug dann tapfer um sich, bis er als ein Held der Übermacht erlag. Als nun der unglückselige Bürgerkrieg zwischen den Zürchern und ihren früheren Eidgenossen, der manche tapfere Tat, aber auch manche Ruchlosigkeit gesehen hatte, endlich vorüber war, wurden einzig und allein die "Böcke" von Zürich vom Frieden ausgenommen. Die Stadt, die genugsam erschöpft war, konnte es nicht wenden. Diese Böcke oder Schildner zum Schneggen, wie man die kühne, abenteuerlustige Gesellschaft der besten Bürger in Zürich nannte, hatten den Eidgenossen während des Krieges besonders viel Schaden und Abbruch getan und ihnen viel zuleid gewerkt mit meisterlosen Streichen und Streifzügen. Deshalb waren diese auf die Böcke sehr erzürnt, nahmen sie vom Frieden aus und wollten auch die Zürcher zwingen, ihnen die Stadt zu verbieten. Doch die Böcke von Zürich nahmen das zuerst nicht so schwer auf. Sie verließen die Stadt freiwillig, um ihre Mitbürger nicht in Unannehmlichkeiten zu bringen, und setzten sich über dem Rhein auf schwäbischem Boden fest, wo sie das Schloß Hohenkrähen gekauft hatten. Aber bald überkam sie dort die Langeweile und, was noch viel schlimmer war, das Heimweh nach ihrer schönen Stadt Zürich im Herzen des Schweizerlandes, in deren Fenstern sich der blaue Bergsee und die fernen Schneeberge spiegeln. Sie rieten hin und rieten her, wie sie wohl wieder in die Stadt kommen möchten. Da besuchten etliche von ihnen eines Tages den Landammann Fries von Uri, der ihnen als ein gar guter Herr bekannt war. Den fragten sie um Rat. Nun riet ihnen der Urner Landammann, sie sollten einen der angesehensten Eidgenossen abfangen, ihn auf ihr Schloß Hohenkrähen führen und ihn nicht losgeben, bis man ihnen seitens der Eidgenossen eidlich die Rückkehr in die Stadt Zürich erlaube. Die schalkhaften Gesellen bedankten sich für den Rat und sagten, sie hielten das wahrhaftig auch für den kürzesten Weg. Als nun der gute Landammann Fries von Uri eines schönen Tages über den See zu Markt nach Zürich fahren wollte, schossen plötzlich zwei Weidlinge an das Marktschiff heran. Daraus hervor sprangen, wohlbewaffnet, einige der Böcke von Hohenkrähen und nahmen den überraschten Urner Landammann gefangen. Da lachte er aber laut auf und sagte: "Ei, ei, ihr Gesellen, euch ist gut raten." Willig ließ er sich von ihnen auf das Schloß Hohenkrähen ins Schwabenland führen, wo sie ihn in guter Pflege hielten. Trotz aller Drohungen der Eidgenossen gaben sie ihn nicht frei, bis man ihnen, guter Dinge oder nicht, die Heimkehr nach Zürich erlauben mußte. Da zogen sie denn auch bald danach, den Urner Landammann in der Mitte, unter dem Jubel der Bevölkerung in flottem Aufzuge ein. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Aus dem Baslerkrieg (1830—1833)

Source: Aus dem Baslerkrieg (1830—1833)

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Zur Zeit der Basler Wirren waren die Bürger uneins. Die damalige Entzweiung führte bis zu einer so hohen Gereiztheit der beiden Parteien, dass der der Fall vorkam, wo ein Bruder auf den andern bereits sein Gewehr angelegt hatte und denselben in der Wut auch niedergeschossen hätte, hätte die entschlossene Schwester dem Todesrohr durch einen kräftigen Schlag nicht eine andere Richtung gegeben. Bei den verschiedenen Scharmützeln, besonders auch am entscheidenden Kampfe den 3. August 1833, nahm die grosse Mehrheit lebhaften Anteil am Ringen des Landvolkes um seine politische Selbständigkeit. Sogar einige Frauen beteiligten sich am Gefechte bei der Hülftenschanze und trugen das ihre dadurch zum glücklichen Ausgange des Kampfes bei, dass sie mitten im Pulverdampf und Kugelregen ihren Männern Munition und Lebensmittel zutrugen. Arisdorf-Olsberg Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Aus dem Montefun

Source: Aus dem Montefun

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Dem Pfarrhelfer Durnes in Unterschächen (1824–1875), der aus dem Montefun stammte, begegnete einst eine bekannte Person aus der Heimat. Verwundert fragte er, woher sie denn so auf einmal komme. »Aus dem Montefun, wo man meine Leiche, noch nicht erkaltet, soeben auf der Bank zurechtlegt. Ich muss auf einen hohen Berg, um dort meine Sünden abzubüssen,« sagte sie und schritt eilends weiter. (Montefuner haben, wie sich alte Leute erinnern, im Reusstal Giltsteinöfen aufgesetzt.) Mitgeteilt von Pfarrer J. Arnold Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Aus dem Schwabenkrieg - Die Versöhnung

Source: Aus dem Schwabenkrieg - Die Versöhnung

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Einst hatten sich die beiden Hauptleute Zurkinden von Zürich und Arnold Winkelried von Unterwalden, ein Nachfahr des Helden von Sempach, beleidigt. Seither haßten sie sich grimmig. Man durfte sie nie zusammenkommen lassen, denn allzeit fürchteten ihre hierüber betrübten Eidgenossen, sie würden sich gleich aufeinanderstürzen und töten. Aber als nun der Schwabenkrieg ausbrach, kamen sie mit den Pannern ihrer Länder beide ins gleiche Lager. Die Hauptleute hatten hierwegen große Befürchtungen. Sie beschieden beide vor sich und redeten ihnen ernstlich zu, sie möchten doch der Not des Vaterlandes eingedenk sein und wenigstens den Frieden im Lager nicht stören. Nach dem Kriege könnten sie dann ihren Streit mit dem Schwerte in männlichem Zweikampfe ausfechten. Beide versprachen es. Bald danach wurde Winkelried, der sich bei einem Streifzug in Feindesland zu weit vorgewagt hatte, von den Kriegern Kaiser Maxens völlig umringt und stand in höchster Gefahr, gefangen zu werden. Das vernahm der Zürcher Zurkinden, sein Todfeind. Er brach mit den Seinigen aus dem Lager auf und fuhr bald wie das Donnerwetter über die Österreicher her, jagte sie in die Flucht und rettete also den arg bedrängten Unterwaldner, was diesem tief zu Herzen ging. Doch zogen sie kalt und fremd in ihr gemeinsames Lager zurück. Aber bald danach ritt Arnold Winkelried in voller Rüstung auf einem prächtigen Hengst, den er den feindlichen Reitern abgenommen, vor die Zelte der Zürcher und rief mit gewaltiger Stimme den Zurkinden heraus. Nicht lange stand es an, so ritt auch der Zürcher wohlgeharnischt und bewehrt aus seinem Gezelt, denn er glaubte, daß nun der Unterwaldner den alten bösen Span mit ihm ausfechten wolle. Unmutig und betrübt traten nun die eidgenössischen Hauptleute dazwischen. Aber da sprang Arnold Winkelried lachend vom Pferde, führte es auf den verwunderten Zurkinden zu und sagte: "Sei unbesorgt, ich komme in guter Meinung. Ich will meinem Retter danken, und seinen Dienst kann ich nicht unvergolten lassen. Nimm diesen Hengst von mir an." Jetzt stieg auch der Zürcher vom Pferd. Sie umarmten sich vor den versammelten Hauptleuten und hielten von da an treue Freundschaft. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Aus dem Schwabenkrieg - Das mutige Thurgauer Mägdlein

Source: Aus dem Schwabenkrieg - Das mutige Thurgauer Mägdlein

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Als Kaiser Maximilian mit seinem stolzen Heere zu Konstanz am schönen Schwäbischen Meere lag, erließen die Eidgenossen ein Schreiben an ihn, worin sie unter anderem sagten: "Gezwungen haben wir zu den Waffen gegriffen und wollen sie gerne niederlegen, sobald Eure Majestät lieber Ihrer angeborenen Güte und Sanftmut als unseren Verleumdern Gehör gibt. Wird uns aber kein Recht gehalten, so waschen wir vor Gott und den Menschen unsere Hände rein vom vergossenen Blute des Krieges, vertrauen auf Gottes Hilfe und ziehen einen ehrenvollen Tod einem schimpflichen Frieden oder schmählicher Knechtschaft vor." Diesen Brief brachte ein Mägdlein aus dem obstreichen Thurgau dem Kaiser nach Konstanz in die Stadt, denn so sehr haßte man sich, daß man sich gegenseitig keine Männer mehr als Boten zu schicken getraute. Im Hofe wartete das Mägdlein auf Antwort und sah mit verwunderten Augen auf das bunte Treiben des kaiserlichen Lagers. Da fragte es auf einmal ein Kriegsmann von der Leibwache des Kaisers barsch: "Was machen die Eidgenossen im Lager?" Das Mägdlein antwortete: "Seht ihr denn nicht, daß sie auf euren Angriff warten?" Und wie jener weiter fragte, wie viele Leute sie hätten, gab es kurz zurück: "Genug, um eure Angriffe abzutreiben." Nun wurden die Kriegsleute von der Leibwache ernstlich aufgebracht und forderten ungestüm von dem Mägdlein die Zahl der Eidgenossen zu erfahren. Doch ruhig sagte es: "Wenn's mir recht ist, so hättet ihr sie letzthin im Treffen vor dieser Stadt zählen können, hätte euch die Flucht nicht blind gemacht." - "Haben sie denn zu essen?" fragte nun einer. - "Ei", antwortete das Mägdlein, "wie sollten sie denn leben, wenn sie nicht zu essen und zu trinken hätten?" Jetzt fingen die Umstehenden zu lachen an. Einer aber war, der wollte das kecke Jüngferlein erschrecken. Er drohte ihm und sagte, das Schwert ziehend: "So, du Fratz, jetzt will ich dir den Kopf abschlagen!" Doch das Thurgauer Kind erschrak nicht. Es blickte ihn herzhaft an und sagte: "Wahrhaftig, du bist ein rechter Held, daß du ein Mägdlein umbringen willst. Wenn du so großes Verlangen hast zu kämpfen, warum stürmst du denn nicht ins feindliche Lager? Dort wirst du gewiß einen finden, der deinem Trotz zu stehen vermag. Aber es ist leichter, ein wehrlos unschuldig Mägdlein anzufahren, als dem bewaffneten Feinde zu begegnen, der nicht mit Worten, wohl aber mit dem Schwerte seine Sache zu führen versteht." Das aufrechte Thurgauer Mägdlein kam denn auch mit der Antwort des Kaisers wieder unbehelligt ins Lager der Eidgenossen zurück. Der Feldherr Pirkheimer, der dieses Gespräch aufgeschrieben hat, hörte es im kaiserlichen Hoflager zu Konstanz selber an, und er bewunderte den Verstand und den Freimut des Mägdleins. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Aus dem Schwabenkrieg - Der einfältige Allgäuer

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Im Schwabenkrieg, den die Eidgenossen mit Unlust mit ihren sonst so vertrauten Nachbarn überm Rhein angefangen hatten, wurden sie von diesen nie anders als mit Kühmelker, Kuhmäuler und anderen landwirtschaftlichen Titeln angerufen. Es kam so weit, daß man im Kriegslager des Kaisers Max nach und nach den wahren Namen der Schweizer vergaß und sie nie anders als die Kuhmäuler nannte, was viel dazu beitrug, daß die Erbitterung bei den Eidgenossen wuchs. Als nun die Schweizer in einem Dörflein Hard verweilten, fanden sie unter einem Dache versteckt einen etwas hasenfüßigen Soldaten aus dem Allgäu, der aus der Schlacht weggelaufen war und sich hier verkrochen hatte. Wie man ihn nun hervorzog und vor die Hauptleute der Eidgenossen brachte, fiel er vor Entsetzen auf die Knie und rief heulend: "O ihr lieben, frommen Kuhmäuler, seid mir um Gottes willen gnädig!" Als ihn nun die Eidgenossen, halbwegs zornig, halbwegs lachend, fragten, warum er sie nun mit solchen Schimpfworten um Gnade anflehe, wenn er doch das Herz so tief in den Hosen habe, antwortete er bestürzt: "Ach, ihr lieben Kuhmäuler, wie heißt ihr denn? Ich habe euch mein Lebtag nie anders nennen hören und gemeint, das sei euer rechter Name." Da lachten die Eidgenossen zusammen eine Scholle heraus, als ob eine Fuhre Steine vom Wagen rasselte, und ließen den einfältigen Schelm laufen. Der aber zog, wohlgemut und zufrieden fürbaß, hatte ihm doch seine Einfalt das Leben gerettet. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Aus dem Schwabenkrieg - Die Frau von Roseneck

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Im Schwabenkriege zogen einst die Heerhaufen der Eidgenossen sengend und brennend über den Rhein, eroberten das Städtchen Thiengen [Waldshut-Tiengen], dessen Verteidiger die Schweizer gar übel verhöhnt hatten, denn sie brüllten Tag und Nacht von den Mauern des Städtchens zu den Eidgenossen hinunter: "Muh, muh, plä, plä!" Zur Strafe mußte die schwäbische Besatzung prozessionsweise im bloßen Hemde, mit einem Stecken in einer Hand und einem Brot in der andern, schimpflich abziehen. Als die raublustigen Schweizer nun vor das Städtchen Blumenfeld kamen, in dem das Schloß der Herren von Roseneck stand, wurden sie von seinen Mauern immer wieder abgetrieben, denn die paar hundert Mann Besatzung verteidigten sich aufs hartnäckigste. Endlich konnte sich das Städtchen nicht mehr halten, und die Eidgenossen, welche die tapferen Verteidiger achteten, erlaubten ihnen und den Bewohnern freien Abzug. Diese durften sogar alle Habe mit sich nehmen, die sie zu tragen vermochten. Das übrige jedoch müsse für die Eidgenossen drin bleiben; ebenso habe der Herr des Städtleins, der Ritter von Roseneck, drin zu bleiben, da sie ihm seiner Spöttereien wegen den Kopf abschlagen wollten. Aber als nun die Eidgenossen dem Auszug der Verteidiger und der Bewohner des Städtleins stumm zusahen, erschien auch, schwer schnaufend, die edle Frau von Roseneck. Sie hatte einen Korb auf ihrem schwachen Rücken, und aus dem sah der Kopf des Ritters von Roseneck hervor. Das bedünkte die Eidgenossen also lustig, daß sie in ein schallendes Gelächter ausbrachen und die geängstigte Frau mit ihrem zitternden, todbleichen Herrn willig durchließen. Nur hie und da machte sich einer den Spaß und schwang drohend das Schwert oder die Hellebarde über des Ritters Kopf, worauf der immer blitzgeschwind im Korb untertauchte wie der Teufel in der Spielzeugschachtel, was die Eidgenossen so festlich stimmte, daß sie aus dem Lachen gar nicht mehr herauskamen. Dann aber hob einer der Hauptleute der Frau den Korb vom Rücken und ließ ihren Herrn herausrutschen. Zugleich aber fiel auch eine ansehnliche Menge Schmucksachen heraus. Ein Schweizer Kriegsknecht griff danach und steckte ein Kleinod ins Wams. Doch er wurde sogleich niedergeworfen; man entriß ihm den Schmuck, gab ihn der Roseneckerin zurück, und nur mit Not und auf kniefälliges Bitten entging der Schelm dem Strick. Die treue Edelfrau aber durfte mit ihrem Ritter abziehen. Er wird danach den Schweizern wohl nie mehr "Kuhmelker" nachgerufen haben. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Aus dem Schwabenkrieg - Die standhaften Krieger

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Während der Kämpfe mit dem Schwäbischen Bunde wollten die Schweizer einmal in dunkler Nacht über den Rhein gehen, dort, wo er oberhalb Bregenz zur Winterszeit oft gefroren oder doch untief ist. In geordneten Reihen sprangen sie schweigend in den eiskalten Rhein, denn im schwachen Mondlicht glitzerten überall um den Fluß die Schneefelder. Schon hatten die Vordersten das jenseitige Ufer fast erreicht, als sie einige Reiter aus einem verschneiten Gehölze auftauchen sahen, die dort Wache zu halten schienen. Da blieben sie stille stehen und regten sich nicht mehr, und so machten es die Eidgenossen alle, die im kalten Bade steckten. Doch die österreichischen Reiter der Grenzwache hatten die dunklen Reihen im Wasser wohl gesehen und ritten im Galopp davon. Jetzt hätten die Schweizer wohl an Land gehen können, doch sie fürchteten einen Hinterhalt und wollten zuerst wissen, woran sie seien und wie es um den Feind stehe. Sie hielten es für schimpflich, rückwärts zu gehen, ohne den Feind recht gesehen zu haben, aber auch für unbesonnen, vorzurücken, ohne gute Kundschaft zu haben, denn sie nahmen das Davonjagen der Grenzreiter für eine List. Die Anführer befahlen also, Halt zu machen. Nur einige der flinksten Jungburschen durften auf Kundschaft ausgehen. Bald waren sie am feindlichen Ufer und verschwanden im Gehölz. Unterdessen blieben die Eidgenossen im grimmig kalten Wasser stehen, ein jeder auf seinem Posten, alle in wohlgeordneten Reihen, obwohl einigen die eisige Flut bis an die Schultern, ja bis ans Kinn ging. Der Rhein war voll Eis, und die Krieger mußten gewaltige Eisstücke, die durch ihre Reihen trieben, mit Speer und Hellebarde von sich abhalten. So verharrten sie volle zwei Stunden im kalten, unheimlich glucksenden Wasser, bis endlich die Kunde kam, daß ein Hinterhalt nicht zu fürchten sei. Da machten sie sich getrosten Mutes ans Ufer, so rasch und so gut sie konnten, denn gar vielen waren bei der heftigen Kälte der Flut Füße und Hände erfroren. Ja, einige waren lieber im Wasser gestorben und zusammengesunken, als daß sie ihre Posten in den wohlgeordneten Reihen verlassen hätten. So streng hielten die alten Eidgenossen auf Manneszucht. Da ist auch wohl auszudenken, woher ihre glorreichen Siege kamen. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Aus der Franzosenzeit

Source: Aus der Franzosenzeit

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Im Herbst 1798 erhielt Anwil Einquartierung: E französischen Offizier, e schnäderfreesige Chätzer, haig s Ässse, won im d Büüri uufgstellt het, verhunzt und gsait, settigs gäb me bi ihne de Säu. Die resoluti Buurefrau haig i der Chuchi uss d Säumälchtere greicht, haig s Ässe dry gheit und gsait: «Also denn!» Däm Heer haig si aber nüt anders uufgstellt, er haig lang chönne tue wie ne Chatz ame Hälsig. Anwil Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Aus der Hölle zitiert

Source: Aus der Hölle zitiert

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Ein katholischer Geistlicher in Glarus stritt mit reformierten Laien über Glaubenssachen und verstieg sich sogar zu der grandiosen Behauptung, Martin Luther müsse in der Hölle braten. Das liessen die Glarner natürlich nicht gelten und forderten überzeugende, augenscheinliche Beweise. Da anerbot sich der Kühne, Luther vor die anwesende Gesellschaft zu zitieren. »Aber wenn er anklopft, müsst ihr ihm die Tür auftun.« Er nahm ein Buch und las darin. Da klopfte es an der Türe! Alle wurden totaschenbleich und schauten sich gegenseitig verlegen an; aber keiner wagte den Schritt zur Türe. Es klopfte wieder. Im Saal herrschte Totenstille. Es klopft zum dritten Mal. Da geht der Beschwörer selber, öffnet und lässt eine schwarze Gestalt herein, während er selber das Haus verlässt. Der Ankömmling trägt einen schwarzen Korb auf dem Rücken, den er umstürzt und auf den Boden ausleert. Da wälzt sich auf der Fussdiele eine brandschwarze Menschengestalt, die noch schwärzer ist als der gewiss auch nicht weisse Korbträger, Feuer speit und zwischen allen Rippen heraus brennt. Diese greuliche Gestalt erhebt sich und spricht: »Ich bin Martin Luther, der euch die falsche Lehre verkündet hat.« Nach langem ermannen sich die Zitternden und rufen: »Packe dich fort!« Aber der Geist wollte nicht gehen. Da holten sie den Beschwörer herbei. Jetzt verschwand die Erscheinung, hinterliess aber einen solchen Gestank, dass sich alle die Nasenlöcher zuhielten. Im Reusstal nennt man statt Glarus das Berner Oberland. Eine ähnliche Geschichte will eine achtzigjährige Erzählerin vor etwa einem halben Jahrhundert selber im Kt. Glarus miterlebt haben. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Aus der Hungerzeit

Source: Aus der Hungerzeit

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Nach dem Volksmund gebrach es eigentlich in jenem Unglücksjahr nicht an Nahrung; aber viele Leute hatten das Hungerfieber und aßen so unglaublich viel, daß andern nichts mehr blieb. So aßen drei Personen auf einen Sitz zwei Viertel Erdäpfel (45 Pfund) und dazu eine große Schüssel voll Milch; eine andere aß eine Pfanne voll "Türkenmus" [Polenta], an der sich ihrer zehn hätten satt essen können; eine dritte verschlang einen halben "Jollen" Butter und ein Brot. Wer so seinen "Glust" stillen konnte, war gerettet; die andern kamen um. G. W. Füllemann   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 55, S. 26 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Aus der Pestzeit (Eggersriet, SG)

Source: Aus der Pestzeit (Eggersriet, SG)

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Als die Pest so stark wütete, zündete man auf den Anhöhen Feuer an, um den Nachbarn zu melden, daß noch nicht alles ausgestorben sei, - In Grub lebten nur noch acht Personen. A. Sprenger.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 34, S. 19 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Aus der Pestzeit (Sevelen/SG)

Source: Aus der Pestzeit (Sevelen/SG)

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Einmal wütete der schwarze Tod so stark, dass, wenn man bei einem verpesteten Hause einen Haselstecken zu einem Fenster hineinstreckte, derselbe sofort schwarz wurde. Zur Pestzeit, da der Todesengel bei uns sehr viele Opfer forderte, kam in einer Nacht ein Gut am Sevelerberg durch Vererbung siebenmal in andern Besitz. Da der letzte Eigentümer am folgenden Tage auch das Zeitliche segnete und keine Erben mehr vorhanden waren, wurde das Gut herrenlos. Es wird jetzt noch verlorener Berg genannt. Nach dem Seveler Urbar trug es allerdings schon 1489 diesen Namen. Das ganze ob Sevelen liegende Dörfchen St. Ulrich mit dem umliegenden Boden verblieb einem einzigen Manne. Dieser konnte sich seines Besitztums nicht lange erfreuen; denn nach kurzer Zeit hatte er all sein Gut verpraßt. Heinrich Hilty. * Die Hüttentüre in der Alp Farnboden hatte eine schlechte "Bschlußig". Zigeuner und anderes Gesindel streiften in den Bergen herum. Darum wurde jedes Jahr vor der Alpabfahrt das große Kupferkessi im Boden vergraben, und nur der Senn, der Zusenn und der Handbub wußten, den Ort, wo es bei der Alpfahrt wieder zu finden war. Dieses geschah auch in der Pestzeit, wahrscheinlich 1628, Hernach rückte die Seuche mit allen ihren fürchterlichen Folgen ein. Als dann die Alpfahrt wieder stattfand, konnte keiner der drei Männer mehr sagen, wo das Kessi vergraben worden war, weil sie der Seuche zum Opfer gefallen waren. Es ist nie mehr gefunden worden. Heinrich Hilty.    Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 135, S. 63f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Aus verwilderten Katzen

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gibt es alte Hexen. Wenn eine Katze Brot frisst, sagt man in Isental: »Das isch ämel kei Häx.« H. Aschwanden Eines Abends hockte eine Katze auf einem Hagstecken, als ein bekannter, unerschrockener Bergführer vorbeiging. Dieser schlug mit den Worten: »Dü cheibä Häx müesch gwiß nu äwägg!« mit der geballten rechten Faust nach ihr und traf sie. Wer sich aber um keinen Zentimeter rührte, sondern ruhig auf dem tupfgleichen Posten hocken blieb, das war die Katze. Der Bergführer jedoch hatte am folgenden Morgen eine geschwollene Hand, und seitdem sind die Katzen sicher vor ihm (19./20. Jahrh.). Frau Tresch, Lungenstutz; Jos. M. Epp, Etzlital, u.a. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Aus- und Eingang des Unglückes.

Source: Aus- und Eingang des Unglückes.

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In der Rütti am vordern Mühlebach hatten sie beständig Unglück im Stalle und sie klagten es endlich einem Kapuziner. Der erklärte, das Unglück komme nur über die Türschwelle, sonst nirgends, in den Gaden, und jetzt sollen sie drei Löcher von oben her in die Türschwelle bohren, sodass deren eines in der Mitte sei, dann werde das Unglück schon zum Stalle hinausflüchten. Hierauf sollen sie in jedes der drei Löcher von dem Pulver schütten, das er ihnen gebe, und hernach mit Holzzapfen die Löcher dicht verschliessen, dann könne das Unglück nicht mehr hinein. Sie handelten nach seiner Anweisung, und seitdem hatten sie kein Unglück mehr im Gaden. Josef Gisler, 61 Jahre alt, Spiringen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ausbruch der Pest in Schuders

Source: Ausbruch der Pest in Schuders

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Im 17. Jahrhundert starben im Bergdörflein Schuders fast alle Bewohner an einer pestartigen Krankheit dahin, nachdem ein Hirte dieses Übel von der Alpe herab mitgebracht. Dieser Hirte kundete offen, er habe auf der Alpe im Freien geschlafen. Wie er eines Nachts erwacht sei, habe er einen übelriechenden Nebel vor sich aufsteigen sehen, wovon er dann krank geworden sei, und kaum noch Kraft gehabt habe, in\'s Dorf hinunter sich zu schleppen. - Man entdeckte alsobalde an ihm die Pestbeulen, und wenige Stunden nachher verschied er. Nun fing die Pest an, im Dörflein ihre vielen Opfer zu fordern, und die Mehrzahl der Einwohner mussten ihr unterliegen. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ausgelohnte Zwerge

Source: Ausgelohnte Zwerge

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Das kleine Dorf Büblikon, zwischen Mellingen und Wolenschwil seitwärts auf einer Anhöhe gelegen, hat seit dem schweizerischen Bauernkriege, welcher gerade hier sein Schlachtfeld sich wählte, keinerlei Heimsuchung mehr zu erleben gehabt. Und so ist es auch in seinem Äusseren ziemlich unverändert geblieben. Von seinen siebenunddreissig Wohnhäusern sind nur erst neunzehn mit Ziegeln gedeckt, die übrigen sind noch Strohhütten. In einem solchen, das zum Dame (Damian?) genannt wird, haben die Zwerge unter dem Boden des Rossstalles gewohnt und des Bauern Rosse herkömmlich besorgt; sie wussten ihnen Mähne und Schwanz prächtig zu zöpfen. Weil sie splitternackt waren und zur Winterszeit hart froren, liess ihnen der Bauer Zwilchkleider machen, und seitdem sind sie aus dem Hause und aus der Gemeinde für immer fort.  Sage aus Büblikon Band 3.1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962, S. 118 - 119 gemäss Fussnote am Schluss des Kapitels: Als das Wildemännlein zu Conters in Graubünden sich ebenso mit hübschen Kleidern ausgehohnt sieht, spricht es hochmütig: „Was wett au so na Weidlemann Meh mit den Kühn z’Weidele gan!“ (bei Vernaleken, Alpensag. 213) Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Axalp

Source: Axalp

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Die höchste der fünf Brienzeralpen, die Tschingelfeldalp, ist zugleich die abgelegenste und rauheste. Steil und gandig fallen ihre Weidhänge von der Ebenfluh, dem Gersten- und Schwarzhorn, zuhinterst ins Giessbachtal; und da an ihnen kein Grotzen Wald sich breit macht, sind sie allen Winden und Wettern preisgegeben. Als zahmste und beste Alp dagegen gilt die Axalp, die zu Füssen des Felsenzuges des Axalphorns und Tschingels sich über den waldigen Abstürzen zum Giessbach hinzieht und mit ihrem letzten Stafel, dem Lütschental, an die erstere anstösst. Vor Zeiten einmal soll die Güte dieser Alpen grad anders verteilt gewesen sein. Sie waren Eigentum eines einzigen Besitzers, der zwei Töchter hatte. Nach dem Ableben des Vaters teilten sich die Schwestern so in die beiden Alpen, dass die Jüngere, die zuerst wählen durfte, alle Schwesternliebe hintansetzend, sich für die bessere Tschingelfeldalp entschied. Der Älteren verblieb somit die geringere Axalp. Nun war die Axalp, die damals einen andern Namen trug, deshalb die mindere, weil auf ihr viel wilder Wald und wenig Weidgras wuchs und das Raubgetier das Vieh bedrohte. Da hatte die Ältere aber einen Mann genommen, unternehmungsfroh wie nicht bald einer! Der hatte es bald heraus, wie man einen Nachteil zum Besten wenden kann. Da mussten Holzfäller her, apartig aus dem Tirol. Die schlugen mit eisernen Äxten den Wald von der Windegg bis weit hinüber unter die Schlafbühlenflühe, führten die Streiche so kräftig, dass diese in den Felsen widerhallten, räumten mit Tannen und Ahornen auf bis in einem breiten Streifen kein Tschuugger mehr stand und der vorher unnütze Boden für prächtig tragbares Weideland frei wurde. Freilich verging, nachdem die Tiroler mit ihren Äxten wieder abgezogen waren, noch manches Jahr, bis der gehackte Waldstreifen zu guter Weide geworden. Aber endlich kam doch einmal die Zeit, da die ältere Schwester die Teilung nimmer bereute. Von den eisernen Äxten der Tiroler soll die Alp den Namen bekommen haben. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by B'stellt

Source: B'stellt

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Es war spät in der Nacht, und der Mond beleuchtete die Gegend, als der wachsame Pfarrer von Isental, Peter Josef Egger (1848–1875), einen Mann mit einem Handbräntli aus dem Gaden im Guetig heraus und gegen das Dorf hin kommen sah. Offenbar hatte er dort diebischerweise die Kühe gemolken. Wie er am Pfrundhause vorbeigehen wollte, b'stellte ihn der Pfarrer, öffnete das Fenster, stellte ihn ganz kategorisch zur Rede und liess ihn nicht eher von dannen gehen, als er ihm ernstlich versprochen hatte, das Gestohlene zurückzuerstatten und nie mehr Ähnliches zu tun. Das hat geholfen. »Diä altä Geischlichä hennt nu eppä chennä b'stellä-n- und z'ruggtrybä, diä jetzigä chennet neiwä nymeh uder wennt nitt,« hört man dann und wann klagen. Pfr. Ferd. Ziegler Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Bachmaidli im Uriwinkel bei Veltheim

Source: Bachmaidli im Uriwinkel bei Veltheim

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Die Hohle Gasse nennt man jenen Teil des Weges zwischen den Juradörfern Auenstein und Veltheim, bei dem die Veltheimer- Straße gegen das Schloß Wildenstein hin ausmündet. Dort am Scheideweg bei einem vereinzelt stehenden Hause kommt mit jedem Vollmond eine weiße Frau daher mit einem Kindlein im Arme. Hier schägt sie den Fußweg ein, der erst einem Wildbachlein entlang, das im Sommer meistenteils trocken liegt, und dann über das Feld der Rüschmatten hingeht. Hier, wo das Wasser in eine Schlucht abfällt, Namens Uriwinkel, steigt das Weib hinunter, kommt dann auf dem unterhalb liegenden Mattlande der Bös-Au wieder hervor und wendet sich dem mit Gestrüpp überwachsenen Schachen des Aarufers zu. Am Strome angelangt, wirft sie ihr Kind in die Aare. (Erzählt vom Fergen an der Aare zu Auenstein.)  Man fügt bei, bas Bachmaidli habe ihr neugebornes Kind zerstückelt und in den Veltschenbach geworfen, der von Talheim über Schinznach in die Aare geht; windelnwaschend ruft sie: „O hätt i numme das nit tho, So wär i jetzt i Himmel cho!“   Sage aus Auenstein, Kanton Aargau Band 3.2, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962, S. 137 -137 Notiz:  Dieses Maidli wird wohl unterschieden von dem Veltheimer Dorftiere, welches in Gestalt eines Schweines in demselben Veltschenbache umhergeht.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Bachwäscherin

Source: Bachwäscherin

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Seit vielen hundert Jahren wäscht sie im Waschbachtäli während der Nacht; vielleicht zur Strafe, weil sie im Leben zu faul war. (Altdorf)     Aus: R. Frauenfelder, Sagen und Legenden aus dem Kanton Schaffhausen, Schaffhausen 1933. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Badverwandlung

Source: Badverwandlung

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Eine Viertelstunde hinter dem Dorf Unterschächen im Ländchen Uri quillt ein süsses, kaltes Badwasser unter einem Felsen hervor. Im Badhause las Fäsi eine aus dem Kirchenjahrzeitbuch entnommene Aufschrift, welche lautet:  Anno 1414 inventum est hoc balneum, a Magistro Leopoldo, Artis magicae professore, qui et anno 1450 hoc quod a natura erat calidum, ex mera malitia et perversitate diabolica subvertit. Extructa haec domus est anno 1495.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Barakenfrau bei Frick

Source: Barakenfrau bei Frick

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Im Säckenberg, einem Walde nordwestlich von Frick, von dem in No. 186 a des weitern erzählt ist, sieht man am hellen Tage eine Frau, die Barakenfrau, die, wenn man ihr nahe kommt, plötzlich verschwindet, die Leute aber oft so weit in der Jrre umherführt, dass sie sich über Berg und Thal nicht mehr zurecht finden können. Sie trägt, wie ehemals die Weiber auf dem Lande, einen rothen Tschopen (jupon, Jacke) über einen rothen Rock und hat einen Schinnhut auf aus gespaltenen Weidenruthen geflochten. Sie erscheint bald mit einem Armkorb, bald mit einem Stab in der Hand und bisweilen mit einer Bürde ganz kleiner Reiser auf dem Kopfe, die nicht grösser sind als Rebreiser. Ihre Wanderung geht vom Ettenberg-Egg bis zum Kellengraben. Gewöhnlich hält sie sich unter einer Eiche auf, wo sie die gesammelten Beeren dörrt und dann isst. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Barba Giatgen und Gionlign

Source: Barba Giatgen und Gionlign

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Es waren zwei Brüder, beide heirateten. Barba Giatgen nahm eine reiche Frau, und sie hatten keine Kinder. Barba Gionlign heiratete eine Frau mit wenig Geld, und sie hatten viele Kinder. Eines Tages sagte Gion, der älteste Sohn: «Wie kommt das, Vater, dass Barba Giatgen so reich ist, einen schönen Laden, hat wo alle Waren ausverkauft sind, und Ihr solche Mühe habt, Euch durchzuschlagen?» - «Ich will dir schon sagen, warum: Dein Onkel Giatgen hat eine Frau mit viel Geld bekommen und keine Kinder aufziehen müssen, und ich habe umgekehrt deine Mutter, eine arme Frau, geheiratet und eine Schar Kinder bekommen.» - «Wer weiss, Vater, wenn Ihr mich jetzt mit Onkel Giatgen in die Türkei gehen liesset, um Waren einzukaufen und einen Laden aufzumachen? Dann hätten wir es vielleicht besser.» - «Aber Sohn, dazu braucht es Geld.» - «Oh, lasst das nur meine Sorge sein.» Er ging sogleich zu seinem Onkel und fragte, ob er ihn in die Türkei mitgehen lasse, er habe im Sinn, einen Laden aufzumachen. Der Onkel meinte: «Du kannst schon kommen, doch du musst mindestens 2000 Dukaten haben. In acht Tagen fährt das Schiff, und dann musst du bereit sein.» Sein Onkel Giatgen glaubte nicht, dass er so viel Geld bekomme. Jetzt ging Gion zu seinem Paten, der war der Pfarrer im Dorf. «Ihr, Herr Pate, müsst mir nun 2000 Dukaten leihen; ich habe im Sinn, mit meinem Onkel in die Türkei zu gehen, um Waren einzukaufen und einen Laden aufzumachen.» Der Pate entgegnete: «Womit bürgst du?» Als Antwort zeigte Gion auf das Kruzifix an der Wand: «Damit bürge ich.» Da wagte sein Herr Pate es nicht, nein zu sagen. Als die acht Tage um waren, reiste er mit seinem Onkel Giatgen ab, und sie landeten dann in der Türkei. Hier übernachteten sie in dem Wirtshaus, wo Barba Giatgen meistens abstieg. Als es schon Nacht war, rief Gion: «Barba Giatgen, hört, hier ist jemand, der drischt.» Barba Giatgen sagte: «Sei still und lass mich schlafen, sei nicht neugierig.» Doch Gion war die ganze Nacht unruhig. Am Morgen stand er vor seinem Onkel auf und fragte den Wirt, warum jemand die ganze Nacht gedroschen habe. Der Wirt antwortete: «Dieser Mann ist gestorben und hätte dem Mann hier nebenan 500 Dukaten geben sollen; jetzt muss er wiederkommen und dreschen, bis er seine Schuld abbezahlt hat.» Gion ging zu dem Bauern und fragte, ob er jenen Toten nicht freikaufen könnte. Da gab der zur Antwort: «Doch, doch, zahl mir nur das, was der mir schuldig ist, nachher kann er schon seine Ruhe haben.» Gion sagte: «Hier habt Ihr die 500 Dukaten, die er Euch noch schuldet.» Dann ging er ins Wirtshaus zurück. Sein Onkel war inzwischen aufgestanden und fragte: «Wo warst du?» Gion antwortete, er habe jenen Toten freigekauft, welcher wiederkommen und dreschen musste, er habe 500 Dukaten gegeben, um ihn zu erlösen. Sein Onkel wurde wütend: «Dummer Kerl, der du bist, hierher in die Türkei reisen, Geld verschwenden, um Tote freizukaufen.» Dann reisten sie weiter und übernachteten wieder in einem Wirtshaus. Da hörte er während der Nacht zwei Frauen wunderschön singen. Gion rief seinen Onkel und sagte: «Hört, Onkel Giatgen, wie gut die singen.» - «Schlaf und sei still», gab der zurück. Doch Gion stand auf, ging zum Fenster und lauschte. Am Morgen stand er wieder vor seinem Onkel auf und fragte den Wirt, warum zwei Frauen in der Nacht so schön gesungen hätten. Der Wirt antwortete: «Das sind zwei Sklavinnen; die eine ist die Tochter des Königs von Amsterdam, die andere ihre Kammerjungfer. Sie machten auf einem Schiff draussen auf dem Meer einen Ausflug und wurden von den Türken als Sklavinnen gefangen genommen. Da ging Gion hin und fragte, ob er sie freikaufen könne Da gaben sie zur Antwort, wenn er 500 Dukaten gebe, könne er sie haben. Gion zahlte kurzerhand 500 Dukaten und kehrte mit den beiden Frauen zum Wirtshaus zurück. Barba Giatgen war inzwischen aufgestanden und fragte, wo er gewesen sei. Gion antwortete, er habe jene beiden Frauen freigekauft, die in der Nacht gesungen hätten; die Armen seien gefangen genommen und versklavt worden, er habe 500 Dukaten gegeben. Barba Giatgen wurde diesmal noch wütender als das erste Mal. Unterdessen hatte er seine Waren eingekauft, fuhr nach Hause und liess Gion in der Türkei zurück. Barba Giatgen kam nach Hause. Der Vater fragte nach seinem Gion, wo der sei. Sein Vater, seine Mutter und seine Geschwister hatten grosses Mitleid mit ihrem Gion. Der war in der Türkei mit seinen zwei Frauen, spazierte da in der Stadt herum und hatte noch 1000 Dukaten in der Tasche. Da kamen sie an einem Laden vorbei. Er blieb stehen und sagte: «Hier ist ein schöner Laden mit schönen Waren.» Da stand ein alter Mann im Eingang, und Gion fragte, wie viel all diese Waren kosten sollten, die er in diesem Laden habe. Der alte Mann antwortete: «Wenn du mir 500 Dukaten mit dem gleichen Zeichen und mit der gleichen Jahrzahl drauf zahlst, so kannst du alles haben.» Gion ging zu einem Goldschmied und fragte, ob er nicht diese 500 Dukaten wechseln und alles solche mit dem gleichen Zeichen und der gleichen Jahrzahl haben könnte. Der Goldschmied sagte: «Doch, ich habe soeben diese da frisch geprägt, und sie sind alle in ganz neuen Rollen.» Gion kam mit den 500 Dukaten, so wie er gesagt hatte, zum alten Mann zurück. Der ging aus dem Laden und überliess ihm alles. Da lud unser Gion, eine Weile nach der Rückkehr eines Schiffes, die ganze Ware ein, die im Laden war. Er und seine zwei Frauen schifften sich ein. Da nahm er, bevor das Schiff das Land erreichte, ein kleines Boot, um rascher an Land zu kommen; er brauchte ein Lager für seine Waren. Ihr könnt euch denken, welche Freude die Seinen hatten, ihren Gion wieder zu sehen. Sein Vater sagte: «Hauptsache, du bist wieder da; das Geld werden wir deinem Herrn Paten bestimmt zurückgeben können.» - «Vater, geht rasch und fragt bei den Nachbarn nach Kammern und Scheunen, um Waren zu lagern und fragt auch, ob sie mit Doppelgespannen, Ochsen und Pferden zum Ufer kämen, denn es kommt ein Schiff voll Waren.» Der Vater ging, und alle sagten: «Ja, ja, ihr könnt genug Waren einstellen.» Die Nachbarn lachten und sagten untereinander: «Jetzt kommt unser Gion mit seinen zwei Frauen.» Da machten sich alle lachend auf den Weg, einer mit einem Doppelgespann, einer mit einer Kuh und noch einer mit einem Ochsen, um die Waren hinaufzuführen. Jetzt sahen sie ein Schiff, das sich näherte, und sie sagten zueinander: «Es muss doch wahr sein.» Sie begannen, Waren aller Art auszuladen, so dass alle eine rechte Ladung ins Dorf zu führen hatten. Darauf eröffnete unser Gion einen Laden und konnte alles um fünf bis zehn Rappen billiger geben als sein Onkel Giatgen. Gion hatte sofort Kundschaft aus den Nachbardörfern; alles kam zu ihm, sein Geschäft lief sehr gut. Eine seiner zwei Frauen bediente im Laden, und die andere arbeitete als Köchin. Die zwei Frauen hatten gesagt, als er sie freigekauft hatte, er könne heiraten, welche er wolle. Eines Tages ging Gion zu seinem Vater: «Ich möchte jetzt eine der beiden heiraten, ich möchte die Königstochter nehmen, doch ich weiss nicht, welche das ist.» Sein Vater sagte: «Also, weisst du was, geh du morgen weg, und ich bleibe im Schlafzimmer über der Stube und höre zu, was sie untereinander reden.» Da brachte die Köchin der andern, die im Laden war, das Mittagessen und sagte, sie esse allein. Nun wusste der Vater, welches die Königstochter war, und er erzählte dem Sohn, als der zurückkam: «Nun heirate du die, welche im Laden ist, denn die andere sagte, als sie das Mittagessen brachte, sie esse allein.» Unser Gion ging zu den beiden Frauen: «Wisst ihr noch, als ich euch freigekauft habe, habt ihr gesagt, ich könne jene heiraten, die ich wolle.» Die beiden Frauen erwiderten: «Ja, das haben wir gesagt, und du kannst jene nehmen, die du willst.» - «Also gut, du vom Laden sollst meine Braut sein.» Ein Jahr später hatte sie das Glück, einen Knaben zu bekommen, der Franz Gisep, wie ihr Vater, der König von Amsterdam, heissen sollte. Eines Tages sagte sie zu ihrem Gion, sie hätte gerne, dass ihr Vater, der König, erfahre, dass sie noch lebe und von der Sklaverei befreit sei. Gion sagte: «Also gut, ich will nach Amsterdam gehen und berichten, dass du noch am Leben bist.» Eines Tages ging er weg und schiffte sich nach Amsterdam zu ein. Er hatte ein Segel gehisst, worauf die Namen Gion, Maria Elisabeta und Franz Gisep standen, als das Schiff in Küstennähe kam. Als der König auf seiner Laube draussen stand und aufs Meer hin schaute, sah er ein Schiff kommen, auf dem mit grossen Buchstaben etwas geschrieben stand, aber er konnte es nicht lesen. Er holte sein Fernrohr und sagte zur Königin: «Da ist etwas Besonderes los. Gewiss kommen Nachrichten von unserer Tochter.» Nun trat er mit der Königin auf die Laube, schaute durch sein Fernrohr und sah, dass geschrieben stand: Gion, Maria Elisabeta und Franz Gisep. Er sagte zur Königin: «Du, unsere Tochter ist noch am Leben; sie muss mit einem Gion verheiratet sein und einen Buben haben, der so heisst wie ich.» Als das Schiff landete, hatte er schon den Befehl erteilt, mit einer vierspännigen Kutsche entgegenzufahren. Da jedoch nur Gion da war, fragte der König, wo seine Tochter sei. Gion antwortet, sie habe noch nicht kommen können mit ihrem Franz Gisep, sie sei wohlauf und lasse grüssen. Er berichtete, er habe sie freigekauft und vor einem Jahr geheiratet. Der König sagte, er solle für einige Tage dableiben und dann zurückfahren, um Frau und Kind zu holen. Gion blieb einige Tage, dann führ er zurück. Der Hofschreiber wollte ihn ein Stück weit aufs Meer hinaus begleiten und danach mit einem Boot zurückkehren. Als Gion aus dem Fenster schaute, da gab der Hofschreiber ihm einen Stoss und warf ihn ins Meer, doch ein grosser Fisch kam angeschwommen und verschlang ihn. Der Hofschreiber kehrte in aller Eile um und sagte, Gion sei ins Meer gefallen und ein Fisch habe ihn gefressen; aber er wolle die Tochter und das Kind holen und ihnen sagen, was mit Gion geschehen sei. Er ging und kam mit Tochter und Kind zurück und brachte sie nach Amsterdam. Dann fragte er sie, ob sie seine Braut sein wolle. Sie gab zur Antwort: Sieben Jahre wolle sie um ihren Gion trauern, und nach sieben Jahren wolle sie ihn heiraten. Der Fisch schwamm und spuckte Gion noch lebend am Ufer aus. Da wusste unser Gion ganz und gar nicht, in welchem Land er sich befand. Er machte sich auf den Weg, kam in ein Dorf und fragte nach Arbeit. Da waren einige Frauen an einem Brunnen, die wuschen, und so fragte er, ob sie nicht wüssten, wer einen Mann zum Arbeiten brauche. Eine sagte, er solle zum Dorfmeister gehen, der suche einen Geisshirten, denn der sei gestern davongelaufen. Der Dorfmeister wohne gerade dort drüben in jenem Haus. Der sagte, wenn er die Geissen hüten wolle, so könne er dies tun, und Gion übernahm das Geisshüten. Da blieb er sieben Jahre weniger sieben Tage. Eines Tages, als er mit den Geissen auf die Alp ging, war er eingeschlafen, da hörte er es rufen: «Gion, steh auf, du hast noch Zeit.» Er stand auf, schaute herum und sah niemanden. Am nächsten Tag kehrte er an den gleichen Ort zurück und hörte dasselbe: «Gion, steh auf, du hast noch Zeit.» Da er niemanden sah, kehrte er am dritten Tag wieder dorthin zurück. Da rief es nochmals: «Gion, steh auf, du hast noch Zeit.» Er stand rasch auf, sah einen Fuchs zuoberst auf einem Hügel und fragte: «Hast du mich gerufen?» - «Ich, ich habe dich gerufen.» Gion fragte: «Was willst du denn von mir?» Der Fuchs gab zur Antwort: «Deine Frau hält in sieben Tagen Hochzeit mit dem Hofschreiber. Wenn du das Ganze verhindern willst, so hast du noch Zeit.» «Wie kann ich das Ganze verhindern?» fragte Gion, «da ich hier hocke und vielleicht einen Monat brauche bis ich in Amsterdam bin?» - «Also gut, wenn du versprichst, mir die Hälfte von dem zu geben, was du in einem Jahr zusammengebracht hast, so kannst du auf mir reiten, ich bringe dich hin.» Gion antwortete: «Ja das muss ich sehen» und setzte sich rittlings auf den Fuchs. Der machte Sprünge von einer Ecke zur andern und gelangte mit ihm nach Amsterdam. Gion ging zum Schloss. Da waren grosse Vorbereitungen im Gange für die Hochzeit, die seine Frau in sieben Tagen mit dem Hofschreiber halten sollte. Also fragte er, ob sie nicht jemand zum Wasser- und Holztragen brauchen könnten. Die Köchin sagte: «Lassen wir ihn Wasser und Holz tragen und geben wir ihm etwas zu essen, so ist er zufrieden.» Eines Tages, als die Köchin einen Eierkuchen für den König und die Tochter backte, stand Gion dort mit einem Arm voll Holz. Sobald nun die Köchin ihm den Rücken zukehrte, streifte er sich den Ring vom Finger und warf ihn in den Eierkuchen. Als der König den Eierkuchen entzweischneiden wollte, da schnitt das Messer nicht, so dass er zu seiner Tochter sagte: «Wer weiss, was hier drin ist?» Er nahm mit der Gabel den Kuchen auf: Es war ein Ring drin. Die Tochter rief: «Ho, das ist der Ring meines Gion, mein Gion lebt noch.» Sie hatte ihm jenen Ring gegeben, als sie Hochzeit hielten, es war «Gion» eingraviert, und sie erkannte den Ring. Der König klingelte unverzüglich mit dem Glöcklein, um die Köchin zu rufen. Er fragte sie, wer in der Küche gewesen sei, als sie jenen Eierkuchen gemacht habe. Die Köchin antwortete: «Jesses Maria, es war gewiss niemand da, doch wie habe ich das gemacht?» Sie habe des Königs Wort, sie solle die Wahrheit sagen. «Doch, einer war in der Küche, den liessen wir dieser Tage Wasser und Holz tragen, da wir mehr zu tun haben als sonst.» - «So, der soll sofort hierher kommen.» Unser Gion trat furchtlos vor den König, als zerlumpter Geisshirt, doch seine Frau erkannte ihn sogleich und begrüsste ihn voller Freude. Er erzählte alles, was der Hofschreiber mit ihm gemacht hatte, und dass er hierher gekommen war, um das Ganze zu verhindern. Sie machten untereinander ab, bis zum Tag der Hochzeit nichts zu sagen. Die Maurer verputzten das Schloss rundherum und brachten für den Hochzeitstag alles in Ordnung. Gion fragte, ob sie nicht einen Mörtelbuben brauchten, um den Mörtel anzurühren. Die Maurer sagten, doch, er könne kommen. Da war er eben dabei, mit der Kelle Mörtel zu rühren, als der Hofschreiber vorüberging. Gion schüttelte heftig und spritzte den ganzen Mörtel auf ihn. Der Hofschreiber brüllte, ein so unverschämter Kerl, der ihn so mit Mörtel voll gespritzt habe, sei ihm noch nie über den Weg gelaufen, und er gab den Befehl, ihn ins Gefängnis zu stecken. Dann ging er unverzüglich zum König, erzählte alles und zeigte, wie verschmiert er war. Zwei Tage später sollte die Hochzeit sein. Der König gab die Erlaubnis, dass an jenem Tag alle Gefangenen hinauf an den Tisch kommen könnten. Der Bräutigam sass mit der Braut zuoberst am Tisch, und die Gefangenen zuunterst. Der König fragte, ob alle hier seien; der Hofschreiber antwortete: «Es sind alle hier ausser dem Frechdachs von gestern, den, so habe ich befohlen, sollen sie im Gefängnis verfaulen lassen.» Der König sagte: «Ich habe befohlen alle, und ich will, dass auch der mit den andern heraufkommt.» Der musste zuallerunterst an den Tisch. Da stellte der König dem Hofschreiber die Frage, was zu tun sei mit einem, der versucht habe, die Frau eines andern zu heiraten. Der Hofschreiber antwortete: «Man soll ihn von Pferden zerreissen lassen.» Da stand der Gefangene zuunterst am Tisch auf und sagte: «So muss man es gerade mit dir machen; du hast versucht, mich ins Meer zu werfen, um meine Frau zu heiraten.» Als das Jahr um war, kehrte der Fuchs zurück und verlangte die Hälfte von dem, was Gion zusammengebracht hatte. Der hatte alles Geld genau beiseite gelegt. Der Fuchs sagte: «Das hier ist nicht alles.» Gion fragte: «Was fehlt denn noch?» - «In diesem Jahr hatte deine Frau das Glück, einen Buben zu bekommen, und den müssen wir auch teilen.» Gion sagte: «Das ist wahr.» Er nahm das Schwert und zog seinen Buben an einem Bein aus der Wiege, um ihn entzweizuschneiden. «Halt», befahl der Fuchs, «ich schenke ihn dir, denn ich bin der Tote, den du freigekauft hast; ich bin jener Alte, der dir das Geld gewechselt hat, ich habe mich in einen Fisch verwandelt, um dich aus dem Meer zu retten und in einen Fuchs, um dich über Berg und Tal zu tragen, damit du rechtzeitig ankommen und das Ganze verhindern konntest, als der Hofschreiber deine Frau heiraten wollte. Alles habe ich als Gegenleistung dafür getan, dass du mich freigekauft hattest und ich nicht mehr weiter dreschen musste, sondern ruhen konnte.» (Oberhalbstein)   Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Barbligna mit dem goldenen Stern

Source: Barbligna mit dem goldenen Stern

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Die arme Barbligna war sehr traurig, denn ihre Stiefmutter hatte ihr gesagt, dass die kleine Kuh im Stall unten geschlachtet werde, die kleine Kuh, die sie so sehr mochte. Doch diese tröstete sie und sagte: «Lass nur, meine Barbligna, sie sollen mich schlachten. Schau nur, dass du zum Inn hinuntergehen kannst, um den Magen auszuwaschen, und du wirst darin ein Kästchen finden. Nimm es und bewahr es gut auf, und wenn du einen Wunsch hast, so sag ihn nur dem Kästchen, und er wird erfüllt.» Am Tag der Hausmetzg bot sich Barbligna an, mit dem Magen zum Inn zu gehen. «Das fehlte gerade noch», sagte die Mutter, «der würde wohl gut ausgewaschen.» Doch Barbligna versicherte ihr, sie habe im Vorjahr genau aufgepasst, wie die Frauen es angepackt hatten; sie wisse ganz gut, wie es gemacht werden müsse. Da liess die Mutter sie an den Inn gehen. Barbligna hatte eben das Kästchen gefunden und es am Hals herunter verschwinden lassen, als die Mutter erschien, um zu sehen, was sie trieb. «Was, du faules Luder, bist du noch nicht fertig mit dem Magen?» schrie sie, «gib ihn mir her und scher dich fort, du oberfaules Ding.» Barbligna liess sich das nicht zweimal sagen, lief rasch nach Hause, stopfte ein paar Kleider in ein Tuch, und mit ihrem kleinen Bündel unter dem Arm ging sie in den Garten hinunter. Dort nahm sie ihr Kästchen hervor und wünschte sich ein gläsernes Haus und dass sie damit gehen könne, wohin sie wolle. Und im selben Augenblick waren dort ein Häuschen und ein Stab, um es dahin zu lenken, wo sie wollte. Barbligna stieg hinein und sofort setzte sich das Häuschen in Bewegung und ging und ging durch Wiesen und Wälder und über Hügel und Berge, und schliesslich kam sie in eine grosse Stadt. Vor einem schönen Palast hielt sie an, sie trat ein und bat um eine Stelle; da wurde sie als Hühnermagd angestellt. Barbligna schaute gut zur Hühnerschar, und zwischendurch nahm sie das Kästchen hervor und wünschte, dass ihre Hennen tüchtig Eier legten, und die Hühner taten dies, dass es eine grosse Freude war. Jeden Tag konnte sie einen Haufen Eier zum Palast bringen, und alles sagte, so gut hätten die Hühner noch nie Eier gelegt. Eines Tages nun hörte Barbligna, dass der Sohn der Königin, die im Palast wohnte, einen Tanzabend veranstaltete, und Barbligna wollte unbedingt auch auf diesen grossen Ball gehen. Und sie wünschte sich dazu ein schönes Kleid und auch kleine Pantoffeln. Und in dem Augenblick lag dort ein wunderschönes Kleid, himmelblau mit Sternlein, und auf dem Kopf trug sie einen goldenen Stern. Und sie ging an den Tanzabend und war dort die Schönste der Schönen. Alle sahen sie an und bewunderten sie. Doch der Prinz, der konnte sie gar nicht genug ansehen, denn sie war so schön und anmutig, und er tanzte mit ihr mehrere Runden. Doch als es zu dämmern begann, da war sie auf einmal fort, und der Prinz war ganz traurig und konnte sich nicht vorstellen, wohin sie entwischt sein könnte. Er liess nicht locker, er fragte den einen und fragte den andern, aber keiner vermochte ihm zu sagen, wohin sie verschwunden sei. Nun wollte er noch einen Ball geben, in der Hoffnung, sie werde wieder erscheinen. Und tatsächlich, Barbligna erschien wieder. Dieses Mal hatte sie sich ein weisses Kleid gewünscht, und sie war wieder schön wie ein Engel. Und der Prinz war glücklich und selig, dass er sie wieder gefunden hatte und gab ihr einen schönen Ring. Doch vor Tagesanbruch war die Schöne wieder verschwunden. Der Prinz verzweifelte, weil er sie nicht mehr sah und all seine Nachforschungen vergeblich waren. Jetzt wurde der Prinz vor Kummer krank, und der Mutter tat es weh, dass ihr Sohn so schlecht dran war. Sie gab ihn allerlei gute, stärkende Sachen, um ihn wieder zu Kräften zu bringen, aber nichts half. Eines Tages war sie wirklich selber in die Küche gegangen, um ihm eine Suppe zu kochen. Unterdessen tauchte auch Barbligna in der Küche auf. Da benutzte sie schnell einen Augenblick, wo die Mutter auf die andere Seite schaute, und warf den Ring, den ihr der Prinz gegeben hatte, in die Suppe. Und als der die Suppe gegessen hatte, was sah er auf dem Grund des Tellers? Den Ring, den er seiner Tänzerin geschenkt hatte. Sofort liess er seine Mutter rufen und wollte wissen, wer in der Küche gewesen war, während sie die dicke Suppe gekocht hatte. Und die Mutter sagte: «Nun, wer soll dort gewesen sein? Niemand anders als ich. Einen Augenblick lang war auch die Hühnermagd dort, doch die kann es natürlich nicht sein.» Doch der Prinz bestand darauf, die Magd zu sehen, und als Barbligna kam, nahm er ihr sogleich das Tuch weg, das sie um den Kopf trug, und was kam zum Vorschein? Der glänzende goldene Stern, denn der war ihr geblieben. Damit niemand sie erkennen konnte, hatte sie immer ein Kopftuch getragen. Welche Freude, welche Fröhlichkeit! Er umarmte und küsste Barbligna, und die Krankheit war wie weggeblasen. Und kurz darauf heirateten sie. Was für eine wunderschöne Hochzeit das war, das kann man sich denken. (Oberengadin)   Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Bärenfaller

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Oberhalb Wasen ist ein Felsrücken, die Bärenfalle genannt. Hinter diesem Rücken liegt eine Alpe gleichen Namens. Hier wohnte einst ein riesenstarker Brigerberger. Als er einst seine Herde auf dem Bergesrücken weidete, wackelte ihm ein grimmiger Bär entgegen. Im Augenblicke, da dieser ihn mit seinen Tatzen zu Boden schlagen wollte, umfing er die Bestie mit den Worten: «Oho, Schurke! Willst du von Arm, ich will auch von Arm.» Seine beiden Riesenarme um ihn schlingend, hielt er den Bären so fest, dass dieser mit Rachen und Tatzen nur noch die Luft zu beissen und zu peitschen vermochte. Indem sie so miteinander rangen, stürzten beide gemeinsam in den Abgrund, wo der schwerere, der Bär, zuerst auffiel und zerplatzte. Der Ort hiess seither die Bärenfalle und die Familie erhielt den Namen Bärenfaller. TERMEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Baschi Frech

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Dieses ereignete sich vor mehr als dreihundert Jahren. Auf einer Alp im Tale Meien, Aistner Alp genannt, sennete viele Jahre ein gewisser Baschi Frech, der in der Tat ungemein frech war und nie etwas fürchtete. Es war ihm wohl bekannt, dass während dem Winter in seiner Alp auch gesennet werde und zwar von solchen, welche im Leben als Sennen ihre Sache nicht recht gemacht hatten, sei es, dass sie Molken oder das Vieh vernachlässigten, oder einem der Mithaften mehr zuschöpften als dem andern. Diese mussten nachher im Winter dort wandeln. Alle Älpler wussten zudem, dass wenn einmal die Alphütte im Herbste verlassen sei, man nicht mehr in dieselbe zurückkehren dürfe, bis im Frühling, sonst gehe es einem dass Gott erbarm und das glauben sie noch jetzt im Berner Oberland. Aber Baschi Frech hatte einmal in seiner Alp etwas vergessen, was er notwendig brauchen sollte. Da sagte er zu vielen seiner Kameraden: Er müsst wieder in die Alp, ob nicht einer oder zwei mit ihm wollten; doch um hundert Kronen ging keiner. Der Baschi hingegen, der ging dennoch mutterseelenallein. Alle hielten ihn für verloren und sprachen in den Abendstuben von der entsetzlichen Frechheit. Im Gehen sagte er noch: Die dort werden ihn jetzt einmal noch nicht fressen. Es war schon spät, als er in die Alp kam und blieb selbigen Abend dort über Nacht. Er ass etwas und legte sich in die gewöhnliche Gutsche, in welcher er im Sommer auch sein G'lieger hatte, obwohl nur noch altes Heu darin geblieben war. Es war kalt und feucht und unlustig; doch eine Nacht wird mich nicht umbringen, dachte Frech. Er schlief nicht gut, nur aus Müdigkeit fielen ihm bisweilen die Augen zu. Aber holla! Gegen 12 Uhr hörte er schon von weitem eine Schar Sennen und Alpknechte in den Holzschuhen gegen die Hütte daher trappen. Baschi Frech dachte bei sich selbst: Das ist nicht zum Schlafen aber zum Aufpassen, was da gespielt wird. Sie schlugen die Türe auf, unter schrecklichem Gerassel traten sie in die Hütte, redeten kein Wort, fingen an zu sennen, hängten das Kessi an, feuerten darunter, trugen Milch aus dem Speicher hervor und warfen sie in das Kessi; es rauschte und schäumte und sie ankten und machten Käse, sehr viele, und alles ging schnell. Baschi hatte ihnen gut aufgpasst und manchmal stellten sich seine Haare zu Berge, aber er wehrte sich gegen alle Furcht. Jetzt hatten die Sennen dreierlei Schotten, rote, grüne und gelbe. Zu seinem grössten Erstaunen riefen sie ihm: Er solle herunter kommen und mit ihnen Schotten trinken. Er ging frech hinunter zu den Wintersennen, denen er durch die Rippen hindurch sah. Aber Baschi Frech war nicht verlegen. Da fragten sie ihn, von welcher „Suffi" er wolle? Er antwortete schnell, frech und laut: Er wolle von der grünen; und er trank, aber sie war nicht so gut wie jene, die er selbst gemacht hatte. Da sagten sie ihm, es bekomme ihm wohl, dass er von der grünen begehrt habe, sonst wäre es ihm schlecht genug ergangen. Einer von den Unheimlichen ging und klopfte den Sauen und die Sauen kamen und hatten einen Lärm. Baschi ging wieder auf sein Lager und liess sein Messer dort liegen, wo er Schotten getrunken; denn er hatte Brot aus dem Sacke genommen gehabt und zu der Schotte gegessen. Einer von den Wintersennen nahm das Messer des Baschi und beschnitt damit die Käse und als er dies getan hatte, so stiess er das Messer dem Baschi in ein Bein, dass es tief drinnen steckte. Der Baschi musste mit dem Messer im Bein am Morgen früh nach Hause gehen, nachdem die geisterhaften Sennen verschwunden waren. Aber niemand, kein Doktor konnte ihm das Messer aus dem Bein bringen. Die Doktoren von Altdorf gaben ihm den Rat, er soll nochmals dorthin gehen und wenn dann dieser wieder Käs beschneide, so werde er wohl sein Messer neuerdings brauchen. Sobald der Geist dann das Messer ihm wieder aus dem Bein zöge, soll er sich augenblicklich davon machen. Baschi Frech befolgte diesen Rat, ging nochmals fort in die Alphütte und wurde von dem Messer befreit, als der Geist wieder die Käse beschnitt und eilte schnell davon.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Basler Spitalwald und Milchsuppe

Source: Basler Spitalwald und Milchsuppe

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Der Spitalwald, gegen Münchenstein zu gelegen, hat ursprünglich einer alten Jungfrau gehört. Diese habe ihn der Gemeinde Arlesheim zum Geschenk angeboten, wenn diese sie in das Bürgerrecht aufnehme und im Alter und bei Krankheit für sie sorge. Die Gemeinde habe sich jedoch vor den Kosten gefürchtet und das Anerbieten abgelehnt, worauf die Eigentümerin den schönen Wald nebst einem Hofe bei Basel dem Bürgerspital in Basel vergabt habe. Dort sei sie bald darauf gestorben, und zwar, nachdem sie eine Milchsuppe genossen, weswegen der erwähnte Hof «zur Milchsuppe» genannt wurde. Arlesheim Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Basler, wunderbar aus Gefangenschaft befreit

Source: Basler, wunderbar aus Gefangenschaft befreit

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Im Jahr 1338, als zwischen den Kronen Englands und Frankreichs ein Krieg erhoben und sich Deutschland mehr zu England hinneigte, hatte Frankreich nach der deutschen Seite seine Grenze versperrt und allen Eingang verboten. Trotz diesem Edikt hatte sich ein basler Kaufmann mit seiner Ware nach Frankreich gewagt, meinend, da er in der französischen Sprache wohl erfahren sei, werde man ihn leichtlich für einen gebornen Franzosen halten, so dass er sicher unerkannt und verborgen bleiben würde. Dieses Wagnis schlug jedoch fehl, denn bald als Fremder erkannt, ward er auf eines Edelmanns Schloss gebracht und in einem hohen mit Wassergräben umgebenen Turm mit Ketten an Händen und Füßen gefangen gehalten. In dieser Not nun soll der Kaufmann ein inbrünstiges Gebet an die heilige Jungfrau Maria gerichtet und dieselbe gar flehentlich um Hülfe angerufen haben, welche, sein Gebet erhörend, auch alsbald in eigener Person in königlichem Gewand und mit güldener Krone auf dem Haupt, in seinem Kerker erschienen sei und ihm mit den Worten: „Stehe auf mein Geliebter und folge mir!“, die Hand gereicht habe. Darauf seien die Ketten von ihm gefallen, die Mauer des Gemachs habe sich gespalten und ungefährdet und unverletzt habe ihm die heilige Jungfrau aus dem dreistockhohen Gefängnis trockenen Fußes über das Wasser geführt, ohne dass die Turmhüter etwas gemerket, und er alsbald glücklich in Basel angekommen sei, wo er seiner wunderbaren Rettung Meldung getan. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Bauer und Landvogt

Source: Bauer und Landvogt

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Auf einem Schloss, man nannte es Gilgenberg, wohnte zu seiner Zeit ein Landvogt, der sich mit den Bauern recht gut verstand. Er ging einmal spazieren und traf auf dem Feld einen Bauern an, der am ackern war. Der Landvogt grüsste ihn: »Guten Tag, Nachbar, wie geht's?« »Hin und her«, sagt der Bauer und sonst nichts. Er hatte es drauf angelegt, den Landvogt ein wenig in Harnisch zu bringen. Der Landvogt denkt: Diesen Bauern muss man offenbar an einem andern Ohr packen, wenn man ihn zum Reden bringen will. Und er nimmt sich vor, er wolle ihn das nächste Mal geschickter anreden. Ein paar Tage später treffen sie wieder zusammen, und der Landvogt sagt: »Fleissig, fleissig, Nachbar? Ihr habt da wirklich zwei schöne Pferde!« »Es waren eben auch zwei schöne Füllen!« meinte der Bauer und lässt sich keinen Augenblick bei seiner Arbeit stören. Warte nur, denkt der Landvogt, ich will dich lehren, wie man mit der gnädigen Obrigkeit spricht, du Flegel du! Er überlegt sich, wie er diesem Bauern eine Lektion erteilen könne. Beim Bauern aber war mehr Übermut im Spiel als Bosheit. Im Grunde genommen hatte er doch Respekt vor dem Landvogt, wie sich gleich zeigen wird. Beim Kleemähen findet er einmal einen schlafenden Hasen, kann ihn lebend fangen und denkt, den könnte er als schönes Geschenk ins Schloss bringen. Er zieht daheim den Sonntagsrock an, nimmt den Hasen in die Brusttasche und trabt in der besten Meinung den Schlossweg hinauf. Im Schlosshof unter den hohen Schattenbäumen ergeht sich der Landvogt und sieht einen schweren und starken Mann den Berg heraufkommen. Er fragt sich: Was will der wohl von mir? Bald sieht er, dass es jener grobe Bauer ist, und hetzt ihm die Schlosshunde an. Die stürzen sich wie Drachen den Berg hinab und auf den Mann los. In jener Zeit fürchtete man die Schlosshunde sehr, und der Mann wäre wohl recht erschrocken, wenn er zu erschrecken gewesen wäre. Aber er stand mitten auf dem Weg bockstill, knöpfte vorn nur seinen Rock auf und liess den Hasen zur Tasche hinausspringen. Nun setzten die Hunde nichts wie los dem Hasen nach und schauten den Bauern nicht mehr an. Der Landvogt sieht mit Verdruss, wie die ganze Meute in den Wald hineinschiesst, kommt von oben herabgetrippelt und fragt: »Eh! Wem springen die Hunde denn nach?« »Dem, der voranspringt!« sagt der Bauer und verzieht dabei nicht einmal sein Gesicht. Nun platzte der Landvogt fast vor Ärger und spürte sich kaum mehr, aber er liess sich nichts anmerken und sagt zum Bauern: »Komm ins Schloss hinauf, du musst etwas zu trinken haben.« Der Bauer hat diese Einladung nicht abgewiesen und im hinaufsteigen erzählt er ihm auch, was ihn hergeführt habe und was er habe bringen wollen. Doch der Landvogt war zu sehr erbost und hatte kein Mitleid mehr mit dem Bauern. Er winkt einem Knecht und trägt ihm auf, mit dem Gast da in den Keller zu gehen, ihn zu füllen bis er genug habe und ihn dann gottvergessen durchzuwalken. Der Knecht tat, wie ihm befohlen war, und in den ersten Teil konnte sich der Bauer recht gut schicken. Als er bereits elf oder dreizehn Kännchen versorgt hatte und ihm der Wein allmählich die Pelzkappe lüftete, dämmert es ihm auf, die Mette könnte nun bald angehen. Er sieht auf den großen Fässern noch ein kleines liegen und sagt: »Da drin muss gewiss noch ein gutes Tröpflein sein, das wollen wir auch noch versuchen, ich habe sonst wohl aus jedem Fass ein wenig gehabt - und damit schlagt er den Hahn heraus. Der Wein kommt im Bogen herausgesprungen, und der Knecht kommt auch und schimpft: »Du Sürmel, was machst du nur!« Er stösst geschwind den Finger ins Loch. Der Bauer sucht den Hahn, findet ihn, und genau, wie es der Knecht befiehlt, steckt er ihn neben dem Finger hinein und pauf! mit dem Hammer drauf. Damit ist der Knecht ans Fässchen genagelt und schreit gar erbärmlich. Der Landvogt draussen hat schon lang auf diese Musik gewartet und wie jetzt endlich der Lärm im Keller losgeht, denkt er: Aha, der gerbt nun einmal diesen Kerl und ruft in den Keller hinunter: »Hau ihn recht ab!« Der Bauer war als gehorsamer Diener schon an der Arbeit und haut von einem schönen Käse ein ganzes Viertel ab, nimmt diesen Käsebissen in die Brusttasche, wo vorher der Hase war, knöpft den Rock bis oben zu und wackelt mit übergeschlagenen Armen die Kellertreppe hinauf. Dazu schnitt er ein Gesicht wie Holzessig, machte saure Augen und liess den Kopf hängen wie ein armer Sünder. Oben empfängt ihn der Landvogt mit herzlicher Schadenfreude, lacht und sagt: »Nun, mein Bäuerlein, du hast eben deinen Teil erwischt für dein böses Maul!« »Gewiss habe ich das, Herr Landvogt«, antwortete das Bäuerlein, »ich und meine Frau, wir haben bestimmt ein Vierteljahr daran zu kauen!« Otto Sutermeister: Kinder und Hausmärchen aus der Schweiz, Aarau 1837, nach B.Wyss; Schwyzerdütsch, Sitten und Sagen, 1863, S. 86.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Beatus und die Zwerge

Source: Beatus und die Zwerge

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Als Beatus im Oberlande das Evangelium verkündigte, gab es noch Zwerglein, kleine "gesegnete Leutlein" oder Bergmännchen, die in verborgenen Felsklüften wohnten. Sie zogen sich zurück vom Weltverkehr und galten allgemein als menschenscheu. Den stillen, braven Menschen waren sie gern behülflich in Haus und Feld. Gar manche Arbeit nahmen sie denselben ab. Mit dem heiligen Beatus nun knüpften sie alsbald freundschaftliche Beziehungen an. Sie waren ihm höchst dankbar, dass er den Drachen aus der Höhle vertrieben hatte; denn derselbe war auch ihnen zum Schrecken gewesen. Jetzt durften sie doch wieder ungehindert aus dem Innern des zerklüfteten Berges, wo sie ihre Wohnung hatten, dem Felsenspalt des Beatenbaches folgend, ans Tageslicht treten. Sie sorgten dem Apostel für seinen leiblichen Unterhalt, brachten ihm dürres Holz zur Feuerung, damit er in seiner Höhle vom Rauch nicht allzu übel geplagt werde. Das Wasser holten sie ihm aus dem murmelnden Bach nebenan; wenn das Wetter gar zu unlustig war, so schlüpften sie zu diesem Zweck durch das enge Felsloch im nordwestlichen Winkel seiner Höhle, um tief im Berginnern aus dem felsgebornen Quell zu schöpfen. Von den Flühen herab brachten sie ihm Gemsmilch und feine Käslein. Ja, sie führten ihm selbst Gemsen zu, dass er sie wie zahme Ziegen behandeln konnte. Östlich beim Eingang seiner Klause richtete er in den kleinen Grotten Ziegen- oder Gemsställe ein. Mit aller Sorgfalt hüteten und molken ihm die Zwerglein seine Haustiere. Sie halfen ihm auch unterhalb seiner Höhle allerlei Fruchtbäume pflanzen und pflegen. Die reifen Früchte lasen sie behutsam ab und brachten sie in seine Höhle. Beatus aber brauchte das wenigste für sich selber. Er trug die saftigen Früchte als Labsal hin zu den Kranken. Auch die heilsamen Kräuter aus seinem Gärtlein dienten zur Arznei für allerlei Leidende der Gegend. Die Zwerglein brachten ihm von den hohen Berggipfeln herab gar manches seltene Pflänzchen mit heilwirkender Eigenschaft. Biberklee und Lilien waren in St. Beats Garten besonders reichlich vertreten. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Beatus vertreibt den Drachen

Source: Beatus vertreibt den Drachen

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Vor alten Zeiten lebten die Umwohner am Wendelsee weltabgeschieden im Heidentum. Da kamen über den schwarzen Berg (Brünig) zwei Fremdlinge gewandert im härenem Mantel, mit langem Pilgerstab: Beatus und Justus. Sie zogen dem Ufer des Brienzersees entlang ins Bödeli, das damals noch unwirtlich aussah. Am Fuss der sonnigen Berge pilgerten sie weiter, überschritten den Lombach und kamen ins uralte Dörfchen Sundlaue- nen. Hier wohnten freundliche Hirten in rauchgeschwärzten Hütten. Die fremden Männer wurden gastlich aufgenommen. Sie erzählten den Leuten, dass sie gekommen seien, um den Bewohnern der dortigen Gegend eine gute Botschaft zu bringen. Der allein wahre Gott habe Jesum Christum in die Welt gesandt, um die sündigen Menschen selig zu machen. Die Sundlauener baten Beatum, dass er bei ihnen bliebe und sie in seiner neuen Lehre unterrichte. Gerne versprach dies der würdige Fremdling. Da erzählten sie ihm, es hause in einer benachbarten Höhle ein grimmer Lindwurm, zu Schaden für Mensch und Vieh. "Die Erde ist des Herrn und was darinnen ist!" sprach Beatus. "Im Namen des allmächtigen Gottes will ich den Drachen vertreiben." Früh in der Morgendämmerung machte sich der Fromme mit seinem Begleiter auf den Weg. Bei Sonnenaufgang langten sie bei der Höhle an. Grausig zischte der Drache den Ankömmlingen entgegen. Beatus aber erhob seinen Pilgerstab und beschwor das Ungetüm im Namen des Allmächtigen. Da fuhr der Drache aus mit ohnmächtigem Wutgeheul. Er fuhr über die senkrechte Felswand empor und schlug in gräulichem Zorn mit seinem ungeheuren Schwanz dermassen an die Fluh, dass zu ewigem Zeichen das Drachenbild daran zurückgeblieben ist. Beatus aber richtete die Höhle des vertriebenen Untiers sich zur Wohnstätte ein, um von hier aus den Leuten die frohe Botschaft zu verkünden. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Beerenleser und Zwerge

Source: Beerenleser und Zwerge

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Im Burgerwalde machte man von Zeit zu Zeit grössere Kahlschläge. Auf diesen Lichtungen wuchsen dann zuerst Erdbeer- und Heidelbeerstauden. Später machten sich Himbeer- und Brombeersträucher breit und nahmen den Boden in Besitz. Zur Sommerszeit tummelte sich auf diesen Plätzen das fröhliche Volk der Beerenleser: Buben, Mädchen und Frauen. Da hörte man lachen, reden, jauchzen, singen - hier deutsch, dort welsch. Manchmal war auch das feine Klingen von kleinen Glöcklein zu hören, Glöcklein wie man sie den Ziegen umhängt. Die tönten bald fern, bald nah, und doch waren keine Ziegen zu sehen, man mochte mit den Augen suchen, wie man wollte. Dann sagten die Beerenleser: „Hört, die Zwerge hüten ihre Ziegen. Das Wetter bleibt gut.“ Zwergleins Spass Eine Mutter ging einst mit ihren Kindern in den Burgerwald, um Beeren zu sammeln. Sie hatten keinen guten Tag. Den ganzen Vormittag zogen sie von einem Beerenplatz zum andern. Aber sie fanden nichts, alles war schon abgelesen. Um die Mittagszeit verbargen sie ihre noch leeren Körbe und Kratten in einem Gebüsch und schickten sich an, am Ufer des nahen Bächleins ihr Mittagsmahl zu bereiten. Ein Feuer wurde angezündet und die Pfanne mit der Milch aufgesetzt. Alle sassen oder knieten im Kreise herum, plauderten und nährten die Flamme mit dürrem Reisig. Auf einmal sauste ein Tannenzapfen ins Feuer. Funken und Asche stoben auf. Erschrocken fuhren alle empor und hielten Ausschau nach dem Übeltäter. Doch niemand war zu sehen und nichts zu hören. Man beruhigte sich und plauderte weiter. Da  plötzlich flog ein Tannenzapfen daher und fiel mitten in die Pfanne, dass die heisse Milch hoch aufspritzte. Gleichzeitig ertönte in der Nähe ein helles Lachen: Hihihihii. Die Kinder hatten beobachtet, dass das Geschoss just von jenem Orte herkam, wo die Körbe versteckt waren. Schnell eilten sie hin. Da sahen sie gerade noch, wie ein Zwergenmannli flink durch die Himbeerstauden beinelte und im Wald verschwand. Jetzt entdeckten sie auch, was der Kleine hier getan. Ihre Augen weiteten sich vor Staunen, und alle stiessen miteinander einen Freudenruf aus. Das Zwerglein hatte sich einen köstlichen Spass erlaubt. Es hatte alle Körbe und Kratten bis zum Rande mit dunkelroten, duftenden Himbeeren gefüllt.   2. Zwergleins Zorn Kathri, die alte Beerenleserin, erzählte: Als ich noch jung war, da habe ich einmal im Grauloch (Burgerwald) Beeren gesammelt. Es war ein guter Tag. Was ich suchte, fand ich in Menge. Langsam rückte ich immer weiter den Hang empor. Ich sah nicht auf die Umgebung. Meine Augen waren nur auf die Arbeit gerichtet. Auf einmal befand ich mich vor einem grossen Steinblock. Ich blickte hinauf und schreckte zusammen. Auf dem Steine stand ein Zwerg. Er lächelte mir gutmütig zu, und meine Angst verging. Ich schaute das Männlein genauer an. Es war etwa so gross wie ein Bübel, der das zweite oder dritte Jahr in die Schule geht. Aber sein Gesicht sah sehr alt aus. Es bestand aus lauter Runzeln und erinnerte mich an Eichenrinde. Das lustigste an dem Menschlein schien mir jedoch sein grauer, zerzauster Bart zu sein, der fast bis auf den Boden reichte. Plötzlich schoss mir dieser Gedanke durch den Kopf: Das wäre ein Anblick, wenn bei uns jeder zehnjährige Schnuderi mit einem solchen Bart in die Schule ginge ---. Ich musste gerade laut herauslachen. Der Zwerg glaubte wohl ich mache mich über ihn lustig. Er schnitt auf einmal ein böses Gesicht, hob drohend den Finger und --- verschwand. Mein Kopf aber begann heiss und heisser zu werden. Ich eilte nach Hause und legte mich ins Bett. Das Fieber brannte die ganze Nacht in mir. Am Morgen war mein Kopf hoch aufgeschwollen und rot wie eine überreife Erdbeere.   Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch  


by Begegnung im Chrüzholz

Source: Begegnung im Chrüzholz

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Der Chare-Willi sammelte mit anderen Knaben im Chrüzholz dürres Holz. Als sie schon einen schönen Haufen zusammengetragen hatten, kam von der Rebholde her ein Mann. Er war wie ein Schlossherr angezogen. Er schritt schnurstracks auf Chare-Willi zu, öffnete ihm den Kittel, schlug ihm heftig auf die Brust und sagte: «Feschte Stamm!» Dann marschierte er weiter und verschwand. Die Knaben eilten nach Hause und wollten eine Zeitlang nicht mehr ins Chrüzholz. Ziefen Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Begräbnis bei den Barfüssern bringt Seligkeit

Source: Begräbnis bei den Barfüssern bringt Seligkeit

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Im Spätmittelalter ging in Schaffhausen und seiner Umgebung die Sage, wer sich bei den Barfüssern (Franziskanern) begraben lasse, «der fare von mund uf zhimmel», das heisst, er komme direkt in den Himmel.     Aus: R. Frauenfelder, Sagen und Legenden aus dem Kanton Schaffhausen, Schaffhausen 1933. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Behexung eines Pferdes

Source: Behexung eines Pferdes

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«Ein angesehener und in anderen Sachen vernünftig denkender Mann» wollte (um 1780) ein krankes Pferd durch einen Schmied und einen Vieharzt kurieren lassen. Nach vergeblichen Bemühungen behaupteten diese, «das Pferd seye bezaubert». Sie anerboten sich, sie wollten «die (!) Person, welche das Pferd bezaubert, bange machen; und solche müsse Persönlich komen». Bei verschlossenem Stall trieben sie ihre abergläubischen Künste. «Solche bestehen am öfftersten in einem Beräucheren mit underschidlichen Sachen, worunder der sogenante Teüfelstreck das hauptstück ist, wegen seines Nahmens!» Darauf wurde von den beiden eine fast siebzigjährige Tag- löhnerin, welche gegen fünfzig Jahre «als ein Ehrlich Weib» das Vieh gehütet hatte, «für Eine Hexe Erkant», und sie musste von Stund an das Haus verlassen. Bubendorf Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Bei dem G'hirmistein

Source: Bei dem G'hirmistein

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zwischen der Samiklaus-Rütti und dem Reesti zu Bauen an der Gasse nach Seelisberg haben die Leute früher nicht selten eine Gestalt gesehen, von der man nicht sagen konnte, ob es ein Weiber- oder ein Mannenvolk sei. Sie war grau gekleidet und sah fast wie ein Bettsack aus. Kopf hat man keinen beobachtet. Einen Kopf oder wenigstens ein rechtes Gesicht sieht man überhaupt an den Gespenstern nicht. Auch auf dem G'hirmistein in der Gand, wenn man aus der Gossalp in Isental kommt, hat man öfters einen Geist sitzen gesehen. Marie Ziegler, 60 J. alt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Bei den Teuchlern

Source: Bei den Teuchlern

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In alten Zeiten bohrte man die Wasser-Teuchel (Wasserleitungen aus Baumstämmen, Anm.) immer nur von einer Seite und so wurden die Teuchel natürlich sehr kurz. Es kamen dann manchmal in den Wäldern wilde Männlein zu den Arbeitern und lachten und kicherten in ihre Fäustchen, wenn sie sahen, dass man die Teuchel nicht länger machen konnte, als es der Bohrer erlaubte. Sie verstanden es wohl besser, aber sie sagten es nicht aus. Da sagte einmal ein Arbeiter zu einem wilden Männlein: „Jetzt weiss ich denn, wie man längere Teuchel machen kann, einer von euch hat es meinem Vetter gesagt und der hat es mich gelehrt, heute sollst du mich nicht mehr auslachen.“ „Ja, gelt“, sagte das Männlein, „du kehrst das Holz um und bohrst auch von der andern Seite." So war das Geheimnis ausgeplaudert. Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Bei der Geissgelti

Source: Bei der Geissgelti

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gehts auch nicht mit rechten Dingen zu. Meine Frau, eine Schächentalerin, hat erzählt, der Sigrist zu Spiringen habe sie oft unter seinen Geissen gehabt. Einmal, als sie wieder unter ihnen herrschte, war zufällig so ein Schuhmacherli bei ihm auf der Stör, und dem klagte er eines Abends seine Plage. Das sagte: »Morgen früh melk die Ziegen sauber, bring die Milch mir und dann schau!« In der folgenden Nacht kam ein Wybervölchli vor's Haus und rief: »Schüemacherli, schlafisch?«, und er antwortete: »Ja, ich schlafä nu.« Am Morgen machte es der Sigrist, wie ihm geraten worden. Der Schuhmacher tat die Milch in eine Pfanne über Feuer, sott sie und rührte währenddessen darin. Alsbald kam »näiwis Tunggs« keuchend und gruchsend dahergerannt und hielt an, er solle mit dem Sieden aufhören. Aber der Schuhmacher ging nicht darauf ein. Allmählich verschwand das Wybervölchli. Wie, weiss ich nicht. Der Sigrist meinte, äs häigs v'rsprängt. Jos. Betschart, 66 Jahre alt, Muotatal Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Bei Handabhauen

Source: Bei Handabhauen

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sei früher jede Verletzung des Postgeheimnisses verboten gewesen. Ein Postmeister Megnet in Altdorf – erstes Viertel des 19. Jahrhunderts – machte sich einer solchen schuldig. Weil er aber sonst ein sehr ehrenhafter Mann war, wurde ihm die genannte Strafe erlassen, er musste jedoch zeitlebens eine kleine Kette an seiner rechten Hand tragen. So hat allemal ca. 1880/84 die alte Frau Ratsherr Bessler geb. Lusser in der Hagen erzählt. Mitgeteilt: Pfr. J. Arnold, 65 Jahre alt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Beim hohen Haus

Source: Beim hohen Haus

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Beim "hohen Haus "stand in alten Zeiten eine Herberge. Bis auf den heutigen Tag soll es da nicht recht geheuer sein. Viele wüssten davon zu erzählen. Einst wetteten zwei übermütige Burschen miteinander, wer dort bei der Wirtin im "hohen Haus" einen halben Liter bestellen dürfte. Einer stand sofort zurück und bekannte, das wage er nun wirklich nicht. Der andere hingegen nahm die Wette an, das mache ihm gar nichts aus. So gingen sie hin, der Mutige bis an die Gemäuer des alten Wirtshauses; der andere blieb in einiger Entfernung stehen. Und der Couragierte rief auch sogleich mit starker Stimme: «Frau Wirtin, bringt mir eine Kanne Wein!» Und sofort hörte er den Schlüsselbund rasseln, den Schlüssel im Schloss sich drehen, die Türe öffnen und den Wein aus dem Fass in die Kanne sprudeln. Das war ihm aber doch zuviel. Zusammen mit seinem Kollegen machte er sich auf und davon. Darauf wurde er ziemlich schwer krank. Das hat uns der Vater erzählt. GLIS Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Beim Kreuzaufstecken erfallen

Source: Beim Kreuzaufstecken erfallen

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Als man zu Spiringen das schwere, eiserne Kreuz der Spitze des hohen, schlanken Turmhelms der Pfarrkirche aufstecken wollte, beauftragte man mit dieser lebensgefährlichen Aufgabe einen zum Tode verurteilten Verbrecher, dem man für den Fall des Gelingens das Leben zu schenken versprach. Oben angekommen, rief dieser hinunter: »I weeles Loch sol i ds Chryz steckä?« Schnell besonnen antwortete der Meister: »I das mittzt!« Der Arbeiter tat's. Das Kreuz hielt fest, aber der Mann fiel hinunter. Katharina Kempf u.a. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Beim Schutzenbirnbaum

Source: Beim Schutzenbirnbaum

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Beim Schutzenbirnbaum, zwischen Rebstein und Balgach, sah man nachts auch eine unheimliche schwarze Gestalt, die manchem den Angstschweiss auf die Stirn trieb. Ein beherzter Mann nahm sich dann vor, die arme Seele zu erlösen; da stiess er auf einen alten Weidenstrunk. J. U. Büchel.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 68, S. 30 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Beim St. Katharinabrunnen

Source: Beim St. Katharinabrunnen

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Zwischen Halbmil und Grünhag, wo auf einem alten Bergsturz der grosse Buchenwald zur Talebene herabreicht, entspringt wenige Schritte von der Landstraße eine reiche Quelle, der St. Katharinabrunnen. Vor Jahrhunderten war dort die Kapelle der heiligen Katharina, und die Kirche besass da bedeutende Liegenschaften, namentlich Weinberge. Alles das ist tief verschüttet durch den vom Spitzbühl herabkommenden Rüfebach. Erlen und Buchen stehen jetzt auf dem steinigen Grund. Die Namen Brunnenwingert und Meiersberg erzählen noch von vergangenen Zeiten. Die Rüfe habe einst auch ein Glöcklein wieder ans Tageslicht gebracht. Der an der Landstrasse gelegene sonnige, windgeschützte, wasser- und holzreiche Winkel war seit jeher ein Lieblingsaufenthalt fahrender Leute, Zigeuner, Kessler und Korbmacher. Für die Einheimischen ist der Ort der Schauplatz von Geistererscheinungen. Da sieht man um Mitternacht geheimnisvolle Gestalten wandeln und hört durch das Murmeln des Wassers und durch das Raunen und Rauschen des Waldes leise die Glöcklein der verschwundenen St. Katharinakapelle klingen. J. B. Stoop Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 323, S. 180f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Belagerung der Burg Niedergesteln

Source: Belagerung der Burg Niedergesteln

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Nachdem Freiherr Anton von Turm 1375 den Bischof Tavelli vom Schlosse Seta hatte herunterwerfen lassen, erhoben sich die Oberwallisser, die treu zu ihrem Bischofe hielten, gegen ihn und belagerten seine Burg in Niedergesteln. Diese leistete aber jahrelang den hartnäckigsten Widerstand. Aus dieser langen Belagerung erzählen die Leute noch als Sage, dass die Oberwalliser, als sie mit Gewalt nichts ausrichten konnten, sich entschlossen, die feindliche Burg ringsum wohl abzuschliessen und deren Besatzung durch Hunger zu bezwingen. Achtzehn Monate lang waren bereits alle Zugänge zum Schloss auf das Genauste bewacht und niemand erhielt Erlaubnis weder zum Ein- noch zum Ausgehen. Schon lange erwartete man die Übergabe der Festung täglich, weil man bereits in den ersten Monaten die Leute magerer und elender wollte gefunden haben. — Da blickten eines Morgens, als die aufgehende Sonne die Burg so freundlich beschien, wieder Aller Augen erwartungs- und hoffnungsvollst zu derselben empor, und sieh! eine Reihe der schönsten und frischesten Hammen und Schinken hing da vor den Fenstern und mit hellklarem Weine trank man spöttisch auf die Gesundheit der erstaunten Belagerer. — Da ward der Mut der Oberwalliser auf eine harte Probe gestellt. — Doch sie verloren denselben nicht, verdoppelten ihre Wachsamkeit und spürten auf's Neue nach verborgenen Zugängen. Und sie fanden einen, der durch den Berg ins Lötschtal führte, von woher die Besatzung reichlich mit Nahrungsmitteln war versorgt worden. Das ergrimmte die Oberwalliser derart, dass sie die Leute von Lötschen den obern Zehnden untertan machten, von welcher Knechtschaft sich diese Braven, die gegen ihre rechtmässigen Herren nur ihre Pflicht taten, erst Ende des vorigen Jahrhunderts mit schwerem Gelde loskauften. — Die Burg Niedergesteln musste endlich doch fallen und wurde von den Oberwallisern geschleift.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Belohnte Barmherzigkeit

Source: Belohnte Barmherzigkeit

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In Isental hatte ein gutherziger Kirchensigrist für die verstorbenen unschuldigen Kinder die schmucklosen Särge stets kostenlos hergegeben. Dafür wurde er aber auch wunderbar belohnt. Mit zwei Kameraden geriet er eines Tages beim Abholen von aufgetristetem Wildheu in einen trügerischen Föhnenschild; während die Gespanen um's Leben kamen, wurde der mildherzige Sigrist-Schreiner gerettet. Mich. Imhof Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Belohnte Barmherzlichkeit

Source: Belohnte Barmherzlichkeit

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a) Zur Witwe Dominika Bissig († 1848), deren Häuschen in Altdorf ob dem Gasthaus zur Krone stand, kam eines Abends ein Bettler, dem niemand Obdach hatte gewähren wollen. Er sei auch vorher schon öfters in Altdorf und da unter dem Namen »der lüsig Bättler« bekannt gewesen. Viele meinen, es sei der heilige Benedikt Labre gewesen. Liebevoll nahm ihn die Witwe auf, obwohl sie sonst als etwas knauserig verschrien war. Am nächsten Morgen beim Abschied prophezeite er: »Ein grosses Unglück wird über das Dorf kommen; dieses Haus aber wird verschont bleiben.« Als die Witwe das Zimmer ordnen wollte, darinnen der Fremdling genächtigt, fand sie zu ihrem Erstaunen das Bett unversehrt und unberührt vor. Die Weissagung ging beim Brande von Altdorf, im April 1799, in Erfüllung. b) Erfreut über die gastliche Aufnahme, sagte der Fremdling: »Um Mitternacht wird es schrecklich losgehen in diesem Ort; aber habt keine Angst etc.« Um Mitternacht brach der Brand von Altdorf aus usw. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Belohnte Treue

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Folgendes ereignete sich vor vielen hundert Jahren auf Stalden in Gurtnellen im Kanton Uri. Es lebte da eine Jungfrau, die fromm und brav war, und ein eigenes Gut frei und frank besass, denn ihre Eltern waren gestorben. Zwei Jünglinge warben um ihre Hand. Den, welcher ihr als der Beste erschien, wählte sie. Nach der Brautnacht stand der Mann früh, bevor es völlig tagte auf, währenddem seine junge Frau noch schlief. Er schaute zum Fenster hinaus und glaubte, seinen verschmähten Mitbewerber vor der Haustür tot liegen zu sehen. Darüber, obwohl es nur Täuschung war, erschrack er so sehr, dass er sich anzog und weit fortging gegen Welschland, ohne der Frau noch jemandem etwas zusagen. Im Welschland kam er zu einem guten Bauern und diente demselben 24 Jahre lang treu und redlich, sagte aber niemals etwas von seinem Schicksal. Seine Frau stellte über den verschwundenen Mann umsonst ihre Nachforschungen an, es blieb ihr grosses Herzeleid. Endlich, nach den 24 Jahren wandelte den Mann ein grosser Drang an, nach Hause zu gehen und er sagte seinem Herrn, er müsse nach Hause und könne da nicht mehr länger aushalten. Jener antwortete: Wie ungern er ihn auch entlasse, so könne er ihm doch nicht dagegen sein. Er gab ihm einen eingewickelten Zelter zum Lohn, mit dem Bedeuten, er solle diesen Zelter nicht öffnen, bis er Freude habe; soll sich zweimal besinnen, ehe er was tue; wenn er etwas wolle, sich nicht gleich abspeisen lassen und im Zorn nicht strafen. Als er damit nach Hause kam, ging er nicht in das Haus seiner Frau sondern zum Nachbar, und sass allda an ein Fenster hin, wo er gerade in sein Haus hinüber sah. Da schaute er seine Frau ganz herrlich gekleidet, schaute, wie sie einen jungen Menschen recht oft küsste und umarmte und das Ding machte ihm so hitziges Blut, dass er alle Augenblicke glaubte, er wolle hinüber und die Frau samt dem Buben erstechen. Doch er besann sich zweimal: Nun endlich kam der Nachbar und erzählte ihm, den er nicht kannte, dass diese Frau gleich nach der Brautnacht den Mann verloren und nie mehr etwas von ihm vernommen. Aber sie habe von ihm einen Sohn erhalten, welcher studiert habe, geistlich geworden sei und nun morgen hier die erste heilige Messe lesen werde. Eben jetzt sei er vom Bischof heimgekommen und die Mutter habe ihn herzlich umarmt und er sie. Nun dachte der Mann: das ist was anderes. Er ging hinüber und bat da über Nacht bleiben zu dürfen. Aber man wies ihn ab; er jedoch liess sich nicht abweisen, er wollte hinter den Ofen liegen. Endlich liess man ihn. Nach und nach erzählte er aus seinem Leben, gab sich zu erkennen und nun wurde die Freude noch grösser, ja vollkommen und er öffnete den Zelter, der voll Geld war.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Benannte Steine

Source: Benannte Steine

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In dieser Sagensammlung spielen mehrere »Steine« d.h. meist freiliegende Felsblöcke, Trümmergesteine, eine Rolle. Hier möchte ich noch einige hinzufügen, die interessante Namen tragen oder im Volksleben oder auch in der Ortsgeschichte von etwelcher Bedeutung sind. Seelisberg. Der bekannte Myten- oder Schillerstein. Attinghausen. »Bei dem Stein« daselbst baute gegen Ende des 16. Jahrhunderts Andreas Plätteli seine Einsiedelei mit Kapelle, der später das Klösterlein folgte. Der Sennen- und der Grafenstein in der Eigenalp Waldnacht, die Rappensteine, der Gummi- oder Elwenstein in der Alp Surenen, dessen zweiter Name angeführt ist in den Urkunden des 14. Jahrhunderts. Ein Garsenstein ist urkundlich 1457 den 10. Mai. Flüelen. Der Schweinstein, genannt in einer Urkunde vom 12. Juni 1382 (Gfr. 42, 24). Altdorf. Der Waldbruder-, der Aloisi- und der Chriesistein. Bürglen. Der Myttenstein im Riedertal, der Grosstein in den Seletzbergen. Unterschächen. Der »weisse Stein«, schon 29. März 1290, ebenso 1300, 1359, 1370 urkundlich genannt, heute nur mehr »beim Stein«. Urnerboden. Teufelsfriedhof heisst eine mit Steinblöcken übersäte Gegend in der Alp Gemsfeyer, Hexenturm ein Steingebilde in der Alp Fiseten. Erstfeld. Mehrere Jützsteine, von denen aus man in das Tal hinunter jauchzt, um irgend ein Signal zu geben. Änggistein. Silenen. Der Brandi- und der riesige Tegerstein, der um 1522 im Jahrzeitbuch genannt wird. Amsteg. Der Chränzlistein, ein anstehender Fels. Bristen. Der Stoffel- und der Heiristein in den Stäflen. Gurtnellen. Der torförmige Gspaltenstein über einem tiefen Abgrund in der Nähe des Hohneggsteines. Der Kasperstein in der Intschi Alp. Wassen. Ein Gut in Meien heisst Enzen- oder Enzigstein; ein anderes Rinderstein; ein Wohnsitz nördlich der Pfarrkirche: Leggistein. Göschenen. Der Ruprechtstein1, eine Allmendgrenzmarke im Schöniwäldchen nahe dem neuen Haus von Herrn Antonini; der Kapfstein, westlich von Göschenen am Ende der Allmend; der Bärenstein in Göscheneralp. Realp. Der Hühner- und der Lipferstein; der »grosse Stein« ob dem Dorf, wahrscheinlich der nämliche, der 1380 urkundlich Mangstein genannt wird.  Fußnoten 1 Er besteht vielleicht nicht mehr. Genannt wird er urkundlich 1. Mai 1547. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Berggeister

Source: Berggeister

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Es gibt wenige Täler im Wallis, wo nicht an einem oder dem andern Orte die schädlichen Berggeister durch Schlammlawinen, Bergrutsche, Bergstürze, Steinschläge und Wieggisch ihre Zerstörungskraft beurkundet haben. So sollen diese Kobolde ob Unterwassern einen Teil des Bergs heruntergeworfen haben; oft habe man sie mit Händen und Füssen arbeiten und Felsen stossen gesehen. Auch in Madsand und Blattbach (St. Niklaus) hauste ein ähnlicher Geisterspuk so arg, dass Dorf und Umgegend verschüttet wurden; noch in den neuesten Tagen soll es im Madwald gespukt haben. — Die zerstörenden Berggeister versuchten auch das Fuchs-Gufer, ob Naters, aufs Dorf zu wälzen. — Im schaurigen Bruchigraben sollen sie oft plötzlich Wieggisch oder Schlammlawinen aufgewühlt und Naters zu überschwemmen gedroht haben, weswegen man eine Armenspende jährlich zu geben versprochen hatte. Ob Ernen zum Steinhaus werden von einem dortigen Lehmgraben schaurige Spukgeschichten erzählt. Ein zu nachts durch diesen Graben Reisender erzählte, dass ihn beim Eintritt in denselben eine solche Finsternis überfallen habe und er keinen Schritt weiter wagen durfte. Da habe er den Geist beschworen im Namen Gottes, dass er ihn nicht auf seiner Reise aufhalten wolle; er sei bereit ihm zu helfen. — Keine Antwort und die gleiche Finsternis. — Da habe er eine gesegnete Kerze angezündet und das Hl. Johannes Evangelium gebetet mit lauter Stimme; und als es ungeachtet dessen nicht besser werden wollte, habe er zornig laut gerufen: «Ich beschwöre dich nochmals im Namen Gottes! Ist dir zu helfen, so helfe dir Gott — und sonst helfe dir der lebendige Teufel!» — Da sei es nicht anders gewesen, als wenn ein glühender Ochs durch den schaurigen Graben hinuntergeschossen wäre. Die Finsternis um ihn verschwand und er konnte ohne Schwierigkeit seine Reise fortsetzen. Auch der Bergsturz beim Täschgufer soll durch solche schädlichen Berggeister veranlasst worden sein. — Aber wo die Geister völlig zu Haus sein sollen, in dem viele Kobolde, die anderswo vertrieben, dorthin verbannt werden, — das ist der Illgraben im Pfinhorn, der Bürgschaft Leuk gegenüber, der oft seine Schlammwieggische bis in die Rhone treibt und selbe hinterschwellt. Dort sollen besonders die Staatsherren und Geistliche abbüssen müssen. Man soll mehr als einmal schwarzgekleidete Herren auf der roten Schlammlawine einherreiten gesehen haben. Von diesem schrecklichen Graben wird viel Unheimliches erzählt, was den Leuten noch heutzutage begegne.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Bergmännchen auf der Haglestä

Source: Bergmännchen auf der Haglestä

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Haglestä ist der Name eines Juraberges im Frickthale nahe beim Dorfe Magden. An seinem Fusse ist eine Höhle, in welcher Bergmännchen wohnen. Noch vor hundert Jahren kamen sie Nachts den Bach herunter und machten den Leuten in der Alten Mühle ihren Besuch. Da brachten sie ihre Kunkeln mit und spannen um die Wette. Wenn es Mitternacht wurde, hörten sie auf und giengen heim; hatte man auch die Uhr gestellt, damit man den Schlag nicht hören sollte, so waren sie zur bestimmten Stunde sonst verschwunden. Besonders gegen die Kinder thaten sie freundlich und schenkten ihnen manchen Edelstein, den man noch lange nachher bewahrt oder um hohes Geld verkauft hat. Ein armer Tauner (Taglöhner) arbeitete einst noch spät Abends auf dem Felde, wenige hundert Schritte vom Dorfe entfernt, da sah er ein Bergmännchen, schwebend wie ein Sommervogel, über die Höhe herunterkommen und sich bei ihm niederlassen. Es grüsste artig und suchte ihm eine Schürze voll Kohlen aufzunöthigen. Der Mann konnte nicht begreifen, was ihm das eitle Zeug nützen sollte und war schon viel zu arbeitsmüde, um sich darüber in einen Disput einzulassen. Endlich da das Bergmännchen mit Zureden nicht nachliess, nahm er ihm doch aus Gutmüthigkeit ein Köhlchen aus der Schürze und steckte es ein. Das Bergmännchen gieng nun weiter, sah aber nicht mehr so zufrieden drein, wie vorher. Als der Tauner am folgenden Morgen sich ankleidete, fühlte er noch das Kohlenstück in seiner Tasche stecken und wollte es herauswerfen; aber nun zog er ein eben so grosses Stück Gold aus dem Sack und verstand freilich jetzt die gestrige Dringlichkeit seines Wohlthäters. Gleichwohl ist er nachher ein reicher Mann geworden. Erst vor einigen Jahrm ist ein hochbetagter Magdener-Bauer gestorben, von dem man weiss, dass er als vierzehnjähriger Knabe beim Holzfällen durch Zufall in jene Höhle auf der Haglestä gerieth und dorten mit Ramwähen, Butterschnitten und Kuchen aufs allerbeste bewirthet wurde. Nach ihm kam noch ein anderer Knabe in dasselbe Revier und immer war es ihm, als ob ihm da ein Geruch von Backwerk in die Nase steige. Gleich fand er auch einen Eierkuchen, der so breit wie der ganze Baumstamm war, auf dem er wie auf einem Teller hergerichtet lag. Aus Hunger riss der Bube den Fladen in zwei Stücke, und in dem Augenblick standen die Männchen vor ihm, nahmen ihn mit in ihre Höhle hinauf, zeigten ihm alle künstlichen Gewölbe und setzten ihm ganze Trachten der allerbesten Speisen vor. Weil er sehr ermüdet war, schlief er schnell bei ihnen ein. Am Morgen lag er zu Hause in seinem Kämmerlein, seine Waldaxt aber neben ihm im Bette, in einen gewaltigen Laib Brod geschlagen. Als er den Laib anschnitt, fiel eine solche Zahl Goldstücke heraus, dass er einer der vermöglichsten Männer im Dorfe geworden ist. So thaten die Zwerge mancherlei Gutes, bis sie die Neugier der Leute vertrieb. Denn die Müllerin wollte schon lange gerne wissen, ob diese Männchen Füsse hätten oder nicht, und hatte ihnen in der Spinnstube Asche unter Tisch und Bank gestreut. Sie merkten den Verrath und verschwanden unter dem Rufe: Lauf, Küngi, lauf, Die Welt ist falsch und taub! Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 277 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Bergmännchen weiss einen Schatz

Source: Bergmännchen weiss einen Schatz

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In Giswil, Kanton Obwalden, starrt auf einer Alp ein Felsen empor, der Giswilerstock. In dem umliegenden Gebirge hausten Wilde oder Bergmännchen. Ein oder mehrere Jäger begaben sich auf die Gemsenjagd. Wie nun der Jäger den Gemsen nachspürte, stellte sich plötzlich ein solches Männchen vor ihn hin, und trug die ernste Bitte vor, er möchte ihm doch seine Tiere nicht schiessen, dafür wolle es ihm einen grossen Schatz zeigen. Es wies ihm denselben im nahe liegenden Felsen, dem Giswilerstocke, an; er solle nur hingehen und denselben entheben, doch unter der Bedingung, dass er beim Hineingehen in den Felsen bei Leibe nicht zurückschaue, sonst wäre der Schatz für ihn unerreichbar. Wie nun der Jäger voll Begierde durch die Öffnung des Felsens hineintappte, jauchzte jemand hinter ihm her; er schaute unbesinnt rückwärts und sogleich verschwand alles mit donnermächtigem Gekrach. Der Schatz war verloren.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Bergmännchen will heiraten

Source: Bergmännchen will heiraten

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In der Gemeinde Menzingen haben drei Heimwesen die Namen Mangeli (Mangel), Sparen und Hungerhältli. Im Sparen war ein Herdmanndli, welches einer Bauerntochter unablässlich nachstellte und es ihr sogar antun konnte, dass sie mit ihm heiraten müsse, wenn sie nicht seinen Namen erraten könne. Da war alles Raten umsonst, die Frist verstrich, nur noch ein Tag, und sie musste sich dem verabscheuten Männchen trauen lassen. Nun fiel ihr ein, auch dem Beichtvater ihren Kummer zu erzählen. Von ihm erhielt sie den Bescheid, sie solle abends vor der Höhle des Zwergleins auflauschen. Das Mädchen tat es, sah und hörte, wie ihr Liebhaber halbnärrisch vor seiner Höhle tanzte und sang: Hinecht choche-n-es Chrütli Und morn hole mis Brütli, Es weiss nit, dass i Senfchörnli heisse. Wer zuletzt lacht, lacht am besten. Schon wollte am folgenden Tag der kleine Freier seine Braut heimführen, als ein schlaues, schadenfrohes Lächeln über das Gesicht des Mädchens flog, indem dieses das befreiende Wort aussprach. Noch keinem Bräutigam klang sein eigener Name so qualvoll wie diesem, der jetzt — mit unausstehlichem Gestank abzog. Das Mädchen bereut es bitter, sich einem „Gänsefuss" versprochen zu haben und geht weinend zu einem Kristallfelsen. Da dringt eine Stimme zu ihr heraus und sie hörte ihren Liebhaber einem andern Zwerglein erzählen: „Heut wasche ich, morgen backe ich und übermorgen führ ich die Braut heim. Wüsste sie aber, ich heisse Gragörli, so müsste sie mich nicht nehmen." So war ihr geholffen.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Bergmännchens eigener Sitz und Kunst im Heuen

Source: Bergmännchens eigener Sitz und Kunst im Heuen

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a) Der Stanserberg heisst auf der Seite gegen Obwalden Branzhorn und einen Abhang desselben nennt man Steinberg. Dieser wurde von Bergmännchen bewohnt. Die kleinen Leute waren von benachbarten Älpern und den am Abhange des Berges wohnenden Güterbesitzern sehr hilfreiche und werte Gäste. In der Nähe des Steinberges erstreckt sich eine Alp sammt Heuland, welche Obfluh heisst, und ziemlich tiefer unten liegt die Rütimatt. Oben im Steinberge befindet sich eine Felsenhöhle, welche die Wohnung solcher Bergmännchen war. Unter ihnen gab es vorzüglich eines, das sich sehr hilssbeflissen zeigte. Zu Sommerszeit nahm es häufig in den Sennhütten Obfluh und Rütimatt seine Einkehr, leistete den Älpern verschiedenartige Hilfe bei Besorgung des Viehes, Einsammlung des Heues und dergleichen. Dafür wurde es von ihnen recht gastlich mit Älplerspeisen bewirtet, kurz es war der vertraute Hüttengenosse der Älpler, hatte aber immer den eigenen Sitz. Auf Obfluh durften sie sogar abwesend sein, und dem sonst wilden Gaste die Besorgung des Viehes allein überlassen. Doch machte er denselben bei ihrem Fortgehen allemal die heitere Bedingung, dass, wenn der Föhn im Anzuge sei, sie unverweilt zur Besorgung des Viehes auf die Alp kommen sollen, denn in diesem Falle werde er nicht zu Diensten stehen. – In der schon genannten Rütimatt aber spielten lose Leute diesem guten Manndli eine Posse. Wie sie nämlich dasselbe einst den steilen Felsenabhang hinunterkommen sahen, erhitzten sie schnell den Stein, worauf es in der Hütte zu sitzen pflegte. Es kam und sass auf die stark erwärmte Platte, entfernte sich sogleich und erschien nachher nicht mehr. b) In Dallenwil (in der Tableten, wie das dortige Heimwesen heisst) stellte sich ebenfalls ein solches Berg Männchen ein, und das besonders zur Zeit, da man das Heu einsammelte. Dasselbe leistete vorzüglich Hilfe im Felde, wann Regen oder Ungewitter die Leute überfallen wollte, sie vollauf mit Einheimsen des Heues beschäftigt waren und damit nicht fertig werden konnten. Alsdann erschien es mit zwei „Haselzwicken“ oder Haselruten, stellte sich hinaus in das liegend Heu oder Emde, schlug mit diesen Ruten recht gewaltig um sich, worauf das Heu anfing sich vom Boden zu erheben, im wirbelnden Kreise sich bewegte, allmählig dem Gaden (Scheune) sich näherte und auf allen Seiten zu den Öffnungen oder „Schwemmen" desselben mit aller Heftigkeit hineinflog, währenddem hintendrein das Manndli fortwährend stark gegen das einfliegende Heu losschlug. Nach getaner Arbeit oder auch sonst gaben die Hausbewohner ihrem gewandten Gehilfen zu essen. Auch dieses Manndli wurd durch eine Unartigkeit vom Ofenbank, seinem gewöhnlichen Sitze, verscheucht, und erschien ferner nicht mehr.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Bergmännlein auf Schloss Trostburg

Source: Bergmännlein auf Schloss Trostburg

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Vor etwa dreissig Jahren spielten eines Abends zehn- bis vierzehnjährige Kinder, Knaben und Mädchen des Kulmerthales, dicht unter dem Schlosse Trostburg in der Nähe eines Bienenhäuschens. Da trat hinter diesem ein Bergmännlein hervor und schaute sich vorsichtig bald nach der einen, bald nach der andern Seite um. Voll Schrecken stoben die Kinder davon. Die Eltern, denen sie es gleich erzählten, giengen an die Stelle, sogar der Pfarrer gieng des andern Tages frühe den Berg hinauf, um das Bergmännlein wieder zu finden; aber es wird nicht wieder kommen. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 284 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch    


by Bergmännli

Source: Bergmännli

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Am Felsen zwischen Ganterschwil und Duferswil sollen sich einst weissgekleidete Bergmännli aufgehalten haben, die, wenn sie ans Tageslicht kamen, sich schwarz kleideten und den Ackersleuten das Mittag- und Abendbrot aufs Feld brachten. Sie bedienten die Leute mit silbernen Löffeln. Ihre Wohnung hatten sie in einer Höhle des Tuffsteinbruches Hengarten (bei der Fabrik Berlinger H Co.). Wenn ihnen aus ihrer 10 - 12 Fuss langen Höhle etwas entwendet wurde, straften sie die betreffenden Leute, indem sie ihnen keine Nahrung mehr brachten. Im Jahre 1860 war die Höhle noch sichtbar; jetzt ist sie infolge Ausbeutung des Steinbruches verschwunden.      A. Lauchenauer. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 461, S. 276 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Bergspiegel

Source: Bergspiegel

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1. Wenn man einen Berg- oder Weltspiegel will, soll man in der Heiligen Nacht auf einer Kreuzstrasse ein Loch in den Erdboden graben, einen Spiegel, mit dem Glase nach unten gewendet, darinnen vergraben und von 12 – 1 Uhr auf dieser Grube stehen bleiben. Aber da wird's nicht schön hergehen! Da werden alle Hexen und Teufel in allen möglichen Gestalten auf einen losfahren, es wird donnern und blitzen und rumoren. Aber sie können einem nichts antun; man muss nur keine Angst haben und ausharren, so kann man am Ende der Stunde den Spiegel ausgraben. Will einer davon springen, so packt ihn der Teufel. Aber in den Spiegel soll man zuerst einen Hund hineinschauen lassen, den Ersten nämlich, der in einen solchen Spiegel schaut, nimmt der Teufel. Nachher vermag jedermann mit ihm durch alle Berge hindurch und in die weitesten Fernen zu sehen, was er will, er kann z.B. von hier aus einen Freund in Paris damit beobachten. Hans Aschwanden, 50 J. alt, Isental 2. Ein Mädchen aus der Riedmatt am Fusse des Bristenstockes in der Pfarrei Amsteg diente als Kindermagd im Wyler zu Gurtnellen. Einst kehrte in diesem Hause ein fahrender Schüler ein, gerade als das Mädchen bitterlich weinte. Warum es so flenne, fragte er. Es habe Heimweh, gestand es. »Gut, so schaue in diesen Spiegel!« erklärte der Fremde. Und es sah darinnen prächtig sein Heimen, die Riedmatt, und wie diese auf vier goldigen Säulen stand. Peter Walker, 60 J. alt, aus der Riedmatt, Neisälä-Peeti 3. Der Stalden-Karli von Silenen, der in einer Glarner Alp diente, erhielt von seiner Frau die schlimme schriftliche Nachricht, dass Diebe seinen schönsten Kirschbaum geplündert und obendrein noch den Dolden abgebrochen hätten. Sofort suchte er einen Glarner auf, der mehr konnte als andere, dass er ihm den Dieb zeige. Der Zauberer ging auf seinen Wunsch ein. Er zog sich für kurze Zeit in sein Zauberstübchen zurück und brachte, als er wieder erschien, ein Glas voll Wasser mit, das er schweigend vor den Karli auf den Tisch stellte, worauf er sich wieder entfernte und diesen allein liess. Der neugierige Urner guckt in das Glas und sieht darin das Spiegelbild des Baumes mit dem Dieb, den er sofort erkennt, im Gipfel. Am Herbst stellte er den Kirschenschelm zur Rede, dieser aber leugnete, und es kam zum Prozess, den der Bestohlene gewann. Ja, ja, d'Glarner chennet ä so eppis, das hennt-si scho meh g'seit. Frau Gerig-Münsch, 91 J. alt 4. Den Geldsäckel eines Urners hatte ein Dieb zu Ader gelassen. Da nahm der Bestohlene hurtig den Weg unter die Füsse, reiste über den Klausen nach Glarus hinüber zu einem Zauberer und Wahrsager und liess sich von diesem den Dieb in einem Spiegel zeigen. Aber damit war ihm noch nicht geholfen; er wollte auch das Geld zurück; der Zauberer versprach, es zurückzutreiben, und bestimmte genau die Abendstunde, da es der Dieb bringen sollte. Und wirklich war die ganze Familie in der Stube versammelt, als dieser in rasendem Lauf hereingerannt kam. Das glühendrote Geld trug er in den Händen, blies daran und liess es blitzschnell von einer Hand in die andere geleiten und schleuderte es auf den Tisch. Es war alles bei Rappen und bei Batzen. Zacharias Zurfluh, Erstfeld 5. Dem Besitzer der Alp Urwängi wurde oft gestohlen. Als es ihm zu bunt wurde, fuhr er mit seinem Nachen hinüber nach Brunnen und marschierte nach Schwyz hinauf zum alten Nachrichter, denn es war weit herum bekannt, dass dieser Diebe sehen und b'stellen, bannen und zurücktreiben könne. Diesen ersuchte er, einmal auf seine Alp Urwängi hinaufzuschauen. Der Nachrichter schaute und sah den Dieb, wie er gerade mit dem gestohlenen Alpchessi unter der Hüttentüre stand, und »hed-em der Bann g'leit«. Da vergass er aber, »der Bann wider üffz'tüe«, und, als im Frühling die Alp bestossen wurde, fanden die Leute den Schelm mit dem Chessi auf dem Buckel aufrecht unter dem Türgricht stehend. Sie betrachteten und erkannten ihn, wie sie ihn aber anredeten, fiel er in Staub und Asche zusammen. Jos. Maria Aschwanden, 60 J. alt, Seelisberg Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Berner als Zauberer

Source: Berner als Zauberer

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Noch kein Haufen Jahre ist es seither, da hat eine Wassener Frau an zwei Berner Mandli Anken verkauft. Als sie nach einiger Zeit das Geld dafür forderte, wollten die Berner schon bezahlt haben, stellten sich aber zuletzt doch ein und zahlten, sagten aber zur Frau: »Lüeget de, mit weeler Hand das'r ds Gäld i Gäldseckel tiänt!« »Dänk mit d'r rächtä!« sagte sie und strich das Geld ein und versorgte es im Geldsäckel. Plötzlich waren aber die zwei Finger steif, mit denen sie die Moneten in die Börse steckte, und blieben so ihr Leben lang. Ich habe die Frau noch gut gekannt und die steifen Finger oft gesehen. Katharina Gamma, 50 Jahre alt, Wassen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Bertha von Baldegg

Source: Bertha von Baldegg

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Im Hitzkircherthale, zwischen dem Aargauischen Hallwiler-See und dem Luzernischen Baldegger-See gelegen, erblickte man früher eine ganze Reihe von Burgen, die Schlösser Ober-Rheinach, Baldegg, Reichensee, Lieli und Heidegg. Aber diese hübschen Rittersitze wurden zusammen in den Kriegsunruhen verwüstet und gebrochen, welche zwischen den Luzernern und dem Hemmann von Grünenberg im J. 1386 über Verschiedene Zoll- und Grenzstreitigkeiten ausgebrochen waren. Als Reichensee und Baldegg von den Flammen schon verzehrt waren, wollte der Feind der noch übrigen letzten Burg, der Heidegg, das gleiche Loos bereiten. Auf ihr wohnte damals eine besonders fromme und mildthätige Edelfrau, Namens Bertha. Sie war schon Wittwe und hatte nur ein einziges Kind. Zitternd für dessen Leben, gelobte sie beim Herannahen des Feindes, der Mutter Gottes eine Kapelle zu stiften. Als nun die Krieger die Burg Lieli zerstört hatten, kamen sie durch den dichten Wald unter dem Klotisberg herangezogen und stürmten gegen den Hügel, auf welchem Heidegg steht. Alsobald aber verhüllte sich die ganze Gegend in einen so undurchdringlichen Nebel, und der Dünkelbach, welcher am Schlosse herabfliesst, begann dergestalt anzuschwellen und zu rauschen, daß der Feind in Finsterniss und Wasserlärm vom Pfade abkam, in den reissenden Bach stürzte und in dessen Fluthen dem Baldegger-See zugeschwemmt wurde. Diejenigen, welche entrannen, haben erst auf dem Rücken des Lindenberges, auf der obern Jllnau, sich wieder zurecht finden können. So ist das Schloß verschont geblieben; aus schuldiger Dankbarkeit wurde alsdann von der Burgfrau die Kapelle erbaut, welche jetzt noch neben dem Schlosse steht und die Aufschrift trägt: ProcuI estote profani! Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 2 (In Versen erzählt davon: Reithard, Sagen der Schweiz, S. 205.) Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Berührung eines Geistes

Source: Berührung eines Geistes

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Zwei Burschen aus dem Maderanertal kamen eines Abends spät von einer Stubeten. Auf dem Wege sahen sie auf einmal einen Mann vor ihnen her laufen, und sie machten sich daran, ihn einzuholen. Plötzlich schlüpfte er vor ihren Augen neben einer Lawine in ein Erdloch, das man ausgehoben hatte, um Erde heraus zu nehmen und damit den hartgefrorenen Lawinenschnee für das Vieh gangbar zu machen. Der eine der Burschen verfolgte ihn auch hieher und ergriff ihn. Er war anzufühlen wie eine rauhe, berindete Tanne. Doch liess er ihn baldigst los, denn die Hand begann ihn zu brennen. Auf dem Heimwege schwoll sie an, und am nächsten Morgen war der ganze Arm so geschwollen, dass sie den Arzt mussten zu Rate ziehen. E. Baumann-Muther, Wassen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Berührung eines Geistes

Source: Berührung eines Geistes

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Nachdem das Rynächthäuschen abgebrannt war, liess sich im Türli der Haglücke von Zeit zu Zeit nachts ein gespenstiger, grosser Mann blicken, so gross, dass sein Hosengurt grad über die oberste Latte des vierlattigen Hages zu liegen kam. Der Marti-Hansi von Erstfeld wünschte ihm einmal guten Abend, erhielt aber keine Antwort. Da kamen auch seine zwei Gespanen hinzu und wünschten ihm ebenfalls die Zeit an, und als der Geheimnisvolle stumm blieb, sagten sie zu ihm: »Worum red'sch nyt?«, und Marti-Hansi, der etwas angestochen war, berührte ihn an einem Bein. In diesem Augenblick bog sich das Gespenst, das in der Strasse stand und ihr den Rücken kehrte, mit dem Kopf und dem Oberleib vornüber über den Lattenzaun bis auf den Boden der Wiese, wie eine Weidenrute am Wege. Die Füsse standen in der Strasse, und der Kopf berührte den Wiesengrund jenseits des Zaunes. Das Gespenst verbreitete dabei einen furchtbaren Gestank. Der Marti-Hansi büsste seine Keckheit mit einer Geschwulst an einem Bein. Franz Zurfluh, Erstfeld Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Bestrafte Kinderlosigkeit.

Source: Bestrafte Kinderlosigkeit.

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Es lebte einst zu Altdorf eine reiche, kinderlose Witfrau, die alles zu haben schien, was sie nur wünschte, und die Leute sagten oft zu ihr, sie sei doch der glücklichste Mensch auf Gottes Erdboden. »Nein«, entgegnete sie, »ich bin der unglücklichste Tropf, den es nur geben kann. Jede Nacht kommt mein verstorbener Gatte eiskalt zu mir ins Bett bis am Morgen. Dies zur Strafe, weil wir keine Kinder gewollt haben.« Fr. Gisler-Zwyssig Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Bestrafte Schwatzhaftigkeit

Source: Bestrafte Schwatzhaftigkeit

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Dem Jaggli Lander begegnete auf der Surenen-Egg ein armes Bäuerlein von Attinghausen, das meines Gewährsmanns Vater noch gekannt hat, und klagte ihm seine Not und sein Elend. »Ich will dir schon helfen,« tröstete er, »wenn du an einem bestimmten Tage an gewisser Stelle dich einfindest. Aber du darfst keinem einzigen Menschen, auch nicht deiner Frau, nicht deinem besten Freunde etwas davon mitteilen.« Das Bäuerlein versprach das hoch und heilig. Mit heiterer Miene betrat es sein Wohnhaus und mochte wieder lachen und lustig sein mit Frau und Kindern. Das entging der Frau nicht, und sie fragte, warum er so lustig sei. »Ja, ja mit unserer Not hat's jetzt ein Ende,« meinte der Mann mit geheimnisvollem Augenzwinkern. Wie man wohl erraten wird, hat die Frau das Geheimnis erfahren, und, als das Bäuerlein an der bestimmten Stelle sich einfand, rief ihm der fahrende Schüler schon von weitem entgegen, es sei vergebens, warum habe er's der Frau verraten. Heinrich Baumann Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Bestrafte Untreue

Source: Bestrafte Untreue

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Im März 1808 kam Josef Anton Fruonz von Sarnen als Pfarrhelfer nach Spiringen. Hier wie überall, wo er gewirkt, erregten seine Segnungen und Gebetserhörungen viel Aufsehen und veranlassten einen grossen Volkszulauf. Von der bischöflichen Kurie in Konstanz wurde er deshalb mehrmals zur Verantwortung gezogen und in Schranken gewiesen. Trotzdem ihm gar nichts Unrechtes nachgewiesen werden konnte, wurde doch seine Stellung erschüttert, und seine Wiederwahl an der Martinigemeinde war gefährdet. Da wandte er sich, wie die Sage meldet, an jene zwei Ratsherren der Gemeinde, die seine eifrigsten Gegner waren, von denen der eine im Oberdorf, der andere zu Küpfen soll gewohnt haben. Deren jeder hatte ein taubstummes Kind. Fruonz versprach ihnen, Heilung der Kinder zu erbeten, wofür sie sich verpflichteten, an der Gemeindeversammlung für seine Wiederwahl zu sprechen. Der eine der beiden Väter aber hatte in seinem Herzen die Absicht, sein Versprechen nicht zu halten. Als am Martinstag die beiden Ratsherren nach Schluss der Gemeindeversammlung, die jeweilen unmittelbar nach dem Vormittagsgottesdienst stattfindet, nach Hause kamen, war das Kind des einen, der sein Wort gehalten, gesund und heil und konnte sprechen, dem Wortbrüchigen aber wurde von den Seinen die traurige Kunde zuteil, dass sein taubstummes Kind wohl angefangen habe zu reden, während es in der Kirche zur heiligen Wandlung läutete, aber bald wieder in den alten Zustand zurückgefallen sei. Tatsächlich wurde Fruonz zu Spiringen nicht wieder gewählt und kam damals als Pfarrhelfer nach Seelisberg. Joh. Jos. Arnold, des Rats, 35 Jahre alt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Bestrafter Geiz

Source: Bestrafter Geiz

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Im Gasthaus zum Schlüssel in Waldenburg soll einmal eine Magd gedient haben, die furchtbar geizig war. Übrig gebliebene Speisen, die für Bedürftige aufgespart wurden, warf sie kurzerhand den Schweinen vor und gönnte auch sonst den Armen nicht das Geringste. Nach ihrem Tode wurde nachts in der Umgebung des Gasthauses ein grosses Schwein gesehen, das ein Bündel Schlüssel am Halse trug, die ordentlich klirrten. Bald nachher soll ein schreckliches Unwetter losgebrochen sein. Beides, Erscheinung und darauffolgende Wetteränderung, soll sich seither mehrmals wiederholt haben. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Bestrafter Gottesfrevel

Source: Bestrafter Gottesfrevel

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 a) Eine Stunde ob Amsteg, wo die wilde Reuss in ein weiteres Tal hinab gelangt, finden sich am linken Ufer derselben die kleinen Weiler Intschi und Graggertal zwischen Schutt und Felsen, zwischen denen nur einzelne Sträucher und Tannen kümmerlich gedeihen. An dieser Stelle waren vor etlichen und hundert Jahren zwei Goldbergwerke in Betrieb. Einige Männer aus der Umgebung hatten selbe entdeckt und bebauten sie mit Hilfe von fremden Bergknappen. Der reiche Goldgewinn brachte jedoch den Unternehmern keinen Segen. Sie wurden übermütig und führten ein wüstes Leben mit Spielen und Prassen. Einmal hatten sie eine besonders reiche Ader entdeckt. Da liessen sie Hauen und Pickel ruhen und gingen mitten im Tag hinunter nach Amsteg ins Wirtshaus. Darauf schlossen sie die Fensterladen und Türen und zündeten Kerzen an, indem sie höhnisch sagten: »Wir Berglüt bruchet ises Herrgott's Liecht nimme!« Dann ging's drauf los mit Essen, Trinken und Spielen, Tag und Nacht, bis sie nicht mehr konnten. Nachher ging es endlich wieder an die Arbeit. Kaum waren sie aber in die Gruben eingefahren, so erzitterten die Berge von einem fürchterlichen Erdbeben, und beide Gruben stürzten krachend über den Frevlern zusammen. Jetzt brauchten dieselben freilich des Herrgott's Licht nimmermehr. Die Gruben blieben seither verschüttet. Keinen Urner noch fremden Unternehmer hat es seitdem gelüstet, daselbst wieder auf Gold zu graben. Aus Vierwaldstätter Volkskalender 1884, S. 19 b) Ein Gurtneller von 72 Jahren erzählte mir 1912 die gleiche Sage folgendermassen: Südlich von Amsteg hinter dem Intschitobel an der Gotthardstrasse heisst eine felsichte, zerklüftete Stelle »d'Schmelzi«, weil hier vor Zeiten Golderz gegraben und geschmolzen worden sei.1 Es waren übermütige, stolze Menschen, die hier im Bergwerk arbeiteten. Da ihnen einmal das Glück geleuchtet und eine grosse Menge Gold in die gierigen Hände geliefert hatte, zogen sie jauchzend und johlend nach Amsteg, um sich bei Tanz und Spiel, bei Speise und Trank nach Herzenslust gütlich zu tun. »In des obern Treschen« (jetzt Hotel zum Hirschen) kehrten sie ein. Es war ein prächtiger Tag. Vom blauen, wolkenlosen Himmel leuchtete hell die liebe, goldene Sonne. Aber die Bergmänner schlossen die sämtlichen Fensterladen des Wirtshauses. »Wir brauchen des Herrgotts Licht nicht!« prahlten sie, »wir vermögen eigenes Licht.« Bald nach diesem lustigen Tag, als sie wieder im dunklen Schoss der Erde nach dem edlen Metalle suchten, fiel das Bergwerk zusammen und begrub sie alle. Nach vielen Tagen wurden ihre Leichen ausgegraben, und zwischen ihren Zähnen fand man noch halbzerkautes Schuhleder. Johann Tresch, der Präzis c) Nach einer dritten Erzählart waren es drei Tiroler und soll das Wirtshaus damals dem Hans Ambort gehört haben nebst einer Bleue und einer Beinstampfe im Schachli; nach andern soll Hans Ambort selbst dabei gewesen sein. Als Ort des Unglücks wird ebenso häufig ein Bergwerk »auf der Höhe« im Ried, gegenüber Intschi, am rechten Reussufer angegeben, wo nach Angabe sonst zuverlässiger Leute noch heute Spuren des Bergwerkes vorhanden sind. d) Wieder andere berichten, die Bergleute hätten bei ihrer Arbeit im Innern des Berges übermütige, gottlose Reden geführt und über das liebe Brot verächtlich gespottet. Da sei der Eingang zusammengefallen. Halb zerkaute Schuhsohlen haben Zeugnis abgelegt vom Hungertode der Unglücklichen. Fußnoten 1 Andere behaupten, man habe am Erzstock in der Intschialp Silbererz gewonnen und auf Schweinshäuten zur Schmelzi hinunter transportiert. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Bestrafter Stolz

Source: Bestrafter Stolz

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Auf einer Wiese zwischen Therwil und Oberwil steht ein kleiner alter Brunnen. Vor vielen Jahren erschien dort immer zur gleichen Zeit ein schönes Mädchen, wusch sich das Gesicht und kämmte sein langes Haar. Eine Frau, die einmal gerade dazu kam, fragte das Mädchen, warum es sich immer an diesem Brunnen wasche und kämme. Es gab zur Antwort: «Weil ich auf mein langes, lockiges Haar so stolz war. Das ist die Strafe dafür.» Von dieser Zeit an kam das Mädchen nicht mehr zu dem Brunnen und wurde nicht mehr gesehen. Therwil Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Bestraftes B'stellen

Source: Bestraftes B'stellen

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Durch ein Glarnerdorf ritt ein Urner. Plötzlich blieb sein Ross stehen, konnte nicht mehr ab Fleck. Der Reiter schaute um sich und rief, sy selled-ä mit Rüewä lah, zum zweiten und dritten Mal. An einem Fenster aber stand ein Weibervolk und lachte. Endlich zog der Reiter sein Schwert und schwang es zweimal von vorne über den Kopf des Pferdes herauf nach hinten und unten zurück, und auf einmal fiel dem lachenden Weibervolk der Kopf ab. Martin Planzer, 36 Jahre alt, Unterschächen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Bestraftes Kartenspielen

Source: Bestraftes Kartenspielen

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Bestraftes Kartenspielen Im Jahre 1686 fuhren einige Leute auf dem Zürichsee. Drei von ihnen wollten zusammen Karten spielen. Ein vierter nahm ihnen die Karten weg und warf sie in den See, weil es sich nicht gezieme, auf dem See Karten zu spielen. Darüber kam es zu einem Streit. Das Schiff legte sich auf die Seite und die Leute fielen ins Wasser. Die drei, die hatten spielen wollen, ertranken; jener, der die Karten in den See geworfen, nebst einem anderen, kam davon. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee H. E. Escher, Beschreibung des Zürichsees (Schmid, S. 88)   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Besuch vom Toggeli

Source: Besuch vom Toggeli

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Das Halten-Sali von Isental übernachtete einst auf seiner Wallfahrt ins Riedertal bei seinen Vetterleuten zu Bürglen. Nachts 2 Uhr ging die Türe seines Schlafzimmers auf, und herein kam ein Weibervolk mit einem Zeintli am Arm, schritt auf das Bett zu und legte sich dem Sali auf die Brust. Dieses konnte sich nicht rühren und meinte, es müsse einfach draufgehen, bis es endlich mit der Zunge im Munde das Kreuz machen konnte, worauf die Hexe verschwand. Hans Aschwanden, 50 J. alt, Korbmacher Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Betendes Erdmännchen bei Klingnau

Source: Betendes Erdmännchen bei Klingnau

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Ein Koblenzer-Mädchen von vierzehn Jahren war von ihrem Dorfe am Aargauer-Rhein ins Städtchen Klingnau an der Aare, geschickt worden, um dorten Brod einzukaufen. Der nächste Fusssteig dahin führt über den Buck im Hardwalde an Abhängen vorbei, welche dorten Jm Engel heissen. Dorten ist eine Felswand, das Appelöh genannt, mit einer Höhle, worin Erdmännlein gewohnt haben. So gross der steinerne Tisch ist, der noch drinnen steht, eben so gross sollen die wohlschmeckenden Dünnen (Kuchen) gewesen sein, welche jene Männchen buken. Auf diesem Wege sah das Kind in jener Gegend, wo sich sonst ein Waldbruder aufgehalten hat, ein kleines Männchen mit schwarzem Mantel und rother Mütze aus einem Loche heraus schlüpfen. Das Kind entsprang sogleich, und da es sich von Weitem noch einmal umblickte, stand das Männchen mit gefalteten Händen da und flehte ihm nach: Pro me, pro me! Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 285 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Betrug mit einer Alraune

Source: Betrug mit einer Alraune

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Jahr 1791. Der Wannenmacher Kyburz von Ärlisbach (Erlinsbach) «dermalen Bürger zu Augst», und seine Frau haben «aus Mangel und Armuth» einen betrügerischen Alraunhandel versucht. Einige «Wälder» aus der Gegend von Laufenburg wollen von ihm für den Geistlichen von Blauen im Bistum Basel für teures Geld «ein Thier oder eine Allraune…,welche alle Tage 2 neue Thaler mache», erwerben. Jener Pfarrherr wolle sie auf Probe, und wenn sie gut sei, «so müsse sie ihm drey Krüge Wasser aus dem Paradies bringen, und wenn man als dann von diesem Wasser auf Eisen oder sonstige Sachen schmiere, so werde alles zu Gold». Er könne auch «das Thierlin» zwingen, ihm alle Schätze und Geld, das in Kriegszeiten oder im Meer verloren gegangen, aufzudecken. Im Verhör gibt Kyburz zu, nie eine Alraune besessen zu haben. Die beiden Delinquenten wurden am Sonntag, den 4. August 1791 in der Kirche zu Pratteln der christlichen Gemeinde «vorgestellt». Augst Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Betrug um den Enziwald

Source: Betrug um den Enziwald

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Der Enziwald hinter Hergiswil gehörte früher zum Graushof. Weil das Heim einmal um ein graues Ross verkauft worden ist, hat es diesen Namen erhalten. Dem Grauser, so hiess fortan derselbe Bauer, der dort wohnte, kamen durch Frevel die Urkunden für den Wald abhanden und gelangten in dritter Hand an die Burger von Willisau. Bei dieser ungerechten Geschichte war hauptsächlich ein Willisauer beteiligt und nach seinem Tode war im Städtchen des Nachts keine Ruhe mehr. Besonders pflegte er stark an die Tore zu pochen und das konnte man leicht in allen Gassen und Häusern hören. Endlich gelang es, ihn zu bannen. In einem Kratten ward er ins Enziloch gebracht. .Seitdem ist's ungeheuer dort.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Betrügerische Schatzgräber

Source: Betrügerische Schatzgräber

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Noch lebende Leute erzählen: Olsberger lernten einige Schwarzwälder kennen, die sich anheischig machten, den Teufel zu beschwören, um verborgene Schätze zu Tage zu fördern. Eines Abends spät erschienen in Mänteln die Gesellen. Sie schickten den grossen Hans (Dorfname) und seine Leute in den Keller hinab, um, wie sie sagten, die Sache nicht durch Uneingeweihte aufs Spiel zu setzen. Sie warnten sie auch, ihren sicheren Platz zu verlassen, auch wenn es poltere und rassle. Der Hauseigentümer gehorchte, und richtig: nach einiger Zeit ertönte ein Gepolter, dem eine lange Stille folgte. Als sich nichts regen wollte, wagten sie sich ungerufen nach oben und mussten sehen, dass das Gemach leer und alles, was Wert hatte, verschwunden war. Bewaffnet setzten sie den Flüchtigen nach, vergebens: die Nacht hatte sie schuss- und stichfest gemacht. Olsberg Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Beulentod

Source: Beulentod

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Damals lebte zu Leggistein ein Familienvater, der einen furchtbaren Haufen Kinder hatte. Er pflegte zu sagen: »Mir kommen die Kinder wie Schnee.« Da raffte ihm der Beulentod innerhalb einer Woche sieben Kinder hinweg, und jetzt meinte er trauernd, nytt syg glyhner äwägg as ä Hüffä Chind. Fr. Mattli-Gerig, 45 Jahre alt, Wassen Auch im Schächental hört man: »Ob vilä Chindä-n- und vill Schnee sell-me-si nitt biklagä, äs isch glyh vill da und glyh vill äwägg.« Mitgeteilt: Pfr. Jos. Arnold Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Beulentod und Totenschar

Source: Beulentod und Totenschar

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Von 1610 bis 1612 wütete in der Schweiz eine furchtbare Pest, der Beulentod. Die Häuser, worin Angesteckte waren, wurden um Schwyz herum „gebannt und vernagelt". Von Aussen liess man den unglücklichen Bewohnern die Nahrung und alles Nötige durch eine Öffnung darreichen, welche man zu diesem Zwecke im oberen Teil des Hauses gemacht hatte. Noch lange hernach bemerkte man an manchen Häusern solche Löcher. Im Kirchgang Schwyz allein sollen damals 3600 Personen gestorben, einmal 99 Jungfrauen mit einander in das gleiche Grab versenkt worden sein. Die Sage meldet, eine Stimme habe endlich aus den Lüften herab gerufen: „Esset Strenzen und Bibernellen, auf dass ihr nicht alle umkommt!" Mit dem Winter 1612 hörte die Plage auf. Um diese Zeit hatte ein Mann zu Schwyz, andere sagen zu Arth, eine seltsame Erscheinung. Eines Morgens beim Ankleiden sah er bei der nahen Kirche einen grossen Leichenzug, alle Teilnehmenden schwarz gekleidet, nach dem Friedhof wallen und sich selbst, so wie er eben war, mit einem Strumpfe über der Achsel den Zug beschliessen. Er mutmasste daraus, dass er der letzte an dieser Seuche sterben werde, was auch geschah.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Beweis, dass ein Hagelwetter von Hexen herkomme

Source: Beweis, dass ein Hagelwetter von Hexen herkomme

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Nach einem Hagelwetter ging man hinaus und untersuchte wissbegierig die Hagelschlossen. Fand man in denselben Menschenhaare oder anderes Haar eingekeilt, so war das ein unwiderleglicher Beweis, dass dieses Unwetter von Hexen herkomme. Dann nahm man auch Hagelsteine und warf sie ins Feuer, um eben den Hexen dadurch zu schaden und sie zu bändigen.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Bei dieser Sage gibt es keine genaue Zuordnung zu einem der fünf Kantone.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Bi de Spieler

Source: Bi de Spieler

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Bi de Spieler Einisch hei Manne am heilige Obe mit Charte gspielt. Derno het’s am Fänschter dopplet. D’Frau Faschten isch dusse gsi. Sie het gseit: „Muess i au cho hälfe?“ Im Augeblick hei sie ’s Liecht abblose u si ungere Tisch u unger d’Bänk gschloffe. D’Frau Faschte isch drufabe nid ihecho u wieder gange. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Bi dr Altburg

Source: Bi dr Altburg

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Bi dr Altburg Bi dr Altburg isch es no hütigstags unghüürig. Wo dr Rächemacherüelk dert gjohrholzet het, gseht er ungereinisch e Ma uf eme Stock hocke. Dä het wissi Hösli agha, gälb Strümpf un e rote Chüttel. Ufern Chopf het er e schwarzi Tschöttelichappe treit. Wo dr Üelk e Rung hingere luegt, lit plötzlig e schwarzi Chatz uf em Stock obe. Uf ersmols isch die ewägg cho; är het nid gwüsst wie. Sepplis Heiri het am Chaserebärg es Acherli gha un lsch amene Sundi nomittag go luege‚ ob ’s Chorn bal rif sig. Du chunnt vo dr Altburg es flotts Herli vüren a Waldrand. Äs het wiss Strümpf, sametigi Hösli mit guldgälbe Chnöpfen a dr Siten un es Fäckechuttli treit. Du heig dr Heiri dänkt, jetz göih er dessitwäge glich am Waldrand no z’dürab, das wärd chum z’töde goh. Aber wo-n-er isch abecho, het er kes Herli meh gseh. Derfür isch e grossi brandschwarzi Chatz uber e Wäg bis i Fielehauers Lang abegumpet. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Bi dr Thanbrügg

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Bi dr Thanbrügg Einisch bin i z’Nacht mit eim gägen Eriswil glüffe. Bi dr Thanbrügg si vier Manne cho mit eme Wägeli. Es Totebäumli isch druff gsi. Sie hei still gha u ’s Bäumli i Bach gheit. Ungereinisch si sie ewägg cho; i ha nid gwüsst wie u wohi. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Bi dr Wösch

Source: Bi dr Wösch

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Bi dr Wösch Einisch hei Fraue amene heilige Obe gwäsche. Du isch e Frau derhär cho; niemer het se gchennt. Derno het sie gfrogt, ob sie au söll hälfe. Die Fraue hei gseit jo, u diesi het afo hälfe; aber uf ’s Mol het sie d’Lüt gno, wo dert si gsi‚ u se in e Bütti ine gschlage. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Bi Wöschere

Source: Bi Wöschere

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Bi Wöschere Mis Müetti het no mängisch ghulfe buuche. Scho lang vor Tag isch es albe go füüre. U de isch ei Arbeit a dr angere ghanget bis z’Obe spot. Äs het äbe scho sälbi Zit Lüt gä‚ wo mit de Dienschte u den Agstellte kei Verstang hei gha; weder die, wo vo chlinem uf bimene volle Bare si, wüsse nid, was Läben isch. Einisch isch sie in es Burehus go wösche. Äs si no angeri Wöschere do gsi. Äs isch lang gange; am englefi si sie no nid fertig gsi. Eismols isch e Frau derhär cho u het gschnaulet: „Jetz heit er de Zit, für Füürobe z’mache‚ süsch chume den ig cho hälfe.“ Jetz cheut er ech dänke, wie die Fraue si in es Züg ihecho. Sie hei wohl gwüsst, dass es d’Frau Faschten isch, wo se tuet mahne. Aber do isch es Wibervolch gsi, nid grad es chlüpferigs, das het si gschwing bchimt, dr Frau Faschten e Chornritere i d’Hang gä u gseit: „Jo, jo, mir wei. Gang reich is ume no es Gschir voll Wasser“. D’Frau Faschte het’s gno un isch zum Brunne hingere. Aber wohl, jetz hei die Wöschere Bei ubercho! Sie hei d’Wösch lo ligge, wo sie isch gsi u Wasser i ’s Füür gschüttet. Derno hei sie ’s Liecht abblose u gmacht, dass sie si ungere cho. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Billiges Waldland

Source: Billiges Waldland

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Bei der Sommerau sind die Diepflinger mit Waldland zu kurz gekommen. Um ein paar Mass Wein verkauften die Diepflinger Gemeinderäte den Gelterkindern eine magere Halde. Dieses von Gelterkinden sehr entlegene Stück Wald erholte sich aber, und es gediehen doch noch ansehnliche Bäume darauf. Diese bildeten immer einen Anziehungspunkt für Diepflinger und Thürner Holzfrevler. Noch heute werden allerlei Geschichten erzählt: Wie sie zur Sommerszeit Tannenstämmchen abhieben, diese im Getreideacker versteckten und dann auf dem Garbenwagen nach Hause führten. Einer hatte einen gestohlenen Mehlbaum längere Zeit in Sissach bei einem Tochtermann liegen. «I geeb jetz no zwänzg Franke, wenn i wüsst, wär mer dä Mählbaum gstohle het», sagte der Gelterkinder Ochsenwirt an einer Holzgant zu einem Diepflinger, ohne zu ahnen, dass er einen Mithelfer bei jenem Frevel vor sich hatte. Diepflingen Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch  


by Bim Balmi z'Gööttannen

Source: Bim Balmi z'Gööttannen

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Us e Fleenen sii d'Zwäärgleni abbachun bis zum Balmi. Bim Balmitrog häi s' gwäschen und uf em Balmi d'Strimpf trechned. Im üüssra Vorsess häi s' de-l-Liite ds Vee versoorged. D'Zwäärgleni häin nid bbrichted wee d'Liit und häin alls i-r-Riimlene gsäid. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch .


by Bim Biberhoger

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Bim Biberhoger Dr Biberhoger isch z’Wyssbech äne. We me vom vordere Biber düruehe lauft, so geiht’s süferli bärguf u de chunnt me gli i Tannwald. Do isch es chlis Chnübeli, u die alte Lüt hei gseit, do sig vor Ziten e Burg gsi. Vor Johren isch e Bur im vordere Biber gsi; dä het dr Chnächt gheisse, i Biberhoger go rüte. As isch zwüsche de Wärchet gsi. Dr Chnächt het weneli uf Rücke gha. Du seit dr Bur, jetz chömm er de einisch cho luege, was afe gange sig. Jetz isch d’Chappe lätz, dänkt dr Chnächt. Är het dr Sach welle vorcho un isch z’Nacht hingere. Rächt ärschtig isch er drahi; är isch si reuig gsi u het welle guet mache. Aber är isch müed worde; leue müess er, het er dänkt, umen es Rüngli, hocket ab u streckt si e chli. Äs geiht nid lang, du ghört er Hüng brüele. Ross hei trablet. Düre Hunzen uehe isch e Schese cho wie ne Staatswage. Vier Ross si dervor gsi. Vora u hingernohe si Bigleiter cho uf vürnähme Rosse. Das het e grüslige Lärme gä. Dr ganz Zug isch vüre bis zum Strössli, wo vo Madiswil uehe chunnt. Derno isch es zrugg, u eismols isch es gsi wie abgwüscht. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Bim Boozitrog

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Us em Wiillerli gäid es stotzigs Wägli embrüüf, um bald chunnd ma ob ds Gstapf. Nid wiit drob zööha ischd freejer e Trog gsiin; ma hed im dr Boozitrog gsäid. Da häige-m-ma freejer es Boozi gseen, en ugrindeta Man mid dem Hoit undrem Öögs. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.    


by Bim Brunnstübli

Source: Bim Brunnstübli

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Bim Brunnstübli Bim Brunnstübli i dr Eichmatt usse steiht es Eichli. Früeher isch dert e Grabe alli Gredi uber d’Allmäng gange bis übere zur Sagi; uber ’s Bechli, wo unger düren isch, isch e Roone gleit gsi. Em Grebli no het me sälb Chehr mängisch Liechtli gseh; sie si vürecho un ume hingere; mängisch si sie wit usenangere gsi; de si sie ume zsämecho u höch i d’Luft uehegumpet. Dr Vati het gseit, das Eichli stöih, so lang är si mög bsinne, u d’Lüt sägi, äs sig hohl u sie sötti’s ummache u sie dörfi nid. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Bim Brunnstübli

Source: Bim Brunnstübli

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Bim Brunnstübli Äs isch i dr Ärn gsi. Dr Hansueli u dr Seppli, zwe Buebe, si i d’Gumi go Ähri ufläse. Du säg dr Seppli: „Chumm, mir göh uf d’Bureallmäng. Hie si jo ume ganz weneli.“ Sie si drufabe dür Hansuelis Matten ab usi zum Brunnstübli cho. Uf eismol drückt si dr Hansueli uf d'Site u seit zum Seppli: „Mach di enangereno nohe, du Schlarpi. Gsesch äis Fraueli do nid, wo tuet Wingle Wäsche?“ Aber dr Seppli het d’Augen ufto u nüt möge gwahre. Dr Hansueli het drum meh gseh, weder anger Lüt; vowägen är isch i dr heilige Nacht jung gsi. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Bim Chääslen

Source: Bim Chääslen

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Äis wä Trini bin enem Haar in Argwoo chun, äs fiigi en Här. Da wän im uberscheen; äs hed's mid den Armen geng gööd gmäind. Das ischd eso chun. Äs hed z' dicke gläid ghäben und ischd dra gsiin, mid dr Brächen de Schluck z'zertöön. Döö chunnd dr Broodträger u chrawwed's an, fir ne Fiiffränkler z'etleennen. Trini hed ds Chessi ab em Fiir gräited ung gsäid: „Wart no". Derna hed's i ds Chessi greckd und e Fiiffränkler drüüs gnun und hed nen dem Broodträger ggän. Där hed de Fiiffränkler gschowwed ung gschowwed und hed Trinin aggugged und ischd mid dem Fiiffränkler abgstossen. Är hed gloibd, Trini chenni häxen. Aber äs ischd nid eso gsiin. D'Milch hed vum Chasleb nid welle schäiden, und döö hed's e Fiiffränkler i d'Milch taan und dän döö dem Broodträger ggän. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Bim grawwe Stäin

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Si häin geng welle sägen, bim grawwe Stäi chemi em Man. Där häigi si da ds Läbe gnun, und är meessi no zwenzg Jahr chun; esevel mengs Jaar hätt er no chenne-l-läben, wen er das nid gmachd hätti. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Bim Lölibrüggli

Source: Bim Lölibrüggli

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Bim Lölibrüggli Ihrere zwe si z’Nacht uber ’s Lölibrüggli. Du heig es i dr Nöhi ernosse. „Hälf dr es Ross“, säg eine. Du chömm es Fraueli vüre u jammeri; „Hälf dr Gott, hättisch sölle säge. De chäm i a d’Ruehw. Jetz muessi ume sövli mängs Johr warte, bis äis Eichli gross wird. Wen öpper us em Holz dervo e Wiegle macht, isch de ersch d’Zit bald ume. ’s erschte Ching, wo i dere Wiegle lit, cha mer hälfe u mi erlöse.“ Das Gurgeln und Plätschern des Wassers unter der Brücke täuscht dem Ohr menschliche Laute vor. Die Sage vom niesenden Geist unter dem Lölibrüggli enthält das Motiv vom Erlöser in der Wiege; es geht auf das Kreuz Christi zurück (F. Ranke, Der Erlöser in der Wiege). M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Bim Oltschibachbriggelti

Source: Bim Oltschibachbriggelti

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Äis hed e Züüner spat in dr Nacht gägen häi-w-wellen. Bim Oltschibachbriggelti ischd im äina ebchun. Är hed äina träägen. Dr Tiifel isch'sch gsiin mid dem Dietrech uf en Agslen, där wa si bim DietrechScheer im Stiirig erhäichd hed. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Bim Schatzgrabe

Source: Bim Schatzgrabe

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Bim Schatzgrabe Uf em Ochleberg hei einisch ihrere drei gschatzgrabet. Derbi hei sie kes Wörtli dörfe rede. Es Trögli. schwär wie Bli, isch vürecho. Bimene Hörli hätti sie's gha. „Jetz hei mer’sch“, seit eine. Im Hangumdräihe isch’s Trögli z'dürab u verschwunde. Später si re gäng wieder go grabe; aber niemer het meh öppis gfunge. Ob's wohr sig? He, wär's gseh het. isch derbi gsi, u wär’s erzellt, läbt no. Die vorstehenden zwei kurzen Sagen zeigen uns, wie Elemente alter Zauberhandlungen in den Vorschriften, wie ein Schatz gehoben werden muss, neu aufleben; denn Stillschweigen ist bei Kulthandlungen oftmals strenges Gebot. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Bim Wäschhüüstrog z’Gööttannen

Source: Bim Wäschhüüstrog z’Gööttannen

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Bim Wäschhüüstrog hed z’Mittinacht geng es Mäitli gwäschen. Vil häi’s gseen; aber neemen hed mid im derffen afa bbrichten. Äis hed äina spät gägen häin a Sunnsiite-w-wellen. Das Mäitli ischd aber am Trog gsiin, hed nid es Wort gsäpd ung gwäschen. Är bliibd staan, nimmt ds Härz im beed Hend und fräägd: „Fir wä-w-wäschischd düü da äimmel o geng?“ „Fir sibenesibezg Seelen“, hed ds Mäitli gsäid und hed wiiter gwäschen. Das Mäitli häigi, eso häi d’Liit gsäid, es Chliis um ds Läbe bbrachd, und sibenesibezg wä d’Zaal gsiin vun dänen, wa wän nahachun. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Bim Weidgatter

Source: Bim Weidgatter

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Bim Weidgatter Uf ere Weid isch e Gatter gsi, wo von ihm sälber uf u zue isch, we Lüt düre si. Das isch nid mit rächte Dinge zue- u hergange. Du frogt einisch öpper, wo au het düre welle, wär do sig. Ig, het e Stimm Bscheid gä. Wär är sig. Dä u dä. Worum er de do sig. Är sig z’tot gschlagä worde. Jetz müess er no die Stell do verseh. Do müess er bliebe, bis me nen abrüef. Das göih nume no sövel lang, wie-n-er hätt sölle läbe‚ wen er nid wär z’tot gschlage worde. Süsch sig är de es Ching dr Säligkeit. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Bim Ziighüüs

Source: Bim Ziighüüs

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Bim Ziighüüs chunnd um Mitternacht es Wiibevolch. Äs schläipfd Chetteni derhar und macht dermid en griisleche Lärmen. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Bin Gäissgädmerren

Source: Bin Gäissgädmerren

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Z'Nessetal, grad bim Saagelli, stään am Wäg es par Gäissgäden. Äs ischd um Mitternacht anha gsiin. Em Bööb ischd bin Gäissgädmerre verbii. Döö ischd ds Nachtvolch chun. As sii rra chun uf Rosse zsprenggen und sii rra z'Fööss chun. E-l-lenga, lenga Zug isch'sch gsiin; är hed nid wellen üüfheerren. Döö chunnd dem Bööb sin Getti; där ischd vor churzem gstorbe gsiin. „E, e, e, Getti", säid dr Bööb, „jetz hätti ewch da o nid erwarted!" „O", säid dr Getti umhi, „dü hättischd niid selle sägen! Jetz mag i den andre nimma naa. Etli mengi Stund mööss i loiffen, bis e sa bseen!" Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Bir Liichewwacht

Source: Bir Liichewwacht

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Z'Understock ischd es elters Wiibevolch gstorben, e-w-Witwen; ira Ma wä scho lang u-l-lang undrem Härd gsiin. Döözmal isch'sch no Brüüch gsiin, ge z'wachen, sa lang das dee Gstorbnegen no siin im Hüüs gsiin, und mim Möötter hed si anerbote ghäben, en Nacht ge z'wachen. Wa si döö äis dervun ischd und i d'Chuchi, siin näben dr Fiirblatte zwäi gstanden, ds Wiib, wa tots im Stubelli isch gsiin, und dr Man, wa scho-l-lang ischd uf em Fridhof gsiin. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Bir Matteschiir und im Binzerren

Source: Bir Matteschiir und im Binzerren

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Friejer ischd dr Brüüch gsiin, das Mäitleni um Böeben üüsser ds Dorf ggange siin und i Schiirenen und i Dilenen ubernachted siin. Äis wän döe es Mäitli zen enem Böeb gschlagen; är hed's nid bchennd; aber si sii-r-räätig worden, gäge d'Binzerri z'gaan, und häin da bin arra Schiir zöehi und i d'Dili wellen. Ds Mäitli ischd vorüüs über Läitren embrüüf und dr Böeb hinnen naha. Etz gseed er, wie ds Mäitli mid Gäistschäägglenen uf e Säigle stäid; äs ischd ds Gäismäitli gsiin! Är springd ab dr Läitren, loifd gäge d'Farnerri, dir d'Riiti anha und uber en Grind uber bis häin! Das häin iiser dick und vil verzelld, wie friejer Mäitleni um Böeben geng zer Matteschiir siigen und da in arra Dili ubernacht siige gsiin. Äis häige s‘ umhi wellen; es Mäitli siigi vorüüs über d'Läitren embrüüf; döe gseed äina bien im Gäisfiess, är springd zrugg, alli andren im naa, Mäitleni um Böeben, gäge ds Mattengässli und häin! Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Bir Rätschgrööben

Source: Bir Rätschgrööben

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Vor vile Jaaren isch'sch bir Rätschgrööben uf dr obre Furen nid alls loibs gsiin. D'Liit, wa verbii siin, häin da naa em Vernachten geng e schreckelli weeschta, fiiraga Ma gseen, um bbald hed da tagleechts neemmem mee wellen gaan, vergäss de z‘Nacht. Aber äis isch'sch stockfiischterri Nacht gsiin. Döö chunnd em Man; är hed en Hund bee-n-im ghäben, und in dr Hand hed er e Fürbrand träägen. Dr Gfiirig stäid vor im im Wäg, machd Oige wee Redleni ung chroosed mit de Zeenden:      „Hättischd düü nid das Bissendi Und dä gfiiregem Bbrand, Sa wärischd d' gruwwna Fir hinaga Abenggang!" Firderhin hed neemmem mee de gfiiragem Mam bir Rätschgrööbe gseen. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Bis die Lebenszeit abgelaufen

Source: Bis die Lebenszeit abgelaufen

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a) Eine Frau M. in Wassen lag im Wochenbett. Während man das Kind zur Taufe trug, stand sie auf und trank allen Wein aus, den man ihr zum Wärmen auf den heissen Ofen gestellt hatte. Drei Tage und Nächte fiel sie in Tobsucht und starb dann, das heisst man hielt sie für tot und beerdigte sie. Seitdem sah man täglich eine Frau zur Kirche kommen und während des Gottesdienstes im Vorzeichen stehen. Man merkte bald, dass es eine arme Seele sei, und ein Kapuziner redete sie an. Sie bekannte, jene Frau M. zu sein, und offenbarte, sie sei lebendig begraben worden. Hätten sie mit der Einsargung nur eine einzige Stunde länger gewartet, so wäre sie wieder zu sich gekommen und gesund geworden und hätte noch 16 Jahre leben können. Bis diese 16 Jahre verflossen, müsse sie jetzt wandlen, wie wenn sie noch auf Erden leben würde; wenn dann diese Zeit verstrichen sei, werde sie erst vor Gottes Gericht kommen (19. Jahrhundert). b) Am 18. September 1902 ertrank in der Reuss Pfarrer Anton Baumann von Wassen. Da soll seine Haushälterin, die keine Urnerin war, ausgestreut haben, er sei ihr erschienen und habe ihr gesagt, er müsse jetzt noch 17 Jahre wandlen, wie wenn er leben würde, dann erst werde er vor dem Gerichte Gottes er scheinen und Gottes Urteilsspruch erfahren; denn es wären ihm eigentlich 80 Lebensjahre bestimmt – g'grächet – gewesen. Das Gerücht verbreitete sich durch den ganzen Kanton. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Bischof Tavelli's Tod

Source: Bischof Tavelli's Tod

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Im Jahre 1375, den 8. August, liess Freiherr Anton vom Turm den ehrwürdigen Bischof von Sitten, Witschard Tavelli, samt seinem Hofkaplan, vom Schlosse Seta herabwerfen und eines gewaltsamen Todes sterben. Über diesen tragischen Fall wird in Savièse noch als Sage erzählt was folgt: Der Bischof bewohnte im Schlosse Seta, wovon nur noch einige Ruinen stehen, ein Zimmer gegen Norden, oder war daselbst in einer Hauskapelle, in der er eben mit seinem Kaplane das Brevier betete, als die Knechte auf Befehl Antons vom Turm hereinbrachen, ihn anpackten und samt seinem Begleiter zum Fenster hinaus in den Abgrund stürzten. Der unglückliche Bischof fiel auf einen abschüssigen Felsen, von dem er weiter in eine ebene Wiese hinabpurzelte und da liegen blieb. Leute, die im Felde waren, fanden ihn noch am Leben; hoben ihn darum auf und wollten ihn nach Chandolin tragen. Am Ende der Wiese setzten sie ihn wieder ab, um ihm bei einem kleinen Brunnen das blutige Haupt abzuwaschen. — Hier starb der Bischof. — Zum Andenken an diesen Tod steckt nun jeder, der an diesem Brünnlein trinkt, ein hölzernes Kreuzlein in die Erde, deren stets viele Hunderte dastehen. Der Brunnen heisst jetzt "Kreuzbrunnen — fontaine des croix".   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Bitte einer verstorbenen Mutter

Source: Bitte einer verstorbenen Mutter

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Aus Gasenried in St. Niklaus wird erzählt, einem Jünglinge, Peter Joseph, sei der Schatten oder der Geist eines Verstorbenen ein ganzes Jahr lang überall und allemal begegnet, so oft er nach Sonnenuntergang ausser seinem Wohnhause war. Dieser unheimliche Schatten wurde nicht nur von ihm, auch von andern gesehen, wie derselbe stets seinen Spuren gefolgt sei. Peter Joseph musste sich angewöhnen, alle Arbeiten ausser dem Hause vor Sonnenuntergang zu vollenden, wenn er vom Geiste nicht wollte belästigt werden. Eines Tages geschah es, dass er sich beim Füttern der Schafe in einem etwas entfernten Stalle verspätete. Die Sonne ging eben unter, als er noch in der Scheuer Futter fassen wollte. Sieh'! da stand der Geist auch schon auf der Treppe und harrte seiner. Der Erschrockene, der nicht mehr ausweichen konnte, rief den Namen Gottes an und fragte, was er helfen könne und solle. Die Erscheinung erklärte, sie sei der Geist seiner verstorbenen Mutter, und bitte ihn, die Person nicht zu heiraten, die er sich zur Braut auserkoren habe. Sie bezeichnete ihm die Person, die er zur Ehe nehmen solle. «Zwei Kinder werden dir sterben und mich erlösen», fügte sie bei. Der Geist verschwand und ward nie mehr zu bemerken. Natürlich folgte der Sohn dem Wunsche seiner Mutter. — Die zwei Kinder starben, aber die Heirat war keine glückliche.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Bläiti Nidla

Source: Bläiti Nidla

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Eis ischd e Schuemacher uf dr Stöör gsiin. All Tag ischd bläiti Nidla uf e Tisch chon. Aber im Weidli ischd nummen es einzigs Chueli glüffen. Es Tags hed d'Froww den Ankachübel gnon und hed afan anknen. Derna isch schi ufgstanden und uusi. De Schuemacher hed's gwundred, was im Chübel siigi und hed gschwind ds Dechelli abglüfted, und - nüüd, nüd es Tröpfelli Nidla ischd im Chübel gsiin, bloss e Wäschhudel, e gwöönliga, nüüdrazega Wäschhudel; är hed ne gfingred ung gschowwed; aber in allem ghöörd er Tritta, und in dr Angscht leid er den Hudel hindren Hosbalken. D'Froww ischd umhi chon und hed wiiter am Stab zogen ung gstossen; aber du isch'sch nüd lang ggangen, rünnd dem Schuemacher d'Nidla z'beedna Siiten hindrem Hosbalken uf d'Hoosi uusa. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Bläsi, Helmi, fleen!

Source: Bläsi, Helmi, fleen!

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Zun enem Hirter an Gibelegg ischd Tag fer Tag es Zwäärgli chun. Und all Tag hed ma dr Hirter en Goon platschvolla Milch ggräched. Äis es Tags ischd dr Hirter am Hage gsiin; ds Vee hed gwäided, nid wiit vum Hirter dr Helm. Uf ds Mal chunnd ds Zwäärgli äis Sprungs derbar und breeled, was's mag: „Bläsi, Helmi, fleen! D'Gibelegg ischd gspalten!" Dr Hirter h-d ds Hagziig, Stäcke. Schiji und Schwäiffel la ghijen, hed ds Vee zsämetriben und ischd gägen Hostette gfaaren. Churz drüüf ischd dr Bach chun, und wiit um bräit hed's nen über d'Beerter üüsgreerrd und alls uberfaared und uberfeerrd. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Blausee-Sage

Source: Blausee-Sage

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Vor Zeiten sah der reizende kleine See im oberen Tal der Kander noch anders aus als heute. Sein Wasser unterschied sich nicht von anderen kleinen Berggewässern.                   Es wohnte aber in der Nähe seiner Ufer ein Mägdlein, das sein Herz einem Hirtenknaben zugewandt hatte. Oft gingen die beiden in hellen Mondnächten zu dem von uralten Tannen umstandenen Alpensee, auf welchen der Knabe zum Zeitvertreib einen Kahn gesetzt hatte. Auf den silbernen Fluten verträumten sie dann freundliche Stunden ihres jungen Lebens.                   Da fiel der Knabe, als er hoch in den Flühen im Seiltuche Heu einbringen wollte, über eine Felswand zu Tode. Untröstlich war von der Stunde an das Mädchen. In mitternächtlicher Stunde schlich es sich oft zum versteckten Seelein und trauerte um den Burschen.                   So verwirrten sich nach und nach des Mägdleins Sinne. Umsonst war die Mahnung der Eltern, die nächtlichen Besuche aufzugeben. Eine geheimnisvolle Macht zog die Unglückliche immer wieder dorthin. Eines Morgens aber fand man Schiff und Schifferin auf des Wassers Grunde.                    Von der Stunde an hatte das Seelein eine tiefblaue Farbe angenommen. Die Leute sagen, es seien die Tränen der unglücklichen Liebe und das Wasser sei ebenso blau wie die Augen des unglücklichen Mädchens es ehedem waren.   Sagen aus dem Frutigland / Quellenbändchen zur Heimatkunde von Frutigen Fritz Bach,Frutigen Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Bleemlisalp

Source: Bleemlisalp

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Hinderhi im Ürbech ischd en gööti, bravi Alp gsiin. En Älper hed mid enem Handchnab ds Vee bsorged, und d'Chee häi s im Tag driimal meessen mälchen. Das hed vil Arbäit ggän, und dr Älper hed ds Fleekichrüüd verfleekd. Drum häissd's Fleekichrüüd. Düü bchennschd es doch? Nid? Äs hed eso Stengel uw wem ma äina zerbrichd, chunnd es ganzes Glinntelli Milch üüsa z'rinnen. Äis häi d'Chee das Chrüüd chenne frässen; aber jetz nimmä; wa ds Chrüüd ischd verfleekts gsiin, ischd d'Milch giftegi worden. Dr Älper ischd en Uflaat gsiin; es Mäitli wäm bee-n-im gsiin; däm hed er alls z'Leeb taan; aber wa d'Möötter ischd chun, hed er rra mid Cheedräck versiwweti Milch i ds Muttli taan. Dermid hed er si versindegeb. D'Flöö und dr Gletscher sii virhaghiid und häin alls Läbends, Liit u-w-War, undergmachd. Um Bleemlisalp iischd no hiit undrem Iisch. Aber dr Älper und sii Katriin siin nid a d'Rööww chun. Wär uber dee Stäigoleten gäid, wa d'Bleemlisalkp drunder ischd, gheerd den Älper chlagen: »Mi Chöö brüün, Min Hund Rüün Um miin Höör Katriin Meesseb immer und ewig Uf Bleemlisalp siin.“ Aber d'Liit sägen, wem ma die brüün Chöö, wa undrem Gletscher ischd, chennti mälhen, geengi ds Iisch ab und d'Alp wän enumhi gööd. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Blikker von Steinach

Source: Blikker von Steinach

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Auf der nicht weit von dem kleinen Städtchen Arbon gelegenen Burg Steinach hauste einst ein edles Rittergeschlecht. Von einem Gliede desselben, das unter dem Namen „Ritter Blikker von Steinach" unter den Dichtern jener Zeit rühmend genannt wird, geht die Sage, dass seine Harfe, mächtiger als die des Orpheus und Arion, im Stande war, die heftigsten Stürme zu beschwören, dass sie schonend über seine alte Heimat und die Burg seiner Väter hinzogen. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Blitzabwehrende Stierhäupter

Source: Blitzabwehrende Stierhäupter

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Peter Karlis Haus zu Dottikon im Freienamt liegt an der Strasse nach Anglikon, links am Auswege nach dem Dorfe Hägglingen. Das Haus ist sehr alt, obschon es aussen jetzt einen frischen Bestich hat. Als dem ehemaligen Besitzer einst all sein Vieh an einer Seuche fiel und der Ungeist im Stalle nicht weichen wollte, schlug man einem Stier das Haupt ab und hieng's an einem Eisenkettlein in einem Kasten im Estrich auf. Seitdem ist keine Seuche mehr über dies Haus gekommen. Der getrocknete Stierkopf ist daselbst noch vorhanden, wird aber weder hergezeigt, noch je von seiner Kette genommen. In der Sisselen im Frickthale hängt im Hause des Marr Käser ein aufbewahrter Rosskopf unter dem Strohdache; in einem Bauernhause zu Sulz, gegenüber Fischbach im Freienamte, ebenso ein getrockneter Stierkopf. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Bloss einen Stiefel

Source: Bloss einen Stiefel

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mit etwas Blut darin fand ein Jäger, als er sich den von ihm erlegten Fuchs aneignen wollte. Fr. Truttmann-Truttmann, 35 Jahre alt, Seelisberg Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Blüemlisalp

Source: Blüemlisalp

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Manche vormals blumige Alpe (Blümelisalp) hat das Andenken grauser Vergletscherung aufbewahrt, die plötzlich hereingebrochen. Damals, in jenen bessern Tagen war noch überall aus den Alpen fruchtbare Weide, und ewiges Eis bedeckte noch nicht den schönsten Teil derselben. Damals waren die jetzt so häufig vorkommenden Giftpflanzen, das Eisenhütchen und andere dem Vieh gesund, dem Menschen nicht schädlich. Damals frassen die Kühe ohne Schaden die giftige Wolfsmilch, welche einige Alpen beinahe ganz überzieht, und gaben desto mehr Milch. Dreimal des Tages wurden sie gemolken. Allein die Laster der Menschen machten den Zorn des Himmels rege; und das ewige Eis der Gletscher überzog zur Strafe den grünen Teppich des Alpenrasens. Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Blut zeigt den Mörder an

Source: Blut zeigt den Mörder an

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In Rüdlingen waren einst zwei Männer ihrem gemeinschaftlichen Freunde grollend aus Neid über das Gedeihen seines Haushalts. Nun trug es sich zu, dass eines Abends spät alle drei sich über den Rhein setzen ließen, und als sie in die Mitte gekommen waren, ergriffen die beiden treulosen Meuchler ihren Freund und warfen ihn in die Wellen, also dass er ertrank. Aber des andern Tages wurde sein Leichnam am Ufer gefunden, wo ihn seine Schwester erkannte. Alsobald erhub sie bittere Klagen, und als sie in ihrem Grame wie von ungefähr den Toten frug: „Ach, Bruder, wie ist es dir ergangen?“, fielen demselben drei Blutstropfen zur Erde. Von Stund an erkannte sie, dass er eines gewaltsamen Todes gestorben sein müsse, und der Verdacht fiel auf die treulosen Freunde.     Aus: R. Frauenfelder, Sagen und Legenden aus dem Kanton Schaffhausen, Schaffhausen 1933. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Blutrache

Source: Blutrache

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Zur Zeit, als der Vättnerberg noch bewohnt war, stand in der Spina ein Haus - das Fundament ist jetzt noch sichtbar. Vater und Sohn waren eifrige Gemsjäger. Auf dem Vättnerberg lebte ein nicht minder eifriger Jäger. Letzterer war ein Schwarzkünstler, d. h. mit dem Bösen im Bunde. Ihn konnte keine Kugel verwunden, ausser eine silberne, die während einer heiligen Messe unter das Altartuch gelegt worden war und zu deren Beförderung man Dreifaltigkeitssalz unter das Pulver mischte. Da die Spinajäger der Aufforderung des Bergers, sein Gebiet nicht mehr zu betreten, keine Folge leisteten, beschloss er, den einen von beiden aus der Welt zu schaffen. So geschah es auch. An einem Herbsttage fand man den Sohn nach langem Suchen in den Vättnerbergfeeden tot. Eine Kugel hatte ihn in die Brust getroffen. Der Volksmund sprach von Mord, und auch der Name des Mörders wurde genannt; allein ein Beweis für eine Schuld konnte nicht erbracht werden. In seinem Schmerze schwur der Vater blutige Rache. Nur zu häufig war er jetzt auf dem Vättnerberge anzutreffen. Seine Waffe war mit der silbernen Kugel geladen. Sie hat das Ziel nicht verfehlt. Auf dem Todbette hat der Vater bekannt, wie er in der gleichen Grashalde, in der sein Sohn umgekommen, den Widersacher beim Ausweiden einer Gemse überrascht, zum Bekenntnisse seiner Tat gezwungen, erschossen und dessen Leichnam in die schauerlichen Abgründe des Radeintobels gestürzt habe. Obwohl er geglaubt habe, im Recht zu sein, habe er keine ruhige Stunde mehr gehabt; denn das böse Gewissen habe ihn fortwährend geplagt. L. Jäger. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 224, S. 111f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Bödelmergeist in Wölfliswil

Source: Bödelmergeist in Wölfliswil

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Ein einzelner Dorftheil von Wölfliswil im Frickthale heisst nach seiner ebenen Lage das Bödemli, und dorten spukt sowohl bei der Nacht, wie am hellen Tage ein Gespenst in Gestalt eines brandrothen Fuchses, der Bödelmergeist. So oft er dem halb erblindeten Bauern Ziprian Raimann begegnet, ruft derselbe das Dorf auf und ab, man möge je nach dem Stand der Jahreszeit die Arbeiten in Feld und Wiese beeilen oder ganz sein lassen; denn alsbald werde man ein gottsträfliches Ungewitter, oder Ueberschwemmung und Hagelwetter zu erleben haben. Zuweilen ist dies schon eingetroffen, und so vermehrt sich der Glaube an einen Dorffuchs, den sogar ein Blinder erblicke, teilweise jetzt noch. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 148 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Bohne! Bohne! Ich schneide dich entzwei!

Source: Bohne! Bohne! Ich schneide dich entzwei!

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Einmal gingen drei Brüder, die Söhne armer Leute, in die Fremde, um zu verdienen. Als sie in einem Wald waren, wo der Weg sich verzweigte, gingen die beiden älteren Brüder nach Osten, der Jüngste nach Norden. Bevor sie sich trennten, schnitten sie in eine Eiche drei Kreuze und versprachen einander, nach einem Jahr hierher zurückzukehren. Der Jüngste ging weit in den Wald hinein, bis er zur Hütte einer alten Frau kam. Sie fragte ihn, ob er in ihren Dienst treten wolle. Das tat der Bursche sehr gern, weil es nichts anderes zu tun gab, als zwei Katzen und zwei weisse Enten zu füttern. Nach einem Jahr verlangte der Bursche seinen Lohn: er müsse nach Hause gehen. Die Alte gab ihm nur eine Bohne, und das machte den Burschen fuchsteufelswild. Wütend wollte er die Bohne in Stücke schneiden, er nahm sein Messer hervor und schrie: «Bohne! Bohne! Ich schneide dich entzwei!» - «O nein, lass mich ganz, ich will dir geben, was du willst!», erwiderte die Bohne. Dies liess der Bursche sich nicht zweimal sagen. Er wünschte sich ein Tischtuch, das, wenn er sage: «Tischtuch, mach dich bereit!» voll mit allen guten Speisen gedeckt sei. Sogleich kriegte er das Tuch, und als er sagte: «Tischtuch, mach dich bereit!» war es mit guten Speisen gedeckt: Schinken, Trockenfleisch, Rahm, Reis, Kastanien und vor allem viele Flaschen mit ausgezeichnetem altem Veltliner Wein. Zufrieden wie ein König langte der Bursche bei der Eiche an, wie sie es abgemacht hatten. Die beiden anderen Brüder warteten schon auf ihn, und sie fragten, was er verdient habe. Lachend zeigte er ihnen die Bohne, da lachten die anderen ihn gehörig aus. Aber bevor sie weitergingen, nahm er das Tuch aus der Tasche und sagte: «Tuch, halt dich bereit!» und in dem Augenblick war das Tuch mit den besten Speisen gedeckt. Aber nachdem sie gut gegessen und getrunken hatten, meinten die beiden Brüder: «Nur mit gutem Essen und Trinken hat man nicht genug, man muss auch Geld haben!» Das gab dem Burschen zu denken, und zum zweiten Mal holte er die Bohne hervor und sagt: «Bohne! Bohne! Ich schneide dich entzwei!» Die Bohne aber bettelte, er solle sie am Leben lassen, sie wolle ihm geben, was er wolle. Da verlangte der Bursche einen Esel, der Geld scheisse, und den bekam er ruckzuck. Da wurden die Brüder neidisch auf den Jüngsten, sie zückten ihre Messer und riefen: «Bohne! Bohne! Ich schneide dich entzwei!» Aber die Bohne sagte nichts und gab nichts. Da schlossen sie Frieden mit dem Jüngsten, sie gingen nach Hause und wurden alle zusammen steinreich.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Bohne, Bohne ich schneide dich

Source: Bohne, Bohne ich schneide dich

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Drei Brüder, armer Leute Kinder, gingen in die Fremde, um sich ihr Brot zu verdienen. Als sie in einen Wald kamen, wo sich drei Wege schieden, da gingen die zwei älteren Brüder gen Norden, der jüngste aber gen Osten. Vorher hatten sie drei Kreuze in eine Eiche geschnitten und sich gelobt, nach Jahresfrist wieder am nämlichen Orte zusammenzukommen. Der jüngste der Brüder kam immer tiefer in den Wald und kam zu einer Hütte, wo eine alte Frau war. Diese fragte er, ob sie nicht Arbeit für ihn habe, und als diese es bejahte, blieb er. Seine Arbeit bestand aber darin, daß er zwei graue Katzen und zwei weiße Enten zu füttern hatte. Als das Jahr herum war, erinnerte sich der Jüngling seines Versprechens und verlangte von der alten Frau seinen Lohn. Diese gab ihm eine Bohne und entließ ihn. Dem Jüngling dünkte die Gabe wohl gering, aber er murrte nicht und ging vergnügt von dannen. Auf dem Wege überkam ihn einmal die Lust, die Bohne zu zerschneiden, und schon wollte er sein Vorhaben mit den Worten ausführen: «Bohne, Bohne, ich schneide dich,» als die Bohne gar rührend zu bitten anfing: «Lieber Knabe, schneid mich nicht, ich will tun, was du verlangst.» Das ließ sich der Knabe nicht zweimal sagen und wünschte sich ein Tischtuch, das die besten Speisen hervorbringe. Und kaum gesagt, so war es auch getan. Ein Tisch stand vor ihm, darüber gebreitet ein Tischtuch und darauf die besten Speisen: Schinken, gedörrtes Fleisch, Rahm, Reis, Kastanien, vor allem aber in geschliffenen Flaschen der rote Veltliner. Zufrieden, wie ein König, kam der Jüngling an den verabredeten Ort, wo die andern Brüder schon seiner harrten. Diese hatten sich in der Fremde ein schönes Stück Geld verdient und fragten nun den Jüngsten, was er nach Hause bringe. Dieser zeigte seine Bohne, worüber die Brüder ein unmäßiges Gelächter anhuben. Da sprach aber der Jüngling: «Tischlein, decke dich» und das Tischlein deckte sich, daß es sich unter der Last der Speisen und Getränke bog. Das Experiment gefiel den Brüdern gar wohl, und sie aßen und tranken weidlich, meinten aber, daß man mit Essen und Trinken allein nicht leben könne. Da sagte der Bursche zu seiner Bohne: «Bohne, Bohne, ich schneide dich.» Die Bohne aber bat wieder gar rührend und versprach zu tun, was er verlange. Und der Knabe wünschte sich einen Esel, der Gold von sich gebe. Und was er gewünscht, das war im Nu geschehen. Das erregte der Brüder Neid; sie wollten auch ihr Glück bei der Bohne versuchen und sagten das Sprüchlein her; aber es half ihnen nichts, die Bohne blieb stumm. Da schlossen sie mit dem jüngsten Bruder Frieden und gingen mit Tischtuch und Esel zusammen nach Hause zu den armen, alten Eltern und wurden reiche Leute. Veltliner: Ein Wein aus einer Rebsorte, die wohl schon zur Römerzeit angebaut wurde. Er passt gut zu Pilzen und Bohnen mit Salbei   Quelle: Jecklin, Dietrich: Volksthümliches aus Graubünden. 3 Teile, Zürich 1874, In Dardin bei Brigels erzählt Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.              


by Boozistäina

Source: Boozistäina

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Im Grund, es Bitzli ob em Wiichel, ischd en grossa Stäin, dr Boozeller. E Bboozistäin ischd virha im Ürbech, z' Understock bin Gäisgädmerren. Ob em Roist, ob dr Falcherren, ischd e Bboozistäin; d'Liit gään da Nachts nid gäre verbii. In dr Riiti siin o Boozistäina; äs siin Gäisbärger. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Bornjungfrau und Kutsche zu Aarburg

Source: Bornjungfrau und Kutsche zu Aarburg

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Ein alter Fährmann im Städtchen zu Aarburg hängt fest an folgenden Begebenheiten, die sein Vater und er erlebt haben wollen. Mitten in einer finstern Nacht wurde dem Vater vom gegenüber liegenden Bornberg her Hop-hop! gerufen, das Zeichen, dass jenseits der Aare Jemand herüber gefahren zu werden verlange. Der Strom, der hier die Grenze zwischen den Kantonen Solothurn und Aargau ausmacht, war damals noch ohne Brücke. Der Alte ruderte also pflichtgemäss hinüber, traf aber Niemanden, und da er auf seine Mahnung, dass man sich beeilen solle, gar keine Antwort bekam, kehrte er endlich um. Mitten im Flusse meinte er jedoch, es lasse sich von der Höhe des Bornberges her derselbe Ruf und von einer Weiberstimme vernehmen; einen Augenblick später ruft es wirklich unten am Ufer, und der Schiffsmann glaubt, er sehe dorten etwas Weisses sich bewegen. Er fährt daher wieder hinüber. Da er aber zum zweitenmale Niemand am Ufer finden kann, wird es ihm doch etwas wunderlich und er wendet seinen Weidling eilig heimwärts. Auch diesseits hört er zum drittenmale noch dieselbe Stimme, zugleich aber bricht ein so gewaltiger Sturm in der Luft los, dass der Fehr unfehlbar verloren gewesen wäre, wenn er noch einmal dem Rufe gefolgt wäre. Bei dieser Erzählung wollte er nun nicht geradezu behaupten, dass dies die Bornjungfrau selbst gewesen sei; dies aber glaubte er zuversichtlich, dass sie alle hundert Jahre einmal die grossen Gewölbe im Innern des Bornberges verlasse, um in der Aare zu baden, und wer ihr alsdann folge, der habe die Wahl, ob er diejenigen Schlüssel, welche die Schatzkiste im Bornberge aufsperren, oder jene andern sich einhändigen lassen wolle, welche zu den vergrabenen Reichthümern auf der gegenüber gelegenen Wartburg verhelfen. Damit wäre dann zugleich auch die Jungfrau erlöst. Der Sohn dieses Schiffers berichtet von sich. Im Jahre 1801 hatte ich einst noch um Mitternacht mit dem Auffangen des Treibholzes auf der Aare zu thun, welches der stark angeschwollene Strom massenhaft mit sich herab führte. Die Nacht war aber ganz hell, ich hätte die Thurmfähnchen droben auf der Festung zählen können, und mein eigenes Häuschen sammt dem Zickzack der hohen Kirchentreppe lag mir deutlich vor Augen. Plötzlich begann droben auf dem Schlossfelsen das Gebell eines kleinen Hündchens, und als ich aufblickte, sah ich, wie dorten eine grosse gewaltige Kutsche das Hundert von Stufen über die Felsentreppen des Berges herab von der Kirche ans Ufer her gefahren kam. Die Furcht trieb mich augenblicklich heim. Nachher schämte ich mich meiner Angst und die Neugier brachte mich bald wieder aus der Stube. Da war aber von Allem rein nichts mehr zu sehen. Ein Unwetter jedoch war nun losgebrochen, dass man für sein Leben zu zittern hatte. Denn nun goss es mehrere Wochen nach einander unaufhörlich vom Himmel, und zugleich fieng der Bornberg an sich zu rühren, als wollte er in die Aare herunterstürzen und sie über das ganze Städtchen wegtreiben. Als dies vorbei war, gieng erst die Noth überall im Lande los und das ganze Volk kam in Aufstand. So war noch kein Jahr herum, da sassen bereits die armen Leute, die sich gegen Napoleon hatten wehren wollen, gefangen droben auf unserer Festung. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 119 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Böser Blick

Source: Böser Blick

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a) Im Isental soll ein Johann Aschwanden den bösen Blick besitzen, und zwar so stark, dass, wenn er eine Staude schneide, diese absterbe. – Denselben bösen Blick besass der verstorbene Joh. Infanger. Schriftlich: Max Oechslin b) Leute mit bösen Augen, ja, solche gibt es; das habe ich oft gehört. Auch ich hatte einen Stiefbruder; wenn der Erlen stumpete, so verdarben diese. Man lässt solche nie auf Wunden blicken; sie dürfen im Garten nicht Schnittlauch, Salbei etc. schneiden, sonst geht das Angeschnittene zugrunde. Fr. Gamma-Zgraggen, 40 Jahre alt, Silenen Fr. Jauch-Bissig, 62 Jahre alt, Isental c) Auch in Ursern sagt man, es gebe Leute mit bösen oder giftigen Augen. Man darf sie nicht auf Wunden schauen lassen und erkennt sie an den wässerigen Augen mit blauen Unterlidern. Besonders das Weibervolk, wenn es die Regel hat, besitzt giftige Augen. A. Maria Müller, 78 Jahre alt, Hospental Der Ausdruck »giftige Augen« ist auch im Schächental gebräuchlich. Pfarrer Arnold d) Als einst mein Vater Kirschen gewann und auch ich den Baum besteigen wollte um zu helfen, hielt mich der Vater ab, indem er sagte: »Nä-näi, dü müesch nitt nu machä, dass d'r Bäum abstaht.« Ich ha düe grad my Zytt gha. Fr. Zurfluh-Gisler, 55 Jahre alt, Flüelen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Bösi Gschwischterti

Source: Bösi Gschwischterti

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Bösi Gschwischterti Are stotzige Site‚ wit imene Grabe hinge, isch vor Ziten es Hüsli gsi; mi het ihm ’s Chräihenäscht gseit. Es wär für nüt, we d’ wettisch nohegrüble, wo ne’s möcht si; i bin en alte Ma‚ un i nimen a, äs läb niemer meh, wo die Lüt gchennt het, wo i däm Hüsli si gsi. Do si zweu Gschwischterti gsi, Brueder u Schweschter. Sie isch Hebamme gsi un i wett mi verschweere, die isch mängisch im Bett gläge z’Nacht u de notti no Mittinacht heicho, wie dr’sch vo äim Meitli verzellt ha, wo ihrere zwe z’Äschlismatt zue-n-ihm gange si u wo du ne Chatz isch cho u em Meitli düre Hals ab isch. Dr Brüder het gäng seit, äs sig niemer herter z’schühe weder die chline Hüngli u die alte Lüt, vowäge die sigi gäng wachber. Är isch drum e Schelm gis, wie wit u breit kenen isch vürecho. D’Schweschter het ihm gwüsst es Hängli vomene gstorbnige un utauftnige Chingli zue z’ha; dermit het er alli Schlösser chönne uftue. Einisch hei si ne useglo, un am gliche Tag isch er bi dr Mühli ibroche. Aus vielen Sagen spricht ein feines Gefühl des Glaubens, das den Zauber als Sünde ablehnt und warnt, gefährliche Zauberformeln auszusprechen und Zauberbücher zu gebrauchen. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Botti's Grab

Source: Botti's Grab

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In Grauholz, unweit der Landstrasse nach Bern, stehen auf bemoostem Waldgrunde zwei altersgraue Granitpfeiler, zwischen welchen sich ein von Schatzgräbern durchwühlter Hügel erhebt. Dieser Hügel ist das Grabmal eines mächtigen Riesen, der vor langen Zeiten hier im Walde gehaust haben soll und der dem Landvolk noch heutigen Tages unter dem Namen Botti bekannt ist, daher auch jener Hügel Botti's Grab heisst. Von diesem Riesen Botti erzählt man, er sei 20 Fuss lang und von so ungeheurer Stärke gewesen, dass es für ihn zur leichtesten Aufgabe gehört habe, die grösste Tanne samt der Wurzel aus der Erde zu reissen. Einen Händedruck von ihm auszuhalten, sei einem gewöhnlichen Menschenkind unmöglich gewesen, daher ihm auch die Bauern, zu welchen er häufig auf das Feld zu kommen pflegte, statt der Hand stets die Pflugsterze gereicht hätten; in der Pflugsterze wären aber ein jedes Mal die Merkmale seines gewaltigen Händedrucks zurückgeblieben. Nicht minder gross und stark als Botti selbst, war aber auch seine Schwester, die ihm, als er starb, dieses Grabmal setzte und in ihrem Fürtuch mehrere Stunden weit die Steine dazu herbeitrug. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Bottis Grab

Source: Bottis Grab

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Im Grauholz, unweit der Strasse, die nach Bern führt, liegen auf bemoostem Waldboden zwei altersgraue Granitblöcke. Zwischen ihnen erhebt sich ein von Schatzgräbern durchwühlter Hügel, das Grab des Riesen Botti, der vor alter Zeit hier im Wald gehaust haben soll. Von ihm erzählt man, er sei zwanzig Fuss lang und von so ungewöhnlicher Körperkraft gewesen, dass er mit Leichtigkeit die grösste Tanne samt dem Wurzelwerk aus dem Boden zu reissen vermochte. Einem gewöhnlichen Menschen sei es unmöglich gewesen, seinen Händedruck auszuhalten. Darum reichten ihm die Bauern, die er häufig auf dem Felde beim Pflügen aufsuchte, nicht die Hand, sondern die Pflugsterze zum Gruss. Darin seien aber jedesmal deutlich die Spuren seines Händedrucks zurückgeblieben. Nicht minder gross und stark als Botti selber war auch seine Schwester, die ihm, als er starb, sein Grab herrichtete und in ihrer Schürze viele Stunden weit die Steinblöcke dazu herbeitrug. Emmentaler Sagen, Hermann Wahlen, 1962 Gute Schriften Bern Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Brämem bannen

Source: Brämem bannen

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Äs gid ra, wa chenne-w-Wäschpeni bannen; ander banne-l- Liit, und am Baalisalp ischd en Älper gsiin, wa hed Bräme bbanned. Dee Alte zäigen e Stäin, där siigi esee chrisdick volla Bräme gsiin, wen er sa bbanned häigi, fir em Vee Rööww z'gän.          Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Brand im Sick

Source: Brand im Sick

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Das war so um 1930. Wir waren unser vier in der Alpe im Saflischtal, drei davon Erwachsene. Abends so gegen zehn Uhr lagen wir auf unseren Pritschen. Wie sich der Hirte zur Wand kehrte, sah er durch die schlechte Bretterwand hinaus und rief: «Jessus, Jessus, jetzt verbrennen im Sick die Alphütten!» Wir eilten alle zur Türe und schauten hinüber. Da schoss wirklich das Feuer zu allen Seiten aus den Hütten, dass wir glaubten jetzt sei bald alles abgebrannt. Wir sagten zueinander: «Da ist jetzt niemand drin, und helfen können wir jetzt auch nicht mehr. Mag dem nun sein, wie ihm will, da gehen wir jetzt heute nicht mehr hinüber!» Am andern Tag, als wir hinüberschauten, war alles wie zuvor, von Brand keine Spur. Das haben wir alle deutlich gesehen. Das ist keine Lüge. GRENGIOLS Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Brauch beim Brotbacken

Source: Brauch beim Brotbacken

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Solang man im Schächental noch im eigenen Haus wenigstens von Zeit zu Zeit Brot zu backen pflegte, war es Sitte, ein mit Lampenöl gefülltes »Buschiliechtli« zum Brot in den Ofen zu stellen und drinnen für die armen Seelen brennen zu lassen. Nicht selten äusserte man seine Befriedigung darüber etwa mit den Worten: »Da werden die armen Seelen eine Freude gehabt haben, dass wir ihnen wieder einmal so ein Lichtlein haben brennen lassen.« Und jemand meinte, sie hätten das Öl sauber ausgeschleckt. Andreas Fedier Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Brautfahrt am Hallwilersee

Source: Brautfahrt am Hallwilersee

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Wenn an schönen Sommertagen die Leute zwischen Beinwil und Wilhof ihre Weinreben bearbeiten oder sonst dort herum auf dem Felde sind, so vernehmen sie öfters vom rechten Ufer des Hallwiler-Sees her, da wo Meisterschwanden liegt, ein Rufen und erinnern sich dabei aus alter Zeit einer Brautfahrt, von der heute noch gesprochen wird. Vor vielen Jahren wollte ein Brautpaar von Fahrwangen über den See nach Reinach, um in dortiger Kirche sich trauen zu lassen. Es war an einem Freitag im Herbst, als Braut und Bräutigam mit andern Hochzeitsleuten am Seeufer nach dem Fährmann fragten, um übergeschifft zu werden. Der Alte nahm die Leute ein und war bald mit ihnen mitten auf dem Wasser. Da aber zogen unter starkem Winde schwarze Wolken über den Himmel her; der Regen schlug von oben, die bewegte Welle von unten in den Kahn und die Leute gaben sich bald verloren. Lange sah man vom Ufer her den mit dem Sturme Ringenden zu, ohne dass man es wagen konnte, ihnen zu Hilfe zu eilen. Als die Finsterniss des Gewitters sich verzogen hatte, war das Schiffchen nirgends mehr auf den Wellen zu erblicken, und erst gegen Abend erzählte der triefende Schiffsmann, wie der Kahn umgeschlagen worden und er allein durch Schwimmen sich gerettet habe. Während dem hatten die Glocken in Reinach fortwährend zur Trauung geläutet, bis endlich ein Bote von Beinwil das Jammergeschick dorten meldete. Aber seit dieser Zeit und besonders wenn andere Witterung eintreten will, hört man dort das wehmüthige Rufen des untergegangenen Brautpaars, oder es durchklingeln kleine Glöckchen wie am Halse flüchtiger Hunde die Gegend. Dies Geräusch nennt man Schellenpeter. Auch ist ein alter Glaube, so oft im Hallwiler-See Jemand ertrinke, sehe man ein Haupt im Schaume der Wellen auftauchen, die der Sturm ans Ufer schlägt. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 37 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Brennende Mandli und gute Werke

Source: Brennende Mandli und gute Werke

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a) Bei stockfinsterer Nacht zog ein Ratsherr des Weges von Stans nach Hause am Ennetbürgen. Da sah er etwa zwei Stunden weit weg auf Emmetten ein brennendes Mandli und versprach ihm eine Messe, wenn es herschwebe und ihm zünde. Kaum versprochen und Mandli ist da und zündet, ja zündet bis in die Stube hinein und will nicht fort. Der Ratsherr denkt, vielleicht müsse er das Präsent für die Messe schon diesen Abend aushändigen und legt das Geld auf die Falz vor dem Fenster, worauf das Mandli sogleich verschwand.   b) Einem andern leuchteten einmal zwei solcher Wesen, nachdem er ihnen die Messe gelobt hatte. Sie begleiteten ihn ebenfalls bis in seine Wohnstube, wo sich zwischen den beiden Mandlinen ein lebhaftes „Hoslen" - Ringen - entspann. Der Bauer ahnte, sie würden um die Messe ringen und um dem Kampfe abzuhelfen, verhiess er jedwedem eine solche lesen zu lassen. Nun waren sie befriedigt und verschwanden.   c) Zwei Männern kam und zündete ein Irrlicht um einen Rosenkranz von Fischbach über den Steinberg bis zum Weiermattgatter bei stockfinsterer Nacht. In wenig anderer Form tritt dieselbe Erzählung in Einsiedeln auf.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865.Bei Teilen dieser Sage gibt es keine genaue Zuordnung zu einem der fünf Kantone. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Brennende Männer

Source: Brennende Männer

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Brennende Männer sollen früher an der Lägern oft gesehen worden sein. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Unterland Umstilisiert aus Hedinger, S. 19. seine Quelle: persönliche Mitteilung. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Brennende „Mandli" und gute Werke

Source: Brennende „Mandli" und gute Werke

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a) Bei stockfinsterer Nacht zog ein Ratsherr des Weges von Stans nach Hause am Ennetbürgen. Da sah er etwa zwei Stunden weit weg auf Emmetten ein brennendes Mandli und versprach ihm eine Messe, wenn es herschwebe und ihm zünde. Kaum versprochen und Mandli ist da und zündet, ja zündet bis in die Stube hinein und will nicht fort. Der Ratsherr denkt, vielleicht müsse er das Präsent für die Messe schon diesen Abend aushändigen und legt das Geld auf die Falz vor dem Fenster, worauf das Mandli sogleich verschwand.   b) Einem andern leuchteten einmal zwei solcher Wesen, nachdem er ihnen die Messe gelobt hatte. Sie begleiteten ihn ebenfalls bis in seine Wohnstube, wo sich zwischen den beiden Mandlinen ein lebhaftes „Hoslen" - Ringen - entspann. Der Bauer ahnte, sie würden um die Messe ringen und um dem Kampfe abzuhelfen, verhiess er jedwedem eine solche lesen zu lassen. Nun waren sie befriedigt und verschwanden.   c) Zwei Männern kam und zündete ein Irrlicht um einen Rosenkranz von Fischbach über den Steinberg bis zum Weiermattgatter bei stockfinsterer Nacht. In wenig anderer Form tritt dieselbe Erzählung in Einsiedeln auf.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Bei Teilen dieser Sage gibt es keine genaue Zuordnung zu einem der fünf Kantone. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Brennender Mann zündet

Source: Brennender Mann zündet

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Einem Manne von Altbüron, der mit einem Mühlenstein nachts von der Stalten ins Dorf Altbüron fahren musste, zündete ein brennender Mann, bei dem er Rippen und Kopf bemerkte, bis zum Ring ins Dorf Altbüron. Der Mann betete ihm fünf Vaterunser und hiess ihn dann gehen, woher er gekommen sei. Hierauf sei derselbe über das Kritzenfeld zurückgekehrt. Zwei Männern von Grossdietwil, die ab der Allmend ins Dorf gingen, begegnete in der Nähe der Müs ein brennender Mann, bei dem sie Rippen und Kopf bemerkt haben wollen.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Brennender Räuber in der Reuss

Source: Brennender Räuber in der Reuss

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Am hohen Reussufer Mühlerain steht nahe bei der Linnmühle an einem verfallenen Hag eine alte Buche. Wer dort in der Nacht vorüber wandelt, wird von einem feurigen Manne verfolgt und läuft Gefahr, in die Reuss hinab gestürzt zu werden. Gleichwohl hat noch jeder, anstatt im raschen Strome zu ertrinken, immer glücklich das Gestade wieder erreicht. Hier wollte einst ein Mann ein wenig ausruhen, der von Birmenstorf nach Muntwil ein Fässchen Branntwein auf seiner Hutte zu tragen hatte. Plötzlich lief vom Muntwiler-Felde ein Anderer gegen ihn her, roth wie eine Gluth, nahm ihm die Hutte sammt Fässchen von der Buche weg und schleuderte zugleich den Mann weithin ins Gesträuch. Dieser verlor, sowie er sich wieder aufgerafft hatte, den Muth nicht, sondern lauschte sogleich, nach welcher Richtung der Dieb entweichen werde. Im Augenblick hörte er unter sich mitten in der Reuss einen Strudel entstehen, und sah, wie der Brennende durch den Fluss ans jenseitige Ufer watete, ohne im Wasser zu erlöschen und ohne dass zugleich das Fässchen Schnaps auf seinem feurigen Rücken sich entzündete. Aehnliches hat sich auch schon auf dem Ackerlande begeben, das des Müllers Reben heisst und oberhalb jener Linnmühle an der Strasse liegt. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 46 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Brinnig Manna

Source: Brinnig Manna

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Äis ischd dr alt Trigler tagliechts vom Hoobiel naha chu z'loiffen, bim Chalchofen anhi siigem brinnig Manna. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Brinnig Manna

Source: Brinnig Manna

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Äis ischd dr alt Trigler tagliechts vom Hoobiel naha chu z'loiffen, bim Chalchofen anhi siigem brinnig Manna. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Bristenschätze u.ä

Source: Bristenschätze u.ä

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a) Oben im Bristenstock, so offenbarte ein »Vynediger«, ist inwendig eine Höhle; da tropft das lautere Gold von der Decke herab, und ein »Chochchessi syg underg'stellt, das syg scho lang volles und läuffi uber.« Joh. Jos. Walker, 72 J. alt, Meitschligen b) Alle Jahre tropft im Bristen ein Klumpen Gold zusammen wie eine Kegelkugel. Häufig c) Ein Klumpen Gold wie ein Rossgrind oder, wie andere sich ausdrücken, ein Rossgrind Gold tropft jedes Jahr im Bristen zusammen. Albin Indergand, Ried; Josepha Epp, Bristen d) Am Höchsten Bristen sind drei Karfunkel. Der alte Bettler-Locher Lorenz in Amsteg hat sie einmal durch ein Fernrohr gesehen. Sie erleuchteten die Nacht taghell, und es sei immer feucht um sie herum. Peter Tresch, Silenen e) Der Bristenstock ist von dicken Goldadern durchzogen. f) Der Bristenstock stehe auf drei goldenen Kugeln, die in einer goldenen Schüssel liegen, soll es zu Zeiten geheissen haben, als sie im Teiftal und auf der Höchi im Ried nach Gold gruben. Martin Wipfli, Grundbuchführer g) Der Fehdistock im Meiental steht laut Offenbarung eines fahrenden Schülers auf drei goldenen Säulen. Frau Baumann, 70 J. alt, Meien, u.a. h) Der St. Anna-Bärg (in Ursern), heig ä fahrädä Schiäler g'seit, sett mä-n-uff dry goldig Stitt tüe. M.A. Schmid, 78 J. alt, Hospental Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Brood o nän!

Source: Brood o nän!

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Das wän im Wiillerli gsiin. Da wän em Möötter gsiin und es Mäitelli. Und we si hed d'Milch ab em Fiir gnun, hed si däm Mäitelli geng e Tropf in es Muttelli taan, und das hed ds Gschirrli mid dem Milchleffel dri gnun und ischd mid allem i ds Gengli üüsi und hed gsäid: „Em Chatzelli o Mämmi bringen." Das ischd geng eso ggangen. Dr Möötter isch das afan artigs vorchun. Uw-wäred dem Chloschtren im Fiirhüüs hed ds Mäitelti glached, as we 's mid eppes ganggleti. Döö gäid si i ds Gengli üüsi und isch gar griiselli erchlipfd. Us em Muttelli hed e-w-Wurm glapped, und ds Mäitelti hed im mid dem Leffel uf ds Grindli ggän ung gsäid: „Brood o nän! Brood o nän!" Das Gschichtli hed ma hie z'Wiiller o verzelld; aber äs ischd no mee dra gsiin. Ds Mäitli wän düö gwagses gsiin und hätti wellen hiiraten, und düö wän düö dr Wurm chun und hätte-m-ma es guldigs Chreendli i ds Muttelli la ghiijen. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Brosamen unter dem Tisch

Source: Brosamen unter dem Tisch

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In Isental starb eine brave Frau von ihrem Gatten weg. Er liess ihr altem Brauch gemäss während des Dreissigsten ein Öllichtlein brennen. Eines Abends war es ohne sein Wissen erlöscht, und da rief eine Stimme: »Toni, dz Liecht isch erlescht!« Er zündete es wieder an, und jedesmal, wenn es etwa ausging, hörte er jenen Mahnruf. Jetzt liess er die arme Seele anreden, und sie bekannte, sie sei die verstorbene Gattin und müsse noch leiden, weil sie zu Lebzeiten die Brosamen beim Essen unter den Tisch gewischt und hinuntergefallene nicht aufgelesen habe. Hans Aschwanden Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Brot schützt gegen Hexenmacht

Source: Brot schützt gegen Hexenmacht

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Um ein wenig zu kurzweilen, marschieren zwei ledige Schattdorfer einem Bauerngehöft zu. Unterwegs kommen sie an dem Häuschen auf dem Albenstein, wo eine Strassenvierung ist, vorbei, und da schaut ein altes Müetterli in »Haube und Käppli« zum Fenster oder durch eine Lucke heraus. »Die Blitzg müess-is etz doch nit abpassä, wom-mer higahnt«, schimpft der eine und wirft ihr mit einem wohlgelungenen Steinwurf die altmodische Kopfbekleidung vom Haupte. Das Ding ist gut. Die Burschen unterhielten sich famos. Man kaiserte. Ziemlich spät in der Nacht machten sie sich auf den Weg, der eine um eine Nidel, der andere um Brot zu holen. Als der letztere, es ist der Schreiber Sepp, mit seinem Hälberli Brot jenem Häuschen auf dem Albenstein sich näherte, beim Donner, da stand das alte Müetterli wieder an der Hausecke und wartete auf ihn. Ergrimmt über diese Vorwitzigkeit, machte er sich an's hin und fing mit dem Brot unter dem Arm an, dasselbe mit den Schultern zu stossen: »ummäz'pingglä«. Er war ihm über, das zeigte sich klar, aber um den Sieg zu einem vollständigen zu machen, fand er es für nötig, es zu »bodigen«. Er legte deshalb das Brot rasch auf den Boden und begann den Kampf mit beiden freien Armen. Doch jetzt ist's aus mit seiner Überlegenheit. Mit einem einzigen kräftigen Griff packt ihn das Weibsbild und wirft ihn über die Mauer in die Wiese: »Hof« hinunter. Als er dort lag, rief es ihm noch zu: »Wenn nit nu ä Brosmä Brot im Sack hättisch, sä tät-di zu Staib und Äschä zärrybä!« Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Brot und böse Gewalten

Source: Brot und böse Gewalten

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Als einst ein Bettler in einem Gaden übernachtete, kam ein Gespenst herein und sagte zu ihm: »Wenn d'nit äs Stickäli Brot im Sack hättisch, sä tät-di z'Huddlä-n- und z'Fätzä zerryssä.« Das nämliche schrie ein Gespenst am Rynächt einem frechen Obländner zu, als er dem »Chumuff« zurief: »Chumm appä!« Katharina Gamma, 50 J. alt, Wassen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Brudermord am Mörjerberg

Source: Brudermord am Mörjerberg

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Am Mörjerberg (Pfarrei Mörel), abwärts Ried, hat einmal ein Bruder den andern erschlagen und dann im Stadel verscharrt. Seither hat's da "g'schaffet" und "g'wütet", bis man den Mörder erwischt und hingerichtet hat. Aber auch seither ist's bei diesem Stadel noch "ung'hür" und wer nacht's da vorbei muss, der wird verhext, dass er sich verliert und die ganze Nacht irren muss, bis er etwa in ein "Killer" hinabstürzt und Hals und Bein bricht; oder, wenn's gut geht, in einem "G'fäll" erwacht, wo weder Vorwärts- noch Rückwärtsgehen mehr möglich ist. (erzählt von R. Ritz)   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Brudermord in der Belalpe

Source: Brudermord in der Belalpe

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Vor alter Zeit, so geht die Sage, soll die schöne, grosse und futterreiche Belalpe, im Natersberge, zwei glücklichen Brüdern angehört haben. Weil sie in der gemeinschaftlichen Abätzung oft miteinander zankten, kamen sie überein, die Alpe zu teilen; und zwar verabredeten sie, beide Brüder sollen zu gleicher Zeit von Naters abgehen, der eine rechts, der andere links hinauf und oben wieder zusammen kommen. Der Ort, wo die Brüder einander begegnen würden, solle die Mittelgrenze zwischen den zu teilenden Alpen werden. Beide machten sich so, laut Verabredung, auf die Strasse. Der Bruder, der links hinauf über Birgisch ging, handelte redlich und hielt sich am vorgezeichneten Wege fest. Nicht so der andere Bruder. Anstatt gegen Aletsch hinan zu steigen, ging er geraden Wegs hinauf in die Belalpe und verkürzte so seinen Bruder grob, dem er nun in der "tiefen Schlucht", ungefähr in der Mitte zwischen Belalp und Nessel, begegnete. So soll diese Alpgrenze gesetzt worden sein. Doch das so artige Teilen befriedigte den betrogenen Bruder nicht. Die Brüder gerieten miteinander in heftigen Streit. Angekommen beim grossen Stein in "Kapbag" — zuunterst in den Belalpmatten — prügelten sie einander so gewaltig, dass beide Brüder sterben mussten. Auf den Stein wurde die Jahreszahl 121 gesetzt, die noch zu lesen ist, und an diesen Brudermord erinnern soll. Schon die arabischen Zahlen sagen, dass 121 nicht die vollständige und richtige Jahreszahl angeben kann. — Eine andere Sage erklärt, bei diesem Steine sei ein Kaspar Eier, Bitscher, gestorben, dem ein Kreuz und die Jahreszahl in den Stein sei eingegraben worden, welche freilich nur verstümmelt noch zu Tage kommt. — Was die Alpteilung selbst betrifft, ist diese allerdings sehr unbrüderlich zu nennen. Wird aber Rücksicht genommen auf die Wintergüter, die ihr Alprecht im Nessel und in Bel, Lusgen und Aletsch haben, so schwindet das Unbillige der Teilung auch völlig dahin.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Brunnen

Source: Brunnen

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 1. Der Ronabrunnen im Fellital ist gesegnet vom hl. Vater, er ist höher gesegnet als Weihwasser, behauptete der alte Felli-Tresch. 2. Auch an dem Gallibrunnen in der Langlaui im Ried hat das Volk einen mächtigen Glauben. Zur Zeit des Beulentodes männte (zog) man ein Mädchen, das man als an der Pest verstorben betrachtete, zum Friedhof. Auf dem Wege stellten die Männer vor einem Hause die Leiche ab, um darinnen noch eine Leiche zu holen. Unterdessen stand das Mädchen vom Hornschlitten auf, kroch zum Gallibrunnen hinunter, trank daraus und kam gesund und heil nach Hause. – Ein Mann, Namens Gallus, der Halsweh hatte, soll daraus getrunken und die Krankheit sofort verloren haben, daher der Namen. Diessenbrunnen heisst ein Berggut in nächster Nähe einer guten Quelle in Gurtnellen. Jos. Zgraggen; Josefa Walker. 3. Der Brunnen auf dem Brand auf der Oberalp in Ursern sei von einem Bischof geweiht worden. Ungestraft kann man zu jeder Zeit, auch in die grösste Hitze hinein, von seinem köstlichen Wasser trinken, und Schwerkranke und Sterbende von Ursern lassen sich nicht selten davon holen. 4. Ein ähnliches Brünnlein quillt auch in der Schöllenen bei der Sprenggibrücke; es sei von einem frommen Kapuziner gesegnet worden. Jos. Huber; Mich. Simmen; David Imhof u.a. 5. Zwischen Lochstafel und Jäntelboden in der Göscheneralp ist der »gesegnete Brunnen«; Pater Martin Kenel habe ihn 1804 bei seiner Abreise gesegnet, damit das Wasser dem Wanderer nicht schade. 6. Gesegnete Brunnen sind auch zu Hostetten und auf dem Glausen im Maderanertal. Heinrich Gamma; Andreas Fedier u.a. 7. Ferner in der Alp Sellenen, Maderanertal. Ein Pater ging da vorbei, trank von dem Wasser und sagte, so ein wunderbar gutes Wasser habe er noch nie gefunden, den Brunnen müsse er segnen. Das Wasser, in Flaschen abgefasst, bleibt ewiglang frisch und rein. Es ist besonders heilkräftig bei Augenweh und Augenleiden. Man muss damit die Augen waschen. Das hat sich schon oft erprobt. Heinrich Walker u.a. 8. Der Brunnen im Sywboden zu Vorfrutt, sagt man, sei gesegnet, und kranke Leute lassen sich oft Wasser daraus holen. 9. Mit besonderm Zutrauen, ja geradezu mit religiöser Andacht trinken viele Leute von dem Quellwasser, das bei der Maria Hilf-Kapelle auf dem Schrannen im Riedertal durch einen mehr als meterhohen, hohlen, oben gekrümmten Baumstamm der Erde entquillt, in einer Gegend, wo weder Stall noch Haus steht. Es sei ein besonders gesundes, g'heiliges Wasser, ja ein Trank davon sei mit Ablass oder geistigen Gnaden verbunden. Zur Kapelle wallfahrtet man gegen Eissen, Hautausschläge, unreines Blut und ähnliche Krankheiten und wirft als Opfergabe einen Riedbesen hinein. 10. Johann Prosper Isenmann, 1723–1775 Pfarrer zu Schattdorf, erzählt im alten Urbar der dortigen Pfarrkirche, es habe der päpstliche Nuntius, Dominikus Passionei, der 1725–1730 in Altdorf residierte und des Pfarrers Freund war, »das köstliche Büllenwasser (auf den Schattdorfer Bergen) in hocher Person bei der Quellen selbsten benediciert und dasselbe expresse für sich zu einer Cur bedienet.« Pfarr-Arch. Schattdorf. XIV. Neujahrsbl. v. Uri 1908, S. 33 11. Der Brunnen in den »Fleschä« auf dem Gruonberg. Drei Schlücke darf man trinken aus dem gesegneten Brunnen auf dem Schrannen im Riedertal. Frau Baumann-Albert Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Brunnen in Olsberg

Source: Brunnen in Olsberg

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Als vor vielen Jahren in Olsberg grosser Wassermangel herrschte und Mensch und Thier an Krankheiten zu Grunde gieng, gaben die Geistlichen dem Unglauben des Volkes die Schuld und liessen täglich Busspredigten und öffentliche Gebete abhalten. Während so einmal der Kaplan am Klosteraltar die Messe las, meinte er plötzlich ein lautes Rauschen und Sprudeln um sich zu vernehmen; die Ministranten eilten betroffen hinter den Altar, als den Ort, woher jener Lärm drang, und sahen mit allgemeiner Freude, wie ein vorher hier nie gewesenes Loch im Kirchenboden voll tiefen Wassers anquoll. Man traf sogleich Anstalten, die Quelle zu sammeln und leitete sie so gut, dass seither die Olsberger gegen ähnliche Noth geschützt blieben. Jenes Loch ist noch immer zu sehen unter dem Altar der Kirche; nicht weit davon, so erzählt Sebast. Münster in seiner Cosmographen (Basel 1567, pag. 588), ist des frommen Mannes Grab. „Es wirt noch für heilig gehalten bei den Umbgesessnen.“ Er hiess Gottfried und lebte 1339 zur Zeit, da Elsbet von Eptingen Abtissin dieses Klosters war. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 29 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Brunnen zu Waldhäusern

Source: Brunnen zu Waldhäusern

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Mitten im Dorfe Waldhäusern, eine halbe Stunde vom Städtchen Bremgarten entfernt, liegt am Kreuzwege ein ziemlich regelmässig gethürmter Steinhaufen, von Brombeerstauden überwachsen und von Rasen eingefasst. Schon seine reinliche Art fällt gleich auf, wenn auch nicht das grosse steinerne Kreuz bedeutsam daneben stände. Bald sieht man aber unter der grössten Platte, auf welcher ein Theil des Gewölbes liegt, ein Loch in die Tiefe gehen, und fühlt sich daraus heftig und kalt regelmässig angeblasen, so oft eben die Witterung umschlagen will. So kommen denn alle Leute des Dorfes hieher zum ausgemachten Wetterpropheten, halten die Hand vor die Oeffnung und haben sich für Korn- und Heuernte beste Witterung stets richtig vorausgesagt, wenn es hier nicht bläst. Sie sagen, hier sei ursprünglich der Sodbrunnen des Dorfes gewesen, bis einst eine Bettelfrau zur heissen Erntezeit ins Dorf kam und die reichen Leute um ein Almosen gebeten habe. Nicht einmal einen Trunk Milch oder Most gab man ihr. Da warf sie aus Rache Quecksilber in den Brunnen, das auch jetzt noch immer tiefer und weiter hinabdringe, das Wasser wegzehre und die innere Höhle vergrössere. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Brunnenstubensage

Source: Brunnenstubensage

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Mitten im Mühlental befand sich während Jahrhunderten eine Brunnenstube. Die Sage erzählte, dass aus ihr die Neugeborenen geholt würden, und im Laufe der Zeit wurde die Quelle geradezu zum «Kinderbrunnen». Friedrich Hurter berichtet einmal: «Pfingstmontag war der einzige Tag, an dem die Brunnenstube offenstand und das Innere gezeigt wurde, zu welcher vornehmlich die Kinder zogen, um an hineingelegten Puppen sich zu überzeugen, dass alle Neugeborenen aus dieser aufgefangen würden.» Noch zu Beginn des 19. Jahrhunderts war es üblich, beim Vorbeigehen an der Brunnenstube ihre (mit Ausnahme des Pfingstmontags) stets verschlossene Türe mit Steinen zu bewerfen und auf den Widerhall zu hören. Man wollte die schlafenden Kinder wecken oder den Steinwurf mit dem Wunsche begleiten, entweder ein Brüderchen oder ein Schwesterchen zu erhalten. Die alte, eiserne Türe zeigte denn auch deutliche Spuren dieses einstigen, kontinuierlichen Bombardements. (Schaffhausen)     Aus: R. Frauenfelder, Sagen und Legenden aus dem Kanton Schaffhausen, Schaffhausen 1933. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Buetin

Source: Buetin

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Buetin war ein Bub, der schon zur Schule ging. Doch um ins Dorf zu kommen, musste er ein rechtes Stück durch einen Wald marschieren; und bis er am Ziel war, hatte er einen Heisshunger. Er bettelte dann seiner Mutter ein paar Blutzger ab, um sich etwas zu kaufen. Und wenn sie gerade welche hatte, so gab die Mutter sie ihm, sonst sagte sie: «Geh in den Stall hinunter, beim Ausmisten springen manchmal dem Vater ein paar rote Rappen aus dem Sack und rollen davon, und wenn du die findest, so kannst du sie nehmen und dir davon Feigen und Nüsse kaufen.» Als er nun eines schönen Tages durch den Wald ging und an seinen Feigen kaute, begegnete ihm ein Bär. «Buetin, Buetin», sprach der, «gib mir eine kleine Feige, sonst packe und fresse ich dich!» Buetin streckte sofort seine Hand hin, um ihm eine Feige zu geben, doch der Bär packte ihn am Ärmel und schleifte ihn bis zum Stazer Wald hinauf, wo er in einer Hütte wohnte. «Jetzt gehst du Wasser holen und füllst den grossen Kessel!» befahl der grobe Bär und brüllte zur Tür hinein: «Alte, Weib, mach Feuer unter dem Kessel, denn wir fressen heute Abend den Buetin!» Unserm armen Buetin brach der kalte Schweiss aus, als er das hörte. Trotzdem dachte er, es sei besser zu gehorchen und schleppte schön brav Wasser, bis der Kessel voll war. Doch unterdessen hatte er sich überlegt, wenn es ihm gelänge, aufs Dach zu steigen, dann würde er dort in Sicherheit sein. Und er beigte alles aufeinander, was er in der Küche fand, und schaffte es wirklich, bis nach oben aufs Dach zu kraxeln. Nun zeigte der Riesenbär sich wieder und fragte: «O sag nur, was machst du dort oben?» - «Oh, ich schau nur ein bisschen herum, man hat eine prächtige Aussicht, von hier aus sieht man alles, was im Dorf geschieht», antwortete Buetin. «Ich will auch aufs Dach, wie bist du hinaufgekommen?» fragte der Bär. «Ich habe alle Pfannen und Töpfe, die ich gefunden habe, aufeinandergelegt, und dann ist es mit Hilfe dieser Eisenstange ganz gut gegangen», sagte Buetin. Und der Bär machte sich sofort daran, Pfannen, kleine Kochkessel, Hafen und Eimer zu türmen, und er konnte sich ein gutes Stück hochhangeln. Doch als er fast zuoberst war, da, auf einmal – holterdiepolter – Bär und Pfannen und Kochkessel rollten über den Boden, denn das spitze Eisen hatte sich so unglücklich in den Bauch gebohrt, dass die Därme herausquollen. Und bald war der Bär mausetot. Buetin fackelte nicht mehr lange; so schnell ihn die Beine trugen, rannte er in grossen Sätzen heim, um den Seinen zu erzählen, wie es ihm gegangen war. Dass der grosse Bär jetzt nicht mehr zu fürchten war, dass er mausetot in voller Länge gleich vor dem Haustor lag. Sein Vater brach sofort mit Buetin Richtung Stazer Wald auf. Sie fanden dort den Bären, zogen ihm das Fell ab, und es gab daraus verschiedene gute Braten. Und so gut hatte es ihnen da oben gefallen, dass sie sich im Stazer Wald oben ansiedelten und glücklich und zufrieden droben lebten, und - wenn sie nicht gestorben sind, so leben sie heute noch. (Oberengadin)   Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Bühl-Anneli auf Spillberg bei Ragaz

Source: Bühl-Anneli auf Spillberg bei Ragaz

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Bei den Schlossruinen von Spillberg soll von Zeit zu Zeit ein Geist umgegangen sein, den die Umwohner das Bühl-Anneli nannten. Eine in der Nähe wohnende Frau wollte es bedünken, dass im Herbste, wenn sie morgens am Fusse des Hügels, auf welchem die Reste des Schlosses moderten, das von den Bäumen gefallene Obst auflesen wollte, ihr schon zu öftern Malen jemand zuvorgekommen sei; denn sie erwartete, mehr Obst zu finden, als sie antraf. Daher nahm sie sich vor, einmal recht frühzeitig zu gehen, um den Dieb zu sehen. Und wirklich, als sie am nächsten Morgen sehr frühe unter die Bäume zog, sah sie eine Frauensperson sehr eifrig mit Auflesen beschäftigt, welche bei ihrem Näherkommen sich gegen die Ruine hin entfernte, jauchzend und rufend: "Juchhe, lies uf! Juchhe, lies uf!" Sie verschwand in dem Gemäuer. Das war das Bühl-Anneli. Die Frau ging nicht mehr so früh unter die Bäume, Unglück fürchtend, wenn sie das Anneli nicht gewähren liesse; denn es sei der Alten nicht zu trauen gewesen, wenn sie erzürnt worden. Auch ein Jäger, der früh auf die Jagd ging, um in der Nähe der Burg Füchsen aufzulauern, konnte keinen derselben erlegen; denn wenn er den Fuchs sah und auf ihn anlegte, bekam die Flinte von unsichtbarer Hand einen Schlag, dass er das Tier nicht traf. Auch das war das Bühl-Anneli, welches das Wild in seinem Revier beschützte. I. Natsch.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 200, S. 97f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Burg Nidberg

Source: Burg Nidberg

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Auch vom Schloss Nidberg erzählt man, das Volk habe dem darauf hausenden Zwingherrn nicht beikommen können, bis sich eine Burgmagd bereden liess, ein Zeichen zu geben, wenn er schlafe. Als sie ihm im Haar kraulte (die Sage lässt sie noch praktischern Dienst tun), gab sie aus dem Fenster ein Zeichen, und er sei von einem dem Schlosse gegenüberliegenden Hügel mit einem Pfeile erschossen worden. Dr. Henne-Am Rhyn, Deutsche Volkssage. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 251, S. 128 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Burg Rächberg. Dreibrunnen

Source: Burg Rächberg. Dreibrunnen

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Ob Bronschhofen, auf der Anhöhe, die jetzt noch Burstel (Burgstall) heisst, stand einst eine Burg. Von den Mauern und Graben sind noch spärliche Überreste zu sehen. Hier wohnten die Edeln von Rächberg. Sie waren Bürger von Wil. Vor wenigen Jahren noch sah ich einen Grabstein derselben neben dem hintern Eingang der Kirche zu St. Peter eingemauert. Eine moderne Barbarei liess ihn verschwinden. Von der Burg selbst sah Georg Renner um 1680 noch einige Trümmer. Am Fusse dieser Burg führte zur Zeit, als die Ritter sie noch bewohnten und häufig genug ihre geräuschvollen Tafelfreuden in das Tal rauschen liessen, eine Mathilde von Bronschhofen das stille Leben einer Klausnerin. Welch ein Gegensatz! Wie bezeichnend für jene Zeit! Wie häufig mögen die Klänge der Laute und der Becher, der Hörner und des Kampfes ihre Gebete gestört haben; wie häufig mag aber auch ihre Andacht wieder zum Totenlager und Sarge eines jener Ritter erfleht und geholt worden sein. Mathilde stiftete eine Jahrzeit in der Kirche zu Wil. Dreibrunnen, wie es jetzt genannt wird, hiess ehemals Tiefenbrunnen (Tüwinbrunnen) oder abgekürzt "Tübrunnen", wie es auch gegenwärtig noch im Volksmunde tönt, im Gegensatz zur Schriftsprache. Es war ein Ketnhof der Grafen von Toggenburg, die auf diesem für die Bewohner ihrer vielen umliegenden Güter eine Kirche bauten, und die daher die Kirchherren von Dreibrunnen waren. Damals muss der Ort einen eigentlichen Weiler gebildet haben; jetzt ist es ein einziger Bauernhof mit nur einem Wohngebäude. — Welchem Wiler meines und noch höhern Alters ist der Name Dreibrunnen nicht ein süsser Klang aus seiner frommen Jugendzeit? Wer erinnert sich nicht gerne jener Stunden, die er dort zubrachte, sei es, dass ihn die Nachfeier des ersten Abendmahlgenusses oder der Bittgang in der Kreuzwoche oder die Hand der betenden und wallfahrtenden Mutter sonntags dorthinführte, dorthin zu dem Kirchlein auf dem sanften Hügel, sich spiegelnd in den Gewässern zweier Teiche, auf welchen wogendes Schilf seine Kolben neigte und die umsäumenden Tannen ihre Schatten niederlegten. Welche Geheimnisse deckten die Wellen dieser Weiher nicht sonst noch! Waren sie doch nicht bloss die Behälter der Fische, sondern das heilige Gefäss, in dem die Mutter Gottes die noch nicht zum Leben gekommenen Kinder bewachte und bewahrte und den eifrig flehenden Müttern hie und da verabfolgte. Mancher Knabe wollte bei hellem Wasserstande die klaren, blauen Äuglein eines künftigen Brüderchens oder Schwesterchens ganz deutlich aus dem Grunde heraufblinzeln gesehen haben! Jetzt sind sie verschwunden und mit ihnen auch jener herrliche Buchwald gegen Westen, der dem Alter die Ruhebänke, den Männern Kegelspiel und Stutzerlust, Trunk und Sang bot, der die spielende Jugend beiderlei Geschlechts als fröhlicher Tummelplatz aufnahm, und dessen majestätische Stämme, dessen helle und freundliche Schatten über die Gemüter jeder Altersstufe dichterische Weihe oder gemütliche Gefühle goss und von der Stimme glücklicher Menschen und dem Gesänge und Gezwitscher fröhlicher Vögel in gemeinsamem Liederkranze oft widerhallte. Die Teiche und ihre Mythe sind verschwunden; eine furchtbare Nüchternheit ist an ihre Stelle getreten, aus ihrem Grunde strecken keine Kinder ihre Ärmchen dem Lichte sehnsuchtvoll entgegen. Der „Turbengräber" enthebt diesem Boden mit seiner Schaufel die abgemessene Torfschicht; der Axt und der traurigen Rente einiger Gulden wurde der Buchen-Hain geopfert, und mit seiner ganzen Kahlheit klagt der Hügel die Leere dichterischer Gefühle damaliger Behörden an. Nur der Glaube an die Wundertätigkeit des dortigen Muttergottesbildes ist noch beim Landvolke geblieben und zieht wenigstens noch diese Scharen an schönen Sonntagen zu der sonst so gefeierten Stätte. Nach C. G. I. Sailer. Maria, die Mutter Gottes, ist an die Stelle der Göttermutter Holda oder Holle getreten, die nach dem Glauben unserer heidnischen Vorfahren in dem tiefen Brunnen die Seelen der ungeborenen Kinder bewacht und pflegt.                       Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 489, S. 287 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Burg Starkenstein

Source: Burg Starkenstein

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Der letzte Zwingherr auf Schloss Starkenstein wurde von einem nahen Verwandten besucht, und es ward beschlossen, eine grossartige Jagd nach der gegenüberliegenden Neuenalp zu unternehmen, wo es dazumal Gemsen, Rehe und Hirsche die Menge gab. An einem heitern Sommermorgen ertönten die Hörner zur Jagd. Die Jäger rüsteten sich, und die Knechte fütterten die Rosse und die Hunde. Bald erschien der Schlossvogt, neben ihm der Vetter, hinter beiden ihre Begleiter. Die Jäger schwangen sich auf ihre Rosse und ritten im Galopp davon. Die Hunde wurden losgelassen, und bald verriet ihr Gebell, dass sie das Wild aufgespürt hatten. Der Vogt war mit einigen seiner Bedienten vorausgeritten bis in den sogenannten "Neuenalp Stoffel". Hier sah er die schönste Sennerin weit und breit, die mit silberheller Stimme den Kuhreihen sang und von Zeit zu Zeit in ihr Alphorn blies. Ihr blondes Haar, ihre rosigen Wangen, ihre schlanke Gestalt und ihr ungezwungenes Wesen erweckten in dem Vogt das Gelüste, sie zu stehlen und mit sich auf das Schloss zu bringen. Er getraute sich aber nicht, es gleich offen zu tun, sondern dachte auf eine List. Der Vogt fragte, ob sie für ihn und seine Leute nicht ein Frühstück bereiten würde. Arglos ging sie mit den Gästen in die Hütte, wo der Bruder mit dem Einbinden der Kühe beschäftigt war. Ein einfaches Essen war bald bereitet. Während man es fröhlich verzehrte, bat einer der Herren gar artig, es möchte der Bruder des Mädchens ihm doch einen Trunk frischen Wassers bringen. Wie dieser den Eimer bei der Quelle füllt, vernimmt er einen dumpfen Schrei, und zu seinem Schrecken wird er gewahr, wie man seine Schwester zu Pferde setzt und alsogleich in möglichster Hast den Berg hinuntergaloppiert. Da eilt er zu seinen Nachbarn, und augenblicklich ist eine Schar kecker Burschen mit Sensen, Gabeln und Arten den Räubern auf den Fersen. Holz und Steine stiegen auf die freche Rotte; die Pferde werden scheu und stürzen; nur der Vogt mit zwei Knappen kommt mit heiler Haut davon. Allein wie ein Lauffeuer kam die Geschichte vom Mädchenraub ins Tal und dort von Haus zu Haus. Alles, was sich wehren konnte, bewaffnete sich und zog gegen die Burg, um sie niederzureissen und den Vogt seines Frevels wegen zu strafen. Wie der Burgherr zum ersten Laufgraben kommt, fällt ihm ein Weib in die Zügel des Pferdes, und im gleichen Augenblicke wird er von einem Pfeile getroffen, dass er tot vom Rosse sinkt. Nach der Sage hätte der Schütze in der dem Schlossplatz gegenüberliegenden Weid Iltishag gestanden und von dort sein Geschoss in des Frevlers Brust gejagt. Ein Meisterschuss! Denn die Entfernung muss wenigstens 400 bis 500 Schritte betragen haben. Die junge Sennerin sprang vom Pferde und umschlang ihre Mutter; denn diese war ihre Retterin gewesen. Der Schütze soll in einem Gebüsch auf den Vogt gelauert haben, ohne von dem Mädchen etwas zu wissen. Nun galt es der Burg. Die Ritter und Diener, die drinnen waren, ergaben sich auf Gnade. Nachher wurde das Nest geplündert, und bald darauf verkündeten die lichterlohen Flammen dem Tale die Freiheit. Seitdem solches geschehen, soll der Geist des Vogtes in Gestalt eines Pudels sein Geld bewachen. Eine goldene Kette halte das Ungeheuer gefangen, und wer es von seinen Banden erlöst, erhält die Verborgenen Kostbarkeiten. Oft nehme er auch Menschengestalt an; dann jammere er und verfluche seine Diener, die ihm zu so vielem Bösen geraten und geholfen hätten. Vorübergehende Reisende soll er angeredet und ihnen Geld zugeworfen haben in der Hoffnung, man werde ihn befreien. Mancher gelüstete schon nach jenem Schatze. Alles aber, was bisher versucht worden, half nichts; denn der Unglückselige soll in seinen letzten Zügen noch seine ganze Habe in die Luft geschworen haben, also dass sie nicht im tiefen Grunde liegt, sondern unsichtbar für gewöhnliche Menschenkinder hoch über dem Erdboden. Nachts in der zwölften Stunde, vorzugsweise in der Christnacht, kommen auch die Knappen mit der schönen Lise den Neuenalp-Bach herabgefahren unter schrecklichem Windesgeheul im Buchen- und Tannengewipfel. Sobald sie an die Thur gelangen, beginnen sie ein entsetzliches Geschrei und setzen es fort durch die ganze Nacht bis zum ersten Hahnenruf. So wollen's viele Väter und Grossväter, als sie noch jung gewesen, bei stürmischem Wetter gehört haben. Schauderhaft soll das Gelärm zu ihren Ohren und Herzen gedrungen sein. In neueren Zeiten scheint es, dass Gold und Silber in den Lüften verschwunden und die Burggeister zur ewigen Ruhe gekommen wären; denn heute wird an jener Stelle nur noch das Rauschen der Wasser und das Sausen und Brausen der Winde gehört. Durch Fritz Grob. *** Bei den Trümmern der Burg Starkenstein macht zu gewissen Zeiten der grosse Schlosshund immer noch die Runde, es ist der tyrannische Schlossherr, der ein Bauernmädchen entführte und der dafür in der Fensternische seiner Burg von einem Pfeil durchbohrt wurde. Seinen Leichnam haben die erzürnten Bauern in die Thur geworfen. H. Brunner. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 422, S. 248 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Burgau. Pestilenz

Source: Burgau. Pestilenz

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Hier regierte die Pest heftig; sie begann und endigte im untersten Haus, welches so verpestet war, dass ein Stecken, den man zum Fenster hineinhielt, sogleich schwarz wurde. Man hatte einen Karren und ein "Fuchsli" und führte fast alle Tage Leichen nach Oberglatt, Bei der Glatthalden hielt man jedesmal still und betete. Schaute unterdessen das "Fuchsli" zurück, so musste man jedesmal am andern Tag wieder einen Karren voll Leichen fortführen; schaute aber das Rösslein nicht zurück, so hatte man ein oder zwei Tage Ruhe. N. Senn, Tagebuch. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 479, S. 282 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Bürgermeister Stüssi und die Uznacher

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Bürgermeister Stüssi und die Uznacher 1436 starb Graf Friedrich von Toggenburg und ward im Kloster Rüti mit Schild und Helm begraben, denn er war der letzte seine Stammes . . . Da nun seine Frau eine Witwe geworden war, kam sie nach Zürich und erneuerte ihr Burgrecht. Damit die Zürcher ihr dabei behilflich wären, schenkte sie ihnen die Grafschaft Uznach samt Städtchen und Burg und allem, was dazu gehörte. Doch behielt sie sich vor, ihre Güter wie ein Leibgeding zu nutzen, so lange sie lebe. Auf das hin ritt Bürgermeister Stüssi mit anderen Boten von Zürich und den Amtleuten der Witwe Friedrich nach Uznach und forderte die Uznacher auf, dass sie ihnen Treue schwüren im Namen der Frau von Toggenburg. Doch diese antworteten, sie könnten nicht im Namen des ganzen Landes schwören . . .  Zornig entgegnete Stüssi: „Was unterstand ir üch ze wideren? Ir und die kutlen, die ir im Buch tregend, sind unser, und das ir jetzt nüt mit güeti, das müssten ir hie nach mit gewalt tuon!“ Unverrichteter Dinge ritten die Zürcher von dannen. Des Bürgermeister Antwort löste eine so grossen Unwillen aus, dass der grösste Teil allen Übels daraus entsprang. Das Landvolk versammelte sich, um zu beraten, was zu tun sei. Etliche wollten das Burgrecht mit Zürich beibehalten . . . aber etliche schlossen sich Schwyz und Glarus an „und wollten luogen, wer inen die kutlen nemen wölt.“ Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Nach Brennwald 2, 5 (ab Zeile 8), ins Neuhochdeutsche übertragen, mit unbedeutenden Kürzungen.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Burgfluh im Frickthal

Source: Burgfluh im Frickthal

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Burgfluh im Frickthal Wird unten an der Burgfluh ein Ritter auf weissem Pferd gesehen, so giebt's grossen Krieg; dasselbe weissagt man auch vom wilden Jäger Burkhard, der sich erst neulich wieder im Frickthale sehen liess. Er nimmt seinen Weg vom Sammelplatz bis zu dem Punkte, wo das Dorf Abbizüs versunken ist. Sein Kopf ist unkenntlich vor einem tief herabhängenden Hut, seine Hundemeute folgt ihm, er ruft hup-hup! und verschwindet hinter einer Scheiterbeige. Man sucht die Stelle seines Schlosses am Sennhof zu Pfarsberg (Farnsburg in Baselland). Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 197 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Burgfrau von Merenschwand

Source: Burgfrau von Merenschwand

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Es erhebt sich mitten im Dorf eine kegelförmige Anhöhe mit Spuren von altem Gemäuer, halb herum geht ein tiefer Graben. Der Ort heißt Burg. Hier wohnte der Vogt, der über Dorf und Umgegend herrschte. Man berichtet von ihm nur, daß er ein Tyrann gewesen sei und in einem Aufruhr der Bauern sein Leben verloren habe; seine brave Gattin hieß die Burgmutter; ihr strenger Gemahl hatte sie damals in einem Gemache eingesperrt gehalten und so mußte sie unter den Trümmern der Burg mit begraben werden. (N. Moos von Merenschwand.) Band 3.1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962, S. 97 – 101 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Burggeist der Ruine Botenstein

Source: Burggeist der Ruine Botenstein

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Oberhalb Botenwil, einem Dorfe im Uerkheimer Thale, Bezirks Zofingen, liegen auf einem Hügel mit Gesträuch überwucherte Mauerreste, einst der Herrensitz eines gewalttätigen Vogtes. Als dieser dem Bauern von Krähenbühl ein schönes Rind frech vom Pfluge spannen wollte, erschlug ihn dieser mit der Pflugschar und ackerte ihn unter die frische Furche. Seitdem lärmt der Vogt droben auf den Trümmern. Bald fährt er in einer feurigen Kutsche den Berg hinauf, bald als eine schwefelgelb brennende Strohwelle zu Thal. Dann ändert sich jedesmal das Wetter. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 119 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Burkhardsbrunnen in Beinwil

Source: Burkhardsbrunnen in Beinwil

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Die Pfarre Beinwil mit einem gleichnamigen gebrochenen Burgstall, ehemals Eigenthum des Klosterstiftes Muri, liegt bei Meienberg in den freien Aemtern des Aargaus. Da wohnte der Priester Burkhard. Während er seinem geistlichen Berufe nachgieng, achteten seine Hausmägde wenig auf des Herrn Nutzen, sondern zogen ihre Gespielen und Buhlschaften zu sich herein und hielten zusammen mit Essen und Trinken ein gutes Müthlein. Da zog er sich eine Dohle auf, die ihm alles wieder sagte, was die ungetreuen Dienstmägde in seiner Abwesenheit zu thun pflegten. Deshalb pflegt man ihn mit diesem Vogel abzumalen. Die Mägde warfen das geschwätzige Thier in die Abgrube, aber auch dorten noch verrieth es sie. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Bürkli zu Uetikon

Source: Bürkli zu Uetikon

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Bürkli zu Uetikon Im Jahre 1200 brachte ein Mann namens Bürkli von Uetikon einen gräulichen Drachen um, weswegen von Meilen am Ostermontag eine Kreuzfahrt (Prozession) gehalten wurde. Bürkli aber blieb beim Drachen tot liegen, „wie es dem Winckelried von Unterwalden mit sim traken oder wurm ouch gangen was“. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Schriftl. Mitteilung von P. Corrodi. Seine Quelle: „Chronik von Kaspar Suter aus Horgen in Zug, 1549.“ Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Büssende Marksteinversetzer

Source: Büssende Marksteinversetzer

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Kaum einige Schritte vom Habsenloch entfernt, steht ein alter Grenzstein, der die Bänne Reinach und Therwil scheidet. Dieser soll ursprünglich eine Viertelstunde weiter westlich (gegen Therwil) gestanden haben, im sogenannten Pantel. In Kriegszeiten aber hätten ihn Gescheidsmänner von Therwil an die jetzige Stelle versetzt und so die Reinacher um den schönsten Wald betrogen. Zur Strafe müssen sie nachts bei dem Steine herumwandeln und soll man da ein Teufeslgejäge (teuflisches Hin- und Her- Rennen) hören. Reinach Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Büssende Säumerseelen

Source: Büssende Säumerseelen

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Von Zeit zu Zeit trifft man in Bünden, an der Furka zwischen Ursern und Oberwallis und an andern Orten Schneeflecken, die so rot aussehen, als wenn sie mit rotem Weine getränkt wären. Man bemerkt sie nicht bloss auf der Oberfläche sondern selbst tiefer hinab. Nach der Auslegung der Landleute kommt das von den Seelen trunkliebender Säumer her, welche mit Saumrossen italienischen Wein über den Berg holen und oft durch Untreue oder Nachlässigkeit ihn aus dem Wege austropfen lassen. In den Schnee gebannt müssen die durstigen rotfarbigen Seelen jetzt büssen, und dankbar retten sie denjenigen auf gefährlichem oder verirrlichem Pfade, der ihnen einige Tropfen des Rebensaftes, nach welchem sie lechzen, mitleidig ausgiesst. Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Büssender Förster

Source: Büssender Förster

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Die Zunzgerhard war ehemals Basler Staatswald. Ein Basler Förster, der ein Unrecht begangen hatte, muss zur Sühne in der Hard umgehen. Hofbesitzer in der Nähe des Waldes, wie auch die Nachtwächter der Ziegelhütte, die früher dort oben stand, haben den Förster oftmals gesehen, wenn er hergeritten kam. Erst war er ein winziges Männchen, dann wuchs er beim Näherkommen ganz unheimlich an bis zu Tannengrösse. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Busskirch

Source: Busskirch

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Die Kirche zu Busskirch soll auf den Grundmauern eines römischen Gebäudes stehen. Hier soll nach der Sage zu Gallus Zeit sogar ein römischer Götzentempel gestanden haben. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 409, S. 236 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Castelerreiter am Hasliacker

Source: Castelerreiter am Hasliacker

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Der Hasliacker, auch Maienacher geheissen, gehört nunmehr in den Dorfbann von Schinznach. Es ist dorten ein stets nasses und kothiges Plätzchen, das als versegnet gilt. In gewissen Zeiten kommt vom Schlosse Castelen her bis zu diesem Platze ein Reiter auf weissem Rosse. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 196 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Catillon la Toascha, die Buckelkäthe

Source: Catillon la Toascha, die Buckelkäthe

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Am südöstlichen Abhange des Gibloux, eine Verlängerung des Joratgebirges, liegen, rechts an der Strasse von Freiburg nach Bulle, die Dorfschaften Vuisternens-eu-Ogoz, Villarslod und Rueyres-St. Laurent. Im Anfange des achtzehnten Jahrhunderts wurden diese Gemeinden während neun Jahren anhaltend durch Hagelwetter dermassen heimgesucht und verwüstet, dass die dasigen (verwirrten) Bewohner dem grössten Jammer und Elend wegen Mangel an Nahrungsmitteln preisgegeben waren. Wurzeln und wilde Pflaumen, welsch Bolosché genannt, waren ihre kärgliche und schlechte Nahrung. Lange wusste man nicht, welches die Ursache dieser erschrecklichen Ungewitter war; endlich entdeckte man sie durch einen Zufall. Ein Senn oder Bergmann von Villarslod gewahrte hin und wieder beim Brunnen neben dem Staffel ein buckliges Weib, welches mit einer Weidenrute und unter dem Gemurmel von unverständlichen Worten das Wasser im Troge peitschte, und sich dann eiligst in das nahe Gehölz flüchtete. Kurze Zeit nachher erhob sich vom Gipfel des Gebirges herab ein gräuliches Gewitter, mit Hagel und Schlossen (grosse Hagelkörner) begleitet, und verloren war in kurzer Zeit die saure Mühe des Landmanns; zerknickt und völlig vernichtet lagen alle Kornfelder des ganzen Geländes. Einen solchen Frevel konnte nur eine böse Hexe verrichtet haben, das war handgreiflich. Man veranstaltete sogleich eine Prozession zu dem verhängnisvollen Brunnen, um ihn zu entzaubern; allein es half nichts, und erst als man im Jahr 1731 die Hexe Catillon zu Corbières auf einem Scheiterhaufen verbrannte, konnte man zu Vuisternens, Villarslod und Rueyres wieder Frucht ernten und Brot backen, um den schreienden Hunger zu stillen. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Cenerentola

Source: Cenerentola

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Es war einmal ein armes Mädchen von fast überirdischer Schönheit. Doch hatte es das grosse Unglück, seine gute Mutter zu verlieren. Der Vater führte nach einiger Zeit eine neue Frau ins Haus, die jung und sehr schön war. Aber diese Stiefmutter mochte das Mädchen nicht leiden, ja sie beneidete es wegen seiner aussergewöhnlichen Schönheit. Da starb der Vater, und das Mädchen blieb mit seiner Stiefmutter und einem Diener allein zurück. Jetzt begann für das Mädchen ein Höllenleben. Die böse Stiefmutter gab ihm Schläge und warf ihm die gröbsten Schimpfwörter an den Kopf. Ja, sie fasste sogar den schrecklichen Plan, es aus der Welt zu schaffen. Sie rief deshalb ihren treuen Diener herbei und sagte zu ihm: «Francesco, nimm das Mädchen und führe es weit fort an einen Ort, von wo es den Heimweg nicht mehr finden kann, und lass es dort. Ich kann dieses widerwärtige Geschöpf nicht länger ertragen. Gehe es, wie es wolle, ich muss es auf irgendeine Weise loswerden.» Das Mädchen, das gerade in diesem Augenblick nahe an der Türe des Schlafzimmers ihrer Stiefmutter vorüberging, hörte dieses Gespräch. Voller Angst lief es aus dem Hause, begab sich zu seiner Patin, der einzigen Person, die ihm ein wenig gut war, und erzählte ihr, was es gehört hatte. Die Patin erwiderte: «Ich kann dich nicht bei mir behalten. Geh wieder nach Hause, nimm ein Säcklein, fülle es mit Kleie und säe einen feinen Strich den Weg entlang.» Getreulich befolgte das Mädchen diesen Rat. Als der Diener es mutterseelenallein im Walde verliess und sich davonmachte, brauchte es nur den Spuren der Kleie nachzugehen und konnte so den Heimweg wieder finden. Sobald die Stiefmutter das Kind wiederkehren sah, geriet sie in höchste Wut. Sie rief sogleich ihren Diener und befahl ihm, das Mädchen an einen noch weiter entfernten Ort fortzuführen, wo die wilden Tiere es sogleich fressen würden. Das Mädchen aber hörte wiederum alles und ging nochmals zu seiner Patin, um sich mit ihr zu beraten. Die gab ihr einen großen Knäuel starken Faden und sagte ihr: «Sobald du in den Wald kommst, binde den Anfang des Fadens geschwind und fest an einen Baum und lass ihn auf dem Wege sich abrollen. Der Faden wird lang genug sein, denn der ganze Knäuel enthält viele tausend Meter. Und wenn man dich dann allein lässt, so brauchst du nur den Faden wieder aufzuwickeln. Dann wird es dir ein leichtes sein, wieder heimzukehren. » Das Mädchen befolgte genau den Rat der guten Patin. Der Diener führte es diesmal weit, weit fort, und zwar auf einem ganz anderen Weg als das erste Mal. Dann liess er es ganz allein in der Waldeinsamkeit, ohne nur ein Wort mit ihm zu sprechen. Aber das Mädchen brauchte nur dem Faden nachzulaufen und ihn aufzuwickeln und kam so abermals nach Hause. Da geriet die Stiefmutter neuerdings in Zorn. Sie fluchte und schalt das arme Kind und erteilte dem Knecht abermals den Befehl, es noch viel, viel weiter in die Wildnis zu führen. Auch diesmal lief es wieder zur Patin, und diese gab ihm den Rat, sie solle einen kleinen Sack Salz mitnehmen und es überall streuen, wo sie durchkämen. Das Mädchen tat, wie ihm geheissen; aber die Schafe, die im Walde weideten, frassen das Salz. Da gab sich das arme Mädchen für unrettbar verloren und hub an zu weinen wie ein kleines Kind. Dann aber kam ihm plötzlich eine Eingebung, und es sagte laut vor sich hin: «Meine gute Patin hat mir einmal erzählt, dass die Wälder der bevorzugte Aufenthalt der wohltätigen Feen seien, welche dem verirrten Wanderer zu Hilfe kämen. 0 freundliche Bewohnerinnen dieses Waldesgrüns, erhört meine inbrünstige Bitte. Kommt mir zu Hilfe und lasst mich nicht allein in dieser Wildnis!» Nicht lange darauf erschien ein altes, runzliges Mütterchen, ganz mager und gebückt. Das überreichte ihr ein Rütchen und sagte zu ihr: «Mit dieser Rute wirst du alles bekommen, was du wünschest.»  Und ehe das Mädchen der a1ten Frau danken konnte, war sie zwischen den Bäumen verschwunden. Jetzt begann das arme Geschöpf neuerdings umherzuirren, um den Weg aus dem riesigen Walde zu finden. Wenn es nun Hunger verspürte, so brauchte es nur mit dem Rütchen auf den Boden zu schlagen, so erschienen die feinsten Esswaren verschiedener Art, und es konnte sich satt essen. Aber bald war die Kleine der Einsamkeit überdrüssig und wünschte sehnlichst, wieder einmal einen Menschen zu sehen, mit dem sie einige Worte reden konnte, um ihr Leben weniger traurig zu verbringen. Eines Tages gelangte sie zu einem prächtigen Königspalast, der auf einem anmutigen Hügel lag. Sie trat ein und bot ihre Dienste an. Die Königin, eine sehr schöne und artige Frau, bezaubert von der seltenen Schönheit des Mädchens, nahm es auf. Es wurde zu den Dienern der königlichen Küche geschickt und hatte besonders in den Vorratskammern zu tun. Es musste auch Holz herbeiholen, die Asche sammeln und forttragen, weshalb man ihm den Namen Cenerentola oder Aschenbrödel gab. Am Hofe hatte man schon seit einiger Zeit den Plan gefasst, den jungen König, der ein sehr freundlicher Mann von fünfundzwanzig Jahren war, zu verheiraten. Deshalb hatte man öffentlich drei grossartige Hoffeste mit Ball angekündigt, zu welchem die schönsten Mädchen des Reiches eingeladen waren. Unter ihnen sollte der Prinz seine künftige Gemahlin auswählen. Es kam der erste Tag der ersehnten Festlichkeiten. Schon hatte sich der König sein Galakleid angezogen. Er setzte sich ans Kamin in der Küche und sagte, indessen er sich am Feuer wärmte: «Cenerentola, gib mir die Feuerzange.» Und das Mädchen sprach: «Prinz, darf ich nicht auch an den Ball kommen?» - «Man sollte dir die Feuerzange um den Kopf schlagen», gab er unwirsch zur Antwort, und tat, wie wenn er sie schlagen wollte. Er ließ es aber dann bleiben und begab sich zum Fest. Cenerentola tat, wie wenn sie zu Bette ginge. Kaum war sie jedoch allein in ihrem Schlafkämmerlein, so schlug sie mit ihrer Rute auf den Boden und wünschte sich ein Ballkleid. Und auf der Stelle lag auf dem Tisch ein wunderbares Kleid aus himmelblauer Seide, reich geschmückt mit kostbaren Perlen, eine schöner als die andere. Sie zog das Kleid an, stieg die Treppen hinunter und ging aus dem Palast. Draussen fand sie eine prachtvolle Karosse, von zwei schneeweissen Pferden gezogen. Sie stieg hinein und liess sich zu dem Saale führen, wo der grosse Hofball abgehalten werden sollte. Und als sie eintrat, erweckte sie die Bewunderung aller Gäste. Sie war ohne Zweifel die Schönste. Der Prinz tanzte mit ihr und fragte sie, wer sie sei. Und Cenerentola gab zur Antwort: «Bin weder schläfrig noch wache ich, fast traf die Feuerzange mich.»  Unter den Tänzerinnen erblickte Cenerentola auch zu ihrem grossen Erstaunen ihre verwünschte Stiefmutter, die in Seide und Samt gekleidet war. Schon war der Ball beinahe zu Ende, als das junge Mädchen verschwand, ohne dass es irgend jemand beachtet hätte. Es stieg wieder in die feine Kutsche und fuhr zum Schloss zurück. Als der Prinz vom Ball heimkehrte, legte er sich zur Ruhe. Er konnte aber nicht schlafen, denn es schwebte ihm immer die geheimnisvolle Erscheinung der Tänzerin vor Augen. Er dachte auch an die Worte, die sie gesprochen hatte, und deren Sinn er nicht verstehen konnte. Am Abend des folgenden Tages begab sich der König, ehe er wieder zum Hofball ging, abermals in die Küche, um sich am Kaminfeuer zu wärmen. «Cenerentola» sagte er, «gib mir die Feuerschaufel.» «Erlaubt mir doch, Hoheit, dass ich auch an den Hofball komme.» «Lieber schlage ich dir die Schaufel an den Kopf», sagte er grob und tat, wie wenn er sie schlagen wollte. Dann ging er weg. Aber kaum war er fort, so zog sich Cenerentola heimlich in ihr Kämmerlein zurück und schlug mit ihrem Rütchen auf den Boden. Und siehe, da lag ein herrliches Kleid aus meergrüner Seide für sie bereit. Sie zog es an, ging aus dem Schlosshof, stieg in die Kutsche und begab sich zum Hofball. Als Cenerentola in den prächtigen Spiegelsaal trat, erweckte sie allgemeine Bewunderung. Der Prinz tanzte fast nur mit ihr, versicherte, er wolle sie zu seiner Braut machen und fragte sie nach ihrem Namen. Und sie gab ihm zur Antwort: «Mit einer Schaufel drohte man mir, als Königin des Festes bin ich hier.»   Auch heute erblickte das Mädchen wiederum ihre grausame Stiefmutter, welche immer und immer wieder zu ihr hinüberschaute und sie mit neidischen Augen betrachtete. Der Prinz aber erinnerte sich jetzt der Worte, die er in seinem Schloss zum Küchenmädchen Cenerentola gesprochen hatte, und er passte genau auf, dass ihm die bezaubernd schöne Tänzerin nicht neuerdings entfliehe. Aber während er einige freundliche Worte mit einem jungen Baron plauderte, verschwand das Mädchen, stieg in die goldene Kutsche und kehrte ins Schloss zurück. Dort wechselte Cenerentola in ihrem Kämmerchen sogleich die Kleider und ging wieder unauffällig in die Küche, wo sie ihre geringen Arbeiten verrichtete. Am dritten und letzten Ballabend wiederholte sich das nämliche. Der Prinz aber fühlte darüber solchen Schmerz, dass er krank wurde. Eines Tages begab sich die Königin-Mutter in die Küche und beauftragte dort Cenerentola, sie solle eine gute Suppe zubereiten und sie dem Kranken bringen. Als die Suppe bereit war, ging Cenerentola schnell in ihre Kammer, berührte sich mit ihrer Zaubergerte und gleich darauf war sie mit einem wundervollen Seidenkleid in heller Silberfarbe strahlend wie der Mond gekleidet. Dieses war geschmückt mit kostbaren Diamanten. In diesem feinen Kleid trat sie vor den Kranken und überreichte ihm die Suppe. Der Prinz, von ihrer beinahe überirdischen Schönheit getroffen, setzte sich im Bett auf und rief ausser sich vor Freude: «Du wunderschöne Fee, sag mir, wer bist du?» «Bevor ich dir darüber Antwort gehe, will ich von dir das ausdrückliche Versprechen, dass du mich zur Frau nehmest», erwiderte Cenerentola, «Ich schwöre es dir beim Haupte meiner Mutter, der Königin!» «Nun gut, 0 Prinz, so wisse, dass ich deine Cenerentola, das Aschenputtelchen bin, jene, die du eines Abends mit der Feuerzange und nachher mit der Schaufel schlagen wolltest.» «Du bist es, Cenerentola? Dann bitte ich dich tausendmal um Verzeihung für das Unrecht, das ich dir angetan habe. Du sollst Königin werden.» Die unbeschreibliche Freude, die der Prinz jetzt hatte, war die Ursache, dass er bald wieder genas. Nun wurden augenblicklich die Vorbereitungen getroffen. Zum prächtigen Festmahl wurden auch alle Schönheiten des Königreiches eingeladen, die früher am Hofball anwesend waren. Die Braut, noch ganz gerührt, erzählte dem Prinzen alles, was sie durch ihre herzlose Stiefmutter hatte leiden müssen, die über ihre Schönheit so neidisch gewesen war. Schon war das glänzende Hochzeitsmahl beinahe zu Ende, und die Fröhlichkeit hatte ihren Höhepunkt erreicht, als der junge Fürst sich erhob. Indem er sich an seine ersten Minister wandte, legte er ihnen mit laut hörbarer Stimme, so dass man es im ganzen Festsaal vernehmen konnte, die folgende Frage vor: «Sagt mir, we1ches Urteil würdet ihr aussprechen gegen eine Mutter, die dreimal nacheinander durch ihren eigenen Diener ihre Tochter in einen unermesslich großen Wald führen ließ, um sie loszuwerden, damit sie dort von den Wölfen gefressen würde, nur aus dem einzigen Grund, weil das Mädchen schöner war als sie?» Da erhob sich unter den Gästen ein Gemurmel des Schauderns und Entsetzens. «Ich, königliche Hoheit,»  antwortete ehrerbietig ein Minister, «ich würde eine solche Frau erwürgen.» «Nein», rief die Braut, erschreckt darüber, «tötet sie nicht! Schickt sie lieber in die königliche Küche, wo sie meine Stelle als Aschenbrödel einnehmen soll.» Und so geschah es. Die böse Stiefmutter musste den Festsaal mit Schimpf und Schande verlassen. Die glückliche Braut aber lebte hernach mit ihrem geliebten Mann viele, viele Jahre bis ins hohe Alter. Gott schenkte ihnen drei schöne Knaben und zwei reizende Mädchen und zeigte ihnen damit, dass er die Tugend belohnt und die Schlechtigkeit bestraft. Breit ist das Blatt, schmal ist der Weg, erzählt ihr nun eure Geschichten, wie ich die meine tät berichten.   Quelle: Walter Keller,  Tessiner Sagen und Volksmärchen, Edition Olms AG Zürich, erzählt in Campestro von Silvio Savi, 1926 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Chämi üff

Source: Chämi üff

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a) Ein Schneider, der bei zwei Jungfern auf der Stör war, passte ihnen auf und machte es ihnen nach, sagte aber: »Obä-n-üss und dur alls har a.« Nach langer Irrfahrt kam er auf seiner Schindel in ein Waldhäuschen ... Als die Herrlichkeit verschwunden war, hatten sich die Speisen in Rossbollen verwandelt. Fr. Gamma-Zgraggen, 40 Jahre alt, Silenen b) Zwei Burschen, die zu einem Maitli z'Stubeten gingen. Der eine Bursche sagte wie die zwei Hexen: »Dur ds Chämi üff und abb und niänä-n-a.« Der andere: »Dur ds Chämi üff und abb und dur alls har a.« Der syg niä meh z'erfragä gsy. – Als der eine Bursche im Saale erschien, syget diä Mäitli erschmyet. Är häig alli kännt und sy ihnä etc. Katharina Gamma, 50 Jahre alt, Wassen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Chämi üff und niänä-n-a

Source: Chämi üff und niänä-n-a

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Im Birchi, gleich im ersten oder zweiten Häuschen am alten Weg, wenn man von Seedorf oder Isleten her ins Isental kommt, lebten vor Zeiten zwei Jungfrauen von etwas wunderlichem Wesen. Sie besassen einen schönen Kirschbaum, den einzigen damals im ganzen Tale. Es konnte daher nicht fehlen, dass die lüsternen Talleute dann und wann bei ihnen um einige der leckern Früchte bettelten, aber selten jemand wagte es, sie zu essen, denn man traute den zwei Wybervölchern und ihrer Freigebigkeit nicht wohl. Ein junger, mutiger Bursche unternahm einmal das Wagestück und machte sich hinter das Becki voll Kirschen, das sie ihm auf dem Stubentisch aufgestellt hatten. Da, auf einmal trieb es ihn unwiderstehlich zur Stube hinaus in die Küche. Hier standen die zwei Schönen an der Herdstatt und rührten wie besessen in einem Häfelein und murmelten dazu: »Chämi üff und niänä-n-a!« Jetzt lüpfte es den Burschen und fuhr mit ihm durch's Kamin1 hinaus und hoch über alle Berge durch die Lüfte fort in unendliche Fernen, bis er endlich in einem ganz andern Weltteil im dichtesten Dornengestrüpp zu Boden kam und stecken blieb. Da stand er und wusste nicht, wo aus und ein. Zuletzt fing er an, zu beten und die Muttergottes um ihre Hilfe anzuflehen. Auf einmal stand eine schöne, weissgekleidete Frau vor ihm, zeigte mit der Hand die Richtung, die er einschlagen sollte, und verschwand wieder. Drei Tage und drei Nächte wanderte der Isentaler und erreichte schliesslich ein ihm völlig unbekanntes Kloster und klopfte an die Pforte. Freundlich wurde er aufgenommen, aber niemand kannte ihn, keiner verstand seine Sprache. Da führten sie ihn vor den Höchsten im Kloster; der sass auf einem schönen Stuhle und hatte ein grosses, mächtiges Buch auf seinen Knien aufgeschlagen. Das war das Weltbuch. Und den fragte er nach dem Wege zu seiner Heimat und erzählte, wie ihm eine schöne, weisse Frau die Richtung hieher gewiesen. Der Mönch erklärte: »Niemals, und wenn du hundert Jahre alt würdest und jeden Tag zehn Stunden wandertest, würdest du je wieder dein Vaterland erreichen, wenn ich nicht dich segnen würde.« Und er hob seine Rechte, segnete ihn und legte ihm ein geweihtes Skapulier an. Der Bursche machte sich wieder auf die Reise und gelangte nach langer Zeit in sein geliebtes Isental mit den grünen Wiesen und dunklen, würzigen Tannenwäldern. Karolina Tresch-Gisler, 80 J. alt, Seedorf Fußnoten 1 Und doch besitzt keines der beiden alten Häuser daselbst ein Kamin. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Chan-i chu schlafä!

Source: Chan-i chu schlafä!

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Z'Obergadmä hinder Sisigä hed einisch ä Fründ zum andärä g'säit: »Wenn ich denn einisch tot bi, sä chumi-n-i zuen-d'r chu schlafä.« Und richtig. Gar nitt lang isch g'gangä, sä isch är g'storbä, und eis Abeds g'heert disä-n-epper riëffä vor'm Hus ussä: »Chan-i chu schlafä?« Und eb-är rächt het chennä sägä »Ja«, gaht d'Hustürä-n-uff, und der ander chunnt innä, chunnt i ds Stübli und leit-si zuen'm i ds Bett. Aber g'redt häiget-s' doch nüt midänand. M. Josefa Aschwanden, 75 J. alt. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Chatze si luschtig

Source: Chatze si luschtig

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Chatze si luschtig Einisch isch e Ma z’Obe spot bim-ene Hus verbi; das isch scho sit längem lär gsi. Du ghört er eismols drinne lärme, geiht zum Flügeli, luegt ihe u gseht uf em Ofen e Hufe Chatze. Ihre Maudi isch au derbi gsi. Zmornderisch bim Mittagässe isch dr Maudi wiederume deheime gsi u dr Ma het zue-n-ihm gseit: „Maudi, dir sid nächti au luschtig gsi!“ Drufabe het dä e Satz zum Pfäischter us gno u isch nümmen umecho. Den Hexen wird, wie wir gesehen haben, die Macht zugeschrieben, sich in Tiere zu verwandeln. Wer aber das Tier verwundet, bricht den Zauber, und den Schaden, den man der Hexe zufügt, kann man nachher an der Hexe erkennen. Wenn die Hexe sich entdeckt sieht, so hütet sie sich in der Regel, ihr böses Tun weiterzuführen. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Cheesvreni, eine Hexe

Source: Cheesvreni, eine Hexe

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Das Cheesvreni hausierte mit Seife u. ä. und verkaufte den Stäcklibuebe (bei der Rekrutenaushebung) Sträusse. Es wurde von vielen Leuten gefürchtet; es habe das 6. Buch Mose. Wenn es «öpperem het wellen öppis Böses atue», schaute es ihm tief in die Augen und kam dann nicht mehr in das betreffende Haus. Es hat unsere 21jährige Schwester verhext. Bei einer Auseinandersetzung sagte es zu dieser, «si weller scho dradänke» und kam zu uns ins Haus – und dann nicht mehr. Da wurde die Schwester auf unerklärliche Weise krank. Jemand riet uns dringend: «Machet, dass es nonemol ins Huus chunnt; es cheem derno uf ihns zrugg!» Aber es liess sich nie mehr blicken. Die Schwester aber musste sterben. S Cheesvreni sälber het fascht nit chönne stärbe, das isch si jo nit z verwundere. Wos gstorben isch, ischs gsi, wie wenn der Tüüfel us em luegti. Liestal Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Chimpettere

Source: Chimpettere

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Chimpettere Imene Burehus isch e Chimpettere gstorbe, u mi het se uf e Totehof treit. Scho i dr Nacht druf isch sie umecho. Vor de Pfäischtere het sie gsüfzget u gstöhnet u trurig i d’Stuben ihe gluegt. Das isch lang eso gange. Duderno het me ihrne Lüten ändtlige gseit, sie heige gwüss vergässe, ihre d’Schueh azlege. So isch es au gsi. So sölle sie jetz es Paar uf e Sinzel stelle. U wo sie das gmacht hei, isch sie nümmen umecho. Wen e Chimpettere stirbt, leit me se schwarz a. Schueh u Strümpf bingt me re guet. Kes darf ufgoh. I Sack stosst me re es Mässer. Sächs Wuche chunnt sie ume. Obe für Obe stellt me re-n-es aghaunigs Brot un e Fläsche Wi uf e Tisch; es Glas voll schänkt men i u stellt’s schön dernäbe zuehe. We me us dr Chimpetti z’Chile geiht, leit me si schwarz a. U wie dr Bruch isch, wüsset dr; we me z’erscht Mol vo Hus geiht, so geiht me äbe i d’Chile u nid an-es angers Ort; mi meint, es wär en Überträttig, we me’s angers miech. Z’Roth isch vor Johre e Chimpettere gstorbe. Dere het me d’Schnupfdrucke i Totebaum ihe to. Jo, gwüss; mi muess wäger lache; aber wohr isch es doch. Aussergewöhnliche Vorschriften schliessen sich bei den Naturvölkern an das Kindbett an; unheimliche Mächte oder böse Geister bedrohen die Kindbetterin; darum hat sie besondere Vorschriften zu erfüllen, um den ihr nachstellenden Geistern auszuweichen. Im Volksglauben spiegeln sich diese alten Vorstellungen, die auch einmal zum Inhalt des Glaubens unserer Vorfahren gehörten, deutlich wieder. Die Grabspenden, die man der Kindbetterin mitgibt‚ lassen sich nicht alle auf die gleichen Anschauungen zurückführen. Als Spenden gibt man den Toten Dinge mit, die ihnen lieb sind; darum legt man dem Mütterchen die Dose in den Sarg; es könnte sonst Sehnsucht nach dem Schnupftabak haben und heischend zurückkehren. Brot und Wein spendete man der wiederkehrenden Toten; man gab den Toten auch öfters Nahrung mit ins Grab; in Heimiswil bestand der Brauch, Verstorbenen Wein, Brot und Käse mitzugeben. Aus Wein, Brot und Käse setzt sich die „Käsgräbt“ zusammen, das einfachere Totenmahl der ärmern Leute, im Gegensatz zur „Fleischgräbt“. Im Frühling 1928 kam bei Grabarbeiten im Schiff unserer Kirche ein Tellerchen zum Vorschein, das einem mittelalterlichen Grab angehörte; es mag als Spende Nahrung für den Toten enthalten haben. Warum gibt man aber der Wöchnerin, überhaupt den Toten, Nahrung als Spende? Die Äusserungen des Glaubens sagen uns so wenig über das Wesen der Seele oder über die Art, wie der Toten gedacht wird, um bestimmte Schlüsse zu ziehen. Wahrscheinlich ist, dass man sich die Kindbetterin nicht eigentlich tot vorstellt, wie in den vorausgehenden Sagen, die alle den Glauben an das Vorhandensein einer Seele enthalten. Der Tote ist nicht tot, wie es der Seelenglauben voraussetzt; der Leichnam lebt ein eigentümliches Dasein weiter, und wenn der Tote zurückkehrt, erscheint er nicht als Geist, sondern er kommt als ein körperhaftes Wesen, das man greifen kann, als lebender Leichnam mit Fleisch und Bein. Die Vorstellung vom lebenden Leichnam dürfte nach Ranke, dessen Ausführungen ich folge, in die Anfänge menschlicher Entwicklung zurückführen und zeitlich vor den Ursprüngen der verschiedenen Vorstellungen des Seelenglaubens liegen, wie ihn die vorausgehenden Sagen enthalten. Die Grabspenden und die Vorstellung vom „lebenden Leichnam“ zeigen uns eine Quelle, aus denen sich die Totenopfer herleiten lassen. Reiche Opfer spendeten die Ägypter ihren Toten. Im Volksglauben erhielt sich die Vorstellung vom körperhaften Totengespenst nicht rein, wie sie bei Naturvölkern beobachtet werden kann. Die Vorstellungen des Seelenglaubens vermischen sich mit dieser uralten Anschauung, sodass einzelne Erscheinungen schwer zu deuten sind; aber die Vorstellung vom „lebenden Leichnam“ wirkte in Bräuchen nach bis in die heutigen Tage. Schuhe als Grabspende deuten aber sicher auf einen langen Weg, den der Tote zurücklegen muss, vielleicht auf die Reise nach dem Totenreich. Noch heute sprechen die Kinder ein Gebet, das neben christlichen Anschauungen sicher uralte, vorchristliche Bestandteile enthält: Die Wanderung, die Brücke, den Mann an der Brücke. Das Gebet lautet: „Herrgott, Röselirot, Wie lit der Möntsch i grosser Not, Wie lit der Möntsch i grosser Pin, Wie gärn möcht ig im Himel sin. Im Himel, da wär i gärn, Da kam ich über ne breite Wäg, Da kam ich über ne schmale Stäg, Da chunnt eine u wott mi abwiese‚ O nei, o nei, i la mi nid abwiese“ usw. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Chooren uf ds Dach

Source: Chooren uf ds Dach

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Wem ma am häiligen Aben Chooren uf ds Hüüsdach tööd, das ds Toww dri chunnd, sii d' Henni sicharra vor em Vogel. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Chräämmer

Source: Chräämmer

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„Haid Sorg und machid nid Chräämmer!" hed d'Möötter is Mäitlenem bbim Spinne gsäid. Chräämmer hed's gäre ggän, wem ma nid bir Sach ischd gsiin; leechtli ischd äim ds Zilli old dr Faden abbrochen um bbim Asetzen hed's e Chräämmer ggän. Wem ma Chräämer machi, chemi den äini, dee liiri sa äim um d'Hend um und zindti sa an und de verbrennen äim d'Hend. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Christelis Erlebnisse

Source: Christelis Erlebnisse

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Unten am Burgerwald liegt der Schwand. Er gehörte meinem Vater. Im Sommer hirteten wir da droben. Da hab ich meine schönsten Jugendtage verlebt. Mit den Kühen und Geissen tollte ich auf der Weide herum. Im Walde zwischen den hohen Steinblöcken baute ich Häuschen, und mit Schierlingsröhren machte ich Brünnlein. Am Rande des Baches, unter schattigen Erlen, bildete ich einen See und bevölkerte ihn mit Groppen und Forellen. Am Waldsaume gab es Himbeerstauden, die von der Last ihrer Früchte fast zu Boden hingen, und in den Lichtungen war alles blau und traubigvoll von Heidelbeeren. Da habe ich geschmaust so manches liebe Mal und Körbe und Kessel gefüllt und gesungen und gejodelt, was aus der Kehle mochte. Ja, das war eine schöne, selige Zeit. Einmal hatte ich ein seltsames Erlebnis. Ich war damals noch ein kleiner „Pfüderi“ und spielte auf der Bühne. Es war kein Heu mehr da. Aber auf dem Boden lag noch fusshoch „Blüemt“. Ich wischte mit den nackten Füssen diese Heublumen zusammen und formte damit allerlei Berge und Hügel. Auf einmal stand ein kleines Männlein neben mir. Obwohl es nicht grösser war als ich, musste es doch sehr alt sein, denn sein Gesicht war voller Runzeln und der lange Bart ganz grau. Es redete nicht, es lächelte nur und deutete mit der Hand, ich solle weiterspielen. Als ich wieder aufschaute, war das Männlein verschwunden. Mein Vater erklärte mir dann, das sei jetzt ein „Holzappeli“ gewesen. Die dürfe man nicht auslachen, sonst bekomme man einen geschwollenen Kopf. Einige Jahre später hatte ich noch ein anderes Erlebnis. Ich sollte eines Tages die Ziegen hüten. Wie gewöhnlich ging ich mit ihnen an den Bach. Da gab es Haseln und Erlen, und die Tiere naschten gerne von diesen Blättern. Unversehens gelangte ich zu meinem See und fing an Kanäle zu graben, Röhren einzulegen, den Damm zu erhöhen und Fischlein zu fangen. Ich vergass die Ziegen, vergass Zeit und Umwelt und lebte nur meinem Spiele. Erst als die Sonne sich dem Horizont zuneigte, erwachte ich aus meinem Traume und erinnerte mich meiner Aufgabe. Da musste ich mit Schrecken feststellen, dass alle meine Ziegen verschwunden waren. Ich suchte sie bachab, ich suchte sie bachauf. Vergebens. Jetzt sprang ich dem Burgerwald zu. Ich eilte über Stock und Stein von Lichtung zu Lichtung. Keine Ziegen. Ich jagte durch Farnfelder und durch Brombeergebüsch. Meine Hände und Füsse bluteten, und die Hosen waren zerrissen. Immer tiefer drang ich in den Wald hinein, rief die Tiere beim Namen und lockte sie: „Piggul – Mutta – Mägga – Giba - chom, tä - tä - tä“. Aber kein Glöcklein ertönte, kein Meckern antwortete. Nur das Echo gab meine angsterfüllten Rufe zurück. Immer weiter hetzte es mich. Schon gelangte ich in die Nähe der Kreuzfluh. Riesige Steinblöcke versperrten mir den Weg. Bald kriechend, bald kletternd suchte ich weiter zu kommen. Da strauchelte ich über eine knorrige Wurzel, stürzte ein Stück weit den Hang hinunter und blieb am Fusse eines mächtigen Felsblockes liegen. Ich schluchzte und weinte und wusste nicht mehr was beginnen. Doch auf einmal hörte ich ganz in der Nähe jemand rufen: „Du, Christeli - diner Giiss si de da.“ Ich richtete mich auf, trocknete meine Tränen ab, und ohne zu wissen mit wem ich rede, antwortete ich: „Ebe, jag mer schi ubera.“ Da fing es auf einmal an zu glünggeln und zu schellen, mit Geisseln zu klepfen und hohoho zu rufen. Jetzt kam der Piggul zwischen zwei Fluhtossen zum Vorschein, darauf das Chrideli, die Blanggeta, die Giba, die Mutta, die Mägga und alle die andern. Mit vollen Bäuchen und strotzenden Eutern umringten sie mich bald. Noch immer knallten die Peitschen und riefen die Stimmen ganz nahe bei mir. Aber ich konnte niemand sehen. Da wusste ich auf einmal, dass die Zwerglein mir die Ziegen gehütet und zurückgebracht hatten. Auf versteckten Weglein, zwischen Stöcken und Steinen hindurch, trieben sie die Tiere jetzt noch waldabwärts. Ich folgte ihnen und erreichte ohne Mühe die Weide. Hier verstummten plötzlich die Treibrufe und das Geisselknallen. Ich hätte den unsichtbaren Helfern noch sagen sollen: „Habt Dank für euere Hilfe.“ Aber in meiner Freude vergass ich es leider.   Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch


by Christelis Höhle

Source: Christelis Höhle

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Christelis Höhle Es war in der Franzosenzeit, anno 1799. Franzosen und Russen kämpften miteinander in der Linthebene‚ und die Leute im Gebirge oben schauten dem Getümmel vom Welschenberg herab zu. Eines Morgens hatte sich ein verwundeter Offizier im Bergland verirrt. Vor dem Hause im Schindelberg war er kraftlos zusammengesunken. Die Familie Hofer, welche da haushablich war, pflegte den Soldaten, der sich Christen nannte. Aber ein missgünstiger Hirte verriet ihn beim helvetischen Kommando‚ und die Landjäger sollten ihn holen. Hofers kamen aber den Verfolgern zuvor. Sie verbargen den Verwundeten in jener Höhle in der Neurüti, die Heinrich Reiser‚ Zitmachers, in der Strahlegg sonst als Heuschopf benützte. Aber als die Späher dem Offizier wieder auf der Spur waren, verbrachten ihn Hofers in die Höhle im Schmidwaldsgubel. Später konnte er in seine Heimat entkommen. Seit jener Zeit aber heisst die Höhle in der Neurüti „Christelis Höhle“. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Die Geschichte hörte ich erstmals um 1938 von der damals13jährigen Schülerin Selma Pfenninger, die sie von Lehrer Schaufelberger in Wernetshausen vernommen hatte. Die Erzählung geht auf den „Geissenvater“ Rüegg, ehemals in Baurenboden, zurück. - Aus derselben Zeit stammt auch die Überlieferung (ebenfalls schriftl. im Nachlass des Geissenvaters Rüegg), dass 1799 auf der Schnebelhornweid eine Weidscheuer aufgerichtet wurde. Das Toggenburg war damals von den Österreichern, das Zürichbiet von den Franzosen besetzt. Und die beiden Wachtposten auf dem Schnebelhorn‚ der Österreicher und der Franzose, halfen aufrichten und waren auch am Aufrichtemahl. - Über den Geissenvater Rüegg, 1853 - 1938, siehe Sep.-Abdr. aus der Sonntagspost des Landboten, „De Geissevatter Rüegg“ von Rud. Kägi (ohne Datum). Vergl. dazu Walter Hofmann und Richard Heer, Höhlen im Tösstal, Sep.-Abdr. aus dem „Landboten“, Winterthur 1967. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Christen Chüng von Weisstannen

Source: Christen Chüng von Weisstannen

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Die Sennen und Herden waren von der Alp heim, als ein Mann aus Weisstannen noch einmal hinauf musste, etwas Liegengebliebenes zu holen. Er kam, sich versäumend, spät Abends in der verlassenen Hütte an, und legte sich auf die bekannte Triel. Kaum aber hatte er das Abendgebet verrichtet, als er die Türe öffnen, kommen und reden hörte. Schwitzend wagte er zu schauen, und siehe, es wurde ein Feuer gemacht in der verlassenen Feuerstätte, der Kessel eingehängt, Mich übergetan, gekocht, gekäset und gelacht, wie gewöhnlich. Als Alles fertig war, rief's hinauf zur Triel: „Christen Chüng chumm mitis ge Schotten essen!“ – Er aber bewegte sich nicht, und schwitzte fort, bis er in Schlaf verfiel. Am Morgen war keine Spur von den nächtlichen Sennen. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Christus und der Schmied

Source: Christus und der Schmied

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Eines Tages wanderte der Heiland mit seinen Jüngern durch ein Dorf. Und als sie eine Gasse hinaufgingen, sah er mit grossen Buchstaben über einer Schmiede geschrieben stehen: Meister aller Meister. Unser Herr bleibt stehen, liest noch einmal diese Frechheit auf dem Schild und denkt: «Diesem Aufschneider will ich wohl zeigen, wer der Meister aller Meister ist.» Gesagt, getan. Er geht mit all seinen Jüngern in die Schmiede und bittet den Meister, ihm einen Augenblick sein Feuer zu überlassen, was der Schmied sogleich tut. Der Heiland macht sich daran, den Blasebalg zu treten und lässt sich noch vom Apostel Jacobus helfen. Als ein schönes Feuer brennt, geht er hin, nimmt den Petrus, der schon ein alter Mann mit grauem Bart und grauem Haar ist, hebt ihn hoch, packt ihn an den Beinen und stösst ihn mit dem Kopf ins Feuer, wie ein Stück Hufeisen. Selbst die Jünger waren zuerst ein wenig erstaunt, doch sie kannten ihren Meister und wussten, wieso er das tat. Jacobus jedoch vergass fast, den Blasebalg zu treten, und der Heiland musste ihm ein Zeichen geben. Der Schmied war fürchterlich überrascht, als er sah, wie der arme Petrus ins Feuer gestossen wurde. Da aber niemand etwas sagte, so schwieg auch er und schaute ganz gespannt, was daraus werde. Als Petrus wirklich feuerrot war, da fasste ihn der Heiland an den Beinen, zog ihn heraus und legte ihn auf den Amboss. Dann begann er auf beiden Seiten zu hämmern, drehte ihn rundherum und liess auch noch den Apostel Andreas mit dem grossen Hammer draufschlagen. Als der Heiland glaubte, dass Petrus die richtige Form habe, so stellte er ihn wieder auf die Füsse und hauchte ihm ein wenig von seinem Atem ein. Und Petrus stand da als der schönste Jüngling, kein einziges graues Haar und Barthaar mehr, schlank und gut gewachsen, weisse und rote Wangen wie Milch und Honig. Da hättet ihr sehen müssen, was für Augen der Schmied machte! Und wie er mit offenem Munde glotzte! So etwas hatte er noch nie gesehen! Das war ein Kerl von einem Schmied! Unser Heiland genoss die Verblüffung des Schmieds, ging zu ihm hin und sagte: «Glaubst du immer noch, du seist der Meister aller Meister?» - «Nein!» antwortete der arme Schmied, «das sehe ich jetzt, dass ich das nicht bin.» - «Also!» meinte der Heiland, «so geh hinaus, nimm das Schild mit deiner Angeberei weg und bringe ein bescheideneres an.» Dann zog er mit seinen Jüngern weiter. (Unterengadin)   Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Chüehli Brändi und Hund Parysi

Source: Chüehli Brändi und Hund Parysi

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a) In Klariden hatten sich früher von Zeit zu Zeit ein schwarzes Chüehli und ein schwarzes Hündchen auf dem Eis- und Trümmerfeld gezeigt, das die verschwundene Klaridenalp bedeckt. Die Kuh hatte stets sehr bresch, aber die Strichen des Euters, die waren nicht schön! brandschwarz! Es ging eine alte Sage unter dem Volk, wenn ein Mensch imstande sei, am Karfreitag »unterm Passion« die Kuh ganz sauber bis auf den letzten Tropfen auszumelken, ohne dabei auch nur ein einziges Wörtchen zu verlieren, der könne die zwei armen Seelen erlösen, und dann werde auch die verwüstete Alp in ihrer alten Herrlichkeit erstehen. Denn das war jedermann klar, diese zwei Tiere waren niemand anders, als der hartherzige, von seiner Mutter verwünschte Senn und seine schöne Kathry. Man hörte auch von Zeit zu Zeit (oder am Karfreitag während der Passion) eine Stimme rufen: Chüehli Brändi und Hund Parysi Sollet immer und ewig i Klarydä sy. Nun wagte es einmal ein Beherzter und fand sich zur Stunde in Klariden ein. Die Kuh stellte sich ihm. Schon hatte er sie fast vollständig ausgemolken und freute sich des Gelingens. Da kam ein schwarzes Pudelhündchen, stellte sich am hölzernen Eimer auf und fing an, von der Milch zu lappen. »Nu, nu, Hundli!« brummte der Melker, und Hund und Kuh und Milch waren verschwunden. »Chüehli Brändi und Hund Parysi Sollet halt äbä-n-immer und ewig i Klarydä sy«, schliesst mein Erzähler. Daniel Imholz b) Der Melker sagte dreimal »Hüss!« erst beim dritten Mal verschwand die Kuh. c) Es kam eine Sau und strich dem Melker schnarchend und ihn störend um die Beine und um den Melkstuhl herum. »Hursch!« machte er, und die Kuh war verschwunden. Josef Maria Müller, Unterschächen d) Ein alter Mann ennet der Märcht hat erzählt, es komme alle Karfreitag eine »Hirzechüeh« (Hirschkuh) vom Klariden her, die gäbe sieben Melchteren voll Milch. Wenn sie einer schweigend sauber ausmelken würde, könnte er, ich weiss nicht was alles, erlösen. Sie würde sich stellen, und ein Hund sitze neben ihr. Albin Loretz e) Es müsste einer die Kuh melken, ohne etwas dabei zu denken. Ja, ja, das ist aber schwer. Johann Aschwanden u.a. f) Am Karfryttig underem Passion syg alligs diä Chüeh uss Klarydä uf d'Nessli ob Vorfrutt chu üsäbriäschä. Diä heig furchtbar bresch g'ha. Sibä Mälchtärä voll Milch hätt si ggä. Aber si syg furchtbar äs zäih's mälchä gsy usw. Fr. Arnold-Arnold, Spiringen Zwischen dem Teil der Alp Vorfrutt, der heute noch Klariden heisst und früher ein eigenes Stäfeli gewesen sein soll, und dem Klaridenfirn liegt noch ein anderer Alpteil, das Tyrälpeli. g) Auf Blümlisalp im Schächental lebte ein Senn mit seiner Liebsten, der er aus fetten Käsen und Anken eine Stiege machte. Eines Tages kam auch seine Mutter – der Vater lebte nicht mehr – in die Alp und heischte Alpspeise für ihren Bedarf. Der Sohn gab ihr nur wenig, so dass sie am nächsten und andern Tage wieder hinaufsteigen musste. Am dritten Tage endlich sagte sie, er solle ihr doch mehr geben, dass sie nicht alle Tage zu kommen brauche, er solle ihr doch das Handbräntli füllen. »Das kann man«, sagte er und gab es ihr, nachdem er es heimlich gefüllt, zurück. Sie ging und dachte, heute habe er doch eine bessere Laune gehabt. Als sie den Deckel ablüpfte, fand sie das Bräntli mit Kuhmist gefüllt. In diesem Augenblick entlud sich über die Alp ein schreckliches Hagel- und Schneewetter. Der Senn und seine Liebste flüchteten mit dem Wellchessi auf einen Hubel und nahmen das Chessi über den Kopf. Aber das nützte nichts; sie gingen mit dem Vieh und der Alp zugrunde. Frau v. Schattdorf h) Klariden war einst eine prachtvoll schöne Alp. Da mussten sie dreimal im Tage melken, so viel Milch gaben die Kühe; in der Alp wuchs nämlich das Milchlikraut. Sie lebten in solchem Überfluss, dass der Senn seiner Liebsten aus Käse und Anken einen Weg machte. Einst kam des Senns Mutter etc . .... Später sah man oft eine Kuh brüllend auf dem Gletscher herum laufen, und es hiess, wer sie am Karfreitag unter der Passion schweigend ausmelke, könne den Senn und seine Liebste erlösen. »Wir haben einmal in die Gegend hinuntergeschaut, aber da meinten wir, die Kuh zu hören, und liefen voller Furcht davon.« Kath. Kempf i) Der Senn hiess Joder (St. Joder ist Kirchenpatron zu Unterschächen). Jos. M. Arnold, Unterschächen k) Der Hund hiess Poss. Die Mutter verwünschte: »Chüehli Brändi, Hund Poss und Hüer Kathry Sellet immer und ewig i Klarydä verdammt sy!« In der verlassenen Alp irrten eine schwarze Kuh, ein Hund und ein Wybervolch herum. Leider kannte die Erzählerin nur verworrene Bruchstücke der Sage. Frau Arnold-Gisler, Bürglen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Chumm flingg

Source: Chumm flingg

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Zwei Brüder Regli und anderes arbeitsames Volk in Meien gehen miteinander am Vorabend des ersten Wilditages, das heisst am Abend des 10. August, in das hintere Meiental, um am Morgen bei Zeiten an ihren Wildheuplätzen gerüstet zu sein. Da sagt der eine der beiden Brüder: »Morgen wird mein letzter Tag sein; vor wenigen Minuten hat es mir von der Höhe herab gerufen: Chumm flingg!« Diesen Ruf habe ich verstanden.« Man achtet wenig auf seine Aussage. Fröhlich trennt sich das Volk; die einen steigen auf der Südseite, die andern auf der Nordseite des Tales die stotzigen Höhen hinan. Der nächste Tag bricht an; mit Jauchzen begrüssen ihn die Wildheuer an den beiden Bergabhängen; die blankgewetzten Sensen glitzern im goldenen Licht der aufgehenden Sonne und legen das duftige Gras in dünnen Mahden nieder; ein warmer Föhnhauch chittelet (rüttelt leise) im Droslengebüsch der Planggen und in den alten Fenstern der Berghäuschen in den tiefer liegenden Berggütern und dörrt das gut gereifte Futter auf dem trockenen warmen Boden in Stunden. Am gleichen Abend noch bei Sonnenuntergang können sie es auftristnen. Unser Regli trägt als erster eine tüchtige Bürde auf das hiefür bestimmte Tristbett. Der schmale Pfad führt ihn am Rande eines fürchterlichen Abgrundes an einem überhängenden Nossen vorbei, wo er sich mit dem Gesicht gegen die Bergwand kehren muss, um nicht anzustossen; wohlmeinend mahnen ihn die Kameraden zur Vorsicht. »Das ist doch mein letzter Gang,« meinte er, »von dorther hat's gerufen: Chumm flingg!« Er kehrte nicht mehr zurück, und auf der entgegengesetzten Seite des schmalen Tales fangen die Wildheuer an zu lärmen und den Hang hinab zu rennen. Jetzt ist es klar; der Arme ist an jener Stelle verunglückt. Alle eilen hinzu und finden Reglis Leichnam zerschmettert am Fusse des Felsens. Der Kern der Erzählung, der Todfall des Wildheuers Regli, ist Tatsache. Josef Baumann, Meien, u.a Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Chunnsch m'r äu grad nachä

Source: Chunnsch m'r äu grad nachä

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 a) Zu Flüelen ereignete sich auch einmal so eine kuriose Geschichte. Es war Tanz, und dabei erschien auch ein hübsches Mädchen. Nach einigen Stunden schickte es sich an fortzugehen und klopfte noch einem der anwesenden Burschen auf die Achsel, indem es fröhlich dazu sagte: »Chunnsch m'r äu grad nachä!« Eine anwesende Frau, – my Müetter het-si nu 'kännt – merkte aber den Spass, lief schnell hinzu und hiess den Burschen den Tschoopen ausziehen. Er tats, und sie schnitt ihm auch noch auf der Achsel ein Stück Hemd aus und verbrannte alles. Wäre das nicht geschehen, so hätte der Bursche der Hexe nachlaufen müssen. Karolina Tresch-Gisler, 80 J. alt b) Zigeuner klopfen einem Mädchen in einem Wirtshaus zu Hospental auf die Achsel und sagen: »Chumm bald nachä!« Geht heim, fühlt sich gezwungen, den Zigeunern nachzulaufen, zieht auf Rat der Mutter den Tschoopen aus, der jetzt anstatt des Mädchens den Fremden nachrennt. M.A. Schmid, Ursern, 75 J. alt c) Bei einem Tanz klopfte ein Bursche einem braven, hübschen Mädchen auf die Schulter und sagte dazu: »Mer wennt gah, chumm äu!« Von einem unwiderstehlichen Drange getrieben, folgte ihm willenlos das Mädchen. Den Eltern fiel das lange Ausbleiben ihrer Tochter auf, und im Verein mit guten Freunden machten sie sich auf, sie zu suchen. Endlich wurde sie gefunden in einem Stalle, wo der Bursche mit Gewalt auf sie eindrang, seinen Willen zu tun. Josefa Walker, Amsteg Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Churri-Murr

Source: Churri-Murr

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a) Am längsten hielten sich die Heidenleute auf im »Chastä«; das ist eine steile felsichte Bergwand bei Unterschächen am Eingang in das romantische Brunnital. Eine Felsenhöhle daselbst dringt tief in das Berginnere vor. In dieser Höhlung lebte eine Heidenfamilie, aus der eine Tochter als Magd bei einer Unterschächnerfamilie auf der Windeggen diente. Einst musste diese Magd mit ihren Meistersleuten in das Brunnital zur Arbeit »männen« gehen; zu Hause hatte sie ein Werkzeug vergessen und eilte darum zurück, um es zu holen. Bevor sie ihre Leute wieder eingeholt, rief ihr jemand aus dem Heidenloch zu: »Zysi-Müsi! Das alt Churri-Murri isch gstorbä!« Seit jenem Augenblick bekam sie niemand mehr zu sehen. b) Wilde Leute lebten auch in einer Höhle in der Nähe des Badhauses zu Unterschächen, aber am entgegengesetzten, also rechten Ufer des Brunnischächens und ganz besonders in der Lisslerenbalm im Brunnital und in Kerschelen. Ein Heidenmädchen diente bei einer Familie in den Schächentalerbergen. Seinen Namen wussten sie nicht. Es war an einem Wintertage, als ein Mann aus dieser Familie an der Lisslerenbalm vorbeischritt, um ein Joch, das er auf der Achsel trug, einer Abteilung arbeitender Leute in Chärschälä zuhinterst im Tale zu überbringen: sie mussten Holz talauswärts männen. Da rief ihm eine Stimme aus der Lisslerenbalm zu: »Jechliträger! säg am Züzzi-Müzzi, das alt Churrli-Murrli syg g'schtorbä.« Ahnungslos richtete der Mann diesen Auftrag aus. Da machte sich das Heidenmädchen davon und kam nie mehr zum Vorschein. In anderer Fassung lautete der Zuruf: »Jechliträger! säg am Rüchrind, äs sell heichu, dz Zussi-Mussi syg g'schtorbä!« Das wäre die Mutter gewesen. Oder: »Dz Zuzimuzi well stärbä.« Oder er hörte rufen: »Jocheliträger!« Er stand still und schaute um, dann rief es wieder: »Jocheliträger! dz Duzimutzerli sell heichu, der Rüchgrind isch g'storbä.« Erzählte zu Hause sein Erlebnis. Die Magd hörte es, machte sich davon. Oder: »Jechliträger, säg am Churri-Murri, dz Zutzimutzi syg g'storbä!« Erzählte am Abend am Tisch zu Hause sein Erlebnis. Magd hörte es und verliess sofort das Haus. Kam wieder nach einigen Tagen und sagte, sie habe heim müssen, weil ihre Mutter gestorben sei. Blieb nun. Namen aus dieser Sage begegnen uns in einem alten Anzählreim aus Uri: Dirrli-Murrli, Chatzä-Murrli, Iber Hüs und Hoff, Alli grieni, g'spriggiti Ross. Äs läuft ä Fräuw i dz Hiehnderhüs Und stellt die beschtä Hiehnder drüss, Die, wommä hinder d'Tirä tüet. Bilz, bolz, Tannigs Holz, Zich der Riemä, Gang ga dienä. Zysi-Müsi, Chatzäzüsi, Mach-di iber d'Stägä-n-innä. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Cuno auf der hohen Rialt

Source: Cuno auf der hohen Rialt

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Hoch Rialt, du stolzes Schloss, Das auf grauem Bergkoloss. Hinten im Domleschger- Tale Aufsteigt aus der grünen Schaale, Du bist nimmer! Schutt und Trümmer Krönen jetzt das Felsenhaupt, das kahle. -   Ei, wie anders war es dort, Als verhasst um Raub und Mord Auf der Burg Herr Cuno hauste, Hoch zu Rosse niedersauste, Pilger schreckte, Nachbarn neckte Und der armen Bauern Fell zerzauste.   Cuno traf die schönste Maid Tief in Waldes Einsamkeit; Ungerührt vom Fleh\'n der Armen Riss er sie mit starken Armen Auf die Mähre: »Kind, begehre Von dem Hohenrätier kein Erbarmen.«   Lachend stachelt er sein Ross, Ritt auf nächstem Weg zumSchloss; Doch ein Wild\'rer hinter Tannen Sah die Untat des Tyrannen – Und zur Stunde Flog die Kunde In\'s Domleschg und weit umher von dannen.   Hatten Freiheit, Hab\' und Gut Von des Ritters Uebermuth Sich die unterdrückten Sassen Ungeduldig rauben lassen, Schien\'s angegen In den trägen Trüben Herzen Feuer jetzt zu fassen.   Allwärts hin die Kunde scholl, Und von Stund\' zu Stunde schwoll Der Empörung schaurig\' Wogen; Brände flammten, Boten flogen, Schwerter klirrten, Pfeile schwirrten - Und bald war das Vorwerk überzogen. –   Zaghaft weicht der Knechte Tross: Näher rauscht der Sturm dem Schloss, Hurtig baut sich eine Brücke, Dass die Schaar hinüberrücke – Welch\' Gedränge! Sieh\' die Menge Wälzt sich schon durch Tor und Mauerlücke   In den Hof! Mit blankem Schwert Hält der Ritter da, zu Pferd, Fest im Arm die holde Beute, Und wie wild der Rappe scheute! – Eines Schwunges, Eines Sprunges Schnellt er an den Rand der Felsenseite. –   Unten stürzt der junge Rhein Durch geborstenes Gestein, Weissen Schaum zu Tage schwitzend, Silbern durch das Dunkel blitzend, Und mit Tosen Fessellosen Gischt hoch an die Felsenwände spritzend. –   Und der Ritter, hoch zu Pferd, Deutet mit dem blanken Schwert In des Abgrund\'s Rabenschwärze; Und des Halbmond\'s bleiche Kerze Leuchtet milde Ob dem Bilde, Kalt und starr, als wie aus Stein und Erz. –   Doch der Ruf: »Die Maid ist tot! Denkt an ihre letzte Not! Rächt sie, da sie nicht zu retten, Und zerreisst des Drängers Ketten!« Schallt betäubend, Vorwärts treibend, Bis sie den Tyrann ergriffen hätten.   Einer streckt schon keck die Faust Nach dem Zügel aus, da saust Mitten durch der Strahl des Schwertes Und das Glied vom Arme fallt. Und in Gleichem Spornt die Weichen Der Gewalt\'ge seines schwarzen Pferdes. –   Und es bäumt sich, stöhnt und bebt; Doch des Ritters Ferse gräbt Stachelnd sich ins Eingeweide; Hauend hilft des Schwertes Schneide… Der Bedräute, Seine Beute - In den Abgrund fahren alle Beide. –   Los bricht des Entsetzens Schrei, Und die Menge dringt herbei, Und erklimmt der Brüstung Rippe, Unten hängt an einer Klippe Eine blanke Blüthenranke, Oben ein Gebet an jeder Lippe. –   Doch zum Fluche wird das Fleh\'n! Bald - wie Trauerfahnen weh\'n Schwarze Wolken aus den Lucken; Rote Flammenzungen zucken Durch\'s Gequalme Und wie Halme Müssen sich die stolzen Giebel ducken. –   Krachend stürzt der alte Bau Und ein wüstes, dunkles Grau Legt sich um die Mauerkrone. Doch das Volk, im Jubeltone Stolzer Wonne, Grüsst die Sonne Junger Freiheit, die da steigt zu Throne. –   Aber Er, der Zwingherr, muss Nach des ew\'gen Richters Schluss, Nachts, ein Herold der Verwüstung, In der schwarzen Eisenrüstung, Knisternd, glühend, Funken sprühend Reiten um der Burg zerfall\'ne Brüstung.   Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Curia, schöne Curia

Source: Curia, schöne Curia

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Es war einmal ein König. Ihm war die Frau gestorben, die Königin. Die hatte ein Paar goldene Pantoffeln. Da liess der König verkünden, die Frau, der die Pantoffeln passen würden, die werde er heiraten. Ohne davon zu wissen, geht die Tochter des Königs in die Kammer ihrer Mutter, probiert diese Pantoffeln an, und sie passen ihr gerade. Da sagt sie zum König: «Ihr, Vater, könntet mir diese Pantoffeln geben.» Der König erwidert: «Du sollst die Pantoffeln haben und meine Braut sein.» Die Prinzessin erschrickt über dieses Angebot und sagt: «Das sagt Ihr nur zum Spass.» Er antwortet: «Des Königs Wort ist Befehl.» Die Tochter ging dann zu ihrer Patin, die lebte in einem grossen Palast mit viel Dienerschaft, und die verkleidete sie als Magd, damit niemand sie erkannte, und die Patin liess sie die Schweine und die Hühner hüten und besorgen. Nach langer Zeit gab die Patin ein grosses Fest, und für ihr Patenkind hatte sie drei schöne Kleider machen lassen. Der Königssohn selbst, der sich auf jenem Ball befand, sah dieses Fräulein im himmelblauen Kleid. Er liess seine Tänzerin los und forderte die andere auf, mit ihm zu tanzen, und er wollte keine andere. Als sie das merkte, liess sie einen Ring fallen, und während der Königssohn sich bückte, um ihn aufzulesen, verschwand sie. Auf einen zweiten Ball wollte sie nicht mehr gehen, doch die Patin hiess sie mit dem Mond und Sternenkleid zu kommen. Der Königssohn sah sie, rannte ihr mit offenen Armen entgegen und tanzte wiederum nur mit ihr. Sie machte sich auf die gleiche Weise davon, obwohl der Königssohn sie an einer Hand festhielt, während er sich bückte, um den Ring aufzuheben. Auf dem dritten Ball erschien sie mit ihrer Patin im Sonnenkleid. Der Königssohn fragte sie nach dem Namen, sie antwortete: «Curia, schöne Curia!» und sie entwischte. Der Königssohn war traurig, dass er sie nirgends mehr fand, und er wurde krank. Die Patin besuchte ihn und wollte ihm Wasser zum Trinken geben. «Nie wird es geschehen», sagte der Königssohn, dass ich von dir einen Tropfen Wasser annehme, bis du nicht mit Curia, der schönen Curia, kommst, die soll mir Wasser geben.» Da befahl die Patin der Prinzessin, zum Königssohn zu gehen, und sie wurde seine Braut. (Oberhalbstein)   Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Curtinatsch

Source: Curtinatsch

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Wenn der Wanderer an der Nordseite des Bernina-Bergpasses hinunter­steigt, wird etwa eine halbe Stunde unter der Passhöhe, an der Mündung des Val Minore, eine Stelle gezeigt, welche Curtinatsch heisst. Auch hier weiss die, von altem Gemäuer unterstützte Volkssage etwas von einem untergegangenen Dörflein zu melden. Es sollen Bergknappen dort gewohnt haben. (Dass die Eingeweide der Bernina-Gruppe Silbererze bergen, die einst ausgebeutet wurden, ist historisch bewiesen. - Eine steile Halde in der Nordseite, in der Nähe der Gallerie, in welcher noch alte Stollen vorhanden sind, führt noch jetzt den bezeichnenden Namen Argentèra [Silberhalde].) In Curtinatsch nun stand wahrscheinlich, nachdem auf der Höhe der Wald ausgerottet worden war, ein Schmelzofen, bei dem auch die Knappen ihre Wohnungen aufgeschlagen haben mögen. - Als aber auch dort kein Wald mehr vorhanden war, musste, wohl aus diesem Grunde, das Dörflein verlassen werden. Die Schmelze wurde dann vielleicht nach Pisciadella verlegt, dessen Name von »Pisce« abgeleitet wird, der in einem Dokumente als »Pächter« figuriert. Die Volkssage aber schreibt das Verschwinden des Dörfleins Curtinatsch einem göttlichen Strafgerichte zu: »Die Knappen«, meldet sie, »haben sehr viel Geld verdient, und desshalb in Saus und Braus ein böses Leben geführt. Als aber das Maass ihrer Sünden voll gewesen, sei das Dörflein untergegan­gen, auf welche Weise wird nicht gesagt.« Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Cyprian, Baldrian und Bibernell

Source: Cyprian, Baldrian und Bibernell

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Es gab eine Zeit, da musste man auf den Alpen die Kühe täglich dreimal melken, weil Cyprian, Baldrian und Bibernell so milchgibige Kräuter waren. Ein Mädchen, welches das Vieh besorgte, fühlte ein heftiges Verlangen, zum Tanze zu gehen. Das konnte nicht sein, weil es so viel zu melken gab. Da tat das Mädchen im Unmut den frevelhaften Wunsch: "Verflucht seien Cyprian, Baldrian und Bibernell!" Sofort verdorrten diese Kräuter, und man konnte die Kühe nur noch täglich zweimal melken. J. B. Stoop Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 313, S. 176f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by D Bärgli Aatere

Source: D Bärgli Aatere

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Es isch emal e fahrende Schüeler uf Bergli ufechuu und ine Hütte ggange. Es wird schätz ke riiche gsi si; drum het er em Senn ettis z esse gheuschet, der Gottswille. Aber dr Senn isch e herte Dingeler gsi und het gseit: «Chumm mer a d Chilbi, du Strolch!» Uf das gaht der Schüeler i Chrauchtel überen und dänggt: «Sine gänd’s mer da au nüt?» Aber die i Chrauchtel heid em ggii, sovil er her möge, Schotten und Ziger und vum überblibne Fänz und heidne gfraget, ob er well übernacht si. Abem z’Nacht sitzed dr Senn und dr Zusenn und d Chnecht mit em Schüeler um ds Füür umme und heid Churzwiil. Dr Schüeler seit: «E schüüneri Alp git’s doch wiit umme keini as Chrauchtel.» «Mer meintets au», seit der Senn, «wämer nu nüd mit dene tunschtigs Aatere plaget wäred. De biissed ds Veh i d Bei und suuged de Chüehne d Milch ussem Uuter use. Das Ärtigist isch, ass die i Bergli kei heid!» «So, heid si kei dänne?» fraget dr Schüeler. Sust seit er nüüt. Aber em Morged isch er ufene Büchel ufe gstande und het allerhand Faxe gmacht und Ring gschlage und d Aatere us Chrauchtel i Bergli übere bbannet, as men jetz i Chrauchtel kei mih gsiht und all überänne sind.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by D Bassgygerstöck

Source: D Bassgygerstöck

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Im Walde nahe an der Grenze gegen das Solothurnergebiet, wo die Fluren Galgenstein und Wolfenried liegen, steht eine dicke, knorrige Buche — früher waren es deren zwei. Diesen Ort nennt man «Bassgygerstöck». Zur Erklärung dieses wunderlichen Namens erzählt man, anno 1499 hätten die eidgenössischen Spielleute ihre Musikinstrumente an den beiden vielästigen Bäumen aufgehängt, als sie über den Gempen nach Dornach in die Schlacht zogen. Frenkendorf Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by D Brösmeli uf em Tisch

Source: D Brösmeli uf em Tisch

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Der Güggel het einisch zu sine Hüendlene gseit: „Chömed weidli i d'Stuben ufe go Brotbrösmeli zämebicke ufem Tisch: Eusi Frau isch usgange go ne Visite mache." Do säge do d'Hüendli: „Nei nei, mer chöme nit; weist d'Frau balget ame mit is." Do seit der Güggel: „Si weiß jo nüt dervo, chömed ihr numme; si git is doch au nie nüt Guets." Do säge d'Hüendli wieder: „Nei nei, s' isch us und verbi, mer gönd nid ufe." Aber der Güggel het ene kei Rue glo, bis si endlig gange sind und ufe Tisch und do d'Brotbrösmeli zäme gläse hend in aller Strenge. Do chunnt justement d'Frau derzue und nimmt gschwind e Stäcke und steubt si abe und regiert gar grüseli mit ene. Und wo si do vor em Hus unde gsi sind, so säge do d'Hüendli zum Güggel: „Gse gse gse gse gse gse gsehstaber?" Do het der Güggel glachet und numme gseit: „Ha ha han i's nit gwüßt?" Do hend si chönne goh.   Quelle: Sutermeister, Otto: Kinder- und Hausmärchen aus der Schweiz, Aarau:1869 Aargau. (Der Wanderer in der Schweiz 1835, S. 132.) S. 15. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by D Fenner-Trina

Source: D Fenner-Trina

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Die ältern Leute des Dorfes erinnern sich noch an die gut an die Fenner-Trina (Maria Katharina Kreszentia Barbara Aufdenblatten, 1816-1891). Sie wohnte im obern Stockwerk des Schallbetter-Hauses, das 1908 abgetragen wurde, und hatte oft mit der Geisterwelt zu kämpfen. In ihren besten Jahren hätte sie genügend Freier gehabt, aber sie liess den Verstand mehr walten als das Herz und blieb ledig. Sie war eine wohltätige, gute Person und erhielt in ihrer Wohnung bald Besuch von Geistern. Oft kamen so viele, dass sie in der Stube für sich kaum mehr Platz hatte. Zuerst kamen einige Musikanten die mit verschiedenen Instrumenten, wie Geige, Kornett und anderen, eine rassige Musik aufführten. Dann folgte eine Anzahl tanzlustiger Leute, und die begannen da wirklich zu tanzen. Selbst die gute Trina, die selbst keine besondere Freundin von Tanz und Tanzmusik war, musste dann und wann gegen ihren Willen mittanzen. Um zwölf Uhr in der Nacht räumte die Gesellschaft auf, nur der Tanzmeister blieb zurück und wollte der Trina ihre Wohnung streitig machen. Da irrte er sich aber gründlich: Sie ergriff einen tüchtigen Stock und setzte dem Geist so jämmerlich zu, dass er das Weite suchte. Ortsansässige wagten es natürlich nicht, die Trina zu besuchen, weil sie die Geister fürchteten. Auch soll einst ein fremder Ziegenhirt bei der Trina für einige Tage "in Pension" gewesen sein. Er wusste nichts von diesen Ereignissen und setzte sich nichts ahnend mit der Trina zum Abendbrot an den Tisch. Zu seinem grossen Schrecken sah er dann den Geist kommen, der ihm drohte. Voll Angst wollte der Knabe zur Türe hinausspringen, fand aber keine. Die Trina nahm jedoch ihren Stock zur Hand und vertrieb den Geist. «Er macht nichts, er droht nur», erklärte sie dem Geisshirt. Als die Trina gestorben war, wurde das Haus abgetragen, und die Geister wurden obdachlos. Heute erhebt sich am gleichen Orte ein dreistöckiges Haus der Gebrüder Lauber. TÄSCH Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. w


by D Feufbätzli-Gumpi

Source: D Feufbätzli-Gumpi

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Eine tiefe Stelle der Hinteren Frenke im Oberdorf nenn man die «Feufbätzli-Gumpi». Vor vielen Jahren wurde in der Nähe falsches Geld gemacht. Als die Fälschung entdeckt wurde, habe man das Geld dort in den Bach geworfen. Ziefen Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by D Frybärgjumpfere

Source: D Frybärgjumpfere

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Uf dr Gheistalp obe, hoch überem Zämefluss vu Linth und Särft, sig vor vile hundert Jahre ä chliis Hüüsli gstande. Niemert sig dinne diheimed gsi as en alts Paar mit ere wunderschüüne Jumpfere. Allpott siged jung Jeger uf de Alp ufe chuu, und öppedie au en eltere, und hebed das Meitli welle hürate. Es aber heb nüd welle ids Tal abe und heb gseit, es gfallem nuch lang da uff de Bärge obe. Es Gamstier, wonem eso jung zuegloffe gsi isch, hät’s immer um si umme kha, und si sind gsi we zwei Gschwüsterti. Es hät em au e schüüs Halsbändeli aagleit, mit emene spiägelluutere Kristallstei dra. Und wo im Herbst wider d Jeger uf d Alp chu sind u eister kienet händ, so hät’s zu dem Gamstierli gseit: «So gang, liebs Tierli, und lauf sowiit as d’chaast i d’Bärg ufe!» Und ds Gamtierli heb’s verstande und sig uuf und dervuu. Zu de Puurschte aber hät de Jumpfere gseit, si hüraati der und ken andere, wonere das Gamstierli aso läbig wieder bringi samt em Kristallstei. Vu jetzewäg sind ke Jeger mih ufe chu, und das Meitli hät Rueh kha. Aber wos wider Herbst worde isch und d’Jeger händ welle uf d’Jagd, da ist dener Jumpfere wind und weh worde. Si hät e truuregi Angst usgstande, ihres Gamstierli chännti abgschosse wärde, oder aber au, es chännted öppe jung Jeger, wonem nachehebed, i de Felse obe erfalle. Es sind dänn i dem Herbst au uugnäädig viel Jeger uf d’Jagd, so viel, dass d’Obrigkeit gseit hät: «Jä nenei! Jez gad esoo isch de nüd gmeint! De wurdet üs ja das hinderst und einzig Tierli zämeschüüsse!» Und do hät si uhni lang z’studiere ds Jage i dene Bärge zwüschet em Särnft und der Linth ei für allimal verbotte, und esoo isch es blibe bis zum hüttege Tag. Jetz nuch tarf au nüd en einzege Jeger mit emene Gwehr i de Frybärg ufe, und wenn’s eine doch öppe probiert und er wird erwütscht, so speert mene ii, und er chunnt e tüüre Gämspfäffer über. Das Gämsi mit em Bärgkristall aber läbi nuch; öppenemal begägni’s zmitzt im Summer amene Wildhüeter, de stand’s en Augebligg boggstill und sig derna niene mih umme. D’Jumpfere aber sig e steialts Wiibli worde und huusi irget imene Hüttli, und wän ere öppert begägni, so chämeds gad es Abschüüche über vorere.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by D Häx mit em Petrolchännli

Source: D Häx mit em Petrolchännli

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Es isch emol e beesartigi Frau gsi im Dorf, wo andere gärn zleid gläbt het. Und do hets immer brennt, wenn die neime umme gsi isch. S het gheisse, si heeb halt s Petrolchännli bi sich! Si hai si e paarmol packt, me het ere aber nyt Gnaus chenne nochwyse. D Lyt hän immer gsait: «Die chaibe Häx, die brennt is iberal d Sach zämme!» Aesch Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by D Häxezüpfli

Source: D Häxezüpfli

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In der Orismühli sy e zytlang alli Morge an de Ross d’Halshoor züpflet gsi. Dass do öppis nit mit rächte Dinge zuegange-n-isch, het me-n-an de Züpfli gmerkt; die sy nämlig ganz uf e bsunderi Art züpflet gsi; dorum het me ne Häxezüpfli gseit. Uf das abe isch de-n-Orislüte- n-agrote worde, si seile luege, dass si e schwarze Geissbock überchömme, wo keis wisses Höörli heig. Die Lüt hei dä Rot bifolgt und e so ne Geissbock in Stall yne to. Uf das hi het’s besseret! ’S Züpfle het ufghört, aber der Geissbock isch alli Morge pflätschnass gsi und isch dure Tag wie gschlage-n-ummegläge. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by D Hohbachspinneri

Source: D Hohbachspinneri

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I sälber ha das nimme erläbt. Aber zer Zitt, waani no bi junge gsy, hend d altu Litt immer fa dr Hohbachspinneri prichtet. Äs het schints düozumal nieme meh welle in dischi Alpe z Alp triibe und Alpchnächt heiesch schints öi keini meh perchu. Ja, das ischt kei chliini Sach gsy, aber so wieni immer hä gcheert zelle, wei dischi Hohbachspinneri pletzli, wie üsum Bodo gwaxe, erschine. Äs sy us uheimligs Lüoge gsy, wie dischi güote Alpchnächgini di Spinneri gseh hend: än alti Häx, numme Hüt uber Bei, miteme gschpässige Spinnrad. Ander Chüüchla heisch Wärch gchä und schy heie immer nur gspunne. D Spinneri sälber heie eiguntli nieme äppis z Leid taa, aber de di jschwarz Chatze, wa näbe ira ggrüpet heie mit dene gfiirige Öige. Das sy äs tiiflischus Tier gsy. Chüm, we discher Chatze äs Stuck Veh sie in d Neechi chu, so syne äs agsprunge und heischi im Hals pisse. Und na zwei Tage sy das beträffund Tier toot gsy. Äs si vorchu, dass am gliiche Summer us parr Stuck Veh uf de Wäg sie z Grund ggange. Di güete Lit hend de nimme gwisst was mache, alls Bätte hei öi nit verfange. In irer Not sy schy de z Sitte z ume fromme Kapitschinerpater ggange, und der heie ine düo gseit, schy selle jetzt vier Chriz la mache und di mitum Pfarrer de la gsägne, und schi de an jedum Egg fa der Alpu igrabe. Und de nu in der Stalukapälle vier Mässe la läse. Natiirli hendschi düo so gmacht, wiene der Kapitschiner gseit heie und fa da fort heie düo d Hohbachspinneri nieme meh gseh. RECKINGEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by D Holzebärggeiss

Source: D Holzebärggeiss

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Die Ziefner und die Seewener stritten einmal miteinander über den Verlauf der Grenze im Waldgebiet des Holzenberges. Schliesslich konnten sie sich einigen. Sie legten die Marksteine bereit und bestimmten, dass diese am anderen Tag an den betreffenden Stellen gesetzt werden sollten. Über Nacht aber trugen einige Seewenerburschen die Steine auf Ziefnerboden hinüber. Am nächsten Tag merkten die Ziefner den Betrug und machten ihre Nachbarn darauf aufmerksam. Diese liessen aber die Vorhaltungen nicht gelten. Ein Behördemitglied - einige sagen, es sei der Ammann, andere, es sei ein Gescheidsmann gewesen - beteuerte die Unanfechtbarkeit der Grenze, indem er ausrief: «Wenn es nicht wahr ist, so will ich zu einer Geiss werden!» Der Seewener musste wirklich nach seinem Tode als eine Ziege umgehen. So oft sich die Geiss in ihrem roten «Lybli» (Weste) zeigt oder ihr Meckern hören lasst, gibt es Regenwetter. b) Wo der Holzenberg dicht mit dem schönsten Holze bewachsen ist, soll zuoberst, nicht weit von der Stelle, wo die Hochwacht stand, ein grosser Stein den Ort bezeichnen, wo die Holzenburg gestanden habe. In früheren Jahren wurde viel von der Holzenberggeiss gesprochen. Jedesmal wenn man sie in schwülen Nächten meckern hörte, habe das Wetter umgeschlagen und sei windig und regnerisch geworden. Aus welchen Gründen diese Geiss in der Gegend der Holzenburg umgehen müsse, kann nicht gesagt werden. c) Vo der Holzebärggeiss wüssti au öppis z verzelle. Mer sy einisch z Holz gsi. Mer hai grad burdnet, derno ischs uf eimol feischter cho obenyne, und mer hai allewyl öppis gehöre meckere, grad wiene Geiss hets gmacht. Mir hai burdnet und burdnet, und chuum sy mer rächt zum Holz uus gsi, so ischs cho und het obenabe gmacht, was obenabe het möge. Muusnass sy mer heicho. Ziefen Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by D Meielisgumpi

Source: D Meielisgumpi

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Nach mündlicher Überlieferung ertrank einmal ein Mädchen in einer tiefen Gumpi (Kolk in der Ergolz im Obertal). Seither wird die Örtlichkeit Meielisgumpi genannt. Anwil Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by D Sag vum Glärnisch

Source: D Sag vum Glärnisch

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Uffem Glärnisch isch vor dem e Prachtsalp gsi. De ganz Gäged zwüschet em Ruche Glärnisch und em Bächistogg isch ei Weid gsi. De Alp hät amene junge Puurscht khört, der isch all Summer sälber ufe gu sänntne. Sini de alt Mueter und d Liebsti hät er dunde glu. Zur Liebsti hät er gseit: «Chumm ämal ufä z’Stubeti», aber zur Mueter hät er nüt gseit. Emal am ene schüne Sunntig, so lueget er abe und gsiht es Wiibervolch gäget em chu. D Puurscht tänggt, das isch mi Liebsti und wil ere-n-abchu. Aber wo-n-er neecher zueche chunnt so isch es si Mueter gsi. De hät gseit: «Gott grüezi, iez bin i doch froh, as i dobe bi, ich bi mächtig müed und ha grusame Hunger. Gält, da machst mer gschwind öppis.» — «Wol dä wuehl», seit dr Suh, «gühnd ihr nu wider abe, ich gib ech nüt. Was bruuched ihr da ufe z chu, wo mini allerliebsti Kathri chunnt, ich will hüt nüt vu üch wüsse.» Und wo si nüd hät welle guh, so hät er si fortgjagt. Es gaht nüd lang, so chunnt d Liebsti. Aber due hät s ggulte! Me weiss ja, wes isch um d Hütte-n-umme. Was tuet dr Sänn? Er ninnt ei Chäs um dr ander und leit’s uffe Wäg, dur das ganz Fähri dure, as das Maitli d Schueh nüd bschiissi. Aber d Herrlichkeit isch glii uus gsi. Bloss isch d Mueter wider dunde gsi, so hät’s afu chnelle, und der Fire isch obenabe chu und hät die herrli Alp überteggt mit sant em Veh und em Sänn und siner Liebsti, zur Straf für das, as er so gottlos umggange isch mit siner Mueter und so närsch und uutuchtig tue hät mit siner Liebschti.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by D Schachtmanne

Source: D Schachtmanne

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Eine Frau aus Läufelfingen berichtete: Wir «säuberten» im Berg oben. Ein verwandtes Mädchen, das mit dabei war, wollte nicht den gleichen Weg mit uns ins Dorf zurückkehren. «I chumm it dort dure», rief es und behauptete, es sehe zwei Schwarze amWegrand sitzen. Es hat nachher noch lange gezittert und wollte nichts essen. Immer und immer wieder brach es aus: «Ass dir nüt gseh heit, und i ha se doch gseh, lybänlig binenander sitze!» Zu gewissen Zeiten haben auch andere Leute etwa erzählt, dass sie dort zwei ganz schwarze Männer hätten sitzen sehen. sehen. Gewöhnlich änderte nachher das Wetter. Man sagt, die beiden seien während des Tunnelbaues verunglückt. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by D Stägstregger

Source: D Stägstregger

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In früheren Jahren wollte man einmal einen Steg über den Birsig erstellen. Er geriet zu kurz, und die Bieler versuchten vergeblich, ihn mit Pferdezug in die Länge zu ziehen. Das Schildbürgerstücklein trug ihnen den Necknamen Stägstregger ein. Biel-Benken Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by D Stapfe untschlaa! (Embd)

Source: D Stapfe untschlaa! (Embd)

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Der "Volchwäg" führt auch aus Törbel in die Alpe von Embd. Einst fällte dort ein Mann tagsüber Holz, Bäume und Stauden. Am Abend blieb ihm wenig Zeit und er liess das Holz zum Teil im Wege liegen. In der Nacht weckte ihn aber seine verstorbene Gotte und befahl ihm, sofort den Weg zu räumen, da komme nachher die Prozession. Der Mann gehorchte. Kaum hatte er die letzte Staude weggeräumt, kamen sie: betend und weinend. Er konnte sich noch schnell aus dem Weg auf die obere Seite stellen, sonst hätten sie ihn zerrissen. Weil er aber dann auf der obern Seite stand, musste er warten bis zum Betenläuten am Morgen. Wäre er unter dem Weg gewesen, hätte er weggehen können. Aber so sah er die Verstorbenen alle, in allen möglichen Gewändern: einzelne nur mit Leintüchern bedeckt, andere richtig gekleidet, eins trug eine Ankenballe auf dem Kopf. Diese Kleider waren die gleichen, welche die Hinterbliebenen als "Gottwar" den Betern gegeben hatten. Als wir jung waren, mussten wir auf der Alpe jeden Abend den "Volchwäg" frei machen, «d Staple untschlaa!» EMBD Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by D Stapfe untschlaa! (Gampel)

Source: D Stapfe untschlaa! (Gampel)

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Es hat immer geheissen, in Jeizinen in der Doppengasse ziehe der Gratzug vorüber. Eines Abends hatte ein Bürger, dessen Haus in der Gasse lag, spätabends noch einen Schlitten voll Holz geholt. Es war zu dunkel und zu spät zum Abladen, und deshalb liess er den beladenen Schlitten in der Gasse stehen und ging, da er müde war, ins Haus und legte sich ins Bett. Gegen Mitternacht hörte er draussen rufen: «Hans-Josi, tu den Schlitten fort, wir kommen!» Da gab er zurück: «Ihr mögt wohl vorbei.» Dreimal wurde ihm gerufen, und dreimal gab er dieselbe Antwort. Bald darauf hörte er die Prozession, die vorüberzog, das Beten und Murmeln der armen Seelen. Da kam ihn die Reue an, und er dachte, wenn er nur den Schlitten auf die Seite gestossen hätte, aber jetzt war es zu spät. Am Morgen wagte er sich kaum zum Hause hinaus. Als er unter die Türe trat, da war der Schlitten samt Holz in hundert und tausend Stücke zertreten, denn der Gratzug hatte seine Rechte am Weg haben wollen. GAMPEL Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by D Täscheblätzer

Source: D Täscheblätzer

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S heisst öppe, d Lieschtler syge Batzechlemmer. Vor Zyte hai si für ihrer Veh e Gmeimhirt agstellt gha. Dä isch ame schöne Tag vor der Gmeinrot go chlage, s syg bald hööchschti Zyt, dass er e neui Hirtetäsche überchömm; mit der alte mües er si bald für die ganzi Gmein schämme. Aber die gheebige Gmeimvättere hai nüt yo dere Neuerig welle wüsse und hai abgwunke; Die alti tüegs no lang; er soll se numme nonemol blätze. Sythär sait me deLieschtler Täscheblätzer. Liestal Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by D Täufersgruebe

Source: D Täufersgruebe

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Ein früherer Weidbrunnen nördlich von Anwil, an der Grenze gegen Rothenfluh, führte diesen Namen. Nach mündlicher Überlieferung fanden an diesem Brunnen zur Zeit der Wiedertäufer-Bewegung im 16. Jahrhundert Taufen statt. Anwil Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by D' Holz-Nann (Mundart)

Source: D' Holz-Nann (Mundart)

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Vor vielä, vielä Johrä isch es im Wäldli z'Winkästeig und z'Pfi, bi Muolä, nüt subär gsi. I der Nöche bi Risershus hät d'Holz-Nann g'huset; die isch meh im Wald als däheime gsi. Sie hat aber gar viel Ufuog tribä. D'Kind hät si mängsmol verhext, daß sie nümme us em Wald usächo sind, bis es dunkel Nacht gsi ist. Mängä Ma hat öppä ne mol au nümme witer chönne laufä; er hät selber nüt gewüßt worum. D'Nochburä händ g'jomeret, ihre Chüh verwersät; churz, all' Lüt händ sie g'fürcht. Do hät ämol z'Risershus änä im Wirtshus d'Musik blosä, und d'Holz-Nann ist drob ganz us em Hüsli cho. Do ist ere dä verruckt Ifall cho, sie well si amene Fadä hänkä. Sie häts probiert, und richtig isch es glungä. Mä hat sie dänn amene Obig im Wald obä vergrabä. Bald hat mär g'hört, d'Holz-Nann tüeg im Wald geistä. Do ist emol en Häggeschwiler Zimmerma vo Muolä äwäg dur der Wald hei. Mutwillig rüft er: "Holz-Nann, chumm! Chumm, hol mi!" Won er bald däheime gsi isch, gseht er, daß ihm sini schwarze Richtschnurrollä im Sack inne ufgangä ist. Er goht der Schnur no zruck, und im Wald inne gseht er, daß sie ihm det usä gfallen ist, wo er der Holz-Nann gerüft hat. Mit mäne Stäckä grabt er uf und gseht, daß do d'Holz-Nann vergrabä ist. Er wird ganz bleich, fallt um und ist ä Lich. Im gliche Wald sind au Steiwörfer gsi. Wemä dur de Wald ganga ist, so hänt s'Stei uf d'Lüt geworfä; aber niemet ist truffa wordä. G. Kägi Der Volksmund sagt, dass die Hexen sich sogar an einem " Spinnmuggefade" aufhängen können.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 14, S. 10f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by D'Bättlerren

Source: D'Bättlerren

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Eis ischd von Elbige em Bättlere chun und ischd z‘Briens den Hiisren naa. Vor en Huustirenen hed si dr Gottswillen um enes äässigs Breesmeli bbättled; aber d‘Liit hei rra dTiren vor dr Nase zuegrierrd. Si ischd uf e Trachtbach chun und hed underwägs nid es Schnäfelli Brood old Chääs uberchun. Due hed se si umgcheerd und gäge ds Dorf bbrieled: „O wee! O wee! Ds Brienserdorf ghiid i See!" » Ds Naajaar hed's de Trachtbach ob em Dorf uusiigrierrd. Gärten und Gieter hed er uberliffen und d’Hiiser ibsetzd. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by D'Fadechlummlerren

Source: D'Fadechlummlerren

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Vor Jaaren häi d'Wiiber no ghoiffed ung gflagsed, greezd und bim Rätschhüüs grätsched; da häi si de-w-Winter anha vil z'tee ghäben, und d'Möötter hed nid derwiil ghäben, äinen uf d‘Schooss z‘nän und z'goimmen. Und wem ma glich hed gganted ung gsangled, hed's rässa Bschäid ggän: „Bis loiba, suschd chunnd d'Fadechlummlerren und nimmd di." Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by D'Froww am Biistal

Source: D'Froww am Biistal

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Jer sägid jetz, das siigi niid, und das gäbi's nid, das ma eppre gseji, wa niimmä läbi. Wool, das gid's. Das han i sälber erfaaren. Äis bin i a d'Gassen. Bin enem Hüüs han i zööhi meessen. Us däm Hüüs wä chirzligen e Froww gftorbe gsiin. I bin gäge ds Hüüs; döö ischd dee Froww am Biistal gstanden. As we si no läbti! Si hed stober virhi gseen u si nid em Bitz gwäigged! Uf ds Mal han i niimmä mee vo rra gseen. Aber si ischd da gsiin; i han das sälber gseen. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by D'Froww uf em guldege Sässel

Source: D'Froww uf em guldege Sässel

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Äis ischd em Bööb dire Fureflööwäg hinderhi. Uf ds Mal bliibd er staan. Z'mitts im Wäg ischd en guldege Sässel gsiin. Drüüf ischd e Froww gsässen. Si hed ds Haar gsträäld. Är hed die Froww aggaffed wie nes Chalb en niwwi Tiren. Nid e Trit hed er mee virers derffen. Döö winkd im d'Froww, är selli chun. Döö cherd er um u-l-loifd u-l-loifd, löögd nee emzrugg, chunnd häin u-ch-chan nid stiglen, was er will sägen. Melchior Sooder:   Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by D'Gibelegg ischd gspalten!

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Vun dr Gibelegg naha ischd e Lowwene zwäggchun; döö hed es Zwäärgli gwarned: „Schlegel u-w-Wegge ghalten, D'Gibelegg wolld spalten!" Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by d'Härdwîbli am Strihä

Source: d'Härdwîbli am Strihä

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Mä g'hört nüt meh vo de Härdwîblenä. d'lüt si affäh gar fûl (boshaft) und sît s'enä äschä g'sträüt häigä, sîgä si nümmä cho. Das si au lüt gsî, wedder nummä chlîligi, und häi ne mänschefuäss und e gäüsfuäss gha. Si häigä de lütä ghulfä z'acher fahra; do derfür häig n'enä d'lüt, eb si ab em feld hei sîge, wäijä ûf e pflug gleit, und wenn sie wieder anä cho sîge, se häigä si gold drûf gha. Im Ifang (Name eines Mattlandes) sîgä sibä hüser gsî und dörthi sîge d'Härdlüt ammä z'liächt. derno häig es Härdwîbli inerä frau d'rîstä a'gleit (Flachsreisten aufgebunden) und häig gsait, si söll's niäm sägä, und ûs der glîchä rîstä häig si drü johr chönne spinnä. ihre g'vatteri häig si mängist gfrogt, wiä si's au mach, si spinn allä wîl und häig immer diä glîchlig rîstä? z'letzt het si's der g'vatteri gsait: es häigerä si 'nes Härdwîbli a'gleit. derno häig si aber numme no zweü hüfli chönne drûs spinnä und sîg demit abgsî. Allwäg het si 'ringer g'schwigä. Mä sait d'Härdwîbli sîgä im Strihä (Strîchen, Juraberg) innä und wäschä drinn, und dessetwägä lauf's Äschäbrünneli z'all mittwuchä und frîtig trüäb. Oberhofer-mundart. Mittheilung von hn. Lehrer Lenzin. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 270 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by D'Harzerren

Source: D'Harzerren

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Löög, hie uber Wiisseflöö, wee dr Waald embrinha hanged, da dri siigi es Wiib, d'Harzerren, eso hed äim's Dratt und d'Möötter aggän, und wem mer bim Sträällen nid häi-w-wellen darhan, sa hed's ghäissen: „Wart nummen; d'Harzerre chunnd den und strääld di mid dem iisige Strääl." Hereera, was hed iis ds Groosi vun dr Harzerre bbrichted! Si hed is welle pliiggen; aber äimmel i han numme Churzwiil ghäben, we si vun arra hed afa zellen. Da siigi es Mäitli gsiin; das häigi bim Sträällen gmööled, und d'Möötter häige-m-ma wellen us em Chaschtli in dr Loiben Haselnuss räichen und's eso gschwäiggen. Aber wa si ischd us dr Loibe chun, egghäis Mäitelli neena mee da! Derwiilen ischd d'Harzerre chu gsiin und hed das Mäitelli i- w-Waald verzigled in und en Hili taan. Mid enem Chööstrigel hed s' es gsträäld und mid arra Riisbirschte gwäschen; da hed 's döö ghäben fir ds Uwwatlitöön und ds Hoorne, fir niid uw wider niid. Und ds Mäitelli wän gäären häin und hed Lengiziiti ghäben. Aber d'Harzerre hed 's bhäben und nid welle-l-laan gaan. Döö isch schi äis Tags furt; ds Mäitelli hed dän Oigemblick erlickd, ischd us dr Hili gschossen und abgschoben und häin und zer Möötter! Vun da an ischd das Mäitelli loibs gsiin, und we 's d'Möötter bim Sträällen doch no es Bitzi Bitzi ghaared hed, hed's nee mee afan huwwlen und räären und dr Möötter nee mee Verdrissigs anha gmachd. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by D'Heli im Schild

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Im Schild ischd en Heli. Aber egghäin äinzaga Mentsch wäis, wa si ischd. D'Zwäärgleni wol, die wissten, wa si wän. Si häin in där Heli Straali; si ischd volli dervun. Aber äis häi d'Liit d'Zwäärga plaged; döe häi s' d'Heli vermüüred und sii furt. Wen aber äina chunnd, mid Schild zem Gschlächt, und är hed es Wiib, wa us em gliiche Gschlächt chunnd, sa chan är d'Heli finden, und d'Straali wän de siiner; aber bis zer Stund hed no egghäina die Heli funden, vergäs de d'Straali. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by D'Holzmietterren

Source: D'Holzmietterren

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I bsinnem mi no dran, as we's hiit wän: D'Möetter hed mi welle sträällen, und i han nid wellen darhan. Aber ooni z'borgen isch schi mer mid dem Richter dir d'Haar gfaaren. Und i han uf d’Gasse-w-wellen und ha fascht nid mege gwarten. I han afaan niidigen um binnigen; d'Möetter hed gmerkd, wa Chesselli hanged; aber si hed niid dergliiche taan und afaan von dr Holzmietterre verzellen: „Häb di still. Los, d'Holzmietterre gheerd's. We d'dir e Doggeller inhi, chunnd si hindre nem Stäin old hindre ner Böeche virha. Si hed den en iisaga Strääl und sträälld di mid däm. Zeend hed si wie Rächezeend. Dr Hiwwel hanged rra lenga und ugsträällta uber ds Hoit inha. Sanglen nummen und möelen; de chunnd si und nimmd di. Si verzigled di und frissd di." I ha glosd und han nummen halbewäg ggloibd, was d'Möetter hed gsäid; fascht hed's mer gfallen, und es ischd mer gsiin, i gheerrt es Määri, und drum bin i ganz stilla gsiin, und den ischd d'Möetter wiiter gfaaren: „Wäischd ds Sprichli, wa d'Holzmietterre säid? „Ha«r»roschtig Zeend Um blöetig Hend Und frissen alli beese Chind!" Z'Iseltwald rüüme d'Liit eppen o eis alls, wan nen im Wäg ischd, zsämen, zerhiits Chachtelgschir, niidraazig Schärma, roschtig Bigsi, tie s' in en Hutten und trääge s' gäge d'Senggflue, fir's druber us z'ghijen; wen nen epper ebchunnd, säge s' zem Gschpass: „I wil dr Holzmietterren o eppes bringen." Wen epper e schwärri Burdi Holz träid, sa sägen die, wam ma ebchemen: „Wool, düü heschd toll gladen, di näämmi äimmel de d'Holzmietterren nid." O z' Schwanden brichte s' von dr Holzmietterren. Si siigi wie nes wieschts, alts Wiib; Fingernägla häigi si wie Chräwwla und schiizli leng Zeend. In dr Schwanderflöe ischd es Loch, ds Fundloch säid ma däm. We Chliinni uwwatli tien, säid me nen, d' Holzmietterre verzigle sa i ds Fundloch. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by D'Mihlibachgeiss

Source: D'Mihlibachgeiss

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Wenn allemal der Weibel-Toni abends spät aus dem Rate von Altdorf kam, gesellte sich etwas hinter Hergerig eine schwarze Horngeiss zu ihm und begleitete ihn bis zum vordern Mühlebach, indem sie zu seiner Linken auf der hohen Mauer am Bergabhang dahinschritt. Mit der Zeit aber verleidete dieser Kamerad dem Ratsherrn, und eines Abends packte er das Hornvieh unversehens bei den hintern zwei Beinen und schleuderte es in den Mühlebach hinunter. Das chlotterte wie eine dürre Kuhhaut. Doch jetzt packte ihn der Schrecken, und in jähem Lauf rannte er auf sein nahes Heim in der Rütti zu, schlug in der Hast die Haustüre ein und flüchtete sich in die rettende Stube, wo er totaschenbleich auf einen Stuhl niedersank und auf den Tod krank wurde. Jos. Gisler, 61 Jahre alt, von Spiringen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by D'Pfaffechällnerren

Source: D'Pfaffechällnerren

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D' Pfaffechällnerren ischd es weeschts, bees‘s Wiibli. Äs träid e ghüüslata Rock wee d' Ürnerri und hed em Bund Schussla am Girtel. Wam mer si chliinni Ching gsiin, hed is Drätti und d' Möötter geng mid dr Pfaffechällnerre drewwd, und den hed ds Ganten und Uwwatlitöön im Hüi üüfgheerd. Äs häi rra bherted, ma gseeji sa geng bim Pfaffenhüüsli am Pfafferräin. Das wän es alts Hüüselli gsiin ung gwandets bis uf em Boden abha. Den hed's umhi ghäissen, si chemi dem Bächen naa. Da siigi's grad, as wen e Fäärliloose rochleti und Jungi zwiiggleten. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by D'r Hurri

Source: D'r Hurri

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wurde das Gespenst einer Alphütte des Meientales genannt. Äinisch häiget ä par Gofä-n-äu gmäint, sy miässet d'r Limel machä-n- und häiget griäft: »D'r Hurri sell chu.« Aber mit denä syg's abtättscht! Katharina Gamma, 50 Jahre alt, Wassen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by D'Richelloosen

Source: D'Richelloosen

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I bsinnem mi no, as we's hiit wään, wa Dratt und i siin im Räätrisbode z'Alp gsiin. Äs ischd im Herbscht gsiin und hed uber Nacht en Grääwwi gschniid ghäben. Im Gaden häim mer e frischgfäärleti Loose ghäben. Am Morgen bin i abbi uf e-r-Rüüss gam mälhen. Meer häin es Hälmicheeli ghäben, und wan i das am Mälhem bin, chunnd em mordschäibe-l-Loosen uber e-r-Rüüss dasanha. I gseen no liibhäftig, wee si gäg das Cheeli chunnd u-r-rochled und wee ds Hälmi gäg sa stichd. I ha d'Loose furtgjäikd, und uf ds Mal isch schi furt. Wan i bi zem Atte chun, han i dä gfräägd, warum das är jetz äimmel o d'Loosen häigi üüsglaan, das tieji doch därren nid gööd. „Was, d'Loosen üüsglaan?" säid Dratt, „der ischd doch im Gaden. Egghäim Mentsch hed dee üüsglaan." I gaan ge guggen, und richtig, iisi Loosen ischd bi Fäärlenen im Gäbe gsiin. Döö siin mer dee ander Loose ge sööchen und häi gmäind, dee gheerri a d'Grimslen. Aber neenä ischd es Gspoor gsiin. Und es Gspoor hättem ma doch meesse gseen. Wam mer a d'Grimsle chemen, hed dr Winterchnächt niid gwissd vun erra Loosen. Jetz häim mer gwissd, was das fir ne-l-Loosen ischd gsiin, d'Richelloosen und nid en andri. Äis häi d'Winterchnächta dee Loose o gseen; si ischd vum Sumerloch inha chun. Döö häi si en Hund abglaan; aber där ischd anggäänds zruggchun, de Stil zwischem Bäinen. Am Morgen ischd en Grääwwi gsiin. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by D'Rochellosen uf dr Holzhüüsalp

Source: D'Rochellosen uf dr Holzhüüsalp

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Bim Holzhüüs chunnd d'Rochelloosen mid arra Reeschelle Fäärlenen. Äis hed's in dr Nacht um d' Hitten um taan, as wen nid alls loibs wän; wa s' häin üüsiggugged, häi s' niid gseen wan e Siwwgrind. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by D'Rüöesschatz

Source: D'Rüöesschatz

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I bsiinnem mi no güöed dran, wie-m-mi d'Müöetter hed wellem mid dr Rüöesschatz pliiggen, wan i no bin e-r-Rockbiebel gsiin. I ha bbrangged ung gsangled, warfir wäis i nimma; aber d'Müöetter hed gsäid: „Niid gid's!" Aber i han geng in gliichen Hick ghowwen ung gsangled um bbrangged und ha rra nid en Oigemblick Rüöeww glan. Aber d'Müöetter hed gchloschtred und hed nid welle-l-losen, und i ha- w-wiitergchääred, bis si verschläikterwiis mid dem Holzboden dr Wand naa tschaargged hed. „Los!" hed si iwwääreddäm gsäid, „los!" I ha d'Oore gstitzd. „Heschd d'Rüöesschatz uf em Loibengang gheerd chrawwen?" „D'Rüöesschatz?" „Ja, d'Rüöesschatz. Hed dr ds Groosi im Änderdorf no nie verzelld, was d'Rüöesschatz fir ne Chatz ischd? Leng, leng Chräwwel hed si ung gfiiregi Oigen, und schwarzi isch schi wie d'Rafen und d‘Schindli ob iis üüfi." I ha glosd; aber gfirchted han e-m-ma nid em Broosmen; aber d'Müöetter ischd wiitergfaaren: „We d'Chind niid wan uwaatli tien um bbraasen um bbranggen, chunnd si vun dr Rüöessdili abhazgumpen und häichd mid de Chräwwlen angäänds in!" I ha glosd ung glosd; i han dr Rüöesschatz nid rächt truwwed, dr Müöetter o niid; die Groossen häichen äim gäären em Bär an und wäin äine pliiggen; aber wär wäis? I bin i d'Stuben und ha d'Bäichie virha und mi mid dänen afa verteerlen. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by D'Rüöessgampellen

Source: D'Rüöessgampellen

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Peterli sitzd im Fiirhüüs uf em Boden und täibelled; är täti gäärem büübellen, und d'Müöetter wolld's nid han. „Los", säid d'Müöetter züöe-n-im, „äs gäid, bis i dr Rüöessgampelle-r-rieffen. Äs wän dr wirser, düü hertischd üüf zwinggrindellen." „ D'Rüöessgampellen? " „Ja, d'Rüöessgampellen, die ischd uf dr Rüöessdili embrüüf; we d'Chind nid folgen, chunnd si abha i d'Chuchi und nimmd sa. Wie nen alti wieschti Grossen isch schi. Wäischd ds Gsatzli vun arra?                                     Rüöessgampellen uf dr Dili hed Oige wien es Fili, en Grind wie nen Härpfelchorb um Bbäin gad wie ne Sägeseworb."   An dr Gassen säge s' das Gsatzli anders:   „D'Röössgampellen uf dr Dili hed Oige wie es Fili, es Müül wie ne Schlusselchorb, e Buggel wie nem Bogechorb, hed roschtig Zeend um blöötig Hend und frissd alli beesi Chind, wa nid loibi sind."   Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by D's ful Geisshirtji

Source: D's ful Geisshirtji

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Es Wib het emal es Geisshirtji gedingut und het mu g'seit, es selle de sche bi Zitu cho ga d's Morgund essu, damit's di Geiss nit so spat us la chenne. Und duo ischt d's Hirtji cho und d's Wib het mu d's Essu uf un Tisch geta und g'seit: «Jez iss de nummu g'nuog.» Und d's Hirtji het zuogriffu und sche g'gessut, bis fascht nimme g'megut het; het aber no nit Lust g'hä z'ga. Duo het mu Schi e scheni Schnittu Ches und Brod abg'hauwu und innu Sack gegä für z'Abundbrod. Und d's Hirtji ischt no allzi am Tisch blibu. Duo het d's guot Wib es Schisselti g'no und ischt mu innu Cheller ga Nidlu reichu, damit schi d's Buobji do recht chenne hirtu. Und d's Hirtji het d'Nidlu g'suffu — und no nid wellu ga. — Duo het mu duo Schi do afa g'seit, es sigi jez Zit ga di Geiss usz'la. — Und duo het's Geisshirtji endli au afa redu und dum Wib g'seit: «Gad nid gani!» (Saaser Mundart)   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by D's Morisch Loch in Zermatt

Source: D's Morisch Loch in Zermatt

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In Zermatt auf Ryfel, in der Nähe des Ryfelhorns, ist eine ziemlich geräumige Höhle mit einem schmalen Eingang. Dort hauste einst ein verwilderter Schafhirt. Er ist durch das beständige Schafhüten so menschenscheu und menschenfeindlich geworden, dass er völlig verwilderte und die tägliche Nahrung nur abnahm, wenn man selbe irgendwo hinstellte und sich vor ihm nicht sehen liess; denn sobald er einen Menschen erblickte, nahm er die Flucht und verbarg sich in den Gebirgen. Nach und nach kam er gar nicht mehr zum Vorschein, trieb sich immer in der Wildnis unter den Viehherden herum und stillte seinen Hunger mit geraubten Schafen. Da die Leute den Schafräuber nicht mehr dulden wollten, suchten sie ihn zu fangen; doch ihre Mühe war vergebens. Sobald er merkte, dass man ihm nachstellte, flüchtete er sich immer auf das Ryfelhorn, zu dem nur ein einziger und gefährlicher Weg führte, den er aber stets mit solcher Verwegenheit behauptete und die Heranstürmenden mit einem so dichten Steinhagel empfing, dass diese seine Schanze zu erobern aufgaben. Man wusste nun auf keine Art ihn unschädlich zu machen, als auf ihn mit Feuergewehren, wie auf die Gemsen, Jagd zu machen, wo er dann eines Tags von einem Jäger ab dem Ryfelhorn geschossen wurde.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch  


by D's Toggäli im rotä Reckli

Source: D's Toggäli im rotä Reckli

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Wo d'r Brycker Heiri noch ä so-n-ä Schüelbüeb gsy syg – jä, das hed är de wellä-n erzwingä! –, syg schiär jedi Nacht äs Wybervelchli i d'Stubä-n-innä chu, wo-n-är im-mänä Bettchastä gschlafä häig, und syg i dr Stubä-n ummägfahrä. Äs häig äs rots Reckli a'gha und syg gsy wiä-nn-es Schüelmäitli. Är syg-si dessä-n-afigs ganz gwänntä gsy und häigs ä kei Lechä (eigentlich Lichnam; »gar nicht«) gfurchtä, und äs häig ihm äu nytt z'läid tah. Das syg's Toggäli gsy, hed-är wellä ha; das hed är mängisch v'rzellt. Theresia Gisler, 73 Jahre alt, Spiringen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by D's Wetter ist guot

Source: D's Wetter ist guot

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Amal sy an guote, brave Bur g'sy, wa niemal über d's Wetter g'fuchtot hät, es hey mögu sy, wettigs es wellu hei. We's oich noch so ulustig's und leid's Wetter g'macht hät, so hei er allzit g'seit: «D's Wetter ist guot, d's Wetter ist guot!» — Zuo der Zit wa der Glicho g'storbun ist und Lich ufg'lägu hät, hei es erschrecklich's wüest's Wetter g'macht. Ja am Tag, wa mu-nu hät sellu vergrabu, sy schi's Grab halbvolls Reguwasser g'sy. Da heige die Totuwächter z'sämu g'seit: «Was würdi der Verstorbino, wenn er noch redu chönti, z'dischum abschüchlichu Wetter sägu? Würdi er hit oich noch sägu: D's Wetter ist guot.» Da heige schich der Toto, wa ner Lich ufg'lägu hät, ufg'häbet, und mit luter Stimm g'seit: «Ja, d's Wetter ist guot!» Und d'ruf schich wieder niederg'leit und wider an toti Lich g'sy, wie derfir.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by D'Sibechlungellerren

Source: D'Sibechlungellerren

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Wan i no bin es Mäitli gsiin, ischd unnafir em Ma z'Hüüs gsiin; där hed is Winterziits pliiggd; im Twingwäidli siigi e-w- weeschti Froww; si häigi sibe Chlungelleni an enem Schneerli um en Hals um; das siigi d'Sibechlungellerren. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by D'Sibenhaschplerren

Source: D'Sibenhaschplerren

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Äs ischd no gar nid vil Jaar; da häim meer no sälber gflagsed; aber das ischd wenig gsiin; das ischd freejer ganz anders ggangen. Und im Winter häim mer geng gspunnen, mengsmal bis spat i d'Nacht anhi; aber vor dr Wienacht hed ma es gwisses Haschpi meesse gspunnen han; ds Groosi hed gsäid, suscht nämi äine d'Sibenhaschplerren. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by D'Striiterrengroosi

Source: D'Striiterrengroosi

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D'Striiterrengroosi ischd fascht äini wie d'Holzmietterren. Us en Nellen und Flienen ob dr Striiterren chunnd si abha bis i d'Briinigstrass und fascht bis zem Tiergarten. Wen Hanselli bim Wäschen und Sträällen si widreged und nid wolld ergän, pliiggd ne d'Möötter mid dem Striiterrengroosi: „Wart, uwwatlaga Brieli, was de bischd, wem mer bim Tiergarte verbii, nimmd di d' Striiterrengroosi i d' Finger; Wäsche töed 's di mid enem riischtigen Hudel und sträällen mid enem holzege Strääl; den hättischd d' de-w-wirser Ursach z'hirellen und z' bääggen!" Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by D'Stund isch da

Source: D'Stund isch da

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  1. Platti-Liese, ein 1890 im hohen Alter von 100 Jahren verstorbenes Müetterli, hat erzählt: Im Erstfeldertal arbeiteten einst mehrere Männer am Holz. Da hörten sie eine Stimme rufen: »D'Stund isch da, und d'r Mänsch isch nu nit da.« So rief es rasch dreimal nacheinander, und jetzt kam im hellen Lauf ein Mann daher gerannt und wollte an ihnen vorbeieilen. In diesem Augenblick fiel die Tanne und tötete den Eilenden. Mein Vater hat diesen Mann gekannt. Franziska Frei, Erstfeld 2. Männer im Meiental hatten soeben aufgetristetes Wildheu abgefasst, als sie eine Stimme hörten: »D'Stund isch noochä-n- und d'r Mensch nu niënä.« Trotz ihres Staunens fuhren sie ab. Nach wenigen Augenblicken geriet einer in ein Föhnengwächti, das sich löste und ihn im Schnee begrub. »Das isch denn aber ä grindlichi Wahrheit. Das het miër der N.N. selber v'rzellt und het gsäit, das syg sy Grossvatter gsy.« Marianna Schmid, 78 J. alt, Hospental 3. Eine von Bürglen gebürtige Magd hörte in einem Herrenhause in Altdorf eine Stimme rufen: »Hyr miër, z' Jahr diër« Bald darauf fing sie an zu kränkeln; sie bekam die Auszehrung und musste den Platz verlassen. Nach Verlauf eines Jahres war sie eine Leiche. Josefa Imhof-Aschwanden, 84 J. alt 4. Im Traume ward Einem geoffenbart, er werde am nächsten Tage von einem Stein erschlagen werden. »Dem kann vorgesorgt werden,« dachte er in seinem Innern, ging und legte sich ins Bett. Wie er so dalag, hörte er gegen Abend, da er sich schon freute, dem Tod ein Schnippchen geschlagen zu haben, jemand rufen: »D'Stund isch da, und der Tot isch niënä.« Die Neugierde trieb ihn auf und vor das Häuschen hinaus, um sich nach dem Rufer umzuschauen. Als er auf der freien Haustreppe stand, da fiel ein Stein vom Dache und tötete ihn. Nach anderer Erzählart im Maderanertal hörte der Mann in der Heiligen Nacht dem Gespräche der Haustiere im Stalle zu und vernahm hier, dass er am folgenden Tage von einem Steine werde erschlagen werden. »Wo eim d'r Tod g'grächet isch, da erggaht-men-em nitt,« sagt man fast sprichwörtlich. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945     Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by D'Vollachüejer

Source: D'Vollachüejer

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As ischd im Herbscht gsiin. Dr Groosatt ischd z'Jag. Am Fuulhoren ischd er den Gemschenen naa. Aber dees Tags hed er nüüd uberchon. Im Vernachten ischd er zrugg und uf em Tschingelfäldbödelli in en Hütten. Ar hed ds Gweer, de Grusch und d'Täschen abtaan, hed afa füüren und ds Schali mi dem Wasser drin a Chesseller gheichd und hed gwarmsed. Naa em z'Nacht ischd er uber ds Leiterli uf; Heuw ischd gnueg gsiin uf dr Gaschterra, und nüd lang isch'sch ggangen, hed er gschlafen. Wie lang hed er nüd gwüssd, uf ds Mal erwached er. Vom Schweiffisband naha ischd es Glüüt chon; Gloggi und Trichli sii ggangen; derzwüschen hed er ghörd hoien und chötten. Ds Glüüt und ds Lärme siin geng wie neher und neher chon, bis's ischd bir Hütta gsiin. D'Schopftüren ischd ufggangen; Chüe siin i Schopf chon; derna hed er ghörd mälhen; mit Mälchtre sii rra i d'Hütta chon und hei d'Milch i ds Chessi glöösd. In dr Füürgrueben hed's gsprätzled; dr Turner hed gruugged; si hei ds Chessi uber ds Füür greited. Wa dr Chääs ischd uf em Britt gsiin, hei si Achis ggoffen und afa zigren und hei zlescht e Zigermilch gmachd. Du hed eina zem andre gseid: „Sol i däm uf dr Gaschterra o Milch abbieten?" „Ja", hed e Stimm Bscheid ggän, und uber ds Leiterli uoha ischd eina chon und hed im gseid, är selli ahichon; si wellem mu Milch gän. Dr Groosatt hed nüd anders gwüssd z'machen, wa z'gaan. Uf em Sufisdotzen ischd e Sufinapf gstanden, Milch drin und Löffel dran. Dr Groosatt hed e Löffel ergriffen und es Schlückelli, nüd mee, uf d'Zunge gnun. Da stossd där, wa näbed im ischd gsässen, de Schnützer in es Wandholzli; dr Grosatt uberchunnd dermid e Stich i d'Sita; das hed im wee taan, vor Schmärzen hed er 's faschd nüd megen usgstaan. Du ischd d'Hütta läärri gsiin und niena nüüd mee vom Mannen. Är ischd uber ds Leiterli uf und i ds Heuw gschnaagged. Mid Müej und Nod ischd er heichon; är ischd i ds Bett und hed doktred; aber alls hed nüüd gnützd. Du ischd eis uf Unterwalden uusi ze Chapizünerren. Si heim mu graaten, dr Groosatt selli am gliche Tag und zur gliche Stund in die glich Hütten gaan. Aber Milch dörff er eggheini nän und bloss Vergält's Gott sägen. Du hed er das eso gmachd. D'Vollechüejer siin umhi chon; alls ischd prezis ggange wie ds eerder Mal. Gscheen ischd im nüüd Bös's; si hein im Milch abboten, und är hed bloss Vergält's Gott gseid, und d'Vollachüjer sii verschwunden, as we si nie wän da gsiin. Gsund und zwäg ischd er heichon und später no mengs Jaar z'Jag; aber uf em Tschingelfäldbödelli ischd er nie mee gen ubernachten.   Melchior Sooder:   Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by D'Zwäärga und dr Üürwätter

Source: D'Zwäärga und dr Üürwätter

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Äs ischd im Hewwed gsiin. Us e Fleene sii d'Zwäärge chun und häin de-l-Liiten hälfen hewwen. Aber, das häi s'gsäid, wen dr Üürwätter chemi, brüühi den neemmen uf sa z'zellen. Naa nes par Moigeltagen ischd hinderhi dr Feen virhaglägen. Äs hed afa schoonen, und geng isch'sch mee old minder feenig gsiin; d'Liit häi gmääd ung gwirbed u-s-siin dra gsiin und häin itaan und üüfgmachd, was s' häim megen; alls hed gwissd, wen dr Feen laad gaan, chunnd läids Wätter naha. Aber Zwäärgleni häi si neena virhaglaan und häi d'Liit ellengge-l-laa juflen und hewwen. Döö hed ds Wätter gcheerd; dr Feen hed laan gaan; vun unnen üüfa isch'sch fiischter chun. D'Liit häin itaan ung gschochned; döö hed's afa-r-rägnen; äs ischd no vil düüsse bbliben, Schochen u Sprätt. In allem Räge sii d'Zwäärga chun; aber neemmen hed sa welle-r-reemmen und ne d'Hend under d'Feess legen. Jetz, hed nen äina gsäid, wa 's rägni, cheme s' z'schlaarpen; aber wen neemme- w-wissi, wa-w-weerren, bliibe s' am Schatten. Aber d'Zwäärga häi gsäid, äs selle nen neemme zirnen; wen dr Üürwätter, dr Feen, chemi, meesse s' zööhi, si häige 's ja gsäid. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by D'Zwäärgleni in dr Hoflöe

Source: D'Zwäärgleni in dr Hoflöe

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In dr Hoflöe ischd e Zwäärgliheli, und dinna sii stäinig Tischa, Bänk und Stiel. Vil und dick sii s' uber en Grind und dir e-w-Wald abhachun bis i d'Gieter um ds Dorf um. Äis sii rra i ds Obermos chun und häin da gholfen hewwen. Uber Tag si s' geng uf enem Boi gräbled und häi si uf en Eschte gsädled wie d'Vegel und häi ghirmed. Aber döe hed nen äina en grossa Ascht igsaaged, und wa s' emmumhi siin uf em Boi gräbled und si häi-w-welle sädlen, hedd dr Ascht grached , und alli zsämen siin embrinha ghiid. Döe häi s’afam möellen und häi gsäid: „Hiit hiehar, und nie mee!“ Derna sii s’furt. Niemmen hed gwissd, wohin. Aber siithar chemen egghäiner Zwäärgleni mee chun hälfen heewen, und d’Liit miessen ellenggen gnöeg töen.         Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by D'Zwäärgleni uf dr Blatten

Source: D'Zwäärgleni uf dr Blatten

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Sabald as d'Sunnen hed agschinen, siin us e Fleenen d' Zwäärgleni abha chun. De sii s' geng zer gliichem Blatte ggangen und häi si drüüf gsunned ung gwärmd. Geng um die gliich Ziit sii s‘ chun. Aber da ischd e junga Gali gsiin; där hed nen eppes welle ticklen und hed nen uf dr Blatten es Fiir gmachd, bis dr Stäin ischd gfiiraga gsiin. D'Choli ung d'Glööd hed er furttaan; neemmen hed eppes selle vun im merken. Wa d'Sunnen ischd virha gsiin, sii d'Zwäärgleni chun und uf d'Blatte gräbled. Aber äis um ds ander hed lüüt afam breelen; alli häi schiizli d'Feessleni verbrennd. Siithar siin hee z'Gägni egghäiner Zwäärgleni mee; si sii furtggangen und nee mee chun.                                   Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Da hed ä-n-armi Seel 'planget

Source: Da hed ä-n-armi Seel 'planget

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Mehrere Abende hintereinander hörten wir es in den Brettern und Läden, die in der Laube aufgespeichert waren, chlottern und rumpeln. Da wurde uns ein etwa zweijähriges Kind krank; das unerklärliche Geräusch wiederholte sich, und eines Abends hörten wir Einen gegen unser Haus kommen und an die Haustüre doppelen. Der Vater ging hinaus, konnte aber niemand gewahren. Jetzt war das Ding gut. Übernacht starb das Kind, und wir benachrichtigten unsern Nachbar, den Märchliger, dass er komme und dem Kinde den Totenbaum anmesse. Er kam vormittags, nahm das Mass, verfügte sich hierauf in jene Laube und suchte sich da die nötigen Bretter heraus. – Da hed ä-n-armi Seel 'planget. Jos. Gisler, 61 Jahre alt, Spiringen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dank der armen Seelen

Source: Dank der armen Seelen

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Bei Oberhäusern auf dem Eischollberg steht am Wege ein Kreuz, das an folgende Begebenheit erinnert: Einmal ging der Egertenpeter ganz früh diesen Weg, um das Vieh zu verpflegen. Da begegnete ihm ein guter Bekannter der’s sehr eilig hatte. «He, Melcher, wohin so rasch in aller Herrgottsfrühe?» so redete er ihn an. «Nach Agarn, da ist ein armes Ehepaar, das sehr viel für die armen Seelen betet; dem sind beide Kühe an einer Kette!» So antwortete der Melcher, und fort war er. Nachdenklich ob der erhaltenen Antwort ging der Egertenpeter seines Weges. Gross war aber nachher seine Verwunderung, als er vernahm, sein Freund Melcher sei zur selben Stunde friedlich im Bett gestorben. EISCHOLL Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das "Gfröre"

Source: Das "Gfröre"

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Im Toggenburg und Appenzellerlande herrscht auch jetzt noch bei manchen Leuten der Glaube, es gebe Männer, die können sich "gfören", d. h. ihren Leib gegen alle Schläge, selbst gegen solche mit einem Hebeisen, total unempfindlich machen bis auf eine kleine Stelle am Körper, die sich in der Regel unter der Nase oder unter der Achsel befinde. Mancher Raufbold liess sich dann auch, um sich gefürchteter zu machen, vor einer ganzen Gesellschaft durchwalken, indem er den Schmerz verbiss und lachend zu noch stärkerem Drauflosdreschen aufforderte. So einer war der in der ganzen Gegend gefürchtete "Krummbachhämmel". Der hatte daheim vor seinem Haus einen fünfzentnerigen Stein liegen; den hob er alle Tage ein paarmal, um seine Kraft zu üben und sie auch zu zeigen, wenn jemand des Weges kam. Schon manchen Starken hatte er zum Krüppel geschlagen, und niemand war mehr in der Gegend, der ihm irgendwie entgegenzutreten wagte; doch sollte auch er seinen Meister finden. Einst hatte er nämlich an einem Tanzsonntage in Wattwil, mit einem "Sidelenbein" bewaffnet, einen Saal geleert; nur ein Tiroler sass noch ruhig in der Ecke, Wie der "Hammel" auch auf ihn los will, spricht dieser: "Ich iss für mei Geld, lass mich in Ruh!" "Was sähst! Usse muest!" ruft "Hämmel" und will ihn packen. Aber wie der Blitz fasst ihn der Tiroler bei Gurgel und Hosenband, hebt ihn in die Höhe und wirft ihn zum Fenster hinaus. Die "Gfrörni" schützte ihn diesmal nicht; denn nach drei Tagen starb er infolge des Sturzes. Alpenpost, 1871. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 439, S. 258 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das "Helf dr Gott" der Schlossmagd

Source: Das "Helf dr Gott" der Schlossmagd

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Eine Magd, die im Schlosse Gräplang diente, hörte oft in der Nähe des Schlosses ein heftiges Niesen, sah aber niemals einen Menschen. Als sie es wieder hörte, rief sie zum Fenster hinaus: "Helf dr Gott!" - Sogleich erschien ihr ein Geist in Menschengestalt und erklärte ihr, dass er durch diesen Ruf erlöst worden sei und nun nicht mehr wandeln müsse. - Beim Abschied wollte er ihr die Hand bieten; sie bot ihm aber nur das Ende der Schürze, welches sofort zu Kohle verbrannte. Ferd. Stoop.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 297, S. 165 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Aarauer Haldentier  

Source: Das Aarauer Haldentier  

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Ein Metzger hat vor hundert Jahren in Aarau gelebt, der sein Handwerk nicht recht hatte erlernen mögen und die Kälber nicht abschlachtete, sondern erbärmlich zu Tod marterte. Die Leute verabscheuten ihn und kauften ihm nichts mehr ab. Er handelte hierauf mit Häuten, betrog die Bauern, prügelte seine Hunde, und verhöhnte die Armen. Zuletzt wurde er von einem Ochsen so gefährlich getroffen, daß er nach langen Schmerzen starb. Von nun an aber mußte er in Gestalt eines großen glasäugigen Metzgerhundes herumlaufen. Bei Nacht und Wetter machte er um alle Türme und Mauern der Stadt die Runde. Bei Tage wohnte er im Katzengraben, einer Sackgasse an der Halde. So lange dort das Haldentor noch stand, klopfte er alle Nächte dem Wächter ans kleine Einlaßtörlein. Dieser öffnete ihm auch regelmäßig, ging aber dann vorsichtshalber jedesmal schnell ins Wachtstübchen zurück. Indessen passierte das Haldentier, und der Mann schloß, wenn es sich entfernt hatte, wieder zu. — Dies dauerte bis 1798, da die Franzosen in die Stadt rückten. Diese haben alle Gespenster, deren es damals beinahe in jedem vierten Hause eines gab, verjagt oder nieder gemacht.  Sage aus Aarau Band 3.1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962, S. 81 - 82 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Abenteuer des Nachtschwärmers

Source: Das Abenteuer des Nachtschwärmers

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Kaspar, – die Geschichte spielt in den vierziger Jahren des letztverflossenen Jahrhunderts – ein junger Lediger aus dem Holzerberg in Bürglen, hatte eines Abends seiner Liebsten in dem sehr hoch gelegenen Berggut Schindleren einen Besuch abgestattet und befand sich auf dem Heimweg. Wie er in die Kornmatt kam und dabei einen Hag übersprang, da krachte es dicht hinter seinem Rücken, gerade wie wenn noch ein Zweiter über den Hag setzen würde. Doch Kaspar achtete dessen wenig, schritt furchtlos durch die Kornmatt abwärts, öffnete unten das Türli und betrat die holperige Berggasse. Kaum hatte er einige Schritte auf ihr zurückgelegt, als schon wieder ein Zweiter das lotterige Türli hinter ihm zuschletzte, grad so wie er es selber getan. Das fällt dem Kaspar doch auf; er späht umher und wartet, aber nichts regt sich, niemand lässt sich blicken. Doch es ist ja stockfinster; der Verfolger hat sich vielleicht versteckt. Es kommt die Stelle, wo der Nachtbub die Gasse verlassen muss, um gegen den Holzerberg abzuschwenken. Er ergreift die oberste Haglatte, setzt über den Zaun hinweg und lenkt seine Schritte durch die Wiese, und wieder braschlet's im Zaune, als ob noch einer darüber springen würde. »Aha, das ist der Bitzi Mariä« (ein Nachbar), denkt Kaspar, »aber der soll nur kommen!« Und er stellt sich, klatscht herausfordernd in die Hände und ruft laut: »Ja, ja, Mariäli, wennd eppis mit d'r ischt, sä chumm nur, ich probiëre's scho mit'r«. Aber von diesem Augenblicke an, bis er zuhause im Holzer ankam, wusste Kaspar gar nichts mehr von sich, und doch war es noch ein weiter und schwieriger Weg, namentlich durch das Steintal. »Jäh, das isch denn eis, das wahr isch!« Kath. Müller, Altdorf, 75 J. alt. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Äckelmümmelisbrünneli

Source: Das Äckelmümmelisbrünneli

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Das Äckelmümmelisbrünneli Im Dorfe Pfungen befindet sich ein unter dem Namen „Äckelmümmelisbrunnen“ bekannter Brunnen, von dem die Volkssage erzählt, dass in uralter Zeit an dessen Quelle ein wundertätiger Mann namens Äckelmümmeli mit Vorliebe geweilt habe. Das sei der heilige Pirminius gewesen, der von der Insel Reichenau her, wo er ein Kloster gestiftet hatte, öfters herüberkam und sich am klaren Schattenquell gottseligen Betrachtungen hingab. So wie die Insel Reichenau von Pirmins Zeiten mit allerhand giftigem Gewürme, so war die Gegend um Pfungen mit grossen Mengen giftiger Schwämme geplagt, welche die Viehzucht erschwerten. Und wie Pirmin die Reichenau vom Gewürm säuberte, reinigte er er auch die Gegend von Pfungen von den lästigen und schädlichen Schwämmen. Auch hier richtete er ein geweihtes Kreuz auf und verrichtete kniend sein wunderkräftiges Gebet. Und wie das giftige Gewürm sich eilend aufmachte und die Reichenau verliess, so dass der See davon bedeckt war, so verloren auch die Schwämme ihre giftige Eigenschaft und die Bauern durften nun ohne Gefahr ihr Vieh auf die Weide treiben. Seit der Zeit blieb der Brunnen, bei dem sich Primen so gerne aufhielt, der Gegenstand der Verehrung des Landvolkes. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Winterthur und Weinland Wörtlich aus Stauber, S. 69. Seine Quelle unbekannt. Weitere Quellen: Mem. Tig. 1742, S·319; J. J. Hottinger, Helvetische Kirchengeschichten, S.298; Schweizerischer Merkur, V. Heft, S. 314; Kohlrusch, S.299. Die Fassung Kohlrusch, die sich auf Mem. Tig. 1712 stützt, beginnt so: „Gleich vor der herrlich an der Töss gelegenen Wartburg, die durch. der Ungarnkönigin Agnes Rachsucht in einer Ruine verwandelt wurde, erhebt sich das nicht mehr im Wesen stehende Schloss Pfungen, ein uralter Bau, der, wenn man der Chronik trauen darf, die Hof- und Lieblingsburg des Herzogs Gottfried von Pfungen, Caroli Magni Grossvater, gewesen ist.“ (Folgt die Erzählung, die Stauber für seine Sammlung benützt hat.) Vgl. ferner die um 1500 verfasste Reichenauer Chronik von Gallus Oeheim, welche sagt, dass Pirminius zur Zeit Watilonis, Herzog Gottfrieds von Schwaben Sohn, nach Pfungen gekommen, daselbst ein Kloster gebaut und bis zum Tode Herzog Gottfrieds hier geblieben sei. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Äckelmümmelisbrünneli

Source: Das Äckelmümmelisbrünneli

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Gleich vor der herrlich an der Töss gelegenen Wartburg, die durch der Ungarnkönigin Agnes Rachsucht in eine Ruine verwandelt wurde, erhebt sich das nicht mehr im Wesen stehende Schloss Pfungen, ein uralter Bau, der, wenn man der Chronik trauen darf, die Hof- und Lieblingsburg des Herzogs Gottfried von Pfungen, Caroli Magni Großvater, gewesen ist. Um das Schloss herum liegt, gar lieblich, am Fuße des Eigelharten, auf einer unbeträchtlichen Anhöhe, das Dorf gleichen Namens, und in demselben befindet sich ein Brunnen, der unter dem Namen „Äckelmümmelisbrunnen" ringsherum bekannt ist. Von dem Brunnen erzählt die Volkssage, dass in uralter Zeit an dessen Quelle der liebste Aufenthalt eines wundertätigen Mannes, Namens Neckelmümmeli, gewesen sei. Unterrichtete Leute wissen aber wohl, dass unter diesem „Neckelmümmeli" niemand anders zu verstehen sei, als der heilige Priminius, der, von der Insel Reichenau, auf der er geboren ward, herüberkommend, an dem klaren Schattenquell ruhte und sich gottseligen Betrachtungen hingab. So wie jene Insel vor Priminii Zeiten mit allerhand giftigem Gewürm, so war die Gegend um Pfungen mit einer ungeheuren Menge giftiger Schwämme geplagt, welche die Viehzucht erschwerten; und so wie Priminius das Eiland Reichenau vom giftigen Gewürm, so reinigte er auch die Gegend um Pfungen von den lästigen und schädlichen Schwämmen. Wie in Reichenau, richtete er zuerst mitten in der Gegend ein geweihtes Kreuz auf und verrichtete sodann kniend sein wunderkräftiges Gebet – und wie all' das giftige Gewürm unverweilt sich aufmachte und die Flucht nahm, also, dass der Bodensee drei Tage und drei Nächte lang davon bedeckt war – so auch verloren die Schwämme, welche die Wiesen von Pfungen verderbten, vollständig ihre giftige Eigenschaft, und die Bauern durften nun ohne Gefahr ihr Vieh auf die Weide treiben. Seit der Zeit ist der Brunnen, bei welchem Priminius sich so gerne aufhielt, ein Gegenstand der Verehrung des Landvolks, einer Verehrung, die sich selbst auf unsere Zeiten übertragen hat. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Adlermädchen

Source: Das Adlermädchen

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An einem warmen Julitag stieg eine Witfrau, ich weiß nicht aus welchem Dorf, auf den Berg hinauf, um zu heuen. Sie trug in ihrem großen Korb, den sie auf den Rücken gebunden hatte, auch ihr zweijähriges Kind. Das war ein herziges und wunderliebliches Mädchen. Während die Mutter emsig mit heuen beschäftigt war, hüpfte das Kind bald da, bald dorthin, um Alpenblümlein zu pflücken. Auf einmal kam ein mächtiger Adler, gleich einem fallenden Stern, auf das Kind herabgeflogen, packte die Kleine mit seinen scharfen Krallen und trug sie davon in sein Nest. Denkt euch den Schrecken, die Verzweiflung und das Weinen der unglücklichen Mutter! Aber wie sonderbar, das Kind hatte keine Angst vor dem schrecklichen Raubvogel. Es schmiegte sich zufrieden an seinen Hals, lachte und spielte mit seinen Federn. Der Adler, besiegt von den unschuldigen und anmutigen Liebkosungen der Kleinen, fasste Zuneigung zu ihr und beschloss, sie als Tochter an Kindesstatt anzunehmen. Er brachte ihr Früchte und wilden Honig zu essen und zeigte ihr, wie man auf den abschüssigen Feldern der Berge herumklettern und sich festklammern müsse. Eines schönen Tages begann der Adler für sein Pflegekind in die Dörfer tief unten im Tal oder in die Ebene hinunterzufliegen, um allerhand Wäsche und Kleidchen der Bauernmädchen zu rauben, die zum Trocknen in der Sonne hingen. Dann, als das Kind immer grösser wurde, wollte er, dass es Kleider aus Samt und Seide anzöge. Deshalb flog er in die Schlösser und Paläste der Königin und der Prinzessinnen, raubte dort die wundervollen Kleider und trug sie von dannen auf die unzugänglichen Höhen seiner Felshöhle. Eine Königin, der eine Menge Kleider und Schmucksachen auf diese Weise weggekommen waren, bat schließlich ihren Sohn, jenen schrecklichen Raubvogel zu erjagen. Der Prinz wollte zuerst seiner Mutter nicht gehorchen. Dann aber fragte er sich, neugierig geworden, wieso wohl ein Vogel dazu komme, Kleider und Juwelen zu stehlen und beschloss darum, der Sache auf den Grund zu gehen. Monate und Monate lang streifte er im Gebirge umher, ohne den Raubvogel zu finden. Schon hatte er wieder den Entschluss gefasst, sein kühnes Unternehmen aufzugeben, als er plötzlich an einem schönen Tag im Mai eine süsse Mädchenstimme hörte, die oberhalb seines Standortes sang. Sogleich kletterte er am Felsen empor und fand die junge Sängerin ganz vergnüglich im großen Nest des Adlers sitzen. Wie überirdisch schön war sie! Sogleich ging der Jüngling auf sie zu. Sie wurden bald gute Freunde und erzählten einander ihre Erlebnisse. Das Mädchen berichtete dem Prinzen die wunderbare Geschichte ihres Lebens in dieser Bergeinsamkeit. Dieser wollte, dass sie nunmehr in sein schönes Schloss komme und seine Gemahlin werde. Das hübsche Mädchen war damit einverstanden. Sie stiegen zusammen ins Tal und gelangten endlich zur Königsburg. Dort stellte der Prinz seine Begleiterin dem Vater vor und sie erzählten ihm, auf welch sonderbare Art sie sich gefunden hatten. Der König hiess das wunderschöne Mädchen mit einem Kuss willkommen, nannte sie Aquila oder Adler, gab seine Einwilligung zur Verlobung und traf alle möglichen Vorbereitungen für eine glanzvolle Hochzeit. Die alte Königinmutter jedoch wollte durchaus nichts davon wissen, dass ihr Sohn eine solche abenteuerliche Vermählung eingehe und jenes wildfremde Mädchen zur Frau nehme. Sie befahl daher im geheimen zwei Dienern, die Braut in den Fluss zu werfen. Und diese gehorchten. Aber der Adler hatte das verzweifelte Schreien des armen Mädchens gehört, das im Begriff war, im Wasser zu ertrinken. Schnell wie der Blitz flog er herbei und brachte die Ertrinkende ans Ufer. Darauf kehrte Aquila in das Schloss zurück. Am folgenden Tag heiratete der schöne Prinz seine liebliche Braut. Um die grausame Königin zu bestrafen, zog sich der König von der Regierung zurück und überließ den Thron seinem Sohne, damit seine liebe Schwiegertochter Aquila Königin werde. Quelle: Walter Keller, Am Kaminfeuer der Tessiner, Sagen und Volksmärchen, Zürich o.J. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Aemmer-Mieti

Source: Das Aemmer-Mieti

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Im alten Alpgassen-Schulhaus mussten die Mädchen nach der Schule die Schulstube wischen. Damit ihnen die langen Stühle - aus einem einfachen Brett und drei Paar Beinen - bei der Arbeit nicht hinderlich würden, stellten sie diese auf die Schulbänke hinauf, immer einen Stuhl auf eine Bank. Es waren zwei Reihen und dazwischen ein Gang. Wie das nun so geht, wenn junge Plappermäuler beisammen sind, es wurde zu der Arbeit viel geschwätzt und gelacht. Ein Wort gab das andere, ein Gelächter löste das andere ab und die Mädchen bekamen vor Übermut rote Wänglein wie ein Stramecherapfel. Rief da plötzlich ein übermütiger Straupf laut und die andern überschreiend: „Aemmer-Mieti, chun! Aemmer-Mieti, chun!“ Nun war es heraus; da half kein Abwehren und kein Vorwurf und keine Angst und kein Schweigen mehr! In der ersten Bankreihe, gegen die Fenster zu, fiel auf einmal der vorderste Stuhl herunter, dann der nächste und so schön einer nach dem andern bis zuhinterst. Und als diese Reihe unten war, kam auch die andere daran, bis alle Stühle auf dem Boden lagen. Auf diese Weise hatte das gerufene Aemmer-Mieti seine Anwesenheit kundgetan. Es hätte noch schlimmer werden können. Aber eine Warnung schien genügt zu haben; den Mädchen war der Übermut gründlich ausgetrieben. Sie brachten die Arbeit nun wohl erschrocken aber demütig und sauber zu Ende. Und mehr hatte das Mieti offenbar nicht gewollt. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Aeugsterwappen

Source: Das Aeugsterwappen

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Das Aeugsterwappen Aeugst hat ein Eichhorn im Wappen. Damit soll folgender Schwank im Zusammenhang stehen. Es soll früher einmal ein Aeugster ein Eichhorn von blosser Hand gefangen haben. Das habe ihn gebissen und gekratzt. Da hat er gesagt: „S nächschtmol legg i dänn Händschen aa!“ In der Umgebung lebt darum die Redensart: „Mer nänd en vo Händsche, wie d’Aeugschter!“ Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Knonauer Amt Gchr. Knonau 1920   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Agnesgeschrei

Source: Das Agnesgeschrei

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Gegen Sarmenstorf zu, in einem Walde, liegen die letzten Überreste der Burg Fahrwangen. Hier war es, wo die rachedurstige Kaiserin Elisabeth 63 Edelleute, Mitschuldige an dem Morde ihres Gemahls, des Kaisers Albrecht, enthaupten ließ. Sie selbst sah mit ihrer jungen Tochter, der Ungarnkönigin Agnes, der Hinrichtung zu. Als diese vollbracht war, watete die junge Agnes in dem Blute der Hingerichteten herum und rief frohlockend über die genommene Rache: „Heute bade ich im Maitau!“ Seit jener Zeit hören die Bewohner der Umgegend jedes Mal, wenn eine Änderung im Wetter eintritt, einen eigentümlichen klagenden Ton in der Luft. Diesen Ton nennen sie das Agnesgeschrei, indem sie behaupten, es sei der Geist der Königin von Ungarn, welcher in den Trümmern der Burg Fahrwangen umgehe und zur Strafe für jene unchristliche Rachetat verdammt sei, jenen Wetterveränderungen verkündenden Ton von sich zu geben. Viele wollen den Geist der Königin auch selbst gesehen haben. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Aha-Hudi zu Steinen

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a) Von Biberegg her fliesst durch ein tiefes Tobel die Aa bei Steinen, eine Stunde von Schwyz entlegen, vorbei. Sie hat schon oft grossen Schaden angerichtet. „Die alten Steiner wissen viel Seltsames von „Aha-Hudi“ zu erzählen, dass sie manchmal bei grossen Wassergüssen auf einem Trämmel sitzend daher fahren wollen gesehen haben.“   b) Wenn der Gangbach bei Schatdorf im Kanton Uri verheerend niederstürzte, sah man wiederholt in selbem eine Hexe auf einem Trumm bachab reiten.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Das Aha-Hudi zu Steinen

Source: Das Aha-Hudi zu Steinen

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a) Von Biberegg her fliesst durch ein tiefes Tobel die Aa bei Steinen, eine Stunde von Schwyz entlegen, vorbei. Sie hat schon oft grossen Schaden angerichtet. „Die alten Steiner wissen viel Seltsames von „Aha-Hudi“ zu erzählen, dass sie manchmal bei grossen Wassergüssen auf einem Trämmel sitzend daher fahren wollen gesehen haben.“   b) Wenn der Gangbach bei Schatdorf im Kanton Uri verheerend niederstürzte, sah man wiederholt in selbem eine Hexe auf einem Trumm bachab reiten.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Das Alp-Segnen

Source: Das Alp-Segnen

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In der Malanser-Alpe Tarnuz (im Vättiser- Thale) waren gar fromme Sennen, die allabendlich über das, ihnen anvertraute Vieh einen Segens-Spruch taten. Nun hatte aber der Ober-Senne einen Lieblingsschimmel (eine weissgraue Kuh), die er eines Abends streichelte, und dann auf einen besonders guten 'Weideplatz führte, indes das übrige Vieh des Segensspruches wegen, um die Sennhütte herum versammelt wurde. Der Senn gedachte den »Schimmel« allein und besonders zu segnen. Als nun die Sennen sagten: »Gott b'hüet is d's Veh in dunkler Nacht, Halt' selber üs'ra Berga Wacht!« zog eben eine Wolke den Berg herauf, die Sturm und Gewitter mit sich brachte. Das schaffte den Alpknechten grosse Not und Arbeit, so dass der Obersenne darüber vergass, den Segensspruch über den Schimmel auszu­sprechen. - Indessen kam der Schimmel von seinem Weideplatze heim, und wurde mit dem andern Vieh in den Stall gebracht. Es donnerte und blitzte die ganze Nacht hindurch, und der Sturm rüt­telte und schüttelte an der morschen Alphütte. Am Morgen trafen die Älpler alles Vieh gesund und wohlbehalten an, ausser dem Schimmel, der war vom Blitze erschlagen, worüber der Obersenn so sich grämte, dass er am gleichen Tage die Alpe verliess, und nie wieder­kehrte. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Alpgeschrei

Source: Das Alpgeschrei

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Ein Jäger hörte auf einer urnerischen Alp ein wunderbares Geschrei und ging dorthin, von woher ihm dasselbe zu kommen schien. Zu dieser Stelle gelangt, vernahm er dieselben Töne plötzlich von ganz anderer Seite her, und so ward er eine Zeit lang geneckt, bis endlich alles verstummte. Darauf gab es sehr schlecht Wetter. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Alpgeschrei  

Source: Das Alpgeschrei  

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Ein Jäger hörte auf einer urnerischen Alp ein „wunderbares" Geschrei und ging dorthin, von woher ihm dasselbe zu kommen schien. Zu dieser Stelle gelangt, vernahm er dieselben Töne plötzlich von ganz anderer Seite her und so ward er eineZeit lang geneckt, bis endlich alles verstummte. Darauf gab es sehr schlecht Wetter.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Das Alpgespenst

Source: Das Alpgespenst

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Göscheneralp. Gespenst: Ein Mann mit grossem Bart und feurigroten Augen. Verderbte alle Knechte. Hatte die Marchen zwischen Alp und Eigen gefälscht. Litt hier schon mehr als 70 Jahre und musste alle Nacht um zwölf Uhr marchen gehen. – Knecht aus Wallis, nur ein Schlurggi, aber fromm und christlich, deswegen geschont, etc. Acker mit Mehl anpflanzen. Hostien. Messewasser. Josef Zieri, Erstfeld Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Alphorn

Source: Das Alphorn

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Sonst, wenn der Frühling mit Schalmei und Blumenkorb durch Berg und Tal wanderte und die frohen Sennen ihre Herden wieder zur Alp getrieben hatten, vernahm man fast jeden Morgen von der Kaltbrunnen-Alp her, im Haslital, die Töne zweier Alphörner, die sich in melodischer Zwiesprache Red- und Antwort gaben. Längst sind sie verstummt und nur die Flühen sollen zuweilen ein geisterhaftes Schluchzen und Weinen von sich geben. Auf jener Alp hirtete nämlich in alten Zeiten ein wunderschöner Jüngling seine Herde. Die Leute rühmten ihm nach, dass er ein Instrument von mächtigem Klange erfunden habe, mit welchem er das schönste Echo am fernen Fels erwecken könne. Das erste dieser Hörner, das seine geschickte Hand verfertigt hatte, schenkte er seiner Geliebten, einer Sennerin, welche nicht sehr fern von ihm, auf der Reichenbachalp den Sommer zubrachte. Nicht lange, und das Mädchen hatte dem Jüngling die Kunst des Blasens vollkommen abgelernt. Früh morgens, wenn die Sonne mit ihren Purpurstrahlen die Firnen vergoldete, folgte der Hirt seinen Kühen auf die Weide setzte sich ins Grüne, oder lehnte sich an einen Felsen und blies ein fröhlich Stücklein auf seinem Alphorne. Bald erschien dann auf der Alp gegenüber das Mägdlein, ihm Antwort zu geben, wie er’s ihr gelehrt. Bald bliesen sie selbander eine zweistimmige Melodie, bald hörte man wieder nur leise den Einzelnen. So unterhielten sich die beiden Liebenden manche glückliche Stunde miteinander, ihre Herzen verbanden sich noch inniger und im Herbst, ehe sie zu Tal zogen, ein jedes nach einer andern Bergseite, gaben sie sich das Gelübde, einander übers Jahr ganz anzugehören. Mit dem Frühling kam auch der Jungsenn wieder auf Kaltbrunnenalp Da blies er freudig einen hoffnungsvollen Lenzgruss hinüber. Aber keine Stimme, kein Laut gab ihm drüben Antwort. Da blies er lauter, stürmischer, doch totenstill blieb s auf der Nachbaralp. Endlich aber, als seine Weisen immer sehnsüchtiger anschwollen, kam eine Senne herauf und sagte: "Blas nimmer, du erweckst sie nicht, die drunten im Totenhofe schläft." Da wurde der Hirt sehr traurig, ergriff sein Horn und schlug`s an einen Felsen, dass es in Stücke zerschellte. Dann schritt er von der Alp hinweg. Niemand weiss, wohin er gegangen und wie er geendet hat. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Alpmutterli (Flums, SG)

Source: Das Alpmutterli (Flums, SG)

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Das Alpmutterli ist der Gegenstand eines ausgedehnten Sagenkreises. Die Gestalt hat einen neckischen, schadenfrohen Charakter. Es gibt jetzt noch Älpler, die behaupten, das Alpmutterli gesehen zu haben. Meine Urgrossmutter ging als Kind in Begleitung eines andern Mädchens mit einem "Tusli" voll Nidel von der hochgelegenen Geisswiese heim. Im Badeura sahen sie eine wilde Henne mit Hühnlein und wollten sie fangen. Plötzlich glitschte das eine Mädchen aus und verschüttete den Nidel. Das andere hörte hinter sich ein leises Lachen, und als es sich umkehrte, sah es ein Weiblein sein Schösslein "fleugen" (schwenken). Das war das Alpmutterli. Zwei Bauern mitteten im Mittenwald Holz. An einer geneigten Stelle ging es dem vordem auf einmal ganz schwer. Sein Kamerad rief: "Es sitzt ein Weiblein auf deinem Schlitten." Als der erste rückwärtsschaute, sah er schon nichts mehr. Der andere aber hatte das Weiblein sofort wegspringen und im Wald verschwinden sehen. Sie suchten seine Fusstritte im weichen Schnee, fanden aber nichts. Wenn das Alpmutterli in eine Hütte einkehrt und man ihm Milch vorsetzt, isstes dieselbe mit umgekehrtem Löffel. J. B. Stoop *** Das Alpmutterli erschien auch einmal in der Hütte eines Hirten, welcher der Angekommenen Milch und Brot vorsetzte; aber sie ass nichts davon, weil sie vorgab, sie hätte keine Zeit dazu, da sie am gleichen Tage noch auf verschiedene Gebirgsrücken wandern müsse. Zum Danke wurden dem freundlichen Hirten zwei Erdbeeren angeboten ; dieser nahm sie aber aus Furcht nicht an. Ferd. Stoop *** Man erschrickt, wenn es sich zeigt; denn es bringt immer schlechtes Wetter. Doch weisen es die Sennen nicht ab, um möglichst gut über die entstehenden Verlegenheiten wegzukommen. Sie dürfen ihm auch die erwünschte Gastfreundschaft erzeigen; denn ein Alpmutterli kann Milch trinken, ohne dass diese sich mindert; es kann auch von allen Speisen geniessen, ohne den Wirt zu schädigen. Auf der Flumser Alp will man das Weiblein im Sommer 1799 zum ersten Mal gesehen haben. Da wurde der Herbst ganz ungünstig. Als das sonderbare Wesen wieder einmal kam, wies der unfreundliche Senn es barsch weg. In der Nacht aber kam ein so starkes "Bischen" (Schneegestöber, Schneesturm), dass man gleich am Morgen die Alp verlassen musste. A. Sprenger   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 301, S. 167f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Alpmutterli (Mels, SG)

Source: Das Alpmutterli (Mels, SG)

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Eine Jungfrau reutete einst auf Tödigerhütte, am Flumser Grossberg, ein Stück Boden zum Erdäpfelstecken; das heisst, sie schürfte den Rasen ab, machte kleine Holzhäufchen, legte die Rasenstücke darüber und verbrannte sie, um die Asche als Dung zu benutzen, weil sie keinen andern hatte. In der Nähe weidete Vieh auf der Allmende. Da der Jungfrau das Hertragen von Staudenholz beschwerlich wurde, zumal es am betreffenden Tage sehr heiss war, so kam sie auf den Gedanken, ein Rind zum Heranziehen des Holzes zu benutzen; sie band dem Tier die Staudenbüschel an den Schwanz und besorgte auf diese Weise den Transport. Das Rind wurde aber dabei vom Blutanstossen oder Blutstocken befallen und verendete. Als dies der Bauer erfuhr, verfluchte er die Person, indem er sagte, sie solle nach ihrem Tode keine Ruhe haben und in der Umgegend ihres Vergehens unstet umherwandeln bis zum jüngsten Tage. Der Fluch ging in Erfüllung. Seit dem Ableben der Unglücklichen sah man sie schon oft bei Tag und mehr noch abends auf den Flumser Alpen und obersten Maiensässen in einfacher Landestracht und weisser Schürze herumziehen. Manchmal besuchte sie sogar auf einige Minuten die Alp- und Maiensässhütten, gab auf Befragen Rede und Antwort und ass von den Speisen, die man ihr verabreichte, die sich aber nicht verminderten. Als sie eines Abends in einer Alphütte eingekehrt war und gegessen hatte, sagte sie, nun habe sie die grösste Zeit, aufzubrechen; denn sie müsse noch am nämlichen Abende durch alle Flumser Alpen wandern, und man sah sie dann mit erstaunlicher Schnelligkeit über die Alptriften davoneilen. I. Natsch Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 261, S. 140f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das alte Schloss bei Gontenschwil

Source: Das alte Schloss bei Gontenschwil

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Auf dem nächsten Berge des Dorfes Gontenschwil zeigt man jetzt noch im Gestrüppe einen Sodbrunnen als letzten Rest des hier gewesenen alten Schlosses. Da sieht man bei hellem Tage Ritter und Frauen umherwandeln, und will das Wetter sich ändern, so hört man im sausenden Windstoss Jägerruf und Hundegebell wohl eine Stunde lang. Als ein Mann dieses Weges nach Birrwil gieng, sah er schon von Weitem hier etliche Personen so lustig den Berg herab kommen, dass er glaubte, eine Reisegesellschaft zu treffen, die er schnell einholen solle, um den hübschen Hochzeitsmarsch besser hören zu können, den sie bliesen. Als er aber den Berg erstiegen hatte, stand die ganze Schaar unbeweglich dort, und während er deutlich drei Herren und drei Frauen unterschied, glaubte er mit Entsetzen wahrzunehmen, dass einer davon keinen Kopf habe. Er lief bis er das Holz erreichte, und dort wagte er es zu seiner eigenen Beruhigung umzusehen. Kaum sechs Schritte hinter ihm fieng es an zu prasseln, als ob der Hagel schlage, und dann durch das Oberholz zu rauschen und zu dröhnen, wie wenn die dicksten Stämme auf einmal umgebrochen würden. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 118 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das alte Waldhorn

Source: Das alte Waldhorn

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In der Umgegend von Iseltwald am Ufer des Brienzersee vernimmt man oft ein geisterartiges Klingen, das bald hoch, bald tief wie eine Windharfe schallt. Vor alter Zeit war einst ein Jäger der sich auf mancherlei verstand, was jetzt nicht ein jeder kann. Doch einst, als er auf der Jagd war, traf ihn der Blitz und zerschmetterte ihm den Arm; da legte er seine Büchse weg und nahm das Waldhorn zur Hand. Bald zog er durch Stadt und Dorf und blies auf seinem Waldhorn so wie die Amsel singt oder wie der Älpler jauchzt. Wenn irgendwo des Morgens ein Pfarrherr zum Fenster hinausschaute, so blies der Waldhornist die Melodie: "Wach auf mein Herz und singe"; ging aber irgendwo im Abendrot ein glückliches Paar durchs Wiesental, dann scholl aus seinem Horn ein Abendlied voll Friedens ihnen nach. Doch wenn er irgendwo einen Dieb auf seiner Tat oder sonst jemand auf unrechtem Wege ertappte, dann gab er unsichtbar ein Signal. Bald war der Grünrock überall beliebt; wer ihn kommen sah, bot ihm freundlich die Hand, rief ihn zu sich in seine Hütte und gab ihm Speis und Trank. Einst trat er in später Nacht am Brienzersee in einen Wald und fühlte, indem er noch ein letztes Stücklein blies, sein letztes Stündlein nahen. Nicht weit von ihm stand an seinem Krückenstock ein Bettelmann. Den rief er an und sprach. "Du sollst mein Erbe sein! Da, nimm dieses Säcklein voll Geld und Jesusring - die Braut gab mir einst denselben; doch gebe ich dir dies nur unter der Bedingung, dass du mich, wenn ich starr und kalt bin, in dem Walde hier, in welchem ich gelebt habe, vergrabest. Mein Waldhorn, das mich durch seine Klänge erfreute und aufheiterte, das grabe, bei meinem Fluch, mit mir ein! Kann ich nach meinem Tode mit Blasen noch etwas tun, so soll, will’s Gott, dasselbe bei mir im Grabe nicht müssig sein." So sprach der alte Jäger und starb. Der Stelzfuss begrub ihn. Und nun erklingt in jenem Walde von Zeit zu Zeit das Horn. Bald schallt es leis und dumpf, fast so wie Bienenchöre, und bald wieder wie eine Orgel. Oft weht es in heller Sternennacht wie ein Widerhall seewärts, und der Schiffer, der dann nach seiner Heimat rudert, vernimmt’s mit Freuden. Öfter klingt es aus der Einsamkeit des Waldes, wenn überall tiefe Stille herrscht; es ist sein Getön aber auch schon vernommen worden, wenn der Donner am Himmel krachte. Die Sennen hören es manchmal, und blasen sie die Schalmei, so lässt das Waldhorn dieselbe Melodie ertönen. Kommt aber ein Dieb in seine Nähe, dann schlägt das Wunderhorn seinem Gewissen eine Wunde, die ihm bis zu seinem Tode schmerzt; den Trunkenbold, der durch jene Gegend schwankt, führt es irre und bringt ihn zu Fall, den Bräuten aber bringt es Glück wie jedermann, der ein reines Herz hat. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Arcanum gegen die Pest

Source: Das Arcanum gegen die Pest

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Zur Zeit, als die Pest unter dem Namen «der schwarze Tod» in Graubünden grassierte und unzählige Opfer forderte, sodass ganze Höfe ausstarben, machte man die Beobachtung, dass kein einziges Fänggenmannli oder -wibli von der Seuche hingerafft wurde. So kam man zum Schluss, dass dieselben ein geheimes Rezept, ein Arcanum, besitzen müssten. Endlich erdachte sich ein Bauer eine List, wie er das Geheimmittel den Zwergen entlocken konnte. Es zeigte sich nämlich ein Fänggenmannli oft auf einem grossen Stein, der eine bedeutende Vertiefung hatte. Dem Bauer war das Lieblingsplätzchen des Fänggen wohl bekannt. Daher ging er hin und füllte die Höhlung des Steines mit einem guten Veltlinerwein und verbarg sich dann in der Nähe. Nach einer Weile kam das Zwergenmannli und blickte ganz verdutzt auf das funkelnde Nass in der Höhlung des Steins. Mehrmals bückte es sich mit dem Näschen über den Wein und hob alsbald wieder den Kopf. Dann winkte es mit dem Zeigfingerchen und rief: «Nei, nei, du überchust mi net.» Aber als es sich ganz nahe über den Wein gebeugt hatte, war ein Tropfen am Schnäuzchen hängengeblieben und es leckte ihn mit der Zunge ab. Da stieg die Begierde und es sagte zu sich selbst: «Ei, mit dem Finger tunken darfst du schon.» Gesagt, getan, es leckte das Fingerchen ab, wohl hundertmale, und wurde dabei immer lustiger. Es fing an, allerlei Zeugs vor sich hin zu schwatzen. Da trat der Bauer wie zufällig herbei und fragte, was denn gut sei gegen die Pest. «Ich weiss es wohl,» sagte das Zwergenmannli, «Eberwurz und Bibernella – aber das sage ich dir noch lange nit.» – Jetzt war der Bauer schon zufrieden und nach dem Gebrauch von Eberwurz und Bibernell musste niemand mehr an der Pest sterben.   Quelle: Jecklin, Dietrich, Volksthümliches aus Graubünden, Teil 1, Zürich 1874, sprachlich leicht angepasst von Andrea Hofman   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Armseelenlicht

Source: Das Armseelenlicht

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Eine fromme Frau hatte die Gewohnheit, jeden Abend ein Lichtlein anzuzünden für die armen Seelen. So hatten es schon ihre Mutter und ihre Grossmutter getan und dafür oft wunderbare Hilfe in schweren Anliegen erhalten. Der Mann liess sie anfänglich gewähren. Mit der Zeit fing er an zu brummen. Erst sagte er, das Licht störe ihn, so könne er nicht schlafen. Später behauptete er, das sei eine unnütze Verschwendung, man könnte das Geld für nötigere Sachen brauchen. Schliesslich verbot er es gänzlich. Die Frau geriet in eine üble Lage. Sie wollte mit dem Manne, der sonst gut zu ihr war, nicht in Streit geraten. Aber sie liess auch nicht gerne von ihrer frommen Gewohnheit, weil sie von deren Nützlichkeit fest überzeugt war. Da kam ihr ein rettender Einfall. Sie trug das Armseelenlicht in den Keller. Dort zündete sie es jeweils vor dem Schlafengehen an und löschte es am Morgen wieder. So trieb sie es längere Zeit. Einmal, in einer kalten Winternacht, kehrte der Mann zu später Stunde heim. Schon von weitem fiel ihm etwas auf. Im ganzen Hause waren die Lichter gelöscht; nur aus dem Kellerfenster drang ein roter Feuerschein. „Diebe - oder Brand“, schoss es ihm durch den Kopf, und er eilte was sein Atem hergab heimzu. Jetzt stand er vor der Kellerluke, presste sein Gesicht an die Scheiben und - erschauerte. Nie mehr in seinem Leben wird er dieses Bild vergessen können. Inmitten des Kellers flackerte auf einem Fasse das Armseelenlichtlein. Darum und darüber reckten sich hundert, ja, vielleicht tausend Händepaare, als wollten sie an der winzigen Flamme ein Fünklein Wärme erhaschen. Es waren Hände von Männern, Frauen und Kindern, - feine, glatte, - alte, runzelige - vernarbte, schwielige - andächtig gefaltete - verzweifelnd gerungene - hoffend ausgebreitete. Alle wirbelten durcheinander wie die Stäubchen im Zimmer, wenn ein Sonnenstrahl hereinfällt. Sie drängten zum Licht, verschwanden im Dunkel, tauchten wieder auf, schwebten empor, verschwanden... Dieser Blick ins Kellerfenster hatte genügt, um den Mann für immer von seinem Vorurteil zu befreien. Noch am selben Abend verordnete er, das Armseelenlicht solle inskünftig jede Nacht auf dem Familientisch brennen, - so wie früher.    Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch


by Das Arvenkehlenmüetterli

Source: Das Arvenkehlenmüetterli

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Unter der ehemals hölzernen, gedeckten Brücke, die bei Attinghausen über die Reuss führt, hauste vor Zeiten ein Geist oder ein Gespenst und belästigte die Menschen. In Attinghausen lebte damals eine Familie namens Zeffel, und auf ihr unablässiges Betreiben wurde das Gespenst verbannt in das steile »Arvächähli« ob dem Landgut Spälten, am Abhang des steilen, bröckligen Berges. »Das hend-er keim Totnä ta!« dachte das erzürnte Ungeheuer und schwur den Zeffel für alle Zeiten bittere Rache. »G'schyder und besser, äs cheem niä äkei Zeffel uff d'Spältä!«, liess es sich vernehmen und ballte dazu die Fäuste. Jahre waren verstrichen, die Drohung vergessen, neue Geschlechter herangewachsen, da kam ein Zeffel als Besitzer auf die Spälten. Doch nicht lange! In einer fürchterlichen Gewitternacht löste sich unter entsetzlichem Krachen eine Rübi oben in der Arvenkehle los, wälzte sich tosend und brüllend abwärts und bedeckte Haus und Heim Spälten hoch mit Schutt. Ein anderer Zeffel wohnte in dem Gut, das heute Rübihostet heisst, wurde aber auch durch eine Rübi vertrieben. Einer der letzten Zeffel kam (im 19. Jahrhundert) auf die kleine, von Steinen und Wildwasser stets bedrohte Wiese Belvedere auf der Rübi in Altdorf; es war ihm da zu wenig sicher und er ging in die Fremde. So hat es die Zeffel nirgends mehr in Uri dulden wollen. Das Arvächählämüetterli hingegen, so nannten sie jetzt das Gespenst, nahm mit den Zeiten auch andere, freundlichere Sitten an. Jedesmal, wenn in seinem Gebiet eine neue Stein- und Schuttlawine sich lösen wollte, und das geschah oft, jauchzte es warnend den bedrohten Leuten in der Spälten, so dass sie sich rechtzeitig flüchten konnten. Bei gutem Wetter sah man es nicht selten in der Spältenplangg in der Wiese sitzen und Ausschau halten; seine Haare hingen im wirr und in langen Strähnen über das Gesicht hinunter. Aber schon viele Jahre ist es nicht mehr beobachtet worden, zuletzt noch vom Ratsherr Baumann im Schweinsberg. Öfters sei es auch beim Scheidtrögli ob dem Schweinsberg beobachtet worden. Einer sah es wie ein kleines, schwarzes Rind, das mit seinen Vorderfüssen im Trögli stand. Bloss das Gesicht sei etwas menschenähnlich gewesen. Dann und wann soll man es im Walde und beim Scheidtrögli weinen gehört haben, aber mein Gewährsmann meint, das seien nur die Wildtauben gewesen, die zahlreich im Walde dort hausen. Andere beobachteten es, wie es sich mit aufgelösten Haaren über das Trögli lehnte und sein schwarzes Gesicht waschen wollte. Statt der Arvenkehle nennen andere, darunter auch der 72jährige Sohn des genannten Ratsherrn Baumann, die Laubkehle. K. Zgraggen; Heinrich Baumann, und a. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Äuliwibli

Source: Das Äuliwibli

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Unweit Flums, beim Kapellchen ob der Seez, wandert in Hemdärmeln das „Auliwibli". Wer es gewahrt, wird plötzlich geschwollen.  Dr. Henne-Am Rhyn, Deutsche Volkssage. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 337, S. 189 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Ave Maria auf den Alpen

Source: Das Ave Maria auf den Alpen

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Auf den Alpen des Sarganserlandes, hauptsächlich in den obersten Sässen derselben, wird nachstehendes Ave Maria gebetet, welches unzweifelhaft aus einer Zeit herstammt, da in unsern Gebirgen noch allenthalben Bären, Wölfe, Luchse und dergleichen hausten und da man sogar noch den Spuk eines Lindwurms oder Drachen befürchtete. Die Alpknechte getrauen sich nicht, dieses Gebet auch nur einen einzigen Abend zu unterlassen. Der Senn oder einer seiner Gehilfen tritt, den Hut und den Hirtenstab in der Hand, vor die Alphütte auf eine Anhöhe und ruft mit lauter Stimme in die Nacht hinaus: Ave Maria! Bhüt's Gott und unser lieb Herr Jesus Christ Libei, Hab und Gut und alles, was hierum ist; Bhüt's Gott und der lieb heilig St. Jöri, Der wohl hier ufwache und höri. Bhüt's Gott und der lieb heilig St. Marti, Der wohl hier ufwache und warti, B'hüt Gott und der lieb heilig St. Gall Mit seinen Gottsheiligen all.  Bhüt's Gott und der lieb heilig St. Peter.  St. Peter, nimm die Schlüssel wohl in deine rechte Hand,  Bschliess wohl uf dem Bären seinen Gang,  Dem Wolf den Zahn, dem Luchs den Kräuel,  Dem Raben den Schnabel, dem Wurm den Schweif,  Dem Stein den Sprung!  Bhüt' üs Gott vor solcher böser Stund,  Dass solche Tierle mögen weder krätzen noch bissen, Wohl so wenig, als die falschen Juden unsern lieben Herr Gott bschissen. Bhüt's Gott alles hier in unserm Ring  Und die lieb Mutter Gottes mit ihrem Kind.  Bhüt's Gott alles hier in unserm Tal,  Allhier und überall. Bhüt's Gott, und es walte Gott, und das tue der lieb Gott!" "Ave Maria" und die Rufe an die Heiligen werden dreimal gesprochen. I. Natsch   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 263, S. 142f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Bachgschrei

Source: Das Bachgschrei

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Einige Männer arbeiteten oben im Valenser Berg und brachten auch die Nacht dort zu. Nun hörten sie das Bachgschrei durch das Mühletobel heraufkommen. Es kam in ihre Nähe und "trotte" vor ihnen her wie ein Schafbauch. Dann verschwand es in einem "Bergun", d.h. in einem Heuhüttchen. Einer der Männer hatte den Mut, ihm nachzugehen. Er kam bald wieder heraus, war aber ganz verstört und sagte: "Jetzt weiss ich, was das Bachgschrei ist." Weiter aber verriet er nichts. Er ging heim, legte sich zu Bette und starb nach wenigen Tagen. Mündlich   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 218, S. 106 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Bachmaidli zu Seon

Source: Das Bachmaidli zu Seon

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Als einst ein Weib in Seon ein unehlich Kind bekam, sann sie darauf, es umzubringen und lief damit dem nächsten Weiher zu. Bis dahin musste sie aber durch so manchen Bauernhof, dass sie befürchtete, schon gesehen worden zu sein, und so machte sie sich von diesem Platze hinweg und gieng dem Dorfe Seengen zu, wo der Feuerweiher ist. Auch hier geschah ihr wie beim ersten Versuche, die Angst, gesehen zu sein, hinderte sie an der Unthat. Gleichwohl sollte das arme Kind einmal nicht leben, also gieng sie denn weit von allen Behausungen zum Aabache hinunter und warf es da ins Wasser. Im selben Augenblicke bewegte sich jedoch ihr Herz, sie suchte das arme Würmlein wieder zu retten und sprang ihm nach bis zur Mühle hinunter; vergebens. Als sie es endlich hier trotz des raschen Laufes des Wassers herausziehen konnte, war das Kind schon todt. Seitdem erscheint das Bachmaidli an jenen drei Wassern und nimmt ihren Weg unabänderlich durch alle jene Höfe und Häuser hindurch, denen sie bei ihrer That ausgewichen ist. Dies soll so oft geschehen, als die Geisterkutsche kommt, die von Teufenthal aus nach dem Seethal hinüber fährt. Dann fängt der Geist, den man das Bachthal-Anneli nennt, zu wimmern an, und von dem Waldplatze aus, welcher Gerstenmühle heisst, weil da noch Trümmer einer alten Wohnstatt liegen, begiebt sie sich auf ihre nächtliche Wanderung. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 146 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Bachtelholz

Source: Das Bachtelholz

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Das Bachtelholz Am Bachtelberg stehen oberhalb Wernetshausen schöne Wälder, die der Waldkorporation Wernetshausen gehören. Die Alten erzählten, das ganze Holz sei vor manchen Jahrhunderten den Wernetshausern von einer Rittersfrau geschenkt worden. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Näf, Geschichte der Kirchgemeinde Hinwil S. 90. Die Sage ist deshalb interessant, weil die Waldungen der Korporation Wernetshausen ursprünglich einer Gemeinde von freien Bauern gehörten und keine Urkunde sich dahin äussert, dass vorher die Waldungen jemand anderem gehörten. Doch möchte ich an dieser Stelle hinweisen auf den Aufsatz von Friedrich Heinz Schmidt-Ebhausen, Flurnamen-Sagen und ihre Entstehung, im Württembergischen Jahrbuch für Volkskunde 1956. Der Autor weist hier an Beispielen nach, dass „1. die volkläufige, mündliche Erzähl-Überlieferungen ihre Wurzel hat in tatsächlichen historischen Ereignissen, 2. diese nur von Mund zu Mund weitergebende Überlieferung in der Lage ist, im Gewand der freien Erzählung Generationen und grosse Zeiträume zu überbrücken“. Die erwähnte Rittersfrau müsste eine von Bernegg gewesen sein. Die Leute vom Hinwilerberg erzählten von der Burgstelle Bernegg noch um die Jahrhundertwende, es sei dort ein goldener Pflug begraben, den eine Frau bewache. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Bachtier am Solenbach

Source: Das Bachtier am Solenbach

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In der Haushalden geht der Solenbach zwischen alten Eichen durch Mooswiesen in die Aare. Wo er die Strasse erreicht und überbrückt ist, in der Nähe der Waldbäume, da haust ein böses Wesen. Es führt die Leute in den Sumpf und schreckt die über die Brücke Kommenden, indem es im gleichen Augenblicke, plumpend wie ein schwerer Stein, vor ihnen in den Bach springt. Als dies neulich einer abergläubischen Frau begegnete und diese sich durch Gebet dagegen zu helfen suchte, erhoben sich ihr zu beiden Seiten hohe finstere Mauern, die um so höher und beengender anwuchsen, je mehr das Weib Ave Maria's hersagte. Sie fürchtete, erdrückt zu werden. Wenn das Beten nicht hilft, dachte sie, so thut's vielleicht das Fluchen. Sie that aus Leibeskräften einen Schwur, und die Mauer war versunken. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Bachtier in Entfelden

Source: Das Bachtier in Entfelden

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An der Straße zwischen Suhr und Entfelden, zweien Dörfern bei Aarau, liegen mehrere mit Grundwasser angefüllte Griengruben. An eine dem Dorfe Suhr zunächst gelegene knüpft sich meine früheste Jugend-Erinnerung; denn auf einem Spaziergange, der mich dort vorbeiführte, erzählte man mir, wie hier innen ein Krokodil Hause, das jeden zu nahe Tretenden verschlinge. Auf meine Frage, wie es denn hieher gekommen, erhielt ich folgenden Bescheid: Kürzlich einmal seien alle Umwohnenden Nachts durch ein unbegreifliches Schreien aus dem Schlafe aufgeschreckt worden-, das gewöhnlich erst gegen Morgen wieder verstummte. Von nun an aber wiederholte sich allnächtlich dieses. Gebrülle, das ganz deutlich nur aus obigem Sumpfe kam. Von allen Seiten strömte man zu, als es ruchbar in der Gegend wurde, und Niemand deutete es anders, als es läge hier ein fremdes Ungeheuer im Moraste versteckt. Man meinte, aus einer von Bern nach Zürich dieses Weges gegangenen Menagerie sei ein Krokodil entsprungen. Da der Lärm nach und nach sich nicht mehr hören ließ, wollte man wissen, wie das Thier Nachts einmal auf das Land gesprungen sei'und sich vergeblich bemüht habe, wieder in seinen Pfuhl zurückzukommen. Ein Bauer habe es darüber auf seinem Acker betreten, es erschlagen und ihm den Schuppenpanzer ausgezogen. Jedermann wollte die Haut dieses neuesten Drachen sehen, aber Niemand wußte, wo der Bauer wohne. Zuletzt hieß es, er sei in die Welt gegangen und lasse die Haut um Geld sehen. So blieb die Sache zwar wiederum im Dunkeln, man kann aber noch heute darüber diskutieren hören. Band 2, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau, 1856, Seite 11 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Bad im Ritz

Source: Das Bad im Ritz

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Eine halbe Stunde ob dem Dorfe, wo die Felder aufhören und der stotzige Berg anfängt, teilt sich der Trachtbach in den hinteren und vorderen Ritzgraben. Heute sind es wilde Krachen, in denen bei Gewittern das Wasser aus den Flühen der Ursere zusammenläuft und tosend in die Tiefe fährt. Zwischen den Gräben verdichten sich aufgeschossene Tannen, vermischt mit Laubholz, zum schönen, steilen Ritzwald, der hoch bergauf steigend, spitz in die harten Flühe ausmündet. Vor alten Zeiten stand in der Gegend ein Bad. Eine süsse Mineralquelle brachte Kranken und Gebrechlichen Linderung und Heilung. Nach Überbleibseln des Bades sieht man sich heute freilich vergeblich um. Es ist anzunehmen, dass es durch einen Bergrutsch, auf ein Unwetter am Rothorn, zerstört und untergemacht wurde. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Badermannli

Source: Das Badermannli

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Auf der Nordseite des Rottens, gegen Betten und Martisberg hin, wo heute die neue Strasse in den Deischkehren vorbeiführt, liegt der Baderwald. Die Gemeinden Martisberg, Betten und Grengiols haben daran Anteil. Betten und Grengiols lagen deswegen einst im Streit, und man behauptete, ein Mann aus Betten habe damals falsch geeidet. Jetzt müsse er zur Strafe in diesem Walde büssen. Oft sei er in der Nacht ohne Kopf den Grenzen nach auf und ab gelaufen und habe entsetzlich geschrien: «Hie ischt d March, hie ischt d March.» Man nannte den Geist nur Badermannli. GRENGIOLS Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Balanke- und Bockitobel und die gespenstigen Reiter

Source: Das Balanke- und Bockitobel und die gespenstigen Reiter

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Das Bockitobel sei voll armer Seelen oder voll Gespenster. In frühern Zeiten sahen die Leute gar oft feurige Reiter auf feurigen Rossen dem Bockitobel zueilen, wo sie sich mit einem erschütternden, Mark und Bein durchdringenden Geschrei in den Abgrund stürzten; es waren nicht selten ganze »Trupplä«. Einst tränkte ein Erstfelder Büebli in Waldnacht die anvertraute Herde; es war so zwischen Tag und Nacht. Da sah es auf einmal einen Reiter hoch zu Ross durch den Waldnachter Boden dahersprengen; es glaubte seinen Götti zu erkennen, und weil dieser dem Bockitobel zueilte, also dem sichern Verderben entgegen, so rief es ihm warnend zu: »Getti, Getti, – ärddoch und ärddoch nit da üsä!« Doch der dahinsausende Reiter drohte ihm finstern Angesichts mit dem erhobenen Finger und stürzte sich mitsamt dem Pferde in den schwarzen Abgrund, wo nun ein furchtbares Gejammer aufging. – Das isch äsoo äs Zelli, äs cha sy wie nit. Anton Brücker, Jos. Anton Imhof und a. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das bartene Röcklein

Source: Das bartene Röcklein

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Während einer Predigt sass in der vordersten Bank äs Mäitli im-mä nywäbärtägä Reckli. Solche waren früher in Urseren als Unterröcke in der Mode. Aus selbstgesponnener und selbstgewobener Barten gefertigt, waren sie im Einschlag von oben nach unten weiss und schwarz gestreift. Die Streifen hatten je vier oder fünf Fäden. Der Zettel war weiss. – Hinten in der Kirche hingegen befand sich eine vornehme Dame, prächtig gekleidet, der zwei Diener die Schleppe trugen. Auf einmal fragte der Prediger seine Zuhörer, ob sie wissen, wer von allen in der Kirche die grösste Hoffart habe. Alle schauten nach der Dame. Der Geistliche jedoch erklärte: Nein, es sei das Mädchen im bartenen Röcklein. Anna Maria Müller, 78 Jahre alt, Hospental Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Basilisken-Ei

Source: Das Basilisken-Ei

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Auf Donnerstag vor Laurentii im Jahr 1474 hat man auf dem Kohliberg zu Basel, allwo die Freileute wohnten und die Freiknaben zu Gericht saßen, einen Hahnen samt einem Ei verbrannt, so er geleget hatte. Vorher schnitt der Henker den Hahnen auf und fand noch drei Eier in ihm. Dies geschah in Folge richterlichen Spruchs der Freiknaben und im Beisein einer großen Menschenmasse aus der Stadt und vom Lande, die ob dem seltenen Vorfall nicht wenig in Schrecken war, da man allzeit dafür gehalten, dass aus einem solchen Hahnenei, wenn der Hahnen sieben Jahr alt und das Ei im Mist von einer Schlange, Coluber genannt, ausgebrütet wird — Andere meinen auch die bloße Sonnenhitze tue es — ein Basilisk, ein Tier, halb Hahn, halb Schlange, hervorkomme, das, obgleich nicht größer als einige Spannen lang, furchtbarer und schrecklicher denn der größte Lindwurm oder Drache ist, da sein bloßer Blick tötet, was einem Jeden sicher weniger wunderbar dünkt, wenn man weiß, dass der Strahl seiner Augen so scharf ist, dass er selbst das härteste Gestein zersprengt. Diese fürchterliche Eigenschaft besitzt der Basilisk jedoch nur im Sonnenlichte, daher Leute, welche einmal ein solches Tier im Keller hatten, denselben das ganze Jahr verschlossen halten mussten, damit kein Sonnenstrahl hineinfiel. Auch erzählt man, dass Gebüsch oder Gras, über das der Basilisk hinwegschreitet — er kriecht nämlich nicht wie eine Schlange, sondern schreitet gerade aufgerichtet einher — augenblicklich verdorrt und aller Lebenskraft beraubt ist; als schrecklichstes Beispiel für die Kraft des ihm inne wohnenden Giftes aber gibt man an, dass, so Einer zu Pferde ein solches Tier mit seiner Lanze durchsticht, Ross und Reiter das durch die Lanze zuckende Gift auf der Stelle tötet. Einen solchen Basilisk unschädlich zu machen, d. h. zu töten, ist nur ein einziges Mittel vorhanden, es besteht darin, dass man ihm einen Spiegel vorhält, damit er sich selbst erblickt; geschieht dies, so fällt er sofort um und ist tot. Was man endlich von der Stadt Basel erzählt, dass dieselbe von dem Auffinden eines solchen Tieres ihren Namen habe, ist irrtümlich, obschon es mit dem Auffinden seine Richtigkeit hat, wie dies eine alte Chronik erzählt, welche als Stelle, wo dieser Fund geschah, den Gerberbrunnen nennt, der damals eine Quelle in einem wilden Waldtale, dem sogenannten Leimentale, gewesen sein soll. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.    


by Das Bäuerlein und die Alraune

Source: Das Bäuerlein und die Alraune

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a) Ein armer Schlucker mit zahlreicher Kinderschar befand sich in grosser Not. Wie er einmal traurig und sinnend durch einen Wald dahinschritt, begegnete er einem fremden Mandli, das freundlich mit ihm sprach und ihn nach dem Grunde seiner Niedergeschlagenheit fragte. Er klagte ihm seine Bedrängnis und erhielt den Rat, er solle einen bestimmten Ort aufsuchen, den ihm das Mandli genau bezeichnete, dort werde er einen grünen Frosch (nach andern: eine Kröte) finden; den solle er in ein Lumpli einwickeln, mit nach Hause nehmen und ihm dort ein Geldstück unterlegen, so werde er am nächsten Tag das Doppelte wegnehmen können. So solle er fortfahren, bis er reich genug sei. Er befolgte den Rat und legte am ersten Tag einen Franken, am zweiten zwei, am dritten vier Franken unter und setzte fort, bis er ein schönes Vermögen beisammen hatte. Da suchte er das Tier wieder loszuwerden. Er nahm es mit auf den Markt, schob es heimlich einem andern in den Sack, aber hatte es, als er nach Hause kam, wieder in seinem eigenen Sack. Jetzt wurde ihm heiss und angst. Er nahm seine Zuflucht zu einem Kapuziner. Der verwies ihm scharf sein Unrecht und meinte, es sei gut, dass er nicht in diesem Zustand gestorben, sonst wäre er ewig verloren gewesen. »Aber wie ist da zu helfen? Da ist guter Rat teuer!« Lange besann sich der Pater und schien keinen Ausweg zu finden. Endlich sprach er ein erlösendes Wort und nahm dem Bäuerlein den Stein vom Herzen: »Bringet die Alraune morgen abends, in ein Lumpli fest eingewickelt, hieher an die Pforte; ich werde dann bereit stehen und euch öffnen; werfet sie blitzschnell hinein, schliesst die Türe und macht euch davon! Aber ich fürchte, es wird schwierig sein.« Der Abend war noch dem Tage näher als der Nacht, als das geängstigte Männchen an der Klosterpforte anläutete. Die Pforte ging auf, das Lumpli mit seinem Inhalt kam in den Klostergang hineingeflogen, und die Türe flog wieder zu. Der Pater packte den Frosch und heftete ihn samt Umhüllung (oder in ein Kelchtüchlein eingewickelt) an das grosse Kruzifix zu Füssen des Gekreuzigten. Um die zwölfte Stunde in der folgenden Nacht entstand vor dem Kloster ein gewaltiger Rumor und Lärm. Die Kapuziner schauten hinaus und erblickten ein ganzes Kriegsheer, das ohne Aufhören brüllte: »Heraus mit ihm! Heraus mit ihm, sonst zerstören wir das Kloster!« Der Guardian ging an die Pforte und fragte die Rotte, was sie begehre. »Ihr haltet unsern Hauptmann gefangen! Gebt ihn sofort heraus!« hiess es. Der Guardian wusste um nichts; er berief den Konvent zusammen, aber keiner wusste Rat, alle zitterten. Endlich stand unser Pater auf – er war der einfältigste in der ganzen Klosterfamilie und nicht besonders geachtet – und bekannte seine Tat. »Gut,« herrscht ihn der Vorgesetzte an, »so esset jetzt die Suppe selber aus, die ihr da eingebrockt habt!« Der Schuldige ging an die Pforte und fragte die immer schrecklicher tobende Masse nach ihrem Begehr. »Ihr haltet unsern Hauptmann gefangen, gebt ihn sofort heraus!« schrieen sie. »Hm, pressiärt miär kei Dräck,« meint trotzig und gelassen der Pater. »Wenn-är-ä wennt, chenned-er-ä sälber chu nä!« Das konnten sie nicht. Die andern Kapuziner drangen in ihn, er solle ihn der tobenden Menge ausliefern. Aber er wollte nicht. Endlich liess sich die Bande auf's Markten ein, da sie wohl merkten, dass da mit Täubi und Gewalt nichts auszurichten sei. »Sobald ihr mir,« sagte jetzt der mutige Kuttenmann, »100 Reissäcke voll (nach andern: 11 Säcke) verlorenes Gold aus dem Meere hieherstellt, dass das Meerwasser noch heraustropft, sollt ihr euern Häuptling haben.« Aber wohl! Das ging nicht lange, standen die 100 Säcke voll Gold vor der Pforte, und das Meerwasser träufelte noch heraus! Jetzt sagte der Kapuziner nochmals, sie sollten das Tier wegnehmen, aber sie konnten nicht. Er warf das Tier auf die Diele hinaus, allein erst, als er es zur Pforte hinausschleuderte, konnten sie es fassen. »Sehet jetzt,« sagte der einfältige Pater zu den andern, »ihr hättet ihn mir nichts dir nichts ausgeliefert; ich aber habe doch etwas dafür gelöst, das unserm dürftigen Kloster und den Armen wohlkommt.« Jos. M. Zberg, 75 J. alt, Silenen; Heinrich Baumann, 72 J. alt, Attinghausen; Peter Tresch, Silenen b) Nach anderer Darstellung hatte er die Kröte in der Heiligen Nacht, während es zur Wandlung läutete, unter einem Weisshaselbusch hervorgegraben. c) Statt der Kröte oder des Frosches eine Spinne. Frz. Zgraggen, 24 J. alt, Gurtnellen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das behexte Mädchen

Source: Das behexte Mädchen

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Es leben noch Mehrere, welche eine, im Weiler St. Antonio (Puschlav) wohnende, kleine und hässliche Frau kannten, die ihrer Absonderlichkeiten wegen für eine Hexe gehalten wurde. Schon ihre Mutter und Grossmutter hatten in gleichem üblem Rufe ge­standen. Es war daher nicht zu verwundern, wenn man im Lande allerlei böse Geschichten ihr andichtete, oder von ihr erzählte, oder sogar von ihr bestimmt wusste. So begegnete sie eines Tages einem Mädchen, berührte es mit der Hand, murmelte dabei einige Worte, die das Mädchen aber nicht verstand, und verschwand. Auf dies hin lief das Mädchen vom Berge (bei Selva) herunter, ins Tal, zum nächsten Brunnen, der nahe bei der Kirche von Prada sich befindet, und fing an, mit ungewöhnlicher Gier Wasser zu trinken. Einige Frauen, welche am Brunnen Wäsche hielten, hatten das Mädchen anfänglich wohl bemerkt, schenkten ihm aber weiter keine Aufmerksamkeit. Erst, als sie nach einiger Zeit wieder hinblickten, bemerkten sie, dass das Mädchen immer noch »am Brunnen hing«, und hastig Wasser trank. Mit Mühe konnten sie die Dürstende vom Brunnen entfernen, und behaupteten, das Mädchen hätte gewiss so lange Wasser getrunken, bis es zerplatzt wäre. Über den Grund des ungewöhnlichen Durstes befragt, antwortete die Kleine, jene böse Frau sei Schuld daran, - und Jedermann glaubte es. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Bergklingeln

Source: Das Bergklingeln

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Johann Jakob Scheuchzer schreibt in seiner im Jahre 1746 herausgegebenen Naturgeschichte des Schweizerlandes: "Auf Seiten der Freiherrschaft Sax haben vormahlen die Anwohnere und vorbey Reisende bey heller Witterung, von dem End des Heu- biß zu dem End des Augstmonats, ohngefehr, wahrgenommen einen klingenden Ton, gleich demjenigen, welcher des Winters bey dem Schlitten-Fahren von denen Schellen gehört wird. Sie nenneten auch diesen Ton das Berg-Klinglen. Es hat wohl solche gegeben, welche diese Begebenheit anhörten als eine Musik der unter-irdischen Berg-Männlein. Ich meines Orts halte dafür, es seye dieser Ton anders nichts gewesen als eine Würkung des in einer Berg-Höhle zu gewüsser Zeit (wann der meiste Schnee auf der Höhe schmilzet) von der Höhe in die Tiefe herab fallenden Wassers. Heutzutag höret diese Berg-Musik auf, weilen vielleicht die gewesene Höhle ausgefüllet und folglich der Fall selbst nicht mehr kann gespürt werden. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 87, S. 40f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Bergmandli und die Kuh

Source: Das Bergmandli und die Kuh

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Auf Arniberg war einem Bauer am Lanxi eine Kuh verloren gegangen und gar nicht mehr zu finden. Im Herbst kam ein Bergmandli (wildes Mandli) in sein Haus und rief ihm: »Bauer, unter der Bylfluh Ist deine braune Trychelkuh Und der Nutzen dazu.« Der Bauer ging hin, fand die Kuh samt dem Nutzen, Käse und Anken, ein sehr schöner Nutzen, womit der Mann hoch zufrieden war. (Aus Lütolf 482, 444, a.) Mündlich von Frz. Jos. Zurfluh, 75 Jahre alt. »Als mein Vater in unserm, grad unterhalb der Bylfluh gelegenen Büelberg Ödland, das wahrscheinlich vor Zeiten bewaldet gewesen, urbar machte, kamen in der Erde mehrere Gemäuer, von etwa 3–4 m Seitenlänge, in der ungefähren Grösse von Alphütten, mit Anzeichen, dass einst darin auch gefeuert worden, zum Vorschein«, erzählt mir obiger Frz. J. Zurfluh von Intschi und mutmasst, es könnten da vor Zeiten wilde Leute gewohnt haben. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Bergmännlein

Source: Das Bergmännlein

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Einst war zu Ernen im Wallis ein alter Mann. Der besaß auf Eggel in der Hochfluh ein kleines, abseits gelegenes Gut, worauf ein Stall und ein braunes Häuschen standen. Jedes Jahr, wenn es einwinterte, brachte er sein Vieh dorthin. Aber das war nun für den alten Mann gar mühselig. Jeden Abend mußte er den weiten Weg von Ernen in das kleine Gütchen hinauf machen, und wenn er dann müde und matt oben ankam, hatte er vollauf Arbeit mit seinem Vieh und war weit und breit kein Mensch, der dem armen Alten geholfen hätte. Das stimmte ihn gar traurig, denn er fürchtete oft, daß er nach der schweren Arbeit am andern Morgen den strengen Heimweg durch den Schnee einmal nicht mehr machen könnte. Eines Abends, als er wieder, ganz erschöpft und schweratmend, von Ernen zu seinem kleinen Gütchen hinaufgestiegen war, setzte er sich keuchend auf den vereisten Brunnentrog vor dem niedrigen Häuschen und seufzte: "Ach, hätte ich doch jemand, der mir wenigstens den Ofen heizte, daß ich mich daran nach der schweren Arbeit allemal ein Weilchen wärmen könnte!" Niedergeschlagen trat er ins Häuschen, um ein Feuer im Ofen anzumachen. Aber wie staunte er! Im Ofen knatterte und knisterte ein mächtiger Holzklotz. Auf dem Herd brannte ein munteres Feuer, und unter den zwei Ladsteinen lag wohlgepreßt der frisch zubereitete Käse. Und ringsum war alles in bester Ordnung, also daß er in der Küche rein gar nichts mehr zu tun fand. Rasch machte sich der alte Mann in die Stube, denn er dachte, da drin werde er wohl den antreffen, der ihm unerwartete Hilfe in der Küche geleistet habe. Er ging in Gedanken geschwind alle seine Bekannten durch, die ihm solch einen Gefallen hätten tun können, aber er fand keinen, dem er so viel Herz zugetraut hätte. Wie er nun in die Stube trat, fand er sie völlig verlassen und menschenleer. Aber es sah doch aus, als ob eben jemand drin tätig gewesen wäre. Auf dem Butterstock war die frisch aus dem Butterfäßchen genommene goldgelbe Butter aufgeschlagen. Die Stube war sauber gekehrt, und alles sah so aufgeputzt aus wie noch nie. Jetzt ging der Mann hurtig in den Stall hinüber, denn es bedünkte ihn das alles gar wunderlich. Vielleicht steckte irgendein hilfreicher Mann aus Ernen im Stall. Doch wie er sich auch im Stall umschaute, kein Mensch ließ sich finden. Wohl aber war zu seiner Verwunderung auch im Stall bis auf den Heustock hinauf alles in bester Ordnung. Die paar Kühe waren gefüttert und sauber gestriegelt wie Herrenrosse, also daß sie glänzten. Friedlich wiederkäuend lagen sie auf ihrer frischen Streu. Auch fand er sie gemolken, und als er in den Milchkeller trat, fand er die Milch in Kupfergelten auf den Wasserkänneln, und schon hatte sie eine goldgelbe Nidel (Rahm). Glücklich darüber, daß alle Arbeit schon getan war, machte er sich in die warme Stube zurück. Dort setzte er sich an den Ofen und dachte von neuem darüber nach, wer ihm das wohl zu Gefallen getan haben könnte. Doch er kam zu keinem Ende. Und so legte er sich denn getrost zu Bett. Als er sich am nächsten Morgen mit frischem Mut an die Arbeit machen wollte, fand er zu seinem Erstaunen auch jetzt wieder alles schon getan. Da merkte er, daß es da nicht mit gewöhnlichen Dingen zugehe und daß ihm irgendeine geheime gütige Macht behilflich sei. Er dankte von Herzen Gott dafür und machte sich gegen Mittag durch den hohen Schnee nach Ernen zurück. Wie er am Abend wieder in sein Gütchen hinaufkam, war alles und jedes, gerade so wie am Tage zuvor, schon getan. Er brauchte sich nur hinzusetzen und die Vorbruchmilch zu trinken, die noch dampfend auf dem Tische stand. Er fragte aber jetzt nicht mehr, wer ihm dies alles schaffte, er nahm es freudig hin, und bald, als er's alle Tage in Haus und Stall so wohlgetan fand, betrachtete er's als etwas Selbstverständliches. Nun konnte er immer gemütlich sein Pfeifchen anzünden und zum Fenster hinaus nach Wind und Wolken sehen, wenn er auf sein Gütchen kam, der unsichtbare Geist hatte doch schon alle Arbeit vollendet, und zwar so gründlich und gut, daß die Kühe immer fetter, die Käse und die Butterstöcke im Laufe des Winters immer umfangreicher wurden. Und was ihn am meisten freute, war, daß auch der Heustock nie auch nur um einen Halm abzunehmen schien. Jedoch so nach und nach wurde der alte Mann neugierig. Gar zu gern hätte er gewußt, was für ein Aussehen das Wesen wohl haben mochte, das ihm seine Sachen so schön besorgte und alles am Nutzen hielt. Doch wie er auch aufpaßte, er konnte nichts bemerken. Gegen das Ende des Winters hielt er's vor Neugierde schier nicht mehr aus. Er guckte durch alle Wandritzen in Stube, Küche und Stall, doch nie bekam er etwas zu sehen. Schon meinte er, er werde dem geheimnisvollen Treiben nie auf die Spur kommen, da hörte er eines Morgens die Butterliere in der Stube arbeiten. Leise hob er die Bettdecke und guckte hinein. Jetzt erblickte er zu seiner Verwunderung ein winziges Männlein mit Gänsefüßen, das eben daran war, die frischgemachte Butter aus dem Fäßchen zu nehmen. Leise zog er die Bettdecke wieder über den Kopf, denn nun wußte er genug: ein Bergmännlein hatte ihm den ganzen Winter über die Arbeit getan. Das freute ihn sehr, und er nahm sich vor, das Zwerglein, so gut er eben vermöge, zu belohnen. Am andern Tage begab er sich nach Ernen und ließ dem Bergmännlein ein hübsches neues Röcklein machen. Und wie er dann wieder hinaufkam auf die Hochfluh in sein Häuschen, legte er ihm's vor dem Zubettgehen auf den Tisch. Er war sehr darauf gespannt, was das Zwerglein nun tun würde, wenn es das neue Gewand finde. Deshalb wollte er am Morgen zeitig wach sein und scharf aufpassen. Allein er verschlief sich, und als er endlich aufwachte und nach dem Stubentisch schaute, war das hübsche Röcklein weg. Vor dem Fenster aber hörte er eine Stimme singen: "Nun bin ich gar ein schöner Mann, der nun nicht mehr hirten kann." Danach verschwand das hilfreiche Zwerglein auf Nimmerwiedersehen. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Bergmännli im Erzloch

Source: Das Bergmännli im Erzloch

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In der beinahe 600 Meter hohen Felswand des Gonzenhauptes befindet sich ein wahrscheinlich schon zur Römerzeit benutztes Eisenbergwerk, von den Sarganserländern "Erzloch" genannt. Es wurde bis um das Jahr 1870 immer noch betrieben. In den Gruben waltete das Bergmännlein, ein wohltätiger Berggeist, welcher jede Gefahr rechtzeitig verkündete. Wenn die Knappen in unergibigem Gestein arbeiteten und die Öffnung neuer, besserer Erzgänge bevorstand, geschah es, während sie ahnungslos im Knappenhaus beim Essen sassen, dass vom Bergwerke her, über die Steine bis auf die hölzerne Stiege, laute Tritte erschallten, als ob dreissig und mehr Arbeiter mit schweren, eisenbeschlagenen Schuhen sich näherten. Die Knappen sprangen hinaus; aber nichts war zu sehen und zu hören. Ungefähr im Jahr 1852 war der Knappe Martin Hobi von Hl. Kreuz mit seinem Bruder Christian in der "Lehmgrube" über einem schauerlich tiefen Schachte auf einem hölzernen Gerüste am Arbeiten. Da fing es an, kleine Steine nach ihnen zu werfen, anfangs ganz sachte, dann aber immer toller, so dass sie es endlich für ratsam hielten, ihren Posten zu verlassen. Kaum waren sie an einem sichern Orte angelangt, so stürzte das Gerüste zusammen und unter schrecklichem Gepolter in die grausenhafle Tiefe hinab. J. Natsch. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 177, S. 84 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Bergwerk auf dem Knappertopf

Source: Das Bergwerk auf dem Knappertopf

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Die Goldadern am Knapperkopf wurden von zwei Brüdern entdeckt und im Geheimen ausgebeutet. Die Habsucht brachte Unglück über sie. An einem Abende, an dem grosse Beute gemacht worden war, stürzte der eine den andern die hohe Felswand hinunter, begab sich mit seinem Schatze nach Hause, verbarg ihn und teilte den Leuten mit, sein Bruder sei zu Tode gestürzt. Schnell begab sich eine Menge junger Männer auf die Suche und fand den Mann noch lebend. Dieser verriet das Geheimnis der Goldader, gab seinen Bruder als Mörder an, und dann verschied er. Auf dem Anhau bei Ragaz wurde der Brudermörder hingerichtet; aber an der Stelle, wo der Frevel geschehen war, musste der Mörder als feuriger Mann umgehen. Hierauf ging die Ausbeutung der Gruben an die Gemeinde über; alle waren sehr ergibig, besonders die mit einer eisernen Türe versehene Hauptgrube. Ein zweistöckiger Holzbau erhob sich an der Stelle, wo jetzt die halbzerfallene Knapperhütte sich befindet, die zur Wohnung für die Bergleute und zur Aufnahme des Erzes dienen musste. Jahre waren vergangen; aber der Unhold belästigte die Knappen immer mehr, selbst in der Hütte, wenn nicht allabendlich gebetet wurde. Auch Berggeister spielten den Leuten manchen Schabernack. Das eine Mal waren die frischgespitzten Bohrer bis über die Hälfte in den Felsen hineingetrieben; ein anderes Mal war sämtliches Werkzeug an dem wohl 300 Meter tiefer liegenden Taminaufer zu finden, oder es kam den Knappen, wenn sie in einer ergibigen Erzader bohrten, plötzlich ein Strom Wasser entgegen. An einem Abende, als die Bergleute das übliche Gebet verrichtet hatten, kam durch die Stubentüre ein kaum ellenlanges Weiblein herein. Das russige Berglämpchen erlosch. "Ich bin euere Freundin, die Elfenkönigin, und gebiete über hundert dienstbare Geister. Zweihundert Jahre sind es heute, seit hier ein Brudermord geschah. Der Mörder hat nun seine Schuld gebüsst und wird euch nicht mehr belästigen. Letzthin haben meine hundert Zwerge den Kampf auch mit den Kobolden und Berggeistern aufgenommen und sie besiegt. Diese werden euch nichts mehr schaden. Ein Stunde nur, um Mitternacht, lasst die Arbeit ruhn; denn sie würde euch Unglück bringen!" Verschwunden war die liebliche Gestalt. Das Lämpchen brannte wieder. Da lebte in Vättis ein armes, aber glückliches Elternpaar. Ihr ganzer Schatz war ihr einziges Kind, Namens Marie. Es kam die Zeit, dass auf der Burg Freudenberg die Mariengerichte abgehalten wurden. Der Vater hatte Geschäfte in Ragaz, und das Töchterlein durfte ihn dorthin begleiten. Die beiden begaben sich auch auf den Freudenberg. Auf einmal entstand eine Bewegung unter den Anwesenden; ein Trupp Zigeuner war angekommen. Alles sprang so schnell als möglich, die armen Leute niederzuschlagen; denn die Zigeuner waren damals vogelfreie Leute, und die Abschlachtung derselben hielt man für ein Gott wohlgefälliges Werk. Auch die beiden Vättner folgten der Menge. Auf einmal sahen sie ein altes Zigeunerweib mit blutigem Kopfe. Ein Rasender hatte es mit einem Stocke niedergeschlagen. Die Alte wurde von dem Volkshaufen nicht mehr beachtet und hatte sich in das Gebüsch geschleppt, um dort ruhig sterben zu können. Jetzt erhob der Bergmann den Stock, um ihr den Todesstreich zu versetzen. Das Mädchen bat für sie und fand Erhörung. Die Zigeunerin aber richtete sich auf und sprach: "Gutes Mädchen! Wenn du einmal gross sein wirst, droht dir ein furchtbares Unglück; du kannst es abwenden, wenn du meinen Rat befolgst. Wenn deine Familie fünf Personen zählt und der Johannestag auf einen Tag fällt, der kein Tag ist (Mittwoch), haben dreizehn Männer etwas vor. Verhindere es; denn du rettest dann dein Liebstes vor einem schrecklichen Tode." Die Zigeunerin starb; Marie aber wuchs auf und wurde die Frau des Vorarbeiters im Bergwerk am Knapperkopf. Zwei liebliche Mädchen wuchsen dem jungen Ehepaar auf, dazu ein Knabe. Einmal gegen Ende Juni hatten dreizehn junge Männer im Übermute beschlossen, mit dem althergebrachten Glauben zu brechen und am St. Johanni-Tage ihre Nachtarbeit um zwölf Uhr zu beginnen. Das Vorhaben derselben wurde in Vättis bekannt. Auch Marie hörte davon, als sie im Görbsbach Wasser schöpfte. Vor sich sah sie plötzlich die alte Zigeunerfrau mit bluttriefendem Kopfe. Alles schlug heute nach der Prophezeiung genau ein. Ihr wurde schwindelig; sie musste nach Hause getragen werden und verfiel in ein hitziges Fieber. Der Pfarrherr wurde gerufen. Auf einmal wurde ihr Geist hell, und sie konnte offenbaren, was für die nächste Stunde bevorstund. Anton machte sich unverzüglich auf den Weg nach dem Knapperkopf, um seine Genossen zu warnen. Er glaubte, den Knapperkopf auch in tiefer, rabenschwarzer Nacht noch rechtzeitig erreichen zu können. Mitten im Wege lagen aber Tannen und Felsblöcke. Doch er verzagte nicht; er überwand alle Hindernisse bis nahe ans Ziel, wo seine Kräfte schwanden. Er wollte eine Weile ausruhen. Doch er hörte hinter sich rufen: "Beeile dich; es ist die grösste Zeit!" Bald hatte er die Hütte erreicht und betrat dieselbe. Die zwölf Gesellen aber waren schon fort. Schon trat auch das Gefürchtete ein. Der jähe Bergabhang mit Felsen, Wald, Rasen und Geröll setzte sich in Bewegung und bedeckte vor den Augen des Zuschauers die Gruben samt den Knappen. Es wurde nachgegraben; aber die Verschütteten wurden nicht mehr gefunden. Das Begrabensein in ungeweihter Erde war die gerechte Strafe für den Vorwitz. Wie sehr diese Sage in Vättis fortlebt, beweist die Tatsache, daß Ende der 1860er Jahre, als der Betrieb des Bergwerkes neuerdings aufgenommen wurde, man an vielen, vielen Orten die Erde wegschaffte und nach den verschütteten Gruben suchte. Ludwig Jäger.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 221, S. 107ff Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Berner Änni

Source: Das Berner Änni

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Das Berner Änni Im Hirzel vermutlich lebte einst eine Jungfer; man sagte ihr nur das Berner Änni. Diese stand im Rufe einer Hexe. Wenn sie von jemandem Milch bekam, so gaben sicher dessen Kühe anderntags rote Milch. Nun wohnte in ihrem Dörflein ein netter junger Bursch. Dieser bekam an einer grossen Zehe plötzlich einen solchen erbärmlichen Schmerz, dass er wie rasend in der Stube umherhüpfte. Man wandte sich an den Arzt R. in T. Dieser gab verschiedene Mittel, aber umsonst. Eines Tages erschien er selbst beim Patienten. Die Erzählerin dieser Geschichte sah selbst, wie er das Gässlein heraufkam und sein Ross neben der Haustüre‚ wo der junge Karli wohnte, anband. Das Berner Änni wohnte nicht weit von dieser Tür, auf der anderen Seite der Gasse. Der Doktor gab dem Karli ein Heilmittel, das sie geheim halten mussten. Auch sagte er, es sei das letzte, das er gebe. Es werde bald jemand kommen und etwas entlehnen wollen, erklärte er, aber die Leute sollen beileibe nichts hergeben, sonst helfe alles nichts. Darauf verabschiedete sich der Doktor und ritt das Gässlein hinab. Nicht lange hernach erschien das Berner Änni und wollte Salz entlehnen. Als es ihm aber abgeschlagen wurde, begehrte es etwas anderes und so fünferlei. Als es gar nichts kriegte, fing es laut an zu weinen und anzuhalten. Aber es musste leer heim. Unterdessen hatte der Doktor sein Pferd dem Vater des Patienten übergeben, welchen er auf dem Felde arbeitend fand. Er befahl ihm, das Tier nach U … H … zu fhren. Dann ging er wieder zurück zum Kranken. Das Berner Änni, als es heimkam, setzte sich wieder zu seinem Spinnrad, tat vier oder fünf Züge, fiel plötzlich rückwärts über den Stuhl und war eine Leiche, just in dem Augenblick als der Doktor wieder zu seinem Patienten eintrat. Ich vergesse es meiner Lebtag nicht, erklärte die Erzählerin, die dabei war, als man das Berner Änni zu Grabe tragen wollte. Da kam ein Hase die Wiese herunter, lief zwischen den Häusern durch und unter dem Sarge des Änni weg ins Weite. Nur zwei Männer gingen hinter dem Sarg her. Der Bursch aber wurde von Stund an wieder gesund und ist jetzt (vor 1859) Präsident. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee SAVk 2 (1898) 270.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das bessere Gebet

Source: Das bessere Gebet

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Von einem Einsiedel, der in den helvetischen Landen gewohnet (man weiss aber nicht, in welchen Jahren), erzählte einst ein vornehmer gelehrte Mann, dass diesen der Weihbischof von Costnitz, dem heutigen Konstanz, besucht hat, um zu erfahren, was hinter ihm stecken möge. Da habe er eine pure Einfalt angetroffen, und als er den Einsiedel gefragt, was er bete, hätte er geantwortet, er bete nur ein kurzes lateinisches Gebet. Als nun der Weihbischof gefragt habe, wie es laute, hätte er geantwortete: „O Domine misere Die! O Domine misere Die!“ Darauf habe der Bischof gesagt: „Du betest nicht recht, sondern musst sagen: „O Domine miserere Mei“. Als er nun seinen Rückweg antrat und über den Bodensee fuhr, sei der Einsiedel auf dem Wasser dem Schiff nachgelaufen, rufend und bittend, man solle ein wenig einhalten, er hätte das Gebet vergessen und wäre wieder auf die alte Redewendung gekommen. Als aber der Weihbischof das Wunder gesehen, hätte er das Kreuz über ihn gemacht und gesagt: „Gehe in Gottes Namen, du kannst besser beten als ich.“ Darauf sein der Einsiedel wieder umgekehrt und habe sich zurück in seine Klause begeben. Grimmelshausen: Des Abenteuerlichen Simplicissimi / Ewigwährender Calender Nürnberg 1670 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Beste in dem Schotten

Source: Das Beste in dem Schotten

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Das letzte "wilde Mannli" auf der Alp Matschiels äusserte gegenüber den Sennen einst, ihnen sei unbekannt, dass nach dem Käsen noch das Allerbeste in dem Schotten bleibe. Sie wollten ihm das Geheimnis ablocken und stellten ihm Schnaps hin. Das Männlein roch daran, ging aber weg und sprach: "I trouw der nit; du chünntist mi bilürla." Man glaubt, dies Köstliche sei ein Honig, der den der Bienen an Süssigkeit übertreffe. Dr. Henne-Am Rhyn, Deutsche Volkssage.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 214, S. 104 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Bettelmädchen

Source: Das Bettelmädchen

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Es lebte ein alter Burgvogt, der wünschte, dass einst sein Sohn, der junge Graf, heirate, damit das Burgvogtrecht in der Verwandtschaft bleibe. Der Vater gab nun ein Mahl, an dem er sich äusserte, dass sein Sohn demnächst heiraten werde. Der Sohn erwiderte dem Vater, dass er geneigt sei zu heiraten, nur solle man ihm die Wahl überlassen und nichts dagegen einwenden, ob er nun bald ein reiches oder ein armes Mädchen nach Hause bringe, die Hauptsache sei, dass sie ihm gefalle. Daraufhin unternahm er einen grossen Spaziergang und kam durch ein Dorf, wo er ein Mädchen am Brunnen waschen sah, das ihm sehr gefiel. Wieder zu Hause angelangt, liess er die Schneiderin kommen und eine Magd, die ungefähr von derselben Grösse war wie das Brunnenmädchen, und liess für die Schöne ein Kleid anmessen. Als das Kleid fertig war, liess er den Wagen anspannen und fuhr mit dem neuen Kleid in das Dorf vor das Haus des Mädchens, wo er ausstieg. Er fand Mutter und Tochter zu Hause. Er bat die Mutter um die Hand ihrer Tochter; er habe sie am Brunnen gesehen und wünsche sich keine andere zur Frau. Die Mutter entgegnete: "Das ist gewiss nur ein Traum oder ein Scherz von Euch, Herr, ich bin arm und kann dem Mädchen nichts geben. Wenn Eure Neigung aber eine ernste ist, so will ich nicht dagegen sein!" Da fragte er die Tochter, und diese erwiderte ihm dasselbe wie die Mutter. Da sagte der Herr zu dem Mädchen: "Ja, es ist mir ernst, nur musst du mir versprechen, in allen Fällen gehorsam zu sein!" Sie versprach es mit Herz und Hand, und nun packte er das schöne Kleid aus, sie zog es an, und es passte ihr gut; dann nahm er sie mit in den Wagen, fuhr mit ihr nach Hause und hielt Hochzeit. Das arme Mädchen hatte sich bald in die vornehmen Verhältnisse hineingefunden. Nach zwei Jahren gebar sie ein Mädchen. Als es zwei Jahre alt war, sagte der Burgvogt zu seiner Frau: "Du hast mir versprochen, immer gehorsam zu sein; das Volk beginnt zu murren, daß das erstgeborne Kind nicht ein Bub ist, drum wäre es besser, wenn wir das Kind entfernten!" Die Mutter erwiderte: "Was ich versprochen, bin ich bereit zu halten!" Sie gab dem Kleinen ihren Segen und liess es fortnehmen; sie wusste nicht, wohin es kam, und fragte auch nicht. Nach weitern zwei Jahren gebar sie einen Sohn. Zwei Jahre verflossen, und da trat der Graf wieder vor sie und sagte: "Das Volk murrt, dass der Kleine der Sohn eines ehemaligen Bettelmädchens ist, drum ist es besser, wenn er fortkommt!" Die Mutter hatte nichts dagegen einzuwenden und erteilte ihrem Söhnchen den Segen. Beide Kinder wurden, ohne dass die Mutter es wusste, zu Verwandten gebracht und dort standesgemäß erzogen. Nach einigen Jahren trat der Graf wieder vor seine Frau und sagte: "Das Volk murrt gegen mich, dass ich dich geheiratet habe; wenn ich Frieden haben will, so müssen wir uns trennen. Geh du wieder in dein Elternhaus, dann werde ich eine Vornehme heiraten, und das Volk wird wieder zufrieden sein!" Die Frau wurde traurig und sagte: "Ich habe dir versprochen, in allen Teilen zu gehorchen, und werde mein Wort halten, ohne zu murren!" Da holte ihr der Gemahl die Bauernkleider, die er aufbewahrt; sie zog ihr schönes Gewand aus und schlüpfte in das Bettelkleid. Der Graf gab ihr einiges Geld mit, und sie zog wieder nach Hause. Die Mutter suchte sie zu trösten: "Ich habe es dir gesagt, es geht so lange, dann bist du ihm verleidet!" Nach zwei Jahren liess sie der Graf wieder in seine Burg rufen und sagen, sie möchte das Schloss putzen und fegen helfen, denn er wolle wieder heiraten. Sie gehorchte und fegte das Schloss mit den andern Dienstboten von oben bis unten. Dem Burgvogt gingen dabei die Augen über. Dann sagte er zu ihr: "Wenn ich nun Hochzeit halte, so sollst du allein mir aufwarten!" Sie nickte stumm und ging an die Arbeit. Am Hochzeitstage sass neben dem Grafen ein blutjunges, schönes Mädchen. Er fragte seine Aufwärterin, wie ihm die Braut gefalle. Sie antwortete: "Sie gefällt mir gut, nur wünsche ich, dass sie Euch immer gefallen möge bis an Euer Ende und sie nicht einst so hart abgewiesen wird wie ich!" Da fiel ihr der Graf um den Hals und rief aus: "Ich wollte nie eine andere heiraten; die du da siehst und als meine Braut wähnst, ist unsere Tochter, die ich von dir genommen habe, und der schöne Jüngling neben ihr ist unser Sohn. Jetzt bist du wieder meine Gemahlin und lebst im Schlosse mit mir, und wir halten treu zusammen, bis der Tod uns trennen wird!" Quelle: Johannes Jegerlehner, Sagen aus dem Oberwallis, Basel 1913. Nr. 136, S. 106 - 108.?(Kanton Wallis, Ems im Turtmanntal). AaTh 887. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Bettelmandeli im Brunnital

Source: Das Bettelmandeli im Brunnital

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Vor etwa 50–60 Jahren geschah es, dass ein fremdes Bettelmandeli durch die Alpen des Brunnitales wanderte und Anken bettelte. Zieger oder Käse nahm es nicht. Viele Leute gaben ihm schön Anken, und es tat allen in eine gar nicht grosse Büchse. Die Leute konnten gar nicht begreifen, wieso es allen da unterbringe. Einst schauten ihm Kinder zu, als es Anken in die Büchse schoppete. Es hatte eine Schnur und machte allerlei Manöver, dass die Kinder sagten: »Lüeget, der wurstet!« Wo der Anken da hinkomme, fragten es die Kinder. Der komme da graden Weges ins Montefun, sagte es. Sonderbarer Weise übernachtet es nirgends, und als es der alte Stetter von Spiringen einlud, bei ihm zu übernachten (er hatte die Absicht, es auszuförschlen), lehnte es ab mit den Worten, es habe ein eigenes Haus und Heim. Auf der Alp Laue wollten sie ihm keinen Anken geben. Da meinte es, denen wolle es schon dran denken. Es ging; das gute, heitere Wetter hielt noch einige Zeit an, und schon sagten die Leute, das Mandeli habe sie vergessen. Da kam aber am dritten oder vierten Tag über Laue und Umgebung ein unerhörtes Hagelwetter, vernichtete alles Gras und schlug sogar die Tannen in den Wäldern so kahl, dass sie aussahen wie Geschner. Endlich warfen sie Sensen vor die Hütte hinaus, und sogleich legte sich das Wetter und hörte der Hagel auf. Aber auf der Spitzä hörten sie's jauchzen. Sie dachten, das sei das Bettelmandeli. Dieses wanderte später im Oberland herum und rühmte dort, wie es den Schächentalern einen Possen gespielt habe. Auf die Frage, woher es sei, sagte es »aus dem Montefun.« Karl Gisler, 75 J. alt, Unterschächen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945, Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Bettelweib in Wil

Source: Das Bettelweib in Wil

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Eine Stunde hinter der Stadt Aarau liegt im Jura das Bergdorf Ober- und Unter-Erlinsbach. Geht man dem Laufe des Dorfbaches weiter aufwärts nach, so kommt man in ein Hochthal, das man zu den schönsten des ganzen Gebirges zählen darf. Zwilfluh, Geisfluh, Ramsfluh, Egg, Schafmatt, Rothholz, Wasserfluh, sind die Namen der nächsten Berge, die im Umkreise einer Stunde die Landschaft nach allen Seiten eingrenzen. Dreitausend Fuss hoch reichen ununterbrochen ringsum die Buchenwälder und Bergwiesen; wie hellgelbe Bandstreifen flechten sich die Kalkfelsen oben durch die Hochwaldung, und noch auf den äussersten Felszinnen fort läuft eine Reihe unerreichbarer Legföhren, die sich zierlich fein gegen den Himmel abheben. Ein eigentümliches saftgrünes Licht mildert die schweren Wald- und Bergschatten, auf den Matten gewahrt man ein paar rothe Ziegeldächer, von der Sennweide herab tönt Schellenklang, reichlich strömen und rauschen die Quellen zusammen, im Gebüsche schlagen zahlreiche Amseln, der Hühnerweih wiegt sich in der Luft, und diese sonst wilden Schluchten werden zu einem Bilde anmuthiger Einsamkeit. Hier soll Wil gelegen haben, ein untergegangenes Bergdorf. Es ist älter gewesen, als die benachbarten Ortschaften, und es hatte schon sein eigenes Kirchlein, ehe das grosse Dorf Erlinsbach ein solches besass. Die Mauertrümmer davon standen noch vor einigen Jahrzehenten oben in der Waldschlucht bei der Ramsfluh an der Heilquelle, wo man nun das Gasthaus zum Lorenzobad erbaut hat. Man konnte die alten Grundmauern damals nicht abtragen und musste sie mit Pulver sprengen. Die Haupttragsteine und Gesimse waren schon früher weggeschafft worden, um sie in die Dorfkapelle von Ober- Erlinsbach einzumauern. Das jetzige Gasthaus bei der Quelle nimmt die Stelle des alten Grabackers ein. Da man beim Neubau den Boden umwarf, kamen so viele Gerippe auf einmal zum Vorschein, dass man sie auf den katholischen Kirchhof ins Dorf hinabfahren musste. An einem Skelette fand man einen silbernen Ring, der aufbewahrt worden ist. Befremdend aber war es, ebendaselbst auf eine ganze Schichte von Rossknochen zu treffen, die draussen um die Mauern herum wohlgeordnet lagen und zum Theil vom neben fliessenden Waldbache blos gelegt waren. Das Volk sah in ihnen Ueberreste heidnischer Gottesverehrung. Denn man weiss, dass an dieser Stelle ein Eremite wohnte und die Leute der Umgegend aus dem Wasser der Lorenzoquelle zu Christen taufte. Ehe er hieher gekommen war, hütete ein weibliches Wesen diesen Born, man kennt sie jetzt noch allgemein unter dem Namen der Frau. Der Bannwart, der oben im Bergdörflein Hard wohnt, hat sie in den letzten Jahren einmal plötzlich im Tannenwalde getroffen und konnte ihr gerade noch ausweichen. Man fürchtet sie nicht, aber man meidet sie in ehrfürchtiger Scheu; denn sie allein ist übrig geblieben, da alles zusammen, das Dorf Wil und seine Kirche bei einem Erdbeben verschüttet wurde; auch die heilige Quelle, welche früher heiss floss, ist seitdem nur lau, da sie jetzt mit andern innern Bächen zusammen geschoben aus dem Berge kommt. Aber solche Fruchtbarkeit strömt noch immer mit Quelle und Bach ins Thal, dass kaum ein Stein mehr von dem alten Gerölle des Bergsturzes unübergrast und nackt daliegt. Damals sind auch die alten Bewohner dieser Gegend ausgewandert, die Erdmännchen. Ihr Schloss hatten sie in der dem Bade gegenüber stehenden Gebirgskuppe, hoch oben in dem gewaltigen Felskegel der Ramsfluh. Die jetzt noch sichtbare Felshöhle war damals so gross, dass drinnen ein Reiter auf seinem Rosse aufrecht sitzen konnte. Nun ist der Ort schwer zugänglich, das Thor ist durch Bergschutt verengt, und erst wenn man sich durch den Einschlupf hindurch gearbeitet hat, wird das Innere der Höhle breiter und höher. Es führt noch eine Spur von Felstreppen hinan. Zur Seite klafft eine Oeffnung, das soll das Schaufenster für den Thorwart gewesen sein. Dann geht es stark in die innere Tiefe hinab, und von da soll ein unterirdischer Gang hinauf führen bis zur Spitze der eine Stunde entfernten Wasserfluh. Aber der Weg ist so klüftig und finster, dass man sich nicht hinab wagt; nicht einmal den ungeheuren Kautz kann man fangen oder schiessen, der noch drinnen haust und bei Witterungswechsel das enge Thal Nächte lang mit seinem Geheule erfüllt. Dreifache Höhlen bildeten den Keller, den Wohnsaal und die obere Schatzkammer der Zwerge. Bei Regenwetter fliesst nun der Ramsfluhbrunnen heraus, er kommt aus einem See, der im Jnnern des Gebirges liegen soll. Die Erdmännchen, die hier wohnten, trugen Mäntel, deren Saum weit über die Füsse herabreichte und deren Kapuze den Kopf verhüllte. Wer im Dorfe buck, musste ihnen einen Wähen vor das Fenster legen. Von ihnen hat man kein anderes Ueberbleibsel mehr als die grossen Alpenraben, die sich, ausser in dieser Gegend, sonst im Jura nicht aufhalten sollen. Sie dienten den Zwergen als Boten, und auf ihnen sind sie auch miteinander aus dem Thale fortgeritten. An jener Quelle in Wil gieng ein armes Weib einst am späten Winterabend vorbei, um ihr Bettelbrod heim zu tragen, das sie sich den Tag über droben in Hard bei den Bauern gesammelt hatte. Sie watete durch tiefen Schnee und fror jämmerlich. Da stand nun plötzlich ein Erdmännchen vor ihr und bat sie so dringlich als freundlich, auf der Stelle mit ihm hinauf in die Höhle der Ramsfluh zu kommen. Sie liess sich durch den hohen Lohn, von dem er sprach, bewegen, den bösen Weg noch einmal zurück zu machen, und traf drinnen in der Höhle ein kleines Weib, das gerade in Kindsnöthen lag. Derlei war der Erlisbacherin nicht allzuneu; sie erinnerte sich, wie zu ihren Lebzeiten in den zwei Nachbarorten Wittnau und Niederwil noch seltsameres geschehen und dorten sogar ein Geisbock laufen gekommen sei, die Hebamme in den Berg hinauf zu holen. Als nun das Bettelweib ihren Dienst verrichtet hatte und ein wunderwinziges Kindlein die Wände beschrie, warf man ihr Glasscherben, Steinchen und Kohlen händeweis in Schürze und Sack und entliess sie alsbald unter vielem Dank und mit der besondern Mahnung, zu diesen unscheinbaren Dingen ja Sorge zu tragen. Das Erdmännchen selbst gieng ihr den steilen Weg voran und begleitete sie wieder bis zur Lorenzoquelle hinab. Die Frau fror auf dem bösen Steige bitterlich, und wenn sie ihre erstarrten Finger unter das Fürtuch. verbergen wollte, verlor sie darüber bald dies bald das von dem Duzenderlei, was man ihr droben hineingesteckt hatte. So oft sie wieder etwas im Hohlwege fallen ließ, sagte das Männlein allemal: Je minder as b'hebsch, Je minder as hesch. So kam sie endlich heim. Als sie da den Ueberrest von allem, was unterwegs nicht aus der zerlumpten Schürze gefallen war, beim Lichte ausbreitete, fand sie noch eine Glasscherbe, die zu Silber geworden war, und ein Köhlchen und ein Steinchen, das eine war in Gold, das andere in einen Edelstein verwandelt. Alles Suchen um das verloren Gegangene half nachher nichts mehr. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 264 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Beugenfräuli

Source: Das Beugenfräuli

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Unweit des Freulerpalastes in Näfels steht ein altes Herrenhaus mit hohem Giebel, die Beuge. In den getäferten Räumen huschen zu gewissen Zeiten gespensterhafte Schatten umher, und es werden dann auch unerklärliche Geräusche vernommen, Anzeichen, dass das Beugenfräuli seinen Rundgang mache. Zur Ritterzeit habe es auf der Burg Stadion gewohnt, zog dann aber ins Dorf hinab und lebte in frommer Einsamkeit. Weil die Adelige mit niemand verkehrte, wurde sie von den Nachbarn als hochmütig verschrien. Irgend etwas Ungerechtes muss das sonderbare Fräulein doch verübt haben, denn die Sage weiss, dass erst der Jüngste Tag ihrem Geisterwandel durch die Beuge ein Ende setze.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Das bewachte Kegelspiel

Source: Das bewachte Kegelspiel

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Im Churer Talgebiet erheben sich über die Wiesenfläche mehrere kleine Hügel. Auf einem derselben, ein Viertelstündchen von der Stadt Chur steht ein altes Häuschen, in dessen Keller lange Zeit ein goldenes Kegelspiel verborgen war. Das hätten manche gern erlangt, aber es ging nicht so leicht, denn bei dem Kegelspiel hielt ein schwarzer Pudelhund mit feurigen Augen Wache. Jetzt soll das Kegelspiel von dem Eigentümer des Hügels gehoben sein. Quelle: Theodor Vernaleken, Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch


by Das Bibern-Mummeli

Source: Das Bibern-Mummeli

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a) Ein verkommenes Entlebucher „Meitschi" lebte eine Zeit lang in seinem Leichtsinne dahin. Mit einem Male aber wurde es leutescheu, düster und schritt sichtbarem Tode entgegen. Die Unglückliche, sie hatte ihrem Kind in der Bibern, die vom Heiligkreuz ob Entlebuch herabeilt und bei Hasle in die Emme fliesst, den Tod gegeben. Nun wandelt sie bachauf und -ab bis zum jüngsten Tage. Schon viele haben sie jammern gehört. Im alten „Chreiehus" hat das Mummeli lang auf dem Ofen seinen Platz gehabt, ist da „grupet" und duldete niemanden neben sich. Den Leuten im Hause nahm's die Speise vom Tische und zerschlug die „Bekle und Kachele" alle. Endlich wurde es auf den Estrich verbannt. Beim „Wandten" an der Bibern schreit's manchmal wie eine Katze. Der „Himmelseppel" hat 's selber jammern gehört und als seine Kameraden in der „Höll", einem Hause, noch spät in der Nacht tranken und wegen des Mummelis Spass machen wollten, hat er sie ernstlich vermahnt.   b) Von dieser Sage gibt es eine schöne Variante: Einer armen Frau zu Hasle brachten sie ihren Mann vom Wildhauen als zerschlagenen Leichnam nach Hause. Vor Entsetzen fiel sie in die Wehen und bekam ein Kind um zwölf Uhr in der Nacht. Jammer und Schmerz hatten sie halbwahnsinnig gemacht. Sie lief mit dem Kinde zum toten Manne und sprach: „Da, sorg jetzt für den Balg!" Damit hatte der böse Geist Gewalt über sie erlangt und er sprach aus der Leiche: „Wirf ihn ins Wasser; hat Gott dir deinen Mann sterben lassen, so magst du auch das Kind töten." Und sie tat es und warf 's in die am Hause vorbei rauschende Bibern. Bloss geschehen, und verzweiflungsvolle Reu' hat sie ergriffen. Siehst, wie sie atemlos dem Bachbord entlang hinunter rennt und dem Kindlein unverwandt ins bleiche der Mutter zugewendete Antlitz schaut! Sie will retten und vermag es nicht. So ging 's hinab bis zur Emme, wo die Mühle steht. Das Kind treibt dem Rade zu - eile, eile! Weh, schon hat das Rad es ergriffen; langsam - langsam, dass die Mörderin das bleiche Gesicht und jeglich Gliedlein unterscheiden konnte, wird der Leib gehoben und verschwand dann jenseits der Kämme wie ein grosser, weisser Schneeflocken. Jammervolles Geheul, das die Frau nun auszustossen beginnt. Es treibt sie seltsam und unwiderstehlich hinauf zu jenem Stein im Bach, wo sie das Kind hineingeworfen hat. Da stürzt sie sich nun selbst hinein, schwimmt hinab bis zum Mühlenrad, das sie packt und in reissendem Wirbel zermalmt. Aber der armen Seele ward bis heute keine Ruh. Dort auf dem Steine sitzt sie allnächtlich und büsst ihre Blutschuld. Wenn das Wetter ändern will, muss sie unter Geheul und Wehklagen bachab schwimmen dem Mühlenrade zu.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Das Birchmädchen am Mettmenhaslersee

Source: Das Birchmädchen am Mettmenhaslersee

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Das Birchmädchen am Mettmenhaslersee Dieses idyllische Seelein ist ein wahres Schmuckstück des Unterlandes und mit Recht vom Niederhasler Gemeinderat im Jahre 1946 unter Naturschutz gestellt worden. Da gedeihen noch seltene Pflanzen, Vögel und Insekten, und zu allen Jahreszeiten geniesst man hier den ungestörten Anblick eines lieblichen Landschaftsbildes. Früher aber betrachteten viele den Haslisee mit anderen Gedanken, denn er galt geradezu als unheimlich. An seinen Ufern ereigneten sich in alten Zeiten etliche Mordtaten, oder die Seerosenstengel hielten wie Nixen manchen ungeübten Schwimmer so fest, dass er jämmerlich ertrinken musste. Ferner kam es oft vor, dass verzweifelte Menschen in ihrer letzten Not hier im Wasser den Freitod suchten. Eine solche Begebenheit überliefert die folgende Sage. Darnach war in einem Bauernhaus der Umgebung ein ausserordentlich eigensinniges Kind, das von klein auf niemandem gehorchen wollte, in einem fort „täubelte“ und Eltern oder Lehrer bei ihren Ermahnungen nur noch auslachte. Eines Tages wollte die Mutter das böse Mädchen zöpfeln, wobei dieses so rasend wurde wie noch nie, um sich schlug und fortrennen wollte. Da ging auch der Mutter die Geduld aus, und wütend rief sie ihm zu, es solle ihr in des Teufels Namen aus den Augen. Das Kind, so berichtet die Sage, habe sich diese Verwünschung so zu Herzen genommen, dass es sofort an den See geeilt sei und sich dort ertränkt habe. Auch im Wasser habe es aber keine Ruhe gefunden, sondern es sei zu einem Vogel verzaubert worden, der auf einer hohen Tanne im nahen Birchwäldchen gehorstet und in gewissen Nächten andauernd „o weh, o weh!“ gerufen habe. Das sei gelegentlich auch Schulkindern zu Ohren gekommen, und manches habe gedacht, es wolle doch lieber gehorchen als in einen solchen Vogel verwandelt werden. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Unterland Wörtlich aus Hedinger, S. 12. Seine Quelle: Artikel von P. Corrodi vom 18. 5. 1948 im „Wehntaler“, Nr. 58, der sich auf die Dialektnotizen des Rümlanger Pfarrers K. Marthaler (1869) stützt, welche in der Bibliothek des schweizerdeutschen Wörterbuches zu finden sind.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Birnli will nit fallen

Source: Das Birnli will nit fallen

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Der Herr will das Birnli schüttle, das Birnli will nit fallen: der Herr, der schickt das Jockli hinaus, es soll das Birnli schüttle: das Jockli schüttelts Birnli nit, das Birnli will nit fallen. Da schickt der Herr das Hündli naus, es soll das Jockli beißen: das Hündli beißt das Jockli nit, das Jockli schüttelts Birnli nit, das Birnli will nit fallen. Da schickt der Herr das Prügeli naus, es soll das Hündli treffen: das Prügeli trifft das Hündli nit, das Hündli beißt das Jockli nit, das Jockli schüttelts Birnli nit, das Birnli will nit fallen. Da schickt der Herr das Fürli (Feuer) naus, es soll das Prügeli brennen: das Fürli brennt, das Prügeli nit, das Prügeli trifft das Hündli nit, das Hündli beißt das Jockli nit, das Jockli schüttelts Birnli nit, das Birnli will nit fallen. Da schickt der Herr das Wässerli naus, es soll das Fürli löschen: das Wässerli löscht das Fürli nit, das Fürli brennt das Prügeli nit, das Prügeli trifft das Hündli nit, das Hündli beißt das Jockli nit, das Jockli schüttelts Birnli nit, das Birnli will nit fallen. Da schickt der Herr das Kälbli naus, es soll das Wässerli läpple: (trinken) das Kälbli läppelt das Wässerli nit, das Wässerli löscht das Fürli nit, das Fürli brennt das Prügeli nit, das Prügeli trifft das Hündli nit, das Hündli beißt das Jockli nit, das Jockli schüttelts Birnli nit, das Birnli will nit fallen. Da schickt der Herr den Metzger naus, er soll das Kälbli metzle: der Metzger metzelts Kälbli nit, das Kälbli läppelt das Wässerli nit, das Wässerli löscht das Fürli nit, das Fürli brennt das Prügeli nit, das Prügeli trifft das Hündli nit, das Hündli beißt das Jockli nit, das Jockli schüttelts Birnli nit, das Birnli will nit fallen. Da schickt der Herr den Schinder naus, er soll den Metzger hängen: der Schinder will den Metzger hänge, der Metzger will das Kälbli metzle, das Kälbli will das Wässerli läpple, das Wässerli will das Fürli lösche, das Fürli will das Prügeli brenne, das Prügeli will das Hündli treffe, das Hündli will das Jockli beiße, das Jockli will das Birnli schüttle, das Birnli das will fallen. Quelle: Kinder- und Hausmärchen, Brüder Grimm, Schweizer Märchen, Anhang Nr. 13, Reclam Stuttgart   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das bleibende Brot

Source: Das bleibende Brot

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In Goppisberg kamen oft Gogwärgini auf Besuch und arbeiteten für die Leute dort. Wenn sie für ihre Arbeit ein Brot und einen Käse erhielten, waren sie zufrieden. Sie nahmen dann ihr Messer und schnitten einen Strich mitten durch Brot und Käse. Sie assen jeden Tag nur bis zu diesem Strich, und am folgenden Tag waren Brot und Käse wieder ganz. GOPPISBERG Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Bleichi-Mueterli

Source: Das Bleichi-Mueterli

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Oberhalb Schönbrunn, auf dem Wege gegen Hinterburg zwischen dem Bethlehem und dem sogenannten "Loch", liegt ein Stück Land, das man die "Bleichi" nennt. Dort ging einst ein Gespenst um. Eine weibliche Gestalt, schwarz von Gesicht, in weissem Gewand mit einem Strohhut auf dem Kopfe, kam vom sogenannten "Wösch", einem Wald zwischen Bethlehem und Edlibach, sehr oft mit einem Licht in der Hand. Noch in den Jahren des letzten Jahrhunderts wurde ein junger Bursche von Schönbrunn durch den Anblick des Bleichi-Mueterli so erschreckt, dass er einige Zeit krank darniederlag. Vor Jahren ging ein Menzinger als kleiner Knabe mit seinem Vater bei der Bleichi vorbei, sah das Gespenst mit einem blauen Lichtlein und schloss sich ängstlich an den Vater an, der aber von der gefürchteten Erscheinung gar nichts wahrnehmen konnte. Man sagt auch, dass einst ein frecher Obstdieb in der Gestalt des Bleichi-Mueterli seine langfingrige Runde unter den dortigen, reichbehangenen Obstbäumen gemacht habe, bis ihm wachsame Bauern das Handwerk gelegt hätten. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 83 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Bleiki-Muoterli

Source: Das Bleiki-Muoterli

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Oberhalb Schönbrunnen, an der neuen Landstrasse von Ägeri gegen Hinterburg zwischen Bethlehem und dem sogenannten Loch, ist ein Stück Land mit einer Scheune, so zum Hofe Schönbrunnen gehört, die Bleiche genannt. Dort sah man zuweilen - noch in jüngster Zeit bei Nacht ein Gespenst. Eine weibliche Gestalt, schwarz von Gesicht, in weissem Gewande mit einem Strohhut auf dem Kopf, kam von der sogenannten „Wösch" einem Walde zwischen Bethlehem und Edlibach her - oft mit einem Lichte. Noch in den dreissiger Jahren wurde ein junger Bursche von Sch. durch den Anblick des sogenannten „Bleiki- Muoterli" so erschreckt, dass er einige Zeit krank wurde, worauf an dem Orte ein Exorzismus durch Pf. W. von M. vorgenommen wurde. - Vor etwa 30 Jahren ging N. Z. als kleiner Knabe mit seinem Vater bei der Bleiche vorbei, sah das Gespenst mit einem blauen Lichtlein und schloss sich ängstlich an den Vater an, der aber nichts sah. Man sagt, in neuerer Zeit habe ein Obstdieb in Gestalt des Bleiki-Mutterli die Runde um die Bäume gemacht.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Das bluetig Chnöchli

Source: Das bluetig Chnöchli

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Uf dr Limmerealp isch emal e jungs Puurschtli as Handbueb gsi. Das hät Täv gheisse. Lang eb d Sunne überem Biferte vüre güggslet hät, isch dr Täv schu i de Wehre gsi und hät si im Trog vor dr Hütte gwäsche. «Losed», händ die am undere Stafel ufem Tril zuenand gseit, «dr Täv Iaht schu e Heuerlig ab, es isch Zyt zum Uufstuh.» Au d Gamstier sind vertwachet, und d Mungge händ di eerschte Pfiff abluh. Vu dem stränge Wärche hät dr Täv allewil guete Appetit überchu, und dorum hät er gären echlei gmüselet, und Fänz hät er underetue wiene Grosse. Dr Sänn aber isch e herte Dingeler gsi, e Mäntsch, wo eim nuch ds Zändweh vergunnet hät. Er hät der Bueb gänzet, was er nu hät chänne. Emal amene Abend, wo dr Täv i d Hütte chunnt und lueget, ob’s nüd bald z Nacht gäb, chunnt dr Sänn i d Galle. «Da chasch emal ha bis gnueg!» brüelet er dr Bueb a, paggt ne am Gnigg und wirft ne Tschüder voruus in di süttig Schotte. D Lych hät er i ds Tobel abegworffe. De Lüüte hät er aaggih, dr Täv sig erfalle. Aber das bös Gwüsse hät dem Uutüüfel vumene Sänn ekei Rueb gluh. Gly na Michaeli, woner dr Luh im Sagg gha hät, isch dr Sänn uusgwanderet, und niemert hät nüüt vunem gkört. Es vergühnd e Puschle Jahr, so chunnt er wider emal gu Glaris. Es isch gad Chilbi gsi und i allne Wirtshüüsere Gyger. Er nüd fuul und gaht au gu bödele. Ekeine hät er ussluh und hät gfleugt wi dr Lump am Stägge. Zwüschetine isch er emal a d Linth übere gu verchuehle. Wien er e Huet volle Wasser useschöpft, so gsiht er e chlys wysses Chnöchli. Er ninnt’s i d Hand und gschauet’s, und es gfallt em di lengeri besser. Es isch aber au en aprännt schüüs Chnöchli gsi, heller as Elfebei und en Art wiene Vogelfädere. Er steggt’s uffe Huet und gaht wieder uf d Tanztili. Woner im schünschte Schwung gsi isch, laht sis Maitli zeismal e märderliche Wiichs ab und lauft em us den Aarme. Au d Musig hört uf. Was hät’s gih? All sind umme Sänn ummegstande, und eine zeiget uf sine Huet und rüeft: «Det! Det!» Und due hät’s au dr hinderscht gsih: Us dem bleiche Fäderechnöchli sind gross, schwär Bluetströpfe usetroolet, ganz tunggel. Due sind die Lüüt gruusam erschrogge, und eine, wo si uf dernigs Züüg verstande hät, seit, das sig näme nüd gad schuundtli, as sig’s. Mä hät dr Sänn uusgfräglet, bis er nümme hät chänne laugne. Und due isch alls uuschu. Dr Sänn aber hät vu dr Tanztili ewägg vor Gricht müese und gly drüberabe uffe Galgebüchel.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Das Blutei

Source: Das Blutei

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Es war einmal ein Müller, der hatte drei sehr schöne Töchter. Nach einiger Zeit kam zu ihm ein vornehmer Herr, der bat ihn, ihm eine seiner Töchter zur Frau zu geben. Der Müller gab ihm die Älteste, und der vornehme Herr ging mit ihr auf sein Schloss. Eines Tages, als der Mann fort war, gab er seiner Frau den Schlüssel zu allen Zimmern und sagte, sie könne überall hinein, ausser in das und das Zimmer. Als er fort war, öffnete die Frau alle Zimmer und schaute überall hinein, ausser ins verbotene. Aber da der Mann längere Zeit wegblieb, nahm es sie mehr und mehr wunder, was in diesem Zimmer war. Sie trat ein und sah Menschenfleisch drin. Da erschrak sie fürchterlich, sie liess das Ei fallen, und das war nachher voll Blut. Sie konnte es waschen, sooft sie wollte, es wurde nicht sauber. Bald darauf kam der Mann nach Hause, und als er sah, dass das Ei Flecken hatte, tötete er seine Frau. Danach ging er wieder zur Mühle, er wollte die mittlere Tochter zur Frau, und der Müller gab sie ihm. Der vornehme Herr führte sie aufs Schloss. Nach einiger Zeit verabschiedete er sich von seiner Frau, gab ihr ein schönes Ei sowie die Schlüssel zu allen Zimmern und sagte ihr, sie könne überall hineingehen, ausser in das und das, da dürfe sie nicht hinein. Die Frau machte das so, doch schliesslich siegte die Neugier, so dass auch sie das verbotene Zimmer öffnete. Da sah sie die Leiche und die Kleider ihrer Schwester. Da erschrak sie derart, dass sie das Ei ins Blut fallen liess. Auch sie konnte die Blutflecken auf dem Ei nicht abwaschen, und als der Mann zurück war und das Ei sah, tötete er sie wie ihre Schwester. Der vornehme Herr ging zum dritten Mal zum Müller und wollte die Jüngste zur Frau. Nach langem Bitten gab sie der Müller. Auch sie nahm der Herr auf sein Schloss, und nach einiger Zeit, bevor er wegging, gab er auch ihr ein Ei sowie die Schlüssel zu allen Zimmern und sagte, sie dürfe alle Zimmer öffnen ausser einem. Als der Mann in den ersten Tagen nicht nach Hause kam, legte sie das Ei in eine Schublade und öffnete dann alle Zimmer, auch das verbotene. Darin fand sie ihre beiden ermordeten Schwestern. Da wusste sie, dass ihr Mann ein Mörder war. Der kehrte dann heim, und sie zeigte ihm das saubere Ei. Er lobte sie, dass sie folgsam gewesen sei. Doch am andern Tag, als der Mann schlief, haute sie ihm mit einem Schwert den Kopf ab und ging in die Mühle zu ihrem Vater zurück, dem sie alles erzählte.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das blutende Knöchlein

Source: Das blutende Knöchlein

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Bei Fahrni, unweit Thun, erhebt sich die Ibachfluh. Dort ist einst eine Jungfrau von ihrem Liebsten getötet worden. Der Mörder arbeitete hernach mit anderen in der Nähe auf dem Feld. Da liess ein Rabe ein Knöchelchen fallen. Das hob ein Arbeiter auf und zeigte es verwundert den andern. Anfänglich wollte es der Mörder nicht anfassen. Als er es jedoch in die Hand genommen, fing es in seinen Händen an zu bluten. So wurde der Täter erkannt und dem Arm der Gerechtigkeit überliefert. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Blutwunder von Zug

Source: Das Blutwunder von Zug

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Im lateinischen Reisebericht des seligen Jordanus von Sachsen wird eine fromme Zuger Legende aus dem Jahre 1234 erzählt. Jordanus von Sachsen war der zweite Generalmeister des Dominikanerordens und in dieser Eigenschaft zog er viel von Italien über die Alpen nach dem heimatlichen Deutschland. Auf einer solchen Italienfahrt soll Jordanus auch nach Zug gekommen und über Nacht in einer Herberge geblieben sein. Damals lebte in Zug ein Schmied, der unter einem äusserst beschwerlichen Leiden seit Jahr und Tag litt. Mehr als dreissigmal stellte sich bei ihm tagtäglich ein heftiges Nasenbluten ein, das nur sehr schwer zu stillen war. Als der Schmied hörte, ein frommer, heiligmässiger Mann sei heute in einer Gaststätte abgestiegen, ging er eilends hin und bat ihn um Heilung von dem Übel. Jordanus sah den gläubigen Sinn des Schmiedes und heilte ihn auf der Stelle durch eine leise Berührung mit seiner wundertätigen Hand. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 13 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Bockschinden ob Valeis

Source: Das Bockschinden ob Valeis

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Über der Felswand von Valeis stand eine Föhre, deren Äste über den gähnenden Abgrund hinausragten. An einem dieser Äste wollte Hansrudi, ein junger Senn auf der nahen Alp, den Bock schinden, d. h. er wollte sich an den Knieen dort aufhängen, Kopf und Leib nach abwärts gerichtet. Als Lohn sollte er die schönste Zeitkuh der Herde erhalten, d. h. ein schönes, trächtiges Rind. Die Braut des Sennen mahnte ab und bemerkte, dass er des ausgesetzten Preises nicht bedürftig wäre, da er reich genug sei und schon manch schönes Stück Vieh besitze. Er soll Gott nicht versuchen. Der Bräutigam jedoch lachte und hängte sich an den Baum. Aber in der Tiefe erschien ein Tier, das aus Rachen und Augen Feuer spie; es stieg hinauf und hängte sich dem Hirten an den Hals, zerkratzte ihn und zog ihn in den Abgrund hinunter. Uli, der ihn zu dieser frevlen Tat bewogen hatte, um ihn zu verderben, schlug mit den Füssen nach dem Unglücklichen und fiel selbst hinunter. Ein Waldbruder war in der Nähe gestanden. Mit einem frommen Spruch konnte er den Sennen aus den Händen des Bösen befreien; aber Uli fand ein unseliges Ende und trabt heute noch als Valeisenhund durchs Tobel hinaus in das offene Tal und auch wieder zurück. (Nach J. J. Reithards Gedicht.)   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 193, S. 90 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das böse Gevierte

Source: Das böse Gevierte

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In der Summerigsrod im Weggital (Wägital) ist ein gevierter mit Steinen umhegter Platz, welchen nach dem Volksglauben niemand unbestraft betreten kann. Als einst zwei Geissbuben dort in Streit gerieten, warf der eine ein Gitzerli des andern in das Gevierte und das Tierlein starb alsbald. Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Das böse Lohmännlein

Source: Das böse Lohmännlein

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      Von Sankt Wolfgang im Zugergebiet führt der Weg nach Hühnenberg beim Lohwald vorbei, einem kleinen Gehölz. Da hatte das Lohmännlein seinen Bereich, in welchem es gar ungnädig herrschte. Wer bei nächtlicher Weile durch das Wäldchen ging, wurde jämmerlich gequält, zerzaust und geschlagen, so dass selten einer davon kam. Nachts stieg es sogar in die Häuser der Umgebung, stürzte Fenster ein und zertrümmerte mit höhnischem Lachen das Küchengeschirr. Einmal umstellten sie das Wäldchen mit bewaffneten Männern, vor denen es sich allerdings mäuschenstill verhielt. Doch erst als die Weinrebenkapelle im damals vorhandenen Rebgelände errichtet wurde, verschwand Lohmännchen.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Das böse Müetterli

Source: Das böse Müetterli

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a) An einem glanzheitern Sommernachmittag waren in jenen ebenen Matten zwischen Amsteg und Silenen, die man die Gründe nennt, Leute mit dem Einheimsen des dürren Heues beschäftigt, als ein altes, altmodisch gekleidetes Müetterli mit einem Häubchen auf dem Kopfe des Weges daherkam und sie anredete: »Mached iär de nur ä chly gleitig, äs chennt de nu eppä-n-einisch chu rägnä!« »Dü altä Stoder (Baumstrunk), dü bisch meini värrucktä!« rief unwillig ein grober, übermütiger Bursche, »bi dem glanzheitärä Schon chunnd's etz dänk chu rägnä!« Aber kaum war das Wybervölchli hinter der Ortflueh verschwunden, überzog sich der Himmel brandschwarz, und ehe man sich versah, schüttete es vom Himmel wie mit Zubern. Durch alle Ribitäler kamen die Ribenen, und die Wildbäche überschwemmten den Talgrund. »Da hend-s'es düä g'wisst!« Der Ortspfarrer von Silenen vernahm die Geschichte, liess jenen Burschen vor sich kommen und machte ihm Vorwürfe wegen seiner groben Rede. »Ich kännä das scho, das isch nid äs rächts Müetterli«, sagte er, »das wohnt da änet der Ryss änä, im Platti. Lahnd iehr das la machä!« b) Im Wald grad ob dem Platti hatten einst drei Holzarbeiter eine schwere Buche gefällt. Bevor sie sich zum Mittagessen begaben, schlugen sie mit aller Gewalt zwei eiserne Keile in den Stamm und sagten zueinander: »Die zwee Isäweggä nimmt-is etz ämel niemmer drüss!« Aber wohl! als sie zurückkehrten, da lagen die beiden Keile frei auf dem Baumstamme, und darin war auch nicht ein haarbreiter Spalt zu entdecken! Das hatte das Müetterli verübt. c) Alle Fronfastenmittwoch in der Nacht ritt es auf einem weisstannenen Grissbesen, der vorn wie die Hörner an einem Hornschlitten gekrümmt war, durch die Intschiflühe hinauf und hinunter unter fürchterlichem Geschrei. d) Es wurde auch nicht selten im Gruomwald, zwischen dem Wiher- und Opplital, beobachtet. Dort fällte einst ein Silener eine Tanne, und als er anfing dreinzuschlagen, da kam, mächtig rauschend, in einer Zeine dieses Müetterli durch die Äste herunter, stand vor ihn hin und klopfte ihm freundlich auf die rechte Schulter, indem es dazu sagte: »So so, güetä Ma, iähr schwitzet mein-i.« Und rauschte wieder in der Zeine durch die Tanne hinauf. Am folgenden Tag hatte der Mann einen geschwollenen Arm und war unfähig zur Arbeit. Er ging zum Ortspfarrer, aber der konnte ihm mit dem besten Willen nicht helfen und schickte ihn zu den Kapuzinern. Diese untersuchten ihn und fanden mehr als hundert Gufen in seinem rechten Oberarm eingedrückt. e) Das war aber den Leuten doch zu viel. Sie wünschten, das unheimliche Weibervolk loszuwerden. Endlich haben sie es auch erwischt. Ein fahrender Schüler unterrichtete die Leute: »Ihr wisst, dass jeder Hund an drei Füssen je einen Sporn trägt; wo aber ein Hund 12 Junge wirft, da ist immer einer dabei, der vier Sporen hat. Suchet nun einen Hund mit 12 Jungen und leset aus ihnen jenen aus, der die vier Sporen hat; ziehet ihn auf, und wenn er gross geworden und euch das Hexenmüetterli irgendwo zu Gesicht kommt, dann reizet den Hund auf's los, er wird es erwischen.« Die Silener, Steger und Gurtneller machten sich jetzt auf die Suche nach einem solchen Hund. Einen mit 9 Jungen fanden sie auch ziemlich bald, aber das war eben noch nicht der rechte. Sie mussten noch lange suchen, bis sie endlich in Göschenen einen Hund mit 12 Jungen erfragten. Der Besitzer trat ihnen das vierspörige Hündchen gerne ab, sie hätten sogar alle 12 Jungen geschenkweise bekommen, aber sie waren mit dem vierspörigen vollauf zufrieden. Nach einigen Jahren erblickten sie das Müetterli in den Flühen hinter Amsteg; sofort hetzten sie den Hund auf dasselbe los, der sprengte es in die Reuss und schwamm ihm volle drei Stunden weit nach bis nach Seedorf, wo er es endlich packte und an das Ufer schleppte. Vor Gericht bekannte es: Der wirschisch heigs-em einisch ta, wossi-si im Wald innä Ronä värwandelt g'ha heig und d'Holzer bim Zabigässä uff der Ronä g'sässä syget und d'Mässer dri g'steckt heiget. Es wurde zum Feuertod verurteilt. Jos. Maria Tresch Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das böse Weib von Bossen

Source: Das böse Weib von Bossen

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Ob dem Dorfe Wengen, wo heute das Steintrümmerfeld von Bossen ist, da war einst eine blumige Alp. Sie wurde besorgt von einem helläugigen, rotbackigen, jungen Sennen. Herbst für Herbst waren die Bauern über ihn des Lobes voll; kaum sah man je einen geblähten Käse von Bossen. Der ledige Älpler war ein stiller, gerader und zurückgezogener Bursche; selten ging er ins Wirtshaus. Kam es einmal an einem Festtage vor, so trank er wohl zur Kurzweil einen Schoppen Wein, aber niemals zwei. Wenn am Kiltsamstag die andern Burschen dem Schnaps nachliefen, stellte er sich auf die Seite, entging so den oft wüsten Schlägereien, musste nicht vor den Chorrichter nach Gsteig, und vor seiner Schwelle stand nie ein Anschicksmann. (Vermittlerbote) Bei allen Mädchen von Wengen war er wohl gelitten aber eine, die tat ihm ganz besonders schön; sie war ein schwarzhaariger Wuschel. Die kleinen Stücklein Holz und die jungen Weiber halten sich ja niemals lange still, die dunkle Rätscha (Klatschbase) aber, die überschritt am gleichen Tag mehr als ein halbes Dutzend fremde Schwellen. Dem Hirt auf Bossen, dem sagten die Jungfern nichts; er wollte nicht an ihre Gnade kommen. Aber der Wuschel wusste ihn überall zu vernehmen und strich ihm nach auf Weg und Steg. Obwohl sie mit ihrem nimmermüden Mundwerk öfters über ihn herfiel, gab er ihr kein ungerades Wort. Sobald sie dann merkte, dass er ihr nicht Ohren schenken wollte, da war sie kein gutmeinendes Weibervolk mehr; sie verlästerte und stampfte ihn in Grund und Boden hinunter, liess keinen guten Faden an ihm. Der Bursche litt sich aufs Blut, liess die erfinderische Verleumdung über sich ergehen und vergass all das Leid, als er wieder oben im blumigen Bossen am Alpen war. An einem verworfenen Tag stieg die Schwarzhaarige hinauf nach Hohfluh oberhalb der Alp. Hier brachte sie einen losen Felsblock ins Rollen, von dem sie glaubte, er stürze schnurgerade auf die Hütte. Aber — o weh! — sie wusste nicht, dass selten ein Block allein hangab rollt, sondern im ersten Aufschlag ein Dutzend, im fünften oder sechsten Hunderte weckt zum verheerenden, polternden Weg in die Tiefe. Als der krachende Steinschlag niederging, da löste sich auch der Teil der Hohfluh, auf dem das falsche Weib stand, und alles — ganz Bossen — Wald wie Weid gingen unter in Steinstaub und donnerndem Felskrachen. Tief unter gewaltigen Quadern liegen nun Mensch und Tier und Hütte. Das Weib, das hört man laut schreien unter den Blöcken, jedesmal, wenn aus irgendeinem Grunde sich ein Stein löst oben an Hohfluh. Quelle: Hans Michel, Ein Kratten voll Lauterbrunner Sagen. Wengen 1936. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das boshafte Zwerglein

Source: Das boshafte Zwerglein

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Oberhalb Eerlenbach im Simmentale lebte vor Zeiten ein geiziger Mann. Sein Geiz war so gross, dass er nicht einmal seiner Kuh, die er Vreneli genannt hatte, das Futter gönnte. Er verkaufte lieber sein Heu. Darob wurde die Kuh mager wie ein Gerippe. Als aber der Frühling kam, trieb der Bauer seine Kuh auf s Feld hinaus und freute sich, als er sah, wie gierig sie die grünen Kräuter verschlang. Hielt sie einen Augenblick inne, so rief er ihr zu: "Cheu, Vreneli, cheu. - Gras spart Heu." Das Zwerglein, das in der Nähe auf einem Steine sass und zusah, wie das arme Tier vor Heisshunger frass, bis es erstickte, gönnte dem Geizigen den Schaden und rief ihm jetzt höhnisch zu: Bäuerlein, Bäuerlein, ha, ha, ha! Sälber ta muess sälber ha. Hättest du dies sälber ta, So müesstist du drum d’s Läbe Iah. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Bozhaus in Naters

Source: Das Bozhaus in Naters

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Es ist das vor alte Zitu as leid's schüchlig's Hiischi g'si. Durch d'Chuchi ist der Dorfwüör g'gangu. Und wil in-ner Chuchi keis Pfeister g'si ist, so hät-mu bim Ingah am luteru Tag fast gar kei Lütri g'häbet. Mu hät in-ner Fistri, nebu dum Wüör der so schüchlich g'ruschot hät, müessu verbi gah, und mu hät müessu mit de Händu umha tappu, far d'Stubutür z'finnu. Hät-mu di endlich funnu und ufgita, so ist-mu in-a schwarzi, halbfistri und schweri Stuba cho, wa eim fast dun Tag hät ang'fangu fürchtu, b'sunders wenn eim z' Si cho ist was alti Lit van dischum Hiischi gizählt heint — und wie es da in-ner Nacht uheimlich und voll Boze si selle. Mu seit in-ner Nacht hei mu's da oft g'hört in-ner Stubu piste und towwu; hin-ner dum Ofu hei eis mengsmal g'sessu ohni Chopf; wesch in-ner Nacht us der Stubu oder in dieselba g'gangu sy, so sy-ne as Mannsbild ohni Chopf nahgigangu und endlich hin-ner dum Ofu verschwunnu. Oft heisch abbas g'hört hin-ner dum Ofu ussa drohlu und wesch g'lotzet hei, so sy's bald a leide Totu- Chopf, bald wie as frisch abg'schlagus Meidju-Chopfji und bald wie as jung's Buobu-Chopfji g'si. Bald as wemmu er grosse Chasto zuoschlä — und darnach ufam Dotz Fleisch zerhacku g'hörti; bald z'schutzu-wis erbärmli jamru — und nachu-wärt immer weichri und weichri Stimm, as wem-mu as jungs Wibsbild ermordu täti. Oft hei-mu uf der Dili, wie a schwarze Hufo Geld g'seh und wesch mit dum Stecku druf g'schlagu hei, so sy er zerstobu, wie a Schwarum chleini Blagfleuge. Doch es giengi z'lang alli di Bozug'schichte ufz'ällu; gnuog dannuva. D'Ursach, dass in dischum Hiischi so uheimlich g'sy syge, chomme van-am grusige Mürder her, der hie vor uralte Zitu selle g'wohnt hä. Dische Mürder hei Jani g'heissu, an Usländer, der a Hiesigi g'heiratot hei. Er hei as halbg'wachsus Steuftöchterli bi ihm g' häbet, dem er scharpf sind g'sy si. D'Muoter hei allzit Chlupf far das arm Chind g'häbet, wil schi-nu b'chennt hät was er far eine ist gsy. Denn a-mal sy as Bettlibuobi ins Hus cho und ouch d's Almuosu g'heischot. Da hei er-mu gseit: «Ja ich will-der d's Almuoso gä, dass di hitu nimme hungrot — chu mit mir, i will-dr hübschi roti Öpfel gä:» Da sy es mit ihm in d'ober Stuba g'gangu; da hei er an grosse schwere Chastudeckel ufg'häbet und mu g'seit: «Da lotz, weli schöni roti Öpfel das sind, nimm was d'willt.» Wie nu d's Buobi innu Chastu umbri hät grifu wellu, so hei er mu du Chastudeckil uf du Chopf g'schlagu und d's arm Chind so erwürgt. Darnach hei er us am Fleischtoz mu du Chopf ab- g'schlagu und du Chörper zerhakot und in-nu Wuor g'hit. Du Chopf van dum Chind, sy er wit van dum Hus in-a Bäumgrittula ga stellu. Aber ouch dum armu Steuftöchterli ist es nit bester g'gangu. A mal hei er dum Meidji bifohlu, wa d'Muotter chrank g'sy sy, es selle mit ihm in d'Eye ga Holz reichu. Ach la-sus doch bi mir, hei d'Muotter gibittot und gebättot! Wer soll de mir in-ner Chrankheit lotzu. O es chunt bald z'rugg, hei der Mürder g'seit aber für dizmal muoss es mit mier cho. «Ach», hei d'Muotter flennundu g'seit: «De b'hüet-di Gott! de g'sehn i di nie-mer meh! Wie nu der Mürder as Stuck in d'Eya cho ist, so sy er dum Meidji mit am offunu Messer nahg'lüffu. D's arm Meidji wä-mu no antgangu, wenn es mit schine schönu langu Haartretschu nit in-ne Studu b'hanget wäi. So hät-sus nu der Mürder g'fangu und ermordot und das Fleisch vam Lib stückwis abg'schnittu und in-nu Rottu g'worfu. Dana dum Rottu heint mu Lüt zuog'seh und g'schruwu, aber er hei der glichu gita as wenn er's nit g'höre, bis er schini bluotigi Arbeit hät fertig g'macht. Jez ist abar der Mürder ripfe g'sy, und schnell der Obrigkeit angigä, ingizogu und lut Verdiene hingrichtot wordu. Aber schi grusige Geist hät im Grab kei Ruow g'häbet und soll dum Holzhiischi langi Zyt zum nächtlichu Schrecku g'sy sy; darum-mu Vili ou d'Bozuhiischi g'seit heint.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das braune Mägdlein

Source: Das braune Mägdlein

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Ein junger Hirt winterte auf abgelegenem Maiensäss sein Vieh und wurde eingeschneit. Wochenlang kam er nicht ins Dorf und schickte auch keine Botschaft an seinen Vater. Dieser, besorgt um den Sohn, ging endlich hinauf, traf den Burschen sehr gut aussehend, den Heustock noch immer gross und das Vieh fett. «Wie machtest das», fragte der Vater, «noch solchen Heuvorrat und doch fettes Vieh?» Da wies der Sohn auf Haufen wohlschmeckender Wurzeln und sagte: «Die haben mir geholfen.» Verwundert fragte der Vater: «Wie konntest du im Winter solche Wurzeln finden?» «Sie hats getan», sagte der Sohn und zeigte auf ein braunes Mägdlein mit dunklen Feueraugen, eine kleine Gestalt, die blitzflink dem Stalle nahte. Schön lächelnd ging das Mädchen auf den Jüngling zu. Als es aber den Greis erblickte, schrie es laut auf und entfloh auf immer dem trauernden Burschen. Aus: U. Brunold-Bigler, Die Sagensammlung der Nina Camenisch, Disentis 1987, mit freundlicher Genehmigung der Autorin. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Brautpaar von Stürvis

Source: Das Brautpaar von Stürvis

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Auf der luft'gen Bergeshalde, Rings umstarrt von Eis und Schnee, Über all' dem grünen Walde Steht ein Dörfchen in der Höh'.   Winde sausen, Flocken fallen, Schlagen an das Fensterlein Einer Hütte, die vor Allen Steht da draussen, ganz allein.   In der Stube kniet traurig Eine Frau beim Christusbild: Gott, wie ist die Nacht so schaurig, Wie die Stürme graus und wild.   Und mein Sohn - zum Hochzeitsfeste, Das so heiss sein Herz begehrt, Wollt' er laden heut' die Gäste, Und er ist noch nicht gekehrt. –   Laut, als wollt\'s mit seinen Schlägen Sprengen gleich sein enges Haus, poch't das Herz der Braut, - entgegen Zog's zum Liebsten sie hinaus.   Grosser Gott, erhö\' mein Flehen! Sieh' die Tränen, sieh' die Not! Lass die Armen nicht vergehen! Rette sie vom frühen Tod!   Auf der luft'gen Bergeshalde, Rings um starrt von Eis und Schnee, Über all' dem grünen Walde Ragt ein Felsen in die Höh'. –   Hell von Schnee und Eis umgossen, Glänzt er wie ein Marmelstein, Nur dass Niemand in die Sprossen Grub noch eine Grabschrift ein. –   Von dem Gipfel weht die Tanne Wie aufs Grab die Trauerweid', Nur, dass sie der Hoffnung Fahne Trägt, und nicht sich beugt zum Leid.   Und es schaut des Himmels Bläue Hoch herunter, rein und klar; Schön wird unterm Bild der Treue Ruhen hier ein bräutlich Paar. -   Morgen früh von Klagetönen Laut am Fels die Luft erschallt, Doch die Reizendste der Schönen Liegt erstarrt und bleich und kalt.   Bräutlich angetan sie lieget, Wie geschmückt von Gotteshand: Weicher Schnee sie lind umschmieget Als ein hochzeitlich' Gewand.   Statt der Rosen, von dem Reifen Ist die Stirne ihr besäumt, Lustig war des Windes Pfeifen, Doch der Bräut'gam hat gesäumt. –   An des Felsens and'rer Seite Lehnet seine Leich' am Stein: Müde von des Weges Weite Schlief er hochzeitträumend ein.   Ahnte nicht, dass wenige Schritte Nur von ihm die Liebste weilt', In des Lebens schönster Blüte Hat der Tod Beid' jäh ereilt.   Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Brautpaar von Stürvis

Source: Das Brautpaar von Stürvis

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Ein liebendes Brautpaar wollte am nächsten Tage seine Hochzeit feiern. Der Bräutigam ging in die nächsten Dörfer zum Einladen der Gäste. Kam abends nicht, was die Braut umso mehr ängstigte, da es Winter und die Nacht kalt und stürmisch war. Das bange Mädchen ging selber aus, den Geliebten zu suchen. Am Morgen fand man beide erfroren, den Jüngling an einem Felsen gelehnt, das Mädchen nicht weit davon. Man senkte beide ins gleiche Grab. Aus: U. Brunold-Bigler, Die Sagensammlung der Nina Camenisch, Disentis 1987, mit freundlicher Genehmigung der Autorin. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Breitseemaidli bei Möhlin

Source: Das Breitseemaidli bei Möhlin

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Die sumpfige Waldgegend, welche Breitsee heisst, war einst ein See. Jetzt stösst da die Grenze des Waldbannes zweier Frickthaler-Gemeinden zusammen, von Wallbach und Möhlin. Ringsum waren die Seeufer futterreiches Land und heiteres Laubgebüsche, und eine Jungfrau von besonderer Schönheit pflegte hier ihre Spaziergänge zu machen. So lange das Frickthal noch unter Oesterreich stand und es üblich war, die Heerden in den Wäldern treiben zu lassen, waren die Weidbuben ganz vertraut mit dieser Jungfrau und liessen sich von ihr oft bis zum Rande des Forstes heim begleiten; oder wenn sie zuweilen hier aus einem Mittagsschlummer erwachten, lag das Mädchen arglos mitten zwischen ihnen. Sie trug einen Schinnhut, wie er vor Zeiten in diesen Gegenden gewöhnlich war, und weisse oder grüne Schürzen. Oft aber kam sie in flatternden blonden Haaren, in denen ein frischer Kranz lag. Geredet hat sie niemals. Die heutigen Erzähler vermuthen in ihr eine Braut, die auf dem Heimwege von ihrer Hochzeit hier am Ufer des angeblichen Breitsees versank oder ermordet wurde. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 149 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Britsche-Manndli

Source: Das Britsche-Manndli

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  Auf dem Ammertenberge sommerte einst ein Senne mit seinen beiden Knaben. Sie führten ein fröhliches Leben, schwelgten im Überfluss, jauchzten viel, assen und tranken nach Herzenslust; aber sie arbeiteten wenig. Alle drei verübten tolle Stücklein, badeten die Füsse im Milchmelchterlein, bestrichen das Heu der Ziegen mit Senf und rollten täppische Schweinchen aus der Brotkrume. Eines Abends stellte der Senn den Britschen-Kübel umgekehrt auf den Tisch, klopfte mit der Faust auf den Boden, so dass die weiße Masse rund auf die Tischplatte zu liegen kam. Statt aus der Britsche ein kräftiges Käslein herzustellen, befahl der Senn seinen Buben, ihm behülflich zu sein und den Teig in ein Männlein zu verwandeln. Diese klatschten in die Hände, setzten sich lachend hin und rollten auf der schmutzigen Tischplatte Arme und Beine, während der Vater Kopf und Rumpf des possierlichen Wesens formte. Hierauf fügten sie die arg verrenkten Glieder an den Leib. Bei einem nach innen gebogenen Beine war der lange Fuß nach aussen gerichtet, während das andere aus einer klotzigen Rolle gebildet war. Ein Arm wurde mitten in der Brust befestigt; der andere hing mager an der verkrüppelten Schulter. Zuletzt setzte der Vater den Kopf auf, seitlich geneigt, und die Augen des Geschöpfes glotzten wehmütig an die Decke. Die Sterne fingen an, durch die Fenster zu blinken. Draussen dämmerte es. Die Knaben lockten die Kühe in den Stall, und bevor sie schlafen gingen, trugen sie das Britsche-Manndli unter tausend Scherzen und Witzen in die Küche. Der Vater sagte ihm in lehrhaftem Tone ein Abendgebet vor, das er einst von der Mutter gelernt hatte. Als aber der Toggel still blieb, setzte er ihm eine lange Zunge in den Mund. Wenn nun die drei an den folgenden Tagen beim Britschen-Männlein vorbeigingen, strichen sie ihm einen tüchtigen Leck Nydle an die Nase, trieben Spott mit ihm, sangen ihm Liedlein vor und wollten es beten lehren. Allein was mussten sie erleben! Eines Tages lief der jüngste Bub zum Vater und erzählte ihm, das Britschen-Männlein lalle mit der Zunge unverständliche Worte. Sie eilten in die Küche, und da war es nicht mehr an demselben Orte! Es bewegte mühsam die Zunge und wiegte schwerfällig mit dem Kopf hin und her. Der Vater riss ihm Arme und Beine aus, warf die Stücke auf den Boden und ging seiner Arbeit nach. Aber als sie am Abend heimkamen, waren die Teile alle wieder aneinandergefügt, und mitten in der Nacht tänzelte es heimlich in die Stube. Es klopfte an die Fensterscheiben und grinste zu dem besternten Himmel. Dann hüpfte es in die Küche und rumorte mit den Pfannen. Das Haar des Sennen sträubte sich, und seine Buben duckten sich unter die Decke. Er schleuderte das Männlein zum Fenster hinaus, zerdrückte es in seiner kräftigen Faust. Aber es war nicht zu vertreiben. Es sprang zurück und klapperte immer lauter. Von Angst getrieben eilte am folgenden Morgen der Senne ins Wallis zu einem Kapuziner, um ihm zu beichten und bei ihm Rat zu holen. Aber dieser machte ein ernstes Gesicht, bekreuzte sich und legte dem Sennen warm ans Herz, bei der Alpabfahrt ja nichts zu vergessen. Dann werde das Britschen-Männchen schon verschwinden. Frohgelaunt schritt er wieder nach dem Ammertenberge, und gleich am andern Tage fand die Alpabfahrt statt. Hastig packten sie die nötigen Gerätschaften ins Leilach; der Vater warf das Bündel auf den Rücken, schritt voran; die guten Tiere folgten willig seinen heimeligen Lockrufen, und die beiden Knaben liefen und hopsten hin und her mit Jauchzen und mit „Hoi! hoi!". Sie waren kaum eine halbe Stunde gegangen, da gewahrte der Vater, das Milchmelchterlein vergessen zu haben; er hiess seine Knaben weiterziehen und kehrte zur Alp zurück. Laut muhte ihm die Leitkuh nach. Der Zug bewegte sich langsam talwärts. Das weisse Leilachbündel blieb mitten auf der grünglänzenden Trift liegen. Der Tag ging vorüber. Es dämmerte. Die Knaben warteten bis spät in die Nacht. Der Vater kam nicht. Am folgenden Morgen eilten sie mit pochendem Herzen hinauf. Unterwegs riefen und schrien sie ihrem Vater. Keine Antwort. Das Bündel lag betaut im Gras. Als sie zur Hütte kamen, hörten sie darin seltsames Gepolter und Geklapper. Sie rissen die Türe auf und stürmten hinein. Der Vater lag auf der Feuerplatte und rang mit den Armen. Das Britschen-Männchen hatte seine stechenden Finger in seinen Hals geklammert. Der Vater rollte entsetzlich die Augen, röchelte und torkelte zu Boden. Die Knaben rannten ins Tal, und eine Achar bewaffneter Leute eilte hinauf. Dann trugen sie die Leiche des Sennen still den Berg hinunter. Allein sonst fand man nichts in der Hütte. Wer aber von nun an hier vorbei kam, der hörte in der Hütte das Britschen-Männchen rumoren, seine verrenkten Glieder unter Lärm und Geschrei wieder strecken und lachend die gelernten Gebete herlallen. In Sommernächten sah man's an die Fensterscheiben töpperlen und scheu hinauf zum Himmel und den Sternen schauen. Manch einer fasste sich ein Herz, trat in die Hütte, um den Kampf mit dem seltsamen Männchen aufzunehmen; aber wer einmal die Türe hinter sich geschlossen hatte, kam nie wieder heraus. Quelle: Georg Küffer, Lenker Sagen. Frauenfeld 1916. Eingelesen von der Mutabor 


by Das Britschen-Mandli

Source: Das Britschen-Mandli

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Auf Stalden, einer Höhe im bernischen Saanenland, lebte vor uralten Zeiten ein Küher. Weder für ihn, noch für seine Freunde gab es etwas Rechtes, Gutes oder Heiliges, und über alles meinten sie spotten zu müssen. Einmal hatten sie zur Vesper Rahm und Weichkäse. Als sie sich satt gegessen hatten und nichts mehr mochten, nahm einer von ihnen den Rest Käse und gestaltete daraus ein Männlein mit Kopf, Händen und Füssen. Mit dieser Gestalt trieben sie nun ihren Mutwillen. Da fällt dem Küher ein, er wolle das Männchen aushöhlen, dann giesst er ihm heisse Käsmilch ein und ruft: " So, jetzt bist warm, lauf du Ungeheurer." Dazu lachte er aus vollem Halse. Wie erstaunte er aber mit seinen Gesellen, als das Männchen plötzlich zu wackeln begann, vom Tische sprang und zur Türe hinaus ins Freie eilte. Vor Schrecken wurden sie weiss wie der Tod und fingen an, an allen Gliedern zu schlottern. Doch die Sache konnte nicht mehr ungeschehen gemacht werden. Von dieser Zeit an aber hatten die Gesellen keine ruhige Stunde mehr. Das Britschenmännchen wurde ein schreckliches Ungeheuer, das alle Nächte erschien, um sie zu plagen, ihnen das Vieh über die Felsschöpfe hinausjagte, und in den jungen Käse etwas schüttete, dass er sich zu blähen begann und verdarb. So wurde das Leben auf Stalden eine Unmöglichkeit. Kein Mensch wusste zu helfen und es war ganz natürlich, dass sich niemand mehr getraute auf jener Alp das Vieh zu sommern. Da kam einmal ein gescheiter Doktor ins Land. Der hiess den vertriebenen Sennen ein Stierkalb aufziehen und ihm sechs Jahre lang nichts als ganze Vollmilch zu geben. Dann solle er das Tier auf den Stalden treiben, aber bei Leib und Leben nicht weiter mit ihm gehen als bis zum Unterstafel, der Stier werde seinen Weg dann schon weiter finden. Der Senn tat, was ihm geheissen. Nach sechs Jahren brachte er das mächtige Tier zum Vorstafel des Staldens. Dasselbe lief nun schnurstracks zur Alp hinauf und der Senn schaute von ferne mit Bangen zu. Noch Jahre hernach, wenn er davon erzählte, überkam ihn ein Grausen. Kaum war der Stier bei der Hütte angelangt, schoss das Ungeheuer auf ihn los. Es begann ein heftiger Streit, ein Brüllen und Toben, dass es weithin wie Lawinendonner hallte. Der Kampf währte so lange, bis beide, Stier und Britschen-Mandli über die Felsen stürzten und in der Tiefe zerschellten. Fortan war der Stalden wieder eine gesegnete Alp, denn niemand wagte es mehr, mit Heiligem sein Gespött zu treiben. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Brot und die drei guten Ratschläge

Source: Das Brot und die drei guten Ratschläge

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In einem grossen Dorf lebten ein Mann und eine Frau, die waren so arm, dass der Mann in die Fremde gehen musste, um zu verdienen. Weit weg von seinem Dorf fand er einen guten Dienstherrn, und er blieb bei ihm sieben Jahre. Nach dieser Zeit bekam er Heimweh und verlangte seinen Lohn. Er wolle nach Hause zurück. Sein Meister gab ihm ein Brot und drei Ratschläge: Er dürfe nie über etwas schimpfen, nie von der Hauptstrasse abweichen und nie etwas im Zorn tun! Er dankte, nahm sein Brot und ging. Am Abend kommt er in ein Wirtshaus am Waldrand, wo alles in Totenschädeln aufgetischt wird. Dies ist für ihn ein starkes Stück, und schon will er beim Wirt seinen Ärger loswerden, als er an die Ratschläge seines Meisters denkt, und er geht ins Bett. Am andern Morgen weckt ihn der Wirt selber und sagt zu ihm: «Ihr habt nicht wegen meines Knochengeschirrs geschimpft, somit habt Ihr alle erlöst, welche ich verzaubert habe. Sie haben nämlich wegen meinen Schädeln aufbegehrt.» Danach steht der Mann auf, und der Wirt lässt aus einem Keller eine Menge Leute heraus, die er in die Erde gebannt hat. Dann zieht unser Mann mit den Erlösten weiter. Nach einer Weile kamen sie zu einem Weg, der ein wenig schneller als die Landstrasse zur nächsten Stadt führte. Die Erlösten wählten alle diesen Weg, und sie wollten, dass auch ihr Retter mit ihnen komme. Er aber riet ihnen ab, diesen Weg zu nehmen, aber niemand nahm sein Reden ernst, und er ging allein auf der Hauptstrasse weiter. Am Abend, als er in der grossen Stadt ankommt, vernimmt er, eine Räuberbande habe seine Gefährten getötet und ausgeplündert, kein einziger sei entkommen. Nach einigen Tagen gelangt er bei Dämmerung in sein Dorf, und er schleicht sich zu seinem Haus. Da sieht er durch das Stubenfenster, wie ein junger Mann seine Frau küsst. Ganz ausser sich vor Wut will er den Burschen umbringen, als ihm der Rat des alten Mannes einfällt. Da ging er ruhig in die Wirtschaft, und dort vernahm er, der Bursche sei sein Sohn, der am andern Tag seine Primiz halte. Da schlief er glücklich ein, und am Morgen hörte er die erste Messe seines Sohnes. Am Abend ging er in sein Haus, wo alle sich über seine Ankunft riesig freuten. Spät am Abend, nach dem Nachtessen, schnitt er den Kuchen seines Meisters an. Da rollten echte Edelsteine, Karfunkel, Gold- und Silberstücke heraus, so dass er weit und breit der reichste Mann war.   Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Deserttina Verlag, Chur 2020. ⒸUrsula Brunold-Bigler. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Bruderhäuschen auf dem Wiedereck bei Effingen

Source: Das Bruderhäuschen auf dem Wiedereck bei Effingen

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Der Wiedereck ist ein Berg vom Fusse bis zur Krone mit Reben bewachsen; er liegt beim Dorfe Effingen im Fricktal. Der Effinger weiss, was es heisst, im Frühlinge Grund in diese Rebgelände tragen. Doch im Herbst wird der saure Schweiss zu süssem Moste. Die Krone des Wiedereck's ist mit einem jungen Buchenwalde bekränzt, aus welchem die Amsel ihr herrliches Lied ins Tal erschallen lässt und bisweilen ein saftiges Beerlein wegschnappt. Durch das Gesträuch schimmert eine Felsenwand, eine Höhle in ihrem zerklüfteten Jurakalk wird das Bruderhaus genannt; der Eingang gleicht einem offenen Tore. Vorsichtig dringen wir gegen fünfzig Fuss ins Innere, das sich allmählich verengert, zuhinterst tröpfelt beständig klares Wasser in zwei Tropfsteinschüsseln. Links glauben wir ausgehauene Vertiefungen wahrzunehmen, ähnlich einem Backtroge. Herabgefallene Felsstücke dienen uns als Bänke zur kurzen Rast. Wir bemerken in der Nähe in kleinern Höhlen Geräusch. Es sind fette Dachse, die ihr Winterquartier einrichten. Das ist ein verlockender Ort für Wildschützen, wo sie aber oft magern Geldbeutel statt erwünschter Beute bekommen. Der Führer leitet uns durch einen zweiten Ausgang ins Freie. „Das ist das Bruderhäuschen," antwortet er unserer noch nicht ganz befriedigten Neugierde. Also ein Waldbruder hat früher hier gehaust. Wirklich scheint die ganze Einrichtung dazu geschaffen zu sein. Eine ähnliche Höhle findet man auch bei Brugg, welche an den Einsiedler Berthold Strobel erinnert.  Erdmännchen und Erdweibchen, sagen Andere, haben diese Höhlen bewohnt. Das waren winzig kleine, geheimnisvolle Wesen. Kein Mensch konnte sie näher beschreiben, im Augenblicke waren sie da und im Nu wieder verschwunden. Aber gute Geschöpfe müssen sie gewesen sein; wer im Walde verirrte, den führen sie wieder auf den rechten Weg. Den hungrigen Arbeitern und Taglöhnern brachten sie Brot „z'Nüni und z'Abed." War die Arbeit bei anbrechender Nacht nicht vollendet, so machten sich die Erdweibchen daran und Morgens war sie fertig. Lag irgendwo ein Kranker, der ärztlicher Hilfe und pflegender Hände entbehren musste, gleich waren die Erdweibchen da mit Tränklein, Tüchlein und Kanne; wurde ihnen ihr Geschenk nicht abgenommen, so gingen sie traurig fort. Sollte einem Bäuerlein Haus und Hof versteigert werden, so waren es die Zwerglein, die in der'Nacht dem Bedrängten Geld zum Fenster hineinwarfen. Sie waren das Glück der ganzen Gegend. Wer aber mit dem Glücke sein Spiel treibt, verliert es. So erging es unsern Vorfahren. Sie fingen an, die Erdmännchen zu verhöhnen. Ein Wunderfitz wollte wissen, wie sie auch Füsse hätten, denn das konnte man ihrer Röcke wegen nie sehen; daher streute er auf den Fussboden der Höhle Asche, und es zeigten sich Entenfüsse. Von diesem Tage an aber waren die Erdmännchen und Erdweibchen verschwunden. (Wülser, Lehrer in Zeihen.)  Sage aus Effingen, Fricktal Band 3.2, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962, S. 128 - 129   Unten als Hinweis aufgeführt: Die Zwerge sind besonders häufig mit Verfertigung von Schuhen beschäftigt oder zeichnen sich durch besondere Stiefeltracht aus. Wenn Grimm dies auf die metallschmiedenden Zwerge bezieht, da vom Metallschmied her der ältere Handwerksname des Schusters Schuhschmied hiess, so ist dies in etlichen Fällen richtig, doch nicht überall ausreichend. Der Zwerg auf dem Berge Graneckle trägt blecherne Stiefel.  Birlinger, Schwäb. Sag. Nr. 52   So sind eben daselbst (Nr. 50) die guten Erdleute beschäftigt, dem Dorfschuster alles, was von Stiefeln und Schuhen ungeflickt unter der Bank liegt, über Nacht herkömmlich fertig zu machen. Allein anderwärts dient dem Zwerg der Schuh als Längenmass, ist Mittel der Besitz-Ergreifung und Symbol des erteilten Fruchtsegens. Der Berggeist Schusterle bei Glurus bringt durch falschen Eidschwur, den er in derselben Form leistet, wie der Aargauische Zwerg Stiefeli, seinem Dorfe die fremde Gemeindewaldung zu.   Zingerle, Tirol. SM. Nr. 262. Die Zwerge sind Acker- und Grenzgottheiten, nach ihrem Fussmasse bestimmt sich das Landmass. Und wie es im Alten Testamente heisst „deine Fusstapfen triefen von Fett" (Psalm 05, 12), oder wie wir von den reifenden und gelben Streifen in Wiese und Kornfeld sagen: da ist der Alber drüber gegangen, so drückt der Zwerge Fussspur dem Lande, in dem sie wohnen, und über das sie wandeln, den Fruchtsegen ein. Daher hört aller Segen mit einem Schlage auf, wenn man neugierig ihre geheimnisvollen Füsse, oder ihre Fusstritte in der vorgestreuten Spreu und Asche betrachten will.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Das Brunnengespenst

Source: Das Brunnengespenst

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Einmal hatten die Aelper auf Winteregg einen blutarmen Hüterbuben. Den lehrten sie mit Fleiss das Fürchten und erzählten ihm beim Abendsitz gruselige Geschichten von den Gespenstern, die in der Talschaft umgehen, der Nachtschniggella, dem Gryni, der Ruossggäntella, dem Pootzi, dem Hoopi, dem Pölimann und dem Haaggenmanndli. Er hörte kreidebleich zu, wagte es nicht mehr, über die Achsel zu blicken, geschweige denn vom Tische aufzustehen - aiii - es konnte denk etwa in jeder von den dunklen Hüttenecken ein solches hocken! Einen von den Sennen, den ritt von Kindsbeinen an der Teufel. Kein Kind und kein Tier liess er in Ruhe, und von der Tagheitri bis in den Sternschein fluchte er einen Tonner in den andern. Dem machte es Lust, den armen Hüterbuben, über den niemand die Hand hielt, bei stichheisser Sonne, in Nebel und tropfnassem Gras nutzlos herumzujagen und schurkisch zu behandeln. Eine ganz besondere Freude aber bereitete es ihm, den Knaben zur Nacht, die ja niemandes Freund ist, zu schrecken. Er schickte ihn, nachdem das Taglicht verblichen, über den Bletschflühen der Herrgott schon die Sterne an den blauschwarzen Himmel herausgehängt hatte, zum Brunnen hinter der Hütte Wasser holen. Sobald der Bub zur vordem Tür hinaus, sprang er rasch durch den Galtviehstall nach hinten und setzte sich, krumm wie eine alte Huschelhexe, auf den Brunnenstockkopf. Kam der Hüterbub um die Hüttenecke, begann er flugs zu schnarchen und zu knurren. Nur die Angst vor Prügel hielt den Knaben davon ab, über Hals und Kopf davonzurennen. Er zitterte wie Espenlaub und durfte schier den Atem nicht ziehen, wenn er den Napf unter die Zube stellte. Wie er mit dem Wasser in die Hütte trat, fragte man ihn, ob das Pootzi auf dem Stockkopf wieder geknurrt habe. Der Bub stand weder Red noch Antwort; in Mark und Bein erschüttert hastete er die Leiter hinauf auf die Gasterra und liess sich ins Bergheu fallen. Einst, als ihn die Sennen hinein nach Mürren schickten, da traf er seinen Götti und klagte diesem, wie ihm das Leben draussen auf Winteregg zur Hölle werde. Halb im Scherz, halb im Ernst, gab der ihm Tadel und Rat: „Du bist etwa noch ein Rocklibuob, das Pootzi, das dir die Arbeit sauer macht, das ist reif zum Stechen, fürcht dich nicht, so geschieht dir nichts. Nimm das Bartmesser, wenn das Gespenst auf dem Stock noch einmal knurrt, spring hinauf auf den Trog und kitzle es herzhaft am Leib!“ Der erschreckte Bub nahm alles für Ernst - ja wäger - und als an einem der nächsten Abende das Brunnengespenst wieder so misstönig in die Bergnacht hineinschnarchte, da sprang er entschlossen auf den Trog und stiess ihm das Messer in den Leib. Ein Stöhnen, ein schwerer Fall, und als die Sennen mit der Sturmlaterne zum Brunnen kamen, da sahen sie, wie das rote Rinnsal unaufhaltsam rieselte. Der Alpmeister bettete den Kopf des Verletzten in seinen Schoss, legte die rechte Hand über die Wunde und raunte den alten Spruch der Blutbannung: Holdsälig ist die Stunde, Glücksälig ist die Wunde. Holdsälig ist der Tag, Da unser Heiland geboren war. Aer sell sorgen, dass die Wund nid gicht Und nichts gebricht, ja, nichts gebricht! Fort und fort aber rann das Leben aus dem wunden Leib des bösen Sennen. Da er ein arger Bursch gewesen, war alles umsonst. Mit dem letzten Seufzer hatte er Busse getan. Bald unterbrach die nächtliche Stille auf Wintereggalp nur noch das sanfte Plätschern des Brunnens. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Brunnengespenst

Source: Das Brunnengespenst

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Einmal hatten die Älpler auf Winteregg einen blutarmen Hüterbuben. Den lehrten sie mit Fleiss das Fürchten und erzählten ihm beim Abendsitz gruselige Geschichten von den Gespenstern, die in der Talschaft umgehen, der Nachtschniggela, dem Gryni, der Ruossggäntela, dem Pootzi, dem Hoopi, dem Pölimann und dem Haaggenmanndli. Er hörte kreidebleich zu, wagte es nicht mehr, über die Achsel zu blicken, geschweige denn vom Tische aufzustehen — aiii — es konnte denk etwa in jeder von den dunklen Hüttenecken ein solches hocken! Einen von den Sennen, den ritt von Kindsbeinen an der Teufel. Kein Kind und kein Tier liess er in Ruhe, und von der Tagheitri bis in den Sternschein fluchte er einen Tonner in den andern. Dem machte es Lust, den armen Hüterbuben, über den niemand die Hand hielt, bei stichheisser Sonne, in Nebel und tropfnassem Gras nutzlos herum zu jagen und schurkisch zu behandeln. Eine ganz besondere Freude aber bereitete es ihm, den Knaben zur Nacht, die ja niemandes Freund ist, zu schrecken. Er schickte ihn, nachdem das Taglicht verblichen, über den Bletschflühen der Herrgott schon die Sterne an den blauschwarzen Himmel herausgehängt hatte, zum Brunnen hinter der Hütte, Wasser holen. Sobald der Bub zur vorderen Tür hinaus, sprang er rasch durch den Galtviehstall nach hinten und setzte sich, krumm wie eine alte Huschelhexe, auf den Brunnenstockkopf. Kam der Hüterbub um die Hüttenecke, begann er flugs zu schnarchen und zu knurren. Nur die Angst vor Prügel hielt den Knaben davon ab, über Hals und Kopf davonzurennen. Er zitterte wie Espenlaub und durfte schier den Atem nicht ziehen, wenn er den Napf unter die Zube stellte. Wie er mit dem Wasser in die Hütte trat, fragte man ihn, ob das Pootzi auf dem Stockkopf wieder geknurrt habe. Der Bub stand weder Red noch Antwort; in Mark und Bein erschüttert hastete er die Leiter hinauf auf die Gasterra (Heulager) und liess sich ins Bergheu fallen. Einst, als ihn die Sennen hinein nach Mürren schickten, da traf er seinen Götti und klagte diesem, wie ihm das Leben draussen auf Winteregg zur Hölle werde. Halb im Scherz, halb im Ernst, gab der ihm Tadel und Rat: "Du bist etwa noch ein Rocklibuob, das Pootzi, das dir die Arbeit sauer macht, das ist reif zum Stechen, fürcht dich nicht, so geschieht dir nichts, nimm das Bartmesser( Messer zum Späne schneiden), wenn das Gespenst auf dem Stock noch einmal knurrt, spring hinauf auf den Trog und kitzle es herzhaft am Leib!" Der erschreckte Bub nahm alles für Ernst — ja wäger — und als an einem der nächsten Abende das Brunnengespenst wieder so misstönig in die Bergnacht hineinschnarchte, da sprang er entschlossen auf den Trog und stiess ihm das Messer in den Leib. Ein Stöhnen, ein schwerer Fall, und als die Sennen mit der Sturmlaterne zum Brunnen kamen, da sahen sie, wie das rote Rinnsal unaufhaltsam rieselte. Der Alpmeister bettete den Kopf des Verletzten in seinen Schoss, legte die rechte Hand über die Wunde und raunte den alten Spruch der Blutbannung: Holdsälig ist die Stunde, Glücksälig ist die Wunde. Holdsälig ist der Tag, Da unser Heiland geboren war. Aer sell sorgen, dass die Wund nid gicht Und nichts gebricht, ja, nichts gebricht! Fort und fort aber rann das Leben aus dem wunden Leib des bösen Sennen. Da er ein arger Bursch gewesen, war alles umsonst. Mit dem letzten Seufzer hatte er Busse getan. Bald unterbrach die nächtliche Stille auf Wintereggalp nur noch das sanfte Plätschern des Brunnens. Quelle: Hans Michel, Ein Kratten voll Lauterbrunner Sagen. Wengen 1936. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Bürgerrecht der Salzgeber

Source: Das Bürgerrecht der Salzgeber

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Wie die Sage berichtet, war die Familie Salzgeber mit andern Wallisern nach Vorarlberg ausgewandert. Später kehrte ein Zweig dieser Walser Familie ins Land zurück, liess sich in Raron nieder und bewarb sich um das Burgerrecht. Die Rarner wollten nun der Familie das Bürgerrecht aber nur verleihen unter der Bedingung, dass einer von ihnen das Bietschhorn besteige. Das war keine leichte Aufgabe für jene Zeit, aber zwei Brüder der Familie unternahmen das Wagnis. Als Schmiede hatten sie sich bald Eisenbolzen zurechtgemacht, und mit Seilen ausgerüstet, stiegen sie an einem schönen Sommermorgen in die Südwand ein. Durch Kamine und über Gräte kletterten sie vorerst ohne Schwierigkeiten im zerbröckelnden Gestein. Wo der Granitfelsen steiler wurde, schlugen sie ihre Bolzen ein und befestigten die Seile daran. So erreichten sie die Spitze. Die kühnen Bergsteiger kamen heil zurück, erklärten aber, sie würden das Wagnis nicht mehr unternehmen. Die Eisenbolzen sollen noch heute in der Südwand zu sehen sein. RARON Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Burgfräulein

Source: Das Burgfräulein

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Als das vor einigen Jahren verstorbene "Finkentonibabeli" noch ein kleines Mädchen war, ging es mit den Eltern auf den Acker im Benkenriet. Nun schickten sie es zum Brunnen unter der Breiten, um dort Wasser zu holen. Der Weg führt bei der Burg vorbei, dem kleinen Hügel, wo vor Jahrhunderten die Wandelburg gestanden. Da erschien dem Kinde eine wunderschöne Frauengestalt, welche sich zu ihm neigte und fragte, ob wohl der Vater nicht lieber einmal Wein möchte. Das Kind fing an zu weinen und sagte: "Mein Vater ist arm und kann keinen Wein kaufen!" Diese Antwort gefiel der Frau; sie nahm das Kind bei der Hand und führte es zu einer schweren, eisernen Türe im Felsen. Geräuschlos öffnete sich diese, und nun befanden sie sich in einem weiten Gewölbe, wo zwei lange Reihen der schönsten Fässer lagen; ohne Zweifel war es der Schlosskeller der Wandelburg. Bei einem Fass mit zwei schön geschnitzten Rosen standen sie still; die Frau berührte es mit einem goldenen Stäbchen, und nun floss goldfunkelnder Wein heraus. Treuherzig staunte das überglückliche Mädchen die liebliche Gestalt an, wie wenn es fragen wollte: "Wo bin ich, und wer bist du?" Da küsste sie das Kind auf die Stirn und sprach: "Ich bin das Burgfräulein Friederike von Wandelburg und kann nicht zur Ruhe kommen, wenn nicht ein unschuldiges Kind wie du mir dazu verhilft. Du kannst es, wenn du tust, was ich dir sage. Dann sollst du auch so schön werden, wie du mich siehst, und alles, was hier ist, und noch viel mehr soll dir gehören." Das "Babeli" wusste fast nicht, wie ihm geschah, und sagte freudig zu, worauf das Burgfräulein zum Aufbruch mahnte. "Bring deinen Eltern zu trinken," sagte es; "heut abend aber, während des Ave-Maria-Läutens, erwarte ich dich wieder bei diesem Stein, wo du jetzt stehst, aber nur dich allein." Als "Babeli" um sich schaute, war das Fräulein und alles verschwunden; das Kind stand wieder allein auf dem Fussweg vor der Burg. Hurtig eilte es aufs Benkenriet. Dort wollten Vater und Mutter es wegen dem langen Ausbleiben zur Rede stellen, und als sie den feurigen Wein aus dem "Milchkesseli" tranken und hörten, daß es ihn geschenkt bekommen, meinte der Vater: "Es ist schade, daß du keinen grössern Kessel bei dir hattest." Als aber das Kind ihnen sagte, an Wein und allen guten Sachen werden sie künftig keinen Mangel haben, und als es erzählte, was es gesehen und gehört, da regte sich die Begehrlichkeit in den Leuten. Sie bauten bereits allerhand Luftschlösser und träumten von einem schönen, sorgenfreien Leben, von süssem Nichtstun und gut' Essen und Trinken. So brach bald der Abend heran, und sie machten sich auf den Heimweg. Noch waren sie ziemlich weit von der Burg entfernt, da fing die Betglocke zu läuten an. Das Mädchen lief, so viel es konnte; doch als es zur Burg hinkam, war das Läuten schon verklungen, und das Burgfräulein war nirgends zu sehen; "Babeli" hatte sein Glück und zugleich dasjenige des Burgfräuleins verscherzt. Das "Finkentonibabeli" hat sich zu einer lieblichen Maid entfaltet, der schönsten weit und breit, und ihres Bleibens war nicht mehr zu Hause. Sie ist weit fortgezogen und eines reichen Junkers schöne Frau geworden. Doch das Glück war nicht mit ihr; sie ist vor wenigen Jahren in Not und Elend gestorben und liegt in fremder Erde. Ihre Eltern aber ruhen auf dem Friedhof von Benken. Ant. Kühne. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 385, S. 219  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Burgfräulein auf Jegerlehn

Source: Das Burgfräulein auf Jegerlehn

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Weitab vorn rauschenden Verkehr der grossen Dörfer senkt sich der Talgraben von der Hammegg herab zum Tal der Emme. Durch die Talfurche zieht ein wenig begangenes Strässchen sein helles Band durch Matten und Äcker, an schmucken Bauernhöfen und Weilern vorüber, und nebenher trollt sich in eigenwilligem Lauf das Bächlein. Tannendunkle Eggen umrahmen den stillen Talgrund. Weit hinten im Talgraben liegt die Jegerlehnweide, auf der ein eigentümlicher runder Hügel von der rechten Talflanke in den Talgrund vorspringt. Die Bewohner des Tales erzählen, dass sich darauf in altersgrauer Zeit die Burg eines schlimmen Tyrannen erhob, der in gottlosen Zornausbrüchen die härtesten Frondienste und schwerste Abgaben von seinen Untertanen forderte und auf diese Weise grosse Reichtümer anhäufte. Die Talleute fürchteten ihn und vermieden es ängstlich, ihrem Bedrücker zu begegnen. Als der grausame Zwingherr sein Ende herannahen fühlte, versenkte er seine unermesslichen Schätze im finstern Verliess seiner Burg. Nach des Tyrannen Tod erstürmten die Bauern die Burg und brannten sie nieder. In den Flammen kam auch das Burgfräulein ums Leben. Seither wird der Burghügel, in dem die angehäuften Reichtümer liegen, beständig von zwei weissen Raben bewacht, und von Zeit zu Zeit erscheint, von ihnen begleitet, das Burgfräulein in schneeweissem Gewand. Wer den verborgenen Schatz zu heben vermag, der gewinnt nicht allein unermesslichen Reichtum, sondern erlöst gleichzeitig die Hüterin von ihrem Bann. Noch keinem Sterblichen ist es aber bis auf den heutigen Tag gelungen. Immer wieder wurden die nächtlichen Schatzgräber von den beiden weissen Raben von ihrer Arbeit vertrieben. Emmentaler Sagen, Hermann Wahlen, 1962 Gute Schriften Bern Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Burgfräulein von Kastels

Source: Das Burgfräulein von Kastels

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Zu gewissen Zeiten sah man in hellen Mondnächten eine schöne Dame in den Ruinen der Kastelsburg herumwandeln. Sie trug ein wallendes, weisses Gewand. Schluchzend und weinend schritt sie durch das zerfallene Gemäuer, setzte sich dann und wann auf einen Stein und presste die Hände vor das Gesicht, um nach kurzer Rast von neuem auf die Wanderung zu gehen. Kam aber noch ein verspäteter Wanderer des Weges, dann stellte sie sich auf die höchste Mauer und winkte eifrig mit einem weissen Tüchlein, er möge näher kommen. Doch die Menschen flohen entsetzt von dannen. Sie wussten wohl, wer diese Dame war, und was sie wollte. Sie war ein Geist. Aber vor vielen hundert Jahren, als sie noch in ihrem menschlichen Leben auf Erden wandelte, da soll sie eine schöne und vielbegehrte Jungfrau gewesen sein - das einzige Kind des reichen Burgherrn von Kastels. Nach dem Tode des Vaters ging das unermessliche Vermögen, das dieser zusammengescharrt hatte, in ihren alleinigen Besitz über. Auch sein geistiges Erbe übernahm sie: Geiz und Habgier. Sie begehrte keinen Mann; sie liebte nur das Geld. Und damit ihre Reichtümer ja nicht in irgendeines Menschen Hände fallen, begrub sie dieselben vor ihrem Tode in der Tiefe des Burgkellers. Durch diese Tat verschloss sie sich das Himmelstor. Ihr Geist musste auf die Erde zurückkehren - muss beim begrabenen Schatze wachen und warten, bis es einem mutigen Manne gelingt, ihn zu heben. In späteren Jahren wurde die Burg ausgeplündert und zerstört. Doch niemand fand die verborgenen Güter. Der tiefe Keller füllte sich mit Schutt und Trümmern. Darüber wandelt seit hundert und hundert Jahren weinend und klagend die schöne Jungfrau und lockt den nächtlichen Wanderer herbei. Sie will ihm in der Erde Tiefe den goldenen Schatz zeigen und ihn anflehen, denselben ans Licht der Sonne zu bringen, dass sie doch endlich erlöst werde. Wer aber dieses Unternehmen wagen will, dem steht dazu nur eine kurzbemessene Frist zur Verfügung, und er darf dabei kein Wörtchen reden. Zwei unerschrockene, junge Männer beschlossen einst, den Schatz zu heben. In einer hellen Mondnacht fuhren sie mit Ross und Wagen zur Ruine. Plötzlich stand die Jungfrau vor ihnen und winkte mit der Hand, als wollte sie sagen: „Kommet mit mir“. Da öffnete sich mit dumpfem Donnerrollen die Erde, und eine Steintreppe wurde sichtbar, die in den Burgkeller hinabführte. Ein heller Glanz drang aus der Tiefe herauf. Das Fräulein eilte die Stufen hinunter, und die Burschen folgten ihm. Sie kamen in einen gewölbten Raum. In der Mitte desselben lag eine offene Truhe. Die war mit leuchtendem Golde gefüllt. Die Männer legten eiligst Hand an und fergten die Kiste bis zur Treppe. Dann hoben und schoben sie dieselbe Tritt um Tritt hinauf. Ächzend, keuchend und schwitzend langten sie endlich oben an. Mit Aufbietung der letzten Kraft lüpften sie die schwere Last auf den Wagen. Die Dame stand immer neben ihnen. Doch heute weinte sie nicht. Nun ergriff einer der Männer das Pferd beim Zügel und wollte mit der kostbaren Ladung abfahren. Aber das Tier stellte sich bockbeinig und zog nicht an. Er tätschelte es - vergebens. Er riss und stiess es - vergebens. Er zwickte es mit der Geissel - vergebens. Das Pferd bäumte sich hoch auf, war aber nicht vom Platze zu bringen. Da vergass sich der Fuhrmann und brüllte: „Hüü!“ Im gleichen Augenblick verschwand mit einem Weheschrei die schöne Jungfrau. Der Lichtschein des Goldes erlosch und der Kellereingang stürzte donnernd zusammen. Die beiden Männer standen mit dem leeren Wagen am alten Gemäuer. Heute sind alle Spuren der Kastelsburg verschwunden und der Pflug geht über die Stätte. Wo einst im Mondschein der Goldschatz schimmerte, da wogt jetzt im Sommersonnenglanz ein goldenes Ährenfeld. Auch das Burgfräulein zeigt sich nicht mehr. Ist es vielleicht doch einmal - ohne unser Wissen - einem mutigen Manne geglückt, den Schatz zu heben? Oder hat der Geist sonstwie Erlösun gefunden?    Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch


by Das Burgfräuli

Source: Das Burgfräuli

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Vogt Walter von Stadion, der die Burg auf dem heutigen Klosterhügel in Näfels bewohnte, plagte und bedrückte seine Untertanen gar sehr. Von Zeit zu Zeit schickte er sein Burgfräulein Katharina ins Dorf, die Leute auszuhorchen. Die guten Leute erschraken jedes Mal, wenn das Fräulein an ihre Türen klopfte, denn sie hatten hart genug erfahren müssen, dass man die Kundschafterin nicht ungestraft anlügen konnte. Das Fräulein aber trug alle Nachrichten und Gerüchte schnurstracks ihrem Herrn auf dem Schloss zu. Das wäre wohl noch lange so gegangen, wenn nicht eines Tages der Vogt mit seinem Fräulein in Streit geraten wäre, und weil es drohte, es werde seine geheimen Schandtaten überall bekanntmachen, liess es der Burgherr durchs Schwert hinrichten. Nun sahen die Dorfbewohner mit Grauen jeden Abend, wie das Fräulein in einem blutigen Kleide zum Brunnen kam, Wasser schöpfte und es zur Burg hinauftrug. Vergeblich wurde es von jungen, wagemutigen Burschen verfolgt. Erst nach langer Zeit, als der Geistergang aufhörte, beruhigten sich die Dorfleute wieder.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Das Bürle im Himmel

Source: Das Bürle im Himmel

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  S isch emol es arms fromms Bürle gstorbe, und chunt do vor d' Himmelspforte. Zur gliche Zit isch au e riche riche Herr do gsi und het au i Himmel welle. Do chunt der heilige Petrus mit em Schlüssel und macht uf und lot der Herr ine; das Bürle het er aber, wies schint, nid gseh und macht d' Pforte ämel wieder zue. Do het das Bürle vorusse ghört, wie de Herr mit alle Freude im Himmel uf gno worde isch, und wie se drin inusiziert und gsunge händ. Ändle isch es do wider still worde, und der heilig Petrus chunt, macht d' Himmelspforte uf un lot das Bürle au ine. S Bürle het do gmeint, s werd jetzt au musiziert und gsunge, wenn es chöm, aber do isch alles still gsi; me hets frile mit aller Liebe ufgno, und d' Ängele sind em egäge cho, aber gsunge het niemer (niemand). Do frogt das Bürle der heilig Petrus, worum das me be im nid singe wie be dem riche Herr, s geu, schints, do im Himmel au parteiisch zue wie uf der Erde. Do säit der heilig Petrus 'nai wäger, du bisch is so lieb wie alle andere und muesch alle himmlische Freude gniesse wie de rich Herr, aber lueg, so arme Bürle, wie du äis bisch, chömme alle Tage e Himmel, so ne riche Herr aber chunt nume alle hundert Johr öppe äine.' Quelle: Kinder- und Hausmärchen, Brüder Grimm, KHM 167, Reclam Stuttgart 2000   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Bürli im Himmel

Source: Das Bürli im Himmel

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Sisch emol es arms fromms Bürle gstorbe, und chunt do vor d‘ Himmelspforte. Zur gliche Zit isch au e riche riche Herr do gsi und het au i Himmel welle. Do chunt der heilige Petrus mit em Schlüssel und macht uf und lot der Herr ine; das Bürle het er aber, wies schint, nid gseh und macht d‘ Pforte ämel wieder zue. Do het das Bürle vorusse ghört, wie de Herr mit alle Freude im Himmel ufgno worde isch, und wie si drin musiziert und gsunge händ. Ändle isch es do wider still worde, und der heilig Petrus chunt, macht d‘ Himmelspforte uf un lot das Bürle au ine. S‘Bürle het do gmeint, s werd jetzt au musiziert und gsunge, wenn es chöm, aber do isch alles still gsi; me hets frile mit aller Liebe ufgno, und d‘ Ängele sind em egäge cho, aber gsunge het niemer. Do frogt das Bürle der heilig Petrus, worum das me be ihm nid singi wie be dem riche Herr, s‘geu, schints, do im Himmel au parteiisch zue wie uf der Erde. Do säit der heilig Petrus: „Näi wäger, du bisch is so lieb wie alle andere und muesch alle himmlische Freude gniesse wie de rich Herr, aber lueg, so arme Bürle, wie du äis bisch, chömme alle Tage e Himmel, so ne riche Herr aber chunt nume alle hundert Johr öppe äine.“ Quelle: O. Sutermeister, Kinder- und Hausmärchen der Schweiz, 1869     Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Bussental

Source: Das Bussental

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Das Bussental Vor alten Zeiten soll es kein Spass gewesen sein, durch das Bussental zu reisen. Und doch mussten die Leute aus dem Tösstal und von weither, auch die Pilger, die nach Einsiedeln zogen, da hindurch. Die im Tösstal wohnenden Kirchgenossen von Bäretswil, wie die von Bauma, Rüeggen, Lipperschwendi‚ ja von Karrershörnli und Hürnental hatten keinen näheren Kirchweg als durch das Bussental. Gar mancher musste in der einsamen Gegend, die damals noch von finsterem Wald überwuchert war, durch wilde Tiere das Leben einbüssen oder er wurde von den Rittern auf Greifenberg des Geldes und Gutes beraubt, wenn nicht auch des Lebens. Manchen schleppten sie mit auf die Burg und liessen ihn erst gegen Lösegeld frei. Deswegen erhielt das einsame Tal den Namen das Bussental. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Studer, S. 40 Die Ritter von Greifenberg starben schon früh aus. Im 13. Jh. sassen dort schon die Dienstmannen von Wolfensberg. Seit dem Anfang des 14. Jh. bis anfangs des 16. Jh. wohnten dort die Ritter von Hinwil. Nach deren Auszug zerfiel die Burg. Studer, S. 39, erzählt: „Der letzte Besitzer der Burgstelle … wusste von Überresten der Burg zu berichten. Ausser festen und dicken Umfassungsmauern habe er auf dem mittleren Burghügel im Jahre 1846 ein unterirdisches, gruftartiges, gemauertes Gewölbe von grossen, gefalzten Quadertuffsteinen entdeckt, 8 Schuh breit und lang, mit 4 1/2 Schuh breiten und 5 1/2 Schuh hohen Türpfosten. In der Gruft lagen 8 - 10 Totengerippe, die aber bei der Berührung sogleich in Asche zerfielen.“ Dass die Erzählung von solchen Funden den Phantasiebildern über das finstere Mittelalter neue Nahrung gab, ist verständlich.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Butterbrot der Wittwe

Source: Das Butterbrot der Wittwe

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Unterhalb Sins stand vor Zeiten an der Reuss das Schloss Rüssegg. Jetzt ist es bis auf den Grund zerstört. Der letzte Besitzer desselben war ums Jahr 1480 der Junker Albin von Silinen, ein tapferer und menschenfreundlicher Herr. Nun mussten viele Höfe der Umgegend alljährlich Bodenzinse und andere Abgaben in das Schloss bezahlen. Und auch der Hof im Wiesthal war dem Schlossherrn solche Abgaben schuldig. Auf diesem Hofe aber lebte damals eine Wittwe mit sieben Kindern. Dieselbe war eine thätige und rechtschaffene Frau. Eines Sommers aber wurde die Gegend von einem Hagelwetter betroffen und die ganze Ernte der redlichen Wittwe war vernichtet. Da nahm die Frau zwei von ihren Kindern und gieng mit ihnen traurig nach Rüssegg. Daselbst klagte sie weinend dem Junker ihr Unglück und bat ihn, dass er ihr für dieses Jahr die schuldigen Abgaben schenken möchte. Der tröstete sie und liess ihr und den Kindern Milch und Brod vorsetzen. Darnach gieng er in seine Nebenstube und als er wieder kam, legte er der Frau etwas Geschriebenes auf ihr Stück Brod und sprach: „Braven Leuten, wie ihr seid, giebt man zur Milch auch Anken aufs Brod. Diese Schrift aber besagte, dass der Hof im Wiesthal fortan der Herrschaft von Rüssegg keine Abgaben mehr schuldig sei.“ Mit Thränen der Freude dankte die Wittwe dem menschenfreundlichen Herrn, und das Volk behielt den Namen Albins von Silinen in dankbarem Andenken. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Buuser Kühloch

Source: Das Buuser Kühloch

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Im sanft gerundeten Rücken des Schönenbergs gähnt eine abgründige, senkrechte Kluft in die Tiefe. Mehrere Sekunden lang hört man das Poltern eines hinabgeworfenen Steines. Es mag vorgekommen sein, dass früher gefallenes Vieh hier versenkt wurde, was vielleicht zum Namen Anlass gab. Oder man nannte es so, weil es «kühmässig» gross ist. In dieses Loch fiel vor mehr als 100 Jahren ein Mann, als er mit Weidenschneiden beschäftigt war. Glücklicherweise stürzte er aber nicht in die grausige Tiefe, sondern blieb auf einem Felsvorsprung unverletzt liegen. Rebmesser und Schuhe legte er in eine seitliche Spalte und schaffte sich glücklich wieder herauf, indem er eine enge, seitliche Kluft benützte. Als Männer mit Seilen und Leitern hinunterstiegen, fanden sie die erwähnten Gegenstände. Ohne diese untrüglichen Beweisstücke hätte niemand geglaubt, dass der Verunfallte aus der Tiefe selbständig ans Tageslicht gelangt wäre. Ein anderes Mal soll ein Jagdhund in das Kühloch gefallen sein. Sein Besitzer wagte sein eigenes Leben, um das Tier zu retten. Er liess sich in den dunkeln Schlund abseilen. Plötzlich sprang der Hund auf seinen Rücken und klammerte sich fest. So wurde er gerettet, doch sein Herr erlitt dabei einen so heftigen Schrecken, dass er an dessen Folgen starb. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Das Chudermandli in Veltheim

Source: Das Chudermandli in Veltheim

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Eine Frau von Veltheim hatte auf dem Wochenmarkte im Städtchen Brugg gar schönen Chuder (Werg) um geringes Geld gekauft. Wie sie ihn nun heimbrachte und auf den Ofen legte, fieng es plötzlich im Chuder an mit einer abscheulichen Stimme zu reden und zu höhnen: Hesch mi nid chauft, Numme de Chuder, Bi no nid g'tauft, Gîtigs Lueder! Jetzt merkte die Frau, dass ihr mit diesem Wergbündel ein Spukgeist ins Haus gebannt worden sei, den sie durch ihr zu eifriges Markten und Abhandeln sich mit aufgebunden hatte. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 288 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das dankbare Patenkind

Source: Das dankbare Patenkind

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Ratsherr Karl Infangers Grosseltern im untern Baumgarten zu Bauen liessen einst ein fremdes Ehepaar, das kein Obdach gefunden, im Gaden übernachten. Da genas die fremde Frau eines Kindes, und der Gatte bat das Ehepaar Infanger, Patenstelle bei demselben zu übernehmen. Sie taten es und liessen auch die Fremden im Gaden wohnen, solange es ihnen beliebte. Endlich zogen diese fort. Als einige Jahre später der Ratsherr eines Morgens durch den Baumgarten hinaufging gegen das Dörflein, um den Gottesdienst zu besuchen, da kam bei der Stechpalme ein liebliches, schneeweisses Kind ihm entgegen, gab ihm freundlich das Händchen, dankte ihm für die Taufe und entschwand wieder. Es war jenes Patenkind. »Gottlob!« dachte er bei sich, »dass du diesen Dienst geleistet; wie bist du jetzt froh!« Einige Tage später vernahm er, dass das Kind an jenem Morgen gestorben sei. Die Gatten sagten zueinander: »Nie würden wir es abschlagen, einem armen Kinde zur Taufe zu helfen.« Marie Ziegler Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Dialen-Kind

Source: Das Dialen-Kind

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Ein fünfjähriges Kind war, während seine Eltern d\'roben in den Bergmatten Heu machten, den Erdbeeren nachgegangen, und war des Abends nicht mehr aufzufinden. Erst am andern Abende kam es in\'s Thai heim und erzählte den Seinigen wohlgemut: »Ein Kind in wundersamen Kleidern setzte sich zu mir aufs Moos und gab mir gute Sachen zu essen; plötzlich war es aber weg. Ich wartete die ganze Nacht und den ganzen andern Tag, bis es wieder komme, und bekam weder Hunger noch Durst. Als es nun dunkel wurde, kam das Kind wieder, gab mir zu essen und zu trinken, nahm mich bei der Hand und führte mich durch den Wald, bis in die Matten, wo man die Kirche sieht, und verschwand.« Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014     Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Dingweiblein

Source: Das Dingweiblein

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In einem baufälligen Häuslein hinter den Hildern bei Marbach im Entlebuch lebte einst eine arme Witwe mit einem Schärlein Kinder. Es herbstelte bereits und die gute Frau war in banger Sorge, wie sie ihre Kinder über den Winter bringen könnte. Sie hatte eine einzige Kuh im Ställi und nur einen spärlichen Heustock oben auf der Bühne. Eines Abends nun, beim Zunachten, als die Frau kummervoll eben den Kindern die Milch wärmte, lag ihr die Sorge steinschwer auf dem Herzen, und die hellen Tränen rannen ihr über das verhärmte Gesicht. Da trappelte aufs Mal ein munzig kleines Weiblein herein und fragte die Frau, was ihr fehle, dass sie so traurig sei. Da klagte jene dem Weiblein ihre Not. «Ei», sprach da das Fraueli, «dem ist bald geholfen! Weisst du was, gib mir deine Kuh zu hirten, und du sollst Milch genug haben für dich und deine Kinder. Schau aber unter der Zeit beileibe nicht nach dem Heustock!» Das alles deuchte die Frau zwar seltsam, aber sie nahm das Anerbieten doch dankbar an, und das Weiblein blieb von Stund an im Hause. Das magere Kuehli gedieh prächtig in seiner Obhut und ward kugelrund und spiegelglatt und gab einen so fuhrigen Schapf Milch, wie nie zuvor - es war nicht zum glauben - und alle Not hatte ein Ende. Als nun der Lanzig nahte, da nahm es die Witwe denn doch wunder, ob noch Heu auf der Bühne sei, und als das Weiblein einmal ausgegangen war, stieg sie hinauf und schaute nach. Und siehe, da war der Heustock unversehrt. Am Abend kam das Weiblein heim, trat gleich in den Stall, schnupperte in der Luft und sagte zornig: «So jetzt wirst du dein Heu brauchen müssen», sprachs und lief aus dem Hause fort. Und fortan gab die Kuh nurmehr das frühere Mass Milch und der Heustock nahm zusehends ab. Quelle: Schweizer Märchen, Sagen und Fenggengeschichten, hrg. von Curt Englert-Faye, Zbinden Verlag Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Dingzwerglein

Source: Das Dingzwerglein

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  Ein Zwerglein kam zu einem Bauern und liess sich dingen. Doch es stellte die Bedingung, dass er nie in den Stall noch nach dem Heustock blicken solle und verbot ihm streng, hineinzutreten. Als an einem Sonntag das Zwerglein fort war, konnte er sich nicht enthalten. Der Bauer stieg auf den Heustock und er trat auch in den Stall. Wie war er freudig überrascht, zu sehen, dass der Heustock gleich gross geblieben war und die Kühe doch alle so spiegelglatt und zudem immer noch grösser wurden! Am Abend kam das Zwerglein heim, öffnete die Stalltüre und schnupperte in der Luft herum. „Jetzt wirst du dein Heu brauchen müssen", rief es dem Bauern zu und verschwand.   Quelle: Georg Küffer, Lenker Sagen. Frauenfeld 1916. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch  


by Das Doggi in Laus

Source: Das Doggi in Laus

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Eines Abends gingen zwei Knaben von Surrhein nach Laus »z\'hengert.« Als sie zu einem Stalle kamen, sahen sie andere Burschen, die ihnen aufpassten, und sie versteckten sich ins Heu, das in diesem Stalle aufgehäuft war, um abzuwarten, bis die Andern gingen. Das Warten wurde ihnen aber zu lange, und sie schliefen ein. Plötzlich fühlte Einer die schwere Bürde des Doggi\'s: er war seiner Sinne nur halb bewusst, und mit grösster Anstrengung suchte er das Ungetüm von sich abzuschütteln, was erst nach langem Kampfe ihm gelang. - Nach und nach seiner besser bewusst, schnellte er sich in die Höhe, das Doggi musste ihn loslassen und sich flüchten. - Er sah ihm, so gut die Dunkelheit es ihm gestattete, nach, als dasselbe in der Gestalt eines weissen Schweines den Heustall verliess. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Dolmetsche-Haus

Source: Das Dolmetsche-Haus

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Vor vielen Jahren stund am Fusse des Pizocelberges, zwischen Chur und Ems ein Gebäude, das »Dolmetsche-Haus« genannt. Darin wohnte ein altes Ehepaar friedlich beisammen. Sie erwarben sich ihr tägliches Brod mit der Wirtschaft, welche sie dort in jener Einsamkeit eingerichtet hatten. Wohl lebten sie da in Ruhe und Frieden, es verbreitete sich aber das Gerücht, dass diese zwei Eheleute »Unmenschen« seien, bisweilen gräuliche Schandtaten sich zu Schulden kommen liessen und dass sie Wanderer um\'s Leben brächten. Das hörte auch ihr Sohn, der seit einigen Jahren in der Fremde war; er wollte solches durchaus nicht glauben, und um sich nun davon zu überzeugen, ob es wirklich wahr sei, kehrte er in seine Heimat zurück. Am Abende, da er im elterlichen Hause ankam, gab er sich den Seinigen nicht zu erkennen; diese kannten ihn natürlich nicht. Sein Begleiter nahm aber anderswo Nachtquartier. Richtig! – in der Nacht, da der Fremdling schlief, kam das Weib in das Schlafgemach desselben und schüttete diesem siedend heisses Schmalz in den Hals. Am Morgen kam der Gefährte in\'s Haus und kündete den zwei Alten an, wen sie beherbergt hätten. Aus Gram darüber, dass sie ihren eigenen Sohn umgebracht, nahmen sich die zwei Wüteriche durch den Strick selbst das Leben.  Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Dorf

Source: Das Dorf

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Albinen stand nicht immer am heutigen Platze. Vor undenklichen Zeiten wohnten die Leute in Dorben und Dieten. In den obern Gütern sieht man noch die Hofstätten, und der heutige Stadel oberhalb der Kapelle in Dorben soll das Gemeindehaus gewesen sein. Dorben nennt man heute noch spottweise: die Stadt. Die ersten Bewohner von Albinen seien aus Frankreich gekommen: die Geschlechter Briand, Mathier und Métry. Der Name Albinen stamme vom savoyischen Arbignon ab, heisst es. ALBINEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Dorf auf der Theodul-Ebene

Source: Das Dorf auf der Theodul-Ebene

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Der St. Theodul ist wohl der höchste Bergpass unserer Schweiz, wo im Sommer während ein paar Monaten eine bewohnte Schutzhütte steht, die den Reisenden Labung und Stärkung bietet. Vor noch wenigen Jahren war derselbe oft mit Maultieren befahren, weil man viel Wein und anderes Getreide von Aosta abholte. Jetzt ist derselbe noch gangbar den Kühen, Rindern, Schafen, Ziegen und im Notfalle noch den Maultieren. Dieser hohe Pass, der sich 10,667 Fuss übers Meer erhebt, wird besonders im Sommer von den Touristen, und zwar bei gutem Wetter leicht und meistens gefahrlos überschritten. Bevor man die Theodulshöhe erreicht, welche die Grenzscheide ist zwischen Piemont und der Schweiz, muss eine weite Ebene passiert werden, die seit Menschengedenken mit Schnee bedeckt ist. In dieser Ebene soll vor vielen hundert Jahren ein Dorf gestanden sein, das wegen seiner Grösse und Volksmenge einer kleinen Stadt nahe kam. Wenn es vor Jahrhunderten Zeiten gegeben, in denen ein so zahmes Klima herrschte, dass kaum die höchsten Bergspitzen mit Gletscherfirnen bedeckt waren, so könnte diese Sage nicht aller Wahrscheinlichkeit entbehren, denn Raum wäre in dieser Ebene hinlänglich gewesen. Es trafen aber kältere Jahrhunderte ein und das Bleiben war für diese hohen Bergbewohner immer schwieriger. In einem Jahre fing es schon frühe im Herbst heftig zu schneien an, der Wind spielte im Schneegestöber und fühlbare ungewöhnliche Kälte stellte sich ein. Da soll ein hochbetagter blinder Greis, der hinter dem Ofen sass, gefragt haben, ob die Farbe der ungeheuren Schneemasse weiss oder wie bis dahin noch rötlich wäre. Als erwidert wurde, der Schnee sei weiss, sagte er: «Nun ist für uns hier kein Bleiben mehr, es ist an der Zeit, diese Hochalpe zu verlassen und zahmere Gegenden aufzusuchen.» Er hatte wahr geredet, denn der Schnee schmolz nie mehr und wurde zum Gletscher. (erzählt von Herrn Kaplan Mooser in Zermatt)   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Dorf Eggen und die Gräfin Blandrati

Source: Das Dorf Eggen und die Gräfin Blandrati

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In Visp lebte vor 1222 auf der Hübschburg bei der Burgerkirche die Gräfin Blandrati. Im Turm ihrer Burg hing eine Glocke aus lauter Silber. So weit ihr heller Schall ertönte, mussten die Bewohner der Umgebung einen Tribut entrichten. Die Bewohner von Eggen, eine halbe Stunde oberhalb Eggerberg, waren verpflichtet, jährlich an Sankt Martini eine schwarze Kuh mit roten Ohren oder eine rote Kuh mit schwarzen Ohren nach Visp in die Hübschburg abzuliefern. Das gab nun alle Jahre ein peinliches Suchen, und zuletzt war eine solche Kuh gar nicht mehr aufzubringen. Die Gräfin aber bestand auf ihrem vermeintlichen Rechte. Das verdross die Eggener, und sie beschlossen, ihre Häuser niederzureissen und sie hinter der Ecke weit hinten gegen das Baltschiedertal wieder aufzubauen. Dort lebten sie abgeschieden von der Welt und hörten das silberne Glöcklein nicht mehr, ja nicht einmal mehr die grosse Glocke von Visp. Die Gräfin mochte nun die Silberglocke läuten so lange sie wollte, keine Kuh wanderte mehr von Eggen in die Hübschburg. EGGERBERG Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Dorf Hospental

Source: Das Dorf Hospental

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sei vor alten Zeiten am andern Ufer der Reuss, zu »Tendlen«, gestanden. Von dort ging der Saumweg bergaufwärts auf den Bätz und dann durch den Briggwald hinunter, kam also nördlich der heutigen Teufelsbrücke, aber etwas südlich der Gallerie in die Richtung der heutigen Gotthardstrasse. Noch im 19. Jahrhundert sei ein zu Tendlen begüterter Bauer von Hospental seinem Nachbar daselbst durch das Land gegangen; es sei zum Prozess gekommen, und jener habe aus den alten Urkunden und Kaufbriefen beweisen können, dass er im Recht und nur auf der alten, öffentlichen Strasse gegangen sei. Ein alter Priester von Andermatt, Kaplan Felix Georg Meyer, † 1871 im Alter von 96 Jahren, genannt der »chly Heer«, habe stets, wenn er zu Tendlen vorüberging, den Hut abgezogen und seine Handlungsweise damit begründet, es sei da einst eine Kirche gestanden, in der heilige Sakramente gespendet worden. Der Versammlungsort der Talgemeinde von Ursern ist auch heute noch auf dem westlichen Ufer der Reuss. Lehrer Regli, Hospental; Mich. Simmen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Dorf Kienholz wird verschüttet

Source: Das Dorf Kienholz wird verschüttet

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Unter dem gewaltigen Schuttkegel des Lammbaches liegt ein einst blühendes Dorf begraben. Sein Reichtum an Häusern, fruchtbaren Äckern und Feldern war dem des nachbarlichen Kirchdorfes Brienz weit überlegen, wie es auch als wichtiger Platz für den Warenumschlag aus dem Unterland nach dem Brünig und der Grimsel galt. Zur Zeit der Entstehung der Eidgenossenschaft trafen sich auf diesem Platze mehrmals die Unterhändler der Berner mit denen der Waldstätte zu wichtigen Tagungen. An einem schönen Sommersonntag vor vielen hundert Jahren stieg ein Älpler von der Alp Giebelegg auf der Westseite des Brienzer Rothorns in das Dorf Kienholz hinunter und berichtete den Leuten, sie möchten sich vorsehen, auf der Alp sei nicht alles wie es sein sollte. Seit Tagen flögen schwarze Vögel um die Hütten und machten ein gar wüstes Geschreie, um das Gräblein des Alpbächleins spalte sich der Boden und das Bächlein führe keinen Tropfen Wasser mehr. Gegen Abend dann hob in den Höhen ein dumpfes Tosen an und eine grosse graue Wolke stieg zum blauen Himmel auf. Wer noch vermochte, lief im Kienholz aus den Häusern. Zwischen den beiden Alpen Giebelegg und Gummen wankte der Berg mit Felsen, Weid und Wald, krachte mit ungeheurer Wucht und Raschheit auf das Tal zu, überbrochselte die Felder und Wiesen von Schwanden, brach das Schloss Kien, das untenher neben einer niedern Felsenwand auf einer Anhöhe stand, wälzte Schlamm und Steine haushoch über das Dorf Kienholz, dass kein Hagstecken und keine Schindel mehr zu sehen waren, ausser ein paar Häuserresten, die ein Stoss in den Brienzersee hinausgeschwemmt hatte. Nichts war mehr zu sehen von einem schönen Dorf, nichts von wohlgepflegten Gärten, Wiesen und Äckern. Eine breite Schlamm- und Steinwüste nur zog sich vom Berge her hinunter in den See, dessen Wasser weit und breit braun und trübe wurde für lange Zeit. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Dorf Simplon

Source: Das Dorf Simplon

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Simplon-Dorf stand früher oben im Kastelberg in der Bärenkumme. Da sieht man noch die Hofstätten. Es soll aber auch eine Weissagung geben, wonach aus dem Dorfe Simplon später eine Schafalpe werde. Oberhalb des Dorfes steht heute auf dem Ägerbiel ein Kreuz. Da werden sich in diesen undenkbaren Zeiten einmal drei Jäger treffen. Sie werden auf die Gegend des heutigen Dorfes schauen und einander erklären: «Da ist einmal ein Dorf gestanden!» Andere behaupten, der ewige Jude sei schon zweimal in Simplon vorbeigekommen. Das dritte Mal werde er auf dem Ägerbiel rasten und auf einige von Gras und Rasen überwucherte Gemäuer blicken und seinem Begleiter sagen: «Da ist einmal ein Dorf gestanden!» SIMPLON-DORF Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Dorfgut von Meilen

Source: Das Dorfgut von Meilen

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Das Dorfgut von Meilen Wie die Alten von ihren Alten wissen, stammt Grundstock des Dorfgutes von Meilen von einem Vermächtnis der Verena von Ebersberg zu Wetzikon her, vielleicht auch von ihren Erben. Mit diesem Vermächtnis habe die vornehme Frau jene Meilemer Familien belohnt, welche bei einem Hochwasser wenigstens eines ihrer Mitglieder zu Hilfe geschickt hatten. Lange Jahrhunderte hielten die bedachten Familien dieses Gut als ihr Dorfgut in Ehren und verteidigten es auch gegen verschiedene Angriffe, indem sie es als traditionelles Eigentum nachwiesen. Niemand von ihnen wusste aber mehr, wo ihre Vorfahren sich so tapfer und hilfreich des Wassers erwehrt hatten, ob zu Hause oder in der Nachbarschaft. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Nach Stelzer, Geschichte der Gemeinde Meilen, Meilen 1934   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Dorfkalb vom Auenstein  

Source: Das Dorfkalb vom Auenstein  

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Der Pfarrer von Auenstein kam eines Abends mit seiner Frau vom Dorfe Rupperswil her heimgegangen. - Als er die Aare in der Fähre passiert hatte und den Kirchenrain zum Wohnhause hinanstieg, erblickte er in dem Kohlfelde, das zu seinem Pfarrgarten gehörte, ein weißes Kalb, das sich da das Kraut nicht übel schmecken ließ. Das Hündchen, das ihn begleitete, sprang bellend in den Acker hinein, der Pfarrer in geringer Entfernung hinterher. In noch größeren Sätzen aber nahm das Kalb Reißaus, schwenkte um die Ecke der Scheune, die untern dem Pfarrhause steht, und war hier mit einem Male spurlos verschwunden. Früh am folgenden Morgen ging der Pfarrer auf sein Feld hinaus, sah die Kohlblätter abgefressen umherliegen, fand seine eigne, sowie des Hündleins Fährte von gestern wieder, wunderbarer Weise aber nicht die geringste vom entsprungenen Kalbe. Als er sein Befremden darüber einigen Leuten seiner Gemeinde äußerte, wollten diese einem solchen Gespräche ausweichen und mit ihrer Meinung keineswegs herausrücken; erst auf dringendere Fragen beichteten sie mit Scheu und nur auf Verschwiegenheit hin: dies, was er gesehen, sei das Dorfkalb gewesen; wem es sich zeige, dem stoße über kurz oder lang etwas Ungerades zu. Und richtig, bald darauf warf der Pfarrer mit seinem Fuhrwerk um, stürzte mit dem Kopf gegen einen Stein und starb an den Folgen dieses Unfalls. (Erzählt vom Aare-Fergen in Gauenstein.)  Sage aus RupperswilBand 3.1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962, S. 77 - 78 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Das Dorfschwein

Source: Das Dorfschwein

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Von diesem wissen besonders die "Stubetiknaben" zu erzählen. Bei ihren nächtlichen Ausgängen auf Feld und Waldwegen, am liebsten aber in den Dörfern, ist unversehens ein Schwein bei ihnen, dessen sie sich nur mit grösster Mühe entledigen können. Schon manchem ist das Dorfschwein gewalttätigerweise zwischen den Beinen durchgesprungen und hat ihn bis zur weitentfernten Wohnung oder bis zu einer Scheune verfolgt; es würde gewiss noch weiter nachgefolgt sein, wenn es überhaupt eine Wohnung für Menschen oder Vieh betreten dürfte. Dagegen ist es hie und da vorgekommen, dass das Dorfschwein zu einem Stubenfenster oder, auf einer Leiter stehend, zu einem Scheunentor hineingeschaut hat, um den dorthin geflüchteten Junggesellen zu erspähen. In den Stepfenwiesen wurde sogar einmal einer vom Dorfschweine belästigt, das eine Schar junger Ferkel bei sich hatte. Er hiess aber die Kobolde ins Teufels Namen abziehen, worauf sie mit Grunzen und Quieken sich schnell entfernten und im nahen Walde verschwanden. J. Natsch *** In Altstätten soll es einmal sogar in die Kirche eingedrungen sein, und als der Geistliche und der Mesner es einfangen wollten, kam der erste rittlings auf dasselbe zu sitzen und wurde von ihm weggetragen.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 285, S. 158 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Dorftier

Source: Das Dorftier

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a) Mutters Bruder war Zuckerbäcker und zur Winterszeit auch Hausmetzger. Ausserdem war er ein leidenschaftlicher Jäger. Manchmal kam er zu uns z Liecht und unterhielt sich mit meinem Bruder, der auch gerne jagte. Die zwee hai abe brichtet zsäme und «gjegeret» und «gjagt»! Als sie auch wieder einmal am Erzählen ihrer Jagdabenteuer waren, stürzte ein junges Bürschlein, der Micheli, herein und rief aufgeregt: «S Dorftier isch umme! S git ander Wätter!» Die beiden Jäger ergriffen ihre Flinten und verliessen sogleich das Haus, zum grossen Kummer unserer Mutter. Als sich Micheli gefasst hatte, fuhr er fort: «S isch under der Schuel vüre cho und übere Wäg und s Lüthis Gängli hindere. Wiene grosse Hund hets drygseh.» Zur Beruhigung der Mutter kehrten die Jäger bald wieder zurück, ohne etwas Verdächtiges gesehen zu haben. Es kann sein, dass sich ein Schaf den Häusern genähert hatte, das s Schuemachers fortgelaufen war und dann erst nach einigen Wochen wieder zurückkehrte. b) Bei Lüthis soll sich ein «Tier» gezeigt haben, und zwar nachts um zwölf Uhr. Ich ging auf den Anstand und schritt dorfauf und dorfab. Ich sah aber nichts als ein schwarzes Schaf durch das Gängli zwischen Haus und Garten gehen. Anwil Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Dorftier in Suhr

Source: Das Dorftier in Suhr

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Ein junger, lustiger Schuhmacher zu Suhr befand sich im Besitze einer grossen gläsernen Flasche, welcher weiter nichts als der Boden fehlte. Nachts stellte er sich damit ins Gebüsch am Dorfe oder hinter Bäume zwischen den Wässerungsbächen, blies sein Instrument wie eine Trompete an und lockte jämmerliche Töne daraus hervor. Bald verbreitete sich bei dem abergläubischen Völklein die Meinung, ein grässliches Gespenst stosse solches Klagegeschrei aus. Mancher Furchtsame floh in sein Bett, wenn das Plärren des Dorfthieres näher kam. Lange genug währte der Spuk. Endlich überraschten kecke Leute den Bläser und zerschlugen ihm die ominöse Flasche. Der Schuster hiess nun bis an seinen Tod unabänderlich Dorfthier. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Dorftier von Ober-Entfelden

Source: Das Dorftier von Ober-Entfelden

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Dasselbe (Dorftier) wohnt in den dortigen Brunnmatten, läuft bis zur Waldung, kehrt dann von der Landstraße wieder ins Dorf um und verschwindet neben der Kirche am Kirchhofe. Schon manchmal hat man seine Fußtapfen im Schnee abgespürt gesehen. Seine letzte Erscheinung hatten zwei Brüder zu bestehen. Um der krankliegenden Mutter noch etwas zu holen, mußten sie von ihrem Hause, am Holze gelegen, spät Nachts nach Köllikon gehen. Die sogenannten Nachtbuben dieses Dorfes gelten als sehr händelsüchtig, um also gegen derartige Anfälle gerüstet zu sein, zogen die beiden ein paar tüchtige Knüttel aus einem Haufen Reiswellen ans, welcher neben ihrem Wege auf der Matte lag. Aber diese unförmliche Holzmasse fing an Gestalt zu bekommen, regte und bewegte sich unter ihren Händen und drohte über sie herein zu sinken. Zugleich begann ein dumpfes Schnauben, zwei Augen bildeten sich kugelrund, wie blanke zinnerne Teller, und leuchteten ihnen aus dem Dunkel entgegen. Das Dorftier wars. Jetzt galt's zu entspringen. Über Gräben und Zäune eilten die zwei zurück zu ihrem ziemlich entfernten Wohnhause. Hier aber war die Haustüre schon verschlossen. Der Verfolger ließ ihnen keine Zeit, sie mußten sich daher auf die Holzbeige flüchten, welche neben am Fenster unter das Vordach hinauf geschichtet ist. Die ganze lange Nacht hielt sie hier das Dorftier belagert, und so oft sie es wagten, wieder aufzublicken, begegneten sie den fürchterlich herauf starrenden Feueraugen. Der eine Bruder ist an den Ängsten dieser Nacht gestorben. (Haberstich v. Entfelden.)  Band 3.1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962, S. 92 - 92 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch      


by Das Dorftier von Safenwil

Source: Das Dorftier von Safenwil

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Das Dorftier von Safenwil hatte ungefähr die Größe eines Kalbes, einen langen, sehr gedrungenen Leib, kurze Beine und war schwarz von Farbe. Vom Kopfe bemerkte man wenig, doch hatte es glänzende tellergroße Augen. Man sah es vom sogenannten ,,Lindenrain" durch das Dorf Safenwil hinauf gehen bis zur Gasse, welche zu einem Sumpf führt, dort verschwand es in einem Baumgarten, in dem ein Speicher stand, der als Wohnort des Tieres angenommen wurde. Es soll nie jemandem Schaden zugefügt haben. Einmal jedoch, da es auf seinem Wege am Mühlenbache von einem großen Haushund angefallen wurde, zerriß es denselben, daß man mit den Stücken am Morgen drauf eine weite Strecke bedeckt fand. (Seminarist Rudolf Scheuermann von Safenwil.)  Sage aus Safenwil Band 3.1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962, S. 82 - 82 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.    


by Das Dorftier von Umiken

Source: Das Dorftier von Umiken

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In den Nächten der heiligen Zeiten geht dasselbe von der Stadt Brugg durch die Dörfer Umiken und Villnachern und verschwindet rückkehrend in der Mitte von Umiken. Es ist ein gewesener Ammann, der seine Gemeinde um ein halbtausend Gulden betrogen hat. Als ein sechzigjähriger Mann von diesem Betrug vernahm und es dem Gerichte zu Brugg anzeigte, ließ dieses dem Ammann durch einen Beschwörer anwünschen, er solle eben so viele hundert Jahre, als er Gulden gestohlen, ruhelos wandeln müssen. Seit dem Tage seines Todes hat er diese Wanderung begonnen in den Gestalten von Katze, Hund, Kalb und Ochse. Zur Zeit des Vollmondes nämlich ist er so groß wie ein Ochse, im Neumond dagegen so klein wie ein junges Kätzchen, immer aber behält er seine großen feurigen Augen. Ganz getreu läuft er dann in recht stockfinstern Nächten dem Dorfwächter nach und bleibt nur so lange, bis dieser die Stunde gerufen hat, hinter ihm zurück. Es haucht und bläst diejenigen an, die sich vor ihm fürchten, sie bekommen dann einen aufgeschwollenen Kopf oder entzündete Augen; doch diejenigen, welche Flüche und Drohworte ausstoßen, kann es nicht schädigen. Es geht den Leuten in die Krautgärten, zerstampft Gemüse und Blumen und zerreißt die Zäune: beim Regen kommt es ihnen sogar bis an die Dachtraufe, verschwindet da aber. Namentlich pflegt es die Fabrikarbeiter zu verfolgen, welche spät Abends von Brugg und Windisch her aus den Spinnereien heim gehen müssen. (Aus dem Munde einer von dort gebürtigen Dienstmagd.)  Sage aus Umiken Band 3.1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962, S. 78 - 78 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Dorftier zu Rafz

Source: Das Dorftier zu Rafz

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Das Dorftier zu Rafz Es wird am Ende des 19. Jahrhunderts gewesen sein, als man in Rafz noch wusste, dass es ein Dorftier gab, ein Ungeheuer, das nachts im Dorf herumtrabte und die Leute fürchten machte. Dieses Dorftier spukte also noch in den Köpfen gewisser Leute. Da sei denn auch einmal einer angetrunken heimgesegelt. Er sieht auf einem Misthaufen etwas Grosses kauern. Das ist das Dorftier, denkt er, nimmt ein buchenes Klafterscheit und schmettert es über das Ungeheuer. Das tönt entsetzlich hohl und rumpelt unerhört, dass es nicht mehr schön ist. Am Morgen vernimmt er, dass einer dem andern mit einem buchenen Klafterscheit ein Güllenständli zusammengehauen habe. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Unterland Nach Gchr. Rafz 1902   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Dorftier zu Seengen,

Source: Das Dorftier zu Seengen,

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Am Hallwiler-See, ist ein in eine Kröte verwandelter Junker von Hallwil. Dieses Thier schwillt bei Begegnungen zur Grösse einer Wanne (Fruchtworfel) an und hat Augen gleich Zinntellern. Sein Wanderweg geht bis Eglischwil hinab zum Heidengraben und jener Heidenkirche, von welcher Abthl. IV, No. 168 erzählt ist. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Drachengold

Source: Das Drachengold

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Es war zur Winterszeit. Der Schnee lag meterhoch um die Hütten und hing sich im Walde an die untersten Äste. Ein Bürger von Jeizenen stieg mit dem Schlitten auf die Alp, um Holz zu holen. Auf dem Rückweg sauste das schwerbeladene Gefährt über die jähe Halde in vollem Lauf, dann hinein in den Wald, und nun vermochte es der Bauer nicht mehr zu bremsen. Der Schlitten flog zwischen den Stämmen durch und stürzte in einen tiefen, tiefen Spalt, der aber halb mit Schnee angefüllt war, so dass der Bauer keinen Schaden nahm. Als er sich vom ersten Schreck erholt hatte, verfiel er gleich in den zweiten, denn er sah, dass es über die glatten steilen Wände kein Entrinnen gab. Er stapfte der Klamm entlang, sah aber überall dieselben turmhohen Felsenmauern, über die hinauf die flinkste Gemse nicht gekommen wäre. Nach einer langen, mühevollen Schneewaterei kam er ans Ende der Schlucht, die in einen finstern Gang ausmündete. Dort gewahrte er einen glänzenden Schein, auf den er lossteuerte. Als er näher kam, erschrak er von neuem. An die Wand geschmiegt hauste ein hässlicher Drache, der seine glühenden Augen auf ihn richtete und mit der lang hervorgestreckten Zunge die Flüssigkeit, die von den Wänden niederträufelte, begierig aufleckte. Die spitzen Krallen der Füsse hackte er im Gestein fest, und mit der Schwanzspitze stützte er sich auf den Boden. Der Bauer dachte, wenn ihn das Ungeheuer fressen wolle, so könne es ihn überall packen, bleibe er hier oder verstecke er sich irgendwo in der Schlucht, darum blieb er stehen und schaute eine Weile zu. Da das Untier keine Miene machte, ihn zu töten, und er Hunger und Durst verspürte, hielt er den Mund auch an die Wand und begann die gelblichrote, klebrige Flüssigkeit, die über das Gestein sickerte, abzulecken. Sie schmeckte süss, wie wilder Bienenhonig und sättigte ihn gut. Er setzte sich nach der Mahlzeit auf den Boden und schlief bald ein. Als er erwachte, war der Drache noch da und tat, als ob er ihn gar nicht bemerkte. In der Höhle war es warm, wie zu Hause in der Stube; er sammelte die dürren Gräser und Zweiglein, die überall herumlagen, und richtete sich ein Bett zurecht. Zum Frühstück leckte er an der Wand, dann ging er hinaus, um nochmals nach einem Aufstieg zu spähen, aber totmüde kehrte er zur Höhle zurück; das Suchen war umsonst, er musste hier bleiben, denn an ein Entweichen aus der Schlucht war nicht mehr zu denken. So hauste er nun Tage, Wochen und Monate mit dem Drachen in der Höhle, und er machte sich mit dem Gedanken vertraut, den Rest seines Lebens hier abbüssen zu müssen. Da geschah eines Tages etwas, das ihn in massloses Erstaunen versetzte. Der Drache, der seine Höhle bisher nie verlassen hatte, immer zusammengekauert am Boden schlief, oder ausgestreckt wie ein Lindwurm an der Wand saugte, kroch langsam aus der Spalte, reckte und schüttelte die gezackten Flügel, dass es aufflammte wie ein Höhenfeuer, schlug ein paar Mal mit den Fängen auf und nieder und schwang sich in die Lüfte. Der Bauer sah dem Drachen nach, bis er verschwunden war und fühlte sich so trostlos verlassen, dass ihm die Tränen in die Augen traten. Jetzt war er erst recht einsam in der finstern Schlucht; das einzige Lebewesen, und wenn es auch ein Ungeheuer war, hatte ihn verlassen, und er raufte sich die Haare und schlug mit den Fäusten an die Wand. Nun sah er erst ein, wie dumm er gewesen war. Er hätte sich an den Schwanz des Tieres anklammern sollen und auf den Rand der Schlucht hinauftragen lassen, dann wäre er gerettet gewesen. Jetzt war ihm jede Aussicht auf Rettung genommen. Er hoffte zwar immer noch, der Drache werde zurückkehren; den ganzen Abend und die ganze Nacht hindurch schaute er an den schmalen Streifen des Himmels hinauf, und sein Herz hüpfte jedesmal vor Freude, wenn er das Rauschen des Höhlengefährten zu hören glaubte. Gegen Morgen verdunkelte sich die Spalte, der Drache schoss durch die Luft und schwebte sachte hernieder. Er rollte sich in der Höhle zusammen, schloss die Augen, und am nächsten Tag hing er wider an der Wand und leckte die Flüssigkeit. So verstrich wiederum eine lange, lange Zeit, und der Bauer wartete vergeblich auf den Augenblick, wo das Drachentier wieder auffliegen würde. Endlich kam der ersehnte Tag der Rettung. Der Drache kroch aus der Höhle, schüttelte die Fittiche, sperrte den Rachen auf, so dass kleine Wölklein hervorquollen und machte sich zum Fluge bereit. Diesmal wollte der Bauer die Gelegenheit nicht versäumen. Er setzte sich rittlings in einen der kreisrunden Schweifringel, wo er sich sicher fühlte wie in einem Sattel, klammerte sich an den Zacken des Schwanzrückens fest und flog mit dem Tiere auf. Ganz sachte schwebte es den Wänden entlang, flog höher und höher und setzte ihn im Walde ab. Der Bauer konnte sich kaum fassen vor Freude. Im Sommerschmuck prangte der Wald, die Tannäste hatten lichthelle, frische Spitzen, zwischen den Stämmen wuchs würziges Waldkraut. Frohen Herzens machte er sich auf den Heimweg. Die Seinigen schlugen die Hände über dem Kopfe zusammen, als er über die Schwelle trat und flohen ihn, denn sie glaubten, ein Waldgespenst vor sich zu sehen. Er aber grüsste freundlich, und nun erkannten sie den Totgeglaubten an der Stimme. Er erzählte seine Leidensgeschichte und befahl dem Sohn, mit dem Schlitten zu dem Rand der Schlucht zu fahren und die Drachenkegel zusammenzulesen, da es pures Gold sei. Schnell fuhr er mit den Händen in die Taschen, doch sie waren leer. Er hatte in der Höhle die Goldhäuflein zu kleinen Bergen geschichtet, um dann einige mitzunehmen, wenn der Tag der Rettung heranbrechen sollte, aber in der Aufregung hatte er es vergessen. Der Bauer wollte mit dem Sohne fahren, aber er wurde plötzlich unwohl. Er hatte Käse und Brot gegessen und ein Kännchen Wein dazu getrunken und fühlte sich sterbensübel. Er musste sich zu Bette legen und durfte nichts zu sich nehmen, denn der Magen wollte es nicht ertragen. Dort fühlte er auch einen schweren Druck, der nicht weichen wollte. Es hungerte ihn stets, und doch konnte er nichts essen, so dass er Hungers sterben musste. Als er nach seinem Tode aufgeschnitten wurde, wie er es vorher gewünscht hatte, fand man in seinem Magen einen Klumpen Gold von sieben Pfund Schwere. Sieben Jahre hatte der Bauer in der Höhle zugebracht, und sieben Pfund Gold waren in seinem Magen angehäuft. Der Sohn brachte die gleissenden Kegel, die der Drache auf dem Höhlenrand hatte fallen lassen, auf dem Schlitten nach Hause, und von dem Edelmetalle, das ihn zum reichsten Manne weit und breit machte, schenkte er der Gemeinde so viel, dass sie hundertundzwanzig goldene Becher und zwölf goldene Kelche für die Kirche giessen konnte. Dann blieb immer noch ein schöner Rest, der zu Tötzli oder viereckigen Klümpchen geformt wurde. Als 1799 die Franzosen das Dorf heimsuchten, musste die Gemeinde den ganzen Goldschatz herausgeben. Quelle: Johannes Jegerlehner: Walliser Sagen, Hans Feuz Verlag Bern, 1959   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Drachenloch

Source: Das Drachenloch

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Auf der Südseite des Kuhmettler ist das Drachenloch, das so tief in den Berg hineinführt, dass man drinnen die Glocken der Toggenburger Viehherden von der Rossalp hören kann. Durch die Höhle schiesst ein rauschender Bach. B. Steiner Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 378, S. 217 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Drachenried

Source: Das Drachenried

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Im Lande Unterwalden, am Vierwaldstättersee, hauste vor undenklicher Zeit ein fürchterliches Untier. Ob dem Dörflein Wyl [Wil] hatte es seine Höhle. Es war ein greulicher Lindwurm, der einen Schuppenpanzer um den Leib und messerscharfe Krallen hatte. Wenn er aus seiner Höhle durch die Luft schoß, sah er aus wie ein ungeheures, fliegendes Krokodil. Aus seinem Rachen aber konnte er Feuer speien. Die ganze schöne Gegend um das Dörflein wurde von ihm verheert und in Furcht und Schrecken gehalten, also daß man das Dörflein Wyl zuletzt Ödwyl nannte. Der Drache verschlang nicht nur das Vieh, sondern auch die armen Hirten. Und wenn ein Hirtenbüblein sich noch so sachte und still mit seinem vollen Milchtanslein den Hecken und Wäldern entlang schlich, der Lindwurm sah es gewiß. Auf einmal schoß er heran, und weg war das Hirtenbüblein. Einmal suchten zwei arme Mägdlein Beeren in der Weid. Da schoß der Drache auch herbei und hätte gewiß beide verschlungen, wenn sie sich nicht im Farnkraut hätten verstecken können. So war denn weder Mensch noch Vieh des Lebens sicher. Da erbot sich ein ritterlicher Mann namens Struthan, der aus dem Geschlecht der Winkelriede war, den Kampf mit dem Drachen aufzunehmen, wenn man ihn wieder in seine Heimat zurückkehren lasse, aus der er einst eines unbedachten Totschlages wegen verbannt worden war. Die Unterwaldner nid dem Wald, die nicht mehr wußten, wie sie sich des Lindwurms erwehren sollten, sagten ihm's feierlich zu. Jetzt kam der Ritter Struthan Winkelried ins Land und ging nach Ödwyl, wo der Drache in seiner Höhle hauste. Er hatte ein Panzerhemd an, und seine Lanze umwand er mit einem Dornbusch. Plötzlich schoß der Drache feuerspeiend aus seiner Höhle und geradewegs auf den Ritter los. Schon dachten alle Leute, die von weitem aus den Wäldern zuschauten, jetzt sei's aus mit ihm. Doch Struthan Winkelried hielt dem Lindwurm die dornenumwundene Lanze entgegen, und blindlings fuhr dieser in seiner Drachenwut in sie hinein, also daß er nach kurzem, heftigem Kampfe daran erstickte. Jauchzend eilte nun alles Volk herbei. Als aber der Ritter, schweißdampfend, die Lanze aus dem Ungeheuer herauszerrte, rann ihm etwas von dem Drachenblut auf den bloßen Arm. Obwohl er's gleich wieder abwusch, mußte er doch auch sterben. Da trauerte das Volk um seinen Erretter aus großer Not und baute ihm auf der Stelle, wo er den Drachen erlegt hatte, eine Gedächtniskapelle. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das dreibeinige Ross

Source: Das dreibeinige Ross

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In alten Zeiten soll in der Feselalpe ein dreibeiniges Ross sein Unwesen getrieben haben. In wenigen Sprüngen soll es von der oberen Feselalpe bis herunter in die Kalberweid gekommen sein. An jedem Ort, wo es zu Boden kam, haben die Älpler ein Kreuz errichtet, so unterhalb der untern Bächimauer, oberhalb des untern Stafels und am untern Ende, auf den Auflengen und auf dem mittleren Kalberweidboden. Als das Ross weiter unten in einer Halde wieder Fuss fassen wollte, brach es ein Bein, weshalb diese Gegend heute noch das ,Beinbrächi‘ heisst. GAMPEL            Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das dreibeinige Ross in Enggersch

Source: Das dreibeinige Ross in Enggersch

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Aus der Neuenalpe, früher Kuhalpe jetzt aber eine Schafweide, soll ein dreibeiniges Ross nach Enggersch, Bezirk Leuk, gekommen sein und da viel Unheil angerichtet haben. Alte Männer erzählen noch mit Schauder die traurigen Vorfälle, die ihre Grosseltern von diesem Ungetüme zu erdulden hatten. Man musste in Enggersch selbst einen Mann bestellen, der abends sieben Uhr ein Glockenzeichen zur Warnung zu geben hatte; denn von halb acht Uhr bis Betenläuten am Morgen wurde im Dorfe alles, was nicht daheim war, von der schnell umhergaloppierenden Bestie tot niedergetreten. — Ein gewisser Pater Ebb hatte das böse Ross gebannt und fortan unsichtbar gemacht. Es vermuteten aber die Leute, das dreibeinige Ross hätte nach der Bannung die Gestalt einer Bruthenne angenommen; denn von der Zeit an wurde auf dem Brunnentroge im Dorfe oft ein gereiztes Gluggi gesehen, das auch viel Schaden machte und einmal sogar einen Mann zu "Käck" zerstampft und dann mit grossem Appetit aufgepickt hat. — Einer zweiten Beschwörung soll der Spuk vom dreibeinigen Rosse ganz gewichen sein. (erzählt von Ed. Meichtri, Student)   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das dreibeinige Ross in Sitten

Source: Das dreibeinige Ross in Sitten

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Vor vielen und vielen Jahren wurde um die Mitternachtstunde, so erzählt die Sage, die Ruhe der Bewohner der Stadt Sitten sehr oft gestört. Ein dreibeiniges Ross, und noch obendrein nur mit einem grossen Auge mitten auf der Stirne, zog unter klingendem Geschäll und klappernden Hufschlägen die Strassen und Gassen der Stadt auf und ab und hin und her. Am ärgsten trieb es den Spuk auf der grossen Brücke. Diese war bekanntlich beim Rathaus für die Kreuzgasse vom Schlossplatze herunter ziemlich breit angelegt, um das rechte und das linke Ufer der Sitte miteinander zu verbinden. In der übrigen Stadt führten nur schmale Holzbrücken über den Fluss; darum hiess, wie noch jetzt, die Brücke beim Rathaus "die grosse". Damals fragte wohl niemand, auf der Mitte derselben stehend, wo nun auch in Sitten die grosse Brücke sei. Als nun eines Abends das dreibeinige Ross es wieder ärger machte als gewöhnlich, fasste ein Waghals, des Lärmens überdrüssig, den Entschluss, hinaus zu gehen und zu versuchen, ob das lästige Ross zum Reiten auch tauge. Aller Abmahnungen ungeachtet wagte er sich heraus und zu ihm heran. Der Verwegene ward willig aufgenommen und munter Strasse auf- und abgetragen. Das war ein herrliches Fahren! — Aber das unheimliche Ross wurde immer grösser und stieg mit dem Reiter sichtlich in die Höhe. Als es gross und hoch genug war, lenkte es unerwartet schnell in die Kirchgasse ein und drückte denselben so unsanft an den oberen Bogen, dass er am Morgen zerquetscht und wie eine Bettdecke auf dem Boden ausgebreitet gefunden wurde. Seither stören die dreibeinigen Pferde in der Stadt Sitten die nächtliche Ruhe nicht mehr. Hr. R. Ritz erzählt über den gleichen Spuk: — In der wohllöblichen Stadt Sitten hausten lange Zeit drei Ungeheuer; das dreibeinige Ross, die grünäugige Rathaussau und der rote Stier. Wo die Rathaussau sich aufhielt, sagt schon der Name. Auch liess sie ihr Grunzen nächtlich ertönen in einem der beiden Gässchen, die neben dem Hause de Platea treppenartig in die untere Stadt führen. In dem andern dieser Gässchen lagerte der rote Stier.» Das dreibeinige Ross, mit einem glühenden Auge mitten in der Stirne, hatte sein Stammquartier im Stadtviertel Mala curia. Es tummelte sich oft in einem Baumgarten hinter der Savièse-Gasse und, wo es sich wallete, spross kein Gras mehr. Mit seinen drei Beinen trabte es gar sonderbar das Bett der Sitte hinunter und lenkte beim Rathaus durch einen kleinen Abzugskanal in die Schlossgasse ein. Wehe dem, den dann die Neugierde an's Fenster trieb! Alsbald schwoll das gespenstige Ross zu einer solchen Höhe an, dass es dem Auflauerer, auch im dritten und vierten Stocke, zum Fenster hinein entgegenglotzen konnte, worauf der Neugierige in "Winna" kam, am Gesicht aufschwoll und am Munde Ausschlag erhielt. Viel schlimmer ging's einem Bäuerlein, das an einem Markttage ein Tröpflein über den Durst getrunken hatte. Es setzte sich abends gemütlich auf das dreibeinige Ross, meinend, das wäre sein Maultier, und liess sich sorglos davontragen. Unter einem Bogen wurde es aber vom aufschwellenden Rosse zusammengedrückt zur Dicke eines Batzens. — So hat das Gespenster-Ross wohl manchen jämmerlich gefoppt. Einer aber konnte sich noch schnell durch das Hl. Kreuzzeichen retten. Als man nach der grossen Feuersbrunst 1788 den Schutt aufgrub, wegräumte und anfing wieder zu bauen, entdeckte man in der Savièse-Gasse unter einem Hause eine unterirdische Gruft und darin drei Ritter am Kartenspiel. Wie man sie berührte, zerfielen sie alsbald in Staub und Asche. — Und seither hat man das dreibeinige Ross auch nicht mehr gesehen.* * Wenn aus je drei Spielern ein dreibeiniges Ross wird, wie viel solcher Ungetüme werden dann einst in den Casinos von Sitten spucken?   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Dusseli bei Moosleerau

Source: Das Dusseli bei Moosleerau

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Das Dusseli ist ein kleines Hündchen, das sich bei Gewittern häufig im Surenthale zeigt. Um Moosleerau sieht ein Mann nach einem heftigen Regen zum Fenster hinaus und erblickt ein Hündlein, welches er für das seines Nachbarn hält. Er ruft ihm „Dusseli-du, dä!" allein das Thier entweicht, und da der nächste Bach, über den es setzen will, eben zu breit angelaufen ist, so schwillt es selbst am Ufer zu einer schwarzen Mannsgestalt auf, geht in einem Schritte drüber weg und ist da auf der ebenen Wiese so plötzlich verschwunden, dass des Bauern herbeigerufenes Weib schon nichts mehr davon zu sehen bekommt. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Echo am Lauiberg

Source: Das Echo am Lauiberg

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Unter dem Lauiberg beim kleinen Sihlsee auf den Yberger Alpen des Kantons Schwyz gibt's ein dreifaches Echo. Ja es gibt Leute, die schon ein vierfaches gehört haben wollen. Dort soll sich alle hundert Jahre das Echo zeigen, wenn man's in der Karfreitagsnacht anrufe, und den reich machen, der es zu erlösen vermag. Es ist schon lange her. Da ging's denn auch wieder einmal um die Osterzeit. Als nun der Karfreitag da war, schlich sich ein kräftiger Bursche aus den Häusern am Karrenboden in Unteryberg [Unteriberg] bei Nacht und Nebel hinauf durch das enge Tal der wilden Sihl. Er wußte nicht warum, aber ihn überkam ein großes Verlangen, das Echo am Lauiberg zu sehen. Noch waren Berg und Tal verschneit, aber der Schnee trug, denn er war fest gefroren. Es mochte gegen Mitternacht gehen, als der Jungbursch endlich über die schönen Weiden der Obersihlalp hinauflief. Jetzt ging der Mond über dem Flaschberg auf und beleuchtete die Alp schier taghell, die ein Aussehen hatte, als ob ein Riese aus seinem Rieseneimer lauter geschwungene Nidel (Schlagrahm) über die Weiden ausgegossen hätte. Unversehens nahte sich der Bursche dem Lauiberg, und auf einmal stand er am düstern Sihlseeli, das zu seiner Verwunderung nicht gefroren war und offen dalag. Nur von einem gähen Hange griff eine abgefahrene Lauine weit in die schwarze Flut hinein. Jetzt wurde es dem Burschen doch etwas schwer. Kein Hauch und kein Leben war um das unheimliche Wasser, und finster schauten ihn die gegenüberliegenden Abstürze an. Doch nahm er sich zusammen und rief: "Im Namen Gottes, Echo, zeige dich!" Dreimal kam sein Ruf kaum vernehmbar von den Ausläufern des Lauiberg zurück, aber nichts zeigte sich. Da rief der Bursche, kecker geworden, zum zweitenmal: "In Gottes Namen, Echo, zeige dich!" Von neuem widerhallte es dreimal aus den Flühen, und diesmal also deutlich, daß er schier erschrocken einen Schritt zurücktrat. Doch alles blieb tot und leer. Jetzt setzte er beide Hände an den Mund und rief zum drittenmal: "Im Namen Gottes, Echo, zeige dich!" Da kam sein Ruf so deutlich zurück, daß er sich, ängstlich auffahrend, umsah, denn es war, als hätte jemand neben ihm die Worte wiederholt. Und auf einmal sah er, wie sich aus einer Rinne am Abhang des andern Seeufers ein weißes Nebelchen löste, gegen das dunkle Seeli hinabgeisterte und über das offene Wasser gegen ihn heranschwebte. Da packte ihn Entsetzen, denn wie er genauer hinsah, gewahrte er, wie sich das Nebelchen nach und nach in ein weißes Gewand verwandelte. Und nun sah er deutlich im Mondlicht ein wunderschönes aber bleiches Gesicht aus den weißen Gewändern auftauchen, das ihm freundlich zulächelte. Immer näher kam es, und seine langen Haare leuchteten wie lauter lötiges Gold. Jetzt sank er halbtot vor Grausen in die Knie, verdeckte die Augen und rief laut: "Jesus Maria!" "Jesus Maria!" widerhallte es dreimal unsäglich traurig vom See her. Erst ganz nahe, dann ferner und zum drittenmal leise, kaum hörbar. Wie er wieder aufschaute, gewahrte er nur noch ein weißes Nebelchen, das in der Bergrinne am andern Ufer eben zerfloß. Von der Mitte des düstern Seeleins an aber waren auf dem dunklen Wasser helleuchtende goldene Fußstapfen zu sehen, die zweireihig ins Gelände hinüberliefen. Lange staunte sie der Bursche an, und nun überkam ihn ein fürchterliches Heimweh nach dem Echo, das sich ihm gezeigt und das so wunderschön gewesen war. Es begann ihn bitter zu reuen, daß er nicht still gewartet hatte, bis es bei ihm ankam, da hätte er's wohl erlösen und den Schatz im Lauiberg gewinnen können. Traurig ging er heim. Er konnte aber das verwunschene Echo nicht mehr vergessen. Noch zweimal stieg er in der Karfreitagsnacht hinauf trotz aller Warnungen seiner Großmutter. Aber wie er auch rief, das Echo zeigte sich nicht wieder. Als er aber das drittemal hinaufstieg, da war der kleine Bergsee fest zugefroren, doch lagen bis dahin, wo der junge Karrenbödler stand, die seltsamen goldenen Tapfen, die er einst auf dem offenen Wasser gesehen hatte. Er faßte sich ein Herz und trat in die goldenen Fußstapfen. Also kam er gut bis fast ans Ufer, wo aus der Bergrinne im Gehäng ein weißes Nebelchen aufzutauchen schien. Er blickte starr zu ihm hinauf, und nun hörte er ein wunderliebliches Klingeln. Er hastete wie wahnwitzig vorwärts. Schon war er dem Ufer nahe, schon war ihm, als sehe er etwas Goldenes in der Bergrinne blitzen, da ging auf einmal das Eis unter seinen Füßen auf, und er versank hart am Ufer in die dunkle Flut. Wie er sich doch noch ans Bord brachte, weiß kein Mensch, denn das wußte er selber nicht zu sagen. Aber seit jener Nacht war er nicht mehr recht im Kopf. Er redete kein Wort mehr. Nur in den Vollmondnächten trat er oft ans Fenster und rief in die Nacht hinaus: "Im Namen Gottes, Echo, zeige dich!" In hellen Nächten aber kann man die goldenen Fußtritte des verwunschenen Bergechos auf dem Sihlseeli noch sehen bis auf den heutigen Tag. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Echowybli

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Wenn man von der Höhe der Bergmatte «Im Örli» über den steilen Geissrain auf den bewaldeten Rücken westlich der Örlenfluh gestiegen ist und dort oben einen frohen Jauchzer erschallen lässt, dann hört man ein mehrfaches wunderbares Echo. Besonders von den Studenflühen her, wo es zuletzt in eigentümlich zarten, sanft abschwellenden Tönen wie eine schlichte Melodie verklingt. Dort in jenen Flühen lebte das Echowybli in unaufspürbarem Schlupf. Alte Männer wollen es in ihrer Jugend gesehen haben. Es war klein und trug ein Kleid, das rot aufleuchtete, aber nur Augenblicke lang bemerkbar war. Der Guggerhans, der alte originelle Weidhirte des Dörfleins Liedertswil, erzählte, er habe es vom «Kleinen Wald» beobachtet, wenn er im Sommer die Herde dort hinaufgetrieben hatte und ausruhte. Einmal sei er ihm möglichst geräuschlos nachgestiegen. Als er ihm schon ganz nahe war, löste sich ein Stein unter seinem Fuss. Hans glitschte aus und rutschte ein Stück weit eine steile Geröllhalde hinunter. Als er sich wieder aufrichtete und nach dem Wybli umsah, war es verschwunden, und ein grosser Vogel flog rauschend durch den Bergwald. Von da an habe er das Wybli nie mehr gesehen. Das Echo ist aber das gleich schöne und eigenartige geblieben und entzückt jeden, der dort oben jauchzt und lauscht, bis es fern verklingt. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Das Edelfräulein von Helmetingen

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Der rüstige Wanderer, welcher vom «Bürglenstutz» an die alte Kantonalstrasse nach Tentlingen einschlägt, erblickt kurz vor dieser Ortschaft zur linken Hand den einsamen Bauernhof Helmetingen. Einst soll er Eigentum einer freiburgischen Patrizierfamilie gewesen sein. Bevor man zum Hof gelangt, passiert man hinter Rothaus einen Hohlweg, auf dessen Höhe ein zum Landgut gehöriges Kapellchen steht. Es ist der heiligen Anna geweiht. Um diese Kapelle hat der Volksglaube mehrere sinnreiche Sagen gesponnen. Eine nur wenigen Anwohnern bekannte Legende mag hier zur Unterhaltung des Lesers folgen: Vor einigen Jahrzehnten diente beim «Helmetinger», wie der Besitzer des Anwesens im Volksmund hiess, ein alter, erprobter Dienstknecht namens Wulli (Ulrich). Man konnte ihn zwar nicht beschuldigen, das Schiesspulver erfunden zu haben; es war eine schlichte, einfache Seele, ohne Falsch und Arglist, aber seiner Herrschaft treu und ergeben, wie selten einer zu finden war. Seine Pflichten erfüllte er stets mit gleicher Gewissenhaftigkeit wie vom ersten Tage an, wo er nach Schulentlassung auf den Hof gekommen war. Wullis Arbeitsfeld war der Rossstall, die Pferde füttern und reinlich halten war seine Aufgabe. Ausserdem musste er mit dem Milchwagen täglich in die Stadt fahren und den verschiedenen Stadtfrauen MiIch liefern. Ein braves Eselchen zog das leichte Fuhrwerk. Hatte Wulli seine Milchbrenten und «Tutteln» (Milchkannen) geleert, musste er dem Bauer etwa ein «Päckli Tubak», einige Nägel oder sonstige Kleinigkeiten einkaufen, der Bäuerin Bierhefe zum Brotbacken, oder einem kranken Nachbarn ein Gütterli vom Doktor oder Apotheker mitbringen. Aller dieser Aufträge entledigte sich der Knecht genau, ohne etwas zu vergessen. Als Wulli an einem frühen Sommermorgen mit seinem Freund Langohr wohlgemut durch den Hohlweg trabte, begegnete ihm etwas Merkwürdiges. Beim Kapellchen hielt das Tier plötzlich still und bockte. Der Fuhrmann versuchte es zuerst mit gütlichem Zureden, dann mit Drohungen; ja, als diese Mittel nichts halfen, tat er, was sonst nie notwendig war bei seinem Grautierchen. Er hieb dem Widerspenstigen einige kräftige Peitschenhiebe über Rücken und Ohren. Allein das Eselchen tat wie sein alttestamentlicher Bruder weiland beim Propheten Bileam. Es war durch keine Gewalt vorwärts zu bringen. Es blickte seinen Gebieter traurig an, als wollte es sagen: «Warum schlägst du mich so grausam? Ich kann ja nicht weiterziehen.» Da blieb dem Milchmann nichts anderes übrig als einen Umweg zu machen. Kaum hatte er sein Gefährt umgekehrt, folgte der Esel wieder. Über Wiler und Grenchen zog Wulli mit dem Milchwagen nach Freiburg und traf mit grosser Verspätung in der Stadt ein, wo ihn Hausfrauen und rotbackige Dienstmägde ungeduldig erwarteten. Der Knecht sprach kein Wort über den Grund seiner Verspätung. Aber die Sache beim Gebetshäuschen ging ihm nicht aus dem Sinn. «Hier ist etwas nicht in Ordnung gewesen», urteilte er. «Mein braves Grautierchen ist verhext. Sonst wäre es nicht so bockbeinig gewesen.» Am Liebfrauenplatz hatte Wulli einen alten Jugendfreund, den schlauen Hufschmied Heino. Beide stammten aus dem gleichen Dorfe - beide hatten auf derselben Schulbank ihre Zwilchhosen durchgerieben. Der Schmied stand zudem im Rufe «mehr zu können als Schwarzbrot essen»; er galt als ein Zauberer. Also ging Wulli in seiner Not zum Freund und erzählte, was ihm heute Kurioses passiert sei. Aufmerksam hörte der Schmied zu, während er sich seine kohlschwarzen Locken kraute. Nach einiger Überlegung gab er ihm folgenden Rat: «Hier gebe ich dir einen kleineren Hammer. Nimm denseIben das nächste Mal mit auf den Weg. Wenn dir bei der Kapelle das gleiche Hindernis sich entgegenstellt, dann greif schnell zum Hammer und schlage am rechten Vorderrad deines Milchwägelchens eine Speiche heraus. Damit wird dir geholfen werden. Aber teile vom Vorgefallenen niemand etwas mit.» Der gute Wulli dankte seinem Freund recht herzlich und versprach, alles so auszuführen, wie ihm aufgetragen sei. Wohlgetröstet kehrte er heim und teilte seinem Herrn kein Wort mit von seinem Erlebnis. Am nächsten Morgen trat er wieder den gewohnten Weg an. Und richtig! Bei der Kapelle blieb der Esel stehen wie am vorigen Tag. Hurtig griff Wulli nach des Schmieds Weisung zum Hammer und schlug vom rechten Vorderrad eine Speiche weg. Aber was war denn das? Kaum hatte der Knecht den Hieb getan, stand ein hübsches, zierliches Edelfräulein in alter Tracht vor ihm. Auf dem Haupte trug es ein güldenes Krönlein. Ein gelbes Gewand kleidete die Gestalt. Als das Fräulein den Alten mit dem Hammer erblickte, fing es an, laut zu weinen. Der Knecht getraute sich kein Wort zu sprechen, sondern bekreuzigte sich ein ums andere Mal; so schnell es gekommen, ebenso schnell verschwand das Fräulein, ohne etwas zu sagen. Der erstarrte Wulli dachte, es sei eine unerlöste arme Seele gewesen, vielleicht eine frühere Bewohnerin des Landgutes. Aber merkwürdig! Jetzt trabte der Esel ungescheut voran, wie früher. Als Wulli die Milch verteilt hatte, ging er zu den «Barfüssern» (Franziskanern) und bestellte dort aus seinen Ersparnissen einige heilige Messen für die armen Seelen. Dann gab er dem Schmied Heino den Zauberhammer zurück; er mochte ihn nicht länger bei sich behalten. Erleichtert fuhr er mit seinem Gespann nach Helmetingen zurück. Fortan konnte er ungeschoren mit seinem Freund Langohr an der gefährlichen Stelle vorbeiziehen. Das Fräulein kam nicht wieder. Seiner Lebtag verschloss der Alte sein wunderliches Erlebnis in seinem Innern. Erst auf dem Todbette erzählte er seinen nächsten Anverwandten davon. Er beteuerte bei seiner ewigen Seligkeit, die er zu erlangen hoffte, dass dieser Vorfall wahr sei. Ein Nachkomme von Wullis Familie hat nun diese eigentümliche Geschichte wiedererzählt.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Edelfräulein von Helmetingen

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Wer auf der alten Strasse von Tentlingen nach Freiburg zieht, der erblickt nach kurzer Wanderung zu seiner Rechten einen grossen, einsamen Bauernhof. Das ist Helmetingen. Einst soll er Eigentum einer freiburgischen Patrizierfamilie gewesen sein. In der Nähe des Hofes geht man durch einen tief eingeschnittenen Hohlweg, auf dessen Höhe eine kleine, von Bäumen beschattete Kapelle steht. Sie ist der heiligen Anna geweiht. Eine steinerne Treppe führt von der Strasse zum Heiligtum empor. Hier ist der Schauplatz einer alten, halbvergessenen Sage. Vor langen Jahren diente beim „Helmetinger“, wie der Besitzer des Anwesens im Volksmund hiess, ein alter, erprobter Knecht, namens Wulli (Ulrich). Man konnte ihn zwar nicht beschuldigen, das Schiesspulver erfunden zu haben. Er war eine schlichte, einfache Seele, ohne Falsch und Arglist, und seinem Herrn treu ergeben. Wullis Arbeitsfeld war der Rossstall. Die Pferde füttern und reinlich halten war seine Aufgabe. Ausserdem musste er mit dem Milchwagen täglich in die Stadt fahren und den verschiedenen Stadtfrauen Milch liefern. Ein braves Eselchen zog das leichte Fuhrwerk. Hatte Wulli seine Milchkannen geleert, musste er dem Bauer vielleicht noch ein Päckli Tubak kaufen, der Bäuerin Hefe zum Brotbacken, oder einem kranken Nachbar ein Gütterli vom Doktor oder Apotheker mitbringen. Aller dieser Aufträge entledigte sich der Knecht genau, ohne etwas zu vergessen. Als Wulli einst an einem Sommermorgen mit seinem Freund Langohr wohlgemut durch den Hohlweg trabte, begegnete ihm etwas Merkwürdiges. Beim Kapellchen hielt das Tier plötzlich still und bockte, der Fuhrmann versuchte es zuerst mit gütlichem Zureden, dann mit Drohungen. Ja, als diese Mittel nichts halfen, tat er, was sonst bei Grautierchen nie notwendig war. Er hieb dem Widerspenstigen kräftige Peitschenhiebe über Rücken und Ohren. Allein das Eselchen tat wie sein alttestamentlicher Bruder weiland beim Propheten Bileam. Es war durch keine Gewalt vorwärts zu bringen. Es guckte seinen Gebieter traurig an, als wollte es sagen: „Warum schlägst du mich so grausam? Ich kann ja nicht weiterziehen.“ Da blieb dem Milchmann nichts anderes übrig als einen Umweg zu machen. Kaum hatte er sein Gefährt umgekehrt, folgte der Esel wieder. Über Wiler und Grenchen zog Wulli mit dem Milchwagen nach Freiburg und traf mit grosser Verspätung in der Stadt ein, wo ihn Hausfrauen und Dienstmägde ungeduldig erwarteten. Der Knecht sprach kein Wort über den Grund seiner Verspätung. Aber die Sache beim Gebetshäuschen ging ihm nicht aus dem Sinn. „Hier ist etwas nicht in Ordnung gewesen“, urteilte er. „Mein braves Grautierchen ist verhext, sonst wäre es nicht so bockbeinig gewesen.“ - Am Liebfrauenplatz hatte Wulli einen alten Jugendfreund, den schlauen Hufschmied Heino. Beide stammten aus dem gleichen Dorfe, beide hatten auf derselben Schulbank ihre Zwilchhosen durchgerieben. Der Schmied stand zudem im Rufe „mehr zu können, als nur Schwarzbrot essen“. Also ging Wulli in seiner Not zum Freund und erzählte, was ihm heute Kurioses passiert sei. Aufmerksam hörte der Schmied zu, während er sich seine kohlschwarzen Locken kraute. Nach einiger Überlegung gab er ihm folgenden Rat: „Hier gebe ich dir einen Hammer. Nimm denselben das nächste Mal mit auf den Weg. Wenn dir bei der Kapelle das gleiche Hindernis sich entgegenstellt, dann greif schnell zum Hammer und schlage am rechten Vorderrad deines Milchwägelchens eine Speiche heraus. Damit wird dir geholfen werden. Aber teile vom Vorgefallenen niemand etwas mit.“ Der gute Wulli dankte seinem Freund recht herzlich und versprach, alles so auszuführen, wie ihm aufgetragen sei. Wohlgetröstet kehrte er heim und teilte seinem Herrn kein Wort mit von seinem Erlebnis. Am nächsten Morgen trat er wieder den gewohnten Weg an. Und richtig . Bei der Kapelle blieb der Esel stehen wie am vorigen Tag. Hurtig griff Wulli nach des Schmieds Weisung zum Hammer und schlug vom rechten Vorderrad eine Speiche weg. Aber was war denn das? Kaum hatte der Knecht den Hieb getan, stand ein hübsches, zierliches Edelfräulein in alter Tracht vor ihm. Auf dem Haupte trug es ein goldenes Diadem. Ein kostbares gelbes Gewand kleidete die Gestalt. Als das Fräulein den Alten mit dem Hammer erblickte, fing es an laut zu weinen. Der Knecht getraute sich kein Wort zu sprechen, sondern bekreuzte sich ein ums andere Mal. So schnell wie es gekommen, so schnell verschwand das Fräulein wieder, ohne etwas zu sagen. Der erstarrte Wulli dachte, das sei gewiss eine unerlöste arme Seele gewesen. Vielleicht eine frühere Besitzerin des Landgutes, die in ihrem Leben irgendein Unrecht getan und es nie wieder gutgemacht hatte. - Doch siehe! Nun war der Bann gebrochen. Der Esel setzte sich mit seinem Wagen in Bewegung und trottete, als wäre nichts geschehen, gemächlich der Stadt zu. Als Wulli die Milch verteilt hatte, ging er zu den Barfüssern und bestellte dort aus seinen Ersparnissen einige heilige Messen für die armen Seelen. Dann gab er dem Schmied Heino den Hammer zurück. Er mochte ihn nicht länger bei sich behalten. Erleichtert fuhr er mit seinem Gespann nach Helmetingen zurück. Fortan konnte er ungeschoren mit seinem Freund Langohr an der gefährlichen Stelle vorbeiziehen. Das Fräulein kam nicht wieder. Seiner Lebtag verschloss der Alte sein wunderliches Erlebnis in seinem Innern. Erst auf dem Todbette erzählte er seinen nächsten Verwandten davon. Er beteuerte bei der ewigen Seligkeit, die er zu erlangen hoffe, dass dieser Vorfall wahr sei. P. Niklaus Bongard   Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch    


by Das ehemalige Lazariterkloster zu Seedorf

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soll so reich gewesen sein, dass ein Klosterherr, der von Seedorf nach Jerusalem reiste, jeden (oder jeden zweiten) Abend auf seines Gotteshauses Eigentum übernachten konnte. Nach Jerusalem seien die Ritter öfters gereist; einmal seien sie nicht mehr zurückgekehrt, und dann sei das Ritterkloster verödet und die Besitzungen in Italien und anderswo seien verloren worden. K. Zgraggen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Eimerchen

Source: Das Eimerchen

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In einem Bauernhaus lebte einmal eine Frau mit ihren zwei Töchtern. Das eine Mädchen war freundlich und fleissig, das andere wusste kein nettes Wort zu sagen und war noch faul dazu. Die Mutter jedoch mochte das freundliche viel weniger als das unfreundliche Mädchen. Ja sie lobte die faule Tochter und schimpfte mit der fleissigen. Einmal sagte sie zu der faulen Tochter: «Nimm dieses Eimerchen und geh zum Ziehbrunnen, um Wasser zu holen.» Das faule Mädchen hatte aber gar keine Lust und wollte nicht gehen. Also kam das fleissige Mädchen, nahm das Eimerchen und machte sich auf den Weg zum Brunnen. Beim Ziehbrunnen war ein Rad und daran ein Seil, damit konnte man das Eimerchen in den Brunnen hinablassen, mit Wasser füllen und wieder heraufziehen. Das Mädchen liess das Eimerchen in den Brunnen herab. Doch als es am Seil zog, um das Eimerchen wieder heraufzuholen, riss das Seil entzwei und das Eimerchen verschwand im tiefen Brunnen. «Oh weh!», rief das Mädchen. «Die Mutter wird mit mir schimpfen und mich schlagen, wenn ich ohne Eimerchen nach Hause komme. Was soll ich nur tun?» Schliesslich beschloss das Mädchen in den Brunnen hinab zu klettern und das Eimerchen und das Seil zu holen. Der Brunnen war nicht tief und so hielt es sich mit den Händen an der Mauer fest und stieg hinunter. Es war noch nicht beim Wasser angekommen, da sah es in der Mauer ein Türchen. «Wer mag wohl hier wohnen?», dachte es. «Ich will anklopfen.» Es klopfte ans Türchen und ein alter Mann mit einem langen Bart öffnete. Das Mädchen fragte: «Habt ihr mein Eimerchen und das Seil gefunden?» Aber der Alte schüttelte den Kopf und sagte: «Nein, mein Kind», und schloss das Türchen wieder. Das Mädchen kletterte weiter und kam an ein zweites Türchen. Es klopfte und fragte: «Habt ihr mein Eimerchen und das Seil gefunden?» Da öffnete ein schrecklicher Teufel und schrie:  «Nein! Ich habe dein Eimerchen und dein Seil nicht gesehen!» und machte das Türchen wieder zu. Das Mädchen kletterte weiter, fand eine drittes Türchen, klopfte an und da öffnete die Himmelskönigin Maria. «Habt ihr mein Eimerchen und das Seil gefunden?», fragte das Mädchen. «Ja, das habe ich», sagte Maria mit sanfter Stimme. «Aber, sag, mein liebes Mädchen, könntest du nicht eine Weile auf mein Söhnchen aufpassen, ihm Milch und Brot geben und ein wenig mein Haus putzen, während ich fort bin?» Damit war das Mädchen einverstanden. Es trat durch das Türchen in das Haus der Himmelskönigin, gab dem Bübchen ein wenig Brot und Milch und als es putzen wollte, fand es anstatt Staub Perlen und Edelsteine am Boden. Diese sammelte es ein und legte sie auf den Tisch, um sie der Hausherrin zu geben. Bald kam Maria nach Hause. Sie schaute sich um und sah, dass das Mädchen das Bübchen gut gefüttert und das Haus schön geputzt hatte und war zufrieden. Das Mädchen zeigte ihr die Schätze und sagte: «Seht, was ich am Boden gefunden habe!» «Diese Schätze darfst du alle behalten. Du sollst aber auch ein neues Kleid bekommen. Möchtest du eines aus Leinen oder aus Seide? «Ach», sprach da das Mädchen, «ich bin keine Prinzessin, ich nehme lieber eines aus Leinen.» Die Himmelskönigin gab dem Mädchen jedoch ein prächtiges Kleid aus Seide. «Ich möchte dir auch noch einen Fingerhut schenken. Möchtest du einen aus Messing oder aus Silber?» «Ich bin ein Bauernmädchen. Silber ist für mich zu wertvoll.» Maria aber schenkte ihr einen silbernen Fingerhut. Dann holte sie das Eimerchen und das Seil, gab es dem Mädchen in die Hand und sagte: «Geh nun diesen Gang entlang. Wenn du am Ende angekommen bist, so schau in die Höhe.» Das Mädchen bedankte sich und lief den unterirdischen Gang bis zu Ende. Dann schaute es nach oben und da fiel ihm ein glänzender, wunderschöner Stern mitten auf die Stirn. Glücklich kehrt es nach Hause zurück. Die Mutter aber wartete schon. Mit lauten Worten schimpfte sie, und wollte das Mädchen schon schlagen, da sah sie auf einmal den Stern auf der Stirn. «Wo bist du gewesen und woher hast du diesen Stern?», wollte sie wissen. «Ich war bei der Himmelskönigin und habe das Eimerchen und das Seil zurückgeholt», erzählte das Mädchen.  Die Mutter nahm ein Tuch und wollte den glänzenden Stern wegmachen. Aber je mehr sie wusch, umso mehr strahlte der Stern. Jetzt wollte die Mutter ganz genau wissen, wie alles vor sich gegangen war und auch die Schwester hörte zu. «Ich will auch dahin gehen und einen Stern und Schätze bekommen!», sagte sie. Trotzig lief sie zum Brunnen. Dort angekommen, warf sie den Eimer und das Seil hinein. Dann kletterte sie hinunter und kam zum ersten Türchen. Sie klopfte laut und rief: "Gebt mir mein Eimerchen und mein Seil zurück!» Der Alte öffnete, schüttelte den Kopf und sagte: "Ich habe dein Eimerchen und dein Seil nicht gesehen", dann schloss er das Türchen wieder. Das Mädchen kletterte tiefer, klopfte an das zweite Türchen und rief: «Gebt mir mein Eimerchen und mein Seil zurück!» Der schreckliche Teufel öffnete und sagte: «Ich habe dein Eimerchen und dein Seil nicht gesehen, aber du kannst zu mir kommen und bei mir arbeiten.» Das wollte das faule Mädchen nicht und so kletterte es schnell weiter bis zum dritten Türchen. «Gebt mir mein Eimerchen und mein Seil zurück!», rief es. Die Himmelskönigin öffnete das Türchen und sprach freundlich: «Dein Eimerchen und das Seil habe ich gefunden. Aber sag, könntest du nicht auf mein Bübchen aufpassen, ihm Milch und Brot geben und das Haus putzen, während ich fort bin?» Das faule Mädchen nickte und so ging die Himmelskönigin davon. Das Mädchen aber ass das Brot ganz allein und trank die Milch aus, ohne dem Bübchen etwas davon zu geben. Dann hielt es ein Nickerchen und schliesslich nahm es einen Besen und machte sich auf die Suche nach den Perlen und Edelsteinen von denen die Schwester mitgebracht hatte. Aber es fand nur Staub und Dreck am Boden.  «Ach ich Arme!», rief es aus. «Meine Schwester hat so viele schöne und wertvolle Dinge gefunden und ich nur Staub und Dreck!»  Kurz darauf kam Maria nach Hause zurück. Das Bübchen schaute traurig, weil es nichts zu essen und zu trinken bekommen hatte, und am Boden lag der Dreck herum. Maria fragte: «Hast du alles so getan, wie ich es dir aufgetragen hatte?» «Ja», sagte das faule Mädchen. «Nun», sprach Maria, «dann will ich dich nach deiner Arbeit belohnen. Möchtest du ein Kleid aus Seide oder aus Leinen?» «Aus Seide!», rief das Mädchen, «wie eine Prinzessin!» Doch die Himmelskönigin gab ihm ein Kleid aus Leinen.  «Und der Fingerhut?», wollte das Mädchen wissen. «Welchen möchtest du denn haben, den aus Messing oder den aus Silber?» «Den Silbernen, den Wertvollen!» Maria gab der faulen Schwester jedoch den aus Messing. Dann gab sie ihr das Eimerchen und das Seil und sprach:  «Da nimm, hier ist dein Eimerchen und das Seil. Und wenn du hinauskommst von hier, so schau in die Höhe!»  Am Ende des Ganges schaute die Schwester in die Höhe. Aber ohje! Anstatt eines schönen Sterns, fiel ihr Kuhmist auf die Stirn und verschmierte ihr das ganze Gesicht.  Wütend kehrte sie Mädchen nach Hause zurück und weinte. Kaum im Haus fing sie an zu schimpfen mit der Schwester: "Du hast einen schönen Stern bekommen und ich muss mit Kuhmist herumlaufen!» Die Mutter wollte ihr das Gesicht waschen, doch soviel sie auch wusch, der Kuhmist verteilte sich nur noch mehr auf dem ganzen Gesicht.  Als die Mutter die beiden Schwestern so vor sich sah, die eine mit dem Stern, die andere mit dem Kuhmist auf der Stirn, sprach sie: «Jetzt erst sehe ich, dass ich ungerecht war. Zu dir, Sternenmädchen, war ich böse und zu Dir, meine Tochter, war ich zu gut. Von heute an will ich zu euch beiden gleich freundlich sein.» Und was die Mutter versprochen hatte, das hielt sie auch. Ob der Kuhmist je wieder abgegangen ist, das weiss ich nicht. Der Stern auf der Stirn des Mädchens jedoch leuchtete sein Leben lang.   Quelle: Fassung Djamila Jaenike, nach: W.  Keller, Tessiner Sagen und Volksmärchen, erzählt in Campestro von Silvio Savi, 1927, Zürich 2000   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Eimerchen

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Es war einmal eine Mutter. Die hatte zwei Töchter, eine herzensgute und eine schlechte. Und was merkwürdig war, die Mutter liebte viel mehr das ungezogene Mädchen. Eines Tages sagte sie zu der Bösen: «Nimm dieses Eimerchen und geh zum Ziehbrunnen, um Wasser zu holen.» Die Unfolgsame wollte aber nicht gehen. Da kam die gute Tochter herbeigesprungen, trat vor die Mutter und sagte: «So will ich gehen, liebe Mutter.» Aber als sie an die Zisterne kam und am Seil zog und das Rad sich umdrehte, brach das Seil entzwei und fiel samt dem Eimer in den Brunnen. «0 weh, ich Arme!» rief das Mädchen aus, «wenn ich ohne Eimerchen nach Hause komme, wer weiss, was mir die Mutter antun wird!» Mutig und unerschrocken stieg sie daher in den Ziehbrunnen hinab, wobei sie sich mit den Händen und Füßen half. Zum Glück war er nicht allzu tief. Noch ehe sie jedoch zum Wasserspiegel hinab gelangte, bemerkte sie an der Mauer eine kleine Tür. Sie klopfte an und fragte: «Habt ihr den Fisch und das Fischlein, das Seil und das Eimerchen nicht gefunden?» Da kam ein heiliger Waldbruder hervor und antwortete: «Nein, mein Töchterlein.» Darauf ging sie vorwärts, fand eine andere kleine Tür, klopfte an und fragte wieder: «Habt ihr den Fisch und das Fischlein, das Seil und das Eimerchen nicht gefunden?» Aber es wohnte der Teufel dort, und als er sah, dass er es mit einem guten Mädchen zu tun hatte, schrie er ihm wütend zu: «Nein!» Das Mädchen ging also weiter, fand eine dritte Tür, klopfte und fragte wiederum: «Habt ihr den Fisch und das Fischlein, das Seil und das Eimerchen nicht gefunden?» Es wohnte aber dort die Himmelskönigin Maria. Die sprach zu ihr mit sanfter Stimme: «Ja, mein liebes Mädchen, aber höre: Wärest du nicht so gut und würdest dableiben, während ich eine Weile fortgehe? Ich habe dir hier mein Söhnchen, dem könntest du Brot und Milch geben. Dann könntest du wischen und alle Hausgeschäfte besorgen. Wenn ich zurückkomme, so werde ich dir das Seil und das Eimerchen geben.» Und damit ging die Madonna fort. Das gute Mädchen blieb also da, gab dem Büblein Brot und Milch und fing dann an zu wischen. Aber anstatt Staub und Schmutz fand es Perlen und andere Kostbarkeiten von großem Wert. Es legte diese Kleinodien beiseite, um sie ihrer Herrin zu übergeben, wenn sie zurückgekehrt sei. Nicht lange darnach kam diese wirklich und fragte: «Hast du alles besorgt, was ich dir aufgetragen habe?» «Ja, gnädige Frau, aber schaut einmal die schönen Dinge an, die ich fand, als ich den Boden wischte!» «Nun gut, die darfst du für dich behalten, mein liebes Kind. Und jetzt sage mir: Möchtest du lieber ein Kleid aus Baumwollstoff oder aus Seide?» «Oh, gnädige Frau, die Bauernmädchen tragen keine seidenen Kleider. Gebt mir lieber eines aus Baumwolle.» Die Madonna gab dem Kind ein Kleid aus prächtiger Seide. Dann fragte sie weiter: «Möchtest du lieber einen Fingerhut aus Messing oder einen aus Silber?» «Die Bauernmädchen verwenden keine silbernen Fingerhüte», sagte es bescheiden, «gebt mir lieber einen aus Messing.» «Nein», versetzte die holde Frau, «du sollst einen silbernen haben. Und dann schau, nimm hier, dieses ist dein Eimer und das Seil. Und wenn du am Ende dieses Ganges ankommst, so blicke in die Höhe!» Als das Mädchen ans Ende des unterirdischen Ganges gelangte, schaute es in die Höhe, und da fiel ihm ein wunderlieblicher Stern gerade mitten auf die Stirn. Darauf kehrte es nach Hause zurück. Die Mutter lief ihrer Tochter voller Zorn entgegen und schalt sie heftig, dass sie so lange weggeblieben sei. Sie wollte sie schon schlagen, als sie den prächtigen Stern auf des Mädchens Stirn erblickte, der einen zauberhaften Glanz ausstrahlte. «Wo bist du denn gewesen die ganze Zeit? Und wer hat dir jenes Ding auf die Stirne gesetzt?» fragte die Mutter. «Ich weiss nicht, was ich auf der Stirn habe», antwortete das Mädchen. Die neidische Mutter wollte den Stern wegwaschen, aber je mehr sie ihn wusch, desto herrlicher strahlte der Stern. Darauf erzählte das Mädchen ganz genau, was ihr begegnet war. Jetzt wollte die böse Schwester auch zum Brunnen gehen. Sie lief zur Zisterne und tat, was ihre gute Schwester gemacht hatte. Dann ließ sie den Eimer und das Seil mit Absicht in den Brunnen fallen. Hernach stieg sie hinab und klopfte an die Tür des Heiligen mit den Worten: «Habt ihr den Fisch und das Fischlein, das Seil und das Eimerchen nicht gefunden?» «Nein, mein schönes Töchterlein», war die Antwort. Darauf ging sie zur nächsten Tür und klopfte wieder: «Habt ihr den Fisch und das Fischlein, das Seil und das Eimerchen nicht gefunden?» «0 nein, ich habe nichts gefunden», antwortete der Teufel, «aber komm herein zu mir, mein hübsches Mädchen, komm hierher!» «Nein, nein, ich will vorwärtsgehen.» Endlich kam es zur Tür der Madonna und fragte: «Habt ihr den Fisch und das Fischlein, das Seil und den Eimer nicht gefunden?» - «Ja freilich», erwiderte die glorreiche Mutter. «Aber höre, ich muss jetzt fortgehen. Du bleibst da und gibst meinem Kindchen Brot und Milch zu trinken. Und dann kannst du den Boden wischen. Wenn ich zurückkomme, will ich dir das Seil und das Eimerchen wieder geben.» Und damit liess sie das Mädchen allein. Die böse Tochter aber ass und trank, statt dem Kindchen Brot und Milch zu geben, alles selber auf. «0 wie fein ist das gewesen!» rief sie aus. Dann machte sie sich ans Wischen, fand aber nur Staub und Unrat. «Ach, ich Arme», sagte sie, «meine Schwester hat so viele schöne und wertvolle Dinge gefunden.» Nach einer Weile kam die Madonna zurück. «Hast du alles getan, was ich dir aufgetragen habe?» «Ja.» «Und nun, möchtest du lieber einen Fingerhut aus Messing oder aus Silber?» «0, ich will jenen aus Silber.» Da gab ihm die Madonna einen aus Messing. «Möchtest du lieber ein Kleid aus Baumwolle oder aus Seide?» «Gebt mir lieber das von Seide.» Aber die Frau gab ihr das baumwollene Kleid. «Da nimm, hier ist dein Eimerchen und das Seil. Und wenn du hinauskommst von hier, so schau in die Höhe!» Am Ende des Ganges schaute das Mädchen in die Höhe. Aber siehe, da fiel ihr anstatt eines schönen Sterns Kuhmist auf die Stirn und verschmierte ihr das ganze Gesicht. Wütend kehrte die Böse nach Hause zurück und weinte. Dort fing sie sofort mit der Schwester Streit an, weil jene einen wundervollen Stern hatte, während sie mit jenem Unrat im Gesicht herumlaufen musste. Die Mutter wollte ihr sogleich das Gesicht waschen; aber es nützte gerade so viel, wie wenn man schwarze Wolle weiß waschen wollte. Der Flecken verschwand nie mehr. «Nun begreife ich», sagte die Mutter, «die Madonna tat dies, weil sie mir zeigen wollte, dass ich die böse Tochter lieber habe und jene gute vernachlässige.» Quelle: Walter Keller, Tessiner Sagen und Volksmärchen, erzählt in Campestro von Silvio Savi, 1927, Edition Olms Zürich 2000     Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das eingemauerte Gespenst

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Im Wyler zu Gurtnellen stand noch vor wenigen Jahrzehnten ein uraltes Holzhaus an einer Biegung der Gotthardstrasse, das zwei Brüdern Tresch gehörte, von denen es ein Vetter mit dem hübschen Spitznamen »der Horäsager« erbte. Auf der Rückseite des Häuschens war ein kleines Gemach angebaut; niemand betrat es, denn es war, wie mir ein alter Mann sagte, von allen Seiten zugemauert. Ja, viele mieden es schon von weitem, denn es hiess, es sei darinnen ein Gespenst verbannt. Vor alten Zeiten kam einmal, als gerade beide Türen des Hausganges in diesem Häuschen gegen einander offen standen, ein Fraueli des Weges, betrat das Haus und sagte zu den Inwohnern: »Ich komme aus den Niederlanden und muss wandern, bis ich von der Strasse aus durch ein offenes Haus hindurch wieder auf die Strasse hinaussehe. Wenn ich ein solches Haus treffe, darf ich mich darinnen niederlassen. Da dies hier zutrifft, so bleibe ich hier; ich habe das Recht dazu.« – Und es blieb nun da und hielt sich ruhig in einer Firstkammer. Man hörte und merkte nie etwas von ihm. Nur wenn schlechtes Wetter im Anzug war, hörte man zweimal die Kammertüre auf- und zugehen. Später kam ein anderer Besitzer in das Haus, und dieser liess das Gespenst bannen und einmauern. Nach anderer Erzählart sagte das Fraueli, es habe das Recht, jedes Gebäude zu beziehen, wo man durch offene Lücken oder Fenster oder Türen von der einen Seite des Gebäudes auf der andern Seite wieder in das Freie sehe. Das het der Horäsager mängisch gseit, mä sell niä immänä Hüsgang die zwee Hüstirä gägänand offä lah, susch cheemet diä armä Seelä-n-innä. Johann Tresch, Paulina Brücker-Zwyssig und a. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das elende Kreuz

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Nahe bei Cham erhebt sich heute das grosse Kloster Heiligkreuz. Früher war dort nur eine kleine Kapelle und in diesem Heiligtum hing ein lebensgrosses Kreuz, im Volksmund nur "das elende Kreuz" genannt. Viel Volk strömte hier zusammen und verehrte den Herrn in seiner furchtbaren Todesangst und in seiner schmerzlichen Kreuzespein. Von diesem Kreuz berichtet die Legende: Ein Holzschnitzer zu Goldau im nahen Schwyzerland hatte schon lange den sehnlichsten Wunsch, ein getreues Abbild des göttlichen Herrn in seiner furchtbaren Marter am Kreuzesholz zu schaffen. Schon manchmal hatte er die Arbeit angefangen, aber nie wollte sie ihm gelingen. Er blätterte einst im bekannten Volksbuch von Dr. Faustus und las, wie der berühmte Meister den Mephistoffel zu allerlei Diensten gezwungen habe. Er wünschte auch solche Macht zu haben und den höllischen Diener zu zwingen. Ob seinen Wünschen und seinem Nachdenken schlief der Schnitzer ein und als er erwachte, lag ein Bild des Gekreuzigten neben ihm. Nach diesem Bild schuf er das Kreuz, das den Herrn und Meister in seiner Kreuzesqual darstellte. Das Kreuz, das den Herrn im Elend zeigte, kam nach Cham und wurde dort zur Verehrung aufgestellt. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 15 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Elsterngeschrei

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Wenn die Elstern wiederholt um einen herum rätschen, so muss man beten, denn es steht einem dann jedesmal Schlimmes bevor. So pflegte die Frau des Urban Waldmaier in Münchwiler anzufangen, wenn sie auf eine ihrer Hauptgeschichten überspringen wollte, welche also lautet: An einem Sommernachmittag arbeitete sie im Weinberge, als eine Elster wiederholt herauf geflogen kam, sich auf den nächsten Rebstecken setzte und sie heftig anschrie. Das Weib wusste wohl, dass es in einem solchen Falle das Beste sei, ein Ave Maria im Stillen herzusagen, um damit ein drohendes Unheil noch abzuwenden; als aber die Elster darauf neuerdings schreiend zu ihr kam, erschrak sie, packte zusammen und eilte heim. Auf dem Wege zu ihrem Hause trifft sie auf den Buben, ihren jungen Dienstknecht, der mit den Ochsen eben vom Heuhaus ab dem Berge hergefahren kam und so verdattert und blass aussah, als ob er noch vom grössten Elend befallen wäre. Jetzt war die Geschichte nicht mehr zu verheimlichen, und der Bub musste ihr alles haarklein erzählen. „Als wir, sagte der Bub, unsern Wagen voll Heu droben in des Chrumben Scheune einfahren wollten, in die es so jähe durchs Thor hinaufgeht, stellt sich der Meister, während ich vorne die Stiere antrieb, an den Wagen zwischen die Räder, um durch Lüpfen nachzuhelfen. Im Sprunge gieng's jetzt durch die Einfahrt hinein; der Meister aber kam dabei so enge zwischen das Wagenrad und die Steigleiter der Obertenne, dass er in der nächsten Minute an der Futterwand wäre erdrückt gewesen, wenn die angetriebenen Stiere nur noch einen Ruck weiter vor gethan hätten. Das sah der Chrumbe, der an beiden Füssen lahm, auf seinen zwei Krücken hinten in der Scheune stand. Schnell gab er den Stieren einen solchen Treff mit der Krücke auf die Schnorren (Vorderkopf), dass sie in diesem entscheidenden Augenblick wie angenagelt stehen blieben. Gottlob, dem Meister ist nichts geschehen und das Heu ist nun auch unter Dach!" E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Ende der Fuchshexe

Source: Das Ende der Fuchshexe

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Zwei Burschen aus der Ratsherrenrütti lotzten den Füchsen. Bald stellte sich einer. Wie aber der eine der Jäger zielte, war das Tier verschwunden und lag an seiner Stelle etwas wie ein Bettsack. Trotzdem drückt der Kühne ab, trifft das Unding, und ein gellender Schrei durchschneidet die kalte, schneeschimmernde Nacht. Wo der Fuchs gestanden, da loht ein heller Schein auf und zuckt, von schrillem Wehklagen und Geschrei begleitet, durch die Flühe hinan. Das war der Teufel, der die Hexe holte, da sie ihm durch ihren Tod in der Tiergestalt verfallen war. Vom Fuchs keine Spur mehr. Fr. Gamma-Zgraggen, 40 Jahre alt, Silenen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Engelbrecht's Thor bey Schaffhausen

Source: Das Engelbrecht's Thor bey Schaffhausen

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Dort wo der Tannwald brauset, stand einst ein festes Schloß. Darinnen hat gehauset Graf Kunrad und sein Troß. Sin Sinn steht nur auf Rauben. Ihn freut nur Schwerdt und Speer; Von frommem Gottesglauben ist seine Seele leer. Drob fern vom Zecherschwarme die Gräfin grämet sich, Und unter stillem Harme gar manche Nacht verstrich. Und eh’ der Tag noch grauet, zieht sie zum Schloß hinaus In’s Thal, wo stand gebauet ein schönes Gotteshaus. In gläubigem Gebete fleht sie zu Gottes Huld: „Des Ritters Seele rette von seiner großen Schuld.“ Der will sich nicht bekehren, Ihr Härmen ihn empört, Ihr frommes Thun zu wehren sein böses Herze schwört. Zum Klosterthor er reitet, den Pförtner ruft er her, Nie, ernst er ihm verdeutet, sie einzulassen mehr. Und wie am nächsten Tage sie bittend klopfet an, Umsonst ist ihre Klage, ihr wird nicht aufgethan. Da blikt voll hohen Glauben sie auf zu Gott empor: „Den Trost laß mir nicht rauben; Dein Engel brech das Thor!“ Das Wort ist kaum gesprochen, sieht sie es schon gewährt; Der Riegel ist gebrochen durch eines Engels Schwert. Der spricht, wie er sich wendet zurük zum Himmelssaal: „Dein Leiden ist geendet, sieh’ büßend den Gemahl! Geholfen hat dein Glaube.“ Sie bliket hinterwärts, Und sieht ihn knie’n im Staube, zerknirscht von Reu und Schmerz. „Weh, ruft er, mir Elenden! Mein Wort schloß Dir die Thür. Durch Hohn gar zu vollenden Dein Leiden, stand ich hier. Doch, wenn auch meine Sünden Dein Gott vergeben kann, O laß mich Gnade finden und fleh’ ihn für mich an!“ Von Himmelslust entzüket, vernimmt sie dieses Wort; Mit ihm hinauf sie bliket zu ihrem starken Hort. Sie hört der Herr der Gnaden, erbarmt sich seiner Pein. Von Frevel und von Schaden ward seine Seele rein. Die Wundersagen kamen gar bald von Mund zu Mund. Noch thut des Thores Namen die Gotteshülfe kund. (Jakob Ludwig Pfister, 1802-1833)   Aus: R. Frauenfelder, Sagen und Legenden aus dem Kanton Schaffhausen, Schaffhausen 1933. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das entführte Kind

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Gegen Ende der 70er Jahre geschah es zu Schattdorf, dass ein Kind spurlos verschwand. Die Eltern und viele Leute suchten es drei Tage lang und durchsuchten weiss wie oft den Schächenwald in alle Winkel hinaus. Endlich gingen sie zum Ortspfarrer, und der sagte, es sei sicher im Schächenwald zu finden. Sie sollen ihm läuten lassen, und dann werden sie sehen. Sie gingen also zum Sigrist, liessen dem Knäblein läuten und machten sich wieder auf die Suche. Als sie in den Wald kamen, lief ihnen das Kind entgegen und rief der Mutter: »Mutter, ich habs schön genug gehabt. Eine schöne Frau war bei mir, und als es anfing zu läuten, wurde sie noch schöner und liess mich laufen.« Frau Gisler Zwyssig Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das entführte Kind

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Ein kleines Mädchen war immer furchtbar ungeduldig, wenn ihm die Mutter seine Zöpfe flocht. Schon mehrere Male hatte sie ihm gedroht, sie werde es dem Rigelibueb übergeben, wenn es sich wehre und wüst tue. Eines Morgens machte sie ernst. Sie sagte heimlich dem Knecht, er solle vors Haus gehen und an das Fenster döppelen, und dann werde sie ihm das Kind zum Fenster hinaus reichen. Der Knecht ging, als er aber an das Fenster klopfte, war die Mutter ganz verwundert. Es hatte schon einer geklopft und ihr das Kind abgenommen. Es war verschwunden. Als der Gatte heimkam, klagte sie ihm, und dieser ging sofort zum Pfarrer und fragte um Rat. Der Pfarrer tröstete ihn und sagte, am dritten Tag müsse der Böse das Kind zurückbringen; er solle dann unter der Dachtraufe bereit stehen und das Kind in Empfang nehmen. Aber sich beileibe nicht fürchten, und wenn – Gott b'hüetis davor – der lebendige Teufel komme. Am dritten Tage stand der Mann unter der Dachtraufe bereit. Aber wer kam daher? Es war der Teufel, der das Kind brachte! Der arme Mann bekam Angst und getraute sich nicht, das Kind abzunehmen. Und nun fuhr der Böse mit dem schreienden Kleinen in die Luft, zerriss es in kleine Fetzen und zerstreute sie in alle Winde. Frau Wipfli-Herger, 80 Jahre alt. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das entführte Kind

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Von einer gewissen Familie in Brig ging eines Abends ein Kind verloren. Man suchte es während drei Tagen und Nächten unermüdet fort. Endlich am dritten Tage sagte eine Hirtin, die sie hoch im Gliserhorn antrafen, sie habe vor drei Tagen einen jungen Buben in grösster Eile ob ihr über Steinrischinen, Tschuggen und Gesträuche laufen sehen, habe aber darauf weiter nicht achtgegeben. Man rief beständig den Namen des Kindes und suchte in dieser Gegend überall nach — endlich kam aus einer Höhle ein Knabe zum Vorschein. Wie gross war ihr Erstaunen und ihre Freude, es war das verlorene Kind, das aber schon wie halbverwildert schien. Auf die Frage, wie es sich so verlaufen konnte, gab es zur Antwort, ein grosser wilder Mann habe es abends, als es über den unheimlichen Graben gehen wollte, bei der Hand ergriffen und schnell bis dahin geführt, dass es ihm kaum habe nachfolgen können. Aber weiter als bis an diesen Ort habe er es nicht fortbringen mögen, weil er nicht mehr die Gewalt gehabt habe.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das erboste Gespenst

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Zu Bürglen im untern Spiss wohnte einst eine stolze, reiche Herrenfrau von Altdorf. Sie liess bis zum Hause hinauf eine schöne, breite Strasse anlegen und konnte mit Ross und Chaise hinauffahren. Die Spuren der Strasse sieht man noch, ebenso die Gänge und Terrassen des Weinberges, den sie da pflanzte. (Bis da auch historisch richtig.) Von dem Hause führte ein Tunnel bis in's Nussbäumli, eine einsame Waldwiese in Altdorf. Im Hause ist es heute noch nicht geheuer. An den »Fraufastentagen« und um Allerseelen spürt man's immer noch. Einst, als das Haus verlassen und vernachlässigt war, spielten Nachbarkinder in seinen Räumen »Blinzis«, d.h. Verstecken und schlugen dabei, wie es das Spiel mit sich bringt, an die in den Wänden eingebauten Schränke, indem sie dazu riefen: »A'gschlagä fir mich!« »Aber woll, das isch-nä chu und isch mit-nä g'fahrä! Die hend am andärä Tag scheen g'schwullä Grindä-n-ummätreit!« Mein Erzähler hat diese Kinder alle noch gekannt. Mitgeteilt von Dr. E. Wymann Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Erbsensäcklein 

Source: Das Erbsensäcklein 

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Oberhalb von Emmenmatt, wo die Emme in die Ilfis fliesst, stand vorzeiten dicht am steinigen Ufer ein kleines, rauchgeschwärztes Häuschen. Ein armer Korbmacher bewohnte es mit seiner Frau und einer Schar Kinder. Das Hüttchen war aber nicht sein Eigentum, sondern gehörte einem reichen Bauern aus der Gegend. Trotz ihrer Armut sah es im Hüttchen immer heimelig aus, und man hörte manches Lachen und Singen. Mancher wunderte sich, dass der Korbmacher sich ohne Hilfe von der Gemeinde so redlich durchbrachte, und es ging daher das Gerücht, dass die hilfreichen Erdmännlein bei ihm ein- und ausgingen. Doch wenn man darüber Genaueres wissen wollte, pflegte der fleissige Mann nur mit einem Lächeln zu antworten.  Einmal zog ein schweres Gewitter vom Hohgant her über die Berge des oberen Emmentals. Die Flüsse schwollen in kurzer Zeit so stark an, dass Brücken und Stege von den reissenden Fluten wie Schwefelhölzer fortgetragen und das Land auf weite Strecken überschwemmt und viele Fuss hoch mit Schutt und Steinen zugedeckt wurde. Auch dem Häuschen, worin der Körber wohnte, drohte Gefahr. Die Wellen schlugen schon an die schwachen Mauern des Häuschens und drohten, es jeden Augenblick mit sich fort zu reissen. Der Korber beschloss sich und seine Familie in Sicherheit zu bringen. Nur mit knapper Not, kamen sie mit dem Leben davon.  Doch der Korbmacher beschloss, noch einmal zurückzukehren, um, wenn möglich, zu retten, was zu retten war. Da sah er auf dem niederen Dach seines Hüttchens ein winziges Männlein. Das schrie in Todesangst um Hilfe und breitete seine kleinen Arme nach ihm aus.  Ohne sich lange zu besinnen, watete der arme Korbflechter, mit den anstürmenden Wellen kämpfend, durch das Wasser seinem Hüttchen zu, schwang das Männlein auf seine Schultern und brachte es auf sicheren Boden.  «Du hast mir das Leben gerettet», sprach das Männlein, zum Korber gewendet, «und ich möchte mich bei dir bedanken. Nimm hier diese Erbsen und koche dir und deiner Familie davon ein Mus davon. Aber gib acht, dass stets wenigstens zwei davon übrigbleiben!» Mit diesen Worten gab das Männlein dem erstaunten Korber ein kleines Säckchen voller Erbsen in die Hand und verschwand.  Der Korber, der traurig zu seinem Häuschen hinüberschaute, hätte das sonderbare Geschenk des Männleins fast weggeworfen.  Doch schliesslich steckte er es ein und kehrte zu seiner Familie zurück, die in eine Nachbarsfamilie aufgenommen hatte.  In der Nacht floss das Wasser langsam wieder ab. So konnte der Korbflechter am Morgen mit seiner Familie wieder in sein Häuschen einziehen. Kaum war der grösste Schutt aus der Wohnung geräumt, kochten sie einen Topf voll Erbsen. Das Mus schmeckte so wunderbar, dass sie am liebsten jeden Tag davon essen wollten. Und tatsächlich: Am nächsten Morgen war das Säckchen wieder voll und so ging das alle Tage. Das Erbsenmus hielt den Korbmacher seine Frau und die Kinder gesund und bald schon konnten sie mit ihren schönen Körben etwas Erspartes beiseitelegen und mussten nicht mehr Not leiden.  Das Geheimnis vom Erbsensäcklein wurde von den Kindern auf die Kindeskinder weitergegeben, bis einmal ein unachtsames Mädchen, als es das Mus kochen sollte, alle Erbsen auf einmal zum Kochen verwendete. Von da an blieb das Säckchen leer.   Aus: H. Herzog, Schweizer Sagen, Für Jung und Alt, Erste Sammlung, Aarau 1871,  sprachlich bearbeitet D. Jaenike Bericht in Märchenforum Nr. 85   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Erdmännchen im unterirdischen Gange der Seeburg

Source: Das Erdmännchen im unterirdischen Gange der Seeburg

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Unter dem nicht weit von Luzern gelegenen Turme Seeburg ist ein unterirdischer Gang. In demselben soll ein Erdmännlein hausen, welches ein schwarzes, wahrscheinlich mit Schätzen gefülltes Kästchen bewacht. Ein Pächter aus der Umgegend will dasselbe drei Jahre hintereinander währen den Hundstagen gesehen haben. Seiner Beschreibung nach ist es zwei Fuss hoch, hat einen langen, weissen Bart und weisse Backen. Auf dem Kopf trägt es ein rotes Barettchen. Schuhe hat es keine. Jener Pächter sah es gerade, als es sein grünes Röcklein, welches wahrscheinlich von dem im Gange heruntersickernden Wasser nass geworden war, auf das Gras wieder zum Trocknen ausgebreitet hatte. Vier herzhafte Studenten wollten es einmal in dem unterirdischen Gange selbst aufsuchen. Kaum hatten sie ihn aber betreten, als der erste, welcher eine Fackel trug, dieselbe fallen liess und sich eilig aus dem Gange heraus an das Tageslicht flüchtete. Hier erzählte er seinen Beleitern, welche ihm gefolgt waren, dass er einen Hasen mit feurigen Ohren erblickt. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Erdmännchen und der Föhn

Source: Das Erdmännchen und der Föhn

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Die kleinen, winzigen Erdmännchen hatten auch ihre grossen Feinde. In der Nähe von Menzingen war eine kleine Höhle. Da wohnte ein emsiger Zwerg. Er war in der ganzen Umgebung sehr beliebt, da er überall gerne bei den landwirtschaftlichen Arbeiten in Hof und Stall aushalf, soweit es in seinen Kräften stand. Besonders oft weilte er beim Gschwändbauern. Da dieser ein etwas leichtsinniger Bauer war und die Stallarbeiten vielfach vernachlässigte, hatte das Erdmännchen hier einen grossen Arbeitsplatz. Als wiederum die fröhliche Fasnachtszeit herankam, frug der Bauer sein winziges Knechtlein, ob es nicht für ihn in diesen Tagen Haus und Hof verwalten und besorgen wolle. Das Erdmännchen sagte freudig und voll Diensteifer zu, nur dürfe kein anderes Wetter einfallen, sonst müsste es seinen Dienst auf künden. Da es damals recht gutes Wetter war, achtete der Bauer nicht besonders auf diesen Vorbehalt und ging freudig auf den längst ersehnten Fasnachtstanz. Zwei Tage lang schwang er das nimmermüde Tanzbein und war bodenlos lustig und fidel, denn daheim war ja alles im Guten, das Erdmännchen war da und besorgte die dringenden Geschäfte, er brauchte keine Sorgen um den Viehstand zu haben. In der Frühe des allzu raschen Aschermittwochs ging der Bauer tanzmüde heim. Aber was war in seiner Abwesenheit geschehen! Das Vieh war am kläglichen Verenden und niemand hatte sich während den zwei Tagen und zwei Nächten um die Tiere und um die Stallgeschäfte bekümmert. Voll Wut eilte der Bauer zur Höhle des Erdmännchens und tobte wie ein Besessener. Allein, das Erdmännchen entschuldigte sich, es hätte ja ausdrücklich gesagt, daß es nur bei schönem Wetter kommen könne. Nun sei aber der wilde Föhn ins Land eingebrochen und der wäre sein grösster Feind. Wenn es in diesen föhnheissen Tagen nicht in der kühlen Höhle geblieben wäre, so hätte der Föhn ihm Knochen und Bein restlos ausgetrocknet. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 129 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Erdmännlein auf Seeburg

Source: Das Erdmännlein auf Seeburg

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Eine halbe Stunde vor Luzern auf dem Thurime, den man die Seeburg heisst, führt ein unterirdischer Gang hinunter bis an den Fuss des Hügels, auf dem der Thurm steht. Dort haust ein Erdmännlein und bewahrt ein schwarzes Kästchen, das wahrscheinlich mit Gold gefüllt ist. Ein alter Mann, der mir die Sage erzählte, beschrieb das Männchen, das er gesehen haben will, wie folgt: In den Hundstagen erscheine es alle Jahre, sei kaum 2 Schuh hoch, habe weissen Bart, der weit herabwalle und weisse Locken, auf dem Köpfchen ein rothes Käppchen mit Feder. Auf dem Grase breite es ein grünes Röcklein aus, vermuthlich zum Trocknen, weil es ihm wohl von dem im Gange heruntersickernden Wasser nass werden mag. Vier herzhafte Luzerner-Studenten hatten sich einst aufgemacht, um diesem Erdmännchen hier nachzuspüren. Als sie nun in die Höhle gekommen waren, liess der erste die Fackel, mit der er einige Schritte weit vorgeleuchtet hatte, fallen und schrie, er habe ein Thier gesehen mit grosssen, feurigen Ohren. Nun wollte ein jeder dasselbe gesehen haben, und jeder sprang und kroch so schnell er konnte aus dem Loche heraus. (Durch R. Steiger aus Luzern.) (Eine ähnliche Erzählung über dieselbe Oertlichkeit findet sich in dem Schweiz. Sagenb, von Kohlrusch 1, pag. 189.) Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 329 Zwergensagen aus anderen Schweizerkantonen Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Erdweibchen in der Hufenfluh

Source: Das Erdweibchen in der Hufenfluh

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Die Hufenfluh liegt am rechten Ufer der Aare im Zurzacher-Bezirke; sie ist eine Felswand mit einer grossen und tiefen Höhle. Darinnen wohnen jetzt noch Erdmännchen und Erdweibchen, die ehemals all ihren Bedarf an Brod und Mehl in der Thalmühle zu holen pflegten. Eben dahin hatte sich eine wunderbar kleine Dienstmagd verdungen gehabt, die auch ein solches Erdweibchen war. Sie begnügte sich in Speise und Trank mit allem, was die übrigen Hausgenossen ihr gaben, lebte mit dem Gesinde in bestem Frieden und war von einer ganz unermüdlichen Arbeitsamkeit. So ward sie den Leuten immer lieber und man hatte sie in allem viel zu nothwendig, als dass es einem noch beigefallen wäre, sich ein Grausen an ihrer bedenklichen Abkunft zu nehmen. Einst, da sie eben eine gar grosse Bürde Gras auf dem Kopfe heimtrug, kam ein kleines Männchen von der Hufenfluh her ihr auf die Matten entgegen und sagte ihr ein Wörtchen ins Ohr; sogleich legte sie die Bürde ab und ohne nur ein anderes Fürtuch umgethan zu haben gieng sie, wie sie war, mit ihm hinweg. Man glaubte in der Mühle ganz bestimmt an ihre baldige Rückkehr, aber niemand bekam sie mehr zu sehen. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 275 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das ergiebige Käslein

Source: Das ergiebige Käslein

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a) s. Lütolf 484, 444, d; Isental b) Da isch ämal ä Jeeger gsy z'Underschächä (der alt Rytti-Jaggi-Märti, 18./19. Jahrhundert, behaupten einige), gwaltig ä beesä! Der het mängs Gämschi heitreit! Schier b'ständig isch er uf der Jagd g'sy. Wonner wider einisch mit der Bixä ggangä-n-isch1, chunnt ufämä hoochä Bärg obä so äs älters Mandli züenem und redtä-n-a: »Worum tüesch dü myni Geissli teedä?« »Ich ha daheimä-n-ä grossi Famili«, seit der Jeeger, »und ich müess fir my Fräuw und myni Chind sorgä.« »Güet«, seit das Mandli, »sä wemmer-is midänand verständigä. Ich gibä dier äs Chäsli, und wenn's dü nie uf einisch ganz uf-isisch, sä sollsch dü mit dyner Famili dyner Läbtig gnüeg Chäs ha; aber dü müesch mier dafir versprächä, dü wellisch-mer myni Geissli i Rüew lah und keis meh teedä.« Der Jeeger isch iverstandä g'sy, und dz Mandli hed-em äs Chäsli b'bracht, äs stattlichs Chäsli, syg g'sy eis wiennes Geisschäsli »Aber keis Geissli teedä, susch gaht's-der schlächt«, hed-em dz Mandli nu gseit. Der Jeeger het das Chäsli gnu und isch midem hei. Är het darvo gnüeg chennä-n-ässä jedä Tag mit syner Famili, und immer isch es am neechste Tag wider ganzes gsy. Aber nach vilä, vilä Jahrä isch-em wider d'Gluscht achu, uf d'Jagd z'gah. »Hitt wemmer das Chäsli üfässä«, hed-er zu Fräuw und Chindä g'seit. Aber eis vo dä Chindä het neiwä-n-äs Bresmäli undärä Tisch la g'hyä, und am andärä Morged isch das ganz Chäsli wider underem Tisch g'lägä. Und darnah hed-er ä Tschuppel Kamradä-n-igladä, und die sind-em düe Meischter wordä, dem Chäsli. Güet, är het b'Bixä g'nu und isch der Wildi züe. Da chundem äs Gämschi ergäget, wyss wie der Schnee! und nu eis, äs g'wehnlichs. Dem wyssä isch er nachä und het's g'schossä. Aber der Jeeger isch äu nimmä läbigä heichu; nu am glychä Tag isch er verungglickt und z'Tod g'fallä. Daniel Imholz, Schächental; Andreas Fedier, Maderanertal, und a. Im Schächädall seit-mä: »Der Gämschichäs tüet nu waxä nu schwynä.« Und wennd epper a syner Choscht rächt lang het, fragt mä mit Lachä: »Dü hesch meini Gämschichäs?« Fußnoten 1 »Mit der Bixä gah« heisst im Schächen- und Maderanertal: auf die Jagd gehen. »Äs anders Mal gahni de nimmä mit der Bixä-n-ohni Gwehr«, meinte ein Treiber von Unterschächen, dem viele Gemsen sich stellten, während die Jäger nichts schossen. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das ergiebige Käslein

Source: Das ergiebige Käslein

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In einem kleinen Häuschen in der Kuonenrüti zu Äsch lebten zwei betagte Mandli. Sie hatten zwei Ziegen, deren Alte sie von einem Gemsbock aufgenommen hatte. Einst gaben sie einem Bettler so ein Geisskäslein und sagten ihm, wenn er's nie auf einmal gänzlich aufesse, so werde er seiner Lebtag Käse genug haben. Und so geschah es; wenn der Bettler auch nur das kleinste Brösmeli am Abend übrig liess, hatte er am Morgen wieder das ganze Käslein. Aus G'wunder ass er's einmal sauber auf, und jetzt war's fertig mit der Herrlichkeit. Die zwei Geissen aber entliefen einmal bei warmem Föhnwetter ihren Herren und verwilderten. Das Trychel-Geissli hörte man noch lange in den Stöcken. Der Gemschichäs tüet nu waxä nu schwynä. »Dü hesch, mein-i, Gämschichäs«, sagt der Schächentaler zu einem, dessen Speisevorräte recht ergiebig sind. Fr. Gisler- Arnold Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Erhängen-spielen

Source: Das Erhängen-spielen

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Man sagt, jedem, der sich erhenkt, spiele der Teufel auf; ja ein wieder vom Stricke Geschnittener soll seine Retter arg geschmäht haben, denn so lustig habe er sein Lebtag noch keine Tanzmusik gehört. In Würenlos liefen die Buben des Dorfes müssig auf der Weide herum und beriethen sich, welche Spiele bis zu Ende des langen Tages etwa noch zu machen wären. Da ihnen kein neues einfiel, so sollte nun derjenige, welcher in allen vorigen stets verloren hatte, zur Spielstrafe sich eine Zeit lang aufhängen. Er willigte ein unter der Bedingung, dass man ihm, sobald er die Füsse schlenkern lasse, gleich helfe, bestieg den nächsten Weidenbaum und liess sich mit der Geisselschnur an den Ast knüpfen. Im gleichen Nu rauschte ein prächtiger Vogel mit schimmerndem langem Gefieder aus dem Weidenbaum auf, und während die ihm nacheilten, die ihn zuerst gesehen, vernahmen die andern eine so verführerisch lockende Musik, dass auch sie zusammen der Gegend zueilten, von welcher der Ton herüber zu spielen schien. Als beide Haufen enttäuscht wieder zur Weide zurückkamen, hieng ihr Kamerad völlig erstarrt an der Geisselschnur. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das erlöste Doggi

Source: Das erlöste Doggi

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In Ruis oberhalb Ilanz lebte einst ein reicher Mann A.C. Dieser wurde des Nachts oft vom   Doggi geplagt. Da gab ihm jemand den Rat, einen Ast in der Täfelwand auszuschlagen und einige Kopfkissen auf dem Boden seines Schlafzimmers auszubreiten. Er tat das, und siehe - am Morgen, als er aufstand, saß auf dem Kopfkissen ein großes, schönes Mädchen, welches ihm für seine Erlösung von dem Doggiberufe dankte. Er behielt sie als seine Magd, und sie war ihm treu und ergeben bis ans Ende. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das erste und letzte Wort

Source: Das erste und letzte Wort

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Muss man für sich selber andingen, wenn man eine arme Seele anredet, sonst redet sie einen zutode; denn sie spricht mit dem Atem des Lebenden. Zu Göschenen hat einmal jemand eine arme Seele angeredet, die er gehört hatte, im Obergaden am Heu arbeiten; aber er hat vergessen, sich das erste und letzte Wort vorzubehalten. Die arme Seele redete ihn zutode. Flätschbachnass kam er zu Hause an, und die Seinen fragten ihn, ob er in den Bach gefallen sei. Er starb in wenigen Stunden. Josefa Zurfluh und a.   Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Escherfräulein auf der Heidenburg

Source: Das Escherfräulein auf der Heidenburg

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Ein Waldberg in der Gemeinde Bassersdorf heißt die Heidenburg und seine Vorhöhe der Engelrain. Hier fließt ein Bach vorbei, dessen Steg der Steg der Frau Escher genannt wird. Eine weiße Frau dieses Namens hütet ihn und weist des Nachts die Leute, die hinüber gehen wollen, drohend zurück. Jenseits des Steges kommt man durch einen Hohlweg auf ein Ackerland, Steinmürli genannt; man findet hier römisches Mauerwerk im Boden. Als Marke steht ein alter Birnbaum da, unter welchem nach der Sage ein Schatz liegt. Ihn behütet die Frau Escher. Sie machte sich mit dem Sohne auf dem benachbarten Bauernhöfe Ofengipf bekannt und bewog ihn, Nachts mit ihr zum Baume zu kommen. Wenn er sie hier drei Nächte nach einander küsse, solle der Schatz sein werden. Als er es das erste Mal tut, ist das Weib schön von Körper und steht weißgekleidet da. Da er zum zweiten Male kommt, ist sie schon von Kopf bis zum Fuße in brandschwarzer Tracht und er wird besorgt. Doch sie wiederholt ihm, sie sei kein böser Geist, und er gibt ihr den zweiten Kuß. Sie hat ihm aber bereits angemerkt, daß er der dritten Probe morgen nicht gewachsen sein werde, und sagt deswegen beim Abschiede: Ich beschwöre dich, im Walde eine Tanne zu fällen, ein paar Kerne aus den Tannzapfen zu nehmen und sie zu säen; dann wächst doch einmal der Baum, der einst die Wiege für meinen Erlöser geben wird! In der dritten Nacht erschien der Bursche allerdings wieder, hatte aber vorsorglich seinen Bruder mitgebracht. Das Fräulein verwandelte sich in eine ungeheure Kröte und beide Brüder entliefen. (Dr. Ferd. Keller in Zürich.) Quelle: E. L. Rochholz, Naturmythen. Neue Schweizer Sagen, Leipzig  1862. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch    


by Das ewige Licht

Source: Das ewige Licht

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In früheren Jahren hatte der Sigrist von Bächlisbrünnen (St. Antoni) die Pflicht, allabendlich beim Betläuten vor dem Hauptaltar das Licht anzuzünden. Eine silberne Ampel hängt noch heute vor dem Altare der Mutter Gottes vom guten Rat. Aber das Ölglas steht seit dem Kriege leer, da kein Öl mehr zu haben ist. Wenn der Sigrist geschäftehalber diese Arbeit nicht besorgen konnte, tat es seine Frau für ihn. Einst kehrte diese an einem Samstag etwas spät beim vom Stadtmärit. Sie hatte auf den Sonntag noch viel Arbeit zu verrichten und schickte deshalb ihre Magd zum Gebetläuten. Die tat, wie ihr geheissen war, zog den Glockenstrang und läutete zum Engel des Herrn. Aber in der Eile oder Zerstreutheit vergass sie das übliche Licht in der Lampe anzuzünden. Sie verliess die Kapelle und schloss die Türe ab, worauf sie den Schlüssel der Sigristenfrau überreichte und fortging. Als diese am anderen Morgen zum Betläuten ging, klopfte es dreimal heftig an das Kapellenfenster auf der rechten Seite, so heftig, dass die Scheiben klirrten, ohne aber zu zerspringen. Erschrocken blickte die Sigristenfrau hin, ob jemand sich einen bösen Streich erlaubt habe. Aber keine Menschenseele war zu erblicken. In Angst und Schrecken sprang die Frau hinaus und meldete ganz käseweiss vom unheimlichen Erlebnis das ihr widerfahren war. «Ihr habt gewiss vergessen, gestern das ewige Licht anzuzünden», sagte die greise Sigristenmutter. Sogleich eilte der Sigrist hinaus, um sich zu vergewissern. Um keine Million wäre seine Gattin nochmals in die Kapelle hingegangen. Und wirklich, als der Sigrist ins Gotteshaus trat, bemerkte er gleich die erloschene Lampe vor dem Altare. Hurtig suchte er das Versäumnis wiedergutzumachen. Er zog die silberne Lampe am Ring herunter, schlug Licht und entzündete den Docht im Ölglas. Als er die Lampe herunterzog, umwehte ihn trotz der geschlossenen Fenster ein geisterhafter Luftzug. Er hörte ein Wehen, wie wenn Geister um die Lampe flatterten. Im Augenblick, da er das Lampenseil anfasste, war es ihm, als ob er seine Hand in einen glühenden Backofen hineinstreckte. Solche Hitze fühlte er an der Rechten. Und merkwürdig, sobald er das Licht angezündet hatte und die Kapelle klopfenden Herzens verliess, verschwand die Feuerhitze an der Hand so schnell wie sie gekommen war. Überflüssig zu sagen, dass das abendliche Lichtlein nicht mehr vergessen wurde.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das fahrende Hotel

Source: Das fahrende Hotel

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Einst kamen drei Jäger aus Täsch heraus; ich kannte sie alle drei gut. Am frühen Morgen setzten sie sich in den Kinachern und wollten etwas ruhen. Da sahen sie plötzlich, wie ein Hotel durch das Kin heraufschwebte, wie wenn es auf Schienen geschoben würde. Sie sahen es deutlich vorbeigehen und weiter hinauf gegen das Täschhorn verschwinden. So genau beobachteten sie, dass ihnen sogar die Handgriffe der Türen und Fenster auffielen. Das war vor ungefähr fünfzig Jahren. Ich kannte alle drei Männer, und jeder erzählte es gleich. RANDA Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Fänggenmannli in Savien

Source: Das Fänggenmannli in Savien

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Ähnlich wie die Kühjer zu Conters und Monbiel machte es ein Fänggenmannli in Savien. Das hütete einem Bauern viele Jahre hindurch die Kühe und nahm dafür allabendlich ein Näpfchen Milch in Empfang, die es leidenschaftlich liebte. Die ihm anvertraute Herde vermehrte sich wunderbar und gedieh prächtig, und so lange sie unter seiner Obhut stand, verunglückte kein einziges Stück. Die Frau des Bauern verfertigte nun einmal ein Paar lederne, kurze Höslein, verzierte sie mit roten Schnüren und legte sie als Lohn dem Kuhhirtlein hin. Der Fängge konnte mit dem Ding zuerst gar nicht zurecht kommen und schlüpfte mit den Ärmlein hinein; als es ihm aber so nicht passte, probierte er es an die Füsse, betrachtete sich ganz wohlgefällig, warf dann seinen Hirtenstab weit von sich, lief davon und kam nicht wieder. Quelle: Jecklin, Dietrich: Volksthümliches aus Graubünden. 3 Teile, Zürich 1874, Chur 1876, Chur 1878 (Nachdruck Zürich: Olms, 1986) Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Fänggenmannli Uzy

Source: Das Fänggenmannli Uzy

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Auf Mombiel bei Klosters hütete ein Fänggenmannli jahrelang die Heimkühe. Auch er kam nie bis in die Wohnungen der Viehbesitzer, sondern wartete bei einem grossen Stein oberhalb des Weilers und nahm dort seine Herde zur Hand, und auch ihm wollten die Leute der Gegend dankbar sein, wußssten aber nicht wie. Eines Tages stellten sie ihm ein Schöppli vom besten Veltliner auf den Stein. Das Mannli betrachtete den Wein lange Zeit und besann sich fast ängstlich, ob es ihn trinken wolle. Endlich setzte es äußerst vorsichtig an; der Wein mundete ihm sichtlich, und es trank das ganze Schöppli. – Ein andermal stellte man ihm ein Paar Schuhe auf den Stein. Das Mannli schaute ganz verwundert drein und versuchte die Schuhe über den Kopf anzuziehen; nach und nach wurde es aber doch so pfiffig, dass es sie an die Füsse steckte. Als es dann zu gehen versuchte, fiel es zuerst um und kugelte über und über. Erst mit der Zeit lernte es in den Schuhen gehen und verschwand sofort für immer.  Dieses Mannli hieß »Uzy«, und der Stein trägt jetzt noch den Namen »Uzystein.« Quelle: Jecklin, Dietrich: Volksthümliches aus Graubünden. 3 Teile, Zürich 1874, Chur 1876, Chur 1878 (Nachdruck Zürich: Olms, 1986) Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Fänggenmannli zu Maladers

Source: Das Fänggenmannli zu Maladers

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In Maladers hütete ein Fänggenmannli lange Zeit einem Bauern die Kühe und besorgte in dessen Abwesenheit auch die Stallgeschäfte. Für diese Hülfeleistung bedingte er sich den Empfang des Milchschaums beim Melken und war damit zufrieden und glücklich. Der Bauer wollte sich indess erkenntlicher zeigen und stellte ihm einstens eine Gepse Milch hin. Das Mannli aber nahm den guten Willen böse auf, machte sich weg und kam nicht wieder. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Fänggenweiblein in der Klemme

Source: Das Fänggenweiblein in der Klemme

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Einstens sah ein Waldfänggenweiblein neugierig einem Manne zu, der in einem Walde bei Churwalden Latten spaltete. Es sass am Boden, an einen Lerchenstamm gelehnt, und da rief der Mann ihm, es möchte ihm doch ein wenig helfen und die Latten auseinander halten. Das Weiblein war dazu bereit und half ihm, so gut es konnte. Plötzlich aber zog der hinterlistige Mann die Axt heraus, die Latten klappten zusammen und klemmten dem Waldweiblein die Hand so ein, dass es dieselbe nur mit Verlust dreier Finger wieder herausziehen konnte. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Federi-Mannli

Source: Das Federi-Mannli

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Wo von den Grasbändern der Federi, am Schäniserberg, an sonnigen Augusttagen frohe Jauchzer der Wildheuer erschallen, wurde früher das saftige Gras von einer frohen Rindviehherde abgeweidet, die unter der Aufsicht eines Sennen stand. Nicht immer war der Mann gewissenhaft, und so erzählt uns die Sage, dass einst durch dessen unverantwortlichen Leichtsinn die ihm anvertraute kleine Kuhherde bei einem Hochgewitter den Tod fand. Zur Strafe nun für seinen Leichtsinn muss der Senn „wandeln". Bei herannahenden Wettern husche er geisterhaft um die Felsen und locke in ergreifenden Wehrufen die durch seine Schuld zu Grunde gerichtete Herde. A. Seliner Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 382, S. 218 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Fegfeuer

Source: Das Fegfeuer

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Früher soll das Fegfeuer auf Erden gewesen sein. Da seien die armen Seelen in Menschengestalt umhergewandert mit blauen Lichtern, auch als Hunde, Katzen u.s.w. Ein Papst soll bewirkt haben, daß sie das nicht mehr tun müssen. A. Sprenger    Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 30, S. 17 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Feldkreuz auf dem Rüsli, Silenen

Source: Das Feldkreuz auf dem Rüsli, Silenen

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Wo es steht, wurde einst ein Rosshändler mit einem Stab (d.h. sechs) Rosse b'stellt. Endlich versprach er, hier zum Andenken ein Feldkreuz zu errichten, worauf der Bann sich sofort löste. Jos. M. Baumann, 68 J. alt, Gurtnellen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Feuflybertal

Source: Das Feuflybertal

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Die vom Reigetschwylertal hai im Baslerchrieg zu der Stadt ghebt. Do hai alli Pasimänter vo de Heere feuf Franke übercho. Do haiene d Reveluzzer der Name Feuflybertal aghänkt. Bubendorf Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das feurige Kalb in Zollikon.

Source: Das feurige Kalb in Zollikon.

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Das feurige Kalb in Zollikon. In der Mitternachtsstunde erscheint ab und zu ein feuriges Kalb, vor dem sich alles fürchtet. Es kommt bis in die Buchholzstrasse, welche mitten durch das Dorf fährt. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Nach Nüesch und Bruppbacher, Das alte Zolikon, S 12/13. Die gleiche Sage in Niedersteinmaur. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Fineljääggi

Source: Das Fineljääggi

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Das Fineljääggi zu Gimmelwald war sein Lebtag ein verworrenes Tonnermanndli, das alle Halme aus allen Hägen herausrupfte und jeden Batzen schindelte. Auf dem Finel oben, eine Stunde oberhalb des Dorfes, mähte es immer über die March und behielt den Abnutz für sich. Es war ein missgünstiger Geizgnäpper, seine Geissen frassen zur Hälfte gestohlenes Gras. Das Jääggi (Jakob) befahl ihnen des Morgens wie den Hühnern: "Flüg us, un gang suech!“ Wenn die beiden Mutschen am Abend vollgefressen aus dem Gemeindewald kamen, dann brummelte es wohlgefällig in seinen Chuderbart: "D'r Choch im Huus Un d` Geiss im Wald Verdärben nid bald ! Ja gewiss, heut hab ich wieder gehuuset!" Im Frühjahr, wenn Bach und Brunnen zu rinnen begannen, und die Bergweiden aper wurden, dann war das Jääggi beizeiten oben im Finel, um die seine von dem zu räumen, was der Winter Unerwünschtes zurückgelassen hatte. Obsi g'ruumd ischt Zyt versuumd, Nidsi g’ruumd ischt ewig g'ruumd! Das Manndli liess sich das gesagt sein, warf eifrig an der Halde Schutt, Holzspreissel und Steine über die March seinem untern Anstösser zu. Alle guten Ermahnungen waren in den Wind gesprochen, aber als das Fineljääggi zu sterben kam — ooha! — da ging das nicht so leicht. Es war lange, lange Bettlieger, litt arge Schmerzen, und die Reue kam zu spät. Nach seinem Tode sah man es unruhig mähen und auf seinem Grundstück so viel stehen lassen, wie es andern bei Lebzeiten Jahr um Jahr weggestohlen hatte. Dann wieder sah man das Jääggi stumm über die March treten und Steine von den Nachbargrundstücken räumen. Niemand wagte es mehr, vor heiterhellem Tag in dieser Gegend zu mähen, aus Angst, es könnte ihm ergehen wie dem geizigen Fineljääggi. Man sagt, dass es nach vielen Jahren von dem mühseligen Werk befreit worden sei, aber die March oben im Finel, über die es ein Menschenalter lang mit seiner spitzen Sense gierig hinübergegriffen, heisst noch jetzt die Jääggismarch. Quelle: Hans Michel, Ein Kratten voll Lauterbrunner Sagen. Wengen 1936. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Fischmetwybli

Source: Das Fischmetwybli

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Früher floss das Schwieribächlein offen den Fischmarkt hinunter der Stadtmühle zu. Wenn das Wetter umzuschlagen drohte und der Wind durch das «Nuglertörli» brauste, sagten die Alten: «S Fischmetwybli chunnt!» Einige haben es gesehen: Es trug ein schwarzes Ohrentüchlein um den Kopf. Suchend ging es am Bach auf und ab, unheimlich tönte sein Weinen und Klagen. Es kam immer wieder und wollte das Kind retten, das ihm bei seinen Lebzeiten ins Wasser gefallen und ertrunken war. Kindern, die noch abends spät auf der Gasse getroffen wurden, drohte man: «Wartet, s Fisch- metwybli chunnt und nimmt ech!» Seitdem das Schwieribächlein eingedeckt ist, hat sich auch das Fischmetwybli nicht mehr gezeigt. b) S Fischmetwybli syg e Magd gsi, wone Chind übercho het. Do het sis im Bachh versäuft. Znacht am Zwölfi ischs amme cho gryne. Eus Maitli isch es allewyl unheimlig gsi, wenn mer spot durs Hindertörli heim an Hindere See hai müese. Einisch hani zum Gspass gruefe: «S Fischmetwybli chunnt!» - aber do hani sälber Angscht übercho, und mer hai alli geusst und sy hei- zue grennt. Liestal Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das fliegende Ungetüm

Source: Das fliegende Ungetüm

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Sehr schön und naiv erwähnt Hr. R. Ritz im Jahrbuche des schweiz. Alpenklubs 1869 einige Sagen des Eringertales — Die Vuivra, so wird erzählt, ist ein fliegendes Ungetüm, das eine Krone auf dem Haupte trägt, Feuer zu Flügeln hat und am Körper einem Drachen gleicht. Es nährt sich von Goldsand, den es auf dem Grunde der drei grössern Bergseen abwechselnd aufwühlt und aufspeist. Ist die Grundfläche des einen Sees ausgebeutet, so erhebt es sich aus dem Wasser in die Luft und eilt in schauerlichem Fluge einem andern See zu, um da wieder den Goldsand aufzuweiden, den die Wasser während seiner Abwesenheit neuerdings ansammelten. Der Fall kann nun eintreffen, dass das gefrässige Ungeheuer, unter festem Eise eingeschlossen, den Winter zu lange findet und manchmal nur noch magere Fassnacht hat. Darum führt es dann gegen die harte Eiskruste solche Kraftstreiche, dass Berg und Tal davon ringsum mächtig erdröhnen. Ferner sprengt ein wilder Reiter — Cavalier — im Eringertal durch die Lüfte; man hört deutlich das Waffengeklirr und der Hufe Gestampf. Zu Land aber stört die Ruhe der Talbewohner ein roter Stier, dem ein schwarzes Hündchen folgt; er brüllt so furchtbar, dass selbst das Küchengeschirr zu wackeln anfängt. Auch ein grosses Mutterschwein, dem zwölf Ferkel nachlaufen, zieht im Tal herum. Im Schnee findet man nicht selten die roten Spuren. Wer diesen folgt, der ist verloren.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Fluhpärchen

Source: Das Fluhpärchen

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Vor etwa 30 Jahren wurde das Reservoir für die Gelterkinder Wasserversorgung an der Fluh ausgegraben. In jener Zeit sah man am hellen Tage das Fluhpärchen die Matten hinauf spazieren und im Walde verschwinden. Mädchen und Bursche waren schneeweiss gekleidet, das Mädchen trug ausserdem einen langen Schleier. Verschiedene Familien sahen die Erscheinung sogar von ihren Häusern im Dorfe aus. Um jene Zeit begab sich eines Tages ein Gemeinderatsmitglied mit einem Gertel in den Wald. Auf einmal konnte der Mann weder vorwärts noch rückwärts gehen. Bocksteif musste er eine Weile stehen bleiben. Dieser Schrecken setzte ihm so zu, dass er eine Zeitlang kein Wort mehr herausbrachte. Das Fluhpärchen hatte ihm diesen Streich gespielt. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Das Franzosengrab

Source: Das Franzosengrab

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1. Bei der St. Antoni-Kapelle zu Bristen war zur Franzosenzeit ein Franzose erschossen oder erschlagen und sein Leichnam an Ort und Stelle verscharrt worden. Da geschah es später, dass die Leiche eines Tages auf der blanken Erde offen dalag. Man vergrub sie, aber am dritten Tage lag sie wieder auf der Oberfläche. So ging es längere Zeit; so oft man sie mit Erde bedeckte, ebenso oft lag sie jeweilen am dritten Tage wieder auf der Oberfläche; es nützte nichts, dass man das Grab sogar mit einem Baumstamm belastete. Da gingen die Leute zu einem Geistlichen und fragten um Rat. Dieser sagte, die Leiche verlange einen geweihten Winkel. Jetzt begrub man sie auf dem Friedhof zu Silenen, und dort hatte sie Ruhe. Franz Epp »D'r Lybb trachtet uff ds Gwycht wië d'Seel i dä Himel,« sagt man in Ursern. 2. Auf dem »lägädä Wald« ob Amsteg soll sich ein Franzosengrab befinden. Wenn allemal der Heirijosi von Frentschenberg dorthin ging, um Streue zu sammeln, führte ihn sein Pfad dicht an diesem Grabe vorbei, und jedesmal ragte da ein Knochen aus dem Boden heraus. Schon oft hatte er denselben in das Erdreich zurückgestossen, aber es nützte nichts, das nächste Mal guckte der Knochen wieder ebenso hoch empor. Da suchte der Heirijosi endlich den Ortspfarrer auf, und der sagte, er solle dem Knochen ein Skapulier anlegen, dabei fünf Vater Unser und Ave Maria beten und ihn dann mit Erde bedecken. So machte er es, und seitdem liess sich der Knochen nicht mehr blicken. 3. Auch auf der Brügeren, auf dem Punkte, wo sich die Wege vom Flüeli und von Amsteg her treffen, sollen zwei Franzosengräber liegen. Meine Erzählerin aber, eine 85jährige Frau von Amsteg, meint, es möchten da ihrer zwei Kaiserliche begraben sein, denn die Franzosen seien auf der Seite des Bristenstockes gegen St. Antoni und Bristen hinaufgedrungen und hätten von dort auf die Seite von Frentschenberg hinübergefeuert. Frau Walker-Furger, 85 J. alt, Amsteg Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Fraufastenkind und die Hasenpfoten - Schloss Wildegg

Source: Das Fraufastenkind und die Hasenpfoten - Schloss Wildegg

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Man sagt, alle diejenigen, welche um Fraufasten in der Mitternachtsstunde geboren werden, seien geistersichtig. Wüssten sie aber vierundzwanzig Stunden lang über das zuletzt Gesehene zu schweigen, so könne ihnen keinerlei Spuk Schaden thun. So ein Kind war im Dorfe Holderbank. Als dieses Mädchen einst zwischen 10 und 11 Uhr nachts mit mehreren Gespielinnen vom Schloss Wildegg aus, in dem sie gearbeitet hatten, über den Berg in ihr Dorf heim gehen wollte, trat ihr plötzlich ein grüngekleideter Mann mit Gewehr in den Fusspfad. Sogleich kehrte sie zurück und gelangte auf einem grosssen Umweg erst um ein Uhr zu ihrem Haus. Die andern Mädchen wussten nicht, wo sie hingekommen war und hatten schon verbreitet, sie sei durch einen Jägersmann erschossen worden. Später einmal, da sie als Braut mit ihrem Bräutigam von Holderbank nach Saffenwil auf dem Wege war, kam ein schwarzes Hündchen zwischen ihnen hergelaufen. Sie begab sich alsbald auf die andere Seite der Strasse. Und trotz aller Fragen ihres Bräutigams, warum sie sich von ihm entferne, blieb sie ihm die Antwort volle 24 Stunden lang schuldig. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Fraufastenkind und die Hasenpfoten - Solothurn

Source: Das Fraufastenkind und die Hasenpfoten - Solothurn

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Ein Mann im Solothurnerbiet war ebenfalls ein Fraufastenkind. Als dieser einmal nach Solothurn wollte, begegnete ihm ein Weib, das ein Kind auf dem Arme und dazu eine glühende Stange in der Hand trug. Darüber erschrak er so sehr, dass er unter lautem Schreien seiner Heimath zustob. Hier angekommen erzählte er sein Begegnis und beklagte sich über Brennen am ganzen Leibe. Man entkleidete ihn und fand schwarze Blattern auf seiner Haut, die ein Aussehen hatten, wie Hasenpfoten im Schnee abgespürt. Seine Leute ersahen daraus, dass er nicht hätte schreien sollen. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Fräulein auf Schwarzenstein

Source: Das Fräulein auf Schwarzenstein

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In der Burgruine Schwarzenstein zu Obersaxen soll ein schwarzer Mann Nachts um Zwölf aus seiner Gruft heraufsteigen, mit einem Kästchen unter dem Arme. Er lehnt sich auf das Steingesimse neben dem niedern Eingange und stöhnt laut. - Beim Schalle der Morgenglocke verschwindet er im Waldesdunkel. Vor Zeiten war der schattige Grund oberhalb der Burg ein beliebter Sam­mel- und Tummelplatz der Kinder. - Da kam einmal von der Burg herab ein Fräulein und machte die Spiele der Kinder mit. Die Kinder hatten sie lieb und zeigten keine Scheu vor ihr; und sie kam alle Male, wenn die Ju­gend sich hier herumtrieb und machte mit, und das viele Jahre durch. Das Fräulein redete aber nie ein Wort zu den Kleinen und gab selbst dann keine Antwort, wenn sie auch viele Male gefragt wurde. - Einmal wagte ein böser Knabe wegen ihres stummen Wesens sie auszulachen, worauf sie anfing, zu reden und sagte: »Hättest du heute mich in Ruhe gelassen, hättet ihr Alle die Schätze im Schlosskeller bekommen und mich erlösen können, nun muss ich wieder fünfzig Jahre warten und trauern.« Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Fräulein mit dem Schlüsselbund

Source: Das Fräulein mit dem Schlüsselbund

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Wenn allemal in Landammann V. Müllers Haus zu Altdorf die Mägde abends ihre Schlafkammer aufsuchten, ging jeweilen, und zwar immer eine Stiege höher als sie, ein Fräulein in einem geblümten, langen Kleide vor ihnen her. Es trug keine Kopfbedeckung und war um die Mitte furchtbar dünn, man hätte es da mit beiden Händen leicht umspannen können. An seiner rechten Seite an einem Gürtel hing ein mächtiger Bund Schlüssel. Waren die Mägde oben angekommen, dann verschwand auch das Fräulein. Sein Gesicht haben sie nie gesehen. Das haben die Mägde oft erzählt. – Jäh, das syg halt vor Zyttä-n-äs gräflichs Hüs gsy. Frau Gisler-Huber, 72 Jahre alt, Wäscherin und Leichenbekleiderin Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Fräulein vom Glasberg

Source: Das Fräulein vom Glasberg

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Es waren einmal ein König und eine Königin, die hatten zwei Söhne und eine Tochter. Die Tochter hiess Giugliauna, die Söhne Ferdinand und Ludovic. Prinzessin Giugliauna war vor vier Jahren allein im Wald spazieren gegangen und blieb seither verschwunden. Alle Leute sagten, sie sei verzaubert worden, denn seit jenem Tage stand eine Salzsäule vor dem Palasttor. Heute waren es gerade vier Jahre her, und alle trauerten mehr denn je. Besonders Prinz Ferdinand ging schon seit dem frühen Morgen grübelnd in der Stube auf und ab. Prinz Ludovic fragte ihn, weshalb er so unruhig sei und was er so heftig zu grübeln habe. Er sprach: «Mein lieber Brüder, ich hatte diese Nacht einen seltsamen Traum. Wir zwei gingen zusammen durch einen dichten Wald, und nach vielen Stunden kamen wir zu einem kleinen Haus. Wir gingen hinein, und dort hörten wir die Stimmen zweier Frauen, die redeten über unsere Schwester. ‹Jetzt nach vier Jahren,› sagte die eine zur andern, ‹ist es an der Zeit, die verzauberte Prinzessin Giugliauna auf dem Glasberg zu erlösen.› Ich habe sehr gut gehört, was sie gesagt haben, und ich weiss noch genau den Weg, den ich im Traum gesehen habe. Jetzt darf man keine Zeit verlieren. Retten wir sie heute nicht, so retten wir sie nie mehr!» Prinz Ludovic antwortete: «Ja, du hast Recht, wir wollen unverzüglich aufbrechen, bevor der Vater und die Mutter von ihrem Spaziergang daheim sind!» Und - tatsächlich - kurze Zeit später waren sie schon unterwegs. Als der König und die Königin von ihrem Spaziergang zurückkamen, sahen sie mit Schrecken vor dem Palast statt einer Salzsäule deren drei! Des Königs erste Frage war: «Wo sind die zwei Prinzen?» Jetzt durchsuchten sie das ganze Haus, doch weder der eine noch der andere war auffindbar. In halber Verzweiflung begann die Königin zu weinen und jammerte: «O arme Unglückliche, die wir sind! Jetzt bleibt uns von drei Kindern nicht einmal eines. Alle drei sind verzaubert.» Der König liess augenblicklich im ganzen Land verkünden, wer seine Kinder finde, der werde die Hälfte seines Vermögens und den Palast nebenan auf dem Hügel bekommen. Viele Leute gingen sie suchen, aber keiner konnte die Prinzen und die Prinzessin finden. Unterdessen waren die zwei Prinzen in einen riesigen Wald geraten, der immer dichter wurde. Die Pferde kamen nur mit Ach und Krach voran, denn von einem Pfad war nichts zu sehen. Aber auf einmal tat sich vor ihnen eine grüne Lichtung auf, und mittendrin stand ein kleines Haus. Da rief Prinz Ferdinand voller Freude: «Ludovic, Ludovic, genau dies ist der Ort und das Haus, die ich im Traum gesehen habe. Wir wollen im Schuss hinüberreiten!» Und sie gaben den Pferden die Sporen und waren in wenigen Augenblicken beim Haus. Hier banden sie ihre Tiere an den Zaun und gingen hinein. Zuerst kamen sie in ein Zimmer, wo für zwei Personen aufgetischt war. Nun sagte der eine zum andern: «Das scheint gerade für uns zu sein! Tun wir so, als wären wir zuhause und beginnen wir zu essen!» Und zu essen und zu trinken gab es reichlich: frische und geräucherte Würste, dicke Salsize, einen wunderschönen Braten und sogar einen übervollen Teller mit Fastnachtsküchlein. Mitten auf dem Tisch stand eine Korbflasche mit altem Wein. Nach dem Essen gingen sie in den Gang hinaus. Von dort führte eine Treppe in den zweiten Stock. Zuoberst auf der Treppe sahen sie eine offene Tür. Sie traten ins Zimmer und fanden darin zwei Betten, die waren mit schönen Spitzenleintüchern bezogen. Sie gingen zu Bett, und todmüde schliefen sie sogleich ein. Aber Schlag Mitternacht erwachten sie, weil es stark bebte. Und auf einmal hörten sie eine Stimme: «Schwester, Schwester, Was gibt’s Neues heute Abend, Dass der schöne Prinz Ferdinand Und der schöne Prinz Ludovic hier sind?» «Das will ich dir wohl sagen», antwortete die andere Stimme, «sie sind hier, um ihre Schwester auf dem Glasberg zu suchen.» - «Was glaubst du», fragte wiederum die erste, «könnten wir tun, um sie zu retten?» - «Das kann ich dir genau sagen: Im Gang unten, auf dem Tisch, sind eine Kiste mit Flaschen, ein Tüchlein mit Fleisch und ein Sack mit Salz. Wenn sie auf den gläsernen Berg gelangen, werden ihnen zwei Hunde entgegenkommen, denen müssen sie das Fleisch hinwerfen. In den Flaschen ist spanischer Wein mit einem Schlafmittel drin; diesen müssen sie dem Schlossvogt geben, dann werden sie den Palast betreten können. Wenn sie herauskommen und über den Steg gehen, müssen sie den Sack mit dem Salz ins Wasser werfen, denn in diesem ist das Herz des Drachen drin, der die Prinzessin Giugliauna verzaubert hat. Wenn sie alles so tun, wie ich gesagt habe, wird es ihnen gut gehen.» Nun hörten die Prinzen eine Tür zugehen - und alles war wieder still. Bei Tagesanbruch standen sie auf und gingen hinunter, um zu essen. Auf dem Tisch im Gang fanden sie, wie es die Stimme gesagt hatte, alle Sachen, und sie nahmen diese mit. Dann stiegen sie auf die Pferde und ritten durch ein schönes, weites Tal. Es war ein prächtiger Tag und sehr heiss. Gegen Abend sahen sie in der Ferne einen Berg, der in der Sonne wie ein Diamant glänzte und leuchtete. «Aha», sagte Ferdinand, «das ist jetzt der Glasberg.» Sie liessen ihre Pferde schneller laufen und waren so in Kürze am Fuss des Berges. Sie banden die Pferde an einen Baum, und mit grosser Mühe kletterten die Prinzen auf den Berg. Zuoberst war ein grosses Eisengitter, und dahinter sahen sie einen wunderschönen Glaspalast. Aber kaum haben sie mit der Hand das Tor berührt, so springen zwei riesige Hunde herbei, die zeigen ihnen die Zähne und wollen sie packen. Blitzschnell werfen sie das Fleisch, das sie mitgenommen haben, übers Gitter. Sobald die Hunde das Fleisch sahen, vergassen sie unsere zwei Prinzen und begannen mit grosser Lust zu fressen. Die Prinzen öffneten nun das Tor und gingen bis zum Palast. Ferdinand wandte sich um und sagte: «Schau da drüben die Hunde, die haben genug Fleisch bekommen; sie sind mausetot!» Das Palasttor öffnete sich, und heraus kam da ein Männlein in kurzen Samthosen und einem langen Frack mit Goldschnüren. Es schien wenig Lust zu haben, sie einzulassen und sagte: «Was habt ihr hier in diesem Palast verloren?» Prinz Ferdinand antwortete sogleich mit allem Anstand: «Wir haben gehört, dass Euer Schlossvogt sich mit guten Weinen bestens auskennt, und wir bringen hier ein paar Muster der feinsten spanischen Weine, die man auf dieser Welt kriegt.» Da begann das alte Männchen mit der Zunge zu schnalzen, denn auch er goss den Wein nicht in die Schuhe! Ferdinand öffnete unverzüglich eine Flasche, bot ihm ein Glas an und sagte: «Hier, versucht nur; Ihr werdet sehen, wenn das kein kostbarer Wein ist!» Das Männlein nahm einen zünftigen Schluck, und indem es durch das Glas mit dem golden glänzenden Wein schaute, sagte es: «Mit diesem Wein will ich dafür bürgen, dass Ihr Euer Glück macht!» Ferdinand gab ihm jetzt zwei Flaschen und erwiderte: «Ich sehe, dass Ihr ein Kenner seid und bitte Euch, diesen Wein auch Euren Meister probieren zu lassen.» Der Diener dachte eine Weile nach und meinte dann: «Das ist alles schön und gut, aber ich wage es nicht, zu meinem Meister hinaufzugehen, denn heute ist er nicht besonders gut dran und hat schlechte Laune.» Ferdinand überlegte nicht lange und gab ihm einen mit Silberfaden bestickten Beutel voller Goldmünzen. Sobald der Diener den Geldbeutel sah, machte er eine gewaltige Verbeugung, so dass der Frackschoss durch die Luft flog, und er lief sofort mit den Flaschen in den Palast und in den Saal des Schlossvogts. Nach längerer Zeit kehrte der Diener zurück und sagte: «Meine Herren, wenn der Wein nicht gut ist, bei Bacchus! Nach langem Zureden konnte ich meinen Meister überzeugen, diesen Wein zu probieren. Aber schon nach dem ersten Schluck, den er nahm, schrie er: "Par bleu! Dies ist nun wirklich echter spanischer Wein! Her mit einem weiteren Glas!" Und immer, wenn er ein Glas geleert hatte, so musste ich ein anderes füllen, so dass er nach dem sechsten zu lallen begann, und jetzt - nur einen Augenblick später - ist er auf seinem Sessel fest eingeschlafen. Kommt nur hinauf in den Saal.» Im Saal oben sahen sie den Schlossvogt in voller Länge auf dem Fussboden liegen, und Ludovic, der einen Blick auf ihn warf, sagte: «Der ist nicht nur eingeschlafen, der ist mausetot!» Und tatsächlich, so war es wirklich. Jetzt sprach Ferdinand zum Diener: «Lassen wir die Toten ruhen, und gehen wir zu den Lebenden. Ihr kommt augenblicklich mit uns und zeigt uns das Zimmer, wo die verzauberte Prinzessin Giugliauna eingesperrt ist. Denn Ihr sollt wissen: Wir sind nicht zu Euch gekommen, um Wein zu verkaufen, sondern um unsere liebe Schwester, die Prinzessin Giugliauna, zu befreien. Geht und sagt ihr, dass wir zwei hier sind.» Ganz verblüfft sprach der Alte: «Aber wie ist das möglich? So etwas. Seid Ihr wirklich die Prinzen? Oh, dann will ich sofort hinauf und ihr die Nachricht bringen. Jetzt wird sie aufhören zu klagen und zu weinen!» Der Alte ging hinauf ins Zimmer der Prinzessin und fand sie dort traurig wie immer. Weinend sagte sie: «Jetzt habe ich die Hoffnung vollends verloren, noch einmal meine Eltern und meine Brüder zu sehen, denn heute sind es genau vier Jahre her, dass ich hier bin.» Da erwiderte der Alte: «Seid guten Mutes, ich glaube, gerade heute besteht Hoffnung, dass Ihr befreit werden könntet. Es sind zwei Herren eingetroffen, die Euch sprechen wollen.» - «Was! Wo steht dir der Kopf, dass du mich aus diesem Zimmer hinauslassen willst? Wenn der Schlossvogt mir begegnet, so bin ich verloren.» - «Vor dem Schlossvogt braucht Ihr Euch nicht mehr zu fürchten; der ist in eine andere Welt verreist, wir haben ihn tot im Saal gefunden.» Da ging die Prinzessin sofort mit ihm, und als sie in den Saal kommt - was sieht sie? Ihre beiden Brüder! Mit einem Freudenschrei fiel sie den zwei Prinzen in die Arme. Jetzt sagten alle drei: «Keinen Augenblick mehr bleiben wir hier in diesem Palast; wir wollen so schnell als möglich zu unsern Eltern gehen.» Der Diener lief sogleich in den Stall, legte dem Schimmel der Prinzessen die mit Gold bestickte Decke auf, und bald darauf waren alle vier unterwegs – das alte Männlein, das immer gut zur Prinzessin gewesen war, hatten sie mitgenommen. Nun gelangten sie zum Steg, und auf einmal begannen die Pferde zu schnauben und sich aufzubäumen und waren weder mit Locken noch mit Drohen weiterzubringen. «Aha», sagte Ferdinand, «jetzt ist es Zeit, den Sack mit dem Salz ins Wasser zu werfen!» Der wog furchtbar schwer, doch kaum war er im Wasser, gab es ein fürchterliches Beben. Der Glasberg mit Palast, Schlossvogt und allem fiel zusammen, und der Drache, der sie verzaubert hatte, war tot. Und im selben Augenblick waren die drei Salzsäulen vor dem Königspalast wie vom Erdboden verschluckt. Der König, der gerade auf dem Balkon stand und die Säulen verschwinden sah, rief sogleich voller Freude der Königin: «Sieh, sieh nur, was geschehen ist! Die Säulen sind verschwunden. O was für eine riesige Freude! Unsere Kinder sind am Leben!» Und in dem Augenblick sahen sie ihre Kinder ankommen. Nun könnt ihr euch denken, wie sich die Leute im Palast und im ganzen Land freuten, dass die Prinzen und die schöne Prinzessin nach Hause zurückgekehrt waren. Die Festessen dauerten acht Tage lang, und alle hatten ein wunderschönes Leben, und ich glaube, sie sind noch immer da.  (Oberengadin)   Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Fräulein von der Rosenburg

Source: Das Fräulein von der Rosenburg

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Auf der Rosenburg wohnte ein finsterer, harter Ritter mit seiner engelglei­chen Tochter. Diese liebte einen Hirten ihres Vaters, und bald verstanden die jungen Leute sich. Der Hirte weidete der Burg gegenüber die Herde, und blies auf dem Alpenhorn seine Sehnsucht und seinen Gruss hinüber; das Fräulein lauschte so gerne den Tönen. Am Abende aber, wenn der Hirte heimkehrte, legte er einen Strauss frischer Blumen in eine Nische im Felsen, wo die Jungfrau sie holte. Lange Zeit ging ihre Liebe nicht weiter. Endlich wagten sie, sich zu sprechen, und da belauschte eines Tages der Ritter das glücklich sich wähnende Paar. Der liess nun den Jüngling in schwere Ketten legen und in das Verliess der Burg stürzen; die Tochter aber führte er am Tage darauf nach einem andern Schlosse hin, um sie dort zeitlebens einzusperren. Unten im Tobel begegnete ihnen ein zottiger Bär; die Pferde wurden scheu und sprengten in die tiefe Waldschlucht hinab. - Das Fräulein ward nicht wieder gesehen. - Jahre lang hernach starb im Kloster Catzis eine Nonne, die erzählte vor ihrem Tode, dass sie das unglückliche Mädchen sei, und wie sie durch ein Wunder vom Sturze in das Tobel gerettet wurde, ihr Vater aber in den Wildbach hinabstürzte, und wie sie dann im Kloster Aufnahme gefunden habe. Sie hatte öfters ihre väterliche Burg »Rosenburg« genannt, und dieser Name verblieb fortan den Ruinen. - Der Ritter, ihr Vater, soll nun alle Jahre ein Mal, zur Zeit der Frohnfa­sten. in dunkler Nacht, auf feurigem Rosse um die Trümmer seiner Burg herumreiten, dann reitet er erst langsam von der Burg weg, hierauf schnell und immer schneller, bis dorthin, wo die Pferde über die gähe Felswand in den grausen Abgrund gestürzt. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Fräulein von Forsteck

Source: Das Fräulein von Forsteck

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Im Schlosswald bei Forsteck sammelte ein Weib Laub. Plötzlich stand ein schönes Fräulein vor ihm und sprach: "Ich bin hier verwünscht. Du kannst mich erlösen, wenn du genau tust, was ich dir sage. Es wird nicht nur mein, sondern auch dein Glück sein!" Das Weib war willig, der Armen zu helfen. Es sollte nun mitten in der Nacht wieder an die gleiche Stelle kommen; dann werde ihm ein Hündchen erscheinen, dem es mit einer Rute drei Streiche geben müsse. Gefahr sei keine dabei, wenn man furchtlos bleibe. Die Nacht kam; auch das Weib erschien, wie es versprochen hatte. Das Hündchen erhielt den ersten Streich, und da kamen allerlei hässliche und furchtbare Tiere zum Vorschein. Das Hündchen erhielt den zweiten Streich - da fielen die Berge donnernd zusammen; die Erde öffnete sich, und aus einem bodenlosen Schlund stiegen Rauch und Feuer auf. Das Weib ließ im Schrecken die Rute fallen und versäumte den dritten Streich. Da kam das hübsche Fräulein hergeeilt, jammerte und sagte: "Nun muss ich wieder zurückkehren ins Innere der Erde und muss weiter auf meine Erlösung warten, aber lange, lange! Wenn das Kind gross wird, das in der Wiege schlafen soll, die man aus dem Holze jenes kleinen Bäumchens machen wird, darf ich erst wieder einen Versuch machen!" Das Fräulein verschwand und wurde seither nicht wieder gesehen. Nach N. Senn, Chronik. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 89, S. 42 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Fräulein von Randenburg

Source: Das Fräulein von Randenburg

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Als die Randenburg noch von kühnen Rittern bewohnt war,... wohnte auch ein frommes Fräulein darin- das pilgerte jeden Morgen noch vor Tagesfrühe den weiten, beschwerlichen weg nach dem Kloster [Allerheiligen], um in der Kirche sein Gebet zu verrichten. Nur ein treuer Hirsch war sein Begleiter und ging, wenn es finster war, mit einer Leuchte in seinem Geweihe durch den dichten Wald voran. Da wird es  einst, schon nahe bei der Stadt, von Räubern verfolgt und flieht vor ihnen atemlos, um sich in die sichern Mauern der Stadt zu retten. Aber wie es an das Tor kommt, da ist es nochverschlossen, und schon sind die Räuber ihm dicht Fuße. Da schickt es in der höchsten Not ein inniges Gebet zum Himmel und siehe, ein Engel fährt hernieder, öffnet die Pforte und schließt sie wieder hinter ihm, und das fromme Fräulein ist gerettet. Daher von da an bis auf heute jenes Tor das Engelbrechtstörlein hieß.     Aus: R. Frauenfelder, Sagen und Legenden aus dem Kanton Schaffhausen, Schaffhausen 1933. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Fräulein von Randenburg schenkt den Hallauern Wald

Source: Das Fräulein von Randenburg schenkt den Hallauern Wald

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Dieses vornehme Fräulein Adelheid lebte einsam auf ihrem Randenschloss, nur von einigen Dienern und Mägden umgeben. Das Edelfräulein zog Sonntags oft ins Unterklettgau, um bei den Reliquien der Wallfahrtskapelle von Weißweil, oder auch in der Kapelle St. Moritz zu Hallau, ihre fromme Andacht zu verrichten. In den unsichern Zeiten von Krieg und Raubzügen stellten ihr die Hallauer eine Anzahl bewaffneter Reiter für Hin- und Rückweg zur Verfügung, und dieser Brauch habe sich jahrzehntelang so hingezogen. Als das Fräulein von Randenburg gestorben war, fand man ein Testament, worin sie den Hallauern aus Dankbarkeit für die ihr geleisteten Dienste den Lauferbergwald schenkte, samt einer silbernen Glocke für ihre Dorfkapelle St. Moritz.     Aus: R. Frauenfelder, Sagen und Legenden aus dem Kanton Schaffhausen, Schaffhausen 1933. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Fräulein von Ruchenberg und das goldene Kegelspiel

Source: Das Fräulein von Ruchenberg und das goldene Kegelspiel

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Die fromme und mildtätige Gemahlin Cuno\'s, des Ritters von Ruchenberg, hatte der im Innern des Gebirges thronenden Elfenkönigin bei ihrer Entbindung beigestanden und zum Lohne dafür ein goldenes Kegelspiel erhalten, mit dem sie die guten Berggeister zu ihren Diensten heraufbeschwören konnte. - Als aber ein Urenkel der frommen Frau, ein wilder wüster Geselle, das Elfengeschenk dazu missbrauchte, um im Übermute immer neue Schätze zu erpressen, erschienen zuletzt auf seinen Frevelruf statt der Kegel neun entsetzliche Riesen, und unter fürchterlichem Getöse stürzte die Burg zusammen. - Der Ritter und seine Gesellen verschwanden mit grässlichem Geheule; nur des Frevlers fromme Tochter wurde von den Elfen gerettet, bei denen sie seither im Schosse der Berge in stiller Wehmut ihr Leben vertrauert. In jedem Jahrhundert kehrt sie ein Mal nach der Oberwelt zurück, erscheint im Brautschmucke und in weissem Gewande, schwermütig durch die dunkeln Tannen dahinschwebend, und späht von den verwitterten Trümmern der väterlichen Burg nach dem glücklichen Jünglinge, der sie erlöse, und mit ihrer Hand das goldene Kegelspiel der Elfen wieder gewinne. - Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Freigericht im Holz

Source: Das Freigericht im Holz

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Zer Rufinu, im Bifig und am Tha wohnte man früher während des ganzen Jahres. Da existierte auch ein Freigericht. Im Weiler Holz wird noch heute das Gemeindehaus des Freigerichtes gezeigt, und am Tha kennt man den damaligen Kerker. Auf einer kleinen Erhöhung zwischen beiden stand der Galgen. Etwa fünfzig bis hundert Meter davon, jenseits des Grabens, wächst ein Wäldchen, das bis heute den Namen "D frije Stüde" trägt. Gelang es nämlich einem Verurteilten, in dieses Wäldchen zu flüchten, war er frei. UNTERBÄCH Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Freistübli in Altstetten

Source: Das Freistübli in Altstetten

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Das Freistübli in Altstetten Wenn jemand ein Blutverbrechen begangen hatte ohne böse Absicht, d. h. Totschlag verübt hatte, konnte sich der Urheber dem Arm der Gerechtigkeit entziehen, indem er sich auf eine sogenannte „Freistatt“ ?üchtete. Eine solche Stätte befand sich, wie man erzählt, im südlichen Flügel des „Wehrlihauses“ im ersten Stock. Noch im 19. Jahrhundert wusste man von diesem „Freistübli“. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Wörtlich aus Schmid, Altstetten, S. 158. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das fremde Schwein

Source: Das fremde Schwein

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Es war einmal eine Bäuerin. Die hatte eine übertriebene Liebe zu den Schweinen. Sie hätschelte und tätschelte sie wie Kinder, und stopfte ihnen das allerbeste Futter ein, dass sie recht rund und schwer wurden. An diesen Tieren hing ihr ganzes Herz. Sie waren ihr Stolz, ihr Ruhm, ihr Alles. Kam jemand ins Haus, dann hiess es: „Kommt, schaut zuerst meine Schweine an. Sind das nicht Prachtskerle? Solche seht ihr nicht grad wieder.“ Vom Stall gings in die Küche. Da musste der Besucher den Blick zum weiten, hölzernen Kamin erheben. Dort hingen die rauchgeschwärzten Fleischstücke der letzten Metzgeta. Wieder protzte die Bäuerin: „Seht diese Schinken, - zwanzig Pfund wiegt jeder. Seht diese Würste, - man könnte damit um das ganze Haus einen Scheilizaun machen. Seht diese Speckbachen, - sie sind so gross und dick wie die Sandsteinplatten des Stubenofens. Alles von meinen Schweinen.“ Ja, die Bäuerin, die wusste wie man Schweine gross und fett macht, und darauf war sie nicht wenig stolz. Doch dieser Stolz hatte noch zwei schlimme Gefährten: Geiz und Hartherzigkeit. Kam ein Bettler auf den Hof und bat um ein Stück Brot, dann hiess es: „Faulenzer, pack dich fort. Was wir nicht selber essen, das geben wir den Schweinen.“ Zur Herbstzeit lag oft unter den Bäumen viel Obst. Dann kam vielleicht ein armes Kind daher und fragte: „Gute Frau, darf ich ein Körbchen voll auflesen?“ Die Antwort tönte wie ein Geisselhieb: „Mach dich weg von hier. Was nicht in den Keller geht, gehört den Schweinen.“ Wenn der Segen des Jahres eingeheimst und Küche und Keller, Speicher und Scheune gefüllt waren, dann feierte man die Kilbi. Drei Tage lang schwelgten die Leute im Überflüsse und freuten sich des Lebens. War das Fest vorbei, dann zogen die Armen von Haus zu Haus und baten um die Kilbireste. Da machten unsere braven Bäuerinnen nicht nur die Küchenschränke, sondern auch die Herzen weit auf und füllten den Darbenden ihre Körbe mit Güschole, Küchlein, Bretzeln, Schinken- und Bratenstücken. So gebot es gute, alte und echt christliche Bauerntradition. Nur die Frau mit den Schweinen schien das nicht zu wissen. Wie ein hässiges Wächsi surrte sie im Hause herum und gab allen Bittenden die gleiche Antwort: "Was bei uns übrig bleibt, bekommen die Schweine. Die geben uns Wurst und Speck dafür, aber von euch hat man nur Undank und Ärger.“ Dann schmetterte sie die Türe zu, um so ihren Worten noch den nötigen Nachdruck zu verschaffen. Sie hatte kein Mitleid mit den Armen. Sie kannte nicht die Seligkeit des Gebens, denn sie hatte noch nie einem hungernden Kind einen Apfel geschenkt, nie einer schwachen Wöchnerin ein Weissbrot gebracht, nie einem müden Wanderer einen Teller Suppe geschöpft. Sie hatte für niemanden etwas übrig. Alles, alles war für die Schweine. Die Bäuerin starb eines jähen Todes und ihre Seele ging hinüber in die andere Welt, wo Geld und Gut nichts mehr gelten, und nur die guten Werke noch zählen, die man im Leben verrichtet hat. Von jetzt an musste der Bauer die Schweine selber füttern. Als er eines Morgens in den Stall trat, da hätte er vor Überraschung bald die schweren Melchtern fallen lassen. Aus dem einen Verschlag grunzten ihm drei hungrige Schweine entgegen, und doch waren dort immer nur deren zwei gewesen. Woher das dritte kam und wie es da hineingeraten, das war ihm ein unheimliches Rätsel. Mit natürlichen Dingen konnte es nicht vor sich gegangen sein. Der Bauer goss das Futter in den Trog und schaute zu, wie die Tiere sich gierig draufstürzten und godernd nach den besten Bissen suchten. Sie waren alle drei gleich gross, gleich schmutzig, gleich borstig, gleich gefrässig. Er hätte unmöglich entscheiden können, welche zwei die seinen und welches das fremde war. Am selben Tage ging er mehrmals durch das Dorf, horchte auf die Reden der Leute und wünschte sehnlichst zu vernehmen, es sei da oder dort über Nacht ein fettes Schwein entlaufen oder gestohlen worden. Doch nichts dergleichen war zu hören. Er selber wollte nicht nachfragen, eine innere Stimme hielt ihn davon ab. Tage vergingen, niemand meldete sich. Da kam ihm plötzlich ein furchtbarer Gedanke: Sollte das Schwein vielleicht --? Er schüttelte entsetzt den Kopf. Nein! nein! - und tausendmal nein - nur das nicht denken. Aber der Gedanke war nun einmal da und liess sich nicht mehr verbannen. Er quälte den Bauer bei der Arbeit, er folterte ihn in schlaflosen Nächten, er jagte ihm den kalten Grausen über den Rücken, er stellte ihm die Haare zu Berge, er hätte ihn bald noch um den Verstand gebracht. Der Unglückselige musste die drückende Last seines Geheimnisses ganz allein tragen, durfte keinem Menschen eine Silbe davon verraten. Was für ein Gerede hätte das im Dorf gegeben. - Den Schweinestall wagte er nicht mehr zu betreten. Es war ihm, als ginge dort ein böser Geist um, der ihn verderben wolle. So vergingen lange, bange Wochen. Endlich nahte die Erlösung von dem Übel. Eines schönen Tages kam ein unbekannter Händler ins Dorf. Dem bot der Bauer die drei Schweine an. Ohne zu markten wurde der Handel abgeschlossen. Der Fremde lud die Tiere auf seinen Wagen und führte sie fort. Der Bauer fragte nicht wohin. Er wollte es lieber nicht wissen. Den ganzen Erlös teilte er den Armen aus, um damit zu sühnen, was die Bäuerin durch Geiz und Hartherzigkeit gesündigt hatte.    Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch  


by Das Fronfastenkind

Source: Das Fronfastenkind

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Sie ruht längst im Schatten des Matter Kirchturms, jene geheimnisvolle Frau mit den seltsamen Augen, mit denen sie schon als junges Mädchen mehr gesehen hatte, als für einen Sterblichen gut war. Sie war eben in der Mitternacht von Fronfasten geboren und darum ein Fronfastenkind. Mit der Geisterwelt stand deshalb das Geisser Babeli auf vertrautem Fuss, und so musste es denn auch nachtwandeln. Denn nachts gehört die Welt den Geistern. Von Zeit zu Zeit, aber immer nach dem Betzeitläuten, befiel eine eigenartige Unruhe das sonst stille und eher menschenscheue Geschöpf. Es lief aufgeregt in der Kammer umher, dann ging’s treppauf und treppab, als müsste es auf der Russdiele oder im Keller etwas suchen. Dabei machte es merkwürdige Faxen, bis es schliesslich aufs «Brüggli» hinausschoss und zur Strasse hinabhastete. Da stand das Babeli dann eine gute Viertelstunde oder noch länger, schaute ernsthaft zum Lebhag hinüber und nickte gelegentlich. Es war, als ob es Bekannte grüssen wollte, sich aber nicht recht getraute. Nach einer Weile wendete es sich gegen Matt zu, tat auch wohl einen Schritt in die Strasse und legte die Hand an die Stirn, um besser und weiter sehen zu können. Endlich überkam ein Zittern den schmächtigen Körper – ein Seufzer entstieg der rätselvollen Seele. Mit kummervollem Gesicht tastete sich das Babeli auf den Laubsack zurück. Es hatte den nächsten Leichenzug im Dorfe gesehen. Einmal gingen der Pfarrer und der Lehrer von Matt in später Winternacht noch von Engi heim. Wie sie bei des Geissers Haus vorbeikamen, stand das Babeli im roten Unterrock und barfuss am Wegrand, mitten in einem Schneehaufen. Die beiden grüssten und wollten es heimweisen, da hielt es die Hände vors Gesicht, schluchzte erschüttert auf und eilte ins Haus. Acht Tage später schaufelte der Sigrist von Matt des Lehrers Grab. Das Babeli stand wieder an der Strasse, als der Leichenzug vorüberschritt. Es nickte dann und wann in seiner linkischen Art. Jaja, so hatte es alles gesehen: den weissen Sarg, die Verwandten, die Nachbarn und die Schulkinder. Noch in den besten Jahren trug man das Babeli auf den Friedhof. Niemand verwunderte sich über seinen frühen Tod, denn Fronfastenkinder werden selten alt. Es ist, wie wenn sie von der Geisterwelt mächtiger an- und hinübergezogen würden.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Das Fröschlein mit dem roten Collier. La fôle de la petite grenouille au collier rouge

Source: Das Fröschlein mit dem roten Collier. La fôle de la petite grenouille au collier rouge

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Es lebte einmal eine Frau mit ihrem Sohn in einer armen Hütte, nah an einem Bach. Die Mutter war oft krank, und so musste der Junge Holz sammeln und Fische fangen und es verkaufen, damit sie genug zum Überleben hatten. Viel lieber aber wäre er in die Schule gegangen.  Immer wenn er zum Bach kam, sah er dort ein Fröschlein sitzen, das trug eine rote Kette um den Hals schaute ihn mit freundlichen Augen an und blieb immer in seiner Nähe. Einmal aber sah er, wie ein grosser Vogel kam und das Fröschlein mit seinem langen Schnabel packen wollte. Schnell sprang er hin, nahm das Fröschlein in seine Hand, scheuchte den Vogel davon und trug das Fröschlein nach Hause. «Was sollen wir mit einem Frosch im Haus?», fragte die Mutter. «Das ist kein normaler Frosch, glaub mir Mutter!», antwortete der Junge. «Nun gut, setze ihn in den Garten und kümmere dich gut darum», sagte die Mutter. Der Junge setzte das Fröschlein in den Garten und ging dann fort, um Holz und Fische zu verkaufen wie jeden Tag. Die Mutter fühlte sich heute etwas besser und wollte in ihrer alten Truhe nach einem schönen Tuch suchen. Doch was fand sie unter den Stoffen? Einen Beutel mit Geld! Als der Sohn nach Hause kam, zeigte sie ihm den Beutel und sagte: «Schau, was ich gefunden habe, jetzt kannst du endlich zur Schule gehen.» Der Sohn freute sich sehr und schon am nächsten Tag machte er sich auf nach Frankreich, um zur Schule zu gehen. Die Mutter kümmerte sich zu Hause um das Fröschlein. Sie freute sich über die Briefe ihres Sohnes, und noch mehr, als er endlich wieder nach Hause kam. Das Fröschlein hüpfte vor Freude auf und ab, als es ihn wiedersah. Kurz darauf bekamen sie die Nachricht einer grossen Erbschaft. «Das Fröschlein hat uns Glück gebracht», rief die Mutter und der Sohn rief freudig: «Nun kann ich auch noch Deutsch lernen»! Schon bald zog er wieder los und die Mutter blieb mit dem Fröschlein zurück, das nun auf einem eigenen Stühlchen bei ihr am Tisch sass. Immer wenn ein Brief eintraf, hüpfte das Fröschlein vor Freude. Als der Sohn ausgelernt hatte, kehrte er nach Hause zurück. Die Mutter umarmte ihn und kochte ein feines Essen, um seine Rückkehr zu feiern. Sie deckte den Tisch, stellte Weingläser auf und vergass auch nicht das Stühlchen für das Fröschlein. In dem Moment, als sich alle an den Tisch setzten, verwandelte sich das Fröschlein in eine wunderschöne Frau. Sie trug das rote Collier um den Hals und sprach: «Ich war die Königin der Frösche, du aber hast mich mit deinem guten Herzen erlöst. Von nun an will ich für dich sorgen, denn ich habe viele Schätze. Willst du mich heiraten?» Der junge Mann schaute in ihre schönen Augen und wie hätte er da nein sagen können? So wurde die Hochzeit vorbereitet. Am Hochzeitstag kamen Kutschen und brachten die Hochzeitsgäste zur Kirche. Als sie jedoch zurückkehrten, stand da keine Hütte mehr, sondern ein schönes Schloss. Sie feierten drei Tage lang und lebten glücklich und zufrieden. Neu erzählt nach A. Rossat, Les fôles, Basel 1914. ©Mutabor Märchenstiftung   La fôle de la petite grenouille au collier rouge Il était une fois une femme et son fils qui vivaient dans une pauvre chaumière, non loin d’un ruisseau. La mère était souvent malade et le garçon devait alors ramasser du bois et attraper des poissons puis les vendre afin qu’ils aient de quoi survivre. Il aurait bien davantage préféré aller à l’école. Chaque fois qu’il allait au ruisseau, il voyait une petite grenouille qui portait un collier rouge autour du cou, lui lançait de doux regards et restait toujours près de lui. Or un jour, il vit fondre un grand oiseau sur la grenouille pour la saisir de son long bec. Le garçon se leva d’un bond, prit la grenouille dans sa main, chassa l’oiseau et ramena la grenouille chez lui. « Qu’allons-nous faire de cette grenouille chez nous ? », demanda la mère. « Ce n’est pas une grenouille ordinaire, crois-moi maman ! », répondit le garçon. « Très bien, mets-la dans le jardin et occupe-t’en bien » dit la mère. Le garçon plaça la grenouille dans le jardin, puis s’en alla vendre du bois et des poissons, comme tous les jours. La mère, se sentant un peu mieux ce jour-là, s’en vint chercher du linge dans son vieux coffre. Mais que trouva-t-elle parmi les étoffes ? Un sac d’argent ! Lorsque son fils rentra, elle lui montra le sac et lui dit : « Regarde ce que j’ai trouvé, maintenant tu peux enfin aller à l’école ». Son fils fut très heureux et dès le lendemain, il partit pour la France s’inscrire à l’école tandis que la mère, restée à la maison, s’occupait de la petite grenouille . Elle était heureuse de recevoir les lettres de son fils et le fut plus encore, lorsqu’enfin, il rentra chez lui. La petite grenouille sauta de joie en le revoyant. Peu de temps après, ils reçurent la nouvelle d’un gros héritage. « La petite grenouille nous a porté chance », s’exclama la mère et le fils lui répondit joyeusement : « Maintenant, je peux aussi apprendre l’allemand » ! Très vite, il repartit et la mère resta avec la petite grenouille, qui s’asseyait maintenant sur sa propre chaise. Chaque fois qu’une lettre arrivait, la petite grenouille sautait de joie. Lorsque le fils eut terminé son apprentissage, il rentra à la maison. Sa mère l’embrassa et prépara un bon repas pour fêter son retour. Elle dressa la table, plaça des verres de vin et n’oublia pas la petite chaise pour la grenouille. Au moment où tout le monde s’assit à table, la petite grenouille se transforma en une magnifique femme. Elle portait le collier rouge autour du cou et dit : « J’étais la reine des grenouilles, mais toi, tu m’as délivrée grâce à ton bon cœur. Désormais, je prendrai soin de toi, car j’ai de nombreux trésors. Veux-tu m’épouser ? » Comment le jeune homme, en voyant ses beaux yeux, aurait-il pu dire non ? C’est ainsi que le mariage fut préparé. Le jour du mariage, des calèches arrivèrent et amenèrent les invités à l’église. Mais lorsqu’ils revinrent, la chaumière avait disparu, à sa place s’élevait un beau château. Ils firent la fête pendant trois jours et vécurent heureux et satisfaits. ©Freilichtmuseum Ballenberg


by Das Fröschlein mit dem roten Halsband

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Es war einmal eine arme, bucklige Frau, die immerzu kränkelte. Sie hatte niemanden ausser einem Sohn, der gerne in die Schule gegangen wäre. Aber der Schullehrer, ein guter Mann, sagte zu ihr: „Was wollt Ihr denn ohne den Buben machen? Er muss doch das Brot für Euch verdienen.“ Sie hatten eine kleine Hütte nahe bei einem Wald, mit einem Bächlein gleich daneben. Der arme Bub ging jeden Tag in den Wald und sammelte Holz, um seine Mutter zu unterstützen. Das Astholz und Reisig brachte er heim, und das schöne Holz verkaufte er. Dann ging er immer zum Bach und fing schöne Fische, die er in der Stadt verkaufte. Jeden Morgen, wenn er in den Wald kam, sass da ein hübsches, zierliches Fröschlein mit einem roten Halsband. Das machte ihm sehr schöne Augen und hüpfte um ihn herum, bis er mit dem Holzsammeln fertig war. Wenn er dann zum Bach fischen ging, war das Fröschlein wieder da, tauchte ins Wasser und hüpfte und sprang hin und her vor Freude und Vergnügen. Aber eines schönen Tages, was sah er da, als er zum Bach fischen ging? Hinter einer Ginsterhecke erblickte er das zitternde Fröschlein und einen riesigen Vogel mit langen Beinen und einem langen Schnabel. Der Bub hob schnell das Fröschlein auf, steckte es unters Hemd und trug es heim. Als seine Mutter das sah, sagte sie: „Was fällt dir denn ein, diesen Frosch zu bringen, wo es doch überall so viele davon gibt?“ „O Mutter, glaub mir, dieser hier ist ganz anders als die andern.“ Und er erzählte ihr, wie ihm das Fröschlein jeden Tag nachgelaufen war, zuerst in den Wald und dann zum Bach. „Also gut,“ sagte sie, „dann behalten wir es. Trag es in den Garten und kümmere dich darum.“ Am selben Nachmittag stöberte die Mutter in einer alten Truhe, in der sie ihre Stoffresten aufbewahrte. Darin  fand sie eine Börse mit Silbertalern. Ganz verwundert zeigte sie sie ihrem Sohn und meinte, dass sie sich nicht denken könne, wie diese Geldstücke in die Truhe gekommen seien. Nach vielen Überlegungen sagte sie zu ihrem Sohn: „Bei Gott, ich glaub wohl, dass dieses Geld uns gehört, wir haben es ja nicht gestohlen. Und nun habe ich mir gedacht, dass du die Hälfte nehmen sollst, damit du in der Stadt Schulen besuchen und etwas lernen kannst.“ So machte er sich also auf nach Frankreich. Seine Mutter kümmerte sich inzwischen um das Fröschlein. Wenn sie zu Mittag und zu Abend ass, setzte sich das Fröschlein immer neben sie auf den ledernen Stuhl. Als der Sohn kein Geld mehr hatte, sandte er seiner Mutter Nachricht, dass er wieder heimkommen werde und eines schönen Morgens war er da. Das Fröschlein begann herumzuhüpfen wie ein Närrlein vor lauter Freude, dass es ihn wiedersah. Eines Tages erhielten sie einen Brief aus der Stadt, in dem stand, dass sie eine Erbschaft gemacht hatten und das Geld abholen sollten. Dabei wussten sie um nichts auf der Welt, woher ihnen diese Erbschaft zugefallen sein könnte. Die Mutter sagte: „Dieses kleine Fröschlein hat uns Glück gebracht, dessen bin ich mir gewiss.“ Als sie die Erbschaft abgeholt hatten, sagte der Sohn zu seine Mutter: „Ich möchte gern auch Deutsch sprechen können. Wenn es dir recht wäre, dann würde ich mich aufmachen, es zu erlernen.“ – „Gut, gut“, sagte sie zu ihm, „es ist schon recht so, wie du es wünschst. Ich bin’s zufrieden.“ Er ging also wieder fort, aber schrieb immer viele Briefe aus der Fremde an seine Mutter. Man hätte schwören können, dass das Fröschlein die Tage wusste, an denen er schrieb, so sehr hüpfte, so sehr tanzte und freute es sich jedes Mal, bevor ein Brief kam. Eines schönen Tages aber kam er selbst. „Gott grüss Euch, Mutter“, sagte er, „diesmal will ich Euch nicht mehr verlassen. Mit Hilfe meiner Kenntnisse werde ich jetzt genug Geld verdienen können, damit Ihr’s schön habt in Euren alten Tagen.“ Die Mutter sagte ganz glücklich: „Jetzt werde ich eine gute Suppe und ein gutes Mahl bereiten, weil du wieder da bist.“ Sie deckte den Tisch in der Stube und vergass nicht, den Stuhl für das Fröschlein bereitzustellen. Während das Fröschlein seine Suppe austrank, verwandelte es sich in das schönste Mädchen auf der Welt. Man hätte keine Schönere malen können. Sie sprach zu dem jungen Mann: „Ich war die Froschkönigin und habe wohl bemerkt, dass du ein gutes, braves Kind warst, vor allem, wie gut du deine Mutter behandelt hast. Deshalb frage ich dich jetzt, ob du mich heiraten willst.“ Ihr könnt euch vorstellen, wie verwundert er war. „Ich weiss kaum, was ich sagen soll, ich würde Euch ja gerne heiraten“, erwiderte er, „aber all das Geld, das wir besassen, haben wir für mein Studium aufgewendet.“ – „Oh, wenn’s nur das ist!“ sagte sie, „ich bin reich genug.“ Also beschlossen sie zu heiraten. Der Tag der Hochzeit war gekommen und sie feierten im Dorf die Brautmesse. Als sie nach Hause kamen, da stand aber an der Stelle der Hütte ein schönes Schloss mit einer Schar von Dienern, die kamen und gingen und liefen von der Küche in den Saal und vom Saal in die Küche, um das Mahl herzurichten und aufzutragen. Das arme, alte Mütterchen war fein in Seide und Spitzen gekleidet. Drei Tage lang wurde gefeiert, gegessen und getrunken.   Ich war dort, um die Saucen umzurühren. Als meine Schürze beim Bücken Feuer fing, da wurden sie zornig und schlugen mich mit dem Schöpflöffel auf den Kopf, dass ich betäubt umfiel. Um mich loszuwerden, gaben sie mir einen Fusstritt in den Hintern, so fest, dass ich hierher flog, auf diesem Stuhl landete und dir jetzt diese Geschichte erzähle. Arthur Rossat: Les „fôles“, contes fantastiques patois recueillis dans le Jura bernois. Schweizerisches Archiv für Volkskunde, Band 18 (1914)     Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Füchslein

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Auf der Glattenalp hinter dem Ortstock gingen einst ihrer zwei aus Uri auf die Jagd und hofften, ein Mungglein oder gar einen Bock zu schiessen, je nachdem. Wie sie nun durch ein enges, stotziges Felsentälchen hinaufklettern und immer obsi schauen, ob sie bald oben wären, da erblickte der jüngere ein Füchslein, das stand steif und still vor dem blauen Himmel und wedelte nicht einmal mit dem Schwanz. Doch schien’s ihm zum Schiessen noch allzuweit weg, und so liess er’s bleiben. Wie sie aber weiterklettern, da steht das Füchslein zu ihrer Verwunderung immer noch da und springt nicht fort. Dem ältern kommt das ein wenig seltsam vor, der jüngere aber sagt: «Das ist noch allzu jung, lassen wir ihm noch ein paar Jährchen!» Als sie aber näher zu ihm kamen, da verwunderten sie sich, denn das Füchslein war mit einer Niele am Stein angebunden, so wie man einen jungen Hund anbindet, damit er nicht wegläuft. Nun aber begann es mit dem Schwanz zu wedeln und bat gar herzbeweglich, sie möchten es befreien und laufen lassen, es solle ihr Schaden nicht sein. Wie es dann davonsprang und verschwand, da lachten sie: «Wenn wir das im Dorf erzählen, wird’s uns kein Mensch glauben! Wie kann man aber auch nur ein Füchslein anbinden, und dazu mitten in dieser Einöde?» Einige Zeit hernach gingen die beiden Jäger an die Glarner Kilbi und spazierten gassauf und gassab durch den Flecken, denn sie waren zum ersten Mal hier. Als sie am «Goldenen Adler» vorbeikamen, wollte der eine einkehren, dem andern aber schien es zu nobel zu sein, und so gingen sie weiter durch die «Angst und Noth», zur «Ankenwaag» und wie sie in der «Meerenge» anlangten und an alle Häuser hinaufstaunten, da sagt der ältere: «Ich glaube, die haben Geld wie Heu! In so ein Haus kommt unsereiner seiner Lebtag nie. Das ist nur für Herrenleute!» Der Junge schaut das Tor an und die gemalten Brittli, und wie er nun weiter hinaufstaunt, so streckt eine bildschöne Jungfer den Kopf aus dem Kreuzstock und grüsst und winkt mit der Hand, sie sollten heraufkommen und einen Schluck Kaffee mit ihr trinken, wie’s an der Kilbi Sitte sei. Sie sind eigentlich erschrocken ob der Einladung, weil sie glaubten, das Fräulein halte sie umsonst für gute Bekannte, und wenig hätte gefehlt, so wären sie durch die erstbeste Gasse verschwunden. Denn sie wollten das Fräulein nicht zum Narren halten. Indem aber ist die Jungfer schon unter die Haustür getreten und gibt jedem die Hand und heisst sie willkommen. In der Visitenstube wird ihnen alle Güte aufgetischt, Kaffee in gemalten Tässlein, Pastete, sauer und süss, Öpfelbeggeli, Chriesimues und Hung und was alles man an einer rechten Glarner Kilbi aufzutragen gewohnt ist. Dazu plaudern sie dies und jenes, aber allermeist lassen die beiden dem Fräulein das Wort. Beim letzten Schluck putzt der ältere den Schnauz und hustet und fragt: «Also schönen Dank und Vergeltsgott viel tausendmal, aber jetzt wüssten wir beide doch noch gern, wieso uns das Fräulein eingeladen hat? Wir sind heute erstmals im Flecken und haben Euch im ganzen Leben noch nie gesehen.» «Aber ich hab Euch gesehen und will Euch aus dem Gwunder helfen!» lacht die Jungfer und wird ein wenig rot. «Seid ihr nicht da und da am Ortstock einem angebundenen Füchslein begegnet und habt es freigelassen?» «Freilich sind wir das, auch wenn’s uns kein Mensch glaubte!» Da lächelte die schöne Jungfer: «So muss ich Euch denn mein Geheimnis verraten. Meine Mutter war eine Hexe, und bevor sie verbrannt worden ist, hat sie mich in der Galle in ein Füchslein verzaubert und für alle Zeiten in die Einöde verbannt. Wenn Ihr beide mich nicht losgelassen hättet, müsst’ ich für immer und ewig dort bleiben! Jetzt wisst Ihr, warum ich Euch eingeladen habe!» Bei dieser Eröffnung machten die beiden grosse Augen, und als die Jungfer gar noch ein Stück von der Niele brachte, da fing’s ihnen fast an zu grausen, und sie wollten sich ohne viel Worte verziehen. Das Fräulein aber lachte: «Ich bin keine Hexe, ich bin von Fleisch und Blut und bin ein ehrliches Christenmeitli!» und legte dem Jungen, der war ein strammer, rotbackiger Bursch von zwanzig Jahren, noch extra ein Stück Pastete auf den Teller, von der süssen Seite. Drei Wochen später sind die beiden in den Ring gegangen, und übers Jahr stand der Alte als Götti für den ersten Buben am Taufstein.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Das Füchslein im Ebnet

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Dem Besitzer des Ebnet zu Sisikon raubte ein Fuchs die schönsten Lämmchen und Zicklein. Wohl lauerte er ihm auf, aber nie bekam er den Schläuling vor die Büchse. Endlich liess er sich von seinem Bruder in einem Heubündel in das Gädemli tragen, wo er dem Tier lotzen wollte, worauf der Träger das Gädemli wieder verliess. Der Fuchs kam während der Nacht und stand auf dem Miststock und äugelte gegen das Heutor hinauf; der Bauer streckte das Büchsenrohr durch eine kleine Öffnung hinaus und wollte abdrücken. Da begann der Fuchs zu reden und rief: »Tuä du nitt schiässä, dä bisch au mängisch zuä-mmer z'Dorf chu.« Darauf machte er sich davon, ohne vom Bauer beschossen zu werden, und liess sich nie mehr merken. J.J. Huber, 80 J. alt, alter Napolitäner Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Füchslein in der Glattalp

Source: Das Füchslein in der Glattalp

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a) In der schwyzerischen Glattalp gingen zwei Urner, ein verheirateter Mann und ein hübscher, lediger Bursche, auf die Jagd. Da sie zufällig durch ein »Teeltschi« hinaufschauen, erblicken sie da oben ein Füchslein, das unbeweglich auf einem Punkte sitzt und durch's Tälchen hinunter Ausschau hält. Die beiden Jäger betreten das Tälchen und steigen aufwärts. Zu ihrem Verwundern bleibt das Tier ruhig auf seinem Posten sitzen und schaut unverwandt zu ihnen hinunter. Ganz in seiner Nähe angekommen, sagt der Ledige zu dem Verheirateten: »Dü, das Tiärli schiässet miär nitt!« Sie treten noch näher und finden, dass es mit einer »Niälen« an einem Stein angebunden ist. Während es die beiden Menschen, freundlich wedelnd, anblickt, binden diese es los und lassen's laufen. (Oder: Das Füchslein kam ihnen, freundlich wedelnd, entgegen; hatte ein rotes Bändchen am einen Fuss; sie nahmen es ihm ab und liessen's laufen.) Noch im nämlichen Jahre feierte man in Glarus ein grosses Fest, an dem auch unsere beiden Urner Anteil nahmen. Indem sie also in den schönen, breiten Strassen des Städtchens herumschlendern, ruft sie auf einmal eine junge, hübsche Weibsperson aus dem Fenster eines schönen Hauses an und ladet sie freundlich ein, bei ihr einzukehren. Aber erst auf wiederholtes Drängen nahmen sie die Einladung an, wurden mit grosser Freundlichkeit aufgenommen und reichlich bewirtet. Unterdessen gab sich die hübsche Tochter zu erkennen: »Ich bin das Füchslein, das ihr da oben auf der Alp losgebunden und in Freiheit gesetzt habt. Ich bin euch grossen Dank schuldig, denn ihr habt mir das Leben gerettet. Meine Mutter war eine alte Hexe und hat mich, ehe sie lebendig verbrannt worden, in ein Füchslein verwandelt und in das einsame Alptälchen verbannt. Ihr braucht aber deswegen keine Angst vor mir zu haben; ich selber bin keine Hexe, sondern ein rechtschaffener Mensch und Christ. Es freut mich herzlich, euch hier zu sehen und bewirten zu können.« Und zeigt ihnen das rote Bändchen. Später gewann der ledige Urner das schöne, reiche Fräulein zur Gattin, und beide wurden ein glückliches, christliches Ehepaar. Daniel Imholz, 50 J. alt, Unterschächen, u.a. b) Nach anderer Erzählart fanden zwei Jäger am Wege nach Linthal ein Kätzchen mit einem roten Faden an einer Staude angebunden. Späteres Wiedersehen in Mailand. Bald mit, bald ohne Heirat. Zäzilia Gisler-Walker, 70 J. alt, u.a. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Fuchsweib in Gurtnelen

Source: Das Fuchsweib in Gurtnelen

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Der Haltä-Jochi von Gurtnellen († 1872 im Alter von 82 Jahren) hatte einst auf der Jagd ein Füchslein verschont, das sich sonderbar aufführte. Später reiste er einmal nach Graubünden und wollte dort Schweine kaufen. In der Wirtschaft, wo er einkehrte, tat die Wirtin sehr freundlich, bewirtete ihn auffallend reichlich und wollte für alles keinen Rappen annehmen. Ja sogar die Schweinchen, die er ihr abkaufte, gab sie gratis. Er habe ihr das Leben gerettet, sagte sie; denn jenes Füchslein, dem er geschont, sei sie gewesen. Das hat der Haltä-Jochi meinen Erzählern, von denen der eine sein 80jähriger Sohn ist, selber erzählt für eine gewisse Wahrheit. Karl Walker, Wirt und Bauer, 80 J. alt. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Fuhrwerk im Bachbett

Source: Das Fuhrwerk im Bachbett

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Die «Schwarzhauser» unterhalb der ehemaligen Bandfabrik in Oberdorf kehren sonderbarerweise ihr Fensterfront nicht der Landstrasse,wohl aber dem hinten durchfliessenden Frenkenbache zu. Das wundert einen nicht wenn man weiss, dass die Strasse bis ins 18. Jahrhundert dort durchführte, wo heute der Bach läuft. An jene alte Zeit erinnert auch eine alte Erscheinung welche gewisse Bewohner jener Häuser zur Weihnachtszeit schon beobachtet haben wollen. Da soll man im Bach deutlich das Geräusch eines fahrenden Fuhrwerkes gehört haben.  Dabei knirschten die Steine des Bachbettes und auch das Stampfen der schwer ziehenden Gäule war hörbar. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch  


by Das G'steigtal und der ewige Jud

Source: Das G'steigtal und der ewige Jud

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Vor langen Zeiten soll das G'steigtal ein See gewesen sein, welchen das Klima so mild gemacht habe, dass Reben an seinen Ufern gediehen. Auf der Westseite (Abesite) hoch im Tale liegen noch alte Mauern, die ein Überrest vom damaligen Wirtshause sein sollen. Südöstlich, im Winkel des Tales ("Uf der Morgesite z'hinderst im G'steig"), wo der Saanetschpass hinaufführt, ist ein hoher Felsenstock, der unmittelbar mit dem Gebirge zusammenhängt und mit Wald und Gras bewachsen ist. Dorthin sollen die Leute am Sonntage hingeschifft sein, ihren Gottesdienst zu halten. Noch jetzt trägt, und wahrscheinlich von dieser Zeit her, dieser Felsenstock ("der Hubel") den Namen Burg. Auch zeigt man dort "eine eiserne Ringge" in der Felsenwand ("Fluh"), an die man ehemals die Schiffe angebunden habe. Nachdem sich der See durch einen Ausbruch verlaufen, ist die Gegend verwildert. Es wachsen nicht einmal mehr Äpfel im G'steig. Der Saanetsch gibt jeden Sommer nur noch drei Wochen lang dem Vieh hinlänglich Nahrung, und nach der Sage soll einst der ewige Jude bei einer Durchreise gesagt haben, wenn er noch einmal komme, so werde das Tal so wild sein, wie jetzt die Alpenhöhe des Saanetschberges. Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Galanda-Gold

Source: Das Galanda-Gold

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Es ging einmal ein älterer Mann aus Felsberg in den Wald, um Holz zu             sammeln. Er kam dann auch in die Gegend der Goldgrube »goldene Sonne« hoch oben an der Galanda. Dort habe er sich niedergesetzt, um auszuruhen, und sei dann eingeschlafen. Als er erwachte, habe er vor sich an einem Steine hängend einige Goldklumpen gesehen, welche so schimmerten, dass er darob geblendet wurde. Als er diese Goldklumpen habe anfassen wollen, seien sie nicht mehr gewesen. - Eine weitere Sage ist die, dass wenn man das Wasser eines kleinen Bächleins, welches jetzt verschwunden ist, in ein Gefäss aufhielt, das Wasser zu blankem Gold wurde. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Galgenlölitier

Source: Das Galgenlölitier

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In Gutenburg, Gemeinde Lotzwil, Amtsbezirk Aarwangen, war vor alten Zeiten ein Zwingherrenschloss, von welchem noch jetzt Ruinen zu sehen sind. Dieses Schloss stand auf einem Hügel, an einem Walde. Am Fusse des Hügels liegt die Strasse von Lotzwil nach Madiswil. Jenseits des Weges befindet sich eine grosse Wiese. Man sagt, die gottlosen Zwingherren, die früher auf diesem Schlosse wohnten, kommen aus dem jenseitigen Leben zurück und erscheinen in Gestalt eines vierfüssigen braunen Tieres, von welchem man folgendes erzählt. Einmal, zur Zeit der Heuernte, waren Leute auf der Wiese, um Heu zu sammeln. Sie hatten ein kleines Kind bei sich, welches sie auf einen Heuschober (Heustock) setzten. Während sie an ihrer Arbeit waren, brauste der Sturm sehr. Plötzlich kommt das Tier, Galgenlölitier genannt, in der Luft daher, nimmt den Schober, ohne dem Kinde etwas zu tun, weg und fliegt mit ihm davon. Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das ganze Maderanertal

Source: Das ganze Maderanertal

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sei mit armen Seelen so dicht angefüllt, dass, wenn diese körperlich wären, niemand hinein oder heraus zu kommen imstande wäre. Albin Gnos, und a. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Gassengericht

Source: Das Gassengericht

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Schon seit ältester Zeit existiert in Uri ein origineller Landesbrauch des sogenannten Gassengerichts. Wenn nämlich bei Rechtsstreitigkeiten ein Dringlichkeitsfall vorhanden ist, d.h. wenn ein durchreisender Fremder in einen Rechtsstreit verwickelt wird, welcher schleunige Erledigung erheischt, oder aber wo Gefahr oder grosser Nachteil im Verzuge liegt, kann das sogenannte Gassengericht verlangt werden. Um ein solches zu erhalten, muss man sich zum Herrn Landammann begeben und demselben den Sachverhalt mitteilen. Findet der Herr Landammann, dass wirklich ein Dringlichkeitsfall vorhanden sei, so gestattet er das Gassengericht und schreitet sogleich zur Bildung und Abhaltung eines solchen. Das geschieht auf folgende Weise: Der Herr Landammann begibt sich mit dem Gesuchsteller auf die Gasse und bezeichnet auf derselben vorwärts schreitend die ersten Bürger, die ihnen der Zufall in den Weg führt, zu Gassenrichtern, und heisst sie mit ihm kommen. Wenn die Zahl von wenigstens acht Richtern, die aber auch auf zwölf ansteigen darf, erreicht ist, so macht derselbe Halt, bildet einen Kreis um sich und legt dem auf diese Weise gebildeten Gassengerichte den Dringlichkeitsfall zur Entscheidung vor. Der Ausspruch eines solchen Gerichtes ist ebenso bindend und rechtskräftig, wie derjenige eines ordentlichen Gerichtes in gewöhnlichen Fällen.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Das Gastmahl um Mitternacht

Source: Das Gastmahl um Mitternacht

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Der alte, originelle Feller-Josi von Brig, ein echtes Temperkind, war bekannt als Geisterseher. Wenn auch nur die Hälfte wahr sein sollte, was er gesehen und seinen Vertrauten erzählt, so grenzt das an das Wunderbare. Den grossen Durchzug anno 1815 soll er lange vorher gesehen haben. Ob nun die Gliserschlacht, die ihm ein Geist gezeigt haben soll, auch einstens noch stattfinden wird, mag die Zukunft lehren. Lassen wir den Felliser-Josi selber sprechen. «Es war am Vorabend der Heiligen Drei Könige, als es vor meinen Fenstern rief- es mochte etwa gegen zwölf Uhr der Nacht sein: «Felliser-Josi, Felliser-Josi!» Ich sprang ans Fenster und rief hinunter: «Wer da?» - «Gut Freund», war die Antwort. «Komm geschwind! Fürchte dich nicht, dir soll nichts geschehen die Sache hat Eile!», so rief eine sanfte Stimme, die mir alle Furcht nahm. Es war aber so finster und regnerisch, dass ich niemand sehen konnte. Ich versprach, eilends zu kommen. Wie ich zur Haustüre hinaustrat, da sass eine Person, wie mir schien eine Frau, dicht in einen Mantel gehüllt zu Pferde. «Und was ist euer Begehren?» fragte ich. «Mich zu begleiten», war die Antwort «Und wohin?» fragte ich wieder. «Zum Gastmahl um Mitternacht. Aber wir haben Eile, fürchte dich nicht und folge nur», sprach sie. Eine so vornehme Frau, dachte ich, wird mir doch nichts zuleide tun, ich folgte ihr daher ohne Furcht. Es war finster und neblig, dass ich die Reiterin nur wie im Schatten sah; das Pferd trat so leise auf, dass ich es kaum hörte. Das kam mir so ganz unheimlich und geisterartig vor, dass ich kein Wort zu sprechen wagte; dennoch folgte ich ihr ohne Furcht. Der Weg war mir unbekannt. Wir langten endlich vor einem grossen Hause an, in dessen Hofe es von Pferden, Kutschen, Wagen und Bedienten wimmelte. Meine Reiterin wurde vom Pferde gehoben, ein Bedienter ging voran, und sie winkte mir, ihr zu folgen. In den untern Räumen und Gängen des grossen Hauses war es dunkel und stille; höher hinauf aber waren Gänge und Treppen taghell erleuchtet, uns wallte ein lieblicher Ambraduft aus dem Speisesaal entgegen. Ein Geräusch vieler Stimmen und das Klingen der Gläser und Gerassel der silbernen Tischgeräte tönten aus der halbgeöffneten Tür des Salons. Auch diese flog auf -und umstrahlt vom Sonnenglanz der schwebenden kristallenen Leuchter, sass an reichbesetzter Tafel die glänzendste Gesellschaft. Fast unbemerkt von den Gästen schloss sich meine Begleiterin zuunterst an die Gesellschaft und ich setzte mich auf ihren Wink neben sie. Ich war stumm vor Erstaunen über das, was ich da Prächtiges sah und hörte, obwohl ich ihre Sprache nicht verstand. Ich vermag es nicht zu beschreiben, so gern ich es wollte: Denke dir einen geräumigen, hohen Saal, ringsum mit ehrwürdigen Ahnenbildern und prächtigen, in Goldrahmen gefassten Gemälden und Spiegeln ausgeschmückt; die brennenden Farben der Teppiche und Tapeten, die künstlichen Blumen in zierlichen Vasen, das goldene und silberne Tischgerät; endlich die Gesellschaft selbst im vollen Kostüme, schwarz und weiss gemischt. Alles liess mich auf den hohen Stand und guten Ton des Gastgebers schliessen. Zuoberst an der Tafel schien mir der Urahnherr zu sein. Sein dunkles, aber freundliches Auge lief unter den langen, schwarzen Wimpern rastlos im Kreise der Gäste umher, gleichsam um die Gesichter der Anwesenden zu mustern - mit einem Wort, er war die Seele des Ganzen. Eine lange Reihe edler ritterlicher Gestalten, unter deren teils heiteren teils finsteren Stirnen rabenschwarze Augen brannten, sassen um ihn. Unter ihren langen Bärten hingen schwere Goldketten auf die Brust herab. Auch geistliche Würdenträger waren darunter. Gleich leiblich gefärbten Blumen tauchten inzwischen die mit Gold und Diamanten geschmückten Gestalten schöner Frauen und lieblicher Töchter hervor. Die vornehmen Herren schwenkten mächtige Pokale und tranken mit den hübschen Frauen Gruss und Bruderschaft. Auf leichten Schwingen schwirrte das Gespräch um die Tafel. Die feinen Weine machten die Scherze der Männer mutwilliger, und ihre Blicke wurden kühner auf die reizenden Nachbarinnen. Gewürzt von dem lispelnden Gespräch und schalkhaften Lächeln der Frauen, schien der Rebensaft ihnen noch einmal so gut zu munden und sie noch mehr zu begeistern. Endlich rauschte die Rede in fessellosen Strömen dahin, Toaste folgten auf Toaste - da öffneten sich auf einmal die Flügelpforten des Festsaales, und die Diener trugen eine grosse Kiste herein. Diese wurde geöffnet und ein grosses Paket von Pergamentrollen entwickelt. Ein in der Nähe des Urahnherrn stehender Perückenherr, ohne Zweifel der Sekretär, fing an, auf ein gegebenes Zeichen, das allgemeines Stillschweigen gebot, laut und lange aus diesen Rollen vorzulesen. Weil mir dies langweilig vorkam, da ich nichts davon verstand, so nahm ich mir ein Herz, meine Begleiterin leise zu fragen, was man da vorlese Ebenso leise erwiderte sie, das sei die Familienchronik welche alle fünfzig Jahre der ganzen edlen Familie hier um Mitternacht vorgelesen werden müsse, bis einer aus den Nachkommen den Mut habe, ein Andenken der Dankbarkeit seinen Ahnen zu errichten, nämlich die tatenreiche Geschichte dieser edlen Familie zu verfassen und in Druck herauszugeben. «Aber in Gottes Namen», fragte ich wieder, «ist denn unter so vielen Gelehrten dieses Hauses gar niemand, der es wagte, eine gewiss höchst interessante Familienchronik zu schreiben und zu veröffentlichen?» Sie schüttelte verdriesslich den Kopf und sagte: «Bisher noch nicht.» Da rauschte ein gewaltiger Sturm draussen durch die Wipfel der Bäume; grosse Regentropfen klirrten an die Fenster. «Was ist das?» fragte ich. Sie erwiderte erbleichend, und mit ihr schien die ganze Gesellschaft stiller und blasser zu werden: «Unsere Post kommt, wir müssen bald verreisen.» «Aber», – sagte ich der schönen und bleichen Nachbarin, «das ist doch undankbar so gleichgültig gegen die verdienstvollen Ahnen und Voreltern zu sein.» Indem ich dies sagte und sie mich mit bedeutungsvollem Blicke anschaute, dass ich schweigen solle, erschreckte mich abermals ein fürchterlicher Windstoss. Die ganze Gesellschaft wurde jetzt geisterbleich. Da schlug ein gewaltiger Stoss des draussen rauschenden Sturms ein Fenster auf und löschte alle Lichter aus. Alle Kostbarkeiten auf dem Tische und rings im herrlichen Speisesaal wurden von unsichtbarer Hand im Augenblick entfernt. Es entstand ein Getöse, dass mir Sehen und Hören verging. Unzählige Tritte bewegten sich im Saal und Hause, Abschiedsküsse klatschten, Seidenkleider rauschten, Schwerter und Sporen klirrten, Pferde wieherten, Wagen und Kutschen rasselten und donnerten davon. Ich hörte drei Uhr schlagen. Was später mit mir geschah, weiss ich nicht. Nur das weiss ich, dass ich am Morgen angekleidet und mit vom Regen durchnässten Kleidern auf meinem Bette erwachte, und das überzeugt mich, dass ich nicht träumte, sondern persönlich gegenwärtig war beim Gastmahl um Mitternacht.» BRIG Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Gastmahl um Mitternacht

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Der alte originelle »Felliser Josi» von Brig, ein echtes Temperkind, war bekannt als Geisterseher. Wenn auch nur Halbes wahr sein sollte, was er gesehen und seinen Vertrauten erzählt, so grenzt dies an das Wunderbare. Den grossen Durchzug anno Fünfzehn soll er lange vorhergesehen; ob nun die Gliserschlacht, die ihm ein Geist soll gezeigt haben, auch einstens noch sich erfüllen wird, mag die Zukunft lehren. Unter anderem erzählte mir ein Greis von Naters, ein redlicher alter Walliser, Moriz Eggel, dass ihm derselbe in ganz vertrauter Mitteilung eine seltsame Geistererscheinung offenbart habe. Er wollte ihm weder den Namen des Hauses noch den der Ortschaft nennen und wenn ich auf den Namen der Familie deutete, so bat er mich, ich solle meine Vermutungen nicht aussprechen und ihn über so etwas nicht ausforschen, aber denken könne ich darüber was ich wolle. Ich möchte das Ganze für eine Erfindung erklären, wenn es nicht ein so alter Mann erzählte, der mir noch andere ähnliche Sonderbarkeiten vom Felliser Josi mitteilte. Obwohl die wunderbaren Märchen und Sagen vielleicht kein empfängliches Publikum bei uns finden, so wollte ich doch diese seltsame Erscheinung aufzeichnen — sie heisst: «Das Gastmahl um Mitternacht.»   Es war am Vorabend der Hl. Dreikönige, fing der Erzähler an, als es vor meinen Fenstern rief, es mochte etwa gegen zwölf Uhr der Nacht sein: »Felliser Josi, Felliser Josi!» Ich sprang an's Fenster und rief hinunter: Wer da? — Gut Frind — war die Antwort. Komm geschwind — fürchte dich nicht — dir soll nichts geschehen — die Sache hat Eile — so rief eine sanfte Stimme, die mir alle Furcht benahm. Es war aber so finster und regnerisch, dass ich niemanden sehen konnte. Ich versprach eilendes zu kommen. Wie ich zur Haustüre hinaustrat, da sass eine Person, wie mir schien, eine Frau dicht im Mantel gehüllt, zu Pferde: Und was ist euer Begehren? fragte ich — Mich zu begleiten — war die Antwort — Und wohin? — fragte ich wieder — Zum Gastmahl um Mitternacht. — Aber wir haben Eile, fürchte dich nicht — und folge mir — sprach sie. — Eine so vornehme Frau, dachte ich, wird mir doch nichts zuleid tun, ich folgte ihr daher nach ohne Furcht. Es war finster und neblig, dass ich die Reiterin nur wie im Schatten sah; das Pferd trat so leise auf, dass ich es kaum hörte — und mir unheimlich und geisterartig vorkam, dass ich kein Wort zu sprechen wagte — dennoch folgte ich ihr ohne Furcht nach. Der Weg kam mir unbekannt vor; wir langten endlich vor einem grossen Hause an, in dessen Hofe es von Pferden, Kutschen, Wagen und Bedienten wimmelte. Meine Reiterin wurde vom Pferde genommen, ein Bedienter ging voran und sie winkte mir, ihr zu folgen. In den unteren Räumen und Gängen des grossen Hauses war es dunkel und stille; höher hinauf aber waren Gänge und Treppen taghell beleuchtet, uns wallte ein lieblicher Ambraduft aus dem Speisesaal entgegen. Ein Geräusch vieler Stimmen und das Klingen der Gläser und Gerassel der silbernen Tischmöbel tönte aus der halbgeöffneten Türe des Salons. — Auch diese flog auf — und umstrahlt vom Sonnenglanz der schwebenden kristallenen Leuchter sass an reichbesetzter Tafel die glänzendste Gesellschaft. Fast unbemerkt von den Gästen schloss sich meine Begleiterin zuunterst an die Gesellschaft und ich setzte mich auf ihren Wink neben sie. Ich war stumm vor Erstaunen über das was ich da Prächtiges sah und hörte, obwohl ich ihre Sprache nicht verstand. Ich vermag es nicht zu beschreiben, so gern ich wollte, sagte mir der Felliser Josi; denke dir einen geräumigen hohen Saal, ringsum mit ehrwürdigen Ahnenbildern und prächtigen in Goldrahmen gefassten Tableaux und Spiegeln ausgeschmückt; die brennenden Farben der Teppiche und Tapeten, die künstlichen Blumen in zierlichen Vasen, das goldene und silberne Tischgerät; endlich die Gesellschaft selbst im vollen Kostüme, schwarz und weiss gemischt — Alles liess mich auf den hohen Stand und guten Ton des Gastgebers schliessen. Zuoberst an der Tafel schien mir der Urahnherr zu sein. Sein dunkles aber freundliches Auge lief unter den langen, schwarzen Wimpern rastlos im Kreise der Gäste umher, gleichsam um die Gesichter der Anwesenden zu mustern — mit einem Wort, er war die Seele des Ganzen. Eine lange Reihe edler ritterlicher Gestalten, aus deren teils heitern, teils finstern Stirnen, rabenschwarze Augen brannten. Unter ihren langen Bärten hingen schwere Goldketten auf die Brust herab. Auch geistliche Würdigkeiten waren darunter. Gleich lieblich gefärbten Blumen, tauchten inzwischen die mit Gold und Diamanten geschmückten Gestalten schöner Frauen und lieblicher Töchter hervor. Die vornehmen Herren schwenken mächtige Pokale und tranken mit den hübschen Frauen Gruss und Bruderschaft. Auf leichten Schwingen schwirrte das Gespräch um die Tafel. Die feinen Weine machten die Scherze der Männer mutwilliger und ihre Blicke kühner auf die reizenden Nachbarinnen. Gewürzt von dem lispelnden Gespräch und schalkhaften Lächeln der Frauen, schien der Rebensaft ihnen noch einmal so gut zu munden, und sie noch mehr zu begeistern. Endlich rauschte die Rede in fessellosen Strömen dahin. Toaste folgten auf Toaste — da öffneten sich auf einmal die Flügelpforten des Festsaales — und herein trugen die Diener eine grosse Kiste. Diese wurde geöffnet und ein grosses Paket von Pergamentrollen entwickelt. Ein in der Nähe des Urahnherrn stehender Perückenherr, ohne Zweifel der Sekretär, fing auf ein gegebenes Zeichen, das allgemeines Stillschweigen gebot, an, laut und lange aus diesen Rollen vorzulesen. Weil mir dies langweilig vorkam, da ich nichts davon verstand, so nahm ich mir ein Herz, meine schöne Begleiterin leise zu fragen, was man da vorlese. Ebenso leise erwiderte sie, das sei die Familienchronik, welche alle fünfzig Jahre, der ganzen edlen Familie, hier um Mitternacht, müsse vorgelesen werden, bis einer aus den Nachkommen den Mut habe, ein Andenken der Dankbarkeit seinen Ahnen zu errichten, nämlich die tatenreiche Geschichte dieser edlen Familie zu verfassen und in Druck herauszugeben. Aber in Gottes Namen, fragte ich wieder, ist denn unter so vielen Gelehrten dieses Hauses gar niemand, der es wagte, eine gewiss höchst interessante Familienchronik zu schreiben und publizieren? Sie schüttelte verdriesslich den Kopf und sagte: Bisher noch nicht. — Da rauschte ein gewaltiger Sturm draussen durch die Wipfel der Bäume; grosse Regentropfen klirrten an den Fenstern. Was ist das? fragte ich. Sie erwiderte erbleichend und mit ihr schien die ganze Gesellschaft stiller und blasser zu werden: Unsere Post kommt, wir müssen bald verreisen. — Aber, sagte ich der schönen und bleichen Nachbarin: Das ist doch undankbar, so gleichgültig gegen die verdienstvollen Ahnen und Voreltern zu sein. — Indem ich dies sagte, und sie mich mit bedeutungsvollem Blickeanschaute, dass ich schweigen solle, erschreckte mich abermals ein fürchterlicher Windstoss — die ganze Gesellschaft wurde jetzt geisterbleich. — Da schlug ein gewaltiger Stoss des draussen rauschenden Sturms ein Fenster auf und löschte alle Lichter aus. Alle Kostbarkeiten auf dem Tische und rings im herrlichen Speisesaal, wurden von unsichtbarer Hand im Augenblick entfernt. Es entstand ein Getöse, dass mir Sehen und Hören verging. Unzählige Tritte bewegten sich im Saal und Hause, Abschiedsküsse klatschten, Seidenkleider rauschten, Schwerter und Sporen klirrten, Pferde wieherten, Wagen und Kutschen raffelten und donnerten davon. Ich hörte drei Uhr schlagen — was später mit mir geschah, weiss ich nicht — nur das weiss ich, dass ich am Morgen angekleidet und mit Regen durchnässten Kleidern auf meinem Bette erwachte — und das überzeugt mich, dass ich nicht träumte, sondern persönlich gegenwärtig war beim — Gastmahl um Mitternacht.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das gebannte Fuhrwerk

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Einst fuhr ein junger Bauer von Obermonten sein frisch gedroschenes Korn nach der Zbindenmühle bei Alterswil. Am Wagen zogen zwei feurige Pferde, ohne dass der Fuhrmann es nötig hatte, von der Peitsche Gebrauch zu machen. Als der Wagen sich dem Bildstock im Walde näherte, richteten die Tiere ihre Ohren senkrecht aufwärts (spitzten sie ihre Ohren). Unruhig bebten die Nüstern. Plötzlich hielten die Pferde an und taten keinen Schritt mehr weiter. Eine unsichtbare Macht hielt Tiere und Wagen fest gebannt am Platze. Die Pferde zitterten vor Angst. Der Fuhrmann wartete einige Augenblicke. Dann griff er zur Geisel und wollte seine Rosse zum Weiterziehen antreiben. Aber alles Peitschen und alle anfeuernden Worte blieben erfolglos. Da half kein Hott und kein Hüh! Der Fuhrmann erkannte, dass hier eine geheimnisvolle Macht im Spiele war. Aber er liess sich durchaus nicht einschüchtern. Er überlegte einige Augenblicke, was er wohl für ein Mittel anwenden solle. Mit den drei heiligsten Namen wollte er es probieren: «In Gottes dreimal heiligem Namen bin ich gekommen, in Gottes Namen will ich weiterziehen!» rief er betend aus. Und siehe! der Bann war gebrochen. Alsbald erlangten die Zugpferde wieder ihre Bewegungsfreiheit. Der Zauber wich, und die Räder setzten sich wieder in Lauf. Ungehindert konnte der Bauer das Ziel seiner Fahrt erreichen. Ohne weiteren Zwischenfall kam er in der Mühle an.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das gebannte Gemschi

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Um die Wende des vorigen Jahrhunderts lebte in Brienz der Bauersmann Melchior Flück, genannt Schöpfer Menk. Von ihm wusste man, dass er die Kunst des Bannens verstand. Bei gelegener Zeit sass Menk mit andern Älplern zusammen in der Husstatt auf dem Pranntshubel. Da sprang ein Gemschi von der Ausweid her gegen den Mühlebachgraben zu, stutzte ein Augenblicklein oben auf dem Bort, als es der Männer ansichtig wurde, kam dann aber ganz gemächlich über den Schwibbogen herüber bis auf etwa zwanzig Schritte an die Dasitzenden heran. Sagte Menk zu dem neben ihm sitzenden Eggler Kobi, er solle jetzt einmal probieren das Gemschi zu streicheln, er glaube, es halte ihm still; aber er dürfe ihm nichts zuleide tun. Da ging Kobi auf das Gemschi zu; als er die Hand ausstreckte, hielt es richtig ruhig und liess sich streicheln wie eine laube Hasligeiss. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Gebetbuch

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Eine hübsche Jungfrau, die Waise war und in ihrem Häuschen allein wohnte, wurde von solchen Hengertknaben umso öfter besucht, da sie für eine gute Partie galt. Dem Ruf des allein wohnenden Mädchens schadeten diese Besuche nicht, weil man seine Sittsamkeit kannte, und die Abendhengerte eben ein altes Herkommen waren. Aber besonders lästig wurden sie dem Mädchen wegen der Eifersucht der Jünglinge, die einander argwöhnisch bewachten. Eines Abends kamen sie zu zwei Parteien. Die erstern stellten sich etwas eingeschüchtert hinter den Ofen, die letztern stellten sich trotzig den Wänden entlang auf, die erstern mit Stichelreden plagend. Man sah, es war auf einen Entscheid abgesehen, der vielleicht blutig ausfallen sollte. Das schutzlose Mädchen wagte es nicht, mit einem von der Partei zu reden, aus Furcht, die andern nur noch eifersüchtiger zu machen. Es nahm sein Gebetbuch und las, als ob es allein wäre, mit klarer, schöner Stimme ein Gebet nach dem andern. Die Streitenden hielten sich stille und einer nach dem andern entfernte sich leise. Aus: U. Brunold-Bigler, Die Sagensammlung der Nina Camenisch, Disentis 1987, mit freundlicher Genehmigung der Autorin. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das gebrochene Gelübde

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1. Zwei Burschen von Bürglen wollten eines Abends miteinander z'Stubäda gah. In der Nähe der Wiese »Graben« hinter Trudelingen hat es aber beide irregeführt und zwar in ein furchtbares Tobel hinaus, wo sie sich weder zu raten noch zu helfen wussten. In ihrer Bedrängnis machten sie das Gelübde, ihr Leben lang ledig zu bleiben. Da teilte sich auf einmal das schwarze Gewölk am nächtlichen Himmel und der Mond beleuchtete die Gegend, in der sie sich erkannten, und den Pfad, auf dem sie den Ausgang fanden. Der eine der beiden hielt das Gelübde, der Bifang-Hansi aber brach es. Damals hatten die Leute im Holzerberg einen merkwürdig klugen Hund; der hat alles voraus kundgetan, was sich weit und breit ereignete, manchen Todesfall, manches Unglück zum Voraus angezeigt. Es geschah nun oft, dass dieses sonderbare Tier zum Hause hinauslief, durch den ganzen Holzerberg hinauf bis zur G'hirmi auf der »Höchi« und dort bellte und sich gebärdete, wie wenn es einen Menschen in die Beine beissen würde. Besonders geschah dies abends beim Mondschein und wiederholte sich öfters bis zu jenem Tage, an dem Hansi mit seinem Tryni heiratete. Am Abend des Hochzeitstages kam das neugetraute Paar durch den Holzerberg herauf, um droben im Bifang Wohnung und Heim zu beziehen. Aber beide waren ganz »g'mäntelet« (niedergeschlagen), und da oben bei der G'hirmi setzten sie sich nieder. Der Hund lief jetzt hinauf, bellte und wütete und hätte den Hansi in die Beine gebissen, wenn ihn die Besitzer nicht zurückgerufen hätten. Hansi enthüllte seiner jungen Frau mit traurigem Herzen das Geheimnis, das ihn drückte. »Tryni«, sagte er, »jetzt bist du ein armer übelfeiler Tropf; wir werden kein Glück haben«. Tryni suchte ihn zu trösten. Aber trotzdem es seinen Hansi gut pflegte, hintersinnte sich dieser, wurde schwermütig und starb nach wenigen Jahren. Katharina und Barbara Müller, Bürglen, 70 J. alt. 2. Nach anderer Erzählart hatten die beiden das Versprechen einer armen Seele abgelegt, um sie zu erlösen. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Geezigerli

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Oberfelders auf den Schattdorferbergen waren gerade am Anknen, als das Geezigerli1 von Attinghausen, ein kleines, wunderliches, armes altes Meitli eintrat und etwas frische Nidel heischte. »Grad jetz hem-mer-si i Ankächibel 'tah,« entschuldigt sich das fromme Zischgi, »und üsänä' tiäm-mer-si etz doch nimmä gärä. Wart dü, wem-mer de g'anknet hennt, channsch de Schlegmilch ha bis gnüeg!« »I verchumä scho nu Nyddlä,« murrt das Meitli, setzt sich und fängt an, Gebete zu murmeln. Gebete? ja heitere Gebete! Auf einmal kracht's im rollenden Butterfass, der Deckel springt auf, und die schöne, weisse Sahne fliegt auf die schwarze Stubendiele hinaus. Da konnte es jetzt kühlende Nidel schlecken bis genug. Hierauf setzte es seine Wanderung fort; bei Gamma's i dä Siässbärgä bettelte und erhielt es Butter. Als es ein drittes Haus in der Nachbarschaft betrat, reckte es seine Nase in die muffige Stubenluft und sprach: »Ich schmeckä Christäblüet; da stirbt bald epper.« Die Leute, namentlich Karolina, die Hausfrau, bekamen Angst. Trotz dem Zureden freundlicher Nachbarn, es sei dem dummen Ausspruch doch keine Bedeutung beizumessen, »hatte ihm Karolina doch den Glauben,« und sie starb wirklich nach einigen Monaten. »Mä müess halt seeligä Sachä nur nitt der Gläubä ha!« meint die 80jährige Erzählerin, die obgenannte Personen alle gekannt hat. Fr. Gamma-Gamma, Schattdorf Fußnoten 1 So genannt vom Heimwesen Geezig. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Gefährt mit den vier Schimmeln

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Etwa eine Viertelstunde von Rohrbach bei Huttwil im Kanton Bern ist noch die Ruine von einer ehemaligen Burg, die alte Burg genannt, welche von Zwingherren bewohnt war, die durch Gewalt und List sich grosse Reichtümer erworben hatten. Man sagt, diese Zwingherren hätten bei jener Burg viel Geld in die Erde getan, und wenn jemand vier Schimmel, die alle von der gleichen Mutter abstammen, an einen Wagen spanne und dorthin fahre, etwa um zwölf Uhr nachts, so erhalte er jenes Geld, aber er müsse dabei kein Wort reden. Nun geschah es, dass jemand vier Schimmel von der gleichen Mutter erhielt; mit diesen unternahm er das Wagestück und wollte schon mit dem Wagen voll Geld wegfahren, er ergriff die Geissel, schwang sie über die Pferde und rief: "Hü in Gottes Namen!" Da fuhr das ganze Fahrzeug samt den Pferden zurück in den Berg hinein, ohne dass man nachher eine Spur davon gefunden hätte. Quelle: Theodor Vernaleken, Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch


by Das gefangene Fänggenmannli

Source: Das gefangene Fänggenmannli

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Ein Mann in Parpan fing mittelst der Schlinge eines Heuseiles ein Fänggenmannli. Das machte nun die possirlichsten Sprünge und verzweifeltesten Versuche zur Flucht; doch Alles half nichts, es konnte sich nicht befreien. Da sagte es zu seinem Peiniger, der Tamerlan hieß, halb zornig, halb wehmüthig: „Tamerlan, Hättest du schröpfen und z’Ader glan, Wie an andra Man, So hättest du mi nid gfan.“   Quelle: Jecklin, Dietrich: Volksthümliches aus Graubünden, Teil 1, Zürich 1874 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das gefangene wilde Männlein

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Wenn auch öfters die wilden Männlein längere Zeit mit andern Menschen in Berührung traten, so hielten sie sich dennoch stets in einiger Entfernung von ihnen und sahen zu, dass sie rückenfrei blieben, um allenfalls davonfliehen zu können, und nur selten gelang es, eines solchen Männleins habhaft zu werden, weil sie äusserst schnell waren und für ihre Grösse auch sehr stark, so dass es schwer hielt, sie zu halten. Doch gelang es einmal einem starken Manne in Parpan, ein wildes Männlein zu fangen. Er band es an ein Heuseil und das wilde Männlein musste ihm folgen. Es machte zwar die possierlichsten Sprünge und die verzweifeltsten Versuche zur Flucht; doch es half alles nichts, es konnte sich nicht befreien. Der Mann hielt es einige Tage gefangen, bis dann das wilde Männlein versprach, ihm, wenn er ihm die Freiheit wieder schenke, einen Rat zu geben, der ihm sehr zu statten kommen werde und wohl auch das Leben retten könne; doch bestand es darauf, er müsse es zuvor in Freiheit setzen. Der Mann ging den Handel ein und als das wilde Männlein frei war, rief es ihm zu: „Wenn du Fleisch issest, so tue's der Länge nach zerschniden und nit der Breite, sus könntest dran ersticken", und eilte davon so schnell wie die schnellste Gemse. So zog sich der Schalk aus der Schlinge. Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das gefangene wilde Männlein von Conters

Source: Das gefangene wilde Männlein von Conters

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In Conters hütete ein wildes Männlein die Geissen. In das Dorf kam es nie, sondern nur bis zu einem Stall oberhalb des Dorfes, bis wohin man ihm die Geissen austrieb. Es nahm öfters Geschenke an und auch Kleidung, ohne deshalb sich zu entfernen. Die Schuhe trug es lange an den Händen, die Hosen an den Armen.   Die Knaben von Conters hätten es gerne gefangen, um allerlei von ihm zu erfahren, aber es war ihnen zu schnell und sie konnten es nicht bekommen. Da füllten sie zwei Brunnentröge, die bei jenem Stalle standen, den einen mit rotem Wein, den andern mit Branntwein. Als der wilde Geissler nun abends zum Stalle kam, war er durstig und wollte trinken. Die Knaben hatten sich im Stalle versteckt und sahen ihm zu. Den Wein rührte er nicht an und sagte: „Röthi Nöthi, du bschiss'st mi nit." Hingegen vom Branntwein, der die Farbe des Wassers hatte, trank er und da fiel er dann berauscht um und schlief ein. Nun kamen die Knaben aus ihrem Versteck hervor, banden ihn und brachten ihn gefangen ins Dorf. Sie drangen dann stets in ihn, er solle ihnen dieses oder jenes Geheimnis mitteilen. Da versprach er ihnen einen guten Rat zu geben, wenn sie ihn zuvor in Freiheit setzten. Sie taten es und er rief ihnen zu: „Bim hübschen Wetter nemmet die Tschöpen mit ni und bim leiden haid er d' Wahl." Dann entfloh der Schalk und kam nicht wieder. Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Gefecht beim Sennhaus

Source: Das Gefecht beim Sennhaus

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Das Gefecht beim Sennhaus Eine Anzahl Tirolerschützen der österreichischen Armee verfolgte eine kleine Abteilung Franzosen, welche von der „Gisenrüti“ über den „Chotten" nach dem „Sennhaus“ flüchteten und über den Sennhausrain zu entfliehen suchten. Beim „Sennhaus“ versteckten sich die Franzosen hinter leeren, zum Verschwelten im Freien stehende Fässer und versuchten, durch Schiessen die Tiroler von sich fern zu halten. Diese erwiderten jedoch das Feuer und trafen‚ als ausgezeichnete Schützen bekannt, alle Flüchtenden, so dass keiner mehr am Leben blieb. Die erschossenen Franzosen sollen in der Nähe des Gehöftes begraben liegen. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Schriftliche Mitteilung von Peter Ziegler, Wädenswil, der die Sage von Landwirt Albert Haab im Steinacher, gest. 1955, erzählen hörte.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das gefundene Geld

Source: Das gefundene Geld

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Ich kan nicht vorbeygehen lassen den Spaß, welcher sich ohngefohr umb daß Jahr A°. 1698 mit einem armen Mann Nahmens Graff zugetragen hat in dem Bohl. Da er ohngefohr ein Hutten mit Baw [= Mist] hintragen wollen, da sicht er zimmlich Gelt ligen. Der geschwind mit seinem schurtzfel zu weg und will das Gelt hinein streiffen. Da sicht er ein Hasen an einem Zweigstok fressen. Da rufft er dem Hasen, indeme aber weil er dem Hasen rufft, komt das gelt under ihm hinweg und bleiben ihme 2 stüklin an dem Knie hangen .... [Daraufhin] solle der Man böse Knie bekommen haben und nimmer davon gesund worden sein. (Chronik des Landschreibers Hans Ludwig Schmid (Manuskript von zirka 1725 im Gemeindearchiv Neunkirch), S. 273)     Aus: R. Frauenfelder, Sagen und Legenden aus dem Kanton Schaffhausen, Schaffhausen 1933. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Geheimnis des Venedigers

Source: Das Geheimnis des Venedigers

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Auf eine Alp im Glarnerland kam regelmässig ein altes, stilles Männchen. Es suchte Steine zusammen, um sie in einem Sacke fortzutragen. Die Sennen wussten, dass es ein Venediger war, und dass diese Käuze ihre Fundstücke nicht zum Pflästern brauchen. Als er daher eines Abends wieder mit den Älplern ums Feuer sass, baten sie ihn, er möchte ihnen doch sagen, wie man die Erze finde. Der Alte wollte zuerst nicht recht mit der Sprache ausrücken. Erst als ihm die Sennen versprochen hatten, ihn kostenlos zu verpflegen, solange er hier oben sei, gab er ihnen ein Zeichen, näher heran zu sitzen. Über solche Dinge dürfe man nicht laut reden. «Und bei Leib und Seele nichts ausplaudern!» mahnte das Männlein. Die Glarner gelobten es hoch und heilig, streckten die Hälse und spitzen die Ohren, als der Venediger begann: «Es ist nicht jedermanns Sache, die Erze im Gebirge aufzusuchen. Es braucht dazu eigene Leute, die wissen, dass es viererlei Geister gibt. Einer herrscht über den Himmel, ein anderer über die Hölle, der dritte über die Erde und die Natur und der letzte über die Menschen. Der Geist über die Erde deckt alle Schönheiten der Natur und namentlich die Erze auf. Der Geist über die Menschen aber weiss, dass die Leute nur lasterhaft werden, wenn sie zu viele Erze bekommen. Darum verdeckt er sie, so dass sie für die Menschen unsichtbar sind. Nur wenige können die Verblendung dieses Geistes entdecken, und der Geist der Natur muss es ihnen selbst zeigen.» Mehr verriet der schlaue Venediger nicht, und die guten Älpler wussten so ziemlich gleich viel wie zuvor.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Das geheimnisvolle Buch

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Ein Klosterser hatte ein geheimnisvolles Buch, mit Hülfe dessen er der schwarzen Kunst teilhaftig wurde. - Als er einmal in der Kirche war, gerieten Buben über dieses Buch und lasen die Zauberformeln. Im Nu flogen eine Schaar Raben und Elstern um das Haus herum und krächzten fürchterlich. Zu gleicher Zeit wurde es dem Manne während der Predigt ganz unheimlich zu Mute, und, Unheil ahnend, eilte er aus der Kirche weg, heim. - Er kam noch zu rechter Zeit, grosses Unglück zu verhüten, jagte die bösen Buben fort, las die verhängnisvolle Stelle im Buche, so weit die Buben sie gelesen, wieder rückwärts, und das unheilbringende Geflügel suchte das Weite. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das geheimnisvolle Burgfräulein

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Wer sich in alten Zeiten von Muttenz nach Pratteln begeben wollte, musste auf halber Strecke das Chäschteli, ein kleines Wäldchen, durchqueren. In dessen Nähe hauste ein Burgfräulein. Jeden Tag spazierte es zur Zeit der Dämmerung, von einem schwarzen Hund begleitet, am Chäschteli vorüber. In der einen Hand hielt es einen goldenen Stab. Wenn ein Gespann auf dem Feldweg vorüberfuhr, hob es ihn und machte geheimnisvolle Handbewegungen. Die Pferde blieben dann entweder bockstill stehen und waren kaum mehr von der Stelle zu bewegen, oder dann sprengten sie in wildem Galopp davon. Aus diesem Grunde wurde dieser Feldweg immer seltener begangen. Ruinen Madlen und Schauenburg Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Geisterbett am steinernen Tisch im Gönhard

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In dem einen Eckhause der Kronengasse zu Aarau starb vor mehr als einem halben Jahrhundert ein verrufener Wucherer. Der Volksglaube ließ den Verhassten bald umgehen, denn seine hinterlassenen Papiere gaben genügsamen Beweis, dass er Wittwen und Waisen bis ans Ende geprellt hatte. Man wollte ihn vom obersten Stockwerke ins unterste am Glockendraht herabfahren gesehen haben. Die Landleute, die sich sonntags in der Stadt sammeln, konnten stundenlange vor jenem Hause stehen und es mit heimlichem Grauen anstarren. Da die Erben keinen Käufer finden konnten, ließen sie einen Kapuziner von Olten kommen, um das Gespenst hinweg zu segnen. Es gelang ihm, den Geist in die Stadtwaldung zu bannen, die Gönhard heißt. Daselbst steht ein steinerner Tisch, von dessen Herkunft man allerlei erzählt. Die Einen behaupten, es habe ihn die helvetische Regierung setzen lassen, so lange sie in Aarau residirte, um dort im Freien manchmal ein Abendessen abzuhalten; wogegen die ältere Volksmeinung in ihm den Versammlungsort der Hexen, Besenreiterinnen und Teufelsschwestern sieht, die hier um Mitternacht zechen und tanzen. Dahin bannte der Kapuziner den Geist des Wucherers. Bald aber sah ihn ein Holzhauer dort am Tische in Geld wühlen und dazu jammern, dass sich einem das Herz hätte umkehren mögen. Nun waren die Verwandten neuerdings in der Leute Gerede. Da wurde auf des Kapuziners Rat eine Matratze nachts hinausgetragen und ins Waldgebüsche gelegt, damit der Geist ruhiger werde. Nicht lange, so kam ein armes Bäuerlein von Suhr dieses Weges, sah zufällig die Matratze und lud sie vergnügt auf; aber sie wurde ihm um so schwerer, je weiter er sie trug, von einem innern Gefühle getrieben, schleppte er sie bald wieder auf die alte Stelle zurück und machte sich davon. Indessen hatte das unbewohnte Haus in der Stadt ein fremder Goldschmied um einen Spottpreis gekauft, und soll bei Umgrabung des Kellers eine bedeutende Geldsumme gefunden haben. Von der Zeit an sei es im Hause völlig ruhig gewesen. Die Verwandten sollen zwar des angeblichen Fundes im Keller wegen noch nachträgliche Forderungen an den neuen Besitzer gestellt haben; man legt diesem aber die Antwort in den Mund: Er habe die Hölle samt dem Teufel gekauft. Ziemlich Ähnliches erzählt man sich von einem Hause in Zofingen, welches sonst das Seelmatterssche geheißen wurde. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das geisterhafte Schifflein

Source: Das geisterhafte Schifflein

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Auf einsamer Matte am Abhange des Bürgenbergs (Bürgenstock) am Waldstättersee wohnten in stiller Hütte zwei Seelen, Vater und Tochter. Weder Sturm noch Wogen vermochten das edle Mädchen abzuschrecken, für den todkranken Vater nach Luzern zum Arzt zu gehen. Das konnte aber nur zu Schiffe geschehen. Schon oft hatte sie der Gefahr getrotzt, sie wagte diesmal wieder mutig die Fahrt, leider um nicht wiederzukehren. Sie erlag einem Sturme. Seitdem will man auf dem See bisweilen ein geisterhaftes Schifflein, in welchem ein Mädchen im weissen Gewande die Ruder führte, gesehen haben. Wenn aber das Geisterschifflein einem Fahrzeuge nahe kam, da erfasste die Menschen furchtbare Angst, denn es war ihnen eine Vorbedeutung des Unglückes. Seit die Franzosen im Lande waren, ist das warnende Zeichen verschwunden.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Das Geisterhaus auf der Riederalpe

Source: Das Geisterhaus auf der Riederalpe

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Auf der Riederalpe findet sich bei der Kapelle ein altes dreistöckiges Haus, dessen unterste Wohnung früher sehr unheimlich war. Niemand getraute sich darin zu wohnen. Ein Nachbar hörte da einmal die ganze Nacht hindurch Knistern und Poltern, als würden viele alte Schriften und Pergamente aufgerollt, gelesen und umher geschmissen. Ein gewisser Joseph Kummer von Ried-Mörel zog sich in diesem Hause den lahmen Tag zu. Er sah einmal am hellen Tage im offenen Vorhause einen grossen Raubvogel herumflattern. Er meinte, es sei ein natürlicher Vogel und schickte sich an, ihn einzufangen. Aber der Vogel flog neben ihm weg und stach ihn zu gleicher Zeit derart ins Knie, dass er lahm wurde für sein Leben lang. Recht übel erging es in diesem Hause dem damaligen Rektor von Ried-Mörel, Herrn Mooser. Als nachmaliger Kaplan von Zermatt erzählte er selbst, er habe am 17. August 1842 einen Ausflug nach der schönen Riederalpe gemacht und sei vom Herrn Kaplan Venetz eingeladen worden, bei ihm zu übernachten, weil der Tag kurz wurde. Dieser machte ihm, weil sonst kein Platz war, ein Bett in der Bozenstube zurecht. Er selbst bewohnte im gleichen Hause den obersten Stock. Nach einem Spaziergange und dem sehr beliebten Troggenspiel führte er den Gast gegen elf Uhr in der Nacht in die Wohnung hinab. Mooser wusste nichts vom Bozen und war mit der angewiesenen Herberge wohl zufrieden. Um zur Stube zu gelangen, passierte man das Vorderhaus und die Küche, wo allerhand Hausgerümpel ohne Ordnung herumlag. In der Wohnung selbst fand er leere Wände und Bänke und zwei alte Bettstellen, von denen die eine leer, die andere für ihn zurechtgelegt war. Vor dieser lag ein Kasten, der als grosse Staffel zum hohen Bette benutzt wurde. Nichts Schlimmes ahnend, wollte er müde und schläfrig eben sorgenfrei einschlafen, als er durch ein Geräusch in der Küche aufgeschreckt wurde. Er meinte, man habe die Haustür nicht gut verschlossen und eine verlaufene Ziege suche da ihr Unterkommen; doch bald hörte er mit kräftigem Ruck die Stubentüre öffnen und regelmässig in drei verschieden tönenden Schlägen herumklopfen. Noch immer glaubte er, etwas Natürliches zu hören und wollte weder an Bozen glauben noch sich vor ihnen fürchten. Er versuchte darum wieder einzuschlafen Da wurde sein Haupt samt Kissen sanft in die Höhe gehoben, und es klopfte wieder in drei verschiedenartigen Schlägen. Noch immer glaubte er, ein Spiel der Phantasie vor sich zu haben, und wollte nochmals einschlafen. Er wurde samt dem Kissen ein zweites Mal und noch höher gehoben, und wieder klopfte es in drei verschiedenartigen Tönen. Es dauerte aber nicht lange, da wurde er zum dritten Male mit dem Kissen in die Höhe gehoben; diesmal aber mit solcher Kraft, dass sein Oberleib fast senkrecht sich aufrichtete und mit Krachen ins Bett zurückfiel. Das war denn doch zu viel. Der so geschreckte Herr richtete sich im Bette auf, sah mit weit geöffneten Augen in der finstern Stube nach dem Gespenst und fing zu beten an. Inzwischen klopfte es immer wieder, aber sanfter. Der gute Herr war vollkommen ratlos, entschloss sich aber zum Ausharren, weil er sich der Flucht schämte. Drum legte er sich wieder nieder, aber diesmal das Gesicht gegen die Wand gekehrt. Da ertönte ein gewaltiger Satz auf den Bettkasten und er fühlte das Gespenst, das ihn zu erdrücken drohte, neben sich im Bette. Es schien ihm, ein feuriges Ungeheuer zersteche ihm mit glühenden Borsten den Rücken bis ins innerste Mark. Dann packte es ihn so heftig beim Genicke, dass er vor Schmerzen laut aufgeschrien hätte, wenn er hätte zu Atem kommen können. Er glaubte zu sterben und empfahl sich in Gedanken Gott und der Muttergottes. Und siehe! Im Nu war das Gespenst verschwunden und er war wieder frei. Mit einem einzigen Satze sprang er nun aus dem Bette, raffte die Kleider zusammen, nahm die Schuhe zur Hand und eilte ins Freie. Es mag gegen zwölf Uhr gewesen sein. Die übrige Nacht brachte er in einem Ziegenstalle zu. Am Morgen fand er in seinem Genicke fünf blaue Flecken als deutliche Male einer groben, fünffingrigen Hand. Sooft er dieses Abenteuer später erzählte, fuhr ein Jucken durch sein Genick, und er beteuerte: «Seht, es packt mich schon wieder!» RIEDERALPE Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch  


by Das Geisterhaus in der Mörjeralpe

Source: Das Geisterhaus in der Mörjeralpe

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Auf der Rieder- oder Mörjeralpe, welche die Touristen auf der Fahrt zwischen Eggishorn und der Belalp passieren, findet sich der der Kapelle ein altes dreistöckiges Haus, dessen unterste Wohnung sehr unheimlich ist. Niemand getraut sich darin zu wohnen. Ein Nachbar hörte darin einmal die ganze Nacht hindurch "nisten und gummern", als wenn viele alte Schriften und Pergamente aufgerollt, gelesen und umhergeschmissen würden. — Ein gewisser Jost aus Mörel und ein Joseph Kummer aus Ried zogen sich in diesem Hause ihren "lahmen Tag" zu. Der Letztere sah einmal am hellen Tage im offenen Vorhause einen grossen Raubvogel herumflattern. Glaubend, es sei ein natürlicher, schickte er sich an, denselben aufzufangen. Aber der Vogel flog über ihn weg und stach ihn zu gleicher Zeit so ins Knie, dass er lahm wurde für sein Leben lang. Recht übel wurde in diesem Hause auch behandelt der Hr. Kaplan Mooser, damals Rektor in Ried. Dieser erzählte mir selbst, er habe am 17. August 1842 nach der schönen Mörjeralpe einen Ausflug gemacht und sei vom Hrn. Kaplan Benetz, weil der Tag zu kurz wurde, eingeladen worden, bei ihm zu übernachten. Dieser machte ihm, weil sonst kein Platz war, ein Bett in der Bozenstube zurecht — er selbst bewohnte im gleichen Hause den obersten Stock — und führte ihn, nach Spazierengehen, Nachtessen und sehr geliebtem Troggenspiel, gegen elf Uhr in der Pacht in dieselbe hinab. Hr. Mooser wusste nichts vom Bozenspuke und war mit der angewiesenen Herberge wohl zufrieden. Um zur Stube zu gelangen, passierte man das Vorhaus und die Küche, wo allerhand Hausgerümpel ohne Ordnung herumlag. In der Wohnung selbst fand er leere Wände und Bänke und zwei alte Bettstätte, von denen die eine leer, die andere aber für ihn zurecht gelegt war. Vor dieser lag ein grosser Kasten, der als grosser Staffel zum hohen Bette benutzt wurde. Nichts Schlimmes ahnend, wollte er müde und schläfrig eben sorgenfrei einschlafen, als er durch ein Geräusch in der Küche aufgeweckt wurde. Er meinte, man habe die Haustüre nicht wohl verschlossen und eine verlaufene Alpenziege suche da ein Unterkommen; doch bald hörte er mit kräftigem Rucke die Stubentüre öffnen, eintreten und regelmässig in drei verschiedentönigen Schlägen herumklopfen. Noch immer glaubte er etwas Natürliches zu hören und wollte als Priester weder an Bozen glauben, noch sich vor denselben fürchten. Er schickte sich darum an, wieder einzuschlafen. Da wurde sein Haupt samt dem Kissen sanft in die Höhe gehoben und es klopfte fort. Noch immer glaubte er, ein Spiel der Phantasie vor sich zu haben und wollte nochmals einschlafen. Und er wurde samt dem Kissen ein zweites Mal und noch höher gehoben und es klopfte wieder. Es währte aber nicht lange, da wurde er zum dritten Male mit dem Kissen in die Höhe gehoben und diesmal mit solcher Kraft, dass sein Oberleib fast senkrecht sich aufrichtete und mit Krachen ins Bett zurückfiel. — Das war dann doch zu viel. Der so geschreckte Herr richtete sich nun im Bette auf, sah mit weit geöffneten Augen in der finstern Stube nach dem Gespenste um und fing an zu beten. Und es klopfte fort, aber sanfter. Der gute Herr war vollkommen ratlos, was er nun anfangen wolle, entschloss sich jedoch zum Ausharren, weil er sich der Flucht schämte. Darum legte er sich wieder nieder, aber diesmal das Gesicht zur Wand gekehrt. Da hörte er einen gewaltigen Satz auf den Bettkasten und fühlte das Gespenst neben sich im Bette, das ihn zu erdrücken drohte. Es schien ihm, ein feuriges Schwein zersteche mit seinen glühenden Borsten ihm den Rücken bis ins innerste Mark. Dann packte es ihn so heftig am Genick, dass er vor Schmerzen laut aufgeschrien hätte, wenn er zu Atem hätte kommen können. Er glaubte zu sterben und empfahl sich in Gedanken Gott und der Mutter Gottes an. — Und sieh! im Nu ist das Gespenst fort und er wieder frei. Mit einem einzigen Satz sprang er nun, laut aufschreiend, aus dem Bette, haschte die Kleider zusammen, nahm die Schuhe zur Hand und suchte das Freie. — Es mag gegen zwölf Uhr gewesen sein. — Die übrige Nacht brachte er in einem warmen Ziegenstalle zu und fand am Morgen auf seinem Genicke fünf blaue Flecken als deutliche Male einer groben fünffingrigen Hand. — Wer die Geschichte nicht glauben will, der frage den so schwer Geprüften selbst; er lebt noch. — Möge er noch lange leben!   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Geisterpferd

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Am Entenweiher beim Birsig in Oberwil sah man oft ein schönes Pferd. Bald war es zahm und zutraulich, bald aber wild und menschenscheu. Als einmal ein Bauer von Therwil her dort vorbeikam, legte sich das Pferd hin und der Bauer setzte sich darauf. Es eilte mit ihm davon und warf ihn in einem Sumpf in der Nähe ab. Der Bauer spürte eine seltene Müdigkeit und wandte sich langsam Benken zu. Im Walde traf er das Pferd wieder. Es lachte ihm von weitem zu, kam näher, legte sich nieder und liess ihn wieder aufsteigen. In sanftem Trab trug es ihn vor sein Haus und machte sich dann davon. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Das Geisterschiff am Rheinfall

Source: Das Geisterschiff am Rheinfall

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Das Geisterschiff am Rheinfall Einst ist oberhalb des Rheinfalles bei der Überfahrt über den Fluss ein blutjunger Schiffer im Kahne eingeschlafen. Den Schlafenden in seinem Kahne hat dann der Zug des Stromes mit Gottes sichtbarer Hilfe unversehrt über den grausen Felsensteig hinabgetragen. Statt Gott demütig für solch wunderbare Rettung zu danken, ist der junge Bursche durch das überstandene Abenteuer vielmehr übermütig geworden. In der Schenke, in der er auf die überstandene Gefahr hin den edlen Landwein sich gut schmecken liess, anerbot er sich verwegen, um hundert Gulden noch einmal die schreckliche Fahrt zu wagen. Ein unheimlicher, fremder Gast, der hinterm Tische sass, ging die Wette ein, und der freche Jüngling machte wirklich die Gott versuchende Fahrt. Aber Schiffer und Kahn wurden von den schäumenden Wogen am Fusse des Rheinfalls spurlos verschlungen. In der gleichen Nacht aber, in der dies geschehen, will man viele Jahre ein Geisterschiff gesehen haben, wie dasselbe blitzschnell wie ein Pfeil mit dem gespenstischen Schiffer den Rheinfall hinabschoss und unten in dem Strudel verschwand. Nach der Meinung der einen muss er die Schrecken dieser grausigen Fahrt endlos durchleiden, nach der andern hat man das Geisterschiff am Rheinfall nicht mehr gesehen, seit die neue Eisenbahnbrücke den schwarzen Dampfwagenzug donnernd über den Rhein hinüberführt- Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Winterthur und Weinland Wörtlich aus Frauenfelder, Sagen und Legenden aus dem Kanton Schaffhausen, S. 24; das Motiv von der ewigen Geisterfahrt aus Kohlrusch, S. 342, und Büchli 2, S. 91; Herzog II, Nr. 202. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Geistertragen

Source: Das Geistertragen

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In Brigerberg ob den Bleikinu, wa di alti Strass uber du Simpelberg g'angun ist, soll vor alte Zitu oich a grosse Schatz gsi sy, über denu as vornehms Fräuli g'wachot hei, oder dabi so lang hei wartu miessu, bis eine chome der no reine Jüngling und in-ner Temperwuchu giboru si — scha ufum Rüg bis za nam g'wissu Ziel, trägu möge. We das so eine im Stand ist z'tuo, der würdi scha, nämlich die Wächteri, erlösu, oich du ganzu Schatz bercho und bis an nu nintu Grad glücklich si. Wen aber so eine scha nit zum bestimmtu Ziel trägu möchti, wil schi immer schwerer und schwerer chome, ja zuletzt so schwer, dass der Träger bevor er zum bestimmtu Platz chomme, meine, es ligge an ganze Berg uf ihm; wen er de, bivor er zum Ziel wäri, scha fallu liessi, so würde schi ihnu verwünschu, dass er bis zum nintu Grad nimme glücklich sy chönti. So soll oich amal us Bigird vam Geld, dem di übrigu Bidingnisse nit g'fehlt hätti, eine es versucht hä, scha bis zum Ziel z'trägu, und um du grossu Schatz z'gwinnu und glücklich z'werdu. Bivor er scha hät uf du Rügg g'nu, hei die Geisterjungfräu mit ufg'hobene Händu und mit Tränu inne Aeugu scharpf gibittot, wenn er scha de fallu liessi, doch ja es nit wagu selle, scha dahin z'trägu, sust mache er beidi unglücklich. Leider aber hät er di Prob nit b'stannu — schi ist mu so schwer cho, as wen a ganze Berg uf ihm lägi — und scha, bivor er zum Ziel chon ist, la fallu miessu; da hei die Geisterjungfrau ang'fangu grinu, dass Berg und Tal davon ertönt hei und wirklich, sy deschi Familie bis zum nintu Grad unglückliche g'si. — Endlich aber doch sy eine cho, in der Absicht, scha zuo erlösu, aber nit us Giz und Wuocher, us Bigird zum Geld, sondern um Guotes zuo tuo und du Schatz meist unter di Armu zuo verteilu. Glücklich hei der die Geisterbrut bis zum Ziel gitreit. Da si schi plötzlich, in am schneewissu Chleid, schön und lieblich, wie an Engel, vor ihm stannu, ihnu mit de schönstu Dank- und Lobsprüchu überhäuft, und ihm prophizijot, dass er und schini Nachkommun bis zum nintu Grad werde glücklich sy. Darnach sy schi, wie a schneewissi Tuba vor schine Aeugu zum Himmel ufg'fahru.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Geisterzimmer

Source: Das Geisterzimmer

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Im Pfarrhus Oltige uf der Syte gegem Chilhof zue isch's Geischterzimmer. Der «Chapuziner» geht dort um. Wenn ein Gast im Zimmer schläft, so nimmt ihm der arme, nackte Geist, der immer frieren muss, die Bettdecke weg und zwar immer nachts um 12 Uhr. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Das geizige Weib

Source: Das geizige Weib

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Ein vermöglicher Bauer hatte den frommen Gebrauch, wenn er Brot backte, jedes Mal eine gute Portion den Armen zu geben. Dies wurde oft der Zankapfel zwischen ihm und seinem geizigen Weibe. Da starb das Weib, welches wandern musste, und die Bewohner ihres Hauses durch Herumpoltern oft hart beunruhigte. Der Mann der Verstorbenen bat einen Kapuziner, er möchte den Poltergeist beschwören, damit sie Ruhe bekämen. Als der Pater seine Beschwörungen gemacht hatte, antwortete der Geist: «Ich bin die verstorbene Frau dieses Hauses und muss wegen den verweigerten Almosen, das ich lieber den Schweinen als den Armen gegeben, herumwandernd abbüssen. Nur wenn ihr einen grossen Acker Weizen säen, und so viel dieser Weizen gibt, Hostien backen und so viele Messen lesen liesset, als ihr Hostien davon erhieltet, so könnte mir geholfen und ich erlöset werden.» Weil sie das nicht konnten, lärmte sie noch viel fürchterlicher bei Nacht im Hause herum als früher, so dass man gezwungen wurde, sie durch geistliche Gewalt in eine Nebenkammer zu verbannen. Ein tückischer und wunderwitziger Knecht vom Hause bohrte durch die Wand dieser Bozenkammer ein Loch, um zu sehen, was der Geist mache. Als er hineinguckte sah er eine schwarze Katze, welche mit feurigen Augen nach ihm sah und da war es ihm, als wenn jemand ihm ins Gesicht hauchte, worauf er ein Aug verlor, erkrankte und bald darauf starb.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Geldfass im Walensee

Source: Das Geldfass im Walensee

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Zur Zeit des sinkenden Mittelalters, als die Eidgenossen erstarkten und reich wurden, der kleine Adel dagegen verarmte, sassen die Ritter da und dort auf ihren Burgen, träumten dem verblassten Tournierzauber und den für immer verklungenen Minneliedern nach, sahen müde dem Zerfall ihrer verbrauchten Welt zu und konnten die grelle Morgenröte der neuen Zeit nicht ertragen. Zu diesen lebenden Überbleibseln einer grossen Vergangenheit gehörte auch Graf Georg, der letzte Schlossherr auf Sargans, der nach und nach seine ausgedehnten Besitzungen in Bünden verkaufen musste, und der schliesslich gar seine stolze Burg am Gonzen feil wurde. Bald wusste man zu Stadt und Land, auf dem wievielten Loche der Sarganser pfiff, so dass fast in jedem Mondviertel ein Bürgermeister oder Landammann den Burgweg hinaufritt, um dem Grafen mit wenig Geld und viel guten Worten seine letzte Herrschaft abzumarkten. Damals - es soll am Silvester 1482 gewesen sein - erschien in Weesen eine fremde vornehme Frau. Vier Knechte ruderten sie durch die Maag hinauf in den Walensee, und mitten im Schiff lag ein grosses Fass, dessen Dauben eine schwere Menge gut geprägten Geldes bargen. Mit diesem Gelde wollte sie dem Grafen Georg Schloss und Stadt Sargans abkaufen. Als die Knechte das Boot in den See hinausfuhren, gewahrten sie am Mürtschenstock und um die Churfirsten herum gewitterschwere Wolkenballen, aus denen bald auch Blitze niederschossen. Mit einem Male tanzten weisse Schaumkrönchen auf den Wellen einher, wurden grösser und grösser, packten das Schiff wie mit Krallen an und warfen es auf und ab, hin und her. Die Knechte erkannten die Gefahr. Sie wollten umkehren, um in Weesen günstigeres Wetter abzuwarten. Es sei Gott versucht, dem Sturme zu trotzen, sagten sie. Aber die Frau, die wohl noch am selben Tage Schlossherrin zu Sargans werden wollte, verlangte, dass weitergefahren werde, sei es dem Herrgott lieb oder leid. Ja, sie griff eigenhändig zum Steuer und jagte den Kahn mitten in die Wogenkämme. So kam’s wie’s kommen musste: Gleich einer riesigen Pratze schlug eine Grundwelle das Schiff in die Tiefe. Weder die fremde Frau, noch ihre Knechte wurden je wieder gesehen. Am zweiten Tag des neuen Jahres verkaufte der letzte Graf von Sargans seine Herrschaft den sieben alten Orten, welche alsbald ihre Standeswappen an das graue Burggemäuer malen liessen, was sie gewiss nicht hätten tun können, wenn die fremde Frau nicht mit ihrem Geldfass und ihrem Starrkopf untergegangen wäre! Der Schatz liegt heute noch in der schattigen Seetiefe vor den Felsen des Kerenzerbergs, und würde der Wasserspiegel nicht stets vom Winde getrübt, so sähe man das Fass gewiss. Ich wollte aber keinem raten, es heraufzuholen, denn es wird von unförmigen Seetieren bewacht, die nichts mehr herausgeben, was einmal in ihren Bereich geraten ist.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Das Gelöbnis der Hirten

Source: Das Gelöbnis der Hirten

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a) Im wildzerklüfteten Plasselbschlund liegt die Bergweide Spittelvorsatz. Altersgraue Bergtannen und breitästige Fichten umfrieden diesen Fleck Einsamkeit mit ihrer urwüchsigen Majestät. Auf der würzigen Trift weiden rot- und schwarzscheckige Kühe und Rinder. Mit Vorliebe führen die behäbigen Bauern des Oberlandes ihr Vieh auf diese AIp; denn sie wissen, da wächst saftiges Alpengras, das rundet die schweren Leiber der Milchkühe. Und wenn die Zeit der Talfahrt anhebt, am sogenannten «Schafscheid», kehrt das gesömmerte Vieh mit trommeIrunden Leibern und glattgestriegeltem Fell, bimmelnd und läutend in die heimatlichen Ställe zurück. Es gab aber eine Zeit, da traf das Gegenteil zu. Das war in jenen Jahren, als noch der Kienspan die Petrollampe vertrat und die Landleute in Zwilch und Leinen gekleidet, bei Milch, Käs und Schnitzen ein geruhsames, dafür umso gesünderes Leben führten. Da brach in einem Sommer auf den Bergen eine schlimme Viehseuche aus. Sie wütete am heftigsten im Spittelvorsatz, wo Peter Rätzo mit seiner Familie als Hirt fleissig seines Amtes waltete. Alle Sorgfalt und Pflege, welche der Hirte seinen gehörnten Untertanen erwies, konnte das gefürchtete Gespenst der Seuche nicht fernhalten. Eines Tages frass die beste und schönste Milchkuh nicht mehr; sie gehörte dem reichen Ratsherrn Fegely, der im Sensegebiet ein ausgedehntes Anwesen besass. Rätzo gab dem kranken Tier einen Heiltrank ein und hüllte es vorsorglich in warme Decken. Doch am nächsten Morgen fand er die prächtige Ratsherrenkuh steif und tot auf dem Stroh liegen. Dem treuen Rätzo lief das helle Augenwasser über die stoppeligen Backen, als er das Prachttier verendet fand. «Gerade diese Kuh musste das Unglück treffen!» jammerte er und raufte sich wehklagend die Haare. «Das beste und schönste Stück unserer Herde ist dahin!» Am anderen Morgen traf den armen Hirten ein neuer Schlag: seine brave Bless lag mit glasigen Augen leblos da. Auch die benachbarten Hirten im Rosel und auf Muschenegg hatten schwere Verluste zu beklagen. Doch über Spittelvorsatz schien das Seuchengespenst seinen ganzen Giftvorrat ausgespien zu haben. Ein ganzes Dutzend wertvoller Haustiere hatte die Seuche verschlungen, 12 traurige Lücken klafften vor der langen Futterkripfe. Da traten die Sennen in ihrer Not zusammen und machten folgendes Gelöbnis: «Wenn Gott auf die Fürbitte unseres hI. Patrons Silvester unsere Alpe, unser Vieh und unseren Stadel von der fürchterlichen Seuche befreit, machen wir dieses feierliche Versprechen: Jedes Jahr wollen wir am «SantivaschteIstag» (Silvestertag) früh beim ersten Hochamt einen fetten Emmentalerkäs von einem Zentner Gewicht und eine schwere «Hama» (Schinken) zu Ehren unseres Heiligen opfern». Der Himmel nahm der Älpler Gelübde gnädig an. Ihr Vertrauen auf den heiligen Viehpatron wurde belohnt; die verheerende Krankheit erlosch. Gesundheit und Wohlstand zogen wieder in die wettergebräunte Alpenhütte ein. Prächtig wie zuvor gediehen die Wiederkäuer. Getreu erfüllten die Hirten ihr Gelöbnis. Wie staunten die Leute von St. Silvester, als am Patronsfest in aller Früh vor dem Altare ihrer schlichten Dorfkirche, auf einem Reff ein mächtiger Käs, gross wie ein Wagenrad, zu sehen war, daneben ein pfundiger, fein geräucherter Bauernschinken. Mit der Zeit änderte Spittelvorsatz seinen Besitzer; andere Hirten zogen herauf, nicht so fromm und brav wie ihre Vorgänger. Sie vergassen bald das gemachte Versprechen, sollten aber ihre Vergesslichkeit teuer bezahlen. Eines Tages stürzte die schönste Kuh in einen Abgrund, wo sie notgeschlachtet werden musste. Von dieser Zeit an prangt regelmässig am Silvestertag in der Pfarrkirche die übliche Weihegabe der Älpler.   b) Ein ähnliches Vorkommnis wird vom Gantristvorsatz berichtet. Dort mussten infolge einer Seuche alle Kühe und Schweine notgeschlachtet werden. Ja, wegen der Gefahr der Weiterverbreitung mussten die Sennen, die mit der Verscharrung der Tierleichen beauftragt waren, sich sogar der Werktagskleider entledigen, welche sie bei dieser traurigen Arbeit getragen hatten. Die alten Kleider wurden verbrannt und neue dafür angeschafft. In dieser Notlage sollen die Sennen das Gelübde abgelegt haben, zu Ehren des heiligen Silvesters eine fette «Hama» und einen «feisten Chäs» zu opfern. Früher brachten auch die Landleute bei ihren Wallfahrten zum heiligen Viehpatron Silvester Gaben in Naturalien zum Opfern mit, so z.B. geräuchertes Fleisch, Speck oder ein Rippli. Noch gegenwärtig kommen solche Spenden, wenn auch seltener, vor.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Gelübde

Source: Das Gelübde

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Unter dem Schweigacher zu Unterschächen überraschte einen Wanderer ein schreckliches Erdbeben. Die Berggipfel nickten einander zu, und die »Spitza« (ein Berg) wankte wie ein Rohr. Da gelobte der Erschrockene, für seine Rettung an dieser Stelle ein Helgenstöckli zu errichten, welches Gelöbnis er denn auch getreulich ausführte. Anstatt des Bildstöckleins, das eine kleine Pietà, in Holz zeigte, erbaute Ratsherr Kempf vor etwa 50–60 Jahren eine steinerne Nische. Karl Gisler Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Gemeingeld

Source: Das Gemeingeld

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Ehemals waren die Gemeinden im Oberwallis viel reicher und besser daran als in heutigen Tagen; es war überall üblich, das Gemeingeld an sichern Orten, gewöhnlich in Kirchen oder Kapellen, aufzubewahren in Schränken, Trögen oder festen Behältern, die nur mit drei, oder mehreren Schlüsseln konnten geöffnet werden. — Unsere lieben Altvordern übten mit solchen Schlüsseln, in Händen ebenso vieler Beteiligten, über den Gemeinschatz eine zuverlässigere Kontrolle, als in heutigen Tagen mit gescheiten Zahlen auf totem Papier, wo es der vornehmen Schelme so viele gibt, die hinter Schloss und Riegel gehörten, wenn alle Menschenkinder laut Gerechtigkeit behandelt würden. — Jetzt stehen diese alten Geldschränke schon lange leer und nicht nur Dieben, auch den Mäusen offen. Diese Verarmung des Gemeinwesens kommt unstreitig einerseits von viel grösseren Ansprüchen, die der Staat an die Gemeinden macht, und anderseits von merklicher Abnahme des Gemeinsinnes unter den Bürgern. Früher liebte jedermann das Gemeinwesen sehr und brachte für dasselbe willig die schwersten Opfer; heute kehrt man den Stiel um, die Bürger wollen nichts mehr tun und von der Gemeinde alles verlangen; diese sollte ihnen nicht nur die Vögel schiessen, noch über das braten und selbst zu Mund tragen. — Ich mag mich aber dessen kaum wundern; ehemals entzog die Gesetzgebung das Bürgergut nicht den Bürgern, um selbes jedem Hergelaufenen mit in den Sack zu schieben. Die Gemeinde Törbel bewahrte das Gemeingeld in der Kirchensakristei auf, wo für dasselbe ein fester Schrank in der Mauer gebaut war. Das wusste leider ein frecher Dieb; öffnete darum die Mauer hinter dem Altare, wo jetzt das Hl. Grab angebracht ist, und gelangte so von hinten in den Geldschrank. Weil keine gewaltsame Erbrechung zu Tage trat, hatte der Schelm Zeit genug, mit dem Gelde zu verduften. So sammelte auch die Gemeinde Zeneggen, weil sie mit dem Plane umging, eine Kirche zu bauen und eine Pfarrei zu stiften, um die Mitte des vorigen Jahrhunderts hübsche Summen Geldes und verschloss selbe sorgfältig in einem verborgenen Behälter unter dem Chor der Kapelle. Es hielt sich damals seit vielen Jahren ein fremder Weber in Zeneggen auf, — man nannte ihn "Dechili-Josi", weil er schöne Bettdecken wub. Mit Hülfe dessen spürte ein Dieb das Geld auf und stahl es samt einem schönen Silberbecher fort. Dieser Becher verriet den Räuber, der im Turtig noch erwischt wurde. Das Geld war aber fort und nur der Becher kam nach Zeneggen zurück, wo derselbe in neuester Zeit auch noch verschachert wurde.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Gemskäslein

Source: Das Gemskäslein

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Im Graubündnerland hauste einst oberhalb Camana, in der Mitte des Safientales, ein wildes Fänggenmännlein. Das hatte in der Felsenhöhle beim Traktenstein eine schöne Gemskäserei eingerichtet, denn es hatte verstanden, die scheuen Grattiere an sich zu locken und sie zu zähmen, besonders dadurch, daß es sie immer zu einer gar köstlichen Salzlecke zu führen wußte. Also ließen sich die Gemsen gar ruhig melken. Eines Tages nun, als das Fänggenmännlein eben nach dem Wetter ausschauen wollte, kam ein armes, einäugiges Hirtenbüblein auf die Höhle zu, da es draußen ein böses Wetter war. Obwohl es zuerst ob dem wunderlichen alten Männchen und seinem verschrumpften Gesicht erschrak, wurde es doch ganz vertraut, als es von ihm eingeladen wurde, nur fröhlich in die Hütte einzutreten. Dort bekam das Büblein von der Gemsenmilch zu trinken und von den Gemskäslein zu essen. Auch künftig, wenn ein Gewitter über die Alpen ging, durfte das einäugige Büblein in die Fänggenhöhle hineinschlüpfen und von all den guten Dingen essen, die das Männlein aus der Milch der Gemsen zu bereiten verstand. Das Büblein hatte aber einen unartigen Bruder. Der wollte wissen, was es denn immer in der Höhle am Berg droben zu tun habe. Da erzählte ihm der Kleine von seinen Besuchen beim Fänggenmännlein. Dabei sagte er, die Gemskäse seien so süß, daß sie einem im Munde zerfließen. Nun wollte der unartige Bruder wissen, wie denn das Fänggenmännlein den Gemskäse zubereite. Ei, sagte das Büblein, das wisse es halt eben auch nicht, denn es habe dabei nie zuschauen dürfen. Allemal, wenn es in die Höhle komme und das Fänggenmännlein gerade Käse machen wolle, müsse es sich unter einem Haufen Heidekraut verkriechen, und dann singe das Männchen: "Einäuglein, schlaf ein!" Und dann schlafe es ein, und beim Erwachen sei das Gemskäslein jedesmal schon fix und fertig. Wie nun der unartige Bruder das hörte, beschloß er, dem Fänggenmännlein sein Geheimnis abzustehlen. Er zwang daher eines Tages sein Brüderchen, das Gewand mit ihm zu tauschen. Und während nun das einäugige Büblein das Vieh hüten mußte, ging er in den vertauschten Kleidern selber in des wilden Männleins Höhle Traktenstein. Das Fänggenmännlein nahm ihn freundlich auf, denn es merkte den Betrug nicht und hielt den unartigen Bruder für das Einäuglein. Verwundert sah sich der Bruder in der Höhle Traktenstein um. Es sah fein und sauber drin aus. Auf dem Boden war starkduftendes Heidekraut ausgebreitet, und ringsum auf den Steinsimsen standen kleine Gepsen (Milchgefäße), die mit Gemsenmilch angefüllt waren, auf der ein zolldicker Rahm stand. Von einem Herd und Käsekessel aber war nirgends etwas zu gewahren. Jetzt scharrte das wilde Männlein das Heidekraut zusammen und ließ den unartigen Bruder, den es immer noch für das einäugige Büblein ansah, darunterkriechen. Dann sang es: "Einäuglein, schlaf ein!" Nun mußte der schlimme Bruder wohl das eine Auge schließen, das andere jedoch konnte er offen behalten, und mit dem guckte er nun fleißig und aufmerksam unter dem Heidekraut hervor. Aber auf einmal wurde das Fänggenmännlein das eine offene Auge im Heidekraut gewahr. Jetzt merkte es den Betrug, wurde zornig und warf dem unartigen Bruder die vollen Milchgepsen an den Kopf. Hierauf verließ es die Höhle für immer. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Gemskäslein

Source: Das Gemskäslein

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Ein Fänggenmannli hauste in der Trockenhöhle oberhalb Camana in Savien, wo es eine recht hübsche Gemsenkäserei sich eingerichtet hatte. Er besass zweihundert der schönsten Grattiere, die er selbst gezähmt, so daß sie Morgens und Abends von selbst in die Höhle kamen und sich melken ließen. – Ein armes, einäugiges Knäblein des Tales, das die Ziegen hütete, fand in der Höhle bei schlechtem Wetter Zuflucht und Speise. Die Gemskäslein seien so süss, dass sie einem im Munde zergehen, sagte es einmal seinem Bruder. Dieser fragte, wie diese dann bereitet würden; dies sei das Geheimnis des wilden Mannli's, antwortete das Kind; es müsse immer, wenn das Käsen angehe, unter einen Haufen Heidekraut sich verkriechen, dann singe das Mannli: »Einäugelein, schlaf' ein« wache es wieder auf, so sei das Käslein jedesmal fertig. Als der hinterlistige Bruder dies vernahm, zwang er das Knäblein, mit ihm die Kleider zu tauschen; darauf ging er in den Kleidern seines Bruders selbst in des wilden Mannli's Höhle und setzte sich aufs Heidekraut. – In der Höhle sah es recht sauber aus, grünes Heidekraut lag auf dem Boden ausgebreitet, ringsum auf einem Steingesimse standen kleine Gebsen aus Tannenholz, die mit Gemsenmilch angefüllt waren; Kessel und Herd waren nirgends zu sehen. – Das wilde Mannli hielt den Buben für sein Einäugelein, liess ihn unter das Heidekraut, auf dem er im Winkel sass, kriechen und sang: »Einäugelein, schlaf' ein.« Der schalkhafte Bube schloss das eine Auge zu und guckte mit dem andern unter dem Heidekraut hervor. Als aber das Mannli das mutwillige offene Auge gewahr wurde, geriet es in Zorn und warf die Gebsen und deren Inhalt dem Buben an den Kopf. Hierauf verliess es mit seinen Gemsen die Höhle auf immer. Quelle: Jecklin, Dietrich: Volksthümliches aus Graubünden. 3 Teile, Zürich 1874, Chur 1876, Chur 1878 (Nachdruck Zürich: Olms, 1986), S. 22-23. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das gereizte Gespenst auf Obsaum

Source: Das gereizte Gespenst auf Obsaum

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Über eine Terrasse am Abhang der »Spitze« dehnen sich die grünen Triften der Alp Obsaum. Man erzählt sich, dass einst eine Lawine, die daselbst niederstürzte, auch einen Schweignapf mit sich fortgerissen und durch die Lüfte über die ganze Breite des Tales hinüber bis in den Espen beim Getschwyler geschleudert habe. In einer der Hütten aber spukt schon lange ein Geist und spielt von Zeit zu Zeit den Älplern arge Streiche. So fand man schon öfters am Morgen zwei Geissen an eine einzige Kette zusammengebunden. Zwei schlimme1 Burschen erlaubten sich einmal im Herbst, als die Alp schon verlassen war, den Spass, das Gespenst durch Zurufen herauszufordern. Aber die Freude verging ihnen bald; drinnen in der Hütte erhob sich in den verschiedenen Gerätschaften, in den Eimern, Pfännchen, Holzschuhen usw. ein furchtbares Gepolter und Getöse, so dass die beiden nichtsnutzigen Störenfriede schleunigst Reissaus nahmen. Mitg. von Pfr. Jos. Arnold Fußnoten 1 Das isch ä schlimmä Büeb. D'Büebä miënt ä chly schlimm sy; hier bedeutet »schlimm« etwa soviel wie: zu lustigen Streichen aufgelegt. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das gereizte Gespenst im Getschwyler

Source: Das gereizte Gespenst im Getschwyler

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In Hohfuhr-Michels uraltem Haus im Getschwyler lebte lange Jahre ganz allein ein wunderliches Manndli. Der zuchtlosen Schuljugend von Spiringen diente es oft als Zielscheibe ihres Übermutes und ihrer Spottsucht. Hatte ihr Mutwillen jeweilen das Mass erreicht, dann kam das zornglühende Männchen mit einem Beil, das es hoch in den Lüften drohend schwang, dahergerannt, und die Rangen flohen lärmend auseinander. Der so Verspottete aber starb endlich, wie andere Menschenkinder auch, und als seine Leiche schon auf dem Friedhofe im schmucklosen Grabe lag, konnten sich die Jungen,  wenn sie aus der Schule kamen und am jetzt leeren Hause vorbeigingen, nicht enthalten zu rufen: »Chumm etz wider mid-em Biël!« Da wurde es aber einmal ganz plötzlich lebendig da drinnen, und das nun beginnende Gepolter bewog die schlimmen Buben, rasch den Schauplatz ihrer Heldentaten zu verlassen. Seitdem haben sie das Manndli nie mehr herausgerufen. Das haben zwei junge Studentchen, Michael Herger aus dem Butzen, später 1854–1868 Pfarrer von Seedorf, und Johann Josef Gisler von Urigen, geboren 1794, nachmals 1820–1861 Pfarrer in Bürglen, die damals bei Pfarrer Lusser in Unterschächen Latein lernten, gesehen, aber ohne mitzumachen, und der erstere hat es seiner jetzt 90jährigen Köchin erzählt und diese mir. Kath. Kempf, Unterschächen Die nämliche Sage etwas anders s. Archiv 16, S. 30 f. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das gereizte Gespenst in der Lauwi

Source: Das gereizte Gespenst in der Lauwi

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In dem ärmlichen Häuschen des Gutes Lauwi auf Seelisberg, gegen die Emmettergrenze zu geisterte es schon lange. Da wollten sich doch einmal zwei unternehmungslustige Brüder das Gespenst besehen und betraten in dieser löblichen Absicht das einsame Häuschen und die alte Stube darinnen und öffneten zuletzt auch das verlotterte Gerümpelgänterli, worinnen es oft gepoltert und rumort hatte. Aber da fuhren die zwei schön zurück! Der eine sprang rasch zum Fenster hinaus, der andere, der lahm war, musste so schnell wie möglich die Haustüre gewinnen, diese aber schlug »es« so dicht hinter seinem Rücken ins Schloss, dass sie ihm fast den Hintern eindrückte. Ein zweites Mal haben diese Gesellen keine Entdeckungsfahrten nach Gespenstern mehr unternommen. Nach anderer Erzählart entstand, als sie in der Stube das Gespenst suchten, in dem in der Küche aufgespeicherten Holz »äs gottloses G'rimpel«, so dass die Burschen sich schleunigst zum Haus hinausmachten, und es flogen ihnen die Holzscheiter, die es da zur Küche hinauswarf, eine ganze Strecke nach. Als sie von ferne noch einmal zurückschauten, sahen sie immer noch Scheiter und Miselen zur Haustüre herausfliegen. Am nächsten Tage suchten sie mit anderen den Schauplatz ihres Abenteuers auf, und siehe! es fehlte kein Scheit Holz, und die ganze Beige stand in bester Ordnung da. Jos. Maria Aschwanden; Frau Zgraggen-Aschwanden Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Geschenk an die Patin

Source: Das Geschenk an die Patin

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Eine Magd arbeitete im Garten, und dabei kam eine Kröte zum Vorschein. Die Magd plagte sie mit der Schaufel, und als ihr die Meistersleute zuriefen, sie solle das arme Tier nicht plagen, erwiderte sie: »E, die wird etz ämal wägä dem nu nit verwärfä, susch will i de Gottä sy!« Nach einiger Zeit kam ein Mandli und bat die Magd, Patin zu sein. Sie weigerte sich, aber das Mandli sagte, sie habe es bei jener Gelegenheit versprochen, und da ging sie und war Patin. Das Mandli gab ihr eine Schürze voll Kohlen zum Geschenke. Aber die Magd verlor die meisten; doch die wenigen, die sie nach Hause brachte, waren pures Gold. Sie lief zurück und suchte die verlorenen, fand jedoch keine einzige mehr. Frau Baumana, 75 Jahre alt, Meien Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Geschenk der Schlange

Source: Das Geschenk der Schlange

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Es war um die Wende des 18. Jahrhunderts. Da lebte in einem strohbedeckten Holzhäuschen am Fusse des Schönbergs Steffel Zahno, ein armer Taglöhner. Er stand im Dienste des reichen Barons von Wild, der auf dem Schönberg ausgedehnte Äcker und Wiesen besass. Bei seinen Untergebenen war der Baron seiner Strenge wegen gefürchtet. Er nahm es sehr genau mit der Ausführung seiner Anordnungen. Dagegen kargte er nicht mit dem Essen; deswegen blieben die Dienstboten gerne auf seinem Gute. An einem sonnigen Septembertage arbeitete Steffel auf einem Acker in der Nähe des Galterntales. Eine steile Felswand grenzte das Besitztum des Barons nach dieser Seite ab. Emsig wirkte der Taglöhner drauflos; seine Gedanken aber schweiften heim zu seinem kränklichen Weib Margret und seinen 6 kleinen Kindern, die er zu ernähren hatte. Seit der Geburt ihres letzten Kindleins, der schwächlichen Anneliese, konnte sich die Frau nicht mehr recht erholen. Ihr fehlte eine kräftige, nahrhafte Kost; denn alles was ihr Mann verdiente, ging auf im Unterhalt der Kinder. Notdürftig reichte der Rest noch zur Bestreitung des Hauszinses aus. «Ja, wenn ich nur nicht so ein armer Teufel wäre, meine Frau müsste es besser haben», dachte Steffel wehmütig. «Wäre nur ein Zehntel vom Reichtum meines Brotherrn mein Eigen, ich würde den geschicktesten Stadtarzt kommen lassen, der mein Weib wieder gesund machte; aber wir Armen müssen halt so zufrieden sein.» Unterdessen war die Zeit des Vesperns gekommen. Der Mann fühlte einen mächtigen Hunger. Steffel begab sich in den Schatten des nahen Felsens, um dort sein Vesperbrot zu verzehren. Eben wollte er sich zu Boden setzen, als er vor dem Eingange einer kleinen Höhle eine hässliche Spinne erblickte, die ihr Netz über die ganze Breite der Öffnung gespannt hatte. Steffel nahm sein Werkzeug, und mit einem Hieb vernichtete er Spinne und Netz. Nachher setzte er sich auf einen Stein, packte ein grosses Stück Roggenbrot mit Käse aus und begann hastig zu essen. Da raschelte es plötzlich hinter ihm, und auf einmal kroch eine meterlange Schlange aus der Höhle. Und merkwürdig! Im geöffneten Rachen trug sie ein goldenes Krönlein! Das Tier nahm seinen Weg direkt auf den Sitzenden zu. Bevor der erschrockene Steffel noch einen Gedanken fassen konnte, huschte das Tier blitzschnell bis zu seinen Füssen. Dort legte die Schlange das Krönlein nieder, starrte den Mann eine Weile an und kehrte alsbald wieder in ihr Versteck zurück. Zahno traute seinen Augen kaum, als er das sonderbare Geschenk der Schlange betrachtete. Zuerst wagte er es nicht, das Krönlein zu berühren, weil er an einen bösen Spuk glaubte. Nach einigem Zögern nahm er vorsichtig das Geschenk in die Hand. Ja, wahrhaftig, es war echtes Gold, was er da zwischen den klobigen Fingern hielt! Die Schlange hatte ihm das Krönlein zum Dank dafür geschenkt, weil er die von ihr gefürchtete, hässliche Spinne getötet hatte.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das geschlachtete Kalb

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Einem Bauer, der einen Stall voll Vieh besaß, nahmen die Zwerge ein schönes Kalb und schlachteten es. Der Bauer kam zufällig dazu, war darüber empört und machte ihnen Vorwürfe, warum sie ihm das schöne Kalb ergriffen hätten, und nicht ein anderes Stück. Diese suchten den Erbitterten zu beschwichtigen, indem sie ihn ermahnten nicht zu zürnen, und ihm vom Fleisch des schönen Kalbes zu essen gaben. Betrübt legte er sich am Abend zu Bette. Am andern Morgen ging er in den Stall um zu füttern; da stand zu seinem großen Erstaunen das schöne Kalb gesund und wohl an seinem gewohnten Platz, nur das Stück Fleisch, das er gegessen hatte, fehlte am Körper. Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Geschlecht der Kienholz

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Vor einigen hundert Jahren wurde das Dörflein Kienholz, zwischen Brienz und Meiringen, von einer Erdlawine zugrunde gerichtet und zum Teil in den Brienzersee hinausgeschwemmt. Eine Zeitlang darnach fuhr ein Karrer des Orts, der von der Sust zu Tracht nach Meiringen Waren führte, über den hohen Steinschutt. Sein Gaul zeigte sich stets an derselben Stelle unruhig, der Hund scharrte im Boden und beide wollten nur ungern vom Fleck. Endlich fing der Karrer daselbst an zu graben und kam bald an das Gewölbe eines Kellers. In diesem fand er einen alten Mann und einen Knaben des verunglückten Dorfes noch lebend vor. Die beiden hatten lange Zeit hindurch in dieser Gruft mit Wein und Käse und herabsickerndem Wasser sich das Leben gefristet. Man half den beiden heraus, allein der Greis starb in kurzer Weile an der frischen Luft. Der Knab e dagegen lebte fort und sein Name ward zum Andenken an das furchtbare Unglück in Kienholz abgeändert. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das geschonte Füchslein

Source: Das geschonte Füchslein

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a) Im Laueli zu Seelisberg, nahe an der March gegen Emmetten, lotzte ein Seelisberger den Füchsen. Gar nicht so lange musste er warten, bis so ein Rotröckler erschien. Der tat aber ganz sonderbar. Einige Schritte von der Beize entfernt, stellte er sich auf die hintern Beine, tanzte und machte allerlei Faxen, het ggeugglet. Dem Jäger passte das nicht; er dachte, das sei kein rechter Fuchs, und machte sich davon; obwohl er ganz nahe an dem wunderlichen Tiere vorbeischritt, tat dieses doch »nitt mutz«. »Hock dü jetz da, solang as d'witt«, sagte er bei sich selber und ging nach Hause. Fünf oder sechs Jahre später kam er in einer fremden Gegend, wo er Geschäfte halber sich einige Zeit aufhalten musste, in eine Herberge, und da wurde er sehr freundlich aufgenommen, reichlich und köstlich bewirtet. Als er am nächsten Morgen seine Schuldigkeit zahlen wollte, schaute ihn der Wirt so an und fragte: »Habt ihr nicht in dem und dem Jahre an dem und dem Abend zu Seelisberg in Uri auf die Füchse gelauert und ein Füchslein geschont, das sich euch stellte und seine Kapriolen machte?« Der Seelisberger musste »ja« sagen, und der freundliche Gastwirt fügte noch bei: »Es war gut, dass ihr nicht geschossen habt, sonst würde ich jetzt nicht mehr leben. Ich musste da mals als Fuchs wandeln und bin an jenem Abend von Bann und Zauber befreit worden.« Und er dankte dem Seelisberger sehr herzlich und nahm von ihm keinen Rappen an. Jos. Maria Aschwanden, Seelisberg b) Das Füchslein schnupperte an der Beize. Der Jäger legte an und zielte. Da kehrte sich das Tier gegen den Jäger, stellte sich auf die Hinterbeine und hob die Vorderpfoten an die Brust, wie wenn es »bitte, bitte« machen wollte. So dreimal. »Syg's, was well!« dachte der Jäger und ging heim ohne abzufeuern. – Im Wirtshaus wartete ihm eine schöne Tochter auf und sagte: »Befehlet und esset und trinket, was euch gut dünkt, es kostet euch nichts.« – »Ja, wieso denn?« – »Ich war das Füchslein, das ihr an jenem Abend geschont habt. Meine Mutter hatte mich in Fuchsgestalt verwandelt und an jenen Ort verbannt.« Jäger und Wirtstochter heirateten einander. Hans Aschwanden, 50 J. alt, Isental Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Geschrei aus dem Boden

Source: Das Geschrei aus dem Boden

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Zwischen dem obern und dem untern Dörfli in Oberried war es bis vor Jahren nicht geheuer. Von einer bestimmten Stelle neben der Strasse und zu einer bestimmten Zeit liess sich ein Geschrei hören wie das Quietschen eines Mitzers. Wenn die Dorfbewohner da vorübergingen und das Geschrei ertönte, dann hüteten sie sich wohl, einen „Nebet“ zu tun, will sagen, sich nach dieser oder jener Seite umzusehen. Potz Donner ja, es gspassete da nicht! Jeltschis Trini hat es erfahren müssen! Es war einmal bei der Grossmutter im untern Dörfli z’Dorf. Als es nachts auf dem Heimweg an den Ort kam, wurde plötzlich das Geschrei laut; es schien aus dem Boden zu kommen. Entgegen aller Vorsicht gwunderte Trini der Sache nach, indem es auch nur leicht und rasch den Kopf nach dem vermeintlichen Mitzer drehte. Aber schon das war zu viel. Als es nach Hause zu der Mutter kam, entsetzte sich diese ab dem Aussehen ihrer Tochter. Trini war im Gesicht und an den Gliedern geschwollen geworden wie eine Trommel; es lag nachher noch viele Tage krank, und nur die beste Pflege vermochte es vor einem jungen Sterben zu bewahren. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das gesegnete Salz

Source: Das gesegnete Salz

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Nach Schwanden kam einst eine Bettlerin und heischte etwas für den Hunger. Äs syg ferchtig und ferchtig äs eländs Wybervelchli gsy; mä hätt sellä mäinä, äs chennt nimmä gah vor Eländi. Die Mutter kochte ihm denn auch eine Suppe. Die argwöhnische Tochter aber tat heimlich ein klein wenig gesegnetes Salz hinein und brachte der Bettlerin die Suppe auf das Bänklein vor dem Hause. Wie aber die Mutter einige Augenblicke später wieder hinausschaute, war keine Bettlerin mehr da und stand die schöne Suppe unberührt auf dem Bänkli. Theresia Gisler, 73 Jahre alt, Spiringen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Gespenst

Source: Das Gespenst

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Auf dem Berg bei Plaffeien lebten vor langer Zeit zwei alte Leutchen. Sie starben beide kurz nach einander, und entfernte Verwandte erbten ihr Besitztum. Sie hätten es gerne verkauft, aber es meldete sich kein Liebhaber. Endlich machte ein Nachbar ein Angebot; das war aber so niedrig, dass es kaum die Hälfte des Wertes darstellte. Da behielten die Erben das Gut und verpachteten es an eine alleinstehende Witwe. Aber wenige Tage später fand man diese tot neben ihrem Bette. Einige Zeit blieb das Haus unbewohnt. Dann zog ein alter „Gettel“ als Pächter ein. Doch schon nach zwei Tagen fand man ihn ebenfalls tot im Bette. Die Nachbarschaft geriet in Aufregung. Man wollte Hilfeschreie gehört haben. Es wurde eine Untersuchung gemacht. Sie ergab keine genaue Todesursache. Mord lag nicht vor. Die Leiche wies keinerlei Spuren einer Verletzung auf. Geld und Gut war nicht berührt worden. Vergiftung kam auch nicht in Frage. Also, was konnte den Tod verursacht haben? Geheimnis. Bald tauchte das Gerücht auf, es gehe in dem Hause ein grausiges Gespenst um. Die Witwe und der „Gettel“ seien wohl vor Schrecken gestorben. Das Haus kam in den übelsten Ruf. Einige Leute verlangten, dass man es abreisse; andere meinten, man sollte es verbrennen. Aber die Erben taten weder das eine noch das andere, und das Gespensterhaus blieb lange unbewohnt. Eines Tages kehrte ein Bürger von Plaffeien, der viele Jahre als Söldner in fremden Kriegsdiensten gestanden, in sein Heimatdorf zurück. Er besass Geld und hätte damit gerne ein Heimetli gekauft, um den Rest des Lebens der friedlichen Arbeit zu widmen. Aber es war um diese Zeit in der ganzen Umgebung nichts feil als eben jenes berüchtigte Gütlein auf dem Berg. Der Soldat entschloss sich gleich, dieses zu kaufen. Man riet ihm ab und schilderte ihm, wie dort ein grausiges Gespenst hause und jeden töte, der einziehe. Aber er war nicht furchtsam und glaubte nicht an Gespenster. Noch am selben Abend wollte er in der verrufenen Hütte übernachten und mit dem Ungeheuer Bekanntschaft machen. Man suchte ihn mit Gewalt von seinem Vorhaben abzubringen. Sogar der Herr Pfarrer kam und redete ihm zu, er solle nicht Gott versuchen, er gehe in den sichern Tod. Alles nützte nichts. „Ein alter Krieger, der dutzendmal dem Tod ins Auge geschaut hat, fürchtet sich nicht vor einem Gespenst“, sagte der Soldat. Dann nahm er eine Kerze, eine Flasche Schnaps und seinen Degen und begab sich in das unheimliche Haus. Er machte Licht in der Stube, setzte sich an den Tisch und wartete der Dinge, die da kommen sollten. Von Zeit zu Zeit stärkte er sich mit einem kräftigen „Gutz“ aus der Flasche. So verging Stunde um Stunde. Im Hause herrschte tödliche Stille. Nicht ein Mäuschen regte sich. Mitternacht war längst vorüber. Der Spuk wollte nicht beginnen. Da blies der Soldat die Kerze aus, warf die gekreuzten Arme auf den Tisch, legte das müde Haupt darauf und schlief ein. Als er wieder erwachte, schien der helle Tag ins Zimmer. Er rieb sich die Augen und trat vor das Haus. Da standen ringsum schon Grüpplein von Leuten, die besorgt auf ihn zu warten schienen. „Gottlob, er lebt noch“, riefen sie jetzt, und er sollte ihnen erzählen, was er diese Nacht erlebt habe. „Schnaps getrunken und geschlafen habe ich, das ist alles, was ich erlebt habe“, lachte er. Am folgenden Abend begab er sich wieder auf die Wache. Er sass am Tisch, schaute ins flackernde Kerzenlicht, gönnte sich dann und wann einen Schluck aus der Flasche und liess Stunde um Stunde verrinnen. In der Kirche drunten schlug es schon Mitternacht. Da hörte er das Tenntor knarren. „Aha, jetzt aufgepasst - das Gespenst kommt“, dachte er. In der Tenne draussen begann es zu rumoren und zu poltern. Der Lärm ging über das Leiterli auf die leere Bühne hinauf. Jetzt stampfte das Ungeheuer wie ein wildes Ross auf der Bühne herum und zog eiserne Ketten klirrend hinter sich her. Das rumpelte und polterte und klopfte und stampfte - bald näher, bald ferner. Jetzt riss es neben dem Kamin die Falltüre auf und rasselte über die Stiege in die Küche hinunter, immer die schweren Ketten hinter sich herziehend. Eine Weile fuhr es wild in der Küche herum und klopfte und hämmerte an die Wände. Auf einmal traf ein Hieb die Stubentüre. Krachend flog sie auf, und ein scheussliches Ungetüm trat über die Schwelle. Es war in zottige Felle gehüllt, hatte einen Rüssel wie ein Schwein und trug Hörner auf dem Kopfe. Obwohl es wie ein Tier aussah, ging es doch aufrecht wie ein Mensch. Der Soldat sprang auf, ergriff seinen Degen, trat dem Monstrum entgegen und rief: „Im Namen der heiligsten Dreifaltigkeit, sage mir, bist du ein Mensch oder ein Geist - und was willst du hier?“ - Das Ungetüm gab keine Antwort. Es grunzte wie ein Schwein, erhob die Tatzen und näherte sich drohend dem Soldaten. Der aber stiess ihm blitzschnell den Degen durch die Brust. Das Gespenst wankte, plumpste zu Boden und gab kein Lebenszeichen mehr von sich. Eine Blutlache rötete den Boden. Der Krieger liess das Ungeheuer liegen und wachte neben ihm, bis der Morgen anbrach. Dann trat er vor das Haus. Es standen wieder viele neugierige Leute in der Nähe und riefen freudig: „Schaut, schaut, er lebt noch.“ Nun erzählte er ihnen sein Abenteuer und befahl, die Polizei zu holen. Diese traf bald am Orte ein. Sie untersuchte und entkleidete das Gespenst, und unter all dem Mummenschanz kam ein bekanntes Gesicht zum Vorschein: - jener Nachbar, der das Gut zum halben Preis hatte kaufen wollen. Jetzt war das Rätsel gelöst. Schauder und Entsetzen ergriff alle. Der Soldat kaufte nun das Gütlein, vertauschte das Schwert mit dem Pflug und führte ein ruhiges, zufriedenes Dasein. Es zeigte sich kein Gespenst mehr.    Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch    


by Das Gespenst (Henau, SG)

Source: Das Gespenst (Henau, SG)

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Auf der alten Brücke unter Henau erschien oft ein Mann ohne Kopf. Einmal kam mein Vater vom Thurgau her in der Nacht um elf Uhr über jene Brücke. Er stellte sich an eine Säule, um das bald kommende Gespenst auch einmal zu sehen; er hatte aber etwas Wein im Kopfe, schlief deshalb ein, erwachte erst am Morgen und musste heim, ohne den Kopflosen gesehen zu haben. (Joh. Tobler.)   N. Senn, Tagebuch. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 478, S. 281 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Gespenst am Davoser-Landwasser

Source: Das Gespenst am Davoser-Landwasser

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Ein alter Mann ritt eines Nachts durch die »Züge« zwischen Wiesen und der Schmelze »Hoffnungsau.« Plötzlich wollte das Pferd nicht weiter gehen. Reitpeitsche und Sporen halfen nichts, das Pferd blieb einfach »bock-still« und »weiggte« (bewegte) sich nicht. Es blieb ihm nichts Anderes übrig, als abzusteigen, und da er­blickte er neben dem Pferde einen riesigen Mann stehen, in brandschwarzer Kleidung; unter dem dreikantigen Hute (Dreimaster) grinste ein Totenkopf mit feurigen Augenhöhlen hervor; und kaum war der Reiter abgestie­gen, so verschwand der Schwarze. Der Mann stieg wieder auf und ritt weiter. Balde bäumte das Pferd abermals. Das Gespenst stand wieder neben dem Pferde. - Er stieg ab und auf, und wieder ging's vorwärts. Eine kleine Strecke weiter begegnet das ihm zum dritten Male. Diessmal stiess er mit der Hand das Gespenst fort. Der grosse Schwarze verschwand, aber der Reiter  wurde von heftigem Fieberschauer geschüttelt, denn das Gespenst war eiskalt. Im Weitern unangefochten, kam er heim, allein am Tage darauf wurde das Pferd krank, und er selber lag geraume Zeit am Nervenfieber darnieder. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Gespenst am Feuer

Source: Das Gespenst am Feuer

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Ein Nachtbub, der nach Mitternacht aus dem Regliberg in Attinghausen heimkehrte, erblickte im Stegwald am Kummetbach ein grosses Feuer, und an diesem Feuer sass ein Weibervolk mit langen, über das Gesicht herabhängenden Haaren und wiegte fortwährend seinen Kopf in die Flammen hinein und wieder heraus. Dem Burschen schauderte ob diesem Anblick, und er beschleunigte wacker seine Schritte. K. Zgraggen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Gespenst am Mühlebach

Source: Das Gespenst am Mühlebach

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beim Kleinwyler griff einst den 1826 verstorbenen Ratsherr Franz Müller im Äbnet an, als er zur Nachtzeit von Altdorf her aus dem Rate heimwärts zielte, und wollte ihn in den Bach stürzen, was ihm aber trotz langen Kampfes nicht gelang. Es belästigte auch andere Talleute, bis einmal Thadee-Tonis, ein unschuldiges Kind, daselbst im Bache ertrank, worauf es nicht mehr gespürt wurde. Dominik Imhof, 55 Jahre alt, Spiringen »Das het da drüff planget«, erklärte ein Zuhörer von Erstfeld mit voller Überzeugung. Josef Zieri, 70 Jahre alt. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Gespenst am Mühlerain

Source: Das Gespenst am Mühlerain

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Eine Tochter von Frenkendorf hatte bei mir einen Rock bestellt. Sie erschien aber nie zum Anprobieren. Eines Tages kam ihre Mutter und erzählte: Meine Tochter kam vor einigen Tagen spät von Niederschönthal nach Hause. Da ging am Mühlerain plötzlich das Mühleraingespenst neben ihr her. Sie spürte seinen Hauch und sah neben sich den Schatten. Verstört kam sie nach Hause. Am andern Tag war die ganze rechte Hälfte ihres Gesichts hoch geschwollen. Füllinsdorf Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Gespenst auf dem Schneiderstein

Source: Das Gespenst auf dem Schneiderstein

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Ob Amsteg, am Wege gegen Brunni, heisst eine Stelle »bim Schnyderstei«. Dort hielt sich ein Gespenst auf und belästigte zur Nachtzeit die Menschen, die diesen Pfad begingen. Die Leute auf dem gegenüberliegenden Frentschenberg haben oft auf diesem Platze ein nächtliches Licht beobachtet. Eines Abends verfolgte es auch den Ratsherr Eller in der Rütti, einen weithin bekannten, furchtlosen Schützen und Hochwildjäger. Er lief, soviel er mochte – und erstellte sich erst bei der Lychkirmi auf Brunni, vermeinend, das Gespenst werde vor dem Helgenstöckli und vor dem Privateigentum der Leute Respekt haben und von der Verfolgung ablassen. Aber darin täuschte er sich. Es trieb ihn weiter bis in die Rütti. Jetzt auf eigenem Grund und Boden sich erstellend, rief er: »Hie ha-n-ich Rächt und Grächtigkeit, ich stah uf mym Eigätum!« Auch dieser Appell an das Rechtsgefühl war umsonst. Es jagte ihn vorwärts bis in sein Haus hinein, wo er, wie Augenzeugen berichten, zitternd und schweisstriefend, ganz abgemattet in einen Sessel sank. Mitgeteilt von Josef Baumann, Pfarrhelfer Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Gespenst auf der Gislikerbrücke

Source: Das Gespenst auf der Gislikerbrücke

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Früher, vor dem Eidgenossen-Zuge im Jahre 1847 (Sonderbundskrieg), war mitten auf der Gisikerbrücke ein Bild von der heiligen Dreifältigkeit. Am Feste Trinitatis versammelte sich allda das Volk und betete einen Rosenkranz. Überdies finden sich von hier aus gegen Honau zu an der Strasse in einiger Entfernung von einander etliche Bildstöcklein. Die Leute sagten, dies alles sei angeordnet worden wegen einem Gespenste, das bei jenen Stellen seine Ruhepunkte habe. Im Eidgenossen-Zuge kam das Bild auf der Brücke weg, der Rosenkranz unterblieb und was sonst dort von Andächtigen pflegte gebetet zu werden. Einst bei finsterer Nacht wollte ein junger, kecker Bursche, der von Gespensterglauben nichts wusste, die Brücke passieren. Man ermahnte ihn ein Licht mitzunehmen, allein er lachte darüber und ging furchtlos auf den Weg. Auf der Mitte der Brücke stiess er mit dem Fusse an ein Ding, das ihm vorkam wie eine zusammengeballte, frische Kälberhaut. Er übertrollte das Wesen, gleichzeitig ergriff ihn ein Frost, er kehrte sogleich um und legte sich krank ins Bett, es kam zum Verwahren, doch genas er wieder. Später fuhr bei einem jener Bildstöcklein ein Bauer des Ortes mit geladenem Wagen daher. Da wollte das Vieh nicht mehr weiter; er liess noch mehr Gespann holen und zwang die Tiere dort vorbei. In Zeit weniger Wochen wären einige dieser Stücke darauf gegangen. Pferde wollten ebenfalls nicht vorbei, sie rissen aus und sprangen auf einem weiten Umwege weiters. Endlich wollten Kinder auf diesem Wege ein seltsames Tier gesehen haben, das nur ein Auge mitten auf der Stirne hatte.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Das Gespenst auf Gfällalp

Source: Das Gespenst auf Gfällalp

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Hoch über dem Sommerdörflein Selden im Gasterental, dort wo eine alte Strasse über den Lötschberg nach Goppenstein im Wallis führt, liegen hinter der Gletscherkönigin Blüemlisalp wunderschöne Sommerberge Gfällalp benannt. Die stattliche Alphütte, die dort droben ihre stolze First in den blauen Himmel reckte, stand mitten in einem Felde glühender Alpenrosen. Dreien Brüdern war dieselbe von ihrem greisen Vater als Erbe zugefallen. Als sie nun wieder einmal zu Ende der frühlingswarmen Austage mit ihren Herden ihr Bergheim auf Gfällalp bezogen, gerieten sie untereinander über die Teilung der Weiden in Streit. Wenn Uli, der Jüngste, seine Kühe nach dem Stocki trieb, fand er bereits Menk, den Ältesten, dort, der mit ihm zu schmälen begann. Richtete er seine Schritte nach Schönbühl, konnte er sicher sein, dass ihm von dort die Leitkuh seines Bruders Jörg entgegenlief, welche die grosse Treichelglocke trug und die Herde beisammenhielt. Sie brüllte ihn an, als redete aus ihr die Stimme des Zweiten: "Was hast du hier zu schaffen, Schönbühl ist meine Alp!" So ging über dem Streit ein guter Teil des Sommers dahin. Uli musste mit bitterem Schmerz zusehen, wie er von Tag zu Tag mehr verdrängt wurde. Zuletzt wollten ihn die beiden andern nicht einmal mehr in der Hütte schlafen lassen. Da sprach er eines Morgens, als er die kalte Nacht unter einer Felsbalm zugebracht hatte, zu den andern: "Brüder, lasst uns die ungerechte Sache beenden. Der himmlische Richter hat mir einen Weg gewiesen. Hier sind drei Strahlen, die ich am Gletscher gefunden. Der eine hat einen rötlichen Glanz, das ist Gfäll mit der Hütte in den Bergrosen und was darum liegt. Der lautere Kristall hier soll das Schönbühl bedeuten und der dunkle das Stocki. Hier lege ich sie zum Zeichen auf das Wandbrett neben das Kreuz. Geh jeder und suche am Gletscher nach Strahlen und was er erst findet, das soll ihm sein Eigentum weisen." "Einverstanden!" riefen die zwei, denn sie dachten in ihrem argen Herzen: "Wir wollen dich schon meistern, du dummer Bub!" Sie gingen wie sonst an ihr Tagewerk. Als sie dann des Abends auf Gfäll wieder zusammentrafen, sprang der Jüngste den beiden Älteren freudestrahlend entgegen. "Die Hütte ist mir!" rief er ihnen zu. "Gott hat mich einen Rosenstein finden lassen." Da lachten die beiden andern hämisch, griffen in ihre Hirtentaschen und zogen jeder je drei Strahlen heraus, einen roten, einen rein weissen und einen dunklen. "Unser ist die ganze Alp, Hansnarr! Gott hat es selber gefügt und du sollst unser Knecht sein." Da ergrimmte Uli in seinem Innersten. "Betrüger seid ihr!" schrie er. "Lieber will ich des Teufels Knecht sein, als der euere." Damit lief er dem Leitibach zu. Sie dachten, er will sich ersäufen, und keiner rührte sich, ihn daran zu hindern. Aber Uli dachte nicht daran, schwenkte vom Bach weg in die Bergstrasse hinüber, denn er wollte sich dem Bischof von Sitten als Kriegsmann stellen. Als er jedoch den Gletscherkamm hoch oben auf dem Berg erreicht hatte, wo es gegen Wallis zuging, stand ein glänzender Stern über ihm. Da sank er auf die Knie, weinte bittere Tränen, dass er von der geliebten Heimat scheiden müsse und sprach: "Gott erbarm dich meiner!" Wild floh er bergab und taleinwärts. Hinter ihm aber verfinsterte sich der Himmel. Wilde Wolken umflogen die Gipfel und mitten in der Sommernacht fiel ein furchtbares Schneegestöber. Am Morgen aber kam die brennende Sonne darein, die löste an den Bergseiten grosse weisse Felder die von allen Seiten zu Tal gingen. Hinweggewischt war die stattliche Hütte auf Gfäll und tief unter klafterhohem Schnee lagen Herden und Hirten ben. Uli aber ist bald hernach in der Schlacht des Bischofs umgekommen. Seither war Gfällalp verflucht, denn die Geister der Unseligen gingen darauf um, und wer seine Herden hinauftrieb, den störten sie fortan im friedlichen Tagewerk. Lawinen fuhren hernieder, die Bergweiden zu verwüsten, fallende Felsen töteten das Vieh, bis eines Tages ein Mönch auf der Reise vom heiligen Lande die Strasse über den Lötschenberg zog. Der trug einen heiligen Spruch bei sich, dem alle bösen Geister weichen mussten. Damit bannte er die ruhlosen Seelen der unredlichen Brüder in einen hohlen Lärch, schlug einen Pfropfen auf das Loch und verschaffte den Älplern Friede und Ruhe. Längst wäre die Untat vergessen, wenn nicht noch heute die Lärche mit dem Pfropfen an die unseligen Tage des Bruderzwistes erinnerte. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Gespenst auf Schloss Wyden

Source: Das Gespenst auf Schloss Wyden

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Das Gespenst auf Schloss Wyden Im Jahre 1695 spukte es beim Winterthurer Amtmann David Sulzer auf dem Schloss Wyden ganz gewaltig, dass der Hauslehrer Jakob Steiner es für wichtig genug fand, darüber einen Bericht zu verfassen. Das Gespenst auf Wyden war wohl das seltsamste seiner Art. Gesehen hat es niemand recht. Es machte sich nicht nur zur Geisterstunde bemerkbar, sondern stundenweise, zuerst nur in der Nacht, dann auch am Tage. Es schoss durchs Haus wie der Blitz, oder es stampfte treppauf und ab, wie ein schwerer Mann. Es warf Türen zu, dass sie zersprangen, warf Haushaltungsgegenstände herum, rückte laut Stühle herum, zerbrach Küchengeschirr; es heulte, schluchzte‚ plärrte und stöhnte. Aufpassern löschte es das Licht. Es kratzte an Türen und Balken wie ein Bär. Der Frau Amtmännin rauschte es über den Kopf hinweg in die Stube durch das offene Fenster herein und zur Zimmertür hinaus. Als die erschrockene Frau nachsehen wollte, war es nur noch ein Räuchlein. Wie gesagt, von den Schlossbewohnern hat es niemand gesehen, nur einige Dienstboten wollten einen Mann mit einem wüsten, zottigen Hund bemerkt haben. Getan hat es niemandem etwas. Nach einem Jahr verschwand der Spuk. Nun fügt Hauslehrer Steiner dieser Geschichte an, dass längere Zeit vor dem Auftreten des Gespenstes im Schloss zwei Deutsche erschienen und sich auf Kosten des Amtmannes sättigen wollten. Dieser aber verlangte für die verabfolgte Speisung eine bescheidene Zahlung. Das habe die beiden in Harnisch gebracht, und in der Nachbarschaft hätten sie sich in drohenden Worten über den Schlossherrn geäussert. Es wurde zu jener Zeit schon stark in Erwägung gezogen, die beiden Fremden, im Verein mit Dienstboten, hätten sich diesen üblen Scherz erlaubt. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Winterthur und Weinland Gekürzt aus P. Corrodi im Zürcher Taschenbuch 1924, S. 62ff. Vgl. die Spukgeschichte vom „Kragenwäscher“, ebenfalls von P. Corrodi im Zürcher Taschenbuch 1924. Der Spuk, der sich zwischen 1701 und 1705 bei Antistes Klingler zugetragen, fand seine Erklärung dadurch, dass man dem Pedell nachweisen konnte, die Spukereien ausgeführt zu haben, um persönlichen Nutzen daraus zu ziehen. Er wurde enthauptet. Es war das letzte Todesurteil in Zürich, das in Sachen Aberglauben gefällt wurde.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Gespenst bei Bietenbolz

Source: Das Gespenst bei Bietenbolz

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Das Gespenst bei Bietenbolz 1918 erzählte einer, der bei dem Erlebnis dabei war, folgendes: Einmal fuhren wir, der T. und ich, nachts gegen 12 Uhr mit einem grossen Fuder Heu von Effretikon gegen Bietenholz. Da sahen wir in einer ebenen Riedfläche einen Gegenstand, der recht gespensterhaft aussah. Es war aber nur ein Rottännchen, dem der Wipfel fehlte. (Der Erzähler sagte nicht, ob es auf der Strasse stand, aber wir müssen es annehmen.) Im Interesse weiterer Passanten, berichtete er, haben wir das Tännchen mit der mitgeführten Axt beseitigt. Aber da wir weiterwollten, ging’s nicht. Die Pferde standen bockstill, waren nicht fortzubringen und richteten sich schliesslich in die Höhe. Nach einiger Zeit sahen wir dann ein mächtiges, schwarzes Tier mit faustgrossen feurigen Augen über den Weg gehen, und als es verschwunden war, konnten wir weiterfahren. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Nach Gchr. Brotten 1917. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Gespenst bei der Tränke

Source: Das Gespenst bei der Tränke

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Jedesmal, wenn der Bauer im Sigelsbüel (Sigartsbüel 1550) seine Kühe zur Tränke trieb, machten diese, wenn sie in die Nähe des Troges kamen, erschrocken kehrt und stoben auseinander. Eines Abends aber wurde der Bauer furchtbar bös darüber und fluchte alle Sterne vom Himmel herunter. Ja, ausser sich vor Zorn, fügte er seinen Wutausbrüchen noch die schrecklichen Worte hinzu: »Und was m'r jetz nid i Si' chunnt, soll m'r nu gältä!« Kaum gesagt, erdröhnte ein schauerliches Krachen durch die nahen Ahornbäume. Ruhe hatte der Bauer allerdings von da an beim Tränken. Aber, als er es beichtete, konnten ihn weder der Priester noch der Bischof von seiner Sünde lossprechen. Er musste bis nach Rom. Das war eben das Schrecklichste, dass er noch sagte, was er nicht wisse, solle ihm gelten. Da ist viel darin enthalten! Anton Stadler, Bürglen, 70 J. alt. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Gespenst beim Rynächthäuschen

Source: Das Gespenst beim Rynächthäuschen

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Nahe beim Rynächtseeli, westlich der Landstrasse, stand früher ein Wohnhaus, das Rynächthüsli geheissen, das als Heidenhäuschen galt und jetzt abgebrannt ist. Nachts sah man bisweilen darinnen zwei gespenstige Spinnerinnen oder Näherinnen, die plötzlich samt ihrem Lichtlein verschwanden, wenn man zum Fensterlein hinaufstieg oder das Häuschen betreten wollte. Franz Zurfluh, Erstfeld Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Gespenst im Äschäwald

Source: Das Gespenst im Äschäwald

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Mehrere (zwar nicht einwandfreie) Zeugen stehen dafür ein, dass ein Gespenst oder eine arme Seele in Gestalt eines schwarzgekleideten und schwarzverschleierten Weibervolkes öfters zu nächtlicher Zeit laut schreiend den Fussgängern von der Sürytti durch den Äschäwald bis zur Stall-Eggen im Wyler nachfolgt. Angeredet, gibt es keine Antwort. Einmal gesellte es sich sogar zu einer Frau in der Sürytti ins Bett und blieb bei ihr, bis die frische Morgenluft von Wassen her den ersten Schall der Betglocke in die Schlafkammer wehte. 1928, Johann Dittli, 27 Jahre alt, Wyler Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Gespenst im Gitschenberg

Source: Das Gespenst im Gitschenberg

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Im Gitschenberg ob Seedorf hatte früher ein Gespenst gehaust, ein barfüssiges Wybervölchli in rotem Röcklein. Mit den Pächtersleuten – die Wiese ist Fideikommissgut – lebte es in Frieden; wollte im Gaden, wo es für gewöhnlich sich aufenthielt, eine Kuh kalbern oder hatten sich die Kühe in den Ketten verwirrt, so rief es den Leuten, redete aber sonst kein Wort. Fuhr der Bauer mit dem Vieh zu Boden, so kam das Wybervölchli auf das Egg hinaus und schaute ihm weinend nach, fuhr er im Frühling wieder auf, so jauchzte es ihm von der nämlichen Stelle aus lustig entgegen. Es war eine arme Seele, und auch ihr schlug endlich die Stunde der Erlösung. – Das kam so. Eines Morgens erblickte der Pächter mit nicht geringem Schrecken seine Schweine hoch oben in der steilen Gitschenfluh, und bei ihnen stand niemand anders als das Müetterli im roten Röcklein. Da versprach er, den Kapuzinern einen Stein Anken zu bringen, wenn die Tiere wieder gesund und heil zurückkämen; sie zu holen wäre unmöglich gewesen. Und siehe! Das Müetterli brachte die Schweine unversehrt wieder durch die blanken Felsen hinunter bis zum Hause. Als der Mann den Kapuzinern die Butter brachte, sagte ihm der Guardian, der Geist sei jetzt erlöst, er werde ihm entgegenkommen und ihm die Hand zum Abschied bieten wollen, er aber dürfe ihm die seine nicht reichen, sondern solle ihm ein Steinplättchen hinhalten. Und wirklich kam das Wybervölchli dem Bauer ein Stück weit den Berg hinunter entgegen, dankte ihm mit grosser Herzlichkeit und sagte, es könne jetzt zur Seligkeit eingehen. Dann reichte es ihm die Rechte, der Bauer hielt ein Steinplättchen statt der Hand entgegen, das Wybervölchli ergriff es und verschwand. Auf dem Steinplättchen war nachher die ganze Hand eingebrannt zu sehen. Einem andern Pächter daselbst dienten zwei Geister, von denen der eine erwellte, der andere die Mutten wusch. Frau Wipfli-Herger, Katharina Tresch-Gisler, Katharina Arnold Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Gespenst im Gluntackerholz

Source: Das Gespenst im Gluntackerholz

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Um die 70er Jahre des 19. Jahrhunderts hielt sich im dichten Wald zwischen Poffetsmühle und St. Ursen ein Ungeheuer auf. In gewissen Nächten kam es aus dem Wald heraus und erschreckte den nächtlichen Wanderer. Wenn man den steilen Hang hinuntersteigen wollte, erhob sich etwa ein Steinwurf breit eine furchterregende Gestalt mit grossen, feurigen Augen. Sie hatte ein weissgraues Aussehen und glich halb einem Menschen, halb einem Tiere. Beim Herannahen von Leuten kauerte sich die widerliche Gestalt zuerst am Boden, dann kroch sie auf allen Vieren den Hang hinauf. Manchmal hatte das Gespenst die Gestalt eines altmodischen Kriegers aus vergangenen Zeiten. Flohen die Leute beim Anblick des Ungeheuers, verfolgte sie das Untier nicht weiter als bis zum Waldesrand, wo es sich wieder brummend ins Dickicht zurückzog. Viele nächtliche Wanderer hatten das Ungeheuer gesehen. Oft wagten sich ängstliche Leute nicht weiter, sondern suchten bei Nachbarn oder Bekannten Unterkunft für die Nacht und zogen erst anderntags weiter. Man war allgemein der Ansicht, man habe es mit der ruhelosen Seele eines gefallenen Kriegers zu tun, der im Sonderbundskrieg gefallen sei und nun auf Erlösung warte.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Gespenst im Pfarrstall

Source: Das Gespenst im Pfarrstall

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Z’Rotheflue isch emol e Pfarrher gsi, dä het mehr Freud gha a syne Chüehne as am Predige und z’Chille goh. Derfür het er im Grab au kei Rueh gfunde. Allemol öb ’s Wätter g’änderet het, isch er as es Gspängscht wieder in Stall cho und vo einer Chueh zue der andere. My Vatter, wo Pfarrpächter gsi isch, het dernoh abe gseit: «Es git ander Wätter, der olt Her isch wieder in Stall cho.» Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Das Gespenst im Portnerberg

Source: Das Gespenst im Portnerberg

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zu Spiringen war den zwei Portnerbuben, die das uralte Haus bewohnten, schon lange verleidet, und als sie eines Abends grad daran waren, das z'Nacht zu bereiten, und das Gespenst gegen das Haus kommen sahen, sagten sie zueinander: »Wemmers z'erscht feikä 1-n-uder wemmers z'erscht steikä?« Sie waren bald einig, zuerst zu steiken. Sie liefen also ins Freie, der eine rechts, der andere links um das Haus herum, wodurch sie das Gespenst zwischen sich bekamen. Aber jener, der dem Gespenst nachlief, fand den andern, dem es begegnete, tot an. Alois Imholz Fußnoten 1 feikä, synomisch mit steikä: verjagen, verscheuchen. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Gespenst im verlassenen Stalle

Source: Das Gespenst im verlassenen Stalle

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Ställe (Stadel, Gaden) werden gewöhnlich, wenn sie unbewohnt sind, von Ungeheuern in Besitz genommen. Diese dulden alsdann keine Spinngewebe darin, woraus man erkennen kann, ob in einem Gaden ein Geist wohne oder nicht. Bei Wolfenschiessen sahen einst Knaben zur Winterszeit in einem verschlossenen Gaden zum Heiterloch heraus ein solches Ungeheuer schauen, welches sie zuerst für ein Bettelmummeli hielten, denn es zeigte sich gerade in ähnlichem Anzug. Sie gingen und warfen Schneeballen dem vermeinten Bettelweib durch die Öffnung hinein. Da kam es und schob einen Wisch Stroh in das Loch. Jetzt machten die Buben unverzüglich die Stalltüre auf, konnten aber kein sterbliches Bein darin entdecken. Da sonst kein anderer Ausgang war, durch den jemand hätte entweichen können, sahen sie ein, dass sie 's mit einem Ungeheuer zu schaffen hätten. Sie wagten es jedoch nicht, das Abenteuer fortzuspinnen und kamen glücklicherweise mit nur einigen Nüessi davon.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Das Gespenst im Wald

Source: Das Gespenst im Wald

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Das Gespenst im Wald Am Waldrand gegen Rüdlingen ist eine Kreuzstrasse, wo sich die Wege nach Rüdlingen und Buchberg scheiden. Dort war es früher nachts auch nicht geheuer. Eine Frau rufe im Walde: „O min Chopf!“ Dort sei schon etlichen ein grosser Mann begegnet, der den Gruss nicht abgenommen habe. Habe man sich nach ihm umgeschaut, sei er nicht mehr da gewesen. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Unterland Nach Gchr. Rafz 1902 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Gespenst im »kalten Loch

Source: Das Gespenst im »kalten Loch

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Früher war der Weg von Bristen nach Frentschenberg bis zur Frutt tiefer angelegt als heute. An diesem Wege lag eine kleine Balm, die man das »kalte Loch« nannte und wo es nach allgemeiner Meinung nicht geheuer war. Einst ging auch der alte Manuel von Bristen, der Grossvater meines Erzählers, an dieser Stelle vorbei. Im Übermut steckte er seinen Stock in die Höhle hinein und spottete des Gespenstes. Er stiess auf etwas wie eine dürre Kuhhaut und wurde von einem plötzlichen Schauder ergriffen. Sein Arm schwoll an, und längere Zeit musste er krank das Bett hüten. Jos. Maria Epp, Bristen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Gespenst im „Sidefädeli“

Source: Das Gespenst im „Sidefädeli“

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Das Gespenst im „Sidefädeli“ Das „Sidefädeli“ war ein ehemaliges Landgut in der Gemeinde Wipkingen. Der Name soll von einem alten Zürchergeschlecht, genannt „Sidefade“ herstammen. In diesem Hause trieb sich (noch 1917) ein Gespenst um. „Auf der Winde“, schreibt der Gewährsmann, „ ist im Giebel ein Fenster, das gegen Wipkingen zugekehrt ist, das durchaus nicht geschlossen werden kann. Macht jemand dasselbe zu, so öffnet es sich von selbst wieder. Das Gespenst scheint keineswegs bösartigen Charakter zu haben; es hat noch niemandem etwas zuleide getan.“ Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Escher und Wachter, S. 50. Vgl. Abt. Unterland, wo ähnliche Sagen vorkommen. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Gespenst in einen Kreis gebannt

Source: Das Gespenst in einen Kreis gebannt

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a) Im Totenbodenwald bei Altbüron in der Nähe des steinigen Kreuzes sei ein Geist in den Kreis von drei Schwieren (Pfosten) eingebannt. - Als nämlich das Staldenfeld noch allgemeine Weide gewesen, habe der Bresten unter dem Vieh regiert. Alles Entgegenwirken durch geweihte Sachen etc. sei umsonst gewesen. Endlich habe ein alter Kapuzinerpater von Sursee erklärt, ihm müsse der Geist gehorchen. Mit Hilfe des Herrn Pfarrers von Grossdietwil und eines Bürgers von Altbüron, dem Schwarz Lunzi, der sich vor gar nichts fürchtete, habe man den Geist wirklich festbannen können. Auf die Frage, ob man nichts für seine Erlösung tun könne, habe derselbe erwiedert: „Pflanzt das ganze Kritzenfeld mit Korn an, lasst aus dem Mehl alles Hostien machen, und über jede für mich eine Messe lesen, so darf ich am jüngsten Tage vielleicht Erlösung hoffen, weiss aber noch nicht, wie es mir geht." In seinem Bannkreise müsse nun der Geist bleiben bis am jüngsten Tage. - Wer aber die drei Pfähle express aufsuche, finde sie nicht. Einmal habe sie ein Hüterbub gefunden, der unter einer Tanne Schutz vor Regen gesucht habe. Er sei auf die Schwieren gestanden und es habe ihn eine unsichtbare Gewalt weit weggeschleudert.   b) Solche eingebannte Geister seien auch im Balmhag und in der Nähe der Grette (Grossdietwilerallmend). In der Müss bei Grossdietwil habe man den Geist, der als Bresten unter dem Vieh regierte, durch das Rufen eines Segens durch die Höhlung einer Radnabe vertreiben können.   c) Im Dorfe Grossdietwil steht ein neues Haus, in welchem ein Gespenst seinen Sitz gehabt haben sollte. Dieses sei in einem Balken, den man von einem alten Hause genommen, da hinein gekommen. - In frühern Zeiten habe dieses Gespenst den Leuten im Hause keine Ruhe gelassen, sei zu Nacht zu verschlossenen Türen oder Fenstern in der Gestalt eines grossen schwarzen Mannes hereingekommen, um sie auf alle mögliche Weise zu quälen. Der Herr Pfarrer habe sodann den Geist exorziert und ihn in ein gebohrtes Loch in einem Balken verbannt und das Loch mit einem geweihten Zapfen zugemacht.  Würde der Zapfen ausgestossen, so hätte der Geist volle Freiheit im Hause zu walten. - Ursprünglich sei das Gespenst in einem Donnerwetter aus Elsass gekommen.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Das Gespenst kann in den finstern Nächten Leid zufügen

Source: Das Gespenst kann in den finstern Nächten Leid zufügen

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Zur Gemeinde Escholzmatt im Entlebuch gehört die Ilmibodenalp. Ein alter Junker wurde verdammt, hier als Geist wandeln zu müssen. Man sah ihn oft und konnte ungescheut ihm nahe kommen, denn er hatte gar keine Gewalt, jemanden ein Leid anzutun, ausgenommen in den „finstern" Nächten, wie man die Fronfastennächte hiess. In solchen Zeiten wurden alle erwürgt, die ihm zu nahe kamen.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Das Gespenst zu Surava

Source: Das Gespenst zu Surava

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Ein Bursche aus Surava kehrte an einem Samstage, von Alvaneu herkorn­mend, heim, als er plötzlich ein Pferd in grösster Wildheit durch das Feld laufen sah. - Es war mondhell. - Er wollte das Pferd einhalten, Dasselbe wich ihm aber aus, und stürmte neben ihm vorbei, schaute jedoch immer­während nach ihm zurück. Blieb er stehen, stand das Pferd auch stille, lief er vorwärts, so lief das Pferd auch. Auf einmal verwandelte sich der Gaul in einen roten Hund. Nicht lange, so ward der rote Hund zum Fuchs. Bei der kleinen Brücke fand er statt des Fuchsen einen schwarzen Mann, welcher alsbald in ein Feuer sich verwandelte, das aber nur aufflackerte, und dann plötzlich in tausend Funken zerstob. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das gespensterhafte Schwein

Source: Das gespensterhafte Schwein

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Ein Mann ging um Mitternacht nach Hause. Er sah auf der Strasse, beim heutigen Konsumladen, ein Schwein umherrennen. Er suchte es zu packen, aber es gelang ihm nicht. Da weckte er in der Umgebung die Leute und fragte sie, ob ihnen nicht ein Schwein fehle. Aber niemand vermisste eines. Als er wieder aus einem der Häuser trat, war das Tier spurlos verschwunden. Ziefen Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Gespensterhaus

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In einer Vorstadt Basels ist ein großes, altes Haus, das mag wohl über viele hundert Jahre alt sein. Von außen ist es sehr schön anzuschauen, im Innern aber eckig und winkelig, jedoch nur in den Seitenflügeln. Von diesem Hause nun heißt es, es sei nicht geheuer; besonders wissen Mägde, die da zu Diensten, viel von dem Spuk zu erzählen, der da getrieben werden soll. Eine alte Frau, die dort in der Nähe wohnt und oft in das Haus kam, da sie drin gut bekannt, behauptet jedoch, früher sei es ärger gewesen, jetzt hätten die Geister an ihrer Macht verloren, nur auf der Treppe zeige sich dann und wann noch Etwas; das sei aber nicht von Bedeutung, höchstens husche es Einem einmal eiskalt wie mit Leichenhand über das Gesicht oder blase beim Leuchten auf der Treppe das Licht aus, während früher ganze Schwärme von Gespenstern das Haus durchtobt hätten. Am tollsten sei aber der Spuk in den Schornsteinen und in den Rauchfängen der Küchen getrieben worden. Bisweilen habe es sich gar sanft angestellt und in denselben ganz leise pst! pst! gemacht, dass die Mägde, welche des Nachts noch in der Küche hantiert, oft vermeint, es sei ein Zeichen vom Liebsten auf der Straße, dann aber habe es allemal ein so grausenerregendes Gelächter aufgeschlagen, dass den Dirnen der Schreck in alle Glieder gefahren und sie gewiss Tags darauf den Dienst gekündigt hätten. Dies nun, so erzählt die vorhin erwähnte Frau, hat ungefähr bis in die neunziger Jahre gedauert. Da ist eine Köchin aus Schwaben in dem Hause in Dienst gestanden, die hat die Sache an einen katholischen Pfaffen geschrieben, dem sie früher die Wirtschaft besorgt. Der hat ihr nun auch geantwortet: der Spuk im Rauchfang rühre von niemand Anderem, als von dem Teufel selbst her. Den zu vertreiben kenne er nur ein Mittel, das helfe aber sicher. Dieses Mittel bat die Schwabenköchin auch angewendet. Etwas, meinte die Alte, muss sie aber doch dabei verfehlt haben, denn sonst würden die Gespenster gänzlich gewichen sein. Eine Türe, durch welche die Geister in früherer Zeit gewöhnlich zu kommen pflegten, wird heute noch in dem Hause gezeigt. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Gespenstertier

Source: Das Gespenstertier

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In Bern herrscht seit langer Zeit der Glaube an das so genannte Schaaltier. Vor etwa 50 oder mehr Jahren lebte in der Stadt ein Metzger, der die Tiere, die er schlachtete, zuerst aufs Grausamste quälte. Einst soll er z. B. einem Kalbe die Haut lebendig abgezogen, es dann an die Sonne aufgehängt haben, und es so jämmerlich umkommen lassen. Nun soll seine abgeschiedene Seele nimmer Ruhe finden; sie irrt nachts in der Gestalt eines grauenvollen Tieres in der Stadt und besonders in der Gegend des Schlachthauses umher, und erfüllt mit seinem Geheul die vom Schlafe Aufgeschreckten mit Schrecken und Grauen. Nach der Aussage vieler Leute, die es gehört haben wollen, soll es ein so abscheuliches Geschrei sein, dass man mit demselben nichts vergleichen könne, und es scheint als komme es von allen Seiten zugleich her. Besonders um die Weihnachtszeit soll es sein Wesen treiben. Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das gestohlene Kind

Source: Das gestohlene Kind

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Eine Mutter von Zeneggen hatte ein Kind, das sie mit allem Fleiss und inniger Mutterliebe pflegte, aber es wollte nicht gedeihen. Es blieb immer der kleine Knirps, und noch nie war aus seinem Mund ein einziger Laut vernommen worden. Ganz verdriesslich besuchte die Mutter ihre Nachbarin. «Ich weiss nicht», sprach die betrübte Frau, «was ich mit meinem Kinde anfangen soll. Es scheint gescheit zu sein; es versteht mich, aber reden will es nicht.» Die Nachbarin bemitleidete sie herzlich und erteilte ihr den Rat, das Kind in die Stube zu setzen, ihm viele halbe Eierschalen zur Unterhaltung vorzulegen und dann heimlich zuzuschauen, wie sich das Kind benehme. Die Mutter tat es. Wie war sie aber hocherfreut, als das Kind staunend ausrief: «So vill Häfelini häni noch nie gseh!» Abermals hielten die beiden Frauen Rat. Es war ihnen der Verdacht aufgestiegen, es sei das eigene Kind gestohlen und ein Zwergkind unterschoben worden. Nun gab die Nachbarin der geängstigten Mutter nochmals den Rat: «Nimm das Kind und geh damit auf den Bielhügel und peitsche es derart durch, dass das Geschrei weithin gehört wird; aber habe kein Erbarmen; dann wirst du vielleicht dein Kind wieder erhalten.» Die Mutter tat, wie ihr geraten wurde. Auf das Geschrei des misshandelten Kindes eilte nun aus dem nächstgelegenen Hause eine Gogwärgifrau herbei. Sie trug ein schönes, wohlgewachsenes Kind auf den Armen. Als die unbarmherzige Mutter noch derber auf das Kind einschlug, warf die Gogwärgifrau das Kind, das sie trug, ihr vor die Füsse und rief voll Entrüstung: «Säh, nimm du das deinige und ich das meinige, du unbarmherziges Muotterli!!» ZENEGGEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das getaufte Schaf

Source: Das getaufte Schaf

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Jenseits der hohen Bergspitze, Sureneneck genannt, zu der man von Uri aus über die Alp Waldnacht gelangt, liegen die weidenreichen Surener- oder Surneralpen, auf welchen vor etlichen hundert Jahren sich folgende Geschichte zugetragen haben soll. Ein Älpler, so erzählen die Engelberger und Urner, liebte von seiner Herde ein Schaf dergestalt, dass er auf den Gedanken kam, dasselbe unter Nachahmung der christlichen Gebräuche zu taufen. Zur Strafe dieser Untat wurde dieses Schaf von Gottes gerechtem Zorn in ein fürchterliches Ungeheuer verwandelt, welches auf den genannten Alpen unter dem dort weidenden Vieh eine so arge Verwüstung anrichtete, dass diese bald zu einer öden Wildnis und von dem Gotteshaus Engelberg an den löblichen Ort Uri um einen geringen Wert verkauft wurde. Da endlich nahmen die Urner auf Anraten eines fahrenden Schülers ein Kalb, das sie neun Jahre hintereinander mit Milch ernährten und zwar so, dass es das erste Jahr von einer Kuh, das andere Jahr von zwei, das dritte Jahr von drei Kühen und sofort die Milch erhielt. Nachdem die neun Jahre verflossen und das Kalb zu einem wahren Riesenstier herangewachsen war, wurde es von einer reinen Jungfrau auf die verödeten Surenenalpen geführt, wo es bald mit dem zum Ungeheuer verwandelten Schaf zu einem schrecklichen Kampfe kam, der mit dem Tod des letztern endete. Der Stier aber soll, erhitzt von der Anstrengung des Kampfes, „in vollem Schweiß aus dem vorbeifließenden Bach getrunken, dass er darüber auf der Stelle tot geblieben." Die Älpler zeigen nicht nur den sogenannten Stierengaden auf der Alp Waldnacht, aus welchem der Stier, der Sage nach, ernährt wurde, sondern auch das Merkmal seiner Klauen, das sich während des Kampfes in dem harten Stein eingeprägt haben soll. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Giwitzenriet

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Das Giwitzenriet Die Mädchen von Pfäffikon fürchteten sich früher davor, alte Jungfern zu werden. Wenn nämlich ein Frauenzimmer keinen Mann erwischen konnte, so wurde es nach dem Tode in einen Giwitz verwandelt und ins Giwitzenriet hinaus verbannt. Dort mußte es dann „alt Hoselääde cheue“. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Aus dem Fr. 12.7.1924. - Siehe Id. 2, 407 s. v. Giwitz, und Id. 4, 470 s. v. Giritzenmoos. „Nach dem Volksglauben Aufenthaltsort alter Jungfern, selten Junggesellen, die zur Strafe für ihre Ehelosigkeit in Kibitze verwandelt worden sind.“ Id. 4, 471: „Schon will ein Teil Leute prophezeien, Salomeeli gebe ein altes Meidli, denn es sei ja schon zwanzig Jahre alt und noch ledig. Es werde wohl aufs Wangener Ried aben kommen und alte Hosen plätzen müssen.“ Die Gchr. Maschwanden 1902 berichtet von einem abgegangenen Brauch: das „Girizimoosführen“. Von der Jungmannschaft wurde jenen, die einen nicht ganz ehrenhaften Lebenswandel führten, eine Katzenmusik dargebracht. Auf einem Wagen wurde mit Rätschen oder mit Sensen ein Höllenlärm erzeugt. Der Kibitz ist ein Sumpfvogel von rund 35 cm Länge, oben grün, unten weiss, mit schwarzer Federhaube. - In der Mundart heisst er Gibitz, Giritz, Giwitz; im Pfäffiker Lokalkolorit Giwix, Jahrbuch Pfäffikon Nr 1, S. 87, aber Gibitz. Ein Giritzenmoos ist verzeichnet auf der Gygerkarte 1667 bei Örlingen.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das gläserne Kämmerlein

Source: Das gläserne Kämmerlein

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Es waren einmal ein Mann und eine Frau, ein Knabe und ein Mädchen, sowie ein Kater und eine Katze, die mussten ein gläsernes Kämmerlein zerbrechen. Zuerst versuchte es der Mann. Er nahm die Axt, ging hin und schlug gegen die Wände, dass die zitterten, doch er war nicht im Stande, sie zu zerbrechen. Dann ging die Frau mit einem kleinen Besen hinauf. Sie schlug damit und auch mit dem Stiel hin und her, doch umsonst. Da nahm der Knabe, der bärenstark war, eine Hacke und ging hinauf, um es zu versuchen. Doch auch er konnte schlagen und hauen, so viel er wollte: das Kämmerlein blieb ganz. Da nahm das Mädchen die Hacke, ging hinauf und haute hin und her, so fest sie konnte, bis ihr der Schweiss über die Wangen herunterlief Aber alles war umsonst. Nun versuchte es der Kater mit seinen Krallen. Er kratzte mit all seiner Kraft. Doch wieder vergebens. Schliesslich ging die Katze hinauf. Und gerade als sie beginnen wollte zu kratzen, kommt eine Maus daher. Da führt die Katze mit dem Schwanz einen Schlag gegen das Kämmerlein, und dieses zerbricht in tausend Stücke. Nun! Wer war am fähigsten? «Die Katze!» - «Gut, so hebe ihr den Schwanz auf und lecke den Arsch!» (Unterengadin)   Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Gletscherseeli

Source: Das Gletscherseeli

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Das Gletscherseeli haben nicht alle gesehen, es liegt hoch oben auf dem Grat am kleinen Hockenhorn. Weit ab vom Wege der Menschen schläft es ungestört den ganzen langen Winter in seinem Gletscherbett unter der dichten Firndecke. Erst im hohen Sommer, wenn im Tale bald die Ähren reifen, öffnet das Gletscherseelein an warmen Nachmittagen sein grosses, rundes Auge und schaut verwundert nach der warmen Sonne am blauen Himmel, nach den unzähligen Bergesspitzen, nach dem Felskoloss, der schon Jahrtausende Wache steht zu seiner Seite und nach dem Menschenkind, das zaghaft am schmalen Rand vorüberschreitet, als fürchte es, das Gletscherseelein zu treten. Glücklich der Mensch, der mit hellem und reinem Auge sich spiegeln darf im kristallenen, blau und grün umrahmten Augenstern des Gletscherseeleins. Einer solch glücklichen, makellosen Seele lächelt das Gletscherseelein freundlich zu, während es sich umflort beim Anblick eines bösen Menschen. Das Gletscherseelein ist selbst ein Geheimnis und birgt wunderbare Geheimnisse in seiner Tiefe. Woher hat es sein klares Wasser, hoch oben auf dem Grat, wo nur die Winde Schneeflocken treiben, und wo keine Quellen rauschen? Das wüssten die armen Seelen zu sagen, die in grosser Zahl in der Tiefe des Gletscherseeleins frieren und weinen, seufzen und nach Erlösung schmachten. Von ihren Tränen wird das Gletscherseelein gespeist, darum sind seine Wasser so klar und hell, so lauter und so rein. Die armen Seelen im Gletscherseelein sind einmal lustige Menschen gewesen. Jünglinge und Jungfrauen, die in Alphütten und Bergstübchen lachten und scherzten, die mit ihren schönen falschen Augen andere lockten zu heimlichen Abendsitzen und Schmausereien, Zittelabenden und Tänzen. Jetzt müssen sie hier Reue- und Sühnetränen vergiessen für alle ungeziemenden Gedanken und Begierden, für alle leichtfertigen Blicke und losen Worte, mit denen sie andere narrten und verführten, und für alle Schweisstropfen, die auf den Tanzboden geflossen. Erst mit der letzten Reueträne fliegen sie in einer hellen Winternacht, völlig geläutert und gereinigt, selbst licht geworden wie ein Stern, hoch über die Sterne zu ihrem Schöpfer und Beseliger. Es gibt aber Seelen, deren Tränen in der eisigen Wildnis Jahre lang fliessen, vielleicht Hunderte von Jahren. In mondhellen Nächten kommen sie herauf aus ihrem kalten Kerker und reichen sich die bleichen Hände zu einem Tanz, zuerst um den schwindligen Rand des Gletscherseeleins. Je mehr Seelen heraufsteigen, um so länger wird die Kette, bis der Reigen das kleine und das grosse Hockenhorn umspannt. Kein Boden stöhnt, keine Musik spielt und kein Jauchzer erschallt, nur die Tränen fallen ohne Unterbruch auf den Schnee und wandeln sich bei der eisigen Kälte in glitzernde Kristalle, Sterne und Sternlein. Wie er gewachsen, so nimmt der Reigen wieder ab bis er sich nur mehr bewegt um den Rand des Gletscherseeleins, und bis endlich die letzte Seele wieder hinabsteigt in die geheimnisvolle Tiefe. Am Morgen beim ersten goldenen Sonnenblick glänzen noch die kristallenen Tränen, vergehen aber schnell als letztes Andenken an den nächtlichen Reigen. In stürmischen Winternächten müssen die armen Seelen heulend mit dem brausenden Sturm vorbeisausen über die Berg- und Alpentriften, die Schauplätze ihrer früheren Sünden. An den Hütten müssen sie vorbei, an den Scheunen, Ställen und Stübchen, wo sie einst in jugendlichem Übermut schwelgten. Warnen müssen sie die Lebenden, Türen und Fenster fest zu schliessen, die Abendsitze aufzuheben, die Lichter auszulöschen, sich dem Schutzengel zu empfehlen, und an das Ende aller Dinge zu denken. Einmal im heissen Sommer ist am Fusse des Hockenhorns ein lustiger Abendsitz gewesen. Der Spielmann durfte etwas kosten, aufgetischt wurde was Küche und Keller vermögen, es musste hoch hergehen, denn auch von andern Gemeinden waren Gesellen eingeladen. In dem engen Stübchen ist es heiss zum Glasschmelzen, so dass die Schweisstropfen sich zu allen Poren drängen. Mitten im Tanze geht die Türe auf, eine weisse Gestalt ist wie in einem Gedanken über die Schwelle  reingekommen und hat sich auf der Ofenbank niedergelassen, laut jammernd: O wie kalt, o wie kalt Und ich muss heute noch bis in den höchsten Grat. Augenblicklich war es in der dampfend heissen Stube gletscherkalt geworden, dass der Schweiss an den erbleichten Wangen erstarrte, und die erschreckte Gesellschaft zitterte vor Kälte. Die arme Seele aus dem Gletscherseelein wollte die jungen Leute am kleinen Finger spüren lassen, welche Pein die Tanzenden erwartet. Für diesen Abend war die Gesellschaft aufgehoben. Wie alle andern, so musste auch dieses Erlebnis als verborgenes Geheimnis von Ohr zu Ohr wandern, bis es plötzlich auf dem Dorfplatz stand am hellen Tage. Ein neulich aus der Fremde heimgekehrter Soldat tat gross mit seinem Unglauben. Aber als aufgeklärter Geist musste er der Wahrheit auf den Grund kommen. Eines schönen Morgens sieht man ihn mit dem treuen Gewehr an der Schulter und dem stolzen Federbusch auf dem Hute auf dem Weg zum Gletscherseeli. Am Rand des vom frostigen Nachtwind eisumflorten Gletscherauges nimmt er den schweren Stutzen in die Rechte, legt die Linke auf die Brust, und als gelte es den ganzen weiten Kreis der Berge als Zeugen anzurufen, ruft er mit starker Stimme: Ist etwas an der Zellätun Von den armen Seelen, So soll es mir ein Zeichen tun Und jawohl nicht fehlen. Bei diesen Worten stösst der tapfere Soldat den Gewehrkolben durch die dünne Eisschicht und zieht ihn zurück. Darf er seinen Augen glauben? Der Kolben ist abgeschmolzen, so weit er in das Wasser reichte. Von dieser Zeit an hat auch der Soldat nie mehr gezweifelt an den armen Seelen im Gletscherseeli. Quelle: J. Siegen, Sagen aus dem Lötschental, Erweiterte Ausgabe der Gletschermärchen (1905), Lausanne 1979. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Glöcklein von Aesch

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Das Glöcklein von Aesch Auf dem früheren Trottgebäude in Aesch hing ein kleines Glöcklein‚ welches dann ins alte Schulhaus versetzt wurde. Davon berichtet der Volksmund: Die Gemeinde Aesch wünschte einst das kleinste Glöcklein aus dem Kirchturm von Birmenstorf zu erhalten. Sie erhielt es auch, aber die Birmenstorfer gaben es nicht umsonst, sondern die Leute von Aesch mussten ihnen das Glöcklein mit gedörrten Birnen füllen, weil die Birmenstorfer Birnbäume seit Jahren keine Frucht mehr getragen hatten. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Knonauer Amt SAVk 3, 179: „Glockensagen der Schweiz“, Kt. Zürich mit Aesch, Pfalz-Zürich, Hombrechtikon, Neftenbach, Dorf, Dürnten, Zollikon. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Glöcklein von Zollikon

Source: Das Glöcklein von Zollikon

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Das Glöcklein von Zollikon Die vierte oder kleinste Glocke vom Geläute zu Zollikon soll aus dem 1267 oder 1268 zerstörten Raubnest Glanzenberg stammen. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Nüscheler in SAVk 3, 180: „Glockensagen der Schweiz“, S. 179, Kanton Zürich mit Aesch, Pfalz-Zürich, Hombrechtikon, Neftenbach, Dorf Dürnten, Zollikon. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Glöcklein zu Dorf

Source: Das Glöcklein zu Dorf

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Das Glöcklein zu Dorf Das kleinere Glöcklein im Kirchturme zu Dorf, mit dem Spruche: „O rex glorie Christe veni cum pace“ sei ganz aus Silber, sagte man früher. Das wussten auch die Mönche in Rheinau, und sie machten Anstrengungen, es als Wetterglöcklein zu erwerben. Aber die Dorfemer gaben es nicht her, auch als der Abt ihnen dafür eine viel grössere Glocke anbot. Schätz wohl, sie wollten selber fürs Wetter läuten. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Winterthur und Weinland A. Nüscheler in SAVk 3, 179.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Glücksheer

Source: Das Glücksheer

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Wenn das wilde Heer von der Froburg aus ins Fricktal hinüber fährt, läßt es sich an den Bergen bei Ormalingen auf dem Platze nieder, wo die Stadt Malhausen untergegangen sein soll. Sie hat sich, heißt es, zwei Stunden in die Länge erstreckt, von den Dörfern Ormalingen und Rotenfluh an bis an den Fuß des Schloßberges der alten Farnsburg. Sammt ihren 15 Stadttoren und 40 Türmen ist sie durch ein Erdbeben verschüttet worden. Jetzt schweift der Geist des Rotenfluhers hier in Flammengestalt umher und läßt seinen Weidmannsruf Hopp, Hu-dada! erschallen. Ein Mann, der ihm dieses Lockwort unabsichtlich nachsprach, wurde dafür die lange Nacht von unsichtbarer Gewalt in der Irre umher geschleppt und fand sich, von Dornen wundgerissen, bei Tagesanbruch droben auf der Ruine der Farnsburg liegen, stundenweit ab von seinem Ziele. Von hier aus steigt die Jagd wieder gegen die Geisfluh zu den Salhöfen zurück und fällt über die Schafmatt ins Aargau ein. Zuweilen zieht sie sich auf der Höhe des letztgenannten Passes über die Wasserfluh fort zu der Rockenmatt und tummelt sich auf der Nordostseite dieser unwirtlichen Berge herum. Hier auf der Pilgernmatte stand ehedem ein Bauernhaus, das die Grenze zwischen dem Alten Aargau bildete, welches zu Bern gehörte, und zwischen dem Fricktal, das damals noch eine vorder-österreichische Landschaft war. Auf diesem Punkte ist auch jetzt noch der wunderlichste Nachtlärmen zu vernehmen, bald Geschrei, bald Gesang; bald ist es, als hörte man eine ganze Prozession zusammen beten, bald als hörte man einen Haufen Verdammter ächzen und brüllen. Bald scheinen sie in der Luft sich zu bekämpfen, bald im Hochwalde drinnen rottenweise gegen einander zu feuern, bald mit einander lustig zu tanzen. Dann klettern die Tänzer rasch die Tannen hinan, Hörner blasen, Flintenschüsse knallen, die Äste krachen, und wo einer hinangestiegen ist, verdorrt der Baum. Bald nennt man es das Wütigs-, bald das Gutigs Heer und Glücksheer. Wenn es sich zur Erntezeit hören läßt, droht Regenwetter, und man hat sich zu beeilen, die Garben vom Felde heim zu bringen. Aber um Weihnachten hört es der Bauer um so lieber; je tönender und voller dann die Kriegsmärsche lauten, um so zahlreichere Garben hofft er im Sommer zu binden.  Sage aus dem Fricktal Band 3.1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962 9. Kapitel, S. 62  Notitz:  Notiz: Im selben Buch S.40 wird die Farnsburg (Varnsburg) erwähnt: das Jahrbuch der Stadt Zürich (bis 1336) nennt neunundzwanzig Burgen, die durch das Erdbeben im Jura (1356 = das grosse Erdbeben) zerstört wurden:  „An Sant Lucastag zuo herbest kam diu groz erdbidem, daz vil stett und burg nieder fielent. Des ersten fiel Basel nieder und verbran. Es fielent ouch diu festi Honberg, zwo Schowenburg, dri vestin, hiezent Wartenberg, es fielen Rienberg, Varnsburg, Wildenstein, Augenstein, Froburg.“ Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Gogwärgi als Hirter

Source: Das Gogwärgi als Hirter

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Bei der Geissbalme oberhalb Naters lebten auch Gogwärgini. Eines von ihnen hirtete im Winter einer Anzahl Bauern aus Naters das Vieh. Nur hatte es zum voraus erklärt, bei schlechtem Wetter müssten sie selber kommen, bei gutem Wetter wolle es alles besorgen. Nun gut, die Leute zogen nach Naters. Bald darauf begann es heftig zu schneien, so dass die Bauern nur mit Mühe zu ihrer Alpe steigen konnten. Das Gogwärgi war aber ganz guter Laune, sass auf der Scheunenstiege, baumelte mit den Beinen und lachte sie aus, das sei doch kein schlechtes Wetter. So gingen die Bauern zufrieden wieder ins Dorf und waren froh, dass ihr Vieh so gut gepflegt sei. Darauf windete es einige Tage hintereinander. Zufällig kamen einige Männer in die Alpe. Wie staunten sie, als ihr Vieh fast am Verhungern war. Vom Hirter war vorerst keine Spur zu finden. Schliesslich entdeckten sie in der Scheune ein Tränkfass mit Wasser, und in den Heustock war ein grosses Loch gemeisselt. Darin war der Zwerg versteckt, damit der Wind ihm nichts anhaben könne. Natürlich machten ihm die Natischer heftige Vorwürfe, das sei doch keine Art, die Tiere da fast verhungern zu lassen. Das Gogwärgi stieg aus dem Heustock und zeigte das halbleere Tränkfass. «So wie hier das Wasser schon verdunstet ist, trocknet uns der Wind das Blut aus den Adern und frisst das Mark aus den Knochen! Alle Wetter wären zähm, Wenn der Wind nicht käm’!» NATERS Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Gogwärgi in der Mühle

Source: Das Gogwärgi in der Mühle

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Im Mundkin war ganz früher eine Bäckerei und eine Mühle. Da half ein Gogwärgi mit und backte ganz ausgezeichnetes Roggenbrot, wie man sonst keines antraf, weit und breit nicht. Da dachte der Rat, ihm auf Weihnachten etwas als Belohnung zu schenken. Er liess ihm in Brig ein schönes Kleid aus Drilch herstellen und legte es auf Weihnachten in die Mühle. Das Gogwärgi zog es an, betrachtete sich voll Stolz und erklärte: «Jetzt bin ich ein schöner Mann, der nicht mehr mahlen kann!» Seit diesem Tag ist es nicht mehr zur Arbeit erschienen. MUND Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Gogwärgi stiehlt

Source: Das Gogwärgi stiehlt

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Ein Natischer trug einmal eine Tschifra voll Fleisch hinauf nach Blatten, um es dort aufzuhängen und trocken zulassen. Auf dem Wege bezog ihn ein Gogwärgi und wollte ihm ständig die Last tragen. Der Natischer glaubte, er sei es dem Fleisch schon, aber schliesslich gab er dem Drängen doch nach und liess diesen hilfsbereiten Begleiter tragen. So zogen beide über die Mehlbaumbrücke Blatten zu. Das Gogwärgi ging aber immer rässer und rässer den Mehlbaumwald hinauf, dass der Natischer nicht mehr folgen konnte und dem Fleisch und dem Gogwärgi schliesslich schweren Herzens nachschauen konnte. Beim Geimerhorn soll der alte Ruppen aus Naters das letzte Gogwärgi dieser Gegend gesehen haben. NATERS Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Gold im Mürtschen

Source: Das Gold im Mürtschen

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Einst kam auf seinen Wanderungen von Italien her ein Fahrender Schüler, oder, wie man sie auch nannte, ein «Venediger», auf den Kerenzerberg. Der unterhielt die Bauern an hellen Abenden mit allerlei Liedern und Spässen und mit seinen kleinen Zauberkünsten. Als er so ihr Vertrauen hatte und sie nichts Böses von ihm dachten, begann er, auch in die Alpen am Mürtschenstock zu steigen um allerhand Heilkräuter zu suchen. Niemandem fiel es auf, dass er eine kleine Schaufel oder einen Pickel mitnahm, denn Enzianwurzeln oder Alraunenmännchen wachsen in der Erde und nicht über dem Boden. Niemand auch sah sich sein Felleisen genauer an, wenn er abends vom Berg kam und einen Strauss Kamillen oder Silbermänteli mitbrachte. Eines Abends aber liess er aus Versehen das Felleisen an der Ofenbank liegen, ehe er schlafen ging. Die junge Magd, nicht faul, nestelte neugierig daran herum und hatte bald heraus, dass in der Tiefe der Tasche nicht Enzianwurzeln, noch Alräunchen lagen, sondern schwere Steinbrocken. Die glitzerten wie lötiges Gold im Kerzenschein. Rasch rief die Magd dem Wirt; der verwunderte sich nicht weniger über die heimlichen Funde des Venedigers, und obgleich sie sich in die Hand versprachen, noch kein Wort verlauten zu lassen, so wusste nach kurzem das ganze Dorf, dass der fremde am Mürtschenstock Gold grabe und damit ein reicher Mann werden möchte. Nun lachte niemand mehr, wenn er abends seine Karten zaubern liess und auf der Laute spielte. Bald merkte er, dass ihm die Bauern keineswegs mehr hold waren; sie gingen ihm aus dem Weg und folgten ihm heimlich, wenn er zu Berg stieg. Das aber war ihm zuwider, und eines Nachts war er für immer verschwunden. Die Bauern aber fingen nun an, in den Höhlen und Gängen des Mürtschen zu graben und zu schürfen, und wenn sich’s auch herausstellte, dass sie kein lötiges Gold, sondern rotes Kupfer gruben, so tat das ihnen wenig, denn sie verkauften es weitherum an Glockengiesser und Münzenschmiede und verdienten so ein schönes Geld. Als sie aber keines mehr fanden, liessen sie das Knappenhaus samt den Höhlen und Schächten verfallen, das Hämmern und Pochen verstummte, und sie wurden wieder Bauern, wie sie zuvor gewesen waren und heute noch sind.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Das Gold in der weissen Fluh

Source: Das Gold in der weissen Fluh

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Ganz Wengen wusste früher um den Schatz in der weissen Fluh oben auf Biglenalp. Da ist ein riesiger Haufen Gold verborgen. In einem der höchsten Wipfel der vieltausend Tannengrotzen auf Wengernalp hängt ein rarschöner Schlüssel. Wer das Glück hat, ihn zu finden, dem öffnet er ein verstecktes Tor in der weissen Fluh. Sobald es in den Angeln knarrt, stürmen zwei blütenweisse Pferde in schnaubendem Galopp heraus. Sie sind beide schwer mit Gold beladen. Wem es einmal gelingt, sie zu erstellen, dem gehören Schimmel und Schatz. Quelle: Hans Michel, Ein Kratten voll Lauterbrunner Sagen. Wengen 1936. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Gold unter dem Hause

Source: Das Gold unter dem Hause

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In das Haus eines Bauern (Jakob Eberle) auf dem Kleinberg kam etwa vor 100 Jahren ein Venedigermannli. Nachdem es einige Tage die Gastfreundschaft des Landmannes genossen hatte, teilte es diesem beim Abschiede das Geheimnis mit, dass das Haus, welches ihn beherberge, auf Gold stehe. Der Bauer blieb ungläubig und spottete darüber. Das Venedigermannli entfernte sich zürnend. Der Schatz blieb ungehoben. A. Sprenger Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 293, S. 163 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das gold. Kegelspiel auf Nieder-Juvalt

Source: Das gold. Kegelspiel auf Nieder-Juvalt

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Auch in den Schlossruinen von Nieder-Juvalt ausserhalb Rothenbrunnen liegt ein goldenes Kegelspiel vergraben. Zuweilen vernahmen Solche, die Nachts unterhalb den Ruinen vorbeige­hen, wie die alten Ritter droben damit sich belustigen, gewahren auch die Stelle des Spuckes von hellem Lichte beleuchtet. Bei jeder Annäherung aber erlöscht das Licht und verschwinden Ritter und Kegelspiel. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Goldbrünnlein

Source: Das Goldbrünnlein

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Unterhalb der Thürnerfluh entsprang früher im Walde eine Quelle, das Goldbrünnlein. Es war aber nur einem einzigen Manne bekannt, dass das Wässerlein Gold mit sich führte. Es gelang ihm, allwöchentlich einen Fingerhut voll dieses edlen Metalles zu gewinnen. Doch kam ihm einer auf sein heimliches Tun. Dieser schüttete Quecksilber in die Quelle. Von nun an blieben die Bemühungen des Goldsuchers erfolglos. Die Goldquelle war für immer versiegt. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Das Goldbrünnlein am Silberspitz

Source: Das Goldbrünnlein am Silberspitz

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Aus einer Höhle am Silberspitz oberhalb der Mürtschenalp fliesst das pure Gold, aber nur an Mariä Himmelfahrt, kurz vor Sonnenaufgang. Das wussten vor allem die Venediger und die fahrenden Schüler, von denen mancher dort oben zu grossem Reichtum kam. Einmal wollten zwei Kerenzer, Peter Heussi und Tagwenvogt Schrepfer, am Silberspitz ihr Glück versuchen und stiegen an jenem heiligen Tage zur Höhle hinauf. Kurz vor dem Loch sperrte ihnen ein vorspringender Felsen den Weg, und wie sie sich anschickten, das Hindernis zu überklettern, stürzten sich zwei mächtige Raben mit wütendem Gekrächze auf sie herab. Der Tagwenvogt bekämpfte die Vögel, während Heussi zur Goldquelle vordrang. Doch mussten die Sonnenstrahlen die Höhle bereits gestreift haben, denn als Peter die glückverheissende Stelle erreicht hatte, floss kein Gold mehr. In einem Umkreis von mehreren Schritten war das Gras versengt und die Alpenrosenbüsche verkohlt, als ob eben hier Brände gelöscht worden seien. Enttäuscht kehrte Heussi zu seinem Begleiter zurück. Der Tagwenvogt hatte inzwischen die Raben glücklich vertrieben. Da gewahrten die beiden Goldsucher am Himmel ein kleines gelbgraues Wölklein, das unversehens grösser wurde und zu einem wahren Berg anwuchs, aus dem plötzlich ein schwerer Hagel herniederprasselte. Das Unwetter verfolgte die fliehenden Männer bis auf die Alp hinunter. Merkwürdigerweise fiel das Gewitter nur auf die beiden Kerenzer, während sonst ringsum alles verschont und trocken blieb. Heussi und Schrepfer wagten sich nie mehr in jene verzauberte Gegend hinauf.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Das goldene Kegelries (Amden, SG)

Source: Das goldene Kegelries (Amden, SG)

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Auf dem Gasterholzhügel stand vor alten Zeiten ein Schloss mit unglaublichen Reichtümern. Alles ist heute verschwunden, nur das goldene Kegelries ist noch im Boden vergraben. Die einen behaupten, es sei unmöglich, den Platz ausfindig zu machen, den ein grosser, schwarzer Hund bewache. Die andern aber sind der Meinung, wenn der Wald einmal ausgewachsen sei und gefällt werde, dann müsse der Schatz zum Vorschein kommen. B. Steiner Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 377, S. 216f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das goldene Kegelries auf dem Bristen

Source: Das goldene Kegelries auf dem Bristen

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1. Ein Küher hat es einst, man weiss nicht wie, gefunden. Aber, statt es sofort einzupacken und mit nach Hause zu eilen, hat es der Lahli stehen lassen und ist einer Kuh nachgelaufen, die sich in die Geissweide verstiegen hatte. Als er wieder zurückkehrte, war die ganze Herrlichkeit verschwunden. Jos. Maria Zberg, 75 J. alt, Silenen Alle Jahre zu Mitte August morgens vor Sonnenaufgang erscheinen ihrer drei und spielen mit dem goldenen Kegelries auf dem Höchsten Bristen. Würde da jemand Gesegnetes auf die Kegel streuen, so könnte er sie bekommen. Jos. Zgraggen, Rütlipächter 2. Auch auf der Langlaui am Abhang des Bristenstockes ist laut Offenbarung eines fahrenden Schülers ein goldenes Kegelries. Wenn einmal einer aus der Gegend sieben (neun) Jahre hindurch die nämliche weisse Trychelgeiss hirtet, so wird sie im siebenten (im neunten) Jahre zu diesem Kegelries laufen. Aber bis heute ist das noch nie geschehen. Frz. Jos. Zurfluh, 75 J. alt, Intschi Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das goldene Kegelries auf dem Rosstock

Source: Das goldene Kegelries auf dem Rosstock

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a) Durch eine ausgedehnte, malerische Rundsicht zeichnet sich aus der Rosstock, der vom Schächen-, Muota- und Riemenstaldentale aus leicht erstiegen wird. Auch die Sage liebt ihn und schenkt ihm ein goldenes Kegelries samt zwei goldenen Kegelkugeln. Das ganze Jahr hindurch ist dieser Schatz tief im Berginnern verborgen oder überhaupt unsichtbar, nur am Palmsonntag, während in der Kirche die Leidensgeschichte des Heilands gelesen wird, oder wie andere wissen wollen, alle 100 Jahre zu Mitte August früh am Morgen, ehe die Sonne an die Gräte scheint, kommt er ans Tageslicht. Ein Bürgler Hirtenbub hat ihn einmal getroffen. Sofort eilte er nach Hause, um einen Korb zu holen. Als er aber mit dem Korbe wieder oben ankam und einpacken wollte, war alles verschwunden. Hätte er einen alten Schlärp darauf gelegt und auf der Stelle zurückgelassen, so wäre das Kegelries nicht verschwunden. Jos. Maria Gisler, 80 J. alt, Bürglen, u.a. b) Der Bub stieg zuerst einem Flüehblüemli nach, das er in einem Felsenband blühen sah. Adelrich Arnold, Bürglen c) Der Bub sah das Kegelries, während er bei einem schrecklichen Hagelwetter die Viehherde zusammenhalten musste. Es war aber nur Blendwerk des Bösen, der ihn verleiten wollte, die Pflicht zu verletzen und die gefährdete Herde zu verlassen. Hätte er die Kegel holen wollen, er hätte sie doch nicht gewonnen. Alois Arnold, 80 J. alt, Sisikon d) Ihrer drei spielen dort toujours mit diesem Kegelries. Früher liessen sie sich jeweilen am Karfreitag unter der Passion sehen. Da kletterte einer hinauf, um sich das Ries anzueignen. Schon griff er darnach, als ein Stein unter seinen Füssen losbrach, so dass er in die Tiefe stürzte. Von dieser Stunde an wurden jene drei nie mehr sichtbar und auch das Kegelries nie mehr. Karl Gisler, 75 J. alt, Unterschächen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das goldene Kegelspiel

Source: Das goldene Kegelspiel

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Eidechsen huschen heute um die verträumten Überreste der Burg «Benzingen» bei Schwanden. Schade, dass die schillernden Tierchen nicht reden können! Sie würden uns vielleicht ausplaudern, wo das goldene Kegelspiel liegt, das die letzten Burgherren bei ihrem Wegzug vergessen haben. Im Jahre 1731 aber wusste des Mühlebächlers Knecht Heiri Kundert - woher, das sagte er nicht - , dass ein unterirdischer Gang von der Hoschetwirtschaft nach dem Schloss hinauf führe, geradewegs auf das köstliche Spielzeug hin. Einige Näfelser, ein fremder Student und ein buckliger Geselle aus dem Gaster kamen mit dem Knecht überein, den geheimnisvollen Gang zu suchen. Dass die Wirtin mit dabei war, versteht sich. Solch ein Kegelspiel zu zeigen oder gar aufstellen zu können, würde die trinkfesten Ratsherren und Tagwenvögte besser anlocken als das rostige Wirtshausschild über der Türe! So stieg man denn um Mitternacht zuversichtlich in den Keller und grub, was das Zeug hielt. Als sie nach langem Pickeln und Schaufeln auf eine merkwürdige, verheissungsvolle Nische stiessen, glaubten sie, den Schatz bald mit den Händen greifen zu können. Bestimmt hätten sie ihn auch gefunden, wenn die Wirtin nicht gerufen hätte: «Das ist ja nur eine alte Räbengrube!» Von diesem Augenblick an war alles Graben nutzlos, und auch die Zauberbücher des Studenten und die Geistersprüche des Buckligen halfen nichts. Das Loch war und blieb eine gewöhnliche Räbengrube. Hätten die guten Leute aber den festen Glauben an ihr Glück behalten, wer weiss – sie hätten vielleicht das goldene Kegelspiel an die Sonne gebracht. Seither hat niemand mehr danach gegraben.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Das goldene Kegelspiel (Bauma/ZH)

Source: Das goldene Kegelspiel (Bauma/ZH)

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Da, wo jetzt das Dorf Bauma steht, lag vor alten Zeiten ein grosses Ried, die Münzach genannt. In diesem Sumpfe sah man etwa blaue Lichtlein herumirren. Das waren die Seelen der Ritter von Alt-Landenberg, die im Grabe keine Ruhe finden konnten. In den heiligen Nächten verwandelten sich die irrenden Seelen wieder in leibhaftige Ritter. Diese zogen jeweilen ein goldenes Kegelspiel hervor und kegelten über das Ried hin. Schlag ein Uhr verschwand alles wieder bis auf die blauen Lichtlein, die weiterhin in den Wassertümpeln herumsprangen. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Etzensberger, Heimatkunde von Bauma. Münzach ist entstanden aus Münz (Wasserminze) und Ach (Au) und bedeutet eine mit Minze bestandene Gegend; heute Bahnhofsquartier. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch


by Das goldene Kegelspiel (Mörsburg/ZH)

Source: Das goldene Kegelspiel (Mörsburg/ZH)

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Eine Stunde von Winterthur liegt die alte Mörsburg mit ihren gewaltigen Mauern. Eine Viertelstunde davon bei dem Dörflein Sulz soll ein anderes Schloss, Sulz genannt, gestanden haben Beide Burgen, Mörsburg und Sulz sind, wie die Leute sagen, durch einen unterirdischen Gang verbunden. In diesem Gange sitzt ein schönes Fräulein, zu dessen Füssen ein schweres goldenes Kegelspiel liegt mit goldenen Kugeln, und ein grosser schwarzer Hund liegt daneben. Das Fräulein wartet, in diesen finstern Gang gebannt, bis ein reiner Jüngling kommt; nur einen solchen lässt der Hund nahe treten. Als dann kann ein solcher Jüngling das Fräulein mit drei Küssen erlösen und sie samt dem Kegelspiel heimführen. Quelle: Theodor Vernaleken, Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch


by Das goldene Kegelspiel (Ruchenberg/ZH)

Source: Das goldene Kegelspiel (Ruchenberg/ZH)

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Im Graubündnerland gibt's eine Schloßruine, heißt Ruchenberg und liegt zwischen den schönen Ortschaften Trimmis und Zizers. Dort gespenstert's seit alter Zeit. Eines Nachts ging ein Bauer, der sich den Tag über lustig gemacht hatte, an der zerfallenen Burg vorbei. Da vernahm er von dem Gemäuer her ein seltsames Aufschlagen. Es war, als schlüge jemand mit Eisenhämmern daran. Verwundert blieb er stehen und schaute zur Burg hinauf. Da sah er durch die Bäume einen hellen, roten Schein. Wie er genauer hinsah, war ihm, als sehe er allerlei gespenstige Gestalten sich um die zerfallene Mauer herum bewegen. Dabei ging ein unablässiges Aufblitzen durch Baum und Strauch, als ob man bei der Burg Feuer aus den Mauern schlüge. Obwohl ihm bei der Geschichte nicht recht wohl war, übernahm ihn doch die Neugier. Er wollte sehen, mit wem er's da droben zu tun habe. So machte er sich behutsam näher ans Schloß heran, und auf einmal stand er in einem hellen Schein, denn die Schloßmauer war ringsum taghell erleuchtet. Schnell drückte er sich in den Schatten eines gewaltigen Baumes. Und da sah er von der Schloßmauer aus auf dem glatten Rasen ein glänzendes Kegelspiel stehen, neun Kegel aus lauter lötigem Gold. Und nicht weit weg davon standen drei Ritter in klirrenden Eisengewändern. Aber ihre Waffen lagen an der Mauer. Ein jeder hielt eine goldene Kegelkugel in der Hand und schob sie mit Macht nach dem goldenen Kegelspiel, also daß die einfallenden Kegel aufschlugen und weithin klangen. Der Bauer schaute dem mitternächtigen, wunderlichen Spiel eine Weile zu, und da er sich auch aufs Kegelschieben verstand und sonntags immer einer der ersten auf dem Platze war im Dorfwirtshause, wenn es galt, ein Schaf auszukegeln, so ärgerte er sich, daß die drei Ritter nie alle neune zu werfen vermochten, wie sehr sie sich auch anstrengten. Wie sich nun die Ritter, ermüdet, ein wenig abseits niederlegten und zu schlafen schienen, ertrug der Bauer das untätige Dastehen nicht länger. Er wollte einmal versuchen, ob er's nicht besser könne als die drei starken, geharnischten Ritter. Dabei hatte er aber im Sinne, sich gleich nach dem ersten Wurfe mit einer der goldenen Kugeln, die bei den Rittern lagen, davonzumachen. Sachte schlich er zum Kegelplatz. Und als er sah, daß die Ritter mit geschlossenen Augen dalagen und fest zu schlafen schienen, ergriff er eine der glänzenden Kugeln, wog sie ein paarmal nach Keglerart auf der Hand, stellte sich dann vor das Laufbrett, maß mit den Augen und zielte. Dann holte er mit Macht aus und schob die Kugel ab, wobei er ein Bein hochzog und mit beiden Armen in der Luft herumfuhr, als wäre sein Bein das Steuer und seine Arme die Ruder der abgeschnellten Kugel. Heidi, wie sauste die goldene Kugel davon! Es wetterleuchtete nur so die Schloßmauer entlang, und pauz pardauz! schoß sie in die Kegel hinein, daß alle klingend übereinanderpurzelten. "Alle neune!" lärmte der Bauer vor Freude. Und vom Schlosse aus antwortete ein geisterhaftes Echo! "Alle neune!" Da schrien die Ritter auf, es gab einen gewaltigen Lärm rings um das Schloß, ein Donnerschlag geschah, und mit einem Male versanken Ritter, Kugeln und Kegel in der Erde. Der helle Schein verschwand, und jetzt stand der Bauer zitternd, mit schlotternden Knien, allein im finsteren Schloßwald. Wie er sich aber von seinem gewaltigen Schrecken erholt hatte, machte er, daß er schleunigst weiter kam, und sein Lebtag bereute er, daß er den Mund nicht hatte halten können, denn gewiß hätte er die Ritter erlösen und das schöne goldene Kegelspiel gewinnen können. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das goldene Kegelspiel (Sennwald/SG)

Source: Das goldene Kegelspiel (Sennwald/SG)

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Auch in Sax erzählt man von einem goldenen Kegelspiel, das bei der Ruine Hohen-Sax vergraben sein soll. Wenn die Freiherren nichts zu tun hatten und das Wetter schön war, gingen sie in den Hof, und der Kastellan stellte die goldenen Kegel auf. Die Kugeln waren auch aus Gold, und wie schön mag der Anblick gewesen sein, wenn die blitzenden Kugeln unter den goldenen Kegeln tüchtig aufräumten. Das Kegelspiel bildete den Schatz der Freiherren, der nie verkauft werden durfte. Nur der Schlossherr und der Kastellan wussten, wo die Kegel aufbewahrt wurden. Nun aber gab es einmal einen schlechten Schlossverwalter; als die Schlossherren im Krieg waren, stahl er das Kegelspiel und machte sich davon. Bald kamen aber die Freiherren nach Hause, und nun wurde Jagd auf den Untreuen gemacht; er wurde eingebracht samt seinem Raub. Der Dieb wurde hingerichtet, konnte aber im Tode keine Ruhe finden, sondern muss das Kegelspiel hüten und das auch jetzt noch, da die Burg zerstört ist. In mondhellen Nächten kommt er und stellt für einige Minuten das Spiel auf den gewohnten Platz im Burghofe, um es gleich nachher wieder zu verbergen. K. Kappelei.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 85, S. 39 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das goldene Kegelspiel (Tablat/SG)

Source: Das goldene Kegelspiel (Tablat/SG)

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In der Nähe der Martinsbrücke soll ein goldenes Kegelspiel liegen. Schon viele sind gegangen, es zu holen, doch nimmer heraufgekommen. Einer Frau, die nachts die Brücke passierte, folgte eine schwarze Katze, einer andern ein schwarzer Mann und zwar bis zu dem Bildstock bei Eggersriet. U. Sprenger * Bei der Martinsbrücke befindet sich eine Höhle, in welcher ein goldenes Kegelspiel ist. Vor diesem sitzt der Böse selbst, der es bewachen muss. Mündlich Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 8, S. 8 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das goldene Kegelspiel (Wartau/SG)

Source: Das goldene Kegelspiel (Wartau/SG)

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Ein Knecht Friedrich verliebte sich in die Tochter des Burgherrn. Letzterer trat einer Verbindung heftig entgegen. Allein der entschlossene Jüngling flüchtete sich heimlich mit seiner Geliebten. In Sargans hoffte er zum Ziele seiner Wünsche zu gelangen. Der ergrimmte Burgherr schickte jedoch seine andern Knechte nach. Sie ereilten die Entflohenen am Schollberg, und beim Zusammentreffen tötete Friedlich im Augenblicke der höchsten Erregung einen der Knechte, seinen Freund Hans. Sobald er dies erkannte, lähmte der Schreck seine Glieder, und widerstandslos liess er sich vor den strengen Burgherrn führen. Dieser verkündete ihm den Tod. Friedrich vernahm das Urteil mit guter Fassung und bat nicht um sein Leben. Nur die Bitte noch möge man ihm, dem Unglücklichen, gestatten: mit der goldenen Kugel in einem einzigen Wurfe den König im goldenen Kegelspiele umzuwerfen. Sein Wunsch wurde unbedenklich gewährt. Wie die Kegel standen, zielte Friedrich und warf den König um, diesen ganz allein. Dann erklärte er dem finstern Herrn auf dessen Befehl die Bedeutung des Vorganges. Unter dem umgefallenen Könige sei der Burgherr zu verstehen, der vor dem erwachten Freiheitsdrange des Volkes bald stürzen werde, und die acht stehen gebliebenen Kegel bedeuten seine sieghaften Untertanen. Unterdessen hatte sich vor dem Tore das empörte Volk gesammelt, und wie Friedrichs letztes Wort verhallte, war jenes in den Schlosshof eingedrungen. Burgherr und Kegelspiel wurden gleich in den tiefen Brunnen geworfen, woselbst der hohe Schutt der gebrochenen Burg sie jetzt noch deckt. Friedrich aber war davongeeilt, seine Mariot zu suchen. Er fand sie im Garten und fiel im Überdrang der Gefühle auf die Knie. Im selben Augenblicke jedoch traf ihn von hinten der tödliche Streich eines nachgeeilten wilden Schlossgesellen. U. Adank Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 160, S. 75f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das goldene Kegelspiel auf Ruchenberg

Source: Das goldene Kegelspiel auf Ruchenberg

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Von den Wolken, von den dunkeln, Ist verdeckt der Sterne Funkeln, Stürme ziehen ein und aus; Rauschend geh\'n des Waldes Bäume; Durch die finstern hohlen Räume Eilt ein Bauer schnell nach Haus!  –   Sieh\' was ist das für ein Glänzen, Das in lichten Feuertänzen Lustig durch die Äste dringt, Horch\' was ist\'s, das in so schönen Wundervoll metall\'nen Tönen Durch die Lüfte lockend klingt. –   Forschend strebt er hin zur Stelle, Wo das Tönen, wo die Helle Durch die dunkeln Räume floss; Dringend durch des Waldes Dichte Sah er bald von gold\'nem Lichte Rings umflirrt das alte Schloss. –   Bei dem moosigen Gemäuer, In dem wundervollen Feuer Standen dort der Ritter drei, Gold\'ne Kegel leuchtend lagen Auf dem Rasen umgeschlagen, Und die Kugeln auch dabei. –   Und die Drei, als sie die Kegel Aufgestellt in schöner Regel, Fingen neues Spiel jetzt an. Schwangen durch die Lust die blanken Kugeln, dass die Kegel sanken Klirrend auf den grünen Plan. –   Und sie spielten lange, lange, Und beim heitern hellen Klange, Bei des Goldes lichtem Schein, Schlich bei wonnevollem Schauer In das Herz dem armen Bauer Heisse Spielbegier sich ein. –   Immer näher, näher kam er, Eine von den Kugeln nahm er, Stille schauten Jene zu; Und von neuem Mut getragen Ward des Bauern keckes Wagen Bei der finstern Ritter Ruh\'. –   Golden blitzten dort die Kegel, Aufgestellt in schöner Regel, Und er fing zu spielen an; Warf mit Kraft den spiegelblanken Ball hin, dass die Kegel sanken Klingend auf den grünen Plan. –   Doch, so wie er ihn geschwungen, Wie die Kegel nun erklungen, Scholl auf einmal gross\' Geschrei; Und die Kugeln und die blanken Kegel in die Erde sanken, Und die Ritter alle Drei. –   Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das goldene Kegelspiel in den Burgen der Freiherren von Vaz

Source: Das goldene Kegelspiel in den Burgen der Freiherren von Vaz

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Eine Viertelstunde weit vom Dorfe Obervaz liegt die alte Ruine der Freiherren von Vaz, »Nivaigl« genannt, mit ihren gewaltigen Mauern. Ob dem Dorfe Lain, welches auch zu Obervaz gehört, stand auf einem Hügel ein anderes Schloss, »Lunat«. Beide Burgen, Nivaigl und Lunat, sind, wie die Leute sagen, durch einen unterirdischen Gang verbunden. In diesem Gange sitzt ein schönes Fräulein, zu deren Füssen ein goldenes Kegelspiel liegt, mit goldenen Kugeln, und ein grosser schwarzer Hund kauert daneben. Das Fräulein wartet, zu gewissen Zeiten in diesen finstern Gang gebannt, bis ein »reiner« Jüngling kommt; nur einen Solchen lässt der Hund nahe treten. Mit »drei« Küssen kann Der sie erlösen und sie samt dem Kegelspiel heimführen. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das goldene Kegelspiel in Sulz

Source: Das goldene Kegelspiel in Sulz

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Das goldene Kegelspiel Eine Stunde von Winterthur liegt die alte Mörsburg mit ihren gewaltigen Mauern. Eine Viertelstunde davon, beim Dörfchen Sulz, stand vormals ein anderes Schloss, Sulz genannt. Beide Burgen, Mörsburg und Sulz, sind, wie die Leute sagen, durch einen unterirdischen Gang verbunden. In diesem Gange sitzt ein schönes Fräulein. Zu deren Füssen liegt ein schweres, goldenes Kegelspiel mit goldenen Kugeln, und ein grosser, schwarzer Hund liegt daneben. Das Fräulein wartet, in diesen finsteren Gang gebannt, bis ein reiner Jüngling kommt. Nur einen solchen lässt der Hund nahe treten. Alsdann kann der Jüngling die Jungfrau mit drei Küssen erlösen und sie samt dem Kegelspiel heimführen, Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Winterthur und Weinland Herzog I, Nr .223. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das goldene Kegelspiel und die freundlichen Ritter auf Neuhabsburg

Source: Das goldene Kegelspiel und die freundlichen Ritter auf Neuhabsburg

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Das „Meggermeili", seiner Zeit in der Stadt Luzern gar wohl bekannt, sah manchmal, wenn es an gewissen Tagen des Morgens früh oder abends in der Dämmerung vorbeiging oder in einem Kahn vom Burgweidli nach der Angelfluh schiffte, in den Ruinen von Neuhabsburg stattliche Ritter, oft wie Höflinge mit seidenem Wams und Barett bekleidet, dann wieder wie zum Kampfe in Stahl gehüllt, mit Helm und Schwert bewehrt. Im ersten Falle nickten sie ihr von der Ruine herab freundlich zu oder winkten ihr wohl gar hinauf; im letzteren dagegen klirrten sie mit den Schwertern und gaben ihr mit geballten Fäusten und drohenden Gebärden zu verstehen, sie solle sich schnell entfernen. Einmal soll sie es, nach einer ähnlichen freundlichen Einladung, gewagt haben, die kleine, zwischen dem See und der Burg befindliche Wiese zu betreten. Dort habe sie zu nicht wenigem Erstaunen und Entzücken gesehen, wie die Ritter mit einem goldenen Kegelspiel sich ergötzten. - Ein Landmann, der in der Nähe wohnte, hatte auch Kunde von diesem goldenen Kegelspiel.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.      


by Das goldene Tor

Source: Das goldene Tor

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Nicht weit von der Stadt Zürich weg liegt ein hübsches, kleines Dorf, Kloten geheißen. Von seinen Hügelzügen aus kann man bis an die Schneeberge sehen. In der Nähe des traulichen Dörfleins liegt seitab ein kleiner Weiher, den man das "guldin Tor" nennt. *) Die Mütter warnen ihre Kinder, besonders die Knaben, dem Weiher nahe zu kommen, weil es dort nicht recht geheuer sei. Nicht daß der Weiher tief wäre, aber es gibt darin eine Menge unheimlicher Löcher, die unergründlich tief sind und aus denen beständig ein feiner Sand in winzigen Goldblättchen heraufquillt. Einst, vor vielen Jahren, hütete ein Knabe vor dem Weiher die Schafe. Und da es heiß war und er schläfrig wurde, überließ er die Herde seinem wachbaren Hunde und legte sich am Wasser nieder, um etwas auszuruhen und sich durch den kühlen Odem des Teiches erfrischen zu lassen. Aber kaum lag er am Weiherrand, da fing das Wasser an unruhig zu werden, und ein ganzer Wirbel Goldsand stieg aus der unheimlichen Flut auf. Verwundert schaute er in das goldene Sprudeln und Quillen. Da rauschten die Wasser auf, und eine schöne Jungfrau zeigte sich dem erschrockenen Knaben. Erst wollte er auf und davon heimzu laufen, doch da sah er, wie ihn die Jungfrau gar so lieb anlächelte. Wie er nun zögernd liegenblieb, erblickte er an ihrer Hand einen Ring, den sie ihm zustreckte. Der Ring war aber so wunderschön und gab einen solchen Glanz von sich, daß der Knabe ihn nur immer anstaunen mußte. Und als ihm die schöne Jungfrau den Ring immer näher unter die Augen hielt, versuchte er ihn schnell zu erhaschen. Jedoch sie zog den Ring flink zurück, streckte ihn aber gleich wieder nach ihm, worauf er wieder danach griff, aber vergeblich. So lockte sie ihn beständig, und je schwerer es ihm wurde, den Ring zu haschen, desto eifriger ward er, ihn zu bekommen. Also beugte er sich völlig über Bord, und auf einmal fiel er mit einem lauten Aufschrei ins goldfarbige Wasser hinein. Jetzt umschlang ihn die Jungfrau und fuhr mit ihm in die Tiefe. Noch ein paar Kreise verliefen sich zum Bord, und dann ward alles totenstill. Aber nun eilte ein Bauer, der den Angstschrei des Knaben gehört hatte, herbei. Doch er sah nichts mehr von dem Jungen, den er noch vor kurzem unter seiner Herde am Weiher hatte liegen sehen. Er mußte ins Wasser gefallen sein. Wie er sich auch Mühe gab, im Wasser etwas von dem Knaben zu sehen, er konnte kein Fetzchen von ihm gewahren, obschon das Wasser topfeben und spiegellauter war. Auf einmal fuhr er erschrocken zurück, denn da schoß ja der vermißte Knabe aus einem Quellenloch wie ein Pfeil wieder herauf. Rasch packte ihn der Bauer am Kittel und zog ihn ans Land. Da lag er nun naß wie eine Pelzkappe im Regentümpel am Bord und gab keinen Laut von sich. Der Bauer rieb ihn tüchtig, knetete ihn wie einen Brotteig und sog ihm den Atem. Da erholte sich der Hüterjunge allmählich, und wie er nun wieder ganz bei Bewußtsein war, erzählte er, wie's ihm ergangen war. Nämlich, als ihn die Wasserjungfrau gepackt und umschlungen habe, sei sie mit ihm mit reißender Geschwindigkeit unendlich tief hinabgefahren. Da habe sich unten plötzlich eine wunderschöne Gegend aufgetan. Und als sie nun auf festen Grund gekommen seien, habe er auf einmal eine große, herrliche Stadt mit einem goldenen Tore gerade vor sich gesehen. Im selben Augenblick sei das goldene Tor aufgegangen, und eine andere schöne Jungfrau sei herausgekommen. Da habe die Jungfrau, die ihn umschlungen hielt, rasch die Arme geöffnet, um jener entgegenzueilen. Aber wie er nicht mehr festgehalten worden sei, habe ihn ein Wasserwirbel gepackt und mit solcher Schnelligkeit emporgerissen, daß ihm die Sinne vergangen seien. Also erzählte der Knabe. Danach lockte er seine Herde und trieb sie nachdenklich nach Hause. Später ging er dann noch oft zu dem geheimnisvollen Weiher, aber die schöne Jungfrau hat er nie wieder gesehen. *) So war es noch um Dorf und Landschaft bestellt, als der Verfasser seine "Schweizer Sagen" aufschrieb. Heute zeigt die Karte an jenem Ort, nördlich des Flughafens, unter dem Namen "Goldentor" nur noch ein Sümpflein an. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das goldene Tor

Source: Das goldene Tor

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Einst hütete ein Hirtenbüblein zwischen den schönen Dörfern Kloten und Bassersdorf, an einem kleinen Weiher, die Schafe seines Bauers. Es war ein prächtiger Föhntag, und die Berge schienen so nahe, dass es dem Büblein vorkam, es müsste nur ein Geringes laufen, um aus dem ewigen Schnee des Hochgebirges Schneeballen machen zu können. Das Weiherlein nebenan aber war so blau, als wäre nach und nach der ganze knisterndblaue Himmel hineingeschloffen. Da legte sich das Hirtenbüblein, wie schon oft, an den kleinen Weiher und sah mit traumschweren Augen dem wunderlichen Spiel des feinen Sandes zu, der in winzigen unzähligen Goldplättchen im Wasser auf- und abstrudelte. Als ihm das aber zu langweilig wurde, begann er mit der Hand allerlei Figuren in die lautere Flut hineinzuspielen, die sie, getreuer als ein Spiegelein, wiedergab. Auf einmal war ihm, er sehe am Spiegelbild seiner Hand etwas wie einen goldenen Ring. Rasch betrachtete er seine wirkliche Hand, aber da war kein Ring und war auch nie einer gewesen. Wie er nun wieder ins Wasser unter sich schaute, gewahrte er den Ring zum andernmale an der hineingespiegelten Hand. Aber jetzt merkte er, dass die Hand im Weiher, obwohl sie ihm alle Bewegungen nachmachte, nicht seine Hand sein konnte, denn sie war weißer als eine weiße Taube auf dem Mooracker, während doch seine eigene braungebrannte Hand einem ruhelosen Eichhörnchen glich. Unversehens fuhr die Hand aus dem Wasser, und vor seinen Augen, gar nahe, blitzte ein goldener Ring. Einen Augenblick schaute er ihn verwundert an, aber dann übernahm es ihn, denn der Ring glänzte wie der Weihnachtsstern. Er haschte darnach, griff jedoch daneben. Da tauchte eine Jungfrau bis an die Schultern aus dem Weiher auf, und die war so weiß, dass die weiße Wolke ob ihr wie ein schwarzer Rauch am Himmel stand. Sie lächelte den erstaunten Knaben an und begann ihn mit dem goldenen Ring an ihrer Hand anzulocken und zu zänggeln. Jetzt ward er gar wohlaufgelegt, und es begann zwischen ihm und der schönen Jungfer ein anmutiges Necken, wobei er versuchte, den Ring, der immer wieder vor ihm aufglänzte wie ein Wetterleuchten, zu erwischen. Und da es ihm doch nicht gelingen wollte, ward er ungeduldig. Er bog sich übers Bord hinaus, und mit einemmal nahm ihn die Jungfer in beide Arme, und er versank mit ihr. Kaum war er verschwunden, als sein Bauer unter den Obstbäumen hervoreilte, denn er hatte seinen kleinen Hüterbuben aufschreien hören. Friedlich weideten die Schafe um den Weiher, aber nirgends vermochte er sein Hirtlein zu gewahren, obwohl er’s doch noch vorhin durchs Gebüsch am Ufer hatte liegen sehen. Er schaute sich blitzgeschwind rundum, und dann blickte er auf den Weiher, auf dem sich große Ringe zum Bord zogen. Er warf sich auf die Knie und schaute ins Wasser, aber er bekam nichts zu sehen als eine große weiße Seerose, die sich auf den zergehenden Ringen schaukelte. Da fuhr er schier entsetzt zurück; aus dem Goldsandstrudel im Weiher schoss auf einmal sein vermisstes Schafhirtlein bolzgrad wie eine Kerze vor ihm auf. Flink packte er’s bei der  Salzlecktasche und zog’s ans Ufer. Und wie er nun sah, dass der Knabe bewusstlos war, fing er ihn kräftig zu walken und zu kneten an, als ob er ein großes Brot aus ihm machen wollte. Auch sog er ihm den Atem. Endlich schlug das Büblein die Augen wieder auf und schaute sich schlaftrunken ringsum. Und als es nun nach einer Weile völlig bei sich war, begann es seinem Bauer zu berichten, wie es ihm mit der Wasserjungfer ergangen war. Also sie packte mich, erzählte er, zog mich ins Wasser und schloss mich so fest in ihre Arme, dass ich den Atem und den Sinn verlor. Wie in einem brausenden Wasserwirbel nahm’s mich in eine unendliche Tiefe. Aber auf einmal wurde es heiter um mich, und ich befand mich in einer wunderbaren Gegend. Und wie ich die Augen recht auftat, sah ich vor mir eine großmächtige Stadt, aus der uns eine eigene Sonne entgegenschien. Als ich jedoch näher kam, verging die Sonne, und es ward daraus ein gewaltiges goldenes Tor, dessen Glanz mich schier blendete. Eben tat sich’s weit auf und eine wunderschöne Jungfrau trat heraus. Jetzt öffnete die Jungfrau, die mich umschlungen hielt, ihre Arme, um jener, die im goldenen Tore stand, entgegenzueilen. Im selben Augenblick packte mich der Wasserwirbel wieder, riss mich also mit sich empor, das alles um mich verging. Weiter weiß ich nichts mehr. Mit Staunen hatte der Bauer seinem Hirtenknaben zugehört, dann blickte er mit scheuen Augen in den Weiher. Es wollte ihm vorkommen, er sehe in seiner Tiefe etwas wie ein goldenes Tor glänzen. Der Knabe aber rief seine Herde und fuhr mit ihr still nach Hause. Es heißt, er sei darnach noch oft an den Weiher gegangen, den man von da an „das guldin Tor“ nannte, aber die schöne Jungfrau erschien ihm niemals wieder.     Meinrad Lienert, Zürcher Sagen. Der Jugend erzählt, Zürich 1918. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.    


by Das goldene Tor

Source: Das goldene Tor

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Nicht weit von der Stadt Zürich weg liegt ein hübsches, kleines Dorf, Kloten geheißen. Von seinen Hügelzügen aus kann man bis an die Schneeberge sehen. In der Nähe des traulichen Dörfleins liegt seitab ein kleiner Weiher, den man das "guldin Tor" nennt. Die Mütter warnen ihre Kinder, besonders die Knaben, dem Weiher nahe zu kommen, weil es dort nicht recht geheuer sei. Nicht daß der Weiher tief wäre, aber es gibt darin eine Menge unheimlicher Löcher, die unergründlich tief sind und aus denen beständig ein feiner Sand in winzigen Goldblättchen heraufquillt. Einst, vor vielen Jahren, hütete ein Knabe vor dem Weiher die Schafe. Und da es heiß war und er schläfrig wurde, überließ er die Herde seinem wachbaren Hund und legte sich am Wasser nieder, um etwas auszuruhen und sich durch den kühlen Odem des Teiches erfrischen zu lassen. Aber kaum lag er am Weiherrand, da fing das Wasser an unruhig zu werden, und ein ganzer Wirbel Goldsand stieg aus der unheimlichen Flut auf. Verwundert schaute er in das goldene Sprudeln und Quillen. Da rauschten die Wasser auf, und eine schöne Jungfrau zeigte sich dem erschrockenen Knaben. Erst wollte er auf und davon heimzu laufen, doch da sah er, wie ihn die Jungfrau gar so lieb anlächelte. Wie er nun zögernd liegen blieb, erblickte er an ihrer Hand einen Ring, den sie ihm zustreckte. Der Ring war aber so wunderschön und gab einen solchen Glanz von sich, daß der Knabe ihn nur immer anstaunen mußte. Und als ihm die schöne Jungfrau den Ring immer näher unter die Augen hielt, versuchte er ihn schnell zu erhaschen. Jedoch sie zog den Ring flink zurück, streckte ihn aber gleich wieder nach ihm, worauf er wieder danach griff, aber vergeblich. So lockte sie ihn beständig, und je schwerer es ihm wurde, den Ring zu haschen, desto eifriger ward er, ihn zu bekommen. Also beugte er sich völlig über Bord, und auf einmal fiel er mit einem lauten Aufschrei ins goldfarbige Wasser hinein. Jetzt umschlang ihn die Jungfrau und fuhr mit ihm in die Tiefe. Noch ein paar Kreise verliefen sich zum Bord, und dann ward alles totenstill. Aber nun eilte ein Bauer, der den Angstschrei des Knaben gehört hatte, herbei. Doch er sah nichts mehr von dem Jungen, den er noch vor kurzem unter seiner Herde am Weiher hatte liegen sehen. Er mußte ins Wasser gefallen sein. Wie er sich auch Mühe gab, im Wasser etwas von dem Knaben zu sehen, er konnte kein Fetzchen von ihm gewahren, obschon das Wasser topfeben und spiegellauter war. Auf einmal fuhr er erschrocken zurück, denn da schoß ja der vermißte Knabe aus einem Quellenloch wie ein Pfeil wieder herauf. Rasch packte ihn der Bauer am Kittel und zog ihn ans Land. Da lag er nun naß wie eine Pelzkappe im Regentümpel am Bord und gab keinen Laut von sich. Der Bauer rieb ihn tüchtig, knetete ihn wie einen Brotteig und sog ihm den Atem. Da erholte sich der Hüterjunge allmählich, und wie er nun wieder ganz bei Bewußtsein war, erzählte er, wie's ihm ergangen war. Nämlich, als ihn die Wasserjungfrau gepackt und umschlungen habe, sei sie mit ihm mit reißender Geschwindigkeit unendlich tief hinabgefahren. Da habe sich unten plötzlich eine wunderschöne Gegend aufgetan. Und als sie nun auf festen Grund gekommen seien, habe er auf einmal eine große, herrliche Stadt mit einem goldenen Tore gerade vor sich gesehen. Im selben Augenblick sei das goldene Tor aufgegangen, und eine andere schöne Jungfrau sei herausgekommen. Da habe die Jungfrau, die ihn umschlungen hielt, rasch die Arme geöffnet, um jener entgegenzueilen. Aber wie er nicht mehr festgehalten worden sei, habe ihn ein Wasserwirbel gepackt und mit solcher Schnelligkeit emporgerissen, daß ihm die Sinne vergangen seien. Also erzählte der Knabe. Danach lockte er seine Herde und trieb sie nachdenklich nach Hause. Später ging er dann noch oft zu dem geheimnisvollen Weiher, aber die schöne Jungfrau hat er nie wieder gesehen. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das goldene Tor bei Kloten

Source: Das goldene Tor bei Kloten

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Das goldene Tor bei Kloten Unterhalb des Dorfes Kloten liegt eine sumpfige Wiese, die Lachenwiese genannt, mit einem kleinen Weiher, der den Namen güldenes Tor oder güldenes Brünnlein führt. Hier soll einst von den Herrn von Kloten, die in der Nähe, auf dem Homberg, ihren Sitz hatten, ein reicher Schatz, darunter ein goldenes Tor, versenkt worden sein. Das taten sie in einer Zeit, in der sie von ihren Feinden hart bedrängt wurden. Eine Menge Quellen, die aus dem Boden hervorsprudeln, fördern mit dem aufgestossenen Sand fortwährend Goldflitter zu Tage, die von dem goldenen Tore abgespült worden sind. In gewissen Nächten hebt sich der ganze Schatz samt dem goldenen Tore hoch über den Weiher empor, aber nur Fronfastenkinder können es sehen. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Unterland Nach Stauber, S. 64, umstilisiert. Motiv vom abgespülten Gold aus Hedinger, S.9. „Lache“ bedeutet Pfütze und ist mit lat. lacus nicht verwandt. (J. U. Hubschmled, 1938, Vox romancia 3, 57) Aus dem Kommentar, den H. Hedinger zu dieser Sage gibt, entnimmt K. W. Glaettli Folgendes: „Dieser (Weiher) ist ein typischer Aufstoss des hier nicht sehr tief im Boden dahinströmenden Grundwassers. Die meisten der. mit Sand vermischten Glimmerblättchen leuchten silbern, etliche aber auch gelblich, was den volkstümlichen Namen Katzengold begründet hat. Die obgenannten Edelleute von Kloten hatten ihre Burg vermutlich auf dem nahen Homberge‚ der sich östlich der Strasse nach Bülach erhebt. Die Tatsache, dass sie später in Zürich und anderswo hohe Ämter inne hatten, gab wohl Anlass, ihre Ahnherren als sehr reich, ja sogar als Eigentümer eines goldenen Tores zu bezeichnen . . . Die angetönte grosse Stadt ist im Zusammenhang mit der Meinung, es habe eine solche im Boden des nahen Aalbühls oder Schatzbucks gestanden, wo man schon 1720 und seither wiederholt viele römische Gebäudereste und Altertümer entdeckte.“ Das goldene Tor ist durch kantonale Verordnung geschützt. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Goldene Zeitalter

Source: Das Goldene Zeitalter

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Wie ein schönes Märchen klingt die Erzählung von einer längst entschwundenen goldenen Zeit. Damals sah es in Zermatt und Umgebung ganz anders aus als heutzutage. Keine rauhe Gletscherluft wehte durch das Tal, und die goldenen Früchte des Südens reiften hier in Menge. Das Dörflein Zmutt stand im Schatten reicher Obst- und besonders Nuss- und Kastanienbäume. Weiter hinten im Tale lag das Dorf Tiefenmatten. Jetzt liegt darüber ein gewaltiger Gletscher: der Tiefenmattengletscher. Vom Zmuttal führte eine gepflasterte Strasse über den Col d’Ering nach Evolène und Sitten. Über diesen Pass hinüber gingen die Zermatter oft bis nach Sitten zur Messe. Selbst eine Prozession nach der Landeshauptstadt fand jährlich auf diesem Wege statt. Unter dem Hörnli bei der Eselbalme sieht man noch jetzt Spuren dieser Strasse. Auf der schönen Ebene, wo sich heute der Theodulgletscher ausdehnt, stand in vordenklicher Zeit eine prächtige Stadt. Als der ewige Jude auf seiner Wanderung dort zum ersten Male vorbeikam, wollte ihn niemand aufnehmen. Sein Fluch hatte die Vergletscherung der Stadt zur Folge. Oft sieht man in mondhellen Nächten die Seelen der untergegangenen Bewohner wie weisse Nebel über den Gletscher hinschweben. Mancher Wanderer ist von ihnen schon irregeführt worden, so dass er auf den weiten Eisfeldern sein Grab fand. Am Fusse des Gletschers aber entdeckt man in heissen Sommern, wenn der Schnee stark weggeschmolzen ist, menschliche Gebeine welche der Gletscher ausgeworfen hat. Das Tal des Gornergletschers und die Gegend um den Monte-Rosa herum war in jener märchenhaften Zeit ganz mit reichen Waldungen bewachsen. Gemsen und Steinböcke waren darin oft in ganzen Herden anzutreffen. Es zog eine gangbare Strasse vom Theodul her dort vorbei und führte bis nach Findelen. Die Saumpferde, die von Augsttal kamen, verliefen sich in jenen Waldungen, so dass die Säumer sie oft stundenlang nicht mehr zurückfanden. In Findein, "in de Riebjinu" reifte der köstlichste Wein. Es soll noch nicht lange her sein, dass man dort Weinstöcke aus der Erde grub. Auch Nussbäume standen in jenem Tal. Man wollte in Findelen noch vor fünfzig Jahren eine Tischplatte zeigen, welche angeblich von einem dortigen Nussbaume stammte. ZERMATT Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das goldene Zeitalter der Alpen

Source: Das goldene Zeitalter der Alpen

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Es gab eine Zeit, wo alle jene starren Felsen, Gletscher und Eismeere sonnige Triften waren, auf denen das fetteste Gras und der saftigste Klee wucherte. Keine Giftblumen waren damals vorhanden, jede Blume war dem Vieh gedeihlich, so dass die Kühe und Ziegen dreimal des Tages gemolken werden mussten. Diese Zeit war das goldene Zeitalter der Alpen. Von ihm erzählen die Sennen und Hirten: Damals waren die Kühe von ungeheurer Grösse; sie hatten einen solchen Ueberfluss an Milch, dass man sie in weite Gräben melken musste, welche sehr bald gefüllt waren. In Nachen fuhr man aus, um den Rahm von diesen Bassins abzuschöpfen. Eines Morgens verrichtete ein junger, schöner Hirte diese Arbeit, da plötzlich warf ein Windstoss das Fahrzeug um, der Unglückliche ertrank. Die Jünglinge und Jungfrauen des Tales betrauerten sein trauriges Ende und lange Zeit suchten sie seine Leiche, um sie zu bestatten, aber vergebens. Erst nach einigen Tagen, als man die Butter schlug, fand sie sich in der Mitte der Wellen eines schäumenden Rahms. Vor Freude weinend, bezeugten die Sennen dem Manne Gottes ihren Dank, und aus Erkenntlichkeit für den geleisteten grossen Dienst gelobten sie, jährlich von ihrer Alp einen schweren, fetten Käse im Kloster Altenryf auf dem Altare des heiligen Bernhards zu opfern. Zum Zeichen, dass beides, Wunder und Gelübde, wahr sei, drückte der Mönch seinen rechten Fuss auf einen nahen Block von Kalkstein, wo heutzutage noch der Mönchstritt zu sehen ist. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Goldfischlein

Source: Das Goldfischlein

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Es war einmal ein armer Fischer, der lebte mit seiner Frau in einer armseligen Hütte. Eines Morgens ziemlich in der Frühe ging er fischen. Er warf das Netz aus und machte einen guten Fang. Zwischen den andern Fischen lag auch ein Goldfischlein. Als der Mann die Hand ausstreckte um es zu erwürgen, rief es: «O lieber Fischer, bring mich nicht um! Lass mich leben, und zum Dank kannst du dir wünschen, was dir am meisten am Herzen liegt! Du gehst nur ans Wasser und rufst: "Goldfischlein, o komm - einen Wunsch ich hab." Ich schwimme dann ans Ufer, und wenn es irgendwie möglich ist, geht dein Wunsch in Erfüllung.» - «Wenn dem so ist», sagte der Mann, «so weiss ich, was ich mir wünsche: ein schönes Haus und genug zum Leben.» - «Das sollst du bekommen», sagte das Fischlein. Und tatsächlich, bei seiner Rückkehr stand ein schönes Haus an Stelle der armseligen Hütte. Und zuerst war alles schön und gut. Aber nicht lange, denn ziemlich rasch begann die Frau zu überlegen, was sie sich noch wünschen könnten. Und schliesslich meinte sie, das Allerschönste wäre es, wenn sie König und Königin würden. In einem Schloss wohnen, über viel Gesinde befehlen, eine schöne, von vier Schimmeln gezogene Kutsche und ein Diener in Livree, üppige Festessen mit den grössten Herrschaften, das würde ihr wohl gefallen. Dann wäre sie wirklich glücklich und zufrieden, dachte sie. Und der Mann liess sich überzeugen und ging ans Ufer des Sees. Als das Fischlein hörte, was er sich wünschte, sagte es: «Es gefällt mir nicht, dass du solche Wünsche hast. Ich habe geglaubt, es ginge euch jetzt gut genug mit eurem schönen Haus und allem, was ihr zum Leben braucht. Doch ein gegebenes Wort kann nicht zurückgenommen werden – so will ich auch diesen Wunsch erfüllen.» Und tatsächlich, bei seiner Rückkehr fand der Fischer alles genau so vor, wie er sich gewünscht hatte. Doch die anspruchsvolle Frau war immer noch nicht zufrieden. «Noch schöner», dachte sie, «wäre es, der Herrgott zu sein und über alle Lebewesen befehlen zu können, über alle Völker der Erde.» Der Mann widersetzte sich, mit diesem Wunsch zum Fischlein zu gehen. Die Frau lag ihm jedoch ständig in den Ohren, und schliesslich gelang es ihr, ihn umzustimmen. Er ging ans Wasser, rief dem Fischlein und erzählte ihm ihren brennenden Wunsch. Aber das Fischlein sagte zu ihm: «Es gefällt mir überhaupt nicht, dass du mit einem solchen Wunsch kommst. Geh jetzt nach Hause, und dort wirst du das, was du verdient hast, vorfinden.» Und der Mann machte sich auf den Weg zu seinem Schloss; doch was war dort an Stelle jenes prachtvollen Gebäudes? - seine alte armselige Hütte! (Oberengadin)   Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das goldgelbe Mäuschen

Source: Das goldgelbe Mäuschen

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Zu Spiringen lebte im 19. Jahrhundert ein Krämer des Namens Lyrer, genannt der Mähl-Lyri. Der hatte die Gewohnheit, öfters vom Geldscheisser zu reden. »Hätte ich doch einen Geldscheisser! Einen Geldscheisser sollte man haben!« waren ständige Redensarten von ihm. Als er eines Tages mit einem Korb voll Waren von Altdorf her kam und beim Helgen-Nussbaum zwischen Brigg und Trudelingen g'hirmete, dachte er auch wieder seinen Lieblingsgedanken. Schau, da läuft auf einmal ein prächtiges, goldgelbes Mäuschen in seiner nächsten Nähe umher, umkreist ihn, springt über seine Füsse. »E, das ist doch ein schönes Mäuslein«, denkt der Mähl-Lyri, ohne etwas Böses zu ahnen, steht auf und wandert dem Schächental zu. Im Vorzeichen des Kapellchens zu Trudelingen ruht er abermals aus mit seiner Last. Wie er um sich blickt, ist das goldene Mäuschen auch schon da und schlüpft behende hin und her, kommt ihm nahe, doch nie bis in das Vorzeichen hinein. Bei der dritten G'hirmi, nämlich zu Wytterschwanden, erschien es wieder und machte die nämlichen Faxen. Von da an begleitete es den Krämer bis zu Haus und Heim im Dorfe Spiringen und blieb bei ihm in seinem Hause. Es tummelte sich stets in seiner Nähe, lief ihm voraus, umkreiste ihn, sprang über seine Füsse, schaute ihn mit prächtigen Augen freundlich an, tat überhaupt ganz vertraut mit ihm. Solches Wesen gefiel dem Mähl-Lyri allmählich nicht mehr, und als das Mäuslein am dritten Tage zu ihm auf den Tisch und ins Bett kam, wurde es ihm angst und er fasste den Entschluss, bei den Kapuzinern in Altdorf sich Rat und Aufschluss zu holen. Als er sich auf den Weg machte, gesellte sich das Tierchen zu ihm und begleitete ihn bis zum grossen Kreuz »zum gächä Tod« unterhalb des Kapuzinerklosters. Als es dort verschwand, kehrte auch der Lyri um; wie er zum Helgen-Nussbaum kam, war auch das Mäuschen da und begleitete ihn nach Hause und blieb wieder bei ihm. Ein zweites Mal machte er sich auf den Weg zu den Patres; wieder von seinem Mäuslein begleitet bis zum schon genannten Kreuze, wo es verschwand. »Jetzt gehe ich aber doch«, dachte unser Mähl-Lyri, und stieg den Stutz hinan zum Kloster, wo er einem Pater alles von A bis Z erzählte. Der hörte ihn freundlich an, sagte ihm dann, er solle auf ihn warten, bis er wieder komme, und ging weg. Lange, lange wollte der Pater nicht zurückkehren, dass der Mann anfangs meinte, er komme nicht mehr. Endlich erschien er wieder und sagte, den Zeigefinger drohend erhoben: »Ma, Ma! das machet niämeh! das isch der Tyfel gsy. Der hättech de scho Gäld pracht!« Das hat uns Geschwistern einst das alte Mattli Johanni erzählt, als wir uns einen Geldscheisser wünschten, und hat uns ermahnt, ja nie mehr einen solchen Wunsch verlauten zu lassen. Der Mähl-Lyri habe es ihm selber erzählt. Frau Nell-Gisler, 52 Jahre alt, von Spiringen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Goldloch

Source: Das Goldloch

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Die Sage weiss zu erzählen, dass italienische, natürlich venetianische Bergleute die Minenarbeit besorgten und nahezu jeden Samstag mit Bündelchen Goldkörner auf heimlichen Wegen — also möglichst ungesehen und unbemerkt — heimwärtszogen. Andere Erzgewinner seien gekommen und haben aus Geschäftsneid auf dem Scheitel des Berges (1213 m ü. M.) Quecksilber in den Boden versenkt; das habe einen Absturz des Berges und eine Verschüttung des Goldloches bewirkt.                                                             A. Blöchlinger. *** Am Schindelberg, der sich hart an der Grenze von St. Gallen und Zürich, in der Nähe der Quelle der Töss erhebt, sollen einmal zwei Goldgräber gehaust haben. Man hatte sie vorher am Goldmgerbach gesehen, wo sie Gold wuschen. Da die Ausbeute offenbar nicht ergibig [ergiebig] genug war, gingen sie weiter hinauf an den Schindelberg und suchten dort das Gold bergmännisch zu gewinnen. Am Abhang des obgenannten Berges trieben sie einen regelrechten Stollen und einen tiefen Schacht, die heute noch vorhanden sind. Das Volk in der Umgebung hatte eine heilige Scheu vor den zwei fremdländisch aussehenden Männern; man hielt sie für Zauberer und nannte sie Venediger. Sie wurden verzeigt, gefangen genommen und nach Zürich geführt. Als man ihnen dort wegen Zauberei den Prozess machen wollte, versprachen sie dem Rate, ihm so viel Gold zu liefern, dass man daraus eine goldene Kette um die ganze Stadt schmieden könne, sofern man ihnen die Freiheit schenke. Stollen und Schacht am Schindelberg wurden von der Sektion Bachtel des S.A.C. untersucht, repariert und der Eingang mit einem eisernen Tor versehen, nicht um allfällige Goldsucher fernzuhalten, sondern um das Bergwerk vor Verfall und Beschädigung zu schützen. A. Oberholzer. *** Das Goldloch ist am Dägelsberg, auf dem Gebiete der Gemeinde Goldingen. Der Schacht geht zuerst einige Meter horizontal, dann 12 Meter senkrecht hinunter, wieder einige Meter horizontal und dann nochmals 6 Meter in die Tiefe. Das Gestein ist Nagelfluh und zeigt keine Spur von Gold; die Schatzgräber haben also ohne Zweifel umsonst gesucht.    (Siehe auch unter Mosnang.) *** Nach den Mitteilungen A. Blöchlingers hat man wirklich an Verschiedenen Orten gegraben und wahrscheinlich auch zu verschiedenen Zeiten neue Versuche gemacht. Der Glaube des Volkes, dass hier Gold gewonnen werden könnte, scheint durch alle Misserfolge nicht gelitten zu haben. Das grosse Goldloch am Dagelsberg, auf welches sich alle Mitteilungen hauptsächlich beziehen, ist darum von so beträchtlicher Ausdehnung: 1. Stollen 20,00 m lang, 1,10 m breit, 1,60 m hoch =   34,00 m3 1. Schacht 12,30 m lang, 1,40 m breit, 2,50 m hoch = 43,05 m3 2. Stollen 11,50 m lang, 1,30 m breit, 1,80 m hoch =   24,84 m3 2. Schacht 4,00 m lang, 1,40 m breit, 2,50 m hoch =  14,00 m3 3. Stollen 4,00 m lang, 1,40 m breit, 1,80 m hoch =      9,36 m3 3. Schacht 2,00 m lang, 1,20 m breit, 1,40 m hoch =    3,36 m3 4. Schacht 3,00 m lang, 1,30 m breit, 2,00 m hoch =    7,80 m3                                                                        136,41 m3 Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 413, S. 238 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Goldloch am Gamsberg und der Venediger

Source: Das Goldloch am Gamsberg und der Venediger

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Am „gewaltigen Gamsberg", wie der Geologe Mösch den schroffen Gipfel über der Tscherlacher Alp Sennis nennt, gelangt man auf der Südostseite von einem „ewigen" Schneefleck, dem Rest eines nach seinen schönmodellierten Moränen ansehnlichen Gletschers, über ein breites, aber ungemein abschüssiges Felsenband zum Goldloch, einem grossen, mit Legföhren bekränzten Gufel (Felsüberhang), aus dem ein nasser, schlammiger, dunkler Gang aufwärts in den Berg hinein führt. Vor vielen Jahren kam regelmässig alle Jahre ein Venediger auf die Alp und verlangte Nahrung und Obdach. Täglich sei der Venediger frühmorgens fortgegangen und habe in den Bergen nach Schätzen gesucht. Im Herbst belohnte der Venediger den Älpler reichlich und kehrte dann mit seinen Schätzen in die Heimat zurück. Nach mehreren Jahren wurde einer der Alpler von Neugier und Habsucht getrieben, dem Venediger heimlich nachzuschleichen; er kam gerade dazu, wie dieser ein Krüglein voll Gold aus dem Felsenloch hervorbrachte. Von da an kam der Venediger nie mehr. Aber der Alpler hat weder Gold noch andere Schätze gefunden.  J. B. Stoop. *** Hat einer die gefährliche Platte passiert, so gelangt er in die Grotte, welche ca. 18 Meter lang und etwa 9 Meter breit ist. Am Ende der Grotte öffnet sich ein Gang, der so gross ist. dass ein Mann in gebückter Stellung vorwärtskommen kann. Die Steigung in einer Länge von etwa 18 Meter ist eine leichte; hat er diesen Gang passiert, so kommt er zu einer Tanne, die als Leiter dient und die erste Etage mit dem Anfange einer weiten Öffnung verbindet. Eine merkwürdige Erscheinung ist diese Tanne im geheimen, dunkeln Schacht. Es ist keine Rinde mehr an ihr; sie ist eingetrocknet wie eine Mumie, weiss von Farbe, die Äste kurz und vor Alter zugespitzt. Wie lange mag wohl dieses Skelett schon hier gestanden haben, und wer hat es und zu welchem Zwecke hiehergestellt? Man kann ohne alle Mühe weitere 18 - 24  Meter in die Höhe steigen; dann aber geht die reine Luft aus, das Licht brennt nicht mehr; gern oder ungern muss der Besucher dieser Höhle den gefährlichen Rückweg antreten, ohne das wahre Goldloch, welches weiter oben sich befindet, gesehen, und ohne etwas von den geheimen Schätzen, die dort offen liegen sollen, erbeutet zu haben. Auf der Alp Castelun war vor zirka 50 Jahren ein Hirt, der viele Sommer hindurch die Herden hütete. Weil der Mann hochblonde Haare trug, nannte man ihn den „roten Hirten". Alle Jahre um den St. Magnustag besuchte ihn ein Männchen, in gemeine Kleider gehüllt und mehrere kleine Säcke bei sich tragend. Sein Aufenthalt dauerte höchstens zwei Tage; dann ging es schwer beladen von dannen. Der rote Hirt bemerkte, dass der kleine Mann unter der schlechten Kleidung eine solche von feinem Tuch trug, und er sann lange nach, was wohl dieser Fremdling mit sich fortnehme. Als der Hirt einst die Herde wieder zur Alp trieb, trug er ein entlehntes „Speltive" (Fernrohr) bei sich in der Absicht, wenn der geheimnisvolle Fremdling wieder erscheine, zu erspähen, wohin er gehe. Der Kleine kam richtig wieder, und der Rote setzte sich auf einen Hügel und schaute durch sein Rohr. Jener schlug den Weg nach dem beschriebenen Loche ein und verschwand in der Grotte. Bald kam er schwer beladen in der Hütte an und nahm dankend Abschied; da zog es den Hirten mit unwiderstehlicher Gewalt, den Ort auch aufzusuchen. Vorerst besprengte er sich mit Weihwasser und betete um Schutz zum Himmel. Er fand das Goldloch, durchschritt mutig die dunkeln Gänge, in der Hand eine dreifach gewundene brennende und geweihte Kerze haltend. Weit, weit im tiefen Berg drinnen fand er eine geräumige Höhle, aus der kein weiterer Gang sich öffnete. Hier fand der rote Hirt nichts Besonderes, nur gelbschimmernde, schwere Steine, mit denen er seine Säcke in Hosen und Rock füllte. In seiner Hütte verbarg er die Steine in einem Salzsäcklein im „Fickler" unter die Streue. An der Herbstalpfahrt nahm er die Steine in sein Bündel und zog mit der Herde zu Tal. Nachher ging er mit dem Funde zu einen, gebildeten Manne nach Wallenstadt. Mit ernster Miene und mit seltsamen Blicken schaute dieser den Noten an, ihn versichernd, daß es kostbare Steine seien, für welche er eine bedeutende Summe erhalten werde. Die Steine wurden nach Zürich gesandt, und der rote Hirt ging an jenem Abende seelenvergnügt und etwas angesäuselt zu seiner Familie zurück, ihr die frohe Botschaft von zukünftigem Reichtum bringend. - Im kommenden Frühling zog der Hirt wieder auf die Alp Castelun; von Zürich war noch kein Bericht gekommen. Am St. Magnustage erschien der Fremde wieder und machte den gewohnten Gang. Zurückgekehrt aus dem Goldloch, fragte er den Hirten mit barschen Worten, ob er etwa das Goldloch besucht und Steine weggenommen habe. Der Hirt bejahte die Frage aufrichtig. Der Fremde sagte dann mit aufgehobenem, drohendem Finger: Ich bin aus Venedig und kenne die Schätze dieser Erde; ich besitze auch die Kunst, in meiner Heimat mir mitzbeliebige Personen, und mögen sie auch noch so entfernt sein, aus der Welt zu schaffen. So gewiss du noch einmal die Grotte dort drüben besuchst, so gewiss bist du ein Kind des Todes." Sprach's und entfernte sich. Er kam nicht wieder, und auch der Hirt besuchte das Goldloch nie mehr; denn im folgenden Winter starb er. Was aus den nach Zürich gesandten Steinen geworden, darüber schweigt die Geschichte. J. Natsch Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 347, S. 193ff Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Goldloch auf der Schafmatt

Source: Das Goldloch auf der Schafmatt

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Ein Teil des Waldgebirges auf dem Jurapasse der Schafmatt heisst Rotholz. Es finden sich einige verlassene alte Erzgänge in den Schluchten. Eine derselben heisst Goldloch. Eine Goldader, so dick wie ein Sägebaum, soll den ganzen Berg durchziehen. Als ein Fremder sich von einem Erlisbacher Dorfknaben hier über den Berg führen liess, sahen sie in der Röhre des Goldbrunnens, der bei dieser Höhle fliesst, einen gelben Zapfen aus purem Golde hängen. Das Wasser, sagt man, fliesse im Innern über Gold und ströme das Abgelöste fortwährend durch diese Röhre aus. Benachbart fliesst der St. Laurenzenbrunnen beim gleichnamigen Bad an der Ramsfluh. In dieser letzteren haben die Erdmännchen ihre Wohnung gehabt. Wie sie dort gehaust und gelebt haben, ist berichtet in den Aargau. Sag. Rr. 183. Folgendes soll ihre Auswanderung aus dem Gebirge veranlasst haben. Ihrer zwei waren eines Tages nach Breitmoos an der benachbarten Solothurner Grenze in ein ihnen wohlbekanntes Haus gegangen. Die Hausfrau, eben mit Brotbacken fertig geworden, war nun an dem Wähen machen, als die zwei dem Hause nahten. Da rief eins der Kinder: „Tut die Wähen weg, die Erdmännchen kommen!“ Darüber wurden jene so erzürnt, dass sie gar kein Haus mehr betraten. (Lehrer Jb. Roth v. Erlisbach.)  Sage aus Rotholz Band 3.2, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962, S. 126 - 127 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.    


by Das Goldmännlein

Source: Das Goldmännlein

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Eine Viertelstunde außerhalb Sculms erhebt sich eine hohe Felswand, und mitten in diese Wand ist ein alter Stollen gehauen, zu dem man heutigen Tages nicht mehr gelangen kann. Diesen Stollen bewohnte, nachdem das Bergwerk aufgegeben worden war, ein Bergmännlein, dem allein noch eine reiche, fliessende Goldquelle dort bekannt war. – Nun lebte in Arèza ein armer, aber braver Mann. Dem erschien einstens der Berggeist und führte ihn ins Innere des Gebirges, wo in einem Felsengewölbe ein Gefäss mit flüssigem Golde stand. Das Bergmannli sprach: »Da nimm aus diesem Gefässe so viel du willst und so oft du willst, nur hüte dich, es jemals ganz zu leeren. Wenn du das Ende deiner Tage ahnst, dann magst du einem guten, frommen Menschen, den du liebst, das Geheimnis entdecken, der mag dann tun, wie du selbst.« Der Mann liess sich diese Weisung nicht zweimal sagen und missbrauchte nie das Geschenk, durch das er nach und nach sehr reich wurde. Auf dem Sterbebett vertraute er seiner Tochter das Geheimnis. Die aber konnte eines Tages der Habsucht nicht widerstehen und leerte das Gefäss vollständig aus. Da verschwanden Gold und Gefäss, der Berg schloss sich an dieser Stelle, und das Bergmännlein ward von da an nicht mehr zu sehen. Quelle: Jecklin, Dietrich: Volksthümliches aus Graubünden. 3 Teile, Zürich 1874, Chur 1876, Chur 1878 (Nachdruck Zürich: Olms, 1986), S. 23-24. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Goldsonnen auf der Schlossfluh bei Twann

Source: Das Goldsonnen auf der Schlossfluh bei Twann

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Am Bielersee ragt in der Nähe von Twann eine Felsklippe empor, welche die Schlossfluh benannt ist und eine Burgruine trägt, für welche man keinen Namen weiss. Wer ein Fronfastenkind, sieht dort zwischen den Ruinen an einer abschüssigen Stelle im lichten Sonnenschein oftmals ein weisses Tuch ausgebreitet, auf dem grosse runde Goldstücke zerstreut umherliegen. Schon Manchen hat ihr glänzender Schein verlockt, die steile Berghalde hinan zu steigen, gewiss aber war jedes Mal, kam man erhitzt und ermüdet an jener Stelle an, das Gold samt dem Tuche verschwunden. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Gottesurteil

Source: Das Gottesurteil

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In einer der wildesten Alpen des Schilzbachtales kamen einmal zwei Bewohner der Gegend, die sich schon seit längerer Zeit gram waren, unvermutet zusammen. Bald brach Streit zwischen ihnen aus, und sie wurden handgemein. Der Stärkere erschlug den Schwächeren und warf ihn in ein tiefes Tobel hinunter. Bald suchte man nach dem Vermissten. An Mord dachte man nicht, suchte also auch keinen Mörder. Doch diesem wurde es unheimlich; er fürchtete Entdeckung und fand es für geraten, sich unsichtbar zu machen. Er nahm Handgeld und blieb lange, lange Zeit verschollen. Bald wuchs Gras über dem Geschehenen. Eines späten Herbsttages sah man einen hochgewachsenen, breitschultrigen Mann festen Schrittes vom Raischeibenbergweg das Hakensträsschen aufwärts wandern. Haar und Bart, stark ergraut, wiesen auf hohes Alter hin. Unter der Schlossruine Gräplang vorbei gelangte er bald an den Steg, der über den Schilzbach führte. Von da aus sah er etwas das Wasser herabschwimmen. Es war ein kahler Menschenschädel. Schnell bückte sich der Fremde vom Stege aus und erhaschte ihn auch. Ohne weiteres Bedenken, wusste er nun nichts Eiligeres zu tun, als den sonderbaren Fund dem Herrn Pfarrer zu überbringen; der werde schon wissen, was damit zu tun sei. Der Pfarrer sagte: „Da der Schilz den Schädel brachte, muss der frühere Eigner sein Leben auch im Gebiete des Schilzbaches verloren haben und zwar, wie ich hoffe, durch Unfall, nicht durch Mord. Sollte aber letzteres der Fall sein, so wird der Mörder zu entdecken sein. Ich nehme nächsten Sonntag den Schädel mit zur Kirche. Nach Beendigung des Gottesdienstes stelle ich ihn vorn, wo Schiff und Chor sich berühren, öffentlich aus und lasse die erwachsene männliche Bevölkerung den Gang durch die Kirche machen. Jeder muss beim Vorübergehen den Schädel berühren, und der, bei dessen Berührung er zu bluten beginnt, wird der Täter sein." So geschah es auch; was der Seelsorger verlangte, wurde ohne Widerspruch befolgt. Kein Blut kam zum Vorschein, und die Ehre der Gemeinde blieb gewahrt. Da rief eine laute Stimme: „Einer ist noch da, der den Gang nicht gemacht hat; er hat zu tun, wie wir getan!" Es wurde erwidert: „Das ist nicht nötig; der Fremde würde doch nicht den Schädel aufgefangen und gebracht haben, wenn er der Mörder wäre!" Jene beharrten auf ihrem Begehren. Zagenden Schrittes näherte der Fremde sich dem Schädel und erschauerte bei dessen Berührung; leichenblaß schwankte er seitwärts, als er diesem reichlich Blut entströmen sah. Grauses Entsetzen erfüllte die Gemeinde. Aller Augen waren auf den blutenden Schädel und auf den entdeckten Mörder gerichtet. Dieser wurde festgenommen und vor den Richter geführt, wo er den Hergang der Tat bekannte. Das Urteil lautete auf Tod durch Hinrichtung mit dem Schwert. Er sühnte nun mit seinem Blute als Greis die böse Tat, die er als Jüngling einst verbrochen.  O. Giger *** Im Dorfwirtshaus zu Flums kehrte eines Abends ein fremder Viehhändler ein, ass und trank, spiegelte vor den Mitgästen viel bares Geld und offenbarte, er wolle über den Schönbühl ins Glarnerland hinüber, um Welschlandvieh zu kaufen. Am andern Morgen ging er mit der schweren Geldkatze um den Leib ins Schilztal hinein. Einer der Mitgäste vom Vorabend gesellte sich wie zufällig zu ihm; er habe in der Alp zu schaffen. An einer schmalen Wegstelle warf er den fremden Mann unversehens in das tiefe, dunkle Tobet. „Nach 30 Jahren!" tönte es herauf. Der Mörder stieg auf Umwegen hinab und raubte die auf den Steinen liegende zerschmetterte Leiche aus. Niemand dachte mehr an den Viehhändler. Dreissig Jahre später, nach einem grossen Wasserguss, fand man im Dorfbach einen weissgewaschenen Menschenschädel. Man ahnte einen ungesühnten Mord, und es wurde an einer Gemeindeversammlung vorgeschlagen, jeder Anwesende habe seine Unschuld zu bezeugen, indem er seine rechte Hand auf den Schädel lege. Alle taten es, nur ein alter Mann zögerte. Als er es endlich auch tun musste, erschienen an dem Schädel drei Blutstropfen. Der Mörder bekannte seine Schuld und wurde hingerichtet.  J. B. Stoop *** Diese Sage verkörpert heute noch die alte Bahrprobe oder das Bahrrecht. Vor dem öffentlichen Volksgericht wurde der Ermordete auf eine Bahre gelegt, und diejenigen Personen, auf welchen der Verdacht ruhte, mussten hinzutreten und mit der Hand den Leichnam und dessen Wunden berühren. Dazu wurden gewisse Formeln gesprochen. Nun sollte Gott ein Zeichen tun; die Wunden sollten zu zittern oder gar zu bluten anfangen, und der Tote sollte seine Gesichtsfarbe ändern. Geschah das alles nicht, so war die Unschuld erwiesen. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 336, S. 187ff Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Gotwergi von Gesteln

Source: Das Gotwergi von Gesteln

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Gotwergi nennt man in Wallis kleine haarige Menschen, die ehemals in den Wäldern und Bergen hausten und sich gut auf Zauberkünste verstanden. In einem Weiler der Pfarrei Gesteln war lange ein Zwerg, der eine Mühle versah, weil der Berg sehr getreidereich ist und niemand war, der sich damit abgeben wollte. Im Winter, wenn die Leute nach Gesteln gingen und wegen schlechten Wetters nicht nach Haus kehren konnten, musste der Zwerg ihnen das Vieh verpflegen; dafür kleideten sie ihn grau und gaben ihm Milch. Einmal traf es sich nun, dass der obere Wind (Nordwird) fürchterlich stürmte und der gute Zwerg nicht aus seiner Hütte kriechen durfte. Das Vieh blieb ungefüttert und brüllte, als die Leute wiederkamen. Hierüber aufgebracht, tadelten sie den Zwerg und stellten ihn zur Rede, warum er sein Versprechen nicht gehalten und ihnen das Vieh verwahrlost habe? Nach diesem Tadel zog der Zwerg traurig und unter Verwünschungen weiter. Man sieht noch heute eine Steintreppe, wo er eine Spur seines Trittes gelassen hat. Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Grääggi

Source: Das Grääggi

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Das "Grääggi" ist ein Gespenst, das in den verschiedensten Gestalten, insbesondere aber in derjenigen eines gefüllten Laubsackes, eines Krattens, eines Tiers etc. erscheint und immer nur bei Nacht seine Ausflüge macht. Oft, wenn es in seinen Lieblingsrevieren, in Hohlgassen, Holzriesen, Waldlichtungen oder Nachrunsen eilig dahinrauscht, kann der erschrockene Wanderer, der ihm begegnet, von dessen Gestalt nichts deutlich sehen als etwa die Augen, welche aussehen wie zwei glühende Köhlchen. Wird es auf seiner Wanderung geneckt oder gestört, so klappert und rasselt und schreit es in so schauerlicher Weise, dass es einem durch Mark und Bein geht. In Ragaz und Pfäfers hält es sich gerne am Fluppabach auf und wird daher dort "Bachgschrei" genannt, während es in Vilters "Bachgrääggi", in der Gegend des Walensees "Gwääggi" oder "Borzi" und im Rheinta! "Wüetihöö" heisst. In diesem Spukwesen ist auch der "wilde Jäger" der Deutschen und der "Türst" der Entlibucher zu erkennen. Einst ging Schuster P. G. mitten in der Nacht von Plons, wo er "Stubeti" hatte, nach Hause. Im Walde zwischen dem Valmajus und der Rotzheldjschlucht sah er einen grossen Kratten im Wege stehen. Er ging neugierig auf denselben zu und gab ihm einen kleinen Stoss mit dem Fuss; da kollerte der vermeintliche Kratten unter heftigem Rauschen und Krachen, wie wenn alle Stauden und Bäume umgebrochen würden, durch den Wald hinunter, bald weinend wie ein Kind, bald schreiend wie eine Sau und endlich in ein schallendes Hohngelächter ausbrechend. Dem Schuster standen vor Schrecken die Haare in die Höhe, und er musste hernach mehrere Tage lang das Bett hüten. *** Bannwart C. J. begab sich eines Abends auf den Rebhügel im Valmajus, um den Füchsen aufzulauern, und vernahm dann bald ein Geräusch von der gegenüberliegenden, bewaldeten Berghalde Ofenholz her, wie wenn jemand Holz herabriesen würde. Er vermutete, dass Holzfrevler hiennt beschäftigt seien und dass die Diebe mit dem Geraubten unten beim Waldrande auf die Wiese herauskommen werden. Schien es aber, dass sie unten angekommen seien, fing es alsogleich wieder von oben her zu rauschen an, und so wiederholte sich der Spektakel, bis ihm die Sache sonderbar vorkam und er sich endlich entschloss, nach dem verdächtigen Riese hinüberzuschiessen. Auf den Schuss flog an besagtem Orte ein ungemein grosser Vogel auf und dem Plonserfelde zu. Der Spuk war aus. *** Ein Bergbewohner hörte einmal in seiner Nähe ein "Grääggi", und er rief ihm zui "Du utaufte Kogä, mach as fortchunst!" worauf ihm dasselbe erwiderte: "I bin besser tauft as du; i heissä Matlin, Matlin!" (Magdalena). *** Nachschrift. Ungläubige behaupten, die dato bei uns sehr selten gewordene grosse Ohreule stöbere an beschriebenen Örtlichkeiten kleinere Tiere zu ihrer Nahrung auf und spiele dabei die Rolle des "Grääggi"; ein Jäger habe einst einen solchen Rumorer auf der Tat getroffen und erschossen. J. Natsch *** Es wäre unnütz, für all das Einschlägige, das überall erzählt wird, glaubwürdige Erklärungen geben zu wollen. Wind und Wetter, Mensch und Tier machen sich in der dunklen Nacht in der einsamen Bergwelt oft auf so sonderbare Weise bemerkbar, dass der Glaube an übernatürliche Spukgestalten nahe liegt. Sicher aber ist, dass die Furcht manches sieht und hört, was dem mutigen Zweifler bald genug ein helles Lachen entlockt. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 283, S. 156f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Grabengröll

Source: Das Grabengröll

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Das Feld zu beiden Seiten der Landstrasse zwischen Sevelen und Räsis wird "der lange Graben" genannt. Auf mehr als eine halbe Wegstunde stand hier vor dreissig Jahren noch kein anderes Gebäude als eine alte Scheune, der Grabenstall. Diese Strassenstrecke wurde zur Nachtzeit nur in Notfällen benützt oder etwa von Leuten, die "keine Religion im Leibe hatten"; denn es war hier immer ungeheuer. Durch die Luft - bald ferner, bald näher - ging ein Pfeifen und Brüllen, ein Heulen und Hundegebell, ein Zischen und Tosen; aus diesem Lärm waren deutlich Pferdegeröll und -Geschell vernehmbar, sowie auch Pferdegewieher. Die ganze Nachtmusik war so ohrbetäubend, dass einem Sehen und Hören verging. Was es war, wusste niemand, aber man nannte es das "Grabengröll". Beim Grabenstall nahm es seinen Anfang, und beim "Grüzimuosriet" hörte es auf. Heinrich Hilty.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 131, S. 62 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Gräggi (Buchs/SG)

Source: Das Gräggi (Buchs/SG)

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Das Gräggi ist ein Tierchen von der Grösse eines Kürbis, welches aber bald fliegt, bald bloss hüpft, läuft, kollert und in allerlei Stimmen wunderlich und unheimlich schreit. Es ist in Berg und Tal. Einer aus der Burgerau sammelte in der Rhein-Au Mist und wollte eben einen Haufen Pferdekot aufnehmen, als derselbe davonlief und jämmerlich heulte. Es war ein "Wüetihöh". Zwischen Altendorf und Räfts hört man auf den Wiesen, wo es heisst auf Sax, oft ein unheimlich kläglich Schreien in der Luft und nennt dieses ebenfalls "das Wüetihöh". Dr. Henne-Nm Rhyn, Deutsche Volkssage.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 132, S. 62f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Gräggi (Sargans/SG)

Source: Das Gräggi (Sargans/SG)

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Wodans Stelle vertritt im Sarganserlande das "Bachgeschrei", vor allem aber das "Gräggi", d. h. der Schreier, welcher nachts bald als Baumstamm, als Hund, als Schwein, als Kalb im Wege liegt oder von einem Baume herab einen anschreit, bald als Laubsack sich heranwälzt, mit den verschiedensten Stimmen schreit und mit einem Lärm, wie an andern Orten die wilde Jagd, über Weinberge und Wälder hinbraust, dass man glauben möchte, kein Rebenstickel und kein Baum bleibe unzerbrochen, obschon am Morgen keine Spur von allem wahrzunehmen ist. Von einer meist aus Fronfastenkindern bestehenden Familie wusste man, dass sie in freundschaftlichem Verkehre mit dem "Gräggi" stand, welches den Söhnen nachts, während sie schliefen, die Rosse hütete, und wenn diese einen Kreis abgeweidet, den Pfahl ("Stumpen") weiter schlug. Es liess alle möglichen Stimmen hören. Dr. Henne-Am Rhyn, Deutsche Volkssage. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 176, S. 83 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das graue Männlein

Source: Das graue Männlein

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In einer Alpe von Goms soll es oft sehr unheimlich gewesen sein. Plötzlich in der Nacht fing das Vieh an, von seinem Lager aufzuspringen und brüllend nach allen Gegenden sich zu zerstreuen, so dass die Sennenhirten die grösste Mühe hatten, selbes wieder zusammen zu treiben. Einige schrieben es wilden Tieren, andere aber Bozen oder Geistern zu. Als die Hirten einst abermals eine so stürmische Nacht gehabt hatten, schlief der Sennenhirt fern von der Hütte an der Sonne. Da er erwachte, stand ein kleines, eisgraues Männlein mit einem breiten Wetterhut vor ihm. Der Senne, welcher ein barscher und furchtloser Kamerad war, rief ihm trotzig zu: «Was machst du da, du grauer Spitzbube!» Aber im gleichen Augenblicke stürzte das Männlein auf ihn, rieb ihm den Bart und legte seinen Mund auf den seinen; denn es heisst, die Geister oder die Toten können mit den Lebenden nicht reden, es sei denn, dass sie von den Lebenden angesprochen werden und von ihrem Atem schöpfen können. Dann richtete sich das Männlein auf und fing an zu erzählen von seinen Diebstählen, die es an Vieh auf den Alpen begangen, so lange und so lange bis Betenläuten am Morgen. Was es da alles dem Sennen geoffenbaret und was er zu seiner Erlösung tat, blieb Geheimnis. Das unheimliche Wesen soll von der Alpe verschwunden sein; aber dieser Sennenhirt hatte seit jener Unterredung sein Lebtag keine gute Gesundheit mehr.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Greinen im Engstligengrund

Source: Das Greinen im Engstligengrund

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Wenn der Tau sich abends in die Täler senkt und die Sennen ihre Herden am Brunnen tränken, wenn die Nacht das Tal einhüllt und der letzte Glockenton verklungen ist, vernimmt man in der Tiefe des Engstligengrundes am Weg nach Adelboden eine Stimme. Sie ruft und weint und ächzt bis zum Morgengrauen. Wer es weiss, was die Stimme bedeutet, der bekreuzt sich, betet ein Vaterunser und geht still seiner Wege. Jedermann im Tale ist es inne, dass es der Geist von Jörgens Änneli ist, der hier reuevoll das unselige Ende eines unglücklichen Mädchens beklagen muss bis zum jüngsten Tag. Änneli war heimlich mit seines Vaters Knecht Franz versprochen. Der Vater aber wollte sein Kind einem reichen Händler vergeben. Eines Tages traf es sich, dass Franz und der Händler zusammen zur Alp steigen mussten, um die Herden zu besichtigen. Unterwegs wurden sie von einem furchtbaren Gewitter überrascht. An jäher Fluh, an welcher nur ein handbreiter Pfad vorüberführte, schlug der Blitz vor ihnen in den Boden. Der Händler war darüber so erschrocken, dass er ausglitt und in den Abgrund stürzte. Sterbend übergab er Franz seinen Geldgürtel mit allem was darinnen war, da er niemand hatte, der ihn hätte beerben können. Auf Franz aber fiel der Verdacht, den Händler getötet zu haben. Es wurde ein Landtag einberufen und der arme Geselle trotz der Beteuerungen seiner Unschuld zum Tod am Rad verurteilt. Als Jörgens Änneli das Auge des unschuldigen Geliebten nach. fürchterlichen Qualen erlöschen sah, verliess sie das Dorf und niemand hat sie je wieder gesehen. Die Leute sagen aber, dass sie den heissen Schmerz ihres brechenden Herzens in den kühlen Wassern der Engstligen gelöscht habe. Seither hört man das Greinen im Engstligengrund. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Greiss auf der Fisetenalp

Source: Das Greiss auf der Fisetenalp

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Die Fisetenalp gehört zwar zum Urnerischen, aber der Bach, der von dort oben herunterfliesst und Schräjenbach heisst, der nimmt hinter Linthal einen mächtigen Sprung und will zur Linth. Auf der Alp hat vor Zeiten das Greiss gewütet. Die fettesten Milchkühe und die schönsten Rindlein hat es mit einer Krankheit verhext, gegen die kein Viehdoktor und kein frommer Kapuziner helfen konnten. Niemand hat das Greiss je gesehen, denn es kam nur in mondlosen Nächten vom Urnerboden her über die Alpen getappt, und jedwedes Tier, dem es ums Maul fuhr, starb in wenigen Tagen eines jämmerlichen Todes. Die Sennen schwiegen und sagten keinem Menschen etwas vom Greiss, denn sie fürchteten, wenn die Sache ans Licht komme, so würde das Ungetüm noch viel schlimmer hausen. Da kam gegen den Herbst hin, nachdem die Sennen gar manches brave Häuptlein verlocht hatten, ein fahrender Schüler, man nennt sie auch etwa Venediger, auf die Alp; dem klagten sie ihr Leid und baten ihn, um Gottes willen etwas gegen das Greiss zu tun, denn sie wüssten dem Leben kein End mehr. Das sei nämlich so: Vor Jahren habe ein armes Hüterbüblein von Welschen oder von Zigeunern ein schneeweisses Lämmlein geschenkt bekommen, das sei ihm liebgeworden wie ein Brüderchen, und all seine Sorge habe dem Tierchen gegolten. Einmal sei ihm in seiner Einfalt in den Sinn gekommen, das Tierchen sollte doch auch einen richtigen Taufnamen haben, mit dem er es rufen könnte. Also lief er in einer dunklen Nacht über den Klausen bis zur Attinghauserkirche. Dort brach er den Taufstein auf und schöpfte ein Beckelein geweihten Wassers heraus. In der Nacht darauf trug er das Wasser den langen Weg zurück und taufte das Lämmlein, als wenn er ein Pfarrer und das Tier ein Mensch wäre. Kaum aber war das geschehen, so fing das Schäflein an zu wachsen und wuchs und wurde immer grösser, und wurde aus ihm ein ungeheuerliches Meraggel, das den Hüterbuben in Fetzen riss und auffrass. Dann verzog es sich in die Wälder und versteckte sich in Schluchten und Tobeln und kam nur in der Nacht auf die Alpen und zuletzt auch ins Glarnerland herüber. Der Venediger hörte dem Handel aufmerksam zu. «Töten», sagte er, «kann ich das Greiss nicht; dafür bin ich noch zu jung. Aber bannen kann ich’s, und das will ich Euch zuliebe morgen versuchen.» Am Tag darauf strich er um die Hütte herum und suchte sich sorgfältig drei Trämmel aus, zeichnete jeden mit einem Kreuzlein an und befahl den Sennen, mit dem Holz um Mitternacht ein Feuer anzumachen. Sie sollten sich drumherum setzen und plaudern, einerlei was. Wenn das Feuer hoch und heiss brenne, so komme einer zu ihnen (er wisse selber nicht, was für einer und woher er komme), der setze sich zu ihnen und wolle seine Pfeife anzünden. Wenn’s aber soweit sei, so sollen sie ihn, und wenn’s der nächste Eigene wär, zu dritt packen und mitten in die Flammen werfen und ohne Erbarmen zu Asche verbrennen lassen. So hätten sie endlich Ruhe vor dem Untier. Die Sennen waren zufrieden, und da der Fahrende für den guten Rat keinen Blutzger heischte, so stellten sie ihm auf, was eben in der Hütte zu finden war, und er ass und dankte und ging seines Wegs. Um Mitternacht, als das Feuer nun hoch und heiss brannte und die Drei daran sassen und warteten, da hörten sie auf einmal einen vom Grat herunter jodeln und jauchzen. Sie kannten den Jodler an der Stimme und dachten sich: «Was will denn bloss der Uolrichlifranz so mitten in der Nacht? Will er gar sein weisses Rösslein holen?» Denn er hatte es im Vorsommer bei ihnen zum Sömmern eingestellt. Indes kommt der Franz zum Feuer, nickt guten Abend, stochert ein Weilchen mit seinem Stecken im Feuer herum und zündet sich die Pfeife an. Die drei Sennen schauen ihm schweigend zu. Wie die Pfeife zu ziehen anfängt, fragt er nach seinem Rösslein, und er möchte es gleich mitnehmen. Die drei schauen sich an, und keiner findet den Mut, den braven Uolrichlifranz ins Feuer zu werfen, denn sie denken, es könnte leicht ein Versehen sein, und sie wollten keine Todsünde begehen. Der Franz geht also zum Gaden und sitzt in einem Schwung aufs Ross, und wie er zehn Schritt von der Hütte weg ist, nimmt er einen gewaltigen Satz und ist schon zuoberst auf dem grossen Stein am Wald und wächst wie ein Unflat und wird ein Ungeheuer, das lacht und lacht zu den Sennen hinunter. «Ihr hättet schon den Rechten erwischt! Warum habt Ihr ihn nicht verbrannt?» Auf einmal verschwand er in Rauch und Feuer, und es stank Schwefel und Teufelsdreck, und da wussten die Sennen, wer bei ihnen am Feuer gesessen hatte. Am Morgen früh stieg der Jüngste aus lauter Gwunder mit der Gadenleiter auf den Stein. Was war zu sehen? Nichts als ein brandschwarzes Loch, das aussah, als hätte einer seinen Pferdefuss in den Felsen gedruckt. Wer heute auf Fiseten kommt und eine Leiter bei sich trägt, der kann’s selber nachsehen.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Das Greiss in Meien

Source: Das Greiss in Meien

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 Im Beertli ward ein Rind »vom Greiss geschlagen«. Schon zeigte sich ein schwarzer Fleck auf einer der beiden »Laffen«. Da sagte der Besitzer: »Das Tier muss verbrannt werden. Die drei Knechte sollen am Abend ein Feuer anzünden, das Rind hineinwerfen und das Feuer streng bewachen; es darf keiner davonweggehen. Der erste beste Mensch, der dazu kommt, am Feuer die Pfeife anzündet, den sollen sie packen, dreimal im Kreise herumschwingen und in das Feuer werfen.« Die Knechte handelten nach den Anordnungen ihres Meisters und warfen das Rind in die lodernden Flammen. Statt nun beim Feuer zu bleiben, ging einer derselben in die Hütte, um daselbst seine vergessene Pfeife und sein Feuerzeug zu holen; ohne zu tubäklen kann ein echter Älpler doch nicht existieren. Wie er sich der Hütte näherte, ertönte oben auf dem »roten Bergli«, wo man nach Gornern hinüber geht, ein gellender Pfiff, der ihm durch Mark und Bein ging; er öffnete die Hüttentüre, und jetzt sah er einen Unbekannten am Feuerloch sitzen, welcher da in der Glut herumstocherte und ein Pfeifchen mit einer glühenden Kohle in Brand steckte. Der Älpler erschrak, »isch ärschmywet«; er war übelfeil und wusste nicht was anfangen. Keiner der beiden redete ein Wort. Endlich bot der Alpknecht dem geheimnisvollen Gast Zieger und Milch an. Dieser kostete davon und verschwand. Das Greiss blieb in der Alp. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das grüne Fröschlein

Source: Das grüne Fröschlein

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 Ein Bürgler zog alle Jahre einmal mit Walenvieh »in das Wälsche hinüber« an die italienischen Herbstmärkte. Einst sagte ein Wirt, bei dem er gewöhnlich einkehrte, zu ihm: »Ihr Urner habt, wie ich gehört, einen Geldscheisser; bringt mir auch mal einen, ich könnte ihn brauchen.« Der Urner versprach ihm einen. Im nächsten Jahre aber vergass er es, und erst auf halbem Wege kam ihm sein Versprechen in den Sinn. Und siehe! Kaum gedacht, hüpfte so ein kleines, grünes Fröschlein daher, das man im Aberglauben »Allarünä, Allrünäli« nennt. Wenn man einem solchen Geld unterlegt, so scheisst es immer das Doppelte dazu. Aber man muss ihm die Ordnung und Reinlichkeit halten wie einem Kind. Wer aber stirbt, während er eine Allarünä besitzt, ist des Teufels, und wenn sie in die dritte Hand kommt, so wird sie der Besitzer nicht mehr los und ist unrettbar dem Höllenfürst verfallen. Der Urner packt das Tierchen, verwahrt es in seinem Schnupftabakdruckli und kramt es dem Wirt, der es mit Freuden in Empfang nimmt. Im folgenden Jahre kam dieser jubelnd dem Urner entgegen und sagte, er sei jetzt ein reicher Mann. Da erschrak der Viehhändler und bekannte später alles seinem Beichtvater. Dieser erklärte ihm, er müsse den Wirt auf die Gefahr aufmerksam machen, in der sein Seelenheil schwebe. Das machte er, und der Gewarnte sann darauf, das Fröschchen loszuwerden. Auch er ging zu einem Kapuziner, der ihm nach langem Besinnen sagte, er solle es ihm bringen, was der Wirt freudig tat. Der Pater hängte es in einem Tüchlein an der Oberdiele seiner Zelle auf. In der folgenden Nacht entstand ein furchtbarer Lärm vor dem Kloster; eine Bande unbekannter Kerle tobte und schrie: »Gebt den Gefangenen heraus! gebt unsern Hauptmann heraus!« Der Guardian wusste von allem nichts. Er fragte die Patres, ob einer von ihnen etwas wisse. Aber keiner konnte eine Auskunft geben. Es war ein grosser Schrecken im Kloster. Da kam es dem Obern in den Sinn, dass er einen Pater, den einfältigsten von allen, noch nicht berufen und gefragt habe. Am Ende hat der noch in seiner »Dümmi« etwas Dummes angestellt! Sofort liess er ihn kommen und examinierte ihn und schickte ihn, nachdem er bekannt hatte, an die Pforte, um mit der Bande zu verhandeln. Der einfältige Mönch verlangte von ihnen neun Säcke voll Gold. Im Nu waren diese da, noch tropfend von Meerwasser! Und jetzt wurde der Gefangene herausgegeben. Mitget.: Pfr. Jos. Arnold; Frz. Zgraggen, Schattdorf Ähnlich in Ursern. M.A. Schmid, 78 J. alt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das grüne Männlein im Theel, bei Leuk

Source: Das grüne Männlein im Theel, bei Leuk

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Beim Risetstadel, etwa eine halbe Stunde unter Guttet soll oft ein grüner Mann gesehen worden sein, der den Vorübergehenden manchen schlimmen Streich gespielt hat. Von der Dala-Brücke im Rumiling bis zum Riset hat derselbe manchen entweder irregeführt, geisteskrank gemacht oder gar jämmerlich um's Leben gebracht. Eine vornehme Frau aus Leuk, die mit ihrem Töchterlein nach Theel wallfahrten wollte, verlor ihr Kind unvermerkt von ihrer Seite und fand dasselbe erst nach drei Tagen im Walde jämmerlich zugerichtet. Vor etlichen Jahrzehnten erzählten die Leute wieder viel von diesem Spuke. Auf der Bergstrasse, die durch einen Wald zur Wallfahrtskapelle ins Theel führt, hörte man hin und wieder einen lieblichen Gesang, der die Leute beirrte; bald sah man am hellen Tage ein kleines, leichtfüssiges Männlein mit kurzem, grünen Fracke, angeschnallter Reisetasche und einem zierlichen Federwische auf dem Hute, welches die Vorübergehenden angaukelte, ihnen aus einer Schachtel niedliche Zuckerbrötli bot und von der Strasse abzuleiten trachtete. Wer das Gebotene verkostete, ward halbnärrisch und kaum mehr aus dem Walde zu bringen; und jeder, der den Spuk einmal gehört oder gesehen, wünschte selben noch ein zweites und drittes Mal wieder zu hören und wieder zu sehen. So erging's einer sonst braven Ehegattin aus Leuk, der das grüne Männlein eines Tages den Ehering abforderte. Sie beteuerte, sie hätte keinen mehr und selben schon lange verloren. «Geh zurück» antwortete der Grüne, «und suche selben in deinem Bette; da wirst du ihn finden.» Und wirklich kam der Ring im Genister des Bettstrohes wieder zum Vorschein. Das Weib musste aber am Überbringen des Eheringes mit Gewalt gehindert und eingesperrt werden. Der damalige Pfarrer — Hr. Loretan rühmlichsten Andenkens — glaubte einschreiten zu müssen. Er suchte darum beim Bischofe die Bewilligung und im Stifte Einsiedeln Unterweisung, den Geist zu bannen. Als er mit dem Nötigen wohl ausgerüstet die Burg Leuk verliess, schien der ganze Berg unter grausem Gekrache bersten zu wollen. Er liess sich aber, laut erhaltener Anweisung, nicht abschrecken und stieg mutig den Berg hinauf. Bald stellte sich auf seine Gebete das grüne Männlein in seiner gewöhnlichen Gestalt ein. Es bekannte, es sei der Satan und heisse «Legion»; den Spuk habe es darum getrieben, um die Leute allerhand alberne Urteile fällen zu machen. Es trete nun ab, werde aber später wieder kommen u.s.f. Wirklich heisst es, die Gegend sei wieder unheimlich. Hirten wollen einmal Pferde und Rinder ein schönes Kornfeld beschädigen und verwüsten gesehen haben und, als sie hineilten und dem Unfug abhelfen wollten, war keine Spur weder von Vieh noch irgendwelcher Beschädigung zu bemerken. Ein anderes Mal betete ein vorübergehender Pater sein Brevier. Da hörte er jemanden emsig nachtraben. Weil er glaubte, er bekomme Gesellschaft, erschrak er nicht und betete ruhig fort; doch als er zu lange nicht wollte eingeholt werden, sah er um und fand auf einer langen Strecke Weges keine lebende Seele! — Und wer das zuletzt erzählt hat, dem sind noch nicht alle Zähne aus dem Munde gefallen.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das grüne Männlein im Thel

Source: Das grüne Männlein im Thel

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Beim Risetstadel, etwa eine halbe Stunde unter Guttet, soll oft ein grüner Mann gesehen worden sein, der den Vorübergehenden manchen schlimmen Streich spielte. Von der Dalabrücke im Rumeling bis zum Riset führte er manchen irre und machte ihn geisteskrank oder brachte ihn gar jämmerlich ums Leben. Eine vornehme Frau aus Leuk, die mit ihrem Töchterchen nach Thel wallfahrten wollte, verlor ihr Kind unbemerkt von ihrer Seite und fand es erst nach drei Tagen im Walde jämmerlich zugerichtet. Vor vielen Jahrzehnten erzählten die Leute oft von diesem Spuke. Auf der Bergstrasse, die durch den Wald zur Wallfahrtskapelle ins Thel führt, hörte man hin und wieder einen lieblichen Gesang, der die Leute beirrte; bald sah man am hellen Tage ein leichtfüssiges Männlein mit kurzem, grünem Fracke, angeschnallter Reisetasche und einem zierlichen Federbusche auf dem Hut; es gaukelte die Vorübergehenden an, bot ihnen aus einer Schachtel niedliche Zuckerbrötchen an und trachtete sie von der Strasse abzuleiten. Wer das Gebotene verkostete, wurde halb närrisch und war kaum mehr aus dem Walde zu bringen; und jeder, der den Spuk einmal gesehen oder gehört hatte, wünschte ihn noch ein zweites und drittes Mal zu sehen und zu hören. So erging’s einer sonst braven Ehegattin aus Leuk, der das grüne Männlein eines Tages den Ehering abforderte. Sie beteuerte, sie habe keinen mehr, sie habe ihn schon lange verloren. «Geh zurück», antwortete der Grüne, «und suche ihn in deinem Bette, da wirst du ihn finden.» Und wirklich kam der Ring im Bettstroh wieder zum Vorschein. Das Weib musste aber am Überbringen des Eheringes mit Gewalt gehindert und deshalb eingesperrt werden. Der damalige Pfarrer Loretan rühmlichsten Andenkens glaubte hier einschreiten zu müssen. Er suchte darum beim Bischof die Bewilligung und im Stifte Einsiedeln Unterweisung, den Geist zu bannen. Als er, mit dem Nötigen wohl ausgerüstet, die Burg Leuk verliess, schien der ganze Berg unter grausem Gekrache bersten zu wollen. Er liess sich aber, laut erhaltener Weisung, nicht abschrecken und stieg mutig den Berg hinauf. Bald stellte sich auf sein Gebet das grüne Männlein in seiner gewöhnlichen Gestalt ein. Es bekannte, es sei der Satan und heisse "Legion"; den Spuk habe es darum getrieben, um die Leute allerhand alberne Urteile fällen zu lassen. Es trete nun ab, werde aber später wieder kommen. GUTTET Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Gryni

Source: Das Gryni

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Auf der Hunnenfluh, die wie des Herrgotts Bollwerk die rechte Talseite nach aussen abschliesst, hört man im Frühling und im Herbst, wenn es ander Wetter machen will, und die ersten heissen Föhnstösse die Tannenwipfel auf dem Fluhrand wie Weidenruten biegen, in Ausserwengen ein Klagen und Schluchzen. Das ist das Gryni. In einem Jahrhundert, das längst verronnen, wohnte an der Spendägerten in Wengen ein Mann mit seiner Frau. Ihr einfaches Leben floss in Eintracht und Arbeit dahin. Als, nach Jahren erst, sie auf Jugend hoffen durften, war die Vorfreude gross. Eines Tages stand ein Kind auch wirklich an, aber mit ihm brach Ungemach über die Leute herein. Das Kleine hatte mitten im Gesicht ein rostrotes Muttermal, grösser als die Fläche einer Hand. Das Unglück werkte die junge Frau lange Zeit ins Bett, es brach ihr den Schlaf, und sie hintersinnete sich schier. Sie schämte sich des Kindes, trug es nicht über den Tauf und tat keinen Schritt mehr unter die Leute. Ganz langsam — helf ihr Gott im Himmel oben — reifte in ihr der Gedanke an ungute Tat. Eines Sonntagmorgens, als drunten im Grund die beiden Glocken gar feierlich die Talleute zur Predigt riefen, war ihr Mann schon längst auf dem Kilchweg. Sie jetzt auf und davon, mit dem armen Kind in der Schürze, unterhalb des Dorfes über Rohrflüh und Brunni hinaus nach der Hunnenfluh. Hier leerte sie es in die schauerliche Tiefe, und unten nahmen es die weitästigen Buchenkronen des grossen Schmelziwaldes auf. Als der Mann vom Tal heraufkam und nach dem Kind fragte, da focht sie mit Lügen, es sei ihr abhanden gekommen. So lange man auch suchte, auf Fluhsätzen, in Gräben und Wäldern, das Kindlein blieb verschollen. Es kam niemand in den Sinn, im Talgrund und am Talend draussen zu suchen. Angst und Kümmernis aber brachen der Frau Herz, und eines Abends, der liebe Gott sei ihrer Seele gnädig, hing sie im Ägertenhaus am Strick. Damit es dort nicht ungeheurig werde, und die Arme an ihre Ruhe komme, nahm man, altem Brauch gemäss, die Leiche nicht über die Türschwelle, sondern oben zum Schindeldach hinaus. Dann vergrub man sie, unweit vom Haus, im Spendägertenloch. Alle kluge Vorsehung aber war umsonst, das Gryni kam aus dem Loch herauf und strich zu gewissen Zeiten an den Ort der bösen Tat. Auf dem Rossibort streifte es stets eine Hausecke. Es war in der Nähe zu hören wie ein in Angst dahineilender, atemloser Mensch. Wenn es aber weiter talaus kam, hauelte es laut auf. Noch heute hört man dann und wann am Rand der Hunnenfluh, wenn im Sturm die Wipfel ächzen, das Spendägertengryni dem toten Kinde nach in den Abgrund hinunterweinen. Quelle: Hans Michel, Ein Kratten voll Lauterbrunner Sagen. Wengen 1936. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.    


by Das Güggelchrüz

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An der Hooche Stross ob Oberwil steht das Güggelchrüz. Zwei Bauern wollten einmal feststellen, wo die Mitte zwischen Dorf und Allme sei. Jeder von ihnen liess einen Hahn fliegen, der eine vom Dorf, der andere von der Allme. Da beide Güggel sich nachher auf das Kreuz setzten, nahm man an, hier sei die Mitte, und das Kreuz hiess fortan Güggelchrüz. Oberwil Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Guggibaderlied

Source: Das Guggibaderlied

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Altes Volkslied aus dem Aargau. Es rittet e Rüter dur es Ried, Er sung mit Freüd si's Dägelied, Er sung's dur dreierlei Stimme, Dass es zwüsche zwei Berglene chlinget; Schön Anneli g'hörts im Müllerhûs Und lieget ihm nach zum Pfeister ûs. Das Anneli sprung dur 'Stegen ab Und lost und rüeft dem junge Chnab, O chönit i au ne so singe, Wött mit ehm vo heimen enstspringe; Mîne Chleideli sind au nid z'schlecht, Sie sind au iedem Fräueli recht. Ach Anneli, wottst cho mit mir, Das Baderliedeli, das singen ich dir, E Liedli ûf dreierlei Stimmte Wott ich dich lehre go singe, So leg dîne schöne Chleidleni an, So wie me rîten zu Berg und Tann. Das Anneli springt dur d'Stegen ûf, Es leit si Sîden und Sammet ûf, In Sammet und sîdegi Schnüre De Rüter wott 's Anni verführe. Er nahm das Anni bîm Gürtelschloss Und schwung's wohl hinter ûf's höchi Ross Es goht e chlî balde, chlî balde, Er ritet zum finstere Walde, Sie chömet zur grüenliche Haselstûd, Dört ruggtet e wîssliche Durteltûb, Das Dübeli thät sich ruggiere: O du Maidli, er will di verführe! Ach Rüter, lieber Rüter mî, Was rugget echt das Dübelî? Es rugget wege sîm rothe Fuess, Wo's im Winter dra früre muess, Um sîne blutrotbe Chralle, Wo-n-im Winter der Schnee isch g'falle. Er ritet mit em i de finstere Wald, Das Anneli schreit, o weh, was G'walt! Er rîtet mit em i d'Stûde und Stöck, Es schreit, o heie, mîne sîdige Röck! Er rîtet mit em über Stûden und Stei, Es schreit, o weh, mîne schneewisse Bei! Wo sie im grüene Wald si dûss, Spreitet der Rüter der Mantel ûs, Er spreitet der Mantel is grüene Gras, Schöne Jungfrau zu n'em nieder sass: Ach Anneli, chum mir cho lûse, Mîs chrûselegels Hörli verzûslä. So mängi Locke ds Anni verthat So mängi Thräne as ihm empfalt; Er luegt ihr unter die Auge: Jungfau, was muess i g'schauge, Jungfrau, so loht üer Trûre, Oder was isch üch z'dûre? Weinest du dîn junge stolze Mueth, Weinest du um dîs väterlich Guet, Weinest du um dîni Ehre, Ass du meinst, du heigist sie nimmermehre, Oder weinst du um eine Tanne, Ass du meinst, du chönnist nümme manne? Ich weine nit um mîs jung stolz Bluet, Weine nit um mîs väterlich Guet, Und wein nit um mîni Ehre, Ass ich mein, ich heig sie nit ehre, Weder ich wein ob diesere Tanne, G'seh eindlef Jumpfere dra hange. Wein nit zu sehr, mîs Anneli, 'Sisch wohr, du muesst die Zwölfti sî, Muesch oben an a d'höchsti Spitz, Ass me g'seht, dass de Marggräfene bist, Muesst Chaiseri s'i ob alle, Muesst aller-z'öberist hange. Schrei du nur zu viel hundertstund, Ich weiss ja gar wohl, ass Niemer chunnt; Du chaust jo schreien, so viel as d'witt, Die junge Waldvögelî lose der nit, Und die umme-n-im Obwald flüge, Die Düblî sind gar verschwiege. Der erste Schrei, den 's Anneli g'than, Es rüeft den liebere Vatter an; Der zweite Schrei, den 's Anneli thuet, Es rüeft dem Müetterli lieb und guet; Und wo's zum dritten und letzten schreit, So rüefts dem Brüeder, der isch nit dehei. Der Brüeder, der isch bî's Sternewirths gsesse, Hätt Hochsig-Bratis und Fischli ggesse, Der Brüeder sitzt bîm küele Wî, Die Stimm goht ihm zum Pfeiste îe; „I bitt ech um Gottes Wille, Händ ech chlei weneli stille!“ „Es li mir öppis in mînem Sinn, I mein, i g'höre mîs Schwösterlis Stimm; Hör, Regewind, hör stürme, Wind, I g'hören es Stimmli, wie eusis Chind, Es lit mir gäng im Sinne, I g'hören mîs Schwösterlis Stimme.“ „Sattelt mîs best Ross im Stal, So chan i rîten über Berg und Thal, Zäumet's mit ere îsige Chett, Ass i mîm Schwösterli 's Leben rett, Ass i chumme-n-e chli bass ûse Zur reggede wîssliche Tûbe.“ „I han es Ross, s'isch buggeile, Verzêret all Strick und Seile, I cha mîs Rösseli wîse, Ass es Bluet schwitzt unter den Ise, Ass es chocht i Läber und Lunge, Bis ich mîs Schwösterli ha g'funge.“ I chomme bass ûse g'sprunge, Do chumm i zu einerem Brunne, Er hanget voll Löckli und Maitschihoor, Der Brüeder denkt, der Traum isch wohr; Er ist berunne mit Mägdlibluet, Der Brüeder denkt, der Traum isch guet. I chomme bass ûse, bass ûse, Do chumm i zu eienr Stûde. „Ach Rüdeli, wehr, ach Rüdeli, speer! Worum denn draijest selb Wîdel so sehr?“ Schwig, Schwösterli, schwîg, dieselbige Wîd, Ihm draijen ich se, mîm Anneli nit! Draih sei du nummen und draih se bald, Du draijest si selber an dînen Hals; Du Rüter, du Schölm, du Räuber, du Dieb, Lueg, wie me dir 's Lûsen und 's Chrûslen vertrîbt, Du muesch ietz hange mîm Ross a Schwanz, Du muesch jetz lehre den Höppelidanz! Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 24 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Gundisheer um Muri

Source: Das Gundisheer um Muri

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Ausserhalb Muri hebt der Umzug des Gundisheeres an. Wie eine laut nüschelnde (wühlende) Schweineheerde zieht es über das Klosterfeld durch das äussere Dorf nach Buttwil den Berg hinan. Hinter Geltwil geht es einer Hecke nach bis ins Schlattholz und fährt über den hohen Lindenberg weiter. So sahen es einmal junge Burschen vom Dorfe Geltwil den Berg herauf kommen, und einer von ihnen liess sich bewegen, ein hinter drein laufendes Ferkelchen aufzufangen. Die Kameraden brachten ihm einen Sack, er band es hinein, lud es auf und wollte es heimtragen. Da rief eine Stimme mit Macht aus der Höhe herab, wo eben die Heerde dahin brauste, Hagöhrli (Eberöhrlein), wo bisch au? und zum Schrecken der Bursche antwortete sogleich das Ferkel im Sacke: I's Heiniguggeli's Sack inne! Der Träger fuhr zusammen und liess den Sack fallen, dann eilte er mit den Andern davon. Nachher fanden Vorübergehende wohl den Sack, aber leer. Seitdem soll das Gundisheer dorten nicht mehr erschienen sein. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 92 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Guscheli beim Schloss Apro

Source: Das Guscheli beim Schloss Apro

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Als einst eine Person aus Seedorf durch das Gässli zwischen dem Friedhof und dem Schlossmätteli marschierte und zum Schlosstor hinabschaute, winkte ihr von dort fortwährend und eindringlich ein Guscheli, das beim Schlosstor stand, sie solle hinabkommen. Aber die Person folgte nicht. Da schrie das Guscheli ganz wütend: »Du sollst deiner Lebtag zu nichts kommen und zuletzt in Not und Elend sterben!« Und so kam es. Kath. Tresch-Gisler Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Gwelb

Source: Das Gwelb

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Der gewöhnliche Verbindungsweg zwischen Grossberg und Kleinberg, welche das tiefe Schilztobel trennt, führte früher über die hintere Naturbrücke, das Gwelb. Von der Kleinbergerseite stieg man durch eine Leiter auf dasselbe hinab. Der Weg wurde namentlich von den Ledigen zu nächtlichen „Stubetegängen" benutzt. Einmal ging ein Grossberger, der am Kleinberg bei der „Stubete" gewesen, allein Heim. Er stiess beim Gwelb mit dem Fusse an einen weichen Gegenstand, wie an ein Bündel Kleider. Dann verlor er das Bewusstsein. Am Morgen beim Betläuten erwachte er in der Halde, auf dem Stegenbrückli. Wie er vom Gwelb weg heimgekommen, davon hatte er keine Ahnung. J. B. Stoop Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 330, S. 183 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Habsenweibchen

Source: Das Habsenweibchen

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Am östlichen Abhang des Bruderholzes, da, wo der Fleischbach aus dem Walde hervorschlüpft und der alte Fusspfad von Münchenstein nach Therewil einmündet, sieht man heute noch ein tiefes, nunmehr aber bald ausgetrocknetes Sumpfloch. Eine Weibsperson aus Habsheim im Elsass soll sich dort ertränkt haben. Darum der Name Habsenloch. Wenn nachts um die Geisterstunde ein einsamer Wanderer jenen Weg geht, so sieht er das Habsenweibchen dort umherhuschen, und geht er demselben nach, so fällt er in den Sumpf. Reinach Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Hackengespenst in Tegerfelden

Source: Das Hackengespenst in Tegerfelden

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In der Nähe des sogenannten Bernerlandes beim Dorfe Tegerfelden steht ein Bauernhaus, vor dem alle Nacht ein Weib erschien und die Leute weckte. Wenn man sie aber um ihr Anliegen befragte, so wusste sie nichts anderes heraus zu bringen, als: „Haue gä, go ge hacke!“ Sie gieng nicht eher, als bis man ihr eine Haue herausgereicht hatte, und stammelte dann „Wiederbring.“ Immer stand am Morgen das entlehnte Werkzeug richtig wieder am Platze. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Hagheerenloch

Source: Das Hagheerenloch

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Das Hagheerenloch Am Teufenbach, oberhalb Bauma, liegt unweit des Höchstocks eine Höhle, die das Hagheerenloch heisst. Alte Überlieferung will, dass in dieser Höhle die unterirdischen Gänge aus der Burg im Sternenberg und von der Burg Werder bei Hittnau zusammentreffen. Der hintere Teil der Höhle ist zerfallen. Aber gerade dort bestanden in alten Zeiten viele Gewölbe und Gänge. Der Zugang aber war von einer eisernen Türe geschlossen. Von fahrenden Schülern wusste man, dass hinter dieser Türe ein grosser Schatz liege, zu dem aber kein sterblicher Mensch komme, denn erstens habe sich eine schwarze Schlange um die drei schweren Riegel der Türe gewunden, und und zweitens Iiege hinter dem Tor ein grausamer Drache. Nur wer sich dem Teufel verschreiben wolle, könne den Schatz heben. Nun lebte in verflossenen Zeiten einmal ein armes Mädchen in der Gegend und dieses war mit einem reichen Burschen heimlich versprochen. Der Vater des Burschen wollte von dieser Verbindung nichts wissen, weil der das arme Kind verachtete. In seiner Not ging es, ohne seinem Liebsten etwas zu sagen, in das Hagheerenloch, um von dem Schatze einen bescheidenen Teil zu heben, damit es nicht weiter von seinem künftigen Schwiegervater gering geschätzt werde. Durch Beten zwang es Schlange und Drachen, sich zurückzuziehen. Es schöpfte hierauf eine Schürze voll von den kostbaren Schätzen, vergass aber in seinem grossen Glücke eine kurze Weile das Beten, und schon schnappte der Drache zu und verschlang das gute Kind. Seiner Seele aber konnte er nichts anhaben. Als weisse Taube umkreiste sie dreimal das Haus ihres Geliebten und flog in den Himmel hinein. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Heute noch mündliche Überlieferung in der Gegend von Bauma. Stutz, S. 149. Id.3, 1032 Hag, noch in der mhd. Bed. Einhegung, Einfriedung, zunächst aus hölzernem Pfahlwerk, wie solches urspr. zu Burgen verwendet wurde. Im weiteren Sinn bedeutet „Hag“ dann den verzäunten Ort als Sitz des Burgherrn. Hag-Heer, im Oberland auch Hageer, eigentlich Schlossherr, im übertragenen Sinn typisch Tyrann, Gewaltmensch, Übermütiger, Wüterich. Bei Stutz sind alle ehemaligen Burgen Hagheerenschlösser; Leuteschinder nennt er Hagheeren. Die Ausdrücke H. und H.-Schloss gehörten im 19. Jahrhundert noch zum gebräuchlichen Wortschatz. In den Verhörprotokollen über den Usterbrand (Gerichtsprot. YY, Staats-A. Zürich) erklärte Heinrich Hürlimann von Hombrechtikon, er wolle die mechanische Weberei zerstören, weil solche Fabriken Hagheerenhäuser seien, die den Armen das Brot nehmen. Nebenbei ist zu erwähnen, dass die landläufige Meinung über das Leben der Ritter bis ins 20. Jahrhundert hinein war, dass auf den Burgen (H.-Schlössern) fortwährend gespielt, gezecht und geschlemmt wurde. Von anderen Hagheerenlöchern im Tösstal Im Hagheerenloch zu Sternenberg fand man einen steinerne Sarg mit einem Gerippe. Aus dem Hagheerenloch bei Bäretswil kam ein rotes Tier zum Vorschein, und es sollte sich ein Schatz darin befinden. Die Hagheerenlöcher im Fischenthal (bei den Höfen Schloss und Burgbüel) hatten kreisrunde Eingänge und gingen senkrecht in die Tiefe; nach der Sage sollen die Heckenritter ihre Opfer dort hinunter gelassen haben. An der Stelle stand einst die im alten Zürichkrieg zerstörte Burg Steg. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Hähnchen von Crasta

Source: Das Hähnchen von Crasta

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Vor dem Haustor, auf der Banklehne, sass ein Hähnchen, das krähte wie verrückt: «Kikeriki - kikeriki!» Da kam die Meisterin heraus ans Haustor, stützte sich auf die untere Türhälfte und sagte nur so zu sich selber, während sie zum Hahn hinübersah: «Der ist jetzt schön fett, heute Abend wollen wir ihn schlachten, um am Sonntag einen schönen Braten für das Taufessen unseres Buben zu haben.» Das Hähnchen hörte dies und dachte: «Wenn ihr das glaubt, so täuscht ihr euch!» Es breitete die Flügel aus, flog über Dächer und Wald und gelangte auf den Alpstaffel, bis zur Hütte von Palüd Chapè. Dort liess es sich aufs Dach nieder, ganz zufrieden, dass es in Sicherheit war. Als es um sich blickte, sah es einen Schafbock daherkommen. «Was führt dich in diese Gegend?» fragte es. «Ich bin vor meinem Meister geflohen», antwortete der Schafbock, «denn der behandelte mich nicht gut. Die Schafe, die hatten es gut genug, die fütterte er recht, doch mich schlug er mit dem Stecken auf den Kopf sobald ich mich heranmachte, um auch aus der Krippe zu fressen. Deshalb bin ich ganz still und leise abgehauen und bin jetzt hier.» - «Auch mir gefiel es nicht mehr bei meiner Meisterin, lass uns also von nun an zusammen bleiben», sagte der Hahn. Es ging nicht lange, da sahen sie einen Esel daherkommen. «Woher kommst du?» fragten sie ihn. «Ich bin vor meinem Meister geflohen», sagte der Esel, «denn der lud mir alles Schwere auf; schwere Lasten musste ich ziehen oder tragen, die drückten mir meinen armen Rücken fast ein, und das Futter liess schwer zu wünschen übrig. Das Pferd wohl, das wurde gut behandelt, es bekam Hafer und sogar Zuckerstückchen, und zu ziehen hatte es ganz wenig, nur die Kutsche, das hat mich schliesslich tüchtig geärgert, so habe ich heute den Weg unter die Füsse genommen, und hier bin ich.» - «Auch uns ist es draussen nicht viel besser gegangen», sagten der Hahn und der Schafbock, «und deshalb haben wir uns hierher zurückgezogen. Bleiben wir also alle drei beieinander», und ganz zufrieden gingen sie in die Hütte. Da blickte der Esel zufällig aus dem Fenster, und was sah er? Einen gewaltigen Bären, der auf die Hütte zutrabte. «Um Gottes willen», schrie er, «der Bär kommt.» - «O Schreck», brüllte der Schafbock, «dann ist es um mich geschehen, denn Schaffleisch ist das, was der Bär am liebsten hat.» - «Ach was», meinte der Hahn, «verliert nicht sofort den Mut, lasst mich machen, und ihr werdet sehen, wir werden dem Riesenbären Meister. Du, Schafbock, stellst dich zuoberst auf die Hütte, und wenn der Bär zur Tür hereinkommt, begrüsst du als Erster ihn mit deinen Hörnern, so dass er schon halb tot ist. Dann kommst du, Esel, aus dem Gässchen, teilst ihm Tritte aus und stapfst mit deinen Hufeisen auf ihm herum. Ich setze mich auf die Ofenstange, fliege dann hinunter und picke ihm die Augen aus.» Und so machten sie es, und kurz darauf lag der Bär mausetot am Boden. Doch bis sie ihn aus der Hütte geschleift hatten, das war ein hartes Stück Arbeit. Durch die Rauferei hatte es dazu noch eine hässliche Unordnung in der Stube gegeben, da schickte der Hahn den Schafbock Wasser holen, um den Boden aufzuwaschen. Der Esel mit seinen Hufeisen und der Schafbock mit seinen Hörnern rieben tüchtig, und der Hahn mit seinen Flügeln wischte den Boden auf. Doch der war dabei recht nass geworden, und aus Angst, sich zu erkälten, setzte er sich vors Tor, um sich von der Sonne trocknen zu lassen. Es ging nicht lange, so schoss aus der Höhe pfeilschnell ein Habicht herab. «O sag mir, Gevatter», fragte der Habicht den Hahn, kannst du mir sagen, wie sich die Hühner hinlegen, bevor sie einschlafen?» - «Ja», sagte der Hahn, «so tun sie» - und schob seinen Kopf unter die Flügel. Und in diesem Augenblick packte der Habicht das arme Hähnchen und flog mit ihm über den Wald von Fulun und über die Dächer von Crasta bis auf den Abhang von Blais. Dort waren Leute bei der Feldarbeit. «Wieso sagst du nicht: "Gott segne eure Arbeit?"» fragte das Hähnchen. Der Habicht öffnete den Schnabel, um den üblichen Gruss zu wechseln, und in dem Augenblick fiel das Hähnchen mitten in die Büsche hinein, wo der Habicht nicht hinkommen konnte. «Man soll nicht unnötig reden», rief das Hähnchen mit lauter Stimme. «Und man soll nicht ohne Müdigkeit schlafen», schrie der Habicht wütend. Das Hähnchen wartete, bis der Habicht ausser Sicht war, dann machte er sich ganz zufrieden wieder auf den Flug gegen Palüd Chapé. Oh – welchen Empfang die beiden Gefährten ihm bereiteten! Künftig verliessen sie das Land um ihre Hütte herum nicht mehr, sie weideten den ganzen Tag auf dem Staffel. Das Hähnchen pflügte mit seinem Schnabel die Erde um und suchte sich schmackhafte Würmchen, und sie hatten ein goldenes Leben!   Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Märchenbetrachtung in Märchenforum Nr. 72   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Hahnen-Ei

Source: Das Hahnen-Ei

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Um das Jahr 1730 hatte der Jann Fausch, der auf dem Stutze bei Seewis im Prätigau wohnte, einen grossen kohlschwarzen Hahn. Dieser Hahn hatte im Hennenstalle ein Ei gelegt, und brütete Dasselbe in einem Winkel, den Hausleuten, welche sämtlich einfältige Leute waren, unvermerkt, ziemlich lange. Endlich als einmal der Hennenstall ausgemistet werden sollte, und der Hahn gewaltsam aus seinem Winkel herausgerissen werden musste, fanden sie erst das Ei unter ihm. Dasselbe Ei war jedoch viel grösser, als ein Hen­nen-Ei, kugelrund, ganz grau, mit blauen Tupfen. Der Hahn wollte durchaus auf sein Ei zurück, aber die Weibspersonen im Hause, Mutter und Töchter, verwehrten ihm das. Das erboste Tier kratzte furchtbar um sich, und hackte ganz mutig mit seinem spitzen Schnabel drein. In diesem Kampfe zwischen Hahn und Weibern, »trolte« (rollte) das Ei hervor, aus dem Hennenstalle, fiel auf den Boden, und bekam einen Riss. Es floss ein klein Wenig aus dem Ei, das verbreitete aber einen solch ab­scheulichen Gestank, der dann kaum nach Wochen zu vertreiben war. Dieses Ei nahmen sie auf eine »Bächt«-(Kehricht-) Schaufel, trugen es vorsichtig hinter den Stall, und zerbrachen es mit der Schaufel. - Sie fanden, dass ein Wurm darin gewesen, fingerslang, kohlschwarz, welcher, wiewohl sie mit der Schaufel ihn zerstückelten, in Stücken noch sich krümmte. Nachdem der Jann Fausch heimgekehrt, und die sonderbare Begebenheit vernahm, drehte er dem Hahn sogleich den Hals um, denn aus diesem Ei, welches eben nur ein schwarzer, siebenjähriger Hahn legt und ausbrütet, wäre ein Basilisk ausgeschlüpft. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das halbierte Kind

Source: Das halbierte Kind

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Mit einer Bristnerin hatte ein Jüngling von Gurtnellen Bekanntschaft. Ein guter Freund warnte ihn vor dieser Person; sie gefalle ihm nicht, sie habe so etwas Besonderes, sagte er. Dennoch heiratete sie der Gurtneller, und sie liess sich ganz gut an. Sie bekam auch ein Kind, »gsund und grächt« wie jedes andere. Eines Abends fragte die Frau ihren Mann: »Sage mir, wem ist dieses Kind?« Der Mann schaute sie verwundert an und sagte: »Eh! das Kind gehört mir und dir.« Nun waren in der Wand zwei alte, grosse Holznägel, wie man sie in alten Häusern oft findet, und die Frau bat öfters den Mann, er solle diese Holznägel ausziehen, sie zerreisse ihre Kleider daran. Eines Abends gab der Mann nach und zog die Holznägel heraus. Am nächsten Morgen fragte ihn die Frau, wie schon mehrmals: »Und jetzt sage mir aufrichtig und bestimmt: Wem gehört dieses Kind?« »Ach, das weisst du doch,« entgegnete er, »das Chind isch mys und dys.« Als er am Abend vom Felde kam, war die Frau verschwunden, und auf dem Tische lag die eine Hälfte des Kindes. Mit der andern Hälfte war die Frau davon, und sie kam nie mehr zum Vorschein. Frau Furger-Mattli, Gurtnellen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Haldengeschrei

Source: Das Haldengeschrei

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An gewissen Abenden wollen die Vättner hart am Dorfe, an der Halde, ein Geschrei vernommen haben, Haldengeschrei genannt. Wenn sich dieses hören lasse, gebe es im Dorfe eine Leiche. "Oberländer Anzeiger."   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 234, S. 116 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Haldentier in Aarau

Source: Das Haldentier in Aarau

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Der älteste Stadttheil von Aarau führt als enger Bergweg vom Flußbette zur Kirche herauf; seine Häuser bestehen meist aus dem Ringmauern und Ueberresten der Burg Rore, welche laut Urkunden bis ins Jahr 1337 hier als Freiung gestanden hat. Diesen Theil nennt man die Halde. Hier vertrat einem in früherer Zeit ein Unthier Nachts den Weg. Sein Kopf soll das ganze Stadtthor aus- gefüllt haben. Augen hatte es wie die runden Laternengläser einer Kutsche, sein Schwanz reichte vom Stadtthore beim Hause zum Adler die ganze Gasse hinab. Rosse, die alsdann gleichzeitig dieses Weges kamen, ließen sich nicht vom Flecke bringen; besonders aber gegen Schlemmer, die erst um Mitternacht die Schenken räumen, übte es eine scharfe Polizei. Jetzt dient es, wie sein Kamerad, der Hokenmann, nur noch dazu, vergeßliche Kinder mit dem Abendläuten rechtzeitig von der Gasse ins Haus zu nöthigen. Man meint, es wohne besonders in den Felsen, auf denen die Stadtkirche steht. In dieses Gestein habe ein Reicher seine Schätze durch einen armen Taglöhner Vergraben lassen, letzterer aber widerstand der Versuchung nicht lange, grub nachher einen großen Theil davon wieder aus und tödtete sich, als sein Gewissen ihn plagte. Deshalb meinte man noch vor etlichen dreißig Jahren jedesmal in diesem Felsen ein Pickeln zu hören, als ob man Steine mit einem Zweispitz behaue, so oft sich die Witterung ändern wollte. Als sich im vorigen Jahrhundert der erste Lärmen über den Anmarsch der Neufranken verbreitete, lagerte eine Truppe Basler-Soldaten hier in der Stadt, um Thor und Brücke zu hüten. Da soll das Haldenthier mit seiner Erscheinung einen solchen Schrecken unter die kleine Besatzung gebracht haben, daß man sie mit Gewalt und Strafe zum weitern Wachtdienst anhalten mußte. Aus den Erinnerungen, die sich in einer Aarauer-Familie vererbt haben, mögen hier noch einige Ergänzungen folgen. Das große Felsengewölbe, auf dem die Aarauer Kirche steht, heißt das Rollenloch. Oben nisten verflogene Tauben drinnen, unten aber liegen alle kleinen Kinder, welche in Zukunft einmal geboren werden sollen. Aus einer größeren Felsenspalte floß vor Zeiten ein Bächlein und hat sich dann in die Abzugsröhren verloren, als man den tiefer unten stehenden Haldenbrunnen errichtete. Aus der gleichen Felsen- ritze pflegte auch das Haldenthier herauszukommen; bald war's ein Hund, bald ein Kalb und Drache; immer aber waren seine Augen in der Größe von Fleischtellern oder Pflugrädern, sie sprühten, wie wenn der Schmied das frisch glühende Eisen hämmert. Es zeigt sich als Vorbote drohender Gefahren, auch so oft ein Bürger hingerichtet werden sollte. Dann gieng es an der Halde hinunter die Schindbrücke vorbei durch das Thor der Gollaten-Mattgasse bis vors Haus des Scharfrichters zu dem viereckigen Stein, der da noch zu sehen ist. Dabei hoolte (rief, lockte) es mit der rührendsten Stimme. Als die Städter im Jahre 1798 sich von der Berner-Negierung lossagten und darüber eine kleine Belagerung zu bestehen hatten, feuerten sie mit ein paar Kanonen auch von jenem Felsen neben der Kirche gegen den Feind. Darüber soll das Bächlein drinnen versiegt und damit zugleich das Haldenthier verschwunden sein. Neuerlich bemerkte ein Einwohner in seiner untenher angebauten Holzscheune Wasser, und man schloß daraus, das Haldenthier werde ebenfalls bald wieder erscheinen. Band 2, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau, 1856, Seite 9 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Halseisen

Source: Das Halseisen

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Im Langental, Geschnitt Binn in Goms, steht die Kapelle des Hl. Kreuzes, ein von nah und fern viel besuchter Wallfahrtsort. Dass da die frommen Gebete der Menschen Erhörung finden, beweist nicht nur dieser, in unserer glaubensarmen Zeit nicht verminderter Zulauf frommer Pilger und Pilgerinnen; auch die zahlreichen Votivtafeln sprechen dafür. Unter diesen befindet sich ein "Halseisen", von dem folgende Sage erzählt wird: Ein Mann aus dem oberen Bezirke des deutschen Wallis fiel vor vielen und vielen Jahren, bei einer Reise durch die Türkei in die Hände der Ungläubigen, die ihn als Christ erkannten und mit Ketten harter Sklaverei belegten. Was er nun da mag gelitten haben, lässt sich denken. In einer schlaflosen Leidensnacht bemächtigte sich unseres armen Sklaven namenloses Heimweh nach den friedlichen Bergen seines lieben Vaterortes. Unter einem Strom der heissesten Tränen bat er Gott um Befreiung aus der harten Gefangenschaft. Er gelobte zum Hl. Kreuz ins Langental eine Wallfahrt, wenn er so glücklich sei, den lieben heimatlichen Boden je wieder zu betreten. Und er schlief ein. So sanft und selig begann er zu träumen, er sei wieder daheim und gehe ins liebe Langental zur Wallfahrt, die er dem Himmel versprochen. Angekommen am Gnadenorte, sieh! da erwachte er. — Aber welche Freude! es war kein leerer Traum: in Wirklichkeit war er, bei eben grauendem Tage, an der Pforte der Hl. Kreuzkapelle im Langental, von allen Fesseln frei; nur das Halseisen lag neben ihm auf dem Boden. Unter vielen Tränen küsste er die teure Erde, auf der er wieder stand, und das harte, seinem Halse so wunderbar entfallene Eisen, das er dankbar zu den zahlreichen Votivtafeln brachte, wo es noch jetzt zu sehen ist.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Hardermannli

Source: Das Hardermannli

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Als das Gotteshaus Interlaken auf der Höhe seiner Macht stand und kluge Pröbste seinen Besitz bis weit über die Tore Bern auszudehnen und ringsum den besten Alpbesitz in ihren Händen zu vereinigen verstanden hatten, als Fülle und Üppigkeit die Losung seiner Mönche geworden waren, verging auch der Ruhm der Frömmigkeit den dieses Kloster einst im ganzen deutschen Reiche besessen und welche selbst Briefe und Privilegien der Kaiser und Könige bezeugten. Einst traf ein hoch am Harderberge lustwandelnder Mönch im Walde ein Unterseer Kind beim Holzsammeln. Er stellte ihm nach und jagte es den Waldweg entlang. Da sprang das verfolgte Mädchen in seiner Herzensangst über die furchtbare jähe Fluh hinaus und zerschellte in der Tiefe. Der Mönch aber wurde vom himmlischen Richter irdischer Untaten in Stein verwandelt und verflucht, unerlöst Jahrtausende lang zu der Stelle seines Verbrechens niederzuschauen. Noch heute zeigen die Kinder zum steinernen Antlitze über Interlaken, die Mütter aber lehren ihre Buben, wie Leidenschaften dem Menschen ein elendes Leben und ein schreckliches Ende bereiten können und wie die schrecklichen Strafen leiblicher und geistiger Verdammnis dem Übel folgen. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Härdmandli und der Föhn

Source: Das Härdmandli und der Föhn

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Auf den Arnibergen ob Amsteg hausten ehemals in Erdhöhlen die Härdmandli1, auch Heidenmandli und wilde Mandli genannt. Ein solches kam einst zum Bauer im Styniberg, blieb und diente ihm um die Kost. Es war ein sehr zuverlässiger Geselle, der Bauer konnte ausbleiben, solange er wollte, das Mandli besorgte alles pünktlich, hütete, hirtete und molk das Vieh. Aber einmal sollte sich der Meister doch täuschen. Mehrere Tage blieb er aus im festen Vertrauen, dass sein Gehilfe wie gewohnt das Vieh besorge. In seiner Abwesenheit fiel der Föhn ein und begann seine stürmische Herrschaft. Als der Bauer endlich heimkam, da war das Vieh am Verhungern, und das Härdmandli liess sich nirgends blicken; er stieg in den Obergaden, um schnell Heu zu schroten, und siehe! da lag das Knechtli »ammänä Chrugäli« tief im Heustock. Der Mann machte ihm Vorwürfe, aber es entschuldigte sich mit dem bösen Föhn, der den Leuten das Mark in den Beinen trockne, ohne dass sie's nur merken, und bat ihn, er möchte es da im Heustock belassen, bis der böse Föhn abgezogen sei. Jos. Maria Tresch, Frz. Jos. Zurfluh, und a. Fußnoten 1 Den Namen Härdmandli brauchte ein einziger Erzähler. Er hat ihn wahrscheinlich anderswo gehört. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Harnischwibli und der Leutschenbock

Source: Das Harnischwibli und der Leutschenbock

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Im Harnischtöbeli haust das Harnischwibli, und im nahen Wäldchen gegen Uznach hin rumort der Leutschenbock. Beide erscheinen in der Geisterstunde und erschrecken die späten Wanderer, ohne sie im weitein zu behelligen. A. Hüppi Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 399, S. 228  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das hättisch nitt sellä sägä!

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Ein Senn zu Gufern fand eines Nachts in seiner Hütte gar keine Ruhe; immer wieder weckte ihn etwas aus dem Schlafe auf. Er erhob sich auf seinem Gliger und schaute umher, war aber nicht imstande, etwas auffallendes zu entdecken. Nur auf dem Halbtürli der Hütte kauerte etwas rundliches, ein dunkles Klümpchen wie ein schwarzes Kätzchen. Dem schenkte er keine Aufmerksamkeit. Als er wieder aufgestört wurde, rief er zornig: »Gang wägä mynä zum Tyfel, aber Rüew wil-i ha!« Uff das syg äso äs G'schych üffg'gangä bim Halbtirli und syg gägä Chärschäläbach appä und häig entsetzlich und absord g'schrüwä-n- und g'hywlet; das Kätzchen hingegen war jetzt verschwunden. Jetzt bereute der Knecht seinen Fluch und sagte zu sich selbst: »Das hättisch doch nitt sellä sägä!« Friedrich Epp, Maderanertal Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Hauri

Source: Das Hauri

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Ein guter Geist ist das Hauri. Die schönsten Alpen sind sein Wohnsitz. Sein Lieblingsaufenthalt ist aber die Steinbergalp am südöstlichen Abhange des Hohgant, wo eine Stelle seinen Namen führt. Es liebt die Menschen und schützt sie vor dem wilden Treiben der bösen Geister im Gebirg. Wenn diese sich im Frühjahr mit dem schmelzenden Schnee zurückziehen, streift es über die Triften und Halden mit lauem Fittich dahin und lockt die Erstlingsblumen aus dem starren Boden. Es zeigt den Tieren die besten Weideplätze, wo Bränderli wächst und Alpengarbe. Es will aber seine Wohltaten im Stillen tun und wird böse, wenn man von ihm spricht. Darum erzählt der Oberländer nicht gern vom Hauri, denn er ist seiner Hilfe nötig. Im Winter schützt es die Menschen vor den verderblichen Feinden der Lüfte. Darum hört man, wenn die Kobolde eine Lawine zusammengescharrt haben, um sie auf die menschlichen Wohnstätten hinabzuschleudern, eine klagende Stimme in den Lüften, welche die Bedrohten warnt. Oft ruft die Stimme den Namen, oft ist es nur ein eigentümlich wimmernder Laut von der Stelle her, von welcher die Gefahr droht. Zweimal warnt es. Zum dritten Mal aber ist es, als ob Erd’ und Himmel Wehe schrien. Ein heulendes Gewimmer bricht aus allen Schlünden des Gebirgs hervor, die ganze Luft ächzt in ängstlicher Klage und wie ein Gewitterschein fleucht das Hauri über die bedrohte Stelle. Ihm unmittelbar auf dem Fusse aber folgt der Graus der Zerstörung, ganze Berge von Schnee wälzen sich dumpf polternd von den Höhen hinab und hohnlachend stürzen sich, auf losgerissenen Felstrümmern reitend, die sie zu wilden Sätzen anspornen, die Geister des Gebirgs auf die Stätte der Verwüstung. Kurze Zeit ehe vor einigen Jahren eine Lawine das Grimselspital hoch oben im Gebirge von Oberhasli verschüttete, hörte der Knecht, der den Winter über einsam das Haus hütete, das Hauri. Klagend rief es vom Juchliberg her. Die Hunde sprangen unruhig auf, öffneten sich selbst die Türen und flüchteten ins Freie hinaus. Der Knecht, im Glauben, ein Wanderer rufe um Hilfe, eilte ebenfalls vor die Türe. Draussen schien hell und freundlich die Sonne. Um den Juchliberg aber schwebte es in der Luft, er konnte nicht recht deutlich sehen was. Kein Wanderer zeigte sich in der Nähe, noch in der Ferne. Er rief die Hunde, die ziellos umherschweiften und kehrte mit ihnen in die Stube zu seiner Arbeit. Da erscholl der Ton zum zweiten Mal. Abermals suchte er den vermeintlichen Wanderer, der seine Hilfe angerufen, abermals vergebens. Am Juchli aber flimmerte ein rötlicher Schein. Er kehrte wieder in das Haus. Erst als der Himmel über ihm mit schrecklichem Getöse zusammenzubrechen schien, erst dann erkannte er, aber zu spät, den Warnruf. Wie Strohhalme waren die festen Sparren des Daches geknickt und unermessliche Schneelasten vor die Türen gewälzt worden. Jeder Ausgang schien gesperrt und nur die Festigkeit der Mauern hatte das Haus vor gänzlicher Zerstörung, ihn aber vor einem grässlichen Tode bewahrt. Allein im Fliehen hatte das Hauri den Deckel des Kamins aufgeklappt und ihm so einen Rettungsweg geöffnet. Vorsichtig kletterte er durch den Schornstein ans Tageslicht und brachte die Kunde von der schrecklichen Verwüstung ins Tal. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Das Hauri

Source: Das Hauri

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Wie die Erdmännlein, so ist auch das Hauri ein guter Geist. Seinen Wohnsitz hat es auf den schönsten Alpen. Sein Lieblingsaufenthalt aber ist die Steinbergalp am südöstlichen Abhang des Hohgant, da wo die Emme entspringt. Es liebt die Bergbewohner und schützt sie vor den Gefahren des Gebirges. Wenn sich im Frühling die wilden Berggeister mit dem schmelzenden Schnee ins Hochgebirge zurückziehen, streift es mit sanften Fittichen über die Triften und Halden dahin und lockt die ersten Frühlingsblumen aus dem winterstarren Boden hervor. Es bereitet den Hirten eine fröhliche Ankunft auf den Alpen und saftiges Futter für ihre Herden. Wenn die Glocken der Kühe über die Weiden läuten und die Treicheln der Ziegen bimmeln, dann hüpft es seinen Lieblingen entgegen und kitzelt zuweilen die Tiere, dass sie in mutwilligen Sprüngen, ohne Schaden zu nehmen, den Berg hinanhüpfen. Dem Hirt erleichtert es die Last, unter deren Bürde er keucht und streut einen leichten Dunst über das Gebirge, dass ihn der ungewohnte Glanz der Sonnenstrahlen nicht blende. Den Tieren geht es voran, zeigt ihnen die saftigsten Weideplätze und warnt sie vor schädlichen Kräutern. Es will aber seine Wohltaten im Stillen tun und wird böse, wenn man es lobt, oder selbst wenn man von ihm spricht. Wer solches missachtet, von dem zieht es seine Hand zurück, dessen Kühe fressen schlechte Kräuter, geben wenig Milch und magern ab, dessen Ziegen klettern an gefährliche Orte, wo sie weder vor- noch rückwärts können, und der Hirt muss Tag und Nacht in den Bergen herumstreifen, sie zu suchen auf halsbrecherischen Wegen. Darum spricht der Bergler nicht gern von dem Hauri. Er hat seinen Schutz nötig und möchte seine Gunst nicht verscherzen. Im Winter zieht das Hauri seine schützende Hand nicht von den Menschen zurück. Es wacht über den verderblichen Anschlägen der Berggeister, die den Menschen bedrohen. Es warnt ihn, weil es nicht mächtig genug ist, ihn gegen die vereinten Angriffe der Kobolde zu schützen. Wenn die Unholde die Lawinen zusammenscharren, um sie auf die Wohnungen der Menschen hinabzuschleudern, hört man seine klagende Stimme in den Lüften, die den Bedrohten warnt. Zuweilen vernimmt man deutlich die Namen der Gefährdeten oft aber ist es nur ein warnender Laut, der von dem Ort der Gefahr her zu vernehmen ist. Zaudert der Gewarnte, sich zu retten, so warnte das Hauri zum zweitenmal. Bei der dritten Warnung aber scheinen Erde und Himmel vor Weh zu schreien, ein heulendes Gewimmer bricht aus allen Schlünden, aus allen Tälern des Gebirges hervor. Die Luft ächzt in ängstlicher Klage. Wie ein Gewitterschein huscht das Hauri über die von Gefahr umdrohte Stelle. Unmittelbar folgt ihm die Zerstörung. Ganze Berge von Schnee wälzen sich dumpf dröhnend von den Höhen herab, und hohnlachend stürzen sich, auf losgerissenen Felsblöcken reitend, die Berggeister auf die Stätte der Zerstörung nieder. Emmentaler Sagen, Hermann Wahlen, 1962 Gute Schriften Bern Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Hauri vom Juchliberg

Source: Das Hauri vom Juchliberg

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Als vor einigen Jahren eine Lawine das Grimselspital verschüttete, da hörte der Knecht, der einsam den Winter über das Haus hütet, das Hauri. Klagend rief es vom Juchliberge her; die Hunde sprangen unruhig auf, öffneten sich selbst die Türen und flüchteten hinaus in das Freie. Der Knecht, im Glauben, ein Wanderer rufe um Hülfe, eilte ebenfalls vor die Türe. Draussen schien hell und freundlich die Sonne, um den Juchliberg aber schwebte es in der Luft, er konnte nicht recht deutlich sehen, was. Kein Wanderer zeigte sich in der Nähe noch Ferne. Er rief die Hunde, die ziellos umherschweiften und kehrte mit ihnen in die Stube zu seiner Arbeit. Da erschallte der Ton zum zweiten Male. Abermals suchte er den vermeintlichen Wanderer, der seine Hülfe angerufen, abermals vergebens; am Juchliberge aber flimmerte ein rötlicher Schein. Er kehrte wieder in das Haus. Erst als der Himmel über ihm mit schrecklichem Getöse zusammenzubrechen schien, erst dann erkannte er, aber zu spät, wer ihm gerufen. Wie Strohhalmen waren die Sparren des Daches geknickt und unermessliche Erdlasten vor die Türe gewälzt, so dass jeder Ausgang gesperrt schien. Nur die Festigkeit der Mauern hatte das Haus vor gänzlicher Zerstörung, ihn vor augenblicklichem Tode gewahrt. Allein im Fliehen hatte das Hauri den Deckel des Kamins aufgeklappt und ihm so einen Rettungsweg eröffnet. Er kletterte durch den Schornstein an das Tageslicht, als die Kobolde ihn begraben glaubend, ihren Triumph auf dem Aaregletscher feierten, zog die Hunde nach und brachte die Mähr in das Tal. Er kennt jetzt die Stimme des Hauri, aber er erzählt die Geschichte nicht gern, denn er möchte seine Gunst, die sich so offenbar gezeigt, nicht verscherzen. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Haus des guten Mannes

Source: Das Haus des guten Mannes

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In einer nebligen Oktobernacht pochte es ungestüm an die verschlossene Haustür: «Einsiedler! Mach schnell auf! Um Gottes willen, öffne mir! Die Häscher sind mir hart auf den Fersen!» Ruedi, der verwegene Wilderer des Seeschlundes war’s, der so angstvoll um Einlass bat. Die herrschaftlichen Jäger des Landvogtes von Plaffeien waren hinter ihrem menschlichen Wild her. Hurtig schob der Einsiedler den schweren Holzriegel zurück und liess den Flüchtling herein. Denn Ruedi besass daheim eine junge Gattin mit zwei bildschönen Kindern. Wer sollte für diese sorgen, wenn ihr Ernährer hinter Schloss und Gitter sass? urteilte der mitleidige Bewohner. «Schlüpf schnell da ins Obergelass hinauf», forderte der Hauswirt seinen Schützling auf, «da oben bist du sicher.» Kaum hatte sich der Wilderer versteckt, da klopften seine Verfolger an die Eichentüre. Gemächlich schlürfte der alte Mann heran und öffnete vorsichtig. «Ist nicht ein Wildjäger vorhin zu dir geflüchtet», fragte herrisch der Jäger. «Komm und sieh selber nach, ob jemand bei mir weilt», entgegnete der schlaue Hausherr. «Ich bin kein Menschenfänger und mische mich nicht in fremde Angelegenheiten.» Als die Späher ihr Opfer nicht fanden, zogen sie mit grimmigen Gesichtern ab. Mit einer eindringlichen Mahnung zur Umkehr entliess der Herbergsvater am andern Tag seinen unfreiwilligen Besucher. Ruedi versprach, sein unleidiges Handwerk aufzugeben und ein ehrlicher Mann zu werden. Mit feurigen Worten des Dankes verliess er die rettende Heimstätte. So ward ein Tag um den andern vom guten Mann im Bergstafel mit Werken selbstloser Menschenliebe ausgefüllt. Und manch verbittertes Menschenherz ging geläutert wieder weg vom Heim des frommen Wohltäters. Aber eines Tages fand man den edlen Bewohner vom Gutmannshaus kalt und bloss auf seinem Strohlager. Der Belohner alles Guten hatte ihn in das Land des ewigen Glückes gerufen.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Haus von Georg Supersaxo in Naters

Source: Das Haus von Georg Supersaxo in Naters

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Dies Haus steht nicht weit unter den Schlossruinen Supersaxo's. Es war Eigentum des Landeshauptmanns und edlen Ritters der in einem so hartnäckigen, für das Land verderblichen Krieg mit dem Kardinal Schinner verwickelt war. Es ist im Ganzen grossartig, obwohl meistens von Holz gebaut. Noch vor nicht vielen Jahren sah man in einem alten Saale die Portraite der ganzen Familie Supersaxo, unter welchen der edle Herr Georg, der Landeshauptmann, in seiner reichen, malerischen und altväterischen Tracht, bei weitem der Schönste war.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Haus zum „Feldegg“

Source: Das Haus zum „Feldegg“

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Das Haus zum „Feldegg“ Über das Haus, welches in der Nähe der ehemaligen Hauptgrube und des späteren Rabensteins, d. h. unweit des Richtplatzes stand, ging die üble Nachrede, dass es darin geiste. Die letzten, die das noch erzählten, wussten aber nicht mehr, welcher Art die Geister waren und wodurch sie sich bemerkbar gemacht hatten. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Escher, W. und A.‚ S. 208. - Die Hauptgrube war eine künstliche Vertiefung, in welcher die Enthauptungen stattfanden. Später wurde die Grube zugeschüttet und an dieser Stelle eine Erhöhung aufgeworfen, auf der dann die Hinrichtungen vor sich gingen. Diese Hinrichtungsstätte hiess Rabenstein.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Heer in der Schrattenfluh

Source: Das Heer in der Schrattenfluh

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Ein Schafhirt, der seine Schafe schon manches Jahr an der Schrattenfluh gesömmert hatte, trieb einst, als der Herbst ins Land zog, seine Herde zu Tal. Unterwegs bemerkte er, dass ihm ein Schaf fehlte. Wie er es auch suchte, er konnte es nirgends finden. Der Winter verstrich, und als er im Sommer seine Herde wieder zu Berg trieb, hüpfte ihm zu seiner grossen Verwunderung das verlorene Schaf wohlgenährt entgegen. Es zeigte aber keine Lust, mit der übrigen Herde zu weiden. Das Futter war ihm nicht mehr gut genug, und der Hirt merkte bald, dass es etwas Besseres kenne. «Wart», dachte er, «ich komme dir schon auf die Spur». Von da an liess er den Sonderling nicht mehr aus den Augen und schlich ihm auf seinen geheimen Pfaden nach. Eines Tages bemerkte er, wie es sich einer Felshöhle näherte. Er folgte ihm und schritt durch einen geräumigen Gang zu einem grossen unterirdischen Gewölbe. Rings an den Wänden funkelte es von hellen Kristallen, und an langen Futtertrögen standen prächtige Streitrosse. Hier fand das Schaf köstlicheres Futter als auf der magern Bergweide. Als der Hirt die unterirdischen Räume durchwanderte, kam er vor ein mächtiges Tor. Bei der leisesten Berührung öffnete es sich, und er schaute in einen Saal, der von Gold und Edelsteinen schimmerte. An herrlichen Tischen sassen, die Häupter auf die Arme gestützt, unzählige Kriegsmänner in ihren blanken Rüstungen und schliefen. Zu hinterst im Saal, dem Eingang gegenüber, sass an einem besondern Tisch der Heerführer. Da erhob er wie im Traum sein würdevolles Haupt und fragte ernst einen Kriegsmann an seiner Seite : «Wie spät ist es?» — «Eintausendachthundert und dreissig», gab dieser zur Antwort. «So müssen wir noch fünfzig Jahre warten», sprach der Führer, senkte sein Haupt und schlief weiter. Der Hirt dachte, die Kriegsleute könnten von den unermesslichen Schätzen an Gold und Edelsteinen leicht ein paar Hände voll entbehren. Lautlos zog er sich zurück, liess das Schaf einstweilen in der Höhle und merkte sich den Eingang zu der unterirdischen Herrlichkeit gut. Später kam er wieder an denselben Ort und wollte sich etwas von den Kostbarkeiten aneignen. Aber wie er auch suchte, nirgends war der Eingang zu der Höhle zu finden, und das sonderbare Schaf liess sich nie wieder erblicken. Emmentaler Sagen, Hermann Wahlen, 1962 Gute Schriften Bern Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Hegitier

Source: Das Hegitier

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Das Hegitier wird als ein sechsfüssiges Tier in der Grösse eines sechs Vierteljahre alten Kalbes geschildert; es hat faustgrosse, feurige Katzenaugen und treibt sich nachts unter unheimlichem Knurren und Grollen im Hegital herum. (Büttenhardt und Opfertshofen)     Aus: R. Frauenfelder, Sagen und Legenden aus dem Kanton Schaffhausen, Schaffhausen 1933. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Heidenkilchli

Source: Das Heidenkilchli

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Von einer Alp Giswils, welche den Bauern vom Kleinteil im Sommer zur Wilde dient und gerade hinter dem sogenannten Giswilerstock liegt, sagt man, sie sei vor alten Zeiten der Aufenthalt der wilden Leute oder Heiden gewesen. Sie heisst Fontanen. Man sagt, dass vor 20 Jahren Gerätschaften jener Urbewohner von den Älplern gefunden worden seien, wie Dreifüsse, Kochlöffel, Kellen, Pfeile, und dergleichen. Auch sieht man jetzt noch an dieser Fundstelle einen Felsblock oder Hügel von sonderbar hartem Gestein, welches das Heidenkilchli genannt wird. Hier sollen die Heiden ihren Gottesdienst gehalten haben. Der Felsblock, wie ich ihn gesehen habe, steht, nachdem man einen steilen Rain bestiegen, auf einem schönen Weideplätzchen, ganz isoliert da. Aus ihm sind sonderbare Dusen oder Einschnitte von denen einige ganz die Form von tief eingedrückten Fussstapfen haben. Mehrere sind bis ein Zoll tief, andere bilden eigentliche Höhlen, welche ungefähr zwei bis drei Zoll tief und in der Länge und Breite so beschaffen sind, dass darin ein wohlgewachsener Mann liegen kann. Die Älpler erzählen, dass sie darin geruht haben. Die Umgebung nennt man den Heidenplatz, oder Heidenboden. Hier haben die Heiden, welche vor dem eindringenden Christentum sich in die einsamen Berggegenden flüchteten, einst ihre Tänze aufgeführt. Man will da auch noch Spuren von Strassen, von ehemals gestandenen Gebäuden und sogar einer Begräbnissstätte wahrgenommen haben. Natürlich sollen sich da auch Schätze in dem Boden befinden, und nur ein gewisser Priester soll die Plätze derselben gewusst haben. Dieser zeigte einstens drei Männern diese Plätze, welche dann für sich nach Belieben und Genüge enthoben, aber von diesem Reichtum hernach einen sehr schlechten Gebrauch machten, besonders zwei. - Es kamen nachher wieder andere zu obigem Priester, weil sie wussten, dass dieser die Stellen der verborgenen Schätze kenne, und baten ihn, er möchte ihnen doch auch diese Stellen zeigen. Allein er wollte es nicht tun und zwar aus der Ursache, die er den Bittenden eröffnete, weil von den drei ersten, die die enthobenen Schätze schlecht verwendeten, zwei in der Hölle sich befänden.  Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Das Heidenloch

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Im Heidloch lyt e Schatz, aber teuf inne-n-im Berg inere große-n-isene Chiste. Uf dere sitzet e chlis schwarzes Hündli, das tuet de Bergzwerglene der Schatz gaume. Dick schlaft das Hündli. Wä me nu wüst, wänn, so chänt me der Schatz guet use nih. Aber wenn er wachet, und es chunt eter, so billt er und dann chänd d' Bergmännli, und Gnad Gott dem, wo der Schatz het welle nih. Es chunt keine mih ussem Loch use. Quelle: Theodor Vernaleken, Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch


by Das Heidenloch

Source: Das Heidenloch

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Im Heidenloch liegt ein Schatz, tief in dem Berg in einer eisernen Kiste. Auf der Kiste liegt ein kleiner, schwarzer Hund, welcher den Bergmännchen den Schatz hütet. Zu Zeiten schläft das Hündchen. Wüsste man nur, wenn! Dann könnte man den Schatz gut herausnehmen. Wenn es aber wacht und man nahet ihm, so bellt es. Augenblicklich kommen da die Bergmännchen herbei und Gnade Gott dem, der den Schatz hat nehmen wollen. Lebend kommt niemand mehr aus der Höhle. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Heidenlöchli

Source: Das Heidenlöchli

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Das Heidenlöchli Am Nordende des Stammheimerberges befand sich im Felsabsturz eine kleine Höhle, etwa fünf Meter unter dem Plateau. Von oben führte ein schmales Weglein zu ihr hinunter. Das war das Heidenlöchli‚ in dem, wie man hört, in alten Zeiten Menschen Zuflucht gesucht haben. Jetzt existiert es nicht mehr. Beim Bahnbau Anno 1874 wurde es beim Kiesbrechen zustört. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Winterthur und Weinland Schriftliche Mitteilung von a. Lehrer Emil Brunner in Oberstammheim. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Heidenmädchen beim Tanz

Source: Das Heidenmädchen beim Tanz

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Als einst ein Wybervölchli aus der Lisslerenbalm an einem Tanz zu Unterschächen teilnahm, war auch ein Kind da, das die verkehrten Füsslein desselben bemerkte und die Leute darauf aufmerksam machte. Da sagte das Wybervölchli: »Chlyni Lytli, Tyfels-Lytli und dü bisch nu das allerfyltscht!« und machte sich davon. Karl Brücker Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Heidenmüetterli beim Pfaffensprung

Source: Das Heidenmüetterli beim Pfaffensprung

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Beim Pfaffensprung wanderte Heidenvolk vorbei. Ein altes Müetterli blieb etwas zurück. Da winkten sie ihm und riefen, indem sie mit den Händen gegen den fürchterlichen Abgrund zeigten: »Ggomm, ggomm! Da gganst du hinunter!« Und sie packten es und warfen es ohne Pardon in das Tobel hinaus, in dessen Tiefe die brüllende Reuss ihre tobenden Wasser dahinwälzt. Im Herunterfallen riss das Müetterli blitzschnell seinen grossen Schinhut vom Kopfe und nahm ihn unter den Hintern. So, auf dem Hute sitzend, kam es auf der Reuss an und fuhr prächtig auf ihren Wellen flussabwärts bis zum Steintal, wo es wohlerhalten landete. Peter Walker, 60 J. alt, Wassen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Heidenweib an der Lägern

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Das Heidenweib an der Lägern Im unteren Wehntal lebten zwei wackere Müllersleute zusammen mit ihrem braven Sohn Joseph oder Seppli. Als dieser einst in einem Lengnauer Wirtshaus bis zur Mitternacht getanzt hatte, bemerkte er auf einer Bank eine fremdartige, fein gekleidete Frau, mit der er kurzerhand noch einen fröhlichen Kehraus machte. Dann wollte er seine Tänzerin nach altem Burschenbrauch heimbegleiten. An der Tiefenwaag vorbei und durch Ehrendingen führte ihr Weg bergwärts nach der Lägern. An deren Fuss aber verabschiedete die schöne Frau den verdutzten Müllerseppli und soll ihm nach der Sage befohlen haben, um die Mittagszeit wieder hier zu sein, damit er sehen könne, wo sie daheim sei. Als dieser nach dem „Imbisesssen“ zur Stelle gekommen sei, habe ihn seine Tänzerin erwartet, ihm einen Strauss Schlüsselblumen überreicht und erklärt, sie sei schon seit Jahrhunderten durch den Fluch ihrer Mutter in diesen Berg verbannt, weil sie einst einen Liebhaber, der den Eltern zu arm gewesen sei, nicht habe verlassen wollen. Weiter berichtete die sonderbare Frau, sie dürfe alle hundert Jahre einmal für drei Tage ins Freie, und wenn alsdann ein braver Jüngling mit Schlüsselblumen ihr in den Berg nachfolge, werde der Bann gebrochen und sie erlöst, und heute sei gerade der letzte Tag. Der Bursche sei ihr nun mutig nachgegangen bis zu einem grossen Felsentor, hinter dem es von Gold und Silber geglänzt habe. Plötzlich seien aber zwei feuerspeiende Drachen aus dem Innern hervorgekommen, und der erschrockene Seppli sei heimgerannt und nach drei Tagen an Herzweh gestorben. Nach einer anderen Sage habe einst ein Büblein in der Nähe dieser Höhle einen am Wege liegenden Schlüsselblumenstrauss aufgelesen und heimgebracht. Dort seien alle Blüten über Nacht golden geworden. Nun hätten sich die Eltern und Nachbarn des sogenannten Heidenweibes an der Lägern erinnert und gedacht, dieser Schatz könne von ihm herkommen. Mit Säcken und Körben seien diese Goldsucher bergwärts gegangen, hätten aber das Felsentor gar nicht gefunden und seien nachher eine Zeitlang wie von Sinnen gewesen. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Unterland Wörtlich nach Hedinger, S. 10. Seine Quelle: Rochholz, Sagen I, S. 257. Hier mit den Motiven a) Tänzerin berührt den Boden nicht; b) Wenn ein braver Jüngling die Schlüsselblume auflese, die sie (selber) gebrochen, und ihr damit in den Berg folge, so sei sie erlöst. Die erste Sage spielte sich teilweise im benachbarten Kanton Aargau ab, aber das erwähnte und seither wohl zerfallene Felsentor könnte doch im Zürichbiet gestanden haben, denn es wurden an der Lägern um 1830 etwas Braunkohle und um 1760 in Boppelsen 60 Zentner Bohnerz verwertet. Diese Angaben nach Hedinger S.11. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das heilig Stüdli

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Das heilig Stüdli Auf einem Hügel am Zürichsee, am Wampisbach, steht ein morscher Pfahl, ein Überrest von einem alten Kreuze. Hier soll sich Folgendes begeben haben: Zwei Brüder sprachen diesen, einer armen Witwe gehörenden Platz als ihr Eigentum an. Der eine schwur mit erhobenen Fingern: „Ich stehe auf meinem eigenen, wohlerworbenen Grunde!“ Der andere bezeugte: „So wahr mein Richter und Schöpfer über mir ist“. Das hörte die arme Witwe, und sie bat Gott, er möge diese Brüderpaar, das einen falschen Eid geschworen, dafür strafen. Dem Richter fiel ein Schiedsspruch schwer. Da zuckte plötzlich ein Blitz vom Himmel und erschlug beide Brüder im Angesicht einer grossen Menge. Die Meineidigen sanken nieder, und sterbend konnten noch beide ihren Frevel bekennen. Der eine beichtete, er habe unter dem eigenen Grunde die Gartenerde verstanden, die er in seine Schuhe getan; der zweite gestand, er habe in seinem langen Haar einen Kamm (in der Volkssprache Richter „Durerichter“) und einen kleinen Löffel (= Schöpfer, „Useschöpfer) verborgen, und bei „Richter“ und „Schöpfer“ habe er geschworen. So hatten sie die Wahrheit zu verdrehen gesucht. An der Stelle, wo Gott gerichtet, hatte man ein Kreuz hingesetzt. Und da, wo die Brüder gestanden, wächst weder Gras noch Kraut. Auch will man dort Geister wandeln gesehen haben. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Wörtlich aus Corrodi, JZ 1951/52, S. 322. Wampisbach, heute Wangenspach, Quartier des Dorfes Küsnacht.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das heilige Kreuz

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In der Kirche von Kirchberg zeigt man ein Kreuz, das sich am 16. Dezember 1685 während des Gottesdienstes schwebend durch die ganze Kirche bewegt haben soll. Man veranstaltet darum in den Nachbargemeinden Bittgänge zum "heiligen Kreuz" in Kirchberg. (Mündlich.) Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 456, S. 269 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das heilige Loch

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Zwischen den beiden Schlossruinen Tschöpperli und Fürstenstein, oberhalb des Ramselnfelsens (heute: Amselfels) ist der Eingang zu einem über anderthalb Meter hohen Gewölbe, welches künstlich angelegt wurde, aber in der Folge zerfiel. Es ziehe sich ostwärts und ist nach der Meinung des Volkes ein Teil des unterirdischen Ganges zwischen Fürstenstein und Tschöpperli. Die Örtlichkeit führt heute den Namen «das heilige Loch». Diese Benennung soll es erhalten haben, weil dort einmal Messen gelesen worden seien, um verborgenes Geld zutage zu fördern. Ein fremder Herr war nämlich ins Dorf gekommen und hatte behauptet, in dem Loche sei Geld versteckt, welches durch Messen gehoben werden könne. Leichtgläubige liessen sich betören und gaben dem Manne das nötige Geld. Der aber verschwand damit, und zum Spotte der Geprellten erhielt jener Gewölbeeingang den Namen heilig Loch. Fürstenstein Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Heilkraut der Schlange

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Jemand hieb einst einen »Wurä« entzwei. Der Kopf lief davon, holte ein Kräutlein, legte es sorgfältig auf die offene Wunde des Rumpfes und schmiegte sich selbst ebenfalls darauf. Alsbald wuchsen Kopf und Rumpf wieder prächtig zusammen. M. Josefa Aschwanden, 75 Jahre alt, Sisikon Ein Gurtneller hieb vor einigen Jahrzehnten auf eine Schlange ein und verwundete sie an mehreren Stellen sehr stark. Am folgenden Tage fand er sie wieder auf einem Stein, und auf jeder Wunde lag ein Pflanzenblättchen, das er nicht kannte. Ed. Furger, Gurtnellen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das heiratslustige Erdmännchen

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Es war einmal ein heiratslustiges Erdmännchen im Menzinger Dorf. Man erzählte von ihm, dass es sehr grosse Schätze sein eigen nenne. Eine Nachbarstochter, ein flottes und lebenslustiges Bauernmädchen, hatte es nun dem kleinen Zwerg angetan, und unablässig verfolgte der bärtige Wicht die Tochter mit seinen heiratslustigen Plänen. Als sein Werben aber nie den gewünschten Erfolg hatte, drohte das Männchen seiner Auserwählten, er würde ihr ein böses Leid anwünschen, so sie ihm nicht endlich das langersehnte Jawort geben werde. Er lasse aber ab von ihr, wenn sie seinen geheimnisvollen Namen erraten könne, sonst aber müsse sie ihm in die Ehe folgen. Alles Bitten und Flehen, alles Raten und Werweisen war umsonst. Die gewährte Gnadenfrist ging ihrem raschen Ende entgegen. Nur noch ein Tag fehlte, dann sollte die Hochzeit mit dem verhassten Runzelmännchen sein. In dieser grossen Herzensnot ging die Bauerntochter zu ihrem Beichtvater und klagte ihm ihr arges Leid. Dieser geistliche Herr gab ihr den Rat, heute abend vor der Höhle des Erdmännchens hübschfein sich zu verstecken und den kleinen Wicht zu belauern. Das Mädchen folgte dem guten Rat. Im Versteck (mit klopfendem Herzen) wartete die Tochter und hörte den kleinen Freiersmann in seiner unterirdischen Höhle halbnärrisch vor Freude tanzen und jubeln. Aus der Höhle drang das frühzeitige Hochzeitslied des Erdmännchens: "Hinecht chochen i mis Chrütli, und morn holen i mis Brütli, es weiß jo nit, - daß i Senfchörnli heiß." Am folgenden Morgen stand das Erdmännchen schon in aller Herrgottsfrühe vor dem Elternhaus seiner Auserwählten. Feierlich wollte es seine heissbegehrte Braut abholen. Die Menzinger Dorfschöne schaut zum gastlichen Willkomm zum Fenster hinaus und über ihr hübsches Gesicht hüpfte schalkhaft ein schadenfrohes Lächeln als sie rief: "Guten Morgen, Senfchörnli!" Wohl noch keinem Menzinger Bräutigam klang der Laut seines eigenen Namens aus dem Mund der Allerliebsten so qualvoll wie diesem Zwerg. Unter furchtbaren Verwünschungen zog das Erdmännchen ab und barg seinen Liebeskummer in der dunklen Höhle bei den vielen und köstlichen Schätzen. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 130 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Hemd des zufriedenen Menschen

Source: Das Hemd des zufriedenen Menschen

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Vor Zeiten war einmal ein König, der hatte ein Töchterlein. Das wurde schwer krank, und niemand wusste, was ihm fehlte. Deshalb liess er die besten Ärzte von nah und fern herbeirufen. Der eine riet ihm dieses, der andere jenes Mittel, um die Kranke zu heilen; aber keiner konnte ihr helfen. Eines Tages langte ein Mann ganz erschöpft bei Hofe an, der von weit, weit herkam und von dem die Sage ging, dass er in seiner Heilkunst einzigartig sei. Der trat an das Lager der Kranken, schaute ihr in die Augensterne und sprach hierauf zum König: «Hoheit, um eure Tochter zu heilen, braucht es nur ein einziges Ding, ein sehr einfaches Mittel, nämlich das Hemd eines zufriedenen und völlig glücklichen Menschen.» Sogleich liess der König alle seine Diener herbeirufen und sagte zu ihnen: «Da hat jeder ein Säcklein Geld, geht überall herum in den Städten und Dörfern des Landes und sucht mir einen zufriedenen Menschen. Und wenn ihr einen gefunden habt, so lasst euch sein Hemd geben und bezahlt dafür jeden Preis. Und wer es mir bringt, bekommt von mir noch eine besondere Belohnung.» Die Diener machten sich also bald auf die Reise, und die einen gingen in dieser, die andern in jener Richtung. Zuerst begaben sie sich in die unweit vom Schloss gelegene Stadt. Dort trafen sie auf der Strasse einen Herrn an, der war prächtig gekleidet wie ein Graf. «Seid ihr zufrieden und glücklich?» fragten sie ihn. «Ich, zufrieden? Ich bin eben im Begriff, meine kranke Frau im Spital zu besuchen.» Hierauf traten sie in einen prächtigen Palast ein und fragten den Herrn des Hauses: «Ihr müsst gewiss glücklich sein, da ihr ein so schönes Haus besitzt.» Aber der reiche Mann gab zur Antwort: «Wie kann ich zufrieden sein, wenn ich heute Morgen meine einzige Tochter zu Grab geleitet habe?» Jetzt führte sie der Weg durch einen öffentlichen Garten, und ihr Blick fiel auf einen Herrn, der, seine Zeitung lesend, spazieren ging. Gleich traten sie auf ihn zu und fragten ihn höflich: «Ihr seid gewiss ein glücklicher Mann, mein gnädiger Herr?» Der Gefragte erwiderte: «Seit drei Jahren bin ich krank. Wie ist es möglich, dass ich da zufrieden sein kann?» Hierauf bogen sie in eine kleine Gasse ein und hörten einen Schuhmacher, der in seiner Werkstatt sang. Sie blieben vor seiner Bude stehen und redeten ihn an: «Euch geht\'s gewiss nicht schlecht, guter Mann, dass ihr so fröhlich singen mögt.» Und er: «Oh, ich singe nur, um meinen Kummer zu vergessen. Ich habe vierzehn Mäuler, die essen wollen, und nur diese beiden Arme zum Arbeiten. Ich kann nicht einmal meinen Hunger stillen. Nein, singen muss ich bisweilen, um alles zu vergessen, aber nicht, weil ich glücklich bin.» Enttäuscht zogen sie weiter und traten in ein einfaches Bürgerhaus ein. Eine Frau mit kummervollem Antlitz öffnete ihnen. Auf ihre Frage gab die Frau zur Antwort: «Wie kann ich froh und glücklich sein? Seit ein paar Stunden warte ich auf meinen Mann, der gewiss wieder betrunken heimkehrt und alsdann schimpft und tobt. Ich muss Gott danken, wenn er mich nicht wieder schlägt.» Anderswo trafen sie ein hübsches Brautpaar an, von dem sie glaubten, es wäre vor Glück im Himmel. Aber die beiden entgegneten traurig: «Ach Gott! man hat uns aus dem väterlichen Haus verjagt, und jetzt irren wir umher, um ein Obdach zu suchen.» Und so richteten sie noch an viele Leute dieselbe Frage; nicht einer aber war mit seinem Schicksal zufrieden, ein jeder hatte irgendeinen Kummer im Herzen. Da verliessen sie die Stadt und gingen aufs Land. Dort klopften sie an ein schönes Häuschen, das ganz in den Bäumen und Blumen versteckt lag und ein wahres Paradies zu sein schien. «Was, zufrieden? Die Hölle habe ich im Herzen», klagte der Hausherr, bei dem sie sich erkundigten. «Meine Frau ist ein wahrer Teufel, ein Unmensch. Und heute Morgen ist sie mir davongelaufen.» Da machten sie sich von dannen und trafen bei einem Bauernhof einen Mann, der ganz friedlich aus einer Schüssel seinen Hirsebrei ass. «Lasst euch die gute Suppe schmecken, glücklicher Mann», redeten sie ihn an. «Oho, ich glücklich? Schaut einmal da! Seht ihr meinen Jungen?» Und richtig gewahrten sie in einem Winkel seinen Sohn, der wie ein Kälbchen am Boden lag, betrunken und verschmiert war und laut schnarchte wie ein Schwein. Da hielten sie es für besser, das ebene Land zu verlassen und auf die Berge zu steigen. Unterwegs wollten sie in einer Alphütte Einkehr halten, aber da sass auf der Schwelle ein bleiches, abgemagertes Männlein und stützte sich auf seine Krücken. «Hier brauchen wir nicht noch lange nach dem Glück zu fragen», sagten sie zueinander und stiegen weiter ins Gebirge hinauf. Ganz oben, mit der Aussicht auf einen herrlich weiten Horizont und die blauen Tessiner-seen, hörten sie einen Hirten singen, der weidete seine Schafe und Ziegen und trällerte froh wie eine Amsel. Die Hofleute stiegen zu ihm hinauf und sprachen ihn an: «Ei, junger Mann, wie glücklich müsst ihr sein in dieser köstlichen Alpenluft! Euch wird nichts fehlen?» «Mir fehlt wahrhaft nichts als die Sonne, wenn sie nicht scheint. Ich bin wirklich froh und glücklich.» «Gut so», sagten die Boten des Königs. «Wollt ihr uns nicht euer Hemd überlassen? Wir werden es euch mit Goldstücken aufwägen.» «Potztausend, wie schade! Es\' tut mir leid, dass ich euch nicht damit dienen kann.» Und mit diesen Worten öffnete er sein Wams und zeigte ihnen, dass er nur Hosen und Kittel, aber kein Hemd besass. Also kehrten die Boten wieder an den Königshof zurück, und die Prinzessin konnte nicht geheilt werden.   Am Kaminfeuer der Tessiner                                    Walter Keller                                                          Hans Feuz Verlag Bern Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das herzhafte Weib

Source: Das herzhafte Weib

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Es war einmal eine brave Frau an einen Stridel verheiratet. Sie wusste es nicht und handelte darum stets in guten Treuen. Eines Tages mähte ihr Mann in einer etwas entlegenen Wiese. Das Weib trug ihm das Essen nach und nahm die Heimziege mit. Während dem Essen betrachtete der Mann mit gierigen Augen die munter grasende Ziege, besonders schien ihm das hängende, schöne, volle Euter zu gefallen. Er sprach darum zum Weibe: «Aber wenn ein Wolf käme und uns die Ziege frässe, was würdest du wohl sagen?» Das Weib lachte: «Ein Wolf kann jetzt mitten im Sommer hier in diese Wiesen, wo ringsum so viele Leute sind, nicht kommen und unsere Ziege nicht anpacken.» «Ja, aber wenn es doch so wäre?» fuhr der Mann fort. «Schweig mir von einem Wolf», sprach das Weib unwillig, «davon mag ich eben nichts hören». Und der Mann schwieg; ging aber in ein nahes Gebüsch, setzte sich das Sacktuch als Schwanz an und kam als Wolf zurück, gierig auf die schöne Ziege losspringend. Das gute Weib erschrak heftig, besann sich aber gleich wieder. Im Flug ergriff es die Sense und damit auf den Wolf los, der bald am Fuss schwer verletzt, heulend und blutend sich zurückzog und sich nicht wieder sehen liess. Lange wartete die Hausfrau mit Ungeduld auf die Rückkehr ihres Mannes, weil so nur der Tag, nicht aber die Arbeit vorwärtskam. Endlich musste sie doch allein mit der Ziege heim. Mit Staunen fand sie schon auf der Haustreppe Blut, und Blutspuren bis zum Bette, wo sie ihren Mann schwer verwundet antraf. Dieser offenbarte ihr nun das Geheimnis und sein selbst verschuldetes Leiden. — Das Weib wollte sich aber mit solchen Hexereien nicht befreunden und verklagte ihren Mann bei der Obrigkeit als einen Stridel. Als solcher musste dieser auch bald sein Hexenhandwerk auf dem Scheiterhaufen enden.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Heumüeterli bei Niederwil

Source: Das Heumüeterli bei Niederwil

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Auf dem Isenbühl, einem steilen Abhang nordwestlich vom Dorfe Niederwil, ist ein Kloster von der Erde verschlungen worden, so dass dasselbe nun unter der Riedmatte versunken liegen soll, einer sumpfigen von einem Bache durchflossenen Wiese, welche am Fusse des Abhanges ist. Der Eigentümer des Mattlandes hat zu verschiedenen Zeiten hier Mauertrümmer, sogar modernde Pergamentstücke und erst noch im Jahre 1852 ein walzenförmiges Gefäss aus dem Boden aufgegraben. Das Gefäss war kupfern, einen Fuss Höhe und einen halben im Durchmesser haltend. Es war durchaus mit Geldstücken angefüllt, von verschiedener Grösse und Form, dick, eckig, gehöhlt, von rauem Gepräge, ohne alle Schrift und Zahl. Die meisten Stücke zeigten die Figur eines Mannes, oder eines Tieres; weil aber nur gegen zehen darunter von Silber waren, so verteilte man das Geld auf der Stelle unter die Arbeiter und andre aus Neugier herbeikommende Leute. Und so könnte man vielleicht bei den Bauern in Niederwil und Nesselbach noch ein und das andere Stück davon finden. An diese Wiese und den Berghang Isenbühl stiess sonst ein Wald. Da man ihn vor etwa siebzig Jahren vollständig niederschlug, sah ein Teil der Holzhauer hier ein uraltes Weibsbild durchs Dickicht geben, das kurze Kleider, einen breiten Hut, am Arm ein Körbchen und in der Hand einen Rosenkranz trug. Zur gleichen Zeit kam ein ähnliches Weib zu zwei Holzhauern her, die eben ihr Abendbrot verzehrten, und setzte sich, ohne ein Wort zu reden, zwischen beide hinein. Die Arbeiter sahen sich staunend an, wagten aber gleichfalls nicht, sie anzusprechen, und so verschwand sie wieder und zwar unter einem starken Pferdegetrappel. Das war das Heumütterchen. Die Namen der beiden Arbeiter, denen dies begegnetes weiss man im Dorfe noch zu nennen. (Seminarist Stephan Seiler von Nesselnbach.) Sage aus Niederwil Band 3.2, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962, S. 135 - 137 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Heutuch

Source: Das Heutuch

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Ein grosses, grobes Tuch flatterte jahrelang auf einem unersteiglichen Felsen. Man nannte es die Hexenfahne und fürchtete sich davor. Keinem Menschen wäre es möglich gewesen, da hinauf zu gehen. Das Tuch kam folgendermassen auf den Felsen: Ein Mann sammelte an einem Sonntag Streue. Da entriss ein plötzlicher Sturmwind dem Sonntagsschänder sein ausgebreitetes Heutuch und hängte es als warnende Fahne an den Felsen. Aus: U. Brunold-Bigler, Die Sagensammlung der Nina Camenisch, Disentis 1987, mit freundlicher Genehmigung der Autorin. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Hexen-Haus

Source: Das Hexen-Haus

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Unter den Häuser-Ruinen auf Alto bei Puschlav, hat wohl Keine so viele volkstümliche Bedeutung erlangt, als die, welche im Volksmunde das »Hexen-Haus« genannt wird. In diesem Hause wohnte vor gar langer Zeit eine Witwe mit ihrem Sohne. Der Sohn, vor Kurzem mit einem wohlhabenden Mädchen verheiratet, sagte zu Derselben an einem Abende: »Margreth, bereite mir morgen früh das Essen, ich möchte nach Sassiglione um Heu gehen«! »Es soll Alles in Ordnung sein, mein lieber Antonio,« erwiderte die Frau. Bevor noch die goldene Morgenröte des folgenden Tages erglühte, war Alles bereit, Speise und Fuhrwerk, in bester Ordnung. Als Antonio aufbrechen wollte, bemerkte er, dass auch seine Frau sich angeschickt hatte, mit ihm auf den Berg zu gehen. »Und Du willst auch mit,« bemerkte der Mann. »Ich will mit Dir auf den Berg gehen, denn ich muss Dich vor grosser Gefahr bewahren, ja sogar vor sicherem Tode erretten«, entgegnete Marga­ritha. »Nun, so komm!« Ohne besonderen Hindernissen zu begegnen, langten sie auf dem Berggute an. Nach genommenem Imbisse, und das Heu gut auf die Schleife geladen, verliessen sie den Wiesenplan, und legten eine gute Strecke Weges ohne Störung zurück. Da erstellte sich plötzlich die vor dem Fuhrwerke hergehende Frau, wendete sich rasch zum Mann um, und rief mit erregter Stimme ihm zu: »Gib die Axt her, ich muss die Wurzel abhauen, die quer über den Weg wächst, sonst bist Du verloren.« Der Mann reichte ihr schnell die Axt, und mit raschem Hiebe schnitt sie die Wurzel entzwei, bevor Antonio davor stand. - Als dies geschehen, setzten die Zwei den Weg unbeirrt fort, und langten wohlbehalten bei ihrem Hause in Alto an. »Was ist das?« fragte Antonio erschrocken, »woher kommen diese Kla­getöne?« »Die Stimme kommt aus der Stube, schau' einmal nach, was geschehen ist«, sagte Margreth. Sofort eilte der Mann nach der Stube, wo eine herzzerreissende Scene ihm sich bietet: seine alte Mutter liegt mit weggeschnittenen Füssen auf ihrem Bette, und schreit erbärmlich vor Schmerz. »Mutter, liebe Mutter, was ist geschehen«, fragte mitleidvoll der Sohn. »Frage die Margaritha, die wird Dir Alles erklären,« erwiderte winselnd die Alte. »Margreth, rief Antonio laut, sieh', welch' ein Unglück« - Die Gerufene war augenblicklich in der Stube. »Schau, in welch' elendem Zustande befindet sich meine arme Mutter.« Margaritha gab ihm durch einen Wink zu verstehen, dass sie nun Alles wisse, und gab folgende Erklärung: »Die dicke Wurzel, welche ich  auf  dem  Wege  entzwei  hieb,  war  Deine  leib­haftige Mutter, und dass ein Unheil Dir drohe, war mir wohl bekannt; deshalb ging ich mit auf den Berg.« Als Du letzte Nacht in süssestem Schlummer an meiner Seite lagest, und ich durch einen bösen Traum geweckt wurde, hörte ich unten, im Keller oder im Stalle, einen lauten Schrei, wie von einer Person, der Etwas ge­schieht. Wie ich weiter horchte, vernahm ich Stimmen von Zweien, die im Streite liegen mussten. »Warum hast Du die Hexerei, die ich Dir gestern auftrug, heute nicht ausgeführt?« fragte die eine Stimme, die von einem Mann herzurühren schien, »hältst Du so Dein Wort, Du Unglückliche?« Als ich diese Worte vernommen hatte, erhob ich mich, ging hinab, und bemerkte einen Mann, welcher ganz wütend auf eine Frau losschlug, welche, gleich einem Hunde, winselnd unter seinen Streichen sich krümmte. Wer war dieser Mann und wer die arme Frau? - Niemand anders, als der Böse selber und Deine Mutter, die nach der Aussage der Leute eine Hexe ist. Es hat mich grosse Mühe gekostet, dem Gerede der Leute zu glauben, umso mehr, als sie meine Schwiegermutter geworden ist. Aber das, was ich letzte Nacht mit eigenen Augen gesehen habe, hat mir die Überzeugung verschafft, dass diese von Wunden entstellte und verstüm­melte Frau, Deine Mutter, wirklich eine Hexe ist, die mit dem Bösen in Verkehr steht, wie alle andern Hexen. Um den weitern Schlägen ihres Peinigers zu entgehen, hat sie gerufen: »Halte ein mit Deiner Strafe, und ich verspreche Dir, morgen meiner Pflicht doppelt nachzukommen; mein Sohn geht auf den Berg um Heu, und da will ich ihm den Hals brechen.« Nun liess der Teufel, auf dieses Versprechen hin, los; und ich vernahm von da an nichts mehr, fasste aber den Vorsatz, Dich zu retten. Indem ich jene Wurzel entzwei hackte, hackte ich der Hexe, die in wenigen Augen­blicken Dir um den Leib sich geschlungen hätte, die Beine ab. »Nun be­greifst Du Alles.« - »Was muss ich hören? ist das wahr, Mutter?« stöhnte Antonio. »Wehe mir, drei Mal wehe,« schrie die Mutter, soweit die Kraft es ihr zuliess; »ich bin unschuldig, und rufe Gott zum Zeugen an.« Antonio, seiner Frau Glauben schenkend, und vom Aberglauben befan­gen, hielt seine Mutter für eine Hexe, und ging sogleich nach Puschlav, zum Podesta, dem er den Vorfall erzählte. Der Podesta schickte sogleich die Gerichtsdiener, und liess die arme, schrecklich verstümmelte Frau aufs Rathaus schleppen. Schon den folgenden Tag klang der düstere Ton der Gerichtsglocke durch das Tal: sie rief den gestrengen Herrn Magistrat zur Sitzung für das peinliche Gericht. In ihre Mäntel gehüllt, die Degen an der Seite, sassen die Richter auf ihren Polstern. Tiefer Ernst sprach aus ihren Gesichtern, denn es war über ein Verbrechen zu untersuchen, und über Leben und Tod zu urteilen und abzusprechen. Aber wer kauert dort in jener Ecke? - Es ist die arme Alte, welche in ihrem elendesten Zustande von ihrem Lager in Alto weggerissen, und nach dem Gerichtslokale geschleppt worden war. Verflucht von den Menschen, erwartet sie bebend ihr Schicksal, durch Spruch der Richter. Der Prozess nahm seinen Anfang: - Die Arme wurde gefragt, ob sie als Hexe sich bekenne, und mit dem Teufel in Bündnis stehe? Sie antwortete wiederholt und schluchzend: »Nein«. »Nun ja!« rief der Podesta unwillig aus, »von allen Frauen, die wir hier, an der Stätte der Gerechtigkeit (!) zu verhören hatten, wollte Keine ihre Schuld offen bekennen, man musste immer zur Tortur und zur Zeugen-Vernahme schreiten, und so werden wir es auch heute machen müssen.« So wurde an der armen Frau das erste Mittel zum Bekennen angewendet, - die Tortur. Das schreckliche Mittel blieb fruchtlos. Nun schritt man zum Zeugen-Verhöre. Zuerst wurde der Kläger, nämlich der Sohn der Beklagten, vernommen. - Was tut Der? Zum Ofen hin sich wendend, ruft er laut: »Sage Du, Ofen, ob meine Mutter wirklich eine Hexe ist, oder nicht!« Und siehe! (höre!) Aus dem Ofen ertönt ein vernehmliches: »Ja!« »Was braucht man noch mehr? Einen deutlicheren Beweis hat nie ein Gericht gehabt,« urteilte der Richter. »Schreiten wir zur Abfassung des Urteiles.« - Dieses lautete einstimmig auf »schuldig«, - und - die unglück­liche Alte wurde ohne weitere Umstände vor der beifallzollenden Menge durchs Feuer vom Leben zum Tode gebracht. Als Opfer der Unwissenheit und des Aberglaubens verschied die arme Mutter auf dem Scheiterhaufen. Ihr Haus wurde, um der »Gerechtigkeit« zu genügen, abgebrannt, zudem oberhalb der Türe der Ruine zwei, sich kreuzende Schlüssel in Figura eingemeisselt, das (Gerichts- und Gemeinde-Wappen) zum Zeichen, dass jenes Haus nicht wieder aufgebauet werden dürfe, weil unter dem allgemei­nen Fluche gefallen. Diese Brandmarkung war noch vor wenig Jahren sichtbar, und die Ruine wird heute noch la casa della streghe (das Hexenhaus) bezeichnet oder genannt. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Hexenbüchlein

Source: Das Hexenbüchlein

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Das Hexenbüchlein Einst, als die Scheidegg, eine schön gelegene Alp, in deren Nähe die Töss entspringt, noch dem Kloster Rüti gehörte, fiel zu ungewöhnlich früher Zeit ein gewaltiger Schnee. Weil nun des Klosters Schafhirte, der auf der Alp dreihundert Schafe sömmerte, nicht zurückkehrte, machten sich die Leute, die Schlimmes ahnten, auf, um nach ihm auszusehen. Sie fanden auch bald auf der Weid erst die erfrorenen Schafe und in der Alphütte den noch lebenden, abgemagerten Hund. Vom Hirten aber konnten sie keine Spur entdecken. Lange suchten sie nach ihm und entdeckten ihn endlich erfroren in einer grausigen Schlucht. So trugen sie ihn denn in seine Alphütte, und drei Männer blieben bei ihm als Totenwache zurück. Einer der Wächter nun, ein junger Mann, der Vinzenzenbub genannt, sah auf einem Gestell in der Hüttenstube ein Büchlein liegen. Er nahms neugierig zuhanden und erkannte bald, dass er ein Hexenbüchlein gefunden hatte. Das war ihm hochwillkommen, denn schon oft hatte er gehört, dass in solchen Büchern vielerlei Zaubermittel für alles Mögliche und Unmögliche angegeben seien. Und da er ein Erzwilderer war und hinterrücks der Obrigkeit schon manches feiste Wildböcklein abgeschossen und nächtlicherweise heimgeschleift hatte, dachte er, vielleicht liesse sich in dem Büchlein auch ein gutes Mittel für unfehlbare Schüsse finden. Kaum waren seine zwei Gespanen eingeschlafen, steckte er das Büchlein ins Wams und vermochte vor Ungeduld kaum den Morgen zu erwarten. Als es dann endlich tagte, half er den zwei andern mit grosser Mühsal die Leiche zu Tal schaffen. Kaum aber ruhte sie in der kühlen Erde, verzog er sich heim in sein schön gelegenes Dörflein Oberholz ob Wald, wo er mit seinem Knäblein ein unscheinbares Häuschen bewohnte. Da setzte er sich in seine Kammer und las das Hexenbüchlein schier andächtig durch. Und nach langem fand er auch richtig eine Anweisung über das Giessen von immer treffenden Kugeln. Diese besagte, dass man das Blei genau zur zwölften Nachtstunde im Schädel eines Selbstmörders giessen müsse, und dass der Schütze mit also hergestellten Kugeln bestimmt treffe, auf was immer er anschlage. Doch dürfe er nur ja einmal ansetzen, denn wenn er den Schuss nicht sofort abgebe, sondern noch ein zweites Mal ansetze und ziele, treffe die Kugel das, was ihm das Liebste auf der Welt sei. Hocherfreut steckte er das Hexenbüchlein wieder zu sich. Aber in einer der folgenden Nächte machte er sich in ein Tobel, in dem er den Schädel eines Selbstmörders wusste. Und als es nun von fernher Zwölfe schlug, goss er beim Scheine des Vollmondes in der gespenstigen Schlucht zwölf Kugeln. Dann packte ihn das Grauen. Schleunigst begab er sich wieder in sein Dörflein zurück. Aber in. der folgenden Nacht brach er auf und schlich sich, die zwölf Kugeln im Wams, aus seinem friedlich schlummernden Dörflein Oberholz fort. Abseits von allen Häusern machte er sich durchs liebliche Goldingertal, dem jetzt der Vollmond ein wunderlich fremdes Aussehen gab. Oft schreckte er auf, denn er meinte, es laufe etwas neben ihm her, aber es war immer nur sein Schatten. Endlich gelangte er an die Kreuzegg, wo er sich auf den Anstand stellte. Aber lange wollte sich nichts zeigen. Nicht nur die Menschen, auch das Wild schien bis auf das letzte nachtwandelnde Igelchen eingeschlafen. Schon wollte er missmutig werden, da kam über die mondhelle Weid von der Kreuzegg herab ein prächtiger Rehbock. Flugs setzte er die Flinte an und zielte. Da war irgendwo im Gebüsch ein Rascheln. Einen Augenblick nur hielt er lauschend inne. Dann setzte er wieder an, zielte, und donnernd ging der Schuss durch Berg und Tal. Aber unter dem Dröhnen des Schusses hatte er einen fürchterlichen Aufschrei gehört, der ihm bis ins innerste Herz hineinging, Und als er nun aufsprang, sah er gerade noch, wie der stattliche Rehbock über die Weiden davonstürmte. Zitternd schaute er ihm nach. Dann aber ging er mit unsicheren Schritten ins nahe Gestäude, aus dem, wie ihn gedünkt hatte, der unerklärliche, angstvolle Schrei gekommen war. Und wie er nun die Zweige eines wilden Holunderstrauches auseinanderdrängte, sprang ihn, wie ein Luchs, das Entsetzen an und zerfleischte ihm das Herz. Vor ihm im Farnkraut lag sein eigenes Büblein und starrte ihn vorwurfsvoll mit brechenden Augen an. Er warf sich zu ihm nieder, riss ihm das Gewand auf, und nun sah er, dass es eine Kugel mitten ins Herz getroffen hatte. Und jetzt schloss es seine Augen für immer. Aufheulend, kreischend‚ brüllend vor Verzweiflung stürzte er sich über sein Knäblein. Aber was er auch tat, und wie er auch tat, es ward immer bleicher, und der Vollmond breitete seine zitternden weissen Schleier über ein reines Kinderangesicht aus. Als es Tag werden wollte, nahm der Jagdfrevler den toten Knaben und trug ihn zu einer grossen Buche, unter der er ihn begrub. Darnach kam die Verzweiflung völlig über ihn wie hundert Geier. Und sie schleppte und schleifte ihn fort in alle Welt hinaus. Nie hat man von ihm jemals wieder gehört. Lange Zeit nachher kam einmal ein Holzhacker in jene Gegend, wo der Schuss gefallen war. Da fand er an der Stelle, in der das tote Knäblein begraben lag, eine grosse, rote Distel. Er versuchte, sie auszureissen. Aber wie er auch zog und zerrte, er brachte sie nicht heraus. Es war, als hielte sie sich mit tausend Wurzeln bis in die Hölle hinunter fest. Und als er nun die dabeistehende Buche fällen wollte, sprang die Axt immer wieder wie von einem Stein zurück. Das alles verbreitete sich in der Gegend. Man nannte die unheimliche Buche die Blutbuche, und niemand getraute sich mehr in ihre Nähe. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Wörtlich aus Lienert, S. 103. Scheidegg ist eine Alp der Gemeinde Wald, 1247 m ü. M. Lüssi, F., S. 161, berichtet, dass man früher auch glaubte. man könne Flinten treffsicher machen, indem man eine Blindschleiche durch den Lauf ziehe. Dem Fischenthaler Chronisten Lüssi erklärte um 1930 der damals 81-jährige H. Spörri, über Aberglauben wisse er nicht viel, man habe wohl etwa gesagt, diese oder jene sei eine Hexe. — In den Gchr. findet man zauberische Jagdhilfen nicht selten aufgeführt. — Hexenbüchlein waren früher ziemlich verbreitet. Da aber alles, was Hexerei anbetraf, verboten war und verfolgt wurde, gab man den Weisungen, wie man Übernatürliches bewerkstelligen könne, keine so verdächtigen Namen, sondern nannte sie etwa „Rezept“- oder „Brauchbüchlein“, „Geistlicher Schild“, „Albertus Magnus Egyptische Geheimnisse“, „Sechstes und siebentes Buch Mosis“. Die Bibliothek der Antiqu. Ges. Hinwil verwahrt in der volkskundl. Abt. ein handgeschriebenes Büchlein, das die Kantonspolizei einem verhafteten Verbrecher abgenommen. In den vielen Rezepten findet sich auch eines, das angibt, wie man sich durch gewissen Zauber einer Verhaftung entziehen könne.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Hexenloch in dem Turme von Gösgen

Source: Das Hexenloch in dem Turme von Gösgen

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Von der uralten Feste Gösgen steht nur noch ein Turm. In diesem Turm ist oben ein viereckiges Loch. Man nennt es das Hexenloch. Aus diesem Loch sieht man oft des Nachts, gewöhnlich in Freitagsnächten, hellglänzenden Kerzenschein. Wer sich dann näher wagt, hört ganz deutlich in dem Turm drin lautes Stimmengeräusch, Musik und Bechergeklirr wie bei einem fröhlichen Feste. Ein glaubwürdiger Bürger aus Solothurn erzählt: er sei auch einmal in der Nacht dahin geraten und habe den Spektakel lange mit angehört, da habe im Dorfe ein Hahn gekräht und plötzlich sei das Licht erlöscht und im Turm drin Alles still geworden; hoch über ihm in der Luft aber aus dem Hexenloch habe es gerauscht wie vom Flügelschlag einer Schaar Vögel. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Hexenwerk auf Obersaxen

Source: Das Hexenwerk auf Obersaxen

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An einem prachtvollen Morgen trieb der Hirte wie gewohnt seine Tiere aus; aber an diesem Morgen war es ihm ganz sonderbar zu Mute. Er mochte nicht blasen wie sonst, zudem hatte er eine Ahnung, als müsste heute ein grosses Unglück über die Landschaft kommen. So trieb er aus bis er ganz müde und verstimmt, auf einen Bühl sich setzte und »Holzböcke schnitzte«;  d.h.  staunte  und staunte,  und endlich einschlief vor lauter Staunen. Es war längst Mittag und er schlief noch auf dem Hügel, und während er schlief, überzog eine kohlschwarze Wolke das blaue Himmelsgewölbe. Im Schlafe hörte er eine wunderschöne Musik, die ihn nach und nach wach rief. Er wollte weiter gehen und seine Herde suchen, aber er konnte nicht fort, die Musik war zu schön. Ein Mann, der auf einer nahen Felskuppe sass, spielte so schön auf, und durch die Luft kamen viele Gestalten geflogen, die liessen sich auf einem grünen Platz zu Boden, fingen auch gleich an zu tanzen. Der Hirte konnte von Allen Niemanden erkennen, ausser seine »Gotte«, die Andern waren Fremde. So tanzten die Gestalten und tönte gar schön die Musik dazu, bis der Tanz zu einem lärmenden Wirbel wurde, und ein entsetzliches Getöse daraus erfolgte, als ob ein heftiger Zank entstanden wäre. Auf einmal brach ein gewaltiges Gewitter los, es blitzte schrecklich, es donnerte furchtbar, der Erdboden zitterte, alle Elemente schienen entfesselt zu sein. Eine dunkle Wolke verhüllte das tolle Schauspiel der gespenstigen Gestalten. Schauder und Entsetzen ergriffen den Hirten und in Eile rannte er heim, vergass aber Hut und Rock mitzunehmen. Daheim wurde er wegen seines zerstörten Aussehens befragt, konnte aber kein Sterbenswörtlein hervorbringen, und kaum war er im Hause, so fing es auch da an zu blitzen, zu donnern und fürchterlich zu hageln. Dieses schreckliche Ungewitter, von dem alte Leute in Obersaxen noch genug zu erzählen wissen, dauerte fast eine ganze Stunde. Viele Stücke Vieh fand man in Abgründen zerschellt und die Saatfelder sahen aus wie Schlachtfelder. - Erst nach dem Gewitter konnte der Hirte wieder reden, und da erzählte er, was ihm begegnet; und die Gotte, die sonst immer daheim war, war richtig nicht daheim. Endlich kam sie, aber sie sah »knütschblau« geschlagen aus. Nach einer Weile wollte der Hirte Hut und Rock holen, die er in der Eile vergessen  hatte,  aber  die  waren  ganz  zerfetzt  und  zu  »Krümmeli«  zerhackt. Und seit diesem Tage an wird jener Hügel, auf dem der Hirte geschlafen, der »Schlafbühel« genannt. Acht Tage nach diesem schrecklichen Hagelwetter fand man auf der Schattenseite der Kirche im »Mayerhofe« noch grosse Hagelsteine, in welchen Haare gewesen sein sollen. - Noch heutzutage, wenn zufälligerweise ein Haar an einem Hagelsteine klebt, sagt man, »die Hexen haben sich beim Tanzen gebalgt«.   Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Hexlein von Risch

Source: Das Hexlein von Risch

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Von einem gar bösen Hexlein wusste vor mehr als zweihundert Jahren der Rischer Strumpfweber Josef Franz Meier zu plaudern. Diese Geschichte wurde von ihm vielfach an heimeligen Winterabenden am warmen Stubenofen erzählt: "Als ich noch jung und ledig war, befand sich hier ein Mädchen, das mich außerordentlich lieb hatte. Wo immer es mich antraf, sprach es mit mir und lud mich mit den herzlichsten Worten ein, zu ihm doch des abends "z'Stubeten" zu kommen. Ich mochte das Mädchen aber nie recht leiden. Es war ein rechter Holdrio und stund nicht in bestem Rufe; es hatte etwas eigenartig Geheimnisvolles an sich. Eines Abends vereinbarten sich einige meiner Kameraden, bei diesem Mädchen zu "dorfen". Ich ging auch mit in das Haus des Mädchens. Dieses hatte aber nur Augen für mich und liess die andern Burschen ruhig sitzen. Als diese das merkten, zogen sie in das nächste Haus, wo man ihnen wohl mehr Aufmerksamkeit schenken würde. Ich blieb mutterseelenallein bei dem Mädchen zurück. Nach einer recht gemütlichen Plauderstunde setzte die Jungfer mir einen frischen goldgelben Eiertätsch vor. Gerne hätte ich die Speise mit dem Mädchen geteilt, allein es schützte ein Unlustgefühl vor und lehnte beharrlich meine Einladung zum Mithalten ab. Während ich ass, beschlich mich ein eigenartiges Gefühl und fast hätte ich die Eierspeise nicht geniessen können. Sobald ich vermochte, schlich ich gedrückt aus dem Hause des Mädchens. Nach zwei Wochen fühlte ich ein unwiderstehliches Drängen in mir. Trotz meines innern Widerstrebens musste ich zu dem geheimnisvollen Mädchen gehen. Als ich zum Heimwesen der Tochter kam, stand sie unter der Türe, froh bereit zu meinem Empfang. Das Gebahren der Jungfer, ihre Redeweise, ja sogar die Wohnstube erfüllte mein Inneres mit einem grausigen Ekel, und doch, ich konnte nicht heim, ich musste bis zur Mitternacht bleiben. Daheim angekommen, schwur ich, das Haus nie mehr zu betreten und das Mädchen unter allen Umständen für ewig zu meiden, doch schon nach drei Wochen zwang mich eine unsichtbare Hand, die Tochter wieder aufzusuchen. Dieser unabwendbare Drang blieb und alle Vorsätze wurden zunichte. So ging es ein ganzes langes Jahr. Um den Zwang loszuwerden, nahm ich Handgeld und trat in französische Dienste ein. Das Soldatenleben unter dem Lilienbanner des französischen Königs gefiel mir sehr gut und alle Vorgesetzten waren mit meinen Leistungen ordentlich zufrieden. Ich war just ein Jahr im Dienste des französischen Monarchen, als es mich mit aller Gewalt zu dem Rischer Mädchen heim nach dem Zugerlande zog. Wie ohne Besinnung verliess ich meinen Dienstposten, schlich durch die aufgestellten Wachen hindurch und wanderte Tag und Nacht weiter, immerfort der Heimat zu. Als ich zu meinem Vaterhaus kam, verwehrte eine geheimnisvolle Kraft mir den Eintritt; ich musste weiter wandern, schnurstracks zu diesem Mädchen. Sie schien ebenso ermüdet wie ich, begrüsste mich voll Wehmut und machte mir Vorwürfe, weil ich sie ohne jeglichen Abschied verlassen hatte. Bis zur Mitternacht musste ich in der Stube des Mädchens bleiben, ich konnte nicht fort. Als ich erzählt hatte, dass ich gegen meinen Willen heimgekehrt sei, glaubten meine Eltern, dass ich unbedingt verzaubert sein müsse. Damals war weit und breit im Luzernerland ein Wunderdoktor berühmt. Zu diesem Kandi Mattmann ging ich eines schönen Tages und erzählte ihm mein böses Leid. Als er von mir erfuhr, dass ich von dem Mädchen bei meinem ersten Besuch Speise und Trank angenommen hatte, glaubte er die Ursache meines Leidens gefunden zu haben. Er gab mir ein Pulver mit der Weisung, wenn ich einmal allein zu Hause sei, soll ich die Haustüre verschliessen, die Falläden vor den Fenstern aufziehen, auf dem Herd ein Feuer anzünden und dann das Pulver einnehmen. Ich werde hierauf ein Schlänglein erbrechen müssen, das soll ich ungeachtet seines Windens und Züngelns ins Herdfeuer schieben und so elendiglich verbrennen. Am nächsten Samstag machte ich meinen Eltern den Vorschlag, morgens in die Frühmesse zu gehen, sie könnten dann den Hauptgottesdienst besuchen. Als sie am Sonntag zur Kirche schritten, schloss ich das ganze Haus ab, genau nach den Weisungen des Luzerners. Kaum hatte ich das Pulver eingenommen, da klopfte es an die Türe. Die Stimme der Mutter rief: "Mache rasch auf, ich habe den Rosenkranz und das Gebetbuch vergessen. Schnell, ich komme sonst zu spät!" Doch das Pulver tat schon seine Wirkung, ich musste mich erbrechen und es kam wirklich ein kleines Schlänglein zum Vorschein. Rasch packte ich das Tier und wollte es ins Feuer werfen. Da fing an den Falläden ein furchtbares Klopfen an und über mir rumorte es in den Schlafkammern auf ganz fürchterliche Art und Weise. Die Schlange wand sich wütend in meiner zitternden Hand. Ich hatte die grösste Mühe, sie ins Feuer werfen zu können. Draussen wurde das Klopfen und Pochen immer heftiger. Die Stimme des Vaters drohte mir; ich glaubte bald, die Haustüre würde eingeschlagen. Aber das Klopfen und Pochen störte mich nicht in meinem Vorhaben, und so wurde ich endlich Herr der Schlange. Im Feuer erstarrte die Schlange, knisterte zischend auf, wurde schwarz und zerfiel in Staub und Asche. Das Klopfen hörte plötzlich auf. Als ich die Haustüre öffnete, war niemand zu sehen. Bald kamen meine Eltern heim. Verwundert blickten sie mich an und fragten, warum ich so bleich sei und an allen Gliedern zittere. Als ich sah, dass die Mutter Rosenkranz und Gebetbuch in der Hand hielt, frug ich nach dem Grund ihres Klopfens und Rufens. Erstaunt verneinten Mutter und Vater geklopft zu haben. Nun erzählte ich ihnen mein furchtbares Erlebnis. Seit dieser Stunde war ich von allem Zwang und Drang befreit. Es verstrich ein halbes Jahr, als ich zufällig am Hause des Mädchens vorbeigehen musste. Blaß und abgezehrt stand die Jungfer am Gartenzaun und bat mich mit flehenden Worten, bei ihr einzutreten. Ich achtete nicht auf ihre Bitten und ging unbekümmert meinen Weg weiter. Wenige Wochen nach diesem letzten Zusammentreffen war die Tochter eine Leiche." Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 112 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das hilfreiche Bergmännlein

Source: Das hilfreiche Bergmännlein

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  Es war einmal oben in den Bergen ein Mann, der war so arm, dass er oft kein Brot hatte, um seine Kinder satt zu machen. Sie hatten aber eine Geiss, die schenkte ihnen süsse Milch zur Morgen- und zur Abendsuppe. Am Morgen, ehe die Sonne aufging, zog der Hirtenbub durch das Dorf und rief alle Geissen zusammen. Er führte sie hinauf zur Alm, wo sie lustig umhersprangen und sich an würzigen Kräutern labten. Eines Abends kehrte der Geissbub vom Berge heim ohne das Geisslein. Zu den Kindern sagte er, er hätte gerufen und geflötet, die Geiss sei nicht gekommen. Gleich morgen wollte er sie eifrig suchen. Die Kinder gingen traurig heim, und an diesem Abend gab es nur trocken Brot. Früh am Morgen aber steigt der Vater auf zur Almenwiese. Er steigt und klettert, schaut hinter jeden Hügel, in jeden Graben, ruft und sucht. «Ihr lieben Vöglein, saget an, lief meine Geiss den Berg hinan?» «Wir haben keine Geiss gesehn, musst höher in die Berge gehn!» Bald kommt der Abend, er hat das Tier nicht gefunden, müde sinkt er im Grase nieder und schlummert ein. Da hört der Vater im Traum ein feines Klingen – ein kleines Männlein kommt hinter einem Fels hervor und führt an der Hand das Geisslein. Das Männlein breitet ein weisses Tüchlein aus, stellt eine Schale Milch darauf und legt drei Käslein daneben. Husch, ist es verschwunden. Das feine Klingen weckt den Vater: Da steht die Geiss vor ihm, im Fell Muscheln und Schneckenhäuslein und meckert fröhlich. Auf dem weissen Tuch findet der Mann Milch und Käse, die helfen ihm Hunger und Durst stillen. Wie er sich erhebt, steht wie im Traum das Männlein da und spricht: «Nun führ die Geiss nach Haus, doch achte, dass sie nichts verliert von dem, was sie im Fell trägt. Im Stall zupfe sorgsam alles ab, es wird euch aus aller Not helfen. Jeden Abend aber stelle ein Schälchen Rahm vor die Türe. Und hüte dich, dass dich der Wunderfitz nicht sticht, wenn du aus Neugier lauschen möchtest, wer die Schale leert.» Froh zieht der Vater heimwärts, und die Kinder laufen ihm entgegen: «Unsere Geiss ist wieder da!» Das ist ein Jubeln, Tanzen, Springen! Und süsse Milch gibt es für die Kleinen. Als alles still ist im Haus geht der Vater in den Stall. Er pflückt alle Muscheln, Perlen, Schneckenhäuslein aus dem Fell und legt sie in das weisse Tuch, wie ihn das Männlein geheissen. Am frühen Morgen aber da glänzt es wie Gold auf dem Tüchlein. Nun sind sie reich! Sie bauen sich ein Häuschen oben in den Bergen mit einem Stall für Kühe und Ziegen, das Geisslein aber bleibt ihnen das liebste. So leben sie herrlich und in Freuden. Wenn abends die ersten Sterne blinken, Frau und Kinder schlafen, dann tritt der Vater vor die Tür, breitet ein weisses Tüchlein aus und stellt darauf eine Schale mit süssem Rahm. Ohne sich umzublicken geht er zurück ins Haus, damit ihn der Wunderfitz nicht steche, wie er es damals dem Männlein versprochen. Die Schale und das Tuch aus dem Zwergenreich sind immer noch da.   Wenn ihr auf den Berg steigt, seht einmal nach! Fassung Cora Büsch, nach: D.Jecklin, Volksthümliches aus Graubünden. 3 Teile, Zürich 1874     Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das hilfreiche Moosweiblein

Source: Das hilfreiche Moosweiblein

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Auf dem Born weidete von alters her den ganzen Sommer über eine Herde Ziegen. Die sammelte der Hirt von Kappel alle Morgen im Dorf, abends trieb er sie wieder ein. An schwülen Sommertagen geschah es oftmals, daß der Westwind ein böses Gewitter herantrieb. Ganze Sturzbäche Regens ergossen sich über Berg und Tal. Ins dichteste Gebüsch verkrochen sich viele Geißen, andere määggten und bääggten, wenn's blitzte und donnerte, daß sich ein Stein hätte erbarmen mögen. Andere sanken im aufgeweichten Boden ein oder rissen sich die strotzenden Euter an spitzen Steinen und Dornengestrüpp blutig. Viele verliefen sich über Nacht weiter hinein in die Berge. Stundenlang mußte alsdann der Hirte die verlaufenen Tiere suchen.   So kam der Bub einmal tropfnass, als es schon zunachtete, ins Dorf. »Hab ein Unglück gehabt, hab vier Geißen verloren. Ist mir Leid genug: die Mariebeth, die Zundelgret, der Krüschknüpfer und der Kälblistopfer - alle sind wetterwild. Ich bin ein geschlagener Mann! Die Donnersgeißen! Hätt ich sie bei den Ohren, sie sollten Herr Jesu pfeifen. Ich muß sie holen, noch vor Nacht. Ich steig di Steinplatte hinan, dem Fuchsloch zu und den Katzengrabe hinauf bis auf das obere Buchköpfli, dann gegen das Kessi loch und bis fast zur Heidenküche. Aber kein Schwanz ist zu sehen. Bachnaß stürzte ich in Stauden und Sträuchern herum, da herüber und dort hinüber. Keine Spur von Geißen! Auf einmal steht wie aus dem Boden das Moosweiblein vor mir, hüpft und gümperlet wie am Schnürlein um mich herum, schüttelt sein kurzes Röcklein und macht Sprünge wie ein Heugumper, aber braun und runzlig ist sein Gesicht wie ein dürrer Apfelschnitz. Da hab ich das Herz in beide Hände genommen und frag es: »Hesch mer myni Geiße niene gseh?« Da hat's wie ein Mäuslein aus der Nase gepfiffen und sein Röcklein gleitig hin und her geschwenkt:   Eins - zwee - drei Dyni Geiße sy nit hei.   „Eben darum bin ich ja hier, weiß nicht, wo sie sind?“   Da pfiff's nochmals:   Eins - drei- zwee Dyni Geße ha-n-i gseh.   Und wie ein Wetterleuchten war's verschwunden. Aber in den Stauden und im Holz sauste und brauste es, wie wenn der wildeste Wirbelwind einen Haufen Kieselsteine auseinanderschüttelt. Vor Staunen hätt ich fast meine Geißen vergessen, aber mit eins standen sie da, alle vier, wie hergeblasen. Dann aber liefen wir mitsammen heim, was gisch was hesch, über Studen und Stöck.  Ein Horn sollte jeder Hirt haben, womit er Wind machen könnte wie das Moosweiblein mit seinem Rock!« Aus: C. Englert-Faye, VO chline Lüte,  Bern 1965 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das hilfreiche Moosweiblein

Source: Das hilfreiche Moosweiblein

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Vor langer Zeit hütete ein Hirtenbursche über den ganzen Sommer eine Herde Ziegen auf der Alp. Morgens sammelte er sie im Dorf ein, trieb sie dann die Wiesen hoch und abend führte es sie wieder hinab in den Stall. Einmal an einem heissen Tag aber, trieb der Westwind ein schlimmes Gewitter heran. Es donnerte und blitzte und ganze Sturzbäche mit Regen ergossen sich über Berg und Tal. Da verkrochen sich viele Ziegen ins dichteste Gebüsch, riefen jämmerlich nach dem Hirten: «Määh!» und «Bääh!». Andere sanken im nassen Boden ein oder rissen sich an spitzen Steinen und Dornen das Fell blutig. Viele verliefen sich  und es wurd schon fast dunkel, als der Hirt, nass und müde, nach ihnen suchte. Es war schon fast Nacht, als er tropfnass ins Dorf kam und berichtete: «Fast alle Ziegen habe ich gefunden, nur vier nicht: die Mariebeth, die Zundelgret, der Krüschknüpfer und der Kälblistopfer - alle sind wetterwild und fürchten sich beim Gewitten. Fortgerannt sind sie, die Donnersgeissen! Hätt‘ ich sie bei den Ohren packen können, sie müssten ein Liedlein pfeifen. Ich musste sie suchen, mitten im Gewitter. Ich stieg die Steinplatte hinauf, dem Fuchsloch zu und den Katzengrabe hinab, bis auf das obere Buchköpfli, dann gegen das Kessiloch und bis fast zur Heidenküche. Aber kein Ziegenschwänzchen ist zu sehen. Plitschnass steige ich in Stauden und Sträuchern herum, da hin und dort hin. Keine Spur von den Geissen! Da auf einmal steht ein Moosweiblein vor mir. Es hüpft und gümperlet wie am Schnürlchen um mich herum, schüttelt sein kurzes Röckchen und macht Sprünge wie ein Heuhüpfer. Sein Gesicht aber ist braun und runzlig, wie ein dürrer Apfelschnitz. Da nahm ich das Herz in beide Hände und frage: „Moosweibchen, hast du meine Geissen gesehen?» Da pfiff das Moosweibchen wie ein Mäuslein, schwenkte sein Röcklein hin und her und sprach: ‹Eins, zwei, drei – deine Geissen sind nicht heim.› Dann pfiff\' es noch einmal: ‹Eins, drei, zwee – deine Geissen hab’ ich gesehn.› Und wie ein Wetterleuchten war\'s auf einmal verschwunden. Aber in den Stauden und im Holz sauste und brauste es, wie wenn der wildeste Wirbelwind einen Haufen Kieselsteine auseinanderschüttelt. Vor Staunen hätte ich fast meine Ziegen vergessen, aber auf einmal standen sie da, alle vier, wie hergeblasen. Dann aber liefen wir zusammen heim, was gisch was hesch, über Stauden und Steine.» So berichtete der Hirt und die Menschen im Dorf wussten: Das hilfreiche Moosweiblein hat ihm geholfen. Der Junge aber konnte die Zwergenfrau nicht mehr vegessen und er dachte oft: «Ja, ein Horn sollte jeder Hirt haben, womit er Wind machen könnte wie das Moosweiblein mit seinem Rock!»   Märchen aus der Schweiz   Quelle: D.Jaenike, Kindermärchen aus aller Welt, Lützelflüh 2015, dort aus: C.Englert - Faye, Vo chline Lüte, Bern 1965   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das himmlische Rathaus

Source: Das himmlische Rathaus

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Sassen da vor alten Zeiten im Schloss zu Sargans ein paar späte Gäste beisammen und freuten sich noch am Küng und Ass und Schellenunder, redeten dazwischen auch manches Erspriessliche von den Zeitläufen und von den Regierungen und tranken ein Schöpplein Oberländer und noch eins. Und wie sie allmählich ans Heimgehen denken mussten, und der steile Schlossweg ihnen zu Sinn kam, so dass sie das Aufstehen immer wieder vergassen, da geht die Tür auf, weit auf, bis die Falle an der Wand anschlägt, und bevor sie nur wieder im Gericht sitzt, steht auch ein Weibel in weiss-blauer Farbe am Wirtstisch und befiehlt einen Dreier Veltliner und einen Teller Käs und Brot, aber er habe nicht einmal Zeit zum Absitzen, und wenn das Schenkmädchen nicht Beine machen wolle, so verschwinde er wieder, bevor sie nur den Hahn gedreht. Schnaufend und keuchend blies er die Backen auf und fuhr mit dem Schnupftuch übers Gesicht. «Nun, so pressiert’s denn doch wohl nicht, Weibel?» meinte der Ammann, denn der sass auch bei der Kundschaft, «im Stehen zu essen, sei ungesund, heisst es seit altem, und zudem wär’s schade für den guten Roten, den der Wirt im Fass hat. Und übrigens, weshalb habt Ihr denn keine Zeit, Weibel?» Der Weibel knurrte etwas Unverständliches. Als sie aber näher in ihn drangen und herauszubringen suchten, von welcher Regierung er des Laufes käme, denn Zürichs Farben seien schräg gestellt, sein Weiss-Blau aber quer, da setzte er sich auf einen Augenblick, nicht ohne einen Blick zum Himmel geworfen zu haben, und sagte: «Wenn ihr’s partu wissen wollt - vom Himmel komm’ ich. Ich bin des Herrgotts Landweibel. Nichts für ungut!» Über dieser Rede wunderten sie sich und vermeinten, der Mann treibe seinen Scherz mit ihnen. Doch da er darauf bestand und den Dreier und den Teller Käs und Brot ich weiss nicht wie herunterass, so frugen sie ihn nach seinem Auftrag auf der Erde und nach dem Grund seiner Eile; denn die Eile sei verwunderlich, da es doch immer heisse, Gottes Mühlen mahlten langsam und auch im Himmel werde wohl nichts so heiss gegessen, wie es angerichtet sei. Der Weibel trank den letzten Schluck, und als er sich anschickte, die kleine Zeche zu bezahlen, so hielt jeder der Gäste und der Wirt es für wohlangebracht, den kleinen Betrag für ein Vergeltsgott einzurechnen, und der Weibel war damit einverstanden. «Aber wir Sarganser sind gwundrige Leute —», begann der Ammann noch einmal - «Nun, so brauch ich’s ja weiter nicht zu verheimlichen, und der Herrgott wird’s mir nicht ankreiden!» Die Sache sei so: Die zu Glarus haben vor kurzem ein neues Rathaus gebaut, und seither liessen die Engel dem Herrn keine Ruhe und wollten auch ein neues, denn das himmlische Rathaus sei noch zu Noahs Zeiten gebaut worden und gefiele keinem Menschen mehr, geschweige denn Engeln. Und da der Herrgott heute seinen guten Tag hätte, so habe er ihm befohlen, so rasch als möglich nach Glarus zu eilen um dort das Mass zu nehmen, wie lang und wie breit und wie hoch, denn das himmlische Rathaus müsse akkurat so werden wie das irdische, weil ein Glarner auf den Eid geschworen hätte, ein noch schöneres Rathaus zu bauen, brächte nicht einmal der Liebe Gott fertig! Der heilige Fridolin habe ihm besondere Grüsse an die Gnädigen Herren und Obern zu Glarus aufgetragen, und das sei ein genauer Herr, der sich im Lande auskenne und auch im Zeitmass! So kamen die Sarganser aus ihrem Gwunder und manch einer von ihnen hat hinterher wie von selber das Glarnerland besucht und gefunden, dass wahrhaftig der Läufer nicht übel beraten war. Anno 1861 freilich ist das Rathaus trotz alledem in einer Föhnnacht abgebrannt, und das himmlische wird, so denk ich, das schönste geblieben sein.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Das Hinterrisi-Männli

Source: Das Hinterrisi-Männli

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Zwischen dem Käserruck und dem Gamserruck lehnt sich unten am Fusse die steinreiche Hinterlist an, ein Obersäss. Dort hörte und sah man früher oft ein gespenstisches Männchen während der Nacht. Einst begegnete ein Hündchen diesem Unheimlichen; es bellte hernach die ganze Nacht; am Morgen war es tot. Von jener Zeit an sah man das Gespenst nicht wieder. Sonst, wenn man dieses Männchen jauchzen und brüllen hörte, schneite es auf den Alpen allemal bald ein. N. Senn, Tagebuch. *** In der steinreichen Hinterrisi wohnt das "Hinterrisi-Mandli". Es erscheint, so oft das Wetter abfallen will, nachts schreiend im Scharlachkittel und mit grossem Lamphute und spielt auf einer Geige. Dr. Henne-Am Rhyn, Deutsche Volkssage. Wuotan! Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 421, S. 247 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Hodenschüerli bei Leerau

Source: Das Hodenschüerli bei Leerau

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Auf dem Nack, einer Hügelspitze beim Dorfe Kirchleerau, sind noch Spuren eines ehemaligen Schlosses zu sehen; geht man östlich über den Kamm dieses Hügels fort, so kommt man zum Hoden-Schüerli. Es ist dies die höchste, aber wohlbebaute Stelle dieser bergigen Waldgegend, und hier führt der Pfad aus dem Leerauer-Seitenthälchen hinüber in dasjenige der Rueder-Ache zum Schloß Rued. Vor dreissig Jahren, so erzählt ein Leerauer, giengen ich und meine Schwester als Aehrenleser den Weg über dieses Hoden-Schüerli. Wie wir den buschigen Hügel aufwärts zur freien Höhe kamen, sahen wir mitten auf ihr und hart am Wege eine schneeweisse Gestalt. Sie lehnte regungslos an einer Föhre, ein weiter faltiger Mantel hüllte sie fast ganz ein. Sie schien westwärts gegen den Nackberg gewendet. Eine Zeit lang schauten wir Zwei nach dieser Gestalt, wir sahen genau, dass ihr der Kopf fehle. Da fuhr der Schreck in uns, und in weitem Umweg eilten wir über die Höhe die andere Seite hinunter in den nächsten Bauernhof. Hier langten wir athemlos an, und zuerst erblickte uns die alte, uns wohlbekannte Grossmutter. Sie fragt um unsere Angst, und wir berichten schnell und unzusammenhängend, was wir so eben gesehen. Jetzt sie schnell hinein in die Stube; es war gerade Mittags und der ganze Haufen ihrer Schnitter rings um den Esstisch. Den Löffel aus dem Maul, rief sie, nur gleich hinaus zum Binden! Die Schnitter lachten und hielten's für Spass; denn das Wetter war herrlich, darum schien ihnen eine solche Eile ganz überflüssig. Aber der Grossvater, dem die Frau indessen etwas ins Ohr geflüstert hat, steht nun auch von der Ofenbank auf und sagt zu den Arbeitern: Nun, habt ihr gehört, was die Mutter will? ihr könnt ein andermal um so länger sitzen! - Wenn der redete, so galt's. Und noch war es nicht vier Uhr geworden, als die Schnitter merkten, dass er recht gehabt; denn ein furchtbarer Sturm entwurzelte bald darnach die dicksten Bäume und hätte sicherlich alle Garben entführt, wenn man sie nicht schon rechtzeitig unter Dach gehabt hätte. Vom Nack her hört man auch eine Kutsche über den Bergrücken hinfahren gegen das Hode-Schüerli und von da in gleicher Richtung weiter auf den entgegengesetzten Hügelkopf, welcher Burg heisst. Hier liegt ebenfalls altes Gemäuer und man deutet es auf eine zweite Burg, welche durch eine eigne Strasse einst mit jener auf dem Nack verbunden gewesen sein soll. Jetzt geht nur noch ein Fussweg durch das Gestrüppe, aber ein Windstoss wirft es zu beiden Seiten aus einander, wenn die Kutsche durchfährt. So geht sie über zwei Hochwälder hin, der eine ist der Rötler mit dem Enzegraben, der andere Bodematt geheissen. Hier auf der Burg gruben zwei Männer aus Moosleerau nach Gold. Sie meinten schon, auf den Schatz zu stossen, als sie durch eine Erscheinung verscheucht wurden, von der sie niemals weiter erzählen wollten. Der eine erkrankte darnach und starb bald, auch der andere verfiel in Siechthum. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 120 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Das hoffärtige Maitli

Source: Das hoffärtige Maitli

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Im Schächental lebte ein hoffärtiges Mädchen, das gar viel Mühe und Aufmerksamkeit darauf verlegte, sich schön zu kleiden, viel vor dem Spiegel stand und zu spät in die Kirche kam. Ja, wenn das Wetter auch nur trübe war, versäumte es den Gottesdienst, um ja nicht etwa seine schönen weissen Strümpfe zu beschmutzen. Nach seinem Tode aber liess es sich noch lange merken und sehen. Wenn allemal die Leute zu Kirche gingen, sahen sie es in seinem gewohnten Sonntagsstaat beim Hause stehen. Oft stand es in der Haustüre und hinderte die Insassen beim Aus- und Eingehen. Da es ihnen so im Wege stand, liessen sie es verbannen. Franz Müller Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Hofstettenkreuz

Source: Das Hofstettenkreuz

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a) Am 12. Heumonds 1730 brachte die Unvorsichtigkeit mehrerer Personen, welche, um Kirschen zu pflücken, alle auf einmal auf einen Baum gestiegen waren, der mit ihnen umfiel und sie erdrückt hatte, grossen Schrecken in jene Familien, denen die Umgekommenen angehörten. b) Über den Grund des Hofstettenkreuzleins, das heisst des Kreuzes am Fusswege nach Hofstetten, ob dem sogenannten Büttenloch, durch dessen Schlucht die neue Strasse zuerst hätte gebaut werden sollen, bestehen zwei Versionen: Nach der einen ist es von der Gemeinde daselbst errichtet worden zum Schutz gegen den Hagel, weil solcher, wenn er sich über diese Gemarkung ergiesst, gewöhnlich durch die dortige Schlucht herauskommt. Nach der andern aber rührt es von einem Unglücksfalle her, der am 12. Heumonat 1730 daselbst begegnet ist. Fünf Jungfrauen sind nämlich miteinander auf einen dort stehenden Kirschbaum gestiegen und mit demselben in die Schlucht hinuntergestürzt, wo sie tot aufgehoben wurden. Diese Geschichte wird von Lutz erwähnt, und nach einer in einem Privathause in hier befindlichen Aufzeichnung ist dieser Kirschbaum da gestanden, wo jetzt das obige Kreuz steht, und dieses sei eben deswegen von den Angehörigen der Verunglückten erstellt worden. Ettingen Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Hoggebori zu Kulm

Source: Das Hoggebori zu Kulm

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Waltersholz, eine Anhöhe bei Kulm, soll früher der Standort einer Kapelle gewesen sein; dieselbe wurde erbaut durch ein krummgebornes Mädchen, die wegen ihres ragenden Höckers den Namen „Hoggebori" bekam. Sie trug die Bausteine alle selbst den Hügel hinauf und starb über der Anstrengung. Da somit das von ihr geleistete Gelübde nicht erfüllt war, so muß sie nun als Spukgestalt die Arbeit fortsetzen. Man hört sie Steine schieben und schleppen, darüber ächzen und stöhnen. Dann werden ihr die hinaufgetragenen Steine wieder über den Abhang hinabgekollert. (Vgl. Der Langböri, Aargauer Sag. II. S. 36.)  Band 3.1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962, S. 94 - 94 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch    


by Das Hohlross

Source: Das Hohlross

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Durch den Hohl führte einst ein vielbenutzter Saumweg. In einem kleinen Häuschen wohnte ein Säumer, der als ein geiziger und hartherziger Mann den Pferden das wohlverdiente Futter vorenthielt und der sie überdies unmenschlich quälte. Zur Strafe musste er im Hohl in der Gestalt eines Pferdes wandeln und wiehern. Manchem nächtlichen Wanderer ist das Hohlross begegnet. Nun scheint es die Erlösung gefunden zu haben; denn schon längst hat man es nicht mehr gesehen.             N. Tobler. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 434, S. 257 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Hölentier bei Oberfrick

Source: Das Hölentier bei Oberfrick

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Unterhalb der Gipf, einem Dorftheile der Gemeinde Frick, wohnt das Hölenthier und wird da manchen Leuten hinderlich, die über das Ebnatfeld gehen wollen. Zur Zeit da die Schweden im Frickthale lagen, sollte eine Stafette vom obern Jura her nach Frick hinab ins Quartier Bericht bringen; beim untersten Hause in der Gipf angelangt, hielt der Reiter rathlos still. Hier scheiden sich die Wege, und noch dazu war es nicht Morgen. Von der Scheune her hörte er aber den Schall eines geschwungenen Dreschflegels, er pochte also ans Thor und befahl zu öffnen. Als der Bauer mit dem Dreschflegel heraustrat, befahl ihm der Reiter, unverweilt sein Ross an den Zügel zu nehmen und mit ihm nach Frick zu gehen. Der erschrockene Bauer gehorchte. So kamen beide in der Dämmerung bis zu jenem weiten Graben unterhalb Gipf, den man Höle nennt, das ist Hohlweg, weil hier ehedem ein Karrweg durchführte. Hier machte sich damals schon das Hölenthier gefährlich, wenn man vor Morgenläuten passieren wollte; deshalb liess nun der Bauer den Zaum des Rosses aus der Hand und trat zurück, um zu sehen, wie der Reiter über den verrufenen Platz kommen werde. Allein dieser vermuthete eine Arglist und es kam zwischen Beiden zum Streit. Da der Schwede drohte und zur Waffe griff, so schlug ihn endlich der Bauer mit dem Dreschflegel todt. Der Getödtete muss seither an dieser Stelle als ein Hund spuken, welcher Augen wie Pflugräder hat. Unbeweglich legt er sich quer über die Strasse, damit man stolpere; schlägt man mit dem Stocke nach ihm, so setzt es einen geschwollenen Kopf ab. Er hat seinen Lauf von des Hegels Haus, gegenüber der Kapelle, bis zum Fussweg dahinter, und Hegels Mädchen, ein Fraufastenkind, hat ihn gar oft vom Fenster aus gesehen. Wenn unser Schneider vom Kornberg her Nachts diese Richtung heimwärts einschlug, so ist ihm sogar der Ellenstab unter dem Arm weggezogen worden. Der Geist erscheint auch als ein hagerer langer Mann mit einem breitkrempigen Wollhut auf dem Kopfe. Mit heftigem Windsgeräusch kommt er gegen die Leute hergefahren und nimmt ihnen den Hut vom Kopf. Von dem Helgenstöckli an, einem Wegkreuze, buckelt er ihnen auf und lässt sich bis ins Dorf tragen. Ein Frickerbauer, der etwas zu tief ins Weinglas geschaut hatte, forderte den Geist im Heimgehen heraus. Dieser erschien in Gestalt eines Geistlichen in einem langen Schwarzrock, das Läppchen um den Hals und einen Dreispitz auf dem Haupte, wie die Orts- pfarrer im vorigen Jahrhundert einhergiengen. Unschädlich verschwand er sodann. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Höll-Hoopi

Source: Das Höll-Hoopi

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Das Höll-Hoopi ist den Menschen wohl gesinnt. Es gibt zuzeiten denen, die darauf achten, Schirm und Hut vor Feuer und Wasser, Steinschlag, Unwetter und Lauigfahr. Vor Höllenspuk und allen grossen Uebeln, die den Leuten drohen, tut es von einer Balm oder vom Fluhrand herunter hoopen, so dass, wer will und mag, sich vorsehen kann. Besonders auf der Sefinenalp, da hat das Höll- Hoopi unsern Vätern und Vorvätern so manchen guten Fingerzeig gegeben! Eines Sommers trieben die Sennen, obwohl sie sich sonst vertrugen wie zwei Finger an einer Hand, gegenseitig öfters Neckerei, Spass und Kurzweil. Sobald die Nacht auf den Hütten lag, pochten sie einander an die Türen. Wenn der Genarrte heraus kam, sah er völlig nichts und hörte nur das gewohnte Rauschen der Sefilütschine. In einer stockfinstern Herbstnacht, kurz vor der Alpabfahrt, klopfte es dreimal hart an eine Hüttentüre in Sefinen. Der Hirt vermeinte, er solle wieder ans Narrenseil und fluchte: „Das sollen doch der Teufel und das Höll-Hoopi nehmen, meine Ruh will ich jetzt einmal haben! Ich komm dir nicht hinaus, du Cheib!“ Da sah er zwischen den Ritzen der Rundbalken hindurch ein seltsam fahles Erbleichen über die Alp huschen. Er warf den Kopf nicht mehr in den Nacken, trat eilig vor die Hütte und nahm wohl deutlich wahr, dass das kein Wetterleuchten sei. Jetzt sah er ein taubweisses Männlein mit einem grellblauen Licht behende über eine hohe Balm beineln. Es trieb Vieh und rief, dass es schaurig in allen Wänden widerhallte: „Hoo hoop! - Hoo hoop! -Hoo hoop!“ Die Haare standen dem Sefisennen zu Berge, und ein eiskalter Schweiss lief ihm schauerweise über den Rücken. Da gab es nichts zu grübeln und deuten, das war das Höll-Hoopi; er und der Küher und der Hüterbub hatten es gesehen und gehört mit Eid und Gewissen. Der erfahrene Senn wusste, was er zu tun hatte. Er liess das Vieh zusammentreiben, machte die Stall- und Hüttengeräte bereit und befahl den Alpabzug, auf der Stell! Das war wäger eine Pflicht mitten in der rabenschwarzen Nacht. Die andern Aelper schlugen seine Mahnungen in den Wind und meinten, er sei, denk wohl, in der verkehrten Welt. Aber noch in der gleichen Nacht begann es auf der hohen Alp zu schneien, wie es selbst die Aeltesten nie erlebt hatten; stunden- und stundenlang fielen lautlos, ohne dass ein Lüftlein wehte, Flocken wie Fausthandschuhe. Die Senntümer, die oben geblieben waren, wurden eingeschneit bis an die Dachrafen, und es war bald kein Tabaksäckel voll Heu mehr zu verhirten. Alles hatte arg Lauisorg, und die Talleute mussten, was mit der Schaufel schoren konnte, den Alpweg lösen. Erst nach Tagen konnte man abzügeln, und etliche schöne Haupt, Kühe und Rinder, waren elend eingegangen. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Höll-Hoopi

Source: Das Höll-Hoopi

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Das Höll-Hoopi ist den Menschen wohl gesinnt. Es gibt zuzeiten denen, die darauf achten, Schirm und Hut vor Feuer und Wasser, Steinschlag, Unwetter und Lauigfahr. Vor Höllenspuk und allen grossen Übeln, die den Leuten drohen, tut es von einer Balm oder vom Fluhrand herunter hoopen, so dass, wer will und mag, sich vorsehen kann. Besonders auf der Sefinenalp, da hat das Höll-Hoopi unsern Vätern und Vorvätern so manchen guten Fingerzeig gegeben! Eines Sommers trieben die Sennen, obwohl sie sich sonst vertrugen wie zwei Finger an einer Hand, gegenseitig öfters Neckerei, Spass und Kurzweil. Sobald die Nacht auf den Hütten lag, pochten sie einander an die Türen. Wenn der Genarrte heraus kam, sah er völlig nichts und hörte nur das gewohnte Rauschen der Sefilütschine. In einer stockfinstern Herbstnacht, kurz vor der Alpabfahrt, klopfte es dreimal hart an eine Hüttentüre in Sefinen. Der Hirt vermeinte, er solle wieder ans Narrenseil und fluchte: "Das sollen doch der Teufel und das Höll-Hoopi nehmen, meine Ruh will ich jetzt einmal haben! Ich komm dir nicht hinaus, du Cheib!" Da sah er zwischen den Ritzen der Rundbalken hindurch ein seltsam fahles Erbleichen über die Alp huschen. Er warf den Kopf nicht mehr in den Nacken, trat eilig vor die Hütte und nahm wohl deutlich wahr, dass das kein Wetterleuchten sei. Jetzt sah er ein taubweisses Männlein mit einem grellblauen Licht behende über eine hohe Balm beineln. Es trieb Vieh und rief, dass es schaurig in allen Wänden widerhallte: "Hoo hoop! — Hoo hoop! — Hoo hoop!" Die Haare standen dem Sefisennen zu Berge, und ein eiskalter Schweiss lief ihm schauerweise über den Rücken. Da gab es nichts zu grübeln und deuten, das war das Höll-Hoopi; er und der Küher und der Hüterbub hatten es gesehen und gehört mit Eid und Gewissen. Der erfahrene Senn, der wusste, was er zu tun hatte. Er liess das Vieh zusammentreiben, machte die Stall- und Hüttengeräte bereit und befahl den Alpabzug auf der Stell! Das war wäger eine Pflicht mitten in der rabenschwarzen Nacht. Die andern Älpler schlugen seine Mahnungen in den Wind und meinten, er sei, denk wohl, in der verkehrten Welt. Aber noch in der gleichen Nacht begann es auf der hohen Alp zu schneien, wie es selbst die Ältesten nie erlebt hatten; stunden- und stundenlang fielen lautlos, ohne dass ein Lüftlein wehte, Flocken wie Fausthandschuhe. Die Senntümer, die oben geblieben waren, wurden eingeschneit bis an die Dachrafen, und es war bald kein Tabaksäckel voll Heu mehr zu verhirten. Alles hatte arg Lauisorg, und die Talleute mussten, was mit der Schaufel schoren konnte, den Alpweg lösen. Erst nach Tagen konnte man abzügeln, und etliche schöne Haupt, Kühe und Rinder, waren elend eingegangen. Quelle: Hans Michel, Ein Kratten voll Lauterbrunner Sagen. Wengen 1936. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Höllenmoos

Source: Das Höllenmoos

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Im Jahre 1156 war ein Herr Diebold Gebieter zu Strättlingen. Seine Gemahlin war Frau Anna, die schenkte ihm drei Söhne, mit Namen Richard, Otto und Marquard. Aber Herr Diebold war böse und vergass die Herrlichkeit seiner Kirche im Paradiese und erwies sich undankbar gegen dieselbe, indem er deren geistliche Freiheiten zerstörte und ihr Gut an sich zog. Da redete der Kilchherr gütlich mit ihm und verwarnte ihn seiner schweren Sünde. Diebold aber drohte ihm in seines Herzens Härtigkeit am Leben und ging zornig nach seiner Burg hinauf. da ward er vom bösen Geist besessen, der plagte ihn bis auf den Tod. Sankt Michael aber erzeigte ihm Gnade und heilte ihn. Da bekannte Herr Diebold seine Sünde und gelobte zurückzugeben, was er der Kirche geraubt hatte. Was Frau Anna und seine drei Söhne in diesen Dingen verfügen sollten, wollte er gutheissen. Als er dann aber den Brief darüber siegeln sollte, weigerte er sich dessen, war zornig und ritt in seinem Grimme von der Burg hinweg. Wie er nun in den Wald hinauf kam, an die Ecke beim Bannacker, ward er wieder vom bösen Geist besessen, schrie und lästerte und starb ohne alle Vernunft. Und seine Seele fuhr von vielen Menschen gesehen aus seinem Leibe in ein Moos bei dem See, welches darum Höllenmoos genannt wurde, denn Diebolds Geist schaffte hinfort dort manchen Menschen Angst und Pein. Frau Anna und ihre Söhne aber vergabten der Paradieses- Kirche reiches Gut, darunter auch den Bannacker, auf welchem Herr Diebold gestorben war, dazu einen Weingarten im Goldenen Hof, den man noch heute nennt Sankt Michaels Weingarten. Der Papst aber befahl, beim Höllenmoos ein Bruderhaus zu bauen zum ewigen Gedächtnis. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Das Holzappeli von Tscherlun

Source: Das Holzappeli von Tscherlun

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Zwei Holzhauer von St. Silvester gingen einst in den Burgerwald an ihre Arbeit. Da erblickten sie beim dämmernden Morgen am hagumzäunten Weg zwei «Holzappeli» (Zwerglein). Hurtig griffen die Holzer mit ihren breiten Händen nach den winzigen Geschöpflein und suchten sie einzufangen, was ihnen denn auch gelang. Doch unversehens entwischte ihnen ein Zwerglein wieder. Das andere nahmen sie mit heim nach Tscherlun. Dort sperrten sie das Holzappeli in ein Zimmer, damit es ihnen nicht entwische. Das Zwerglein fügte sich in das Unvermeidliche und suchte sich der Umgebung nützlich zu machen. Abends erfreute es die Leute durch allerlei Kunstgriffe. Eines Tages versetzte es die Hausbewohner in Spannung. Es sprach zu ihnen: «Der beste Schleuderer werfe einen Fadenknäuel, dessen Anfang ich in den Händen festhalte, in die Weite. Dann will ich auf dem Faden laufen.» Die Leute lachten zuerst, aber sie taten dem Wichtelchen den sonderbaren Gefallen und warteten neugierig auf das neue Kunststück. Und siehe! Das Holzappeli lief kerzengerade auf dem dünnen Faden ohne zu zittern oder zu wanken. Als es am Ende des Fadens angelangt war, lief es unaufhaltsam mit seinen winzigen Füsslein weiter. Es nahm die Richtung nach seiner Heimat; ohne nur einmal sich umzuschauen, strebte es dem dichten Burgerwalde zu und liess sich nicht mehr blicken. Die gefoppten Holzhacker kehrten um eine Erfahrung reicher nach Hause.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Holzgatterfräuli

Source: Das Holzgatterfräuli

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Das Holzgatterfräuli Im Oberholz hinter Lindau soll in alten Zeiten eine Hexe gehaust haben. Sie erschien den Leuten am Weg nach Eschikon, dort, wo ein Holzgatter dem weidenden Vieh den Eingang in den Wald verwehrte. Sie ergriff und verschleppte Kinder. Noch bis in unsere Zeiten schreckte man die Kleinen, wenn sie beim Einmachten nicht ins Haus wollten, mit den Worten: „Mei, mei, s Holzgatterfräuli holt di!“ Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Schriftlich mitgeteilt von Lehrer Emil Honegger, Tagelswangen, 1962, ohne frühere Quelle.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Hufeisen und die Haarflechte

Source: Das Hufeisen und die Haarflechte

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Eine halbe Stunde ob dem Pfarrdorfe in Visperterminen steht in reizender Einsamkeit des Waldes eine schöne, vielbesuchte Wallfahrtskapelle. Unter den vielen Votivtafeln, die ringsum an der Mauer hangen, fallen auf ein Hufeisen und eine Haarflechte. Darüber geht folgende Sage: Ungefähr fünfzig Minuten ob der Kapelle, wo der Wald nun zu Ende geht, war vor vielen Jahren in einer Ebene ein stattliches Dorf, in dem ein Hufschmied, Ruspeck mit Namen, seine Schmiede hatte und wacker zuhämmerte. Beim Graben einer Alphüttenhofstatt fand man da noch unlängst Kohlen und Eisenschlacken. — Eines Morgens kam ein fremder Reiter in vollem Galopp zu seiner Werkstatt und verlangte, eilig sein Pferd beschlagen zu lassen; er habe Geschäfte im Dorfe, werde gleich wieder kommen, es zur Hand nehmen und bezahlen. Der Meister und sein Gehilfe machten sich hurtig an die Arbeit und begannen eben munter aufzuschlagen, als sie das Pferd deutlich jammern hörten: «Schlage nicht so hart, du schlägst dein Fleisch und Blut; denn ich bin deine Tochter, die du verwünschet hast und nun der Teufel reitet. — Doch mach geschwind fertig und binde mich los; es ist heute der letzte Tag, an dem mich der Teufel allein lässt und ich ihm etwa noch entlaufen kann. Ich werde nur frei, wenn ich, ehe er mich wieder einholt, über neunundneunzig Friedhöfe setzen kann.» — Wie versteinert horchten Vater und Sohn, der Gehilfe, zu. Sie taten schnell was ihnen befohlen, und — fort war das Pferd. Der fremde Reiter liess nicht lange auf sich warten. Mit Ungestüm forderte er sein Pferd wieder. Trotzig antwortete Ruspeck: «Du hast mir nur befohlen das Pferd zu beschlagen, nicht aber selbes zu hüten. Ich will meinen Lohn; das Übrige geht mich nichts an.» Über diese barsche Antwort stutzig, zahlte der Fremde und rannte in Sturmes Eile davon. — Vater und Sohn kehrten zur Familie heim; Alle begannen mit Eifer zu beten für die Erlösung ihrer unglücklichen Tochter. Nach drei Tagen kehrte diese befreit ins väterliche Haus zurück und erzählte, wie sie der Satan auf dem letzten Friedhofe eingeholt und am Schweife fest ergriffen habe. Mit einem letzten, mächtigen Kraftsprunge setzte sie, den Schweif in Satans Händen zurücklassend, hinüber und — entzaubert und gerettet lag sie auf dem Boden. Voll Zorn warf ihr Satan die Hufeisen und die ausgerissene Haarflechte dar, welche sie aufhob, nach langen Tagereisen heimbrachte und in der Waldkapelle der Muttergottes zur Erinnerung dankbar aufhenkte. — Neben der Haarflechte und dem Hufeisen, das der frohe Vater aus den vieren zusammenschmiedete, hängt noch ein Blumenkranz an der Wand, welcher sagen will: «Ruspecks Tochter wäre dem Teufel nicht entgangen, wäre sie nicht eine Jungfrau gewesen.»   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Hufeisen und die Haarflechte

Source: Das Hufeisen und die Haarflechte

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Eine halbe Stunde oberhalb Visperterminen steht in der Einsamkeit des Waldes eine vielbesuchte Wallfahrtskapelle. Unter den vielen Votivtafeln, die ringsum an der Mauer hangen, fielen früher ein Hufeisen und eine Haarflechte besonders auf. Durch das Erdbeben von 1855 wurde die Waldkapelle stark beschädigt, und in den Trümmern ging auch diese Haarflechte verloren. Die Sage, die sich an das Hufeisen und die Haarflechte knüpft, ist aber noch allgemein bekannt. Ungefähr fünfzig Minuten oberhalb der Kapelle, wo der Wald zu Ende geht, war vor vielen Jahren in einer Ebene ein stattliches Dorf, in dem ein Hufschmied, Rüspeck mit Namen, seine Schmiede hatte und wacker zuhämmerte. Beim Bau einer Alphütte fand man da noch im letzten Jahrhundert Kohlen und Eisenschlacken. Eines Morgens kam ein fremder Reiter in vollem Galopp zu seiner Werkstatt und verlangte, er möge eilig sein Pferd beschlagen; er habe Geschäfte im Dorfe, werde gleich wiederkommen, es zur Hand nehmen und bezahlen. Der Meister und sein Gehilfe machten sich hurtig an die Arbeit und begannen eben munter aufzuschlagen, als sie das Pferd deutlich jammern hörten: «Schlage nicht so hart, du schlägst dein Fleisch und Blut; denn ich bin deine Tochter, die du verwünscht hast und die nun der Teufel reitet. Doch mach geschwind fertig und binde mich los; es ist heute der letzte Tag, an dem mich der Teufel allein lässt und ich ihm vielleicht noch entlaufen kann. Ich werde nur frei, wenn ich, ehe er mich wieder einholt, über neunundneunzig Friedhöfe setzen kann!» Wie versteinert horchten Vater und Sohn. Sie taten schnell, was ihnen befohlen, und — fort war das Pferd. Der fremde Reiter liess nicht lange auf sich warten. Mit Ungestüm forderte er sein Pferd wieder. Trotzig antwortete Rüspeck: «Du hast mir nur befohlen, das Pferd zu beschlagen, nicht aber, es zu hüten. Ich will meinen Lohn; das übrige geht mich nichts an!» Über diese barsche Antwort stutzig, zahlte der Fremde und rannte in Sturmeseile davon. Vater und Sohn kehrten zur Familie heim; alle begannen mit Eifer für die Erlösung ihrer unglücklichen Tochter zu beten. Nach drei Tagen kehrte diese befreit ins väterliche Haus zurück und erzählte, wie der Satan sie auf dem letzten Friedhof eingeholt und am Schweif fest ergriffen habe. Mit einem letzten mächtigen Kraftsprunge setzte sie, den Schweif in Satans Händen zurücklassend, hinüber, und – entzaubert und gerettet lag sie auf dem Boden. Voll Zorn warf ihr der Teufel die Hufeisen und die ausgerissene Haarflechte dar. Sie hob diese auf, brachte sie nach langen Tagereisen heim und hängte sie in der Waldkapelle der Muttergottes zur dankbaren Erinnerung auf. VISPERTERMINEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Hügelimaidli zu Holziken

Source: Das Hügelimaidli zu Holziken

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Ein hübscher Waldberg zwischen Holziken und Schöftland heisst auf der Seite, mit welcher er an den Surenbach stösst, das Hügeli. Dorten zwischen dem Walde Hard von Holziken und dem Stübisberge mit der Picardie liegt eine von Nagelfluhblöcken rings umgebene Höhle, die Hügeligrotte. Ein solcher Felsblock steht dicht vor ihrem Eingange, als wollte er ihn versperren; auch ist der Einschlupf so niedrig, dass man nur auf dem Leibe hinein kriechen kann, drum haben die Füchse ihre sichere Wohnung hier aufgeschlagen. Einige Schritte tiefer innen erweitert sich dann die Höhle und soll sich in mehrere mit Tropfstein hübsch besetzte Gänge theilen. In alten Zeiten stand hier ein schönes Schloss. Diese Felsblöcke sind Trümmer seiner mächtigen Grundmauern, das ganze Dorf Schöftland hat mit in den Schlossbann gehört. Nur ein einziges Adelsfräulein war die Bewohnerin der ganzen weiten Burg, eine prunksüchtige stolze Jungfrau, die zwar wegen ihrer Schönheit sehr berühmt, aber bei der Thalbevölkerung wenig beliebt war. Gleichwohl unternahm es einmal um die Zeit des Frühjahres ein armer Mann im Dorfe, sie seinem neugebornen Kinde zur Taufpathin zu gewinnen, und damit sie sich nicht in sein geringes Haus bemühen müsse, brachte er ihr am Tauftage das Kleine aufs Schloss hinauf. Die Zeit war da und die Glocken fiengen an zur Kirche zu läuten, im Schlosshofe drunten warteten die Mädchen schon, um mit der Herrin fort zu gehen ins Dorf hinüber auf der andern Seite des Thales. Aber das eitle Adelsfräulein konnte mit ihrem Putze nicht fertig werden und nicht vom Spiegel wegkommen, bis ihr die Magd ankündigte, eben läute es in Schöftland schon das dritte und letzte Zeichen. So läut' es auch in des Teufels Namen! erwiederte ihr das Fräulein, liess sich verdriesslich den Täufling auf den Arm geben und schickte sich an, den Berg hinab zu steigen. Als sie aber an den Steg gekommen war, der unten über den Hungerbach führt, bemerkte sie, dass das Läuten aufhöre und dass sie sich also verspätet habe. Welche Schande für eine Junkerstochter, wenn sie ohne Sang und Klang mit einem Bauernkinde auf dem Arme hätte in die Kirche eintreten sollen, wie wenn sie unter die Dirnen gerechnet würde und dieses ihr Pathenkind unter die unehlich geborenen. Uebernommen von plötzlichem Zorn über diesen Verstoss der albernen Bauern vergisst sie sich ganz, wirft das Kind vom Steg, wo sie eben steht, in den Hungerbach und kehrt auf der Stelle wieder heim. Aber es verhüllt sich die Sonne, als ob es Nacht würde und auf dem Schlossberge bricht ein furchtbares Krachen los. Als dieser Sturm sich wieder verzogen hatte und die Leute nach dem Berge hin eilten, fanden sie nur noch Trümmer von der versunkenen Burg, das Fräulein selber war und blieb verschwunden. Lange nachher erst hat man erfahren, dass sie in das unterste Verliess ihrer Burg lebendig versenkt worden war und da bis heute auf ihre Erlösung warten muss. So kommt sie denn jetzt noch aus dem Buchenwalde bis zum Steg, der am Bändler-Kirchweg über den Hügeligraben führt, kämmt sich die Haare, flicht ihre Zöpfe heiterhellen Tages, und wäscht und breitet Windeln aus. In ihrer Grotte wohnt sie mit einem schwarzen Hund zusammen. Er hat Feueraugen und hütet eine eiserne Geldkiste. Daneben wächst alle hundert Jahre ein Blümlein, ein rothes Maddänneli (Früh- und Schlüsselblume), und wer dieses pflückt, kann die Geldtruhe leeren. Aber alsdann muss er auch dreimal der blitzgeschwinden Jungfrau um den Abgrund rings herum nachlaufen, der sich bei der Kiste aufthut. Nur erst ein Mann hat sich gefunden, der aus Habsucht sich zu diesem Werke verstand. Mitten im Laufe um den Abgrund ergriff ihn aber ein so erschrecklicher Schwindel, dass er noch gerade rechtzeitig von der Grube weg und zur Höhle hinaus sprang. Wie lange sie auf diesen Erlöser schon gewartet hatte und wie lange es wieder gehen wird, bis sich ein zweiter findet, das weiss man aus dem Worte, welches sie dem Entronnenen nachrief: Wenn meine Krähe keine Nuss fallen lässt, so wächst mein Baum nicht! Wenn mein Baum nicht umgehauen wird, so hat mein Kind keine Wiege, und wenn mein Kind nicht schlafen kann, so wächst mein Erlöser nicht! Ein neugieriger Bursche hat einmal erfahren wollen, wie weit wohl diese Höhle gehe, er nahm deswegen seinen Haushahn mit und jagte ihn hinein. Als das Thier durchaus nicht wieder kam, gieng der Bursche wieder heim in sein Haus, das eine halbe Stunde weiter oben im Thale liegt. So wie er in die Küche trat, hörte er seinen Hahn unter dem Herde tief im Erdboden krähen. Jetzt war es ihm gewiss, dass die Höhle endlos und die Jungfrau unerlösbar sei. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 139 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Hundloch am Grohberg

Source: Das Hundloch am Grohberg

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Im Wald unter Casella, am Grossberg zu Flums, beginnt zwischen den roten Felsen ein unergründet tiefer Gang westlich gegen das Tobel zu. Wer in der Mitte der heiligen Nacht hineingehe, könne zu grossem Reichtum gelangen. Das wagte der Bauer des nahen Gutes Girenloch. Er kam über mehrere Treppen auf und ab in einen hohen, geheimnisvoll erleuchteten Raum. Da war eine Truhe. Ein feuriger Hund sass darauf. Ein Männlein trat dem Bauer entgegen und sagte, sein Begehren nach Reichtum werde erfüllt, wenn er alles, was man ihm befehle, genau befolge. Zuerst solle er den feurigen Hund anfassen und auf den Boden stellen. Der Bauer tat es. Da öffnete das Männlein die grosse Truhe, welche viele kleine Kistlein voll Gold enthielt. Der Bauer könne ein Kistlein nehmen und vor ein Uhr in sein Haus tragen. Wenn er dann nicht zu müde sei, gestatte er ihm, nocheinmal zu kommen und unter gleicher Bedingung ein zweites Kistlein zu holen. Der Bauer trug das goldgefüllte Kistlein freudig dem Ausgang zu und stellte es dort ab. Er glaubte, das zweite Kistlein noch sicherer zu gewinnen, wenn er es sofort hole. Er dachte: „Von da weg ist mein Haus nah; es geht abwärts, dass ich beide Kistlein zusammen fortbringe," Er erhielt wirklich auch das zweite Kistlein und gelangte damit bis zum Ausgang. Jetzt war er aber so todmüde, daß er sich niedersetzen musste und einschlief. Als er am hellen Morgen wieder erwachte, waren die zwei Kistlein voll Gold nicht mehr vorhanden. J. B. Stoop Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 326, S. 182 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Hungerbrünneli

Source: Das Hungerbrünneli

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In der Hagenau bei Ganterschwil fand sich ein sogen. Hungerbrünneli, welches sonst trocken stand und nur Wasser führte, wenn eine Teuerung bevorstand. So soll es im Jahre 1816 stark gelaufen sein; dann folgte bekanntlich die Hungersnot von 1817. Hierauf versiegte es wieder bis 1845, und das folgende Jahr brachte infolge der Kartoffelkrankheit wieder teures Brot. Auch in Rickenbach bei Wil soll solch ein Hungerbrunnen sein, der Anno 1770 stark gelaufen sei.    A. Lauchenauer. ***                           Man spricht in den Alpen von dem "periodischen Brunnen", die nur zu gewissen Tagesstunden stiessen, weil sie vom Schmelzwasser der Gletscher gespiesen werden. Auf ähnliche Weise mögen die „Hungerbrünneli" nur in ganz nassen Jahrgängen in Tätigkeit treten, die einem Hungerjahr vorausgehen. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 463, S. 277 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das hüpfende Lichtlein

Source: Das hüpfende Lichtlein

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In Liedertswil geht die Sage, es habe einst ein geiziger Bauer am Lichs östlich des Dörfleins in der Nacht die Marchsteine zu seinen Gunsten versetzt. Zur ewigen Strafe müsse er in der Geisterstunde dort umgehen, der verlegten Grenze nach, und trage dabei ein Laternlein, das bald verschwinde, bald sichtbar sei. Ein paar junge Burschen hatten die Erscheinung auch gesehen und erzählten davon. Ich erklärte ihnen dieselbe als eine ganz natürliche: «In der Lichsmulde ist eine sumpfige Stelle, wo nur saures Gras wächst. In diesem nassen Boden bildet sich Sumpfgas, das in kleinen Blasen aus dem Boden aufsteigt und sofort brennt, wenn es mit dem Sauerstoff der Luft in Berührung kommt. Ich bin schon mehrmals dort gewesen und habe sogar am Tage den Vorgang beobachtet.» Das wollte keiner recht glauben, einer, dessen Vater das Land gehörte, glaubte mir ein wenig. Schliesslich sagte ich vergnügt: «Ich gehe um Mitternacht nach dem Lichs. Wer kommt mit?» Heinrich zögerte; doch als ich bemerkte, er könne zur Vorsicht das geladene Gewehr mitnehmen und den Marchsteinversetzer erschiessen, war er bereit, ohne Waffe mitzugehen. «Ihr andern,» fügte ich bei, «könnt uns vom Dörflein her beobachten. Wir rufen euch laut, sobald wir auf der Stelle sind.» Als Heinrich und ich auf dem Lichs angelangt waren, betrat ich sofort das sumpfige Stück und alle paar Schritte zuckte ein Flämmchen auf. Mein Kamerad bekam Vertrauen und trat ebenfalls darauf herum. Schliesslich machte es ihm Spass, er stampfte nur so umher und lachte laut dazu. Wir begannen zu rufen und zu jauchzen, dass sie es im Dörflein wohl hören konnten. Dann kehrten wir zu den Burschen zurück und fragten, ob sie die Lichtlein gesehen hätten. Sie bestätigten es und Heinrich sagte fröhlich: «Es ist so, wie der Ernst erklärt hat. Wir sind dumme Kerle, wenn wir noch an so was glauben.» Einer meinte nachdenklich: «Aber ganz alles auf Erden, Ernst, kannst du doch nicht erklären.» Ich war und bin heute noch damit einverstanden. Später hat der Besitzer jenes Landstück entwässert, das hüpfende Lichtlein ist verschwunden und der unselige Marchsteinversetzer hat seine Ruhe im Grabe gefunden. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Das Imlischberg-Marieli

Source: Das Imlischberg-Marieli

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Östlich der Hochebene des Bubendörfer Murenbergs liegt der Imlischberg. Alte Leute erzählen, dass sich dort das Imlischberg - Marieli zu Zeiten durch Stöhnen, Heulen und Wehklagen bemerkbar mache. Dies sei, so lautet die Sage, eine ledige Frauensperson aus Lampenberg gewesen, die vor vielen Jahren einem drangsalsvollen Leben freiwillig ein Ende gemacht habe. Da früher Selbstmörder nicht auf dem Kirchhofe bestattet werden durften, habe der Wasenmeister von Tenniken die Leiche auf seinen Esel geladen, nach der Imlischbergfluh geführt und dort bestattet. Jener Ort sei denn auch der Aufenthaltsort der noch im Jenseits unglücklichen Abgeschiedenen. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Das Imlischberg-Maryli

Source: Das Imlischberg-Maryli

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Oestlich der Hochebene des Bubendörfer Murenbergs liegt der Imlischberg. Alte Leute erzählen, dass sich dort das Imlischberg-Maryli zu Zeiten durch Stöhnen und Wehklagen bemerkbar mache. Dies sei eine ledige Frauensperson aus Lampenberg gewesen die vor vielen Jahren einem armseligen Leben freiwillig ein Ende gemacht habe. Da früher Selbstmörder nicht auf dem Kirchhofe bestattet werden durften, habe der Wasenmeister von Tenniken die Leiche auf seinen Esel geladen, nach der Imlischbergflue geführt und dort begraben Jener Ort sei denn auch der Aufenthaltsort der noch im Jenseits unglücklichen Abgeschiedenen. Bubendorf Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Irrkraut

Source: Das Irrkraut

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Nördlich vom Weiler Wintersberg liegt ein grosser Wald, der im Sommer eine reiche Ausbeute an Beeren aller Art liefert. Aber da wächst auch das Irrkraut, das schon manchen in schwere Verlegenheiten gebracht hat. Wer darauftritt oder gar eins im Schuh trägt der findet sich nicht mehr zurecht und kann stundenlang umherirren. Wer die Schuhe wechseln könnte, würde sich sofort wieder richtig auskennen; aber wer trägt in den Wald ein zweites Paar Schuhe mit? Schade, dass auch niemand das Pflänzchen kennt und beschreiben kann. N. Tobler.     Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 432, S. 256 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Irrlicht

Source: Das Irrlicht

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In der Burghalde, einer alten Bergvorstadt zu Lenzburg, stand noch vor wenigen Jahren ein alter Wagenschuppen, welcher von mehreren Leuten zusammen benutzt wurde. Hier schlich sich ein müssiger Junge ein und brachte die dastehenden Feldgeräte in Unordnung. Plötzlich bekam er von hinten her einen tüchtigen Schlag an den Kopf; als er sich umdrehte, sah er einen feurigen Mann hinter sich stehen, der alsbald verschwand. Heulend lief er heim und klagte den Ältern, was ihm begegnet war. Als diese die schmerzende Stelle am Hinterhaupte untersuchten, fanden sich statt des Haares nackte braune Striemen, die wie Fingereindrücke aussahen. Quelle: E. L. Rochholz, Naturmythen. Neue Schweizer Sagen, Leipzig  1862. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch      


by Das Irrlicht bei der Radkapelle

Source: Das Irrlicht bei der Radkapelle

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In der Nähe der beiden Weiher, außerhalb der Stadt Baden, gerade der dortigen Ziegelhütte gegenüber, stand vor einigen zwanzig Jahren an der Bandstraße eine Kapelle, Namens Rad-kappeli. Westlich davon steht jetzt noch ein Markstein mit einem Granitkreuz. Hier ist ein verrufener Spukplatz (vgl-Aargau. Sagen Nr. 310). Martin Kaiser von Rütihof, der Bruder meines Großvaters, suchte hier einst vor dem Unwetter Schutz, indem er durch einen zerbrochenen Gittersprossen in das Häuschen hineinstieg. Wahrend er nun die Muttergottes Bildchen betrachtet, hört er plötzlich rufen, wie aus der Wand heraus: „Marti, Marti, wotisch für en armi Seel bete!“ Der Mann ist der Meinung, ein vorbeigehender Bekannter habe ihm von draußen zugerufen, steigt sofort aus der Kapelle, lauft auch um dieselbe herum, kann aber niemand erblicken. Dies fällt ihm plötzlich auf’s Herz und er eilt trotz allen Unwetters fort nach Baden zu. Dort erzählt er dem reformierten Ortspfarrer Rengger sein Erlebnis. Dieser macht ihn aufmerksam, daß diese Kapelle an der Stelle gebaut sei, wo einst ein vielbesprochner Mord geschehen war. Falls er dort je wieder gefragt würde, ob er für eine arme Seele beten wolle, so solle er nur antworten: Ja, wenn sie zu erbeten ist.   Mein Großvater Heinrich Nenold, der Steuermeier, hatte auf der gleichen Stelle in Gesellschaft seines Nachbarn Hans Obrist ein anderes Begebnis. Auf der entgegengesetzten Seite der Straße stand damals ein ziemlich hoher Hag, an dem beide von Baden kommend ihres Weges plaudernd hin gingen. Da wird mein Großvater plötzlich vom Boden gehoben und über seinen Begleiter und den ganzen Hag hinweg das Straßenbord hinabgeschleudert. „Donner hol!“ rief ihm Hans Obrist zu, was machst du denn? „Es het mi e so en Siebechetzer do abe gheit!" rief der Großvater hinter dem Hag. So oft Hans Obrist später das Begebnis erzählte, fügte er mit seiner Gewohnheitsphrase hinzu: „Donner hol, es het domole numme ne kei Wind gnappet!“ d. h. es hat sich nicht ein einziges Laub bewegt. (H. Nenold von Tatwil, Gemeindeschreiber.) Quelle: E. L. Rochholz, Naturmythen. Neue Schweizer Sagen, Leipzig  1862. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch    


by Das Irrlicht im Bifang

Source: Das Irrlicht im Bifang

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Vor hundert oder mehr Jahren stand im Bifang oberhalb Näfels ein altes Steinhäuschen, in dem ein betagtes Ehepaar seinen Lebensabend verbrachte. Die Frau gehörte zu jenen Leuten, die Leid und Unglück ahnen. So sagte ihr auch eine innere Bangigkeit, dass ihr Heimetli bald von einem schweren Unglück betroffen werde. Ihr Mann aber gab nicht viel auf derlei Ankündigungen, sondern nannte alles ein dummes Weibergeschwätz. Als die Frau schliesslich allein wegziehen wollte, befahl er ihr barsch zu bleiben, bis sie fügte und angstvoll ihrem Schicksal entgegenlebte. Dieses liess auch nicht lange auf sich warten. In einer regnerischen Nacht im Hornung löste sich am Wiggis ein mächtiger Felsblock, der das Häuschen zermalmte. Von den beiden alten Leuten sah man seither keine menschliche Spur mehr. Wenn aber die ersten Frühlingsstürme dem Wiggis entlangfuhren, vernahm man noch lange Zeit im Bifang ein seltsames Gepolter, das aus den Trümmern des Berghäuschens kam. Auch irrte ein Lichtschein umher. Lief man auf ihn zu, so wich er auf eine Entfernung von hundert Schritten, und zog man sich schaudernd zurück, so folgte einem das Licht im selben Abstand.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Das Irrlicht unter Dach

Source: Das Irrlicht unter Dach

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Irrlichter erscheinen am häufigsten zur Zeit des Neumondes, wo sich das Wetter zu ändern Pflegt; und so hält sie der Bauer für gute Wetterpropheten.  Allein näher will er mit ihnen nichts zu schaffen haben. Denn sie sind längst verstorbene Übeltäter, welche nach der Art ihrer Sünden fort und fort in der fremden Wiese wässern, am versetzten Marksteine graben und Pickeln müssen. Als Skelete, an denen man alle Knochen zahlt, von einem großflackernden Lichte durchschlagen, irren sie zur Nachtzeit umher. Steht aber ein Wetter am Himmel und droht Regen, so fürchten sie gar sehr, naß zu werden; und als dann hat man Zeit, Fenster und Türe fest zu zutun und in der Stube ein Licht anzuzünden. Denn die Irrlichter, die sonst nicht unter den Türen eindringen, gehen alsdann unter Dach. Da bleiben sie dann in dem einmal gefundenen Hause und wohnen oben auf dem Ofen. Dann sind sie nicht mehr leuchtend, sondern machen sich dem Vorbeigehenden nur wie ein schwacher Luftzug bemerkbar; daher rührt es überhaupt, daß in so vielen Häusern Gespenster sind. (Haberstich von Entfelden.) Quelle: E. L. Rochholz, Naturmythen. Neue Schweizer Sagen, Leipzig  1862. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch    


by Das isch doch ä scheenä Chohli

Source: Das isch doch ä scheenä Chohli

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Die Kastenvögtin1 von Ursern übernachtete auf ihren Wanderungen durch das Unterland häufig bei der Familie des Melchior Jauch in Silenen. Eines Abends liess sie sich dort vernehmen: »Morä wird's dänk wellä-n-ä heissä Tag gä!« Am nächsten Tage begegnete ihr in der Schöllenen der Toneli Müller, ein Säumer von Ursern, den mein 80jähriger Erzähler noch gekannt, mit einem schönen kohlschwarzen Ross. Die Hexe erstellte sich und schlug dem Tier mit der Hand auf eine Laffe, indem sie dazu sagte: »Das isch doch ä scheenä Chohli!« Wenige Minuten später fiel das Saumtier mitsamt dem Bast in das Tobel und wurde von der wilden Reuss fortgespült. Der Geschädigte, der die Hexe wohl kannte, eilte ihr nach und erreichte sie auf dem Friedhof in Andermatt, wo sie, wie gewohnt, bei einem Weihwasserstein stand und mächtig die Augen verdrehte, mumpfelte und betete und Weihwasser in Menge über die Gräber spritzte. – Und heig da gfläderet! – Rasch packt sie der starke Säumer beim Haarschopf, hebt sie in die Höhe und dreht sie dreimal im Kreise herum. Jetzt war sie gefangen und wurde verbrannt. Josef Baumann, 80 J. alt, Gurtnellen Fußnoten 1 Gemeint ist natürlich die Schneidergret. Es scheint, dass mein Erzähler die Namen der Ursner- und der Muotataler-Hexe verwechselt. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das isch Herrgottäwätter

Source: Das isch Herrgottäwätter

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a) Auf Bristen lebte vor Zeiten ein braves Mandli, das mit jeder Witterung zufrieden war. Hatte die sengende Sonne die steinigen, steilen Wiesen feuerrot gebrannt, so meinte es, das sei Herrgottenwetter; zerschlug der Hagel das feine Gras, so sagte das Mandli, das isch Herrgottäwätter! Und trieb der Schnee die Älpler mitten im Sommer zu Tale, so tröstete es sich und andere mit dem Gedanken, das sei Herrgottäwätter. Aber auch ihn schonte der Tod nicht. Als sie seine Leiche nach Silenen zur Kirche trugen, herrschte das abscheulichste Wetter. Beim St. Antoni Kapellchen stellten sie altem Brauche gemäss die Leiche ab und beteten Fünfe für die Seelenruhe des Abgestorbenen. Der Regen fiel in Strömen. Von allen Seiten tosten die Bäche zur Tiefe und unheimlich donnerten die Lawinen in den Lauitälern und an den Abhängen der Alpen. Da sagte hinter der Leiche ein Bristner zum andern: »Tät-er ächt hit äu sägä, das syg Herrgottäwätter?« Jetzt erhob sich der Tote und rief deutlich und laut: »Und ich sägä-n-äu hit nu: Das isch Herrgottäwätter.« Und legte sich wieder als Leiche nieder. b) »Das isch Wätter, wie Gott will.« Oder: »Leid Wätter, scheen Wätter, Wätter wie Gott will.« c) Auch in Wassen soll sich eine ganz ähnliche Geschichte ereignet haben. Zweimal hörte je einer der Träger das obige Wort des Toten: »Das isch Herrgottäwätter« auf dem Wege zum Friedhof aus dem Sarge tönen, und unmittelbar vor der Versenkung auf dem Friedhof hörten es alle vier Träger, unter denen auch der Gatte meiner 85jährigen Erzählerin aus dem Landgut in den Steinen war, der es nachher zu Hause erzählte. (Auch ein Beispiel, wie alte Sagen von einer Person auf andere, immer wieder jüngere, überspringen und oft als eigenes Erlebnis erzählt werden.) Friedr. Epp, Frau Baumann-Dubacher, und a. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das isländische Moos

Source: Das isländische Moos

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Das "isländische Moos", ein Alpengewächs, auch in der Apotheke zu brauchen, hat Röhrchen und Blätter. Beide sehen verdorrt aus. Die Sage erzählt, diese Röhrlein seien ehemals voll Milch gewesen. So lange die Kühe davon zu essen bekamen, haben die Sennen zu Tag drei Mal melken müssen. Als nun einst die Alpleute einen lustigen Tag hatten, fluchte einer aus ihnen, der sehr ungerne die fröhliche Gesellschaft verliess, diesem Kraut, weil er über Tag heimgehen müsse, um zu melken, und sagte: «Ich wollte, es würde verdorren, das leide Gras!» Da sah man des anderen Morgens dasselbe wirklich verdorrt. Die Hirten gafften einander stöhnend an und sagten: «Der Dreck ist dürr.» Daher hat nun auch das isländische Moos unter dem Volke den Namen "Dürgras". Auch vom "Kornhalm" wird erzählt, er habe ehemals an jedem Gelenk Ästchen mit Ähren getrieben. Nachdem der Mensch ungehorsam, undankbar und böse geworden, habe der liebe Herrgott diese Ästlein von unten auf abgebrochen. Ein Vermittler habe gebeten, die Oberste stehen zu lassen, für diejenigen, welche nicht gesündiget haben.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Jnnere des Strichenberges

Source: Das Jnnere des Strichenberges

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Zu Ende des vorigen Jahrhunderts verfielen einige Oberfrickthaler Bauern auf die Meinung, der höchste Juraberg ihrer Gegend, der Strichen bei Oberhof, müsse in seinem Kerne goldhaltig sein. Man bekräftigte sich diesen Glauben durch goldfunkelnden Lehm, den eine Quelle aus dem Berge herausschwemmte, noch mehr aber durch die auch jetzt noch lebendigen Erzählungen von der Zwergenwirthschaft, die sich an diese Waldberge knüpft, und von den goldenen Geschenken, die manche Leute mit ins Dorf herunter gebracht haben sollten. So kam man zum Entschlusse den gewaltig breiten Strichen bis in sein Inneres hinein anzugraben. Auf seiner halben Höhe, nahe an dem Wege, der über die Benken nach Aarau führt, begann man eine Schürfung; dorten an dem linken Strassenbord ist auch heute noch eine grosse ringförmige Grube in der Wiese zu erkennen, innerhalb ihrer eigenen Umschüttung liegend und schon wieder übergrast. Bald fand sich auch ein Bergknappe, der den Leuten den inneren Bau des Gebirges erklärte und ihnen die Art angab, wie man demgemäss den Stollen zu schlagen und fortzuführen habe. Da die Voraussagungen dieses Mannes ganz zutreffend blieben, so überliessen sich die Teilnehmer seiner Leitung und trieben nun den Stollen wohl bei einer Viertelstunde unterirdisch weiter. Je weiter man vordrang, um so richtiger erwiesen sich alle Behauptungen des fremden Bergknappen. Dennoch stockte das Unternehmen gar bald wieder, weil sich, wie die Männer erklärten, eben gar kein Gold finden lassen wollte; aus ihrer Erzählung aber hört sich die Angst vor den im Berge hausenden Erdmännchen so deutlich heraus, dass vielmehr diese die Leute bewogen hat, die Arbeit einzustellen. Sie schildern ihre Erlebnisse folgender Massen. Im Anfange begegneten die Schaufler einem im Innern mächtig sich aufthürmenden Felskegel, der ihnen die Richtung zu sperren drohte. Während man versuchte ihn zu umgehen, fand sich's, dass er rundförmig wie ein einzelstehender Thurm für sich emporstieg, und man konnte ihn also nebenher stehen lassen. Allein er zeigte eine eigentümlich schwarze Oeffnung in seiner Grundlage, die wie ein Ofenloch gestaltet schien, und dies reizte einen der Bauern hinein zu steigen. Er fand das Innere ganz einer Schlossküche ähnlich, von oben her hieng jedoch ein einzelner Felsen herab, wie der Klöpel in einer Glocke sich bewegend, und drohte den Verwegenen augenblicklich zuzudecken. Weiter nach innen trafen die grabenden Männer auf einen Abgrund, der abermals zu ihrem Glücke nur seitwärts hinzog und ihnen kein Hinderniss wurde; derselbe war so erstaunlich tief, dass man von nun an allen Schutt des Stollens, den man vorher mit Mühe und Zeitverlust zum Berg hatte hinauskarren müssen, in ihn hinunter leerte. Nie aber konnte man aus dem Tone des hinabkollernden Gesteines schliessen, dass der Abgrund sich auszufüllen beginne. Noch tiefer drinnen im Berge erschien ein See, mit dessen Spiegel man in einerlei Richtung stand. Jenseits desselben, so hatte ihnen der Knappe schon vorher gesagt, werde das Goldlager anstehen; denn aus diesem Gewässer müsse jene Quelle stammen, deren einzelne Goldplättchen das ganze Unternehmen ursprünglich eingegeben hatten. Niemand wollte sich entschliessen, dieses schwarze und unübersehbare Gewässer zu überfahren, und die Leute wurden uneinig. Des Nachts, da sie zusammen in ihrer Kammer lagen, sahen sie auf ihrem Werkzeugskasten eine dünne Flamme lange brennen. Dies deuteten sie nun auf die nahe Gefahr, die ihrem Leben drohe, und sie liessen den Bau verfallen. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 271 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch  


by Das Jonentier  

Source: Das Jonentier  

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Das Jonentier kommt nächtlicher Weile aus dem Kanton Zürich dem Jonenbache nach herauf gegangen ins Freienamt. Es hat Augen wie Teller, ist am Leibe blutrünstig und allenthalben offen, als ob es geschunden wäre, und schleppt eine Ochsenhaut hinter sich nach.  Sage aus dem Freienamt Band 3.1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962, S. 82 - 83 Notiz: Erläuterung welche der Sage angehängt ist: Tiere bei lebendigem Leibe aus der Haut zu schinden, scheint bei den Aelplern wirklich ein grausames Kunststück der Schlächterei gewesen zu sein, denn zu häufig reden die Sagen davon. Auch heißt noch ein Wettspiel tollkühner Sennenknaben das Bockschinden. Ein Waghals hängt sich mit den Knieen an den letzten Baumast fest, der über die Klippe hinausragt, und läßt so den Körper rücklings über den Abgrund baumeln. Wer es am längsten aushält, wie ein geschundener Bock an den Beinen in die Luft hinaus zu hängen, der hat die Wette gewonnen. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das junge Meitli im «Mäntsche»

Source: Das junge Meitli im «Mäntsche»

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Im «Mäntsche» zu Linthal, wie es eben vorkommen kann, hat ein junges Meitli den ganzen Tag Heu geworbnet und gezettet und am Abend, weil es andern Dingen nachsinnierte, die Heugabel im Wiesboden stecken lassen, und nun will es sie noch, bevor es ganz dunkel wird, rasch heimholen, damit der Vater nicht schimpft. Aber so sehr es auch am Stiel zieht und reisst, es bringt die Gabel nicht mehr zum Boden heraus und weiss sich keinen Rat. Da öffnet sich auf einmal die Erde zu seinen Füssen ein kleines Stück, und es sieht hinunter in lauter schimmernden Goldglanz, der glitzert wie lötiges Feuer. Da duckt es sich und denkt, ich will eine Handvoll mitnehmen. Aber im gleichen Augenblick steht auch schon der Hörelimann vor ihm, und wenn es nicht ein Kindergebet gewusst hätte, das ihm eben noch in den Sinn kam, so hätte man nie mehr etwas gesehen noch gehört von dem Meitli. So aber kam es davon. «Es sig aber siner Läbtig vergässlis blibe und verstuunts und heb dorum nüd chänne hürate. Es sig prezis hunderti worde und as Altledigs gstorbe. Wo’s im Totebaum gläge sig, heb’s ä wunderschüüs goldigs Ringli am Finger kha, wo’s sust nie kha heig. Das sig bi dem arme Meitli näme gad artig gsii!»   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Das Jungfernbrünnlein

Source: Das Jungfernbrünnlein

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Im langen Holz bei der Langrüti, zu Hünenberg (Kanton Zug) quillt ein klares kaltes Wasser, der Jungfraubrunnen. An dieser Stelle sind vor Altem einige Jungfrauen von einem Zwingherrn erwürgt worden. Ihren seligen und tugendhaften Tod zu bezeugen, entsprang die Quelle.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Das Kägentier

Source: Das Kägentier

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Zwischen Reinach und Aesch dehnte sich früher ein grosser Wald aus, der bis an die Birs reichte. Man nannte ihn den Kägenwald. Darin hauste ein sonderbares Tier, das Kägentier. Es soll feurige Augen und nach manchen Aussagen auch Flossen gehabt haben. Bei schönem Wetter hielt es sich an der Birs, bei Unwetter meist im Kägenwalde auf. Manchmal legte es sich auf den Weg und liess die Leute nicht durchgehen. — Noch heute warnen die Mütter ihre Kinder, wenn sie ins Holz gehen: «Gebt acht, dass euch das Kägentier nicht frisst!» Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Das Kägentier

Source: Das Kägentier

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a) In alter Zeit war die ganze Ebene zwischen Aesch und Reinach bis an das Birsufer gegen Dornach ein grosser Wald von Eichen, Föhren und Gestrüpp. Die jetzt noch bestehenden Flurnamen, wie z. B. zu neun Eich, in den Fichten, in den Tschuppen, deuten darauf hin. In diesem Walde, Kägen genannt, soll vor Zeiten ein eigenartiges wildes, böses Tier gehaust haben. Es ist darum der Name Kägentier bis auf den heutigen Tag im Volksmunde erhalten geblieben. Wollen Kinder in jenen Wald gehen, um Holz zu sammeln, so werden sie jeweils gewarnt mit den Worten: «Habt nur Sorge, dass euch das Kägentier nicht frisst.» b) Zwischen Reinach und Aesch dehnte sich früher ein grosser Wald aus, der bis an die Birs reichte. Man nannte ihn den Kägenwald. Darin hauste ein sonderbares Tier, das Kägentier. Es soll feurige Augen und nach manchen auch Flossen gehabt haben. Bei schönem Wetter hielt es sich an der Birs, bei schlechtem meist im Kägenwalde auf. Manchmal legte es sich auf den Weg und liess die Leute nicht durchgehen. Reinach Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Das Kapuzinerlöchli

Source: Das Kapuzinerlöchli

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In der Nähe des Erlenhofes bei Reinach liegt das Kapuzinerlöchli, eine Senkung des Bodens. Als einmal einige Kapuziner von Dornach nach Mariastein gehen wollten, beugte sich einer von ihnen über die Quelle die dort entsprang und fiel kopfüber hinein. Vergebens suchten ihn seine Gefährten herauszuziehen; er verschwand im Wasser. Seitdem heisst der Ort Kapuzinerlöchli oder Kapuzinerloch. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Das Kapuzinerlöchli

Source: Das Kapuzinerlöchli

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In der Nähe des Erlenhofes heisst eine Bodensenkung das Kapuzinerlöchli. Als einmaleinige Kapuziner von Dornach nach Mariastein gehen wollten, beugte sich einer von ihnen über die Quelle, die dort entsprang, und fiel kopfüber hinein. Vergebens suchten ihn seine Gefährten herauszuziehen, er verschwand in der Tiefe. Seitdem heisst der Ort Kapuzinerlöchli. Reinach Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Katzenbachjümpferli

Source: Das Katzenbachjümpferli

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Im Katzenbach bei Beglingen haust ein Jümpferli. Lässt man es in Ruhe, so tut es keinem Menschen etwas zuleide. Aber wehe dem, der’s plagt! Es könnte ihm ebenso übel gehen wie jenem halbwüchsigen Burschen, der vor etlichen Zeiten mit einem älteren Kameraden nach Filzbach wanderte. Wie die beiden zum Katzenbach kamen, rief der Jüngere übermütig: «Katzenbachjümpferli, komm!» und warf gar noch Steine ins Wasser. Ein Weilchen blieb alles mäuschenstill, dann aber fing’s oben am Wald zu rauschen an und zu rumpeln, als ob gewaltige Blöcke durch das Bachbett herabgewälzt würden. Und jetzt gewahrten die beiden Burschen, wie das Wasser schwoll und schmutziggelbe Wellen ans Ufer warf. Da liessen sie kein Gras mehr unter den Füssen wachsen, sondern machten sich auf und davon Filzbach zu. Totenbleich erzählten sie dort ihr Erlebnis. Die Kerenzer vernahmen es, und weil sie das launische Jümpferchen auch gerne gesehen hätten, eilten sie schnurstracks zum Katzenbach. Der sprudelte aber wieder friedlich wie zuvor. Man hätte die Erzählung der beiden Burschen wahrscheinlich für leeres Geflunker gehalten, wenn nicht der respektlose Rufer bald darauf mit dem Tod abgegangen wäre.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Das Katzenopfer am Gregoritag

Source: Das Katzenopfer am Gregoritag

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Weil eine Katze durch ihr Geschrei den heiligen Gregorius öfters beim Studieren gestört hat, töteten die Schulknaben von Rapperswil alljährlich am Feste dieses heiligen Kirchenlehrers eine Katze, was bisweilen in sonderbarer Weise vollzogen wurde, indem man dem Tiere aufgeblasene Schweinsblasen an den Hals band und selbes von einem Turme oder sonst einem hohen Gebäude aus fallen liess. Sie konnte aber nicht den Boden erreichen, sondern ruderte sich in der Luft zu Tod.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Das Katzenschloss

Source: Das Katzenschloss

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An einem Sommerabend ritt ein Rittersmann durch einen Wald. Im tiefsten Dickicht war er vom Pferde gestiegen, um an einer rauschenden Quelle zu rasten. Da stand plötzlich vor ihm ein Schwarm grauer Katzen. Das wunderliche Volk miaute und schrie, und wies nach einem halbverborgenen Pfade, daß der Ritter, sein Roß führend, folgen mußte. Voran hüpften und tanzten und sprangen die grauen Tiere, den Weg zeigend und dem ernsten Manne ein leises Lächeln entlockend. Die sonderbaren Wegweiser gingen und hüpften durch Gestrüpp und Gesträuch, bis Ritter, Roß und Katzen vor ein schimmerndes Schloß auf grünem Hügel kamen. Mit lächerlichen Gebärden hieß der Katzentroß den fremden Mann in die weiten Hallen treten. Dieser band sein Pferd an eine Säule von Marmelstein und gelangte, stets von Katzen geleitet, in einen hohen Saal, wo auf prächtigem Throne zwei wunderschöne Katzen lagen, eine weiße und eine schwarze, welchen die übrigen Tiere mit den Zeichen unverkennbarer Huldigung nahten. Der Ritter wollte die seltsamen Inhaber des Schlosses anreden; denn er merkte wohl, daß hier etwas Besonderes vorging; allein ehe er sich's versah, befand er sich in einem andern prunkvollen Gemach, wo ein auserlesenes Nachtessen seiner harrte. Er aß und trank sich an den herrlichen Speisen und an den dunkelroten und goldhellen Weinen satt und suchte Ruhe auf einem seidenen Bette im nahen Prunkzimmer, wo er bald den Schlaf des Gerechten schlief. Es ging aber nicht lange, da zupfte etwas an der seidenen Decke, und als der Ritter wach wurde, sprach die schwarze Katze zu ihm folgendermaßen: »Vor einigen Jahren war ich ein mächtiger Fürst, die weiße Katze meine Tochter und die grauen Katzen mein Hof. Da kam ein böser Zauberer, dem ich nicht zu Willen gewesen, und der verwandelte uns alle in Katzen. So Ihr aber den Mut habt, diese Nacht auf jenen Hügel zu steigen, wo die drei goldenen Kreuze blinken, die Zauberwurzel am Fuße des mittleren Kreuzes herunterzuholen und mich und meine Tochter und mein Gesinde damit zu berühren, so werdet Ihr uns alle befreien, und Ihr sollt meine Tochter zur Frau haben und mit ihr herrschen über mein Volk. Vor Gefahren aber warne ich Euch.« Der Ritter besann sich nicht lange, griff nach seinem Schwert und zog voll Gottvertrauen hinaus in die dunkle Nacht. Als er aber den Berg zu besteigen begann, da hub ein Geheul an, wie wenn die Hölle ihre Tore auftäte; es sauste und krachte durch die Lüfte, aus den Ritzen stiegen Schreckensgestalten empor, Blitze schlugen nieder; aber der Ritter verfolgte unbekümmert seinen Weg. Er erreichte die Höhe, wo die drei Kreuze standen und brach mit mutiger Hand die Zauberwurzel, während der Berg in seinen tiefsten Tiefen erbebte. Als er wieder zu Tale stieg, war alle Spuck verschwunden, und vor dem Tore des Schlosses harrte seiner der Katzenfürst und seine Vasallen. Diese berührte er mit der Zauberwurzel, und im nämlichen Augenblicke strömte ein Lichtmeer durch den Palast, einen prachtvollen Hofstaat beleuchtend, auf dem Throne einen königlichen Greis, neben ihm die anmutigste Prinzessin und im weiten Kreise Ritter und Edeldamen in reichster Hoftracht. Da winkte der König dem Ritter heran, legte die Hand der erglühenden Tochter in die seinige, und der Festlichkeiten war kein Ende. Quelle: Jecklin, Dietrich: Volksthümliches aus Graubünden. 3 Teile, Zürich 1874, in Darvella bei Trons erzählt. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Katzenschloss

Source: Das Katzenschloss

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An einem Sommerabend ritt ein vornehmer Herr durch einen Wald. Wo die Tannen am dichtesten waren, fand er eine Quelle, und er sprang vom Pferd, um Wasser zu trinken. Auf einmal sah er eine Schar grauer Katzen daherkommen. Die drängten sich hinzu, schubsten ihn auf einen kleinen Pfad und machten, dass er ihnen weit in den Wald hinein folgen musste. Sie gingen zusammen durchs Gebüsch, bis sie zu einem alten Schloss auf einem Hügel kamen. Die Katzen hiessen den Ritter ins Schloss gehen, und nachdem er sein Pferd an eine Marmorsäule gebunden hatte, ging er hinauf. In einer wunderschönen Stube sah er eine schwarze und eine weisse Katze, beide auf Samtdecken. Aber bevor er mit den beiden, die den Ton anzugeben schienen, sprechen konnte, führten die Katzen ihn in ein anderes Zimmer. Hier stand ein gedeckter Tisch mit allen möglichen Speisen darauf. Er holte sich einen Stuhl und ass mit Appetit. Nachher führte ihn eine Katze in ein anderes Zimmer und gab ihm zu verstehen, er solle sich in das Seidenbett, welches schon für ihn bereit war, legen. Müde und matt schläft er gleich ein und beginnt zu schnarchen. Gegen elf Uhr zupft die schwarze Katze am Bettzeug und sagt zu ihm: «Guter Ritter, ich bin ein mächtiger König, meine Tochter ist diese weisse Katze, und alle diese grauen Katzen sind meine Diener. Vor einem Jahr hat ein Zauberer uns fröhliche Menschen alle in eklige Katzen verwandelt. Ihr könntet uns befreien, wenn Ihr wagtet, auf den Berg dort zu gehen, wo man drei goldene Kreuze sieht, und eine Wurzel neben dem mittleren Kreuz auszugraben. Mit dieser Wurzel müsstet Ihr jeden von uns berühren, und dann würden alle wiederum das, was sie vorher waren. Meine Tochter gäbe ich Euch zur Frau, und Ihr wäret mein Nachfolger!» Mutig springt der Ritter aus dem Bett, nimmt sein Schwert, verlässt das Schloss und steigt hinauf zum Berg mit den drei goldenen Kreuzen. Aber hier blitzt, donnert una nagelt es wie am Jüngsten Tag, und allerlei Geister fliegen vor und hinter ihm her. Endlich hat er bis zu den Kreuzen gelangen können, und dann zieht er die geweihte Wurzel heraus, während der Hügel schier zusammenkracht. Die Katzen warteten vor dem Tor, und als er sie berührte, da wurde es hell wie mitten am Tag. Der Ritter sah im Saal den alten König und seine Tochter und die Soldaten drum herum. Er feierte mit der Prinzessin fröhlich Hochzeit, und es gab die ganze Zeit Unterhaltung und zu essen.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Kätzlein

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or vielen hundert Jahren brachten einmal die Pestleutchen den großen Tod aus fremden Ländern in die Walliser Berge. Niemand konnte ihn sehen, obwohl er Tag und Nacht im Lande umging und fürchterlich hauste. Besonders bös trieb er's in Richelsmatt und Lauinen. In Richelsmatt hat damals ein Kindlein alle seine Verwandten bis auf den neunten Grad in einer einzigen Nacht beerbt, denn der große Tod brachte sie alle um. Und eine so gewaltige Anzahl Menschen tötete der große Tod, daß eine Kuh während zwölf Stunden bis an den zehnten Bauern kam, da alle vor ihm weggerafft wurden. Als nun die geheimnisvollen Pestleutchen den großen Tod auch nach Ernen brachten und er da als ein schreckliches Ungeheuer, das niemand sah, alt und jung hinwürgte, entfloh der Landeshauptmann Michel Tschampen bis ins Rippbei, etwa drei Stunden hinter Ernen. Da, im einsamen Rappentale, glaubte er sich vor dem großen Tod sicher. In Ernen aber ward es immer schlimmer, und als der Rat eines Abends noch zusammen des Landes Not beredete, rief der große Tod vom Walde herunter: "Ich gehe nicht von Ernen weg, bis auch das Männchen in Rippbei im Rappentale heraus ist!" Jetzt schickte man noch in der gleichen Nacht nach dem flüchtigen Landeshauptmann Michel Tschampen. Er sollte entweder gutwillig oder dann mit Gewalt nach Ernen zurückgebracht werden. Wie jedoch der Mann in Rippbei die Leute, die ihn fangen und nach Ernen zurückführen sollten, kommen hörte, merkte er wohl, was das zu bedeuten habe. Er machte sich hinten zur Hütte hinaus und flüchtete sich heimlich bis nach Grindbiel, wo er sich in einem abgelegenen, unbewohnten Unterschlupf versteckte. Hier suchte ihn sicherlich kein Mensch mehr, denn niemand zu Berg und Tal vermutete ihn in dieser weltverlorenen Hütte. Michel Tschampen freute sich daher, dem großen Tod entflohen zu sein, und ließ sich von dem Gedanken, daß nun seine Talgenossen dahingewürgt würden, nicht allzu sehr bedrücken. Er begab sich also ziemlich frohgemut aufs Heulager. Am andern Morgen stand er lange und froh aufatmend am Kammerfensterlein und sah muntern Auges in die aufhellende Bergwelt hinein. Wie glücklich fühlte er sich, dem großen Tod so fein entronnen zu sein! Da kam ein Kätzlein vor das Fenster und begehrte, kläglich miauend, Einlaß. Michel Tschampen freute sich, daß noch ein lebendes Wesen bei ihm in der Einsamkeit sei, und öffnete sogleich das Fenster. Jetzt sprang das Kätzlein auf das Fenstergesims und dann auf seine Schulter, strich ihm liebkosend um die Wangen und sagte auf einmal: "Rippbeimännlein, jetzt ist's Zeit!" Und flugs war es wieder zum Fenster hinaus. Starr und steif blickte ihm der Mann nach, aber das Kätzlein war spurlos verschwunden. Entsetzen packte ihn, denn nun wußte er, daß der große Tod bei ihm gewesen war. Schon ging's ihm eiskalt durch alle Glieder. Da machte er sich aus der Hütte und wanderte mühselig und krank nach dem Dorfe Ernen. Kaum hatte er's betreten, so starb er. Von dieser Stunde an nahm das Sterben ab, und nach wenigen Tagen war das grause Gespenst, der große Tod, für immer aus Ernen verschwunden. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Kegelries in der Burg Attinghausen

Source: Das Kegelries in der Burg Attinghausen

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Jaggli Lander, der fahrende Schüler, offenbarte, es sei in der Burgruine Attinghausen ein goldenes Kegelries mit zwei goldenen Kugeln verborgen. Um es zu bekommen, müsste man es am Palmsonntag mitten unter der Passion schnell, schnell ausgraben; es wird nämlich vom Bösen behütet, und »under'em Passion müeß der Tyfel ab-em Gäld, das het mä-n-eißter g'seit.« Jos. Ant. Imhof, Fischer, u.a. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Kegelspiel

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Ein ganz eigenartiger Spuk ging früher in einem Hause in Ernen um. Ungefähr eine Stunde vor dem Angelusläuten am Morgen hörte man eine ganze Gesellschaft in die Stube treten. Die begann ruhig zu tafeln, zu sprechen und zu lachen, und doch verstand man kein Wort. Dann rückten sie die Tische und Stühle zusammen, und ein lustiges, regelrechtes Kegeln begann auf dem Fussboden. Beim ersten Ton der Betglocke verschwand der Spuk lautlos, und sonderbarerweise war jeder Stuhl am Morgen wieder an seinem Platze, wo man ihn am Abend hingestellt hatte. Hier soll einst eine Anzahl junger Leute einen Kolatz gehalten haben. Schliesslich gingen sie aber in ihrem Übermut so weit, dass sie mit Käsen und Butterbällen ein Kegeln veranstalteten. Alle diese Leute waren schon zu ihren Lebzeiten verarmt und kehrten nun nach dem Tode zurück, um ihr übermütiges Treiben abzubüssen. ERNEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. w


by Das Kegelspiel der Kinder auf Sinsäu

Source: Das Kegelspiel der Kinder auf Sinsäu

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Auf Oberrickenbach, Kanton Obwalden, heisst eine Alp Sinsgäu. Man erzählte, dass vor Jahren ein Bauer ein Rind durch diese Alp in das urnerische Sulztal hinüber führte. Als er mit demselben durch Sinsgäu zwischen einem kleinen Engpass gehen wollte, sah er an diesem Orte viele kleine Kinder, welche das Kegelspiel trieben. Er dachte hier nicht durchkommen zu können, da er gleich Gesterspuk vermutete. Indessen sann er doch auf ein schützendes Mittel, machte dem Rind ein Kreuz mit der Hand auf dessen Stirne und ergriff hierauf den Schwanz desselben, welches mit ihm auf so getane Weise vorwärts ging. Als er bei der fatalen Stelle vorbei war, hörte er nachrufen: „Du hast das rechte Mittel gebraucht, sonst wäre es um dich geschehen gewesen.“ Nach diesem verschwand alles.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Das Kegelspiel im Möttelischloss

Source: Das Kegelspiel im Möttelischloss

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Auf diesem Schlosse herrschte früher, als seine Besitzer noch am Leben waren, ein so fröhliches und lustiges Leben, dass dasselbe auch noch nach ihrem Tode fortdauert. Oftmals in dunkler Mitternacht ist das Schloss wie hell erleuchtet, hört man Becherklang und lustige Gesänge. Unten am Stadel der Burg aber vernimmt man ganz deutlich wie Kegel geschoben wird, hört die Kugel in die Kegel einprallen und rauschendes Beifallgelächter, als ob ein Glücklicher alle Neune getroffen hätte. Dann aber tritt plötzlich Totenstille ein. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Kerzenwunder

Source: Das Kerzenwunder

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Weil im Winter die Twingi jeden Verkehr verunmöglichte, mussten die Binner früher oft den grossen Umweg über Ebenematten machen, wenn sie nach Ernen oder ins Rottental wollten. Auf diesem Weg stieg man sogar zur Winterszeit mit Vieh hinunter nach Ausserbinn. Im Jahre 1296, als die Pfarrei gegründet wurde, wollten einige Binner zur Lichtmesse nach Ernen in den Gottesdienst gehen. Der Weg durch die Twingi war zu gefährlich, so dass sie über das Meili und Ebenematten steigen mussten. Im hohen Schnee kamen sie kaum vorwärts und sanken metertief ein. Auf der Anhöhe angekommen, hörten sie die Glocken der Pfarrkirche Ernen, weil sie gerade zur Wandlung läuteten. Die Männer sanken auf die Knie, und siehe, in ihren Händen brannten plötzlich die mitgebrachten Kerzen! Voll Freude über das wunderbare Zeichen kehrten sie um, im Bewusstsein, doch Lichtmess gefeiert zu haben. BINN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Kind und die Blutstropfen

Source: Das Kind und die Blutstropfen

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Im Herrenholze, einem Waldsaum oberhalb Erlisbach bei Aarau, hört man bisweilen bei einer verlassenen Bohnerzgrube das Schreien eines Kindes. Oben im Walde stehen drei Bäume in solcher Richtung wie drei vorgespannte Gäule; zwischen ihnen liegt der vergrabene Schatz, den jenes Kind beschreien soll. Aarauer-Buben, die nichts von Allem wussten, vernahmen hier sein Weinen, zugleich that's auch drei Pfiffe vom Baunm herab. Als der eine zur Tanne hinauf schaute, erblickte er ein Kind und drei Blutstropfen fielen ihm ins Gesicht. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 86 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Kind und die Katze

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In einem Hause, wo die Mutter ihrer Niederkunft nahe war, übernachtete ein Bettler, und der betete laut und inbrünstig: »Nid i der Stund, i d'r andärä; nid i der Stund, i d'r andärä!« Nachdem das Kind zur Welt gekommen, fragten sie den Bettler, warum er so gebetet habe. Dieser betrachtete das Geschöpflein mit einem barmherzigen Blick und sagte: »Das Kind ist trotz meines Gebetes in einer unglücklichen Stunde geboren; es wird sich, grösser geworden, hängen.« Da erschraken die Eltern und eilten zu einem Geistlichen, ihn um Rat zu fragen. Dieser unterwies sie: »Lehret das Kind, zu allem, was es tut, sagen: In Gottes Namen.« Die Eltern befolgten den guten Rat und lehrten darnach durch Wort und Beispiel das Kind. Sobald es 7 Jahre alt war, ging es in die Küche und wollte sich an der Hähli, d.h. an der Kesselkette, erhängen. Eine Katze oben auf dem Turner bestrebte sich, ihm zu helfen und die Kette zu ergreifen und hinüberzuwerfen. Wie es aber sagte: »So nimm-si i Gotts Namä!« konnte sie nicht mehr. Längere Zeit probierte das Kind, bis es ihm endlich verleidete. Nachher sagte es zu den Leuten: »Ich ha nitt chennä!« Fr. Arnold-Stadler, Bürglen, 90 J. alt. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Kind und die Schlange

Source: Das Kind und die Schlange

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Das Jüngste einer Bauernfamilie, das dreijährige Elseli, war vorher ein anmutiges Sträupfchen mit einem Wuschel goldblonden Haares, grossen, blauen Augen und roten Pfausbacken gewesen. Seit etlichen Wochen aber schien ihm etwas einzustechen, die Wangen wurden schmäler und verloren zusehends die Frische. Es wollte aber auch die Milch nicht mehr trinken, die ihm die Mutter zu den Mahlzeiten auf den Tisch gab. Es nahm jeweils seine Tasse in die Händchen und trippelte damit treppab vor das Haus und kam dann nach einem Weilchen mit der leeren Tasse wieder zurück. So machte es das Tag für Tag. Der Mutter fiel endlich das Gebahren des Kindes auf. Sie passte ihm einmal ab. Und was erfuhr sie? Da gröppelte das Elseli mit der Milchtasse in der Hand vor dem Hause am Boden und rief mit seinem feinen Stimmchen lieb: „Chun, chun!“ Und auf den Lockruf erschien eine schöne Schlange und trank die Milch aus der Tasse. Nur die Brotbrocken mochte die Schlange offenbar nicht; als sie wieder fortschleichen wollte, tippelte das Mädchen mit seinem Löffelchen ihr auf den Kopf und sagte: „Du musst Broteli auch essen, nicht nur Milch.“ Die Schlange tat dem Kinde nichts zuleide. Aber fortan durfte es ihr auf Geheiss der Mutter die Milch nicht mehr bringen. Da wurde es noch bleicher und starb nach kurzer Zeit. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Kind unter dem Birnbaum

Source: Das Kind unter dem Birnbaum

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Stineli war ein armes Kind. Kaum sechs Jahre alt, verlor es kurz nacheinander beide Eltern. Nähere Verwandte hatte es keine. Deshalb kam es zu fremden Leuten. Ein kinderloses Ehepaar nahm die verlassene Waise gegen ein geringes Kostgeld der Gemeinde an. Das Verdingkind bekam bei seinen neuen Eltern keine guten Tage zu sehen. Die Bauersleute waren geizig und hartherzig. Der hilflosen Kleinen mangelte die belebende Sonne eines liebevollen, verständigen Mutterherzens. Statt guter Worte und kräftiger Nahrung erhielt das bedauernswerte Kostkind nur grobe Schläge, wüste Schimpfworte und unzureichende Kost. Sein Kleidchen war aus abgenutztem Tuche, das die geizige Bäuerin schlecht und recht ihrem Pflegekind zurechtgeschnitten hatte. Niemals hörte das Waislein aus dem Munde seiner Zieheltern ein liebevolles Wort; der Balg hiess es nur, der Nichtsnutz, der faule Fratz. Das waren die zärtlichen Kosenamen, welche Stineli erhielt. Wegen des geringsten Versehens wurde das schutzlose Kind von den Leuten grausam geschlagen. Wenn in der Küche die Milch aus Unachtsamkeit der Bäuerin überlief, oder wenn eine Kuh in Nachbars Wiese hineintrampte, immer trug Stineli die Schuld daran. Manchmal vergass sich der zornige Bauer soweit, dass er das zitternde Mädchen draussen an einen Obstbaum band und dann mit einer Rute erbarmungslos auf die Wehrlose dreinschlug, bis sie fast ohnmächtig zusammenbrach. Niemals getraute sich Stineli den Nachbarn sein Elend anzuvertrauen. Eine sinnlose Angst vor der Rache der Rabeneltern verschloss ihm den Mund. Nur in den langen, dunklen Nächten vergoss es in seinem rauen Strohbettlein heimlich bittere Tränen und mit halberstickter Stimme rief es ins Kissen hinein die teuren Namen Vater! Mutter! Das Bild seiner verstorbenen Eltern trug es als heiliges Vermächtnis in seinem Herzen. So war es kein Wunder, dass die misshandelte Waise statt frisch und gesund, wie es Kindern eigen ist, aufzublühen, immer mehr abmagerte und kränklich aussah. Das Kind ist «gschnüüget» (schleckerhaft), meinte die Bäuerin, wenn sich Nachbarn über das schlechte Aussehen des Mädchens wunderten. «Es will nur essen was ihm schmeckt.» Endlich fiel Stineli in eine gefährliche Krankheit. Die knauserige Pflegemutter hielt es für überflüssig, einen Arzt zu holen. Mangels nötiger Pflege erlag die kleine Kranke nach einer Woche ihren heftigen Schmerzen. Der barmherzige Todesengel erlöste das gequälte Kind von seinen Leiden. Dir rohen Pflegeeltern aber waren froh, von der unnützen Last befreit zu sein. In einem schmucklosen Sarge wurde die Kindsleiche in die geweihte Erde gebettet. Tränen der Trauer flossen dabei keine. Das herzlose Ehepaar sollte seine Härte und Rohheit gegen das verstorbene Kind noch bereuen. Öfters erblickten sie abends unterm Birnbaum, wo sie früher ihr Pflegekind misshandelt hatten, eine weisse Kindergestalt. Im wallenden weissen Hemdlein umschritt diese den Baum. Zuerst kehrten sich die Bauersleute nicht daran. Aber als das weissgewandete Kindlein immer und immer wieder um den Baum herumgeisterte, wurde das Ehepaar von Furcht ergriffen. Es erkannte die strafende Hand Gottes und bereute seine verknöcherte Eigenliebe und verderbliche Knauserei, die es zur grausamen Behandlung des armen Würmchens verleitet hatte. Jetzt war es zu spät, das vergangene Unrecht am Pflegekind gut zu machen. Nun teilten die Gebesserten reichlich Almosen an die Armen aus und liessen mehrere heilige Messen für das verstorbene Kind lesen. Dann erst verschwand die weisse Gestalt unterm Birnbaum.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Kinderfüsslein

Source: Das Kinderfüsslein

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In einem abgelegenen Häuschen lebte einsam ein betagtes Ehepaar. Nach frommer Vätersitte beteten die Alten jeden Abend den Rosenkranz. An einem regnerischen Novemberabend, als Benz und Marianne wieder zum grobkörnigen «Nùschter» griffen, sprach der Greis zu seinem Weibe: «Diesen Rosenkranz wollen wir für die unbekannten, vergessenen armen Seelen aufopfern, es gibt ja deren so viele.» Und das ärmliche, von einer Petrollampe schwach beleuchtete Stübchen widerhallte vom andächtigen Beten der Alten. Ein Ave ums andere stieg von den zittrigen Lippen hinauf zum Throne Gottes, wo es wohlgefällig angenommen wurde. «Trapp! trapp! trapp», huschte es plötzlich ins friedliche Stübchen. Benz schaute auf, ob etwa ein Unbekannter hereingetreten sei. Aber der Beter erblickte niemanden — wieder ertönte das Geräusch leise auftretender Füsse. Auf einmal erblickte der Mann zuerst eine zierliche Kinderhand, dann ein rosenrotes Kinderfüsslein von einem etwa 6jährigen Kinde, der Leib blieb unsichtbar. Das hübsche Kinderfüsslein trabte eine Zeitlang im Stübchen umher. Plötzlich verschwand es lautlos, wie es eingetreten war. Der erschrockene Benz betete mit seiner Gattin den Rosenkranz zu Ende. Die Frau hatte vom ganzen Vorfall nichts bemerkt. Nach dem Gebet teilte ihr der Mann sein Erlebnis mit. Er war des Glaubens, die merkwürdige Erscheinung sei der Geist eines Kindes gewesen, das wegen eines begangenen Fehltrittes im Jenseits keine Ruhe gefunden hatte. Es wollte die andächtigen Beter um Hilfe bitten. In dieser Meinung verdoppelten die guten Leute ihr Gebet für die Erlösung des Verstorbenen. In der folgenden Nacht schon blieb die Erscheinung aus.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Kindlein und die Schlange

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Das Kindlein eines Bauern, der in einem abgelegenen Hause wohnte, sah bleich und übelgesund aus, trotzdem es Milch und Brotspeis die Fülle genoss. Unerklärlicherweise wollte es seine grosse Tasse Milchbrocha bei jedem Wetter auf der Laube draussen verspeisen. Jedes andere Kind wäre bei der reichlichen Nahrung kräftig und rotbräch geworden. Eines Tages hörten es die Eltern auf der Laube sagen: "Nimm nid numen Mämmi, nimm Breti o!" Als sie nachschauten, wem das gelte, sahen sie zu ihrem Schrecken das Kind auf dem Laubenbänkli sitzen, und eine Schlange mit einem Krönlein auf dem Kopf teilte friedlich mit ihm das Mahl. Hierauf verscheuchte der Bauer den unheimlichen Tischgast; aber Morgen für Morgen ging das blasse Mägdlein noch mit seiner Milchbrochen auf die Laube und wartete stundenlang vergebens auf seine Kronschlange. Von da an konnte das Kindlein nimmer gesunden; es ass nicht mehr, und die armen Eltern mussten es verlieren. Quelle: Hans Michel, Ein Kratten voll Lauterbrunner Sagen. Wengen 1936. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.    


by Das Kirchenfähnlein

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Das Kirchenfähnlein Im Jahre 911 soll er Bischof Salomon von Konstanz von den alemannischen Grafen vertrieben worden sein. Man sagt, dass er im Fischenthal eine Zuflucht gefunden und dort eine Kirche gebaut habe. Gerade achthundert Jahre später konnten die Fischenthaler ihre Kirche vergrössern und frisch herunterputzen. Alles ging flott von statten, und innert kürzester Zeit war der Kirchbau beendet. Nur die Fahne auf dem Turm fehlte noch. Es war aber der Brauch und für den Baumeister eine Ehrensache, das Fähnlein selber auf die Turmspitze zu stecken. Nun hatte aber der Baumeister einen Sohn, noch nicht zwanzig Jahre alt. Der konnte es erzwängen, die Fahne aufzustecken. Der Vater machte ihm alle Vorstellungen, aber der Junge nahm die Fahne und kletterte zuoberst auf den Turm, wo er sie nur noch in das Loch senken und anschrauben musste. Als der Bub oben angelangt war, rief er mit zitternder Stimme: „ Vater, in welches der drei Löcher muss ich die Fahne stecken?“  „Helf dir Gott!“ rief der Vater bebend, denn er wusste nur von einem Loch. Im selben Augenblick verliess die Besinnung den Knaben ganz und er fiel herab. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Lüssi‚ F, S. 37.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das kleine Männchen

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Das kleine Männchen Ein Rafzer erzählte aus seines Vaters Bubenzeit, was sein Vater selber erlebt habe: Im Walde gegen Balterswil hin, im Rüthihau, wollten wir Holz machen. Da erschien nebenan auf den Feldern plötzlich ein kleines Männchen mit einer weissen Zipfelkappe. Es hat ein kleines Hündchen bei sich gehabt, das immer den Marksteinen nachlief. Vor Schrecken sind wir alle davongelaufen und haben den Holzkorb stehen lassen. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Unterland Nach Gchr. Rafz 1902   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das kleine Männchen bei Höngg

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Das kleine Männchen bei Höngg Was Foelixen Buri, und Simon Nötzli, von Höngg vom bösen fyend, dem tüfel widerfaren und begegnet, ein warhaffte Historia (1575). Als am 12. September zwüschet 7 und 8 uren, Foelix Buri und Simon Nötzli, ab der nachtkilwi, wiederum heim wöllen, und der fuoss-wäg allenthalben vermachet, sind sy under der Landstrass, in einenm schlag durch die räben gangen, und aber sy nit wyt, zuo Herren Obmann Aeschers säligen trotten kommen, ist ein kleines manli, in einem grawen röckli, und ein rot käppli uffgehan, dem Foelix Buri an seinem rock gehangen, in dem hat er Foelix dem Simon zugeschruwen, hilff Simon, hilff mir, diess klein manli (was ungefar eines knüws lang) will mir minen rock abzühen, in dem hatt in der böss geyst ergriffen, und in über den grüenhag, in die landstrass geworffen, und als Simon Nötzli vom läder gezukt, und gehauwen, auch uff diss klein manli gestochen, hatt er wol empfunden, dass sin hauwen und stächen vergebens xin. In dem hat der böss Geyst den Simon Nözli auch erwüscht, und in über den grüenhaag, über die landstrass hinuss dryen schyen wyt, in die räben geworffen, und als der böss geyst von innen gelassen, hat er einen söllichen wüsten stank von im gäben, dass sy derglichen nie geschmeckt. Un als sy zur Trotte kommen, haben sie darinnen allerleyn Musik und Seytenspil gehört, derglichen sy vor irr Leben lang niemer gehört, in dem sind sy mit grosser forcht und zittern heimkommen, das sy sich derselbigen nacht des tods versähen. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Stauber, S. 18, wörtlich. Seine Quelle: Wickiana F24.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das kleinere Übel

Source: Das kleinere Übel

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Vor Zeiten, wenn einer sollte gehängt oder durch das Schwert hingerichtet werden und es kam eine Jungfrau und anerbot sich, ihn zu heiraten, so schenkte man ihm das Leben, sofern er in die Heirat einwilligte. So geschah es einst, als man Einen auf dem Schaffot hatte, dass ein, wie man urteilte, ziemlich hübsches Meitli im letzten Moment hervortrat und sich anerbot, den Verurteilten zur Ehe zu nehmen. Dieser aber betrachte es einen Augenblick und sagte dann: »Rots Haar, spitzi Nasä, Hänker schlach züe, Besser einisch g'littä, As hundertmal g'strittä.« Karl Gisler, Schächental Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Kloster auf dem Ebnet

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Daniel Bruckner berichtet: «Auf denen Fruchtfeldern, auf Ebnet genannt, ist ein grosser Schutt Steine, die Einwohner nennen denselben die Heidenkapelle; nach genauer Betrachtung der Ziegelstücke haben wir befunden, dass ein römisches Gemäuer allhier müsse gestanden sein.» Die mündliche Überlieferung nannte als Siedlung ein Kloster oder eine Burg. Ein unterirdischer Gang soll die beiden Klostersiedlungen Holzenberg und Ebnet verbunden haben. Ziefen Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Kloster der Erdbiberli

Source: Das Kloster der Erdbiberli

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Vom Dorfe Frick an über den Kaistenberg und die Kinzhalde hin bis zur Stadt Laufenburg haben in den Höhlen des Jura und in den Felslöchern des Rheinufers Erdmännchen gehaust. Da schwärmten und schwirrten sie in der Wildniss herum wie Feld- oder Perlhühner, und wie diese in der Kindersprache Biberli heissen, so nannte man die Zwerge Erdbiberli. Wenn sie aber unter die Leute gehen wollten, so legten sie ihre Vogelgestalt vorher ab; sonst hätten sie nicht in Haus und Feld so gewandt mit wirtschaften können, wie sie im Dorfe Oeschgen taten oder beim Bauern auf der Kinzhalde, dem sie jährlich beim Kornschnitt halfen. Er liess ihnen dann zum Lohn für ihre Dienstfertigkeit auf jedem Acker zwei Garben stehen. Daraus buken sie Pfefferkuchen) braun, hart und vollgetupft mit kleinen Löchlein, und noch jetzt nennt man diese nach dem Namen ihrer Erfinder Biberzelten. Das berühmteste Backwerk solcher machten diejenigen, welche zunächst der Stadt Laufenburg in einer Waldhöhle wohnten, welche südlich von dem dortigen Schlosse Habsburg-Laufenburg gelegen war. Hier hatten sie ihr Waldkloster und darin ging es denn auch genau und völlig nach den Mönchsregeln her. Während die einen beten mussten und den Kirchendienst abhielten, hatten die andern den Küchendienst. Vom Nachbardorfe Kaisten aus konnte man ihrem Treiben manchesmal zusehen. Die einen hielten eine Feldprocession ab und schritten dabei in Messgewändern einher, die ihnen bis auf die Füsse reichten; und andere, die indessen die Haushaltung führten, hatten weisse Zipfelkappen aufgesetzt und über die weisse Schürze her trugen sie einen Brustriemen geschnallt, der von hölzernen Milchkellen klapperte. Aber die Neugier der Leute liess sie nicht in Ruhe. Auch hier wurde ihnen einmal Asche in den Weg gestreut und seitdem sind sie verschwunden. Nachmals hat man bei ihrer Höhle Nachgrabungen gemacht und ist da allerdings auf Spuren einer unterirdischen Küche und auf vielfache Trümmer von Kochgeräten gestossen. Sogar ein steinernes Salzfass soll ein Arbeiter tief im Boden mit herausgegraben haben. Allein man sagt, es habe sich zugleich ein so heftiges Klingeln dabei vernehmen lassen, dass die Leute um keinen Lohn länger bei der Arbeit bleiben wollten, und nachher sei die Höhle unauffindbar zusammengestürzt. Sage aus Fricktal Band 3.1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962      Abteilung Die Zwerge im Jura 6.    S. 109 - 111 Fussnote Wenn den Zwergen Vogelgestalt beigelegt wird, oder ihr Tritt in gestreuter Asche wie eine Vogelkralle und Schwimmfuss sich abspürt, so deutet dies auf die Geistergeschwindigkeit überirdischer Wesen, geflügelter Genien und Götterboten. In diesem Ideenzusammenhange liegt es denn, dass ihnen auch der Dienst des Priesteramtes zugeschrieben wird, das Abhalten von Prozession und Messe, das Zusammenleben in mönchischer Klausur, und dass sie die strenge Busse trifft, welche aus ein geringes Versehen in ihrer Askese folgt. (Der Zwerg, der sich eines Rebsteckens zum Bergsteigen bedient, ertrinkt deshalb im Rhein.) Haben sie als geflügelte Wesen dem Luftreiche angehört, so musste manches mit ihnen in Verbindung gebracht werden, was der oberen Luftregion eigen ist. Sie bewohnen die Gebirgshöhen, behüten da die Quellen, leiten die Hockwasser schadlos zu Tal, und beherrschen die Winde. So erzeugen sie auch das Echo, das in alten Liedern schon die Zwergensprache genannt ist. In der vorstehenden Sagennummer wird es klingeln geheissen. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.    


by Das Kloster in den Auen

Source: Das Kloster in den Auen

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In der Nacht, die selbem Tage folgte, ging es wie gewohnt im Kloster lustig zu. Niemand ahnte das furchtbare Geschick, das den jungen Klosterküher erreicht und die zahlreiche Herde vernichtet hatte. Mitten unter den Nonnen sassen der rotbackige Beichtvater und einige hereingelockte leichtfertige Jünglinge des Tales – und anstatt des "dies irae", das hier am Platze gewesen wäre, sangen sie freche Lieder und liessen sich’s an der mit Speisen und Wein wohlbesetzten Tafel trefflich schmecken. Draussen schnob der Wind und trieb dicke Tropfen an die bunten, klirrenden Fenster. Um so behaglicher fühlte sich drinnen die wüste Rotte. Der volle Becher kreiste, und der schäumende Wein floss durch die glühenden Adern. Mitternacht kam. – Da klopfte es an der Klosterpforte, erst dumpf, dann immer lauter und heller, bis endlich sich die Pförtnerin aus den Armen des Gärtnerbuben losriss, um nachzusehen, welcher Störefried des Klosters Lust unterbreche. Unwirsch schob sie das Torfensterchen zurück und zündete in die Dunkelheit hinaus. Siehe, da erschien an den Eisenstäben ein todbleiches Gesicht mit schneeweissen Locken, und die zitternde Stimme einer Greisin begehrte Einlass. «Ein scheusslich Wetter droht», berichtete sie. «Der Himmel ist schwarz wie ein Sargtuch, statt der Sterne leuchten Blitze, der Schräjenbach heult wie ein hungriger Wolf, und die Linth braust wie ein Totenlied! Darum lasst mich ein, ehrwürdige Schwester! Ich bin alt und schwach und müsste verderben in dem Unwetter! Zudem hungre ich sehr und flehe um die Brosamen aus der Klosterküche – um Gottes und aller Heiligen willen, verstosset mich nicht!» Die Schwester schob brummend das Fensterchen wieder vor und eilte in den Speisesaal, um die Oberin von der Bitte der alten Frau zu unterrichten. Ein teuflisches Grinsen fuhr über das Gesicht der Mönchin: «Führe sie herein!» Während die Pförtnerin hinausging, der Oberin Befehl zu vollziehen, wandte sich diese zu den Anwesenden: «Es ist Zeit, dass wir einmal ein abschreckendes, aber heilsames Beispiel geben! Das Gesindel frisst uns sonst am Ende noch auf! Reiht Euch alle in Prozession und dann macht mir alles genau nach!» Als nun jetzt die alte Frau, triefend vom Regen, in den hellerleuchteten Saal trat – als ihr trübes, tiefliegendes Auge in den ungewohnten Glanz starrte und auf die reichen Speisen, unter denen der Tisch sich bog, als sie flehend die magere Hand ausstreckte und den halbnackten, nur mit Fetzen behangenen Arm - da brach die Oberin des Klosters in ein lautes Gelächter aus, das sie gotteslästerlich in die Melodie der heiligen Messe kleidete, schritt vor und versetzte der bittenden Greisin einen klatschenden Backenstreich. Und so wandelte die ganze Prozession an ihr vorüber, und jedes aus der langen Reihe schlug das arme Weib. Und als zuletzt nach vollendetem Umgang die Oberin wieder zu der Armen kam, da stiess sie sie mit den Fäusten aus der Tür, und in wildem Jubel und Hallo half ihr der höllische Schwarm. Rasselnd wurde hinter der Verstossenen die Klosterpforte zugeschmettert, und lauschend standen die Nonnen und ihre Gesellen noch im Kreuzgang, begierig zu vernehmen, was die Alte nun beginnen werde. Draussen war es eine Weile lang grabstill. Dann aber sprangen, von Geisterhand gelöst, beide Torflügel auf, eine Donnerstimme rief herein: «Wehe! Wehe! Wehe!» und vor der Türe leuchtete eine glänzende Helle. In einem Kreise von goldenen Strahlen erschien die verhöhnte und verstossene Alte. Ihre Lumpen aber wurden prachtvolle, wallende Gewande, die Runzeln des Antlitzes glätteten sich, der Kummer verwandelte sich in einen Ausdruck düstern Ernstes. Es war die Schutzherrin des Klosters, die heilige Mutter Jesu. Mit einer Stimme, die den Schuldigen durch Mark und Bein drang, sprach sie: «Ihr habt mein Haus zu einer Mördergrube gemacht! Hungrig war ich, und Ihr habt mich nicht gespiesen! Durstig war ich, und Ihr habt mich nicht getränkt! Nackend war ich, und Ihr habt mich nicht gekleidet! Verlassen war ich, und Ihr habt Euch meiner nicht angenommen. Wie Ihr mich verstossen habt aus diesen der christlichen Liebe geweihten Hallen, so verstosse ich Euch jetzt aus meinem Herzen und übergebe Euch den finsteren Mächten, denen Ihr gedient habt, Fluchbeladene!» Undurchdringliche Finsternis umgab mit einem Mal alle. Die Lampen in den Klostergängen verlöschten. Erstickende Schwüle und heisser Schwefeldampf drangen von aussen herein. Man hörte nichts als das Klopfen angsterfüllter Herzen, auf denen zentnerschwer die Ahnung kommender Vergeltung sich lagerte. Plötzlich wurde der ganze Klosterbau in seinen Grundfesten erschüttert — ein dumpfes Brausen, wie von Wasserfluten, liess sich hören und wurde bald zum wilden Tumult. Ein flammender Blitzstrahl gab das Zeichen zu ununterbrochenem zischendem Wetterleuchten; sinnverwirrendes Donnerkrachen warf Schlag auf Schlag die Sünder in den Staub. Am Morgen spiegelte sich die Sonne nicht in den bunten Fenstern des Klosters. Kloster, Wiesen und Gärten waren verschwunden. Verschwunden bis auf die letzte Spur. Eine wüste Schlammmasse wälzte ihre grauen Fluten durch das eben erst noch im Frühlingsschmuck prangende Auental. Vom Kloster war kein Stein, von seinen Insassen keine Seele mehr zu schauen. Düsteres Schweigen herrschte über dem gewaltigen Grab, dem Gomorrha Helvetiens. Seither hat der Schlamm sich zu fetter Erde verdichtet, und wieder blüht das Auen im reichen Schmuck einer gütigen Natur. Aber, obgleich der Boden fett und die Lage lockend ist, hat doch das Grauen, das seit des Klosters Untergang auf jenen Räumen haftet, das Entstehen eines Dorfes verhindert. Die Talbewohner bauten sich mehr auswärts, im heutigen Ennetlinth und Linthal, an und begnügen sich, die schönen Auengüter von dort aus in Ehren zu halten. Alte Männer behaupten, das Kloster sei jetzt noch in Weesen, nur unterirdisch. Und in frühen Jahren habe man oft ein dumpfes Läuten vernommen, das zwischen dem Fätsch- und Schräjenbach, aber auf der Ostseite der Linth, aus dem Boden gekommen sei, gerade dort, wo einst das Kloster gestanden. Wer dann das Ohr auf die Erde gelegt, habe das Geläute des Metteglöckleins deutlich vernommen und hernach einen klagenden Gesang gehört, von dem folgendes zu verstehen gewesen sei: «Der Marias Schuld geendet, Sich zum Schächer mild gewendet, Hat auch Hoffnung uns gespendet! Ist auch sonder Werth dies Lallen, Doch lass, Mildester von allen, Uns nicht ewiger Pein verfallen!»   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Das Kloster Magdenau

Source: Das Kloster Magdenau

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Das Kloster Magdenau blieb in den Jahren 1611 und 1629 von der Pest verschont, während „nit allein in disser Graffschafft Toggenburg, Sonder auch zum theil Allenthalben in Deütschlandt, Wälschland und der Gidgnossschafft" die Seuche viele Opfer gefordert hat, was die Klosterfrauen als eine besondere Gnade Gottes ansahen.  Senn, Tagebuch. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 481, S. 282 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Kloster von Nernetçan

Source: Das Kloster von Nernetçan

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Früher soll auf Nernetçan ein Kloster gestanden sein. Im Jahre 1849 war der Besitzer eines Teiles vom Boden damit beschäftigt, denselben urbar zu machen. Da hörte er über seinem Kopfe das Schreien eines Vogels, ähnlich dem Kläffen eines kleinen Hundes. Er hörte auf zu arbeiten und lief bis zuhinterst ins Gehölz, ohne ein Tier wahrzunehmen. Das Geräusch hatte aufgehört und er begann wieder die Erde mit der Hacke umzuschaufeln. An den folgenden Tagen stiess er auf eine glimmerige Steinplatte, und bald entdeckte er Überbleibsel eines Leichnams. Von nun an hörten die Klagetöne des geheimnisvollen Wesens auf, welches den Arbeiter beunruhigt hatte. Man grub weiter nach, und fand sieben alte Grabmäler. Quelle: Theodor Vernaleken, Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch


by Das Kloster zu Neuheim

Source: Das Kloster zu Neuheim

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Vor alten, undenklichen Zeiten stund zu Neuheim ein Frauenkloster, ein Schwesternhaus. Es war unterhalb der Kirche, in der sogenannten "Unterhaus-Matte" gelegen. Doch seit langer Zeit ist es verschwunden; ein kleines Zeichen hätte noch lange an das verschwundene Schwesternhaus erinnert. Trotz aller Mühe und Sorgfalt habe man nie etwas anpflanzen können an dieser Stelle. Oft habe man nachts wandelnde Lichter daselbst sehen können. Bei einer nahen Scheune soll ein Nachtwächter sogar einen wandelnden Mann ohne Kopf gesehen haben. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 53 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Klostergritt

Source: Das Klostergritt

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Um die Walserweide wurde einst gestritten. Ein falscher Zeuge hatte Erde in die Schuhe gestreut und einen Löffel in den Hut gesteckt und schwur nun, er stehe so gewiss auf seinem Boden, als er den Schöpfer über sich habe. So kam das umstrittene Grundstück zur Alp Lax, die dem Frauenstift in Schänis gehörte. Aber nun entstand das "Klostergritt", das jeden Sommer nächtlicherweile durch das Dorf Weisstannen zog mit grossem Gerassel und Pferdegetrampel. Noch ums Jahr 1850 wurde es deutlich gehört, seither aber nicht mehr. Chr. Albrecht. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 267, S. 144 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Klösterlein zu Engi

Source: Das Klösterlein zu Engi

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Auf dem Chohlbödeli zwischen Matt und Engi stand vor altem ein kleines Kloster, das wohl heute noch zu sehen wäre, wenn es nicht von der Runse verschüttet worden wäre. Und die Nonnen? Unter Schutt und Blöcken kamen sie elendiglich ums Leben. Doch niemand habe ihnen auch nur eine einzige Träne nachgeweint. Alle Leute erblickten in dem grässlichen Schicksal die verdiente Strafe des Himmels, denn jene Nonnen hatten sich gar schändlich aufgeführt, hatten in Saus und Braus gelebt, die tätige Menschenliebe aber ganz vergessen. So trieben sie es bis zu jener Heiligen Nacht, die für sie zur letzten werden sollte. Es schneite in Fetzen, und ein Sturm, wie ihn selbst die ältesten der Alten noch nie erlebt hatten, fegte den Schnee über Dächer und Felder, und man hätte keinen Hund in das Unwetter hinausgejagt, da kämpfte sich ein altes Weiblein durch die «Wächten» dem Klösterlein zu. Der Hunger brannte ihm im Magen, und die bittere Kälte schloff ihm durch die Lumpen bis auf die welke Haut. Mit Mühe und Not erreichte es die Klosterpforte, wo es sorglich den Schnee aus dem Gewand bürstete, bevor es nach dem Glockenzug griff. «Gott sei Lob und Dank», hüstelte es vor sich hin, als es hörte, wie drinnen die Nonnen beim Gelage johlten und vor Übermut die Weingläser zerschlugen. «Wenn’s denen so gut geht, wird auch für mich etwas abfallen!» Aber das gute Weiblein musste ein paarmal läuten, bis die gottlose Gesellschaft es vernommen hatte. Endlich hastete jemand herbei – die Türe ward aufgerissen und im Scheine der hochgehaltenen Laterne erblickte die Alte ein gehässiges Gesicht. «Was wollt ihr?» keifte das fromme Jümpferchen. «Ich bin ein armes Fraueli und wohne weit oben in den Bergen und kann bei diesem tiefen Schnee heute nicht mehr hinauf. Seid doch so gut und lasst mich um Gottes willen unter Dach und gebt mir…» – «Mach, dass du fortkommst, du alte Gurre, wir haben keine "Wirtschaft". Und überhaupt ist heute Heiliger Abend, da lassen wir solches Hudelvolk erst recht nicht ein!» Damit knallte die Türe zu. Unser Mütterchen stand zunächst starr wie eine Bildsäule und brachte kein Wort hervor. Dann aber loderte ihm der Zorn aus den Augen. Es faustete zu den hell erleuchteten Fenstern hinauf: «So hol Euch der Teufel samt Eurer Sündenhöhle!» Dann machte es sich trotz Sturm und Schnee auf den Heimweg. Bei der nahen Runse schon sank es erschöpft hin. Es stand nicht mehr auf. Der Schnee breitete ein weisses Leichentuch über die Entschlafene aus, und erst im Frühling fanden sie dort die Vorderbächler Knaben. Bei der Talkirche von Matt wurde die Alte ehrlich bestattet. Ihr Grab war noch keine drei Tage alt, so fuhr die Runse herab und deckte das Klösterlein zu. Man wüsste wohl kaum mehr, wo es gestanden, wenn es einem die Nonnen nicht selbst zeigen würden. Alljährlich in der Heiligen Nacht müssen sie auf dem Chohlbödeli wie rasend tanzen, bis es an der Matter Kirche eins schlägt und die Geisterstunde vorüber ist.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Das Knöchelein

Source: Das Knöchelein

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Vor vielen Jahren wohnte ein böser Mann in einer Sennhütte und brachte daselbst wie die andern Hirten mit seinem Vieh den Sommer zu. Er war jähzornig und übermütig, und einen armen Jungen, der bei ihm diente, quälte er auf jede erdenkliche Weise mit schwerer Arbeit, rauhen Worten und grausamen Schlägen. Eines Tages trug er ihm ein Geschäft auf, zu welchem der Knabe nicht genug Kräfte besaß; da geriet er in solchen Zorn, daß er ihn ergriff und mit dem Kopf in den Kessel tauchte, worin er eben die Milch sott, um sie zu scheiden. So starb der Knabe, und der Senn warf den Leichnam in den Wildbach ; daheim aber sagte er: „Der dumme Bube muß von einer Fluh herabgestürzt sein ; denn er ist fortgegangen, um die Geißen zu melken, und nicht wieder zurückgekommen." Nun vergingen viele Jahre; das Gebein des Knaben hing ungerächt an einem Felsen des Wildbaches; und von Zeit zu Zeit, wenn eine stärkere Welle vorbeirauschte, nahm sie eins von den Knöchlein mit fort, spielte eine Weile damit und ließ es dann etwa an einem einsamen Ufer liegen. Einstmals traf es sich aber, daß im Tal Kirchweih war, wobei es lustig zuging und der böse Sennhirt von Wein, Musik und Tanz betäubt ward, so daß er alle Demut und Vernunft von sich tat und in seiner Sündtörheit wild dahin taumelte. Es war ihm drinnen zu heiß ; drum ging er an den Bach hinaus, der eben von einem starken, warmen Regen an geschwellt stärker als sonst vorüberrauschte, kniete daran nie der und zog den Hut ab, um sich Wasser zu schöpfen. Er trank aus , was hineingelaufen war ; auf dem Grunde aber fand er ein weißes Knöchlein, das steckte er auf seinen Hut und ging so in den Saal zurück. Da fing das Knöchlein auf einmal an zu bluten; und man wußte nun, wohin der Knabe gekommen war ; das Fest nahm schnell ein Ende und der Bösewicht ward bald hernach auf den Richtplatz geführt.   Quelle: Sutermeister, Otto: Kinder- und Hausmärchen aus der Schweiz Glarus und Schwyz, (Nach den Alpenrosen 1838 S.131 und nach J.J. Reithards Gedicht „Der Mord beiIngenbohl“: Geschichten und Sagen der Schweiz S. 260)   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Knöchlein

Source: Das Knöchlein

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Auf der Sandalp, die sich im hintersten Winkel des Linthtales am Fuße der höchsten Glarnergebirge hinzieht, hatte vor vielen Jahren ein böser Mann aus Linthal seine Sennhütte, und brachte daselbst wie die andern Hirten mit seinem Vieh den Sommer zu. Er war jähzornig, frech und übermütig; einen armen Jungen, der bei ihm diente, quälte er auf jede erdenkliche Weise mit schwerer Arbeit, rauhen Worten und grausamen Schlägen. Eines Tages hieß er ihn ein Geschäft verrichten, für das der Knabe lange nicht genug Kraft besaß, so dass er sich desselben weigern musste; da geriet der Hirt in solchen Zorn, dass er den Knaben ergriff und mit dem Kopf in den Kessel tauchte, worin eben die Milch sott, um sie zu scheiden. So starb der Knabe, und der Senn warf den Leichnam in die Linth; daheim aber sagte er, der dumme Junge müsse von einer Fluh herabgestürzt sein, denn er sei fortgegangen, um die Geißen zu melken, und nicht wieder zurückgekommen. Es vergingen viele Jahre, das Gebein des Knaben hing ungerächt an einem Felsen des wilden Linthbaches, und von Zeit zu Zeit, wenn eine stärkere Welle vorbeirauschte, nahm sie eins von den Knöchlein mit fort, spielte eine Weile damit und ließ es dann am einsamen Ufer liegen. Einstmals aber traf es sich, dass im Linthtal Kirchweih war, wobei es lustig zuging und der böse Senn von Wein, Musik und Tanz betäubt ward, so dass er alle Demuth und Vernunft von sich tat und in seiner Sündentorheit wild dahintaumelte. Es war ihm drinnen zu heiß, drum ging er an den Bach hinaus, der, oben von einem starken, warmen Regen angeschwellt, stärker als sonst vorüberrauschte, kniete daran nieder und zog den Hut ab, um sich Wasser zu schöpfen. Er trank aus, was hineingelaufen war; auf dem Grund aber fand er ein weißes Knöchlein, das steckte er auf seinen Hut und ging so in den Saal zurück. Da fing auf einmal das Knöchlein an zu bluten, und man wusste nun, wohin der Knabe gekommen war; das Fest nahm schnell ein Ende, der Bösewicht ward ergriffen und bald nachher in Glarus auf den Richtplatz geführt. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Koppisegg Aennelli

Source: Das Koppisegg Aennelli

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Hinter der Koppisegg am Orte Lanzis, herwärts des Rothorns, waren noch vor Jahren die Überreste des Geviertes einer Alphütte zu erkennen. Die Hütte gehörte ehemals einem Weibervolch, das in dieser abgelegenen Gegend viele Sommer lang mutterseelenallein mit drei Kühen alpete, molk, käste und Anken machte, den meisten Mannenvölchern zum Trotz, und schön und leid Wetter über sich ergehen liess wie es gerade daherkam. Da das Weibervolch just an der Koppisegg küherte, hiess es in der Leute Mund das Koppisegg Aennelli. Freilich entbehrte es als Alleinstehende der männlichen Hilfe, und des männlichen Schutzes. Dafür war es von der Natur mit solcher Körperkraft und Gewandtheit ausgerüstet, dass es ihm einmal nichts ausmachte, eine mächtige ahorene Tischplatte vom Speicher im Gresgi anderthalb Stunden stotzig bergaufwärts in seine Hütte zu tragen, dazu an einem Strumpf zu lismen und selbst beim Durchsteigen der Felsen untenher Lanzis durch den gefährlichen roten Pfad keinen einzigen Latsch fallen zu lassen. Auf strenge Arbeit hin wollte das Aennelli aber auch gute Ruhe haben. Dazu gehörte, wenn der Heiterluft gar zu schneidend vom Grat herunter durch die Rafen in die Gastere pfiff, ein gutes Bett, eine warme Decke. Besonders bei Schneefiehrenen taugte das Nestfutter nicht viel. Und überhaupt passte ein Hudelnest nicht zum Weibervolch. Also schaffte es sich eine währschafte Federdecke an, die erste, die jemals auf der Alp war. Zuerst die Statterbuben und später im Dorfe drunten junge und alte Schlingel, foppten das Aennelli noch lange damit: „Ds Aennelli uf der Koppisegg Hed das erste Fädrenbett!“ Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Kornkind

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Ein Bauer ging durch den Wiesengrund hinter dem Dorf dem Hügel zu, auf welchem das Kornfeld lag. Es war Frühling, das erste grüne Gras sproßte gerade hervor, und von den Bäumen fielen die Blüten darauf wie eitel Schneeflocken; am Abhang sah er die Reben weinen, und als er auf der Höhe angekommen war, standen die Halme auf dem Acker da, daß es eine helle Freude anzusehen war. Dem Bauer ging es durchs Herz, daß er fast laut aufgejauchzt hätte. Da sah er auf einmal mitten in den Fruchthalmen ein kleines wildfremdes Kind liegen, das war gar wunderlieblich, und es sah ihn mit großen Augen so beweglich an und streckte die Ärmchen nach ihm aus, als wollt' es sagen: »Bitte, nimm mich mit nach Haus, ich hab ja sonst niemand auf der Welt.« »Ja«, sagte der Bauer, nachdem er sich von seinem Erstaunen erholt hatte, »ich will dich mit heim nehmen; hat der grundgütige Gott den Frühling so schön gemacht, so wird er wohl auch die Ernte nicht fehlen lassen; und für so einen kleinen Schnabel mehr läßt er's diesmal schon wachsen.« Damit wollte er das Kind aufheben; aber da war's, wie wenn es an die Erde genagelt wäre; er brachte es nicht von der Stelle. Nun rief er alle Bauern herbei, die auf dem Feld zu sehen waren, und einer nach dem anderen versuchte, das Kind vom Boden aufzunehmen; aber alle nacheinander mußten davon abstehen. Da ging mit dem Kind allmählich eine sonderbare Ver-wandlung vor: Zuerst bekam es goldgelbes Haar, dann wurde sein ganzer Kopf wie lauter Gold, und endlich strahlte sein ganzer Leib in goldigem Schimmer. Das fremde Kind  war ein Engelein geworden und fing mit einem feinen Stimmlein an zu sprechen und sagte zu dem Bauer: »Weil du dich meiner erbarmt und dem lieben Gott vertraut hast, so soll die Ernte und der Herbst noch viel schöner werden als es jetzt aussieht.« Und als es das gesagt hatte, flog es vor seinen Augen auf und verschwand im blauen Himmel. Quelle: Sutermeister, Otto: Kinder- und Hausmärchen aus der Schweiz, Aarau: H.R. Sauerländer, 1869 Graubünden. (Nach A. Flugis gleich namigem Gedicht in: Volkssagen aus Graubünden S. 122.) Mit Holzschnitt. S. 1. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Krachenmannli

Source: Das Krachenmannli

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Zwischen den Gemeinden Peist und Langwies steht ein langer Streifen Wald, der »Mattenwald« genannt, der vor vielen Jahren Peist angehörte. Die von Langwies machten nun Ansprüche auf den Wald, die Peister behaupteten ihr altes Recht, es brachen arge Streitigkeiten aus, und die Gemeinden gingen mit einander vor Gericht. Zu ihrem Leidwesen bemerkten die von Langwies, dass der Prozess für sie faul werden sollte, und da trat ein Mann aus ihrer Mitte hervor, der schwörte einen falschen Eid. Er hatte einen Löffel unter den Hut und Erde in die Schuhe getan, und tat den Schwur: »So wahr ich den Schöpfer über meinem Haupte und Erde unter meinen Füssen habe, so wahr gehört der Wald uns.« – Kaum hatte er dies gesagt, fiel er, wie vom Blitze getroffen zu Boden, wurde kohlschwarz und gab seinen bösen Geist auf. Seither muss dieser Mann im Walde »geisten«. Sobald die Abendglocken den Talbewohnern Ruhe vom Tagewerk verkünden, muss er in der Mitte des verrufenen Waldes am Wege von Peist nach Langwies, langsamen Schrittes auf und ab gehen, bis am Morgen, wenn die Glocke den Tag wachruft. Bald ist er ein kleines winziges Mannli, bald ein Riese mit feurigen Augen und Zähnen, trägt kurze Hosen, einen langen Frack und einen großen Hut, wie man es zu seiner Zeit getragen. Auch kann er sich in ein Tier verwandeln. So verwandelte er sich einmal in eine Kuh und verlockte in dieser Gestalt einen Hirten, der ein verirrtes Rind suchte, weit ins Gebirge hinauf, bis auf einen Felsen im Mattenwalde, »Krachen« genannt. Dort stand plötzlich das Mannli vor ihm und lachte höhnend laut auf und verschwand. Der Hirte kehrte scheltend und ärgerlich nach der Hütte zurück, wo er das verlorene Rind mit zwei Ketten angebunden, wieder fand. Quelle: Jecklin, Dietrich: Volksthümliches aus Graubünden. 3 Teile, Zürich 1874, Chur 1876, Chur 1878 (Nachdruck Zürich: Olms, 1986), S. 36-37. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Krämerkreuz

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Dieses auf der Höhe des Blauens zwischen Ettingen und dem Dorfe Blauen stehende Kreuz soll einen ähnlichen Ursprung haben wie das Plattenkreuz. Ein Krämer sei daselbst ermordet worden und zum Andenken an die ruchlose Tat habe man an der Stelle ein Kreuz errichtet, das nach dem Ermordeten das Krämerkreuz genannt werde. Ettingen Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Krämerlital

Source: Das Krämerlital

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An einem frischen Herbstmorgen schlaufte Johannmarie die Büchse über die Schulter und stieg auf den Grat. Eine Gemsherde überraschend, schoss er beide Läufe ab und fehlte das Ziel, und doch war er ein sicherer Schütze. Verdrossen schlich er dem Rudel nach und verlor Sicht und Fährte, zuletzt auch einen alten Bock, der etwas zurückgeblieben war. Er konnte sich gar nicht ausdenken, wohin die Tiere sich geflüchtet hatten. Der Bock liess ihm keine Ruhe. Auf und nieder querte er Geröll und Schneepletschen, Runsen und Klippen, und der Verfolgung müde warf er sich wie gerädert auf die Zinne. Er hatte noch keinen Bissen genossen, an keinem Wasser getrunken. Er zernagte die Lippen, krampfte die Fäuste und verwünschte den Tag mit seinem Missgeschick. Auf die Füsse springend, wischte er die Augen, wie um besser sehen zu können. Schräg in die Tiefe grad über öffnete sich ein Tal, ihm völlig fremd, und doch hatte er die Gegend bis in alle Mulden hinaus erforscht und abgeschritten. Von niedrigen Hütten war es übersät, deren Fenster in der Abendsonne wie Goldtropfen glühten. Blaue Räuchlein kräuselten pappelschlank in die Luft; bis auf die Felsen begrast und begrünt war das Gehänge, Lärchenwälder, rot überhaucht, warfen tiefe Schatten. Vor den Hütten waren Blumen und Krautgärten, Apfelbäume, überglitzert von Frucht und welkendem Laube. Birken und Kirschbäume loderten im Feuer der scheidenden Sonne. Zwischen den Häusern gingen steinalte Leute gebückt, fast zwiefach einher, von der Weide stieg der Hirte mit der zappelnden Schar der Gemsen ins Dorf nieder, eine jede trug eine Schelle am Hals und trappelte dem Stalle zu. Die Frauen brachten ihren Tieren das Geleck und sassen zum Melken auf ihre Hocker. Zuletzt erschien der lahme Gemsbock, dem er stundenlang nachgespürt, und ein altes Mannli nahm ihn in Empfang. Johannmarie sog den herbstlichen Duft mit dem Gottesfrieden wie einen köstlichen Trank in sich. Hunger, Durst und Müdigkeit, die verdrossene Miene, alles war wie weggeblasen. Hinter ihm lagen die Berge, die Hetze, Jagd- und Mordgedanken, als ob sie niemals dagewesen wären, vor ihm das Tal mit seiner Geborgenheit, dem schier heiligen Schweigen. Er versuchte hinabzusteigen und fand an den glatten Wänden weder Halt noch Stand. Er begriff nicht, wie die Gemsen diese schauerlichen Flühe überwinden konnten. Irgendwo musste ein verborgener Pfad sich hinabschleifen. In mancherlei Krümmen, an deren Ende das Matterhom sich in den Himmel bohrte, glitt der Fluss in den Abendschatten. Er erinnerte sich, oftmals von einem Wasser gehört zu haben, das rätselhaften Ursprungs, bei Zermatt aus den Felsen stürzte und in seinem Gischt rotbackige Äpfel, Birnen und Weintrauben wirbelte. Wie berauscht hing er über den Grat hinaus und labte Auge und Herz an dem süssen Frieden der Landschaft, die langsam eindunkelte. Der Abschied fiel ihm schwer. Er lenkte die Schritte heimwärts. Keinem Menschen verriet er mit einer Silbe, was er gesehen hatte. Am nächsten Tage besuchte er den Eremiten, der nach dem Volksglauben die Tiefen der Vergangenheit ergründete und die Welträtsel löste. Er schilderte ihm das heimische Tal, während der Einsiedel ein mächtiges Buch mit Lederkruste und Eisenbeschlägen auf den Schoss legte und darin blätterte. «Da, da ist es», sagte er feierlich und hob den wallenden Bart. «Mein lieber Freund, dich hat der Schutzengel geleitet und vor Schaden und Unheil gehütet! Du hast die Gemsen des Krämerlitales gejagt. Hättest du eine geschossen, so lägest du jetzt starr und steif auf der Totenbahre. Das Krämerlital hat der Herrgott erschaffen als Zuflucht für Menschen und Tiere, die vor der Habgier und Bosheit sich flüchten müssen und nirgends sonst Ruhe und Unterschlupf finden. Hänge die Büchse an den Nagel und entsage dem leidigen Waidwerk!» Welcher Jäger, der in den Bergen geboren und in den Flühen sein halbes Leben verbracht hat, kann ihm entsagen? Noch im gleichen Herbst klomm er aufwärts, in den Felsen herum und suchte das Krämerlital. Kamen ihm Gemsen zu Gesicht, so griff er mechanisch nach der Flinte, die er zu Hause gelassen, das Jagdfieber stieg ihm in die Kehle empor und brandete zur verzehrenden Leidenschaft. Eines Tages riss er die Waffe herunter, nicht um zu morden, bewahre, nur um wieder ein ganzer Mensch zu sein. Frische Gemsspuren lockten ihn, spannten die Nerven. Wolkenlos strahlte der Himmel. Alprosen entfalteten ihre zweite Blust. Blitzschnell kniet er nieder und knackt den Hahn. Ein Gemsbock sichert auf dem Grat. Der Schuss kracht, das Tier sinkt getroffen zur Erde. Im selben Augenblick wankt der Boden, die Wände klaffen und brechen nieder, es donnert und kracht, saust und braust in den Lüften, die Steinlawine erhascht seine fliehenden Füsse und begräbt ihn im Trümmermeer.   Quelle: Johannes Jegerlehner: Walliser Sagen, Hans Feuz Verlag Bern, 1959 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Kräutlein der Weisheit

Source: Das Kräutlein der Weisheit

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Nachdem sonst allen Gemeinden landauf und ab die Weisheit nicht mehr mangelte, waren es einzig noch die Senter (Sinser), welchen Dieselbe noch fehlte. Um nun nicht allein ohne diese edle Gabe sein zu müssen, und von ihren Nachbarn besonders wegen dieses grossen Mangels nicht immer gefoppt zu werden, beschlossen sie in der Gemeindsversammlung, den Gemeinderat selber (damit man sicher sei) nach Venedig zu schicken, um das Kräutlein der Weisheit zu kaufen, und nach Sent zu bringen. Um schwere Summe wurde dann in Venedig das Kräutlein erworben, und die löblichen Gemeinderats-Mitglieder, seelenfroh darüber, dass nun auch sie und ihre Gemeinds­genossen die Weisheit hätten, gaben ihrer Eile, mit dem teuer erkauften Kleinode heimzukehren, bedeutenden Nachdruck. Schon überschritten sie mit ihrem Schatze die Landesgrenze, schon be­fanden sie balde sich auf heimatlichem Boden, schon wurden die lange Ersehnten von Alt und Jung freudig begrüsst, und festlich empfangen, und schliesslich lud auf freiem Platze vor dem Dorfe die wohlbesetzte Tafel sie ein, nach so langer Reise und Mühe und Entbehrung, gütlich sich zu tun. Ohne lange sich bitten zu lassen, setzten sich nun auch die Mitglieder des löbl. Gemeinderates zum Imbiss, nachdem das Kräutlein der Weisheit sorgsam auf ein besonderes Tischlein nebenan gelegt worden. Wie nun Alles so fröhlich und guter Dinge war, und der Weisheit Lob gepriesen ward, kam - ein Esel - daher - und - frass - das Kräutlein der Weisheit.   Ebenso verraten die Laviner angebornes Genie, d.h. Kunsttrieb. Das haben sie klar bewiesen, als von Gemeinde wegen beschlossen wurde, das Grasbü­scheli auf dem Dache ihres alternden Kirchturmes nicht umsonst wachsen zu lassen. Daher bauten sie mit vieler Kunstfertigkeit einen hölzernen Turm neben dem Steinernen, brachten einen Flaschenzug an Demselben an, und zogen vermittelst des Flaschenzuges eine Kuh am Halse in die Höhe, damit sie das Grasbüschele abweiden könne. - Die Kuh verstand auch den Wink vortrefflich, denn als sie kaum mit den Füssen den Boden verlassen, streckte sie schon die Zunge nach dem Grasbüschele empor.   Währendem die Vorstände vieler anderer Gemeinden grosse Mühe hatten, ihrer Ortschaft einen Namen zu geben, sind die von Guarda durch einen Zufall zu dem ihres Dorfes gekommen. Als praktische Kaufleute von jeher bekannt, fanden sie das Eisen, das sie für sich brauchten, wohl teuer im Ankaufe. Darum berechneten sie, dass sie billiger dazu gelangten, wenn sie Solches selber pflanzen und ziehen würden. - Also gingen sie hin, und pflügten von Gemeindewegen den besten Acker, und besäten ihn dickvoll mit Nähnadeln, damit sie Eisen­stangen ernten könnten. - O Wunder! - Die Nadeln schlugen Wurzeln, und keimten. Wie nun die junge Saat aufging, rief die ganze Gemeinde: »mo guarda« d.h. »schau doch, wie sie wachsen.« Ob nun die Ernte gut, und zur Zu­friedenheit der guten Leute ausgefallen, ist nicht bekannt geworden, - aber das haben sie dadurch profitiert, dass seitdem ihr Dorf Guarda genannt wird.   Doch nicht allein die von Guarda sind praktische Leute, sondern auch die Furner, denn als Die in ihrem hoch oben, abseitsliegenden Bergdörflein einmal zu Ohren bekamen, es gebe in der Welt auch ein Ding, das heisse Nadel, und mit diesem Dinge, so klein es auch sei, könne man ganze Kleider machen, fanden sie, dass es sehr gut wäre, wenn ihre Weiber eine solche Nadel hätten, das wäre so »kommlich« (bequem). Sie fragten eifrig nach, wo eine solche Nadel zu bekommen wäre, und erhielten von weither Bericht, die Nadeln seien alle verteilt, aber Nadel-Samen könne man noch haben. Der Gemeinde-Ammann nicht faul, machte in der Nacht noch sich auf und davon, wohin sagte er Niemandem. Sein Pflichteifer gebot ihm, als dem Träger aller Ämter in seiner Gemeinde, ein grosses Opfer, keine Mühe zu scheuen, den Nadel-Samen persönlich zu »ferggen« (holen, besorgen). Er musste weit ins Tyrol hinein, um das ersehnte Gesäme, und - kam richtig - ganz wohlbehalten mit dem Nadel-Samen in Furna wieder an. Das sei der Letzte, der noch aufzutreiben gewesen sei, sagte er. - Es war eben »gut Zeichen« im Kalender zum Säen, und ohne Säumen wurde ein Gemeinde-Acker gepflügt, und mit Nadelsamen besäet. - Die Saat keimte zum Verwundern, und eben wurde Sitzung im Rathause gehalten wegen gerechter Verteilung der vielen Nähnadeln, und man versprach sich grossen Gewinn und Ersparnis für Haus- und Gemeindswesen. Indess nun die Väter der Gemeinde ratschlagten, kam ein Esel, betrat den Acker und - weidete - die grüne Nadel-Saat »rübis und stübis« ab. War nun das Übel geschehen, war leider kein anderer Nadelsamen mehr zu kaufen, nicht um schweres Geld, - und so wurde wieder Versamm­lung gehalten, was mit dem Esel, der das Unheil angestiftet, zu geschehen habe. Einige rieten für Verbrennen, Andere für Ertränken, für Erhängen, Vergiften, Erschlagen, Blenden, Lebendigvergraben, und andere Todesstra­fen. Da erhob der Ammann, der den ärgsten Zorn auf den Esel hatte, seine Stimme: »zersprengt muss er sein.« Gesagt, getan! Der Übeltäter wurde auf den entweihten Acker ge­bracht, und dort eine Federspuhle ihm in den Hintern getan, damit Einer nach dem Andern so stark blasen solle, dass der Esel aufschwelle und zer­springe. Zuletzt kam auch der Ammann, und Der wollte auch blasen. - Dieweil er aber Ammann war, und als Solcher gescheiter als Alle Andern, sagte er: »Ich will nicht blasen, wo Ihr, und Ihr habet auch nicht recht ge­blasen,« - kehrte den Federkiel und blies auch. Es ist nun nicht bekannt, ob der Esel zersprang, und wie es kam, dass trotz dem erlittenen Schaden die Furner doch noch zu Nadeln gekommen sind. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Kreuz

Source: Das Kreuz

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In St. Antönien hatte ein Knabe, der Andreas genannt, ein Mädchen lieb, und das hiess Röseli. War Andreas der geachtetste, schönste Bursche des ganzen Tales, galt auch Röseli für die Blume weit und breit. - Von Kindsbeinen an schon durch ihre Eltern miteinander bekannt, wuchs ihre gegenseitige Neigung zur Liebe, und sie schwuren sich Treue bis in den Tod. Nun ist in St. Antönien noch Gebrauch und Sitte, dass das »Jung-Volk« jedes Jahr unter sich einen »Chilbi- Vorsteher« wählt, der im Namen der erwachsenen Jugend Zucht und Ehrbarkeit bewachen und handhaben soll, dem aber am »Chilbi-(Kirchweih) Sonntage« auch das Recht zusteht, ein »Chilbi-Maidli« zu wählen, das dann seine stete Tänzerin sein muss. Während dem nun Andreas auf die Treue seines Röschens vertraute, hatte der eben gewählte »Chilbi- Vorsteher« Jakob, der längst schon dem Andreas den Besitz seiner Holden missgönnte, das Recht angesprochen, Röseli zum »Chilbi-Maidli« zu erhalten. Das Recht musste ihm zugestanden werden, so sehr Röschens Geliebter dagegen Einsprache erhob. Andreas, nun in der Meinung, sein Röschen habe eingewilligt, und sei ihm untreu geworden, schrieb ihr einen Scheide-Brief, und ging aus seinem elterlichen Hause weg, in\'s Gebirge hinauf. Kaum hatte Röseli das Zeichen seiner Trauer erhalten, so machte sie sich auf, ihren Andreas aufzusuchen, und ihrer Treue, die sie ihm bewahrte, ihn zu versichern; aber nirgends war er zu finden. - Endlich klimmt sie auch jenen Felshügel oberhalb dem Dorfe, wo sie zusammen so oft verweilt hatten, hinan, - und - findet auf einer grünen Matte den zerschellten Leichnam ihres heiss Geliebten. - - Die Kirchenglocke ertönt! - Sie tönt so traurig, und ein grosses Geleite von Jugendgenossen und Talbewohnern erweisen dem armen Andreas die letzte Ehre. - Andreas wird am Fusse des Hügels, wo Röseli ihn tot gefunden, in sein kühles Bette »eingesungen «. Auf seinem Grabe kniete seine treue Geliebte, sein bleiches Röseli; sie kniete dort oft, und tränkte den Hügel mit ihren Tränen. Von ihren Händen gepflanzt, blüht auf seinem Grabe ein Rosenstrauch, in Mitte steht ein Kreuz, auf dem die Worte standen: »Schwebe, schwebe, mein Geliebter, Da Dein Geist die Hülle bricht, Schwebe um mich, mein Geliebter, Zürne Deinem Rösli nicht.«   »Rösli hat Dich stets geliebet; Liebet Dich in Ewigkeit. Und was diese Welt betrübet, Sühnet künft'ge Seligkeit.«   »Was in dieser schnöden Welt Bosheit hat geraubet mir, Find' ich über'm Sternenzelt.« » Rösli, Rösli ist bei Dir!« Das arme Röseli wurde irrsinnig, wanderte bis an ihr Lebensende oft hinauf zum Grabe ihres treuen Andreas, und nahm immer Blumen mit, die sie auf sein Grab legte, dann pflückte sie ein Röschen vom Stocke, nahm es heim und weinte tagelang. - Viele Jahre sind seitdem dahin, das Andenken an Andreas und Röseli erbte sich fort, aber die Stelle des Grabes ward mit der Zeit vergessen, bis ein Greis, der das unglückliche Paar noch gekannt, die Stelle wieder zeigte. Aber es hiess, der Jakob könne in seinem Grabe keine Ruhe finden, bis zum jüngsten Tage. Da riet nun ein altes Männlein, man solle das Kreuz, das auf Iakob\'s Grab stehe, herausnehmen, und in Andreas Grab versenken, so tief, dass man es nicht mehr sehe. Mit jedem Jahre werde dann das Kreuz von selber sich heben; sobald es ganz oben sei, und von selber umfalle, habe auch der Jakob Ruhe. Das geschah, das Kreuz ward versenkt, hob sich, fiel um, und vermoderte, an der Stelle, wo es noch heute heisst »beim Kreuze«. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Kreuz auf Brand

Source: Das Kreuz auf Brand

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Vor langer Zeit schritt ein junger Bauer mit viel Geld, das er auf dem Markte für sein Vieh gelöst hatte, die alte Bergstrasse hinauf. Als er bei der Brandhütte vorbeikam, sah er hinter den Mauern einige Räuber. Sie zückten die Messer und stürzten über ihn her. Der Bauer flehte auf den Knien um sein Leben und gelobte in höchster Not, an dieser Stelle ein Kreuz zu errichten, wenn er heil davonkomme. Seine Bitte wurde erhört, denn die Räuber liessen merkwürdigerweise von ihm ab und verschwanden im Bergwald. In tiefer Dankbarkeit liess der Gerettete das Kreuz aufrichten. Es ist heute noch gegenüber der Hütte zu sehen und gut erhalten.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Das Kreuz auf dem Kirchturm

Source: Das Kreuz auf dem Kirchturm

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Als der Kirchturm von Visp erbaut war, hatte der Baumeister nicht den Mut, das schwere Eisenkreuz über die hohen Gerüste und Leitern hinaufzutragen und in das bereitete Loch zu stecken. Da unternahm ein Arbeiter das Wagstück. Als dieser mühsam die Spitze erreicht hatte schrie er herab: «Aber Meister, in welches der Löcher soll ich das Kreuz stecken?» Der Schwindel hatte ihn ergriffen und liess ihn drei Löcher sehen. Unwillig rief der Meister: «In das Loch in der Mitte!» Er tat’s, und das Kreuz hielt fest. Aber im gleichen Augenblicke fiel der Arbeiter in schauerlichem Falle hinunter auf den Sand der Vispe. VISP Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Kreuz auf der Sennhütte

Source: Das Kreuz auf der Sennhütte

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An einem warmen Augusttag machten die Teufel des reformierten Berngebietes einen Ausflug ins katholische Freiburgerländchen. Mit gewaltigen Sprüngen setzten die Unholde über die Sense, welche die Grenze zwischen beiden Kantonen bildet; sie flogen über die Berra und hüpften mit Riesensätzen über das Saanetal hinüber ins romantische Greyerzerland. Mit einem Male stutzten die gehörnten Gesellen; da unten am Fusse des Moléson erblickten sie eine neuerbaute Sennhütte. Auf deren funkelnagelneuem Schindeldach thronte das Zeichen der Erlösung, ein einfaches, schlichtes Holzkreuz. Das hinderte das Vordringen der kohlschwarzen Höllentyrannen. Das Siegeszeichen des verhassten Nazareners reizte ihre Wut. Sie riefen das Gewitter herbei und befahlen ihm: «Stürz die Hütte den Abhang hinunter!» Heulend zog das Unwetter heran. Ein Donner, wie wenn hundert Kanonen brüllten, brauste über die Sennhütte her; wie Feuerregen prasselten die sengenden Blitze herab; ein heftiger Sturmwind gab die Begleitmusik dazu mit solcher Gewalt, dass selbst die trutzigen Bergtannen wie Grashalme zitterten. Aber vor der Tür der Sennhütte machte das Gewitter halt. «Stoss zu! Pack an!» hetzten die Söhne der Unterwelt. «Ich kann nicht mehr weiter», entgegnete das Gewitter. «Wer hindert dich denn?» «Das Kreuz auf dem Dach und die drei heiligen Namen über dem Eingang der Türe», lautete die Antwort. «Probier’s gleich!» schrien die Gehörnten. Das Unwetter machte von neuem einen Versuch. Es rüttelte an den Türen und Fensterläden, es zerrte an den Dachschindeln, tobte, dass die Scheiben klirrten und die grauen Balken ächzten, aber die Sennhütte hielt stand, denn in demselben Augenblick beteten drinnen in der rauchgeschwärzten Stube die Sennen den christlichen Haussegen, den ihre Grosseltern einst von einer Wallfahrt nach Einsiedeln heimgebracht hatten. Auf Karton war er aufgezogen, mit grossen Buchstaben gedruckt und mit Goldrand verziert. Oben stand das Bild der heiligsten Dreifaltigkeit, in der Mitte die Gnadenmutter mit dem göttlichen Knaben auf den treuen Mutterarmen. Unten schauten der unvergleichliche Drachenbesieger Sankt Michael und der hl. Schutzengel ganz muterweckend auf den betenden Christen. Die Kraft dieses alterprobten Wundergebetes war grösser und mächtiger als alles Toben der grimmigen Winde. Als die Naturgewalten ihre Anstrengungen vereitelt sahen, kehrten sie sich gegen ihre Anführer, die neidischen Söhne der höllischen Finsternis. Sie stiessen und jagten die Satansgesellen über Stock und Stein, über Berg und Tal wieder ins Gebirge zurück. Bald wurden die Trabanten Luzifers in die Höhe gehoben, bald wieder in die schwindelnden Felsenschluchten hinuntergestossen; bald streiften die zottigen Glieder die Kronen der Bäume, oder sie wurden von den rauen Zacken und spitzen Kanten der Felsen zerschunden. Wollten sich die Satansbuben ausruhen, wurden sie alsogleich wieder vom Sturm ergriffen und weiter gequält. Drei volle Stunden dauerte dieses wüste Treiben. Auf den Weiden und in den Sennhütten hielten Mensch und Tier den Atem an und wussten sich das Tosen und Wüten in den Lüften gar nicht zu deuten. Der Sturmwind liess erst dann nach, als er die russigen Boten der Hölle über Steingeröll und zackige Eisfelder nach dem Berner Oberland geschleppt hatte. Die geschlagenen Trabanten der Finsternis fluchten und lästerten in den grässlichsten Ausdrücken der Höllensprache; selbst ein Appenzeller oder St. Galler müsste sich hierin besiegt erklären! Aber alles Sträuben half den Bösen nichts. Tags darauf sah man über den Bergeshäuptern eine schwarze Wolke dahinziehen; nach der Meinung der schlichten Älpler waren es die ausgerissenen Federn der besiegten Geister Beelzebubs; der Wind trug sie als Siegestrophäen in die Ferne. Die silbernen Firnen der Berner Gletscher aber, über welche die Geschwänzten flogen, sahen schwarzgefärbt aus wie ein hundertjähriger Fabrikschlot. Sankt Petrus musste erst einen kräftigen Gewitterregen heruntergiessen, bis sich die ehrwürdigen Häupter den Menschen wieder in alter Sauberkeit und Firnenglanz präsentieren konnten.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Kreuz auf der Winkelegg

Source: Das Kreuz auf der Winkelegg

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Unsere Altvordern sagten, wenn einer die sieben W habe, gehe es ihm gut. Damit meinten sie Weizen, Weide, Wald, Werch (Flachs), Wolle, Wein und Wasser. Die beiden Brüder Joss und Läri Speich aber, die vor vielen Jahren einmal auf die Krauchtalalp kamen, besassen von den sieben Gottesgaben nur eine, nämlich das Wasser, und davon ist noch keiner feist geworden. Hungersnot plagte das Land, und Scharen von Bettlern zankten sich vor den Pfrundhäusern und Bäckereien um ein paar Blutzger oder Bissen und verführten ein Geschrei wie die Saatkrähen im Wintermonat. Joss und Läri hatten deshalb beschlossen, die abgelegenen Alpütten im Sernftal aufzusuchen, hoffend, dort weniger Heischer und um so mildere Herzen anzutreffen. Mit knurrendem Magen stapften sie höhwärts und erreichten nach beschwerlichem Aufstieg endlich den untern Stafel. Kein Mensch weit und breit. Von den obern Hütten her aber sangen die Herdenglocken. Ein leichter Bergwind strich talab und trug den Bettelbrüdern dann und wann das Gerüchlein eines Herdfeuers zu, das ihnen gar verheissungsvoll in der Nase kitzelte, so dass sie ihre Schritte beschleunigten. Beim Winkeleggli, unweit des obern Stafels, hielten die Brüder an. Fluchen und Schweinegrunzen vernahm man von der Hütte her. Der Senn war mitten in voller Arbeit und offenbar nicht in hochzeitlicher Laune. Wie würde er die ungebetenen Besucher empfangen? Eine Weile rieten die Speichig hin und her. «Weisst du was!» schlug Läri nach längerm Werweissen vor, «es ist wohl am besten, wenn nur einer geht. Warte hier – und was er mir gibt, wollen wir redlich miteinander teilen.» Joss war zufrieden, warf sich ins kurze Gras und wartete. Es dauerte nicht lange, so sah er seinen Bruder zurückkommen, gemütlich einhertschampend. Mit beiden Händen hielt er eine währschafte Anggenbruut vor dem Gesicht, die wohl fingerdick mit dem lieblichen «Alpengold» bestrichen war, und biss nach Herzenslust hinein. «Er wird die meinige im Sack haben», dachte Joss und blieb sitzen, bis Läri, dessen Bruut mit jedem Schritte kleiner ward wie der Mond im letzten Viertel ,bei ihm anlangte. «War er arg knauserig?» – Keine Antwort. «Du, mach keine Flausen, heraus mit meiner Anggenbruut!» «Er hat nur eine gegeben!», kam es aus dem schmatzenden und grinsenden Bruder. Joss sprang auf die Beine. «Nur eine? Und die frissest du mir vor der Nase auf!» «Sälber ässe macht feisst. Lueg du für dich!», hänselte Läri, den braunen Rindenring behaglich abschleckend. Gegessen hat er die Brotrinde nicht mehr. Wie der Blitz schoss Joss auf den Bruder los. Hunger und Wut kochten in ihm – das Messer blinkte in seiner Faust und fuhr dann tief in Läris Kehle. Älpler fanden nach Tagen den Toten auf der Winkelegg und als sie ihn aufhoben, sahen sie, dass unter ihm der Rasen in Kreuzform abgestorben war, als hätte einer mit einem Sackmesser die «Wäsem» herausgestochen. Der Joss war und blieb verschwunden. Das Rasenkreuz auf der Winkelegg aber ist heute noch zu sehen, ein bleibendes Denkmal einer arglistigen und rohen Zeit, aber auch ein Mahnzeichen für uns, wie Habgier selbst Brüder zu Todfeinden und Menschen zu Tieren machen kann.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Das Kreuz auf le petit vanni

Source: Das Kreuz auf le petit vanni

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Auf dem Gipfel des Eccojalaz steigt eine steile Felsenspitze hoch empor, die der kleine Fels (le petit vanni) benannt wird. Die glatten Wände desselben scheinen jedes Hinaufklettern unmöglich zu machen, und doch ist ein Kreuz darauf sichtbar. Auf die Zusicherung eines ehrwürdigen Waldbruders, dass das Wagnis gelingen werde, trugen es zwei Sennen auf ihrem Rücken hinauf und pflanzten es dort fest. Seither versuchten es die dortigen Küher oft, diese hohe Felsenzacke zu erklimmen, aber stets fruchtlos, weil keine Zusage eines frommen Einsiedlers sie zu diesem Unternehmen mehr aufmuntert. Das Kreuz muss auch schon lange dort stehen, denn kein Greis der Nachbarschaft weiss sich zu erinnern, wann es hinauf gebracht ward. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Kreuzlein beim Tanzvolk

Source: Das Kreuzlein beim Tanzvolk

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In der Voralpe Rouaz im Sanetschtale, so wird erzählt, ward einst ein lustiger Nachttanz verabredet. Zur bestimmten Zeit sollten darum die Tänzer und Tänzerinnen aus der Umgegend dort zusammenkommen. Auch aus der Voralpe am Fusse des Sanetsch, wollten junge Leute an der Belustigung teilnehmen und zogen miteinander in Gesellschaft dahin. Als diese den Wald durchschritten, welcher die beiden Voralpen teilt, fingen sie zu singen und zu jauchzen an. Hoch aus dem Walde ward ihnen in gleichem Tone geantwortet. Sie verwunderten sich darüber nicht wenig, weil sie in dieser unbewohnten Gegend zur Nachtzeit keine Menschen vermuten konnten. Dennoch glaubten sie sicher, es sei anderes Tanzvolk, das auch zum Tanze komme; darum setzten sie ihr Jauchzen und Singen munter fort. Und ebenso munter wurde ihnen stets geantwortet in einem Tone, der sich ihnen schnellen Schrittes zu nähern schien. Aber wie sehr erschraken sie, als sie eine Masse Volkes in langen Reihen heraneilen sahen. Ihr Mund hatte das lustige Jauchzen auf einmal vergessen, kein Laut war mehr zu hören. — Einer aus den Ankommenden trat an die Erschrockenen heran und sprach voll zürnenden Ernstes: «Wenn nicht einer unter Euch ein Kreuzlein mit sich in der Tasche trüge, so würdet ihr alle an den Haaren zur Morse herabgezogen, da zu Sand zerrieben und zum Tal hinausgespült werden.» Entsetzt kehrte das Tänzervolk gleich um und unter Gebet nach Hause zurück.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Kriegsheer im Giswilerstocke

Source: Das Kriegsheer im Giswilerstocke

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Die neue Brünigstrasse führt jetzt viel tausend Fremde nah am Fusse des genannten Berges im idyllischen, lieben Obwaldnerlande vorüber. Ein Geisbub, der einst hier die Ziegen hütete, sah im Felsen eine Öffnung, empfand den Wunderfitz und begab sich hinein. Vorwärts schreitend gelangte er auf diesem felsigen Höhlenweg und plötzlich zu einem weiten Feld, das ringsum von hohen Felsen abgeschlossen war. Hier lagerte ein starkes Kriegsheer. Wie der Hirt das Feld betrat, kam ein Offizier auf ihn zu, der ihm alles zeigte und zuletzt die merkwürdige Enthüllung gab: „Wir sind hier da, um dereinst aufzubrechen, zu kommen und die Christen zu retten.“ Nun hiess er den Knaben wieder gehen und als dieser später mit andern Leuten die geheimnisvolle Felsenspalte wieder suchen wollte, fand er sie nicht mehr.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Das Kriegsloch im Giessengletscher

Source: Das Kriegsloch im Giessengletscher

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Oben am Jungfrauberg, in der weiten, weissen Mulde zwischen Gross- und Kleinsilberhorn, entspringt der mächtige Eisstrom des Giessengletschers. Wie ein breites Band aus blauem Samt fliesst er mitten über den Berg nieder gen Trümmleten. In der untern Hälfte ist ein grosses, schwarzes Loch, umbrandet von Eistürmen, wie es sonst nirgends in einem Gletscher zu finden ist. Man sieht hier durch den dicken Mantel aus Schnee und Eis auf den nackten Felsenleib des Berges. Es ist kein besonders grosser Felszahn, der aus dem Eisstrom emporragt, und niemand weiss, warum der seltsame, schwarze Fleck nicht ständig vom Gletscher überflutet wird. Ein wilder Gänger aus dem Weiler "unter den Stauden" zu Lauterbrunnen kletterte einmal allein über die Eiswirrnis hinauf zum grossen Loch. Er behauptete, hier ströme aus dem Bergesinnern warmes Wasser. Keiner kann sagen, ob dem so sei, aber das weiss man seit Jahrhunderten, dass ein grosser Krieg ausbricht, wenn es verschwindet. So war es auch während der zwei letzten grossen Völkerhändel, dem Siebziger- und dem Weltkrieg. Am Anfang von beiden ging das Loch oben in der Giesse zu und erst am Ende wieder auf. Deshalb nennen es die Leute das Kriegsloch und sind je und je erschrocken, wenn der hangende Gletscher darüber wuchs. Quelle: Hans Michel, Ein Kratten voll Lauterbrunner Sagen. Wengen 1936. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Kristallwunder

Source: Das Kristallwunder

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Meinem Vater selig passierte einmal etwas Besonderes Er war oft oben auf dem Grate des Bettmerhorns; als er einst wieder da stand, sah er sich plötzlich vor einer Höhle und da hingen meterlange Kristalle, er wusste nicht wie viele. Der Vater hatte einen Handstock bei sich, einen "Krapfenstecken", wie wir sagen. Damit griff er hinein und zog an einem solchen Kristallzapfen, liess aber bald los und dachte bei sich: «Nein, ich breche ihn nur ab; ich hole Meissel und Hammer.» Nebenbei war mein Vater auch Ofenmacher und beschaffte sich nun im Dorfe diese Instrumente. Wie er damit wieder auf dem Grate war, blieb ihm die Höhle verborgen, so lange er auch suchte und obwohl er den Grat kannte wie seinen Hosensack. Der Vater selig erzählte das oft, konnte sich das Ereignis aber nie erklären. BETTEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Kuhrücken auf der Alp Altsäss

Source: Das Kuhrücken auf der Alp Altsäss

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"Du, Hans", sagte eines Abends der Senn der Alp Altsäss zu seinem Handbuben," der Trappli het si kündt; dia Chüa henn gruggt, un dia Nacht schneit's; morn fahran mir vu Alp; richt dia Schleipf her." Und wirklich, es geschah, wie es der Senn vorausgesagt hatte. Während der Nacht war so viel Schnee gefallen, dass man von der Alp fahren musste und auf der "Schleipf" die Molken ins Tal gebracht werden konnten. Das Kuhrücken kennt man bei uns auch auf andern Alpen. Da stürmt die ganze Herde in grosser Angst der Hütte zu. Dann gibt's Schneewetter. Auf der Alp Altsäss jagt der "Trappli" den Tieren diesen großen Schrecken ein. Dieser Geist zeigt sich aber den Menschen nie. Ein junger Mann von Sevelen, der das Kuhrücken schon mehrmals beobachten konnte, aber von Geistern nichts mehr wissen will, behauptet, dass wie die Stubenfliegen schon einige Stunden vor Eintritt von Regenwetter in Ställen und Häusern Unterkunft suchen, so fliehe das Vieh auf den Alpen auch, bevor Schneefall und Unwetter sich einstelle, an geschütztere Orte. Die Tiere gewahren [bemerken] solches vor den Menschen. Heinrich Hilty.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 140, S. 67 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Künden

Source: Das Künden

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Als der alte Kirchenbauer im Sterben lag, hörte man bei seinem Verwandten, dem Krämer, seinen Schritt. Man hörte das Geklapper der Holzschuhe und den schwerfälligen Tritt. A. Sprenger.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 29, S. 17 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Lämmlisloch bei Wegenstetten

Source: Das Lämmlisloch bei Wegenstetten

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Auf der dem Dorfe Wegenstetten zugekehrten Seite des hohen Berges des Frickthaler-Jura, den man Homberg und zur Unterscheidung vor anderen gleichnamigen, den Thiersteinberg nennt, liegt oben in den Flühen eine Höhle, in welcher zu beiden Seiten Sitzbank und Backtrog in Stein ausgehauen sind. Hier hat das Erdmännlein Lämmli gewohnt, das den Bauern bei ihrer Feldarbeit frischgebackene Küchlein und Wähen aufs Pflughaupt gelegt hat. Der jetzige Ortspfarrer hat den schöngelegenen Punkt mit einigen Anlagen versehen, und die Höhle in einen guten Keller umgeschaffen. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 315 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Lederkäpplein

Source: Das Lederkäpplein

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Im Graubündnerland gab es vor Zeiten viele Wildleutchen, besonders zahlreich waren sie auch im Safiental. In diesem Tal war einst zu Safien, bei den sogenannten Häusern, eine Bündner Frau gerade daran, Käse zu bereiten. Eben hatte sie den Kessel mit der Milch über dem Feuer. Die Milch fing schon an, ein weißes, seidenweiches Schäumlein aufquirlen zu lassen, da flog auf einmal ein hübsches Lederkäpplein mitten in die Sennhütte hinein, als hätte es ein Windstoß hineingeweht. Verwundert machte sich die Frau vom Kessel weg und trat in die Türe. Da sah sie ein Wildmännlein vor sich auf einem moosbewachsenen Stein sitzen. Fragend blickte sie auf das wunderliche Männlein. "Ei", sagte das, "ei, liebe Frau, gebt mir doch etwas zu trinken. Ich habe einen grausamen Durst und habe noch einen weiten Weg, und es kommt gleich ein grausames Gewitter." Mit großen Augen schaute die Frau nach den sonnenbeglänzten Bergen und an den tiefblauen Himmel hinauf, an dem sich auch nicht ein Wölkchen zeigte. "Ach", antwortete sie jetzt, das Männlein mit lachenden Augen ansehend, "du bist wohl ein kleines Schalkenmännlein? Schau, die Sonne scheint ja so warm, heute kommt's gewiß nirgends zum Regnen. Aber zu trinken will ich dir schon geben." "Ja, ja", sagte das Wildmännlein, "macht aber schnell, Frau! Seht, ich muß schauen, daß ich fortkomme." Jetzt lachte die Frau vor sich hin und dachte: Du bist mir ein rechter Wetterprophet! Prophezeist ein Unwetter, wo doch der ganze Himmel spiegellauter ist. Sie schöpfte bedachtsam ein Näpfchen voll Milch aus dem Kessel und trug sie dem Männlein vor die Türe zu. "Ei", sagte das Männlein, "gute Frau, gebt mir doch ein größeres Gefäß, damit die Milch drin rascher abkühlen kann. Ich kann nicht so lange machen." Die Frau tat ihm den Willen, holte eine Gepse und leerte das Näpflein Milch in das große, runde Holzgefäß. Das Wildmännlein griff rasch danach und begann mit vollen Backen die Milch zu blasen und sie unablässig herumzuschwenken, auf daß sie ja recht rasch abkühle und trinkbar werde. Aus vollem Halse mußte die Bündner Frau lachen, als sie das seltsame Gehaben und Getue des Männleins sah, und dann sagte sie, auf den kleinen Stock blickend, den er neben sich hatte: "Du hast da einen tüchtigen Stock. Mit dem kommst du ja schon hurtig vorwärts, wenn heute noch ein Gewitter drohen sollte. Aber das wirst du wohl nicht wissen, denn wenn's doch eins geben sollte, wär's mir leid, weil ich noch Heu draußen liegen habe." Da sagte das Wildmännlein: "So sputet Euch, Frau, macht geschwind, sonst kommt Euch der Regen ins Heu. Und nun sage ich Euch schön Dank, wenn's damit abgetan ist." Schnell schlürfte das Wildmännlein noch die letzten Milchtropfen aus der großen Gepse, dann griff es, aufspringend, nach seinem Stocke und wollte schon zu laufen anfangen. Aber die Frau rief: "Halt, halt, das Lederkäpplein!" und warf's ihm nach. Flink setzte es das Männlein auf, und dann machte es sich geschwind davon und immer geschwinder und geschwinder, bis es die Frau wie eine Gemse bergan jagen sah. Lachend schaute sie ihm einen Augenblick nach, dann sah sie noch flüchtig an den heiteren Himmel hinauf und kehrte zum Käsekessel zurück, um zu käsen. Kaum stand sie einige Minuten am Kessel, in das schneeweiße Wogen und Wellen der Milch blickend, so erhellte ein Wetterleuchten die dunkle Hütte, und gleich danach begann es zu donnern, und wie die Bündner Frau ungläubig in die Türe trat, sah sie eine brandschwarze Gewitterwolke über das Gletscherbachhorn hereinfahren, und keine Vaterunserlänge dauerte es, so brach ein Platzregen über Safien herein, als ob allen Donnerwolken am Himmel die Nähte geplatzt wären, also daß das liegende Heu vor der Hütte im Hui in den Boden hineingewettert war. Zu spät bereute es die Frau, daß sie dem wetterkundigen Männlein nicht geglaubt und das liegende dürre Heu nicht noch rasch eingebracht hatte. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Lederkäpplein

Source: Das Lederkäpplein

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Im Graubündnerland gab es vor Zeiten viele Wildleutchen, besonders zahlreich waren sie auch im Safiental. In diesem Tal war einst zu Safien, bei den sogenannten Häusern, eine Bündnerfrau gerade daran, Käse zu bereiten. Eben hatte sie den Kessel mit der Milch über dem Feuer. Die Milch fing schon an, ein weißes, seidenweiches Schäumlein aufquirlen zu lassen, da flog auf einmal ein hübsches Lederkäpplein mitten in die Sennhütte hinein, als hätte es ein Windstoß hineingeweht. Verwundert machte sich die Frau vom Kessel weg und trat in die Tür. Da sah sie ein Wildmännlein vor sich auf einem moosbewachsenen Stein sitzen. Fragend blickte sie auf das wunderliche Männlein. "Ei", sagte das, "ei, liebe Frau, gebt mir doch etwas zu trinken. Ich habe einen grausamen Durst und habe noch einen weiten Weg, und es kommt gleich ein grau-sames Gewitter." Mit großen Augen schaute die Frau nach den sonnenbeglänzten Bergen und an den tiefblauen Himmel hinauf, an dem sich auch nicht ein Wölkchen zeigte. "Ach", antwortete sie jetzt, das Männlein mit lachenden Augen ansehend, "du bist wohl ein kleines Schalkenmännlein? Schau, die Sonne scheint ja so warm, heute kommt's gewiß nirgends zum Regnen. Aber zu trinken will ich dir schon geben." "Ja, ja", sagte das Wildmännlein, "macht aber schnell, Frau! Seht, ich muß schauen, daß ich fortkomme." Jetzt lachte die Frau vor sich hin und dachte: Du bist mir ein rechter Wetterprophet! Prophezeist ein Unwetter, wo doch der ganze Himmel spiegellauter ist. Sie schöpfte bedachtsam ein Näpfchen voll Milch aus dem Kessel und trug sie dem Männlein vor die Türe zu. "Ei", sagte das Männlein, "gute Frau, gebt mir doch ein größeres Gefäß, damit die Milch drin rascher abkühlen kann. Ich kann nicht so lange machen." Die Frau tat ihm den Willen, holte eine Gepse und leerte das Näpflein Milch in das große, runde Holzgefäß. Das Wildmännlein griff rasch danach und begann mit vollen Backen die Milch zu blasen und sie unablässig herumzuschwenken, auf daß sie ja recht rasch abkühle und trinkbar werde. Aus vollem Halse mußte die Bündner Frau lachen, als sie das seltsame Gehaben und Getue des Männleins sah, und dann sagte sie, auf den kleinen Stock blickend, den er neben sich hatte: "Du hast da einen tüchtigen Stock. Mit dem kommst du ja schon hurtig vorwärts, wenn heute noch ein Gewitter drohen sollte. Aber das wirst du wohl nicht wissen, denn wenn's doch eins geben sollte, wär's mir leid, weil ich noch Heu draußen liegen habe." Da sagte das Wildmännlein: "So sputet Euch, Frau, macht geschwind, sonst kommt Euch der Regen ins Heu. Und nun sage ich Euch schön Dank, wenn's damit abgetan ist." Schnell schlürfte das Wildmännlein noch die letzten Milchtropfen aus der großen Gepse, dann griff es, aufspringend, nach seinem Stocke und wollte schon zu laufen anfangen. Aber die Frau rief: "Halt, halt, das Lederkäpplein!" und warf's ihm nach. Flink setzte es das Männlein auf, und dann machte es sich geschwind davon und immer geschwinder und geschwinder, bis es die Frau wie eine Gemse bergan jagen sah. Lachend schaute sie ihm einen Augenblick nach, dann sah sie noch flüchtig an den heiteren Himmel hinauf und kehrte zum Käsekessel zurück, um zu käsen. Kaum stand sie einige Minuten am Kessel, in das schneeweiße Wogen und Wellen der Milch blickend, so erhellte ein Wetterleuchten die dunkle Hütte, und gleich danach begann es zu donnern, und wie die Bündner Frau ungläubig in die Tür trat, sah sie eine brandschwarze Gewitterwolke über das Gletscherbachhorn hereinfahren, und keine Vaterunserlänge dauerte es, so brach ein Platzregen über Safien herein, als ob allen Donnerwolken am Himmel die Nähte geplatzt wären, also daß das liegende Heu vor der Hütte im Hui in den Boden hineingewettert war. Zu spät bereute es die Frau, daß sie dem wetterkundigen Männlein nicht geglaubt und das liegende dürre Heu nicht noch rasch eingebracht hatte. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das leere Weihwassergeschirr

Source: Das leere Weihwassergeschirr

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Es gibt wohl selten eine Hochalpe, die von "Bozen" oder spukhaften Geistern frei geglaubt wird. Die albernsten Spukgeschichten und Geistererscheinungen werden aus denselben erzählt, z. B. wie mitten in der Nacht das Alpvieh aus der Ruhe aufgetrieben, fortgeführt und erst bei Betenläuten am Morgen wieder zurückgebracht worden sei, wo die Kühe an den Hörnern und Trinkelriemen Kornähren und Reblaub trugen zum sichern Zeichen, dass selbe in der Nacht Kornfelder und Rebgelände passierten. — Oder, wie in einer Alpe, die nach St. Bartholomä von zankenden Brüdern im Zorn dem Satan übergeben wurde, einmal eine Kuh, die über diesen Zeitpunkt hinaus auf der Alpweide blieb, am Morgen tot und ihre Haut auf dem Hüttendache ausgespannt gefunden worden sei, und dergleichen mehr. In der Tat, ein von Menschen und Vieh leerer Alpenstafel sieht sehr unheimlich aus; man glaubt überall etwas zu sehen oder zu hören. An ein lebendiges Herumtreiben von Menschen und Vieh ist man da so gewöhnt, dass es fast unmöglich scheint, alles leer und tot zu finden. Einem Wanderer, der von ungefähr in einen leeren Alpenstafel kommt, geht's kaum besser als einem Träumer, dem die totgeträumten Menschen selbst noch immer etwas Leben zeigen, weil die Phantasie der Seele sich menschliche Glieder ohne Bewegung nicht vorstellen kann. So können Dörfer und Städte nicht ohne Bewohner, Alpen und Alphütten kaum ohne Leben gedacht werden. — Wer will sich nun wundern, dass die Alpen überhaupt so unheimlich sind, weil da die Phantasie selbst zum Geister-Sehen- und Hören so mächtig mithilft. Auch die schöne Belalpe bei Naters, den Reisenden nun leichter zugänglich wegen dem neuen Hotel im Aletschbort, wird stets lebendig und belebt geträumt, d. h. wird von unheimlichen Geistern voll geglaubt. Gewiss nicht alle würden sich getrauen, da allein über Nacht zu bleiben. Doch tat das einst ein beherzter junger Mann, so geht die Sage, der in dieser Alpe länger als andere sein Vieh feldern (weiden) wollte und in seiner Hütte allein wohnte. Am ersten Abend, als er sich ganz allein wusste, legte er sich langweilend, ohne langen Abendsitz, zu Bette und schlummerte so im halben Mondlichte ein. Bald hörte er aber ein leises Geräusch; — ein weissgekleidetes Kind öffnete sanft die Türe und schlich sich behutsam auf die Fensterbank hinter den Tisch, dem gegenüber unser Mann im Bette lag. Das Kind stützte seine kleinen Ellbogen auf den Tisch, sah, das Köpfchen zwischen die Hände nehmend, zum Schläfer hinüber und fing an herzlich zu lachen. Es lachte so eine Zeit lang fort. — Endlich fasste unser junge Mann Mut zu fragen: «Kind, warum lachest du so?» «Da muss ich wohl lachen», antwortete dieses; «wie du so mutterseelenallein in dieser so grossen Alpe, mehr als eine Stunde weit von jedem menschlichen Wesen getrennt und dabei das Weihwassergeschirr leer! Ist das nicht zum Lachen?» — Das Kind war seinen Augen gleich entrückt, und was der Alpeneinsiedler am folgenden Tage nicht vergass, war, ins nächste Dorf hinabzugehen und sich Weihwasser zu holen. — Mögen es noch Viele so machen!   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Leukerfeld

Source: Das Leukerfeld

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Das Leukerfeld soll früher der Gemeinde Erschmatt gehört haben. Diese musste einst ein ziemlich bedeutendes Geldanleihen machen, um eine Schuld abzutragen, welche demnächst an einem bestimmten Tage einbezahlt werden musste. Da die Gemeinde augenblicklich das erforderliche Geld nicht zur Verfügung hatte, gingen die Vorsteher von Erschmatt zu einem Ratsherrn nach Leuk. Dieser versprach ihnen, die notwendige Summe zu leihen unter der Bedingung, dass ihm die ganze Summe an einem bestimmten Tage und zu einer bestimmten Stunde des Tages zurückbezahlt werde. Werde die Bedingung nicht ganz genau erfüllt, so solle das ganze Leukerfeld ihm gehören. Die Erschmatter willigten in den Vertrag ein und kehrten nach Hause zurück. Als der Zahltag kam, schickten die Erschmatter zwei Männer nach Leuk. Dort angekommen, fragten sie nach dem Herrn, dem sie das Geld abzugeben hatten. Die Hausleute entschuldigten ihn und sagten: Der Herr ist soeben ausgegangen; er wird aber bald wiederkommen. Die beiden Männer warteten Stunde um Stunde – so lange, bis die festgesetzte Stunde verstrichen war. Erst jetzt trat der Herr in die Stube. Als die Erschmatter dem Gläubiger die betreffende Summe auf den Tisch zahlen wollten, weigerte sich dieser, das Geld anzunehmen; er halte sich streng an den Vertrag, und die festgesetzte Stunde sei verstrichen. So mussten die Männer mit ihrem Gelde zurückkehren, und das schöne Leukerfeld war um ein Linsenmus verkauft worden. ERSCHMATT Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Licht an der Reuss

Source: Das Licht an der Reuss

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Der Herr auf Rüssegg, Ulrich III., war mit seiner lieben Ehefrau und der stattlichen Kinderschar bei den nahen Verwandten auf der festen Burg Hünenberg gewesen. Bei frohem Spiel und kühlem Trank flogen die Stunden allzu rasch dahin und plötzlich brach die frühherbstliche Nacht herein. Es wurde rasch ganz stockdunkel und mit einigen Fackeln begleiteten Hünenberger Knechte die Rüssegger Familie an die Reuss, wo sie mit der alten Fähre übersetzen wollte. Mit frohen Worten verabschiedete man sich voneinander, die Fähre stiess ab und ward rasch eine hilflose Beute der reissenden Reusswellen. Zwei kleine Knaben des Rüsseggers wurden durch das heftige Wogen des gierigen Reusswassers über Bord geworfen. Notschreie erstickten in den wilden Wellen. Am andern Tage erst fand man die zwei entseelten Körper der kleinen Knaben. Voll Schmerz über den jähen Verlust wussten sich die Eltern fast nicht zu fassen und in dieser Herzensnot gelobten sie ein Licht allnächtlich bei der Reussfähre brennen zu lassen, das mit dem hellen Scheine späte Wanderer glücklich an das rettende Ufer führen sollte. Eine reiche Geldstiftung wurde gemacht und jede Nacht leuchtete das Lichtlein an der Reuss zu Ehren der zwei ertrunkenen Knaben und zur Rettung später Fahrer. Als die Fähre an die Stelle der heutigen Brücke gesetzt wurde, kam das Licht auch dorthin, und als man die Fähre abschaffte, wurde die Lichtstiftung in die Kirche verlegt, sodass bis vor einigen Jahren im Chor der nahen Sinserkirche zwei ewige Lichtlein brannten. Manches Jahr hatte das Lichtlein an der Reuss ins Zugerland gezündet und als die Burg von Hünenberg längst in Schutt und Trümmer gefallen, hatte nur noch das Reusslichtlein von den unglücklichen Gästen auf dieser Zuger Feste zu erzählen gewusst. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 42 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Licht auf dem Friedhof

Source: Das Licht auf dem Friedhof

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Ein Schnitzler, dem in guten Jahren einmal die Arbeit über den Kopf gewachsen war, lichtete in der Budik bis spät in die Nacht hinein und stichelte im Holz was das Zeug hielt. Gegen Mitternacht endlich legte er Werkzeug und Holz hin, streckte den krummen Rücken, gähnte und riss das Fenster auf, um frische Luft herein zu lassen. Vom Fenster aus konnte er geradewegs auf den Friedhof hinunter sehen. Leuchtete da nicht ein Licht auf, bewegte sich zwischen den Grabkreuzen hin und her, auf und ab, als wenn jemand mit einer weisslichtigen Laterne herumginge? Schnell dem Sigrist Bescheid gemacht; es hat so spät in der Nacht niemand mehr etwas auf dem Friedhof zu suchen. Der Sigrist brummte ab der unzeitlichen Störung, tat aber seine Pflicht, betrat den Friedhof und ging auf das weisse Licht zu. Doch das war so eine ungefreute Sache. - Auf einige Schritte nahe gekommen, wich das Licht zurück, schwebte immer vor dem Sigrist her. Lief der Mann, es zu erreichen, gleich floh es rasch vor ihm weg; machte er behutsam, rückte es nicht schneller als er, schwebte es in der Dunkelheit lautlos dahin. Auf einmal packte es den Sigrist wie ein Frost, es schnadellete ihn, wie wenn er nackt im grimmen Bisluft stünde. Er musste heim ins Bett. Ein paar Tage lag er dann schwer krank. Was es mit dem Licht für eine Bewandtnis gehabt hatte, darüber gab er nachher niemand Auskunft. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Licht und die gespenstigen Mädchen im Eggäbergli

Source: Das Licht und die gespenstigen Mädchen im Eggäbergli

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Hoch über dem Wallfahrtsort Riedertal am Abhang der Wengikulm dehnen und recken sich an sonniger Halde die zwei Berggüter Eggäbergli. Gute Pfade führen dorthin vom Riedertal her und von Spiringen sowohl über die Oberschwandberge und das Eggätal als auch durch den Ruolisberg, ein schmaler, stellenweise schwindliger Steig aber von Bürglen her über den Felsen »Vierschröt«, wo früher eine böse Hexe gehaust und den Bergsteiger mit Steinen beworfen hat. Seiner Rundsicht wegen diente das Eggäbergli von jeher als Signalposten und Hochwacht zu Kriegszeiten, zuletzt noch im Sonderbundskriege. – Aber »umghyrig« ist's daselbst auch. Wie oft haben die Leute in den Bürgler- und Spiringerbergen da droben im Hause des Obern Eggäbergleins nachts Licht gesehen zu Zeiten, da doch niemand dort wohnte! Und das Schwein, das dort zu heiliger Zeit vorbeiwanderte, und das schwarze Schaf, das nachts zum Fenster hineinschaute, wenn die Leute plaudernd beieinander sassen, ja, ja, das alles ging nicht mit rechten Dingen zu! N. Gisler von Wytterschwanden, ein junger Lediger, hatte da oben seinen Schatz. Eines Abends wollte er zu ihr z'Stubeten gehen; er wusste ja nicht, dass die Leute schon zu Boden gefahren. Jauchzend und johlend schritt er bergan, denn von weitem schon winkte ihm das helle Lichtlein im Eggäberglihaus und schien ihm zu sagen, dass sein Besuch erwartet und genehm sei. Er stieg hinauf vor's Fenster und erblickte drinnen zwei Mädchen, die aber mitsamt dem Licht sofort verschwanden und nun aus dem Stübli ihr helles Lachen erschallen liessen. Auch dort stieg der kecke Bursche hinauf; doch jetzt hörte er die zwei Jumpfern wieder in der Stube kichern. Als er dort zum zweiten Mal hinaufstieg, da fiel er bewusstlos zu Boden und kam erst am Morgen, als zu Spiringen die Betglocke ertönte, wieder zu sich (19. Jahrhundert). Mitgeteilt von Pfarrer Jos. Arnold Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Lichtensteiner-Bödeli

Source: Das Lichtensteiner-Bödeli

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Ein Haldensteiner stand in holländischen Diensten einmal auf der Wacht, und da kam ihn auch die Sehnsucht nach der lieben Heimat mächtig an. Er wurde abgelöst und ging nach der Kaserne. Am Morgen drauf klagte er einer ihm befreundeten Frau sein Sehnen nach den Alpen und schilderte ihr sein Heimatdorf. Lächelnd hörte sie ihn an und erwiederte: »Haldenstein kenne ich so gut wie Du, denn noch nächtig haben wir auf Lichtenstein getanzt, und heute Nacht gehen wir wieder hin.« Der Soldat sah sie gross an. »Wenn Du mit willst, kannst mit; wir holen dich ab.« Da er diese Nacht wachefrei war, nahm er den Vorschlag an. Richtig, gegen die Zwölfe kam die Frau mit einer Kamerädin, und die brachten eine Wanne mit. »S\'isch Zit,« sagte die Eine. - Er liess sich die Augen verbinden und setzte sich, wie ihm geheissen war, in die Wanne; die zwei Weiber nahmen die Wanne auf, und - fort gings - durch alle Lüfte - direkt Lichtenstein zu. Da, wo das Schloss Lichtenstein steht, wurde er abgesetzt, und von da aus konnte er die ganze Nacht zusehen, wie eine Schaar Hexen auf dem grünen Platze unter ihm so wunderbar tanzten und wie die Musik so schön spielte. - Aber er durfte die ganze Nacht kein Sterbenswörtlein von sich geben. - Gegen Morgen kamen die zwei Hexen mit der Wanne wieder und  holten ihn ab. »S\'isch Zit« - und fort - gings wieder - Holland zu. Auf diese Weise machte er öfters die Reise von Holland nach Lichtenstein und wieder nach Holland zurück. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das lidend Chindli im Todbett

Source: Das lidend Chindli im Todbett

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En Mal hei in Lötsch'n uf weller Huob weissi nimme, es jung's Ehvolchi es chlies Chindli uberchon, und das si nen z'Tod erchranket, hei nid chene bessren und nid chene sterb'n. Der chalt Totuschweiss si mu wie Erbis uber z'Gsichtli inegitrolut. Wie's seflig lang in letzten Züg'n g'sin si und der Gottu und dü Gotta und Nachbuir'n und sust d'Stuba volli Lit mu hei well'n uisbeitun, so säge es wells: weg'n well'm hät das uschuldig Chind e so lind'n miesse? Daruf säge d'r Vatr: eimal schinert weg'n selle's nime lidu und duo sis oich schidig un uf um Tätsch gstorb'n.  Es Zittlin derna si's d'r Muottr erschin'n und hei dra g'off'nbarut, dass's nuch e halb Stund für d'n Vat'r im Fägfür hei miess'n lid'n, eh wan dass's hei chön'n in Himm'l chon. — So wisse mu nie für well's d'uschuldigu Chindlin miesse lid'n und selle keis säge, für mich bruichtz de nit hie und nit da z'lid'n, das ist Gott aleinigu bikannt. (Lötscher Mundart, erzählt von Pfarrer Lehner)   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das liebe Brot

Source: Das liebe Brot

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  1. Der Hartherzige Eine arme Frau klopfte an die Türe des Bauernhauses. Die Bäuerin kam heraus und fragte nach Begehr. „Um Gottes willen ein wenig Brot, wir haben schon lange keines mehr gesehen.“ Die Bäuerin hatte ein gutes Herz und wies keinen Bittenden ab. „Wartet,“ sprach sie, „ich hole euch.“ Aber in diesem Augenblicke schlürpte der Bauer herbei und fuhr sie an: „Was - du willst Brot verschenken? Das dulde ich nicht.“ Er stellte sich vor die Bettlerin und schrie sie an: „Wir Bauern bekommen das Brot auch nicht geschenkt. Wir müssen pflügen, bis uns der Buckel krumm wird und der Schweiss in die Furche brünnelt. Wir müssen im heissen Sonnenbrand das Korn mähen, die Garben binden - müssen beim Dreschen Wolken von Staub schlucken. Aber da sieht man keine Bettler - haben Angst, sie müssen helfen. Erst der süsse Duft des neugebackenen Brotes lockt sie an wie der Honig die Wespen. Dann kommen sie, strecken die Hand aus und drehen die Augen fromm himmelwärts: Bauer, gib uns um Gottes willen Brot. Ich aber sage: Packt euch um Gottes willen fort und schaffet.“ Die Bäuerin fiel ihm in die Rede: „Du versündigst dich. Nicht alle Armen sind Faulenzer. Es gibt unter ihnen auch brave Leute, die stets ihre Pflicht getan haben und unverschuldet in Not geraten sind. Denen müssen wir helfen, das ist Christenpflicht.“ Der Bauer liess sich nicht belehren. „Das Korn, das Brot, welches ich erarbeitet habe, gehört mir - mir allein - und niemand, nicht einmal der Herrgott kann von mir verlangen, dass ich es mit diesem Bettelpack teile.“ So sprach er und schlug zornig die Haustüre zu. Die arme Frau ging weinend von dannen, um vor einer andern Türe ihre Bitte zu wiederholen.  Was jetzt geschah, das sah der Bauer nicht. Aus allen Ritzen und Fugen und Spalten des Speichers krochen kleine, schwarzbraune Käferchen (Calandra granaria). Sie fielen über das Korn her, bohrten mit den spitzen Rüsseln feine Löchlein in die Weizenkörner und legten in jedes ein winziges Ei hinein. Aus diesem schlüpfte bald ein Würmchen. Das frass sich tiefer und tiefer ins Körnchen hinein, höhlte es vollständig aus und verpuppte sich endlich darin. Sechs Wochen später begann es in den Getreidekasten leise zu krabbeln und zu summen. Aus jedem Weizenkorn kroch ein Käferchen. Hui, wie das wimmelte. Der ganze Getreidehaufen wurde lebendig. Als der Bauer eines Tages die Speichertüre öffnete, da wirbelte wie eine schwarze Wolke ein riesiger Käferschwarm ihm entgegen, hob sich in die Lüfte und schwebte von dannen. „Mein Gott“, schrie der Bauer entsetzt, „das Korn fliegt aus - das Korn fliegt aus!“ In dem Kasten fand er noch die dünnen Hülsen der Körner. Die waren leicht und wertlos wie Spreu. Wie kam es nur, dass er gerade jetzt an jene arme Frau denken musste, die er so unbarmherzig von der Türe gejagt hatte? Zu spät bereute er seine Hartherzigkeit. Nun konnte er nicht mehr das eigene Brot essen - musste es kaufen wie die armen Leute. Auf so einen Bauer zeigte man damals mit Fingern.   2. Der Mitleidige Es war zur Frühlingszeit. Ein frommer Bauersmann hatte seine Äcker bestellt und die Sommerfrucht gesät. Jetzt ging er im Kornspeicher herum, guckte in alle Kasten, schätzte und rechnete zusammen, wieviel Brotgetreide ihm noch bis zur Ernte verbleibe. Endlich schüttelte er das Haupt und sprach zu sich selber: „Wenig - wenig. Wir müssen das Brot ordentlich sparen, sonst mögen wir nicht zusammen.“ Während er so sann und sich sorgte, polterte jemand die Stiege herauf. Wie er aufblickte, stand der Nachbar unter der niedrigen Türe und redete also: „Ich möchte gern ein Blätzli Sommerweizen säen, aber ich habe keinen Samen. Er ist dies Jahr so rar. Wollt ihr so gut sein und mir aus der Not helfen?“ Der Bauer antwortete: „Du kommst zum Lätzen. Soeben habe ich mit Schrecken festgestellt, dass mir wenig Getreide mehr verbleibt und wir von heute an selber das Brot sparen müssen. Es tut mir leid, ich hätte dir gerne geholfen, aber es geht nicht.“ Da liess der Nachbar traurig den Kopf sinken und ging enttäuscht von dannen. Der Bauer schaute ihm eine Weile nach. Der arme Mann dauerte ihn. Er hatte am steinigen Hang ein verschuldetes Gütlein und schaffte fast Tag und Nacht, um seine grosse Familie durchzubringen. Ja, dem hätte er gerne geholfen. Aber wenn man nicht kann. - Da fiel sein Blick auf die Inschrift über der Speichertüre. 0 parmhertziger Gott Syg unz gnädig in aller Noth. Wie oft war er achtlos an dieser Schrift vorbeigegangen. Heute aber zwang sie ihn zum Nachdenken, und er verstand, was sie sagen wollte: „Du musst zuerst barmherzig sein gegen deine Mitmenschen, dann wird Gott auch mit dir gnädig sein. Not hat man auf diesem Bauernhofe nie gekannt, obwohl es manchmal Missernten gab. Deine Vorfahren waren Bauersleute von altem Schrot und Korn. Die hätten nie einen Dürftigen abgewiesen. Trotz ihrer Freigebigkeit - oder gerade deswegen - waren sie zu Wohlstand gelangt. Auch du bist sonst ihrem Vorbilde gefolgt. Aber heute warst du klein und verzagt und deiner Ahnen unwürdig.“ So mahnte die alte Inschrift über der Speichertüre - und sie tat es nicht umsonst. Der Bauer hielt die Hände trichterförmig an den Mund und rief dem Nachbar zu: „Heh! Komm zurück - komm zurück!“ Er kam. Jetzt stand er wieder im Speicher. „Halte den Sack auf“, gebot der Bauer. Dann ergriff er die Schaufel und warf hinein, bis der Sack fast voll war. Der Nachbar war hocherfreut und sprach mit einer Stimme, die vor Rührung zitterte, andachtsvoll den alten, sinnigen Dankeswunsch: „Vurgälts Gott hundergtusig Male, Tröscht Gott die arme Seele, Welli Gott as der nüt as münder hiiget.” Das klang wie ein Gebet... Wenige Tage später räumten Bauer und Bäuerin im untern Stock des Speichers auf. Nach getaner Arbeit setzten sie sich auf eine Truhe, ruhten und plauderten. Da hörten sie über sich in der Kornkammer ein merkwürdiges Geräusch. Es knisterte und rieselte so seltsam. „Hörst du’s da droben?“ fragte die Frau. „Am Ende sind uns noch Mäuse oder Ratten hinter das Korn geraten. Das fehlte noch.“ Der Bauer erhob sich, stieg die Treppe hinauf und öffnete die Türe. Da stiess er einen Freudenschrei aus und rief: „Komm schnell herauf, komm!“ Nun standen sie da, Hand in Hand, und staunten auf das Wunder: Der Kasten, aus welchem dem armen Nachbar sein Sack gefüllt worden, er war schwappvoll, nein, er floss über, und noch immer rieselten die Körner auf den Boden und bildeten dort einen kleinen Hügel, der sich höher und höher wölbte, bis er selber so hoch wie der Kasten war. Dann erst hörte das Rieseln auf. Schauer ergriff die beiden Zeugen des Wunders. Lange brachten sie kein Wort hervor. Endlich flüsterte der Bauer: „Des Nachbars Dankeswunsch hat sichtbar sich erfüllt. Nie mehr, selbst wenn ich darum darben müsste, soll ein Armer mit leeren Händen von meinem Hofe gehen.“   Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch  


by Das Linthbord-Anneli

Source: Das Linthbord-Anneli

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Das Linthbord-Anneli war ein junges Mädchen aus Uznach. Von Jugend auf war es an beiden Füssen lahm. Es war aber gottergeben und trug die Hoffnung bei sich, wenn es eine Wallfahrt nach Einsiedeln zur Mutter Gottes unternehmen könnte, würde es geheilt. Aber wie machen? Gehen konnte es nicht, und niemand wollte sich seiner annehmen. Gegen den Willen seiner Angehörigen schlich es sich heimlich von Hause fort und kroch auf allen vieren gegen die Linth hinunter, um so die Wallfahrt auszuführen. Die Flucht von Uznach gegen die Linth, die Überfahrt über dieselbe, die Erscheinung des Heilandes beim Linthbord und die Heilung daselbst, sowie die Fortsetzung der Wallfahrt nach Einsiedeln sind in Wandgemälden in der anno 1895 restaurierten Kapelle Linthbord dargestellt und die Erzählung in nachfolgenden Versen unter den vier Wandgemälden angebracht. Geschichte der lahmen Anna, 1580.                         Meine Hoffnung ist zu Gott allein, Durch Fürbitt' seiner Mutter rein, Nach Einsiedeln ist mein Begierd', Dort hoff' ich, Gott mir helfen wird.              Auf allen Vieren bis an d' Linth                                      Mit Müh' ich kriech; da mich geschwind Um Gotteswillen ein Schiffmann gut  Auf Bitt' hinüber fahren tut. An diesem Ort sah ich ein Mann, Ganz ehrbar und weiss angetan,  Der fragt mich freundlichst anbei, Wohin meine Reise gerichtet sei. Der Mann befiehlt, ich aufstehen sollt,  Das konnt' ich nicht, ob ich gleich wollt.  Drauf meinen Fuss gar sanftiglich  Von freiem er durchab bestrich. Bietet mir hernach die Hand und spricht:  „In Gottes Namen werd' aufgericht!"  O wunderbar, ich war zur Stund  Im Augenblick grad und gesund. Der Mann gibt mir zu Gottes Ehr  Ermahnung und viel gute Lehr,  Fragt auch, wie ich's anfangen woll.  Meine Fahrt mit Fleiss verrichten soll. Als ich kaum dreissig Schritt fortkam Mich dieser Mann dann Wunder nahm,                       Wie ich umschau, merk' ich zur Stund',  Dass er alsdann vor mir verschwund. Gen Einsiedeln ich komme an,                                       Hab' dort verkündet jedermann Das Wunder, so mir Gott der Herr Erwiesen hat zu seiner Ehr.    Durch Ferd. Morger. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 400, S. 229  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Lirenkind

Source: Das Lirenkind

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Zwischen den Dörfern Ober- und Unter-Siggingen liegt am Abhange des Siggingerberges das kleine Wäldchen Lirenhölzli, östlich und westlich von Weinbergen umgeben. Alljährlich vor jeder heiligen Zeit hört man hier in der Liren (so nennt man verschiedene Fluren, von latein. lirare, die dritte Wendung und Pflügung des Bodens bezeichnend) ein Kindsgeschrei, und deutet es auf die Seele desjenigen Kindes, das hier von einem Mädchen über der Arbeit im Rebberge geboren und sogleich ermordet worden ist. Die Verbindungsstraße der beiden Dörfer führt an diesem Ort vorbei, und die von ihren Nachtbesuchen heimkehrenden Kiltgänger wissen also wohl von dem Lirenkindli zu erzählen; auch der Nachtwächter ängstigte sich über dieses Jammergeschrei dermaßen, daß er beim Pfarrer zu Kirchdorf Hilfe suchte. Auf dessen Rat geht er seitdem mit gezogenem Säbel an der Stelle vorüber, denn nacktes Eisen hält die Geister ab. (F. J. Keller, Lehrer in Unter-Siggingen.)  Sage aus Unter-Siggingen Band 3.2, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962, S. 138 - 139      Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Das listige Wildfraueli

Source: Das listige Wildfraueli

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Im Dorf Tenna im Bündnerland lebte vor langer Zeit der Richter Valentin. Eines Tages fing er in seinem Garten ein seltsames Tier, wie er noch nie eines gesehen hatte. Er trug es ins Haus und rief seiner Frau: «Ursina, bring mir schnell deine Hutschachtel! Ich habe ein unheimliches Tier gefunden und muss es zum Pfarrer bringen, damit er mir sagen kann, was es ist.» Als Valentin mit seiner Hutschachtel zum Pfarrer kam und ihm das merkwürdige Tier zeigte, war dieser ganz verwundert und sagte: «Ich habe doch eine Bibliothek mit vielen hundert Büchern, alle habe ich gelesen, aber in keinem steht etwas über ein so wunderliches. Tier. Vielleicht ist es gar ein Teufelsvieh und bringt Gefahr über das Land – lass schleunigst den Gemeinderat zusammenkommen, damit er beschliesst, was mit dem Tier zu geschehen hat.» Sofort rief Valentin den Gemeinderat zusammen. Alle kamen und betrachteten das sonderbare Geschöpf in der Hutschachtel. Es hatte ein feines samtenes Fell, breite Füsse, die aussahen wie Hände, eine spitze Schnauze und kleine zusammengekniffene Augen. Der Gemeindepräsident schob die Hutschachtel erschrocken von sich und rief: «Passt bloss auf, dieses Tier ist vielleicht so gefährlich wie ein Basilisk. Wenn es die Augen aufmacht und uns anschaut, können wir alle tot umfallen!» Nun überkam den Richter eine grosse Angst. Er rannte mit der Hutschachtel zurück nach Tenna und lud für den nächsten Morgen die stimmfähigen Männer der ganzen Gegend ins Rathaus ein. Alle kamen und betrachteten erschrocken das samtene Wesen in der Hutschachtel. Keiner der Männer hatte jemals ein derartiges Tier gesehen. Ein uralter Mann mit einem langen weissen Bart flüsterte bang: «Ich bin so alt, dass ich noch Bärenfleisch gegessen habe und mich noch beinahe an die Arche Noah erinnern kann, aber so etwas Unheimliches habe ich noch nie gesehen. Wir müssen das Tier umbringen, sonst ist es um uns geschehen!» Grosser Tumult brach nun im Rathaus aus. Alle riefen durcheinander: «Der Urgrossvater hat recht, wir müssen das Tier umbringen!» Alle waren sich darüber einig, konnten sich aber nicht entscheiden, wie das Ungeheuer mit dem spitzen Rüssel zu Tode gebracht werden sollte. Einer rief: «Schlagt ihm den Kopf ab!» Ein anderer: «Hängt es auf!» Und ein dritter: «Wir müssen es ersäufen!» Da meldete sich wieder der Urgrossvater zu Wort:«Da gibt es nur eines: Wir müssen das Wildfraueli fragen. Nur das Wildfraueli wird uns sagen können, wie man so ein Ungeheuer umbringt.» So wurde also das Wildfraueli ins Rathaus geholt. Es liess sich das Geschöpf in der Hutschachtel zeigen und sagte mit listigem Lächeln: «Das ist ein schwieriger Fall. Wenn ich euch raten soll, müsst ihr mir ein schönes Bauernbrot, eine Flasche Wein und ein Goldstück geben.» Das Wildfraueli bekam, was es wollte, und es rief mit feierlicher Stimme:«Ihr sollt ihm nicht den Kopf abschlagen und es nicht aufhängen. Auch ersäufen sollt ihr's nicht. Es kann nämlich schwimmen. Eine solch gefährliche Kreatur verdient nichts Besseres, als dass man sie lebendig begräbt.» Alle atmeten erleichtert auf. Sofort wurde vor dem Haus des Richters ein tiefes Loch gegraben, das Tier lebend hineingelegt und rasch wieder zugedeckt. Dort war es ihm so wohl wie dem Vogel in der Luft. Es hatte unter der Erde eine Wohnung mit vielen, vielen Gängen. Sicher habt ihr schon lange gemerkt: Das gefährliche Tier war ein Maulwurf.   Trudi Gerster, Schweizer Märchen, 1991 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Loch in die Unterwelt

Source: Das Loch in die Unterwelt

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Zwischen der Wasserfluh und der Egg, zweien nachbarlichen Bergzügen im Aarauer-Jura, trifft man grosse Erdspalten und Klüfte, deren Tiefe unermesslich ist; sie alle führen in die Unterwelt. So ist im dort gelegenen Hochwalde Nothholz ein tiefer langer Graben, dass man ein Haus der Breite nach hinein bauen könnte; er wird aber jetzt noch immer tiefer und grösser, da das Gestein seines Innern ringsum heraufwächst. Darum konnte da jener Basler-Falschmünzer, der sich hier oben verbergen und seine Fünfbätzler fortprägen wollte, kein Glück haben; die Erde stiess ihn aus, und nun sitzt er wieder in demselben Schellenwerk gefangen, wo er entsprungen war. Gerade so ist es auf dem obern Grat der Wasserfluh. Der Hubel dieses Berges ist viel höher als die überall hin sichtbare Spitze, und gerade dort ist ein solches befremdliches Erdloch. Buben warfen da einmal eine Katze hinein, aber sie kam lebendig am Fusse der Fluh bei einem Quell wieder hervor. Ein anderer Bube liess sich von den Kameraden halten und blickte in den Schlund. Er sah zuerst schwarze stockfinstere Nacht, die rückte plötzlich von der Stelle, denn es war ein schwarzer riesenhafter Vogel, der mit ausgebreiteten Schwingen unterirdisch in der Luft gehangen hatte und nun wegfliegend ins leere Blau blicken liess. An den Füssen musste man den Knaben wegziehen, im Schwindel wäre er sonst dem Vogel nachgesunken. Und hätte man die Länge einer endlosen Schnur, so dürfte man sie nur hinab lassen, sie käme in Amerika wieder heraus. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 256 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das lodernde Gerippe

Source: Das lodernde Gerippe

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Ein furchtloser und wahrheitsliebender Mann, der früher als Kolonist im Algerischen Sétif gewesen war, nachher wieder heimkehrte und bei seinen Enkeln im Lenzburger Amte lebte, hat als vierundsiebzigjähriger Greis in unsern Tagen folgendes erzählt. „Als ich noch im Städtchen Lenzburg wohnte, mußte ich eines Nachmittags in Geschäften nach Egliswil hinüber. Nachdem die Sache zwischen mir und meinen dortigen Bekannten abgemacht war, tranken wir zusammen im Wirtshaus noch eine Flasche Wein, für eine zweite bedankte ich mich, denn schon fing es draußen an dunkel zu werden, und so sagte ich Adieu und machte mich auf den Heimmarsch. Ich hatte nun die Höhe des Egliswiler-Berges bereits erreicht, da bemerkte ich draußen in der Richtung meines Weges zwei hohe leuchtende Figuren. Sie standen unbeweglich seitwärts am Wege. Bald war ich ihnen ganz nahe und hatte da zwei menschliche Gerippe vor Augen, denen aus Brustkasten und Schädel Feuer herausloderte. Es wandelte mich zwar augenblicklich ein entsetzliches Grauen an, aber ich bemusterte es; ich blieb stehen und redete sie an: „Wer seid ihr? was tut ihr hier?“ Keine Antwort folgte, kein Laut, kein Lüftchen rührte sich rings um die geräuschlosen flammenloderten Zwei, waldlos stehend, da hörte ich eine Stimme zu mir sagen: „Sei fromm und geh deines Weges!“  Das tat ich denn auch auf der Stelle.  „Aber was ist dir begegnet?" war das erste Wort meiner Frau, als ich daheim in meine Stube trat. Ich antwortete ihr mit einer ausweichenden Gegenfrage; denn wer schämt sich nicht, so unmöglich lautendes von sich selber zu erzählen. Sie aber drang in mich, und ihr liebreiches, von Besorgnis; eingegebenes Wort zwang mir zuletzt denn doch mein Geständnis ab. Ich teilte ihr den Vorfall mit, unter dem ausdrücklichen Befehl, es an niemanden weiter zu sagen. Allein schon am Morgen darauf war es dem ganzen Städtlein bekannt, und so kann ich es nun ohne Bedenken noch einmal erzählen. (Seminarist Sam. Beyer von Mörikon.) Quelle: E. L. Rochholz, Naturmythen. Neue Schweizer Sagen, Leipzig  1862. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch    


by Das Lohmännlein

Source: Das Lohmännlein

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Von St. Wolfgang führte der Weg nach Hünenberg beim Lohwald vorbei. Da stand ein kleines Gehölz. In diesem Wäldchen lag der Herrschaftsbereich des bösen Lohmännleins. Das war ein ganz ungnädiger Patron. Wer des Nachts durch dieses Wäldlein gehen wollte, wurde von dem Lohmännlein derart zerzaust, geschlagen und gequält, dass selten einer heil davon kam. Doch der Quälgeist blieb nicht immer in seinem Gehölze. Während der Nacht machte er auch Visite bei den Nachbarn in ihren Wohnhäusern. Dort schlug das schlimme Männchen die Fensterscheiben ein und zerschlug in der Küche voll wilder, unbändiger Wut das Küchengeschirr. Man versuchte einmal, diesem wilden Gesellen gehörig sein Handwerk zu legen und umstellte aus diesem Grunde das Gehölz mit bewaffneten Männern. Vor diesen habe es einen solchen Heidenrespekt gekriegt, dass es sich fein mäuschenstill verhalten habe. Als im Jahre 1762 im dortigen Rebbezirk das sogenannte Weinrebenkapellchen gebaut wurde und zwei Jahre später noch ein frommer Waldbruder einzog, soll das böse Lohmännlein für immer spurlos verschwunden sein. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 94 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Lokenbrünneli

Source: Das Lokenbrünneli

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Das Lokenbrünneli Das Lokenbrünneli liegt an der rechten Seite der Strasse von Witikon nach Fällanden, neben dem Oetlisberg. Seit Jahrhunderten erfrischt es die Vorbeiziehenden; noch heute ist das einfache, fast ärmliche Holzbrünneli ein willkommener Ruhepunkt für die vielen Greifenseewanderer. Martin Usteri berichtet darüber: Die edle Frau Meiss von Zürich, die aus dem Geschlecht der Tygen stammte, fand ihren Junker Ehemann offenbar recht langweilig und vergnügte sich daher oft in Gesellschaft der lustigen Herren von Regensberg. Eines Tages wurde in den Wäldern des Zürichberges eine grosse Jagd veranstaltet; wobei sich die Frau zu den Regensbergern hielt und bald den Blicken ihres Gemahles entschwand. In der Gegend von Witikon traf man sich wieder. und lagerte in zwei Gruppen. Im Lager der Regensberger, wo auch die edle „Meysin“ zu finden war, ging es hoch her. Der Junker Meiss aber sass mit seinen Hunden recht trübselig am Strassenrand beim Lokenbrünneli. Da kam von Witikon her ein Reitertrupp; voran ritt ein junger Mann auf einem prächtigen Schimmel. Beim Brunnen stieg einer der Reiter vom Pferd und reichte sie ehrfürchtig dem Manne, der den Schimmel ritt. Junker Meiss erkannte, dass er gar vornehme Herren vor sich habe und lud die Fremden ein, mit ihm zur Gesellschaft weiter vorn am Waldrand zu kommen. Der Reiter aber bedankte sich nur und fragte, wer wohl die Frau sei, die sich dort mit den Jägern lustig mache. Als der Junker Meiss Bescheid gab, schaute ihm der Reiter ins Gesicht und sprach dann: „Das ist nicht gut, wenn die Frau mit den Jägern den Wein trinkt und der Mann mit den Hunden das Wasser. Mir scheint, das Wasser sei nicht nur aus dem Brunnen, sondern auch aus Eueren Augen. Das sollte nicht sein; Gott bessere es und gebe Euch Geduld.“ Als dann die Reiter beim fröhlichen Teil der Gesellschaft vorbeikamen, erkundigten sich die Regensburger bei einem der Begleitmannen und erfuhren, dass der Mann auf dem Schimmel der König Balduin aus Jerusalem sei, der im Kloster Seedorf Heilung vom Aussatz gefunden habe und nun dem Bischof von Konstanz einen Besuch machen wolle. Da kam gerade ein armes Fraueli mit einer Bürde Holz aus dem Wald. Es vernahm, dass der König Balduin unter den Reitern sei und kniete nieder, um seinen Segen zu empfangen. Auch die Frau des Junkers Meiss kniete vor dem König und bat um seinen Segen. Er aber schaute sie nur an und sagte: „Wie mag ein Samenkörnlein Wurzel fassen, das auf einen Felsen gesät wird? Wie mag mein Segen einem Weibe zugute kommen, das in Lust und Freuden leben mag, während dein Ehemann traurig und voll Kummer ist?“ Damit ritt er davon. Seine Worte hatten die stolze Frau getroffen. Sie fing ein anderes Leben an und wurde von dem Tage an eine Helferin der Armen, Trösterin der Kranken. Sie soll auch viel beigetragen haben zum Bau des Kloster Gfenn bei Dübendorf‚ das von König Balduin noch am Tage der Begegnung gestiftet wurde. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Wörtlich nach Max Schreck, Witikon, Festschrift zur Einweihung des neuen Schulhauses, 1934. „Loken“, das bisher romantischerweise mit dem germ. Gotte Loki in Zusammenhang gebracht wurde, ist einfach zu erklären. Id. 3, 1232 weist eindeutig daraufhin, dass Looggen oder Loken Sumpfstellen sind, was in der Nähe einer Quelle leicht verständlich ist. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Lokomotivweiblein

Source: Das Lokomotivweiblein

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Im alten Hauensteintunnel soll zuweilen auf der Maschine ein weisses Weiblein mit einem Kind auf dem Arm gesehen worden sein, das Lokomotivwybli. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Das Lorenzokirchlein bei Ortenstein

Source: Das Lorenzokirchlein bei Ortenstein

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Der freundliche Hügel auf dem das Kirchlein steht, diente vor Zeiten zum Spielplatz der erwachsenen Jugend umliegender Dörfer. Eines Sonntagabends waren sie auch wieder versammelt, da trat zu ihnen ein feiner, bleicher Jüngling, fremdartigen, vornehmen Wesens. Er kam aus Italien, hiess Lorenzo und lebte nun einige Zeit unter diesen Landleuten die ihn lieb gewannen. Er war freundlich und gefällig und erfreute sie besonders durch sein herrliches Zitherspiel und Gesang. Dabei aber war er immer traurig. An einem Spätherbstsonntag, dem letzten, den man in diesem Jahre auf dem Hügel genoss, war Lorenzo auffallend traurig und sein Gesang in eben dem Masse schön. Er sang von einem Vater, den der Feind, von seiner Braut, die der Gram getötet und sprach im Lied die Sehnsucht aus, zu ihnen zu eilen. Plötzlich mitten im Liede verschwand er vor den Augen der gerührten Zuhörer, sie hatten ihn nicht vom Felsenabhang des Hügels stürzen sehen, aber seine Leiche wurde danach drunten im Rhein gefunden. Die Landleute, die ihn liebten, bauten ihm das Kirchlein zum Andenken. Aus: U. Brunold-Bigler, Die Sagensammlung der Nina Camenisch, Disentis 1987, mit freundlicher Genehmigung der Autorin. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Lucherntier

Source: Das Lucherntier

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Westlich der Wintersinger Höhe liegt eine seltsam zerklüftete Waldgegend, die man in Sissach «Luchern» nennt. Dort hat das Lucherntier sein Versteck. Abends schleicht sich dieses unholde Wesen ins Dorf hinunter und lauscht an allen Fenstern, ob die Buben und Mädchen auch schlafen. Wehe, wenn es noch ein lärmendes Stimmchen hört! Mit seinen langen, haarigen Armen holt es den kleinen Unruhestifter aus dem Bettchen heraus und trägt ihn fort — es weiss kein Mensch, wohin. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Das Lyrum

Source: Das Lyrum

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Der Grossätti het emol verzellt: Der wüsset doch, wo s`Lyrum isch, dört halbwägs Weislige, wo d`Stross fascht e-n-Egge macht, bim Chüehbirbaum. Jo, also dört isch mer einischt öppis passiert, i dänke miner Läbtig dra. I bi go öle uf Magde-n-abe. Der Chilchmeyer het mer der Chohli ge, ass i d`Nusschärne und der Lewat nit ha müese träge; `s Güfiwägeli ha-n-i gno. Es isch alls guet gange, d`Frau isch no mit cho, umme isch`s e chly spot worde; es isch scho Nacht gsi, womer z`Weislige usem Rössli cho sy, womer no ne Schoppe gno hei. Aber der Wäg hät i jo wölle finde mit verbundene Auge. Womer ebe do zum Chüehbirbaum cho sy, lauft e Ma vor is ane und i dänke: So, jetz fahrsch eifacht däm noh, dä goht auf uf Oltige und i ha `s Ross lo trampe. Z`letschtemänd seit aber d`Frau: «Das goht au lang, bis me d`Liechter gseht vo Oltige! » Mir het`s au wölle sy und i ha der Chopf e chly gstreckt, aber alsfurt isch keis Liechtli erschiene, es isch mer echly unheimlig worde-n-und i bi ab, ha umenandergluegt. Es isch niene kei Ma meh gsi und aber au kei Wäg meh. Der Chohli het jetz au d’Ohre gstellt, as we wenn`s nit ganz ghür wer, i ha-n-en müese füehre. Ändlig gseh-n-i doch es Liecht, wyt ewägg; es isch vom Rumpel gsi und ganz amene andere-n-Ort sy mer z’letscht doch is Dorf cho und es het is gwohlet, eus und im Chohli. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Das Mädchen ab der Schratten

Source: Das Mädchen ab der Schratten

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Als noch das Tal am Fusse der Schratten von Heiden bewohnt war, lebte in dieser Gegend ein schönes Mädchen, das man bald für das zurückgelassene Kind einer fremden Völkerhorde, bald für das Kind eines Zauberers, bald für das Kind eines bösen Geistes hielt. Es ging in Felle gekleidet, führte Bogen und Speer und liess sich nur dann unter dem Volke erblicken, wenn den Göttern Opfer dargebracht wurden. Da endlich kam der heilige Justus als Verkünder des christlichen Glaubens in dieses Tal-und der grösste Teil seiner Bewohner liess sich bekehren. Von da an war die schöne Jungfrau verschwunden. Nur noch ein einziges Mal begegnete ihr auf der Rückkehr von einer unglücklichen Jagd ein Jäger namens Jngur, der noch fest am alten Götzendienst hielt, obschon sein Weib der Lehre Christi Ohr und Herz geöffnet hatte. Schweigend winkte sie diesem, ihr in eine Höhle zu folgen, wo sie ihm zwei Rehe über die Schulter hing und einen schwarzen Ring darreichte, indem sie zu ihm die Worte sagte: "So lange du diesen Ring am Finger trägst, wird dich keine Not treffen; doch nicht eher sollst du ihn anstecken, als bis dein Pfeil das Herz des fremden christlichen Lehrers getroffen hat!" Schnell eilte Jngur nach dem Tal hinab und fragte nach dem Christen; dieser aber war fort, wieder über die Alpen zurück nach den Gestaden des Brienzer-Sees. Die böse Absicht Jngurs, den heiligen Justus zu töten, war vereitelt. Hierüber ergrimmt stürzte er von seinem zum Christengott betenden Weibe wieder in den Wald hinaus und schweifte dort verzweiflungsvoll umher. Da plötzlich kam ein wilder Mut über ihn, er ergriff den Ring und steckte ihn an den Finger. Kaum aber hatte er dies getan, durchbebte ein Donnerschlag die Luft und Jngur sank tot zu Boden. Seit diesem Augenblick wurde die schöne Jungfrau, welche man das Mädchen ab der Schratten nannte, Jahrhunderte hindurch nicht mehr gesehen; erst in späterer Zeit soll sie wieder unten im Tale im stummen Schmerz, mit aufgelöstem Haar aus einer Höhle kommend, erblickt worden sein. Dann aber, so sagt man, brachte sie den Frauen, deren Männer in den Krieg gezogen waren, die Kunde von ihrem Tode. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Mädchen aus dem See

Source: Das Mädchen aus dem See

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Wenn in dem kleinen Dörfchen Tracht, das so freundlich mit seinen Fenstern auf die Wogen des Brienzersees schaut, die jungen Burschen alle auf die Alpen gingen um sich Flühblumen zu holen und diese dann frühmorgens am ersten Maitag vor die Türen ihrer Mädchen zu setzen, blieb Wilhelm, der schönste aller Jünglinge, allein zu Hause. Wenn am Abend unter der Linde getanzt wurde, hielt er sich ferne oder schaute teilnahmslos zu. Manch eine schöne Jungfrau, reich an Tugend und zeitlichen Gütern winkte ihm freundlich mit der Hand. Er aber erwiderte solche Grusse kalt, dankte kaum und liess die Schönen stehen. Einstmals zu Pfingsten tönten lustig die Hirtenhörner und Schalmeien. Munter schwang sich alles im Reigen und die Mädchen, festlich geschmückt mit bunten Kränzen, glichen einer Blumenflur im Winde. Auch diesmal tanzte Wilhelm nicht. Sieh! Da trat plötzlich aus dem Gebüsch ein Mädchen mit freundlichen, hellen Augen. Ihr Anzug glich dem Putz der anderen, doch war alles von Seide und mit Silber geziert. Ihre goldgeflochtenen Locken wallten lang herab um Hals und Busen. Jetzt erwachte Wilhelm, stand auf, ging auf die Fremde zu und bat um ihre Hand zum Tanz. Sie gewährte ihm seine Bitte und nun sah man die zwei den ganzen Abend zusammen tanzen. Aber ehe die Glocke elfe schlug, war die schöne Tänzerin verschwunden. Am nächsten Sonntag jedoch und so oft die Hörner von Neuem zum Tanze riefen, erschien die Schöne wieder. Bald kam sie wie ein Hirtenmädchen mit einem Schnitterhütchen, bald wie ein Fräulein mit Perlen und Edelsteinen geziert. Doch stets kam sie mit Liebe und Huld und stets war Wilhelm ihr Tänzer. Niemand aber wusste ihren Namen. Da drang der Geliebte, als er sie einst am Seeufer begleitete, in sie, sich ihm zu offenbaren. Und sie erzählte ihm, ihr Vater sei ein Fürst des Wassers. Manchmal könne man ihn sehen, wenn er auf den Wellen des Sees sitze. In der Tiefe sei es wunderbar. Alles sei dort glänzend aber ganz still und einsam auf dem Grunde, wo sie wohne, stehen hohe Türme und stattliche Paläste, vor welchen sich herrliche Gärten ausbreiten. Die Wassermenschen in diesen unterirdischen Gebäuden seien mit Schlangenschuppen bedeckt, der Bart und das Haar mit Schilf und Muscheln verwachsen. Öfters, sagte sie, lauschten diese Ungeheuer am Strande. Plötzlich kämen sie ans Land gesprungen, fingen Jünglinge und Männer, welche dem Seegewürm dann zur Speise dienen müssten. Fingen sie aber Mädchen, so nähmen die Wasserfürsten dieselben sich zu Weibern. So sei es auch ihrer Mutter ergangen, die am Strande Blumen gesucht und geraubt worden sei. Ihr Vater sei streng und grausam. Würde er je inne, dass sie sich zu den Menschen gesellte, so wäre der Tod ihre gelindeste Strafe. Täglich harrte nun der Jüngling am See auf seine Wasserschöne. Immer öfter wusste sie durch List den Wogen zu entschlüpfen, immer enger knüpfte die Liebe die beiden treuen Herzen zusammen. Einst, als sie im Silberlicht des Mondes zu lange traulich beisammen unter den Haseln geweilt hatten, schlug es am Turme zwölf. Da stürzte das Mädchen nieder und sprach: "Es ist aus mit mir, bald siehst du mein Blut das Wasser röten!" Bleich vor Schreck sprang sie alsobald in den See. Wild wallte die Tiefe auf, doch nach kurzer Weile spielte an dem Jüngling, der sich, an einen Weidenstrunk anklammernd, weit über das Ufer hinausbeugte, eine gerötete Welle vorüber. Da liess er seinen Halt fahren und sank ebenfalls in die Tiefe. Nach dreien Tagen fand man am Ufer seinen Leichnam liegen. Es war am St. Johannestag, als Wilhelm seiner Braut folgte. An diesem Tage nähert man sich ungern dem See, denn dann fordert er jährlich ein Opfer. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Mädchen ohne Arme

Source: Das Mädchen ohne Arme

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Es war einmal ein Müller, der hatte drei Töchter nämlich Mengia, Marioschla und Maroia. Die zwei älteren kleideten sich wie Damen und zwangen den Müller, recht viel Mehl von den Bauern abzuzweigen; denn sie wollten dieses für sich verschwenden. Nun gut, die ganze Familie geriet ins Elend, denn die Leute gaben nichts mehr zum Mahlen. Eines Tages ging der Müller mit hängendem Kopf durch den Wald und begegnete mittendrin einem grün gekleideten Herrn. Der fragte, was ihm fehle. Der Müller antwortete, er und die Seinen hätten nichts zu beissen. Das sagte der Herr in Grün: «Wenn du mir das gibst, was hinter deiner Haustür steht, so bringe ich diese Nacht ein Fass voll Geld.» Der Müller versprach dies, denn er dachte, es wären nur alte Besen, und ging nach Hause. Maroia sah den Vater durch den Wald kommen und versteckte sich hinter der Tür, um ihn zu erschrecken. Als der Vater durch die Tür kam, sprang sie hervor und packte ihn an den Beinen. Jetzt erst wusste der Vater, dass der Herr der Teufel war und was er für das Fass hergeben musste. Um Mitternacht hörte er es an die Tür klopfen. Er befahl Maroia, aufzustehen und zu öffnen; es sei einer, der mit einem Sack Korn komme. Maroia hatte noch nie nachts aufstehen müssen, aber sie war ein gutes Kind und gehorchte dem Vater. Sie nahm Weihwasser, öffnete die Tür, sah aber niemanden. Sie erzählte dies dem Vater und der befahl: «Nun, dann geh schlafen!» Jetzt sagte der Müller zu seiner Frau: «Wer weiss, ob er mit dem Fass wieder fortgegangen ist?» Die Frau meinte, ein wenig Geld hätte er wohl zurückgelassen. Kurz und gut, sie getrauten sich nicht, nach dem Fass zu schauen, bevor es hell wurde. Am andern Morgen stand das Fass draussen vor dem Haus, bis zuoberst mit Geld gefüllt, und der Teufel wartete daneben. Er wollte es mitnehmen, aber der Müller bestand darauf, ein wenig Geld nehmen zu dürfen, unter der Bedingung, das Weihwasser vor Maroia zu verstecken, wenn er das nächste Mal komme. Gegen Mitternacht klopfte es wieder. Der Müller hiess Maroia wieder aufzustehen. Sie wollte Weihwasser nehmen und fand das Becken nicht. So ging sie dann hinaus in die Küche, wusch sich, bekreuzigte sich mit Wasser und öffnete die Haustür. Aber da war niemand, so dass der Vater Maroia verbot, schlafen zu gehen. Diesmal glaubte er ganz sicher, dass der Teufel das Fass und alles mitgenommen hatte. Aber das Fass stand am andern Morgen noch vor dem Haus und der Teufel daneben. Der wollte unbedingt das Geld mitnehmen, aber schliesslich durften sie noch etwas herausnehmen, unter der Bedingung, in der nächsten Nacht kein Weihwasser im Haus zu lassen. Die Nacht darauf kam er wieder und klopfte. Maroia stand auf Befehl des Vaters auf, ging in die Küche, fand aber kein Wasser. Nachdem sie sich lange herumgetastet hatte, fand sie etwas Spülwasser in einem Kessel. Sie wusch sich damit, bekreuzigte sich, öffnete die Tür und sah niemanden. Am nächsten Morgen stand der Teufel neben dem Fass und wollte es mitnehmen Doch der Müller versprach wieder zu tun, was der Teufel wolle, wenn er nur das Geld da lasse. Jetzt befahl der Teufel dem Müller: «Nimm Maroia und geh mit ihr im Wald Holz hacken; nimm eine Axt mit, eine Säge und einen Bundhaken. Dann kommt ihr zu einer gefällten Fichte; diese müsst ihr aussägen. Während ihr sägt will ich unter dem Stamm stehen und ihn hin und her bewegen. Dann musst du der Tochter befehlen, den Bundhaken zu halten, und du tust so, als wolltest du mit dem Kopf der Axt auf den Bundhaken schlagen Aber du kehrst schnell die Axt um und haust Maroia beide Arme ab.» Das liess den Vater doch ein wenig erschaudern. Aber es war so viel Geld in jenem Fass drin, so dass er sagte, er wolle das tun. Der Müller machte alles so, wie es der Teufel befohlen hatte. Nachdem er Maroia die Arme abgehauen hatte, nahm er Holzabfälle, legte diese auf die Tochter und ging nach Hause, um sein Geld zu zählen. Im Wald jagte ein Prinz mit seinen Hunden. Da rannten die Hunde zu Maroia und begannen zu bellen. Der Prinz ahnte Ungutes, und er rief mit dem Jagdhorn seine Gefährten zu sich. Die kamen sogleich mit einem schönen Mädchen, ohne Arme und blutüberströmt. Sie stillten das Blut und gingen dann mit dem Mädchen nach Hause auf das Schloss des Prinzen. Die Töchter des Müllers meinten, mit so viel Geld sei es unpassend, in einer Mühle zu wohnen, liessen den Vater ein schönes Wirtshaus an der Strasse kaufen und lebten dort ganz vergnügt. Eines Tages liess der König, der Vater des Prinzen, der das Mädchen ohne Arme ins Schloss genommen hatte, seinen Sohn rufen und sagte ihm, es sei Zeit, eine Frau zu suchen. Der Sohn antwortete: «Mit der, die ich will, seid Ihr nicht einverstanden, doch eine andere will ich nicht.» Nun, für diesen Tag liessen sie es dabei bewenden. Noch zweimal stellte der König die gleiche Frage und er bekam die gleiche Antwort. Beim dritten Mal sagte der König: «Heiraten musst du. Nimm die, welche du willst; ich bin damit einverstanden.» Darauf führte der Prinz das schöne Mädchen ohne Arme herbei und sagte, er wolle die und keine andere. Der König konnte nicht anders, als einverstanden zu sein. Bald war fröhliche Hochzeit. Da erklärte ein anderer König den Krieg; der Vater, der König, übergab seine Truppen dem Prinzen und schickte ihn an seiner Stelle in den Krieg. Beim Abschiednehmen sagte der Prinz zu seinem Vater, er solle seine Frau gut behandeln und zog dann in den Krieg. Während des Krieges gebar Maroia zwei Prinzen, Son und Satgen. Der königliche Grossvater und die Königin freuten sich riesig, dass sie auf einmal zwei muntere Prinzen hatten. Der König schickte einen Boten mit der frohen Nachricht zu seinem Sohn, der im Krieg war. Der Bote kam spätabends in das Wirtshaus des Müllers, ass zu Abend, und dann wollte er seinen Mantel nehmen, um sich schlafen zu legen. Doch Mengia ahnte etwas und sagte, er solle den Mantel nur am Nagel in der Stube hängen lassen wie die andern auch. Nachts durchsuchte Mengia die Manteltaschen, fand den Brief, den der König seinem Sohn geschrieben hatte, und öffnete ihn. Beim Lesen merkte Mengia sogleich, dass der Brief von ihrer Schwester Maroia handelte. Es gefiel ihr nicht, dass ihre Schwester die Frau eines Prinzen war, und voller Neid legte sie sich ins Zeug und schrieb einen Brief an den Prinzen mit allerlei Schlechtigkeiten über Maroia. Unter anderem, dass die einen Hund und Katze geboren habe. Dann legte sie diesen Brief an Stelle des andern in den Mantel. Der Bote ahnte nicht Schlechtes und brachte den Brief dem Prinzen. Der nickte mit dem Kopf, während er las und schrieb auch einen Brief an seinen Vater mit dem strengen Befehl seine Frau gut zu behandeln, auch nachdem sie Katzen und Hunde geboren habe. Mit diesem Brief liess er den Boten nach Hause zurückkehren. Der übernachtete wieder im selben Wirtshaus. Mengia las wieder den Brief, und da sie sah, dass all ihre Lügen den Prinzen nicht hatten erzürnen können, schrieb sie einen Brief an den König und erliess darin den Befehl, sie sollten schauen, dass sie Maroia mit ihren Kindern aus dem Weg räumten, bis er zurückkehre. Als der König das las, war er ganz verwundert und sagte: «Mein Sohn ist aus der Gnade Gottes gefallen, mein Sohn ist aus der Gnade gefallen.» Jetzt kam die Königin und las. Der wurde schlecht, und sie fiel in Ohnmacht. Maroia spürte sofort, dass alles trauriger war im Schloss; sie ahnte nichts Gutes und fragte den König und die Königin, was mit dem Prinzen geschehen sei, aber sie antworteten nicht. Da sagte Maroia, wenn der Prinz etwas wegen ihr angeordnet habe, so sollten sie es ja ausführen, damit sie nachher keinen Ärger mit ihm hätten. Der Prinz habe sie vor dem Tod gerettet, darum könne er ihr auch das Leben nehmen, wann er wolle. Eines Tages kam ein Brief vom Prinzen, er habe den Krieg gewonnen und sei auf den und den Tag zu Hause. Jetzt wurde dem König und der Königin immer schlechter zumute. Sie liessen Maroia rufen und erzählten ihr, was der Prinz geschrieben habe. Maroia gab den Auftrag man solle den Befehl schnell ausführen. Zwei Henker ergriffen sie und ihre Kinder und gingen in den Wald hinaus, um alle drei zu töten. Da bat Maroia, sie sollten sie doch mit ihren Kindern am Leben lassen, sie wolle sich nie vor andern Menschen zeigen. Es sei ihr gleich zu sterben, aber sie bitte um ihr Leben wegen der Kinder. Die Henker waren damit einverstanden, nahmen ein Seil, banden die zwei Kinder Maroia auf den Rücken, und sie ging weiter. Sie suchte eine Bleibe und fand keine bis abends spät. Dann kam sie zu einer Quelle mit gutem Wasser. Sie wollte Wasser trinken. Aber jedes Mal, wenn sie sich vornüber beugte, rutschte ihr das eine oder andere Kind vom Rücken, so dass es ihr nicht gelang, den Durst zu löschen. Da sah sie neben der Quelle eine Frau und bat diese, doch die Kinder loszubinden, damit sie Wasser trinken könne. Das tat die Frau, und dann wies sie Maroia an: «Tauche, bevor du trinkst, einen Armstumpf ins Wasser, um dich nicht zu erkälten. Du könntest krank werden, wenn du so gierig trinkst.» Maroia gehorchte, und als sie den Stumpf herauszog, hatte sie ihren schönen Arm wieder. Auf Befehl der Frau tauchte sie auch den andern Stumpf ins Wasser, und sie erhielt auch den andern schönen Arm zurück. Maroia fragte, was sie für eine gute Frau sei. Die Frau antwortete: «Ich bin die Jungfrau Maria; schau, da drüben ist ein Haus; hier kannst du wohnen, und was du dir wünschst, wird dort sein. Aber du darfst niemanden zum Übernachten einlassen, der nicht um Gottes, der Jungfrau Maria, des Heilands und des heiligen Josephs willen bittet.» Maroia ging mit den Kindern in jenes Haus. Sie dachte, sie möchte dieses und jenes zu essen, und auf einmal war es da. Am Abend wünschte sie sich ein Bett und dieses erschien. Dann wurde es ihr langweilig weil sie nichts zu arbeiten hatte, und sie wünschte ein Spinnrad zum Spinnen, und es war da. Zwei Tage später kehrte der Prinz nach Hause zurück, und seine erste Frage war: «Was macht Maroia?» Der König meinte, er könne schon nach ihr fragen, wo er doch geschrieben habe, sie sei samt den Kindern aus dem Weg zu räumen. Man zeigte ihm den Brief, und der Prinz zeigte den seinen, und da sahen sie, dass die Briefe gefälscht worden waren. Der Prinz sagte: «Um Gottes willen! Ich werde so weit und so lange gehen, bis ich meine Maroia oder wenigstens einen Knochen von ihr finde.» Er streifte sieben Jahre und sieben Tage durch den Wald, wo man Maroia und die Kinder hinausgeführt hatte. Dann kam er eines Abends vor das Häuschen seiner Frau. Er klopfte an. Maroia schaute heraus und fragte, was er wolle. Der Prinz antwortete: «Ich bitte, lasst mich um Gottes willen eintreten und übernachten.» Maroia erkannte seine Stimme, liess ihn aber nicht herein, solange er nicht gesagt hatte: «Um Gottes, der Jungfrau Maria, des Heilands und des heiligen Josephs willen.» Sie fragte ihn dann, was er zum Essen wolle. Er solle nur sagen, sie könne ihm geben, was es auch sei. Er antwortete, er sei nicht würdig, es anzunehmen, doch Milch und Brot könne sie geben, er sei den ganzen Tag so weit gegangen. Maroia geht in die Küche und denkt: «Milch und Brot», und im Hui war es da. Nach dem Nachtessen sagte Maroia, er solle zu Bett gehen. Aber er antwortete, er sei nicht würdig, in einem Bett zu schlafen, in ein Bett lege er sich nicht. Schliesslich brachte Maroia ihn dazu, sich auf die Truhe zu legen, und gab ihm ein Kissen. Sie begann, nebenan zu spinnen und mit ihren zwei Buben zu plaudern. Mit der Zeit liess der Prinz ein Bein neben der Truhe herunterhängen Ganz leise sagte Maroia zu Son: «Geh hin, und hebe deinem Vater das Bein auf die Truhe.» - «Ist das mein Vater?» - «Ja, sei still!», antwortete die Mutter und deutete Son mit dem Finger, er solle schweigen. Son ging hin und hob das Bein auf. Nach einer Weile liess der Prinz das andere Bein neben der Truhe herunterhängen. Wieder sagte Maroia die gleichen Worte. Son ging hin und wollte das Bein aufheben, aber der Prinz hielt jenes so steif, dass Son allein es nicht vermochte. Da befahl Maroia: «Geh hin, Satgen, und hilf Son, das Bein des Vaters auf die Truhe zu heben.» - «Ist das mein Vater?» fragte Satgen. «Ja, aber sei still!» antwortete die Mutter. Beide zusammen kamen dann mit dem Bein zurecht. Der Prinz stellte sich noch eine Weile lang schlafend, war er doch immer wach gewesen. Langsam stand er auf, rieb sich die verschlafenen Augen und begann zu sprechen, er habe Dinge gesehen und gehört, die nicht möglich seien. Maroia meinte, bei Gott sei nichts unmöglich. Auf das hin fiel der Prinz seiner Frau um den Hals. Sie umarmten sich und brachten vor lauter Freude kein Wort hervor. Der Prinz hatte Maroia so lange nicht erkannt, weil sie jetzt Arme hatte. Sie blieben dann noch ein paar Tage in jenem Häuschen, und dann sagte der Prinz zu seiner Frau, ob sie dieses Haus verlassen und ins Schloss zurückgehen wolle, um zu schauen, ob seine Eltern noch am Leben seien. «Aber sicher», antwortete Maroia. Es stehe ihr frei, hier zu bleiben, so lange sie wolle, und zu gehen, wann sie wolle. Sie packten ihre Kleider zusammen und traten aus dem Haus. Da liess Maroia alle niederknien und für das empfangene Wohl danken. Als sie sich erhoben, war das Häuschen verschwunden. Sie gingen fort und kamen zum Schloss. Der König und die Königin waren zwar noch am Leben, aber ganz weiss und alt vor Trauer und Sehnsucht nach ihren Kindern. Sie freuten sich riesig, sie zu sehen, und machten ein grösseres Fest als an der Hochzeit. Jetzt liess der Prinz jenen Boten rufen, der schuld war, dass die Briefe auf so durchtriebene Art und Weise hatten gefälscht werden können, und fragte ihn, wo er auf der Reise übernachtet hätte. Nun, antwortete der Bote, in dem und dem Wirtshaus neben der Strasse. Der Prinz ging mit vielen Soldaten dorthin und liess das ganze Gebäude durchsuchen. Da kamen die richtigen Briefe zum Vorschein, die Mengia trotz ihrer Verschlagenheit nicht zerrissen hatte. Jetzt fällte der Prinz das Urteil, dass alle vier, der Müller, die Müllerin und die zwei Töchter mit Pferden in Stücke gerissen werden sollten. Jemand band einen Braunen an einen Arm, jemand einen Roten an ein Bein, jemand einen Grauen an den Kopf, und hopp hopp wurden so alle zerrissen. (Oberhalbstein)   Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Mädchen ohne Arme

Source: Das Mädchen ohne Arme

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In einer kleinen Hütte lebten vor vielen Jahren arme Leute, ein Vater und eine Mutter, die hatten nur eine Tochter. Als der Vater eines Tages vor dem Haus arbeitete und sich den Kopf zerbrach, wie er seine Familie durchbringen könnte, trat ein Herr in grünem Frack hinzu und sagte, er wolle ihm so viel Geld geben, wie er verlange, wenn er ihm seine Tochter mit zwölf Jahren überlasse. Der Vater versprach dies, und er freute sich sehr, als der Herr in Grün einen Haufen Geldstücke auf den Tisch leerte und sagte: «Wenn Ihr noch mehr wollt, will ich sie bringen!» In dem Augenblick, als der Herr fortging, da sah der gute Mann dessen Pferdefüsse, und da wusste er, wer der andere war. Das Mädchen aber war zu einer guten und frommen Jungfrau herangewachsen. Als sie zwölf Jahre alt war, kam der Grüne daher und wollte die Tochter abholen. Aber als er sah, dass sie sich gewaschen und bekreuzigt hatte, da konnte er nichts machen. Deshalb befahl er dem Vater, er solle dem Mädchen am Morgen früh, bevor es beten und sich waschen könne, die Hände zerschmettern. Am andern Tag stand das Mädchen sehr früh auf, betete und wusch sich. Vor lauter Habgier machte der Vater, was der Grüne befohlen hatte; er zerschmetterte die Arme des Mädchens und führte seine Tochter hinaus in den Wald. Dort band er das Mädchen an eine Tanne. Ganz schnell eilte der Teufel zu ihr in den Wald, aber weil das Mädchen sich gewaschen und gebetet hatte, hatte der Böse keine Macht über sie, und er musste sich mit leeren Händen zurückziehen. An diesem Tag geht der Sohn des Königs in den Wald auf die Jagd und findet das arme Mädchen. Sie ist so schön und fein, dass er sie aufs Pferd setzt und mit ihr zu seinem Vater, dem König, reitet. Da sein Vater gewollt hat, dass sein Sohn heirate, und der sagt, er wolle keine andere zur Königin als das Mädchen ohne Arme, da erlaubt ihm der König, sie zu heiraten. Es gibt eine lustige Hochzeit, und alle sind quietschfidel. Eine Weile später brach ein Krieg aus, und der Königssohn musste zu den Soldaten gehen. Während der König im Krieg war, gebar seine Frau zwei Kinder, wie Wein und Milch, so dass alle sich darüber freuten. Noch am gleichen Tag schickte man jemanden mit der Nachricht zum Prinzen. Aber der Bote musste durch einen verwunschenen Wald gehen, und darin war eine böse Hexe, die verzauberte den Brief, den der Bote bei sich hatte. So bekam der Prinz zu lesen, seine Frau habe zwei grosse und scheussliche Katzen geboren. Ganz von Sinnen befahl der Prinz, man solle noch am gleichen Tag seine Frau mit den Zwillingen aus dem Schloss schicken. Ganz erstaunt über diesen Befehl jagten die Diener ihre Herrin mit den Zwillingen aus dem Schloss. Lange irrte die Ärmste herum, um ein Nachtlager zu suchen. Endlich fand sie eine Quelle, und sie setzte sich hin, um ihren Durst zu löschen. Aber unterdessen fiel eines der Kinder ins Wasser. Als sie es mit ihren Stummeln herausziehen will, sind ihr die Arme wieder angewachsen, und sie nimmt ihr Kind heraus. Als die Prinzessin herumschaut, sieht sie in der Nähe ein wunderschönes Schloss. Sie geht hinein und findet alles, was sie will, nur keine Leute. Als der Prinz aus dem Krieg zurück war und vernahm, was er seiner Prinzessin angetan hatte, nahm er seine besten Ritter und ging die Königin suchen. Eines Tages fand er seine Familie in diesem merkwürdigen Schloss, und voller Freude gab er seinen Rittern ein Zeichen, so dass alle zu ihm kamen. Dann machten sie sich jubelnd mit der Königin und den Prinzen auf den Weg nach Hause. Die Königin schaute aber noch schnell zurück, und sie sah, dass das Schloss verschwunden war. An seiner Stelle stand ein grosser Dornbusch.   Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Mädchen und der grosse Räuber

Source: Das Mädchen und der grosse Räuber

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Eine junge Frau stand einmal vor einem Haus, wo man eine Abendgesellschaft gab. Sie wäre gerne hinein um zu tanzen, wenn sie nicht ihr Kind auf dem Arm gehabt hätte. Auf einmal erschien vor ihr ein Herr in Grün, und der bot sich an, das Kind zu halten, während sie tanze. Die Mutter gab den Kleinen dem Fremden, sie ging ins Haus und tanzte ausgiebig. Als sie aus dem Haus kam, wollte sie dem Herrn das Kind wieder abnehmen. Doch der war samt dem Kind verschwunden. Voller Angst ging die Mutter nach Hause und erzählte ihren Leuten, was passiert war. Alle waren zutiefst traurig. Vor allem die Schwester wollte sich nicht trösten lassen. Weinend sagte sie zur Mutter: «Ich gehe meinen Bruder suchen und kehre nicht zurück, eh ich ihn gefunden habe, und wenn ich in die Hölle hinunter müsste.» Sie ging weg und kam zu einer Kapelle. Sie betete lange darin, damit Gott sie ihren Bruder finden lasse. Vor der Kapelle begegnete das Mädchen einem alten Mann, der fragte sie, wohin sie gehe. Das Mädchen erzählte, wie der Kleine verschwunden sei und dass sie ihn suche. Als der alte Mann alles wusste, sagte er: «In dieser Kapelle hat es einen Haselstecken, nimm ihn, und wohin er geht, folge ihm.» Das Mädchen ging in die Kapelle zurück, fand den Stecken, und sie ging hinter ihm her.  Nach einem langen Marsch gelangte sie in einen dunklen Wald. Hier lebte ein Einsiedler, der führte ein heiligmässiges Leben. Das Mädchen fragte ihn, ob er vielleicht etwas von ihrem Bruder wisse. Der Einsiedler sagte er wisse nichts, doch er habe eine Dose mit Salbe, sie solle damit zum grossen Räuber gehen, der habe ein Kind, dies liege schon seit vielen Jahren krank im Bett. Doch mit dieser Salbe könne sie das Kind heilen, und deshalb werde ihr der grosse Räuber nichts tun. Der könne ihr vielleicht sagen, wo ihr Bruder sei. Das Mädchen wanderte weiter und kam zu einer Hütte. Es war niemand da ausser einer Frau, die neben dem Bett eines kranken Kindes stand. Die Frau hiess das Mädchen willkommen, sagte aber gleich: «Geh bloss schnell weg, mein gutes Mädchen, denn du bist ins Haus des grossen Räubers geraten. Der ist gerade in den Wald, um ein Bündel Holz zu holen. Doch wenn er zurückkommt und dich hier findet, macht er Kleinholz aus dir.» Das Mädchen erwiderte, sie wolle dieses arme kranke Kind heilen, bevor sie weitergehe. Sie nahm die Salbe hervor, und kaum hatte sie das Kind damit bestrichen, so stand es auf und sprang herum. Die Mutter war ausser sich vor Freude, und sie hiess ihren Buben, er solle dem Vater entgegengehen und ihn bitten, das Mädchen gut zu behandeln, weil sie ihn geheilt habe.  Als der grosse Räuber sein Kind gesund und munter sah, wunderte er sich sehr und fragte, wer es geheilt habe. Der Bub erzählte, wie es ihm gegangen war und fügte hinzu: «Nicht wahr Vater, du tust dem Mädchen nichts?» Als der grosse Räuber nach Hause kam, fragte das Mädchen, ob er wisse, ob ein Kind in der Hölle drunten sei. Der Räuber antwortete er, steige täglich in die Hölle hinunter, es sei ein Kind dort. Wenn sie es sehen wolle, solle sie nur mitkommen. Im Hui waren sie beide vor den Pforten der Hölle. Auf ihr Klopfen hin erschien ein scheusslich hässlicher Teufel. Das Mädchen fragte ihn, ob sich nicht ein Kind in der Hölle befinde. Der Teufel antwortete: «Doch, hier hat’s ein Kind, das kriegst du aber nicht!», und er schlug die Tür zu. Sie klopften ein zweites Mal, und dann kam ein noch hässlicherer Teufel heraus. Doch auch der schmiss die Tür zu, als sie nach dem Kind fragten. Als sie zum dritten Mal klopften, öffnete ein Teufel, der war noch hässlicher als die ersten beiden. Das Mädchen fragte ihn, was man tun müsse, um das Kind aus der Hölle zu retten. «Das Kind bekommst du nur, wenn du sieben Jahre lang ein heiligmässiges Leben geführt hast, ohne ein einziges Wort zu sprechen.» Der grosse Räuber, der sich unsichtbar gemacht hatte, hiess das Mädchen, den Teufel zu fragen, ob es auch Hoffnung auf Erlösung für den grossen Räuber gäbe. Da zeigte der Teufel einen schrecklichen Feuerofen und sagte: «Der da steht für den grossen Räuber bereit.» Er könnte es trotzdem noch einmal versuchen und hierzu einen dürren Stock in die Erde stecken. Wenn der mitten im Winter Blätter und Blüten treiben würde, dann wäre der grosse Räuber erlöst. Dann verliessen der grosse Räuber und das Mädchen wieder die Hölle, und sie kamen in einen dunklen Wald, wo es riesige Wurzelstöcke hatte. Der grosse Räuber steckte seinen dürren Haselstab neben einen Wurzelstock und sagte zum Mädchen: «Ich werde an diesem Ort ein heiligmässiges Leben führen, und ich bitte dich, nach sieben Jahren hierher zu kommen, um zu schauen, ob der Stock blüht.» Das Mädchen ging weiter in den Wald hinein und führte sieben Jahre und sieben Tage ein heiligmässiges Leben. Als die Zeit um war, kam auf einmal ein schöner Jüngling zu ihr und sagte: «Liebe Schwester, du hast mich aus der Hölle erlöst, ich bin der Kleine, den die Mutter dem Teufel in die Arme gelegt hat.» Dann ging die Schwester mit dem Bruder zusammen schauen, wie es um den grossen Räuber stehe. Es war mitten im Winter, und die beiden mussten lange durch den Schnee stapfen. Der Stock, den der grosse Räuber in den Boden gesteckt hatte, war voller schöner roter und weisser Blumen. Doch der grosse Räuber lag da, den Kopf gegen den Wurzelstock gelehnt, und war tot. Der Bruder und die Schwester berichteten dieses Wunder dem Bischof jenes Landes, und der holte mit einer grossen Prozession den Leichnam des heiligen Einsiedlers ab, und viele Leute begleiteten ihn zum Friedhof. Der Einsiedler, der die heilende Salbe für den Buben gegeben hatte, war ein Bruder des grossen Räubers. Jeden Tag kam ein Engel zu diesem Einsiedler. Doch am Todestag des grossen Räubers erschien er nicht. Da der Einsiedler den Grund wissen wollte, sagte der Engel, er habe zusammen mit vielen andern Engeln die Seele seines Bruders in den Himmel begleiten müssen. Da fragte der Einsiedler den Engel, wie viele Engel einmal seine Seele begleiten würden. «Nur ich», antwortete der Engel, «denn du bist zu hochmütig gewesen!»     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Mädchen und die Fee

Source: Das Mädchen und die Fee

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Im Oberried wohnten arme Leute. Der Vater war an der Arbeit, und die Mutter befahl ihrem achtjährigen Mädchen, die Hebamme zu holen. Es machte sich sogleich auf, und unterwegs begegnete ihm eine Frau. Sie fragte das Mädchen, wohin es gehen wolle, und da es erwiderte, es müsse eiligst die Hebamme holen, erklärte sie: »Ich bin's.« So kehrten sie zusammen heim, und sie hat ihre Sache recht gemacht. Als sie sich verabschiedete, nahm sie das Mädchen bei der Hand und nötigte es, sie zu begleiten. Zusammen stiegen sie das Oberlaubhorn hinauf.  Da öffnete sich ein Tor. Sie gingen hinein, und an den Wänden hingen große Goldklumpen. Da legte die Frau dem Mädchen Kohlen in die Schürze und verschwand.  Es bekam Angst und eilte hastig dem Ausgange zu. Doch unterwegs verlor es die Kohlen, und eine unsichtbare Hand hob sie immer wieder auf und legte sie in seine Schürze.  Eine Stimme rief ihm nach:  »Je mehr du zatterst, Wie minder du hattest.«  Auf das Geheiß der Mutter legte es daheim die Kohlen in den Keller, und als es sie da noch einmal vom Boden aufhob, waren sie pures Gold.  Aus: Küffer, G. Sagen aus dem Obersimmental (Lenk), Archiv für Volkskunde Bd. 17, 1913 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Mandli mit dem grünen Hüetli

Source: Das Mandli mit dem grünen Hüetli

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Auf dem Lypplanggen-Stein zu Gufern im Maderanertal sahen die Älpler bisweilen ein Mandli sitzen, mit einen grünen Hüetli auf dem unkenntlichen, wie mit einem Tuch eingehüllten Kopf. Aber wenn sie nahe kamen, um ihm in das Gesicht zu schauen, war es jedesmal verschwunden. Einmal kaufte ein Bauer von Silenen am Maienmarkt zwei verflüemet scheeni jungi Pintnersywli. Voll Freude und mit nicht geringem Stolze sagte er zu seiner Frau: »Chumm lüeg! hani da nitt zwei prächtigi Sywli pracht, und billig?« Die Frau stimmte in das Lob ein. Bald hernach zogen sie nach Gufern z'Alp, und der älteste Bub musste die zwei Kleinode bewachen und hüten. Fast am ersten Tag schon rannten sie ihm urplötzlich wie besessen davon und stracks dem Kerschelenbach zu (das ältere Volk in Amsteg, Bristen, Intschi und so weiter spricht ganz richtig: der Chärscheler, der Chärschäläbach, Chärschälätall und nicht Kärstelen. Die urkundliche Schreibart seit dem 13. Jahrhundert und die der Kirchenbücher bis in die neueste Zeit ist Chersolon [1291], Kerselen, Kerseren), in dessen schäumenden Wellen sie verschwanden. Heulend lief der Bub zur Hütte. Der Empfang war kein freundlicher. Endlich raffte sich die Frau auf und machte ein Gelübde; ich weiss nicht was für eines. Kaum hatte sie das Versprechen abgelegt, kamen die zwei Pintner auf der andern Seite des Baches zum Vorschein. Aber das Mandli mit dem grünen Hüetli liess sich seither nicht mehr blicken (19. Jahrhundert). Christina Exer, Silenen; Josef Jauch, Bristen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Männchen im Flussbett

Source: Das Männchen im Flussbett

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Wenn der in dem wilden und engen Tale Habkern fliessende Waldstrom, der Lombach genannt, sich mit Wasser anzufüllen und überzuströmen droht, kommt jedes Mal vor dem Anlauf der Gewässer ein kleines Männchen in seinem Bette daher geschritten und schlägt rechts und links mit einem langen Stocke an das Ufer, als Zeichen, wo dasselbe vom Schwalle fortgerissen werden wird. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Manndli mit dem Wetterhut

Source: Das Manndli mit dem Wetterhut

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Wenn sie in der Alp Hinterfeld im Meientale auffuhren, geschah es dann und wann, dass ein kleines Manndli mit spitzzulaufendem, breitkrämpigem Wetterhut und einem Stock in der Hand in der Alp gesehen wurde, das aber nie in die Nähe der Hütte kam; dann konnten sie sich auf baldigen Schneefall gefasst machen, der sie nicht selten zur Rückkehr zwang. Emil Baumann-Muther, Wassen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Männlein im Friesenberg

Source: Das Männlein im Friesenberg

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Das Männlein im Friesenberg Im Friesenberg wohnte vor 1800 ein steinaltes Mannli namens Rosenberger, das man niemals anders sah als mit einem über den Rücken gehängten Reissäckli. Es durchkreuzte unaufhörlich die Wiesen und war selten auf einem angelegten Weg zu beobachten. Kam man mit ihm zusammen, so gab es stets auf eine Frage nur die eine Antwort: „He he he he, hi hi hi hi!“, so dass jeder Fragesteller selbst ins Lachen kam. Von diesem Mannli hiess es noch lange nach seinem Tode, es wandere immer noch, das Säckli auf dem Rücken, die Wiesen hinauf und lache sein „he he he he, hi hi hi hi“ vor sich hin. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Escher, W. und A., S. 210.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Männlein von Grünenfeld

Source: Das Männlein von Grünenfeld

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Am Turm der Melser Kirche schlug es elf Uhr. Der Pfarrer, Dekan Fils, lag im ersten Schlummer. Da hörte er dreimal rufen, oben am Berg sei ein Sterbender, der nach ihm verlange. Schon kam auch der Mesner daher mit der Laterne; denn auch ihn hatte die Stimme gerufen. Allerdings war niemand da, der ihnen nähere Auskunft gegeben hätte; aber die beiden fanden es in ihrer Pflicht, den Weg anzutreten. Verwundert schauten ihnen schlaftrunkene Leute aus den Fenstern nach; denn niemand wusste, wem dieser nächtliche Gang gelten sollte. In Grünenfeld war alles still, und keiner wollte den Besuch begehrt haben, da niemand krank sei und so eilig abzuscheiden gedenke. Schon wollten die beiden umkehren, da sie sich für getäuscht hielten. Nun aber streckte ein altes Männchen den Kopf zum Fenster heraus und sagte: "Umsonst sollt ihr den weiten und strengen Weg nicht gemacht haben. Ich, als der Älteste des Dörfchens, will mich bereitmachen, als ob meine Stunde gekommen sei. Niemand kann wissen, wie und wann er abgerufen wird." Er beichtete und empfing die Hostie in gläubiger Andacht. Hierauf gingen Pfarrer und Mesner nach Mels zurück; aber kaum waren sie unten auf dem Feldwege angekommen, so lief ihnen ein Knabe nach, der ihnen meldete, der Alte sei eines sanften Todes gestorben.Dr. Henne-Am Rhyn, Deutsche Volkssage. *** Henne überliefert uns diese Sage in gebundener Rede, die wir von dieser Sammlung so viel wie möglich grundsätzlich ausschliessen. Die Sage an und für sich ist Poesie und bedarf keiner weiteren Einkleidung. Die Dichter wollen glatte Verse haben und sind darum genötigt, auszuschmücken und abzustreifen. Der vorstehenden Sage fehlt wohl aus diesem Grunde ein wesentliches Moment. - Wer hat für den Abscheidenden Botendienste getan? Es war der heilige Joseph, zu dem man täglich ein Vater-Unser beten muss; dann wird man nicht eines "jähen Todes" aus dieser Welt abscheiden. Wenn keine menschliche Hilfe zur Stelle ist, springt der Heilige selbst ein. So wird die gleiche Sage in Vättis erzählt. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 252, S. 128f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Märchen vom Buben der so schön flöten konnte

Source: Das Märchen vom Buben der so schön flöten konnte

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Es war einmal ein Mann mit seiner Frau, habliche Leute, die gemächlich von ihren Zinsen lebten. Die hatten einen einzigen Sohn, einen hübschen aufgeweckten Knaben. Der hatte eine Flöte, die tönte so fein wie keine andere auf der Welt. Wenn er darauf blies, da war's, als pfiffen und trillerten alle Vögel unter dem Himmel und sprudelten und quirlten die Bächlein am Berg und als würde der Wind säuseln und rauschen in den Wäldern. Seine Gespielen vergassen allemal Spiel und Streit, wenn er sein Flötlein hervornahm und ihnen ein Lied darauf spielte. Und die Leute schauten von ihrer Arbeit auf und lauschten seinem Spiel. Der Vater hatte sein Geld weit fort in der Stadt angelegt, und als nun der Sohn herangewachsen war, sagte er zu ihm: »Morgen reise ich in die Stadt, um die fälligen Zinsen heimzuholen, du sollst mich begleiten, dann weisst du das nächste Mal den Weg selber und kannst allein gehen. Denn ich bin schon alt, und da fällt mir das Reisen beschwerlich.« Also gingen sie miteinander nach der Stadt und holten das Geld heim. Nach einem Jahr sagte der Vater: »Geh nun und hole mir den Zins heim, den Weg kennst du ja jetzt.« Der Bub machte sich fröhlich auf den Weg, und wenn's ihm langweilig wurde, nahm er seine Flöte hervor und blies ein munteres Stücklein nach dem anderen, und seine Füsse hielten Schritt mit den Tönen. So kam er schneller in die Stadt, als er gedacht. Er zog das Geld ein und schob den prallvollen Beutel in den Sack. Aber da es zu spät geworden war, als dass er den Tag noch hätte Heim gelangen mögen, so musste er über Nacht in der Stadt bleiben. Gegen Abend ging er noch durch die Strassen und Gassen, um sich das Leben und Treiben zu beschauen. Da sah er auf dem Platz vor dem Rathaus einen Haufen Leute; die schlugen einen nackten Leichnam mit Ruten. Einer nach dem andern trat hinzu und versetzte dem Toten einen Streich und sprach eine Verwünschung über ihn aus. Das deuchte den Buben grausam, denn er hatte ein weiches Herz, und er fragte einen Mann, warum sie das täten. »Ei, junger Herr«, erwiderte der, »das ist hierzulande so der Brauch: Wer stirbt, und hat seine Schulden nicht bezahlt, der wird ausgepeitscht, andern zur Lehre und Warnung.« Ach, dachte der Bub da bei sich, die Toten soll man lassen ruhn und nicht noch einmal töten; denn der Tod hebt alles auf und er fragte, wie gross denn die Schuld des Toten wäre. Als man ihm den Betrag nannte, griff er in den Sack, zog den Beutel hervor und bezahlte alles, damit sie nur abliessen, den Toten zu schlagen. Und siehe, es war just so viel, als er an Zinsen eingenommen hatte. Die Leute aber schüttelten den Kopf, tippten sich an die Stirn und lachten über ihn und sagten zueinander: »Der hat eins mit dem Sack überbekommen und jetzt sucht er silberne Glöcklein unter dem Regenbogen!« Denn sie meinten, er müsse ein rechter Narr sein, dass er sein Geld für so etwas gebe. Am andern Morgen zog der gute Bub munter flötend nach Hause. Es war ihm so wohl ums Herz, er wusste nicht warum. Aber als er statt des vollen Beutels den leeren heimbrachte, da ward der Vater zornig und schrie: »Du wirst auch erst klug, wenn die Steine zu Teig werden. Was hast du mit fremden Sachen zu schaffen! Und überdies, die Toten, die spüren nichts mehr.« Übers Jahr hiess der Vater den Buben wieder in die Stadt gehen, um den Zins einzuziehen. »Aber dass du dich nicht unterstehst, das Geld wieder zu vertun, das sage ich dir!« sprach der Vater, als der Bub aufbrach. Der kam in die Stadt und zog das Geld ein. Auf dem Heimweg kam er an einem verfallenen Turm vorüber. Zuunterst im Gemäuer war ein Loch. Daraus winkte ihm eine weisse Frauenhand. Er trat hinzu und fragte: »Wer ist drinnen?« »Ach«, rief eine sanfte Stimme zurück, »ach, hilf mir heraus, hilf mir heraus! Ich bin hier eingekerkert ohne Schuld!« Der Bub nahm seinen Stock und machte das Loch grösser, bis die Gefangene hindurchschlüpfen konnte. Es war eine schöne Jungfrau, aber gar zart und blass von Angesicht. Er begleitete sie nach der Stadt zurück und brachte sie in eine Herberge und er legte dem Wirt den Preis im Voraus hin. Und siehe, wieder war es just so viel wie der ganze Zins. Als er heimkam, und abermals einen leeren Beutel vorzeigte und erzählte, was vorgefallen war, da war der Vater so wütend und wild, dass er ihn zur selben Stunde noch aus dem Hause stiess, wie er stand und ging als ein Nichtsnutz, der Vater und Mutter verunehre, dass er ihr ganzes Geld wie Spreu in den Wind streue, und gar noch für ein fremdes Frauenzimmer. Da stand nun der Bub auf der Strasse und hatte nichts als seine Flöte. Langsam ging er nach der Stadt zurück und blies im Gehen eine alte Weise vor sich hin:             Welcher das Elend buwen well,      der macht sich uf und rust sich schnell wol uf die rechten Strassen! Vatter und Muoter, Ehr und Guot, sich selbs muoss er verlassen, das Glück er finden tuot. Bald stand er wieder vor den Toren der Stadt und ging in das Wirtshaus, wo er die Jungfrau untergebracht hatte. Sie war frisch erblüht und begrüsste ihn hocherfreut als ihren Retter und erzählte ihm, sie sei die Tochter eines Königs jenseits des Meeres. Sie habe ihrem Vater eine Botschaft gesandt und Geld von ihm erhalten für die Heimreise. »Und du sollst mein Begleiter sein«, sagte sie, »damit ich nicht alleine bin auf der Fahrt über das Meer.« Dabei schaute sie ihn an mit ihren Augen, die wie die Sterne leuchteten, so dass er nicht nein sagen konnte, auch wenn er gewollt hätte. Der Kapitän des Schiffes, ein wüster Mann, wie's keinen mehr in sieben Ländern gibt, merkte bald, dass die vornehme Jungfrau und ihr Begleiter einander gut waren. Denn wenn der Wind die Segel blähte und die Wellen um den Bug schäumten, nahm der Bub seine Flöte hervor und spielte ihr lustige Weisen vor, und die Schiffsleute fingen an zu singen und rührten rüstig die Glieder. Doch wenn die Sonne sank, dann spielte er traurig süsse Weisen, dass allen das Herz vor Wehmut zerfloss. Dem Kapitän aber gefiel das Spiel gar nicht, denn er hatte längst selber ein Auge auf die Jungfrau geworfen. Als er gar vernahm, dass sie eine Königstochter sei und ihr Liebster nur ein Musikant, drehte er in seiner Seele den Faden zu einem finsteren Gespinst, und er beschloss, sich des Buben bei der ersten besten Gelegenheit zu entledigen. Mitten auf dem Meer brach ein furchtbarer Sturm herein. Das Schiff schwebte bald auf den höchsten Kämmen der Wellenberge, bald auf dem untersten Grund der Wellentäler. Die Segel knatterten und flatterten in Fetzen, Rahen brachen und krachend bog sich der Mast. Da entbot der Kapitän alle Mann auf Deck und liess auch den Buben mit Hand anlegen. Der griff unerschrocken zu. Da stiess ihn der Kapitän hinterrücks über Bord. Er klammerte sich an einem treibenden Balken fest und wurde, nachdem er lange auf den Wellen umhergetrieben, an den Strand einer unbewohnten Insel geworfen. Auch das Schiff entrann dem Sturme. Die Königstochter weinte sich beinahe die Augen aus um ihren Liebsten. Aber der Kapitän tröstete sie und tat gar freundlich und liebreich, brachte sie zu ihrem Vater und sagte, er habe sie aus dem Kerker befreit und glücklich übers Meer geführt. So sei es nur recht und billig, dass er sie zur Frau erhalte. Der Königstochter drohte er aber insgeheim, er werde sie umbringen, wenn sie die Wahrheit erzähle. Der König war ausser sich vor Freude, dass er seine Tochter wiederhatte, und er glaubte aufs Wort alles, was der Kapitän sagte. Er wusste nicht, wie er ihm seine Dankbarkeit besser beweisen möchte, als dass er ihn zum Schwiegersohn annahm, und so wurde die Heirat festgesetzt. Die Jungfrau aber bat ihren Vater, sie wünsche, dass ihr erst ein neues prächtiges Schloss gebaut werde, in dem sie mit ihrem Gatten wohnen wolle. Eher werde sie dem Kapitän ihre Hand nicht reichen. Und der König erfüllte ihren Wunsch. Der Bub auf der einsamen Insel im Meer schaute Tag für Tag aus, ob nicht ein Schiff vorüberkäme, dem er sich durch Zeichen bemerkbar machen könne. Doch Tag um Tag verging und kein Mast, kein Segel zeigte sich in der Ferne. So verstrich ein ganzes Jahr, und der Bub wäre verzweifelt, hätte er nicht noch seine Flöte gehabt. Da, als er eines Tages wieder an dem Strande stand, kam aufs Mal ein Hase angeschwommen. Der schüttelte sich das Wasser aus dem Pelz und fing an zu reden und sprach: »Setz dich auf meinen Rücken und sag mir, wohin ich dich tragen soll.« Der Bub nannte ihm den Namen des Königreiches, über das der Vater der Jungfrau herrschte. Der Hase trug ihn durchs Meer und setzte ihn an der Küste jenes Landes ab. »Wisse«, sagte der Hase, »ich bin der Tote, dessen Leichnam du losgekauft hast von Schuld und Schmach. Jetzt habe ich meine Sünden gebüsst und bin erlöst!« Da war er schon verschwunden - der Bub hat ihm nicht einmal danken können. Nun wanderte der Bub landeinwärts in die Residenz, als eben die Feierabendglocken läuteten. Am andern Morgen ging er ins Schloss hinauf und fragte nach Arbeit. Viele Bauleute waren an dem neuen Bau beschäftigt, und viele brauchte man, denn der Schwiegersohn des Königs trieb zur Eile. So wurde er als Pflasterbub eingestellt, und er fuhr Sand und Kalk, trug Wasser, schleppte Mörtel und Steine den lieben langen Tag. Nach Feierabend aber schlich er sich in den Garten des Schlosses, setzte sich auf die Mauer, nahm seine Flöte hervor und blies die alten Weisen. Wie die Königstochter die Töne hörte, kamen ihr die Tränen, und traurig sprach sie: »Läge er nicht auf dem Grunde des Meeres, wahrlich, ich würde meinen, es sei mein Erlöser, der da drunten spielt; denn diese Weisen hatte er einst geblasen.« Bald blies der Bub auch unter der Arbeit, denn dann ging den Bauleuten alles leicht und rasch von der Hand, und die Arbeit war wie ein Spiel, und der Bau wuchs, es war nicht zu sagen, und unversehens stand das Schloss da. Unterdessen war auch die Hochzeit der Königstochter mit dem Kapitän angesagt worden und alles zum Fest gerüstet. Auch der Baumeister mit allen Werkleuten war dazu eingeladen, und der Pflasterbub sollte aufspielen, denn ein besserer Musikant, meinten alle, wäre nicht zu finden. Beim Gastmahl gebot der König, dass alle Gäste, vom Bräutigam angefangen, das merkwürdigste Abenteuer erzählen sollten, das ein jeglicher erlebt. Der Kapitän stand auf, hob den Becher zum Munde, strich sich den Schnauzbart und erzählte, wie er die Prinzessin aus dem Kerker erlöst, glücklich übers Meer geführt und ihrem Vater zurückgebracht und zur Gemahlin gewonnen hätte. Da bat die Braut den Flötenspieler, er möchte doch als nächster sein Schicksal erzählen. Der trat vor und sprach: »Ehe ich mit Eurer Gunst dem Wunsche genüge, sei mir erlaubt, an den Kapitän eine Frage zu richten. Welche Strafe erleidet der zu Schiffe, der falsches Zeugnis gibt?« »Solche werden lebendig gevierteilt«, antwortete der Kapitän und lachte. Nun fing der Bub an, von Anfang bis Ende sein Schicksal zu erzählen, woher er komme, und wie es ihm ergangen, wie der Kapitän ihn ins Meer gestossen und auf welch wunderbare Weise er errettet worden. Noch ehe er zu Ende gekommen, fiel ihm die Königstochter um den Hals, küsste ihn vor aller Augen und sprach: »Sehet alle her, dieser ist mein wahrer Erlöser, und mit ihm will ich Hochzeit halten.« Der Kapitän wurde auf der Stelle gefesselt abgeführt und in den Turm geworfen, damit er nach seinem eigenen Spruche gevierteilt werde. Aber der Bub sagte: »Hab ich damals den Toten von den Lebenden losgekauft, so sei auch jetzt der Lebende vom Tode freigegeben.« Also geschah's: Der Kapitän wurde an die Grenze des Landes gebracht und über See verschickt. Der Bub aber feierte Hochzeit mit der Königstochter und ist nachmals selber König geworden. Und wenn sie nicht gestorben sind, so leben sie heute noch. Quelle: Götz E. Hübner und Sigrid Früh, Von Gletscherjungfrauen und Erdmännlein, Fischer TB Aus Johann Jegerlehner: Sagen und Märchen aus dem Oberwallis, Basel 1913 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Märchen vom Schlaraffenland

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Ich wäre gerne Landammann geworden, doch ich konnte nicht bis auf fünf zählen, deshalb fiel ich durch. Dann machte ich mich auf, um ins Schlaraffenland zu ziehen. Ich ging und ging und kam zu einer riesig grossen Ebene, eine Elle lang und eine Elle breit. Hier war ein Mann, der mähte. Ich sagte zu ihm: «Du kannst nicht recht mähen. Gib mir die Sense!» Jetzt nahm ich die Sense und versetzte dem Mann einen Hieb in die Beine, so dass der Kopf herunterfiel. Ich nahm den Kopf und setzte ihn wieder auf den Arsch. Da sagte der Mann: «Hör auf, hör auf! Du hast den Kopf verkehrt aufgesetzt!» Da setzte er den Kopf auf den Hals. Dann ging ich weiter und kam zu einem schrecklich grossen Wald, lang und breit, da gab es zwei Bäume. Auf einem sah ich ein Vogelnest. Ich kletterte hinauf, aber ich konnte nicht mit der Hand hinein. Da ging ich mit dem Kopf hinein, aber ich kam nicht mehr hinaus. Jetzt musste ich schnell hinunterspringen, um eine Axt zu holen und das Loch zu vergrössern, damit ich meinen Kopf befreien konnte. In diesem Nest waren sieben ganz nackte Vögel. Ich fing einen, da hatte ich die Federn in der Hand. Dann liess ich die Axt fallen, dann ging ich hinunter und fand die Axt nicht. Ich zündete die Federn an, um die Axt zu finden. Da brannte die Axt, und ich fand nur den Griff. Darauf säte ich in die Asche der Axt Hirsebrei, damit ich zu essen hätte, wenn ich zurückkäme. Dann ging ich weiter und kam in eine schrecklich grosse Stadt, wo es zwei Häuser hatte. Ich hatte grossen Hunger. Da ging ich in eines der Häuser und wollte mir zu essen geben lassen. Darin war eine Frau, die spann Milch vom Rocken herunter. Ich dachte: «Nein! In diesem Haus lasse ich mir nichts zu essen geben!» Jetzt ging ich ins andere Haus, und darin war eine Frau, die Rahm von der Garnspule abhaspelte. Ich dachte: «Du willst dir hier nichts zu essen geben lassen. Du willst zurückkehren und schauen, ob die Hirse gewachsen sei.» Ich ging also zurück und sah, dass sie gewachsen war. Ich ass die Hirse mit gutem Appetit, und wenn ich nicht aufgehört habe, so bin ich immer noch dort und esse davon.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Märchen von den Haselnüssen

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0, diese goldenen Septembertage, wer möchte sie nicht zu den schönsten des Jahres zählen? Sommerlich warm scheint noch die Sonne. Rosen, Dahlien und Astern leuchten mit brennenden Farben im Garten, Margriten blühen auf allen Äckern, Thymian duftet an den Wegen, Bienen summen, Herdenglocken klingen, und an den Hecken bräunen sich schon die Haselnüsse. Was der Lenz zur Blüte, der Sommer zur Fülle gebracht, das drängt jetzt zur Reife. Die Welt schwelgt im Überflusse. An so einem Septembersonntag machte Simon seiner Liebsten, der Sabina, einen Besuch. Es war den beiden aber zu schön, um in der Stube zu sitzen. Der goldene Sonnenschein und die Pracht der Gotteswelt lockten hinaus - hinaus. Da sagte das Mädchen: „Komm, wir gehen in die Haselnüsse.“ Das war dem Burschen gerade das Rechte. Längst hatte er auf eine Gelegenheit gewartet, mit ihr allein und ungestört ein Wort über die Zukunft zu reden. So wanderten sie Hand in Hand über Matten und Felder und kamen endlich in die Zelgen. Das waren langgestreckte, aber nicht sehr breite Landstreifen, die ringsum von dichtem, hohem Haselgesträuch und vereinzelten Hageichen umgeben waren, so dass sie riesigen Stuben glichen. Man konnte hier stundenlang im Schatten der Hecken wandern. Schlüpfte man durch eine Lücke, so stand man gleich wieder in einer andern grünen Stube. Hier war das Paradies der Hasen, Vögel, Eichhörnchen und Haselmäuschen. Nun stand das junge Paar an einer der mächtigen Hecken. Sabina sagte: „Jetzt wollen wir beginnen. Du suchst die obere und ich die untere Seite des Hages ab. Da drüben an der Ecke der Zelg treffen wir uns wieder. Dann werden wir sehen, wer fleissiger gewesen ist.“ Sie machten sich schweigend an die Arbeit. Es knackte und raschelte und rauschte in den Stauden, bald hüben, bald drüben, bald näher, bald ferner. Von Zeit zu Zeit klang ein Ruf von einem zum andern:  „Findest du was?“ „Wirst es bald sehen.“ Keines wollte dem andern verraten, welch reiche Ernte es einheimste. Alle Stauden hingen voller Früchte. In jedem Büschel steckten vier fünf und sechs Nüsse. Und reif waren sie - überreif. Wenn man sie nur berührte, fielen sie einem sammetbraun in die Hand. Simon füllte alle Taschen und endlich noch die Zipfelkappe. Sabina liess eine Handvoll nach der andern in die Mumiera (aus Stroh geflochtene Handtasche) rieseln. Schritt um Schritt rückten die beiden weiter. Endlich gelangten sie ans Ende der Hecke. Da gab es ein frohes Wiedersehn. Sie setzten sich neben einem Steinhaufen ins Gras. Sabina zeigte mit Stolz, wieviel sie gesammelt. Die Mumiera war zur Hälfte gefüllt. Simon schüttete noch seine Ernte hinzu. Da wurde sie schwappvoll. Es hatten also beide gleichviel gelesen. Darüber freuten sie sich wie Kinder. Das Mädchen meinte: „Was wir heute gesammelt haben, das füllt ein ganzes Säcklein. Ich freue mich schon auf die langen Winterabende, da pöpperlen wir zwei die Nüsse für und für auf. Das muss recht kurzweilig sein. Glaubst du nicht auch?“ „0 ja, das muss heimelig sein“, gab er zur Antwort. „Und dabei erinnern wir uns des heutigen schönen Tages.“ „Hat er dir gefallen?“ „Sehr! Ich möchte alle Tage so sammeln - mit dir - für uns. Möchte es machen wie die Bienen und Ameisen. O! Es muss schön sein, wenn zwei, die sich lieben und verstehen, so miteinander und füreinander schaffen und hausen - und nicht nur ein Säcklein, sondern ein ganzes Haus füllen.“ „Wie meinst du das?“ „Höre! Ich bin nur ein Küher. Doch habe ich seit Jahren gesammelt und all mein Geld gespart. Ich habe nun so viel beisammen, dass ich mich im Frühjahr auf eigene Füsse stellen kann. Willst du dann zu mir kommen, bei mir bleiben alle Zeit und mir helfen, mein Haus zu füllen?“ Sie blickte ihm eine Weile sinnend in die Augen. Dann neigte sie ihr Haupt, sank an seine Brust und sprach: „Ja, Simon, ich komme.“ Er hielt sie glückselig umfangen und flüsterte: „Wenn die Haselbüsche sich mit neuem Laub bekleiden, die Vögel wieder singen, die Bäume blühen, dann soll unsere Hochzeit sein. O! Hätte ich doch einen Zeugen für mein Glück.“ Sie richtete sich auf und sagte spasshaft: „Schau da ist ein Steinhaufen. Wer weiss, vielleicht wohnt ein Lebewesen darunter, dann möge es Zeuge meines Versprechens sein.“ Kaum hatte sie gesprochen, da raschelte es in den Steinen. Eine Schlange streckte den Kopf hervor, blinzelte und züngelte. Das Mädchen stiess einen Schrei des Entsetzens aus und klammerte sich an den Burschen. Die Schlange zog sich wieder in ihr Versteck zurück. „Sie hat dein Versprechen gehört, sie wird Zeugin sein“, sage Simon. Der Herbst verging. Am Haselbusch wurden die Blätter gelb und rot und braun und fielen zur Erde. Der Novembersturm trieb sein übermütiges Spiel mit ihnen und streute sie über die Zelgen. Es kam der Winter und deckte sie mit Schnee. Die Einsamkeit der langen Winterabende trieb Simon öfters zu seiner Braut. Dann holten sie das Nusssäcklein hervor, setzten sich auf den warmen Ofen, klopften Nüsse auf und schoben sich die Kerne gegenseitig in den Mund. Sie scherzten, lachten und machten Zukunftspläne. Einmal überraschte sie ein reicher Bauernsohn aus der Nachbarschaft bei ihrem kindlichen Spiel. Sie luden ihn zum Mitmachen ein. Diese Nussknütschete behagte ihm sichtlich. Er blieb den ganzen Abend da, führte das grosse Wort und prahlte mit seinem Reichtum. Waren es die Nüsse oder war es das Mädchen? Etwas zog ihn an. Er kam jetzt oft und immer öfter zu Sabina auf Besuch und wusste es so einzurichten, dass er mit dem andern nicht mehr zusammentraf. Doch Simon merkte, wie der Nusssack auffallend rasch sich verkleinerte und die Liebe des Mädchens in gleichem Masse abnahm. Er kannte das Eichhorn, das hinter seine Schätze geraten war. Nach und nach verblich der Stern ihrer Liebe. Als die letzten Nüsse aufgeklopft waren, erlosch er ganz. Die Wankelmütige ahnte wohl nicht, wie wehe sie ihm tat, wusste nicht, wie er in schlaflosen Nächten um die verlorene Liebe weinte. Als wieder die Haselsträucher ihre roten, herzförmigen Blätter entfalteten, schritt Sabina mit dem reichen Bauernsohn zum Traualtar. Simon wollte die Ungetreue noch einmal sehen, dann das Dorf verlassen und in die weite Welt hinausziehen. Er legte sein sonntägliches Küherkleid an und begab sich in die Kirche. Dort kniete er in der letzten Bank. Die Glocken begannen zu läuten. Der Brautzug nahte. Jetzt öffnete sich die Kirchenpforte. Das Brautpaar trat herein. Sabina war schön wie der Maientag. Mit Wohlgefallen musterte sie die Reihen der versammelten Leute. Plötzlich zuckte sie zusammen. Es kniete da ein Mann und schaute sie mit rotgeweinten Augen an. Unsäglich traurig war dieser Blick, todestraurig. Wie ein Stich ging es ihr durchs Herz.  Ach, hätte sie nur nicht hingeschaut. Doch sie liess sich nichts anmerken. Erhobenen Hauptes schritt sie dem Altare zu. Auf einmal ging eine Welle der Unruhe und Aufregung durch die Kirche. Man flüsterte, man redete halblaut durcheinander, man streckte die Hälse und zeigte aufgeregt mit den Fingern auf etwas. Was war es? Eine Schlange! Gemächlich kroch sie durch den Hauptgang, wand sich über die Stufen zum Chor hinauf und schlich bis hinter das Brautpaar, ohne von diesem bemerkt zu werden. Jetzt ringelte sie sich zusammen und bewegte sich nicht mehr. Der Priester begann die Zeremonien. Als nun Sabina das bindende Ja sprechen sollte, da schnellte die Schlange drohend zwischen den Brautleuten empor, fauchte, zischte der Braut ins Gesicht und liess die Augen im Zorne funkeln. Sabina stiess einen Schreckensschrei aus und floh nach links - der Bräutigam nach rechts. Die Schlange rollte sich wieder zusammen. Der alte Pfarrer allein bewahrte die Ruhe. „Hier stimmt etwas nicht“, sprach er. „Hat eines von euch vielleicht einmal einer andern Person die Ehe versprochen?“ „Ich nicht!“ antwortete der Hochzeiter unwillig. Die Hochzeiterin aber begann zu weinen. Der Priester schaute sie fragend an. Nun bekannte sie: „Ja, - ich - ich habe mich dem Simon versprochen - und dann mein Wort gebrochen.“ „Würdest du ihn jetzt noch zum Manne nehmen?“ „---Ja.“ „Ist er hier zugegen?“ „Er kniet in der hintersten Bank.“ Leid und Freud liegen im Leben oft näher beieinander als man denkt. Simon kniete noch immer hinten in der Kirche, den Blick starr auf den Altar gerichtet. Er hatte gesehen, wie die Brautleute plötzlich auseinander gefahren waren, als hätte ein Blitz zwischen den beiden eingeschlagen. Er hatte Sabinas Schrei gehört. Doch wusste er nicht was vorgefallen war. Hundert Gedanken stürmten durch seinen Kopf. Ein winziger Hoffnungsschimmer erwachte in seinem Herzen. Auf einmal fühlte er sich am Arme gezogen. Wie er sich umblickte, stand der Priester in vollem Ornat neben ihm und flüsterte: „Simon, komm. Sabina lass dich rufen. Sie will dich - nicht den andern.“ Da fielen mit einem Male Bitterkeit, Schmerz und Trauer vom Herzen des jungen Mannes, und Freude und Hoffnung flammten neu auf. Es war ihm, als käme er aus kalter, dunkler Nacht in helles, warmes Sonnenlicht. Wie ein Trunkener liess er sich vom Pfarrer an den Altar führen, um dort neben Sabina nieder zu knien. Der Priester legte lächelnd ihre Hände ineinander, und nachdem beide freudig ihr Ja gesprochen, segnete er den Bund. - Der abgesetzte Bräutigam verliess fluchtartig die Kirche. Hinter ihm her kroch auch die Schlange ins Freie. Sie hatte ihre Sendung erfüllt. Die Hochzeitsmesse war zu Ende. Arm in Arm verliessen Simon und Sabina die Kirche. Die Menschenmenge jubelte ihnen zu, Vögel schmetterten ihre Lieder, von den blühenden Bäumen regnete es Blüten auf ihren Weg, die Haselbüsche prangten im zarten, jungen Grün, goldener Sonnenschein lag über der Frühlingswelt, und alles war schön, und alles war gut, und alles war so, wie sie es sich an jenem Herbsttag unter dem Haselbusch geträumt hatten.    Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch  


by Das Marflu vom Zermatter

Source: Das Marflu vom Zermatter

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Es ist no jez di Meinig unter de Litu uf de Bergu a gwissen Ortu, d's Maarflu van-ne Murmotu chomme daher, dasch vor dum Winterschlaf van-am g'wissu Chrut fresse; und wesch g'nuog van dum Schlafchrut g'fressu heige, so geh schi schich gah i-verlochu und z'schlaffu leggu und erwache nimme bis im Üstag — dem-mu Maarflu seit. So as Schlafji oder Nepfji z'machu, hät ou a-mal a Zermatter verzennt. Er hei de Murmutu as lix ufgipassot, va welum Chrut dasch fresse, bivor schi schich z'schlafu legge. So bald as er d'ruf cho ist, was far as Chrutji das ist gsi, hei er schön und doll dannufa g'gessu; und wie er schiech g'nuog g'hirtot hät, sy er in ar Schür in s Hew g'schliffu, und nimme erwachot bis z'Ustag. Wie er duo erwachot sy, und hei wellu ufstah, sy-mu grad der Buch usg'fallu, wil- mun d's Chittul wägun dum längu Winter ohne Biwegung und ohni Gitraich gänzlich verfulet sy.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Marien-Bild in der Kirche zu Tusis

Source: Das Marien-Bild in der Kirche zu Tusis

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In der Kirche zu Tusis, welche der Mutter Gottes geweiht war, befand sich bis zur Zeit der Reformation in dortiger Gemeinde, anno 1526, ein wundertätiges Maria-Standbild, das aber von den Anhängern der \',neuen Lehre«, zu welcher eben auch die Einwohner von Tusis sich bekannten, in den Nolla geworfen wurde. Waren nun bis dahin die Verheerungen durch dieses unscheinbare Wildwasser nicht besonderer Bedeutung und Ausdehnung gewesen, brachte von dieser Zeit an der Nolla öfters Massen von Geschiebe und wurde je länger je wütender. - Und es soll der Nolla nun immer ärger wüten, und von Jahr zu Jahr mehr Grund und Boden wegfressen und fortspülen, bis das Standbild der Mutter Gottes wieder auf seine ehemalige Stelle in der Tusner-Kirche komme. Geschehe dies nicht, so grabe der Nolla unaufhörlich weiter, bis das ganze Dorf weggespült sei. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Marienbild von Guggisberg

Source: Das Marienbild von Guggisberg

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Nahe an der freiburgischen Grenze liegt in einer luftigen Höhe von 1118 Meter das freundliche Bernerdörfchen Guggisberg. Wie ein Schwalbennest unter dem schützenden Hausdach schmiegt sich der Ort an den Berg, das Guggishorn. Die Bergkuppe liegt hundert Meter höher als das Dörfchen. Einst, vor vierhundert Jahren, war das emsige, zähe Völkchen hier oben ebenso gut katholisch wie die benachbarten Freiburger. Mit dem Auftreten der Neuerung wurde es anders. Wohl hielt das kernige Bauernvolk lange fest an seinem alten Glauben, den ihm die Mönche von Rüeggisberg verkündet hatten. Aber es wurde anders, als der Rat von Bern 1528 sich für Zwinglis Lehre entschied. Mit Waffengewalt wurde den gläubigen Landleuten die Reformation aufgezwungen. Die Wogen des Glaubenskampfes rissen auch die schlichten Bergler in den Strudel hinein. Es wurde ihnen verboten, die hl. Messe anzuhören; der unsinnige Fanatismus gegen die ehrwürdigen Gebräuche der Kirche wurde von den Präsidenten eifrig geschürt. Die Verehrung Mariens und der Heiligen wurde von ihnen als «abscheulicher Götzendienst» bezeichnet. Die Bilderstürmer drangen ins Gotteshaus und in die Stuben der umliegenden Bauernhäuser. In blinder Wut rissen sie die Bilder und Statuen der Heiligen von den Wänden, die Standbilder zerschlugen sie, die Gemälde, Messbücher, fromme Legenden und gottesdienstliche Geräte wurden auf dem Dorfplatz aufgeschichtet und dann angezündet. Gar manches liebe Andenken frommer Vorfahren fiel da der Vernichtung anheim. Schadenfroh umstanden die Neuerer das hochauflodernde Feuer. Da fiel zufällig das Auge eines fanatischen Hetzers auf den Giebel des Wirtshauses, wo unversehrt noch ein schlichtes Marienbild in heiliger Ruhe auf das wilde Treiben herabsah. Jetzt wurde auch es von rohen Händen entweiht. «Hinein ins Feuer mit der papistischen Göttin Maria», schrie einer, Samuel Burri wollen wir ihn nennen. Mit einem gräulichen Fluch ergriff er das Bild der Gottesmutter und schleuderte es in die gierigen Flammen, die mit gefrässigen Feuerzungen ihr Werk fortsetzten. Aber siehe da! Das Marienbild widerstand der zerstörenden Macht des Feuers. Die heisse Glut hatte ihm nichts schaden können. Bloss etwas geschwärzt von Rauch zog man das wunderbare Bild heraus. Die einen jubelten, die andern hingegen befiel heftiger Schrecken. Einem braven Katholiken gelang es, das gerettete Bild ins Freiburger Gebiet zu bringen. Jetzt hat es seinen Ehrenplatz in der Wallfahrtskirche von Bürglen. Dort grüsst es von der Rampe der Orgelbühne den andächtigen Besucher des trauten Heiligtums.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Martinsglöcklein

Source: Das Martinsglöcklein

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So heisst im Volksmunde noch heute das kleinste Glöcklein im Brienzer Kirchturm. Beim Zusammenläuten zum sonntagvormittäglichen Kirchgang singt es gar fein, fast schüchtern, die erste Stimme, und wenn eine Kindsleiche in die Erde zu legen ist, mahnt es hell und klar über Dorf und See hinweg an die Vergänglichkeit alles Irdischen. Nicht immer hing das Glöcklein im selben Glockenstuhl. Es gab eine Zeit, und Jahrhunderte sind seither vergangen, da kurz untenher der Planalp am Wege eine Kapelle stand, von deren Türmchen aus es die Planalper zum frommen Gebete und zu brüderlicher Hilfe in Not und Drangsal zusammenrief. Ein seltsames Läuten muss das gewesen sein, wenn des Glöckleins hohe Stimme vom Berghang weit über das Tal hinaus über die Alpweiden hin tönte und hoch aus den Flühen der „Ursere“ das Echo erklang. „Im Martis“ heisst heute noch der Ort und „Chapellenboden“ der Fleck Erde, auf dem die Kapelle stand. Sie war, wie der Name sagt, dem Heiligen Martin geweiht, dem wundertätigen Tröster der Betrübten, und selbstlosen Helfer der Armen. Ihr erstes Glöcklein, ein silbernes war’s, hatten die Unterwaldner auf einem ihrer Raubzüge aus dem Türmchen gehängt und über das Rothorn und die Alp Eisee in ihre Heimat verschleppt. Als später die Stürme der Reformation über das Land gingen, haben diese wohl auch die Martinskapelle auf der Planalp weggefegt bis an das Martinsglöcklein, das heute im Kirchturm zu Brienz, wie damals, hellauf ins Land hinaus klingt. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Martisloch

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An der hohen Felswand des nähern Eigers befindet sich eine große Öffnung. Diese Öffnung trägt den Namen Heiterloch, wird aber auch wohl das Martisloch genannt. Dieses Loch hat der heilige Martin, als er einst nach Grindelwald kam und das Tal erweitern wollte, mit seinem Stocke oder seinem Fusse durch den Felsen gestossen, indem er sich dabei mit dem Rücken an den gegenüberliegenden Mettenberg anlehnte, in welchem heute noch eine etwas breite Aushöhlung, der sogenannte Martinsdruck, die Stelle bezeichnet, gegen welche der Heilige sich anstemmte, als er jenen gigantischen Akt vollbrachte. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Messamt auf der Hungerlialp

Source: Das Messamt auf der Hungerlialp

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Dem Pfarrer im Tale drunten war längst aufgefallen, dass die Sennenfamilie der Hungerlialp sich nie bei der Messe zeigte. Die Alp lag tief hinten im Bergtal, und die Leute hätten viele Stunden wandern müssen bis zur Kirche, aber das ist im Wallis kein bedeutsames Hindernis, haben doch die Sennen in frühern Zeiten einen noch grössern Weg zurückgelegt und sind nie zu spät zur Messe gekommen. Der Pfarrer hätte sich auch zufrieden gegeben, wenn die Familie von der Hungerlialp nur ein oder zwei Mal im Jahr erschienen wäre, aber grad gar nie, das konnte er nicht fassen. Als zu Mariä Himmelfahrt wiederum niemand kam, griff er zum Bergstock und stieg hinauf zur Alp, um den Familienvater zur Rede zu stellen. Als er die braunen Holzhütten erreicht hatte, fand er nur die Kinder zu Hause. Er fragte, wo die Eltern seien und da sagten sie: «Zur Messe», und wiesen gegen den hängenden Wald hinauf. Der Pfarrer schaute betroffen um sich und fragte: «Was, zur Messe! Wo steht denn da oben eine Kirche oder eine Kapelle?» Da staunten die Kinder den Pfarrer an und wussten nichts zu erwidern. Das Älteste sprang ins Haus, holte eine Schüssel Milch, Brot und Käse und bot es dem schwarzen Herrn an. Der Pfarrer setzte sich ins Gras, erlabte sich an dem einfachen Mahl und wartete auf die Eltern. Nach einer Weile erschienen sie, beide sonntäglich gekleidet, der Mann im frischen Hemd, die Frau mit einem neuen bunten Kopftuch. Sie grüssten den Pfarrer freundlich und sagten, es freue sie sehr, dass er ihnen auch einmal die Ehre erweise. «Ja und ihr», entgegnete der Geistliche und zog die Augenbrauen zusammen, «warum kommt ihr nie zur Kirche und lebt hier oben wie das Heidenvolk?» «Hochwürden, wir kommen ja grad vom Messamt», sagte der Senne, «und was ich hier oben habe, brauche ich nicht im Tale unten zu suchen; es ist halt eine schöne Strecke und der Weg dazu noch recht schlecht!» Der Pfarrer schüttelte den Kopf ob den sonderbaren Leutchen und schwieg. Die Frau hatte unterdessen das Essen gekocht, und als sie sich zu Tische setzten, schien es dem Pfarrer, als ob die Platten klein und nur halb voll seien, aber das war wieder recht sonderbar und unerklärlich; obschon er wie die andern mit grossem Appetite zugriff, wurden die Platten nicht leer, und sie gingen doch alle satt vom Tische. Nach dem Essen nahm der Senne den Pfarrer bei der Hand und sagte: «Hochwürden, wenn es Euch recht ist, so will ich Euch zur Messe führen!» Der Geistliche war damit einverstanden und dachte, das werde eine schöne Messe sein da oben in der Bergwildnis. Sie stiegen durch helles Wiesengrün und durch den schwarzen Tannenwald, über dem die Schneegipfel erglänzten und erreichten eine kleine Waldwiese. Ringsum standen die schönsten Lärchen und Arven, in denen die Vögel sangen. Über der Wiese wölbte sich die blaue Himmelsglocke. Mitten in dem Hain lag ein grosser, flacher Stein mit einer handtiefen Höhlung, die mit Wasser gefüllt war. «Seht Ihr das Loch in der Mitte?» sagte der Senne, «darin ist das Himmelswasser oder das Weihwasser, wie Ihr es nennt!» Um den Stein blühten wilde Narzissen, rosenrote Nelken und anderes buntgefärbtes Blumenvolk. «So, nun stellt Euch auf den linken Fuss und guckt mir über die rechte Schulter!» Der Pfarrer tat es. «Was seht Ihr?» «Den Himmel!» rief der Pfarrer in heller Verzückung, und seine Augen öffneten sich weit und tranken von dem Himmelsglanz und der höchsten Seligkeit. «Jetzt wendet Euch! - Wendet Euch!» Der Pfarrer hörte nichts, so sehr war er in das himmlische Bild versunken. Endlich trat er zurück und liess die Hände sinken. «So, jetzt stellt Euch auf den rechten Fuss und guckt mir über die linke Achsel!» fuhr der Senne weiter. Der Pfarrer tat, wie ihm geheissen wurde. «Was seht Ihr?» «Ich sehe die Hölle!» rief der Pfarrer, und er riss die Augen noch weiter auf, und der Graus der Hölle spiegelte sich auf seinem Gesichte wieder. Der Pfarrer liess die Hände sinken, faltete sie und machte ein sehr ernstes Gesicht. Bevor er die Wiese verliess, tauchte er die Spitzen der Finger ins Himmelswasser und bekreuzigte sich, wie wenn er aus der Kirche träte. Dann ging er mit dem Sennen in den dunkeln Wald zurück, und unterwegs sprach er kein Wort. Bei den Hütten nahm er Abschied von der Frau und von den Kindern, drückte ihnen gütig die Hand und blickte sie gar freundlich an. Der Senne geleitete ihn noch ein Stück weit durchs Tal. Beim Abschied sagte der Pfarrer: «Ja, ja, ihr seid fromme Christen da oben auf der Hungerlialp, das habe ich nun heute gesehen, fahrt nur zu mit euerm Messamte, ihr bedürft meiner nicht dazu!» Er schüttelte dem Bauer die Hand und schritt in Gedanken versunken bergab. Bald darauf gab der Pfarrer sein Amt auf und reiste ins Turtmanntal, wo er elf Jahre lang als Einsiedler lebte. Einmal fingen in Leuk mitten in der Nacht die Glocken zu läuten an, und da hiess es, es müsse etwas Besonderes geschehen sein. Einige Männer gingen tags darauf ins Turtmanntal hinein; da fanden sie den Pfarrer tot in seiner Klause. Quelle: Johannes Jegerlehner: Walliser Sagen, Hans Feuz Verlag Bern, 1959 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Messer

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Am Hauptplatz im Alten Glarus stand zu Zeiten ein Wirtshaus, in dessen Gaststube man jederzeit Bauern, Viehhändler und Metzger antreffen konnte, denn der Wirt hielt viel auf einen guten Tropfen. Eines Abends nun kommt ein reicher Viehhändler durch das Stegenhaus herauf, setzt sich breitenwegs an den Plattentisch und begehrt einen Schoppen. Das geht eine Weile, denn er will vom Bessern, und indes schaut sich der Gast in der Stube um, von einer Wand zur andern, und sieht hinter der Tür ein Dutzend oder mehr Sackmesser im schönsten Nussbaumtäfel stecken. Alle in Reih und Glied wie Soldaten und als wären sie in einer Wut in das Täfel gezwickt worden. Der Viehhändler steht auf, denn solche Sachen sieht man nicht alle Tage. Er schaut sich die Messer eins ums andre an, und auf einmal erkennt er eins, das vor Zeiten einmal ihm selber gehört hat. «Jääsoo», denkt er, «jääsoo!» und es ist ihm nicht recht wohl dabei. Indes kommt der Wirt mit dem Schoppen und fragt, wie ihm die Messer gefallen. «Schöne Sackmesser, schöne Sackmesser!» sagt der Gast und verzieht keine Miene. «Eins wie das andere und doch keines gleich. Eine kurzweilige Sammlung habt ihr euch da angeschafft, Herr Wirt!» Der Wirt stellt den Schoppen hart auf den Tisch und tritt einen Schritt näher an den Gast. Es scheint als ob er heiser geworden sei, und er fragt leise: «Welches von den Messern ist das eure?» und kommt noch einen Schritt näher. Aber der Händler hütet sich und gibt ganz gelassen zurück: «Wie sollte denn mein Sackmesser nach Glarus kommen? Ich wüsst nicht wieso?» Dann setzen sie sich zum Schoppen, und der Wirt holt auf des Gastes Geheiss noch ein Glas für sich, und dann stossen sie miteinander an. Beim zweiten Glas aber erzählt der Wirt dem Viehhändler eine alte Geschichte: «Ihr könnt von Glück reden, Mann, dass keins von dem Dutzend da Euch gehört! Sonst sässet Ihr jetzt nicht mehr auf dem Stuhl da vor mir!» Er zeigt auf die Kerze, die neben ihm auf dem Tisch brennt, und bläst sie in einem Zug aus. «Genau so wär’s Euch ergangen und nicht anders. Ihr kommt aus dem Urnerischen, das hab ich gleich an der Sprache gemerkt. Und dort ist nämlich einmal das und das passiert. Vor Jahren ist mein ältester Sohn aus dem Italienischen heimgekommen, dort hat er die Medizinkunst und die Sympathie gelernt, und nun wollte er hier im Flecken mit dem Metier anfangen. Wie er nun durch das Urnerland herabgestiegen ist, da traf er auf ein paar Bauern, die am Heuen waren. Weil er aber ein Spassvogel war, so blies er ihnen einen Dreierwirbel ins Heu, so dass alles hoch in die Lüfte flog. Da sind die Bauern wie der Teufel hinter ihm her, und weil er der schnellere war, so haben sie ihm ihre Sackmesser nachgeworfen, und eins von ihnen hat ihn ins Herz getroffen. Man hat mir’s berichtet, und ich hab ihn geholt, jetzt liegt er schon längst auf dem Friedhof. Aber hernach bin ich ins Urnerische gefahren und hab drei Nächte lang bei Erstfeld alle Messer zusammengesucht, ein ganzes Dutzend. Jetzt wart ich, bis einer Kommt und sagt: "Das ist recht, dass ich mein Messer wieder finde", und er zieht es aus dem Täfel und steckt’s in den Sack. Der braucht am Morgen nicht mehr in den Spiegel zu schauen. Ja.» «Soso!» Sagt der Gast nachdenklich, «jaja, so Sachen passieren in diesen Zeiten», und er schenkt dem Wirt das Glas voll ein. «Das kommt alles davon, dass die Menschen keinen Spass mehr verstehen.» So trinken sie den Schoppen aus und noch einen und reden von erbaulichen Dingen. Als aber der Wirt fragt, ob der Herr Gast vielleicht bei ihm zu Nacht vorlieb nehmen möchte, da zieht der Viehhändler seinen Beutel und zahlt. Er schlafe bei einer steinalten Bäsi in Ennetbühls. Der Wirt begleitet ihn bis unter die Haustüre und wünscht ihm gute Nacht und ein andermal denn! «Da bewahr mich Gott davor!» denkt der Gast und geht in die dunkle Nacht hinaus.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


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1. Im Reusstal sprach man noch zu Menschengedenken viel von einem Weibervolk ab Golzer im Maderanertal und hielt es für eine alte Hexe. Sie kam im Sommer bei schönem Wetter von Zeit zu Zeit bis nach Wassen und Göschenen, und dann flog weit und breit das liegende dürre Heu in Wirbeln in die Lüfte und wurde kein Halm mehr gesehen. Sie hatte ein rotes Nastuch nach alter Mode auf dem Kopf. Wir waren zu Häggrigen daran, das Heu zu wenden. Da kam plötzlich so ein kurioser Wind durch's Tal herauf, und in die Heuschwaden kam Bewegung. Da sagte mein Bruder: »Chunnd ächt eppä d'Golzneri?« und schaute durch das Tal hinab. Drüben in der Sürytti auf der östlichen Talseite marschierte sie aufwärts. Da ergriff er schnell das Sackmesser und warf es in eine Schwarbe; jetzt wurde es sofort ruhig. Fr. Baumann-Dubacher, 85 J. alt 2. a) In Erstfeld (oder überhaupt in Uri) war ein Bauer mit Heuen beschäftigt. Da kam ein Wirbel in das Heu und drohte, dessen eine ganze Masse in die Lüfte zu entführen. Der Bauer aber nimmt schnell sein Sackmesser und wirft es mit aller Kraft mitten in den aufgewirbelten Knäuel. Der Sturm gab sofort nach, aber das Messer kam nicht mehr zurück und konnte nicht gefunden werden, trotzdem ein Mitarbeiter genau aufgepasst hatte, wohin es fiel. Ein Jahr später machte unser Bauer, der einen bedeutenden Viehhandel betrieb, wie alljährlich, eine Reise durch den Kanton Tessin (Graubünden) hinab und kehrte auch im gewohnten Gasthause ein. Als der Wirt das Gänterli öffnete, um für den Gast ein Glas herauszunehmen, erblickte dieser darinnen sein Sackmesser, das er in jenem Windwirbel verloren hatte und nun an gewissen Merkmalen ganz zuverlässig erkannte. Er liess sich aber nichts anmerken. Die vordern Jahre hatte ihn immer das hübsche Wirtstöchterlein bedient, mit dem er manches Scherzwort gewechselt und manches neckende Redegefecht, bald siegreich, bald geschlagen, bestanden hatte. Das liess sich diesmal nirgends erblicken, und deshalb erkundigte er sich über das Befinden des vermissten Töchterleins. Da nahm der Wirt das verhängnisvolle Sackmesser aus dem Schrank, zeigte es dem Gast, indem er dazu mit finsterer Miene erklärte: »Ja, schau da! dieses Messerchen hat meiner Tochter das Leben gekostet! Sie verstand sich auf Sympathie; während sie einmal bei euch da drüben in Uri einem Bauer im Scherz Heu aufwirbelte, stach ihr der Unflat dieses Messer ins Herz, und daran hat sie sterben müssen. Sollte sich der Besitzer dieses Messers einmal bei mir melden, dem werde ich den Garaus machen!« Man wird begreifen, dass der Urner keine Ansprüche auf das fatale Instrument machte. »Der het da nitt fast g'jützet und isch bald einisch wider g'gangä!« David Imhof, Seedorf b) In der Wand der Gaststube an einem Ort in Glarus (oder Tessin) war eine ganze Reihe Messer eingesteckt. Der obgenannte Urner betrachtete sie mit grossem Interesse und erblickte unter ihnen auch sein Sackmesser. »Was beguckest du diese Messer mit solchem Interesse?« fragte der Wirt, »gehört vielleicht das eine dir?« »Durchaus nicht,« entgegnete der Gast, »ich wundere mich nur über ihre grosse Zahl.« »Gut,« fährt der Glarner (Tessiner) fort, »dass keines dir gehört, dir hätte ich sonst das Lebenslicht ausgeblasen! Mein Sohn hat die Sympathie gelernt, und während seiner Lehrzeit haben die dummen Bauern, denen er Wirbel ins dürre Heu machte, diese Messer nach ihm geworfen, und so ein Tölpel in Uri drüben hat ihn ins Herz getroffen und getötet.« Josef Maria Zberg, 75 J. alt, Silenen c) Der Erstfelder kam später als Knecht in den Kanton Tessin hinüber. Eines Tages brachten sie bei der Mahlzeit sein Sackmesser auf den Tisch, das er auf den ersten Blick erkannte, weil es auffallend gezeichnet war. Er nahm es in die Hände, besichtigte es aufmerksam nach allen Seiten und fragte den Meister, wem es gehöre. Dieser erzählte, es sei ihm vor zwei Jahren in ein Bein gesteckt worden, verriet aber nicht, wo und bei welcher Gelegenheit oder aus welcher Ursache; aber auch der Knecht wusste jetzt genug und sagte nichts davon, dass es einst das seine gewesen. d) Ein Mann aus dem Ried zu Amsteg erzählte vor wenigen Jahren die nämliche Historie als eigenes Erlebnis; ebenso einer auf Urnerboden. e) Ein Messer, das man beim ersten Gebrauch zum Brotschneiden benutzt hat, in einen Windwirbel geworfen, tötet die Hexe oder den Zauberer, der ihn verursacht hat. Ein Mann auf Golzer tat das. Kam später nach Bünden, um Schweine zu kaufen. Einkehr etc. wie oben unter b. Der Zauberer war ein Bruder des Wirtes. Josef Zgraggen, Rütli-Pächter, 45 J. alt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


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Ein Ungläubiger stand bei einer Prozession neben dem Wege und gab den frommen Betern Ärgernis durch seinen Spott. Ein Mann trat auf ihn zu, schlug ihn leicht auf die Schulter und sprach: „Da hast du eins!" Der Zug bewegte sich weiter; aber der Spötter konnte nicht mehr von der Stelle kommen. Man musste ihn nach Hause tragen. Dort gewahrte man, dass er ein Messer im Knie stecken hatte; das schlimmste aber war, dass ihn niemand davon befreien konnte. Nun gab jemand dem Armen den Rat, er soll sich bei der nächsten Prozession wieder an die gleiche Stelle tragen lassen, soll dann aber gläubig mitbeten. Das geschah, und nun kam der gleiche Mann wieder auf ihn zu, schlug ihm wieder auf die Schulter, und nun war auch schon das Messer weg und der Bann gebrochen.  (Mündlich) *** Diese Sage hat augenscheinliche Wandlungen durchgemacht; die Kirche hat sie in ihren Dienst gezogen. Im Vorarlberg ist es das Nachtvolk, das auf diese Weise den Vorwitz bestraft. Ein Mann schaute im kleinen Walsertal dem nächtlichen Tanz des Nachtvolkes zu. Die Tänzer verschwinden; der letzte aber steckt seinen Schnetzer in die Oberschwelle der Türe. Da steckt er schon im Knie des Vorwitzigen. Dieser trägt ihn ein Jahr lang hinkend mit sich herum. Dann kommt das Nachtvolk wieder, und er schaut wieder dem Treiben zu. In der Morgenfrühe verschwindet es, und der letzte sagt: „Will doch mein Messer wieder mitlassen."  (Vonbun) Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 370, S. 209 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Messer in der Wand

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Einmal im Herbst, als das Vieh die Alpen längst verlassen hatte, gingen einige Jäger von Brienz und Iseltwald an Tschingelfeld auf die Gemsjagd. Tagsüber strichen sie dem Wild nach, aber es wollte sich wäger kein Scheichlein zeigen bandauf und -ab, und so mussten sie sich des Abends sackmüde und verdrossen in einer der Hütten auf die Gastere legen. Zu durchgehender Nachtruhe sollten die Mannen aber auch nicht so leicht kommen. Es war wie verhext! Immer gegen Mitternacht schreckten sie aus dem besten Schlaf, dann pfiff gar wütig ein Wind um die Hütte, und es kam heran wie das Geläute von Glocken und das Getrampel von Kühen. Und zwischenhinein war eine menschliche Stimme zu vernehmen, die so bitter schluchzte und klagte, dass es den Jägern fast das Herz im Leibe umdrehte. Eines Tages kam noch ein weiterer Jäger des Weges, sein Glück zu versuchen. Dem erzählten sie von dem nächtlichen Spuk. Meinte der, dem sei leicht abzuhelfen, sie sollten das nächste Mal einfach ein Messer neben sich in die Wand stecken, es bessere dann schon. Und richtig, als sie gleichen Abends noch den Lärm herannahen hörten, steckte einer rasch sein Messer neben sich in die Wand. Daraufhin ertönte draussen ein einziger, fürchterlicher Schrei, dann wurde es still. Den Mannen war der Schrei durch Mark und Bein gegangen, und die Haare standen ihnen zu Berge. Von Schlaf war diese Nacht keine Rede mehr. Am nächsten Abend kam das geheimnisvolle Senntum auch nicht wieder. Den Jägern aber verleidete das Weidwerk, und sie verliessen unverrichteter Dinge vorzeitig den unheimlichen Standort. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das milchessende Nachtvolk

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Hans Sager wollte — vor 300 Jahren geschah es — in tiefer Nacht heim nach Willisau. Da stiess er unterwegs auf einen Haufen Leute, die ihn angesprochen, er soll mit ihnen kommen, Milch zu essen. Sie gingen in Lagenbülers Haus, wo alles niedergegangen war. Alsbald brachten die Wandelnden Milch herbei. Und wie die genossen war, sollte Hans weiter mit ihnen ziehen, was er abschlug. Da haben die selbigen Personen oder Leut ihm sein Bein ab gestossen. Dem Älsenegger ob Menznau sei es gerade so ergangen mit den Leuten, so zu Nacht wandeln, erzählte der Sager 1576 selbst dem Untersuchungsrichter.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Das Milchhorn

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Nördlich von Unterseen ist das Habkerntal. Aus seinem Hintergrunde, von der Lombachalp fliesst der Lombach, der oft noch durch Überschwemmungen furchtbar wird. Ein geheimnisvolles Männchen, heisst es, komme jedes Mal vor dem Anlaufen des Wassers im Runse (Flussbett) daher geschritten und schlage rechts und links mit langem Stock an das Ufer, wo es vom Schwall fortgerissen wird. Bei St. Niklausen, wo der Bach aus der Talschlucht kommt, hat vor Alters eine Kapelle gestanden. Im Hintergrunde des Tales aber, wo der Pfad nach dem schrecklichen verwilderten Hohgant ansteigt, auf der Grenze des Kanton Luzern, liegt eine Alp mit Namen Allgäu. in welcher ein durch Menschenhand aufgeworfener Erdwall von beträchtlichem Umfang für den Überrest einer Stadt gehalten wird. Eine Streifschaar Entlibucher überfiel einst auf dieser Alp die Herden und die Sennen der Oberländer, und ermordete sie grausamlich; die Küher wurden in siedender Molke erstickt. Da entsprang ein rüstiger Hirtenjunge mit einem hölzernen Milchtrichter, einer Volle in der Hand. Der stellte sich hin auf eine Höhe des Habkerentales, und schrie durch die Volle wie durch ein Sprachrohr hinaus gegen den Talboden von Unterseen, dass über der Gewalt des Rufens ihm der Leib barst. Drunten vernahm's zuerst seine Geliebte, die lief und bot das Landvolk auf zum Kampfe, bis eine Menge Bewaffneter emporzog und die Entlibucher schlug bei der Wehri, wo in neuerer Zeit noch Gefässe von Schwertern sind ausgegraben worden. Quelle: Theodor Vernaleken, Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch


by Das Mooslicht

Source: Das Mooslicht

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Südlich von Rechthalten dehnte sich einst ein weiter Sumpf aus. Durch diesen sah man oft zur Nachtzeit ein helles Licht schweben. Hinten im Holzeggen flammte es plötzlich auf, wanderte langsam, in Bogen auf- und abschwingend, der ganzen Länge nach durch das Moos und erlosch endlich in der Gegend von Kinkenrain. Manchmal bog es von seinem gewöhnlichen Wege ab und schlug die Richtung nach der Farnera ein, wo es am Waldrande verschwand. Diese Erscheinung wurde das Mooslicht genannt. Man glaubte, die wandernde Flamme sei ein Geist, der für eine Freveltat büssen müsse. Ein armer Familienvater holte einst in der Nacht im Moosholz droben eine grosse Bürde Holz. Mit dieser schleppte er sich keuchend durch das Moos. Auf einmal kam ihm das Lichtlein langsam entgegen. Je näher es rückte, umso grösser und heller wurde es. Da packte ihn die Angst. Schnell wollte er die Bürde fester fassen und quer über das Moos eilen, um dem leuchtenden Geist nicht zu begegnen. Aber die Last entglitt seinen Händen und polterte zu Boden. Noch bevor er sie wieder auf die Schultern schwingen konnte, war die Flamme ganz nahe an ihn herangerückt. Er vermochte ihr nicht mehr zu entfliehen. Was machen? In seiner Aufregung begann der Dieb mit lauter Stimme zu fluchen. Und siehe, - das Licht stand einen Augenblick still, und eine klagende Stimme liess sich vernehmen: „Ach, hättest du doch ein Vaterunser für mich gebetet, so wäre ich jetzt erlöst. Nun aber muss ich wieder wandern und büssen viele Jahre.“ - Dann schwebte das Licht langsam zurück bis in den Holzeggen, wo es erlosch.  Es ist eine alte Meinung des Volkes, dass Geister und Gespenstern fliehen, wenn man flucht. Aber sie müssen dann länger auf Erlösung warten.   Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch  


by Das Mörderbrünneli

Source: Das Mörderbrünneli

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Das Mörderbrünneli Es mögen wohl hundert Jahre her sein, als eine Frau beim Zunachten von Etzwilen her auf der Landstrasse durch den Wald gegen Unterstammheim heimkehrte. Da sah sie eine weisse Gestalt hinter sich her gehen bis zum Hof Oberbrunn. An dieser Stelle, also bevor man aus dem Walde tritt, heisst es im Mörderbrünneli. Hier soll einst die Steinerböttin (Botin nach Stein am Rhein) ermordet worden sein. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Winterthur und Weinland Schriftliche Mitteilung von a. Lehrer Emil Brunner in Oberstammheim. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Mörderhaus in Stavelchod

Source: Das Mörderhaus in Stavelchod

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Wo am Ofen-Passe die  herrlichen  Bergwiesen  der  schönen  Alpe Stavelchod sich ausbreiteten, bemerkt der Wanderer, der von Cernetz aus nach dem Münsterhalde reist, auf der Anhöhe ein altes, zerfallenes Gemäuer, an welches folgende Sage erinnert: Da stand vor Altem ein Wirtshaus, weit und breit die einzige Herberge für Reisende über den Pass. – Mancher müde Wanderer, der sich nach Ruhe und Erquickung sehnte, schloss hier die Augen für immer; viele Reisende verschwanden da und Niemand wusste, wo sie hingekommen. Kein Mensch dachte daran, dass gerade der Wirt der Mörder so Vieler sein könnte, und darum durfte dieser um so ungestörter seinem grausamen Handwerk obliegen. Sowohl das Wirtshaus selbst, als auch der nahe Wald waren Stätten grässlicher Mordtaten. Einst kamen fünf arme Holzhauer in dieses Wirtshaus und machten sich nachdem sie ihre Zeche bezahlt hatten, wieder auf den Weg. Der Wirt begleitete sie bis in den nahen Wald; dort gab er ein Zeichen, auf welches hin aus dem Gebüsche etwa zwölf seiner Mordgesellen traten, mit wilden grässlichen Gesichtern. Sie fielen mit ihren blutgewohnten Beilen über die Holzhauer her und machten sie nieder, erbeuteten aber nur sehr geringe Barschaft. Auch dieser Mord blieb lange geheim. Es ging aber nicht lange, so brannte das Wirtshaus ab. Der Wirt wurde wahnsinnig, er gestand alle seine Verbrechen, und bis zu seinem Tode schwebten ihm immer die blutigen Opfer aller durch ihn Ermordeten vor Augen. Selbst nach dem Tode fand er keine Ruhe; als feuriger Hund, umgeben mit Flammen und Schwefeldampf, weilt er noch in den Trümmern seines Hauses. Nachts um die zwölfte Stunde eilt er, schrecklich heulend, umher. Noch zeigt man den Platz, wo das Wirtshaus gestanden, und von geheimem Grauen erfasst, sputet sich der Vorübergehende des Nachts, den verrufenen Ort zu verlassen. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Muettiseel (Amden, SG)

Source: Das Muettiseel (Amden, SG)

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Durch den Nässibach herunter kommt um Mitternacht das Muettiseel. Es hat die Gestalt eines vollgestopften Laubsackes. Es ist eine arme Seele, welche die ewige Ruhe nicht hat finden können. Schlag 12 Uhr kann man es auf der Brücke hören und sehen.  B. Steiner Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 384, S. 219 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Muoltahee

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Am Oberrieterberge heisst die wilde Jagd "das Muoltahee" (auch Multahee). "Du tust wie's Multahee", sagt man auch hier zu einem Wildfange. Von der nach Rehag hinabziehenden Anhöhe Nord oder dem "Norder Knorra" zieht das Muoltahee mit grauenvollem Lärmen nachts aus. Wer in seinen Bereich gerät, fühlt sich plötzlich hinten an den Zug gefesselt, muss mitziehen und oft jahrelang mitmachen, nämlich bis er der Vorderste an der Reihe wird, wo er dann erlöst ist und wieder heim kann. Auch bei Büchel, unweit Rüti, gewahrt man zuweilen ein tierartiges Wesen, welches, zur Nachtzeit ein furchtbar widriges Geschrei ausstossend, neben dem Wandernden aufstiegt. Es heißt "das Wüetihö". Dr. Henne-Am Rhyn, Deutsche Volkssage.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 76, S. 34 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Muotiseel (St. Gallenkappel, SG)

Source: Das Muotiseel (St. Gallenkappel, SG)

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Wodans wütende Heer heisst hier "Muotiseel". Unruhige Kinder tadelt man: "Du tuest wie-n-es Muotiseel!" Dr. Henne-Am Rhyn, Deutsche Volkssage. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 414, S. 240 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Murenberghündlein

Source: Das Murenberghündlein

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Auf dem Murenberg erscheint bei Wetteränderungen ein Hündlein, das ein helles Gekläff hören lässt. Sein Weg führt von der Dachsmatt durch das Häuli und von dort gegen die Rappenweide beim Schloss Wildenstein. Einige lassen es dort verschwinden, während andere behaupten, es laufe bis zum alten Schloss (Gutenfels). Ein alter Mann erzählte, es sei dort neben ihm durchgerannt. Gesehen habe er es nicht, aber sehr deutlich gehört. Darauf habe es unfreundliches Wetter gegeben. Bubenberg Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Murenberghündlein

Source: Das Murenberghündlein

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Den Bubenberger Murenberg umschwebt die Sage vom Murenberghündlein, das sich namentlich bei Wetteränderungen zeigt und ein helles Gekläff hören lässt. Sein Weg führe von der Dachsmatt durch das Häuli (ein Gehölz), von da gegen die Rappenweide. Einige lassen es von da bald verschwinden, während andere behaupten, es laufe bis zum alten Schloss (Gutenfels). Ein alter Mann erzählte, es sei dort neben ihm hergeeilt. Gesehen hätte er es nicht, aber sehr deutlich gehört. Darauf habe es sehr unfreundliches Wetter gegeben. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Das Müserifraueli in Maiengrün

Source: Das Müserifraueli in Maiengrün

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Der obere Teil der Waldung Maiengrün, zwischen Hägglingen und Megenwil gelegen, wird Ofeholz genannt. In Mitte desselben führen die altüblichen Fusswege auf einen hübschen Wiesenplatz; er ist ringsum mit Dornsträuchen gegen den Hochwald hin abgegrenzt. Aus dem sammetgrünen Rasen entspringt das Brünnlein des Müserifraueli oder Moosweibes. Die Quelle ist überreichlich mit Brunnenkresse und Kuhblumen umwuchert; ein Felsblock liegt dabei, den man nach seiner Klüftigkeit für einen Ofen angesehen hat und so trägt die Waldung von ihm den Namen Ofenholz. An diesem Brünnlein soll die mächtige Burg einer volkreichen Stadt gestanden haben, deren Mauern und Türme über den ganzen Bergrücken hinab gegangen sein sollen. Sie hiess Baumgarten. Nach ihr wird ein Teil des Dorfes Hägglingen noch die Vorstadt genannt. Man lässt sie durch einen wilden Eroberer bis auf den Grund gebrochen oder durch ein Erdbeben verschüttet werden. Aber alle diese Mauern erheben sich wieder und wachsen himmelhoch empor, wenn ein Unberufener Nachts dieses Weges geht; sie drohen ihn von allen Seiten einzuschliessen und er kommt nicht anders aus der Klemme, als indem er seine Tabakspfeife anzündet. Auch vielerlei grosse schwarze Männer wandeln umher. Die Wiese gehört dem Moosfräueli und an der Quelle wäscht sie bei Nacht ihre Kleider. Der Wald Maiengrün aber ist Eigentum des Stifelirüters, der ihn wie sonst auch heute noch im Auftrage des Klosters Muri behütet. Zu diesem Zwecke umreitet er ihn, wendet sich hierauf nach dem Dorfe Hägglingen, wo er an einem alten Bauernhause Halt macht, sein Pferd füttert und tränkt, selber ein wenig ausruht und dann weiter hinauf ins Freienamt zieht.  Sage aus Hägglingen Band 3.2, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962, S. 134 - 134 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das musikalische Gespenst in Menzingen

Source: Das musikalische Gespenst in Menzingen

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Im Jahr 17.. ging die Frau des Nepomuk Landis von Menzingen mit ihrem Kinde, einem zwölfjährigen Mädchen, wallfahrtend nach Maria Einsiedeln. Auf dem Wege zog das Kind unter seinen Kleidern eine Art Zuckerherz hervor, wovon es ass, ohne zu wissen, woher das Geschenk kam. Bald nach ihrer Heimreise sah das Kind ein altes Weiblein mit einem Stab und Rosenkranz in der Hand - von des Schneiders her, hinter dem Hag gegen das Haus kommen. Niemand ausser dem Kinde konnte es sehen. Während der Nacht aber hörte man Stiegen auf und ab gehen, Türen schliessen, auf dem im Zimmer befindlichen Klavier spielen und andere Unruhen zum Ärger und Schrecken der Hausbewohner. Nepomuk Landis konnte der Sache nicht auf die Spur kommen, vermutete einen Hexen- oder Teufelsspuk, liess durch den Ortspfarrer, den Dekan von Zug und andere Priester Segnungen und Exorzismen vornehmen. Auch Kapuziner verfolgten das unsichtbare Gespenst, während der Scharfrichter mit gezücktem Schwerte vor der Haustüre Wache hielt. Nach langem soll der Spuck doch aufgehört haben, aber Nepomuk Landis hatte 500 Gulden an Kosten verwendet. Seine bemeldete Tochter ward später die Mutter des vor 20 Jahen verstorbenen St. Galler Bistumsverwesers Johann Nepomuk Zürcher.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Das muthwillige Fänggenmannli

Source: Das muthwillige Fänggenmannli

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Im Prätigau war einst ein Fänggenmannli, das aber keinen bestimmten Wohnort hatte, vielmehr immer talein, talaus wanderte und auf seinen Wanderungen ununterbrochen Körbchen aus Moos flocht, die er dann den erwachsenen Mädchen des Tales vor die Fenster hängte. Kam das Mannli nach einiger Zeit wieder an dem Hause eines solchen bevorzugten Mädchens vorbei und gewahrte, dass dasselbe ihr Körbchen hübsch in Ordnung erhalten hatte, füllte er dasselbe mit Erdbeeren oder Heidelbeeren; traf es aber das Körbchen verwahrlost, warf er der Betreffenden faule Pilze durch das offene Fenster hinein und schlug oft ein helles Gelächter auf, ohne dass er gesehen werden konnte, denn er verstand es auch, sich unsichtbar machen zu können. Quelle: Jecklin, Dietrich: Volksthümliches aus Graubünden, Teil 1, Zürich 1874 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Muttergottesbild in der Kapelle zu Gasenzen

Source: Das Muttergottesbild in der Kapelle zu Gasenzen

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Zur Zeit der Reformation ging auch über unsere Gegend der Bildersturm; Altäre, Bilder, Fahnen, Reliquien wurden auf den Friedhöfen an Haufen geworfen und verbrannt. Dieses geschah im Gebiete der jetzigen Bezirke Werdenberg und Sargans in allen Kirchgemeinden mit Ausnahme von Wallenstadt. In Grabs erschien auch ein Bäuerlein vom Grabserberg, das heimlich der alten Lehre treu geblieben war, auf dem Kirchenplatze, nicht um mitzuhelfen, sondern in der Absicht, das wundertätige Muttergottesbild zu retten, vor welchem es so manches Mal der Jungfrau Maria seine Wünsche und Bitten dargebracht hatte, wobei es öfter auch erhört worden war. Es glückte ihm, das Bild nach Hause zu bringen, wo es, so lange der Mann lebte, in hohen Ehren gehalten wurde. Andere Zeiten, andere Sitten. Bei den Nachkommen dieses Männleins waltete nicht mehr der gleiche Sinn. Sie warfen das Bild als einen wertlosen Gegenstand ins Feuer. Dieses geschah dreimal nacheinander, und immer konnten sie es beinahe unbeschädigt in der Asche finden. Das bewog sie doch, den Gegenstand aufzubewahren, freilich nur im Holzschopfe. Viele, viele Jahre gingen vorüber; da kam Winklers Franzli, ein Gasenzer, in genanntes Haus und sah das Bild. Seiner Bitte, es ihm zu überlassen, wurde gerne entsprochen. Das Muttergottesbild erhielt zuerst seinen Platz in einem "Heiligenhüsli" in den Erlen bei Gasenzen und befindet sich jetzt in der dortigen, im Jahre 1821 erbauten Kapelle. Heinrich Hilty Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 91, S. 42f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Nachtfräulein in Näfels

Source: Das Nachtfräulein in Näfels

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Das Nachtfräulein in Näfels war bezaubernd schön und stellte sich des Nachts auf alle Gassen und Wege, wo nur immer ein Bursche vorüber gehen musste, der auf den Nachtbesuch zum Schatz wollte oder wieder davon herkam; es stellte sich ihnen mitten in den Pfad, verschwand auf einen Augenblick, wenn man ihm zu nahe trat, und stand ein paar hundert Gänge entfernt abermals da. Die Kiltgänger waren endlich rätig geworden, es zusammen einzufangen, und zu diesem Zwecke spannten sie Nachts Seile über die Strasse, um es im Entspringen wenigstens zu fällen. Allein das Nachtfräulein wusste um solche Bosheiten schon im voraus und übersprang alle Seile mit leichter Mühe; ja es machte sich aus solchen Nachstellungen ein blosses Gaukelspiel. So dauerte es mehrere Jahre, bis das wunderliche Ding einmal in den Dorfbach springen musste. Hier ist es so gänzlich verschwunden, dass man es seither nie wieder erblickt hat. (Mündlich.)  Sage aus Näfels Band 3.2, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962, S. 142 - 143 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Das Nachtfräuli

Source: Das Nachtfräuli

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«Die Geschichte ist mehr als wahr», sagte mein Grossvater, wenn er sie erzählt hatte, «ich brauch sie niemandem nachzureden, denn ich hab das Gespenst mehr als einmal selber gesehen.» Das Nachtfräuli war ein seltsames Geschöpf, das aussah wie Nebel, war aber ein junges, hübsches Fräulein mit langen Haaren, das über die Wiesen daher geschwebt kam und durch alle Gärten zur Bündgasse lief, als wäre ihm nichts im Weg. Einen weissen Schleier hat es getragen, das war sein einziges Gewand, und in den Händen hielt es einen mächtigen Schlüsselbund, an dem wohl ein Dutzend Schlüssel hangen mochte. Vielleicht, wer die Schlüssel ihm abnehmen könnte, würde ein Schloss mit goldenen Kammern erobern, dachten die Ledigen und suchten das Fräuli zu haschen. Wenn sie spät in der Nacht über die Gasse gingen, von einer Liebsten her oder aus dem Wirtshaus, dann schwebte unversehens das Nachtfräulein um sie, winkte ihnen und lockte und neckte sie und tat, als ob es sich noch so gerne fangen liesse. Doch wenn sie ihm näherkamen und es gar mit Stricken und Seilen zu fangen versuchten, so war es plötzlich verschwunden und tanzte weit draussen am Niederberg und winkte und lockte sie von neuem, bis die Burschen todmüde im Morgengrauen in ihre Betten sanken. Einmal aber spannten sie das grösste Fischernetz, das sie auftreiben konnten, bei der Klostermauer auf und jagten das Fräulein von allen Seiten wie ein Wild, meinten auch, sie hätten es schon. Vor dem Netz aber stieg es wie ein leichter Nebel in die Höhe, hüpfte lachend über die Maschen und liess die Burschen mit leeren Händen stehen, bis der Hahn krähte. Noch manchmal versuchten sie es zu haschen, doch kein einziges Mal geriet ihnen der Fang, und so liessen sie es schliesslich bleiben. Als mit den Jahren der Allerseelentag auf christliche Art gefeiert wurde, da fand auch das Nachtfräulein die ewige Ruhe und ward nie mehr gesehen.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Das Nachtfüllen

Source: Das Nachtfüllen

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In Mels kannte man und kennt noch das Nachtfüllen, das von Plons hinauf bis zum Schützenhause wandert, aber nicht aufsitzen lässt, sondern Wandernden aufsitzt und sie müde reitet. Im Riet, gegen den Rhein hinaus, ist ein anderes, das kann man reiten; aber es fuhr mit einigen, die dies versucht, wie der Blitz in die Nacht hinaus, so dass sie sich, als es "lüterlete", im Lichtensteinischen auf einer Scheiterbeige befanden und beinahe als Nachtschwärmer eingesteckt worden wären. Noch andere Melser, die von der "Stubeti" heimkehrten, fanden sich plötzlich unter lauter Nachtrossen, wurden aber bald tüchtig abgeworfen, worauf die mutwilligen Tiere auf und davon stoben. Dr. Henne Am Rhyn, Deutsche Volkssage.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 284, S. 157f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Nachtgejäge

Source: Das Nachtgejäge

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Im Munde der Bewohner von Langnau im Emmentale geht die Sage von dem Nachtgejäge. Nordöstlich vom Dorfe auf einer Anhöhe, der Krähenberg genannt, ist ein Wäldchen; in diesem hörte man früher öfters ein Jagen, Flintenschüsse, Hundegebell und Hallo-Rufen. Das geschah am stärksten beim Eintreten von Regen. Auch an Christfesten hört man es immer. Gewöhnlich blieb dieses Jagen nicht am gleichen Orte. Es nahm in diesem Wäldchen seinen Anfang, bewegte sich nach Westen hinter dem oberen Teile des Dorfes durch bis zur Kirche. Dann ging es über den Kirchhof, von dort durch eine Gasse des Dorfes, an der meistens Strohhäuser sind. Westlich vom Dorfe, ebenfalls in einem Wäldchen, dem heiligen Stöcklein, verstummte gewöhnlich die ganze Jagd. Leute, die oft in dem Wege waren und nicht schnell genug ausweichen konnten, legten sich gleich auf den Boden, denn sie wussten, dass ihnen dann nichts Leides zugefügt wurde. Sie erzählen, dass die ganze Jagd über sie hinweggerollt sei, wie wenn junge Schweine vorüberziehen. In dieser Lage mussten sie etwa fünf Minuten lang sein, dann stunden sie wieder auf und gingen ihres Weges, ohne dass ihnen das Geringste zugefügt wurde. Wer sich nicht bückte, wurde ganz zerkratzt. Öfters soll diese Jagd die ganze Gegend unter wildem Lärm durchkreuzt haben. Quelle: Theodor Vernaleken, Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch


by Das Nachtgericht

Source: Das Nachtgericht

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Es war zur Winterszeit und der Sitzungssaal auf dem Gerichtssaal in Luzern sollte geheizt werden. Die Magd, der solches oblag, erwachte und glaubte, es sei die Stunde da, dieses zu tun. Wie sie das Lokal betrat, sassen die Richter in feierlicher Versammlung am Tische und die Magd schämte sich und bekam Angst, weil sie meinte, sie hätte allzulang geschlafen. Horch, da schlug es erst zwölf Uhr und sie bemerkte jetzt mit Beben, in welche geisterhafte Gesellschaft sie geraten sei.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Das Nachtgespenst von Plaffeien, der Gassentätscher

Source: Das Nachtgespenst von Plaffeien, der Gassentätscher

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Vor Zeiten hauste auf den Strassen und Nebenwegen um Plaffeien, hauptsächlich aber in diesem Orte selbst, ein gräuliches Nachtgespenst. Liess man es ruhig, so tat es keinem Menschen etwas zu Leid; aber wehe dem, der es neckte! Man nannte es den Nachthund, weil es Hundesgestalt hatte, oder den Gassentätscher. Einmal gingen mutwillige Nachtbuben, lärmend und schreiend, aus dem Wirtshause. Kaum waren sie vor dem Dorfbrunnen, so gewahrten sie das Gespenst. Sie riefen ihm schon von ferne: "He! Gassentätscher, hast du noch Durst?" Kaum hatten sie das gesagt, so verrannte ein grosser, feuriger, roter Hund ihnen den Weg. "Ei, ei", riefen sie wieder, "lass uns durchgehen!" aber vergebens; er streckte ihnen seine flammende Zunge entgegen, die so lang war, als ein Zaunstecken. Erschrocken schlugen sie einen Nebenweg ein; allein ein grosser Ochs glotzte sie heulend an. Bebend und zähneklappernd flohen sie zurück, und siehe da ... es stand ein neues Gespenst, so gross als ein Speicher, hinter ihnen. Das machte sie nüchtern. Durch ein kleines, enges Gässchen konnten sie sich bis zum Wirtshause retten, wo sie zitternd anklopften und totenblass um eine Nachtherberge baten, die ihnen auch ward. Schlaf aber kam die ganze Nacht nicht in ihre Augen. Ein herzhafter Mann soll den Nachthund einmal bei Bürgeln angeredet und dann mit dem Rosenkranz berührt haben. Da soll sich das Ungetüm erst in eine schwarze Geiss, und dann in einen weissen Geist verwandelt haben und endlich auf dem Kirchhof eingesunken und verschwunden sein. Seit dieser Zeit will man ihn nicht mehr gesehen haben. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Nachthuri im Kanton Luzern

Source: Das Nachthuri im Kanton Luzern

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Auf dem Hundsrücken, welcher sich in nordöstlicher Richtung vom Rotsee, bei Luzern, bis Buchrain hinzieht, lebte einstens ein böses Weib, welches so unerträglich war, dass ihr Mann sie verliess, in den Krieg zog und auch bald in demselben von dem Tode ereilt wurde, wie er sich gewünscht hatte. Jetzt war sein böses Weib daheim wieder ledig und konnte sich nach einem andern Freier umsehen; es fand sich aber keiner, weil ein jeder ihre Bosheit kannte. Sie aber schrieb dies dem Umstand zu, dass sie zwei Mädchen aus der ersten Ehe besass. Daher beschloss sie, sich derselben zu entledigen. Einstmals im Winter, als es recht kalt war, nahm sie dieselben, unbemerkt von den Nachbarn, und führte sie weit von ihrer Wohnung hinweg tief in den Wald hinein, wo sie dieselben, trotz ihrem Beben und Weinen, unerbittlich zurückliess. Nach Hause zurückgekehrt, fragte sie erst am andern Tag scheinbar unter grosser Besorgnis, ob niemand ihre Kinder gesehen hätte? Trotzdem dass die gutmütigen Nachbarn alles zum Wiederfinden der Kinder aufboten, fand man sie doch nicht, und so mussten sie in dem Walde vor Hunger und Frost elendiglich umkommen. Erst lange Zeit hernach fand ein Holzhauer die beiden Armen fest umschlossen in einer Decke von Schnee und Eis. Ihre Mutter aber, deren böse Tat man ahnte, fand immer noch keinen Mann. Da wurde sie, als der Winter wieder ankam, wahnsinnig, lief in den Wald hinaus, in welchem sie ihre Kinder ausgesetzt hatte, rief in furchtbaren Tönen nach deren Namen und wühlte mit blutigen Fingern Eis und Schnee auf, um nach ihnen zu suchen. Dies trieb sie so lange, bis sie starb. Aber noch sieht man sie in dunklen und kalten Nächten in den Wäldern und Klüften jener Gegend herumirren; wenn aber die Zeit kommt, wo dichter Schnee die Fluren bedeckt und die Kinder der Armen in den Wald geben, um sich Reisig für eine warme Stube zusammenzusuchen, hören dieselben oftmals ganz in ihrer Nähe bald ein Stöhnen, bald ein Ächzen, bald ein jammervolles Geschrei, und unter dem Rufe: "das Nachthuri kommt!" eilen sie erschreckt nach Hause. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das nächtliche Arbeiten

Source: Das nächtliche Arbeiten

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Beim Beginne der Heu- und Emd-Ernte vernimmt man nicht selten Abends spät in einigen Weilern oder Höfen des Puschlaver- Tales »dängeln« (Sensen schärfen). Niemand weiss genau Ort und Stelle anzugeben, wo der Ton herkommt, denn, wo immer man ihn auch suchet, hört man ihn in einem andern Hofe. Über den Grund dieses nächtlichen Dängelns herrscht im Volke die Meinung, dass diejenigen Bauern, welche aus Geiz und »Strenge« ihre Sensen an Sonn- und Feiertagen dängelten, nach ihrem Tode dieses Geschäft bei Nachtzeit verrichten müssen. Ähnliches hört man hie und da im Spätsommer, wenn die Bauern ihr Korn zu reinigen pflegen. Ohne zu wissen woher der Ton dringt, vernimmt man deutlich tic, tic, tic (das Klappern der Quartane, aus welcher das Korn auf das Tuch ausgereinigt wird.) Nun behaupten Viele, dass dieses Klirren und Klappern von Verstorbenen herrühre, die dazu verdammt seien, diese Beschäftigung des Kornreinigens auch nach dem Tode zu treiben, weil sie bei Lebzeiten an Feiertagen das Korn gereinigt haben. - (In Puschlav reiniget man vielerorts heutzutage noch das Korn auf eigentümliche Weise: Man trägt das zu reinigende Korn auf einen Hügel oder an einen Ort, wo der Wind stark zieht; dort breitet man Tücher auf dem Boden aus, füllt ein Kornmaass [bisher die Quartane] mit Getreide, und lässt dieses Letztere langsam auf das Tuch herab »rinnen«. Der Zugwind nimmt die Spreue fort, und das gereinigte Korn fällt auf das Tuch. – Indem nun, nach italienischer Art, die Kornmaasse mit losen Ringen von Eisen behängt und verziert sind, verursachen Dieselben durch Anschlagen mit einem Stabe beim Reinigen des Kornes ein eigentümliches tic, tic, tic, das weithin gehört wird. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das nächtliche Graben auf dem Friedhofe

Source: Das nächtliche Graben auf dem Friedhofe

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Ein Engadiner erzählte einst wie folgt: Mein Großvater hatte einen Knecht. Eines Morgens sagte ihm derselbe, dass er um Mitternacht Spatenschläge von seiner Schlafkammer aus, deren Fenster nach dem Gottesacker schauten, gehört habe. Nachdem er sie einige Zeit vernommen, sei er wieder eingeschlafen – und endlich von Neuem durch solches Graben aufgeweckt worden. Um sich zu unterrichten von dem, was da vorgehe, stand er auf, kleidete sich an und begab sich zum Kirchhofe hinab. Im Hinuntergehen noch hörte er das Schaufeln, und fand, dort angekommen, ein offenes Grab an der Stelle, die er genau bezeichnet. Den Tag darauf starb der früher kerngesunde Mann und der Totengräber öffnete ihm das Bett, dessen Decke er vierundzwanzig Stunden vorher weggehoben sah. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das nächtliche Kegelspiel in der Kirche

Source: Das nächtliche Kegelspiel in der Kirche

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Eine ähnliche wie diese Sage findet man in H. Colshorns Märchenbuche. Vor weiss Gott wie vielen Jahren ging ein Sigrist bei einer grossen Kirche im Oberwallis um Mitternacht über den Kirchhof; da hörte er in der Kirche ein Poltern, als wenn gekegelt würde, und sah eine schwache Beleuchtung. Er machte dem Pfarrer die Anzeige davon. Dieser aber lachte ihn aus. In der folgenden Nacht hörte der Sigrist dasselbe und zeigte es wieder dem Pfarrer an. Dieser wurde jetzt bedenklich, ging mit ihm zur Kirchenporte und schaute durch das Schlüsselloch. Da sah er mehrere schwarzgekleidete Männer, die mit zwei Kugeln in ein im Kreuzgang gestelltes Kegelspiel warfen. Da schlug es ein Uhr — und im Hui — war alles verschwunden. In der folgenden Nacht gingen sie vor zwölf Uhr auf die Wacht. Da sahen sie auf den Schlag zwölf Uhr wie die Chorporte aufging und herein trugen diese schwarzen Männer einen Sarg, nahmen aus demselben zwei Totenschädel und Totengebeine, welche sie als Kegel da wo gestern aufstellten. Diese Totengebeine und Schädel fingen alle zu glühen an, bei welchem Lichte wieder bis ein Uhr das Kegelspiel fortgesetzt wurde, wo dann wieder alles verschwand Jetzt entschloss sich der Pfarrer mit Exorzismen diesem Unwesen in der Kirche abzuhelfen. Beherzt und mit allem Heiligen und drei geweihten Kerzen ausgerüstet, ging er beizeiten mit dem Sigrist in der nächsten Nacht in die Kirche, zog einen Ring dort wo die Kegel gestellt wurden, stellte die angezündeten Kerzen auf diesen Ring und sich mit dem Sigrist in die Mitte desselben. Als es zwölf Uhr schlug und die Geister wie gestern erschienen, fing er seine Beschwörung an: «Ich beschwöre euch im Namen Gottes, wer seid und was treibet ihr in diesem Gotteshaus?» — Die schwarzen Männer antworteten: «Wir sind Richter und müssen hier spielen, weil wir mit dem Leben der Menschen ein ungerechtes Spiel getrieben haben. Diesen Sarg müssen wir vom Richtplatze in den Tempertagen hierherholen und in diesem sind die Totengebeine zweier unschuldig zum Tode verdammter Personen, die wir als Hexen haben verbrennen lassen und auf ungeweihtem Erdreiche von Henkershand sind beerdiget worden; — darum glühen sie so fürchterlich — und wir müssen so viel, so viel von ihnen leiden, wenn wir mit selben Kegeln zu schieben gezwungen werden.» «Kann euch aber geholfen werden?» fragte der Exorcist. «Ja» antworteten sie, «wenn ihr die Bedingungen erfüllen wollt, ohne deren Erfüllung wir keine Erlösung hoffen dürfen.» «Und welche sind die?» «Zuerst», erwiderten die Geister, «muss die Unschuld dieser Personen öffentlich in der Kirche bekannt gemacht werden; dann die Gebeine aus dem Gerichtsplatze ausgegraben und auf geweihter Erde nach christlichem Gebrauche beerdigt; und endlich den Befreundeten das ungerecht entrissene Gut wieder zurückerstattet werden.» — Da erhoben die Richter alle ihre bittenden Hände mit weinender Stimme gegen ihn; «wollt ihr das tun?» — «Ja! Gott sei mein Zeuge, ich will es tun», erwiderte der Pfarrer. Da schlug es ein Uhr — und Richter, Kegelspiel und Sarg — alles war verschwunden — und kehrten nicht mehr zurück; denn der Herr Pfarrer suchte auf das schnellste und gewissenhafteste die versprochenen Bedingnisse zu erfüllen.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das nächtliche Mahl

Source: Das nächtliche Mahl

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Vor vielen, vielen Jahren hütete ein Hirt von Varen in der Alpe Chermignon das Vieh. Eines Abends fehlte ihm beim Heimtreiben das schönste Rind der ganzen Alpe. Und da er nur zwischen zwei Dingen zu wählen hatte, entweder das Tier zu suchen oder dem Besitzer von seinem Abgange zu berichten, so machte er sich noch am selben Abend todmüde und hungrig auf die Suche. Nach stundenlangem, vergeblichem Herumirren kam er gegen Mitternacht zu einer abgelegenen Hütte und legte sich dort zur Ruhe. Doch kaum war der Todmüde eingeschlafen, so hörte er unten im Stalle herumrumpeln; und wie er sich erhob und neugierig durch eine halbblinde Scheibe guckte, sah er, dass sechs Männer in schwarzen Kleidern und weitkrämpigen Hüten das verlorene Rind aus dem Stalle führten. Die Männer entfalteten bald eine geschäftige Tätigkeit. Der eine zündete ein lohendes Feuer an, der zweite schleppte einen gewaltigen Kessel herbei, ein dritter deckte sorglich den Tisch, ein vierter trug in einem grossen Zinnkruge Wein herbei, die zwei letzten schlachteten behende das herrliche Rind. Da graute es dem Hirten, und er wollte sich eben erschreckt unter die Decke seines Lagers verkriechen, als ihm einer der Männer mit der Hand winkte. Wie mit Gewalt zog es ihn aus der Hütte in den Kreis der Männer. Die unheimliche Gesellschaft setzte sich an den Tisch, und trotz des Heisshungers meinte der Hirt, es bleibe ihm jeder Bissen des vorgesetzten Fleischstückes im Halse stecken. Allmählich löste der Wein aus dem schweren Kruge die Zungen der düstern Gäste. Grässliche Gespräche flogen von einem Tischende zum andern, und ihr Lachen widerhallte an den nahen Felswänden. Gegen Morgen aber wurden die fröhlichen Gesellen stiller, und wie das erste Grau über die Berge huschte, da löschte die züngelnde Flamme jäh aus. Tisch und Gerät und die unheimlichen Gestalten verschwanden. Der Hirt stand allein frierend vor der Hütte, neben ihm aber muhte das verlorene Rind heil und wohlbehalten, nur an der hintern Lende fehlte das Stück Fleisch, das der Hirt beim Mahle verzehrt hatte. VAREN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Nachtmahlbrot vergiftet

Source: Das Nachtmahlbrot vergiftet

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In den dreissiger Jahren des achtzehnten Jahrhunderts lebte und wirkte zu Brienz der Pfarrherr Sigmund von Rütte. Schmächtig von Gestalt und duldsam von Gemüt, musste es der Mann an sich selbst erfahren, was es heisst, ein böses Weib im Haus zu haben, das einem das Leben zur Hölle und das Pfarrhaus vor den Leuten zum dornichten Rührmichnichtan macht. Doch ward auch bei der Frau das Mass der Bosheit einmal voll. Da sie die schwarze Brühe des Hasses über den Pfarrherren und das Landvolk ausschütten wollte, geriet sie selber in die Traufe. Es war zur heiligen Osterzeit, da die Rätzenen, wie der Volksmund die Frau Pfarrer kurzweg hiess, nach altem Brauch das Nachtmahlbrot im Pfarrhausofen buk. Sie war aber mit nichts weniger als mit christlicher Liebe bei der Arbeit. Pechschwarz sah es in ihrem Innern aus, und während sie den Brotteig rührte, mischte sie ein Gift darunter, das allen, die vom Nachtmahlbrote essen würden, ein sicheres Verderben bringen sollte. Oh, wer hätte es dem duftend und knusperig aus dem Ofen kommenden Brot angemerkt, dass Tod und Grauen darin steckten? Nicht der Pfarrherr, nicht die Magd, und am wenigsten das Hühnervolk im Hof. Ei, wie das Federvieh flink beinelnd herbeiga-ga-gackte und die Brosamen aufpickte, die ihm die Magd aus der Küche der Frau Pfarrer zuwarf! Aber, ach, wie bald wurde der fleissige Eifer zuschanden; die Tierchen duckten die Köpfchen in die Federn, standen von einem Bein auf das andere und fielen dann tot um! Die armen Hühnchen! Als der Pfarrherr einmal daher schlurfte, lagen sie alle ausgestreckt und tot herum, gestorben am vergifteten Nachtmahlbrot einer wahnwitzigen Frau Pfarrer. So kam die dunkle Machenschaft des bösen Weibes an den Tag. Von Scham und Elend überwältigt, suchte der gute Pfarrherr bald darauf im nahen See den Tod. Die Frau, peinlich verhört und geständig, wurde in Interlaken hingerichtet. Als schwarzgekleidete grosse Frau trat sie seither in den Nächten um die heilige Osterzeit aus dem Pfarrhaus, schritt den Garten hinunter an den See, wo sie, stöhnend und in bitteren Selbstanklagen aufgelöst, suchend am Wasser auf und ab schritt, um dann wieder ins Pfarrhaus zurückzukehren. Auf diese Weise musste die Rätzenen ihre Freveltat noch nach dem Tode büssen. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Nachtpferd Zawudschawu

Source: Das Nachtpferd Zawudschawu

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In alten Zeiten gab es mancherlei Ungeheuer zu Berg und Tal. So sah man in der Walliser Stadt Sitten oft ein dreibeiniges Roß in mondheller Nacht durch die Gassen sprengen. Und auf den sumpfigen Mooren im Greyerzerlande, im üchtländischen Freiburg, weidete nachts das wilde Pferd Zawudschawu. Es war schwarz wie Ebenholz, nur die verwilderte Mähne und der lange Schweif waren schneeweiß. Oft, wenn gebrechliche Greise, die nicht mehr gut zu gehen vermochten, den Weg über die Moore von Buriander nahmen, sprengte es in stolzem Lauf zu ihnen und ließ sich auf die Vorderbeine nieder, sie zum Aufsitzen einladend. Kaum saßen sie oben, so trug es sie schnell nach Hause. Aber nicht immer war es so artig und zutraulich. Oft spielte es den Leuten argen Schabernack. Eines Abends ging ein Mann, der etwas über den Durst getrunken hatte, von Greyerz [Gruyères] her nach Hause. Er war müde, und zudem wollten ihm die schwanken Beine nicht recht gehorchen. Verdrossen setzte er sich auf einen großen Stein bei der Felsenbrücke und lallte: "Käme doch nur mein Gaul daher, den ich so dumm zu Hause am Barren habe!" Kaum hatte er's gesagt, so hörte er traben, und unversehens kam in tänzelnder Gangart ein schwarzes Roß auf den Betrunkenen zu. Als es bei ihm stand, ließ es sich auf die Vorderbeine nieder und nickte mit dem Kopf gar wunderlich, als wollte es den Mann zum Aufsitzen einladen. Der dachte nicht lange darüber nach, wem das schöne Pferd wohl gehören möchte, er stieg auf, so schnell es sich bei seiner Betrunkenheit tun ließ. Und wie er oben war, erhob sich das Pferd und trug ihn sänftiglich davon. Er aber versprach ihm ein gutes Futter und Zuckerbrötchen, wenn es ihn gut und bald nach Hause bringe. Schon sah der betrunkene Mann das heimatliche Dach im Vollmondscheine winken, da tat das Pferd auf einmal einen Seitensprung, also daß der Reiter fast von seinem Rücken flog, und dann begann es zu seinem Schrecken einen wilden Galopp, daß die weiße Mähne, an der er sich nun in tausend Ängsten festkrampfte, flatterte wie die Wäsche im Wind. Er beschwor das Pferd, es möchte doch ja den rechten Weg wieder betreten, doch es stürmte fort durch das weite Moor, und unaufhaltsam ging's dem nahen Fluß, der Saane, zu. Jetzt ergriff den Reiter eine wahre Todesangst. Er schrie auf und versuchte das wilde Roß aus dem Moore herauszulenken, indem er's verzweifelt an der weißen Mähne riß. Aber es schlug aus, so daß er sich kaum festzuhalten vermochte. Und jetzt tauchte der Fluß vor seinen entsetzten Augen auf, das Roß stürmte drauf los. Doch hart an seinem Rande drehte es sich blitzgeschwind, also daß der Reiter wie ein Ball in die kühle Flut hinausgeschleudert wurde. Das Pferd aber wieherte auf, als ob es auflachte, stob über das Moor dem Brockberg zu und verschwand. Mit Not und Ach und Krach vermochte sich der angeführte Reiter aus dem Fluß zu retten. Und als er nun, triefend wie ein Wald nach dem Donnerwetter, ans Ufer gekrochen war, wußte er, daß er in seinem Rausch das wilde Pferd Zawudschawu geritten hatte. Das kalte, unerwünschte Flußbad aber hatte ihn gehörig ernüchtert. Schleunigst und zum Auswinden naß, machte er sich nach Hause. Da, wo ihn das wilde Pferd in die Saane warf, steht jetzt eine Feldkapelle. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Nachtvolk (Pfäfers)

Source: Das Nachtvolk (Pfäfers)

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Von Fronfastenkindern wird zu gewissen Zeiten das Nachtvolk gesehen. Voran kommen der letztverstorbene Pfarrherr und Mesner im Chorhemde, dann die zwei letztverstorbenen Bewohner der Gemeinde und endlich die noch Lebenden, welche innert Jahresfrist sterben werden. Sie begeben sich je zu zweien in der Nacht um 12 Uhr betend zur Kirche. Einige Nächte vor Ausbruch der Pest hörte ein in der Nähe der Kirche wohnender Mann auf der Strasse beten. Er sprang auf, schlüpfte schnell mit dem einen Fusse in das eine Hosenbein und begab sich zum Fenster. Ein Schaudern durchzuckte ihn. Da zog vor seinen Augen eine grosse Prozession vorbei, gewiss die halbe Einwohnerschaft von Vättis. Am Ende des Zuges kam einer allein; dessen einer Fuss steckte in den Hosen, die er in beiden Händen trug; der andere Fuss war unbedeckt. Als er dem Verspäteten in das Angesicht sah, erkannte er in demselben sich selbst. Er wusste jetzt, dass er das Nachtvolk gesehen habe, dass ein "Sterbet" bevorstehe und er selbst das letzte Opfer sein werde. In der Morgenfrühe sagte er dieses im Pfarrhaus. Am folgenden Sonntag meldete der Seelsorger den Gläubigen, was ihrer warte, und ermahnte alle zum Gebet. Nach einigen Tagen hat der schwarze Tod seinen Einzug in Vättis gehalten, und die Totenglocke begann zu läuten. Jeden Sonntag verkündete der Pfarrer von der Kanzel aus, wie viele Opfer die nächste Woche heischen werde, und forderte immer wieder zum Beten auf. So ging es fort, bis der Letzte kam. Innert sechs Wochen waren in der kleinen Gemeinde 134 Personen von der Seuche dahingerafft worden. Noch heute wird vielfach vom damaligen "Sterbet" geredet, und der Name des letzten Opfers ist noch bekannt; sein Wohnhaus steht noch. L. Jäger.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 216, S. 105 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Nachtvolk auf der Jeninser Alpe

Source: Das Nachtvolk auf der Jeninser Alpe

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Ein Mann kam mit einer Kuh nach der Alpentladung einst über die Jeninser Alp und übernachtete in einer Hütte. Um Mitternacht wurde er durch ein großes Lärmen aus dem Schlaf gerissen. Es war das Nachtvolk, das ihn geweckt hatte und nun vor dem Feuer zechte und schmauste und das Fleisch, das sie über dem Feuer brieten, aus seiner Kuh herausschnitten. Das Nachtvolk lud den Mann ein mitzuhalten und der dachte sich, wenn’s schon sein muss, dann will ich auch etwas vom Fleisch meiner Kuh haben. Er ging hin und schnitt sich ein Stück ab, steckte es wie die andern an einen Spieß und briet das Fleisch über dem Feuer. Als sich das Nachtgesindel bei Tagesanbruch verzogen hatte, fand er seine Kuh unversehrt, mit Ausnahme des Stückes Fleisch, das er selbst gegessen hatte. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuausgabe, Berlin 2014    Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Nachtvolk auf Obersaxen

Source: Das Nachtvolk auf Obersaxen

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Ein Bauer ging spät in der Nacht an dem zerfallenen Stalle, dessen Umgebung »Sand« genannt wird, eine halbe Stunde vom Meierhof entfernt, vorbei. Da hörte er ein Tönen, wie wenn man an metallene Gegenstände schlägt, und durch die Bäume gewahrte er einen lichten, roten Glanz, gewahrte auch geisterartige Gestalten um den Stall herumhüpfen; einige dieser Gestalten spielten mit goldenen Kugeln, die sie in den Händen hielten. Der Mann versteckte sich und sah lange dem Treiben zu. Jetzt vernahm er die schönste Musik, die er seiner Lebtage je gehört hatte, und alsbald fingen die Gestalten an zu tanzen; dann verstummte die Musik, und die Gesellschaft fing einen solchen Spektakel an, dass ihm Hören und Sehen vergingen. Wie er nun so da lag, und einer der umherspringenden nächtlichen Geister ihn entdeckte, wurde er von diesem ziemlich unsanft am Kragen gefasst, und auf den Heimweg gewiesen. - Obgleich seiner Sinne kaum mächtig, konnte er noch bemerken, dass die Gestalten keine bestimmte Form hatten, aber dreikantige Köpfe trugen, mit feuersprühenden Augen, und dass ihre Stimme nur ein Krächzen war, keine menschliche Stimme.Er ging heim und lag über dem Schrecken mehrere Wochen krank. - Dieser Spuk wurde zur gleichen Zeit auch von andern Personen gesehen, die den gleichen Weg passierten. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Nachtvolk auf Rahl

Source: Das Nachtvolk auf Rahl

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Auf Rahl, einer »Gadenstatt« (Berggut) oberhalb Fanas hatte ein Schierser sein Vieh zur Fütterung, im Stalle zu stehen. Er schlief im Stalle, erwachte einmal so um Mitternacht, stand auf, und ging in den Hof hinab, um zu sehen was es für Wetter sei. Indem er so umherschaute, hörte er auf einmal Musik in der Luft. Diese Musik von den verschiedenartigsten Instrumenten, kam näher und immer näher, zog beim Stalle vorbei, und verlor nach und nach sich wieder, wie sie gekommen war. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Nachtvolk auf Rämisgummen

Source: Das Nachtvolk auf Rämisgummen

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Neben den eigentlichen Zwergen, deren besondere Aufgabe es war, die guten Leute vor Unglück zu bewahren und für ihre guten Taten zu belohnen, gab es auch ein Völklein, das besonders des Nachts sein bösartiges Wesen trieb. Gewöhnlich hauste es im Herbst, wenn die Älpler ihre gesömmerten Herden zu Tal getrieben hatten, in den verlassenen Sennhütten und führte ein wildes Leben. Auf seinen Reisen rauschte es durch die Luft, als ob gewaltige Adler vorüberschwirrten. Zuweilen sah man die grauen Schatten des düstern Zuges vorbeigleiten. Nach der Alpabfahrt von Rämisgummen — die Sennen waren schon mehrere Stunden von der Weide entfernt — bemerkte der Hirt, dass ihm eine Kuh fehlte. Weil er ihr ein paar Tage zuvor das Kälblein weggenommen hatte, vermutete er, sie möchte auf die Alp zurückgekehrt sein, um ihr Junges zu suchen. Er schickte einen Knecht zurück mit dem Auftrag, sie zu holen. Und wirklich fand er das Tier auf der Weide. Da es aber zu spät war, noch am gleichen Abend den Berg wieder zu verlassen, trieb er die Kuh in den Stall und legte sich ins Bett zur Ruhe. Kaum war er eingeschlummert, ging ein Brausen und wildes Lärmen durch die Sennhütte. Das Nachtvolk hielt seinen Einzug und feierte die Talfahrt der Hirten mit einem grossartigen Fest. Es traf alle Anordnungen zu einem üppigen Mahl. Die Kuh wurde geschlachtet und geschmort. Lauter Festjubel erfüllte die Hütte. Obwohl der Senn die Bettdecke über die Ohren gezogen hatte, musste er dennoch den Tumult der nächtlichen Gesellen anhören. Er betete zu Gott, dass ihn die Bolde nicht entdecken möchten. Als sie aber am besten daran waren, rief einer, dass es der Senn hören musste : «Wir wollen dem da oben im Gaden auch etwas zu essen geben ! » Der erschrockene Hirt kroch noch tiefer unter seine Decke und wäre lieber unter Wilden als in dieser Gesellschaft gewesen. Wie aber eines von den Männlein die Leiter emporstieg und ihm ganz friedlich ein Stück Braten anbot, wich der Schrecken aus seinen Gliedern, und er dachte : «Wenn doch die ganze Kuh mit Stumpf und Stiel aufgezehrt sein muss, so will ich auch meinen Anteil davon haben.» Und wirklich, das Stück war so vortrefflich zubereitet, wie er's in seinem Leben noch nie gegessen hatte. Wie der Morgen graute, wurde es nach und nach still in der Hütte, und der nächtliche Spuk verschwand. Der Knecht sorgte sich der Vorwürfe wegen, die ihm der Meister um der verlorenen Kuh willen machen würde. Aber wie freudig war er überrascht, als er deutlich das Brüllen des Tieres aus dem Stall herauf vernahm. Als er drunten Nachschau hielt, stand die Kuh im Stall, wie er sie am Abend zuvor hineingetan hatte. Einzig an einem Schenkel fehlte das Stück Fleisch, das ihm in der Nacht so ausgezeichnet gemundet hatte. Die Wunde hatte auch zur Folge, dass das Tier hinten lahm ging. Emmentaler Sagen, Hermann Wahlen, 1962 Gute Schriften Bern Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Nachtvolk im Castieler- Tobel

Source: Das Nachtvolk im Castieler- Tobel

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Ein Mann von Castiel, der in Calfreisen sein Vieh stehen hatte, und täglich dort fütterte, ging, wie gewohnt, in den ersten Stunden des Tages Calfreisen zu. Auf einmal vernahm er ein sonderbares Geräusche, und glaubte, es seien Weiber von Calfreisen, die so früh schon nach St. Peter wollten, um dort ihren Hanf zu »reiben.« Aber das war das Nachtvolk. Er drückte sich an die obere Seite des Weges, doch nicht genug, dass er durch das vorbeiziehende Nachtvolk unzählige Püffe bekam, und zuletzt umfiel. - Es wäre ihm noch gar übel gegangen, wenn nicht Einer aus dem Zuge schrittlings über ihn sich gestellt hätte, damit die Andern nicht weiter ihn belästigten. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Nachtvolk im Prätigaue

Source: Das Nachtvolk im Prätigaue

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Im Prätigaue wurde das Nachtvolk oder das »fliegende Heer« zuerst auf dem Steifer-Berge oberhalb Schiers von einem Sennen gesehen. Derselbe ward einmal in der Nacht durch einen gewaltigen Lärm aus dem Schlafe aufgeweckt, und als er verwundert durch eine Ritze im Fensterladen des »Schlafgadens« hinausblickte, sah er die dunkle Schaar durch die Lüfte vorbeiziehen. Dieser Zug wurde öfters bei Dalvazza (bei Küblis) gesehen. Er raste auch gerne über abgelegene Orte, Töbel und Kreuzwege hin, und erschien hauptsächlich vor dem Ausbruche von Landplagen, Krieg oder Pest, die dann eine Menge Menschen dahinrafften. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Nachtvolk in der Alphütte am Ort

Source: Das Nachtvolk in der Alphütte am Ort

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Des Hasenohrs Bub von Linthal, Kt. Glarus, habe seiner Zeit erzählt, er sei einmal mit einigen Gespanen im Stafel Ort ob Linthal übernachtet, spät im Herbst. Da haben die Kameraden angefangen, über das Alpgespenst zu spötteln. Dann habe es plötzlich an die Türe geklopft, und drei blaue Lichtlein seien hereingekommen und bald wieder verschwunden. Am nächsten Morgen sei er der erste gewesen, der in die Sennhütte hinunter gekommen, und doch sei hier schon alles im Betrieb gewesen. Einer habe den Turner gedreht, einer das Wellchessi herbeigeschleppt und angehenkt, einer den Ankenkübel getrieben. Voll Schrecken sei er zu den Kameraden zurückgekehrt. Aber diese hätten ihm gesagt, er solle nur furchtlos wieder hinunter, es werde ihm nichts geschehen. Und richtig, als er wieder in den Hüttenraum gekommen, sei alles verschwunden gewesen. – »Das hennt-s churzli (1924) änet d'r Märcht änä v'rhandlet.« Dom. Arnold, 12 Jahre alt, Altdorf Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Nachtvolk in Peist

Source: Das Nachtvolk in Peist

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Die vor Zeiten in Peist das Totenvolk stark umging, hat auch das Nachtvolk dort viel zu schaffen gehabt. So lebte daselbst einst, und das vor nicht gar vielen Jahren, ein Mann, Namens Chr. Brunold, Gemeinderatsschreiber, und der war ein äusserst tätiger und gewissenhafter Beamter. Keiner hatte so schöne Tage, wie er und doch schaute er immer so verdriesslich drein; warum, das konnte Niemand deuten. Da kam einmal ein »G'spiel« (Jugendgenosse) aus der Fremde heim, und zu ihm auf Besuch; und dem offenbarte er, dass er mit dem Nachtvolke gehen müsse, und das sei ihm schon in der Wiege »geprofetet« (profezeit) worden von der »Gotte« (Patin), und die habe mehr können und gewusst, als andere Leute: Und Alle die, welche im Nachtvolke seien, müssen von drei bösen Dingen: »schlecht leben, eines »gähen (plötzlichen) Todes sterben, oder mit dem Nachtvolke laufen« - Eines wählen; Er habe nun das Mitlaufen gewählt. Der »G'spiele« hiess ihn, gutes Mutes zu sein, und versprach, ihm zu helfen, wenn er ihm sage, wann er wieder mitmüsse, und wo das Nachtvolk vorbeiziehe; auch er könne Etwas mehr, als Andere! Brunold sagte ihm Zeit und Ort. Am bestimmten Abende legte der »G\'spiele« sich auf die Lauer, und hatte eine starke Latte von Haselnussholz mit einem selbstgewachsenen Haken am einen Ende, zurecht gelegt. So wartete er bis Mitternacht unter dem Stalldache des Brunold, durfte aber nicht von der Stelle (denn wer das Dachtrauf überschreitet, sieht kein Gespenst, oder hat keine Kraft gegen Geister.) Das Nachtvolk kam richtig. Wie er Dasselbe erblickte, nahm er die Latte mit dem Hacken, und zog den Brunold damit am Arm unter das Dachtrauf. Von der Zeit an musste Brunold nicht mehr mit dem Nachtvolke gehen. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Nachtvolk vom Berg (Flums, SG)

Source: Das Nachtvolk vom Berg (Flums, SG)

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Das Nachtvolk bestand aus einer grossen Menge schwarzer Gestalten; in deren Mitte ging ein alle überragender weisser Mann mit grossem Schlapphute (Wodan!). Wenn ein Einwohner des Flumserberges auf dem Sterbebett lag, sah man das Nachtvolk in einem langen Zuge vom Berg heruntergehen bis nahe an das Dorf. Bei einem alten, ganz verfallenen Hause, beim alten Rathause, machte es Halt, als wollte es Verhandlungen pflegen. Dabei war ein weithin vernehmbares, unheimliches Gemurmel hörbar. Nachdem das Nachtvolk längere Zeit dort verweilt hatte, zog es wieder den Berg hinan, wo es im Dunkel der Wälder verschwand. NB. Wenn eine Leiche vom Flumserberg zu begraben war, hielt der Leichenzug bei jenem alten Rathause an und ward vom Pfarrer, der ihm bis dorthin entgegenging, abgeholt.  Rob. Rizzi Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 341, S. 191 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Natterloch

Source: Das Natterloch

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Das Natterloch, wovon Naters seinen Namen haben soll, befand sich eine kleine Strecke östlich des Dorfes. In dieser Felsenhöhle lebte vor alten Zeiten ein greulicher Drache, der ringsum, selbst vom Brigerberg herab Menschen und Vieh durch seinen giftigen Atem anzog und verschlang. Einem zum Tode Verurteilten versprach man deshalb, ihm das Leben zu schenken, wenn er die Gemeinde von diesem Ungeheuer befreie. Er liess sich eine Lederkleidung anfertigen, umgab sie ringsum mit schneidenden und stechenden Werkzeugen und ging dann mit einem scharfen Schwerte und einem Dolche dem Drachen entgegen. So tapfer sich der Kämpfer auch gegen den Drachen verteidigte: er wurde doch vom giftigen Atem, der ihn aus dem Rachen der Natter anwehte, so betäubt, dass er überwunden und verschlungen wurde. Aber Gott, den er vorher inbrünstig angerufen, verliess ihn nicht. Die schneidenden Waffen, mit denen der Mann umgeben war, durchschnitten und durchstachen die Eingeweide der Natter, so dass er sich mit Hilfe des Dolches einen Ausweg aus dem Bauche verschaffen konnte. Wie er nun aus dem scheusslichen Grab erstanden und den Drachen tot zu seinen Füssen liegen sah, zog er seine ledernen Handschuhe aus und hob dankend seinen von Gift getränkten Dolch zum Himmel empor. Aber in diesem Augenblick fiel von dem furchtbaren Nattergift ein Tropfen auf seine Hand, und dieser Tropfen gab ihm den Tod. NATERS Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Natterloch, von dem das Dorf Naters seinen Namen haben soll

Source: Das Natterloch, von dem das Dorf Naters seinen Namen haben soll

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Es ist eine kleine Felsenhöhle, in welcher vor undenklichen Jahren ein greulicher Drache oder eine Natter lebte, die ringsum Menschen und Vieh, wenn sie zu nahe kamen durch ihren giftigen Atem anzog und dann verschlang. Einem zum Tode Verurteilten, dem man versprach, das Leben zu schenken, wenn er die Gemeinde von diesem Ungeheuer befreien könne, gelang es den Drachen zu töten. Er liess sich eine Lederkleidung verfertigen, behängte selbe ringsum mit schneidenden und stechenden Werkzeugen und ging dann mit einem scharfen Schwerte und Dolche der Natter entgegen. So tapfer sich der Kämpfer gegen den Drachen verteidigte, so wurde er doch von dem giftigen Atem, so aus dem Rachen des Ungeheuers ihn anwehte, so betäubt, dass er überwunden und verschlungen wurde. Aber Gott, den er vorher inbrünstig angerufen, verliess ihn nicht; die schneidenden Waffen, mit denen er umgeben war, durchstachen und durchschnitten die Eingeweide der Natter, so dass er sich mit Hülfe des Dolches einen Ausweg aus dem Bauche derselben verschaffen konnte. Wie er nun aus dem scheusslichen Grabe erstanden und den schrecklichen Drachen tot zu seinen Füssen liegen sah, da zog er seine ledernen Handschuhe ab und hob dankend seinen vom Gift getränkten Dolch zum Himmel. — Aber in diesem Augenblicke fiel von dem furchtbaren Natterngift ein Tropfen auf seine Hand — und dieser gab ihm den Tod.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Nebbengrabentier

Source: Das Nebbengrabentier

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In der Nähe des Dorfes Ettingen hauste einst das Nebbengrabentier. Es hielt sich in einem Graben an der Strasse gegen Hofstetten auf. Nachts liess es ein schauerliches Quaken hören oder plätscherte im Wasser. Es konnte verschiedene Gestalten annehmen, war bald Fuchs, bald Esel, bald Kalb oder gar Mensch. Oft verliess es seinen Graben, besonders zu mitternächtlicher Stunde, und ging in der Gegend umher. Niemand getraute sich dann über den Nebbengraben weg. Ettingen Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Nebbengrabentier

Source: Das Nebbengrabentier

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In der Nähe des Dorfes Ettingen hauste einst das Nebbengrabentier. Es hielt sich in einem Graben an der Strasse gegen Hofstetten auf. Nachts liess es ein schauriges Quaken hören oder plätscherte im Wasser. Es konnte verschiedene Gestalten annehmen, war bald Fuchs, bald Esel, bald Kalb oder gar Mensch. Oft verliess es seinen Graben, besonders zu mitternächtlicher Stunde und ging in der Gegend umher. Niemand getraute sieh dann den Nebbengrabenweg zu überschreiten. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Das Nebelgespenst

Source: Das Nebelgespenst

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Im Morgenrot, wie bist Du schön, Du freie Alp, ihr grünen Höh'n!   Des Hirten Herz ist froh erwacht, Die Lieb' zur Herd' ihn glücklich macht.   Er streichelt still das treue Tier, Sein Auge lacht: »Wie wohl ist mir!« -   Da seufzt es tief in seiner Näh', - Ein grau Gesicht blickt von der Höh'.   Ein grau Gesicht, uralt und schwer, Im Nebelkleid, - das starrt daher.   Und von ihm geht der Nebel aus, Bald liegt die Alp in Nebelgraus.   Und das Gespenst seufzt: » Weh! O Weh! Mich schmerzt das Glück, das hier ich seh'!   Dich liebt die Herd', Du treuer Hirt, Weil ihr von Dir nur Gutes wird.   Mit Meiner war ich bös und rauh, D'rum geist' ich jetzt im Nebelgrau –   Muss geisten, bis ein freundlich Tier Die Hand mir leckt, im Nebel hier.« -   Er streck't die Hand nach Kalb und Kuh, - Die flieh'n entsetzt dem Hirten zu.   »O Weh, o weh, der Bann währt lang!« Seufzt das Gespenst, - verschwindet bang.   Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Nebelmännlein

Source: Das Nebelmännlein

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Auf der Stutzalp in Bünden ist jeder Senn darauf bedacht, dass jede Kuh ihren Teil Salz bekommt, denn es kommt ihnen immer das wunderbare Nebelmännlein in den Sinn, das dort öfter erscheint. Man sieht es besonders, wenn dunkle Regenwolken über der Alp schweben. Es trägt einen Hut mit breitem Rande, Holzschuhe, eine weisse Jacke, und ist mit einer Tasche umgetan. Das Männlein streckt den Kühen lockend seine Hand hin, und wenn keine Kuh von seinem Salz leckt, so geht es trauernd von dannen. So laut es auch rufen mag, niemals hört ihn das Vieh. Die Hirten erzählen: Das Nebelmännlein sei bei Lebzeiten ein ungerechter Hirt gewesen, der habe einigen Kühen das Salz entzogen und andern umso mehr gegeben. Zur Strafe dafür muss er nun durch die Triften schweifen, besonders bei trübem Wetter, und zwar so lange, bis das Vieh seinen Ruf vernimmt, und er das Unrecht wieder gut gemacht hat. Quelle: Theodor Vernaleken, Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch


by Das Nebelmännlein auf der Stutz-Alpe

Source: Das Nebelmännlein auf der Stutz-Alpe

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  Wo aus dorfgeschmücktem Tale Stolz der Berg sich hebt hinan, Liegt im hellsten Abendstrahle Leuchtend, einer Alpe Plan; Dorten über grüne Höhen Schöne Kühe heimwärts gehen Euterstrotzend, wohlgetan.   Lockend ruft der Senne, strecket Mit dem Salz die Hände hin, Achtet wohl, dass jede lecket, Keiner mag er es entzieh\'n; Denn es kommt dabei das alte Wunderbarlich ungestalte Nebelmännlein ihm zu Sinn.   Das, wenn Wolken niederhangen Regenschauernd, frostig, grau, Mit dem Schleier zu umfangen Lichten Himmels helles Blau, Auf der Alpe pflegt zu Zeiten Leisen Schritt\'s umher zu gleiten Und zu schweben durch die Au.   Einen Hut gar breiten Randes, Trägt es, Holzschuh\' hat es an, Mit der alten Tracht des Landes Seltsam ist es angetan; Um die nebelweisse, weite Jacke hat es an der Seite Eine Tasche umgetan.   So erscheint es bei den Hütten Wenn es dunkelt, Abends spät, Öfter auch am Tage, mitten Unterm Vieh umher es späht. Seine Hände lockend strecket, Und wenn keine Kuh sie lecket, Trauernd dann von hinnen geht.   Denn so laut das alte, schlimme Nebelmännlein, traumbetört Auch erhebe seine Stimme, Niemals doch das Vieh ihn hört; Und es geht die alte Kunde Bei den Hirten, die vom Munde Ihrer Väter sie gehört:   Dieses sei ein ungerechter Hirt gewesen an der Statt, Der dem Vieh, zu dessen Wächter Er bestellet, Untreu\' tat, Der das Salz nicht recht verwogen, Ein\'gen Kühen es entzogen, Und gegeben Andern satt.   Jetzo aber müss\' er schweifen Durch die Triften leis\' und sacht\', Wenn die Wolken düster streifen, Wenn es schneit in dunkler Nacht, Bis die rechte Zeit gekommen, Bis das Vieh den Ruf vernommen, Er das Unrecht gut gemacht.   Darum lockt der Senne, strecket Mit dem Salz die Hände hin, Achtet wohl, dass jede lecket, Mag es keiner je entzieh\'n; Denn es kömmt dabei das alte, Wunderbarlich umgestalte Nebelmännlein ihm zu Sinn.   Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das neugebackene Brod

Source: Das neugebackene Brod

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Einmal ging eine arme Frau durch den Wald. Müde setzte sie einige Augenblicke auf einen Stein sich nieder; sie befand sich in gesegneten Umständen und war lüstern nach einem Stückchen neugebackenen Brodes. In ihrer Heimat, wo man nur einmal jährlich backt und darum das Brod gewöhnlich sehr hart ist, gehörte, wie auch heutzutage, neugebackenes Brod zu den Leckerbissen. - Sei es nun, dass sie ihre Lüsternheit laut werden liess, sei es, dass eine Diale ihre Gedanken belauschte, als sie sich aufrichtete, um weiter zu gehen, duftete ihr der Geruch von neugebackenem Brode entgegen, und sie erblickte ein solches noch dampfend neben sich im Moose liegen. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Das weise Fänggenmannli Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Neunuhrbrot am Steigfeld 

Source: Das Neunuhrbrot am Steigfeld 

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Auf dem Wege von dem Bergdorfe Hettenschwil nach Leuggern, wo die Aare ihrer Mündung in den Rhein zugeht, hat man die Waldungen der Mooshalde und das quellenreiche Gehölz des Stubenbrünnli zu durchwandern, dann führt der Pfad auf das Ackerland des Steigfeldes und man ist einem bewaldeten Hügel gegenüber, in dessen Abhang die Höhle der Erdmännchen liegt. Schwarzwälder, wie sie aus dem benachbarten Amte Waldshut auch jetzt noch in die Heu- und Kornernte auf den Taglohn ins Aargau herüber kommen, hatten einst wohl eine halbe Stunde nach Feierabend auf einem dieser Kornfelder fortgeschnitten und waren doch nicht fertig geworden; am folgenden Frühmorgen indess, als sie wieder kamen, lag derselbe Acker bereits ganz geschnitten in Garben. Das sei eben das Nachtwerk jener Männchen, hiess es, die unter dem Steigfelde wohnten und nach der Abendglocke zur Feldarbeit herunter kämen, so oft ein Regen der Frucht oder dem Heu zu schaden drohe. Solches war dem Schwarzwälder Gesinde gar erwünscht zu hören, sie beschlossen sofort sichs zu Nutzen zu machen, und bestachen den Sigrist von Hettenschwil, dass er morgen eher als gewöhnlich die Abendbetzeit läute; damit sei ihnen ein heisser Tag verkürzt, die Zwerge würden die Arbeit schon fertig machen und man könnte diese Männchen dann einmal in ihrer wahren Gestalt betrachten. Nach Verabredung läutete der Sigrist am folgenden Tage die Abendglocke wohl eine Stunde früher. Eben erst hatte sich die Sonne hinter den Berg gelassen, es war noch heller Tag; da kamen die Männlein zusammen hervorgetrippelt und schauten nach allen Himmelsgegenden aus. Doch da war ringsum kein Wölkchen und kein Zeichen zu sehen, das auf kommenden Regen gedeutet hätte; und so, geblendet vom Tageslicht, gingen sie blitzschnell wieder in die Höhle zurück und haben sich seitdem nicht wieder täuschen lassen.  Wenn im Herbste das meiste Land schon gepflügt und besäet war, lag vielleicht ein einzelner Acker noch unbestellt dazwischen, weil dem armen Bäuerlein, dem er gehörte, sein Zugvieh erkrankt war. Da kamen sie in den Stall, fütterten und striegelten die Tiere, dass sie wieder gediehen, und nicht zufrieden damit, pflügten sie oft des Nachts dem Manne auch seinen Acker um. Ein andermal konnte es geschehen, dass er und sein Treibbube vom Morgen bis Mittag hinter dem Pfluge stand und Beide noch nichts als die längst verdaute Mehlsuppe im Magen hatten. Da trugen ihnen die Männchen das Neunuhrbrot aufs Feld, einen grossgebackenen Waijen. Um diesen Kuchen für Zwei hübsch teilen zu können, brachten sie immer auch ein Messerchen mit, nicht grösser als unsre Kindermesser sind, Hegel geheissen, deren eines einen Kreuzer gilt. Mit solchen kleinen schwachen Klingen geht das Zerschneiden eines braungebackenen Speckkuchen gar langsam, und der Treibbube, der gierig nach dem Leckerbissen sah, sagte vorwitzig zum Männchen: „Wenn ihr doch stets so schlechte Krappenstecher habt, so gebt uns die Waijen lieber ganz, wir werden sie schon in Frieden teilen, anstatt da die Zeit mit Zuwarten zu verlieren.“ Bedauerlich schaute das Männchen den Gernklug an und ging hinweg. Woher nehmen sie aber auch ihre Waijen, fuhr der Bube fort, da sie ja kein Korn pflanzen? Und der Bauer erwiderte: „Hast du denn nicht von den Schnittern gehört, dass in der Ernte ein grosser Teil unsrer Halme ohne Ähren ist, weil die Zwerge sie für sich abkuppen?“ „Donner,“ sagte der Bube, „da haben sie's leicht einem um neun Uhr einen Bissen Schleckware zu bringen, wenn sie die geschlagene Nacht das Korn vom Acker stehlen. Aber ich will noch heute mit dem Feldhüter Wache halten und den Dieben von meiner langen Schafgeissel eins zu versuchen geben!“  Kaum war dies Wort heraus, so hörte man den Scheucheruf des davon gegangenen Erdmännchens. Auf dies Zeichen sah man seine Kameraden rings aus den Fluren ihrer Höhle zuspringen, und seitdem scheinen sie die Gegend ganz verlassen zu haben.  Sage aus Hettenschwil Die Bemerkungen, welche S. 30—32 dieser Schrift über den Bilmessschnitt gemacht sind, finden in dieser Zwergensage eine augenfällige Bestätigung. Wo der Zwerg unter der Furche des Feldes wohnt, da dringt sein unterirdisches Schmiedefeuer mit reifender Kraft in die droben stehende Saat; so weit geht dann ein rotbrauner Grasstreifen durch die Matten, ein gelber Kornstreifen durch die Frucht, in der Breite einer Heerstrasse, in der geraden Richtung einer Kegelbahn (vergl. Aargau. Sag. Nr. 113. 440). Nach etruskischer Sage ist der Zwerg Tages der ausgeackerte Enkel Jupiters, und von ihm haben die Menschen die Weissagungskunst erlernt. Cieoro De diviantione II, cap. 23 fügt bei, er habe Kindergrösse und Greisenklugheit gehabt. Unfern dem See qui pliau (Fels, welcher weint) im Waatlander Tale von Thomay, oberhalb des Schlosses Chatelard, haben die Feen gewohnt und noch befinden sich dort ihre Backöfen. Im Tälchen bei Ver wohnten sie auf der Staubmühle, Ie moulin de la poussière, es gab auch unter ihnen, der Ormonder - Sage zu Folge, solche von mohrischer Gesichtsfarbe. Man konnte sie durch hübsch bebänderte Schuhe anlocken. H. Runge, in der Zeitung Bund 1857, Nr. 230 — 234.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Das Neunuhrglöcklein von Schaffhausen

Source: Das Neunuhrglöcklein von Schaffhausen

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Zur Zeit der Kreuzzüge, als viele Ritter und Kriegsknechte ins Heilige Land gezogen waren, um das heilige Grab Christi den Ungläubigen zu entreißen, war auch ein Ritter aus der Stadt Schaffhausen, wo die schöne Erkerstraße steht, mit ihnen über das Meer gefahren. Schon lange Jahre war er aus der Heimat fort und dachte mit Schmerzen seiner lieben Frau, die er auf der stolzen Burg ob der Stadt, wo jetzt der Munot steht, zurückgelassen hatte. Und je mehr er ihrer und der schönen Heimat und der trauten Stadt am Rheinfall gedachte, desto schwerer wurde ihm zumute. Wie nun im Heiligen Lande die Waffen eine Zeitlang ruhten, übernahm ihn das Heimweh völlig. Er ließ sein Pferd satteln und zog mit seinen Kriegsknechten aus dem Lande Palästina fort, um heimzukehren. Eine unendlich lange Zeit dauerte es, bis er durch aller Herren Länder in die heimatlichen Gaue gelangte. Aber endlich sah er hie und da schon seine hochgelegene Burg aus den Hügeln auftauchen, und obwohl er noch weit von der Stadt Schaffhausen weg war, meinte er doch schon den Rheinfall rauschen und brausen zu hören. Das widerklang wie Musik in seinem Herzen. Er spornte sein Pferd und ritt, so rasch es sich bei den damaligen schlechten Prügelwegen tun ließ, der Stadt am Rheine zu. Es ging schon der Nacht zu. Noch einmal sah er von weitem die Burg aufleuchten in der blutrot hinter dräuenden Wolkenbergen verschwindenden Sonne. Dann geriet er wieder in düstere Wälder. Noch nicht lange war er mit seinen Reisigen darin geritten, so donnerte es ob dem Walde. Und unversehens brach ein fürchterliches Gewitter los. Schnaubend und gluchzend fuhr ein Sturmwind durch die Bäume, und dann begann es aus allen Himmeln wie mit Eimern zu schütten. Und es wollte nimmer nachlassen. Die Bäume boten bald keinen Schutz mehr. Sie wurden selber zu Regentraufen, und mit Ach und Krach, naß wie Wasserschnecken, brachen der Ritter und seine Kriegsknechte durch das fürchterliche Dickicht, in das sie sich verirrt hatten, denn mittlerweile war es stockfinstere Nacht geworden. Wohl leuchteten ab und zu grelle Blitze ins Waldesdüster, aber die Verirrten konnten den rechten Weg gleichwohl nicht wiederfinden. Wie sie auch riefen, niemand antwortete ihnen, denn nun setzte der Sturmwind wieder ein, der die triefenden Bäume schüttelte und ihre krausen Wipfel also wild kämmte, daß die Zweige von den Ästen gingen. Da machte der Ritter mit seinen Leuten ratlos Halt, denn er wußte nicht mehr, wo aus noch ein. Er hatte keine Ahnung, wo die Stadt Schaffhausen, wo seine Burgfeste stehen könnte. Wenn doch nur ein Hornruf oder ein Glockenklang von der hochgelegenen Burg in die Wildnis dringen würde, in der sie immer im Kreise herumzugehen schienen! Aber wie sollte der Türmer auf dem Schloß ins Horn stoßen, da er keine Ahnung hatte, daß sein Herr, den er über dem Meer im Heiligen Land glaubte, so nahe sei! Jetzt aber begann es zu stürmen und zu wettern, fürchterlicher als je. Krachend fuhren die Blitze in die Bäume, und es wurde so finster, daß die Kriegsknechte ihrem Herrn hart auf dem Fuße folgen mußten, wollten sie ihn nicht verlieren. Da hörte auf einmal der Wald auf. Jauchzend gab der Ritter seinem Pferd die Sporen. Es bäumte sich hoch auf und wollte nicht vorwärts. Er spornte es heftiger. Hoch auf sprang es nun. In diesem Augenblick erleuchtete ein flammender Blitzstrahl die Gegend taghell, und mit Entsetzen gewahrte der Kreuzritter noch, daß er mit seinem Roß in die Fluten eines still, aber reißend dahingleitenden Baches hineinsprang. Er wollte aufschreien und das Pferd zurückreißen, da packten ihn schon die Wildwasser, und es versanken Reiter und Roß. Seine Knechte aber, die den hochgehenden Bach nicht gesehen hatten, fielen nun einer nach dem andern in die trübe Flut und ertranken. Nur der letzte wurde von den Wellen ans andere Ufer gerissen, wo er sich an einer Staude zu halten und aufs Bord zu ziehen vermochte. Jetzt wurde die Gegend wieder vom Blitze erhellt, und nun erkannte der gerettete Kriegsknecht, daß er sich am wilden Bach im Mühletal befand. Aber wie er auch Ausschau nach seinem Herrn und seinen Kriegsgefährten hielt, er sah nichts mehr von ihnen, und auf all sein Rufen antwortete nur das Brausen des Sturmwindes, der Donner des sich rasch verziehenden Gewitters. Eine Weile noch wartete der Knecht. Doch als alles totenstill blieb, packte ihn ein Grausen. Er machte sich, so schnell er vermochte, auf den Weg nach dem Schlosse auf, der weithin zu sehenden Anhöhe, denn nun erkannte er, daß sie sich ganz nahe bei der Stadt Schaffhausen, ihrem heiß und lang ersehnten Ziele, befunden hatten, ohne daß sie's gewahr worden waren. Dort wurde er gleich in die Burg eingelassen, und er berichtete der voll Jammer aufschreienden Burgfrau noch in der Nacht, welch schreckliches Unglück ihren Gatten betroffen hatte. Am anderen Morgen brachten ihre Hörigen, die die ganze Nacht den Bach abgesucht hatten, ihren Gemahl und die anderen ertrunkenen Knechte ins Schloß, wo sie aufgebahrt und danach feierlich beerdigt wurden. Der Schmerz der Edelfrau war grenzenlos. Jahrelang hatte sie sich in Sehnsucht nach ihrem geliebten Ritter verzehrt, und nun er endlich unversehens kam und ihr die größte Freude ihres Lebens geworden wäre, wurde ihr das größte Leid. Und er war doch so nahe schon ihrer Burg, so nahe ihrem Herzen, er, den sie unendlich weit weg glaubte. Hätte sie doch eine Ahnung gehabt, sie hätte ihre Burgkatze, ein unförmliches Geschütz, Tag und Nacht abfeuern lassen, und der Turmwart hätte sich an seinem Horn schier totblasen müssen. So hart vor seinem Hause mußte ihr so sehr geliebter Mann sterben. Sie war kaum zu trösten. Als aber ihr Kreuzritter und seine treuen Kriegsknechte im Grabe lagen, ließ die Edelfrau ein silbernes Glöcklein gießen. Und von dem Tage an, da man's im hohen Wendelstein ihrer Burg aufhing, mußte es alle Nacht um neun Uhr geläutet werden, denn um neun Uhr war der Ritter ertrunken. Von nun an hörten die einsamen Wanderer, die sich etwa zu Beginn der Nacht in der Wildnis des Mühletals verliefen oder sonstwo verirrten, um neun Uhr den silbernen Klang des Burgglöckleins und fanden sich, den traulichen Tönen nachgehend, bald in der guten Stadt Schaffhausen am Oberrhein. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Nonnenkloster am Holzenberg

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a) Der Ort, wo dieses Kloster einst gestanden hat, kann nicht mehr genau festgestellt werden. Die Flurnamen Nunhölzli, Hallgart, Gärtli und Wvssbrünnli weisen aber darauf hin, dass sein Standort am nordöstlichen Abhang des Holzenbergs gewesen sein muss. Das Wyssbrünnli war am Steilhang zwischen der Holzenberg- und Talstrasse. Zwischen zwei grossen Pappeln befand sich ein eichener Brunntrog, in den sich das klare und überaus gesunde Quellwasser ergoss. An diesem Ort will man in föhnigen Nächten die weissgekleideten Nonnen gesehen haben, die sich hier wuschen, und ein Klosterknecht habe seine Rosse getränkt. Unterirdische Gänge sollen das Kloster mit dem Schloss Gutenfels und dem Pfarrhaus in Bubendorf, das einst ein Mönchskloster war, verbunden haben. b) Ein alter Ziefner erzählte, er habe vor langen Jahren einmal im Nunhölzli Garbenbänder gesucht (Band gehauen) und sei auf einen Platz gekommen, wo er prächtige Nelken, Levkojen, weisse und rote Rosen und auch Schnittlauch angetroffen habe. Er habe einen Blumenstrauss mit nach Hause genommen. Später konnte er den Platz nicht mehr finden, weil unterdessen diese Zierpflanzen ausgegraben und in die Gärten des Dorfes verpflanzt worden waren. Man nahm an, die später überwachsene Stelle im Nunhölzli habe früher zum Klostergarten gehört. Ziefen Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Das Oerkentier

Source: Das Oerkentier

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Wenn man von Frick her durch das Juratal zu dem Benken hinauf geht, einem älteren Bergpasse nach Aarau, während der neuere die Staffelegg ist, so stellt sich drunten im ziemlich breiten Tale zuerst der sogenannte Alteberg entgegen, dessen Eichen erst in diesen Jahren zu Eisenbahnschwellen ausgehauen worden sind. Der Berg teilt das Thal in zwar kleinere Hälften. Das zur rechten, in welchem die beiden Dörfer Wittnau und Kienberg liegen, wird von einem Quellbache, der Sissel, durchflossen, der von dem Passe der Schafmatt herabkommt. Das andere Tälchen links geht enge zwischen waldigen Höhen hinauf über Wölfliswil und Oberhofen zum Benken, wo eine andere Quelle der Sissel entspringt und bald zu dem beträchtlichen Oerkenbache wird. So weit dieser hinabfließt, bis zu seiner Einmündung in den Wittnauer Bach, haust an und in ihm das Oerkentier, der Geist eines schwedischen Soldaten aus dem dreißigjährigen Kriege. An der Stelle, wo ihn die Bauern erschlugen, steht noch ein niederes moosbedecktes Steinkreuz am Straßenrande im Acker, das der Pflug schon halb schief gelegt hat. Ein paar hundert Schritte linksab vom Bache hat der Geist seine Wohnung. Hier ist eine Höhle, in die noch vor wenig Jahren eine Steintreppe hinabgeführt haben soll; auch lag bis auf die letzten vier Jahre hier vor dem Eingange ein Nagelfluhblock von der Größe eines Heuwagens, nun hat ihn der Besitzer der anstoßenden Wiese gesprengt. Auf diesem Block stand das Oerkentier, wenn die Wittnauer in der Kreuzwoche die Kirche von Wölfliswil besuchten, und liest es dann den Ruf Hop hop! hören, so hatte man sicher kein günstiges Frühlingswetter zu erwarten. Dasselbe tat es auf seinem andern Standpunkte, einer Halde am Altenberge. Da rief es aus der Waldung den Wittnauer Burschen zu, die Nachts vom Wölfliswiler Kirchweihtanz heimgingen: antworteten sie dann mit dem gleichen Rufe in der Meinung, es möchten ihre vorausgeeilten Kameraden sein, so kamen sie gewiss nicht anders als mit geschwollenen Köpfen heim. Das Oerkentier erscheint in der Gestalt eines riesigen Wildenmannes, aber auch als Ochse, als Zottelhund und Dachs. So hat es ein Bauer noch vor etwa siebenzig Jahren kennen gelernt. Damals war das Fricktal noch österreichisch, und seine Verkehrsmittel an Straßen, Posten und Boten mochten beinahe noch in urweltlichem Zustande sein. Kam einmal ein Brief ins Dorf zur Weiterbeförderung, so gab es da keinen bestellten Briefboten, sondern die Hofbauern mußten der Reihe nach das Schreiben ins Nachbardorf tragen, und dort begann dann abermals die Frage, wer von da weg den Fetzen Papier weiter zu liefern habe. So kam eines Abends ein Brief ins Dorf Wittnau, der noch nach Wölfliswil hinauf gebracht werden sollte, und derjenige der Bauern, an welchem diesmal die Reihe war, machte sich damit auf den Weg. Für jeden Notfall nahm er den Waldhammer mit, der jedem in Gemeindegeschäften über Land Gehenden vom Ammann zur Verfügung gestellt wurde. Schon im Hinwege hatte der Bauer längs des Oerken ein schwarzes Tier bemerkt, als er den Rückmarsch machte, sprang dasselbe am gleichen Orte wieder über die Straße hart an ihm vorbei. Der Bauer hieb mutig mit dem Beile darnach und es blieb auf der Stelle liegen. Bei näherer Betrachtung war es ein fetter Dachs, den er sogleich in die Rocktasche steckte und heimwärts trug. Aber die Last machte sich ganz unerträglich schwer, schweißtriefend kam der Mann damit an sein Haus. Hier mit einem Male war er von dem Gefühle seiner Überlast frei und da er drinnen den Dachs aus der Tasche ziehen wollte, war sie leer. Jetzt da ihm der Gedanke an das Oerkentier mit einem Male aufstieg, wurde sein Entsetzen darüber so groß, daß er nach kurzer Zeit starb.  Seit jener Begebenheit spotten die Nachbarorte über die Wittnauer und deren große Rocktaschen; letztere, heißt es, seien so groß, daß man in der rechten den Waldhammer und die Maßflasche, in der linken aber den Laib Brod ohne viel Aufsehen mit tragen könne. Dieser eigentümlich zugeschnittene Frack aus blauem Leinzeug mit den großen Taschen ist nun der neuen Mode gewichen; jedoch nur deshalb, behauptet der Nachbarwitz, weil die Wittnauer ihr altes Rockmaß, das in der Gemeindelade aufbewahrt worden sei, sammt dieser Lade selbst in der französischen Revolutionszeit 1790 verloren hätten. (Studer von Wittnau.)  Oerken, der Bach auf dem Benken bei Oberhofen entspringend und in den Wittnauerbach mündend; sodann der daran wohnende Berggeist, das Oerkentier, welches als Wildermann, als Schwedensoldat, als Ochse, als Zottelhund und fetter Walddachs erscheint, geben beide zu einer weit reichenden Namenserklärung Anlaß. Der menschenfreundliche Waldgeist, der sich gleichfalls an Wildwassern zu schaffen macht, heißt in Tirol der Orko. Bintlers Gedicht, Blume der Tugend, geschrieben ums Jahr 1411, hält ihn zusammen mit dem Schrättel- und Elbelgeiste:  so sagt auch maniger ze tewte, er hab den orcken vnd elben gesechen.    Band 3.1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962,        Abteilung Sturmtiere 29. Kapitel  Das Oerkentier   S. 94 - 97 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch      


by Das offene Bekenntnis

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In einem Bergdorfe des deutschen Wallis, so wird erzählt, wurde die Ziegenherde für den Sommer einem jungen, aber ziemlich geweckten Hirtenbuben anvertraut. — Es ist vielerorts Mode, alle Ziegen eines Dorfes in eine Herde (Hut) zu sammeln und gemeinschaftlich auf die Weide zu treiben. Nachts werden diese Haustiere entweder von jedem Eigentümer selbst eingeheimst, oder, was nicht selten, in einer gemeinschaftlichen Herberge — Gemeingeissstall — übernachtet. Ist das letztere der Fall, so wird über das Geschäft ein eigener Amtsmann gestellt — so lange wenigstens der Staat dem Bürger freie Hand lässt und sich nicht auch da einmischt. — Dieser Amtsmann hat die Polizei über den Geissstall und der Geisshirt steht unter seiner Ordre. Im Laufe des Sommers begann es, erst bei den Weibern, dann bei den Männern und zuletzt im ganzen Dorfe herum zu murmeln, der Geissbub sauge die Geiss! — Die Hausmütter wollten nämlich am Abend zu wenig Milch von den Ziegen bekommen, und alle glaubten am Hirten die Wangen röter zu finden als sonst bei diesem Amte der Fall. — Kurz, der Lärm wurde bald so arg, dass sich der Gewaltshaber gezwungen fand, den Gemeinderat einzuberufen, um Ordnung zu machen. Die Wichtigkeit des Geschäftes fühlend eröffnete derselbe die Verhandlung mit hohem Ernst. «Meine Herren!» sprach er, «ihr kennt die inhaltsschwere Frage, die uns heute beschäftigt. Man sagt, unser Geissbub sauge die Geiss. Ich beanspruche eure Weisheit und euren Rat, wie da zu helfen sei.» — Nach einiger Überlegung meinte der Erste, «der Delinquent solle gemahnt werden.» «Wird wenig nützen», glaubte der Zweite, «er muss beaufsichtigt werden.» «Wird schwer halten», stimmte der Dritte, «er soll seines Amtes entsetzt werden.» «Das ist nicht genug», fügte der Vierte zu, «er muss als Dieb bestraft werden.» — Und es folgte eine schwüle Pause — Kleinlaut nahm der Gewaltshaber nochmals das Wort: «Ihr wisst wohl, meine Herren!, die Gesetze erlauben nicht, jemanden zu belästigen oder gar zu strafen für Misstaten, die nicht vom Übeltäter selbst anerkannt sind. Glaubt ihr nun, unser mutmasslicher Delinquent werde bekennen? Wir dürfen ihm vorderhand kein Haar krümmen. Seine Mutter ist ein Weib, welches das halbe Dorf regiert und die andere Hälfte noch froh ist, von ihm ein «gnädiges Urteil» zu erflehen. Wir alle riskieren ernstlich für unsere Ehre und unser Amt.» — Man wusste keinen Rat. — Endlich wurde mit Stimmenmehrheit beschlossen, weil man eben nichts Besseres ersann, den verworrenen Handel dem Geissstallvogt zu überantworten. Dieser, ein junger rüstiger Gemeinder, fand sich durch den klugen Ratsbeschluss sehr beehrt; er liess gleich den Hirtenbuben vor sein Angesicht treten. «Sieh, mein Junge», begann er mit vornehmer Amtsmiene, «du hast Anlagen, der wichtigste Mann unseres Dorfes zu werden; die Hoffnungen der ganzen Gemeinde ruhen auf dir. Sollte Garibaldi nochmals Lust haben, in Brig Papstbirnen zu kosten, so will ich dich an seinen Kutschenschlag hinführen, damit er dir die Hände auflege und dich segne. Kein anderes Amt kömmt gegenwärtig an Wichtigkeit dem deinigen gleich; die armen Mütter blicken auf dich, um ihre Kinder zu stillen; das Wohl und das Weh der Gemeinde hängt von der treuen Erfüllung deiner Amtspflicht ab. Verstehe das wohl! Du weisst es, wenn den Kühen die Milch nicht fleissig gezogen wird, so leiden sie Schaden und verlieren die Milch. So ist's auch mit den Ziegen, diesen kleinen Kühen der armen Leute. Es ist Pflicht eines guten Geisshirten, fleissig nachzusehen, ob es Ziegen gäbe, die gar zu volle Euter haben, um stets bei Zeiten nachzuhelfen und den guten Tieren Erleichterung zu bringen.» Und der milchrote Bube wurde noch röter im Gesicht und sagte: «Sei ohne Sorge, ich bin kein Kind mehr. Ich tue das!»   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Oppliger Bergli

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Zu Füssen der steil abfallenden Falkenfluh dehnt sich eine weite, fruchtbare Ebene aus, in die die Dörfer Oberdiessbach, Brenzikofen, Herbligen und Oppligen hineingebettet liegen. Mitten in dieser Fläche erhebt sich als einsamer Höcker das Oppliger Bergli, über dessen Entstehung schon oft hin und her geraten worden ist. Als vor vielen hundert Jahren die Stadt Bern erbaut wurde, geriet der Teufel darob dermassen in Zorn, dass er beschloss, die junge Stadt mit Gewalt zu zerstören. Auf der Falkenfluh trug er gewaltige Steinblöcke zusammen, um die Stadt damit zu bewerfen. Wie er aber die Wirkungslosigkeit der einzelnen Blöcke erkannte, brach er in furchtbarer Wut an der Falkenfluh ein mächtiges Stück des Berges los und schleuderte es bernwärts. Zu diesem grossartigen Wurf muss ihm aber die Kraft versagt haben; denn schon in der Oppliger Ebene fiel der Block zu Boden und bildet seither das Oppliger Bergli. An der Falkenfluh will man noch vor Jahren an einzelnen Stellen deutlich die Spuren der Teufelskrallen erkannt haben. Emmentaler Sagen, Hermann Wahlen, 1962 Gute Schriften Bern Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Örkentier

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Dieses Thalgespenst herrscht in Oberhof und Wölfliswil bis gegen Wittnau hinab durchs ganze Thal, so weit das Oerkenbächlein es durchläuft, und macht sich in fast zahllosen Gestalten und Meldungen geltend. Es sind also auch die Berichte über seine wesentliche Art und Bedeutung sehr schwankend. Allgemein angenommen ist jedoch, dass sein bestimmter Wohnplatz der Oerken, und dass es selbst der Geist eines Ermordeten sei. Diesen letzteren aber macht man bald zu einem Wölfliswiler Bauern, den die Schweden fiengen, mit Mistjauche füllten, einem Rosse an den Schwanz banden und ihn so lange im Bache hin und her schleiften, bis er den Geist aufgab. Bald sieht man ganz umgekehrt in ihm einen Schweden, den die Bauern auf eine ähnliche martervolle Weise umgebracht haben sollen. Als nämlich die Schweden von den eroberten Städten Rheinfelden und Laufenburg her auch in diese kleinen Gebirgsthäler plündernd vordrangen, wurden ihrer viele, da sie nur in kleineren Haufen und ordnungslos umherstreiften, von den lauernden Jurabauern getötet. So lag hier am Wege neben dem Oerkenbache ein schwer verwundeter Schwede. Die Bauern sprangen auf ihn los und zerschlugen ihm noch die Glieder. Er bat um Schonung. Sterben müsse er doch, sagte er, aber trotz aller Qualen werde er nicht vor Sonnenuntergang sterben können. Man möge ihn also nicht weiter misshandeln. Allein darüber höhnten sie nur. Und als er unter ihren wiederholten Streichen noch immer lebte, banden sie ihn zuletzt an einen Pfahl unter das Wasser des seichten Bächleins. Auch damit war er nicht zu ertränken, sondern soll wirklich erst nach Sonnenuntergang verschieden sein. Der Geist geht nun als Thier und als Mensch. Der alte Mahlknecht auf der Mühle zu Gipf, beim Dorfe Frick, traf auf dem Heimwege von Wittnau einst auf ein herrenloses Ross, das quer über die Strasse dastand. Er dachte gleich an das Oerkenthier und vorsichtig umgieng er daher das Ross, ohne ein Wort zu sprechen. Wenige Schritte weiter hatte es sich ihm schon wieder quer in den Weg gestellt, und abermals musste er es in gleicher Weise umgehen. So trieben beide ihr stilles Wettspiel miteinander, bis sie zu der bestimmten Wegstelle kamen, wo des Oerkenthieres Grenze ist. Hier musste es verschwinden und der besonnene Müllerknecht hatte gewonnen. Manchmal soll es ihm unsichtbar die Räder seiner Mühlfuhre gehemmt haben. Alsdann umgieng er dreimal den Wagen mit frischem Feuer. Er schlug sich nämlich sein Tabakfeuer an, und alsdann konnten die Rosse wieder vom Flecke. Auch in Gestalt eines grossen Mannes erscheint der Geist und geht von einem Hunde begleitet den Oerken auf und ab. Dann stellt sich das Wasser hoch empor. Da besucht er besonders eine Scheune, welche sonst die Schwedenstallung gewesen sein soll, jetzt aber durch einen Neubau erweitert ist und dem Karli Waldmaier gehört. Und so oft er in diese Scheune will, vergisst er nie, vor dem Fenster des Wohnhauses vorbeigehend seine Verbeugung in die Stube hinein zu machen. Er ist überhaupt dem Hauseigenthümer freundlich gesinnt, nicht aber ebenso den andern Leuten. Wie oft auch der vormalige Bezirksrichter diesen Weg zu fahren hatte, so lange er allwöchentlich in die Gerichtssitzung nach Aarau hinüber musste, jedesmal musste er ausstsigen, sobald er an dieser Scheune vorbeikam. Sein Rösslein stellte sich hier bolzgerade. Dann wendete er das Chaischen um, verhielt dem Ross die Augen und führte so beides rückwärts die etlichen Schritte weiter. In der Nähe der Scheune stand ehemals ein besonders alter Birnbaum, welcher Frühbirnen trug. Zwei freche Burschen erstiegen ihn einst des Nachts, um ihn zu leeren. Darüber kam ein Mann dazu von geringer Grösse mit einem breiten Hute, und beide Theile betrachteten sich schweigend. Mit einem Male aber wuchs der Mann immer höher und breiter auf, so dass er drängend zwischen die Aeste hinein reichte, auf denen sie sassen. Zugleich loderte von allen Seiten ein Feuer mit empor, dass die Obstdiebe eiligst entspringen mussten. Ein andermal stand er als ein grosser Mann an der Bachbrücke im Dorfe. Er trug eine weisse Zipfelkappe und einen schwarzen langschwänzigen Rock. Eine vorübergehende Bäuerin grüsste ihn, erhielt aber keinen Dank. Kaum aber war sie ein halb hundert Gänge weit von ihm weg, so brach ein ganz entsetzliches Gewitter los. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Otelfinger Isisgrab

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Das Otelfinger Isisgrab Eine alte Bäuerin erzählt, im Isenbühl oberhalb des Dorfes sei das Grab einer Heidenfrau namens Isis, und früher sei es noch üblich gewesen, dass jeder Vorbeigehende ehrfürchtig einen Stein oder eine Handvoll Erde auf jene Stelle geworfen habe. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Unterland Wörtlich nach Hedinger, S. 17. Seine Quelle: Persönliche Mitteilung 1918. Sage zur Erklärung des Flurnamens „Isebüel“. Vielleicht stützt sich die Sage auch auf einen Isiskult. Die ägyptische Göttin Isis wurde auch in Wettingen verehrt. Verbreiter des Kultes waren die römischen Soldaten. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Padrutten-Bödeli

Source: Das Padrutten-Bödeli

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In Darsier auf der sonnigen Halde zwischen Schiers und Fanas, stand vor Zeiten ein grosser StalI, der einem Mann, Namens Padrutt, gehörte. Daselbst wurden seiner Zeit auch Hexentänze abgehalten. Ein Fanaser, der in Holland im Militärdienst stand, wurde dort einst von einer Dame angeredet und gefragt, ob er auch wisse, wo es im Prätigau am wärmsten sei. Als er diese sonderbare Frage verneinte, sagte sie: »In Darsier, uf'm Bödeli vor's Padrutten-Stall«; sie habe dort schon oft getanzt. - Die Heilpflanze Salbei (Salvia) nennt man im Prätigau »Holländer«. Diese wächst in Darsier massenhaft, und sie sei durch Holländer-Hexen dorthin verpflanzt worden. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Panner von Zug

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In gar frühen Zeiten waren die alten Eidgenossen der Länder Uri, Schwyz und Unterwalden dem Papste einst über das verschneite Gotthardgebirge zu Hilfe gezogen. Als sie danach wieder in ihren Alpenhütten hausten, vermochten sie das Wunderland jenseits der Berge, in dem die Sonne am Himmel stand und wo die Winde so lau wehten, nimmer zu vergessen. Deshalb hatten sie sich danach gar oft in Wehr und Waffen über den Gotthard gemacht, und es gelang ihnen mit ihrer tapferen Faust, das Eschental und das sonnenfrohe Livinental mit den schönen Städtchen Bellenz [Bellinzona], Lauis [Lugano] und Luggarus [Locarno] zu gewinnen. Im Städtchen Bellenz besetzten sie die drei Schlösser, die sie Uri, Schwyz und Unterwalden nannten. Als nun aber der Herzog Philipp von Mailand an die Herrschaft kam, ließ es ihm keine Ruhe, daß sein Herzogtum das schöne Land des Tessin am Gotthard mit seinen anmutreichen blauen Seen verloren haben sollte. Er rüstete ein Kriegsheer, und eines Morgens, am Karfreitag des Jahres 142.2, gelang es seinem mailändischen Feldherrn, die schwache Besatzung der Urner und Obwaldner in Bellenz zu überraschen und gefangenzunehmen und das ganze Land am Tessinfluß wieder zu besetzen. Wie nun die Eidgenossen der vier Waldstätte dies vernahmen, brachen sie mit ihren Pannern sogleich auf und zogen über den Gotthard, nachdem sie auch die andern Eidgenossen gemahnt und um Zuzug gebeten hatten. Es kamen auch fast alle. Während diese aber erst aufbrachen, waren die Urner, Unterwaldner, Luzerner und Zuger schon ins welsche Livinental hinabgestiegen. Sie waren zu ungeduldig, zu kampflustig, den Zuzug der andern Eidgenossen abzuwarten. Sie kamen auch eher an den Feind, als sie dachten. Denn als sie gen Arbedo hinabrückten, jagte auf einmal von Bellenz her die mailändische Reiterei mit großem Ungestüm auf sie los. Aber die Eidgenossen wichen nicht, obwohl die welsche Reiterei gewaltige Lücken in ihre Reihen riß. Die Luzerner, die den ersten Ansturm auszuhalten hatten, wehrten sich wie Rasende. Aber fast wäre ihr Panner verlorengegangen. Da warfen sie sich unter die Pferde und erstachen sie, um die Reiter zu Fall zu bringen. Ja, einige überwarfen die Pferde mit Riesenstärke, die Reiter darunter zermalmend. Einem Luzerner gelang es sogar, die vornehmste mailändische Standarte zu erkämpfen. Als aber die Eidgenossen von Uri, Unterwalden und Zug den Luzernern zu Hilfe eilten, erschien auch das mailändische Fußvolk in unabsehbaren Scharen wie ein alles überschwemmender Strom. Nun begann ein fürchterlicher Kampf, in dem nach dem Chronisten ein schreckliches Ringen besonders um die Panner der vier Alpenländer stattfand. Am heißesten aber ging's zu um das Panner der kleinen Stadt Zug. Die Welschen, die nun in großer Überzahl waren, wollten diese Fahne um jeden Preis gewinnen. Sie suchten die standhafte Schar der Zuger einzuschließen, was ihnen auch so ziemlich gelang. Unaufhaltsam drückten sie auf die zusammenschmelzenden, mit der Kraft der Verzweiflung dreinhauenden Zuger. Immer näher rückten sie dem Pannerherrn Ammann Peter Kolin, der das hoch flatternde blau-weiße Feldzeichen der Stadt Zug trug. Und nun ging um die Fahne eine schreckliche Schlächterei los, wobei die Zuger die bluttriefenden Schwerter so lange mit den knirschenden Zähnen festhielten, bis ihnen Hellebarde und Knüttel brachen, bis sie in die Knie sanken und wo sie die Schwerter den Pferden und Menschen wuchtig in die Leiber stießen. Aber rasend über den verzweifelten Widerstand des kleinen Zuger Haufens, drangen jetzt die Welschen auf den Pannerherrn ein, und wie der auch sein langes Schwert um sich pfeifen ließ, er brach doch bald zu Tode getroffen zusammen. Segnend legte er seinen beiden Söhnen, die den Fallenden stützten, die Hände aufs Haupt und starb. Aber sein junger Sohn schlug das Panner einem riesigen Welschen, der es dem Sterbenden aus der Faust gezerrt, mitsamt der Hand weg, hob es hochauf und verteidigte es wie ein Löwe, bis auch er, von vielen Spießen zerfetzt, tot hinfiel. Aber es tauchte nochmals aus dem blutigen Knäuel auf, vom ältesten Sohn stolz emporgetragen. Und als auch er´s nicht mehr zu halten vermochte, riß er das nun blutrote, zerfetzte Pannertuch ab, um es um seine Brust zu winden, von der das Gewand in Fetzen herabhing, und es mit seinem tödlich getroffenen Herzen im Falle zu decken. Doch sein treuer Freund Landtwing nahm´s dem Sterbenden ab und rettete es, mit gewaltigen Hieben seines doppelschneidigen Schweizer Schwertes die Feinde so lange abwehrend, bis den Zugern von den andern Eidgenossen einige Hilfe ward. Aber von der Übermacht hart bedrängt, mußten sich die Eidgenossen etwas zurückziehen, nachdem sie acht volle Stunden der mailändischen Reiterei standgehalten hatten. Vielleicht wären sie von den unaufhaltsam von allen Seiten nachdrängenden Welschen doch noch niedergeworfen worden, wäre nicht auf einmal von den nahen Bergen des Misoxertales ein gewaltiges Jauchzen gekommen, wovon alle Flühe widerhallten. Ein Häuflein Hilfstruppen, Eidgenossen von Schwyz, Glarus und Zürich, waren im Anzug. Schon dröhnten ihre Axthiebe von dem Fluß Moesa her, wo sie rasch eine Notbrücke schlugen. Jetzt brüllte der Uristier, das große Heerhorn der Urner, mit Macht den Eidgenossen entgegen, und mit ihm riefen die Harsthörner von Unterwalden und die Rolandshörner von Luzern die Bundesgenossen zu Hilfe. Da fand es der welsche Feldherr für ratsamer, sich mit seinem stark hergenommenen Heere nach Bellenz zurückzuziehen. Aber auch der Verlust der Eidgenossen war groß, und die Zuger betrauerten ihre größten Helden. Doch ihr so standhaft behauptetes und nie von Feindeshand gewonnenes Panner verkündigt den Ruhm der kleinen Stadt am blauen See bis auf den heutigen Tag. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Paradies

Source: Das Paradies

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Ist dir im Bündnerlande das Paradies bekannt? Eine grause, wilde Wüste, ein ödes Haideland! - Da grünt kein Gras im Lenze, keine Ziege weidet drin, Es wälzt sich über Trümmer ein wilder Strom dahin. - Doch anders wars vor Zeiten, da grünten rings umher Die Gärten und die Bäume, beladen mit Früchten schwer. - Alls was dein Herz begehrte, das bot dir dieses Land, Es ward mit vollem Rechte »das Paradies« genannt. - Doch drinnen hat gehauset ein Volk in wilder Lust, Das nährt eine giftge Schlange in den Tiefen seiner Brust. - Das hat von seinem Schöpfer sich treulos abgewandt Und Heidentempel erbauet, rings, mit verwegener Hand. - Ein Eremit ist kommen, den Himmel in dem Blick, Dass er die Sünder leite auf die rechte Bahn zurück. - Sie aber spotten Seiner, sie heben die Hand empor; »Kein Wort mehr, ist dein Leben dir lieb, du alter Thor!« - Und als in seiner Zelle er betend einst gewacht, Da haben sie ihn gemeuchelt, in sternenloser Nacht. - Kaum ist die Sünd begangen, da horch, wies bebt und kracht! Es hat sich von dem Berge ein Felsstück losgemacht. Das rollt mit wildem Donner ins grüne Tal hinab ... Die segensreiche Fläche, sie ist ein schaurig Grab. -   Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Paradies der Tiere

Source: Das Paradies der Tiere

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Hoch droben auf dem Matterberg ist eine Stelle, die aber keiner, oder doch gar selten, einer finden kann, die hat der laufende Jud nicht mit verwünschen können, weil sie von Gott geweiht ist von Anbeginn. Da ist kein Schnee und kein Eis, da ist Sonne und Freude, Wonne und Weide; da quillt erst eigentlich mit leisem Gewisper die Vispe hervor, die später erst unter dem Alpgletscher zu Tage rinnt, dort ist das Paradies der Tiere. Da gibt es herrliche Steinböcke und Gemsen, Adler und Geier, Schneehühner und Birkhähne, auch Murmeltiere, und keines beleidiget das andere, alle leben da friedlich beisammen. Nur alle dreimal sieben Jahre, darf und kann ein Menschenauge in dieses Paradies der Alpentierwelt blicken, wo es so wonnevoll und schön ist, alles voll Alpenrosen und Gentianen, und von zwanzig Gemsjägern, glückt das auch kaum einem einzigen. Da stehen uralte Pinienbäume und Ahorne, und die Pinien tragen Zapfen, deren Kern süss schmeckt, wie Mandeln, das sind die Zirbelnüsse. Wem es glückt in das Paradies der Tiere zu treten, der darf wohl von den Zirbelnüssen nehmen und kosten, aber nimmer mehr ein Tier fangen oder töten, sonst kostet es ihm das Leben. Viele haben in die uralten heiligen Plantanenstämme, zum Zeichen ihres Alldagewesenseins, ihre Namen geschnitten. Ausserdem sieht man selten noch einen Steinbock, und selten eine Pinie und die stehen hoch und schwer erreichbar. Denn es geht die Sage, dass es zwar deren viele und überall gegeben habe, da aber die Dienerschaft immer gern die Nüsse genascht und mit Auskernen viele gute Zeit hingebracht und versäumt, da habe die Meisterschaft diese Bäume verwünscht, und nun seien sie unfruchtbar geworden oder unzugänglich.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Patengeschenk

Source: Das Patengeschenk

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Es lebten einst ein Bauer und seine Frau, die waren mit einem Zwerg gut befreundet.  Als ihr jüngstes Kind geboren wurde, baten sie ihn, dem Kind Pate zu sein. Der Zwerg freute sich sehr, bedauerte aber, kein richtiges Geschenk für sein Patenkind zu haben. Er zog aber aus seinem Mäntelchen eine Wurzel heraus und gab sie der Bauersfrau mit den Worten: «Nehmt diese Wurzel als Geschenk, vielleicht seid ihr einmal froh darum. Wenn ihr einmal eine schlechte Ernte habt, so dass ihr über den Winter hungern müsstet, so schneidet die Wurzel in Stücke, und jeder in der Familie soll ein Stück davon essen. Dann gebt ihr dem Vieh genügend Futter, und danach müsst ihr euch im Heustock ein Loch graben. Dort legt euch hinein und deckt euch gut zu!»  Die Frau dankte für die Wurzel, dachte aber bei sich: «So einen seltsamen Rat habe ich noch nie gehört.»  Jahre später jedoch gab es eine schlechte Ernte, und noch bevor der Winter begonnen hatte, gab es kaum noch etwas zu essen für die Familie. Da tat die Bäuerin alles, wie es der Zwerg geraten hatte, und nachdem jeder ein Stück von der Wurzel gegessen hatte, legte sich die Familie in den Heustock, deckte sich gut zu und schlief ein.  Und stellt euch vor: Als sie erwachten, war es Frühling, die Blumen fingen an zu blühen, und Menschen und Tiere hatten den schlimmen Winter gut überstanden. Märchen aus der Schweiz   Fassung Djamila Jaenike nach: J.Jegerlehner, Sagen und Märchen aus dem Oberwallis, Basel 1913, Ems Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Patenkind

Source: Das Patenkind

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Ä leedigä Hoschbidaller syg äis Abeds gägä Realp hindärä. Wo-nn-er ä chly ob ds Dorf üfä chu syg, häig'r im-mänä Gadä-n-innä-n-äs Chind gheert flännä, und är syg innä-n- und häig gseh, dass sy Getti (sein Patenkind) syg. Näb'm züechä syg Ainä gstandä-n- und häigs vorzüe gstäcklet (mit einem Stock gestupft). »Hinet sprichä-n-ich das Chind a!« häig d'r Hoschbidaller düe gmäint, und ds Gspängst: Gschyder syg's, das-er'm bi der Täuff d'Hand uffgha häig, susch wett's em de scho sägä, wer uber das Chind ds Rächt häig. Wiäso das äs zu dem Chind chu syg, fragi düe dr Leedig. »D'Müetter het's nytt bsägnet«, häigs g'antwortet. Nu, är häig das Chind uff d'Armä gnu und syg mid'm uff Hoschbidall zrugg und häigs da synä-n-Eltärä pracht. Aber eb-er-ne's abggä häig, häig-er-nä nu gheerig d'r Tisch erchlopfet und häig-nä gsäit, das sellet-s niämeh machä, ds Chind ohni bsägnä-n-i d'Wiägä leggä. Peter Ant. Gamma, 50 Jahre alt. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Pestilenzweib

Source: Das Pestilenzweib

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In dem Jahr 1506 wurde von vielen glaubhaften Leuten in dem Land zu Schwyz zwischen Arth und Kilchgasse die Gestalt eines Weibes gesehen. Dieselbe war altunschaffen und wüst bekleidet mit einem heidnischen Gebinde um das Haupt, mit langen grossen Zehen und gespaltenen Füssen. Darob erschraken die Leute sehr, etliche starben, etliche wurden auch sehr krank. So fing man zu Schwyz an, an der Pestilenz zu sterben, und es starben viele hübsche Männer.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Das Pfaffechämmerli

Source: Das Pfaffechämmerli

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Auf der Rote Flue am Schleifenberg vergnügen sich die Buben damit, ein Stück weit den Absturz hinunter zu klettern und in eine schmale Nische zu schlüpfen. Das ist das Pfaffechämmerli. In alten Zeiten beging ein Liestaler Bürger mit Namen Pfaff einen Mord. Um dem Tode zu entrinnen, verbarg er sich in den Wäldern und fand in der Kleinen Hähle oben an der Fluh einen Unterschlupf. Eine Zeitlang hielt er es an dem ungemütlichen Orte aus, aber schliesslich trieb ihn der Hunger wieder ins Tal hinunter. Er wurde ergriffen und verhört, da gab er an, wo er sich versteckt hatte, und wurde dem Scharfrichter übergeben. Liestal Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Pfefferlädli

Source: Das Pfefferlädli

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Ein Bauernhof in der Ergolzniederung, der nach dem Bau des Kraftwerks geräumt und abgetragen wurde, trug diesen sonderbaren Namen. Wie er dazu gekommen ist, geht auf folgende Begebenheit zurück. Der erste Besitzer namens Speiser wollte das Gehöft veräussern und schrieb es zum Verkauf aus. Eine Frau aus Basel interessierte sich dafür. Nachdem sie das Heimwesen genau betrachtet hatte, meinte sie: «Nai, das Huus kauf i nit, das isch jo nur e Pfäfferlädli.» Und dieser Name blieb dem Haus, er war sogar auf dem Blatt Kaiseraugst des Topographischen Atlasses eingetragen. Augst Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Pfefferlädli

Source: Das Pfefferlädli

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Ein Haus in der Ergolzniederung bei Augst, das nach dem Bau des Stauwerkes geräumt wurde, trug diesen sonderbaren Namen. Wie es dazu gekommen ist, geht aus der nachstehenden Anekdote hervor: Eine Basler Dame habe vor Jahren ein Gehöft zu kaufen gesucht. Da wurde ihr dieses angetragen. Als sie es aber angesehen hatte, lehnte sie einen Kauf ab mit der Begründung: «Das ist ja nur ein Pfefferlädli! » Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Das Pferd als Schiedsrichter

Source: Das Pferd als Schiedsrichter

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Als die zwei Gemeinden Erschmatt und Bratsch eine gemeinsame Kirche bauen wollten, war heftiger Streit unter ihnen, wo selbe sollte aufgeführt werden. Natürlich wünschten beide Gemeinden die Kirche in ihrer Mitte. Als alle anderen Mittel zu keinem Verständnisse führen wollten, kam man überein, ein Pferd mit Kalk zu laden und da zu bauen, wo dasselbe würde stehen bleiben. Gesagt, getan; ein der Gegend unkundiges Pferd trug ohne Führer die Ladung auf den Platz hin, wo die Kirche jetzt steht, stellte sich gegen Sonnenaufgang und begann dreimal hell zu wiehern. — Auf dieses Zeichen wurden die Leute einig und bauten eine schöne Kirche.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch  


by Das Pferd als Schiedsrichter

Source: Das Pferd als Schiedsrichter

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Die Pfarrkirche von Erschmatt wurde in den Jahren 1710 bis 1713 erbaut. Die Bürger von Bratsch und Erschmatt waren dabei lange uneinig, wo das Gotteshaus stehen sollte. Die Bewohner von Bratsch wünschten, dass die Kirche in Bratsch, die von Erschmatt aber, dass sie natürlich in Erschmatt gebaut werde. Bratsch soll damals mehr Einwohner gezählt haben als Erschmatt. Das war für sie ein Grund, die Pfarrkirche für ihre Gemeinde zu beanspruchen. Die Erschmatter hingegen meinten, sie hätten eine bessere Lage und geeignete Wege. Allein die lieben Leute konnten sich, wie es schien, nicht einigen. Ein Tier sollte die Sache entscheiden. Man erzählte sich, ein gewisser Josef Locher, der den grössten Teil des Jahres in Enggersch und Bratsch ansässig war, habe ein Pferd mit Namen Koli gehabt. Er belud dieses Koli im Riedgarten, wo man den Kalk für den Kirchenbau schon gebrannt hatte, gab ihm mit der Hand einen Streich auf die Kruppe und sagte: «Hüi, Koli, geh mit deiner Ladung, wohin sie gehört!» Das Pferd wurde allein auf den Weg geschickt und kam an den Scheideweg, wo der eine nach Bratsch, der andere Weg nach Erschmatt führte. Statt instinktgemäss nach Bratsch zu gehen, wo es heimisch war, bog es sofort nach Erschmatt ab. Am Orte, wo heute die Kirche steht, soll es sich nach Sonnenaufgang gestellt haben, blieb stehen und wieherte dreimal. Auf dieses Zeichen wurden die Leute einig und bauten die Kirche. ERSCHMATT Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Pferd bei den spitzen Steinen

Source: Das Pferd bei den spitzen Steinen

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Der alte Johann Joseph Burkard kam einmal spät in der Nacht mit einem Pferd von Jeizinen herunter. Als er bei den spitzen Steinen, wo dazumal nur ein Bethäuschen stand, vorbeikam, wollte sein Pferd nicht mehr weitergehen. «Bo, was ist denn los?» sagte Burkard zu sich selber und gab dem Pferd mit dem Stock einen Schlag auf den Rücken. Dieses vollführte einen grossen Sprung in die Höhe, wie wenn es über einen Stein oder sonst über einen Gegenstand springen müsste, und eilte in vollem Galopp davon nach Gampel, wo es erst vor dem Hause stehenblieb. Im Jeiziweg jedoch war nichts zu sehen. Im gleichen Augenblick starb aber Franziska Schnyder, geborene Martig, eine nahe Verwandte. GAMPEL Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Pflugsbrot im Eitale

Source: Das Pflugsbrot im Eitale

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Den Bergmännchen und Erdfräulein, welche in den Felshöhlen des Eitales zwischen den beiden Bergzügen der Oedenburg und der Scheideck lebten, pflegte man in den Haushaltungen des Dörfleins Tecknau eine Schüssel Milch auszustellen, oder man legte ihnen sogar Butter mit Honig zurecht. Dann konnte man in aller Frühe getrost das Haus verlassen und aufs Heuen fortgehen; das Vieh im Stalle wurde besorgt, sogar die Stube wurde gefegt. Wenn man draussen im Acker Hunger verspürte, liess sich bald ein Kneten des Teiges, ein Ausscharren der Backmulde unter der Erde hören, und beim Wenden des Pfluges war dann am Fruchenende ein sauberes Tischtuch ausgebreitet und ein frischer Pfannenkuchen oder Zwiebelkuchen lag darauf. Dies alles hat aufgehört, seitdem einmal ein grober Bauer das Tischtuch sammt Messer und Gabel mit fort nahm. (H. Heller von Erlinsbach.) Sage aus dem Eitale Band 3.1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962, S. 106 - 106 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Plattenkreuz

Source: Das Plattenkreuz

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Das Plattenkreuz steht auf einem Felsen, auf welchem man verschiedene Eindrücke sieht, die von Menschen-, Hunds- und Kalbsfüssen herrühren sollen. Die Sage erzählt, es sei einst ein Metzger aus dem Laufental in später Nacht über die Platte gekommen. Er führte ein Kalb und einen Hund bei sich. An der Stelle, wo heute das Kreuz steht, sei er von Räubern überfallen und getötet worden. Die Eindrücke im Felsen rühren von seiner und seiner Tiere starken Gegenwehr her. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Das Plattenwibli

Source: Das Plattenwibli

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Der Seveler Zimmermann S. G. ging einst nach Oberschan "zur Spinni". Als er früh morgens durchs Seveler Holz heimkehrte - es war noch nicht Tag - sah er im Buchenwalde, nahe am Wege, ein Weibchen und fragte verwundert, was es so früh da mache. Sie antwortete, aber ohne sich umzukehren, sie sammle Laub für die Schweine. Jetzt erst gewahrte er, daß sie an einem Fusse einen roten, am andern einen schwarzen Strumpf trug. Es war das bekannte "Plattenwibli", das bald darauf starb. Als man mit dem Sarge vom Hause wegzog, fragte ein Mädchen seine ins Haus gekommene Mutter, wen man begrabe und sagte, als diese geantwortet: "Nein, das Plattenwibli sitzt ja in der Küche auf der Herdplatte. Schau nur!" Die Mutter hiess das Kind schweigen und folgte dem Leichenzuge. Im Hause aber "geistete" es von da an. Dr. Henne-Am Rhyn, Deutsche Volkssage.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 139, S. 66f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Plattenwirtshaus

Source: Das Plattenwirtshaus

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a) Steigt man den felsigen Plattenweg hinan, so kommt man zuoberst zum viereckigen Bannstein. Seitwärts desselben soll früher ein Haus gestanden sein, das Plattenwirtshaus geheissen. Zur Kirchweih und Fastnacht sollen viele Gäste dort von verschiedenen Orten zusammengekommen sein, wobei es fast nie ohne blaue Rücken abgelaufen sei. Von seinem Verschwinden wird folgendes erzählt: Auf der Plattenhöhe ist eine grosse Weide, Flankweide genannt. Darauf stand früher ein Wirtshaus. In demselben ging es nicht immer sauber her. Die Leute darin waren böse Menschen und gaben noch anderen Bösen Aufenthalt. Wenn jemand spät in der Nacht da vorbei. Reiste, wurde er angegriffen und ihm genommen, was er hatte. Wollte er sich wehren, wurde er fast ein wenig ohnmächtig geschlagen. So trieben diese bösen Leute ihr Unwesen lange fort. Es getraute sich fast niemand mehr, über die Platte zu gehen. Einmal zeigte es die alte Grossmutter in der Beichte an. Der Beichtvater hinterbrachte es dem Fürstbischof, woraufhin dieser das Haus abreissen liess. b) Ein vornehmer Jäger aus dem Jura hatte seine Jagdgesellschaft verloren und nach längerem Herumirren das Plattenwirtshaus gefunden. Er wollte dort übernachten, merkte aber bald, dass er in eine Räuberhöhle geraten war. Leider hatte er seine Waffe einem Diener des Wirtshauses übergeben. Er verbarrikadierte seinen Schlafraum notdürftig und versah sich mit einem Stuhlbein als Waffe. In der Nacht erfolgte der Angriff der Räuber. Einen grossen Hund konnte der Jäger glücklich abwehren; auch der mit einem Degen bewaffnete Wirt musste sich zurückziehen. Schliesslich kamen die Gefährten des Jägers rechtzeitig zu Hilfe. Die Räuber wurden gefangen und abgeführt, und das Wirtshaus ging in Flammen auf. c) Einst zog ein reicher Kaufmann aus Basel über die Platte Da es spät war, übernachtete er im Plattenwirtshaus Als er am folgenden Morgen schon ein Stück Wegs weitergezogen, überfielen ihn vermummte Gestalten, schlugen ihn tot und raubten ihn aus. Die Verwandten des Getöteten forschten dem Verschwundenen nach. Die Spur führte auf die Platte, wo man im Wirtshaus auch seine Kleider fand. Die Räuber wurden festgenommen und dem Gericht übergeben, das Haus selbst angezündet. Zum Seelenheil des Ermordeten errichteten dessen Verwandte an der Mordstätte ein Kreuz, das Krämerkreuz genannt wird. Ettingen Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Plattenwirtshaus

Source: Das Plattenwirtshaus

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Ein alter Verbindungsweg des Laufentales mit Basel querte den Blauenberg bei der Passlücke der sogenannten Platte, wo heute die basellandschaftlichen Gemeindebänne Ettingen und Pfeffingen mit den bernischen Bannen Blauen und Nenzlingen zusammenstossen. Dort stand früher zur Erquickung und Beherbergung der Wanderer, die vom Birstal ins Birsigtal zogen, ein Wirtshaus. Mit der Zeit wurde diese Gaststätte aber zu einer wahren Räuberhöhle. Die Reisenden wurden überfallen und ausgeraubt. Viele Wanderer verschwanden spurlos. Die Grossmutter aus jenem verrufenen Hause wurde von Gewissensbissen gequält und erzählte ihrem Beichtvater die Mordtaten, von denen sie Zeuge gewesen. Der Priester hinterbrachte das Geständnis dem Bischof, worauf dieser das Wirtshaus niederreissen liess. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Das Poltern im Schloss Mammertshofen

Source: Das Poltern im Schloss Mammertshofen

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Auch von anderen Burgen haben sich manche Sagen erhalten. So besassen die Schenken von Castel auf der Höhe zwischen Berg und Roggwil in der Zeit von 1440 bis 1645 das Schloss Mammertshofen. Einer dieser Gerichtsherren war den Seinen ein allzu strenger Herr, der die Bauern stark mit Zinsen, Abgaben und Fronwerk drückte. Dafür musste dieser Schenk von Castel aber viel leiden, denn nach der Sage erhob sich zur Nachtzeit in seinen Wohngemächern im Schloss ein arges Gepolter, wobei die Türen und Läden ständig auf- und zugeschlagen wurden, obwohl kein Wind wehte. Woher dieses Poltern kam, wusste niemand; doch hielt es der Junker nicht lange aus und er verliess das Schloss, um auf sein anderes nach Oberbüren zu ziehen, wo ihn jedoch das gleiche Gepolter plagte. Erst nach seinem Tod zog wieder Ruhe ein in beiden Schlössern. Quelle: Ferdinand Bolt, Die Sagenwelt am Bodensee, Appenzeller Kalender 1956 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Posterli im Entlebuch

Source: Das Posterli im Entlebuch

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Am Donnerstag vor Fronfasten im Advent pflegte ehemals im Entlebuch die Posterlijagd aufgeführt zu werden. Unter grässlichem Tumult mit allerlei knallenden und schallenden Instrumenten zogen die Junggesellen verabredeter Weise in eine benachbarte Gemeinde. Wer vor das Dorf hinaus entgegen gehen und horchen wollte, verhüllte das Gesicht. Einer aus dem Zuge spielte das Posterli, als alte Hexe, als Ziege oder als Esel verkleidet. Manchmal stellte bloss eine Fratze aus Stroh und Lumpen gefertigt das Gespenst dar, das man dann in einem Winkel des Ortes zurückliess. Ein fröhlicher Trunk beendete die Geschichte.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Das Räägelsloch bei Uerzlikon

Source: Das Räägelsloch bei Uerzlikon

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Das Räägelsloch bei Uerzlikon Eine abgelegene Waldwiese der Korporationswaldung Uerzlikon führt den Namen Räägelsloch. Nach der Sage soll dort die letzte Hexe von Uerzlikon, die sich durch Erhängen das Leben nahm, beerdigt worden sein. Alte Männer berichteten, dass sie beim Öffnen des Grabens dem Wald entlang auf einen Sarg gestossen seien. Das Haus, wo die angebliche Hexe gehaust haben soll, ist im September 1906 durch Blitzschlag eingeäschert worden. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Knonauer Amt Gchr. Kappel 1917; Stauber, S. 51.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Räuberhaus

Source: Das Räuberhaus

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Zu Mühlackern bei Agarn steht ein altes Steingebäude, das früher ein Wirtshaus war, dessen Wirt ein Raubmörder gewesen sein soll. Da die alte Landstrasse bei diesem Hause vorbeiführte und der Weg für die Fuhrleute und Fussgänger von der Leukersuste bis dahin immerhin lang genug war, dass sie wieder Durst verspürten, so kehrte beinahe jeder dort ein, er mochte bei Tag oder bei Nacht ankommen. Aber nicht jeder trat aus dem Hause wieder heraus. Es wurden sogar viele Reisende und Fuhrmänner im Laufe der Zeit vermisst. Doch brachte man ihr Verschwinden in Verbindung mit den Räubern, die im nahen Pfinwald versteckt waren, die Gegend durchzogen und die Wanderer ermordeten. Eines Abends kam wieder ein müder, hungernder Wanderer zu diesem Wirtshaus. Er hätte gern seinen Hunger gestillt und seine müden Glieder ausgeruht; aber da hörte er im Innern des Hauses ein eigentümliches Geräusch und ein leises Wimmern und Stöhnen. Um nicht gesehen zu werden, schlich er um das Haus herum. An einer Ecke war eine kleine Öffnung. Er schaute hinein, und was sah er? Einen Mann auf dem Boden liegen, dem das Mordsgesindel eben den Kopf vom Rumpfe getrennt hatte. Zitternd vor Angst lief der Wanderer davon und machte bei der Gerichtsbehörde des nächsten Ortes Anzeige. Doch diese machte sich nicht viel daraus; im Gegenteil, sie tadelte den Wanderer, so brave Wirtsleute in üblen Ruf zu bringen. Die Untersuchung unterblieb, und das Wirtsvolk betrieb sein Geschäft je länger desto dreister, so dass es sich nicht mehr scheute, während des Tages auf offener Strasse Leute anzufallen. Eines Abends gingen mehrere Männer nach dem Wirtshaus zu Mühlackern. Nicht weit davon hörten sie ein Jammergeschrei. Zugleich sahen sie einen Reisenden die Strasse entlang fliehen, den zwei Männer, Angestellte des Hauses, verfolgten. Sobald die Räuber die Anwesenheit der herankommenden Männer wahrnahmen, kehrten sie wieder nach Hause zurück. Der Reisende erzählte ihnen nun, er habe nicht ins Wirtshaus einkehren wollen, er sei vielmehr nur seines Weges vorwärts gegangen. Aber plötzlich habe er hinter sich Schritte gehört von Männern, die ihn verfolgten; darum habe er dann fürchterlich gejammert und um Hilfe geschrien. Sofort gingen nun diese Männer in Begleitung des Fremden zur Gerichtsbehörde. Am folgenden Tage wurde die Hausuntersuchung vorgenommen. Die mitgenommene Mannschaft umschloss das Haus, die Behörde untersuchte das Innere des Räuberhauses. Zwei Zimmer waren verschlossen und mussten erbrochen werden. In einem dieser Zimmer fanden sie geraubte, blutgetränkte Kleidungsstücke, Messer, Beile und andere Mordwaffen. Im andern Zimmer lagen die geraubten Gegenstände. Dann gingen sie in die Kellerräume hinunter. Im hintersten Winkel des Kellers war die Erde etwas aufgewühlt. Als sie die Stelle näher untersuchten, fanden sie dort mehrere Leichen eingescharrt. Sofort wurden die Räuber gefesselt und eingekerkert. Nach einem strengen Verhör gestanden sie, mit den Räubern in Pfin im Bunde gewesen zu sein, worauf sie zum Tode verurteilt wurden. AGARN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Raubritterschlösschen auf dem Zunzger Hügel

Source: Das Raubritterschlösschen auf dem Zunzger Hügel

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Auf dem weithin sichtbaren Zunzgerhügel soll vor Zeiten ein Raubritterschlösslein gestanden haben, von dem aus die Bewohner beständig Ausschau hielten nach dem Ergolztal. Sahen sie in der Gegend von Sissach Kaufmannsfuhren talaufwärts fahren, so griffen sie zu ihren Waffen und schwangen sich auf die Pferde. Sie ritten aber nicht talauswärts, sondern über die Hochebene von Wittinsburg ins Homburgertal hinüber. In aller Eile suchten sie noch die Homburg zu erreichen, bevor die Reisenden ihrer ansichtig werden konnten. Dort alarmierten sie ihre befreundeten Gesinnungsgenossen, die sich nun gleichfalls in die Rüstung warfen. Gemeinsam lauerten sie darauf in sicherem Versteck neben der Strasse den ahnungslosen Kaufleuten auf, um sie nach Raubritterart zu überfallen und auszuplündern. So diente das kleine Schlösslein auf dem Zunzgerhügel der Homburg als wichtiges Vorwerk. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Das Rauchloch

Source: Das Rauchloch

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Benachbart liegt auf Selimatt das Rauchloch, eine Erdöffnung, die ähnlich dem Wetterloche des Kamor (im obern Rheintal) ist. Hinabgeworfene Steine hört man lang in der Tiefe rollen; oft steigen Dünste aus ihm empor, die nach dem Volksglauben Regen bringen. Rochholz, Schweizersagen. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 420, S. 247 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das räudige Füchslein

Source: Das räudige Füchslein

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Es waren einmal ein Mann und eine Frau, die hatten ein Mädchen namens Cilgia. Der Vater betrieb Geschäfte in Venedig, und von Zeit zu Zeit ritt er mit seinem guten Schimmel nach Italien, um nach dem Rechten zu sehen. Aber eines schönen Tages kehrte der Vater nicht mehr nach Hause zurück. Nach langer Zeit kam die traurige Nachricht, er sei von Räubern überfallen und ermordet worden. Von nun an hatte die arme Cilgia, die wegen des Todes ihres guten Vaters verzweifeln wollte, selten gute Tage. Seine Frau, die ihre Stiefmutter war, hatte sie nie sehr geliebt, und nun beabsichtigte diese, Cilgia so schnell als möglich aus dem Weg zu räumen. Eines schönen Tages befahl sie Cilgia: «Geh in die Küche und nimm den kleinen Blechkessel, wir wollen im God Nair drüben Erdbeeren suchen.» Cilgia gehorchte sofort, und so gingen sie zusammen ein grosses Stück in den Wald hinein. Auf einmal rollte die Stiefmutter mit ihrer ganzen Kraft einen grossen Stein weg und sagte zu Cilgia: «Geschwind mit den Händen unter den Stein! Dort findest du ein ganzes Erdbeerennest! Hol sie ganz rasch hervor, während ich den Stein halte!» Der armen Cilgia graute es davor, doch in ihrer grossen Angst bückte sie sich, und da die Stiefmutter ihr strengstens befohlen hatte, sich zu beeilen und mit beiden Händen die Erdbeeren herauszunehmen, streckte sie ihre Hände unter den Stein. Doch in diesem Augenblick lässt die Stiefmutter den Stein gerade auf die Hände der armen, unglücklichen Cilgia fallen. Jetzt - ein Satz - und auf und davon! Cilgia mit ihren Händen unter dem Stein begann herzerweichend zu schreien und zu rufen, aber vergebens. Es kam niemand, um sie zu befreien. Schon begann es mehr und mehr zu dunkeln, und Cilgia war todmüde vom lauten Rufen und Weinen. Jetzt fiel ihr auch ein, dass sie mit Weinen und Klagen irgendein wildes Tier anziehen könnte. In ihrer Angst machte sie keinen Mucks mehr. Auf einmal sah sie den Mond aufgehen, und sein Schein beleuchtete einen Weg gerade zu ihr her. Das war ihr wie ein Trost, und der Mond schien zu lächeln. Doch nun sieht sie, dass sich etwas auf jenem beleuchteten Weg bewegt und ganz langsam auf sie zukommt. Denkt euch nur, welche Angst sie wieder überkam; sie war ja ganz starr. Da kommt ein Füchslein mit einem grossen roten Schwanz daher. Es setzt sich gerade neben Cilgia hin, lässt seine rote Zunge heraushängen und schaut ihr mit einem mitleidigen Blick gerade ins Gesicht Und auf einmal beginnt das Füchslein zu reden: «Was machst du denn da, du armes Mädchen mit deinen Händen unter diesem grossen Stein?» Weil das Füchslein so freundlich mit ihr redete, erzählte Cilgia ihm schluchzend, was mit ihr geschehen war. «Armes, armes Mädchen», sagte das Füchslein ganz gerührt, «du warst an einem schlechten Ort, aber sei jetzt zuversichtlich, ich will dir so gut als möglich helfen und für dich sorgen. Ich kann dich zwar nach und nach befreien, doch deine Hände werden unter dem Stein bleiben. Die kann ich dir nicht mehr zurückgeben.» Es begann Cilgias Arme zu lecken und zu lecken, und es leckte die ganze Nacht, und als eben der erste Sonnenstrahl schien, war Cilgia befreit. «O liebes Füchslein», sagte Cilgia und lächelte durch die Tränen, «du hast mich gerettet. Aber jetzt, wie kann ich nur für dich sorgen ohne meine Hände?» Sie hatte nämlich gesehen, dass das arme Füchslein über den Rücken hin ganz räudig war. «Das lass mich nur machen», meinte das Füchslein, «ich bin keineswegs schlecht dran, und du wirst sehen, dass es dir gut gehen wird. Doch jetzt vorwärts, marsch!» Beim Gang durch den Wald fand das Füchslein die schönsten Himbeer-, Heidelbeer- und Erdbeerplätzchen, so dass Cilgia ganz satt zum Häuschen des Fuchses gelangte. Bis zum Abend hatte das gute, fleissige Füchslein für Cilgia einen grossen Haufen Moos und Laub für ein gutes weiches und warmes Bett zusammengescharrt, und in jener Nacht schliefen sie nebeneinander tief und lang. Am Morgen, nachdem das Füchslein Cilgias Hunger mit Waldfrüchten, Sauerklee und Süsswurzeln gestillt hatte, sagte es: «Bleib du jetzt einfach da, ich muss heute ein wenig weiter fort und werde erst gegen Abend zurück sein.» Es sagte Cilgia freundlich adieu, und kurz darauf war es verschwunden. Cilgia begann überall herum ein wenig aufzuräumen und wusste sich bald auch ohne Hände zu helfen. Sie gab sich alle Mühe, das Häuschen bis zur Rückkehr des Füchsleins wohnlich zu machen. Es war schon dunkle Nacht, als das Füchslein eintraf, und Cilgia hatte gefürchtet, es sei ihm vielleicht unterwegs etwas zugestossen. Auf dem Kopf trug es einen grossen Korb, den es mit letzter Kraft auf dem Tisch abstellte. «Was bringst du denn da?» fragte Cilgia ganz neugierig. «Ha ha ha», lachte das Füchslein, «heute habe ich eine gute Beute gemacht! Weisst du, wo ich gewesen bin, mein schönes Mädchen? Im Haus deiner Stiefmutter! Dort war ein grosses Fest, und man roch schon von weitem das gute Mittagessen. Die Stiefmutter war gerade mit ihrem Besuch in die Stube gegangen, und man hörte lautes Geplauder. Ich schlüpfte rasch durch das offene Fenster in die Küche, öffnete das Ofentürchen im Herd, wo sich der gute Braten befand. Heraus damit und in einen Korb, der mit Schildbrötchen drin gerade daneben stand. Auf dem Tisch sah ich eine Pastete und auf einem Ofenblech diese schöne Torte. Hinein damit in meinen Korb und auf und davon, denn man hörte, wie die Tür geöffnet wurde. - Jetzt iss du nur mit Lust, denn diese Sachen sind nicht gestohlen; sie gehören dir, die Stiefmutter verbraucht dein Geld.» An jenem Abend hatten sie wirklich ein ganz feines Nachtessen! Sie schliefen froh und zufrieden ein. Doch eines Abends schaute das Füchslein mit einem traurigen Blick Cilgia an und sagte: «Meine liebe Cilgia, ich bin jetzt recht alt, und eines schönen Tages wirst du mich tot im Bett finden. Weine nicht, sondern pass gut auf, was ich dir sage, und du wirst sehen, es wird dir gut gehen. Sobald ich tot bin, nimm das grosse Messer im Schrank draussen und schneide mir den Bauch auf. Darin wirst du ein gläsernes Kästlein finden; nimm es ganz vorsichtig heraus und stell es in den Schrank. Eines schönen Tages wirst du es gut brauchen können. Grabe dann ein Loch unter dem Rosenbusch vor dem Haus und beerdige mich darin.» An jenem Abend redeten sie noch lange miteinander über tausend Dinge und halb Mailand. Am Tag darauf, die Sonne stand schon recht hoch, erwachte Cilgia. Sie hatte einen wunderschönen Traum gehabt und war noch mit ihren Gedanken dort. Jetzt dreht sie sich um und sieht, dass das Füchslein noch schläft! Dies hatte es sonst nie getan, vielmehr ging es immer schon am Morgen früh im Wald herum, legte Vorräte an und kam gewöhnlich gerade dann nach Hause, wenn Cilgia erwachte, mit einem guten Morgenessen für sie. Cilgia rief ihm, doch vergebens! Sie schüttelte es, umarmte es, doch es war ganz starr; das gute Füchslein war mausetot. Jetzt begann Cilgia bitterlich zu weinen um ihr gutes Füchslein, das wie eine liebevolle Mutter für sie gewesen war. Sie fand sich jetzt von allen verlassen. Doch allmählich beruhigte sie sich wieder, und es fiel ihr ein, was das Füchslein gesagt hatte. Schweren Herzens nahm sie das Messer in ihre verkrüppelten Hände und begann, den Bauch des Füchsleins aufzuschneiden. Da sah sie tatsächlich das gläserne Kästlein glänzen! Ganz sorgfältig nahm sie es heraus und legte es in den Schrank, wie es das Füchslein geraten hatte. Jetzt musste sie nur noch das Grab für das Füchslein schaufeln. Sie nahm die Schaufel und begann mühsam zu graben. Plötzlich sah sie einen grossen Jagdhund mit grossen Sätzen auf sich zukommen. Der begann zu heulen und blickte immer zurück zum Wald, wo man bald ein paar Reiter sah, die näher kamen. Grosse, schöne Federn wogten auf ihren Hüten, und die Pferde trugen grosse Kokarden und prächtige Satteldecken. Cilgia, die schon wegen des Hundes erschrocken war, sah jetzt vor sich den schönen Prinzen Gian von Chastimels mit seinen Jägern und Dienern. In ihr kleines Haus zu fliehen, dafür blieb ihr in ihrem Elend keine Zeit mehr. Prinz Gian sprang von seinem schönen Schimmel und kam ganz freundlich und erstaunt auf sie zu: «Was machst du denn da ganz allein mitten im grossen fürchterlichen God Nair, und ohne deine Hände? Was ist bloss mit dir geschehen, schönes Mädchen?» Nun vertraute Cilgia dem Prinzen ihre ganze Geschichte an. Er rief einen seiner Diener herbei, um das Grab für das Füchslein zu graben, während die andern Laub und Blumen holen gehen mussten. Der Prinz näherte sich Cilgia, nahm ihre zwei armen verkrüppelten Hände in die seinen und sagte lächelnd zu ihr: «Du kommst jetzt mit mir auf mein Schloss, und ich will jetzt dein Lebtag für dich sorgen.» Nun wurde das Füchslein in sein Grab gelegt, das ganz mit Laub und Blumen gepolstert war, und Cilgia nahm Abschied von ihm. Rasch rannte sie nochmals in die Stube, um ihr gläsernes Kästlein mitzunehmen. Doch in der Eile fiel es ihr aus der Hand, und patsch! Ein Knall und ein grosses Beben, und ein ganzer See breitete sich aus vor ihr! Rasch bückte sie sich und streckte die Arme ins Wasser, um das gläserne Kästlein zu suchen. Doch als sie es wieder aus dem Wasser zog, welch grosses Wunder! Sie hatte ihre beiden Hände wieder, und darin hielt sie eine goldene Krone voll mit Perlen und Diamanten! Der Prinz setzte ihr nun die Krone auf den Kopf und hob sie auf seinen schönen Schimmel, folgte ihm zu Fuss und hielt das Pferd am Zaum. Als sie durch die Stadt gingen, versammelte sich das ganze Volk, und alle riefen: «Es lebe der schöne Prinz und die schöne Prinzessin!» Cilgia hob jetzt die Hände zum Gruss, doch aus ihnen fielen Münzen aus reinem Gold überall hin. Sie feierten eine schöne, grosse Hochzeit und lebten viele Jahre in Frieden - und das Märchen ist zu Ende! Das ist ein Märchen von Nann’Engel. Das Seelein, das aus der gläsernen Schachtel entstanden ist, besteht heute noch und heisst Lej dals Uvischels. Geht hin und schaut nach, ob ihr dort nicht auch noch den Rosenbusch des räudigen Füchsleins findet, auf dem Muot dals Uvischels! (Oberengadin) Besprechung im Märchenforum Nr. 73   Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Regiment am Marsch

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Ein Regiment konnte auf seinem Marsche nicht mehr weiter. Endlich merkte man, dass ein Hase Ursache daran sein könnte, der vor demselben beständig hin und her sprang. Schon hatte man vergebens von allen Seiten her auf ihn gefeuert. Da trat ein Soldat zurück und goss aus einem Marienthaler einen silbernen Posten. Auf der Stelle war der Hase damit erlegt; das Regiment rückte vor, fand aber dort statt des Hasen nun ein altes Weib auf der Erde liegen. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Reinacher Dorftier

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In Leerau zeigt sich oft ein feuriger Hund und ein gespenstiges Gizzi. Beide sind ein und derselbe Dorfhund, der von Reinach über Gontenschwil und Rued hieher läuft. Als Hund kam's einst hinter einem Schnitter nach, der von der Sichellöse heimkehrte. Er lockte denselben und gab ihm ein Stück von den Küchlein, die ihm die Meisterfrau heute zum Geschenk mit eingesteckt hatte. Nun wurde aber der Hund immer grösser. Um von ihm loszukommen, wusste zuletzt der Mann kein anderes Mittel mehr, als ihm alle Küchlein auf einmal vorzuwerfen und schleunig zu entspringen. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Reiterspiel auf dem Geisspitz

Source: Das Reiterspiel auf dem Geisspitz

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a) Will man von Arisdorf nach dem angrenzenden Fricktal, so kommt man über die Käsehütte, Sennweid genannt, zu einem gewaltigen Stein, der die Marke zwischen den Kantonen Aargau und Basel bestimmen soll. An seinem Fusse entspringt der Violenbach, der eine kurze Strecke beide Kantone teilt. Rechtshin gegen das Dörfchen Nusshof liegt ein abgeplatteter fichtenbewachsener Berg, Geisspitz geheissen, auf dem noch im vorigen Jahrhundert die Burg Geiseck zu sehen war. Noch steht in kleiner Entfernung davon des Grafen unansehnliche Kapelle mit einem geringen Türmchen, die der Bauer im nahen Pechhof als Holzschoppen und Heubrücke benutzt. Die Überreste der Burg sind keinem recht bekannt; doch ist gewiss, dass noch Kellergewölbe vorhanden sind, deren verschüttete Zugänge unsere gar nicht abenteuerliche Jugend aufzuspüren versäumt. Besser wissen darum herumziehende Kessel- und Wannenflicker, Lumpensammler und Vogelsteller, die oft einen Teil des Winters darin zubringen sollen. Geht man nun nachts über diese grosse Ebene, welche das Reiterspiel heisst, so sieht man, wie der Graf von Geiseck vom Berge herunter reitet und seine Rittergeschwader ordnet. Nun geht es an ein Turnieren, die Rosse scheuen und bäumen sich, die Ritter heben sich aus dem Sattel, andere sitzen ab und fechten zu Fuss. Aber auch mittags von elf bis zwölf wollen erfahrene und alte Leute diesen Waffenübungen schon zugesehen haben und deutlich den Grafen von Geiseck erkannt haben, wie sie ihn noch auf alten Bildern gesehen hätten; während andere behaupten, Berner seien’s, die hier im Schwabenkriege fielen und noch für die Verwüstung büssen müssten, mit der sie damals das Fricktal heimgesucht haben. b) Eine Sage erzählt, es sei vor Zeiten auf dem Geistspitz, einem aussichtsreichen Vorsprunge des Eileten eine Burg gestanden. Auf der kleinen Ebene, die am Fusse jenes Hügels liegt und jetzt noch Rüterspiel heisst, hätten einst die Herren jener Veste ihren ritterlichen Freunden Turniere gegeben. Arisdorf-Olsberg Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Reiterspiel auf dem Geisspitz

Source: Das Reiterspiel auf dem Geisspitz

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Will man von Aristorf nach dem angrenzenden Frickthal, so kommt man über die Käsehütte, Sennweid genannt, zu einem gewaltigen Stein, der die Marke zwischen den Kantonen Aargau und Basel bestimmen soll. An seinem Fusse entspringt der Violenbach, der eine kurze Strecke beide Kantone theilt. Rechts hin gegen das Dörfchen Nusshof liegt ein abgeplatteter fichtenbewachsener Berg, Geisspitz geheissen, auf dem noch im vorigen Jahrhundert die Burg Geiseck zu sehen war. Noch steht in kleiner Entfernung davon des Grafen unansehnliche Kapelle mit einem geringen Thürmchen, die der Bauer im nahen Pechhof als Holzschoppen und Heubrücke benutzt. Die Ueberreste der Burg sind keinem recht bekannt; doch ist gewiss, dass noch Kellergewölbe vorhanden sind, deren verschüttete Zugänge unsere gar nicht abenteuerliche Jugend aufzuspüren versäumt. Besser wissen darum umherziehende Kessel- und Wannenflicker, Lumpensammler und Vogelsteller, die oft einen Theil des Winters darin zubringen sollen. Geht man nun Nachts über diese grosse Ebene, welche das Reiterspiel heisst, so sieht man, wie der Graf von Geiseck vom Berge herunter reitet und seine Rittergeschwader ordnet. Nun geht es an ein Turnieren, die Rosse scheuen und bäumen sich, die Ritter heben sich aus dem Sattel, andere sitzen ab und fechten zu Fuss. Aber auch Mittags von Elf bis Zwölf wollen erfahrene und alte Leute diesen Waffenübungen schon zugesehen und deutlich den Grafen von Geiseck erkannt haben, wie sie ihn noch auf alten Bildern gesehen hätten; während andere behaupten, Berner seien's, die hier im Schwabenkriege fielen und noch für die Verwüstung büssen müssten, mit der sie damals das Frickthal heimgesucht haben. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 191 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch  


by Das Richtschwert

Source: Das Richtschwert

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Vor Zeiten zeigte man in Zürich ein großes zweischneidiges Schwert, das war nahe unter dem Griff zusammengeschweißt. Von diesem Schwerte ward erzählt, es sei ein Richtschwert gewesen, das habe jedes Mal, wenn einem armen Sünder von den Richtern das Todesurteil gesprochen, einen hell schrillenden Ton gegeben. Neun und neunzig Mal sei es so erklungen, neun und neunzig Köpfe habe es gefällt, als aber das Hundert voll, sei es gesprungen und es also zusammengeschweißt von da an als unbrauchbar bei Seite gestellt worden. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Riedross in Ennetmoos

Source: Das Riedross in Ennetmoos

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Im schnaubenden Galopp wurde dasselbe auf dem Riede in Ennetmoos zur Nachtzeit häufig gesehen. Die Leute brauchten demselben nur auszuweichen, so eilte es vorbei. Das geschah im Sommer, wie im Winter. Einer Person aber soll es sogar angehangen sein. Selbe hörte hinter sich ein Pferdegetrapp, und auf einmal verspürte sie etwas an ihren Achseln über die Schultern hangen, doch ohne es zu sehen. Sie musste es bis nach Ennerberg in Buochs tragen, woselbst angekommen, sie nichts mehr gewahrte.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Das Riesenspinnrad

Source: Das Riesenspinnrad

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Der Geißberg beim Dorfe Villigen läuft ostwärts in einen kegelförmigen Vorsprung aus. Auf dessen Höhe findet sich noch altes Gemäuer, weshalb er nur die „Burg" genannt wird. Daselbst hausete in früheren Tagen ein Riesenfräulein, unter dessen Launen und Begehren die Bewohner der benachbarten Täler viel zu leiden hatten. Öfters unternahmen die letztern Streitzüge gegen das Burgfräulein. Allein unter der Burg angekommen, fing es an zu schnurren und sausen, dass sie vor Angst und Grausen davon liefen. Das war das Schnurren und Sausen eines Riesenspinnrades, an dem das Burgfräulein ihre Kleider spann und das es in solchen Augenblicken gewaltiger drehte als sonst. Einst spann es so mächtig, dass ihm der Wirtel von der Spindel sprang und in kühnem Bogen mitten in die benachbarte Aare flog. Daselbst ist er bis auf den heutigen Tag liegen geblieben. Er ist ein großer runder Stein, der bei kleinem und mäßigem Wasserstande über die Oberfläche des Stromes hervorblickt. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Riesetenmanndli

Source: Das Riesetenmanndli

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Von der Hinterburgalp hernieder fällt eine mächtige rauhe Geröllhalde in einem Zuge bis in den Talgrund. Bei schweren Sommerwettern, oder wenn im Frühjahr die zerklüfteten Felsen oben in der Halde entfrieren, „chunnd d’Rieseten“, das heisst, lösen sich in der Höhe grössere oder kleinere Haufen von Steinen und stäuben polternd in die Tiefe. In dieser Wüstenei, in der kein Pflänzlein auf die Dauer aufkommen kann und kein Mensch etwas zu suchen hat, haust einzig das Riesetenmanndli. Im Kienholz wohnte, weiss Gott vor wie vielen Jahren, ein reicher Geizteufel von Bauer. Als der wieder einmal auf der Alp Hinterburg sommerte, und ohne fremde Hilfe, weil er einem Knechtlein hätte Lohn zahlen müssen, brach Mitte Sommer eine böse Dürre aus. Die Hitze wurde so gross, dass das Vieh tagsüber ab der Weide in den kühlen Schatten der nahen Wälder lief. Eines Tages aber musste in das Gvicht des Geizigen eine besondere Laune gefahren sein. Im Gegensätze zu den Kühen der andern Alpgenossen, die sich bei beginnender Hitze gemächlich in den Schatten gestellt hatten, fingen seine Tiere zu laufen an, was gibst was hast, in den Wald hinein und darinnen immer weiter und weiter bergabwärts, geradewegs auf die Riesetengrinde zu. Wohl lief der Geizige hintenher, rief, schrie, roboste. Alles Wehren und Chetten half aber nicht das Geringste. Haupt um Haupt, eines schöner als das andere, sprang die hohen Grinde hinunter in die Riesete und zuletzt der Mann ihnen nach, und Vieh und Mensch fanden drunten einen grausen Tod. Seitdem war der Geizige in die Riesete gebahnt. Wenn das Wetter schlechten will, hockt oben in den Felsen ein windbewegter Nebel. Das Riesetenmanndli darf dann holzen und kochen, und zu gewissen Zeiten macht es Steinlawinen zwäg und lässt sie rumpelnd und stäubend zu Tal fahren. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Rind im Felsspalt

Source: Das Rind im Felsspalt

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Ein Älpler auf der Axalp verlor eines Sommers ein schönes Rind mit Haut und Haaren. Obwohl ihm die Gegend vertraut war wie ein Hosensack, war tagelanges Suchen vergeblich geblieben, und er musste sich damit abfinden, um sein brävstes Tier gekommen zu sein. Nun nahm es den Mann aber doch wunder, auf welche Art das Rind verschwinden konnte, als ob es der Erdboden verschluckt hätte. Also ging er zu der Spiezwilerfrau, von der es hiess, sie wisse auch in solchen Dingen Bescheid. Und die Frau wusste woran. Das Rind habe sich in dem Stafel Kuhmahd verlaufen und liege dort tot in einem Felsspalt unten. Als der Älpler sich nach dem angegebenen Orte aufmachte, fand er alles so, wie sie gesagt hatte. Den Spalt kannte er wohl. Aber er hätte nie geglaubt, dass das von einem Stafel in den andern verlaufene Tier ausgerechnet da hinunter gestürzt sein könnte. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Ringbrot

Source: Das Ringbrot

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Es waren einmal ein Mann und eine Frau, die hatten einen kleinen Buben. Der hütete jeden Tag die Ziegen und die Schafe, und die Mutter gab ihm immer ein Ringbrot zum Morgenessen mit. Eines schönen Tages ging er wieder mit seiner Herde, und als er Hunger hatte, setzte er sich auf einen Felsen und nahm sein Ringbrot hervor. Aber – ich weiss nicht wie – das Ringbrot fiel ihm aus der Hand und rollte bergab. Der Bub rannte ihm nach, aber es rollte immer schneller, so dass der Kleine ihm fast nicht nachkam. Auf einmal verschwand das Ringbrot in der Erde, eine kleine Treppe hinunter. Der Bub sah es die Stufen hinunterpurzeln und sprang hinterher. Aber das Ringbrot raste über mehrere Treppen immer weiter nach unten. Die letzte Treppe führte in eine wunderschöne Stube. Mit grossem Entsetzen sah der kleine Bub in dieser Stube drei alte, schrecklich hässliche Weiber mit fürchterlich langen Riesenzähnen. Er blieb auf dem untersten Treppenabsatz stehen, und vor Furcht wagte er weder zu fliehen noch weiterzugehen. Er wusste ganz genau, dass das Ringbrot ihn an einen verzauberten Ort gebracht hatte und dass jene drei Weiber Hexen waren. Jetzt rief die Älteste und Hässlichste zu ihm hinauf: «Was willst du hier bei uns?» Der kleine Bub antwortete zitternd: «Ich möchte mein Ringbrot wieder haben.» - «Wirf deine Kappe herunter, so gebe ich dir das Ringbrot.» Der Kleine tat dies, doch die Alte schrie: «Wirf nun deinen Kittel herunter», und so musste er den Alten auch die Hosen, die Strümpfe und das Hemd hergeben, bis er nackt wie ein geschorenes Schaf dastand. «Komm du jetzt auch herunter!» hörte er es jetzt treppauf rufen. Er dachte: «Was will ich machen?» So entschloss er sich, zu den Alten hinunterzusteigen. - «Da du hierher gekommen bist, musst du auch hier bleiben», befahlen jetzt die Alten. Sie nahmen den armen Kleinen, der weinte und nach Vater und Mutter schrie, und setzten ihn in einen Hennenkäfig. Zu essen und zu trinken gaben sie ihm mehr als genug und nur vom Besten, so dass er keinen Hunger leiden musste und von Tag zu Tag fetter und runder wurde. Das hätte ihm nicht so schlecht gefallen, doch etwas anderes war weit weniger angenehm. Die hässlichste der drei Hexen steckte jeden Tag ihren scheusslichen Kopf in den Käfig und befahl: «Lies mir die Läuse ab!» - So musste der kleine Bub jeden Tag die Alte lausen, und das war nicht etwa eine kleine Arbeit, denn ihre Mähne war voller Läuse. Das ging so eine gute Weile. Der Kleine hatte Heimweh nach seinen Eltern, aber da war nichts zu machen. Die Hexen liessen ihn nicht aus dem Käfig. Eines Tages, als zwei Hexen weggegangen waren, steckte die Alte wieder ihren riesigen Kopf in den Käfig und sagte: «Jetzt wirst du mir zum letzten Mal die Läuse ablesen, denn heute schlachten wir dich.» - Da bekam der kleine Bub eine schreckliche Angst, besonders als er sah, dass die Alten schon den grossen Kessel übers Feuer gehängt hatten. Doch im selben Augenblick fiel ihm ein, dass er ein Messer in der Tasche hatte. Während die Alte ihm den Kopf hinhielt und darauf wartete, dass er die Läuse ablas, zog der kleine Bub sein Messer hervor, packte sie an den Haaren und schnitt ihr den Riesenkopf ab. Nun war die Alte mausetot. Der Kleine sprang aus dem Käfig, nahm die Leiche der Alten und warf sie in den Kessel, der was das Zeug hielt, kochte. Doch jetzt wartete er nicht mehr lange; er rannte die Treppe hoch und so rasch wie möglich nach Hause. Unterdessen waren die andern zwei Hexen zurückgekommen, und als sie sahen, dass der Kessel voll Fleisch war, glaubten sie nichts anderes, als dass die Alte den Kleinen geschlachtet hatte. So begannen sie, jenes Fleisch zu fressen. Zu Hause erzählte der Kleine seinen Eltern, wie es ihm gegangen war. Da sagte der Vater: «Diese Schurkinnen wollen wir doch kriegen!» Er ging zu allen Nachbarn, und jene kamen sogleich mit Gabeln und Gewehren herbei. Der kleine Bub zeigte ihnen den Weg, und so gelangten sie hinunter in die Stube der Hexen. Mit wenig Mühe banden sie diese fest, schleiften sie die Treppe hoch und kurze Zeit später wurden beide verbrannt. Der kleine Bub ging wieder die Ziegen und die Schafe hüten und ass jeden Tag sein Ringbrot mit der gleichen Freude wie zuvor - und das Märchen ist zu Ende. (Oberengadin)   Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Rinolfingli

Source: Das Rinolfingli

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a) Das Land in der Nähe des Schlosses Fürstenstein zwischen Ettingen und Hofstetten heisst das Rinolfingli. Dieser Name soll von einem Dörflein herrühren das vor Zeiten dort gestanden. Ältere Leute wollen noch Mauerreste davon gesehen haben. Auch heisst ein Fussweg, der von dort gegen Weisskirch führt, wo die älteste Kirche des Tales gestanden hatte, das Totenweglein, und es wird behauptet, er habe seinen Namen daher, dass auf demselben die Toten vom Rinolfingli nach der ehemaligen Pfarrkirche zum Begräbnis gebracht worden seien. In den Urkunden ist jedoch von einem Rinolfingli oder Rinolfingen nichts zu finden. b) Unter dem Schlosse Fürstenstein lag vor vielen Jahren das Dorf Rinolfingen. Die Flur heisst heute noch s Rinolfingli. Das Dorf soll in einem Kriege verbrannt worden sein, denn alle Hauser waren nur aus Holz. Die Toten von Rinolfingen wurden in Weisskirch begraben. Der Weg dorthin führte an der heutigen Kirche von Ettingen vorbei über das Feld gegen Benken. Er heisst Totenweg. Wie alte Leute erzählen, war das Getreide an diesem Weg immer höher als das andere im Feld. Ettingen Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Rosengärtlein

Source: Das Rosengärtlein

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Zum Schlossgut Wildenstein gehörte einst ein kleiner, rechteckiger Blumen- und Gemüsegarten, der von einer Mauer umgeben war. Das Rosengärtlein war eine Freistätte. Wer einen Totschlag begangen und diesen Ort erreicht hatte, ehe er dem Richter verzeigt war, «über den durfte sechs Wochen und drei Tage kein Urteil gesprochen werden». Schloss Wildenstein Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Ross bei Wallbach

Source: Das Ross bei Wallbach

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Gegenüber dem Schweizer-Dorfe Wallbach am Aargauer Rheinufer liegt ein gleichnamiges badisches. Ein dortiges geringes Gewässer nennt man Stechehörnlisee, ein Name, mit dem man auch die zahlreichen Belemniten bezeichnet, die daselbst vorkommen und die in der Volksmeinung etwas Teuflisches an sich haben. Ein Bauer dieser Gegend hatte sich über Tag nicht genug geschafft und nahm mit einbrechender Nacht noch einmal die Schaufel zur Hand, um auf seine Wässermatten hinaus zu gehen und die Gräben zu reinigen. Dies verstösst doppelt gegen das Herkommen, denn einmal ist die Nacht keines Menschen Freund, und sodann setzt man sich mit nächtlichen Feldarbeiten dem Verdacht aus, man wolle seinen Matten auf Kosten der nachbarlichen einen Vortheil zuwenden, den man hinter dem Dunkel der Heimlichkeit verbergen müsse. Die Hausfrau warnte deswegen auch beim Fortgehen, und da es nichts half, so besprengte sie ihren Mann wenigstens noch mit Weihwasser. Er hatte draussen nicht lange gearbeitet, als er ein Ross weiden sah. Er gieng darauf los, fasste es beim Mähnenhaar und schwang sich auf. Sogleich rannte es dem Stechehörnlisee zu. Beim letzten Absprung, den hier das Thier that, fiel der Reiter am Ufer ab, während es selbst in der Tiefe des Gewässers vor seinen Augen versank; aber eine gewaltige Mannsstimme rief ihm zu: Da lägest du mit drinnen, hätte dir das Weib nicht ihr Chrüzischrezis vorgemacht! Damit sollte des Weibes Bekreuzung und Besprengung mit Weihwasser verhöhnt sein. Man meint, dies sei jenes Ross gewesen, auf welchem jährlich einmal ein grün gekleideter Mann mit rothem Federbusche vom Kloster Olsberg aus hieher reite. Dann muss man ihm einen ganzen Korb voll Knochen aus dem Beinhause des Kirchhofes in den Rossstall des eingegangenen Klosters werfen; am Morgen ist nichts davon übrig. Hier in Wallbach aber müssen zu gleicher Zeit in einem gewissen Hause alle Thüren die Nacht durch offen stehen. Als sich einmal die böse Bäuerin diesem Brauche widersetzen wollte, hörte man zuerst den Ruf: flieh, flieh b'hend, ass dich niemer g'schänd! Da sie aber dennoch nicht aus dem Hausgange wich, wurde eine mächtige Dornenlast krachend über sie hinweggezogen, und die Narben davon blieben ihr zeitlebens im Gesicht. Im Hausgange lag frischer Rossmist. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 193 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch    


by Das Ross ohne Kopf

Source: Das Ross ohne Kopf

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In den grauen Novembernächten rumort bisweilen in der Geissgasse zu Netstal ein Ross, von dem heute fast niemand mehr spricht, weil es nur noch selten gesehen wird. Aber noch zu Grossvaters Zeiten war es eine häufige Erscheinung, die übereinstimmend als ein knochiger Schimmel mit langem Schweif, aber ohne Kopf, geschildert wird. Der trabt zwischen Mitternacht und dem ersten Stundenschlag vom Wiggis her in das Dorf. In der Geissgasse wühlt er die «Bollen» im Wege auf und drückt den Bauern die Lattenzäune um. Im Erdgeschoss der Häuser vernimmt man jeweils ein sonderbares Geräusch, als ob jemand draussen an den Fensterläden reibe und scharre. Oft werden die Läden auch aus den Angeln geholt und wegeschleudert. Dann ist es nicht ratsam, das Haus zu verlassen. Man muss zuwarten, bis der Schimmel ausgetobt hat und wieder durch die Blänklirunse an seinen Ruheplatz zurückkehrt. Dieser soll irgendwo ob der Mugiweid in der Stotzigwaldrisi sein.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Das Rosseisen

Source: Das Rosseisen

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a) Man erzählt dies im Wiggental am Napf. Drüben im bernischen Dorfe Trub haben sie noch aus der guten alten katholischen Zeit ein Kreuz auf der Kirchturmspitze. Schon dreimal nahmen es die Reformierten herunter und trugen's zur Schmiede, um Rosseisen draus schmieden zu lassen. Am folgenden Morgen jedoch war allemal dasselbe Kreuz wieder oben an seiner alten Stelle.   b) Häufig wurde ab einem Grundstücke ein Rosseisen als jährlicher Zins gefordert. So lieh Herzog Leopold die Alp Silbern am Glärnisch den Conventfrauen von Muotathal um ein Rosseisen jährlichen Zins.     Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.    


by Das Rosseisen

Source: Das Rosseisen

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a) Man erzählt dies im Wiggental am Napf. Drüben im bernischen Dorfe Trub haben sie noch aus der guten alten katholischen Zeit ein Kreuz auf der Kirchturmspitze. Schon dreimal nahmen es die Reformierten herunter und trugen's zur Schmiede, um Rosseisen draus schmieden zu lassen. Am folgenden Morgen jedoch war allemal dasselbe Kreuz wieder oben an seiner alten Stelle.   b) Häufig wurde ab einem Grundstücke ein Rosseisen als jährlicher Zins gefordert. So lieh Herzog Leopold die Alp Silbern am Glärnisch den Conventfrauen von Muotathal um ein Rosseisen jährlichen Zins.     Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.    


by Das Rösslein beim Räggälistein

Source: Das Rösslein beim Räggälistein

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Schon öfters war der Ratsherr Franz Müller († 1826) aus dem Äbnet auf seinem Gange nach Altdorf in den Rat beim Räggälistein zu Spiringen auf ein Rösslein gestossen, das jedesmal um ihn herum, vor ihm her gümpelte und mit dem Kopfe Zeichen gab, er solle sich auf seinen Rücken setzen. Eines Tages dachte der Äbneter: »A, du probierst und steigst auf, das wird dich wohl nicht verderben«, und bestieg das seltsame Reittier, und es trug ihn ganz sittli (sanft) talaus bis zum Helgennussbaum, wo es aber auf einmal stille stand und nicht mehr ab Fleck wollte. Der Reiter stieg also ab, und da war auf einmal das Ross verschwunden und stand ein Weibervolk statt dessen auf der Stelle, das ihm sagte, es werde ihm noch mehr erscheinen, wenn er nichts dagegen habe. Der Ratsherr erhob keine Einsprache, und das Wybervolch verschwand. Jener suchte einen Geistlichen auf und beriet sich mit ihm. Der machte ihm den Vorschlag, er solle beim nächsten Begegnen das Wybervölchli anreden und in den drei höchsten Namen fragen, was es begehre und wie ihm zu helfen sei. Willig ging der Ratsherr darauf ein, und da eines Abends, als er talein kam, das Wybervolch beim Räggälistein sich stellte und ihn bat, er solle es auf seinen Rücken nehmen und ohne Abstellen bis zur Stiege beim Schulmeisterhaus tragen und auf diese Weise erlösen, dachte er, das werde kein Kunststück sein, und lud sich die seltene Bürde auf den Rücken. Nun, anfangs war sie federleicht, dann aber fing sie an zu drücken und drückte ihn immer stärker, dass er meinte, er trage die ganze Welt und müsse einfach einmal abstellen. Die Kräfte drohten ihm zu versagen. Doch er wusste sich zu bezwingen und erreichte glücklich die bezeichnete Stiege und stellte seine Last ab. Jetzt stand der Geist ganz im Weissen vor ihm und sagte, er sei erlöst. »Hättest du mich ein einziges Mal abgestellt, so hätte ich weiss Gott wie lange mich nicht mehr zeigen dürfen und dann hätte es auch wieder fehlen können.« Zuletzt bot er dem Ratsherrn zum Abschied seine Rechte dar; dieser aber umwand die seine mit einem Sacklumpli, bevor er einschlug. Es zeigte nachher die Brandspuren der Geisterhand. Fr. Nell-Gisler, 52 Jahre alt, Spiringen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Rosswengli

Source: Das Rosswengli

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Zur Alp Suls gehören auch die weiten Sausböden, obwohl sie schon jenseits der Wasserscheide auf einem hohen Fluhsatz über den grünen Gründen der Sausalp gelegen sind. Sie können eben nur von Suls aus bestossen werden. Hier oben heisst eine grosse Felsplatte, nach Saus hin abschüssig, das Rosswengli. Nur die ältesten Sennen der Gegend wissen um die Herkunft des Namens. Vor einem Menschenalter, als noch der geruhsame Pferdeverkehr über die Passtrassen des Berner Oberlandes in der Blüte stand, da waren einige Fuhrhalter reiche Leute, und sie wetteiferten miteinander, die schönsten Pferde in Form und Farbe zu ziehen. Es kam öfters vor, dass sie die edlen Tiere nicht vor dem fünften Altersjahr in die Stangen stellten, in der Absicht, starke und ausdauernde Züger zu bekommen, die gingen wie die Gemschi. Sommerüber trieb man die schönen Jungtiere mit dem Rindvieh zu Alp. Aber in Gewitternächten, oder wenn gar Hagel fiel, da hatten die Sennen mit ihnen ihre liebe Not. Sie machten es nicht wie die Kühe, die zur Nachtzeit nie rücken, dem anbrausenden Unwetter die Hinterseite kehren und ruhig auf ihrem Standorte bleiben. Ob ein Ross ausschlage und einem Hochgewitter standhalte, das weiss man ja erst, wenn die Haut in der Gerbi ist. Gehalte gab es damals keine. Konnten die Tiere in der Nacht, wenn der Himmel grollte, nicht rasch in Värriche getrieben werden, dann rannten sie davon wie zum Rohr hinaus. Vergebens hatte einst ein Einsichtiger an der Alpeinung von Suls gemahnt, im Pferdeläger auf den Sausböden einen starken Pferch zu errichten. In einer schwülen Hochsommernacht darauf suchte ein Unwetter Suls heim. Da oben, auf der höchsten Alp in weitem Umkreis, schlug in der pechschwarzen Finsternis ein Donnerschlag in den andern, die Flühe tönten ehern. Es rauschte, rasselte, knatterte, und die Hagelschlossen trommelten auf Stein und Wasen, wie wenn ein Felsenbruch zu Tale ginge. Was nützte es, dass die Sennen hineinhasteten nach den Sausböden! Sie hörten die Herde im Toben der Elemente ihnen entgegen schnauben und stampfen mit dem Teufel um die Wette. Da halfen weder Grobe noch Güte; die Rosse rannten über die Fluh hinunter nach Saus, Fuchs und Scheck und Schimmel und Rapp, die edlen Tiere der freien Weite! Dumpf hörte man im Tosen die Aufschläge; es waren ihrer gar viele. Noch im Jahr darauf stiess der Adler aus den Höhen nieder, und schlich der Fuchs aus dem Hochwald her nach der Unglücksstätte, und lange Jahrzehnte hindurch bleichten Haufen von Knochen am Fusse vom Rosswengli. Quelle: Hans Michel, Ein Kratten voll Lauterbrunner Sagen. Wengen 1936. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das rote Bändchen

Source: Das rote Bändchen

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Es waren einmal ein Bruder und eine Schwester. Der Bruder hiess Nuttign und die Schwester Mengetta. Eines Tages nun schickte die Mutter sie in den Wald, um Streu zu sammeln. Sie gab jedem einen kleinen Rechen, eine kleine Krätze, ein Fässlein mit ein wenig Milch sowie ein Stück Brot und Käse zum Essen. Sie rechnete nämlich damit, dass die Kinder bis zum Abend im Wald blieben und dann mit ihren kleinen Krätzen voll Streu zurückkämen. Mengetta und Nuttign brachen ganz zufrieden Richtung Wald auf, und als sie am Ziel waren, begannen sie Streu zusammenzurechen. Eine kleine Krätze war schon randvoll, als Mengettas kleiner Rechen an etwas hängen blieb. Sie bückte sich, um zu sehen, was es sei. Eine Zinke des Rechens hatte sich an einem Stück Holz verfangen, und an diesem war ein rotes Bändchen festgebunden. Sie zogen am Bändchen, hoben eine kleine Falltür hoch und sahen eine lange Treppe, die hinunter führte. Sie überlegten nicht lange und stiegen hinunter, und zuunterst, was sahen sie? - Ein schönes Zimmer und in der Mitte einen Tisch, der mit allen möglichen guten Sachen derart beladen war, dass er fast auseinanderbrach. Da waren Torten und Butterfladen, Grieben- und Blätterteigkuchen, und auch eine Auswahl an Schnitten fehlte nicht. Doch was ihnen wirklich die grösste Lust machte, war eine Schüssel Schlagrahm. So etwas von Bewirtung hatten sie ihr Lebtag noch nie gesehen, wirklich. Und die Kinder schauen mit gierigen Augen auf all diese Köstlichkeiten. Obwohl sie einen rechten Heisshunger haben, ihnen der Magen knurrt und der Hals trocken ist - das Brot und der Käse sind seit langem das dunkle Tal heruntergerutscht, und das Milchfässlein ist auch völlig leer -, rühren sie nichts an. Sie stehen dort Hand in Hand, schauen die Herrlichkeiten an, verschlingen sie mit den Augen, doch sie langen nicht einmal mit einem Finger dran. Jetzt - was geschieht - eine Tür geht auf, und es kommt ein ganz schöner und gut gekleideter Herr herein; der schaut die Kinder an und fragt sie: «Was macht ihr beide hier?» Und der Bub und das Mädchen erzählen ihm, ihre Mutter habe sie in den Wald geschickt, um Streu zu sammeln, und dabei sei der Rechen mit einer Zinke an einem Stück Holz hängen geblieben, und daran sei ein rotes Bändchen festgebunden gewesen. Sie hätten daran gezogen, da sei eine Falltür aufgegangen, darunter sei eine Treppe gewesen, sie seien da hinuntergestiegen und hier angelangt. «Doch angerührt haben wir nichts», sagten sie. «Nein», bestätigte der Herr, «das habe ich gesehen, und weil ihr so brav gewesen seid, so setzt euch nur an den Tisch und esst so viel ihr wollt.» Die Kinder taten dies und langten tüchtig zu, denn diese Art Bewirtung hatten sie nicht jeden Tag. Als sie satt waren, gab der Herr dem Nuttign eine kleine Krätze und der Mengetta ein Körbchen und sagte: «Nehmt dies, meine Kinder, und geht nach Hause, doch gebt Acht und zwar gut, dass ihr unterwegs nicht stehen bleibt und schaut, was in der Krätze und im Korb ist, bis ihr bei eurer Mutter in der Stube seid.» Die Kinder dankten dem guten Herrn und machten sich glücklich auf den Weg nach Hause. Die Mutter sah sie auftauchen, ging vor das Tor und bereitete ihnen einen wenig schönen Empfang: «Seid ihr endlich auch schon hier, eine Riesenarbeit werdet ihr wohl gemacht haben, und wo habt ihre eure Krätzen und Rechen gelassen, unfolgsame Bälger, die ihr seid!» Doch Nuttign und Mengetta erwiderten: «Oh, liebe Mutter, schimpf nicht mit uns, warte, bis wir in der Stube sind, dann erzählen wir dir, wie es uns gegangen ist.» Und sobald sie durch die Tür waren, begannen sie zu erzählen, was sie beim Streu sammeln erlebt hatten. Jetzt schauten sie nach, was in der Krätze und im Körbchen war, und was kam zum Vorschein? Aus Mengettas Körbchen ein schönes Goldührchen mit Kette, Armbänder sowie Ohrringe mit Gehänge dran, und aus Nuttigns Krätze auch eine Golduhr mit Kette, Ringe und noch andere schöne Sachen. Und während sie dort standen und alle diese prächtigen Schmuckstücke bestaunten, ging die Tür auf und Jelscha, die Nachbarin, kam herein. Sie blieb ganz verblüfft stehen, als sie diese Prachtdinger sah und wollte wissen, woher sie dies alles hatten. Die Kinder wollten zuerst nicht damit herausrücken, doch Jelscha drohte: »Wenn ihr mir nicht sagt, woher all diese schönen Sachen kommen, so ist das ein Zeichen dafür, dass ihr sie gestohlen habt, und ich gehe und zeige euch der Polizei an, und dann wehe euch.» - Da sagte die Mutter: «Da es nun einmal so ist, sollt ihr alles erzählen, denn wer weiss, was sie sonst für eine Geschichte daraus macht.» Nun erzählten die Kinder ihr alles ganz genau. «Gut», sagte Jelscha, «ich will auch in den Wald gehen, und morgen musst du, Mengetta, mitkommen und mir zeigen, wo die Falltür ist.» Da versprach Mengetta, sie mitzunehmen. Am andern Tag stand Jelscha schon vor Tagesanbruch vor dem Tor und rief Mengetta, und sie brachen Richtung Wald auf. Bei der kleinen Falltür sagte Jelscha sofort: «So, jetzt geh du nur zurück, ich kann wohl allein hinuntersteigen.» Als sie zuunterst auf der Treppe stand und den Tisch mit allen möglichen Köstlichkeiten darauf sah, überlegte sie nicht lange, nahm einen Stuhl, setzte sich und langte tüchtig zu. Da ging die Tür auf, der Herr trat ein und fragte: «Was machst du hier, und wer hat dich geheissen herunterzukommen und dich sogleich an den Tisch zu setzen, als wärest du hier daheim?» - «Oh», antwortete Jelscha, «beim Anblick all dieser guten Sachen konnte ich mich nicht beherrschen, und ich habe ein wenig davon versucht. Verzeiht, lieber Herr, und gebt mir auch ein Körbchen wie der Mengetta.» Der Herr erwiderte: «Gut, für dieses Mal will ich dir verzeihen. Da, nimm dieses Körbchen und trag es nach Hause. Doch gib Acht, und zwar gut, dass du nicht dreinschaust, bis du zuhause bist.» Da packte Jelscha den Korb und rannte rasch die Treppe hinauf. Zuoberst liess sie die Falltür krachend zufallen und lief heimwärts. Doch bevor sie den Waldrand erreicht hatte, setzte sie sich auf einen Baumstrunk und öffnete neugierig das Körbchen. Doch - welcher Schreck - statt einer Uhr und Ohrringen mit Gehänge waren Kröten und Schlangen und Skorpione drin. Die krochen sofort an ihr hoch, und sie stachen und bissen sie, und je mehr Jelscha versuchte, diese schrecklichen Biester los zu werden, umso mehr hefteten sich die an sie. Jetzt begann sie wie unter dem Messer zu schreien und rannte heimwärts. Ihre Mutter hörte die Schreie und lief ihr entgegen; doch nur mit Mühe vermochte sie Jelscha von den Schlangen und Skorpionen, die sie scheusslich zugerichtet hatten, zu beschützen. Sobald die Mutter ihr das Blut abgewaschen hatte,- denn sie war ganz voll Blut - ging Jelscha hinüber zu ihren Nachbarn und machte ihnen Vorwürfe, weil es nicht so gewesen war wie sie ihr gesagt hatten, und weil es ihr derart schlecht gegangen war. Doch Mengetta und Nuttign sagten: «Wir können nichts dafür, hättest du es so gemacht wie wir und dich beherrscht, so wäre es auch dir gut gegangen. Da können wir wirklich kein Mitleid haben und nur sagen: Geschieht dir recht.» (Oberengadin)   Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das rote Licht

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Als Peter noch als Hüterbub beim Grossbauern in Neuenhaus im Dienst stand, musste er öfters Botengänge besorgen. Mitunter kam er erst in der Nacht heim. Da konnte er öfters ein rotes Lichtlein wahrnehmen. Bei der Ziegelhütte im Eichholz tauchte es auf und nahm die Richtung nach dem Hofe Kinkenrein, der am Rande des Farnerenholzes liegt. Wenn jemand sich dem Lichte näherte, erlosch es plötzlich, um bald nachher wieder aufzuleuchten. Peter begegnete dem merkwürdigen Lichtlein mehrmals, ohne dass ihm etwas zugestossen wäre. Er war des Glaubens, es sei eine arme Seele gewesen, die um Erlösung flehte.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das rote Pferd von Tscherlan

Source: Das rote Pferd von Tscherlan

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Im alten Bauernhaus von Tscherlan, so erzählte mir der achzigjährige Holzmattenchristi, hauste vor sechs Jahrzehnten ein «Unküür». Es fügte Menschen und Tieren allerlei Unbill zu. Als man sich den Umtreibereien des Ungeheures gegenüber nicht mehr zu helfen wusste, holte man einen altehrwürdigen Kapuzinerpater aus der Stadt. Dem gelang es, den Spukgeist aus dem Hause zu vertreiben. Drunten an einem öden Schuttplatz bei der Wiese wurde das Gespenst festgebannt, der Ärgeraseite zu. Allmählich fiel diese Geschichte der Vergessenheit anheim. Andere Leute bezogen das Anwesen. Sie wussten nichts von den früheren Vorfällen. Wenn man ihnen vom Ungeheuer erzählte, lachten sie darüber ungläubig. Als das alte Wohnhaus baufällig geworden war, beschloss der bisherige Eigentümer, ein neues zu bauen. Als Bauplatz wurde jenes Wiesenstück gewählt, wo nach der Überlieferung der Spukgeist verbannt worden war. Man wollte damit den Leuten zeigen, wie grundlos ihre Ansicht über den verwünschten Platz sei. Das neue Bauernhaus war vollendet. Doch das Glück schien drinnen nicht eingezogen zu sein. Ein Unglücksstern schwebte über der neuen Wohnstätte. Allerorts haperte es; bald waren im Stall die Tiere in ihre Halsseile verstrickt, dass sie zu ersticken drohten, dann war unversehens eine Kuh erkrankt; oft verwarfen die trächtigen Kühe oder kalbten schwer. Die Pferde schlugen in gewissen Nächten wild umher, und die Kühe rissen sich erschreckt von den Ketten los; anderntags gaben sie dann rote Milch oder gar keine. Ein boshaftes Wesen schien fortgesetzt diesem Hause Menschen und Tieren zu schaden. In Verbindung mit diesen unerfreulichen Wahrnehmungen schien ein rotes Pferd zu stehen. Es gestellte sich auf der Weide den andern Rossen zu; es liess sich aber nie anrühren oder fangen; ehe man’s gewahrte, war es plötzlich wie vom Erdboden verschlungen. Aber allemal wenn das rote Pferd sich blicken liess, geschah etwas Ungutes. Der Plackereien müde, beschloss der Bauer, sein Haus abreissen zu lassen und es an günstigerer Stelle neu zu errichten. Bevor das neue Wohnhaus bezogen wurde, liess man alle Räume darin vom Priester aussegnen. Er verbannte das Gespenst in die Schlucht des Rüttibaches. Der Ort wurde mit Pfählen abgesteckt. Von der Zeit an liess sich das rote Pferd nicht mehr blicken. In Haus und Stall herrschte wieder Ruhe. Man war des Glaubens, das rote Pferd sei der Böse gewesen, der wegen eines früheren Unrechtes über Haus und Hof die Macht erhalten habe, denn weit und breit gab es in der Umgegend kein so rotes Pferd zu sehen.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das rote Rockli im Spyspfad

Source: Das rote Rockli im Spyspfad

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Seit altersher horsteten die Adler in den Wildflühen der Sätze im Trümmletental. Über beide Scheideggen und bis nach Kien und Lötschen glitten die gefrässigen Vögel auf ihren Raubflügen. Alles Feder- und Haarwild und Lämmer und Zicklein auf der Sommerweide schraken zusammen und suchten Deckung, wenn sie das langgezogene Hiäh! — Hiääh! — in ferner Höhe hörten. Die Lauterbrunner Bergbauern waren von jeher nie gut auf die frechen Räuber zu sprechen, denn ein schauerliches Ereignis klang in ihnen nach und warf seine Schatten von Geschlecht zu Geschlecht, wohl durch Jahrhunderte in unsere Tage. Ein Mürrenbauer, aus welcher Sippe weiss heute niemand mehr, war an einem heissen Sommertag mit seinem Weib an der Ägerti draussen am Heuen. Während der Arbeit legten sie ihr zweijähriges Kind, das ein rystiges, (Hanf) rotes Rockli trug, hinter das Scheuerlein in den Schatten. Auf einmal stiess ein Gyr nieder, griff das kleine Geschöpf blitzschnell und segelte mit ihm über die Mürrenfluh hinaus. Die beiden Bergleute sahen den gefiederten Räuber erst, als er, mit ihrem Kindli in den Krallen, bereits über den Taltiefen schwebte. Auf einem Pfad mitten in der vielhundert Ellen hohen Stellifluh, unter der auffallend rotgefärbten Wand, legte er das unschuldige Wesen nieder. Für jedes Menschen Fuss unzugänglich war das Fluhband; die armen Bauersleute an der Ägerten und mit ihnen all die Mürrner waren machtlos, es konnte selbst der liebe Gott im Himmel den Eltern nicht helfen. Auf dem Pfad speiste der Adler seine Beute auf. Noch lange Jahre nachher sah man, wenn der Schnee nicht lag und die abendliche Sonne in die Flühe schien, auf dem grasigen Satz als letzten Überrest das rote Rockli leuchten. Seit diesem unglückseligen Geschehnis heisst die Stufe mitten in der lotrechten Wand des Schwarzmönchs das Spyspfad. Quelle: Hans Michel, Ein Kratten voll Lauterbrunner Sagen. Wengen 1936. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das rote Schürli

Source: Das rote Schürli

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Das rote Schürli An der Steinstrasse in Wiedikon stand noch 1850 das „rote Schürli“. Es stand seinerzeit noch allein und wurde in den letzten Jahren seines Bestehens als Lagerhaus gebraucht. Schon seit altem erzählte man, dass es daselbst nicht geheuer sei. Man hörte darin poltern, ächzen, stöhnen, und jeder der vorbeiging, bekam das Gruseln. Nun waren dort einst die herrlichsten Veilchenplätze, und beherzte Mädchen konnten nicht widerstehen, sich dort einen Strauss zu pflücken. Aber unversehens fing neben den Jungfern ein Pferdefuss an, auch Veilchen zu pflücken. Ja, etliche haben genau gesehen, dass der Teufel selbst die hölzerne Treppe, die auf der Rückseite des Scheuerchens zur Heudiele führte, heruntergestiegen kam. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Escher, W. und A., S. 63.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das rote Schwein

Source: Das rote Schwein

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Als eines Abends ein junger Bursche, so wird in Savièse erzählt, aus dem Dorfe Drôna, wo er in einer Abendgesellschaft gewesen, nach Rhumaz allein zurückkehren wollte, wurde er auf der Strasse von einem roten Schweine, das sehr wild tat, verfolgt. Er mochte langsamer gehen oder schneller laufen, in kleiner Entfernung grunzte das unheimliche Schwein immer hinter ihm. Bei seinem Wohnhause angekommen hatte es ihn eingeholt; folgte ihm selbst ins Haus hinein und packte ihn vor der Stubentüre am Rockfeck. Laut schrie der Verfolgte auf; aber auch der Geist sprach: «Hättest du dein Gewissen nicht von Sünden gereinigt, so würde ich dich mit Haut und Haar an dieser Stelle auffressen.»   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Rothenburger Schiessen

Source: Das Rothenburger Schiessen

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An schwülen Herbsttagen, aber auch eben so mitten im Winter geschieht es, daß sich plötzlich ein Dröhnen von Kanonenschüssen erhebt und der Schall bei gänzlich ruhiger Luft bis zu unsrer friedfertigen Stadt Aarau hergetragen wird. Wer hätte es hier nicht schon mit angehört, der seinen Spaziergang über unsere Aarbrücke durch die Weinberge hinauf nahm bis zur sogenannten Meyerischen Promenade und dort am Waldsaume des Vorberges sich verweilte, um die anmutige Landschaft zu seinen Füßen zu betrachten. Unter blauem Himmel liegt das Land ringsum, weit in die Schneegebirge hinein läßt die Heiterkeit der Luft die einzelnen Firnen und Hörner- genau überzählen, alle Winde schweigen: da plötzlich donnern Kanonen schwersten Kalibers gegen uns heran. Aber Niemand wüßte weder Ort und Richtung, noch den Zweck anzugeben, wo und warum die Schüsse abgefeuert werden. Sie scheinen uns näher zu kommen, Schlag auf Schlag fällt, und allein jener Luftdruck bleibt dabei aus, den das Lösen eines Geschützes auf den zunächst Stehenden hervorbringt. Dann zieht sich die Kanonade Augenblicklich weit hinab am Horizonte, jetzt schallt sie nur aus der Bergkette des Entlibuch heraus, oder aus den noch entfernteren Urner Gebirgen. Alle diese Schüsse beginnen nämlich mit einem kurzen dumpfen Vorgetöse, auf welches erst der eigentliche Knall folgt, während ein Kanonenschuß mit seinem Schlag beginnt und mit dem Nachrollen endet. Doch um auf diese Wahrnehmung zu verfallen, dazu bedarf es schon einer Beobachtungsgabe, die an dem geheimnisvollen Vorgänge selbst erworben sein will. Eine verbürgte Begebenheit aus dem schweizerischen Sonderbundskriege zeigt dies am besten.  Das Gefecht bei Gislikon im Winter l847 war geliefert, und in Folge dessen hatte die Stadt Luzern den anrückenden eidgenössischen Truppen Unterwerfung anerbieten lassen. Somit war zugleich von beiden Seiten Waffenstillstand eingetreten, und General Dufour hielt gerade, umgeben von seinem Stab, auf einem Hügel nahe bei Luzern, im Begriffe, das Vorrücken seiner Bataillone gegen die Stadt zu ordnen und zu überblicken. Da hörte man plötzlich im Rücken aus der Ferne her einen Kanonenschuß, alsbald darauf brummte eilt zweiter und dritter, alle wie aus den schwersten Stücken. Verwundert blickte der General seine Begleiter an. Schon war ja der Frieden geschlossen, schon hatte der Tagesbefehl dem Schießen allenthalben ein Ende gemacht; und nun erhebt sich hinter dem Befehlshaber, wo kein Feind mehr stand, also auf Seite seiner eignen Leute, die Kanonade noch einmal. Wie sollte er nicht eine schwere Unbotmäßigkeit vermuten? Aber in seiner Umgebung befand sich gerade ein aargauischer Offizier, der mit diesem Luftphänomen unserer Gegenden bereits bekannt war. Er löste dem erstaunten General das Rätsel, indem er ihm erklärte, daß diese Schüsse Detonationen in dem oberen Lufträume seien, eine Folge rascher atmosphärischer Luftzersetzung, die man hier zu Lande das Rothenburger Geschütz nenne. Jedoch ein Teil der Mannschaft, die dieses Schießen mitgehört und es gleichfalls als die bekannte Natur-Erscheinung aufgefaßt hatte, wollte nun eben deshalb an die Dauer des neuen Landfriedens nicht glauben; denn, hieß es, das Rothenburger Geschütz pflegt nicht Frieden, sondern den Krieg anzuschießen. Die Truppen aus dem Altaargau dagegen bestritten diese Auslegung und behaupteten, die leichten Märsche seien für sie nun vorbei, und man habe sich auf ein böses Unwetter gefaßt zu machen. Zur Begründung dieser gegenseitigen Meinungen wiederholte man sich damals folgende Sage.  Das Schloß Rothenburg im Kanton Luzern gelegen, unfern vom Zusammenflusse der Emme und Reuß, war einst von einem grausamen, kriegslustigen Ritter bewohnt, den man Rodensteiner und Rothenburger nennen hört. Mit allen seinen Schloßnachbarn stand er in Fehde, das Landvolk verabscheute ihn. Als er eines Tages eben im Begriffe war, zu einem neuen Raubzuge auszureiten, warf sich ihm die Schloßfrau in den Weg, hielt ihm sein jüngstes Kind entgegen und beschwor ihn mit Tränen, von seinen Bluttaten einmal abzustehn. Anstatt sie zu beruhigen, schwang er frech die Streitaxt gegen sie, und es war keine bloße Drohung, mit einem Hiebe erschlug er sein Weib. Aber auf diesem Zuge war ihm sein Gegner überlegen, der Tod erreichte ihn und seine ganze Schaar. Sein Schloß wurde niedergerissen. So oft sich seitdem ein Krieg im Lande erheben will, beginnt auch der Rodensteiner sein Waffengetöse mit dumpfen Donnerkläpfen, und einige haben ihn sogar erblickt, wie er mit einem ganzen Heere hoch die Lüfte durchreitet.  Seitdem man aber Pulver und Geschütz erfunden hat, muß er nicht den kommenden Krieg allein mehr, sondern auch das Unwetter anschießen. Man hört den Rothenburger wieder, sagt der Landmann, es wird sich ein Landregen einstellen. Und wirklich behielten die Altaargauer damals recht. Kaum war man in Luzern eingerückt, so brach ein Regenwetter los, das alle Landstraßen wochenlang unwegsam machte.    Walterus de Rotenburch, urkundl. Zeuge zu Zürich 1153. Vindiciae Vindiciar Koppian. pag. XXIII. Dorf Rotenburg mit den Überbleibseln des Stammhauses des gleichnamigen Freiengeschlechts liegt im Kanton Luzern. Die Burg wurde 1335 zerstört.  Sage aus Aarau Band 3.1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962 Kapitel 12. Das Rothenburger Schiessen.   S. 67 - 69 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Rottal, eine Alpenhölle

Source: Das Rottal, eine Alpenhölle

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Dieses schauerliche nur von wenig Menschen besuchte Tal liegt zwischen der Bärenfluh, dem Durloch-, Gems- und Rothorn am südwestlichen Abhange der Jungfrau. Vor Zeiten soll daselbst eine "Blümelisalp" gewesen sein; seit langem aber ist das Rottal sehr berüchtigt. Dachte man sich eine der wildesten Gegenden, wo weder Menschen noch Vieh weilen können, so wurde das Rottal genannt. Nicht nur sollte da ein unerträglicher Frost und in den Tiefen eine schreckhafte Finsternis herrschen; nicht nur sollte das Wasser ein fürchterliches Getöse verursachen und das Geheul der Raubvögel Furcht und Grauen einflössen, sondern es müssen daselbst auch Gespenster und unselige Geister ihr Wesen treiben, und bald die Trommel schlagen, bald auf entsetzliche Weise heulen. Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Rottal, eine Alpenhölle

Source: Das Rottal, eine Alpenhölle

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Dieses schauerliche, nur von wenigen Menschen besuchte Tal liegt zwischen der Bärenfluh, dem Durloch-, Gems- und Rothorn am südwestlichen Abhange der Jungfrau. Vor Zeiten soll daselbst eine „Blüemlisalp“ gewesen sein; seit langem aber ist das Rottal sehr berüchtigt. Dachte man sich eine der wildesten Gegenden, wo weder Menschen noch Vieh weilen können, so wurde das Rottal genannt. Nicht nur sollte da ein unterträglicher Frost und in den Tiefen eine schreckhafte Finsternis herrschen; nicht nur sollte das Wasser ein fürchterliches Getöse verursachen und das Geheul der Raubvögel Furcht und Grauen einflössen, sondern es müssen daselbst auch Gespenster und unselige Geister ihr Wesen treiben, und bald die Trommel schlagen, bald auf entsetzliche Weise heulen. Hugi – in seiner naturhistorischen Alpenreise – erzählt, abgeschiedene und die Wohnungen der Menschen beunruhigende Poltergeister seien – nach dem Volksglauben – an dem Eingange des Tales in Felsen und Eisschründen in verschlossene Gefässe gebannt. Solche die im Leben Freveltaten verübt, sollen zur ewigen Strafe dort ihren Aufentalt haben. Namentlich sind es die alten Talherren. Weil diese gegen die Hirtinnen sich ungebührlich bertrugen, so wurden sie von einem ungeheuern Bocke vertilgt und zugleich wurde das Tal so zerstört, dass es nichts mehr zu zeugen vermochte und mit Eislasten sich füllte. (Nach den Berichten von S. Studer und Hugi) Quelle: „Alpensagen. Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich“ von Theodor Varneleken, Wien 1858     Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Rotwasser

Source: Das Rotwasser

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Das Rotwasser Zu einer Zeit lebten im Oberholz zwei Brüder der Familie Oberholzer. Der jüngere hielt es mehr mit den Reformierten, der ältere blieb beim alten Glauben. Aber beide gingen immer noch nach Eschenbach zur Messe. Ihr Kirchweg führte sie über Hittenberg, an der Kapelle in Ober-Laupen vorbei und über Diemberg. Eines Sonntags, als die beiden wieder nach Eschenbach unterwegs waren, sagte der jüngere zum älteren Bruder: „Du, heute gehe ich dahin zur Kirche, woher ich zuerst läuten höre!“ Das sprach er da, wo die Strasse nach Eschenbach diejenige von Diezikon nach Wald kreuzt. Und wie er es ausgesprochen hatte, begannen die Walder Glocken zu klingen. „Sei kein Narr!“ antworte der andere, „und fange nichts Neues an zu glauben!“ Aber der jüngere bog ab nach Wald, und der ältere wollte ihn zurückholen. Dem widersetzte sich der erstere, und sie bekamen Streit. Ja, sie traktieren einander so, dass das Bächlein, das dort vorbeifliesst, rot wurde vom vergossenen Blute. Seither heisst jene Gegend „im Rotwasser“, und der Name ging auch auf das Haus über, das dort an der Strasse steht. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Mitt. von H. Krebser, Laupen, ca. 1939.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Rücken der Kühe

Source: Das Rücken der Kühe

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Sturm und plötzlicher Schneefall auf den Alpenweiden, auch die Nähe wilder Thiere, oder Schwärme von stechenden Insekten machen manchmal eine Kuhheerde auf der Alpe so verwirrt und wild, dass sie die Flucht ergreift und, ohne auf das Locken und Rufen des Hirten mehr zu hören, über die Felswände hinab in den Tod stürzt. Dies nennt man das Rücken der Kühe. Insofern sie zuweilen dabei auf eine unbegreifliche Weise doch erhalten bleiben und wieder aufgefunden werden, ist der Glaube an die Macht behütender Berggeister ein nahe liegender. Nachfolgende Erzählung aus dem Berner-Oberlande stellt dies dar; in ihrer gegenwärtigen Fassung stammt sie aus Münchenbuchsee aus dem Munde eines jungen Schullehrers, sie weicht von derjenigen ab, welche J. R. Wyss, Schweiz. Idyllen 2, 329 gegeben hat, der zugleich auf die mehrfachen Spielarten hinweist (pag. 414), die darüber bestehen. Der Hirte Oswald zu Jntramen im Grindelwaldthale wollte am kommenden Morgen seine Alpe einen Tag lang verlassen, um seine Leute drunten im Thale zu besuchen, und hatte sich mit aller Vorarbeit für sein Vieh so übermüdet, dass er heute vor der Zeit mit einemmale einschlief, ohne vorher den Abendsegen gesprochen zu haben. Dies geschieht mit singender Stimme durch einen vor den Mund gehaltenen grossen Milchtrichter, Volle genannt, und es zu unterlassen ist nicht allein unchristlich, sondern bringt im Gebirge auch mancherlei Schaden. Es dient statt des Schalls der Abendglocke, die in diesen Höhen fehlt, es begrüsst die andern Sennen auf den benachbarten Alpen und hilft besonders den verstiegenen Wanderern und verlaufenen Thieren, die dann bei einbrechender Nacht die verfehlte Richtung wieder gewinnen können. Schon nach etlichen Stunden ward Oswald durch das laute Brüllen seines Viehes wieder aus dem Schlafe geweckt und sah im Mondscheine, wie ein Hirtenmännlein die Heerde mit lautem Ruf zusammenlockte, dem nächsten Felsenborde zutrieb und da sammt ihr am letzten Rande verschwand. Die Kühe waren fort und Oswald hatte das Nachsehen. Tagelang durchkletterte er nun alle Schluchten der Alp, rief, pfiff und lockte, aber nicht eine Spur mehr war aufzufinden. Sieben Häupter waren so auf einmal verloren, es wollte ihm das Herz vor Jammer zerspringen. Aber er lernte sich bemeistern, und ein alter Glaube sagte ihm, es sei das Beste, nun so zu thun, als wäre nichts verloren. Alle Tage gieng er daher wieder zu seinem leeren Stall hinauf und hantierte da herum, als ob die sieben Stücke noch immer siebenfache Melktern Milch ergäben. Er zettete den Mist mit der Gabel und gab frische Streue, er schnallte den Melkstuhl an und setzte sich gegen den leeren Baren, er pfiff und redete wie sonst beim Melken jeder Kuh freundlich zu, nannte sie beim Namen, reichte die Tränke und lockte, als wollte er sie wieder auf die Weide hinausbringen. So trieb er seine unergiebige Wirtschaft fort und wurde dabei geduldiger, frommer und arbeitsamer als je vorher. Es kam der Winter, und auch da gieng er die übereisten Stege zur leeren Hütte hinauf. Alles wüste Reden, mit dem sich das Sennenvolk die mühselige Arbeit zu erleichtern sucht, hatte er sich abgewöhnt, und nur einmal noch, da er auf der abschüssigen Halde ausglitschte und einen harten Fall that, war ihm ein halber Fluch zwischen die Zähne gekommen. Nun ward es wiederum Mai, wieder stieg Oswald den alten Weg; und als er den frischen Jahressegen betrachtete, wie so schön ringsum das junge Gras auf der Weide zu wachsen begann, wurde ihm recht traurig und weh. Mit schweren Gedanken näherte er sich jener Unglücksstelle, wo ihm seine schönste Habe in den Abgrund gestürzt war. Aber da sah er plötzlich sieben Kühe zur Weide herein ziehen und sieben prächtige Kälber liefen ihnen zur Seite, jegliches kugelrund und feisst, dass es vor Lust mit den Vorderfüssen bockte und mit den Hinterfüssen ausschlug. Das waren seine sieben Kühe mit schimmerndem Fell, alle zugleich mit frischen Kalben. Auch das Hirtenmännlein fehlte nicht; es hatte ein Lecktäschlein über die Schulter geschnallt und ein Rüthlein in der Hand. Während es so hertrieb, legte es einen Finger, wie zum Zeichen des Stillschweigens, auf seine Lippen und deutete mit der Gerte auf das Euter der vordersten Kuh. Jetzt erkannte Oswald, wie mild diesmal der liebe Gott seine Verzagtheit hatte büssen wollen. Strotzend und voll war das Euter der Leitkuh, aber eine von den vier Melkzitzen fehlte daran; das allein und nicht mehr hatte er zur Strafe für seinen unbesonnenen Fluch. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 323 Zwergensagen aus anderen Schweizerkantonen Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Rücken der Kühe (H. Hartmann)

Source: Das Rücken der Kühe (H. Hartmann)

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Auf Wergistal- und Bussalp im Grindelwaldner Tal kommt es vor, dass die Kühe rücken. Die Sennen hören in der Nacht eine Stimme, gleich der eines Sennen, wenn er die Kühe ruft. Dieser Stimme gehen die Kühe unter Anführung der Meisterkuh alsobald nach. Wie rasend stürmen sie ins Weite, man weiss nicht wohin. Ruft nun der Hirt die Leitkuh mit seiner wahren Stimme nicht wieder zurück, so kommt die ganze Herde fort, dass man sie nicht wieder finden kann. Geschieht dies, so muss der Senn alle Arbeiten in und um den Stall besorgen, als hätte sich nichts ereignet. Drei Tage hernach findet sich dann die Herde auf ihren gewohnten Weideplätzen wohlgenährt und mit gefüllten Eutern wieder ein. Es kommt dann zuweilen auch vor, dass jede Kuh gleich ein Kalb mit zurückbringt. Manchmal treibt dabei ein Zwerglein die Versprengten wieder auf ihre Alp zurück. Einstmals soll sich ein verwegener Hirtenbub, als die Kühe rückten der hintersten an den Schweif gehängt haben und mit derselben verschwunden sein. Nach dreien Tagen kehrte er jedoch mit derselben wieder heil auf die Alp zurück. Niemals hat er sagen wollen, wo er inzwischen gewesen und was er in seiner Abwesenheit alles erlebt hat. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Rücken der Kühe (H. Michel)

Source: Das Rücken der Kühe (H. Michel)

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Es geschieht zuzeiten, wenn die Sennen auf den Alpen sind, dass in der Nacht eine Stimme gehört wird, als ob ein Senn rufe. Dieser Stimme gehen dann die Kühe alsbald unter Anführung der Leitkuh nach. Wenn nun der Hirt die Tiere mit seiner wahren Stimme nicht wieder zurückruft, so kommen sie fort, dass man sie nicht finden kann. Drei Tage hernach aber finden sie sich in ihren ordentlichen Alpen mit angefüllten Eutern wieder ein. Diese Seltsamkeit, welche auch von der Sefinenalp erzählt wird, nennt man gewöhnlich das Rücken der Kühe. Es soll aber nicht immer so friedlich ablaufen. Oft, sagt man, stürzen die Kühe, wie von blinder Wut dahingerissen, allesamt über Felsen in den Abgrund hinab. Doch ist auch eine Überlieferung, wie ein mutiger Hirtenknabe sich an den Schweif der hintersten von seinen rückenden Kühen gehängt und mit der Herde fortgezogen, mit der Herde zurückgekehrt sei. Aber niemals habe er sagen wollen, was er gesehen; immer habe er gesagt: "Mögen’s nur andere versuchen, ich habe genug". Im übrigen versichern die Hirten, es helfe gegen das Rücken, wenn der Senn im Augenblick die vorderste Kuh erkenne und mit Namen an sich locke. Quelle: Hans Michel, Ein Kratten voll Lauterbrunner Sagen. Wengen 1936. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Runggelfräuli

Source: Das Runggelfräuli

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Der dem Bendel zunächstgelegene Teil des Waldes heisst bei Runggel. Dort hauste einst das Runggelfrauli. Es war eine Diebin, die den Hausfrauen die Wäsche vom Seil wegstahl. Dafür musste es am Bächlein sein "Sechtlein" weiss waschen und hernach aufhängen und trocknen. Dieses flatterte lustig im Winde. In den heiligen Nächten hörte man die Wäscherin oft gellend schreien. Sie floh aber vor den Leuten und tat niemand etwas zu leide. Ein Sonntagskind sah das Weiblein einst und rief: "Lueged, nei, bim Sträuli!    Det ist 's Runggelfräuli!" Seither wurde die Wäscherin nicht mehr gesehen.      N. Tobler. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 433, S. 256 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Russengrab bei Hombrechtikon

Source: Das Russengrab bei Hombrechtikon

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Das Russengrab bei Hombrechtikon Es war im Jahre 1799. Franzosen, Russen und Österreicher stritten sich im Oberland herum. Drei Russen hatten sich beim Schnapsgelage verspätet und vermochten ihre Truppe, die sich vor den Franzosen, welche wieder Oberwasser hatten, zurückziehen musste, nicht mehr zu erreichen. Dort am alten Weg, welcher von der Hohlgass nach dem Langenried hinunterführte, legten sie sich in der Wiese nieder und schliefen ein. Der Amtmann drüben im Hinterholz erfuhr davon und schickte einen Boten mit der Meldung hinab an den See, wo sich die Franzosen befanden. Ein Offizier mit etlichen Soldaten erschien an Ort und Stelle. Mit den Bajonetten stiessen sie die Trunkenen wach. Und nun begann ein rohes, grausames Spiel. Durch die Abendstille erscholl das Hohngelächter der Franzosen und das Schmerzgeschrei der Russen. Zuletzt wurde alles ruhig. Die Peiniger entfernten sich. Auf der Unglücksstätte lagen die zu Tode Gequälten. Um Mitternacht weckte der Amtsmann den Knaben drüben im Nachbarhause. Mit einer Sturmlaterne versehen begaben sie sich ins Grüthölzli, wo in einer Grube die Toten verscharrt waren. „Hörst du etwas?“ fragte der Amtsmann. „Ich höre Töne!“ antwortete der Knabe. „Woher?“ „Da, aus dem Boden herauf.“ Nun begann der Amtsmann auf dem Boden herumzustampfen, bis aus der Tiefe nichts mehr zu vernehmen war. Von Stunde an hatte der ruchlose Mensch keinen Frieden mehr. Er wurde unstät und zerfiel innerlich, vergriff sich auch an Mündelgeldern und endete in geistiger Umnachtung als Selbstmörder. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Heinr. Bühler, Geschichte der Kirchgemeinde Hombrechtikon, Stäfa 1938, S. 136 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Sali-Guschi

Source: Das Sali-Guschi

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Vor etwa 20 Jahren sass eines Herbstabends Paul Müller ennet der Märcht in der Alp Sali auf einem Stein auf dem Grätli, rauchte seine Pfeife und schaute umher. Da gewahrte er etwa 30 m vor sich auf einer Steinplatte sitzend ein Wybervölchli, mit dem Gesicht gegen ihn gekehrt, die Hände im Schoss. Es trug ein weisses Kopftüchlein und weisse Hemdärmel. Er dachte, es sei seine Frau, stand auf und schritt fürbass. In einer Vertiefung verlor er die Gestalt für einige Augenblicke aus den Augen, und als er zur gedachten Steinplatte kam, sah und fand er nichts mehr. Ein Schauer erfasste ihn, und ganz aufgeregt kam er heim. Schriftlich von HH. Kapl. Truttmann Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Salwidenbad

Source: Das Salwidenbad

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Das Salwidenbad im Entlebuch drinnen, zwischen Sörenberg und Schibegütsch hat folgenden Ursprung. Von seiner bösen Stiefmutter hatte ein Mädchen viel zu leiden und mal ward es sogar wund geschlagen. Das Kind entlief und gelangte auf seiner Flucht zu einer Quelle, die kräftig und klar aus dem Boden sprudelte. Es beugte sich, trank und wusch seine Wunde. Plötzlich fühlte das Kind sich geheilt. Dessen war es herzlich froh, aber dachte und beschloss gleich bei sich, der Stiefmutter, die seit langem an einem Wundschaden litt, sage es jetzt express nichts von diesem Heilbrunnen, warum mache sie 's ihm so wüst, sie könne jetzt auch das Übel haben. Das schadenfrohe Mädchen liess wirklich von seiner Entdeckung keine Silbe verlauten. Als es hierauf wieder eine Wunde am Leib erhielt, ging es hin an den Ort um sich mit Waschen zu heilen, aber es konnte den Heilborn nun nimmer finden. Eine Frist verstrich. Da jagte ein Jäger in selber Gegend. Eben hatte er ein schönes Tier angeschossen. Dasselbe lief mit letzter Kraftanstrengung einer Quelle zu, badete sich und war genesen. Der Jäger sah es und so war jener durch das neidische Mädchen verlorene Wunderbrunnen wieder gefunden. Er ist im Salwidenbad.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Das Salwidenbad

Source: Das Salwidenbad

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Zwischen dem Sörenberg und dem Schibengütsch liegt das alte, heilkräftige Salwidenbad. Von seinem Ursprung weiss die Sage folgendes zu berichten. Ein Mädchen aus jener Gegend hatte unter seiner Stiefmutter viel zu leiden. Einst, als sie es blutiggeschlagen, entlief es und irrte tagelang im Gebirge und in den Wäldern umher. Schliesslich kam es zu einer Quelle, die kräftig und klar aus dem Boden hervorsprudelte. Erschöpft setzte es sich am Rande nieder, trank von dem Wasser und wusch seine Wunden. Da schwand der Schmerz aus den Gliedern, und die schwärenden Wunden heilten rasch zu. Seiner bösen Stiefmutter, die seit Jahren von einem schlimmen Leiden geplagt war, verriet es absichtlich nichts von dem Heilbrunnen. Wie es später den Quell um einer Wunde willen wieder aufsuchte, konnte es ihn zur Strafe für seine Missgunst nirgends mehr entdecken. Nach Jahr und Tag jagte ein Jäger in jener Gegend. Eben hatte er ein schönes Tier angeschossen. Unter Aufbietung seiner letzten Kraft schleppte es sich zu der Quelle, tauchte darin unter und verliess sie gesund. Auf diese Weise entdeckte der Jägersmann jenen Wunderbrunnen, den vor ihm ein neidisches Mädchen gefunden und wieder verloren hatte. Emmentaler Sagen, Hermann Wahlen, 1962 Gute Schriften Bern Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das saubere Hemd

Source: Das saubere Hemd

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In der Gemeinde Gurtnellen lebte ein Mann, der mehr wusste und konnte als andere. Einst ging ein Steger zu ihm, um ihn über etwas Zukünftiges zu befragen. Er traf ihn im Stalle beim Vieh, über und über mit Kuhdreck beschmutzt. Zu Hause sagte er dann: »Ja, der! der isch-mer etz nu z'gmistätä, das-em eppis tät gläubä!« Aber es kam doch so heraus, wie jener ihm geoffenbart hatte. – Einst ging dieser sonderbare Mann zur Reuss hinunter, wo ein Gespenst hauste, um es zu bannen. Bei seinem Anblick ergriff das Gespenst eine Reusskugel, zerrieb sie zwischen den Händen zu Mehl und schrie: Wenn nit äs sübers Hämmli a'hättisch, sä zerrib-di!« Jos. Zgraggen, Rütlipächter Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Schaf im Birrhard

Source: Das Schaf im Birrhard

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Obenher am Dorfe Hausen, wo sich auf der Straße von Brugg nach Lenzburg der Seitenweg nach Lupfig zieht, steht ein alter Wegweiser, die Stud genannt. Dort fand der Viehdoctor aus Mäggenwil auf der Heimkehr ein im Felde umirrendes Schaf. Indem er es aus der Ferne mit Erdschollen bewarf und damit vor sich hertrieb, verwunderte er sich über den sonderbaren Ton, den es gab, so oft eine Scholle das Tier traf. Aber im Birrhard-Holze war das Schaf mit einem Male verschwunden.  Ein wenig weiter aufwärts von jenem Wegweiser, wo der Fahrweg von Müllinen nach Birr die Brugger-Lenzburger Straße kreuzt, begegnete einem Schneider ein Unfall. Derselbe hatte in Müllinen gearbeitet und war auf dem Heimwege nach Birr. Hier zur Stelle sah er einen Mann stehen, der ihn zu erwarten schien. Da er wegen seiner vielfachen Kundschaft im Dorfe viele Neider hatte, so vermutete er hier auch einen solchen und nahm sein Ellenmaß fester zur Hand. Näher gekommen wünscht er guten Abend, zweimal, dreimal; jener Mann schweigt. „Wart, ich will dich grüßen lehren,“ schrie der Schneider, und ganz gegen seine sonstige Art, schwang er den Ellenstab und hieb auf den Kerl los. Allein er traf sich selbst sehr schwer ins rechte Knie. Im gleichen Augenblick sprühte die Gestalt Feuer, fuhr zischend die Straße dahin und verschwand an jener Stelle, wo das Schaf im Birrhardholze verschwunden war. Der Schneider schwoll am Knie und unter der Achselhöhle am rechten Arm, mit dem er den Schlag geführt hatte, so heftig und so geschwind an, daß man ihm daheim den Ärmel aufschneiden mußte.  Band 3.1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962, S. 90 - 91 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch    


by Das Schaflaufen

Source: Das Schaflaufen

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Das sogenannte "Schaflaufen" ist ein im deutschen Wallis allbekanntes Erholungsspiel für die kleinere und grössere Jugend. Sobald der Frühling angebrochen, d. h. der Winterschnee geschmolzen und die Wiesen zum "laufen" trocken, ehe das Gras spriesst, sammeln sich die jungen Leute an Sonn- und Festtagen auf grösseren Ebenen zum "Schaflaufen". Dieses erste gemeinschaftliche Zusammenspielen der jungen Leute im Frühling hat einen besonderen Reiz für dieselben, findet aber kaum ein-oder zwei Mal im Jahre statt, weil das Gras schnell emporschiesst, Sommer und Herbst nicht mehr dazu taugen, und das Spiel, das eine bedeutende Kraftanstrengung erheischt, bald befriedigt. Es passt also nur so zum ersten Ausfluge nach dem langen Winterschlafe. Das Spiel besteht darin, dass die jungen Leute einander im Laufen auffangen und gefangen halten, bis selbe nach der Regel wieder ausgelöst werden. Wird das verhindert und sind alle gefangen, so ist das Spiel für die Fänger gewonnen und ein neues fängt an. Diejenigen, welche fangen sollen werden zum voraus bezeichnet. Kinder losen die Fänger aus mit dem alten weitbekannten Spruche: "Aenni — Pänni — Toppi — Teji — Tiffi — Taffi — Nomi — Neji — Hack uns— Brod — Zimmer — Not — Tsching — Fang -- Tuss!" Wen "Tuss" trifft, der muss fangen. — Es gibt aber Orte, wo regelmässig die ledigen Töchter zusammen verurteilt sind, die herumlaufenden Buben aufzufangen. Man kann sich vorstellen, dass da mancher Läufer mit einer hübschen Fängerin leicht kapituliert, d. h. nach nicht gar zu langem Laufen sich gerne fangen lässt. Das Erholungsspiel des Schaflaufens ist sehr alt und wird in einer traurigen Sage erwähnt: Im Flecken "Feld", nahe bei der Schutzengel-Kapelle in Törbel, breitet sich eine schöne Wiesenebene aus, zum Schaflaufen gut geeignet. Leider stösst dieselbe, nach schmalem Abhange, an einen hohen Felsen-Abgrund. Einst ergötzten sich eben auf dieser Ebene die jungen Leute mit Schaflaufen. Zwei derselben boten einander ihre besondere Kunst und Kraft; weder Läufer noch Fänger wollte sich überwinden lassen. Zum Unglück führte sie ihr fliegender Lauf von ungefähr zur gefährlichen Stelle heran. Beide schossen den schmalen Abhang hinab; fanden die Kraft nicht mehr, ihren Lauf zu hemmen und stürzten beide in den Abgrund, wo man sie nur noch als verstümmelte Leichen aufhob. — Wer an Ort und Stelle gewesen, wird sich kaum wundern, die "Todeskreuze" dieser jungen, unvorsichtigen Spieler an der Strasse zum "traurigen Andenken" aufgepflanzt zu finden.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das schatzhütende Burgfräulein auf Jörgenberg

Source: Das schatzhütende Burgfräulein auf Jörgenberg

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Es war Winter, in raschem Fluge glitten eines Abends die Schlitten die Halde bei Waltensburg hinab, von kräftigen Knaben gelenkt; Mancher hatte sein Mädchen hinter sich auf dem Schlitten. Den Jüngsten und Letzten im Zuge wandelte plötzlich ein seltsames Gefühl an, er wendete sich um, - hinter ihm sass eine fremde Jungfrau von wunderbarer Schönheit. Er wagte es lange nicht, sie anzureden; endlich fasste er sich doch ein Herz und fragte die Fremde, wer sie sei, und von wannen sie komme. Sie sei das Burgfräulein drüben von der Jörgenburg, antwortete die Holde; seit vielen, vielen Jahren liege sie verzaubert dort, und nur der Jüngling könne sie erlösen, der bis zum Läuten der Morgenglocke ausharre in Kreisen, die sie ziehen werde. Mit diesen Worten verschwand sie. Dem Knaben bangte es vor dem Wagestück, aber desto mehr sehnte er sich nach der holden Jungfrau, deren Flechten wie flüssiges Gold glänzten, schier wie das funkelnde Metall, das im Burgverliess begraben liegt. Um Mitternacht stand er vor der Ruine. Es erschien das Edelfräulein in schimmerndem Gewande, zog die magischen Kreise und verschwand. - Ross und Reiter, grauenhaft anzuschauen, huschten an ihm vorbei, schreckliche Gestalten zerrten an ihm, um ihn aus dem Kreise zu ziehen. - Der Knabe blieb fest. - Da schlug es an sein Ohr, wie ferner Glockenschlag, und vor seinen Augen flimmerte es, wie Morgendämmerung. Fröhlich sprang er aus den Kreisen, aber neben ihm stand wieder die Jungfrau, und weinte und jammerte, dass sie noch Jahrhunderte lang mit ihrem Golde verzaubert im düstern Turme liegen müsse. Sprachs und entschwebte dem Blicke des Jünglings. Der Klang der Glocke und der Schimmer der Morgendämmerung waren nur böser Zauber gewesen. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Scheibenloch

Source: Das Scheibenloch

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Wenn ins Scheibenloch am Hirswängiberg oder der Schrattenfluh ein Stein geworfen wurde, entstand nach der Sage ein Ungewitter.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Das scheintote Fräulein

Source: Das scheintote Fräulein

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Das scheintote Fräulein Viel wurde früher berichtet über das Totengewölbe in der Kirche Turbenthal. Es sei schrecklich tief und voller Särge, in denen Junker, Grafen, Kinder und adelige Fräulein vom Schloss Breitenlandenberg liegen. Einmal sei ein Fräulein in dieser Gruft wieder zum Leben erwacht, und der Messmer habe ihr nächtliches Stöhnen beim Betzeitläuten gehört. Er glaubte, es sei ein Gespenst und berichtete dem Pfarrer davon. Am folgenden Tag wurde die Gruft geöffnet. Da sass das kurz vorher beigesetzte Fräulein auf den untersten Tritten der Wendeltreppe, aber tot. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Umstilisiert nach Stutz, S. 202   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Schelmenglöcklein

Source: Das Schelmenglöcklein

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Unter dem Spalierbaum an der Pfarrhausecke war noch vor einem Jahrhundert eine Glocke angebracht, welche man das Schelmenglöcklein hiess. Das hatte seinen guten Grund; denn einem ehrsamen Pfarrherrn von Langenbruck war einmal während der Nacht von Dieben eingebrochen worden. Der wackere Mann hörte etwas und stellte sich den unliebsamen Gästen in den Weg. Er war aber an die Unrechten gekommen. Einer von ihnen, der eine Grasbähre mitgebracht hatte, offenbar, um darin einen Teil des Hausrates wegzuschleppen, warf dem Gegner das Netz über den Kopf, dann wurde der gute Herr ganz in die Bähre eingewickelt und darin wie eine Speckseite ins Kamin gehängt. Von dort aus durfte er zuhören, wie die Schelmen in seinem Hause aufräumten. Nach diesem schlimmen Abenteuer bewilligte die Gemeinde ihrem Pfarrer eine Glocke, mit der er fortan das Zeichen geben konnte, wenn in der Nacht etwas nicht in Ordnung war. Das war das Schelmenglöcklein. Es hing viele Jahre dort und liess nie einen Ton von sich hören. Schliesslich wurde es aufs Schulhausdach versetzt und diente der Gemeinde als Schulglöcklein. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Das Schimmelgefährt

Source: Das Schimmelgefährt

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In der Nähe des kleinen Gerzensees zwischen Thun und Bern lebte ein reicher Bauer, der sehr habgierig war. Er vernahm, dass die Leute von einem tief verborgenen Schatze in einem nahen Hügel etwas munkelten, dass dieser Schatz auf einen ungeheuren vierrädrigen Wagen geladen sei, dessen Knarren und Raffeln im Hügel oft vernommen werde. Von einem alten Mütterchen ward gesagt, dass am Ostertage, um Mitternacht des Wagens eichene Deichsel hervorstehe aus dem abschüssigen Hügelrain an der Morgenseite, und wie man wohl dann Ross oder Rind daran spannen könne; dass sie aber prasselnd zurückgehe, tief in das Innere des Hügels, sobald eine Stunde verstrichen sei, und dass noch niemand den Wagen herausgeschafft habe. Da gelüstete es den habsüchtigen Bauern, jenen Schatzwagen zu erlangen. Er ging nachts mit einem grossen Hammer aus, und klopfte an den Grasrain, ob es hohl klinge und ob es die Stätte des Wagens ihm verraten wolle. Und als dies umsonst war, geriet er zuletzt an einen Teufelsbe- schwörer und Geisterbanner, der Rat wusste zu bösen Künsten. Dieser ging des Nachts auf Kundschaft aus, machte allerlei Figuren im Sande herum, und berichtete endlich, der Hügel sei gefunden, auf nächsten Ostertag solle die Deichsel klafterlang in die Lüfte ragen, und so manchen kohlschwarzen Bock er in der Nacht dort schlachten würde bis zu der angesagten Zeit, so manche Goldkiste mehr werden die Unterirdischen aus den Wagen noch laden. Der Bauer sucht nun alle schwarzhaarigen Böcke des Landes herbei zu schaffen, und schlachtet sie heimlich in den Mitternächten auf dem Schatzhügel ab. Ungeduldig erwartete er den Ostertag, und hielt vier gewaltige Stiere und vier tüchtige Rosse in Bereitschaft. Niemand wusste darum als der Teufelsbanner. Und als es finster ward, zogen sie aus mit den Zugtieren und Geräten. Ohne Licht waren sie am Hügel angekommen, der Beschwörer murmelt seine Bannsprüche und bindet dem Bauer auf die Seele, jedes Wort und jeder Laut in der Geisterstunde sei der Untergang ihrer Hoffnung auf lebenslang. Es schlägt zwölf; ein Krachen geht von dem Abhange des Hügels aus, und eine Deichsel sauset schnell neben den Männern heraus. Ein bläuliches Schwefellicht an der Spitze der Deichsel gibt einen matten Schein. Schnell spannen sie vor, heben und treiben die sich sträubenden Zugtiere an. Alle Felgen und Speichen erglänzen von Schwefellicht. Schon war der Wagen im Freien, da macht der Bauer durch freudiges Jauchzen seinem Innern Lust, aber plötzlich fällt er besinnungslos zu Boden; Rosse, Stiere und Wagen fahren zurück in den Erdschlund. Der Teufelsbanner verschwindet und der Bauer kommt erst in der Morgendämmerung zur Besinnung. Der Ungenügsame gewahrt, den zerstampften Grasboden abgerechnet, keine Spur, weder vom Wagen, noch von Tieren und Geschirr, und wie ein Wahnsinniger rennt er davon, der vorüberfliessenden Aare zu, und kein Mensch hat ihn mehr gesehen. Quelle: Theodor Vernaleken, Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch


by Das Schlachtfest der Zwerge

Source: Das Schlachtfest der Zwerge

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Ein Plaffeier Bäuerlein hatte auf der Salzmatt ein Rind zur Sömmerung eingestellt. Am Schafscheid wollte er das Tier wieder abholen. Er verspätete sich aber auf dem Heimweg, so dass er sich um eine Unterkunft umschauen musste, denn die Nacht war finster, der Weg schlecht und das Rindlein wollte vor Müdigkeit auch nicht mehr rasch vorantraben. In der «Eltschingera», die zur Zeit leer stand, fand der Bauer Unterschlupf. Jaggi Offner, wie der Mann hiess, führte also sein Rind in den leeren Stall und band es mit der Halfter fest an die Krippe, dann bereitete er sich selber droben im Heuboden ein bequemes Lager. Zufrieden streckte er seine müden Glieder im duftigen Bergheu aus und verfiel bald in einen tiefen Schlaf bis Mitternacht. Da weckten ihn Stimmengewirr und -geräusch aus dem Schlummer. Von der Küche her schimmerte ein Lichtstrahl herauf. Offner rieb sich die schlaftrunkenen Augen wach und wollte nachsehen, wer denn in die Küche zu so später Stunde eingedrungen sei. Wahrscheinlich mussten es Beerensammler oder Holzhacker sein, die hier willkommene Unterkunft suchten. Aber der gute Jaggi sollte sich getäuscht haben. Etwa ein Dutzend Bergmännlein hantierten geschäftig im Raume. Über dem Herd hing ein grosser Kupferkessel. Darunter prasselte ein lustiges Feuer. Zwei Kobolde traten bald darauf mit Offners Rindlein herein und schlachteten es kunstgerecht. Dann legten sie das Fleisch ins siedheisse Wasser und kochten. Jaggi musste hilflos zusehen, wie seinem Rind der Garaus gemacht wurde. «Oh, du armes Rindli», klagte er, «so traurig musst du enden.» Bitter verwünschte er seinen unseligen Einfall, in diese Sennhütte eingekehrt zu sein. Dicke Tränen rollten ihm über die stoppligen Backen. Doch die Reue kam jetzt zu spät. Als das Fleisch weichgekocht war, begannen die Bergmännlein nach Herzenslust zu essen und zu schmatzen, als ob sie sieben Tage lang nichts mehr gegessen hätten. Nichts liessen sie übrig als ein kleines Ripplein. Damit stieg ein Kobold flink die Treppe hinauf und reichte es dem verdutzten Zuschauer. Offner nahm den Bissen ohne langes Besinnen. «Ist mein Tier verloren, will ich doch das bisschen Fleisch von ihm nicht verschmähen», dachte er und ass das Stücklein. Grad war er damit fertig, da erlosch das Licht. Zwerglein, Feuer und Kessel waren wie weggeblasen. Friedliche Stille waltete über Küche und Stall als wäre alles nur ein Traum gewesen. Von Schlaf war bei Offner nach dem Erlebten keine Rede mehr. Lange grübelte er dem Geschehenen nach. Sobald es tagte, wollte er die verhexte Hütte verlassen. Bevor er beim Morgengrauen wegzog, suchte er noch die Halfter im Stall, womit er sein Hornvieh angebunden hatte. Als er die Stalltüre aufriss, traute er seinen Augen nicht mehr. Sein Rind stand lebendig und munter am selben Platz, an dem es sein Herr abends zuvor angebunden hatte. Mit einem kräftigen «Muu» begrüsste es seinen Pfleger und glotzte ihm freudig entgegen. Ja, es war keine Sinnestäuschung. Jaggi tat einen Freudenschrei und umhalste seinen Rotscheck wie eine Mutter ihr wiedergefundenes Kind. Nichts fehlte dem Tier als ein kleines Stücklein Fleisch am rechten Hinterbein. Es war jenes Stück, das der Bauer verzehrt hatte. Er bedauerte jetzt seine Essgier, war aber doch zufrieden, dass ausser diesem Schönheitsfehler das Tier wohlauf und gesund war. Frohgemut zog er mit seinem vierbeinigen Gefährten bergab. Die Plaffeier schüttelten erst ungläubig ihre Köpfe, als ihnen Jaggi sein nächtliches Abenteuer erzählte. Das fehlende Stück Fleisch am Hinterbein des Rindes belehrte sie dagegen eines Besseren. Nicht mit Unrecht geriet das treue Tier in den nächsten Tagen zu einer gewissen Berühmtheit.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Schlafkraut der Schlangen

Source: Das Schlafkraut der Schlangen

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Ein Unterschächner ist im Brunnital damit beschäftigt, Haselnüsse zu sammeln. In der Lissleren sieht er einen »Wurä« unter einem Felsstück hervorkriechen, der sich an gewissen Pflanzenblättchen erlabt, die hier zahlreich grünen, und schaut ihm neugierig und aufmerksam zu. Nachdem sich die Schlange in ihre Felsenburg zurückgezogen, fing auch der Zuschauer an, von dem Kraute zu naschen. Nicht lange dauert es, so überfällt ihn der Schlaf, und er zieht sich in einen der nahen Heuställe zurück, ein erquickendes Schläfchen zu tun. Als der Haselnussammler tagelang nicht zum Vorschein kam, hiess es: »Er ist verunglückt.« Man liess ihm die Sterbeglocke läuten und Trauergottesdienst halten. Einige Wochen später will ein Bauer in jenem Gaden Heu fassen, er findet den Vermissten im duftigen Heu lebend, aber vom tiefsten Schlafe befangen, und nimmt ihn mit sich nach Hause, wo er nach einigen Tagen erwacht. Von da an nannte man ihn den ewigen Haselnusser. Daniel Imholz, Unterschächen, und a. Nach anderer Erzählart sammelte einer am Bachrand Haselnüsse, als er die Schlange sah. Er erschlug sie, ass vom Kraut und schlief neun Tage, und erst, als man für ihn den Siebenten hielt, erschien er plötzlich wieder in der Kirche und schritt mit den Leidtragenden im Opfergang einher, ohne zu wissen, dass es ihm selber galt. Katharina Aschwanden, 80 Jahre alt, Isental Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Schlangenkrönlein

Source: Das Schlangenkrönlein

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Jakob Hartmann, ein 80jähriger Greis von Altdorf, erzählte mir 1912 in allem Ernste: Vor vielen Jahren, als ich einmal in ein Ried hinunter ging, erblickte ich am Dorfbach zuoberst im Moosbad auf einem Stein neben dem Brücklein ein goldenes Krönchen, so gross wie ein schöner Fingerring. Ich schaute mich um und gewahrte einen grossen Wurä, der sich im Bache wusch. Es war so ein schwarzer, g'wurmeter, so gross wie ein Bohnenstickel und armdick. Er bäumte sich gegen mich auf und schaute mich unverwandt an (het nid Aug abgha); ich hätte es nicht wagen wollen, die Krone anzutasten. Ich habe schon gewusst, dass viele Schlangen Kronen tragen. Das ist das beste Gold. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das schlimme Krüglein

Source: Das schlimme Krüglein

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Auf den Trümmern der großen Römerstadt Vindonissa [Windisch] im Aargau, nahe beim heutigen Prophetenstädtchen Brugg, hauste einst ein heiliger Klausner namens Teutbert. Er war aus dem fernen Schottland übers Meer gekommen und hatte überall fleißig das Christentum predigen und das heidnische Wesen abstellen helfen. Als er nun alt geworden war, hatte er sich an die friedlichen Gelände der Aare zurückgezogen und auf den Trümmern der alten Heidenstadt ein schlichtes Kapellchen und eine kleine Hütte erbauen lassen. Darin führte er seit langem ein heiliges Leben und gedachte in süßem Gottesfrieden seine Tage zu beendigen. Eines Tages saß er in seiner Klause. Die Abendsonne erleuchtete seine Hütte also schön, daß die kahlen Wände, das harte Lager und der ungehobelte Tisch gar herrlich vergoldet wurden. Es war dem Heiligen, als sitze er schon in der Wartstube des Himmels und als müsse alle Augenblicke die Türe zum Paradiese aufgehen. Da begann er sein langes Leben zu überschauen. Und als er sah, wie es voll war von Mühsal und Kampf, von Geduld und Entsagung zur Ehre Gottes, wurde ihm wohl wie einer Blume im Sommermorgentau. Er war zufrieden mit sich, denn nun hatte er alle Sünden abgetan, und nichts sollte ihn mehr bewegen können, Gott zu mißfallen, und wenn man ihm dafür die Grenzberge des ganzen Aargaues in Gold verwandelte. Und er freute sich in seinem Herzen, daß er die Welt so völlig überwunden und den Sieg über sich für immer davongetragen hatte. Nun durfte er ruhig, ja freudvoll sterben, denn die kleinen pausbackigen Engelein würden ja wohl die Geigen frisch stimmen, wenn er durchs offene Himmelstor eintreten wird. Ei, das wird ein Halleluja werden! Wie er diesen lieblichen Gedanken noch so ausspann, klopfte es an die Türe der Klause, und jetzt ging sie auf, und ein schönes, rotwangiges Mägdlein trat über die Schwelle. Es schien ein Bauernmägdlein der Umgegend zu sein der Tracht nach, doch war es viel feiner, und er hatte es doch vordem noch nie gesehen. In der Hand hatte es ein irdenes Krüglein. "Gott zum Gruß, heiliger Vater", grüßte das Mägdlein. "Sei mir gottwillkommen!" antwortete der Einsiedler. "Was suchst du, Kind, in meiner armen Hütte?" "Ich möchte bei Euch beichten, heiliger Vater", sagte das Mägdlein und senkte in holder Verschämtheit sein blondlockig Köpfchen, also daß es schöner war als ein frohlockender Sonnenstrahl in einem Weihbrunn. Der heilige Teutbert hob seine Augen und sein Herz zu Gott und hörte an Gottes Statt die Beichte des lieblichen Mägdleins. Sie dauerte nicht lange, denn das Mägdlein wußte nichts Sündigeres zu bekennen, als daß es hie und da die Lust ankomme, die Leute ein bißchen zu necken. Als es der Heilige gesegnet hatte, sagte er freundlich lächelnd: "So geh nun, mein gutes Kind, und laß künftig deine Schelmerei." Nun erhob sich das Mägdlein, das bisan vor dem Einsiedler auf den Knien gelegen hatte, und sagte zum Klausner: "Heiliger Vater, ich hätte Euch wohl gerne eine Gabe mitgebracht, wie es so Brauch ist, da Ihr arm seid und alt, aber ich habe nichts als dies irdene Krüglein, das will ich Euch gerne geben. Vielleicht, daß Ihr's doch gut brauchen könnt, weil Ihr Euch gewiß schwer tut, wenn Ihr wie bisher das Wasser mit der Hand aus dem Bache schöpfen müßt, der zudem weit weg ist." Der Heilige lächelte und sagte gerührt: "Ich danke dir, mein Kind, aber das Krüglein kann ich nicht nehmen, denn zum ersten diene ich den Mitmenschen nicht um Lohn, und zum andern habe ich nun das Wasser dreißig Jahre lang mit der Hand aus dem Bach geschöpft; sie sei mein Becher, bis ich sterben darf." Damit tat er dem Mägdlein die Türe auf, und es machte sich still aus der Einsiedelei. Aber als es draußen vor der Hütte stand, stellte es das Krüglein hart an die Türe und verschwand dann im Gestäude. Der heilige Teutbert aber saß noch ein Weilchen in der Hütte, die ein seltener Wohlgeruch erfüllte, also daß es ihm eine Zeitlang war, als sitze er wie ein honigsuchendes Bienlein in einem weißen Lilienkelch. Dann aber erhob er sich, um noch ein bißchen vor die Hütte zu gehen und die Abendkühle zu genießen. Wie er aber die Türe öffnete, schlug sie auf, und als er über die Schwelle trat, sah er das hübsche Henkelkrüglein vor der Hütte liegen. Er mußte lächeln und freute sich des braven Mägdleins, das ihm durchaus sein Krüglein schenken wollte. Und als er's so besah, fiel es ihm ein, daß er ein alter, bresthafter Mensch sei und daß es ihm nichts schaden könnte, wenn er die fromme Gabe annehme und das Wasser künftig mit dem Krüglein statt mit der bloßen Hand zu seiner Labung schöpfe. Er sagte also der anmutigen und doch so demütigen Geberin in seinem Herzen Dank und machte sich gemächlichen Schrittes zum Bach. Dort füllte er das Gefäß und kehrte dann heiteren Sinnes, völlig zufrieden mit Gott und der Welt und sich, in seine Klause zurück. Wie er in der Hütte ankam, stellte er das Krüglein aufs Fenstergesims. Aber kaum hatte er's abgestellt, fiel es um, und das kühle Wasser, das er sich für die lange Hochsommernacht so bequem in der Nähe zu halten gedachte, floß in der Klause herum. Das bedünkte den alten Einsiedler lustig. Er lachte auf, nahm das Krüglein und eilte dann so geschwind, als es ihm seine zitterigen Beine zuließen, wieder zum Bach zurück, aus dem er's von neuem füllte. Als er damit nach der Einsiedelei zurückkam, stellte er's wieder aufs Fensterbrett, und als es wieder umzufallen drohte, nahm er's flink zur Hand, holte ein paar Steinchen vor der Türe, ging wieder hinein und sagte: "Wenn du hinkst, so sollst du mir nun doch gerade stehen." Damit legte er die paar Steinchen aufs Fenstergesimse und stellte das Krüglein auf der Seite darauf, wo er glaubte, daß es ein wenig schief sei. Aber kaum war er davon weg, so fiel das Krüglein wieder um, und das Wasser floß aus. Jetzt wurde er aber ungeduldig. Brummend nahm er's wieder auf, und da er sah, daß ein schweres Gewitter am Himmel stand, wollte er's durchaus noch füllen, damit er nicht ins Gewitter hinauslaufen mußte, wenn's ihn in der heißen Nacht dürstete. Er machte sich also schwerfälligen Ganges zum Bach, der ziemlich weit weg war, und als er mit dem Wasser endlich wieder zurückkam, brummte er keuchend: "So, wenn du nicht stehen magst, so sollst du hangen!" Und so hing er denn das Krüglein an einen Nagel an der Wand. Da blieb es auch ruhig hangen. Bald legte er sich auf sein hartes Lager im dicht behaarten braunen Gewand und lauschte eine Weile dem Sausen und Brausen des Unwetters, das draußen eben losbrach. Mit Freude schlief er ein, denn wenn ihn auch in der Nacht dürsten sollte, brauchte er doch nicht aus der Hütte zu gehen, das volle Krüglein hing ja am Nagel an der Wand. Aber kaum war er eingeschlafen, gab es in der Klause einen Platsch und ein Gegluchz, und um ihn herum war ein Geschwemme, als schliefe er in einem Brunnentrog. Wie er aber um sich tastete, bekam er das Krüglein in die Hand. Es war also doch vom Nagel gefallen. Jetzt wurde er ernstlich zornig. Am liebsten hätte er's zerschlagen, wenn er nicht gedacht hätte, der alte, rostige Nagel könnte schuld sein, daß das Krüglein bei dem Unwetter, das um die Hütte tobte, abfiel. Obwohl er nun in der schwülen Gewitternacht so fürchterlich zu dürsten anfing, als hätte er ein Salzbergwerk im Leibe, wagte er sich nicht in das tobende Ungewitter hinaus. Als aber der Morgen kam, beschaute er erst das Krüglein. Es war noch ganz so wie vorher. Dann blickte er nach dem Nagel, woran es gehangen hatte. Auch der Nagel stak noch fest in der Wand. Jetzt wurde ihm's seltsam. Er ward unwirsch und böse auf das hinterhältige, tückische Krüglein. "Ich will einmal sehen, ob ich dich nicht zwingen kann", sagte er. In seinem großen Verdrusse, den ihm das Krüglein machte, vergaß er das Morgengebet, ja sogar die heilige Messe vergaß er zu lesen, und ging, so geschwind es ihm sein schwacher Körper gestattete, in den Wald, um Lehm zu holen. Aus diesem knetete er dann einen festen Fuß in seiner Klause. Und als er danach das Krüglein am Bache frisch angefüllt hatte und damit nach seiner Hütte zurückkam, stellte er's auf den Lehmfuß und preßte den weichen Lehm noch ringsum fest. Jetzt stand es endlich aufrecht und redlich da, und getroster werdend wollte er sich eben auf seine geistlichen Pflichten zurückbesinnen, da hörte er ein Schütteln und Quirlen, und wie er sich umschaute, sah er das Krüglein schon wieder wackeln. Bevor er zuzuspringen vermochte, ging der Lehmfuß auseinander, und es fiel um, das kühle Wasser über seine Hände ergießend. Jetzt wurde der Heilige wütend. Er packte das Krüglein und schmetterte es also an die Wand, daß es in hundert Scherben zerstob. Da wurde auf einmal seine Zelle taghell erleuchtet, und eine sanfte Stimme rief von oben: "O Teutbert, Teutbert! Du hast gemeint, die Hoffart, den Zorn und alle Laster der Welt für immer und ewig von dir abgetan zu haben, du hast gemeint, du könntest nicht mehr fallen, und hast dich in deinem Herzen für vollkommen gehalten. Und nun hast du dich schon um eines Krügleins willen, das nicht stehen kann, versündigt. O Teutbert, o Mensch, o schwacher Mensch!" Zerknirscht und reueschwer sank der heilige Teutbert in die Knie. Und als er nach langer Buße zu einem seligen Sterben kam, hatte er endlich das Böseste verlernt: die Hoffart, und das Beste erlernt: die Geduld. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Schloss im Girenbad

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Das Schloss im Girenbad Einige Schritte oberhalb des Kurhauses Girenbad steht ein altersgraues, behäbiges Haus, das noch aus der Hagheerenzeit stammt. In der geräumigen Winde sind einige Blockhäuschen eingebaut. Das sollen Gefängniszellen gewesen sein. Möglich wäre es schon, denn das Schloss war einst ein Gerichtssitz. In diesen Kammern sollen Peinigungswerkzeuge aufbewahrt worden sein. Kurz nach 1798 seien diese Instrumente durch Erbschaft an den Zürichsee hinübergekommen. - Vom Schloss aus führte ein unterirdischer Gang, sagt man, nach der Täuferhöhle. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Mündl. überliefert durch H. Feurer-Bodmer, Loch-Hinwil, und H. Bosshard, Gemeindegutsverwalter um 1950. Der ganze Habitus des Hauses erneut mit seinen spätgotischen Fenstern und den Sperrbalkenlöcher am Tor noch an ein Schloss. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Schloss im Sternenberg

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Das Schloss im Sternenberg Oberhalb des Höchstockes ist das Schloss Sternenberg gestanden. Von seinen Besitzern ist aber nichts bekannt. Die Kirche Sternenberg wurde nach der Sage 1705 und 1706 aus den Steinen dieses Schlosses erbaut. Der Weg von Juckern an der Töss den Berg hinan bis auf den Höchstock heisst „der Rittweg“ und soll nach der Überlieferung von den Rittern des Schlosses Sternenberg gebraucht worden sein. Unterhalb Höchstock, in einer tiefen, waldigen Schlucht, befindet sich eine Höhle, die Burg- oder Schlosshöhle, vom Volk auch das „Hagheerenloch“ genannt. Hier wurden 1770 eine grosse, starkgebrauchte Kochherdplatte und eine Lampe gefunden. Man glaubt, dass hier Wiedertäufer und Sektierer vor den Verfolgungen der Regierung Zuflucht gesucht haben. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Nach Jahrbuch Pfäffikon Nr 3. S. 24/25. Über Sternenberg findet sich in der „Zürcher Chronik“, 1956, Nr. 3 eine grundlegende Arbeit von Hans Kläui. Zum Hagheerenloch vergleiche noch „Reformiere Schweiz, 1956, Nr. 2. S. 48; Stutz, S. 149/150.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


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Die Ruinen der zerstörten Urgiss auf dem kleinen Berglein unterhalb Densbüren decken eine grosse mit Geld gefüllte Eisenkiste. Oft haben hier Männer in frühern Zeiten nachgegraben; sie stiessen auch auf die Kiste, dann aber sass stets der leidige Teufel drauf. Sie suchten ihn mit Räuchern und andern geweihten Sachen zu vertreiben er aber spie ihnen Feuer ins Gesicht. So sprangen die Beschwörer davon und das Geld liegt noch bis zur Stunde unter den Ruinen. Doch sieht man bisweilen, namentlich wenn Regenwetter eintreten soll, bald da, wo das Schloss gestanden, bald an der unten vorbei ziehenden Landstrasse eine Jungfrau; sie ist weiss gekleidet und winkt heftig unter ihrem schwarzen Schleier hervor, ihr zu den Ruinen nachzukommen. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 256 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Schloss Urnäfass in Naters

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Dies Schloss liegt dem Supersaxo-Schloss gegenüber, zwischen welchen der Kelchbach fliesst. — Vom Schloss Urnäfass steht nur der feste Turm noch übrig. Dort soll ein Zwingherr Burkhard um das Jahr 1348 gehaust und manche Gewalttätigkeit ausgeübt haben. Von seiner Lüsternheit und den Erpressungen an Tribut ward Unglaubliches erzählt. Diese Zwingherren waren auch mächtig im Steinstossen. Als ein Bauer den Burgherrn einst merken liess, er habe einen Geissbuben, der den Stein so weit stossen würde als er, musste er denselben auf der Stelle aus Aletsch, vier Stunden ob Naters, abholen. Dieser Bube soll mit einem Reisteisen (Eisenstange) Nüsse von den Bäumen herab gedengelt haben. Der Zwingherr stellte sich selbst zum Ziel, mit der Überzeugung, dass der Geissbub den Stein nicht so weit zu stossen vermöge; aber er betrog sich; der Stein wurde vom Hirt mit solcher Kraft geworfen, dass dem Zwingherrn die Beine gebrochen wurden. — Dieses Schloss soll eine lange Belagerung ausgehalten haben und als die Belagerer selbes ausgehungert glaubten, hingen die Belagerten noch gebratene Hammen zu den Fenstern heraus. Man soll erst später darauf gekommen sein, dass das Schloss Urnäfass durch einen unterirdischen Gang mit obgenanntem Hause heimlich in Kommunikation gestanden habe. Der letzte Zwingherr soll bei dieser Belagerung auf dem Abtritt durch einen Pfeil getötet worden sein.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Schlossfräulein

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An der Grenze zwischen Schmerikon und Jona stand einst das Schloss Rambach, von dem allerdings heute kein Stein mehr zu sehen ist. Aber ein Schatz liegt noch dort, den das Schlossfräulein hütet. Alle hundert Jahre erscheint es in der Gestalt einer Schlange. Sie trägt ein goldenes Schlüsselchen im Maul. Wer den Mut hat, der Schlange das Schlüsselchen zu entreissen, der erlöst die Jungfrau und kommt auch in den Besitz der grossen Schätze, die an der Stelle verborgen liegen. Bisher ist es allerdings noch keinem gelungen. J. Schmalz. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 403, S. 232  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Schlossfräulein von der Spitzburg

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a) Es gibt verschiedene Leute, die das Schlossfräulein gesehen haben, wie es vor dem Burghügel, an den Schimmel gelehnt, gestanden und wehmutsvoll umhergeschaut habe. Es sei schön weiss gekleidet gewesen und habe einen grossen weissen Hut getragen. Darauf habe es den Schimmel an einem goldenen Zügel zum Loochbrünnlein geführt und dort getränkt. b) Vor hundert Jahren, als die Leute von Ramlinsburg das Wasser noch im Loochbrünnli holen mussten, begegnete einem Mädchen, das mit einem Zuber voll Wasser auf dem Kopfe das Weglein heraufkam, eine schöne Frau. Sie trug einen lila-seidenen Rock und in der Hand ein Bund Schlüssel. Sie sagte: «Du bist das Mädchen, das mich erlösen soll. Komm mit mir, ich zeige dir viel Geld und du brauchst deiner Lebtag nicht mehr zu arbeiten. 700 Jahre habe ich die Schlüssel gehütet und bin nicht erlöst worden.» Da liess das Mädchen vor Schreck den Zuber fallen und lief fort. Die Schlossfrau rief ihm weinend nach: «Heute hätte ich erlöst werden können. Nun muss ich wiederum 700 Jahre die Schlüssel hüten.» Dann ging sie zum Alt-Schloss hinunter, und das Mädchen sah beim Zurückschauen, wie sie in einer Wölbung des Bodens verschwand. Spitzburg Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Schlossfräulein von Kastels

Source: Das Schlossfräulein von Kastels

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An der Strasse von Freiburg nach Düdingen liegt die Ortschaft Kastels, von den französisch sprechenden Freiburgern Caty genannt. Hier findet man die Reste einer alten römischen Befestigung. Die Ruinen sind dem Walde zu gelegen, am steilen Abhang des Saanetales. Es sind die Überreste einer stolzen Burg. Nur einige Kalksteinbrocken sind noch zu sehen und drinnen im Felsen einige halbverschüttete Höhlen und Gänge, die Überreste vom ehemaligen Burgverlies — jetzt ein willkommener Spielplatz für unternehmungslustige Buben. Alte lebenskundige Leute wissen zu berichten von einem wunderhübschen Schlossfräulein von Kastels, das alle hundert Jahre zu sehen war in mondhellen Quatembernächten. Es trug ein blütenweisses Gewand, dessen Falten bis zu den Füssen reichten; auf dem Kopf hatte es eine Haube nach altmodischer Art. Wem das Burgfräulein erschien, dem zauberte es ein Schloss von märchenhafter Pracht vor; dann spazierte es vor demselben auf und ab. Wenn das Fräulein einen nächtlichen Wanderer erspähte, winkte es ihm lebhaft freundlich zu und lud ihn zum Eintritt ein. Es versprach dem Besucher einen reichen Schatz, der im Schloss verborgen war. Selten aber besass jemand den Mut, der seltsamen Einladung zu folgen; diese Weigerung machte das Schlossfräulein stets traurig; es fing an zu jammern und vergoss auch Tränen. Denn zur Sühne schwerer Vergehen seiner Ahnen musste es sich am Schlossplatz zeigen, bis es erlöst würde. Wer die Verwunschene erlöst, dem fällt der gesamte Gold- und Silberschatz zu, der im Schlossgewölbe vergraben liegt. Der Beherzte muss aber dabei strenges Stillschweigen beobachten, sonst wäre alle Mühe umsonst. Mit mehreren Abweichungen enthalten die verschiedenen Sagen über das Schlossfräulein von Kastels denselben Kernpunkt der Handlung.   a) Einst begegnete ein Bauer gegen Abend dem weissgekleideten Fräulein, welches einen roten Regenschirm trug. Er redete die Dame an und fragte sie, woher sie komme und wohin sie gehe. Sie antwortete: «Ich bin eine unerlöste arme Seele welche auf Befreiung wartet. Schon mancher hat mich angesprochen und mich erlösen wollen, aber keiner konnte es bisher.» Der Mann versprach, es zu probieren und folgte dem Fräulein. Es führte ihn auf einen Turm und zeigte ihm ein tiefes Gelass, das mit Wasser angefüllt war. Darin aber wimmelte es von hässlichen Schlangen. Viele Sprossen führten in die grausige Tiefe hinab. Der Bauer nahm allen Mut zusammen und versuchte hinabzusteigen. Doch je mehr er dem Wasser und seinen giftigen Bewohnern sich näherte, um so stärker wurde seine Furcht und sein Grausen. Er wagte sich nicht weiter vor. Schrecken und Angst lähmten seine Glieder. Er fürchtete für sein Leben und kehrte eilig wieder hinauf, ohne die Verwunschene erlöst zu haben. Da schwanden plötzlich Schloss und Herrin und der geängstigte Bauer machte sich eilends nach Hause.   b) Ein anderer Bauerssohn befand sich am späten Abend auf dem Heimweg, begleitet von seinem treuen «Bäri». Da erschien ihm das Fräulein und forderte ihn auf, einen verborgenen Schatz zu heben. Der Bursche sagte ohne Bangen zu und erklärte sich bereit, den Wunsch der Dame zu erfüllen. Er folgte ihr durch einen langen unterirdischen Gang, der von einem Labyrinth von Seitengängen durchquert war und beim Schlossweiher in eine tiefe Höhle führte. Das Fräulein ging immer voran und trug einen hübschen Sonnenschirm. Bevor die beiden die geheimnisvolle Höhle betraten, gab die Führerin ihrem Begleiter die strenge Weisung, in der Höhle bei der Hebung des Schatzes ja kein Wort zu reden. Anfangs hielt der junge Mann sein Versprechen. Der Gang der Höhle erstrahlte von einem wunderbaren Lichte. Da überkam den Burschen eine grosse Freude über den aussichtsreichen Fund. Er vergass sein Versprechen und sprach unüberlegt: «Bald bin ich ein reicher Mann.» Kaum hatte der Jüngling das Wort gesprochen, tat es einen gewaltigen Donnerschlag, von dem der Boden erzitterte; Schloss und Herrin waren verschwunden, aber auch der erhoffte Schatz. Tiefe Finsternis umfing den Unvorsichtigen. Langsam tappte er vorwärts, bis er auf einmal auf der mondhellen Landstrasse stand. Nur sein Hund blieb zurück und kam nie mehr zum Vorschein, soviel er auch locken wollte. Der unbesonnene Bursche bekam keine Gelegenheit mehr, den verborgenen Schatz zu heben. Er musste noch froh sein, mit heiler Haut davongekommen zu sein. c) Nach einer dritten Überlieferung erschien die Schlossherrin einem angeheiterten Bauern, welcher sich über die Gestalt lustig machte. Das musste er aber schwer büssen. Als er heimgekommen war fand er alle Kühe im Stall paarweise mit den Schwänzen zusammengeflochten. Sie brüllten vor Angst und gaben am andern Morgen rote Milch.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das schmutzige Aschenmädchen

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Eine Patin nahm eines ihrer Patenkinder zu sich und zog es auf. Aber es war ein fürchterlich hässliches Mädchen mit struppigen Haaren. Als sie erwachsen war, sagte die Patin: «Jetzt musst du dein Brot selber verdienen. Doch du bist so hässlich, dass dich sicher niemand einstellen will.» Die Patin gab ihr drei Nüsse und sagte: «Geh jetzt auf das das und das Schloss und frag, ob sie dich nehmen möchten, wenigstens zum Hühner füttern. Diese Nüsse kannst du öffnen, wenn du meinst, es sei nötig, sonst aber nicht.» Das Mädchen ging aufs Schloss, wie die Patin es befohlen hatte, und fragte nach Arbeit. Doch den Leuten dort grauste es vor ihr, weil sie so hässlich war, und sie sagten sie dürften sie nicht ins Schloss nehmen. Der Prinz werde recht toben, wenn er sehe, welch hässliche Dienerinnen sie hätten. Das arme Mädchen bettelte, sie sollten sie nur als Hühnermagd einstellen, sie werde im Hühnerstall unten bleiben und nie hinaufgehen, damit der Prinz sie nicht sehe. Auf ihr langes Betteln hin nahm man sie im Schloss als Hühnermagd. Eines Tages machten sie im Schloss ein Fest. Das schmutzige Aschenmädchen, so nannten sie die Hühnermagd, kam auch in die Küche und fragte, ob sie hinein dürfe, um den Leuten beim Festen zuzuschauen. Die Köchin schimpfte und sagte, oh, sie dürfe sie auf keinen Fall in den Saal lassen, denn wer sie sehe, kriege Angst. Das Mädchen bettelte und sagte, sie wolle nur neben der Tür stehen und werde bestimmt nicht lange bleiben. Auf ihr langes Drängen hin erlaubte ihr die Köchin, hineinzugehen und einen Augenblick zuzuschauen. Unter der Tür öffnete das Mädchen eine von den Nüssen der Patin, und sie wurde schön wie die Sonne, der Prinz bemerkte das schöne Mädchen bei der Tür sofort, doch bevor er sie richtig sah, war sie schon verschwunden. Er lief schnell in die Küche und fragte nach, wo die junge Frau sei, die gerade vorher im Saal gewesen sei, sie sei gerade jetzt aus dem Saal weg und müsse noch irgendwo im Haus sein. Doch kein Mensch hatte jemand anders gesehen als das schmutzige Aschenmädchen. Der Prinz hatte immer dieses wunderschöne Mädchen vor Augen und er konnte nicht begreifen, wohin sie verschwunden war. Und er wurde täglich trauriger. Nicht lange danach gab der König einen zweiten Ball, um seinen Sohn ein wenig aufzumuntern, denn niemand wusste, was ihm fehle. Auch diesmal kam das schmutzige Aschenmädchen zur Köchin und bat die, sie in den Saal zu lassen. Doch die Köchin wollte es auch diesmal nicht erlauben. Aber nach langem Bitten und Betteln gab sie dem Mädchen die Erlaubnis, doch sie müsse sofort wieder hinaus. Das Mädchen ging und öffnete unter der Tür wieder eine Nuss, und sie wurde noch schöner und strahlender als das letzte Mal. Da erkannte der Prinz sie sogleich wieder, und er wollte sie zum Tanzen holen, sobald der Tanz mit einer andern fertig war. Doch als er sie holen wollte, war sie schon wieder verschwunden. Er rannte ihr schnell nach, doch er sah nichts. Er fragte die Mägde, ob sie das Mädchen nicht gesehen hätten, sie müssten sie gesehen haben, sie sei gerade hinaus. Die Mägde sagten, sie seien die ganze Zeit da gewesen, doch sie hätten niemand anders gesehen als das schmutzige Aschenmädchen; sie sei gerade im Saal gewesen. Sie durchsuchten das ganze Haus, doch sie fanden niemanden ausser dem schmutzigen Aschenmädchen unten in ihrem Hühnerstall. Der Prinz dachte Tag und Nacht an das schöne Mädchen, zuletzt wurde er krank vor Sehnsucht und musste im Bett bleiben. Eines Tages fragte das schmutzige Aschenmädchen, ob sie es ihr nicht erlaubten, den Prinzen zu besuchen, auch sie würde gerne schauen, wie es ihm gehe. Alle Diener lachten sich tot und sagten: «Oho, wer weiss welche Einbildung der Prinz auf deinen Besuch hätte! Er fiele vor Schreck in Ohnmacht!» und sie würden sich nicht getrauen, sie in sein Zimmer zu lassen. Sie bettelte lange und sagte, sie wolle sofort wieder gehen, wenn sie ihn gesehen habe. Da erlaubten sie es dem Aschenmädchen. Unter der Türe öffnete sie wieder eine Nuss, und sie wurde nochmals so schön wie die Sonne. Als der Prinz das Mädchen sah, sprang er aus dem Bett, hielt sie fest und umarmte sie. Nun war sie seine Braut. Er wurde gesund und feierte mit ihr fröhlich Hochzeit.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler. sowie aus: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Ober- und Unterengadin, Schams und Oberhalbstein Caspar Decurtins, Ursula Brunold-Bigler (Hg.), Kuno Widmer (Übers.), Desertina Verlag Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das schneeweisse Steinchen

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Es war einmal ein Hirtenbube, der musste alle Tage auf dem Berge Geissen und Schafe hüten. Dabei konnte er singen wie ein Vogel und jodeln, dass man's weit und breit im Tal unten hörte. Eines Tages bekam er Durst und suchte lange auf der ganzen Weide herum nach einem Trunk Wasser; endlich fand er unter einer hohen Tanne ein Weiherlein. Da kniete er nieder und schlürfte begierig das Wasser in den trockenen Gaumen. Als er aber also über das Weiherlein gebeugt lag, sah er unten im Wasserspiegel, dass auf der Tanne oben ein Vogelnest war. Nicht faul, kletterte er wie ein Eichhörnchen baumauf und suchte und griff nach dem Ast, den er im Wasser gesehen hatte; aber von einem Nest fand er nicht Staub und nicht Flaub. Unverrichteter Dinge musste er wieder herabsteigen. Als er unten war, lugte er noch einmal in das Wasser, und siehe da! Abermals sah er das Nest ganz deutlich; schnell war er wieder oben im Baum, aber auch diesmal konnte er das Nest nicht entdecken. Das trieb er so zum dritten und vierten Mal. Endlich fiel es ihm ein, er wolle im Wasser alle Äste zählen bis zum Neste hinauf. Gedacht, getan; und nun ging's. Er kletterte und zählte richtig, und als er bei dem rechten Aste angelangt war, griff er zu und hielt plötzlich ein schneeweisses Steinchen in der Hand, und nun bekam er auch das Nest selber zu sehen: Da ganz vorne auf dem Ast lag's, dass er sich verwunderte, wie es ihm so lange hatten entgehn können. Da ihm das schneeweisse Steinchen gefiel, steckte er's in die Tasche und stieg herunter. Am Abend trieb er seine Geissen und Schafe heim und sang und jodelte dabei nach seiner Gewohnheit aus Herzenslust. Aber was geschah? Wie er ins Dorf kam, sperrten die Leute Maul und Augen auf; denn sie hörten ihren Geissbuben wohl singen, aber kein Mensch sah ihn. Und als er vor seiner Eltern Haus kam, sprang der Vater heraus und rief: »Um Himmelswillen, Bub, was hast du gemacht? Komm herein in die Stube.« Vater und Mutter wussten vor Schrecken nicht aus und ein und der Bube wusste nicht, dass er unsichtbar ist, bis es ihm der Vater sagte. »Bist du etwa auf einem Hexenplatz gewesen?« fragte der Vater. »Nein«, sagte der Bube und erzählte von dem Vogelnest. »Gib weidlig das Steinchen heraus!« riefen Vater und Mutter. Da gab er es dem Vater in die Hand; aber was geschah? »Herr Jesis, Ätti wo bist du?« riefen die Mutter und der Bube. Denn jetzt war der Bube wieder sichtbar, aber der Vater war dafür unsichtbar geworden. Dem war's jedoch, als ob er eine Kröte in der Hand hätte, und er warf das Steinchen auf den Tisch. Aber was geschah? Da sahen sie den Tisch nicht mehr. Jetzt fuhr der Vater auf, tappte nach dem Tisch und erwischte glücklich das Steinchen. Wie der Wind sprang er mit demselben aus dem Haus und warf es mitten in den Sodbrunnen hinunter. Aber hei! Wie das da drunten blitzte und krachte, nicht anders, als wenn Himmel und Erde zusammenstürzen müssten. Was gibst du mir, wenn ich's wieder herauf hole? Quelle: Sutermeister, Otto: Kinder- und Hausmärchen aus der Schweiz, Aarau:1869 Zürich. (Nach I. Stutz Sieben mal sieben Jahre S. 114.)   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


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Source: Das schneeweisse Steinchen

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Das schneeweisse Steinchen Es war einmal ein Hlrtenbüblein, das musste alle Tage Geissen und Schafe hüten. Es konnte singen wie ein Vogel und iodeln, dass man’s weit und breit im Tal unten hören mochte. Einmal hatte das Büblein Durst, und es suchte auf der Weide herum nach Wasser. Endlich fand es unter einer hohen Tanne ein Weiherlein. Dort kniete es nieder und trank gierig. Wie es so am Weiherlein kniete, sah es im Wasserspiegel, dass auf der Tanne oben ein Vogelnest liege. Das Büblein, nicht faul, kletterte wie ein Eichhörnchen hinauf, fand aber weder Staub und Flaug vom Nest und stieg unverrichteter Dinge wieder herab. Es schaute abermals ins Wasser und erkannte das Nest wieder im Baum oben. Es stieg zum zweitenmal in den Baum hinauf und fand wieder nichts. So zum dritten, vierten Male. Endlich kam der Bub auf den Einfall, er könne im Wasserspiegel die Äste zählen bis zum Nest hinauf. Das Ding war gut; er kam bis zu jenem Ast, griff herum und bekam das Nest in die Hände. Er langte hinein und fand ein schneeweisses Steinchen darin. Jetzt erst konnte er das Nest sehen. Weil das Steinchen schön war, steckte er es in die Tasche und stieg vom Baum. Am Abend trieb er seine Geissen heim und sang und jodelte dazu nach Herzenslust. Aber wie er ins Dorf kam, hörte man den Buben wohl singen, aber sehen konnte ihn niemand. Die Leute fingen sich an zu fürchten, liefen davon und schrien: „Der Bub ist behext, oder es ist sein Geist!“ Der Vater hörte seines Kindes wohlbekannte Stimme, aber er sah auch nur die Geissen und den Buben nicht. „Um Himmels Gottes Willen, was hast du gemacht?“ rief er ihm zu, „komm herein in die Stube!“ Vater und Mutter wussten vor Schreck nicht, wo aus und an, und der Bub wusste nicht, dass er unsichtbar war, bis es ihm der Vater sagte. «“Bist du etwa auf einem Hexenplatz oder in einer Zauberhöhle gewesen?“ fragte der Vater mit bebender Stimme. Der Bub antwortete nein und erzählte vom Vogelnest. „Gib weidlich das Steinchen heraus!“ riefen Vater und Mutter. Der Bub gab das Steinchen dem Vater. Da riefen der Bub und die Mutter: „Herr Jesis, Vater, wo bist? Wir sehen dich nicht mehr!“ Der Bub war nämlich sichtbar, dafür der Vater unsichtbar geworden. Da wards dem Vater, als ob er eine Kröte in der Hand hätte, und er warf das Steinchen auf den Tisch. Da, was geschieht? Sie sehen den Tisch nicht mehr. Der Vater auf, suchte den Tisch, fand das Steinchen, rannte hinaus und warf es in den Sodbrunnen hinunter. Aber da war es nicht anders, als ob Himmel und Erde zusammenstürzten; es krachte, blitzte und donnerte, wie beim schrecklichsten Gewitter. Nicht lange hernach kam ein fahrender Schüler durchs Dorf. Der versprach dem, der ihm das schneeweisse Steinchen verschaffen könne, ein Tollenkessi voll Taler. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Wörtlich aus Stutz, S. 74. Die in der Stutzschen Erzählung enthaltenen Bemerkungen der Erzählerin Rägeli und der Zuhörer wurden weggelassen und die aktive Erzählform im ganzen Stück durchgeführt. - „Tollenkessi“ = Waschkessel. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das schnelle Telefon

Source: Das schnelle Telefon

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In einer Burgerversammlung beratschlagten vor Jahrzehnten die Männer, ob man das Telefon einführen wolle oder nicht. Für und Wider prallten heftig aneinander. Schliesslich erhob sich ein urchiger Bauer und Gegner der Neuerung mit den Worten: «Ich will ja glauben, dass vielleicht das Telefon bergauf schneller ist als ein Läufer, aber von hier bis hinunter nach Stalden möchte ich es mit ihm aufnehmen!» GRÄCHEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Schometgretli

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Das Schometgretli Der Schomet ist eine grosse Waldung auf dem Oberstammheimerberg. Er mass früher 322 Jucharten. Da er an der Kantonsgrenze gelegen ist und in den Thurgau hineingreift, wurde einst unter den angrenzenden Gemeinden darum gestritten. Nach einer fast hundertjährigen Auseinandersetzung wurde der Wald 1689 mehr oder weniger endgültig geteilt. Es mag in diesen Streitigkeiten oder auch schon früher allerhand vorgefallen sein, denn in diesem Walde geht das Schometgretli um. Wenn man um Mitternacht durch den Schomet geht, erscheint es einem. Redet man es an, so kommt man sicher bis am Morgen nicht mehr aus den Walde heraus. Die Alten wissen noch, dass man die Kinder mit dem Schometgretli schreckte, wenn sie nicht zu Bett gehen wollten. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Winterthur und Weinland Schriftliche Mitteilung von a. Lehrer Emil Brunner in Oberstammheim. - Warum das Gretli umgehen muss, weiss man nicht mehr.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das schöne Miggeli

Source: Das schöne Miggeli

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Da lebte einst in einem unserer Dörfer ein wunderhübsches Mädchen. Man nannte es nur das schöne Miggeli. Es wusste aber selber auch, dass es ein hübsch Gesichtchen und ein fein Postürchen besass und alle Burschen die Hälse streckten, wenn es zierlich die Dorfstrasse hinabtrippelte, als ob es über Eier ginge. Doch in dem lieblichen Kinde schlug ein ganz wankelmütiges, flatterndes, gaukelndes Schmetterlingsherz, das von einer Liebe in die andere taumelte. Es liess sich einige Wochen oder Monde von einem Jüngling den Hof machen, und wenn dieser glaubte, es erobert zu haben, so flog es mit Hui wieder einem andern zu, und das Spiel begann von neuem. So vergingen Jahre. Das „Blinde-Maus-machen“ verlor aber nach und nach den Reiz und zog nicht mehr. Miggeli dachte jetzt ernstlich daran, mit dem Spiel aufzuhören und sein Lebensschifflein in den sichern Hafen der Ehe zu lenken. Die Gelegenheit war noch einmal günstig. Ein flotter Jungmann, der Haus und Hof besass, warb eben um seine Gunst. An einem Sonntagnachmittag wanderte das junge Paar durch die blühenden Matten. Auf einer Anhöhe über dem Dorfe setzten sie sich am Rande eines Kornfeldes ins Gras und blickten versonnen in die weite, schöne Welt. Da fasste er sich ein Herz und fragte: „Miggeli, willst du die Meine werden?“ Ohne langes Zögern antwortete sie: „Ja, Hans, - wenn du mich magst.“ Aber Hans war von dieser Antwort noch nicht befriedigt. Er dachte an jene Vielen, mit deren Herzen das Mädchen einst gespielt, denen es auch sein Jawort gegeben und hernach gebrochen hatte. Darum schaute er ihr jetzt tief in die Augen und fragte nochmals: „Wirst du’s mir nicht auch machen - wie den andern?“ Sie senkte beschämt ihr Haupt und flüsterte: „Nein, - niemals.“ Als sie wieder aufblickte und noch immer einen Zweifel in seinen Augen las, da ergriff sie seine Hand und sprach: „Hans, ich schwöre, nur dir will ich angehören. Und sollte ich aus eigener Schuld mein Wort nicht halten, so soll mich der Satan am Hochzeitstage holen.“ Voll seliger Freude drückte der Bursch die Maid an sein Herz. Er traute ihrem Schwur und glaubte an sein Glück. Das schöne Miggeli wurde aber noch einmal wankelmütig. Drei Jahre später schritt es mit einem andern zum Traualtar. An seinen Schwur dachte es längst nicht mehr, und dass der arme Hans darüber den Verstand verlor, rührte es nicht sonders. Es glaubte, nun endlich denjenigen gefunden zu haben, den es sich immer gewünscht. Die Hochzeit sollte mit Glanz und Pracht gefeiert werden. Im Saale des Gasthauses versammelten sich Verwandte, Freunde und Nachbarn zum üppigen Mahle. Das Fest begann. Die Wogen der Fröhlichkeit stiegen immer höher und höher. Gegen Nachmittag ging ein fremder, städtisch gekleideter Wandersmann durch das Dorf. Er hörte die Klänge der Musik, die frohen Lieder und das übermütige Tanzen. Er blieb stehen und lauschte eine Weile. Endlich fragte er eine Frau, die des Weges kam, was heute hier im Dorfe los sei. Sie antwortete: „Eh-eh-eh, - wüssetersch narisch no niit? Ds schöen Miggeli het doch hüt Hochzit.“ Da eilte der Mann der Wirtschaft zu und liess den Hochzeiter herausrufen. Er erzählte ihm: „Ich bin Professor in einer fernen Stadt und habe noch nie einer ländlichen Hochzeit beigewohnt. Ich möchte gern die Sitten und Bräuche in hiesiger Gegend studieren und wäre sehr dankbar, wenn ich in einer Ecke des Saales zuschauen und zuhören dürfte. Ich werde gewiss nicht stören.“ Der Bräutigam hatte nichts dagegen. Er wies ihm unten am Tische einen Platz an. Da setzte sich der Professor hin, lauschte gespannt den Liedern und Reden, verschlang mit den Augen die Bewegungen der tanzenden Paare und kritzelte zwischenhinein eifrig seine Beobachtungen in ein Notizbüchlein. Bald liess er sich mit den Bauern in ein Gespräch ein, fing an, Witze zu erzählen und Flausenlieder zu summen. Helles Gelächter antwortete. Immer neue Geschichten und Spässe tischte er auf. Das Lachen tönte lauter und lauter und wollte nimmer aufhören. Einige Zuhörer hielten sich schon die Bäuche, andere wischten sich Tränen ab, noch andere bekamen Lachkrämpfe und wieherten wie Pferde. Die Gäste an den übrigen Tischen reckten die Hälse und spitzten die Ohren, um ein Zipfelchen dieser Fröhlichkeit zu erhaschen. Da trat der Hochzeiter zum Fremden und sprach: „Herr Professor, kommt zu uns herüber, wir möchten auch gerne einmal herzlich lachen.“ Der liess sich nicht zweimal bitten und setzte sich an den Ehrentisch. Von dort her schallte bald ein helles Lachen, das nach und nach zu einer fast ohrenbetäubenden Fröhlichkeit anschwoll. Von Zeit zu Zeit unterbrach sich der Erzähler und forderte zu einem Tanze auf. „Euere Tänze sind so reizend, so anmutig, viel schöner als bei uns in der Stadt“, so rühmte er. Doch kaum war der Tanz vorbei, erzählte und sang er von neuem und zog alle in seinen Bann. Endlich fragte er fast schüchtern den Bräutigam, ob er einmal mit der Braut ein Tänzchen machen dürfe, wenn diese es erlaube. Der Hochzeiter hatte nichts dagegen, und das schöne Miggeli erst recht nicht.  Also begannen die Musikanten zu spielen. Ruhig und vornehm zog das Paar seine Kreise, verfolgt von hundert neugierigen Augen. Das leichte Schreiten ging nach und nach in ein sanftes Wiegen und Drehen über, das immer lebhafter und feuriger wurde. Jedesmal, wenn die Tanzenden an den Musikanten vorbeiglitten, gab der Fremde diesen heimlich ein Zeichen, sie sollen schneller spielen. So ging es denn immer wilder und stürmischer, bis endlich das Paar in rasendem Wirbel durch den Saal flog. Da stiess die Hochzeiterin plötzlich gellende Hilfeschreie aus. Die Musik verstummte. Aber der Fremde hielt das schreiende Mädchen fest in den Armen und tanzte in atemberaubendem Tempo weiter. Die Gäste glaubten, er sei wahnsinnig geworden und wollten ihn aufhalten. Doch jeder, der ihm in die Nähe kam, flog wie ein Sack Lumpen an die Wand. Da geschah etwas Seltsames. Das Gesicht des Professors verwandelte sich in eine scheussliche, grinsende Fratze, aus der zwei Hörner emporwuchsen. Am Steiss kam ein langer, zottiger Schwanz zum Vorschein, der peitschend um sich schlug. Ein Bockfuss hämmerte auf den Boden. Funken sprühten und stinkender Schwefelrauch hüllte das Paar, das noch immer im tollen Wirbel sich drehte, in einen Nebel. Ein Schrei des Entsetzens hallte durch den Saal, und mit dem Rufe: „Flieht - flieht - es ist der Teufel“, drängte sich alles zur Türe hinaus. Die Letzten sahen noch, wie der Satan mit der Hochzeiterin zum offenen Fenster hinaustanzte. Lange noch hörte man diese in den Lüften jämmerlich schreien, erst laut, - dann immer leiser und leiser - bis sie ganz verstummte. Das schöne Miggeli hat man nimmermehr gesehen.    Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch


by Das Schopftier

Source: Das Schopftier

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Ein altes großes Strohhaus in Mörikon, das einen nicht minder geräumigen Schopf zum Anbau hat, gilt für die Wohnung des gespenstischen Schopftieres. An der Stelle dieses Anbaues soll vormals ein reicher Geizhals seinen Stall mit einer großen Herde Vieh gehabt haben. Weil er es aber grausam schlug, anstatt es zu füttern, kam er nach seines Tode selber als ein Tier wieder auf die Welt und muß nun nachts den Leuten nachspringen oder ihr Stallvieh in Unruhe setzen.  Das Schopftier ist schneeweiß, riesenhoch und straßenbreit, es gleicht etwa dem Kamel oder Elefanten der Bauernmaskeraden.  Da reitet man sich nämlich zu viert auf den Schultern und marschiert in Distanz der Straßenbreite unter Leintüchern verhüllt einher, die von den Reitern innen an Querstangen emporgehalten und bis auf den Boden nachgeschleppt werden.  Band 3.1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962, S. 88 - 88 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch  


by Das Schosshündchen

Source: Das Schosshündchen

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A Damä z'Alteref häig äs Schoosshindli gha, und das syg-ärä-n-unändig und unerheert liäbs gsy. Und d'rnah syg-ärä-n-äinisch d'r Pfahr v'rku, und der häig das Hindli so gschäuwet und häig züe-n-ärä gsäit, sy sell's uber-ni Brugg appä riähra. Das syg-ärä düe fryli ä chly stotzig vorchu, und lang, lang häig-si-si bsunnä, ob-si das well machä-n-uder nitt. Ändlächä häig-si tänkt, sy well am Pfahr doch folgä, und häig's uber d'Schächäbrugg appä griährt. Aber das Hindli, das häig scheen Fyr gspüwä, wo-ss-es appägriährt häig. Peter Ant. Gamma, 50 Jahre alt, Alpknecht, von Göscheneralp Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Schrätteli in Zollikon

Source: Das Schrätteli in Zollikon

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Das Schrätteli in Zollikon Ein Schmiedegeselle, der vom Schrätteli zu leiden hatte, passte ihm eines Nachts ab, packte einen sich durch das Schlüsselloch schiebenden Strohhalm, legte ihn auf den Amboss und bearbeitete ihn mit Hämmern. Sofort kam die Frau des Schmiedes schreiend herbeigeeilt, oder (nach einer anderen Fassung) fand man am nächsten Morgen ein altes Weib tot. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Wörtlich aus Id. 9, 1669. Das Schrätteli ist ein kleines dämonisches Wesen.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Schrattenmeitli

Source: Das Schrattenmeitli

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Der stolzen Tochter eines reichen Junkers war ein rechtschaffener Jüngling, der um sie freite, nicht gut genug, weil er nicht vom Adel war. „Lieber“ - schwur sie – „ewig mit ihrem Golde in den Felsen des Schrattens vergraben sein, als diesen nehmen." Ihr geschah, wie sie gewünscht. Ewig muss sie in der Schrattenhöhle ihren Schatz bewachen, es sei denn, dass jemand kühn genug ist auf Gefahr seines Lebens hin das Rätsel der verwünschten Jungfrau zu lösen. Aber dazu braucht es Herz. Sie erscheint nur am hohen Donnerstag, wenn in der Kirche zum letztenmal beim Gloria die Glocken geläutet werden. Wer dann beim Eingang der Höhle ist, kann zu ihr gelangen; denn nur zu dieser Stunde sitzt sie am Eingang der Höhle, kämmt das goldene Haar und zählt ihr Geld. Wer jetzt ihren verborgenen Hort entheben will, muss unter einem Mühlstein, der an einem Spinnfädchen hängt, hindurch, während die Jungfrau oder ein Geist mit einer Schere den Faden entzwei zu schneiden droht. Und hat einer auch dieses Abenteuer bestanden, so wartet dann noch die eben so gefährliche Prüfung auf ihn, dass er das schwierige Rätsel der Jungfrau, das sie ihm hinten in der Höhle, beim Brunnen sitzend aufgibt, löse. Kann er es nicht, so ist er verloren. Mehrere schon sind hineingegangen, aber nicht mehr lebendig herausgekommen.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Das Schrättli

Source: Das Schrättli

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Die Oberschwändi, welche des Thesen Thys von seinem Vater geerbt hatte, lag hoch über dem Tale auf einer Felswand. Bergsteiger, die dann und wann bei dem einsamen Bergheimetli rasteten, rühmten die weite Aussicht und meinten, es gäbe gewiss nichts Schöneres als wie ein Fürst von dieser luftigen Höhe auf die andern Leute hinabzuschauen. Thys pflegte zu solchen Schwärmereien nur vielsagend zu schweigen. «Jaja», dachte er, «Euch würde das Rühmen vergehen, wenn Ihr wie ich winters da oben bleiben müsstet und wochenlang nur Vierbeiner als Gesellschafter hättet!» Und dabei fiel ihm auch wieder das Schrättli ein. Sobald sich nämlich der Bergbauer abends auf dem Laubsack ausgestreckt hatte und zwischen Wachen und Träumen schwebte, hörte er das Schrättli an der Fensterwand heraufkrabbeln und zum geöffneten Zugscheiblein hereinhuschen. Mit einem Satz sprang es auf das Bett und setzte sich gerade auf des Thysen Brust. Es drückte und würgte ihn, dass er keuchend nach Atem rang. Er wollte um Hilfe schreien, brachte aber keinen Ton hervor. Einmal griff er im Halbschlaf mit beiden Händen zu und erwischte das Schrättli. Aber es zerrann ihm unter den Fingern wie warmer Schmer und schloff aus der Kammer, Thys wusste nicht ob durch das Läuferli oder das Schlüsselloch. So ging das beinahe Tag für Tag, so dass der Bauer die kommende Nacht schon am frühen Morgen ersorgte und erst zu Bette stieg, wenn im Tale unten ein Licht nach dem andern erloschen war. Eines Winters plagte das Schrättli den Thys so arg, dass er es nicht mehr aushielt. In seiner Not ging er ins Dorf hinab und fragte dort einen alten Mann um Rat. Der Graukopf stieg mit dem Bauern in die Oberschwändi hinauf. Kaum hatte er des Thysens Stübli überschaut, so wusste er, was zu tun war. «Freilich», sprach er, «wenn du mit dem Kopf gegen das Tal zu schläfst, so lässt dir das Schrättli keine Ruhe. Das Fussende muss talwärts, das Kopfbrett bergseits stehen!» Sie drehten die Bettstatt um – und wirklich erschien seither kein Schrättli mehr. Es war auch besser, dass es den Oberschwändeler fortan in Ruhe liess, denn er legte vorsorglicherweise jeden Abend die scharf geschliffene Axt neben sich auf die Sidele.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Das schreiende Bächlein

Source: Das schreiende Bächlein

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Am Ostabhange des Oberlaubhornes stand in uralter Zeit ein braunes Hüttlein, in welchem eine arme Familie hauste. Der erste Frost war eben übers Land gestrichen, so dass die Natur in allen ihren Herbstesfarben dastand und die Blätter wirbelnd in der Luft herumtanzten. Der Vater war im Wald und fällte Erlen, so dass sie krachend auf den Boden stürzten; sein Töchterlein brachte ihm in einem Bündlein den Imbiss und das Mittagessen in das Holz. Die Mutter blieb zu Hause und tat am liebsten nichts. Da wurde die Familie um ein gar zartes und blondes Haupt grösser: ein Brüderchen kam noch hinzu. Das Schwesterlein konnte nicht aufhören, es zu lieben und zu Herzen; aber der Vater machte ein finsteres Gesicht, und die Mutter sang ihm keine Wiegenlieder. Nachdem sie die Sonne lange Zeit nicht mehr gesehen hatten, kam der Tag, da das Schwesterlein zur Mittagsstunde am Fensterlein passte, um die ersten Sonnenstrahlen auf die Wiege des Brüderleins fallen zu sehen. Und täglich stieg die goldene Segenspenderin höher und höher, so dass die Matten bald wieder grün, und die Brust der Menschen weiter wurde. Nur im Hüttlein am Oberlaubhorn wollten die Herzen nicht wärmer schlagen. Denn auch das Knäblein hatte etwas wie Lenzesluft verspürt, schrie lebenskräftig in den Tag hinaus, als müsse alle Welt erfahren, was in seinem kleinen Herzen vorging. Allein die Mutter hörte es nicht gerne; denn sie mochte das Knäblein nicht mehr gaumen, und der Vater runzelte seine finstere Stirn; denn er musste künftig immer fleissiger hacken und sägen, weil sein Vögelein im Nest auch immer mehr nach Nahrung schrie. So beratschlagten denn eines Abends die beiden Eltern miteinander, was anzufangen sei, um dem Übel abzuhelfen. Und sie kamen überein, das junge, frische Lebensflämmlein des Brüderchens zu löschen. Der Vater nahm das Kind in das Holz hinaus und tötete es, und die Mutter warf die Fleischstücke in den Topf und kochte sie. Hierauf vergruben sie die Reste im Boden. Allein, wenn man hier vorbeiging, hörte man aus der Erde Geschrei und Gewinsel, und wenn man das Ohr auf den Boden hielt, vernahm man deutlich, dass die Knochen seufzten: „D's Muetterli het mi trage, Der Atteli het mi g'schlage, Und d's Schwesterli het mi g'nage." Da stiegen einst rüstige Bauern aus dem Tale bis zu dieser Stelle hinauf, nahmen Pickel und Schaufel mit sich und begannen zu graben. Nicht lange, so kamen die armen Überreste des kleinen Geschöpfes zum Vorschein, und da die Schwester eben herbeikam und die genagten Knochen des Brüderchens berührte, fingen sie an zu bluten und heulten: „D's Muetterli het mi trage, Der Atteli het mi g'schlage, Und d's Schwesterli het mi g'nage." Die Bauern flohen von dieser unseligen Stelle; aber der Graben, den sie damals gepickelt haben, ist noch heute zu sehen, und seit jener Stunde fliesst hier Wasser aus der Erde; es heisst das schreiende Bächlein. Jedesmal im Frühling, wenn die Sonne zum ersten Male wieder die beschneiten Tannen so blendend versilbert, wenn sie die ersten Blicke auf die Oberriedhäuser wirft und Lenzesluft über die Abhänge des Oberlaubhornes streicht, fängt das Bächlein von Neuem an zu fliessen, und ganz besonders im Herbst, wenn die Bauern im Holz sind und Erlen fällen, lässt das schreiende Bächlein seine traurigen Weisen in das Tal hinunter wimmern.   Quelle: Georg Küffer, Lenker Sagen. Frauenfeld 1916. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch  


by Das Schwabenhudi

Source: Das Schwabenhudi

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Vor Jahren lebte in Menzingen ein altes, runzeliges Weiblein, welches aus dem Schwabenland stammte und von alt und jung nur s'Schwabenhudi genannt wurde. In den Bauernhäusern war es ein recht häufiger Gast und spann gern für die Gastgeber. Bei den kirchlichen Prozessionen und Leichenbegräbnissen wollte es stets die Letzte sein. Das Schwabenhudi soll aber mit dem Bösen im Bunde gestanden und sich mit der Schwarzkunst und Wahrsagerei abgegeben haben. Einst war es im obern Büeltli auf der Stör. Dort war ein lebenslustiges Jüngferlein zu Hause, das Ammili. Schon lange sehnte sich diese heiratslustige Jungfer nach einem malefizschönen und dukatenreichen Freiersmann. Das wusste nun das Schwabenhudi und versprach dem Ammili einen flotten Bräutigam, so es nur mit ihm kommen würde. Die Tochter ging auf den verheissungsvollen Vorschlag ein und folgte dem Schwabenhudi ins Lorzentobel. Dort sahen die zwei einen feinen, herrschaftlichen Wagen heranfahren, ein junger Mann in grauem Rock stieg aus dem Gefährte und hub die heiratslustige Jungfrau an auszufragen. Allein voll lauter Staunen vermochte das Ammili keine Frage zu beantworten und vor all der Herrlichkeit verlor die Bauerntochter das Bewusstsein und fiel in tiefe Ohnmacht. Zu Hause wurde die Tochter vermisst und die Verwandten suchten die Verschwundene. Die sorgende Mutter ging ins Lorzentobel und hocherstaunt fand sie ihr Kind zu oberst auf dem Dache der holzgedeckten Tobelbrücke sitzen. Wie das Ammili auf das Brückendach geraten war, konnte es aber später nie verraten. Andere erzählen diesen eigenartigen Vorfall auf eine andere Weise: Im Lorzentobel sei das Ammili an einem bisher unbekannten Ort mitten unter eine bodenlustige Gesellschaft von tanzenden Leuten geraten. Die wunderschönsten Tanzkleider wurden der Tochter vorgelegt. Sie ging hin und zog diese an. Als man sie nun aufforderte, das Skapulier auch abzulegen, weigerte sich die Tochter aus Menzingen und die geschaute Herrlichkeit ging plötzlich ob dieser Weigerung in grauem Rauche auf. Die getäuschte Jungfer wurde am andern Tage entkleidet im Lorzentobel auf dem Brückendach gefunden. Als das Schwabenhudi nach einiger Zeit wieder auf dem Bauernhof im Büeltli auftauchte, wurde es mit Schimpf und Schande fortgejagt. Es ging darum über Menzingen nach der Luegeten und voll Wut trug es in der dunklen Nacht das ganze Hausdach ab. Darauf wandte sie sich nach Kappel. Dort traf das Schwabenhudi ein kleines Kind auf der Strasse und gab ihm einen braunen Kuchen. Das Kind musste bald darauf sterben. Seit jenem Vorfall vernahm man nichts mehr von dem rätselhaften Weiblein aus dem Schwabenlande; es hiess zwar lange Zeit, es komme den Kindbetterinnen vor die Fenster, doch hat niemand mehr das alte Schwabenhudi wirklich gesehen. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 116 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Schwabenhudi

Source: Das Schwabenhudi

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Vor etwa 60 - 70 Jahren hielt sich in der Gemeinde Menzingen eine alte Weibsperson auf, welcher die Leute wegen ihrer Herkunft den Übernamen „Schwabenhudi" gegeben haben. Sie pflegte in Bauernhäusern zu spinnen und ging bei kirchlicher Prozession immer zuletzt in der Reihe. Nebenbei verlegte sie sich auf Wahrsagerei und Schwarzkunst. Einst verweilte sie einige Zeit als Spinnerin im obern Pültlin, bei einer Familie, deren Nachfahren jetzt noch in Menzingen bekannt sind. Es gehörten dazu drei Söhne und eine einzige Tochter, namens Ammili (Anna Maria). Diese sehnte sich nach einem schönen, reichen Freier. Eines Tages sprach Schwabenhudi zu ihr: „Will dir einen hübschen, reichen Bräutigam verschaffen, wenn du mit mir kommst." Die Törichte ging mit der Unholdin nach dem Lorzentobel. Dort sah Ammili einen herrschaftlichen Wagen heranfahren, ein junger Mann in grauem Rock stieg aus und richtete Fragen an die Jungfrau, die sie aber, voll Befangenheit wie sie war, nicht beantworten konnte. Nun verlor sich allmählich ihr Bewusstsein in Ohnmacht. Indessen vermisst man im Pültli die Tochter des Hauses. Mutter sann und forschte lange vergeblich nach Ammili. Endlich schlägt sie auch den Weg nach dem Tobel ein und findet da hocherstaunt ihre liebe Tochter - zu oberst auf dem Dach der gedeckten Brücke sitzen. Erfreut und erschrocken zugleich, macht sie ein Gelübde für die Rettung der Entführten. Wohlbehalten kam diese heim. Andere erzählen so. Im Lorzentobel sei sie in einem nie gesehenen schönen Ort mitten unter eine lustige Gesellschaft von Tanzenden gekommen, wo man ihr schöne Ballkleider vorlegte. Sie ging hin und zog selbe an. Aufgefordert, auch das Scapulir abzulegen, weigerte sie sich dessen, worauf plötzlich alles verschwand. Die Getäuschte aber fand man am andern Tag entkleidet auf dem Brückendache sitzen. Als Schwabenhudi sich wieder auf dem Pültli blicken liess, ward es, wie billig, fortgejagt und ging über Menzingen nach der Luegeten, um da zu übernachten. Während der Nacht trug es das Hausdach gänzlich ab. Darauf kam es nach Kappel, wo es einem Kinde einen Kuchen zu essen gab, daran es starb. Von jetzt ab hatte man keine Kunde von Hudi. Nun hiess es in der Folge, es komme den Kindbetterinnen vor das Fenster.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Das schwarze Haus (Tablat/SG)

Source: Das schwarze Haus (Tablat/SG)

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  Das schwarze Haus In der Nähe von St. Georgen, hinter dem "Bädli", steht das "schwarze Haus." In diesem sollen zur Pestzeit die Kranken abgesondert worden sein. Mündlich. * Der Volksmund, der sonst lieber mehrt als mindert, scheint hier Wesentliches unterwegs verloren zu haben. Vielfach treffen wir die Sage, die Pest habe da und da so stark geherrscht, daß ein Hasel- oder Holunderstock, den man zum Fenster hineingestreckt, augenblicklich schwarz geworden sei. So ist sicherlich auch dieses Haus zu seinem Namen gekommen; von der Krankheit soll es selbst schwarz geworden sein. Wittenbach. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 9, S. 8f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das schwarze Haus (Tübach/SG)

Source: Das schwarze Haus (Tübach/SG)

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In Tübach stand "das schwarze Haus", wo's gar nicht richtig war und das darum niemand gern bewohnen mochte. Nachts vernahm man in diesem oft einen schrecklichen Lärm, als ob "Stöcke" (Baumstrünke) umhergeworfen würden. Das Haus wurde abgebrochen und an seine Stelle das allbeliebte Restaurant "Ruheberg" gebaut, das man ohne alle Furcht betreten darf; denn die Poltergeister haben nun Ruhe gefunden. A. Sprenger   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 22, S. 14 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das schwarze Huhn

Source: Das schwarze Huhn

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In Melchnau war eine Hexe, die alle Dienstage mit einer Zeine (Korb) voll Eier nach Langenthal zu Markte ging, und doch hatte sie keine Hühner. - Es wunderte die Leute, woher die Frau die Eier habe, und sie passten ihr auf. Ein kleines Mädchen bemerkte nun, dass die Frau im Keller an einer Stange, die in der Wand steckte, einigemale zog, worauf ein schwarzes Huhn kam und in die Zeine Eier legte, bis sie voll war. Dann verschwand es. Als die Frau fort war, probierte dies das Mädchen auch und das Huhn erschien und legte Eier. - Hierauf trippelte ein kleines, grünes Manndli daher mit einem Büchlein und sagte dem Mädchen, es müsse nun seinen Namen in dasselbe schreiben. In der Angst hatte das Mädchen dies gemacht, dabei aber die Worte „Jesus, Maria" ausgerufen. Sogleich ist das Männlein unter heftigem Windesbrausen verschwunden und hat das Büchlein zurückgelassen. Das gespenstige Huhn hörte mit Eierlegen auf.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Das schwarze Hündchen

Source: Das schwarze Hündchen

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Zwischen Vernamiége und Mâse soll's in einem Graben, begrenzt von den zwei Kreuzeggen Charchilly und Terreyssy, noch in heutigen Tagen spuken und unheimlich sein, von der Borgne an bis auf den Grat. Man hört's da oft jammern, schreien und heulen. Bisweilen sah man da einen roten Ochsen herumtraben; bald war es aber ein garstiges Schwein, oder ein gefleckter Hund. Am gewöhnlichsten jedoch zeigt sich der Geist als ein kleines schwarzes Hündchen, das die Heimkehrenden durch den Spukgraben begleitet, sie neckt und, besonders an den Markttagen abends, von ihren Maultieren abwirft und den Graben hinabschmeisst, ohne jedoch die Gefoppten bedeutend zu beschädigen. Die ohnehin späte Heimkehr wird freilich so noch später und oft gar früh. — Einmal begleitete das Hündchen noch bei Tag eine ledige Tochter, die auf einem Esel sass. Lange folgte es ihr. Unversehens sprang es aber auf einen Stein ob der Strasse und machte Miene, ihr auf den Schoss hinauf zu hüpfen. Aber solchen Scherz wollte die Bescheidene nicht dulden und gab dem Zudringlichen mit der Rute einen Hieb, worauf derselbe heulend verschwand. Ein beherzter Bursche soll einst das Hündchen gefragt haben, wer es sei und was es treibe. «Einst hiess ich Jean Berto», antwortete dasselbe, «aber jetzt bin ich's nicht mehr.»   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das schwarze Rind von Helmetingen

Source: Das schwarze Rind von Helmetingen

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Gegen die Frohmatt zu liegt die Viehweide des Bauerngutes Helmetingen. Im Frühjahr und im Herbst tummeln sich auf der Weide die Kälber und Rinder des Gutbesitzers. In früheren Jahren, da die Kantonalstrasse die Weide noch nicht durchschnitt, hütete der alte Knecht Wulli das Jungvieh. Wenn er abends nach dem Gebetsläuten bei den Tieren Umschau hielt, bemerkte er öfters ein fremdes Rind von schwarzer Farbe. Zuerst hielt er es für ein verlaufenes Tier. Die Nachfrage bei den Bauern nach einem solchen Stück verlief jedoch ergebnislos. Nachdem der Knecht schon mehrere Male das Tier bei den Rindern gesehen hatte, teilte er seine Mutmassung dem Bauern mit. «Wahrscheinlich ist’s ein weither verlaufenes Rind», meinte jener, «fange es und treibe es mit den anderen Tieren in den Stall, bis sich der Eigentümer meldet.» Dieser Befehl war leichter gegeben als ausgeführt. Das Tier wollte sich nicht fangen lassen, weder durch Locken noch durch Drohungen. Es sprang einfach wild umher. Vorsichtig ging der Knecht dem Tiere nach; schon glaubte er, es erfasst zu haben, da machte das schwarze Rind einen gewaltigen Sprung in die Luft. Die Erde öffnete sich und das Tier verschwand im feurigen Abgrund, der sich über ihm schloss. Der fast zu Tode erschrockene Wulli machte ein grosses Kreuz und rief alle Heiligen um Hilfe an, denn er war der felsenfesten Überzeugung, das schwarze Rind sei niemand anders als der leibhaftige Satan gewesen.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Schwedenroß

Source: Das Schwedenroß

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Als die Schweden in alten Zeiten aus ihren kalten Ländern nach Deutschland kamen, um die deutschen Fürsten zu bekriegen, gelangten sie auch bis über die Schweizer Grenze am Oberrhein. Da hatten denn die Leute jener Gegenden große Furcht, es möchte ihnen ans Leben gehen, denn sie sahen aus manchem Dorf überm Rhein die Feuer aufgehen, die nachts den Himmel weithin röteten. Zu jener Zeit kam einmal ein armer Jude zum Ammann des baslerischen Dorfes Witterswyl [Witterswil]. An der Hand führte er ein hochbeiniges, prächtiges Roß, das beständig den stolzen Nacken bog und also feurige Augen machte, daß sie Funken gaben. Der alte Handelsmann trug dem Ammann das herrliche Reiterroß an, und nach langem Feilschen ging das Pferd in den Besitz des Ammanns über. Nun lief das ganze Dorf zusammen, um das stolze Pferd zu bewundern, und viele Leute meinten, es sei gewiß des Schwedenherzogs Leibroß, da er ja ganz nahe sei; man werde ihm's gestohlen haben. Als nun der Witterswyler Ammann das stolze Pferd am andern Morgen aufs Feld zum Pflügen mitführte, mußte er nur so staunen, wie er sah, daß das stolze Tier ihn und den Knecht samt dem Pfluge zog, und wie es im Hui das Feld umgeackert hatte. Es brauchte keinen Zuruf, und doch reihte sich Furche an Furche. Wie jedoch fast die ganze Zelge umgepflügt war, blieb das Pferd auf einmal stehen, spitzte die Ohren und lauschte ins Weite, als ob es etwas hörte. Verwundert schauten es der Ammann und sein Knecht an. Aber es blieb steif und starr stehen wie ein steinernes Bildnis. Plötzlich schwellte es die Nüstern und schnaubte, und dann stieg es schäumend auf und raste mit dem Pflug über den Acker weg in einen nahen Hohlweg. Dort schlug es wie toll aus, befreite sich von Pflug und Strängen und jagte über Stock und Stein dem Dorfe zu. Der Ammann aber und sein Knecht, die sich von ihrem Schrecken erholt hatten, stürmten so rasch als möglich hinter dem flüchtigen Roß drein. Das aber rannte in wildem Galopp mitten ins Dorf hinein. Und als es dort des Ammanns Söhnchen am Zaun der Straße sitzen und spielen sah, packte es das Büblein mit dem Gebiß beim Wams und trug es in rasendem Laufe, wie es auch aufschrie, aus dem Dorfe, setzte über Graben und Hecken und verschwand im Busch. Jetzt erhob sich ein fürchterliches Angstgelärm im Dorf. Alles, was Füße hatte, rannte mit dem daherschnaufenden Ammann und seinem Knechte dem Rosse nach, um das davongeschleifte Kind zu retten. Sie dachten alle, es werde sonst das Knäblein noch ins schwedische Lager verschleppen. Selbst ein paar alte Leute, die an Krücken gehen mußten, machten sich zum Dorf hinaus, so daß kein Mensch mehr in Witterswyl zurückblieb als der alte, übelzeitige Kirchensiegrist. Nach langer und banger Jagd fanden der Ammann und die Witterswyler Leute zu ihrer großen Freude den Knaben wohlbehalten an einer Halde in einer Waldlichtung, und bei ihm stand, ihn zärtlich beleckend, das hochgewachsene Schwedenroß. Als es die Witterswyler kommen sah, faßte es den Knaben wieder am Wams und trug ihn den Heraneilenden entgegen, ihn dem Ammann, seinem Vater, sänftiglich zu Füßen legend. Dann trabte es, den Kopf lauschend im Winde, davon, und alles Volk lief ihm staunend nach, bis sie allmählich wieder dem Dorf zu rückten. Wie sie endlich das Turmkreuz der Witterswyler Kirche in der Abendsonne glänzen sahen, erblickten sie zu ihrer Verwunderung den alten Siegrist, der, so hurtig er's an seinen Krücken vermochte, ihnen entgegenhülpte. Mit den Krücken in der Luft herumfuchtelnd, kam er auf sie los und rief: "Wißt ihr, wer heute in unserem Dorf gewesen ist?" Und als ihn alles fragend und verdutzt anschaute, sagte er: "Der Schwede ist im Dorf gewesen." Da bekreuzten sich alle vor Schrecken. Und da erzählte der Siegrist, als ihn alles umringt hatte, das Folgende: "Es war eine Weile, nachdem ihr alle hinter dem Schwedenroß her aus dem Dorfe gestürmt waret, da hörte ich auf einmal Trompeten blasen. Ich ging auf den Kirchturm, um Umschau zu halten. Kaum war ich oben, so sprengte ein gewaltiger Reitertroß ins Dorf hinein. Auf dem Hauptplatze hielt er an. Eine Anzahl Reiter stiegen ab und fuhren in alle Gassen und Häuser hinein. Aber bald kehrten sie wieder zu ihrem Hauptmann zurück und berichteten ihm, das ganze Dorf sei leer, nicht eine Menschenseele stecke drin. Das schien dem Hauptmann nicht geheuer, er schien einen Hinterhalt zu fürchten, denn alsobald hieß er die Reiter wieder aufsitzen. Da empfahl ich meine Seele Gott und fing aus Leibeskräften die Glocken zu läuten an. Alle Augenblicke glaubte ich einen grimmigen Schweden die Turmstiege herauf auf mich losfahren zu sehen. Ich schwitzte, daß der Rauch von mir ging, aber ich läutete und läutete ohne Ende. Endlich konnte ich nicht mehr. Ich kroch todmüde an eine Fensterlücke und sah auf den Dorfplatz hinunter. Kein Bein war mehr zu sehen, die schwedischen Reiter mußten sich schleunigst fortgemacht haben." Wie nun der Siegrist seinen Bericht beendet hatte, gingen allen vor Freude die Augen über. Sie wußten nun, daß sie das Schwedenroß vor dem sichern Untergang bewahrt hatte. Sie nahmen den ruhig dastehenden Hengst an eine Halfter und bekränzten ihn mit grünen Laubzweigen. Also führten sie ihn feierlich ins Dorf hinein zu seinem Stall, und der Ammann schwor, daß er nun zeitlebens den besten Hafer zu fressen haben solle, da er Witterswyl gerettet habe. Aber nach einiger Zeit reute es den Ammann, daß er sich verschworen hatte, das Schwedenroß zeitlebens zu behalten, denn er dachte, es ließe sich mit dem Prachttier ein guter Handel machen. Eine Zeitlang überwand er sich noch, aber dann führte er das Roß eines Tages von der Haferkrippe weg aus dem Stall und machte sich damit über Feld, um es nach Basel an die Messe zu reiten, wobei das Pferd gar widerwillig tat. Wie nun der Ammann mit dem Schwedenroß ins Moor bei Benken kam, stieg es plötzlich und warf den fluchenden Reiter in den Sumpf. Und ehe sich der zu erheben vermochte, sprang hinter einem Busche der alte Jude hervor, der das Pferd vor kurzem dem Ammann verkauft hatte. Der lachte laut auf, schwang sich mit ungeahnter Behendigkeit auf des Rosses Rücken, und wie der Wind stob das herrliche Schwedenroß mit seinem Reiter übers Moor und auf und davon auf Nimmerwiedersehen. Der Ammann schaute ihm verdutzt nach. Und als er sich endlich aufgerafft hatte, suchte er das ganze Land ab, doch nie mehr fand er auch nur eine Spur von dem stolzen Hengst. Die Witterswyler aber sagten dann nachher: Am Morgen hätten sie ein stolzes junges Pferd auf vier flinken Beinen aus dem Dorf traben sehen, am Abend sei dann statt seiner nur ein alter Esel auf zwei Beinen dahin zurückgekehrt. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Schwein

Source: Das Schwein

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Zu Oberuzwil hatte ein Bauer ein Mutterschwein, dessen Junge stets, so oft sie einige Monate alt waren, draufgingen. Er beriet die Kapuziner zu Wil, welche ihm den Rat gaben, sobald die Ferkel wieder krank würden, ein lebendes Schwein unter der Dachtraufe zu begraben. Er wollte es tun; aber das Tier schrie fürchterlich, und sofort erschien ein Weib, welches ihn inständig um Erbarmen bat. Als er aber nicht nachgab, entfernte sich die Hexe und starb sogleich. Dr. Henne-Am Rhyn, Deutsche Volkssage. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 473, S. 280 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Schwein als Gespenstertier

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a) In Ennetmoos nahe beim sogenannten Mehlbach will man häufig ein Gespenst in Gestalt eines grunzenden Schweines gesehen haben. Es soll aber eben so oft in der Figur eines Mannes sichtbar geworden sein, wobei es immer grösser und zuletzt haushoch ward.   b) An die als Strohwellen bachab schwimmenden Schweine sei nur erinnert.   c) Als Schwein trat an einigen Orten die Pfaffenkellerin auf, z. B. in Steinen bei Schwyz und der Türst.   d) Der Elbst auf Seelisberg hat sich ebenfalls als Schweineherde gezeigt.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Bei dieser Sage gibt es keine genaue Zuordnung zu einem der fünf Kantone. Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Das Schwein von Rufenen

Source: Das Schwein von Rufenen

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Im Gebiet der Rufenenkapelle wollen die Anwohner in früheren Jahren in den Quatembernächten das Grunzen eines Borstentieres gehört haben. Beim Nachsehen hätten sie ein schwarzes Mutterschwein mit Jungen um das Kapellchen herumspringen sehen, bis es von Plaffeien her die erste Morgenstunde schlug. Die Leute deuteten diese Sage in dem Sinne: das hässliche Tier sei eine verwunschene Frau gewesen. Diese habe bei Lebzeiten auf eine verbotene Weise den Kindersegen verhütet. Zur Strafe müsse die unnatürliche Frau nach ihrem Tode in der Gestalt dieses hässlichen Schweines auf Erden herumgeistern.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das schwere Kind

Source: Das schwere Kind

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Im Jahr 1668 am achten Juni erblickten zwei Edelleute auf dem Wege nach Chur in der Schweiz an einem Busch ein kleines Kind liegen, das in Linnen eingewickelt war. Der eine hatte Mitleiden, hieß seinen Diener absteigen und das Kind aufheben, damit man es ins nächste Dorf mitnehmen und Sorge für es tragen könnte. Als dieser abgestiegen war, das Kind angefasst hatte und aufheben wollte, war er es nicht vermögend. Die zwei Edelleute verwunderten sich hierüber und befahlen dem andern Diener, auch abzusitzen und zu helfen. Aber beide mit gesamter Hand waren nicht so mächtig, es nur von der Stelle zu rücken. Nachdem sie es lange versucht, hin und her gehoben und gezogen, hat das Kind angefangen zu sprechen und gesagt: „Lasset mich liegen, denn ihr könnt mich doch nicht von der Erde wegbringen. Das aber will ich euch sagen, dass dies ein köstliches und fruchtbares Jahr sein wird, aber wenig Menschen werden es erleben." C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das schwere Kind

Source: Das schwere Kind

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Zwei Edelleute erblickten auf dem Wege nach Chur an einem Busche ein kleines Kind liegen, das in Linnen eingewickelt war. Der Eine hatte Mitleiden, hieß seinen Diener absteigen und das Kind aufheben, damit man es in das nächste Dorf mitnehmen und Sorge für es tragen könne. – Als der Diener abgestiegen war, das Kind erfaßte, um es aufzuheben, war er es nicht vermögend. Die zwei Edelleute verwunderten sich hierüber und befahlen dem andern Diener, auch abzusitzen und zu helfen. – Aber Beide mit gesammter Hand waren nicht so mächtig, es nur von der Stelle zu rücken. Nachdem sie es lange versucht, hin und her geschoben und gezogen, hat das Kind angefangen zu sprechen und gesagt: »Lasset mich liegen, denn Ihr könnt mich doch nicht von der Erde wegbringen; das aber will ich Euch sagen, daß dieß ein köstliches und fruchtbares Jahr sein wird, aber wenig Menschen werden es erleben.« Sobald es diese Worte geredet hatte, verschwand das Kind.   Quelle: Jecklin, Dietrich: Volkstümliches aus Graubünden. Teil 1, Zürich 1874 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das schwere Kind am Seckenberge

Source: Das schwere Kind am Seckenberge

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Sommers findet man in blühenden Kleefeldern manchmal ein feinlockiges engelschönes Kind auf schneeweissen Windeln bloss daliegen. Will man's aufnehmen, so wird's immer schwerer, und gerade während man sich darum ängstiget, es ja nicht aus der Hand fallen zu lassen, ist es auch plötzlich verschwunden. Die Meinungen darüber sind verschieden. Man glaubt, es künde den Tod dessen voraus, der ein solches Kind erblickt; oder man deutet es auch auf einen besonders fruchtbaren Jahrgang. Man hält es aber überhaupt für ein Kind, das den Erdmännchen selber gehört, oder das sie den Menschen gestohlen haben. Denn Chrügeli nent der Aargauer ein kleines gesundes Kind, und Chrügelnägeli heisst man auch jene verdächtigen Felslöcher im Jura, deren innere Beschaffenheit nicht recht ausgemacht ist. So liegt auf der hohen Gislifluh bei Aarau ein solches Chrügelnägeli, ein steiler und enger Durchschlupf im Bergkamm, und gleich in der Nähe ist die Zwerlimatte. Hauswirth hiess der Junge, der bei einem Handwerker im Dorfe Frick in der Lehre stand und einmal ausgeschickt worden war, im Walde Leseholz zu suchen. Als er oben auf dem sogenannten Seckenerberge ausruhte, der gegen das Dorf Eiken zu liegt, hörte er jenseits des Waldgrabens, an dem er sass, die Stimme eines Wickelkindes. Hauswirth hatte daheim schon genug Schläge darüber bekommen, dass er des Meisters Kinder nicht fleissig hüten mochte, und kümmerte sich jetzt um dieses noch weniger, das da so unvermuthet schrie. Als er aber endlich aufstand und heim wollte, sah er wirklich ein so hübsches Kind drüben am Graben liegen, dass es ihm augenblicklich das Herz bewegte. Er wollte es aufnehmen, hatte aber eine ganz unbeschreibliche Mühe, es nur umfassen zu können. Zuletzt war es gar verschwunden und er stand allein am Graben. Grosser Schreck ergriff ihn. Er wurde von der Zeit an daheim immer stiller und starb jung. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 273 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Schwirrenschlagen

Source: Das Schwirrenschlagen

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Das nächtliche Schwirrenschlagen wurde früher öfters und wird auch jetzt noch gehört. Schwirren sind hölzerne Pfähle als Grenzmarken oder zum Bordschutz an Bächen. Das nächtliche Schwirrenschlagen ist die Strafe für Markenrücker und an Bächen für Leidwerker, welche den Bordschutz zerstörten, um sich den Schaden ab-und andern zuzuwenden. Die Bewohner der Bunte am Unterlauf des Schilz lassen es sich nicht ausreden, des Nachts öfters im Schälli Schwirren schlagen zu hören. Dort sind es vermutlich Holzfrevler. Der alte Peter Walser im Wiesli hörte in der Nacht oft Schwirren schlagen und klagte es dem Pfarrer Aschwanden. Der liess sämtliche Nachbarn zusammenkommen, und alle mussten feierlich einen Nachlass geloben, wenn einer wissentlich oder unwissentlich den andern an Hab und Gut geschädigt habe. Von dort an wurde das Schwirrenschlagen nie mehr gehört. J. B. Stoop *** Ein Bauer, der ausgedehnte Güter in Flums sein eigen nannte, hatte zu seinen Lebzeiten seine Nachbarn durch Versehen der Marken stark geschädigt und musste nach seinem Tode zur Strafe „umgehen" und Marken setzen. So hörte man ihn verschiedenemal während des Jahres und alle Jahre wiederkehrend in den gleichen Nächten klopfen, wie wenn man mit einem hölzernen Hammer einen Holzpfahl in die Erde rammt. So musste er durch das „Hösle" bis zur Färberei und dem Schilzbach nach bis in die Nähe des Walensees „March rucken". Bei Färber Rupf mutsste er sogar durch die Küche gehen und bei einem gewissen Gantner durch den Stall. Geheimnisvoll flüsterten sich die Leute dann zu: „Der Schwirrama ist wieder umganga." Vor 10 - 12 Jahren soll er noch gehört worden sein; nun glauben die Leute, dass er erlöst worden sei.  Rob. Rizzi Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 334, S. 186 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das See-Untier

Source: Das See-Untier

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a) Früher hat im Leiden-See zwischen dem Erstfelder und dem Leutschachtal ein Untier gehaust. Da gingen sie hin und schossen darauf. Es schwamm ans Ufer und begab sich auf schneefreies Gebiet, »uff d'Aeberi«, wo es verendete. Im nächsten Jahre fand ein ganzes Senten Kühe in seinem Körper Platz und Schatten. So hats allemal der alte Tristler selig erzählt, aber der hat manchen Bären aufs Tapet gebracht. Wilhelm Zurfluh, 52 Jahre alt, Amsteg b) Ein fahrender Schüler sagte zu zwei Jägern, sie sollten auf die Wildampfern am Abhang des Geissberges hinaufgehen und dort in das Seeli schiessen. Es werde zwar etwas dabei geschehen, aber sie sollten sich nicht fürchten, sie würden etwas »kriegen«. Da stiegen die Jäger hinauf und schossen in das gefrorene Seeli; es war nämlich zur Winterszeit. Da ging ein furchtbares Geschrei auf, so dass die Jäger voll Schrecken davon liefen. Im folgenden Frühling fanden die Älpler neben dem Seeli den toten Körper eines ungeheuren Drachen, so gross, dass Kühe in seinem Schatten stehen konnten. Frz. Jos. Zurfluh, 75 Jahre alt, Intschi Dieser Drache war vor Zeiten gesehen worden, wie er vom Windgellen her in dieses Seeli geschossen kam. Frau Walker-Zgraggen, Gurtnellen c) Variante siehe bei Lütolf, S. 232, Nr. 166. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Seelenlichtlein

Source: Das Seelenlichtlein

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Durch den milden Novemberabend schreitet schwerfälligen Ganges ein Taglöhner. Einsam und ausgestorben ist die breite Landstrasse. Aus den nahen Bauernhäusern schimmert schon der gelbrote Widerschein der Lampen freundlich herüber. Einige Lichtstreifen erhellen da und dort die dunkle Strasse und erleichtern dem fremden Wanderer die Orientierung. Schon ist der Mann am kleinen Weiler Grünsberg vorbei, da sieht er in kurzer Entfernung ein winziges Lichtlein aufflammen. Grad auf ihn zu strebt das Licht; vor dem Verdutzten bleibt es stehen. Verwundert setzt der nächtliche Heimkehrer seinen Weg fort. Aber das geheimnisvolle Lichtlein weicht nicht von seiner Seite. Bald hüpft es rechts, bald links, dann schwebt es hartnäckig vor dem Gehenden her. Dem Taglöhner wird das neckische Spiel des roten Flämmchens doch zu bunt. «Geh’ weg! Ich brauche kein Licht; ich finde meinen Weg auch im Dunklen!» ruft er zornig dem flammenden Spuk zu. Es ist ihm nicht ganz geheuer bei dem Erlebnis. Kaum sind die unfreundlichen Worte verklungen, verschwindet das geisterhafte Leuchten. Aber mit einem Male verspürt er auf seinem Rücken eine fremde Last. Zentnerschwer beugt sie den arbeitsgewohnten Mann darnieder. Plötzlich spricht eine Geisterstimme in ängstlichem Flehen: «Willst du mir dreissig Messen lesen lassen, die ich bei Lebzeiten versprochen, aber nicht bezahlt habe?» Die Stimme seiner verstorbenen Schwester ist’s, die zum Erschrockenen redet. Vor einem halben Jahr war sie eines plötzlichen Todes verschieden. Bei Lebzeiten hatten sich die Geschwister nicht gut vertragen. Eine leidige Erbschaftsgeschichte hatte sie einander entfernt. Jedes war seither seinen eigenen Weg gegangen. Der alte Groll frass in ihren Herzen, bis der Schnitter Tod denselben beendete. Blitzschnell fährt dieser Gedanke dem Bruder durch die Seele. Er fühlt sich mitschuldig an der Unruhe der verstorbenen Schwester. Bereitwillig verspricht er, die schuldigen Messen lesen zu lassen, damit die arme Seele ihren ersehnten Frieden erhalte. Im Drang der Geschäfte vergass der Gemahnte sein Versprechen. Immer länger schob er dessen Erfüllung hinaus. Aber das Seelenlichtlein liess dem Vergesslichen keine Ruhe mehr. Es begegnete ihm öfters auf dem Heimweg, bis der verängstigte Bruder endlich die versprochenen Seelenmessen bei den «braunen Vätern» in der Murtengasse nacheinander lesen liess. Erst nach dieser erfüllten Liebespflicht liess ihn das unruhige Lichtlein in Frieden.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Seelisberger Seeli

Source: Das Seelisberger Seeli

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a) Wo jetzt das Seeli ist, da ist vor Zeiten Land gewesen. Da haben zwei böse Mannen mit einander Zank bekommen. Sie sind hintereinander geraten und haben einander geprügelt. Da sind sie plötzlich in ein Loch hinunter gefallen, und das hat sich gleitig mit Wasser gefüllt. Die zwei Mannen haben sich am Land mit beiden Händen festgehalten, aber der Boden unter ihren Füssen ist immer tiefer gesunken, und das Wasser hat immer weiter um sich gefressen. So ist eben das Seeli entstanden, und die zwei Zänker sind darin ersoffen. »So hennt's alligs d'Schüelchind verzellt.« Alois Truttmann, 16 J. alt b) Wo jetzt der See am Bauen seinen Spiegel malerisch mit einer Alpenlandschaft umrahmt, war einst eine gesegnete Flur, das »Blumenfeld«. Wegen einer Übeltat ist sie versunken und der See entstanden, welcher dann die Behausung eines Ungeheuers ward. c) Osenbrüggen (Die Urschweiz S. 71) berichtet: »Ein Bube, der an mich herankam, erzählte mir, das Seeli sei nicht immer dagewesen und habe denn der Berg auch nicht Seelisberg geheissen, sondern Frohberg.« Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Seelisberger Tor

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Auf Seelisberg, im Walde zwischen der Pfarrkirche und der Kapelle auf Sonnenberg, heisst es an einer Stelle »in der Gruobi, Gruowi«, von gruoben, d.h. ruhen. Es ist daselbst eine gedeckte »G'hirmi« mit einem grossen Feldkreuz daneben. Nicht weit davon ist »das Tor«. Beim Tor war Seelisberg geschlossen, sagte man, und eben hier seien die Einwohner von Luzern her angefallen worden. Nach diesem Tor heisst jene Gruowi auch das Torhittli und unterscheidet sich noch heute die Seelisberger Schuljugend in Obertörler und Untertörler, d.h. solche, die ob dem Tor, also zu Sonnenberg, Geissweg, Beroldingen, Wyssig etc. und solche, die unter dem Tor, d.h. bei der Kirche, in den Rüttenen, zu Volligen daheim sind, welche zwei Parteien manch harten Strauss mit einander auskämpfen. Eine Urkunde vom 24. April 1365 erwähnt eine »alte Letzi« in Seelisberg. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Seelisbergertor

Source: Das Seelisbergertor

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Auf Seelisberg heisst es an einer Stelle in der „Gruobi, Gruowi" von gruoben, ruhen. Nicht weit davon ist „das Tor". Wie auf Morschach, so hatte man also auch hier den Ort als mit einer Mauer umfasst gedacht. Beim Tor war Seelisberg geschlossen, sagte man, und eben hier seien die Einwohner einst von Luzern her angefallen worden. Ferner behaupteten die Alten: Wo jetzt das Seeli sei, habe einst eine fruchtbare Weide gegrünt, Blumenfeld genannt.  Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Das Seemannli

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Das Seemannli vom Stampach hat einmal einem Jäger von Eisten einen zweifelhaften Dienst erwiesen. Der Jäger wollte am Rande des Stampachgletschers am Bergsee vorübergehen. In der Randmoräne des Sees sieht er das Seemannli in grauen Stiefeln, blauem Frack und Zipfelmütze forschend nach der Tiefe schauen. Der Jäger sieht sich schon bemerkt, und um nicht die Gunst des Seemannli zu verscherzen, redet er es freundlich an: «Was suchst du, grosser König der Berge, da unten, wo die Menschen wohnen?» «Habe das Bett zu kurz, die Schuh zu eng, Bald streck ich mich aus über Wald und Weng.» Das hat der Jäger verstanden. Der Berggeist will seinem See einen Abfluss suchen über die gezierten Güter. Was soll aus seinen besten Wiesen werden, gelegen am Fusse des Berges, in den Bleicken, der schönsten Lage im ganzen Tale? Die Angst treibt ihn schnell weiter und zeigt ihm einen listigen Ausweg. Am andern Tage ist die Kühmattkirchweihe, ein Feiertag für die ganze Talschaft. Gruppenweise kommen schon in den Morgenstunden die Bewohner der äussern Gemeinden in ihrem schwarzen Sonntagsstaat in Eisten vorüber. Der Jäger sitzt vor seinem Hause an der Talstrasse, grüsst alle Vorübergehenden, wie aber der Meier aus Ferden kommt, der reichste Mann des ganzen Tales, hat er einen besonders freundlichen Gruss. Nicht Amt und Würde bewegen ihn dazu, vielmehr der schwere Geldsack. Der Jäger versteht es, sich unauffällig dem Reichen anzuschliessen, denn seine Zunge zielt nicht schlechter als sein Auge, und das Gespräch auf das schöne Gut unter dem Stampach zu lenken. Der Reiche meint: «Ich habe Güter überall im ganzen Tal, in den schönsten Matten ausgenommen, willst du mir dein Gut verkaufen?» Die Gelegenheit ist günstig, von dem gefährdeten Gut los zu werden. Beide meinen im Handel zu gewinnen, was sonst selten der Fall ist. Der reiche Mann bezahlt noch am gleichen Abend mit barem Golde, und der andere freut sich des Schatzes, den er gefunden wähnte. Aber er sollte sich daran noch arg verbrennen. In der folgenden Nacht fängt es in den Bergen an zu dröhnen, als ob die Felsen unter dem Gletscher zermalmt würden. Ein Geruch von frisch aufgewühlter Erde und von gemahlenen Felsen steigt bis in die Dörfer Blatten und Eisten und bis hoch hinauf zur Tellialpe. «Das ist der Stampach», sagen alle, «Gott beschütze unsere Matten in den Bleicken. »In Angst und Schrecken erwarten alle den nächsten Morgen, in der Nacht wagt niemand, dem tosenden Bach nahe zu kommen. Welch einen Anblick bietet der schöne Sommermorgen, der sich friedlich ins Tal senkt. Vom Stampachchinn bis zur Lonza hat der Stampach braunen Schutt über die grünen Wiesen ausgestossen. Mitten in einer tiefen Rinne fliesst der Bach, der jetzt stiller geworden. Die Lonza hat ihren Lauf verändert, ist bis an die Felsen gedrückt und hat beide Brücken fortgetragen. Bald erfährt man das Geheimnis der grossen Verwüstung. Der Bergsee unter dem Stampachgletscher ist ausgebrochen, hat die Moränen aufgegraben und fortgeschwemmt in die Talsohle. Das hätte ihnen der Jäger von Eisten vorher sagen können. Was hätte es aber genützt? Er selbst ist seines Wissens und seiner List nicht froh geworden. Diese haben einen bösen Wurm angesetzt in seinem Herzen, den Wurm des bösen Gewissens. Er wagt das gewonnene Gold nicht mehr anzuschauen, vergiss denn anzurühren. Immerfort quält ihn der Gedanke: «Du hättest dem Käufer alles sagen sollen, du darfst das Geld nicht behalten.» Um Ruhe zu haben, geht der Jäger unverzüglich zu dem reichen Manne nach Ferden, legt das Gold auf den Tisch und sagt: «Das Geld gehört nicht mir, denn ich habe es durch List bekommen. Ich habe gewusst, dass der See ausbrechen werde und das Gut verwüsten.» Der reiche Mann wollte aber auch nichts zurücknehmen und schenkte alles dem Jäger, was dieser etwa ungerecht haben sollte. Mit dem Verlust des Geldes hat er seinen Stolz gebüsst, und der Jäger sein Verschweigen mit der Qual des bösen Gewissens. Quelle: J. Siegen, Sagen aus dem Lötschental, Erweiterte Ausgabe der Gletschermärchen (1905), Lausanne 1979. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das seltsame Buch

Source: Das seltsame Buch

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Das seltsame Buch Es soll in einer Ortschaft des Oberlandes gewesen sein, dass der Hausvater zur Kirche ging und die Kinder allein zu Hause liess. Während seiner Abwesenheit durchsuchten diese das ganze Haus. Sie kamen auch auf die Oberdiele und fanden in einer Ecke ein Buch. Sie nahmen es herunter und begannen darin zu lesen. Kaum hatten sie einige Worte gelesen, als es im ganzen Haus zu krachen anfing, vom Keller bis zum Dach hinauf. Der Vater hatte in der Kirche etwas gemerkt, eilte schnell nach Hause und verbrannte das Buch. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland SAVk 2 (1898), S. 276. Merkwürdigerweise kommt hier das Rückwärtslesen des Textes nicht vor.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Senne-Tunschili

Source: Das Senne-Tunschili

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Es geschah vor vielen hundert Jahren, dass in der Horenvällialp bei Göschenen übermütige und boshafte Alpknechte sich aus Lumpen („Blätzen") eine Puppe machten und mit ihr den ganzen Sommer hindurch zuerst die Gugelfuhr, hernach förmliche Bosheiten trieben. Sie nannten sie Tunschili, gaben ihr zu essen und strichen ihr Mus ein. Mit der Zeit kam es so weit, dass Tunschili wirklich zu essen anfing, und wenn sie ihm nicht gaben, so verlangte es mit Ungestüm. So brachte Tunschili die Alpknechte in solchen Schrecken, dass von Spassen keine Rede mehr war. Sie vertrösteten sich auf den Herbst und die Abfahrt. Allein wie dieser Augenblick anbrach, da befahl Tunschili mit furchtbarem Ernst, dass der Ärgste da zu bleiben habe. Die übrigen konnten gehen und durften erst auf dem Hochgrat noch einmal zurückschauen. Sie taten es dann alldort und sahen mit Zittern und Beben, wie Tunschili schon die Haut dieses Gesellen auf dem Hüttendache zum Trocknen ausspreitete. Von dort an machte das Gespenst noch lange den Ort berüchtigt und bis zur Stunde soll es nicht ganz geheuer sein.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Das Sevogelhaus

Source: Das Sevogelhaus

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«Eine Tochter Hemmann Sevogels soll im Erbe die Höfe Ramlinsburg erhalten haben. Das als ältestes Haus auf dem Niederhof bezeichnete Gebäude soll ihr zeitlebens zum Aufenthalt gedient haben. Bis in die neueste Zeit war dasselbe mit Sprüchen und Inschriften verziert, worunter der Name Verena Sevogel deutlich gelesen werden konnte.» Ramlinsburg Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das sich verwundernde Gottwerggi

Source: Das sich verwundernde Gottwerggi

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Eine Hausmutter, welche Eier kochte, legte die leeren Eierschalen auf die Treche (Feuerherd). Da kam ein in diesem Hause vertrautes Gottwerggi dazu und rief voll Verwunderung aus: «Ja nu, ja nu! I bi do afu alts, i bsinnu mi, dasch scho drimal du Pfynwald abghauwu heint und wieder um uf gwagsu ist, aber so vil Häfilini (so nannte er die Eierschalen) ha ni do mi Lebtag no niemal gseh!»   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das siebenfarbige Pferd

Source: Das siebenfarbige Pferd

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Gianign war ein armer Bursche, der hatte niemanden mehr. Er galt als sehr mutig, und als er hörte, dass man auf dem Weg durch einen grossen Wald in eine Stadt gelangt, beschloss er, dorthin aufzubrechen, um sein Glück zu suchen. Einen ganzen Tag lang ging er und kam am Abend todmüde zu einem kleinen Haus. Darin wohnte ein altes Männlein. Der Bursche trat ein und bat, übernachten zu dürfen. Doch der Alte sagte: «Du kehrst lieber wieder um und gehst nach Hause zurück, deine Eltern werden sich Sorgen um dich machen.» Der Bursche entgegnete: «Ich habe keine Eltern mehr, und nach mir fragt niemand.» So behielt ihn der Mann bei sich und gab ihm auch ein Abendessen Doch dann sagte er: «Um bei mir zu übernachten, braucht es Mut, denn es geschehen hier allerlei Dinge.» Doch Gianign liess sich nicht einschüchtern. Der Alte war der Wärter eines Schlosses, wo seit Jahren niemand mehr gewohnt hatte. Bevor er sich schlafen legte, machte er jeden Abend einen Rundgang durch alle Zimmer, um sicher zu sein, dass nicht etwa ein Dieb sich darin versteckt hatte. Vor allem in den Kellergeschossen waren Kostbarkeiten aufgehäuft: goldene und silberne Münzen, Edelsteine, wunderschöne Stoffe, kostbare Teppiche und noch andere schöne Sachen. Er nahm auch Gianign mit, der musste mit der Laterne voraus. Sie durchquerten riesige finstere Gänge, und von allen Seiten liefen unheimliche Ratten daher, doch Gianign liess sich von nichts Angst machen. Er staunte nur über all diese Reichtümer. In einer Kellerecke sah er ein Gerippe mit einem Licht darin. Doch Gianign war ein aufgeweckter Bursche und merkte schnell, wozu jenes gut sein sollte. Er dachte: «Diebe lassen sich vielleicht erschrecken, ich aber nicht.» Und nach dem Rundgang durch alle Zimmer gingen sie schlafen. Am nächsten Tag führte der Alte Gianign in den Stall hinunter und sagte: «Du kannst eines dieser Pferde haben, damit du früher am Ziel bist, nimm, welches du willst. Es waren dort wunderschöne Pferde, Schimmel, braune und schwarze. Zuhinterst im Stall sah er ein gestreiftes Pferd, das gefiel ihm noch besser als die andern. «Kann ich dieses haben?» fragte er. «Ja, du kannst es haben», antwortete der Alte, «doch hast du gesehen, dass es siebenfarbig ist? Man nennt es das "Glückspferd", und dazu gehören noch ein Schwert und eine Mütze, die innen rot ist. Wenn du das Rot nach aussen kehrst, verwandelst du dich in einen Krieger in Rüstung, mit dem Schwert in der Hand. Doch sobald du die Mütze mit dem Rot nach innen trägst, bist du ein einfacher Wanderer mit einem Stock statt des Schwerts in der Hand. Wenn ich dir raten kann, setzest du die Reise als einfacher Mann fort, dann brauchst du die Diebe nicht zu fürchten.» Dann gab er ihm noch ein paar Goldstücke, damit er auf seiner Reise das Notwendige kaufen konnte. Gianign dankte dem Alten und ritt dann glücklich auf seinem gestreiften Pferd in Richtung Stadt. Das Pferd lief so schnell wie der Wind, und Gianign musste sich mit aller Kraft an dessen Hals und Zaumzeug festhalten. So ging es im vollen Galopp durch den dichten Wald. Und schliesslich gelangte er in die Stadt. Alle Häuser waren bekränzt, Fahnen flatterten, und auf Plätzen und Strassen waren viele Leute. Es fanden grosse Feiern zu Ehren des Königs statt, mit Rennen, Zweikämpfen und andern Unterhaltungen. Auf seinem Pferd überblickte er das alles und staunte nicht schlecht, denn solche Dinge hatte er nie gesehen, noch je davon gehört. Während er sich herumtrieb, hörte er sagen, der König beabsichtige, die Hand seiner Tochter jenem Krieger zu geben, der bei diesen Wettkämpfen am besten abschneide. Nachdem er recht lange zugeschaut hatte, dachte Gianign: «Wer weiss, ob ich auch mein Glück versuchen und bei den Rennen mitmachen soll?» Er zog sich wieder etwas Richtung Wald zurück, wo es keine Leute hatte, kehrte seine Mütze um und verwandelte sich in einen Ritter. Dann stellte er sich mit den andern Rittern in die Reihe, gab seinem Pferd die Sporen, und wie ein Pfeil durchlief jenes die Rennstrecke, und er kam als einer der ersten an. Das gab ihm Mut, auch bei den Schwertkämpfen mitzumachen. Er hatte die Kämpfe der andern mit Aufmerksamkeit verfolgt, und in seinem Schwert schien eine Zauberkraft zu sein, so dass er auch damit grossen Erfolg hatte. Am Abend versammelten sich alle Teilnehmer im Königsschloss, und dort wurde ein ganz feines Abendessen mit ganz feinen Weinen aufgetragen. Es waren dort auch schöne junge Frauen in weissen Kleidern dabei, nämlich die Hoffräulein der Prinzessin. Gianign erkundigte sich, welches die Königstochter sei, und man antwortete ihm: «Siehst du denn nicht, das ist die Schönste der Schönen.»- «Wie kannst du dir nur vorstellen, die Königstochter zu heiraten, du, der du nichts hast?!» dachte Gianign. «Du hattest wohl Erfolg bei allen Spielen und Unterhaltungen, doch woher schöne Geschenke nehmen, um sie der Prinzessin zu überreichen, wie es der Brauch ist?» Die junge Frau hätte unserm Gianign überaus gut gefallen, sie war schön und anmutig; doch woher die Geschenke nehmen? Das bereitete ihm Kopfzerbrechen. Da näherte sich der König, der die Kämpfe und Wettrennen mit Interesse verfolgt hatte. Er wollte den Namen des jungen Kriegers wissen, und woher er sei. «Ich komme aus einem weit entfernten Land», sagte Gianign, «aus einem Land mit grossen Reichtümern, viel Gold und Edelsteinen, und wo es Gerippe gibt, die nachts leuchten.» Und um dem König zu beweisen, dass er die Wahrheit sagte, nahm er aus der Rocktasche die Handvoll Goldstücke, die der Alte ihm gegeben hatte Der König war ziemlich alt und sehnte sich danach, die Sorgen, die das Herrschen über ein ganzes Volk mit sich bringt, bald auf jüngere Schultern legen zu können. Der Bursche gefiel ihm, und er liess sich von seiner Erzählung von den grossen Reichtümern ein wenig blenden. So wurde beschlossen, dass Gianign in sein Land gehen und dann mit den Gaben für die Prinzessin zurückkommen werde, wie es der Brauch ist. Und Gianign bestieg sein gestreiftes Pferd und ritt wieder Richtung Wald. Der Alte war nicht wenig erstaunt, als er ihn kommen sah, und noch mehr, als er seine Geschichte hörte. Da der Schlossherr sich seit Jahren nicht mehr gezeigt hatte, nahm der Alte an, dass er wahrscheinlich unterdessen gestorben war. Zudem fühlte er, dass auch er nicht mehr lange leben sollte, da liess er sich vom Wunsch des Burschen überzeugen. Die ganze Ware wurde auf Wagen geladen und von bewaffneten Männern begleitet. Man fuhr zur Stadt, wo die Feiern verlängert worden waren, um den jungen Mann mit den Gaben für die Prinzessin zu erwarten. Und wenig später machten sie Hochzeit, und eine wunderschöne Hochzeit war es, das kann ich euch sagen. (Oberengadin   Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Sigristengut in Ziefen

Source: Das Sigristengut in Ziefen

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Im Jahre 1534 übergab der Pfarrer Leonhard Strübin den Chilchberg dem Lienhard Spiess als Erblehen. Während Jahrhunderten blieben Sigristenamt und -gut in den Händen der Familie Spiess. Erst 1881 wurde das Land veräussert, nachdem der letzte Spiess bis 1873 als Sigrist geamtet hatte. Das Sigristenhaus mit seinem Garten steht noch heute als einziges seiner Art im Besitz des Kirchen- und Schulguts von Baselland. Ein Verwandter des in der Schlacht bei St. Jakob gefallenen Führers der Baselbieter, Henman Sevogel, soll das Erblehen gestiftet haben. An die Sevogel, die im 15. Jahrhundert Schloss Wildenstein besassen, erinnert ein Landstück im Ziefner Rebberg, ebenso der Flurname «Tiergarten» (nördlich des Chilchbergs), wo die Wildensteiner Herren ein Wildgehege unterhielten. Der Familienname Spiess soll auf einen Angehörigen zurückgehen, der unter Henman Sevogel Spiessträger war. Ziefen Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das silberne Hufeisen

Source: Das silberne Hufeisen

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In der Stadt Turin soll einst ein Graf aus Wallis am Hofe oft erschienen sein, um dem Herzoge von Savoyen seine ergebenste Aufwartung zu machen. Wegen seiner bürgerlichen Kleidung aus braunem Trilch, welchen seine edle Frau und Töchter sollen gesponnen haben, wie es dazumal auf Ritterburgen noch oft im Brauche war, sollen die Hofschranzen über ihn die Nase gerümpft haben und sogar ihm verächtlich begegnet sein. Man schrieb nämlich seine einfache ländliche Kleidung bald seiner Armut, bald seinem Geize zu; nur beim Herzog stand er in hoher Gunst und wurde von selbem immer mit Auszeichnung behandelt. Da fand man einst in der Hauptstrasse der Stadt ein Hufeisen, und zwar von geschlagenem Silber. Das machte nicht wenig Aufsehen. «Wer mag wohl der vornehme Herr sein», so ging es von Mund zu Mund, «der sein Reitpferd mit Silber beschlagen lässt?» Der Ruf von diesem seltsamen Funde kam selbst bis an den Hof. Aber die Verwunderung stieg jetzt bis aufs Höchste, als man vernahm, dasselbe gehöre dem Grafen aus Wallis im braunen Trilchrocke. Mehrere Hofherren, die ihn bisher kaum über die Achseln anblickten, schickten sogar Auskundschafter nach Wallis, um sich über seine Vermögensumstände zu erkundigen. Als aber diese zurückkehrten und von seinem grossen Ansehen, in welchem er im Wallis und bei vielen Monarchen stehe, von seinem Palast, dessen drei hohe Türme man meilenweit sehen könne, von seinen Gütern und wie er in seinen Häusern von Brig bis Mailand und bis Genf übernachten könne, kurz von seinem Reichtume erzählten; ja damit nicht genug, überdies seine Freigebigkeit gegen Kirchen, gegen Klöster und Arme hervorhoben ; welche ungeheuren Summen er zur Verschönerung der Gotteshäuser, zu öffentlichen Bauten und wohltätigen Instituten verwende — da machte das Hofgesinde, welches ihn wegen seiner Armut und seinem Geize so verächtlich angeblickt, grosse Augen und ihr Spöttlen über seinen braunen Trilchrock wurde kleinlaut — und sowie man zuvor viel und halblaut von seinem Geize und seiner Armut sprach — so redete man jetzt allgemein und ganz laut von seinem Reichtume und seiner Freigebigkeit. Diese Tonveränderung und diesen guten Klang verursachte das silberne Hufeisen.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das silberne Hufeisen

Source: Das silberne Hufeisen

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In der Stadt Turin soll einst ein Graf aus dem Wallis oft am Hofe erschienen sein, um dem Herzoge von Savoyen seine ergebenste Aufwartung zu machen. Wegen seiner bürgerlichen Kleidung aus braunem Trilch welchen seine Frau und seine Töchter gesponnen haben sollen, wie es dazumal auf Ritterburgen noch Brauch war, rümpften die Hofschranzen über ihn die Nase und begegneten ihm verächtlich. Man schrieb nämlich seine einfache Kleidung bald seiner Armut, bald seinem Geize zu. Nur beim Herzog stand er in hoher Gunst und wurde von ihm stets mit Auszeichnung behandelt. Da fand man einst in der Hauptstrasse der Stadt ein Hufeisen, und zwar von geschlagenem Silber. Das machte nicht wenig Aufsehen. «Wer mag wohl der vornehme Herr sein, der sein Reitpferd mit Silber beschlagen lässt?» so ging es von Mund zu Mund. Der Ruf von diesem seltsamen Funde kam selbst bis an den Hof. Aber die Verwunderung stieg jetzt aufs höchste, als man vernahm, es gehöre dem Grafen aus dem Wallis im braunen Trilchrocke. Mehrere Hofherren, die ihn bisher kaum über die Achseln angeblickt hatten, schickten sogar Kundschafter ins Wallis, um sich über seinen Vermögensstand zu erkundigen. Diese kehrten zurück und erzählten von seinem grossen Ansehen, das er im Wallis und bei vielen Monarchen geniesse, von seinem Palast, dessen drei hohe Türme man meilenweit sehen könne, von seinen Gütern, und dass er von Mailand bis Lyon in seinen eigenen Häusern übernachten könne. Kurz, sie berichteten von seinem Reichtume, aber auch von seiner Freigebigkeit gegen Kirchen, gegen Klöster und Arme, und sie zählten auf, welche ungeheuren Summen er zur Verschönerung der Gotteshäuser, zu öffentlichen Bauten und wohltätigen Instituten verwende. Da machte das Hofgesinde, welches ihn wegen seiner Armut und seines Geizes so verächtlich angeblickt, grosse Augen, und das Spötteln über seinen braunen Trilchrock wurde kleinlaut. Und so wie man zuvor viel und halblaut von seinem Geize und seiner Armut gesprochen hatte, so redete man jetzt allgemein und ganz laut von seinem Reichtume und seiner Freigebigkeit. BRIG Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Sixfeld bei Liedertswil

Source: Das Sixfeld bei Liedertswil

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Zwischen dem vorderen und hinteren Frenkental, in der Flucht eines den Juraketten folgenden Längstales liegt das Sixfeld. Steiler, dunkler Bergwald säumt zu beiden Seiten das fast baumlose, breite Gelände dieses ausgeprägten Passsattels. Während die Sommerhitze hier flimmernd brütet, weht zu anderen Zeiten des Jahres oft ein stürmischer Wind. Der Name des Sixfeldes wird im Volksmunde mit einem hier erfochtenen Siege (Siegsfeld) in Zusammenhang gebracht, wie denn auch verschiedene Sagen von Soldaten und Schlachtenlärm erzählen. So hörte eine von Reigoldswil nach Liedertswil heimkehrende Frau in später Nacht das Gestampf von Pferden und das Klirren von Waffen. Dazwischen ertönten auch Rufe, und sie konnte wahrnehmen, dass ein Kampf hin und her wogte. Da die Frau sonst keine Furcht kannte, wollte sie trotzdem ihren Weg fortsetzen, wurde aber von unsichtbarer Hand daran gehindert. Es blieb ihr nichts anderes übrig, als nach Reigoldswil zurückzukehren und daselbst zu übernachten. Von einer andern Frau wird erzählt: Sie jätete Rüben auf dem Sixfeld bei hellem Tage. Da sah sie auf der ganzen Breite des Feldes Militär heranmarschieren. Sie kehrte das Gesicht weiter der Erde zu und dachte, die Soldaten würden ihr schon ausweichen. Als sie nach einer Weile wieder aufschaute, war alles verschwunden. Etwas Ähnliches erfuhr ein Reigoldswiler, der mit zwei Freunden eine Bergtour auf den Passwang unternehmen wollte. Wie die drei Männer unter munterem Gespräch den Gempis erstiegen hatten und gegen die Bergmatten marschierten, hörten sie auf einmal Jagdhörner, Musik und laute Männerstimmen. Erschrocken spähten sie nach der Ursache dieses Lärms und erblickten drüben auf dem Sixfeld ein Bataillon Soldaten, deren Waffen wie Silber in der heissen Julisonne glänzten. Aber plötzlich war der ganze Spuk wieder verschwunden. Der Himmel überzog sich und es fiel ein gewaltiger Gewitterregen, der die Wanderer veranlasste, schleunigst ins Dorf zurückzukehren. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Das sonderbare Gemschtier

Source: Das sonderbare Gemschtier

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Under danna, dasch disch'm Chind uf d'n Tod gibeitut heind, und d'Lit, wie's geid, mit en andern gidorfut, so säge e Jäger, er hei oich einesti g'hört erzäll'n, dass e Jäger im Baldschiedertal hey well'n z'ener Gemschu schiessn. Z'Gwehr versäge mu und wie'r uifg'seh, so si mu diz Tier under d'n Oigu weg chon, er wisse nit wie. Es si denn en bösche Jäger g'sin und gitroff'n hätt'r scha g'wiss und endlich. Na e schupli Jahr'n gang dische Jäger bis z'Meiland. Us em aschoiwlichn Huis riefe mu e hibschi, wesslichi Froiw embrab und tie mu Wischtung, z'ihra z'chon und frege 'ni: Ob er schia nid b'chenne? schi si oich im Wallis g'sin. — Nenei; dara chen' er schich eimal gar nid gäh'n, versetzte dra dische, und düo fä'sch mu duo an z'äll'n. Dasss'sch e so e jungi Schgoitsa es Meitschi si g'sin, heisch allerlei Bigeb'nheite g'les'n. — Was für es donnerschierigs' nett's Läbe z'Chiejer-, Hieter- und Jägerläbe wä und e so settig's; und was heisch z'tuon, und wüsche vor em alt'n Wibli: wesch grad chönti en Gembscha si, de weltisch d'Jäger recht z'm Narr ha und spring'n und lustigi si und über alli Gänder fahr'n. Und was bigegne dra? di vermaladrat Hara — dass alt Wibug'sicht, si e rechti Helin g'sin und die hei scha ohoich in es Gemschtier verwandlut, bis dass dri Jäger uf schia gizahltet hei. Entgangesch mu, so chennesch mu heim ga Mamsell si und sust heisch denn d'n Lohn für ihra fürgeb'n Wüsche… Dr Dritt'n, wa auf schia gizahlet, si er g'si — aber, es hei schätzesch auch nid sell'n sin — noh gang'n si's dra den afa uferschammt und da na chenne schi ihn'n. — Settig Gemsche git's es deich'n keinu meh!   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das sonderbare Gesicht

Source: Das sonderbare Gesicht

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Zur Zeit, als die Jesuiten noch in Brig waren, hörte ich von einem Professor auf einem Spaziergange ein seltsames Ereignis den Studenten mitteilen, welches einem frommen Bruder aus ihrer Gesellschaft soll begegnet sein. Dieser Bruder betrieb die Feldarbeit und keine Politik; er war eben in den sogenannten Triesten emsig damit beschäftigt, als es um elf Uhr zum Angelus läutete und er eben andächtig sein Gebet verrichten wollte. Er schaute nach der Klosterkirche in Brig und sah zu seinem grössten Erstaunen, weder Pensionat noch Kloster, wohl aber die Kirche. Er traute anfangs seinen Augen nicht und meinte es sei eine Versuchung vom bösen Feind, der ihn im Gebete stören wolle. Er wandte darum seine Augen ab und verrichtete das Gebet, konnte sich jedoch nicht enthalten, hie und da noch nach dem Kloster umzublicken; aber es blieb immer noch die gleiche Erscheinung. Nach Abbetung des englischen Grusses nahm er wieder rüstig die Stechschaufel zur Hand und setzte die Arbeit fort. Doch das seltsame Gesicht, das er soeben hatte, liess ihm keine Ruhe; er schaute wieder hinauf und jetzt sah er zu seinem grössten Schrecken weder Pensionat, noch Kloster, noch Kirche mehr und so oft er von diesem Standpunkte hinüber blickte, sah er die gleiche trostlose Erscheinung. — Nach ein bis zwei Stunden sei jedoch das Kloster und die Kirche wieder zum Vorschein gekommen. — Was damals belächelt wurde, ist zum traurigen Ernst geworden: Pensionat und Kloster der Jesuiten sind verschwunden. Möge Gott verhüten, dass die Kirche, d.h. die Religion, nicht auch von Brig verschwinde!   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch  


by Das sonderbare Medikament

Source: Das sonderbare Medikament

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Auf Breitebnet in Bürglen hauste ein wohlhabendes Ehepaar, das viele und gute Käse besass, die aber heillos von den Milben hergenommen wurden. In des Mannes Abwesenheit kam einst ein Fremder in das Haus, mit dem sich die Frau in ein Gespräch einliess und unter anderm auch die Plage mit den Milben erwähnte. Der Fremde anerbot ihr darauf für ein ordentliches Geld ein Medikament, mit dem sie nur die Laibe bestreichen müsse, um bald von der Plage befreit zu werden. Sie kaufte es, und der Fremde entfernte sich. Sobald der Gatte heimkam, zeigte sie ihm das gekaufte Mittel. Der aber traute nicht und warf es in den Abtritt hinunter. Sogleich fing es da drunten zu wallen an, der übelriechende Inhalt hob und hob sich, ging über und ergoss sich die Wiese hinunter bis zu dem Punkte, wo der Fremde mit Kameraden auf die verzauberten Käse passte. Solche Wirkung hatten sie aber nicht erwartet. Theresia Gisler, 73 Jahre alt, Spiringen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Sonnenschloss

Source: Das Sonnenschloss

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Es war einmal ein Bauersmann, der mitten in einem grossen Wald wohnte. Vor seinem Haus dehnte sich eine Wiese mit vielen Blumen aus, auf der das schönste Gras wuchs, das man nur irgend finden konnte. Diese Wiese schien ihm das wertvollste Besitztum, das er hatte. Wie gross war daher sein Erstaunen, als er am Morgen eines strahlenden Sommertages gewahren musste, wie das feine Gras von Menschen zerstampft worden war. «Wer mag das wohl gewesen sein?» fragte sich der Bauer. Am folgenden Tag stand er wieder in aller Frühe vor seiner Haustür, und abermals lag das Gras geknickt und zertreten am Boden. Dies konnte nur über Nacht geschehen sein. Voller Kummer und Zorn nahm er sich vor, herauszubringen, wer ihm den Schaden zugefügt habe. Er befahl deshalb seinem ältesten Sohn, nachtsüber zu wachen und zu spähen, wer da im Gras herumlaufe. Der Sohn setzte sich also hinter ein Gesträuch am Waldrand; aber gegen Mitternacht fühlte er sich so müde, dass er in tiefen Schlaf verfiel. Er schlief wie eine Haselmaus und erwachte erst, als die Sonne schon die höchsten Gipfel der Tessiner Berge vergoldete. Er rieb sich die Augen und sah, dass die Wiese wieder zerstampft war, wie das erste Mal. Beschämt und ärgerlich kehrte er ins Haus zurück und konnte dem Vater keinen Aufschluss1 geben. In der folgenden Nacht übertrug der Bauer seinem Zweitältesten Sohn die Bewachung der Wiese. Dieser versicherte, er werde gewiss herausbringen, wer der Übeltäter sei. Dann sagte er seinen Eltern gute Nacht und versteckte sich in einem Gebüsch. Er nickte aber auch bald ein und schlummerte wie ein Siebenschläfer, so dass er am Morgen ohne Erfolg heimkehrte. Als das der jüngste Sohn, Vittorino, hörte, anerbot er sich, in der dritten Nacht zu wachen. «Das ist verlorene Liebesmühe», entgegnete ihm der Vater, «du bist noch zu jung, um eine ganze Nacht im Freien draussen Wache zu stehen. Und übrigens wirst du auch schwerlich mehr Glück haben als deine Brüder.» Aber der Jüngling bat so lange, bis\' der Väter es ihm erlaubte, und als es dunkel war, schlüpfte er zur Tür hinaus auf die Waldwiese. Dort wachte er die lange Nacht; es ereignete sich jedoch nichts. Schon fing er an, ungeduldig zu werden, blieb aber gleichwohl auf seinem Posten. Endlich stieg die Morgenröte über die Berge, und er sah im unbestimmten Dämmerlicht drei schneeweisse Tauben herabfliegen. Dann bemerkte er, wie sie nach einer kurzen Ruhepause ihr Federkleid ins Gras legten und sich alsdann in drei schöne Mädchen verwandelten, die auf der Waldwiese einen wunderlieblichen Tanz begannen, so duftig und zart, wie Elfen, deren Füsse und Flügel kaum den Blumenteppich berührten. Eines der Mädchen war von so aussergewöhnlicher Schönheit, dass Vittorino ihrem Liebreiz nicht widerstehen konnte und sich in sie verliebte. Nachdem er eine hübsche Weile ganz still dem zierlichen Reigen zugeschaut hatte, lief er hin, nahm ihnen heimlich das feine Federkleid weg und versteckte sich hinter einer Hecke wilder Rosen. Schon war indessen die Sonne höhergestiegen und vergoldete mit ihren Strahlen die Baumwipfel des Waldrandes. Sie gab damit den hübschen Mädchen zu erkennen, dass es Zeit sei, den Tanz abzubrechen. Darauf liefen sie auseinander, ihr Federkleid zu holen, fanden es aber nicht. Sie suchten hier, sie suchten dort und entdeckten schliesslich den Jüngling im Rosengebüsch. Gleich vermuteten sie — und mit Recht —, dass er es ihnen weggenommen habe. Sie näherten sich ihm auf die artigste Weise und baten ihn freundlich, ihnen das Federkleid wieder zu geben. «Ich will es euch bringen», erwiderte der Jüngling, «aber nur unter zwei Bedingungen. Vor allem müsst ihr mir als erstes sagen, wer ihr seid und woher ihr kommt.» — «So höre», nahm jetzt die Schönste von ihnen das Wort, «ich bin die einzige Tochter eines mächtigen Königs, und dies hier sind meine Kammerzofen und Ehrenfräulein. Wir kommen vom Sonnenschloss, das noch nie ein Mensch betreten hat und wohin niemand gelangen kann.» — «Meine zweite Bedingung», fuhr jetzt der Jüngling fort, «ist, dass mir die Königstochter ihre Liebe schenke und ewige Treue gelobe, und dass sie selbst den Tag unserer Hochzeit bestimme.» Als die drei Mädchen sahen, wie die Sonne immer höher stieg und es heller Tag wurde, sahen sie sich genötigt, auch dieser zweiten Bitte zu willfahren. Darauf schwuren sich die beiden Verlobten ewige Liebe, bestimmten den Tag ihrer Hochzeit und versprachen sich gegenseitig, einander nicht zu verlassen. Nun gab ihnen Vittorino ihr Federkleid zurück, die Jungfrauen verwandelten sich wieder in Tauben und flogen über die Waldwiese davon. Kaum war Vittorino ins Haus zurückgekehrt, so bestürmten ihn der Vater und die Brüder mit Fragen. Er sprach jedoch wenig und gab vor, er sei in tiefen Schlaf versunken und habe nichts beobachtet. Jetzt lachten ihn die Brüder aus, dass er es\' habe besser machen wollen als sie beide, die doch älter seien als er. Endlich kam der langersehnte Tag, da die Hochzeit stattfinden sollte. Vittorino ging zum Vater und bat ihn, ein grosses Festmahl zu veranstalten und alle Verwandten und Freunde dazu einzuladen. Und so geschah es. Es wurden die feinsten Speisen und die besten Weine aufgetragen, und als bei fröhlichem Gläserklang die Festlichkeit begann, hörte man plötzlich den Lärm einer Kutsche, die in den Hof einfuhr, gezogen von vier prächtigen Pferden. Daraus hervor stieg die schöne Königstochter, in ein wundervolles Brautkleid gehüllt und begleitet von ihren beiden Hofdamen. Als nun die Gäste die Wahrheit jener zauberhaften Nacht erfuhren, beglückwünschten sie den Jüngling zu seiner trefflichen Wahl und konnten die schöne Braut nicht genug bewundern. So wurde die Hochzeit mit vieler Freude gefeiert. Bevor aber die Morgendämmerung über die Waldwiese emporstieg, erklärte die Braut, sie müsse abreisen und wieder in ihr Schloss zurückkehren, wo sie von Orco, einem Ungeheuer, überwacht würde, das von ihrer heimlichen Vermählung nichts erfahren dürfe, sonst würde es sie umbringen, gleich wo sie sich aufhalte. Der junge Bräutigam mochte sie — so leid es ihm tat — nicht am Fortgehen hindern; er spornte sie vielmehr zur Eile an, damit ihr kein Unheil widerfahre. Mit Tränen in den Augen nahm sie Abschied. Als sie sich zum letzten Mal umarmten, überreichte ihm die Braut einen kostbaren Ring zum Andenken. Dann bestieg sie mit ihren Ehrendamen die vergoldete Karosse, und fort rollte der Wagen wie der Wind so schnell. Seit jenem Tage hatte Vittorino, der Neuvermählte, keine Ruhe mehr. Er wünschte sich nichts anderes, als in das Sonnenschloss zu gelangen. Daher trat er eines Tages vor seinen Vater mit der Bitte, fortgehen zu dürfen. Dieser wollte ihm nicht vor dem Glück sein und gab ihm seinen Segen. Also machte sich der junge Mann auf den Weg und fragte überall, wohin er kam, wo sich das Sonnenschloss befände; aber niemand konnte ihm die Richtung weisen. Er gelangte in einen Wald und hörte dort zwei mächtige Stimmen erschallen, deren Echo an den Bergwänden und in den Schluchten der Wildbäche widerhallte. Vorsichtig schritt er weiter und erblickte zwei Riesen, die miteinander zankten. Er fasste sich Mut, trat herzu und fragte sie höflich: «Ei, warum streitet ihr miteinander?» Da antwortete einer von ihnen: «Unser Vater ist vor kurzem gestorben und da teilten ich und mein Bruder die Habe. Es bleibt uns jetzt nur noch ein Paar Schuhe, ein Mantel und ein Degen zu verteilen. Und nun möchte jeder von uns diese Dinge für sich behalten.» — «Nun denn», erwiderte Vittorino, «wenn ihr euch nicht einigen könnt, so will ich euch einen Vorschlag machen. Und wenn ihr meinem Rate folgt, so versichere ich euch, dass ihr nachher euren Frieden habt und einander wieder wie gute Brüder liebt.» Als die beiden Riesen den Vorschlag vernahmen, baten sie ihn, er solle sich deutlicher ausdrücken. «Nun also, meine Freunde, ich bin ein armer Pilger und muss weit wandern, durch Königreiche ziehen, über hohe Berge steigen und viele Gefahren bestehen. Wenn ihr mir euren Mantel, eure Schuhe und euren Degen gebt, so werden sie mir treffliche Dienste leisten, und ihr braucht euch darüber nicht mehr zu streiten.» Den beiden Riesen gefiel dieser Vorschlag, und sie übergaben ihm die drei gewünschten Dinge zum Geschenk. «Nun musst du aber noch wissen, junger Mann, bevor du weiterziehst, welche Vorzüge die drei Geschenke besitzen. Wenn du diese Schuhe anziehst, so wirst du bei jedem Schritt hundert Meilen weit kommen. Dieser Mantel da wird dich bei deinen Feinden unsichtbar machen. Berührst du ferner jemand mit der Spitze des Schwertes, so wird er tot niedersinken; berührst du hingegen einem Toten die Stirne mit dem Griff des De-gens, so wird er vom Tode wieder auferstehen.» Vittorino zog alsbald die Meilenstiefel an, umhüllte sich mit dem Mantel, gürtete das Schwert um, dankte den Riesen und nahm Abschied. Er war voller Glück und wanderte durch unbekannte Länder und Städte, über Ebenen, Flüsse und Gebirge. Eines Abends gelangte er in einen dichten Wald. Ermüdet von der Reise, wollte er sich niederlegen. Da sah er zwischen den Bäumen in der Ferne ein Licht. Also nahm er seine letzten Kräfte zusammen, wanderte dem Licht entgegen und gelangte vor eine armselige Hütte. Ein uraltes Mütterchen sass auf der Türschwelle. Vittorino nahm höflich den Hut ab, grüsste die Frau mit freundlichen Worten und bat sie, ihm über Nacht Herberge zu geben, denn er könne nicht weiter. Sie hiess ihn eintreten, und ehe er sich zur Ruhe legte, fragte er sie, ob sie wisse, wo das Sonnenschloss zu finden sei. «Morgen früh», antwortete die alte Frau, «will ich meine Untergebenen zusammenrufen und sie fragen, wo diese Burg sich befindet. Und nun, gute Nacht, hübscher Jüngling!» Sobald die Sonne über den Bergen aufstieg, rief die Alte alle Tiere des Waldes herbei, denn das waren ihre Untergebenen. Bald darauf versammelten sich vor ihrer Hütte Bären, Wölfe, Tiger, Löwen, Panther und alle möglichen Tiere und lagerten sich friedlich zu Füssen ihrer Herrin. Die Alte fragte, wo sich das Sonnenschloss befinde. Die Tiere hielten Rat, aber keines wusste Auskunft zu geben. «Wie du siehst», sprach die Alte, «ist es mir unmöglich, dir den Weg zu zeigen. Doch habe ich eine Schwester, die hunderttausend Meilen von hier wohnt. Sie regiert über die Fische und ist die Königin der Bewohner von Flüssen, Seen und Meeren. Es ist leicht möglich, dass sie etwas davon weiss.» Vittorino war zwar enttäuscht über diesen Bescheid; doch Hess er sich nicht entmutigen, dankte ihr und wanderte weiter. Endlich gelangte er am Abend ans Meeresufer. Dort sah er am Strand eine baufällige Hütte, und auf der Türschwelle fand er eine Frau, die vom hohen Alter noch mehr bedrückt war als die erste. Er grüsste sie ehrfurchtsvoll und bat sie, über Nacht dableiben zu dürfen, was sie auch gewährte. Als der Morgen anbrach, setzte sie sich an die Wellen des Meeres und rief ihre tausend und abertausend Untertanen herbei, welche sie fragte, wo sich die Sonnenburg befinde. Da kamen die Bewohner des Meeres herbeigeschwommen, die Walfische, Delphine, die Salmen und die Hechte und viele andere und hielten Rat. Nach langem Fragen kamen sie überein, dass noch keiner von einem Schloss dieses Namens gehört habe. Der Alten tat es leid, dem jungen Mann nicht besseren Bescheid geben zu können, doch fügte sie bei: «Viele Meilen weit entfernt von hier wohnt meine älteste Schwester. Sie ist die Königin über alle Vögel und kann dir vielleicht eine bessere Auskunft geben. Wenn sie es dann nicht weiss, so wird alles weitere Fragen nutzlos sein. Leb wohl!» Vittorino sagte ihr schönen Dank und wanderte viele hundert Meilen weit. Dann verbrachte er die Nacht in einer dunklen Grotte des Gebirges und sah von dort aus am andern Morgen, wie auf der Höhe eines nahen Bergrückens eine zerfallene Hütte sich erhob. Nahe dabei stand eine alte Frau, die sich an der Sonne wärmte. Er stieg zu ihr hinauf, grüsste sie freundlich und küsste ihre runzlige Hand. Wer weiss, wie viele Menschenalter sie schon in jener Bergeinsamkeit verbracht hatte! «Wer bist du?» fragte die über hundert Jahre alte Frau mit langsamer und feierlicher Stimme. «Wisse, da* ich hier auf diesen Bergen noch nie das Angesicht eines Menschen gesehen habe. Du bist der erste. Sei also willkommen und sage mir, was dich hierherführt.» — «Seit langer Zeit», gab Vittorino zur Antwort, «wandere ich durch Länder und Städte und suche das schöne Sonnenschloss, wo noch niemand hingelangt sein soll.» — «Da kannst du dich trösten, mein Lieber, ich weiss dir auch nicht Bescheid, welcher Weg dorthin führt. Aber die Vögel, über die ich regiere, werden dir sicher den Weg zeigen können.» Und damit rief sie mit einer Hirtenpfeife alle Vögel herbei. Da kamen Adler, Geier, Falken, Störche, Tauben und blaugrüne Papageien herbeigeflogen und lagerten sich zu Füssen ihrer Herrscherin. «Ich habe euch hergerufen», sprach sie, «um zu erfahren, ob einer von euch den Weg zum Sonnenschloss kennt.» Die Vögel hielten Rat, erklärten aber nach vielem Zwitschern, dass ihnen jenes Schloss unbekannt sei. «Aber seid ihr denn alle hier?» fragte sie mit ungeduldiger Stimme, «wo ist denn der Phönix?» Nach langem Warten, siehe da, kam aus weiter Ferne noch ein Vogel herbeigeflogen und senkte sich mühsam zur Erde, so sehr war er erschöpft von seiner Reise. Es war richtig der Phönix. Die Greisin fragte ihn mit strenger Miene, warum er so lange habe auf sich warten lassen. «Seid nicht böse, liebe Herrin», erwiderte der Vogel, «und entschuldigt mich, ich konnte nicht schneller hier sein, denn, stellt euch vor, ich komme geradewegs vom Sonnenschloss.» «Nun gut», erwiderte die Königin, «so musst du jetzt gleich zur Strafe nochmals dorthin zurückfliegen und diesem Junker hier den Weg zeigen!» Der Phönix war nicht gerade erfreut über diesen Befehl; aber es blieb ihm nichts anderes übrig als zu gehorchen. Vittorino nahm mit vielen Dankesworten Abschied von der alten Frau, setzte sich auf den Rücken des grossen Vogels, und dieser schwang sich in die Lüfte. Sie flogen durch die Wolken empor und sahen bald unter sich die Berge, Täler und Meere verschwinden. Nachdem sie lange durch den Himmelsraum geflogen waren, gelangten sie endlich zum Sonnenschloss. Der Vogel setzte seinen Reiter sorgfältig auf die Stufen des prächtigen Palastes, und Vittorino dankte ihm tausendmal. Schon war die Nacht hereingebrochen, als er an die Pforte klopfte. Da erschien eine der beiden Kammerzofen, die auf der Waldwiese getanzt hatten und, erschreckt vom Anblick des Jünglings, flüchtete sie wieder ins Haus zurück. Hierauf klopfte er aufs Neue, und diesmal öffnete die andere. Überrascht von der Ankunft des jungen Mannes, eilte diese zu ihrer Herrin zurück, ihr die Neuigkeit zu bringen. Es dauerte nicht lange, so erschien seine holde Braut, begleitet von ihren zwei Ehrendamen. Vittorino überreichte seiner Geliebten den Ring als Erkennungszeichen. Darauf Hess sie sofort das Portal der Königsburg aufmachen, eilte ihrem Bräutigam entgegen, umarmte und küsste ihn mit inniger Freude und liess ihn eintreten. Vittorino erzählte ihr die ganze Nacht, was für unzählige Hindernisse und Abenteuer er auf seiner Suche nach der Sonnenburg erlebt hatte. Nun aber hatte die schöne Braut immer Angst vor dem Orco, der ihren Vater und ihre Brüder heimlich umgebracht hatte, um sie zur Frau zu bekommen, und der sie darum Tag und Nacht bewachte. Am andern Morgen kam er wirklich zum Schloss gegangen, schien etwas bemerkt zu haben und sprach: Nur sachte und immer langsam voran, Dass ich den Junker fassen kann! Darauf wollte er in den grossen Saal der Burg hinaufsteigen, um der Königstochter seine Ratschläge zu erteilen. Vittorino aber hatte ihn kommen sehen. Flugs hüllte er sich in seinen Mantel, stellte sich an die Saaltür, und in dem Augenblicke, wo der Orco über die Schwelle trat, versetzte ihm der Junker mit seinem Zauberschwert einen Hieb, dass der Unhold tot zu Boden sank. Jetzt war das Brautpaar von seinem grössten Feind befreit. Die beiden umarmten und beglückwünschten sich, und der junge Mann empfing alle Ehren eines Ritters, wie sie einem solchen wackeren Helden gebühren. Die schöne Prinzessin aber fühlte sich noch nicht ganz glücklich. Sie musste immer an ihren lieben Vater und ihre Brüder denken, welche sich an ihrem Glück nun so gern mitgefreut hätten, vor kurzem aber das Opfer des schändlichen Orco geworden waren. Der Bräutigam liess sich von ihr die Gruft zeigen, wo man die lieben Toten kürzlich bestattet hatte. Dort hob Vittorino den Deckel des Sarges ab, berührte mit dem Griff seines Schwertes die Verstorbenen, und plötzlich erwachten diese wieder zu neuem Leben. Darauf wurde der tapfere Ritter zum König gekrönt und nochmals Hochzeitsfest gehalten. Vittorino liebte über alles seine schöne junge Frau. Er regierte mit Weisheit und Milde und vergass auch seine Eltern und Brüder nicht, denen er viel Geld schenkte. So verbrachte er im Sonnenschloss mit seiner holden Frau ein langes und glückliches Leben.   Am Kaminfeuer der Tessiner                                                               Walter Keller                                                                                           Hans Feuz Verlag Bern   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Sonnenschloss

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Es war einmal ein Bauersmann, der mitten in einem grossen Wald wohnte. Vor seinem Hause dehnte sich eine Wiese mit vielen Blumen aus, auf der das schönste Gras wuchs, das man nur irgendwie finden konnte. Diese Wiese schien ihm das wertvollste Besitztum, das er hatte. Wie gross war daher sein Erstaunen, als er am Mor­gen ei­nes strahlenden Sommertages gewahren mus­ste, wie das feine Gras von Menschen zertre­ten worden war. „Wer mag das wohl gewesen sein?” fragte sich der Bauer. Am folgen­den Tag stand er in aller Frühe vor seiner Haustür, und abermals lag das Gras geknickt und zertreten am Boden. Dies konnte nur über Nacht geschehen sein. Voller Kummer und Zorn nahm er sich vor, heraus­zubrin­gen, wer ihm den Schaden zugefügt habe. Er befahl des­halb seinem ältesten Sohn, nachts­über zu wachen und zu spähen, wer da im Gras herumlaufe. Der Sohn setzte sich also hinter ein Gesträuch am Wald­rand; aber gegen Mitternacht fühlte er sich so müde, dass er in tiefen Schlaf fiel. Er schlief wie eine Haselmaus und er­wachte erst, als die Sonne schon die Berge ver­goldete. Er rieb sich die Augen und sah, dass die Wiese wieder zertre­ten war, wie das erste Mal. Beschämt und ärgerlich kehrte er nach Hause zu­rück und konnte dem Vater keinen Auf­schluss geben. In der folgenden Nacht übertrug der Bauer seinem zweitäl­testen Sohn die Bewachung der Wiese. Dieser versicherte, er werde gewiss herausbrin­gen, wer der Übeltäter sei. Dann sagte er seinen Eltern gute Nacht und versteckte sich in einem Gebüsch. Er nickte aber auch bald ein und schlummerte wie ein Siebenschläfer, so dass er am Morgen ohne Erfolg heimkehrte. Als der jüngste Sohn, Vittorino, das hörte, anerbot er sich, in der dritten Nacht zu wachen. „Dies ist verlorene Liebes­mühe,” entgegnete ihm der Vater, „Du bist noch zu jung, um eine ganze Nacht im Freien draussen Wache zu stehen. Und übrigens wirst du auch schwerlich mehr Glück ha­ben als deine Brüder.“ Aber der Jüngling bat so lange, bis der Vater es ihm erlaubte, und als es dunkel war, schlüpfte er zur Tür hinaus auf die Waldwiese. Dort wachte er die lange Nacht; es ereignete sich jedoch nichts. Schon fing er an, ungeduldig zu wer­den, blieb aber gleichwohl auf seinem Posten. Endlich stieg die Morgenröte über die Berge, und da sah er im unbestimm­ten Dämmerlicht drei schnee­weisse Tauben herab fliegen. Dann bemerkte er, wie sie nach einer kurzen Ruhepause ihr Federkleid ins Gras legten und sich alsdann in drei schöne Mäd­chen verwandelten, die auf der Wald­wiese einen wunderlieblichen Tanz begannen, so duftig und zart, wie Elfen, de­ren Füsse und Flügel kaum den Blu­men­teppich berühren. Eines der Mädchen war von so aussergewöhnlicher Schön­heit, dass Vitto­rino ihrem Liebreiz nicht wi­derstehen konnte und sich in sie verliebte. Nach­dem er eine hübsche Weile dem zierlichen Reigen zugeschaut hatte, lief er hin, nahm ihnen heimlich das feine Federkleid weg und versteckte es hinter einer Hecke wilder Rosen. Schon war indessen die Sonne höher gestiegen und vergol­dete mit ihren Strahlen die Baumwipfel des Waldrandes. Sie gab damit den schönen Mädchen zu erkennen, dass es Zeit sei, den Tanz abzubrechen. Darauf lie­fen sie auseinan­der, ihre Mäntel zu holen, fanden sie aber nicht. Sie such­ten hier, sie suchten dort und entdeckten schliesslich den Jüng­ling im Ro­sengebüsch. Gleich vermuteten sie - und mit Recht - dass er sie ihnen weggenommen habe. Sie näherten sich ihm auf die artigste Weise und ba­ten ihn freundlich, ihnen das Federkleid wieder zu ge­ben. „Ich will es euch bringen,” erwiderte der Jüngling, „aber nur unter zwei Be­dingungen. Vor al­lem müsst ihr mir als erstes sagen, wer ihr seid und woher ihr kommt.” „So höre”, nahm jetzt die Schönste von ihnen das Wort, „ich bin die ein­zige Tochter eines mächtigen Königs, und dies hier sind meine Kam­merzofen und Ehrendamen. Wir kommen vom Sonnenschloss, das noch nie ein Mensch be­treten hat und wohin niemand gelangen kann.” „Meine zweite Bedingung,” fuhr jetzt der Jüngling fort, „ist, dass mir die Königstochter ihre Liebe schenke und ewige Treue gelobe, und dass sie selbst den Tag unserer Hochzeit bestimme.” Als die drei Mädchen sahen, wie die Sonne immer höher stieg und es hel­ler und heller wurde, sa­hen sie sich genö­tigt, auch dieser zweiten Bitte zu willfahren. Darauf schwuren sich die beiden Verlobten ewige Liebe, bestimmtem den Tag ihrer Hochzeit und versprachen sich gegenseitig, einander nicht zu ver­lassen. Nun gab ihnen Vittorino ihr Federkleid zu­rück, die Jungfrauen verwandel­ten sich wieder in Tauben und flogen über die Waldwiese da­von. Kaum war Vittorino ins Haus zurückgekehrt, so be­stürmten ihn der Vater und die Brüder mit Fragen. Er sprach jedoch wenig und gab vor, er sei in tiefen Schlaf versunken und habe nichts beobachtet. Jetzt lachten ihn die Brüder aus, dass er es habe besser machen wollen als sie beide, die doch älter seien als er. Endlich kam der langersehnte Tag, wo die Hochzeit statt­finden sollte. Vit­torino ging zum Vater und bat ihn, ein grosses Festmahl zu veranstalten und alle Verwandten und Freunde dazu einzuladen. Und so geschah es. Es wurden die feinsten Speisen und die besten Weine aufgetragen, und als bei fröhlichem Gläserklang die Festlichkeit begann, hörte man plötzlich den Lärm einer Kutsche, die in den Hof einfuhr, gezogen von vier prächtigen Pferden. Dar­aus heraus stieg die schöne Königstochter, in ein wunder­volles Brautkleid gehüllt und begleitet von ihren beiden Hofda­men. Als nun die Gäste die Wahrheit jener zauberhaften Nacht erfuhren, be­glück­wünschten sie den Jüngling zu sei­ner treffli­chen Wahl und konnten die schöne Braut nicht ge­nug bewundern. So wurde die Hochzeit mit viel Freude ge­feiert. Bevor aber die Morgendämmerung über die Wald­wiese emporstieg, er­klärte die Braut, sie müsse ab­reisen und wie­der in ihr Schloss zurückkeh­ren. Sie würde von Orco, ei­nem Ungeheuer, überwacht, das von ihrer heimlichen Ver­mählung nichts erfahren dürfe, sonst würde es sie umbrin­gen, gleich wo sie sich aufhalte. Der junge Bräutigam mochte sie - so leid es ihm tat - nicht am Fortgehen hindern: Er spornte sie vielmehr zur Eile an, damit ihr kein Un­heil widerfahre. Mit Tränen in den Augen nahmen sie Abschied. Als sie sich zum letzten Mal umarm­ten, überreichte ihm die Braut einen kostbaren Ring zum Andenken. Dann bestieg sie mit ihren Eh­ren­damen die vergoldete Karosse, und fort rollte der Wagen, wie der Wind so schnell. Seit jenem Tag hatte Vittorino keine Ruhe mehr. Er wünschte nichts an­deres, als in das Sonnen­schloss zu ge­langen. Daher trat er eines Tages vor seinen Vater mit der Bitte, fortgehen zu dürfen. Dieser wollte ihm nicht vor dem Glück sein und gab ihm seinen Segen. Also machte sich der junge Mann auf den Weg und fragte über­all, wohin er kam, wo sich das Son­nenschloss befände; aber niemand konnte ihm die Richtung weisen. So gelangte er eines Tages in einen Wald und hörte dort zwei mächtige Stimmen erschallen, deren Echo an den Bergwänden und in den Schluch­ten der Wildbäche wider­hallte. Vorsichtig schritt er weiter und erblickte zwei Rie­sen, die miteinander zankten. Er fasste sich Mut, trat hinzu und fragte sie freundlich: „Ei, warum streitet ihr miteinan­der?” Da antwor­tete einer von ihnen: „Unser Vater ist vor kurzem ge­storben und da teilten ich und mein Bruder die Habe. Es bleibt uns jetzt nur noch ein paar Schuhe, ein Mantel und ein Degen zu teilen. Und nun möchte jeder von uns diese Dinge für sich behal­ten.” „Nun denn,” erwiderte Vittorino, „wenn ihr euch nicht ei­nigen könnt, so will ich euch einen Vor­schlag machen. Und wenn ihr meinem Rate folgt, so versichere ich euch, dass ihr nachher euren Frieden habt und einander wie gute Brü­der liebt.” Als die beiden Riesen den Vorschlag vernahmen, baten sie ihn, er solle sich deutlicher ausdrücken. „Nun also, meine Freunde, ich bin ein armer Pilger und muss weit wandern, durch König­reiche ziehen, über hohe Berge steigen und viele Gefahren bestehen. Wenn ihr mir euren Mantel, eure Schuhe und euren Degen gebt, so werden sie mir treffliche Dienste leisten, und ihr braucht euch darüber nicht mehr zu strei­ten.” Den beiden Riesen gefiel dieser Vorschlag, und sie überga­ben ihm die drei gewünschten Dinge zum Geschenk. „Nun musst du aber noch wissen, junger Mann, bevor du weiterziehest, welche Vorzüge die drei Geschenke besitzen. Wenn du diese Schuhe anziehst, so wirst du bei jedem Schritt hundert Meilen weit kommen. Dieser Mantel da wird dich bei deinen Fein­den unsichtbar machen. Berührst du ferner jemand mit der Spitze dieses Schwertes, so wird er tot niedersinken; berührst du hingegen ei­nem Toten die Stirne mit dem Griff des Degens, so wird er vom Tode wieder aufer­stehen.” Vittorino zog alsbald die Meilenstiefel an, umhüllte sich mit dem Mantel, gürtete das Schwert um, dankte den Riesen und nahm Abschied. Er war vol­ler Glück und wanderte durch unbekannte Länder und Städte, über Ebenen, Flüsse und Gebirge. Eines Abends gelangte er in einen dichten Wald. Ermüdet von der Reise, wollte er sich niederlegen. Da sah er zwi­schen den Bäumen in der Ferne ein Licht. Also nahm er seine letzten Kräfte zusammen, wanderte dem Licht entge­gen und gelangte vor eine armselige Hütte. Ein uraltes Mütter­chen sass auf der Türschwelle. Vittorino nahm höf­lich den Hut ab, grüsste die Frau mit freundlichen Worten und bat sie, ihm über Nacht Herberge zu geben, denn er könne nicht weiter. Sie hiess ihn eintreten, und ehe er sich zur Ruhe legte, fragte er sie, ob sie wisse, wo das Sonnen­schloss zu fin­den sei. „Morgen früh”, antwortete die Alte, „will ich meine Untergebenen zusammenrufen und sie fra­gen, wo dieses Schloss sich befindet. Und nun, gute Nacht, hübscher Jüngling!” Sobald die Sonne über den Bergen aufstieg rief die Alte alle Tiere des Waldes herbei, denn das waren ihre Untergebe­nen. Bald darauf ver­sammelten sich vor ihrer Hütte Bären, Wölfe, Füchse, Hirsche, Ti­ger und alle möglichen Tiere und lagerten friedlich zu Füssen ihrer Herrin. Die Alte fragte, wo sich das Sonnenschloss befinde. Die Tiere hiel­ten Rat, aber keines wusste Auskunft zu geben. „Wie du siehst,” sprach die Alte, „ist es mir unmöglich, dir den Weg zu zeigen. Doch ich habe eine Schwester, die hun­derttau­send Meilen von hier wohnt. Sie regiert über die Fische und ist die Königin der Bewohner von Flüssen, Seen und Mee­ren. Es ist leicht möglich, dass sie etwas davon weiss.” Vittorino war zwar enttäuscht über diesen Bescheid; doch liess er sich nicht entmutigen, dankte ihr und wanderte weiter. Endlich gelangte er am Abend ans Meeresufer. Dort sah er am Strand eine baufällige Hütte, und auf der Tür­schwelle fand er eine Frau, die vom hohen Alter noch mehr ge­bückt war als die erste. Er grüsste sie ehrfurchtsvoll, er­zählte ihr den Grund seiner Reise und bat sie, über Nacht bleiben zu dürfen, was sie auch gewährte. Als der Morgen anbrach, setzte sie sich an die Wel­len des Meeres und rief ihre tausend und abertau­send Untertanen herbei, welche sie fragte, wo sich das Sonnenschloss be­finde. Da kamen die Bewohner des Meeres herbeige­schwommen, die Walfische und Delphine, die Salmen und Hechte und viele, viele andere und hielten Rat. Nach lan­gem Fragen kamen sie über­ein, dass noch keiner von einem Schloss dieses Namens gehört habe. Der Alten tat es leid, dem Jüngling nicht besseren Bescheid geben zu kön­nen, doch fügte sie bei: „Viele Meilen weit entfernt von hier wohnt meine älteste Schwester. Sie ist Königin über alle Vögel und kann dir viel­leicht eine bessere Auskunft geben. Wenn sie es dann nicht weiss, so wird alles wei­tere Fragen nutz­los sein. Leb wohl!” Vittorino sagte ihr schönen Dank und wanderte viele hun­dert Meilen weit. Dann verbrachte er die Nacht in einer dunklen Grotte des Gebirges und sah von dort aus am an­dern Morgen, wie auf der Höhe eines nahen Bergrüc­kens eine zerfallende Hütte sich erhob. Nahe dabei stand eine alte Frau, die sich an der Sonne wärmte. Er stieg zu ihr hinauf, grüsste sie freundlich und küsste ihre runzlige Hand. Wer weiss, wie viele Menschenalter sie schon in jener Bergein­samkeit verbracht hatte! „Wer bist du?” fragte die über hundert Jahre alte Frau mit langsamer und feierlicher Stimme. „Wisse, dass ich hier auf diesen Bergen noch nie das Ange­sicht eines Menschen ge­sehen habe. Du bist der er­ste. Sei also will­kommen und sage mir, was dich hierher führt.” „Seit langer Zeit”, gab Vittorino zur Antwort, „wanderte ich durch Länder und Städte und suche das schöne Sonnen­schloss, wo noch niemand hinge­langt sein soll.” „Da kannst du dich trösten mein Lieber, ich weis dir auch nicht Bescheid, welcher Weg dorthin führt. Aber die Vögel, über die ich regiere, werden dir si­cher den Weg zeigen können.” Und damit rief sie mit einer Hirtenpfeife alle Vögel herbei. Da kamen Ad­ler, Geier, Falken, Störche, Tauben und blaugrüne Papageien herbeigeflo­gen und lagerten sich zu Füssen ihrer Herrscherin. „Ich habe euch gerufen,” sprach sie, „um zu erfah­ren, ob einer von euch den Weg zum Sonnenschloss kennt.” Die Vögel hielten Rat, erklärten aber nach langem hin und her, dass ihnen jenes Schloss unbekannt sei. „Aber, seid ihr denn alle hier?” fragte sie mit unge­duldiger Stimme, „wo ist denn der Phönix?” Nach langem Warten, siehe da, kam aus weiter Ferne noch ein Vogel herbeigeflogen und senkte sich mühsam zur Erde, so sehr war er erschöpft von seiner Reise. Es war der Phönix. Die Greisin fragte ihn mit strenger Miene, warum er so lange habe auf sich warten lassen. „Seid nicht böse, liebe Herrin,” erwiderte der Vo­gel, „und entschuldigt mich, ich konnte nicht schneller hier sein, denn, stellt euch vor, ich komme geradewegs vom Sonnen­schloss.” „Nun gut,” erwiderte die Königin, „so musst du jetzt gleich zur Strafe nochmals dorthin zurückfliegen und diesem Jüngling hier den Weg zei­gen!” Der Phönix war nicht ge­rade er­freut über diesen Befehl; aber es blieb ihm nichts an­deres übrig als zu gehor­chen. Vittorino nahm mit vielen Dankesworten Abschied von der alten Frau, setzte sich auf den Rücken des grossen Vogels, und dieser schwang sich in die Lüfte. Sie flogen durch die Wolken empor und sa­hen bald unter sich die Berge, Täler und Meere ver­schwinden. Nachdem sie lange durch den Himmels­raum geflogen waren, gelangten sie endlich zum Sonnenschloss. Der Vogel setzte seinen Reiter sorg­fältig auf die Stufen des prächtigen Pa­lastes, und Vit­torino dankte ihm tausendmal. Schon war die Nacht hereingebrochen, als er an die Pforte klopfte. Da er­schien eine der beiden Kam­merzofen, die auf der Waldwiese getanzt hatten und, erschreckt vom Anblick des Jünglings, flüch­tete sie wieder ins S­chloss zurück. Hier­auf klopfte er aufs Neue, und diesmal öffnete die an­dere. Über­rascht von der Ankunft des jungen Mannes eilte diese zu ihrer Herrin zurück, um ihr die Neuigkeit zu über­brin­gen. Es dauerte nicht lange, so erschien seine holde Braut, begleitet von ihren zwei Ehren­da­men. Vittorino überreichte seiner Geliebten den Ring als Erkennungszei­chen. Darauf liess sie sofort das Portal des Sonnenschlos­ses aufmachen, eilte ihrem Bräutigam entgegen, umarmte und küsste ihn in in­ni­ger Freude und liess ihn eintreten. Vittorino er­zählte ihr die ganze Nacht, was für un­zählige Hin­dernisse und Abenteuer er auf seiner Suche nach dem Sonnen­schloss erlebt hatte. Nun aber hatte die schöne Braut immer Angst vor dem Orco, der ihren Vater und ihre Brüder heim­lich umgebracht hatte, um sie zur Frau zu be­kom­men, und der sie darum Tag und Nacht bewachte. Am andern Morgen kam er wirk­lich zum Schloss gegan­gen, schien etwas bemerkt zu haben und sprach: „Nur sachte und immer langsam voran, dass ich den Junker fas­sen kann!” Darauf wollte er in den gros­sen Saal des Schlosses hinaufsteigen, um der König­stochter seine Ratschläge zu ertei­len. Vittorino aber hatte ihn kom­men se­hen. Flugs hüllte er sich in sei­nen Mantel, stellte sich an die Saaltüre, und in dem Augenblicke, wo der Orco über die Schwelle trat, versetzte ihm der Jüngling mit seinem Zau­ber­schwert einen Stich, dass der Unhold tot zu Boden sank. Jetzt war das Brautpaar von seinem grössten Feind befreit. Die bei­den umarmten und beglückwünsch­ten sich, und der junge Mann empfing alle Ehren ei­nes Ritters. Die schöne Prinzessin aber fühlte sich noch nicht ganz glücklich. Sie musste immer an ihren lieben Vater und ihre Brüder denken, welche sich an ih­rem Glück nun so gerne mitgefreut hätten, vor kur­zem aber das Opfer des schändli­chen Orco gewor­den waren. Der Bräutigam liess sich von ihr die Gruft zeigen, wo man die lieben Toten kürzlich be­stattet hatte. Dort hob Vittorino den Deckel des Sarges ab, berührte mit dem Griff seines Schwertes die Verstorbenen, und plötzlich erwachten diese wieder zu neuem Leben. Dar­auf wurde der Jüngling zum König gekrönt und noch­mals Hochzeits­fest gehalten. Vittorino liebte über alles seine schöne junge Frau. Er regierte mit Weisheit und Milde und vergass auch seine Eltern und Brüder nicht, die er reich be­schenkte. So verbrachte er im Sonnen­schloss mit seiner holden Frau ein langes und glückliches Leben. Quelle: Tessiner Sagen und Volksmärchen, Walter Keller, Edition Olms 2000   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Spalentier

Source: Das Spalentier

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In der Stadt Basel geht oft in der Nacht ein gespenstisch Tier um; dasselbe treibt indessen sein Wesen nur von da an, wo der Spalenberg beginnt bis hinauf an das Spalentor, daher das Tier auch das Spalentier heißt. Wie das Tier gestaltet, weiß Niemand recht. Einige meinen, es sei einem großen Schweine oder vielleicht einem Nilpferd ähnlich, Andere wieder sagen, es gleiche einem Drachen oder Lindwurm; das Beste aber ist, gar nicht nachzuschauen, wie es gestaltet ist, denn so oft einer das Fenster geöffnet und den Kopf hinausgestreckt, wenn das Spalentier nahte, was immer ein eigentümliches Sausen in der Luft verkündet, so ist ihm derselbe gewiss am andern Tage geschwollen gewesen, ja Einem, der recht verwegen war und sich sogar Spottreden über das Spalentier erlaubte, soll der Kopf plötzlich so dick geworden sein, dass man, um ihn zu erlösen, das Fenster hat ausbrechen müssen, zu dem er hinausgeschaut. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Speiserhündlein

Source: Das Speiserhündlein

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Auf dem Niderhof lebte vor vielen Jahren ein Mann namens Speiser. Er hatte einen kleinen Bauernbetrieb; daneben handelte er mit Vieh und Obst. Er liebte die Arbeit nicht besonders, öfters sah man ihn in der Wirtschaft. Seine grösste Leidenschaft war aber die Jagd im nahen Homberg. Dabei wurde er von einem kleinen Hündlein begleitet, das er manchmal schlug oder hungern liess. Da Speiser in seinen Handelsgeschäften vor unredlichen Mitteln nicht zurückschreckte und überhaupt mit seinem Lebenswandel Anstoss erregte, wollte bald niemand mehr etwas mit ihm zu tun haben, und sein Geschäft ging zurück. Zuletzt ergab er sich dem Trunke, und eines Tages fand man ihn erhängt m seinem Holzschopf. Nach einiger Zeit fiel es den Leuten auf, dass vor Wetteränderungen sich im Homberg ein Jagdhund hören liess, und zwar das ganze Jahr. Bald galt diese Erscheinung als untrüglicher Wetterprophet, und die Bauern wussten, dass sie am anderen Tag nicht mähen durften, wenn das Gebell zu hören war. Ein paar junge Burschen wollten das Hündlein einmal aufstöbern, doch sie suchten vergeblich den ganzen Homberg ab. Da Speisers Jagdhund kurz nach dem Tode seines Meisters ebenfalls gestorben war, glaubten die Leute bestimmt, es sei dieses Hündlein, und nannten die Erscheinung das Speiserhündlein. Ramlinsburg Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Spielmännlein im Sagenboden

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Links unten am Käsenberg, den die Welschen Cousinber-nennen, liegt der tiefe Plasselbschlund; rechts erheben sich die Schweinberge. Im Sagenboden steht eine alte Hütte, wo sich die benachbarten Küher sehr oft des Abends versammelten, um ein Paar müssige Stunden zu verplaudern oder mit dem Tarokenspiel zu vertreiben. Zu ihnen gesellten sich häufig die Pottaschebrenner, die Kräuter- und Harzsammler oder sonst andre Leute, die in den Bergen zu tun hatten. Zuweilen erschien ein kleines, fremdes Männlein bei der gemischten Versammlung. Es hatte eine blassgelbe Gesichtsfarbe; aschgraue, blinzelnde, tiefliegende Augen; rotes, buschiges Haar; eine grüne Kappe auf dem Kopfe, und trug einen grauen Kittel; lange, enge Hosen von hellbraunem Zeuge und kurze Stiefel. Unter dem linken Arme hielt es stets eine Geige, weswegen man es das Spielmännlein nannte. Es verhielt sich meist ganz ruhig und still in einem Winkel, wo es sich zusammenkauerte wie ein Kater, oder wärmte sich am Feuer in halb knieender, gebückter Stellung. Wenn man es munter machen wollte, gab man ihm zu essen und trinken. Er dankte dann in einer sonderbaren, fremden Sprache, wovon man nur ein paar Worte verstehen konnte, und am Ende fing er an zu geigen allerlei alte und neue Tänze und Lieder, dass einem vor Freude das Herz samt den Füssen hüpfte, wie wenn man beim Kiltgang, bei einer Hochzeit oder Kilbe mit seiner Liebsten tanzen kann. Ja, das Spielmännlein konnte den Sennen die Zeit so schön vertreiben, dass sie sogar oft darüber ihre Pflicht und Schuldigkeit vergassen, weswegen es dann auch in den Stafeln Streit und blutige Händel gab. Oft aber geschah es auch, dass man das Spielmännlein in dem alten Hüttenwerk nirgends sehen konnte, und doch hörte man sein Saitenspiel im Sagenboden bald diesseits, bald jenseits des wilden Aergernbaches. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Spielmannli

Source: Das Spielmannli

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Links am Käsenberg (Cousimbert) bei Greyerz liegt der tiefe Plasselschlund. Im Sagenboden steht eine alte Hütte, wo sich die benachbarten Küher oft des Abends versammeln um sich zu unterhalten. Zu ihnen gesellten sich häufig die Pottaschebrenner, die Kräuter- und Harzsammler; zuweilen aber auch ein kleines fremdes Männlein. Dieses hatte eine blassgelbe Gesichtsfarbe, aschgraue, blinzelnde, tiefliegende Augen, rotes buschiges Haar, eine grüne Kappe auf dem Kopfe; es trug einen grauen Kittel, lange, enge Hosen von hellblauem Zeuge und kurze Stiefel. Unter dem linken Arme hielt es stets eine Geige, weswegen man es das Spielmannli nannte. Es verhielt sich meistens ganz ruhig und still in einem Winkel, wo es sich zusammenkauerte, oder es wärmte sich am Feuer in halb kniender gebückter Stellung. Wenn man es munter machen wollte, gab man ihm zu essen und zu trinken. Es dankte dann in einer sonderbaren fremden Sprache, wovon man nur ein paar Worte verstehen konnte, und am Ende fing es an zu geigen allerlei Tänze und Lieder. So vertrieb das Spielmännlein den Sennen die Zeit, so dass sie oft ihre Arbeit darüber vergassen. Es gab aber Zeiten, da man das Männlein nirgend sehen konnte, und doch hörte man sein Saitenspiel im Sagenboden bald diesseits bald jenseits des wilden Ärgerabaches. Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Spilmösli

Source: Das Spilmösli

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Zuweilen hört man hier eine Musik stark erschallen. Auch bleibt nichts auf dem Platze liegen. Die Stelle ist in einem hohen Tale zwischen den Bergen Schafmatt, Feuerstein und Weissgugel. Da ist auch der Ort, wo der Drache erlegt wurde. Hier findet man Spuren früherer Wohnungen, z. B. einer Mühle; da waren Mauern aufgeworfen und hat man alte Münzen gefunden. Die Gegend ist überhaupt wildromantisch. Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Das Spinnfrauli. Ein Selbstmörder

Source: Das Spinnfrauli. Ein Selbstmörder

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Früher wurde in unserer Gegend viel gesponnen, und die Spinnerinnen sassen, wie anderorts, zu den Spinnstubeten zusammen. Nur im Advent und zur Fastenzeit vermied man dies. Eine Spinnerin von Gebertswil achtete nicht auf der Väter Sitte und ging nach Aufhofen zur "Stubete", wo steissig geschwatzt wurde. Als sie dann spät in der Nacht den Heimweg antrat, hörte man hoch in der Luft ein wüstes Geschrei. Die Haarzöpfe der Person fand man am frühen Morgen an einer Eiche hangen; sie selbst aber war und blieb verschwunden. Nur im Advent und in der Fastenzeit geht an jener Stelle das Spinnfrauli um zur Warnung für alle, die gleich leichtfertig sein könnten. Im Bannholzwalde ist es auch nicht geheuer. Ein Schneider kam einst von der Stör, wurde aber stundenlang im Walde herumgetrieben durch Dornen und Gesträuch, bis seine Kleider ganz zerfetzt waren. Der ihn hetzte, lief immer einige Schritte hinter ihm. Es soll der "Hans-Ma" gewesen sein, der sich einst im Walde das Leben genommen. Erst nach Mitternacht konnte der Schneider wieder seinen Weg gehen.                                                       I. I. H. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 492, S. 290 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Spinnfräuli  

Source: Das Spinnfräuli  

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Im Walde bei Ermenswil, im Kühlenstich, sieht man noch spärliche Überreste einer zerfallenen Sennhütte. Dort treibt nachts das Spinnfräuli sein Wesen. Ein Ermenswiler war in Eschenbach in gemütlicher Gesellschaft gewesen und kehrte erst um Mitternacht nach Hause zurück. Er wollte das Spinnfräuli sehen. Als er zur Stelle kam, hörte er wirklich das Schnurren des Spinnrädchens. Er rief: "Wenn das Spinnfräuli da ist, soll es nur kommen!" Da trat ihm ein ganz kleines, weissgekleidetes Weiblein mit einem Spinnrad entgegen, setzte sich ihm rasch auf den Kopf und spann dort weiter. Der Geängstigte lief so schnell er konnte aus dem Walde hinaus. Am Rand des Gehölzes verliess ihn der Unhold. Schweisstriefend kam der Vorwitzige an die Schwelle seines Hauses. Seither hat niemand mehr das Spinnfräuli gesehen; denn der Ort wird um die Mitternachtstunde scheu gemieden. K. Schnyder. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 411, S. 237 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Spisschappeli

Source: Das Spisschappeli

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Ihrer drei Brüder aus der Gegend gingen in den Krieg und zwar nach verschiedenen Seiten. Als sie von einander schieden, gelobten sie, an dem Orte, wo sie sich nach dem Kriege in der Heimat wieder begegneten, ein Kapellchen zu bauen. Als sie aus dem Kriege zurückkehrten, geschah die Begegnung an der Stelle zwischen dem Spiss und der Bittleten, wo eben das Kapellchen im Walde zum beten einladet. Sie haben ihr Versprechen treu gehalten. Josef Tresch. u.a. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Sprachgemengsel in Graubünden

Source: Das Sprachgemengsel in Graubünden

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Die Welt war schon lange erschaffen und die Menschen wanderten auf ihr umher, da beschloss der Schöpfergott, ihnen die Sprache zu schenken. Er überlegte lange und dachte dann: „Es ist wohl besser, wenn die Menschen verschiedene Sprachen sprechen können“. So dachte er sich viele Sprachen aus, gab ihnen die Form von Blumensamen und füllte sie in verschiedene Beutel. Nun rief er einen Engel zu sich: „Logos, mein schöner Engel, fliege über die Erde und verteile diese Sprachsamen über den Köpfen der Menschen.“ Sogleich flog Logos mit diesem Geschenk über die Erde und verteilte die verschiedenen Sprachsamen wie angewiesen. Endlich waren alle Beutel leer und er machte sich auf den Heimweg. Da flog er über die Alpen und fand ein bergiges Stück Land, das er in seinem Eifer übersehen hatte. Nun hatten die Menschen dort keine Sprache! Bedrückt flog er zum Schöpfergott und berichtete ihm von seinem Fehler. Dieser schimpfte mit ihm und sprach: „Da gibt es nur eine Lösung: Du musst alle Beutel genau durchsuchen und sehen, ob noch ein paar Samen darin versteckt sind. Diese nimmst du, schüttest sie zusammen und streust sie über den Köpfen dieser Menschen in den rätischen Alpen aus.“ Der Engel schaute nun in jeden Sprachbeutel und fand in jedem noch ein paar wenige Sprachsamen. Er schüttete sie alle zusammen in einen Beutel, flog damit über das Bündnerland und streute sie über den Köpfen der Menschen aus. Da aber die Sprachsamen von so vielen Beuteln vermischt waren, entstand daraus ein Sprachgemengsel, das man in Graubünden bis heute hören kann. Fassung Djamila Jaenike, nach D. Jecklin,  Volksthümliches aus Graubünden, Chur 1878


by Das Sprachgemengsel in Graubünden

Source: Das Sprachgemengsel in Graubünden

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Gott, der Herr, hatte die Welt längst erschaffen, mit Allem, was auf ihr ist. Alle Weltteile waren schon stellenweise mit Menschen bevölkert, aber es fehlte ihnen, zur Vollkommenheit, noch die Sprache, und der Schöpfer  beschloss, dadurch, dass er ihnen die Sprache gebe, seinem Ebenbilde ähnlich sie zu machen. Doch sah er in seiner Weisheit ein, dass es besser sei, wenn nicht alle Menschen dieselbe Sprache haben. Und so dachte er die verschie­denen Sprachen der Welt sich aus, und gab jeder derselben verschiedenen Charakter. Dann befahl er dem Logos, einem der schönsten Engel, den Samen der verschiedenen Sprachblumen, die er ebenfalls geschaffen, gesöndert zu sammeln und in aparte Säcke zu tun. Der Logos erfüllte des Herrn Geheiss, sönderte die Samen der verschie­denen Sprachblumen in besondere Säcke, nahm dann je eine Partie ver­wandter Sorten, flog damit über einen, ihm bezeichneten Teil des Erdkrei­ses, und schüttete den Sprachsamen auf die Köpfe der armen, stummen Menschen, und dieser Same fasste Boden, trieb seine Keime durch die Schädel in\'s Gehirne, und entwickelte in demselben jene Knollen, aus denen die herrlichsten Sprachschöpfungen sich entfalteten. Logos hatte schon alle Sprach-Säcke geleert, und wollte eben, durch\'s Paradies hindurch, zum Schöpfer zurückfliegen, um ihm Rechenschaft über Vollziehung seines heiligen Willens zu geben. Da gewahrte er noch ein schönes Alpenland, das er in seinem Diensteifer ganz übersehen, und dessen Bewohner allein noch keine Sprache hatten. Aber seine Sprachsäcke waren leider leer, und er klagte dem Schöpfer sein Versehen, und wie nun die armen Menschen in dem Wirrwarr von Bergen und Tälern keine Sprache hätten, weil sein Vorrat an Sprachsa­men zur Neige sei. Der Schöpfer gab dem Logos einen verdienten Verweis wegen seiner Unachtsamkeit, indem das Sprachen-Schaffen keine Sache sei, die er nur so aus dem Ärmel schütteln könne. Zudem habe er jetzt Sabbat-Ruhe, die er als ein ewiges Gesetz, welches er selbst sich gegeben, der Handvoll Menschen in jenem Alpenlande wegen, zu brechen, nicht sich entschliessen könne. Es sei nur ein Mittel, den Bewohnern in den rätischen Alpen drunten zu helfen: »Nimm, sagte er zum Logos, die geleerten Säcke, und suche nach, in welchem von Diesen deine Unachtsamkeit etwa noch einen Rest des Sprach-Samens zurückgelassen hat, durchsuche namentlich die Säcke mit dem indogermanischen Blumensamen, den Keltensack, den Ger­manen- und den Romanen-Sack, und schütte das, in den Zipfeln dieser Säcke noch versteckt gebliebene Gesäme in einen Sack, fliege damit hinunter über das Quellengebiet des Rheines, des Inn und der Moesa und streue das wenige, in den Zipfeln der Säcke zurückgebliebene Gesäme über die Köpfe der armen Verlassenen in den rätischen Alpen.« Der Logos tat, wie der Herr ihm befahl. Und daraus ist das bunte Sprach-Gemisch in Graubünden zu erklären. - Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das St. Gall-Weibchen

Source: Das St. Gall-Weibchen

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Im Dorfe Schänis steht der alte Heidenturm; die dazugehörende Kirche, ist 1824 abgebrannt. Der Rasenplatz davor ist der alte Gottesacker. Da sieht man in der Fronfastenzeit das St. Gall-Weibchen. Ein Fuhrmann hielt einst bei der nahen Schmiede, um seine Pferde beschlagen zu lassen. Da hörte er von dem Weibchen. Er war herzhaft genug und wollte mit ihm Bekanntschaft machen. Mit einem Licht ging er in die Kirche. Da fand er zwar das Weibchen nicht, wohl aber einen „Kratten" voll Rossnägel. Er nahm zwei davon, die sich bald hernach in Taler verwandelten. Er ging zurück, um auch die andern noch zu holen; aber der „Kratten" war unterdessen verschwunden.  Nach Dr. Henne-Am Rhyn Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 379, S. 217 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Stäfeliloch bei Fontanen in Giswil

Source: Das Stäfeliloch bei Fontanen in Giswil

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Nicht weit von der Alp Fontanen trifft man das Stäfeliloch. Es sollen darin Schätze verborgen, aber von einem Drachen bewacht und deshalb nicht leicht zu entheben sein. Man fand hier ein Menschengeripp, sowie auch das Geripp einer Ziege. Man kannte hier in Obwalden auch Golddrachen, welche ihren Aufenthalt da haben, wo Gold oder Silber sich in Felsen oder Höhlen befindet. Man habe sie auch von einem Berge zum andern fliegen gesehen. Besonders soll es am Pilatus solche Golddrachen gegeben haben.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Das Staffelungeheuer

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  Oberhalb des Haldenwaldes stand ein halbzerfallenes, russiges Staffel, bei welchem die Sennen nur ungern vorbeigingen. Denn unaufhörlich hörte man darin ein Geräusch. Bald klopfte es an die wenigen Fensterscheiben, die noch vorhanden waren; bald schien es mit Stühlen und Tischen zu poltern; bald vernahm man etwas wie Kettengeklirr. Die Alten erzählten schaurige Dinge von jenem Staffel, und die Jungen wagten nicht mehr, hineinzugehen. Wenn sich trotzdem von Zeit zu Zeit ein beherzter oder auch überkühner Bursche herausnahm, hineinzutreten, so hatte sein letztes Stündlein geschlagen; er kam nie wieder zurück. Und das jeweilige Verschwinden des jungen Blutes diente für lange Zeit den Sennen als Warnung, bis sie vergessen wurde und ein anderer ins Verderben ging. Da fasste sich auch wieder einmal ein Jüngling ein Herz, schritt den Haldenweg hinan und trat ins Staffel. Hier fand er ein grobes schönes Himmelbett, und kurz entschlossen legte er sich hinein. Geraume Zeit war alles still. Doch bald fing es an zu klappern und zu rasseln, zu klirren und zu poppern. Die Tür öffnete sich, und ein Ungeheuer humpelte herein, tänzelte und grinste in einem fort und trug sechs Teller, sechs Messer, sechs Gabeln und sechs Löffel auf den Tisch. Der Jüngling schaute ruhig dem seltsamen Treiben des sonderbaren Wesens zu, das ihn nötigen wollte, einen Eisenring zu ergreifen, der am Boden befestigt war, und daran zu ziehen. Allein der Jüngling erwiderte gelassen: „Ich habe nicht geschlossen; ich will auch nicht öffnen", worauf das Ungeheuer den Ring erfasste und eine Türe empor hob. Durch die Öffnung wurde eine Treppe sichtbar, und ohne sich lange zu besinnen, stand der Jüngling auf und stieg die Steintreppe hinunter; das Ungeheuer folgte ihm klappernd nach. Je weiter sie hinunter kamen, desto heller wurde es. Bald fingen die Wände an zu schimmern und zu glitzern, zuerst in fahlem, dann in immer hellerem und goldenerem Lichte. Sie kamen an eine Tür, und der Jüngling sollte öffnen. Allein er erwiderte: „Ich habe nicht geschlossen; ich will auch nicht öffnen." Knirschend öffnete sie nun das Ungeheuer, und sie traten in einen langen, hohen Gang. Die Wände waren aus purem Gold und funkelten so prächtig, als tanzten junge Sonnenstrahlen auf und ab. Jetzt kamen sie vor ein gewaltiges Tor, das der Jüngling wieder öffnen sollte; aber auch jetzt rührte er sich nicht und erwiderte: „Ich habe nicht geschlossen; ich will auch nicht öffnen." Das Ungeheuer wackelte herzu und öffnete. Sie traten in ein herrliches Gemach. Die Wände prangten aus lauter Edelstein und Kristall. In der Mitte stand ein Kübel, ganz mit Gold, welches in vier gleiche Teile geteilt war. Und nun tänzelte, hüstelte, klapperte, grinste das Ungeheuer, zeigte die Zähne und eröffnete dem Jüngling, falls er den rechten Teil wähle, könne er ihn bhalten, sonst werde er mit den sechs Gabeln und Messern auf die sechs Teller verteilt. Schon fühlte der Jüngling einen kalten Schauer durch Mark und Bein rieseln. Allein nun legte er sich, kühn entschlossen, auf alles Gold. Als er fragend nach dem Ungeheuer blicken wollte, sah er sich um und um. Es war verschwunden. Und nun ist der Spuk aus jenem Staffel gebannt, das noch jetzt steht, russig und halb verfallen.   Quelle: Georg Küffer, Lenker Sagen. Frauenfeld 1916. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch  


by Das starke Berner Mandli

Source: Das starke Berner Mandli

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 In Wassen und Meien vagierte oft ein kleines, unscheinbares Berner Mandli herum. Da sah es einst in einem Metzgerladen zu Wassen einen neunzentnerigen Ochsen hangen. »Was hend-er etz da firnes Tiärli üffg'hänkt?« fragte er mit Lachen. »Sitt wenn hesch etz äso schlächti Äugä, dass nid ämal meh än Ox g'sehsch?« entgegnete der Metzger. »Än Ox?« verwunderte sich der Berner; »das soll än Ox sy? ä pah, äs Oxli, miänd iähr sägä!« »Jä nu,« sagte der Metzger, »wennd dü das Oxli uf d'Gass üsä träisch, so channsch-es ha.« Da nahm der Berner das Tier auf den Rücken und trug es zur Türe hinaus. Jetzt gereute den Metzger sein Wort, er lief dem Mandli nach und rief ihm, er wolle den Ochsen gerne bezahlen, wenn er ihn nur nicht forttrage. Da war der starke Berner zufrieden, trug seine Last wieder in den Laden zurück und strich lächelnd das schöne Geld ein. Als er einmal in Meien mit seiner Kraft prahlte, luden sie ihm einen Schuhmacherklopfstein auf eine Bank, und er hob die Bank samt dem Stein mit seinen Zähnen mannshoch empor. Jos. M. Tresch Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das starke Teufelchen

Source: Das starke Teufelchen

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Zwei baumstarke Burschen gingen selbander eines Abends z'Stubeten und durchwanderten dabei einen Wald. Auf einer Tanne erblickten sie so einen Schnuderbub, der unbändig lachte. »Der lacht uns aus«, meinte der eine und rief ihm, er solle nur zu lachen aufhören. Aber er lachte nur noch ärger. Jetzt ging der eine auf ihn zu und wollte ihn herabzerren. Aber der Schnuderbub hielt sich an den Ästen fest. Alles Zerren und Ziehen des baumstarken Jünglings fruchtete nichts. Die Tanne bog sich, aber der Schnuderbub blieb fest auf seinem Posten. »Du bist für nichts«, rief der Begleiter, schob ihn beiseite und packte selber den Kleinen an. Die Äste krachten, der Baum wankte, der Angegriffene wich keinen Zoll. Plötzlich aber packte er den baumstarken Angreifer und fuhr mit ihm durch die Luft einem Tobel zu. Erschrocken schaute der Begleiter hinunter und sah, dass der vermeintliche Schnuderbub einen Schwanz hatte. Er holte Leute zu Hilfe herbei. Sie fanden den Freund schon halbtot, der Teufel aber war verschwunden. In wenigen Stunden war der Kiltgänger eine Leiche. Josef Walker, Flüelen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Stäudlein von Österreich

Source: Das Stäudlein von Österreich

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Das Amt Unterseen, das sich rechts am Thunersee bis gegen die Nase hin erstreckt, soll in früherer Zeit unter östreichischer Herrschaft gestanden haben. Ein in den genannten Felsen eingehauenes Kreuz und ein daselbst eingepflanzter Weidenschoss aber habe damals als Grenzbezeichnung gedient. Von diesem Weidenschoss, der noch nach Jahrhunderten unter dem Namen das Stäudlein von Oestreich bekannt war, geht die Sage, nie welkend, aber auch nie wachsend, sei er heute noch gleich gross als wie am ersten Tage seiner Einpflanzung. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Steindenkmal bei Hermatswil

Source: Das Steindenkmal bei Hermatswil

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Das Steindenkmal bei Hermatswil Die jetzigen Grossväter wissen von ihren Grossvätern her, dass unweit der Hochwacht am Tämberg, zwischen Hermatswil und Isikon, ein Steindenkmal stand. Es waren nach den einen drei, nach den anderen vier grosse Nagelfluhbrocken. Diese Gegend heisst in der Umgebung „das Weibergut“. Die Steine, die hart aneinander gepflanzt waren, ragten sieben Fuss über den Boden hinaus. Auf den Steinen musste eine grosse Platte gelegen haben, denn man fand zwischen den Blöcken noch Reste davon. Die Alten behaupteten steif und fest, auf dieser Platte sei einst geopfert worden, und die Gegend war nicht ganz geheuer. Man hat in der Nähe dieser Steingruppe im Boden Gerippe gefunden. 1842 wurde diese sagenhafte Opferstätte zerstört und das Gestein zum Bau einer Sennhütte verwendet. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Jahrbuch Pfäffikon Nr. 7, S. 31 (1891) von H. J. Schellenberg. Eine genauere Beschreibung der Stätte gibt Lehrer Heinrich Müller von Pfäffikon u. a. O. Nr. 9, S. 124 (1896). Ergänzend zum Schellenbergschen Text wird hier gesagt, dass die Steine 2 1/2 bis 3 Fuss tief im Boden standen. Die Steine stiessen ohne Zwischenraum aneinander, umringten einen Hohlraum, der z. T. mit Erde gefüllt war und in dem auch die Bruchstücke der Deckplatte lagen. Die Unterlage war ein zusammenhängendes Steingerüst in kranzförmiger Gruppierung. Einen Fuss unter der Erde lag ein Kranz von zentnerschweren Steinen um die Hauptgruppe gereiht. Im Tagblatt des Bezirkes Pfäfffikon hat der Verfasser einen Bericht über „Das Steindenkmal bei Hermatswil“ veröffentlicht (7. 9. 1967). In der Nähe wurde am 17. 10. 1922 ein keltischer Viertelstaler zutage gefördert, der nach dem Vorbild der Goldstatere Philipps von Makedonien geprägt worden war. Standort 625 m nördl. P. 681 (Isikon) westl. an der Strasse im Wald, seit einigen Jahren mit einer hölzernen Tafel bezeichnet. Die Leute der Umgebung glauben, im Grossholz bei Hermatswil (P. 797) sei auch ein solcher Dolmen gestanden. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Steinerne Kreuz bei Rüdlingen

Source: Das Steinerne Kreuz bei Rüdlingen

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Um die Zeit der Reformation, etwa im Jahr 1530, lebten in Rüdlingen zwei reiche Brüder, Simmler zum Geschlecht. Der Eine von ihnen nahm die reformierte Lehre an und „schanschirte“ seinen Glauben, während der andere dem Glauben seiner Voreltern treu blieb. Der letztere nahm sich, wie mehrere Andere, vor, er wolle mit seiner Familie auswandern und sich irgendwo im Badischen oder im Unterland sesshaft machen. Gesagt, getan. Sein Bruder, der Reformierte, begleitete den Abscheidenden noch eine Strecke weit den Graben hinauf bis an die Stelle, die jetzt „Steinenkreuz“ heißt. An der Kreuzstraße, wo die Wege nach verschiedenen Richtungen auseinander gehen, standen sie mit einander stille. Hier gruben sie einen Stein mit einem roh ausgehauenen Kreuz in den Boden. Über dem Kreuz gaben sie sich die Hände zum Abschied und tranken noch „eins“ mit einander. Die Trennung „suchte ihnen recht nach“, so dass sie anfingen zu weinen und einander umarmten. Da machten sie noch mit einander aus, sie wollen als treue Brüder alle Jahre bei dem Kreuz zusammen kommen, zum Andenken an diesen traurigen Tag. Der katholische Bruder ließ sich auf dem Altföhren-Hof nieder, von wo aus man das „steinerne Kreuz“ mit scharfen Augen noch erblicken kann. Die Simmler in Nack sollen auch von ihm abstammen. Vor etwa 20 Jahren habe man beim Marksteinsetzen den Stein aus dem Boden graben wollen. Aber dem, welcher ihn ausheben wollte, seien drei Tropfen Blut aus der Nase auf den Stein gefallen, und vor Schrecken habe man denselben an seiner Stelle gelassen. Auch habe seither es Niemand mehr gewagt, etwas daran zu machen.     Aus: R. Frauenfelder, Sagen und Legenden aus dem Kanton Schaffhausen, Schaffhausen 1933. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das steinerne Rad

Source: Das steinerne Rad

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Das steinerne Rad Bevor Felix und Regula in Zürich wirkten, lebten sie am rechten Ufer des Zürichsees, in der Gegend des heutigen Herrliberg. Ihre Missionsarbeit war dermassen von Erfolg begleitet, dass der römische Statthalter Decius in Zürich von Staats wegen einschritt. Er liess die beiden Christen gefangen nehmen. Mit einem steinernen Rade, vermutlich mit einem Mühlstein, wollte er die Geschwister zermalmen lassen. Schon war zur Hinrichtung alles bereit, als das steinerne Rad ins Rollen kam und ohne Felix und Regula zu schädigen in den See sprang. Diese Stelle hiess seither „Im steini Rad“. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Reithard, S. 111. Musterbeispiel einenr aus dem Namen heraus gesponnenen Sage. P. Corrodi äußert sich dazu in der Zürichseezeitung vom 22. 3. 1957 unter dem Titel: „Woher hat die Örtlichkeit ‚Im Steinrad‘ in Herrliberg ihren Namen? und kommt zum Schluss, dass der Ortsname mit den Zürcher Stadtheiligen keinen Zusammenhang hat. Er vertritt die sehr glaubhafte Ansicht, dass der Ort, der nicht „steini Rad“, sondern „Steinrad“ genannt wird, den Namen hat von einer Hebevorrichtung, mit welcher man die schweren Steinplatten aus den Herrliberger Steinbrüchen auf die Lastschiffe verlud. „Es handelte sich um ein weit über mannshohes, sich um eine feste Achse drehendes Rad von grosser Breite, gleich einer Trommel, an der innen Tretladen angebracht waren, damit eine oder mehrere Personen, die darin aufstiegen, durch ihre Schwere das Rad in Bewegung setzen konnten. Diese Bewegung wurde durch eine Transmission auf eine daneben stehende Aufzugsvorrichtung mit beweglicher Rolle übertragen, wodurch der Kraftaufwand vermindert wurde. An dieser Rolle wurden schwere Steine oder sonstige Lasten aufgezogen und herabgelassen.“   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Sterben in Grindelwald

Source: Das Sterben in Grindelwald

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Vor vielen hundert Jahren wütete einmal die Pest in Grindelwald, so dass unzählige Menschen starben. Kein Mittel wollte dagegen helfen. Daher allgemeine Trostlosigkeit. Da ruft von einem Felsen herab vernehmlich ein Bergmännlein: "Bruchit Astränzen und Bimpinäll, So stärben die Chranken nid so schnell!" Astrantia und Bibernell wurden angewendet, und dem Tod ward Einhalt getan. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Das sterbende Wiegenkind

Source: Das sterbende Wiegenkind

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Auf Silplen im Maderanertal hatte ein sterbendes Wiegenkind furchtbar zu straussen. Da sahen sie auf einmal Einen neben der Wiege stehen, der das Kindlein unaufhörlich fixierte und es endlich erwürgte. Es war eine arme Seele, die auf des Kindes Tod geblanget hat. Andreas Fedier Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Stickihaus zu Spiringen

Source: Das Stickihaus zu Spiringen

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 Im Oberdorf zu Spiringen erblicken wir ein stattliches, wohlproportioniertes Bauernhaus mit der Jahrzahl 1577; es heisst das »Rothaus«, weil es einst rot bemalt war. Die Überlieferung sagt bald, es sei früher ein Wirtshaus, bald, es sei die Wohnung einer Standesperson gewesen, bald auch behauptet sie, es habe die rote Bemalung einem Wettstreit zu verdanken. Gleichzeitig mit dem Rothaus sei nämlich das Haus im Sticki gebaut worden. Zu Anfang des Baues verabredeten sich die Besitzer, wer zuerst den Bau zu Ende führe, solle sein Haus rot anstreichen lassen. Beim Bau des genannten Stickihauses wollte der Sohn des Besitzers, welch letzterer zugleich der Baumeister war, schon mehr regieren als der Vater. Da sprach dieser zu seinem Sprössling: »Wenn du imstande bist, wie ich, eine Queraxt durch die Schuhe hindurch zwischen je zwei und zwei Zehen des rechten Fusses zu schlagen,1 ohne eine zu verletzen, so sollst du Meister sein, andernfalls aber will ich allein den Bau leiten.« Der Sohn wagte das Kunststück nicht, der Vater aber bestand es glücklich und blieb demnach alleiniger Baumeister. Pfr. Jos. Arnold u.a. Fußnoten 1 Wörtlich: »Wennd du imstand bisch, midärä Twär-Äx alli fyf Zeechä z'spaltä.« Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Stöckli-Meitli

Source: Das Stöckli-Meitli

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Zwischen Lütisburg und Mosnang liegt noch jetzt der Weiler Lang-Aufeld. Daselbst wohnte in grauer Vorzeit ein hoffärtiges und genusssüchtiges Mädchen. Wenn irgendwo Tanz abgehalten wurde, traf man dort gewiss das ausgelassene Weltkind. Es trug stets auffallende Kleider; das Auffallendste an ihm aber waren die ungewöhnlich hohen und dünnen Absätze an den Schuhen,  die "Stöckli". Man nannte es daher das Stöckli-Meitli. Aber die Ausgelassenheit nahm ein Ende mit Schrecken. Während eines Tanzes holte es der Tod weg. Es fand aber im Grabe keinen Frieden. Oft sah man es um Mitternacht bei Lang-Aufeld und Bitzi umherwandeln und wohl auch tolle Tanze ausführen. Es musste bis zu seiner Erlösung ein Paar eiserne Stöckli-Schuhe durchlaufen und durchtanzen. Das scheint geglückt zu sein; denn jetzt sieht man die Tänzerin nicht mehr. C. Huber. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 454, S. 268 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Stollenhauri

Source: Das Stollenhauri

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Vor alten Zeiten floss der Lauibach von der Bahlisalp im Haslital unterhalb des Alpwaldes durch den sogenannten Bärengraben nach Unterfluh in seinen jetzigen Lauf. Droben am Stollen sass im kleinen Häuschen der Stollenhans, bescheiden und bei wenigem vergnügt. Da kamen einmal zwei Bauern herauf und überredeten ihn, der Gynlauine einen andern Lauf zu geben. Weil sie ihm aber grossen Lohn versprachen, macht er sich des Nachts an die Arbeit und hackte das ganze Port durch, welcher das Dorf vor den Wassern des Lauibach schützte. Ehe es Morgen war, stürzten die schwarzen Fluten nach dem Hoh- fluhdorf hinunter, manches Häuslein fortreissend und manches Äckerlein begrabend. Da eilte, was Beine hatte, hinauf, dem Bache wieder seinen alten Lauf zu geben. Allein der Schaden war zu gross, keine menschliche Arbeit war imstande, einen solchen Damm herzustellen. Eine arme Witwe aber, welcher alles genommen worden war, verfluchte das wilde Wasser. Da wurde es Stollen-Hans schwer ums Herz. Seine Freude war dahin, er hatte weder Ruhe noch Rast mehr daheim und verschwand eines Tages, ohne dass jemand anzugeben vermochte, wohin er gekommen sei. Seither aber, wenn der Hochstollen eine Haube anzieht und böse Wetter dräuen, tönt’s vom Lauigraben und am Stollen "Hojo, hoho, hojo!" Dann ruft jede Mutter die Buben herein, weil das Stollen-Hauri vor dem schwarzen Wasser warnt. Und wenn die Gefahr am grössten ist, ruft’s aus der Nähe: "Der Bach chunt, der Bach chunt. Ja - ja - ja! Der Bach ist nah, der Bach ist da nah! Sind mini Bueben alli da? Ja, ja, ja!" Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Sträggele und der Dürst

Source: Das Sträggele und der Dürst

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Es war einmal ein schönes Burgfräulein, das vor allen andern Speisen für sein Leben gern Wildbret ass. Als nun einmal ihr Geburtstag gerade an einem Freitag in der Fastenzeit fiel, äusserte sie in Gegenwart ihrer Ritter und Knappen, sie möchte von einem frisch erlegten Wildschweine speisen. Hierüber waren alle Anwesenden sehr bestürzt und keiner erwiderte ein Wort auf diesen Wunsch, ausser ein einziger Ritter, welcher ihr Buhle war. Dieser erklärte sich sofort zur Jagd bereit, wenn sie ihn dabei begleiten wolle. Dies war das Fräulein wohl zufrieden und beide verliessen auf ihren Pferden und von vielen Hunden begleitet die Burg, um auf die Jagd zu gehen. Weder das Fräulein, noch den Ritter, noch Pferde und Hunde sah man aber jemals wieder. Beide büssen ihren frevelhaften Leichtsinn und Uebermut damit, dass sie verdammt sind, jeden Freitag in der heiligen Zeit des nachts von 12 -1 Uhr mit ihren Hunden und Pferden eine wilde Jagd abzuhalten. Wenn es dann das Entlibuch, das Wiggertal, den Schiltwald und den Hundsrücken hinab, welches ihre Lieblingsörter sind, recht tobt und man wie Pferdeschnauben und Rüdengebell hört, sagen die Bauern: "das Straggele" und der "Dürst" kommen, denn so nennt man jene Unglücklichen, obschon sie in ihrem Leben einen andern Namen gehabt haben werden. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Sträggeli und der Dürst

Source: Das Sträggeli und der Dürst

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Es war einmal ein schönes Burgfräulein, das vor allen andern Speisen für sein Leben gern Wildbret ass. Als nun einmal ihr Geburtstag gerade auf einen Freitag in der Fastenzeit fiel, äusserte sie in Gegenwart ihrer Ritter und Knappen, sie möchte gern von einem frisch erlegten Wildschwein speisen. Darüber waren die Anwesenden sehr bestürzt, und keiner erwiderte ein Wort auf ihren «Wunsch. Nur ein einziger Ritter, der ihr Buhle war, erklärte sich sofort zur Jagd bereit, wenn sie ihn dabei begleiten wolle. Damit war das Fräulein einverstanden, und beide verliessen auf ihren Pferden, von vielen Hunden begleitet, die Burg, um auf die Jagd zu reiten. Aber weder die tollkühnen Jäger, noch Rosse und Hunde sah man jemals wieder. Sie büssen ihren frevelhaften Leichtsinn und Übermut damit, dass sie verdammt sind, jeden Freitag in der heiligen Zeit um die Mitternachtsstunde mit ihren Pferden und Hunden zu jagen. Wenn im Entlebuch und im Napfbergland das Wetter so recht tobt, und man in den Lüften Rosseschnauben und Hundegebell zu hören glaubt, dann sagen die Bauern : «Das Sträggeli und der Dürst kommen.» Emmentaler Sagen, Hermann Wahlen, 1962 Gute Schriften Bern Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Strählbrünneli

Source: Das Strählbrünneli

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Das Strählbrünneli An dem von Oberstammheim über den Berg führenden alten Weg nach Stein befindet sich fast auf der Passhöhe ein altes Brünnlein, das Strählbrünneli. Wer dort um Mitternacht vorbeikommt, kann Geistern begegnen. Der Gewährsmann, der darüber berichtete, meint, es handle sich um Marchenversetzer. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Winterthur und Weinland Schriftliche Mitteilung von a. Lehrer Emil Brunner in Oberstammheim. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Stumpengeld

Source: Das Stumpengeld

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Das Stumpengeld Die Ritter von Hohen-Landenberg hatten das Recht, bei ihren Eigenleuten das „Stumpengeld“ einzuziehen. Damit hatte es folgende Bewandtnis: Wenn nämlich im Burgbann zwei Hochzeit halten wollten, so hatte der Herr das Recht, die Braut in der Hochzeitsnacht auf die Burg zu befehlen, weil sie schuldig war, die erste Nacht mit ihm zu verbringen. Wie mancher frischgebackene Ehemann musste dieses ungeheuerliche Recht schon verflucht haben, wenn er in der Nacht nach der Hochzeit seine Frau auf die Burg bringen musste. Mit der Zeit aber konnten sich die  Bauern von dieser Plage loskaufen‚ indem sie dem Burgherrn statt der Braut eine bestimmte Summe Geldes abgeben durften. Diese Abgabe nannte man das Stumpengeld. Und noch heutigen Tages sagt man etwa noch spassweise zu einem Hochzeiter am Hochzeitstag: „Jä Hans (oder Heich), häscht s Stumpegält scho zahlt?“ Also zu jener Zeit lebte im Saland ein junger, freier Bauer, Heinrich mit Namen. Dem gehörte als Braut ein blitzsauberes Mädchen von Hinterjuckern, am Fuss des Eichberges. Das schöne Kind hatte aber auch dem Landenberger in die Augen gestochen, und er dachte, die erste beste Gelegenheit zu benützen, sich an ihrer Schönheit leiblich zu ergötzen. Die Familie des Mädchens war aber, obschon sie dem Landenberger hörig war, im Tale recht angesehen, und darum konnte der Ritter nicht ohne weiteres an das Kind geraten. Als er vernahm, dass die Tochter den Heinrich von Saland heiraten wolle, lachte er ins Fäustchen und dachte, jetzt falle ihm das Glück von selbst in den Schoss. Eines Morgens, kurz vor der Hochzeit, erschien Heinrich auf der Burg, um seine Frau mit dem Stumpengeld von dem Rechte der ersten Nacht loszukaufen. Aber der Ritter lachte ihm höhnisch ins Gesicht und erklärte trocken, dass er das Geld nicht verlange, sondern die Braut. Das sei sein gutes Recht. Heinrich bat auf den Knien. Es nützte nichts. Mit schwerem Herzen musste er am Hochzeitstage seine Frau aufs Schloss abliefern. Aber eine fürchterliche Rache hatte sich im Herzen Heinrichs von Saland eingenistet. Tal auf und ab suchte er Freunde und Bekannte auf, um mit ihnen zu beratschlagen, was gegen den Lindenberger zu unternehmen wäre. Auf seinen Fahrten vernahm er noch andere Ungeheuerlichkeiten des Ritters. So konnte er den sauberen Herrn bei dem Rate zu Zürich verklagen wegen Falschmünzerei, Unzucht, Raub und Diebstahl. Wohl, da stand die Stadt auf und befahl, die Burg zu erobern und zu verbrennen. Mit einem Harst Krieger aus der Stadt und mit seinen Freunden zog Heinrich von Saland vom Rotenstein aus durch den Wald hinauf und stand mitten in der Nacht wie aus dem Boden gewachsen plötzlich vor der Burg Hohen-Landenberg. Weil der Ritter an nichts Böses gedacht hatte, konnten die Krieger die Burg mit Leichtigkeit einnehmen. Den rechtsbrecherischen Burgherrn nahmen sie gebunden mit nach Zürich, wo er auf dem Scheiterhaufen lebendigen Leibes verbrannt wurde. Dass aber von seiner Burg kein Stein auf dem andern blieb, dafür sorgte Heinrich von Saland. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Mündlich überliefert in Tuckern, Saland, Undalen. Das Recht der ersten Nacht, „jus primae noctis“ ist für Hohenlandenberg nicht nachgewiesen; vgl. dazu E. Osenbrüggen, Deutsche Rechtsaltertümer aus der Schweiz, Zürich 1858 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Tänzchen

Source: Das Tänzchen

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Der Bauer von Tscherlu war einst mit seinen Leuten im Schwand droben mit Heuen beschäftigt. Da sahen sie unter einer alten Wettertanne zwei Zwerglein, welche lustige Purzelbäume schlugen. „Die wollen wir fangen“, sagte der Bauer, und sogleich jagte das Gesinde den beiden kleinen Leutchen nach. Das eine wurde gefangen genommen, das andere konnte entfliehen. Als letzteres ausser Gefahr war, kehrte es sich um und rief seinem armen, gefangenen Brüderchen zu: „Sage den Menschen dann nie, für was der Nesselsamen und die Bockwurzeln (Bibernelle) gut sind!“ – „Nie! Nie!“ gab dieses zurück; dann führte es der Bauer mit sich heim und schloss es in eine Kammer ein. Dort sass es einige Tage lang zusammengekauert in einer Ecke wie ein gefangenes Mäuschen. Nach und nach gewöhnte es sich aber an die Menschen. Von nah und fern kamen Leute, um das kleine Geschöpf zu schauen. Das Zwerglein schnitt ihnen lustige Grimassen und ergötzte die wunderigen Menschen mit allerlei Kunststücken. Einmal behauptete es, es könne noch ein ganz reizendes Tänzchen. Man solle einen Knäuel Faden nehmen, das äussere Ende desselben am Türpfosten befestigen und dann den Knäuel über den Boden fortwerfen. Alsdann wolle es so rasch über den Faden tanzen, wie dieser sich abwickle. Das hätten die neugierigen Leute gar gerne gesehen. Sie holten schnell ein „Chluntscheli“ Faden und taten so, wie das Zwerglein gesagt hatte. Der Knäuel rollte über den Hausplatz, und das kleine Männlein wirbelte hinter demselben her  immer weiter, immer weiter. Der Knäuel stand still, aber das Zwerglein tanzte immer weiter vom Hause weg. Plötzlich kehrte es sich um, drehte ganz unverschämt den überlisteten Zuschauern eine lange Nase und huschte durch Hecken und Zäune über die Matten davon  dem Burgerwalde zu.   Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch


by Das tanzende Paar

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In der Nähe des Giessbachs liegt ein freier Vorsprung gegen den Brienzersee zu, der mit prächtigem Gras bewachsen ist und in der Leute Mund der Tanzplatz geheissen wird. Hier kamen in alten Zeiten die Sennen und Sennerinnen zusammen, um ihre Tanzvergnügen abzuhalten. Da dabei oft der Teufel die Hand im Spiel hatte, wurden diese Tänze von der Obrigkeit verboten. Trotzdem kamen immer wieder Tänzer am Giessbach zusammen. In einer schönen Vollmondnacht stellte sich nun auch ein Geiger ein, der spielte so wild zum Tanze auf, dass ein schönes Menschenpaar wie toll über den Abgrund hinaus in den See tanzte und jämmerlich ertrank. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das tanzende Weibervolk

Source: Das tanzende Weibervolk

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Ein etwa 50jähriger Mann (1914 †) erzählt: In der Nähe von Meitschligen, wo ich als Schulknabe bei meinen Verwandten verkostgeltet war, sprang ein »verstörtes Meitli« in die Reuss. Ich war damals etwa zwölfjährig. Einige Tage nachher ging ich zum Brunnen, um Wasser zu holen, und da erblickte ich auf einem kleinen Bödemli an der Reuss in der Nähe der Brücke eine grosse Anzahl Männer, die in einem doppelten Kreis (d.h. in zwei konzentrische Kreise geordnet) dasassen. Innerhalb des Kreises auf jeder Seite gegen den Rand (d.h. also an beiden Enden des Durchmessers des innern Kreises) brannte je ein Feuer und zwischen denselben tanzte, grau gekleidet, das verunglückte Mädchen. Ich sagte es den Meisterleuten, aber die wollten nichts davon hören. Ich bin ein Fronfastenkind und sehe deshalb mehr als andere Leute. Nikolaus Exer, von Seedorf Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das tanzsüchtige Mädchen

Source: Das tanzsüchtige Mädchen

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Es sei einmal ein Mädchen gewesen, das habe nie keine Tanzgelegenheit unbenützt gelassen. Eines Abends aber mahnte ihm der Vater gar ernstlich ab und meinte zuletzt, es tanze doch niemand mit ihm. »Und wenn ich mit dem Teufel tanzen muss, so gehe ich«, sagte das Maitli und eilte davon. Während es sonst immer Tänzer genug gefunden hatte, diesen Abend wollte sich keiner mit ihm abgeben. Endlich kam ein feiner Bursche zur Türe herein, in grüner Kleidung, mit langen Stiefeln, die so glänzend gewichst waren, dass man sich darin spiegeln konnte. Der tanzte nun beständig mit ihm, gab ihm reichlich zu essen und zu trinken und begleitete es gegen Morgen nach Hause. Dort entledigte er sich der Stiefel, und das Mädchen sah, dass er Bocksfüsse hatte, und schrie auf. Wütend schlug es der Teufel mit einem Stiefel und sagte, er werde es schon noch holen, und verschwand. Das Mädchen aber fiel in Ohnmacht. Als es wieder zu sich kam, erzählte es alles den Eltern. Diese liefen schnell zu einem Geistlichen; der aber meinte, da sei nichts mehr zu machen, es habe sich zu weit eingelassen. Ein zweiter aber gab noch Hoffnung und sagte, wenn der Teufel komme, es zu holen, solle es sich ja nicht vor den Teufel aufs Ross setzen, sondern hinter ihn. Sie werden dann zu einer schwarzen Porte kommen; sobald es sie erblicke, solle es sich b'segnen. Richtig, nach einiger Zeit erschien der Teufel wieder auf einem schwarzen Chohli und forderte die Tochter auf, sich vor ihn auf das Ross zu setzen. Sie aber setzte sich hinter ihn, und der Chohli sauste davon. Sobald sie die schwarze Porte in Sicht bekam, b'segnete sie sich, und wie der Blitz flog der Teufel in den gähnenden Feuerpfuhl. Die gerettete Tochter aber ritt auf dem Chohli nach Hause. – Das hat mir 1923 in Altdorf eine Frau erzählt, von der ich nicht mehr weiss, wer und woher sie war. Miär hets 'tschüderet. M.A. Schmid, 78 Jahre alt. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Täufernloch

Source: Das Täufernloch

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Das Täufernloch ist eine nur kleine, angebaute Vertiefung oder ganz kleiner Tobel hinter dem Kühweg, südlich vom Holeeholzweg. Diese Vertiefung ist so gering, dass sie mit dem Pfluge durchfurcht werden kann. Ihr Name ist schon alt und soll von den Wiedertäufern, die damals in unserer Gemeinde und ihrer Umgebung häufig vorkamen, herrühren. Damals war diese Sekte ziemlich verhasst. Sie durften nicht in die Kirchen, durften auch ihre Toten nicht mehr auf den Gottesäckern bestatten. Ihre Gottesdienste verrichteten sie entweder in ihren Häusern, oder aber sie bauten kleine Bethäuser oder Kirchlein in etwelcher Entfernung von den Ortschaften. Von den hiesigen Bewohnern wird nun berichtet, oder behauptet, es habe im obgenannten Täufernloch seiner Zeit das Kirchlein der hiesigen Wiedertäufer gestanden. Binningen Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Teufelshaus

Source: Das Teufelshaus

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In der Nähe der Stadt Sitten, am westlichen Ufer des Flusses, so derselben den Namen gegeben, lag vor alter Zeit, wie eine Sage erzählt, in schönem Rebgelände ein freundliches Häuschen, bewohnt von einem frommen Ehepaar. Diese guten Leute lebten mit einander im Frieden und waren glücklich. Dies machte, dass sie auch gegen jedermann sehr wohlwollend und freundlich sich zeigten und viele Arme und Notleidende nur erquickt ihr weitbekanntes Häuschen wieder verliessen. Dessen war Satan, der Feind alles Guten, unzufrieden und wollte der ihm missbeliebigen Wirtschaft ein Ende machen. Erst versuchte er unter den Eheleuten Unfriede zu stiften und so ihr Hauswesen zu Grunde zu richten: — umsonst. Bald trachtete er die guten Leute unter den Mitmenschen zu verschreien und sie so um Achtung und Ehre zu bringen; half aber auch nichts. — Da entschloss sich Satan, kurzen Prozess zu machen; er wollte das Häuschen samt Einwohnern im Wasser der Rhone ertränken. In dieser Absicht nahte er sich in finsterer Nacht dem stillen Häuschen und lud es, so sanft und geräuschlos als möglich, auf seine starken Schultern. In behutsamen und gemessenen Schritten ging er damit auf die Rhone los. Die schlummernde Stadt ward glücklich umgangen und passiert. Bald jedoch begegnete dem mächtigen Bürdenträger ein altes Mütterchen. Dieses sah ihn mitleidig an und sagte: «Ach du Armer! du hast gar zu viel aufgeladen und keuchest so entsetzlich. Sieh! es ist noch alles finster und in fester Ruhe; hast keine Eile. Setze ab und ruhe ein wenig aus.» Und der Betrüger wurde diesmal selbst betrogen. Er folgte und setzte die Bürde ab, um zu ruhen. Im Nu setzte aber auch das Mütterlein seinen Fuss in die Türschwelle des Hauses und sprach spöttisch zu Satan: «Nun, nimm's wieder auf und geh weiter, wenn du's vermagst.» — Und Satan versuchte grimmig am niedergesetzten Hause seine Kraft wieder, — umsonst; er konnte es nicht mehr bewegen und musste dasselbe in der Stellung liegen lassen, wie er es niedergesetzt hatte. Das Haus hiess fortan das Teufelhaus, weil es Satan dahin getragen und von ungefähr so schief ins Feld hinstellte. Regelmässigkeit scheint noch heut zutage an diesem Orte nicht Platz zu finden. — Ein Stein in der Mauer des Hauses soll noch jetzt die Male der Teufelhörner zeigen, die sich nicht dauerhaft verpflastern lassen. Andere wollen den Namen Teufelhaus herleiten, weil Satan dasselbe aus lauter Sandkugeln gebaut habe. — Der Grundeigentümer habe dem Bösen seine Seele versprochen, wenn er ihm ein Haus mit Ringmauer baue, bevor er zu Pferd um dasselbe herum zu reiten imstande sei. Satan nahm die Wette an und folgte im Bauen dem fliegenden Reiter so schnell, dass er sogar am Ende dem Pferde den Schwanz einpflasterte. Aber ein Hieb und noch ein kräftiger Satz brachte den Verwegenen über das verhängnisvolle Ziel hinaus. — Seither habe es aber in diesem Hause immer etwas "g'schafft und g'spukt". Noch in letzten Zeiten soll man da eine Hexe bemerkt haben, die an's Fenster trat und die Flöhe hinausschüttete. Wer vorwitzig sie anguckte, der sei am Kopf aufgeschwollen und tüchtig "verwindet" worden.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Tier had sich erräichd

Source: Das Tier had sich erräichd

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Äs ischd spätanhi im Herbscht gsiin. Döö hed es Mäischli afa-l-lamätschen; äs hed es Bbäi gwirsed ghäben. Dratt hed gsäid, das sigi erräichts: är welle-m-ma derfi töön. Är hed’s us em Gaden üüfa gun; i brüüchi niid, wa z’sägen:“Düü liigschd; das ischd erdäichd.“ Meer isch‘sch alls spanisch vorchun. Aber Dratt ischd dem Mäischli mid dr Hand uber ds Bäi gfaren und hed gsäid:“ Das Tier had sich erräichd.“ Jetz wä d’Räien am meer gsiin, z’sägen:“ Du liigschd, das ischd erdäichd.“ Aber i han nid es Wort virhabbrachd: äs ischd mer alls eso lächerlis vorchun; i han nid anders chennen, wan dem Atten eggrediüüsa i ds Gsicht lachen. Dratt ischd da gstanden, hed afam brummlen und hed ds Mäischli umho ing Gade gfäled. Und i han no geng nid anders chennen, wa-l-lachen. Dratt hed niimma gsäid; är hed gschwigen und i ha gschwigen. Dem Mäischli hed’s bbessered, und ma hed im später nee mee eppes agmerkd. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Das Tittiloch bei Thalheim

Source: Das Tittiloch bei Thalheim

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Auf der Südseite des Dorfes Talheim im Jura, Bezirk Brugg, westlich des Weges, der über den Schlatt und die Gislifluh hinüber nach Aarau führt, liegt das Herdflühlein. In dieser Felsenwand ist eine an hundert Schritt lange Höhle, das Tittiloch. Der Name bedeutet einen Felsen, aus welchem die Hebamme die neugeborenen Kinder herausholt. Der Zugang ist nicht leicht zu finden, er liegt mit Gesträuch und Stauden überdeckt im Tobel eines Bergwassers, welches der Gässlibach heisst. Ein unterirdischer Gang der Höhle soll in den Keller eines in der Nähe liegenden Bauernhauses führen. Unten am Rande dieses Baches steht ein anderes Haus, in welches die Herdweibchen mit ihren Kunkeln und Spinnrädchen oft zu Stubeten (auf Abendbesuch) gekommen sind. Sie sind aber bald ausgeblieben, weil die schlimmen Nachtbuben ihnen Asche in den Weg streuten. Da sah man bis zum Eingang der Höhle lauter Schwimmfüsse abgespürt. Sage aus Talheim Band 3.1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962, S. 109 - 109 Fussnote Jene vielfachen Felsen und erratischen Blöcke, unter denen die Hebamme die Neugeborenen (Titti) holt und den Aeltern heimbringt, sind besprochen: Aargan. Sag. 1, S. 357. ... Und wie bei unseren Zwergen hat man in ältester Vorzeit Werkgeräte aus Stein gemacht. Denn steinerne Spinnwirtel hat man im vorigen Jahre mit unter jenen Fundstücken entdeckt, die man aus der Tiefe des Züricher Sees bei Meilen unter den Trümmern versunkener Pfahlbauten heraufhob. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Tobelfraueli

Source: Das Tobelfraueli

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Zwei wackere, unerschrockene Männer von Seedorf, Josef Tresch und ein gebürtiger Meier, haben tagsüber im Balankatobel hinter dem Herrenzwy am Holz gearbeitet. Nun, da sie ihr mühevolles und lebensgefährliches Tagewerk vollendet, marschieren sie bei Einbruch der Abenddämmerung dem Herrenzwy zu, um von dort aus das Tal zu erreichen. Auf einmal greift der Meier nach seinem Kopf, über den ein kalter Wind dahinstreicht, bleibt stehen und ruft seinem vorausschreitenden Gespanen: »Dü! ich ha d'r Hüet dahinnäglah!« »Eh, das isch ja glych, lach dü der dähinnä, v'rchunnsch-ä de morä scho,« meint der Seedorfer. »Näi, ohni Hüet gahn-i etz doch nit hei; i bi ja bald wider zrugg.« »Nu wägä mynä, sä gang dü, aber tüe de nitt lyrä.« »Nä-näi, i bi uf d'r G'stell wider da, wart m'r dü.« Sagt's und kehrt zurück, die wärmende Kopfbedeckung zu holen. Nachdem er einige Schritte zurückgelegt, begegnet ihm ein altes Müetterli, das er um den Gugger nicht erkennen kann; grad vor des Meiers Nase macht es kehrt und schreitet ihm tüchtig voran. Der Holzer ihm nach, wandert und wandert ohne Rast, obwohl die Nacht schon hereingebrochen, den Hut aber sieht er nirgends. Endlich gelangt er an den Bach hinunter, wo er sich erkennt. »Wytter gahn-i etz doch nimmä,« sagt er laut und schickt sich an, umzukehren. Auch das Weibsbild erstellt sich jetzt, und einen giftigen Blick auf den Verführten werfend, äussert es: »Ja, i müess di dänk la gah. Dä hesch am Morged eppis gnu (Weihwasser) und hesch eppis a (Skapulier), und wennd das nit hättisch, sä giëng's d'r wië denä Steinä,« und ergriff zwei »hämpflige« Steine, zerrieb sie in den Händen und verschwand. Der Mann musste ohne Hut den Rückweg antreten. David Imhof, Seedorf, 45 J. alt. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Toggeli

Source: Das Toggeli

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Des alten Majelis Mattysel, (Marielis Matthäus) ein vierschrötiger, vollblütiger Mann, verhirtete im Winter weit draussen am Talend das Schneitweidheu. An die abgelegene Scheune auf dem Fluhrand war ein Hirterstübli angebaut. Wenn die matten Lichter drüben in Isenfluh eines nach dem andern ihr Zwinkern einstellten, dann suchte auch der Majeler sein Gelieger auf. Aber dann kam es so häufig vor, dass ihn hier oben in der wilden Einsamkeit das Toggeli plagte. Kaum war er auf das Lager gesunken, hörte er es durch den ersten Schlummer an der Fensterwand heraufkratzen und krabbeln. Jetzt kam es zum Flügeli herein, über den Bettladen herauf, hockte ihm mitten auf die Brust, drückte und würgte ihn, dass er schier erstickte. Das Toggeli plagt ja viele schlafende Menschen. Der Mattysel wollte es einmal mit den Händen fassen; da war es grad, als ob er eine Handvoll Schmer erwischt hätte. Es trug ihm aber nichts ab, es zerlief ihm auf der Stell in den Fingern. Nun riegelte der Hirter das Fensterflügeli fest zu. Aber auch das nützte nichts, denn dieser Plagegeist kann sich dünn machen, rinnt wie Flüssiges zum Schlüsselloch und jeder feinsten Ritze herein und macht sich drinnen wieder breit. Eines Winters quälte das Toggeli des Majelis Mattysel so schlimm, dass es nicht mehr zum Aushalten war. Nach des Tages hartem Werk am Holz streckte er nur mit Bangen seine müden Glieder auf dem Laubsack. Wenn es ihm nächtlicherweile auf der Brust sass, und er schreien oder fluchen wollte, konnte er wohl den Mund aufreissen, aber es kam nicht der leiseste Ton heraus. Da zog er seinen alten Nachbarn zu Rat, und der stieg mit ihm unter der Hunnenfluh durch den Buchwald hinaus nach der Schneitweid. Drinnen im Hirterstübli lag es für den guten Nachbarn klar auf der Hand, warum das Toggeli oft auf dem Majeler sass. Er sagte zu ihm: "Jää — du armer Tropf — du musst dein Guutschi (Bett) alsbald anders drehen. In einer Scheune vorn auf einer Fluh kehrt man nie und nimmer die Fussete zu Berg und das Kopfend zu Tal. Lieg mit den Füssen nach unten, beileib dem Wasserlauf entsprechend!" Er tat, wie ihm geheissen und legte fürsorglich noch jeden Abend ein schnittiges Beil auf die Bettdecke. Dann kam das Toggeli nicht mehr zum einsamen Schläfer in das Schneitweidstübli. Quelle: Hans Michel, Ein Kratten voll Lauterbrunner Sagen. Wengen 1936. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Toggeli kommt

Source: Das Toggeli kommt

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Ein achzigjähriger Greis erzählte mir folgende Begebenheit aus seinen jungen Jahren: Es war um die Zeit der ersten Ehejahre. An einem Sonntagnachmittag hütete Hans. Er spazierte mit dem Kinderwagen, in dem sein zweiter Sohn lag, im Scheine der Julisonne. Ruhig schlummerte das Kind in seinem Wagenbettlein. Auf einmal fing es an, unruhig zu werden. Der Schrei erstarb ihm im Halse. Krankhaft drehte es sich hin und her. Die blauen Äuglein hielt es vor Angst weit aufgerissen. Es war kein Zweifel, das Toggeli war über den Kleinen gekommen um ihn zu quälen. Alsbald fuhr der Vater sein Söhnlein in die Stube, nahm sein Militärmesser und heftete die Klinge an den Balken über der Stubentüre. Und wunderbar! Das Toggeli wich vom Kinde und machte sich ungesehen davon. Das Büblein erhielt wieder sein gesundes Aussehen und wurde ganz ruhig. Am gleichen Abend wollte sich das Toggeli rächen und es kam über den Vater, den es in der Nacht heftig plagte und würgte. Gegen Morgen erst verliess es sein Opfer. Der heimgesuchte Familienvater suchte den Quälgeist zu bannen. Er nahm eine leere Flasche und füllte diese mit seinem Urin; dann verkorkte er sie fest und versteckte sie zuunterst im Schrank. Und siehe, am gleichen Vormittag besuchte ihn eine Frau, die ihm sonst unbekannt war; sie redete eifrig auf ihn ein, lobte ihn und schmeichelte ihm auf ungewohnte Weise. Der Bauer merkte gleich, wo der Schuh die Besucherin drückte. Er entleerte die Flasche im Schrank, und erlöst nahm die fremde Person Abschied. Fortan verspürte der Bauer nie mehr die Heimtücke des Toggeli.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Toggeli und die Harnflasche

Source: Das Toggeli und die Harnflasche

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1. Zu Sisikon lebte ein Knecht, der zusehends abmagerte, obwohl er gute Kost und nicht übermässig viel Arbeit hatte. Der Bauer fragte ihn, was ihm fehle, aber er wollte es nicht sagen, und später wollte er den Platz künden. Jetzt drang aber der Meister in ihn, ihm die Ursache mitzuteilen, und auf sein Einreden gestand er endlich, dass ihn jede Nacht das Toggeli so furchtbar plage und drücke. »Da brauchst du deinen Dienst nicht zu verlassen,« sagte der Bauer, »da kenne ich schon ein Mittel. Löse am Abend dein Wasser in ein Fläschchen und verschliesse dieses fest und öffne es unter keinen Umständen, dann wirst du sehen.« Der Knecht gehorchte. Am nächsten Tage kam seine Geliebte und bat ihn flehentlich, doch das Gutterli zu öffnen, sie könne ihr Wasser nicht mehr lösen. »Ähä,« sagte jetzt der Bursche, »bisch dü d'Häx?« Aber später heiratete er sie doch. Johann Aschwanden, 50 J. alt, blinder Korber 2. Einem jungen Burschen im alten Holzerhaus zu Wytterschwanden, der viel vom Toggeli zu leiden hatte, wurde geraten, aufzustehen, wenn das Toggeli drücke, das Wasser in ein Fläschchen zu lösen, dieses fest zu verschliessen und unter das Bett zu legen, aber mit einem offenen Messer, mit der Schneide nach oben gerichtet, daneben. Nachdem er den Rat befolgt, bekam er am folgenden Morgen unerwarteten Besuch von einer ihm bekannten Weibsperson aus dem »Graben« zu Bürglen. Diese erblickte das verschlossene Fläschchen, das der Bursche unter dem Bett weggenommen und auf den Tisch gelegt hatte, betrachtete es nach allen Seiten, fragte und wunderte nach ihm und liess mit Bitten und Nöten nicht lugg, bis der arglose Bursche es öffnete. In diesem Augenblick verschwand auch das Weibsbild zur Türe hinaus, liess aber dabei sein Wasser fahren, so dass ein ganzer Strahmen über die Diele hin den Weg zeichnete, den es in seinem Verschwinden eingeschlagen. Aber vom Toggelidruck war der Bursche befreit. Später ging er zu ihm z'Stubeten und heiratete mit ihm. Dieses Mittel werde öfters angewendet, ergänzen mehrere Personen die Erzählung, und es sei ihnen selber auch schon angeraten worden. Kath. Müller, 70 J. alt, u.a. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Toggeliloch

Source: Das Toggeliloch

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Vom stattlichen Industriedorf Düdingen führt ein Tälchen nach Bonn hinunter. Es trägt den sagenhaften Namen «Toggelioch». Heute führt die betonierte Eisenbahnbrücke der Linie Lausanne – Bern – Olten über diesen idyllischen Fleck hinweg. In früheren Zeiten war das reizende Tälchen nur ein finsterer, wüster Sumpf, den alle Leute fürchteten. Denn der Geist eines bösen Ritters von Vivers spukte in den Adventsnächten und in der Fastenzeit in dem Orte herum. Niemand betrat nach dem Gebetläuten den Holperweg, der am Rande des Tälchens vorbeiführt. Denn der böse Geist des verwünschten Ritters fiel in diesen Nächten den Wanderer an und würgte ihn zu Tode. Diesen Geist nannten die Düdinger das «Toggeli». Damals wohnte zuhinterst im Tälchen in einem armen Hüttlein eine Holzhackerswitwe mit ihrem Töchterlein. Der Mann war vor Jahren beim Holzfällen ums Leben gekommen; es waren arme, aber fromme Leute, die dort in der Einsamkeit wohnten. Eines Tages wurde die Witwe krank; sie spürte das Herannahen des Todes und verlangte deshalb nach dem Geistlichen. Ihr Kind wollte selber ins Dorf gehen und den Pfarrer holen. Es war gerade Fastenzeit, in welcher das Toggeli wieder Gewalt über das Tal hatte. Die Nacht brach heran, eine finstere Nacht schien es zu werden. Aus Liebe zur Mutter wollte das Mädchen dennoch den Gang zum Pfarrer wagen. Plötzlich hörte das Kind hinter sich ein Klappern und Stöhnen. Es betete aber umso inbrünstiger, je näher der Spuk kam. Am Wege musste das Kind noch an einer Höhle vorbei, vor welcher es eine besondere Furcht fühlte. Laut betete die Kleine: «Heilige Mutter Gottes, hilf.» Da gab’s einen Blitzschlag und einen Donnerhall und das Toggeligespenst wurde in die Höhle hinein geschleudert. In heller Angst kam das Kind beim Pfarrer an und erzählte das Vorgefallene. Es bat den Hochwürden, er möge doch noch in der gleichen Nacht zu der schwerkranken Mutter kommen. Der Geistliche sagte auch sofort zu und rief den Sigrist, zum Verwahren sich bereit zu machen. Der Sigrist war ein furchtsamer Hans und wollte nicht mitgehen. Da gab ihm der Pfarrer das Kind zur Hand und sagte: «Mit dieser Unschuld kommen wir schon durch.» Ungefährdet kamen sie zum Häuschen und brachten der Schwerkranken himmlischen Trost. Von dem Abend an war das Toggeligespenst verschwunden; das Tälchen, von seiner Herrschaft erlöst, behielt den Namen «Toggeliloch». Zum Danke für diese Befreiung bauten fromme Leute die Felsenhöhle zu einem Kapellchen um und hiessen sie «Ölbergkapelle». Zum frommen Gedächtnis wallfahrten die Düdinger alle Jahre am Palmsonntag dahin.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Toggelli auf Planalp

Source: Das Toggelli auf Planalp

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Mit dem Toggelli hatte Brod Heinis Hans eine Fucht. Nach einem strengen Heuertag in den stotzigen Bachbörtern der Brandegg auf Planalp legte er sich nach dem z’Nacht in seinem Stubeli in die Nästere platt auf den wehtuenden Buckel. Und wie das so ist, wenn man sich müde gewerkt hat: es stellt sich bald ein Augenblicklein ein, das zwischen Wachsein und Schlaf schier nicht mehr unterscheiden lässt. Das ging auch Hans so. Auf einmal war er nicht mehr imstande, sich zu rühren. Ein graues Etwas war plötzlich von der Türe her auf die Nästere gesatzt, und nun sass ihm auf der Brust eine grosse Katze, die Miene machte, ihm an den Hals zu springen. Das Tier wog so schwer wie ein Amboss, er konnte den Atem nicht ziehen, die Glieder waren wie Blei. Als Hans endlich einen lauten „Päägg“ ablassen konnte, nahm das Untier einen Gump ab der Nästere und zur Türe hinaus, trotzdem er vorher den inneren Riegel vorgeschoben hatte. Das Schild Zijelli in der Alpgassen war gegen Abend auf dem Ruhbettli entschwilmet. Wie es da so ausgestreckt auf dem harten Laubsack lag, ging langsam, langsam, ohne Geräusch, die Stubentüre auf, und eine grosse Frau mit einem Messer in der Hand erschien im Türloch. Und grad so langsam, ach, so langsam wie die Türe aufgegangen, kam die Frau auf Zijellin zu, hob das grosse Messer in der Hand und setzte ihm die spitze Klinge mitten auf die Brust, ohne dass es sich auch im geringsten hätte wehren können. Im Augenblicke aber, da das kalte Eisen seine warme Haut berührte, konnte es zur Abwehr danach greifen, und da war auch das Weib verschwunden, als hätte es sich in der Dämmerung aufgelöst Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Toggelli des Majellis Mattysel

Source: Das Toggelli des Majellis Mattysel

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Des alten Majellis Mattysel, ein vierschrötiger, vollblütiger Mann, verhirtete im Winter weit draussen am Talend das Schneitweidheu. An die abgelegene Scheune auf dem Fluhrand war ein Hirterstübli angebaut. Wenn die matten Lichter drüben in Isenfluh eines nach dem andern ihr Zwinkern einstellten, dann suchte auch der Majeller sein Gelieger auf. Aber dann kam es so häufig vor, dass ihn hier oben in der wilden Einsamkeit das Toggelli plagte. Kaum war er auf das Lager gesunken, hörte er es durch den ersten Schlummer an der Fensterwand heraufkratzen und krabbeln. Jetzt kam es zum Flügelli herein, über den Bettladen herauf, hockte ihm mitten auf die Brust, drückte und würgte ihn, dass er schier erstickte. Das Toggelli plagt ja viele schlafende Menschen. Der Mattysel wollte es einmal mit den Händen fassen; da war es grad, als ob er eine Handvoll Schmer erwischt hätte. Es trug ihm aber nichts ab, es zerlief ihm auf der Stell in den Fingern. Nun riegelte der Hirter das Fensterflügelli fest zu. Aber auch das nützte nichts, denn dieser Plagegeist kann sich dünn machen, rinnt wie Flüssiges zum Schlüsselloch und jeder feinsten Ritze herein und macht sich drinnen wieder breit. Eines Winters quälte das Toggelli des Majellis Mattysel so schlimm, dass es nicht mehr zum Aushalten war. Nach des Tages hartem Werk am Holz streckte er nur mit Bangen seine müden Glieder auf dem Laubsack. Wenn es ihm nächtlicherweile auf der Brust sass, und er schreien oder fluchen wollte, konnte er wohl den Mund aufreissen, aber es kam nicht der leiseste Ton heraus. Da zog er seinen alten Nachbarn zu Rat, und der stieg mit ihm unter der Hunnenfluh durch den Buchwald hinaus nach der Schneitweid. Drinnen im Hirterstübli lag es für den guten Nachbarn klar auf der Hand, warum das Toggelli oft auf dem Majeller sass. Er sagte zu ihm: „Jää - du armer Tropf - du musst dein Guutschi alsbald anders drehen. In einer Scheune vorn auf einer Fluh kehrt man nie und nimmer die Fussete zu Berg und das Köpfend zu Tal. Lieg mit den Füssen nach unten, beileib dem Wasserlauf entsprechend!“ Er tat, wie ihm geheissen und legte fürsorglich noch jeden Abend ein schnittiges Beil auf die Bettdecke. Dann kam das Toggelli nicht mehr zum einsamen Schläfer in das Schneitweidstübli. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Toggi

Source: Das Toggi

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Seltsame Erzählungen werden noch immer von dem sogenannten "Nachttoggi" auf die Bahn gebracht, doch weniger häufig als früher, wo dasselbe manchem Menschen jede Nacht beinahe regelmässig seine lästigen Besuche machte. Es ist ein unsichtbares, eigentümliches, rätselhaftes Wesen, (wohl aus der Unterwelt) das weder auf Geschlecht noch Alter eine Rücksicht nimmt, sondern ganz willkürlich zu schalten und zu walten scheint. Von demselben werden hie und da nicht nur Kinder, Jünglinge und Töchter, sondern auch Männer und Weiber, ja sogar betagte Greise überfallen. Diese ungebetenen Besuche geschehen während der Nacht, wo der Mensch im Schlafe und zwar auf dem Rücken liegt. Die Angefallenen werden von einem ungeheuren Gewichte gedrückt, gleich als wenn die grössten Felsblöcke auf ihnen lägen. Das Toggi setzt sich auf das Herz und der hilflose arme Mensch, obgleich er fühlt und hört, ja im wachenden Zustande zu sein scheint, liegt regungslos da und kann weder Hand noch Fuss bewegen; sein Atem stockt und er schwebt in der äussersten Gefahr, vor Schwere und Atemlosigkeit den Geist aufzugeben. Zum Glück ist die Dauerzeit gewöhnlich nur von einigen Minuten. Nach der Befreiung fährt der Mensch auf und holt Atem nicht selten mit einem Angstgeschrei. Das Herz erweitert sich, die Brust schwillt auf und der Mensch ist dann gewöhnlich mehrere Stunden lang wachend, unruhig und scheu. Es gibt Leute, die dessen Herannahen wollen gehört haben, gleich als wenn eine Katze im schnellen Laufe daher renne. Hätten sie dann noch Zeit, sich schnell auf die Seite zu wenden, so wird es damit in die Flucht geschlagen. Die Augenblicke aber müssen eilfertig benutzt werden, denn in einem Nu werden sie überfallen. Man will es auch gesehen haben und zwar in Gestalt einer grossen Marderkatze oder eines alten Murmeltieres. Es geht übrigens die Sage, dass man solchen lästigen Besuchen vorbeugen könne, wenn vor dem Schlafgehen gehörige Vorkehrungen getroffen werden. Wider dieses Unding helfe aber alles Gute nicht, weder Beten, Kreuzzeichen noch Weihwasser, sondern einzig, wenn man einen gut geschliffenen Säbel oder ein scharfes Messer zu sich ins Bett nehme. In diesem Falle sei der Schlaf ruhig und von dem Toggi nicht im Geringsten etwas zu fürchten. (erzählt von Herrn Kaplan Mooser)   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Toggiloch

Source: Das Toggiloch

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In einer kleinen, brandschwarzen Hütte in der Nähe des Langer Mansie hauste ein krummes steinaltes Weib. Es hatte den Kopf in einen durchlöcherten Lumpen gewickelt, der unter dem Kinn mit einem mächtigen Knoten zusammengehalten wurde, von dem zwei lange Zipfel herunterhingen. Daraus hervor funkelten zwei feurig rote Äuglein. Über die linke Schulter hatte es ein Sacktuch geworfen, das hervorstand, so dass das Weib zwei Buckel zu haben schien: einen am Rücken und einen zur Seite. Es zeigte sich selten; aber wenn es im Oberried erschien, fürchteten sich die Kinder, schrien und liefen zur Mutter. Dagegen wanderte es des Nachts auf den Bergen herum. Es kannte alle Hütten weit und breit. Und am Tage erzählten sich die Sennen oft schaurige Dinge, wie es vergangene Nacht im Milchgaden gespukt und gespenstet und wie es an der Tür geriegelt habe.  Und oft fluchte ein Bauer über sein Gras oder die Kuh, wenn er keine Nidel bekommen konnte. Wenn er dennoch haben wollte, musste man bei der alten Hexe am Langer welche holen; denn diese hatte immer. In einer stockfinstern Nacht wollte nun einst ein Mädchen zu seinen Eltern auf den Langer, die dort oben sömmerten. Es hatte sich im Dorf versäumt und nun den Weg verloren. Es setzte sich auf einen Stein und weinte in sein Nastuch. Auf einmal stand das alte Weib vor ihm, rüttelte es und wollte es heimwärts führen. Es folgte ihr zitternd nach. Da hörte es die Alte laut rechnen und den Weg beschreiben und Hütten aufzählen. Und dazwischen vernahm es immer: „Us jedem Hus es Löffeli voll git ändlich doch es Chübeli voll." Sein Herz wollte fast zerspringen. Schon sah es die Hütte der Eltern, und von dort aus näherte sich eine Laterne. Sie waren oben auf dem Langerhorn. Da blieb die Alte plötzlich stehen, warf das Sacktuch ab und legte den Kübel auf den Boden, den sie darunter am linken Arm getragen hatte. Sie packte das Mädchen, das wie gebannt dastand und keinen Laut von sich geben konnte, und sie schleuderte es lachend in die Tiefe, wo es in drei Stücke zerschmetterte. Sie humpelte, ein ungelenker Schatten, nach dem Oberlaubhorn, wo sie sich in eine Höhle verkroch, über deren Eingang ein mächtiger Felsblock hervorstand. Dort muss sie nun, ein Geist, bis in alle Ewigkeit ein armes Dasein fristen und ist im Tale unter dem Namen Toggeli bekannt. Davon hat die Höhle ihre Namen erhalten: Toggiloch. Wenn ein Gewitter losbrach, suchten oft Heuer und Hirten dort Schirm, und in stürmischen Nächten flohen die Ziegen ins Toggiloch. Aber am Morgen hinkten sie mit leerem Euter davon. Das Toggeli hatte sie gesogen. Und noch heute sagt man, wenn bei Geissen eine Zitze grösser ist als die andere, das Toggeli habe das Euter gesogen. Aber nun muss es den Oberriedern durch Gutes vergelten, was es an ihnen verbrochen. Wenn einer etwas verloren hat, sagt er: „Toggeli, Toggeli, Horemaa, Gib wer, was i verlöre ha", und dann wird es von quälender Unruhe umhergetrieben, bis er das Verlorne wieder gefunden hat. Auf der Bühlersweide am Fusse des Oberlaubhorns sieht man oft in finstern Sommernächten drei Lichtlein hin- und herspringen. Das sind die drei Teile des zerschmetterten Kindes.   Quelle: Georg Küffer, Lenker Sagen. Frauenfeld 1916. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Das tote Schaf und das Zauberbuch

Source: Das tote Schaf und das Zauberbuch

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 In einem Stall auf Golzer war es nicht geheuer. Jedesmal, wenn der Bauer durch die Rischi hinaufstieg, zog es ihn an Haar und Ohren hinauf. Einst fand er in diesem Gaden ein Buch. Er fing an, darin zu lesen, und merkte bald, dass er nun mehr könne als andere Leute. Endlich dachte er, morgen wolle er zur Beicht gehen und alles dem Beichtvater anvertrauen. Als er am Morgen noch in den Gaden ging, fand er den schönsten Bänz (Schaf) tot an. Einen Augenblick dachte er, er wolle zu Hause bleiben und das Tier schinden und in Ordnung bringen; beichten könne er später einmal. Doch besann er sich eines Bessern, warf den Bänz in eine Schrote hinaus und ging zur Kirche. Dem Beichtvater versprach er aufrichtig, er wolle das gefundene Büchlein verbrennen. Wie er nach Hause kam, sprang das Schaf wieder gesund und heil umher. Das Büchlein warf er ins Feuer; aber gemeint hat er auch, es müsse darob der Ofen und das ganze Haus in Fetzen gehen. Andreas Fedier, 48 J. alt, Golzer Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Totenbächlein am Kirchhof zu St. Stephan

Source: Das Totenbächlein am Kirchhof zu St. Stephan

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Bei dem Kirchhof zu St. Stephan fliesst ein kleiner Bach, dessen Wasser sich oftmals ganz unerwartet und ohne vorhergegangenen Regen stunden- ja oft tagelang vollkommen trübt und mit einer weissen Materie zu laufen beginnt was dann, der dort herrschenden Sage nach, jedes Mal das Vorzeichen eines Todesfall in der dortigen Kirchengemeinde ist. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Totenbein

Source: Das Totenbein

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Vor vielen, vielen Jahren, als unser liebes Schweizerland nur dreizehn regierende Orte zählte, wurde von einem jähzornigen Zuger ein recht böses Verbrechen begangen. Der Zuger erschlug einen Miteidgenossen und begrub den Leichnam des Gemordeten in der Nähe eines Steinbruches. Über das frische Grab wälzte der Mörder einige Steinblöcke. Das böse Gewissen liess ihm aber dennoch keine Ruhe. Immer glaubte er, dass sein scheussliches Verbrechen entdeckt werden könnte und er floh darum aus dem Zugerland in die Fremde. Dort nahm er Solddienste an und hoffte als Söldner seine Untat vergessen zu können. Als er ein alter Mann geworden und des wilden Kriegsdienstes müde war, zog es ihn unwiderstehlich in seine alte Zugerheimat zurück. Bevor der alte Kriegsknecht ins Dorf kam, führte ihn der Weg an jener grauenvollen Mordstätte vorbei. Während seiner jahrelangen Abwesenheit hatte sich aber die Gegend stark verändert. Wo einstens der Steinbruch stand, war jetzt eine grüne Wiese und am Wege blühte ein prächtiger Heckenrosenstrauch. Von diesem Strauch riss der Söldner einen Rosenzweig ab und schmückte damit seinen Hut. Beim Betreten des Heimatdorfes wurde es dem Krieger aber gar eigen zu Mute. Kein Mensch grüsste ihn, alle wandten sich verachtungsvoll ab, nachdem sie mit bösem Blick auf seinen Hut geschaut hatten. Der Söldner konnte sich das Gebahren seiner ehemaligen Dorfgenossen nicht erklären, bis einer von ihnen fragte: "Was trägst du einen eigenartigen Hutschmuck?" Der Gefragte erwiderte lachend : "Kennst du denn unsere Rosen nicht mehr?" Zugleich zog er seinen Hut vom struppigen Kopf und wollte das Heckenröslein seinem Mitbürger zeigen. Aber welch ein Schrecken befiel ihn, statt des duftenden Rösleins steckte ein gebleichter Menschenknochen auf seinem Hute. Erschrocken bekannte der Krieger seine vor vielen Jahren begangene Bluttat. Man führte sogleich den Mörder ins Gefängnis und bald verurteilte ihn das Gericht zum Tode. Bevor aber das Urteil an ihm vollzogen werden konnte, starb er im Gefängnis. Dort wo der verräterische Rosenstrauch aber gestanden, gruben die Dorfbewohner nach und fanden die Gebeine des so elendiglich Erschlagenen und begruben sie in geweihter Kirchhoferde. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 57 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Totenbrünneli

Source: Das Totenbrünneli

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Das Totenbrünneli Als im Monat September des Jahres 1564 ein Landsterben umging, fing es auch auch in der Kilchhöri Kilchberg an, und es starben bis Ende des Jahres 1565 an die vierhundert Personen, junge und alte, Weib und Mann. Diejenigen Leute, die niesen mussten, erlagen nach wenigen Augenblicken dem grimmigen Schnitter Tod, und es war deshalb nicht verwunderlich, dass man noch lange nachher allen, die niesen mussten, ein „Helf dir Gott“ wünschte, Zur Zeit des grossen Sterbens bewegte sich ein Leichenzug, von Wollishofen herkommend, Kilchberg zu. Als er sich durch ein einsames Wiesentälchen (am unteren Ende des Bächler-Tälchens an der Kalchbühlstrasse) zog und von Kilchberg her schon das Grabgeläute zu hören war, musste ein im Zug schreitendes Mägdlein an der Stelle, wo einige Schritte seitab der Strasse in grüner Wiese ein Brünnlein quoll, niesen und sank nach wenigen Augenblicken tot hin. Man nahm die junge Tote, die sich wunderbarerweise ins eigene Grab hatte läuten hören, sogleich mit und begrub sie neben der anderen Leiche. Das Brünnlein wurde von dieser Zeit an das Totenbrünneli geheißen. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Wörtlich aus P. Corrodi, JZ 1951/52, S. 321 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Totengässlein

Source: Das Totengässlein

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So heisst das schmale Gässlein, das ausserhalb der westseitigen Einfassungsmauer des Brienzer Friedhofes verläuft und das Seeufer mit dem alten Fuhrweg nach Interlaken und zwischenhinein mit dem Gottesacker selbst verbindet. Das Gässlein soll zur Pestzeit angelegt worden sein, als die Leute von Oberried genötigt waren, ihre Toten auf dem Seeweg nach Brienz zu bringen. Da legten denn die vielen traurigen Schiffsfuhren am Ufer an, die Schiffsleute luden die Totenbäume auf die Schultern und trugen sie das Gässlein hinauf in die Gruben. Die Brienzer dagegen, die von der Pest anfangs verschont geblieben, betraten den Friedhof von einer andern Seite. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Totenvolk

Source: Das Totenvolk

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Mutter kann nicht schlafen, Denn die liebe Tochter Ist ihr ja gestorben – Schönes, liebes Kind!   »Achtzehn Jahre eben, Warst Du meine Wonne, Warst des Dorfes Freude, Schönes, liebes Kind!«   Und die arme Mutter Kann nicht in der Kammer, Nicht im Hause weilen, Muss zu ihrem Kind.   Stille, milde Mondnacht Ob des Dorfes Friedhof, Wo die Linden rauschen Nah' am alten Turm.   Und auf diesem Turme Schlägt es eben Zwölfe; Mutter sinkt erschüttert Auf des Kindes Grab.   Plötzlich steigen Schatten Leise - leise - leise Aus der Gräber jedem, Schweben still durch's Tor.   Leise - leise - leise Schweben sie, geordnet In dem dunkeln Zuge, Dreimal durch das Dorf.   Und der Meisten Mienen Sprechen stille Ruhe, Grüssen voller Freuden Alter Heimat Haus.   Wessen Antlitz dunkel, Dass man's nicht kann seh'n, Dem ist's nicht geheuer – War ein Bösewicht. –   Niemand kann dich hören, Stillster aller Züge, Und nur wenig Augen Dürfen dich erschau'n.   Gute Mutter durft' es, Sah auch ihre Tochter, Sah die liebe Tochter, Wie im Leben schön.   Lieblich wie die Lilie Schwebt sie nach den Andern, Und ihr Engelantlitz, Offen ist\'s zu schau\'n;   Aber nicht voll Ruhe, Wie die stillen Waller, Ängstlich trägt ein silbern Becken ihre Hand;   Bückt sich oft zur Erde, Wie, um Was zu suchen, - Kleine Perlen wirft sie In das Beckelein.   Mutter kann nicht schweigen – »Tochter, liebe Tochter! Warum bist nicht ruhig, Wie die Andern sind?« -   »Liebe, liebe Mutter« - Seufzt sie voller Wehmut, »Kann nicht ruhig werden, Denn du weinst so viel!   Deine Tränen muss ich Sammeln von der Erde, Und so lang' sie fliessen, Find' ich Ruhe nicht!   Liebe, liebe Mutter, Schaue an der Toten Friedevolle Ruhe, Wein' um Tote nicht!   Unsern sanften Schlummer, Stör' ihn nicht durch Tränen! – Dir und mir, und Allen Strahlt ein Morgen einst!« -   Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Totenvolk

Source: Das Totenvolk

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Wenn man nachts zwischen 12 und 1 Uhr durch ein Dorf (oder Stadt geht) und auf eine Stelle kommt, wo zwei Wege sich kreuzen, besonders in der Nähe von Kirchhöfen, begegnet man zuweilen einem langen, durchaus stummen Leichenzug. Es sind die Bewohner der Gräber, die ins Dorf kommen, einen neuen Genossen zu holen. Die letzte schattenähnliche Gestalt des Zuges ist der Schatten dessen, der nächstens geholt werden soll. Wer einem solchen Zug begegnet, muss sich aufs Gesicht niederwerfen. Sonst wird er selbst bald geholt. Aus: U. Brunold-Bigler, Die Sagensammlung der Nina Camenisch, Disentis 1987, mit freundlicher Genehmigung der Autorin. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Totenvolk

Source: Das Totenvolk

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Zwei Älpler, die in ihre Berghäuser zurückkehrten, wurden auf «Bränden» oberhalb Näfels von der Nacht überrascht und suchten in einem nahen Stall ein Nachtlager. Sie legten sich ins duftende Heu, wurden aber nach kurzer Zeit durch ein unheimliches Gemurmel aufgeweckt, als ob eine Prozession draussen vorbeiwandle. Schnell erhoben sie sich und guckten zum Fenster hinaus. Zwei schwarz bedeckte Pferde zogen einen mit Kränzen und Blumen geschmückten Wagen talwärts, und hinterher folgte eine unendlich lange Reihe von fahlen Menschen; Soldaten, Frauen und Kinder. Die beiden Bauern schauten dem geisterhaften Zug lange zu, und weil die murmelnde Prozession gar nicht enden wollte, fragte der eine: «Wann kommt auch der letzte?» Da hörte er einen der Geister sagen: «Der erste ist auf der Linthbrücke, und der letzte ist auf der Scheidegg, und wenn du nicht mein Göttibub wärest, so müsstest du auch mit.» Nun merkten die Älpler, dass sie dem Totenvolk begegnet waren.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Das Totenvolk auf Davos

Source: Das Totenvolk auf Davos

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Auf Davos hat das Totenvolk im Jahre 1850 sich gezeigt zweien Burschen; Einer Derselben erzählt: Als wir um Mitternacht auf der Strasse standen vor der Apotheke des Herrn Kessler, hörten wir auf einmal vom Kirchhofe her ein Murmeln, wie wenn eine Prozession daher käme, und wir sahen, wie eine Schaar dunkler Gestalten vom Kirchhofe durch die Gasse herauf sich bewegte. Mein Kamerad lief weg vor Schrecken; ich aber blieb, und bemerkte deutlich, wie ein Mann in schwarzem Kirchenmantel und Hut dem Zuge voran ging. In einer Entfernung von etwa zwanzig Schritten blieb der Mann stehen, und blickte mich an, ich kannte ihn aber nicht. - Nun kam die ganze Trauergesellschaft auf mich zu; ich konnte weder rechts noch links auswei­chen, und lief durch eine Nebengasse heim. Mein Kamerad musste die ganze Nacht sich erbrechen, und hatte am Morgen einen so stark geschwollenen Kopf, dass er nicht mehr aus den Augen sehen konnte, auch mir war übel, und ich mochte den ganzen Tag nichts mehr essen. Einige Tage darauf war eine Leiche im Dorfe. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Totenvolk im Prätigäu

Source: Das Totenvolk im Prätigäu

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Einst wütete die Pest im Prätigäu und eine angesehene Familie flüchtete sich in ein entlegenes Berggut, einen Knecht zurücklassend. Diesen liess die Familie von Zeit zu Zeit fragen, ob sie nicht bald wieder heimkehren könne, er aber warnte selbst dann noch davor, als längere Zeit kein Pestfall mehr vorgekommen war. - Endlich, nachdem ein altes Weib noch daran gestorben war, ließ er die Herrschaft heimkehren und erzählte dann er habe kurz vor dem Ausbruche der Pest eines Morgens früh beim Füttern der Pferde ein sonderbares Gemurmel, wie Bienengesumse, vom Dorfe her gehört, er sei unter die Türe getreten, um zu schauen, was es gebe, und habe dann das Totenvolk, einen langen Zug noch lebender Leute gesehen, dem Kirchhofe zuwallen, und zwar ganz in der Reihenfolge, wie sie später an der Pest verstorben seien. Zuletzt sei dann noch, eine ziemliche Strecke hinter den Andern, jenes alte Weib nachgehumpelt, welches die Seuche zuletzt hinraffte. Desswegen habe er bis zu deren Bestattung die Herrschaft vor der Rückkehr gewarnt. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Totenvolk in Closters

Source: Das Totenvolk in Closters

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In einem Hause in Closters lebte ein alter Mann alleine. Der vernahm in einer Nacht ein sonderbares Gesumme und Gemurmel vor seinem Hause. Er stand auf, schlüpfte in die Hosen, verfehlte aber das eine Hosenbein. Wie er in der »G'wundrigi« zum »Läuferli« hinausguckte, sah er eine schwarze Schaar gegen das Haus herkommen. Der Letzte glich ihm, und hatte wie er, auch nur das eine Bein in den Hosen. In diesem Zuge erblickte er auch mehrere noch lebende Personen. - Drei Wochen darauf starb der alte Mann, und Diejenigen, die er noch als Lebende im Zuge gesehen, folgten ihm Alle im nämlichen Jahre. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Totenvolk in Davos

Source: Das Totenvolk in Davos

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Ein Davoser wollte zu seinem Mädchen in den Heimgarten gehen. Ein Geräusch scheuchte ihn aber vor der Haustüre in einen Schopf, und da sah er eine Menge dunkler Gestalten vor dem Hause sich versammeln, und alsdann mit einem Sarge sich entfernen, jedoch nicht auf dem gewöhnlichen Kirchwege, sondern auf einem Umwege. Bald darauf starb die Mutter seiner Geliebten, und ihr Leichenzug war genötigt, wegen des Austretens eines Baches den Kirchweg zu verlassen und den ungewöhnlichen, von dem Totenvolke eingeschlagenen Weg nach dem Kirchhofe zu nehmen. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Totenvolk in der Alpe Novai

Source: Das Totenvolk in der Alpe Novai

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Wenn Jemand im Herbste in der Alpe Novai, nachdem das Vieh von der Alpe heimwärts gezogen, in gewissen Nächten übernachte, so sehe er einen Mann aus dem Käsekeller der Alphütte heraufkommen mit Sennenlederkappe und aufgestülpten Hemdärmeln. Der Mann zündet dann Feuer auf dem Herde an, und schaue »grausam laid« drein, bis es zwölf Uhr schlage, dann beginne es draussen vor der Hütte sich zu regen und zu versammeln, das sei das Totenvolk; das singe dann dem Sennen ein Lied nach, das wie ein Psalm töne, und ziehe in langer Reihe langsam und singend talab. In eines der Dörfer, einen »Neuen« (Todesgeweihten) zu holen vor Tagesanbruch, wo Aller wieder zerstiebe. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Totenvolk in der Jeninser-Kirche

Source: Das Totenvolk in der Jeninser-Kirche

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Der nun verstorbene J. Brüesch in Jenins musste in seiner Jugend seinem Vater bei Ausübung des Nachtwächter-Amtes und Messmer-Dienstes ab und zu behülflich sein. Nun war es einmal in der heil. Pfingstwoche, da der Mond gar hell und schön schien, dass sie Beide, Vater und Sohn, nach vollbrachter Nachtwache sich anschickten, den Tag »einzuläuten«. Vor der Kirchentüre deutete der Vater ihm, ohne ein Wort zu sprechen, keinen Laut von sich zu geben, was er auch zu sehen bekomme. Sie betraten nun die Kirche, und sahen Dieselbe mit einer schwarzen, gespenstig aussehenden Schaar angefüllt, unter welcher sie mehrere bekann¬te Gesichter erkannten, nicht nur von Personen, die sie noch gekannt hatten, nun aber gestorben waren, sondern auch von Solchen die noch lebten. Auf der Kanzel stand Einer, der betete das Lied vor: » Jesu, der Du meine Seele aus des Satans Macht erlöst.« Die Menge betete nach in ver¬worrenen Sätzen, und es ward das Gemurmel so stark, dass den Beiden »wind und weh« wurde, und sie eine Zeitlang stille standen. Der Sohn wollte sich »wegmachen« (aus der Kirche fliehen); der Vater hielt ihn aber fest. So dicht sass die unheimliche Versammlung in den Bänken, und stand im Gange, dass die Beiden kaum sich durchwinden konnten, und es ihnen ob dem Moder-Geruche fast »schlecht« wurde.   Nachdem sie die Morgenglocke geläutet hatten, und aus dem Turme wieder in die Kirche zurückgekehrt, war Alles verschwunden.   Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Totenvolk in der Kirche zu Schuders

Source: Das Totenvolk in der Kirche zu Schuders

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Ein Bürger von Schuders musste als vierzehnjähriger Knabe seinem, als »Messmer« dienenden Vater eine Zeitlang helfen, den »Tag anläuten«, weil Derselbe in Folge Verletzung einer Hand, nicht alleine die Glocke ziehen konnte. Als sie nun in der Christnacht in die Kirche traten, durch welche man in den Turm gelangt, gewahrte der Sohn, nachdem der Vater schon vor der Türe durch eine bedeutungsvolle Gebärde auf etwas Seltsames ihn vorbereitet hatte, eine solche Menge Gestalten, dass es ihm war, als müssten sie durch dichtes Menschengedränge zum Turme hin sich durcharbeiten. Die ganze grosse Versammlung der Gestalten trug schwarze Communi­ons-Tracht. Und es folgte nun ein so seltsames Gemurmel und dann ein so traurig-­wehmütiger Gesang, dass dem Vater und dem Sohne ganz »wind und weh« wurde. – Von der ganzen Gesellschaft vermochte der Sohn nur die damals noch lebende Grossmutter zu erkennen, die aber innert Jahresfrist starb. Als Vater und Sohn vom »Tagläuten« aus dem Turme zurückkehrten, beschien der Mond der Kirche leeren Raum. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Totenvolk in Grüsch

Source: Das Totenvolk in Grüsch

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Im Jahre 1841 starb in Grüsch Frau Ott plötzlich, an einem Schlagflusse, und zwar mitten in Vorbereitungen zu einer Reise. Mehrere Tage vor ihrem Hinschiede hatte die Magd ihres, im gleichen Hause wohnenden Neffen, ihrer Herrschaft offenbart, sie ahne oder befürchte einen nahe bevorstehenden Todesfall im Hause, weil das Totenvolk sich ihr gezeigt habe. Spät in der Nacht nämlich habe sie aus dem, unter dem Fenster ihres Schlafzimmers befindlichen Baumgarten herauf ein dumpfes Murmeln vernommen, erschreckt, sei sie an\'s Fenster gesprungen, und habe dann im Baumgarten eine grosse Menge dunkler Gestalten wahrgenommen, die der Strasse zuwanderten, von der Strasse aus sei der lange Zug auf den nahen Kirchhof gegangen, wo er sich aufstellte; auch habe sie ganz gut vernehmen können, wie in der Erde gegraben worden sei. - Aus Furcht und Grauen darüber sei sie schnell wieder in\'s Bette zurück geeilt; aber sie habe die ganze Nacht nicht mehr schlafen können. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Totenvolk in Montbiel

Source: Das Totenvolk in Montbiel

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Zwei Burschen aus Montbiel gingen auf den Platz (Closters) zum »Hengert« (Abendunterhaltung). Es war mondhell. Zwischen 11-12 begaben sie sich wieder heimwärts, der Eine, noch eines kleinen Geschäftes halber, nach der Brücke, um von dort aus nach Hause zu kehren, und nahm dann den Weg durch das Doggi-Loch, weil dieser Weg so für ihn näher war; der Andere ging vom Platze weg »sonnen-seits« hinein, und musste unterhalb dem Hause »auf dem Büel« vorbeigehen. Der, welcher durch das Doggi-Loch heimwärts ging, sah, wie eine Schaar schwarzer Gestalten dem Kameraden begegnete, und schaute zu, in der Sorge, es möchte ihm etwas begegnen; der Kamerad ging aber ganz ruhig vorwärts. Bei der Äujer-Brücke kamen sie zusammen, und er fragte den Andern, was für Leute unterhalb »am Büel« ihm begegnet seien. »Ich habe Niemanden gesehen, wohl aber habe ich ein Sausen vernommen, wie von einem Bienenschwarm, und einen starken Luftzug verspürt,« erwiderte der Andere. »Dann bist Du halt dem Totenvolke begegnet.« Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Totenvolk in Praden und Maladers

Source: Das Totenvolk in Praden und Maladers

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»Es war am Abende vor dem Weihnachtstage des Jahres 1620 (zur Zeit der österreichischen Kämpfe in Bünden), als ich bei meinem Gevatter, dem Christen Dysli in Maladers war. Willens, noch heimzugehen, nach St. Peter, musste ich aber bleiben, wegen dem Schneegestöber.« - Besonders der Frau G'vatt'rin Stina (Christine) zu Gehorsam sagte ich ja, im Tobel möchte eine »Gwechte« (gehäufte Schneemasse) sein. - Wir blieben lange auf, und redeten viel vom leidigen Kriege und vom grausamen Baldiron. - Inzwischen wurde es in der Nacht wieder schön. Das Gestöber hatte aufgehört, es war wieder stille, und der Mond schien helle. Gegen Mitternacht kam noch ein Mann zu uns in die Stube mit der Meldung, man höre vom Dorfe Praden her ein Gemurmel und ein Lärmen wie von einer, in italienischer Sprache sich unterredenden Menschenmen­ge. - Zuerst hatte man Verdacht, es möchten italienische Bettler, oder Diebe, oder gar der Feind selber sein, die den Versuch machten, aus den, unterhalb dieses Dorfes stehenden Ställen Vieh zu rauben. Auch bemerkte man auf der andern Seite des Tales, zu Praden, um die gleiche Zeit in mehreren Häusern Licht, was sonst zu dieser späten Stunde nie der Fall war. - Am Morgen früh forschte man nach, ob nicht auch in Maladers Etwas begegnet sein möge, konnte aber nichts erfahren. Das war doch sonderbar, umso mehr, als auch hier in keinem Stalle nicht das Geringste fehlte oder verderbt war. - Gegen Mittag kam ein Pradner nach Maladers, und fragte, was es die letzte Nacht in Maladers gegeben habe; in Praden sei Alles wach gewesen und aufgeblieben, weil man von Maladers her ein sonderbares Murmeln vernommen und in den Häusern Licht gesehen habe. Das war mehr als kurios, und ich blieb in Maladers, weil ich gerne wissen wollte, was das eigentlich auch gewesen sei. - »Aber man kam nicht dar­auf.« - »Als aber später (am 11. Mai 1622) Oestreicher beiderseits der Plessur von Cur herauf, das Tal Schanvigg mit Krieg überzogen, plünderten und mordeten, und die meisten Dörfer des Tales den Flammen preisgaben waren es namentlich die Neapolitaner-Soldaten, welche in der Nacht von Praden und Maladers das Vieh stahlen. - Es kam zum Kampfe mit den Bauern beider Orte, und von jeder Part blieb eine Anzahl liegen. - Nun wusste man, was das Gemurmel in welscher Sprache damals zu bedeuten gehabt. Das war das Totenvolk gewesen, das an beiden Orten, zu gleicher Zeit sich hatte hören lassen.« - Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Totenvolk oder Nachtvolk

Source: Das Totenvolk oder Nachtvolk

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Das Totenvolk bewegt sich nachts in langen Leichenzügen durch das Dorf. Man kann jede einzelne Person, die am Zuge teilnimmt, ganz gut erkennen. Zum grossen Teil sind es Verstorbene; doch schliessen sich ihm auch Lebende an; diese werden freilich auch bald sterben. Man kann dem Zug ohne Gefahr begegnen, wenn man sich bescheiden seitwärts drückt und den Hut abnimmt. Mancher aber begegnet ihm und sieht ihn doch nicht, sondern hört nur ein eigentümliches Murmeln; denn nicht alle Leute sind geistersichtig; vor allen sind es die Fronfastenkinder. Nach N. Senn, Chronik.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 114, S. 55 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Totenvolk von Ennenda

Source: Das Totenvolk von Ennenda

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Zur Zeit, da in den Ennendanern der Handels- und Unternehmensgeist erwachte, lebte dort ein alter Soldat, der jahrzehntelang dem Krieg nachgezogen war und dabei wohl viel Länder und Leute gesehen hatte darüber aber sauberledig geblieben war. Und da seine nächsten Verwandten auf dem Glarner Friedhof ruhten, die andern Mitbürger jedoch vor lauter Tischhandel und Wollengewirb keine Zeit oder keinen Sinn mehr für Waffenlatein hatten, sah man den müden Söldner oft einsam vor seinem Hause höckeln, dem verpönten Tabaktrinken (= Rauchen) frönen und gleich einem ausgedienten Kater in der Sonne träumen. Niemand konnte es ihm deshalb verargen, dass er an manchem Abend einen ehemaligen Dienstkameraden aufsuchte, mit ihm ein bescheidenes Trünklein tat, wobei sie die namhaftesten Bilder ihres Soldatenlebens immer wieder hervorholten und sie gemeinsam wie bunte Karten betrachteten. Im Spätherbst 1660 war es, als unser Altlediger in dunkler Nacht von einem solchen feuchten Plauderstündchen heimkehrte, seiner vergangenen Heldenzeit nachsinnend, während die Füsse den vertrauten Weg von selbst fanden. Bei der alten Säge gewahrte er einen Lichtschein. War da etwa gar Feuer ausgebrochen? Nein, denn die Helle lag fahl und ruhig auf dem Fleck Erde, als leuchte der Mond durch ein Wolkenfenster herab. Dabei war doch heute Neumond! Gleichzeitig setzte ein Rauschen und Tosen ein wie von einem daher fahrenden Sturmwind, das verschlafene Murmeln des Sägebaches verschluckend. Darüber verwunderte sich der Soldat, stand stille und lauerte. Er mochte kein halbes Dutzend Atemzüge getan haben, so sah er einen Mann aus der Finsternis treten, der aufs Haar einer bekannten Persönlichkeit ähnelte. «Guten Abend, Herr ...», wollte er den Dunkeln begrüssen, «soso, seid Ihr auch noch auf den Beinen?» Aber die Rede blieb ihm im Halse stecken, und seine Zunge erstarrte - der nächtliche Wanderer schaute ihm so stark ins Gesicht, als wollte er ihn mit seinen Blicken an die Sägenwand nageln. Was aber hinter dem Schwarzen folgte das war auch für einen erprobten Soldaten, der das Fürchten in fremden Landen zurückgelassen hatte, des Guten zu viel. Zunächst erschienen gewisse Töchterlein aus bessern und weniger angesehenem Häusern, ihnen beigesellt ein junger Herr, der täglich an des Kriegers Haus vorbeiging und meistens ein freundliches Wort für den Alten bereithielt. Hierauf wandelte eine grosse Menge von allerlei Leuten vorüber, alte und junge, bekannte und unbekannte, Männlein und Weiblein. Die einen trugen ihre Schuhe, die andern die Strümpfe und ein Teil gar ihre Hosen in den Händen, obwohl die ersten Fröste bereits gefallen waren. Viele der merkwürdigen Gesellschaft sanken alle paar Schritte um, andere überpurzelten, so dass sie den übrigen kaum folgen konnten. Doch kein Laut entstieg den schattenhaften Gestalten. Nur das Rauschen fuhr in Wellen durch die Nacht. Am Schlusse des Geisterzuges trippelten zwei Personen, von denen die eine so klein und dürr war, dass man fast durch sie hindurchsehen oder doch ihre Rippen zählen konnte. Sie führte eine Sense in der Hand, während ihre Begleiterin einen Stallbesen geschultert hatte. Wie die beiden den lichterfüllten Kreis verlassen hatten, erlosch dieser, das Getöse riss ab — und alles war wie zuvor. «Der sonst beherzte Soldat erschrak und resolviert sich gleichwohl, die Sach niemanden zuo offenbaren, bis er endtlich gleichsam wider seinen Willen gedrungen worden, soliches ze thun, also dass er, solang ers verschwigen, kein ruh hatte», berichtete Dekan Johannes Hegi in Glarus am 10. Januar 1661 dem bekannten Zürcher Theologieprofessor Joh. Heinrich Heidegger und schloss seinen Brief über das Totenvolk zu Ennenda mit den Worten: «Und stellend ihrer vil der sach glauben zuo, theils weilen dergleichen hiebevor wohl mehr im Land gesehen worden, theils weilen man den Soldaten hiebevor nie für einen unverhafften (unwahrhaften) mann gehalten. Gottes Gwalt walte über uns allen. Amen.»   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Das Totenwibli

Source: Das Totenwibli

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In Valens sah man zuweilen spät abends "das Totenwibli" in die Häuser schleichen, wo unfehlbar darauf jemand starb. Dr. Henne-Am Rhyn, Deutsche Volkssage. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 219, S. 106 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Tränen-Tobel

Source: Das Tränen-Tobel

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Zwischen den Gemeinden Tersnaus und Camuns ist ein steiles, wüstes Tobel, das Tränen-Tobel genannt. Vor vielen Jahren sollen Jünglinge und Jungfrauen oberhalb dieses Tobels im Mondscheine »geschlittet« haben. Allein einmal sei eine Partie, welche auf einem grossen Schlitten sich befand, und dessen Lenker nicht mehr vermochte anzuhalten, in dieses grässliche Tobel gefallen. Man habe die Unglücklichen nie mehr gefunden, weder tot, noch lebend; nur sei es oft, als höre man in stiller Nacht vom Tobel herauf ein Weinen und Rufen, und daher hat diese Schlucht den Namen »Tränen-Tobel« erhalten. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Tränenbeckelein

Source: Das Tränenbeckelein

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Es starb eine Pfarrerstochter, achtzehnjährig, schön und gut. Die Mutter wollte verzweifeln über den Tod des einzigen Kindes und weinte ihm zahllose Tränen nach, Tage und Nächte. In einer dieser letztern träumte die Betrübte, sie sehe einen langen Leichenzug. Den Schluss desselben bilde ihre Tochter mit ungewöhnlich sorgenvollem Gesicht ein zinnernes Beckelein in der Hand tragend und emsig bemüht, kleine, glänzende Gegenstände von der Erde aufzulesen und in das Beckelein zu sammeln. «Was tust du hier?», fragte die Träumende ihre Tochter. «Ich muss deine Tränen sammeln, Mutter, alle, die du um mich geweint hast, und bis das geschehen, kann ich keine Ruhe finden. Drum weine nicht mehr, damit deine Tochter endlich selig werden könne.» Von diesem Traume an weinte die Mutter nicht mehr, sondern bestrebet sich, heiter zu werden, damit die Tochter ruhen könne. Aus: U. Brunold-Bigler, Die Sagensammlung der Nina Camenisch, Disentis 1987, mit freundlicher Genehmigung der Autorin. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Tränkekreuz

Source: Das Tränkekreuz

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Lange bevor die Oberseestrasse gebaut war, ritt einmal ein reicher Herr den alten Bergweg nach Näfels hinab. Beim Tränkebach scheute das Pferd, erschreckt vom gewaltigen Rauschen des Wassers. Der Reiter versuchte umsonst, das Tier über den Bach zu bringen. Plötzlich wendete es sich und sprang mit einem mächtigen Satz über die Felsen hinunter - in den Tod? Nein, ein Schutzengel bewahrte den entsetzten Mann, so dass er samt dem Pferd unversehrt am Fusse der jähen Wand anlangte. Auf den Knien dankte er Gott für die wunderbare Rettung und liess zum Andenken an der Absturzstelle ein Kreuz errichten, das heute noch von der Gemeinde unterhalten wird, da der Fremde hierfür eine Geldsumme gestiftet hatte.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Das traurige Kind

Source: Das traurige Kind

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Auf der Öle in Reiden hatte ein Ehepaar zwei Kinder, einen Knaben und ein Mädchen. Die Frau war Hebamme und wurde in ihrem Berufe in Anspruch genommen. Sie empfahl die Obhut der Kinder angelegentlich dem Vater. Zu besserer Aufsicht nahm er das Söhnchen mit in die Öle. In einem unbewachten Augenblick verliess das Kind seinen Ort, ging und fiel in den nahen Teich, wo es ertrank. Die Mutter beweinte hernach unaufhörlich den Verlust und war untröstlich. Nach einigen Tagen war es ihr, als höre sie nachts liebliches Getön. Sie öffnete das Fenster und sah um den Teich eine Schar Engel mit Musik sich erfreuen. Ihr Kind war in ihrer Mitte, aber traurig stand es da unter den fröhlichen. Die Ursache ward nun der Mutter zu wissen getan, es war ihre allzugrosse Trauer, denn diese stört die Freude und Ruhe der Abgeschiedenen.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Das Trottentier zu Oberflachs

Source: Das Trottentier zu Oberflachs

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Das weinreiche Dorf Oberflachs hat mehrere Trotten, die ausser der Herbstzeit alle verlassen stehen, eine ausgenommen, und diese wird, so weit die Oberflachser sich erinnern können, beständig vom Trottenthier bewohnt. Man hört es, wenn es ander Wetter geben soll, deutlich im Hause herumpoltern, den Wein aus Zuber und Kübel saufen, wenn auch alles weinleer ist, und die Kufen zornig mit der Schnauze herumwerfen. Man hält es für das Gespenst eines unredlichen Trottmeisters, der den Leuten an Trauben und Most abstahl. Bisweilen ziehen in Oberflachs auch zwei Nachtwächter zugleich herum, der eine angestellte, der andere — das Dorfthier. Es erscheint in allerlei Thiergestalt, sogar als Esel. Gewöhnlich kommt's vom Schloss Castelen im Bach herabgewatet. Man sah es auch schon im Weier baden. Einige halten es für einen ehemaligen Dorf-Ammann, andere behaupten, es sei von jeher ein Thier gewesen. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Tscherla-Ungeheuer

Source: Das Tscherla-Ungeheuer

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Es weht eine alte, verblichene Sage von einem Ritter, der aus fernem fremdem Lande kam, auf einem hohen Felsen über der Ärgera eine Burg baute und hier ein weltabgeschiedenes Dasein führte. Niemand erfuhr seinen Namen, seine Herkunft; niemand verstand seine Sprache. Drei Söhne verliessen später die väterliche Burg, erbauten ihr gegenüber auf dem linken Ufer des Flusses drei Schlösser und nannten sie in ihrer Sprache: «Tscherlu, Tscherla, Tschupru». Sie erwarben sich immer mehr Güter in der Gegend und herrschten als strenge Herren über ihre Vasallen. Aber ein Fluch lastete auf ihrem Geschlechte, und auf eine kurze Herrlichkeit folgte ein rascher Niedergang. Die Burgen zerfielen eine nach der andern. Einsam und kinderlos hauste noch der letzte Sprosse der Familie in Tscherla. Verfolgt vom Fluche, der auf seinem Blute lastete, gequält von Gewissensbissen über sein schuldbeladenes Leben, stürzte er sich eines Tages in sein eigenes Schwert. Ein stolzes Menschengeschlecht verschwand mit ihm von dieser Erde, um andern Platz zu machen. Das Schloss Tscherla zerfiel. Aus den Ruinen erstand später ein Bauernhaus. Doch der Geist des letzten Ritters fand keine Ruhe. Als gefürchtetes Ungeheuer musste er noch lange, lange umgehen. Er bewohnte die „obere Stube“ des Hauses. Dort sah man ihn zeitweise als rotes Lichtlein herumfahren. Hie und da nahm er die Gestalt eines grossen, schwarzen Hundes an. Meist aber blieb er unsichtbar. In seiner Behausung duldete er keine Gegenstände. Stellte man einen Korb, einen Stuhl, ein Paar Schuhe oder sonst etwas hinein, so lagen diese Dinge im nächsten Augenblicke vor der Türe. Im ganzen Hause war kein Spinnengewebe zu finden, und aussen an den Mauern wuchsen keine Nesseln. Das Ungeheuer beseitigte alles. Die Bewohner des Hauses liessen es gewähren, und darum tat es ihnen nie etwas zuleide. Wer es aber herausforderte, dem ging es zu Leibe. Ein Knecht begab sich eines Morgens in die Tenne, um den Tieren das Futter zu geben. Da fehlte die Gabel. Er suchte und suchte und konnte sie nicht finden. Nun stieg ihm der Zorn in den Kopf und er rief: „Jetzt hat mir der schwarze Teufel da droben die Gabel verschleipft.“ Da kam ein donnerartiges Gepolter über die Bühne. Der Knecht floh ins Freie und schmetterte das Tenntörli hinter sich zu. Als der Rumpel vorbei war, kehrte er wieder zurück. Da fand er die Gabel im Tenntor eingesteckt und die Zinken schauten auf der Aussenseite heraus. Ein Bauer aus dem Unterland fuhr einmal nach St. Silvester, um Holz zu holen. Als er durch Tscherla kam, erinnerte er sich an das Ungeheuer, von dem er so oft erzählen gehört. Er hielt die Pferde an, stand auf den Wagen hinauf und spähte nach den Fenstern des Bauernhauses. Das Lichtlein, das dort herumgehen soll, hätte er gerne gesehen. Aber wie lange er auch den Hals streckte und hinblickte, es zeigte sich nichts. Da brummte er zu sich selber: „Das Flaag tuet nüt dergliiche.“ Wie er sich aber umwandte, da lagen seine beiden Pferde am Boden und waren mit den Beinen und den Geschirren fest ineinander verwickelt. Er musste Leute herbeiholen, und mit deren Hilfe gelang es ihm nach langer Arbeit, das Gespann wieder zu stellen und von der bösen Stelle wegzukommen. Einer aus dem Plenefy kehrte an einem Markttage spät in der Nacht nach Hause zurück. Er fühlte sich zu Heldentaten aufgelegt. Als er durch Tscherla ging, hatte er einen kühnen Einfall. Er blieb stehen und rief: „Hoppla! - Isch ds Unghühr o dahim, - oder isch es eppa z’Märet?“ Da gab es hinter ihm ein „mords Gfläder“, der tapfere Mann wurde trotz seiner Schwere von einer unsichtbaren Macht emporgehoben, wie ein Laubblättchen durch die Luft gewirbelt und dann irgendwo in ein dichtes Dorngestrüpp geschleudert. Dort blieb er gebannt und musste die ganze Nacht in diesem stacheligen Bette bleiben. Als es anfing zu tagen, erkannte er, dass er weit hinten im Tscherlawalde lag. Erst als in St. Silvester die Morgenglocke läutete, da wich der Bann, und der Dornbusch gab sein Opfer frei. Mit zerfetzten Kleidern, zerkratztem Gesicht und blutigen Händen gelangte der arme Mann endlich vom Markte nach Hause. Um diese Zeit amtete Pater Schranz als Kaplan zu St. Silvester. Er wollte das Ungeheuer beschwören, aber es gelang ihm nicht. Der Geist war nicht aus dem Hause zu treiben. Drohend rief er dem Geistlichen zu: „Mache nicht, dass ich dich einmal nach dem Abendläuten noch draussen antreffe.“ Eines Tages musste Pater Schranz nach Freiburg gehen. Doch zuvor befahl er dem Sigrist, am Abend erst zu läuten, wenn er wieder daheim sei. Aber der Kaplan blieb lange aus. Die Nacht brach herein, und noch war er nicht zurück. Da dachte der Sigrist, der Herr werde wohl beim Pfarrer von Giffers übernachten, wie er es schon öfter getan - und er läutete. Pater Schranz ging in diesem Augenblicke gerade durch Tscherla. Als die letzten Glockentöne in der Nacht verhallt waren, da sauste der schwarze Hund hinter ihm her, warf ihn zu Boden und zerriss ihn. Am Morgen fand man die blutige Leiche des Kaplans auf der Tscherlamatte. An der Stelle errichtete man ein Kreuz. Das steht heute zwar nicht mehr, aber es leben noch Leute, die es gesehen haben. Man sagt, wenn ein Ungeheuer Menschenblut getrunken habe, dann verschwinde es. So war es auch mit dem Tscherlaungeheuer. Seit jener Nacht hat es sich nie mehr gezeigt. Als man später sein Zimmer untersuchte, fand man an einer Wand den blutigen Abdruck einer Hand. Man wollte dieses grausige Zeichen wegwaschen. Vergebens. Man hobelte es weg - es erschien sogleich wieder. Man riss das Brett heraus und verbrannte es. Doch kaum war ein neues eingesetzt, erschien darauf auch wieder die blutige Hand. - Wer aber heute nach ihr sucht, der findet sie nicht mehr. Die ganze Wand ist entfernt worden und damit auch die letzte Spur des Ungeheuers.    Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch  


by Das Tuch voll Weizen

Source: Das Tuch voll Weizen

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Südwärts der Burg Wartau zieht sich unterhalb der Mauer ein Weg um den Burgkopf herum. An einem heiligen Karfreitag spazierte der alte Weber Graf um die Burg her und sah zu seinem grossen Erstaunen ein seidenes Tuch gespreitet, bedeckt mit dem prächtigsten Weizen. Anstatt den Hut oder den rechten Schuh daraufzuleqen lief er schnell nach Hause, um einen Sack zu holen. Bei seiner Rückkehr war das Tuch verschwunden. Eine Bauernfrau fand in der Nähe des Schlosses ein schneeweißes Leintuch voll köstlichen Weizens. Die Frau lief ins Pfarrhaus nach Gretschins, dort anzufragen, ob sie Weizen auf der Dörre hätten. Der Geistliche erklärte ihr, dass dieses Tuch nur alle hundert Jahre einmal erscheine. Wer das Glück hätte, es sofort mit allen vier Zipfeln zusammenzubinden und den Weizen mit nach Hause zu nehmen, für den entstünde aus jedem Weizenkorn ein funkelndes Goldstück. Man kann sich denken, wie schnell die Frau zur Stelle zurückeilte, um den Rat des Geistlichen zu befolgen - aber leider war alles verschwunden. Arbeiterinnen, aus dem Weinberg zurückkehrend, fanden das Tuch mit Weizen. Eine nahm davon einige Körnlein in die Tasche. Andern Tags hatten sie sich in lauter Goldstücke verwandelt. Schnell und voll Freude wollte sie zum Tuch zurückkehren, um ihren Schatz zu mehren; aber zu ihrem Leidwesen war es verschwunden. Ch. Berger   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 163, S. 77f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Tunnscheli auf Clariden

Source: Das Tunnscheli auf Clariden

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Die Sommerabende auf der Alp sind lang und die Regentage noch viel länger, und so ist es nicht verwunderlich, dass die drei Sennen auf der Claridenalp, mehr als ihnen lieb war, über Langeweile klagten und sich über jeden Gast freuten, der vom Urnerboden heraufgestiegen kam und ihnen vom Tal berichtete. Doch waren derlei Gäste recht selten, und so meinte der jüngste von ihnen einmal in unguter Laune: «Es scheint, dass der Herrgott vergessen hat, dass auf Clariden auch Menschen leben. Wenn wir nur noch einen vierten zum Jassen hätten! Aber wenn uns der Herrgott keinen schickt, so machen wir selber einen, so gross wird die Kunst kaum sein! Ein Mannenvolch oder ein Weibervolch ist einerlei!»  Nach langem Hin und Her wurden die beiden rätig, es möchte doch eher ein Weibervolch sein, weil man so ein Geschöpf zu allerhand Diensten in der Hütte anstellen könnte, zum Putzen und Aufwaschen und derlei Weiberarbeit. Und überhaupt wär’s kurzweiliger zum Zeitvertreib. Der Senn hatte sich wenig um das Gerede der Knechte bekümmert. Schliesslich aber wurde es ihm zu dumm und er kanzelte sie ab: «Das ist ja alles Larifarizeug, was ihr da zusammenbrittelt! Wär’ schläuer, ihr hättet Gescheiteres im Grind, ihr jungen Schnaufer! Legt euch aufs Tril, so vergehen euch solch gottssträfliche Gedanken!» Dem jüngsten der drei aber ging die Sache im Kopf herum. Einmal, als er allein in der Hütte war, suchte er sich allerlei alten Plunder zusammen, zerschlissene Hosen und siebenmal geflickte Socken, die vergessen in einem Winkel lagen, einen alten Filzhut, ein paar Schnurresten; daraus formte er eine Hudlenbaabe und stopfte sie mit Heu prall aus, so dass sie aussah wie eine dicke Vogelscheuche, hässlich, schmutzig, aber doch das ungefüge Abbild einer Frau. Als die andern zur Hütte kamen und das Lumpengeschöpf hinter dem Tisch sitzen sahen, machten sie kuriose Augen, und der Senn murrte, dass die Jungen nichts Vernünftiges im Kopf hätten, lauter Lumpereien und Dummheiten. Auf der Ortalp hätten die Knechte auch einst ihren Mutwillen mit so einem Tunnscheli getrieben und seien gestraft worden für das Teufelswerk. Die Knechte aber hatten ihren Spass mit der grossen Puppe und lachten den Meister aus: «Sie ist doch der billigste Kostgänger, hockt am Tisch und frisst nichts! Und sie ist immer noch besser als gar keine. Der Herrgott ist selber schuld, wenn er uns keine schönere Jungfer auf die Alp schickt!» Meist hockte das Tunnscheli in einer Ecke, wo es niemandem im Weg war, grad wie ein Pfund Dreck, mit Verlaub gesagt. Abends aber, wenn sie noch ein Spiel zur Hand nahmen, holten sie das Geschöpf zum Gaudium an den Tisch und drückten ihm die Karten in die Hand: «So gib’s du!» Doch die Puppe regte sich nicht und blieb stumm und tot. So sassen sie wieder eines Abends beim Zunachten um den Tisch und hatten ihren Fenz gegessen und noch einen halben Teller übriggelassen. Da nahm der Senn zum Spass einen Löffel voll und strich ihn dem Tunnscheli ums Maul: «Da friss! Wirst wohl auch einmal Hunger haben?» Und nun geschah das Merkwürdige – das Tunnscheli verzog das Maul; das wurde breiter und breiter, und die Augen wurden wie lebendig, und mit einem Mal sah das Geschöpf aus wie ein Mensch und war doch keiner. Es riss das Maul auf und liess den Geifer über die Lippen fliessen, und dann verschwand der Fenz zwischen den Zähnen. Die Sennen waren voller Grausen aufgestanden und wollten auf und davon; als aber die Puppe mit beiden Armen winkte, sie sollten doch bleiben, da kamen sie verstört an den Tisch zurück und gaben dem Tunnscheli noch den letzten Rest Fenz. Vom Tag an blieb das Tunnscheli bei ihnen am Tisch und nahm, was man ihm vorsetzte, Käse, Brot, Anken, Suufi, Milch, und ass und frass für drei. Dafür aber half es in der Hütte, hielt Ordnung, wusch die Gebsen und die Teller und Kellen, fuhr mit dem Besen wie ein putzsüchtiges Weib am Boden auf und ab und kochte, was es zu kochen gab und für sich selber am meisten. So vertrugen sie sich nach und nach immer besser und hätten das Tunnscheli nimmer missen mögen. Wenn sie es beim Zunachten gar Schätzeli nannten, so kam es herbeigesprungen, schnurrte und spulte wie eine Katze und liess sich all ihren Mutwillen noch so gern gefallen. Ja, war es gar bei absonderlicher Laune, so fing es an zu reden und erzählte den dreien weiss der Teufel was für Geschichten, aber keine frommen. Dann hielten sie auch nicht zurück mit derben Spässen und hatten ihre Lust, wenn es zu johlen und zu lachen begann und ihnen ihren Willen liess. So ging der Sommer vorüber und der Herbst kam, und wie der erste Nebel über Clariden lag, da kratzten sich die Sennen in den Haaren und werweissten, was nun mit dem Tunnscheli anzufangen sei. Auf dem Urnerboden oder gar im Dorf durfte man sich nicht zeigen mit ihm, um nicht in böses Geschwätz zu kommen; totschlagen mochten sie es nicht, einsperren und verhungern lassen schien ihnen nicht weniger sündlich zu sein. So beschlossen sie denn, das Tunnscheli ganz einfach in grauer Morgenfrühe nicht zu wecken und heimlich mit allem zu Tal zu fahren. Mit ein paar Dutzend Haupt Vieh aber und mit allem, was dazu gehört, lässt sich das nicht so einfach machen, wie sie’s erhofft hatten; das Tunnscheli erwachte, kam furibund vom Tril heruntergeschossen und brüllte und schrie sie an: «Ich weiss schon, was ihr im Sinn habt! Ich sollt’ in der Hütte am Hunger verrecken und in der Kälte verderben! Hab ich euch aber den Sommer lang den Guetgnueg gemacht, so könnt ihr mich auch den Winter über vergaumen! Ihr traurigen Finken!» So blieb nichts übrig, als mit dem Geschöpf zu reden und ihm klarzumachen, dass ihm unter den Menschen doch nicht so recht wohl wäre, dass sie es mit scheelen Augen ansähen und ihm fluchten, und das möchten sie ihm doch lieber ersparen, nach alledem, was sie den Sommer hindurch erlebt hätten. Bis zuletzt das Tunnscheli einverstanden schien, man solle ihm noch einen Landkäs und ein paar Brote zurücklassen, wenn’s dann kalt würde, lege es sich ins Heu und schlafe wie ein Mungg. Was ein Mungg fertigbringe, werde kaum eine Kunst sein! So machten die Sennen sich denn bereit, mit allem «Schiff und Gschiir» zu Tal zu fahren. Am Vorabend aber nahm das Tunnscheli den Senn am Arm und flüsterte ihm hinter der Tür ins Ohr, er möge doch den letzten Tag und die letzte Nacht noch ihm zuliebe auf der Alp bleiben, und es solle ihn nicht reuen. So ohne rechten Abschied bekäme es allzu grosses Heimweh! Richtig, wie sie am Morgen fahren wollten und schon beim Alptürli angelangt waren, schien dem Senn noch etwas in den Sinn zu kommen. Er habe ja vergessen, dem Tunnscheli noch die Milch zu erwellen, und schon war er zurückgelaufen und winkte den Knechten, sie sollten ihren Weg ziehen. Die beiden lachten und machten sich ihre Gedanken, waren aber froh, dass der Meister noch allein mit dem Tunnscheli fertig werden wolle. Ganz geheuer war ihnen freilich nicht zumute. Auf dem Boden stellten sie das Vieh in den Gaden, besorgten, was noch zu tun war, und warteten auf den Senn. Der aber kam nicht. Am andern Morgen stiegen die beiden langsam wieder der Alp zu und beteten bei jedem Rank ein Vaterunser und den englischen Gruss (man kann nie wissen, wofür das gut ist), liefen weiter und kamen zum alten Alptürli. Von dort überblickt man die ganze Alp, und so sahen sie denn etwas auf dem Hüttendach herumspringen, wussten aber nicht, was es war. Wie sie aber näherkamen, überlief sie ein kaltes Grausen, denn auf den Platten sprang das Tunnscheli in hohen Sätzen auf und ab, hatte die Haut des Sennen zum Trocknen übers Dach gespannt, und das Blut tropfte ins Trauf hinunter. Und wie es die beiden erschwickt, fängt es an zu brüllen und zu toben und stampft auf dem Dach herum: «Wer hat Euch denn beten geheissen, Ihr Lumpen? Wenn Ihr nicht gebetet hättet, so biss ich Euch die Gurgel durch wie dem da!» Da rannten die zwei dem Tal zu und schauten nicht mehr rückwärts, bis sie die Bodenkapelle vor sich sahen. Vom Tunnscheli aber hat man nie mehr etwas gehört.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Das Tuntelenloch-Ungeheuer

Source: Das Tuntelenloch-Ungeheuer

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Im Tuntelenloch bei Heitenried hauste vor Zeiten ein Ungeheuer. Allemal wenn das Wetter ändern wollte, wenn Regen oder Schnee im Anzug war, hörte man es die Nacht zuvor schreien. Drei- oder viermal nacheinander stiess es einen tierischen Laut aus, wie «Bög, Bög, Bög». Dann kletterte die schwarze Gestalt die steile Fluh hinauf; feurig rot blickten seine Augen wenn das Ungeheuer erzürnt wurde, und selbst sein Schwanz brannte wie Feuersglut. Wenn des Abends Trunkenbolde grölend vorbeizogen, wurden sie vom Ungeheuer angepackt und meistens in eine schmutzige Wasserpfütze hineingeworfen, worauf es schadenfroh davonsprang. Wurde der Geist tagsüber von Vorübergehenden gefoppt, übte er seine Rache erst in der Nacht aus; während der Spötter ahnungslos in seiner Wohnung weilte, schlich sich der rachsüchtige Geist ins Haus herein und zerkratzte seinen Feind so gründlich, dass ihm jede weitere Lust an solchen Foppereien verging. Im Herbst versprengte das Gespenst die weidenden Herden. Das Ungeheuer hatte seinen Wohnsitz in einer Tuffsteinhöhle aufgeschlagen. Dichte Efeuzweige verdeckten den Eingang zur Höhle vor den Augen der Neugierigen. Am Fels plätscherte ein Bächlein vorbei. Wenn bei starkem Regen das Wasser in die Geisterhöhle eindrang, wurde dessen Insasse zornig und warf in seiner Wut sein Mooslager in den Bach. Die Leute der Umgebung vermochten das Ungeheuer zu vertreiben. Sie stauten künstlich das Wasser des Baches, bis er einen kleinen See bildete und in die Höhle eindrang. Mit geweihten Palmzweigen jagten sie das Ungeheuer heraus und in den See hinein, worauf es für immer verschwand.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Tüürebrünneli

Source: Das Tüürebrünneli

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Das Tüürebrünneli Eine Quelle an der bei Unterlunnern zum Reussried abfallenden Halde heisst das Tüürebrünneli. Sie war seit jeher landauf und landab bekannt. Es gab Zeiten, zu denen sie monatelang kein Wasser lieferte, obwohl gar keine Tröckne herrschte, während sie anderseits in trockenen Jahrgängen reichlich Wasser spenden konnte. So ist es noch heute. Da kamen denn früher im Frühjahr und im Sommer von weither die Müller und Bauern hergereist, um zu sehen, ob das Tüürebrünneli viel oder wenig Wasser liefere. Lief die Quelle stark, so ging es wie ein Lauffeuer durchs Land, die Körnerfrucht und das Brot werden teuer. Lag die Quelle fast trocken, so rechnete man auf billiges Brot. Da sollen sich dann die Müller und Bauern, die Korn und Weizen zu verkaufen hatten, rechtzeitig vorgesehen haben. Bei reichlichem Wasserfluss musste man auf einen nassen Jahrgang rechnen. Dann durfte man die Fruchtvorräte nicht leichthin verkaufen. Man wartete mit dem Verkauf zu, denn der Preis musste ja in die Höhe gehen. Das Tüürebrünneli zeigte also eine Teuerung an. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Knonauer Amt Nach Gchr. Obfelden 1897/1902, hier mit dem Titel „Römerbrünneli und Tüürebrünneli“. R. und T. sind zwei Quellen „im Altikon“ bei Unterlunnern. Der Chronist weist darauf hin, dass nach Funden in dieser Gegend römische Besiedelung und Töpferei nachgewiesen sei. Das R. habt aber keine weitere Bedeutung. Stauber hat seine Erzählung, S. 53, aus derselben Quelle, aber mit dem Titel „Der Hungerbrunnen zu Obfelden“.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Tuutier

Source: Das Tuutier

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Es ist mir, als sei es gestern gewesen, dass der alte Nef, unser Nachbar, vom Tuutier erzählte. Jeden Abend kam er zu uns "zu Spinni"; dann setzte er sich an den Tisch, holte sein Pfeifchen hervor, an dessen Beisser er einen Hosenknopf angebracht hatte, damit er es mit seinem zahnlosen Munde besser halten konnte; die Grossmutter setzte sich zum Spinnrad, die Mutter flickte die Kleider, wir alle lauschten den Worten des Alten. Es seien einst sieben böse Buben gewesen, diese seien verwünscht worden und müssen nun zur Strafe in sieben Gestalten und siebenerlei Geschrei an vielen Orten unserer Gegend als Tuutier geisten. Dieses hat die Gestalt eines dreizipfligen Laubsackes oder einer weissen Ziege; dann erscheint es als Hund, als Schwein, als Katze, als Vogel ec., allemal mit dem entsprechenden Geschrei des betreffenden Tieres. Als einmal der alte Nef nachts von uns weg nach Hause ging, begegnete ihm hinter unserm Hause ein grosses Schwein, welches laut grunzte. Er glaubte, unser Schwein sei ausgekommen, weil wir zu dieser Zeit ein ähnliches besassen. Nun kehrte er zurück und machte Anzeige. Unser Schwein aber war wohlbehalten im Stalle; in der ganzen Nachbarschaft wurde kein solches vermisst. Nef ging ein andermal aus der Laue nach Hause. Bei den Ahornen in der "Dicket" seien ihm so viele "Wickvögel" vor die Füsse geflogen, dass er nicht mehr fortschreiten konnte. Die Vögel schrieen immer: "Wie witt, wie witt!" Da fasste er Mut, überschlug einige derselben und sagte: "Ihr strohls Narre, hei will i!" Nun stuben die Vögel auseinander, und es entstand ein Brausen und Toben im Eggliswald, dass man hätte meinen mögen, die ganze Welt werde zerfallen. Die "Dicket" war ein Lieblingsaufenthalt des Tuutiers. Der "Choche Liess" sei einmal in seiner Hütte in der "Dicket" gewesen. Es brach ein sonderbares Geschrei los, und ein dreizipfeliger Laubsack legte sich auf das Hüttentürchen. Der Mann tat, als ob er nichts merke, worauf sich der Laubsack davonwälzte, wie er gekommen. Beim alten Hüttli im Türli sei einmal eine weisse Ziege gestanden. Die Ziege wurde immer grösser und grösser und verschwand plötzlich. Der "Melcherlis Bueb" behauptete, es sei keine rechte Geiss gewesen. Der "Gällelis Bueb" sei einmal "zu Stubeten" gegangen. Auf der Brücke zwischen "Seinis" und "Sessen Uelis" lag ein grosses Schwein quer auf derselben und versperrte ihm den Weg. Er tat einen gewaltigen "Juck" über das Ungetüm; am andern Tage aber war er im ganzen Gesichte geschwollen und bekam einen hartnäckigen Ausschlag, welcher vom Tuutier verursacht worden sein soll. Nikolaus Bollhalder im Kühboden hat mir auch erzählt, er sei einmal nachts über das "Drecktöbeli" gegangen. Auf dem "Brüggle" legte sich ein grosser Pudelhund ihm vor die Füsse; er habe an jener Stelle nicht hinüberkommen können. I. Hell. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 423, S. 249 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das überlistete wilde Mannli

Source: Das überlistete wilde Mannli

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Einem Klosterser war sein neugebornes Kindlein verschwunden und statt dessen ein hässlicher Wechselbalg in die Wiege gelegt worden. In seiner Trostlosigkeit wandte er sich überall hin um Rat, und da hiess es, er solle zu einer gewissen Zeit den Wechsel-balg auf den Herd legen und rings um diesen herum halbe Eierschalen aufstellen.   Er befolgte diesen Rat, und plötzlich fing der Wechselbalg an zu reden und rief: »Jetz bin i sövel und sövel alt und han die Bôschga fünfmal gsäh'n als Wies und Wald aber noch nie sövel Guckhäfeli uf einem Herd.« Zugleich sprang die Haustüre auf, und ein Fängge stürzte mit dem rechten Kinde herein, legte es auf den Herd, um ebenso schnell mit dem Wechselbalge davon zu eilen. Quelle: Jecklin, Dietrich: Volksthümliches aus Graubünden. 3 Teile, Zürich 1874, Chur 1876, Chur 1878 (Nachdruck Zürich: Olms, 1986), S. 29. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das übersilberte Wasser

Source: Das übersilberte Wasser

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Ehemals wusste man von keinem Eis. An einem kalten Wintermorqen fing der Trog (Brunnen) an zu überfrieren. Da sprach eine Tochter, die nie Isch (Eis) gesehen, zu ihrem Vater: «Jez hein mer Zit danna z'gann, z'Wasser fahd an z'ubersilbern.» (erzählt von Professor Henzen)   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Umgehen der Toten

Source: Das Umgehen der Toten

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Nennt man in Urseren »Wanderen«, im untern Kantonsteil »Wandlen«.   Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 194 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das umgewendete Toggeli

Source: Das umgewendete Toggeli

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Ein Bauer, so haben die Alten zu Seedorf erzählt, hatte zwei Knechte, die es nicht allzustrenge hatten, und denen er eine gute Kost vollauf gönnte. Dennoch magerten sie zusehends ab, sind appäg'hytt wie d'Geiss. Deshalb fragte sie der Meister eines Tages, was mit ihnen sei, dass sie so abmagerten; ob ihnen etwas fehle, sie sollen es nur sagen. Jetzt erzählten sie ihm: »Jede Nacht kommt eine grosse schwarze Katze in unsere Schlafkammer, springt aufs Bett, sitzt uns auf das Herz und quält und drückt uns furchtbar. Wir vermuten, es sei deine eigene Frau, denn einmal, als sie uns wahrscheinlich schlafend dachte, kam sie in ihrer wirklichen Gestalt in die Kammer und ging wieder fort, als sie merkte, dass wir nicht schliefen. Aber jetzt diesen Abend halten wir ein Gewehr bereit, mit gesegneter Munition geladen, und werden auf die Katze schiessen.« Da erschrak der Meister, denn auch er selber traute der Frau nicht recht und hatte sie im Verdachte der Hexerei. Aber was machen, um das drohende Unglück abzuwenden? Da gaben ihm die Knechte einen guten Rat: »Nachts, bald nach 11 Uhr, gib acht! und wenn du siehst, dass deine Frau schläft, ohne zu atmen, dann wende sie um und lege sie auf ihr Gesicht.« Der Meister handelte nach diesem Rat, und am Morgen lag seine Gattin tot im Bette auf ihrem Angesicht, wie er sie hingelegt hatte. Ihr Geist hatte nicht mehr zu ihr zurückkehren können, weil sie auf dem Gesichte lag. Gottlieb Herger, Besenmacher, 50 J. alt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das unausweichbare Verhängnis

Source: Das unausweichbare Verhängnis

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Unter dem Land- und Bergvolke ist der Glaube allgemein, niemand könne seinem bevorstehenden Schicksale, seinem verordneten Verhängnisse ausweichen. — Freilich, was Gott für den Menschen bestimmt und angeordnet hat, wird nicht ausbleiben. Gott hat aber des Menschen Schicksale bestimmt, weil Er in seiner Allwissenheit weiss, was der Mensch tun und wie es ihm gehen werde. Im Vertrauen auf Gottes weise Vorsicht haben wir also nichts anderes zu tun, als was recht und was vernünftig ist. — Leider gibt es der Zukunftsschauer und der Wahrsagerinnen, die in einem Glase Wasser, in einem Kartenspiele oder aus den Falten der Hand des Menschen Schicksale erkennen wollen und so manchen Unfug anrichten. Gott sah den dummen Glauben so mancher um die Zukunft bekümmerter Menschen voraus, die, eben weil sie dem Verhängnis vorbeugen wollten, von demselben erreicht wurden; was nicht geschehen wäre, wenn sie den Wahrsagereien nicht geglaubt hätten. — Jeder geht mit seinem Willen dem Schicksale in die Arme. Der Beispiele werden unter dem Volke unzählige erzählt. — Einem jungen kräftigen Burschen wurde angekündet, er werde noch heute ein Bein brechen. Dem vorzubeugen legte er sich gesund ins Bett. Gegen Abend stieg ein Mäuslein zu ihm über den Bettladen herauf; er sah es und wollte mit dem Fusse wehren aber so eifrig, dass sein Bein brach. Hätte er nicht geglaubt, so wäre die Maus an seinem Beinbruche nicht schuld. — Einem Landmanne wurde gewahrsagt, heute Nacht werde sein Haus in Feuer aufgehen. Dies glaubend liess er den ganzen Tag über und in kommender Nacht im ganzen Hause kein Licht machen. Bei angebrochener Nacht wollte ein Nachbar bei ihm Geschäfte abtun, fand aber in der Finsternis weder Stiegen noch Türen. Er machte darum unvorsichtig Licht und steckte das Haus in Brand, was er nicht, getan hätte wenn das gewöhnliche Licht angezündet gewesen wäre. — Einem andern träumte, er sehe eine Leiche aus dem Wasser hervorheben und erkannte mit Schrecken in derselben seine eigene Person. Er fürchtete darum im Wasser zu sterben und wagte sich nie mehr auf dasselbe. Eines Tages wurde er zu einer Spazierfahrt auf's jenseitige Ufer geladen. Weil er nicht auf's Wasser wollte, ging er um und stellte sich am Ufer, um der Ankommenden zu harren, auf einen Felsen der unterhöhlt war, mit ihm einstürzte und ihm den Tod gab. Wäre er mit den Kameraden geblieben, so wäre er nicht mit dem Felsen ins Wasser gefallen. — Von Aeschyles wird erzählt, dass ihm geweissagt wurde, er werde von einem Körper erschlagen werden, der von oben auf ihn herabfallen werde. Um diesem Schicksale zu entgehen, wohnte er beständig unter freiem Himmel und getraute sich nie mehr unter ein Dach. Eines Tages lag er im Felde an der Sonne; da flog ein Vogel mit einer geraubten Schildkröte daher, der, den Kahlkopf des Schlafenden für einen harten Stein haltend, dieselbe, um sie aufzuschellen, auf sein Haupt fallen liess und ihm den. Tod gab. Wäre er zu Hause geblieben, so hätte die Kröte ihn nicht erschlagen. — Ich könnte mehrere Personen nennen, die vor Angst krank geworden, und bei denen der Schrecken alle Heilmittel unnütz machte, weil ihnen der Tod von geistersehenden Weiblein geschwätzig war angekündet worden. Hier kann angereiht werden die Sage vom verunglückten Christian Blatter, Pfarrer in Reckingen. Dieser, 1705 in Reckingen geboren, wurde als Jüngling einmal von einer Lawine überfallen im Tale "Bächen". Den sichern Tod vor Augen machte er das Gelübde, Priester zu werden, wenn er noch entkomme. Und er wurde wunderbar gerettet und Priester. 1731 wurde er Pfarrer in Täsch und 1740 Pfarrer in Leukerbad. An beiden Orten fürchtete er allzu sehr die Lawinen und bat darum seine Obern dringendst, versetzt zu werden. Im Jahre 1743 kam er als Pfarrer nach Reckingen, wo er nun die Lawinen nicht mehr fürchtete. Doch er irrte grob; um 2 Uhr in der Nacht vor dem 6 Hornung 1749 wurde er samt dem Pfarrhause verschüttet und getötet von der Lawine die eben aus dem Tale Bächen kam, wo früher sein Leben gefährdet wurde. Wäre er nicht nach Reckingen gekommen, so hätte er dort im Pfarrhause seinen Tod wohl nicht gefunden.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das unerwartet abgebrochene Schauspiel

Source: Das unerwartet abgebrochene Schauspiel

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Volksschauspiele wurden ehemals sehr häufig veranstaltet und die Bauern liebten selbe sehr. Es gibt in Oberwallis der Orte wohl wenige, wo man von abgehaltenen Schauspielen nicht noch etwas zu erzählen weiss — Jetzt sind diese Volksunterhaltungen viel seltener geworden. Zu leugnen ist es nicht, — die Vorbereitung eines Spieles und die Einübung der Rollen raubt dem Landarbeiter viel kostbare Zeit und nimmt selbst blankes Geld in Anspruch; auch kommt viel Volk von Nah und Fern zu solchen Spielen zusammen, was Unannehmlichkeiten absetzt und viele zu unnötigen Geldauslagen verleitet. Darum wird den Volksschauspielen nicht allgemein mehr das Wort gesprochen, obschon deren gute Seite nicht ganz kann in Abrede gestellt werden. Zwei Rollen durften bei den Volksspielen nie fehlen: ein gewaltig gehörnter, langbeschweifter Satan mit seinen Gehülfen und ein scheckig gekleideter Possenreisser, — sogenannter Gaukler oder Narr. — Das schwarze Gefolge des vermummten Teufels hielt beim Auf- und Umzug und während des Spieles die Polizei und die zu Neugierigen in ziemender Ferne. Jeder Unfug wurde schnell beseitigt; sassen z. B. zwei Verliebte neben einander, gar freundliche Blicke wechselnd, wurden sie zuverlässig von hingesandten Satansgehülfen unter Hohnlachen der Zuschauer auseinandergejagt. — Einem Schuldentreiber, der so manchem dummen Bauern die Batzen- und Pfundrechnung näher zu verstehen gab, bot Luzifer unter allen Augen den Bruderhandschlag, usw. Sehr schneidend und ohne allen Respekt geisselte aber der Gaukler der Menschen Tun und Lassen, hatte darum auf die öffentliche Moral grossen Einfluss. Die beissenden Sprüche des Narren am Spiele erhalten sich lange im Munde des Volkes; Jeder — Privatleute — Vorsteher — Gemeinden — müssen denselben Rechnung tragen. — Derbe Verweise wurden manchmal den Zuschauern gerade ins Gesicht geworfen; z B.: I gse da Eini (deutend) midenem langu Hals. Wenn ihr's de nit wisst — di weiss all's. In einer etwas störrischen Gemeinde wurden die Pfarrer oft gewechselt. Weil eben der Fall wieder eintraf, sprach der Gaukler einer Nachbargemeinde: In N. wellund d'Heru nimme blibu. Und di wa nid gehnd, tiensch no tribu. Da gensch de ins Gmeihus ga tobu, Wellum Herr schnu welle robu, u.s.f. In einer andern Gemeinde begannen die Töchter eine neue Mode mit eng zusammengefalteten Vorschosen (Vorschürzen) einzuführen. Da lachte ein Narr am Spiel: In N. hat d'Hoffart d'Meidjini zwungu, Schmali Vorschosjini z'trägu wie e Chuozungu! und die Vorschos wurden wieder breiter wie jene anderer Christentöchter, was gewiss der Pfarrer auch in zwanzig der feurigsten Predigten nicht zuwege gebracht hätte. In St. Niklaus wurden die Volksschauspiele ob dem Dorfe am Saume eines grossen Tannenwaldes aufgeführt, der von steilen und ziemlich lockern Gebirgsfelsen überragt wird. Der Platz eignet sich für Schaubühne und Zuschauer sehr gut. Im vorigen Jahrhundert war's, als da in einem grossen Spiele das "jüngste Gericht" vorgestellt wurde. — Das ganze Stück war, wie damals unerlässliche Mode, in lauter altmodischen Reimen, sogenannten "Knüttelversen" abgefasst; denn ohne Verse durfte auf der Bühne nichts gesagt werden. Als eben der erzürnte Richter, nachdem er in langen Reihen die Schuldigen und Unschuldigen angehört und ihre nichtigen Ausreden und Entschuldigungen widerlegt hatte, das grosse Urteil gesprochen und die zahlreichen Dämonen furchtbar heulten und wüteten, sieh! da entstand hoch im Gebirge dumpfes Getöse und die erschrockenen Spieler und Zuschauer gewahrten mit Entsetzen, dass eben ob ihren Häuptern furchtbare Steinblöcke sich ablösten und krachend in mächtigen Staubwolken den Berg herabrollten. Dieser nicht ungewöhnliche Steinbruch gefährdete zwar weder den Schaubühnenplatz noch das Dorf St. Niklaus, weil die herabfallenden Blöcke durch einen im Tale unsichtbaren Graben abgeleitet werden; aber der Schein trog derart, dass ein allgemeiner Schrecken Alles ausser Fassung brachte. Unter verzweifelndem Jammergeschrei sprangen alle, Spieler und Zuschauer, in wilder Hast, die Stärkern über die Schwächern hinaus und voran, nach allen Gegenden auseinander. Weder Zäune, Gärten und Wiesen noch Mitmenschen wurden geschont: die einen verloren ihre Kleider, die andern verrenkten und brachen ihre Glieder. Alle waren blass vor Todesschrecken. — So endete das grosse Trauerspiel. — Schiller mag die Szene mitangeschaut haben, da er niederschrieb: «Der schrecklichste der Schrecken ist der Mensch in seinem Wahn.»   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Ungeheuer im Chrüziholz

Source: Das Ungeheuer im Chrüziholz

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Vor fünfzig Jahren hatte das sogenannte Chrüziholz eine viel grössere Ausdehnung als heute. Es erstreckte sich von der Sandgrube im Sagenrain bei Düdingen Bis nach St. Wolfgang in ununterbrochener Länge. Die alte Strasse nach Freiburg führte durch den dunklen Forst. Einst kam an einem Spätabend der alte Sigrist von St. Wolfgang in angeheiterter Stimmung von Düdingen her nach Hause. Im Kreise seiner Freunde und Bekannten hatte er etwas über den Durst getrunken, ohne deswegen ein Trinker zu sein. Als er in etwas angeheitertem Zustand durchs Chrüziholz schritt, kamen ihm alle Geschichten in den Sinn, die beim Volke über diesen Wald in Umlauf gingen. Da rief er in seinem Übermut: «Wenn epis dran ischt, dass hier Ünküreni syn, so söle si jitzt vüra cho». Er sollte nicht ungestraft diese Herausforderung gemacht haben, denn alsbald sprang eine unheimliche Gestalt auf ihn los und setzte sich ihm auf die Schulter, wo sie sitzen blieb. Der erschrockene Sigrist rannte, so schnell ihn die Beine tragen konnten, nach Hause. Bis vor die Haustüre hockte der unbekannte Reiter auf des Sigrists Rücken, dann sprang er ab und verschwand. Totenblass trat der Mann in die Stube und wagte vorerst nicht, sein Erlebnis zu erzählen. Erst einige Zeit nachher erzählte er seiner Familie gegenüber, was ihm in besagter Nacht zugestossen war.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Ungeheuer im Flachsnerawald

Source: Das Ungeheuer im Flachsnerawald

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Im Walde oberhalb der Flachsnera hauste ein Ungeheuer. Wer zu gewissen Zeiten dort vorbeiging, der hörte es den steilen Waldweg herauf schnauben und keuchen. Dabei jammerte es: „0 weh, o weh, o weh.“ Junge Burschen, die einst in später Nachtstunde durch den Wald gingen, hörten das Ungeheuer rufen: „Machet Platz! - Flieht!“ Darauf rollten von der Höhe des Wildwaldes mehr als ein Dutzend Baumstämme herunter und legten sich kreuz und quer über den Weg. Am andern Morgen war von denselben nichts mehr zu sehen. Ein Fuhrmann musste einst nachts durch den Flachsnerawald fahren. Da hörte er das Ungeheuer keuchend herankommen, und ganz in seiner Nähe rief es: „O weh, o weh, o weh!“ In diesem Augenblick flog eine ungeheuere Schar schwarzer Vögel aus dem Walde und liess sich mit grossem Gekreisch auf Wagen und Pferde nieder. Der Fuhrmann knallte mit der Peitsche, aber die Vögel waren nicht zu verscheuchen. Erst am Ende des Waldes flogen sie auf und verschwanden. Wer war dieses Ungeheuer? Der Geist eines verstorbenen Menschen war es, der wegen einer begangenen Ungerechtigkeit nicht Ruhe finden konnte, und so seine Schuld büssen musste. Wie kam das? Zwei Brüder teilten das väterliche Erbe. Der Ältere übervorteilte den Jüngeren und zog den Flachsnerawald ungerechterweise an sich. Wohl plagte ihn darum das böse Gewissen. Doch Ehrgeiz und Habsucht liessen nicht zu, dass er noch rechtzeitig sein Unrecht gutmachte. Er starb eines plötzlichen Todes. Kaum war er begraben, da begann im Flachsnerwalde jenes Ungeheuer zu spuken und Schrecken und Grauen zu verbreiten. Der Jüngere ahnte, es könnte der Geist seines Bruders sein und fragte den Herrn Pfarrer, was da zu tun sei. Dieser riet ihm, er solle sich um Mitternacht in den Wald begeben und das Ungeheuer, wenn es sich ihm nahe, also anreden: „Im Namen der heiligsten Dreifaltigkeit, wenn du mein Bruder bist, so sage, was fehlt dir?“ Der Bruder war entschlossen, das zu tun. In der folgenden Nacht begab er sich in den Wald, setzte sich auf einen Baumstamm und wartete. Als es Mitternacht schlug, hörte er tief im Walde drunten das Ungeheuer jammern: „0 weh, o weh, o weh!“ Jetzt kam es keuchend den Hang herauf, immer näher. Schnell machte er die Rede bereit, um es anzusprechen. Aber in diesem Augenblicke schrie es ihm schon ins Ohr hinein: „0 weh, o weh, o weh!“ und er verspürte den eiskalten Atem des Ungeheuers. Entsetzen packte ihn, und er floh, so schnell als ihn die Füsse tragen mochten, über Stock und Stein den Wald hinunter und dann gegen den Graben hinüber nach seiner Wohnung. Das Gespenst jagte hinter ihm her und rief ohne Unterlass: „0 weh, o weh, o weh!“ Da, endlich langte er atemlos zu Hause an. Mit Händen und Füssen schlug er an die verriegelte Türe, dass sie aus Schloss und Angeln sprang. In der Ferne hörte er es noch immer jammern: „0 weh - o weh - o weh!“ Ein heftiges Fieber befiel ihn. Viele Wochen musste er das Bett hüten. Als er dann endlich wieder aufstehen durfte, da war sein erster Gang nach dem Flachsnerawalde, wo er am Wege, nahe an der Stelle, wo er das Ungeheuer hatte anreden wollen, ein Bild der schmerzhaften Mutter Gottes an einem Baume befestigte. Wer aber dort vorbeiging, zog den Hut und sprach ein kurzes, kräftiges Gebet für die arme Seele. Das wirkte. Immer seltener wurden die Klagerufe des Ungeheuers gehört, und endlich verstummten sie ganz. Die arme Seele hatte Erlösung und Ruhe gefunden.    Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch


by Das Ungeheuer im Hagelsee

Source: Das Ungeheuer im Hagelsee

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Zuhinterst auf der Alp Tschingelfeld im Hühnertäli, liegt der Hagelsee. Die Gegend ist weltabgelegen, selten findet sich ein Wanderer hin und dann trifft er selbst im höchsten Sommer den See bedeckt mit Eisschollen und seine Ufer erst im spärlichen Hochfrühlingsgrün. Einst, es war an einem glanzigen Augusttag, kamen ihrer zwei Älpler an dem See vorbei, erstellten sich nicht weit davon an einem Stein und liessen ihre vom harten Gehen müden Beine baumeln, während ihre Augen am grauen Wasser und den Eisschollen darauf haften blieben. Nicht über lang fing das Wasser an zu schaukeln, auf und ab und hin und her, auf dem Rücken der Wellen tanzten die Eisblöcke, und rauschend schlug der weisse Gischt ringsum ans Ufer. Die Älpler staunten, doch wie sie sich auch umsahen, kein Wölkchen trieb am blauen Himmel, kaum dass der Bergwind um ihre heissen Stirnen strich. Und sie staunten! Denn das Wasser begann jetzt zu brodeln und grosse Blasen aus der Tiefe muggeln, ein Sausen und Brausen erfüllte die Luft, ein Schnauben und Keuchen, dass es den Mannen vom blossen Zuhören den Atem verschlug. Und da - was Teufels auch! - tauchte zwischen dem tanzenden Eis ein gräulicher Hundsgrind auf, grad wie von einem mächtigen Togg, und zwei grosse Klauen hingen sich an ein Eisstück so fest, als wollten sie es zermalmen. Doch nein, der Togg, oder was es war, feckte und feckte, schnaubte und kraftete auf die Eisscholle zu kommen - und plumpste ins Wasser zurück - nahm einen neuen Anlauf und plumpste wieder und plumpste zum dritten Mal. So oft das Untier auch ansetzte, nimmer entkam es dem nassen kalten Element. Schliesslich versank es wieder unter dem Eis, Wasser und Schollen beruhigten sich und lagen bald da, so still und vereinsamt wie zuvor. Die Älpler hatten sich hinter den Stein versteckt und von dort aus der Sache abgelusst; sie blieben eine Weile noch auf ihrem Posten, das Ungeheuer zeigte sich jedoch nicht mehr. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Ungeheuer in der Burg Tannegg

Source: Das Ungeheuer in der Burg Tannegg

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Das Ungeheuer in der Burg Tannegg Wenn die Oberländer nach Wil auf den Viehmarkt fuhren, kamen sie zwischen Schmidrüti und Dussnang an der Burg Tannegg vorbei. Man erzählte davon, dass der Turm noch tiefer in die Erde hinabgehe, als er hoch sei. Vor Jahren sei im untersten Kerker einer gefangen gewesen, den man eines Abends gar jämmerlich schreien gehört habe. Man habe nicht viel daraus gemacht, weil man glaubte, er tue nur aus Verstellung so arg. Aber am anderen Morgen, als der Kerkermeister ihm habe zu essen bringen wollen, sei kein Stäubchen von dem Menschen vorhanden gewesen und doch nicht eine Spur, dass er hätte flüchten können. Man habe hin und her geraten, was diesem Unglücklichen wohl begegnet sein möchte. Von den Mönchen im Kloster Fischingen sagten einige, der Teufel habe ihn geholt, und die andern, er sei gefressen worden. Man habe allerlei probiert, dass ihn der Teufel wieder hätte bringen sollen, aber umsonst. Endlich versuchte man zu erfahren, ob er etwa von einem bösen Tier zerrissen worden wäre, und zu diesem Zweck habe der Abt einen toten, vergifteten Hund in den Kerker hinabwerfen lassen. Da, am folgenden Morgen, sei eine furchtbare Schlange tot dagelegen, und in deren Bauch habe man den Gefangenen samt Schuhen und Strümpfen gefunden. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Wörtlich aus Stutz, S. 186   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Ungeheuer in Üken

Source: Das Ungeheuer in Üken

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Ein Uekener-Bauer besass ein grosses Vermögen in Grundstücken. Aber er suchte es auch dadurch zu äufnen, dass er den Nachbarn das Obst stahl und ihnen die Hälfte ihrer Pünten und Baumgärten wegmarchte. So marcht und stiehlt er nach seinem Tode bis auf diesen Tag fort. Aber welchem Herrn er jetzt angehört, zeigt er damit, dass er als Schaf, als Bock, als Hund herumlaufen muss. Gleichwohl dient er den Leuten als ein untrüglicher Wetterprophet. Sieht man ihn Hecken setzen, Hagstöcke frisch in den Boden schlagen, auf Bäume steigen und das gewonnene Obst in den Korb thun, dann hat der kommende Tag gewiss Regen. Bis zum Abend hält er sich hinter dem Ofen des Nachbarn. Mit der Betglocke macht er sich auf und wandert bis zum Rank oberhalb Frick, wo er den Reisenden auflauert und sie irreführt. Doch kann ihn da ein jeder Tabakraucher verjagen, man braucht bloss Feuer aus der Pfeife zu blasen. Als schwarzer Zottelhund stellte er sich einst zweien Fremden entgegen. Als ihnen das Beten nichts helfen wollte, fiengen sie an alle Zeichen vom Himmel zu fluchen. Jetzt liess er sie unter der Bedingung weiter, dass sie ihn in ihrer Rocktasche hinter den Ofen nach Ueken zurücktrügen. Der eine von ihnen war so thöricht, es zuzusagen. Dem presste er den blutigen Schweiss aus und trieb ihn auf den Matten bis zum Morgen umher. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Ungeheuer Lüscher-See

Source: Das Ungeheuer Lüscher-See

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In einem kleinen Tälchen auf dem Heinzenbergergrate liegt der kleine Alpsee Lüsch; er ist von Haidekraut und Alpenrosen bekränzten Hügeln umgeben. Dieser kleine See ist in seiner lieblichen Umgebung ein Bild der Ruhe; vor einem nahen Ungewitter aber, noch ehe schwarze Wolken den Himmel rings umnachten - wenn der Föhn sich wilder erhebt und grausam pfeift, werfen die eigentümlich geformten Bodengestaltungen einen Wiederhall zurück, der fernem Brüllen ähnlich ist und weithin gehört wird. - Da sagen die Heinzenberger und Savier: »Der Lüschersee brüllt!« - hängen die Sense auf und tragen das Heu halb dürr in die Scheune. - Von ihm geht die Sage: Zur Zeit, da die Hirten mit den stolzen Burgherren und Raubrittern um ihre Freiheit kämpften, weideten friedlich gesinnte Bauern ihre Kühe auf dem saftigen Rasen am Lüschersee und hatten ihre Freude am Treiben und harmlosen Ringen ihrer Herde. Aber oben auf der Höhe stand ein Trupp Domleschger Burgherren, die von der Steinbocksjagd kehrten; die schauten hernieder auf Hirten und Herde, und es kam ihnen in den Sinn, an denen ihren Schabernack auszuüben. -  Sie überfielen mit rohem Geschrei die wehrlosen Hirten, sprengten sogar mit Lanze und Schwert die armen Kühe in den See  und der verschlang bald und erbarmungslos die zum Tode verwundeten Opfer; die Bauern sahen mit Wehmut ihre Habe versinken; in ihr Wehklagen mischte sich das Hohngelächter der rohen Sippe. Das ächzende Brüllen der Tiere war kaum verstummt, als plötzlich der See anfing, unruhig zu werden, die Wasserfläche seltsam und gewaltig sich zu bewegen begann, wild aufrauschte und aus dem weissen Schaum ein grauenerregendes Ungeheuer ans Ufer sich wälzte. Diese grässliche Erscheinung hatte die Gestalt eines ungeheuren Kuhbauches (»Butatsch cun ilgs«), um und um dicht besetzt von tausend und tausend grossen Augen, die unbeweglich alle auf nur einen Punkt gerichtet, ein entsetzenerregendes, Mark und Bein schmelzendes Feuer sprühten. Von dem höllischen Blicke festgebannt, konnten die Frevler nicht entfliehen, und Einer nach dem Andern wurde von dem Ungeheuer, das sich auf sie zuwälzte, erdrückt. - Die zu Tode erschrockenen Hirten aber blieben verschont und sahen, wie das Ungeheuer ans schaumbedeckte Ufer zurückrollte und in die tobenden Wellen des brüllenden See\'s sich senkte, die über ihm zusammenschlugen - und der See wieder ruhig wurde, wie er es zuvor gewesen. Seit diesem Gottesgerichte lebt die schauerliche Sage vom »Butatsch cun ilgs« im Munde des Heinzenberger Volkes fort, und alle hundert Jahre soll der See sein Ungetüm wieder geben in Schrecken von zerstörenden Naturereignissen, welche die schöne, fruchtbare Halde verwüsten. Grässliches verbarg die bodenlose Tiefe des Alpsee's, »dessen Wasserfluten bis in die Mitte der Erdkugel reichen, wo ewige Feuermeere brennen.« - Da stieg wieder einmal der rächende Geist, der »Butatsch«, aus der brüllenden Flut, wälzte sich verderbenvoll die Halde hinab und grub dem rasenden »Nolla« tief, tief in die Abgründe der Erde sein Bette und verschwand. Zum dritten Male, wieder nach hundert Jahren, stieg er aus dem Schosse der Erde, rollte in das sonst silberhelle Bächlein, das so friedlich dahin rauschte, die blühenden Auen bewässerte. Nun aber hatte der fürchterliche »Butatsch« in dasselbe sich gebettet und kugelte nicht nur das Rinnsal hinunter, sondern wurde dabei noch immer grösser und grösser und riss in seinem Laufe ein ungeheures Tobel auf. Das kleine unscheinbare Bächlein ward zum reissenden Bergbache, der das Tobel mit seinem dicken Schlamme, Steinen und Holzblöcken füllte und im Weiterlaufe auch in der Ebene, am Fusse des Abhanges, grossen Schaden anrichtete. Das geschah in grässlicher Gewitternacht. Von dieser Schreckensnacht oder »starmentusa Notg« wird noch jetzt viel erzählt. Den »Butatsch« aber zu sehen, ist Niemand Willens, denn Niemand will dem grausig leuchtenden Blick der tausend und tausend starren Augen begegnen, der das Blut gerinnen macht und die tiefste Ohnmacht bewirkt. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014     Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Ungeheuer von Römerswil

Source: Das Ungeheuer von Römerswil

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Bei Römerswil trieb eine böse Gestalt ihren schlimmen Spuk und jagte Menschen und Tieren viel Angst ein. Da gelang es einem Geisterbeschwörer, das Ungeheuer zu bannen. Drunten in der Wiese war ein Loch. Dort hinein trieb der Beschwörer den Plaggeist, wo er bis heute wohnen soll. Niemand darf diesen unheimlichen Platz unterhalb er Kapelle betreten. Zur Vorsicht ist er mit Latten abgegrenzt.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Ungeheuerlein im Plasselbschlund

Source: Das Ungeheuerlein im Plasselbschlund

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Früher erzählte man von einem Geiste, der im Plasselbschlund sich hin und wieder merken liess. Viele Leute meinten, er sei das Spielmännlein. Er war zwar nicht grösser, aber doch viel stärker, und des Nachts fürchterlich anzusehen. Er sah aus wie ein zottiger, kleiner, schwarzer Bär mit feuersprühenden Augen. Trotzdem gab es verwegene Leute, die das Ungeheuerlein, wie man es nannte, mit Schimpfreden herausforderten und sich mit ihm in der Finsternis herumbalgten. Unter diesen Raufhelden waren damals die Brüder Brügger von Zur March. Jedes Mal, wenn sie benebelt von Plaffeien nach Hause gingen, riefen sie im Sangernboden: «He, Ungeheuerlein, wo versteckst du dich? Bist du bei deinem Toggeli zu Kilt gewesen, oder hast du ein frisches Fantumli aufgefischt mit dem du dich auf dem Heu herzest? Gelt, du Milchsuppenjäger, du darfst heute Nacht nicht heraus aus deinem Buhlnest?» Doch plötzlich ergriff das Ungeheuerlein unsichtbar den riesenstarken Benz bei den Schultern, klemmte ihm den Hals so eng zusammen, wie wenn es ihn erdrosseln wollte, warf ihn zu Boden, wo er sich fluchend im Kot herumwälzte. Wenn er aufstehen oder ihm sein hochstämmiger Bruder Josi, der Grossmarcher genannt, zu Hilfe eilen wollte, sass der Kobold auf einem hohen Tannenaste und lachte die geprellten Narren aus, rief ihnen zu, sie sollen nach Hause trätschen und den Rausch ausschlafen. Oder er sass auf dem höchsten Tannenwipfel und fiedelte ihnen Spottlieder. Wurden die Brüder darob erbost und warfen mit Steinen, Scheitern oder gar Zaunstecken nach dem Spötter, so antwortete der ihnen mit einem Hagel von Tannzapfen und mit gellendem Gelächter. So mussten die hochmütigen Schläger, die sonst überall den Meister spielten und es oft mit einer ganzen Anzahl handfester Leute aufnahmen, mit einer langen Nase abziehen. Ein andermal liess sich das Ungeheuerlein zum Schein von den beiden Brüdern Brügger ergreifen und zu Boden werfen. Im Nu aber war es entwischt, und dann brauste ein gewaltiger Wirbelwind, der die beiden so lange herumdrillte, bis sie betäubt und besinnungslos ins Gras niederfielen, wo man sie am nächsten Morgen schlafend fand.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Ungeheurelein im Plasselbschlund

Source: Das Ungeheurelein im Plasselbschlund

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Damals sprach man auch von einem Geiste, der in Plasselbschlund sich hin und wieder merken liess; aber obschon viele Leute glaubten, es sei das Spielmännlein, so war dies kaum möglich, weil es, obschon nicht grösser, jedoch viel stärker, und bei der Nacht besonders fürchterlich anzusehen war. Es hatte ganz das Ansehen von einem kleinen, zottigen, schwarzen Bär, mit feuersprühenden Augen; - und doch gab es verwegene Leute, die so keck waren, das Ungeheuerlein, wie man es nannte, durch Schimpfreden herauszufordern, und sich mit ihm in der Finsternis herumzubalgen. Unter diesen Raufhelden lebten damals die Brüder Brügger von Zur March, die jedes Mal, wenn sie benebelt von Plaffeien nach Haus gingen, nicht ermangelten im Sagenboden zu rufen: "He, Ungeheuerlein, wo versteckst du dich? Bist du bei deinem Toggeli zu Kilt gewesen, oder hast du ein frisches Fantumli (leichtsinniges Mädchen) aufgefischt, mit dem du dich auf dem Heu herzest.... Gelt, du Milchsuppenjäger, du darfst heute Nacht nicht heraus aus deinem Buhlnest?" - Doch stracks ergriff unsichtbar das Ungeheuerlein den riesenstarken Benz bei den Schultern, klemmte ihm den Hals so eng zusammen, wie wenn es ihn erdrosseln wollte, warf ihn zu Boden, wo er sich fluchend im Kote herumwälzte, und als er entweder aufstehen, oder ihm sein hochstämmiger Bruder Josi, der Grossmarcher genannt, zu Hülfe eilen wollte, sass die Teufelsbrut auf einem hohen Tannenast, lachte die geprellten Narren aus, sagte ihnen, sie sollten nach Hause trätschen und den Säbel wetzen (Rausch ausschlafen), oder fiedelte ihnen Spottlieder vom Wipfel des pyramidenförmigen Baumes herab. Darob wurden die Marcher nur noch erboster; sie ergriffen Steine, Scheiter und Zaunstecken, und bängelten nach dem windigen Föppeler; aber er erhob ein gellendes Gelächter, und erwiderte die Begrüssung mit einem Hagelwetter von Tannzapfen. Und so mussten die hochmütigen Schläger, die sonst überall den Meister spielten, und es oft mit einer ganzen Stube voll handfester Leute aufnahmen, welche sie herausfuggten wie mit einem Kehrbesen, mit einer langen Nase abziehen. Ein andermal ließ sich das Ungeheuerlein zum Schein von den Brüdern Brügger ergreifen und zu Boden werfen; aber in einem Nu war es entwischt, und da brauste auf der Stelle ein dermassen gewaltiger Wirbelwind, dass sie so lange herumgedrillt wurden, bis sie betäubt und besinnungslos auf dem Grase niederfielen, wo man sie am andern Morgen noch schlafend fand. Dieser Geist wurde auf Anraten des Pater Jakobs, eines durch seine Beschwörungskünste weit und breit bekannten Kapuziners von Zbindenmühle dadurch gebannt, dass die Marcher eine Pilgerfahrt nach Rom und Loretto veranstalteten und sich bei ihrer Rückkehr in die römische Brüderschaft zu Düdingen aufnehmen ließen. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das ungerechte Gut

Source: Das ungerechte Gut

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Im Trossland (Rechthalten) hörte man öfter um die mitternächtliche Stunde jemand rufen. Die Stimme kam vom Farneraholz her. Sie klang wie Jammern und Wehklagen. Manche Leute behaupteten, sie hätten einen schwarzen Mann am Waldrande hin und her laufen sehen. Wieder andere sagten, es fahre dort ein Licht herum, wie wenn jemand etwas suchte. Man fürchtete sich und getraute sich nachts nicht mehr an diesen Ort. Später erwarb ein junger Bauer das Trossland. Er wusste nicht, dass in der Nähe ein Geist umging. Einst erwachte er mitten in der Nacht. Es war ihm, als hätte jemand gerufen. Das Fenster stand offen. Er lauschte. Jetzt tönte vom Walde her ein langgezogener, jammervoller Schrei: „Ooh - juuh!“ Noch ein zweites und drittes Mal hallte es herüber: „Ooh - juuh, ooh - juuh!“ Der Bauer dachte, da muss ein Unglück geschehen sein. Ich will nachschauen, wer das ist. Rasch kleidete er sich an und eilte dem Walde zu. Der Mond leuchtete ihm. Am Rande des Gehölzes blieb er stehen und rief mit lauter Stimme: „Holla! - Wer hat da gerufen?“ - - Keine Antwort, - - aber aus dem Schatten eines Baumes löste sich die Gestalt eines schwarzen, struppigen Mannes, - kam eilig näher - bog nach rechts ab - wandte sich plötzlich wieder nach links, als suchte er etwas. Auf einmal eilte er an jene Stelle, wo die Flurgrenze gegen das Trossland hin ein ganz unnatürliches Knie machte. Dort ragte ein Markstein empor. Diesen riss er mit einem Ruck aus der Erde und hob ihn mit beiden Händen bis an die Brust hinauf. Der Stein aber wurde glühend rot und beleuchtete mit seinem Feuerschein das Gesicht des unheimlichen Mannes. Das wirre Haar, die Augen in den tiefen Höhlen, der struppige Bart, die nackten Arme, alles schien zu glühen, zu brennen. Mit schauriger Stimme begann er jetzt zu schreien: „Wa soll ne tue - wa soll ne tue?“ Dem Bauer stellt es die Haare zu Berge, und kalter Schauder rieselt ihm über den Rücken. Es wird ihm plötzlich bewusst, dass diese jammernde Gestalt kein Mensch ist, sondern der sühnende Geist eines Marksteinfrevlers. Was jetzt tun? - Fliehen? - Nein, sonst wird der Geist ihn verfolgen, ihn hetzen und jagen; er wird davon heftiges Fieber bekommen und nach drei Tagen daran sterben. Der Bauer bezwingt darum den Schrecken und antwortet mutig: „Tuene det, wanner z’erscht gsii ischt!“ Der Geist gehorchte. Stöhnend wankte er mit der sengenden Last zwanzig bis dreissig Schritte waldwärts, blieb stehen und schleuderte den Stein mit solcher Wucht zu Boden, dass er sich tief in die Erde bohrte, und nur mehr die Spitze hervorschaute. Die Glut erlosch. Der Büsser kehrte zum Bauer zurück und stammelte glückselig: „Du hast mich erlöst. Gott lohne es dir.“ Die dunkle Gestalt leuchtete einen Augenblick sonnenhell auf, und dann verschwand sie. Nach dem Glauben des Volkes muss derjenige, der einen Geist erlöst, bald darauf sterben. Aber der Bauer vom Trossland blieb am Leben. Sein Nachbar liess in gütiger Weise die nächtliche Grenzbereinigung gelten, und so fiel ihm ein ansehnliches Landstück als Belohnung zu. Aber auch sonst hatte er von da an Glück in Haus und Stall und Feld. Seinen Kindern und Kindeskindern erzählte er oft, der schwarze Mann im Walde habe ihm zum Glück verholfen. * As isch asmal Iina der ganz Aben im Würtshus gruppet u het paggelet. Erscht gäge Mitternacht anni hetterschi entlich ufghäbe un isch hübscheli gäge hiim zue ga waggele. Är isch ging imena Charrwäg nah g’ lüffe, bald uf der linggi, bald uf deer rächti Sita, wines nen eppa grad trübe het. Underiinischt chunt a umbchenega Maa über d’ Matta anha chu piischten u chu chiiche. Ufum Puggul hetter a grüselaga Schtii trage. Das isch aber nit a läbaga Mentsch gsii wi wier. As ischt der Giischt vaamena Maa gsi, wo zu Läbzite a Marchschtii vürisch taa het. So wit as si d‘ Lüt hi möge bsüne, het där i hiitere Nächt gi det umma g’ schtüjet, un alli, wa ne gseh hii, si g’ flue vamu. “Wa soll ne tue - wa soll ne tue?“ hetter jetz afa g` jammere. Das het a so trurig töent, as hetti a Schtii chene mache z’ plääre. Da Maa, wa vam Würtshus choe ischt, hets o köert, aber an isch mu nit i ds Härz gange. Är het nume der Arm g’ schlingget u liid anni prüelet: „Tue ne det, wa de ne gnoe hescht!“ Nai isch er ummi witerplampet. Aber uf ds Mal stiit der Giischt mitts vurmu u siit: „Du gueta Maa - i douche der - du hescht mi erlöest.“ Mit dene Wort isch er vurschwune. Wohlmähl! ihr hettet das Gsicht selle gseh, wa das gaaggeret Mannli gmacht het. Der Chläpper isch mu im Ugeblick vurgange, die glumperete Bii si ummi zu Chraft choe, u wi nas Gitzi isch er dervatechlet, - - hiimzue.    Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch


by Das Ungetüm

Source: Das Ungetüm

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Mutwillige Hirten liessen es sich einmal beikommen, ein Schaf zu taufen. Kaum war die heilige Handlung vollzogen, so verwandelte es sich in ein Ungetüm, das schon in der nächsten Nacht über die Herde herfiel und eines der schönsten Schafe verzehrte. Am nächsten Abend stellten ihm die Hirten einen grossen Eimer voll der schönsten Milch vor die Hütte. Diese trank es und begnügte sich in der kommenden Nacht mit einem minderwertigen Schafe. Hierauf stellten die Sennen einen Eimer voll Rahm hin; so jede Nacht, und von nun an blieb die Herde verschont. Nach Jahren waren andere Sennen in der Hütte, die ihre Sahne besser verwenden wollten; sie füllten den Eimer mit Schotten und belegten diesen mit einer dünnen Rahmschicht. Diese wurde weggeholt; der Schotten aber blieb zurück, und sieben der schönsten Kühe waren über eine Felswand hinuntergesprengt worden. In der nächsten Nacht stellten sie wieder Schotten hinaus mit etwas mehr Rahm. Da fehlte am Morgen noch eine Kuh. Hierauf fuhr man mit dem Vieh zu Tal und liess die Alp unbenutzt. Man zog aber einen Stier gross; der bekam zehn Jahre lang "ganze Milch" und zwar zuletzt von zehn guten Kühen. Dann wurde eine Klosterfrau gebeten, dass sie den Stier auf jene Alp führte. Das Ungetüm stürzte zunächst auf die Klosterfrau los und tötete sie. Dann gerieten die beiden Tiere aneinander. Der Kampf war ein verzweifelter und dauerte lange. Endlich erlag der Stier und wurde von dem Ungetüm in Fetzen zerrissen. Doch dieses hatte sich in seiner Wut so ermüdet, dass es nach kurzer Zeit ebenfalls verendete. Seither konnte die Alp wieder benutzt weiden. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 307, S. 171f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Ungeziefer im Meiental

Source: Das Ungeziefer im Meiental

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Es ist bekannt, wie einst ein fahrender Schüler das Ungeziefer, Schlangen, Kröten, Maulwürfe (aber nicht Frösche, Eidechsen) aus der Göscheneralp in die Horwengand verbannt hat. Der nämliche hatte es auch den Bewohnern des benachbarten Meientales gegen ein »Neessli«, das ihm jede Haushaltung als Entgelt entrichten sollte, versprochen. Er nahm ein Pfeiflein, schritt talauswärts, pfiff vor sich her, und die Schlangen, Kröten, Maulwürfe folgten ihm von allen Seiten her bis auf die Schanz, wo er sie in das Steingeröll verbannte. Aber jetzt wollten die Meier den versprochenen Lohn nicht geben. Sie meinten: »Draussen sind sie, und zurückkommen tun sie nicht mehr.« Aber der fahrende Schüler sagte: »So sollen sie wieder sein, wo sie gewesen sind!« Und am nächsten Morgen war das ganze Getier wieder in Meien. Mitgeteilt: Heinrich Gamma, Tramsekretär, von Göschener Alp. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das unglückliche Räuschchen

Source: Das unglückliche Räuschchen

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Ein Mann wurde beständig vom Teufel zur Sünde gereizt und furchtbar bedrängt. Als der Mann von dem langen, tapfern Widerstand schon etwas ermüdet war, sagte der Teufel zu ihm: »Trinke nur einmal ein Räuschchen, dann werde ich dich nachher nicht mehr plagen. Der Mann dachte, das könnte er probieren und trank sich einen Rausch an, aber einen Mordsrausch. In diesem Zustand tötete er seine eigene Mutter, zündete sein Haus an, und zuletzt, als er sah, was er angerichtet, erhängte er sich aus Verzweiflung. Hans Aschwanden, Isental. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Unholde auf Scheidegg

Source: Das Unholde auf Scheidegg

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Frage in Luthern nach dem kürzesten Weg nach Summiswald, so wird man dir sagen, du sollst über die Scheidegg gehen. Auf der Alp daselbst kannst dich mit Milch und Butter erfrischen. Dort wohnt aber das Unholde; erzürne es nicht, sonst wird bald ein grausames Wetter über dich hereinbrechen.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.      


by Das Untier auf dem Arbberg im Zmuttal

Source: Das Untier auf dem Arbberg im Zmuttal

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(Zermatt) Etwa eine halbe Stunde nördlich von Schönbiel, im Zmutt-Tal, liegt der Berg Arbe, welcher einer Menge Schafe hinreichende Weide zu geben imstande ist. Vor vielen Jahren, so wird erzählt, ertönte auf einmal der Ruf, der Bär sei eingebrochen und hause unter den Schafen gar arg. In aller Eile liefen die Leute hin. Die Schafe taten ganz wild, obschon noch keines gemordet angetroffen wurde. Doch hatte die Sache vollen Ernst; ein grimmiger Bär, vor Hunger gähnend und brüllend, kam heran und warf seine zerfleischenden Tatzen bald rechts bald links, um etwa eine Beute zu erhaschen. Die mit Knitteln, Stöcken und allerhand Waffen ausgerüsteten Leute hatten so etwas noch nie gesehen. Da ergriff ein Bauer ein kränkelndes Schäfchen und warf es dem Bären mit den Worten dar: «Friss das, ich schenke es dir, aber lass uns die Übrigen in Ruhe.» Und der Bär fasste das dargeworfene Schäfchen mit dem Rachen auf, trug es eiligst davon und kam nicht mehr zum Vorschein. Einige Jahre später ging der Bauer, welcher den Bären beschenkt hatte, nach Sitten auf einen Jahresmarkt. Da bewillkommte ihn ein ungekannter, gut gekleideter Mann sehr freundlich und lud ihn zum Mittagessen ein. Der Zermatter entschuldigte sich, er müsse sich in seiner Person irren; er habe ihn nie gesehen, nicht gekannt und könne mit ihm nicht Geschäfte haben. Weil aber der Fremde darauf bestand, so liess sich auch unser Talbauer die köstlichen Weine und die duftenden Braten wohl schmecken; griff wacker zu und wollte sich dann bedankend verabschieden. Der Gastgeber aber erhob sich und sprach: «Warten Sie, mein Freund! Ich habe Ihnen noch meinen grossen Dank abzustatten. Vor Jahren war ich so boshaft, dass ich die Gestalt eines Untieres annahm, um die Menschen zu stören und zu beschädigen. Auf einem solchen Zuge haben Sie mir ein Schäfchen geschenkt; das tat mir so wohl und ging mir so zu Herzen, dass ich mich bekehrte, niemanden mehr belästigte und nun ein wohlhabender, glücklicher Mann geworden hin. — Das habe ich Ihrer Grossmut zu verdanken!»   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Untier bei der Kaistnerbrücke

Source: Das Untier bei der Kaistnerbrücke

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Wo unterhalb Laufenburg der Bach, welcher vom Dorfe Kaisten seinen Namen hat, in den Rhein mündet, führt eine Brücke in den weiten Hardwald. Dort kommt man rechts ab zur Rheinfähre und kann sich nach dem gegenüberliegenden badischen Dorfe Murg schiffen lassen. Dies muss aber bei Tag geschehen; sonst wird der Fährmann, der drüben im Dorfe wohnt, bestimmt nicht herüber rudern. Denn schon oft hat er bei einbrechender Nacht von diesem hohen Ufer her den Ruf „hol über!" vernommen und auch ganz genau über das jähe Uferbord jemand herabsteigen gesehen. Doch wenn er nun erschien, war niemand zu erblicken, und bloss von einer Tanne herab schallte ihm ein höhnisches Gelächter entgegen. In der ganzen Umgebung dieser Kaistnerbrücke haust ein Spuk. Wer dann hier in den Quatembernächten passiert, der fühlt etwas so drückend im Nacken sitzen, als sollte er geritten werden. An gewissen Stellen springt es wieder ab, und höhnt aus dem Hardwalde nach. Oder der Fussgänger meint, es gehe gleichen Schritt haltend neben ihm her. Fuhrleute kommen oft nicht von der Stelle, und den Reitern wollen die Rosse umkehren. Und würden es die Leute nicht noch aus neuerer Zeit erzählen, so stünde es gar nicht hier. (Mittheilung von I. A. Nueb in Laufenburg.) E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das unverschliessbare Häuschen

Source: Das unverschliessbare Häuschen

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a) Bifang-Hansis zu Gurtnellen besassen nebst ihrem Heimwesen zu Waldi auch das Berggütchen Lehn. Darinnen steht ein kleines Häuschen, das sie aber nur zur Zeit von Heuet und Emdet bewohnten. Dieses Häuschen mochten sie nun verschliessen, wie sie wollten, immer war die Türe wieder unverschlossen, stand oft sogar ganz offen. Die verständige Frau sagte, es sei gewiss eine arme Seele, die hier wandle; der etwas hartköpfige Hansi hingegen wollte solches um den Gugger nicht glauben; er meinte, es seien Diebe oder übermütige Nachtbuben oder sonst g'schändige Leute, welche die Türe wieder öffneten. Eines Tages arbeitete Hänsi im Lehn; da sah er auf einmal eine Weibsperson in der offenen Türe des Häuschens stehen. Er hielt sie für seine Frau und ging hin, um zu fragen, wie und warum sie auf einmal hiehergekommen. Als er hinkam, war niemand mehr in der Türe und im ganzen Häuschen kein Mensch zu finden. Auch Nachforschungen in der Nachbarschaft ergaben keine Aufklärung. Daheim, zu Waldi, stellte er am Abend seine Gattin zur Rede, musste aber erfahren, dass sie den ganzen Tag zu Hause geblieben. Nun gab auch er zu, dass im Lehnhäuschen eine arme Seele wandle (19. Jahrhundert). Josefa Walker, Amsteg b) Im untern Stockbergli in Attinghausen konnten die Insassen beim Ausgehen die Türe schliessen, wie sie wollten, immer war sie wieder sperrangelweit offen, wenn sie heimkamen. Endlich verleidete es ihnen, und sie sagten: »Wennd's doch will offä ha, so soll's darzüe lüegä-n-äu«! Seit dieser Zeit schlossen sie nie mehr, und es kam ihnen nie etwas fort. Jos Anton Imhof Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das unversehrte Herz Zwinglis

Source: Das unversehrte Herz Zwinglis

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Das unversehrte Herz Zwinglis Es wird berichtet, daß Zwinglis Freunde, als sie drei Tage nach der Schlacht bei Kappel auf das Schlachtfeld kamen, dessen Herz nicht ohne Bestürzung unversehrt aus der Asche gelesen haben. Thomas Platter, der davon etwas nach Basel brachte, zeigte den ihm wertvoll scheinenden Überrest Zwinglis dem Myconius. Dieser aber riss ihn Plattner aus den Händen und warf ihn, um allem Aberglauben zuvorzukommen, in den Rhein. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Knonauer Amt Nach J. J. Hottinger, Helvet. Kirchengeschichten III, S. 588. Entstehung und Geschichte dieser Legende in Zwingliana X, Heft 10, 1953, Nr. 10, „Die Legende vom Herzen Zwinglis neu untersucht», von G. W. Locher.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Urteil des Landvogts

Source: Das Urteil des Landvogts

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Es war im Monat April des Jahres eintausendfünfhundertundfünfzig. Da machte sich ein Bauer namens Pietro aus Faido, einem Dorf des oberen Livinentales, daran, einige Bäumchen, die auf der rechten Seite des Tessin Flusses standen, zu fällen, und weil er dem Ufer zu nahe kam, fiel er plötzlich in den Fluss. Das hatte ein Bauer mit Namen Lorenzo aus demselben Dorfe beobachtet, als er mit seiner Egge über das Feld fuhr. Er eilte mit einem eisernen Rechen herbei und bemühte sich so lange, bis es ihm gelang, den Ertrinkenden ans Ufer zu ziehen, wobei der Gerettete allerdings durch den Rechen eine böse Schramme im Gesicht bekam, die ihn völlig entstellte. Der verunglückte Pietro wurde von seinem Retter Lorenzo liebreich und mit aller Sorgfalt in sein Haus gebracht, wo er einige Tage krank war und sich pflegen lassen musste. Während aber Pietro im Bette lag, dachte er bei sich: «Mein Dorfgenosse hat mir das Leben gerettet. Das ist vollkommen wahr. Aber er hat mir mit seinem dummen Rechen eine Schramme im Gesicht beigebracht, die ich jetzt mein Lebtag werde haben müssen. Übrigens hat er viel Geld, das sagen alle im Dorf. Was könnte es ihm also ausmachen, mir eine Entschädigung zu zahlen? Aber was würden die Leute im Dorf von mir sagen, wenn ich mit einer solchen Forderung käme? Man würde mit dem Finger auf mich zeigen als auf den schwärzesten aller Undankbaren. Und sie hätten nicht Unrecht. Um aber zu erlangen, was ich wünsche, müsste man eine gesetzliche Handhabe besitzen .. . Aha, jetzt hab\' ich es gefunden, das Gesetzbuch räumt eine Entschädigung ein für eine Schramme!» Kaum konnte Pietro das Bett verlassen, so begab er sich mit dem noch verbundenen Gesicht zum Landvogt und verklagte seinen Landsmann wegen des zugefügten Schadens. Der Landvogt erkundigte sich genau bis in alle Einzelheiten über den ganzen Hergang und sagte dann zu Pietro: «Ich werde den Mann herbeirufen lassen, der dich verwundet hat, und es soll dir Gerechtigkeit widerfahren.» Immerhin machte die sonderbare Anklage auf den Landvogt einen merkwürdigen Eindruck. Pietro und Lorenzo wurden also vor Gericht gerufen und erschienen vor dem Landvogt. Dieser wandte sich an Pietro und sprach zu ihm: «Du bist also unglücklicherweise in den Tessin gefallen. Du hättest dich vielleicht allein retten können. In diesem Falle hätte dein Landsmann ein unnützes Werk vollbracht, wenn er dich aus dem Wasser zog, und dann hätte er dir die Schramme im Gesicht nicht beigebracht. — Es hätte aber auch so herauskommen können: Wenn dein Nachbar dir nicht zu Hilfe geeilt wäre, so wärest du, unfähig, die Kraft der Wellen zu überwinden, dabei umgekommen. Nun, welcher von den beiden Fällen hätte passieren können? Das kann jetzt niemand sagen. Darum, ihr Häscher — und damit wandte er sich an seine Sbirren —, nehmt diesen Mann da, führt ihn auf die Brücke und werft ihn in den Tessin. Wenn jetzt du, Pietro, ohne irgendwelche Hilfe dich retten kannst, so ist es immer noch frühzeitig genug, das Urteil zu sprechen, wer Recht hat. Ertrinkst du aber, so bekommst du das, was du verdient hast!» Als Pietro diesen schrecklichen Urteilsspruch vernahm, wurde er ganz bleich. Dann kniete er vor dem gestrengen Richter nieder und bat um Gnade. Der Landvogt aber fuhr fort: «Für dieses Mal will ich dich nicht auf die Probe setzen. Doch verurteile ich dich, diesem deinem Retter innerhalb acht Tagen zehn Taler zu bezahlen. Falls es dir scheint, dein Leben sei nicht diese Summe wert, so werden wir dich gleichwohl in den Tessin werfen lassen.» — Demütig erklärte sich Pietro mit diesem Urteil einverstanden. Und während er voller Scham und Schande nach Hause zurückkehrte, sagte er zu sich unter Seufzern: «Es geschieht mir eigentlich recht. Das ist der Lohn für meine Undankbarkeit.»   Am Kaminfeuer der Tessiner                                    Walter Keller                                                          Hans Feuz Verlag Bern Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Urtel

Source: Das Urtel

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Unweit des Städtchens Sargans befindet sich auf den Rietern gegen den Bahnhof hin ein grosses Quellenloch, "Urtel" genannt. Hier stand vor Zeiten eine Stadt, welche zur Strafe für die Sittenlosigkeit ihrer Einwohner untergegangen ist. Das benannte unergründlich tiefe Loch bezeichne die Stelle, wo das Rathans gestanden, in welchem weder Recht noch Gerechtigkeit gehandhabt worden. Einst wollte jemand mit einem Faden die Tiefe des Loches messen; da rief es aus diesem herauf: "Ergründest du mich, So verschlinge ich dich!" Der Betreffende unterliess nun das Messen. Nicht weit davon, nämlich auf den Malervawiesen, am Fusse des Gonzen, hat der Historische Verein von St. Gallen im Jahre 1865 die Grundmauern ausgedehnter römischer Wohngebäude und Bäder ausgraben lassen, welche beweisen, dass die Sage von einer alten Stadt nicht ein blosses Phantasiegebilde ist. Sie soll Ordelium geheißen haben. J. Natsch. Jetzt geht der Saarkanal durch das "Urtel". Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 172, S. 81f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Venediger Männlein

Source: Das Venediger Männlein

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In alten Zeiten kamen oft ganz wunderliche, dunkelhaarige Leute aus dem Welschland auf die Schweizer Alpen gestiegen. Sie suchten im Gefelse und in den Wildbächen nach Gold. Man nannte sie nur die Venediger. Auch sah man sie nicht ungern, denn sie waren manierlich und machten den Älplern manche Kurzweil, indem sie von fremden Ländern und ihrer Stadt am Meere erzählten. Nur das bedünkte die Hirten merkwürdig, daß diese Venediger die Tasche, die sie umgehängt hatten, immer voll Goldsand heimtragen konnten, während sie selber trotz allem Suchen kein Körnchen und kein Stäubchen Gold fanden. Doch sie wußten wohl, daß die Venediger mehr konnten als Roggenbrot essen. Ein solcher Venediger, ein unscheinbares Männlein, kam nun schier jeden Sommer nach Glarus, dem heutigen ansehnlichen Städtlein, das so wohlgeborgen unter dem dräuenden Glärnisch liegt. Von dort stieg er dann, sobald die Sennen mit ihren Kuhherden aufgefahren waren, auf die Hochalpen, wo er mit den Sennen einträchtig die Milch auslöffelte und Käse und Ziger aß und auch bei ihnen auf dem Wildheulager schlief. Während aber die Sennen das Vieh besorgten und Käse und Butter bereiteten, stieg das Venediger Männlein in den Felsen herum und kroch durch die Bäche und las Steine zusammen, die besonders schön glitzerten. In acht Tagen brachte es sieben Säcke solcher Steine zusammen. Waren nun die sieben Säcke voll, so machte sich der Venediger mit einem Male davon, man wußte nicht recht wie. Aber wenn man ihn noch weit fort glaubte, erschien er schon wieder auf der Alp und begann von neuem Steine in seine sieben Säcke zu sammeln. Die Hirten sahen das sonderbare Treiben des Männleins giltmirgleich an. Eines Tages jedoch stach sie der Schalk. Sie nahmen dem Venediger Männlein heimlich einen seiner sieben Säcke weg und verbargen ihn, wie sie meinten, so, daß er in aller Ewigkeit unauffindbar war. Wie nun aber das Männlein gegen Abend von seiner Goldsucherei zurückkehrte, fuhr es die vor der Sennhütte gemütlich im Gras herumhockenden und liegenden Älpler an: "Ich hab's wohl gemerkt, ihr habt mir einen Sack samt den Steinen darin versteckt. Wollt ihr ihn wohl holen, oder soll ich ihn holen?" Die Hirten lachten und sagten: "Hol ihn nur selber!" Da lief das Männlein zu ihrer Verwunderung einen gar gähen Absturz hinauf und ganz genau an die Stelle, an der die übermütigen Älpler den Sack verborgen hatten. Zornig brachte es ihn samt den darin klappernden Steinen wieder zur Hütte zurück. Als auf der Alp der Graswuchs kürzer und die Schatten der Berge länger wurden und schon hie und da ein rauhes Schneelüftchen über die obersten Grate pfiff, verabschiedete sich das Venediger Männlein wieder, wie alljährlich. Doch sprach es diesmal freundlich zu den Hirten: "Ich gehe jetzt wieder nach Venedig. Wenn mich einmal einer von euch dort besucht, so schenke ich ihm einen Sack voll lauter lötigem Silber." Kaum war das Männlein von der Alp weg, vergaßen die Hirten seine freundliche Einladung. Nur einer, der arm war und im Tale nur ein kleines Gütchen hatte, das, von der Alp aus gesehen, ausschaute wie ein Nastuch, behielt des Venedigers Worte sorglich im Gedächtnis. Einen Sack voll Silber hätte er bei seinem kränklichen Weib und seinen vielen Kindern gut anzuwenden gewußt. Wie nun die Sennten von den Hochalpen zu Tal gefahren waren und die Lärchen und Ahorne überall rot und gelb standen, machte sich der arme Hirte eines Tages still fort, zog über den stiebenden Steg in der Schöllenen und über den Gotthard, bis er endlich nach langem Marsche ans Meer kam, aus dem er eine Stadt mit vielen Türmen auftauchen sah. Das war aber die Meerstadt Venedig, von der ihm das Venediger Männlein schon so vieles erzählt hatte. Als er aber in der großen Stadt ankam, die nur wenige Straßen hatte, weil sie mitten im Meer auf ein paar Sandinseln gebaut war, wurde ihm doch recht übel zumute, denn er wußte ja weder das Haus noch die Gasse, wo das Venediger Männlein wohnte, ja er kannte nicht einmal seinen Namen. Trübselig und bedrückt ging er durch eine enge Gasse und dachte schon ans Heimgehen, da klopfte ihm jemand auf die Achsel, und wie er sich umschaute, reichte ihm ein kleiner, vornehmer Herr die Hand und hieß ihn freundlich willkommen. Sogleich fragte er auch, wie es denn in Glarus stehe und wie es den Sennen und den Hirten ergehe, wobei er manchen Älpler mit Namen nannte. Jetzt machte aber der arme Hirte Augen, als er in dem feingekleideten kleinen Herrn das unscheinbare Venediger Männlein erkannte, das mit ihm und seinen Talgenossen den Sommer auf der Alp zu verleben pflegte. Doch wurde er voll Freude, als ihn der kleine Herr gar freundlich einlud, mit ihm nach Hause zu kommen und darin Quartier zu nehmen. Er staunte über das schöne Haus, in das ihn der Venediger führte, denn es war von lauter Marmelstein und die Wände also glänzend, daß man sich davor hätte rasieren können. Und vor den Fenstern lag eine dunkle Wasserstraße, und darüber schwangen sich schneeweiße Tauben. Jetzt hatte es der arme Hirte gut, denn es wurde ihm alles aufgetischt, was ihn gut dünkte, und ein Wein, der so dick und so rot war wie Blut und der ihn zu einer heillosen Kraft brachte. Aber es dauerte nicht lange, so wollte dem armen Glarner Hirten das Wohlleben nicht mehr recht behagen, obwohl er den ganzen Tag in seinem seidenweichen Bette die Zeit hätte verschlafen können. Seine Gedanken waren nur immer bei Frau und Kindern. Eines Tages saß er vor des Venedigers schönem Marmelsteinhaus, schaute trübselig drein und dachte an die ferne Heimat. Da trat der Venediger aus dem Haus, und als er ihn so niedergeschlagen und gar Tränen in seinen Augen sah, sagte er freundlich zu ihm: "Mir scheint, du langweilst dich hier in Venedig. Oder hast du etwa gar Heimweh?" - "So ist's", antwortete der Hirte, "das Heimweh plagt mich, ich weiß mir nicht zu helfen." Der Venediger lächelte, führte ihn ins Haus und in ein Gemach, in das er vorher noch nie gekommen war. An der Wand aber hing ein prächtiger Spiegel. "Da schau nun", redete der Venediger, "wie's jetzt im Dorfe Glarus steht!" Und o Wunder! da sah der Glarner Hirte Glarus so deutlich vor sich, als ob das Dorf gleich hinter der Wand stünde. Außerhalb desselben aber erblickte er sein Heimwesen und sein Häuschen. Sein Weib saß gerade vor dem niederen Tätschhäuschen und wusch ihr Kind, und die Augen standen ihr voll Tränen, weil sie ihres fernen Mannes gedachte. Da sagte der Venediger zu ihm: "So geh jetzt nur wieder heim! Zehrung gebe ich dir in Gold oder Silber. Willst du lieber Gold, so gebe ich dir's selber. Wenn du aber Silber willst, so kannst du's in meiner Schatzkammer holen." Drauf sagte der Glarner Hirte: "Ich will nur einen Sack voll Silber, wie Ihr's zu Glarus auf der Alp versprochen habt." Und so ging er denn mit Erlaubnis des Venedigers in dessen Schatzkammer und füllte einen Sack mit Silber. Wie nun der Hirte aus dem Marmelsteinhaus ging und Abschied nahm, sagte der kleine Venediger noch zu ihm: "Gib ja recht acht auf den Sack, daß er dir auf der Reise nicht wegkommt. Und wenn du in einem Wirtshaus übernachtest, so nimm ihn mit dir ins Bett und leg ihn unter den Kopf." Der Hirte bedankte sich nochmals für alles, was ihm Gutes getan worden war, machte sich aus der Meerstadt davon und wanderte immerzu, immer höher und höher der Heimat zu. Als er einen ganzen Tag gelaufen war und die Nacht mit einem Male hereinzubrechen drohte, mußte er in einem welschen Dörflein übernachten. Da ward ihm schwer, denn er war noch unendlich weit von der Heimat entfernt, und der Sack mit dem Silber drückte ihn sehr. Doch suchte er eine Herberge, ging zu Bett und legte den Silbersack unter den Kopf. Wie machte er aber Augen, als er am andern Morgen zu Glarus im eigenen Laubbette erwachte und in der Stube die Schwarzwalduhr ticken und vor dem Hause seine Ziegen meckern hörte! Er meinte zuerst, er habe am Ende alles nur geträumt und sei gar nie in Venedig gewesen. Doch da merkte er etwas Hartes unter dem Kopf, und da fand er den Sack gehäuft voll von Silber. Wie eilten seine Frau und seine Kinder herbei und durchs Ofenloch hinauf, als sie den Vater in der Stubenkammer jauchzen hörten! Und wie freute sich die arme Frau des seltenen Kopfkissens in ihres Mannes Laubbett, das einen so silbernen Klang gab, wenn man daran klopfte! Der arme Hirte ward dann ein reicher Mann. Seine Urenkel leben heute noch in Ehren und Ansehen in Glarus. Man heißt sie nur die Venedigerleute. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Venediger Männlein

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In alten Zeiten kamen oft wunderliche, dunkelhaarige Leute aus dem Welschland auf die Schweizeralpen gestiegen. Sie suchten im Gefelse und in den Wildbächen nach Gold. Man nannte sie nur die Venediger. Auch sah man sie nicht ungern, denn sie waren manierlich und machten den Älplern manche Kurzweil, indem sie von fremden Ländern und ihrer Stadt am Meere erzählten. Nur das dünkte die Hirten merkwürdig, dass diese Venediger die Tasche, die sie umgehängt hatten, immer voll Goldsand heimtragen konnten, während sie selber trotz allem Suchen kein Körnchen und kein Stäubchen Gold fanden. Doch wussten sie wohl, dass die Venediger mehr konnten als Roggenbrot essen. Ein solcher Venediger, ein unscheinbares Männlein, kam nun schier jeden Sommer nach Glarus, dem heutigen ansehnlichen Städtchen, das so wohlgeborgen unter dem dräuenden Glärnisch liegt. Von dort stieg er dann, sobald die Sennen mit ihren Kuhherden aufgefahren waren, auf die Hochalpen, wo er mit den Sennen einträchtiglich die Milch auslöffelte und Käse und Ziger ass und auch bei ihnen auf dem Wildheulager schlief. Während aber die Sennen das Vieh besorgten und Käse und Butter bereiteten, stieg das Venediger Männlein in den Felsen umher und kroch durch die Bäche und las Steine zusammen, die besonders schön glitzerten. Waren nun die sieben Säcke voll, so machte sich der Venediger mit einem Male davon, man wusste nicht recht wie. Aber wenn man ihn noch weit fort glaubte, erschien er schon wieder auf der Alp und begann von neuem, Steine in seine sieben Säcke zu sammeln. Die Hirten sahen das sonderbare Treiben des Männleins giltmirgleich an. Eines Tages jedoch stach sie der Schalk. Sie nahmen dem Venediger Männlein heimlich einen seiner sieben Säcke weg und verbargen ihn, wie sie meinten, so, dass er in aller Ewigkeit unauffindbar war. Wie nun aber das Männlein gegen Abend von seiner Goldsucherei zur Hütte zurückkehrte, fuhr es die vor der Sennhütte gemütlich im Gras herumhockenden und liegenden Älpler an: «Ich hab’s wohl gemerkt, ihr habt mir einen Sack samt den Steinen versteckt. Wollt ihr ihn wohl holen, oder soll ich ihn holen?» Die Hirten lachten und sagten: «Hol ihn nur selber!» Da lief das Männlein zu ihrer Verwunderung einen gar gächen Absturz hinauf und ganz genau an die Stelle, an der die übermütigen Älpler den Sack verborgen hatten. Zornig brachte es ihn samt den klappernden Steinen wieder in die Hütte zurück. Als auf der Alp der Graswuchs kürzer und die Schatten der Berge länger wurden, und schon hie und da ein raues Schneelüftchen um die obersten Gräte pfiff, verabschiedete sich das Männlein wieder, wie alljährlich. Doch sprach es diesmal freundlich zu den Hirten: «Ich gehe jetzt wieder nach Venedig. Wenn mich einmal einer von euch dort besucht, so schenke ich ihm einen Sack voll lauter lötiges Silber.» Kaum war das Männlein von der Alp weg, vergassen die Hirten seine freundliche Einladung. Nur einer, der arm war und im Tale nur ein kleines Gütchen hatte, das, von der Alp aus gesehen, ausschaute wie ein Nastuch, behielt des Venedigers Worte sorglich im Gedächtnis. Einen Sack voll Silber hätte er bei seinem kränklichen Weib und seinen vielen Kindern gut anzuwenden gewusst. Wie nun die Sennen von den Hochalpen zu Tal gefahren waren und die Lärchen und Ahorne überall rot und gelb standen, machte sich der arme Hirte eines Tages still fort, zog über den stiebenden Steg in der Schöllenen und über den Gotthard, bis er endlich nach langem Marsche ans Meer kam, aus dem er eine Stadt mit vielen Türmen auftauchen sah. Das war aber die Meerstadt Venedig, von der ihm das Venediger Männlein so vieles erzählt hatte. Als er aber in der grossen Stadt ankam, die nur wenige Strassen hatte, weil sie mitten im Meer auf ein paar Sandinseln gebaut war, wurde ihm doch recht übel zumute, denn er wusste ja weder das Haus noch die Gasse, wo das Venediger Männlein wohnte, ja er kannte nicht einmal seinen Namen. Trübselig und bedrückt ging er durch eine enge Gasse und dachte schon ans Heimgehen, da klopfte ihm jemand auf die Achsel, und wie er sich umdrehte, reichte ihm ein kleiner vornehmer Herr die Hand und hiess ihn freundlich willkommen. Sogleich fragte er auch, wie es denn in Glarus stehe, und wie es den Sennen und den Hirten gehe, wobei er manchen Älpler mit Namen nannte. Jetzt machte aber der arme Hirte Augen, als er in dem feingekleideten kleinen Herrn das unscheinbare Venediger Männlein erkannte, das mit ihm und seinen Talgenossen den Sommer auf der Alp zu verleben pflegte. Doch wurde er voll Freude, als ihn der kleine Herr gar freundlich einlud, mit ihm nach Hause zu kommen und darin Quartier zu nehmen. Er staunte über das schöne Haus, in das ihn der Venediger führte, denn es war von lauter Marmelstein und die Wände also glänzend, dass man sich hätte davor rasieren können. Und vor den Fenstern lag eine dunkle Wasserstrasse, und darüber schwangen sich weisse Tauben. Jetzt hatte es der arme Hirte gut, denn es wurde ihm alles aufgetischt, was ihn gut dünkte, und ein Wein, der so dick und rot war wie Blut, und der ihn zu einer heillosen Kraft brachte. Aber es dauerte nicht lange, so wollte dem armen Glarner Hirten das Wohlleben nicht mehr recht behagen, obwohl er den ganzen Tag in einem seidenweichen Bette hätte verschlafen können. Seine Gedanken waren immer nur bei Frau und Kindern. Eines Tages sass er vor des Venedigers schönem Marmelsteinhaus, schaute trübselig drein und dachte an die ferne Heimat. Da trat der Venediger aus dem Haus, und als er ihn so niedergeschlagen und gar Tränen in seinen Augen sah, sagte er freundlich zu ihm: «Mir scheint, du langweilst dich hier in Venedig. Oder hast du etwa gar Heimweh?» – «So ist’s», antwortete der Hirte, «das Heimweh plagt mich, ich weiss mir nicht zu helfen.» Der Venediger lächelte, führte ihn ins Haus und in ein Gemach, in das er vorher noch nie gekommen war. An der Wand aber hing ein prächtiger Spiegel. «Da schau nun», redete der Venediger, «wie’s jetzt im Dorfe Glarus steht!» Und o Wunder! da sah der Glarner Hirte Glarus so deutlich vor sich, als ob das Dorf gleich hinter der Wand stünde. Ausserhalb desselben aber erblickte er sein Heimwesen und sein Häuschen. Sein Weib sass gerade vor dem niedern Tätschhäuschen und wusch ihr Kind, und die Augen standen ihr voll Tränen, weil sie ihres fernen Mannes gedachte. Da sagte der Venediger zu ihm: «So geh jetzt nur wieder heim! Zehrung gebe ich dir in Gold oder Silber. Willst du lieber Gold, so gebe ich dir’s selber. Wenn du aber Silber willst, so kannst du’s in meiner Schatzkammer holen.» Darauf sagte der Glarner Hirte: «Ich will nur einen Sack voll Silber, wie Ihr’s zu Glarus auf der Alp versprochen habt.» Und so ging er dann mit Erlaubnis des Venedigers in dessen Schatzkammer und füllte einen Sack mit Silber. Wie nun der Hirte aus dem Marmelsteinhaus ging und Abschied nahm, sagte der kleine Venediger noch zu ihm: «Gib ja recht acht auf deinen Sack, dass er dir auf der Reise nicht wegkommt. Und wenn du in einem Wirtshaus übernachtest, so nimm ihn mit dir ins Bett und leg ihn unter den Kopf.» Der Hirte bedankte sich nochmals für alles, was ihm Gutes getan worden war, machte sich aus der Meerstadt davon und wanderte immerzu, immer höher und höher, seiner Heimat zu. Als er einen ganzen Tag gelaufen war, musste er in einem welschen Dörflein übernachten. Da war ihm schwer, denn er war noch unendlich weit von der Heimat entfernt, und der Sack mit Silber drückte ihn schwer. Doch suchte er eine Herberge auf, ging zu Bett und legte den Silbersack unter den Kopf. Wie machte er aber Augen, als er am Morgen zu Glarus im eignen Laubsack erwachte und in der Stube die Schwarzwalduhr ticken und vor dem Hause die Ziegen meckern horte. Er meinte zuerst, er habe am Ende alles nur geträumt und sei gar nie in Venedig gewesen. Doch da merkte er etwas Hartes unter dem Kopf, und da fand er den Sack gehäuft voll Silber. Wie eilten seine Frau und seine Kinder herbei und durchs Ofenloch hinauf, als sie den Vater in der Schlafkammer jauchzen hörten! Und wie freute sich die arme Frau des seltenen Kopfkissens in ihres Mannes Laubbett, das einen so silbernen Klang gab, wenn man daran klopfte! Der arme Hirte ward dann ein reicher Mann. Seine Urenkel leben heute noch in Ehren und Ansehen in Glarus. Man heisst sie nur die Venedigerleute.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Das verbrannte Kind

Source: Das verbrannte Kind

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Ja, die Gespenstergeschichten, wie die Leute sie erzählen, glaube ich nicht mehr. Das isch alles nytt. Aber ich will euch eine Geschichte erzählen, die ist sichere Wahrheit. (Eine nicht seltene Einleitung der Sagenerzähler.) Ds Gläusi-Maxis Hüs ufem obärä Lunggästutz das isch einisch abbrunnä. Ich und der Vatter und my Briäder, der Josti, sind derby gsy und hennt ghulfä fleekä-und-leschä. Die Kinder hatten in Abwesenheit der Eltern mit Feuer gespielt, und eines aus ihnen hat in einem Schlottitscheepi feurige Kohlen ins Stübli getragen und hinter einem Kasten versteckt; nahe bei dem Kasten lag das jüngste Kind in der Wiege und schlief. Das Haus geriet natürlich in Brand und brannte bis auf die Stockmauern nieder. Aus dem brennenden Hause holte der Josti das Wiegenkind, aber es war schon tot. Als einige Tage später unser Vater beim Grieserbrunnen vorbeiging, begegnete es ihm, obwohl es schon beerdigt war. Und im neuen Hause, das sie gebaut haben, wurde es öfters bemerkt. Leute, die von unten heraufkamen, sahen es in der Stube auf einem Tischeck sitzen. Wyls verhilässget wordä syg, hennt diä Geischlächä gseit. (In Wirklichkeit hat keiner etwas davon gewusst.) Frau Zieri-Tresch, 68 Jahre alt, Maderanertal Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Verenabad in der Stadt Baden

Source: Das Verenabad in der Stadt Baden

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Das Verenenbad, welches man das heilige heisst, ist ein so geräumiges Bassin mit Umwandung und Eindachung, dass gegen hundert geduldige Menschen mit einander darin Platz finden; es ist für die Armen bestimmt, die hier unentgeltlich die Wohlthat des Heilbades benutzen können und deshalb aus allen Kantonen der Schweiz regelmässig her geschickt werden. In langen Reihen sitzen sie dann in ihren Badhemden zusammen, die einen bis an den Hals, die andern bis zur Herzgrube ins Wasser getaucht. Steinbänke gehen ins Gevierte an den Wänden hin, aussen an den Gängen spazieren die Fremden und die Besucher, ein Badmeister hält Aufsicht über seine Patienten von so verschiedenartigen Sitten; ehemals war er sogar mit einer Ruthe versehen, die er an langer Stange gegen die Ungebürlichen im Wasser schwang. Im Mittelpunkt des Beckens steigt eine Säule empor, auf welcher das holzgeschnitzte Bild der heil. Verena in einer Nische steht und auf die Hilfsbedürftigen niederblickt. Das heisse Wasser tritt unmittelbar aus dem Boden des Beckens selbst in das Bassin ein, und diese Oeffnung, aus welcher die Quelle hier hervorwallt, heisst Verenaloch. Aber nicht bloss die Armen nehmen ihre Zuflucht zu diesem einzelnen Sprudel unter den vielen gleichen in der Stadt zu Baden; auch junge Ehefrauen, die sich nach einem Erben sehnen, suchen heimlich sich hier Zutritt zu verschaffen. Wenn in nächtlichen Stunden die Badwäscher das verbrauchte Wasser abfliessen lassen, den Boden und die Steinsitze reingespült haben, da, wenn alle Neugierigen schlafen, kommt die junge Frau mit ihrem Dienstmädchen gegangen und drückt dem Badwäscher ein Geldstück in die Hand. Der versteht den Wink, und nachdem sie in ihre Badehre gekleidet ist, einem langen Hemde von feiner Wolle, so führt er sie hin zum Verenaloch, wo der heisse Sprudel aus dem Boden tritt. Sie senkt ein Bein in die Röhre hinab und lässt es recht durchwärmen; alsdann hofft sie sicher, diese Verrichtung helfe zur baldigen Erfüllung ihrer mütterlichen Wünsche. Die Gläubige lässt dann brennende Wachskerzen in dem steinernen Gehäuse vors Verenenbild aufstecken; und das Bild mit seinem stets frischen Blumenkranz im Haar, über das eine hohe Flitterkrone von Golddraht gestellt ist, sieht gar schimmernd und Gutes verheissend in das einsame Wasserbecken herunter. Bronner, Kant. Aargau, 2, 280. - D. Heß, Badenfahrt, S. 36 ff. Aelteste Legendenquelle ist: ex miraculis St. Verenae, geschrieben in den Jahren 1005 - 1023, Pertz Monum. 6, 457. Diesem Manuskripte folgen Murer, Helvetia Sacra. Richter, Siegprangender Triumphwagen der glorreichen Thcbäischen Amazonin Verena. Augsburg 1736. Landsee, Euchiridion helvet. Constanz 1778. Ursprünglich trägt Verena die Züge des Riesenhaften an sich. Sie bohrt an dreierlei Orten Heilquellen aus dem Boden, wohnt in den Jurawäldern (ad solitos veniunt silvestria numina fontes. Ovid. Fast. 3, 303); durchschwimmt mehrmals den Rhein; rettet das Land vom Untergang aus Wasserfluthen; leitet Waldwasser ab; entreisst den diebischen Müllern die ihr geweihten Bache wieder; lässt im Rheinbette einen Steinkrug "vas lapideum" zur Heilung Kranker auffinden, und schwimmt, wie der Wüstenheilige Antonius auf der Wolga mit einem Mühlsteine nach Nowgorod, gleichfalls auf einem solchen von der Aare in den Rhein, nachdem der Teufel sie mit solcherlei geschleuderten Felsstücken verjagt hat, so dass in ihnen seine Klauengriffe sichtbar stecken. Wie man, wenn sie als Beförderin ehelicher Fruchtbarkeit angerufen werden soll, dabei den badenden Fuss in das "Verenaloch" stellen muss, eben so ist bei der Quelle Grocsbeck zu Spaa ein Fusstritt ausgehauen, in den sich unfruchtbare Frauen stellen und den heil. Remaclus anrufen. Wolf, ndl. Sag. S. 227. Nicht zufällig, vielmehr höchst wichtig ist es, dass in dem Liede vom Tannhäuser, das Mone, Anz. 1, 240 giebt, statt der Frau Venus die Frau Frene auftritt, die dem Ritter ihre jüngste Tochter zur Ehe verspricht. Im hessischen Venusberge regiert Frau Holt (Wolf, Ztschr. 1, 273). Eine der Verena ähnliche, jedoch schon verschollene Heilige von nur landschaftlicher Geltung, war die heil. Wiborade gewesen, eine Aargauerin aus Klingnau. Dieselbe hat ebenfalls einen Kamm hinterlassen, welcher silbergefasst in der St. Galler Stiftskirche verwahrt wird und gegen Kopfweh gebraucht worden ist; auch eine "Badstande Wiborade's" gab es, worin die Kranken genasen, und welche niemals frisch gebunden zu werden brauchte Murer, Helvet. Sacra. Diese Heilige ist bei der Bevölkerung längst vergessen, Verena aber hat sich dadurch behauptet, dass man sie künstlich in die Reihen der Thebaischen Legion hinüberstellte und sie durch den grössern Glanz fristete, der dieser Ritterlegende später in der Schweiz zu Theil geworden ist; dafür hatte schon Notker mit seinem Martyrologium gewirkt (bei Canisius lect. antic. II, 3. 170). Verena war nur eine Gauheilige im Aargau gewesen, wie Regula eine solche war im Glarner- und Zürichgau. Beide heilige Frauen besitzen daher gleiche Symbole, den Heiligenbrunnen und den Mühlstein. Der Brunnen Regula's ist der sog. Heilige, über welchem die neue Wasserkirche der Stadt Zürich gebaut worden ist. Der Mühlstein Regula's liegt im Zürchersee versenkt, am Herrliberger Rain, wo es "Im Steinin Rad" heisst. Auf dem Kirchenhügel in Glarus zeigt man den Fels, in welchen Regula, als sie daselbst wohnte, gegriffen hat; in der Solothurner Verenen-Einsiedelei liegt der vorerwähnte Felsstein mit des Teufels Krallenspuren daran. Vreneli's Gärtli soll ein glänzendes Eisfeld heissen auf dem Rücken des Glärnisch, das sich wegen der Unthat des Sennen aus blühenden Matten in ewige Gletscher verwandelte. Helvet. Calend. 1783, 138. Also hat die heil. Verena ihre Besitzthümer, ebenso wie die heil. Regula, in den Glarner Gebirgen. Von diesen beiden Frauen ist das Gehen durch Seen und Flüsse wohl erst auf die Thebäer Legionäre übertragen worden, die ihre abgeschlagenen Häupter durch Rhone, Aare und Rhein getragen haben. "Man kann in diesen Frauen nur Lokalheilige erblicken, die erst später mit dem Ruhme der Thebäer in Verbindung gebracht wurden." Nettberg, Kirchengeschichte 1, 111. Wo ein absichtlich ins Wasser geworfener Ring wieder gefunden wird im Bauche des gefangenen Fisches, da erinnert dies freilich zunächst an die Polykratessage, aber es stammt nicht aus dieser, sondern aus der deutschen. Der Zwerg Andvari hält sich in Fisch- und Fischottergestalt an Wasserfällen auf, um da jenen Hortring zu hüten, dessen Besitz nachher zum Untergange der Nibelungen ausschlägt. Dieser ächtdeutsche Sagenzug verbreitet sich daher frühzeitig in der deutschen Legende. Arnulf, im 7. Jahrh. Bischof zu Metz, wirft, wie Paul Diaconus erzählt, seinen Fingerring in die Mosel, um das Wiederfinden desselben als Zeichen erlangter Sündenvergebung zu betrachten; aus dem Bauche eines Fisches wird ihm derselbe wieder gebracht und seitdem in seiner Familie verwahrt. Rettberg, Kirchengesch. 1, 490. Sagen von dem ins Wasser geschleuderten und im Bauche eines Fisches wieder aufgefundenen Ringes verzeichnet Müllenhoff, Schlesw. Holst. Sag. pag. 596, Anmerk. No. 178. Verena's Standbild im Bassin zu Baden ist nach der ehemals verbreitet gewesenen Meinung Stellvertreter eines frühern heidnischen. "Das St. Verenabad zu Baden im Ergäu ist von den Heiden erfunden worden, die da bei der Hauptquelle Heidnische Wassergötzli dahingesetzet, welche im Christenthum hinweggethan worden." So schreibt der Berner H. R. Grimm von Burgdorf, Schweizer Chronica, Neue Ausgabe 1786, pag. 249. Der Aarauer Stadtbach, der Brunnen in Olsberg, Tribächli am Lindenberg, sind Erzählungen dieser Abthl. I, in denen von Kinderbrunnen und Göttinnen die Rede ist, welche die Kinder aus dem Brunnen geboren werden lassen, gleichwie das sog. Verenaloch die Fruchtbarkeit der Frauen bedingt. Dies sind also Sagen von unserer Frau Holle und Berchta. Von ihr ist Abthl. IV, No. 167, Schlüsseljungfrau von Tegerfelden, besonders gehandelt; doch mögen hier etliche verwandte Brunnen aus Norddeutschland aufgezählt werden. In Köln werden die Kinder aus dem Brunnen der St. Kunibertkirche geholt und sitzen da bei der Jungfrau Maria, die ihnen Brei giebt. Die in Halle Gebornen stammen vom Gütchenteich und von der Gütchengrube, in Braunschweig aus den zwei Gödebrunnen, im Hannoverschen aus dem Paulssumpf und der Kuhle, in Oldenburg und Friesland aus dem Moor und Meer, in Flensburg aus dem steinernen Brunnen, gleichwie in Nürnberg und Zürich. Colshorn, Myth. fürs Volk, 282. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 14 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das verfluchte Kraut

Source: Das verfluchte Kraut

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Es wächst auf der Blümlisalp in Uri und ist wegen der Sünden der Sennen von Gott verflucht. Früher war es eine besonders gesegnete Pflanze, von der die Kühe viel Milch gaben.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Das Vergissmeinnicht

Source: Das Vergissmeinnicht

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Als Gott, der Herr, den Blumen auf dem ganzen Erdenrunde die Namen gegeben hatte, behielten ihn alle sehr wohl im Gedächtnisse; nur ein Blümlein, ein ganz kleines, bescheidenes, von himmelblauer Farbe, hatte seinen Namen vergessen, und konnte ihn auch bei keiner andern Blume mehr erfragen. Endlich musste es, obwohl es sich scheute, wieder zurück zu seinem Schöpfer, um zu fragen, wie es heisse. Und als es kam, hob der Herr den Finger und sagte zum verschämten Blümlein nur drei Worte: „Vergiss mein nicht“. Darauf ist das Blümlein fröhlich wieder weggegangen, nachdem es dem Allgütigen für den schönen Namen gedankt hatte, und trägt noch heute den Namen „Vergissmeinnicht.“ Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das verhexte Buch

Source: Das verhexte Buch

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In einem Dorfe wurde einst der Nachlass eines gelehrten Sonderlings versteigert. Darunter fand sich unter anderem auch eine Anzahl staubiger Bücher, die in Leder und Pergament gebunden waren. Einige Scharteken waren in fremder Sprache verfasst, darunter eines in lateinischer Sprache; darin sah man allerlei seltsame Zeichen und Figuren. Ein Trödler erstand für sich um einen geringen Preis die Bücher, die sonst keine Abnehmer gefunden hätten. Der Händler hatte in seinen jungen Jahren etwas Latein studiert, und er stand etwas im Rufe eines Zauberkünstlers, eines Mannes, der wie die Leute sagen, mehr konnte als Brot essen. Abends schloss er sorgfältig Tür und Fensterladen und fing beim matten Licht einer Öllampe an, das lateinische Büchlein durchzublättern, bis er auf eine Beschwörungsformel stiess. Neugierig begann der Trödler die lateinischen Worte zu buchstabieren. Doch da war es mit der häuslichen Ruhe vorbei. Im ganzen Hause fing ein entsetzliches Kettenrasseln an, ein Rollen und Durcheinander tobte draussen im Hausgang. Plötzlich fragte eine hohle Geisterstimme: «Was begehrst du von mir?» Den Beschwörer packte ein eisiges Grausen. Er bannte den unwillkommenen Frager wieder fort. Dann ergriff er das Zauberbuch und warf es noch am selben Abend ins lodernde Kaminfeuer, denn das verhexte Buch sollte nicht noch schlimmeres Unheil anstiften, in seinen oder noch unberufeneren Händen.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das verhexte Kind

Source: Das verhexte Kind

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In Reinach gab es vor Zeiten noch Hexen. Eine solche fuhr einst einem kleinen Kinde, welches die Mutter auf den Armen trug, mit der Hand einige Male über den Kopf und sagte schmeichelnd: «Du bist doch ein schönes Kind!» Bald darauf starb das Kind. Reinach Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das verhexte Mädchen

Source: Das verhexte Mädchen

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Einst war in einem Hause ein krankes Mädchen. Von Tag zu Tag wurde es schwächer, aber was ihm fehlte, konnte es nicht sagen; auch die Eltern konnten sich die Krankheit nicht erklären. Da wurde eines Tages vom Kaminfeger das Kamin gerusst. Wie er nun mit seinem Besen das Kamin hinauf und hinunter fuhr, fiel plötzlich ein dürrer Kirschbaumast durchs Kamin in die Küche herunter. Als der Kaminfeger darauf in die Küche trat, sagte er: «Hier glaubt man scheints auch noch an Hexen?» Von diesem Tage an besserte es bei dem Mädchen und es wurde wieder gesund. Es erinnerte sich nachher, dass es in der Kirschenzeit von einem fremden Kirschbaum einige Kirschen genascht hatte Die betroffenen Eltern nahmen an, der Eigentümer des Baumes habe das Mädchen dann aus Rache verhext. Seltisberg Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das verhexte Pferd

Source: Das verhexte Pferd

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Bald nach dem obigen Ereignis erkrankte das Pferd desselben Hausvaters, und dieser glaubte, die Schwarzwälder hätten ihm das Tier «veruntreut» (verhext). Als kein Mittel half, verschaffte man sich vom katholischen Aargau-Olsberg jenseits des Violenbaches ein Enthexungsmittel: eine Handvoll geweihter Palmen. Das Tier wurde in den Schopf gestellt und «geräucht». Es half aber nichts, und das Ross ging drauf. Olsberg Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das verhexte Vieh

Source: Das verhexte Vieh

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Vor vielen Jahren lebte in Ruis im Oberlande ein Schuster, der eine halbe Stunde vom Dorfe entfernt ein Gütlein, »Sereins« genannt, besass, von dem er zwei Kühe ernähren konnte. Als dieser nun eines Winters auf dem Gute fütterte und an einem schönen Morgen dahin ging, fand er im Stalle eine fremde Kuh mit einer seiner beiden Kühe in einer Kette beisammen. Er suchte lange Zeit sie zu lösen, doch vergebens. Da nahm er vor Zorn einen Bundhaken und schlug die fremde Kuh so, dass sie umfiel. Nun wurde aber dem armen Pechvogel Angst, und er rannte zum Stall hinaus, kam aber bald wieder in denselben zurück; aber siehe, die fremde Kuh war nicht mehr da; sie war verschwunden und blieb verschwunden. - Nicht länger als eine halbe Stunde ging es, so kam sein Bube zu ihm und berichtete ihm die Mähre, die alte »Billa«, die in einem schlechten Häuschen am Ende des Dörfchens wohnte, sei, man wisse nicht wie und von wem, so an den Kopf geschlagen worden, dass sie eben daran gestorben sei. Nun wusste der gute Schuster, wie er dran war mit der fremden Kuh, schwieg aber mäuschenstill davon viele Jahre lang. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das verhexte Wagenrad

Source: Das verhexte Wagenrad

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Einstmals fuhr ein Mann mit einem schwer beladenen Wagen gegen Flüelen. Da sah er in einem Ried an der Flüelerstrasse zwei eigentümliche Mäher, die ihn unverwandt anstierten und seltsam lachten. Plötzlich blieb der Wagen stehen, und die Pferde brachten ihn trotz allen Bemühungen nicht mehr vom Flecke. Fluchend sprang der Fuhrmann vom Wagen und rief den beiden zu, sie sollen ihn in Ruhe lassen. Die lachten aber nur noch lauter. Ergrimmt darüber, riss er einen Bindknebel vom Wagen und schlug damit so auf ein Rad ein, dass eine Speiche brach. In dem Augenblicke fiel einer der Mäher um, das Bein war ihm vom Leibe geschlagen und der Bann gebrochen. – Die gleiche Historie soll sich in den Fruttbergen zwischen Urnerboden und Linthal abgespielt haben, also erst nach Eröffnung der Klausenstrasse. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Verirrkraut

Source: Das Verirrkraut

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Zwei Burschen gingen an einem Sonntagabend zum Kilten (Abendbesuch bei der Geliebten) nach einem benachbarten Gehöft im Trossland (Rechthalten). Dieses war kaum eine Viertelstunde entfernt. Nachdem man sich bis gegen Mitternacht mit der befreundeten Familie aufs beste unterhalten hatte, kehrten die Kilter nach Hause. Der Mond tauchte die ganze Landschaft in sein mildes Licht. So schnell jedoch die zwei Burschen auch liefen, sie kamen dennoch nicht voran. Wenn sie sich umschauten, bemerkten sie, dass sie sich immer noch in der Umgebung des besuchten Hauses befanden. Sie meinten die Landstrasse vor sich zu haben, an welcher zu beiden Seiten Bäume gepflanzt waren. Ein merkwürdiges Licht glänzte über dem Wege. Schon war eine Stunde verflossen, immer noch waren die zwei Freier nicht daheim. Obschon die Gegend mit allen Wegen ihnen bekannt war, fanden sie sich dennoch nicht zurecht. Betrunken waren sie nicht. Alles schien verhext, und es ging da nicht mit rechten Dingen zu. Da fiel es dem einen der Burschen ein, wie seine Mutter erzählt habe, man solle bei solchen Gelegenheiten das Johannesevangelium beten, wie es am Schlusse jeder Messe vom Priester gebetet wird; dann werde jeder böse Spuk verschwinden. Kaum hatte der Beherzte laut begonnen: «Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott», verschwand mit einem Male die glänzende Allee und jeglicher Zauber. Beide erblickten nun den richtigen Weg und liefen so schnell sie ihre Füsse trugen dem Elternhaus zu. Gerade schlug es von der Dorfkirche drei Uhr früh. So waren die beiden Kilter fast drei Stunden gefoppt worden. Dieses Verirrren, von zauberischer Kunst verursacht, nennt der Oberländer «Verirrkraut».   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das verlorene Kind

Source: Das verlorene Kind

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Auf einem der Äste des Jura über dem Dorfe Ettingen liegen die Ueberreste der Burg Fürstenstein, einst der wehrhafte Wohnsitz der Herren von Rothberg. Einer der tapfersten dieses Stammes war Hans von Rothberg, der im vierzehnten Jahrhundert lebte und dessen Tugend und Männlichkeit Gott durch die wunderbare Rettung seines Kindes schon auf Erden lohnte. Als einst, so geht nämlich die Sage, der Ritter zu Basel bei seinen Bekannten war, lustwandelte seine Gattin mit ihrem Kinde, einem blühenden Töchterlein, in der Umgebung ihres Wohnsitzes. Das Kind suchte Feldblumen und Erdbeeren, die sie freudig der Mutter brachte, welche sich im Schatten eines Baumes auf einem Rasenplatz niedergelassen hatte. Da plötzlich hört die Mutter einen Angstruf. Sie springt auf und eilt dem Orte zu, wo sie ihr Kind am Bergesabhang zuletzt erblickt. Ein schauderhafter Abgrund gähnt ihr entgegen, aber nirgends sah sie das Mädchen. Umsonst rief sie mit Schmerzenstönen in die grausenhafte Tiefe, aber nur das Echo gab den Ruf der unglücklichen Mutter zurück. Da stürzte sie, ihr Kind dem Schutze der Mutter Gottes empfehlend, auf steilem Pfad hinunter in das Tal. Aber siehe o Wunder! kaum unten angelangt, kommt der Verzweifelten das totgeglaubte, das Körbchen voll Erdbeeren, freudig entgegen und erzählt: eine wunderschöne Frau habe es mitten im Falle in ihre Arme geschlossen und unten im Tal leis und sanft auf den Rasen gesetzt. Dort habe es die Erdbeeren gepflückt, welche es jetzt dem Vater bringen wolle. Dieser wunderbaren Rettung zum Gedächtnis soll nun der erfreute Vater eine Kapelle erbaut haben, die heute noch im Wesen ist und welche zur Erbauung des Klosters Mariastein, die später erfolgte, Anlass gab. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das verlorene Zytgeissli

Source: Das verlorene Zytgeissli

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Ein Jäger hatte sein liebes Zytgeissli, wie man die jungen Ziegen im Wallis nennt, verloren, und das tat ihm sehr leid. Er dachte, seine Ziege sei noch ein unerfahrenes Ding, und da die Nächte schon empfindlich kalt waren und die Alphütten verlassen, fürchtete er, es würde ihr nicht in den Sinn kommen, unter eine grosse Schirmtanne zu kriechen und sich am Fuss des Stammes in die dürren Nadeln ein­zugraben, und deshalb könnte das Tierchen in der kalten Nacht Schaden nehmen. Daher warf er schnell entschlossen die Büchse über die Schultern, pfiff seinem Hund und machte sich auf, das Zytgeissli zu suchen. Er wanderte bergauf und bergab bis tief in den Abend hinein, ohne eine Spur von dem Tier zu entdecken. Er stand noch hoch oben auf der Alp, als es schon völlig dunkel war, und da ent­schloss er sich, die Nacht in der Sennhütte zuzubringen und am nächsten Tag die Suche fortzusetzen. Er pfiff dem Hund, zog den Riegel zurück und trat in die Hütte. Holz war reichlich vorhanden, und so zündete er ein Feuer an und kochte sich etwas Warmes. Dann hing er die Büchse über die Holzpritsche an einen Nagel und legte sich nieder. Er musste immer an seinen Liebling denken und hegte schon die Befürchtung, er möchte zu Tode gefallen sein. Er schlief noch nicht, als die Tür aufging und ein gespenster­haftes Männchen mit der vermissten Ziege auf dem Rücken herein­trampelte. Das Männchen fachte das Feuer wieder an, und nun konnte der Jäger zwei grüne Schlitzaugen unterscheiden, einen schwarzen verfilzten Bart und einen spitzen Hut von zweifelhafter Farbe. Der Jäger rührte sich nicht auf dem Stroh und schielte nur ab und zu nach der Büchse, die er im Notfall rasch zur Hand hatte. Am Fussende der Holzpritsche schlief der Hund, der nichts von dem Geisterspuk merkte. Das Männchen tat, als ob es hier zu Hause wäre, schlachtete die Ziege, briet das Fleisch am Feuer, ass und ass, kaute und schmatzte und hieb immer neue Stücke weg, bis nur noch der Knochen des Hinterschenkels übrig war. Das Männchen blickte öfters zum Jägersmann hinüber und fragte mehrmals: «Wilt auch, wilt auch?» Den Jäger gelüstete es nicht nach dem sonderbaren Schmause, und er verhielt sich still, doch als er sah, dass der Missgestaltete alles verzehren wollte, sprang er auf und sagte: «Wenn denn alles ge­fressen sein muss, so will ich auch ein Stück davon!» Er ergriff den Hinterschenkel und schnitt sich ein Stücklein davon ab, den Rest verschlang der Geist. Als alles verzehrt war, sammelte das Männchen die Knochen sorgsam in die Haut, band sie oben zusammen und schritt langsam gegen die Tür. Dort kehrte es sich um, warf einen bösen Blick zum Jägersmann, der wieder auf der Pritsche lag und kein Auge von dem Geist abwandte, und rief in gehässigem Tone: «Hättst du hinet (heute Nacht) nit Fürheissli (die Büchse) und Hund Beissli, So welt i di lehren suchen Zytgeisslil!» Damit schlug es die Tür zu und verschwand. Der Jäger nahm die Flinte vom Nagel, legte sie neben sich, drehte sich auf die Seite und schlief ein. Als er am Morgen erwachte, meckerte das Zytgeissli draussen. Er sprang vom Lager, schloss die Tür auf und fand vor der Hütte seine Ziege, die ihm die Hand leckte. Er freute sich sehr und stieg mit ihr talabwärts. Unterwegs bemerkte er, dass sie hinkte, und als er den Hinterfuss prüfte, fehlte ihr das Stück Fleisch, das er gegessen hatte. Nun war er froh, nur ein kleines Stücklein verzehrt zu haben, denn so wusste er, dass die Wunde bald heilen werde.   Quelle: Johannes Jegerlehner: Walliser Sagen, Hans Feuz Verlag Bern, 1959 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das vermachte Brüggli

Source: Das vermachte Brüggli

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Als der alte Stähli Hänsli im äussern Kienholz im Sterben lag, wünschte er sich noch einmal den Pfarrer ins Haus. Das war zur Abendzeit. Den Wunsch des Sterbenden zu erfüllen, machte sich seine Tochter auf den Weg nach Brienz. Als das Mädchen aber zum Faulbachbrüggli kam, konnte es nicht hinüber. Das Brüggli war „vermacht“, und es musste unverrichteter Dinge wieder umkehren. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das vermeintliche Kirchhofgespenst

Source: Das vermeintliche Kirchhofgespenst

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Vier Samariterinnen kehren gegen zwölf Uhr nachts von einem Kursabend in Liestal zurück. Wie sie gegen den Gottesacker kommen, erschrecken sie sehr: Auf dem stillen Friedhof geht immer ein kleines Licht hin und her. Während die drei anderen in hellem Galopp über Äcker und Wiesen dem Dorfe zu rennen, geht die vierte, Jungfrau Emma Baumgartner, tapfer auf den Friedhof zu. Da erkennt sie beim Schein einer Laterne den Totengräber, den «Gespensterseher» Jakob Schaffner -Sutter. In ernstem Tone sagt sie zu ihm: «Aber Jokeb, was machsch au so spot uf em Gottesacher?» «I ha numme my Gschir gholt und welle luege, öb die do au öppis säge, wenn i so spot chumme.» Augst Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das vermeintliche und das wirkliche Gespenst

Source: Das vermeintliche und das wirkliche Gespenst

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Ein Bristner ging oft nach Frentschenberg hinüber z'Stubeten. Das wusste ein Frentschenberger und legte sich eines Nachts, als jener von seiner Stubeten heimkehrte, quer über den schmalen Weg. Das war nahe bei der Wehristutzbrücke. Der Kiltgänger fühlte etwas im Wege liegen, bekam Angst, kehrte um und ging über Frentschenberg nach Amsteg hinunter und durch den »neuen Weg« nach Bristen, also auf mehr als stündigem Umweg nach Hause. Aber den Frentschenberger erreichte die Strafe. In einer dunkeln Nacht wollte er von Bristen heimkehren. An jener Stelle stiess er mit seinem Stocke an etwas weiches, lebendes, an eine unförmliche Masse. Zuerst tastete er daran herum, dann aber erfasste ihn der Schrecken; er lief zurück und kehrte über Bristen und Amsteg nach Frentschenberg zurück. Lange hatte er den Kopf geschwollen und mit Ausschlägen bedeckt. Der war mit einem wirklichen Gespenst zusammengetroffen. Friedrich Epp, Portier im Maderanertal Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das verrufene Haus

Source: Das verrufene Haus

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In einem abgelegenen Weiler des Senselandes stand vor Jahren ein altes, baufälliges Häuschen, in welchem sich ein Geist herumtrieb. Der Vater der Familie, welche dieses bewohnte, war ein Gewohnheitstrinker gewesen und eines plötzlichen Todes gestorben. Einige Tage nach der Beerdigung wollte die zehnjährige Tochter mehrere Male den Vater gesehen haben. Auch im Schlafe rief das Kind öfters nach dem Vater. Um Mitternacht hub in der Küche ein Poltern und Lärmen an, wie wenn alles Geschirr zerbrochen würde. Das Unwesen setzte sich hierauf in der Wohnstube fort. Tische und Schränke wurden von ihrem Platz gerückt. Dieses Treiben setzte der Geist mehrere Nächte fort. Das Gerücht drang in die Nachbarschaft, weshalb die Leute das verrufene Haus mieden. In ihrer Bedrängnis holte die Witwe einen Geistlichen. Sie teilte dem Priester den Sachverhalt mit. Der Hochwürdige kam ins Gespensterhaus und besprengte es mit Weihwasser. Dann beschwor er den Poltergeist, zu sagen, welches sein Begehr sei. Zuerst vernahm der Geistliche nur ein undeutliches Brummen; hierauf gab sich der Unsichtbare als den früheren Hausherrn zu erkennen. Im Unfrieden mit Frau und Kind und ohne die Sterbesakramente musste er in die Ewigkeit. Er fand keine Ruhe, bevor er nicht von seinen Angehörigen Verzeihung bekommen habe. Zuletzt bat er ums Gebet und eine hl. Messe. Bereitwillig versprach die Witwe die Erfüllung der Bitte und versicherte, sie verzeihe dem Dahingeschiedenen alle Fehler. Die folgende Nacht blieb im Hause alles ruhig. Die Frau verschob die Bestellung der Messe auf die nächsten Tage. Da erschien ihr in der zweiten Nacht die feurige Gestalt des Mannes. In der dritten Nacht ertönten drei heftige Schläge an die Stubentüre. Erschrocken sprang die Witwe auf und öffnete, aber niemand stand draussen. Jetzt fiel ihr das Versprechen ein, das sie gemacht hatte. Am folgenden Morgen besuchte die Gewarnte in der Pfarrkirche die hl. Messe und bestellte beim Pfarrer die gelobte Totenmesse. Erst von dem Tag an hatte die Familie wieder Frieden im Hause. Der dahingeschiedene Mann meldete sich nicht mehr.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das verrufene Zimmer

Source: Das verrufene Zimmer

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Das verrufene Zimmer In einem zürcherischen Orte hat sich etwas ereignet, das die Betroffenen masslos aufregte. Nun ist aber seither noch kein Menschenalter verstrichen, und drum sagt der Erzähler nicht, wo und wann es geschah. Eine Tochter verheiratete sich und bezog mit ihrem Mann ein neueingerichtetes Zimmer im Hause ihrer Eltern. Dieses Zimmer lag im Parterre, und just darunter war der Keller. Seit dem Tage, da die jungen Leute ihr neues Zimmer bewohnten, begannen unter demselben am Abend unheimliche Geräusche, ein Rollen, wie beim Abladen von Kartoffeln. Ob die Leute den darunter liegenden Keller untersuchten, weiss der Berichterstatter nicht, er hat nur gehört, dass die Leute „alles Mögliche“ versuchten, um den Spuk zu vertreiben; sie nahmen auch vergeblich eine Bibel mit in ihr „verrufenes Zimmer“. Der junge Mann fragte auch den katholischen Geistlichen, und dieser versicherte ihm, dass er den Spuk austreiben könne. Die Leute hörten dann aber von einem „anderen Zauberer“ und wandten sich an diesen. Der Ehemann traf diesen Schwarzkünstler im Hauptbahnhof in Zürich und klagte ihm seine Not. Der andere, ein älterer Mann, der in seiner Wohngemeinde für „solche Dinge“ bekannt war, machte nur wenig Worte, meinte nur, die Sache komme von Verwandten her und versprach, es werde aufhören. Seither seien die Störungen völlig ausgeblieben. Die junge Frau konnte auch jemanden bezeichnen, der den Zauber veranlasst habe. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Unterland Zentr.-Bibl. Zürich; nähere Angaben nicht erwünscht. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das verschwundene Dorf bei Ettingen

Source: Das verschwundene Dorf bei Ettingen

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Unterhalb des Schlosses Fürstenstein lag vor vielen Jahren das Dorf Rinolfingen. Die Flur heisst heute noch «s Rinolfingli». Das Dorf soll in einem Kriege verbrannt worden sein, denn alle Häuser bestanden nur aus Holz. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Das verschwundene Kloster

Source: Das verschwundene Kloster

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Bei Menzingen stand in uralten Zeiten ein Kloster. Plötzlich verschwand es eines schönen Tages spurlos im Erdboden. Doch vernahm man von Zeit zu Zeit das leise Läuten der Stundenglocke, die zum kirchlichen Gebete rief. Ein einfacher Bauernknecht von Menzingen hörte einst diesen Glockenklang und als er auf dem Berge war, sah er ein hellstrahlendes, viereckiges Marmorkreuz auf dem Boden liegen. Voll Neugierde betastete er ehrfürchtig den seltsamen Fund und urplötzlich stund ein grosses Kloster mit zwei mächtigen Glockentürmen vor seinen Augen. Ein bleicher Mönch trat aus der schmalen Klosterpforte heraus und winkte mit der Hand dem verdutzten Bauernburschen. Der Knecht folgte dem Mönch, durch eine weite Säulenhalle kam er in einen hohen, dämmerigen Kirchenraum. Ein schwarzer Vorhang trennte Chor und Schiff. Als der Mönch den Saum des Vorhanges mit der Hand berührte, rollte der Vorhang langsam in die Höhe. Der Bauernbursch sah nun im Chor reichverzierte Chorstühle, in einem jeden sass ein schlafender Mönch, auf erhöhtem Sitz thronte der Abt, der auf dem Haupte eine glänzende Inful trug. Der Mönch schritt nun mit dem Knecht vor den Sitz des greisen Klostervorstehers. Der Abt öffnete die Augen weit und frug mit dunkler, wehmutsvoller Stimme: "Welche Zeit ist draussen?" Der verwirrte Knecht glaubte, die Frage gelte ihm und erwiderte schnell: "Es wird halb fünf sein, gnädiger Herr". Da brauste ein wilder Sturm durch die Kirchenhalle, alles verschwand und der Knecht von Menzingen sass halb betäubt auf einem grossen Stein. Hätte er geschwiegen, er wäre ein goldreicher Mann geworden. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 54 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Versprechen

Source: Das Versprechen

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Zwei Widnauer Jünglinge gaben einander das Versprechen, daß derjenige von ihnen, der zuerst sterbe, dem andern auf dem Scheunentenn erscheinen und bestimmte Kunde über das Jenseits bringen müsse. Nun starb der eine; aber der andere unterließ aus Furcht, den bestimmten Ort aufzusuchen. Als es endlich nach einiger Zeit doch geschah, rief der andere seinen Namen und fragte: "Warum hast du auch so lange gewartet?" Das Haus, wo das vorgefallen sein soll, ist mir sehr gut bekannt. U. Schawalder Die Sage entspringt dem Verlangen Vorwitziger, über das Jenseits Aufklärung zu erhalten. Daß aber noch kein Abgeschiedener zurückgekehrt ist, beweist eben der Umstand, daß keine dieser Sagen über den Ort der Seligen und Unseligen etwas Glaubwürdiges zu melden weiß. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 63, S. 28 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das verwunschene Fräulein in Gerunda

Source: Das verwunschene Fräulein in Gerunda

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In den verschlossenen unterirdischen Gewölben von Gerunda sitzt neben ungeheuren Schätzen eine wunderschöne Jungfrau. Sie wurde vor Zeiten von ihrem Vater verwünscht, diese Schätze zu bewachen. Nur alle Jahrzehnt, am Ostermorgen, kommt sie herauf zu einer Quelle, die nur dann fliesst, und wäscht und kämmt sich an derselben. Dann allein kann sie erlöst werden. Bietet sich hiezu jemand an, so verwandelt sie sich in drei grause Ungetüme; erst in eine Kröte, dann in eine Schlange, zuletzt in einen Löwen. Wer diese Ungetüme in den Schlund küssen darf, erlöst das Fräulein. — Noch aber harrt sie der Erlösung; denn niemand wagte bisher solche Küsse. Ein Vater mit seinen zwei Söhnen traf einst die Jungfrau am Brünnlein. Die drei Männer versprachen, sie zu erlösen. Das Fräulein erklärte denselben die Bedingungen, versprach ihnen reiche Schätze im Falle der Erlösung, aber auch schrecklichen Fluch, wenn sie zurückweichen sollten. — Die drei versprachen Stand zu halten, komme da was wolle — und die Jungfrau begann ihre Verwandlungen. Zuerst hüpfte sie als Kröte heran; die war aber so garstig, dass den Männern alsbald der Mut entfiel. Noch mehr grauste ihnen vor der Schlange, welche sie schon von weitem mit ihrem langen stachlichen Schnauzbarte stach. Als aber der Löwe mit weitgeöffnetem blutrotem Rachen in mächtigen Sätzen daher sprang, da wandten sich alle Drei und liefen so schnell sie konnten. ' Das Fräulein aber schleuderte ihnen schrecklichen Fluch nach; — und dieser lastet noch auf ihrer Nachkommenschaft bis ins neunte Glied. (erzählt von Raphael Ritz)   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das verwünschte Hirtenmädchen

Source: Das verwünschte Hirtenmädchen

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Am nördlichen Absturze des Titlis erblickt man über dem sogenannten Hochpfad eine Felsplatte, die Jungfrauenhöhle genannt, von der folgende Sage geht: Ein reicher Hirt verwünschte seine einzige, sehr schöne Tochter in das hinterste Gewölbe dieser furchtbaren Kluft, weil sie sich in einen Jüngling verliebt hatte den er hasste. Hier lebt, ohne zu altern, schon Jahrhunderte lang das unglückliche Mädchen, im Genusse der köstlichsten Speisen und im Besitze unermesslicher Reichtümer, aber ganz vom Tageslichte und dem Umgange mit menschlichen Wesen abgeschlossen. Nach des Vaters Verordnung wird nämlich der Eingang zur Höhle von einem grimmigen Drachen bewacht, der nur dann sich zurückzieht, wenn ein frommer Jüngling sich nahet, dem in seinem Leben nie etwas Schlimmes zu Sinn gekommen. Schon mancher junge Engelberger hat voll Hoffnung den Hochpfad erklommen, aber noch keinem ist es gelungen, das schöne Mädchen als Braut aus der Höhle zu führen.  Quelle: Theodor Vernaleken, Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch  


by Das verwünschte Kraut

Source: Das verwünschte Kraut

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a) Klariden war einst eine prachtvoll schöne Alp. Die Kühe gaben einen unverschämten Schapf Milch, so dass man sie dreimal im Tag melken musste. Es wuchs nämlich daselbst das Milchkraut (Milchlichrüt), und das war voll Milch, und die Kühe zogen es jedem andern Kraut vor, sogar der köstlichen Muttern. Da geschah es an einem St. Joderstag, dass der Senn von Klariden mit seiner Liebsten, mit der Kathry, nach Unterschächen an die Kilbi und zum Tanze ging. Zum Melken liessen sie den Knecht zurück. Aber der wäre auch gerne mitgegangen. Da wurde er wütend und wünschte das Milchkraut zum Teufel. Seitdem fressen es die Kühe nicht mehr. Die schöne, weisse Milch desselben verwandelte sich in Gift. Man nennt es jetzt das verwünschte Kraut, das Teufelskraut, Teufelsmilch, Flüechächrüt. Die Küher und Geissbuben malen oft mit dieser Teufelsmilch ihre Namen auf ihre Hüte; die Farbe sei unaustilgbar. b) Nach anderer Erzählart hat die Hure Kathry das Kraut verflucht, weil sie gerne zum Tanze gegangen wäre. So auch zu Blümlisalp am Uri-Rotstock, wo sie einen solchen Überfluss an Milch hatten, dass sie mit Käse und Anken stegneten. c) Das Milchkraut wuchs auch in der Brunni-Alp im Maderanertal und wurde auch dort von einer Sennerin verwünscht. d) Auf den Schattdorferbergen waren die Leute beim Tanz und taten wüst. Da hätten sie heimgehen sollen, um zu melken. Sie hatten aber keine Lust dazu, und einer verwünschte das Milchkraut. e) Das verwünschte Kraut wächst auf der Blümlisalp in Uri und ist wegen der Sünde der Sennen von Gott verflucht. Früher war es eine besonders gesegnete Pflanze, von der die Kühe viel Milch gaben. f) Der Erste, der mir eine Spielart dieser Sage erzählte, war ein Bauer auf der Bärchi im Isental, ein gebürtiger Schächentaler. Er zeigte mir dabei die Potentilla Tormentilla und nannte sie Tyfelschrüt, Tormäntschrüt, Tormäntillchrüt. Doch ist er der Einzige geblieben, der mir die Tormentilla als das verwünschte Kraut bezeichnete. Alle andern Erzähler, und es sind derer viele, beschrieben mir als solches die Cypressen-Wolfsmilch (Euphorbia Cyparissias), und mehrere zeigten mir auch diese Pflanze. Der eine oder andere liess auch die Euphorbia helioscopia gelten, wenn man sie ihm vorzeigte. Im Maderanertal nannte man neben der Wolfsmilch auch den Ciprion und zeigte mir dabei die Rentierflechte (Cladonia rangiferina); eine Spielart der Sage, die wohl aus Graubünden eingewandert ist. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das verzauberte Fräulein im Schlosse Mageran

Source: Das verzauberte Fräulein im Schlosse Mageran

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Eine Viertelstunde von Agarn entfernt steht das alte Schloss Mageran, das heutige Greisenasyl. Dort wollten viele Leute, besonders Temperkinder, wenn sie abends von der Arbeit nach Hause zogen, eine über alle Massen schöne, von golddurchwirkten Gewändern umflossene Frauengestalt mit einem Bund Schlüssel an der Seite gesehen haben. Das war das verwunschene Schlossfräulein, das auf Erlösung wartete. An gewissen Tagen des Jahres war es ihr gestattet, sich vor das Tor des Schlosses zu begeben. Dort setzte sie sich auf einen Stein nieder, blickte unverwandt hinunter auf die Strasse und winkte den Vorüberziehenden mit ihrer schneeweissen Hand, zu ihr heraufzukommen, um sie dem unheilvollen Schicksal zu entreissen. Wohl manchen schon gelüstete es, angezogen durch die unnennbare Schönheit der armen Jungfrau und gerührt ob ihrer Traurigkeit, dem stummen Rufe zu folgen. Allein das Flehen und Warten der schönen Dame war umsonst; denn einen jeden, der es wagen wollte, hinzugehen, befiel eine unsägliche Angst. Jedesmal aber, wenn sie den Vorübergehenden gewinkt hatte und ihre Mühe vergeblich gewesen war, barg sie ihr zartes Antlitz in beide Hände und fing bitterlich zu weinen an; denn dann wusste sie, dass wieder eine Gnadenstunde vorüber war und sie für lange Zeit nicht mehr auf Erlösung hoffen durfte. AGARN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das verzauberte Messer

Source: Das verzauberte Messer

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Wenn man ein Sackmesser zusammenklappt und auf einem Tisch oder sonstwo in kreiselnde Bewegung bringt, so verschwindet es alsbald. Im Ochsen zu Wassen haben sie einmal probiert, ob das wahr sei, und richtig, im Handumdrehen war das Messer verschwunden, man konnte nicht sagen wie. Nach längerer Zeit kam sein Besitzer in eine fremde Gegend, und, als er daselbst ein von mehreren Weibspersonen bewohntes Haus betrat, sah er es in der Wohnstube in der Oberdiele eingesteckt. Er nahm es herab, betrachtete und erkannte es für ganz sicher als das seine, denn es war mit seinem Namen und Geschlecht gezeichnet. Woher sie das Messer haben, fragte er, und eine von den drei Weibspersonen sagte, sie habe es in ihrer Matte im Heu gefunden. »Das Mässer isch mys,« erklärte der Mann, steckte es in seinen Hosensack und fragte spöttisch, ob er Finderlohn zahlen müsse. Solchen verlangten sie aber nicht. Fr. Baumann-Dubacher, 85 J Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Viehrücken auf den Alpen

Source: Das Viehrücken auf den Alpen

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Sind die sechzig oder mehr Kühe einer Sente in den hocheingezäunten und meistens gedeckten "Stofel" oder Melteplatz hineingetrieben, schicken sich die Knechte zum Melken an, und man hört dabei zufällig weder den Ton einer Schelle noch die Stimme eines Hirten noch überhaupt einen andern Laut als etwa den vom Melken. Da urplötzlich, wie durch eine geheimnisvolle Panik hinweggezaubert, verschwinden alle Kühe aus der Umzäunung. Die Knechte aber mit ihren Eimern sitzen unberührt auf den einbeinigen Melkstühlen und sehen, wie die Kühe muhend und zitternd zurückschauen. Nach einem solchen Fortrücken geben die Kühe gewöhnlich für einige Tage weniger Milch und will man beobachtet haben, daß sie "Kornspreuel" zwischen den Hufen hatten, wie es im Jahre 1856 inder Wangser Alp Verain der Fall war. Auf der Alp Mädems war das Vieh im Jahre 1864 zweimal auf diese Weise gerückt und würde es zum dritten Male getan haben, wenn nicht ein Knecht es sofort bemerkt und schnell "ohä" gerufen hätte. Schon waren alle Kühe in Bewegung, dann aber muhend wieder stehen geblieben. Als besonders merkwürdig ist zu notieren, dass beim zweiten Viehrücken im Hintersäss dieser Alp, wo die Kühe beider Sennhütten auf einem und demselben "Stofel" zum Melken getrieben werden, nur die Tiere der einen Hütte fortgerückt waren. Einst hat ein erfahrener Knecht sogleich nach dem Viehrücken sein Wams in eine Ecke geworfen, dann mit seinem Messer dareingestochen und damit, wie es sich nachher zeigte, den Zusenn einer benachbarten Alp getötet, der allem Anscheine nach mittelst böser Kunst den Spuk bewirkt hatte. I. Natsch *** Das Viehrücken wird aus dem Sarganserland vielfach gemeldet und zwar nur aus den Alpen. Man weiss, wie schreckhaft die Kuh ist, und da mag an der Herde manches zu beobachten sein, was unerklärlich bleibt.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 262, S. 141f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Vögelein von Kyburg

Source: Das Vögelein von Kyburg

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Das Vögelein von Kyburg Als auf der Kiburg noch die Grafen hausten, lebte im Tösstal unter eine hübsche Bauernstochter. Die verschmähte den Heiratsantrag eines reichen Bauernburschen, weil sie heimlich einen jungen Grafen liebte, mit dem sie sich oft traf. Den Jüngling quälte die Eifersucht, und er schlich seiner Angebetenen eines Tages nach, ertappte sie auch mit dem Grafen. Stracks lief er aufs Schloss und meldete dem alten Grafen, was er gesehen. Der Alte sperrte den Sohn einen Monat lang ein. Dieser aber wusste sich und seiner Geliebten zu helfen. Als Jäger verkleidet wurde die Jungfrau heimlich aufs Schloss geführt. Doch die Freude hatte auch ihre Folgen, und das Kind getraute sich nicht mehr nach Hause. Nun fasste sich der junge Graf ein Herz und gestand dem Vater seinen und des Mädchens Umstand. Der Alte wollte aber von einer Heirat nichts wissen und sperrte beide in den Turm. Einige Zeit später ritt der Vater mit dem Sohn nach Winterthur. Diesen Anlass benützte ein vom jungen Grafen gedungener Jäger, die Geliebte nach Hause zu bringen. Die Mutter aber schlug ihre Tochter und schickte sie aus dem Hause. Das Mädchen irrte einige Zeit im Walde herum und genas hier des Kindleins. In seiner grossen Verzweiflung wusste es nicht wohin damit, tötete und verscharrt es. Selbigen Tags ritt der alte Graf durch den Wald und entdeckte das Geschöpf mit den blutigen Händen. Der wüsste bald was Lands und sperrte die Mörderin ein. In der Nacht aber befreite sie ein Vertrauter des jungen Grafen. Sie lief und lief und sank endlich entseelt vor der Pforte des Klosters Töss zusammen. Seither zeigt sich immer am Sankt-Othmarsabend dort, wo das Unglück geschah, ein Vögelein in der Grösse einer jungen Taube, dunkelgrau, mit weisser Brust; blutrot leuchten seine Füsse und Flügelspitzen. Oft wollten die Jäger den seltenen Vogel, der keinem bekannten glich, fangen. Keinem ist es gelungen. Wer gar darauf schoss, dem zersprang das Schiessgewehr. Im dichten Gesträuch nah am Steg über die Töss haust es in einer verdorrten Eiche. Kein Tier nähert sich diesem Ort. Am Sankt-Othmarsabend steigt ein blaues Flämmlein daraus in die Höhe. Viele haben den Vogel schon gesehen. Oft sitzt er am Kerkerfenster und pfeift traurige Töne über den Wald hinab. Der Schlosskaplan sagt, das sei die verdammte Seele des Mädchens. Er meint, die Bussezeit nähere sich dem Ende, denn vor altem sei der Vogel schwarz gewesen und habe auf der weissen Brust drei rote Blutflecken gehabt. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland „Alpenrosen“ 1812. Die Sage ist dort eingekleidet in eine spätere, offenbar erfundene Rittergeschichte. Autor unbekannt. Für diese Sammlung hat K. W. Glaettli die Sage vom Vögelein aus der Rahmenerzählung gelöst und den schwülstigen Stil etwas vereinfacht.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Vöglein im Bruderholz

Source: Das Vöglein im Bruderholz

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In währendem Concilio zu Basel sind etliche Herren vom selbigen Concilio lusts halben für die Statt hinaus gespatzieret in ein Höltzlin, Bruderholtz genandt, damit sie sich von streitigen puncten etwas erspracheten. In allem gehen hören sie ein vögelin singen so lieblich als ein Nachtigall. Die Herren verwundereten sich ab des Vögelins stimm, und fahen an zu zweifeln, was es für ein Vogel were. Da sie nun in das Wäldlin kamen zu dem Baum, darauff das Vögelin sass, rahtschlagten sie, wie dasselbige zu beschweren (beschwören) were. Und als einer aus ihnen, so der hertzhafftigste seyn wollte, es beschwure, dass er gesagt: «Ich beschwere dich im nammen des Herren, zeig uns an, wer du seyest», sagte das Vögelin: «Ich bin ein verlohrener und verdammter geist und warte auf den jüngsten Tag, da mein leiden kein end nemmen wirdt.» Hiemit fleugt es darvon und spricht: «O ewig, ewig, wie ist das ein so langezeit!» Das ist zweiffels ohn (zweifellos) der Satan gewesen. Darüber aber seind selbige Herren also hefftig erschrocken, dass sie kranck worden und bald gestorben. Binningen Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das vollzogene Todesurteil

Source: Das vollzogene Todesurteil

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Ein Mann aus Zermettjen in Täsch, Peter Joseph Schallbetter mit Namen, der 1752 geheiratet hatte, wurde angeklagt, er habe über das Wetter und die Obrigkeit geflucht. Ein erschwerender Umstand war allerdings, dass er reich war und viele Kühe im Stalle hatte. Er wurde des Schwörens wegen zum Tode verurteilt; es musste ihm jedoch eine Gnadenfrist eingeräumt werden, weil er sich an den Bischof von Sitten, Präfekten des Wallis, gewandt hatte. Der edle Oberhirt begnadigte ihn. Das konnten die Richter voraussehen, es war ihnen aber der reichen Erbschaft wegen nicht gelegen; darum bestellten sie im Verborgenen Leute, die den Boten im Kipfenwalde aufhalten sollten, wenn nötig, bis auf die anberaumte Zeit. Und die Richter verordneten die Hinrichtung des Verurteilten genau auf die Minuten, die laut Gesetz eingehalten werden mussten. Als der Bote in grösster Eile ankam, sah er schon von ferne den Richtplatz voll Menschen. Er fürchtete, zu spät zu kommen, schwang darum ein weisses Sacktuch hoch in die Luft und schrie so laut er vermochte: «Gnade! Gnade!» Aber es war zu spät! Schallbetters Haupt lag eben in den letzten Zuckungen auf dem Boden, als die Gnadenbotschaft zur Richtstätte gelangte. Die Richtstätte war auf der Nordseite des Dorfes St.Niklaus, zwischen Gerstern und dem Esch an der Talstrasse gelegen. Es blieb unter dem Volke die Sage, das abgeschnittene Haupt des Hingerichteten habe sich auf dem Richtplatze nicht begraben lassen, sondern sei stets auf dem Gottesacker in St. Niklaus gefunden worden. Auch soll der Tote einem Freunde erschienen sein und tröstend gesagt haben: «Der dritte Richter ist der gnädigste gewesen!» Dem Ort, wo Schallbetter hingerichtet wurde, sagt man noch heute ,Heichertola‘. RANDA Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das vollzogene Todesurteil

Source: Das vollzogene Todesurteil

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Zu ehemaligen Zeiten waren der Richter über Leben und Tod sehr viele. Jeder Oberherr hatte das Recht, über Vergehen, die im Bezirke seiner Jurisdiktion begangen wurden, die Todesstrafe auszusprechen. Solche Kreise oder Jurisdiktionsbezirke hiessen "Freigerichte". Der Richter erbte damals von den zum Tode Verurteilten den dritten Teil ihres Vermögens. — Ein anderer Drittel fiel der Gemeinde zu und nur ein Drittel kam auf die gewöhnlichen Erben. — Darum gab es wohl der unzuverlässigen Urteile viele, von denen noch einige im Munde des Volkes fortleben. Ein Mann in Täsch, zer Metjen, Peter Joseph Schallbetter mit Namen, der 1752 heiratete und 1754 eine Tochter zeugte, wurde angeklagt, er habe über das Wetter und die Obrigkeit geflucht. Ein erschwerender Umstand war allerdings, dass er reich war und viele Kühe im Stalle hatte. Er wurde des Schwörens wegen zum Tode verurteilt. Es musste ihm jedoch eine Gnadenfrist eingeräumt werden, weil er sich an den Bischof von Sitten, Präfekten über Wallis, wandte. Der edle Oberhirt begnadigte ihn. Das konnten die Richter voraussehen, war ihnen aber wegen der reichen Erbschaft nicht gelegen; darum bestellten sie im Verborgenen Leute, die den Boten im Kipferwalde, wenn nötig, bis auf anberaumte Zeit aufhalten sollten, und ordneten die Hinrichtung des Verurteilten genau auf die Minute an, die laut Gesetz musste eingehalten werden. Als der Bote in möglichster Eile ankam, sah er schon von Ferne den Richtplatz voll Menschen. Er fürchtete zu spät zu kommen, schwang darum ein weisses Sacktuch hoch in der Luft und schrie so laut er vermochte: «Gnade! Gnade!» Aber es war zu spät; Schallbetters Haupt lag eben in den letzten Zuckungen auf dem Boden, als die Gnadenbotschaft zur Richtstätte gelangte. Die Richtstätte war auf der Nordseite des Dorfes St. Niklaus, zwischen Gerstern und dem Esch an der Talstrasse gelegen. Es blieb unter dem Volke die Sage, das abgeschnittene Haupt des Hingerichteten habe sich auf dem Richtplatze nicht begraben lassen, sondern sei stets auf dem Gottesacker in St. Niklaus gefunden worden. Auch soll derselbe einem Freunde erschienen sein und tröstend gesagt haben, der dritte Richter sei der gnädigste gewesen!   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das wald Gott!

Source: Das wald Gott!

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Äis wän e faarende Schööler chun. In enem Hüüs ischd d' Möötter mid enem Mäitli ellenggen dehäimme gsiin. Dr Schööler hed das Mäitelti gseen und zer Möötter gsäid, ira Chind siigi in arra gwisse Stund in grosser Gfaar; si chenni däm dervor siin, äs selli bin allem, wa's machi, sägen: Das wald Gott. Dee Alten häin drüüf gsorged ung gchummred und siin geng hindrem Mäitli gsiin und häin im üüsdruckelli aghäben, äs selli geng sägen: Das wald Gott. Us em Mäitelti hed's es tolls Mäitli ggän, und äs wäm bald um zwenzg Jaar umha alts gsiin. Äis es Tags hed's es Säilti mit arra Treegle gnun und ischd i-w-Waald, as wen es si welti ds Läben nän; äs hed ds Säilti mid dr Treeglen uf enen Ascht greerrd ung gsäid: „Das wald Gott!" Döö ischd ds Treegelti embrinha ghiid. Äs hed's no äis üüfi greerrd: „Das wald Gott!" Ds Treegelti ischd umhi obeninha chun. Zum drittenmal hed's ds Treegelti üüfigreerrd: „Das wald Gott", und zum drittenmal isch'sch embrinhachun. Jetz ischd dee gwissi Stund, wa dr Schööler dervun hed gsäid ghäben, verbii gsiin; äs hed ds Säilti gnun, ischd häin ung gretteds gsiin. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Das Waldfräulein

Source: Das Waldfräulein

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Im Dunkel des Fichten- und Föhrenwaldes auf dem Rücken des sogenannten Spitzbiel-Hügels bei Goler liegt ein uraltes, zerfallenes Gemäuer. Diese weitläufige Hofstatt, die noch die Grundrisse mehrerer Gelasse erkennen lässt, trug einst die Mauern eines kleinen Schlösschens. Die Tradition nennt als letzte Bewohnerin dieses Waldschlösschens eine Anna Maria Roten, Tochter des Bannerherrn und Ritters Hans Roten und seiner Frau Maria Jakobea auf der Fluo. Folgendes weiss der Volksmund über sie zu erzählen: In der ersten Hälfte des siebzehnten Jahrhunderts starb zu Raron infolge des damals herrschenden Schwarzen Todes das Geschlecht der Roten aus, und nur eine einzige jugendliche Erbtochter blieb am Leben. Diese zog sich auf den Rat ihres Vormundes in das einsame Waldhaus zurück und wartete dort das Verschwinden der Seuche ab. An bestimmten Tagen, wenn der reitende Landbote unten am Fusse des Berges auf der damaligen Landstrasse das Hornsignal gab, sandte das Fräulein seine einzige Dienerin hinunter um Meldung und Briefschaften abzugeben oder solche in Empfang zu nehmen. Um die Ansteckungsgefahr zu mindern, sollen die Sendungen vor der Entgegennahme in einem Topf voll Essig, der an der Strasse auf einer Felsplatte stets bereitstand, getaucht worden sein, und aus gleichem Grund habe das Schlösschen mehrere Ziegen und Böcke beherbergt. Der beissende Gestank der Böcke und der harzige Geruch des Waldes verfehlten der Sage gemäss ihre Wirkung nicht und bewahrten das Fräulein und die Dienerin vor der Krankheit. Als endlich nach Monaten der Schwarze Tod aus dem Lande verschwunden war, sah sich die einzige Erbin als Herrin eines grossen Reichtums. Jetzt fehlte ihr nur ein leiblicher Erbe für ihren Reichtum und ihren Namen. Da erinnerte sich die Erbin, dass sie als Kind von ihren Eltern gehört habe, ein Vetter ihres Vaters sei nach Deutschland an eine Hochschule gewandert und sei nachmals am Hofe des Kurfürsten von Sachsen und Königs von Polen mit einem Ehrenamt bekleidet worden. Darum wurde ein beglaubigter Bote an den fernen Verwandten nach Sachsen gesandt, um ihm die Hand und den Reichtum der Erbin anzubieten, sofern er willens sei, Stammhalter zu werden. Nach Jahr und Tag langte denn auch der Ersehnte, vom Kurfürsten in Huld und Ehren entlassen, glücklich in seiner Heimat an, und die Hochzeit wurde mit Pomp gefeiert. Von diesem Ehepaar, dessen Porträte noch vorhanden sind, stammt die ältere Linie der Roten ab. Witwer geworden, nahm Hans Christian Roten eine zweite Ehefrau aus dem nunmehr erloschenen Sittener Geschlechte Udret und wurde, bereits betagt, Stammvater der jüngern Linie. RARON Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Waldlicht

Source: Das Waldlicht

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Ein armer, aber braver Jüngling arbeitete tagsüber fleissig für die arme Mutter und am Feierabend besuchte er seine Braut jenseits des Waldes. Durch den Wald führten schlechte, an Abgründen vorbei gehende Fusspfade. Der Jüngling wurde einmal als er von seinem Besuche zurückkehrte, von einem fürchterlichen Gewitter überfallen, so dass er sich im Dunkel der Nacht auf dem schlechten Wege verirrte und immer tiefer in die Abgründe hinein kam. Dem kräftigen Burschen konnte eine Sturmnacht im Freien wenig schaden. Aber er wusste, dass sich seine Mutter sehr um ihn ängstigen würde. Darum gab er sich vergebliche Mühe, seinen Weg zu finden, und hatte grosse Freude, als plötzlich ein Licht durch das Dunkel schimmerte. Er ging diesem nach und erblickte mit Verwunderung einen Mann in uralter Rittertracht eine Fackel in der Hand. «lch will dir leuchten, guter Junge», sagte der Ritter in tiefem, melancholischem Tone, und ging mit dem Licht voran. Bald war der sichere Heimweg erreicht. Mit aufrichtigem, herzlichem Dank wollte der Jüngling von seinem Führer scheiden. Da ergriff eine wunderbare Freude und Rührung den Ritter. Er erzählte dem Jüngling: «Ich bin der Geist eines Ritters, der Vergnügen dran fand, andere zu quälen. Ein armer Pilger erbat einst einen Wegweiser durch diesen Wald von meinen Leuten. Ich ging selbst mit und löschte aus Bosheit die Fackel. Zur Strafe für diese Untat musste ich als Gespenst nun Jahrhunderte lang durch diesen Wald leuchten, bis es mir gelänge, einmal einem guten Menschen den rechten Weg zu zeigen und dessen aufrichtigen Dank zu vernehmen. Das ist nun durch dich geschehen und ich bin erlöst.» Aus: U. Brunold-Bigler, Die Sagensammlung der Nina Camenisch, Disentis 1987, mit freundlicher Genehmigung der Autorin. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Waldvögelchen

Source: Das Waldvögelchen

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Im Bergdorf lebte eine Frau, die ihrer Schönheit willen weitum gerühmt wurde. Ihr Mann war gestorben, und zwei Kinder wurden gross, das eine bucklig, das andere schlank und anmutig wie eine Flühblume. Derweil ihr aber niemand sagte, sie sei hübsch, wusste sie nicht darum, blieb einfach und bescheiden und ertrug die Kränkungen der ältern Schwester, die sie beneidete, in stiller Demut. Allein, da war auch die Mutter, die, auf ihre Schönheit eitel, keine duldete, die sie an Gestalt und Glanz übertraf und den Duft der Lieblichkeit ausströmte. Eines Tages humpelte ein schitteres Weiblein daher, wischte die Hakennase und rammte den Stock in die Erde. «He, he, schöne Frau, du meinst die Rose am Berg zu sein! Ja, ja, wenn nicht die andere wäre, dein feines Töchterchen, die Seraphine, die aufspriesst zu aller Lust und Wonne!» Blass und grau vor Neid und Missmut, drehte die Mutter sich auf der Treppe nach Seraphine, die just aus dem Dorf kam. Sie musste es selber eingestehen, ihr Kind war schöner als sie. Dieser Wuchs, die frischen Wangen, Augen wie eine Gemse und das zauberische Lächeln auf den Lippen - «Mutter, was hast du?» rief Seraphine bestürzt. «Ist dir nicht gut?» «Ich mag dich nicht mehr sehen und hören. Du bist gross und alt genug, dich selber durch den Tag zu bringen. Fort auf der Stelle, pack dich!» «O Mutter, was hab ich dir zuleid getan?» «Fort, fort, und kehr nicht mehr zurück!» Krachend flog die Tür ins Schloss, und es knarrte der Riegel. «Was hab' ich wohl verbrochen, warum werde ich verstossen?» schluchzte das Mädchen und lief das Dorf hinaus, durch Flur und Weide, immerzu dem Weg nach. Sie pflückte Beeren und knusperte die Brotrinde, die sie noch in der Tasche fand, und als sie ein wildes Tier brummen hörte, kehrte sie schleunigst um und suchte der Wildnis zu entfliehen. Immer tiefer geriet sie in den Wald, dunkel ward es, stockfinstere Nacht. Was tu ich, wo finde ich den Ausgang, ach Gott im Himmel, steh mir bei! Am ganzen Leibe zitternd, sank sie auf einen Stein und betete. Brum, brum, scholl es im Gebüsch. Sie scheuchte davon und sah ein Lichtlein schimmern. An das Licht sich klammernd, flog sie, und die Füsse trugen sie vor ein grosses doppeltüriges Haus. Mit pochendem Herzen spähte sie durch das erleuchtete Fenster und zählte eins, zwei, fünf, zwölf bärtige, knorrige Gesellen, die rund um den Tisch sassen und grobe Reden führten. Aus den verwegenen Augen blitzten Übermut und Grausamkeit. Gewiss ein Räuberhaus! Wo flieh' ich hin? Sie eilte davon und kroch in eine Höhle, die in der Nähe sich öffnete, empfahl sich der Vorsehung und schlief ein. Als die Vögel musizierten und der Morgen in die Höhle hineinzündete, erwachte sie. Furchtsam trat sie ins Freie und sah das grosse Gebäude gegenüber, in dem die Räuber hausten. Die Tür ging auf, und einer nach dem andern, mit Spiess und Schwert bewaffnet, überschritten sie die Schwelle und schlugen sich in den Wald. Ihrer elf zählte sie, also musste einer zurückgeblieben sein. Ein Räuchlein ringelte aus dem Kamin, und bald ging auch der letzte von dannen, das Haus war verlassen. Zaghaft schlich sie sich hinüber, öffnete die Pforte, die nicht verschlossen war, und es duftete so herrlich von frischgebackenem Brot, dass ihr das Wasser im Munde zusammenlief. Sie schloss den Backofen auf und nahm einen braunen Laib heraus. Jetzt konnte sie doch ihren Hunger stillen. Aus Laub und Streue machte sie sich in der Höhle ein Lager zurecht, und als der zweite Morgen graute und die Männer sich entfernt hatten, ging sie wieder hin, stahl ein Brot aus dem Ofen und trug es ins Versteck. Die zwölf Räuber legten sich tagsüber an die Strasse, überfielen und plünderten die Säumerzüge und kehrten mit der Beute beladen nach Hause zurück. «Pfister, du bist nicht bei Trost», sagte der Älteste, «schon wieder fehlt ein Brot auf dem Tisch!» «Gewiss hab' ich heute so gut wie gestern zwölf Mutsche geknetet und in den Ofen geschoben», rief der Bäcker betroffen, «ich weiss nicht, wo das zwölfte hingekommen ist. Es muss ein Dieb in der Nähe sein.» Da schrie und lärmte die Bande: «Pfister, du bist ein Tölpel und hast Spinnweb im Hirn. Wer wollte sich erkühnen, in unserm Revier zu hamstern, just grad ein Brot zu stibitzen und die Schätze zurückzulassen? Ein Schelm würde doch zum mindesten den ganzen Ofen ausraumen!» «Nur ruhig Blut, ihr frechen Lümmel, wenn ich den Dieb nicht ertappe, so könnt ihr mich hängen!» Am nächsten Morgen wartete Seraphine, bis die Räuber das Haus verliessen, und im Glauben, auch der Bäcker sei fortgegangen, schritt sie ahnungslos zur Tür und nach dem Backofen, der wieder herrlich duftete, und bediente sich. O, wie sie zusammenfuhr, als der Bäcker hinter der Mulde hervorsprang und nach den braunen Zöpfen griff! «Ein famoser Fang!» triumphierte er, liess augenblicks los und verstummte. Dieses Seidenhaar, die Augen und das Dirnchen wie Schnee und Unschuld! So etwas hatte er noch nie gesehen, so etwas hatten seine Tatzen noch nie berührt. Und doch - und doch - sein eigen Kind, das er einst besessen, geliebt und in der Reinheit seiner Jugend der Erde hatte übergeben müssen! War es nicht vor zehn Jahren - hat ihn nicht der Tod seines Lieblings, das böse Schicksal, die Verzweiflung, zum Räuber gemacht? « Verzeih mir, liebes Mädchen», stammelte er, von der Erinnerung und der lieblichen Erscheinung noch ganz übernommen, «ich wollte dir nicht weh tun. Iss und trink, hier ist Brot und Käse, hier ist Honig und Milch, die ich im Ofen wärme. Ich will dich behüten, als ob du mein leibhaftig Töchterchen wärest. Nebenan ist eine Kammer, und ich bleibe heute zu Hause, du darfst dir das Stübchen einrichten und sollst alles haben, was dein Mund und Herz begehrt!» Als die Gefährten heimkehrten und sich zum Mahle niederliessen, sagte der Bäcker: «Ei, hab' ich endlich den Dieb erwischt, ein gar putziges, niedliches Waldvögelein, das noch sehr scheu und frostig tut!» «Ein Mädchen, ist's möglich, ein Mädchen?» «Wollt ihr sie schauen, wollt ihr artig sein und wie die Schülerbuben die Arme verschränken, wenn sie erscheint? Sie ist nicht wie wir, sie soll für uns beten und uns den Himmel wiedergewinnen! Nein, bei meiner Seligkeit, ich gehe nicht mehr auf Raub und Plünderung! Ein Weilchen, und euch wird wie mir geschehen!» Damit schloss er die Tür auf und winkte Seraphine, die in der Kammer alles gehört hatte, und lud sie höflich ein, oben am Tisch zu sitzen. Unschlüssig und nicht ohne Bangen trat sie aus dem Stübchen, und die Männer, von ihrem Liebreiz bezaubert, grüssten ehrerbietig und sagten, es werde ihr keiner ein Haar krümmen, sie möchte bei ihnen bleiben und zum Rechten sehen. Sie nannten alle ihre Namen: Strelti, Belti, Rotschi, Potschi, Pix, Pux, Mux, Mutti, Dübelbeiss und Eichiboz, Schlaginhaufen, Schwingitotz. Sie musste die spassigen Namen wiederholen, vorwärts und rückwärts hersagen, und ehe das Mahl vorüber war, kannte sie alle ohne Fehl. Der Älteste streichelte seinen weissen Bart und sagte: «Es ist Zeit, dass wir uns bekehren und ein anderes Leben führen. Wir wollen nicht mehr stehlen und rauben, denn wir haben ja unser Auskommen. Wir wollen nützliche Arbeit verrichten und die Strasse im Wald verbessern. Das liebe Kind ist ein Geschenk des Himmels, ihm sei Lob und Ehre!» «Seraphine rüstet uns jeweilen das Abendbrot», rief der Bäcker begeistert, «das Essen wird reichlicher und schmeckt uns doppelt so gut. Willst du hier bleiben und unser Schutzengel sein?» Von zarter Röte überhaucht, erwiderte sie: «Wen ihr immer so freundlich seid mit mir, so bleibe ich gerne!» «So ist es recht, bravo, bravo!» brauste es in der Runde, und die Männer leerten eine Kanne um die andere auf ihre Gesundheit, bis sie beduselt unter den Tisch fielen. Als sie am Morgen fortzogen, um die Strasse in Angriff zu nehmen, ermahnte der Bäcker: «Seraphine, schliess die Tür von innen, und lass niemand herein! Gute Menschen meiden diese Stätte!» Unterdessen war zwischen Mutter und Tochter am Berg kein Wort mehr von Seraphine gesprochen worden. Gewiss hatten die wilden Tiere sie überfallen und getötet. Die Mutter war wieder die Schönste und konnte sich neidlos bewundern lassen. Eines Tages erschien das Weiblein und streckte die dürren Finger nach dem offenen Fenster, an dem die stolze Frau stand, um sich den Vorübergehenden zu zeigen und an den Schmeichelrufen zu laben. «Hoho, hihi, du glaubst, die Schönste am Berg zu sein; schlag es dir aus dem Kopf! Seraphine pflegt sich bei den Räubern im Wald, sie ist die schönste Rose im Land!» »Ist sie denn nicht tot?» rief die Mutter, grün und blau vor Arger. «Ohne Speise ist sie von uns gegangen und hat nichts mehr von sich hören lassen. Flink, flink, zu den Räubern im Wald, und mach', dass ich Ruhe bekomme!» Das Weiblein kleidete sich als Krämerin und zog durch den Forst zum Räuberhaus, pochte an die Tür, und Seraphine guckte durchs Schiebefensterehen wer draussen sei. «Ich bin's, die Krämerin, halte köstliche Sachen feil, Röcke, Kopftücher, Bänder und Hemden, mach' auf!» . «Geh nur deines Weges, ich darf nicht aufschliessen!» «Schau das Röcklein, grad wie für dich geschnitten, und das Hemd hier, von der feinsten Seide, den Riegel auf, und ich pass' es dir an den Leib!» «So komm und kleide mich neu, und ich brauche mich meiner Lumpen nicht mehr zu schämen!» Die Tür klappte auf, und als Seraphine in das schneeweisse Hemd schlüpfte, fiel sie wie vom Schlag getroffen zu Boden. Die Alte lachte närrisch, schletzte die Tür zu und steckelte eilig davon. Als die Männer nach Einbruch der Dunkelheit heimkehrten, wie sie da erschraken und wehklagten! «Sie atmet noch und lebt», rief einer, und flink trug der alte Dübelbeiss sie ins Kämmerchen aufs Bett, zog ihr das neue Hemd aus, die alten Kleider wieder an, und sie öffnete die Augen, erhob sich und war wieder wie zuvor. Sie erzählte, was sich zugetragen hatte; der Bäcker verbrannte das neue Hemd im Ofen und nahm ihr das Versprechen ab, keinem Menschen mehr die Tür aufzumachen. Nach einiger Zeit kehrte das Weiblein bei der bösen Mutter ein. «Hoho, hihi, schön bist du immer noch; jedoch die Schönste nicht! Die Räuber im Wald, sie hegen und pflegen das schönste der Röslein im Land.» «Lebt sie immer noch? Wofür hab' ich dir den grossen Lohn bezahlt?» Wie eine Hummel schoss die Frau in der Stube herum. «Die Räuber haben ihr das Hemd weggenommen, und da ist sie vom Tod auferstanden. Gib mir den Lohn, und ich schaff' es, dir zur Freud und den andern zum Leid!» Auf einem Eselchen ritt sie in den Wald, fremdartig aufgeputzt, und als sie an die Pforte des Räuberhauses klopfte, rief Seraphine, sie öffne nicht, sie dürfe niemand hereinlassen. «So wende deine Äugelein, schönes Kind, dem Fenster zu, und guck, was ich alles mitgebracht habe: Goldene Ketten, Spangen und Ringe und hier ein glänzendes Ringelein für dich; dreimal links und dreimal rechts um, und was du dir wünschest, wird erfüllt!» Von dem Gefunkel des kostbaren Geschmeides verwirrt, öffnete Seraphine die Haustür, und kaum sass der Ring am Gliede, brach sie mit einem Schrei in die Knie und wie tot zusammen. «So, nun hast du ausgepfiffen, schönes Waldvögelchen!» krächzte das Weiblein und husterte von dannen. Schlimmes ahnend, stürzten die Männer des Abends durch die offene Pforte, trugen die Leblose ins Kämmerchen und untersuchten in aller Hast ihre Kleider. Da sie nirgends etwas Verdächtiges entdecken konnten und Seraphine nicht mehr aufwachen wollte, jammerten sie und trauerten Tag und Nacht. Schwingitotz fertigte einen gläsernen Schrein, sie betteten ihren Liebling auf weiche Kissen und stellten den Sarg in den Schatten einer breitästigen Tanne. Der Bäcker aber, als das Mädchen so schön und friedlich schlummerte und nicht mehr aufwachen wollte, geriet ausser sich, tobte und heulte, er könne ohne sein Waldvögelein nicht mehr leben, zog das Schwert und stiess es sich mitten ins Herz. Seine Gefährten taten dasselbe und starben in derselben Stunde. In dem Wald wurde eine grosse Jagd abgehalten. Der Graf und sein Diener verirrten sich zu dem Räuberhaus und entdeckten den gläsernen Sarg, in dem Seraphine ruhte, und die zwölf Männer daneben, die sich das Leben genommen hatten. «Die Gesellen sind alle tot», bemerkte der Diener, «das schöne Mädchen jedoch ist sicher nur scheintot. Die Nasenflügelchen, ei, seht doch, wie sie sich leise bewegen!» «Und was ist das für ein sonderbares Ringlein?» sagte der Graf, hob sachte den Deckel und streifte den Ring vom Finger. Alsobald öffneten sich die Augen des Mädchens, sie atmete heftig, stützte sich auf und stieg aus dem Sarge. «Was ist geschehen?» rief sie schmerzerfüllt. «Meine Freunde sind alle tot!» «Weil sie ohne dich nicht mehr leben konnten», sagte der Graf, von ihrer Schönheit gebannt. «Willst du nicht meine Frau werden und auf mein Schloss kommen?» Treuherzig bot er ihr die Hand. «Wenn du mich lieb hast, so will ich dir folgen und eine treue Gattin sein. Zuvor jedoch müssen meine Freunde bestattet werden.» «Mein Diener wird die Toten rechtmässig und in Ehren der Erde übergeben. Mein Gefolge erwartet mich, und wir reiten zusammen auf die Burg.» Nach der Hochzeit liess der Graf das Gut der Räuber einziehen und den Armen zufliessen. Von Mutter und Schwester hat die holde Frau Gräfin nichts mehr gehört, als dass sie beide an einer hässlichen Krankheit gestorben sind.    Quelle: Johannes Jegerlehner: Walliser Sagen, Hans Feuz Verlag Bern, 1959 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das wandelnde Nachtlicht

Source: Das wandelnde Nachtlicht

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«Ich bin ein alter Mann», so erzählte mir einst ein Greis in Törbel, «ich habe manches gesehen, was nur die Temperkinder sehen können. Doch etwas muss ich erzählen, was ich mehr als zwanzig Mal mit eigenen Augen sah. Ich war ungefähr achtzehn Jahre alt, als ich auf dem Hirtweg nach der Kapelle im Bach mich befand. Es war Winter, ungefähr morgens sechs Uhr. Nun, da ich am Bach hinauf ging, sah ich auf der anderen Seite, in einem Gütchen, an das ein Graben stösst, ein helles Licht, wie aus einer Laterne schimmern. Das Licht rückte durch diese Kruterna (Gütchen), welches eine Almein war, bis an den Graben. Seltsam, dachte ich, wer mag wohl diesen unwegsamen Weg wandeln um diese Zeit, so früh und in so schnellem Schritt; das ist nicht natürlich, weil ja dort jetzt niemand hirtet. Aber kaum, dass das Licht in den Graben stieg, so stürzte selbes wie im Fluge und gleichsam im Bogen, wie eine Rakete, in den Abgrund. Es ist währlich, währlich so, ich hän sus mehr als zwanzig Mal g'sehn. Nachher habe ich es dem Besitzer dieses Guts angezeigt, sie sollen nachschauen, ob nicht etwas Ungerechtes die früheren Besitzer schuldig gemacht. — Ob sie etwas getan haben, weiss ich nicht; gesehen habe ich es seither nicht mehr.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Wängiguschi

Source: Das Wängiguschi

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1. a) In der Metteneralp in Unterschächen wurde öfters ein altes Weib beobachtet, das »Wängiguschi« genannt, weil es immer durch Mettenen in die Alp Wängi ging. Wo dieses Guschi erschien, da hagelte es kurz darauf. Auch beim schönsten Wetter bildete sich plötzlich eine kleine Wolke am Himmel, aus der sich rasch ein gewaltiges Hagelwetter entlud. Deswegen war das Wängiguschi gefürchtet, und die Leute beeilten sich bei seinem Erscheinen mit der Arbeit oder suchten ihm den Weg zu wehren. Das gleiche wird auf der Alp Wyssenboden in Bürglen erzählt, wo diese gespenstige Erscheinung gewöhnlich den Weg über die Fruttstiege nahm, gefolgt von einem Hagelwetter. b) Nach andern Mitteilungen wanderte das Guschi von Mettenen über die Alp Heitmenegg und über die Ruossalperkulm ins Muotatal hinüber und überhaupt in den Alpen dieser Gegend herum. 2. Auch im Berggut Wängi ob Bürglen tauchte von Zeit zu Zeit ein solches Wybervölchli, ebenfalls Wängiguschi genannt, in verhudelten Kleidern auf; man wusste nicht, woher es kam oder wo es daheim war. Über den Kopf hatte es einen dunkelfarbigen Lumpen herabgebunden; ins Gesicht konnte man ihm nie sehen. Wenn es die Leute im Wängi irgendwo erblickten, sagten sie: »Jetz gnad' Gott, jetz chenne-mer-is einisch grächa!« Denn jedesmal gab es entweder Unglück im Stall oder verhagelte das Wetter alles. Einmal begegnete ihm einer, der es sonst nicht geglaubt hätte; es sagte zu ihm: »Magsch de lüegä, dass bald heichunnsch, wenn d'nitt witt verhaglet wärdä!« Er lachte, aber nicht lange währte es, so hagelte es vom heitern Himmel herab. Frau Kälin-Gisler, Altdorf 3. Früher, vielleicht noch kaum vor einem halben Jahrhundert, haben die Leute auf Beroldingen von Zeit zu Zeit so ein Guschi beobachtet, das, wie eine Bettlerin gekleidet, nach alter Mode rote Strümpfe und rote Fürscheibe und auf dem Kopfe einen grossen, breitkrämpigen Schinhut, am Rücken aber einen mächtigen »Schlätterchorb« trug. Es kam von Seelisberg her über die Frutt hinauf bis zum Helgenstöckli »bim Abraham« 1 am Eingang ins Gut Beroldingen auf dem höchsten Punkte des Weges Seelisberg-Bauen und entschwand dann den Blicken der Leute. Wenn es sich sehen liess, war das Wetter nicht am besten, sondern fiel bald ab. Marie Ziegler, v. Bauen, 60 J. alt. Fußnoten 1 Das Bild: Abraham opfert Jsaak – ist erst um 1900/1901 aus dem Pfarrhof von Bauen in dieses Helgenstöckli geraten, weil der Pächter glaubte, das Helgenstöckli habe den Namen des Patriarchen Abraham.   Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Wappen der Familie Anderhalten in Sachseln

Source: Das Wappen der Familie Anderhalten in Sachseln

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Meine Sage geht um eine Kleinigkeit von 1466 Jahren zurück und gelangt zum Jahr 398, da Papst Anastasius und Kaiser Honorius von den 3 Ländern Hülfe verlangten und erhielten. Denn die Goten unter König Alarich waren in Italien eingefallen und bedrohten schon die Stadt Rom. Und sie halfen — sagt Businger — mutig und kraftvoll den Feind abwehren von den Mauern der Hauptstadt der Christenheit. Als nun die Länder, damals Schneeberger genannt, auf den Kampfplatz kamen, sah ihr Heerführer ein, dass Streit und Angriff unnütz und für sie verderblich sei, wenn man nicht auch von der andern Seite her im nämlichen Augenblicke dem Feind tüchtig zu Leibe gehe. Von dieser Notwendigkeit wollte er den General des Papstes oder Kaisers brieflich überzeugen. Der Bote hatte aber, um in die Stadt zum Befehlshaber zu gelangen, neben dem feindlichen Lager einen breiten Fluss zu durchschwimmen. Wer war der kühne Recke, der sich für dieses Unterfangen stellte? Ein armer Jüngling von Sachseln, Namens Anderhalten. Man band ihm zwei Briefe in Wachstuch eingewickelt in seine langen Haupthaare, dann begab er sich auf den Schlich. Der erste Brief war für den ersten römischen Wachtposten, um passieren zu dürfen, der andere an den Commandanten. Alles gelang nach Wunsch. Er schwamm wie ein Fischotter hin und her. Der Angriff ward auf eine mondhelle Nacht festgesetzt und unternommen. Die Länder siegten. Nun soll Papst Anastasius befohlen haben, dass die Familie Anderhalten in Sachseln in ihrem Wappen führen solle einen Fluss, auf dem ein Pfeil schwimmt; dieses in der Mitte des Schildes. Unter dem Flusse den Mond, oben die Sterne.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Das Wappen von Pfäffikon

Source: Das Wappen von Pfäffikon

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Das Wappen von Pfäffikon Ursprünglich führte Pfäffikon einen Becher im Wappen, weil es bei festlichen Anlässen dem Abte von St. Gallen den Mundschenken stellen musste. Später gaben die Grafen von Kyburg den Pfäffikern den Löwen als Wappenfigur, weil es tapfere Männer in ihre Reihen entsandte. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Jahrbuch Pfäffikon Nr. 1, S 26/27   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Wäscherli bei Birri  

Source: Das Wäscherli bei Birri  

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Der Wäschebach entspringt in einer bewaldeten Bergmatte des Dorfes Birri im Freien Amte, bewässert die Wiesen von Aristau und mündet nach kurzem Laufe in die Reuss. Seinen Namen hat er von dem ehemaligen Brauche der Birrer-Weiber, alle ihre Wäsche in ihm zu waschen; und noch jetzt frischt man in ihm die Schwellen und Balken, die zu dieser Arbeit dienen. Die jetzigen Waschhäuschen im Dorfe sind also noch nicht alt. Man hat sie angelegt, seitdem die Frauen eines Gespenstes wegen sich nicht mehr zum Bache wagten. Dies ist das Wäscherli. Am häufigsten zeigte es sich im Frühling und im Spätherbste, und Jedermann scheute sich dann den Weg am Bache zu gehen, denn dann war es am bösartigsten. Unter der dort stehenden Eiche sass es weiss gekleidet und fiel die Leute an. Ein starker Bursche hat vergebens sich in einen Ringkampf eingelassen, er erkrankte darauf und konnte kaum vom Tode gerettet werden; einem alten Mann sprang es dort auf den Rücken und verliess ihn nicht eher, als bis er sein Haus erreicht hatte. Er starb darauf nach wenigen Tagen in Fiebern. (Jos. Küng.)  Sage aus Birri Band 3.2, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962, S. 139 - 140 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Das Wasser des Lebens

Source: Das Wasser des Lebens

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Es war einmal ein König, der war krank, und niemand glaubte, dass er mit dem Leben davonkäme. Er hatte aber drei Söhne, die waren darüber betrübt, gingen hinunter in den Schlossgarten und weinten. Da begegnete ihnen ein alter Mann, der fragte sie nach ihrem Kummer. Sie sagten ihm, ihr Vater wäre so krank, dass er wohl sterben würde, denn es wollte ihm nichts helfen. Da sprach der Alte \'ich weiss ein Mittel, das ist das Wasser des Lebens, wenn er davon trinkt, so wird er wieder gesund: es ist aber schwer zu finden.\' Der älteste sagte \'ich will es schon finden,\' ging zum kranken König und bat ihn, er möchte ihm erlauben auszuziehen, um das Wasser des Lebens zu suchen, denn das könnte ihn allein heilen. \'Nein,\' sprach der König, \'die Gefahr dabei ist zu gross, lieber will ich sterben.\' Er bat aber so lange, bis der König einwilligte. Der Prinz dachte in seinem Herzen \'bringe ich das Wasser, so bin ich meinem Vater der liebste und erbe das Reich.\' Also machte er sich auf, und als er eine Zeitlang fortgeritten war, stand da ein Zwerg auf dem Wege, der rief ihn an und sprach \'wo hinaus so geschwind?, \'Dummer Knirps,\' sagte der Prinz ganz stolz, \'das brauchst du nicht zu wissen,\' und ritt weiter. Das kleine Männchen aber war zornig geworden und hatte einen bösen Wunsch getan. Der Prinz geriet bald hernach in eine Bergschlucht, und je weiter er ritt, je enger taten sich die Berge zusammen, und endlich ward der Weg so eng, dass er keinen Schritt weiter konnte; es war nicht möglich, das Pferd zu wenden oder aus dem Sattel zu steigen, und er sass da wie eingesperrt. Der kranke König wartete lange Zeit auf ihn, aber er kam nicht. Da sagte der zweite Sohn \'Vater, lasst mich ausziehen und das Wasser suchen,\' und dachte bei sich \'ist mein Bruder tot, so fällt das Reich mir zu.\' Der König wollt ihn anfangs auch nicht ziehen lassen, endlich gab er nach. Der Prinz zog also auf demselben Weg fort, den sein Bruder eingeschlagen hatte, und begegnete auch dem Zwerg, der ihn anhielt und fragte, wohin er so eilig wollte. \'Kleiner Knirps,\' sagte der Prinz, \'das brauchst du nicht zu wissen,\' und ritt fort, ohne sich weiter umzusehen. Aber der Zwerg verwünschte ihn, und er geriet wie der andere in eine Bergschlucht und konnte nicht vorwärts und rückwärts. So gehts aber den Hochmütigen. Als auch der zweite Sohn ausblieb, so erbot sich der jüngste, auszuziehen und das Wasser zu holen, und der König musste ihn endlich ziehen lassen. Als er dem Zwerg begegnete und dieser fragte, wohin er so eilig wolle, so hielt er an, gab ihm Rede und Antwort und sagte \'ich suche das Wasser des Lebens, denn mein Vater ist sterbenskrank.\' \'Weisst du auch, wo das zu finden ist?, \'Nein,\' sagte der Prinz. \'Weil du dich betragen hast, wie sichs geziemt, nicht übermütig wie deine falschen Brüder, so will ich dir Auskunft geben und dir sagen, wie du zu dem Wasser des Lebens gelangst. Es quillt aus einem Brunnen in dem Hofe eines verwünschten Schlosses, aber du dringst nicht hinein, wenn ich dir nicht eine eiserne Rute gebe und zwei Laiberchen Brot. Mit der Rute schlag dreimal an das eiserne Tor des Schlosses, so wird es aufspringen: inwendig liegen zwei Löwen, die den Rachen aufsperren, wenn du aber jedem ein Brot hineinwirfst, so werden sie still, und dann eile dich und hol von dem Wasser des Lebens, bevor es zwölf schlägt, sonst schlägt das Tor wieder zu und du bist eingesperrt.\' Der Prinz dankte ihm, nahm die Rute und das Brot, und machte sich auf den Weg. Und als er anlangte, war alles so, wie der Zwerg gesagt hatte. Das Tor sprang beim dritten Rutenschlag auf, und als er die Löwen mit dem Brot gesänftigt hatte, trat er in das Schloss und kam in einen grossen schönen Saal: darin sassen verwünschte Prinzen, denen zog er die Ringe vom Finger, dann lag da ein Schwert und ein Brot, das nahm er weg. Und weiter kam er in ein Zimmer, darin stand eine schöne Jungfrau, die freute sich, als sie ihn sah, küsste ihn und sagte, er hätte sie erlöst und sollte ihr ganzes Reich haben, und wenn er in einem Jahre wiederkäme, so sollte ihre Hochzeit gefeiert werden. Dann sagte sie ihm auch, wo der Brunnen wäre mit dem Lebenswasser, er müsste sich aber eilen und daraus schöpfen, eh es zwö lf schlüge. Da ging er weiter und kam endlich in ein Zimmer, wo ein schönes frischgedecktes Bett stand, und weil er müde war, wollt er erst ein wenig ausruhen. Also legte er sich und schlief ein: als er erwachte, schlug es dreiviertel auf zwölf. Da sprang er ganz erschrocken auf, lief zu dem Brunnen und schöpfte daraus mit einem Becher, der daneben stand, und eilte, dass er fortkam. Wie er eben zum eisernen Tor hinausging, da schlugs zwölf, und das Tor schlug so heftig zu, dass es ihm noch ein Stück von der Ferse wegnahm. Er aber war froh, dass er das Wasser des Lebens erlangt hatte, ging heimwärts und kam wieder an dem Zwerg vorbei. Als dieser das Schwert und das Brot sah, sprach er \'damit hast du grosses Gut gewonnen, mit dem Schwert kannst du ganze Heere schlagen, das Brot aber wird niemals all.\' Der Prinz wollte ohne seine Brüder nicht zu dem Vater nach Haus kommen und sprach \'lieber Zwerg, kannst du mir nicht sagen, wo meine zwei Brüder sind? sie sind früher als ich nach dem Wasser des Lebens ausgezogen und sind nicht wiedergekommen.\' \'Zwischen zwei Bergen stecken sie eingeschlossen,\' sprach der Zwerg, \'dahin habe ich sie verwünscht, weil sie so übermütig waren.\' Da bat der Prinz so lange, bis der Zwerg sie wieder losliess, aber er warnte ihn und sprach \'hüte dich vor ihnen, sie haben ein böses Herz.\' Als seine Brüder kamen, freute er sich und erzählte ihnen, wie es ihm ergangen wäre, dass er das Wasser des Lebens gefunden und einen Becher voll mitgenommen und eine schöne Prinzessin erlöst hätte, die wollte ein Jahr lang auf ihn warten, dann sollte Hochzeit gehalten werden, und er bekäme ein grosses Reich. Danach ritten sie zusammen fort und gerieten in ein Land, wo Hunger und Krieg war, und der König glaubte schon, er müsste verderben, so gross war die Not. Da ging der Prinz zu ihm und gab ihm das Brot, womit er sein ganzes Reich speiste und sättigte: und dann gab ihm der Prinz auch das Schwert, damit schlug er die Heere seiner Feinde und konnte nun in Ruhe und Frieden leben. Da nahm der Prinz sein Brot und Schwert wieder zurück, und die drei Brüder ritten weiter. Sie kamen aber noch in zwei Länder, wo Hunger und Krieg herrschten, und da gab der Prinz den Königen jedesmal sein Brot und Schwert, und hatte nun drei Reiche gerettet. Und danach setzten sie sich auf ein Schiff und fuhren übers Meer. Während der Fahrt, da sprachen die beiden ältesten unter sich \'der jüngste hat das Wasser des Lebens gefunden und wir nicht, dafür wird ihm unser Vater das Reich geben, das uns gebührt, und er wird unser Glück wegnehmen.\' Da wurden sie rachsüchtig und verabredeten miteinander, dass sie ihn verderben wollten. Sie warteten, bis er einmal fest eingeschlafen war, da gossen sie das Wasser des Lebens aus dem Becher und nahmen es für sich, ihm aber gossen sie bitteres Meerwasser hinein. Als sie nun daheim ankamen, brachte der jüngste dem kranken König seinen Becher, damit er daraus trinken und gesund werden sollte. Kaum aber hatte er ein wenig von dem bittern Meerwasser getrunken, so ward er noch kränker als zuvor. Und wie er darüber jammerte, kamen die beiden ältesten Söhne und klagten den jüngsten an, er hätte ihn vergiften wollen, sie brächten ihm das rechte Wasser des Lebens und reichten es ihm. Kaum hatte er davon getrunken, so fühlte er seine Krankheit verschwinden, und war stark und gesund wie in seinen jungen Tagen. Danach gingen die beiden zu dem jüngsten, verspotteten ihn und sagten \'du hast zwar das Wasser des Lebens gefunden, aber du hast die Mühe gehabt und wir den Lohn; du hättest klüger sein und die Augen aufbehalten sollen, wir haben dirs genommen, während du auf dem Meere eingeschlafen warst, und übers Jahr, da holt sich einer von uns die schöne Königstochter. Aber hüte dich, dass du nichts davon verrätst, der Vater glaubt dir doch nicht, und wenn du ein einziges Wort sagst, so sollst du noch obendrein dein Leben verlieren, schweigst du aber, so soll dirs geschenkt sein.\' Der alte König war zornig über seinen jüngsten Sohn und glaubte, er hätte ihm nach dem Leben getrachtet. Also liess er den Hof versammeln und das Urteil über ihn sprechen, dass er heimlich sollte erschossen werden. Als der Prinz nun einmal auf die Jagd ritt und nichts Böses vermutete, musste des Königs Jäger mitgehen. Draussen, als sie ganz allein im Wald waren, und der Jäger so traurig aussah, sagte der Prinz zu ihm \'lieber Jäger, was fehlt dir?\' Der Jäger sprach \'ich kanns nicht sagen und soll es doch.\' Da sprach der Prinz \'sage heraus, was es ist, ich will dirs verzeihen.\' \'Ach\', sagte der Jäger, \'ich soll Euch totschiessen, der König hat mirs befohlen.\' Da erschrak der Prinz und sprach \'lieber Jäger, lass mich leben, da geb ich dir mein königliches Kleid, gib mir dafür dein schlechtes.\' Der Jäger sagte \'das will ich gerne tun, ich hätte doch nicht nach Euch schiessen können.\' Da tauschten sie die Kleider, und der Jäger ging heim, der Prinz aber ging weiter in den Wald hinein. Über eine Zeit, da kamen zu dem alten König drei Wagen mit Gold und Edelsteinen für seinen jüngsten Sohn: sie waren aber von den drei Königen geschickt, die mit des Prinzen Schwert die Feinde geschlagen und mit seinem Brot ihr Land ernährt hatten, und die sich dankbar bezeigen wollten. Da dachte der alte König \'sollte mein Sohn unschuldig gewesen sein?, und sprach zu seinen Leuten \'wäre er noch am Leben, wie tut mirs so leid, dass ich ihn habe töten lassen.\' \'Er lebt noch\', sprach der Jäger, \'ich konnte es nicht übers Herz bringen, Euern Befehl auszuführen,\' und sagte dem König, wie es zugegangen war. Da fiel dem König ein Stein von dem Herzen, und er liess in allen Reichen verkündigen, sein Sohn dürfte wiederkommen und sollte in Gnaden aufgenommen werden. Die Königstochter aber liess eine Strasse vor ihrem Schloss machen, die war ganz golden und glänzend, und sagte ihren Leuten, wer darauf geradeswegs zu ihr geritten käme, das wäre der rechte, und den sollten sie einlassen, wer aber daneben käme, der wäre der rechte nicht, und den sollten sie auch nicht einlassen. Als nun die Zeit bald herum war, dachte der älteste, er wollte sich eilen, zur Königstochter gehen und sich für ihren Erlöser ausgeben, da bekäme er sie zur Gemahlin und das Reich daneben. Also ritt er fort, und als er vor das Schloss kam und die schöne goldene Strasse sah, dachte er \'das wäre jammerschade, wenn du darauf rittest,\' lenkte ab und ritt rechts nebenher. Wie er aber vor das Tor kam, sagten die Leute zu ihm, er wäre der rechte nicht, er sollte wieder fortgehen. Bald darauf machte sich der zweite Prinz auf, und wie der zur goldenen Strasse kam und das Pferd den einen Fuss daraufgesetzt hatte, dachte er \'es wäre jammerschade, das könnte etwas abtreten,\' lenkte ab und ritt links nebenher. Wie er aber vor das Tor kam, sagten die Leute, er wäre der rechte nicht, er sollte wieder fortgehen. Als nun das Jahr ganz herum war, wollte der dritte aus dem Wald fort zu seiner Liebsten reiten und bei ihr sein Leid vergessen. Also machte er sich auf, und dachte immer an sie und wäre gerne schon bei ihr gewesen, und sah die goldene Strasse gar nicht. Da ritt sein Pferd mitten darüber hin, und als er vor das Tor kam, ward es aufgetan, und die Königstochter empfing ihn mit Freuden und sagte, er wär ihr Erlöser und der Herr des Königreichs, und ward die Hochzeit gehalten mit grosser Glückseligkeit. Und als sie vorbei war, erzählte sie ihm, dass sein Vater ihn zu sich entboten und ihm verziehen hätte. Da ritt er hin und sagte ihm alles, wie seine Brüder ihn betrogen und er doch dazu geschwiegen hätte. Der alte König woll te sie strafen, aber sie hatten sich aufs Meer gesetzt und waren fortgeschifft und kamen ihr Lebtag nicht wieder.   Quelle: Rätoromanische Märchen, Leza Uffer, Eugen Diederichs Verlag 1977 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Wasserfräulein bei Zug

Source: Das Wasserfräulein bei Zug

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Männiglich ist bekannt, dass im Jahr 1435 plötzlich zwei ganze Straßen der Stadt Zug in den See versanken; aber nur die Volkssage erzählt uns, wie dies zugegangen, warum und was aus den Versunkenen geworden. Es heißt nämlich, ein See- oder Wasserfräulein sei in den Sohn des Ratsschreibers verliebt gewesen, und dieser habe ihre Minne erwidert. Lange trieben sie heimlich ihr süßes Spiel; da erschien die Nixe ihrem Geliebten eines Abends mit weinenden Augen und sprach: „Es ist das letzte Mal, dass du mich siehst. Mein Vater, welcher in den Tiefen des Sees herrscht, hat meine öftere Abwesenheit entdeckt, mich zu Rede gestellt, und ich habe ihm – gestanden. Er geriet in heftigen Zorn und verbot mir den Umgang mit dir für ewig; es sei denn, du folgest mir hinunter in die Tiefe und lebest mit mir als Gatte in einem ehelichen Verbande.“ – „Aber wie kann das geschehen?“, entgegnete seufzend der Jüngling; „Das Wasser ist ja nicht mein Element und du forderst meinen Tod.“ – „Mit Nichten!“, war des Wasserfräuleins tröstende Antwort: „Trinke von diesem Wasser und du wirst unten in der Flut so gut leben können, als ein Fisch.“ – Der Verliebte trank, tauchte gläubig mit der Nixe unter und lebte einige Zeit herrlich und in Freuden in den Kristallpalästen des Seekönigs an der Seite seiner schönen Gattin. Allmählich aber schlich sich ein schmerzliches Heimweh in sein Herz; er gedachte seiner Eltern, Geschwister und Freunde auf der Oberwelt, gedachte der Freuden seiner alten Heimat bei Hochzeiten, Ringen und Alpfahrt und an die Freuden des Himmels, zu welchen Glocken und Orgelklang ihn riefen. Innig besorgt für den immer trauriger Werdenden, entlockte ihm die Nixe endlich das Geheimnis seiner Empfindung und beschloss, die Sehnsucht des Geliebten nach Möglichkeit zu befriedigen. Sie vertauschte in einer Nacht alles Wasser in den Küchen der beiden Straßen mit jener Flüssigkeit, welche die menschliche Natur fähig macht, auch unter den Fluten leben zu können, und am Morgen darauf versanken, mitten in den Freuden eines Festtages, jene beiden Straßen plötzlich in den See. Keiner der Versunkenen ertrank; ihre Wohnungen kamen unversehrt auf den Grund des Sees zu stehen, und der Sohn des Ratsschreibers fand seine Eltern, Verwandten, Bekannten und Freunde wieder. Bei sehr klarem Himmel können besonders scharfe Augen nicht nur die Giebel der Häuser, sondern auch das geschäftige Treiben auf den Straßen wahrnehmen. Oft Dringen die Glockenklänge der versunkenen Kirche, vermischt mit wunderbarem Orgelton aus der Tiefe des Sees, und die Schiffer, die es hören, ziehen die Ruder aus dem Wasser, bekreuzen sich und beten ein andächtiges Paternoster. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Wasserfräulein bei Zug

Source: Das Wasserfräulein bei Zug

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Ein Wasserfräulein unterhielt mit des Ratschreibers Sohn von Zug heimlichen Umgang. Der Vater der Nixe wurde es inne und verbot seiner Tochter solches Verhältnis, es sei denn, dass ihr Geliebter ihr in die Tiefe folge und da als Gatte mit ihr lebe. Sie teilte dies ihrem Geliebten mit und zugleich machte sie ihn mit einem Trunke bekannt, durch welchen er im Wasser leben könne ohne sterben zu müssen. Er folgte ihr vermittelst des Zaubertrankes, bekam aber nach einiger Zeit das Heimweh in grösstem Masse und begehrte wieder nach der Oberwelt. Das Wasserfräulein lockte ihm endlich die Ursache seines sichtlichen Kummers ab und vertauschte in einer Nacht alles Wasser in den Küchen der beiden Strassen am See des Städtchens mit jener Flüssigkeit, welche die menschliche Natur fähig macht unter den Fluten leben zu können. Am folgenden Morgen, anno domini 1435 versanken jene Gassen in den Grund des Sees hinab, ohne dass jemand darin sterben musste. So kam der Sohn des Ratschreibers wieder zu seinen Eltern und Verwandten. Bei recht klarem Himmel soll man die Giebel der versunkenen Häuser wahrnehmen können. Auch höre man bisweilen wunderbare Glockenklänge und Orgeltöne aus der Tiefe herauf.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Das Wegkreuz

Source: Das Wegkreuz

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An der alten Landstrasse von Rechthalten nach Freiburg, steht bei der Wolfeich ein hohes Kreuz. Es wurde im Laufe der Zeiten mehrmals erneuert, das letzte Mal im heiligen Jahr 1950. Sein Ursprung liegt in dunkler Zeit, und dunkel ist auch die Sage, die seine Entstehung erzählt. In früheren Jahrhunderten gehörte ein ansehnlicher Teil des Gemeindebannes von Rechthalten einer freiburgischen Patrizierfamilie. Die Bauern, welche diesen Grund und Boden bewirtschafteten, waren Pächter. Sie mussten ihrem Herrn Zinsen und Zehnten entrichten und gelegentlich auch Frondienste leisten. - So ging auch einst einer dieser Bauern am Martinstag nach Freiburg, um seinem Herrn den schuldigen Jahreszins zu bringen. Als er in der Reichengasse das vornehme Haus betrat, ahnte er wohl nicht, welche Überraschungen hier seiner harrten. Soweit er sich erinnern konnte, hatte immer der alte, freundliche Herr das Geld in Empfang genommen. Heute aber standen ganz unbekannte, nie gesehene Leute vor ihm. Die musterten ihn spöttisch von unten bis oben und redeten französisch miteinander. Der Bauer sagte, er möchte mit dem Herrn reden. Da erklärten sie, der sei vor kurzem gestorben, und er habe den Zins jetzt ihnen abzuliefern. Da zählte der Bauer seine Gulden und Taler Stück um Stück auf den Tisch, bis die Summe voll war. Nun kam die andere Überraschung. Die Erben fragten: „Ist das alles?“ Der Pächter antwortete: „So viel bin ich schuldig, nicht mehr und nicht weniger.“ Da riefen alle miteinander: „Nein, nein! Viel mehr, viel mehr! Wollen sie uns betrügen, heeh? Sie schulden uns noch drei weitere Jahreszinse.“ Der Bauer erklärte, das sei ein Irrtum, er habe pünktlich jedes Jahr an Martini den schuldigen Betrag entrichtet und sei nichts mehr schuldig. Nun holte einer ein grosses, in Leder gebundenes Buch herbei und schlug es auf. „Sehen Sie“, sprach er, „hier hat der Verstorbene alles eingetragen. Da - und da - und da - stehen Ihre früheren Zahlungen. Aber hier - sehen Sie - hier fehlen drei volle Jahre, die müssen sie noch bezahlen.“ Der Bauer war empört, er habe bis auf den letzten Batzen alles entrichtet und schulde nichts mehr, beteuerte er nochmals. „Dann legen sie uns die Papiere vor“, riefen die andern. Jetzt war der Mann aus Rechthalten übel dran. Er besass keine Quittungen. Sein Vertrauen auf den alten Herrn war so felsenfest gewesen, dass er ihm nie eine schriftliche Bestätigung abgefordert hätte. „Wir geben ihnen noch zwei Wochen Zeit“, sprachen die Erben, „entweder bringen sie uns die Ausweise oder das Geld. Wenn nicht, - so müssen sie Geldstag machen und Haus und Hof verlassen.“ Tief niedergeschlagen, halbverzweifelt kehrte der Unglückselige gegen Abend nach Rechthalten zurück. Ein stockdicker Nebel lag auf Strassen und Matten. So sah ihn wenigstens niemand, und das war gut, man hätte ihn sonst für einen Betrunkenen oder Verrückten gehalten. Er schüttelte beständig den Kopf, fuchtelte mit den Händen und redete zu sich selber: „Geldstag - Zwangsversteigerung - verlumpen - Frau und Kinder im Elend - das ist zum Teufelholen!“ Unter solchen Selbstgesprächen kam er bis zur Wolfeich, wo seine Wiesen und Äcker begannen. Da tauchte plötzlich aus dem Nebel eine dunkle Gestalt auf, ein langbeiniger, hagerer Mann, der fast aussah wie eine aufgestellte Heuschrecke. Der Fremde blieb vor ihm stehen und redete ihn an: „Du hast mich gerufen. Hier bin ich.“ “Wer bist du?“ fragte der Bauer. „Der Teufel“, antwortete der Langbeinige. Da kam der Schreck über den Bauer, und er wollte eiligst entfliehen. Doch der Schwarze hielt ihn am Rockzipfel zurück und redete ganz lieblich: „Guter Mann, fürchte dich nicht, ich tue dir nichts zuleide. Ich will dir nur helfen.“ Er griff in die Tasche und zog einige Papiere hervor. „Schau da“, fuhr er weiter, „das sind die Quittungen, die dir fehlen. Ich habe sie extra für dich gemacht. Kannst sie haben, ich verlange ganz wenig dafür. Genau in einem Jahre komme ich wieder, dann gibst du mir das erste Lebewesen, das ich in deinem Hause antreffe. Nimmst du meine Hilfe an, dann bist du gerettet. Weisest du sie ab, so wirst du von Haus und Hof vertrieben und endest in bitterster Armut. - Nun wähle.“ Der Bauer befand sich in einer verzweifelten Lage. Lange sann er hin und her. Schliesslich dachte er: Die Frist läuft erst in einem Jahre ab, das ist eine lange Zeit. Bis dahin werde ich wohl einen Ausweg finden. Wenn Gott die Türe schliesst, öffnet er ein Fenster, so lautet ein alter Spruch. „Ich nehme an“, sagte er zum Teufel. „Gut gemacht“, antwortete dieser, „schlag ein, - und hier hast du die Quittungen.“ Dann verschwand er. Es folgte der zweite Gang in die Stadt. Die Erben des alten Herrn mussten - wohl oder übel - die vorgelegten Quittungen als echt und gültig anerkennen. So war der Pächter von seiner grossen Sorge befreit. Dafür tauchte sofort eine andere auf: Wie kann ich mich aus der Gewalt des Bösen befreien? In schlaflosen Nächten grübelte und grübelte er, fand aber keinen Ausweg. Dieser Kummer war jetzt sein ständiger Begleiter. Er wurde immer schwerer und schwerer, und er durfte es niemand sagen. Der Winter ging vorüber, der Frühling kam. Die Arbeiten auf Wiesen und Äckern forderten alle seine Kräfte und seine Zeit. Schon nahte der Sommer. Die reiche Ernte musste eingebracht werden. Früh auf, spät nieder. Keine Zeit zum Grübeln. Wie im Fluge ging der Sommer vorüber. Mit Riesenschritten eilte der Herbst heran und mit ihm der Martinstag. Noch immer keine Lösung, kein Ausweg. Jetzt wurde ihm himmelangst. Nur wenige Tage noch, dann wird der Böse zur Nachtzeit kommen und jemand brutal aus seiner Familie heraus reissen. Wen? - ihn selber - die Gattin - ein Kind? Verzweiflung fasste ihn. Oh, er hätte sich alle Haare aus dem Kopfe reissen mögen, so reute es ihn, die Hilfe des Teufels angenommen zu haben. Da - endlich kam ein Lichtgedanke: Ich will zum Herrn Pfarrer gehen und ihm alles haargenau erzählen. Der greise Priester war nicht wenig erstaunt, als er diese Geschichte vernahm. Er dachte erst eine Weile nach, dann redete er: „Vergiss nicht! Gott ist der höchste Herr des Himmels und der Erde. Er ist’s, der unsere Schicksale lenkt. Ihm muss jede Kreatur gehorchen. Die Macht des Teufels reicht nur soweit, als Gott sie zulässt, um uns Menschen zu prüfen. Darum heisst die erste Bedingung zu deiner Rettung: Festes Gottvertrauen. Nun höre weiter. Der Satan verlangt das erste Lebewesen, das er in deinem Hause antrifft. Du meinst natürlich, das müsse ein Mensch sein. Das ist ganz falsch. Es kann auch ein Tier sein, sagen wir ein Hund, eine Katze oder nur ein Mäuslein. Nun pass gut auf, was ich dir rate. Am Abend des Martinstages bringst du ein minderwertiges Schwein in den Hausflur. An die Aussenseite der Stubentüre heftest du ein Kruzifix. Den hintern Teil des Hausganges verrammelst du fest. So wird das Schwein das erste Lebewesen sein, dem der Teufel in deinem Hause begegnet, und dir und deiner Familie kann nichts widerfahren. Wenn alles gut abgelaufen ist, dann zeige durch ein gutes Werk dem Herrgott deine Dankbarkeit.“ Es war am Martinstag gegen Mitternacht, da kam etwas wie ein Windstoss gegen das alte Bauernhaus, schüttelte die Fensterladen und schlug die Haustüre mit solcher Wucht auf, dass das ganze Haus erzitterte. Dann ertönte im Hausgang ein donnerähnliches Stampfen und Poltern, ein markdurchdringendes Schweinegeschrei, ein wildes Rennen hin und her, die Wand hinauf und wieder hinunter, zur Türe hinaus und fort. Nachbarn eilten auf den Lärm herbei. Sie sahen gerade noch, wie eine schwarze Gestalt in wehendem Mantel auf einem Schweine durch die Luft ritt. Noch lange hörte man das Tier märterlich brüllen. Das Geschrei zog sich gegen die Berge hin, wurde immer ferner, immer schwächer und erstarb endlich. Das Schwein kam nie mehr zum Vorschein. Auch Beelzebub zeigte sich nicht mehr. So gelangte alles zum glücklichen Ende. Die habgierigen Erben in der Stadt erhielten Papier statt Geld, der Hörnlimann bekam ein Lebewesen, und der Bauer behielt Haus und Hof. Zum Danke liess er in der Wolfeich, dort, wo ihm der Teufel begegnet war, ein hohes Wegkreuz mit einem geschnitzten Christusbild erstellen.    Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch  


by Das Weib in roten Strümpfen

Source: Das Weib in roten Strümpfen

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Bei einem Nussbaum im Gut Gurgelli zu Bauen, und zwar da, wo der Bach in den See mündet, hatte vor Zeiten, wie sich der alte Joseph Franzen Josti noch erinnerte (gest. 1906, 84 Jahre alt), ein Kalkofen gestanden, der zur Zeit des Kirchenbaues am Anfang des 19. Jahrhunderts in Gebrauch gewesen. Viele Jahre hindurch haben die Leute in der nahen Rütti an dieser Stelle einen Geist oder ein Gespenst gesehen in Gestalt eines Weibsbildes in kurzem Röcklein, roten Strümpfen und grossem, breitkrämpigem Schinhut. Aber zu ihnen in die Rütti zu kommen, hatte es nicht die Gewalt. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Weib ohne Kopf

Source: Das Weib ohne Kopf

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Vor bereits hundert Jahren hütete ein Altendorfer sein Vieh im Feldrietle. Da bemerkte er ein unbekanntes, altes Weib auf einem Baume sitzen, welches einen schlechten Strohhut auf hatte. Als er sich demselben näherte, sah er, dass es kopflos war. Er erschrak, ging heim, erzählte, was er gesehen, ward krank und starb. Heinrich Hilty   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 128, S. 61 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Weidel-Madleni

Source: Das Weidel-Madleni

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Das Weidel-Madleni Madleni war die einzige Tochter im alten Weidelhaus. Sie arbeitete aber nicht, sondern „schellete“ bettelnd herum, den berüchtigsten Klatsch austragend. Sie war bekannt als Lügnerin und Betrügerin; zugleich fürchtete man sie als Hexe, da sie Menschen und Vieh bannen und - auf Entfernung - den Kühen die Milch ausziehen konnte. Nach ihrem Tode fand sie die Ruhe nicht und musste als Gespenst allabendlich nach dem Betzeitläuten von Weide zu Weide fahren, wobei sie immer bedacht war, den Leuten Schaden zuzufügen. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Knonauer Amt Nach Baur, Nr. 4.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Weinfass im Tälli

Source: Das Weinfass im Tälli

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Tälli wird das kleine Alpentälchen genannt, aus welchem der Törbjerbach herausfliesst. Dort werden im Sommer Schafe und Rinder gehütet. Wie nun einstmals zwei Burschen den Bach hinaufgingen, um nach den Schafen zu sehen, kamen sie zu einer Höhle. Wie alle Neugierigen gingen sie hinein und fanden so hoch in den Bergen ein Fass, das voll Wein war. Natürlich tranken die Bengel vom Weine, und da er ihnen gut schmeckte, auch eins über den Durst, wie einst Noe. Als sie herauskamen, sahen sie am hellen Tage Sterne am Himmel und fanden sich gezwungen, ein Schläfchen zu nehmen und die Schafe laufen zu lassen. So trieben sie es eine Zeitlang, ohne einem Menschen ein Sterbenswörtchen von ihrer Entdeckung zu sagen. Die Leute wussten nicht, warum die Hirten immer betrunken waren, bis diese es endlich selber sagten, denn nachdem sie das Fass ausgesoffen hatten, fiel es zusammen, und damit war auch ihre Herrlichkeit zu Ende. TÖRBEL Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das weise Fänggenmannli

Source: Das weise Fänggenmannli

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Die Bewohner der Gemeinde Tenna fingen einen grossen Bären, der ihren Herden vielen Schaden zugefügt hatte. Sie wollten ihn für seine Missetaten grausam bestrafen, um an dem wilden Brummer für immer ein Exempel zu statuieren. Da trat ein wildes Mannli unter die Versammlung und sagte: »\'S grusigst ist, lent na hürötha.« Die Sentenz des wilden Mannli\'s wurde von nun an im Munde des Volkes ein Sprichwort. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das weisse Kronschlängli

Source: Das weisse Kronschlängli

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Am Bachlehn ob Gimmelwald kam einst ein armer Bauer seit langem um den Taggewinn von einer Kuh. Setzte er sich zur morgendlichen oder abendlichen Melkzeit auf seinem Einbein unter sie, so gab sie keinen Tropfen Milch. So sehr er das Tier auch hätschelte und tätschelte und die Zitzen beim Vormelken mit Schmer bestrich, er brachte weder Tran noch Zyssa (Strahl) aus ihr. Andern erging es auch so, und doch war das Tier kerngesund und glatt wie ein Schär. Darauf haben einige Gimmelwaldbauern Tag und Nacht gelusset, wer da melken gehe. Aber da ging keiner weder zu noch fort. Hernach hatte sich der Bauer einmal schon zu Beginn der Schlafenszeit auf die Barnilatten gesetzt. So um Mitti Nacht herum hörte er im Stall ein feines Zischen; er steckte Licht an, und dann war es richtig da, das weisse Schlängli mit dem guldigen Krönli uff. Von dem glimmte ein mattblauer Glanz wie ein Leuchtguog. (Leuchtkäfer) Unter der Kuh bäumelte es auf, wippte unruhig hin und her und hängte sich ihr gierig ans Euter. Verscheuchen liess es sich nicht, und als er versuchte, es mit einem Stecken ums Leben zu bringen, da zischte es züngelnd gegen ihn und bannte ihn mit giftigem, bösem Blick. Wie stechende Wehtat legte ihm ein schaurigkalter Schreck die Glieder lahm, und er wusste auf einmal, dass er das falsche Trom ergriffen und hier Menschenmacht völlig nichts verschlug. Auf der Nachbarn Rat zügelte er mit der Kuh für ein paar Tage in ein abgelegenes, nicht mehr nutzbares, verwettertes Gehalt. Rasch hatte sich die der Milch aufsetzige Kronschlange an den neuen Stall gewöhnt und sog wieder Nacht für Nacht das Euter leer. Unversehens trieb an einem Abend das Bäuerlein die Kuh wieder in ihren frühem Stall. In der Nacht darauf lusseten die Gimmelwalder der weissen Kronschlange auf. Sobald sie das Zischen im Stall drinnen vermerkten, schlossen sie rasch Fellbalkenladli und Zuglöcher und zündeten das wackelige Scheuerlein an allen vier Ecken an. An den wurmstichigen, altersmürben Rundbalken prasselte der Flackerschein im Nu empor. Grausig färbte bald die Feuerröti die Busenflühe. In stiebendem Funkenregen knackten die Dachrafen ein, und als die First in einer sprühenden Garbe krachend fiel, da war es dann gekommen, das weisse Schlängli mit dem guldigen Krönli uff. Alle die Bauern haben es gesehen zur höchsten Stichflamme in den brandroten Nachthimmel ausfahren und in Asche zerstieben. Aber als der Bauer am andern Morgen in den Stall zur Kuh kam, die die weisse Kronschlange so lange genähret, da hatte die gläserne Augen, lag steif und kalt. Quelle: Hans Michel, Ein Kratten voll Lauterbrunner Sagen. Wengen 1936. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das weisse Lamm

Source: Das weisse Lamm

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Schon der neuen Lehre freuen Sich des Prätigau's Gemeinden, Die verkündet ward in Treuen, Doch zum Ärger ihren Feinden. –   Diese wollten ihren Glauben Sammt der Freiheit heil'gen Rechten Jenem biedern Volke rauben, Und Dasselbe ehrlos knechten. –   Zweifelnd, ob sie kämpfen sollen, Ob dem Feinde widersteh'n, Meinen die zu Saas, sie wollen Heute noch zur Kirche geh'n. –   Sonntag war es, Tag der Palmen, Wo sich ziemt, das Wort zu hören, Anzustimmen Festtags-Psalmen, Und den Höchsten zu verehren.   Er nur kann den Sieg verleihen, Und den Seinen Frieden schenken. – Gibt er heute wohl ein Zeichen, Das zur Hoffnung sie mag lenken? –   Unbezeugt will Gott nicht lassen Sich in seinem Heiligtume; Ja, sie dürfen Mut nun fassen, Fest zu steh'n zu seinem Ruhme. –   Was sie hörten jetzt verkünden Von dem heil'gen Gotteslamme, Das getragen hat die Sünden Und versöhnt am Kreuzesstamme. –   Das ergreifet Aller Herzen; Und nur in des Lammes Wunden Hoffen sie für ihre Schmerzen Auf ein seliges Gesunden.   Und noch eh' die Predigt endet, Schreitet durch der Kirche Mitte, Weiss wie Schnee, von Dem gesendet, Der erhöret fromme Bitte,   Still ein Lämmlein zum Altare, Und sie achten's als ein Zeichen, D\'rin der Herr sich offenbare, Der auch werde Sieg verleih'n. –   Und so ist's denn auch geschehen; Gott verlässt die Seinen nimmer; Will die Sonne untergehen, Zeigt sich bald des Frührots Schimmer.   Morgen geht's zum heissen Kampfe, Und das Lämmlein zeig't sich wieder, Steh't im wilden Feuerkampfe, Es ertönen Siegeslieder. –   »Dreimalheilig,« hört man\'s schallen, »Preis dem Lamme, das gekommen!« Berg und Tal, die widerhallen Vom Gesang der biedern Frommen.   Sollt's im Tal nicht fürder tönen: Preis dem teuren Gotteslamme? Frieden bringt es und Versöhnen; Brenn' ihm, heil'ge Liebesflamme!   Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das weisse Pferd

Source: Das weisse Pferd

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Zwei gute Freunde gingen einmal durch einen Wald. Es wurde langsam Abend, und die beiden waren sich nicht einig, was sie tun sollten. Einer wollte bis zum nächsten Dorf gehen, der andere im Wald unter einer Tanne übernachten. Da sie sich nicht einigen konnten, ging der eine ins Dorf, und der andere legte sich zum Schlafen unter eine Tanne. Spät in der Nacht hörte der einen schrecklichen Lärm im Geäst dieser Tanne. Als er hinaufschaute, sah er drei Hexen; die erzählten einander, was jede gemacht hatte. Der Letzten konnte er noch zuhören, die andern beiden waren mit ihrer Geschichte schon fertig. «Ich habe den grössten Schaden gestiftet», erzählte die Hexe, «denn ich habe die Königstochter sehr krank werden lassen. Sie war eine so gütige Jungfrau, eine Mutter der Armen. Alle in der Stadt hatten sie sehr gern. Nur ein einziges Heilmittel kann ihr helfen, und das kennt keiner. Wenn man ein weisses Pferd nähme, ohne ein einziges Flecklein, und ritte mit ihm vor Sonnenaufgang im Galopp, bis es schwitzte und man diesen Schweiss sammelte und der Prinzessin zu trinken gäbe, dann wäre sie geheilt!» Darauf setzten sich die Hexen auf ihre Besen, und eine nach der andern flog nach Hause. Am andern Tag ging der Bursche, der alles mitbekommen hatte, in die Stadt. Dort hörte er nichts als weinen und seufzen wegen der guten Königstochter, der kein Arzt helfen konnte. Ohne Furcht ging der Bursche zum König und sagte, er wolle der Tochter helfen, wenn der König ihm erlaube, am andern Morgen früh das schönste Pferd, welches er im Stall habe, zu nehmen. Mit Freude erlaubte dies der König; und der Bursche ritt mit dem Pferd, bis es schwitzte. Dann sammelte er den Schweiss in einen Becher und gab ihn der Jungfrau zu trinken. Sogleich ging es der Königstochter besser, und sie reichte ihrem Retter als Braut die Hand. Wie er als Prinz eines Tages mit seiner Frau spazieren ging, begegnete er seinem Freund, und der fragte ihn, wie er sein Glück gemacht habe. Und er erzählte, wie die Sache gelaufen war, aber er riet dem Freund ab, die Hexen zu belauschen, die seien jetzt fest auf der Hut. Dennoch ging der Freund ein Jahr später am gleichen Tag in den Wald und setzte sich unter die gleiche Tanne. Als die Hexen beisammen waren, sagte die jüngste. «Vor einem Jahr hat uns jemand zugehört und deshalb die Königstochter heilen können. Bevor wir Rat halten, wollen wir alle Ecken und Winkel absuchen!» Sogleich fanden die Hexen den Neugierigen und zerhackten ihn so fein, dass ihn die Hühner hätten aufpicken können.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das weisse Pferd in Urezas

Source: Das weisse Pferd in Urezas

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Als man zwischen einzelnen Landschaften bestimmte Grenzen zog, kamen die Gemeinden Fetan und Steinsberg wegen der Teilung eines Stückes Land, nämlich der Gegend zwischen der Alp Urezas und Urschei, in Streit. Die stärkere Partei, der Vogt von Fetan und seine Untertanen, trugen den Sieg davon, und teilten nun das Land nach ihrem Belieben, freilich zu Ungunsten Derjenigen von Steinsberg. - Der Vogt liess an der Grenze eine Schanze aufwerfen, oder vielmehr eine hohe Mauer errichten; vom Rosse herab sah er hohnlächelnd der ungerechten Teilung zu. Er war Richter und seinem Spruche mussten die Steinsberger sich fügen. Nun muss er aber fast jede Nacht um zwölf Uhr, auf seinem Schimmel reitend, zur Schanze hin, dort ein paar Male diese entlang, auf und ab reiten, dann in schnellem Trabe ins Dorf Steinsberg reiten, immer durch die gleiche Gasse, in der sein Haus gestanden, und unter den Hufen des Pferdes sprühen die Steine Funken; dann reitet er durch mehrere andere Gassen, führt dann den Schimmel zu einem Brunnen, um ihn trinken zu lassen. Hierauf setzt er sich wieder zu Pferd, sprengt den Alpweg wieder hinan, und macht, an der Mauer angekommen, seinen Ritt an derselben auf und ab, stösst zuletzt einen erschrecklichen Pfiff aus, und verschwindet. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das weisse Täubchen

Source: Das weisse Täubchen

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Nahe beim Fuss eines Berges, am Rande eines dichten schwarzen Waldes, lebte eine Witwe mit ihrem Sohne. Weit drüben, auf der andern Seite des Waldes stand ein Wirtshaus, wo niemand einkehrte als die Säumerkarawanen, die jede Woche einmal hier anhielten und Pferde wechselten. Die Witwe schätzte eine gute Erziehung höher als totes Kapital; deshalb sandte sie ihren Sohn schon früh in die Welt hinaus, damit er die hohen Schulen besuche und die fremden Sprachen lerne. Der Bub, der nur ungern von seinem alternden Mütterchen schied, gehorchte und reiste über die Berge an die welschen Universitäten, wo er durch Fleiss, Sparsamkeit und Lerneifer vergalt, was sie für ihn auslegen musste. Wenn er nach Hause in die Ferien kam, erzählte er der Mutter, was er Schönes und Hässliches, Interessantes und Eigenartiges gesehen in den fremden Landen, und welche Fortschritte er in den fremden Sprachen, besonders im Italienischen, gemacht habe. Einst, als eben erst die Ferien angefangen hatten und der Knabe wieder zu Hause war, erschienen zwei fremde Kapuziner und baten die Mutter, den Sohn mitzugeben, damit er ihnen den Weg zum Wirtshaus drüben über dem Wald zeige. Es war beim Eindunkeln, und der Bub fürchtete sich vor den Männern mit den bösen Gesichtern, die gar nicht wie fromme Brüder dreinschauten und wollte nicht mitgehen. Die Mutter aber sprach ihm zu, man dürfe nicht unhöflich sein gegen Fremde, und wenn sie etwas Böses im Schilde führen sollten, so werde ihn der Schutzpatron behüten. Da sagte der Bub nichts mehr, gehorchte, ergriff den Stock und schritt den Fremden voran. Sie sprachen welsch, und der Bub tat, als ob er keine Silbe verstände. In Wirklichkeit erfasste er jedes Wort, und da er sonderbare Dinge zu hören bekam, lauschte er auf alles, was sie sprachen. Die beiden vermeintlichen Kapuziner waren das, wonach sie ausschauten; sie gehörten zu einer Räuberbande, die in der Nacht das Waldwirtshaus überfallen und ausplündern wollte. Als sie zum schmalen Bachsteg gelangten, sagte der eine der Räuber zum andern: «So, jetzt lassen wir das Bürschlein vorangehen, und wenn es mitten auf dem Steg ist, stossen wir es in den Bach, damit es uns nicht verrate, denn wer weiss, ob es nicht italienisch versteht!» Der andere war damit einverstanden und gab dem Buben das Zeichen, voranzugehen. Der aber sagte, er müsse jetzt nach Hause, da es schon spät sei und die Mutter ihn nötig habe, und wandte ihnen den Rücken, ohne eine Antwort abzuwarten. Als ihn die Kapuziner nicht mehr sehen konnten, verdoppelte er die Schritte und lief so schnell ihn die Füsse trugen, heim zu der Mutter, der er alles erzählte, was er vernommen hatte. Die Mutter erbleichte und sagte, man müsse die Wirtsleute warnen, aber wie? Den Sohn wollte sie nicht nochmals auf die weite Reise schicken; sie selbst war zu gebrechlich, und in der ganzen Runde war niemand, den sie hätte schicken können. Da hörte sie droben im Schlag das Täubchen girren und richtig, das weisse Täubchen, das ihr die Wirtsleute vor einigen Tagen geschenkt hatten, und das sie noch im Schlage eingesperrt hielt, das sollte der warnende Bote sein.Der Bub musste schnell zu Papier bringen, was er alles erfahren, und in welcher Gefahr sie sich befänden; dann holte er die Taube, band ihr das Brieflein um den Hals und liess sie frei. Wie ein Pfeil schwirrte sie davon und verschwand über dem Wald in der Richtung zum Wirtshaus, so weit man sie in der Dunkelheit noch verfolgen konnte. Die Wirtsleute genossen eben das Abendbrot, lachten und plauderten, als es ans Fenster pickte. Auf einmal riefen die Kinder: «Ei seht, da kommt das weisse Täubchen!» Die Eltern öffneten das Fenster, gewahrten den Brief am Hals der Taube, banden ihn' los und lasen ihn. Da stand es drin: «Es werden bald zwei Kapuziner an eure Türe klopfen. Das sind aber keine Kapuziner, sondern verkappte Räuber. Ich habe sie bis zum Bachsteg geleitet und alles verstanden, was sie zusammen verabredet haben. Sobald alles schläft in eurem Haus, wollen sie ein Licht vor das Fenster stellen und den Genossen pfeifen, die draussen im Wald auf das Zeichen warten. Diese werden sich heranschleichen, euer Haus ausrauben und euch ermorden!» Der Wirt faltete den Brief, ging mit raschen Schritten zur Tür hinaus und rief die Knechte in die Stube. Dort las er ihnen den Brief vor, teilte Waffen aus, Pistolen, Gewehre und Säbel, und stellte die Knechte auf ihre Posten; zwei behielt er zurucük. Eine Stunde später erschienen die Kapuziner. Man hiess sie in die Stube treten, wo sie sofort gepackt und gefesselt wurden. Sobald die tiefe Nacht hereingebrochen war, stellte der Wirt das Licht vor das Fenster, blies in die Pfeife der Kapuziner, und nun eilten die Räuber herbei in ihr Verderben. Sie wurden alle gefesselt oder niedergemacht. Die Wirtsleute waren gerettet und vergassen nicht, der guten Frau über dem Wald und ihrem braven Sohn zu danken und den Dank zu bekräftigen mit einem Pferd und den zwei schönsten Rindern, die im Stalle standen. Quelle: Johannes Jegerlehner: Walliser Sagen, Hans Feuz Verlag Bern, 1959 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Welschhölzli

Source: Das Welschhölzli

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a) Eine interessante Sage ist die vom Welschhölzli, oben im Walde gegen die Schönmatt zu gelegen. Dieses hat nach der Überlieferung seinen Namen von einer Magd, das «Welsch Elseli», d.h. die welsche Elisabeth genannt. Diese diente, so wird erzählt, auf dem Schlosse, ob auf Birseck oder Reichenstein, wird nicht gesagt. Wenn nun die Herrschaft abwesend war und sie das Hauswesen zu besorgen hatte, zeigte sie sich hart gegen die Armen, wies die um Almosen Bittenden unbarmherzig ab und gab die Überbleibsel der Mahlzeiten statt diesen den Schweinen. Zur Strafe für diese Hartherzigkeit musste ihre Seele nach dem Tode in der Nähe des Schlosses umherwandern. Dieses Gespenst war aber den Schlossbewohnern nicht angenehm. Deswegen liessen sie einen Kapuziner kommen, und der bannte es in eine Flasche und legte diese in dem gedachten Hölzchen nieder. b) Nach einer andern Überlieferung käme aber der Name des Welschhölzlis nicht von einer Magd, sondern von einer Bettlerin her, die Elsa hiess und, während der Burgherr mit Kaiser Friedrich Barbarossa im Heiligen Lande abwesend war, im Schlosse Reichenstein um ein Almosen bat, von dem Fräulein daselbst aber grob abgewiesen wurde. Entrüstet über diese Herzlosigkeit, hätten die Arbeiter, die eben das Schloss ausbesserten, das Fräulein in den Schweinestall geworfen, wo es von den Schweinen gefressen wurde, so dass der Schlossherr bei seiner Heimkehr von seiner Tochter nur noch Fetzen ihrer Kleidung gefunden habe. c) Der Welschelselisgraben, der schnurgerade auf die Sohrmatte beim Schürli trifft, gibt auch den wilden Fluhköpfen seinen Namen. Der frühere Name Welschhölzli ist vor etwa 200 Jahren "ausgeweitet" worden, durch den Namen jener sagenhaften Magd, deren böser Geist in den ewig unruhigen Flühen spukte. Wenn übermütige Buben mit dem frechen Reim neckten: Welschelseli, vergrabe! ghei Stei obenabe! so hörte man das bröckelige Gestein über die Halde herunterrieseln. Reichenstein und Birseck Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Welschhölzli

Source: Das Welschhölzli

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Das Welschhölzli liegt im Banne Arlesheim, oben im Walde gegen die Schönmatt. Es hat nach der Überlieferung seinen Namen von einer Magd, dem «Welsch Elseli». Diese diente, so wird erzählt, auf dem Schlosse. Ob auf Birseck oder Reichenstein, wird nicht gesagt. Wenn nun die Herrschaft abwesend war und sie das Hauswesen zu besorgen hatte, zeigte sie sich hart gegen die Armen, wies die um Almosen Bittenden unbarmherzig ab und gab die Überbleibsel der Mahlzeiten statt diesen den Schweinen. Zur Strafe für diese Hartherzigkeit musste ihre Seele nach dem Tode in der Nähe des Schlosses umherwandeln. Dieses Gespenst war aber den Schlossbewohnern nicht angenehm. Deswegen liessen sie einen Kapuziner holen, der bannte den ruhelosen Geist in eine Flasche und legte diese in dem genannten Hölzchen nieder. Daher bekam es seinen Namen. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Das Westerkind

Source: Das Westerkind

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Noch gar nicht so lange ist es, seitdem sich folgendes in Silenen zugetragen. Da hatte ein Maitli ein uneheliches Kind, und niemand wollte Pate sein. Endlich suchte die Hebamme ein Haus auf, in dem, wie sie wusste, einige junge Burschen daheim waren. Diese sprach sie um die Patenschaft an. Zuerst schickte jeder den andern, endlich entschloss sich doch einer, dem armen Kinde den Dienst zu tun. Wenige Stunden nach der Taufe starb es. Einige Zeit nachher wurde der Bursche krank und sagte, er müsse sterben. Das Geefli sig'm d'r d'Nacht erschinä-n- und häig'm mid-ämä Fingerli gwunkä. Ass syg äss scheens Ängäli gsy. Seine Ahnung bewahrheitete sich innert wenig Tagen. Das isch äss Weschberli gsy, äss Chind, wo nah d'r Täuf stirbt, ep's ä wältlichi Choscht gnossä het. Dass gäb näiwä-n-äso scheeni Ängäli, hennt-s alligs wellä ha. 1927. Katharina Gamma, 50 Jahre alt. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das wetterkundige Fänggenmannli

Source: Das wetterkundige Fänggenmannli

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Eine Frau auf Camana war just am Käsen und hatte gerade den Kessel mit der Milch über dem Feuer, und die Milch fing an heiß zu werden. Da flog plötzlich ein Leder-käpplein in die Küche hinein. Sie trat unter die Haustüre, um zu sehen, wer da sei, und da sass ein Fänggenmannli vor der Türe; das bat sie um einen Trunk Milch, aber doch ja geschwinde, es habe noch weit heim, und es drohe ein furchtbares Gewitter. Die Frau lachte und wollte es nicht glauben; der Himmel war klar und die Familie der Frau vollauf mit der Heuernte beschäftigt. Gleichwohl schöpfte sie Milch aus dem Kessel und brachte sie dem Mannli; das sagte aber: »Ei Frau, gebt mir doch ein grösseres Gebsi, damit die Milch geschwinder kühl wird.« Die Frau willfahrte und lachte, als sie sah, wie das Mannli in grösster Eile die Milch in dem grössern Geschirr umschwenkte und wie es hastig hinein blies, damit sie schneller erkalte, wie es sie nach und nach in gierigen Zügen hinunterschlürfte und dann in grösster Eile davon und den Berg hinan lief. Bald hätte es auf der eiligen Flucht sein Lederkäpplein vergessen, wenn die Frau es ihm nicht nachgeworfen hätte. – Die Frau käsete vorwärts, aber schon nach einigen Minuten zog eine schwere Gewitterwolke über das Gletscherbachhorn herüber, und bald fing es an zu blitzen und zu donnern und über der Familie der Frau und ihr Heu in Strömen zu regnen. Quelle: Jecklin, Dietrich: Volksthümliches aus Graubünden. 3 Teile, Zürich 1874, Chur 1876, Chur 1878 (Nachdruck Zürich: Olms, 1986), S. 27-28. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Wettermanndli auf Stalden

Source: Das Wettermanndli auf Stalden

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Baschis Babä auf Stalden und auch andere Leute zu Gurtnellen sahen fast immer, wenn das Wetter abfiel, einen unbekannten Mann vom Nyw-Gadä herkommen und auf Stalden in dem grossen, uralten Haus verschwinden. Oder: Ein Wildmanndli kam vom Walde her bis zum Eppägärtli, wo es jauchzte, kam dann bis auf den Stalden und verschwand oder versteckte sich, bei dem genannten Haus hinter der Holzwitteren. Hans Tresch; Jos. Gamma, Gurtnellen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Wettermanndli auf Wildampfer

Source: Das Wettermanndli auf Wildampfer

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Wildampfern und Alplen sind zwei kleine, zur Intschialp gehörende Stafel am Geissberg ob Gurtnellen. Daselbst hauste früher ein Wildmanndli. Wenn schlechtes Wetter im Anzug war, jauchzte es laut, dass man es bis Ruoppelingen hinunter hörte. »Wennd's alligs äso g'hürelet het, de het-mi-si chennä g'fasst machä«, pflegte ein alter Gurtneller zu sagen. Es behaupten noch ziemlich junge Leute, sie hätten das »Wettermanndli« oft selber gehört, aber nur im Winter, und zwar auf Alplen. Es war im Jahre 1895, als der Nywengadmer bei Ruoppelingen prophezeite, es werde baldigst schlechtes Wetter einfallen, das Wildmanndli am Geissberg habe gejauchzt. Und in der Tat, schon am nächsten Tage fiel Schnee, und eine Lawine sauste bis nach Stalden hinunter. Als am Sonntag Misericordia (22. April) 1917 eine Lawine das Haus im Gapyl und mehrere Ställe verschüttete und vier Menschenleben forderte, da behaupteten viele, sie hätten »es« am Samstagabend vorher mehrmals am Schnüerstock, wo eine der beiden Lawinen losgebrochen, jauchzen gehört; andere hörten es unmittelbar bevor die Lawine losbrach. Was es gewesen, ob Wildmanndli, Hexe, arme Seele oder sonst etwas, wusste mir niemand zu sagen. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Wettermännlein

Source: Das Wettermännlein

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1. a) Auf dem Sonnigen Grat ob Amsteg hat man vor Zeiten bisweilen ein kleines Manndli gesehen; man glaubte, es sei ein verwünschtes Waisenkind. Liess es sich blicken, dann gab es sicher Regenwetter. Wer etwa tagsüber in der Nähe sich aufgehalten oder gearbeitet hat, wurde abends von den Leuten gefragt: »Hesch d's Wättermanndli nytt g'seh?« Dann und wann kam auch aus dem Erstfeldertal ein Wettermännlein bis auf den Grossgander und gab jenem auf dem Sonnigen Grat Zeichen. Dann kam dieses zu äusserst auf den Grat und rief den Leuten auf der Alp und auf den Arnibergen. Das war ein böses Zeichen. Sofort holte man die Schafe und Neesli aus den Stöcken (aus dem Gebirge); denn es gab Schneewetter. Hörte man das Männchen schreien oder weinen, dann heulten die Hunde der Umgebung bis hinunter nach Heissig-Egg, und es ereignete sich ein Unglück. Mitget. v. Jos. Baumann, Pfarrhelfer b) Ja, ja, das ist wahr, das existiert. Es trägt eine grauwollene Kleidung, einen Wetterhut mit spitzem Güpfi und breitem »Sturm« und einen grauen Bart. Vom Sonnigen Grat kommt es bis in die Hütte zu Furt im Leutschach; darinnen hält es sich auf in jener Zeit, da sie dort nicht staflen; man sieht es oft zur Hütte herausschauen. Noch vor wenigen Jahren sind einige Männer, die solches nicht glauben wollten, im Frühling vor der Alpfahrt in die Alp gegangen und haben es gesehen und sich von der Wahrheit überzeugt. 2. Und das Manndli in der Brunnialp im Maderanertal, wisst Ihr von dem auch? Das soll auch noch da sein. Wenn allemal der letzte Passant im Herbst die Alp durchschritten hat, kommt es auf das Sennenbocki und schaut ihm weinend nach. Weiter kommt es nie. Von Zeit zu Zeit hören sie's dort auch jauchzen; dann gibt es leid Wetter. Albin Indergand, Amsteg  Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Wetzsteinfuttermannli

Source: Das Wetzsteinfuttermannli

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In der Gegend von Rickenbach war ein frecher, mutwilliger, starker Bursche der Schrecken aller, die ihm auf der Strasse begegneten; er fragte niemanden etwas darnach, tat nur, was ihn gelüstete, trieb ganze Nächte Unfug und kehrte erst gegen Morgen heim. So kam er gegen Tagesanbruch einmal durch einen Wald. Vor ihm her hötterlete ein Männchen so gross wie ein Wetzsteinfutter. Der übermütige Bursche rief ihm zu: „Geh' aus dem Weg, oder du spürst meinen Schuh!" Das Männchen ging nichts desto schneller. Wiederum forderte der Bursche ihn auf, auszuweichen, oder er werfe ihn mit dem Schuh weg. Nun kehrte sich das Männchen um und sagte: „Wenn du Lust hast, so wollen wir es mit einander prokuren." Es packte den Burschen und richtete ihn so zu, dass es ihm alle Glieder verdrehte und brach, selbst die Rippen entzwei schlug, so dass der freche Mann elend liegen bleiben musste bis jemand des Weges kam und andern Anzeige machte, die ihm forthalfen. Der Bursche wurde ausserdem schwer krank. Nach und nach genas er aber wieder so weit, dass er herumziehen konnte, aber Zeit Lebens ein Krüppel blieb, beschwerlich und krumm einherging und auf anderer Leute Hilfe angewiesen war.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Das Wichtelchen auf Neuhaus

Source: Das Wichtelchen auf Neuhaus

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Frau P. diente in ihrer Jugend auf einem der behäbigen Bauernhöfe in Neuhaus bei Plasselb. Ihre Arbeit war unter anderem, morgens und abends die Kühe zur Tränke zu führen zum plätschernden Brunnen draussen auf dem gepflasterten Hof. Da geschah es mehrmals durch einen unerklärlichen Vorfall, dass bald das eine, bald das andere losgekettete Rind während der Tränke von unsichtbarer Hand angekettet wurde. Sobald die Stallmagd den Vorfall bemerkte, band sie alsogleich das Tier los und führte es in den warmen Stall. Hier wiederholte sich derselbe Vorfall. Kaum war die Kuh oder das Rind an der Krippe angelangt, war es auch schon von einem unsichtbaren Helfer angebunden. Es war das Werk eines Wichtelmännleins, das im Stall seinen Aufenthalt genommen hatte. Die Magd traute der Sache nicht, sie löste die Halfter wieder vom Ring, knüpfte das obere Ende um den Hals der Kuh und befestigte die Kette neuerdings an den Ring. Damit wollte sie die Einmischung des Koboldes verhindern.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Wiedersehen

Source: Das Wiedersehen

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Es war in unsern Dörfern Sitte, dass Kranke, wenn sie nach der Wiedergenesung ihren ersten Gang aus dem Hause taten, diesen in die Kirche tun mussten. Eine Mutter und verheiratete Tochter (jede an verschiedenem Ende des Dorfes wohnend) waren einmal zu gleicher Zeit monatelang krank. Den gleichen Sonntag durften sie ihren ersten Gang aus dem Hause, d.h. in die Kirche tun. Und trafen aufeinander (von verschiedenen Seiten des Dorfes herkommend) gerade auf der Kirchentür vor versammelter Volksmenge. AIs sie sich nach so langen Leiden zum ersten Mal wiedersahen, fielen sie sich weinend die Arme und das Volk weinte mit, was ein Wunder war bei den sonst so derben, ruhigen Heinzenbergern. Aus: U. Brunold-Bigler, Die Sagensammlung der Nina Camenisch, Disentis 1987, mit freundlicher Genehmigung der Autorin. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das wiehernde Gespenst

Source: Das wiehernde Gespenst

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Mal einisch syg der Heirächä-Sepp uf Alteref üsä. Uf em Lehnstutz z'Trüdälingä syg-em ä Chlosterfräuw abchu, und är heig-ärä ds Zyt a'gwyscht, »güetä Morget« gseit. Und uff das heig diä Chloschterfräuw agfangä rimälä wiä-nn-es Ross. Aber deerer heig der Sepp nytt lang nachäglüegt, das heig-em z'fascht g'grüset; ä gheerägä Tschüder syg dur-nä-n-üff. Theresia Gisler, 73 Jahre alt, Spiringen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Wiesfraueli

Source: Das Wiesfraueli

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Im Aenderdorf, zwischen der Oberdorfstrasse und den Häusern am See, liegt ein schönes, fruchtbares Stück Grasland, die Wies genannt. An diesem Ort erschien an mondhellen Abenden oft ein kleines altes Weiblein, in einem dunklen Prinzessrock, mit einer Reihe Knöpfe vorn und das Haar in Flechten hinten am Kopf zu einem „Rolli“ gebunden. War das Wiesfraueli eine arme Seele, die umgehen musste? Etwa jene Pfarrersfrau, die einst das Nachtmahlbrot vergiftet hatte? Niemand weiss es mehr genau. Das Fraueli ist ja auch schon längst aus der Wies verschwunden. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das wilde Heer (H. Hartmann)

Source: Das wilde Heer (H. Hartmann)

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Durch die Täler und über die Höhen unseres Landes zieht in dunklen, stürmischen Nächten oft ein gespensterhafter Zug, das wilde Heer. Niemandem, der es ruhig seine Bahn dahinziehen lässt, tut es ein Leid an. Wer ihm begegnet, stellt sich zur Seite und lässt die flüsternden Gestalten weiterziehen. Sie kehren auch oft in Stadeln, Ställen und Sennhütten ein. Darum muss man in gewissen Nächten die Türen offen lassen. So hörte einst ein Senn, welcher auf der Gasteren, der gewohnten Lagerstatt im Heu über dem Stalle, schlief, drunten merkwürdige Stimmen, ohne den Sinn der Worte zu verstehen. Vorsichtig schleicht er sich zur Futterlücke, um hinabzuschauen. Er ahnt, das wilde Heer sei bei ihm eingekehrt. Und wirklich, das Nachtvolk ist in seiner Hütte. Die absonderlichen Gestalten haben sich’s bequem gemacht. Einige sitzen um den russigen Herd, wo sie ein lohendes Feuer angesteckt haben, während andere Spiegel, die schönste Kuh im Stalle von ihrem Platze losbinden, sie schlachten und braten und vergnüglich von ihrem Fleisch schmausen. Die Frechheit wurmt den Senn im Innersten. Er springt auf und will dazwischen fahren, besinnt sich aber noch beizeiten und bleibt stumm. Da richtet einer aus der geheimnisvollen Schar sein Auge nach ihm hin und bietet ihm artig einen Bissen Fleisch von seinem Eigentum an. Er schlägt nicht ab und isst das Stück ohne ein Wort zu sagen. Nach vollendeter Mahlzeit verschwindet das Nachtvolk wieder, das Feuer erlischt und der Senn, noch immer gelähmt vor Furcht und Ärger, kriecht auf sein Lager zurück. Des Morgens aber, wie er in den Stall hinuntersteigt, dem Vieh zu warten, siehe, da steht auch der geschlachtete Spiegel wieder am altgewohnten Platze und bringt dem über alle Massen Erstaunten den üblichen Morgengruss dar. Doch, o Wunder! Am Hinterteil fehlt der Kuh ein Stücklein Fleisch und bei genauem Zusehen sagt er sich, es ist just der Teil, welchen ich selbst in der Nacht gegessen habe. Denn mit sich spassen lässt das Nachtvolk nicht. Ein Senn von Habkern ging auf die am Fusse des Hohgants liegende Alp Ällgäu, um seine Kuh zu suchen. Als er sich mit der Gefundenen auf den Heimweg machen wollte, nötigte ihn die hereinbrechende Dunkelheit, in einer Hütte auf Wydegg ein Nachtlager zu beziehen. Um Mitternacht hörte er draussen ein Gebrumme wie von einer sich der Hütte nähernden Menschenmenge. Dann wurde die Hüttentüre aufgesprengt. Hinein zog der nächtliche Zug und stellte einen schwarzen Sarg auf den Boden. Nachdem die Teilnehmer seine Kuh geschlachtet, gebraten, verzehrt, und ihn gezwungen hatten, mitzuessen, zogen sie wieder davon. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das wilde Heer - Grandvillars

Source: Das wilde Heer - Grandvillars

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Im südlichen Teil des Kanton Freiburg fliesst der Taunabach durch ein Berg- und Talgelände, das vor mehreren hundert Jahren der Aufenthalt eines wilden Jägers war, der besonders während der Jagdzeit jeden Samstag sein unruhiges Wesen trieb. Sobald die Betglocke im Dorfe geläutet hatte, hörte man in den Wäldern und jähen Halden ob Grandvillars das Schmettern der Jagdhörner, das "Ho-ha-ho-Rufen" des Jägers und das Gebell der Rüden. Dann stürmte die Jagd durch Berg und Tal, bis der Tag graute. In einer nahen Voralp schien der Jäger vor Mitternacht stets etwas auszuruhen; denn hier sammelte er seine zerstreuten und verlaufenen Hunde wieder, und verwahrte in einer Felshöhle das erlegte Wild. Kaum konnten es die Sennen dort aushalten; denn wenn sie sich nicht mäuschenstill hielten, verheerte er alles auf der Vorsatz, zerschlug Dächer und Zäune, die Rüden gruben tiefe Löcher in den Boden, und die Kühe im Stalle des Staffels wurden auf unsichtbare Weise gequält und gepeinigt, dass sie laut brüllten, und am andern Morgen nur wenige und schlechte Milch gaben. Einst stand ein junger, unerfahrener Küher vor der Alphütte, und als er den Nachtjäger herannahen sah, schrie er keck: "ho, ha, ho! ho, ha, ho!" aber plötzlich erhielt er, obschon der Weidmann noch fern war, einen so heftigen Stoss in den Rücken, wie mit einem Gewehrkolben, dass er blutrünstig, gequetscht, und halb ohnmächtig zur Erde fiel, wo ihn die Sennen erst am andern Morgen aufheben und pflegen konnten, weil sie es nicht gewagt hatten, so lange der Jagdsturm dauerte, aus dem Staffel zu treten, der von den bellenden Hunden wie umlagert war. Diese taten jedoch dem armen Küher nichts Leides, sie beschnüffelten ihn nur, bis sie sich mit dem unruhigen Jäger entfernten. Suchte man des andern Tages bei Sonnenaufgang im Felsenkeller das Gewild, so fand man nichts, als Spuren von Blut, Gemsen-, Hasen-, Fuchs- und Dachsenhaare und Tritte von Menschen und Hunden. Quelle: Theodor Vernaleken, Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch


by Das wilde Mandli und der Föhn

Source: Das wilde Mandli und der Föhn

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Eine Schächentaler Familie hatte ein wildes oder Heidenmandli im Dienste. Im Dienstvertrag hatte sich dieses ausbedungen, bei schlechtem Wetter nicht arbeiten zu müssen. Treu erfüllte der arbeitsame Knecht seine Pflicht, auch bei Regenwetter, bis eines Tages im Spätsommer der Föhn einbrach. Das warme Wetter benützend, mähten die Leute wacker darauf los, nur der Knecht erschien diesmal nicht. Nachmittags endlich, als das Heu beichlingel-dires darauf wartete, eingetragen zu werden, wollte man den Knecht auch zur Arbeit holen. Nach langem Suchen fand ihn der Bauer tief im Heustock schlafend an und vermochte nicht, ihn zu tätigem Eingreifen zu bewegen. »Wisst ihr denn nicht, dass ich im Dienstvertrage schlechtes Wetter ausbedungen habe?« – »Aber heute ist ja das herrlichste Wetter!« – »Ihr täuschet euch«, erklärt der Knecht, »heute geht der Föhn, und der ist das ungesundeste Wetter; er trocknet das Mark in den Beinen.« Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das wilde Mandli und die geliehene Kuh

Source: Das wilde Mandli und die geliehene Kuh

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Ab der Ruoggiger Flueh kam einst ein wildes Mandli und wünschte eine Lehkuh von einem Unterschächener Bauer. Der traute ihm nicht wohl und vertröstete ihn auf den folgenden Tag. Er wolle unterdessen mit der Frau reden. Diese meinte, er solle ihm das schlechteste Chuehli geben, es sei ja nicht viel an ihm verloren. Als nun das Wildmandli am folgenden Tage das Chüehli bekam, ging es mit ihm durch die jähe Flueh hinauf, wo kein Mensch und kein Tier hinaufzuklimmen imstande wäre. Oben auf der Flueh hat es Höhlen, man könnte Kirchen hineinstellen. Es war schon spät im Herbst, und das Wildmandli hatte die Lehkuh noch nicht zurückgebracht; das Ehepaar dachte, sie sei für sie verloren. Endlich, als sie eines Tages in ihrer Matte arbeiteten, sahen sie das Männchen mit der Kuh durch die blanken Felsen herabkommen. »E, lüeg da«, sagte der Bauer zur Frau, »äs chunnt doch wieder mit yserm Wysshori.« Kaum gesagt, fiel die Kuh den Felsen hinunter zu Tode. Das Wildmandli kam nun allein zu dem Bäuerlein und sagte, weil er den Namen der Kuh ausgesprochen, sei sie gestürzt. Den Lehzins werden sie zwischen den Hörnern oder ich weiss nicht sicher, zwischen den Klauen finden. Als der Bauer das Chüehli untersuchte, fanden sie Körnlein, die aussahen wie Reiskörnchen, und die sie verächtlich wegwarfen bis auf eines, das aber entpuppte sich am nächsten Morgen als das reinste Gold. Vor Ärger und Gram entleibten sich die zwei Eheleute. Im nächsten Jahre kam das wilde Mandli wieder und fragte nach den Leuten, die ihm das letzte Jahr die Kuh zu Lehen gegeben. Von den Nachbarn vernahm es, dass sie sich entleibt. »Die einfältigen Leute«, meinte es, »die hätte ich hortreich gemacht; denen hätte ich alle Jahre einen herrlichen Lehzins gegeben, wenn ich von ihnen eine Kuh zu Lehen bekommen hätte.« Das sagte es in einem Spruch, den ich aber nicht weiss. Karl Gisler Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das wilde Mandli und die Hebamme

Source: Das wilde Mandli und die Hebamme

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Das wilde Mandli am Horn-Efeli in Isental war scheints auch verheiratet. Einst holte es im Dorfe die Hebamme. Es konnte sich aber nur sehr schwer verständlich machen. – Als sie ihre Sache verrichtet hatte, sagte das Mandli, sie solle die Fürscheibe hinhalten. Sie tat es, und man füllte sie ihr mit Kohlen. Das sei ihr Lohn. »Ja, was sol ich de mit deenä machen«, dachte sie auf dem Wege und liess eine nach der andern fallen. Das wilde Mandli, das sie begleitete, bemerkte solches und sagte: »Wie meh as d'verzattisch, Wie weniger as d'hattisch.« Zu Hause hatte sie noch eine einzige Kohle, und diese warf sie hinter (oder auf) die Herdstatt, wie es ihr die Leutchen geraten hatten. Da war sie pures Gold. Das emsigste Suchen nach den verlorenen Kohlen war umsonst. Wie sie in das Horn-Efeli hinaufgekommen, konnte die Hebamme nicht sagen, auch nicht recht, wie es dort ausgesehen habe. Es sei fast wie ein Gewölbe oder wie unter einer Brücke gewesen. Mich. Imhof; Maria Ziegler Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das wilde Männlein beim Käsen

Source: Das wilde Männlein beim Käsen

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Auf einer Alp lebte ein wildes Männlein auf ziemlich vertrautem Fusse mit dem Senn und empfing von demselben manches, was ihm Freude machte; dafür war er dem Senn sehr zugetan. Um ihn für seine Wohltaten zu belohnen, sagte er einmal zu ihm, heute solle er es käsen lassen und solle ihm zuschauen, aber kein Wort sprechen, bis es fertig sei. Der Senn geht den Vorschlag ein, setzt sich auf einen Melchstuhl und schaut dem Männlein zu. Dieses macht alles in der Ordnung und zuletzt, als es nach der Meinung des Sennen fertig war, stellt es den Kessel mit Schotte wieder über das Feuer und schickte sich an, von neuem zu hantieren. Der Senn fing an zu lachen und über das Männlein zu spotten, dass es aus der Schotte noch einmal käsen wolle. Da legte das Männlein die Kelle bei Seite und sagte: „Wenn d'nüt weist, So seist", und eilte fort und liess sie sich nicht wieder sehen. Hätte der Senn geschwiegen, wie die Verabredung lautete, so hätte er gelernt, welchen Nutzen man aus der Schotte ziehen kann, aber so ist dieses Geheimnis noch bis auf den heutigen Tag ein Rätsel geblieben und man weiss mit der Schotte nichts anderes anzufangen, als den Durst der Schweine zu löschen und allenfalls das Blut zu reinigen. Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das wilde Männlein in Conters

Source: Das wilde Männlein in Conters

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Auch in Conters hütete ein wildes Männlein lange die Kühe. Als man ihm dann einmal ein Kleid gab und es dasselbe angezogen hatte, wurde es ebenfalls stolz, warf den Hirtenstab hoch durch die Luft und sang: „Was wett au so na Weideleman Meh mit den Kühen z'Weidele gan!", hüpfte von dannen und kehrte nicht wieder.   Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das wilde Männlein von Safien

Source: Das wilde Männlein von Safien

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In Safien hinten im Tal, bei den Häusern, wie man es nennt, war einmal eine Frau am Käsen und hatte gerade den Kessel mit der Milch über dem Feuer und die Milch fing an heiss zu werden. Da flog plötzlich ein Lederkäpplein in die Küche herein. Sie trat unter die Haustür, um zu sehen, wer da sei, und siehe da, es sass ein wildes Männlein vor der Tür. „Ei, liebe Frau“, hub das Männlein an, „gät mer doch äppas z'trinka, ich han an grusamma Durst und han noch wit hein und as kunt ananderanah as grusamms Wetter." „Ach“, erwiderte die Frau, „du bist jez woll a gauchs (kurioses) Mannli, luag, z'Sunna schint a so wara und hüt kunt's gwüss niena ga regna, aber z'trinka willter ich scho gän, ich han grad z'Kessi über'm Für." „So machet doch gschwint, liebe Frau, luaget, i muass gan." Die Frau lachte vor sich hin und dachte, du bist mir der rechte Wetterprophet, es ist der ganze Himmel heiter; sie schöpfte Milch aus dem Kessel und brachte sie dem Männlein. „Ei, guate Frau“, sagt jenes, „gät mer doch as grössers Gebsi, dass d'Milch gschwinter z'erkuala kunt, i ka sövel nit lang macha." Die Frau willfahrte und lachte, als sie sah, wie das Männlein in grösster Eile die Milch in dem grössern Geschirr umschwenkte und hineinblies, damit sie schneller kalt werde und wie es dann die Milch so schnell als möglich trank. „Du hast“, sagte sie, „an tolla Stäcka, mit dem kust scho fürwärts, aber dass es hüt leit Wetter gäbi, wurtist jez du, schäzzi, nit grad wissa, sus truffi's mir au no as wiavalo Heu iz'tua." „Ja so machet nu geschwint“, sagte das Männlein, „sus kunt ich der Rega dri und jez sägi Dank, wenn's dermit usgricht't ist", und mit diesen Worten eilte es den Berg hinan und hätte in der Eile sogar sein Lederkäpplein vergessen, wenn die Frau es ihm nicht nachgeworfen hätte. Die Frau käsete fort, aber kaum waren einige Minuten verstrichen, da zog eine schwarze Gewitterwolke über das Gletscherbachhorn herein und es fing an zu blitzen und zu donnern und der Regen fiel in Strömen. Da kratzte sich die Frau hinter den Ohren, dass sie dem wilden Männlein nicht geglaubt und ihr Heu nicht eingetan hatte. Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Wildental

Source: Das Wildental

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Das Wildental ist eine Waldung bei Mettmenstetten. Davon sagt man, hier hätten die Wilden, d. h. die Heiden, die sich zur Zeit der Verbreitung des Christentums nicht bekehren lassen wollten, noch lange gehaust. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Knonauer Amt Gchr. Mettmenstetten 1905.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Wildmännlein

Source: Das Wildmännlein

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Es waren einmal ein Mann und eine Frau, die hatten zwei Töchter. Die eine hiess Gretta, die andere Cilgia. Nachdem sie einen schweren und langen Winter hinter sich hatten, sah der Vater, dass der Heustock von Tag zu Tag abnahm, und noch lag Schnee unten im Tal. Nur auf einem kleinen Boden sah man schon ein schönes Grün. Jetzt sagte der Vater zu den Töchtern: «Ihr könntet morgen, die eine oder die andere, mit unseren beiden Kühen auf den Boden.» Gretta, die ältere, sagte schnell: «Oh, lieber Vater, lass mich gehen.» Der Vater war damit einverstanden und sagte: «Gut, so geh nur, übermorgen kann dann Cilgia gehen. Gib nur acht, dass du nicht den Weg links hinauf nimmst, denn von dort kann das Wildmännlein kommen. Dann bist du bös dran.» Gretta gab keine Antwort, sie war glücklich und zufrieden, dass sie weg konnte. Am andern Tag gab ihr die Mutter für unterwegs ein Fässlein Wein, eine Wurst und ein Stück Brot in einem Tuch mit. Sie packte die Strickarbeit in ihren Korb und brach fröhlich mit den Kühen auf. Kaum waren die auf dem kleinen Boden oben, weideten sie das schöne grüne Gras ab, dass es eine Freude war. Nachdem Gretta ein paar Krokusse gepflückt hatte, begann sie zu stricken. Allmählich bekam sie Hunger, und als sie auf die Sonne schaute, sah sie, dass es bald elf war. Jetzt nahm sie ihr Essen hervor und breitete das Tuch als Tischdecke auf dem Boden aus. Aber kaum hatte sie die Wurst angebissen, hörte sie einen Lärm, und da sah sie ein kleines Männlein mit einem Spitzhut und einem grossen Stock in der Hand den Hügel heraufkommen. Sie machte einen gewaltigen Satz und wollte fliehen, aber das Wildmännlein packte sie am Arm und sagte: «Nichts da, nichts da, du bleibst hier und kommst mit mir.» Sie begann zu weinen und jammerte: «Helf mir Gott, helf mir Gott, was wird aus meinen Kühen? Die können nicht mehr nach Hause.» - «Das macht nichts», antwortete das Männlein, «die Kühe treibe ich schon nach Hause.» Es nahm eine Trillerpfeife hervor, gab einen Pfiff, und die Kühe trotteten, kling klang, talwärts. Das Männlein marschierte voraus und befahl dem Mädchen mitzukommen, und sie gingen und gingen und gingen, bis sie zu einer Tür in einem Felsen gelangten. Jetzt klopfte das Wildmännlein dreimal mit seinem Stock daran, und auf den dritten Schlag öffnete sich mit grossem Getöse ein riesiges Tor. Sie kamen in einen grossen Gang, wo eine Menge Männer versammelt waren, Schneider, Schuster, Metzger und Hausknechte. Sobald diese das Männlein sahen, begannen sie laut zu schreien: «Guten Tag, guten Tag, Gian Pitschen mit dem Spitzhut, der noch nie so spitz war wie heute!» Nachdem er seine Schar begrüsst hatte, musste Gretta ins Wohnzimmer gehen. Gian Pitschen nahm aus dem Sekretär ein schönes Nähkästchen und daraus eine kleine Schachtel, worin eine in Watte gewickelte Schmucknadel mit einem grossen goldenen Kopf lag. Er gab sie Gretta und sagte: «Diese Nadel schenke ich dir; du kannst sie jeden Tag tragen, doch pass auf, gut auf, dass du sie nicht dreckig machst, sonst geht’s dir schlecht.» Jetzt ging er mit der armen Gretta durchs Haus und zeigte ihr die Zimmer, eines schöner als das andere. Als sie zurückkamen, blieb er vor einer Tür mit dem Schlüssel dran stehen und ermahnte sie: «Pass auf, dass du nie in diese Stube gehst, sonst geht’s dir schlecht!» Als sie in die Küche kamen, befahl er: «Du bleibst jetzt hier bei mir, schwer arbeiten musst du nicht. Du hast nichts weiter zu tun, als mir morgens um sieben den Kaffee zu kochen. Tagsüber bin ich immer im Wald; dann musst du den Leuten, die hier im Haus sind, das Essen geben. Wenn ich abends zurückkehre, musst du mir den Kaffee machen.» Jetzt begann Gretta zu weinen. «O weh, o weh, mein Vater und meine Mutter! Ich bleibe nicht länger hier, ich will nach Hause.» Nun wurde der Alte zornig, hob den Stock und brüllte: «Schluss, Schluss damit, Geschrei und Geflenne will ich nicht! Sei zufrieden mit dem goldenen Nadelkopf und schau, dass er sauber bleibt; du musst ja nicht bis zum Umfallen arbeiten!» So verging eine Weile, und jeden Abend, wenn das Männlein nach Hause kam, musste sie die Nadel mit dem goldenen Kopf zeigen, und der glänzte noch wie zuvor. Nach etwa vierzehn Tagen ging Gretta im Haus nach oben und schaute nochmals in all die prächtigen Stuben. Da dachte sie: «Wenn das alles mir und den Meinen wäre, so müssten wir nicht so grosse Not leiden.» Jetzt sah sie, dass es fast vier Uhr war und Zeit, den Kaffee zu kochen. So stieg sie die Treppe hinunter, um in die Küche zu gehen. Aber als sie zur verschlossenen Tür kam, dachte sie: »Was mag da nur drin sein, dass Alte mir nicht erlaubt hineinzuschauen?» Sie dreht den Schlüssel, die Tür öffnet sich, und sie sieht mit Schrecken und Entsetzen den Boden voller Blut, und überall liegen Frauenleichen. Da machte sie einen gewaltigen Satz, die goldene Nadel fiel zu Boden, und der kleine Kopf war voll Blut. Sofort hob sie die Nadel auf, schlug die Tür zu und sprang hinunter, um den Kopf sauber zu machen. Doch alles Waschen und Reiben half nichts, die Flecken gingen nicht weg. Jetzt nahm sie die Nadel, wickelte sie in Watte und legte sie in die Schachtel zurück. Sie weinte vor Angst und Kummer und ging dann in die Küche, um schnell den Kaffee zu kochen. Das Männlein kam zur Tür herein, und als es sah, dass die arme Gretta tränenüberströmt war, fragte es: «Warum weinst du? Ich will den goldenen Nadelkopf sehen. Bist du vielleicht neugierig gewesen?» Gretta musste den Kopf zeigen, und sobald der Alte die Flecken sah, packte er sie am Arm, schleifte sie die Treppe hinauf, öffnete die Tür jener schrecklichen Stube und schrie: «Bleib da, wohin deine Neugier dich geschickt hat!» Und der Alte stiess sie hinein und drehte den Schlüssel um. Jetzt lassen wir dies beiseite und gehen ins Haus von Grettas Eltern. Die hatten grossen Kummer, und alle Leute des Dorfes gingen Gretta suchen; aber den Weg links hinaufzugehen, getraute sich keiner. Auch die andere Tochter, Cilgia, suchte sie jeden Tag. Eines Abends, als sie ganz verzagt war, weil sie keine Spur von ihrer Schwester gefunden hatte, begegnete sie einem alten Mann, der fragte sie: «Warum jammerst und weinst du so?» Cilgia antwortete: «Ich habe die Hoffnung verloren, meine Schwester zu finden», und sie erzählte dem Alten, wie Gretta verschwunden war. Der Alte sagte sofort: «Das ist ein Streich von Gian Pitschen mit dem Spitzhut; und wenn du deine Schwester finden willst, so geh zu ihm. Aber sei schlau! Und wenn du ihm begegnest, so mach eine Verbeugung und sag ganz, ganz höflich: "Guten Tag, guten Tag, Gian Pitschen mit dem Spitzhut, der noch nie so spitz war wie heute!" Dann wird es dir gut gehen.» Cilgia dankte dem Alten und ging froher als zuvor nach Hause. Sogleich sagte sie zu den Eltern: «Morgen gehe ich mit den Kühen den Weg links hinauf; ich will doch sehen, ob ich etwa Gretta nicht finde.» Alles Bitten der Eltern, sie solle sich nicht in diese Gefahr begeben, half nichts, und am andern Tag packte Cilgia ihr Essen ein und ging den Weg links hinauf. Als sie hungrig war, nahm sie es hervor und begann zu essen. Auf einmal hört sie Schritte, und das Wildmännlein kommt den Berg herauf Als sie es sieht, steht sie auf, geht ihm zwei Schritte entgegen und sagt mit einer schönen Verbeugung: «Guten Tag, guten Tag, Gian Pitschen mit dem Spitzhut, der noch nie so spitz war wie heute! Kommt her und esst mit mir einen Bissen.» Das Männlein antwortet: «Nein, nein, lass das nur sein, du kommst jetzt mit mir!» Jetzt sagt sie: «Ich ginge ja gerne mit Euch, aber die Kühe finden den Heimweg nicht.» Das Männlein nahm seine Trillerpfeife hervor, und auf seinen Pfiff trotteten die Kühe talwärts. Nun ging das Männlein mit Cilgia im Arm den Weg entlang bis zum Tor. Auf drei Schläge mit dem Stock öffnete es sich, und die im Gang versammelten Männer schrien. «Guten Tag, Gian Pitschen mit dem Spitzhut, der noch nie so spitz war wie heute!» - «Jetzt hab ich den Vogel!» dachte Cilgia zufrieden, als sie diesen Gruss hörte. Der Alte zeigte auch ihr die Zimmer und gab auch ihr die Nadel mit dem goldenen Kopf, wobei er dasselbe zu ihr sagte wie zur Schwester. Cilgia gab sich jetzt alle Mühe, für den Alten gut zu kochen; sie fegte seine Stube und seine Kammer gut aus und putzte seine Schuhe so dass er immer mit der besten Laune wegging. Auch zu den andern Männern war sie sehr gut; sie kochte ihnen sogar hie und da Milchreis mit Kastanien. Und wenn sie ihr dafür dankten, sagte sie: «Ihr habt mir nichts zu danken, es genügt, dass ihr mir helft, wenn ich euch einmal brauchen sollte.» Doch schon am ersten Tag, als der Alte im Wald war, ging sie hinauf zum verbotenen Zimmer; die Nadel mit dem goldenen Kopf liess sie im Nähkästchen unten. Drinnen im Zimmer hörte sie eine schwache Stimme jammern und weinen, und als sie die Tür öffnete, wäre sie vor Entsetzen fast hingefallen. Doch als sie ihre Schwester lebend zwischen all diesen Toten sah, ging sie hin und umarmte sie, und sie weinten zusammen. Dann sagte Cilgia zu Gretta: «Klage jetzt nicht mehr, alles wird bald zu Ende sein. Ich will schon schauen, dass ich diesem alten Schuft den Meister zeigen kann. Ich werde mein Möglichstes tun, um dich zu befreien. Auch zu essen und zu trinken sollst du jeden Tag bekommen, solange du willst, und während der Alte fort ist, werde ich bei dir oben bleiben.» Gretta war natürlich glücklich, ihre Schwester bei sich zu haben, und sie fühlte sich auch ein wenig zuversichtlicher, denn sie wusste ganz genau, dass Cilgia nicht eine mit Stroh im Kopf war. Auf diese Weise vergingen acht Tage. Eines Samstag abends, als sie den Alten kommen hörte, gab Cilgia vor zu weinen und setzte eine ganz verzagte Miene auf. Sobald der Alte sie sah, fragte er zornig: «Was fehlt dir?»  Cilgia nahm die Nadel aus dem Nähkästchen und zeigte sie ihm, und als der Alte sah, dass der goldene Kopf wie neu glänzte, fragte er: «Was fehlt dir denn sonst?»  Jetzt begann sie wieder zu weinen und sagte: «Ich denke an Vater und Mutter, die müssen sterben vor Hunger; wer soll denn jetzt verdienen, wenn beide Töchter fort sind?»  Da sagte der Alte: «Wenn es nur das ist, so kannst du heute Abend einen Sack mit Käse, Würsten, Schmalz und Broten und auch  ein paar Weinflaschen füllen; aber ja nicht zu schwere Sachen, damit ich nicht zu müde werde – dann werde ich den Sack morgen früh vor die Tür der Alten legen. Jetzt mach, dass ich meinen Kaffee trinken kann; ich bin müde heute Abend und will ausruhen.» Der Alte legte sich bald schlafen, und jetzt stieg Cilgia in den Keller hinunter und stellte Salsiz, Bindenfleisch, Schinken und Zieger bereit. Am Morgen früh ging sie zur Schwester hinauf und sagte: «Nun, meine Gretta, wenn du alles so machst, wie ich es dir sage, wirst du heute Abend zu Hause sein. Komm mit mir in den Gang, dort habe ich einen grossen Sack voll Esswaren bereitgestellt, und der Alte will ihn unsern Eltern bringen. Du musst in diesen Sack hinein, und jedes Mal, wenn der Alte ausruhen will, so rufst du mit schwachem Stimmlein: "Ich sehe es!"» Als Gretta im Sack drin war, schnürte Cilgia ihn zu und machte Löcher hinein, damit Gretta atmen konnte. Dann ging Cilgia den Alten rufen. Der kam sofort und packte den Sack, um ihn auf die Schulter zu nehmen. Da sagte er: «Hol's der Teufel, das da ist mir zu schwer!» - «Ach was, das scheint Euch nur so, weil Ihr grad aufgewacht seid», erwiderte Cilgia. «Eines sollt Ihr wissen: ausruhen könnt Ihr nicht. Ich gehe auf die Laube und passe auf, und wenn ich sehe, dass Ihr ausruht, so rufe ich jedes Mal: "Ich sehe es!" Doch wenn Ihr den Sack gar abstellen solltet, dann werfe ich mich augenblicklich ins Wasser.» Unterdessen hatte sie ihren roten Werktagsrock an einem losen Baumstrunk befestigt. Jetzt machte sich der Alte - dieser Trottel - mit seinem Sack auf den Weg. Aber schon nach wenigen Schritten floss ihm der Schweiss übers Gesicht, und er ruhte einen Augenblick aus. Sogleich hörte er eine Stimme rufen: «Ich sehe es!» - «Jetzt hat sie es schon gesehen, diese Hexe! Ich muss gleich wieder weiter.» Doch die Knie begannen ihm zu zittern; er musste noch einmal ausruhen. Da rief sofort wieder die Stimme: «Ich sehe es!» - «O geh zum Teufel!» dachte der Alte und nahm seinen Sack wieder auf die Schulter. Doch jetzt hat er keine Kraft mehr, im Hui liegt der Sack am Boden, und im selben Augenblick hört er einen Schlag, und er sieht Cilgias roten Rock im Wasser. Er rennt hin und will sie fassen, aber er rutscht aus und fällt ins Wasser. Jetzt läuft Cilgia, die sich hinter einer grossen Arve versteckt hat, zum Ufer, nimmt einen grossen Stein und schleudert ihn nach dem Alten, der noch den Kopf über Wasser hält. Dann schreit sie um Hilfe, worauf die Männer herbeirennen: Der Metzger wirft dem Alten Knochen hinterher, der Schneider das glühend rote Bügeleisen, der Schuster den Amboss, und so jeder, was er hat tragen können. Auf einmal gab es ein fürchterliches Beben, und nun wussten alle, dass es mit diesem teuflischen Schuft, der seit Jahren so viele Leute unter dem Daumen gehalten hatte, aus war. Sie jubelten so laut, dass das ganze Tal erschallte und rannten jetzt herbei, um Gretta aus dem Sack zu lassen. Nun gingen sie alle ins Haus, glücklich und zufrieden über ihre Befreiung aus langer Gefangenschaft. Im Keller unten befreiten sie einen Alten, der schon seit Jahren da unten war. Der Alte kam in die Stube und sagte zu Cilgia: «Du bist die einzige, die uns mit List von diesem unheimlichen Alten mit dem Spitzhut befreit hat – und nur darum hast du ihn aus dem Weg räumen können. Deinen Lohn aber hast du auf sicher. Ich bin der Einzige, der von jener Schrift weiss, die sich im Stübchen draussen in der Tischschublade befindet. Darin steht, der Person, der es gelingt, Gian Pitschen mit dem Spitzhut zu töten, soll das Haus mit allem, was drin ist, gehören.» Nun gingen sie ins Stübchen hinüber und fanden alles so, wie es der Alte gesagt hatte, und dazu noch einen Beutel voll Goldstücke. Cilgia nahm sie und gab davon jedem ein schönes Geschenk. Noch am gleichen Tag verriegelten die zwei Schwestern das Haus, nahmen Salsize, Bindenfleisch und eine Flasche Wein mit und reisten heimwärts. Abends spät gelangten sie in ihr Dorf. Die Läden an ihrem Haus waren schon geschlossen. Da die Fenster ihrer Wohnung tief lagen, hörten sie trotzdem ihre Mutter schluchzend zum Vater sagen: «O weh, o weh, was ist bloss mit unseren Mädchen geschehen?» In dem Augenblick trat Cilgia zur Tür, nahm den Klopfer und liess ihn so kräftig fallen, dass der Vater sogleich zur Tür rannte. Kaum hatte er geöffnet, wurde er von seinen Töchtern umarmt, und die Freude wollte nicht mehr enden, als sie in die Stube zur Mutter kamen. Schon am andern Tag gingen sie mit ihren Eltern zu Gian Pitschens Haus, und die konnten nicht genug über die unzähligen Kostbarkeiten staunen. Sie luden ihre Freundinnen zu Tanzabenden ein und hatten ein wunderschönes Leben, und guten Tag, Herrschaften!   Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Wildmannli

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Auf der Südostseite der grossen Windgelle erhebt sich ein seltsamer Felsstock, der, in einiger Entfernung gesehen, einem aufrecht stehenden Manne gleicht. Die Jäger nennen diesen Fels das Wildmannli, und sie erzählen, es habe einst in grauer Vorzeit ein wilder und frecher Jäger in dieser Gegend gelebt, der keinen Sonntag achtete und dem kein Feiertag heilig genug war, wenn es galt seiner unbändigen Jagdlust zu frönen. Einst trieb ihn seine Jagdliebe an einem hohen Feiertage auf die Windgelle, und als er auf der Stelle, wo jetzt der Felsstock steht, eben im Begriff stund einen wohlgezielten Schuss auf die flüchtige Gemse zu tun, so erreichte ihn die Strafe des Himmels und verwandelte ihn in diesen Stein. So steht er nun seit Jahrhunderten zum warnenden Beispiele da. Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Wirtletier

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Wirtle heisst der Hügel zwischen Ballwil und Hochdorf, über den die Talstrasse seit Jahrhunderten führt. Zwei Wälder bedecken denselben und ein dritter, das Hasli liegt in der Nähe. Zwischen diesem und dem mittleren Wirtlenwalde führt ein Fussweg von Unterebersol über die Heuschlösser nach Urswil. Diesen Weg ging vor mehr als 80 Jahren der alte Wagnerhansjeri (Johann Georg Müller) zu Urswil ab der Stör zu Unterebersol. Es war eine finstere Nacht. Als er die alte Strasse überschritten und in die Weid zwischen beiden Wäldern getreten, da hörte er gegen sich zu etwas rauschen. Kaum bemerkt, war es schon zwischen seinen Beinen durchgefahren, verrauschend im nahen Walde. Was es gewesen, wie es ausgesehen, das konnte der alte Wagner nicht recht beschreiben, es habe zunächst einem grossen schwarzen Hunde geglichen. Der alte Wagner kannte die Furcht nicht. Zu jeder Stunde der Nacht ist er mit seinem Räf, und auch sonst, durch Wälder und Tobel gegangen, ohne je zu zagen. Auch hier schritt er rüstig heimwegs, ohne etwas anderes dabei zu denken, als ob das vielleicht etwa das Wirtlentier gewesen? Als er heim kam, fühlte er sich unwohl. Das linke Bein nahe der Wade, wo das Tier gestreift, tat ihm wehe. Am Morgen war er krank. Immer mehr schmerzte das Bein. Es brach auf und die Wunde wurde so gefährlich, dass man die Abnahme des Fusses fürchtete. Mehr als ein halbes Jahr war verflossen und der Mann war noch nicht heil. Der Knochen war zum Teil zerstört. Da habe der alte Scherer Franz zu Hochdorf ihm ein Stück Holz einsetzen müssen. Endlich sei die Heilung eingetreten. Noch viele Jahre darnach ist unser Wagner auf die Stör gegangen und das eingesetzte Holzstück hat des Paulihansen Baschi (Bruder meines Vaters) mit eigenen Augen gesehen und die Geschichte oft erzählt.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Das Wirtshaus

Source: Das Wirtshaus

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Am Fusse des Simpelberges, in einer wilden Alpe, wo ehemals die alte Saumstrasse durch das Gantertal vorüberzog, stand vor vielen Jahren ein Wirtshaus, "zur Tavernen" genannt. Es wollte vielleicht auch zu schnell reich werden; darum hat dasselbe ein ähnliches Schicksal, wie heutzutage so manches Gasthaus, getroffen. Lange soll sein Hauswesen geblüht haben, bis es endlich durch Überlohnen und Weinverfälschung bei den Reisenden den Kredit verlor und in Verfall geriet. Nach dem Tode der letzten Wirtin dieses Gasthauses soll man an den Tempertagen, aus den Gräben der Kalten-Wasser, welche durch dieses wilde Tal tosen, bei nächtlicher Stille wehmütig rufen gehört haben: Ich heisse Johannili fi Bi zer Tafernu Wirti g’si, Hä Wasser usgä fir Wi Muoss jez in-ne chaltu Wässru si.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Wirtshaus in Gondo eine Mördergrube

Source: Das Wirtshaus in Gondo eine Mördergrube

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Ums Jahr 1630 wirtete zu Gondo ein gewisser Pera von Trasquera. Nach der Sage hatte er in der Gemeinde noch drei Brüder, von denen der eine in den Bielen auf Alpien sesshaft war, der andere im "Klosterli" in Zwischbergen. Es kehrte bei ihm ein Herr aus Vigezzo ein, der bereits seine Familie von der bevorstehenden Ankunft in Kenntnis gesetzt hatte. Er wurde von Pera ermordet. Umsonst warteten die Seinigen auf dessen Ankunft. Böses ahnend, ritt seine Frau nach Gondo. Schlau wie sie war, hatte sie absichtlich einen fast unbrauchbaren Sattel mitgebracht. Dem Wirte eröffnete sie ihre Not mit der Bitte, ihr einen andern Sattel zu verschaffen. Pera, sie nicht kennend, zeigte sich ganz bereit dazu. «Ich besitze», sagte er, «vierzehn Sättel; es wird wohl einer passen.» Sie probierte alle der Reihe nach; der vierzehnte war der ihr wohlbekannte Sattel ihres Gatten. Sie wusste jetzt genug. Auf dem Sattel ihres Mannes ritt sie nach Simplon und setzte den Richter vom Mord in Kenntnis. Sofort schickte dieser vierzehn Mann nach Gondo, den Pera zu verhaften. Er leistete verzweifelten Widerstand und konnte erst unterhalb des Wirtshauses an der Doveria gefesselt werden. Auf ein Pferd gebunden, wurde er nach Brig abgeführt und hingerichtet. Nach seinem Tode ging er im Wirtshause als schwarzer Hund umher, und noch bis vor fünfzig Jahren wollte man ihn hie und da gesehen haben. GONDO Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Wuetihee

Source: Das Wuetihee

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Oben im Wald ist ein Weiher, und aus diesem kommt der Dorfbach. An demselben hört man nachts oft ein markdurchdringendes Geschrei. Es rührt von einer Weibsperson her, die ihr Kind im Weiher ertränkt und darum die Grabesruhe nicht gefunden hat. J. J. Sonderegger. * Nachdem beim Volke die Erinnerung an Wodan verloren gegangen war, erhielt die Sage vom wütenden Heer vielfach einen neuen, wieder einen greifbaren Untergrund. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 53, S. 25 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Wunder

Source: Das Wunder

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Es war in Zeiten grosser Not und Teuerung, als fünfundzwanzig Zermatter im Felsen oberhalb der Kalbermatte hinten im Zmuttal Faxen sammelten. Als jeder mit vieler Mühe und Gefahr ein Tuch voll zusammen hatte, trugen sie es an den Zmuttweg. Hier ruhten sie ein wenig aus. Da stand einer von ihnen auf und sagte: «Ich will euch ein Wunder zeigen.» Voll Erwartung schauten ihm alle nach, als er auf die Wegmauer zuschritt, einige Steine weghob und ein halbes Roggenbrot zum Vorschein brachte. Aber noch mehr erstaunten die Männer, als der gutherzige Mann ihnen sagte, er wolle jedem ein Stücklein davon geben. Auf den Knien nahmen sie die seltene Gabe entgegen und küssten dem Manne dankbar die Hand, denn seit langem hatten sie kein Brot mehr gesehen, geschweige denn gegessen. ZERMATT Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Wunder im Kornfelde

Source: Das Wunder im Kornfelde

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Der Knecht reitet hinten, der Ritter vorn, Rings um sie woget das blühende Korn, Und wie der Ritter niederschaut, Da liegt im Weg' ein lieblich Kind, Von Locken umwölbt, die sind betaut – Und mit den Locken spielt der Wind. – Da ruft er dem Knechte: »Heb' auf das Kind!« Der Knecht steigt ab und langt geschwind: »O, welch' ein Wunder! Kommt daher! Denn ich allein erheb' es nicht.« Ab steigt auch der Ritter, es ist zu schwer: Sie heben es alle Beide nicht! »Komrn' Schäfer!« - sie erheben's nicht! »Kornm' Bauer!« - sie erheben's nicht! Sie riefen Jedem, der da war, Und Jeder hilft; sie heben's nicht! Sie steh'n umher, die ganze Schaar Ruft: »Welch' ein Wunder, wir heben' s nicht!­ Und das holdselige Kind beginnt: »Lasst ruhen mich in Sonn' und Wind; Ihr werdet haben ein fruchtbar Jahr, Dass keine Scheuer den Segen fasst, Die Reben tropfen vom Moste klar, Die Bäume brechen von ihrer Last. - Hoch wächst das Gras vom Morgenthau, Von Zwillingskälbern hüpft die Au', Von Milch wird jede Gelte nass, 's hat jeder Arme genug im Land', Auf lange füllt sich jedes Fass.« So sang das Kind da und - verschwand.   Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Wunder mit dem Ringe

Source: Das Wunder mit dem Ringe

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Unter den vielen Dankzeichen der Gläubigen nimmt man in Mitte der Kapelle „Maria Sonnenberg" auf Seelisberg links einen an eine Kette gehängten Ring wahr. — Eines reichen Herrn Söhnchen kam mit einem metallenen Ringe um den Hals auf die Welt. Der Ring konnte ihm weder abgefeilt noch abgebetet werde, sondern wuchs mit ihm immerdar. Nach vielen Wallfahrten kamen die Eltern, durch den Föhn in der Seefahrt gehindert, über den Seelisberg bis hierher, wo in einem kleinen Gemäuer das Mariabild, welches zu oberst auf dem Hochaltar zu sehen ist, stand. Sie beteten da und schliefen ermüdet von der Bergreise ein. Währen des Schlafes weckte sie ein metallener Klang, und sieh, der Ring lag ungebrochen neben dem Sohne. Zum Danke baute der Vater ein Kapellchen, welches spätere Stifter vergrösserten.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Das Wunder mit den Kastanien

Source: Das Wunder mit den Kastanien

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Es war einst eine arme, arme Frau. Ihr Mann lag schon seit vielen Tagen krank im Bett und konnte nichts verdienen, so dass die unglückliche Frau an jenem Mittag nichts, aber auch gar nichts hatte, um den Hunger ihrer vielen Kinder zu stillen, die weinend um Brot flehten. Um sie zu beruhigen, sagte sie zu ihnen: «Seid still, liebe Kinder. Ich will euch einen schönen Kessel voll Kastanien kochen.» Weil aber die arme Frau keine Kastanien hatte, tat sie heimlich mit bekümmertem Herzen viele Steinchen in den Kochtopf. Bald darauf fing das Wasser an zu kochen und zu sprudeln, dass es eine Freude war, und die Kinder machten grosse Augen vor Neugier und Erwartung. «Sind sie gekocht, Mutter, die Kastanien?» fragte der Kleinste. «Bald, bald. Habt nur Geduld, meine Kinder.» In diesem Augenblick klopfte jemand an die Haustür. Die Frau ging hin und öffnete, und es stand ein blonder Bettler vor ihr, der mit einem Blick wie der eines Engels zu ihr sprach: «Gebt mir etwas zu essen, gute Frau, ich sterbe beinahe vor Hunger; habt Erbarmen mit mir!» «Oh, Ihr armer Mann! Von Herzen gern würde ich Euch etwas geben. Aber ich habe selber nichts, gar nichts. Stellt Euch vor, um meine hungrigen Kinder zum Schweigen zu bringen, musste ich eine List ersinnen, sie zu täuschen. Ich versprach ihnen, Kastanien zu Mittag zu kochen, während ich doch keine mehr im Hause habe, und so musste ich an ihrer Stelle lauter Kieselsteine in den Kessel tun.» «Es macht nichts, gute Frau, es hat nichts zu sagen», erwiderte der blonde Bettler. «Ich sehe, dass Ihr ein gutes Herz habt und mir gern zu essen gäbet, und ich danke und segne Euch.» Und damit zog er weiter. Nicht lange nachher hob die Mutter den Deckel vom Kochkessel, und wie gross war ihr Erstaunen, als sie ihn voll grosser, weichgekochter Kastanien fand! Dann suchte sie etwas im Küchenschrank und entdeckte dort viele schöne, weisse Brotlaibe, ganz frisch gebacken und dazu noch ein Stück Fleisch. Jetzt hoben Mutter und Kinder ihre Blicke gen Himmel und dankten dem lieben Gott für dieses holde Wunder. Die Sage erzählt, dass jener blonde Bettler mit dem Blick wie der eines Engels niemand anders als der liebe Gott gewesen sei, der von Zeit zu Zeit auf unsere Erde herabsteigt, um das Herz der Menschen zu prüfen und den Guten und Bedürftigen Hilfe zu bringen. Am Kaminfeuer der Tessiner                                    Walter Keller                                                          Hans Feuz Verlag Bern     Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Wunder mit den Kastanien Ul miracul cur i casctegn

Source: Das Wunder mit den Kastanien Ul miracul cur i casctegn

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Es war einmal eine sehr arme Frau. Ihr Mann lag schon seit vielen Tagen krank im Bett und konnte nicht arbeiten, so dass die unglückliche Frau an jenem Mittag nichts, aber auch gar nichts hatte, um den Hunger ihrer vielen Kinder zu stillen, die weinend um Brot baten. Um sie zu beruhigen, sagte sie zu ihnen: «Seid still, liebe Kinder. Ich will euch einen schönen Kessel voll Kastanien kochen.» Weil aber die arme Frau keine Kastanien hatte, tat sie heimlich und mit traurigem Lächeln viele Steinchen in den Kochtopf. Bald darauf fing das Wasser an zu kochen und zu sprudeln, dass es eine Freude war, und die Kinder machten grosse Augen vor Vorfreude auf das feine Essen.  «Mutter, sind die Kastanien fertiggekocht» fragte der Kleinste. «Bald, bald. Habt nur Geduld, meine Kinder.» In diesem Augenblick klopfte jemand an die Haustür.  Die Frau ging hin und öffnete, es stand ein Bettler vor der Tür. Er schaute sie mit sternenhellen Augen an und bat: «Bitte, gute Frau, gebt mir etwas zu essen, ich sterbe fast vor Hunger, habt Erbarmen mit mir!» «Oh, du armer Mann! Von Herzen gern würde ich dir etwas geben. Aber ich habe selbst nichts, gar nichts. Stell dir vor, weil meine Kinder so hungrig sind, habe ich Steine gekocht und gesagt, es wären Kastanien», erzählte die Frau weinend. «Das macht nichts, gute Frau», sagte der Bettler. «Ich sehe, dass du ein gutes Herz hast und das ist das einzige, das zählt. Gottes Segen sei mit dir.» Der Bettler schaute sie mit seinen leuchtenden Augen an und dann zog er weiter. Die Frau trocknete ihre Tränen, dann ging sie wieder zum Herd, hob den Deckel vom Topf und was sah sie: Er war voller wunderbarer gekochter Kastanien. Voller Freude wollte sie die Teller aus dem Schrank nehmen, als sie dort lauter frische Brotlaibe fand und dazu ein gutes Stück Fleisch. Schnell rief sie die Kinder zu sich, holte auch den kranken Mann an den Tisch, und gemeinsam dankten sie für dieses Wunder. Sie wurden seit langem alle wieder satt und der Mann schon bald wieder gesund. Die Leute aber sagten: Der Bettler, das war der liebe Gott, denn er wandert von Zeit zu Zeit über die Erde, um die Herzen der Menschen zu prüfen und den Bedürftigen Trost und Hilfe zu bringen. Quelle: neu erzählt nach W. Keller, Am Kaminfeuer der Tessiner, Zürich o.J.©Mutabor Märchenstiftung Ul miracul cur i casctegn A gheva una volta una poura, poura dona. Leva già da diversi dì che sö om leva in lecc ammarou e u podeva mia lavora, di modo chè quel dì per discna ra dona sfortünada la gheva nient, ma propria nient, per colma ra fam dai söi fant chi dumandava ul pan piaiscendo dra fam. Per calmai lag diseva: «cito cari fant, a vöi cüsinaf una bela pentola piena da casctegn». Viscto però che ra poura dona la gheva mia casctegn, lag meteva da nascundong – e cur ul scguardo trisct - di sasulin indra padèla. Dopo un po' l’acqua la cominciava a buii – e i fant i faseva di grand öcc dra cuntentezza e dra gioia per ul bon past. «Mama iè prunt i castegn?», u dumandava ul püsé pinin. «Quasi, avet un po' d’pascenza, mei fant». In quel mument i busava ara porta. Ra dona lè nada a vert ra porta e lasa trovada davanti un mendicant. Ura guardava cur di grand öcc e u dumandava: «Per piasé Scura, la ma dia queicous da mangia, a söm drè muri dr fam, lag abbia peina per mi!» «Oh pouret! Cur ul cör ag daresi qualcous. Ma anga mi agò proprio nagot; – u pensa che viscto che i mei fant i ga tanta fam – agò fou cöös di sasulin e agò dic che iè casctegn», lag diseva ra dona piangendo. «Fa nient», u diseva ur mendicant. «A vedi che la gà un grand cöör e quescto l’è r’ünica che cünta, che Dio ra benedica.» Ul medicant ura guardava cur di öcc lüccicant e pü u nava via. Ra dona las sügava i lacrim e la tornava al fornel, la tira sü ul cuertsc dra padèla e cusa la ved: la padèla l’eva piena da castegn meraviglios. Piena da gioia la voreva tira fo i piat – e la sa trova la credenza piena da pan fresc e un da carn seica. I scvelt la ciama i fant e anca ul om ammarou e insèma i ringraziava per quescto miracul. E finalment dopo tanto temp iè mangiou tütt fino a sazietà e anca r’om u menzava a guari. Ra gent però i diseva: ul mendicant l’eva ul bon Signur, u pasava ogni tant sür ra tera, per guarda ul cöör dra gent e a quei bisognos u portava consolazion e aiüt. übersetzt von Laura De Giorgi in den Tessiner Dialekt aus dem Bleniotal


by Das Wunderbild von Unterseen

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In der Kirche von Unterseen hing einst zum grossen Schmuck dieses Gotteshauses ein prächtiges Gemälde, welches den Erlöser am Kreuz darstellte. Weit und breit war dasselbige berühmt. Als aber die Glaubensstürme der Reformation auch durch das Bödeli brausten und mit dem Schlechten und Veraltetem manches Gute und Schöne hinweg fegten da geriet auch das Kreuzigungsbild von Unterseen unter den alten Plunder. Es lebte aber vor dem Städtlein ein Bauer, der im geheimen der katholischen Lehre treu geblieben war. Diesem gelang es, das Bild zu entfernen und es im Schutze der Nacht nach Unterwalden zu tragen. Zu Lungern im Wirtshaus verkaufte er das Christusgemälde um einige Batzen. Dort entdeckte es später ein Mönch aus dem Kloster Engelberg, der seinem Abt Mitteilung von dem Bilde machte. Der Abt liess dasselbe einlösen, in feierlicher Prozession abholen und in der Klosterkirche aufhängen. Dort soll es, wie man sagt, von der Zeit an grosse Wunder bewirkt haben und noch heute zu sehen sein. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Wunderbrieflein

Source: Das Wunderbrieflein

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Ein Mann hatte immer Unglück im Stall, ein anderer immer Glück. «Was machst du auch?» fragte der Pechvogel den anderen, «dass es dir so gut geht?» «Ja, geh nur zu dem ...», und er nannte ihm einen bekannten Namen, «der wird dir schon raten können.» Und der Ratsuchende tat es und bekam ein Brieflein mit; das solle er zwischen Stalltüre und Pfosten klemmen, das werde schon helfen. Und es half; das heisst, von da an hatte der Mann immer Glück. Da traf er nach Jahren auf einem Markt seinen Ratgeber. Er bedankte sich bei ihm und lud ihn zu einem Glas Wein ein. Die beiden Männer wurden lustig, und der Ratsuchende fragte, was denn in dem Brieflein stehe. Das könne er selber lesen, bekam er zur Antwort. Und er las nach der Heimkehr: «Du bist der dümmste Schafseckel, wenn Du glaubst, dass das helfe.» Muttenz Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Wunderfläschlein

Source: Das Wunderfläschlein

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Es war einmal ein armer Mann, der hatte einen Tschuppen Kinder. Ich glaube, es waren deren zehn oder zwölf, so dass er nicht mehr wusste, wie er die vielen hungrigen Mäuler stopfen sollte; denn zu dem kargen Äckerlein besaß er nur ein mageres Kühlein. Und zuletzt am Ende musste er auch das verkaufen, so arm war er dran. Auf dem halben Wege zum nächsten Marktflecken begegnete ihm ein munzig kleines, buckliges Mandli, das beugte sich zitternd über seinen Knotenstock und fragte ihn: «Wohin gehst du, armer Mann?» Der antwortete: «Ich habe nichts mehr, das ich meinen Kindern zu essen geben könnte, nun gehe ich meine einzige Kuh verkaufen.» «Oh! Nein, du musst sie nicht verkaufen. Du erbarmst mich, ich will dir aus der Not helfen. Nimm hier dieses Fläschlein, und wenn du nach Hause kommst, so stell es auf den Tisch und sprich; Deine Kuh aber gib nicht aus der Hand. Es sei denn du seist in äußerster Not.» Also sprach das Mandli und humpelte an seinem Stock davon. Als der Mann nach Hause kam, sagte seine Frau: «Was, du hast die Kuh nicht verkauft! Mein Gott, was sollen jetzt unsere Kinder essen?» «Oh! Warte nur, ich habe etwas weit besseres als Geld!» versetzte der Mann. Dann trat er ins Zimmer, stellte die Flasche auf den Tisch, versammelte Frau und Kinder um sich und sagte: «Fläschlein, Fläschlein, tu' deinen Dienst!» Und da - ihr könnt's euch wohl denken - da kam sogleich das beste Essen von der Welt auf den Tisch! und die Kinder mussten nicht mehr hungern. Was immer der arme Mann verlangen mochte, nie versagte das Fläschlein seinen Dienst. Nun hatte aber der Arme einen reichen Nachbar, den stach der Gwunder und der Neid, als er sah, wie gut es auf einmal den armen Leuten ging. Und eines Tages fragte er ihn, wie er denn zu solchem Wohlstand gekommen sei. Der erwiderte: «Ich hab ein Fläschlein, das gibt mir alles, was ich von ihm verlange.» Da lud ihn der Nachbar zum Essen ein und bat ihn arglistig, sein Fläschlein mitzubringen. Sie stellten es auf den Tisch. Da versuchte der Reiche den Armen zu beschwatzen: «Ich will dir alles geben, was du nur willst, wenn du mir dein Fläschlein überlässt!» Zuerst wollte der Arme nichts von dem Tausche wissen. Aber der Reiche bot ihm Haus und Hof und alles Land, das er besaß. Da meinte der Arme, er sei dann reich genug, so dass er auf das Wunderfläschlein verzichten könne, und schlug ein. Aber ihr könnt euch gewißlich denken, wie es weiter gegangen ist. Bald war er wieder so arm wie zuvor, und sah sich gezwungen mit seinem Kühlein zu Markte zu gehen. Als er an dieselbe Stelle kam, da stand wieder das kleine bucklige Mandli am Wege, das empfing ihn mit den Worten: «So, so, bist du schon wieder unterwegs! Was fehlt dir denn jetzt?» Nun erzählte der Verarmte wie es ihm ergangen war: «Ich habe mich von meinem Nachbarn beschwatzen lassen, er hat mir das Fläschlein abgelistet, und jetzt habe ich nichts mehr!» «Wohl, wohl», erwiderte das Mandli. «Hier hast du ein anderes Fläschlein. Es ist größer als das erste. Dieses wird jenes auffressen. Hab Sorg dazu und gib acht, dass es dir nicht noch einmal ergeht wie vordem. Es ist das letzte Mal, dass ich dir helfen kann.» Und damit humpelte das Mandli an seinem Stocke davon. Überglücklich begab sich der Mann nach Hause und lud seinen Nachbar ein. Sie stellten beide Flaschen auf den Tisch. Da sagte der Arme zu seiner Flasche: «Fläschlein, Fläschlein, tu' deinen Dienst!» Da verschlang die große Flasche die kleine, und der Arme kehrte wieder in sein altes Haus zurück, wo er glücklich lebte bis an seinen Tod. Aus: Schweizer Märchen, Sagen und Fenggengeschichten, hrg. von Curt Englert-Faye, Zbinden Verlag        Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Wunderkräutlein

Source: Das Wunderkräutlein

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In der Zelg, unterhalb Rieden, stand ehemals eine Scheune. Der Eigentümer hatte in dieser sein Vieh untergebracht, um es da zu füttern und zu pflegen. Er tat das mit vielen Schmerzen; denn er hatte ein "offenes" Bein, das nicht heilen wollte. Eines Tages sass der Mann vor dem Stall in der Sonne. Da sah er, wie eine Kröte auf ihn zukam, die ein Kräutlein im Maule trug. Mit bittenden Gebärden gab das Tier zu verstehen, dass er ihm das Wunderkräutlein abnehmen und dann auf die Wunde legen soll. Das geschah, und sofort verspürte der Bresthafte eine wunderbare Wirkung. Nach kurzer Zeit war er völlig geheilt. Die Kröte war der gute Hausgeist, der für jeden Schmerz ein Mittel wusste. Leider glaubt unsere Zeit nicht mehr daran, weshalb die Hausgeister heute nicht mehr erscheinen.         J. Steiner. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 395, S. 226  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Wunderspiel

Source: Das Wunderspiel

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Am Fusse des Breithorns, im Innern Faflertal, heisst ein Ort das Wunderspiel. Es ist der Ort, wo die Wasser des schäumenden Bergbaches, die am Petersgrat entquellen, sich gesammelt und am tiefsten in die Kalkfluh eingefressen haben. Den felsigen Bachrand bekränzen Alpenrosen, und über diese hinaus hängt sich der Hirte von Fafleralp und schaut träumend in die Tiefe. Frägst du ihn: «Was lockt dich auf den Abgrund?» so raunt er dir leise wie ein Geheimnis: «Hörst du nicht das Wunderspiel?» Neigst du dein Ohr über den Rand in schwindliger Höhe zwischen Himmel und Erde, so musst du sagen: «Wirklich, aus der Tiefe kommt ein wundersames Spiel, bald stärker, bald leiser; bald brausend, bald wogend; mit den Wellen des Baches und dem Wehen der Lüfte steigend und fallend, schwellend und sterbend in immer wechselnder Art.» «Siehst du den Spielmann?» «Nein, aber die Mutter meiner Grossmutter hat noch dessen Geige gesehen, und deren Mutter hat noch ihr Spiel gehört. Die Grossmutter hat uns oft vom Spielmann erzählt und uns gewarnt, sich hier beim Wunderspiel nicht zu tief hinauszubücken, denn ungehorsame Buben würden nicht aus der Tiefe zurückkommen, wie der Spielmann. Wollt ihr hören die Geschichte vom Wunderspiel?» Auf der Blüemlisalp im Berner Oberlande sind einmal drei Sennen gewesen. Zwei von ihnen gingen im Mondschein oft nach Gugginen zum Abendsitz. Der Dritte ist nicht mitgegangen; seine Geige war die Geliebte, die ihm die Zeit vertrieb. Einmal nun wollten die zwei andern Sennen den Spielmann auch mithaben, um zum Tanze aufzuspielen. Lange hat sich der Spielmann anhaben (bitten) lassen, endlich ist er mitgegangen. Wie Gemsen liefen die drei Sennen über Felsgräte und Bergschluchten, über Gletscherspalten und Firnfelder. Hier, wo die Felsen beider Ufer einander am nächsten kommen, setzten sie über den Bach in gewagtem Sprunge. In Gugginen wartet ihrer schon ein lustiger Abendsitz. Vom Fafler und vom Gletscherstafel sind Sennerinnen dazu geladen. Auf Zinntellern sind Küchlein turmhoch aufgeschichtet, und das oberste soll dem flottesten Tänzer gehören. Mit Stolz führen die Berner den neuen Spielmann in die Gesellschaft ein. Eine Probe seiner Kunst soll er gleich geben. Der Spielmann spielt ein Lied von reiner Kunst und reiner Liebe, von Treue und von Edelsinn, so rührend und so inniglich, dass den Tänzerinnen die Tränen auf die weissen Schürzen fallen. Ihr Herz wiederholt vorwurfsvoll: Treue, Treue. «Dem Spielmann gebührt der Preis», so sagen alle. Die Meisterin der Hütte fügt hinzu: «Gott geleite alle nach Haus.» Wütend wollen sich die eifersüchtigen Kameraden auf den Spielmann stürzen. Dieser ist in die Nacht geflohen. Der Mond hat ihm den Weg gezeigt, aber auch seine Spur verraten. Im Wollwald waren ihm die Verfolger schon so nahe, dass sie auf seinen Schatten treten konnten. Hier am Bachrand haben sie ihn eingeholt, wie er gerade den Fuss ansetzte zum kühnen Sprunge. Ein Stoss in den Rücken, und ein letzter Schrei: «Jesus, Maria und Joseph» wiederhallt von den Felswänden und steigt empor bis zu den Bergen und den Sternen. Die Mörder haben nicht Zeit, sich über ihr Opfer zu freuen. Jeder hält den andern für einen Feind und Nebenbuhler, dem das gleiche Los gebührt. Ohne ein Wort zu sprechen, fangen sie an zu ringen, bis sie umschlungen miteinander in die Tiefe stürzen mit einem höllischen Schrei, den die Fluten begraben. Es muss schon so sein, denn es soll hier nicht geheuer zugehen in mondhellen Nächten. Eine Erscheinung bringe einem das Blut in allen Adern zum Erstarren. Zwei Männer laufen vom Walde her gegen den Bach, fangen an zu ringen und stürzen mit einem höllischen Schrei in den Abgrund. Man hat nicht Zeit, ein Vaterunser zu beten, so kommen sie wieder und beginnen von neuem den Kampf, welcher mit dem Sturze und dem Schrei in der Tiefe endigt. So geht es die ganze Nacht und erst, wenn der Mond hinter die Berge sinkt oder ob der Dämmerung verblasst, erstirbt auch der letzte, jämmerliche Schrei an den Felsen. «Wie ist es dem Spielmann ergangen?» «Den hat Gott nicht vergessen.» Wie dieser zu sich gekommen ist, war es ihm, als erwache er von einem schrecklichen Traume. Kein Traum! Das hört er an dem tosenden Bach und fühlt er an den wellenbespritzten Steinen. Er muss aber sehen, dass ihm der Weg nach oben gesperrt ist von glatt geschliffenen, teilweise überhängenden Felsen. Nur Wasservögel kommen aus Verstecken hervor und fliegen der Sonne entgegen. An ihre Flügel kann er sich nicht hängen. Nicht einmal seine Stimme steigt zu menschlichen Ohren empor, die Flühe halten sie gefangen und die brausenden Wasser haben sie rasch eingeholt und begraben. Wehmütig beginnt der Spielmann auf seiner treuen Geige sein Leid zu klagen. Höher als die Stimme steigt das Spiel, bis zur Trösterin der Betrübten, der Königin der Engel. Die schönsten Muttergotteslieder gehen über die Saiten, auch das alte Pilgerlied von Kühmatt: Nicht umsonsten tut man sehen Hier zu nacht ein Fackelschein; Gibt Maria zu verstehen, Dass sie hier wollt gnädig sein, Dass man solle mit Vertrauen Ihr zu Ehr ein Kapell bauen, Sie verehren an dem Platz, Wo jetzt dieser Gnadenschatz. Manche in den grössten G`fahren Haben hier ein Glübd getan, Augenblicklich Hilf erfahren; Viele Bilder zeigens an. Turm Davids, Tron der Ehren, Mutter der Barmherzigkeit, Unser Flehen woll erhören, Durch dein grosse Mildigkeit. Hier schweigt die Geige. Noch nie hat sie so hell getönt, noch nie so zart geklungen. Das Gelübde hat der Himmel gehört und treu besiegelt. Als ob ein Engel ihm die Hand reiche und ihn führe, steht der Spielmann auf und setzt den Fuss an den Felsen. Dieser gibt nach wie warmes Wachs, Tritt um Tritt steigt er empor und steht bald auf dem Rasen an der lebenspendenden Sonne. An diesem Morgen haben die Sennerinnen den Spielmann nochmals gesehen und gehört. Wie sie auf dem Alpweg in die Kühmattkappelle traten, war das grosse Eisengitter offen. Vor dem Altare kniete der Spielmann und sang sein letztes Lied. Wie dieses verklungen, legte er die Geige auf den Altar und schenkte sie der Gottesmutter. Der Spielmann ist nicht nach Blüemlisalp zurückgekehrt, und auch in Lötschen wurde er nicht mehr gesehen. Nur die Töne seines Spiels hier in der Tiefe des Baches sind geblieben; sie heissen heute noch «das Wunderspiel.» Quelle: J. Siegen, Sagen aus dem Lötschental, Erweiterte Ausgabe der Gletschermärchen (1905), Lausanne 1979. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Wundervögelein

Source: Das Wundervögelein

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Es war früh am Nachmittag, als ein Mann vom Dorfe in den Gemeindewald im Bloond ging. Er kannte sich darin gut aus, er hatte unzählige Male dort Wellen gemacht. Als er im Inneren des Waldes angekommen war, flog just ein zierliches, buntes, fremdartiges Vögelein auf und hüpfte von Ast zu Ast. Und plötzlich fing es an, im Weiterfliegen eine wunderbar feine Melodie zu singen. Der Mann war wie verzaubert und folgte dem Gesang. Nach einiger Zeit merkte er, dass er im Kreis herumgelaufen war. Dabei fand und fand er den Ausgang des Waldes nicht mehr. Endlich, als im Dorfe die Vesperglocke ertönte, war der Spuk verschwunden. Der Mann atmete befreit auf und fand sich bald wieder zurecht. Das Vögelein soll ein verwunschenes Edelfräulein sein, das seinen Liebsten verraten hat und nun zur Strafe verdammt ist, einmal jedes Jahr diese Gegend aufzusuchen. Bubendorf Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Wundervögelein im Bruderholz

Source: Das Wundervögelein im Bruderholz

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In währendem Concilio zu Basel sind etliche geistliche Herren für die Stadt hinaus gespazieret in ein Hölzlin, so man das Bruderholz nennt, damit sie sich von streitigen Punkten etwas erspracheten. In allem Gehen hören sie ein Vöglein singen, so lieblich als eine Nachtigall. Die Herren verwunderten sich ob des Vögleins Stimme und fingen an zu zweifeln, was das für ein Vöglein wäre. Und als Einer aus ihnen, so der herzhaftigste sein wollte, es hätte gern erschauen mögen, beschwur er dasselbe also: „Ich beschwere dich im Namen des Herrn, zeig uns an wer du seiest!“, worauf das Vöglein die Antwort gegeben: „Ich bin ein verlohrener und verdammter Geist und warte auf den jüngsten Tag, da mein Leiden kein Ende nehmen wird.“ Hiermit fleucht es davon und spricht: „O ewig, ewig, wie ist das eine so lange Zeit!“ Das ist zweifelsohne der Satan gewesen. Darüber aber seyend selbige Herren also heftig erschrocken, dass sie krank worden und bald gestorben. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Wuotië

Source: Das Wuotië

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Zu Weihnachten hört man das Wuotië hoch in den Lüften, ein wüstes Geschrei, das von Südosten herkommt. Wer das Fenster öffnet, um es besser zu hören oder gar nach ihm zu sehen, wird unfehlbar ein geschwollenes Gesicht davontragen. S. Walt   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 38, S. 21 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das wütende Heer

Source: Das wütende Heer

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Einst schlief ein Knabe auf dem Wege von Obersaxen nach Tavanasa in der Nähe der Burgruine Heidenburg unter den Ästen einer riesigen Tanne. Da weckte ihn ein verworrenes Geräusch, wie wenn die Windsbraut in tödlichem Kampfe läge, und über ihn hin raste ein Zug von wilden Reitern und Reiterinnen; sein Pate selbst, auf feurigem Rosse, schloss den Zug. - Das war das wütende Heer, von dem er schon erzählen gehört hatte.   Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das wütende Heer (Kaltbrunn, SG)

Source: Das wütende Heer (Kaltbrunn, SG)

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Ein Bauernsohn besuchte seine Braut. Der Weg führte über Felder und Wiesen und zwar an einer Stelle, wo es nicht geheuer war. Der Bursche redete sich alle Furcht aus und wählte zur Heimkehr absichtlich die Mitternachtstunde vom Donnerstag auf den Freitag. Aber einmal und nicht mehr! Über ihm entstand ein Geräusch und Gelärm, als ob unzählige Vögel ihn verfolgten. Auch der Hut wurde ihm vom Kopfe geschlagen. Eiligen Laufes verliess er die Stelle und kam so mit heiler Haut davon. Wer das wütende Heer hört, soll sich nicht nach ihm umwenden, jedenfalls nicht mit einer blossen Wendung des Kopfes; sonst hat er eine gefährliche Geschwulst oder gar eine schwere Krankheit zu erwarten. Wer sich wenden will, der wende den ganzen Körper. Chr. Lügstenmann. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 390, S. 225  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das wütende Heer (Rieden, SG)

Source: Das wütende Heer (Rieden, SG)

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Das wütende Heer heisst hier Mutterseel oder Mutterseelen. Es erfüllt die Luft mit einem widerlichen Geschrei, wälzt sich in Gestalt eines Laubsackes vor dem Wanderer her und verschwindet, wie es gekommen. J. Steiner. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 396, S. 227  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Wütisheer (C. Kohlrusch)

Source: Das Wütisheer (C. Kohlrusch)

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Vom Rotental zwischen Hasli und Grindelwald über die Scheidegg hinweg hört man oft das Brausen des wütenden Heeres oder das Wütisheer, wie man es hier nennt. Am ärgsten treibt es jedoch seinen Spuk um die heilige Weihnachtszeit. Mächtige Riesen, Ureinwohner des Landes, Westfriesen genannt, führen den nächtlichen Zug an, dann kommen Zwerge von scheusslicher Gestalt, reitend auf allem möglichen Ungetier und die Geister aller jener Fluchbeladenen, denen die Sage das Rotental und den Rottalgletscher als Aufenthaltsort anweist. Wenn aber der heulende Sturm das Nahen dieser wilden Jagd verkündet, müssen oben auf der Scheidegg, da wo der Weg nach Gassen und dem Faulhorn führt, diesem Geisterspuk die Tore des Melkhauses geöffnet sein. Wehe dem Hause, wenn dies nicht geschieht. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Wütisheer (H. Hartmann)

Source: Das Wütisheer (H. Hartmann)

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Vom Rotental her hört man oft zwischen Hasli und Grindelwald das Brausen der grauen Talherren oder des Wütisheers. Am ärgsten treibt es seinen Spuk um die heilige Weihnachtszeit. Mächtige Riesen, Westfriesen genannt, führen den nächtlichen Zug an, dann kommen Zwerge von scheusslicher Gestalt, reitend auf allem möglichen Ungetier, und die Geister all jener Fluchbeladenen, welchen die Sage das Rotental und den Rottalgletscher als Aufenthaltsort zuweist. Wenn aber der heulende Sturm das Nahen dieser wilden Jagd verkündet, müssen oben auf der Scheideck, da wo der Weg nach Gassen und zum Faulhorn führt, diesem Geisterspuk die Tore des Melkhauses geöffnet sein. Wehe dem Hause, wenn dies nicht geschieht! Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Wütisheer (H. Michel)

Source: Das Wütisheer (H. Michel)

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Vom Rotental her hört man oft über die Scheidegg hinweg das Brausen des wütenden Heeres oder das Wütisheer. Am ärgsten treibt es seinen Spuk um die heilige Weihnachtszeit. Mächtige Riesen, Ureinwohner des Landes, Westfriesen genannt, führen den nächtlichen Zug an, dann kommen Zwerge von scheusslicher Gestalt, reitend auf allem möglichen Ungetier und die Geister aller jener Fluchbeladenen, deren Aufenthalt das Rotental und der Rottalgletscher sind. Wenn aber der heulende Sturm das Nahen dieser wilden Jagd verkündet, müssen oben auf der Scheidegg, da wo der Weg nach Gassen und dem Faulhorn führt, diesem Geisterspuk die Tore des Melkhauses geöffnet sein. Wehe dem Hause, wenn dies nicht geschieht! Quelle: Hans Michel, Ein Kratten voll Lauterbrunner Sagen. Wengen 1936. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Wydenweiblein

Source: Das Wydenweiblein

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Wenn einem Nidfurner die Uhr stillsteht, so schaut er einfach nach dem Schwandner Zyt und braucht nicht einmal den Nasenspiegel aufzusetzen, so nahe ist der Nachbarort mit den hohen Fabrikschloten. Ein Katzensprung ist’s bis dort – tagsüber; aber zur Nachtzeit kann sich die Strasse auf Stunden dehnen, besonders wenn man allein ist. Kommt da ein später Heimkehrer, der in Schwanden bei frohen Freunden einen fröhlichen Trunk getan und nunmehr mit sich und der übrigen Welt völlig zufrieden ist, gegen das Wyden zu. Seine Füsse finden den gewohnten Weg von selbst, seine Gedanken gehen einen andern. Da schreckt er plötzlich aus dem Traumwandel auf. Hat nicht jemand gerufen? Ganz nahe muss es gewesen sein, dort jenseits des Strassengrabens, beim Haselbusch. Jetzt vernimmt er’s wieder: eine Frauenstimme ist’s, die leise um Hilfe jammert. Und unser Wanderer, der in seiner gehobenen Stimmung an keinem Leid vorübergehen kann, schlüpft durch den Lattenzaun in die Wiese und eilt auf das Gesträuch zu, das dunkel am Wiesenbord hockt. «Wer ist da?» Es bleibt alles still. Schon will er wieder auf die Landstrasse zurück, da hört er den Ruf von neuem. Diesmal aber ist’s ein süsses Locken: «Komm, komm!», einschmeichelnd und sanft zwingend wie die ersten Geigenstriche eines Kilbiwalzers. Auch will ihm scheinen, dass nun der Ton von der Linth herkommt. Und er muss ihm folgen, ob er will oder nicht. Hinüber geht’s an den Fluss, wo die Schmelzwasser an die Wuhre schlagen und die zarten Laute im Rauschen der Wogen versinken. Mühsam klettert der Mann über die Uferblöcke zurück, und wie er oben an der Böschung steht und lauscht und seine Augen durch die Finsternis nach der Strasse forschen, da dringt das Rufen vom Glärnischhang, vom Blumerwald herab, fein und doch so mächtig, dass der arme Nachtgänger willenlos und blindlings über Mauern und Zäune, Gräben und Büchel hinaufstürmt. Er rennt, er stolpert – atemlos erreicht er den Waldsaum. Da – ein Knacken im Gezweig, ein Aufflattern wie von einem Vogel –, und das liebliche Klagen sitzt wieder im Wyden unten. So dauert die rastlose Jagd, bis das Vrinelisgärtli im fahlen Frühlicht auftaucht und die Sonne den Tödi rötet. Dann steht der Genarrte endlich am Nidfurner Stutz, gerade wenn die Bauern ihren Gäden zutappen und die Fabrikarbeiter mit den Znünikesseli aus den Türen treten. Die jungen Mädchen kichern und zeigen wohl auch auf die müde, wankende Gestalt am Strassenrand. Die alten Leute aber, welche bald ein halbes Jahrhundert lang denselben Weg ans Tageswerk gehen, werfen einen mitleidigen und verständnisvollen Blick auf den Unglücklichen, denn sie wissen wohl, dass ihn das Wydenweiblein im Banne hatte.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Das Zauberbuch

Source: Das Zauberbuch

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Ein Geissbub fand einst ein Buch, es war der Geistliche Schild, und steckte es in einen Hosensack. Am Abend, während er zu Bette gehen wollte, kam ihm das Buch in den Sinn, und er fing an, darin zu lesen. Als er eine Zeit lang gelesen und dabei alle Worte, wie es bei des Lesens nicht geübten Leuten Brauch ist, deutlich ausgesprochen hatte, stand plötzlich eine schöne, grosse Strohflasche voll Wein vor ihm auf dem Tisch. Er glotzte sie einige Augenblicke verständnislos an, und dann kam die Furcht über ihn, und er liess Buch und Wein sein, wo sie waren, und machte sich flink in das Bett unter die Federdecke. Bald darauf teilte er sein eigenartiges Erlebnis einem Kapuziner mit, und der sagte zu ihm: »Hättest du den Wein nur getrunken, er war gut; er ist aus unserm Keller gekommen.« Heinrich Baumann, 72 J. alt, Attinghausen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Zauberbuch der drei armen Büblein

Source: Das Zauberbuch der drei armen Büblein

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»Ufem Bärg« – Seelisberg – lebten drei arme Brüder, junge, g'hungrige Büebli. Die erwischten eines Tages auf der Ruossdiele, oder weiss der Kuckuck wo, ein altes Zauberbuch. Mit dessen Hilfe machten sie sich unsichtbar und zauberten sich in den Viehstall des Ortspfarrers, wo sie in aller Bescheidenheit den Schaum ab der frischgemolkenen Milch sich schmecken liessen: »Und hennt dert g'schümet.« Damals wirkte nämlich auf Seelisberg der Pfarrer Peter Anton Furrer († 1883), und der besass ein Landgut und einen ansehnlichen Viehstand. Während sich aber die drei Schlingel am Milchschaum gütlich taten, waren sie auch zu Hause, aber ebenfalls unsichtbar, und plauderten oder lasen halblaut in ihrem köstlichen Buch. Eines Abends nun fragte die Mutter: »Wo sind äu iähr, dass man ych g'heert pläudärä und-ich doch niänä z'gseh 'kunt?« »I ds Pfahrs Gadä sim-mer und tiänt da schümä,« gestanden die Bürschchen. »Jä, wiä mached iähr de das! mä g'heert-ich doch hiä i der Stubä?« erkundigt sich die Mutter weiter und erhält zur Antwort: »Miär läset imm-änä Büech.« »So legget's äwägg!« befiehlt sie. Da legten sie es auf den Tisch und kamen wieder zum Vorschein. Die christliche Frau packte das unheimliche Buch und brachte es dem Pfarrer, der es verbrannte. Aber noch oft sagten die Buben, wenn sie der Hunger plagte: »Hättet miär nur das Büech nit g'gä, sä chenntet mer nu meh ga schümä-n- und der Hunger ga wehrä!« Dem Erzähler sagte ich: »Wen-ich Müetter gsy wär, hätt-nä-n-ich das Büech g'lah, wägä-mä Bitzli Schüm, – das wär etz doch kei Diäbstahl g'sy; das hätt-nä der Pfahr g'wiss erläubt.« Er aber meinte: »D'Müetter wurd 'tänkt ha, äs chennt halt doch nu fyler's drüß etstah. I yserem Schüel-biächli het's g'heißä: ›Mit Kleinem fängt man an, mit Grossem hört man auf.‹« Jos. Maria Aschwanden, 60 J. alt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Zauberbuch hilft in der Not

Source: Das Zauberbuch hilft in der Not

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Einer besass den Geistlichen Schild. Als er einmal beichtete, forderte ihm der Geistliche das Zauberbuch ab, allein er gab es nicht heraus, er brauche es nur in der Not, und das könne doch sicher keine so grosse Sünde sein, meinte er und musste daher ohne Absolution aus der Kirche. Nun traf es sich einstens, dass er beim Zunachten durch den Wassnerwald marschieren musste, wo bekanntlich eine gefürchtete Räuberbande hauste. In einiger Entfernung vor sich sah er einen Geistlichen einherschreiten; froh, einen Kameraden zu finden, beflügelte er seine Schritte und holte ihn ein. Es war der Beichtvater, der ihn nicht hatte absolvieren wollen! wurde aber vom selben nicht erkannt. Weil es stockfinstere Nacht wurde und ein greuliches Unwetter einbrach, sahen sich die beiden des Weges nicht sehr kundigen genötigt, in ein Gädemli an der Strasse zu flüchten, ohne zu ahnen, dass es eine Räuberhütte sei. Plötzlich kamen die Räuber dahergestürmt und wollten über die Eindringlinge herfallen. Der Geistliche zitterte an allen Gliedern wie Espenlaub. Sein weltlicher Begleiter zog aber blitzschnell den Geistlichen Schild aus der Tasche und las darin. Wie auf Kommando stellten sich jetzt die Räuber in zwei Abteilungen auf und blieben dann bocksteif stehen, ohne ein Glied zu rühren. Wie durch eine Ehrengarde hindurch konnten jetzt die zwei Wanderer, als der Morgen graute, unversehrt abziehen. Ob der geistliche Herr seine Ansicht über die Anwendung des Zauberbuches nicht geändert? Jos. Maria Tresch, 70 J. alt, Silenen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Zauberbuch und die Geissbuben

Source: Das Zauberbuch und die Geissbuben

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Zwei Geissbuben im Isental, die lieber im kühlen Schatten sich ausstreckten als den Geissen nachzulaufen, wurden von einem Bauer bei Haar und Ohren genommen, weil die Ziegen in seinem Land die leckersten Kräuter abgeweidet hatten. Aber das Urnersprichwort sagt nicht mit Unrecht: »Jung Büeba und jung Hind sell mä niä räupfä, sy vergässet's nitt.« Eines Tages fand der eine der zwei Taugenichtse zu Hause auf der Ruossdiele ein Buch, es war der Geistliche Schild, und, obwohl das Lesen sonst nicht ihre Leidenschaft war, lasen die zwei doch darin, und zwar immer eifriger. Da fanden sie endlich ein G'sätzli, das ihnen das Herz im Leibe lachen machte. Als sie wieder bei ihren Geissen waren, nahmen sie einen Tschoopen, klopften mit einem Stock aus allen Kräften darauf ein und lasen dazu im Buche eine gewisse Stelle von hinten nach vornen. Endlich kam der Bauer, der sie geohret hatte, in Schweiss gebadet, dahergelaufen und bat um Gotteswillen, mit prügeln aufzuhören. Alle Streiche, die die Buben dem Tschoopen zukommen liessen, sausten nämlich auf den Rücken des Bauers nieder. Michael Imhof, 80 J. alt, Hinki-Michi, Isental Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Zauberschloss im Arbenwald

Source: Das Zauberschloss im Arbenwald

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In einem einsamen Waldwinkel lebte der Schnetzer Jos mit der Frau und einem eben erwachsenen Sohne, der, so jung er noch war, schon eine Liebste hatte drüben über der Rhone, zu der er jeden Samstag abend zu Lichte ging. Die Eltern verlangten, dass er sich das Mädchen aus dem Kopfe schlage, aber da der Bursche nicht von ihr lassen konnte, drohte ihm der Vater mit dem Teufel, wenn er nochmals über die Rhonebrücke ins Haus des Mädchens gehe. Der Sohn erwiderte, vor dem Teufel fürchte er sich so wenig wie vor dem Tod, und von dem Mädchen lasse er nicht. Der Vater aber war nicht einer von denen, die einem Sohn, dem kaum der Flaum am Kinne sprosst, den Willen lassen. Er holte im Stalle zwei Bockshör­ner, verkleidete sich als Teufel und lauerte bei einbrechender Nacht vor der Rhonebrücke auf den starrköpfigen Sohn. Es ging auch nicht lange, so kam dieser schon eiligen Schrittes daher, ohne eine Ahnung zu haben von dem, was der Vater vorhatte. Der Vater aber pflanzte sich mitten in den Weg und neigte den Kopf nach vorn, so dass die beiden schwarzen Hörner gar furchtbar drohend aussahen. Der Sohn blieb stehen und rief ihn dreimal an. Da er keine Antwort erhielt, ergriff er einen grossen, kantigen Stein, schlug den Teufel nieder und setzte den Weg fort. Er mochte an diesem Abend aber nicht lustig sein, blieb nicht lange bei der Liebsten und machte sich bald wieder auf den Heimweg. Beim Ausgang der Brücke lag die schwarze, un­förmliche Teufelsmasse immer noch regungslos am Boden. Er warf einen scheuen Blick darauf, ging schweigend vorüber und fragte zu Hause sofort nach dem Vater. Die Mutter erschrak und sagte, er werde ihn wohl gesehen haben, er habe sich als Teufel verkleidet und sei auf die Brücke gegangen, um ihm Furcht einzujagen. «Dann habe ich den Vater erschlagen», jammerte der Sohn und schluchzte laut auf. Noch am selben Abend holte man den Toten, und der Sohn stellte sich tags darauf dem Gerichte. Die Richter urteilten, wenn er ein so kecker Mann sei und sich nicht einmal vor dem Teufel fürchte, so wollten sie ihm zur Sühne eine Strafe erteilen, die seinen Mut auf die höchste Probe stellen werde. Sie befahlen ihm, des Nachts durch den Arbenwald zu gehen, aus dem noch niemand lebend herausgekommen sei. Wenn er Glück habe und sich mit heiler Haut durchschlage, so sei er ohne weiteres freigesprochen. Der Sohn sagte, er sei mit jeder Strafe zufrieden, wenn er damit nur die böse Tat sühnen könne; ein Gang durch den Arbenwald sei ihm schon recht, er hoffe, die Waldteufel werden ihn dann ein bisschen martern. Er erhielt die Erlaubnis, eine Stola umzulegen, eine gesegnete Kerze und ein Buch in die Tasche zu stecken, worauf er ohne die geringste Furcht in den Wald hineinschritt. Bald umgab ihn pechfinstere Nacht; nicht ein einziges Sternlein glitzerte am Himmel. In dem stämmigen Hochwald rauschte und flüsterte es wie in jedem andern Walde. Nachtfalter schwirrten vor seinen Augen und streiften Wange und Nase, Glühwürmchen funkel­ten, ab und zu huschte eine Fledermaus über ihn weg, und ein be­täubender Blumenduft berauschte ihn. Bald verschwand der Weg, und er musste sich mühsam durch allerlei Wildwuchs und Gestrüpp durch­tasten. Er stolperte auch etliche Male über Tannengewurzel und dachte eben, Mitternacht müsse heranrücken, als sich das Dickicht hellte und er ganz in der Nähe ein Licht aufblitzen sah. Er hielt auf dasselbe zu und glaubte, jetzt komme er aus dem Wald heraus und die Gefahr sei vorüber, als er plötzlich vor einem grossen, matt er­leuchteten Palaste stand, der aus dem schönsten Arvenholz gezim­mert war. Die hohe Flügeltür war mit Silber beschlagen, und es nahm ihn wunder, wer wohl in diesem schönen Waldhause wohnen möchte. Da die Tür verschlossen war, klopfte er an, nicht mit dem Finger, sondern mit der geballten Faust. Doch niemand kam, ihm zu öffnen. Er klopfte ein zweites und ein drittes Mal und immer stär­ker; nun flog die Pforte auf, und er konnte eintreten. Kein Mensch kam ihm entgegen, und er stand schon wieder vor einer Tür, wo er abermals dreimal anpochen musste, bevor sie sich öffnete, dann vor einer dritten, die beim ersten ungestümen Klopfen nachgab und sich leise aufschloss. Er sah in einen düstern, altmodischen Saal hinein, in dem ein einziges Lichtlein eine matte Helle verbreitete. Der Saal war dürftig ausgestattet. In der Mitte stand ein Tisch und daneben ein Stuhl. Auf dem Tisch bemerkte er eine Flasche Wein, Käse und Brot. Er setzte sich auf den Stuhl, zündete seine Kerze an, schob den Teller mit den Speisen zurück, schlug sein Buch auf und las darin. Er hatte seine Sinne aber nicht bei den Buchstaben. Er las im­mer dieselbe Seite herunter, ohne etwas zu verstehen und dachte an ganz andere Dinge. Er war gespannt, zu erfahren, was jetzt wohl mit ihm geschehen werde. Von Zeit zu Zeit schaute er zurück, ob nicht jemand hinter ihm stehe, aber er erblickte nur die vier düstern Wände des Saales, und kein Laut durchdrang die Stille. Auf einmal klopfte es an die Tür. Er zuckte zusammen, rührte sich aber nicht und schwieg. Man hat mir auf mein Klopfen auch keinen Bescheid gegeben, dachte er und blickte starr nach der Tür. Beim dritten Klopfen flog sie unter furchtbarem Krachen auf. Durch den Palast ging ein Zittern, die Kerze flackerte, drei kohlschwarze Riesen erschienen, stellten sich vor ihm auf, ohne ein Wort zu spre­chen, und winkten ihm, zu folgen. Die Riesen begleitete ein hässli­cher, schwarzer Hund, in dessen Augen ein Feuer zu brennen schien, das in einem fort die Farbe wechselte, bald rot aufglühte, bald grünlich leuchtete. Der Bursche dachte, hier könne er doch nicht bleiben und stand auf. Aber der Hund gefiel ihm nicht. Er zog rasch die Stola aus und band die Bestie am Tischbein fest. Dann empfahl er sich seinem Schutzgeiste und folgte den Riesen die lange Treppe hinunter in eine unterirdische Gruft. Dort angelangt, ergrif­fen sie Pickel und Schaufel, die bereit lagen und gaben ihm ein Zeichen, mit dem Werkzeug zu arbeiten. Er aber wehrte sich und sagte: «Ich habe hier nichts eingegraben und werde nichts ausgraben!» Da griff der erste der Riesen selber zum Pickel und lockerte mit kräftigem Schwunge die Erde. Der zweite nahm die Schaufel und deutete ihm, die aufgelockerte Erde wegzuschaufeln. Er aber sagte: «Ich habe hier nichts eingescharrt und werde nichts ausscharren!» Da setzte der Riese selbst das Werkzeug an, und nun kamen grosse, schwere Steinplatten zum Vorschein. Der dritte deutete ihm, die Platten zu heben. Er schränkte die Arme übereinander und sagte: «Ich habe nichts eingedeckt und decke nichts ab!» Die drei Riesen hoben alsbald die Platten mit grosser Anstrengung und entblössten drei mächtige Metalltöpfe, in denen die Gold- und Silbermünzen funkelten, als ob sie eben erst geprägt worden wären. Wiederum gaben sie ihm zu verstehen, er möchte den ersten der Geldtöpfe heben. Er aber sagte: «Ich habe hier nichts eingestellt und stelle nichts heraus!» Da hoben sie das Gefäss selbst, und als er beim zweiten Topf die­selbe Antwort gab, stellten sie auch diesen Topf heraus. Das dritte Gefäss war so schwer, dass sie es trotz aller Anstrengung nicht herausbrachten. Auf ihr bittendes Deuten hin legte er nun auch Hand an und zog den Topf mit einem gewaltigen Ruck heraus. Als er aufsah, standen drei weissgekleidete Männer vor ihm in natürlicher Grösse, deren Zungen gelöst waren. «Wir danken dir schön», sagten sie, «wir sind jetzt erlöst. Hättest du uns ein einziges Mal gehorcht, so wärest du von uns getötet worden, und in einigen Jahren wären wir selbst dem ewigen Ver­derben anheimgefallen, denn wir haben nun schon mehrere hundert Jahre umsonst auf unsere Erlösung geharrt. Das Geld gehört dir, schenke den ersten Topf den Armen, erbaue mit dem zweiten eine Waldkapelle und behalte den dritten und grössten für dich. Und nun geh hinauf und binde den Hund los, denn das ist der leibhaftige Teufel. Hättest du ihn mitziehen lassen, so wären wir alle vier der Töpfe nicht Meister geworden. Vergiss aber nicht, Fenster und Tür zu öffnen, bevor du ihn losbindest, denn er wird so entsetzlich stinken, dass dir darob fast der Atem vergeht. Die Geister begleiteten ihn noch die Treppe hinauf, öffneten die Tür zum Saal und verschwanden. Der junge Wageheld tat, wie ihm geheissen wurde. Als er den Hund losband, versetzte er der Bestie mit der Stola drei Streiche, so dass sie heulend davon fuhr und so entsetzlichen Gestank zurückliess, dass ihm schien, man halte ihm ein brennendes Schwefelfass unter die Nase. Es schwindelte ihm, und er musste sich am Tische halten. Aber Fenster und Türe waren offen, und so verlor er nur für kurze Zeit die Besinnung. Als er wieder zu sich kam und die Augen rieb, war das Schloss verschwun­den. Er stand am Ausgang des Arbenwaldes, und neben ihm lagen die drei Töpfe. Er hatte die Probe bestanden und war frei. Doch fühlte er eine solche Müdigkeit im Kopf und in den Gliedern, dass er sich ins Gras legte und ein Stündchen zu schlafen gedachte. Er musste seine Kräfte wieder sammeln, wenn er den Geldschatz davon tragen wollte. So umschloss er mit dem linken Arm den einen, mit dem rechten den zweiten Topf, und den dritten klemmte er zwischen den Beinen fest, gähnte ein paar Mal und schnarchte sich in ein seliges Schlummerstündchen hinein. Quelle: Johannes Jegerlehner: Walliser Sagen, Hans Feuz Verlag Bern, 1959 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Zigeunergold

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In einer Höhle im Sallerntobel hausten vor Zeiten Zigeuner. Die Kerenzer sahen dies fremde Gesindel nicht gern, denn mancher Bauer bemerkte mit Schrecken, dass seine Hühnerschar fast täglich kleiner wurde.Abends verriegelte man darum Häuser und Ställe sorgsam. Die Hunde liess man hungern, damit sie nachts wachsam seien. Eines Abends, lange nach dem Betenläuten, polterte jemand an die Brittli eines Bauernhauses, in dem eine alleinstehende Frau wohnte. Als sie öffnete, erblickte sie draussen einen dunkelbärtigen, grossen Mann. Es war einer jener Zigeuner aus dem Sallerntobel. Der Fremde bat flehentlich um Hilfe. Seine Frau sei in Kindsnöten und müsse sterben, wenn ihr nicht beigestanden werde. Die gute Bäuerin überwand ihre Furcht, raffte das Nötigste zusammen und eilte mit dem Zigeuner in die Felsenwohnung. Dort verrichtete sie mit Geschick ihre Aufgabe, und als das kleine Zigeunerlein zur Welt gekommen war, sprach die glückliche Mutter: «Habt vielen Dank, gute Frau! Vergelt’s Euch Gott! Nehmt zum Lohn für Eure Nächstenliebe diese Handvoll Laub und legt sie daheim auf die Herdplatte!» Das dünkte die Helferin denn doch ein geringer Lohn. Verärgert stieg sie durch das Tobel hinauf, wobei sie unter Schimpfen und Maulen die Blätter achtlos fallen liess. Als sie daheim anlangte, trug sie nur noch ein einziges Blättlein in der Hand. Wunders halber legte sie es doch auf die Herdplatte – und siehe da! –, es verwandelte sich plötzlich zu einem lötigen, funkelnden Goldstück! Man kann sich denken, dass die Frau sofort im Sallerntobel nach den übrigen kostbaren Blättern suchte. Aber es war umsonst, der Wind hatte sie inzwischen nach allen Richtungen verweht.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Das Zittern der Aspe

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Als ich einst bei einigen schlanken und hochgewachsenen Aspen (Espen) vorüberging und dem seltsamen Zittern ihres Laubes, das bei dem geringsten Luftzug immer in eine rauschende Bewegung gerät, zusah, sagte ich zu einem alten Manne, der mein Begleiter war: «Das ist doch ein seltsamer Baum! — Während die übrigen Bäume in der Nähe ganz ruhig stehen und kein Blatt sich daran bewegt, zittert dieser immer.» «Das kommt», erwiderte mein Begleiter, «vom Fluche Gottes her; denn aus dem Holze der Aspe soll das Kreuz, an welchem unser lieber Heiland gestorben, gezimmert worden sein. Alle Geschöpfe haben mit seinem bitteren Tode Mitleiden gehabt; die Sonne bedeckte ihr Angesicht, die Felsen zerspalteten, die Erde erbebte, die Toten kamen hervor, ein Heide rief aus, wahrhaftig das ist Gottes Sohn. Aber die Aspe hatte kein Mitleiden, da er an ihrem Holz seufzte, litt, zitterte und starb. Darum hat der göttliche Heiland sie verflucht: «So wie ich an deinem Holze, in der dreistündigen Todesangst zitterte, so sollst du, so lange ein Baum von deiner Art irgendwo auf der Welt ist, auch immer zittern zum schrecklichen Gedenkzeichen.» — Darum zittert die Aspe immer so sehr.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Zuger Alpli

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Vor alten Zeiten hatte die Gemeinde Ägeri bei der Stadtgemeinde Zug ein grösseres Geldanleihen gemacht. Die geborgte Summe sollte an einem genau bestimmten Tag zurückgegeben werden. Zur Sicherheit des Darlehens setzten die Leute von Ägeri ein Stück Land am Rossberg ein, das heutige Alpli. Die Verfallzeit war rasch herangekommen. Die Ägerer hatten das Geld beisammen und waren bereit, am bestimmten Tag den Stadtvätern von Zug das Darlehen zurückzugeben. Ein Ausschuss von Bürgern aus Ägeri wurde bestimmt, das Geld in die Stadt zu tragen. Sie machten sich um Mittag auf den Weg, um noch vor der Abendstunde in der Stadt einzutreffen, denn beim Klang der Betglocke schloss Zug seine Tore. Einige Herren aus der Stadt gingen um die gleiche Stunde auch auf den Weg nach Allenwinden; man hätte glauben können, sie würden einen Spaziergang machen. Im Wirtshaus zu Allenwinden trafen die Zuger mit dem Ausschuss von Ägeri zusammen und man lud sich zu einem frischen Trunke ein. Die Stadtherren zeigten sich sehr freigebig und liessen Flasche um Flasche aufspazieren. Die Zeit ging wie im Hui vorbei und schon brach der Abend heran. Erschrocken rief einer von Ägeri: "Wir müssen eilends aufbrechen, es will schon dunkel werden und vor Betglockenzeit müssen wir ja dem Stadtrat das Geld aushändigen, sonst verlieren wir das Alpli an die Stadt". - "Das hat noch Zeit genug", meinte ein Stadtherr, allein die Ägerer trauten der Sache nicht mehr recht und begaben sich auf den Weg nach der Stadt. Bald sahen sie die Stadttürme und die Stadthäuser im goldenen Licht der Abendsonne aufleuchten. Noch ein paar Minuten und das Geld hatte sein Ziel gefunden. Heimlich war aber einer der Zuger Herren auf einem kürzeren Seitenweg zum St. Michaelssigrist vorausgeeilt, der sollte sofort die Betglocke läuten. Justament wollten die Ägerer durch das Tor treten, als vom St. Michaelsturm die Betglocke erklang. Das war ein böser Klang, die Kreuzlitaler in der Tasche stimmten auch mit ein. Die Boten eilten rasch aufs Stadthaus und warfen das Geld auf den Tisch. Allein, man schob ihnen das Geld wieder zurück: "Es tut uns leid, ihr habt euch verspätet, Tag und Stund sind vorüber, die Betglocke hat dem Markt ein End gemacht. Euch bleibt das Geld, uns aber das schöne Alpli." Damit war die Sache abgetan. Voll innerer Wut zogen die Ägerer heim. Es wird weiter berichtet: Wer in gewissen Zeiten das Alpli betritt oder auf dem Weg von Unterägeri nach Walchwil dahin wandelt, dem begegnen mitunter drei Männer in alter Amtstracht. Den Männern fehlen aber die Köpfe. Die Drei schreiten nebeneinander, der Mittlere, wohl der Schreiber, trägt einen riesigen Foliantenband unter dem Arm. Nachdem sie eine Strecke Weges gegangen, verschwinden sie urplötzlich unter schaurigem Wimmern in einem jähen Absturz. Der einsame Wanderer sieht diese Begegnung nicht gerne; denn wer die Gestalten erblickt, ist sicher, selbst am lichthellen Tag auf dem ihm wohlbekannten Weg abzuirren. Es soll vorkommen, dass Leute nach zwei- bis dreistündigem Marsch statt bei der ersehnten Gehölzlichtung sich zu ihrem eigenen Erstaunen dort befanden, wo sie den Wald betreten haben. Sie haben ohne Wissen "Kehrum" gemacht ob dem Spuck. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 65 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das zweite Gesicht

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Der grimmige Beulentod forderte einstens im ganzen Ägeritale unzählige Opfer. Tag für Tag wurden Tote auf den Friedhof getragen. Als einst der Leichenzug beim Horbacherhof vorbeizog, schaute der Bauer zum Fenster hinaus. Vor Verwunderung bemerkte er, dass der Letzte im Leichengeleite an einem Bein einen knallroten Strumpf trug. Ob dieser sonderlichen Mode schüttelte der Horbacher seinen Kopf und siehe da, der Seltsame drehte sich plötzlich um und, o Schrecken! in ihm erkannte der Bauer sich selber. Wenige Tage darauf starb der Horbacher an der Pest. Er war der Letzte, welcher der Pestseuche erlag, denn bei seiner Bestattung ertönte eine gewaltige Stimme: "Esst Enzian und Pimpernell, wer dem Tod entrinnen well". Dieser Rat wurde befolgt und niemand starb mehr an der fürchterlichen Landplage. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 91 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Zwergenkind

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In einem Dorf lebte einmal eine ganz arme Familie. Das jüngste Kind war klein wie ein Zwerg und hiess deshalb Nanino. Und weil er so ein winziges Bürschchen war, dachte er, in die Ferne zu ziehen, sich aller Welt zu zeigen und dadurch sein Brot zu verdienen. Also nahm er eines Tages Abschied vom Elternhaus und zog von dannen. Als Nanino sich mitten in einem Wald befand, kam er zu einer Strasse, die voll Wassertümpel war. Unser Zwerglein gab nicht acht und fiel in eine Wasserlache am Wegrand. Das Wasser ging ihm bis an den Hals\' hinauf, und weil er am Ertrinken war, fing er an, um Hilfe zu rufen. Da kamen drei Räuber des Weges, die umherzogen, etwas zu stehlen. Sie hörten die Hilferufe und schauten um sich, konnten aber niemanden bemerken. Verwundert spähten sie, woher die Stimme gekommen sei. Nanino rief abermals. Jetzt erst erblickten sie den kleinen Knirps im Wassertümpel und zogen ihn heraus. Dann sprachen sie zueinander: «Der könnte uns gute Dienste leisten.» Darum fragten sie ihn, ob er mit ihnen ziehen wolle und er antwortete, er sei bereit dazu. Die drei Diebe kamen überein, sie wollten bei einbrechender Dunkelheit der Mühle am Waldrand einen Besuch abstatten, um die dort aufgestapelten Maissäcke zu rauben und daraus Polenta zu kochen. Sie sprachen deshalb zu Nanino: «Du musst durch das Schlüsselloch kriechen und die Säcke mit türkischem Korn füllen. Und wenn du mit der Arbeit fertig bist, so lehne dich zum Fenster hinaus und gib uns ein Zeichen, dass wir kommen, sie zu holen.» Also wanderten sie weiter durch den Wald, bis sie unten im Tal zur Mühle kamen. Flink schlüpfte der Zwerg durch das grosse Schlüsselloch, öffnete dann die Tür zum Maisboden und ging hinein. So klein er auch war, arbeitete er doch ausgiebig wie ein Erwachsener, und in kurzer Zeit waren die Säcke gefüllt. Sobald sie bereitstanden, lehnte sich Nanino zum Fenster hinaus und rief: «Die Säcke sind voll!» Als der Müller, der im gleichen Häuschen wohnte, diese Schreie hörte, sprang er aus dem Bett und fürchtete, es seien Räuber in seiner Mühle. Sowie der Zwerg merkte, dass der Müller herbeikam, versteckte er sich in einem Sack voll Mais und rief aus seinem Versteck heraus: «Zu Hilfe, sie wollen mich umbringen!» Kaum hatte der Besitzer jene geheimnisvollen Worte vernommen, so geriet er in Angst und eilte davon, um Waffen zu holen. Mittlerweile kroch Nanino aus dem Sack und sprang zum Fenster hinaus. Die drei Räuber, die auf ihn warteten, schalten ihn aus, dass er sie mit seinen dummen Reden beinahe verraten hatte. Und er war doch ein so lieber, einfältiger Knirps. Hernach wollten sie es noch einmal mit ihm versuchen und sagten ihm, er müsse in der nächsten Nacht auf den Estrichboden eines Bauernhauses steigen, wo viele Nüsse aufbewahrt wurden, um sie an der Luft zu trocknen. Dort solle er einige Säcke mit Nüssen füllen, aber beileibe keinen Lärm machen. Der Zwerg schlüpfte durch ein Loch in der Haustür, das für die Katze zum Ein- und Ausgehen bestimmt war, stieg die Treppen hinauf und gelangte endlich auf den Dachboden, wo grosse Haufen Nüsse lagen. Da fing der kleine Grashüpfer an zu schreien: «Soll ich die mit oder ohne Löcher nehmen?» Die Räuber draussen zischelten, er solle doch ums Himmels willen stille sein, sonst käme der Hausherr herbeigelaufen. In der Tat hatte der Bauer die Schreie des Kleinen gehört. Flugs verbarg sich der Zwerg in einer hohlen Nuss und fing an aus Leibeskräften zu rufen: «Zu Hilfe, der Hausherr will mich umbringen!» Der Bauer fing an, die Nüsse zu untersuchen, und der Zwerg schrie immer lauter um Hilfe. Als der Hausherr die Stimme hörte, aber niemand sah, geriet er in Schrecken und lief davon. Nanino kroch aus der Nuss heraus und kehrte unbemerkt wieder zu seinen Kameraden zurück. Die standen noch immer in ihrem Versteck vor dem Haus und warteten auf ihn. Sie wollten ihn verjagen und drohten, ihn umzubringen, wenn er sie noch einmal mit seinem Hilferufen verrate. Am folgenden Abend wollten sie in den Ziegenstall einer Witwe eindringen und die Geissen fortführen. Als Nanino hineingeschlüpft war und die vielen Ziegen sah, fing er laut an zu rufen: «Soll ich die weissen oder die schwarzen nehmen?» Die Gefährten bedeuteten ihm, er solle doch stille\' sein; aber umsonst, er schrie immerzu. Da erwachte die Bauersfrau, nahm ein Licht und ging in den Stall. Unser Zwerg aber verkroch sich in ein Loch in der Mauer. Als die Bäuerin sich vergewissert hatte, dass noch alle ihre Ziegen da waren und keine fehlte, stellte sie den Kerzenstock in die Nische in der Wand, gerade da, wo sich Nanino versteckt hatte. Jetzt fing der kleine Dummkopf an zu rufen: «Ich bin da! Ich bin tot!» Nun bekam es die Bäuerin mit der Angst zu tun, sie stürzte zum Stall hinaus, und so konnte sich der Zwerg ins Freie retten. Die Gefährten wollten jetzt aber nichts mehr von ihm wissen und jagten ihn fort. Nanino lief davon, so schnell ihn seine kleinen Beine zu tragen vermochten. Als er auf die Landstrasse gelangte, sah er einen vornehmen Herrn zu Pferd und fragte ihn, ob er ihn als Diener annehmen wolle. Der Reiter schaute ihn verwundert an und meinte: «Das wird euer Ernst nicht sein, denn ihr seid ja viel zu klein, und wenn ihr dem Pferd zu fressen gebt, so könnte es euch aus Versehen einmal verschlucken.» Unser Zwerg aber entgegnete, da sei nichts zu befürchten, denn er sei seiner Sache sicher und im Umgang mit den Pferden vertraut. Daraufhin nahm ihn jener Herr zum Diener an. Eines Tages aber, als der Herr von einem Spazierritt heimkehrte und das Pferd grossen Hunger hatte, brachte Nanino ihm zu fressen, und dabei geschah es, dass ihn das Tier mitsamt dem Heu verschluckte, ohne es im Geringsten zu merken. Dem Zwerglein aber gefiel es nicht in der dunklen Kammer des Magens, wo es stockfinster war und keine Fenster hatte. Flink kroch es wieder oben zum Hals hinauf, wobei das Ross ein starkes Kitzeln empfand, so dass es gewaltig niesen musste. Nanino wurde zu den Naenlöchern hinausgeschleudert und fiel im weiten Bogen zur Erde. Weil er aber behend war, geriet er in Heu und Gras und tat sich nicht weh. Von da an hatte er nun seine Abenteuerfahrten durch die Welt satt bekommen und kehrte gern wieder zu Vater und Mutter heim, denen er das kleine Silberstück, das er bei dem reichen Herrn als Lohn erhalten hatte, überbrachte. Am Kaminfeuer der Tessiner                                                               Walter Keller                                                                                           Hans Feuz Verlag Bern Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Zwergenloch

Source: Das Zwergenloch

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Bei der Riggisalp trifft man eine enge Felsspalte, welche von den Hirten das Zwergenloch genannt wird. Spielende Kinder rollten gerne Steine die Matten hinunter, die plötzlich verschwanden in einer Öffnung, und zwar so tief, dass man nicht hinunterblicken konnte. Manchmal vernahm man daselbst ein unheimliches Rollen oder Brummen. Die Leute meinen, hier befinde sich ein unterirdischer Zufluchtsort der früheren Berggeister, die den Hirten so viele Dienstleistungen erwiesen hatten. Aber durch den Undank böser Menschen verscheucht, haben sie ihre einstigen Schutzbefohlenen verlassen und sich tief unter der Erdoberfläche in ihr Reich zurückgezogen. Sie zeigen sich den undankbaren Menschen nicht mehr. Ihr Andenken lebt nur noch fort in Sagen und Märchen der Grosseltern und Ahnen. Wer aber die Bergmännlein in ihrer Höhle stört oder sie herausfordert, den trifft nach Meinung der Älpler gewiss Unheil.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Zwergenloch auf Riggisalp

Source: Das Zwergenloch auf Riggisalp

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Eng presst sich die triftenreiche Riggisalp an die grausteinige Felsenbrust der Kaiseregg. Weit im Land herum besitzt die Alp einen guten Klang. Denn manch begehrliches Schleckmaul hat schon die süsse, dicke Nidel der Riggisalp verkostet; jeder Besteiger der zweitausend Meter hohen Bergriesen kehrt hier in der tiefdachigen Sennhütte zur kurzen Rast ein und schlürft gern eine Tasse Alpenmilch. Diesen Genuss erleichtert dem bequemen Touristen heute eine Sesselbahn, die vom Talboden auf die Alp führt. Die Riggisalp ist geziert mit dem runengewirkten Mantel der Volkssage. Hier oben im Schutze des Kaisereggschlosses war einst das Zauberreich der Bergmännchen. Gar manchem Hirten auf den umliegenden Weiden hatten sie ehedem treffliche Dienste erwiesen; aber Undank und Arglist der Menschen vertrieben die hilfreichen Zwerglein in die unterirdischen Höhlenkammern der Bergwelt. Davon kündet noch bis zur Gegenwart das «Zwergenloch», eine tiefgründige Felsspalte auf der Riggisalp. Die Älpler haben gewaltigen Respekt vor dem Zwergenloch. Seine Tiefe hat noch kein Mensch gemessen. Bis zum Schwarzsee hinunter soll der unterirdische Graben münden. Kinder, die aus Mutwillen Steine in die gähnende Spalte warfen, hörten deren Gepolter minutenlang, bis es weit im Bergesleib drinnen verstummte. Einst war ein Hirt von der Riggisalp mit dem Heuet beschäftigt. Eine Bürde nach der andern trug er auf seinen beiden Schultern in den Heuschober. Unterdessen spielte sein 4-jähriger Hansli unterm wohligen Schatten einer weitästigen Wettertanne. Über Berg und Tal spannte sich das Riesendach des enzianblauen Himmelszeltes, feurige Sonnenglut brütete über den grauen Schindeldächern, dass sie weit in die Ferne leuchteten. Da war der lindernde Schatten der bemoosten Tannen ein gern gesuchter Kühlwinkel. «Hansli! Hansli! Komm!» rief der Hirt nach getaner Arbeit. Keine Antwort kam zurück. Der Bub schläft wohl, dachte der besorgte Vater. Seine Augen suchten den Abhang ab; das schattige Plätzchen, worauf das Kind geruht hatte, war leer. Der Senn schritt dem Walde zu, die Halde hinunter. «Hansli, wo bleibst du denn?» Aber kein glockenhelles Kinderlachen, wie er es am geweckten Bübchen gewohnt war, liess sich vernehmen. «Der Donnersbub hat sich verlaufen», brummte der Hirt. Scharf spähten seine geübten Augen über Weide und Weg hin, er durchquerte das dunkle Tannengehölz, er schrie sich die Kehle heiser nach dem vermissten Kind. Vergebliche Mühe! Nur das Echo vom Wald und den nahen Flühen her gab höhnische Antwort zurück. Jäher Schreck fuhr dem Mann eiskalt ans Herz. «Dem Buben ist etwas zugestossen! Ist er über eine Felswand gestürzt? Hat er sich irgendwo verlaufen?» Sein einziger Bub, die Sonne seines harten Sennenlebens! Schon dämmerte der Abend herein. Die schwarzen Schatten der hohen Tannen wuchsen immer höher. Der Hirte musste heimkehren. Im Stall war ja heute kein zweiter Hirte zur Aushilfe da. Wie hässliches Nachtgetier frassen Angst und Zweifel an seinem Vaterherzen. Nach getaner Stallarbeit wollte der Hirte weitersuchen. Vielleicht war der Kleine in der Nachbarschaft gut aufgehoben. Wenn nicht — der Mann mochte nicht weiterdenken — ja, dann war seine Lebenssonne erloschen! Müde und schwer wurde sein Gang, je näher er der Riggisalp kam. Schon wollte er leidbeladen am Zwergenloch vorüber. Da stutzte er. War’s möglich? Träumte er? Von der Felsspalte her tönte ihm wie Musik silberhelles Kinderlachen entgegen! Nein, es war kein Traum — süsse, beglückende Wirklichkeit! Am Felsrand sass sein Hansli, sein Fleisch und Blut. Gesund und wohlauf sass er da. Nur das Hirtenkleidchen war staubbedeckt: «Schau, Papa!» rief er strahlend aus. «Schau die schöne Kugel! Ein lustiges, kleines Männchen mit einem langen Bart hat sie mir geschenkt.» Der glückliche Vater packte den Kleinen und presste heisse Küsse auf den purpurfrischen Kindermund, erst jetzt, nachdem der überquellende Strom der Freude sich gelegt hatte, schaute er das gelbglitzernde Ding in der Kinderhand an. Wahrhaftig, gleissendes, echtes Gold hatte der kleine Glücksbub. Ein grosses Vermögen für den einfachen Hirten. Ein längst ersehnter Herzenswunsch steigt aus den untersten Winkeln seiner Seele: selbständig sein! Jetzt kann er diesen Wunsch erfüllen. Ein kleines Heimetli im Oberland wird er erstehen können mit dem Goldschatz vom Zwergenloch. Dann muss er nicht mehr in fremden Diensten stehen; auf eigener Scholle wird sein Brot wachsen und reifen. Hansli wundert sich, wie froh und gesprächig diesen Abend der sonst so wortkarge Vater ist. Er weiss ja nichts vom Schmerz und von der würgenden Angst, die sein Vater um ihn ausgestanden hat. «Papa, wie lieb bist du heute!», schwatzt die ahnungslose Unschuld. Der raue Senn drückt seinen Buben an sich; Wange an Wange flüstert er ihm zu: «Hansli, Du hast mir halt heute Glück gebracht! Ja, das Glück vom Zwergenloch.»   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Zwergenpaar im Bauernhaus

Source: Das Zwergenpaar im Bauernhaus

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Einst lebte ein alter Bauer; droben im Schatten des Plasselbwaldes lag ganz einsam seine schindelbedeckte Behausung. Einsam wie die Hütte, floss auch das einförmige Leben seines Bewohners dahin, der sich wenig um die Streitigkeiten der grossen Welt bekümmerte. An einem Winterabend, als der Alte in seiner rauchigen Stube sein Pfeifchen schmauchte, klopfte es schüchtern an die gefrorenen Fensterscheiben. Bedächtig tat der Bauer das «Lüüfferli» (kleines Ofenfenster) auf und schaute hinaus, wer da wohl noch Einlass begehre. Da standen auf dem Holzstoss zwei winzig kleine Leutchen und baten mit zitternder Stimme um ein Abendessen und die Erlaubnis zum Übernachten. Sie hätten sich im hohen Schnee verirrt und hungerten gar sehr. Der gutherzige Sonderling nahm das wunderliche Pärchen freundlich auf und bewirtete es, so gut er konnte. Als Schlafstelle wählten die beiden Fremdlinge das Ofenloch im grossen Sandsteinofen, der in keinem alten Freiburger Bauernhaus fehlt. Am andern Morgen baten sie ihren Wirt, er möge sie doch den kalten Winter über bei sich behalten, was dieser gern gewährte. An den langen Winterabenden trieben die Zwerge allerhand Kurzweil und verkürzten dem Alten die Zeit mit ihren lustigen Spässen. Tagsüber machten sie sich durch allerlei Dienstleistungen nützlich. Kam aber ein Nachbar, so versteckten sie sich, bis der Besucher wieder fortgegangen war. Als endlich der stolze Frühling die Schneedecke zum Schmelzen brachte und auf allen Matten die Blümlein hervorsprossen, wurden die zwei Leutchen traurig. Sie sehnten sich nach dem duftigen Wald und der wohligen Bergluft. Der Bauer wollte jedoch die liebgewonnenen Gäste nicht ziehen lassen. Da griff das Weibchen zu einer List. Es verlangte einen Knäuel Zwirnfaden, um dem Bauern ein neues Kunststück zu zeigen. Es befestigte das eine Ende des Fadens am Fensterhaken dann warf es den Knäuel durch das geöffnete Fenster in weitem Bogen auf die Wiese hinaus. Darauf nahm es das Männchen bei der Hand und hiess es ihm folgen. Wie gewandte Seiltänzer spazierte das Zwergenpaar auf dem dünnen Faden hinaus auf den sonnigen Anger. Dem verdutzten Gastgeber riefen sie noch ihren Dank- und Abschiedsgruss zu, worauf sie bald im nahen Wald verschwanden. Der Bauer hatte von jetzt an immer Glück im Haus, Stall und Feld.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Zwergenweiblein und der fluchende Senn

Source: Das Zwergenweiblein und der fluchende Senn

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Weit hinten im Emmental, wo die junge Emme in keckem Lauf vom Hohgant herniedersprudelt, liegt die schöne Alp Salwiden. Dort diente einst ein grober Sennenbursche, der mit dem Vieh, der Milch und mit allem, womit er sonst zu tun hatte, roh und unachtsam umging. Eines Abends, als er gerade beim Melken war, verschüttete ihm eine Kuh einen ganzen Eimer voll Milch. Darüber begann er auf eine lästerliche Art zu fluchen. Kurz darauf vernahm er aus der hintersten Ecke des Stalles ein lautes Seufzen. Wie er auch suchte, er konnte kein lebendes Wesen entdecken, von dem der Laut hätte herrühren können. Noch am selben Abend erzählte der Senn dem Meister, was sich zugetragen hatte. Der wollte sich nun selber davon überzeugen, ob wirklich etwas Geisterhaftes im Stalle vorhanden sei. Sie verabredeten miteinander, dass der Senn am nächsten Abend wieder Milch verschütten und dazu fluchen sollte, währenddem der Meister im Stallwinkel horchen wollte. Und wirklich, ganz deutlich vernahm auch er das geheimnisvolle Seufzen, stellte sich aber so, als habe er nichts gehört und verbot dem Senn, seiner ängstlichen Frau, die ohnehin schon Erdmännchen bemerkt haben wollte, etwas von der Sache zu verraten. Der Sommer ging dahin, aber das Seufzen hatten der Meister und der Knecht noch öfters vernommen. Als der Herbst ins Land zog, nahmen die Leute mit ihrem Vieh Abschied von der Alp. In langem Zuge, voran die Leitkuh, schritt die wohlgenährte Herde zu Tal. Beim untersten Weidgatter sprach der Meister nach alter Väter Sitte ein andächtiges «Walt Gott» über seine Alp. Bei diesem kurzen Aufenthalt bemerkte der Knecht, dass er seine Uhr in der Alphütte vergessen hatte, und er eilte zurück, sie zu holen. Wie staunte er, als die Hüttentür, die der Meister fest verriegelt hatte, offen stand. Aber was musste er erst sehen, als er die Sennhütte betrat! Eine ganze Gesellschaft Erdmännlein schickte sich an, zu käsen. Unsicher wich der Senn zurück; denn die kleinen Wichte empfingen ihn mit bösen Mienen und drohenden Worten. Besonders ein steinaltes Weiblein machte ihm bittere Vorwürfe : «Alle Milch, die im Laufe des Sommers in den Alphütten verschüttet wird, gehört uns. Nur jene, worüber man geflucht hat, ist für uns verloren. Mit deinem Fluchen hast du uns grossen Schaden zugefügt. Aus der verschütteten Milch bereiten wir vortreffliche Käslein. Sie sind nicht nur gesund, sondern haben die wunderbare Eigenschaft, dass, wenn man sie nicht ganz aufisst und immer ein Restlein übrig lässt, sie am nächsten Morgen wieder schön rund und ganz sind. Schon manchem haben wir mit einem Käslein aus bitterer Not geholfen. Sieh nun, was du mit deinem Fluchen geschadet hast ! Und jetzt mach, dass du fortkommst, oder ... ! » «Was oder ?» gab der Senn frech zurück und sah verächtlich auf das kleine, runzelige Weiblein herab. Aber den Schrecken in allen Gliedern, wich er vor dem Weiblein zurück, das augenblicklich in drohender Riesengestalt vor ihm stand. Gern liess der trotzige Flucher seine Uhr zurück und ergriff die Flucht. In Schweiss gebadet holte er die Herde ein. Im Tale unten hatte er keine gesunde Stunde mehr, und nach ein paar Wochen raffte ihn eine heimtückische Krankheit dahin. Emmentaler Sagen, Hermann Wahlen, 1962 Gute Schriften Bern Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Zwergenweiblein zu Fontanix

Source: Das Zwergenweiblein zu Fontanix

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Zu Fontanix, am Wangser Berg, lebten ehemals viele Zwerge. Einst hörte man dort am Wege ein leises Seufzen und Stöhnen. Ein junges Zwergenweibchen war von der schweren Stunde überrascht worden und nahm gerne die Hilfe einer herbeieilenden Frau an. Den Dienst zu lohnen, gab es dieser eine Handvoll Kohlen mit nach Hause. Die Frau scheint einen andern Dank erwartet zu haben; denn sie warf die Kohlen unterwegs von sich. Ein einziges Stücklein war in der Schürze zurückgeblieben, und dieses hatte sich unterdessen in das lauterste Gold verwandelt. Nun sah die Beschenkte ein, dass sie töricht gehandelt hatte; sie ging schnell zurück und suchte auf dem Wege und im Gesträuch, fand jedoch nichts mehr. Wohl aber sah sie, wie von der Mugg herunter viele Zwerglein kamen mit brennenden Fackeln. Diese werden das Weiblein, das länger als gewöhnlich ausgeblieben, endlich gesucht und dann samt dem munteren Söhnchen Heimgebracht haben. Nach Dr. A. Henne.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 190, S. 89 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Zwerglein Türliwirli

Source: Das Zwerglein Türliwirli

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Ein Oberemser Bursche heiratete das Türliwirli, die Tochter eines Zwerges. Die Frau bat ihn eines Tages, er möchte ihr versprechen, sie nie beim Namen zu nennen, was er auch gelobte. Im Juni ging er ins Alpwerk, und als er spätabends nach Hause kam, sagte ihm die Frau, heut hätte sie böse Zeit gehabt, denn diese Nacht werde es gefrieren, und da hätte sie das grüne Korn geschnitten und zwischen Tannenreiser gelegt. Der Mann fuhr auf und rief: "Du vermaledeites Türliwirli", doch kaum hatte er das gesagt, war sie zur Tür hinaus und verschwunden. In der Nacht gefror es, und die Saaten der Nachbarsleute gingen zugrunde. Der Mann hatte drei Kinder, die er zu Hause ließ, wenn er auf die Arbeit ging. Da kam denn jeden Morgen die Mutter, wusch und kämmte sie, so daß der Vater, wenn er heimkehrte, die Stube aufgeräumt fand und die Kinder gewaschen und ordentlich angezogen. Da fragte er, wer das tue, er habe doch das Haus geschlossen und den Schlüssel versteckt. Die Kinder riefen, die Mutter sei gekommen und hätte das alles besorgt. Der Vater hatte ein großes Verlangen nach seinem Weibe, und er hätte ihr gerne Abbitte geleistet, wenn sie sich nur gezeigt hätte. So sagte er den Kindern, sie sollten doch die Mutter fragen, wie sie es nur anstelle, ins verschlossene Haus zu kommen. Als die Kinder die Mutter darum befragten, erwiderte sie, sie wisse doch schon, wo der Schlüssel stecke. Der unglückliche Vater bat nun einen Freund, aufzupassen, und wenn die Frau ins Haus trete, die Tür zu schließen und ihn zu rufen. Das geschah auch, und nun eilte der Vater ins Haus und bat die Frau um Verzeihung. Nun lebten sie noch manches Jahr glücklich zusammen. Quelle: Johannes Jegerlehner, Sagen aus dem Oberwallis, Basel 1913 Nr. 6 (Kanton Wallis, Ems, Turtmanntal).      Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Zwerglein und der Korbmacher

Source: Das Zwerglein und der Korbmacher

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Oberhalb der Emmenmatt, wo sich Emme und Ilfis vereinigen, stand vor alten Zeiten dicht an dem steinigen Ufer des Flusses ein rauchgeschwärztes Schachenhüttlein. Trotz der Armut seiner Bewohner sah es darin sauber und freundlich aus. Der arme Korbmacher, der es mit seiner zahlreichen Familie bewohnte, hatte mit des Lebens Sorgen, ja nicht selten mit der Not und bitterem Kummer zu kämpfen. Trotzdem hatten alle ein frisches und heiteres Aussehen, und der Hauszins — das Häuslein war nicht des Korbmachers Eigentum, sondern gehörte einem reichen Bauern der Gegend — wurde Jahr für Jahr rechtzeitig entrichtet. Die Nachbarn wunderten sich darüber, dass der Korber nie fremde Hilfe in Anspruch nehmen musste. Es ging das Gerücht, dass die Erdmännlein sich fleissig bei ihm versammelten und ihn dafür reich beschenkten. Der Korber, wenn er darüber befragt wurde, stellte es nie in Abrede, obschon das Licht, das oft noch zu mitternächtlicher Stunde in seinem Hüttlein brannte, seinen Grund in etwas ganz anderem hatte als in den späten Besuchen der Erdmännlein. Einmal nun zog ein schweres Gewitter vom Hohgant her über die Oberemmentaler Berge. Die Bäche schwollen zu mächtigen Strömen an, und die grimmigen Fluten trugen Brücken und Stege wie Spielzeuge mit sich von dannen. Fruchtschwere Äcker und duftende Heuwiesen überschwemmte der wilde Eggiwilfuhrmann und überschüttete sie viele Fuss hoch mit Schutt und Steinen. Auch dem Hüttlein des Korbers drohte Gefahr, und nur mit Mühe gelang es den Bewohnern, das nackte Leben zu retten. Die schäumenden Fluten brandeten um die schwachen Mauern des Hüttleins und drohten jeden Augenblick, es mit sich fortzureissen. Als der Korber unter Lebensgefahr nochmals dahin zurückkehrte um von seiner Habe so viel als möglich zu retten, erblickte er auf dem niederen Dach ein winziges Männlein, das ängstlich um Hilfe schrie und seine kleinen Arme bittend nach ihm ausstreckte. Ohne sich lange zu besinnen, watete der Korbmacher, mit den anstürmenden Wellen kämpfend, durch das Wasser seinem Hüttlein zu, schwang den kleinen Knirps auf seine Schulter und erreichte mit ihm den sichern Boden. «Du hast mir das Leben gerettet», sagte das Männlein zum Korber. «Zum Dank nimm hier diese Erbsen und koche dir und den Deinen ein Müslein davon. Achte aber wohl darauf, dass immer wenigstens drei Stück im Säcklein bleiben! » Mit diesen Worten drückte das Männlein dem Korber ein Säcklein in die Hand und verschwand. Der Korber, der sich noch immer in Gedanken mit der Rettung seiner wenigen Habseligkeiten beschäftigte, schaute trüben Blickes nach seinem Hüttlein und hätte in seinem Unmut beinahe das sonderbare Geschenk des Zwerges in die trüben Fluten geworfen. Er besann sich aber anders und kehrte damit zu den Seinen zurück, die inzwischen in einem Nachbarhause Unterkunft gefunden hatten. Während der Nacht verzogen sich die schmutzigen Fluten allmählich, und am Morgen konnte der Korbmacher mit seiner Familie wieder in sein Hüttlein einziehen. Kaum war der gröbste Schutt aus der Wohnung geräumt, wurden die Erbsen gekocht. Dabei hielt sich die Mutter genau an das, was das Zwerglein angeordnet hatte: drei Stück bewahrte sie im Säcklein auf. Das Erbsmus schmeckte so ausgezeichnet, dass alle nichts sehnlicher wünschten, als täglich das schmackhafte Gericht verzehren zu dürfen. Ihr Wunsch ging wirklich in Erfüllung; denn am nächsten Morgen war das Säcklein wieder voll, und so geschah es alle Tage. Dabei hatten der Korbmacher, seine Frau und Kinder ein blühendes Aussehen, und sie brachten es in kurzer Zeit so weit, dass sie aus dem Erlös ihrer Korbwaren schöne Ersparnisse beiseite legen konnten und alle Not ein Ende hatte. Das Geheimnis von den Erbsen aber erbte sich mit dem täglich sich neu füllenden Säcklein von Kind auf Kindeskind fort und bestände wohl noch heute, hätte nicht einmal ein unachtsames Mädchen, als es die Küche zu besorgen hatte, alle Erbsen auf einmal zum Kochen verwendet. Von da an blieb das Säcklein leer, und mit der Herrlichkeit wars zu Ende. Emmentaler Sagen, Hermann Wahlen, 1962 Gute Schriften Bern Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das Zyprion

Source: Das Zyprion

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Hoch über dem linken Rheinufer in Bünden erhebt sich die Bergkette Calanda. Die Höhen derselben sollen früher viel fruchtbarer gewesen sein als jetzt. Die Kühe, welche man dreimal des Tages gemolken, nährten sich namentlich von einem Kraut, das Zyprion hiess, auch von Muttern, Ritz und Milcherkraut. Stellen, die jetzt öde sind, waren früher mit dem herrlichsten Grün bekleidet. Auf diesen grünen Weiden lebten fröhliche Sennerinnen. Einst aber erwachte unter ihnen ein böser Geist. Sie zogen um Mitternacht auf den Hexenboden, wo jetzt noch schwarzes Gras wächst. Hier versammelten sie sich und hielten ihre nächtlichen Tänze. Sie wurden einst überrascht von einem Jäger, der einer Gämse dahin gefolgt war. Die jüngste Sennerin ging auf ihn zu und bot ihm lächelnd ihre Hand. Von ihrer Schönheit geblendet, liess er sich lange von ihr zurückhalten. Und als der Morgen tagte, eilten alle zu Tal, um die Kühe zu melken. Die Sennerin sass aber noch immer bei ihrem Jäger, von dem sie sich nicht trennen konnte. Da rief ihr eine ihrer Schwestern zu: "Komm, die Kühe warten schon da unten!" "Ach", entgegnete sie, "immerfort melken! Ich wollte, ich wollte, dass die Kräuter längst verdorrt wären." So verfluchte sie das Zyprion, Muttern und Ritz. Und als der Jäger das hörte, sprang er auf und rief: "Behüte mir Gott das Muttern und Ritz!" Das Zyprion hatte er vergessen. Darauf sind alle Weiden verblasst. Noch sieht man jetzt das Zyprion als falbes Kraut, wie vom Winterfrost verdorrt. Wenn man es bricht, so sieht es weiß aus wie Milch, aber keine Kuh frisst davon. Quelle: Theodor Vernaleken, Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Das «Strithölzli» oder der Augenschein

Source: Das «Strithölzli» oder der Augenschein

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Das Strithölzli ist ein kleines Gehölz an der Landstraße zwischen Thayngen und Herblingen. Einst sollen die Herblinger den Thayngern ein Stück Wald streitig gemacht und lange Jahre mit den Thaeyngern darüber im Processe gelegen haben. Endlich wurde von beiden Parteien ein Ausschuss erwählt, der das streitige Gehölz in Augenschein nehmen und das Recht finden sollte. Nun trug es sich zu, dass mit den Herblingern auch viele Weiber sammt ihren Männern aus Neugierde hinzugekommen waren; als aber die Herblinger Weiber merkten, dass die Ihrigen es verlieren würden, fielen sie über den Augenschein [d. h. den Ausschuss aus Thayngen] her, jagten ihn in die Flucht und behaupteten das Gehölz für sich und die ihrigen. (Herblingen)     Aus: R. Frauenfelder, Sagen und Legenden aus dem Kanton Schaffhausen, Schaffhausen 1933. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Das Nachmittaglamm im Tobelhölzli

Source: Das Nachmittaglamm im Tobelhölzli

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In der Gemeinde Ober-Siggental liegt zwischen den Ortschaften Obernußbaumen, Kirchdorf und Tronsberg eine Waldung, das Tobelhölzli genannt. Ein Bach fließt durch den östlichen Teil, wo Wiesen und Mattland ist. Hier graset das Nachmittaglamm, das sich Vorübergehenden gerne nähert und sie anblöckt; nur ist es verboten, selbst nach dem Tiere zu gehen und es an- zulangen, es entweicht in diesem Falle. (Fürsprech Mayer in Baden.)  Band 3.1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962, S. 91 - 91 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch


by David Joris auf Schloss Binningen

Source: David Joris auf Schloss Binningen

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Von 1545 an waren der Niederländer David Joris, der sich Johann von Brugg nannte, und sein Schwiegersohn Joachim van Berchem Eigentümer des Schlosses. Gleichzeitig besass die Familie auch das Schlossgut Holee und das Landgut St. Margarethen. Nach dem Tode von David Joris im Jahre 1556 kam es aus, dass er das Haupt einer niederländischen Täufergemeinde gewesen war. Dem Toten wurde darauf in Basel der Ketzerprozess gemacht, sein Leichnam ausgegraben und mitsamt seinem Bilde und seinen Schriften auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Der Grundbesitz der Familie wurde 1574 einem elsässischen Adeligen verkauft. In seiner Sterbensstunde soll ein Blitzstrahl in das Zimmer seines Hauses geschlagen, ohne jedoch angezündet oder im geringsten Schaden verursacht zu haben. — Obschon Joris bei seinen Lebzeiten allhier geachtet war, so hat doch das Volk, das ihm vielleicht nur Dank zollen sollte, auch das Verdammungsurteil über ihn ausgesprochen und ihm im Tode auch keine Ruhe gegönnet. Behaupteten doch ältere Leute oft, ihn teils auf dem Pferde, teils ohne Pferd nach seinem Tode gesehen zu haben. Gewöhnlich ritt er, vom Täufernloch oder Holeeholz herkommend, den Kuhweg herunter dem Dorfe zu; ferner sah man ihn da und dort auf seinem Landgute umher wandeln. Endlich soll er von Kapuzinern in eine Holzbirne (Tintenbirne, hölzernes Gefäss) gefasst und droben im Glockentürmchen des Schlosses festgebannt worden sein. Holee und Binningen Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by De Boliman

Source: De Boliman

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„Chun ab dr Gassen", hed d'Möetter Jellin grieffd. Aber Jelli faad am binnigen: „Äs ischd no nid fiischter; i wolld no mid den andre triibocken." Aber d'Möetter ischd andrer Mäinig: „Etz gid's niimma umhazsänndren. Äs faad an nachten, und de chunnd dr Boliman und nimmd alli, wa nid greeser si-w-wan düü, e sela üüfgstitzta Holzboden!"                                                           Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by De drei Joggäli auf Ruhegg

Source: De drei Joggäli auf Ruhegg

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Vor vielen Jahren waren auf der Flumser Alp Ruhegg sehr verschwenderische und mutwillige Alpknechte, von denen der Senn und Zusenn "Joggäli" hiessen. Sie kochten nur die leckerhaftesten Alpenspeisen und immer weit mehr als bloss für ihren Bedarf. Was sie nicht aufzuessen im stande waren, taten sie in einen ausgehöhlten Stock in der Hütte, welchen sie auch "Joggäli" tauften. Wenn dieser voll geworden, schimpften sie über ihn und sprachen: "Du dummer Joggäli, warum frissest du nicht, da man dir doch so gut aufwartet?" Der hölzerne "Joggäli" schien endlich des ewigen Schimpfens müde geworden zu sein und fing gegen Ende des Sommers zum Schrecken der Knechte wirklich zu essen an. Zum Trost war aber die Zeit der Alpentladung herangerückt. Nur der Senn musste noch für etliche Tage ganz allein in der Hütte zurückbleiben, um auszusennen. Der Zusenn aber hatte vergessen, seinen Melkstuhl mit heimzunehmen und solches erst bemerkt, als er zu Hause angelangt war. Er entschloss sich, diesen zu holen. Zwar regte sich bei der Erinnerung an den Stock etwelche Furcht in ihm; allein er fasste Mut und ging, nahm aber zur Sicherheit geweihte Sachen mit. Als er unter die Tür der Alphütte trat, erblickte er mehrere grässlich aussehende Männer, welche um den hohlen Stock herum sassen und sich gütlich taten. Sie zeigten mit triumphierendem Hohne unter das Hüttendach hinauf, wo der ausgeschundene Senn an einem Geschirrgestell aufgehängt war, und riefen mit hohler Stimme: "Ä Joggäli Hand ihr gschundä, Ä Joggäli Hand wir gschundä. Und Joggäli wemmer meh schindä!" Der Zusenn dachte: "Da machst du, dass du fortkommst; sönst ist es mit dir Matthäi am letzten Kapitel!" Er nahm seinen Melkstuhl, auf welchem der nächste der unheimlichen Gesellen sass, eilte damit zur Hüttentüre hinaus und entkam glücklich, hörte aber noch nachrufen: "Es kam dir gut, dass du geweihte Sachen bei dir hattest; sonst wäre es dir übel ergangen!" An dem Orte, wo der unglückliche Senn gehangen, befestigten die Flumser hernach ein rotes Grabkreuz, wie sie solche auf ihrem Friedhofe haben, und wer jene Alphütte besucht, kann dieses heute noch sehen. Es ist immer noch wie neu, trotz Alter und Hüttenrauch. J. Natsch *** An der Stelle, wo der "Joggäli" geschunden wurde, steht jetzt ein schwarzes Kreuz. Man wollte dieses schon oft ins Tal herunternehmen und auf dem Friedhof aufpflanzen; aber es kam allemal von selbst wieder auf die Alp zurück. K. Tschirki *** Die Sünde, deren die Alpknechte sich schuldig machten, ist die Verschwendung der Gottesgaben und der Missbrauch des Sakraments der Taufe. O. Giger erzählt ebenfalls von dem Frevel der Alpknechte, nennt aber den Joggäli "Knochli".   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 306, S. 170f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dem Bijene dibbellen

Source: Dem Bijene dibbellen

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In dr häiligen Nacht sii s' freejer ggangen und häin a d'Bijifässelleni dibbelled. Äs ischd es gööts Zäiche gsiin, we's i Fässellenen gsurred old gsummsled hed. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dem Ofen sagen

Source: Dem Ofen sagen

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Am Eingang in das Isental hausten vor Zeiten Räuber und zwar ein ganzes Kartenspiel. Sie riefen sich gegenseitig mit dem Namen der Spielkarten. Vom Keller ihres Häuschens zog sich eine unterirdische Höhle bis hinunter an den alten Weg; sie heisst heute noch das "Mirderloch." Nachts spannten sie Drähte über den Weg, und wenn jemand daran stiess, läutete es im Räuberhäuschen. Auf diese Art fingen sie einst ein 16jähriges Mädchen; sie liessen es am Leben, und es musste bei ihnen bleiben und ihnen den Haushalt führen. Nach vielen Jahren erhielt es einmal die Erlaubnis, seine Eltern zu besuchen, musste aber den Räubern hoch und heilig versprechen, keinem Menschen zu sagen, wo sie seien. Daheim ging das Mädchen zum Ofen und erzählte diesem alles. Die Seinen hörten solches und überredeten das Mädchen, Sagmehl auf seinem Rückweg zu streuen. Es folgte, und so wurde die Räuberhöhle ausgekundschaftet, eines Tages vom Militär umzingelt, und nachdem das Mädchen auf ein verabredetes Zeichen geflohen, ausgeräuchert, dass die Räuber erstickten. Auch im Salzmisloch in der Nähe der Isleten, in das aber bei hohem Seestand Wasser eindringt, sollen Räuber gehaust haben. Barbara Gisler, 80 Jahre alt, Attinghausen; Maria Ziegler  Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dem Teufel entgeht seine Bürde

Source: Dem Teufel entgeht seine Bürde

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Der böse Geist scheint es hauptsächlich darauf angelegt zu haben, in seinen verderblichen Werken, die er im Bündner-Oberlande zu vollbringen ge­dachte, die Steine als Hilfsmittel und Werkzeuge seiner schwarzen, unheil­vollen Taten zu benutzen, so in VaIs, in Ladir, nach folgender Sage auch in Savien. - Es gibt weit und breit keine schönere Triften, als die Savier-Alpe Cama­na; keinerlei Gesträuche überwuchert die Weide, kein Steingerölle entstellt die saftig grünen Matten oder hindert den üppigen Graswuchs, keine steile, gefährliche Halde findet sich in ihren Grenzen, wohl aber manch eben liegender Weideplatz mit den »melchsten« (duftigsten, ergiebigsten) Kräutern. Kein Wunder, da Hirte und Herden alljährlich mit Sehnsucht immer wieder nach der Camana ziehen, mit Wehmut aber der Alp-Ent­ladung oder der »Talfahrt- entgegensehen. Nicht nur war Camana ihrer grossen Vorzüge wegen ein Gegenstand des Neides von den Bewohnern der Berge und Talschaften ringsum, sondern selber der Böse gedachte, den Saviern die Freude an ihrem Alpen­juwele zu verderben. Zur Erreichung seines Zweckes machte er sich denn auch an die Arbeit, band eines Tages im Rheinwaldtale viele gewaltige Felsblöcke mit einem ungeheuer dicken Seile, das er natürlich selber verfertigt hatte, zusammen, um sie nach Savien hinüber zu tragen, um dort die blumenreiche Alpe damit zu übersäen. Glücklich war er mit seiner Bürde über den Löchli-Berg, welcher Rheinwald von Savien trennt, herüber gekommen, und bereits schon in der Alpe Theuri, nicht weit von Camana, angelangt, als die Glocken von der Kirche am Platze ihre eherne Stimme erschallen liessen, und die Töne auch an Satanas Gehörorgan bemerkbar sich machten. Es war eben am Johannes-Tage, 24. Juni, und zu Johanni Gedächtnis (des Kirchen-Patrones der Einwohner am Platze) wurden die Glocken geläutet. - An diesen Um­stand hatte Satanas nicht gedacht. Durch dieses Läuten aber riss das Seil, die Felsblöcke stoben auseinander und fielen auf die Erde herab, ehe sie am Orte ihrer Bestimmung angelangt waren. Der Böse aber, unwillig, auch hier seinen Zweck nicht erreicht zu haben, machte sich eilig davon, auf Nimmerwiederkehr. - Auf der Alpe Theuri (Theurig, Tscheurig), die eben ihren Namen von »schurig« (schauerlich) haben solle, sind wirklich sehr viele Steinblöcke, die vielleicht durch einen ehemaligen Gletscher dahin gebracht worden waren. - Sie ist mit Steinen gleichsam übersäet. Da nun in der Nähe keine verwitterten oder verwitterbaren Felsen, von denen die Steinblöcke sich ablösen, vorhanden sind, so suchte die Volks­phantasie die auffallende und geologisch merkwürdige Erscheinung und Tatsache auf diese Weise sich zu erklären. - Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dem Teufel verkauft

Source: Dem Teufel verkauft

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a) Ein Bäuerlein war an den Bettelstab gekommen. Eines Tages begegnete ihm auf seiner Wanderung ein feiner, nobel gekleideter Herr, redete es freundlich an und fragte, wohin es gehe. Die Freundlichkeit des vornehmen Herrn tat dem Bettler wohl, und er öffnete ihm sein Herz und erzählte seine Not und sein Elend. Da versprach ihm der Herr Geld genug, wenn er ihm das überlasse, was er zu Hause hinter dem Ofen antreffe. Das arme Mandli dachte, die zerrissenen Strümpfe und Hudelhosen hinter dem Ofen könne der Herr schon haben, und schlug ein. Mit einem Sack voll Geld kehrte er heim. Als er die Stubentüre öffnete, rief er jubelnd: »Frau, jetzt haben wir Geld genug!« Doch die Frau war nicht in der Stube. Er schaute ins Stübli, und da lag sie im Bette, und hinter dem Ofen wimmerte leise (het g'mymeret) ein neugeborenes Knäblein! Es half nichts, dass auch die Mutter, der er jetzt alles erzählte, in seine Klagen einstimmte und mit ihm bittere Reuetränen vergoss. Das arme Kindlein war des Teufels; der Vater hatte es ihm verschrieben und den Vertrag mit seinem eigenen Blute unterzeichnet. So wollen wir es wenigstens gut und christlich erziehen, dachten sie und leiteten das aufwachsende Büblein zu einem braven, tugendhaften Leben an. Aber jedesmal, wenn sie es anschauten, schlichen sich Tränen in die Augen der Eltern, und öfters fragte es: »Vater, Mutter, was weinet ihr doch immer, wenn ihr mich anschauet?« Aber sie hielten es geheim. Es wurde ein gelehrter Priester aus ihm. Und da mussten sie ihm endlich klaren Wein einschenken. »Und wenn ich des Teufels bin, so müsst ihr es mir sagen!« – »Ja, und das bist«, bekannten sie kleinmütig und erzählten unter Tränen, wie es gekommen. Da zog sich der Geistliche in die Einöde zurück, wurde Einsiedler und führte ein so strenges, heiliges Büsserleben, dass ihm ein Engel Gottes jeden Tag das Brot vom Himmel brachte. Eines Tages wartete er vergeblich auf die Wunderspeise, und als am folgenden Tage der Gottesbote wieder erschien und er ihn fragte, warum er ausgeblieben, erhielt er zur Antwort, er habe einen Sünder »z'Himmel b'leitet.« – »So, so! einen Sünder! – Ja, wie viele Engel haben denn diesem Sünder das Geleite gegeben?« fragt jetzt der Waldbruder. – »Sieben«, spricht klar und gelassen der Engel und schaut ihn so an. »Und mich! Wie viele Engel werden einst mich in den Himmel geleiten?« wundert der Einsiedler. »Ich«, erwidert der Engel. »Lieber will ich mit sieben Teufeln zur Hölle fahren, als mit dir allein in den Himmel!« schreit jetzt zornig der hochmütige Büsser. Einen barmherzigen Blick schenkt ihm der gute Engel und verschwindet. Dem Klausner war es nicht recht, dass er so gesprochen, doch fuhr er im gleichen System fort. Als es zum Sterben kam, erschien ihm noch einmal der Engel und fragte, was er jetzt lieber wolle. Und er wollte lieber mit sieben Teufeln in die Hölle als mit dem einen Engel allein in den Himmel. Tobias Lussmann, 24 Jahre alt, Silenen b) Der Teufel wollte das, was der Bauer hinter der Haustüre finden werde. Der Bauer dachte nach: »Jä, hinder der Hüstirä, was isch eppä da? Eppä d'Ax, der Zapyh, der Grebel und seeligä Grimpel.« Zu Hause war die Frau ihrer Niederkunft nahe. Nun ging auf einmal die Haustüre auf, und sie ging hinaus und schloss wieder. Da konnte sie aber nicht mehr weiter, und die Geburtswehen überfielen sie, und der Bauer fand sie und das Kind bei seiner Rückkehr hinter der Haustüre. Jos. Maria Zberg, 75 Jahre alt, Silenen c) Das Büblein wurde christlich und brav erzogen, studierte und wurde Priester. Erst jetzt vernahm er, dass er dem Teufel verschrieben sei. Ging zum Waldbruder, zum Zauberer – Räuberhauptmann. Der begleitete ihn zur Hölle, sagte ihm aber, dort werde ein Teufel ein Papierchen fallen lassen, das solle er packen, aber rasch! Denn sofort werde ein Teufel darauf los schiessen. Als sie in der Hölle waren, liess wirklich ein Teufel ein Zettelchen fallen; der Geistliche wusste sich seiner zu bemächtigen. Es war sein Verkaufsschein! und nun war er befreit. Er sagte zum Zauberer: »Du hast mir einen grossen Dienst getan, ich werde dir auch einen erweisen.« Unter einer Tanne setzten sie sich, der Priester redete dem Räuber so schön zu, dass dessen Herz vor Reue in drei Stücke zerbarst ... Hochmut und Verderben des Waldbruders wie oben. Jos. Maria Baumann, 67 Jahre alt, Bauer, Kutscher etc., von Gurtnellen d) Sie erzogen das Büblein recht und fromm. Es hatte ausgezeichnete Talente, studierte sehr hoch, kam auf die Universität und wollte Geistlicher werden. Nun war der Vater schon alt und fühlte den Tod herannahen. Da eröffnete er eines Tages dem Student das Geheimnis, dass er dem Teufel verschrieben sei. Da syg-er z'erscht äso erschmyet, der Student, aber hernach fasste er sich doch und sagte: »Wir wollen nicht verzagen.« Und er ging und beschwor den Teufel, und der musste erscheinen. Da sagte er zu ihm: »So, jetzt will ich auch einen Bund mit dir machen. Wenn du mir diese Nacht bis zum ersten Hahnenschrei ein Haus aufbauest fix und fertig bis ins Dach, dass kein Nagel fehlt, so soll meines Vaters Bund gelten, wenn nicht, so sei er null und nichtig.« Der Teufel ging auf diesen Vorschlag ein, und der Bau wurde in Angriff genommen und schritt zum Erstaunen rasch voran. Sobald der Student merkte, dass der Bau noch vor Hahnenschrei fertig würde, ging er auf das Dach, machte schnell ein Loch darein und nahm einen Nagel weg. Kaum war das geschehen, zeigte auch schon der gehörnte Zimmermann auf das fertige Haus. Wie aber der Hahn krähte, zeigte der Student den fehlenden Nagel. Geschlagen musste der Teufel von dannen gehen. Fr. Nell-Gisler, Schächental Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dem Ungfel wehre

Source: Dem Ungfel wehre

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Dem Ungfel wehre E Bur isch gäng ungfelig gsi; alls isch ihm tromsigs gange; bilängerschi meh isch er hingertsi cho. Du isch er zu re Wohrsägeri. Die het ihm gseit, är sell e Hung mit eme schwarze Rache un e Hahne mit Doppelspore zuehetue; de besseri’s. Aber abtreit het es nüschti nüt; är isch ganz über nüt cho un am Änd verlumpet. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Den Betruf unterlassen

Source: Den Betruf unterlassen

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Zu Oberkäsern im Maderanertal unterliess ein leichtsinniger Senn aus Mutwillen den allabendlichen Betruf. Am nächsten Morgen erblickten die Älpler das sämtliche Vieh droben in den fast unzugänglichen Felsenhöhlen, die man »Rabenlöcher« nennt. Da rief der Geist hinunter: »Sol-i's los-lah?« Der Küher aber antwortete: »Tüe's wo'ss gnu hesch!« Da waren die Kühe auch schon drunten am sichern Ort. Klug war die Antwort des Älplers. Hätte er gerufen: »So lach's los«, dann hätte der Geist das Vieh einfach losgelassen, und es wäre durch die steilen Felsen hinunter zu Tode gefallen. Ein anderes Mal verschwanden die Tiere auf unerklärliche Weise während der finstern Nacht, nachdem sie am Abend noch wildbrüllend und schellend in der Alp herumgestürmt waren. Als die Älpler am Morgen melken wollten, war kein Haupt zu sehen. Doch bald hörten sie in der Ferne das Geläute der Herdenglocken; es kam immer näher und näher; die Herde betrat allmählich wieder den Boden der Alp: doch siehe, die Kühe brachten Strassenstaub am Bauch und Kornähren zwischen den Klauen. Ähnliches trug sich daselbst auch zu, wenn man zwar zu beten gerufen, aber mutwillige oder gar schmutzige, zotenhafte oder gottlose Reden geführt hatte. »Jä, uff dän-Alpä-n-erlydet's äbä nitt vill. Das het scho ysärä Vatter mängs dutzedmal g'säit; är hed-is äu das G'schichtli v'rzellt vo dem Hirt, wo z'Alpgnof het miëssä wandlä.« Franz Epp Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Den Hexenvergichten (Hexengeständnisse)

Source: Den Hexenvergichten (Hexengeständnisse)

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a) Verena Spul aus dem Zugerbiet wird vom Bösen, der sich Hänsli nannte und als junger Poss grün bekleidet und mit grauem Hut, eine hübsche weisse Feder drauf, ihr erscheint, geheissen ein Hagelwetter zu machen. Es war zu Eschenbach im obern Holz. Hänsli befahl, mit einer Rute in die „Güllen" zu schlagen und nachzusprechen: „Es riselet und regelet kalde In dieserm grünen Walde." Kamen dann ziemlich grosse Steine. War zu Austagen. - Später befand sie sich mit Hänsli und einer Gespielin beim hintern Brunnen zu Eschenbach. Da sprach ihnen der Meister wieder vor: „Fall Reif, Nisel und Schnee, Dass man weder Gras noch Erde seh'.“ Zum drittenmal riefen sie das ins Tausendteufels Namen nach, worauf der grosse Hagel vom Jahre 1586 fiel.   b) Als im Herbst 1587 der Barbara Hammerschmidin aus Aarau, sesshaft in Willisau, wie sie in grossem Widermute war, ein Mannsbild, angetan mit „nordiger Hosen" und „Zwilchtschoppen" begegnete und Hilfe anbot, fragte sie, wer er sei. „Was meinst? Ich bin der Cüeni", war die Antwort. Er hat ihr einen grünen Apfel in die linke Hand gegeben. Mit dem richtete sie Schaden an. Wie sie einmal sich Cüenis „entschütten" wollte, blies er sie an und verursachte ihr eine Geschwulst.   c) Wenn „Gug" die Chrischona Meerin bei der Weidenmühle unterhalb Willisau auf den „Geissberg" durch die Luft entführen wollte, tat er den Spruch: „Unten Laub und oben braun." Dann ging 's wie im „Bisswetter" dahin. Seine Diener hiessen: Hurlipus, Rümpeli, Kröss, Federwisch, Hölderli, Uffrur, Uffschutz, Lucifer und waren grün, gelb und rot gekleidet. Mit einem „Holderzweig" machte sie Wetter. Gug führte sie auch auf die Prattelnmatte in Baselland zum Hexensabbat. War da viel böses Volk. Die haben sich mit „weissen Hanfstengeln“ berührt. Die Speisen waren gewöhnlich viel und gut, aber ohne Brot und Salz.   d) Der Verena Lisibach wurde 1573 vorgeworfen, dass zur Zeit die Tische in ihrem Hause umherrumpeln und die Dielen krachten, nämlich durch Geister, die sie beschworen. Ihr Gefängniss in Luzern war, wie bei Hexen gewöhnlich, der „Haberturm."   e) Ein Teufel, wenn er schwören sollte, hob zwei Finger auf und spie daran. Die Hexe, nachdem sie dem Himmel abgeschworen, tupfte er mit einem Finger an die Stirne. Er begegnete ihr unter einer Haselstaude, dann unter einer Linde. - Alles Waschen und Besegnen war den Dämonen äusserst gehasst.   f) Mittwoch nach dem heiligen Pfingsttag 1587 ward Barbara Bülmann aus Rothenburg „mit der Marter und in der Wannen nach Nothdurft" wegen unholdsamen Dingen befragt. In ihrem Prozesse sind folgende Züge eigentümlich. Einen Beinschaden, das Tschoss genannt, hat sie geheilt - „versegnet“ - indem sie Blei zerliess, es in kaltes Wasser goss und und 30 Vater unser und Ave sammt sechs Glauben betete. - Als einmal ein grosser Wind ging, hat „Hansen Knütschins Hausfrau zu Temperten, sonst Longina genannt", zu ihr gesagt: „Barbeli, weisst kein Kind, das an einem Sontag worden ist." Hat sie gesagt: „Ich hab eins." Drauf Longina, des Knütschins Frau: „So es ein's ist, so sag zu ihm, es soll sprechen: Gligg, gligg Wind, Ich bin ein Sonntagskind. Solches geschah. Und wie das Kind zum drittenmal also gesagt und im Namen der heiligsten drei Personen geschlossen hatte, stand der Wind ein wenig still. – Bei einer Gelegenheit sprach ihr Buhl, der Hänsli, zur Bärbel. „Musst uns auch ein klein Reiflein machen." Antwortete sie: „Kann 's nicht, sollst mich lehren." Und hat er sie gelehrt, indem er sprach: „Lug in Himmel hinauf und sprich: Fall, fall, Reif, Fall in's Teufels Namen.“ Ist dann ein kleiner, schadloser Reif gefallen. Wieder kam Hänsli, der Buhl, gab ihr einen Krug, sprechend: „Schlag ihn um." Barbeli stiess ihn um mit dem Fuss. Da hat 's Wasser gegeben. Geschah im Heuet am Rotenburgerbach. Dann, zu Adelwil am Bach hiess er sie in einen Hafen mit Wasser grosse Steine legen und mit einem neuen Stecken in's Tausend Teufels Namen drin umrühren. Fielen hernach grosse Steine. War in der Erntezeit. Um dieselbe Zeit brachte Hänsli der Barbeli eine grosse Haarlocke in einem Häfelein, welches Haar an einem Samstag nach der Vesper gestrählt worden war. „Nimm, Barbeli, das Häfelein und fahr mit minem Steken darin umhin in's Tausendteufels Namen und stoss es darnach um, so gibt es grosse Stein." Sie gehorchte diesem Befehl und fielen grosse Stein. Ward Mittwoch vor Corporis Christi 1587 mit Feuer gerichtet.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Bei diesen Sagen gibt es keine genaue Zuordnung zu einem der fünf Kantone.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Den Toten nichts Böses nachsagen

Source: Den Toten nichts Böses nachsagen

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Es war im Frühjahr, wenige Tage vor der Alpfahrt. Hoch oben im Plasselbschlund arbeiteten in einem Stafel zwei Zimmerleute. Sie wollten noch einen neuen Stallboden einlegen, bevor die Herden anrückten. Die beiden arbeiteten den ganzen Tag, wurden aber bis zum Abend nicht fertig. Sie beschlossen darum, in der Hütte zu übernachten und anderntags die Arbeit zu beendigen. Bis spät in die Nacht sassen sie am Feuer und plauderten. Dann gingen sie in die Stube und legten sich nebeneinander in die breite Bettera. Der Mond schien hell durch das Fenster und ihnen gerade ins Gesicht. Sie konnten darum nicht schlafen und setzten ihr voriges Gespräch fort. Bald kamen sie auch auf den Eigentümer der Alp zu sprechen, der vor wenigen Tagen gestorben war. „Er hat früh sterben müssen“, sagte einer. „Ist selber schuld gewesen“, entgegnete der andere. „Wieso? - Zu Tode gearbeitet hat er sich wenigstens nicht.“ „Nein, aber zu Tode getrunken.“ „Man sah ihn doch selten in der Wirtschaft.“ „Er hat zu Hause geschöppelt, - am Morgen nüchtern ein Gläschen, am Vormittag zwei drei, am Nachmittag einige, und vor dem Schlafengehen noch ein letztes. So alle Tage, - seit einigen Jahren.“ „Ja, dann wundere ich mich nicht mehr, dass er schon sterben musste. Dieses regelmässige Gläseln höhlt den stärksten Mann aus, und eines Tages stürzt...“ „Ssssst...“ Das Gespräch verstummte jäh. Die beiden Männer fühlten, wie ein eiskalter Körper sich zwischen ihnen ausstreckte. Sie schauten sich um und erschauderten ... In ihrer Mitte lag der verstorbene Besitzer der Alp. Ganz deutlich sahen sie ihn. Der Mond schien auf sein wachsbleiches Gesicht. Sie wollten fliehen, - aber die Beine versagten den Dienst. Der Schreck hatte sie gelähmt. So mussten sie bleiben, - die ganze Nacht mit wachen Sinnen neben dem Toten liegen. Erst als die Morgenglocke aus dem Tal heraufklang, verschwand der kalte Bettgenosse, und der Bann wich von ihren Gliedern. Fluchtartig verliessen sie das Haus und hasteten den Berg hinunter. Erst im Tale drunten blieben sie erschöpft stehen und schauten verwundert einander an. Ihre Haare waren in dieser einen Nacht silberweiss geworden. „Das waren furchtbare Stunden“, sagte der eine. „Die werde ich nie mehr vergessen, und wenn ich tausendjährig würde. Was sollte das wohl bedeuten? - Dass wir bald sterben müssen?“ „Nein, das glaube ich nicht“, entgegnete der andere. „Aber wir sind bestraft worden, weil wir gefrevelt haben. Unsere Vorfahren sagten immer, von den Toten dürfe man nur Gutes reden. Sie hatten Recht. Es ist nicht an uns, über das Tun und Lassen der Verstorbenen zu Gerichte zu sitzen. Das wird der ewige, allwissende Richter unendlich besser besorgen als wir armseligen, unwissenden Menschen. Hat er doch selbst gesagt: Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet.“   Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch


by Den verwünschten Feuermann erlöst

Source: Den verwünschten Feuermann erlöst

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Vor Jahrhunderten machte sich ein Reicher sein Spiel daraus, die Armen unter dem Scheine der Freigebigkeit ins Haus zu locken und sich an den Schmerzen zu ergötzen, die seine Grausamkeit da für sie ausgesonnen hatte. Er liess dazu auf der inneren Seite der Hausschwelle eine Fallthüre anbringen, durch die jeder Eintretende in ein finsteres Gemach hinabstürzte. Dort nahmen ihn gleich zwei schwarze Fanghunde in Empfang und schleppten ihn vor den Herrn, der sich dann am Schrecken seines Opfers weidete. So sah er denn einst einen kleinen Mann von sonderbarer Gestalt unten auf Almosen warten, und winkte ihm, in den Hausgang herein zu kommen. Der Kleine that's und versank dorten ebenfalls, wie jeder vor ihm. Gleich stand auch der Reiche unten, begierig den zwergigen Bettelmann durch die Hunde herbei gehetzt zu sehen. Diese aber rührten sich diesmal nicht, sondern das Männlein, so alt und gebückt, dass ihm sein Hut beinahe übers Knie herein hieng, trat auf den Unbarmherzigen zu und sprach: „Ich will dir mit Sonntagsbrod Fische fangen! Im Weiher draussen kannst du warten, bis dein Fluch kommt!“ So geschah`s. Schon einige Tage schwamm die Landstrasse im Regen, und noch goss es vom Himmel herunter. Rechts war der Sumpf ausgetreten und hatte den Weg überdeckt, links hin war alles unfahrbar, und eine finstere Nacht hatte sich zudem schon früh eingestellt. Da sollte heute noch ein Fuhrmann vorbei, der überladen hatte und zu geizig gewesen war, im letzten Dorfe Vorspann zu nehmen. Der Wagen sank immer tiefer, die Pferde blieben stecken, der Knecht musste im Bodenlosen und Stockfinsteren endlich aufhören, die Thiere zu peitschen. Da kein Antreiben, keine Wagenwinde mehr half und die ganze Fuhre nun unbeweglich dastand, brach er zuletzt in so ungemessene Verwünschungen und Flüche aus, dass Himmel und Erde hätten zittern mögen. Plötzlich war Licht um ihn. Ein feuriger Mann tanzte drüben auf dem Sumpfe und schien von Funken sich zu schütteln. „Daher gezündet, Hallunke!" schrie der grobe Knecht hinüber, „oder ich will dich kuranzen." Sogleich stand der Irrwisch in der Nähe, leuchtete zwischen das Rad, wo es schief gesessen, flackerte den Rossen voraus, bis jedes Kettenglied glatt lag, und bediente die Fuhre so gut, dass sie bald wieder von der Stelle war. Am Ende des Sumpfes liess der Knecht seine Pferde verschnaufen, da hielt auch der Irrwisch still. „Willst auch noch Trinkgeld, Donnersschelm?" schnauzte der Kutscher, erschrak aber nicht wenig, als eine schmächtige Stimme erwiderte: „Nummen ufbahre Und zum Chillef fahre!“ Gerade noch so lange war's hell, dass der Knecht ein vor dem Wagen querüber liegendes hölzernes Kreuz sehen und aufladen konnte. Dann schien der Irrwisch versunken. Der fluchende Fuhrmann hatte ihn wohl verstanden, und warf das Kreuz im Vorbeifahren am nächsten Kirchhof über die Mauer hinein. Um jenen Ort ist nun Ruhe. Ueber den Ort dieser Begebenheit erzählt man Widersprechendes. Die einen versetzen sie in die Gegend der Stadt Baden, andere ins Freienamt bei Muri und zwar in jenes alte Haus, das die Probstei heisst und an der Stelle eines gräflichen Schlosses errichtet sein soll, welches hier einst in die Erde versank. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Den verwünschten Schimmel nicht

Source: Den verwünschten Schimmel nicht

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Ein andermal befand sich in einer Sente Vieh in Mädems eine weisse Kuh, welche durch ihr Herumvagieren den Alpknechten viel Verdruss machte; denn fast täglich musste sie ab einer steilen Planke, aus einer abgelegenen Kluft oder gar aus einer andern Alp hergeholt werden. Im Unmute hierüber machte dann der Senn einmal beim Ave Maria-Beten den Zusatz: "B'hüt's Gott alles hier in unserm Tal,  Nur den verwünschten Schimmel nicht!" Am nächsten Morgen hing der Schimmel ausgeschunden am Molkendach. I. Natsch Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 265, S. 144 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Den Weg kreuzen

Source: Den Weg kreuzen

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Es ist gefährlich, mit der Totenprozession den Weg zu kreuzen. Ein waghalsiger junger Mann aus Saas-Grund wollte das nicht glauben, dem wolle er jetzt schon einmal auf den Grund gehen. Ohne Angst legte er sich eines Abends bei der Tschingulstapfu mitten in den Weg. Hier müsse die Totenschar ja vorbeikommen, meinte er. In der Nacht schlief er ein. Am andern Morgen erwachte er, aber an einem andern entfernten Orte, ganz oben am Trifthorn. Seine Füsse waren dick angeschwollen und zerschunden; sie schmerzten ihn sehr. Wie gelähmt lag der Mann da und konnte nurmehr um Hilfe schreien, denn es war ihm unmöglich, sich zu erheben. Ein Schafhirte hörte ihn und rief im Dorfe Hilfe. Leute aus der Nachbarschaft holten den gestraften Spötter und trugen ihn ins Dorf; dort starb er kurz darauf eines schmerzlichen Todes. SAAS-GRUND Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Abbruch des Hauses Zur Tanne

Source: Der Abbruch des Hauses Zur Tanne

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Am 12. November [1611] kam der regierende Graf von Sulz nach Schaffhausen und stieg in einem Wirtshause ab, wo er sogleich von mehreren Edeln der Stadt und Namens derselben besucht und traktiert wurde. Als die Gesellschaft guter Dinge war, machte einer aus ihrer Mitte dem schon etwas benebelten Grafen den Vorschlag, sein ohnehin baufälliges Haus [Zur Tanne] der Stadt zu verkaufen. Dieser willigte bald ein und verkaufte noch den großen Zehnten zu Tezlen und Horheim dazu. Dafür bekam er 30000 fl. [Gulden] und überdies lieh ihm die Stadt noch 9000 Gulden. Kaum war der Kauf abgeschlossen, als die hiesigen Unterhändler der Bürgerschaft davon Nachricht gaben, mit dem Bedeuten, das gräfliche Haus seie jetzt Eigentum der Stadt und jeder Bürger könne sich davon zueignen, was er wegzutragen vermöge. Dieses fand mit Anbruch der Nacht statt; im Laufe derselben war die Bürgerschaft so fleißig, dass, als der Graf folgenden Abends nach endlich aufgehobenem Bankett vorbeiritt, vom Hauptgebäude nur noch ein Schutthaufe übrig war! Kopfschüttelnd ritt der hohe Zecher weiter; demjenigen aber, der die Sache so klug eingeleitet und ausgeführt hatte, errichtete man, laut mündlicher Überlieferung, auf dem gegenüber gelegenen vierröhrigen Brunnen eine Bildsäule, welche noch daselbst steht. (Schaffhausen)     Aus: R. Frauenfelder, Sagen und Legenden aus dem Kanton Schaffhausen, Schaffhausen 1933. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch 


by Der Abendsitz

Source: Der Abendsitz

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Es gab Zeiten, wo die Leue beinahe krankhaft gern an den Abendsitzen teilnahmen. Im strengen Winter, wenn Weg und Steg durch Lawinen gesperrt waren, gingen sie von Zer Briggu bis nach Blattern zum Abendsitz. Dabei musste man unter Lebensgefahr im Tale der Vispe dem Wasser entlanggehen. Man erzählt, vom Brand sei einer bis herunter ins Ahorn zum Abendsitz gekommen. Die ganze Nacht blieb er da, "hängerte" und spielte. Am Morgen meinte er: «So, jetz müosi grad gschwind hie obuna ga hirtu!» Dabei war es ein Weg von zwei Stunden. EISTEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der abgehauene Zopf

Source: Der abgehauene Zopf

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Furchtbar wurde ein Bauer vom Toggeli belästigt. Jede Nacht kam es und drückte ihn; er sah es nicht kommen, aber fortgehen in Gestalt einer Katze. Wenn es auf ihm lag, konnte er sich nicht rühren, konnte nicht rufen, obwohl er wach war. Dem wollte er doch endlich abhelfen. Er legte ein Skapulier an und nahm einen Gertel (Haumesser) zu sich ins Bett. Als um Mitternacht die Katze über die Bettdecke herauf trippelte, holte er mit dem Gertel aus und schlug der fliehenden Katze in den drei höchsten Namen den Schwanz ab. Sie liess einen furchtbaren Schrei hören. Jetzt wollte er den Schwanz suchen, konnte ihn aber um keinen Preis finden, nur Blutspuren waren da. Am folgenden Morgen hatte seine Frau den Kopf mit einem Lumpen verbunden. Das war noch nie vorgekommen. Warum sie heute den Kopf verbunden habe, fragte er, worauf sie ihn anschnauzte, das gehe ihn nichts an. Da riss er ihr von hinten das Tuch ab und entdeckte, dass sie ihren Haarzopf verloren hatte. Das haben die Alten in Seedorf erzählt. Wenn man ein Skapulier trägt, kann einen das Toggeli nicht plagen. Sobald man die drei heiligsten Namen denkt, muss es aufhören, zu drücken. Gottlieb Herger, Seedorf, Besenmacher und Vagant Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Adler

Source: Der Adler

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In einer grossen und schönen Stadt, weit weg von hier, lebte ein Ehepaar, das lange Zeit keine Kinder hatte. Als der Herrgott ihnen einen Sohn schenkte, sagte ihnen die Hebamme, die mehr wusste als andere Leute, sie müssten als Paten den Ritter nehmen, dem der Vater zuerst auf der Landstrasse begegne. Da machten die Eltern, was die Hebamme ihnen geraten hatte. Auf der Landstrasse begegnete dem Vater bald einmal ein prächtiger Ritter auf einem Pferd, so weiss wie Schnee. Der Vater bat den Ritter, Pate zu sein, und der fremde Herr kam zur Taufe. Danach sagte der Ritter, er sei König auf einer grossen Insel im Meer, und es würde ihn sehr freuen, seinen Patensohn bei sich zu haben. Er lasse eine Rolle Goldstücke hier, die Eltern sollten den Knaben aufziehen, und wenn er siebzehn Jahre alt sei, sollten sie ihren Sohn zu ihm schicken, er werde seine Tochter bekommen. Als er ihnen eine Rolle Geld gegeben hatte, ritt er davon. Vater und Mutter taten, was der Pate befohlen hatte, und der Sohn wuchs zu einem grossen und schönen Burschen heran. Mit siebzehn Jahren schickten sie ihn zu seinem Paten. Unterwegs wollte der Bursche einen Schluck Wasser aus einer Quelle trinken und ging auf die Knie. Aber da zog ein abscheulicher Zwerg ihm sein Schwert heraus und sagte: «Wenn du machst, was ich will, lass ich dich leben, sonst haue ich dir grad den Kopf ab!» Der Bursche bekam so fürchterlich Angst, dass er kein Wort mehr sagen konnte. Dann zwang ihn der Zwerg, sein Diener zu sein, und als sie auf die Insel des Königs kamen, gab er sich als dessen Patensohn aus und verlangte die Tochter zur Frau. Der König wunderte sich sehr, einen Patensohn mit Beinen so dünn wie Stöcke und einem Kopf wie ein Pfannkuchen zu haben. Er liess, weil er sein königliches Wort nicht brechen wollte, seine Tochter kommen und sagte: «Hier ist dein Bräutigam!» Aber die Prinzessin machte weitaus mehr dem Diener schöne Augen als seinem Herrn. Jetzt wurde der Zwerg fuchsteufelswild, und er zauberte die Königstochter auf eine Insel fort, wo es immer dunkel war. Voller Bosheit sagte er dem König noch dazu, dies habe sein Diener getan, der sei ein Zauberer. Da liess der König den Burschen ins Gefängnis werfen und befahl, ihm den Kopf abzuschlagen. In der Nacht, bevor er hingerichtet werden sollte, erschien dem Burschen ein altes Männlein mit grauen Haaren und einem grossen Mantel. Und das gab ihm den Rat, er solle als letzten Wunsch drei mit Fleisch beladene Schiffe verlangen, und damit solle er die Königstochter suchen gehen. Am andern Tag gewährte ihm der König nach altem Brauch diese Gnade und beschwor ihn, mit diesen Schiffen die Prinzessin zurückzubringen. Lange Zeit segelte der Bursche auf dem Meer herum, bis er endlich zur Insel der Bären gelangte. Denen gab er eine Ladung Fleisch zum Fressen und fragte dann den König der Bären, ob er mehr wisse, wo die Insel der Nacht sei. «Nein, das nicht», antwortete der König der Bären, «wenn du uns aber sonst einmal brauchst, so pfeif nur, und wir sind da!» Nach einigen Tagen kam der Bursche zur Insel der Leoparden. Auch die wussten nicht, wo die Insel der Nacht sei, versprachen ihm aber ihre Hilfe, als er ihnen eine Ladung Fleisch gab. Besser ging es ihm bei den Adlern. Auf ihrer Insel gab er ihnen gleich die Ladung Fleisch, die auf dem letzten Schiff war. Zum Dank verlieh der König der Adler ihm die Macht, sich in einen Adler zu verwandeln, wenn er wolle. Auch liess der König alle Adler zusammenrufen und fragte, wer den Weg zur Insel ohne Licht kenne. Alle schwiegen, endlich trat der älteste Adler näher und antwortete auf die Frage des Königs: «Ich will ihm den Weg zur Insel schon zeigen!» und der Bursche ging mit ihm. Sie flogen übers Meer und landeten nach einer langen Reise auf der Insel der Dunkelheit. Dort herrschte eine schreckliche Finsternis, und kein einziger Stern schien. Der Adler führte den Burschen zu einer alten Frau, die hatte gegen zehntausend weisse Mäuse, und er fragte das Weiblein, wo das verwunschene Schloss sei. «O, wenn Ihr dahin wollt, will ich Euch zwei weisse Mäuse geben, die werden Euch das Schloss zeigen.» Der Bursche nahm die weissen Mäuse und machte sich auf den Weg. Der Adler fühlte sich in der Dunkelheit nicht wohl und flog zurück, aber er ermahnte den Burschen, in der Gefahr den Pfiff nicht zu vergessen. Die Mäuslein führten den Burschen durch die ganze Insel bis an den Fuss eines steilen Berges. Darauf stand ein Schloss, und durch eine Luke schaute die Königstochter mit ganz roten Augen vom Weinen. Ohne Zeit zu verlieren, verwandelte der Bursche sich in einen Adler und flog zur Prinzessin hinauf. Im Zimmer nebenan legte er sein Adlerkleid wieder ab. Weinend umarmte ihn die Prinzessin und sagte: «O, wenn du den Drachen töten könntest, der zuunterst im Keller ist, dann wäre ich befreit!» Ohne die geringste Angst nahm der Bursche sein Schwert und stieg viele Stufen bis zum Drachen in den Keller hinunter. Der Drache fing an, Feuer zu speien und zeigte dem Ritter seine schrecklichen Zähne. Der Patensohn des Königs begann, ihn mit dem Schwert anzugreifen; es war ein heftiger Kampf. Rechtzeitig kamen ihm die Pfiffe in den Sinn. Er pfiff, und im gleichen Augenblick waren die Bären, Leoparden und Adler im Schloss. Mit Hilfe dieser starken Tiere tötete der Patensohn den Drachen. Dann schleifte er die Leiche des Ungeheuers aus dem Schloss. Er errichtete einen Scheiterhaufen, legte die Drachenleiche darauf und zündete alles an. Die Asche des Drachen warf er ins Meer. In dem Augenblick, als die Wellen die Asche verschlangen, wurden alle Bären, Leoparden und Adler in schöne Ritter und die weissen Mäuse in liebliche, reine Jungfrauen verwandelt. Mit einem riesigen Geleit kamen der Patensohn und seine Braut beim König an. Der Zwerg verlor trotz seiner Schliche und Zauberkünste seinen dicken Kopf unter dem Schwert.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Advokat

Source: Der Advokat

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Es war einmal ein armer Mann in einem kleinen Dorf. Der vernahm, dass anderswo eine kleine Erbschaft auf ihn warte. Da machte er sich sogleich auf den Weg, um das Erbe abzuholen, denn er hatte es bitter nötig. Der arme Mann kam um Mittag in ein Dorf. Da er grossen Hunger hatte, ging er in ein Wirtshaus und bestellte etwas zu essen. Er habe aber im Augenblick kein Geld, er müsse weiter, um eine Erbschaft abzuholen, auf dem Rückweg wolle er bezahlen. Der Wirt meinte, wenn dies so sei, wolle er ihm schon etwas zu essen geben. Und er gab dem armen Mann zwei gekochte Eier und noch eine Kleinigkeit dazu. Nachdem er seinen Hunger gestillt hatte, ging er weiter und war bald an seinem Ziel. Ohne weiteres erhielt er sein Erbe, und ganz vergnügt ging er zurück zur Wirtschaft, um seine Rechnung zu bezahlen. Der Wirt sagte, er müsse den Betrag zuerst ausrechnen. Nachdem er lange in der hinteren Stube geblieben war, kam der Wirt heraus und sagte, die beiden Eier, die er gegessen habe, hätte er ausbrüten lassen können, daraus hätte es Hennen gegeben, die hätten wieder Eier gelegt, aus denen wiederum Kücken geschlüpft wären und so fort. Und der Wirt berechnete dem armen Mann so viel, dass der ihm am Schluss die ganze Erbschaft überlassen musste. Ganz traurig machte der Arme sich auf den Heimweg Da begegnete ihm ein junger Mann, der fragte ihn, weshalb er den Kopf hängen lasse, er solle es ihm erzählen. Der Arme antwortete, er sage nichts, er könne ihm ja doch nicht helfen. Nach langem Drängen brachte der junge Mann doch aus dem Armen heraus, was ihn plagte, und er gab ihm den Rat, den Wirt andern Tags vor Gericht zu ziehen. Er werde punkt zwölf Uhr erscheinen und ihm als Advokat beistehen. Der Mann ging zum Wirt und machte, was der andere ihm geraten hatte. Sehr früh am andern Tag erschien der Wirt mit seinen beiden Advokaten im Gerichtshaus, und sie fragten den Armen, ob er keinen Anwalt habe. Da antwortete er: «Doch, um zwölf kommt einer!» Es ist schon bald zwölf Uhr, doch weit und breit ist niemand da. Nun weiss der Arme nicht, woran er ist, und er glaubt, der andere habe ihn übers Ohr gehauen. Punkt zwölf geht die Tür auf, und der Advokat kommt in den Gerichtssaal: «Ich habe heute Leute, die mir Hirse säen, und bevor ich hierher gekommen bin, habe ich einen Kessel voll Hirse kochen müssen, damit sie gesät werden kann.» Jetzt lachen alle und sagen: «O, das muss eine schöne Hirse geben, wenn du sie vor dem Säen gekocht hast!» Darauf erklärt der Advokat des armen Mannes den Fall und sagt: «Genau so ist es mit den Eiern, die der Wirt dem armen Mann gegeben hat. Aus denen hätte der Wirt auch keine Kücken ausschlüpfen lassen können, da die Eier eben schon gekocht waren.» Jetzt musste der Wirt dem armen Mann alles Geld zurückgeben. Danach fuhr der junge Mann mit dem Wirt und seinem Advokaten mit Feuer und Flammen zur Hölle, wo sie Fett käsen. Der andere Advokat aber gab seinen Beruf auf. Doch der arme Mann machte sich vergnügt mit seinem Geld auf den Heimweg.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Allmendgeist von Ägeri

Source: Der Allmendgeist von Ägeri

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Einst besass die Gemeinde Ägeri reiche, grosse Ländereien, so unter anderem auch eine riesige Allmend, welche sich tief in den Bezirk Wollerau im Kanton Schwyz hineinerstreckte. Diese Allmend wurde von den Bewohnern der Gemeinde Wollerau für sich in Anspruch genommen, sie sei nur durch unredliche Mittel in den Besitz von Ägeri übergegangen. In urgrauen Tagen gab es noch keine trennenden Grenzsteine; die Menschen trauten einander in fester Treu und gutem Glauben. Da brach einst die furchtbare Pest in unsern Landen aus, der schwarze Tod forderte viele, viele Opfer. Trotz dieser grässlichen Gottesgeissel ergaben sich viele Leute der Genusssucht, dem Tanz und Spiel, und als die Pest wieder wich, sprach bald niemand mehr von der furchtbaren Seuche. Alles lebte voller Freude in den Tag hinein. In dieser Zeit trieben nun die Bauern von Ägeri ihr Vieh weit ins Land der Wollerauer zur Weide. Darob entbrannte heftiger Streit und es kam zu langwierigen Gerichten. Allein, die Bewohner von Wollerau konnten keine alten Zeugen aufbringen, denn der schwarze Tod hatte alle Betagten dahingerafft, und so konnte niemand von ihnen mit voller Bestimmtheit sagen, wo die Grenze gewesen sei. Doch eine Grenze solle nun festgelegt werden und zu diesem Zwecke verabredete man einen Grenzlauf. Als am bestimmten Tag die Sonne aufstund, erhoben sich zwei Läufer zum Wettlauf. Der Wollerauer aber erreichte justament den Anfang der Allmend, als der Ägerer schon vor ihm stand. In genau der gleichen Zeit hatte er den dreifachen Weg zurückgelegt. Dieses Kunststück fiel auf und die Bewohner von Wollerau behaupteten steif und fest, dass Betrug vorliegen müsse. Der Läufer von Ägeri anerbot sich zum Eidschwur. Am Ort des Zusammentreffens leistete er den Schwur: "So wahr mein Schöpfer und Richter über mir ist, so wahr stehe ich auf Grund und Boden von Ägeri". Nun wurde der Boden der Allmend der Gemeinde Ägeri zugesprochen und der Grenzstein in die Erde eingelassen. Wollerau vergass aber diesen Schwur des Läufers nie und glaubte stets an einen Betrug. Nach einem kurzen Jahr starb der Läufer von Ägeri und man sah nun seinen Geist über die Allmend wandern. Er ritt meist auf einem behenden Schimmel. Wenn er sich der Grenze näherte, begann er wild zu schreien und fürchterlich zu heulen. Kam ein Wanderer in der Nacht über seinen Weg, flehte er um Erlösung an, verweigerte aber stets eine Auskunft, wie man ihn erlösen könne. Bewohner von Ägeri belästigte er auf unbändige Art und Weise und verfolgte sie auf Schritt und Tritt. In dieser argen Not wandten sie sich an einen Geisterverbanner und versprachen ihm ein grosses Stück Geld, so er sie von dem bösen Geist befreie. Unerschrocken stellte dieser den dunklen Reiter und liess ihn nicht frei, sondern zwang ihn, sein Geheimnis preiszugeben. Und so erfuhr er nun den Grund des nächtlichen Treibens. Als der Läufer von Ägeri zum Wettlauf angetreten sei, habe er die Zeugen getäuscht. Zuerst sei er wohl zu Fuss aufgebrochen, habe aber dann einen Schimmel benützt und sei erst nahe der Grenze abgestiegen. Dort hätte er das Reittier versteckt. Auch beim Schwur sei ein gewaltiger Betrug vorgekommen, denn in seinen Schuhen habe er Erde von der Dorfstrasse getragen und unter dem Hut sei sein Schöpflöffel und Richtkamm verborgen gewesen. Wegen dieses Betruges und Meineides müsse er nun als Geist über das Allmendland wandern. Der Geisterbanner befahl ihm nun, an einen verlassenen Ort sich zurückzuziehen. Der Geist versprach zu gehorchen, doch müssten seine Landsleute das Unrecht wieder gutmachen. Allein, die Bewohner von Ägeri weigerten sich, das erworbene Land zurückzugeben, da sie den Läufer nicht zu seinem unehrlichen Handeln aufgefordert hätten. Darum verschwand der Geist nicht völlig von der Allmend. Hin und wieder reitet der Läufer über das Land, besonders an Fronfasten, und nur Sonntagskinder können ihn sehen und sein jammerndes Rufen und Klagen hören. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 72 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Alpenspuk

Source: Der Alpenspuk

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Zwischen den zwei löblichen Gemeinden Münster und Reckingen in Goms herrschte lange verderblicher Zwist über die Marken, die ihre Bezirke voneinander teilen sollten. Zweihundert Jahre lang befehdete man sich in Prozessen, die viel Geld kosteten und zum Frieden nichts eintrugen. Endlich (1668) verständigte man sich gütlich; man trank den Wein des Friedens auf den streitigen Plätzen und auf beiden Bergabhängen wurden die Grenzen festgesetzt und die Marksteine aufgestellt, wie sie noch jetzt Geltung finden. Später wurde es in einer Grenzalpe, "auf Alpien", in Reckingen, am nördlichen Bergabhange, sehr unheimlich und es begann darin ordentlich zu spuken. Wenn auf gewissen Plätzen das Vieh lägern (ruhen) wollte, wurde es hin und wieder aufgeschreckt und davon gejagt. Die Alpleute wurden durch Spuk beunruhigt und mitten in der Nacht aus ihren Hütten ausgetrieben. Die den Mut hatten, etwa auszuharren, wollten einen zweiten Versuch nicht mehr machen und fortan lieber ferne bleiben. Die Alpe ward so verschrien. Niemand wollte sie mehr gerne benutzen und die Gemeinde hatte Schaden. Dem wollte man abhelfen. Man nahm zu frommen Priestern Zuflucht, welche herausbrachten, der Satan habe diesen unheimlichen Spuk veranstaltet, um die Leute zu veranlassen, über die langen Grenzzwistigkeiten und deren Partien, über die Führer und Vorsteher in diesem Verkehre allerhand Böses und Ungerechtes zu urteilen. — Diese Entdeckung brach den Spukereien die Spitze; sie beunruhigten fortan die Leute weniger und hörten endlich ganz auf.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Älper und das Kalb

Source: Der Älper und das Kalb

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So ein unwitziger Ketzerbub in Surenen sprengte ein Kalb über eine Nosse hinaus zu Tode. Bald nachher starb er, ohne mit dem geschädigten Bauer sich verständigt zu haben. Aber der Bub! der trug noch manche Nacht das Kalb auf die Nossen hinauf und schrie und jammerte dabei gottserbärmlich. Endlich wurde ihm vom Bauer die Schuld geschenkt, worauf er nicht mehr gesehen wurde. Barbara Gisler, Attinghausen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Alpgeist

Source: Der Alpgeist

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Auf einer Urner Alp hatten sie einen furchtbaren Übelstand, weil kein Knecht dort bleiben konnte; alle verschwanden wenige Tage nach der Alpfahrt auf unerklärliche Weise. Endlich meldete sich einer, der nicht gerade der Gescheiteste zu sein schien, und beteuerte, er fürchte sich nicht; ihm werde nichts geschehen. Sie waren froh über ihn und stellten ihn ein. Er war fromm und betete jeden Abend um 9 Uhr den Rosenkranz. Gleich am ersten Abend gesellte sich ein Unbekannter zu ihm, begleitete sein Gebet und verliess ihn nachher wieder; so ging es den ganzen Sommer hindurch. Am Tage der Talfahrt fragte der Geist den frommen Alpknecht, ob är äu mid-m z' Bodä derf? es sei da oben zur Winterszeit hie und da wohl etwas kalt. Der Älpler erlaubte es ihm, und daheim fuhr er in seiner gottesfürchtigen Gewohnheit fort; alle Abende betete er um 9 Uhr laut den Rosenkranz, und der Geist kam auch und betete mit ihm. Der Meister hörte das Gebrummel der beiden und wollte wissen, was das sei. Zuerst wollte der Knecht nicht mit der Sprache heraus, nachdem er aber mit seinem geheimnisvollen Gespanen Rücksprache genommen, bekannte er alles; aber sie wollten noch Näheres erfahren, warum der Geist wandeln müsse, was ihm fehle, und was sie für ihn tun könnten. Der Einfältige redete ihn an und erfuhr von ihm: »Ich habe vor Zeiten die Hälfte der Alp und des Viehes ungerecht an mich gebracht und kann nicht selig werden, bevor das Gut wieder in der Hand des Eigentümers ist. Die Frau deines Meisters war meine einzige Tochter und hat ihm das ungerecht erworbene Gut in die Ehe gebracht; darum habe ich Gewalt über sie, dass sie solange krank sein muss, bis er die Hälfte der Alp und des von meiner Tochter ererbten Viehes dem rechtmässigen Eigentümer zurückerstattet hat.« Und in der Tat war die Meisterin schon viele Jahre krank und litt an einem von niemand erkannten Bresten. Der Knecht meldete alles getreulich seinem Herrn, aber der wollte ihm nicht glauben und meinte, das gehe ihn nichts an. Als er aber sah, welches Geld er für seine Frau verdoktern musste, wurde er mürbe und liess den Geist durch einen Kapuziner anreden. Und jetzt bestätigte sich alles, was der einfältige Knecht gesagt hatte. Der Bauer machte nun alles in Ordnung, der Geist erschien nicht mehr, und die Frau wurde gesund. Tobias Lussmann, Silenen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Alpgeist hasst das Fluchen

Source: Der Alpgeist hasst das Fluchen

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Auf einer Alp, ich weiss nicht sicher, ob es Blüemlisalp war, starb einst ein Knecht, der in seinem Leben entsetzlich geflucht und gezankt hatte. Seitdem wollte es da keinen Knecht mehr »tohlä; äs het jedä v'rderbt«. Da kam einst ein Bettler und bat um ein Almosen. Der Bauer fragte ihn, ob er nicht in seiner Alp dienen möchte, doch bekannte er alles, denn belügen wollte er auch den Bettler nicht. Dieser nahm das Angebot an und stieg furchtlos und unverzagt zu Alp. Eines Abends, da er zu erwellen begann, gesellte sich ein Unbekannter zu ihm ans Feuer und schaute ihm schweigend zu. Er ging nicht mehr fort, sondern schlief beim Knecht in seinem Bette, ohne ihn zu berühren, und sass mit ihm am Tische, ohne zu essen. Später unterstützte er ihn bei der Arbeit, begleitete ihn zum Nidler, trug jeweilen seine Mutte Milch zum Alpkessel und schüttete sie hinein, schürte das Feuer, trieb den Ankenkübel, machte den Ziger und half die Käse salzen im Käsgaden. Bei allen diesen Hantierungen blieb sein Mund stumm wie ein Grab. Der Senn, der als frommer, gottesfürchtiger Mann jeden Fluch sorgfältigst mied, dafür aber das Gebet pflegte, gewann den Geheimnisvollen mit der Zeit recht lieb, und da er merkte, dass es ein Geist sei, redete er ihn an und fragte, was ihm fehle, und wie ihm könne geholfen werden. Jetzt kam der Alpgeist zur Sprache und eröffnete dem Alpknecht: »Wisse, deine Vorgänger habe ich getötet, weil sie geflucht, gezankt und wüst gelebt haben. Du aber hast gebetet, und darum konnte ich dir nichts antun. Du kannst mich erlösen, wenn du zu beten fortfährst und auch für mich jeden Tag einen Rosenkranz betest.« Das tat der Knecht, und im nächsten Sommer erschien sein gespenstiger Gehilfe nicht mehr. Nikolaus Albert, 80 J. alt, Seedorf Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Alpgeist zu Fellenen

Source: Der Alpgeist zu Fellenen

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Auf einer Alp hauste ein Geist, die Alp heisst „Fellenen“ und zieht sich seitwärts der Gotthardstrasse bis zur Oberalp bei Urseren hinein. Niemand durfte dort oben alpen, als ein einziger Mann aus Silenen, der Stammvater des jetzt noch blühenden Geschlechts Walker, aus den ersten Zeiten, da die Urner im Ländchen sich angesiedelt hatten. Zwar beunruhigte der Geist auch den Walker, aber nur zu gewissen Tagen und Stunden. Der Älpler redete das Gespenst oft an, allein dieses gab keine Antwort, bis er einmal die Frage stellte: „Welches ist das grösste Werk vor Gott?" - „Der Gehorsam“, sprach es. „Nun,“ fuhr Walker fort, „so befehle ich dir, dass du uns in Ruhe lässt, denn wir haben das Recht hier zu sein.“ Von Stunde an gab es Ruhe und alle Silener konnten die Alp benutzen. Doch prophezeite der Geist dem Walker: er selbst werde nicht mehr hier alpen. In der Tat, er starb im folgenden Herbst.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.


by Der Alphirt celeste di Fontabella

Source: Der Alphirt celeste di Fontabella

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  Celeste di Fontanabella war ein ausgezeichneter Alp Hirt von sechzehn Jahren, ein sehr munterer Jüngling, kräftig und schön. Sein Gesicht war ganz braunschwarz vor lauter Sonne und Alpenluft. Er trug Kleider aus bescheidenem Barchentstoff. Aber seine Augen strahlten vor Lebensfreude, und er fühlte oft das Verlangen, die Freude und Lust, die ihn beseelte, mit irgendeinem Lied aus den Alpen auszudrücken. Auf der Alp oben stiess er, kaum dass es Tag wurde, in sein Horn, das einen voll- und tiefklingenden Ton von sich gab. Das war seine Tagwacht oder sein Tagelied. Sobald er die Kühe gemolken hatte, versammelte er sie alle in der Umfriedung vor der Sennhütte und führte sie dann hinaus auf die herrlichen Weiden, wobei die Glocken klingelten, dass es schien, als wäre es ein Gruss an die prächtige Morgenröte, die man am Himmel aufsteigen sah. Die Kühe wandelten schwer und vorsichtig empor durch die steilen Fusswege am Rand der vielen Abgründe. Oben angelangt, zerstreuten sie sich, um das zarte Gras und die feinen Alpenkräuter zu fressen. Und kam es vor, dass eine sich zu weit entfernte, so rief Celeste sie beim Namen. Dann blieb sie stehen und kehrte wieder zur Herde zurück. Während die Kühe weideten, streckte sich Celeste, dessen Augen vor Zufriedenheit glänzten, auf den Rücken aus, legte seine Hände unter den Nacken, Hess sich am grasigen Abhang von der warmen wohligen Sonne bescheinen und sagte bei sich selbst: «Weidet ihr nur, meine schönen Kühe, weidet das blühende und wohlriechende Gras und die feinen Kräuter. Ich passe schon auf. Weidet nur, bis ihr genug habt, so gebt ihr mir reichlich kräftige Milch. Der Besitzer der Alp wird daraus grosse, schöne gelbe und glänzende Ballen Butter gewinnen und dazu Käse, wie Wagenräder 10 gross, und ich bekomme meine gewohnte Schüssel voll Süssen und frischen Rahm.» Und von Zeit zu Zeit hob Celeste seinen Kopf höher und beobachtete seine Herde, ob sie noch alle beisammen seien, die schwärzen, die blonden und die gefleckten Tiere. Und die Sonne war seine Uhr. An ihrem Stand konnte er ablesen, welche Zeit es war. Wenn dann der Schatten der Berge auf den höheren Weideplätzen lieh verlängerte, rief der Hirt die Kühe zurück, gab jeder eine Hand voll Salz, streichelte sie und führte sie dann den gleichen Weg wieder in die Alphütte hinunter. Bei dieser immer gleichmässig sorgfältigen Pflege wurden die Tiere kugelrund und schritten mit bedächtiger Gangart einher. Sie traten in den grossen Stall der Sennhütte hinein, und jede ging an ihren Platz, ohne dass man jemals eine zweimal rufen musste. So schien es, als ob auf dieser glücklichen Alp von Fontanabella alles so weiter gehen sollte, Jahr für Jahr. Und dies umso mehr, weil Celeste als Hirt keinen grossen Lohn beanspruchte. Er begnügte sich mit seiner Milch und etwas Brot, und überdies bekam er jede Nacht eine Schüssel Rahm, die er dann jeweils auf einem Balken in einer Ecke des Stalles für sich beiseite stellte. Spät abends, wenn die Kühe schon alle schliefen oder ihr Gras wiederkäuten, erhob er sich von seinem Strohlager, sprang mit einem Satz auf den Balken hinauf, setzte sich rittlings darauf und trank mit gierigen Zügen den Süssen, frischen Rahm, der ihm wie Sammet im Gaumen vorkam. Und bei jedem Schluck schnalzte er mit der Zunge. Aber an einem schönen Sommertage, ungefähr anfangs Juni, wechselte die Sennhütte ihren Besitzer. Der neue Eigentümer erwies sich sehr bald als ein Geizhals. «Oh, oh», meinte er spöttisch, «eine ganze Schüssel voll Rahm jeden Abend für den Alphirten Celeste? Ja warum nicht gerade ein ganzes Rad fetten Käse oder einen Ballen Butter von fünf Kilo Gewicht! Was zum Teufel, mein Hirt, ich glaubte, du würdest dich von Gras und guter Alpenluft ernähren? Eine Schüssel feinen Rahm jeden Abend, das ist nicht übel. Ja, warte nur, du sollst bedient werden!» So rief Filippo, der neue Besitzer der Alphütte, mit Hohn, als er zum ersten Mal zur Alp hinaufkam und ihm die Sache erzählt wurde. Sobald die Nacht hereinbrach, nahm er die Schüssel, tat etwas Mist hinein, füllte sie dann mit Rahm und stallte sie an den gewohnten Platz. «Ich wette meinen Kopf, dass der dumme Hirt es nicht einmal merkt», sagte er und lachte dabei hinter seinem langen rötlichen Schnurrbart. Darauf warf er sich auf seinen Strohsack, und einige Minuten nachher schlief er zufrieden ein. Er wäre aber viel weniger glücklich eingeschlummert, wenn er den armen Celeste gesehen hätte, wie dieser rittlings auf dem Balken sass und ahnungslos nach seiner Schüssel griff. Welch grausame Enttäuschung. Celeste fing an zu niessen und dann zu schimpfen; wie ein Türke. Nicht einmal mehr eine Schüssel Rahm war also seine ganze Tagesarbeit wert! Indessen schlief Filippo immer noch ruhig weiter. Aber Schlag Mitternacht wurde er plötzlich aufgeweckt von einem grässlichen Lärm. Die grossen Milchkessel, die man aufs Feuer stellte, stiessen zusammen. Die Kuhschellen und Ziegenglöcklein, die an der Decke hingen, läuteten und bimmelten. Es war eine sonderbare Musik. Die Butterfässer, die Eimer, die Kübel und Zuber, die hölzernen Näpfe, die Löffel, die grossen Rührkellen, sie alle tanzten miteinander einen höllischen Reigen mitten in der Küche. Und: «Filippo soll es büssen, Filippo muss es büssen», donnerte eine Stimme aus dem kurzen Rauchfang des Kamins. Und hierauf verfiel alles wieder in grosse Stille. Mit Grausen hatte der Alpbesitzer Filippo dies alles mitangehört. Nach einer Weile schlief er zwar wieder ein. Er hatte jedoch einen schrecklichen Traum, und er fühlte sich gequält von Alpdrücken.   Am Morgen stand Filippo frühzeitig auf. Wie seltsam! In" der Küche war alles in Ordnung. Der grosse Milchkessel leuchtete mit seinem mächtigen Gesicht wie ein Vollmond. Der Käse, den man am Abend vorher zubereitet hatte, tropfte auf seinem Gitternetz von Leinwand. Draussen kündigte sich der schönste Tag an. «Ich habe einen abscheulichen Traum gehabt», sagte Filippo zu sich selbst. Dann ging er zum Bächlein, das vor der Sennhütte vor-überfloss und sein ewiges, immer gleiches Liedlein murmelte. Dort wusch er sich im klaren Bergwasser Gesicht und Hände. Dann begann er mit dem Melken der Kühe. Die Milch floss reichlich in die sauber geputzten Holzkübel hinab und überlief beinahe mit ihrem lauwarmen Schaum. Sobald die Kühe gemolken waren, gingen sie fort, wie alle Morgen, und stiegen auf die gewohnten Alpwiesen hinauf, aber — ob sie wiederkehrten, das war eine andere Frage. Als der Abend von den Bergen herabstieg und die Stunde schon vorüber war, da die Kühe gemolken sein sollten, spähte Filippo am Horizont und spitzte die Ohren. Aber wie gross war sein Erstaunen, als er von der heimeligen Musik der Kuhglocken keinen Ton mehr vernahm. Er stiess Flüche aus, dass sie den Mond, der eben am schwarzen Berggrat emporstieg, hätten bleich machen können. Dann begab er sich auf die Suche nach der Herde; aber er forschte vergebens. Nicht eine Spur von den sechsunddreissig Kühen war mehr zu sehen. Filippo lief dahin und dorthin, bergauf und in grossen Sätzen die Halden hinunter wie ein Toller. Er rief alle seine Tiere beim Namen und heulte wie ein vom Teufel Besessener. So gelangte er auch an den äussersten Rand eines Abgrundes, der den Namen «Cal-derone» oder «Grosser schwarzer Kessel» trägt. Dort ganz unten in der Tiefe bewegte sich ein unansehnlicher Haufe, von dem ein klägliches Stöhnen emporstieg. Das also war alles, was von der stattlichen Herde noch übrig war. Von einer unerklärlichen Panik ergriffen, waren die Kühe in wirrem Durcheinander dort hinuntergestürzt worden.  Auch Celeste, der treffliche Hirt, wurde in den Alphütten von Fontanabella nicht mehr gesehen. Keine Viehherde getraute sich mehr in der Nähe des «Schwarzen Kessels» zu weiden, und fortan wurden diese Alphöhen das Reich der Adler und wilden Gemsen. Am Kaminfeuer der Tessiner                                    Walter Keller                                                          Hans Feuz Verlag Bern   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Alpkesseldieb

Source: Der Alpkesseldieb

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Wenn im Herbst die Sennen die Alp räumen und mit der Herde und den Milchgeschirren bergab ziehen, so werfen sie noch einen letzten Blick zu den Hütten, um zu sehen, ob auch überall die Riegel gestossen sind, und wenn alles in Ordnung ist, so rufen sie: «Auf Wiedersehen im nächsten Sommer!» Über die Alp kommt die stille Bergeinsamkeit, und nur ab und zu an goldenen Herbsttagen schleicht der Jäger um die Hütten herum. Dann steigt der Winter hernieder von den weissen Bergspitzen und deckt die Hütten mit weichem Flaum zu. Die Alp versinkt in den Winterschlaf, der lange, lange dauert, und wenn im Tal unten schon alles wieder grünt und die Vögel pfeifen, schlafen die Hütten immer noch unter der weissen Decke, bis auf einmal der Föhnsturm über die Hänge pfeift, den Schnee gierig wegleckt und an den Balken rüttelt, dass die Sparren krachen. Da geht ein grosser, tiefer Atemzug über die Alp, die Erde öffnet sich, hier und dort spriessen samtfeine Krokus und Glocken­blumen hervor, die Matten erglänzen im hellen Grün, bis sie eines Tages wieder von Neuschnee zugedeckt werden, und nun geht es an ein Kämpfen hin und her, und wenn der Schnee unter den Sonnen­strahlen zerrinnt, strecken die Blumen flugs die Köpfe hervor, um rasch sich zu baden im goldnen Äthermeer, denn schon über Nacht können sie wieder eingeflockt werden. Nun erscheinen nach einer Reihe von schönen Tagen die Männer der Alpgenossenschaft und sehen sich nach dem Schaden um, den der Winter an Hütten und Ställen und an den Pferchen angerichtet hat. Hierauf geht es an ein Klopfen und Hämmern, Flicken und Nageln, bis alles instand gesetzt ist und die von der schweren Schneelest eingedrückten Mäuerchen sich wieder in ihrer alten Grösse erheben. Hernach ziehen die Männer hinunter ins Tal, und eine Woche später erscheinen sie mit den braunen Kühen, die mit ihren Schellen am Halse läuten, mit den schwarzen Augen blinzeln und das Maul schlecken, sobald sie das frische Alpenkraut wittern. Vor Jahren hatte sich auf der Meidenalp etwas ganz Besonderes ereignet. Als die Dörfler zur Alpung hinaufstiegen und die Hütte aufschlossen, wo die Sennen schlafen und der Käse und die Butter­ballen gemacht werden, da fehlte der grosse kupferne Alpkessel. Man suchte ihn überall und konnte ihn doch nirgends finden. Er musste während des Winters von einem frechen Dieb gestohlen wor­den sein. Die Älpler bestellten unten im Tale einen neuen; doch als sie ein Jahr später wieder hinaufzogen, fehlte der neue Kessel wie­der, und so auch das nächste Jahr. Das war für die Alpgenossen jedesmal ein schwerer Verlust, denn nie war es ihnen gelungen, dem Dieb auf die Spur zu kommen. Da wählte die Genossenschaft einen neuen Alpenvogt, dem man besonders einschärfte, dafür Sorge zu tragen, dass der Kessel nicht mehr gestohlen werde. Er versprach es, bereute aber nachher sein Versprechen. Wie sollte er das verhüten! Bis zur Alp waren es fünf Stunden im Sommer bei gutem Weg, und im Winter, da konnte er doch nicht jeden Tag hinaufsteigen und nach dem Kessel sehen. Da fiel ihm der Doktor Bärtschu ein, ein bekannter Wunderarzt, der für alles ein Kräutlein wusste. Man sagte von ihm, er besitze zwei Fläschchen, die ihm einst ein Heide mitten im Walde übergeben hätte, das eine grün und gelb gefärbt, das andere blau und rot, aus denen er alle Krankheiten herauslese. Wahr ist, dass er immer zwei solche Fläschchen mit sich herumtrug und sie jedesmal prüfend be­schaute, wenn er zu einem Kranken gerufen wurde. Bärtschu sagte dem Alpenvogt, wenn man sich die Mühe genommen hätte, ihn zu fragen, so wäre er schon imstande gewesen zu machen, dass sowohl der Käsekessel in der Alphütte bleibe, als auch der Dieb gefasst werde. Er holte aus dem Nebenkämmerlein ein Fläschchen, das mit einer gelben Flüssigkeit angefüllt war, in der allerlei Würzelchen schwam­men. Er gab es ihm mit der Bemerkung, er solle das Fläschchen wohlverwahrt mit sich herumtragen, mehr brauche er nicht zu tun, er werde die Wirkung dann schon sehen. Der Alpenvogt bedankte sich sehr, grüsste freundlich und ging fort. Er stieg, sobald die Alp geräumt war, fleissig hinauf, um nach dem Kessel zu sehen und nach dem Dieb zu forschen, aber umsonst. Bis tief in den Herbst hinein blieb alles beim Alten. Das Alpental war einsam und verlassen wie immer, wenn die Sennen mit der Herde davongezogen sind, und der Kessel war an seinem Ort. Da änderte das Wetter; zuerst regnete es zwei Tage lang, dann fiel der Schnee in grossen Flocken, so dass er auf der Alp klafterhoch liegen musste. Den ganzen Winter hindurch war es nicht möglich, auch nur bis halb ins Tal hineinzudringen; der Weg, der stellenweise als schmales Band an kirchturmhohen Wänden entlang führt, war ver­hangen, so dass man nur auf grossen Umwegen zur Alp gelangen konnte. Ende April, als der Schnee zurückwich, ergriff der Alpen­vogt die Schneereifen und den Stock und stapfte ins Tal hinein, der Alp zu. Schon aus weiter Ferne sah er, dass die Tür des Alpstaffels offen war, und als er eintrat, erschrak er nicht wenig. Da stand ein Mann mit tiefliegenden, erloschenen Augen und erdfahlem Ge­sicht, wie einer, der eben zur Tür hinaus will. Vom Schnurrbart und den Haarspitzen fielen kleine Eiszapfen, den Kessel trug er am Rücken, und die Linke hielt er ausgestreckt, als ob er die Tür erfassen wollte. Als der Vogt den Alpkessel berührte, sank der Mann zu Boden und zerfiel in Staub und Asche. Von nun an blieb der Kessel in der Meidenalp sicher vor Dieben. Quelle: Johannes Jegerlehner: Walliser Sagen, Hans Feuz Verlag Bern, 1959 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Alpschimmel (Variante aus Wassen)

Source: Der Alpschimmel (Variante aus Wassen)

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Alp des Reusstales ... Am folgenden Morgen hing der Schimmel tot im Türg'richt der Alphütte. Den Senn aber sah man später nach seinem Tode oft im Hüttentürg'richt den Schimmel schinden. Katharina Gamma, 50 Jahre alt, Wassen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Alpsegen

Source: Der Alpsegen

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In den Alpenländern der Schweiz war es früher ein vielverbreiteter Brauch, am Abend in die eindämmernde Nacht hinaus den Alpsegen zu rufen. Vielerorts rief man ihn durch eine Art Holztrichter, die Volle geheißen, und mancherorts hielt man nur beide Hände an den Mund und rief ihn also über die Weiden. Aber auf einigen Alpen sang man den Segen in einer schwermütigen Weise und blies dazu wohl auch das Alphorn. Also hielten die Sennen und Hirten die bösen Mächte, die auf den entlegenen Bergweiden ihr Unwesen trieben, besonders die heimtückischen Buzen, von sich und ihrem Vieh ab. Soweit der Schall des Alpsegens reichte, hatte das Böse keine Gewalt. Vor langer, langer Zeit hatte der Senn von Gredetsch im Walliser Alpenland den Alpsegen zu singen vergessen. Weil er sehr ermüdet war, hatte er sich ohne weiteres auf die Nistern ins Wildheu gelegt und war fast am Einschlafen. Da hörte er plötzlich das Läuten und Schellen seines Senntens. Es war gerade, als zöge seine große Viehherde auf einmal über die Alpenweiden auf und fort. Immer ferner schallten und klopften die vielstimmigen Kuhschellen. Flink sprang der Senn auf und machte sich vom Gelager ins Freie. Aber schon hörte er das Läuten nur noch wie ein fernes Klingeln. Jetzt erschrak er, denn es kam ihm in den Sinn, daß er vergessen hatte, den Alpsegen zu singen. Also hatte ihm gewiß ein tückischer Alpbuzen das Vieh über Berg und Tal entführt. Es war höchste Zeit, daß er handelte, sonst verlor er sein schönes Sennten. Geschwind stellte er sich bei der Hütte unter einen Lärchenbaum und rief aus Leibeskräften: "Bleschi, chu, loba, loba!" Auf diesen Anruf war das Vieh festgebannt. Und dann rief er nochmals mit mächtiger Stimme: "Zu-rück, wo du sie genommen!" Nun war es sonderbar. Erst hörte er nur ein leises Klingeln und Summen, und dann ward allmählich ein fernes Schellen daraus. Aber immer mehr schwoll es an, immer deutlicher wurde es. Und auf einmal läutete das ganze Sennten wieder über die Weiden daher, und jetzt kamen die verloffenen Kühe in den Staffel. So hatte er seine ganze Herde wieder beisammen. An dem Lärchenbaum aber ließ der Senn das Bild der Muttergottes anbringen, das dann völlig in den Baum einwuchs und also einen lebendigen Rahmen hatte. Heute noch wird da und dort auf den Alpen der Alpsegen gesungen. Einer der schönsten ist wohl der Alpsegen des Hochtales von Engelberg im Obwaldnerland. Er wird allabendlich feierlich durch eine Volle gesungen und lautet: "O lobet, zu loben! In Gottesnamen lobet! Gott und der heilig St. Antoni und Wendel und der vielselig Landesvater Bruder Klaus, die wollen heut nacht auf dieser Alp die lieb Herberg halten. Das ist das Wort, das weiß der Liebgott wohl. Hier über dieser Alp steht ein goldiger Thron. Drin wohnet Gott und Maria mit ihrem allerliebsten Sohn und ist mit vielen Gnaden übergossen und hat die ganze heilig Dreifaltigkeit unter ihrem Herzen verschlossen Das eint ist Gott, der Vater; das andre ist Gott, der Sohn; und das dritt ist Gott, der lieb Heilig Geist. Ave, ave, ave Maria! Amen." Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der alte Curer Nachtwächter-Ruf

Source: Der alte Curer Nachtwächter-Ruf

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Noch vor wenigen Jahren machte man in der alten Curia Raetorum »ins Gemein« früher Feierabend als wir, im Jahre des Heiles 1878. - So ertönte vor der Abenddämmerung die Gebet-Glocke (die sog. Mittags-Glocke), das Zeichen des Feierabends für die im Freien Arbeitenden, und eine Stunde darauf die Stübi-Glocke (die sog. Scaletta- oder Begräbnis-Glocke) je nach der Jahreszeit früher oder später. (Zur Zeit des Andreas-Marktes (12.-20. Dezember) wurde gar nicht ge­läutet, weder zum Gebete (Feierabend) noch Stübi.) Sobald nun ins Gebet geläutet worden, zogen dann die Schüler von der Kantonsschule (jetzt Lehrer-Seminar) aus, in die St. Martinskirche, paar­weise, von den Lehrerkandidaten begleitet, deren Einer dann in der Kirche Gebet hielt. (Darum hiess es eben »ins Gebet« läuten.) Ins Gebet wurde geläutet: vom 1. bis 14. November um 5, vom 15. Nov. bis 14. Jan. um 41/2, vom 15. Jan. bis 14. Febr. um 5, vom 15. Febr. bis Ende Febr. um 51/2, vom 1. bis 15. März um 6, vom 16. März bis 14. April um 61/2, vom 15. April bis 30. Aug. um 7, vom 1. bis 30. Sept. um 61/2, vom 1. bis 14. Okt. um 6, vom 15. bis 31. Okt. um 51/2 Uhr. Eine Stunde nach dem »Stübi-Läuten« hatte der Nachtwächter, der ge­treue Hüter der guten, alten, weiland auch Reichsstadt Cur sein Amt anzu­treten. Er mass dann richtig, in seinen mächtigen Mantel eingehüllt, mit schwerem Schritte die Strassen durch, - eine schwerfällige, nicht selten be­häbige Persönlichkeit; - rief dann pflichtgemäss mit voller Stimme den Ruf, die Stunden und den Morgengruss ab. Alles nach Recht und Schuldigkeit. Im Winter war die Zeit des Gebet- und Feier-Abend-Läutens um 1/25 Uhr. Eine Stunde darauf, um 1/26 liess die Stübi-Glocke sich hören; und wieder eine Stunde später, um 1/27 war der Nachtwächter »Herr in allen Gassen.«­ So ward es gehalten in der Zeit der kürzesten Tage des Jahres, von Mitte November bis Mitte Januar. Je nachdem dann die Tage wieder länger wurden, ward auch »ruckweise« von halb Stunde zu halb Stunde später ins »Gebet und Stübi« geläutet, wie dann auch der Nachtwächter in bestimmter Zeitfolge später sich hören liess. Wie nun je nach Jahreszeit früher oder später der Nachtwächter »antrat«, und die »Abend wacht« abrief, erfolgte von Stunde zu Stunde das »Zeit­-Abrufen«, wie dann nach Mitternacht das »Tag-Anrufen«, und dieses Letztere, auch nach der Jahreszeit, je nachdem es anfing zu tagen, zwischen 2-5 Uhr Morgens. Die Abendwacht war: »I tritt wohl uf die Abendwacht; Gott geb uns Alla'n a guoti Nacht. Und löschend wohl Für und Liacht; Dass uns der liabe Gott wohl behüat. Siebni hät's g'schlaga, das thuani Eu kund. Gott geb uns Alla'n a guati Stund.« Die folgenden Stunden (also zwischen dem Antritte bis zum Tag-Anrufen) sagte er an: »Losat uf, was i will saga: G'logga, dia hät achti g'schlaga, Zehl achti.« (nüni, zechni, ölfi, zwölfi, eis, zwei, drei, vier, fünf.)   Das Anrufen vom Tage war: »Stönd uf im Namma Jesu Christ, Der helle Tag vorhanda' ist. Der helle Tag uns nia verlaat, Gott geb' uns Alla'n a guata Tag. A guata Tag, a glückseeligi Stund, - Das bitt' i Gott vo Herzensgrund.«   Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der alte Gemeindetrunk

Source: Der alte Gemeindetrunk

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Vor der Französischen. Revolution trank im Gemeindehaus jeder Burger aus einem silbernen Becher. Drei Tage lang tat man sich am Trunke gütlich und hörte nicht eher auf, bis die Pförtlein sämtlicher Weinkufen aus dem Gemeindekeller vor den Burgern auf dem Tische lagen. Jeder Burger durfte dann in der Gewissheit nach Hause gehen, der letzte Tropfen sei getrunken worden. VISPERTERMINEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der alte Joggeligeist in Sarmenstorf

Source: Der alte Joggeligeist in Sarmenstorf

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Als die Franzosen in die Schweiz einfielen und im Freienamte plünderten, kam eine Nonne aus dem Kloster Fahr nach Sarmenstorf zu ihrem Vetter geflüchtet, den man den alten Joggeli hieß. Sie brachte eine große Summe Geldes aus dem Klostervermögen mit, gab es dem Alten in Verwahrung und blieb bei ihm, bis der Krieg wieder ein Ende nahm. Aber da sie nun nach Fahr zurückkehren und das gerettete Klostervermögen mit sich nehmen wollte, leugnete der Vetter geradezu, jemals Geld von ihr in Verwahrung genommen zu haben. Niemand war zugegen gewesen, als Joggeli das Geld behändigt hatte, niemand wusste davon; so konnte man ihm also nichts anhaben, und die Klosterfrau ging leer in ihren Konvent zurück. Jetzt lebte der Betrüger hoch und herrlich und ritt, anstatt zu arbeiten, alle Zeit in der Umgegend herum. Den Leuten kam's seltsam genug vor, dass er so schnell reich geworden sein sollte und kurz vorher sich kaum durchzubringen vermocht hatte. Allein sie mussten schweigen. Plötzlich starb er mitten im Wohlleben. In der zweiten Nacht, da er verschieden war, begann er sein eignes Haus so zu beunruhigen, dass niemand drinnen ein Auge zutun konnte. Er schleifte alle Ketten aus der Scheune ins Wohnhaus herüber und schleppte sie Stiegen auf und Stiegen ab. Dann öffnete er die Kammertüren und warf die Leute gewaltsam aus dem Bette. Kein Dienstbote wollte nun hier weiter im Hause sein, kein Knecht mehr nur in die Scheune gehen. Denn wenn man bei Nacht auf den Heuboden steigen sollte, so löschte er den Dienstboten die Laterne aus, und machten sie sich nicht schnell weg, so warf er sie in die Tenne hinunter. Endlich ließ man einen Kapuziner kommen, um ihn beschwören zu lassen. Dabei erschien der Geist in einem langen schwarzen Rocke und einem besonders großen Hut; gar seltsame und freche Reden soll er mit dem Kapuziner geführt haben. Gleichwohl ist er zuletzt in einen Estrichwinkel hinein beschworen worden. Nun beschäftigt er sich noch damit, das Scheunentor zur Unzeit zu öffnen und in seiner schwarzen Gestalt darunter zu treten. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der alte Lädeler

Source: Der alte Lädeler

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Ein Dienstbote verklagte seinen Herrn wegen ungenügenden Lohnes beim Richter. Er konnte aber keinen genügenden Beweis dafür angeben. Deshalb wurde er für eine bestimmte Zeit in die «Chefig» gesteckt wegen übler Nachrede. Mit ihm teilte die Gefängniszelle ein Vagabund, «der alte Lädeler» benannt. Er war ein notorischer Säufer. Von Kindheit auf trug er das harte Los eines Krüppels; nur mit Hilfe von Schienen oder Brettern konnte er sich mühsam fortbewegen. Das mag viel dazu beigetragen haben, dass er sein Leben lang verbittert war und zum Alkohol die Zuflucht genommen hatte. Ausserdem besass er ein gutes Mundwerk, das er allzu oft zum Schimpfen und Fluchen missbrauchte, besonders traf dies ein, wenn er zu viel hinter die Binde gegossen hatte. Während der Gefängnishaft starb der Lädeler unvermutet schnell. Jetzt war der Knecht alleiniger Bewohner der Zelle. In seiner Einsamkeit oder wenn der Wärter ihm das Essen brachte, spottete oder schimpfte er über den verstorbenen Mithäftling. Nicht ungestraft sollten seine Spottereien bleiben. In einer hellen Nacht bemerkte der Gefangene plötzlich eine dunkle Gestalt in der Zelle. Näher, immer näher kam sie. Zu seinem grossen Schrecken erkannte der Knecht die Erscheinung: der alte Lädeler war’s. In unheimlichem Schweigen trat er zum Strohlager seines ehemaligen Schicksalsgenossen, und noch nicht genug: er schlüpfte zu ihm ins Bett und blieb steif und starr neben dem vor Angst halbtoten Spötter liegen. Eiskalt fühlte sich der Leib des grausigen Schlafkameraden an. Der Knecht wagte sich gar nicht zu rühren aus Furcht, den Zorn des Geistes zu erregen. Als am Morgen die Betglocke läutete, sprang der Lädeler blitzschnell vom Bett und verschwand so schnell er gekommen war. Dem gestraften Häftling verging die Lust am weiteren Spötteln über den verstorbenen Lädeler.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der alte Lötscher und das Lauwitier 1. Teil

Source: Der alte Lötscher und das Lauwitier 1. Teil

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Der alte Lötscher und das Lauwitier werden nur im Winter gesehen. Im Winter schneit es oft lange, lange. Die Jungen freuen sich, dass die Flocken sich immer höher türmen, bis die Dächer schwere Schneemäntel tragen und die Steine in der Lonza hohe Zuckerhüte. Aber mit Besorgnis schauen die Mutter und der Grossvater nach dem immer grauen Himmel, aus dem dicht die Flocken fallen, und nach den Bergen, an denen nur zeitweise die untern Waldränder sichtbar werden. Es sind nicht einmal mehr die Schneemesser zu sehen oben am Gletscher: Zwei schwarze Felsen, Kuh und Kalb geheissen. Schon die Alten sagten: «Wenn ihr das Kalb nicht mehr seht, dann flieht ins obere Dorf, denn sobald auch die Kuh eingeschneit ist, lebt im untern Dorf niemand mehr sicher.» Um den Schrecken zu vermehren, fängt es noch an zu tosen in den Bergen. Besorgt zieht die Mutter die Fensterläden auf. Es wird in der Stube finster in der frühen Abendstunde. Die Mutter zündet das schwache Öllicht an und lässt alle niederknien zum Rosenkranzgebet. Bald fängt es draussen an zu klopfen, zuerst leise, dann stärker, immer stärker. Für einige Augenblicke scheint es aufzuhören, aber jetzt klopft es noch kräftiger an die Fensterläden. Die Kinder müssen sich fürchten, und doch sollten sie es nicht, denn die Mutter hat ja gesagt: «Es geschieht uns nichts Böses, wenn unschuldige Kinder beten.» Nach dem Rosenkranz fragen die Kinder bange: «Wer klopft so an die Fensterbalken?» «Das ist der alte Lötscher», sagt der Grossvater. «Wer ist der alte Lötscher?» fragen die Kinder und schmiegen sich enger an die Mutter und an den Grossvater. Dieser muss es wissen. Er bleibt die Antwort auch nicht schuldig. «Der alte Lötscher wohnt auf Grosskammern, oben am Langgletscher. Sobald es im Winter viel schneit, steht er auf, schüttelt den langen, weissen Bart, nimmt seinen Stock, schwer wie der stärkste Baum, und kommt herab ins Tal. Über den Anenbach schlägt er einen Steg von Eis, den Guggisee berührt er bloss mit seiner Keule, und er ist steinhart gefroren. Vom Guggistafel stürmt er herab auf Fafler, von dort ist er in drei Sprüngen auf der Hohen Platte, auf dem Seebord und auf der Hutfluh. Von hier juckt er wieder ins Tal, auf die Dörfer Eisten und Blatten. In allen Dörfern kommt er vorbei. Er schüttelt die Häuser an der Riedegge, nimmt in Wiler ein ganzes Dach als Trommel mit, tanzt in Kippel lustig um die Kirche auf dem Martibiel. Nur bei Ferden überspringt er das Dorf, blast aber nochmals zurück, damit man nicht vergesse der alte Lötscher sei gekommen.» «Ist der alte Lötscher auch böse?» «Ja freilich. Wenn er ungehorsame Kinder draussen antrifft, nimmt er sie mit und versteckt sie, dass sie niemand mehr findet. Menschen, die zuviel getrunken haben und herumzwirfeln, schiebt er unter den Weg und hilft ihnen nicht mehr auf, mögen sie auch jammern, bis sie erfrieren. Nachtbuben, die den Eltern heimlich fortgelaufen sind, führt er in den tiefsten Schnee, wo sie den Weg verlieren.» «Was tut er dem Vater auf dem Hirtweg?» «Dem tut der alte Lötscher nichts zu leid, weil er weiss, dass er hirten (das Vieh verpflegen) muss.» «Kommt der alte Lötscher nicht mehr zurück?» «Oh freilich; ihr hört ihn ja schon wieder. Zuvorderst im Tale bläst der alte Lötscher zum Tal hinaus, kehrt um und geht zurück durch die Wälder auf der Schattenseite. Mit dem Stock schlägt er die dicksten Stämme nieder, darum sind die Holzfelinen in den Wäldern.» «Gibt es mehr als einen alten Lötscher?» «Nein, es ist nur einer, aber niemand kann zählen, wie oft er die gleiche Reise macht in einer Nacht.» Quelle: J. Siegen, Sagen aus dem Lötschental, Erweiterte Ausgabe der Gletschermärchen (1905), Lausanne 1979. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der alte Lötscher und das Lauwitier 2. Teil

Source: Der alte Lötscher und das Lauwitier 2. Teil

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Jetzt klopft es nochmals und viel stärker, als würden die Gletscher abfallen und die Berge umstürzen und das ganze Tal begraben. Mutter und Grossvater schauen besorgt nach den Fenstern und dann auf den Herrgott in der Stubenecke, ohne ein Wort zu sprechen. Sie horchen auf das Donnern und Krachen, das näher und näher kommt, doch nicht zu nahe. Wie sich endlich das Getöse verzogen hat, fängt ein Kleiner an zu flüstern: «Ist das auch der alte Lötscher?» «Oh nein, das ist das Lauwitier», sagt der Grossvater. «Was ist das für ein Tier? Hast du auch schon ein Lauwitier geschossen?» «Du Wundernase. Dieses Tier lässt jeder gerne gehen den es in Ruhe lässt. Wenn es dir nur nie begegnet.» «Hast du das Lauwitier auch schon gesehen?» «Mehr als einmal.» «So erzähle uns vom Lauwitier.» «Das Lauwitier wohnt zu hinterst in der Lötschenlücke. Im Winter kommt es heraus, springt über die höchsten Gräte, und wo es kann, bricht es eine Lawine. Es ist seine grösste Freude, mit den Schneemassen zu Tal zu fahren und auf dem Wege Scheunen und Ställe, Häuser und Menschen mitzunehmen. Ein solches Lauwitier hat das alte Tennmattendorf und auch das Dorf in der Winterbletschun verschüttet.» Jetzt erzählt die Mutter vom Lauwitier, was sie von ihrer Grossmutter gehört hat. «In der Winterbletschun ist auch eine alte Spinnerin von einer Lawine aus den Hängen des Bietschhorns begraben worden. Erst im folgenden Sommer wurde die arme Frau von der Sonne freigeschmolzen. Sie war mit ihrem Spinnrad unter einem dicken Bindebalken unversehrt geblieben, hat sich selbst die Fingerspitzen abgegessen und ist dann verhungert.» Quelle: J. Siegen, Sagen aus dem Lötschental, Erweiterte Ausgabe der Gletschermärchen (1905), Lausanne 1979. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der alte Lötscher und das Lauwitier 3. Teil - Goldbachlawine

Source: Der alte Lötscher und das Lauwitier 3. Teil - Goldbachlawine

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«Müssen alle sterben, die das Lauwitier erwischt?» «Oh nein, aber es muss uns schon der Schutzengel helfen, sollen wir aus einer Lawine wieder herauskommen. Die Golnbachlawine hat einmal einen Hirten überrascht, der von Unterbächen zurück nach Kippel wollte. Schon beim Brachudstein hörte er das Tosen in den Bergen und meinte, der Wind stehe eben auf und fange an zu wehen. Kaum einige Schritte weiter sieht er im Schluck die Golnbachlawine kommen.  Als er meinte, der Wind erhebe sich, ist eben die Lawine angebrochen. Schnell springt der Hirte zurück unter den Golnbachsteg. Die Lawine donnert über den Steg, aber dessen runde Stämme halten den Schneemassen stand, so dass dem Hirten kein Leid geschieht. Noch am gleichen Tage wird der Hirte vermisst und vermutet, er sei in der Golnbachlawine begraben. Die Kunde verbreitet sich schnell, und Männer aus allen Dörfern kommen schneehauen und schaufeln, um den Verunglückten zu suchen. Dieser hört die Hauen einschlagen und die Männer reden, während seine Stimme, mag er noch so laut schreien, an der Oberfläche nicht vernommen wird. Am meisten schmerzt ihn, hören zu müssen, wie sein Weib und seine Kinder an die Unglücksstätte kommen und um ihren vermissten Vater erbärmlich jammern und weinen. Die Lawine bleibt gefühllos und hält den Vater gefangen in ihrem kalten Kerker. Am Abend des ersten und zweiten Tages hört er, wie die Männer nach dem letzten Hauenschlag ihm die ewige Ruhe wünschen, alle Hoffnung aufgebend, ihn lebend zu finden. Endlich am dritten Tage vermag er selbst, sich aus der Gefangenschaft zu befreien, nachdem er mit dem Taschenmesser Tag und Nacht in dem harten gepressten Schnee gearbeitet hatte. Es brennen noch einige Lichter im Dorfe, als er vor seine Haustür kommt und an der Türschwelle den Schnee von den Schuhen klopft. Die Mutter hat eben die Kinder zu Bette gelegt und ist in der Stube am Spinnen. Seit drei Tagen rollen ihr fast unaufhörlich die Tränen über die bleichen Wangen, denn sie hält sich für eine verlassene Witwe und ihre Kinder für arme Waislein. Hätte ihr Mann wenigstens mit den heiligen Sterbsakramenten versehen sterben können. In diesem Augenblick tritt der Mann in die Stube. Die Frau meint, einen Geist zu sehen so elend sieht er aus, und ruft: «Bist du lebendig oder tot?» Gott der Herr hat ihr den Mann lebendig wiedergeschenkt. Die unschuldigen Kinder haben jeden Tag für ihren Vater gebetet. Unschuldige Kinder sind selbst Schutzengel ihrer erwachsenen Angehörigen und haben jedenfalls schon oft solche vor dem Lauwitier gerettet. Quelle: J. Siegen, Sagen aus dem Lötschental, Erweiterte Ausgabe der Gletschermärchen (1905), Lausanne 1979. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der alte Lötscher und das Lauwitier 4. Teil - Hirterin am Birchmattenbord

Source: Der alte Lötscher und das Lauwitier 4. Teil - Hirterin am Birchmattenbord

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In der Winterbletschun bei den Käneln, wo ihr noch heute die Hofstatt seht, hat der Elsun Haus gestanden. Auf dem Ofen aus der Elsun Haus, er ist jetzt in Oberried, habe ich selbst gesessen. Gott habe die Elsa selig. Ursula, der Elsun älteste Tochter, war einmal bei grosser Lawinengefahr auf dem Birchmattenbord am Hirten. Eines Abends hat Christina, ihr jüngstes Schwesterlein, ein Kind in der Wiege, das bis dahin noch nie ein Wort geredet hatte, starr nach den Fenstern geschaut und ein übers andremal gerufen: «Ursla, Ursla.» Das ist allen im Hause aufgefallen, und sie haben zu einander gesagt: «Wir lassen unsere Ursula heute abend nicht auf dem Birchmattenbord». Sie haben gut daran getan, sie mit dem Vieh zu holen, denn am andern Morgen sahen sie Scheune und Stall von einer Lawine in die Lonza geschlagen. Das Kind in der Wiege ist seiner ältern Schwester ein Schutzengel gewesen. Quelle: J. Siegen, Sagen aus dem Lötschental, Erweiterte Ausgabe der Gletschermärchen (1905), Lausanne 1979. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der alte Lötscher und das Lauwitier 5. Teil - Hirterin von Faldum

Source: Der alte Lötscher und das Lauwitier 5. Teil - Hirterin von Faldum

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Noch wunderbarer ist die Rettung einer Hirterin von Faldum, die keinen Abend vergass, den Rosenkranz zu beten. Sie war in ihrem Hüttlein tief eingeschneit. Als sie die Weihnachtsglocken der Pfarrkirche hörte, hielt sie es nicht mehr aus in der Einsamkeit. Die Sehnsucht nach den Angehörigen trieb sie ins Tal. Nicht ohne Furcht nahm sie den steilen Winterweg mit den vielen Windungen unter die Füsse. Oft schaute sie um, als könnte sie damit die Gefahr bannen. Plötzlich fährt es wie ein Windstoss durch die Zwerbäume am Wege, dass diese den Schnee abschütteln. Ein Schrei; sie ist erfasst und fortgetragen von einer Staublawine. Unten im Tale steht die Hirterin auf. Kein Glied ist ihr verletzt, kein Gewand zerrissen, nicht einmal die Milch ausgeschüttet. Vom Dorfe Ferden aus haben die Leute die Hirterin auf dem Wege gesehen und sind gleich zur Stelle in der Furcht, ein Un-glück sei geschehen. Wie sie der Hirterin begegnen, fragen sie verwundert: «Wie bist du der Lawine entgangen?» Sie antwortet: «Eine weisse Frau hat mich im Schoss gehalten.» Der Ort, wo die Hirterin gerettet wurde, ist von der Talstrasse aus zu sehen und heisst heute noch «Im Schoss». Quelle: J. Siegen, Sagen aus dem Lötschental, Erweiterte Ausgabe der Gletschermärchen (1905), Lausanne 1979. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der alte Lötscher und das Lauwitier 6. Teil - Tennbachlawine

Source: Der alte Lötscher und das Lauwitier 6. Teil - Tennbachlawine

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«Mutter, hat das Lauwitier auch schon Kinder genommen?» «Gewiss, aber ohne ihnen zu schaden, wenigstens im Lötschental. In der Gillun soll eine Lawine zweiundzwanzig Spinnräder genommen haben, aber ich hörte nie, dass auch ein Kind dabei war», sagt die Mutter. «Wahrhaftig», bestätigt der Grossvater, «ich habe nie gehört, dass bei uns ein unschuldiges Kind in einer Lawine verunglückt ist, nicht einmal in der grossen Tennbachlawine, die das Tennmattendorf verschüttet hat. Das Dorf war damals nicht mehr bewohnt. Mein Vater ist über diese Lawine gegangen. Er sagte, beim vordem Riedkreuz habe man den Fuss auf die Lawine gesetzt und diese nicht mehr verlassen bis zum Kreuz auf dem Stalden bei Wiler. Damals lebten noch Leute in den Wüsten Matten und zur Tärra. Im ganzen Tal lag aussergewöhnlich viel Schnee. Eines Abends sahen die in den Wüsten Matten, wie die Leute zur Tärra betend um das Häuschen gingen. Spöttisch meinten die untern: «Betet nur, morgen werdet ihr bei uns im Tal sein.» In der folgenden Nacht ist die grosse Tennbachlawine niedergegangen, die grösste Lawine, von der man je hörte in Lötschen. Die Lawine hat zwischen Ried und Wiler auf der Sonnenseite alle Bannwälder und achtzig Firsten (Gebäude) gebrochen. Fast tausendjährige Lärchen und über dreihundert Jahre alte Häuser wurden fortgerissen. Zur Tärra zitterten die Leute, als die Lawine zu beiden Seiten des Häuschens abging. Deutlich hörten sie eine Stimme rufen: «Hier fastet klein und gross, was mag und hatet d’heiligun Tämpertag (Quatembertage).» Die Leute zur Tärra hielten noch immer treu das Quatemberfasten. Am andern Tag sahen sie die Verwüstung unten im Tale. In den Wüsten Matten hatte die Lawine Häuschen und Scheunen zugedeckt. Nur ein unschuldiges Kind sei am Leben geblieben, der Stammhalter der Familie Ebener. Man habe es in der Wiege schlafend gefunden. Auch am Bärried, wo die Lawine vorbeiging, sind zwei Hirten am Leben geblieben. Sie sahen auf der Lawine einen älven (braunen) Bock zu Tal reiten und hörten eine Stimme rufen: «Ich mag nit bas, ich mag nit bas, äs fastend d’heiligun Tämpertag.» Es war das kein gewöhnlicher Bock. Bald nachher habe man in der Grossen Eie bei Visp eine Hexe gefangen, die bekannte: « Die schönste Fahrt in meinem Leben war auf einem Besenstiel vom Mattmarksee in den Genfersee, und den grössten Schaden habe ich im Lötschental gemacht wo ich die grosse Tennbachlawine gebrochen habe.» «Es hat nie Hexen gegeben», sagt die Mutter fast unwillig, das sind nur «Zellätä». «Für heute ist es genug», meint auch der Grossvater, «sonst träumt ihr die ganze Nacht vom alten Lötscher und vom Lauwitier.» «Aber ein andermal, Grossvater», rufen die Kinder. Gerade das Lauwitier fürchten die Lötscher am meisten. Sie sagen: «Es würde nie zu viel schneien, wenn der Schnee bleiben müsste, wo er fällt. Mag der alte Lötscher noch so viele Säcke Schnee ausleeren auf den Gräten, wenn nur das Lauwitier nicht käme und ihn losstampfte.» In schneereichen Wintern sollen die Lötscher mehr als einmal gesagt haben: «Wenn wir nochmals erapern, lassen wir uns hier nicht mehr einschneien.» Dann sei ein warmer Frühling gekommen und ein fruchtbarer Sommer, und der Winter war vergessen. Wills Gott werden sie auch nach diesem schneereichen und lawinengefährlichen Winter dem Heimattale treu bleiben. Quelle: J. Siegen, Sagen aus dem Lötschental, Erweiterte Ausgabe der Gletschermärchen (1905), Lausanne 1979. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der alte Neapolitäner

Source: Der alte Neapolitäner

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Im Bristenberg lebte ein ehemaliger Neapolitäner Soldat. Syg lang i Napel innä gsy. Der wanderte eines Abends spät mit einem Kameraden durch den Wassnerwald. Da kamen die Räuber und forderten »Geld oder Blut!« Der Neapolitäner zog seinen Geldgurt ab, warf ihn den Räubern vor die Füsse und sagte: »Da nehmet ihn!« Aber keiner beugte sich, ihn zu packen; bocksteif standen sie da. Endlich las der Neapolitäner selber den Gurt wieder auf mit dem Bemerken: »Gut, wenn ihr nicht wollt, so nehme ich ihn wieder zuhanden.« Dann marschierten die beiden weiter. Nach einer Weile fragte der Kamerad: »Du kannst scheint's allerlei. Würdest du es mich nicht auch lehren?« »Nein,« meinte der ehemalige Soldat, »nein, so etwas tut man nur in der äussersten Not.« Erst, als er in sicherer Entfernung war, liess er die gebannten Räuber wieder laufen. Einst brannte sein Häuslein im Bristenberg. Sein Bruder im Ried bemerkte das und lief eiligst bergan, um zu helfen. Als er den sogenannten Donnderchlapf unter dem Hirrenbiechli erreichte, meinte der Bruder im Bristenberg: »Ah, mein Bruder läuft sich zu Tode,« und brachte ihn sofort zum Stehen. Der Brand war schon gelöscht. Jos. M. Baumann, Gurtnellen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der alte Sauser

Source: Der alte Sauser

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Lange Jahre ging der alte Sauser auf den Alpen des Seitentales um. Wo er hinkam, trieb er sein Unwesen und richtete Schaden an. Hand in Hand mit ihm stieg der Viehtod auf die Höhen. Jeden Sommer, wenn die mächtige Herde der grössten Alp im Tal von Flöschwald, Alpiglen und den Sausmatten hinauf in den Oberberg zügelte, bekamen die schönsten Stücke den Viertel (Rauschbrand) und wurden abgängig. Nach gründlichem Rat aller sieben Alpzeuge kam man überein, durch einen Kapuziner Abhilfe schaffen zu lassen und dem alten Sauser ein für allemal sein Hexenhandwerk zu legen. In der dritten Nachmittagstunde des dritten Tages Heumonat begann jener in der Steinhütte in Alpiglen sein Werk. Er sägte sich hundertundein fingerlange arvige Rundholztütscheni zurecht und bohrte ein Loch darein. In jedes steckte er ein Papier, versehen mit seltsamen Zeichen, vor allem mit dem des grossen Zauberschlüssels Höllenzwang, der alle Geister zwingt, jeder Forderung Folge zu leisten. Diese Arventütscheni legte er in alle Schwellen und Obertürler sämtlicher Hütten im ganzen Saustal ein, auch in Mäuerlein auf einigen Anhöhen, und viele vergrub er. Als er in der Steinhütte noch an der Arbeit war, soll ein Zwölfjähriger auf der Schwelle gestanden sein und ihm zugeschaut haben. Da sagte er zu dem: "Bub, tritt mir von der Schwelle, es will einer herein, den du nicht sehen kannst!" Item, noch am gleichen Tag hat er mit dem alten Sauser an der Grenzmarch, auf der Kienegg hinten, geschwungen, aber er brachte ihn noch nicht aus der Alp hinaus. Er verbannte ihn dann in die Spryssenbalm unten an der Marchegg. Hernach empfahl er der Alpschaft noch, in den Vorsassen das Treichiwasser besser und in neue Tüüchel zu legen und den Berg nie an einem andern Tage, als an einem Dienstag oder Freitag zu besetzen. Wie er seinen Auftrag vollendet, sagte er wahr, dass nur noch ein einziges Haupt abgängig werde, eine Zytkuh (trächtiges Rind) aus dem Besatz einer Witwe in Bönigen. Eine, fügte er bei, die müssen sie ihm geben als Lohn. Wie der Kapuziner sagte, so traf es ein. Seither hat es keine Tiere in all den vielen Jahren auf der grossen Alp mehr geviertelt. Noch heutigen Tages, wenn in Saus ein Gehalt abgebrochen werden muss, nehmen die Zimmerleute mit Sorgfalt die Arventütscheni aus Schwelle und Obertürler und versetzen sie in die neuen. Die Spryssenbalm aber, wo der alte Sauser noch hausen soll, die sah seither stets aus wie frisch gewischt. Weder Geiss noch Schafli will sich hier, auch nicht bei ärgstem Sudelwetter, an den Scherm stellen. Quelle: Hans Michel, Ein Kratten voll Lauterbrunner Sagen. Wengen 1936. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der alte Schimmel

Source: Der alte Schimmel

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In den katholischen Alpen war und ist es noch meistens Sitte, dass jeden Abend an einer gewissen Stelle ein Hirt den Abendsegen laut ruft, damit nicht böse Mächte oder Unfälle der Herde schaden. Die Sitte ist uralt, ebenso die Rufe, die meist versartig sind, z. B. : Bhüet Gott Alls Vor d's Wolfen Zahn, Vor d's Rappen Schnabel, Vor d's Luchsen Biss, u. s. w. Es nahm sich sonderbar aus, wenn man vor Zunachten solche Rufe sich von Alp zu Alp antworten hörte, um die unheimlichen Gewalten zu bannen. Der Rufer hatte dafür einen eigenen Käse als Lohn, den „Rufkäse". Als dies einst im Sarganserland einen jungen Knaben traf, rief er unbesonnen zum Schluss: „Bhüet Gott Alls, as der alt Schimmel nit.“ – Mit Entsetzen aber sahen die Sennen am Morgen, aus der Hütte tretend, den unglücklichen Schimmel auf dem Dache liegen, ausgeschunden, kohlschwarz und lernten, mit Bittwünschen nimmer spotten. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der alte Schrank

Source: Der alte Schrank

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In Basel wohnte nicht lange vor dem zuletzt daselbst gehaltenen Concilium ein Mann, der der Zauberei verdächtig war; der hatte eine Tochter, und als er alt zu werden begann, heiratete die ins Haus. Nicht lange nachher erkrankte der Vater, der auch schon ziemlich bei Jahren war, und er sah wohl voraus, dass er nicht mehr genesen werde. Eines Tages nun wies er mit dem Finger auf einen alten Schrank und sprach zu seinem Schwiegersohn und dessen Frau, seiner Tochter: „Lasset den Schrank ruhig stehen, wenn ich sterben sollte, es würde euch sehr gereuen.“ — Bald darauf starb der Alte. Seine Tochter kümmerte sich nicht viel um des Vaters Warnung wegen des Schrankes, wollte selbst das Haus nicht bewohnen und in ein anderes ziehen. Ihr Mann packte also den Schrank auf den Rücken, um ihn in die neue Wohnung zu tragen, und das ging anfangs wohl und gut, auch war der Schrank nicht sonderlich schwer; je weiter er aber ging, um so schwerer wurde derselbe, so dass er am Ende seine Frau bitten musste, ihm zu helfen; so kamen sie nun mit dem Schrein in das neue Haus. Ob nun die Frau den Schrank daselbst geöffnet hat, oder was damit geschehen ist, das weiß man nicht; so viel ist aber sicher, dass, als sie mit ihrem Kindlein, welches sie gewonnen, in das Haus kam, sie wie wütend über dessen Wiege herfiel und das Würmchen töten wollte. Der Mann sprang glücklicher Weise früh genug dazu und hielt sie davon ab, holte auch einen Geistlichen, der sie belas. Der Teufel rief aber aus ihr, er werde nicht weichen, ohne sie zu töten; und so geschah es auch, und sie starb unter dem Belesen. Andern Tags ging der Mann über die Straße und ein Stein fiel oben von einer Dachrinne herab, ihm gerade ins Gesicht, wodurch er so zugerichtet wurde, dass er kaum noch einem Menschen ähnlich sah. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der alte Tusner Nachtwächter-Ruf

Source: Der alte Tusner Nachtwächter-Ruf

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Gleich nach dem Feierabend-Läuten begann der Wächter sein Amt, und zwar Sommers- und Winterszeit allabendlich um acht Uhr, und er rief dann die Stunde und den Stunden-Spruch ab. Für jede Stunde hatte er einen eigenen Segens-Spruch oder Wunsch. –   Der Stundenruf war: »Hör't Ihr Christen, und lasst Euch sagen: Unsre Glock' hat ... g'schlagen.«   Acht Uhr: »Unser Wachen wird nichts nützen, Gott muss wachen, Gott muss schützen. Herr, durch Deine Hut und Macht Gieb uns Allen eine gute Nacht!«   Acht nur Acht zu Noah's Zeit Waren von der Straf befreit.   Neun Uhr: Neun versäumten Dankespflicht. Mensch, vergiss des Dankens nicht!   Zehn Uhr: Zehn Gebote schärft Gott ein! Lasst uns ihm gehorsam sein.   Elf Uhr: Nur elf Jünger waren treu; Hilf Herr, dass kein Abfall sei!   Zwölf Uhr: Zwölfe ist das Ziel der Zeit. Mensch, bedenk' der Sterblichkeit!   Ein Uhr: Eins ist Not, Du treuer Gott: Gieb uns einen sel'gen Tod.   Zwei Uhr: Zwei Weg' hat der Mensch vor sich; Herr, den schmalen führe mich.   Drei Uhr: Drei sind, die man göttlich heisst: Vater, Sohn und Heiliger Geist.   Vier Uhr: Vierfach ist das Ackerfeld. Mensch, wie ist Dein Herz bestellt!   Auf, ermuntert Eure Sinnen, Denn die Nacht weicht schon von hinnen; Danket Gott, der uns die Nacht Hat so väterlich bewacht.   (Dieser Wächter-Ruf ist der schönste, sinnigste weit und breit.)   Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Amdener Jauchzer

Source: Der Amdener Jauchzer

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Zwischen den Leuten von Amden und Stein herrschte jahrelang ein erbitterter Streit wegen der Grenze am Gulmen. Die Hirten von hüben und drüben, wie auch die Jäger und Beerensammler lagen sich oft in den Haaren, und mancher der Streitenden trug sogar einen blutenden Kopf mit nach Hause. Alle gütlichen Verhandlungen der Gemeindehäupter führten zu keinem Resultat. Endlich kam man überein, ein Grenzlauf sollte den Handel zum Austrag bringen. An einem bestimmten Tag sollten die Läufer zu gleicher Zeit von Amden und Stein abgehen, und da, wo sie zusammentreffen würden, sollte die Grenze gesetzt werden. Der Amdener aber wurde eidbrüchig, ging eine halbe Stunde zu früh ab und erreichte darum die Wasserscheide zuerst. Durch einen "höllischen" Jauchzer verkündete er den errungenen Sieg und lief dann weiter talwärts. Am rauschenden Dürrenbach stiessen die beiden Läufer zusammen. Dem Steiner blieb der Betrug zwar nicht verborgen; er erhob heftige Einsprache. Doch der Gegner beteuerte, er stehe auf Amdener Grund und Boden; er hatte nämlich betrügerischerweise Erde aus seinem Garten in die Schuhe geschüttet! So wurden die Toggenburger überlistet und betrogen. Aber Unrecht findt den Knecht! In stürmischen Nächten hört man oben auf der Beigeinsattelung heute noch ein unheimliches Jauchzen, und alles Volk weiss, was dieses zu bedeuten hat. H. Brunner. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 426, S. 252 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Amsupper bei Mettau

Source: Der Amsupper bei Mettau

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Bei Mettau im Frickthale ist der ausgedehnte Amswald. Ein Weg, der durchs Gehölz führt, heisst der Amsbuck, und auf diesem reitet der W. Jäger einher, den man den Amsupper heisst. Zwei Hunde begleiten ihn, sein Ross ist nur ein halbes, er selbst ist ohne Kopf. Seinen Weg nimmt er heraus zum Rhein gegen das Dorf Etzgen. Es ist ihm nicht gut zu begegnen. An einem Sonntagsmorgen erblickte ihn ein Bauer und stürzte sogleich zusammen. Kinder fanden ihn hernach im Walde und brachten ihn wieder auf den Weg; er ist aber zeitlebens still und in sich gekehrt geblieben, ohne je etwas von diesem Erlebniss zu erzählen. (Birrcher in Laufenburg.) Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 201 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der angebrannte Axtstiel

Source: Der angebrannte Axtstiel

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Ein Mann aus Oberdorf begab sich ins sogenannte «Tal», eine muldenartige Vertiefung südlich des Dielenberges. Dort wollte er auf seinem Acker einen Baum fällen. Wie er so über das Feld dahinschritt, näherte sich ihm ein Mann, der sonderbar aussah. Nämlich Gesicht und Kleidung waren schwärzlichgrau, was den Oberdorfer stutzig machte. Nichtsdestoweniger wollte ihm der Fremde zum Grusse seine Rechte reichen. Er aber hielt ihm vorsichtigerweise den Axthalm entgegen, welchen der Fremde auch ergriff. Als er ihn wieder losliess, war der Handgriff des Stieles so stark angebrannt, dass man deutlich den Abdruck der Hand sehen konnte. Darauf war der hitzige Fremde mit einem Male verschwunden und der erschrockene Oberdorfer hätte geschworen, geträumt zu haben, wenn ihn nicht das eingebrannte Mal eines andern belehrt hätte. Wahrscheinlich war ihm ein Geist erschienen, der um irgend eines Frevels willen büssen musste. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der angebundene Fuchs

Source: Der angebundene Fuchs

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Eine Viertelstunde aussserhalb Vättis ist das Gut Gaspus. Auf diesem wurden vor Zeiten ebenfalls Hexentänze abgehalten. Die Hexen kamen oft hundert Stunden weit her. Es war eine vornehme Dame in Mailand, die war noch nicht eingeschrieben, war aber doch erschienen. Beim ersten Tanze auf Gaspus wurde sie in einen Fuchs verwandelt und an eine Buche angebunden. Am andern Tage ging ein Jäger dort hinaus, um Haselhühner zu jagen. Der sah den Fuchs. Reineke machte das "Männli" und schmeichelte ihm ganz auffallend. Der Mann vermutete, dass das nicht mit rechten Dingen zugehe, löste die Kette, und der Fuchs verschwand. Im gleichen Herbste ging er als Viehtreiber nach Italien. In Mailand rief aus einem Palaste eine vornehme Dame seinen Namen und winkte ihm, er soll hinaufkommen. Droben wurde er gastlich bewirtet und erhielt beim Abschiede noch eine grosse Summe Geldes als Geschenk. Nun teilte ihm die Dame mit, dass sie der vermeintliche Fuchs gewesen und durch seine Guttätigkeit von den Verpflichtungen gegenüber dem Teufel erlöst worden sei. L. Jäger.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 239, S. 119f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der anklagende Erdboden

Source: Der anklagende Erdboden

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Zur Franzosenzeit erschienen eines Tages zwei Franzosen auf der Urschlaui zu Wassen. Die Leute dort waren gerade mit Anknen beschäftigt und beteten dazu die Litanei. Die Franzosen hörten zu und äfften sie bald nach – hennt's üssg'anteret –, indem sie die folgenden Sprüchlein im Tone der Litanei herleierten: »Wir haben kein Brot, – nix für uns, Wir haben kein Käs, – nix für uns.« Nachdem der Anken bereitet war, gaben die Leute auch den Spöttern ein tüchtiges Stück davon – ä scheenä Flärrä –, das diese aber dem Herrgott in der Schroten zuschleuderten mit den gottlosen Worten: »Da, friss-ä!« Von Entrüstung überwältigt, holte der Bauer eine Axt und erschlug die Frevler und vergrub sie. Aber uff der Stell, wo-n'rs verlochet häig, häig doch ä käi griäni Chydä meh wellä waxä. Fr. Gamma-Zgraggen, 40 Jahre alt, Silenen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der anklagende Rasen

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Zur Zeit, als Uri durch die Franzosen besetzt war (1798–1802), geschah es, dass ein solcher zu Bürglen durch das Staldengässli bei Loreeten dahinschritt. Plötzlich stürzte sich aus einem Hause daselbst der rabiate Staldiger auf ihn. Der Soldat bat kniend um Schonung des Lebens: er sei ja auch ein Katholik. Doch umsonst; er wurde getötet und die Leiche in den Riedertalerbach geworfen. An der Stelle der Mordtat wuchs nun ein grüner »Tschüggä Gras«, der »mängs ewigs Jahr« nicht konnte vernichtet werden. Alois Albert, 43 Jahre alt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Apfel

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a) Einst ging ein Bursche von Alplen am Nordabhang der Bergkette über das Alpler Tor bis nach Bürglen in die Achenberge, also fast eine Tagreise weit, z'Stubeten. Als er zurückkehrte, gab ihm das Mädchen zwei schöne Äpfel (seltener: einige Chräpfli) mit und sagte, er müsse sie dann selber essen und dürfe sie niemand geben. Diese trug er bis nach Alplen und bewahrte sie auf, und jetzt musste der Bursche drei Abende nacheinander das Mädchen besuchen, bis er todmüde war und es ihm verleidete. Endlich warf er die Äpfel einem »Pintner«1 ins Futter. Sobald das Schwein diese Äpfel gefressen hatte, stürmte es davon und über die Berge und galoppierte bis zum Hause jenes Mädchens in den Achenbergen und kletterte sogar an der Hauswand bis in die Kammer des Mädchens hinauf. Schriftlich von Kapl. Truttmann Mündlich: Fr. Gisler-Arnold, 70 J. alt; Fr. Nell-Gisler, 52 J. alt b) Zwei Silener Burschen, von denen einer noch lebt, kehrten auf ihrem Marsche in die Gufernalp bei zwei Mädchen zu Bristen ein und erhielten von ihnen zwei Äpfel, die so kuriose Tupfen hatten, und die sie den Alpschweinen zu fressen gaben. Am nächsten Morgen liefen die Schweine davon bis zum Haus jener Mädchen. Frz. Jos. Zurfluh, Intschi, 75 J. alt Fußnoten  1 Schwein von der Graubündner Rasse. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Apparat

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a) Hans Blattmann von Ägeri, der um 1597 wegen Zauberei sich in Luzern verantworten musste, hatte unter seinem Apparat folgende Gegenstände: Feuerspiegel, Schlüssel, Krampfring, silbernes Zeichen, gesegnete Wachskerzchen, Marsamen, ein Segenbüchlein und endlich „Jungfrauenperment" (Pergament), welches nichts anderes war als Pergament von einem Lämmchen, gut für Hauen und Stechen. Zu einer Salbe für ein böses Bein nahm er: Rindermark, Wildkatzen- und Dachsenschmalz, sowie gesegnetes Wachs. b) Aus dem Inventar eines Scharlatans vom Jahre 1602: Finger von einem Erhängten. Rute, womit einer ausgestrichen worden. Sollte verbrannt und die Asche einem Kinde wider das Bettpissen eingegeben werden. Zange zum Zahnausziehen. Gebeine, Knochen von Menschen. Pulverisiert zu gebrauchen für solche, die nicht wohl bei ihrem Verstand sind. Eisenring aus einer Kette vom Hochgericht; sollte zu Krampfringen verwendet werden. Fuchszunge, gut für das Grien und andere Schäden. Planetensalben und andere. Für offene Schäden.Zeichen und seltsame Charaktere. Seile vom Hochgericht. Gut, wenn einem Fuhrmann die Rosse nicht ziehen wollen. Die Frau dieses Mannes trank Blut von einem Hingerichteten wider ein Übel.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Der arme Job

Source: Der arme Job

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Als der Herrgott die Welt erschaffen hatte und das Tal auf- und niederspazierte, um nachzubessern, sah er hoch am kahlen Hang eine Steinrippe. Er warf eine Handvoll Erde hinauf und schuf das Dörfchen Ried. Schmal, engbrüstig und ab der Welt, konnte der Ort sich nicht entwickeln, und die Bewohner blieben einfältige, rückständige Leute. Noch nie in seinem Leben hatte der Präsident einen Esel gesehen. Ein neues Hanfseil zu kaufen, ging er auf den Markt, wackelte verdutzt mit dem Kopf und sagte: «Was ist jetzt das für ein merkwürdiges Wesen? Schweif und Ohren wie ein Pferd und doch kein Pferd und macht hiä hiä. Wo wachsen diese Tierchen?» «Zweibeinig gedeihen sie überall und in Ried am schönsten. Esel wie der da werden bei uns als Kürbisse auf dem Dünger gezogen. Bei Regen und Sonne blähen sie die Backen, und im Augustbrand schlüpfen die Jungen heraus wie das Küchlein aus dem Ei. Schneller geht es, verflixt schnell, einige Tage nur, wenn man sie selber ausbrütet.» Flugs erstand der Rieder einen halb zentrigen Kürbis und trug ihn auf dem Rücken in seine Gemeinde empor, rollte ihn auf den Dorfplatz und setzte sich mit zwei Gemeinderäten zur Brut auf die Kugel. Bei der Ablösung geriet sie in Bewegung, polterte die Halde hinunter ins Gebüsch und schreckte einen Hasen, der in tödlicher Angst davongaloppierte. Mit fliegenden Schössen der Präsident hinter ihm her: «Halt, Eselein, halt, ich bin ja dein Vater!» Da in Ried das Eisen schweres Geld kostete, wurde man rätig, selber anzupflanzen. Der Steuervogt sammelte von Haus zu Haus die Nadeln und spiesste sie in das Brachland der Gemeinde. Im Herbst zogen Männlein und Weiblein auf den Acker hinaus, um das Eisen auszugraben, allein statt der Stäbe erwühlten sie nur Engerlinge und Würmer. Sie hatten keinen Nutzen und noch den Schaden obendrauf mit den verlornen Nadeln. Wo fehlt es wohl, berieten sie. Doch nicht am Dünger und nicht an der Krume! Im Frühjahr pflanzen wir die Nadeln mit dem Stich nach oben, damit sie am Ohr gehörig Wurzeln fassen. Als die Ernte nochmals fehlschlug, waren die schlechten Nadeln die Ursache, und sie sandten den Pfiffiküster in die Stadt, damit er sich nach wachsigem Eisensamen erkundige. Der Gemeindeschreiber ging auf den Markt und verkaufte sein Rind um zehn Napoleon. Auf dem Rückweg quakte ein Frosch sein nini, nini. Der Mann kehrte sich und schrie: «Verdammter Lügner, nicht neune hat es gegolten, sondern zehn!» Als der Frosch immerzu nini, nini quakte, schmiss der Schreiber die Schweinsblase in den Sumpf und rief: «So zähl selber, du Laff!» Schnurstracks lief er zum Kastlan und beschwerte sich, unter der Brücke habe einer gerufen, sein Rind hätte nur neun Napoleon gegolten. «Unerhörte Frechheit», erwiderte der Kastlan und stoffelte mit ihm zur Brücke. «Hörst du den Lümmel? Noch jetzt höhnt er immer: nini, nini!»   In Ried mangelte auch das Salz. Da die Eisensaat nicht gedeihen wollte, säte man Salzkömer auf das Brachland. Der Acker ergrünte, und prächtig schoss das Kraut aus dem Boden. Schnabelnazi lauerte im Mondenschein dem Fuchs und kroch um Mitternacht ins Bett, denn das Tier hatte Lunte gerochen und brach erst ins Hühnerhaus ein, als der Jäger fort war. Auf das Gegacker der Hennen sprang er im Hemd zum Fenster hinaus und ragelte über den Acker dem Räuber nach. Die Nesseln bissen ihn an die Waden, er wartete voller Wonne im Nesselkraut, streckte gegen den Wald die Zunge heraus, machte rechtsum und watschelte heimzu. «Denk dir, Frau, es sprosst und schiesst ungemein und hat mich tüchtig in die Schinken gebissen. Wir heimsen einen mächtigen Haufen Salz ein.» Jeden, dessen er in der Frühe habhaft werden konnte, führte er aufs Feld hinaus. Sie betasteten die Nesseln und rieben die prickelnden Hände. «Eine Menge Salz, fürwahr», staunten sie, «jedoch wie wollen wir die Körner herausklauben?»   Im Laufe der Jahre wanderten die Hablosen in die Fremde, und es blieben noch elf Familien im Dorf, von denen die meisten durch Erbschaft und Güterzusammenschluss reich geworden waren. Einzig der arme Job besass nur eine magere Kuh im Stall, dafür aber guten Humor und Schlagfertigkeit. Das Hirn sass bei ihm nicht im Kropf wie bei den reichen Dorfgenossen, sondern in seinem runden, klugen Schädel. Das verdross die Nachbarn, und sie wären ihn gerne los geworden, wussten aber nicht, wie sie es anstellen sollten. Im Rat verhandelten sie den Fall, und von den zwei Vorschlägen, die gemacht wurden, beliebte der eine, und sie hagelten von der Sitzung in den Stall des armen Job und schlugen ihm die Kuh nieder. Job liess sich nicht aus der Fassung bringen. Dummheit und Bosheit sind Geschwister. Weit entfernt, ans Auswandern zu denken, weidete er das Tier aus, hing das Fleisch in den Speicher, bündelte die Haut und trug sie bergab zur Gerberei. Neugierig wie alle Rieder, äugte er vorerst durchs Schlüsselloch, lächelte schlau und pochte an die Tür. Die Gerberstochter, die glaubte, ihr Vater kehre vorzeitig vom Markte heim, hatte ihren Liebsten auf Besuch und versteckte ihn schnell, schnell in der Truhe, denn er und ihr Vater, sie hatten das Heu nicht auf der gleichen Bühne. Job musste sich vor der Tür gedulden, und er tat es gern, er wollte sich dann schon bezahlt machen. «Ich bringe dir eine Kuhhaut», sagte er, als das Mädchen öffnete, «was gibst du mir dafür?» «Die Häute kauft der Vater billig auf dem Markt. Wenn es dir passt, so kannst du sie zum Gerben hier lassen.» «Ich brauche kein Leder. Hm - tausche das Fell an die nichtsnutzige Truhe, und du machst ein Geschäft!» So dumm kann nur ein Rieder sein, dachte sie und grad noch was dazu: Mein Liebhaber in der Lade, ich mag ihn nicht mehr, eine famose Gelegenheit, ihn los zu kriegen. Sie ging auf den Tausch ein. Den schweren Kasten auf dem Buckel, lief Job geradewegs zum Fluss und rief so laut, dass der Gefangene es hören musste. «Das ist ein schweres Gespenst von einem Kasten, was will ich damit anfangen? Ins Wasser!» - «Lass mich hinaus, gib mich frei», heulte der Bursche, dem die Wände zu eng geworden. «Wie hoch schätzest du dein Leben?» «Vierhundert Kronen bar auf die Hand.» «Gut, abgemacht.» Der Kasten plumpste zur Erde, Job öffnete und liess sich den Betrag in klingender Münze ausbezahlen. Im nächsten Dorfe kaufte er zwei saubere Milchkühe und trieb sie nach Hause. Nun hatte er schönes Vieh im Stall und genügend Bargeld für das Futter. Auf dem Hocker sitzend, molk er die Kühe und sang ein Schelmenliedehen. Der Eingang verdunkelte sich, blöde Augen glotzten, und aus ihren schweren Kröpfen keuchend, fragten die Reichen, wie er zu dem Vieh gekommen sei. «Die Kuhhäute gelten jetzt furchtbares Geld», schmunzelte Job, «vierhundert Kronen hat man mir für das Fell bar auf die Hand geblättert.» «Wa - as - vierhundert Kro -?» Wie behext wackelten sie nach ihren Ställen und töteten all ihr Vieh, trugen die Häute zu Markte und lösten nicht einen Heller über den Tagespreis hinaus. Das war scharfer Tabak. Los von dem Unverschämten, zu Boden mit ihm! Sie glühten und pusteten vor Rachedurst. Job verbrachte die Nacht statt im Bett in einem Versteck, und als die Mörder in die Stube drangen, erschlugen sie ihm die Schwiegermutter, mit der er zusammenlebte. Entschlossen, das Räubernest zu verlassen und unter einen andern Himmelsstrich zu wandern, lud er die Tote auf die Traggabel, obendrauf seine Habe, Spinnrad, Rocken und den einzigen Stuhl, der ihm geblieben war. Im Tal angekommen, übernahm ihn der Schmerz. In seiner Verwirrung setzte er das Mütterchen zumitten der Strasse auf den Sessel, legte ihr wie zum Spinnen die Hände zusammen, Rad und Rocken vor sie hin. Bevor er sie der Erde übergab, wollte er sie nochmals sehen wie gestern und vorgestern und all die Tage als fleissiges Hausmütterchen. Er schwang sich auf die Mauer, liess den Kopf und die Beine hangen und flennte bitterlich. In hellem Galopp sauste die Talpost daher. Der Postillon klöpfte mit der GeisseI, und als die Spinnerin nicht floh, straffte er die Zügel und schlug ihr den Peitschenstiel ums Haupt, dass sie vom Stuhle fiel. «Ich, ich habe sie getötet», stotterte er, das bleiche leblose Gesicht der Frau anstarrend und wühlte in seinen Taschen. «Zufällig trage ich meine Ersparnisse bei mir, nimm alles, teurer Freund und halt den Schnabel!» Job zählte das Geld, es waren vierhundert Kronen, und gelobte zu schweigen. Er lud seine Schwiegermutter wieder auf die Kraxe und trug sie auf den Gottesacker. Hatte es jetzt noch einen Zweck, auszuwandern? In seinen Taschen zwitscherten die Goldvögel, und ein scharfes Gelüsten, seinen Peinigern den ruchlosen Mord einzutränken, trieb ihn nach Ried zurück. Auf allen Fenstersimsen seines Hauses breitete er die Goldstücke aus, und das war ein Glitz und Glanz, den die Reichen einfach nicht ausstehen konnten. Wie er zu dem Reichtum gekommen sei, fragten sie. «Ganz einfach. Birlibim und Weiberschmeer werden mit Gold aufgewogen. Vierhundert Kronen hat man für meine Schwiegermutter bezahlt.» «Birlibim, das kennen wir nicht, aber Weiberschmeer - uui - wenn es mit Gold erhandelt wird - uui!» Das tuschelte im Dorf, flunkerte in den Ställen, und des Nachts erschlugen die zehn Männer ihre Frauen und trugen sie zu Markte. In Scharen lief das Volk zusammen, mit geschwungenem Säbel pustete die Polizei auf den Platz. Hals über Kopf stürzten die Rieder aus der drohenden Menge, entschlüpften in ein Seitengässchen und flüchteten in die Einsamkeit ihres Felsennestes. Tagelang getraute sich keiner aus dem Haus, und schritt Job hüstelnd durch die Gasse, blinzelte hier und dort einer ängstlich aus dem Fensterwinkel und zog sich blitzschnell wieder zurück. Furcht raubte ihnen den Schlaf. Auf Rache sinnend, trafen sie sich auf dem Gemeindeacker, steckten die Köpfe zusammen und schwuren, den Job so oder so ins Jenseits zu befördern. Gift sei das einfachste, hiess es, und da keiner allein sich ins Tal getraute, um Gift zu kaufen, stiegen sie bei einbrechender Dunkelheit zur Kräuterfrau ins Städtchen hinab, die, ob der plötzlichen Überrumpelung sich entfärbend, Hilfe holte. «Die Rieder sind da, die Frauenmörder, Jesses, Jesses, steht mir bei!» Unversehens waren die Männer umzingelt, mit Schellen gefesselt und hinter Schloss und Riegel in ein unsanftes Nachtquartier geworfen.   Von Job ist nicht mehr viel zu berichten. Er heiratete die Gerberstochter, die ihren Liebhaber um eine Kuhhaut vertauscht hatte, und seine Nachkommen sind ein blühendes Geschlecht, das an den Winterabenden und am Herdfeuer der Sennen gerne aus vergangenen Zeiten fabelt, wie die Altvordern Nadeln in die Ackerkrume steckten, Salz auf das Brachland streuten und der Präsident den ersten Langohrigen Esel ausbrütete, und wie der schlaue Job Stammhalter einer neuen Generation wurde, die ihre Grütze im Schädel hat und nicht im Kropf, sintemal die dicken Hälse spurlos verschwunden sind.   Quelle: Johannes Jegerlehner: Walliser Sagen, Hans Feuz Verlag Bern, 1959 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der arme Schatzsucher im Heidenloch

Source: Der arme Schatzsucher im Heidenloch

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«Das gewöhnliche Volk erzählt eine Wundergeschichte: Es sei hier unter der Erde eine Schatzkammer verborgen, die eine grosse Menge Gold enthalte, welches von den Römern dorthin gebracht worden sei. Zu dem Ort gelange man durch diese (vorher genannten) Gänge. Die Kammer sei durch eine Eisentüre verschlossen. Ein Hund halte Wache und sperre das Maul auf, als wolle er die, welche allzu nahe herankämen, verschlingen. Deshalb fand sich bis anhin keiner, der so kühn gewesen wäre, es mit dieser Bestie aufzunehmen. Aber vor wenigen Jahren — ich erzähle kein Märchen — war da einer, der in grösster Armut lebte und dem es trotz allen Anstrengungen auch nicht zu einem bescheidenen Leben reichte; er hatte aber Weib und Kinder zu ernähren, es herrschte Teuerung, und ein Handwerk konnte er nicht. Da beschloss er sein Glück zu versuchen, denn er dachte, es sei besser, einmal zu sterben, als Tag für Tag so grosses Ungemach zu tragen, gegen das kein Kraut gewachsen sei. Also kroch er, in der Hoffnung, den Schatz zu gewinnen, ganz allein tief in das unterirdische Gewölbe hinein und irrte lange darin herum. Als er aber, wie er meinte, zur Schatzkammer gelangt war, erblickte er dort Menschenknochen, die ihm anzuzeigen schienen, dass da einst Menschen, die dasselbe gewagt hatten, zerrissen worden waren. Als er auch noch – ich weiss nicht, was für welche – Gespenster sah, wurde der Unglückliche so von einer plötzlichen Furcht befallen, dass er lange einem Toten gleich liegen bleib. Nachdem er sich endlich ein wenig erholt hatte, kroch er, von allen Kräften verlassen, langsam wieder heraus. Er ging heim, und am Tage darauf starb er…Aber dergleichen Dingen darf man nicht Glauben schenken.» Augusta Raurica Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der arme Schuhflicker

Source: Der arme Schuhflicker

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Giovannino war ein armer, armer Schuhflicker im Tessin. Er lebte allein und hatte keine Familie. Ahle, Zwirn und Hammer waren seine Werkzeuge. Aber trotz seiner Armut sang er vom frühen Morgen bis zum Abend, und es war eine Freude, ihn zu hören. Er sang die alten Wiegenlieder, die sein seliges Mütterlein ihm einst an der Wiege gesungen hatte, um ihn einzuschläfern. Dann wieder waren es Liebeslieder oder Soldatenlieder aus der Kriegszeit. Dabei brachte Giovannino seine Triller und Triolen mit so leichter und unermüdlicher Kunst hervor, dass ein Singvogel nichts im Vergleich zu ihm war. Seine Fröhlichkeit war geradezu sprichwörtlich geworden. Ja, er litt nicht einmal darunter, allein zu sein. In seine bescheidene Werkstatt kamen besonders an Regentagen oder wenn Schnee fiel, allerhand Leute, um ihm Gesellschaft zu leisten. Es waren die jungen Burschen und die Männer aus dem Dorf, ja es kam sogar der Herr Sindaco, der Bürgermeister, ein sehr gebildeter Mann, der ihn über die mannigfachen Dinge belehren konnte. Giovannino hatte auch immer viel Arbeit. Doch gab es selten neue Schuhe anzufertigen. Meistens waren es alte, die er zu flicken hatte. Die Kunden bezahlten seine Arbeit zum größten Teil mit Naturgaben statt mit Geld. Sie brachten ihm Luganeser Würste, Eier, Speck und Schinken oder Brot. »Sind meine Schuhe gemacht?« fragte eines schönen Sommertages ein Ziegenhirte, der ihm ein Paar grobe Bergschuhe zum Sohlen gebracht hatte. »Seht, guter Giovannino, da habe ich Euch als Entgelt einen prächtigen Ziegenkäse hergebracht, der schön reif ist und zart, sag ich Euch, und saftig, dass Ihr eine Freude daran haben sollt.« Dem Schuhmacher lief schon beim Anblick das Wasser im Mund zusammen. Der Hirt hatte ihm den Käse auf ein großes Weinrebenblatt hingelegt, und das hübsche Alpkäschen verbreitete in der Werkstatt einen köstlichen Wohlgeruch. Bald aber hatten die zudringlichen und naschhaften Fliegen, die überall herumsurrten, den Käse gerochen und setzten sich in grosser Zahl darauf, um mit ihren kleinen Rüsseln an dieser Gottesgabe zu saugen. Als Giovannino bemerkte, wie der Käse ganz voller Fliegen war, nahm er in einem günstigen Augenblick den Schuh, an dem er gerade arbeitete, und schlug damit darauf. Dann zählte er die Fliegen, die er getötet hatte, eine nach der anderen. Es waren im Ganzen dreihundert. Das war sein erstes und furchtbares Abenteuer. Jetzt wurde er stolz und hochmütig und meinte, wunder was für ein Held er sei. Er verließ sein Schustertischchen, die Ahle, den Zwirn, den Hammer, das Pech und die rostigen Nägel und begab sich zum Bürgermeister des Dorfes. Der musste ihm auf eine schön gehobelte hölzerne Tafel mit großen Buchstaben diese erschreckenden Worte hinschreiben: Johann der Starke bin ich genannt. Dreihunderte mit einem Schlag Schickte ich zum Tod hinab. Diese Tafel ließ er sich am Rücken befestigen und machte sich damit auf den Weg, die Welt zu durchziehen. Er wanderte und wanderte, kam durch einsame und dunkle Wälder, durch tiefe Täler, über abschüssige Berge und endlose Ebenen. Kein Hindernis war imstande, ihn zu entmutigen oder aufzuhalten. War er nicht Giovannino der Starke? Hatte er nicht dreihundert aus dem Leben zum Tode hinüberbefördert? Und dies mit einem Schlag? Gewiss, er war ein Held und musste sein Glück versuchen. Und von seinem Schicksal geführt, gelangte er endlich zu einer Stadt. Dort fand er alle Wände der Häuser mit schwarzen Tüchern behängt zum Zeichen der Trauer. Die Bewohner waren still und betrübt, und überall hörte man Verwünschungen, Seufzer und Wehklagen. Giovannino fragte nach dem Grund dieser Trauer und bekam zur Antwort, in der Umgebung der Stadt hause ein ungeheurer Drache mit vierzig Beinen, sieben Köpfen und mit einem Kamm auf dem Kopf wie ein Hahn. Seine Augen glühten wie Feuer, und Flügel habe er wie eine Fledermaus, und dazu einen Schwanz wie eine Schlange. Dieses Ungetüm suche sich beinahe jeden Tag einen jungen Menschen als Beute aus, den es verschlinge. Und gerade an dem Tag, wo der Schuster ankam, traf es das Los, dass die Königstochter, die Prinzessin Aurora, am folgenden Morgen dem scheußlichen Drachen zum Opfer gebracht werden sollte. Da sie das schönste Mädchen war, das wie kein anderes all überall nur Taten der Barmherzigkeit und Liebe an seinem Volke verübte, weinten alle Leute am Hofe und in der Stadt. »Aber was vermag mir ein Drache mit sieben Köpfen und vierzig Beinen anzutun?« sprach Giovannino mit großer Verächtlichkeit. »Ich habe dreihundert mit einem Schlag getötet!« Also begab er sich zum Schloss und stellte sich dem König vor. Er verneigte sich dreimal vor ihm, wie er es vor dem Bürgermeister seines Dorfes zu tun gewohnt war, und sprach alsdann zu ihm: »Königliche Hoheit, ich habe vernommen, dass in der Umgebung der Stadt ein scheußlicher Drache hause mit vierzig Beinen, sieben Köpfen und mit Zacken wie ein Hahn darauf, und mit schrecklichen Augen wie Feuer, und dass er fast jeden Tag einen Menschen verzehre. Und gerade morgen soll Eure Tochter Aurora ihm zum Opfer gebracht werden. Nun aber lest, was hier auf meiner Tafel geschrieben steht.« Und damit kehrte er ihm den Rücken zu. Johann der Starke bin ich genannt. Dreihundert mit einem Schlag Schickte ich zum Tod hinab. »Wenn du mich also reich belohnen willst, so werde ich den Drachen töten und deine Tochter retten.« »Ich habe wenig Vertrauen und Hoffnung, dass dir dieses Wagestück gelingen werde«, entgegnete der König. »Viele andere haben es vor dir schon versucht, wurden aber von dem Ungetüm verschlungen. Immerhin, du kannst es ja probieren. Gelingt es dir, meine Tochter zu retten, so sollst du sie zur Frau bekommen, und nach meinem Tode kannst du mein Nachfolger werden auf dem Throne.« »Majestät«, antwortete Giovannino, »ich bin meiner Sache ganz gewiss, dass ich den Drachen töten werde. Gebt mir nur vierzig Reiter, die mit Armbrust und Pfeilen bewaffnet sind und im Treffen große Geschicklichkeit haben. Dann sieben Ritter, die mit Lanzen und scharf geschliffenen Schwertern ausgerüstet sind. Für mich brauche ich nur ein junges Schäfchen.« Der König gewährte ihm, was er verlangte. Schon in aller Morgenfrühe, als kaum der Tag graute, machte sich Giovannino an der Spitze von siebenundvierzig bis an die Zähne bewaffneten Reitern auf den Weg, während er selbst ein ganz junges Schäfchen in den Armen hielt. Sie ritten gegen die Behausung des Drachens, fanden ihn aber nicht in seiner Höhle, sondern auf einer schönen Wiese, wo er mit seinen sieben schrecklichen Mäulern seinen unersättlichen Hunger zu stillen suchte. Sogar die aufgehende Sonne wurde bleich vor Schrecken, als sie dies scheußliche Ungetüm erblickte. Giovannino der Starke hatte keinerlei Angst. Er stellte seine siebenundvierzig Reiter zum Kampfe auf und warf dann auf ein verabredetes Zeichen das unschuldige Lämmchen einem der sieben Rachen ins offene Maul. Dann vernahm man nur ein kurzes Zermalmen von Knochen, und das Ungeheuer schloss einen Augenblick seine vierzehn feuerroten Augen vor Wonne, denn das zarte Fleisch schmeckte ihm besonders gut. Darauf hörte man ein Schwirren. Es waren die vierzig Pfeile, welche alle gleichzeitig abgeschossen wurden und wovon jeder ein Bein des Drachens traf. Zugleich richteten sich die sieben Lanzen gegen die Köpfe des Ungetüms, und jeder Stoß durchbohrte einen. Tödlich getroffen, stieß das Tier einen so lauten Schrei aus, dass die Häuser der Stadt erzitterten und den Leuten vor Schrecken beinahe das Blut in den Adern gefror. Dann krümmte und wand es sich grässlich, spie Rauch und Flammen aus den sieben Rachen und blieb schließlich unbeweglich und tot liegen. Jetzt erhoben Giovannino und die siebenundvierzig Reiter ein großes Jubelgeschrei, das man bis in die Häuser der Stadt hinüber hörte. Hierauf wurde auf Befehl Giovanninos das Ungeheuer in hundertundein Stücke zerteilt. Dann zog der tapfere Anführer mit seinen wackeren Kämpfern in einem langen Triumphzug in die Stadt zurück. Die schwarzen Tücher an den Mauern waren verschwunden, und stattdessen flatterten im Sonnenschein vor den Fenstern und auf den Dächern der Häuser Freudenfahnen, und auf den Gesichtern aller Leute konnte man eine große Befriedigung sehen. Die Hofkapelle des Königs ging Giovannino dem Starken und seinen tapferen Rittern zum Empfang entgegen. Er war der Held des Tages und empfing Ehren und Reichtümer. Auf der Stelle wurde er zum Prinzen ernannt und zum Bräutigam der wunderschönen Prinzessin Aurora ausgerufen. Die Hochzeit wurde mit großer Festlichkeit und außergewöhnlicher Pracht gefeiert. Aber die Prinzessin schien doch nicht zufrieden. Der König, der ihre Traurigkeit bemerkte, fragte sie: »Aurora, bist du nicht glücklich? Was ist die Ursache deiner Betrübnis? Öffne deinem Vater das Herz!« »Vater, ich bin nicht glücklich mit meinem Mann. Wenn du wüsstest, was für einen Geruch, wie den eines Maultierfells, er an sich hat. Man kann nicht in seiner Nähe bleiben.« »Meine Tochter, befiehl auf der Stelle den Dienern, dass sie ihm ein warmes und wohlriechendes Bad bereiten.« Also bekam Giovannino, der ehemalige Schuster, ein warmes und wohlriechendes Bad. Und so noch mehrere Tage nacheinander. Der üble Geruch verlor sich fast ganz. Aber auch dann noch konnte die Prinzessin ihre frühere Fröhlichkeit nicht wieder finden. »Was hast du denn«, fragte der König eines Tages, »bist du noch immer nicht glücklich?« »Lieber Vater, wenn du wüsstest, was für Schläge mein Gemahl im Traum auf meinem Rücken führt. Er scheint von Beruf ein Schuster zu sein, der einen Hammer in den Händen führt und fleißig Leder klopft. Und dann singt er, singt er immer. Ich kann dabei kein Auge schließen.« »Meine Tochter«, beruhigte sie der König mit väterlicher Milde: »Habe Geduld, lerne ihn ertragen und bedenke immer, dass er es war, der dir auf wunderbare Weise das Leben gerettet hat.« »Ach, lieber Vater, lieber Vater, es ist besser zu sterben, als mit einem Mann zu leben, der von so verschiedener Natur ist.« Giovannino der Starke, merkte bald, dass er nicht geliebt, sondern nur geduldet wurde. Das Leben eines Prinzen war nicht gemacht für ihn. Eines schönen Tages nahm er Abschied von seiner Frau, steckte das Geld, das er für die Befreiung der Königstochter erhalten hatte, zu sich und kehrte froh und glücklich wieder in sein bescheidenes Dorf zurück. Dort setzte er sich wieder an seinen Schustertisch und klopfte mit seinem Hammer wie früher das Leder. Er trällerte und sang voll Herzenslust seine Lieder aus der Jugendzeit, seine Liebeslieder und die aus dem Kriegsleben. Und in seine kleine Bude kehrten wie früher die jungen Leute, die Männer aus dem Dorf und der Bürgermeister ein, die leisteten ihm frohe Gesellschaft. Und wenn er seine geräuschvollen Abenteuer mit dem Drachen erzählte, so pflegte er gewöhnlich am Schluss das Sprüchlein beizufügen: Wer sein Brot verdient mit eigener Hand, ist zufriedener als mancher Fürst im Land.   Aus: Walter Keller: Tessiner Märchen, Frauenfeld o.J. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


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Antonio Löla war ein Weber. Niemand im Dorf verstand wie er so prächtige und starke Leinwand zu weben. Unglücklicherweise aber konnte Tonio weder lesen noch schreiben noch rechnen, hatte keinerlei Bildung und keinen Begriff vom Wert des Geldes. Ging er mit einer kleinen oder großen Summe von daheim fort, so konnte man sicher sein, daß er mit leeren Händen wieder zurückkehrte. Entweder bezahlte er den vielen Freunden, die sich um ihn drängten, ihr Essen und Trinken, oder er kaufte ganz gedankenlos eine Menge unnützer Dinge für sich und seine Frau. Es war wirklich zum Verzweifeln, wie er mit saurer Mühe sein Geld verdienen mußte und es so nutzlos wieder ausgab. Das war jedoch nicht das einzige Übel. Wenn er nämlich Einkäufe machte, so zahlte er, was ihm der Händler gerade dafür verlangte, ohne es zu merken, wenn es das doppelte, dreifache oder zehnfache des Wertes war. Natürlich machten sich die Händler, wenn sie Betrüger oder Spitzbuben waren, dies zunutzen und prellten ihn, wo sie nur konnten. Aber auch beim Verkauf seiner schönen Leinwand zeigte sich Antonio nicht weniger einfältig und nahm gleich das erste Angebot an, das ihm die Leute dafür machten. Sein Weib Teresina, eine verständige Frau, war natürlich untröstlich über die leichtsinnige Art, wie ihr Mann das Geld verschleuderte. Deshalb wollte sie nun allein das Ein- und Verkaufen und alle Geldsachen besorgen. Eines schönen Tages aber beschloß Antonio Löla, so eifrig sei ne Frau sich ihm auch widersetzte, an den Wochenmarkt zu gehen, der in der nächsten Stadt abgehalten wurde und wohin man zwei Stunden Weges zu wandern hatte. Er band vier Ballen der schönsten Leinwand zusammen, legte sie in seine weite Gerla (Tragkorb), lud sie auf den Rücken und machte sich auf den Weg in die Stadt. Kaum hatte er dort seine Ware vor sich ausgebreitet, so konnte er sie für fünfundzwanzig Marengo - Goldstücke oder fünfhundert Franken verkaufen.  Ohne sich weiter in der Stadt aufzuhalten, verließ er den Markt und wandte seine Schritte wieder nach Hause zurück. Unterwegs begegnete ihm in einem Kastanienwald ein Müller, der ein hübsches Eselein vor sich hertrieb, welches unserm Weber gar gut gefiel, denn er hatte sich schon lange ein solches Tier gewünscht, um den weiten Weg nicht mehr zu Fuß machen zu müssen. «Mein lieber Freund», sprach Tonio Löla zu dem Müller, «ihr führt wohl dieses Tier zum Markt in die Stadt? Wollt ihr mir den Esel für fünfundzwanzig Marenghi verkaufen?» - «Ja freilich», entgegnete der Müller und war froh, ein solches Anerbieten zu bekommen. Er nahm das Geld, übergab ihm den Esel und zog weiter. Der Weber aber hatte kaum das Tier ein Stück weit am Halfter geführt, so blieb es bocksteif stehen, spreizte alle vier Beine von sich und war auf keine Art mehr vorwärtszubringen. Dabei schnellte es seine langen Ohren bald vor- bald rückwärts, daß es klatschte, ließ ein klägliches Geschrei erschallen, daß man es weithin hören konnte und begann wie ein Tobsüchtiger mit allen Vieren auszuschlagen, weshalb Tonio sich nicht mehr zu helfen wußte.  Gleich darauf kam ein Metzger des Weges. Tonio Löla redete ihn an und sprach: «Ich möchte gern dieses Tier verkaufen, es ist so störrisch und eigensinnig, dass man eine Mauer damit einrennen könnte. Wie viel würdet ihr mir dafür geben?» - «Fünfzehn Franken, mehr ist es nicht wert. Schaut doch, wie mager es ist, man kann ihm alle Rippen zählen! Eine Salami ist nichts dagegen», gab der Metzger zur Antwort und machte ein paar verschmitzte Augen. Antonio nahm die fünfzehn Franken in Empfang und war froh, den widerspenstigen Esel wieder los zu sein. Bald darauf kam ein Gemüsehändler des Weges und wollte mit seinem Wägelchen in die Stadt auf den Markt. Er hatte prächtige Kartoffeln, und da kam unserm Weber in den Sinn, seiner Frau damit eine Freude zu machen. Er kaufte ihm für die fünfzehn Franken einen großen Sack voll ab und trug die schwere Last seelenvergnügt heimwärts. Aber der Sack fing ihn jämmerlich an zu drücken und Tonio konnte ihn kaum mehr tragen. Zum Glück begegnete ihm ein Fischhändler, der ihn fragte: «Ei, was habt ihr da Schweres zu schleppen? Möchtet ihr mir nicht einige Fische abkaufen?» Antonio wurde mit dem Mann bald handelseinig und tauschte seinen schweren Sack Kartoffeln gegen einen schönen persischen Fisch. Und so kam er endlich mit Gottes Hilfe nach Hause. Als die Frau sah, daß der ganze Erlös für die schönen Ballen Leinwand ein einziger schäbiger Fisch war, geriet sie in höchste Wut, und es war ein Wunder, daß sie nicht einen knorrigen Stock von der Wand nahm und den Rücken ihres Mannes damit liebkoste. Noch ganz kochend vor Zorn nahm sie den Fisch mit in die Küche und wollte sich daraus wenigstens ein bescheidenes Mittagessen bereiten. Da fand sie zu ihrem Erstaunen in seinem Magen eine wundervolle Perle von unschätzbarem Wert. Wer vermag jetzt ihre Freude zu beschreiben? Ohne ihrem Manne etwas zu sagen, lief sie damit sofort zu einem Goldschmied in die Stadt, welcher ihr die Perle für die Summe von zwölfhundert Marengo-Stücken abkaufte. Jetzt hatte sie so viel, daß sie und ihr Mann bei einiger Sparsamkeit ihr Leben lang ungesorgt sein konnten. Glückstrahlend kehrte sie mit dem vielen Geld nach Hause zurück, suchte ihren lieben, wackeren Antonio auf und erzählte ihm, was für einen seltenen Fund sie gemacht habe. Auch gab sie ihm jetzt alle Koseworte, schmeichelte und küßte ihn so liebevoll, bis sich Antonio von ihren Umarmungen befreite und entrüstet ausrief: «Da siehst du, liebe Teresina, da haben wir's jetzt klar, was für feine Geschäfte ich zu machen verstehe! Und dabei sagtest du immer, ich verstünde mich keinen Pfifferling auf den Wert des Geldes!» So hatten der Weber und seine Frau dennoch ein unverhofftes Glück gefunden. Märchen erzählt in Campestro von Silvio Savi, 1929  Aus: Walter Keller, Tessiner Sagen und Volksmärchen       Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der armen Seelen Speisekasten

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Ein reicher Bauer in Kippel hatte in seinem Stubentisch zwei Speisekasten. Aus dem einen nahmen die Hausleute Brot und Käse, aus dem andern durften sie nichts nehmen. Sie merkten jedoch, dass im verbotenen Kasten auch Brot und Käse lagen, aber nie alt und hart. Jemand musste also auch davon essen. An einem Quatembersamstag waren alle am Mittagstisch versammelt; da begann es in diesem Tischkasten zu klopfen. Die Kinder fürchteten sich beinahe, der Vater aber fragte nur die Mutter: «Hast du in dieser Quatemberzeit kein Almosen gegeben?» Die Mutter musste bekennen: «Ich habe nicht einmal dran gedacht.» Jetzt wussten alle, dass dort der Speisekasten der armen Seelen war. Früher gab jede Mutter in der Quatemberzeit irgendein Almosen. LÖTSCHEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Auen-Balz

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Vor vielen, vielen hundert Jahren stand hinter Linthal in den Auen ein wohlgebautes und reiches Nonnenkloster, von welchem die letzten Trümmer verschwunden sind. Aber die Sage, die sich von einem Geschlecht aufs andere vererbt, braucht keine Steine zum Gedächtnis. Sie erzählt uns, die Bewohnerinnen des Klosters seien einem üppigen Leben ergeben gewesen, und der fromme, keusche Sinn, der einst ihr Gotteshaus stiftete, sei bald nach des Klosters Entstehung mit den frommen Stifterinnen untergegangen. Frönten die Nonnen ihren Lüsten und reute sie nichts zur Letzung derselben, schwelgten sie in Hülle und Fülle, so liessen sie dagegen ringsherum die Armut darben. Kein Dürftiger ging getröstet, kein Hungriger gesättigt von ihrer Klosterpforte, und manchen stillen Fluch liess das verstossene und gehöhnte Elend auf der Schwelle zurück. Dem Kloster gehörten die schönsten Alpen weit ins Gebirge hinein; stattliche Herden beweideten sie und mehrten durch ihren Ertrag den Reichtum der Schwestern. Ihre fetteste Alp trug der Selbsanft in schwindelnder Höhe, da wo jetzt, gegen die Pantenbrücke zu, eine glänzende Eiszinne, ein ewiger Firn zu Tale starrt. Der Mai war gekommen, die Giessbäche donnerten fesselfroh in die Schächen und Schlünde, dem Vieh ward’s enge in den niedern Gäden und Ställen; es brüllte und strebte hinaus und hinauf zu den Wohnungen der Gemsen. Mit silbernen Treicheln wurden des Klosters Vorderkühe geschmückt, und Balz, der junge Klosterküher, machte sich fertig, mit seiner stattlichen Herde die Alp am Selbsanft zu beziehen. Bis tief in die Nacht hinein hatte der hübsche Bursche in der Conventstube gezecht und geschwelgt und Mutwill getrieben. Am Morgen war sein Kopf wüst und wirr — und unwillig, das lustige Leben auf lange missen zu müssen, trieb er das Vieh mit Stockschlägen vor sich her. Zum Limmernsteg gelangt, drang ein kreischender Hilferuf an sein Ohr. Als er hinuntersah in den Bach, woher das Geschrei kam, erblickte er ein altes, verschrumpftes Weiblein, welches, von der schwankenden Brücke hinuntergestürzt, mit den tobenden Fluten rang. Flehend streckte sie ihre Arme aus nach dem daherziehenden Knecht. Aber ihr Jammer belustigte den Bösewicht nur, statt ihn zu rühren. «Ei, wie lieblich du singen kannst, alte Lerche!» spottete er. «Nur deinen Stecken reiche mir herunter!» flehte das Weiblein, «damit ich mich daran festhalten kann!» «Ei wo denkst du hin!» entgegnete der Balz. «Ja, wärest du die junge Ursula, oder die hübsche Verena – da brauchtest du nicht lange zu wimmern! Aber wer wollte sich nach so einem alten, dürren Kuhfladen bücken!» Da hörte mit einem Mal das Wasser des Limmernbaches auf zu rauschen, und das Weiblein in der Tiefe richtete sich auf und wuchs und wuchs und hörte nicht auf zu wachsen. Ihre grauen Riesenlocken schüttelte eisiger Wind, aus ihrem weitklaffenden Munde klang es wie dumpfer Lawinendonner, und unter ihren weissen, flatternden Brauen hervor glänzte ein schauerlicher Grabesblick. Mit ungeheuern Schritten wanderte das Bergweib die Felsen hinan und legte sich oben als grauer Nebel um die Eisspitze des Selbsanft. Wohl durchfuhr kalter Schauer den Küher; aber bald übertäubte er mit gellendem Gelächter das Klopfen des Herzens, fuhr brüllend wie ein Besessener in seine Herde und jagte sie mit verdoppelten Schlägen hinauf in die heiligen Höhen des Bergfriedens. Keuchend erreichte endlich das Vieh mit seinem Treiber die Alp. Diese hatte ihr schönstes Feierkleid angezogen und lachte dem Ankömmling entgegen mit tausend blauen Enzianenaugen. Aber Balz verstand die Blicke der Natur nicht. Mit rohem Gejodel durchzog er die Hochau. Als er fast am Rande der Alp angelangt war, da wo die steile Felswand in den ewig brodelnden Talkessel abschiesst, richtete er den frechen Blick nach des Berges Spitze und rief in tollem Übermut dem Bergweib, dass es kommen möge, um mit ihm zu kosen. Und horch! — Eine schauerliche Stimme antwortete aus den nebelumflossenen Klüften: «Ich komme!» Darauf begann in den Wolken, die den Selbsanft umlagerten, ein reges Weben und Winken. Dann rauschte und brauste es, erst dumpf und fern, dann immer lauter und lauter und näher. Endlich warf ein heulender Wind den Nebelschleier zurück, und Balz sah mit unnennbarem Schrecken das Bergweib, wie es auf einer Gletschermasse daher geritten kam. Der Firn nahm die ganze Breite der Alp ein und kam immer näher und näher und rutschte immer langsamer und langsamer vorwärts, und die Drude weidete sich, auf einem Thron von Eis sitzend, mit heiserem Gelächter an der Todesangst des Elenden. Dichter und dichter drängte die Herde sich angstvoll um den Hirten zusammen, immer mehr gegen den unermesslichen Abgrund zu. Da gab es kein Entrinnen mehr. Vergeblich klammerte sich der Hirte an eine Stange. Krachend stürzte, vom Eis gedrängt, der Zaun zusammen. Umsonst erhob Balz ein mark- und beindurchschütterndes Jammergeheul, ein gellendes, scheussliches Betteln um sein junges Leben — kalt schob das Eismeer sich heran, kalt wie das Herz des bösen Knechts gewesen war. Schon berührte des Bergweibs eisiger Atem seine schweisstriefende Stirne, ihr heiseres Gekrächze drang in sein Ohr — schon war das Vieh auf den äussersten Rand der Alp hinausgedrückt — schon stürzte Haupt um Haupt brüllend hinunter in den Talschlund –, und endlich war Balz allein noch übrig. Mühselig klebte er an einem Felsvorsprung, auf dem sein Fuss kaum zu haften vermochte. So marktet der Mensch, wenn er scheiden und vor den ewigen Richter treten soll, mit dem Tod um die letzten Sekunden. Jetzt hielt die Drude still, und alles ward still um die beiden Wesen in der schauerlichen Öde. Dann spannte aus den weiten wolkigen Gewändern ein langer Arm sich aus, scharfe Krallen packten den winselnden Küher am Kittel, weit hinaus über den Rand dehnte sich der Arm mit der Riesenfaust und dem zappelnden Opfer, lange schlenkerte das Weib ihn hin und her, ehe es ihn hinunterstürzen liess in den finstern Rachen des Tobels. Zuweilen nun, wenn der Mai gekommen ist mit seinem Grün und seinen Blüten, wenn die Lauenen donnern, die Giessbäche rauschen und die Sennen zu Berg fahren wollen, so hören sie von der erstarrten Alp her ein jämmerliches Geschrei. Dann drängen sie das Vieh in die sichern Ställe zurück und sagen kopfschüttelnd: «Das ist der Auen-Balz! Der verkündet Schnee! Lasst uns noch warten!» So erzählt das Volk, dessen Gemüt es liebt, Lehren der Weisheit in das Gewand der Sage zu kleiden.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der aufgehaltene Zügelwagen

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Es war um die Fasnacht herum. Da zügeln seit alters her Pächter und Bauern nach dem neuen Anwesen, das sie erstanden oder gepachtet haben. Auch der Pächter des ausgedehnten Herrschaftsgutes von Tscherlun war mit all dem unruhigen Hin- und Herhasten einer «Züglete» vollauf in Anspruch genommen. Geschäftig trug das Gesinde die abgenutzten Möbel aus dem Hause. Kräftige Männerarme luden das Mobiliar auf zwei wuchtige «Brügiwagen»; zuunterst legten sie die schweren Schränke, Tische und Truhen, darüber die leichteren Gegenstände, wie Sessel, Kannen, Eimer, Werkzeuge und Geräte, wie sie eben in einem Bauernhause benötigt werden. Zuoberst verstaute man wertloseren Kleinplunder, Besen, Bürsten, Schachteln und sonstigen Krimskrams, wie er sich im Laufe der Jahre in einer Haushaltung anhäuft. Solide Seile wurden über das Fuder gespannt, um das Abrutschen der aufgetürmten Gegenstände zu verhüten. Gemächlich näherte sich der Meisterknecht dem Wagen. Mit kritischen Augen musterte er das hohe Fuder, ob es wohl eine holperige Landfahrt aushalten könne. «Jetzt haben wir noch etwas vergessen aufzuladen», sagte er gespässig. «Was fehlt denn noch?» fragte der Bauer neugierig. «Ds Rùnggeli haben wir im Hause vergessen», fügte lachend der Knecht hinzu. Damit bezeichnete er den alteingesessenen Hausgeist, der seit Jahren auf dem Tscherlunerhofe Heimatrecht besass. Ja, das Rùnggeli! Ein merkwürdiger Kauz war es schon. Jeder Insasse des weitläufigen Gutes hätte darüber etwas erzählen können! Manch unruhige Nacht hatte der Kobold den Leuten schon bereitet. Und erst die mutwilligen Streiche, die er zeitweilig in Stall oder Scheune verübte! Als die Dienstboten einmal das Aufstehen vergassen, schlich sich der Witzbold in die Knechtekammer und kitzelte sie mit einem Strohhalme so lange an der Nase, bis sie mit einem urkräftigen Niesser aufwachten. Auf das empörte Schimpfen über den Frechling tönte aus einem verborgenen Schlupfwinkel ein schadenfrohes Kichern als Antwort. Ein anderes Mal warf das Wichtelchen in der Tenne einen ganzen Heuballen auf den Jungknecht, so dass dieser ganz erschrocken ins Freie rannte. Doch erwischen liess sich der schlaue Plaggeist niemals. Zudem richtete sein Schabernack keinen ernstlichen Schaden an; so liess man ihn ruhig gewähren. Auf die spöttische Äusserung des Knechtes erwiderte der Meister missgelaunt: «Das Rùnggeli soll nur an seinem altgewohnten Orte bleiben!» Darnach holte der Meisterknecht zwei feurige Braune aus dem Stall und spannte sie an den vorderen Zügelwagen. Mit der langstieligen Peitsche knallend, gab er das Zeichen zur Abfahrt. «Hü Fanny, Hü Flora!», rief der Fuhrmann den gutgenährten Pferden zu. Mit festem Ruck zogen die Gäule an, aber es riss sie gewaltsam zurück. Der Wagen rührte sich keinen Zentimeter vom Platze. Zwei-, dreimal schwang der ungeduldige Rosslenker seine Peitsche drohend über die widerspenstigen Tiere. Aber so kräftig die Pferde auch die Stränge anzogen, dass die flatternden Mähnen ihnen um die schlanken Hals flogen, sie brachten das Gefährt doch nicht vom Fleck. Zornig stampften die Hufe den harten Boden, dass die Funken sprühten. «Der Wagen ist zu schwer beladen», schimpfte der Knecht. Er holte noch zwei Nachbarpferde als Vorspann. Umsonst! Auch vier Pferde brachten den Wagen nicht weiter. «Das geht nicht mit rechten Dingen zu», rief der erschrockene Bauer, hier hat eine unheimliche Macht ihre Hand im Spiel. Sofort liess er aus Freiburg einen alten, erfahrenen Mönch kommen, damit er Pferde und Wagen vom bösen Banne löse. Der Kapuziner kam. Lange und inbrünstig betete er aus seinem lateinischen Gebetbuche, bis ihm der helle Schweiss in dünnen Bächlein von der Stirne rann. Nachdem er seine bannkräftigen Gebete beendet hatte, befahl er dem Pächter: «Nimm einen Hammer und schlage am rechten Hinterrad des Zügelwagens eine Speiche aus!» Der Meister verwunderte sich über den seltsamen Auftrag, führte ihn aber sogleich aus. Päng! Päng! hämmerte der schwere Eisenhammer gegen das Wagenrad. Im selben Augenblicke flitzte blitzschnell eine schwarze Gestalt unterm Wagen fort. Der Zauberbann war gebrochen. Erbost über des Knechtes Spottreden hatte sich der Kobold unterm Wagen versteckt und gewaltsam die Räder festgehalten. Erst die wirksame Beschwörung des braunen Mönches trieb ihn fort. Mit Leichtigkeit zogen nun die zwei feurigen Rosse den schweren Zügelwagen fort. Der unruhige Hausgeist blieb nicht mehr in seinem gewohnten Heim. Er verschwand für immer vom Tscherluner Heimwesen und liess sich fortan nicht mehr blicken.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der aufgerichtete Ziegel

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Der aufgerichtete Ziegel An einem alten Landhause in der Umgebung von Zürich (es soll der Beckenhof sein) nahm man auf dem Dache einen aufgerichteten Ziegel wahr, von dem die Sage ging, der jeweilige Inhaber des Hauses dürfe diesen Ziegel durchaus nie zurecht legen, und zwar wegen eines Geistes, der durch diese Dachöffnung in ein Zimmer hinuntersteige, welches damit in Verbindung stand. Der Geist soll ein früherer Bewohner dieses Zimmers gewesen sein und sich auch später noch als solchen betrachtet haben. Um Mitternacht erschien er in blutigem, aschgrauen Gewande und einem Antlitz von gleicher Farbe; denn ein begangener Mord liess ihm keine Ruhe im Grabe. Aber er verhielt sich ganz still und störte den Schlaf des Bewohners nicht, wenn dieser nicht sonst wach war. Man hörte nichts von ihm als ein leises Seufzen. Einmal fiel dem Hausbesitzer ein, den Ziegel einzulegen und im bezeichneten Zimmer das Benehmen des Geistes abzuwarten. Aber um die zwölfte Stunde erhob sich auf dem Dache ein gräuliches Gepolter, Ziegel rasselten, Scheiben klirrten und unter Windesbrausen stieg das Gespenst in die Kammer. Flammen sprühten aus seinen Augen; es fasste das Bett samt dem zjtternden Patron, der darin lag, zog es aus der Bettstelle, warf es auf den Boden und zerrte es dort herum. Der Geisterseher fiel in Ohnmacht. Als er aus derselben erwachte, hätte er den ganzen Spuk für einen schweren Traum gehalten, wenn er nicht mit den Beinen auf dem Stuhl, mit dem Kopf auf dem Boden gelegen hätte und die Bettstücke nicht zerstreut herumgelegen und mit schwarzen Malen ausgestattet gewesen wären. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee wörtlich aus Stauber, S. 43. Weitere Quellen: Escher, Ober- und Unterstrass, S. 244 (nach David Hess, Besitzer des Beckenhofes von 1800 - 1844): Der Teufel habe Junker Grebel, einen früheren Besitzer, lebendig geholt und sei mit ihm zum Dach hinausgefahren. Die Leute zeigten noch lange, wo sich der böse Geist mit dem armen Sünder Bahn gebrochen, wo immer eine Öffnung bleibe, man möge sie noch so sorgfältig zudecken. - Escher deutet darauf hin, dass jener aufgerichtete Ziegel wirklich einem unreinen Geist Ausweg gebe, indem dort das Abgasrohr der Aborte ausmünde.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der aufgerichtete Ziegel

Source: Der aufgerichtete Ziegel

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An einem uralten Zürcher Landhause nimmt man auf dem Dache einen aufgerichteten Ziegel wahr, von dem die Volkssage erzählt, der jedesmalige Inhaber des Hauses dürfe diesen Ziegel durchaus nie zurecht legen, und dies um eines Geistes willen, der durch diese Dachöffnung in ein Zimmer hinunter steige, welches damit in Verbindung steht. Dieser Geist soll ein früherer Bewohner dieses Zimmers gewesen sein und sich auch jetzt noch als solchen betrachten. Um Mitternacht erscheint er in blutigem aschgrauem Gewande und einem Antlitz von gleicher Farbe; denn ein begangener Mord lässt ihm keine Ruhe im Grabe. Aber er verhält sich ganz still und stört den Schlaf des jetzigen Bewohners nicht, wenn dieser nicht sonst wach ist. Man hört nichts von ihm als ein leises Seufzen. Einmal fiel dem Hausbesitzer ein, den Ziegel einzulegen und in dem bezeichneten Zimmer das Benehmen des Geistes abzuwarten. Aber um die zwölfte Stunde erhebt sich auf dem Dache ein gräuliches Gepolter; Ziegel rasseln, Scheiben klirren und unter Windesbrausen stieg das Gespenst in die Kammer. Flammen sprühten aus seinen Augen; er fasste das Bett samt dem zitternden Patron, der drin lag, zog es aus der Bettstelle, warf es auf den Boden und zerrte es dort herum. Der Geisterseher fiel in Ohnmacht; als er aus derselben erwachte, hätte er den ganzen Spuk für einen schweren Traum gehalten, wenn er nicht mit den Beinen auf dem Leibstuhl, mit dem Kopf auf dem Boden gelegen hätte und die Bettstücke nicht zerstreut herumgelegen und mit schwarzen Mälern ausgestattet gewesen wären. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Äulihund

Source: Der Äulihund

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Am tiefen Thurbett zwischen Kengelbach und Loretto liegt das Äuli, ein einsames Gehöfte. Zwei Bauern stritten sich hier einst um die Grenzen ihrer Weiden und Wiesen. Sie starben unversöhnt. Aber derjenige, der den andern übervorteilen wollte, fand die Ruhe nicht. Fussgänger, die von Kengelbach nach Lichtensteig in die Frühmesse gingen, sahen im Äuli vor dem Betläuten oft einen hässlichen Hund auf der streitigen Grenze auf- und ablaufen. Die Väter Kapuziner von Wil haben dann den Platz benediziert; seither ist der Hund nicht mehr gesehen worden. M. T. Grünenfelder. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 449, S. 264 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der ausgebrochene Knochen vor Gericht

Source: Der ausgebrochene Knochen vor Gericht

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Einst wurde zwischen den Dörfern Gontenschwil und Zetzwil ein toter Mann auf der Straße gefunden, der alle Spuren eines gewaltsam erlittenen Todes an sich trug. Als man dem vergebens nachgeforscht hatte, kam man auf den Einfall, der Leiche einen Knochen auszubrechen, und ihn an den Zug der Schlossglocke zu Lenzburg zu hängen, wo jeder läuten musste, der beim Landvogt Recht oder Almosen suchte. Lange Jahre war der Knochen zwecklos so angebunden gewesen, als einmal ein bettelnder Greis die Schelle zog und plötzlich darüber mit Blut bespritzt war. Er wurde verhaftet und gestand, in seiner Jugend jenen Mann angefallen und ermordet zu haben. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der ausgebrochene Knochen vor Gericht

Source: Der ausgebrochene Knochen vor Gericht

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Einst wurde zwischen den Dörfern Gontenschwil und Zetzwil ein toter Mann auf der Straße gefunden, der alle Spuren eines gewaltsam erlittenen Todes an sich trug. Als man dem vergebens nachgeforscht hatte, kam man auf den Einfall, der Leiche einen Knochen auszubrechen, und ihn an den Zug der Schloßglocke zu Lenzburg zu hängen, wo jeder läuten mußte, der beim Landvogt Recht oder Almosen suchte. Lange Jahre war der Knochen zwecklos so angebunden gewesen, als einmal ein bettelnder Greis die Schelle zog und plötzlich darüber mit Blut bespritzt war. Er wurde verhaftet und gestand, in seiner Jugend jenen Mann angefallen und ermordet zu haben. Quelle: Deutsche Volkssagen. Hg. v. Leander Petzoldt, 2. Aufl. München 1978 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der ausgeschlagene Schatz

Source: Der ausgeschlagene Schatz

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Als die neuzeitlichen Verkehrsmittel noch nicht bekannt waren, benützten die Leute aus dem Waldenburgertal, die in Sissach zu tun hatten, oft den Weg über den Zunzgerberg. Nun geschah es einmal, dass ein solcher Fussgänger sich auf dem Rückwege verirrte und beim Einnachten immer tiefer in den Wald hinein geriet. Auf einmal stand er vor einer Ruine, die er ohne Furcht betrat. Zu seinem Erstaunen sah er sich in einem grossen Saal, in dessen Mitte ein Tisch stand, an welchem einige Männer eifrig schrieben. Gleichzeitig kam noch ein weiterer Mann herein, der eine Hutte am Rücken trug. Diese stellte er ab und schüttete den Inhalt, lauter Goldstücke, auf den Boden. Er forderte nun den Wanderer auf, seine Unterschrift mit eigenem Blute zu geben, dann sei alles Gold sein Eigentum. Letzterer traute der Sache nur halb und als er gewahrte, dass der Mann mit der Hütte Ziegenfüsse besass, merkte er, dass er es mit dem Bösen zu tun hatte. Standhaft verweigerte er nun seine Unterschrift. Sogleich verlor er die Besinnung, und fand sich, als er wieder erwachte, auf einer hochgelegenen Weide, die er bald als die Waldenburger Waldweide erkannte. Wie er dort hinauf gelangt war, konnte er aber nie erklären. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Auszug nach dem Tägermoos

Source: Der Auszug nach dem Tägermoos

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Zweimal des Jahres, jedoch nicht zu einer bestimmten Zeit, öffnen sich in dunkler Mitternachtsstunde, wenn kein Sternlein aus düstern Wolken sein Licht herniedersenkt, und die schauerliche Stille bloß durch das Gekrächze der Nachtvögel und das geheimnisvolle Flüstern der Wellen unter den alten Mauern unterbrochen wird, die Tore der Burg Gottlieben. Der Boden erdröhnt unter dem eisernen Fußtritt Gewappneter; man hört das Klirren von Waffen und Ketten und mitunter den dumpfen Wehlaut eines Jammernden. Man sieht nichts, hört aber deutlich, dass der Zug nach dem Tägermoos sich bewegt und endlich dort einen Halt macht. Daselbst angekommen, vernimmt man ein stärkeres Waffengetöse und dann ein dumpfes Hin- und Herrennen wie von vielen Leuten. Plötzlich wird Alles still. Dann erscheinen, so viel sich nach dem Gehör vermuten lässt, mitten unter den Reisigen zwei dunkle Gestalten, welche auf dem Kopfe brennende Lampen tragen. Sie stehen nahe bei einander, leicht hin- und herschwankend. Endlich hört man ein sonderbares Zischen, die Lichter erlöschen, die Gestalten verschwinden. Dies ist die Hinrichtung des Huß und Hieronymus in Prag, zu deren jährlichen Wiederholung alle diejenigen verdammt sind, welche bei jenem furchtbaren Trauerspiel tätig waren. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Auszug zur Schlacht, 1388

Source: Der Auszug zur Schlacht, 1388

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Als die Rapperswiler mit dem österreichischen Heere auszogen, um die Glarner vom eidgenössischen Bunde abzutrennen, da verkündeten ihnen die Glocken vom Kirchturm her das kommende Unheil. Zweiundsechzigmal schlugen sie an, und zweiundsechzig Rapperswiler Bürger fanden dann in der blutigen Schlacht zu Näfels den Tod. Als alles sich zur Flucht wendete, da blieben nämlich die Krieger der wehrhaften Rosenstadt beisammen in einem Baumgarten und hielten tapfer stand; alle fand man erschlagen in einem kleinen Umkreis.            P. Guler. *** In Rapperswil läutete eines Tages die Totenglocke. Da ging der Sigrist in den Turm, um zu sehen, wie das Läuten ohne ihn vor sich gehen konnte. Aber der Riemen der Glocke ging von selbst auf und ab. Als der Sigrist nun in die Kirche hineinging, sah er, wie eine Reihe Soldaten ohne Köpfe um den Altar herum z'Opfer gingen, der Hauptmann mit dem Säbel an ihrer Spitze. Nachher kam aus Spanien die Nachricht, dass dort die ganze Rapperswiler Kompagnie in einer Schlacht umgekommen sei. (Dieses wurde mir von meiner Grossmutter, Therese Curti, geb.Helbling, geboren 1799, erzählt. Es ist offenbar eine Variante zu der Erzählung von dem Untergang der Rapperswiler in der Schlacht von Näfels. Rapperswil stellte infolge einer Militärkapitulation eine Kompagnie Soldaten in spanische Dienste.)                         Theodor Curti. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 405, S. 234 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


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by Der Bachplätschi in Lengnau

Source: Der Bachplätschi in Lengnau

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Das Lengnauer - Dorftier kommt meistens in Gestalt eines schwarzen Pudels gelaufen, schwadert Nachts im Bache herum, sperrt die Brücke und spielt den Darübergehenden allerlei Possen. Es muss wandeln, bis es die ewige Ruhe verdient hat. Die Sage von diesem Bach- oder Nachtplätschi ist im Surbthale genugsam verbreitet und reicht vom Dorfe Döttingen an der Aare bis zur Zürchergrenze, allein über die wesentliche Bedeutung desselben ist man theils ungewiss, theils kümmert man sich nicht mehr darum. Ein älterer Mann hat sich darüber also erklärt. Als zur Zeit der Reformation auch im Surbthale viele Leute sich der neuen Lehre zugewendet hatten und die beiden Glaubensparteien darüber in Unfrieden kamen, war in Döttingen ein General im Quartier, der sich für Zwingli's Grundsätze besonders eifrig zeigte. Er wollte endlich alle, welche hier noch im alten Glauben verharrten, zusammen in einer Nacht durch seine Soldaten ausrotten lassen und befahl den Neugläubigen, diese Mordnacht hindurch die Fensterladen ungeschlossen zu halten, und in ihren Stuben brennende Kerzen aufzustellen. Allein das Vorhaben wurde verrathen, auch die Katholiken zündeten Lichter an und die Sache schlug fehl. So weit nun damals die Vertilgung gehen sollte, von der Mündung der Surbe in die Aare, durch das Surbthal bis an die Zürchergrenze, muss jetzt der General als schwarzer Hund spuken. Eine andere Erzählung über den Ursprung dieses Gespenstes lautet folgendermassen: Pilatus, der wegen seines ungerechten Urtheils über den Heiland ruhelos wandeln muss und sich meistentheils in den nächsten Gegenden um den Pilatusberg aufhält, macht zuweilen seinem Gelobten Lande wieder einen Besuch und nimmt dann den Weg dahin allemal durch das Surbthal. Da er aber ein Unhold ist, so kann er nur in verwünschter Gestalt seinen Marsch antreten und zwar bald als Pferd und Füllen, bald als Kalb oder Hund. So erscheint er dann den Leuten, welche Nachts verbotene Wege gehen oder betrunken aus den Wirthshäusern kommen, und da solche selten jemand friedlich vorbeilassen, so tragen sie denn bei diesen Begegnungen einen tüchtig geschwollenen Kopf davon. Auch jene Kiltgänger bleiben dabei nicht ungestraft, welche in den Sonntagsnächten gewöhnlich sehr spät von ihren Mädchen heimkehren und lärmend über die Brücke gelaufen kommen. Weil er das Schreien hasst, hat er auch den Nachtwächter schon gefoppt, der die Stunde ruft. Dieser fieng einmal in Unter- Lengnau ein ledig herumlaufendes Pferd in der Meinung, es sei einer der Schimmel aus der dortigen Mühle. Die herausgerufenen Müllerknechte erkannten es auch für das ihrige, allein sowie man es nahm, um es in den Stall zu thun, bäumte es sich und entsprang. Ebenso gieng es daselbst mit einem unvermuthet gefangenen Füllen; es liess sich gutwillig bis zur Dachtraufe führen, da aber war es ihnen unter den Händen verschwunden und sie sahen sich geprellt. In Ober- Lengnau lief es als Kalb umher und riss zuletzt auf gleiche Weise dem Bauern wieder aus, der's an seinem Halstuche bis unters Dach gebracht hatte. Zwei Weiber, welche am Bache des Nachts ihre Wäsche hüteten, sahen den Geist als Pudel im Wasser daher kommen. Die eine, die ihn für einen gewöhnlichen Hund hielt und verjagen wollte, musste dies damit büssen, dass sie nachmals die Surbbrücke niemals mehr ohne die Begegnung dieses Unholdes passieren konnte. Es ist Regel, dass ein Bräutigam zwei Wochen vor seiner Hochzeit Nachts nicht mehr die Dachtraufe seiner Wohnung überschreite. An diesen Brauch kehrte sich ein Lengnauer nicht, sondern kam während dieser Frist einst sehr spät von seiner Verlobten heimgegangen. Die Braut hatte ihn beim Abschied noch besonders gemahnt, nur auf der gewohnten Strasse und auch da recht stille nach Hause zu gehen und mit Niemandem irgend ein Wort zu wechseln. Trotz dieser Warnung wählte nun der junge Waghals nicht die Strasse, sondern einen kleinen Fusspfad längs der Surbe. Hier stiess er auf einen Mann von seiner Grösse, der ihm den Weg versperrte. Der Liebhaber liess sich nicht lange aufs Fragen ein, riss einen Pfahl aus der nächsten Hecke und schlug blind darein. Aber bei jedem Streiche wuchs die Gestalt seines Gegners höher und die Augen wurden pures Feuer, während der Bursche so todmüde wurde, als hätte er sich selber durchgeprügelt. Als er endlich heimkam, war er wie ein Viertel geschwollen und ganz kahlköpfig geworden. Seit den letzten zwanzig Jahren will man den Bachplätschi nicht wieder gesehen haben. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Bala-Bach

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Zwischen Fiesch und Bellwald steht am Rande eines Abhanges der freundliche Weiler Bodmen, der ins Fieschertal eine herrliche Aussicht gewährt. Unweit davon vertieft sich eine Schlucht, durch welche der sogenannte Bala-Bach herabfliesst. Ehe man aber in die Schlucht gelangt, begegnet man einer kleinen Kapelle, in welcher die Muttergottes verehrt wird. Und wenn die Bergbewohner nach Bodmen gehen wollen, pflegen sie in der Kirche einige Ave zu Ehren Mariens zu sprechen, umso mehr da die Schlucht wegen des unheimlichen Gratzuges berüchtigt ist, der hier von der Höhe zur Tiefe fährt. Ein solcher, der in dieser Kapelle beim Vorübergehen vor dem Muttergottesbilde zu beten nie unterliess, war ein gewisser Fortnaz, ein frommer und rechtschaffener Mann. Es mochte noch so stürmen und regnen, sobald Fortnaz zu dieser Kapelle kam, begrüsste er immer mit einem Englischen Grusse Maria. Einst war es schon tief in der Nacht, als er dort vorüber musste, und dringender Geschäfte halben war er sehr pressiert; aber auch diesmal unterliess er seine gewöhnliche Andacht dort nicht. — Und seht, als er den Schritt auf die Brücke setzen wollte, die über den Bala-Bach führt, hört er von ferne ein furchtbares Getümmel, das blitzschnell zu ihm herannahte, und wie er in die Schlucht hinaufsehen wollte, erblickte er vor sich eine lange Prozession, an deren Spitze ein gewaltiges Tier stand. Gähnend sperrte dieses Tier den Rachen gegen ihn auf, um ihn zu verschlingen, aber eine höhere Macht verhinderte es; dann stürzte es unter entsetzlichem Grunzen durch die Tiefe in die tiefe Schlucht hinab. — Hinter dem Tiere folgten in hastiger Eile Männer und Frauen, Kinder und Greise, — Menschen aus allen Ständen und Gegenden und erhoben insgesamt ein Lärmen und Getöse, dass er so was nie gehört hatte. Er glaubte einige von selben zu kennen. Gerne hätte er mit ihnen gesprochen, aber die eilende Hast, mit der sie vorüberrauschten, liess es nicht zu; er konnte nur mit Entsetzen ihnen nachschauen. Aber der Letzte blieb bei der Brücke vor dem Fortnaz stehen und sagte ihm: «Wisse, dies ist der Gratzug, der jahraus jahrein, bei Tag und Nacht, sonder Rast und Ruh über Gebirg und Tal und alle Länder zieht und zum Zweck hat, die Menschen zu verderben. Dich hätte das Tier auch verschlungen, wenn du nicht gebetet und Maria dir nicht geholfen hätte. — Aber ich muss eilen, — denn meine Gesellschafft ist schon tausend Meilen vorangeschritten. O wehe mir, dass ich mit einem solchen Zuge laufen muss!» — und der Mann verschwand. Der grosse Schrecken brachte den Fortnaz in eine schwere Krankheit und er hat von diesem Ereignis nur mit Angst erzählt, wenn er darüber gefragt wurde.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Balmenmann

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Der Balmenmann wohnte unter dem Balmenstein. Niemand wusste ihm etwas vorzuhalten ausser dass er nur an den grössten Festtagen nach Kippel ins Amt kam. Darum liess ihn der Prior einst zu sich kommen. Der Balmenmann erschien mit dem Hut in der Hand ehrfurchtsvoll in der Pfarrstube und verneigte sich vor dem Prior. Dieser wies ihm, er solle den Hut ablegen. Wie nun der Balmenmann keinen freien Nagel sah, hängte er den Hut an einen Sonnenstrahl, der ins Zimmer schien. Jetzt erkannte der Prior, mit was für einem Manne er es zu tun hatte, und er belästigte den Balmenmann fürderhin nicht mehr. Man erzählte von ihm, er besuche die himmlische Messe. Darum brauchte er nur an den vier hochzeitlichen Festen nach Kippel zu den Sakramenten und zur Messe zu kommen.                                LÖTSCHEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Bann und seine Lösung

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Gesellen sitzen im Wirthshause. Einer von ihnen versichert, jeden Kameraden auf die Schenkbank festbannen zu können. In der That, ein dazu Bezeichneter vermag alsbald nicht mehr aufzustehen. Dieser zieht aber nun seine Schlarpen (Halbschuhe) ab, die an den Absätzen in Hufeisenform tüchtig genagelt sind, und schlägt die Stöcklein gegen einander. Dadurch hat er den Bann gelöst und kann wieder aufstehen; er hat aber damit auch dem Banner das Handwerk gelegt, „er het em derfür tho“, denn diesem spritzt im selben Augenblicke das Blut aus den Ohren. Andere können sich so fest machen, daß ihnen auch ein Stich nichts thut. Mein Vater hat es aber einem solchen auch gelöst; er hat nichts besonderes zu machen gebraucht und ihm nur mit der Faust einmal unter das Kinn geschlagen. Auch die Bäume werden in Bann gethan. Wer dann einen solchen besteigt, kann nicht mehr herunter, bis ihn der Meister selbst herunter kommen heißt. Geschieht das nicht vor Sonnenauf- oder Untergang, und gelingt es dem droben nicht, Erde aufzunehmen oder die Schuhe zu wechseln, so wird er brandschwarz. Davor warnt ein Kinderreim: Gang nid a's Lunzi's Oepfelbaum, Gang nid a's Lunzi's Tanne, Er heig en Hexespruch im Sack Und chönnt di anebanne. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 78 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Bannhölzer

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Vor alten Zeiten war Walchwil ein gar winzig kleines Gemeindlein gewesen. Eine reiche Frau in Luzern hatte viertausend Gulden Kapital auf dem Walchwilerberg. Diese Gulden vermachte die wohltätige Frau einem Patenkind im Dorf am Zugersee. So kam die Allmend in den Besitz Walchwils. Da aber die Gemeinde noch recht klein war, wurde die Allmend nicht voll ausgenützt. Anstösser aus Zug baten um Erlaubnis, Vieh auf die Walchwilerallmend treiben zu dürfen. Aus der unentgeltlichen Erlaubnis wurde im Laufe der Jahre durch die Zuger ein Auftreiberecht gemacht. Es entstund darob ein gar ernstlicher Streit. Zweimal zogen die Zuger den Kürzern. Ein gewissenloser, schlauer Stadtbürger verleitete nun die Zuger zu einem dritten und neuen Prozess. Vor Gericht trat er als Zeuge auf. Als Stätte der Gerichtsverhandlungen war die strittige Allmend bestimmt worden. Bevor nun der Zugerzeuge auf den Platz ritt, nahm er in seine Stiefel Erde vom Zugerboden, unter seinen Hut legte er einen Kamm und einen Schöpflöffel. Vom Richter zum Eid aufgefordert, sprach der Meineidige mit erhobenem Schwurfinger : "So wahr ich den Schöpfer und den Richter ob mir habe, so gewiss stehe ich auf Zuger Grund und Boden". Unter dem Eindruck des feierlichen Eides fiel der Entscheid des Richters zu Ungunsten der Walchwiler aus. Auf dem Heimweg verunglückte der falsche Zeuge; es hiess, der Teufel habe ihm den Hals umgedreht. Seit dieser Stunde musste er nun durch die Walchwiler Allmend reiten und in der Bannhölzlerfluh sein Unwesen treiben. Das ist die Geschichte vom Bannhölzler. Über die Frutten führt der Weg nach dem untern Rossberg. Hier bemerkt man rechts einen gespaltenen Sandfelsen, aus welchem stinkendes Wasser heraussickert. Da hinein hat der Entlebucher Krummenacher das Gespenst des Bannhölzlers gebannt. Der Bannhölzler habe lange Zeit die Wanderer durch schöne Blumen angelockt, um sie dann über den Felsen in einen jähen Tod zu stürzen. Aus dem Sandfelsen flössen ursprünglich drei Quellen. Die mittlere Quelle brachte rotes Wasser hervor; in dieses Quelloch war der Bannhölzler gebannt worden durch den Entlebucher. In der linken Quelle, welche blaues Wasser führte, war sein Hund. Hier musste der Unhold bleiben, solang er nicht herausgerufen wurde. Aber sein Machtgebiet lag nur auf der Allmend. Zuweilen riefen mutwillige Knaben ihn an die Grenze und liefen bei seinem Erscheinen flugs davon. Einem Geissbuben, der ihm einst rief mit den Worten: "Bannhölzler, wenn du mich erwischest, kannst mich haben", eilte der Geist nach. Rasch wollte der Geissbub unter dem Hag durchschlüpfen, allein, der Geist war wieselflink da und erwischte noch einen Holzschuh, den er dem Davoneilenden vom flüchtigen Fuss riss. Auf dem Walchwilerberg war vor Jahren neben einem Bauernhaus ein Kegelplatz. Eines Tages warf einer der Kegelspieler die Kugel geflissentlich über das Ziel hinaus und rief: "Bannhölzler, komm und hol' die Kugel!" Im Hui war der Geist da. Die erschrockene Jugend floh, ein Mädchen schlüpfte rücklings unter dem Grenzzaune durch. Der Bannhölzler riss ihr im Nu die beiden bebänderten Haarzöpfe vom Kopfe. Darauf nahm er die Kegelkugel und schleuderte sie mit solch ungestümer Gewalt gegen das Haus, dass sie durch das Haus hindurchdrang. Einst ergötzten sich ein paar lustige Gesellen wiederum mit Kegeln. Ein Spieler wurde aber von argem Missgeschick verfolgt und in seiner Wut rief er den Bannhölzler um Hilfe an. Kaum waren seine unbesonnenen Worte verhallt, als der Bannhölzler auf seinem Schimmel heranbrauste, auf den Boden sprang und die Kugel in die Hände nahm. In starkem Wurf warf er das ganze Ries um. Die Kugel flog noch weiter bis zum Kaiserstock, wo sie unter gewaltigem Krachen in den Felsen hineinfuhr. Als der alte "Gutsch-Chasper" von Ägeri her nach Walchwil ging, sah er auf der Allmend eine grosse Gerichtssitzung. Der Bannhölzler leistete dort seinen Meineid aufs neue. Der Hut des Wanderers wollte nicht mehr auf dem Kopfe bleiben, die Haare sträubten sich vor Angst und Furcht. Eilends ging er von dannen. Als der Bannhölzler immer und immer wieder Schaden anrichtete durch sein geisterhaftes Erscheinen, wurde er in den Pilatus gebannt. Von dort darf er nicht wieder zurückkommen, ausser die Walchwiler würden ihn bei einem grossen Rechtsstreit heimrufen. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 59 Siehe auch: Die wilden Kegler Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Bannhölzler

Source: Der Bannhölzler

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Im mittleren Rossberg, einer Alpentrift, welche der Gemeinde Zug gehört, steht ein gespaltener Sandfelsen, aus welchem stinkendes Wasser heraus sickert, die "Bannhölzler-Flue" genannt. Von dieser erzählt das Landvolk von Zug, Walchwyl und Ägeri folgendes: Walchwyl bildete in uralten Zeiten ein kleines Gemeinwesen. Eine reiche Frau von Schwyz machte demselben die Allmend am Zugerberg zum Geschenk. Bei der grossen Ausdehnung dieses Gemeingutes, das für die Bedürfnisse der Walchwyler mehr als hinreichend war, erhielten auch Nachbarn aus der Stadtgemeinde Zug die Erlaubnis, Rinder auf die genannte Allmend aufzutreiben. Aus der unentgeltlich zugestandenen Erlaubnis ward mit der Zeit von den Zugern ein Recht gemacht. Es entstand von Seite derer von Zug ein ernstlicher Streit zwischen beiden Gemeinden um den Besitz eines großen Teils der Walchwyler-Allmend. Bei einem offenen Gericht auf dem fraglichen Grund und Boden erschien, auf einem Schimmel reitend, ein Mann von Zug, Bannwart, als Zeuge und Richter zugleich. Arglistigerweise hatte er beim Fortgehen zu Hause Erde aus seinem Garten in seine Schuhe gelegt und unter seinem Hut auf dem Kopfe einen Löffel ("Schöpfer") und einen Kamm ("Richt-Strähl") verborgen. Beim eidlichen Kundschaft-Verhör vor Gericht sprach er dann: „So wahr ich den Schöpfer und den Richter ober mir habe, so gewiss stehe ich auf zugerischem Grund und Boden. In Folge dieses falschen Eides fiel der Richterspruch zum Nachteil der Walchwyler aus. Bald nach diesem Tage, vielleicht schon auf dem Heimweg von dem Augenscheingerichte, verunglückte der falsche Zeuge - und starb. Später erschien er, unter dem Namen "Bannhölzler" als bösartiger Berggeist, der denen von Walchwyl an ihrem Vieh vielerlei Schaden zufügte. Ein Geisterbanner aus dem Entlebuch, namens Krummenacher, bannte ihn in die Felsenwand am Rossberg, an welcher man heutzutage noch drei runde Löcher wahrnimmt. In das mittlere dieser Löcher, aus welchem rotes Wasser fliesst, ward der Bannhölzler selbst eingebannt, in das zur linken, das mit blauem Wasser bezeichnet ist, kam sein weisses Pferd, in das zur rechten, woraus gelbes Wasser floss, sein treuer Hund. Hier stürzte der Geist manchen unvorsichtigen über sein Felsengrab, nachdem er ihn durch den Anblick lieblicher Blumen angelockt. Ward er aus der Allmend gerufen, so war er augenblicklich in fürchterlicher Gestalt da. Über die Marchen der Allmend hinaus konnte er nicht gehen. Zuweilen riefen mutwillige Hirtenknaben ihn heraus, immer sich bereithaltend über die Marchlinie hinauszuspringen, wenn er käme. Einst rief ein Geiss-Bube: "Bannhölzer! komm, wenn du mich erwischest, kannst du mich haben!" Schnell schlüpfte er hierauf unter dem Grenzhage durch, was ihm kaum gelang, indem ihm der Geist einen Holzschuh vom Fusse riss. Am Walchwyler Berge stand ein Haus, dessen Stelle man heute noch zeigt. Neben dem Hause befand sich ein Kegelplatz. Eines Tages warf einer der dortigen Kegelschieber mutwilligerweise die Kugel über das Ziel hinaus und rief: "Bannhölzler! komm, hole sie!" Flugs war der Geist da. Die erschrockene Jugend flieht, ein Mädchen schlüpft rücklings unter dem Zaune durch, der Bannhölzler reisst ihr beide Haarzöpfe vom Kopfe; darauf nimmt er die Kugel und schleudert sie mit solcher Gewalt gegen das Haus, dass sie durch beide Wände hindurch bis auf die entgegengesetzte Seite fliegt. Noch lange nachher sah man die runde Öffnung in einer der Wände. Endlich ward der furchtbare Ruhestörer in weiterer Entfernung hin gebannt, nämlich in die „Drakmünd" (Pilatusberg). Die von Walchwyl mussten dazu ihre Einwilligung geben, behielten sich aber vor, den Bannhölzler zurückrufen zu können, wenn sich wieder ein Rechtsstreit bezüglich der Allmend erhübe. Quelle: Theodor Vernaleken, Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch


by Der Bannhölzler

Source: Der Bannhölzler

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In dem untern Rossberg — das Zugerli genannt — in der Höhe ob Walchwil, bemerkt man viele gespaltene Sandsteinfelsen, in welchem die Natur mancherlei Grotten von verschiedenen Größen und Formen bildete. Die Gegend ist einerseits lieblich und erhaben, anderseits öde und schauerlich. Duftende Blümchen, Bewohner der Alpen, wiegen sich über die steilen Abhänge hinab und die einsame Ringamsel singt ihr melodisches Lied in den dunkeln Gebüschen. Die Felsen dagegen gewähren einen unheimlichen Anblick, und man muss sich nicht verwundern, dass der Volksglaube ein Gespenst dahin versetzt hat. Dasjenige, welches von einem Entlebucher Namens Krummenacher dorthin verbannt worden sein soll und noch daselbst hauset, ist allbekannt unter dem Namen „Bannhölzler." Es erscheint hie und da in der größten Grotte, des Bannhölzlers Tor genannt, und besucht seinen in einer andern Felsenöffnung befindlichen Schimmel, womit er einst alle Nächte jammernd auf der Walchwiler Allmend herumirrte, weil er im Leben durch Meineid diese der Gemeinde Walchwil gehörenden Grundstücke derselben entfremdete und an Zug brachte. Er ließ sich vor seiner Verbannung weder necken noch zitieren und erschien manchmal plötzlich da, wo man ihn am wenigsten vermutete. Als Beweis wird unter anderm erzählt, dass einst ein paar lustige Gesellen im Kappelbusche, einer Gegend auf der Walchwiler Allmend, sich mit Kegelspiel ergötzten. Einer, den das Missgeschick verfolgte, und der immer entweder fehlte oder weniger Kegel traf als sein Kamerad, fing an grässlich zu fluchen und sagte: „Wenn ich jetzt noch einist fehle, so wetti, dass der Bannhölzler selber chäm, für mi rühre!" Kaum waren diese unbesonnenen Worte aus seinem Munde, so brauste der Bannhölzler auf seinem Schimmel daher, sprang auf den Boden — man sieht noch jetzt die Eindrücke seiner Füße auf einem Stein — ergriff mit gewaltiger Faust die Kugel und schleuderte sie auf eine nahestehende Scheune hin. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Bannhölzler (a)

Source: Der Bannhölzler (a)

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Im mittleren Rossberg starrt die Bannhölzler-Flue empor, von welcher im Munde des Landvolkes folgende Sage geht: Walchwil war vor uralten Zeiten ein kleines Gemeindlein. Eine reiche Frau in Luzern hatte 4000 Gulden Kapital auf dem Walchwiler-Berg, oder der Allmend, welche sie einem „Gottli“ in Walchwil zum Geschenke machte. Die Gemeinde vergrösserte sich, jedoch war die Allmend für ihren Bedarf noch überflüssig gross. Anstossende Besitzer der Gemeinde Zug suchten und erhielten Erlaubnis, Rinder auf die Walchwiler-Allmend auftreiben zu dürfen. Aus der unengeltlich zugestandenen Erlaubnis wurde mit der Zeit von den Zugern ein Recht gemacht. Es entstand ein ernstlicher Streit zwischen beiden Gemeinden. Nachem Zug den Streit schon zweimal verloren, sei es zum drittmaligen Prozess verleitet worden durch einen gewissenlosen und schlauen Bürger. Einige wollten seinen Geschlechtsnamen kennen. Beim Gerichte trat er als falscher Zeuge auf. Dasselbe wurde nämlich auf der streitigen Almend selbst gehalten. Bevor er auf den streitigen Platz ritt, nahm er in seine Schuhe Erde von dem Zugerboden, legte unter seinen Hut auf den Kopf einen Kamm und einen Löffel und schwur dann im entscheidenden Momente: „So wahr ich den Schöpfer und den Richter ober mir habe, so gewiss stehe ich auf Zuger Grund und Boden." In Folge dieses falschen Eides fiel der Richterspruch zu Ungunsten der Walchwiler aus. Bald nach diesem Tage - vielleicht schon auf dem Heimwege verunglückte er an der Grenze der beiden Gemeinden — es hiess, der Teufel habe ihn geholt. Später erschien er als bösartiger Berggeist, der denen von Walchwil an ihrem Vieh viel Schaden zufügte. Man nannte ihn nur „Bannhölzler". Darauf ward er durch einen Krummenacher aus dem Entlebuch in die Flue gebannt, an welcher man heut zu Tage noch drei Löcher wahrnimmt. In das mittlere, aus welchem rotes Wasser floss, ward er selbst gebannt, in das zur Linken, das mit blauem Wasser bezeichnet ist, kam sein weisses Pferd. In das zur Rechten, woraus gelbes Wasser floss, sein Hund. Hier musste der Kobold bleiben, so lange er nicht herausgerufen wurde. Ward er mutwilliger Weise gerufen, kam er hervor, hatte aber nur auf der Allmend, nicht auf Privatgütern Gewalt. Zuweilen riefen mutwillige Knaben ihn an der Grenze und liefen bei seinem Erscheinen über die Grenze. Einem Geissbuben, der rief: „Bannhölzler! Wenn du mich erwischest, kannst mich haben", und schnell unter dem Hag durchschlüpfte, riss der Geist noch einen Holzschuh vom Fusse. Am Walchwiler Berge stand ein Haus - da wo heute des sog. „Bolis" steht, daneben ein Kegelplatz. Eines Tages warf einer der dortigen Kegelschieber, ein frecher Bursche, geflissentlich die Kugel über das Ziel hinaus und rief: „Bannhölzler, komm hole sie." Flugs war der Geist da. Die erschrockene Jugend flieht, ein Mädchen schlüpft rücklings unter dem Grenzzaune durch. Der Bannhölzler reisst ihm im Nu die beiden Haarzöpfe vom Kopfe. Darauf nimmt er die Kugel und schleudert sie mit solcher Gewalt gegen das Haus, dass sie durch dasselbe bis auf die entgegengesetzte Seite hindurchfliegt. Noch lange nachher sah man in der Wand die gemachte Oeffnung. Später, als er immer noch Schaden anrichtete, wurde er mit Einwilligung der Walchwiler in die Drackmünd oder Pilatusberg hinein gebannt, woher er nicht eher zurückkommen soll, als bis er bei einem entstehenden Rechtsstreite von den Walchwilern zurückberufen werde. Grosseltern von noch lebenden Walchwilern wussten noch manches von dem Bannhölzler zu erzählen. Der sog. „Gutsch-Chasper“ von Aegeri ging meist über den Pfaffenboden (da wo jetzt das Kapellchen steht) und sah dort eine förmliche Gerichgtssitzung auf freiem Platze. Der Hut wollte ihm nicht auf dem Kopfe halten, denn die Haare sträubten sich; er zog eilend weiter. Ein anderer von Aegeri war Knecht bei einem Rechenmacher in Walchwil. Als er einst bei Tagesanbruch mit Rechen über den Pfaffenboden ging, lief der Bannhölzler, von Zug kommend, bei ihm vorbei gegen das „Zugerli“ hin   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Der Bannhölzler (b)

Source: Der Bannhölzler (b)

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Im „Zugerli" ob Walchwil im Kanton Zug ist der untere Rossberg von mancherlei grottenartigen Klüftungen durchkrochen. Da ist es unheimlich geworden, seit ein Entlebucher, namens Krummenacher, den „Bannhölzler" hierher verbannt hat samt seinem Schimmel, auf dem er früher jammernd die Walchwiler Allmend durchirrte, zur Strafe dafür, dass er sie im Leben durch einen falschen Eid der Gemeinde Walchwil entfremdet und an Zug gebracht. Er hatte beim „Schöpfer und Richter" über sich geschworen, worunter er in unredlich listigem Sinne Löffel (= Schöpfer) und Kamm (= Richter), die er in seinem struppigen Haar verborgen hielt, verstand. Ein Mann von Walchwil sagte, der Bannhölzler sei auf den Pilatus verbannt worden. Wer ihn zitieren wolle, müsse neunmal „Koli" rufen. (Koli bedeutet: schwarz, von Kohle. Schwarze oder dunkelhaarige Pferde werden oft „Koli" geheissen.) Junge Bursche ergötzten sich einst an einem Chilbitag mit Kegelspiel. Einer, dem fortan keine Kegel fielen, rief im Unmut dem Bannhölzler, dass er ihm helfe. Hu! da ist er schon; die aus seiner Hand geschwungene Kugel wirft das Ries nieder, und noch weiter fliegt sie, weit bis zum Kaiserstock, wo sie in den Felsen hinein fährt.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Der bannisierende Dekan

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Der bannisierende Dekan Dekan Keller in Illnau, der anfangs des vorigen Jahrhunderts lebte, konnte bannen. Er bannte die Burschen, die ihm den Obstgarten plünderten, dass sie nicht mehr von den Bäumen steigen konnten, bis er sie „entzauberte“. Einst lauerten ihm die Nachtbuben von Volketswil mit Stöcken auf. Er bannte sie, und sie mussten ihm  willenlos bis zum Pfarrhaus in Illnau folgen, wo er sie, für die Begleitung dankend, entliess. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Peterhans, Ins Zürcher Oberland, S. 142   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Bär im Bärhag

Source: Der Bär im Bärhag

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In einem schwer zugänglichen Felsband der Schwanderfluh, der Bärhag genannt, hauste Meister Petz. Er war ein listiger, gefürchteter Bursche; denn er schlug den Älplern an Giebelegg und den Dorfleuten im Bergli frech die Schafe und Geissen und blieb allen Nachstellungen zum Trotz auf Jahre der Letzte seiner Art in dieser Gegend. Des Schadens endlich überdrüssig, beschlossen die Bewohner von Schwanden eine Treibjagd auf den Räuber. Mit Knütteln und sonstiger Wehr zogen sie nach seinem Versteck. Mit Geschrei und Hundegebell jagten sie ihn auf und durch Wald und Weide talwärts. Doch immer wieder wusste sich das Tier den Zugriffen der Verfolger zu entziehen. Erst gegen Abend gelang es, den Gehetzten auf dem Ballenberg, weit unten im Tal, zu stellen. Man hatte ihn an einem günstigen Ort umzingelt. Jetzt aber getraute sich niemand an ihn heran. Von der Hatz gereizt, brüllte und wütete der Gefangene so gewaltig, dass auch der Beherzteste davor zurückschreckte, ihm Aug in Aug gegenüberzutreten. Da sollte der Gyrensteffel helfen; der war ja auch einer von Schwanden, berühmter Gyrenschütz und kundig des Bannens. Und Gyrensteffel half! Er bannte den Bären, dass dieser sich nicht rühren konnte, als ein paar der kräftigsten Leute herzukamen, ihn totzuschlagen. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Bär im Zmuttal

Source: Der Bär im Zmuttal

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Einmal, es ist schon lange her, da hiess es, im Zmuttal hinter Zermatt, sei ein Bär in die Schafalp eingebrochen. Die Tiere taten ganz wild und konnten nur mit Mühe beieinander gehalten werden, obschon er noch keines angefallen hatte. Er begnügte sich einstweilen damit, das fette Gras grob abzuweiden und die Stalltüren zu zerkratzen. Mit Holzscheiten, Melkstühlen, Spiessen und andern Landsturmwaffen rückten die Bauern in aller Eile aus und sahen, wie ein riesiger brauner Bär hungrig die ängstlich blökende Herde vor sich her jagte. Als der Bär die Leute sah, trabte mit grimmigem Gebrumm auf sie los. Den Zmuttern, die noch keinem Mutz hinter die Ohren geschossen, wurde heiss unter den Drilchkitteln. Da ergriff ein Bauer eines der Lämmer und warf es dem Untier hin mit den Worten: „Da friss dieses! Ich geb‘ es dir, aber lass die übrigen in Ruh!“ Und der Bär packte das Schäfchen mit den Zähnen am Nacken, trug es hurtig davon und kam nicht mehr zum Vorschein. Einige Jahre später ging jener Bauer einmal nach Sitten auf den Jahrmarkt. Da sprach ihn ein Fremder in feinem Rock ganz vertraut an und lud ihn gleich zum Mittagessen ein. Der Zermatter lehnte verwundert ab, der Herr müsse sich in seiner Person irren; er kenne ihn nicht und könne darum auch nicht mit ihm handeln. Allein der freundliche Städter liess sich nicht abweisen, sondern nahm den Widerstrebenden ohne Umstände mit sich nach Hause und bewirtete ihn dort aufs Beste. Eigenhändig schenkte er dem Bauer würzigen Muskateller ein und nötigte ihm ein saftiges Stück Schafbraten auf. Dann hob er sein Glas, um mit ihm anzustossen, und sagte: «Damit Sie’s wissen, mein Freund, ich schulde Ihnen grossen Dank. Vor Jahren lebte ich unter dem argen Zwang, dass ich von Zeit zu Zeit die Gestalt eines Bären annehmen musste, um Menschen und Tiere zu schrecken und zu schädigen. Wenn diese Wut über mich kam, hatte ich umso mehr Freude daran, zu ängstigen, je hitziger man mich verfolgte. Einmal aber ging es anders. Da haben Sie mir aus freien Stücken ein Lamm geschenkt, und damit war der schlimme Zauber gebannt. Ihre Güte hat mich gewandelt. Von der Sucht, Unheil anzurichten, befreit, bin ich ein glücklicher Mensch geworden, und das danke ich Ihnen!»     Quelle: A. Büchli, Schweizer Sagen, 1940, sprachlich leicht gekürzt und bearbeitet Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Bär in der Steinstessi

Source: Der Bär in der Steinstessi

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An der Wengernalp ist der Steinstessigraben. In seinem obern Teil, wo er gegen die Männlichenkette ausläuft, übten sich die Sennen sommerüber seit langem im Steinstossen; deshalb heisst es dort noch heute in der Steinstessi. Auch der Pfarrherr war tätig dabei; es hiess von ihm: Herr David Müsli, im Tale erster Prädikant, Der hat den Stein gestossen mit seiner eignen Hand. In vergangenen Zeiten hauste hier in den grossen, schwarzen Wäldern der Umgebung der leidige Bär und schlug den Bauern ihr Kleinvieh. Die Bergleute gingen dem bösen Raubwild beherzt zu Leibe und verdrängten es selbst aus den hintersten Winkeln der Hochtäler. Der letzte Bär aber, der machte den Berglern arg zu schaffen. Es wurde öfters gesehen, wie er über den Steinstessigraben wechselte. Da soll sich ein Wengenbauer, dem er Vieh geschlagen, ermannt haben, allein dem Untier auf den Leib zu rücken. Man sah ihn nie mehr, und es hiess, der Bär habe ihn in einen Graben geschleudert und irgendwo verschleppt. An der Unglückstätte sollen noch heute zuzeiten ganz unvermittelt Steine in die Tiefe rollen. Nachher sah man jahrelang das braune Zotteltier in der Gegend nicht mehr. Da — man zählte das 1772. oder 73. Jahr — als der Michel Graf am Acher an einem Herbstabend in das Brandmahdweidli seinen Taggewinn melken ging, da war der Kuhbänz zerrissen und bereits aufgefressen vor dem Scheuerlein. Er sah sich um, der Wengenbauer — und — beim Teufelwetter — da war die Spur von Bärentatzen! Dann ging er, nachdem der Gewerb gehirtet und die Stalltüre mit Sparren verrammelt, hinunter nach Wengen, die Sache ruchbar zu machen. Schon vor der nächsten Tagheitri gingen ihrer 37 von Wengen und von Lauterbrunnen zu Jaag auf den braunen Bauernfeind. Sie teilten sich in zwei Rotten, die eine sollte Mettlenalp absuchen, die andere den Gürmschbühl. Die, bei der auch Michel Graf war, stöberte den grossen Zottelbär auf. Als er im alten Wechsel bei der Steinstessi über einen Hag hopsen wollte, traf ihn das Blei von Graf so gut, dass er im Handumdrehen ausgezappelt hatte. Ihrer zwei gingen hinaus nach Wengen, es bekannt zu tun. Das gab am gleichen Tag im Dorf eine fröhliche Ribottete (frohes Fest). Sie legten den toten Braunen auf efeuumkränzte, tannene Latten, setzten den guten Schützen auch darauf, hoben beide auf einige lastgewohnte Schultern, und zwei heitere Musikanten spielten auf zum Siegeszug durch die Gassen. Bis ganz tief in den herbstnächtlichen Mondschein hatte die nachfolgende Füehri (Fest) gedauert. Einer von den puschperen Bärenjägern soll so oft auf den Boden des Glases geguckt haben, dass er auf dem Heimweg seinen Schatten für einen ihn verfolgenden Bären hielt. Er rannte dermassen streng bergauf, dass er bald bis ans Halszäpfli voll Atem war. Als er einsah, er könne den leisen, schwarzen Sohlengänger nicht ab den Fersen tun, da rief er laut: "Su friss mi!" und liess sich erschöpft aufs Wegbord fallen. Das haben sie dem noch nach Jahren öfters über die Nase gerieben. Item, am Tag darauf brachten die Wenger den letzten Bären der Talschaft Lauterbrunnen dem Landvogt hinaus ins Schloss nach Interlaken und bekamen einen schönen, baren Batzen Schussgeld. Kurz darauf sang männiglich im Tal das Bärenlied, von dem aber nur drei Strophen in unser Jahrhundert herübergeklungen: Den Bär, den hat geschossen Der junge Michel Graf, Weil er ihm hat zerrissen Sein allerschönstes Schaf. Er sah die Mannschaft stehen, Am Wykibort wohl guot. Er konnte sich ja denken, s kost ihm sein eigen Bluot. Der Bär, der hat gewogen, Der braune, zottige Hund, Und keiner hat gelogen, Mehr als vierhundert Pfund! Quelle: Hans Michel, Ein Kratten voll Lauterbrunner Sagen. Wengen 1936. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.    


by Der Bärenfaller

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Man erzählt, ein Mann, zwar klein an Geist, aber gross und stark an Körper, sei einst auf eine hochgelegene Bergweide gegangen, um seine Winterschafe zu füttern. Tiefer Schnee bedeckte die Erde und dichter Nebel umhüllte die ganze Gegend; dazu stürmte es furchtbar. Dem Manne ward unheimlich, als er noch zu allem dem das Heulen der Wölfe und das dumpfe Brummen der Bären hörte, die von Hunger getrieben auf Beute herum lauerten. Doch fasste er Mut, auf seine Kräfte vertrauend, und ging vorwärts, um seine lieben Haustiere nicht etwa verhungern zu lasten. Er hatte sein Reiseziel fast erreicht, als aus dem Viehstalle ein grosser Lärm sein Ohr traf; die Schafe blökten angstvoll und die Lämmer schrien zum Erbarmen. Im Flug ist der Mann zur Hütte; aber o Schrecken! Die Stalltüre ist eingeschlagen und ein Bär eingebrochen, der unter seiner Herde schonungslos niederschlägt und grausam würgt. Dem entsetzten Bergmanne entschlüpfte unter der offenen Türe ein donnerndes «Holla» in den Stall hinein; der Bär liess sich aber auch nicht zwei Mal rufen und hoch aufbäumend wollte er sich auf den ungelegenen Störefried werfen, als dieser mit den Worten «Oho Schurke! willst du von Arm! ich will auch von Arm!» ihn mit offenen Armen um die Brust erfasste, fest an sich klammerte und seinen Hals mit starker Stirne so kräftig liebkoste, dass derselbe mit Rachen und Tatzen nur noch die Luft zu beissen und zu peitschen vermochte. Ein gewaltiger Krafttanz ward nun unvermeidlich; — die Gegner hatten zu gesunde Füsse und zu feurigen Mut. Natürlich führte der Tummeltanz bergab — und immer mehr bergab, bis beide in einen Abgrund stürzten, wo der Schwerere — der Bär — voran, zuerst auffiel und Beine, Rücken und Genick zerbrach. — Der mutige Bergmann und seine Familie waren fortan "Bärenfaller" geheissen. (erzählt von Herrn Kaplan Mooser)   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch  


by Der Bärenpfad

Source: Der Bärenpfad

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Einst hauste im Kientale ein Bär, welcher unter den Herden grossen Schaden anrichtete. Da stieg ein beherzter Mann namens Peter Zahler mit einer alten Hellebarde das Tal hinauf, um dem Untier auf den Leib zu rücken. Wütend kam ihm der Bär von einer Anhöhe entgegen. Zahler stellte sich gegen eine Tanne und streckte dem Bären seine Waffe entgegen. Dieser aber rannte mit solch heftigem Anprall in diese hinein, dass durch die Wucht des Stosses der Schaft auch des Mannes Leib durchbohrte. Tot fielen beide Kämpfer darnieder. An der Stelle der Tat war noch lange hernach eine Tafel zu sehen, die den Mut Zahler pries. Noch heute wird der Bergweg, an welchem sich das Unglück ereignete, "Bärenpfad" genannt. Ein Senne kam einst über den Bärenpfad zu Tal. Unterwegs tauchte plötzlich ein Bär vor ihm auf. Ein Ausweichen gab es nicht, der Pfad war schmal, der Abgrund tief; der Senne aber, rasch bereit, umfasst mit starkem Arm das Ungeheuer, als gelte es einen Wettkampf; und weil es immerhin noch angenehmer sein muss, plötzlich zu sterben als langsam aufgefressen zu werden, so drängt der Senne nach dem Abgrund hin, bis Mensch und Tier in schwerem Fall hinunterstürzen. Der Bär, infolge seiner grossen Schwere, schlägt zuerst am Boden auf, der Senne aber kommt auf ihn zu liegen und wird gerettet. Dieses Ereignis soll dem Bergsteig vom Tschingelgrund nach Gorneren den Namen gegeben haben. Der Bärentritt, ein schmaler Übergang auf Dündenalp, lässt ebenfalls auf die Ansiedlung des Berner Wappentiers in diesem Tale schliessen. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Bärenprinz

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Ein Kaufmann wollte einmal auf den Markt gehen; da fragte er seine drei Töchter, was er ihnen nach Hause bringen sollte. Die Älteste sagte: »Ich möchte Perlen und Edelsteine.« »Mir«, sagte die mittlere, »kannst du ein himmelblaues Kleid kaufen.« Die jüngste aber sprach: »Auf der Welt wäre mir nichts lieber als eine Traube.« Als nun der Kaufmann auf den Markt kam, da sah er bald Perlen und Edelsteine, so viel er nur wollte; und auch ein himmelblaues Kleid hatte er bald gekauft; aber eine Traube, die konnte er auf dem ganzen Markt nirgends finden. Da war er sehr betrübt; denn gerade die jüngste Tochter hatte er am liebsten. Als er nun so in Gedanken nach Hause ging, trat ihm ein kleines Männchen in den Weg, das fragte ihn: »Was bist du so traurig?« »Ach«, antwortete der Kaufmann, »ich sollte meiner jüngsten Tochter eine Traube heimbringen, und nun hab ich auf dem ganzen Markt keine gefunden.« Sagte das Männchen: »Geh nur ein paar Schritte dort die Wiesen hinunter, dann kommst du zu einem grossen Weinberg; da ist freilich ein weißer Bär drin, der wird garstig brummen, wenn du kommst; aber lass dich nur nicht erschrecken, die Traube kriegst du doch.« Nun ging der Kaufmann die Wiese hinunter, und da geschah es, wie das Männchen gesagt hatte. Ein weißer Bär hielt die Wache vor dem Weinberg und brummte dem Kaufmann schon von weitem entgegen: »Was willst du hier?« »Sei so gut«, sagte der Kaufmann, »und lass mich eine Traube nehmen für meine jüngste Tochter, nur eine einzige.« »Die bekommst du nicht«, sagte der Bär, »oder du versprichst mir, dass du mir zu eigen gibst, was dir zuerst begegnet, wenn du nach Haus kommst.« Der Kaufmann besann sich nicht lange und sagte es dem Bären zu; da durfte er die Traube nehmen und machte sich vergnügt auf den Heimweg. Als er nun nach Hause kam, sprang ihm die jüngste Tochter entgegen, denn sie hatte am meisten lange Zeit nach ihm gehabt und konnte es kaum erwarten, bis sie ihn sah; und als sie die Traube in seiner Hand erblickte, da fiel sie ihm um den Hals und konnte sich vor Freude nicht fassen. Aber jetzt wurde der Vater erst recht traurig und durfte doch nicht sagen warum; alle Tage erwartete er, dass der weiße Bär kommen und sein liebstes Kind von ihm fordern würde. Und als gerade ein Jahr vergangen war, seit er die Traube aus dem Weinberg geholt hatte, da trabte der Bär wirklich daher, stellte sich vor den erschrockenen Kaufmann hin und sagte: »Nun gibst du mir, was dir zuerst begegnete, als du nach Hause kamst; oder ich fresse dich.« Der Kaufmann hatte aber doch nicht alle Besinnung verloren, sondern sagte: »Da, nimm meinen Hund, der ist gleich aus der Tür gesprungen, als er mich kommen sah.« Der Bär aber fing an laut zu brummen und sagte: »Der ist nicht das Rechte; wenn du mir dein Versprechen nicht erfüllst, so fress ich dich.« Da sagte der Kaufmann: »Nun denn, so nimm da den Apfelbaum vor dem Haus, der ist mir zuerst begegnet.« Aber der Bär brummte noch stärker und sagte: »Das ist nicht das Rechte; wenn du mir nicht gleich dein Versprechen erfüllst, so fress ich dich.« Nun half nichts mehr; der Kaufmann musste seine jüngste Tochter hergeben; und als sie herbeikam, fuhr eben eine Kutsche vor; da hinein führte sie der Bär und setzte sich neben sie, und fort ging's. Nach einer Weile hielt die Kutsche in einem Schlosshof und der Bär führte die Tochter in das Schloss hinauf und bewillkommte sie. Hier, sagte er, sei er zu Haus, und sie sei von jetzt an seine Gemahlin; und alles Liebe und Gute, was er ihr nur an den Augen absah, tat er ihr, so dass sie mit der Zeit gar nicht mehr daran dachte, dass ihr Gemahl ein Bär sei. Nur zweierlei nahm sie immerfort wunder: Warum der Bär des Nachts kein Licht leiden wollte und immer so kalt anzufühlen war. Als sie nun eine Zeitlang bei ihm gewohnt hatte, fragte er sie; »Weißt du, wie lang du schon hier bist?« »Nein«, sagte sie, »ich habe noch gar nicht an die Zeit gedacht.« »Desto besser«, sagte der Bär, »nun ist's aber gerade ein Jahr; darum rüste dich zur Reise, denn wir müssen deinen Vater wieder einmal besuchen.« Das tat sie mit großen Freuden; und als sie zu dem Vater kam, so erzählte sie ihm ihr ganzes Leben im Schloss. Wie sie aber hernach wieder von ihm Abschied nahm, steckte er ihr heimlich Zündhölzchen zu, dass es der Bär nicht sehen sollte. Der hatte es jedoch im Augenblick gesehen und brummte zornig: »Wenn du das nicht bleiben lässt, so fress ich dich.« Dann nahm er seine Gemahlin wieder mit sich auf das Schloss und da lebten sie wieder zusammen wie vorher. Nach einiger Zeit sagte der Bär: »Weißt du, wie lang du schon hier bist?« »Nein«, sagte sie, »ich spüre gar nichts von der Zeit.« »Desto besser«, sagte der Bär; »du bist nun gerade zwei Jahre hier; darum rüste dich zur Reise, es ist Zeit, dass wir deinen Vater wieder einmal besuchen.« Das tat sie wieder, und es ging alles wie das erste Mal. Als sie aber noch zum dritten Mal bei ihrem Vater auf Besuch war, übersah es der Bär, dass ihr Vater ihr heimlich Zündhölzchen zugesteckt hatte; und wie sie nun zusammen wieder in das Schloss zurückgekehrt waren, so konnte sie es kaum erwarten, bis es Nacht war und der Bär neben ihr im Bette schlief. Leise zündete sie ein Licht an, und da erschrak sie vor lauter Verwunderung und Freude; denn neben ihr lag ein schöner Jüngling mit einer goldenen Krone auf dem Haupte; der lächelte sie an und sagte: »Schönsten Dank, dass du mich erlöst hast; du warst die Gemahlin eines verwünschten Prinzen; jetzt wollen wir erst recht unsere Hochzeit feiern; denn jetzt bin ich der König dieses Landes.« Alsbald wurde das ganze Schloss lebendig; von allen Seiten kamen die Diener und Kammerherren herbei und wünschten dem Herrn König und der Frau Königin Glück. Quelle: Otto Sutermeister, Kinder- und Hausmärchen aus der Schweiz, Aargau 1869(Mündl.Ueberiieferung,)       Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Bärensohn

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Es gingen einmal ein Bauer und seine Frau auf das Feld, um das Heu zu sammeln. Am Rande des Waldes legte die Frau ein Körbchen nieder, in welchem ein gesundes Knäblein schlief, und ging ihrer Arbeit nach. Als es gegen Abend ging, kam die Mutter wieder und wollte ihr Kind holen; aber es war nirgends zu finden. In der Angst ihres Herzens lief die arme Frau zu ihrem Manne  und erzählte ihm, was geschehen. Der Bauer aber sprach ganz ruhig: »Den Buben hat der Bär geholt, den finden wir nimmer.« Die Beiden suchten zwar den Wald die Kreuz und die Quere aus, aber ohne Erfolg und gingen betrübt nach Hause. Das Knäbchen hatte aber wirklich der Bär geholt, oder vielmehr die Bärin, die den armen Wurm sorgfältig säugte und pflegte. Nach fünf Jahren führte die Bärenmutter den Knaben zu einer mächtigen Tanne und hieß ihn den Baum aus der Erde herausreißen. Das ging aber über die Kräfte des Buben, der wieder der Bärin folgen mußte, die ihn neuerdings säugte und pflegte. Als abermals fünf Jahre verflossen waren, sollte der Knabe wieder die Tanne entwurzeln; allein es ging wieder nicht. Als er aber zwanzig Jahre alt wurde, da riß der Bärensohn die stärkste Waldtanne, als wenn sie ein Strohhalm wäre, samt den Wurzeln aus dem Boden heraus. Da lachte die Bärin, daß es im Forste wiederhallte und sagte zu dem Knaben, er möchte jetzt nach Hause gehen und seine Eltern aufsuchen. Das tat der junge Mann. Im Vaterhause angekommen, fragte er die Mutter, die am Herde saß und ihn nicht erkannte, ob sie nicht etwas habe, um seinen Hunger zu stillen. Auf die bejahende Antwort ging der Starke in die Brotkammer und verzehrte den ganzen reichen Brotdvorrat. Um seinen Durst zu löschen, stieg er hinab in den Keller, faßte das größte Stückfaß mit den Händen, brachte das Spundloch an den Mund und leerte den gewaltigen Inhalt in einem Zuge aus. Darob erschrack die gute Frau und gab dem Manne zu verstehen, daß sie einen solchen Gast nicht im Hause brauchen könne. Da schwoll dem jungen Manne die Zornader an der Stirne; er stieg hinauf auf die höchsten Berggipfel und kam mit Gemsen schwer beladen in die Hütte seiner Eltern zurück. Das sei der Lohn für das Empfangene, sprach der Unheimliche und ging grollend von dannen, ohne sich zu erkennen zu geben. In einem fernen Lande verdingte er sich als Knecht und verlangte von seinem Herrn keinen andern Lohn als den, nach abgelaufenem Dienstjahre dem Brotherrn Streiche versetzen zu dürfen. Damit war der reiche Bauer wohl zufrieden, denn er kannte die Stärke seines neuen Knechtes nicht. Als er aber sah, wie sein Dienstmann mit einem einzigen Faustschlag den stärksten Ochsen niederwarf, da faßte ihn ein geheimer Schauer, und er beschloß bei sich selbst, den Knecht mit übermenschlichen Arbeiten zu erdrücken. So sandte der Bauer den Bärensohn in die Hölle, um dort gemahlenes Mehl in Empfang zu nehmen, und gab ihm eine ganze Ladung Säcke mit. Der Knecht aber lachte höhnisch auf, schlug zwei Ochsen nieder, zog ihnen die Haut ab, nähte sie zusammen und stieg getrost hinab in den Höllenschlund. Dort stieß er auf eine Schar von gehörnten Unholden und brachte diesen sein Anliegen vor. Da lachten die Teufel ob dem dummen Gesellen und sagten ihm, sie hätten kein Mehl bereit für seinen Herrn. Aber der Starke verstand keinen Spaß und ließ seine Faust so lange auf die Schädel der Teufel niederfallen, bis sie ihm das Gewünschte herbeiholten. Damit belastet, kam er zu seinem Herrn zurück und gab ihm den Rat, für die Zukunft sich eine bequemere Mühle aufzusuchen. Dem Dienstherrn ward es dabei immer unheimlicher, und er schickte den Knecht zum zweiten Mal in die Hölle, um vom Belzebub die Zinse seiner Kapitalien zu erheben, in der Hoffnung, auf diesem Wege vom Bärensohn auf immer befreit zu werden. Er aber ging und kam mit dem Geld, und da das Dienstjahr just herum war, versetzte er dem Bauer einen Stoß, daß der sieben Meilen weit wegflog. Das ist die Geschichte vom Bärensohn. Quelle: Dietrich Jecklin: Volkstümliches aus Graubünden, 3 Teile, Zürich 1874, in Campodials bei Somvix erzählt. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der barmherzig Chinig

Source: Der barmherzig Chinig

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Z Natersch he ni g'heru erzelu, es heigi e mal ufer Belalpu e Chinig mit schiner jungu Techter g'wonnt. Es Tagsch hei diz Jungi nit g'wissu was tuo und si uf'um Hubul ga du Berg abloze. Da hei's z'Blattu innu Mattu g'se Lit umha ga, Veh hietu, wässeru, meju, zettu und heiwu. Da hei's g'meint, das si Chinnupuppe, ischt darum en bri gangu und het all's z'sämu ins Vorschuss g'fassud. De heimu het sus dum Vater gezeicht und g'seit: »G'sich welli hibschi Puppe heni da en bri g'funnu; di sind läbundi und springund selber umba.» Der Chinig ist aber uber schi Techter bes wordu und het dra gri g'seit: «Plag do di armu chleinu Lit nit so, di tient fir isch arbeitu und schwizu; — träg schi nummu rez e mab.» Däschi het si d's Töchterli verwunnrut und het di Puppe e mab getreit. So hent di guotu Lit ihru Arbeit mannerscht chennu fortsezu.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Baron im Eich

Source: Der Baron im Eich

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Mitten in steilen Felsen und hängenden Bergwänden liegt unter Zeneggen im Nord-Ost das fast öde und wenig besorgte Fleckchen "im Eich", welches wohl wenige der Sterblichen gesehen und wegen seiner vollen Abgeschlossenheit noch wenigere betreten haben. Nur im Spätsommer 1868, wo die Wut der Vispe ihre vielhundertjährigen Dämme durchbrochen, die Bürgschaft Visp zum Teil eingerissen und die ganze Grundfläche so unter Wasser gesetzt hatte, dass aller Verkehr zwischen dem rechten und linken Vispenufer auf mehrere Wochen völlig abgeschnitten wurde, erhielt das in Felsen wohl eingemauerte Eich unwillkürliche Besuche von vornehmen Pariser-Herren und eleganten Engländer-Damen, die auf einem mehr als dreistündigen mühevollen Umwege dort in struppigen Gesträuchen ihre weiten Kleider bürsteten und auf steinigen Ziegenpfaden mit langen Stöcken in der Hand, sehr bedächtig und behutsam ihre zarten Schuhe auf eine harte Probe stellten. Das war aber nicht immer so. Die Sage erzählt, dass ehemals viele Barone mit Dienerschaft, weiten Mänteln und Seitendegen aus der Hübschburg ob Visp und anderen Gegenden nach Visp zur Pfarrkirche gekommen seien. Einer dieser Barone hauste im Eich. Diese Herren schienen in Visp viel zu gelten, denn der Sigrist hatte den gemessenen Befehl, nicht eher zum Gottesdienste zu läuten, als er selbe würde herabsteigen und herankommen sehen. — Möglich, dass in Zeiten, wo die vornehme Welt das Flachland floh und gerne auf Hügeln und in unzugänglichen Felsen nistete, auch im Eich und in andern Felsburgen reiche Herren mit ihren Familien vor feindlichen Überfällen sich sicherstellen wollten.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Baron von Regensberg und sein Hausgeist

Source: Der Baron von Regensberg und sein Hausgeist

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Gegen das Jahr 1328 lebte am Zürichsee auf dem nicht weit von dem Dorfe Küsnacht gelegenen Schlosse Balb, dessen Ruinen noch heutigen Tages zu sehen sind, ein Baron von Regensberg, welcher in heiligen und weltlichen Dingen sehr bewandert war und ihrem Studium in einem der Türme seines Schlosses obzuliegen Pflegte. Dieser Turm wurde aber auch häufig von einem gewissen Hausgeist besucht, welcher die Bewohner des Schlosses so in Schrecken setzte, dass außer dem Herrn niemand den Turm zu betreten wagte. Dieser aber fürchtete den Dämon nicht im geringsten und studierte ohne Unterlass an diesem Ort. Der Geist erschien ihm gewöhnlich in der Tracht eines Weltpriesters mehrmals des Tages und des Nachts, setzte sich neben ihn und unterhielt sich oftmals sehr lang mit ihm, indem er sich über die Art und Weise seiner Studien unterrichtete. Niemals fügte er ihm das geringste Leid zu. So lebten sie lange Zeit in gutem Einvernehmen mit einander und der Baron hätte von dem Geiste Vieles lernen können, wenn er ihn nur darnach hätte fragen wollen. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Basilisk

Source: Der Basilisk

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Nach der Baseler Sage ist der Basilisk (Baselist) die Frucht der Begattung eines Hahns mit einer Schlange. Er ist im Wappen des Kantons Basel. Im Jahre 1474 fiel eine Sentenz des Senats zu Basel, nach welcher ein Hahn verurteilt wurde, als ein Hexenmeister verbrannt zu werden, weil er ein Ei gelegt. Dieses ward ebenfalls ins Feuer geworfen. Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Basilisk von Basel

Source: Der Basilisk von Basel

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In uralten Zeiten lebten überall auf der Welt noch viele Drachen. Manche waren gutmütig, frassen nur Pflanzen, Früchte und Wurzeln und taten niemandem etwas zuleide. Es gab aber auch gefährliche Drachen und giftige Lindwürmer. Sie raubten schöne Jungfrauen und schleppten sie in ihre Höhlen, spien Feuer, frassen alles, was sie erwischen konnten und verwüsteten ganze Länder. Einer der gefährlichsten Drachen war der Basilisk. Er war zwar nicht sehr gross, aber ein grässliches Untier. Auf dem Kopf trug er einen Hahnenkamm. Er hatte den geflügelten Leib eines Drachen und einen langen, schlangenartigen Schwanz. Seine dicken, kräftigen Hinterbeine waren mit scharfen, gebogenen Krallen versehen. Auf seinen starken Hinterbeinen konnte der Basilisk schneller rennen als jedes andere Tier. Er flitzte auch über Teiche und Bäche, ohne einzusinken. Sein Atem war so giftig, dass in seiner Umgebung alle Pflanzen verdorrten. Sein stechend böser Blick tötete jeden, der ihm in die Augen sah. Diese gespenstischen Tiere schlüpften aus schwarzen Eiern, die von schwarzen Hähnen gelegt und auf Schlangen- und Krötenmist ausgebrütet wurden. Alle Leute, die einen schwarzen Hahn besassen, mussten darum sehr gut auf ihn aufpassen. Unweit von Basel, in der Gegend des heutigen Allschwiler Waldes, lebte einst ein so scheusslicher, unheimlicher Basilisk. Immer wieder wurden Jäger, Beerenfrauen, Pilzsammler und Wanderer im Wald tot aufgefunden, und niemand wusste, wie sie umgekommen waren. Es herrschte Angst und Trauer im Lande. Eines Tages entdeckte eine alte Frau beim Pilzsuchen den gefährlichen Basilisken. Sie beobachtete gerade einen Hasen, der am Eingang einer Erdhöhle herumschnupperte, als plötzlich der Drache aus dem Loch hervor schoss. Er sah dem Hasen mit seinem tödlichen Blick in die Augen. Wie vom Blitz getroffen fiel das arme Tierchen um und war tot. Die alte Frau erzählte überall, was sie gesehen hatte. Es wurde beschlossen, das mörderische Ungeheuer zu fangen und zu töten. Damals lebten in einem kleinen Bauerndorf nahe beim Allschwilerwald zwei mutige Brüder namens Wunibald und Wenzeslaus. Sie nahmen sich vor, den Basilisken unschädlich zu machen. Das war eine schwierige und gefährliche Aufgabe. Zunächst warf Wenzeslaus ein Netz über das Erdloch. Aber der Basilisk zerriss das Netz mit seinen scharfen Krallen. Dann verstopfte Wunibald den Höhleneingang mit Erde und Moos. Doch kaum war die Sonne aufgegangen, sahen die Brüder aus ihrem Versteck, wie der Drache mit einer Moosmütze aus seinem Unterschlupf auftauchte. Die Brüder berieten sich untereinander. «Wir müssen das Erdloch zumauern», sagte Wenzeslaus. So machten sie sich ans Werk. Es war eine harte Arbeit. Damals gab es ja noch keine Zement und keine Baumaschinen. Wenzeslaus und Wunibald mussten eine Art Ofen bauen und darin Kalksteine über einem starken Feuer so lange erhitzen, bis man sie zu Staub zerreiben konnte. Diesen Kalkstaub vermischten sie mit Wasser, mauerten damit das Loch zu und warteten, bis der Kalk ganz hart geworden war. Sie seufzten erleichtert auf. «So, jetzt kann der giftige Kerl für immer und ewig da drinnen bleiben.» Aber schon nach wenigen Tagen wurde wieder ein Pilzmannli tot im Wald liegend aufgefunden. Der Basilisk hatte sich einfach einen neuen Ausgang gegraben. Wunibald und Wenzeslaus aber gaben nicht auf. Sie schliefen kaum noch, beratschlagten hin und her und überlegten Tag und Nacht, wie sie dem Untier den Garaus machen könnten. Einmal, mitten in der Nacht, sprang Wenzeslaus aus dem Bett, rüttelte seinen Bruder wach und rief: «Ich hab’s – wir brauchen einen Spiegel!» So gingen die beiden in aller Herrgottsfrühe zu einem Glasmacher und bestellten einen grossen Spiegel. Sie trugen ihn in den Wald, stellten ihn vor dem neuen Erdloch des Basilisken auf und versteckten sich hinter einer riesigen Eiche. Viele Stunden warteten sie. Endlich hörten sie ein Scharren, Kratzen und Schnauben – der Basilisk kletterte aus seiner Erdhöhle, stand auf seinen dicken Hinterbeinen aufrecht vor dem Spiegel – blickte sich selber in die stechenden Augen, fiel um und war mausetot. Das Land war nun von dem gefährlichen Basilisken befreit. Alle freuten sich und feierten ein grosses Fest. Heute können wir wieder ruhig im Allschwilerwald herumwandern. Basilisken gibt es nur noch als Brunnenfiguren und als Basler Wappentiere. So sind sie natürlich nicht gefährlich, und als Brunnenfiguren sehen sie sogar ausgesprochen hübsch aus.   Quelle: Schweizer Märchen, bearbeitet nach der Fassung von Trudi Gerster von Verena Jenny.        Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Batzibitzili

Source: Der Batzibitzili

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Unweit Menzingen im Zugerland lag einst ein einsamer Hof, abseits der Landstraße. Darauf lebten Bruder und Schwester, die früh die Eltern verloren, arm und kümmerlich, aber glücklich und zufrieden mit dem Wenigen, das sie hatten, bis ihre einzige Kuh, ihr liebes Bruneli eines Tages krank wurde. Da stand das arme Tier ganz still im Stall, sah die beiden allemal mit traurigen Augen an, wenn sie es besorgen kamen, und litt stumm große Schmerzen. Das Mädchen ging auf die Matten hinaus und den Hang hinauf dem Walde zu, um ein Heilkraut zu suchen. Da stand aufs Mal, wie aus dem Boden geschossen, ein Härdmandli vor ihm, nicht größer als ein dreijähriges Kind, und hatte ein Wämslein an von Hasenfellen und ein spitzig Hütlein auf dem Kopf, grün wie Moos. Sein Gesicht war braun und schrundig wie Baumrinde und sein Bart struppig wie Tannenreis. Freundlich äugte es mit seinen beerenschwarzen Äuglein zu dem Mädchen hinauf und sagte: «Ja gelt, ich weiß schon, was du suchst, aber du wirst das Rechte nicht finden. Ich will dir aber helfen.» Und damit zog es ein Bündel ausgesuchter Heilkräuter aus dem Sack und reichte es dem Mädchen. «Gib deinem Kuehli jeden Tag ein Zweiglein davon, dann wird es bald gesunden.» Das Mädchen war so erschrocken, dass es gar schier vergessen hätte, dem Mandli zu danken. Dann sprang es eilends heim und rief schon von weitem: «Hoho, Bruneli, hier sind Kräutli vom Härdmandli. Jetzt kann's nicht mehr fehlen!» Und die gute Kuh wandte den Kopf und muhte. Nach drei Tagen war das Tier zur Freude der Geschwister wieder gesund und munter. Seit jenem Tag aber, wenn abends das Mädchen Wasser vom Brunnen im Hofe holen ging, saß jetzt immer das Mandli da, und sie plauderten miteinander, das Mandli und das Mädchen, und wurden bald vertraute Freunde. Um den Haushalt der Geschwister aber war es karg bestellt, und manchen Tag mussten sie sich abends hungrig zu Bett legen. Das merkte das Härdmandli, und eines Abends sprach es zu dem Mädchen: «Versprich mir, mich immer lieb zu haben, und ich will dir etwas schenken, dass ihr künftig nie keinen Hunger mehr leidet.» Das versprach das Mädchen gern, denn der lustige Wicht gefiel ihm gut. Da nahm das Mandli aus seinem Sack ein rundes goldgelbes Käslein. «Dies Käslein esset allemal nur zu drei Vierteln auf. Dann wird es niemals zu Ende gehen. Aber nur ihr selber dürft davon essen und niemand sonst etwas davon geben noch davon sagen!» Ja, das war nun ein Käslein, sag ich euch, ein Käslein, so zart und fein, wie Nidel, es verging einem grad auf der Zunge, und schmecken tat's, dergleichen hatten die Geschwister ihrer Lebtag noch nie gekostet. Und alle Morgen war es wieder voll und rund. Das war nun alles gut und recht und ging so eine Zeit, bis der Bruder einmal im Vergeß einem Gast das Wunderkäslein rühmte und ihm dann zu kosten gab. Da ging es mit diesem Käslein, wie mit allem Käse, man schnitt davon ab, und schließlich war er weg. Nun aber kam das Gut der Geschwister bis übers Dach in Schulden, die mussten bezahlt werden, und die Gläubiger drängten. Aber es war kein voriger Batzen im Haus, und da sollte der Hof samt dem Bruneli, der Geiß und den Hühnern und allem Hausrat und Gschirr vergantet werden. Am Abend vorher sagte das Mädchen traurig zu dem Härdmandli, das es wie gewohnt am Brunnen erwartete: «Heut ist's wohl das letzte Mal, dass wir einander sehen. Morgen wird unser Hof verkauft, und ich muss nun in der Stadt einen Dienst suchen, und der Josi geht sich als Knecht verdingen.» «Nur gemach, liebe Jungfer», sprach da das Mandli, «wenn du nur willst, könnt ihr den Hof behalten, und du brauchst nicht in die Stadt gehen als Magd: Wird meine Frau, dann sollst du so viel Geld bekommen, dass dein Bruder die Schulden bezahlen kann.» Dem guten Mädchen ward bei diesen Worten heiß und kalt, und ohne sich zu bedenken sagte es, ja, und willigte ein, denn Verstand und Nachgedank kommt nicht vor den Jahren. Das Mandli schaffte alsbald einen großen Sack voll Geld zur Stelle, und alle Not war behoben. Die Geschwister wussten sich vor Freude nicht zu fassen und zu lassen. Das Mandli aber sagte: «Nun, Dorli, halt dich bereit, in drei Wochen soll die Hochzeit sein!» Aber versprechen ist eins und halten ein anderes. Wie nun aber ein Tag um den andern verging und der Hochzeitstag näher rückte, da ward dem Mädchen nachgerade denn doch bang und bänger, und es fiel ihm bleischwer aufs Herz. Wohl war es dem Mandli von Herzen dankbar, und es mochte es recht gut leiden, aber es hatte nicht bedacht, dass es mit ihm gehen müsse und in einer Erdhöhle wohnen. Auch fiel ihm ein, wie andere Mädchen mit schönen stattlichen Burschen Hochzeit machten, und sie sollte die Frau dieses kleinen knorzigen Pfoders werden! Nein, das deuchte es nun doch noch ärger, als von Haus und Hof gehen und bei fremden Leuten als Magd das Brot verdienen. Aber was tun? Es war dem Mandli versprochen. Da beschloss es, ihm zu sagen, wie es ihm uns Herz wäre, denn gezwungene Eh - des Herzens Weh. Und am nächsten Abend tat sie's. Das Mandli aber wollte ihr das Wort nicht zurückgeben, denn es freute sich schon lange darauf, wenn das schöne Menschenkind erst ganz bei ihm im Hause wäre und ihm kochen und es liebkosen würde. Aber wie es sah, dass ihm die Tränen kamen und es nur immer heftiger bat, es doch bei seinem Bruder zu lassen, da sprach es: «Dein Wort kann ich dir so wenig zurückgeben, als das Wasser im Bach wieder bergauf fließt. Aber wenn du noch vor der Hochzeit meinen Namen errätst, dann sollst du frei sein.» Nun riet das Mädchen hin und her: Heißest du Gickigäcki? oder Gragörli? oder Zwitzizwätzi? oder Muggistutz? Aber das Mandli lachte nur und schüttelte sich, dass die Hasenfellchen flogen: «Nein, so heiß ich nicht, nein so heiß ich nicht!» Und so blieb es bei der Abrede. Das Mädchen lief nach Hause und besann sich auf alle Namen, die es je gehört, so dass es die ganze Nacht nicht schlafen konnte, und ganz wirr wurde im Kopf, und am andern Morgen ging es ganz verzweifelt zu seiner Gotte. Die wohnte weit oben am Berg, und war schon uralt und über alles klug. Alle alten Frauen sind klug, aber die war so klug, wie ihrer zehne zusammen. Sie riet dem Mädchen, es solle dem Mandli nachschleichen in seine Behausung und es dort belauschen, dann werde es seinen Namen gewiss erfahren. Am Abend vor dem Hochzeitstag huschte das Mädchen dem Mandli auf leisen Sohlen nach in den Wald. Plötzlich schlüpfte der Hock unter einen Tannengrotz und durch eine Spalte in den Berg. Das Mädchen ihm nach. Das Mandli tat eine Tür auf und machte sie hinter sich zu. Das Mädchen kauerte draußen nieder und schaute durchs Schlüsselloch. Da blickte es in eine munzig kleine saubere Küche mit einem kleinen Herd samt Pfannen und Töpfen und Geräten, alles blitzblank geputzt, und es sah wohl: statt aus Kupfer und verzinnt war alles von Gold und versilbert. Das Mandli machte ein Feuer an, tat Butter in ein Pfännlein und begann zu kochen. Dabei sprach und hüpfte es wie närrisch vor dem Herde hin und her, klatschte in die Hände und sang: «Hüt choch i no mys Müesli allei Morn chunt mer d'Brut is Hüsli hei. O wie guet, daß sie nit weiß, Daß ich Batzibitzili heiß!» Da hatte das Mädchen genug gehört, und es sprang heim, so geschwind wie der Wind. Und als am andern Morgen das Mandli im Hochzeitsstaat erschien, um die Braut heimzuholen, da sah sie zum Fenster heraus und rief: «Gang hei, gang hei, liebs Mandli, Schlüf gschwind, gschwind hinder's Tandli, Koch der dys Müesli nur allei, D'Brut chunt der nit is Hüsli hei. Vor dir in gueter Rueh ich bi, Du heißisch Batzibitzili!» Ja, da war nun die Hochzeit aus, ehe sie angefangen. Das Härdmandli aber ward so böse, dass es auf dem Fuß kehrt machte und geradeswegs in den Wald lief, ohne ein Wort zu sagen. Und kein Mensch hat es je wieder gesehen, das könnt ihr gewisslich glauben.   Quelle: Schweizer Märchen, Sagen und Fenggengeschichten, hrg. von Curt Englert-Faye, Zbinden Verlag  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Bau der Kinbrücke

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Wer von Stalden nach dem Saaser- oder Zermattertal will, muss die alte Brücke bewundern, die in kühnem Bogen die Zermattervispe überspannt. Wieviel Arbeit und Geld diese Brücke kostete, sehen wir daraus, dass man beim Bauen Eier ins Pflaster mischte, damit die Mauer ja fest werde. Weil man wenig Geld besass, wurden die Arbeiter statt mit Geld auch mit andern Wertsachen entlöhnt; man ging so weit, dass jeder Arbeiter am Abend entweder einen Batzen oder ein Fischel Korn nehmen konnte. Schliesslich gingen auch die Batzen und das Korn aus und man hätte die Arbeit einstellen müssen, wenn nicht ein Wahrsager gewusst hätte, in der sogenannten Blattmatte, etwa fünf Minuten unterhalb Törbel, lägen zehn Pfund nach altem Walliser Wert auf einem Haufen. Sofort wurde danach gesucht, und als man die zehn Pfund gefunden hatte, konnte die Brücke fertig gebaut werden. STALDEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Bauer Riesli

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Rüssli und Riesli nennt man im Lande die letzten und kleinsten Verzweigungen der künstlich angelegten Wassergräben, durch die das befruchtende Wasser über Wiesen und Matten hingeleitet wird. Eben so nannte man schimpfweise einen Dätwiler-Bauern, der bei dieser landwirthschaftlichen Arbeit sich nie genug thun konnte und es mit den nachbarlichen Grenzgräben, die man Eh-Riesli nennt, gar nicht genau nahm. Der Name passte auch noch deshalb besonders auf ihn, weil er mit seinem Eheweibe in stetem Unfrieden lebte und immer neue Ursachen zu finden wusste, sich mit ihr herum zu zanken. Zuletzt, da er einmal in ärgerlicher Stimmung von Baden heimkehrte und wieder von dem losen Maule der Frau übel empfangen wurde, brachte er das Weib um und erhieng sich selbst. Sobald man nun seine Leiche aus dem Hause trug, schoss ein grosser schwarzer Vogel mit heraus und schwebte den nahen Weihern zu, welche zwischen Dätwil und der Stadt Baden liegen. Sogleich fiengen die Wellen an, unruhig zu werden, und wenn diese nun sich trüben, so meint das Volk noch, dies thue Riesli. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Bauer, der am Sonntag eine Tanne gefällt hat

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Im Aargau ist es der Bauer zu Hornußen, der am Sonntag eine Tanne gefällt hat. Beim Heimgehen begegnete ihm unser Herrgott und ließ ihm die Strafwahl, entweder ewig in der Sonne zu schwitzen oder im Monde zu frieren. Er ging in den Mond und trägt nun, um anfeuern zu können, seine gestohlene Reiswelle auf dem Rücken heim.  I. L. Schnider (Entlebucher Geschichte. Luzern 1782, 2, 45.) Quelle: E. L. Rochholz, Naturmythen. Neue Schweizer Sagen, Leipzig  1862. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch  


by Der Bauer, der nie genug werken konnte

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In Gimmelwald lebte ein Bauer, der war ein recht unvernünftiger Werkteufel. Er arbeitete nicht nur von einem Sternenschein in den andern, sondern auch die halben Nächte hindurch. Wenn er nicht werken konnte bis zu mitternächtlicher Stund, so brach es ihm schier den Schlaf. Einst, als es schon längst Schlafenszeit war, trug er Holz durch einen stockfinsteren Tannenwald. Auf einmal, er war kaum eine Stubenlänge von der Beige fort, da merkte er, dass ihm ein Mann auf den Fersen war; er fühlte, der ist lang, dürr, und es gibt kein Entrinnen. So unvermittelt, mit einem jähen Ruck, riss der Lange ihm die schwere Bürde vom Rücken, dass er auf die Nase fiel. Das Blut gerann ihm in den Adern, er brachte kein Wort hervor, es war, als ob der Schlag ihn auf die Rede getroffen. Der Gimmelwalder hörte noch, wie hinter ihm seine Tannasttregi mit hartem Krach auf die Beige zurückgeworfen wurde. Dann aber hatte er des Hasen Schuhe an, in einem Hui rannte er haarscharf an den brandschwarzen Hochstämmen vorbei, durch das Unterholz hindurch, dass Knöpfe und Nähte am braunen Halbleinrock sprangen — über Stock und Stein heimzu. Der Dürre, Lange schien immer noch nach ihm zu greifen; den jähen Ruck im Rücken spürte er noch nach Wochen. Der Bauer trug nie mehr zu Nachtzeiten Holz aus dem Wald, aber mähen tat er jetzt, zur Zeit der hellen Nächte, weit über das allerletzte Taglicht hinaus, ln einer Nacht mähte er in seiner Bergweide eifrig an einem Dornbusch vorbei. Wie er vor dem Wetzen mit einer Handvoll Gras sein Werkzeug putzte, da tönte es dumpf aus dem Busch hervor: "Där Tag ist din, Die Nacht ist min, Lass mich unterm Dornbusch in Ruohe sin!" Er liess die Sense klirrend fallen — und in wunderlichen Sätzen wie eine hüpfende Runkelrübe, hopste er hangab — wieder heimzu. Er beachtete es kaum, dass bei jedem Sprung sich das Wasser aus dem Wetzsteinfass an seinem Gürtel in einem lustigen Plantsch in seine älbbraunen Hosen ergoss. Der Gimmelwalder sagte keiner Menschenseele eine Silbe von dem, was er erlebt. Seine Dorfgenossen aber verwunderten sich sehr, dass er auf einmal nicht mehr zu Unzeiten am Werken war. Quelle: Hans Michel, Ein Kratten voll Lauterbrunner Sagen. Wengen 1936. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Baumgeist

Source: Der Baumgeist

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Wenn man von Oberdorf im vordern Frenkental nach dem Tschoppenhof (Liedertswil) geht, muss man halbwegs durch den Leisenberg und das Kohlholz, dann führte das alte Strässchen steil über den Martinsmatthügel; die jetzige neue Strasse schneidet den Hügel im Südhang. Auf diesem Hügel standen einst herrliche Obstbäume; namentlich Kirschen gediehen daselbst in Hülle und Fülle. Heute stehen nur noch wenige und geringe Bäume dort. Der alte Baumgarten, so darf man ihn wohl nennen, war in der Obhut eines Geistes, der nicht den geringsten Frevel duldete. Darum kam vor der Erntezeit auch nicht die kleinste Frucht abhanden, während anderswo Lausbuben und erwachsene Obstschelme eifrig naschten und damit viel Unfrieden und Misstrauen erregten. Es hiess, man dürfe keinen der Bäume fällen, sie müssten alle eines natürlichen Todes sterben. Nun bekam der Martinsmatthügel einen neuen Besitzer. Das war ein junger, übermütiger Mann, der am liebsten spielte und jagte. Er pfiff auf den Baumgeist und sägte eines Herbsttages mit frevlerischer Lust den schönsten Kirschbaum um und machte dazu faule Witze. Aus dem gesunden Stammholz liess er sich eine breite Bettstatt schreinern. — Es gab weder Sturm noch Regen in der nächsten Zeit, es geschah überhaupt nichts Auffälliges. Aber in den folgenden Jahren wollten fast keine Kirschen und Äpfel mehr reifen an den Bäumen auf dem Martinsmatthügel. Und der Besitzer fing an über Schlaflosigkeit zu klagen und magerte ab. Auch die Bäume wurden zusehends geringer, bekamen die Spitzendürre und trieben Wasserschosse. Eine alte Frau sagte, das komme davon, wenn man an keinen guten Geist mehr glaube, und es werde noch ganz anders kommen. Nach wenigen Jahren starb ein Baum nach dem andern ab und als der letzte in einer Winternacht umsank, hörte man weithin ein Seufzen und Klagen. Drei Tage darauf überfiel den übermütigen Bauern ein hitziges Fieber, dem er bald erliegen musste. Sein Nachfolger pflanzte neue Bäume auf den Hügel, aber sie wurden nie mehr so stattlich und ertragreich wie die alten, denn der Baumgeist hatte die Gegend verlassen. Die aufgeklärten Leute sagen, das alles sei dummes Zeug, der wirkliche Grund sei ein anderer: der Boden sei zu mager und der Biswind ziehe dort zu heftig, und Obstschelme glauben an keine Geister, sondern nur an ihre Schlauheit und den Appetit. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der baumstarke Riedbub

Source: Der baumstarke Riedbub

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Ein Mann im Ried hatte einen Sohn, der gesund war wie eine Gemse und Wangen hatte, so rot wie dürres Kirschlaub. Er gab ihm weder Wasser noch Wein zu trinken. «Das ist nicht für uns», sagte der Vater immer, «das Wasser saufen die Kühe und den Wein die Schlossvögte!» Mit Milch und Schotten, Roggenbrot und Käse wurde der Bub aufgezogen, und am Sonntag gab es dazu eine Schnitte luftgedörrtes Ziegenfleisch. Bei dieser einfachen, kräftigen Kost wurde er stark und gross wie die Tannen im Wald. Als er das zwan­zigste Jahr schon überschritten hatte, trug er noch einen grauen Glockenrock. Einst hütete er auf des Vaters Matten die Schafe. Der Vater mähte in der Nähe das Gras, um es von der Sonne dörren zu lassen. Der Rockbub schaute ihm eine Weile zu, dann rief er: «Vater, warum erstandet er geng?» (Warum ruht ihr immer aus?) Der Vater, der grad von einer Ecke der Wiese in die andere eine lange Schwade mähte, legte die Sense nieder und sagte: «Was frägst du, Bub?» «Warum Ihr geng erstandet?» «Probier du es einmal, ob du von einem Ende zum andern mähen kannst, ohne zu rasten?» Der Bub sprang voller Freude herbei, packte mit seinen grossen Tatzen die Sense und legte die Mahde nieder, ohne ein einziges Mal aufzublicken und den Rücken zu strecken, und dann war sie erst noch doppelt so breit wie die des Vaters. Da sagte dieser: «Jetzt ist es Zeit, dass du Hosen ekommst, Bub, jetzt will ich die Schafe hüten und du sollst die Wiesen heuen!» Der Bub hatte von der Welt noch nichts gesehen als das Stücklein Land, auf dem er mit dem Vater wohnte und die Berge die darauf herniederschauten; dass es auch weibliche Wesen gebe, war ihm un­bekannt. Da führte ihn eines schönen Sonntags der Vater zum er­stenmal in seinem Leben ins Tal hinab zur Messe. Bevor sie in die Kirche traten, schärfte er ihm ein, immer gradaus zu schauen, wenn er im Bänklein sitze, und den Kopf nicht nach rechts zu drehen. Rechts sassen nämlich die Frauen und Mädchen, und der Vater fürchtete, wenn er sie sähe, könnte er Gefallen an ihnen finden. Als sie nach der Messe zusammen nach Hause gingen, sagte der Bub zum Vater: «Was sind das für Tierchen gewesen auf der andern Seite, ein solches möchte ich auch haben!» Da sah der Vater, dass seine Warnung umsonst gewesen war und er erwiderte: «Ja, ja, Bub, du kannst dann, sobald wir die Alp verlassen, hinuntersteigen und dir ein solches Tierchen kaufen!» Der Bub war unterdessen zum Jüngling herangereift, von recken­haftem Wuchs und unheimlicher Stärke. Das ganze Tal wusste bald dies, bald jenes von der Riesenkraft des jungen Mannes zu erzählen. Einst ging er mit den Dorfgenossen ins Holz. Da trug er ganz allein lange, schlanke Tannen, die über dem Boden einen Schuh im Durch­messer hatten, auf seinen Schultern davon. Ein andermal führte er mit dem Pferde Dünger aufs Feld. Da riss plötzlich der Sattelgurt. Der Riedbub, wie er nur geheissen wurde, lud das Bast (den hölzernen Tragsattel) samt dem Dünger auf seine Achseln und trug die Last in den Acker hinaus. Die Spuren seiner Füsse soll man noch lange nachher gesehen haben. Die Lötscher trieben über den Lötschenpass Handel mit Kander­steg und Frutigen und noch weiter ins Land hinaus. Als der Riedbub mit seinem Saumtier zum erstenmal den Pass hinaufzog, fand er mitten im Walde den Weg von einer grossen Tanne gesperrt, die man quer darüber gefällt hatte. Einige Gefährten waren eine Stunde frü­her aufgebrochen, um ihm diesen Streich zu spielen. Sie lagen nicht weit davon im Gebüsch, um zu sehen, was der Riedbub jetzt an­stellen werde. Als er zur Stelle war und das Hindernis ihm jedes Weitergehen verbot, riss er ohne Besinnen die Aste an der Tanne auf Pferdelänge weg, stellte das Maultier dicht an den Stamm her­an und hob es mitsamt der schweren Bürde über den Baum. «So, die Narren sollen es ebenso machen», sagte er laut und trieb das Tier wieder an. Die Genossen aber mussten zur Waldsäge greifen und den Stamm zerschneiden, bevor sie den Weg mit ihren Tieren fortsetzen konnten. Einst zog er wieder über den Lötschenpass. Im Gasterntal unten begegnete ihm ein Kandersteger, der mit leerem Saumtier des Weges kam. Der Weg war schmal und auf der einen Seite von einer jäh­stotzigen Wand begrenzt, auf der andern ging es senkrecht zum Fluss hinunter. In einer Nische stand eine Zufluchtshütte. Der Kan­dersteger verlangte, dass der Riedbub sein Tier ablade, damit sie an­einander vorüber kämen. Da ergriff dieser das Pferd des andern, hob es auf das Dach des Stadels und sagte: «So, jetzt kannst du deinen Esel selbst wieder herunterholen», und damit zog er weiter. Einige Jahre später gelüstete es ihn, sich ein wenig in der Welt umzusehen. Er zog sein Sonntagsgewand an und wanderte talaus­wärts gegen Sitten. Das Volk strömte von Nah und Fern dem Städt­chen zu, um einen Riesen zu sehen, der dort Proben von seiner Stärke ablegte. Der Riedbub dachte, besser hätte er es nicht treffen können, es sei doch gut, wenn man in der Welt ein bisschen Umschau halte. Auf dem grossen Platz des Städtchens stand das Volk Kopf an Kopf gedrängt um ein Gerüst, auf dem der Riese die stärksten Männer des Landes zum Zweikampf aufforderte. Der Riedbub mischte sich auch unter die Zuschauer und sah, wie die kräftigsten Walliser von dem Riesen auf den Rücken gelegt wurden, wie er dem einen den Arm, dem andern ein Bein zermalmte oder sie derart zu Boden schmetterte, dass ihnen alle Knochen krachten. Der Riedbub sperrte die Augen immer weiter auf, und auf einmal, er wusste nicht wie das kam, stand er in der vordersten Reihe. Der Riese brüllte mit lauter Stimme, wer sich mit ihm messen wolle, möge vortreten, aber keiner hatte mehr Lust, sich zu stellen. Auf einmal richtete das menschliche Ungetüm seine Augen auf ihn: «He, Bübel, willst du es auch probieren», rief er in einem Deutsch, das der Riedbub kaum verstand. Es zuckte ihm in allen Fingern, aber er war gar schüchtern und so weit weg von seinem Heimatdorf, in der grossen Welt draussen, nein, wie sollte er es wagen! Da rief ihn der Schwinger zum zweitenmal auf und bletzte mit den Zähnen. Nun konnte sich der Riedbub nicht mehr halten. Mit einem Satz sprang er auf die Bühne und warf das Hütchen einem Zuschauer zu: «Halt mir's!» Er stülpte die Ärmel zurück und fasste den Recken besächtig mit der Rechten hinten an der Hosenschnalle, und die Linke hackte er im Hosensack ein. Der riese pustete und stemmte mit seinem Stierennacken, doch der Riedbub wich keinen Zoll breit und hielt wie eine Wettertanne, auf die der Schnee drückt. Da versuchte der Riese, ihm das rechte Knie in die Magengegend zu stossen, aber wie der Riedbub den dumpfen Schlag verspürte, stiess er einen Schrei aus und zog mit den Armen an. Seine Muskeln spannten sich wie die Stränge eines Pferdes, das ganz allein den beladenen Kieswagen aus der Grube herausfahren soll. Eine laut­lose Stille war eingetreten. Urplötzlich lösten sich die Griffe des Schwingers, er sank zurück, tat noch einen langen Atemzug und gab den Geist auf. Der Riedbub hatte ihn zwischen den Armen erdrückt. Lauter Jubel erscholl von allen Seiten; die Leute drängten sich herzu und staunten den starken Jüngling an. Sie fragten ihn, was er sich zum Lohne wünsche. Er sagte: «Ein Mütt Korn tät ich mir wünschen, der Roggen ist heuer missraten im Tälchen oben, und das könnte ich gut gebrauchen!» Da holte man den grössten Strohsack, der im Städtchen aufzutreiben war, füllte ihn mit schönen gelben Getreidekörnern, band ihn oben fest zu und brachte ihn auf einem Wagen daher. Der Riedbub dankte höflich, schwang den Sack auf den Rücken und verlangte noch ein Reisteisen dazu. Man trug eine Eisenstange herbei, und nun setzte er das Hütchen wieder auf und wanderte davon. Das Volk gab ihm das Geleite bis zum Tor, und von dort guckte man ihm nach. Nun war es köstlich zu schauen, wie er bei den grossen Nussbäumen an der Landstrasse stehen blieb, mit der langen Stange in die Aste langte, die Nüsse herabzwickte, sie dann zusammenlas und in die Taschen steckte, ohne die Bürde je abzulegen. Als er alle Taschen voll hatte, nahm er die Eisenstange wieder in die Rechte und stapfte davon. «Es ist halt doch noch eine Strecke ins Heimattal zurück, wenn man so weit in die Fremde ge­zogen ist», dachte er für sich, «und da muss man schon Proviant mitnehmen!» Quelle: Johannes Jegerlehner: Walliser Sagen, Hans Feuz Verlag Bern, 1959 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Baumstrunk und die Hexe

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 In einer Alp des Reusstales liess es dem Vieh nie keine Ruhe. Sie schrieben es einer Hexe zu. Endlich boten die Älpler das ganze Volk der Umgebung auf, und dieses kam von allen Seiten heran und schloss sich im Talboden zu einem Ring zusammen, um die Hexe darin zu fangen. Äs syg ä Wält Volch bi-n-änand gsy. Doch die Hexe zeigte sich nicht. Nur einen Ronen, d.h. Baumstrunk, trafen sie, der am Boden lag. Dem traute niemand etwas Böses zu. Sie ruhten aus, einige nahmen Käse und Brot hervor und fingen an zu essen. Ein Bursche setzte sich auf den Strunk, steckte von Zeit zu Zeit sein Taschenmesser hinein, bohrte und stocherte damit spielend im faulen Holz des Strunkes. Keine Hexe liess sich blicken, und unverrichteter Dinge ging an jenem Tage das Volk auseinander. Später wurde die Hexe doch gefangen und legte, bevor man sie verbrannte, das Bekenntnis ab, an selbem Tage, da sie die Gestalt eines Ronens vorgeblendet habe, sei sie in der grössten Lebensgefahr gewesen. Hätte der Bursche nur noch ein bisschen mehr gestochert, so hätte sie reden müssen oder wäre von ihm erstochen worden. Joh. Jos. Walker, 70 J. alt, Meitschligen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Befehl zweier armer Seelen

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Ein Mann von Ernen hirtete auf Eggen und musste allein in einem Hause übernachten. Eines Abends, als er schon zu Bette war, klopfte es an seiner Türe. Schnell kleidete er sich an, ging hinaus und öffnete in der Meinung, es seien Abendsitzer da. Herein traten zwei Frauen von Ernen, die er sehr wohl kannte, die aber schon mehr als ein Jahr zu den Toten zählten. Eigenartigerweise fiel ihm dieser Umstand gar nicht auf, und er wähnte sich bei Lebenden. Er unterhielt sich mit den Toten die ganze Nacht hindurch aufs Vortrefflichste und am Morgen glaubte er, noch keine Viertelstunde sei er bei diesen gewesen. Auch das Stümpchen Kerze hatte nicht abgenommen, obwohl es die ganze Nacht hindurch gebrannt hatte. Ungefähr zur Betenläutezeit entfernten sich die Gäste und gaben dem Hirten noch einen Stock mit dem Auftrage, ihn heute früh bei dem und dem Hause in Ernen an die Türe zu lehnen. Er versprach es, und die beiden entfernten sich. Erst jetzt wurde es dem Manne klar, dass er die ganze Nacht bei zwei Toten gesessen war. Ein jäher Schrecken durchfuhr seine Glieder. Schnell besorgte er sein Vieh und rannte dann aus Furcht nach Ernen zurück. Am Abend musste er aber doch wieder nach Eggen zu seinem Vieh, doch übernachten wollte er da nicht mehr. Nach getaner Arbeit trat er dennoch in die Stube, um seine Tabakpfeife, die er in der Aufregung am Morgen vergessen hatte, zu holen. Kaum war er in die Stube getreten, da klopfte es wieder heftig, aber diesmal an der Stubendecke. Wie, sollten jetzt die zwei Toten wiederkommen?! Es klopfte noch einmal stärker und dann zum dritten Male ganz heftig. Jetzt erinnerte er sich, dass der Stock, den er schon heute hätte abgeben sollen, noch da war. Flugs ergriff er diesen, und in einer halben Stunde schon hatte er sein Versäumnis nachgeholt. Im Hause, wo er den Stock angelehnt hatte, lebte ein Junggeselle, der Bruder der zwei obgenannten Toten. Am Tage darauf schädigte sich dieser sehr schwer und musste von da an immer am Stocke gehen. ERNEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der begrabene Hund zu Seon

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In der alten Mühle zu Seon wohnte im vorigen Jahrhundert ein Junker, welcher sich bei den Leuten in der Umgegend dadurch sehr verhaßt machte, daß er sie zwang, ihr Getreide alles auf seiner Mühle mahlen zu lassen. Er hatte einen Hund, den er über alles liebte, und als ihm das Tier starb, ließ er ihm einen Sarg machen und in seinem Garten das Grab graben. Den folgenden Tag, als es im Kirchturme Mittag läutete, zog der Junker den Leidmantel an, den man beim Begräbnisse von Blutsverwandten trägt, und schritt hinter dem Sarge drein, den zwei Knechte auf einer Bahre trugen. Auf das Grab wurde eine Trauerweide gepflanzt, und lange noch sah man den Junker und sein Gesinde Trauerkleider tragen. Seitdem er selbst gestorben ist, hat sein Geist keine Ruhe finden können; man sieht ihn zu gewissen Zeiten im Trauergewande hinter seinen Knechten bis zum Grabe des Hundes schreiten und dann wieder in die Mühle zurückgeben. Als man vor etlichen Jahren an jener angeblichen Stelle im Wieslande des Müllers nachgrub, ist man wirklich auf ein Grab gestoßen, in welchem sich ein sehr großes und ziemlich erhaltenes Menschengerippe vorfand. (Seminarist J. R. Suter v. Seon.)  Band 3.1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962, S. 87 - 88 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch


by Der belohnende Tote

Source: Der belohnende Tote

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Wer die wildsteilen, mit hohen, bald festen, bald furchtbar zerklüfteten Felswänden besetzten Bergabhänge der Vispertäler kennt, wird sich nicht wundern, dass da mancher, der diese gefährlichen Gegenden in Holz oder Weide ausbeuten will, eines gewaltsamen Todes sterben müsse. Der geringste Zufall oder die unbedeutendste Unvorsichtigkeit, oft nur ein halber Fehltritt auf so unsicherem Boden führt unausweichlich zum sichern Tode in schauerlichen Abgründen. — Schutzengel mögen es sein, welche so viele unbesonnene Hirtenknaben täglich aus unzähligen Gefahren retten und abends mit der Viehherde wieder wohl erhalten in die Heimat zurückführen. Noch vor wenig Jahren (1858) wurde ein Hirtenknabe von einer störrischen Ziege, die er über einen schmalen Pfad führen wollte, in den Abgrund gestossen. Der arme Junge starb nicht, blieb aber mit zerbrochenen Beinen, eingedrückten Rippen und so furchtbar zerschlagener Kinnlade, dass Zähne herausfielen und die genommene Nahrung am Halse wieder hervortrat, am Fusse einer abgelegenen Felswand, bei untergehender Sonne, fern von jeder menschlichen Hilfe in voller Geistesgegenwart hoffnungslos liegen. Man kann sich die Lage des Unglücklichen denken, der erst spät am folgenden Tage aufgefunden, nach Hause getragen und nach etwa drei Wochen seinen Schmerzen erlag. Aus dem vorigen Jahrhundert wird erzählt, ein Jüngling, Peter Joseph Imboden sei auf der Geisstrifftallmei in Herbriggen totgefallen. Sein unglücklicher Vater fand wegen der dringenden Heuernte, nicht Leute, um seinen verunglückten Sohn aufsuchen und heimtragen zu helfen. Ein gewisser Franz Gruber hatte die Gefälligkeit, sich für diesen traurigen Dienst erbitten zu lassen. Er liess seine Arbeit liegen, ging und half dem trostlosen Vater, den lieben Totgefallenen aufheben und heimtragen. Bald darauf ging der barmherzige Samaritan, der ein gewandter Jäger war, auf die Jagd. Noch vor Tagesanbruch im Hochgebirge anlangend, setzte er sich nieder und schlief ein. Im Traume kam der Verstorbene, den er vor ein paar Tagen, grossmütig mit dem Vater heimgetragen, zu ihm heran, weckte ihn sanft und sagte lächelnd: «Steh' auf, es ist Zeit; geh auf die Warte, ein schönes Gradtier wartet deiner.» Sogleich begab sich der Jäger auf den bezeichneten Ausstich (in der Jägersprache eine Stelle, von der aus auf Gemsen geschossen werden kann) und traf einen schönen Gemsbock mitten in die Brust, den er hochvergnügt schon um zehn Uhr des Morgens heimbrachte.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der bereute Fluch

Source: Der bereute Fluch

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Nicht so gut ging es einem andern Hirten, der einst sein wildes Vieh zum Teufel holen verwünscht hatte. Kaum war dieser gottlose Wunsch über die Lippen des Fluchers, so kam der Teufel in der Luft einhergebraust und stürzte ein paar Stück der schönsten Tiere über die Alpwand. Schon hatte der Teufel wieder ein Stück an den Hörnern, um es den andern zwei nachzusenden, da rief aber der Hirt, der seine Sünde erkannt reuevoll: „Herr Gott, ich war im Fehlen!“, und bekreuzigte sich dreimal. Diesem Spruche musste der Teufel weichen, die Alp aber, auf der dies geschah, heißt heute noch Im Fehlen. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Berggeist

Source: Der Berggeist

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Der Berggeist, Meister Hämmerling, gemeiniglich Bergmönch genannt, zeigt sich zuweilen in der Tiefe, gewöhnlich als Riese in einer schwarzen Mönchskutte. In einem Bergwerk der Graubündner Alpen erschien er oft und war besonders am Freitage geschäftig, das ausgegrabene Erz aus einem Eimer in den andern zu schütten; der Eigentümer des Bergwerks durfte sich das nicht verdrießen lassen, wurde aber auch niemals von ihm beleidigt. Dagegen als einmal ein Arbeiter, zornig über dies vergebliche Hantieren, den Geist schalt und verfluchte, faßte ihn dieser mit so großer Gewalt, daß er zwar nicht starb, aber das Antlitz sich ihm umkehrte. Im Annaberg, in der Höhle, welche der Rosenkranz heißt, hat er zwölf Bergleute während der Arbeit angehaucht, wovon sie tot liegengeblieben sind, und die Grube ist, obgleich silberreich, nicht ferner angebaut worden. Hier hat er sich in Gestalt eines Rosses mit langem Hals gezeigt, furchtbar blickende Augen auf der Stirne. Zu Schneeberg ist er aber als ein schwarzer Mönch in der St.-Georgen-Grube erschienen und hat einen Bergknappen ergriffen, von der Erde aufgehoben und oben in die Grube, die vorzeiten gar silberreich war, so hart niedergesetzt, daß ihm seine Glieder verletzt waren. Am Harz hat er einmal einen bösen Steiger, der die Bergleute quälte, bestraft. Denn als dieser zu Tage fuhr, stellte er sich, ihm unsichtbar, über die Grube, und als er emporkam, drückte ihm der Geist mit den Knien den Kopf zusammen. Quelle: Deutsche Sagen, Jacob Grimm, Wilhelm Grimm (Brüder Grimm), Kassel 1816/18 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Berggeist

Source: Der Berggeist

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Vor vielen Jahren soll in der Umgegend von Zweisimmen, besonders auf dem Berge „Sattel", ein Berggeist mit Namen „Schwarzbart" gehaust haben. Einmal ging ein Jäger auf die Gemsjagd, und da sich auf dem genannten Berge viele Gemsen aufhielten, so bestieg er denselben. Es währte auch nicht lange, so hatte er schon eine Gemse geschossen; aber auf den Knall seiner Büchse kam der Berggeist zürnend herbei und würde ihn wohl über die hohen Felswände hinuntergeworfen haben, wäre nicht der Jäger klug genug gewesen, sich, wie er meinte, seiner zu bemächtigen, indem er ihm eine Kugel in den Leib jagte. Der Berggeist war aber dadurch nicht einmal verwundet, sondern wie die Kugel durch seinen Leib hindurch war, sah man nicht einmal mehr die Stelle, wo sie hineingegangen. Stampfend vor Wut drang der riesenhafte Geist abermals auf den Jäger ein. Dieser, der gerade am Rande eines Abgrundes stand, machte einen Seitensprung und der Berggeist, welcher sich des Jägers bemächtigen wollte, stürzte mit fürchterlichem Gepolter in den tiefen Abgrund hinab. Im Herabfallen schlug es ihn an eine Felsenwand so stark an, dass das Bild von seinen Gliedmassen an dem Felsen zurückblieb. Noch jetzt ist das Bild sichtbar und der Felsen, an welchem es sich befindet, hat von ihm den Namen „Schwarzbarts Flue" erhalten. Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Berggeist 1 (vom Bietschhor)

Source: Der Berggeist 1 (vom Bietschhor)

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Wenn früher die ältesten Bergführer die ersten Besteigungen unserer Berge erzählten, haben wir oft gefragt: «Warum sind nicht schon eure Väter auf die Berge gegangen?» «Sie meinten, der Berggeist lasse niemand hinaufkommen», war die Antwort. Jeder Berg hat nämlich seinen Geist, kleiner oder grösser, wie der Berg selbst es ist. Verhüllt der Berg sein Haupt mit Wolken, dann zieht der Berggeist seine Kappe an. Spannt er Federwolken aus, dann kämmt der Berggeist sein Haar. Der Berggeist ist auch ein Wetterprophet, vorab der Berggeist vom Bietschhorn, der grösste im ganzen Tal. Hed d's Biätschorn ä Huät, Denn ist d’s Wätter guät. Hed d's Bidtschhorn ä Fädrun, Denn fad's an z’rägnun. Hat das Bietschhorn einen Hut, Dann ist das Wetter gut. Hat das Bietschhorn eine Feder, Dann fängt es an zu regnen. So lautet die Regel. Der Berggeist vom Bietschhorn ist ein gewaltiger Riese. Mit einem Stemmeisen bricht er von den Felsen, mit seinem Fusse erschüttert er die Gletscher, dass sie abbröckeln. Zwei schreckliche Tiere sind in seinem Dienste, zwei schwarze Böcke mit Hörnern, die hinter ihnen den Boden aufritzen und Steine fortrollen. Gewöhnlich sind diese Tiere im Gallengufer und trinken aus dem Gallenbrunnen, der dann aufhört zu fliessen. Bisweilen kommen die Böcke auch ins Tal, am liebsten in heissen Sommern, wenn die Gletscher wie Wachs abschmelzen, oder nach schrecklichen Gewittern, die in den Bergen doppelt wüten. Unter dem Gletscher fängt es an, unheimlich zu tosen, die Moränen werden aufgewühlt, eine braune Masse von Schlamm und Steinen, die «Horlauwina» wälzt sich das Birchinn herunter. Einmal waren Heuer an den Brunnmatten, als die Horlauwina gekommen ist. Sie haben deutlich gehört, wie der eine Bock zum andern sagte: Zich brav, zich brav, darauf der andere: I mag nit bas, i mag nit bas, Äs faständ d’heiligun Tämpertag. Daraufhin hat der Rektor von Blatten beim neuen Kreuz, dem Birchbach gegenüber, eine hl. Messe gelesen. Während der hl. Messe streute ihm der Böse Sand und Steine ins Messbuch, um das hl. Opfer zu verhindern, und der Verbannung zu entgehen. Es ist ihm aber nicht gelungen. Quelle: J. Siegen, Sagen aus dem Lötschental, Erweiterte Ausgabe der Gletschermärchen (1905), Lausanne 1979. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Berggeist 2 (von der Gandegga)

Source: Der Berggeist 2 (von der Gandegga)

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Nicht minder furchtbar als die Böcke im Birchbach, war früher der «Gandeggungeist.» Die Gandegga heisst die hohe Seitenmoräne des langen Gletschers vom Dischigbach bis in die innern Sässen. In der Gandeggun hauste ein gewaltiges Gemstier, welches auch einmal gesehen wurde von einem Knaben aus Eisten, dem spätem Prior Siegen der vor zweihundert Jahren lebte. Der Knabe war mit seinem Vater im Gorpä am Glecken (Sammeln von Wachholderzweigen). In der warmen Mittagsonne sind die zwei Gläcker eingeschlafen. Plötzlich werden sie geweckt durch ein fürchterliches Trelen (Steinerollen) in der Gandeggun. Der Knabe ruft: «Was ist das für ein Tier in der Gandeggun?» «Ich sehe nichts.» «Ich sehe es deutlich. Das Tier scharrt mit den Füssen, dass die Steine bis in den Gletschergrund und bis in die Anen fliegen.» «Das ist der Gandeggungeist, den nur unschuldige Kinder sehen.» «Wenn ich einmal gross bin, will ich das Tier schon zur Ruhe bringen.» Der Vater hat die Prophezeihung nicht ernst genommen, aber sie sollte doch ernst werden. Der Knabe ist ein Student geworden, zuerst bei den Jesuiten in Brig und später an der Hochschule in Wien. Als Priester in die Heimat zurückgekehrt, hat er die erste hl. Messe gelesen und bei der Primiz einen dreifachen Segen gespendet: Den ersten über seine Verwandten, den zweiten über das Volk und den dritten über die Gandeggun. Seither hat man den Gandeggungeist nicht mehr gesehen, aber die Steine liegen heute noch in den Anen und im Gletschergrund, zum Schaden der Guggin- und der Gletscheralpe. Quelle: J. Siegen, Sagen aus dem Lötschental, Erweiterte Ausgabe der Gletschermärchen (1905), Lausanne 1979. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Der Berggeist am Märjelensee

Source: Der Berggeist am Märjelensee

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Vor undenklichen Zeiten wollte ein wilder Jäger im Gebiete des Märjelensees Kristalle sammeln. Er fand auch im Eggishorn eine ganze Menge und füllte sich die Taschen voll. Nachher zerstörte er aber in rauher Wut noch viele andere, so dass sein Weg gezeichnet war mit zerschlagenem Gestein. Gegen Abend kehrte er zum Märjelensee zurück. Dort hatte er Waffe und Provianttasche liegen lassen. Jetzt machte er sich mit gesundem Appetit an die Nahrung. Aber o weh! Sobald er das Brot berührte, war es Stein und das Fleisch ebenso. Mit einem derben Fluch liess er beides fallen und gleich war es wieder in seiner normalen Gestalt. Aus Wut warf der Jäger beides weit von sich und suchte in den Fiescherhörnern ein Nachtlager auf. Am Morgen früh wollte er auf die Jagd. Bald auch fand er einen Bock und schoss ihn. Kaum war er mit Ausweiden beschäftigt, erblickte er ein Muttertier, das trauernd neben einem Zicklein mit gebrochenem Lauf stand. Wieder packte den Jäger die Zerstörungswut. Er schoss auch das Muttertier und tötete dann das Zicklein. Inzwischen hatte sich der Himmel mit schwarzem Gewölk bedeckt, und ein beissender Sturm fegte über die Gegend. Mit seinem Gemsbock zog der Wilderer gegen den Märjelensee. Da wartete ein altes Männchen mit steingrauem Barte und winkte ihm, er solle einsteigen. Das kam ihm gerade recht. Aber das Männchen fuhr nicht ans andere Ufer, sondern geraden Wegs in den Gletscher hinein. Der Jäger wollte ihm das mitteilen, aber der Sturm toste so stark, und es regnete in Strömen, dass er nicht einmal seine eigene Stimme hörte, geschweige der andere. Am Gletscher legte der Fährmann seine Ruder nieder, richtete sich auf, wuchs aus sich heraus und war plötzlich riesengross. Mit tieftrauriger Miene blickte er den Jäger an und sprach mit hallender Stimme, die den Sturm weit übertönte: «Was zerstörst du mein Reich? Was habe ich dir getan? Alles kannst du haben, was du benötigst, aber warum zerstörst du meine Felsen und tötest meine Kinder!» Der Gletscher öffnete sich, der Nachen sank unter. Berggeist und Jäger verschwanden, aber am folgenden Morgen tönten im Tale die Sturmglocken: «Der Märjelensee ist ausgebrochen!» Wiesen Felder, Äcker wurden überschwemmt und mit Schutt bedeckt. Vom Jäger sah man seither nichts mehr. Nur bei stürmendem Wetter wollten Hirten am Märjelensee früher oft einen Mann vermerkt haben, mit alter Tracht, mit Waffe und Lederbeutel. RIED-MÖREL Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Bergschwarz

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Zwei Brüder hüteten zu Birrwil einst in einer mondhellen Nacht einen Birnbaum, dessen reifende Früchte ihnen schon öfters gestohlen worden waren. Da erscheint der verstorbene Nachbar, Bergschwarz geheissen, und beginnt an den Marksteinen zu pickeln und zu rücken. Der ältere Bruder sieht ihn zuerst und sagt's dem jüngeren; kaum haben sie beide das Gespenst erblickt, so verschwindet es, und ein grosser Hund springt so dicht an beiden vorbei, dass er dem einen über die Beine gelaufen wäre, wenn er sie nicht eben noch an sich gezogen hätte. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Bergsee

Source: Der Bergsee

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Ein Alpsee vormals ein Kornfeld, ist das möglich? Seltsam, ganz seltsam, und doch ist es so. Der alleinige Besitzer des Weizenackers war ein Älpler, der mit seinen zwei Töchtern und einem Tross von Knechten und Mägden sein Gut verwaltete. Wetterfest, geräumig war das Gebäude, aus zähem Bergholz gezimmert, und über den Giebelbalken lief ein Spruch. Vor den Gesimsen hingen Nelken und Geranien, im Garten blühten Levkojen und Rittersporn und vom Mai bis in den späten Sommer Enziane von der dunkelblauen Akaulis bis zum goldenen Schaft der Altarkerzen. Wenn dann noch die Linde duftete und die Sonne über das braune Gebälk, den Vorplatz und die wohlbestellten Felder ihren Glanz ergoss, war das mächtige Haus wie eine Burg der Eintracht und des Friedens zu schauen. Man kann sich täuschen! Vater Klaus war arbeitsam, streng gegen sich, gerecht gegen die Untergebenen, die Töchter waren faule Schlampen und Leckermäuler. Was der Vater anordnete, widerriefen sie; wo er sparte, warfen sie das Geld zum Fenster hinaus. Wenn er freigebig und gutherzig spendete, drehten sie die Batzen in der Hand und wiesen jeden Bettler von der Küche. Der Stolz des Vaters war das Kornfeld, das weit und breit im Gebirge nicht seinesgleichen hatte. Auf der schier unabsehbaren Ebene gedieh die grüne Saat zu Halm und Frucht, und im August schwankten die goldenen Ähren im Spiel der Wogen, dass jedem, der es sah, das Herz im Leibe lachte. Wohl gehörte der Acker dem Klaus, an der Ernte jedoch durften die Anstösser sich beteiligen und nach Bedarf einheimsen. Nicht ein Körnchen mehr behielt der Besitzer zurück, als was er in seinem Haushalt an Mehl und Brot verzehrte. Eines Tages brachte man den Vater, der in eine Schlucht gefallen war, todkrank ins Haus, und seine letzten Worte an die Kinder lauteten: «Seid hilfreich und friedfertig, und haltet den Acker in Ehren! Er darf nie zerstückelt werden!» Die gemeinsame Trauer um den Dahingegangenen wurzelte nicht so tief wie die Habsucht, welche die beiden Schwestern jetzt herauskehrten und flattern liessen wie Wäsche am Seil. Soviel sie konnten, rafften sie auf die Seite, und als im Herbst der Acker im Winde sich bog und wogte und die Leute von nah und fern sich herbeimachten, um die goldenen Ähren einzubringen und wie üblich ihre Scheunen zu füllen, lehnten die Schwestern jede Hilfe barsch von sich. Sie hätten Knechte und Mägde, und der Überschuss würde auf den Markt gebracht und verkauft. Kratzine hiess die eine, Klauenmine die andere, so hatte das Gesinde sie getauft. Als sie den Erlös nachrechneten und gierig in dem Mammon wühlten, ereiferten sie sich in Hader und Zorn, indem sie sich gegenseitig des Unrechtes und falscher Gedanken beschuldigten. Am andern Morgen wurde der gemeinsame Haushalt aufgelöst, Vieh und Geräte bis auf das letzte Eimerchen geschieden, und Kratzine zog in den ersten Stock hinauf, während Klauenmine die untern Räume behielt. Wo die Zwietracht fetten Boden ergreift, nagt und bohrt sie wie ein Wurm sich in die Tiefe. Ohne Gruss gingen die Schwestern aneinander vorbei, reizten die Dienstboten auf, stritten in Keller und Speicher um die Vorräte, schlossen einen faulen Frieden und teilten das Getreidefeld in zwei Hälften. Mit Stangen und Messlatten schritten die Knechte den Acker ab und rammten mittendurch Grenzpfähle ein. Kaum war die Ernte im Gang, so befiel die Schwestern eine furchtbare Aufregung. Misstrauisch zählten sie die Garben und Manneslasten, die von den beiden Hälften weggetragen wurden. Da sie einander nicht trauten und jeden Schritt und Befehl argwöhnisch überwachten, wie Katzen sprungbereit sich umschlichen und belauerten, ging der Rummel auf einmal los. Sie packten sich an der Nase, an den Haaren, gackerten und plusterten sich wie aufgescheuchte Gluckhennen, und ob dem Gezeter und Geheul rannten die Knechte ihrer Meisterin zu Hilfe, rumpelten wie losgebrochene Felsstücke in den Knäuel, putschten die harten Schädel zusammen, fassten blitzschnell Griffe, pufften und stemmten und überkollerten sich, und die regelrechte Balgerei endete mit blutigen Köpfen und schnaubendem Hass, der fortan in den beiden Parteien glomm und zur grimmigen Feindschaft aufloderte. Den unseligen Streit zu schlichten, bestellten die Schwestern den Richter, der das Feld nochmals der Länge und Breite nach prüfte und die genaue Mitte durch Holzmarken bezeichnete. Den schönsten Zipfel freilich hegte er ein und erklärte ihn als sein Besitztum, denn die Schwestern verweigerten ihm den Lohn. Als man im Frühjahr den Acker umbrach, ging der Streit von neuem los. Auf das Geheiss ihrer Herrinnen hatten die Knechte die Marken heimlich versetzt, die Pflüger wussten nicht mehr, ob hüst oder hott. «Du hast mich hintergangen», hässelte Klauenmine. Wie hungrige Krähen hackten sie aufeinander los und verwickelten sich in den Haaren. Die Mägde mussten sie trennen. Eine Woche darauf liessen sie den Acker durch zwei beeidete Richter teilen und abstecken. Für ihre Mühe behielt jeder einen Streifen für sich. Als im Herbst die Mähder zur Ernte ausrückten, warfen sie wie auf Verabredung die Sensen weg, und von der Meisterin mit Versprechungen gefüttert und gestachelt, stürzten sie wie eine Meute wilder Hunde ins Gefecht und rauften sich blutig. Ein schönes Ende des Ackers war zerstampft und in den Boden getrampelt. Beide Parteien legten ihren Advokaten den Handel vor. Die schlauen Herren besahen das Grundstück, schrieben und rechneten, zogen den Prozess in die Länge, und um die Forderungen zu bezahlen, verkauften die Schwestern heute ein Stück und morgen wieder eins. Als ihnen die Rechnung ins Haus gesandt wurde, bekamen sie einen solchen Schreck, dass sie sich eine Woche lang einschlossen und nur zuweilen durch die Scheiben blinzelten, ob es nicht Feuer und Pech vom Himmel regne. Was blieb ihnen übrig, als das Kornfeld an den Meistbietenden zu versteigern? Das Gesinde wurde entlassen, ohne Lohn fortgeschickt. Ob sie auch alle Winkel durchstöberten und den letzten Batzen herauskrümelten, das kleine Sümmchen deckte die Rechnung der Advokaten nicht. Es ging um mehr, um das Haus und den Acker. Kratzine und Klauenmine, die verschrienen Bauerntöchter, sie mussten das väterliche Erbe unter den Hammer bringen. Als der Tag der Versteigerung nahte, stiegen die Gläubiger mit einem Trüpplein Kauflustiger bergauf. Seit Wochen war Regen gefallen, und es goss und schüttete ohne Unterlass aus den offenen Wolkenschleusen. Donnernd schossen die Bäche und zischten Hals über Kopf zur schwindelnden Tiefe. Frierend und hüstelnd wanden die Leute sich aufwärts zur Alpenterrasse und hielten an. Durch den Nebel tönte Geschrei und Gepolter, es musste etwas nicht in Ordnung sein. Die ganze Nacht hatten die Schwestern gelichtet, Rache und Vergeltung ausgebrütet für das Unglück, das sie sich gegenseitig in die Schuhe schoben. Bei Tagesgrauen stieg Kratzine die Treppe hinunter. Aus dem Hinterhalt stürzte Klauenmine auf die Schwester los, zerrte sie vor das Haus, und nun sprühte und schäumte der Hass wie aus einem Kessel, der plötzlich explodiert. Zerschunden und zerkratzt, greifen sie nach den Milcheimern, reissen sich die Kleider vom Leibe, wälzen sich am Boden herum, stöhnen und quietschen wie Untiere. Das Talvolk harrte im stockdicken Nebel, bis der Lärm verstummte. Gleichzeitig flaute der Regen ab, und unversehens stach die Sonne mit goldenen Lanzen in den feuchten Dunst. Im Glanz der Morgensonne stiegen die Schwaden, die Landschaft öffnete sich. Wo sind wir, wo ist das Haus, wo ist der Kornacker? Keine Sennerei, kein Feld, keine Ähre mehr! An Stelle des Ackers wogte die Flut hinüber zum Felsgewände, ein fast unabsehbares Gewässer, und auf den Wellen trieben, hin und her geschaukelt, die Leichen der bösen Schwestern.   Quelle: Johannes Jegerlehner: Walliser Sagen, Hans Feuz Verlag Bern, 1959 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Bergsteiger

Source: Der Bergsteiger

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In der Bergkette zwischen Saastal und Simpeln starren die zwei gewaltigen Fletschhörner (12,390 F. ü. M.) gen Himmel, deren nördliches in Simpeln Rossbodenhorn, südliches aber Laquinhorn heisst. Glücklicher als die Mischabel in Saas lässt die Sage in Simpeln das Rossbodenhorn ersteigen. Dem kühnen Besteiger dieser nie betretenen Bergspitze ward die Rossbodenalpe als Lohn versprochen. Die wollte nun einer sich verdienen und nahm, wie ihm angeraten wurde, einen Hund, eine Katze und einen Hahn als Begleiter mit. Doch der Hahn erfror, die Katze fiel in einen Abgrund, der Hund stürzte von einem Felsen tot und der Kopf des Steigers drohte vor Schwindel nach allen vier Winden zu zerspringen. — Er kehrte heim; aber unten lachten und spotteten die Leute alle. Das verdross ihn. Da wollte er noch einen Anlauf wagen; versicherte aber zuvor sein Haupt vor dem Zerspringen durch einen starken Eisenring. Und weil nun sein Kopf sicher und auch das Herz fest wie Eisen war, so gelangte er glücklich zur Spitze und zum Besitze der schönen Alpe.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Bergsturz am Dielenberg bei Oberdorf

Source: Der Bergsturz am Dielenberg bei Oberdorf

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Am nördlichen Abhange des Dielenberges, der heute unter dem Namen Hangelimatt bekannt ist, hütete einst ein Geissbub eine Herde Ziegen. Auf einmal horchten alle Ziegen auf, wurden unruhig und sprangen auseinander. Der Hirte nahm sein Hörnlein aus der Tasche, blies hinein und wollte die Ziegen wieder sammeln. Allein die erschrockenen Tiere kamen nicht. Plötzlich bewegte sich der Boden und im nächsten Augenblick waren Hirt und Herde vom niederstürzenden Berg verschüttet. Wenn es aber Regenwetter gibt, hören jetzt gewisse Leute an der Hangelimatt die Glöcklein der Ziegen läuten und dazwischen ertönt das Horn des Hirten. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Bergsturz in Montbiel

Source: Der Bergsturz in Montbiel

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Nachdem es mehrere Tage hintereinander stark geregnet hatte, rutschte in Folge unsinniger Abholzung, wodurch dem Boden der Halt genommen wurde, ein Teil des, oberhalb Montbiel (Closters) liegenden Waldgrundes, am 6. Juni (Sonntag) des Jahres 1770, Nachmittags zwei Uhr, herunter, und verschüttete 11 Häuser, in denen 13 Haushaltungen wohnten, so wie viele Ställe und Speicher, bis unter die Landstrasse. Von diesen 13 Haushaltungen sind 40 Personen am Leben erhalten worden, welche mit Andern (aus verschont gebliebenen Häusern in Montbiel) nach dem Platze (Closters) zur Predigt gegangen, und noch nicht zurückgekehrt waren. Mit grosser Mühe und durch Hülfe von den Nachbarn ringsum wurde Tag und Nacht der Schutt durchgraben; die 19 Personen, die erdrückt oder erstickt waren, wurden an einem Tage, am Platze in ein grosses Grab ge­legt, - »und es war ein trauriges Begräbnis.« Ein Mann, welcher wegen dem Schutte, der sein Häuslein ganz »einge­mauert« (ringsum eingelettet) hatte, nicht mehr, weder durch Türe noch durch Fenster, dem grässlichen Gefängnisse entweichen konnte, kletterte in das Kamin, und machte oben sich Luft; darauf grub er sich durch den weichen, aber zähen Schutt und Schlamm, mühsam weiter, und kam so im Verlaufe längerer Zeit aus seinem Grabe heraus. Die meisten der verschütteten Häuser waren Eigentum des bekannten Patrioten Hans Jeuch, welcher an eben diesem Unglückstage, in Closters, mit seiner Jungfer Braut sich hatte kopulieren lassen, und Willens war, in seinem Hause in Montbiel achtzig Personen zu gastieren. Eines kleinen Umstandes wegen, wurde die Gasterei verschoben, und dadurch verhütet, dass nicht auch noch das Freuden-Mahl zum Toten-Mahle geworden. Erst am 17. Juni (Donnerstag) fand das Gastmahl statt, »aber man war nicht fröhlich dabei. Es hat der Herr Jeuch zwanzig Dublonen in die Schüssel gelegt, für die Armen, welche um Habe und Wohnung gekommen waren, und die reichen Verwandten haben auch Viel gegeben, und es hat ihre ‚Miltigkeit‘ hernach viel Segen gebracht.« Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Bergsturz in Untervaz

Source: Der Bergsturz in Untervaz

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Die ganze Ortschaft Untervaz soll auf einer Schuttmasse liegen, unter welcher die Häuser eines, vor vielen Jahrhunderten verschütteten Dorfes sich befinden. Und dieses erste Dorf soll durch eine ungeheure Rüfe, welche der Cosenz-Bach aus den Bergen ablöste, und dem Talgelände zuführte, untergelegt worden sein, zur Tagesstunde, als eben die Bewohner zur Kirche gegangen waren, um im Gebete Trost zu finden, in der Zeit der harten Prüfung, denn vor wenig Tagen hatte ein Unwetter sehr viel geschadet, und wiederholtes Steigen des Baches erregte grösste Besorgnis. Plötzlich liess ein furchtbares Getöse sich vernehmen, - dann entsetzliches Rauschen und Krachen von zusammenstürzenden Häusern und Stallungen, und unermessliche Angst bemächtigte sich der zu Gebet und Fürbitte Versammelten. Die Glocken, die vor einer Stunde zum Gebete gerufen, erschollen nun in schauerlichem Sturmgeläute. Der Geistliche ergriff das Allerheiligste, und jammernd und betend flüchtete die Einwohnerschaft in Prozession mit Kreuz und Fahne, feldeinwärts, - aber fast Alle holte die Rüfe ein, und begrub sie in ihr Schlammbette. Häuserhoch liegt nun diese Schuttmasse, und an der Stelle, wo der Geistliche mit dem Allerheiligsten versunken, und begraben liegt, auf der sog. Raine, verbreitet sich zu Zeiten ein Geruch von Weihrauch. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Bergteufel

Source: Der Bergteufel

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Ein frommer und gelehrter Mann schrieb vor einiger Zeit an Lavater, dass in den bündnerischen Gebirgen eine Silbergrube sei, auf welche das Haupt desselbigen Orts, Herr Landammann Peter Buol, in den letzten Jahren große Kosten verwendet, aber nicht geringen Reichtum aus derselben gesammelt; darin war ein Bergteufel, welcher besonders am Freitag, wenn die Bergleute das Metall in ihre Geschirre geladen, sich sehr geschäftig erzeigt und das Metall nach seinem Wohlgefallen aus einem Geschirr in das andere geschüttet, welches der Landammann gern sah; so oft er aber in die Grube hinunter- oder aus derselben wieder heraussteigen wollte, segnete er sich mit dem Zeichen des Kreuzes und blieb unverletzt. An einem gewissen Tage aber begab sich, als der Berggeist sehr überlästig und ungestüm gewesen, dass einer von den Silbergräbern denselben aus Verdruss mit Scheltworten überhäufte und mit vielen gräulichen Flüchen zu ihm gesagt: er solle zur Hölle fahren. Da habe der Berggeist den Bergknappen beim Kopf genommen und ihm denselben so herumgedreht, dass das Angesicht auf den Rücken gekommen, und er doch nicht gänzlich erwürgt worden, sondern mit diesem gekrümmten Halse noch etliche Jahre gelebt habe, auch Vielen, die noch am Leben sind, wohlbekannt gewesen. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der beschworene Lehrer an der Reppisch

Source: Der beschworene Lehrer an der Reppisch

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Es hat an der Reppisch, einem Grenzflüsschen des Aargauer- und Zürcherlandes, einst ein Lehrer gelebt, dessen Wohnort und Namen deswegen hier ungenannt bleiben soll, weil es über ihn und über sein jetziges Schicksal erst in jüngerer Zeit noch zu gerichtlichen Verhandlungen gekommen ist. Man sagt ihm nach, er habe als Vormund einer Witwe beträchtliche Summen sich zugeeignet und dieselben bei den Abrechnungen wieder abgeschworen, bei seinem Tode aber es den Söhnen noch anbefohlen, das unrecht Erworbene wieder heimzuzahlen. Die Söhne waren alle bis auf einen bereit, des Vaters letzten Willen zu vollziehen; dieser eine aber wusste es ihnen begreiflich zu machen, dass es vernünftiger sei, den ganzen Handel und damit auch das Andenken an den Vater für allemal ruhen zu lassen. So geschah’s, und bald gedachte niemand mehr weiter des Verstorbenen. Längere Zeit nachher jätete eine fremde Dienstmagd auf einem in der Nähe jener Familie gelegenen Gute und erblickte hier, während sie sich einmal zum Ausruhen vom Felde aufrichtete, den verstorbenen Lehrer vor sich stehen. Sie sprang bis zum Tode erschrocken ins Haus hinein und erzählte es ihrer Herrschaft. Hier wurde sie tüchtig ausgelacht. Allein statt dadurch sich beruhigen zu lassen, machte sich das Dienstmädchen mit ihrem Erlebnis noch an andere Leute, die leichtgläubiger waren, und so kam's endlich auch der Familie jenes Lehrers zu Ohren. Hier besann man sich nicht lange und forderte die unbehutsame Erzählerin vor Gericht. Da musste sie natürlicher Weise den verlangten Beweis schuldig bleiben und wurde in eine für ihre Verhältnisse sehr hohe Geldbuße verurteilt. Sie bezahlte, blieb aber auch nachher halsstarrig auf ihrer Behauptung und versicherte ihrer eignen Herrschaft, dieselbe Gestalt, welche sie genau und zutreffend beschreiben konnte, noch immer zu sehen und sie Jedem, wer nur wolle, am hellen Tage um jenen Garten zeigen zu wollen. Diejenigen Leute, welche sich wie zur Probe darauf einließen, haben freilich gar nichts erblickt; man erklärte sich’s aber damit, dass sie eben keine Sonntagskinder seien und also dieselbe Seherkraft des Dienstmädchens nicht besaßen. So dauerte dies bis zum nächsten Winter. Da ging ein Drescher morgens um vier Uhr den Weg hinunter, um sich auf den Taglohn zu machen, und bemerkte an der aus dem Gerichtshandel schon bekannt gewordenen Stelle einen Mann, der in Mantel und Hut ruhig dastand. Der Drescher meinte schon einen halb erfrorenen Menschen vor sich zu haben, anders war ihm dieses unbewegliche Stillstehen in solcher Winterkälte und Einsamkeit unerklärlich; er näherte sich ihm und schaute ihm unter den Hut hinauf ins Gesicht, und mit Entsetzen erkannte er nun jenen verrufenen Lehrer. Er rannte, um sich zu retten, ans nächste Haus und sank da in der Stube ohnmächtig zusammen. Als er wieder zu sich gekommen war, erzählte er den Grund seines Schreckens. Hier drangen nun die Leute in ihn, sein Begegnis doch alsbald den Söhnen des Verstorbenen mitzuteilen; denn diese hätten vor Gericht die Erklärung abgegeben, dass sie die Begebenheit wohl eher glauben würden, wenn einmal ein Mannsbild persönlich dafür einstände, dass sie aber der armen Dienstmagd dann jedenfalls die Geldsumme zurückerstatten wollten, in welche sie ihretwegen verfällt worden war. Der Drescher folgte diesem Rat und ging nun zu den Söhnen. Allein anstatt dem Mädchen das Geld zurück zu erstatten, ließen diese alsbald zwei Kapuziner kommen und den Geist in eine Dachrafe des Hauses bannen; seitdem ist von Niemand dort weiter etwas gesehen worden. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Besenreisser-Anton am Grenchnerberge

Source: Der Besenreisser-Anton am Grenchnerberge

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Oft hört man in gewissen Nächten von der Egg her und über den lang gestreckten Grenchner Berg hin ein schauerliches Schreien, Weherufen und Stöhnen. Bald ist es ein herausforderndes freches Johlen und Gellen, wie es sich die Sennbuben zweier Nachbarsenten entgegen höhnen; bald lautet es, als ob ein Verirrter oben im Hochwalde kläglich um Hülfe riefe, oder als ob er überfallen und niedergeworfen, unter Mörderhänden einen letzten Angstschrei ausstieße; durch alle Stimmen wechselnd trägt es der Nachtwind über die Halden herab. Wohl vernehmen es die Leute in den nächsten Berghöfen, aber sie eilen keineswegs zum Beistände hin; sie bekreuzen sich, sie murmeln schnell den englischen Gruß. Der Toni schreit wieder im Unterholze, heißt es, der Beserîsz- Dönnel hünet! Man läßt die Fällladen über die Fenster herab, löscht das Feuer am Herde, schaut nach im Stalle, ob die geweihten Osterpalmen noch hinter der Türe stecken, dann kann man sich dem Schutze der lieben Heiligen empfehlen und zu Bette gehen. Allein droben auf der Egg läuft das nicht so kurz ab. Als ob der hundertjährige Wald auf einen Streich gefällt liegen müßte, kracht es da in den Tannen. Mit vollen Donnerschlägen kommt ein Sturm aus den Schluchten des Senkloches gegen den Sennhof herüber gefahren. Ihm voraus springt und tanzt ein Rudel von Lichtern, groß und klein durch einander schwärmend. Dann wachsen sie zusammen zu klumpenhaften Büscheln und Feuerkugeln, die wie aus einem Geschütz auf einander losschmettern. Mitten unter ihrem feurigen Hagel schreitet der verwünschte Sennengeist einher, der böse Dönnel. Von allen Seiten grell beleuchtet, ist er nach Gestalt und Tracht vollkommen kenntlich. Sein struppiger Langbart ist rot und reicht bis auf den Gürtel. Er hat ein Küherkleid an, eine ärmellose Jacke mit rotem Vorstoß. In seiner Hand lodert eine Kienfackel und auf beiden Schultern schleppt er den halben Leib einer frischgeschlachteten Kuh. So stürmt er auf den ersten Viehstall los, der auf der Oberweide, entfernt vom Sennhaus gelegen ist. Alle Rinder fahren auf von der Streu und erheben ein klägliches Gebrülle. Aber er kann sie nicht aus dem Stalle reißen, der schwarze Ziegenbock drinnen verwehrt ihm den Eintritt. Doch wirft er alle Schindeln und Beschwersteine vom Dache, und fort gehts der nächsten Schirmtanne zu. Sie steht frei an einer senkrechten Felswand und läßt ihre Äste, wie breite Tatzen voll langhaariger Moosgespinnste, tief hinein in die Klippen fallen. Hier besinnt er sich, daß er die beste Weidekuh nicht mitgenommen habe, um sie an die Tannenäste zum Schlachten aufzuhängen; also fährt er mit seiner halben auf der Schulter hinab ins Sennenhaus. Hier hat er seine alten Wege, die er sich durch keine geweihten Mittel streitig machen läßt. Sobald er vor der Türe steht, nützt kein Riegel mehr; alles, sogar das kleine Schiebfenster, fährt dann von selber auf. Er wirft die Fackel weg, daß die Funken sprühen, und steht in der untern Stube. Dies ist das größte Gemach im Hause, Feuerstatt, Kochherd, Eßtisch und Ehebett sind hier in einem Raume beisammen; ein Teil des Bodens ist gebrettert und führt zugleich in den Keller; ein Teil hat Steinpflasterung. Durch die Stubendecke geht die Stiege hinauf ins Obergaden, das Schlupfloch mit dem beweglichen Laden steht offen, denn droben schläft das Gesinde. Jetzt kommt er gegen das Bette des Meisters her gegangen; man hört die daumendicken Eisennägel seiner Holzschuhe auf dem Boden knirschen, als ob es über Felsklippen ginge. Mächtig greift er über das Bette hinüber. Die Meistersfrau hält sich stille; man weiss schon, was er will und kann ihn nicht daran hindern. Er reisst an der grossen Wandglocke am Bette mit solcher Gewalt, dass Knecht und Magd erschreckt auffahren und aus dem Obergadem herunter klettern wollen, als wärs längst Morgenzeit. Aber schon vor dem Schlupfloche kehren sie wieder um, denn sie hören die furchtbare Wirtschaft des Tönni. Eben schickt er sich an, den Kessitanz zu spielen. Zu diesem Zweck dreht er den Herdbakten herum und hängt in dessen Haken den grossen kupfernen Wellkessel. Dieser fasst ein paar Eimer Milch, man macht in ihm Käse von Zentnerschwere. Er hebt den Kessischild ab und setzt sich rechter Hand zu seinem Instrumente nieder. Mit einem beweglichen Drahtgeflechte, welches panzerartig geflochten ist und daher Harischbletz heisst, beginnt er den Kessel vom Grund bis zum Rand zu fegen und zu scheuern. Da wird ihm der Käsekessel zur dröhnenden Kesselpauke, kunstgerecht schlägt er darauf die Takte eines Sennentanzes, immer schneller, immer lauter und schmetternder, daß das an den Wänden aufgehängte Menzeug, die Bund- und Dickketten, die Kuh- und Roßschellen, mit schwingt, mitklirrt und läutet. Diese Musik hat er bis jetzt mit der rechten Hand gespielt, nun braucht er noch die linke. Denn zur andern Seite steht ihm das Ankendrehfaß. Dies ist ein geschloßner Kübel in Radform, welcher innerhalb einer an die Wand gelehnten Leiter befestigt ist und beim Buttern mittelst einer Handwelle umgedreht wird. Im Innern des Kübels sind um seine Achse herum Holzflügel mit Rinnlöchern angebracht, zwischen denen sich die umgeschwungene Milch zu Rahm ballt, außen am Breitrande ist ein Schiebriegel, um Butter und Buttermilch heraus nehmen zu können. Man hat heute ansgebuttert und das Gefäß ist jetzt also leer. Er beginnt nun dieses zugleich mit der Linken heftig umzuschwingen, und im offnen Spundloche des hohlen Rades fängt sich die Luft, daß es umwirbelud summt uud brummt und knarrt wie eine gigantische Baßgeige. Jetzt tut der Tanz seine Wirkung, Lebloses und Lebendiges kommt in Bewegung, nichts kann diesem „Liren- oder Trüllbudertanze" widerstehen. Frischgewaschen und geputzt sind des Abends die Eß- und Trinkgeschirre hinter die Holzleisten an der Stubenwand ausgesteckt worden; aber in einer Reihe fallen jetzt die Stielnapfe und Hakenkellen vom Nagel, alle die Gönli, die Schufen, die Bollen, die Eßgepsli und Freßmütteli. Wohlgeordnet stehen die Kübel und Fäßchen um den Herd, damit man Morgen beim Käsen Milch, Ziger und Schotten in sie verteile; nun stürzen sie um und kollern wild durcheinander, die Zigertrimmen, Melkteren, Taußlein, Bennen, Brenten und Bückten. Im Keller unten liegen die frischen Käse in ihren beweglichen Holzringen zum Formen und Abtrocknen. Nun zerplatzt eine jede Käsejarbe und läßt den Käselaib von der saubern Bank auf den modrigen Kellerboden hinab springen. Unter dem Dache droben auf der Bühne liegt der Kühbube auf seinem ärmlichen Laubsacke, das allerkleinste Knechtlein. Auch das darf nicht länger unter der Schnetzeldecke warm haben und wird kläglich herunter geschmissen. Wenn alle Balken krachen und wanken, so .werden auch die Kühe im Stalle toll und die Schweine im Koben wollen ausbrechen. Zu zweit und dritt verwickeln sich die Rinder in das gleiche Barrenseil und drohen sich zu erwürgen, wenn man sie nicht eilig wieder losschneiden kann. Aber wer hat das Herz, unter diesem Schrecken den Platz zu verlassen. Doch der Meister und seine Frau greifen zum letzten Mittel, das ist das Stoßgebetlein: „Alle Seligen lobpreisen Gott im Himmel". Alsdann brüllt auf des Dönnel Schulter die halbe Kuh dreimal laut auf, es schweigt der Aufruhr, der Unhold ist verschwunden.  „Seht, das ist Gottes Gericht“, spricht dann der Bauer zu seinem Gesinde. „Das alles hat der Tönnel damals verschuldet, als er noch unser Gemeinde-Senne gewesen war hier auf der Egg. Da hat er die Milchwage verfälscht und die Kerbhölzer, daß er uns nur den halben Milchertrag unsrer Herde auszumessen brauchte; da hat er uns Käse, Ziger und Anken für ganze Jahre abgestohlen, daß wir Grenchner immer ärmer wurden und er ein reicher Mann. Doch auch sein Maß ist voll geworden, denn wie er uns getan, so taten es ihm die Dirnen, mit denen er hauste. Als Alles verschwelgt und vergeudet war, trieb ihn seine schwarze Seele zum Hof hinaus und er richtete sich selbst – Gott behüt uns! — an jener Schirmtanne. (Gottfried Schenker von Dänikon, Kant. Soloth.)  Sage  aus Grenchen, Solothurn Band 3.1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962 Ausschnitte aus dem 2. Kapitel, S. 49-52 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der besiegte Schwarzkünstler, 1799

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Als die Franzosen in ihren Kämpfen gegen die Russen und Österreicher durch die Schweiz zogen, hatte auch Vältis viel Ungemach zu erdulden. Ein Bataillon Franzosen drängte die Österreicher über den Kunkels zurück. Der französische Anführer ritt auf einem Schimmel mitten in den grössten Kugelregen hinein. Keine Kugel konnte ihn verletzen; denn er war stich- und kugelfest. So trieb er die Österreicher vor sich her bis auf die Höhe des Passes; dort hielten sie stand. Der Franzose sprengte vor und ritt spöttisch der österreichischen Heeresabteilung entlang hinunter. Ein neuer Kugelregen konnte ihm keinen Schaden zufügen. In der Verzweiflung rief der Anführer der Österreicher: "Ist keiner hier, der den Kerl herunterbringt?" Aus seinen Scharen trat ein Tiroler hervor und erklärte: "Das kann ich!" Er legte an, drückte los, und der Getroffene fiel rücklings vom Pferde herunter. Der Tiroler war ein "Weisskünstler" und hatte eine silberne Kugel gebraucht und so den Schwarzkünstler besiegt. L. Jäger   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 205, S. 99 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der bessere Wein

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Einmal hatten Burschen von Embd verabredet, am Schalb, eine Stunde oberhalb des Dorfes, einen verborgenen Tanz zu veranstalten. Weder Gemeinderat noch Pfarrer sollten davon erfahren. Zu diesem Tanz wollten auch Burschen von Törbel sich hinzugesellen. Sie hatten den Wein zu beschaffen. Am abgemachten Tage gegen Abend kamen sie in Embd an. Den Wein trugen sie in Botillen bei sich. Damit ihr Vorhaben nicht verraten werde, stellten sie das Getränk in eine Scheune. Darauf gingen sie zum Pfarrer Abgottspon und baten ihn um einen Trunk. Dabei gaben sie vor, sie wollten nach St.Niklaus weitergehen. Der Pfarrer aber durchschaute diese Schlauköpfe. Er stellte sich vor sie hin und sprach: «Ich will euch gern zu trinken geben, aber mein Wein ist lange nicht so gut wie der eure, den ihr dort drüben in der Scheune versteckt habt, trinkt doch lieber zuerst den, tragt ihn nur nicht mehr weiter!» Die Burschen standen wie gefitzte Buben da. Sie waren ganz verblüfft und gedemütigt. An den Schalb gingen sie heute nicht mehr. EMBD Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der bestrafte Kirschendieb

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Früher machte der Sigrist zu Silenen in der Weihnachtszeit mit einem Kruzifix einen Rundgang in der Pfarrei. In den Häusern legte er es auf den Tisch, dann knieten die Leute nieder und beteten mit dem Sigrist die heiligen fünf Wunden, worauf alle den Heiland küssten. Der Sigrist erhielt bei dieser Gelegenheit ein Geldgeschenk, das einen Teil seines Einkommens bildete, während er selber die Leute mit einem Päcklein Weihrauch beschenkte und ihnen ein gutes, glückhaftes Neujahr anwünschte. Er besuchte auch die höchsten Berggüter, wobei er öfters in den Berghäuschen übernachtete. Da konnte es nicht fehlen, dass man sich an den langen Abenden gegenseitig allerlei Erlebnisse und Geschichten erzählte. Der Sigrist gab unter anderm die folgende zum besten. »Als ich in meinen jungen Jahren z'Dorf ging, hat es mich im Kirchengässlein nicht selten mit Steinen beworfen. Ich sagte das endlich dem Pfarrer, und der ermunterte mich, die arme Seele, denn eine solche sei es, das nächste Mal anzureden. Er werde machen, dass sie sich zeige. Und wirklich, das nächste Mal kam es mir durch das Kirchengässlein herauf entgegen; es sah zuerst aus wie eine »Ziechätä« Laub, verwandelte sich aber alsbald in eine Weibsgestalt, die ich erkannte und anredete. Sie bekannte, sie habe im Leben Kirschen gestohlen und müsse dafür wandlen. Wenn ich ihr verspreche, mein Leben lang keine Kirschen zu essen, so könne sie erlöst werden. Ich habe es versprochen, und seitdem esse ich keine Kirschen mehr. Die arme Seele ist schon erlöst.« Franz Josef Zurfluh, 75 Jahre alt, Intschi Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der bestrafte Kostvergeuder

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Das muss in Attinghausen gewesen sein. Dort hatte eine Mutter einen frechen Sohn, der sich vor nichts fürchtete. Es hauste aber in einem alten Hause der Nachbarschaft ein Gespenst, das viel Schrecken erregte. Die Mutter äusserte nun bei den Leuten den Wunsch, es möchte ihr Sohn mit diesem Gespenst zusammengeraten; sie hoffte, dass er dabei seine Frechheit verlieren möchte. Das wurde zustande gebracht. Eines Abends machte sich der Bursche auf den Weg, und die Mutter gab ihm Kost mit, dass er nicht Hunger zu leiden brauchte während der Nacht. Als nun der Frechling im Gespensterhaus sich Suppe bereitete, erschien auf der Rüesstili ein furchtbares schwarzes Bäuzi und warf einen Haufen Russ in die Suppe hinunter. Der Bursche erschrak aber nicht. »Willst Ruhe haben«, rief er hinauf, »so ist wohl und gut! sonst komme ich«. Jetzt rüttelte und schüttelte sich das Gespenst da oben wie einer, der vor Kälte und Frost erschauert. »Wenn d'fryrsch, so chumm doch zum Fyr,« rief der Bursche. Es kam und setzte sich zum Feuer, und der Bursche, nitt blück! kochte sich eine zweite Suppe. Als sie fertig war, trug er das Gespenst in die Stube und lud es ein, mit ihm zu essen. Es aber, scheinbar zitternd, verschüttete die schöne Suppe. Der Bursche schlug ihm mit dem Löffel auf die Finger und sagte, es solle zur Kost lugen. Wie er ihm zum dritten mal auf die Finger klopfte, stand es auf einmal ganz im Weissen da und sagte, jetzt habe er es erlöst. Dreissig Jahre habe es hier wandlen müssen. Es habe allemal als Kind mutwillig die Kost versudelt, ohne dafür von den Eltern bestraft zu werden. Und jetzt verschwand es. Der Bursche ist aber durch dieses Erlebnis nicht blücker geworden! Anton Stadler, 70 J. alt, von Bürglen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der bestrafte Rahmdieb

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Ein Geissbub, der an den Abhängen des Geissberges in Erstfeld die Ziegen hütete, hatte die sträfliche Gewohnheit, den Leuten in dem benachbarten Berggut Emmeten in den Milchkeller einzudringen und von dem Rahm zu naschen. Nach seinem Tode musste er in der Gestalt eines Kapuziners wandlen, und noch oft und viele Jahre hindurch hat man ihn gesehen im Milchkeller der Emmeten aus- und eingehen. Frau Ziegler-Frei Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der bestrafte Spötter

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Auf der Alp Heitmenegg im Schächental war einer der Älpler ein furchtbarer Spöttler. Nichts war zu heilig für seine Spottsucht. Als er eines Abends, nachdem er gottlose Reden geführt hatte, die Bräntä an den Rücken nahm, um beim Brunnen Wasser zu holen, sagte er spöttisch: »I will gah, es wird mi hinecht wohl nä!« Es war nämlich gespenstig beim Brunnen. An jenem Abend erreichte ihn die Strafe. Er kam nie mehr zum Vorschein; weder Haut noch Haar wurde je von ihm gefunden. Nur seinen Kreuzfingerring warf es eines Abends in die Alphütte hinein. Fr. Gisler-Arnold, Unterschächen, 70 J. alt. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der bestrafte Wirt

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Ein Wirt im Schächental hatte die Gewohnheit, beim Ausschenken den Daumen in das Glas zu stecken. Nach seinem Tode musste er wandlen, und noch lange hörte man eine Stimme rufen: »Hundert Dymlig gähnd äu ä Mass.« Josefa Imhof-Aschwanden Eine Wirtin zu Amsteg, die tot auf dem Leichenbett lag, erhob sich plötzlich und rief allen Wachern und Betern: »Hundert Dümä gähnd äu ä Mass«, und legte sich wieder tot nieder. Jos. Zgraggen, am Rütli Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der bestrafte Zöllner

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In der Nähe von Vallorbe stand vor Zeiten ein wundertätiges Muttergottesbild, bei dem von Nah und Fern fromme Beter, Wallfahrer und Pilgrime zusammenströmten, um Heil und Segen zu erflehen. Zu diesem Muttergottesbilde führte damals eine Brücke über die Doubs, welche von den Benediktinermönchen des Klosters Romainmôtier in Stand erhalten wurde, denen aber dafür das Recht zustand, von Jedem, der die Brücke passierte, einen Heller Zoll zu erheben, welches Amt ein von den heiligen Vätern eingesetzter Zöllner versah. Von einem solchen Zöllner geht nun die Sage, einst sei spät am Abend eine Jungfrau zu Ross an die Brücke gekommen und habe über dieselbe hinwegbegehrt, da sie aber vergessen, den üblichen Zollpfennig beizustecken, habe ihr der hartherzige Mann trotz ihrer Bitten und der Angabe ihres Vorhabens, sie wolle für ihre todkranke Mutter daheim von dem Marienbilde Genesung erflehen, den Übergang verwehrt. Da nun die Jungfrau gesehen, wie unnütz es sei, weitere Worte zu verschwenden, habe sie ihr Ross mutig zu einem kühnen Sprung angespornt und sei über die Brücke hinab in den Fluss gesetzt, um so sein anderes Ufer und ihr Ziel, das gnadenspendende Muttergottesbild, zu erreichen; mitten im Fluss aber habe Ross und Jungfrau die Strömung erfasst und beide seien an den aus dem Wasser hervorragenden Felsenspitzen zerschellt und ohne Rettung untergegangen. Schrecklich war aber die Strafe, welche den Urheber dieses traurigen Ereignisses ob seiner Hartherzigkeit ereilte. Jedesmal am Todestage der Jungfrau ward er um Mitternacht von Geisterhänden von seinem Lager hinaus an die Brücke gerissen; dort stand die durch ihn gemordete Jungfrau bleichen und blutigen Antlitzes im weißen Totengewande, schwang sich auf seinen Rücken und trieb ihn mit scharfschneidendem Schilfrohr, das ihr als Gerte diente, im wilden Laufe hin nach dem Marienbilde. Dort verrichtete sie das Gebet, das ihr der Hartherzige bei Lebzeiten versagt, und kehrte auf gleiche Weise wieder zur Brücke zurück, wo sie von dem Rücken des also gepeinigten Zöllners wieder im Wasser verschwand. Nicht lange aber ertrug der Zöllner diese Strafe, nur noch zweimal hatte die Jungfrau auf seinem Rücken einen nächtlichen Ritt gemacht, als er vor der Zeit zum Greis geworden auch schon auf dem Sterbebette lag; erst kurz vor seinem Ende aber enthüllte er einem Klostergeistlichen die Ursache seines und des Todes der Jungfrau. Diesem Ereignis zum Gedächtnis sah man noch vor einigen Jahren in der Kirche des Klosters ein geschnitztes Bild, das einen alten Mann auf Händen und Knien und eine Jungfrau auf seinem Rücken vorstellte. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.    


by Der Besuch des Toten

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Am Ärgerenbach stand vor langen Jahren zwischen Erlen und Weiden ein Häuschen. Drin wohnte ganz allein ein altes Mütterchen. Kirchenstill wäre es an diesem abgelegenen Orte gewesen, wenn nicht der Bach gerauscht und die Vögel gesungen hätten. Aber einmal hatte das Häuschen auch fröhliches Leben gesehen und munterem Treiben zugeschaut. Das war damals, als eine Buben- und Mädchenschar hier aus- und einging und am Bach und im Erlenhain ihr übermütiges Spiel trieb. Aber das ist schon lange her. Die Kinder sind unterdessen gross geworden und in alle Welt hinausgewandert, ein Sohn sogar übers weite Meer. Es war an einem Winterabend. Die alte Frau sass in später Stunde noch hinter dem Ofen und spann. Derweil die Hände den Faden drehten, weilten die Gedanken in der Ferne bei den Kindern. Da klopfte es auf einmal an der Haustüre. Die Mutter horchte und wusste nicht, wer so spät in der Nacht noch etwas wollte. Jetzt hörte sie die Haustüre knarrend sich öffnen, und feste Schritte kamen durch den Hausflur immer näher. Nun ging die Stubentüre auf, aber es war niemand zu sehen. Die schweren Schritte polterten um den Ofen und hielten endlich vor der Mutter an. Diese fühlte, dass jemand unsichtbar vor ihr stand. Sogar die Atemzüge dieses Wesens glaubte sie deutlich zu hören und zu spüren. Nach einer Weile entfernten sich die Schritte wieder gegen die Türe hin. Diese wurde von unsichtbaren Händen behutsam geschlossen. Das Laufen ging durch den Hausflur, die Haustüre knarrte wieder, es ging noch um das Häuschen herum, und endlich wurde es stille. Die Mutter überwand den Schreck und eilte ans Fenster. Da sah sie im Mondenschein ganz deutlich einen fremden Mann draussen stehen. Fremdländisch war auch seine Kleidung. Er trug Stulpenstiefel und weite Hosen, die mit einem breiten Ledergürtel gebunden waren. Ein dunkler Bart wallte auf die Brust nieder, und den Kopf bedeckte ein weiter, aufgekrempelter Filzhut. Er glich einem Farmer aus Übersee. Eine Weile noch stand der Unbekannte regungslos da, im Anblick des Häuschens versunken. Dann verschwand er. Die Mutter konnte sich diese sonderbare Erscheinung nicht erklären. Aber eine schlimme Ahnung stieg in ihrem Herzen auf und wollte sich nicht mehr verscheuchen lassen. Sechs Wochen später wurde die Ahnung zur Gewissheit. Aus Amerika kam die Nachricht, ihr Sohn sei gestorben, Tag und Stunde seines Todes war angegeben und stimmte zeitlich genau mit der nächtlichen Erscheinung. Jetzt verstand sie alles: Der Sohn hatte an Heimweh gelitten, - war daran gestorben. Nachdem sein Geist sich vom Körper befreit hatte, war er mit der Schnelligkeit eines Gedankens über Länder und Meere geflogen, um noch einmal das zu schauen, was ihm so teuer gewesen und ihm das brennende Heimweh bereitet hatte: Die Heimaterde, das Hüttlein am Bach und der Mutter Antlitz.    Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch


by Der betende Einsiedler

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In der Nähe des Reinacher-Rebberges steht ein zerfallenes Gebäude. Es soll früher die Klause eines frommen Einsiedlers gewesen sein. Heute noch kann man nachts sein Beten hören. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der betende Einsiedler

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In der Nähe des Rebberges steht ein zerfallenes Gebäude. Das soll früher die Klause eines frommen Einsiedlers gewesen sein. Heute kann man noch nachts sein Beten hören. Reinach Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der betrogene Böse

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In einer Wirtsstube zu Peist im Schanfigg sass eines Abends eine Gesellschaft lustiger Burschen beisammen, trank dunkelroten Veltliner, und nicht wenig, und konnte mit Spässen und mutwilligen Possen keine Ende finden. Da trat spät noch ein Fremder ein, der in der Herberge übernachten wollte und sich einen guten Tropfen vorsetzen liess. Die jungen Leute luden ihn ein, an ihrem Tische Platz zu nehmen und beim Kartenspielen mitzuhalten, und er nahm das gerne an. Alles war guter Dinge, und der Fremde wurde immer gesprächiger. Der weinseligen Runde fiel es nicht auf, dass er sein grünes Hütchen mit der frechen Hahnenfeder nicht vom Kopf brachte. Zuletzt anerbot er sich, die ganze Zeche zu bezahlen, wenn der letzte, der die Stube verlasse, mit Leib und Seele inskünftig ihm dienen wolle. Ausserdem werde er dann jedem zum Andenken an diesen fröhlichen Abend die Tasche mit einem schönen Stück Geld füllen.   Die seltsame Bedingung, an die das Geschenk gehängt war, machte die Jungen indes doch etwas stutzig, und sie sahen einander mit langen Gesichtern an. Nun war keiner mehr im Zweifel, mit wem man es da zu tun hatte, und alle verwünschten insgeheim den Augenblick, in dem der Grünfrack zu ihnen hereingekommen war. Aber wie konnten sie ihn jetzt wieder loswerden? Ihn zum Abzug zu zwingen, getraute sich keiner. Es war eine ungemütliche Lage.   Nur einer unter ihnen, der kleine Peterli genannt, ein ganz pfiffiger Bursche, bewahrte kaltes Blut. Der war bei allen Streichen vornean, und sein Wort war das der ganzen Schar. Dieser rief, als alle ratlos schwiegen, keck und auf den Stockzähnen lachend: „Also, die Abmachung gilt, dafür stehe ich. Vorwärts, das Licht gelöscht, und der letzte, der hinausgeht, wird von dem Herrn da mitgenommen!“   Die Lampe wurde ausgeblasen, und der Grüne stellte sich an die Türe, bereit, seine Krallen in den Arm des letzten unter den Abziehenden zu schlagen. Der Mond schien hell in die Stube, als die Burschen, die erst noch so ausgelassen gescherzt hatten, kleinlaut hinaustraten. Peterli hatte es so eingerichtet, dass er der letzte war. Schon standen die andern draussen, und eben wollte der Satan auf ihn losstürzen. Aber Peter war nicht links und sagte in gut geheucheltem Ton der Empörung: „Nur langsam, dort ist mein Hintermann!“ indem er auf seinen grossen Schatten an der Wand zeigte. Der Teufel liess ihn fahren und wollte sich über den vermeinten Allerletzten hermachen, während Peterli das Urbild rettete. Der Teufel, der wieder einmal angeführt war, stampfte sich unter Wutgeheul und scheusslichem Schwefelgestank an Ort und Stelle in den Boden hinein. Mit den listigen Peister Buben wollte er ferner nichts mehr zu tun haben.   Aus „Schweizer Sagen“ Arnold Büchli, Zürich, 1966 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der betrogene Fuchs

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Die Schlauheit des Fuchses ist sprichwörtlich. Dass der Fuchs wirklich verschmitzt und tückisch sei, hat schon mancher Jäger erfahren. Bei Tag wird er nur geschossen, wenn er unerwartet überfallen wird. Lässt sich der Jäger daran, in frischem Schnee seine Spuren zu verfolgen, so treibt der Fuchs seine lustigen Streiche. Er eilt gemessen voran, um gerade ausser Schussweite zu sein. Hat er zu viel Vorsprung, so hockt er gemächlich ab, stützt sich auf die Vorderfüsse und schaut spöttisch zum langsamen Jäger zurück, ob dieser nicht bald folge. So geht's lange hin und her und auf und ab und am Ende wird's nicht fehlen, der Jäger ist auf die gleiche Stelle zurückgeführt, die er am Anfange verlassen, um den Rundgang noch einmal anzufangen, wenn er Lust hat. Mancherorts ist's aber Mode, den Füchsen bei Nacht aufzulauern. Man lockt sie mit dargebotener Speise (Fuchsbeize) auf schickliche Stellen heran, um aus verborgenen Zuglöchern heraus auf sie zu schiessen. Auch richtet man ihnen Fallen, bei denen aber kein Eisen sein darf. Eben bei der Nacht ist es aber, wo der Fuchs seine grosse Verschmitztheit beurkundet; er scheint ohnehin zu Nachtbubenstücken geschaffen und abgerichtet. Sehr schlau weiss er jede Gefahr zu wittern. Zu seinen Nachtwanderungen benützt er gerne viele Wege und Stege der Menschen; begegnet ihm ein Unbewaffneter — er weiss es zuverlässig — so lenkt er kaum mehr ab, als etwa ein grobbeschuhter Stallknecht einer vornehmen Dame, die mit mächtiger Krinoline die Gassen wischt, auf dem Trottoir auszuweichen pflegt. Das gebotene Futter (Fleischabfälle) schnappt er regelmässig weg — (man hat s gerne, wenn sich der Fuchs daran gewöhnt) — so oft der Jäger nicht auf der Warte ist; passt er aber am Gugloch so kommt er nicht. — Man täuscht den Fuchs damit, dass sich der Jäger auf einem Schlitten zur Warte hinführen lässt; wenn er nämlich merkt, dass alle Personen, die zugegangen, auch wieder fortgegangen, so glaubt er sich sicher. Bei solcher Nachtjagd unterliegt der gute Jäger — das kann man sich leicht vorstellen — manchen Täuschungen, die seinem Glauben an Hexen und Zaubereien neue Nahrung geben — So wird z. B. erzählt, einem Mann, der dem Fuchs in der Nacht auflauerte, erschien dieser regelmässig, machte aber demselben so sonderbare Spiele und Gaukeleien, dass er nie zum Schuss kommen konnte. Darüber ungeduldig, begann er Hexerei zu vermuten; er liess darum sein Pulver bei den Jesuiten in Brig segnen und war entschlossen, fürderhin ohne weiteres los zu feuern. Er tat's; der neckische Fuchs verschwand auch gleich aus seinen Augen. Als der Tag angebrochen, zeigten Blutspuren, dass sein Schuss getroffen habe. Er verfolgte diese Spuren, die ihn durch die gewöhnlichen Strassen berghinab zu Tal, über die Rhone hinüber und wieder bergauf zu einem Hause führten, wo ein der Hexerei verdächtiges Weib wohnte. Vor dem Hause traf er zufällig ein Kind an, welches auf die Frage, ob die Mutter zu Hause sei, antwortete, sie sei soeben krank nach Hause gekommen; sie habe an der Seite Stiche bekommen und blute stark an einem Fusse. — Erstaunt und doch zufrieden, den neckenden Fuchs einmal betrogen und erwischt zu haben, kehrt unser Jäger nach Hause zurück. — Er starb 1811.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


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Source: Der betrogene Satan

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Zu Peist kam einmal der leibhaftige Satan eines Abends spät in ein Haus, in welchem eine Gesellschaft junger Burschen beisammen war. Er war an­zusehen wie ein Fremder, der Herberge sucht, und gewann bald ihr Zutrau­en. Sie luden ihn ein, am Schmause und Spiele mitzuhalten, was ihm ganz recht war, denn das hatte er gewollt. - Alles war fröhlich und guter Dinge, und der Fremde wurde immer zutraulicher. Zuletzt erbot er sich an, die ganze Zeche zu zahlen, wenn der Letzte, der die Stubentür verlasse, mit Leib und Seele ihm fürder dienen wolle, zudem werde er gegen diese Be­dingung Jedem Geld geben, dass er für immer dessen genug habe. - Die Äusserung des Fremden machte die Jungen gewaltig stutzig und sie sahen einander erschrocken an. Sie erkannten nun, mit wem sie zu tun hatten, und verwünschten den Augenblick, in dem er zu ihnen gekommen, wussten aber nicht, auf welche Weise wieder von ihm los zu werden; gut­willig ging er nicht und zwingen wollte Keiner ihn, zu gehen. - Das war schrecklich. - Es war aber Einer, der »kleine Peterli« genannt, unter ihnen, der war ein gar pfiffiger Bursche und immer der Erste der Gesellschaft. Was Peterli anzettelte, musste geraten, es mochte wollen oder nicht, und sein Wort war das der ganzen Knabenschaft. - Dieser Peterle rief lachend: » Du Grüner, das ist leicht, aber dabei kommst Du gewiss in Schaden, - also das Licht gelöscht, und der Letzte, der die Stube verlässt, geht mit Dir, basta!« Das Licht wurde gelöscht und der Grüne stellte sich an die Stubentüre, dass er den Letzten erfasse, der dann ihm gehören sollte. Der Mond schien so hell und schön in die Stube, es war eine herrliche Nacht, und doch graute den Jungen vor dem Ausgang der fatalen Sache. Nun richtete Peterle es so ein, dass das Loos ihn traf, der Letzte zu sein, was aber der Böse nicht bemerkte. Bereits waren die Andern in Sicherheit, und eben wollte der Satan auf ihn losstürzen. Aber Peterle war nicht links, zeigte lächelnd auf den von ihm gebildeten Schatten an der Wand und sagte: »Nu g'mach, döt isch mi Hinderma!« Satan liess ihn nun los und wollte über den vermeinten Hintermann sich hermachen, indess Peterle das Original rettete. Der Böse, den Betrug alsbald gewahrend, verliess unter Donner und Blitz den Ort und mochte mit den listigen Peistern im Fernern nichts mehr zu tun haben. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der betrogene Spukmacher

Source: Der betrogene Spukmacher

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Im Westen des Sanetschtales liegt hoch auf einer futterreichen Bergebene die schöne Gundiser Alpe "Pointet". Die zahlreiche Viehherde, die da im Sommer munter grast, wird gemeinschaftlich auf die Weide getrieben und deren Milch in einer grossen Sennerei, wie gewöhnlich auf Hochalpen, verhandet. Das ganze Alpgeschäft wird einem Meistersennen anvertraut, dem die übrigen Alpgehülfen untergeordnet sind. Von einem solchen Ober-Sennen wird erzählt, dass er seine Freude darin fand, die jüngern Alpleute mit sonderbaren Alpbozengeschichten zu unterhalten und mit grausenhaften Geistererscheinungen zu schrecken, — vermutlich weil er eben nichts Besseres vorzunehmen wusste. In seiner Grosssprecherei versprach er eines Abends einem jungen Alphirten, er wolle ihm seine schönste Kuh samt der klangvollen Trinkel (Schälle) verschenken, wenn er den Mut hätte, sich allein um Mitternacht ins Gebirge hinauf zu wagen und zum finstern Felsengebirge am Sanetschgletscher "chez-Rozo" mit lauter Stimme zu rufen: «tête sèche, répondez à la tête verte!» d.h. dürrer Kopf, antworte dem grünen, oder: Ihr Toten, antwortet den Lebendigen. Weil der junge Hirt dem Versprechen glaubte, dachte er der Sache nach, und je länger er daran dachte, desto mehr wässerte ihm der Mund nach der schönen Trinkelkuh. Er fasste Herz; doch bewaffnete er sich mit einem scharfgeschliffenen Säbel, den er noch zur Vorsicht erst bei den Kapuzinern in Sitten segnen liess. — (Seltsam, dass die Jesuiten diesmal frei bleiben!) — Er kündete darum auch seinen Entschluss dem Meister an, ihn an sein Versprechen erinnernd. Diesem wurde aber übel zu Mute bei der drohenden Gefahr, seine beste Kuh zu verlieren. Er wollte jedoch sein Wort nicht zurücknehmen, sondern sann auf Mittel, den jungen Hirten an der Ausführung seines Vorhabens zu hindern. Und er ersann ein Trauriges. Einem soeben verunglückten Ochsen zog er eilig die Haut ab, liess dessen Hörner oben aus dem Fell stehen und stellte sich damit angezogen im Gebirge, wo der Hirte vorüber musste, an einer passenden Stelle auf. Dieser kam und sah das grause Gespenst am Wege liegen. Mutig und barsch fragte er an: «Wer da?» Gleich erhob sich dieses gewaltig vom Boden und schrie mit lauter und furchtbarer Stimme: «Ich bin der Teufel! Fort mit dir!» Der Hirte hatte volles Vertrauen auf seinen gesegneten Säbel, stürzte auf das Ungeheuer los und in ein paar mächtigen Hieben lag der gehörnte Kopf vom Rumpfe getrennt aus dem Boden. Er ging dann seines Weges ruhig weiter, um die Wette zu gewinnen. Als er in der Morgendämmerung, froh des geglückten Weges und der gewonnenen Kuh, die Alphütte wieder erreichte, war der Meistersenne nirgends zu finden. Niemand wollte von ihm etwas wissen. Nach langem und langem Suchen fand- man ihn endlich im Gebirge enthauptet in der Ochsenhaut. — Umsonst bot man alle Kräfte auf, den so unglücklich Enthaupteten von der Stelle zu bringen; man musste unter der Leiche die Erde zu einer Grube öffnen und so dieselbe einscharren. — Und auf dem Grabe dieses Unglücklichen spriesst bis auf den heutigen Tag weder Kraut noch Gras.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der betrogene Teufel

Source: Der betrogene Teufel

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Einmal wollte der Teufel den Urispiegel holen, der ihm eigentlich schon längst verfallen war. Da meinte der Urispiegel: »Ja, nun siehe, ich schlüpfe in diesen Ofen hinein, und wenn du mich siehst wieder hinausschlüpfen, gut, so kannst du mich packen, wenn nicht, so musst du mir noch eine Frist lassen und Geld genug geben.« Denkt der Teufel, der kann mir nicht entwischen, und geht auf die Wette ein. Urispiegel schlüpft aus der Küche in den Ofen. Drinnen ruft er fröhlich: »E, da ist ja noch ein Loch gegen die Stube, da kann ich hinaus!« Der Teufel hörts und läuft, so schnell er kann, der Stube zu. Unterdessen schlüpft aber ungesehen und schleunigst unser Urispiegel wieder in die Küche hinaus. Joh. Jos. Walker, 75 Jahre alt, Meitschligen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der betrunkene Ziegenhirt

Source: Der betrunkene Ziegenhirt

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In der öden, wilden Gegend des Lämmerbodens im Turtmanntal soll einst ein Hirte zur Mittagszeit seine Herde gelagert haben. Eines Tages von Durst gequält, sucht er nach Trinkwasser und fand in einer Felsenhöhle einige Feuchtigkeit, die von der Decke herunterrieselte. Aber er bemerkte, dass dieses Wasser unrein und trübe war. Er ging weiter und setzte sich auf einen nahen Stein. Da seine Kleidung in der Felsenhöhle schmutzig geworden war, wollt er sie reinigen, bemerkte aber, dass die Flecken von gelber Farbe waren, als wenn Gold darauf getröpfelt wäre. Schnell ging er hin, um das Gold zu sammeln, fand aber den Eingang der Höhle nicht mehr. Betrübt sass er wieder auf dem Steine und verzehrte sein Mittagsbrot. Zur gleichen Zeit schnitzte er eine Vertiefung in den weichen Stein hinein. Bald bemerkte er eine rote Flüssigkeit, er nippte davon und fand, dass es köstlicher roter Wein war. Die Leute im Dorf merkten dann am Abend, dass ihr Ziegenhirt etwas betrunken nach Hause kam, was ihnen unerklärlich schien. Um auf den Grund zu kommen, schlich man dem Hirten eines Tages nach und sah, wie er zur Mittagszeit aus einem Steine etwas Nasses schlürfte. Da bemerkte der Hirt die Späher und wollte schnell die Öffnung zudecken. Aber es war zu spät, die Späher waren schon zur Stelle; sie waren auch durstig und halfen dem Hirten den Wein aus dem Steinfasse trinken. Am Abend kam nicht nur der Ziegenhirt ohne Ziegen etwas angeheitert nach Hause, auch die andern konnten nicht mehr ganz sicher auf den Füssen stehen. Das war aber das letzte Mal. Von diesem Tage an rann kein Tropfen mehr aus der Felsenquelle. TURTMANN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Bettelmann

Source: Der Bettelmann

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Man weiss nicht mehr akkurat genau, wo das gewesen ist, aber auf einer Alp im Hinterland hat dazumal ein Schächentaler als Knecht ausgeholfen und seine Sache gemacht, wie’s Recht und Brauch ist. Weil aber der Weg zur Alp stotzig und steinig war, so blieb er mit dem Senn meist die ganze Woche allein, und mehr als einmal kam er so ins Studieren. Der einzige Gast, der ab und zu aus dem Tal gestiegen kam, war ein altes Manndli, das so recht danach aussah, als ob es noch nie im Leben eine gute Stunde gehabt hätte. Darum mochte er wohl auch jedes Mal die Hand ausstrecken und um dies oder jenes betteln. Was aber dem Knecht seltsam vorkam, das war, dass der Senn, sobald das Manndli kam, jedwede Arbeit sofort liegen liess und so rasch als nur möglich ihm bereitstellte, was in der Hütte aufzutreiben war, Anken, Käse, Brot, Milch, ohne auch nur ein Sterbenswort zu fragen, woher und wohin des Wegs? Wie der Knecht in seiner Verwunderung einmal den Senn danach fragte, so befahl der ihm, wenn je der Bettelmann wieder käme, ohne ein Wort zu fragen, ihm alles auf den Tisch zustellen, was zu finden sei, und zwar so rasch als möglich. Ich weiss warum! Und da war der Knecht gleich gescheit als wie zuvor. Richtig kommt der Bettler nach ein paar Tagen wieder durchs Alptürli, und der Senn ist weit draussen auf der Weide. Der Knecht aber sitzt auf dem Melkstuhl und ist just an den letzten Strichen, und so ruft er dem Manndli zu: «Sofort, Sofort! Nur noch drei Strich!» Das Manndli sagt kein Wort und nickt, und schon hat ihm der Knecht alles auf den Tisch gestellt und ein Beckeli kuhwarme Milch dazu, und erst noch ein Wohlbekomm’s gewünscht. In einem Zug ist der Bettelmann fertig mit allem. Daraufhin aber sagt er nicht Vergeltsgott wie andere Male, sondern er setzt sich ans Feuerloch, bleibt da sitzen und streckt die Füsse an die Wärme und tut, als ob er für je und alle Zeiten hierbleiben würde. «Nun ja», denkt der Knecht, «er wird den Rappel haben», und fängt zu käsen an. Aber wie er auch mit dem Käsrüehrer im Kessi herumfährt, die Milch will und will nicht dick werden, und alles Fluchen und Feuern nützt nichts. Der Bettelmann aber sitzt am Feuerloch und bläst von Zeit zu Zeit ins Feuer, und wenn s anfängt zu flackern, so steht er auf, geht zum Gänterli und holt sich Anken und Brot, und isst schon von der zweiten Hälfte des Käsleins, so lang und so viel, dass der Knecht denkt: «Der frisst uns alle noch zu armen Tagen!» «He, guter Mann», mahnt er ihn schliesslich, «wie wär s mit dem Heimweg? Drei Stunden habt Ihr bis ins Tal, und wenn Ihr wartet, könntet Ihr leicht in ein Wetter geraten.» Da findet der Bettelmann endlich auch ein Wort. «Heimgehen?» sagt er, «jetzt, wo ich endlich ein rechtes Haus gefunden habe? Das kommt mir nicht in den Sinn! Hier bleib ich ein für allemal!» Und schon ist er mit dem Käslein am Ende und schaut mit offenem Maul nach anderm um. Da merkt der Knecht, dass er den Unheimlichen in der Hütte hat. So tut er denn, als ob ihm auf einmal in den Sinn käme, er hätte etwas vergessen, und steigt langsam über das Leiterchen zum Tril hinauf. Wie er wieder herunterkommt, da hält er hinter seinem Rücken ein Skapulier (Amulett) und schwenkt es unversehens dem Manndli unter die Nase. Wie der Bettelmann die zwei Bändel erschwickt, so schiesst er zur Tür hinaus, als ob er den Teufel samt den Hörnern gesehen hätte, und ist nie mehr erschienen. Wäre aber dem Knecht das Skapulier nicht in den Sinn gekommen, so hätten sie ihn hirten, leggen und deggen müssen, bis er im eigenen Speck zugrunde gegangen wäre.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Betteltag

Source: Der Betteltag

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Es gab eine Zeit, da die Schlangen im Turtmännertal so selten waren, wie die weissen Mäuse. Man zählte vierzehn Alpen im Umkreis und eben so viele Herden, die bis übers Knie im reichen, kräftigen Futter grasten. Eine Rasse, die von sich reden machte. Ein Bettelmann ging einst von Alp zu Alp und bat um eine Spende. «Wir geben keine Almosen», ward ihm an allen Orten der schnöde Bescheid, und bei dem hintersten Stafel am Gletscher brach er vor Hunger und Erschöpfung zusammen. «Reicht mir zu essen und zu trinken!» flehte er inbrünstig zu den Sennen. «Gibt man dir, so kommen morgen ihrer vier, und übermorgen rappelt's hier. Weg, scher dich!» Auf einem Felshöcker hielt der Bettler an und rief: «Rappeln, jawohl von Schlangen rappeln soll es hier, dass ihr die Alpen auch verlassen müsst, ihr Racker und Geizteufel!» Während die Flühe das Echo rollten, zog er ein kleines Instrument aus der Tasche, blies eine seltsame Weise, und aus den Eislöchern und Felsnestern tänzelte das Viperngezüchte und kroch in die Pferche und Gelasse. Lockend und pfeifend schritt er von Alp zu Alp, und es raschelte und schlängelte um seine Füsse und schlüpfte hierhin und dorthin in die Ställe und Sennhütten. Der Bettelmann verschwand, die Schlangen blieben zurück und vermehrten sich, dem Vieh und Älplervolk zum Schaden und Nachteil. Man ging zu den Kapuzinern und Eremiten und holte Pulver und gute Räte, die nicht anschlugen. Man musste die Alpen räumen zu einer Zeit, als das Gras noch hoch und üppig in Saft und Blüte und büscheldicht auf den Weiden sprosste. Die Alpgenossen tagten im Gemeindehaus, und man liess einen Hexenmeister kommen, der sich anheischig machte, das Tal zu säubern. Als Lohn bedang er sich ein Gewand zum voraus. Von der einen Älplergemeinde erhielt er die Hosen, von der andern die Schuhe, von der dritten Hut und Weste, von der vierten den Kittel. Die übrigen steuerten ein schönes Trinkgeld zusammen, und der Alpenvogt trat vor ihn hin und sagte, das kriege er obendrauf, wenn das Werk vollendet sei. Von einigen Männern begleitet, stieg der Schlangenbändiger zuversichtlich ins Tal empor. «Habt ihr je eine weisse Schlange bemerkt?» fragte er beim ersten Stafel. «Vipern und Ottern im Oberfluss, eine weisse Schlange jedoch, nein, davon haben wir nie etwas gehört.» «Doch, doch», verbesserte der Alpenvogt, «auf der Tschafelalp ist gar oft eine weisse Schlange erschienen, die eine goldene Krone auf dem Haupte trug. Die Kinder spielten mit ihr und gaben ihr Milch zu laffen. Das Krönlein streifte sie ab und nahm es wieder mit. Da hat der Alpknecht sich auf die Lauer gestellt, und in dem Augenblick, wo sie mit den Kindern sich entfernte, den Schmuck heimlich in die Tasche geschoben. Zwei Tage lang hat das Tier schrecklich getobt und gewütet und ist dann spurlos verschwunden» Der Schlangenbeschwörer hemmte zaudernd den Schritt und machte Miene, umzukehren. «Was da», riefen die andern, «eines Histörchens wegen, das uns niemand verbürgen kann, wird man nicht klein und feige! Die weisse Schlange ist tot und der Alpknecht - was wissen wir, wir haben ihn nicht gekannt.» «Also denn, so schichtet dürres Holz und legt Feuer an!» Als die Flammen knisterten, bestieg der Zauberer einen Baumstrunk, zog ein Büchlein aus der Tasche, las die fremden Sprüche und lockte mit Zeichen und sonderbaren Handbewegungen das Schlangengetier aus seinen Schlupflöchern und Zufluchtsorten. Hui, wie es von den Weiden, dem Gewurzel und den Stallböden herwimmelte in allen Grössen und Farben, armsdick und dünn, blau, grau, braun und grün und hoch im Bogen sich in das Feuer ringelte und zuckend verendete! Als das Feuer in die Asche sank, lachte der Zauberer und rühmte, er habe sein Werk vollbracht. Kaum gesagt, pfiff und zischte es durch die Luft. «Die weisse Schlange», schrie er in blassem Entsetzen, «helft mir, helft! Ich - ich war der Alpknecht - ich habe ihr die Krone» - in Todesängsten riss er die Jacke vom Leibe, warf sie der Schlange in den Rachen und rannte an den Bach zu der Brücke. Rasch hatte das weisse Untier sich befreit, schoss dem Opfer nach, und zu mitten des Steges erhaschte es seine Beine und zog ihn mit sich ins tobende Wasser, das keinen mehr herausgibt. Kaum war ein Jahr abgelaufen, so hiess es allenthalben, die Schlangen seien wieder da und trieben ihr Unwesen. Der Zauberer habe nur halbe Arbeit verrichtet. Sie krochen unter die Kühe, in die Strohsäcke, auf den Wegen herum, es war nicht mehr auszuhalten im Turtmännertal. Wie es so geht in solchen Dingen, man forschte nach der Ursache des Übels, und ein alter Senn erzählte von einem Fechtbruder, der weiland durchs Tal wanderte und, vor allen Türen abgewiesen, Gottes Zorn und Gericht über die hartherzigen Älpler heraufbeschworen habe. Man sollte mal das Gegenteil versuchen und einen Tag bestimmen, von dem die Armen den Alpnutzen erhielten. Die Mehrheit unterstützte den Vorschlag, und man bezeichnete den 15. August als Betteltag im Kalender. Im nächsten Frühjahr, als man zum Gemeindewerk ins Turtmännertal empor schritt, fanden sie auf der ganzen Strecke tote Schlangen im Weg. Es galt, Mut zu fassen und den Beschluss getreulich zur Tat werden zu lassen. Mit Hallo und Hoiho, wie lange nicht mehr, trieben die Bergler ihre Herden ins saftige Futter hinauf. Noch traf man hier und dort ein Schlängelein, das mühsam sich fortbewegte und mit Anstrengung den stampfenden Hufen und Fusstritten entfloh. Als am 15' August zum erstenmal fette Käse und Ziegerballen an die Armen verteilt wurden, war es zu Ende mit der Plage, und seitdem ist das Tal schlangenfrei. Jahr um Jahr ziehen Mitte August die Bettler in Scharen zur freundlichen Bewirtung ins Turmännertal, reich beschert und hochbeladen wieder bergab. Es geht tief in die Nacht, bis der Letzte die Spende nach Hause getragen hat.   Quelle: Johannes Jegerlehner: Walliser Sagen, Hans Feuz Verlag Bern, 1959   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Bettler in der Glarner Alp

Source: Der Bettler in der Glarner Alp

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In einer Glarner Alp diente ein Urner als Senn (het da g'sännet); ich glaube, es war ein Schächentaler. Nun kam dort öfters ein Bettler, und der Meister gab ihm jedesmal, was er verlangte, und zwar sofort, ohne das geringste Zögern und belehrte auch den Senn: »Falls ich einmal abwesend sein sollte, wenn dieser Bettler kommt, so willfahre seiner Bitte augenblicklich, ohne jeden Verzug, und reiche ihm, was er wünscht, was es immer sein mag!« Es ereignete sich wirklich einmal, dass der Meister nicht daheim war, als der Bettler erschien und etwas heischte. Der Senn sass gerade unter einer Kuh und molk. »Sofort!« rief er, »nur noch diese Kuh will ich fertigmelken.« Und so war es; sobald er das Tier gemolken, legte er den Melkstuhl zur Seite, schüttete die Milch ins Chessi und gab dem Bettler das Verlangte. Dieser nahm auch die Gabe in Empfang, blieb aber gegen seine Gewohnheit in der Hütte zurück und setzte sich an das Feuerloch. »Was hed-er ächt, der alt Chütz! das er hitt nitt fort will?« dachte der Urner bei sich, und molk weiter und machte sich ans Käsen; als er zu dicken gelegt, wollte die Milch gar nicht dicken, und es kam ihm nach und nach in den Sinn, dass der Bettler daran schuld sein könnte. Da ging er vom Chessi weg in den Dachboden hinauf, wo er sein G'liger hatte, und kam dann mit einem Skapulier in der Hand wieder in die Sennhütte zurück. Das Skapulier hängte er am Turner auf. Wie ein Büchsenschuss fuhr jetzt der unverschämte Bettler zur Hüttentüre hinaus. Die Milch im Chessi begann zu dicken, und es gab einen rechten, guten Käse. Der Bettler erschien seitdem nie mehr in der Alp, und die reformierten Knechte, die das Verfahren des Urners mitangesehen hatten, aber die Bedeutung des katholischen Skapuliers nicht kannten, sagten zu einander: »Diäsälbä zwei Blätzli hennd etz der ewig, meineidig Schwychögä doch nu usä'tah!« Franz Arnold, Bürglen, u.a. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Bettlerbüntel

Source: Der Bettlerbüntel

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Am Buchberg ging einmal ein Wanderer irre und fiel über den Felsen herab zu Tode. Nun macht er am Buchsteig den Weg unsicher; er wirft den Leuten seinen Bettelsack in die Füße, daß sie nicht selten straucheln. S. Walt   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 39, S. 21 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Bettmersee

Source: Der Bettmersee

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Der Bettmersee soll so entstanden sein: In der Gegend, wo heute der See glänzt, waren früher schöne Matten, und der See war ein grosser Acker. Im Aletsch wuchsen ja damals noch Nuss- und Kirschbäume. Dieser Acker nun gehörte zwei Schwestern. Das waren Hexen, die des Ackers wegen miteinander in Streit gerieten. Sie konnten sich einfach nicht einigen, ihn zu halbieren. Jede meinte, die Schwester erhalte den grössern und bessern Teil. Auf einmal entwischte der einen der Fluch: «Wäre es doch Wasser, dann könnten wir es besser teilen!» Der Fluch ging in Erfüllung, denn am andern Morgen war der See schon da. Man soll eben nichts verfluchen. BETTEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Beusch

Source: Der Beusch

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In der Alp Mädems befindet sich im Hinterfuss, neben einer Sennhütte, ein überhängender grosser, schwarzer Felsstein, "Beusch" genannt. Jedem "Gitzi" oder jungen Zicklein, das denselben besteigt, wird auf geheimnisvolle Weife der Hals umgedreht und das Leben genommen, und jede Sau, die an demselben unter Dach sich lagert, springt sogleich laut grunzend wieder auf und davon. I. Natsch   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 277, S. 149 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Beutel, das Horn und die Mütze

Source: Der Beutel, das Horn und die Mütze

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Es war einmal ein Müller, der hatte drei Söhne. Als sie erwachsen waren, wollten sie in die Welt hinaus. Bevor sie sich trennten, versprachen sie einander, nach drei Jahren alle drei wieder nach Hause zurückzukehren. Und einer ging dahin, der andere dorthin. Der Älteste kam schon bald zu einer Mühle in einem Wald und fragte den Müller, ob er nicht Arbeit für ihn habe. Der Müller nahm ihn sogleich als Knecht und versprach ihm einen guten Lohn, jedoch ohne genau festzulegen, wie viel. Der starke Bursche arbeitete tüchtig, und der Müller war sehr zufrieden mit ihm. Nach drei Jahren sagte der Bursche, nun wolle er nach Hause gehen, da gab ihm der Müller zum Lohn einen Beutel voll Geld, verschiedene Goldstücke, Taler, Franken und Rappen und sagte: «Dieser Beutel wird nie leer, du kannst ausgeben, so viel du willst.» Der Bursche war ob dem Beutel nicht gross erbaut; denn es hiess erst abzuwarten, ob der wirklich nie leer würde; und das Geld darin war bloss ein mickriges Löhnchen. Der Bursche nahm von seinem Dienstherrn Abschied und ging heim. Beim ersten Wirtshaus wollte er sehen, wie es um den Beutel stehe. Er zählte vorher noch genau das Geld und ging dann ins Wirtshaus. Und sogleich bestellte er ein gutes Mittagessen. Und als jenes kam, ass er unbesorgt und trank dazu eine Flasche Wein. Die Wirtin machte dann die Rechnung, er zahlte aus dem Beutel alles, wie es sich gehört, und brach dann auf. Ein Stück weiter draussen blieb er stehen und zählte wieder sein Geld im Beutel. Es war auf den Rappen genau so viel drin wie vorher. Nun war er zufrieden. Dank diesem vorzüglichen Beutel war er jetzt reich genug, und er zog froh und glücklich weiter. Daheim wollte er nun seinem Vater helfen, dann heiraten, ein neues Haus bauen und sich noch so und so viele schöne Dinge kaufen! Der zweite Bruder, der Mittlere, kam nach einiger Zeit zu einem Grossbauern auf ein abgelegenes Gut in den Bergen. Er fragte, ob der Bauer einen Knecht benötige. Dieser nahm ihn sofort als Knecht und versprach ihm einen guten Lohn, wenn er drei Jahre bei ihm bleibe. Er war einverstanden und blieb nun dort. Der Bauer war sehr zufrieden mit ihm, denn er war stark und fleissig. Nach drei Jahren sagte der Mittlere, nun müsse er nach Hause. Der Bauer gab ihm dann zum Lohn ein Horn und sagte, wenn er in jenes Horn stosse, so kämen sofort hunderttausend Soldaten herbei, um ihn zu verteidigen oder für ihn Krieg zu führen. Der arme Bursche machte ein merkwürdiges Gesicht, als er nur jenes Horn zum Lohn für drei Jahre Dienst erhielt. Doch er dachte sich: «Wenn das Horn wirklich diese Kraft hat, so wird es zu etwas nützen; dann will ich doch auch Geld mit meinen Soldaten machen.» Er sagte dem Meister Lebewohl und ging fort. Als er auf ein schönes Hügelchen in einer Ebene kam, dachte er: «Willst du dieses Horn endlich ausprobieren!» Er nimmt es und bläst mit aller Kraft hinein. Augenblicklich stehen vor ihm auf der Ebene hunderttausend Soldaten, alle in Reih und Glied, bereit, ihm zu gehorchen. Er hätte vor Freude jubeln mögen, als er sich so mächtig sah. «Sapperlot, ist das ein Heer!» denkt er, «damit kann man wohl etwas ausrichten! Nun bin ich ein gemachter Mann!» Und er wendet sich an seine Soldaten und befiehlt: «Ist gut! Ihr habt gehorcht. Ich wollte nur das wissen; für heute brauche ich euch nicht, ihr könnt wieder abtreten. Doch gebt Acht, dass ihr bereit seid, wenn ich euch rufe!» Er machte ein Zeichen, und die ganze Armee verschwand sofort wieder, wie sie gekommen war. Hochzufrieden mit seinem Lohn ging er dann heim; wenn er auch kein Geld verdient hatte, so besass er doch ein Heer. Der dritte der Brüder, der Jüngste, kam zu einer Walkerei in einem einsamen Tal. Diese gehörte einer Witwe, die ihren Mann erst vor kurzem verloren hatte. Er fragte, ob sie einen Knecht brauche. Die Witwe nahm ihn gern und versprach ihm einen guten Lohn, wenn er drei Jahre bei ihr bleibe. Er war einverstanden und blieb dort und walkte und färbte Tuch. Er war stark und fleissig, und die Meisterin war sehr zufrieden mit ihm. Doch als die drei Jahre um waren, wollte er nach Hause gehen. Die Dienstherrin gab ihm zum Lohn ein Goldstück und eine Mütze und sagte, wenn er jene Mütze aufsetze, sehe ihn keiner mehr. Ihr hättet den armen Burschen sehen sollen, als er diesen Lohn für drei Jahre treuen Dienst erhielt! Doch er dachte sich: «Wer weiss, wozu diese Mütze gut sein kann? Du sollst sie nehmen und das Maul halten!» Und so reiste er nach Hause. Als er durch einen Wald ging, sah er auf einmal eine mit Säbeln, Gewehren und Pistolen bewaffnete Räuberbande auf sich zukommen. Schon von weitem schrien sie, er solle stehen bleiben und entweder das Leben oder den Beutel geben. Das war eine verflixte Lage, doch er dachte sofort an seine Mütze und zog jene über den Kopf. Und tatsächlich, keiner der Diebe und Mörder sah ihn mehr. Der eine rannte dahin, der andere dorthin. Einer schrie: «Er muss gerade hier sein; ich habe ihn soeben kurz gesehen!» der andere rief: «Er muss soeben da vorbei sein!» Doch es sah ihn keiner. Fast hätte er lachen müssen beim Anblick der verzweifelten Räuber, doch er riss sich zusammen und machte sich so rasch als möglich aus dem Staub und marschierte heimwärts. «Potz Blitz und Donner», dachte er, «ohne Mütze wärest du ein armer Kerl gewesen! Adieu Geld, wenn die Meisterin dir etwa drei-, vierhundert Franken gegeben hätte! Die Räuber hätten dir rasch die Läuse abgelesen, und du hättest ohne einen einzigen Rappen nach Hause kommen können! Das hast du gut gemacht, dass du die Mütze genommen hast.» Und zufrieden wie ein Papst wanderte er weiter. Als er dann zu seinem Vater kam, fand er dort auch seine Brüder, die soeben eingetroffen waren. Der Vater hatte eine Riesenfreude, seine drei grossen Buben wieder zuhause zu haben und liess ein gutes Abendessen für die ganze Familie und die Dienerschaft zubereiten. Nach dem Essen blieben sie noch ein wenig zusammen, und der Vater fragte dann, wie es jedem der drei Söhne gegangen sei. Da erzählte jeder seine Geschichte. Doch bei dem mit dem Horn und bei dem mit der Mütze schüttelte der Vater den Kopf und meinte, das werde ihnen nicht viel helfen. Höchstens das Horn, sagte er, dieses könnte vielleicht zu etwas nützlich sein; doch die Mütze schien ihm wirklich kaum etwas wert. Sogar die beiden älteren Brüder begannen den Jüngsten auszulachen und meinten, er habe drei Jahre sozusagen umsonst gedient. Doch der sagte: «Nun gut, wir wollen sehen, wer von uns den besten Lohn bekommen hat.» So beschlossen sie, noch einmal in die Welt zu reisen, um das zu prüfen. Eine Zeitlang noch blieben sie zu Hause und feierten Feste, natürlich auf Kosten des ältesten Bruders, der alles aus seinem Beutel zahlte. Dieser liess auch die Mühle des Vaters ganz neu bauen und in Ordnung bringen, wie es sich wirklich gehört, und stellte für seine Eltern ein nigelnagelneues Haus auf, sodass es eine Freude war, es nur anzuschauen. Dann brachen sie auf, der eine dahin, der andere dorthin. Der älteste Bruder ging geradewegs in die Hauptstadt und kaufte sich dort das schönste Haus auf dem Platz, genau gegenüber dem Königspalast. Er wollte ein wenig in der Stadt leben, sein Geld geniessen und sich vergnügen. Er schaffte sich sofort allerlei Dienstleute und auch eine vierspännige Kutsche samt einem flotten Kutscher an. Jeden Tag fuhr er mit seiner Kutsche aus und lebte wie ein Baron. Es machte ihm nichts aus, abends im Wirtshaus allen, die kamen, die Runden zu zahlen, und alles bezahlte er bar, mit einem Stolz, der einen staunen liess. In kurzer Zeit sprach die ganze Stadt nur von ihm. Die einen sagten, er sei ein Baron, die andern gar ein Graf oder Herzog, vielleicht ein Prinz aus Indien, wo man Gold und Edelsteine in Hülle und Fülle habe und so viel Geld, dass man nicht wisse, was anfangen damit. Der König sah und hörte das alles auch. Er war zwar reich an Ländereien, doch es fehlte ihm oft an Geld. Er hatte nur eine einzige Tochter, und die war nun erwachsen, und er dachte daran, sie zu verheiraten. Als Mann für seine Tochter wollte er jedoch einen mit viel Geld. Darum fasste er jenen reichen, fremden Herrn ins Auge, der seit einiger Zeit in der Stadt weilte. Wohl wusste er nicht, aus welcher Familie er stammte, nicht einmal, ob er adelig war. Doch was hatte das zu sagen! Er war reich und auch ein schöner Bursche. Darum lud er ihn einmal zu einem Abendessen mit Ball in seinen Königspalast ein. Die Königstochter war sehr freundlich zu ihm, und er verliebte sich in sie. Noch an jenem Abend verlobten sie sich, und acht Tage später gaben sie die Verlobung bekannt und machten ein grosses Fest für das ganze Volk. Der Müllersjunge schwebte im siebten Himmel, denn in kurzer Zeit sollte Hochzeit sein, und er sollte dann vorläufig das halbe Königreich seines Schwiegervaters erhalten, und danach würde er König über das ganze Land. Eines Tags, als seine Braut ihn in seinem Palast besuchte und sie ganz allein ein wenig beieinander sassen, war er jedoch so unvorsichtig, dass er ihr gestand, sein ganzer Reichtum stamme nur aus jenem Beutel, der sei immer voll, auch wenn er herausnehme, so viel er wolle. Die Königstochter berichtete das sofort ihrem Vater, und dieser riet ihr, den Beutel zu stehlen. Dann wollten sie diesem Fremdling den Laufpass geben, und sie könnte sich einen schönen Prinzen aussuchen. Die Königstochter war schlecht genug, das zu tun. Eines Abends gelang es ihr, in das Schlafzimmer ihres Bräutigams zu schlüpfen, dann stahl sie ihm den Beutel und verschwand damit. Der König liess sofort den Beutel in einem Raum mit eiserner Tür und eisernen Fensterläden einschliessen und nahm den Schlüssel in seine Hosentasche. Am nächsten Tag, als der Bräutigam erwachte, bemerkte er den Diebstahl sogleich. Er ging unverzüglich zum König, erzählte ihm alles und bat ihn um seine Hilfe, um den Dieb zu finden. Doch der König schaute ihn nur spöttisch an und sagte, jetzt sei es aus mit der Hochzeit, und er solle schauen, und zwar gut schauen, dass er noch vor dem Abend aus der Stadt sei, sonst lasse er ihn aufhängen. Was wollte er tun? Er nahm den Weg unter die Füsse und liess Palast und Dienerschaft, Kutsche und Pferde zurück. Doch er gab die Hoffnung nicht auf. Sein Bruder, der mit dem Horn, musste ihm helfen. Der mit seinen hunderttausend Mann musste die Stadt des Königs erobern, und dann wollte er sehen, ob er seinen Beutel und auch die Königstochter nicht wieder bekäme. Er musste lange suchen, bis er den mittleren Bruder fand. Der war jedoch sofort bereit, ihm zu helfen, und er sagte: «Jetzt siehst du, wer den besseren Lohn hatte!» Der andere liess es gelten, denn jetzt war nicht Zeit zum Streiten. Er ging mit seinem Bruder geradewegs zur Hauptstadt. Kurz davor machten sie Halt, und der mittlere Bruder stiess in sein Horn, dass es von den Bergen widerhallte. Im Handumdrehen standen hunderttausend Soldaten vor ihnen, bereit, ihnen zu gehorchen. Sofort brachte man die Nachricht dem König. Der geriet in einen schönen Schrecken, denn er hatte nicht mehr als ein paar hundert Mann zur Verfügung. Darum dachte er, er wolle es gütlich versuchen. Also ging er mit seinem ganzen Gefolge draussen nachsehen, was dieses Heer wolle. Mit Schrecken erkannte er seinen früheren Schwiegersohn. Dieser erklärte ihm, er sei hier, um ihn zu strafen, weil er sein Wort gebrochen und ihm seine Tochter nicht gegeben habe. Doch der König begann zu lachen und sagte, das sei alles nur Spass gewesen, er gebe ihm gerne seine Tochter und auch den Beutel erhalte er wieder zurück, und sie hätten diesen nur genommen, um einen Spass zu machen. Die beiden Brüder nahmen das alles für bare Münze, versöhnten sich mit dem König und gingen mit ihm in die Stadt, nachdem sie die Soldaten nach Hause geschickt hatten. In acht Tagen sollte Hochzeit sein. Sofort bekam der älteste Bruder seinen Beutel zurück, ging wieder in seinen Palast und richtete alles ein wie zuvor. Zur Hochzeitsfeier wurden alle Grossen des Landes eingeladen, denn jene musste grossartig werden. Alles schien gut zu gehen. Doch der König hatte keine Ruhe. Eines Abends veranstaltete er ein grosses Essen und liess allerlei gute Weine auftragen. Auch die beiden Brüder tranken sorglos, und als der Wein die Zungen gelöst hatte, erzählte der mittlere Bruder seiner Schwägerin von der Kraft seines Horns. Sie gingen zu Bett und fielen bald in einen tiefen, guten Schlaf. Die Königstochter verstand es jedoch wieder, in das Zimmer der Brüder zu schleichen, nahm ihnen den Beutel und das Horn und verschwand damit. Der König versteckte beides wieder in jenem Raum mit der eisernen Tür und den eisernen Fensterläden und steckte den Schlüssel in seine Hosentasche. Am Morgen früh bemerkten die beiden Brüder den Betrug, und sofort waren auch Diener des Königs da, die ergriffen sie und führten sie aus der Stadt. Und der König liess ihnen ausrichten, er schenke ihnen das Leben, doch sie sollten schauen, dass sie nicht mehr in sein Reich zurückkehrten. Was konnte man jetzt tun? Doch sie gaben die Hoffnung nicht auf. Jetzt hiess es, den jüngsten Bruder finden und sehen, ob der ihnen helfen könnte. Nach recht langer Suche fanden sie ihn, und der sagte sofort: «Ha, diesem König da will ich schon zeigen, wie viel es geschlagen hat.» Sie gingen dann so rasch als möglich Richtung Stadt. Als sie davor waren, setzte der Jüngste seine Mütze auf. In dem Augenblick sahen ihn die andern nicht mehr. Er liess sich dann noch sagen, wo das Königsschloss war und ging in die Stadt. Hier herrschte ein geschäftiges Leben; denn die Königstochter hielt Hochzeit mit einem Prinzen, und eine grosse Menge Grafen und Barone waren aus allen Teilen des Reichs eingeladen worden. Unser Bursche ging durch die Strassen, ohne dass ihn jemand sah. Er kam zum Königspalast und trat ein. Dann begab er sich ganz in die Nähe des Königs und seiner Tochter. Diese fragte gerade ihren Vater: «Hast du denn auch den Raum, wo wir den Beutel und das Horn drin haben, gut verschlossen?» - «Ah, ja, ja!» sagt der König, «schau, hier hab ich den Schlüssel!» - «Lass mich hinaufgehen und nochmals nachschauen, ob alles in Ordnung ist», meinte die Tochter. Sie nimmt den Schlüssel und geht hinauf. Der Bursche mit der Wundermütze heftet sich rasch an ihre Fersen, da sieht er im Raum sofort den Beutel und das Horn an einer Wand aufgehängt. Als sich die Königstochter zum Gehen umwendet, nimmt er rasch Beutel und Horn vom Haken und macht sich wieder ganz leise hinter ihr durch die Tür davon, ohne dass sie etwas merkt. Voll Freude kehrt er zu seinen Brüdern zurück und übergibt ihnen ihre beiden kostbaren Gegenstände. Ohne Zeit zu verlieren, stösst der Mittlere in sein Horn, und die hunderttausend Soldaten sind da. Er befiehlt ihnen, die Stadt zu erobern, sowie den König, seine Tochter und ihren Bräutigam gefangen zu nehmen. Das war in kurzer Zeit in Ordnung, denn niemand hatte an Krieg gedacht. Der König und seine Tochter wurden sofort um die Ecke gebracht, um sie für ihren Betrug zu strafen. Der Prinz Bräutigam wurde an die Grenze geführt und dahin geschickt, woher er gekommen war. König in diesem Land war von nun an der jüngste Bruder, denn so wollten es die beiden andern; die sagten, er habe sie gerettet. Der Mittlere wurde Oberbefehlshaber des Heeres, und der Älteste blieb im Palast des Königs und war dessen Kassenwart und erster Ratgeber. In kurzer Zeit hielten alle drei Hochzeit. Das war ein grosses Fest im ganzen Land. Und da ich gerade an diesem Tag durch Stadt ging, wurde auch ich eingeladen, zur Hochzeitsfeier hinauf in den Saal zu gehen. Was für ein feines Mittagessen! So viele und so gute Gänge habe ich zeitlebens noch nie gegessen; es wurden sogar gebratene Kratzdisteln, Pilzsalat und Eis in Butter aufgetragen. Und als ich genug gegessen und getrunken hatte, so erzählten sie mir die ganze Geschichte von den drei Söhnen des Müllers. Dann packte mich ein Diener am Ohr, führte mich bis vors Tor, gab mir einen Tritt in den Arsch und sagte, ich solle jetzt abhauen und diese Geschichte auch andern Leuten erzählen. (Unterengadin)   Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Bienenkrieg

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In einem Kriege liess man Bienen auf den Feind los und wurde auf diese Weise die Schlacht gewonnen. Deshalb heisst er der Bienenkrieg. Marie Ziegler. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Bildstock bei Kappel

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Der hl. Vater Gallus zog hochbetagt noch einmal hin, von wo er ausgegangen, um eine Stätte christlichen Glanzes durch sein Wirken zu festigen. In Arbor felix bestieg er zum letzten Mal die Kanzel, um von ihr herab den Untergang alles Irdischen tiefergreifend den Versammelten zu schildern; dann schied er selbst, der starke Kämpfer, der greise Held; er schied für immer von Erdenlust und Erdenpein, "Der Meister ist nicht mehr", so klagten jammernd die Brüder in St. Gallens Klosterzellen. Seinen Leichnam abzuholen, eilten sie den vielgewundenen Pfad hinab, der sie über Rotmonten und weiterhin führte in einer hohlen Gasse bis an den Seestrand. Von Arbon her zog zu gleicher Stunde ein Leichenzug ihnen entgegen bis Berg, nach "Howenbühl" [Hohenbühl] und dann bei Gommiswil vorbei. Noch eine kurze Strecke, und der Trauerzug traf zusammen mit St. Gallens Ordensbrüdern. An selber Stell ward ein Kreuz emporgerichtet zum ewigen Gedenken, und dieses Kreuz steht noch, wenn wohl schon oft erneut; es ist das Kreuz zu Höfen. In des Kreuzes Nähe stand bald ein "fründlich Hus", und klüglich sinnend, sorgend, gewannen "sin Inwohner" Land und Gut umher zu freiem, eigenem Besitz. Sie nannten sich "von Hofen." Ihr Geschlecht ist ausgestorben, doch ihre Güter tragen ihn noch heute und wohl für immerdar. Doch nicht ein Kreuz allein sollte den Ort bezeichnen; die Brüder beschlossen nach kurzer Frist, daß eine Kapelle, schlicht, doch ihres Zweckes würdig, an passender Stelle dem Gedenken ihres Meisters geweiht sein solle. Und sie wurde erbaut auf ebenem Plan. Dort stand sie, bis sie altersschwach und morsch auch stürzen mußte. Wo sie dereinst gestanden, da findet sich beim Weiler Kappel heute noch ein Bildstock. Durch L. Jäger Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr.11, S. 9 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Binziker See

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Der Binziker See Um den Ort Binzikon herum ist keine Quelle zu finden. Alles Wasser versiegt sofort. Darum hat sich tief unter dem Dörfchen ein grosser unterirdischer See gebildet. Es sollen schon Leute zu diesem Wasser hinabgestiegen sein. Aber von dem, was sie dort sahen, verloren sie die Stimme, so dass sie nichts erzählen konnten. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Fr. 12. 7. 1924   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Birgli-Amm

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Im Birgli, dem Landstrich zwischen dem Glyssibach und dem Lammbach innerhalb der Brienzermarch, aber auch in der Richtung auf das Kienholz zu, begegnete in später Nacht den Leuten einst der Birgli-Amm. Das war ein langer magerer Herr in schwarzem Frack und Zylinder, der späten Heimkehrern auf dem Wege oft wie aus dem Boden gewachsen entgegenkam oder vor ihnen herlief. Wohl machte er dann Schritte wie andere Leute, aber man hörte den Trapplig nicht, und es schien, als schwebe er über den Boden hinweg. Wen der Gwunder stüpfte, den Mann von vorne anzusehen, der sah in ein hageres, knochiges Gesicht von totenbleicher Farbe, bekam es mit der Angst zu tun und lief geradewegs wieder nach Hause. Am häufigsten begegnete der Birgli-Amm jungen Mädchen, die zu Unzeiten vom Abenddorf oder nächtlichen Heimlichkeiten heimkehrten; ihnen zeigte er ein so schrecklich verzerrtes Gesicht, dass ihnen der Schlotter nachher noch lange in den Gliedern hing. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Bischof zu Cham

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Es war um das Jahr 1000 nach Christus, da pilgerte ein frommer Bischof aus den fernen Niederlanden nach dem Finstern Walde, zu der Gnadenstätte Unserer Lieben Frau. Nach dem Besuch dieses grossen Gnadenortes wollte er weiter zu den Heiligtümern im ewigen Rom und im fernen Spanien ziehen. Müde von der weiten, beschwerlichen Reise, ruhte der Bischof mit seinem Begleiter in Cham aus. Der hohe Kirchenfürst litt an einer bösen Krankheit, und diese plagte ihn gar sehr, so dass er einige Tage in Cham verblieb. Eines Morgens begab er sich in die Kirche, um dem Herrn das heilige Messopfer darzubringen. Nach der heiligen Messe wollte er noch Wasser segnen, um die Gläubigen damit zu besprengen. Wie er sich zur Weihe anschickte, sank er plötzlich nieder und starb, angetan mit den hl. Messgewändern an den Stufen des Altars. Die frommen Chamer gaben dem Toten eine Ruhestätte in ihrer Kirche und bald wurde sein Grab zu einer Wallfahrtsstätte. Und sein letztes Messgewand ist heute noch erhalten und auf das steinerne Grab in der Chamer Pfarrkirche legt man Hemdchen von kranken Kindern, um sie segnen zu lassen. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 13   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Bischofsstadel

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Im Dörflein Finnen sahen die Leute oft, sowohl am Tag als auch in der Nacht, unter einem Stadel einen grossen schwarzen Widder mit starken, gewundenen Hörnern die bis zum Schwanz reichten. Der Widder hatte nur ein einziges Auge. Des Nachts glänzte und funkelte es wie helles Kerzenlicht. Oft spazierte er tagsüber auf den Finnenbiel, aber nicht immer als Widder, sondern auch als schwarzes Schwein oder als schwarzer Hund. Sein Weg führte ihn bis zum Hochgericht, wo der Galgen stand. Des Nachts ging er oft auf eine Anhöhe oberhalb des Dorfes und warf Steine gegen das Dorf. Als aber schon allzu grosse Steine auf die Dächer der einzelnen Häuser geworfen wurden, fingen die Leute ernstlich an daran zu denken wie man sich vor dem bösen Unhold sicherstellen könnte. Sie brachten eine Bischofsstatue am Stadel an. Seither hat der Spuk aufgehört. Auch die Bischofsstatue ist verschwunden; der Stadel heisst aber heute noch der Bischofsstadel. MUND Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Bischoler See (Bigiolas) bei Tschapina

Source: Der Bischoler See (Bigiolas) bei Tschapina

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Wo jetzt der kleine, sumpfige See, stand einst eine Alphütte. Eines Abends war in dieser die ganze Alpdienerschaft beim Essen. Ein blödsinniger Armer kam und bat hungrig um eine Gabe. «Wart, ich will dir Nidel (Rahm) geben», sagte der Senn, goss Milch in ein Gefäss, drückte Magen hinein (das Mittel, die Milch zu Käse gerinnen zu machen; nicht zu essen, oder wenn man es tut, grosse Schmerzen verursachend). Als die Milch durch das Übermass von Magen schnell dick geworden war, gab sie der Senn dem Blödsinnigen mit den Worten: «Schau wie dicke, fette Nidel.» Dieser tanzte vor Freuden über die seltene Speise und verschlang sie gierig unter dem Spott und Gelächter der Alpendiener. Bald stellten sich die Schmerzen ein, so heftig, dass der Senn seine Tat bereute. Aber es war zu spät. Der Arme starb, seine Mörder verfluchend. In der Nacht kam ein schreckliches Gewitter über die Alp. Wasser der Tiefe kamen dem strömenden Regen entgegen und Senn und Hirten ertranken; nur der unschuldige Hüttenbube konnte ins Dorf fliehen, wo er die Geschichte erzählte. Als die Bauern hinaufkamen, fanden sie an Stelle der Hütte den See; und wenn die Wellen vomWinde bewegt wurden, rollten in demselben Milchgefässe und Alpkessel herum. Ein schwarzer, trauriger Pudel, den Hut des Sennen auf dem Kopf, hielt Wache. Dieser Spuk wiederholte sich oft bei Gewitterstürmen. Aus: U. Brunold-Bigler, Die Sagensammlung der Nina Camenisch, Disentis 1987, mit freundlicher Genehmigung der Autorin. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der bittende Tote

Source: Der bittende Tote

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Gegen Ende des vorigen Jahrhunderts wurde ein Mann aus Visperterminen in der Nähe von Glis von einem Unbekannten, der grosse Eile zu haben schien, um einen grossen Dienst angesprochen — es war gegen zehn Uhr in der Nacht. Als jener zu helfen versprochen, wenn er könne, erzählte dieser, er habe vor Jahren aus Fahrlässigkeit auf der Alpe ein Rind zu Grunde gehen lassen. Er sollte doch so gut sein und noch vor zwölf Uhr ihm vom Eigentümer Erledigung erflehen. Der Angesprochene entgegnete, der wohne gar zu weit und könne vor zwölf Uhr nicht angetroffen werden. «O dann bin ich verloren!» seufzte der Unbekannte tief. «Tue doch was du kannst; ich will dir helfen.» Einer so herzlichen Bitte konnte unser Mann nicht widerstehen; er setzte sich darum in Marsch und es schien ihm, der Unbekannte folge auf der Ferse und helfe vorwärts. Voll Schweiss und keuchend klopfte er an der Türe des Beschädigten und bat um die nachgesuchte Erledigung. Der Eigentümer forschte erst noch nach näheren Umständen — da schlug es zwölf Uhr. «O schnell!» rief der Bittsteller, «rette doch eine Seele.» — «Es sei geschenkt», sprach der Eigentümer noch bevor die Glocke den zwölften Schlag ertönen liess; und der Unbekannte erschien ihnen voll Jubel und verschwand.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Blässegg-Pass

Source: Der Blässegg-Pass

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Der Name »Bläss-Ecke« (vom Blasecken-Passe in St. Antonien) soll von folgender Sage abgeleitet sein: Einem St. Antönier entwich im Herbste von der Alpweide seine Stute »Bläss« (so werden Pferde, Rindvieh, Hunde etc. genannt, welche von der Stirne zur Nase weiss gezeichnet sind) samt Fohlen und konnte trotz alles Suchens nicht gefunden werden. - Im darauffolgenden Frühjahre bemerkte ein über den Pass Reisender die Bläss mit dem Jungen in einer geschützten Mulde am Pfade nach Montafun, wohl überwintert, und überbrachte diese freudige Kunde dem Eigentümer der Tiere. Der aber antwortete undankbar und herzlos zugleich: »Nun mag die Bläss auch bis zur Alpfahrt oben bleiben.« - Sie blieb, ging aber, wie auch ihr Fohlen, bis dahin zu Grunde. Als Warnung vor Undank und Herzlosigkeit trägt der Pass seither den Namen Blässeck. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der blaue Brändlig

Source: Der blaue Brändlig

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Eine Frau auf einem einsamen Höflein bei Läufelfingen erzählte: Von hier aus konnte man manchmal ein blaues Licht sehen drüben auf der neuen Strasse, im Gebiet der alten Gipsi. Einmal aber machte ich die Bekanntschaft mit einem solchen blauen Brändlig. Ich ging nachts spät aus der Gesangstunde nach Hause. Ich war ein wenig ängstlich. Darum begleiteten mich ein paar Kameradinnen zuerst ein Stück weit. Als sie zurückgeblieben waren und ich ihnen noch nachblickte, sah ich plötzlich wieder das blaue Licht, das ich früher schon bemerkt hatte. Ich schritt rüstig vorwärts, musste aber immer wieder hinter mich schauen. Dabei wurde ich von dem blauen Brändlig verfolgt. Später sah ich ihn neben mir hergehen. Ich wusste damals noch nicht, dass man nachts immer nur in der Mitte der Strasse gehen soll weil ein Brändlig die Strasse niemals gehend, sondern nur durch einen hohen Sprung überqueren kann. Ich hatte Angst, mein Rock könnte an der kniehohen blauen Flamme Feuer fangen. Ich griff mit der Hand hinunter, verspürte aber keine Wärme. Das Licht war kalt. Es wirbelte stetsfort neben mir her und brannte mit bläulicher Flamme wie Branntwein. Es begleitete mich bis zur Dachtraufe. Hier wuchs es hoch auf. Ich rief die Mutter, die alles verschlossen hatte, sie solle jetzt herausschauen. Denn sie hatte noch nie einen Brändlig gesehen. Sie schrie auf und verkroch sich wieder ins Bett. Es wurde ihr sterbensübel. Sie trug mir’s lange nach, dass ich sie hergerufen hatte. Vom Kammerfenster aus sah ich nachher noch, wie der Brändlig aufflog und sich in drei Lichter teilte, und ich vernahm eine seltsame, mir unverständliche Sprache. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der blaue Schleier mit den goldenen Sternen

Source: Der blaue Schleier mit den goldenen Sternen

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Es war einmal eine Prinzessin, sie hieß Flora und war überaus hochmütig. Ihre armen Diener zwang sie dazu, die Teller zu waschen, auch wenn sie sauber waren, und im Garten zu arbeiten, auch wenn es schon Nacht war. Kurz, sie schikanierte sie von früh bis spät. Eines Tages - sie war schon über zweiundzwanzig - sagte der Vater zu ihr: «Es ist Zeit, dass du heiratest.» Aber sie harte keine Lust dazu. Alle Bewerber, die gekommen waren, jagte sie davon, weil sie keinesfalls heiraten wollte. Da waren tüchtige Könige und Prinzen und alle waren reich. Aber sie wollte keinen. Sie las aus und las aus, bis nur noch drei Bewerber übrig blieben. Einer war Prinz Guglielmo d'Altamura, der zweite Giordano da Torre Fiorita und der dritte Alfredo dei Forti. Der Vater ließ alle drei rufen und sagte zu seiner Tochter: «Hier hast du drei Helden, such den aus, der dir gefällt.» Sie wählte alle drei aus. Guglielmo d' Altamura ging nach rechts, Giordano da Torre Fiorita in die Mitte und Alfredo dei Forti nach links. Lassen wir jetzt Guglielmo d'Altamura und Alfredo dei Forti und beschäftigen wir uns mit Giordano da Torre Fiorita. Er ging und ging, um den Schleier mit den goldenen Sternen zu suchen, den Prinzessin Flora verlangt hatte. Da kam er auf einen Bergweg. Oben auf dem Gipfel stand ein alter Mann: «Oh, schöner Prinz, was willst du denn?» «Oh, mein lieber Alter, ich bin verzweifelt wegen der Prinzessin. Sie will einen Schleier mit goldenen Sternen.» Da sagte der Alte: «Meine Frau ist eine Fee, aber hör auf meinen Rat, die Prinzessin Flora ist nichts für dich.» Inzwischen war seine Frau gekommen. Sie hatte einen Schleier, der zwar schön war - ich schwöre es - aber nicht mit Sternen verziert. Sie gab dem Prinzen drei Nüsse und sagte zu ihm: «Auf halbem Wege wirst du zwei Löwen treffen, dann wirst du die erste Nuss öff­nen. Darin findest du einen Brief. Dann verengt sich der Weg immer mehr, auf der einen Seite ist ein Abgrund und unten ein Feuerfluss. Wenn du aber auf der andern Seite runter fällst, zerkratzest du dich in den Dornen. Du wirst dann die zweite Nuss öffnen und sehen, was pas­siert. Ganz oben wird es noch schlimmer sein und du wirst zwei Adler treffen. Dann wirst du die dritte Nuss öffnen und wieder ein Brieflein finden. Mach alles genau so, wie es im Brieflein steht. Aber ich denke, dass die Prinzessin Flora keine Frau für dich ist.» Da machte sich Giordano da Torre Fiorita auf den Weg. Er ging und ging, da standen auf einmal zwei Löwen vor ihm mit weit aufgesperrtem Rachen. Uh, uh, uh, brüll­ten sie und wollten ihn verschlingen. Da fiel ihm die Nuss ein, er schlug sie am Boden auf, und ein Brieflein fiel heraus, darin stand geschrieben: «Hab keine Angst, nimm dein Schwert und lass es kreisen, bis den Löwen schwindlig wird und sie davongehen.» So machte er es und wirklich zogen die Löwen ab. Der Prinz steckte sein Schwert wieder ein und ging weiter. Aber der Weg verengte sich immer mehr und etwa nach fünfhundert Metern sah Giordano rechts den Feuerfluss und links ein schreckliches Tal voller Dornen. Da fiel ihm die zweite Nuss ein. Er öffnete sie und fand ein Brief­lein, darin stand geschrieben: «Geh auf den Knien hin­unter, bete zum heiligen Michael und hab keine Angst.» So machte er es. Da erschien ihm ein Engel, der sagte zu ihm: «Hab keine Angst, komm mit mir.» Sie gingen vor­wärts, vorwärts, vorwärts, bis der Weg wieder normal wurde. Der Prinz war überglücklich und bedankte sich beim heiligen Michael. Das war nämlich der Teufelsweg gewesen, auf der einen Seite das Fegefeuer, auf der andern das Paradies, in das man nur über viele Dornen kommen kann. Der Prinz ging weiter und sah oben auf dem Gipfel ein Schloss, das in der Luft hing. «Oh, Ma­donna, wie soll ich zu diesem Luftschloss kommen?» Er überlegte hin und her. Auf einmal kamen zwei Adler auf ihn zu, um ihn anzugreifen und seine Augen zu zer­kratzen. Da erinnerte er sich an die dritte Nuss. Er öff­nete sie und fand ein Brieflein. Darin stand: «Hab keine Angst, nimm dein Schwert und lass es kreisen, bis die Adler sich beruhigen. Dann werden sie dir helfen.» So machte er es, und wirklich: Die beiden Adler fingen an zu sprechen und beruhigten sich. Sie sagten: «Komm, sitz auf!» Sie hielten sich aneinander fest und er stieg wie auf ein Pferd. Die beiden Adler flogen und flogen bis zum Palast. Oben im Palast hörte er eine Stimme: «Endlich, Giordano, bist du da! Ich bin die Tochter jener Frau, die dir die Nüsse gegeben hat. lch bin hier einge­sperrt wegen der Prinzessin Flora. Ich hätte einen Prin­zen heiraten sollen, aber die Flora hat mich einsperren lassen. Mein Vater und meine Mutter haben mir aber immer gesagt, dass mich eines Tages ein Prinz erlösen wird.» Sie feierten ein schönes Hochzeitsfest und der Prinz kehrte mit ihr zu seinen Leuten zurück. Die Prinzessin Flora erfuhr aber davon. Sie wurde so wütend, dass sie eine Menge Diener verhaften ließ. Den Dienern erschien aber ein Engel und sagte zu ihnen: «Habt keine Angst. lch werde immer bei euch sein. Ihr werdet nie Hunger leiden. Ich bin in eurer Nähe.» Kehren wir aber zu Alfredo dei Forti zurück. Er geht und geht, bis er mitten in einem großen Wald einen Turm sieht. Der war ungeheuer hoch. Ganz oben im höchsten Fenster sah er ein Licht, das aufflackerte und dann wie­der erlosch. Da sagte er zu seinen Dienern: «Wer weiß, was dort oben ist?» Unter seinen Dienern war aber einer, der alles wusste. Er war kein Zauberer, sondern ein Gnom, der über alles Bescheid wusste. Er sagte: «Hab keine Angst. Geh diesen Weg entlang und du wirst eine alte Frau finden, die dir helfen und alles erklären wird.» Und wirklich, er ging und ging und fand eine Alte. Sie war bestimmt älter als hundert und hatte Runzeln und ein hässliches Gesicht. Sie war dabei, einen Strumpf zu stricken. Es war ein langer, ellenlanger Strumpf. Die Alte sagte: «Oh, junger Mann. Wohin gehst du?» «Ich bin dabei, einen blauen Schleier mit goldenen Ster­nen zu suchen für die Prinzessin Flora.» «Oh, um Gottes willen! Nein, nein, nein, das ist keine Frau für dich. Seit über hundert Jahren stricke ich an diesem Strumpf. Meine Nichte sitzt in diesem Turm we­gen der Prinzessin Flora. Sie hätte einen Prinzen heira­ten sollen. Aber ihr Bräutigam war in die Prinzessin Flora verliebt. Die hat ihn aber aus Boshaftigkeit um­bringen lassen, weil er ihr den blauen Schleier mit den Sternen nicht bringen konnte. Dann hat Flora meine Nichte in diesen Turm bringen lassen und jedes Jahr versetzt sie Fosca in ein anderes Zimmer. Ich habe gleich angefangen, meinen Strumpf zu stricken, damit meine Nichte eines Tages fliehen kann. Schon seit hundert Jah­ren bin ich am Stricken. Hab keine Angst, ich werde dir helfen. Pass auf, ich lege ein Steinchen unten in den Strumpf. Du kletterst dann in den Turm hinauf mit dem Strumpf. Er ist fast fertig, nur wenig Garn ist noch übrig. Meine Nichte und ich sind immer in Verbindung. Ich habe ein Vögelchen, das jeden Morgen zu mir kommt. Ich gebe ihm Essen mit, es fliegt weg und bringt das Essen meiner Nichte im Turm. Geh mit diesem Vögelchen!» So machte er es. Er nahm Stein und Strumpf und ging mit dem Vögelchen. Während sie hinauf flogen, löste sich der Strumpf auf. Oben sah er ein schönes Mädchen. Es war mehr tot als lebendig. Seit hundert Jahren war es eingesperrt. Es sagte zu ihm: «Endlich, lieber Prinz, bist du gekommen, um mich zu erlösen. Aber gehen wir jetzt!» Im Turm gab es aber keine Treppe, er war wie eine Festung angelegt. Die Großmutter, die eine halbe Zauberin war, schlug dreimal mit dem Stock an das Garn, und es verwandelte sich in ein dickes Seil. Das kleine Steinchen wurde zu einer Granitplatte. Und so kamen sie vom Turm herunter. Die Großmutter war überglücklich. Mit ihrem Zauberstock bestellte sie eine zweispännige Kut­sche, und die beiden fuhren zu den Eltern der Braut und feierten ein schönes Hochzeitsfest. Der Vater der Braut war aber ein entfernter Verwand­ter der Prinzessin Flora. Als diese von der Heirat erfuhr, ließ sie zehn Diener ins Gefängnis werfen. Sie war schon richtig verzweifelt, weil sie sich inzwischen in ihre Be­werber verliebt hatte und es ihr furchtbar Leid tat, dass sie nicht mehr frei waren. Und sie sagte: «Jetzt ist Gug­lielmo d'Altamura schon seit einem Jahr, einem Monat und einem Tag unterwegs. Die andern beiden haben geheiratet, der Teufel soll sie holen. Ich geh jetzt selber auf die Suche nach Guglielmo.» Vater und Mutter hatten kein Mitleid mit ihr, weil sie ihre Diener in die dunkelsten Gefängnisse gesteckt hatte, die voller Skorpione und anderem Getier waren. «Geh nur, geh», sagten sie, «mach, was du willst!» Sie nahm sich Pferde, fünfzehn Dienerinnen und drei Diener, die bucklig waren und lahm. Wenn etwas pas­sieren sollte, war es nicht schade um sie. Sie gingen und gingen bis zu einem Wald. Da hörte sie eine Stimme, die auf Italienisch sagte: «Um Mitternacht, Prinzessin, wirst du ganz alleine in den Wald eintreten. Du wirst sieben Bäume sehen, sieben Treppen hinun­tersteigen und sieben Türen vor dir haben.» Sie erschrak und sagte zu ihren Begleitdamen: «Kommt auch mit, ich habe Angst!» Man hörte uitt uitt - die Eulen, - ulu uluuu - die Käuze -, die im Wald herumgeisterten. Sie hatte große Angst, in diesen Wald zu gehen. Mitternacht ist schließlich nicht heller Tag. Aber trotzdem wagte sie sich mit den Pferden vor. Da hörte sie wieder die Stimme: «Genau um Mitternacht wirst du eintreten, Prinzessin, nur du allein, wenn du den blauen Schleier mit den gol­denen Sternen haben willst. Nur durch deine Tränen wirst du ihn bekommen.» Fast hätte sie auf den Schleier verzichtet. Aber dann ließ sie Begleitdamen und Diener zurück und ging alleine in den Wald. Sie zählte: «Einer, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben Bäume.» Da stolperte sie über ein Loch, und die Stimme rief: «Sieben Treppen wirst du hinuntersteigen und sie­ben Türen wirst du finden. Den blauen Schleier wirst du nur bekommen, wenn du willst!» Sie ging weiter, stieg eine Treppe hinunter, die zweite, die dritte, bis sie alle sieben hinter sich hatte. Da kam sie in einen langen Flur, er war lang, lang, ich weiß nicht, wie viele Kilometer. Sie hatte königliche Kleider an, Schühchen mit Absät­zen, sie war elegant und parfümiert. Sie kam zur ersten Tür und klopfte an: Tucch tucch tucch. Eine Alte schaute heraus, sie war hässlich und hatte Runzeln. Sie sagte: «Was willst du, Prinzessin Flora?» Die Prinzessin antwortete: «Du dreckige Alte, ich will den blauen Schleier mit den goldenen Sternen!» Da sagte die Alte: «Ach so, du willst den blauen Schleier mit den goldenen Sternen. Du wirst ihn bekommen, aber nur, wenn du arbeitest!» Und - pum pam pum - schlug sie ihr die Türe vor der Nase zu. Flora ging noch ein Stückchen weiter und öffnete die zweite Tür. Da zeigte sich eine noch grässlichere Alte als die erste. Auch ihr sagte sie, dass sie den blauen Schleier mit den goldenen Sternen wolle. «Ha, ha, du willst den blauen Schleier, Du Ärmste, du bekommst ihn erst, wenn du arbeitest!» Pampete. Und so erging es ihr bei allen Türen. Von einer Tür zur andern verging aber immer ein Jahr. So harre sie schon sieben Jahre nichts mehr gegessen und getrunken. Es ist zwar ein Märchen, aber sieben Jahre ohne Essen und Trinken, das ist kein Pappenstiel. Die Kleider der Prin­zessin waren schon ganz schmutzig, sie schleifte sie am Boden nach. Sie hielt sich kaum noch auf den Beinen. Da überlegte sie: «Umkehren vielleicht?» Sie dachte nach und dachte nach. Da fiel ihr ein, was sie mit den armen Dienern gemacht hatte, und sie sagte: «Vater, Mutter, helft mir!» In dem Moment hörte sie eine Stimme: «Arme Prinzessin, du willst den blauen Schleier. Du wirst ihn nur durch Arbeit bekommen.» Sie schaute sich um, sah aber niemanden. Nur ein Vogel flog davon. Er sang aber nicht, sondern sprach wie ein Mensch. Vor Hunger und Durst war die Prinzessin schon so schwach, dass sie hinfiel und gegen die siebte Tür schlug. Da kam eine Furcht erregende Alte hinaus, mit krummer Nase, Doppelkinn, Falten im Ge­sicht und langen Fingernägeln. Kurz, sie sah aus wie eine Hexe. Sie fragte sie: «Was willst du, Prinzessin Flora?» «Woher weißt du, dass ich Flora heiße?» «Ah, ich weiß alles, seit hundert Jahren verfolge ich dei­nen Hochmut. Ich weiß auch, was du deinen Dienern und deinen Untertanen zuleide getan hast. Und jetzt kommst du zu mir und willst den blauen Schleier. Komm!» Und sie führte sie in die Küche. Die war schmutzig, es spottet jeder Beschreibung. Ein schwarzer Kater saß da und fing an zu miauen: Miau, Miau, Miau. «Hüte dich vor meinem Kater, tu ihm ja nichts zuleide. Wenn du ihn auch nur am Schwanz ziehst, wirst du etwas erleben! Er wird mir alles berichten, er ist nämlich ein Spion. Ich werde jetzt auf eine große Reise gehen und du, liebe Prinzessin, wirst dich umziehen und tun, was ich dir sage!» Da wurde die Prinzessin wieder vom Hochmut befallen: «Du hässliche Alte. Du meinst wohl, du könntest die Prinzessin Flora so behandeln? Die schönste Prinzessin auf der ganzen Welt!» Da sagte die Alte: «Also gut, zieh dich jetzt um und fang an zu putzen!» Es war alles voller Spinnweben, eine Ka­tastrophe. Der Boden war dreckig und voller Steine, schlimmer als der übelste Keller. Der Kater war auf den Küchenschrank gesprungen und putzte sich. Seine gel­ben Teufelsaugen funkelten. Flora vertauschte ihr schönes Kleid mit einem Sackkleid. Uh, wie das stank! Alles war dreckig, und da begehrte die Prinzessin auf: «Ich habe doch nicht diesen ganzen Weg zurückgelegt und so viele Jahre Hunger und Durst gelitten, nur um mich von einer alten Schachtel quälen zu lassen!» «Ach so, du Ärmste hast Hunger?» Und die Alte kniete nieder: «Eure Majestät hat Hunger? Wartet, ich gebe Euch gleich zu essen!» Und sie brachte ein Brot, das hart war wie Stein, und einen Krug frisches Wasser. Sie gab ihr auch ein Glas und ein Stühlchen, wo sie den Krug abstellen konnte. «Wenn du genug gegessen und getrunken hast, dann fang an zu putzen. Hol aber alle Spinnweben herunter. Es muss alles glänzen in diesem Haus, hast du gehört. Und wehe, wenn du meinem Kater etwas zuleide tust! Ich geh jetzt auf meine große Reise.» Die Prinzessin aß und trank gierig. Aber putzen, das konnte sie nicht. Die Alte sagte: «Ciao!» Und die Türe flog zu. «Du alte Hexe, was glaubst du wohl? Ich soll hier putzen? Warte nur!» Und sie begann, mit dem Besen um sich zu schlagen: Fricch frucch fricch frucch. Tassen und Teller flogen herunter, und alles zerbrach. Die Schüsseln trafen den Kater. «Miau», knurrte der wie ein wildes Tier und floh durch das kleine Katzenloch in der Türe. Da bekam die Prinzessin Angst: «Wo wird dieses Mons­ter hingegangen sein?» Aber dann zerbrach sie weiter Teller und Schüsseln. Eine Katastrophe! Der Kater war kaum aus der Türe geschlüpft, als auch schon die Alte zurückkam. Sie machte vor der Prinzes­sin Knickse: «Hoheit ist also nicht fähig gewesen zu put­zen! Kommt, kommt. Ich werde Euch jetzt an einen Ort führen, der für Euch geeignet ist. Meine Katze hat Euch belästigt, darum ist es besser, wenn Ihr alleine seid!» Und sie ging mit ihr die Treppe hinunter. Hinter ihnen aber verschwanden die Treppen, so dass sie nicht mehr hinaufgehen konnten. Als sie sieben Treppen hinter sich gebracht hatten, kamen sie in einen Keller. Der war viel schlimmer als all die Gefängnisse, in die die Prinzessin ihre Diener gesteckt hatte. Es gab ein Steinbett zum Schlafen, die Leintücher waren ganz grob. Als es Nacht wurde, sagte die Alte: «Prinzessin, du wirst sicher gut schlafen. Die Ratten, Mäuse, Skorpione, Schlangen und das Meer werden dir Gesellschaft leisten. Alles, was du deinen Dienern angetan hast, kommt jetzt auf dich zurück. Auch die Eulen, Käuze und Fledermäuse wer­den dich besuchen. Aber fürchte dich nicht!" Die Prinzessin wälzte sich in ihrem Bett hin und her. Die Alte sagte nur: «Du willst den blauen Schleier. Also schau jetzt, wie du dazu kommst! Dein Hochmut wird bestraft. Früher oder später musste es so kommen!» Die Nacht war schrecklich. Die Mäuse liefen ihr über die Füße, die Läuse krochen im Haar herum. Sie bekam die Strafe, die sie verdiente. Die ganze Nacht sprangen Kröten und Schlangen umher. Und das Meer rauschte, ciuff ciuff. Sie war verzweifelt». Sie drehte sich von einer Seite auf die andere und rief: «Vater, Mutter, helft mir!» Die Alte lachte nur: «Ha, ha, ha. Arme Prinzessin, du tust mir Leid. Aber du hast es ja so gewollt. Dir geschieht nur das, was du andern angetan hast. Schau selber. wie du dich aus der Affäre ziehst!» «Ich habe Hungert» «Warte, ich bring dir gleich zu essen!» Und sie brachte ihr steinhartes Brot und einen Krug frisches Wasser. «Das ist Meerwasser. Es ist ein wenig salzig. Aber es wird dir sicher gut tun!» Die Prinzessin wurde ganz klein und ganz sanft. Der Hochmut fiel ganz schön ein. Es war schon ziemlich viel Zeit vergangen, und da sagte die Prinzessin: «Großmutter, hab Erbarmen mit mir! Gib mir Arbeit. Ich muss etwas tun.» Die Alte sagte: «Schlaf jetzt. Morgen werden wir wei­tersehen.» Und sie nahm den Zauberstab und ließ all die grässli­chen Tiere aus dem Zimmer verschwinden. Dann beru­higte sie auch das Meer. Am Morgen erwachte die Prin­zessin. Durch das Fenster schien die Sonne. Die Alte brachte ihr ein schönes Spinnrad und einen ganzen Bal­len blaue Seide. Dann ging sie wieder. Aber die Prinzes­sin klopfte bald an die Türe. «Was wünscht Ihr, Hoheit?» «Ich möchte gerne arbeiten. Aber ich weiß nicht, wie man es anstellt.» «Du hast nie gearbeitet? Also gut, ich bringe es dir bei!» Und sie zeigte ihr, wie man Seide spinnt. Die Prinzessin spann und spann, viele, viele Meter Seide. Als sie die Arbeit beendet hatte, war der Schleier sicher zwanzig Meter lang. Aber sie sagte: «Jetzt, wo ich den Schleier habe, werde ich sicher nicht mehr heiraten. Ich bin ja hier gefangen.» Sie weinte, und je mehr sie weinte, desto mehr Sterne fielen auf den Schleier. Es ist ein wunder­barer Schleier geworden, voller leuchtender Sterne. Die Prinzessin seufzte: «Was hab ich nur alles angestellt mit meinem Hochmut!» Und sie faltete den Schleier zusam­men und legte ihn in eine Ecke. Da kam die Alte und sagte: «Ich habe eine Überraschung für dich!» «Eine Überraschung für mich? Jetzt habe ich meinen Schleier, aber sonst kann ich nichts mehr erwarten.» Da ging die Türe auf und Prinz Guglielmo d' Altamura ist erschienen. Er hatte die Prinzessin gesucht und war ihr als Einziger treu geblieben. In einem Wald hatte er die Alte getroffen, und sie hatte ihm weitergeholfen. Nun zauberte die Alte mit ihrem Zauberstab einen Palast. Sie feierten ein schönes Fest und luden die Alte dazu ein. Flora befreite alle ihre Diener, und von dem Tag an war ihr Hochmut verschwunden und sie wurde eine brave Frau. Dieses Märchen aus Brusino stellt uns Frau Pia Todorovic Redaelli liebenswürdigerweise aus ihrem Buch "Märchen aus dem Tessin", Limmat Verlag Zürich 2006 zur Verfügung. Das Buch ist im Handel erhältlich - ISBN 3 85791 501 3 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der blaue Vogel

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Es war einmal ein armer Mann, der Käfige machte. Das war ein Handwerk, welches damals einen Mann an den Hungertod brachte. Er kam eines Tages vom Jahrmarkt von Porrentury zurück, ohne etwas verkauft zu haben. Er ruhte ein wenig in der Möchnire-Höhle aus. Man sagt, dass dort die Hexen ihren Sabbat abhielten und Krapfen buken. Da weinte er und beklagte sein Schicksal, als plötzlich ein alter Mann kam und zu ihm sagte: »Setz einen Vogel in deinen Käfig! Den kannst du leicht verkaufen.« - »Ich habe keinen, und Vögel fangen kann ich nicht.« »Warte ein wenig.« Der alte Mann pfiff, und ein schöner blauer Vogel flog heran. Er fing ihn, dann sperrte er ihn in den Käfig des armen Kerls und sagte: »Wenn du irgendetwas brauchst, dann musst du nur sagen: »Blauer Vogel, tu deinen Dienst!« Und wenn er dir alles gebracht hat, was du willst, dann vergiss nie zu sagen: »Heiliger Espontin, ich danke dir.«« Weil er hungrig war, sagte der arme Mann gleich darauf: »Blauer Vogel, tu deinen Dienst!« Sogleich stand ein gedeckter Tisch vor ihm. Nach der Suppe sagte er: »Danke, heiliger Espontin«, nach dem Braten: »Danke schön, heiliger Espontin«, und beim Nachtisch: »Oh, tausend Dank, heiliger Espontin!« Danach machte sich unser Mann auf den Weg zum Markt von Delemont. Als er nach Bourrignon kam, traf er das ganze Dorf in einem heillosen Durcheinander. Die Leute liefen in ihren Sonntagskleidern hin und her. Es herrschte eine grosse Aufregung. Er fragte, ob etwa Kirchweihfest sei. Ob er denn nicht wisse, dass man das Fest der Maijungfrau feiere, antwortete ihm eine Frau. Das schönste Mädchen werde weissgekleidet in einer Prozession durch das Dorf getragen. Nun fände man aber kein passendes Kleid für sie, und deshalb liefen die Frauen so geschäftig herum. Unser Mann dachte bei sich: »Der blaue Vogel könnte vielleicht behilflich sein«, und er sagte sofort: »Blauer Vogel, tu deinen Dienst!« Und die Maijungfrau war schöner als eine Königin. Noch nie hatte man ein Mädchen in so prächtigen Kleidern gesehen. Die Leute dankten ihm alle, und er ging davon. Aber er verirrte sich. Anstatt in Delemont langte er in Ferrette an. Der junge Graf von Ferrette stand kurz vor der Hochzeit mit einer sehr anmutigen jungen Frau. Aber die junge Frau fand nichts Rechtes zum Anziehen. Hatte sie ein Mieder, dann fand sie kein Kleid. Hatte sie Strümpfe gefunden, dann fehlte das dazu passende Jäckchen. Das war eine Aufregung im Schloss! Unser Mann dachte bei sich: »Hilf ihnen! Blauer Vogel, tu deinen Dienst« Und alles ging in Ordnung. Nur war die Braut viel schöner als der junge Graf, der sich wie ein Drecklappen ausnahm neben ihr. Der blaue Vogel musste seinen Dienst auch für den Grafen tun, der mit einem Schlag in Samt und Spitzen ging. Sie luden unseren Vogelmann zur Hochzeit ein, um ihm für seine guten Dienste Dank zu erweisen. Nach dem Mahl wollte er fortgehen, aber der Graf hielt ihn zurück, um ihm seinen Vogel abzukaufen. Er aber wollte ihn nicht hergeben. Der Graf bot ihm all sein Geld und Gut dafür. Der Mann überlegte und sagte dann: »Ich will mir's überlegen. Ich werde zwischen Tag und Nacht wieder herkommen und Euch Bescheid sagen.« Unser Vogelmann war schlau. Er ging in den Wald. »Blauer Vogel, tu deinen Dienst!« Und sofort war ein zweiter blauer Vogel da. Er steckte den Zaubervogel in sein Wams und setzte den neuen in den Käfig. So ging er zum Grafen und sagte, dass er einverstanden wäre, aber nur, wenn er ihm seine Frau gäbe. Der Graf wollte zuerst nicht, aber dann dachte er bei sich: »Wenn du den blauen Vogel einmal hast, dann wirst du sie wiederholen.« Er konnte aber noch so oft sagen: »Blauer Vogel, tu deinen Dienst!« Die Frau ging mit dem Vogelfänger fort, ohne sich umzudrehen. Der Graf starb noch in derselben Nacht aus Gram. Die beiden kamen wieder zurück, um das Schloss zu bewohnen. Und sie lebten reich und glücklich. Das also war die Geschichte vom  blauen Vogel. Sie heisst auch die Geschichte vom Mann, der seine Frau für einen Vogel verkauft hatte. Aus: R. Wildhaber, L. Uffer, Schweizer Märchen, Düsseldorf 1971 ,abgedruckt bei Rossat (1914) erzählt von Bertha Pheulpin in Miécourt. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der bleibt an meiner Stelle

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Unweit Dagmersellen sei in einem Walde ein Kloster gestanden und auf dem Wege, der neben dieser Stelle hinläuft, soll schon mancher eine Letze geholt haben, weil es dort spukt. Lockend ist der Platz besonders für Schatzgräber. Ein alter Mann, der Nachts beim Mondschein des Weges ging, sah auf einem Stocke Rossbollen und bald darauf eine schöne Jungfrau, die mit einem weissen Körbchen am Arme neben ihm vorbeiging. Erst jetzt fiel ihm die Erscheinung auf und ahnte er, warum es ihm gewesen, als ob die Bollen einen Metallglanz hätten. Er lief zurück, aber sie waren verschwunden. Ebendahin zogen, mit den nötigen Sachen wohl ausgerüstet und besegnet, in einer Fronfastennacht zwei junge Burschen. Auf einmal stand vor ihnen, wie aus dem Boden gewachsen, eine Klosterpforte, die man sonst vor- und nachher nie gesehen. Sie getrauten sich nicht zu klopfen und liefen weg. Es reute sie aber, sie fassten neuen Mut, gingen hin und pochten an. Da rief von innen eine weibliche Stimme, dass auf der Selle ob der Türe die Schlüssel liegen, sie sollten nur hinauflangen und aufmachen. Als die beiden halb erschrocken zauderten, rief die Stimme wieder, sie sollten doch hinlangen und öffnen. Nun taten sie 's und fanden drinnen eine Jungfrau, die sie an einen mit Speis und Trank besetzten Tisch sitzen hiess, mit den Worten: „Esset und trinket und erschreckt nicht, wenn nach einer Stunde zwölf schwarze Männer kommen und mich auf dem Ambos zu kleinen Stücklein verschlagen. Hier der Wand nach sind die Geldkisten und da sind zwei Säcke, dass ihr in dieselben von dem Gelde fassen könnt, jeder so viel er will. Welcher aber seinen Teil nicht zu tragen vermag, der muss an meiner Stelle bleiben." Um elf Uhr kamen die schwarzen Männer und es ging so wie die Jungfrau gesagt hatte. Wie sie fort waren, füllten die Burschen ihre Säcke und wollten gehen. Einer nahm aus Geiz so viel, dass er mit der Bürde nicht recht weiter vermochte und bat den andern, ihm tragen zu helfen, er werde ihm dankbar sein. Aber derselbe war gescheiter und schritt mit seiner Sache zufrieden voraus, während der Kamerad ausruhend mit der schweren Last zurück blieb und nicht mehr gesehen ward. Er musste statt der Jungfrau bleiben, die jetzt ein Kind der Seligkeit wurde.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Der blutende Christus in Döttingen

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Im Zwölfer-Kriege (1812) kam ein Lügner in die Hochmühle bei Döttingen und rief: man möge fliehen, der Feind sei schon bei Stilli über die Aare gegangen. Gleich fing das kreuztragende Christusbild daselbst an, Blut zu schwitzen, und über diesem Mirakel bekannte der Mann seine Lüge und dass er die Ortschaft habe in des Feindes Hand spielen wollen. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der blutende Knochen

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Der Bildstock nah bei einem grossen „Geissbergerstein" im Morschacherwald ob Jngenbol ist zur Erinnerung an den Mord hingestellt, welchen der „Chnoche Dönel" unter'm Brändli an einem armen Hausierer, dem „Wäggiser Brosi" aus schnöder Geldgier verübt hat. Am Orte des Verbrechens vergrub er die Leiche und floh dann, vom Gewissen gepeinigt, in ausländischen Sold. Einmal bemerkte ein Geissbub, wie seiner Ziegen eine, die bei jenem Geissbergerstein graste, aus dem Gestrüpp einige Knochen hervorscharrte. Beim genauern Nachsehen fand der Knabe mehrere und machte davon dem Pfarrer Anzeige. Man mutmasste wohl aus verschiedenen Umständen, wer hier umgekommen sei, aber den Mörder erriet niemand. Die Gebeine wurden dann in die geweihte Erde des Friedhofs begraben. Nach sieben Jahren kam der Chnoche-Dönel heim aus dem Krieg und vernahm, dass sein Holde gestorben sei und heute beerdigt werde. Der Schmerz trieb ihn auf den Gottesacker, wo der Totengräber eben die Ruhestätte bereitete. Gerade jetzt hob er ein blendend weisses Beinchen aus dem Grab, wo die irdischen Reste des armen Brosi hingelegt worden waren, heraus und voll Verwunderung zeigte er's den Umstehenden. Einer nahm's in die Hand, beschaute es und gab's dann dem andern und so kam es auch zum Dönel, der dabei nichts von seinem Herzklopfen merken liess und das Beinchen kühn in die Hand nahm, um plötzlich vor Schrecken starr und totenblass zu werden, denn der Knochen blutete bei ihm. Man wusste gleich, was das zu bedeuten habe, der Dönel wurde als Mörder abgefasst und hingerichtet. — Dort, wo der Totschlag geschehen, sehe man bisweilen ein Lichtlein schweben.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


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1. In der Sandalp hatten sie so einen Sprenggbub, den der Senn gar nicht leiden, gar nicht sehen mochte. Der hungrige Bub kam ihm immer zu früh zum Essen. Eines Tages, da der Bub wieder in die Hütte trat und nach dem Essen spekulierte, packte ihn der Senn und warf ihn in die siedende Schotte. Den Leichnam warf er in ein furchtbares Tobel, wo der Bach fast unsichtbar dahintobt. Bald ging er in die Fremde, denn die Mordtat drückte ihn. Nach 25 Jahren kam er wieder heim. Im Städtchen Glarus betrat er ein Wirtshaus, wo sie eben tanzten. Er ass und trank und fing bald auch zu tanzen an. Da er schwitzte und Durst hatte, ging er zur Linth, um sich ein wenig abzuwaschen und zu kühlen. Da kam ein wunderschönes Beinchen dahergeschwommen, grad in seinen Hut herein, mit dem er Wasser schöpfte. Er betrachtete es, und je mehr er's betrachtete, desto schöner kam es ihm vor. Es war weisser als Elfenbein und hatte eine herrliche Form, fast wie eine Vogelfeder. Er steckte es auf seinen Hut und ging wieder auf die Tanzdiele. Dort begann das Beinchen zu bluten. Da erschraken alle und fragten ihn aus, und er musste seine Mordtat bekennen. Joh. Jos. Zgraggen 2. Über den Friedhof in Schattdorf schritt einst ein bejahrter Mann. Einem Totenschädel, der ihm in den Weg kam, versetzte er einen unsanften Tritt. Jetzt fing der Knochen an zu bluten, und die Leute, die solches sahen, schöpften Verdacht, ergriffen den erschrockenen Mann und führten ihn vor den gestrengen, weisen Richter. »Ich könnte mich an kein Vergehen erinnern,« bekannte der Angeklagte, »nur einmal vor vielen, vielen Jahren, da ich ein junger, leichtsinniger Senn war, habe ich auf der Alp einem fremden Bettler Käslab in die Süffi getan, die ich ihm schenkte, und daran, da sie in Gärung kam, hat er wohl sterben müssen.« Frau Gamma-Gamma 3. Zwei Männer, unter ihnen der Adlerwirt Senn von Bürglen, marschierten zur Nachtzeit über den Riedboden in der Gisleralp. Senn, sich am Stocke haltend, stupfte öfters in den Moorboden, und endlich blieb ein Totenkopf an dem langen Eisenstift hängen. Den Totenkopf nahm er lachend mit. Als sie zu Bürglen im Gasthaus zum Adler an die Heitere kamen, sahen sie, dass der Totenschädel blutete! Im Schrecken warf ihn der Mann in eine Ecke des Hausganges. Doch blieb es nicht heimlich. Es kam vor Gericht, wo Senn bekannte, er habe vor genau 30 Jahren – er war unterdessen lang in der Fremde gewesen – als amtierender Senn in der Gisleralp seinen Handknab aus gottlosem Leichtsinn und Übermut in einem Chessi voll heisser Schotte gesotten und den Leichnam im Riedboden vergraben. Für diese und andere Schandtaten wurde er enthauptet. Jos. Maria Gisler, Bürglen 4. a) Im Stickihaus zu Spiringen lebte eine brave, bildschöne Jungfrau, die Tochter vermöglicher Eltern. Zwei Burschen, ein reicher und ein armer, kamen zu ihr z'Gass und warben um ihre Liebe. Sie hatte den armen lieber, und als sie vom reichen zum Tanze eingeladen wurde, schlug sie die Einladung aus und begleitete den armen. Der Abgewiesene ging eines Nachts hin und tötete in seinem Zorne den Bevorzugten, als dieser wieder seine Geliebte besucht hatte, schleppte den Leichnam zum Schächenbach hinab, vergrub ihn daselbst an jenem Platz, den die Schächentaler den Holzboden nennen, und flüchtete in die Fremde. Nach 30 Jahren kehrte er in die traute Heimat zurück, und, als er das heimatliche Dorf betrat, fand er die junge Welt auf der Tanzdiele beisammen. Er mischte sich unter die Fröhlichen und wagte ein Tänzchen. Jetzt kam ein Hund herein, der einen Totenschädel in der Schnauze trug, spielte mit ihm und liess ihn endlich liegen. Da rollte er zwischen den Füssen der Tanzenden herum, und jeder, dem er in den Weg kam, versetzte ihm einen Fusstritt, zuletzt auch der Fremde. Doch wie erbleicht der, da der Knochen anfängt zu bluten! Die Lustbarkeit nimmt ein jähes Ende, denn alle sehen das Blut rieseln. Der Mörder ist entdeckt, bekennt und erleidet die verdiente Strafe. Das Verbrechen sei bei dem grossen Stein unter dem Stickihaus geschehen, und zum ewigen Andenken sei ein Kreuz darauf eingemeisselt worden. Stein und Kreuz waren zu sehen, bis die neue Klausenstrasse erbaut wurde. Da ging der Stein in Trümmer, aber die Sage bewahrt noch das Andenken an Frevel und Sühne. Daniel Imholz; Nikl. Inderkumm u.a. b) Nach 30 Jahren kehrte er heim. Als er zum Tanze ging, fand er ein Knöchelchen, das ihm gefiel, und das er daher auf seinen Hut steckte. Während des Tanzes sahen die Leute, dass das Knöchelchen auf dem Hute blutete. Zur Rede gestellt, gestand er sofort. Frau Arnold-Arnold 5. Der Senn der Alp Gornern gab einem Bettler Süffi, worin er vorher tüchtig Käslab getan hatte. Der Arme soff wacker davon und ging dann seines Weges weiter. Bald geriet die Süffi in seinem Leibe in Gärung und blähte ihn auf. Den Tod nahe fühlend, verkroch er sich in einer Höhle am Abhang des Berges, und dort zerbarst er. Niemand suchte seine Leiche. Nach vielen Jahren ging einmal der rohe Senn mit einigen Kameraden unterhalb jener Höhle talaus oder talein. Zufällig löste sich da oben der Totenschädel und kam vor des Senns Füsse gerollt. Der gab ihm einen Fusstritt. Aber wehe! Der Schädel fing an zu bluten. Da war der Senn verraten und konnte der verdienten Strafe nicht mehr entgehen. Barbara Gerig, Gurtnellen 6. Zwei Älpler, die mit Käsen von Rindermatt her kamen, gerieten beim Brunnen zwischen Wyssenboden und Gisleralp, wo sie ausruhten, miteinander in Streit, und der stärkere erschlug den schwächern. Der Mörder floh in die Fremde. Nach vielen Jahren dachte er, es sei Gras über die Geschichte gewachsen, und suchte wieder die Heimat auf. Als er beim Tellenchappeli in Bürglen vorbeiging, kam eine weisse Kugel vom nahen Friedhof her auf ihn zugerollt, grad an sein Schinbein. In drei Tagen war er eine Leiche. Die Kugel aber war der Totenschädel des ermordeten Kameraden gewesen. Jos. Maria Gisler, Balmer Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der blutende Knochen bei Baden

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Nicht weit von Baden liegt an der Mellingerstraße eine Sägmühle; zwischen ihr und dem nächsten Berghange ist die Wiese mit den zwei sonderbaren Grasringen, die ineinander liegen und zwischen denen das Gras immer größer und grüner steht, als innerhalb und außerhalb. Ein mürrischer Knecht pflügte hier einst und warf nach dem heimatlosen Knaben mit einer Erdscholle, der ihm vorne die Stiere nicht gut genug lenken konnte. Gegen Vermuten sank der Knabe augenblicklich auf den Wurf zusammen und blieb tot. Der Knecht vergrub ihn da und konnte daheim das Ausbleiben des Jungen glaubhaft genug darstellen. Letzterer galt als entlaufen und wurde vergessen. Manches Jahr hernach schnitt der Knecht auf demselben Felde Garben. Die Rede der Arbeiter war auf das Sprichwort geraten, nichts sei so fein gesponnen, was nicht endlich an die Sonne komme. Der Knecht wollte von dessen Zutreffen nichts glauben und meinte, es möge wohl auch auf dieser Wiese schon manches geschehen sein, was die Sonne noch nicht an den Tag gebracht habe. In solchen Reden schnitt er mit der Sichel tiefer in den Boden und traf einen daliegenden mürben Knochen. Augenblicklich fing dieser zu bluten an. Vergebens wischte er die Sichel ab, deckte den Knochen mit Erde und gab vor, sich selbst geschnitten zu haben. Aus dem morschen Knöchlein hervor brach vor aller Augen so vieles Blut, dass der Bursche endlich selbst seine Mordtat bekannte, die er hier vor langem verübt hatte, und dem Richter übergeben wurde. Man ließ ihn enthaupten und auf diesem Ackerfelde verscharren. — Das Gleiche erzählt man im Fricktale als eine im Dorfe Wölfliswil vorgekommene Begebenheit. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der blutende Wetzstein

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Um das 14. Jahrhundert herum lebte in Freiburg ein Metzger, der hatte einen merkwürdigen Wetzstein, woran er Beil und Messer scharf schliff. Das war ein fester Knochen, der den Schneidewerkzeugen die beste Schärfe verlieh. An einem Markttage hielt der Metzgermeister sein Fleisch auf einem Stand feil, wie er es immer gewohnt war. Als er das Hackmesser mit dem knöchernen Wetzstein schliff, sagte er zu den andern Kameraden: «So gut wie mein Wetzstein findet sich nicht leicht ein zweiter; probiert einmal mit meinem Knochen, er gibt eine gute Schärfe.» Da probierten zwei Metzger den sonderbaren Wetzstein, ein dritter nahm ihn und wollte damit sein Fleischmesser schärfen; da geschah etwas Unglaubliches. Der Knochen lief rot an, wurde röter und röter, bis auf einmal Blutstropfen aus demselben hervortröpfelten; unaufhörlich floss das Blut, bis auf dem Boden sich eine schaurige Blutlache gebildet hatte. Da liefen die Leute auf dem ganzen Markt zusammen und schrien und riefen allerlei Mutmassungen durcheinander. Der verstörte Schlächter wurde auf die Polizei geführt und daselbst einer strengen Befragung unterzogen. Da gestand er unter vielen Tränen ein längst verübtes Verbrechen. Er hatte vor Jahren einen Mord an einem Unschuldigen verübt. Der Täter konnte damals nicht gefunden werden. Erst jetzt, als der blutige Knochen Zeugnis ablegte, wurde der Mörder bekannt. Angesichts des unaufhörlich blutenden Wetzsteins legte er nun ein offenes Geständnis ab. Er musste seine Untat mit dem Tode sühnen. Der blutende Wetzstein konnte erst durch das Gebet des Priesters zum Stillstand gebracht werden. Der Metzger benützte den unheimlichen Knochen nie mehr.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Bogglikapuziner

Source: Der Bogglikapuziner

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a) In der Eigenalp Boggli erschien von Zeit zu Zeit ein Gespenst. Es trug ein braunes, kuttenartiges Kleid, weshalb es die Leute den Bogglikapuziner nannten. Gewöhnlich kam es von der Alp Wanneli her, die in einer Mulde am Abhang des Geissberges liegt, stampfte im Boggli herum und betrat auch das Häuschen, tat aber niemand etwas zuleid. Nach andern kam er aus einem alten Gemäuer im Boggliberg. Einmal übernachteten daselbst der Riseler Josti selig, der alt Fridli und ein junger Bursche. Es hatte »ä wietigä Patsch Schnee gleit«, und immer noch fielen Schneeflocken wie Handschuhe vom Himmel. Als sie ins Bett gingen, sagte der Riseler: »Hinecht het's doch g'wiss am Bogglikapiziner d'Nasä drüss, usem Wannäli firä z'chu.« (Oder: »Hinecht chunder doch gwiss nyt usem Myrli üsä«). Aber wohl! kaum gesagt, war er schon da, stampfte ums Häuschen herum und polterte an die Türe. Schlotternd zog der alt Fridli die Decke über den Kopf und jammerte: »Ei, Herr Jeses, Herr Jesesl der Tyfel, der Tyfel. Hättisch du nur nyt g'seit!« Ein anderes Mal, als es ebenfalls eine Menge Neuschnee gelegt hatte, spotteten die Knechte über den Bogglikapuziner. Der Geissbub warnte sie und sagte, sie sollten nur nicht spotten, sonst komme er gewiss noch; er habe ihn im Wanneli allzuoft gesehen auf einem Steine sitzen. Sie aber lachten und sagten: »Ja, der tät äu nu ä-chly blasä-n- und chüttä da dur dz Boggli üfä!« Kaum war diese Rede zum Munde heraus, polterte er auch schon an der Türe und trat herein. Dem Geissbub, der auf dem Ofenbänkli schlief, gab er so einen Blick, ging an ihm vorbei, trat an das Bett heran, in dem die zwei andern lagen, stützte sich mit den Händen auf den Bettrand, beugte sich vornüber und schaute ihnen ins Gesicht. Dann ging er wieder fort. Anton Zurfluh, Anton Brücker, und a. (19. Jahrhundert) b) Zuletzt liess man den Pfarrer kommen, dass er das Berghäuschen aussegne. Während er die Segnung vornahm, sah man etwas wie eine grosse weisse Katze aus dem Häuschen heraus- und gegen den Gaden zu davonlaufen. Damit nahm der Spuk ein Ende. Fr. Püntener-Walker, 29 Jahre alt, Erstfeld Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der böse Ahnherr

Source: Der böse Ahnherr

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Der Geistliche von Flums ging nach dem Schlosse Gräplang, um da für einen früher verstorbenen Schlossherrn eine Messe zu lesen. Auf der steilen Schlosstreppe stürzte er. Erbost rief er aus: "Macht's etz da no aso, wenn i ihm etz doch will 's Johrzit lesa!" A. Sprenger Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 296, S. 164f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Böse auf dem Moléson

Source: Der Böse auf dem Moléson

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Wer am Abend vor Sankt Johannistag auf den Kulm des Moléson steigt und sich daselbst eine kahle Stelle aussucht, wo er weder Läuten noch Reden hört und weder Halm noch Farrenkraut blüht, dem erscheint daselbst der Fürst der Finsternis und überreicht ihm einen mit Goldstücken gefüllten Beutel. Doch muss derjenige, der das Wagstück ausführt, des Beutels wirklich bedürftig sein. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Böse bekommt Gewalt darüber

Source: Der Böse bekommt Gewalt darüber

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Bei Ausbruch des Sonderbundskrieges versteckte ein fürsorglicher Bürger von Wassen in Gegenwart eines unschuldigen Mädchens ein schönes Klümpchen Bargeld in einem nicht allzugrossen Sandhaufen. Sobald die vermeintliche Gefahr vorbei war, wollte er das Geld wieder holen, konnte es aber um keinen Gugger mehr finden. Erst das unschuldige Mädchen entdeckte es und zwar sehr rasch. »Das isch äu wunderbar,« meint meine 80jährige Erzählerin von Gurtnellen. »Jäh, das hennt si alligs gseit, so eppis sell mä niä i Ärdbodä vergrabä, da vercheem der Bees G'walt driber.« Fr. Walker-Baumann Und ein 80jähriger Zuhörer von Seedorf fügt bei: »Und das ha-n-i äu scho g'heert, wem-mä so eppis i Bodä vergrabi, find me's niä meh.« Hans Exer Eine 85jährige Gurtnellerin meint, wenn man so etwas vergrabe, so müsse man es entweder selber bewachen, indem man dabei bleibt, oder etwas Gesegnetes dazu legen, sonst sei nichts mehr zu finden. Auch im Geldseckel solle man etwas Gesegnetes haben. Und in der Tat tun das viele Leute. Fr. Baumann-Dubacher Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945, Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der böse Hänzli

Source: Der böse Hänzli

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Ein gewisser Hänzli, dessen Herkommen und Heimat niemand kannte, war viele Sommer Sennenhirt in der Bachalpe (Erschmatt). Obschon er eben um's Beten nicht viel gab und tat, wusste er sich doch unbescholten und selbst beliebt beim Volke zu erhalten. Indessen verlor man jeden Sommer, sowohl in dieser als in der angrenzenden Feldumenalpe (Lötschen), einige Stücke Vieh, ohne auch nur eine Spur davon mehr zu finden. Es begann eben unter dem Volke der Verdacht, das verlorene Vieh werde gestohlen und über den Gletscher nach Bern getrieben; da starb unser Hänzli, so wie er gelebt, ohne viel Segnens und Kreuzens. Und es begann in der Alpe gewaltig zu spuken; mitten in der Nacht polterte es heftig mit den Alpgeschirren herum, das Vieh wurde aufgetrieben und fortgejagt und selbst am hellen Tage wurden grosse Felsblöcke in den Alpstaffel herabgeworfen. Bei den Leuten war es ausgemacht, Hänzli müsse der Dieb und Schelm gewesen sein und nun diesen Spuk treiben. Man liess darum die Bachalpe von frommen Ordensmännern segnen: worauf der ganze Geisterlärm in die Feldumenalpe nach Lötschen hinübersiedelte. Die guten Lötscher freuten sich darüber nicht besonders und zogen auch ihrerseits ins Feld; sie stifteten eine Kässpende, die jährlich am Ostermontag in Ferden unter die Armen verteilt wird. — Und damit wurde Hänzli gründlich zur Ruhe gebracht.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der böse Hausgeist von Franislismoos 

Source: Der böse Hausgeist von Franislismoos 

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In Franislismoos, wo die Taverna ihre Quelle hat, stand früher ein Wohnhaus. In demselben rumorte seit Menschengedenken ein böser Hausgeist. Jede Nacht gegen zwölf Uhr ging der Spektakel los. Die Felläden vom Stall zum Tenn flogen auf. Das kleine Tenntor öffnete sich und der Geist flog hinaus, um durch die obere Stalltüre, die unsichtbarer Weise auch aufging, wieder in den Stall hineinzufahren. So kreiste der unheimliche Gast vom Stall ins Tenn, vom Tenn vor dasHaus und wieder in den Stall. Dann fuhr er in die Kammern der Schläfer, schwenkte ihre Betten hin und her wie Wiegen, um dann als Lichtlein das Haus zu verlassen und auf den umliegenden Hügeln herumzuspazieren. Dann kehrte der Geist wieder in sein Haus zurück, und es ward wieder stille bis zur kommenden Geisternacht. Das wollten die beherzten Nachbarn nicht glauben. Und der Jägerroggo, ein alter Draufgänger, der das Fürchten nie gelernt hatte, wettete mit seinen Kameraden, dass er den bösen Geist von Franislismoos schon bändigen werde. Er trank sich eines Abends mit einem Schöppchen etwas Mut und begab sich um Mitternacht vor das Haus. Er stemmte sich gegen das Tenntor, um dem Geist den gewohnten Ausgang zu versperren. Allein, es ging nicht lange, flog das kleine Tenntor auf, und der Jägerroggo lag lang hingestreckt am Boden. Der Geist machte wieder seine Runden und fuhr durch die Kammern, um auf dem Hohezelghügel seinen nächtlichen Spaziergang als Lichtlein zu beendigen. Der Besitzer brach nun sein Haus in Franislismoos, wo es immer so geisterte, ab und transportierte das Material nach Berg, um auf sicherem Grunde sich seine Heimstätte wieder aufzubauen. Aber er liess den Kochherd am alten Hausplatz stehen, damit der Hausgeist nicht fort könne. Ja, er baute diesem neben dem Herd noch eigens eine Bretterhütte und sagte zu ihm: „Dich will ich nicht mitnehmen. Bleibe du nun schön hier. Da hast du eine Hütte und den Herd.“ Und wirklich, der Geist konnte nicht mitgehen, musste aber zuletzt noch dem abziehenden Moosbauern einen Schabernack spielen. Als dieser nämlich das letzte Fuder geladen hatte (es war nur ein ganz kleines, nicht halb soviel, wie auf den andern Fudern gewesen war), so setzte sich der Hausgeist darauf. Die Pferde kamen fast nicht vom Platz mit dem kleinen Füderlein. Der Bauer aber wurde ganz verwirrt. Er wusste nicht mehr, wo ein und wo aus. Er musste den Nachbar herbeirufen. Dieser half dann die von Schweiss triefenden Pferde lenken, bis sie aus dem Machtbereich des Hausgeistes heraus waren und nun ihr Füderlein mit grösster Leichtigkeit fortzogen. Der böse Hausgeist aber blieb in Franislismoos, bei der Hütte und dem Kochherd, und heute noch unternimmt er seine nächtlichen Spaziergänge auf die umliegenden Hügel, wie dies die Anwohner vom genannten Moos bestätigen können. Leonhard Thürler   Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch  


by Der böse Hund auf der Egg

Source: Der böse Hund auf der Egg

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Vom idyllischen Bergdörfchen Krinau aus führt ein etwas holpriger Weg über die Egg nach den schön gelegenen Weilern Altschwil, Schaufelberg und Rotenfluh. Oben auf der Egg ist der Weg durch ein hölzernes Weidgatter gesperrt, damit das weidende Vieh der hier zusammenstossenden Bauerngüter nicht fremden Boden betrete. Dieses Gatter hat schon vor fünfzig Jahren bestanden. Es war damals an einem dicken Holzblock drehbar befestigt. Bei Nacht leuchtete dieser Block auffällig, und so oft man öffnete, knarrte es sonderbar, als ob ein böser Hund dahinter knurrte und bellte. Der Weg über die sonst freundliche Anhöhe der Egg wurde deshalb gemieden; denn man glaubte, es gehe da nicht mit rechten Dingen zu. Lange Zeit vermochte das gespensterhafte Gatter auf der unheimlichen Egg die Bewohner der Umgegend zu ängstigen, bis endlich ein Verständiger die aufgeregten Gemüter beruhigte. Jener verdächtige Leuchtblock war nämlich ein faulendes, von "Hallimasch-Lagerfäden" durchzogenes Schein- oder Leuchtholz, das zur Nachtzeit phosphoreszierte, wie man das gelegentlich an sonnigen Waldrändern beobachten kann. Jenes eigentümliche Knurren aber wurde durch die starke Reibung des Gatters am Holzklotz verursacht. Nun fürchtet sich niemand mehr; aber noch heute ist die Geschichte "vom bösen Hund auf der Egg" im Dörfchen bekannt.            Emil Nüesch. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 447, S. 262 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Böse in Weibsgestalt

Source: Der Böse in Weibsgestalt

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Der der Hexerei angeklagte Jakob Süry von Muttenz gesteht vor dem Malefitzgericht in Arlesheim 1577: Der Böse ist in «weibsgestalt zu im kommen zu Oberwilen in des müllers matte, hab schöne kleider angehapt, ein roten rock, weisse schuh und überaus weisse bein und hübsche brüst.» Muttenz Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der böse Landvogt auf Homburg

Source: Der böse Landvogt auf Homburg

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Im 18. Jahrhundert zog einmal ein Landvogt vom Schlosse, der als ein harter, ja grausamer Mann verschrien war. Alles war froh, den Bedrücker los zu werden, nur eine Frau wehklagte vor dem Schlosse laut über den Wegzug des Vogtes. Dieser, darüber erstaunt, fragte die Frau, warum sie weine. «He, will dir jetz furt gönget,» lautete die Antwort. Dem Landvogt, der wohl wusste, wie die Leute von ihm dachten, kam dies sonderbar vor. Er fragte die Jammernde, warum sie denn über seinen Wegzug weine, andere Leute seien froh und hätten schon lange gesagt, er sei ein so böser, harter Mann. «Ja, ebe desswäge gryne-ni,» erwiderte die Frau, «denn wüsset, me seit albe, es chömm nüt Bessers noche; und wenn jetz e Landvogt chunnt, wo numme noh e chly böser isch as dir, so cha das gar niemets Anders sy as der Tüfel sälber. Vor däm gruset’s mer aber gar, und dorum hätt i lieber wolle, dir wer et do blibe.» Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der böse Pfarrherr

Source: Der böse Pfarrherr

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In Reigoldswil war einst ein Pfarrer, der zwei Pferde besass. Jedesmal, wenn ihm etwas über die Leber gekrochen war, liess er einspannen, sass in seine Kutsche und sprengte gen Titterten, wobei er die armen Tiere seine Wut fühlen liess. Die Sage geht, er habe deshalb keine Ruhe im Grab und müsse immer wieder kommen. Man sehe ihn in dunkeln Nächten unter wildem Hü- und Ho-Rufen an der mittleren Säge vorbeirasen. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der böse Schlossherr

Source: Der böse Schlossherr

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Auf der Burg Gräplang wohnte einst ein böser Schlossherr, der in seiner Bosheit von den Bauern Unmögliches verlangte. Einer von ihnen sollte dem Unerbittlichen die mächtigste Eiche, die im Walde stand, an einem Stück zur Stelle schaffen. Während der Bauer das seinem Weibe klagte und beide ratlos und verzagt waren, erschien ein gutgekleideter Fremder, der sie teilnehmend fragte, was sie denn so beängstige. Sie klagten ihm ihre Not; er aber lachte über ihren Kummer und versprach ihnen ihre Hilfe. Gleich stand er auch mit einem Wagen und vier feurigen Rappen vor ihnen und wünschte, dass ihm der Mann die Eiche zeige. Ein Ruck, und sie lag entwurzelt da; ein zweiter Ruck, und sie lag auf dem Wagen. Nun ging's nach dem Schlosse. Der Vogt wurde gerufen, dass er das Gewünschte in Empfang nehme. Er meldete, es sei ihm jetzt nicht gelegen; morgen erst könne dieses geschehen. Die zweite Mahnung ging ab und endlich auch die dritte; denn da draussen stehe einer, der auch die Angewachsenen von der Stelle zu bringen wisse. Nun kam der Ritter doch; aber wie erschrak er! "Aha, du kennst mich?" fragte der Fremde. "Du wirst auch meine vier Rappen kennen?" Das verneinte der Gestrenge. Der Fremde sprach hierauf: "Galgenfutter, auf dem Schlosse gewachsen! Sie waren vor dir auf dem Schloß, und du bist ihr würdiger Nachfolger!" Dann packte er den erschrockenen Tyrannen, und in sausender Eile und unter einem wüsten Geschrei ging es nach dem Haken hin. Der Bauer aber, der zugesehen hatte, blieb vor dem Schlosse stehen und sprach ein frommes Gebet; denn jetzt ward ihm klar, wer der starke Fremde gewesen. A. Sprenger   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 294, S. 163f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der böse Senne

Source: Der böse Senne

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Im Nanzertal oben ist eine kleine, aber schöne Alp, die heute noch zu den besten des Vispertales zählt. Dort wohnten der Senne und der Hirte den Sommer über in derselben Hütte. Der Hirte war ein anständiger Bursche von guten Sitten, der Senne aber ein gottloser, arbeitsscheuer Mensch, der den Buben auslachte, wenn er sein Gebet sprechen wollte und ihn den ganzen Tag herumjagte. Just weil er einsah, dass der Bub mehr taugte als er, mochte er ihn nicht leiden, und wenn er ihm etwas aufmutzen und ihn über die Zeit hinaus mit Arbeit quälen konnte, so war es ihm grad recht. Als sie Ende Julivon der untern Staffel, die völlig abgeweidet war, in die obere hinaufstiegen, legte der Senne vorher den Melkstuhl auf den Tisch und tat nachher, als ob er ihn unten vergessen hätte. Als die Hütte in der obern Staffel wohnlich eingerichtet, das Wasser in den Brunnentrog geleitet war, und der Hirte sich todmüde auf das Bett legen wollte, befahl ihm der Senne, in die untere Staffel hinabzusteigen und den Melkstuhl zu holen. Es war in später Abendstunde, und der Bub fürchtete sich, doch er musste gehorchen. «Noch diese Nacht gehst du — oder», und er wies ihm drohend die Faust. Der Bub erhob sich vom Strohsack, glitt ohne ein Wort zu sagen, zur Tür hinaus und ging die Alp hinunter zu den unteren Hütten, wo er eine halbe Stunde später anlangte. Er suchte den Melkstuhl und fand ihn auf dem Tisch in der Stube. Da es nun stockfinster war, wagte er nicht mehr, auf die obere Alp zu steigen. Er dachte, er könne hier ebenso gut schlafen und werde schon sorgen, dass er am Morgen zeitig oben sei. Er ordnete das Stroh auf dem Lager und legte sich schlafen. Er hatte noch nicht lange geschlummert, als die Tür mit einem heftigen Ruck aufflog. Er erwachte und sah, wie eine ganze Schar von Sennen und Sennerinnen hereintrat. Alle waren altmodisch gekleidet, die Männer in Kniehosen und Schwalbenschwänzen, die Sennerinnen in kurzen, bunten Röcken, Ellbogenärmeln und dem hohen steifen Walliserhut. Sie schalteten und walteten, als ob sie hier zu Hause wären, fachten die Glut an, setzten den Kessel über das Feuer, trugen in Eimern Milch herein, als ob sie im Stalle draussen gemolken hätten, kochten die Milch und trafen die Vorbereitungen zum Käsen. Auf einmal brachten ihrer zwei eine Kuh herein, die sie schlachteten, stückweise in den Kessel warfen und sotten. «Die arme Graui», murmelte der Hirte, denn er hatte das Tier sofort erkannt, und es wurde ihm unheimlich. Als nun eine der sonderbaren Gestalten an sein Bett herantrat und ihn fragte, ob er nicht auch zu trinken begehre, wurde ihm ganz übel vor Schreck, und der kalte Angstschweiss floss ihm über die Stirne. Er schüttelte den Kopf und glotzte den Mann voller Entsetzen an. Aber der Geist sagte, er müsse trinken, wolle er nun oder nicht. - Was er vorziehe, vergorene, verfluchte oder rechte Milch. Da sagte er ganz leise: «So gebt mir rechte Milch», denn er hatte heute abend nichts Warmes genossen. Da setzte ihm der Mann eine hölzerne Schale vor, die er in einem Zug austrank. Die Milch schmeckte honigsüss und gab ihm Kraft und Mut, und nun fühlte er sich munter und tapfer, und das Treiben der sonderbaren, nächtlichen Gesellschaft interessierte ihn. Da näherte sich wieder einer dem Bette mit einem Stück gekochten Fleisches, das er eben aus dem Kessel gezogen hatte und ihm hinstreckte. Der Hirt dachte, wenn alles gefressen sein müsse, so mache er auch mit und schnitt sich ein Stücklein davon ab. Doch an feste Kost war er nicht gewöhnt, und das Fleisch schmeckte ihm weniger gut als die Milch, obwohl gar herrliche Düfte aus dem Kessel stiegen. Als die Kuh verzehrt war, wurden die Knochen in die Haut geworfen, diese zusammen gebündelt und hinausgetragen, und nun begann die Gesellschaft zu den Tönen einer Fiedel zu tanzen und mit silberhellen Stimmen zu singen, so dass dem Hirten ganz wohl ums Herz wurde und er das Schreckliche seiner Lage vergass. So schöne Lieder hatte er noch nie gehört; da waren Stimmen dabei, die schöner und weicher klangen als die des Lehrers und des Pfarrers und all der Chorsänger in der Dorfkirche unten. Auf einmal trat die ganze Sängerschar vor sein Bett, und eine der lustigsten Sennerinnen fragte ihn, ob ihm das Singen gefalle. Der Bub, der sich längst erhoben hatte, sagte ganz freudig gestimmt: «Ja, ja, gar sehr!» Ob er es auch lernen möchte. «Ja, ja!» —— Da verschwand der ganze Spuk. Die Hütte war wieder leer wie zuvor, Kessel und Milchgeschirr hingen an ihrem Platz an der Wand, und durch das Fenster blickte der grauende Morgen. Der Bub dachte, er habe geträumt, da er keine Spur von dem sehen konnte, was sich kurz vorher hier zugetragen hatte; der Kessel glänzte so hell, als ob er ihn erst geputzt hätte, und auf dem Boden war kein Tröpflein Wasser und kein Tröpflein Milch verschüttet. Er ergriff den Melkstuhl und schritt bergan zur obern Staffel. Dort lag der Senne noch im tiefen Schlafe. Der Hirte schaute sich um, und als die ersten Sonnenstrahlen die Bergspitzen trafen, die Schneefelder aufleuchteten und von dem würzigen, stark betauten Alpkraut ein süsser Duft aufstieg, da wurde ihm weich und wohlig ums Herz, dass er singen musste. Und er sang, schöner als Bergfink und Amsel, und seine glockenreine Stimme schmetterte, dass der Senne erwachte, den Kopf zur Tür hinausstreckte und gar verwundert fragte, wer ihn so schön singen gelehrt habe. Da trat der Hirte in die Hütte, stellte den Melkstuhl auf den Boden, setzte sich darauf und erzählte mit leuchtenden Augen, was er in der Nacht alles gesehen und gehört, und wie man ihn das Singen gelehrt habe. Zuerst habe er geglaubt, er hätte nur geträumt, aber jetzt sei er sicher, das alles erlebt zu haben. - Dann ging er zur Herde, und beim Melken bemerkte er eine Kuh, die hinkte; das war die Graui, die man in der Nacht getötet und verzehrt hatte. Es fehlte ihr just das Stücklein Fleisch, das er gegessen, und nun war er froh, nicht mehr genossen zu haben, denn umso schneller musste die Wunde heilen. Er kraute ihr am Hals und fing wieder an zu jodeln und zu jubilieren, dass der Senne mit offenem Munde lauschte und ihn die Eifersucht packte. Warum sollte er nicht ebenso schön, vielleicht noch schöner singen lernen! Er brauchte sich ja nur in die untere Staffel zu begeben und dort eine Nacht zuzubringen. - Grad heute Nacht schon wollte er es tun. Als der Hirte zur Ruhe gegangen war, schloss der Senne die Tür leise auf und stieg in die Staffel hinunter. Von dort ist er nie mehr zurückgekehrt. Lange hat man ihn gesucht, aber nirgends gefunden. Nur einmal sah man Kleiderfetzen an einem struppigen Fichtenast und fand in der Nähe den zerknüll ten Hut des Sennen, und des Nachts hörte man während vielen Jahren ein grässliches Gejammer und Stöhnen, wie wenn einer mit Ruten gepeitscht und schrecklich zugerichtet würde. Quelle: Johannes Jegerlehner: Walliser Sagen, Hans Feuz Verlag Bern, 1959     Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der böse Zwingherr im Talgraben

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Im hintern Talgraben soll in alter Zeit eine feste Zwingherrenburg gestanden haben. Noch heute erkennt man den nach drei Seiten steil abfallenden Platz, von dem sie einst weit über das hügelreiche Emmental hinweg schaute. Der letzte Bewohner der Burg war ein gefürchteter Zwingherr, der seine Untertanen mit Fronarbeiten und schweren Bussen hart bedrückte. Als er seines Lebens Ende nahen fühlte, bereiteten ihm seine unermesslichen Reichtümer an Gold und Silber und Edelgestein schwere Sorgen. Wer würde sie nach seinem Tode in Besitz nehmen? Sein einziger Sohn war auf dem Schlachtfeld geblieben, und seinen Verwandten mochte er sie nicht gönnen. Da beschloss der habsüchtige Zwingherr, Gold und Silber und Edelgestein an einem Ort, da sie niemand vermuten würde, zu verbergen. Eines Nachts machte er sich an die Arbeit. Mit seiner letzten Kraft schleppte er seine Schätze heimlich an das Haus eines seiner Untertanen heran, den er zeitlebens geplagt und unterdrückt hatte, und versenkte sie im Weiher. Hier würde sie niemand vermuten noch suchen. Kurze Zeit darauf starb der Zwingherr. Im Grabe aber fand er keine Ruhe. In der Gestalt eines garstigen alten Vogels mit triefenden Augen und zerschlissenem Federgewand muss er den bis auf den heutigen Tag verborgenen Schatz zur Strafe für seine Hartherzigkeit Nacht für Nacht hüten. Zwei noch nicht unterwiesenen Kindern soll es gelingen, den Reichtum zu heben, aber sie dürfen während der Arbeit keinen Laut von sich geben. Vor vielen, vielen Jahren — der Weiher war längst zugeschüttet und kein Mensch glaubte mehr ernstlich an die Hebung des Schatzes — sollen zwei Kinder nach dem verborgenen Reichtum gegraben haben. Die Arbeit ging ihnen leicht von der Hand. Schon tönte es hohl unter dem Werkzeug, und bald drangen sie zu einem grossen kupfernen Gefäss vor, in dem der Schatz verborgen lag. In diesem Augenblick flatterte der verzauberte Zwingherr in der Gestalt des garstigen Vogels heran. Erschreckt fuhren die Kinder zurück. Ein Schrei des Entsetzens entfuhr ihnen, und die Öffnung wurde von unsichtbarer Hand mit Erde zugeschüttet. Seither soll es niemand mehr gewagt haben, nach dem Schatz zu graben. Der böse Zwingherr aber muss ihn weiterhin hüten und kann seine Ruhe nicht finden. Emmentaler Sagen, Hermann Wahlen, 1962 Gute Schriften Bern Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der boshafte Götti

Source: Der boshafte Götti

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Auf Stalden in Gurtnellen lebte eine alte Schnupferin. Sie hatte einen kleinen Götti, und der musste ihr allemal den Schnupftabak holen. Da kam es dem Fötzelbub nach und nach in den Sinn, sie zu hintergehen. Er füllte die Dose mit jenem schwarzen Staub, der sich oft an der Rinde der Kirschbäume bildet und dem Schnupftabak an Farbe und Geruch sehr nahe kommt, und behielt das Geld für sich. Da starb sie bald, und nach ihrem Tode kam sie jeden Abend zu dem Bub in's Bett und legte sich auf ihn. Er sagte es endlich dem Pfarrer, und dieser fragte ihn, ob er nicht etwa noch einen Franken von der Gotta selig besitze. Er sagte, ja, er habe noch einen Franken, den sie ihm gehelset habe. So solle er eine heilige Messe für sie lesen lassen. Er folgte, und nachher kam sie nie mehr. Jos. Gamma Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der boshafte Zwerg in der grossen Riedera

Source: Der boshafte Zwerg in der grossen Riedera

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In der grossen Riedern wohnte und lebte vor etwa mehr als einem halben Jahrhundert der Küfer Dietrich, welcher, weil er in einer Quatembernacht geboren war, alle Zwerge, Polter- und Berggeister sehen konnte. Gewöhnlich hielt sich bei ihm in seinem Hause sein Liebling auf, ein kleines, winziges, zerlumptes Schrätteli, das eine rote Kappe trug. Eines Abends wärmte sich Dietrich beim Feuer, und sein Hausgeist leistete ihm Gesellschaft, der aus Mutwillen oder übelverstandener Gefälligkeit alles nachäffte, was jener tat. Zog Dietrich ein Stück Holz aus dem Feuerherd, so folgte, wie durch Zaubermacht, ein zweites nach; legte er aber eins hinein, so folgte ein anderes auf der Stelle. Dies ärgerte den Küfer endlich so sehr, dass er vor Zorn ein brennendes Scheit ergriff und damit den Nachäffer aus der Küche jagte, worüber dieser lange Zeit grollte, und sich nicht mehr sehen ließ. Zwar soll er nachher wieder einmal mit dem Dietrich Frieden geschlossen haben, der jedoch nur drei Tage andauerte, denn schon am vierten fingen sie in der Scheune, wegen dem Gaumen ( Füttern und Pflegen) der Kühe einen Streit an, dass Dietrich vor dem boshaften Zwerg fliehen musste, der ihm, als er durch das Tenn sprang, eine eiserne Heugabel nachwarf; aber glücklicherweise traf sie ihn nicht, durchbohrte aber das dicke, hölzerne Tor. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Botenhund

Source: Der Botenhund

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Vom langen Trog bei Schanis bis zur ehemaligen Letze unterhalb Maseltrangen soll in gewissen Nächten der Botenhund gelaufen sein, ein grosser, langer Hund mit Augen wie Fensterscheiben und mit Geissfüssen, Nach einigen ging sein Wandern vom Glarner Sernftale aus bis an jene Letze. Das Tier habe die Gabe der Sprache gehabt mit der Eigenheit, den Atem dessen, der sich mit ihm in ein Gespräch einließ, an sich zu ziehen, so daß der Atem, je länger die Unterredung dauerte, um so mehr abnahm. „Kilt- oder Stubetengänger“ redete der Hund selten an.  Nach Dr. Henne-Am Rhyn *** Ein Postillon, der seiner Zeit den Eilwagen von Rapperswil nach Glarus führte, trieb seinen Spott mit heiligen Dingen. So nannte er das Gnadenbild von Einsiedeln nur „das schwarze Marili". Zur Strafe dafür wandert er nun den Weg, den er früher gefahren, als ein pechschwarzer, grosser Hund mit feurigen Augen. Es leben heute noch Leute, die ihn gesehen haben wollen. Wer ihm nicht in den Weg tritt, dem tut er kein Leid; wer ihn aber reizt, der bekommt einen Biss, den niemand mehr heilt.  Chr. Lügstenmann Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 383, S. 219 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Bowäldler von Wittnau

Source: Der Bowäldler von Wittnau

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Der Gemeindebann der beiden Fricktaler-Ortschaften Wölfliswil und Wittnau stieß von jeher aneinander, es waren aber an manchen Stellen die beiderseitigen Bannmarken schon lange verschwunden. Um dies nach der Weisung der alten Markbeschreibungen, die man jetzt noch besitzt, wieder in Ordnung zu bringen, erschienen eines Tages beide Gemeinden auf der Grenze und setzten gemeinsam die frischen Steine, so nämlich, dass diese einer zum andern in schnurgerader Richtung auf den Kirchturm von Wittnau hinliefen. Der gegenwärtige Lauf der Marken von Wölfliswil ist aber ein ganz anderer geworden und widerspricht den urkundlichen Bestimmungen durchaus. Daran ist der Bowäldler schuld, ein Mann, der damals Sigrist und Gemeindeammann von Wittnau war. Er grub schon in der folgenden Nacht die neugesetzten Marken zu Gunsten seiner Gemeinde wieder aus und stellte sie so, dass den Wölfliswilern ihr Bannteil um viele Jucharten geschmälert war. Als sie dagegen klagten und einen gerichtlichen „Augenschein" verlangten, fand sich an der Stelle ihres ersten Weissteines bereits ein großer Birnbaum ausgewachsen, den der betrügerische Feind hier eingesetzt hatte, und dadurch war die sichere Richtung für alle folgenden Marksteine unterbrochen. Den Wölfliswilern verblieb die Einbuße, dem trügerischen Ammann aber von da an der Schimpfname Bowäldler. Als darüber sein Gewissen erwachte, fand man ihn einst erhängt an den Stricken der Kirchenuhr. Daher neckt der Wölfliswiler einen ihm begegnenden Wittnauer jetzt noch mit dem Gruße: „Hängt der Bowäldler noch am Zeitstein oben?“ Auch Oerkensünder und Balmerainsünder schilt man sich, weil der Ammann die falsche Markung über jenes Gemeindeland von Wölfliswil hingeführt hat, welches die Oerkenhalde und der Balmenrain ist; und solcherlei Namen führen zwischen beiden Dörfern öfters zu hitzigen Raufereien. Der Bowäldler muss auf allen diesen Stellen umgehen. Im Walde begegnet er den Leuten als Jäger, grün gekleidet und mit breitem Hute; dabei ist seine Frechheit noch immer so groß, dass er gegen manchen Wölfliswiler schon das Gewehr gefällt hat, als wollte er ihn erschießen. Ruft man „Hop-Hop!“ in den Wald hinauf, so ist er oft plötzlich zur Hand und schleppt den vermessenen Schreier in den Oerkenbach. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Bozen beim Wylerbach

Source: Der Bozen beim Wylerbach

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Beim Wylerbach bemerkte man früher einen unheimlichen Geist, der die Vorübergehenden in der Nacht beunruhigte. Was für eine Sünde der Geist abzubüssen hatte, wusste man nicht; doch mag er im Leben stolz und hoffärtig gewesen sein, weil er gerade den Prahlern und Grosssprechern am meisten zusetzte. Einst war es tiefer Winter, als ein Mann von Münster dort spät vorübergehen wollte, um sich nach Hause zu begeben. In Ulrichen, wo er aufbrach, warnte man ihn, dass er ja nicht so spät über den Wylerbach gehe. Aber der Münstiger machte sich breit und gross; er fürchte nichts und glaube an keine Geister. Mit der Grosstuerei ging er auf den Weg. Aber der Geist hatte seine Reden gehört und lauerte ihm auf. Plötzlich hörte der nächtliche Wanderer ein Pfeifen, Zischen und Schreien, wurde am Halse gepackt und zu Boden geworfen. Er aber wehrte sich und sein Streit mit dem Bozen war so verzweifelt, dass eine ganze Strecke weit der Schnee aufgewühlt und zertreten wurde. Leute, die des andern Tages vorübergingen, konnten sich über den sonderbar zugerichteten Kampfplatz nicht genug verwundern. Der Münstiger aber, der diesmal mit heiler Haut davongekommen war, stellte seine Grosstuerei ein und getraute sich später nicht mehr, in nächtlicher Stunde allein beim Wylerbach vorüberzugehen.   Im Wylerbach war früher auch ein Bozen, der die Leute neckte und "stellte". Das passierte mir selber einmal. Das war 1920. Ich hatte mit meinen Verwandten in Geschinen etwas zu besprechen. Am Abend so um halb elf Uhr zog ich von dort los, um nach Ulrichen zurückzukehren. Die Verwandten begleiteten mich noch ein Stück weit in "dUnghiirig Schlüocht". Dann ging ich allein auf der Strasse weiter. Auf der Strecke gegen den Wylerbach betete ich den Englischen Gruss, denn es hiess immer, weil die Muttergottes gerade weiter oben in der Kapelle sei, solle man hier den Englischen Gruss beten. Ich kam zum Wylerbach und immer weiter und weiter. Ich hörte die Uhr des Kirchturms schlagen, war aber noch immer nicht zu Hause. Da dachte ich mir. «Ich bin doch auf der Strasse, um Gottes willen!» Und ich war nicht etwa betrunken. Ich ging immer weiter und weiter und wurde immer müder, und die Füsse wurden schwerer. Am Morgen gegen Betenläuten kam ich endlich an und fiel fast wie zur Stube hinein.  Die Frau fragte mich: «Was ist jetzt mit dir los?» Ich war furchtbar müde und sagte: «Schau mal, wie spät ist es?» - «Fünf Uhr.» - «Ja was fünf Uhr, jetzt bin ich um halb elf Uhr von Geschinen weg und seither immer gegangen. Ich habe mich nirgends gesetzt.» Aber es war fünf Uhr. «Das ischt mier sälber käpittiert» (vorgekommen). Sonst legt man die Strecke in einer Stunde leicht zurück. Der Geist in dieser Schlucht soll zu Lebzeiten Marchen versetzt haben. Jetzt muss er dort büssen. ULRICHEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Bozen im Tennholz

Source: Der Bozen im Tennholz

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Ein gewisser Franz Schmid, nur der Lädi z Tuminen benannt, war ein berühmter Hackbrettler; daher sein Beiname. Dieser wurde an einem Sonntag gebeten, er möchte am Abend zum nächtlichen Tanze aufspielen. Als Tanzlokal war Kalbermattens Haus im Ifil bestimmt. Bei angehender Nacht ging nun der Lädifranz mit dem Hackbrett unter dem Arm über Ergisch seinem Bestimmungsorte zu. Wie er aber den Tennbach überschritten hatte und zum Ifil hinaufging, hörte er bereits helle Tanzmusik und das taktmässige Gepolter der Tänzer. Missmutig kehrte unser Lädi um und meinte, man hätte einen andern Spielmann gedungen. Als er aber einige Schritte zurückgegangen war, begegnete er seinen Kameraden, die den Tanz veranstaltet hatten und mit ihren Holden daherkamen. «Ja, wohin willst nun du?» fragte einer. Der Lädifranz antwortete: «Was brauche ich noch zu kommen, da ihr schon einen Spielmann gedungen habt?» Die andern verneinten es und glaubten, er wolle Scherz treiben. Wie dieser aber erzählte, er habe deutlich spielen und tanzen hören, ward ihnen die Sache doch ernst. Einige wollten sich jedoch überzeugen, ob jemand anders daselbst tanze. Sie fanden niemand, alles war ruhig. Die Folge war, dass der veranstaltete Tanz für dieses Mal unterblieb. Still und nachdenkend ging man nach Hause. Erst nach Tagen erzählte man, was vorgekommen sei. Man behauptete, der Bozen im Tennholz hausiere sieben Jahre diesseits des Rottens, sieben Jahre jenseits in Bratsch. ERGISCH Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Bozen in Jännigen

Source: Der Bozen in Jännigen

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Auf den Balmen in Jännigen war einmal ein Dinner, der mit dem Vieh besonders grob und barbarisch umging. Besonders mussten die Schweine, die seiner Obhut anvertraut waren, gar oft seinen Zorn fühlen. Es war auch ein Schwein da, das sehr hungrig war und immer schon vor den andern zurückkehrte und durch lautes Grunzen seinem Hunger Ausdruck gab. Da gab es denn oft Schläge in Hülle und Fülle für das arme Tier. Doch das Hungergefühl war stärker als die erlittenen Schläge, und immer wieder kehrte es zu ungewohnter Stunde zur Hütte zurück. Der Dinner geriet hierüber immer mehr in Zorn und dachte: «Wart, dir will ich einmal geben, dass dich für zwei Tage nicht mehr hungert.» Des andern Tages stellte er einen Eimer voll heisser Milch bereit, und wie das Schwein wiederkehrte, schüttete er dem armen Tiere die siedendheisse Schotte über den Rücken. Grässlich schreiend, stürzte das so misshandelte Tier von dannen, sprang, vom Schmerz überwältigt, über einen jähen Felsen und blieb unten zerschmettert liegen. Nach wenigen Jahren starb der Dinner. Von da an sah man einige Sommer jede Nacht einen Mann mit einem toten Schwein auf dem Rücken mühsam den Felsen heraufkrabbeln. Oben angekommen, legte er das Schwein nieder und ging der Hütte zu, bereitete dort einen Eimer voll siedender Schotte, leerte ihn dann bis zur Neige unter entsetzlichem Gestöhn und Gejammer, kehrte darauf zum Schwein zurück und stürzte sich mit diesem über den Felsen hinab. Dieser Auftritt wiederholte sich so jede Nacht zum Schrecken der Hirten. Das war die Strafe für den groben, zornigen Dinner. BINN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Bozen zur hohen Stiege

Source: Der Bozen zur hohen Stiege

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Wenn jemand in Saas zur hohen Stiege spät in der Nacht vorbeiging, soll es dort zuerst hell gepfiffen, dann aber hell aufgejauchzt haben, dass Berg und Tal davon widerhallten. Es geschah einst, dass einer, der zulange im Abendsitz geblieben war, noch spät in der Nacht heimkehren wollte und eben bei dieser Stiege am Zelliloch, wo es nicht geheuer war, vorbeigehen musste. Man versuchte ihn zu überreden, frühmorgens nach Hause zu kehren; denn es könnte ihm an dem verrufenen Orte etwas begegnen. Er bestand aber fest darauf, noch diese Nacht heimzugehen, und zwar, weil kein anderer Weg nach seinem Wohnorte führte, gerade am Bozenloch vorbei; er fürchte sich vor dem Bozen nicht. «Und wenn es dir dann pfeift und jauchzt?» fragte man ihn. «Dann pfeife und jauchze ich ihm entgegen!» meinte er. Also verabschiedete er sich von der Abendgesellschaft und kehrte, obwohl es spät und finster war, nach Hause zurück. Als er nun bei dem berüchtigten Zelliloch ankam, hörte er so hell pfeifen, dass es durch Mark und Bein ging. Dennoch fasste er Mut und pfiff zurück. Darauf hörte er jauchzen, dass Berg und Tal erbebten. Er war so verwegen und jauchzte auch. Gleich hörte er ein starkes Rauschen im Wald und er sah einen grossen Bock in mächtigen Sätzen auf ihn zuspringen; der warf sich ihm mit seinen vordern Füssen auf die Achseln. So schnell der Mann auch vorwärts eilte, der Bock blieb ihm auf den Achseln und wurde endlich so schwer, dass der Abendsitzer meinte, er müsse sich fallen lassen. So kam er mit grosser Mühe zu einem Kreuze, das am Wege stand, umfasste es und betet inbrünstig, dass sich doch Gott seiner erbarmte. Er machte das Versprechen, nie mehr in schlechte Abendsitzer zu gehen, nie mehr mit den Toten Spass zu treiben, sondern Almosen zu geben und heilige Messen für diesen Geist lesen zu lassen, wenn ihm noch zu helfen sei. Augenblicklich sprang der Bock von ihm und verschwand mit Geräusch im Walde. Weil der Mann sein Versprechen hielt, soll man seither an diesem unheimlichen Orte nichts mehr gehört haben. SAAS-FEE Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Bozo am Blattu-Schuz in Emd

Source: Der Bozo am Blattu-Schuz in Emd

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Am Blattu-Schuz is ou unheimlich. Scho vor zehu Jahru, hät sus da un-ner der Kapellu am Morgu, wa's no fister g'si-n-ist, an Emder ditlich g'seh. Sit dem hät's da entweders inner Morgufistri old am Abu spat, meh oder wenig immer d'Lit mulistirt ond giblagot. A mal sy Einigi spat umbruf a'gangu — da heint-schus z'erst, wie a Chuchlata schwarzi Wolla, wie a Chugla über an-andre drohlu g'seh. Eine van ihne, der G'herzosto, hät mu wellu vorlouffu; dem si's in der Nähji fircho, wie as schwarz und wiss g'spruklots chleis Lamm. Das hät er aber nit vergebu gita; de ihm sy bald stockübul cho und hät darnah a völligi Chrankheit g'macht. Sumi hei-sus da g'seh, wie a schwarzi Chatza, sumi wie a Mensch. Scho mehmals, hät's da Lit verfiehrt. Eine ist so teif umbri g'chit, dass er schich grob zerhit hät; und mu hät mu miesse dun Dokter riefu. Der damalig Pfarrherr wä da ou bald umbri g'chit und hei d's Brevier verloru, dasch am Nahtag erst fun-nu heint. G'wissi g'spässigi Lit, heint mu zuog'hä, er sy b'schöplete g'si und der Bozo hei gar kei Schuld dra — aber b'hiet-isch Gott, so van am grundbravu Herr so appas z'mulu. Dische Pfarrherr soll darnach g'seit hä: «Da wag-i mi nimme in-ner Nacht verbi z'gah; da häts mi dasmal z'fast zum Narru g'hebet; i hä g'meint, ich chönne no fir, no hinterschi cho, so hät's mer dasmal fister g'macht.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Bozo im Biffigwald

Source: Der Bozo im Biffigwald

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Im Biffigwald, hinter dem Dorfe St. Niklaus, soll es auch sehr unheimlich sein. Noch vor zwei Jahren soll ein Mädchen am hellen Mittag, als es den Arbeitern zu essen brachte, im Biffigwalde einem Fuchs begegnet sein, der ihm nicht aus dem Weg ging. Als er näher kam und kaum vorbeipassiert war, sah es, dass der Fuchs zwei Köpfe hatte und bald darauf im Walde verschwand. — Oft soll man es wie ein grosses Schwein grunzen gehört haben; oft als ein Ross und auch als ein Stier dort gesehen, wo doch desgleichen in der Nähe nirgends anzutreffen war. Man begegnete dort auch einem Hasen mit drei Beinen, hörte einen Hahn dort laut krähen und soll dort auch plötzlich ein so starker Wind entstanden sein, dass die Waldbäume unter schauerlichem Rauschen hin und herschwankten; und wenn man aus dem Walde trat, wollten die Leute nichts davon verspürt haben. Auch ein seltenes wüstes Geschrei hörte man oft zu nachts, wie ein Eulen- oder Uhugeschrei. Darum sagen gewisse Leute, uns fürchtet am hellen Tage in diesem Walde.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch  


by Der Bozo z'en Höhstegen in Saas

Source: Der Bozo z'en Höhstegen in Saas

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Z'en Höhstegen in Saas, so erzählte man sich bei einem Abendsitze, soll es ehemals sehr unheimlich gewesen sein. Wenn jemand da spät in der Nacht vorbeiging, so soll es zuerst hell gepfiffen haben, dann aber, zum zweiten Mal, hoch aufgejauchzet (ho uf'gjuzot ha), dass Berg und Tal davon widerhallten. Es geschah einst, dass einer, der zu lang im Abendsitze zubrachte, noch spät in der Nacht heimkehren wollte und eben bei diesem Steg, beim Zelliloch, wo es nicht geheuer war, vorbei passieren musste. Man suchte ihn zu überreden, dass er bleiben und frühmorgens nach Haus kehren solle; denn es könnte ihm an dem verrufenen Orte etwas geschehen. Er bestand aber fest darauf, am Bozenloch vorüber und heim zu gehen, weil er sich vor dem Bozo nicht fürchte. «Und wann es dir dann pfeift und jauchzet?» fragte man ihn. «Da pfeife und jauchze ich ihm entgegen!» gab er zur Antwort. Er verabschiedete sich also von der Abendsitzstubengesellschaft und kehrte, ungeachtet dass es sehr spät und finster war, nach Haus. Wie er nun bei dem verschrienen Zelliloch ankam, hörte er es so helle pfeifen, dass es ihm durch Mark und Bein ging. Dennoch fasste er Mut und hat ihm entgegen gepfiffen. Darauf hörte er es jauchzen, dass Berg und Tal davon erbebten. Und er war so frech und jauchzte ihm auch entgegen. Gleich hörte er ein starkes Rauschen durch den Wald und er sah einen grossen Bock in mächtigen Sätzen auf ihn zuspringen, der mit seinen vorderen Füssen sich ihm auf den Rücken und die Achseln warf. Und so gut er auch vorwärts eilte, blieb ihm doch der Bock immer auf dem Rücken und wurde endlich so schwer, dass er meinte, er müsse sich fallen lassen. Da kam er mit grosser Mühe zu einem Kreuz, das an der Strasse stand; er umarmte dasselbe mit inbrünstigem Gebete, dass sich Gott doch seiner erbarmen wolle. Er machte das heiligste Versprechen, er wolle nie mehr in böse Abendsitze gehen, nie mehr mit den Toten G'spass treiben, sondern Hl. Messen für diesen Geist lesen lassen und Almosen geben, wenn ihm noch zu helfen sei. — Augenblicklich ist der Bock von ihm gesprungen und mit Geräusch in dem Walde verschwunden. Und weil er redlich sein Versprechen gehalten, soll man an dem unheimlichen Orte seither nichts mehr gehört haben.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch  


by Der Brächtschimann

Source: Der Brächtschimann

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Ds Brächtschi heisst ein Berggut unter der Alpe Blühenden. Früher hat dort ein Haus gestanden, das durch ein Äbihejät vor Lawinen geschützt war. Der Besitzer des einsamen Heimetlis hiess der Brächtschimann, und sein Weib natürlich die Brächtschifrau. Weil die Leute kinderlos waren, haben sie um Gotteswillen einen armen Bub ins Haus genommen. Der Brächtschimann hoffte dadurch, sein Weib besser ans Heim zu fesseln. Sie ging nämlich gerne in die Familie des Balmenmanns zum Abendsitz. Das Heilmittel scheint aber nicht ganz verfangen zu haben. Einmal sagte der Balmenmann zum Brächtschimann: «Die Deine ist eine Rätschä.» «Ich werde schon darauf kommen, wer von euch beiden mehr rätscht», meinte etwas gereizt der Brächtschimann. Eines Tages sagte der Brächtschimann zu seinem Weibe: «Ich habe etwas gemacht, was ich dir fast nicht sagen darf.» Sie hätte es doch um alles in der Welt gerne gewusst und liess ihm keine Ruhe, bis er ihr endlich sagte: «Ich werde dir alles offenbaren, wenn du mich nicht verraten willst.» «So wahr ich lebe. Wie kannst du solches von deinem Weibe vermuten?» Nun bekannte der Brächtschimann: «Ich habe einen erschlagen.» «Das wird doch nicht sein?» jammerte das Weib händeringend. «Wenn ich dir sage.» «Wo hast du ihn denn?» «Er ist im Keller.» Der Brächtschimann wusste schon, dass sein Weib da nicht hineinschauen werde. Diesmal trieb es die Brächtschifrau früher als gewöhnlich in den Abendsitz. Die Balmenfrau fühlte gleich, dass ihre Nachbarin etwas auf dem Herzen trage, und erkundigte sich teilnahmsvoll, wie es allen gehe: dem Mann und dem Zigbub in der Stube, den Geissen und Schafen im Stall, und den Erdäpfeln im Keller bei der grimmigen Kälte. «Den Erdäpfeln ist nichts geschehen, aber...» seufzte geheimnisvoll die Brächtschifrau. Die Balmenfrau schien das nicht recht bemerkt zu haben denn sie fuhr weiter: «Dieses Jahr wird unten im Tale etwas erapern, da die Lawinen Steine, Lärchwurzeln und Ahorngrotzen mitgenommen haben.» «Wenn es nur nichts Schlimmeres gäbe», seufzte neuerdings die Brächtschifrau. «Was ist denn wieder vorgekommen?» forschte nun neugierig die Balmenfrau. «Etwas, was ich nicht verraten darf», war die Antwort der andern. Es ist schwer zu sagen, welche von den beiden Frauen mehr litt, die Brächtschifrau unter der Last des Geheimnisses, oder die Balmenfrau unter dem Druck der Neugierde. Als endlich die Balmenfrau versprach, das Geheimnis mit ihr ins Grab zu nehmen, erfuhr sie, dass der Brächtschimann einen erschlagen habe Die Balmenfrau zog daraus den Schluss: «Wie das Tal verwildert, so versteinern auch die Menschenherzen.» Sie hätte auch die Lehre wissen sollen: wie eine kleine Gwächte eine grosse Lawine bricht, so verschuldet ein harmloses Wort oft das schlimmste Dorfgerede. Die Balmenfrau verriet das anvertraute Geheimnis wiederum ihrer Nachbarin unter der Bedingung, dass sie nie etwas davon über ihre Lippen kommen lasse. Diese gab es unter derselben Bedingung weiter. So wussten es bald alle Gevattern im Dorf. Diese fügten noch hinzu: «Er hat den Toten im Keller begraben.» Kaum acht Tage sind vergangen, da kommt der Talschaft Meier mit den Geschworenen, um den Übeltäter zu fassen. Auf dem Wege sagen sie noch zueinander: «Wer darf den Mann zuerst angreifen?» Sie wissen nämlich alle, dass am Hause des Brächtschimanns immer ganze Tannen lehnen, die dieser allein heimgetragen hat. Vor dem Hause treffen sie den Zigbub des Brächtschimanns beim Holzspalten. Diesen fragen sie: «Ist der Vater daheim?» «Er ist in der Stube», lautet die Antwort. Nun offenbaren sie dem Buben, der Vater habe ein grosses Verbrechen begangen; er müsse ihnen helfen, denselben zu fangen. Zuerst besinnt sich der Lausbub ; wie sie ihm aber Geld zeigen, geht er in die Stube und fängt an, mit dem Vater Kurzweil zu treiben. Aus Spass bindet er ihm sogar die Hände und ruft nun den Männern, sie sollen nur hereinkommen. Jetzt dürfen auch die Wächter des Gesetzes die Stube betreten. Der Meier stellt sofort im Namen der Gerechtigkeit die Frage: «Ist es wahr, dass du einen erschlagen hast?» «Ja, es ist wahr», bekannte der Brächtschimann mit fester Stimme, «ich will euch den Erschlagenen zeigen». Er geht mit den Hütern der Ordnung in den Keller und zeigt ihnen den Toten: seinen übergehenden Schynbock, den er geschlachtet und eingesalzen hatte. Damit der Meier und seine Begleiter nicht vergeblich bis ins Brächtschi gekommen seien, gibt ihnen der Brächtschimann noch den guten Rat: «Keiner soll seinem Weibe etwas verraten, was er nicht will unter die Leute kommen lassen.» Zum Zigbuben aber sagt er: «Du kannst nun mit diesen gehen, denen du geholfen hast; sie sollen dir jetzt auch helfen.» Quelle: J. Siegen, Sagen aus dem Lötschental, Erweiterte Ausgabe der Gletschermärchen (1905), Lausanne 1979. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Brändlig als nächtlicher Wegbegleiter

Source: Der Brändlig als nächtlicher Wegbegleiter

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Die Erzählerin der vorstehenden Sage schritt einmal zur Winterszeit vom Bahnhof Läufelfingen beim Zunachten heimwärts. Sie hatte erwartet, dass ihr jemand vom elterlichen Hofe mit einer Laterne entgegenkomme, um sie abzuholen. Auf einmal sah sie ein Licht vor ihr hergehen. Mehrere Personen waren dabei, die laut in einer ihr fremden Sprache redeten. Es gelang ihr nicht, diese Leute einzuholen; der Abstand blieb immer derselbe. An einer Weggabelung blieb das Licht stehen, und das Gespräch verstummte. Plötzlich erhob sich das Licht hoch in die Luft und flog über den Wald hinauf in der Richtung gegen den Walten. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Bratenwender

Source: Der Bratenwender

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Von dem Freiherrn Kaspar von Stockalper erzählt die Sage viel Merkwürdiges. Wegen seinen schönen Naturgaben, seinen Talenten, Sprachreichtum, seiner Gelehrsamkeit und grosser Umsicht in Geschäften soll er bei den Königen von Frankreich, Spanien, England und besonders beim Herzog von Savoyen, in grosser Gunst gestanden haben. Auch rühmte man schon früher an ihm seine ritterliche Kühnheit, wie folgendes verwegene Wagestück hievon einen Beweis liefert. In den Rohrflühen hielt sich eine Mörderbande auf, die schon lange der Schrecken der Reisenden und der Nachbarschaft war und ihre nächtlichen Raubzüge mit Mord und Plünderung bezeichnete. Die Massregeln, welche man bisher ergriffen hatte, um die öffentliche Sicherheit herzustellen, waren nicht genügend. Da soll Herr Kaspar von Stockalper auf eigene Faust zu einem kühnen Wagestück sich entschlossen haben. Er verkleidete sich als unsauberer Bettler und Narr, ging zu nachts durch den gefahrvollen Wald und liess sich von den Räubern fangen, um so ihre Pläne und ihren Aufenthalt auskundschaften zu können. Er wusste sich so gut zu verstellen, dass man von ihm keinen Argwohn eines Spions schöpfte. Mit wilder Freude und unter Gelächter wurde er von den Räubern ausgenommen und bei dem Feuer in ihrer Mitte als Bratenwender angestellt. Weil er aber den Braten oft, statt vorwärts, rückwärts getrieben, machten ihm die Räuber darüber Vorwürfe. Da erwiderte ihnen der verstellte Bratenwender: «Es geht wohl nicht immer so, d.h. vorwärts — es geht wohl auch so, d.h. rückwärts. — Die Räuber lachten über diesen, wie sie meinten einfältigen Einfall; doch einige von ihnen betrachteten ihn mit argwöhnischen Blicken und sagten: «Dieser Narr gefällt uns nicht, er hat zu gescheite Augen; wer weiss, ob er nicht ein verstellter Spion ist.» Diese Worte erregten eine plötzliche Aufregung unter den Räubern, so dass er fürchtete, alle Augenblicke erdolcht zu werden. Doch er wusste sich so gut zu verstellen, dass die meisten diesem Verdachte kein Gehör gaben; und damit dieser Narr nicht ein Zankapfel unter ihnen abgebe, jagte man den vermeinten Narren mit Schimpf und Fusstritten aus ihrer Räuberhöhle. Wir können leicht denken, dass der Fortgetriebene erst frei aufatmete, als er den schrecklichen Wald hinter sich hatte. Schnell sammelte er eine hinlängliche Mannschaft, umzingelte zur Zeit, als die Räuber im Schlafe waren, ihre Höhle und nahm sie gefangen. Einige von ihnen machten den andern Räubern die wütendsten Vorwürfe: «Haben wir nicht recht gehabt, als wir euch sagten, dieser Narr sei ein verstellter Spion!» «Und» — erwiderte Kaspar von Stockalper, «hatte der Bratenwender nicht auch recht gehabt, als er sagte, es gehe nicht immer so vorwärts, es gehe denn rückwärts wohl auch!»   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Brätschimann

Source: Der Brätschimann

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Unterhalb der Alpe ,Bliändu‘ liegt ein Berggut mit Namen Brätschi. Dort soll früher ein kinderloses Ehepaar gewohnt haben, das aber einen Bettelbuben an Kindes Statt angenommen hatte. Die Frau war eine Plaudertasche. Eines Abends sagte ihr Mann ganz im Vertrauen zu ihr: «Ich habe einen erschlagen und im Keller verborgen, sag’s niemand!» Die Frau versprach es heilig, musste es aber doch dem Buben sagen. Dieser erzählte es im Vertrauen weiter, die Frau ebenfalls, so kam es schliesslich der Obrigkeit zu Ohren. Der Brätschimann war nicht wenig überrascht, als eines Tages, als er vor dem Hause Holz spaltete, die Obrigkeit zu ihm kam und ihn fragte: «Man sagte uns, du habest einen erschlagen. Stimmt das?» - «Ja, kommt nur und seht ihn!» Dabei öffnete er die Kellertüre und zeigte ihnen einen Ziegenbock, den er erschlagen, ausgeweidet und eingesalzen hatte. Den verdutzten Vorstehern predigte er: «Ich gebe jedem Menschen den Rat, seiner Frau nichts anzuvertrauen, was nicht an die Öffentlichkeit kommen soll. Und dem Bettelbub sagte er: «Du kannst jetzt mit diesen Herren gehen, du hast auch mitgeholfen!» LÖTSCHEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Brätzbeler Geischterprediger

Source: Der Brätzbeler Geischterprediger

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D’Frau Pfarrer Burckhardt het der Grossmueter verzellt: «Vo Zyt zu Zyt hei eusi Magd und ich in de höche Stunde am Fääschter bim Schlofzimmer vom Pfarrer gkört chlopfe und rüefe. Jedesmol het si der Pfarrer sofort agleit und isch furt. I ha-n-ihn e paarmol gfrogt, wo-n-er higöng; er isch aber myne Froge allewyl usgwiche. Es het mer e kei Ruehi meh glo; i ha mit der Magd e Verabredig troffe, wenn der Pfarrer wieder uf die Art gweckt wärd, welle mer ihm go nohluege. Gly druf chlopft’s und rüeft’s wieder am Fääschter; mer hei eus weidli zwäg gmacht; der Pfarrer stoht uf und goht furt. Mir luege zum Fääschter us un gseihe, wie-n-er in d’Chilche goht. Mir goönge noche un düssele zum Gloggehus y. Jetz gköre mer der Pfarrer lut rede, 's Härz chlopft is; ganz lys tüeje mer 's Törli uf, das het gyret. Jetz hei mer gseh, wie d’Chilche ganz mit graue und schwarze Gstalte bsetzt gsi isch; der Pfarrer isch am Altar gstande und het prediget. Wie’s Törli gyret het, hei alli mitenander d'Chöpf hindere dreiht und hei-n-is erzürnt agluegt. Vor Schrecke sy mer hei gsprunge. E Zytlang druf chunnt der Pfarrer, aber ganz verstört. Er het is ydringlig zuegsproche, mer selle das jo nimme mache, und gseit, wie-n-er z’tue gha heig bis die Geischter bisänftiget gsi syge.» Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Bräutigam auf dem Wasser

Source: Der Bräutigam auf dem Wasser

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Ein Jüngling sass in einem Nachen auf einem breiten, reissenden Strom und ruderte nach dem jenseitigen Ufer, denn dort stand seine Braut und wartete auf ihn. Als er in die Mitte des Stromes kam, vernahm er einen jämmerlichen Hilferuf; und als er hinblickte, da war es ein altes Weib, das war verunglückt und kämpfte mit den Wellen, die es ins nasse Grab hinunterschlingen wollten. Er kehrte sich aber nicht daran, sondern warf nur einen flüchtigen Blick hin und eilte, hinüber zu kommen. Die Stimme klang immer flehentlicher, aber schwächer und schwächer. Die Alte schwamm vorüber, hinab, und ihr Rufen verstummte. Doch plötzlich, wenige Klafter von dem Fahrzeug entfernt, tauchte sie leicht wie ein Nebelgebilde wieder aus den Wellen empor, und war kein altes Weib mehr, sondern die schönste aller Jungfrauen, noch weit schöner als seine Geliebte, die auf ihn wartete und ihm winkte. Da ergriff ihn eine unwiderstehliche Sehnsucht und entzückte ihm seine Sinne dergestalt, dass er der harrenden Geliebten vergass und hinab fuhr, der Unbekannten nach, die immerfort in der gleichen Entfernung vor seinen Augen spielend wie ein Schwan dahin schwamm und nicht auf seinen Zuruf hörte, sondern nur von Zeit zu Zeit ihr bezauberndes Antlitz nach ihm umwandte. Der Jüngling fuhr Tage, Wochen und Jahre stromabwärts, aber die Jungfrau vermochte er nie zu erreichen, und so fährt er noch immer zu, bis in die Ewigkeit hinein.   Quelle: Otto Sutermeister, Kinder- und Hausmärchen aus der Schweiz, Aarau 1869, S. 34  Zürich. (Schrift- - liche Mittheilung von I. Senn.) Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Bräutigam, der mit dem Herrgott wegging

Source: Der Bräutigam, der mit dem Herrgott wegging

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Einmal war eine Hochzeit in Vrin. Am Abend nach dem Aveläuten ging der Bräutigam zu seinem Paten, um ihn zum Nachtessen einzuladen. Er wollte den kürzesten Weg nehmen und ging quer durch den Friedhof. Mittendrin begegnete er einem gut gekleideten Mann. Der fragte den Bräutigam, wohin er gehe. «Ich bin Bräutigam und möchte meinen Paten zum Nachtessen einladen», entgegnete er und fragte den Fremden: «Wollt Ihr nicht auch mit mir kommen?» - «Gern», antwortete der fremde Mann, «aber dann müsst Ihr mich zurückbegleiten.» Der Bräutigam versprach dies. Nun vergass er seinen Paten und ging mit dem Fremden zur Hochzeitsgesellschaft zurück. Und der Fremde war guter Laune. Nach dem Nachtessen wollte der Mann aufbrechen, und der Bräutigam begleitete ihn hinaus. Sie kamen zurück zum Friedhof, und dort war ein grosses Tor. Der Fremde öffnete es und fragte den Bräutigam, ob er mitkommen wolle. Der sagte, dies sei ihm schon recht, und die beiden gingen durch einen langen Gang bis sie in einer schönen Kirche waren. Die war voll brennender Kerzen. Ständig erloschen welche, während andere angezündet wurden. Der Bräutigam fragte, was das zu bedeuten habe. Der Fremde antwortete, jede Kerze sei ein Menschenleben. Jedesmal, wenn eine Kerze angezündet werde, werde ein Mensch geboren, und wenn eine erlösche, so sterbe jemand. Der Bräutigam wollte seine Kerze sehen, und der Fremde zeigte sie ihm. Sie war am Erlöschen. Erschrocken bat der Bräutigam, heimkehren zu dürfen, und der Fremde erlaubte ihm das ohne weiteres. Sie gingen zusammen durch den Gang zurück, der Fremde öffnete das grosse Eisentor, und der Bräutigam gelangte auf den Friedhof. Es war helllichter Tag, doch der Friedhof war anders als zuvor. Der Bräutigam wollte zu seinem Haus, doch es war abgebrochen, und niemand wusste etwas über die Leute, die dort gewohnt hatten. Da ging der Bräutigam zum Pfarrer, der schaute in den Kirchenbüchern nach und fand darin einen Bräutigam, der vor hundert Jahren am Hochzeitstag verschwunden war. Am andern Morgen starb der Bräutigam als uralter Mann im Pfarrhaus.     Thompson Motiv E 765.1.3 (Lebenslichter in der Unterwelt)     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Brautzeuge

Source: Der Brautzeuge

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Grafensohn und Hirtin ruh’n im kühlen Weidenschatten an des Baches Rand; Ihre Herzen schon bei Kinderspielen Fest die Liebe an einander band: Wollen Hochzeit nun (Wie die Kinder tun) Halten, geben sich die kleine Hand. –   »Aber wenn Du gross und reich bist, Lieber, Denkst Du wohl nicht mehr an Kinderscherz.« »Weisst doch, dass ich niemals Jemand lieber Hatt\' als Dich, und Dir bleibt auch mein Herz.« Ja, so wollen wir Uns versprechen hier, Schönen Ernst zu machen aus dem Scherz. -   »Aber, Teurer, bei dem Eh \'versprechen Sollte, däucht mich, doch ein Zeuge sein.« - »Will von dieser Weid\' ein Zweiglein brechen Und als Ring Dir tun ans Fingerlein.« - »Zweiglein welkt und bricht Gar zu leicht, d'rum nicht Kann es uns ein guter Zeuge sein.« -   »Wie's mich hat erschreckt! – Hast gesehen Dort das Schlänglein kriechen schnell vorbei?« »Schlänglein, Schlänglein, lieblich anzusehen, Unser Beider Liebe Zeuge sei; Kommst ja wie bestellt, Haben Dich gewählt, Um zu mahnen an versprochene Treul« -   Sind seitdem verflossen lange Jahre, Hat der Graf vergessen ganz und gar Sein Versprechen; kniet, den Kranz im Haare, Bei ihm eine And\'re am Altar, Und die Hirtin treu Stehet bang und scheu Dort in der geschmückten Schwestern Schaar.   Und der Priester hat es schon gesprochen, Auf den Lippen schwebt dem Paar das »Ja«, Plötzlich sind die Reihen da gebrochen, Schaurig drohende Gefahr ist nah'. Durch den Kirchengang Rollet eine Schlang', Gross, wie man noch niemals Eine sah.   Wie die Farben schillern, Kämme wogen! Wie sie züngelt, wie die Augen glüh'n! Zum Altar in stolzgehob'nen Bogen Zieht sie durch die stumme Menge hin; Wie der Graf sie schaut Wird im Herz ihm laut Die Erinn'rung an die Schäferin.   Gleich hat er die rechte Braut gefunden, Führt sie freudig zum Altare dort, Kündet laut, wie sie sich einst gebunden, Wie er jetzt nur lös' gegeb'nes Wort. – Frei der Zeugenpflicht Weilet länger nicht Die geheimnisvolle Schlang' am Ort.   Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Breitmattenbozen

Source: Der Breitmattenbozen

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In einer lustigen Abendgesellschaft im Dorfe Törbel kam man auch auf den sogenannten Breitmattenbozen zu sprechen. Da erklärten einige, sie fürchteten ihn nicht, es gebe überhaupt keinen Bozen in Breitmatten. Unter andern war dort auch ein alter Soldat, der so sprach. Daher befahl man ihm, er solle in der Geisterstunde nach Breitmatten gehen und den Bozen dreimal anrufen. Da er dies zu tun bereit war und die andern es nicht glauben wollten, wetteten einige mit ihm eine grosse Summe, wenn er folgenden Satz dreimal dem Bozen zurufe: «Wenn du da bist, so komm heraus und friss mich!» Zum Beweis, dass er dies getan, sollte er jedesmal einen Strich an die Wand des betreffenden Bozenhauses machen. Der Soldat war hierzu bereit und nahm einen Hund, einen Säbel, eine gesegnete Kerze und ein unschuldiges Kind mit. Wie er vor das betreffende Haus kam, rief er das erste Mal. Sofort hörte er ein furchtbares Gepolter auf der "Russdieli" (Dachraum). Beim zweiten Ruf war der Lärm schon in der Stube, und beim dritten Ruf schoss eine feurige Zunge vom Fenster heraus bis auf den Boden. Wie der Soldat das sah, lief er davon; doch im Balenboden, ungefähr eine Viertelstunde von Breitmatten, stand der Bozen vor ihm und sprach: «Wenn du nit as Riissi (Säbel) as Biissi (Hund), as gsägnots Brinni (Kerze) und as unschuldigs Chindji hättischt, so welti dich hie chlei zerriissu!» Der Bozen verschwand, und der Soldat kehrte unversehrt heim. Der Hund aber kam erst am dritten Tag zerkratzt nach Hause. TÖRBEL Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der brennende Aufhock bei Zofingen

Source: Der brennende Aufhock bei Zofingen

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Bei Zofingen sind die sogenannten Brühlmatten ein Ort des Spukes für die brennenden Mannen, und man ging früherhin des Abends öfters vors untere Tor hinaus, um diese feurigen Lichtlein und Flämmchen „in den Brühlen" zu betrachten. Es wird nun Folgendes von einem Augenzeugen erzählt. Es mag ungefähr vierzig Jahre her sein, als ich an einem Herbstabend bei meinem Freunde zu Kilt war, der am untern Tore wohnte. Wie wir da zusammen plaudern, geht die Türe auf und unser beider Bekannter, Fuhrmann Matter, der damals das städtische Amt eines Wässermannes hatte, kommt herein, totenbleich und zitternd. „Ach Gott,“ sagte er auf unsere Frage, „wenn ihr wüßtet, was mir eben begegnet ist! Da hab ich in den Brühlen gewässert und ging, als ich fertig war, bei des Stiftschaffners Brühl über das Brückli heim. Da ist mir einer „uf d' Krücke g'hocket" und wie streng und eifrig ich auch betete, alles half nichts, er wurde schwerer und immer schwerer, daß ich ihn, da ich dort über das Rainli hinauf kam, nicht mehr zu tragen vermochte. Da fing ich denn an, alle Zeichen vom Himmel zu fluchen, dann wich er, aber jetzt ist es mir zum Sterben übel!“ Der Erzähler hat darauf sein Wässermannsamt aufgegeben. Quelle: E. L. Rochholz, Naturmythen. Neue Schweizer Sagen, Leipzig  1862. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch  


by Der brennende Bräutigam

Source: Der brennende Bräutigam

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Ein Mädchen kehrte vom Jahrmarkte nach Hause und erwartete, von ihrem Bräutigam auf dem Heimwege eingeholt zu werden. Als sie in solchen Gedanken gegen diejenige Rüti kam, die ihrem Liebsten gehörte, sah sie im Felde drinnen einen Mann stehen, dessen ganzer Körper ein blosses Knochengerippe war, aber von einem grellen Feuer in allen Lücken fürchterlich durchschlagen. Nur der Kopf der Gestalt war noch ganz, und mit Entsetzen erkannte sie darin die leibhaftigen Gesichtszüge ihres Geliebten. Sie entsprang und war an ihr Haus gekommen, ehe sie es recht wusste. Da aber lag ihr Schatz schon drinnen auf der Ofenbank und wartete getrost auf ihre Ankunft. „Jesus, Maria!“ rief sie, „bist du da?“ - „Schon lange“, antwortete er. „Und doch habe ich dich erst draussen auf deiner Rüti gesehen!" - „Da musst du“, versetzte der Bursche, „vierfache Augen vom Markte heimgebracht haben, denn seit einer Stunde schon hab' ich hier länge Weile nach dir auszustehen.“ - „Ach Schatz“, rief das Mädchen, „ich lasse mir's nicht nehmen, ich habe es mit meinen gesunden Augen gesehen. Was hast du angestellt?“ Der Bursche leugnete fort, und das Mädchen nahm sich vor, ihn von nun an zu meiden. Sie beichtete es dem Pfarrer, und dieser erklärte ihr, sie dürfe Gott auf den Knieen danken, dass er ihr ein solches Geheimnis noch in diesem Leben geoffenbart. Nun liess er den Burschen kommen und setzte ihm auseinander, was das heissen wolle, Marchsteine versetzen, und welch schreckliche Strafe auf ein Verbrechen folgen müsse, das der allwissende Gott sogar noch in diesem Leben aufzudecken suche. Solche Vorstellungen erschütterten den jungen Mann im Innersten, und schluchzend bekannte er, wie er dem Nachbarn die Hälfte seiner Rüti durch Verrücken der Marchen weggenommen habe. Dankend gieng er vom Pfarrer und bestellte alles, wie er es gelobt hatte, in der rechten Ordnung. Ob er aber dann seine Braut wieder besucht und ihre Liebe wieder gewonnen habe, davon wusste das Mädchen nichts zu sagen, das diese Geschichte in unserm Hause erzählt hat, als sie ihre Lebkuchen zum Verkaufe herumtrug. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der brennende Mann bei Stallikon

Source: Der brennende Mann bei Stallikon

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Der brennende Mann bei Stallikon Eines Abends kam ein Mann ausser Atem in das Wirtshaus von Stallikon gerannt, und als er sich etwas erholt hatte, erzählte er, er sei auf dem Fussweg von der Baldern gekommen. Wie er sich einmal umgewendet habe, sei der brennende Mann hinter ihm hergelaufen. Er habe die Flucht ergriffen, aber immer, wenn er sich umgesehen habe, sei der brennende Mann hinter ihm her gewesen. Erst kurz vor dem Dorfe sei er zurückgeblieben. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Knonauer Amt Gehr. Andelfingen, 1918, S. 13. Der Chronist von Andelfingen, ehemals Lehrer in Stallikon, beschreibt ausführlich, dass er mit andern an jenem Tag einen Acker gesäubert habe. Am Abend habe das Feuer vom Abraum noch gemottet, und wenn ein Wind leicht darüberfuhr, fing der Haufen an zu brennen. Zufällig lag der Abraumhaufen an jenem Weg. Derselbe Chronist erzählt noch zwei andere ergötzliche Geschichten, die zufolge Aberglaubens und schlechten Gewissens passiert sind. Immerhin muss für unsere Erzählung der Glaube an einen brennenden Mann vorausgesetzt werden. HwbdA. 2, 1406, s. v. Feuermann. Amtlicher Gespenster-Beleg. Aus dem Verhör mit Rudi Pur von Wettswil, Kundschaften und Nachgänge, Staatsarchiv Zürich A 27/163 vom 1. Hornung 1677: „Als sie … uff die Hueb (zwischen Triemli und Ringlikon) kommen, habe Er ihnen den feürigen mann gezeiget, welchen sie auch ersehen, und jedermann wisse und sage, dass am selbigen ort ein solcher mann gesehen und verspürt werde.“   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Brienzer Esel

Source: Der Brienzer Esel

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Der Kaiser liess einst, als er von den Heiden bedrängt war, die Leute zu Hasli im Weissland und in der Herrschaft Brienz, die zum Reich gehörten, zum Zuzug mahnen. Da schickten sie ihm von beiden Seiten einen tüchtigen Kriegsharst wackerer Mannen. Da freute sich der Kaiser sehr. Er liess sie mit guten Hellebarden ausrüsten. Zuletzt befahl er seinem Zeugmeister, ihnen zum Tross einen Esel zu geben. In der Schlacht gegen die Türken stellten die Oberländer ihren Mann. Der Kaiser wollte sie darum nach beendigtem Feldzuge auch nicht unbeschenkt von sich lassen. Als sie ihm aber ihre Wünsche äussern sollten wussten sie nicht Rats und hätten vielleicht in ihrer Bescheidenheit unbeschenkt in die Heimat ziehen müssen, hätte sich nicht eben jetzt hinter ihrem Rücken der Esel zum Wort gemeldet. "Richtig, da haben wir`s", sagten die Mannen. "Wenn wir um etwas bitten dürfen, so ist`s um den Esel." Gerne ward dieser ihnen überlassen und sie zogen nach erlangtem Abschied vom Rheine wieder fröhlich den Bergen der Heimat zu. Unterwegs aber erhob sich unter ihnen ein Streit, welcher von beiden Parteien nun der Esel gehören solle. Die Hasler beanspruchten denselben für sich, weil sie dem Kaiser mehr Mann gestellt hatten. Die Brienzer aber wollten ihn durch grössere Tapferkeit verdient haben. Daheim aber machten die Hasler kurzen Prozess. Sie nahmen als die stärkeren den Esel einfach an sich und die Brienzer kamen leer über den Brünig in die Heimat. Darüber war ein grosses Geschrei. Man sandte einen Boten an die kaiserliche Pfalz, über die Ungebühr der Nachbarn Beschwerde zu führen. Der Kaiser aber, der ein sehr kluger Mann war, war des Rats nicht verlegen. Er liess ein Stück Flaggentuch vor sich bringen und darauf einen Esel malen. "So habt auch ihr Leute von Brienz hinfort einen Esel", sprach er, indem er dem Boten das neue Panner übergab. Seither haben die Brienzer den Esel im Wappen. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Briggwald in der Schöllenen

Source: Der Briggwald in der Schöllenen

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Wer im Briggwald »frevelte«, d.h. Holz fällte, dem sei die rechte Hand abgehauen worden, lehrt eine alte Volkssage in Ursern. Pfr. Gedeon Furrer Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Brombrenzer

Source: Der Brombrenzer

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In der Tiefe des Tobels, nicht weit von der Brücke, die nach dem Dorfe Jenisberg führt, soll vor Zeiten ein altes Schloss oder ein schlossähnliches Gebäude gestanden haben, und die Sage meldet, vom Vater auf den Sohn, von einem ungeheuren Schatze, der dort vergraben liege. Dieses Schloss soll Brombreis oder Brombrenz geheissen haben und sei von einem reichen Manne, dem »Brombrenzer« genannt, in dieser tiefen Schlucht erbaut worden, wegen des ergiebigen Silberbergwerkes, das er dort durch seine Knappen bearbeiten liess. Dieser Mann wurde in seinem Glücke übermütig, hartherzig und grausam. - Sein Haus ward von einem Felssturze verschüttet. - Nach Langem kam ein »fahrender Schüler« und brachte einige Bewohner des Dörfleins Monstein dahin, dass sie ihm halfen, nach grosser Arbeit das Gebäude aus dem Schutte zu lösen und den Schatz in Demselben ausfindig zu machen. Da sollen sie die Körper des Brombrenzers und seiner Frau auf einem ganz silbernen Lager gefunden haben; nahe dabei stand eine grosse, weisse Kiste, auf deren Deckel ein riesengrosser schwarzer Geissbock lag. - Der Schüler wollte das Ungetüm beschwören; der Bock aber richtete sich auf, machte fürchterliche Augen, kehrte sich um und gab einen solchen Dunst von sich, dass Alle vermeinten, des Todes zu sein und schnell in\'s Freie flüchteten. - Einige von ihnen erkrankten stark, Andere starben in Folge des gehabten Entsetzens, die Übrigen verspürten weiters keine Lust, noch einmal nach dem Schatze zu suchen. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Brotisacher

Source: Der Brotisacher

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Eine Landparzelle beim Eglisacherhof, dort, wo jedes Jahr das Fastnachtsfeuer brennt, heisst Brotisacher. Er gehörte einst einem armen Junggesellen. Dieser ging an einem Liestaler Herbstmarkt in das Gasthaus zum Schlüssel, wo sich gerade ein paar Männer an einem Braten gütlich taten. Er verspürte grossen Gluscht nach einem solchen Braten, aber es fehlte ihm das Geld. Da trug er dem Schlüsselwirt Brodbeck seinen Acker auf der Burg zum Kauf an. Der aber wollte nichts davon wissen. Da sprach der Besitzer zum Wirt: «Wenn d mer derfür e Brotis gisch, so chaisch der Acher ha.» Dieser willigte ein, und seither heisst dieses Landstück Brotisacher. Liestal Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Brückenbau

Source: Der Brückenbau

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Die Vetaner nahmen einmal sich vor, unterhalb ihres Gebietes eine Brücke über den Inn zu legen. Die Brücke wurde im Dorfe selber gezimmert, und dann fix und fertig durch Stiere an den Fluss hinab gezogen. Da zeigte sich aber, dass die Brücke zu kurz war. Nach rascher Beratung kamen die Vetaner auf den glücklichen Einfall, die Brücke dadurch zu verlängern, dass sie die Balken mit Fett rieben, an jedes der beiden Enden zwei Stiere spannten, und diese dann nach den entgegengesetzten Enden ziehen liessen. - Auf diese Weise liessen auch alle Balken ganz schön sich ziehen, wie ein Lederstrick, und die Brücke konnte gesetzt werden. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Brudermord

Source: Der Brudermord

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Einst lebte auf der Burg Wartau der edle Graf Wilhelm, mild gegen die Untertanen und freundlich mit den Seinen. Aber der jüngere Bruder, der aus fernen Kriegen heimkam und nach dem Besitze der Gräfin und der schönen Herrschaft gelüstete, störte den Frieden. Er war ein schlimmer, verwegener Mann. Auf einer Jagd erschlug er seinen Bruder und gab vor, ein wildes Schwein habe ihn getötet. Ohne auf Recht und gute Sitte zu achten, eignete er sich dann gleich alles an, was dem Grafen gehört hatte. Aber als er einmal wieder auf die Jagd ging und an der Stelle vorbeiritt, wo er seinen Bruder ermordet hatte, traf ihn der tödliche Blitzschlag. Nach drei Jahren wuchsen daselbst drei Buchen mit rotem Laube, und alle Jahre am Todestage des Grafen hingen an deren Blättern statt der Tautropfen Tropfen von Blut. Diese Buchen jetzt schon lange verschwunden und die stolzen Mauern der Burg gebrochen; aber wenn der Wanderer zu gewissen Zeiten des Jahres in gewisser Stunde der Nacht seine Blicke aufmerksam nach der Gegend des einstigen Schlosses richtet, sieht er von der Ruine aus ein Lichtlein über den Boden hinschweben, fort über die Hügel und die Tälchen, und er sieht es erlöschen, wo der unglückliche Graf Tod gefunden. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 161, S. 76 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Brudermord auf der Belalpe

Source: Der Brudermord auf der Belalpe

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Vor uralter Zeit, so geht die Sage, soll die schöne, grosse und futterreiche Belaple zwei Brüdern gehört haben. Weil sie in der gemeinschaftlichen Abätzung oft miteinander zankten, kamen sie überein, die Alpe zu teilen. Und zwar verabredeten sie, beide Brüder sollten zu gleicher Zeit von Naters abgehen: der eine rechts, der andere links hinauf und oben sollten sie wieder zusammenkommen. Der Ort wo die Brüder einander begegnen würden, sollte die Mittelgrenze zwischen den zu teilenden Alpen werden. Beide machten sich laut Verabredung auf die Strasse. Der Bruder, der links hinauf über Birgisch ging, handelte redlich und hielt am vorgezeichneten Wege fest. Nicht so der andere. Statt gegen Aletsch hinan zu steigen, ging er geraden Wegs auf die Belalpe und übervorteilte so seinen Bruder, dem er nun in der tiefen Schlucht, ungefähr in der Mitte zwischen Belalpe und Nessel, begegnete. So soll diese Alpgrenze gesetzt worden sein. Doch die Teilung befriedigte den betrogenen Bruder nicht. Die Brüder gerieten miteinander in heftigen Streit. Angekommen beim grossen Stein im Kapan - zuunterst in den Belalpmatten - prügelten sie einander so gewaltig, dass beide Brüder sterben mussten. Auf den Stein wurde die Jahreszahl 121 gesetzt, die noch zu lesen ist und an diesen Brudermord erinnern soll. NATERS Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Bruderrrain bei Mettmenstetten

Source: Der Bruderrrain bei Mettmenstetten

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Der Bruderrrain bei Mettmenstetten Zuoberst auf dem Homberg liegt ein Waldhang, der Bruderrain. Von dem geht die Sage, hier habe einst ein Einsiedler, ein frommer Bruder gelebt. 1905 gab es noch Leute, welche die Stelle der „Bruderei“ bezeichnen konnten. Da stand nämlich ein Bibernuss-Strauch, und von dem haben die Erzähler noch selbst Bibernüsse gepflückt. Diesen Strauch, sagten sie, habe der Waldbruder gepflanzt. Dort habe seine Klause gestanden. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Knonauer Amt Gchr. Mettmenstetten 1905. Bibernuss ist die Frucht einer Staphyleenart, auch Pimpernuss genannt.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der brüllende See Calandari

Source: Der brüllende See Calandari

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Auf der Anarosa Alp im Schamser-Gebiet findet man einen See, welcher so klein ist, dass man ihn von allen Seiten mit einem Stein überwerfen kann, dabei aber eine unergründliche Tiefe und wohl einen Zufluss, aber keinen Abfluss hat. Zieht ein bös Wetter heran, so schnellt sich inmitten dieses Sees ein gewaltiger großer Wirbel empor, welcher im zunehmenden Wachsen so stark brüllt, dass man es von einem Berge zum andern, wohl sechs Stunden weit, hören kann. Dabei hat dieser See noch die wunderbare Eigenschaft, die Menschen, welche sich an seinem Ufer schlafen gelegt haben, unwiderstehlich anzuziehen. So ist einstmals eine Frau, welche sich ziemlich weit entfernt von ihm niedergelegt hatte und eingeschlummert war, von ihm angezogen und verschlungen worden. Worauf man ihren Gürtel mit den Schlüsseln an den Ufern des Rheins gefunden hat, welcher Fluss doch vier Stunden von dem Lai da Calandari entlegen ist. Es gibt aber noch viele andere Leute, welche, obschon sie nicht einen so kläglichen Tod wie jene Frau fanden, doch, als sie weit vom See eingeschlafen waren, mit den Füßen in ihm erwacht sind. Etlichen Knaben aber, welche aus Lust sieben Pferde in den See gesprengt hatten, ist Folgendes passiert: Nachdem die Pferde mehr als drei Stunden in dem See geblieben, sind die Knaben in Furcht geraten, es möchten dieselben verloren sein; daher sie sich zusammen verstanden, Niemand zu offenbaren, dass sie Urheber dieses Unglücks gewesen. Wie sie aber so mit diesem Gedanken umgingen und sich von dem See hinwegbegaben, kam zuerst eine alte, graue Stute und dann die übrigen Pferde, je eines auf dem Rücken des andern fest angeschlossen, wieder aus ihm hervor. Auf dem Lande angekommen, fielen sie zwar um und lagen lange wie tot, sind aber hernach wieder zu sich gekommen. Wunderbar hierbei ist, dass alle sieben Pferde, obschon sie vorher beschlagen, doch sämtlich ihre Hufeisen in dem See verloren hatten. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Brunnen bei der Burg Kempten

Source: Der Brunnen bei der Burg Kempten

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Der Brunnen bei der Burg Kempten Dem Burghügel bei Kempten entspringt eine Quelle, die das ganze Jahr, Sommer und Winter, gleich stark und immer gleich kühl fliesst. Kein Mensch hat sie je einmal versiegt gesehen. Man erzählt sich, das Wasser entströme einem goldenen Brunnentrog, der tief unter dem Hügel liege. Der Teufel selber bewache ihn, und wer den goldenen Schatz heben wolle, müsse dem Schwarzen dafür ein neugeborenes Kind opfern. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Fr. 12. 7. 1924. Die Burg Kempten gehörte den gleichnamigen Freiherren. Nach der Volksmeinung waren das Hagheeren. Meier, Geschichte der Gem. Wetzikon, Zch. 1881, erwähnt die Quelle S. 72 ohne Hinweis auf die Sage. - F. Keller und Vernaleken, 145, hielten Gündisau, Kempten, Balm, Heidenburg-Aathal für Hagheerenburgen, die auf römischen Ruinen standen. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Brunnenhans am Giblour in Kanton Freiburg

Source: Der Brunnenhans am Giblour in Kanton Freiburg

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Der Brunnenhans am Giblour in Kanton Freiburg Während die Sennen am Giblour vor dem losgebrochnen Sturm sich in die Hütte flüchteten, war einer von ihnen, der Brunnenhans, noch auf dem Wege, um den schon lange bestellten Mundvorrat aus dem Tal herauf zu bringen. Man besprach sich über die Beherztheit, die dazu gehöre, mit einer Last Mehl und Salz auf dem Rücken unter solchen Windstößen den steilen Bergwald herauf zu klimmen, und als es zuletzt eine Wette galt, wie weit die Unerschrockenheit des Kameraden auf die Probe gesetzt werden dürfe, warf einer eine frische Kuhhaut um, an welcher noch die Hörner saßen, und stellte sich draußen unter der obersten Wettertanne dem Ankommenden entgegen. Letzterer trat nach einer langen Zeit endlich in die Hütte, stellte sein Tragref ab, schmiß den blutigen Bergstock in den Winkel und setzte sich ans Feuer, um seine Kleider zu trocknen. Auf wiederholtes Befragen über die heutigen Strapazen meinte er, es sei ihm nichts weiter begegnet als schließlich eine verlaufene wilde Kuh, die ihn am obersten Staffel vorhin habe angreifen wollen; er habe sie aber mit einem solchen Hieb zusammen geschlagen, dass, wenn man es ihm etwa nicht glaube, es wohl an seinem Stock dahinten noch sichtbar sein werde. Nun machten sich die Sennen eilig hinaus, und fanden an der bezeichneten Stelle den Knecht mit eingeschlagenem Schädel. Das Übrige dieser herrenlos gewordenen Erzählung lautet müssig. Der Brunnenhans wird jenes Todschlages wegen eingezogen und hingerichtet, obschon er fortwährend versichert, in dem Glauben gewesen zu sein, nicht als eine stössige Kuh vor sich gehabt zu haben. So oft es nun stürmt, kommt sein Geist in Gestalt dieser gehörnten Kuh daher gefahren und wirft auf seinem Wege Alles in die Schluchten des Giblour. Die Alpe dieses Namens gehörte einst in das freiburgische Pfarrdorf Estavayez le Giblouz.  Sage  aus Estavayez le Giblouz Band 3.1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962 Ausschnitte aus dem 3. Kapitel, S. 53 - 54 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Brünnlig durch Gebet verscheucht

Source: Der Brünnlig durch Gebet verscheucht

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Der alte Fischer, der jetzt noch um Klingnau lebt, hat erzählt, wie es ihm selber einmal mit einem Brünnlig ergangen ist. Er und sein Gefährte waren um Weihnachten draussen auf der Aare und setzten Angeln. Es war das Wetter schön und wie gemacht dazu. Während sie so am Ufer hin beschäftigt sind, kommt ein feuriger Mann auf sie zugewankt. Der Kamerad sieht's und ruft im ersten Schrecken: Jesus, Maria! Lass den Weidling oben hinaus! Der Andere wendet nun rasch die Kahnspitze, und der Strom reisst das Schiffchen zugleich weit hinunter. Aber auch der Brennende war durch jene Namen wie weggeprellt vom Ufer, und als sie ihm nachsahen, strich er schon dem wilden Girizmoose zu und reichliche Funken sprühten aus ihm. Das Gegentheil hievon trug sich ein andermal zu, da das Fluchen es war, welches den Brünnling vertrieb. Ein Bauer im Ober-Aargau steht an einem trüben Tage mit der Stechschaufel auf dem Felde, um seine Wassergräben zu öffnen. Da erscheint zehn Schritte von ihm entfernt ein schwebendes Licht. Er weiss schon, was er davon zu denken hat, nimmt seine Schaufel wieder auf die Schulter und macht sich für heute heim. Allein das Licht wird ein Brünnigs Mannli, das ihn bald einholt und sich ihm sogleich hinten auf die Schaufel hinaufsetzt. Unter fortwährendem Beten kommt der Mann seiner Hausthüre zugelaufen. Da steht sein Weib eben in der Küche an der offenen Thüre, blickt ihm auf die Schaufel und ruft: was Tüfels hesch du dô? Kaum ist das Wort Teufel über ihre Lippen, so ist auch der Brennende verschwunden. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 48 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Brünnlige bei Wohlen

Source: Der Brünnlige bei Wohlen

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Ein Fuhrmann von Wohlen im Freienamte, der jeden Herbst ins Elsass fuhr und dorten Wein holte, traf ausserhalb seines Dorfes in den Matten einen Irrwisch und rief ihm zu: „Daher und mir geleuchtet!“ Der Brünnling that's gegen das Versprechen, ihm hiefür eine Messe lesen zu lassen. Der Fuhrmann gieng es auf die Bedingung ein, dass ihm der Feurige in angemessener Entfernung vom Wagen bleibe, um nicht etwa von ihm verzehrt zu werden. Die Fahrt gieng glücklich von statten. Vierundzwanzig Herbste machte so der Fuhrmann seinen Weg ins Elsass, der Irrwisch leuchtete ihm und der Wohlener besorgte ihm dafür jedesmal seine Messe. Im fünfundzwanzigsten Jahre aber, als es wieder auf die Fahrt gieng, bat der Irrwisch, man möchte ihm nun sechs Messen auf einmal lesen lassen, dann sei er erlöst und der Knecht werde ein Kind der Seligkeit. Auch dies geschah sogleich nach der Rückkunft nach Wohlen. Seitdem blieb der Irrwisch aus. Der Knecht aber hat noch lange glücklich gelebt. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Brüschhund

Source: Der Brüschhund

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In Füllinsdorf wurde früher im «Brüsch», dem Bachgraben, ein grosser, schwarzer Hund mit feurigen Augen gesehen. Einzelne wollen gar eine gewaltige Kette gewahrt haben, die das Tier klirrend hinter sich herschleppte. Vor hundert und mehr Jahren sah man den Brüschhund vom Dorf bis zur Kreuzstrasse auf das linke Ergolzufer hinüberwechseln. Damals versuchte ein bekannter Jäger vergeblich, auf den Hund zu schiessen; auch gelang es jungen Burschen, die ihn näher beobachten wollten, nie, ihn zu stellen. Er verschwand immer spurlos, wie er gekommen war und seinem Erscheinen folgte nach ein paar Tagen immer Regenwetter. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Bub mit dem goldenen Ring um den Hals

Source: Der Bub mit dem goldenen Ring um den Hals

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Einmal sagte eine Hebamme, die mehr wusste als andere zu einer Mutter, die eben einen kräftigen Buben bekommen hatte: «Diesem Kind da wird man später den Kopf abschneiden.» Die Mutter aber war nachher sehr traurig, und sie musste immer weinen, wenn sie das Kind anschaute. Als der Bub ein wenig grösser war, fragte er seine Mutter immer wieder, warum sie weine, wenn sie ihn anschaue, aber sie wollte nie eine Antwort geben. Nach langem Drängen des Buben sagte die Mutter schliesslich: «Ich muss fest weinen, wenn ich dich anschaue, denn die Hebamme hat mir nach deiner Geburt gesagt, man werde dir früher oder später den Kopf abschneiden.» Da meinte der Bub, er wolle weggehen, damit sie nicht immer weinen müsse, wenn sie ihn sehe. Der Mutter war dies recht, aber sie ermahnte ihn, immer das zu machen, was sich gehöre, nämlich gut und fromm zu sein, damit er seinen Kopf nicht hergeben müsse. Der Bub ging dann fort und verdingte sich bei einem Juden. Er verlangte aber keinen andern Lohn, als, täglich in die katholische Kirche gehen zu dürfen, und der Bub ging täglich einmal zur Kirche. Eines Tages folgte der Meister ihm; er wollte wissen, er Bub in der Kirche treibe. Er versteckte sich draussen neben dem Tor und schaute ihm zu. Der Bub kniete nieder, betete lange und fromm, dann schlief er ein. Darauf kam ein Engel, schnitt dem Buben den Kopf ab, legte ihm einen goldenen Ring um den Hals und setzte den Kopf wieder auf. Nach einer Weile wachte der Bub auf und ging nach Hause. Auch der Jude machte sich danach auf den Heimweg. Zu Hause fragte er den Buben, was das für einer sei, der ihm den Kopf abgeschnitten habe. Der Bub antwortete, er habe nichts gesehen und nichts gespürt, es sei nichts gewesen. Aber der Jude sagte, er solle nur schauen, was er um den Hals habe. Dann sah der Bub im Spiegel den goldenen Ring um seinen Hals. Er freute sich sehr darüber und sagte zu seinem Meister: «Jetzt bleibe ich nicht mehr hier. Nun muss ich nach Hause zu meiner Mutter.» Der Jude gab ihm als Lohn eine schöne Summe Geld, und der Bub ging nach Hause zu seiner Mutter. Die freute sich nicht wenig, und sie waren von nun an immer glücklich.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Bub und das Vöglein

Source: Der Bub und das Vöglein

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Es war in den siebenziger Jahren des vorigen Jahrhunderts. Da kehrte eines Tages zur Mittagszeit der dreizehnjährige Bub einer Schnitzlerfamilie aus der Schule heim. Als er das Hofstettli neben dem väterlichen Hause betrat, traf ein gar seltsamer, feiner Vogelgesang sein Ohr, und er blieb lauschend stehen. Das Vöglein sang so schön, so schön. Das musste die Mutter auch hören, eh ja! Er lief zu ihr in die Küche: „Mutter, Mutter, komm! Oh, wie singt im Hofstettli ein Vögelein! So schön, so wunderschön!“ Aber die Mutter hatte gerade das Mittagessen über und durfte sich nicht versäumen lassen. Sie hätte jetzt nicht Zeit zuzuhören wie die Vögel pfeifen. Also lief der Bub weiter zum Vater, der in der Laube obenher der Wohnstube an einer kleinen Tiergruppe schnitzelte. „Oh, Ätti, hör doch wie das Vöglein singt, eh, singt das jetzt schön, so wunderschön!“ Der Ätti tat seinem Buben den Gefallen, und beide gingen in die Hofstatt hinunter. Da stand der Bub, lauschte und bekam vor Aufregung heisse Wangen. „Hörst du's Ätti, hörst du’s?“ Nein, der Ätti hörte es nicht; ein Schildvogel pfiff oben auf der Dachfirst sein ganz gewöhnliches: „Ziid, Ziid, Ziid, cheust-mi nid fahn.“ Aber um dem Buben die Freude nicht zu verderben, tat er dergleichen, er höre den wundersamen Vogelsang auch. In Wirklichkeit war er tief erschrocken. Mit rechten Dingen konnte so etwas ja doch nicht zu und her gehen. Ein paar Tage später wurde der Bub fieberkrank, ach, so krank! Alles doktern half nichts mehr, nach zweimal vierundzwanzig Stunden hauchte er sein junges Leben aus. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Bub, der den Himmel suchte

Source: Der Bub, der den Himmel suchte

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Es war einmal ein armer Bub, der war Geisshirt. Deshalb konnte er fast nie in die Kirche gehen. An einem Sonntag, als die Geissen ruhig weideten, stieg er ins Dorf hinunter, um in die Messe zu gehen. Der Pfarrer war gerade auf der Kanzel und predigte, was zu tun sei, um in den Himmel zu kommen. Der Geisshirt hörte, er Pfarrer sagte, der Weg zum Himmel sei schmal und voller Dornen. Das freute den Geisshirten, und er dachte: «Den Weg dorthin kenn' ich bestimmt!» Denn er war einmal an einer Holzrutsche hochgeklettert, wo er sich übel aufgeschürft hatte. Am gleichen Tag holte der Bub seine Geissen, und am Abend sagte er den Frauen, er werde die Geissen nicht mehr hüten, denn er gehe in den Himmel, er kenne den Weg. Die Leute lachten darüber und verstanden nicht, was er damit meinte. Am andern Tag stand der Bub früh auf, denn er wusste schon, dass der Weg die Holzrutsche hinauf weit war. Ganz zerschunden und blutig gelangte er auf eine Ebene, dort meinte er, sei der Himmel. Da sah er bald ein Wegkreuz und fragte es, ob er nicht bald im Himmel sei. Aber der Heiland am Kreuz antwortete nicht. Der Bub ging weiter und dachte: «Der ist noch übler zerschunden als du, der will bestimmt auch in den Himmel gehen.» Nach einer Weile kam er zu einem Kloster, und er dachte, das sei der Himmel. Er fragte einen Mönch vor dem Kloster, ob da der Himmel sei. Der antwortete, nein, doch er habe auch im Sinn, in den Himmel zu kommen, nun dunkle es aber schon. Und er lud den Buben ein, im Kloster zu übernachten. Aber der Bub sagte, draussen sei noch einer, der habe sicher auch Hunger, er gehe ihn holen. Der Bub ging zum Heiland am Kreuz und forderte ihn auf, ins Kloster mitzukommen. Der Heiland am Kreuz ging mit und setzte sich am Tisch neben ihn. Und der Bub schob ihm ständig die besten Bissen zu und sagte, er solle essen, damit er morgen den Weg bis zum Himmel aushalte. Die Mönche aber sahen den Heiland nicht und wussten nicht, mit wem der Bub sprach. Nach dem Nachtessen legte sich der Bub mit seinem Gefährten schlafen, in der Hoffnung, am andern Tag den Himmel zu finden. Und er fand ihn. Denn am andern Tag fanden die Mönche ihn tot. Der Heiland hatte ihn mitgenommen.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Buchhalter

Source: Der Buchhalter

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Es starb einmal ein Buchhalter. Ein kluger Bursche hörte das und konnte nicht verstehen, dass einer sterben musste, weil er ein Buch gehalten hatte. Er dachte, er wolle jene Stelle antreten, er ging hin und wurde angenommen. Am andern Tag liess ihn der Meister auf einem Stuhl Platz nehmen, legte ihm ein Buch auf den Rücken und setzte sich noch selbst darauf. Der Ärmste hatte es schwer und schwitzte wie ein Priester. Am Mittag sagte er zum Meister: «Nein, das mach ich nicht, jetzt glaub ich wohl, dass man davon sterben muss.» (Schams)   Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Buchlisberg bei Schöftland

Source: Der Buchlisberg bei Schöftland

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Da war ein Wald, um dessen Besitz ein Junker und die Gemeinde Schöftland bis zum Ausbruch der französischen Revolution sich stritten. Mit ihr änderte sich vieles, so fiel nun auch der Wald durch Rechtsspruch der Gemeinde zu. Der Junker ergrimmte darüber so sehr, dass er das Dorf verfluchte und den Wald seiner Lebtage nicht mehr mit eignen Augen anzuschauen schwur. So geschah’s von Stund an; er wurde blind und blieb's sein Leben lang. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Bueb mit dem isige Spazierstecke

Source: Der Bueb mit dem isige Spazierstecke

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Es isch emol en Zimbelma gsi, der isch in Wald gange, und do hed em d'Frau z'Mittag s'Eße welle bringe, aber do hend d'Räuber die Frau gstohle, hend sie in e Höhli gschleikt, und do hed sie ihne müeße choche und wäsche. Noch eme Jahr chunnt die Frau es Chind über, en Bueb; und wie des Büebli fangs hed chönne e chli rede, so hed er zu eim vo dene Räubere, wo n-ihm am liebste gsi isch, Vater gseit. Do si die andere Räuber nidisch worde, as er nit ihne Vater sägi, und das isch langi Zit eso gange. Wie der Bübli vierzehjährig gsi isch , so hend sie do zäme usgmacht, sie wölle ne töde, wenn er eim no einist Vater sägi, und hend em das gseit und hend em wüest dräut. Do sin die Räuber einist uszoge, und der Bueb hed ne isige Hammer gha und den hed er in e Ledertäsche i si Rock gsteckt. Wie jetz der Erst vo dene Räubere heichunnt, so seit der Bueb: „Dihr sind au lang us gsi, Vater." „So, jetz isch denn fertig mit dir," brüelt der Räuber en a, und ruckt über ne har; aber der Bueb zieht waidli de Hammer us der Täsche und schloht dem Räuber a d'Schläsi, as er mustod umfallt. So chunnt eine um der ander hei und jede frogt ne, was do gange feig. Aber der Bueb seit zu jedwede, mer heb ne welle töde, und do sig Er Meister worde. So will ne eine na em andere ergrife. Der Bueb förcht si aber nit, und schloht eme jede si Hammer a de Chopf, bis all sib e tod do gläge si. Jetz isch aber der Bueb und si Muetter i d'Höhli und hend Gald gno und Chostbarkeite, was sie hend möge träge und sind zäme is Dorf gange, wo die Frau de Heime gsi isch und an ihres Hus ane, und hend aklopfet. Do chunnt der Ma use und d'Frau froget en , wo er au si Frau heig. Do seit der Ma, d'Chind deheime hebit ihm scho vor füfzähe Iohre einist verzellt, as d'Muetter gange sig s'Esse go in Wald use träge, und stder sig sie nie meh hei cho. Do hed sech ihm d'Frau z'erkenne gä, und Alli si uf d'Chneu gfalle vor Freude, und d'Frau hed dem Ma Alles verzellt, wie's ere gange sig, und hed ihm s'Gäld brocht, und grad Wi lo ufrische. Dernoh si sie noh zäme i die Räuberhöhli gange und hend no meh Gäld heitreit, hend aber doch noh nes Hüfli lo ligge, und hend's derno dem Gncht azeigt. Der Bueb hed aber jetz nid welle z'Hus blibe, und isch zum ene arme Schmied gange und feit zue n-em, er sell ihm e zähezänterigs Spazierstöckli mache. Der Schmied lacht derzue und seit, er well ihm das vergäbes mache, wenn er's lüpfe chönn; aberder Bueb hängt dem Schmied si Ambos und alli Gfchir us der Werchstatt ane Droht, nimmt's a chline Finger und springt demit um's Dorf ume. Do hed's der Schmied verspillt gha und hed dem Bueb das Spazierftöckli müeße halb vergabe mache, halb hät er ems denn zahlt. Denn isch der Bueb dermit furt greiset und trifft ne Steihauer a, wo ne grüselige Stei umenand trohlet hed. „Seh, wenn du so starch bisch," seit der Bueb, „so chumm mit mir," und do si sie zäme witers gange. Da chöme sie i Wald ine, und gsehnd e Ma, as uf eme Ascht von ere Eich sitzt und d'Eiche mitfammt de Würze zum Bode n-use träjet. Da hend si de Ma au beredt, mit ene z'cho und do sind alli drei zäme witers greifet. Do chöme sie zu m-ene Hüsli, und gönt ie, und s'isch gar niemer drin ; aber in allen Ecke sind Flinten umeghängt; da si sie i Chäller abe und hend Wi und Chäs und aller Gattig gfunde. Da sind sie bin enand blibe und hend alli Tag Hälmli zoge ; dar, wo's längscht gha hed, isch deheime blibe, und het kochet und ghüotet, und die zwee andere sin i Wald gange go jage. S'erst- mol isch der Steihauer deheim blibe und do chunnt es alts Mannli a d'Thüre und heuscht z'Mittag. Do het er em bis es hetti chönne gnueg ha. Das Mannli het aber alliwil no welle meh ha, und wil die Zwee, won im Wald gsi si, au no hend wellen ehe, so het em där, wo deheime bliben isch, nümme meh welle gä. Do isch ihm das alt Mannli a de Chopf gfprunge und het em s'Gsicht verchratzt und isch druf furt schnell wie ne Biswind. Wo die Zwee andere hei chöme. het ene der Steihauer die Gschicht verzellt, und do seit der Eichebrüjer, er wöll der ander Tag deheim blibe, er wött das Mannli scho meistere, wenn's wieder chöm. Aber dem Eichedräjer isch es der ander Tag gange, wie dem Steihauer; er hed dem Mannli no meh z'eße gä, weder diese, aber das Mannli hed ne grad glich verchratzet. Der dritt Tag aber isch der Bueb mit dem isige Stäcke deheim blibe, und das alt Mannli isch zum drittemol umecho. Der Bueb hed aber dem Mannli nume wenig z'eße gä, und hed denn sis Steckli gholt, und hed nen usegjagt; isch aber noh gange und hed glueget, wo n-er ane goht. Da hed er gseh, as das Mannli ne große Stei abdeckt von eme Sodbrunne und sich in es Loch abeloht. Wo die andere hei cho si, hend sie gäße und hend nes Chessi gno und nes Seil dra bunde und sin alle Drei a das Ort gange, wo das Mannli is Loch aben isch. Do hed sich der Bueb mit dem isige Stecke i das Chessi gsetzt und die andere hend en abe glo. Er het do en Droht mit em abe gno, und den hend die dobe an ere Stud a'gmacht und a dere isch es Glöggli gsi zum Lüte. Und wenn ihm dunde öppis widerfahri, so sött er dänn schelle. Do sin dunde drü Butelli gstande und uf dene isch gschribe gsi, as wer drus trinki, no drümol stärker sig as voräne. Do hed der Bueb' drus trunke, und bi dene Butelli isch es Schwert gläge und das hed er i d'Händ gnoh und isch an e Türe cho und hed klopfet. Da seid ne Stimm von ere Wibsperson, sie dörf nit uftue, sie heb ne Drach uf der Schooß mit drei Chöpfe, der en Jede töti , wo ine chöm. Da tuet aber de Bueb selber d'Türen uf und wie der Drach uf ne darspringt, haut er ihm mit eim Schlag alli drei Chöpf ab. Da hed die Jungfrau ihm danket, und hed ihm gseit, as sie en Prinzessi feig, as sie gstohle worde feig vo ihrem Schloß wäg und verwünscht gsi seig, de dreichöpfig Drach uf der Schooß z'hüete, bis ne en Ritter töti; jetz feig sie erlöst; aber es feige no zwo Prinzefsinne tiefer i dere Höhli, und jedwedi seig von eme Drache biwacht. Druf hed die Prinzessi aber, wo der Bueb erlöset gha hed, ihm ne goldige Uhr gäh, wo Sunnen und Mond druf gsi isch, und e goldige Ring und ihres Bild, und hed ihm gseit, sie well ne hürate, und er söll die Stück bhalte und vor- wise bin ihr deheim, as sie wüßte, as er de Recht sig, der sie erlöst heig. Der Bueb aber seit, sie söll ihm nume do warte und goht tiefer i d'Höhli ine. Do stöhnd vor der zweute Tür sechs Butelli und stoht druf gschribe : wer drus trinki sig no sechsmol stärker as voräne. Do stellt er sis Schwert ab und trinkt au drus und nimmt das ander Schwert, as debi glegen isch. Er thuet die zweut Thüren uf und do lit ne Drach mit sechs Chöpfe der andere Jungfrau uf der Schooß und springt uf der Bueb los ; er haut ihm aber mit eim Hieb alli sechs Chöpf ab , und hed die zweut Prinzessi so au erlöst. Da seit der Bueb zuen ere, sie söll ihm au do warte, leit sis zweut Schwert wider ab und goht a die dritt Türe, vor dere nün Butelli stöh und au es Schwert debi. Der Bueb trinkt au us dene und isch jetz nünmol stärker as voräne. Er nimmt das dritt Schwert wider i d'Händ , chlopfet a der dritte Türe a und goht ie. Do sitzt e Jungfrau dehinder und hed e Drach mit nün Chöpfe uf der Schooß. Der will de Bueb grad verriße, aber de Bueb hebt das Schwert uf und haut ihm mit eim Schlag alli nün Chöpf ab. Da isch die dritt Prinzessi au erlöst und er hed alli drei mit ihm füre gno bis zu dem Chessi. Do hed er dem alte Mannli nach gfraget, und die dritt Prinzessi hed im es Pfifli gä und het gseit, er sell druf fsife. Do hed der Bueb pfiffe und do chunnt das alt Mannli, und dä Bueb seit, er well ihm jeh der Lohn gä für s'Chratze. Das Mannli aber hed bätte, er mög en lo si ; er heig alimol müeßen esse für die drei Prinzessinne und für die drei Drache, nit nume für ihn. „Jä so," seit der Bueb , und hed ihm do nüt to. Das Mannli aber hed ihm gseit, er söll nume sell Pfifli bhalte und söll ihm nume pfife , wenn's ihm amen Ort sötti fähle, und denn well er ihm z'Hülf cho. Druf sind die drei Prinzessinne in das Chessi ie gsäße und der Bueb hed glütet. Do hend die an dere Zwee dobe sie ufezoge, und do denkt der Bueb, er wöll sie au probiere, ob sie ehrlig gegen ihn gsinnet sige, und hed si Stecke i das Chessi tha und hed wider glütet. Da hend sie der Stecke halb ufezoge und hend ne derno lo gheie und hend gmeint, es sig der Bueb drinn, und si mit dene Prinzessinne furtgange. Zwo von ene sin nit e so rich gsi, und sin do in ihri Heimet gange, aber mit der Erste, wo der Bueb erlöset hed, si sie in ihres Schloß und hend gseit, sie hebe der Drach tötet, und do hed der König gseit, die Prinzessi söll der Eichedräjer hürothe und der Steihauer söll der Erst si am Hof ; aber die Prinzessi hed sich erbätie drei Tag bedenkzit und hed sich ibschloße und bättet, as der recht Brütigam chöm. Der Bueb, da hed da unde aber i dem alte Mannli pfiffe , und Wien es chunnt, so fragt's der Bueb, ob es ihm jetz helfe chönni und chlagt ihm si Not. Da seit das Mannli: „Wohl, wil d'mi nit tötet hesch so chan i der helfe," un hed ne uf d'Achse gno und über ne Mur ufe treit. Das alt Mannli aber hed gwüßt, wo die erst Prinzessi deheimen isch. Do isch der Bueb i das Ort gange und isch zum ene Uhremacher und hed es eiges Zimmer verlangt und gseit, er chönni Uhre mache , as Sunne und Mond druf feig ; und wien er so es paar Tag i dem Zimmer einzig gsi isch, isch er use und hed die Uhr mit Sunne und Mond vorgwise und verlangt, as mer sie dem König zeigi. Wie er aber i's Schloß cho isch , so hed en die Prinzessi grad erchennt, eb er numme d'Uhr vorgwise hed und hed gseit, er sig der Recht, der sie erlöset heig; der Steihauer und der Eichedräjer sin itho und grichtet worde wegen ihrem Verrat. Noh em Tod vom alte König aber isch das Königrich a der Bueb gfalle und er hed no lang gregiert in Glanz , Ehr und Richthum.   Quelle: Sutermeister, Otto: Kinder- und Hausmärchen aus der Schweiz Aargau. (Nach handschriftlicher Mittheilung von E. L. Nochholz.) Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Bündeli-Bauer

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Der Bündeli-Bauer In Wil bei Uster wohnte einst der Bündeli-Bauer. Das war einer! Der verstand das Zaubern, Bannen und Geisterprüfen. Dem hätte es kein Scharfrichter nachgemacht. Vor Dieben und dergleichen war der lange sicher; dem konnte niemand was stehlen. Einmal habe eine Hexe gemacht, dass er mit einem Fuder Heu auf ebenem Weg stecken geblieben sei und er den Wagen weder vorwärts noch rückwärts bewegen konnte. Da lachte der Bündeli-Bauer nur, gebot den Knechten aber ernstlich, dass sie nicht fluchten sollten, ging dreimal um das Fuder herum und sagte dann zum Fahrknecht: „Jetzt hü i Gotts Name!“ Da ging’s wieder, und lustig zogen die Pferde den Wagen fort, als wäre er leer. Ja, der Bündeli-Bauer, der hat mehr können als nur Brot essen. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Nach Stutz, S. 36 mit unbedeutenden stilistischen Änderungen. Über B. gibt das Id. keine erschöpfende Auskunft. - Das Ende des „Bstellens“ bewirkt der Bsteller mit „lo goo“.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Bundesschwur im Rütli

Source: Der Bundesschwur im Rütli

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Seit unvordenklichen Zeiten lebten die Leute der drei Waldstätten Uri, Schwyz und Unterwalden in Ruhe und Frieden um ihren vielarmigen Bergsee. Kein wildes Kriegsgeschrei ängstigte das Land. Von morgens früh bis abends spät klang durchs Land das Herdengeläute, und durch die Flühe schallte das Jauchzen der Talleute. Am Abend aber wurde durch die Volle von hoher Alp ins tiefe Tal der Alpsegen gerufen. Und wenn der Alpenwind, der Föhn, brausend von den Bergen zu Tal stieg und um die stillen Tätschhäuschen tobte, gingen die tröstlichen Klänge der Kirchenglocken durchs Land. Nur selten kam jemand an die Fähre zu Brunnen, um über den wilden, grünen Urnersee, in dem sich der ewige Schnee des Urirotstocks spiegelt, hinaufzufahren und nach Rom zu pilgern. Als aber Albrecht, der Herzog in Österreich, deutscher König wurde, war es mit dem Frieden der drei Länder auf einmal aus. Bisher hatten die Kaiser des Deutschen Reiches das Alpenland in den Bergen in Frieden gelassen und hatten sich damit begnügt, die schuldige Reichsabgabe von den drei Ländern entgegenzunehmen. Und die Waldleute befanden sich wohl dabei und segneten Kaiser und Reich. König Albrecht aber hatte heimlich im Sinn, das wohlgedeihende Land mit den schönen Bergseen seinem Herzogtum Österreich für immer einzuverleiben und das Hirtenvolk zu seinen Untertanen zu machen. Und wie nun die drei Länder das merkten und von ihm als dem deutschen Kaiser und König die Bestätigung ihrer alten Freiheiten verlangten, da schickte er ihre Boten heim, und eines Tages kamen seine Reichsvögte ins Land, um dort zu wohnen und die Länder durch Bedrückung aller Art nach und nach für Österreichs Herrschaft kirre zu machen. Der gewalttätigste und mächtigste war der Landvogt Geßler, der über Uri und Schwyz regierte. Obwohl er eine feste Burg zu Küßnacht hatte, fing er doch noch eine starke Feste im Lande Uri am Steg zu bauen an, die er höhnisch Zwing-Uri nannte. Ein anderer Landvogt, Beringer von Landenberg, saß auf seiner Burg zu Sarnen ob dem stillen See und Dorf und herrschte über Unterwalden. Auf der Burg Rotzberg nid dem Kernwald hielt er noch einen frechen Edelknecht, den Wolfenschießen. Auch auf der kleinen Felseninsel im Lowerzersee unter der finstern Rigihochfluh wohnte ein Untervogt. Diese Landvögte nun trieben es immer frecher. Sie plagten die Leute mit Zehntenabgaben und Frondiensten und machten ihnen auf jede Art das Leben schwer. Da verstummten die Jauchzer auf den Alpen, und der Alpsegen klang wie eine Klage durch die Bergwelt. Und wie's auch die Vögte trieben, die Landleute konnten nirgends Recht bekommen, denn ihr Schirmherr, König Albrecht, hatte ja die Vögte selbst ins Land gesetzt. Eines Tages wollte der Landvogt Landenberg einem Bauern namens Heinrich an der Halden im Melchtal, dessen Sohn er wegen einer Kleinigkeit gestraft hatte, das schönste Paar Ochsen wegnehmen lassen. Da ergrimmte sein Sohn Arnold, schlug einem Schloßknecht einen Finger von der Hand weg und floh. Racheschnaubend forderte der Landvogt den Sohn vom alten Vater. Doch der wußte nicht, wo sich sein Sohn hingeflüchtet hatte. Da schrie der Vogt: "Ist mir der Sohn entgangen, nehm' ich den Alten!" Und alsobald ließ er dem alten Mann die Augen ausstechen, also daß das ganze Unterwaldnerland aufjammerte vor Entsetzen und vor verhaltener Wut. Der Landvogt auf der Insel Schwanau aber war nicht besser. Er ließ eine Jungfrau von Arth in der schönen Bucht am Zugersee, namens Gemma, abfangen, in die er sich verliebt hatte, die aber von ihm, weil er ein Bösewicht war, nichts wissen wollte. Die sperrte er nun in einen finsteren Turm ein und schwor, sie erst herauszulassen, wenn sie ihn liebhaben wolle. Aber sie wollte immer noch nichts von ihm wissen. Da entzog er ihr alle Speise und allen Trank, also daß sie hätte verhungern müssen. Aber sie hatte in Arth einen Liebsten. Der fuhr eines Abends, als der Mond zwischen den beiden Mythen stand, heimlich an die Insel heran. Als er nun unter dem Turm in seinem Fischerkahn stand, warf er so lange mit Seerosen, die rings um die Insel wuchsen, nach dem Fensterlädlein der Jungfrau, bis sie heraussah und merkte, wer ihrer wartete. Aber wie sollte sie vom Turm herunterkommen? Doch weil sie gut schwimmen konnte, empfahl sie ihre Seele Gott und sprang zum Fenster hinaus in den See hinunter. Sie wäre auch glücklich davongekommen, hätten sie nicht die Schlingen der Seerosen unter Wasser gehalten. Als ihr Geliebter ihr nun beisprang und sie herauszog, war sie schon tot. Da bettete er sie weinend in seinen Kahn und fuhr mit ihr leise, wie er gekommen, davon. Zu Arth aber stellte er sie vor der Kirche aus, denn es war eben Sonntagmorgen, als er mit der toten Braut heimkam. Da ergrimmten die Leute und schwuren in ihrem Herzen dem Vogt auf Schwanau blutige Rache. Am schlimmsten jedoch trieb es der Landvogt Geßler auf seiner Burg zu Küßnacht. Er sagte, er wolle die Bauern so windelweich machen, daß man sie um den kleinen Finger winden könne. Man solle nur warten, bis er die Burg Zwing-Uri fertig erbaut habe. Er brandschatzte die Leute, wie er konnte, und in Uri mußten sie ihm die Steine selbst zur neuen Burg ziehen. Er wurde so frech, daß er am Feste des heiligen Jakob zu Altdorf im Lande Uri auf offenem Platze eine Stange aufrichten ließ mit einem Hute darauf und befahl, wer immer vorübergehe, habe sich bei schwerster Strafe vor dem Hute zu beugen wie vor des Kaisers Majestät. Das erfüllte das Hirtenvolk mit tiefem Ingrimm. Damals wohnte zu Steinen am kleinen See von Lowerz [Lauerz] der Landammann des Tales von Schwyz, namens Werner Stauffacher. Dieser hatte an den Weg ein stattliches Holzhaus erbauen lassen. Als er nun eines Abends mit seiner Frau Margret vor dem Hause auf einer Bank saß, ritt der Landvogt Geßler mit seinen Leuten vorbei. Wie der das ansehnliche Holzhaus sah, hielt er an und fragte: "Wem gehört dies schöne Haus?" Werner Stauffacher, der wohl wußte, wie ihm der Landvogt als dem Landammann von Schwyz übel wollte, antwortete vorsichtig: "Herr, es ist des Kaisers Haus und Euer und mein Lehn." Aber der Landvogt runzelte die Stirn und sagte barsch: "Ich bin an meines Herrn Albrecht Statt Regent im Lande und will nicht, daß die Bauern Häuser bauen ohne meine Bewilligung. Ich werde fürderhin nicht mehr dulden, daß ihr also frei lebt, als wäret ihr eure eigenen Herren. Ich werde euch's künftig zu verwehren wissen!" Damit ritt er hochmütig weiter. Da saß nun der Stauffacher und grämte sich bitter. Aber seine Frau, eine aufrechte Schwyzerin, legte ihm die Hand auf die Schulter und begann ihm zuzureden, er und die starken Männer des Tales sollten doch diese Tyrannei nicht länger ertragen. Sie sollten sich zusammentun in allen Ländern um den See. Es gebe ja überall so viel zu klagen. Und dann sollten sie beraten, wie sie sich vom Joche der frechen Vögte befreien könnten. Werner Stauffacher nahm sich die Worte seines wackeren Weibes zu Herzen, und eines Morgens, in aller Frühe, fuhr er in einem schweren Nauen über den Urnersee. Bald saß er zu Altdorf unter dem Bannwald im Hause des Urner Landammanns Walter Fürst. Diesem klagte er seines Landes Elend und Bedrückung und offenbarte ihm, daß er nicht länger gewillt sei, des Landes Schmach mitanzusehen. Walter Fürst war von dem Besuche freudig überrascht. Er stimmte ihm in allem bei, da auch das Land Uri unter diesen fremden Schelmen leide, die des Kaisers Schirmrechte in Herrscherrechte verwandelten und sie bald zu Leibeigenen erniedrigten. Und da zeigte es sich, daß eben auch Arnold von Melchtal in Walter Fürsts Hause verborgen war, dessen Vater der Landvogt Landenberg die Augen hatte ausstechen lassen. Er wurde herbeigerufen, und er beteuerte hoch und heilig, daß auch das Land Unterwalden schon längst zum Aufstande gegen die Bedrücker bereit sei. Nun gelobten sich die drei Männer feierlich in die Hand, alles daranzusetzen, um die Zwingherrschaft der Vögte zu stürzen und dem schwerbedrückten Land die alte gute Freiheit zurückzuerkämpfen. Also machten sie aus, daß nun ein jeder von ihnen, ihrem alten Bundesbrief vom Jahre 1291 getreu, der zu Schwyz heute noch zu sehen ist, in seinem Lande nach vertrauenswerten Talgenossen sich umschauen solle. Danach solle er mit ihnen eines Nachts auf der stillen Wiese beim Mythenstein, die man das Rütli nenne, sich einfinden. Dort wollten sie weiter beraten und den alten Bund der Väter erneuern. Es solle aber sonst die Abrede geheimgehalten werden. Und sie setzten die Nacht fest, in der sie zusammenkommen wollten. In einer kühlen Bergnacht, am sechsten Tage des Wintermonats nach Martini, da stieg von Seelisberg herab eine Schar Hirten auf die stille, vom Bergsee umwellte Wiese. Es war Arnold von Melchtal mit zehn Talgenossen aus Unterwalden, darunter der Keller von Sarnen und der Winkelried von Stans. "Hier ist das Rütli", sagte einer aus der Schar, "wir Unterwaldner sind die ersten auf dem Platze." Sie machten ein kleines Feuer an, um das sie sich herumsetzten, der Freunde aus den Ländern Uri und Schwyz gewärtig. Der Mond stand hoch ob den Schneebergen, und sein heller Schein baute einen goldenen Steg über den See. Auf einmal sprang ein Unterwaldner auf und zeigte auf die stillen Wasser hinab, in deren goldenen Schein eben ein schwerer Nauen stach. "Die Schwyzer kommen!" sagte er. Und jetzt tauchte das Schiff vollends auf und näherte sich rasch dem grünen, felsenumzirkten Gelände. Da stieg als erster Werner Stauffacher, der Landammann von Schwyz, ans Ufer, und ihm folgten zehn Talmänner, von denen die Altlandammänner Konrad ob Yberg und Konrad Hunn in gar hohem Ansehen standen. Herzlich begrüßten sie einander am stillen Weidfeuer. Und nun erzählten sich die Hirten von der Länder Not und der Vögte Übermut. Auf einmal zeigten sich im Gefelse ob der stillen Waldwiese wandelnde Lichtlein, und bald danach stieg Walter Fürst von Uri auf die Waldwiese herunter. Mit ihm kamen zehn Talgenossen, deren angesehenste Werner von Attinghausen und der Meier von Silenen waren. Auch der gehörnte Träger des großen Heerhorns von Uri, des Uristiers, erschien mit ihnen. Mit Freuden wurden sie von den Männern von Schwyz und Unterwalden aufgenommen. Es war schon spät in der Nacht, als sie sich ob den drei Quellen, die auf der Wiese entspringen, zusammentaten und gemeinsam ratschlagten, wie sie ihre Länder von dem Joche der Landvögte befreien könnten. Und als sie nun einig waren in allem, erhoben sich die Talleute der drei Länder von Uri, Schwyz und Unterwalden die Hände und schwuren den ewigen Bund. Und sie schwuren bei Gott und allen Heiligen, was unser liebster deutscher Dichter nachmals so schön in Verse gebracht hat: "Wir wollen sein ein einzig Volk von Brüdern, in keiner Not uns trennen und Gefahr! Wir wollen frei sein, wie die Väter waren, eher den Tod, als in der Knechtschaft leben. Wir wollen trauen auf den höchsten Gott und uns nicht fürchten vor der Macht der Menschen." Den Aufstand gegen die Landvögte aber hatten sie in offener Abstimmung wie an der Landsgemeinde bis zum kommenden Neujahrstag verschoben. Jetzt fing es an zu tagen. Um die Bergfesten glühte das Morgenrot, und auch die Firnen begannen sich allmählich zu röten, und langsam dämmerte es über dem stillen Bergsee. Da erhob der Landammann, der mitten im Kreise der Eidgenossen stand, das Schwert und zeigte nach den roten Bergen. "Es ist hohe Zeit, daß wir heimkehren!" sagte er kurz. Bald raschelte und knackte es im Wald, und von den schmalen Felsenpfaden rollten die Steine in die Tiefe. Die Urner und Unterwaldner stiegen wieder über die Berge in ihre Länder zurück. Auf dem See aber, der nun leuchtete wie ein Fensterscheiblein im Sonnenaufgang, trieb der schwere Nauen der Schwyzer hurtig am Mythenstein vorbei gegen das noch stille Gestade von Brunnen. Im Schiffe aber stand Werner Stauffacher, auf sein breites Schwert gestützt, und sah mit dräuenden Augen nach den beiden Hakenbergen ob Schwyz, ob denen der Morgenstern leuchtete. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Burggeist auf Wildenburg

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Wie die trotzige, zwischen Lorze und Schwarzenbach bei Allenwinden, Kanton Zug, auf einem Bühl des Tobels wildschön tronende Wildenburg gefallen sei, wird verschieden erzählt. Wir gehen nach der gewöhnlichen Überlieferung, der auch der zugerische Geschichtschreiber gefolgt ist, denn sie steht der Mythe näher. „Die von Wildenburg, adelichen Geschlechts, mächtig an Gewalt und Reichtum, sind uralter Abkunft, und scheinen die Burg im Tobel nur lehnweise von den Edlen von Hünenberg besessen zu haben. Ohne Furcht für Ehre und Leben hielten sie in denen Zeiten, welche der Schlacht am Morgarten vorausgingen, zu niemand. Sie raubten, ohne zu unterscheiden; schwelgten damit. - Werner Rycha, so soll der letzte Wildenburger geheissen haben, sah eines Tages aus den Zinnen seiner Burg die schöne Elsener über die Brücke gegen Wulflingen ziehen. Er lässt sie auffangen. Sie ist gegen alle Künste der Verführung und gegen die Drohungen einer aufgeregten Leidenschaft taub. Nur in Freiheit will sie lieben, und indem sie dem Wollüstling Ort und Stunde bezeichnet, lässt sie ihn Erhörung hoffen und benutzt die Freiheit, ihre Ehre durch Rache vertreten zu lassen. Der Vater legt Kleider und Mantel seiner Tochter an, verbutzt und verdeckt sich (und seine Streitaxt) so gut er kann. Schon harrt Werner, sieht das Gewand der Geliebten und eilt - in den Tod. Elsener schneidet des Wildenburgers Schenkel ab, steckt ihn auf seine Helparte, eilt zur Stadt und mahnt zur Rache; mit ihm die Bürger hinaus, stürmen das Schloss und schleifen es. Lange heulte Werners blutiger Schatten in mitternächtlichen Stunden über den Ruinen. Wer den verborgenen Schätzen nachgrub, ward von ihm erwürgt oder über den Felsen gestürzt. - Dem Graben in neuerer Zeit wehrte Ammann und Rat. Das Wildenburgergespenst ward auch als Schimmelreiter gesehen.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Der Burggeist zu Richensee

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Nachts, um zwölf Uhr, wie der Jahrestag der Sempacherschlacht anbrach, soll man früher hier auf der Burgruine eine weinende Stimme vernommen haben: „Konrad, Konrad," worauf in hellem Tone die Antwort erfolgte: „Hier Österreich!" Und siehe! eine schwarze Rittergestalt, mit klaffender, blutiger Wunde am Haupt, trat auf die Mauer und verschwand blitzschnell. Richensee, dessen Bewohner es im Sempacherkriege mit den Eidgenossen hielten, wurde von österreichischen Rittern unter vielem Blutvergiessen berannt und zerstört.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Der Bursche und der Gassentätscher

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Ein ander Mal begab sich um Mitternacht ein tüchtig benebelter Bursche von Plaffeien durch die Gasse nach Plasselb. Im Ried klopfte er am Fenster eines Mädchens, bei dem er noch kilten wollte; allein auf der Holzbeige lag ein Hund, der ihm hinderlich war, so dass er demselben einen starken Stoss mit einem Scheite gab. Nun bellte der Hund ganz fürchterlich und spie aus seinem ungeheuren Rachen dem Buben Feuer entgegen, bis dieser, so geschwind, als es seine schweren Beine erlaubten, davon lief. Aber der Gassentätscher nicht faul, denn er war es selbst, hockte ihm stracks, so schwer als zwei fette Kühe von der Geissalp, auf die Achseln, und strich ihm Kinn und Backen mit den vorderen rauzottigen Pfoten, und so musste der Bursche das Ungeheuer eine halbe Stunde weit, mühsam und keuchend, mit sich fortschleppen, bis es ihn bei einem Kreuze vor dem Dorfe wiederum fahren liess. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Büscheler. Der Faser. Das Wetterfasen.

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Bei bevorstehendem Unwetter, wenn bereits der Wind über die Gräte pfeift, in Spalten und Felsklüften sich verfängt und seltsame Töne hervorbringt, hören die ruhenden Hirten in der Nacht den "Faser" (Hirt, Küher). "Fasen" heisst: die Herde mit mächtigen, gedehnten Lauten in der weiten Alp locken und sammeln: "Chüa, fé, fé! Hoi, joh! Büüsch, Büüsch!" Meistens hört der Faser "sich selber fasen", d, h. seinen Doppelgänger rufen. Der "Büscheler" ist der Kälberhirt. - Wenn der Faser oder der Büscheler in der Nacht ruft, dann müssen die Hirten das Lager verlassen und die Herde sammeln, sonst geht alles zu Grunde. Meistens ist am kommenden Morgen die Alp im Schnee. Die Alpler beschwören das Wetterfasen. Um Mitternacht fragte der Küher den alten Sennen Peter Zeller, als sie nebeneinander zu Fursch auf der "Tril" lagen: "Hörst du nicht auch fasen?" Der Senn antwortete: "Ich habe es schon eine Weile gehört; kennst du den Faser nicht an seiner Stimme? Du bist es ja selber." Der Küher erkannte wirklich seine eigene Stimme, und es schauderte ihn. Am Morgen lag alles im Schnee. J. B. Stoop.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 299, S. 166 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der büssende Edelmann

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Einem edlen, unschuldvollen Burgfräulein machte ein Jüngling von gleichem Adel einen unerlaubten Antrag. Sie versagte standhaft die Einwilligung. Einmal gelang es ihm, sie auf einsamer Stelle zu überfallen. Die edle Seele verteidigte sich bis in den Tod. Er verbarg den Leichnam an der gleichen Stelle. Sein Gewissen quälte ihn fortan unendlich. Er nahm Pilgerstab und Mantel und floh mehr als er wanderte nach Sankt Jakob, allwo er seine schreckliche Sünde beichtete. Wegen seiner grossen Reue ward ihm die Lossprechung zu Teil, doch nur gegen Übernahme einer schweren Busse. Nie mehr sein Lebenlang sollte er nach Art und Gewohnheit der Menschen gehen, sich kleiden und nähren, sondern wie ein Tier, zu dem er sich durch die Sünde erniedrigt habe, müsse er wandeln und sich behalten so viele Jahre, als es dem Himmel gefalle. Einst dann werde ihm das Ende seiner Busse angemeldet. Der junge Edelmann willigte in die herbe Prüfung ein und begab sich, ein freiwillig Verbannter, weit ausser Landes in die Fremde. So kam er in's Entlebuch, wo er in entlegener Waldeinsamkeit das schwerste Busswerk übte. Viele Jahre waren verstrichen, da zog ein Landmann seines Weges daher. Bald hielt ein freundlicher Unbekannter zu ihm, mit dem er angenehm sich besprach. Der Fremde führte absichtlich den Entlebucher nach einer andern als der gewollten Richtung im Walde hin, denn dieser merkte es vor lauter Eifer nicht. Plötzlich standen sie im Walddickicht vor einem sonderbaren Wesen, das wie ein wildes Tier aussah und doch scheu davon zu fliehen suchte. Der Unbekannte gebot ihm stille zu stehen. Das Wesen gehorchte und vernahm dann die Anrede: „Sieben mal sieben Jahre hat deine Busse gedauert, hast du keine menschliche Gesellschaft, Kleidung und Speise und Obdach mehr genossen, sondern es nicht besser gehabt als wie ein Tier des Waldes. Die Schuld ist gesühnt, du bist erlöst, schüttle dich!" So der Unbekannte. Das Wesen schüttelte sich und in tausend Flocken ging die Hülle auseinander, in welcher der Büsser verzaubert wohnte. Man sah an seiner Stelle jetzt ein holdes knieendes Knäblein mit betend erhobenen Händchen, welches sogleich in eine weisse Taube sich verwandelte und auf gegen Himmel schwang. Die Geschichte ist noch nicht zu Ende. Der Unbekannte fuhr nun mit dem Zeugen dieser Begebenheit urplötzlich weit hinweg in ein ganz anderes Land. Da stellte er ihn ab, wieder in einem Walde. Vor sich schaute der Entlebucher eine Blume von nie gesehener Schönheit. Sie duftete wie das feinste „Nägeli". Diese wuchs aber mitten aus einem Haufen abgehauener Stauden hervor. Der Führer hiess den Landmann die Stauden abheben. Als dies geschehen, lag eine tote Jungfrau da, die aber noch so blühend und frisch aussah, als ob sie schlafe. Ihr aus dem Herzen war die Wunderblume durch das Gebüsch empor gewachsen. Der Verwunderung des Entlebuchers gab der Unbekannte den nötigen Aufschluss, indem er sogleich erzählte, wie vor 49 Jahren jener, den er daheim als so grossen Büsser kennen gelernt, hier die Untat verübt und die Jungfrau darauf als Heilige im Himmel wonnevollen Lohn empfangen habe, während auch ihr Leichnam auf Erden bis zu diesem Augenblick wundervoll erhalten und nun herrlich ins Tageslicht gekommen sei.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Der büssende Einsiedel

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Beim Dorf Einsiedeln lebte der Waldbruder Johannes, Über 20 Jahre brachte er in seiner Wildnis mit gar frommem Leben zu und ward ihm ob seiner hohen Tugendstufe wunderbar die himmlische Speise gebracht. Ihm däuchte, er sei so im Guten befestigt, dass er gar nicht mehr sündigen könnte und so liess er dann leider davon ab, Gott um die Gnade der Beharrlichkeit zu bitten. Eines Tages besuchte ihn eine Frau, die am Finger einen prachtvollen Ring trug. Johannes sah ihn und empfand die heftigste Begierde darnach. Er lud die Frau zu einem Spaziergang ein. Beide befanden sich eben im einsamsten Walde, als er sie überfiel, niederschlug, tötete und beraubte. Am Abend bei der Gewissenserforschung sah er ein, welch eine Tat er verübt hatte und zur Strafe beschloss er sieben Jahr auf Händen und Füssen wie ein Tier im Walde herum zu kriechen. Und das vollzog er ganz nackt, kein Obdach vor dem Ungewitter suchend, niemals sich erhebend. Nach 4 Jahren war sein Leib ganz mit Haaren bewachsen, dass er einem Tiere glich. Einst sah ihn ein Jäger und als er dieses seltsame zahme Tier sah, fing er es, nahm es mit sich nach Hause und band es an einen Tisch. Mal kam die Frau mit ihrem halbjährigen Kind auf den Armen und betrachtete das Tier. Da fing das Kind, welches vorher kein verständiges Wort von sich gegeben hatte, an zu reden und sagte: „Johannes, deine Schuld ist dir vergeben!“ Und dann war er verschwunden, nur der Strick war noch da. Mehr konnte aber das Kind nicht sprechen. Hievon war im Freienamt eine Version. Der fromme Einsiedler heisst Johann Guarin. Es kommt der König und fleht ihn an, seine Tochter von einem bösen Geiste zu entledigen. Für die Prinzessin wird neben Johannes Zelle eine eigene gebaut. Der Mann Gottes betet täglich über sie und bald wäre sie befreit. Da kommt ein anscheinend sehr frommer Mann und bittet sich eine dritte Zelle bauen zu dürfen. Dies wird gewährt. Der Unbekannte weiss endlich dem Johannes einzuspinnen, es schicke sich nicht für ihn, neben einer Prinzessin zu sein, er müsse auch den blossen Schein, Böses zu tun, für sich nicht dulden. Es kam soweit, dass Johannes zuletzt vor einem Mordanschlage sich nicht mehr entsetzte. Auf einem Spaziergange schnitt er der Prinzessin tief in den Hals und vergrub sie dann. Gleich stand aber der Teufel neben ihm und machte dem Mörder das Gewissen warm, in der Absicht, ihn zum Selbstmord zu bringen. In seine Zelle zurückgekehrt, fand der Waldbruder den andern nicht mehr dort und merkte bald, wer sein Kollege gewesen sei. Reuevoll ging Guarin zum Papst und bekannte seine Missetat. Die Busse war, er soll sieben Jahre lang im Wald umherkriechen wie ein wildrs Tier, nur Wurzeln essen, Haare und Nägel nicht beschneiden. Vergeblich kam indessen der König zur Zelle, seine Tochter zu holen, sie war verschwunden. Nach 7 Jahren bekam er ein Kind und deshalb wurde grosser Jubel veranstaltet und eine Jagdpartie ausgeführt. Dabei fing man ein seltsames Tier, bei dessen Anblick hernach das neugeborne Kind zu reden begann und sprach: „Johann Guarin steh' auf, deine Sünden sind dir vergeben." Auch der König verzieh und liess sich von Guarin das Grab seiner Tochter zeigen. Als es geöffnet ward, stieg die Prinzessin lebend heraus und entdeckte, dass sie im Augenblick, da das Messer an ihren Hals kam, Gott ein Kloster gelobt, wenn sie wieder aus dem Grabe entdeckt würde. Sie wollte indess nicht mehr heim und man baute auf selber Stelle das Kloster, in welchem sie verblieb. Guarin wurde wieder Waldbruder.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Der büssende Krieger auf Hohenbalken

Source: Der büssende Krieger auf Hohenbalken

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Einst spielte eine muntere Kinderschaar von Sumvix in der Nähe der Mauer vom verfallenen Schlosse Hohenbalken; sie erblickten im Aufschauen einen grossen Mann in Kriegsrüstung, auf der Zinne stehend. Derselbe warf eine Hand voll Geld nach der andern auf den Boden mit den Worten: »Ach könnte ich es wieder zurück geben, ach könnte ich es wieder zurück geben.« - Die Kinder, voll Furcht, liefen heim und erzählten den Eltern das Wunder. Gleich gingen nun einige Männer zur Burg hinauf, um den Schatz zu sammeln; sie sahen von Ferne einen grossen Geldhaufen und den Mann, der immer noch mehr Geld herab warf. Als sie aber ganz nahe waren, verschwanden Mann und Geld. Den Kindern allein, ohne fremde Hülfe, wäre das Geld eigen geworden. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Butzi

Source: Der Butzi

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Unsere Grosseltern erzählen, dass man ehemals die Fastnachts-Maskerade von heute nicht kannte, dass aber jedes Dorf einen "Butzi" hatte, der eine rötlich-gelbe Mannskleidung und eine bemalte, grosse Holzlarve trug. Am Gürtel hing das Schellengeröll, und in den Händen trug er den Stock mit der Schweinsblase und den Kehrwisch. Missbeliebige Personen wurden geschlagen, die andern gebürstet. Unter die Dorfjugend teilte der "Butzi" gerne Brot aus; um ihn gruppierte sich die ganze Festfreude. Ein Gegenstand des Schreckens war er für diejenigen, die sich im Lauf des Jahres irgend etwas "Ungerades" hatten beikommen lassen; seine gereimten und ungereimten Reden waren das gefürchtetste Femgericht, Aber keiner der Beleidigten durfte es wagen, an ihm gelegentliche Rache zu nehmen; denn der "Butzi" stand mit übernatürlichen Mächten im Bunde. Es ist höchst merkwürdig, daß die Beniner Spukgeschichten geradezu auf den "Butzi" zurückführen.  a. Der Mann im Kastlet. Es sind noch nicht fünfzig Jahre her, dass auf dem höchsten Punkte der alten Klosterruinen im Kastlet öfters ein weisser Mann beobachtet wurde, der alle, die ihm begegneten, zu sich heranwinkte. Er war einst ein angesehener Mann der Gemeinde, hatte aber heimlich in den Klostermauern nach Schätzen gegraben, wofür ihn der "Butzi" an der Fastnacht lächerlich machte. Der Geärgerte wünschte seinem Beleidiger einen jähen Tod fern von jedem menschlichen Beistand, fand ihn aber selbst und muss nun dort oben stehen, bis jemand zu ihm kommt und ihn erlöst. b. Im Gehren. Alle drei Gehrenheimwesen gehörten einst dem reichen Gehrenbauer, der als ein Geizhals bekannt war. Zur Zeit der Teuerung hatte er alle Kasten und Tröge voll Schnitz und Korn; aber er gab keinem Armen ein Almosen, und nur um schweres Geld gab er etwas von seinen Vorräten ab. Selbst sein Weib bekam nicht einmal das Nötige für Nahrung und Kleidung, und als es eines Tages einen Kreuztaler für sich wegnahm, wurde es geschlagen, und der geizige Mann vergrub sein Geld in die Erde, wo man es nicht mehr fand, da der Gehrenbauer bald hernach starb. Mit dem Sarge aber konnte man um alles in der Welt nicht zur Haustüre hinauskommen; die Hauswand musste durchsägt werden, was man heute noch sehen kann. Auch seine Frevel wurden durch den "Butzi" bekannt gegeben, und der Gehrenbauer hatte darum zu Lebzeiten gedroht, er werde dem Bösewicht den Kopf abschlagen. Nun wandelt er selbst als Mann ohne Kopf. So ist er schon mehrmals im mittleren Gehren gesehen worden. Im oberen tobte er hauptsächlich in den Fronfastentagen im Stalle als böser Geist. Hieronymus der Sternengucker, ein frommer Mann, konnte ihn endlich mit einem "Chriesikratten" fangen und in den Oberwald bannen, von wo er zwar noch auf den Stall herabsehen, aber nie mehr in diesen zurückkehren kann. Im Walde aber hört man ihn hie und da erbärmlich heulen.  c. In der Grub. In der Grub erscheint ein feuriger Mann; er schwebt am Waldrand hin und her. Dann hüpft er in den Wald und erhebt den Arm, als ob er einen schweren Stein werfen wollte. Dann wieder erscheint er als dürres Männchen mit rückwartsschauendem Kopf. Die Grub gehörte einst dem vermöglichen Finkensteiner, der die Grenzen seines Besitztums rückte und damit den Nachbar betrog. Vor dem Richter half er sich mit einem falschen Eid. Das unrechtmässig erworbene Holz wurde zum Bau des Stalles verwendet, der ehemals  in der Hinteregg stand. Dieser war bald berüchtigt;  denn, nachts hörte man dort ein geheimnisvolles Flüstern, bald auch Poltern und Kettengerassel; andere sahen wunderliche Gestalten unter dem Dache aufflattern. Wer das sah und nicht sofort alle guten Geister anrief, hatte einen Ausschlag oder gar eine schwere Krankheit zu gewärtigen. Später wurde der Stall abgebrochen und in die Grub versetzt, wo er noch jetzt steht. Der "Gemeindsbutzi" hatte geraten, man soll die unterste Balkenlage an ihrer Stelle belassen; denn wie sie faule, werde auch der Spuk verschwinden. Der Rat wurde nicht befolgt, und so ist das lästige Servitut — das Grubmannli — auch auf den neuen Stall übergegangen. d. Das Tschuppismannli. Der Tschuppisbauer hat sich aus Liebesgram zuhinterst in seinem Heimwesen Felderzaun erhängt und wurde dann in einem Winkel der nahen Erlenwiese verscharrt, im Tschuppiswinkel. So oft nun ein junges, glückliches Ehepaar im Tschuppishaus einzieht, wird der Geist in seiner Ruhe gestört. Auf einem drachenähnlichen Hengste, in der Hand einen geringelten Stecken, reitet er dann im Tschuppis herum und verschwindet endlich auf der Oberdiele. Seit 1858, wo der männliche Stamm des letzten "Gemeindsbutzi", des tapferen "Königs Kasverli", erloschen ist, hat man von allen diesen Spukgestalten keine mehr gesehen; es scheinen also die armen Seelen ihre Ruhe gefunden zu haben. Auch die Gehrenbauern können wieder frei aufatmen und glücklich haushalten, wenn es ihnen auch nicht gelingt, das goldene Kegelries ausfindig zu machen, welches zehn alte Glarnerklafter von der Stelle entfernt ist, wo ihr unglücklicher Ahne das Geld verborgen hat.                                 Ant. Kühne. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 386, S. 221  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Chachelifuhrmann

Source: Der Chachelifuhrmann

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Ein Weg von Reigoldswil zum Bergdörfchen Lauwil führt durch das hübsche, einsame Emlistälchen. Alte Leute erinnern sich noch, dass früher hier das Bächlein stellenweise als Weg benützt wurde, an welche Zeit auch die Sitte älterer Bauern erinnert, beim Heuen die geladenen Schneggen unten besonders gut auszuputzen. Auf diesem früher primitiven Wege soll einmal ein Geschirrfuhrmann mit seinem Gefährt verunglückt sein. Doch ist der Verunfallte noch nicht zur Ruhe gekommen; denn zu gewissen Zeiten hören Bauersleute die im Emlistälchen arbeiten, etwa das Gerassel seines fahrenden Wagens und das Klappern der stürzenden Kacheln, ohne dass sie etwas sehen können. Andere wollen auch das Knirschen der Räder und das Weinen kleiner Kinder dabei hören. Kurz nach dieser Erscheinung pflegt sich jeweils starker Gewitterregen einzustellen. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Chastelengeist

Source: Der Chastelengeist

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Er ist ein grosser Mann mit Zylinderhut und langem, schwarzen Schwalbenschwanzfrack. Wie bei allen bösen Geistern ist sein Gesicht ganz braun und sind seine Arme und Hände dürr und knöchern. Er geht hauptsächlich bei Wetteränderungen um und hat einen bestimmten Weg, den er nie verlässt. Er kommt vom Schneggenberg her hinter den Nüntürm hervor und geht über die Chastelen hin. Einmal waren der Erzähler und der Lehrer Fritz Kummer, geb. 1839, zur Traubenwache bestimmt. Damals waren am Chastelenrain und im Neusatz noch Reben. Als die beiden gegen Chastelen die Runde machten, sah der Erzähler vom Schneggenberg her den Chastelengeist kommen. Ohne Furcht gingen sie ihm entgegen, um ihm den Weg zu versperren. Sie trafen ihn dort, wo das Weglein auf der einen Seite von einem Schwarzdorndickicht, auf der anderen Seite von den eingehagten Reben begrenzt war. Ein Ausweichen war nicht möglich, die Traubenwächter und der Geist blieben stehen und glotzten einander an. Ringsum regte sich kein Lüftchen, plötzlich aber chuttete es in den Dornen, wie wenn ein Sturm dreingefahren wäre. Die Sträucher bogen sich und machten ein Weglein frei, durch das der Chastelengeist entfloh. Nachher schlossen sich die Dornbüsche wieder, und von der anderen Seite war ein klägliches Jammern und Stöhnen zuhören. Der Erzähler wollte nachsehen, doch sein Begleitet war nicht dazu zu bewegen. Er hatte bis jetzt nicht an Gespenster geglaubt, nun aber war er eines Besseren belehrt worden und fürchtete sich. Augst Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Chlopfer uf um Rigg

Source: Der Chlopfer uf um Rigg

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Bozna git's i Saas nit so vil, we mu d'Läbändigu nit zelt. — Do ischt e mal d's Weibelschhanschjobschannumarjisch Ma (d's Weibelschjobschhanschannumarji we mi Muotter selig g'si) es G'spässig's begegnet und kapitiert. Der het e mal bim leidu Wetter dum Veh Heuw ins Distel getreit. Z'ruggenundu het's mu über d'Chrizeggu abz'ga am leeru Chorb uf um Rigg afa chlopfu. Er ischt erchlipft und rezer ggangu; het mu aber ou stercher g'klopfut. Duo het er Angst ubercho und het afa laufu — und er ischt g'liffu und g'liffu und es het mu g'chlopfut und g'chlopfut, bis er Zermeigeru schich fast wie e tote Ma het ufu Bodu la fallu, und de Litu g'seit het, der Bozu heigi mu schi g'chintut, si mu na g'liffu und heigi mu alzi hinderna an'nu Chorb a'chlopfut. — Duo hensch du Chorb b'schauwut und g'se, dass es chleis Triegelti en brin g'hanget het, das min schnelleru Ga geng z'rug an'nu Chorb ang'schlagu het. — Duo ischt der guot Ma e muf g'stannu und het g'seit: «O wellige donnerschiessige Narr bini ou g'si! Ja zer fuli Hex! däschi schämt mi do gottlos!» — Dischi G'schicht het mer d's Jodrubarbischjosubantoni gezelt fer vile Jahru, wa Antusubarbischpeterjobschjosubantini no e chleine Hosslerbuob g'si ischt und Grunnerufenderisch Chleina no nid d'Orgele g'schlagu het. (Saaser Mundart)   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Chlünteler Schatz

Source: Der Chlünteler Schatz

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Neimet im Chlüntelersee lyt en iserni Chischte, kand so gross wiene liggete Chaschte und vermachet mit sibe Schloss. Die isch pläpplet volle Gält. Nüd ä Wunder ischi so schwääri. Wie isch au der Schatz i See inechuu? Hät ne e Trach inegkyt oder e gytige Chüng? E Füürst isch es gsi und Suworow hät er gheisse und Gäneral isch er gsi.  Der isch Anno 1799 mit e Huufe tuusig russische Soldate übere Pragel chuu und het welle d Franzose ussem Glarnerland vertrybe, as hät er. Aber die Tundere händ si erstellt und si gwehrt wie d Leue. Das hät tätscht und tämered mit Gwehr und Kanune, as me het chänne meine, ds Chlüntel sig de bar Hell. Wo due der Suworow gmerggt hät, ass als bi eim schliengget, so seit er zu sine Manne: «Mir plybet meini bstegge zwüschet dene Bärge. Wänn is der Find nu nüd d Chriegskasse äwägg ninnt! Das bescht wär, mer fleugtet si i See. Der cha si gaume, bis mer wider emal verby chänd!» Und das händ’s au gmachet. Aber der Suworow isch nie mih i ds Chlüntel chuu und au ekeine vu dene Soldate, wo d’Chischte inetrölt händ. Si beitet hüttigstags nuch am glyche Tatsch, die einte säget bim Bäretritt hinde; disi meinet, me fund si am ehsigste i der Seerüti. Sicher isch nu eis: Wer si ufebrächt, der wurd e gmachete Maa!   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Choblezer im Äpelöö

Source: Der Choblezer im Äpelöö

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Eine Viertelstunde unter Klingnau kommt man in der Richtung gegen Koblenz auf die Zürichstraße, die in die Rütinen führt; von dort geht ein Weg links ab in eine Waldung, die das Äpelöö heißt. Davon will ich jetzt erzählen. Das ganze große Äpelöö hat ehemals an das Städtchen Klingnau gehört; man ließ aber der benachbarten Gemeinde Koblenz, die nur wenig Waldung besaß, anfangs unentgeltlich, später kaufsweise ein Stück davon ab. Plötzlich hielten die Koblenzer einen Waldumgang und meinten, ihr Waldbann sei nicht nur zu klein, sondern die Klingnauer hätten mit ihnen die Marken zu beschauen und nach deren Ausweis gleichauf zu teilen. Allerdings ließ nun Klingnau durch die Ältesten die Marken beschauen, aber man befand sie wie die Urkunde darüber will, und sie blieben unverändert. Jetzt kam's zum Prozess und die Schiedsmänner beider Parteien erschienen vor dem Landvogt zu Baden. Noch einmal musste der Wald vermessen und jede einzelne Marke bestimmt werden. Die Kosten liefen groß auf. Die Koblenzer wurden endlich abgewiesen und zur Tragung der Kosten und noch zu besondern Bußgeldern verurteilt. Auf dies hin pflanzte man den Klingnauern den Feind ins eigene Nest; man bestach einen ihrer Machthaber und dieser ließ die städtischen Marchen heimlich so verrücken, dass die Koblenzer bald das gewonnen hatten, was ihnen vorher auf dem Rechtswege aberkannt worden war. Darunter gehörte auch derjenige Teil, den sie nachher in Wiesland umgewandelt und Geißwiese genannt haben. Aber gerade auf dieser geht es nun auch darnach her; denn unrecht Gut — jedoch man höre nur, was sie selber darüber erzählen. Wer als Bube je die Kühe hingetrieben hat und im Äpelöö auf die Geißwiese kommt, der hat gegen Abend doch gewiss bald eine Geiß weiden sehen, oder ist wohl auch auf den Ratsherren gestoßen, der seit seinem Tode dort die Grenzsteine reitet. Und was zweien Jägern um Weihnachten daselbst begegnete, das kann man aus ihrem eigenen Munde vernehmen, denn beide sind noch am Leben. Beide waren zusammen im Äpelöö auf dem Anstand. Beiden kam ein dreibeiniger Hase so nahe, dass ihn jeder hätte mit dem Stocke erschlagen können. Beide fehlten ihn; und kaum war er vorüber, so zitterte der ganze Boden ringsum und es pfiff, als ob man hundert prasselnde Kugeln gegen sie schöße. Die zwei suchten sich nun auf und wollten es für diesmal gelten lassen. Weil sie aber noch junge starke Leute waren, schämten sie sich ihrer Bedenklichkeit bald, und begannen auf einem entferntem Punkte die Jagd wieder. Das Gleiche wiederholte sich hier, nur dass diesmal statt eines dreibeinigen Hasen ein anderes kaum erkennbares Untier im allgemeinen Getöse an ihnen vorbeifegte. Nun gingen sie heim. Sie hatten den Forst schon hinter sich, da krachte es nochmals in den Bäumen, als ob alles durcheinander stürze, und eine abscheuliche Stimme schrie aus vollem Halse drein: „O je!“ Durch die ganze Zürichgass-Straße und genau demjenigen Hag entlang, der bis gegen Klingnau reicht, scholl ihnen diese Stimme nach. Erst beim sogenannten Käppeli war's vorbei. Als sie's daheim erzählten, hieß es überall: „Aha, der Choblezer!“ E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Chriäsibüeb

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1. a) Der Chriäsibüeb war einst ein Hexenmeister in Zürich, der mehr konnte als andere. Er wurde deswegen gefänglich eingezogen (sy hennd-ä hindärä 'tah und i ds Cheefi g'steckt) und sollte verbrannt werden. Er erbat sich aber vor dem letzten Gange, sie sollten ihm noch einige Gumel geben. Man gab ihm welche, und weil ihnen noch etwas Erde anhaftete, konnte er sich unsichtbar machen und den Zürchern noch höhnisch zurufen: »D'Zürcher sind so schwarz wiä d'Rappä, Aber der Chriäsibuäb chönnet s' nid ertappä.« J.J. Huber, 80 J. alt, Sisikon b) Nach anderer Überlieferung schrieb er an die Gefängnistüre: D'Zircher sind witzig, Und ihri Tirm sind spitzig, Und wennd-si Äugä hättet wiä d'Rappä, Sä chenntet-s' der Chriäsibüeb nid ertappä. Franz Müller, 40 J. alt, Altdorf 2. Einst zog er mitten durch die Stadt Zürich (nach Andern durch das Altdorfer-Dorf) und sang laut, den Zürcher (Urner) Herren zum Trotz: »Iähr Herä vo Ziri (Üri) Hennd Äugä wiä Fili, Hennd Äugä wiä Chryä-n- und Rappä, Und doch chenned-er der Chriäsibüeb niänä-n-ertappä.« Alois Planzer, 18 J. alt, Bürglen, u.a. 3. In einem Troge fuhr er durch die Lüfte von einem Berge zum andern (was man auch von der Kastenvögtin im Muotatal erzählt). 4. Der Chriäsibüeb war ein Zauberer und Dieb. Oft wurde er in den Kirschbäumen gesehen, wo er sich die fremden Kirschen wohl schmecken liess; daher sein Name. Er stahl aber auch andere Dinge, verteilte jedoch auch vieles an die Armen. Überall stellte man ihm nach, und nirgends konnte man seiner habhaft werden. Ganz besonders waren ihm die Zürcher aufsätzig. Einst hatten ihn diese erwischt und wollten ihn hängen. Da durfte er noch eine letzte Bitte tun. Er wünschte einen Fadenknäuel oder ein Chlungeli Garn und erhielt es. Kaum hatte er den Knäuel in den Händen, rollte er ihn ein Stück weit ab und warf ihn in die Luft, erhob sich vor ihren staunenden, gaffenden Augen, am abgerollten Faden mit den Händen sich festhaltend, in die Höhe und verschwand. Fr. Wipfli-Herger, 80 J. alt Eine gleiche Episode wurde mir mündlich erzählt inbezug auf die Kastenvögtin von Muotatal. Maria Josefa Aschwanden, 75 J. alt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Chriäsibüeb wird hingerichtet

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Wieder wurde er gepackt und sollte hingerichtet werden. Doch wollten sie sein Leben schonen, wenn er ein einziges »Heilige Maria, Mutter Gottes!« bete. Er aber wollte nicht und sagte: »Ich ha vor zächä Jahrä-n-äs Vatter Unser 'pättet, und das tüet mi jetz nu im Hals unnä brennä.« Der Scharfrichter war im Begriffe, seines Amtes zu walten, und holte zum Streiche aus. Da erblickte er auf einmal drei Köpfe am Halse des Schelms. In der Verlegenheit fragte er den Landammann, was zu tun sei. Der aber wusste auch keinen Rat. Jetzt rief jemand aus dem Volke: »Werfet einen Apfel in die Luft, und, wenn ihr diesen im Herunterfallen mit dem Schwerte entzwei hauen könnt, so werdet ihr den richtigen Kopf treffen!« Der Scharfrichter handelte nach diesem Rat, und, als er den herabfallenden Apfel wirklich in der Mitte entzwei schnitt, da fiel auch der mittlere Kopf des armen Sünders, und sein abenteuerliches Leben hatte ein Ende. M. Josefa Aschwanden, 75 J. alt, Sisikon; Marie Gisler, 52 J. alt, Spiringen Im Maderanertal erzählte man vom Chriäsibüeb auch Urispiegel-Geschichten, d.h. Schalksnarrenstreiche. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Chriemhilden Graben (Glaettli)

Source: Der Chriemhilden Graben (Glaettli)

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Der Chriemhildengraben (Glaettli) Weit vom Meeresstrande her wanderte einst eine Familie ins Knonauer Amt ein. Der Mann war von friedlicher Gemütsart, das Weib finster und ungesellig, doch dem Gefährten eine treue Gehilfin und dem wunderlieblichen Kinde eine sorgsame Mutter. Hinter Vollenweid‚ auf dem Berge am Türlersee, bauten sie eine Hütte und erwarben beträchtliches Grundeigentum. Wundersam gedieh die Arbeit ihrer Hände, und was sie gepflanzt, blühte und reifte in üppiger Fülle. Vor allem erfüllte der herrliche Garten die Nachbarn mit Bewunderung, aber auch mit geheimem Neide. Mit freundlichem Sinn teilten der Mann und das Kind von den duftenden Blumen und den saftigen Früchten auch vorbeiziehenden Wanderern und den Nachbarn mit, und oft trug das liebliche Mädchen den Kranken der Umgebung heilsame Kräuter zu. Das sah die Mutter - Chriemhilde nennen sie die einen, die andern Verena - nicht gerne, doch Vater und Kind beschworen mit freundlicher Mahnung den bösen Geist in ihr. Nach etlichen Jahren geschah es, dass der gute Vater in den erbosten Wellen des Türlersees sein Grab fand. Mit ihm entwich der gute Geist, der über dem Hause gewaltet hatte. In finsterer Trauer arbeitete das Weib weiter, aber in ihrem Herzen wucherten Habsucht und Menschenhass. Umsonst harrten die Kranken der Heilkräuter, umsonst schauten die Nachbarskinder nach den Wunderblumen in Chriemhildens Garten. Die Unglückliche erweiterte unbefugt ihre Grenzen. Das liessen sich die Herferswiler nicht bieten. Ohne der Guttaten des Verstorbenen zu gedenken, fielen sie über die Witwe her und brachten sie mit Zank und Hader und rastlosem Treiben vor den Gerichten um ihren Grundbesitz. Das gute Kind aber konnte das Wesen der Mutter nicht ertragen; es welkte dahin und fand im Schoss der Erde frühe seine Ruhestätte. Als nun Chriemhilde einsam geworden und ihr die Herferswiler alle Grundstücke bis auf den Garten wegprozessiert hatten, sprach sie in wildem Unmut: „So kann ich doch noch gartnen!“ Aber es war kein Segen bei ihrer Arbeit, und der Garten blieb ein Schatten von der ehemals lachenden Pracht. Schliesslich beraubten die Nachbarn sie auch noch des Gartens, und das Weib lebte nur noch im Gefühl der Rache. Da nahte ihr der Böse. Der gab ihr ein, sie solle mit dem Wasser des Türlersees, das ihren Mann verschlungen hatte, ihre Feinde ertränken und ihre Felder verwüsten. Ein Hügel, der Jungalbls, trennt nämlich den See von dem Dorfe, und diesen wollte sie mit Teufels Gewalt durchstechen. De Böse verlieh ihr Riesenkräfte und -gestalt. Eines Nachts machte sie sich ans Werk. Mit einer Schaufel wie ein Tennstor so gross, schaffte sie in grausiger Hast, mit jedem Stich einen Schuh weit vorrückend. Da sie aber mit dem Teufel abgemacht hatte, sie dürfe bei der Arbeit kein Wort reden, konnte sie ihrer Freude über das rasche Vordringen der Arbeit nicht Ausdruck geben. Sollte sie aber ein Wort über die Lippen lassen, bevor das Wasser durch den Graben in die Herferswiler Felder laufe, so wäre sie sein. Wie sie zum letzten Stich die Riesenschaufel hob, konnte sie ihr Entzücken nicht mehr bändigen, und wild jauchzend rief sie: „So ist’s geschehen, Gott zu lieb oder zu leid!“ In diesem Augenblick entführte ein brausender Sturm die Hexe durch die Luft, auf die blumigen Halden des Glärnisch. Aber unter ihrem Fusse erstarrten Gräser und Kräuter zu Eis. Noch heutzutage steht sie dort, auf ihren Spaten gelehnt, ein zackiger Eisblock und nimmer taut sie auf von den Tränen der Liebe. Denn sie hat nur Hass gesät und Fluch geerntet. Der Graben aber, den sie ausgehoben, blieb, und die Leute nannten ihn nach ihr „Chriemhildengraben“. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Knonauer Amt Nach Meyer, S. 8, Schlusssatz von K. W. Glaettli zugefügt. Kohlrusch, S. 292, hat eine wesentlich andere Formulierung. Als seine Quellen nennt er „mündliche und schriftliche“ Mitteilung aus Zürich, und Reithard, S. 145. Kohlrusch wörtlich: Ein fahrender Schüler, der in Salamanca die Zauberei erlernt hatte kam einst auf seinen Fahrten durch die Welt, die er mit Hülfe des Teufels unternahm, auch an den Türlersee. Zu dieser Zeit wohnte dort eine Frau namens Chriemhild, welche sehr schön, dabei aber auch sehr bös und neidischen Gemüthes war. Ihr Hass und Neid waren aber besonders gegen ihre Nachbarsleute gerichtet, deren Felder und Wiesen sich immer bei weitem fruchtbarer zeigten als ihre eigenen. Da nun das schändliche Weib schon längst gewünscht hatte, einmal ihre Bosheit an dem Gut ihrer Nachbarn auszulassen, so kam ihr die Ankunft des fahrenden Schülers, durch dessen Kunst sie Wiesen und Felder derselben, wo möglich noch unfruchtbarer als die ihrigen, zu machen hoffte, eben recht. Dieser, in sündiger Liebe zu dem schönen Weibe entbrannt, willigte auch alsbald in das böse Verlangen ein und machte sich eines Nachts daran, einen grossen Graben zu ziehen: vermittelst er das Wasser aus dem Türlersee auf die Wiesen und Felder jener Nachbarn leiten wollte, um sie so zu überschwemmen und ihren warmen, fruchtbaren Boden in klaten, nassen Moorgrund zu verwandeln. Bald wäre auch das boshafte Werk gelungen, nur noch wenige Spatenstiche fehlten und das Wasser wäre in den Graben eingebrochen, da kam aber von ungefähr ein frommer Pilgrim des Wegs daher, der das Schändliche des Unternehmens sofort erkannte und den fahrenden Schüler samt dem bösen Weibe mit der Kraft seines heiligen Willens auf den Glärnisch verbannte, wo beide verdammt sind, auf dem mittlern, mit ewigem Eis bedeckten Gebirgsstock einen Garten anzulegen. Erst wenn dieser Garten, den das Volk das Vreneligärtli oder den St. Verenagarten nennt - jener Pilger soll nämlich die heilige Verena gewesen sein - vollendet ist, wird die Erlösung der Beiden erfolgen. Das wird aber wohl niemals geschehen, eben so wenig als den Verdammten bei Lebzeiten die Vollendung des Grabens gelang, der von dem bösen Weibe noch heute den Namen „Chriemhildengraben“ führt. Darstellung von Herzog I. S 213, wörtlich: Oben im Bezirk Affoltern am Fuss des Albis liegt der unheimliche Türlersee, der tiefste des Kantons. Dieser See samt seiner Umgebung gehörte in grauer Vorzeit einer arbeitsamen, braven aber stolzen Frau; das Volk nannte sie „Frau Vrene“.Da begab es sich, dass die Herferschwiler, unter dem Jungalbis an der Jone, betreffend der Markung mit der Frau heftig in Streit gerieten. Sie wollte vor keinen Richter, es sollte nach ihrem Kopfe gehen. Die Herferswiler hatten auch harte Köpfe und gaben nicht nach. Da fasste Frau Vrene in ihrem Zorn den Entschluss, durch einen tiefen breiten Graben durchs Jungalbis den Türlersee ins Gelände der Gegner zu leiten und es so zu verwüsten. Fahrende Schüler halfen ihr recht gefällig dabei.Der Graben war vollendet bis zum letzten Spatenstreich, da erfasste sie einer und sagte: „Du musst mit mir, du magst wollen oder nicht!“ Blitzschnell führte er sie auf eine liebliche grüne Halde oben auf der Westseite des Glärnisch, ihr bedeutend; „Hier kannst du gartnen!“ Aber der schöne Alpengarten verwandelte sich in eine Gletscherhalde‚ und Frau Vrene steht, den Spaten in der Hand, heute noch dort, zur Eissäule verwandelt. „Vrenelis Gärtli“ glänzt zu allen Zeiten hell wie Silber herüber ins Knonauer Amt. Stauber, S.49, hat die Fassung Kohlrusch; Lienert, S. 39, nach Herzog umstilisiert. Meyer, Ortsnamen des Kantons Zürich, S. 85, Nr. 182, erzählt: Die Einwohner von Herferswil hatten einst Chriemhilde, die Hexe, die am Türlersee wohnte, erzürnt. Sie schwur, sich zu rächen, den See abzugraben und das Wasser über die Felder von H. zu leiten. Als sie etwa 200 Fuss gegraben hatte, schwur sie, fertig zu graben, Gott zu lieb oder zu leid. Gott erregte einen Sturm, der Ch. die Schaufel zerbrach und sie selbst aufs Vrenelisgärtli forttrug. Gemeindechronik Mettmenstetten 1905, unter dem Titel „Verena vom Türlersee“: Frau Vrene wollte mit Hilfe des Teufels am Hexengraben, einer Bucht des Sees gegen die Linden und Herferswil einen Kanal graben, um die Felder der Herferswiler zu ersäufen. Vor dem letzten Spatenstich tat sie einen schadenfrohen Fluch. Da kam ein Sturmwind, der sie im Auftrag des Teufels auf den Glärnisch trug, wo sie noch steht. Zu „Verena“ vgl. J. U. Hubschmied, „Bezeichnungen von Göttern und Dämonen als Flussnamen“, Bern 1947, S. 4. - Der „kriemhilten graben“ wird in der Offnung von Borsikon von 1412 genannt (Rechtsquellen des Kts. Zürich I, S. 58 u. 59). Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Chriemhilden Graben (Vernaleken)

Source: Der Chriemhilden Graben (Vernaleken)

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Dieser liegt am Türlersee im Kanton Zürich in der Richtung nach Heferschwil. Dort hörte man folgende Sage erzählen: Die Einwohner von Heferschwil hatten einst Kriemhilt, die Hexe, die am Türlersee wohnte, erzürnt. Sie schwur, sich zu rächen, den See abzugraben und das Wasser über die Felder von Heferschwil hinzuleiten. Sie begann den Durchstich durch einen kleinen Berg, der zwischen dem See und jenem Weiler lag, mit einer Schaufel, so gross wie ein Tenntor. Sie hatte bereits einen langen Graben gemacht, etwa zweihundert Fuss lang; allein sie hatte geschworen, sie wolle den See abgraben, Gott zu lieb oder zu leid. Darob ergrimmte Gott, erregte einen gewaltigen Sturm, zerbrach ihre Schaufel und liess sie durch den Sturmwind fortreissen bis auf Vreneli's Gärtli am Glärnisch, ein Berg, der sich von dieser Stelle aufs Schönste dem Auge darbietet.   Quelle: Theodor Vernaleken, Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch


by Der Dallabermärti

Source: Der Dallabermärti

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Der alte Gemeindeweibel Schaffner erzählte: Schon in meinen jungen Jahren hatte ich vom Geist dieses Unholdes viel zu leiden. Er kam in meine Schlafkammer, schlug auf das Bett ein und versuchte mich am Hals zu packen. Wenn ich dann erwachte und zu fluchen anfing, machte er sich mit Spektakel aus dem Staube. In der unteren Stube hörten meine Angehörigen den Lärm, konnten aber nichts sehen. Mein Götti gab mir den Rat, einen gut geschliffenen Säbel bereit zu halten und mich damit zu wehren. Gesagt, getan. In einer darauffolgenden Nacht war ich eben am Einschlafen, als ich etwas die Treppe heraufkommen hörte. Dann kam es über das Bett und griff mir an den Kragen. Ich hatte aber die Hand schon am Säbelgriff und fing an dreinzuschlagen. Dabei fluchte ich, was mir in den Sinn kam. Plötzlich hörte der Angriff auf, und es rasselte wie mit Spannketten die Stiege hinunter, in die Küche und zuletzt in den Keller. Einige Zeit nach diesem Vorfall musste ich nachts im Stall einer Geiss abwarten, die gitzeln sollte. Um mir die Zeit etwas zu vertreiben, fing ich im Keller nebenan zu graben. Es hiess nämlich immer, der Dallabermärti habe in seinem früheren Wohnort einen Schatz vergraben. Ich stiess bald auf eine verdächtige Steinplatte. Darunter aber fanden sich nur Menschenknochen. Da in diesem Hause, das einst dem Dallabermärti gehört hatte, früher Reisende beherbergt wurden, nahm ich an, es sei einmal einer beraubt, ermordet und an dieser Stelle begraben worden. Aus diesem Grunde müsse der Dallabermärti immer noch als Geist erscheinen und abbüssen. Augst Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Dank der Toten

Source: Der Dank der Toten

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Vor mehr als 100 Jahren war es, da hatte ein Priester von Silenen eine sterbende Mutter auf Frentschenberg »ausgetröstet« und verliess nun, nachdem er seines Amtes gewaltet, das Haus; es mochte etwa um 2 Uhr sein in der Nacht. Man wollte ihn heimbegleiten, aber er wünschte allein den Weg zu gehen, den er ja kannte wie seine Rocktasche. Da, wo der schmale Pfad dem fürchterlichen Abgrunde sich nähert, kam aus der Wiese eine Gestalt mit einem Licht auf den Geistlichen zu, ging ihm voran, zündete ihm auf dem schlüpfrigen Wege durch die jähe Wandelen, über die Brügeren und hinunter bis an das Ende des schmalen Weges, wo dieser im Teifenlachen in die breite Landstrasse ausmündet. Hier erstellte sich die Gestalt und gab sich als die soeben verstorbene Frau zu erkennen. »Dank euerer Hilfe bin ich gut gestorben und zur Seligkeit gelangt«, sagte sie zum grossen Trost des Priesters und verschwand. Es mochte etwas über halb vier Uhr sein, als der Geistliche die breite, sichere Landstrasse betrat. Da bewegte sich plötzlich ein heller Schein, der die ganze Strassenbreite einnahm, vor ihm her, es wurde so hell, dass er hätte lesen können. Er schaute zurück und erblickte – den Glasscheibenhund, dessen grosses Feuerauge so zündete! Der wollte ihm nur zeigen, dass er eigentlich auch da wäre und zünden könnte. Tobias Lussmann, Silenen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Dank des wilden Männleins

Source: Der Dank des wilden Männleins

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In Safien weiss man noch die Stelle und zeigt, da das wilde Männlein mit seiner Frau gewohnt hat. „Z'wilta Mannlis Balma", ein überhängender Felsen, unter welchem die Wohnung stand, liegt in der Alp Falätscha und jeder Knabe aus den benachbarten Höfen kann einem dieselbe zeigen. Von dort kam einmal, es war schon in dunkler Nacht, ein wildes Männlein nach dem Hofe „Bühl" und klopfte leise an einem Hause an, wo eine Frau wohnte, welche im Tal als eine gewandte Geburtshelferin bekannt war. Als die Frau unter die Türe trat, eröffnete nun das Männlein ihr sein Anliegen. Jene bezeigte aber keine Lust in tiefer Nacht dem Männlein zu folgen. Aber als dann das Männlein unter Tränen sie um ihrem Beistand bat, da willigte sie endlich ein. Das Männlein wartete vor der Türe, bis die Frau kam. Die Alp Vallätscha und des wilden Männleins Wohnung waren nicht sehr weit; die Frau ging so rasch sie konnte, aber es war ihr unmöglich, dem Männlein Schritt zu halten, welches stets voran lief und dann wieder bis zur Frau zurückkehrte, weil dieses Völklein nur lief und niemals ging. Bei der „Balma" angekommen, gelang es der Frau, das wilde Weiblein von einem Zwillingspärchen zu befreien, welches auch gleich nach der Geburt mit Händen und Füssen zappelte und am Boden herumzukriechen begann. Nun wollte sich die Frau entfernen. Da hiess das wilde Männlein sie ihre Schürze mit Kohlen füllen, die auf dem Feuerherde lagen. Die Frau tat es auf wiederholtes Zureden, um dem wilden Männlein zu willfahren, liess dann aber aus der nachlässig aufgeknüpften Schürze unterwegs fast alle Kohlen herausfallen, welche dann das Männlein, das bis zu ihrer Wohnung ihr nachlief, auflas. Sie warf die drei Kohlen, welche sie noch übrig hatte, in der Küche auf den Herd. Am andern Morgen fand sie dieselben in Gold verwandelt; sie eilte zurück den Berg hinan, um die verlorenen Kohlen zusammenzulesen, aber das Männlein hatte sie alle sorgsam mit sich genommen. Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der dankbare Frosch

Source: Der dankbare Frosch

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Vor Jahrhunderten lebte ein mächtiger König, der hatte drei Söhne. Einmal wurde der König schwer krank. Der Arzt erklärte, nichts könne den Kranken heilen ausser dem Gesang eines Vogels, der im Land der Mohren sei. Darauf gab der König seinem ältesten Sohn einen vollen Geldbeutel und befahl ihm, den Vogel zu holen. Der Prinz ging voller Mut weg, kam aber nicht mehr zurück. Nach ein paar Jahren ging der mittlere Bruder, doch auch auf ihn wartete man vergebens. Da nahm der Jüngste einen Beutel voll Goldtaler und ein grosses Schwert und machte sich auf, den Vogel zu suchen. Nach einigen Tagen kam der Prinz in eine Stadt und da sah er die Leute einen Toten durch die Strassen schleifen. Im Wirtshaus fragte der Königssohn, weshalb sie den Toten durch die Strassen zögen. Wer seine Schulden nicht bezahlen könne, werde hier nach seinem Tod so behandelt, gab der Wirt zur Antwort. Der Prinz, der ein Herz wie Gold hatte, ging darauf zum König dieser Stadt, bezahlte dort die Schulden des Toten und liess ihn begraben, wie es sich gehört. Als er am andern Morgen durch einen Wald ging, hörte der Prinz hinter sich rufen: «Wart ein wenig! Warte!» Als er zurückschaute, kam ein Frosch daher, der hüpfte aufs Pferd und sagte: «Ich bin die Seele des Toten, den du hast begraben lassen, und ich bin gekommen, um dir zu helfen. Mach nur, was ich dir sage, dann wird’s dir gut gehen!» Im Land der Mohren befahl ihm der Frosch, in der Nacht zum Turm zu gehen, wo der König der Mohren den Vogel hatte und wo viele, viele Wachen aufgestellt waren. Er solle die Mauer hoch klettern, den Vogel aus dem Käfig nehmen und wieder herunterkommen. Aber er müsse schauen, ausser dem Vogel nichts anderes mitzunehmen. Am Abend begab sich der Prinz zum Turm, und während der Nacht kletterte er bis zum Zimmer hinauf, wo der bewachte Käfig stand. Aber die Soldaten schliefen, und der Bursche konnte den Vogel ohne Mühe aus dem Käfig herausholen. Aber als er den schönen goldenen Käfig anschaute, reute es ihn, das schöne Stück dazulassen, und er versuchte trotz dem Befehl des Frosches, den Käfig mitzunehmen. Darob erwachten die Soldaten, und sie packten ihn und führten ihn als Dieb ins Gefängnis. Aber im Gefängnis besuchte ihn der gute Frosch. «Schau, wie es geht, wenn man seinen Kopf durchsetzen will und habgierig ist!» sagte er. Da weinte und jammerte der Bursche, aber der Frosch tröstete ihn und sagte: «Lass nur, ich will dir schon helfen! Der König wird dir morgen das Leben schenken, wenn du versprichst, ihm das Pferd eines seiner Nachbarkönige zu bringen. Und das versprich nur! Machst du, was ich dir sage, so haben wir in kurzer Zeit das gewünschte Tier!» Am andern Morgen liess der König den Burschen zu sich kommen und versprach ihm die Freiheit und den Vogel, wenn er ihm das weisse Pferd seines Nachbarn bringe. Darauf ritt der Prinz fort, und er und sein Frosch kamen bald in die Stadt des Königs, der das prächtige weisse Pferd besass. Wieder befahl der Frosch dem Burschen, was er nachts zu tun habe, um das Pferd zu holen. Aber er ermahnte ihn auch, nichts anderes anzurühren. Ohne dass die Wachen etwas merkten, schaffte es der Bursche, in den Stall zu gelangen, wo das weisse Pferd stand. Schon hatte er das Pferd unbemerkt losgebunden, da sah er in einer Ecke eine schöne Decke. «Das wäre eine Decke für mein Pferd», dachte er. Und er vergass den Frosch und fasste die Decke an. In dem Augenblick erwachte ein Wächter, er schlug Alarm, und der Prinz landete wieder im Gefängnis. Der Frosch besuchte ihn auch diesmal und machte ihm Vorwürfe. Aber als er sah, wie sehr der Prinz sich vor dem Henkersschwert fürchtete, sagte er: «Dieser König schenkt dir die Freiheit, wenn du versprichst, ihm die schöne Prinzessin zu bringen, die in der nächsten Stadt von zehn Drachen bewacht wird.» Am andern Morgen musste der Prinz vor dem König alles erzählen, wozu und warum er das Pferd nehmen wollte. Als der König die Geschichte hörte, sagte er: «Wenn du mir die schöne Prinzessin bringst, welche in der nächsten Stadt von zehn Drachen bewacht wird, sollst du das Pferd bekommen.» «Das will ich versuchen», antwortete der Prinz, und darauf liessen sie ihn frei. Noch am gleichen Abend kam er mit dem Frosch zu einem uralten Schloss, wo die schöne Prinzessin war. Mit Hilfe des guten Frosches gelang es dem Prinzen, nachts ins Zimmer der Prinzessin zu kommen. Und weil er den Rat des guten Gefährten befolgte, nahm er nur die Prinzessin mit, und so konnte er mit ihr ohne Mühe das Schloss verlassen. Der Frosch hielt schöne Kleider für die Prinzessin bereit, und sobald sie angezogen war, ritten sie im Galopp davon. Aber unterwegs verliebte sich der Königssohn fest in die befreite Prinzessin, und der schöne Bursche gefiel ihr auch. Und die Prinzessin versprach ihm Treue und gab ihm zum Zeichen dafür die Hälfte ihres Ringes. Als sie in der Stadt des Königs waren, dem das weisse Pferd gehörte, überliess der König sogleich, als er die Prinzessin sah, dem Burschen das Pferd. Aber der Bursche auf dem Pferd äusserte noch den Wunsch, die befreite Prinzessin küssen zu dürfen. Dies erlaubte der König ohne Argwohn. Doch während der Bursche die Prinzessin küsste, packte er sie, zog sie aufs Pferd und gab dem die Sporen, so dass sie durch die Luft flogen. Bald waren sie in der Stadt, wo der König mit dem Vogel wohnte. Der König gab voller Freude über das weisse Pferd dem Prinzen den Käfig mit dem Vogel. Doch der Prinz bat auf den Rat des Frosches hin, nochmals mit dem schönen weissen Pferd durch die Stadt reiten zu dürfen, doch statt zum König zurück, galoppierte er heimwärts. Nachdem der Prinz den Vogel auf diese Weise erworben hatte, nahm der Frosch von ihm Abschied. Aber er gab ihm noch auf den Weg den Rat: «Kaufe kein Fleisch vom Galgen!» Als der Prinz auf dem Heimweg in eine Stadt kam, sah er eine Menge Leute um den Galgen herum versammelt. Als er hinging, um zu schauen, was los sei, sah er seine beiden Brüder mit einem Strick um den Hals. Er befahl den Henkern zu warten, und als er sie fragte, weshalb die beiden gehängt würden, gaben sie ihm zur Antwort, das seien Spitzbuben, die gestohlen und betrogen hätten. Mit einer grossen Geldsumme kaufte er schliesslich seine beiden Brüder los und reiste mit ihnen zusammen heim. In einem dunklen und grossen Wald blieben die beiden Brüder ein wenig zurück, und als sie unter sich waren, führte der Teufel sie in Versuchung: «Was sollen wir dem Vater sagen, wenn wir nach Hause kommen, und der Jüngste erzählt, wie er uns gefunden hat?» begann einer zu reden. «Wir verlieren die Krone und die Ehre!» sagte der andere. So gab ein Wort das andere, und die beiden wurden sich einig, ihren guten Bruder umzubringen. Bald fanden sie dazu eine gute Gelegenheit. Am Strassenrand war ein schrecklich tiefer Brunnen, und dorthin lockten sie den Prinzen, und als er in die Tiefe schaute, gaben sie ihm einen Stoss, und er stürzte ins dunkle Loch hinunter. Als die Prinzessin das sah, jammerte und weinte sie, doch die beiden Rohlinge drohten ihr mit dem Tod, wenn sie das Maul nicht halte. Und sie gingen zu ihrem Vater, dem König. Sobald der König den ersten Pfiff des Vogels hörte, war er gesund. Und er gab ein Festessen, gleichzeitig auch zu Ehren der Prinzessin, mit welcher der älteste Prinz bald Hochzeit machen wollte. Unser Ärmster im Brunnenschacht unten war ganz verzweifelt, und er konnte nichts anderes tun, als schreien und weinen. Aber auf einmal kam der Frosch zu ihm. «Habe ich nicht gesagt: kaufe kein Fleisch vom Galgen!», warf er ihm vor. Doch der Frosch gab dem unglücklichen Burschen ein paar Schuhe, mit denen er sieben Stunden weit in einem Schritt gehen konnte. Mit diesen Schuhen war er gleich zu Hause. Dort ging er in die Küche und fragte schüchtern nach Arbeit. Der Koch, der ihn wegen seiner schmutzigen und dreckigen Haare und Kleider nicht erkannte, erlaubte ihm, Holz hinaufzutragen. Doch als der Koch wegging, legte der Bursche den halben Ring der Prinzessin in ein Küchlein, welches für den Tisch des Königs vorbereitet war. Die Prinzessin bekam genau dieses Küchlein, und als sie den halben Ring sah, rannte sie in die Küche und erkannte sogleich ihren Bräutigam. Dann ging der Frosch mit den beiden in die Stube und erzählte vor dem König, den Geistlichen und den vornehmen Herren die Geschichte des jüngsten Prinzen, und was sie ihm angetan hatten. Darauf gab der alte König dem Jüngsten die Krone, und am gleichen Abend fand die Hochzeit mit der Prinzessin statt. Vier Pferde rissen die beiden bösen Brüder in Stücke.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der dankbare Zwerg

Source: Der dankbare Zwerg

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Es war gegen Herbst. Die Hirten rüsteten sich zur Talfahrt. Da klopfte es eines Tages an einer Sennhütte auf der Muschenegg. Der Hirt öffnete die Türe, und vor derselben stand ein bärtiges Zwergenmannli. Das fragte, ob es nicht eine Kuh zum Wintern bekommen könnte, es wolle reichlich bezahlen. Der Hirt traute zwar dem Kleinen nicht recht; doch wollte er das Zwergenvolk nicht erzürnen, denn es hatte ihm während des Sommers die Tiere gehütet und keines zu Schaden kommen lassen. Darum gab er endlich eine Kuh — nicht die beste — nur eine elende, magere. Aber das Männlein war zufrieden, dankte und versprach das Tier im Frühjahr zurückzubringen. Dann zog es freudig mit der Kuh ab. Der Hirt folgte ihm von ferne. Er wollte wissen, wo der Zwerg die Kuh unterbringe. Aber dieser verschwand mit dem Tiere in einer Spalte der Kreuzfluh. „Der kommt nicht wieder“, dachte der Hirt, „und die Kuh ist verloren“. Herbst und Winter vergingen. Der Frühling zog ins Land. Auf den Bergen schmolz der letzte Schnee und die Weiden kleideten sich in frisches Grün. Die Herden zogen wieder auf die Alpen. Die Schellen und Treicheln läuteten, und von den Höhen erklangen die hellen Jodler. Auf der Muschenegg herrschte frohes Treiben; Hirten und Herden waren angekommen. Schon am ersten Abend klopfte das Zwerglein wieder an die Türe der Hütte und brachte dem Hirten eine schöne, wohlgenährte Kuh und ein prächtiges Kalb. Der aber riss die Augen auf und konnte nicht glauben, dass diese schöne Kuh die nämliche sei, die er im Herbst dem Zwerge gegeben. Sein Erstaunen wurde aber noch grösser, als ihm das Männlein noch eine Rolle nagelneuer Taler gab und dazu bemerkte: „Das ist für Milch, Butter und Käse - und für das Zutrauen, das ihr mir geschenkt habt.“ Der Hirt wollte sich entschuldigen, dass er nicht eine bessere Kuh gegeben habe, aber das Zwerglein dankte nochmals und machte sich eilig davon.   Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch  


by Der Dengeler

Source: Der Dengeler

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In der Nacht vor dem längsten Tag erscheint auf den Näfelserbergen ein seltsamer, geisterhafter Mann. Beim Zwölfuhrschlag wandelt die knochige, in ein weisses Tuch gehüllte Gestalt auf eine alte Wettertanne zu, setzt sich dort auf einen Stein und beginnt, ihre mitgebrachte Sense zu dengeln, dass die hellen, harten Schläge weithin durch die stille Bergnacht zu hören sind. Die Bauern haben sich an den unheimlichen Gesellen gewöhnt, sprechen aber nicht gerne von ihm. Einmal erzählten sie die Geschichte einem Talbauern. Der hörte ihnen ungläubig lächelnd zu und spöttelte: «Gänd das amene Tümmere a! Z’erscht wett ich der Tängeler emal mit eigene Auge gsih. Eb ich sernigs Züüg pagge!» Da könne er den Geist gleich in ihrer Hütte erwarten und von dort aus beobachten, schlugen die Bergler vor, und so wurde es gehalten. Pünktlich fand sich der Neugierige ein. Während seine Gastgeber, vom strengen Tagewerk ermüdet, bald einschliefen, legte er sich auf die Lauer. Genau um Mitternacht erschien der hagere Weisse auf seinem Arbeitsplatz, legte die Sense zurecht und fasste mit knochiger Faust den Hammer. Täng-täng-täng-täng! Dabei ging von der Geistergestalt ein fahles, schwefliges Licht aus. Diesen schaurigen Anblick konnte der Talbauer nicht ertragen. Ohnmächtig sank er zu Boden, wo ihn die Bergler am Morgen fanden. Nur mit Mühe riefen sie ihn ins Bewusstsein zurück. Seither lächelte er nicht mehr über die merkwürdigen Erzählungen jener Bauern.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Deserteur des Burgerwaldes

Source: Der Deserteur des Burgerwaldes

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Auf einer lichten Stelle des Burgerwaldes, Schwand genannt, lebte seit langer Zeit die Familie Bürky. Zwei Brüder, Joseph und Benz, Stina, ihre Schwester, und Lisebeth, die Ehefrau des Benz, gehörten dazu. Die Freude der Familie aber war Peter, Benzens Sohn. Die Bürky waren arm, aber rechtschaffen und arbeitsam. Sie lebten friedlich im Gebirge vom Ertrage ihrer Arbeit. Benz war je nach Gelegenheit Mäusefänger oder Heuer, oft half er den Nachbarn beim Dreschen des Getreides. Stina und Lisebeth spannen und strickten. Joseph hatte bis 1801 in der französischen Armee gedient. Jetzt betrieb er das Schreinerhandwerk. Er belebte in der Familie die langen Winterabende, indem er seine Kriegserlebnisse erzählte. Die Bürky hatten fünf oder sechs Ziegen und eine Jucharte Land, worauf sie Kartoffeln pflanzten. Sie begnügten sich mit wenigem und fielen niemandem zur Last. Der Sohn Peter wuchs zum Jünglinge heran. Er war gut, milde und treuherzig, aber ohne Schulkenntnisse. In St. Silvester wurde damals noch nicht regelmässig Schule gehalten wie heute. Während er die Ziegen hütete, hatte er die kleine Flöte, die er als St. Niklausgeschenk erhalten hatte, spielen gelernt. Wollte man an einem Sonn- oder Festtage einen vergnügten Nachmittag verbringen, so berief man den Peter Bürky, der gerne kam und sein Instrument spielte. Man trank selten Wein, den Branntwein kannte man kaum. Aber ein anderer Fallstrick bedrohte damals die Jugend: die Rekrutierung für den fremden Militärdienst. In Frankreich regierte Napoleon. Er hatte der Schweiz die Vermittlungsurkunde gegeben (1803), verlangte aber, dass unser Land ihm dafür vier Regimenter Hilfstruppen schicke, jedes zu 4000 Mann. In diesen Regimentern, die an allen Feldzügen Napoleons teilnahmen, entstanden durch Krieg und Krankheiten zahlreiche Lücken, die sofort wieder ausgefüllt werden mussten. Die Anwerbung bot viele Schwierigkeiten. Viele junge Schweizer waren schon in den französischen Kriegsdienst gezogen, aber wenige davon waren zurückgekehrt. Um den Werbern ihre Aufgabe zu erleichtern, hatte die Regierung ihnen erlaubt, in den Wirtschaften öffentliche Tänze zu veranstalten. Wehe dem jungen Manne, der bei solchen Anlässen ein Glas Wein oder ein Geldstück annahm oder schrie: „Es lebe der Kaiser!“ Er wurde als angeworben betrachtet, unbarmherzig seiner Familie entrissen, nach Pontarlier oder Besançon geschleppt und dort in Verwahrung genommen. Peter Bürky begab sich an einem Fastnachtmarkte nach Freiburg. Es war vielleicht das erste Mal, dass er in die Stadt kam. Hier traf er Kameraden, mit denen er das Wirtshaus „zum Schild“ besuchte. Da wurde getanzt, und man trank auf den Kaiser. Ein Anwerber suchte den braven jungen Mann, welcher die ihm drohende Gefahr nicht erkannte, zu verlocken. Bürky, des Weines ungewohnt, trank ohne Misstrauen und fing auch an zu tanzen. Sein Blut geriet bald in Wallung. Ohne sich darüber Rechenschaft zu geben, was er tat, nahm er Handgeld. Als seine Kameraden dies sahen, erschraken sie und führten ihn rasch weg. Allein der Werber hatte sich Name, Vorname und Wohnort wohl gemerkt. Nach einigen Tagen wurde der junge Bürky im Schwand abgeholt. Seine bestürzten Eltern begleiteten ihn bis nach Freiburg und hofften, ihn befreien zu können. Aber die eingegangene Verpflichtung wurde als gültig anerkannt. Sie konnten ihren Sohn den Händen des Werbers nicht entreissen. Untröstlich kehrten sie auf den Berg zurück, und Peter reiste nach Pontarlier ab. Er war damals kaum 21 Jahre alt. Hier wurde er mit groben Worten auf den Kriegsdienst eingedrillt, denn bald sollte er nach Holland, in ein Schweizerregiment, versetzt werden. Bürky wusste aber mit der Hirtenflöte besser umzugehen als mit der Muskete. Das Heimweh ergriff ihn. Er dachte nur noch an seine weinenden Eltern, an seine Freunde, seine Berge, seine Ziegen. Er konnte weder schlafen noch essen, und so sah man den blühenden Jüngling dahin welken. Eines Tages hörte er den Freiburger Kuhreihen singen. Die „Lioba“ des Käsenberg ergriffen seine Seele wie nie zuvor. Er hielt`s nicht mehr aus und ergriff die Flucht. Drei Monate nach seiner Abreise von Freiburg klopfte der junge Bürky des Nachts bei seinen Eltern im Schwand wiederum an. Gross war die Freude des Wiedersehens, aber sie war nicht von langer Dauer. Seine Flucht wurde der Regierung zur Kenntnis gebracht und bald erschienen die Landjäger, um den Deserteur einzufangen. Aber Peter verbarg sich bei der Kreuzfluh in einer Höhle. Während mehrerer Monate verfolgten sie vergebens seine Spur. Eines Tages kamen drei Polizisten auf den Schwand, durchsuchten das Haus vom Keller bis auf den Dachboden und durchquerten die ganze Umgebung, aber ohne Erfolg. Müde und enttäuscht kehrten sie zurück. Sie schlugen den Weg nach dem Plasselbschlund ein. Als sie an der Kreuzfluh vorbeikamen, sprang plötzlich der Hund der Familie Bürky aus einer Höhle und bellte sie an. Der Hund wurde zum Verräter. Während der eine Landjäger mit vorgehaltenem Gewehr in die Höhle eindrang, bewachten die beiden andern deren Ausgang. Bürky war entdeckt. Obgleich er ein starker, junger Mann war, erklärte er doch der Übermacht gegenüber sich ergeben zu wollen. Er folgt dem Polizisten, entreisst ihm aber unversehens die Waffe, schlägt ihn nieder, wirft beim Herauskommen einen zweiten nieder und entflieht mit Blitzesschnelle in den nahen Wald. Der dritte Verfolger schiesst auf ihn und hat ihn nach den hinterlassenen Blutspuren verletzt. Der Flüchtling aber war verschwunden. In die Hütte der armen Familie Bürky kehrten von neuem Entmutigung und Trostlosigkeit ein, denn sie vernahm nichts mehr von ihrem lieben Sohn. Benz und Lisebeth starben nach kurzer Zeit, Joseph und Stina lebten noch mehrere Jahre. Mehr als dreissig Jahre später sahen Hirtenknaben auf der Muschenegg, einer Bergweide oberhalb des Burgerwaldes, einen Mann, vor dem sie sich gefürchtet hätten, wenn er nicht vor einem Feldkreuz niedergekniet wäre. Er trug Kleider wie ein schwarzer Kapuziner und einen langen grauen Bart. Dieser Eremit befragte sie, ob die Bürky noch im Schwand wohnhaft seien. Aber die jungen Hirten kannten weder die Bürky noch ihre Hütte, die längst niedergerissen war. Der Fremde wischte sich eine Träne aus dem Auge und verschwand im Burgerwald. Einige Tage später sah man ihn durch das Dorf Zurflüh gehen. Später vernahm man, dass ein Pietro Bürky in Roveredo, einer kleine Stadt im italienischen Tirol, als Klosterbruder gestorben sei.   Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch


by Der Detsch

Source: Der Detsch

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Wenn im Kirchturme zu Schänis der Vieruhrschlag des Abends dumpf und ernst ertont, dann fängt auf Petruns Alp, ob Rüttiberg, vom heiligen Klang erweckt, ein geheimnisvolles Wesen zu wirken an. Ein Glöcklein, hell und sanft, erklingt an unbekanntem Ort; — doch sicher ist es hier auf dieser Alp. Der süsse Ton, er lockt den Sennen an. Der Senne horcht, er wankt hinzu, er sucht; doch plötzlich ist das Glöcklein weit entflohn und gibt sich weit entfernt dem Sucher kund. Er eilt dem Flüchtling nach, verfolgt ihn, hält nicht ein, will ihn sehen, will ihn kennen. Aber das arme Glöcklein, dass es hinfüro sicher wandle, bescheiden wohl belauscht, doch nimmermehr verfolgt werde, es greift zur Notwehr, und plötzlich liegt erlahmt der freche Senn da. Seit diesem Tage hat das Glöcklein noch oft ertönt, aber niemals mehr die Neugierde so hart bestraft.  H. Herzog, Schweizersagen *** Vorzeiten lebte am Steinerbach ein Mann, der infolge seines gottvergessenen Lebenswandels nach seinem Tode keine Ruhe finden konnte. Wenn die dunkle Nacht hereingebrochen war und die Geisterstunde schlug, sah man ihn auf seinem Hausdach herumklettern ohne Rast und Ruhe, Das beängstigte die Hinterbliebenen so sehr, dass sie kein Mittel unversucht liessen, den unheimlichen Gast loszuwerden. Einem frommen Gottesmanne gelang es nun, ihn in einen Korb hineinzubannen; mit diesem Korbe stieg er auf die Petruns Alp, um dem Armen da eine Ruhestätte anzuweisen. An einem Bächlein, zwischen Gestein und Gestrüpp, vergrub er den Korb. Aber seine vollkommene Ruhe hat der Unselige auch hier nicht gefunden. Wenn am Abend die Sonne untergegangen ist und dunkle Schatten sich über diesem einsamen Tälchen der Petruns Alp lagern, hört man deutlich sein Seufzen und Rufen tief aus dem Boden heraus, oft leiser, oft stärker, in der ganzen Alp vernehmbar. Neugierige Leute haben es schon oft probiert, nach ihm zu graben und das Wesen des seltsamen Rufes zu erforschen. Ein eitles Beginnen! Kaum hat man begonnen, so ertönt der Ruf von einer ganz andern Seite, wie um den neugierigen Sucher zu foppen, und so ist es noch keinem gelungen, den geheimnisvollen „Dätsch" zu erkunden.  B. Steiner Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 376, S. 215f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Diener ist klüger als sein Herr

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Vor Zeiten lebte ein Abt, der ass, trank, schlief und ging immer mit hocherhobenem Kopf, ohne an etwas zu denken, spazieren. Ein König, der ihn kannte, sagte zu sich selbst: «Ich will diesem Mann einen Kummer bereiten, denn er scheint keinerlei Sorgen und Verdruss zu haben.» Also rief er ihn zu sich und sprach: «Herr Abt, ihr müsst mir folgende drei Dinge erraten: Zum ersten: Wie viele Meilen ist es von der Erde bis hinauf zum Himmel? Zum zweiten: Wie viele Armeslängen tief ist das Meer? Zum dritten: Was denke ich in diesem Augenblick? Wenn ihr mir innert zwei Tagen keine Antwort darauf bringen könnt, so ist\'s um euch geschehen.» Da kehrte der Abt voller Betrübnis nach Hause zurück. Er mochte nicht mehr essen, nicht trinken, nicht schlafen, nicht mehr spazieren gehen und Hess seinen Kopf hängen. Er musste nur noch nachsinnen und denken. Sein Diener fragte ihn, was er habe, und er erzählte ihm alles, was der König zu ihm gesprochen hatte. «Nun gut», meinte der Diener, «ist das alles? Warum quält ihr euch deswegen so? Es ist doch das leichteste, was man sich denken kann. Gebt mir, gnädiger Herr, eure Kleider und lasst mich nur machen. Ich will für euch hingehen.» Und wirklich verkleidete sich der Diener als Abt, verschaffte sich zwei grosse Knäuel, den einen aus Schnur, den andern aus Zwirn und begab sich damit zum König. Sobald dieser ihn sah, fragte er ihn, ob er seine Antworten bereit habe. «Ja freilich, gnädiger Herr», erwiderte der Diener. Er zeigte ihm den Knäuel Schnur und fügte bei: «Diese Schnur ist gerade so lang wie die Entfernung von der Erde zum Himmel hinauf. Wenn Euer Gnaden es nicht glauben, so belieben Sie es selbst nachzumessen.» Dann packte er den andern Knäuel aus und sprach: «So lang als dieser Zwirn ist die Tiefe des Meeres, und mit diesem Ende kann man gerade noch den Meeresgrund berühren. Will Eure Herrlichkeit es nicht glauben, so lasset es selbst nachmessen.» «Ja freilich», entgegnete der König, «jetzt aber kommt der Augenblick, wo ich dich besonders prüfen will. So sag mir doch, was denke ich in diesem Augenblick?» — «Ihr denket, ich sei der Abt, mit dem ihr zu reden glaubt; aber das ist ein Irrtum. Ich bin nur sein Diener.» Da wunde der König zornig. Er Hess einen für die königliche Tafel schön fertig zubereiteten Kapaun braten und herbeigetragen und sagte zum Diener: «Wie du jetzt mit diesem Hahnenbraten verfährst, so will ich an dir handeln. Schneidest du ihm ein Bein ab, so hau ich dir eins ab, schneidest du aber den Kopf ab, so mach ich es mit dir ebenso.» Da schaute der Diener dem Hahn auf den Kopf, nahm ein Messerlein und hieb ihm sorgfältig den Hahnenkamm ab. Dann wickelte er ihn in ein Papier und steckte ihn in die Tasche. Hierauf wandte er sich zum König und sprach: Den Kamm, Herr König, schneidet Ihr mir nicht ab. Ich bin nur ein Diener, eine Kron\' ich nicht hab. So half der Diener seinem Abt aus der Verlegenheit und ging wieder zu seinem Herrn.   Am Kaminfeuer der Tessiner                                                               Walter Keller                                                                                           Hans Feuz Verlag Bern   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Diener und der Zauberer

Source: Der Diener und der Zauberer

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Es war einmal ein Vater, der hatte drei Söhne. Zwei waren gescheit, und einer war ein Dummkopf. Der Vater gab jedem drei Batzen und ein Brot und sagte ihnen, sie müssten verdienen gehen. Alle drei gingen den gleichen Weg, bis sie nach einer Weile zu einer Kreuzung gelangten. Der Dummkopf nahm den obersten Weg, seine Brüder die andern beiden. Der Dumme ging durch einen Wald, da begegnete er einem Herrn. Der fragte ihn, wohin er gehe. Der Bursche antwortete, er suche Arbeit. Da sagte der Herr, er könne ihn schon einstellen, aber er müsse sieben Jahre bei ihm bleiben. Er habe nichts anderes zu tun, als täglich einen Schrank voller Bücher zu putzen und zu schauen, dass sie nie staubig würden. Der Bursche trat in den Dienst des Herrn, und der führte ihn auf sein Schloss, wo er täglich die Bücher abstauben musste. Der Herr blieb sieben Jahre lang fort, und nach seiner Rückkehr gab er dem Diener einen guten Lohn, und der verpflichtete sich nochmals für sieben Jahre. Aber diesmal fing er an, die Bücher selber zu lesen. Weil es Zauberbücher waren und sein Herr ein Zauberer, lernte er zaubern. Als die sieben Jahre vorbei waren, wusste er alles ganz genau über die Zauberei, und er ging nach Hause. Nachdem er das verdiente Geld aufgebraucht hatte, sagte er seinem Vater, er verwandle sich in ein Pferd, und der Vater solle es auf den Markt führen und dafür hunderttausend Gulden verlangen. Aber die Halfter dürfe er auf keinen Fall verkaufen, wieviel auch immer man dafür biete. Darauf verwandelte er sich in ein Pferd, und der Vater ging mit ihm auf den Markt. Da kam ein Herr und bot dem Vater hunderttausend Gulden für das Pferd, und sie wurden handelseinig. Doch der Herr wollte auch die Halfter, und er bot ebensoviel wie für das Pferd. Da verkaufte der Vater die Halfter. Der Herr - es war der Zauberer - nahm das Pferd, ging mit ihm nach Hause und stellte es dort in den Stall, am andern Tag kam er mit einem Beil in den Stall, um das Pferd zu töten. Doch das Pferd verwandelte sich in eine Taube, und die flog aus dem Stall. Aber der Herr verwandelte sich in einen Habicht und flog der Taube nach. Der Habicht hätte die Taube beinahe erwischt, doch dann verwandelte sie sich in einen Ring, und der Ring fiel in den Schoss der Königstochter, die im Garten war. Die Königstochter nahm den Ring, und der Ring sagte, sie solle ihn auf den Tisch fallen und dahin rollen lassen, wohin er wolle. Am andern Tag, während des Mittagessens, liess die Königstochter den Ring auf den Tisch fallen, und der Ring verwandelte sich in ein Hirsekorn, das rollte zu Boden und verwandelte sich in einen Leinsamen. Der fiel durch einen Spalt im Fussboden in den Keller und verwandelte sich dort in einen Fuchs. Die Königstochter gebar ein Büblein. Darauf fragte der König alle im Schloss, welche Strafe seine Tochter dafür verdiene. Alle sagten, er solle mit ihr machen, was er wolle. Da liess der König auf einer Insel ein Schloss bauen, sperrte die Tochter und das Kind darin ein und liess das Tor zumauern. Aber der Fuchs brachte jeden Tag der Königstochter und dem Sohn, den er von ihr hatte, das Essen zum Fenster herein. Nach sieben Jahren verspürte der König Reue, und er wollte nachschauen, ob er die Knochen der Tochter finde. Er ging auf die Insel und liess die Mauer aufbrechen. Als der König in die Stube hinaufkam, sah er die Tochter gesund und munter, und bei ihr war ein siebenjähriger hübscher Bub. Der König freute sich sehr und fragte sie, wer ihr das Essen gebracht habe. Da erzählte die Tochter alles und sagte dem Fuchs, der unter dem Ofen lag, er solle hervorkommen. Der Fuchs kam hervor, und in dem Augenblick verwandelte er sich in einen grossen und schönen Mann. Der König nahm sie alle auf sein Schloss, wo sie ein ganz schönes Leben hatten.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der dienstfertige Alpgeist

Source: Der dienstfertige Alpgeist

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Als einst der Chählä-Jaggli von Gurtnellen vom Besuche des sonntäglichen Gottesdienstes in die Gornernalp zurückkehrte und beim Eingang in die Alp jauchzte, da jauchzte es ihm zu seinem Erstaunen von seiner Hütte zu Balmen entgegen. Er marschierte weiter, und nochmals liess er einen fröhlichen Jauchzer erschallen. Dasselbe Echo von der Hütte her! Dort angelangt, fand er alles zum Melken bereit und gerüstet. Von jetzt an war ihm während des ganzen Sommers eine unsichtbare Hand bei all seinen Arbeiten behilflich. Als er im Herbstmonat die Alp räumte, hörte er »es« jämmerlich flennen und schreien. So ging es mehrere Sommer. Zuletzt beriet er sich mit seiner Frau und fragte: »Äh, wennd's nu einisch äso flännet, sol-i riäfä, äs chenn mit mer chu?« Sie hingegen meinte, er solle das nicht tun. »Wom-mier ja susch afigs d'Stubä vollä Chind hend, hätt das Umghyr ja kei Platz meh.« Am nächsten Herbst weinte und flennte »es« wieder so barmherzig, dass es ihn beelendete, und er sein Herz nicht verschliessen konnte. Er rief: »Ohni Schadä-n- und Nachteil fir ys und Kind channsch dü ja mit mer chu!« Wie er die Grenzen der Alp überschritten, fühlte er es (het's gwahret) Tritt für Tritt ihm folgen und daheim beim Eintritt in das Haus unter seiner Achsel hindurch in das Haus hineinschlüpfen. Das Ungeheuer blieb jetzt immer beim Jaggli, und er hatte Glück sein Leben lang. Im Hause liess es sich nie hören und war niemandem im Weg; nur wenn es schlechtes Wetter gab, hörten sie die Kammertüre zweimal auf- und zugehen. (19. Jahrhundert). Johann Tresch, Präzis und a. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der dienstfertige Satan

Source: Der dienstfertige Satan

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In St. Niklaus wird von einem alten Mütterlein erzählt, das im Riedacher, Gemeinde Gasenried, wohnte, wo es einige schöne Wiesen besass. Einmal wollte dasselbe eine Bürde Heu von Rüttinen hinüber nach seiner Heimat tragen; wurde aber bei der Rüttikapelle von einem heftigen Windstosse überfallen und samt der Bürde zu Boden geworfen. Voll Ungeduld und Zorn über das Missgeschick rief es aus: «Teufel komm, und trag du mir's heim.» Sogleich stellte sich der Gerufene ein, und im Nu waren Weiblein und Futter daheim. Das war aber auch in damaligen Zeiten mehr als genug, das mürrische Mütterlein der Hexerei anzuklagen und in St. Niklaus in den Kerker zu werfen. Das Weiblein hatte nämlich, wie bereits gesagt, im Riedacher ein paar schöne Wiesen, nach denen dem Richter der Mund schon lange wässerte. Und wirklich erreichte dieser sein Ziel mit geringer Mühe. Als man das Weiblein zum Verhör im Kerker abholen wollte, ward dasselbe tot auf dem Boden gefunden. Das ersparte nun dem Henker die Mühe, sein Amt auszuüben und der Richter erhielt das gewünschte Erbe.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der dienstfertige Teufel

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Im Güttschli zu Flüelen lebte ein Mann, der gerne reich geworden wäre. Nun bekam er ein Hexenbuch geliehen. Eines Tages las er darin, da klopfte es an der Stubentüre. Ein Bub ging und öffnete, der aber fiel sofort wie tot zu Boden. Draussen stand nämlich der lebendige Teufel! Und der war nicht schön anzuschauen! Die Nachbarn mussten den Geistlichen holen, um den Gehörnten wieder fortzuschaffen. Der Bub aber litt seither sein Leben lang an epileptischen Anfällen. Ich habe ihn als alten Mann noch gekannt. Wenn es ihn ankam, tat er furchtbar. Josef Walker, 18 J. alt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der dienstfertige Teufel

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Einem Fuhrmann fiel die ganze schwere Ladung um; statt aber sofort Hand anzulegen und die Ware wieder aufzuladen, stand er müssig da, fluchte alle Wetterzeichen und hiess den Teufel die Arbeit besorgen. Da kam ein unbekanntes Mandli des Weges, grüsste freundlich und anerbot sich: »Wennd das Plätzli abziäsch, wo-d-a'hesch (Skapulier), so isch ds Ueffladä bald i der Ornig.« Das gefiel aber dem erbitterten Fuhrmann doch nicht; er stutzte einen Augenblick, besann sich dann auf etwas Besseres und fing an, ohne zu fluchen, mit eigener Hand wieder aufzuladen. Das saubere Mandli hingegen verschwand jetzt. Frau Wipfli-Herger, 80 Jahre alt. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Doppelgänger

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Um 1860 herum ging ein Knabe von fünfzehn Jahren mit einem Freunde nach der Baltschiederin. Für ihn war es ein angenehmer Spaziergang, und er begleitete darum gern seinen Freund zu dessen Eltern, die dort an der Arbeit waren. Als er mittags nach Visp zurückkehrte, traf er auf dem Heimweg einen Baltschiedner mit Namen Schnydrig, einen Mann, den er sehr gut kannte. Der Knabe grüsste den Mann und fragte ihn, wohin er gehe. «Nach Visp», lautete die Antwort. «Gut», sprach der Knabe, «dann komme ich mit.» Als sie eine Weile miteinander marschiert waren, verschwand dieser Baltschiedner auf einmal wie ein Schatten über den Rand einer Wasserleitung. Der Knabe erschrak, ging eilig seinen Weg weiter, bis er einen Wagen Heu antraf, auf den er sich setzte und nach Visp zurück fuhr. Nicht lange nachher sah der Knabe den vermeinten Baltschiedner und erzählte ihm, was passiert war. Doch der Baltschiedner wollte nichts davon wissen. Da erkannten sie, dass der geheimnisvolle Begleiter der Geist dieses Mannes gewesen war. Sie erinnerten sich an das, was der Volksmund von diesen Geistererscheinungen erzählt: Wenn der Geist zur Kirche geht, stirbt die Person im Laufe des Jahres, wenn aber der Geist von der Kirche weggeht, wird die Person sehr alt. Dieser Baltschiedner, der erst um 1900 herum gestorben ist, wurde tatsächlich sehr alt. BALTSCHIEDER Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Dorfbrüeli und der Landhund

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Wenn man in Zunzgen den Dorfbrüeli, ein Lebewesen, das weder Hund noch Mensch ist, hört, gibt es Regen. Der Landhund kommt aus weiter Entfernung, um etwa anzuzeigen: Krieg, Pestilenz und andere schlimme Ereignisse. Man wagte nicht, laut von ihm zu reden und erwähnte ihn nur im Flüstertone. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Dorfhund in Muri

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Muri-Langdorf zerfällt in Ober-, Mittel- und Unterdorf; an der Grenze der zwei letztgenannten Dorfteile trifft man im Spätherbst bei anbrechender Nacht einen schwarzen Hund. Man erkennt ihn an seinem einen Auge mitten auf der Stirne. Man sieht ihn da über den Weg springen, der nach der Pfarrkirche geht, drei bis viermal um ein dort stehendes Haus laufen und dann in einem Rinderstall verschwinden. Ein kaltblütiger Knecht versuchte ihn hier heraus zu jagen, brachte es aber in keiner Art zu Stande; als er zuletzt die Geduld verlor und in Verwünschungen ausbrach, verschwand der Hund von selber.  Auch noch an andern Orten des Dorfes läßt er sich blicken. An der Landstraße, die zum Kloster führt, fließt eine Strecke weit der Bach hin, der dort zwei nahe bei einander liegende gewölbte Brücken hat. Neben der einen steht die Steinsäule des hl. Johannes, sie bezeichnet die Ackerscheide der Gemeinden von Muri-Langdorf und Muri-Egg. Unter dieser Brücke liegt der Dorfhund Nachts beim Mondenschein, wer ihn erblickt, wird mit einem geschwollenen Kopf heimgeschickt. Im nahe gelegenen Riedgraben, sowie zunächst der Kirche in demjenigen Acker, welcher Rebe genannt wird, will man, ihn früher gleichfalls gesehen haben; jetzt hingegen haust er nur noch im Dorfe selbst. (Vit Leonz Frey v. Muri.)  Band 3.1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962, S. 85 - 85 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch


by Der Dorfhund zu Nesselnbach

Source: Der Dorfhund zu Nesselnbach

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Der Dorfhund zu Nesselnbach hat die Größe eines Kalbes, kurze Beine, sehr langen Schweif und tellerförmige, feuersprühende Augen. Er ließ sich noch vor zehn Jahren alle vierzehn Lage in dem Holzschoppen eines reichen Bauern sehen. Letzterer war durch das Gerede, das hierüber entstand, äußerst aufgebracht und lauerte mit einer eisernen Gabel bewaffnet dem Tiere ganze Nächte lang auf, auch soll er, um sich Mut zu machen, manchen Schoppen Schnaps dabei verbraucht haben. Von da an pflegte der Hund sich in einem andern Loche nieder zu lassen, das Viele ganz genau kennen wollen. (Seminarist J. A. Enderli.)  Band 3.1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962, S. 89 - 89 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch


by Der Dorfname «s Königs»

Source: Der Dorfname «s Königs»

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Eine Familie Tschudin trägt heute noch den Dorfnamen «s Königs». Nach der Überlieferung hat ein Vorfahre dieser Familie im Dienste des französischen Königs gestanden. Dieser hielt sich eine Leibwache von 100 Schweizern, deren keiner unter 6 Schuh (1 m 80 cm) mass. Lupsingen Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Dorfpfaffe zu Langnau *

Source: Der Dorfpfaffe zu Langnau *

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Zu der Zeit, da das Kloster Trub gegründet wurde, stand mitten im Dorfe Langnau eine dem heiligen Wolfgang geweihte Kapelle. Den Gottesdienst hielt ein Priester, dem unter seinem Priesterkleid ein böses Herz schlug. Kein Betrug war ihm zu gemein, wenn es galt, jemand sein Gut abzutrotzen. Die weltlichen Herren im Zwinggarten liessen ihn gewähren, weil er für das Heil ihrer Seelen beten sollte. Auf einem Hügelzuge nördlich von Langnau stand zu jener Zeit ein prächtiger Tannenwald, der den Geistlichen gelüstete. Mit Hilfe eines gefälschten Pergamentes wagte er es, ihn der Gemeinde abzutrotzen. Als es darüber mit den Langnauern zu einem Prozess kam, tat der treulose Geistliche vor versammelter Gemeinde einen falschen Eid. «Ich will auf dieser Erde und nach meinem Tode keine Ruhe finden, wenn das Erdreich, auf dem ich stehe, nicht, durch Brief und Siegel verbürgt, mein Eigentum ist.», so schwor der Arglistige. Aus seinem Garten hatte er aber zuvor Erde in die Schuhe getan. Gestützt auf diesen Eid wurde ihm der umstrittene Wald zugesprochen. Vom bösen Gewissen gepeinigt, fand er aber keine Ruhe, weder vor noch nach seinem Tode, und der Wald, in dem er einst den Meineid getan, heisst bis auf den heutigen Tag der Pfaffengrat. Um die Mitternachtsstunde entsteigt der treulose Geistliche seinem Grab als riesenhafter Knochenmann in Priesterkleidung und schreckt die Bewohner des Dorfes. Einst erschien er einem Kiltbuben, der sich vor ihm auf die Laube an seiner Liebsten Haus flüchtete. In der Angst schleuderte er dem Verfolger einen Kürbis an den schauerlich tönenden Schädel. Der Knochenmann aber wuchs zu riesiger Grösse an. Ein Angstschrei entfuhr des Bedrängten Munde. Vom Schrecken gelähmt, konnte er kein Wort mehr sprechen, Fieber schüttelte seinen Leib, und nach drei Tagen war er ein Opfer des Todes.   * Der nämliche Sagenstoff wird in fast unveränderter Gestalt auch für den Frittenbach bei Langnau bezeugt.   Emmentaler Sagen, Hermann Wahlen, 1962 Gute Schriften Bern Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Dornstaudenritt

Source: Der Dornstaudenritt

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Zwischen Eischoll und Ergisch liegt ein schöner Wald, das Tennholz. Da hauste ein Bozen, der es besonders darauf abgesehen hatte, den einsamen Wanderer in die Irre zu führen. Im Volke lebt gar manche dieser Verführungsgeschichten fort. Nach altem Brauch zogen die Besitzer der Turtmanntalalpen zur Alpzeit oft an Sonn- und Feiertagen mit schwer bepackten Saumtieren ins Tal hinein. So hatte einst auch der alte Hansjosi in Eischoll an einem Sonntag alles zur Talfahrt bereitet. Zur Vesperzeit, da er die Leute in der Kirche wusste, trabte unser Hansjosi mit wohlbeladenem Rösslein munter zum Dorf hinaus, dem Tennholz und damit dem Tale zu. Rüstig schritten Ross wie Mann fürbass, und Hansjosi wunderte sich schliesslich nicht wenig, dass er heute nicht zum Tennbach und zum Wald hinauskam. Noch eifriger treib er seinen Gaul an; umsonst. Es wurde Nacht; keuchend wanderten Hansjosi und sein Ross weiter, aber zum Tennbach kamen die beiden nicht. Endlich konnte er nicht mehr weiter; mit einer letzten Kraftanstrengung schwang er sich auf den Rücken seines Pferdes und liess dies auf gut Glück vorwärts gehen. Da ertönte vom nahen Gampel herauf die frühe Morgenbetglocke. Jetzt löste sich der Bann. Mit Schauder sah Hansjosi dass er weit unterhalb des richtigen Weges rittlings auf einer grossen Dornstaude sass, hart am Rande des Abgrunds. Gesicht, Hände und Gesäss waren blutig geritzt von den Dornen. Schweissgebadet und todesmatt stand neben ihm sein Rösslein. Vom Tennbach her aber hohnlachte es: «Dornstaudenreiter, Dornstaudenreiter, Mit der Sonntagsentheiligung kommst nicht weiter.» Erst lange Jahre nachher erzählte Hansjosi, warum er jetzt nie mehr am Sonntagnachmittag ins Turtmanntal fahre. ERGISCH Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Drache

Source: Der Drache

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Am südlichen Abhang von Zeneggen hauste unter den Felsen ein Drache, der die Wanderer, welche den Talweg nach Visp oder von Visp nach Stalden gingen, anzog und verschlang. Einmal kehrte auch ein Soldat, der in spanischen Kriegsdiensten gewesen war, nach seiner Heimat Stalden zurück. In Visp warnte man ihn, sich ja nicht auf den Weg zu begeben, da er Gefahr laufe, vom Drachen verschlungen zu werden. Der im Krieg ergraute Soldat entgegnete: «Ich habe so oft dem Tod ins Auge geschaut; ich fürchte mich nicht, auch vor dem Drachen nicht.» Zur Vorsicht legte er sich doch seinen Stahlpanzer an, in welchen er noch spitze Stahlmesser hineinfügte. Angekommen an der betreffenden Stelle, sah der Soldat den Drachen in weitem Bogen auf sich zufliegen – und schon war er verschlungen. Der Drache flog nun wieder nach seiner Höhle zurück, um die Speise zu verdauen. Aber diese Speise war unverdaulich und verursachte ihm entsetzliche Leibesschmerzen. Darum schlug er mit seinen Flügeln so heftig auf die Felsen, dass bei dieser Erschütterung die Felsmasse losbrach und unten ein ganzes Dorf verschüttete. Der Drache aber flog hinüber nach Visperterminen aufs Gebidem, wälzte sich da wieder vor unsäglichen Schmerzen dass er ein weites Loch auswühlte, worein Wasser floss, das dann einen See bildete. Noch einmal schwang der Drache seine Flügel und flog hinüber ins Nanztal; dort aber verendete er, und noch jetzt sieht man versteinert den ungeheuren Drachenleib in seinen Schlangenwindungen liegen; am Ort, wo es heisst: Lingwurm. ZENEGGEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Drache (Oberuzwil, SG)

Source: Der Drache (Oberuzwil, SG)

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Bei der Ruine Eppenberg, zehn Minuten von Bichwil, ist eine Weid, die Mettlen genannt. Dort sieht man eine merkwürdige Vertiefung, die so gross ist, dass ein Haus darin Platz hätte. Hier war früher alles eben. Da fuhr auf einmal ein Drache aus der Erde; er warf so viel Erde auf, dass Bäume und Sträucher umgekehrt wurden und die genannte Vertiefung entstand. Der Drache fuhr nach Zuckenriet, wo deshalb ein Schlipf niederging und eine Felsenwand entstanden ist.                                                N. Senn, Tagebuch. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 471, S. 279 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Drache (Pfäfers/SG)

Source: Der Drache (Pfäfers/SG)

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Droben über dem Dorf Vättis, im gelben Berg, 2100 Meter hoch, befindet sich eine Grotte, wohl eine der interessantesten in der Schweiz. Schade, dass sie nicht allgemeiner bekannt ist. Sie besteht aus drei in gerader Richtung hintereinander in das Innere des Berges fortlaufenden Abteilungen, die alle die gleiche Form haben, vornen am Eingang hoch und weit, nach Innen sich symmetrisch abschließend und verengend. Die Seitenwände und die gewölbartige Decke sind so gleichförmig und regelrecht, dass man meinen möchte, die Grotten oder Hallen, wie wir sie nennen möchten, wären von Menschenhänden ausgebrochen worden. Die erste Halle hat ein grosses Portal; sie ist ungefähr 8 Meter lang, vornen 3 Meter, hinten 1 ½ Meter breit, am Eingang 7 Meter, am Ausgang 3 Meter hoch. Hier tritt man wie durch eine Türe in die zweite Halle, die etwa einen Drittel des Raumes der ersten einnimmt. In die dritte Abteilung kann man nur in gebückter, knieender Stellung eintreten. Sie ist noch um die Hälfte kleiner als die mittlere. An ihrem Ende ist eine senkrecht ablaufende Öffnung von ¾ Meter Durchmesser. Bisher hat sich da noch niemand hinabgewagt, um das Innere des Berges zu untersuchen. In dieser Grotte nun habe vor Zeiten ein grimmiger Drache gewohnt, von woher die Höhle den Namen Drachenloch erhalten hat. Es sei dem Drachen aber nach langer Zeit in seiner Burg zu langweilig geworden, und er habe den kühnen Flug hinüber über die Tamina nach dem Calanda gewagt. Man sieht von Vättis aus in einer jähen, hohen Felswand das Loch, wo er hineingeflogen. Allein er habe im Innern des Berges keinen Grund und Boden gefunden und sei dann viele tausend Fuss hinuntergestürzt und da elendiglich umgekommen. "Oberländer Anzeiger."   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 232, S. 115 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Drache (Wartau/SG)

Source: Der Drache (Wartau/SG)

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Bei Azmoos hauste ein Drache, von dem man sagte, sobald er seinen Schweif bewege, werde das Dorf vom Berge verschüttet. Dr. Henne-Am Rhyn, Deutsche Volkssage. Das ist der Trübbach, wirklich ein bösartiger Drache. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 156, S. 75 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Drache am Glärnisch

Source: Der Drache am Glärnisch

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Im Sommer 1717 suchte der Kräutersammler und Wurzelgräber Joseph Scherer von Näfels am Fuss des Glärnisch Hirschenzungen, während sein Knabe allerlei Blumen pflückte. Plötzlich stiess der Bub einen gellenden Schrei aus. «Was ist los?» rief der Vater hinüber. Aber der Kleine gab keine Antwort, sondern starrte nur mit bleichem Gesicht und schreckerfüllten Augen nach einem grossen Stein. Das dünkte den Vater sonderbar. Er liess sein Kräuterbündel liegen und eilte herbei. Was sah er? Unter einem Felsblock hervor fauchte ein greuliches Tier, aus dessen katzenartigem Kopf zwei wilde, hervorstehende Augen funkelten. Schon wollte Scherer das Katzenvieh verscheuchen, als sich dieses bewegte und dadurch der ganze Körper sichtbar wurde. Vier krallenbewehrte kurze Beine trugen einen gesprenkelten Leib, der über und über mit Schuppen gepanzert und wohl so dick wie ein halbmässiges Kännli war. Mit dem langen Schwanze schlug das Untier aufgeregt hin und her und – gewiss wäre es auf die beiden Menschen losgesprungen, wenn der Kräuteler nicht kurzentschlossen einen Stock gespitzt und es damit durchbohrt hätte. Zu Scherers Verwunderung drang der Stock ganz leicht ins Fleisch, als ob er in einen Schlag Anken stäche. Aber giftiges, stinkendes Blut schoss aus der Wunde. Einige Tropfen spritzten an des Botanikers Bein, das sofort hoch anschwoll, so dass Scherer nur mit grosser Mühe heimhinken konnte. Länger als einen Monat musste er salben und doktoren, bis die Geschwulst endlich verschwand. Jedermann war überzeugt, dass der Wurzelgräber einen Drachen getötet hatte. Allerdings soll er nur etwa zwei Schuh lang und folglich sehr jung gewesen sein. Wer weiss, was Vater und Knabe erlebt hätten, wenn sie auf einen ausgewachsenen Lindwurm gestossen wären! Die Geschichte kam auch dem berühmten Naturforscher Johann Jakob Scheuchzer in Zürich zu Ohren. Er bat seinen Freund, den Schwandner Pfarrer und Chronisten Joh. Heinrich Tschudi, er möge ihm doch solche Drachenknochen verschaffen. In dessen Auftrag suchte Schulmeister Jakob Steinmüller von Glarus an Ort und Stelle nach und fand tatsächlich etwa eine halbe Stunde oberhalb Glarus zwischen Streue und Tannadeln verschiedene Gebeine und einen halben Kopf. Die Drachenfunde am Glärnisch bildeten fortan eine Rarität in Scheuchzers Naturalienkabinett.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Drache am Hirschensprung

Source: Der Drache am Hirschensprung

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Weil die Rheinebene seiner Zeit viel überschwemmt wurde, zieht sich die Landstrasse in den Engpass zwischen Blosen- und Blattenberg hinein. Ein Hirsch soll einst die Kluft, um seinen Verfolgern zu entrinnen, übersprungen haben, woher sie den Namen Hirschensprung erhalten hätte. Hier hauste einst ein scheusslicher Drache, der alles Lebende erschreckte und gefährdete. Die Bauern wussten sich endlich denselben vom Halse zu schaffen. Sie machten eine Pflugschar glühend, gingen dem Untier entgegen, warfen sie ihm in den Rachen - wupp war sie verschlungen, und der Unersättliche starb nach einem kurzen Todeskampf. Mündlich * Der Drache ist noch vorhanden; aber er ist zu Stein geworden. Seinen Kopf und seinen schaurigen Rachen sieht man aus der Oberrieter Blattenwand hervorgucken; die Schwanzspitze aber reicht bis zum Hirschensprung hinüber. Er scheint sich also im Todeskampf noch gründlich gewendet zu haben. D. Gächter   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 70, S. 36 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Drache am Spielmoos

Source: Der Drache am Spielmoos

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Im Entlebuch zu Hurbenen auf einer Berg-Ecke Schimberg, zwischen den Wildbergen Schafmatt und Feuerstein, wo die Grenzen von Schüpfen und Hasli Zusammentreffen, wurde ein Drache von einem Manne erlegt, der in dieser Gegend alpte. Der Mann blieb ebenfalls im Kampfe. Das Plätzchen, wo das Untier verscharrt worden, zeigt man noch. Es heißt das Spielmösli, denn hier läßt sich zuweilen eine mächtige Musik hören. Zerfallenes Mauerwerk und sogar Mühlsteine deuten darauf, daß hier an der sogen. Mülliporte, wo nun kein Mensch mehr zu überwintern wagen würde, eine Dorfmühle gestanden. Jäger haben hier alte Münzen gefunden.  (Schnider, Gesch. von Entlebuch 2, 246. 258.) Quelle: E. L. Rochholz, Naturmythen. Neue Schweizer Sagen, Leipzig  1862. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch     Anmerkung: Ortsnamen sind z.T. Mundart: Hurbenen = Alp Hurben; Schüpfen = Schüpfheim; Schimbig = Schimberg.


by Der Drache bei Hasle

Source: Der Drache bei Hasle

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In einem Hochtälchen zwischen Schafmatt, Feuerstein und Weissguggel im Kirchgang Hasle (Entlebuch) wurde einst von einem Älpler ein Drache erlegt und noch wird der Platz gezeigt, wo er verscharrt wurde. Doch kostete die Tat auch dem Manne das Leben. Der Ort heisst Spilmösli und man hört allda zuweilen eine „mächtige" Musik. Er ist immer rein und nichts bleibt da liegen, es wird auf geheimnissvolle Weise entfernt. Man glaubt auch, es sei dort ein Dorf und eine Mühle gestanden, während jetzt kein Mensch mehr es wagen würde, hier zu überwintern. Wo der Drache vergraben wurde, seien Mauerspuren und hatten Jäger alte Münzen gefunden.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Der Drache bei Viznau

Source: Der Drache bei Viznau

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Oberhalb dem nun abgegangenen Bade Lüzelau bei Weggis auf der Fluh hatte es einen schönen ebenen Boden mit lustigen Gütern, Wylen genannt. Die alten Leute versicherten um 1601 dem Stadtschreiber R. Cysat von Luzern, dass da vor Zeiten ein Dorf gewesen sei. Das Dorf Vitznau soll ebenfalls nach alter Tradition einst etwas besser ob sich gegen den Krachen des Bergs und die Häuser viel näher neben einander gestanden haben. Einst sei ein fahrender Schüler dahin gekommen, da eben ein grosser Drache oben in der Schlucht der Berghöhe wohnte und Entsetzen verbreitete. Er versprach das Untier hinwegzuschaffen. Als der Drache abfuhr, wurde damit „ein so grüwlich Gewässer vom Gebirg angetrieben", dass das ganze Dorf hiedurch zu Grund gerichtet wurde. Noch jetzt seien die Zeichen sichtbar. „Daby man allzyt spüren mag, was man von dem Tüffel und sinen Dienern für Dienst und wohltat zu erwarten."   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Der Drache im Alpiglia-See

Source: Der Drache im Alpiglia-See

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Joh. Branca von Guarda soll den kleinen See am Fusse des Pic Mezdi, in welchem ein schrecklicher Drache hauste, mit Hülfe eines Beschwörers mit Blättern und Zweigen überdeckt, und dadurch das Ungetüm genötigt haben, mitten in einem entsetzlichen Unwetter den Ort zu verlassen. Der Drache kollerte die Felswände hinab, dem Inne zu, schwamm bis nach Innspruck, und wurde dort ohne grosse Gefahr getötet. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Drache im Castieler-Tobel

Source: Der Drache im Castieler-Tobel

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Ehemals, als noch das Schloss »Castellum« zu Castiel in Schanvigg stand, hauste in der Nähe desselben, im »tiefen Tobel«, ein fürchterlicher Lind­wurm, der den Weg durch das Tobel verlegte und der nur dadurch zu begütigen war, dass jeden Monat aus den drei Gemeinden Castiel, Cavraisen oder Lüen ein Mensch als Opfer ihm gebracht wurde. Zu dieser Zeit kam ein riesenfester Mann mit seiner einzigen Tochter aus der Fremde über die Berge her und liess sich in der Gemeinde Lüen nieder. Nun kam auch wieder die Zeit, wo der Drache, wie gewohnt, sein Opfer forderte; das Loos traf die Gemeinde Lüen und gerade die Tochter des Fremden. Alle Rücksicht auf Selbsterhaltung verleugnend, beschloss er, zur Rettung seines Lieblings mit dem Drachen den Strauss zu wagen. -  Am bestimmten, schicksalsschweren Tage führte er an der Linken seine Tochter, die Rechte hielt das Schwert. Mit Beben sah das versammelte Volk der drei Dörfer einem schrecklichen Ausgange entgegen. Unerschrockenen Herzens näherten der Fremde und seine Tochter sich dem Ungetüme. Dieses schwang seine Riesenflügel und stürmte mit weitgeöffnetem, feuerschnaubendem Rachen hinzu, sein Opfer zu verschlingen. - Der Mutige warf ihm eine »Allermannsharnisch- Wurzel« zu, stiess ihm schnell das Schwert in den von Schuppen nur schwach bewahrten Hals und erlegte so den Drachen. Gleich nach der ruhmvollen Tat sank er auf das Knie und dankte, mit erhobenem Schwerte, der Vorsehung für die Rettung Aller von dem Ungetüme. Da fiel vom Schwerte ein Blutstropfen des Drachen herab auf sein Haupt und das schreckliche Gift desselben tötete ihn augenblicklich. Das dankbare Volk ehrte sein Andenken in seiner Tochter. An der Stelle, wo der Kampf mit dem Lindwurme stattgefunden, steht jetzt die Kirche von Castiel. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Drache im God Nair

Source: Der Drache im God Nair

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Es war einmal in Pontresina ein reicher Kaufmann, der hatte einen Sohn und eine Tochter. Der Sohn namens Ludovic war 18 Jahre alt; die Tochter, Luisa, ein schönes Mädchen mit prächtigen blonden Haaren, war 16. Eines Abends nach dem Essen, als noch alle am Tisch sassen, sagte der Vater: «Ich habe Lust, morgen zu verreisen und übermorgen auf den Markt in Chiavenna zu gehen, vielleicht kann ich wieder wie das letzte Mal ein gutes Geschäft machen. Wünscht euch jeder etwas, und wenn ihr nicht zu sehr über die Schnur haut, so werdet ihr es bekommen.» Er schaute auf Ludovic und fragte: «Was wünscht sich denn mein Sohn?» - «Oh», rief der mit glänzenden Augen, «lieber Vater, kauf mir einen schönen Schimmel, damit ich reiten kann!» - «Da haben wir’s - was das wieder für eine Idee ist! Glaubst du, dass Goldstücke wie Mücken herumfliegen, du verflixter Kerl, du willst immer alles haben! Und du, Luisa, was wünschst du dir?» - «Ich hätte am liebsten einen schönen blühenden Rosenstock», antwortete sie, «aber einen mit roten Rosen.» Am andern Tag reiste der Kaufmann zur vorgesehenen Stunde ab und blieb etwa vierzehn Tage lang fort. Da, eines Abends, als sie vor dem Haustor auf dem Bänklein sitzen, beginnt auf einmal Ludovic, der die Dorfstrasse hinauf blickt, laut zu schreien: «Oh, der Vater mit dem Schimmel!» und in zwei Sätzen ist er drüben beim Vater, der vom Pferd steigt und sagt: «Hier, mein Sohn, hier hast du den gewünschten Schimmel. Schau, dass du ihn gut hältst, denn eines Tages wird er dir einen grossen Dienst erweisen.» Ludovic umarmte den Vater und dankte ihm von ganzem Herzen. Sofort ergriff er den Zaum, ging mit seinem Schimmel in den Stall und richtete ihm ein schönes Strohlager her. Aber auch Luisa freute sich fest über das Geschenk des Vaters, denn der Rosenstock trug bereits zwei schöne rote Blüten und zwei Knospen. Der Vater sagte nun zu Luisa: «Liebe Tochter, du musst wissen, dieser Rosenstock ist ein ganz besonderer; er kündigt die traurigen und frohen Tage bei uns im Voraus an. Wenn irgendetwas Trauriges in unserer Familie geschehen wird, so verliert die Rose ihre schöne dunkle Farbe und wird blass und welk, und wenn jemand sterben sollte, so wird sie weiss und fällt gleich ab.» Ludovic ritt jetzt Tag für Tag mit seinem schönen Schimmel aus und konnte das Pferd nicht genug loben. Aber alles auf dieser Welt nimmt einmal ein Ende. Eines Tages sagte der Kaufmann zu seinem Sohn: «Es freut mich, dass du einen solchen Gefallen an deinem Pferd hast, aber ich muss dir sagen, dass du dich bald für eine Weile von ihm wirst trennen müssen. Du bist jetzt ein junger Mann, und ich glaube, dass du in der Lage bist, unser Geschäft in Pavia zu übernehmen, denn du hattest Gelegenheit, von mir den Handel zu erlernen.» Ludovic bekam nasse Augen, und nur schon der Gedanke, die Seinen und seine liebe Heimat verlassen zu müssen, bedrückte ihn, doch er erwiderte gleich: «Ja, ja, ich bin einverstanden, in die Fremde zu gehen, ich will schauen, dass ich unserem Geschäft nützlich sein kann. Wann muss ich abreisen?» - «So bald als möglich», sagte der Vater, «das Wetter ist ausgezeichnet. In zwei Tagen kannst du aufbrechen.» Der Koffer war bald gepackt, und am festgesetzten Tag nahm Ludovic schweren Herzens Abschied von den Seinen. Die Mutter war die ersten Tage sehr traurig, und auch Luisa vergoss viele Tränen wegen ihres Bruders, aber der Vater tröstete sie jeweils und sagte: «Schaut den Rosenbusch! Rosen und Knospen haben eine wunderschöne Farbe.» Nach kurzer Zeit kam ein Brief von Ludovic, und alle im Haus freuten sich sehr, als sie erfuhren, dass er frisch und gesund in Pavia angekommen war und dass es ihm dort gut gefiel. Eines Tages, als die Mutter die Vorratskammer aufräumte, sah sie bei den Konfitürentöpfen, dass auf den Winter noch ein wenig Konfitüre nötig war. Darum sagte sie eines Nachmittags zu Luisa: «Wir wollen heute Preiselbeeren suchen; nimm deinen Korb, komm, wir gehen.» Auch der Vater war damit einverstanden, und er wollte sie begleiten. So machten sie sich auf den Weg Richtung Stazerwald, neben dem God Nair. Dort wimmelte es von Preiselbeeren, und je tiefer in den Wald hinein sie kamen, desto dicker waren die Preiselbeeren, so dass die Körbe immer schwerer wurden. Da Luisa ganz eifrig sammelte, drang sie immer weiter vor, ohne auf Vater und Mutter zu achten. Der Vater begann nun, nachdem er einige Male laut und voller Angst nach ihr gerufen hatte, den Wald zu durchsuchen - aber es war alles vergeblich! Als Antwort kam nur der Pfiff des Murmeltiers oder der Ruf des Tannenhähers zurück. Ihre Angst wurde immer grösser, und in der Verzweiflung sagte der Vater zur Mutter: «O wir Unglücklichen, o wir Unglücklichen! Unsere Tochter ist in die Nähe des Baumes von Plaun Verd geraten, und der Drache wird sie mitgenommen haben.» Nun liefen sie so rasch als möglich ins Dorf zurück und erzählten den traurigen Vorfall. Ihre Nachbarin begann zu weinen und sagte: «Oh, nur allzu wahr ist das, auch Luisa wird dort sein, wo seit einem Jahr unsere geliebte Tochter Maria ist, die wollte leider auch um diese Zeit Preiselbeeren suchen!» - Nun begannen die Sturmglocken zu läuten, und einige Einwohner gingen mit Pickeln, Mistgabeln, Gewehren und andern Waffen in den Wald. Dort verteilten sie sich überall und riefen, pfiffen und schrien; aber gefunden haben sie nichts. - Ihr könnt euch denken, wie gross der Kummer von Luisas Eltern war, als sie erfuhren, dass all diese Männer keine Spur von ihrer Tochter gefunden hatten! Die Mutter wollte nichts anderes glauben, als dass sie tot sei; aber der Vater holte den Rosenstock und sagte: «Unsere Luisa ist nicht tot, die Rosen sind wohl blass und ein wenig welk, doch abgefallen sind sie nicht.» Das war ein Trost für die Mutter, aber ein schwacher. Schweren Herzens schrieb der Vater seinem Sohn von diesem traurigen Ereignis, und Ludovics Kummer war gross. Fast zwei Jahre waren vergangen, doch obwohl in dieser Zeit nach Luisa gesucht und gesucht wurde - sie war noch nicht aufgetaucht. Da bekommen die Eltern eines Tages einen Brief von Ludovic, worin er ihnen schreibt, er habe einen eigenartigen Traum gehabt, der seine Gedanken Tag und Nacht beschäftige. Er könne nicht mehr in der Fremde bleiben, und er rechne damit, in zwei Tagen heimzureisen. Wie gross war nun die Überraschung und Freude der Eltern, nach langer und schwerer Trennung ihren Sohn wieder zu sehen. Und - tatsächlich - eines schönen Tages kam er an. Fast hätten sie ihn nicht mehr erkannt, so gross und schön war er geworden. Obwohl er von der langen Reise müde war, erzählte er bis spät in die Nacht hinein von all dem, was er in der Fremde erlebt hatte. Am andern Morgen sprach Ludovic, kaum war er aufgestanden: «Jetzt gehe ich das Pferd satteln und reite in den Wald, denn wisst: Ich will unsere arme Luisa suchen!» Diese Worte durchbohrten das Herz der Mutter wie ein Pfeil, und der Vater ermahnte Ludovic: «Wie, du willst dich einer so grossen Gefahr aussetzen? Willst du etwa auch umkommen? Ist es nicht genug, dass wir ein Kind verloren haben. Doch Ludovic antwortete: «Ich bin so fest entschlossen, dass niemand mich umstimmen kann. Verliert den Mut nicht, vielleicht habe ich das Glück, unsere Luisa zu finden.» Alles Weinen von Vater und Mutter half nichts; Ludovic nahm Abschied und ging. Und alle Gegenden, durch die er ritt, hatte er im Traum gesehen. Je weiter er in den Wald eindrang, umso dichter wurde der, so dass sein Pferd sich mit Mühe und Not durch dieses Gewirr von Ästen, Steinen, Rinde und Zweigen durchzwängen konnte. Da standen viele wilde Rosenbüsche und Disteln, und die Zweige der Bäume berührten einander, so dass bald der Reiter, bald das Pferd sich kopfvoran darin verfing. Immer unheimlicher wurde nun der Wald. Das Pferd schwitzte so, dass es voller Schaum war; aber es schritt dennoch vorwärts, gelenkt von Ludovics fester Hand. Das Pferd macht eben einen Schritt, da ertönt - ganz unvermittelt - ein so fürchterlicher Knall, dass die Erde bebt und das Pferd sich hoch aufbäumt. In dem Augenblick spaltet sich ein Baumstrunk, daraus springt ein purpurrot gekleideter Mann und packt das Pferd am Zaum, so dass es stillsteht. Dieser Mann war verzaubert und sagte nun zu Ludovic, der vor Schreck mehr tot als lebendig war: «Glücklicher Mann, sei still! Dein Pferd hat beim letzten Schritt seinen Huf auf die Königin der Blumen in diesem Wald gesetzt, auf die Rose am grossen Busch hier vor dir. Jener Mensch oder jenes Tier, dem es gelingt, eine dieser Rosen zu zertreten, wenn der Mond mit den Spitzen aufwärts zeigt, hat das grosse Glück, die Verwünschung von diesem Wald zu nehmen. Geh du jetzt nur ohne Furcht weiter - der Drache ist schon jetzt halb tot, der wird dir nicht mehr grosse Schwierigkeiten machen.» - «Und meine Schwester Luisa, wo ist meine Schwester? Ist sie noch am Leben?», fragte nun Ludovic. Der rote Mann antwortete: «Hör ganz genau zu, was ich dir sage, und mache Wort für Wort das, was ich dir sage, dann wird es dir gut gehen - dir und mir. Es wird zu dämmern beginnen; wenn du zuäusserst an den Wald gelangst, dann öffnet sich das Tal, und du wirst eine schöne Ebene sehen, mittendrin steht ein grosses von einer Mauer umschlossenes Gebäude. Ein eisernes Tor riegelt es ab, aber es wird offen sein, und du wirst in einen grossen Hof gelangen. Mittendrin steht das Haus und unweit davon ein grosser steinerner Brunnen. Wenn du im Hof bist, steigst du vom Pferd; auf der linken Seite des Hauses wirst du an der Mauer zwei Ringe sehen: Bind an einem das Pferd fest und geh durch das Haustor und dann in die Stube rechts. Du bist, wie mir scheint, ein mutiger und kluger Bursche, und so brauche ich dir nicht mehr viel zu sagen. Du tust einfach, wie wenn du Herr in jenem Hause wärst. Die Bewohner sind alle stumm. Am andern Tag, nach dem Morgenessen, gehst du hinaus in den Garten; dort findest du ein schlecht bepflanztes Beet, das wie ein Grab aussieht. Dann nimmst du diese Rolle, die ich dir hier gebe. Wenn du sie aufwickelst, so wird sie immer grösser, und zuletzt kommt ein grosser Stock heraus. Du stehst unter die Gartentür und schlägst dreimal mit dem Stock auf das Beet; der Stock wird zerbrechen, und du fliehst. Wenn du machst, was ich dir befohlen habe, so werden wir alle zusammen gerettet sein; denn wisse: auch ich bin verzaubert. Ich hatte das Unglück, auf der Jagd in dieses Tal zu geraten, und im God Nair bin ich verzaubert worden. Mein Name ist Mattias Silvester - ich bin aus dem Fextal. Aber geh nun sofort, ich muss in meinen Baumstrunk hinein.» - Ludovic gab dem Schimmel die Sporen und ritt weiter. Aber es war eine schwere und mühevolle Reise, und es begann schon dunkel zu werden. Obwohl Ludovic ein mutiger Bursche war, bekam er eine Hühnerhaut. Da schien es ihm auf einmal, der Wald werde lichter, und nach einer kurzen Strecke öffnete sich das Tal. Obwohl es schon dunkelte, konnte er ein grosses Gebäude unterscheiden, und kurz darauf befand er sich vor einem prunkvollen Portal, auf dessen Stützen zwei grosse Marmorlöwen standen. Er geht durch das Tor und gelangt in einen grossen Hof, mittendurch fuhrt ein schöner Weg zum Hause hin. Links steht ein grosser steinerner Brunnen. Ludovic stieg vom Pferd, brachte es zum Brunnen und liess es trinken. Dann band er das Pferd an einen Ring in der Mauer, und als er sah, dass seine Kleider voll Reisig waren, machte er sich so gut als möglich sauber und trat durchs Haustor. Beim Anblick des grossen und schönen Gangs mit Steinboden und Ölbildern an den Wänden dachte er: «Das scheint mir ein Haus hoher Herrschaften zu sein - wo soll ich bloss hingehen?» Dann fiel ihm ein, an die Tür der Stube rechts zu klopfen, aber da konnte er dreimal klopfen - niemand gab Antwort. Jetzt öffnete er die Tür, und was sah er? Eine prächtige Stube mit Stühlen und Sofa, mit rotem Damast bezogen, an der Wand einen Spiegel in einem grossen Goldrahmen. Ein wunderschöner Leuchter mit fünfzig Kerzen in Ständern aus rosa Kristall hing an der Stubendecke und verbreitete in der ganzen Stube ein prachtvolles Licht. Links führte eine Tür in ein anderes Zimmer. Mitten in der Stube war auf einem runden Tisch für drei Personen gedeckt, Teller aus feinstem Porzellan, massives Silbergeschirr und eine Vase mit Blumen. Kaum war Ludovic im Zimmer, da öffnete sich die Tür, und herein traten zwei schwarz gekleidete Damen mit Seidenschleiern von Kopf bis Fuss. Ludovic machte eine grosse Verbeugung; sie verneigten sich wortlos zu ihm hin und setzten sich an den Tisch. In dem Augenblick öffnet sich die Stubentür, ein Diener kommt herein und stellt die Suppenschüssel auf den Tisch. Mit einer Verbeugung geht er wieder hinaus. Die Damen lüfteten ihre Schleier nur so weit, dass sie essen konnten. Das Abendessen dauerte lange, denn es wurden endlos Gerichte, Gebäck und gute Weine aufgetragen. Nachdem der Kaffee serviert war, erhoben sich die Damen, verneigten sich zu Ludovic hin und gingen ohne einen Mucks in ihr Zimmer. «Das da scheint mir eine merkwürdige stille Gesellschaft zu sein», dachte Ludovic, stand auf und ging auch hinaus. Im Gang wartete der Diener mit einer Laterne; Ludovic gab ihm zu verstehen, er möchte sein Pferd sehen, und der Diener begleitete ihn in den Stall, wo sein Schimmel an einer Krippe neben zwei andern prächtigen schwarzen Pferden angebunden war. Dann gingen sie in den zweiten Stock hinauf, und der Diener führte Ludovic in ein wunderschönes Schlafzimmer. Er legte sich müde von der langen Reise und der Anstrengung ins Bett und schlief bald ein. Da - punkt zehn gab es ein so starkes Beben, dass Ludovic mit grossem Schreck aus dem Schlaf auffuhr. Aber da er weder etwas sah noch hörte, dachte er, er werde wohl tief geschlafen und geträumt haben, und nachdem er sich auf die andere Seite gedreht hatte, schlief er bald wieder ein. Sein Schlaf dauerte allerdings nicht lange. Punkt elf rüttelte es noch stärker, so dass er im Bett kerzengerade aufgerichtet wurde. «Das ist doch eine seltsame Sache», dachte er jetzt, doch zum Glück ging es nicht so lange, und so schlief er recht bald wieder ein. Aber das Schlimmste kam erst jetzt! Schlag Mitternacht begann die Erde zu beben, Ludovics Bett schwankte hin und her wie eine Wiege, und ein Beben gab es - ein so schreckliches, dass Ludovic davon aus dem Bett gehoben wurde und in voller Länge am Boden unten lag. Wie auch immer - an Schlaf war nicht mehr zu denken, trotzdem stieg er wieder ins Bett und konnte von jetzt an ruhig sein, denn eine Stunde nach der andern verging, ohne dass der geringste Lärm zu hören war. Um sechs morgens stand er auf, zog sich an und ging in den Stall hinunter zu seinem Schimmel. Der war schon gestriegelt und glänzte wie ein Spiegel. Nun machte Ludovic noch einen Spaziergang ums Haus herum, und er konnte sich an jenem schönen Gebäude, den schönen Statuen und dem Wasserfall mitten im Garten nicht satt sehen. Er kehrte wieder ins Haus zurück, und als er die Stubentür öffnete, sah er, dass für drei Personen gedeckt war. Es standen grüne Porzellantassen mit Goldmuster auf dem Tisch, und auf den Tellern lagen Eierbrötchen, Blätterkuchen, Birnbrotschnitten, Stollen, Mailänderli und Schildbrote aus Casaccia. Ludovic setzte sich an den Tisch, und die zwei Damen mit den Schleiern kamen zur Tür herein, machten ihre Verbeugungen und setzten sich zu ihm hin. Doch Ludovic konnte beobachten, dass beide kaum assen und bald seufzte die eine, bald die andere tief. Auch diesmal entfernten sie sich wortlos. «Jetzt», dachte Ludovic, «jetzt ist der Augenblick da, wo ich in den Garten muss - eine schwere Arbeit erwartet mich - der Drache wird mich in seine Klauen kriegen wollen.» Doch im selben Augenblick fiel ihm der rote Mann ein, und furchtlos ging er zur Gartentür. Er nahm aus der Tasche die Rolle; die wurde immer länger und schwerer; doch Ludovic nahm all seine Kräfte zusammen und gab mit dem Stock drei starke Schläge auf das Beet. Der Stock zerbrach, und Ludovic rannte gegen das Haus, denn in dem Augenblick gab es einen fürchterlichen Knall, und ein gelber Rauch erfüllte die Luft mit beissendem Gestank. Ludovic ging zum Beet, und was sah er da? Der Drache, der über Nacht unter diesem Beet gewesen war, lag da, durch die Schläge mit dem Zauberstock in tausend Stücke zerfetzt. Jetzt will Ludovic ins Haus rennen, um die Leute zu rufen, aber da legen sich auf einmal zwei Arme um seinen Hals, und seine Schwester Luisa ruft: «O mein lieber Bruder, kennst du mich nicht? Ich bin deine Schwester Luisa - was machen Vater und Mutter? Leben sie noch?» Da antwortet Ludovic voller Freude: «Ja, ja, sie sind gesund und munter, und ich hoffe, dass wir sie bald sehen. Das wird eine Freude sein, wenn wir heut Abend nach Hause kommen.» Als er sich umdrehte, sah er Luisas Freundin, seine Nachbarin Maria, die vor drei Jahren beim Preiselbeersuchen verschwunden war. Nun kamen Knechte und Mägde Herbei, die alle verzaubert und stumm gewesen waren, und alle konnten wieder reden. Sie dankten Ludovic, ihrem Erlöser, von ganzem Herzen. Doch der sagte zu Luisa und Maria: «Macht euch bereit, wir wollen uns so rasch als möglich auf den Heimweg machen.» Da hielten es die beiden Mädchen vor Freude kaum mehr aus in ihrer Haut, und augenblicklich waren sie reisefertig. Der Knecht schirrte jetzt den Schimmel an. Da hörten sie auf einmal ein paar Jauchzer, und vor ihnen erschien ein schöner Jüngling, als Jäger gekleidet und das Gewehr geschultert. Das war Mattias Silvester, der ebenfalls erlöst worden war. Nun setzten sich alle vier auf den Wagen, und mit Freudenjauchzern machten sie sich auf den Weg nach Pontresina. Ihr könnt euch vorstellen, wie die Eltern sich freuten, als die Gesellschaft noch an jenem Abend nach Hause kam. Kummer und Leid waren vorbei, und die Freude des Wiedersehens liess das ganze schwere Unglück von früher vergessen. Schon am andern Tag gingen Ludovic und sein Vater in den God Nair, um den prächtigen Palast des Drachens, der jetzt ihnen gehörte, anzuschauen. Ein paar Tage später wurde darin ein grosses Fest gefeiert. Alle waren zufrieden, dass der Drache getötet worden war, die Fränzlis spielten, Jung und Alt tanzte, und die Freude dauerte bis am Morgen früh, und - ich glaube, sie sind noch immer dort! (Oberengadin)   Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Drache im Schwändital

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Feuer und Rauch schnaubte der Drache, der vor vielen Menschenaltern das Schwändital bei Näfels unsicher machte. Die Bergler verliessen ihre Häuser und die Sennen ihre Hütten. Das Wildheu wurde überreif, denn kein Bauer wagte sich mehr hinauf. Selbst die Jäger wichen dem verrufenen Tale aus. Zwar war ein hoher Preis für den Drachentöter ausgesetzt, doch war bis jetzt jedem das Leben lieber als das Geld gewesen. Ein armer Ritter, der sein Ansehen eingebüsst hatte, vernahm von der Not im Schwändital. Er beschloss, den Drachen zu bekämpfen, um durch diese Heldentat seine Ehre zurückzugewinnen. Mit einem Schwert und einem von Dornen umwundenen Stecken bewaffnet, verliess der Edle das Dorf, begleitet von Wünschen der Einheimischen. Bald hatte er den gefährlichen Wurm entdeckt, der den Rachen aufsperrte und Flammen und Funken fauchte. Doch der Ritter hielt den Dornenstecken vor sich hin, eilte schnurstracks auf den Drachen los und stopfte ihm den Dornenwisch in den Schlund. Dieses Futter war selbst für einen Drachen zu rau. Er wälzte sich vor Schrecken hin und her. Dann wieder bäumte er sich auf, um den Ritter anzufallen. Der hatte sich aber versehen, packte sein Schwert und ritsch! hieb er dem Scheusal den wüsten Kopf ab. Den Preis erhielt der Tapfere leider nicht, denn ein Tropfen des giftigen Drachenblutes hatte ihn berührt, so dass er alsbald sterben musste. Zuhinterst im Schwändital soll dem unerschrockenen, fremden Ritter ein Denkstein gesetzt worden sein, der aber heute nicht mehr gesehen werden kann.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Drache im schwarzen Wald

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In Pontresina lebte einmal ein reicher Kaufmann, der hatte einen Sohn und eine Tochter. Der Sohn, Ludwig, war 18 Jahre alt, die Tochter, Luise, ein hübsches Mädchen mit blonden Haaren, war erst 16. Als eines Abends nach dem Nachtessen alle noch um den Tisch saßen, sagte der Vater: »Ich hätte große Lust, morgen nach Chiavenna zu reiten; vielleicht kann ich auf dem Markt, der übermorgen stattfindet, wieder einen so guten Kauf machen wie im vorigen Jahr. Ihr, meine Kinder, könnt euch jedes ein Geschenk wünschen, und wenn ihr nicht unbescheiden seid, so soll sich euer Wunsch erfüllen.« Dann sah er Ludwig an und sagte: »Es nimmt mich doch wunder, was mein Sohn sich wünscht.« Ludwigs Augen begannen zu leuchten: »O lieber Vater, bring mir einen Schimmel, damit ich reiten kann!« »Das fängt ja gut an! Einen Schimmel! Ja meinst du denn, die Goldstücke fliegen nur so in der Luft herum? - Und du, Luise, was wünschest du dir?« »Ich hätte am liebsten einen Rosenstock mit schönen roten Rosen«, antwortete Luise. Am nächsten Morgen machte sich der Vater auf den Weg und blieb etwa vierzehn Tage weg. Eines abends, als die Mutter mit den Kindern auf der Bank vor der Haustüre saß, blickte Ludwig zufällig die Dorfstraße hinauf; plötzlich sprang er auf und rief: »Da kommt der Vater mit dem Schimmel!« und in zwei Sätzen war er neben dem Vater; der sprang vom Pferd und sagte: »Hier, mein Sohn, hast du deinen Schimmel. Pflege ihn gut, denn eines Tages wird er dir einen großen Dienst erweisen.« Ludwig umarmte den Vater und dankte ihm von ganzem Herzen. Er nahm den Schimmel sofort am Zügel, führte ihn in den Stall und machte ihm ein gutes Lager bereit. Auch Luise freute sich mächtig über den prächtigen Rosenstock, den der Vater ihr gebracht hatte. Zwei rote Rosen blühten bereits, auch trug der Rosenstock noch zwei Knospen. Der Vater sprach: »Hör zu, liebes Kind, und merke dir, was ich dir sage. Dieser Rosenstock ist keine gewöhnliche Pflanze: Er sagt nämlich gute und böse Tage voraus. Wenn in unserer Familie irgend etwas Trauriges geschehen wird, verlieren die Rosen ihre schöne rote Farbe und werden welk und blass; sollte eines von uns gar sterben müssen, werden sie ganz weiß und fallen ab.« Ludwig ritt nun jeden Tag aus und hatte große Freude an seinem schönen Pferd. Doch eines Tages sprach der Vater zum Sohn: »Es freut mich sehr, dass das Pferd dir so viel Vergnügen macht; ich muss dir aber sagen, dass du dich bald von ihm wirst trennen müssen. Du bist nun erwachsen, und ich glaube, dass du wohl imstande wärest, unserem Geschäft in Pavia vorzustehen; was du dazu wissen musst, habe ich dich bereits gelehrt.« Ludwigs Augen begannen zu leuchten, nur der Gedanke, die Seinen und das heimatliche Tal verlassen zu müssen, tat ihm weh. Aber er sagte sofort: »Ja, Vater, ich bin bereit, in die Fremde zu ziehen, und ich will gerne für unser Geschäft sorgen. Wann soll ich reisen?« »Sobald als möglich«, antwortete der Vater, »das Wetter ist schön, in zwei Tagen könntest du dich auf den Weg machen.« Der Koffer war bald gepackt, und am bestimmten Tage brach Ludwig auf. Die Mutter war in den ersten Tagen sehr betrübt, und auch Luise vermisste ihren Bruder. Doch der Vater zeigte auf den Rosenstock und sagte: »Seht die Rosen, sie sind frisch und purpurrot. Unserem Sohne geht es gut.« Nach einiger Zeit kam ein Brief von Ludwig, und sie erfuhren, dass er wohlbehalten in Pavia angekommen sei und es ihm dort gut gefalle. Als die Mutter eines Tages in der Speisekammer nachsah, fand sie, dass für den Winter zu wenig Eingemachtes vorhanden sei, und sagte zu Luise: »Wir wollen heute Nachmittag in den Wald gehen und Preiselbeeren pflücken; nimm deinen Korb und komm.« Der Vater begleitete die Frauen, und sie gingen in den Stazer Wald. Bald kamen sie in die Nähe des Schwarzen Waldes. Dort war der Boden ganz rot von Preiselbeeren und je weiter sie hineingingen, umso schönere Beeren fanden sie; bald wurden die Körbe schwer und immer schwerer. In ihrem Eifer achtete Luise gar nicht mehr auf Vater und Mutter und ging immer tiefer in die Wildnis hinein. Der Vater aber rief mehrere Male mit lauter Stimme nach ihr, und als er keine Antwort erhielt, lief er aufgeregt im Walde herum und rief und schrie voller Angst nach Luise. Aber nur der Pfiff eines Murmeltieres oder das Krächzen eines Hähers antwortete ihm. Angst und Verzweiflung wurden immer größer, und in seiner Not sagte der Vater zur Mutter: »Ach, wir Armen, sie ist gewiss bis zur alten Arve auf dem Grünen Boden gegangen, und dann hat sie Herr Drache geholt.« Sie eilten, so schnell sie konnten, ins Dorf hinaus und berichteten dort vom schrecklichen Unglück. Ihre Nachbarin fing an zu weinen und sagte: »Sie ist gewiss am gleichen Ort, wo unsere arme Maria nun schon seit einem Jahr ist. Sie ging auch um diese Zeit in den Schwarzen Wald, um Preiselbeeren zu pflücken.« Nun begannen die Sturmglocken zu läuten, und alle Männer zogen mit Hacken und Gabeln, mit Sensen und Gewehren in den Wald. Sie suchten überall im ganzen weiten Walde, sie riefen, schrieen und pfiffen — gefunden aber haben sie nichts. Denkt euch jetzt das Leid der armen Eltern, als sie erfuhren, dass die Männer keine Spur von ihrer Tochter entdeckt hatten. Die Mutter glaubte in ihrer Verzweiflung, dass Luise tot sei. Der Vater aber schüttelte den Kopf, prüfte den Rosenstock und sprach: »Luise ist nicht tot; die Rosen sind wohl bleich und ein wenig welk, sie sind aber noch nicht abgefallen.« Das war nur ein kleiner Trost für die Mutter. Mit schwerem Herzen schrieb der Vater dem Sohne von diesem Unglück, und auch Ludwig wurde darüber über alle Maßen traurig. So gingen zwei Jahre dahin. Man suchte und suchte nach der armen Luise und fand sie nirgends. Da kam eines Tages ein Brief von Ludwig, worin er schrieb, dass er einen ganz merkwürdigen Traum gehabt habe, der ihn Tag und Nacht beschäftige. Er halte es nicht mehr aus in der Fremde und werde in zwei Tagen abreisen, er müsse zu seinen Eltern ins Engadin. Als Ludwig in Pontresina eintraf, kannten ihn die Eltern kaum mehr, so schön und groß war er geworden. Er war zwar müde von der langen Reise, aber er erzählte dennoch bis spät in die Nacht hinein, wie es ihm in der Fremde ergangen sei. Am Morgen des folgenden Tages sprach Ludwig: »Jetzt gehe ich und sattle mein Pferd, denn ich will in den Schwarzen Wald reiten und Luise suchen.« Der Mutter fuhren diese Worte wie ein Pfeil durchs Herz, und der Vater sagte voll Angst: »Mein lieber Sohn, stürze dich nicht in solche Gefahr! Willst denn auch du in den Tod gehen? Ist's nicht genug, dass wir ein Kind verloren haben?« Aber Ludwig sagte: »Mein Entschluss steht fest, nichts kann ihn ändern. Verzweifelt nicht! Ich bin sicher, unsere Luise zu finden; denn das ist mir im Traum verkündet worden.« Alles Bitten half nichts;  Ludwig nahm Abschied und ging. Er ritt in den Schwarzen Wald hinein und - merkwürdig - wo er auch vorbeikam, war ihm alles bekannt, er hatte es im Traum gesehen. Je tiefer er in den Wald hineinkam, umso wilder wurde es. Der Schimmel hatte große Mühe, sich durch das Gewirr von Zweigen und Wurzeln, von Gestrüpp und Steinen durchzuarbeiten. Die Zweige der Bäume berührten einander, bald war der Kopf des Reiters, bald derjenige des Pferdes in diesem Netz von Ästen verfangen. Der Wald wurde immer unheimlicher, das Pferd war über und über mit Schaum bedeckt, aber von Ludwigs sicherer Hand geleitet, ging es immer vorwärts. Sie kamen an eine Stelle, die weithin voller Alpenrosen war. Das Pferd tat einen Schritt - da gab es einen so furchtbaren Donnerschlag, dass die Erde bebte und das Pferd sich hoch aufbäumte. Dicht vor dem Reiter spaltete sich ein mächtiger Baumstrunk, und hervor sprang ein feuerroter Mann, fasste das Pferd am Zügel und brachte das zitternde Tier zum Stehen. Dann sprach er zu Ludwig, der zu Tode erschrocken sich kaum mehr im Sattel halten konnte: »Du glücklicher Mann! Sei ruhig und fürchte dich nicht. Dein Pferd ist mit dem letzten Schritt auf die große Alpenrose, die Königin der Blumen dieses Waldes, getreten. Wer aber diese Rose bei aufsteigendem Mond zertritt, der hat die Macht und die Kraft, den Zauber über diesem Wald zu brechen. Reite getrost weiter, die Macht des Drachen, der den Wald verzaubert hat, ist schon jetzt halb gebrochen, er kann dir nichts mehr anhaben.« »Und meine Schwester Luise?« fragte nun Ludwig, »lebt sie noch? Werde ich sie finden?« Da sprach der rote Mann: »Pass auf, was ich dir sage, und folge meinem Rat, dann wird's uns beiden gut gehen, dir wie mir. Wenn die Nacht hereinbricht, wirst du das Ende des Waldes erreicht haben. Dann öffnet sich ein Tal, du siehst vor dir eine schöne grüne Ebene und in der Mitte ein großes Haus, von einer hohen Mauer umgeben. Geh hinein und benimm dich so, als wärst du der Herr des Hauses. Die Bewohner, die du dort finden wirst, sind alle stumm. Du bleibst über Nacht dort. Am nächsten Morgen, nach dem Frühstück, gehst du in den Garten hinaus. Rechts neben der Türe ist eine Stelle, wo die Erde frisch aufgewühlt ist. Geh dorthin und nimm diese Rolle, die ich dir hier gebe. Rollst du sie auf, so wird sie länger und länger, und schließlich hältst du einen Stock in der Hand, der so lang und so schwer ist, daß du ihn nur unter Aufbietung aller Kräfte wirst schwingen können. Mit diesem Stock schlägst du dreimal auf jene umgewühlte Erde, der Stock wird brechen, und du fliehst zum Haus zurück. Wenn du das tust, werden wir alle gerettet sein. Denn, weißt du, auch ich bin verzaubert. Ich bin auf der Jagd in den Schwarzen Wald geraten, und der Zauber hat mich gebannt. Zu dir spricht ein Mann, der Engadiner ist wie du, Mathias Silvester aus dem Fextal. Nun aber reite vorwärts, ich muss in meinen Baumstrunk zurück.« Sprach's und verschwand. Ludwig gab nun dem Schimmel die Sporen und ritt eilends vorwärts. Der Weg war schlecht, es begann schon zu dunkeln, und Ludwig, der doch ein mutiger Jüngling war, fing an, unruhig zu werden. Endlich wurde der Wald lichter, und nach kurzer Zeit öffnete sich vor ihm ein schönes Tal. Es war zwar schon fast Nacht, dennoch erkannte Ludwig die Umrisse eines großen Hauses, und bald hielt er vor einem mächtigen Portal. Zwei gewaltige Löwen aus Marmor lagen davor. Er ritt hinein und kam in einen großen Hof, in dessen Mitte ein schöner Weg zum Hause führte. Zur linken Hand stand ein prächtiger steinerner Brunnen. Ludwig sprang ab, führte sein Pferd an den Brunnen und tränkte es. Dann schlang er den Zügel in einen Ring, der an der Mauer angebracht war und ging ins Haus hinein. Er trat in einen hohen gewölbten Gang mit steinernen Bodenplatten und kostbaren Ölgemälden an den Wänden. Er dachte: »Das muß ein vornehmes Haus sein, wohin bin ich nur geraten?« Rechts sah er eine Türe, ging hin und klopfte höflich an, aber niemand öffnete ihm. So nahm sich Ludwig ein Herz und öffnete selber. Was sah er da? Ein wunderschönes Zimmer mit Stühlen von rotem Damast und an der Wand einen mächtigen Spiegel mit goldenem Rahmen. Von der Decke hing ein Kronleuchter herab mit mehr als fünfzig Kerzen; diese steckten in Haltern von rosigem Kristall und erfüllten das Zimmer mit wunderbarem Lichte. In der Mitte stand ein runder Tisch mit Gedecken für drei Personen, Teller von feinstem Porzellan und schweres Silberzeug und eine Vase mit frischen Blumen. Kaum hatte Ludwig sich recht im Zimmer umgesehen, öffnete sich auf der linken Seite eine Türe, und herein traten zwei Damen, ganz in Schwarz gekleidet. Schwarze Schleier hüllten sie ein vom Kopf bis zu den Füßen. Ludwig machte eine tiefe Verbeugung, die Damen verneigten sich leicht. Dann setzten sich alle drei an den Tisch, ohne ein Wort zu sagen, ein Diener trat herein, stellte die Suppe auf den Tisch, verbeugte sich und ging wieder. Nun fingen sie an zu essen; die Damen lüfteten ihre Schleier aber nur bis zum Mund, vom übrigen Gesicht sah man nichts. Es war ein langes Nachtessen; denn der Diener brachte eine Schüssel nach der andern - es wollte gar nicht aufhören - dazu feines Zuckerwerk und edlen alten Wein. Nach dem Mahl standen die Damen auf, verneigten sich wieder und gingen zur Tür hinaus, ohne ein Wort zu sprechen. »Das scheint mir eine merkwürdig ruhige Gesellschaft zu sein«, dachte Ludwig, stand auf und trat auf den Gang hinaus. Hier fand er den Diener mit einer Laterne. Ludwig gab ihm zu verstehen, dass er sein Pferd sehen wolle, und der Diener führte ihn in den Stall. Dort stand sein Schimmel wohlbehalten neben zwei edlen Rappen. Dann führte der Diener Ludwig in das zweite Stockwerk in ein wunderschönes Schlafzimmer. Ludwig war rechtschaffen müde von der langen Reise. Er ging sofort zu Bett und schlief bald ein. Plötzlich gab es ein starkes Krachen, so dass Ludwig erschreckt auffuhr; als er aber nichts mehr hörte, glaubte er, er habe schwer geträumt, wandte sich auf die andere Seite und schlief bald wieder ein. Aber sein Schlaf sollte nicht lange dauern. Eine Stunde später krachte und rüttelte es so stark, dass Ludwig im Bett gerade aufgerichtet wurde. »Das ist doch eine merkwürdige Sache«, dachte Ludwig und horchte eine Weile. Da er aber gar nichts mehr hörte, legte er den Kopf wieder aufs Kissen und schlief ein. Genau um Mitternacht aber krachte es so entsetzlich, dass die Erde bebte, das Bett hin und her schwankte wie eine Wiege und Ludwig hinausgeworfen wurde. Da lag er in seiner ganzen Länge am Boden. Das Schlafen war ihm nun gründlich vergangen; dennoch ging er wieder zu Bett, und Stunde um Stunde verging, ohne dass sich etwas geregt hätte. Etwa um sechs Uhr stand er auf, zog sich an und ging in den Stall, um nach seinem Schimmel zu sehen. Das Pferd war schon gestriegelt und glänzte wie ein Spiegel. Ludwig ging nun noch ein wenig ums Haus herum. Staunend sah er all die Pracht; das herrliche Gebäude, die weißen Statuen und den hohen Springbrunnen mitten im Garten. Dann kehrte er ins Haus zurück und betrat das Zimmer auf der rechten Seite. Wie am Abend war auch jetzt der Tisch für drei Personen gedeckt. Heute waren es Tassen aus grünem Porzellan mit goldenen Verzierungen, und auf den Tellern lag allerlei köstliches Backwerk, dazu Brot und goldgelber Honig. Ludwig setzte sich an den Tisch. Gleich traten die beiden Damen ein, verneigten sich und setzten sich zu ihm. Er bemerkte, dass sie fast nichts zu sich nahmen. Sie schienen sehr traurig zu sein; denn sie seufzten oft tief auf. »Jetzt kommt der schwerste Augenblick«, sprach Ludwig nun zu sich, »jetzt muss ich hinaus, und der Drache wird kommen, um mich zu zerreißen.« Zugleich fiel ihm aber der Rat des feuerroten Mannes ein, und guten Mutes ging er in den Garten. An der Stelle, wo die Erde frisch aufgewühlt war, zog er die Rolle aus der Tasche. Sie wurde immer länger und immer schwerer, aber Ludwig nahm alle Kraft zusammen und schlug mit dem Stock, der aus der Rolle entstanden war, dreimal auf die umgewühlte Erde. Der Stock brach, und Ludwig floh eiligst gegen das Haus. In diesem Augenblick zitterte und bebte die Erde von einem entsetzlichen Donnerschlag, und eine dicke, gelbe Rauchwolke erfüllte die Luft mit abscheulichem Gestank. Nach einer Weile wagte Ludwig näher zu treten, und was sah er da? Der Drache, der unter dieser Erde übernachtet hatte, war durch die Schläge mit dem Zauberstab in tausend Stücke zerrissen worden. Jetzt wollte Ludwig ins Haus hineingehen, um die Leute zu holen. Da legten sich ihm zwei Arme um den Hals und eine Frauenstimme sagte: »Ludwig, lieber Bruder, kennst du mich nicht? Ich bin deine Schwester Luise. Was machen unsere Eltern? Leben sie noch?« Und Ludwig rief voller Freude: »Ja, ja, sie leben und sind gesund und munter; bald werden wir sie sehen; das wird eine Freude sein, wenn wir heute Abend heimkommen.« Unter Freudentränen umarmten sich die Geschwister, und bald kam auch die Tochter der Nachbarin, Maria, herzu, die vor drei Jahren im Schwarzen Wald Preiselbeeren gepflückt hatte und nicht mehr zurückgekehrt war. Auch die Knechte und Mägde des Drachen liefen herbei; alle waren durch Zauber stumm geworden, aber jetzt konnten sie wieder reden. Sie dankten ihrem Retter von ganzem Herzen. Dann sagte Ludwig zu Luise und Maria: »Geht und macht euch fertig, denn wir fahren sofort ab!« Der Knecht spannte den Schimmel ein, und sie wollten gerade abfahren, da hörten sie einen Jauchzer, und auf das Haus zu kam ein stattlicher Jüngling, wie ein Jäger gekleidet. Das war Mathias Livester, der auch vom Zauber befreit war. Sie luden ihn ein aufzusteigen, und so fuhren sie singend und jubelnd nach Pontresina. Das war eine Freude, als sie am gleichen Abend noch heimkamen. Leid und Sorgen waren vorbei, und die Freude des Wiedersehens ließ alles Ungemach der vergangenen Zeit vergessen. Schon am folgenden Tage ging Ludwig mit seinem Vater in den entzauberten Schwarzen Wald. Staunend betrachtete der Vater das herrliche Haus des Drachen, das jetzt ihnen gehörte. Bald darauf war dort ein großes Fest. Alle freuten sich, dass der böse Drache tot war; die Musikanten spielten auf, alt und jung tanzte, der Jubel dauerte bis zum frühen Morgen, und ich glaube fast, sie sind immer noch dort.   Quelle: "Von Gletscherjungfrauen und Erdmännlein", Götz E. Hübner und Sigrid Früh, Fischer TB, nach Gian Bundi, Engadiner Märchen, Zürich 1903      Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Drache im Simmental (H. Hartmann)

Source: Der Drache im Simmental (H. Hartmann)

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Ein Drache erschien einst im Simmental einem Kinde und sprach: "Flieh nicht, sondern erlöse mich. Tu nur, was ich dir sage, so wirst du glücklich werden." Das Kind antwortete: "Ich will es tun, wenn es der Vater erlaubt, dem ich es erst sagen muss." Dies geschieht. Wie sie nun selbander zurückkommen, heischt der Drache, das Kind solle mit seinen Zähnen einen Schlüssel aus seinem Rachen nehmen. Indem dieses hinzugeht, dem Verlangen zu entsprechen, ruft der Vater entsetzt: "Bhüet mer Gott mys Chind!" Damit war der Drache verschwunden. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Der Drache im Simmentalm (Ernst L. Rochholz)

Source: Der Drache im Simmentalm (Ernst L. Rochholz)

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Ein Drache erscheint einem Kinde und sagt: „Flieh nicht, sondern erlöse mich! Tu nur, was ich dir sage, dann wirst du glücklich werden.“ Das Kind antwortet: „Ich will es tun, wenn es der Vater mir erlaubt, dem ich es erst sagen muß.“ Dies geschieht, es kommt mit dem Vater zur angesetzten Zeit und soll mit den Zähnen den Drachen einen Schlüssel aus den seinigen nehmen. Indem es hinzugeht dies zu tun, ruft der Vater entsetzt: „B'hüt mer Gott mis Chind!“ Damit ist alles verschwunden. (Samuel Beetschen von Ringoldingen im Simmental.) Quelle: E. L. Rochholz, Naturmythen. Neue Schweizer Sagen, Leipzig  1862. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch  


by Der Drache in der Alpe Macun

Source: Der Drache in der Alpe Macun

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Auf der Ostseite des Zernetzer-Kirchberges ist die Laviner Galtvieh-Alpe Macun, wo der grösste von den kleinen Alpseen von einem Drache bewohnt wird. Der steigt zuweilen aus dem Wasser, schüttelt die Flügel, und schaut grässlich um sich, dann schleicht er umher, bis er ein verlaufenes Rind antrifft, das er dann nach dem See hin zieht, um mit ihm in der Tiefe des Wassers zu verschwinden; hat er aber lange Zeit nichts mehr gekriegt, so brüllt er so schrecklich, dass man ihn über die Berge hört. - Kommt man bei schönem Wetter an diesem See vorbei, wirft einen Stein hinein, und trifft zufällig damit den Drachen, so schäumt der See so stark auf, wie beim ärgsten Sturme, es entsteht sodann ein entsetzlicher Nebel über dem Wasser, und aus diesem Nebel ein heftiger Platzregen. - Dann wird der See wieder ruhig. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Drache in der Beatushöhle

Source: Der Drache in der Beatushöhle

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Oberhalb des Thunersees liegt die Höhle des Einsiedlers Beat, welcher die Bewohner zum Christentum bekehrt bat. Ehe Beat die Höhle bewohnte, soll dort ein Drache gehauset haben. Man sagt, der Einsiedler habe ihn durch Gebet und Kreuzeszeichen erlegt. Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Drache in der Mühle

Source: Der Drache in der Mühle

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Im Val Müstair in Santa Maria unten lebte einmal eine Frau namens Margretta, die arbeitete als Bäckerin und Müllerin. Sie hatte eine Tochter namens Ursigna; die war ihre richtige Tochter, und die Stieftochter hiess Maria. Aber alle Leute nannten Maria den Goldstern, denn sie hatte von Geburt an einen prächtigen goldenen Stern auf ihrer Stirn. Sie hatte auch eine wunderschöne Gestalt und ein ebensolches Gesicht, und gerade deshalb mochte die Stiefmutter sie weder sehen noch leiden. Sie hätte diese Schönheit lieber ihrer Ursigna gegönnt, denn die war schrecklich hässlich und pockennarbig und überall verhasst, vor allem wegen ihrem bösen Maul. Margrettas Haus stand zuäusserst im Dorf, und ein Stück unter dem Haus befand sich die Mühle. Den Brotofen hatte sie im Haus, und sie backte gelegentlich das Brot für die Leute im Dorf, aber gern ging niemand zu ihr. Sie redete nämlich viel Schlechtes über die Leute, und manche sagten sogar, sie hätte auch lange Finger. So kann man sich wohl denken, was der Goldstern mit diesen beiden auszuhalten hatte. Sie misshandelten sie Tag für Tag - und besonders nachdem Marias Vater gestorben war. Einst hatte der Goldstern viel bessere Tage gesehen. Marias Eltern waren reiche Leute. Sie waren jahrelang in Holland gewesen, wo der Vater eine gute Konditorei besass. Zu ihrer Tochter waren sie immer sehr gut gewesen; sogar ein Pferd hatten sie ihr gekauft, und Maria wurde eine gute Reiterin. Doch als der Vater, der nach dem Tod seiner ersten Frau nach Hause zurückgekehrt war, die Bäckerin heiratete, da waren die guten Tage unserer Maria vorbei. Der Vater starb, und die Stiefmutter wurde von Tag zu Tag böser zu ihr und schalt sie täglich für jede Kleinigkeit. Sie war gut genug, die Kuh, einen Ochsen und zwei Ziegen zu füttern, während die gnädige Frau Schwester in der Stube sitzen und Spitzeneinsätze häkeln und andere schöne Handarbeiten machen konnte, die Maria ihr gezeigt hatte. Alle Leute sagten: «Sünde und Schande, dass der schöne Goldstern in den Stall gehen, Kühe füttern und melken muss!» Am meisten betrübte es Maria, dass die Stiefmutter ihr nicht erlaubte, ihre gute Patin zu besuchen. Jedes Mal sagte sie: «Aha! Gehst du wieder zu jener verfluchten Hexe am Ofenpass, dort wirst du gute Ratschläge bekommen - die beherrscht auch das Handwerk des Talerabzwackens!» Sie war fürchterlich wütend auf Marias Patin, denn sie wusste ganz genau, dass der Vater ein paar Tage vor seinem Tod alle seine Wertschriften der Patin übergeben hatte, und ihr hatte er die Dinge, die weniger wert waren, hinterlassen. An einem Dezembertag, als viel Schnee lag, kam die Bäckerin mit einem Fässlein und einem Bündel mit dem Essen in die Stube und sagte zu Maria: «Nimm, hier hast du etwas zu essen, du gehst schleunigst Preiselbeeren suchen; hier ist der Korb, und schau nur gut, dass du mir nicht nach Hause kommst, ohne ihn bis zum Rand gefüllt zu haben, sonst wirst du sehen, was geschieht!» - «Um Gottes willen, um Gottes willen», sagte Maria weinend, «Ihr wollt mich doch nicht heissen, bei diesem Schnee und dieser Kälte Preiselbeeren zu suchen? Wo – in Gottes Namen, soll ich welche finden, wo doch überall hoher Schnee liegt?» «Was, du willst ausrufen und mir widersprechen? Mach, dass du fortkommst, und komm mir nicht mehr unter die Augen!» Und leise sagte die Alte zu Ursigna: «Jetzt warte nur, meine Ursigna, bald werden wir die Armut los sein, denn die andere wird uns nicht mehr lange im Weg stehen.» Die arme Maria nahm jetzt ihr Essen und ihren Korb und ging. Aber wohin sie sich wenden wollte, um Spuren eines Weges zu finden, überall lagen schrecklich hohe Schneemassen; sie musste hindurchwaten und sich einen Weg bahnen. Im Wald sah man höchstens einen Stein herausragen; dort machte sie hie und da eine kleine Pause und schaute umher, ob sie nicht etwa Preiselbeeren sehe. Sie war todmüde und konnte fast nicht mehr weiter. Sie warf einen Blick zur Sonne und sah, dass es um Mittag herum sein mochte. Da ging sie so rasch wie möglich weiter, und bald war sie am Ende des Waldes. Wie sie nun über die Ebene schaute, sah sie ein Stück weiter vorne ein grosses Haus, das von einer hohen Mauer und Büschen völlig umgeben war. «O behüte mich Gott», dachte Maria, «wer wird wohl in diesem Haus sein, vielleicht Räuber und Verbrecher! O ich Arme, dass ich an so einen Ort geraten muss!» Und je weiter sie ging, desto grösser wurde ihre Angst und desto langsamer ging sie. Da sah sie, als sie genauer aufs Haus schaute, draussen vor dem Tor einen Mann. Sie ging ganz langsam weiter, und als der Mann sie bemerkte, kam er ihr ein paar Schritte entgegen, gab ihr die Hand und sagte: «Guten Tag, guten Tag, schöne Maria mit dem goldenen Stern.» Sie fürchtete sich im ersten Augenblick, aber der Mann sprach: «Fürchte dich nicht, ich tu dir nichts zu Leide, ich habe dich erkannt, auch wenn du mit dem Kopftuch die Stirne verhüllt hast, damit man den goldenen Stern nicht sieht. Komm nur mit mir in die Stube und fürchte dich nicht, auch wenn du drinnen elf Männer vorfindest. Ich bin der einzige von uns zwölfen, der sprechen kann; alle andern sind stumm und verzaubert. Verzaubert bin ich zwar auch, aber dass der Drache mich nicht stumm machen konnte, das habe ich meiner alten Tante zu verdanken, die war schlau und kannte die Schliche des Drachen.» Nun musste Maria in die Stube gehen, und als sie jene Männer um den Tisch herum sitzen sah, fürchtete sie sich im ersten Augenblick sehr; als sie jedoch merkte, dass alle ruhig waren und dass der zwölfte sie hiess, sich an das Tischchen zu setzen, nahm sie Platz und stellte ihr Bündel auf den Tisch. Der Mann, der sie empfangen hatte, kam nun herbei und begutachtete ihr Essen; aber das war mehr als schäbig: nur eine schimmlige Wurst, ein Stück hartes Brot und ein Fässlein Wasser. Der Mann fragte, ob er ihr Essen haben könne, und sie sagte, er solle es ruhig nehmen, doch die Wurst sei schimmlig. Der Mann ging mit dem Bündel zur Tür hinaus, und eine Weile später kehrte er damit zurück, öffnete es und sagte zu Maria: «Ich habe dein Essen gegen anderes getauscht; jetzt hast du da eine gute Wurst, frisches Brot und Wein statt Wasser. So iss und trink nun, damit du Kraft hast, nach Hause zu gehen.» Als Maria ein wenig gegessen hatte, stand sie auf und machte sich bereit, um heimzugehen. Jetzt fragte der Mann Maria: «Oh, sag mir doch, weshalb bist du eigentlich bei diesem tiefen Schnee hierher gekommen?» Maria begann zu weinen und antwortete: «Oh, ich Arme, ich kam Preiselbeeren suchen und habe keine einzige gefunden, und nun muss ich mit dem leeren Korb zurückkehren - ich darf meiner Stiefmutter nicht unter die Augen treten.» Da entgegnete der Mann: «Warte nur einen Augenblick hier, und gib mir deinen Korb; ich will dir helfen.» Er nahm den Korb und ging; aber es dauerte nicht lange, so kam er zur Tür herein und gab ihr den Korb, mit den schönsten Preiselbeeren gefüllt. Maria konnte ihm nicht genug danken, doch der Mann sagte nur: «Halte mit deinen Händen die Schürze auf», und er liess etwas hineinfallen, das Maria nicht sah. «Hier ist etwas drin», sagte er, «das darfst du nicht anschauen, bis du zu Hause bist. Gib Acht, gut Acht, dass du nicht neugierig wirst, auch wenn die Schürze immer schwerer werden sollte, und erst, wenn du in der Stube deiner Patin bist, darfst du wissen, was drin ist. Das alles gehört dir, doch gib es der Patin und sag ihr, sie solle es aufbewahren, bis du eines Tages zu ihr gehen kannst, dann wird sie dir alles zurückgeben.» Maria machte sich nun auf den Weg, und der Mann sah, dass sie auf der rechten Seite gehen wollte, da sagte er zu ihr: «Halte dich links, da ist gepfadet.» Und Maria kam ganz gut vorwärts, und ehe sie sich’s versah, kamen schon die ersten Häuser von Santa Maria. Sie war froh, denn die Schürze schien immer schwerer zu werden, aber trotzdem schaute sie kein einziges Mal hinein. Als sie in der Stube der Patin war, erzählte sie in aller Eile, wie ihre verbrecherische Stiefmutter sie geschickt hatte, Preiselbeeren zu suchen und was mit ihr geschehen war. Dann breitete sie die Schürze aus, und da kamen Päcklein und wieder Päcklein zum Vorschein, und die Patin öffnete sie. Darin war allerlei Schmuck: goldene Figürlein, Ohrringe, Ketten und schöne Sachen jeglicher Art; aber zuletzt kam noch ein Säcklein, das war schrecklich schwer. Die Patin nahm es sofort, verschloss es in einem kleinen Schrank und sagte zu Maria: «Das ist das Beste von allem zusammen, das wird uns eines Tages einen grossen Dienst erweisen - aber geh jetzt schleunigst zur Bäckerin hinab, sonst bekommst du Schläge!» Maria ging beim Haus der Stiefmutter durch die kleine Tür des Vorstalls hinein, denn sie dachte, zu dieser Stunde könnten sie noch im Stall sein. Aber kaum stand sie vor der Tür, so hörte sie die Stiefmutter sagen: «Siehst du da, Ursigna, habe ich dir nicht gesagt: sie kommt nicht mehr zurück, entweder ist sie unterwegs erfroren, oder sie ist dem Drachen in die Hände gefallen.» - «Heute ist ein guter Tag, jetzt ist alles mein, denn die hat viel Hab und Gut!», sagte Ursigna. Die arme Maria öffnete die Stalltür, trat ein und gab den Korb voll Preiselbeeren der Stiefmutter, und die machte: «Hm - hm, ja, ja, da wirst du gute Hilfe gehabt haben - aber was für ein Anstand ist das, um diese Zeit nach Hause zu kommen - schämst du dich nicht, dich so lange auf der Strasse herumzutreiben? - Komm, Ursigna, wir gehen jetzt in die Stube hinauf, und du machst hier im Stall fertig», sagte sie zu der armen Maria. Und die ging nach Erledigung ihrer Arbeit zu Bett, doch sie schlief die ganze Nacht nicht; denn sie musste immer daran denken, dass die Alte sie eines Tages aus dem Weg räumen werde. Und es war auch die Absicht der Stiefmutter, dies zu tun, doch sie wollte nur eine gute Gelegenheit abwarten, und so ging es weiter bis zum Mai. Da kam eines Tages ein Mann mit mehreren Säcken Mehl vom Tirol herauf, und die Bäckerin kaufte sie und liess sie in die Mühle stellen. Zwei Abende später sprach sie zu Maria: «Du gehst zur Mühle hinunter, bleibst diese Nacht dort und hältst Wache, damit die Mäuse mir nicht die neuen Säcke durchlöchern. Hast du das zufällig begriffen, oder hast du Lust zu bocken, du verdammtes Luder?» - «Oh, Gott behüte, was fällt Euch ein? Wollt Ihr mich wirklich gewaltsam sterben lassen? Wisst Ihr nicht mehr, dass Ihr mir selbst erzählt habt, dass der Drache in der Nacht umgeht und jene Leute, die nachts in der Mühle unten sind, tötet und ihre Haut auf dem Dach ausbreitet, und Ihr selbst habt gesagt, dass Ihr die Häute auf dem Dach gesehen habt», sagte Maria weinend. Doch die böse Alte sprach: «Was? Willst du trotzen? Glaubst du, weil du einen goldenen Stern auf der Stirn hast, eine Prinzessin zu sein und tun zu können, was du willst? In der Küche draussen ist dein Essen - gehst du nun augenblicklich zur Mühle hinunter? Sonst werde ich etwas anderes finden, um dich fortzujagen. Hast du verstanden?» Und mit einem Stoss beförderte sie Maria zur Tür hinaus, und auch Ursigna ging ihr ein Stück hintennach, um zu schauen, ob sie wirklich in die Mühle gehe. Wie Margretta und Ursigna wieder in der Stube waren, sagte Ursigna mit grosser Freude zur Mutter: «Ruf mich morgen früh, damit ich sehen kann, wie Marias Haut auf dem Dach schimmert.» Zur selben Zeit, da jene beiden bösen Weiber sich freuten, Maria los zu sein und ihr ganzes Vermögen zusammenraffen zu können, war die arme, unglückliche Maria in der Mühle unten. In der alten Stube sass sie beim Ofen und hatte ihr Essen daneben auf dem Klapptisch liegen. Bald betete sie, bald sang sie schöne Psalmen, und bald weinte sie. Die Zeit schien nicht mehr enden zu wollen. Je näher es gegen Mitternacht ging, desto mehr wuchs die Angst, und wenn der Wind am Laden des Stubenfensters rüttelte, so dachte sie: «Jetzt kommt der Drache, und der frisst dich auf!» Kurz nachdem es auf dem Kirchturm elf geschlagen hatte, knotete sie ihr Bündel auf, und darin waren wiederum bloss eine dürre, schimmlige Wurst und ein Stück Brot noch von Neujahr her. Kaum lag alles auf dem Tisch, so ging um sie herum ein schreckliches Getöse los. Es schien, als wäre es zwischen den Wänden, und als ob diese krachen würden, und bald begann es zu scharren, und es war, als ob Ballen hin und her gerollt würden, so dass Maria vor Angst zu zittern anfing. Da kommt auf einmal aus einem Loch in der Wand eine Maus hervor und dahinter eine Schar Mäuse, die schienen ein wenig kleiner zu sein, und sie trippelten zu Maria hin. Die alte Maus sagte: «Guten Abend, schöne Maria mit dem goldenen Stern, was machst du hier, bist du am Essen, und ist es gut? Willst du vielleicht auch uns ein bisschen geben, denn wir haben einen Heisshunger?» - «Ja, ja, kommt nur her, ich gäbe euch zwar gern etwas Besseres, aber wenn ich nur ein wenig hartes Brot und eine schlechte Wurst habe! Aber wartet, ich will euch kleine Stücklein abschneiden, damit ihr besser fressen könnt.» Und die Mäuse frassen und frassen, bis sie sich kaum mehr bewegen konnten; dann sagte die alte Maus: «Du warst gut zu uns und hast sogar uns dein Essen überlassen, und jetzt will ich dir auch sagen, wie du es anstellen musst, damit der Drache dich nicht auffrisst. Schlag Mitternacht wird er ans Tor klopfen und rufen: "Schönes Mädchen, lass mich ein!" und du sag nur: "Ich lass Euch sofort ein, aber ihr müsst mir zuerst ein Kleid aus gelbem Brokat und ein blaues und alles, was dazugehört, bringen." Wenn er diese beiden dann bringt, so trägst du ihm auf, er solle noch ein drittes Kleid bringen, aber schau, schau gut, dass du ihn jedes Mal lang hinhalten kannst. Wenn er das zweite Mal mit der Ware zurückkehrt, so stellst du rasch, noch ehe er eintrifft, jene zwei leeren Kessel, die im Gang stehen, mit einer Lochkelle drin vor das Tor, und wenn er herein will, sagst du: "Ich lasse Euch beim dritten Mal ein, wenn Ihr die zwei Kessel mit frischem Wasser vom Bach füllt." Wenn du dies tust, wird es dir gut gehen», sagte die grosse Maus noch. Dann rief sie die andern und - wie der Blitz verzog sich die Schar in das Loch, und Maria war allein. Doch es dauerte nicht lang, so schlug es auf dem Kirchturm Mitternacht und - auf den letzten Ton rüttelte es so schrecklich an der Tür, dass Maria beinahe zu Boden fiel, und eine tiefe Donnerstimme brüllte: «Schönes Mädchen, lass mich ein!» Maria öffnete rasch die Stubentür und rief hinaus: «Ich will dich wohl einlassen, aber du musst mir zuerst zwei Kleider bringen: ein schönes aus gelbem Brokat mit allem, was dazugehört - aber vergiss die passenden Schuhe und das Kopftuch mit den goldenen Spitzen nicht, und bring mir auch eine Halskette und einen schönen Kamm.» Der Drache begann zu murren und brummte: «Mach vorwärts, ich muss weit gehen und kann hier nicht so lange warten», doch Maria sagte: «Du musst mir noch ein himmelblaues Seidenkleid bringen, mit goldenen Sternen und allem, was dazugehört.» Nun ging der Drache, aber so lange blieb er nicht weg, und mit einem noch stärkeren Schlag gegen die Tür brüllte er: «Schönes Mädchen, lass mich ein!» Die Haustür war alt und zu kurz, daher war daran ein Brett angesetzt worden, und dieses konnte man auf- und zuklappen. Innen an der Tür war hierzu ein grosser Stein mit einem Strick angebunden. Doch für den Drachen war der Spalt zu klein, so dass er das Haus nicht betreten konnte. So klappte er das Brett auf und stiess danach das Bündel mit den Kleidern unten durch. Maria sagte: «Ich will dich einlassen, aber zuerst bringst du mir noch ein drei Ellen langes schönes schwarzes Samtkleid, und schau, dass du nicht den schwarzen Samthut vergisst, mit einer weissen Feder, so lang, dass man sie ums Ohr wickeln kann.» Der Drache entfernte sich murrend, aber diesmal blieb er ein wenig länger weg, und als er kam, versetzte er der Tür einen solchen Stoss, dass die Fenster klirrten, und mit einer schrecklichen Stimme schrie er: «Schönes Mädchen, lass mich ein!» Und er schob das Bündel mit dem Samtkleid unter der Tür hindurch. Maria rief hinaus: «Ich lass dich ein, aber zuerst musst du zum Bach hinüber und mir diese beiden Kessel füllen, ich habe so einen Durst, dass ich fast sterben muss.» Der Drache nahm die beiden Kessel, ging mit ihnen zum Bach und begann, das Wasser mit der Kelle zu schöpfen. Aber es war dunkle Nacht, und er sah nicht, dass die Kelle voller Löcher war: er konnte sie füllen, wie er wollte, die Kessel blieben immer leer. Da hörte er auf einmal, wie es auf dem Kirchturm eins schlug mit einem schrecklichen Gurgeln stand er auf, die Kessel fielen ins Wasser, und wie ein Rauch war der Drache verschwunden! Unterdessen hatte sich die unglückliche Maria in der Stube eingeschlossen und erwartete mit grosser Angst jeden Augenblick die Rückkehr des Drachen. Die Stunden vergingen eine um die andere, doch der Drache machte sich nicht bemerkbar, und so liess die schlimmste Angst bei Tagesanbruch nach. Als es fünf schlug, fasste sie Mut, öffnete die Stubentür, ging in den Gang hinaus und holte die beiden Bündel herein, die ihr der Drache gebracht hatte. «Um Gottes willen, um Gottes willen, wie prachtvoll!» dachte sie, als sie die Bündel auspackte und die gewünschten Kleider und alles, was dazugehört, fand. In einer Schachtel lagen auch verschiedene wunderschöne Ringe und Ohrringe drin, und die steckte sie in die Tasche, und die Kleider faltete sie sorgfältig zu einem Bündel zusammen. Jetzt schaute sie aus dem Fenster und sah Licht im Stall der Stiefmutter sowie den Kamin, der rauchte. Sie nahm ihre Sachen unter den Arm, ging hinauf und trat durch das Tor des Vorstalls. Da hörte sie, wie die Stiefmutter der Ursigna, welche im Nebenstall draussen war, zurief: «Soeben bin ich wieder ein Stück hinuntergegangen, um zu schauen, ob die Haut auf dem Dach ausgebreitet ist, aber es ist nichts zu sehen; doch tot ist sie, das ist sonnenklar!» Jetzt öffnete Maria die Tür und trat in den Stall. Als hätte sie einen Schlag gekriegt, stand die Stiefmutter da, aber nur für einen Augenblick; dann warf sie auf Maria einen Blick, der dieser das Herz zerriss, und schrie: «An der Zeit ist es, dass du füttern gehst, du faules Luder, du wirst die ganze Nacht geschlafen haben, und unterdessen werden die Mäuse meine Säcke zerfressen haben - aber warte nur, ich will unten nachschauen - du wirst drankommen!» Unterdessen öffnete Maria ihr Bündel, nahm das gelbe Brokatkleid hervor und wollte es Ursigna vorführen, dann zeigte sie ihr die Ringe und sagte: «Hier, lies aus, welchen du willst.» Nun begann sie zu erzählen, wie gut die Mäuse zu ihr gewesen waren, aber die Stiefmutter brachte sie mit Anschreien zum Schweigen, und Ursigna keifte: «Behalte deine Ringe nur für dich! Heute Abend gehe ich selbst in die Mühle und schaue, ob ich nicht noch schönere Ringe als du erhalte», und beide gingen aus dem Stall. Doch jetzt ermahnte die Mutter Ursigna: «Ach sag, bist du wirklich verrückt geworden, in die Mühle hinunter zu wollen? Glaubst du, du bist so schlau wie die da drin und kommst ebenfalls ungeschoren davon? - Nein, nein, das lasse ich keinesfalls zu.» Aber Ursigna liess sich die Sache nicht ausreden, und je mehr die Mutter beharrte: «Bleib du da», umso mehr entgegnete sie: «Ich gehe.» Und so wurde es Abend. Da hiess Ursigna ihre Mutter: «Jetzt gib du mir nur etwas Rechtes zum Essen mit, Salsiz, Schildbrot und ein Fässlein guten Wein.» Abends um neun ging Ursigna in die Mühle hinunter. Die Mutter legte nun in der Küche ein grosses, rot glühendes Holzscheit unter den Kessel, dann ging sie hinauf in die Kammer, um zu schlafen. Doch gerade am besten schlief sie nicht, denn immer wieder kam ihr ihre Ursigna in den Sinn. Zweimal stieg sie aus dem Bett und trat ans Fenster, um hinauszuschauen; aber es schien alles ganz ruhig zu sein, und sie sah niemanden herumgehen. Doch drunten in der Mühle ging es nicht gerade so ruhig zu und her. Sobald die Mäuse kamen und um Nahrung baten, schrie Ursigna. «Was? Ihr wollt, dass ich euch von meinem guten Salsiz und von meinem Schildbrot gebe? Nein, nein, so verrückt bin ich nicht!» Die alte Maus gab nun zurück: «Ist gut! Jetzt warte nur, ich will dir schon raten, was du machen musst, damit der Drache dich nicht auffrisst» - und auf und davon waren die Mäuse und achteten nicht auf Ursignas Rufe. Bald danach rief der Drache: «Schönes Mädchen, lass mich ein!» und sie wusste nicht was sagen - der Drache zertrümmerte die Tür mit ein paar Schlägen, kam herein und frass sie auf. Schon vor fünf standen Maria und die Bäckerin, die während der ganzen Nacht aus Sorge um Ursigna nicht schlafen konnten, auf. Die Bäckerin schaute hinunter aufs Dach der Mühle, doch es war dunkel und am Regnen, deshalb sah sie nichts; so ging sie in die Küche und schob Holz unter den grossen Kessel. Unterdessen machte sich Maria auf zum Stall. Aber sobald sie einen Armvoll Heu in den Futtertrog gelegt hatte, ging sie durch den Vorstall hinaus und zur Mühle hinunter, und als sie ziemlich nahe dran war, sah sie mit grossem Schrecken Ursignas Haut weit ausgebreitet auf dem Dach. Sie rannte sofort zurück, und kaum war Maria im Haus, so ging die Stiefmutter hin und sah ebenfalls die Haut ihrer Ursigna auf dem Dach. Jetzt begann sie, die Hände über dem Kopf zusammenzuschlagen, sie schrie, weinte und rief um Hilfe, so dass bald das ganze Dort herbeilief, um zu sehen, wie verrückt sie tat. «Schuld an allem ist dieses verdammte Luder da!» schrie sie, zeigte auf' Maria und wollte sie schlagen. Doch alle kannten die Bäckerin und auch Maria, so hatte niemand Mitleid mit der bösen Alten. In ihrer Verzweiflung rannte die in die Küche, schob den Scheitstock neben den grossen Kessel, sprang darauf und — plumps! - hinein ins kochende Wasser! Sobald die Patin dies vernommen hatte, kam sie in Marias Haus. Die war nach allem, was sie hatte durchmachen müssen, noch traurig und weinte. Die Patin tröstete sie und sagte, indem sie aus ihrem Korb ein Säcklein nahm (gerade jenes, das Maria von jenem Mann erhalten hatte, der ihr die Preiselbeeren besorgte): «Verlier keine Zeit mit Grübeln und Klagen; du solltest jetzt nicht mehr an die Toten, sondern an die Lebenden denken und denen Gutes tun. Dazu musst du dich augenblicklich auf den Weg machen und wieder an den gleichen Ort gehen, wo du auf Befehl deiner Stiefmutter Preiselbeeren suchen musstest. Nimm hier dieses Säcklein, aber schau nicht, was drin ist, und wenn du auf dem Steg bist, so wirf es ins Wasser, und es wird dir gut gehen. Aber geh sofort!» Maria ging. Auf dem Steg nahm sie das Säcklein aus dem Korb und warf es ein Stück weit hinaus ins Wasser. Aber in dem Augenblick gab es einen so starken Schlag, dass das ganze Tal erbebte, und Maria fiel zu Boden und war für eine gute Weile betäubt. Langsam stand sie auf und wollte weitergehen, doch da kamen ihr zwölf Männer entgegen, und sie erkannte sogleich den Mann, der ihr die Preiselbeeren gegeben hatte. Noch mehr allerdings überrraschte sie es, dass jetzt alle reden konnten und herkamen, um ihr die Hand zu geben. Sie dankten Maria dafür, dass sie das Säcklein ins Wasser geworfen und sie so erlöst hatte. «Jetzt ist der Drache mausetot», riefen sie, «und schadet niemandem mehr!», und alle waren froh und glücklich. Marias alter Bekannter jedoch wandte sich zu ihr und sagte: «Ich muss dir jetzt sagen wer wir sind und warum wir in diesem Tal eingeschlossen waren. Ich bin der Sohn des Königs von Österreich, und ich zog einmal mit meinen Freunden los, um auf die Jagd zu gehen, aber wir hatten das Unglück, den Weg zu verlieren und gerieten in das verwunschene Tal. Ein wenig weiter gegen das Haus da ist auch ein Steg, kaum waren wir darüber geritten, gab es einen so schrecklichen Stoss, dass wir zu Boden stürzten, und von dem Augenblick an waren alle stumm, nur ich konnte noch sprechen. Wie wir ins grosse Haus gelangt sind, weiss keiner von uns, aber drin waren wir, und weiter, als die Einfriedung reicht, konnten wir nicht gehen, und wir können dir dankbar sein, weil du uns vom Drachen befreit hast.» Maria erzählte nun, wie es ihr mit der Stiefmutter und Ursigna gegangen war; dann sagte sie: «Ich kehre jetzt sofort zurück und sage der Patin, dass ihr alle erlöst seid.» Die Männer gingen ganz fröhlich in ihr Haus, während Maria zurückkehrte. Die Patin war über die gute Nachricht froh und glücklich. Nachdem die Stiefmutter und Ursigna beerdigt waren, wohnte Maria im Haus der Patin. Sie half ihr viel im Haus und auf dem Feld. Eines Tages, als sie im Garten am Jäten waren, hörten sie auf einmal einen Lärm, wie von Pferdegetrappel, und als sie aufschauten, sahen sie eine ganze Kompanie Reiter, und einer davon stieg vom Pferd, kam zum Gartenhag herüber und sagte zu Maria, indem er sie ansah: «Guten Abend, guten Abend, Maria mit dem goldenen Stern; fürchte dich nicht, ich tu dir nichts zu Leide, ich bin nur der, welcher dir die Preiselbeeren gegeben hat.» Jetzt begrüsste ihn Maria mit einer schönen Verbeugung, da sagte er: «Ich bin hierher gekommen, um dich zu fragen, ob du meine Braut sein willst, denn wisse, ich hab dich gern.» Maria wusste zuerst nicht, was antworten; sie sah jenen jungen Mann gern, und so erwiderte sie: «Ich spüre in meinem Herzen auch Liebe zu Euch, aber ich bin arm, und was würden bloss der König und die Königin dazu meinen?» - «Das», entgegnete jetzt der junge Mann, «lass du nur meine Sorge sein – ich weiss, dass wir glücklich und zufrieden sein werden, wenn ich mit dem Goldstern in den Palast komme.» Nun verlobte sich Maria mit ihm, und er fragte, zur Patin gewandt, ob sie damit einverstanden sei, dass er Maria sofort mit sich nehme. Obwohl die Patin sich ungern von Maria trennte, willigte sie dennoch ein. Während die Reiter draussen warteten, ging Maria in ihre Stube, machte sich zurecht, nahm ihr schönes schwarzes Samtkleid hervor, zog es an, setzte den Hut mit der weissen Feder auf, die man ums Ohr wickeln konnte, und nahm die Peitsche mit dem goldenen Griff, die sie in Holland zum Reiten gebraucht hatte. Unterdessen hatten sich ums Haus herum Leute versammelt, welche die Reiter sehen wollten; aber noch viel grösser war die Überraschung, als Maria mit dem Samtkleid erschien und den Prinzen um die Erlaubnis bat, ein Pferd reiten zu dürfen. Der gab augenblicklich Befehl, den schönsten Schimmel für Goldstern auszusuchen, und als man den brachte, war Maria schnell wie der Blitz aufgesessen und liess das Pferd tänzeln, so dass alles erstaunt dastand. Und als die Reiter gehen wollten, da begleitete sie das Volk, und alle jubelten und wünschten dem Goldstern gute Tage. - Und in Österreich war die Freude nicht kleiner. Hier gab es ein Festmahl übers andere, und eine derartige Hochzeit gab es nie wieder, und - das Märchen ist zu Ende! (Oberengadin)   Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


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Seit einiger Zeit hatten die Alphirten von Breno im Malcantone etwas ganz Aussergewöhnliches bemerkt. Wenn sie nämlich am Morgen früh die Kühe melken wollten, so fanden sie sie mit schlaffem Euter, mit zu Berge stehenden Haaren und mit Entsetzen erfüllten Augen. Da fingen sie an, die Ställe zu bewachen, entdeckten aber lange nichts, obwohl auch jetzt die Tiere jeweilen schon gemolken waren. Eines Nachts endlich konnte einer der Hirten einem entsetzlichen Schauspiel beiwohnen. Um Mitternacht hörte er plötzlich ein Rascheln und sah ein scheussliches Tier heranschleichen. Es war eine Art Schlange, etwa sechs Fuss lang, mit Augen wie Feuer, mit offenem Rachen, gespaltener Zunge und einem mächtigen roten Kamm auf dem Kopf. Der arme Hirt fühlte, wie sich ihm vor Schrecken die Haare emporrichteten, und er zitterte vor Angst wie Espenlaub. Am andern Morgen wussten jetzt die Hirten, wer da nächtlicherweile kam, ihre Kühe zu melken, und sie berieten, wie sie den Unhold aus der Welt schaffen könnten. Aber jenes Ungeheuer schien der bare Teufel in eigener Person zu sein und fuhr ganz unbekümmert weiter, die Kühe zu melken, ohne sich dabei im Geringsten stören zu lassen. Da hielten die Alphirten1 Rat, und es wurde beschlossen, ein Gelübde zur Madonna zu tun, dass sie ihnen helfen möchte, sie von dem Ungeheuer zu befreien. Sie wollten dafür jedes Jahr zu Fuss eine Wallfahrt unternehmen nach der Kirche auf dem Monte Sacro oberhalb Varese. Und das taten sie. Und so zog eine lange Prozession von Leuten aus Breno und dem Malcantone talabwärts den weiten schlechten Weg bis an den Luganersee und dann über jene Berge bei Ponte Tresa und Porto Ceresio nach Varese. Müde und halb tot vor Erschöpfung, mit geschwollenen und blutenden Füssen, aber voll Glauben und Hoffnung, langten sie auf dem Wallfahrtsberg an. Die Madonna zeigte sich ihnen gnädig, denn als sie zurückkehrten, gelang es ihnen, das Untier mit langen Lanzen, die sie ihm in den Rachen stiessen, zu töten. Seine Höhle war an einem Abgrund nahe bei einem Bergbach gewesen. Sie Hessen den Drachen einbalsamieren und brachten ihn nach dem heiligen Berg von Varese, wo er in der Kirche in einer Nische ausgestellt wurde. Im Lauf der Jahre starben die Alphirten. Ihre Söhne wurden auch alt und gingen aus dieser Welt. Aber auch die Söhne dieser Männer vergassen den Drachen und das getane Gelübde nie und zogen jedes Jahr zum Sacro Monte nach Varese. Einmal aber ereignete sich etwas sehr Seltsames auf einer solchen Pilgerfahrt. Die Prozession war schon ganz in die Nähe ihres Ziels gelangt und bewegte sich langsam auf der Landstrasse von Bisuschio nach Varese. Lena, das schönste Mädchen von Breno, war am Ende des Pilgerzuges, denn die Füsse taten ihr weh. Da hörte sie plötzlich ein\' Rossegetrampel. Schnell wie der Blitz jagt ein schwarzes Pferd vorüber, das auf einem Sattel einen noch schwärzeren Reiter trägt. Dieser berührt Lenas Arm, welche hierauf dem Unbekannten mit Widerwillen nachfolgt, verdeckt von einer Staubwolke, so dass die Pilger, ganz ausser sich vor Staunen, schon im nächsten Augenblick nichts mehr sehen konnten. Umsonst riefen sie sie zurück. Vergeblich war alles Suchen. Niemand hat jemals weder Reiter noch Mädchen wiedergesehen. «Wer war jener seltsame Unbekannte?» fragten sich die Leute. Vielleicht der Drache oder der Teufel, als Ritter verkleidet? Nach jenem traurigen Vorfall getrauten sie sich nicht mehr nach Varese zu wallfahrten und begnügten sich damit, wie die einen sagten, zur Kapelle von San Mattia nach Vernate zu gehen, oder wie die andern behaupteten, zur Madonna von Caslano bei der Brücke der Magliasina, wohin" sie nur einen Tag zu pilgern hatten statt deren zwei bis nach Varese.   Am Kaminfeuer der Tessiner                                    Walter Keller                                                          Hans Feuz Verlag Bern Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


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Der Drache zu Bonstetten Kaspar Gilg in Bonstettten will 1706 einen schwarzen Drachen gesehen haben. Der war vier Schuh lang und lief auf vier Füssen. Sein armsdicker Kopf hatte einen gelben Ring. Auf dem Kopf trug er eine goldene Krone. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Knonauer Amt Vernaleken, S. 70   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Drächengrudel

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Ein Vater hatte eine Tochter, namens Seline, die seine ganze Freude war. Sie besassen ein Häuschen unten im Tale und hatten wenig zu beissen. Neben ihnen wohnte ein alter reicher Nachbar, der eine sehr schöne Frau hatte. Nach einigen Jahren erkrankte die Frau und fühlte, dass sie sterben werde. Da bat sie ihren Mann, er möchte, wenn sie gestorben sei, keine andere heiraten oder sie hätte denn so schönes goldenes Haar wie sie. Der Mann gelobte es, und als seine Gattin gestorben war, trauerte er lange um sie. Unterdessen war Seline zur blühenden Jungfrau herangewachsen. Sie war schlank und flink wie eine Gemse, und das Haar floss in schönen goldenen Wellen über ihre Schultern. Mit der Zeit kam den Nachbar die Lust an, wieder zu heiraten, und er hielt Brautschau rings im Lande, fand aber kein Mädchen mit so feinen goldenen Haaren, wie sie seine Frau besessen hatte, und doch gab es eines ganz in der Nähe, und das war des Nachbars Tochter. Er fand, sie gleiche seiner Frau, wie sie vor zwanzig Jahren war, als er sie gefreit, und er beschloss, die Seline zu heiraten. Eines Tages eröffnete er ihr sein Vorhaben, doch sie lachte ihn nur tüchtig aus. Als sie aber sah, dass auch ihr Vater es wünschte, da wurde sie traurig und schloss sich in ihr Kämmerlein ein. Nach einigen Tagen kam sie wieder zum Vorschein. Sie glaubte, der Nachbar hätte sein Vorhaben aufgegeben, aber er bestürmte sie nur noch mehr, und nun nahm sie zu allerlei Ausreden Zuflucht. Eines Morgens sagte sie, sie wolle seine Gattin werden, wenn er ihr drei Kleider kaufe; das eine müsse glänzen wie die Sonne, wenn sie mittags über den Bergen steht, das andere wie der Vollmond in der hellsten Sommernacht, und das dritte wie die Sterne am Firmament. Der Nachbar war hoch erfreut über ihren Entschluss, reiste sofort ab, besuchte alle grösseren Städte und hatte keine Ruhe, bis er die drei Kleider besass. Als er sie nach Hause brachte und vor der schönen Seline ausbreitete, da glänzte und gleisste das eine wie die Mittagssonne, das andere war fahl und blass wie Vollmondschein und das dritte funkelte wie die Sterne über den Bergen. Seline konnte ihre Augen nicht abwenden von den schönen Kleidern, erschrak aber, als der Nachbar sie abermals fragte, ob sie ihn jetzt heiraten wolle. Da sagte sie: «Jetzt noch nicht, aber wenn du mir noch einen Wagen kaufst, der von selber fährt, dann will ich deine Frau werden!» Sie dachte, einen solchen Wagen gebe es auf der ganzen Welt nirgends und war froh, als der Alte auf die Bedingung einging. Er ging auf Reisen, blieb wochenlang weg und brachte einen Wagen zurück, der keine Pferde brauchte und von selbst fuhr. Jetzt durfte die Hochzeit nicht mehr länger hinausgeschoben werden. Am nächsten Tag schon sollte das Fest stattfinden. Sie fügte sich scheinbar in das Unvermeidliche, entschloss sich jedoch zur Flucht. In der Nacht bestieg sie den fremden Wagen, fuhr die ganze Nacht durch und den nächsten Tag auch noch, an vielen Dörfern und Wäldern vorbei, bis am Abend eine grosse, mächtige Stadt sich vor ihren Augen ausdehnte. Vor dem Tore stand ein Bettelmädchen in schlechten Kleidern. Sie stieg aus, tauschte mit dem Mädchen die Kleider, damit niemand sie kenne in der Stadt, und übergab ihm den Wagen zur Obhut. Darauf wanderte sie durch das Tor in die Stadt und suchte Arbeit. Es ging nicht lange, so stand sie vor einem prächtigen Hause. Als sie staunend zu den Türen, Fenstern und bemalten Läden hinaufschaute, fragte eine Dame, was sie suche. Sie sagte, sie suche Arbeit, und wenn sie auch nur wenig dabei verdiene. Nun, sie solle hier eintreten, solche Leute könne man in diesem Hause schon brauchen. So kam sie in das schöne Haus und musste in der Küche neben dem Drächen oder dem Herde stehen und die niedrigsten Dienste verrichten, weshalb sie der Drächengrudel genannt wurde. Das grosse Haus aber, in dem sie diente, war der Königspalast, der von dem Kronprinzen und seiner Mutter bewohnt wurde. Am Sonntag morgen fragte sie den Koch, ob sie nicht in die Messe gehen dürfe. Er betrachtete das schmutzige Mädchen von oben bis unten und fand, er und die hohe Herrschaft müssten sich schämen, einen solchen Drächengrudel in die schöne vornehme Kirche gehen zu lassen, doch wenn sie versprechen wolle, sich in den hintersten Winkel zu setzen, wo niemand sie sehe, so könne sie gehen. Sie gelobte es, eilte voller Freude in ihre Kammer und zog die drei schönen Kleider hervor, die ihr der Nachbar geschenkt, und die sie mit auf die Reise genommen hatte. Sie legte die schmutzigen Küchenkleider ab, wusch und kämmte sich sorgfältig, warf das Sonnenkleid über die Schultern und huschte durch ein Hintertürchen fort zur Messe. Nach dem Hochamt kam der Prinz ganz verwirrt nach Hause und sagte zu seiner Mutter: «Ich habe in der Kirche eine Jungfrau gesehen mit wunderschönen, goldenen Haaren und einem goldenen Kleide, so schön wie die Sonne selbst, die möchte ich zur Frau!» Die Mutter erwiderte: «Wenn sie so schön ist, wie du sagst, so habe ich nichts gegen deine Wahl einzuwenden. Bring sie das nächste Mal her, damit ich sie kennen lerne!» Der Drächengrudel aber war längst in der Küche und sah wieder so schmutzig aus wie vorher. Am nächsten Sonntag fragte Seline wieder, ob sie zur Messe gehen dürfe. Wenn sie sich halte wie am ersten Sonntag und gut verberge, hiess es, so dürfe sie gehen. Da stieg sie hinauf in ihr Kämmerlein, zog das Mondkleid an und wanderte zur Kirche. Als das Hochamt vorüber war, stellte sich der Prinz vor das Portal, um die schöne Jungfrau zu erwarten und anzureden. Als sie aus der Kirche trat, den Kopf tief gesenkt, ging er auf sie zu. Sie aber streckte den Arm wie zur Abwehr aus und wich zur Seite, doch konnte er ihr schnell noch ein Ringlein an den Finger stecken. Wie das erste Mal eilte sie auf weiten Umwegen ins Schloss zurück, schlüpfte unbemerkt durch ein Nebenpförtchen und stieg die Treppen hinauf in ihr Stüblein, wo sie das schöne Kleid auszog und wieder die Lumpen umhing. Am dritten Sonntag erhielt sie abermals die Erlaubnis, zur Messe zu gehen. Für diesen dritten Kirchgang wählte sie das Sternkleid aus, das sie noch nie getragen hatte, und das sie am herrlichsten schmückte. Nach der Messe war der Prinz wieder zur Stelle. Doch sie wich ihm aus, und als er ihr nachfolgte, sprang sie davon. Er erreichte die Fliehende nicht, die schnell wie eine Gemse davoneilte; im Fliehen aber verlor sie einen Schuh, den der Prinz aufhob und in die Tasche steckte. Die Verfolgung gab er auf, denn er holte das Mädchen doch nicht ein. Nun besass er wenigstens ein Pfand von ihm und wer weiss, wozu das noch führen konnte. Als der Prinz den kleinen zierlichen Schuh der Mutter vorwies und erzählte, wie es ihm ergangen sei, da war der Drächengrudel schon in der Küche in seinen alten fleckigen Kleidern und hantierte mit Pfannen und Tellern. Der Prinz war sehr traurig und sagte zu der Mutter: «Sie ist mir leider entwischt, aber ich habe den Schuh von ihrem Fusse, und nur die werde ich heiraten, der dieser Schuh gehört!» Da erwiderte die Mutter: «Ich will dir helfen, mein Sohn. Wir laden auf morgen alle vornehmen Jungfrauen des Landes zu einem grossen Mahle ein, lassen den Schuh von jeder anprobieren, und welcher er passt, nun, die soll deine Frau werden!» Der Prinz war damit einverstanden und freute sich über den glücklichen Einfall seiner Mutter. Boten wurden im Lande herumgeschickt, auf alle Schlösser und Burgen, mit dem Auftrag, zum Hoffeste einzuladen. Am nächsten Tage erschienen die vornehmen Jungfrauen alle am Hofe, jede in ihrem schönsten Kleide, denn jede dachte, der Prinz werde sich vielleicht heute eine Frau auswählen. Die einen hatten sich schneeweiss gekleidet wie Schlehdornblüten, andere rot wie Heckenrosen und andere wieder grün in allen Schattierungen, vom dunkelsten Tannengrün bis zum hellsten Grün der Lärchen. Als sie alle im Saale Platz genommen hatten, brachte ein Diener den Schuh und teilte mit, dass der Prinz diejenige zur Frau erwählen werde, deren Fuss in den Schuh hineinpasse. Jede wollte zuerst hineinschlüpfen, aber den meisten war er zu klein. Einige waren aber doch da, deren Fuss hineinpasste, obwohl es dem Prinzen schien, dass die, welche er dreimal in der Kirche gesehen hatte, nicht dabei und also keine die richtige sei. Der Drächengrudel war in der Küche und half das Essen bereiten. Die herrlichsten Gerichte wurden vom Koch zubereitet und zuletzt auch kleine Kuchen. Da fragte der Grudel den Koch, ob er nicht auch so einen backen dürfe. Der Koch machte ein böses Gesicht und schnauzte ihn an: «Was würde die Herrschaft sagen, wenn ich dich auch Kuchen backen liesse; so etwas versteht kein anderer Koch im ganzen Lande, geschweige denn ein so schmutziger Drächengrudel wie du!» «Nun, wenn er nicht gerät, so werde ich ihn selber essen», sagte der Grudel und bat so lange, bis der Koch lachen musste und sagte: «Meinetwegen, es ist besser, du issest dein eigenes Backwerk, als meine feinen Gerichte!» Da machte sich der Grudel an die Arbeit, und als der Kuchen gebacken war, duftete er unsäglich fein und war auch der bestgeratene und der schönste von allen, dass der Koch selbst fand, man dürfe ihn oben auf die Platte legen und mit den andern hineintragen in den Speisesaal. Der Grudel aber hatte das Ringlein des Prinzen vom Finger gezogen und heimlich in den Kuchen hineingesteckt. Die Platte wurde aufgetragen und der schöne Kuchen, der zuoberst lag, dem Prinzen, der heute nicht lustig sein mochte, vorgelegt. Er schnitt ihn entzwei, und da fiel das Ringlein heraus. Er wurde ganz blass vor Freude, dann aber schoss ihm das Blut in die Wangen. Die Traurigkeit war wie auf einen Schlag weggewischt, und seine Augen leuchteten. Er liess den Koch kommen und fragte ihn, wer den obersten Kuchen gebacken habe. Der Koch erschrak und dachte, es sei etwas nicht in Ordnung und stotterte: «Verzeiht, hoher Herr, der Drächengrudel hat mich gebeten, auch so einen Kuchen backen zu dürfen, und da er so schön bitten konnte, habe ich ihn gewähren lassen. Es soll gewiss nicht mehr geschehen, und wenn . . .» Der Prinz unterbrach ihn und befahl: «Sage dem Drächengrudel, er solle die schönen Kleider anziehen, die er Sonntags in der Kirche getragen hat und zu mir kommen!» Der Koch, der nicht wusste, was das alles zu bedeuten hatte und froh war, so gut davongekommen zu sein, eilte in die Küche und sagte zum Grudel: «Da hast du etwas Schönes angestellt mit deinem dummen Kuchen, grad der Prinz selbst hat ihn gegessen, und nun ist er rot vor Zorn im Gesicht, und du sollst hinaufgehen und die Sonntagskleider anziehen und vor ihm und der ganzen Gesellschaft im Speisesaal erscheinen. Jetzt kannst du sehen, mit dem Drächengrudel ist es aus! Aber es geschieht dir recht! Marsch! Mach, dass du fortkommst!» Der Grudel hatte schon die Küchenschürze losgebunden und warf sie dem Koch an den Kopf, aus lauter Freude, dass er sie aus der Küche fortjagte. Nun hüpfte sie in ihr Zimmer hinauf, wusch und kämmte sich, liess wie jeweilen am Sonntag die goldenen Haare in langen Strähnen über die Schultern niederwallen und zog alle drei Kleider an, das Sonnenkleid zuerst, dann das Mondkleid und zuoberst das Kleid des Firmamentes, das mit Gold- und Silbersternen übersät war. Sie besass aber nur einen Schuh, der zu den Kleidern passte, da der andere unten im Saale war, aber das machte nichts. Sie rauschte in ihren wunderbaren Kleidern die Treppen hinunter, trat in den Saal und schlüpfte vor der ganzen Tafelrunde schnell in den Schuh, der noch am Boden lag und ihr wie angegossen sass. Nun richteten sich aller Augen auf die wunderschöne Jungfrau. Wie wenn sie vom Himmel herabgestiegen wäre, so erschien sie ihnen; der Prinz aber stürzte zu ihr hin, fiel aufs Knie nieder, küsste ihr die Hände, führte sie an den Tisch neben seinen Platz und hiess sie vor allen Anwesenden seine Braut. Am nächsten Tage sandte die glückliche Braut einen Boten mit einer grossen Summe zu dem Bettelmädchen vor die Stadt, das den Wagen noch in Verwahrung hielt. Der Vater und sein Nachbar wurden im Wagen abgeholt und zu der Hochzeit geladen. Quelle: Johannes Jegerlehner: Walliser Sagen, Hans Feuz Verlag Bern, 1959   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


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In einer Höhle im Wuränälpeli hauste ein Drache; ein furchtbares Tier! Infolge einer Wette machte sich ein Frechling daran, ihn zu töten. Er wusste ihn aus seinem Versteck herauszuzecken und ihm eine mit einem grossen Büschel Dornen umwundene Lanze in den geöffneten Rachen zu stossen. Nachdem er ihm den Garaus gemacht, schleppte er ihn gegen heim; doch musste er sterben, bevor er zu Hause ankam. Es scheint, dass ihm Drachenblut ins Gesicht gespritzt war, und das ist giftig. Ja, früher hat es furchtbare Tiere gegeben! Ich selber habe gesehen einen Drachen vom Wannelistock her gegen den Belmeten durch die Luft dahin schiessen, war wie ein feuriger Grotzen; darauf brach in Schattdorf die Nervenkrankheit aus, die viele Leute dahinraffte. Einen Wurä – ist nicht ein Drache – hat mein Vetter, der Fäster-Brosi, in den 70ger Jahren auf dem Sparren unterhalb Schwandi geschossen. Ein grosses Tier mit Beinen. Viele Leute gingen hin und beschauten es. Er liess es auf dem Platze liegen.   Josef Zieri, 68 Jahre alt, Erstfeld. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Drachenkampf in der Galtenfluh

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In der Galtenfluh ob Engelberg in Uri ist eine Höhle in welcher ein Drache hauste. Er hatte eine Urnerin bei sich, die euren armen Urner hatte heiraten wollen, statt des reichen Sennen, den der habsüchtige Vater ihr geworben hatte. Dafür hatte er sie zum Drachen verwünscht und nur ein keuscher Knabe konnte sie erlösen. Als sich ihr reicher Bewerber dazu anschickt, umwickelt ihn der Drache mit dem Schwanz und wirft ihn wie einen Schleuderstein über die himmelhohe Felswand herab. Du bist ja auch schon garten gewesen! ruft er ihm nach. (Gartengehen, oder Heimgarten gehen ist der Kiltgang, der nächtliche Besuch bei Dorfmädchen.) Sodann steigt der arme Brautwerber empor, weiß den ihm entgegen speienden Drachen bei den Beinen unter dem Leib zu packen und beide stürzen mit einander ringend über die Fluh herab. Im Sturze kommt jedoch der Bursche oben zu liegen, ist gerettet und ehelicht seine schöne Urnerin. (Mündlich.) Quelle: E. L. Rochholz, Naturmythen. Neue Schweizer Sagen, Leipzig  1862. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch    


by Der Drachenkampf in der Galtenfluh

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In der Galtenfluh ob Engelberg in Uri ist eine Höhle in welcher ein Drache hauste. Er hatte eine Urnerin bei sich, die euren armen Urner hatte heiraten wollen, statt des reichen Sennen, den der habsüchtige Vater ihr geworben hatte. Dafür hatte er sie zum Drachen verwünscht und nur ein keuscher Knabe konnte sie erlösen. Als sich ihr reicher Bewerber dazu anschickt, umwickelt ihn der Drache mit dem Schwanz und wirft ihn wie einen Schleuderstein über die himmelhohe Felswand herab. Du bist ja auch schon garten gewesen! ruft er ihm nach. (Gartengehen, oder Heimgarten gehen ist der Kiltgang, der nächtliche Besuch bei Dorfmädchen.) Sodann steigt der arme Brautwerber empor, weiß den ihm entgegen speienden Drachen bei den Beinen unter dem Leib zu packen und beide stürzen mit einander ringend über die Fluh herab. Im Sturze kommt jedoch der Bursche oben zu liegen, ist gerettet und ehelicht seine schöne Urnerin. (Mündlich.) Quelle: E. L. Rochholz, Naturmythen. Neue Schweizer Sagen, Leipzig  1862. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch    


by Der Drachenstein

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In Luzern ist ein Drachenstein, welcher rund, sehr hart und verschieden gefärbt ist. Er soll heilsam sein gegen die Pest u. a. Krankheiten. Man bestreicht eine schadhafte Stelle mit demselben oder bindet ihn eine Zeitlang darauf. Scheuchzer (Naturgeschichte der Schweiz) erzählt mehrere Geschichten von Heilungen. Zu einer derselben heisst es, ein Mann habe denselben beim Heuen gefunden, da sei ein Drache durch die Luft gekommen, so dass er vor Schrecken in Ohnmacht gefallen. Als er aufstund, fand er Blut, das von Drachen gespritzt war. In diesem Blute sei der Stein gelegen. Der Besitzer hat diesen Drachenstein, der 9 Unzen wog, wie ein Kleinod aufbewahrt. Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858 Anmerkung: Der Stein ist im Naturmuseum in Luzern ausgestellt. Die Geschichte des Steins findet sich auf der Homepage des Naturmuseums. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Drachenstein von Rohrdorf

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Im Gemeindewalde von Rohrdorf ist ein Felsstein von der Größe eines Waschhauses. Unter diesem hauste ein feuriger Drache, lang wie ein Wiesbaum, dick wie ein Jauchenfaß. Er schlief des Nachts unter dem Steine, aber um Mittag flog er feuersprühend übers Feld bis zu einer Eiche draußen auf der Blöße. Da fraß er die zwei Schafe, die ihm die Rohrdorfer täglich unter den Baum legen mußten; fand er nichts, so kam er ins Dorf, und riß Vieh und Menschen nieder. Viele Jahre trieb er sein Wesen, bis die Gemeinde einen großen, weißen Stier aufgezogen hatte, der sieben Jahre lang nie aus dem Stall gekommen war. Nach sieben Jahren ließ man ihn heraus. Er lief gerade auf das Feld, wo der große Drache beim Mittags- fraße lag. Wie dieser ihn erblickte, schoß er hinter ihn her und beide kämpften so heiß, daß das Blut wie ein Bach von ihnen floß. Das Volk sah in größter Erwartung von weitem zu und als endlich keins der beiden Thiere mehr sich regte, wagte man nach und nach dem Kampfplatz näher zu gehen. Der Drache war zu Aller Freude todt, aber auch der Stier, der die Leute von der Landplage erlöst hatte, lag entseelt neben ihm im Blute. Der Fels, unter dem der Drache gehaust hat, soll Drachenstein geheißen haben, und man meint, er habe vor langer Zeit bei der Hemmetschwyler-Trotte gelegen, da wo jetzt des Jose Haus steht gegen das Dorf Bellikon zu. Man benennt dorten eine Landstrecke nach ihm noch die Steinmatten. Die Sage hängt zusammen mit dem „Uristier an der Neuß". Von ihr handelt besonders Cappeller hist. mont. Pilati 1767. pag. 120. Derselbe erinnert auch, daß dieselbe Begebenheit bereits von hist. nat. Polon. 246 vorgebracht wird und zwar über Craco, den Erbauer Krakaus; denn dieser läßt einem Drachen, statt der täglich von ihm verzehrten drei Rinder, drei mit Pech ausgefüllte Kalbshäute vorsetzen, und das Unthier trinkt nach diesem Fräße so unersättlich aus dem Weichselstrom, daß es birst. Sebast. Münster, Cosmographen, Basel 1567 berührt dieselbe polnische Sage und nennt sie mit Recht eine dem Propheten Daniel nacherzählte. Warum sie gleichwohl hier mit eingereiht steht, wird sich aus Anmerkung No. 245 „Bachthier in Entfelden" ergeben. Nicht zur Freß- und Saufgier des Untereres, sondern zu den Einflüssen, die der Drache auf Korn- und Weinbau hatte, gehört es, daß der Drache zu Brügge mittelst eines Schlaftrunkes, den ihm die Bürger reichen, erschlagen werden kann. Wolf, Ndl. Sag. No. 88. Band 2, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau, 1856, Seite 1   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Drachenstein zu Luzern

Source: Der Drachenstein zu Luzern

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Ein Bauer sah einst bei Luzern, als er auf dem Felde beschäftigt war, einen Drachen von dem Berg Rigi nach dem Pilatusberg fliegen. Während seines Fluges fiel von dem Ungeheuer etwas zur Erde nieder. Als der Bauer sich von seinem Schrecken erholt und hingegangen war, um zu sehen, was das wohl gewesen sei, da fand er in einer Menge Blut einen vielfarbigen Stein, den man noch heute zu Luzern bewahrt und der ein kräftig Heilmittel gegen pestartige Krankheiten ist; dass sich dies oft bewährt hat, davon zeugen die Stadtbücher, worin man es beschrieben findet. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Drachentöter

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Drei Jünglinge ritten einmal über eine Ebene, um die Tochter eines Königs zu suchen. Die wurde von drei schrecklichen Drachen in einer dunklen Höhle bewacht. Nach langem Suchen, da und dort, gelangten die drei Ritter in den schwarzen Wald; mittendrin fanden sie bald einmal die dunkle Höhle. Die führte aber derart tief in die Erde und war oben so schmal, dass nur einer auf einmal hinunter konnte. Der Jüngste, welcher der Mutigste war, sagte den anderen, sie sollten ihm ein Seil umbinden, er wolle allein hinunter. Das machten die beiden anderen, die sich sehr fürchteten, gern. Und sie versprachen ihm, vor der Höhle zu warten und ihn heraufzuziehen, sobald er ihnen ein Zeichen gebe. Unser Ritter liess sich mutig anseilen und stieg in die Tiefe. Zuunterst in der Höhle fand der junge Mann eine wunderschöne Jungfrau, die bitterlich weinte. Als sie ihn sah, war sie sehr überrascht und sagte: «Flieh, guter Ritter, bevor die drei Drachen, die mich bewachen, kommen! Wenn sie dich erwischen, dann bist du erledigt.» Trotzdem zückte der Ritter sein Schwert aus feinem Stahl und sagte: «Ich will Euch befreien, edle Jungfrau, vor Drachen fürchte ich mich überhaupt nicht.» Kaum hatte er das gesagt, da kam ein Drache schwarz wie die Nacht herbeigekrochen. Niemand hätte es gewagt, sich diesem Drachen entgegenzustellen. Aber dieser junge Ritter zitterte nicht vor ihm, sondern spaltete dem Biest mit einem Streich den Schädel. Die Jungfrau freute sich sehr darüber. Doch kaum hatte sie den Ritter warnen können, da zwängte sich schon ein scheckiger Drache mit zwei Köpfen aus dem Felsen hervor, und mit dem hatte der Ritter viel mehr Mühe. Aber schliesslich musste auch dieser Drache aufgeben, und der Ritter zerschlug ihm seine beiden Köpfe. «Erst dann kommt der harte Brocken», sagte die Jungfrau, «wenn der siebenköpfige Drache erscheint.» Und in dem Augenblick krachte es, wie wenn der Blitz eingeschlagen hätte, und ein schrecklicher Drache mit sieben Feuer speienden Köpfen kam aus der Höhle geflogen. Mit aller Kraft führte der Ritter sein Schwert, und mit einem Streich schlug er alle sieben Köpfe ab, sodass das Blut wie ein Bach aus der Höhle floss. Mit Tränen auf den Backen umarmte die Königstochter den Ritter und sagte, sie schenke ihm ihr Herz. Zur Erinnerung an dieses Versprechen gab sie ihm einen schönen goldenen Ring. Schliesslich band der junge Ritter der Prinzessin das Seil um und gab das Zeichen zum Hinaufziehen. Das war bald geschehen. Aber als die beiden Gefährten die schöne Jungfrau sahen, überlegten sie sich, wie sie ihren Gefährten aus dem Weg räumen könnten. Rasch dachten sie sich eine Gemeinheit aus. Sie beschlossen, ihn nur ein Stück weit heraufzuziehen und ihn dann in die Tiefe stürzen zu lassen, damit er auf den Steinen zerschmettere. Der junge Ritter jedoch schöpfte Verdacht, weil sie ihn so lange hatten warten lassen. Da hängte er einen Holzklotz an das Seil. Die falschen Freunde zogen den Klotz ein gutes Stück hoch, und dann liessen sie das Seil los, sodass der Block auf den Felsen fiel und in Tausend Stücke zersprang. Ganz traurig steht der Ritter in der dunklen Höhle herum und macht sich allerlei Gedanken. Aber bald kommt ein alter, ganz grauer Fuchs zu ihm und sagt: «Halte dich an meinem Schwanz fest, und ich will schauen, dass du irgendwie hochkommst!» Das hat der junge Mann so gemacht, und der Fuchs kriecht mit ihm die steilen Wände hinauf ans Licht. Und als sie oben sind, da verschwindet der Fuchs. Zuversichtlich ging der junge Mann weiter und gelangte bald in die Stadt des Königs. Hier waren alle in Seide und roten Samt gekleidet, und man feierte ein grosses Fest. Der junge Mann fragte in einer Wirtschaft, was dies zu bedeuten habe und weshalb alle sich so fein herausgeputzt hätten. «Die Königstochter hat heute Hochzeit mit ihrem Befreier», antwortete der Wirt. Unser Ritter liess sich das Königsschloss zeigen und ging sofort in die Küche, um zu fragen, ob sie nicht einen Holzträger brauchen könnten. Nach langem Sträuben erlaubte der Koch dem Ritter schliesslich, in der Küche zu bleiben und anzufeuern. In der Zwischenzeit hat man den Koch in die Stube gerufen, und der Jüngling nutzt die Gelegenheit, um den Ring, den die Königstochter ihm geschenkt hat, in den Küchleinteig, den der Koch auf dem Tisch liegen hat, zu werfen. Als der Koch später die Küchlein gemacht hat, gelangt der Ring in das schönste und grösste Küchlein, und dieses bekommt die Königstochter. Als sie den Ring fand, war sie vor Freude ganz ausser sich: «Wen habt ihr in der Küche?», fragte sie. «Einen armen Burschen, der das Holz holt», antwortete der Koch. «Lasst ihn herein!», befahl die Prinzessin, und in wenigen Augenblicken war der Ritter im Saal. Die beiden falschen Freunde fingen an zu zittern wie Espenlaub. Vor allen Leuten umarmte die Prinzessin den Ritter, nannte ihn ihren wahren Retter und Bräutigam, und am gleichen Tag feierten sie Hochzeit. Acht Pferde, je vier, rissen die beiden falschen Freunde in Stücke.   Quelle: C. Decurtins, B. Brunold-Bigler, Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Desertina Verlag, Chur 2002 Besprechung in Märchenforum Nr. 73         Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


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Drei Jünglinge ritten einmal über eine Ebene, um die Tochter eines Königs zu suchen. Die wurde von drei schrecklichen Drachen in einer dunklen Höhle bewacht. Nach langem Suchen, da und dort, gelangten die drei Ritter in den schwarzen Wald; mittendrin fanden sie bald einmal die dunkle Höhle. Die führte aber derart tief in die Erde und war oben so schmal, dass nur einer auf einmal hinunter konnte. Der Jüngste, welcher der Mutigste war, sagte den andern, sie sollten ihm ein Seil umbinden, er wolle allein hinunter. Das machten die beiden andern, die sich sehr fürchteten, gern. Und sie versprachen ihm, vor der Höhle zu warten und ihn heraufzuziehen, sobald er ihnen ein Zeichen gebe. Unser Ritter liess sich mutig anseilen und stieg in die Tiefe. Zuunterst in der Höhle fand der junge Mann eine wunderschöne Jungfrau, die bitterlich weinte. Als sie ihn sah, war sie sehr überrascht und sagte: «Flieh, guter Ritter, bevor die drei Drachen, die mich bewachen, kommen! Wenn sie dich erwischen, dann bist du erledigt.» Trotzdem zückte der Ritter sein Schwert aus feinem Stahl und sagte: «Ich will Euch befreien, edle Jungfrau, vor Drachen fürchte ich mich überhaupt nicht.» Kaum hatte er das gesagt, da kam ein Drache schwarz wie die Nacht herbeigekrochen. Niemand hätte es gewagt, sich diesem Drachen entgegenzustellen. Aber dieser junge Ritter zitterte nicht vor ihm, sondern spaltete dem Biest mit einem Streich den Schädel. Die Jungfrau freute sich sehr darüber. Doch kaum hatte sie den Ritter warnen können, da zwängte sich schon ein scheckiger Drache mit zwei Köpfen aus dem Felsen hervor, und mit dem hatte der Ritter viel mehr Mühe. Aber schliesslich musste auch dieser Drache aufgeben, und der Ritter zerschlug ihm seine beiden Köpfe. «Erst dann kommt der harte Brocken», sagte die Jungfrau, «wenn der siebenköpfige Drache erscheint.» Und in dem Augenblick krachte es, wie wenn der Blitz eingeschlagen hätte, und ein schrecklicher Drache mit sieben feuerspeienden Köpfen kam aus der Höhle geflogen. Mit aller Kraft führte der Ritter sein Schwert, und mit einem Streich schlug er alle sieben Köpfe ab, so dass das Blut wie ein Bach aus der Höhle floss. Mit Tränen auf den Backen umarmte die Königstochter den Ritter und sagte, sie schenke ihm ihr Herz. Zur Erinnerung an dieses Versprechen gab sie ihm einen schönen goldenen Ring. Schliesslich band der junge Ritter der Prinzessin das Seil um und gab das Zeichen zum Hinaufziehen. Das war bald geschehen. Aber als die beiden Gefährten die schöne Jungfrau sahen, überlegten sie sich, wie sie ihren Gefährten aus dem Weg räumen könnten. Rasch dachten sie sich eine Gemeinheit aus. Sie beschlossen, ihn nur ein Stück weit heraufzuziehen und ihn dann in die Tiefe stürzen zu lassen, damit er auf den Steinen zerschmettere. Der junge Ritter jedoch schöpfte Verdacht, weil sie ihn so lange hatten warten lassen. Da hängte er einen Holzklotz an das Seil. Die falschen Freunde zogen den Klotz ein gutes Stück hoch, und dann liessen sie das Seil los, so dass der Block auf den Felsen fiel und in tausend Stücke zersprang. Ganz traurig steht der Ritter in der dunklen Höhle herum und macht sich allerlei Gedanken. Aber bald kommt ein alter, ganz grauer Fuchs zu ihm und sagt: Halte dich an meinem Schwanz fest, und ich will schauen dass du irgendwie hochkommst!»  Das hat der junge Mann so gemacht, und der Fuchs kriecht mit ihm die steilen Wände hinauf ans Licht. Und als sie oben sind, verschwindet der Fuchs. Zuversichtlich ging der junge Mann weiter und gelangte bald in die Stadt des Königs. Hier waren alle in Seide und roten Samt gekleidet, und man feierte ein grosses Fest. Der junge Mann fragte in einer Wirtschaft, was dies zu bedeuten habe und weshalb sich alle so fein herausgeputzt hätten. «Die Königstochter hat heute Hochzeit mit ihrem Befreier», antwortete der Wirt. Unser Ritter liess sich das Königsschloss zeigen und ging sofort in die Küche, um zu fragen, ob sie nicht einen Holzträger brauchen könnten. Nach langem Sträuben erlaubte der Koch dem Ritter schliesslich, in der Küche zu bleiben und anzufeuern. In der Zwischenzeit hat man den Koch in die Stube gerufen, und der Jüngling nutzt die Gelegenheit, um den Ring, den die Königstochter ihm geschenkt hat, in den Küchleinteig, den der Koch auf dem Tisch liegen hat, zu werfen. Als der Koch später die Küchlein gemacht hat, gelangt der Ring in das schönste und grösste Küchlein, und dieses bekommt die Königstochter. Als sie den Ring fand, war sie vor Freude ganz ausser sich: «Wen habt ihr in der Küche?» fragte sie. «Einen armen Burschen, der das Holz holt», antwortete der Koch. «Lasst ihn herein!» befahl die Prinzessin, und in wenigen Augenblicken war der Ritter im Saal. Die beiden falschen Freunde fingen an zu zittern wie Espenlaub. Vor allen Leuten umarmte die Prinzessin den Ritter, nannte ihn ihren wahren Retter und Bräutigam, und am gleichen Tag feierten sie Hochzeit. Acht Pferde, je vier, rissen die beiden falschen Freunde in Stücke.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Drapoling um Altdorf

Source: Der Drapoling um Altdorf

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An den Fassnachttagen stürmte das junge Mannsvolk in Uri vermummt in den Gemeinden wie toll herum und klatschte bisweilen dabei in die Hände. Eine solche Schar sprang eben durch den Flecken Altdorf, als das Hochwürdigste von einem verwahrten Kranken zurück in die Kirche getragen wurde. Alle zogen die Larven ab und knieten nieder, bis auf einen, der seinem Herrn und Gott die schuldige Ehrfurcht entzog und Hände klatschend davon rannte die Gasse aufwärts. Wohin?  Man weiss es nicht, denn er wurde von dort an nie wieder anders gesehen und gehört, als in flüchtiger, geisterhafter Erscheinung. Bisweilen sah man nichts, sondern hörte ihn nur klatschen und springen. Er ist in Altdorf männiglich bekannt unter dem Namen Drapoling, womit man dort überhaupt einen Maskierten bezeichnete. Der Drapoling soll mitunter Leute, besonders Mädchen, die ihm in den Weg kamen, aufgehoben und unsichtbar eine Strecke weit getragen haben.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Der dreibeinige Fuchs

Source: Der dreibeinige Fuchs

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Die rauchenden Meiler im romantischen Plasselbschlund sind schon längst erloschen, die Kohlen- und Pottaschebrenner längst ausgestorben. Ihr russiges Handwerk ist durch die Maschine ersetzt worden. Nur spärliche Anzeichen reden noch von dieser Industrie vergangener Jahrhunderte. Die unermüdliche Sage hat auch diesen Erwerbszweig mit dem geheimnisvollen Mantel der Dichtung geschmückt und in abenteuerlichen Überlieferungen in die Gegenwart hinübergerettet. Eine dieser Erzählungen berichtet vom dreibeinigen Fuchs im Schlund. Nicht weit von Peyers Säge stand einst der Kohlenmeiler des bärenstarken Klaus Brügger vom Eichholz. Sein Beruf brachte es mit sich, dass der Mann auch die Nacht hindurch beim Meiler verbringen musste, besonders wenn ein frischer Holzstoss angezündet wurde. Um das glimmende Feuer nicht verlöschen zu lassen, musste der Köhler von Zeit zu Zeit nachschüren. Die erzeugte Kohle lieferte Klaus dann in Freiburg seinen Kunden ab. Das Wachen in einsamer Nacht so allein im tannendunklen Bergwald, beim glosenden Meiler, war nicht gerade gemütlich. Besonders dann nicht, wenn die Füchse vor ihrem Bau heulten und auf hoher Tanne die Nachteulen ihr unheimliches «Uuhuu» in die totenstille Nacht hinausschrien, während das Rauschen des wilden Ärgernbaches geisterhaft heraufschwoll. Klaus verspürte aber keine Angst, unter seinem Wams trug er eine geweihte Benediktusmedaille, die ihm seine Mutter einst von Einsiedeln heimgebracht hatte. In einer stürmischen Herbstnacht sollte Klaus etwas erleben. Gegen Mitternacht sah er plötzlich in geringer Entfernung zwei feurige Punkte leuchten. Sie näherten sich zusehends dem Meiler; es waren die feuersprühenden Augen eines Fuchses, die wie glühende Kohlen den Mann anstarrten. Schnell packte der Köhler die stets schussbereite Flinte und feuerte sie gegen das Tier ab. Aber seltsamerweise war das Tier unverletzt geblieben, obwohl es mitten auf die Stirne getroffen war. Das Wild floh auch nicht, sondern rannte auf den Schützen los und drohte ihn anzugreifen. Was dem Köhler aber besonders auffiel, war die Wahrnehmung, dass der zähe Fuchs nur drei Beine hatte. «Das ist doch sonderbar», dachte Klaus. Als das Tier gegen ihn sprang, riss er schnell die geweihte Medaille von der Brust und hielt sie vor das wütende Tier. Da stiess der zähnefletschende Fuchs einen Wutschrei aus und stob davon. Nur ein beissender widerlicher Geruch blieb zurück, der vom unheimlichen Tier herrührte. Klaus dankte aus tiefstem Herzen Gott und seiner gebenedeiten Mutter für die überstandene Gefahr. Er gedachte auch seines frommen Mütterleins, das ihm die Medaille gegeben hatte. Fortan blieb er von weiterem nächtlichen Spuk verschont.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der dreibeinige Hase

Source: Der dreibeinige Hase

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Weit oben auf einer Alp bei Rüti hielt sich ein dreibeiniger Hase in einer Vertiefung auf. Wer in dieselbe geriet, kam nicht mehr heraus, bis man ihn rief. Das Vieh war nachts nicht in jene Gegend zu bringen. Dr. Henne-Am Rhyn, Deutsche Volkssage   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der dreibeinige, weisse Hase

Source: Der dreibeinige, weisse Hase

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Weiss Gott vor wie viel Jahren standen die Speicher der Sefinenalp bei der Wasserbrücke vorn im ebenen Boden. Jeden Tag trug der Senn die frischen, noch in Järb (hölzerne Käseform) und Umschlag eingespannten Käse auf dem Räf hinaus in die Speicher. Ein armer, hungriger, übelgesunder Waisenbub von Gimmelwald, der bei einem knorzigen Bauern vertischgeldet war, wartete Tag um Tag vor den Speichern und bat um Käsriemen. Gewiss hätte eher der Tag gefehlt als der Bub, und lange tat er keine Fehlbitte. Schliesslich aber wurde der beharrliche Käsriemenbettler dem Sennen überlästig, und er beschloss, wie man es etwa macht, den Buben durch einen gähen Schreck vom Speicher fern zu halten. Eines Tages, als er schon wieder auf der Speicherschori (vorstehende Bodenplanken) sass und auf ihn wartete, stellte er das Räf ab, mit einem harten Knacks, machte ein finstres Gesicht, fluchte: "So, beim Kreuzertonner abeinander — wenn du jetzt noch ein einziges Mal kommst, so hänge ich dich auf!" Der einfältige Bub erschrak nicht im geringsten und fragte harmlos: "Wie geht denn das?" Der Senne drauf: "Jaa, du Gwunderfuchs, das kann ich dir grad zeigen!" Er öffnete den Speicher, rollte einen Scheittotz aus der Ecke und stellte den Buben darauf. Dann nahm er das Bindseil vom Räf, band es an den Unterzug, warf dem Buben eine Schlinge um den Hals und zog sie so an, dass er mit den Schuhnasen nur noch schwachen Stand hatte. Da — was war das? — In diesem Augenblick hoppelte — wie seltsam — zu Mittsommer — ein schneekreideweisser, dreibeiniger Hase langsam und unbeholfen an der offenen Tür vorbei. Der Senne vergass den Knaben, rannte wie das Bisenwetter hinaus, dem lahmen Schneehasen nach, fort und fort über Stock und Stein, durch Strauch und Stauden den ganzen geschlagenen Tag. Als er zu nachtschlafender Stunde wieder zurück zum Speicher kam, da war die Türe noch sperrangelweit offen. Er machte Licht. Herr Jesses — der Totz war umgefallen, und ein verzerrtes Kindergesicht mit gebrochenen Augen starrte ihn an. — Ein Schrei gellte durch ganz Sefinen. Der Älpler verscharrte das Lychli des erhängten Kindes im Kies des Lütschinenbettes, dann in die Nacht hinein, wieder dem dreibeinigen, weissen Hasen nach, so weit, so weit, dass er nie wieder kam. Bald wollte keiner von den Älplern mehr eine einzige Tregi (Bürde) hinaus zu den Sefinenspeichern bei der Brücke im Boden tragen; denn so gewiss Wasser von den Bergen rinnt, sahen sie Mal für Mal ein Seil vom Balken hangen und auf dem umgestürzten Scheittotz den Sennen sitzen, das Gesicht in die Hände vergraben. Die Speicher zerfielen und wurden viel weiter hinten im Tal wieder gebaut, da, wo sie heute noch stehen. Und der Sefinensenn hatte dem Buben nichts Übles antun wollen, war bei Lebzeiten kein arger Mann gewesen — helf ihm Gott an die Ruh! Quelle: Hans Michel, Ein Kratten voll Lauterbrunner Sagen. Wengen 1936. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Dreibrunnen im Rütli

Source: Der Dreibrunnen im Rütli

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Es soll entstanden sein, als die drei Männer den Eid zur Befreiung des Landes geschworen haben. Dieser Überlieferung sei noch diese beigefügt: „Als ich mich von Brunnen nach Flüelen fahren liess und jene denkwürdigen Gegenden der Heroenzeit Helvetiens berührte, wo die drei Tellen den Eid der schweizerischen Freiheit schworen, zeigten meine Schiffer auf die Felsen von Seelisberg auf der Höhe, dicht hinter dem Rütli, und erzählten mir Ungläubigen mit dem Ernste der treusten Diplomatie, dass in einer der Höhlen jener Seelisberger Felsen die drei Tellen seit Jahrhunderten schlafen, um die Freiheit der Schweizer noch einmal zu retten."   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Der Dreifingerstein

Source: Der Dreifingerstein

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Zwischen den Kantonen Zürich, Schwyz und Zug steht, als erhabener Grenzstock, die Hohe Rohne (der Höhronen), ein Berg, der, um seiner ausgedehnten Fernsicht willen, zur Frühling-, Sommer- und Herbstzeit von zahlreichen Wallern besucht wird. Ein kühler Föhrenwald umzieht des Berges Mitte und läuft gegen den sogenannten Rossberg hinunter in spärlichem Wuchse aus. Dieser Rossberg ist eine fruchtbare Alp, auf welcher mehrere Sennenwohnungen zerstreut herumliegen. Steigt man von diesen Hütten den steilen Bergpfad hinan, so muss man bei einem gewaltigen Granitblocke vorbei. Dieser Block ist in der umliegenden Gegend unter dem Namen Dreifingerstein bekannt. Bei näherer Betrachtung rechtfertigt sich diese sonderbare Benennung dadurch, dass man oben auf der platten Höhe drei Vertiefungen wahrnimmt, die gerade der Art sind, als ob sie durch das Hineinstecken des Daumen-, Zeig- und Mittelfingers entstanden wären. Von dem Ursprung dieser Löcher erzählt die Volkssage Folgendes. Ein reicher und habsüchtiger Senn machte nach dem Absterben des Besitzers auf Alp und Wald ungerechten Anspruch. Seine Forderung geschah auf Unkosten der Kinder des Verstorbenen, die durch den Verlust dieser Grundstücke arme Waisen geworden wären. Falsche Dokumente und Verschreibungen unterstützten die Ansprüche des Betrügers; die armen Kinder hatten nichts als ihr inneres, gutes Recht. Es kam zum richterlichen Augenschein und zum Eidschwur. Der Bösewicht leistete ihn mit aufgehobenen Schwörfingern auf der Höhe des Felsens laut und frech. „Weh dir“, rief ihm der Richter zu, „so du einen falschen Eid getan!“ Da tat der Mann auf dem Felsen die grässlichsten Beteuerungen, wie ihn der Teufel holen solle, wenn er Unwahrheit geschworen: „So wenig“, rief er, „als ich meine Schwörfinger in diesen harten Stein tauchen mag, als in Wasser - so wenig hab' ich einen falschen Eid getan!“ Und damit setzte er in grauser Vermessenheit die Finger auf den Stein, als ob er dieselben hineindrücken wollte. Und siehe, der Felsen gab nach wie weicher Schnee und die drei Schwörfinger begruben sich drin bis ans hinterste Gelenke. Entsetzt wollt' er sie alsbald zurückziehen; sie waren aber festgewachsen, also, dass all sein Mühen und die Arbeit Anderer nichts fruchtete. Gott hatte gerichtet; der Fälscher bekannte sein Verbrechen vor allem versammelten Volke. Und nach dem er gebeichtet, erbebte die Erde; die Föhrenzweige rauschten schauerlich, und aus dem Walde fuhr unter Blitz und Donner eine kohlschwarze Wolke. Und die Wolke umhüllte ihn und ein lautes Geheul erhob sich in derselben; dann zerteilte sie sich und zerfloss in der Luft. Der Verbrecher aber lag entseelt und das Antlitz im Nacken. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Dreifingerstein

Source: Der Dreifingerstein

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Ein gewaltiger Granitblock auf dem Rossberg, einer Alp am hohen Rhone, ist das Naturdenkmal einer bösen Tat. Oben auf der glatten Höhe dieses Steines finden sich drei Vertiefungen, wie durch das Hineinstecken eines Daumens, Zeig- und Mittelfingers entstanden, darum heisst er Dreifingerstein. Ein ungerechter Senn schwur daselbst einen falschen Eid und versicherte darauf: „So wenig als ich meine Schwörfinger in diesen harten Stein tauchen mag, als in Wasser - so wenig hab' ich einen falschen Eid getan." Gesagt und das Gottesurteil geschah, der Felsen gab nach wie weicher Schnee, die Fingermale prägten sich für alle Zeiten hinein. Tod ereilte den Verbrecher, nachdem er bekannt und bereut.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Der Dreifingerstein (ZH)

Source: Der Dreifingerstein (ZH)

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Ein reicher und habsüchtiger Senn machte nach dem Absterben des Besitzers auf Alp und Wald ungerechten Anspruch. Seine Forderung geschah auf Unkosten der Kinder des Verstorbenen, die durch den Verlust dieser Grundstücke arme Waisen geworden wären. Falsche Dokumente und Verschreibungen unterstützten die Ansprüche des Betrügers; die armen Kinder hatten nichts als ihr inneres, gutes Recht. Es kam zum richterlichen Augenschein und zum Eidschwur. Der Bösewicht leistete ihn mit aufgehobenen Schwörfingern auf der Höhe des Felsens laut und frech. „Weh dir“, rief ihm der Richter zu, „so du einen falschen Eid getan!“ Da tat der Mann auf dem Felsen die grässlichsten Beteuerungen, wie ihn der Teufel holen solle, wenn er Unwahrheit geschworen: „So wenig“, rief er, „als ich meine Schwörfinger in diesen harten Stein tauchen mag, als in Wasser – so wenig habe ich einen falschen Eid getan!“ Und damit setzte er in grauser Vermessenheit die Finger auf den Stein, als ob er dieselben hineindrücken wollte. Und siehe, der Felsen gab nach wie weicher Schnee und die drei Schwörfinger begruben sich drin bis ans hinterste Gelenk. Entsetzt wollte er sie alsbald zurückziehen; sie waren aber festgewachsen, also, dass all sein Mühen und die Arbeit anderer nichts fruchtete. Gott hatte gerichtet; der Fälscher bekannte sein Verbrechen vor allem versammelten Volke. Und nachdem er gebeichtet, erbebte die Erde; die Föhrenzweige rauschten schauerlich, und aus dem Walde fuhr unter Blitz und Donner eine kohlschwarze Wolke. Und die Wolke umhüllte ihn und ein lautes Geheul erhob sich in derselben; dann zerteilte sie sich und zerfloss in der Luft. Der Verbrecher aber lag entseelt und das Antlitz im Nacken. Schweizerblätter 1835 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Dreifingerstein (Zug, ZG)

Source: Der Dreifingerstein (Zug, ZG)

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Zwischen Zürcher-, Schwyzer- und Zugerboden steht der Hohe Ronen. Er läuft gegen den Rossberg aus und dort liegt ein grosser Granitblock, der Dreifingerstein genannt. Am Stein kann man drei Vertiefungen feststellen; es scheint, als hätte ein riesenstarker Mensch Daumen, Zeig- und Mittelfinger mit Urgewalt hineingebohrt. Es war einst ein steinreicher Geizkragen und dieser machte nach dem Tode des Alpbesitzers ungerechten Anspruch auf diesen Fleck Boden. Die armen Waislein des toten Älplers wurden von ihm hart bedrängt und verfolgt. Das boshafte Vorhaben suchte der landgierige Senn mit falschen Urkunden und Verschreibungen zu beweisen. Die Kinder hatten aber keine Rechtsmittel in der Hand, um ihr gutes Recht beweisen zu können. Das Gericht wurde gemäss altem Brauch auf dem strittigen Landgut abgehalten und der Senn leistete einen feierlichen Eid, dass ihm das Landstück vom verstorbenen Bauer einst verschrieben worden sei. "So wenig als ich meine drei Schwurfinger in diesen harten Stein zu tauchen vermag, so wenig ist mein Eidschwur falsch". Vermessen setzte er die drei Schwörfinger auf den harten Stein und siehe, dieser gab nach wie weicher Schnee und die drei meineidigen Finger sanken ein bis ans hinterste Glied. Voll jähem Entsetzen wollte der Meineidsenn seine Hand zurückziehen, aber umsonst, die drei Finger waren wie festgewachsen. Gott hatte gerichtet, und der Senn bekannte seine Übeltat. Reumütig beichtete er seine Sünden. Dann aber erbebte die Erde, ein Blitz fuhr aus heiterem Himmel, eine dunkle Wolke umgab ihn. Aus der Finsternis erscholl ein fürchterliches Rufen, und als die Wolke sich wieder teilte, lag der meineidige Senn entseelt rücklings am Boden, das Antlitz gegen die Erde gekehrt. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 67 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Dreifingerstein (Zürich, ZH)

Source: Der Dreifingerstein (Zürich, ZH)

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Der Dreifingerstein Wenn man von der Alp auf dem Rossberg den steilen Bergpfad zur Hohen Rohne hinaufsteigt, wo die drei Kantone Zürich, Schwyz und Zug zusammenstossen, kommt man bei einem mächtigen Granitblock vorbei, der in der Umgebung unter dem Namen Dreifingerstein bekannt ist. Bei näherer Betrachtung rechtfertigt sich diese sonderbare Benennung dadurch, dass man oben Vertiefungen wahrnimmt, die so aussehen, als ob sie durch das Hineinstecken eines Daumens, eines Zeig- und Mittelfingers entstanden wären. Vom Ursprung dieser Löcher erzählt die Volksage Folgendes: Ein reicher und habsüchtiger Senn machte nach dem Hinschiede des Besitzers auf Alp und Wald ungerechten Anspruch. Seine Forderung geschah auf Kosten der Kinder des Verstorbenen, die durch den Verlust dieser Grundstücke arme Waisen geworden wären. Falsche Verschreibungen und Dokumente unterstützten die Ansprüche des Betrügers; die armen Kinder hatten nichts als ihr inneres, gutes Recht. Es kam zum richterlichen Augenschein und zum Eidschwur. Der Bösewicht leistete ihn mit aufgehobenen Schwörfingern auf der Höhe des Felsens, laut und frech. Weh dir, rief ihm der Richter zu, wenn du einen falschen Eid getan! Da stiess der Mann auf dem Felsen die ärgsten Beteuerungen aus, wie ihn der Teufel holen solle, wenn er die Unwahrheit beschworen: „So wenig als ich meine Schwörfinger in diesen harten Stein tauchen mag, so wenig habe ich einen falschen Eid getan“, so rief er aus. Und damit setzte er in grausiger Vermessenheit die Finger auf den Stein, als ob er dieselben hineindrücken wollte. Und siehe, der Felsen gab nach wie weicher Schnee, und die drei Schwörfinger begruben sich darin bis ans hinterste Gelenk. Entsetzt wollte er sie alsbald zurückziehen; sie waren aber festgewachsen, und all sein Mühen und die Arbeit anderer fruchteten nichts; Gott hatte gerichtet und der Fälscher bekannte sein Verbrechen vor allen Anwesenden. Und nachdem er gebeichtet, erbebte die Erde, die Föhrenzweige rauschten schauerlich und aus dem Walde fuhr unter Blitz und Donner eine schwarze Wolke. Diese umhüllte ihn, und ein lautes Geschrei erhob sich in derselben; dann zerteilte sie sich und zerfloss in der Luft. Der Verbrecher aber lag entseelt auf dem Granitstein. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Wörtlich aus Stauber, S. 48.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Dreihundertjährige am Strichen

Source: Der Dreihundertjährige am Strichen

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Der Grethans zu Wölfliswil befand sich, da man vor Jahren einmal im Gemeinwerke den Strichenberg abholzte, ganz allein auf der Höhe dieses einsamen Waldberges und hieb sich das ihm zukommende Theil Reisswellen und Stauden. Da kam aus einer unwegsamen Waldlücke heraus ein Mann zu ihm getreten in völlig rother Tracht. Ein rothes Wollenhemd gieng ihm über die Hüfte, er trug rothe Stumpfhosen und rothe Strümpfe, Rinkenschuhe mit fingerbreiten funkelnden Messingschnallen, auf dem Kopfe einen sog. Dreischnörrihut. Ein solcher Hut, den man mittelst Schnüren in eine dreischnäutzige Form aufbinden, gegen den Regen aber als Schlapphut breit aus einander schlagen kann, war vor alten Zeiten einmal hier herum allerdings üblich gewesen, aber zum Aussehen dieses Mannes passte er gar nicht, der, wenn er zum Uebrigen noch ein rothes Käppchen getragen hätte, ganz einem stattlichen Schützenzeiger glich. Der Grethans besann sich eben, von welchem Scheibenschiessen doch wohl der in diese weglose Gegend herkommen könnte, da begann der Rothe und sprach, das Thal drunten überblickend: Vor dreihundert Jahren hättest du wahrlich auch nicht so allein hier Holz gefällt! Der Grethans dachte bei sich, also auch wieder so ein Faulenzer, der zu jeglicher Arbeit einen Gesellschafter haben muss; und nicht einmal guten Tag bietet er dir, und dutzt dich schon im ersten Augenblick! Er antwortete ihm daher wie einer, der dem Fopper das gleiche Wort mit Nachdruck zurückgiebt und sagte: Freilich hätte ich vor dreihundert Jahren weder ganz allein, noch in grosser Gesellschaft, noch auch mit dir mein Brennholz hier oben hauen können, weil wir vor dreihundert Jahren ja alle zusammen noch nicht auf der Welt gewesen sind - ausgenommen vielleicht dein Hut da. Das ist gar nicht die Ursache, sagte der Rothe begütigend; sondern weder ein Mann einzeln, noch viele Männer zusammen würden sich damals hier herauf gewagt haben, so viele Wölfe gab es hier herum. Und dein Dorf Wölfliswil bekam ja von ihnen seinen Namen damals vor dreihundert Jahren. Das ist aber dann doch nur die Schuld der damaligen Leute gewesen, erwiederte Grethans; sie werden eben auch wie du lieber auf das Schützenfest als auf die gefährliche Wolfsjagd gelaufen sein. Hätten sie die Wölfe nur brav zusammen gepulvert! Zusammen gespiesst, musst du sagen, unterbrach ihn der Rothe; denn in seinem ganzen Hause hatte der Bauer keinen Schuss Pulver vor dreihundert Jahren. Da drunten auf dem Platze in Oberhof, den Jhr jetzt Auf der Hofstatt nennt, hat der Erste gewohnt, und ausgebälgte Wölfe hiengen so viele ringsum unter seinem Dachrande, dass er mehr Stroh, als jetzt auf euerm Felde steht, nur in die Wolfsbälge allein hinein zu schoppen hatte vor dreihundert Jahren. Aber jetzt ist eben überhaupt nicht mehr der dreifache Ertrag an Frucht und Obst vorhanden wie vor dreihundert Jahren. Sobald im Frühling der Oerkenbach gross wurde, schwamm er voll Schwarzkirschen, und im Herbste lag er so voller Aepfel, Zwetschgen und Nüsse, dass meine Base ihre Herbstwäsche statt im Bache, hieroben beim Heidenbrünnlein hielt; dann wurde allemal der ganze Strichenberg schneeweiss, wenn ihrer Schwester Tochter die Bett- und Tischtücher zum Trocknen aufhieng vor dreihundert Jahren. Das muss aber eine schlechte Wirtschaft gewesen sein, erwiederte ihm der Grethans. Da hätten sie doch Schnaps draus brennen sollen und Kirschwasser, anstatt es den Bach hinab schwimmen zu lassen, das viele schöne Obst! Es ist gleichwohl auch nicht verloren gegangen, sagte der Rothe; denn die Schweine haben sich herrlich mit gemästet, und trieb sie der Vetter einmal auf den Markt nach Basel, so waren's ihrer so viele geworden, dass er mit den letzten noch nicht im Frickerthore stand, wenn die vordersten schon zum Mühlhauserthore wieder hinaus zogen. Seht, da kommen die Rothen, riefen alsdann die Basler Metzger und bezahlten sie ihm wannenweise mit Brabänterthalern und saumweise mit Elsässerwein, wie er süss und herrlich gerathen ist vor dreihundert Jahren. Jetzt wusste der Grethans nichts mehr zu erwiedern, aber er dachte sich, mach dich einmal, fort, du Aufschneider! als der Rothe, ohne Abschied zu nehmen, sich kehrte und in der Richtung nach Oberhof bergab gieng. Was für einen Weg will er denn da machen über Stauden und Stämme, über Stock und Stein? Denn dorten über die bolzgerade Felsenwand hinunter ist wohl auch vor dreihundert Jahren noch keine Klaue und kein Fuss gekommen! so sagte Grethans bei sich selbst, sprang ein paar Schritte weit nach und schaute und staunte. Unaufgehalten schritt der Rothe ohne Weg und Steg geradaus über die senkrechte Kluft und jenseits in den Wald hinein, als ob er die dichte Wand der Tannenbäume niedertreten könnte. Der Grethans nahm schnell zum Beten seine Zuflucht, um des Grauens Herr zu werden. Des Rothen immerwährendes Wort wurde ihm plötzlich befremdend deutlich, er wusste nun was es auf sich hatte, allein gewesen zu sein auf dem Strichenberge vor dreihundert Jahren. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 210 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch  


by Der Dreischwesternbrunnen auf der Rigi

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By der Capell fliesst ein schöner clarer Brunne under dem felsen heruss. Der würdt geleitet in ein hölzinen Trog oder Kasten neben der Capell. Dieser Brunnen dient zu dem gebruch der Einsiedler und der biderben Lütten so von andacht oder badens wegen wie gehört werden sol dahin komment. Diser brunnen würdt auch genannt unser Lieben frowen Brunnen wunderbarlich erfunden, ein suber und herrlich gutt trinkwasser, ouch gemeinlich das kalte Bad, wie es dann von vilen an statt eines Bads gebraucht würdt und jch das selbs gesehen hab, glychwol mitt vil bedenkens. Dann es so kalt, das Einer syn hand gar kümberlich eins Ave Maria lang darein hallten kan. Da komment wyb vnd man von wytt har gan Baden für allerley Leybsmängel, zwar one allen Rat der Arzten vnd bruchent das allso. Der Mensch muss sich nackend in disen Brunnkasten werffen vnd drümal darinn mit Lyb, haupt und allem umb werffen vnd tuncken mitt ettwas Cerimonien wie es die Einsiedel angeben. Der gloub ist so gross das die gutten Lüt vermeinent sy syent schon genäsen. Ja es hatt mir der Einsiedel so jetzt diss 1601te Jars alls ich den 7ten tag Augstens dort war anzeigt, das dess Nächst zuvor verschinen S. Jackobi des Merern Apostels tag über die 150 Menschen da gewesen diss bads sich zu gebruchen. - Wie aber diss Bad oder vil meer diser gutte Brunnen und diss ort erfunden, davon hab ich disen bescheid funden, uff einer Verzeichnus so in derselben Cappell. Doch so hab Jch mich daruff nitt durchuss jn allem können hafften, sonder allein daruss genommen, so vil mir die vernunfft dictiert und ich vermeint by verstendigen Lütten passirlich syn, sonderlich wyl dis Verzeichnus mit dheiner Authentisation bevestiget. Doch so hab Jch dasselbig mitt der Tradition der allten und der Landtlütten dess orts nach und nach sonderlich aber anno 1601, da Jch abermals disen Berg durchgangen und dises ort besucht - und durch stäte Conversation der landlüten besonders der allten und fürnembsten dieses fleckens flyssig examinirt. - Es wysst die Verzeichnung, das ein Landsmann von wegis, Barthlome Joler genannt, dise schlucht mitt disem herrlichen Brunnen erstmals (als man achtet) Ano 1540 erfunden, sich nach langer ermüdung da erquickt, disern Brunnen auch unser lieben frauen brunnen uss sonderer Andacht gegen derselbigen genampt. Bald daruff als er grossen schmerzen an einem Arm erlitten, sich an diss ort mit rüw und Leid siner sünden ouch gelobtem Allmuosen oder Opfer verheissen dasselbig besucht und uss sondrer Andacht den Arm mitt dem Wasser disen Brunnens gewaschen und gesund worden. Wöllichs er ussgebreitet und vil andre Menschen so gebresthafft und ihre gebresthaffte Glieder alda gewaschen auch gesuntheit erlangt haben söllent. - Es würdt aber durch den scribenten, der ein einfelltiger und in der glychen Sachen unerfarner Mensch und mir wol bekannt, noch ettwas anders darzu gesetzt, so disem Miracul (so es je allso getoufft werden sol) noch grössern glouben machen solle, nämlich, das diser Brunn ouch genampt werde Der schwösterbrunnen daher, das dry luppliche eliche schwöstern zu küssnacht erboren da gewonet und disern Brunnen genossen haben söllen. Wölliche schwöstern das gmein Volk für heilig ussgibt und jn dem won jst alls sollten sy noch unsichtbarlicher wys jn disem Berg lyplich wonen mit vil andern selzamen umbstenden, (dannenhar ouch ettwan verbotten wallfarten zu solchen hölinen und Bergklufften von wybern beschehen); die by vernümftigen Menschen gar nit passierlich, der wegen ichs ouch zemelden underlass. Allein zum bericht uss der allten Tradition wär doch diese schwöstern gsin und jr histori. Namlich es solle zuo der zytt da keiser Albrecht so ein geborner hertzog zu Oesterrych gsin alls er Ano 1293 die statt Luzern ouch die welltliche Oberkeit der Landtschaft jetzt Uri, Schwyz und Underwalden von ettlichen Stifften und Gottshüsern bezwungner wys aberkoufft vnd jnen darnach ettliche Edellüt zu Regenten und Landvögten fürgesetzt. Wölliche sy mitt unlidenlicher Tyranny und Muttwill beschwärt wöllichs nun alles an jme selbs war und die Eydgenössische Chroniken wyttlöuffiger melden. Nun habe ein frommer Landmann zu küssnacht unden an disem Berg dry eenliche und schon erwachsen mannbare wolgestallte Töchtern gehept, uff wölche der österrychische Landtvogt so domals uff dem schloss daselbs zu küssnacht gesessen und selbiges Lands Art geregiert sin oug geworffen und angeschlagen oder sinen Dienern bevolhen die Töchtern alls die an einem Tantz gewesen zu rauben und uff sin schloss ze füren, damitt er die missbruchen und sines schandtlichen muttwillens mitt jm leben möchte. Alls aber die Töchtern dess verwarnet, haben sy sich heimlich ab dem Tanz verschleickt vnd syeen den nässten uff disen Berg gezogen, sich verborgen und allso verborgen gelebt bis das Land in sicherheit gesetzt. Wöllichs nun zwar nit so gar unglouplich (wiewol nun ihr Landschroniken bim wenigsten davon meldung thund,) aber sy setzend darzu und haltend sy söllbent unsterplich da wonen und sich bisswylen die Menschen vnd besonder jres geschlechts Nachkommen sehen lassen, mitt jnen geredt und connersiert, mitt andern selzamen umbstenden meer. Wöllichs nun meer ein fabel dann ein warheit ze hallten, wie ouch eben das, das dise gutte fromme Lütt allso beredt und dessen ein starke ynbildung haben das vil der Herdlütten wybs vnd mansgeschlecht, von den Allten pygmei genant, jn disem Berg gewonet ja ouch noch by Menschen gedächtnus gesehen worden, die sich den Menschen gar geheim gemacht, jnen ouch menschliche Dienst ussgericht zu jnen uff Hochzyten und sonst jn heimsche Gastereyen und Liechtstubeten gewandlet mit jnen geessen und getrunken vnd derglychen vil so ich umb geliebter kürtze willen ze melden gern verbergen. Da aber die Wellt (allso sagend dise gutte Lüt) sich gebösert und disen frommen Lütlinen mit fürwitzigen fündelen vnd fräglen umb verborgen Ding und geheimnuss uberlestig sin wollen, haben sy sich nit meer sehen lassen.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Der Dumme

Source: Der Dumme

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Es war einst ein Müller, der jeden Tag mit seinem Eselchen durch die gleiche Strasse zur Mühle ging. Da sah er einen Mann auf einem Baum, wie er den Ast, auf dem er sass, durchsagte. «O Ehrenmann», rief er ihm zu, «passt auf, dass der Ast, auf dem ihr sitzt, nicht mit euch herabfällt!» Der Dumme aber wollte es ihm nicht glauben. Doch krach! da brach der Ast entzwei, er fiel vom Baum herunter und streckte die Beine in die Höhe. Dann stand er auf und -dachte bei sich: «Potztausend, dieser Müller ist ein Wahrsager, ein Zauberer.» Er wartete auf ihn, bis er zurückkehrte und sprach zu ihm: «O Müller, ihr habt wirklich recht gehabt. Ich bin1 wahrhaftig herabgefallen. Ihr seid in der Tat ein Zauberer. So sagt mir nun, wann ich sterben muss.» Und der Müller entgegnete: «Wenn mein Grau Tier zum dritten Mal schreit, dann seid ihr tot.» «O ich Armer», rief der Dummling aus. In diesem Augenblick hub der Esel an laut zu schreien, ohne lange zu fragen. «O ich Armer», dachte der Dumme, «ach ich Armer, jetzt bleiben mir nur noch zwei übrig.» So zogen sie ein Stück weit ihres Weges. Da plötzlich schrie der Esel zum zweiten Mal. Der Dumme dachte: «O weh, jetzt bleibt mir nur noch einer übrig.» Vor Angst hieb er mit seinem Sackmesser eine Rute ab, um damit dem Esel das Maul zuzubinden, damit er nicht mehr schreien könne, als das Saumtier plötzlich zum dritten Mal zu schreien begann. Da schnellte die Rute so heftig, dass der Dumme wie tot umfiel. Jetzt musste man ihn begraben. Sie legten ihn in einen Sarg und nagelten diesen gut zu. Dann hoben ihn vier Männer auf die Schultern und wollten ihn zum Friedhof tragen. Es führten aber zwei Wege dorthin. Und wie sie zum Scheideweg gelangten, sagte der eine zum andern: «Müssen wir jetzt hier durch gehen oder dort durch?» Da klopfte der Dumme an den Deckel und rief: «Als ich noch am Leben war, ging ich stets hier durch.» Jetzt liessen die vier Männer vor Schrecken den Sarg zu Boden fallen, ergriffen die Flucht, und der Dumme kehrte als ein Auferstandener wieder ins Leben zurück. Am Kaminfeuer der Tessiner                                    Walter Keller                                                          Hans Feuz Verlag Bern   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Dumme hat Glück

Source: Der Dumme hat Glück

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  Es war einmal ein dummer Bursche. Der war arm und hatte weder Vater noch Mutter mehr. Aus Mitleid nahm ihn ein Onkel auf in sein Haus und schickte ihn auf die Weide, die Ziegen zu hüten. Weil der Onkel selber aber schon alt war und den Dummkopf nicht gern allein auf der Welt zurücklassen wollte, dachte er, ihm eine Frau zu geben. Also sagte er eines Tages zu ihm: «Wenn du schöne Mädchen siehst, so wirf ein Auge auf sie.» Am folgenden Tag ging der Einfältige wieder auf die Berge, um seine Ziegen zu hüten. Da sah er ein bildschönes Mädchen. Schnell riss er grausamer Weise einer Ziege ein Auge aus und warf es dem Mädchen zu. Als sein Onkel am Abend sah, dass eine Ziege nur noch ein Auge hatte, fragte er ihn: «Aber was hast du mir da angestellt, mein Neffe!» — «Ei, ich habe das Auge einem bildschönen Mädchen angeworfen, wie ihr mir befohlen habt.» «O du abscheulicher Kerl!» versetzte sein Onkel. «Auf der Stelle gehst du mir aus meinem Haus!» Der Bursche hielt es für besser, sich schleunigst aus dem Staub zu machen, sonst hätte ihn sein Onkel in der Wut noch totgeprügelt. Er nahm das Fell eines Ziegenbocks mitsamt den Hörnern auf seine Schultern und lief davon, ohne nur die Haustür zu schliessen. «So zieh doch auch die Haustür hinter dir!», schrie ihm der Onkel nach. Der Dummkopf verstand das wiederum wörtlich, lud wahrhaftig die Haustür auf seinen Rücken und lief davon. So wanderte er vorwärts über Berge und Täler, und schliesslich geriet er weit von den Dörfern weg in grosse Wälder und wusste nicht, wo er am Abend seine müden Glieder zum Schlafen hinlegen sollte. Da fiel ihm ein, er könnte zur Sicherheit auf einem Baum oben übernachten. Er kletterte also durch die Äste empor und zog seine Habseligkeiten samt dem Ziegenfell und der Haustür auf den Baum hinauf. Als er sich\'s endlich bequem gemacht hatte, sah er, wie drei Männer durch den Wald kamen und sich gerade unten am Stamm seines Baumes lagerten. Sie hatten eine Kiste bei sich und eine Pfanne, suchten Äste und Reisig zusammen und zündeten miteinander ein Feuer an. Dann hingen sie die Pfanne über dem Feuer auf und taten Reis1 hinein. Aber es fehlte ihnen an Wasser oder Fleisch-brühe, um Brühe herzustellen. Vor grosser Angst konnte sich- der Dummkopf jetzt nicht mehr halten und Hess gerade in diesem Augenblick seine Kürbisflasche, darin er das Trinkwasser aufbewahrte, fallen. «Ei, seht doch, wie der Himmel für uns gesorgt hat!», sprachen unten die Männer, die niemand anders als drei Räuber waren. Sie mischten also ihren Reis und freuten sich schon aufs Essen. Eine Weile später konnte der Dummkopf auch die grosse Haustür nicht mehr halten. Sie entschlüpfte seinen Händen und fiel mit grossem Krach und Gepolter durch die Baum äste auf den Boden hinunter. «O schaut, da kommt ja auch noch ein Tisch herunter! Jetzt kann es uns an nichts mehr fehlen.» Nicht lange darnach entfiel dem Dummkopf auch das Fell des Ziegenbockes mit den Hörnern daran. Diesmal gerieten die Männer in Entsetzen und schrien: «Der Teufel ist da, fort, fort, der Teufel kommt!» Sie Hessen die Kiste samt der Reispfanne im Stich und flohen wie der Wind so schnell von dannen. Da stieg der Dummkopf vom Baum herunter und wollte die Kiste auf die Schulter laden. Aber er konnte sie nicht heben. Gleich schaute er nach, was darin sei und fand sie voller Geld. Sobald die Nacht vorüber war und der Tag graute, machte er sich auf den Weg zu seinem Onkel zurück. An der Landstrasse traf er einen Wegmacher an und sprach zu ihm: «Nehmt euren Schubkarren und führt mich samt dieser Kiste nach Hause, so will ich euch einen Silbertaler geben.» — «Oho», erwiderte der Wegmacher, «wo willst du nur einen Silbertaler hernehmen, du Windbeutel, der du ein noch viel ärmerer Teufel bist als ich?» Aber der Dumme legte ihm augenblicklich einen prächtigen Silbertaler hin, worauf der Wegmacher ihn samt der Kiste auf den Karren lud und heimbrachte. Als er dort anlangte, nahm ihn sein Onkel aus Mitleid wieder auf. «Was schleppst du mir da mit nach Hause?» fragte der Onkel, als er die Truhe sah. Und der Neffe erwiderte: «Ach, Onkel, schimpf mich nicht wieder, schau einmal, was da drin ist.» Begierig öffnete der alte Mann die Kiste und war ganz sprachlos und wie versteinert, als er das viele Geld sah. Er verschaffte seinem Neffen eine brave Frau, dann hielten sie zusammen ein köstliches Mahl und waren froh und glücklich.   Am Kaminfeuer der Tessiner                                    Walter Keller                                                          Hans Feuz Verlag Bern Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der dumme Peter

Source: Der dumme Peter

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Es war einmal ein junger munterer Bursche mit hellen Augen und starken Armen. Der träumte den lieben langen Tag und dachte an nichts. Darum hielten ihn alle Leute daheim für einfältig und nannten ihn nur den dummen Peter. Eines Tages ging der Peter, weil ihm nichts anderes einfiel, über Land. Da kam er von ungefähr an einen Bach, der war von Regengüssen so hoch angeschwollen, dass er das ganze Tobel schier bis zum Rande füllte. Da das Wildwasser auch die Brücke fortgerissen hatte, so machte sich Peter daran, hinüberzuschwimmen. Da stand aber aufs Mal ein winzig kleines Mandli vor ihm und sprach: «Ach, sei so gut und nimm mich doch mit hinüber.» «Komm her!» antwortete Peter, setzte den Hock auf seine linke Hand und ruderte mit der rechten ans andere Ufer. Als sie wohl auf dem Trockenen waren, sagte das Mandli: «Jetzt sollst du auch deinen Lohn haben. Was hättest du gern?» «Ei, was kannst du mir wohl geben, du kleiner Pfüder?» antwortete Peter und lachte. «Wünschest du dir einen klugen Kopf?» «Nein, davor bewahr mich der Himmel! All zu klug macht närrisch; und wer alles wissen will, weiß gewöhnlich nichts. Und überdies: was hilft alles Wissen, wenn man nicht danach tut.» «Wünschest du dir geschickte Hände und flinke Finger?» «Nein, das brauche ich nicht, denn arbeiten ist nicht meine Gewohnheit.» «Willst du den Knüppel im Sack?» «Ja, das lässt sich eher hören», sagte Peter, «dann kann ich die Hunde verscheuchen, die mich immer anbellen und mir in die Beine fahren, wenn ich durchs Dorf gehe.» Da holte das Mandli aus seinem Hosensack einen winzig kleinen Beutel hervor, nicht länger als ein Finger; aber wie er ihn dem Peter reichte, wurde er als länger und länger, bis er so groß geworden war wie ein Kornsack, und darin steckte ein eichiger Prügel. Peter dankte dem Mandli, und dann nahmen sie Abschied voneinander. Das Mandli tappelte in die Stauden, und der Peter wanderte mit seinem Sack weiter einem großen Walde zu. Kaum war er in den Schatten der ersten Tannen gekommen, da stürzte ein grimmiger Unhold auf ihn los, groß und fest wie ein Riese, «Geld oder Blut!» brüllte er und schwang ein blutiges Messer. «Da bist du gewiss am Falschen», antwortete der Peter unerschrocken, «ich hab keinen roten Rappen, und auch sonst ist nichts bei mir zu holen.» Da entriss jener ihm den Sack und schaute begierig hinein. Als er nichts als den Knüttel darin sah, ward er fuchsteufelswild, und schlug mit beiden Fäusten auf Peter los. Der ließ die Püffe und Knüffe eine Weile ruhig über sich ergehen, dann aber ward's ihm doch zu arg, und er rief: «Knüppel aus dem Sack!» Da sprang der Knüppel heraus und gerbte dem Riesen so kräftig das Fell, dass er laut aufheulte und bald jämmerlich um Gnade bat. «Wünsche dir was du willst, ich will dir's geben», rief er, «nur soll dein Knüppel aufhören mich zu prügeln.» «Lass hören, was du zu geben hast», sagte der Peter. «Willst du so stark werden wie ich?» «Nein, denn sag, was hat all deine Stärke dir jetzt geholfen? Es ist keiner so stark, er findet einen Stärkeren. Willst du stark sein, so überwinde dich selbst.» «Willst du gelenkige Glieder und flinke Beine?» «Nein, das brauche ich nicht, denn ich mag nicht pressieren. Wer zu sehr eilt, wird langsam fertig und kommt zu spät heim.» «Willst du das Tischleindeckdich?» «Ja, das lässt sich hören, da habe ich wenigstens stets zu essen und zu trinken, so lang ich lebe.» Da langte der Riese mit seiner haarigen Hand in einen hohlen Baum, zog das Tischleindeckdich hervor und gab es dem Peter und dann sprang er mit gewaltigen Sätzen davon, dass es nur so krachte und knackte im Holz. Der Peter aber befahl den Knüppel wieder in den Sack, nahm das Tischchen auf die Achsel und wanderte weiter. Nachdem Peter eine gute Stunde fortgegangen war, kam er an eine grüne Matte. Da saß ein lahmer Mann, ganz verhudelt und zerlumpt, und der Hunger schaute ihm zu den Augen raus. Peter setzte sich zu ihm, stellte das Tischlein vor sich hin, und siehe, da war schon aufgetragen, was das Herz begehren und den Gaumen netzten mochte. Der Peter ließ sich's schmecken und schob dem Bettler Braten und Wein zu und hieß ihn wacker zugreifen. Als sie gegessen hatten, sprach der Bettler: «Wie soll ich dir's vergelten, dass du mich davor bewahrt hast, Hungers zu sterben? Wünschest du dir Glück?» - «Nein, das brauche ich nicht, denn des Glückes kann sich niemand erwehren, es kommt über Nacht und liegt auf der Straße, und man stürchelt darüber, aber es behalten, das ist die Kunst. Und überdies: Das Glück hilft dem nicht, der sich nicht selber hilft. Freilich, wem das Glück pfeift, der tanzet wohl, aber wem das Glück die Hand bietet, dem schlägt's gern ein Bein unter, denn Glück und Unglück tragen einander auf dem Rücken und wandern auf einem Steig.» «Wünschest du dir vielleicht Ruhm?» «Sei kein Tor, was sollte ich auch damit anfangen. Wer Ruhm erlangen will, muss viel schnaufen, und am Ende bringt der Ruhm zu Fall.» «Willst du das Wunschhütlein?» «Ei, das lässt sich hören, das fehlt mir grad noch, denn dann brauch ich mir die Schuhe nicht mehr ablaufen, wenn ich wohin will.» Da zog der Mann aus seinem löchrigen Ranzen ein graues Hütlein hervor, gab es dem Peter und humpelte an seinen Krücken davon. Peter aber blieb gemächlich im Grase sitzen und dachte: «Hei, du möchtest schon lange auch einmal eine große Stadt sehen!» Und schon hatte er sich das Hütlein aufgesetzt und sich nach der Hauptstadt des Königreichs gewünscht. Und da stand er auch schon vor dem Schlosse, das war gar prächtig zu schauen mit seinen weiten Toren, hohen Türmen und schimmernden Fenstern, dahinter zahlreiche Diener in goldbetreßten Feckenröcken hin und wider liefen. Der Peter schaute und staunte. «Eh», dachte er, «dumm bin ich gewesen, dass ich mir nicht gewünscht habe, selber König zu sein.» Im selben trat die Königstochter mit ihren Zofen aus dem Schloss, um einen Spaziergang im Park zu machen. Der Peter meinte nichts anderes, als, es wäre ein Engel vom Himmel, der da an ihm vorüberwandle, so schön war die Prinzessin. Und er dachte bei sich: «Ja, war' ich jetzt ein Prinz, dann könnte ich die schöne Königstochter grad zur Frau bekommen. Dass ich die drei dummen Wünsche tat! Aber so ist's, man ist immer gescheiter hintendrein. Aber ist das Glück auch verspielt, so brauche ich drum den Mut nicht verlieren. Bin ich auch kein Prinz, so bin ich doch der Peter, und fragen steht frei.» Und damit ging er geradewegs in das Schloss hinein, und ließ sich von einem Lakeien den großen Saal zeigen, wo der König inmitten seines Hofstaats auf dem Throne saß und eben regierte. Lange stand der Peter da und schaute ihm zu. Dann trat er unverzagt vor den König und sagte: «Herr König, ich bin der dumme Peter und komme Euch zu fragen, ob Ihr mir Eure Tochter zur Frau geben wollt oder nicht.» Da lachte der König, dass ihm der Bauch wackelte, und sagte: «Ei ei, mein lieber Peter warum nicht gar? Aber wer freien will, und zumal um eine Königstochter, der darf nicht mit leeren Händen kommen. Alles in der Welt hat seinen Wert und Gegenwert. Was hast du denn zu bieten?» «He nun, da ist für's erste das Tischleindeckdich», sagte der Peter, stellte es auf den Marmorboden und ließ auf der Stelle Speise und Trank kommen. Der König kostete Braten und Wein, und siehe, alles deuchte ihm besser, als Koch und Kellermeister im Schlosse es ihm alle Tage beschafften, und er sagte gnädig: «Gut, dein Tischlein nehme ich an. Aber die Gabe ist doch zu klein. Hast du nicht noch mehr zu bieten?» «Ja, nun denn, so nehmt halt auch noch das Wunschhütlein!» antwortete der Peter und reichte ihm den grauen Filz. Der König setzte es auf und probierte es gleich aus, indem er sich nach Wunsch an verschiedene Orte seines Landes versetzte. Als er aber wieder auf dem Throne saß, da sagte er: «Gut, ich nehme auch dein Hütlein an, Peter, meine Tochter aber kann ich dir nicht geben, da du kein Prinz bist.» Jetzt aber wurde der Peter ganz furibund, dass der König ihn so zum Narren halte, wo er ihm doch vorhin die Prinzessin so gut wie versprochen habe. Da wurde auch der König zornig. «Jetzt aber ist's genug», schnarzte er und gebot seinen Wachen, sie sollten den frechen Burschen hinauswerfen. Aber, o heie, da kamen sie übel an, denn der Peter rief mit schallender Stimme wie ein General: «Knüppel aus dem Sack!» und da tanzte der Knüppel schon aus dem Sack hervor und schlug tatsch prätsch auf die Soldaten ein. Und mitunter bekam auch der König einen Hieb oder zwei ab, wenn er zu nahe trat, um die weichenden Gardisten anzufeuern. Es half aber nichts: bald waren alle hinausgelaufen, und jetzt machte der Knüppel sich an den König. Der aber fing gleich an zu bitten und sah aus, als wenn er nichts mehr zu befehlen hätte und versprach dem Peter hoch und teuer, dass er die Prinzessin sicher und gewiss zur Frau bekommen solle. Da kommandierte der Peter den Knüppel wieder in den Sack, und rief selber die Wachen wieder auf ihren Posten. Der König aber ließ seinen Hofschneider prächtige Kleider herbeibringen aus Sammet und Seide, Gold und Brokat, wie nur Könige, Fürsten und Grafen sie tragen, und als Peter sie angelegt hatte, und neben dem König auf einem goldenen Sessel saß, da glaubte der König selber schier gar, er wäre ein geborener Prinz, so stattlich sah er aus. Jetzt kehrte die Königstochter von ihrem Spaziergang zurück, und als sie zu ihrem Vater trat und ihn begrüßte, indes ihre Zofen zierlich knixten, da sagte er: «Unverhofft kommt oft, mein Kind. Du kommst just zu guter Stunde: Hier, dieser junge Herr, ist dein Bräutigam, man sagt ihm nur der dumme Peter.» Die Prinzessin wurde rot wie eine Hagebutte im Spätsommer; denn der schmucke Jüngling hatte es ihr auf den ersten Blick angetan, wenn ihr auch der Name nicht eben sonderlich gefiel, und sie sagte nicht nein, als ihr der Peter einen Kuss gab mitten auf den Mund. Als sie aber mit ihm allein war, sprach sie: «Hör, Peter, wenn ich deine Frau werden soll und du mein Mann, denn darfst du nicht mehr der dumme Peter heißen. Du hast mehr Witz als alle andern miteinander hier im Schloss, das hab ich schon gemerkt. Aber du bist nur eben so viel gesalzen, dass du nicht faulst und hättest gern einen Herrn, der dir sieben Feiertage auf die Woche gibt. Aber, bedenk, die Faulen kehren sich lange im Bett und wenden dem Teufel den Braten.» Das hörte der Peter zwar nicht eben gern. Aber die Königstochter zur Frau haben, das wollte er, und so versprach er ihr, den Faulpelz auszuklopfen, ehe die Schaben ihn fräßen. Und er hat redlich Wort gehalten. Und unlang, so war der Peter wie aus der Haut geschloffen: busper, regsam und schaffig vom Morgen bis zum Abend; denn er musste dem alten König mit den Staatssachen helfen, und das gibt gar viel zu tun. Und jetzt erst zeigte sich sein Witz so recht, und bald galt er als der klügste Prinz weit und breit. Nachdem die Zeit des Brautstandes vorüber war, ward die Hochzeit mit aller Pracht gefeiert. Am Abend des Hochzeitstages aber schenkte der Peter dem alten König auch den Knüppel im Sack; denn der fürchtete immer, sein Tochtermann möchte sich einmal im Zorn vergessen und ihm den Knüppel wieder auf den Leib schicken; er hatte für immer genug von dem einen Mal. Der Peter aber lebte mit seiner Frau in lauter Glück und Wohlergehen. Sie bekamen zwei Buben und ein Mädchen. Und als der alte König starb, setzte Peter sich die Krone auf, nahm das Szepter in die Hand und hat Land und Leute so trefflich regiert, dass man ihn Peter den Weisen nannte. Und als er hochbetagt sein Leben endigte, da errichtete ihm das Volk ein prächtiges Grabmal. Auf seinen Wunsch begrub man ihn mit dem Knüppel im Sack, dem Tischleindeckdich und dem Wunschhütlein. Quelle: Schweizer Märchen, Sagen und Fenggengeschichten, hrg. von Curt Englert-Faye, Zbinden Verlag Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der dumme Peter

Source: Der dumme Peter

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Wo der Weg in eine Bergschlucht sich emporwindet, stand ein sonngebräuntes Haus mit zentnerschweren Dachnägeln, und es wohnten Vater und Mutter mit ihren drei erwachsenen Söhnen darin. Die zwei ältern Söhne waren voller Hochmut gegen ihren jüngsten Bruder, den sie beständig hänselten und neckten und nur den dummen Peter nannten, weil er ein bisschen tappig war. Den Eltern aber waren alle Kinder gleich lieb, und sie rieten hin und her, wer von den Söhnen einmal das Gütchen erben sollte. Eines Tages sagte der Vater zu ihnen: «Ihr seid jetzt gross und alt genug, euch eine Frau zu nehmen. Das Haus hat aber nur Raum für eine Familie, also müssen zwei von euch auswandern!» Die Mutter ging auf die Laube, zupfte drei Büschel Flachs aus dem Bündel, das am Giebel hing, gab jedem der Buben einen Büschel in die Hand und sagte: «Es gehe jeder damit zu seinem Mädchen und lasse den Flachs spinnen. Wer mir das schönste Garn zurückbringt, darf heiraten und das Gütchen in Besitz nehmen.» Die zwei ältern Brüder machten sich sofort auf den Weg zu ihren Geliebten. Peter aber hatte keinen Schatz und wusste nicht, was er mit dem Flachs beginnen sollte. Düstrn Mutes irrte er in den Feldern herum, denn ihm blieb nichts anderes übrig, als ausser Landes zu ziehen und bei fremden Leuten sein Brot zu verdienen. Da hörte er über sich das Lied der Lerche, und er sah einen Falter, der vor ihm herflog, sich auf eine Blume niederliess und weiterschwebte. Wie von einer innern Kraft getrieben, folgte er dem Schmetterling und kam zum Bach, der fröhlich murmelnd durch die Matten glitt. Peter ging mit den Wellen, ergötzte sich an ihrem Spiel und an den goldenen Blütensternen, die sich zum Wasser neigten, als lauschten sie dem Gesang des Baches. Er vergass den Flachsbüschel und seinen Kummer, denn immer schöner wurde die Blumenwiese, so schön, wie er sie noch nie gesehen hatte. Auf einmal hörte er jemand rufen: «Peter, wo willst du hin?» Er sah sich um, aber weit und breit war kein Mensch zu erblicken. Er ging weiter und hörte zum zweitenmal: «Peter, wo willst du hin?» Da er niemand in der Wiese bemerkte, setzte er die Wanderung fort, und als zum drittenmal ganz deutlich sein Name gerufen wurde, schaute er in die Nähe und in die Weite und wieder vor sich hin und entdeckte nun einen Frosch, der auf einem Blattschilde sass und wie ein Mensch zu ihm redete. Peter zog den Büschel aus der Tasche und sagte: «Eine Spinnerin sollte ich suchen, die mir zu Gefallen schönes Garn aus dem Flachse spinnt, allein mich hat niemand lieb, und deshalb muss ich morgen mein Elternhaus verlassen und auswandern.» «Gib mir den Flachs!» sagte der Frosch und hüpfte näher. «Ich will ihn dir spinnen, und morgen kannst du das Garn abholen.» «So nimm ihn, das Zeug hat für mich ja doch keinen Wert!» Mit seinem breiten Maule schnappte der Frosch die Locke auf, patschte in den Bach und ruderte damit in die Binsen. «Peter, willst du deinen Flachs nicht auch spinnen lassen?» foppten ihn die Leute. «Ich weiss dir eine Liebste, die es gerne tut. Zwar hat sie einen Buckel und ein lahmes Bein und Runzeln im Gesicht.» Und die ältern Brüder schmunzelten und sagten zueinander, der dumme Peter sei der erste, der ausziehen müsse, und sie freuten sich, den einfältigen Tropf endlich loszuwerden. Am nächsten Tag gingen sie fort, das Garn abzuholen. Peter hatte den Frosch vergessen und schlenderte in die Felder hinaus. Er hörte wieder die Lerche trillern und sah den Schmetterling, der ihn zum Bache lockte, und als er an die Stelle kam, wo man ihm dreimal gerufen hatte, fiel ihm der Frosch ein, und siehe, das Garn hing am Strauch, fein wie Seide, und glitzerte in der Sonne. Schnell nahm er das Stränglein und wollte nach Hause eilen, als er hinter sich rufen hörte. Wie gestern sass der Frosch auf dem Blattschilde und sagte: «Peter, wo willst du hin?» «Heim zur Mutter», erwiderte er, «und ihr das schöne Garn zeigen.» «Deine Mutter wird sagen, du habest das schönste Garn, also könntest du heiraten und dich in den Hof setzen. Aber hast du einen Schatz?» «Wie sollte ich einen Schatz haben!» entgegnete er und liess den Kopf hängen. «Mich hat niemand Iieb.» «Ich habe dich lieb», sagte der Frosch «und will dich heiraten, geh zum Pfarrer und lass verkünden! Hernach gehst du zu der besten Schneiderin, die soll mir das Hochzeitsgewand anfertigen. Sag nur, es sei für eine schöne schlanke Gräfin. Du bestimmst den Tag der Trauung und nimmst das Kleid mit in die Kirche, und dann wart auf mich, es soll dich nicht gereuen!» Peter ging mit dem Gespinst nach Hause, wo die zwei Brüder sich zankten, wer von ihnen das schönere Garn heimgebracht habe. Dei Mutter rief: «Ei, da kommt ja unser Peter, ei, ei, was hast du für einen braven Schatz! Dein Garn ist weitaus das schönste. Nimm das Haus, und lass dich mit deiner Braut ausrufen! Ihr andern müsst ausziehen!» Die zwei Brüder schimpften, warfen den Strang auf den Boden, stampften darauf und zogen noch gleichen Tags, ohne Abschied zu nehmen von Vater und Mutter, davon. Peter aber begab sich zum Pfarrer und bat ihn, auf der Kanzel seine Hochzeit zu verkünden. «Mit wem?» fragte der Geistliche erstaunt. «Mit dem Frosch im Moosgrund.» Voller Entsetzen wandte ihm der Pastor den Rücken. Peter lief ihm nach und bestand darauf, dass er getraut werde, und zwar in acht Tagen. Und stracks lief er zu der besten Schneiderin und bestellte das Hochzeitsgewand für eine schöne schlanke Gräfin. Sie riss die Augen auf und sah ihm starr ins Gesicht. Er sei ein Tölpel, sagte sie, aber für so dumm habe sie ihn doch nicht gehalten. «Wenn du etwa fürchtest, den Lohn nicht zu bekommen, so will ich dir sagen, das Kleid wird bezahlt!» «Das ist die Hauptsache», erwiderte die Jungfer und ging unverweilt an die Arbeit. Am Tage der Trauung drängte sich das Volk in die Kirche, um der Hochzeit des dummen Peter mit dem Frosch im Moosgrund beizuwohnen. Man glaubte immer noch an einen Scherz, allein plötzlich ging eine grosse Bewegung durch die Zuschauer. Das Kleid seiner Braut auf dem Arm, trat Peter an den Altar und ersuchte den Pfarrer, anzufangen. Dieser wartete und zögerte und faltete die Hände, und Peter sah sich um, selber aufs höchste gespannt, was nun geschehen werde. Er sah die spöttischen Gesichter der Neugierigen, die sich mit dem Ellbogen stiessen und den Spott offen zur Schau trugen. Unversehens wurde es mäuschenstill in der Kirche, die Orgel fing an zu spielen und jetzt - seht da, seht - hüpft ein moosgrüner Frosch durch den Mittelgang. Immer rascher und grösser werden seine Sprünge. Kalt und warm rieselt es Peter über den Rücken. Totenblässe bedeckt sein Gesicht. Allein, er weicht nicht von der Stelle. Auf einmal sieht er keinen Frosch mehr, und das Kleid auf seinem Arm ist verschwunden. Es steht eine schöne schlanke Jungfrau an seiner Seite, mit roten Wangen und einem goldenen Kettlein um den Hals. Und sie schaut ihm so lieb und dankbar in die Augen, dass die Blässe in seinem Antlitz einer purpurnen Röte Platz macht und das Herz ihm zum Halse emporschlägt. Mit einer hellen lieblichen Stimme sagt sie dem Pfarrer, er möge sie zusammengeben und einsegnen. Als die Trauung vollzogen war, schritten sie unter den Klängen der Orgel zur Kirche hinaus, und da glänzte neben der alten Hütte mit den zentnerschweren Dachnägeln ein neues, feingezimmertes Haus mit zwei Lauben und spiegelblanken Fenstern. Ein Brunnen rauschte, und ein blaues Räuchlein wirbelte über dem Giebel. Es war das Haus, wo Peter mit seiner schönen Frau Einzug hielt und ein langes, glückliches Leben führte.   Quelle: Johannes Jegerlehner: Walliser Sagen, Hans Feuz Verlag Bern, 1959 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der dumme Riese und das kluge Schneiderlein

Source: Der dumme Riese und das kluge Schneiderlein

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In der alten Zeit, als die Zwerge noch wie Ameisen in den Wäldern herumliefen, gab es auch noch gewaltige Riesen, die eine heillose Kraft hatten. Einmal trafen sich im Luzerner Hinterland zwei gewaltige Riesen. Sie wünschten sich so laut einen guten Tag, daß die Flühe ein vierfaches Echo davon geben mußten. Und nun beschlossen sie, sie wollten zusammen wandern, bis sie einen dritten Riesen fänden. Als Wanderstäbe hatten sie mächtig große Eisenstangen. Lange zogen sie im Land herum, ohne daß sie den dritten Riesen zu entdecken vermochten. Bei diesem Hin- und Herwandern kamen sie auch einmal auf den Schrattenberg im Entlibuch [Entlebuch]. Da packte der eine einen hervorstehenden Block an der Felswand, riß ihn los und schleuderte ihn in die Tiefe. Jetzt fing in der Tiefe jemand zu schimpfen und zu fluchen an, und auf einmal kam ein mächtiger Kopf mit bürstendicken Haaren hinter der Felswand herauf. Das aber war ein Riese, den der abstürzende Felsblock auf die Stirn getroffen hatte, ohne ihm auch nur eine Schramme zu machen. Jetzt freuten sich die zwei andern Riesen, daß sie den dritten gefunden hatten, und so zogen sie miteinander fürbaß und machten sich die Zeit mit allerlei Späßen kurzweilig. Einst wollten sie schauen, wer mit seinem Kopf eine dicke Felswand aus Nagelfluh zu durchbrechen vermöchte. Sie stellten sich also vor der Felswand auf. Dann nahm der erste einen mächtigen Anlauf und fuhr mit dem Kopf auf die Wand los wie ein wütender Ziegenbock. Also gewaltig war der Anprall, daß ein großes Stück von der Nagelfluhwand herabrollte. Aber der zweite lachte nur, und dann schoß er mit seinem mächtigen Schädel auf die Felswand zu, und zwar so gewaltig, daß es ein Loch in der Wand gab, worin er den halben Kopf verbergen konnte. Doch der dritte lachte erst recht und fuhr mit fürchterlichem Anlauf wie ein wildgewordener Stier auf die Felswand los, also daß er mit dem Kopf durch die Wand hindurchfuhr bis an die Schultern. So hatten sie glücklich ein Loch in die harte Nagelfluhwand gepufft und wollten nun in den Kanton Bern hinüberschauen. Aber der Riese, der das Loch in die Wand gestoßen hatte, konnte den Kopf nicht mehr zurückbringen, denn ein gewaltiger Stein war ihm aufs Genick gefallen, also daß er elend erstickte. Das betrübte die beiden andern Riesen sehr, und sie zogen wieder weiter. Aber bald nachher starb der eine, man weiß nicht warum, und so blieb nur noch ein Riese im Entlibuch übrig. Dieser aber ward deswegen so zornig, daß er schwur, den ersten Menschen, der ihm begegne, umzubringen. Eines Tages hockte er an einem Grabenbord und schaute den Weg entlang. Da sah er einen kleinen Schneider daherkommen. Wütend stand er auf und faustete ihm gewaltig entgegen. "Du kommst mir gerade recht", rief er, "ich will dich wie einen Tannenzapfen an die Bäume hinaufhängen." Dem Schneiderlein ward es übel zumute bei dem Anblick des gewaltigen Riesen, allein er ließ nichts merken und rief, so laut er vermochte: "Ja, komm nur her, ich fürchte dich nicht; ich bin so stark wie du!" Als nun der Schneider bei dem Riesen stand, hob der einen zentnerschweren Stein wie ein Laubblatt vom Boden auf und verlangte gebieterisch, daß ihm der Schneider das nachmachen solle, wenn er doch so stark sei wie er. "Oho", sagte der Schneider, "so einen zentnerschweren Stein aufzuheben, das ist mir viel zu wenig, ich kann noch viel mehr. Ich kann den härtesten Kieselstein zwischen meinen Fingern zerreiben." Der Riese sperrte das Maul auf wie ein Ofenloch, als er das hörte und dabei den kleinen Kerl von einem Schneider ansah. Doch wunderte es ihn selber, ob so was möglich sei. Rasch las er einen großen Kieselstein auf und drückte ihn in der Faust. Aber wie er ihn auch drückte, der Kiesel blieb unerweichlich und ließ sich weder zerdrücken noch zerreiben. "Ei du Wicht, du lügst!" brüllte der Riese den Schneider an, "das kannst du auch nicht!" Aber das Schneiderlein bückte sich flink zur Erde und tat, als wollte es einen Kieselstein auflesen, griff aber behend in seinen Schnappsack, worin ein Ball weißer Zieger lag. Den nahm er flugs heraus, ohne daß der Riese es merkte, und dann erhob er sich wieder und zerdrückte und zerrieb vor dessen Augen den Ziegerballen also, daß das Wasser heraustroff. Da bekam der Riese vor dem Schneiderlein einen Heidenrespekt. Er hielt ihn jetzt für einen würdigen Reisegefährten und lud ihn ein, mit ihm in der Welt herumzuziehen. So wanderten sie zusammen in die Welt hinaus. Zuletzt gelangten sie in eine große Stadt, wo der König einen Palast hatte. Allein in dem Palast war eine große Hoftrauer, denn gerade, als der Riese und der Schneider ankamen, sollte die schöne Tochter des alten Königs einem Drachen zur Beute werden. Bisher war es nicht gelungen, die Stadt von diesem Ungeheuer zu befreien, das seine Höhle in der Nähe der Stadt hatte. Und wenn sie dem Drachen nicht jeden Tag einen Menschen zum Auffressen auslieferten, erschien er selbst und wütete so, daß sie froh waren, ihm täglich wenigstens nur einen Menschen übergeben zu müssen. Wen aber das Los traf, den mußten sie ausliefern, selbst wenn es das vornehmste Kind war. So hatten sie's zusammen bei Eid und Ehre ausgemacht. Der König hatte bekanntmachen lassen, daß er demjenigen, der den Drachen töte, seine Tochter samt dem Reich überlassen werde. Wie nun der Riese das hörte, sagte er zum Schneider: "Wie wär's, wenn wir zwei Starke den Drachen umbrächten?" Da dachte der Schneider: Du hast die Kraft und ich die List, wir könnten es wohl probieren. Laut aber sagte er: "Ei freilich, wir zwei wollen's schon wagen, wir sind Manns genug." So zogen sie zum alten König und ließen ihn wissen, daß sie den Drachen ermorden und die Stadt befreien wollten. Der König war froh, als er den Riesen sah, denn er dachte, dem möchte es am Ende doch gelingen, den Drachen zu bestehen. Wie er aber auch den Schneider erblickte, mußte er lachen und sagte: "Ja, hat dich denn die Katz' nicht gefressen?" Doch der Schneider machte sich nichts daraus, er dachte sich seinen Vers, und also wollten sie miteinander gegen das Ungeheuer ausrücken. Der Riese sollte einen mehrere Zentner schweren Hammer und der Schneider eine ebenso schwere Zange tragen, womit sie dem Drachen zu Leibe wollten. Als aber das Schneiderlein die schwere Zange sah, sagte es zum Riesen, er solle nur vorausgehen und einstweilen Hammer und Zange tragen, es müßte sich noch die Schuhe einnesteln. So trampte der Riese mit Hammer und Zange auf dem Buckel voraus, und da er einen ausgiebigen Schritt hatte, war er bald aus der Stadt und schon weit auf dem Wege zur Drachenhöhle, als ihn der Schneider endlich einholte. Wie ihm aber der Riese die ungeheure Zange auflegen wollte, fing das Schneiderlein an, ihm von der Speise zu reden, die dem Riesen am liebsten war, von Reisbrei. Und wie der das hörte, spitzte er die langen Ohren und begann bald die Lippen abzulecken, und das Wasser lief ihm im Munde zusammen, denn der Schneider wußte ihm den Reisbrei gar süß zu machen. So dachte der Riese nicht mehr an Hammer und Zange und trug beides allein, bis sie zur Drachenhöhle gelangten. Hier hielten sie nun Kriegsrat, wie sie das Ungetüm anfassen könnten. Nach langer Beratung kamen sie überein, der Riese müsse den Drachen mit dem Hammer aus dem Nest jagen, und der Schneider müsse sich vor die Höhle stellen und ihn flink mit der Zange packen, sobald er herausfahre. Der Riese ging also mit dem Hammer in die Höhle hinein. Das Schneiderlein ließ die Zange sein und blieb mitten vor der Höhle stehen, denn es wollte zuschauen, wie der Riese dem Drachen zu Leibe gehe. Aber ehe nun der Schneider zur Seite springen konnte, schoß der Drache schon heraus, schnappte ihn wie eine Fliege weg und verschluckte ihn. Doch schon war auch der Riese hinter dem Drachen her und schlug dem Greuel mit dem Hammer den hörnernen Schädel ein, so daß er alsbald darniederlag und verendete, worauf der Riese den Schneider noch lebend aus dem Bauche des Ungeheuers herausschnitt. Als aber der Schneider wieder im Lichte stand, sagte der Riese zu ihm, er hätte bald den ganzen Handel verdorben, und nur ihm allein habe es der König zu verdanken, daß die Stadt vom Drachen befreit sei: deshalb wolle er aber auch die schöne Königstochter und ihr Reich allein für sich haben. "Was", schrie das Schneiderlein den Riesen an, "du blähst dich so auf? Hättest du mich nur machen lassen. Wisse, ich bin mit Absicht in den Drachen hineingeschlüpft, denn ich wollte das Ungetüm von innen heraus umwenden, wie man einen Handschuh umwendet. Also wäre ich dann von dem lebendigen Drachen begleitet in der Königsstadt eingezogen." Der Riese, der das alles willig glaubte, ließ es daher zu, daß der Schneider sich mit ihm beim König als Drachentöter vorstellen durfte. Sie gingen mitsammen vor des Königs Palast, und der Riese legte den toten Drachen vor den Thron und verlangte nun, daß der König sein Versprechen halte und ihnen die Königstochter und sein Reich überlasse. Das wollte nun der König schon tun, aber er wußte nicht, welchem von beiden er die Tochter und das Reich geben sollte. Er ließ die Hofräte kommen. Und als sie zwei Tage und drei Nächte lang darüber nachgedacht hatten, ließen sie feierlich erklären, daß sie auch keinen Rat wüßten. Da schüttelte der König den Kopf und ward unwillig. Da saß er nun schön in der Klemme, denn weder der Riese noch der Schneider wollten auf sein Reich und sein schönes Töchterlein verzichten. Aber als allen von dem vielen Nachdenken der Verstand stillstand, sagte auf einmal der Schneider: "Herr König, wißt Ihr was, der soll der Glückliche sein, der von uns am meisten Reisbrei essen kann!" Das gefiel dem Riesen gar wohl, denn nun dachte er das geringe Schneiderlein, das wohl nicht viel zu fassen vermochte, mit Leichtigkeit zu besiegen, um so mehr, als ja der Reisbrei seine allerliebste Speise war. Er mochte es kaum erwarten, bis man auf des Königs Befehl eine Schüssel voll Reisbrei, so groß wie ein Berg, vor sie hin stellte. Jetzt begann das Wettessen. Der Riese werkte mit seinem hölzernen Löffel drauflos, als müsse er einen Schneeberg abtragen. Aber wie staunte er, als das Schneiderlein ebenfalls tapfer dreinlangte und mit Essen nicht aufhören wollte, als er selber schon lange alle Knöpfe an der Weste hatte auftun müssen. Und endlich brachte er keinen Löffel, kein Körnchen mehr hinunter, während der Schneider immer noch munter fortaß, als hätte er erst eben angefangen. Da legte der Riese schwer schnaufend den Löffel weg, denn er meinte platzen zu müssen, und also erklärte er sich für besiegt. Bald danach hielt der Schneider mit der schönen Königstochter Hochzeit und bekam als Morgengabe das ganze Reich dazu. Der Riese aber blieb in der Stadt und wollte durchaus wissen, wie das Schneiderlein es fertiggebracht habe, so viel mehr Reisbrei zu essen als er selber. Da der Schneider den Riesen doch fürchten mußte, wenn er ihm die Wahrheit sagte, und weil er ihn gerne für immer losgeworden wäre, gab er ihm an, er habe während des Essens den vollen Bauch aufgeschlitzt, und so hätte er essen können, solange es ihm beliebt habe. Das leuchtete dem dummen Riesen ein, und er beschloß, das Mittel auch bei sich anzuwenden, denn er hätte gerne acht Tage lang ohne Aufhören Reisbrei gegessen. Als er aber eines Tages Reisbrei aß und sich dabei den Bauch aufschnitt, fiel er tot vom Stuhl, wodurch der Schneider und sein Reich für immer von dem Riesen befreit wurden. Wie man nun den Riesen begrub, schaute der Schneider mit seiner Frau zum Fenster hinaus zu und sagte ihr leise ins Ohr: "Weißt du, warum ich so viel Reisbrei zu essen vermochte? Ich tat den Reisbrei immer in einen großen Sack hinein, den ich um den Hals gehängt hatte." Da lachten sie zusammen den dummen Riesen aus. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


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In der alten Zeit, als die Zwerge noch wie Ameisen in den Wäldern herumliefen, gab es auch noch gewaltige Riesen, die eine heillose Kraft hatten. Einmal trafen sich im Luzerner Hinterland zwei gewaltige Riesen. Sie wünschten sich so laut einen guten Tag, daß die Flühe ein vierfaches Echo davon geben mußten. Und nun beschlossen sie, sie wollten zusammen wandern, bis sie einen dritten Riesen fänden. Als Wanderstäbe hatten sie mächtig große Eisenstangen. Lange zogen sie im Land herum, ohne daß sie den dritten Riesen zu entdecken vermochten. Bei diesem Hin- und Herwandern kamen sie auch einmal auf den Schrattenberg im Entlibuch [Entlebuch]. Da packte der eine einen hervorstehenden Block an der Felswand, riß ihn los und schleuderte ihn in die Tiefe. Jetzt fing in der Tiefe jemand zu schimpfen und zu fluchen an, und auf einmal kam ein mächtiger Kopf mit bürstendicken Haaren hinter der Felswand herauf. Das aber war ein Riese, den der abstürzende Felsblock auf die Stirn getroffen hatte, ohne ihm auch nur eine Schramme zu machen. Jetzt freuten sich die zwei andern Riesen, daß sie den dritten gefunden hatten, und so zogen sie miteinander fürbaß und machten sich die Zeit mit allerlei Späßen kurzweilig. Einst wollten sie schauen, wer mit seinem Kopf eine dicke Felswand aus Nagelfluh zu durchbrechen vermöchte. Sie stellten sich also vor der Felswand auf. Dann nahm der erste einen mächtigen Anlauf und fuhr mit dem Kopf auf die Wand los wie ein wütender Ziegenbock. Also gewaltig war der Anprall, daß ein großes Stück von der Nagelfluhwand herabrollte. Aber der zweite lachte nur, und dann schoß er mit seinem mächtigen Schädel auf die Felswand zu, und zwar so gewaltig, daß es ein Loch in der Wand gab, worin er den halben Kopf verbergen konnte. Doch der dritte lachte erst recht und fuhr mit fürchterlichem Anlauf wie ein wildgewordener Stier auf die Felswand los, also daß er mit dem Kopf durch die Wand hindurchfuhr bis an die Schultern. So hatten sie glücklich ein Loch in die harte Nagelfluhwand gepufft und wollten nun in den Kanton Bern hinüberschauen. Aber der Riese, der das Loch in die Wand gestoßen hatte, konnte den Kopf nicht mehr zurückbringen, denn ein gewaltiger Stein war ihm aufs Genick gefallen, also daß er elend erstickte. Das betrübte die beiden andern Riesen sehr, und sie zogen wieder weiter. Aber bald nachher starb der eine, man weiß nicht warum, und so blieb nur noch ein Riese im Entlibuch übrig. Dieser aber ward deswegen so zornig, daß er schwur, den ersten Menschen, der ihm begegne, umzubringen. Eines Tages hockte er an einem Grabenbord und schaute den Weg entlang. Da sah er einen kleinen Schneider daherkommen. Wütend stand er auf und faustete ihm gewaltig entgegen. "Du kommst mir gerade recht", rief er, "ich will dich wie einen Tannenzapfen an die Bäume hinaufhängen." Dem Schneiderlein ward es übel zumute bei dem Anblick des gewaltigen Riesen, allein er ließ nichts merken und rief, so laut er vermochte: "Ja, komm nur her, ich fürchte dich nicht; ich bin so stark wie du!" Als nun der Schneider bei dem Riesen stand, hob der einen zentnerschweren Stein wie ein Laubblatt vom Boden auf und verlangte gebieterisch, daß ihm der Schneider das nachmachen solle, wenn er doch so stark sei wie er. "Oho", sagte der Schneider, "so einen zentnerschweren Stein aufzuheben, das ist mir viel zu wenig, ich kann noch viel mehr. Ich kann den härtesten Kieselstein zwischen meinen Fingern zerreiben." Der Riese sperrte das Maul auf wie ein Ofenloch, als er das hörte und dabei den kleinen Kerl von einem Schneider ansah. Doch wunderte es ihn selber, ob so was möglich sei. Rasch las er einen großen Kieselstein auf und drückte ihn in der Faust. Aber wie er ihn auch drückte, der Kiesel blieb unerweichlich und ließ sich weder zerdrücken noch zerreiben. "Ei du Wicht, du lügst!" brüllte der Riese den Schneider an, "das kannst du auch nicht!" Aber das Schneiderlein bückte sich flink zur Erde und tat, als wollte es einen Kieselstein auflesen, griff aber behend in seinen Schnappsack, worin ein Ball weißer Zieger lag. Den nahm er flugs heraus, ohne daß der Riese es merkte, und dann erhob er sich wieder und zerdrückte und zerrieb vor dessen Augen den Ziegerballen also, daß das Wasser heraustroff. Da bekam der Riese vor dem Schneiderlein einen Heidenrespekt. Er hielt ihn jetzt für einen würdigen Reisegefährten und lud ihn ein, mit ihm in der Welt herumzuziehen. So wanderten sie zusammen in die Welt hinaus. Zuletzt gelangten sie in eine große Stadt, wo der König einen Palast hatte. Allein in dem Palast war eine große Hoftrauer, denn gerade, als der Riese und der Schneider ankamen, sollte die schöne Tochter des alten Königs einem Drachen zur Beute werden. Bisher war es nicht gelungen, die Stadt von diesem Ungeheuer zu befreien, das seine Höhle in der Nähe der Stadt hatte. Und wenn sie dem Drachen nicht jeden Tag einen Menschen zum Auffressen auslieferten, erschien er selbst und wütete so, daß sie froh waren, ihm täglich wenigstens nur einen Menschen übergeben zu müssen. Wen aber das Los traf, den mußten sie ausliefern, selbst wenn es das vornehmste Kind war. So hatten sie's zusammen bei Eid und Ehre ausgemacht. Der König hatte bekanntmachen lassen, daß er demjenigen, der den Drachen töte, seine Tochter samt dem Reich überlassen werde. Wie nun der Riese das hörte, sagte er zum Schneider: "Wie wär's, wenn wir zwei Starke den Drachen umbrächten?" Da dachte der Schneider: Du hast die Kraft und ich die List, wir könnten es wohl probieren. Laut aber sagte er: "Ei freilich, wir zwei wollen's schon wagen, wir sind Manns genug." So zogen sie zum alten König und ließen ihn wissen, daß sie den Drachen ermorden und die Stadt befreien wollten. Der König war froh, als er den Riesen sah, denn er dachte, dem möchte es am Ende doch gelingen, den Drachen zu bestehen. Wie er aber auch den Schneider erblickte, mußte er lachen und sagte: "Ja, hat dich denn die Katz' nicht gefressen?" Doch der Schneider machte sich nichts daraus, er dachte sich seinen Vers, und also wollten sie miteinander gegen das Ungeheuer ausrücken. Der Riese sollte einen mehrere Zentner schweren Hammer und der Schneider eine ebenso schwere Zange tragen, womit sie dem Drachen zu Leibe wollten. Als aber das Schneiderlein die schwere Zange sah, sagte es zum Riesen, er solle nur vorausgehen und einstweilen Hammer und Zange tragen, es müßte sich noch die Schuhe einnesteln. So trampte der Riese mit Hammer und Zange auf dem Buckel voraus, und da er einen ausgiebigen Schritt hatte, war er bald aus der Stadt und schon weit auf dem Wege zur Drachenhöhle, als ihn der Schneider endlich einholte. Wie ihm aber der Riese die ungeheure Zange auflegen wollte, fing das Schneiderlein an, ihm von der Speise zu reden, die dem Riesen am liebsten war, von Reisbrei. Und wie der das hörte, spitzte er die langen Ohren und begann bald die Lippen abzulecken, und das Wasser lief ihm im Munde zusammen, denn der Schneider wußte ihm den Reisbrei gar süß zu machen. So dachte der Riese nicht mehr an Hammer und Zange und trug beides allein, bis sie zur Drachenhöhle gelangten. Hier hielten sie nun Kriegsrat, wie sie das Ungetüm anfassen könnten. Nach langer Beratung kamen sie überein, der Riese müsse den Drachen mit dem Hammer aus dem Nest jagen, und der Schneider müsse sich vor die Höhle stellen und ihn flink mit der Zange packen, sobald er herausfahre. Der Riese ging also mit dem Hammer in die Höhle hinein. Das Schneiderlein ließ die Zange sein und blieb mitten vor der Höhle stehen, denn es wollte zuschauen, wie der Riese dem Drachen zu Leibe gehe. Aber ehe nun der Schneider zur Seite springen konnte, schoß der Drache schon heraus, schnappte ihn wie eine Fliege weg und verschluckte ihn. Doch schon war auch der Riese hinter dem Drachen her und schlug dem Greuel mit dem Hammer den hörnernen Schädel ein, so daß er alsbald darniederlag und verendete, worauf der Riese den Schneider noch lebend aus dem Bauche des Ungeheuers herausschnitt. Als aber der Schneider wieder im Lichte stand, sagte der Riese zu ihm, er hätte bald den ganzen Handel verdorben, und nur ihm allein habe es der König zu verdanken, daß die Stadt vom Drachen befreit sei: deshalb wolle er aber auch die schöne Königstochter und ihr Reich allein für sich haben. "Was", schrie das Schneiderlein den Riesen an, "du blähst dich so auf? Hättest du mich nur machen lassen. Wisse, ich bin mit Absicht in den Drachen hineingeschlüpft, denn ich wollte das Ungetüm von innen heraus umwenden, wie man einen Handschuh umwendet. Also wäre ich dann von dem lebendigen Drachen begleitet in der Königsstadt eingezogen." Der Riese, der das alles willig glaubte, ließ es daher zu, daß der Schneider sich mit ihm beim König als Drachentöter vorstellen durfte. Sie gingen mitsammen vor des Königs Palast, und der Riese legte den toten Drachen vor den Thron und verlangte nun, daß der König sein Versprechen halte und ihnen die Königstochter und sein Reich überlasse. Das wollte nun der König schon tun, aber er wußte nicht, welchem von beiden er die Tochter und das Reich geben sollte. Er ließ die Hofräte kommen. Und als sie zwei Tage und drei Nächte lang darüber nachgedacht hatten, ließen sie feierlich erklären, daß sie auch keinen Rat wüßten. Da schüttelte der König den Kopf und ward unwillig. Da saß er nun schön in der Klemme, denn weder der Riese noch der Schneider wollten auf sein Reich und sein schönes Töchterlein verzichten. Aber als allen von dem vielen Nachdenken der Verstand stillstand, sagte auf einmal der Schneider: "Herr König, wißt Ihr was, der soll der Glückliche sein, der von uns am meisten Reisbrei essen kann!" Das gefiel dem Riesen gar wohl, denn nun dachte er das geringe Schneiderlein, das wohl nicht viel zu fassen vermochte, mit Leichtigkeit zu besiegen, um so mehr, als ja der Reisbrei seine allerliebste Speise war. Er mochte es kaum erwarten, bis man auf des Königs Befehl eine Schüssel voll Reisbrei, so groß wie ein Berg, vor sie hin stellte. Jetzt begann das Wettessen. Der Riese werkte mit seinem hölzernen Löffel drauflos, als müsse er einen Schneeberg abtragen. Aber wie staunte er, als das Schneiderlein ebenfalls tapfer dreinlangte und mit Essen nicht aufhören wollte, als er selber schon lange alle Knöpfe an der Weste hatte auftun müssen. Und endlich brachte er keinen Löffel, kein Körnchen mehr hinunter, während der Schneider immer noch munter fortaß, als hätte er erst eben angefangen. Da legte der Riese schwer schnaufend den Löffel weg, denn er meinte platzen zu müssen, und also erklärte er sich für besiegt. Bald danach hielt der Schneider mit der schönen Königstochter Hochzeit und bekam als Morgengabe das ganze Reich dazu. Der Riese aber blieb in der Stadt und wollte durchaus wissen, wie das Schneiderlein es fertiggebracht habe, so viel mehr Reisbrei zu essen als er selber. Da der Schneider den Riesen doch fürchten mußte, wenn er ihm die Wahrheit sagte, und weil er ihn gerne für immer losgeworden wäre, gab er ihm an, er habe während des Essens den vollen Bauch aufgeschlitzt, und so hätte er essen können, solange es ihm beliebt habe. Das leuchtete dem dummen Riesen ein, und er beschloß, das Mittel auch bei sich anzuwenden, denn er hätte gerne acht Tage lang ohne Aufhören Reisbrei gegessen. Als er aber eines Tages Reisbrei aß und sich dabei den Bauch aufschnitt, fiel er tot vom Stuhl, wodurch der Schneider und sein Reich für immer von dem Riesen befreit wurden. Wie man nun den Riesen begrub, schaute der Schneider mit seiner Frau zum Fenster hinaus zu und sagte ihr leise ins Ohr: "Weißt du, warum ich so viel Reisbrei zu essen vermochte? Ich tat den Reisbrei immer in einen großen Sack hinein, den ich um den Hals gehängt hatte." Da lachten sie zusammen den dummen Riesen aus.   Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915      Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


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Es war einmal eine Mutter, die hatte einen Sohn. Er schimpfte immer, dass seine Mutter ihn nicht auf den Markt gehen liess. Einmal durfte er gehen. Er musste Nadeln kaufen und steckte die in einen Strohballen. Alle Nadeln gingen verloren. Die Mutter sagte, solche Dinger seien an den Hut zu heften. Ein anderes Mal schickte ihn die Mutter wieder auf den Markt, um eine Gabel zu kaufen. Er stiess die Gabel durch den Hut und zerriss ihn. Als sie das sieht, schimpft die Mutter und sagt, solche Dinger müsse man in einen Stock stossen. Ein weiteres Mal ging er zu Markt, um Schweine zu kaufen, da stiess er dem Schwein hinten einen Stock hinein und ging so nach Hause. Er kam mit dem verendeten Schwein, und die Mutter schimpfte wieder. Sie sagte: «Man muss einen Strick an einem Bein befestigen.» Das nächste Mal ging er auf den Markt, um einen Kessel zu kaufen. Er befestigte einen Strick am Fuss des Kessels und zog den Kessel hinterher, so dass der zerbrach. Darauf schickte die Mutter ihn nicht mehr auf den Markt. Ein andermal ging die Mutter selber. Sie trug dem Sohn auf, gut hauszuhalten: Der Sohn musste das Butterfass drehen. Er entrahmte die Milch, schüttete den Rahm ins Butterfass und stellte es zum Drehen in den Gang. Die Mutter hatte gesagt, um gut haushalten zu können, müsse man gut essen und trinken. Darum holte er ein Glas voll guten Wein und trank es, doch er hatte den Hahnen nicht geschlossen, und der Wein floss in den Keller. Er ging hinauf, um das Butterfass zu drehen. Während dieser Arbeit kam ihm in den Sinn, dass er den Hahnen nicht geschlossen hatte. Er ging in den Keller um ihn zu schliessen. Während er in den Keller stieg, warf das Schwein das Butterfass um, und der ganze Rahm floss heraus. Er schlug im Zorn das Schwein tot. Als er den Rahm weggeputzt hatte, fiel ihm ein, dass die Mutter gesagt hatte, gut hauszuhalten. Er band ein Seil ums Haus herum und hielt es, wie wenn es umfallen wollte. (Oberhalbstein)   Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


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Es war einmal eine Frau, die hatte einen einzigen Sohn. Den schickte sie auf den Markt, um Nähnadeln zu kaufen. Auf dem Rückweg holte der Bursche einen Mann ein, der eine Blache Heu trug. Und er nahm die Nadeln und steckte sie in die Blache, damit er sie nicht so leicht verliere. Aber als sie zum Haus des Mannes kamen, fand der Bursche im Heu die Nadeln nicht mehr, und er musste ohne sie heim. Ganz traurig erzählte er der Mutter, wie es ihm gegangen war, und sie sagte: «Du musst ein rechter Tölpel sein; hättest du doch die Nadeln in den Hut gesteckt, so hättest du sie jetzt.» Das nächste Mal schickte die Mutter ihn auf den Markt, um eine Mistgabel zu kaufen. Der Bursche erinnerte sich genau an das, was die Mutter gesagt hatte und steckte die gekaufte Mistgabel in den Hut und kam so nach Hause. Diesmal glaubte er, es der Mutter recht gemacht zu haben. Doch die schimpfte und sagte: «Oh du Trottel, eine Mistgabel steckt man nicht in den Hut. Auf den Rücken musst du sie nehmen.» «Nun denn, das nächste Mal will ich es bestimmt besser machen», meinte der Bursche. Die Mutter schickte ihn auf den nächsten Markt, um ein schönes Schwein zu kaufen. Ganz zufrieden ging der Bursche hin, denn er glaubte, diesmal die Besorgung recht machen zu können. Er kaufte ein schönes Schwein, und dann trug er es am Strick über dem Rücken nach Hause. Schon von weitem sah die Mutter ihren gescheiten Sohn mit dem erwürgten Schwein über dem Rücken nach Hause kommen. Sie ging ihm entgegen und schimpfte fürchterlich wegen seiner Dummheit. «Dies ist das letzte Mal, dass ich dich auf den Markt schicke», sagte die Mutter, «wenn du dich nicht gescheiter anstellen kannst. Du hättest das Schwein an einen Strick binden und es nachziehen müssen.» Als wieder Markt war, bettelte der Sohn so lange bei der Mutter, bis sie ihn nochmals gehen liess. Diesmal musste er eine Pfanne kaufen. Er meinte, sehr gescheit zu sein, band die Pfanne an einen Strick und zog sie so bis nach Hause. Als er heimkam, war der Boden der Pfanne durchlöchert, und die Mutter begann heftig mit ihm zu streiten. Von nun an liess sie den Dummkopf nicht mehr auf den Markt.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der dumme Teufel

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a) Ein dummer Teufel und ein listiges Bäuerlein – die einen nennen es »Urispiegel« – gingen miteinander eine Wette ein, welcher von beiden die grösste Hitze aushalten könne. Es galt des Bäuerleins kostbare Seele, und der Höllenbewohner lachte heimlich auf den Stockzähnen, denn in seiner Hölle hatte es ihm nicht an Gelegenheit gefehlt, sich an die Hitze zu gewöhnen. Wacker wurde der Ofen eingeheizt, und friedlich setzten sich die Gegner auf die glühende Ofenplatte. Gar bald musste der Bauer die Bemerkung machen, dass es nicht zum Aushalten sei. Aber auch der Horämelki schwitzte aus allen Löchern und hob bald seinen rechten, bald seinen linken Schinken in die Höhe. »Wart! es ist nicht warm genug; ich will noch einen Grunggel zusetzen!« rief jetzt der Bauer und schwang sich mit einem eleganten Sprung von seinem unbequemen Sitz hinunter, um den Vorschlag auszuführen. »Um Gottes Willen, nein!« schrie entsetzt der Teufel, indem er schleunig die Flucht ergriff, »ich kann es so schon nicht mehr aushalten.« So gab es der Teufel selbst verspielt und der Bauer hatte die Wette gewonnen. Mitgeteilt: Pfarrhelfer Ant. Baumann b) Wird auch so erzählt: Der Bauer rutschte auf dem Ofen hin und her und höhnisch grinsend fragte ihn der Teufel, warum er so herumrutsche. Der Bauer sagte, er suche ein wärmeres Plätzchen. Da gab es der Teufel verspielt. Kath. Tresch, 13 Jahre alt, Göschenen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Dummkopf mit dem Hammer

Source: Der Dummkopf mit dem Hammer

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Es war einmal ein Müller, der hatte einen Sohn und eine Tochter. Der Sohn war ein Dummkopf, der nichts anderes konnte als Unfug treiben. Eines Tages ging er mit einem Schwein auf den Markt. Auf dem Weg durch einen Wald zum Dorf, wo der Markt war, kam ein Tyrann auf ihn zu, packte das Schwein und nahm es mit. Der Dummkopf folgte dem Tyrannen bis zu seiner Höhle, wohin er mit dem Schwein verschwand. Doch der Dummkopf getraute sich nicht, ihm zu folgen. So musste er nach Hause gehen: ohne Schwein und ohne Geld. Da seine Leute wütend wurden, sagte er: «Ich kriege den, der mit unserem Schwein abgehauen ist, schon noch!» Am andern Morgen steht er sehr früh auf, zieht Mädchenkleider an und geht in den Wald, wo ihm das Schwein gestohlen worden ist. Nach einer Weile begegnet er einem Diener des Tyrannen. Der fragt ihn: «Wohin gehst du?» Und der Dummkopf antwortet: «Ich suche einen zum Heiraten.» Da sagt der Diener: «Mein Herr würde gerne heiraten, komm du grad mit mir!» Der Tölpel geht in die Höhle des Tyrannen. Sie machen fröhlich Hochzeit, und am Abend, als der Tyrann im Bett ist, holt der Tölpel einen Hammer hervor, den er unter dem Kleid versteckt hat, und sagt: «Ich bin der mit dem Schwein!» Und er haut mit dem Hammer auf den Tyrannen los, bis der fast tot ist. Da sagt der Tyrann: «Nimm aus der Truhe dort soviel Geld, wie du willst, doch lass mich bloss am Leben!» Der Tölpel nimmt eine Menge Geld daraus und geht damit nach Hause. Am andern Morgen verkleidet er sich als Arzt und geht mit einem Stock, der einen goldenen Griff hat, wieder in den Wald. Dort begegnet er zum zweiten Mal dem Diener des Tyrannen. Der Diener meint, er sei ein Arzt und fragt ihn darum: «Wohin geht Ihr, Herr Doktor?» Er gehe da drüben in ein Dorf zu einem Schwerkranken, ist die Antwort. Da sagt der Diener, er solle doch um Himmelswillen zu seinem Herrn kommen, der sei auch schwer krank. Der Arzt geht mit ihm in die Höhle, und am Bett des Tyrannen nimmt er wieder den Hammer aus der Tasche seines Fracks hervor und sagt: «Ich bin der mit dem Schwein!» und fängt an, auf den Tyrannen einzuschlagen. Wieder sagt der Tyrann: «Geh dort hinüber und nimm soviel Geld aus der Truhe, wie du willst, doch lass mich am Leben!» Der Tölpel stopft so viel Geld als möglich in die Hosen- und Fracktaschen und geht nach Hause. Am andern Morgen verkleidet er sich als Mönch und geht wieder in den Wald. Nach einer Weile begegnet ihm der Diener des Tyrannen, der fragt: «Wohin gehen Sie, Herr Pater?» «Ins Dorf zu einem Kranken», antwortet der Mönch. Der Diener bittet ihn dann, zu seinem Herrn zu kommen, der sei am Sterben. Als er beim Meister war, zog er den Hammer unter der Kutte hervor und sagte: «Ich bin der mit dem Schwein!» Und er haute schlimmer denn je auf ihn ein. Der Tyrann flehte ihn wiederum an: «Geh dort hinüber und nimm soviel du willst, doch lass mich am Leben!» Aber der Bursche machte dem Tyrannen den Garaus. Dann nahm er das Geld, welches noch in der Truhe war, und ging nach Hause. Von da an war der Dummkopf reich genug.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Durchzug

Source: Der Durchzug

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Die älteren Leute erzählen noch gerne Erinnerungen ihrer Ahnen aus der Zeit des grossen Durchzugs. Danach sollen im Juni 1815 achtzigtausend Österreicher im Eilmarsch über den Simplon gezogen sein. Sechs Mann hoch seien sie in einer Kolonne marschiert: Die Spitze war schon im Berisal, als die letzten in den ,Ramsernukehren‘ die Gondoschlucht verliessen. Diese Armee schadete den Dorfbewohnern wenig, dagegen stahl zahlreich nachfolgendes Gesindel alles, was es nur erwischen konnte, und zerstörte vieles mutwillig. Für diesen Schaden, und vielleicht auch für den früher durch die Franzosen erlittenen, sollen später dem Dorfe Entschädigungen entrichtet worden sein. Sie wurden aber nie verteilt. Ein französisch sprechender Unterhändler brachte eine grosse Summe ins Dorf und verhandelte mit einem Vorsteher oder Grossen des Dorfes über den Schadenersatz. Dann zahlte er in bar; der Verhandlungstisch war mit Geld fast vollständig besetzt. Der alte Vorsteher holte dann einen ,ristinen Sack‘, stemmte ihn mit einer Hand am Tischende fest, hielt ihn an der Gegenseite mit seinen Zähnen offen und wischte mit der andern Hand das Geld behend in den Sack. Der Unterhändler fragte wiederholt: «Est-ce que c’est tout paye? Est-ce que c’est tout paye?» Darauf antwortete der Gewaltshaber mit seiner hohen, näselnden Stimme: «Oui, oui, c’est tout paye! Oui, oui, c’est tout paye!», warf den Sack mit dem Geld über die Achsel und verliess glücklich lächelnd das Zimmer. Die Dorfbewohner sahen aber nichts von diesem Segen. Alles sollte natürlich geheim bleiben, aber der Hirte des Dorfvorstehers hatte dem Handel zugehört und plauderte später aus. SIMPLON-DORF Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Edelstein im Drachenaug

Source: Der Edelstein im Drachenaug

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Die Drachen haben in der Mitte ihres Augapfels einen Stein, der glänzt wie eine Glut und ist von grossem Wert und köstlichem Gehalt, wie der Stein aus dem Drachenkopf. Wenn Drachen in der Luft fliegen, so gibts Krieg oder Feuersbrunst. Schwimmen sie im Wasser erfolgt Wassernot.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Bei dieser Sage gibt es keine genaue Zuordnung zu einem der fünf Kantone. Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Der Egelsee

Source: Der Egelsee

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Geht man von Sennwald gegen Forsteck zu, so trifft man rechts von der Strasse, nahe beim Badhause, einen Sumpf, der einst ein See gewesen sein soll und der auch Eglensee geheissen wird. Obwohl jetzt bald zugewachsen, bleibt er in der Sage unergründlich und sah man früher noch die Spitze eines Türmchens in seiner Tiefe, da ein Schloss in ihn versunken sei. Sonderbar ist, dass drei ähnlich unergründliche kleine Seen, einer im Kanton Zug, der andere zwischen Bern und Muri, der dritte in Hochberg (Schwaben), ebenfalls Egelsee und Egelmoossee heissen. Dr. Henne-Am Rhyn, Deutsche Volkssage   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 82, S. 38 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Egelsee-Hüper

Source: Der Egelsee-Hüper

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Unter dem Namen Egelsee kennt die Schweiz mehr als ein stehendes Gewässer. Auffallenderweise knüpft sich an dieselben meist etwas sagenhaftes. So auch an den Egelsee bei Menzingen, von dem übrigens jetzt nur geringe Spuren geblieben sind. Der Volkssage zufolge kam nach der Schlacht auf dem Gubel (23. Weinmonat (Oktober) 1531) ein zürcherischer Reiter auf der Flucht an diesen See und indem er nach dem gegenüberstehenden Walde „Bannholz" setzen wollte, geriet er in solche Not, dass er Gott ein Gelübde tat. Allein, auf dem Trockenen angekommen, spottete er desselben, worauf das Pferd umkehrte und ungeachtet allem Spornen unter dem Rufe: „Hüp! Hüp!" von Seite des Reiters geraden Weg's in den See sprang und mit ihm versank. In der Folge hörte man um Mitternacht oft den Notruf: „Hüp!“ am Egelsee, im nahen Bannholz und in der sog. Kahlen, weshalb man das Gespenst Egelsee-Hüper oder Bannholz-Hüper nannte. Seit der Franzosenzeit hört man ihn nicht mehr. Doch weit über das Reformationszeitalter zurück geht die Verlegung spuckhafter Dinge an den Egelsee. Zwischen 1269—1275 soll der streitsüchtige Wildenburger mit dem Freiherrn von Wädenswil Fehde geführt haben. Der Wildenburger steckte mit seiner Mannschaft im Winzwilerholz, ward vom Feind umgangen und suchte vergeblich in seine Burg an der Lorze zu entkommen. Am roten Bache, der, weil er blutig lief, den Namen erhielt, entspann sich das Handgemenge, des Wildenburgers Krieger kamen jämmerlich im Egelsee um. Lang hernach „sah man vil gespenster in Ross und Küihgestalt schreiendt". Auf dem Wahlplatz ward eine Kapelle gebaut, die 1587 noch gestanden ist.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Der Eggiwil-Fuhrmann

Source: Der Eggiwil-Fuhrmann

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Jedes Mal bevor die Emme anschwillt, soll man einen grünen Reiter aus einer grünen riesenhaften Schlange daherkommen sehen; in der rechten Hand hat er einen Stab, so gross, wie ein Leiterbaum. Den schwingt er in der Luft, und aus den Schwingungen will man erkennen, ob die Emme Schaden anrichte oder nicht. Man nennt ihn schlechtweg den Eggiwil-Fuhrmann. Quelle: Theodor Vernaleken, Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch


by Der Eichhallenjäger

Source: Der Eichhallenjäger

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Nordöstlich von Hettiswil, in einem Walde, Eichhallen genannt, hört man von Zeit zu Zeit ein jagdähnliches Getöse. Ist das vorbei, so regnet es gewöhnlich bald darauf. Das erklären sich die Leute auf folgende Weise: Vor vielen Jahren lebte auf dem Wyler-Hof bei Hindelbank ein Herr von Erlach, der ein leidenschaftlicher Jäger war, und sowohl gegen seine Jagdhunde, als gegen die Tiere des Waldes sehr grausam verfuhr; öfters habe er noch lebenden Tieren den Pelz abgezogen, sie wieder laufen und jämmerlich umkommen lassen. Zur Strafe müsse er nun zu bestimmten Zeiten seine vorigen Jagden wiederholen, bis all die Grausamkeiten wieder abgebüsst seien. Quelle: Theodor Vernaleken, Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch


by Der Eiersegen

Source: Der Eiersegen

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Zwei junge Burschen gingen einmal in der Nähe der Teufelsbrücke bei Corpataux auf Kiltgang. Sie freuten sich schon auf die beiden hübschen Schwestern, die sie besuchen wollten. Die Familie der beiden jungen Frauen war nicht reich, doch sie hatten so viele Eier, dass sie sie auf dem Markt verkaufen konnten. Die beiden jungen Männer waren nicht das erste Mal zu einem Stelldichein im Haus und wunderten sich, dass die Mutter jedes Mal erst die eine, dann die andere zu sich rief. Neugierig ging der eine den Frauen nach und sah, dass erst die Mutter und dann die beiden Töchter aus einem Krug tranken, der in der Küche stand. Bevor die beiden Burschen nach Hause gingen, schlich sich der eine in die Küche und trank ebenfalls aus dem Krug. Was dann geschah, erzählte er seinem Freund am nächsten Tag: "Du glaubst es nicht: Als ich am Morgen erwachte, habe ich einen ganzen Korb voller Eier gelegt!"  "Nein!", rief der andere. "Doch!", sagte der erste, "aber das Eierlegen konnte man noch aushalten, wenn ich nur nicht so hätte gackern müssen!" Von diesem Tag an liessen die Burschen den Frauen ihre Geheimnisse. Wenn sie aber die beiden Schwestern geheiratet haben, so haben sie bestimmt bis heute einen grossen Eiersegen. Fassung Djamila Jaenike, nach: P. N. Bongard,  Sensler Sagen, Freiburg 1992


by Der Eiersegen

Source: Der Eiersegen

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a) Zwei Burschen erzählten folgendes merkwürdige Abenteuer: Sie gingen in der Nähe der Teufelsbrücke, bei der Gegend von Corpataux, z Chilt. Eine Frau daselbst besass zwei schöne Töchter, welche starke Anziehungskraft auf die Burschen ausübten. Es fiel den Besuchern wie auch den Nachbarn auf, dass die Hausbewohner immer Überfluss an Eiern hatten, obschon im Hühnerstall nur wenige Hennen lebten. Drum ging die Frau oft z Märit nach Freiburg, um dort die Eier teuer zu verkaufen. Den zwei Kiltern kam es verdächtig vor, dass die Mutter abends eine Tochter nach der andern heimlich mit verstohlenem Winke in die Küche rief. «Wir wollen der Alten schon noch hinter ihre Geheimnistuerei kommen», beschlossen die zwei miteinander. Einst schlich sich der ältere der Burschen vor das Küchenfenster und passte den Leuten in der Küche auf. Da erblickte er an dem Küchentisch einen grossen, bauchigen Kaffeekrug. Daraus tranken nacheinander die Mutter, dann auch die Töchter. «Das muss ein besonders gutes Getränk sein, das die schlauen Leute allein geniessen wollen», urteilte der Horcher. Nach dem Abendsitz begab sich der Kilter unter einem Vorwand in die Küche und verkostete schnell aus dem braunen Krug. Auf dem Heimweg verspürte er im Leib ein sonderbares Rumoren und Drängen, das ihn auch im Schlafe noch störte. Wie gross aber war seine Überraschung, als er am andern Morgen einen ganzen Chratten voll Eier legte. Damit verschwanden auch die leiblichen Beschwerden. Die Mutter der zwei hübschen Mädchen war eine Hexe. Durch den Zaubertrank mussten sie immer Eier legen! Als der erleichterte Jüngling seinem Kameraden sein Erlebnis erzählte, fügte er lachend hinzu: «Das Eierlegen wäre noch leicht gegangen, wenn nur das Gackern nicht gewesen wäre!» Das bereitete ihm grosse Verlegenheit.   b) Eiersääge Zwe Chülter hi verzellt, si sygi i de Nöchi va de Tüfelsbrügg det gäge Grùpetou z Chült ggange. Die Lüt va dem Huus hiigi ging a Huuffe Eier ghääbe, dass sie demit z Määret müesse hiigi. De hiigi albe am Aabe d Muetter de beide Miitleni tütet, si seli usacho. linisch sygi dù iina va dene Chülter dene Miitleni ga abpasse ù hiigi gsee, dass si ùs ùma Chrueg epis tüegi triiche. Im Hiimzgaa hiigen är o trùùche ùs ùm Chrueg u hiigi dù am andere Taag a ganza Chratte vola Eier ggliit. «Ds Eier lege», hät er gsiit, «weeri no nüt gsy, aber ds Ggaggle!»   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Eifer des Glaubensboten

Source: Der Eifer des Glaubensboten

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In Arbon steht neben der neuen großen Kirche noch die alte kleine. Neben dem Portal ist in der Mauer eine kleine Nische zu sehen und in dieser ein Stein, der eine große, länglichrunde Vertiefung aufweist. Auf dem Stein soll Gallus gestanden haben, wenn er seine Zelle an der Steinach verließ, um dort unten am See zum Volke zu reden. Im Eifer seiner Rede habe er mit dem Fuß den Stein in dieser Weise gezeichnet.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 2, S. 4 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der eilende Tote

Source: Der eilende Tote

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Zum Steg in St. Niklaus wohnte im vorigen Jahrhundert, so wird erzählt, eine Witwe, Maria Biner mit Namen, die jeden Morgen über die Vispenbrücke bei der Junghöhe ging, um ihr Vieh zu pflegen. Eines Tages begegnete ihr auf eben dieser Brücke in aller Frühe ein ihr wohlbekannter Mann, Jost Blatter, der eilenden Schrittes neben ihr vorüber rannte. Sie hatte kaum Zeit zu fragen, wohin er so früh wolle. Ohne anzuhalten antwortete der Eilende: «Was Gott verhängt, der Mensch nicht lenkt», und ging schnell weiter. Mit Erstaunen vernahm die Witwe, als sie nach St Niklaus-Dorf kam, Jost Blatter, der ihr soeben auf der Brücke begegnete, sei vorigen Abends im Lerchj an Jungen tot gefallen. Der Unglückliche arbeitete in einem Acker auf dem Rande eines hohen Felsens und zog zu unvorsichtig aus allen Kräften an einer wilden Wurzel, die unerwartet abbrechend ihn das Gleichgewicht verlieren und in den Abgrund stürzen machte.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der einäugige Hund

Source: Der einäugige Hund

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Nahe bei Räfis, an der Sarbrücke, begegnet dem späten Wanderer ein großer, schwarzer Hund, der nur ein Auge hat. Dieses sitzt mitten auf der Stirn, ist aber so gross wie eine "Butzenscheibe". Heinrich Hilty   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 127, S. 61 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der einfältige Geselle

Source: Der einfältige Geselle

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  Drei wandernde Gesellen kamen überein, dass sie alle Dinge gemeinsam teilen wollten; Speis und Trank, Nutzen und Schaden. Zwei davon hatten es aber dick hinter den Ohren und hielten heimlich zusammen, dass sie den dritten, der ein einfältiger Geselle war, über den Löffel balbierten. Als sie ein paar Tage miteinander gegangen waren, kamen sie in eine einsame Gegend und verloren den Weg. Da litten sie grosse Not; alle Nahrung war ihnen ausgegangen, und es war nur noch etwas Mehl da, davon beschlossen sie, einen Kuchen zu backen. Während aber der Einfältige das Feuer dazu anzündete, ratschlagten die zwei Schälke, wie sie es vorkehren möchten, dass sie den Kuchen unter sich allein teilen und den Einfältigen um sein Teil betrügen könnten. Da sagte der eine: „Weisst du was, Bruderherz? Wir machen ihm den Vorschlag, dass wir alle drei schlafen wollen, bis der Kuchen gebacken ist; wenn wir aufwachen, soll jeder erzählen, was er geträumt hat; und wer dann den wunderlichsten Traum erzählen kann, dem soll der Kuchen gehören.“ Gesagt, getan. Die zwei schliefen sogleich ein; den Einfältigen hielt dagegen der Hunger wach; und kaum sah er, dass der Kuchen gebacken war, so machte er sich herzu und ass ihn auf; ohne einen einzigen Brosamen übrig zu lassen. Hernach legte er sich aufs Ohr. Alsbald wachte der eine der Schälke auf und rief seinem Kameraden zu: „Freue dich, Bruderherz! Mir hat Wunderliches geträumt; denke dir: Es war mir, als ob ein Engel mit goldenen Flügeln mich vor Gottes Thron mitten ins Himmelreich geführt hätte.“  Da sprach der andere: „Ei! Und mir hat geträumt, der Teufel habe mich in die Hölle hinabgeführt und mir da die Pein der armen Seelen gezeigt. Was kann man Wunderlicheres träumen! Der Kuchen ist unser.“ Darauf weckte er den Einfältigen mit dem Ellbogen auf und sagte: „Wie lange willst du noch schlafen? Sag schnell, was hast du geträumt?“ „He da“, rief der Einfältige und streckte sich, „wer ruft mich?“ „Ei, wer sonst als deine Gesellen?“ „Aber“, fragte er wieder, „wie seid ihr denn wieder hergekommen?“ „Wo sollten wir gewesen sein?“ fragte der andere. „Ich glaube, guter Freund, es ist nicht ganz richtig in deinem Oberstübchen.“ „Freilich ist\'s“, antwortete der Einfältige. „Aber da hat\'s mir so kurios geträumt; ich habe die hellen Tränen um euch geweint, weil ich meinte, ich hätte euch schon verloren. Ich träumte, einer von euch sei ins Himmelreich gefahren und der andere ins Teufels Revier. Weil man aber noch selten von einem gehört hat, dass er von diesen Gegenden wieder heimgekommen sei, so hab ich mich getröstet so gut ich konnte und in Gottes Namen den Kuchen aus dem Feuer genommen und gegessen. Nehmt nichts für ungut.“ Quelle: Otto Sutermeister: Kinder und Hausmärchen aus der Schweiz, Aarau 1869, Region Bern   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der eingeklemmte Stein

Source: Der eingeklemmte Stein

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Wenn man vom Wallfahrtsorte Niederrickenbach, Gemeinde Stans, dem Berg entlang über einen Waldbach, durch Wald und Wasseneggli nach Oberrickenbach geht, Gemeinde Wolfenschiessen, so kommt man auf diesem oft gefährlichen Wege ob dem Dorfe Wolfenschiessen an einen Ort, wo man unter dem Wege einen sehr grossen Stein, ein wahres Felsenstück (wie ein kleines Berghäuschen) eingeklemmt findet zwischen zwei andern, sonst wie geschlossenen und festen Felswänden. - Wenn man auch unten im Tal hinter dem Dorf Wolfenschiessen seinen Weg fortsetzt nach Engelberg, so sieht man, seine Augen links richtend und die Mitte dieses Gebirges betrachtend, dieses so eingeklemmte Felsenstück. - Und man muss sich wahrhaft verwundern, dass sowohl dieser grosse Stein bei einem Erdbeben, Ungewitter oder Wolkenbruche vom Bergesgipfel herab gerade diese Richtung nahm, und keine andere, und dass er auch so schön in diese, hier sich teilende Felsenwand (Schratten) passte, und dass endlich die beiden ihm entgegenstehenden Felsenwände ihn aufnahmen, seinen Druck aushalten konnten und nicht zerbrachen. Bei einem schrecklichen Ungewitter in diesen Bergen wollte einst eine Hexe diesen Stein auf die Wiesen hinter dem Dorfe Wolfenschiesen hinunterlassen und mit selbem viel Unglück, Erdlawinen, Ribenen, Erdrütsche, Verheerungen, Zank und Streit, Fluchen und Schwören anrichten.  Aber der Sigrist von Wolfenschiessen läutete bei Ungewittern gar fleissig das Glöcklein im Beinhause, und dieses Glöcklein ist eigens und absonderlich geweiht gegen Hexen, Zauberinnen, Unholden, böse Leute, gegen Ungewitter und alle Machinationen der Hölle und des „Pfütüfels". - Als nun das Glöcklein läutete und die Menschen beteten, wurde der herabfallende Stein eingeklemmt (wie gesagt), die Hexe aber hatte hoch oben am Berge in den Stein einen Eisenkeil und an ihm einen Eisenring eingeschlagen (einen Guntel), am Eisenring ein starkes Seil (wie unsere Bauern in Winter am Holze, an den Stämmen, Träm, Saghölzern) so leitete sie hinten am Stein, am Seile zeihend am Lauf des Steines. Da nun beim Schalle des Glöckleins der Stein eingeklemmt wurde, zog die Hexe, weiter oben, im engen Wege stehend, aus Leibeskräften am Stein. - Aber o je! - der Guntel riss aus, die Hexe fiel rücklings zu Boden, und ihr Zauber hatte ein Ende.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Der einkehrende Zwerg

Source: Der einkehrende Zwerg

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Da wo die Lütschine das eigentliche Tal Grindelwald verlässt, befindet sich die Ortschaft Burglauenen, nördlich der Lütschine an einem Abhange liegend. Sie gehört in die Kirchgemeinde Grindelwald, ist aber von dem Tale, durch zwei fast in die Lütschine hinaus ragende Felsenvorsprünge abgeschlossen. Von dieser Gegend erzählt eine Volkssage: Da, wo jetzt Burglauenen ist, stund in alter Zeit ein Dorf namens Schillingsdorf das bewohnt war von bösen Leuten. An einem Abend, bei stürmischem Regenwetter, ging ein Zwerg im Dorfe umher, und bat um Herberge. Er wurde aber immer abgewiesen, bis er endlich bei einem Hause, wo nur arme Leute waren, und wo man gerade die Geburt eines Kindes erwartete, mitleidig aufgenommen, und so gut als möglich verpflegt ward. Den Leuten dieses Hauses zeigte der Zwerg an, dass in derselben Nacht Schillingsdorf untergehen, und nur ihr einziges Haus, als das würdigste, bleiben solle. Um Mitternacht fing es fürchterlich an zu krachen. Ein Teil der Burg, welcher schon früher abgespalten war, riss sich los, bildete eine ungeheure Schuttlawine, und rollte unter entsetzlichem Donner dem Dorfe zu. Dieses wurde fast ganz verschüttet und zertrümmert, so dass nur wenige Menschenleben davonkamen, ausser denen, die den Zwerg über Nacht behielten. Dieses Haus soll dadurch gerettet worden sein, dass ein Felsblock, gross wie ein Haus, welcher dem Schutt vorangekommen war, sich gerade hinter das Haus fest lagerte, und den Schutt hinter sich aufhielt oder neben abwies. Man sieht noch deutliche Spuren von einem solchen Bergsturze. Bei der Burg ist zu sehen, dass ein Stück der ganzen Höhe und Breite, etliche Klafter dick, weggerissen ist. Untenher nimmt man die Strömungen des Schuttes wahr. Grosse Felsen liegen wie gesät umher, teils aus der Erde hervorragend, teils auf der Oberfläche liegend. Alles ist jetzt wieder mit Pflanzen bedeckt. Auch derjenige Fels, welcher Retter jenes Hauses gewesen sein soll, scheint noch jetzt als Zeuge dazustehen und ein dort stehendes Haus wird noch jetzt mächtig von dem Felsen beschirmt. Quelle: Theodor Vernaleken, Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch  


by Der Einsiedler

Source: Der Einsiedler

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Es war einmal in einem Wirtshaus eine sehr schöne junge Magd. Die gebar einen prächtigen Buben. Da sie aber das Kind nicht bei sich in der Wirtschaft behalten konnte, verpackte sie es zusammen mit dreihundert Gulden und ihrer Fotografie in eine Schachtel, band diese gut zu und legte sie in einen Bach, der zu einer Mühle floss. Das Wasser trieb die Schachtel mit dem Kind drin bis zur Mühle. Auf einmal stand das Mühlrad still, da ging der Müller hinaus und schaute nach, was los sei. Er fand die Schachtel, die gegen das Mühlrad getrieben worden war. Er nahm sie, trug sie in die Stube, öffnete sie, und darin lag ein kräftiges und schönes Kind. Der Müller war ganz vernarrt in diesen Buben, obwohl er selber fünf Kinder hatte. Doch seine Frau wurde gleich unwillig und sagte: «Hättest du doch diesen Fund gelassen, wo er war! Wir haben Kinder genug!» Inzwischen schauten sie die Schachtel genauer an und fanden noch die dreihundert Gulden und die Fotografie. Als die Frau das Geld sah, war sie einverstanden, das Kind zu behalten, bis es etwas grösser sei und sein Brot selber verdienen könne. Die Müllersleute zogen den Buben auf, bis er gross war. Da wollte er in die Fremde gehen. Dem Müller war dies recht, und er gab dem Burschen, bevor er ihn ziehen liess, die Fotografie mit, die in der Schachtel war. Nachdem er vom Müller und seiner Frau, von denen er glaubte, es seien seine Eltern, Abschied genommen hatte, zog er weit fort und kam in eine Stadt. Dort diente er mehrere Jahre als tapferer Soldat. Jeden Abend zündete der Bursche zwei Kerzen an, stellte die Fotografie dazwischen und betete davor auf den Knien, um herauszufinden, wer darauf sei. Als er ein grosser und schöner Bursche geworden war, wollte er einmal den Müller besuchen. Unterwegs kam er in ein Wirtshaus und blieb ein paar Tage dort. Da war eine sehr schöne Magd, die gefiel dem Burschen, und er fragte sie, ob sie ihn heiraten wolle. Die Magd willigte gerne ein, und nach ein paar Tagen machten sie Hochzeit. Der Mann aber schloss sich jeden Tag allein in seinem Zimmer ein. Einmal schlich seine Frau ihm nach und schaute durchs Schlüsselloch, was er mache. Da sah sie, dass er zwei Kerzen angezündet und ein Bild dazwischen aufgestellt hatte und da betete. Als der Mann wieder draussen war, ging sie ins Zimmer und schaute wer auf dem Bild sei. Da erkannte sie ihre eigene Fotografie und wusste nun, dass ihr Mann ihr Sohn war, den sie ins Wasser gelegt hatte. Von einem Augenblick auf den andern wurde sie sehr traurig. Der Mann merkte dies bald und fragte, was ihr fehle, dass sie so traurig sei. Doch sie wollte nichts sagen. Da sagte er, wenn sie es ihm nicht erzähle, gehe er weg, und sie sehe ihn nie wieder. Endlich sagte die Frau, sie sei nicht nur seine Gattin, sondern auch seine Mutter. Denn die Fotografie, die er besitze, sei ihre. Dann schaute der Sohn seine Frau und das Bild an, und nun erkannte er, dass die Frau darauf auch seine Mutter war. Darauf verliess er seine Frau, ging auf eine Insel zu zwei Einsiedlern und fragte sie, ob sie ihm nicht einen Ort wüssten, wo ihn niemand finde. Die Einsiedler sagten, doch, das könnten sie ihm schon sagen, in der Nähe von hier sei ein Schloss, dort wohne niemand, und hier finde ihn bestimmt niemand. Er ging zu diesem Schloss und hiess die Einsiedler, sie sollten, wenn er drinnen sei, das Tor schliessen und den Schlüssel ins Wasser werfen. Die Einsiedler taten, was er wollte, und er führte von nun an ein heiligmässiges Leben. Während dieser Zeit starb der Papst. Als die Kardinäle sich versammelten, um den Papst zu wählen, wollte sich die Taube auf keinen der Anwesenden setzen, und sie hörten eine Stimme: auf der und der Insel sei der, den sie zum Papst wählen sollten. Da gingen die Kardinäle auf diese Insel, doch sie fanden niemanden und sie kamen bald wieder zurück. Als sie sich wieder versammelten, um zu sehen, auf wen die Taube sich setze, wiederholte sich alles, und sie hörten zum zweiten Mal diese Stimme: sie sollten auf diese Insel gehen und dort den Papst suchen. Zwei andere Kardinäle gingen dann auf die Insel kamen zur Hütte der beiden Einsiedler und fragten sie, wo der sei, der Papst werden müsse. Die beiden Einsiedler dachten nach und sagten dann, so einer sei schon vor sieben Jahren in das alte Schloss hier gekommen, doch der sei bestimmt schon lange tot, und ausserdem könne man gar nicht hinein, denn der Schlüssel sei ja ins Meer geworfen worden. Die beiden Kardinäle mussten bei den Einsiedlern übernachten, und die gingen für das Nachtessen ihrer Gäste fischen. Als sie die Fische aufschlitzten, um sie auszunehmen, fanden sie in einem Fisch den Schlüssel zum Schlosstor. Jetzt wussten sie, dass der Mann im Schloss noch am Leben sein musste. Sie gingen hin, öffneten das Tor und fanden den Mann. Dann forderten die Kardinäle ihn auf, mit ihnen zu kommen, und sie gingen nach Rom und dort in die Kirche, wo sich alle Kardinäle versammelt hatten, um den neuen Papst zu wählen. Sobald der Mann aus dem Schloss in der Kirche war, setzte sich die Taube auf seinen Kopf, und er wurde Papst. Die Mutter des Papstes hatte nach der Abreise ihres Sohnes keine Ruhe mehr. Sie weinte und klagte Tag und Nacht. Einmal ging sie zu einem Priester und beichtete, was passiert war. Doch der Priester sagte, er könne sie nicht lossprechen. Sie müsse zum Papst nach Rom. Also ging sie nach Rom. Als der Papst die Büsserin sah, erkannte er sie, doch sie ihn nicht. Sie beichtete dem Papst, doch der sagte, er könne sie nicht lossprechen, bis sie nicht aufwärts fliessende Bäche gefunden habe. Die Mutter zog überall herum, um diese Bäche zu finden, doch sie fand sie nicht. Dann kehrte sie zum Papst zurück und der sagte, sie solle sich noch einmal auf die Suche machen. Doch diesmal ging sie in eine Kirche und weinte heftig. Der Papst, der ihr gefolgt war, um zu sehen, wohin sie gehe, trat dann zu ihr hin und sagte, ihre Tränen seien aufwärts fliessende Bäche. Jetzt wolle er sie lossprechen. Der Papst sprach sie los und gab sich auch als ihren Sohn zu erkennen.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Einsiedler

Source: Der Einsiedler

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Es war einmal ein Mann und eine Frau, die hatten eine einzige Tochter. Eines Tages fragte sie, ob sie spazieren gehen und die goldene Halskette tragen dürfe, und der Vater erlaubte ihr dies. Da legte sich das Mädchen die wunderschöne Goldkette um und ging den ganzen Tag spazieren. Und als es Abend wurde, kam sie in einen grossen Wald. Es wurde dunkel, und die wilden Tiere heulten fürchterlich, so dass das Mädchen weder ein noch aus wusste, und sie fing an zu weinen. Voller Angst kletterte sie auf eine Tanne, und zuoberst sah sie auf einmal ein blaues Licht. Da kletterte sie hinunter und ging auf das blaue Licht zu, wo sie die Hütte fand. Das Mädchen klopfte an die Türe. Da kam der Einsiedler heraus, der hier wohnte, und das Mädchen bat ihn, übernachten zu dürfen. Der Einsiedler antwortete, er könne keine jungen Frauen übernachten lassen, aber auf die Bitte des Mädchens hin beherbergte er sie schliesslich. Während das Mädchen schlief, versuchte der Einsiedler, von der Habgier getrieben, die Goldkette zu lösen und zu stehlen. Doch er fürchtete, die junge Frau werde erwachen und alles ihren Eltern erzählen. Deshalb ermordete er das Mädchen, zog ihr die Kette ab und begrub die Leiche in seiner Hütte. Aber schon am andern Tag empfand der Einsiedler tiefe Reue, und er begann auf den Knien Busse zu tun. Als Busse kniete er sieben Jahre lang am Grab, so dass er mit Moos überwachsen war und man nur noch das Weisse der Augen sah. Als die sieben Jahre vorbei waren, gebar die Mutter des Mädchens ein Kind, und man schickte Jäger auf die Jagd, um Wild für die Gäste der Wöchnerin zu schiessen. Die Jäger gingen in den Wald, wo das Mädchen sich verirrt hatte. Fünf von ihnen kamen ohne Beute zurück; einer blieb noch abends spät im Wald. Der sah auf einmal einen weissen Fleck auf dem Weg, und er hob sein Gewehr hoch, um zu schiessen. Aber die Gestalt gab das Zeichen zum Einhalten. Der Jäger band diesem Geschöpf ein Seil um und ging mit ihm nach Hause. Daheim sagte der Jäger, er komme mit einem Tier, aber er wisse nicht mit was für einem, und er führte das Ungeheuer in die Stube. Da stieg das Neugeborene aus der Wiege und sagte: «Steh auf, Giahannes! Gott hat dir deine Sünden vergeben!» Der Einsiedler stand auf und sagte: «Wenn Gott vergeben hat, so hast du wohl auch vergeben.» Darauf sagte das Neugeborene: «Ja, welche Sünde es auch sei, ich habe dir vergeben!» Und dann ging das Neugeborene wieder in die Wiege zurück. Da fragten die Leute Giahannes, was er denn getan habe. Und er gab alles zu: wie er die Goldkette gestohlen und das Mädchen ermordet habe. Am andern Tag zogen sie mit dem heiligen Kreuz zur Hütte in den Wald hinaus, wo das Mädchen lebendig und wohlauf an ihrem Grab sass. Der Einsiedler trat zu ihr und sagte: «Steh auf und geh in die Arme deiner Eltern!» Das Mädchen stand auf und ging zu ihren Eltern, und alle begaben sich glücklich mit ihr nach Hause.   Tubach-Index Nr. 2576 (Einsiedler tötet die Königstochter)   Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Einsiedler Botti

Source: Der Einsiedler Botti

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Dieser Einsiedler bewohnte vor vielen hundert Jahren die Wälder des Grauholzes, unweit der Landstrasse nach Bern. Er war ein Mann von riesenhafter Grösse, denn seine Länge betrug mehr als zwölf Fuss. Seine Kraft war so ungeheuer gross, dass er Bäume entwurzeln, und mit seinen Fingerspitzen Steine zerdrücken konnte. Mit dieser ausserordentlichen Kraft verband er aber eine grosse Liebe zu den Bewohnern der Umgegend. Oft verliess er die dunkeln Wälder, um den Menschen Beweise seiner Zuneigung zu geben. Er ging oft zu ihnen auf das Feld und bot ihnen freundlich die Hand zum Grusse; aber trotz aller Freundschaftsäusserungen wagte es doch niemand ihm die blosse Hand zum Gegengrusse zu reichen, aus Furcht vor seiner aussergewöhnlichen Kraft. Statt der Hand reichten ihm die Bauern die Pflugsterze, welcher die Merkmale seines gewaltigen Händedruckes stets sichtbar eingedrückt blieben. Als er seinen Tod nahe fühlte, grub er sich selbst sein Grab, legte sich in dasselbe und starb darin. Nach seinem Tode fiel seine Schwester, die mit ihm diese Wälder bewohnte und die fast von gleicher Grösse und Stärke war, in tiefe Trauer; sie bedeckte seinen Leichnam und trug in ihrer Schürze zwei sehr grosse Granitblöcke herbei, welche sie auf das Grab ihres Bruders zu bleibendem Denkmal ausrichtete. Als nun auch sie ihr Ende herannahen fühlte, grub sie, ungefähr zwei Schritte von der Ruhestätte ihres Bruders entfernt, ein Grab für sich und trug auch zwei grosse Steine herbei. Nach ihrem Tode wurde sie in dasselbe begraben und die zwei Steine, die sie herbeigetragen hatte, wurden darauf aufgerichtet. Noch jetzt sieht man im Grauholzwalde die zwei nun eingefallenen Gräber mit den darauf sich befindlichen Denksteinen. Bei Nachgrabungen hat man dort ein riesiges Gerippe entdeckt. Die Grabhügel der vorgermanischen Zeit werden an andern Orten des Kanton Bern Hünengräber genannt. Quelle: Theodor Vernaleken, Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch


by Der Eiszapfen zu Böbikon

Source: Der Eiszapfen zu Böbikon

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Vor mehr als fünfzig Jahren gieng ein Mann von Böbikon, im Bezirke Zurzach, zur Zeit des Heuet in den Wald, Holz zu holen. Als er an dem Mühlenbach in die Gegend kam, die man den Kessel heisst, sah er am Felsen grosse Eiszapfen in der Sonne schimmern, so klar, wie sie nur mitten im Winter von seinem Strohdache herabhiengen. Das grosse kristallhelle Eis wunderte ihn nicht wenig, er brach ein Stück ab, und da es ihm in der Hand nicht schmolz, steckte er's zu sich und nahm's der Seltenheit wegen mit heim. Als er's seinen Leuten, die eben vom Felde nach Hause kamen, zeigen wollte, erstaunten sie alle nicht wenig, da er statt des Eisstückes nun einen eben so grossen lauteren Silberzapfen auf den Esstisch legte. Sie fassten erst wirkliches Zutrauen, als er ihnen den einfachen Hergang erzählte. Ein Gleiches hat sich am Homberge, zwischen Reinach und dem Hallwiler-See zugetragen. Da fand droben im Hochwalde ein armer Weber eine tiefe Erdgrube, von der man vorher noch nie etwas gehört hatte. Er stieg hinab und gerieth in einen so rein gegrabenen unterirdischen Gang, dass man glauben konnte, hier müsse einst ein Bergwerk gewesen sein. Zuletzt waren hinten lange Stäbe gegen beide Wände wie ein Gitter gespreizt und sperrten den Durchweg. Als aber der Mann an sie schlug, klang es glockenhell und allerlei Stücklein sprangen davon ab, die am Boden wie Gold glänzten. Er las diese Abfälle sorgfältig auf und machte sich dann schnell davon; denn alles, was er je über die Erdmännchen gehört, kam ihm plötzlich in den Sinn und eine grosse Angst befiel ihn. Gleichwohl gieng er später wieder hieher und wollte sich mehr von dem Golde holen. Allein schon musste die Obrigkeit Wind davon bekommen haben, denn jetzt fand er den Eingang zur Höhle vermauert. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 278 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch  


by Der Elbisjäger

Source: Der Elbisjäger

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a) Eine alte Frau suchte am Elbisberg Brombeeren. Ein Gewitter war im Anzug, und es wurde ganz dunkel. Da hörte sie Pferdegetrappel und Hundegebell, und plötzlich ritt ein Mann in alter Rittertracht auf einem Schimmel nahe an ihr vorbei. Er war von einigen bellenden Jagdhunden begleitet. Als die Frau die Erscheinung näher ins Auge fassen wollte, war sie auf einmal verschwunden, und es setzte ein heftiger Regenguss ein, der sie zwang, nach Hause zu laufen. b) Mein Bruder ging einmal in den Elbis. Da hörte er plötzlich hinter sich in den Baumkronen ein Rauschen und Sausen. Ein Horn blasend, zog der Elbisjäger, gefolgt von seinen Hunden, über ihn dahin. Kurz darauf gab es anderes Wetter. Füllinsdorf Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Elbisjäger

Source: Der Elbisjäger

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Eine alte Frau aus Füllinsdorf suchte am Elbisberg Brombeeren. Ein Gewitter war im Anzug, schwarze Wolken überzogen den Himmel und es wurde dunkel. Da hörte sie nahendes Pferdegetrappel und Hundegebell. Schliesslich ritt ein Mann in alter Rittertracht auf einem Schimmel in unmittelbarer Nähe vorbei. Er war begleitet von einigen munter kläffenden Jagdhunden. Als die Frau die Erscheinung näher ins Auge fassen wollte, war sie mit einmal verschwunden und es setzte ein heftiger Regenguss ein, der sie zwang, eilends nach Hause zu laufen. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Elbst

Source: Der Elbst

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In der Tiefe des Seelisbergersees haust ein Ungeheuer, den Bewohnern jener Gegend unter dem Namen der „Elbst" bekannt. Es hat die Gestalt einer Schlange, einen schuppenbepanzerten Leib, Füße mit Krallen gleich den Drachen; aber nur selten zeigt es sich in dieser seiner wahren Gestalt. Bald schwimmt es als moosbewachsener Stamm, bald als schmaler grünender Inselfleck, von den Ufern losgerissen, bald auch als blütenvoller Zweig auf der Oberfläche des Sees. Wehe dem, der sich diesen trügerischen Lockbildern zu nähern wagt. Hinab ziehen den Getäuschten unrettbar die Krallen des Ungetüms. Aber auch das Eigentum der Sennen ist von ihm gefährdet, denn oftmals des Nachts wälzt es sich empor an das Ufer des Sees und zieht in scheußlicher Gestalt über die Weidplätze der Alpen hin. Am andern Morgen dann ist Vieh, das erwürgt, Spuren von scharfen Krallen tragend, zerstreut auf ihnen herumliegt, den Sennen Zeugnis seines schauerlichen Besuchs. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Eltern Segen

Source: Der Eltern Segen

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Zu einem Geissbub auf hoher Alp gesellte sich einst ein altes Müetterli und redete ihn gar freundlich und teilnahmsvoll an. »Gält, dü arms, güets Büebli, dië Geiss gähnt d'r vill Arbet!« Bei diesen freundlichen Worten taute sein Herz auf, und er klagte dem Weiblein offenherzig, wie er so ungehorsame und »gschleinige« (diebische) Tiere zu hüten habe, die immer wieder der Kuhweide zulaufen oder die unzugänglichsten Felsen erklettern und nie beieinander bleiben wollen, wie er im Chybb und Verdruss fast ersticken müsse. »Büebli,« schmeichelte das Fraueli, »wennd dich d'Müetter nyn Morged nachänand nytt b'sägnet, sä gähnt diër d'Geiss nachhär kei Arbet meh, und am nyntä Tagg bringä-n-ich diër eppis scheens, scheens. Witt?« Diese Rede gefiel dem Jungen wohl, und mit Kopfnicken gab er seinen Beifall zu erkennen. Das Wybervölchli zog weiter. Am nächsten und andern Morgen wusste der schlaue Geissler der segnenden Hand seiner frommen Mutter zu entwischen, und die Ziegen waren tagsüber so zahm und fry, wie er's nicht besser gewünscht hätte. Doch am dritten Tage sollte ihm das Kunststück nicht mehr gelingen. Als er sich wehrte, als die besorgte Mutter das heilige Kreuzzeichen auf seine Stirne machen wollte, und er dann von dem freundlichen Müetterli auf der Alp und seinem verlockenden Angebot erzählte, da musste dies auch der gestrenge Vater wissen. Von nun an war an ein Entwischen des Morgens nicht mehr zu denken, und wenn auch der Bub klagte, wie die schnellfüssigen Ziegen wieder so »g'schturä-n- und eirichtig« taten, so siegte doch bei den vernünftigen Eltern die kluge Einsicht über das kurzsichtige Mitleid. Die Alten hatten einen Spruch: »D'r Müetter Sägä gaht bis vor d'Tirä und d's Vatters Sägä bis uff Rom.« Frau Wipfli-Herger, 80 J. alt, Schattdorf Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Engstlenbrunnen

Source: Der Engstlenbrunnen

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Berühmt bei den Unterwaldner Sennen war diese Quelle, die im Frühling zu fliessen beginnt, wenn das Vieh auf die Alpen getrieben wird und aufhört im Herbste. Während dieser Zeit spendet sie ihr Wasser nur von morgens acht bis abends vier Uhr. Unsauberkeit und Wust duldet sich nicht. Wird aus Mutwillen etwas Unreines hineingeworfen, so bleibt sie auf mehrere Tage aus, was doch nicht geschieht, wenn das Vieh etwa seinen Unrat hinein fallen lässt.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Der entführte Jäger

Source: Der entführte Jäger

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Ein Jäger, der im Oberwiler Walde jagte, stiess einst auf einen schönen weissen Hirsch. Lange jagte er ihm nach, ohne ihn erlegen zu können. Da begegnete ihm eine schöne Frau. Sie hiess ihn willkommen, und er folgte ihr. Auf einmal begann es zu brausen und tosen. Jäger, Frau und Hunde wuchsen zu Riesen — und verschwunden waren sie. Wenn der Sturmwind über den Wald fährt, kann man das Brausen dieser Jagd in der Hochen Eichen hören. Oberwil Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der entführte Senne

Source: Der entführte Senne

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Auf der Alp Greina war ein Senne, welcher sich an einem regnerischen Abende zu den Zeitkühen auf den »Sattel« begab, um ihnen das nötige Salz zu geben. Obgleich er längst wusste, dass die Nachtschaar über diesen »Sattel« ihren gewohnten Zug hatte, und es ohnehin spät an der Tageszeit war, zog er guten Mutes hin. Auf der Höhe des Bergrückens vernahm er aber in seiner Nähe ein unheimliches Getöne und seltsames Geräusche, und von einer unsichtbaren Macht ergriffen, wurde er nicht weit vom Boden durch die Luft, in ein ganz entlegenes Alpental entführt, das ihm ganz unbekannt war. In diesem Tale irrte er wohl die halbe Nacht umher, ohne einen Ausweg zu finden. Endlich fing er an zu schreien, aber Niemand hörte ihn oder gab ihm Antwort. - Die andern Sennen in der Hütte hörten vom Dache herunter eine klägliche Stimme, die um Hülfe rief, und machten sich, da ihr Genosse noch nicht zurückgekehrt, auf, ihn zu suchen, fanden ihn aber nirgends, bis der Vermisste nach anderthalb Tagen hungrig und ganz zerfetzt und zerschlagen in der Hütte ankam, wo er sein Abenteuer erzählte. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der enthauptete Hausvater

Source: Der enthauptete Hausvater

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Bei der St. Anna-Kapelle zu Baden stand ehedem ein schlechtes hölzernes Kreuz oberhalb an der Straße, über dessen Herkunft man dies erzählt: Ein armer Familienvater war der Brandstiftung beschuldigt und zum Tode verurteilt, obschon er auch noch auf der Folter die Untat beständig in Abrede gestellt hatte. Noch auf dem Richtplatze, da wo nun der Bürgerspital steht, beteuerte er laut seine Unschuld und wie er gleichwohl diesen schmählichen Tod standhaft erleiden wolle, wenn ihm die Richter nur den Trost geben könnten, dass für seine verwaisten Kinder gesorgt werde. Versprecht nur, rief er, sie so viele Jahre zu erhalten, als ich noch Schritte machen werde, wenn mir das Haupt abgeschlagen ist. Man versprach es ihm öffentlich, und gefasst kniete er zum Tode nieder. Kaum war der Streich geschehen, so erhob sich der Rumpf auf der Richtstätte und lief an dreihundert Schritt weit bis zu dieser Stelle an der Anna-Kapelle; und er wäre wohl noch weiter gekommen, hätte ihn nicht einer aus der Menge hier umgestoßen, aus Grauen und Mitleid. An dem Orte seines Falles hat man jenes Kreuz errichtet. Was man sich von der Todesart seiner Richter sagt, ist schimpflich. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Erdmännchen Hilfe, Ziegen, Käs und Wache

Source: Der Erdmännchen Hilfe, Ziegen, Käs und Wache

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In den Höhlen des Pilatus wohnten ehemals allenthalben kleine wilde Mannen, die bei schönem Wetter bis ins Tal hinabgingen, um den Leuten Heu sammeln zu helfen. Wenn aber der Abend herannahte, sagten sie: „Es will Abend werden!“ und liefen davon. Bei windigem Wetter sah man sie nie. Während einer Pest riefen sie vom Berg herab mit furchtbarer Stimme: „Esset schwarze Astrenzen und Bibernellen, so sterbet ihr nicht alle!" Die Gemsen konnten sie melken und hielten sie für ihre Geissen. Als daher einige Jäger auf die Gemsjagd gingen, baten die Wilden sie, ihre Ziegen nicht zu schiessen und versprachen ihnen dafür etwas, woran sie immer haben sollten, wenn sie sonst niemanden davon geben würden. Die Jäger kamen mit den Wildmannen übereins und erhielten von ihnen einen Gemskäs, von dem sie immer und allzeit essen konnten, ohne dass er abnahm. Aus Vorwitz haben sie einmal andern davon gegeben und jetzt nahm er ab. Konnten die Wildmannen ihrer Feinde sich bemächtigen, verfuhren sie grausam mit ihnen. Sie stachen ihnen mit einem Messer durch den Rücken, so dass sie an der Haut einen Strick befestigen konnten, an welchen ein Holzblock angebunden wurde.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Der Erdschlip

Source: Der Erdschlip

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1. Die Familie im Restig zu Spiringen guckte eines Tages mit ihrem Fernrohr auf die gegenüber liegende Talseite hinüber. Da erspähten sie ein Wybervölchli im Sonntagsstaat, mit rotem Röcklein oder wenigstens mit roter Fürscheibe (meine Erzählerin weiss es nicht mehr genau), das im Stüdäweidli gegen das Seld hinauf sich bewegte, dort einige Augenblicke in das Gädemli hinein verschwand und, als es wieder zum Vorschein kam, in das Reckholtern hinüber ging und dort an einer Stelle unterhalb des Häuschens eine kleine Weile sich erstellte, worauf es dann verschwand. An jener Stelle löste sich einige Tage später ein Erdschlipf und fuhr in den Schächenbach hinunter; seitdem ist es da nie mehr ruhig geworden; die Brächä dehnt sich alle Jahre weiter aus und frisst immer mehr um sich; vor einigen Jahren musste man das Häuschen im Reckholtern abtragen, um es nicht dem gefrässigen Element als Beute zu opfern. Als das Wybervölchli durch das Stüdäweidli hinauf marschierte, meinten die Beobachter, jemand von den Leuten im Seld komme als Pate von einer Taufeten her, und fragten sich: »Weeles hed ächt da miässa hibsch sy?« (19. Jahrh.) Barbara Gisler, 90 J. alt 2. In der Brächä im Palanggätobel bei Seedorf hat man einmal ein Wybervölchli beobachtet. Bald hernach wurde es »leid« und löste sich ein gewaltiger Erdschlipf los, der dem Tobel zufuhr. Josef Maria Brand, Seedorf, 70 J. alt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Erdspiegel

Source: Der Erdspiegel

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Das Aeschimanndli hatte einen Erdspiegel. Es sah darin Dinge, die andern Sterblichen verborgen geblieben, so die Person, die einer andern etwas „angetan“ hatte, die Kindsverhexerinnen, in Diebesfällen den Dieb. Wenn auf den Alpen ein Haupt Vieh verloren gegangen war, tat der Erdspiegel dessen Aufenthaltsort kund. Durch den Spiegel sah der Bespiegelnde in die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der erhoffte Schatz

Source: Der erhoffte Schatz

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Es wurde erzählt, unter den Felsen der Beuggenflue liege ein Schatz verborgen. Man müsse graben, bis man zu einer Höhle gelange. Vor dieser sitze ein Hündchen, das den Schlüssel zu einer Schatztruhe im Maul halte. Eine noch keusche Jungfrau müsse dem Hündchen den Schlüssel aus dem Maule schlagen, dann könne man die Truhe öffnen und den Schatz heben. In Bubendorf wohnten um das Jahr 1860 ein paar Geschwister, die von dieser Sage gehört hatten. Sie waren faul und hofften auf diese Weise zu Geld zu kommen. Die Brüder fingen an zu graben, ihre Schwester hielt sich bereit, den Schlüssel zu behändigen. Nach ein paar Tagen angestrengter Arbeit fand sich weder eine Höhle noch ein von einem Hündchen bewachter Schatz. Noch schlimmer: Sie hatten nichts mehr zu essen. So kehrten sie nach Hause zurück und suchten ihr Brot auf ehrliche Weise zu verdienen. Bubendorf Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Erlacher auf den Bilgerhöfen

Source: Der Erlacher auf den Bilgerhöfen

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Graf Rudolf von Erlach war der Schweizer-Feldherr gewesen in den grossen Schlachten, die das Land gegen den auswärtigen Feind siegreich bestand. Zu seinem Schlosse Castelen, das in einem Jurathale gegen die Aare hin oberhalb Schinznach liegt, hatte er sich auch die Bilger-Sennenhöfe gekauft. Diese sind auf der dem obern Frickthale zugekehrten Jurawand in der Höhe der Wasserscheide gelegen und bilden heute achterlei verschiedene Bauernhöfe, die man in die beiden Gruppen des innern und des äussern Bilger theilt. Die Höfe des innern Bilger, an denen die nachfolgende Erzählung haftet, heissen der Reihe nach Kohlwald, Kalkdarren, Kammer, Saal, Gottlisacker und Böpperler. Bei ihnen nimmt der Wölfliswiler Bach seinen Ursprung, der als Oerken nach Frick hinabfliesst und den Thalgeist des Oerkenthieres in sich wohnen hat. Beim letztgenannten Hofe Böpperler, der jetzt einem Lenzi gehört, ist die Stelle des alten Sennhauses, das vor Jahrhunderten allein noch in dieser Bergeinsamkeit stand. Hier pflegte Rudolf von Erlach in seinen alten Tagen den Sommer und Herbst über Ruhe und Frieden zu suchen; zwei Knechte und zwei grosse Jagdhunde machten dann seine ganze Umgebung aus, und Niemand störte ihn in dieser Zurückgezogenheit, wenn nicht zuweilen der ungebetene Rudenz erschien, sein Schwiegersohn, der jenseits der Aare oben im Ruederthale auf dem Schlosse Rued wohnte. Dieser hatte Erlachs einzige Tochter zur Frau bekommen und mit ihr grosse Reichthümer; aber er war ein Trunkenbold, der, nachdem er Besitz und häusliches Glück verschleudert und verscherzt hatte, nun dem greisen Schwiegervater zur Last fiel. Zu wiederholten Malen schon hatte der Alte für den leichtsinnigen Verschwender einstehen müssen; heute an einem Herbsttage erschien Rudenz mit dem gleichen Anliegen wieder hier oben. Als er zu ihm in die Stube trat, hatte Erlach eben Mittagsruhe gehalten und lag noch auf dem Feldbette, seine beiden Doggen vor ihm. Niemand sonst war auf dem Hofe, die zwei Diener jagten draussen im Walde. Rudenz begann mit seinem bekannten Begehren, wiederholte es und sah sich wiederholt und entschieden abgewiesen. Da sprang er nach Erlachs Heldenschwert, das ob dem Bette an der Wand hieng und schlug dem Greise das Haupt in einem Hiebe ab. Dann entfloh er das Gebirg herab zur Aare und wollte diese überschwimmen, aber heulend verfolgten ihn die beiden Doggen und machten ihm überall das Ufer streitig. So konnte er sein Schloss Rued nicht erreichen und wendete fliehend sich wieder dem Gebirge zu. Immer die Hunde an den Fersen, gewann er das Versteck einer einzeln stehenden Heuscheune bei den Innern Bilgern, warf die Thüre zu und verkroch sich ins Heu. Auch hier spürten ihn die Hunde auf. Mit gefletschten Zähnen hielten sie draussen vor der Hütte Wache, ihr Geheul durchdrang den ganzen Berg, in kürzester Zeit musste es Rudolfs beide Knechte hier herauf locken. So sah er sich gefangen und verrathen und erhieng sich. Diese Scheune liegt oberhalb dem Hause, das jetzt dem Bauern Bitterli angehört, er hat sich aber eine neue gebaut und lässt die alte ungebraucht stehen; denn durch diese zieht manche Nacht ein unerträglich Brüllen, Wehschreien und Toben. In diesen unsäglich wüsten Lärmen mischt sich auch das Locken der Hunde, das Blasen der Hörner, der Jagdschrei hup, hup! Dann rollt ss sich aus dem Heustadel gerade übers Gebirg hinab in den Thalbach. Sogleich darnach bricht dann Donnerwetter und Wasserguss über das Thal von Oberhofen herein. Die dortige Bevölkerung verwechselt schon lange die Personen dieser Sage mit einander, sowie die Stimmen auf der Höhe und das losbrechende Unwetter, darum wird dorten alles dieses zusammen der Erlacher genannt. In neuerer Zeit hat ein Bauer aus Wölfliswil den Erlacher auszukunden versucht. Er stand in der Hargetwaldung in der Nähe, wo jener früheste Sennhof gelegen hat, und hörte dem Branden der obern Luft zu, das anschwellend in den Hochwald herein fiel. Uebermüthig riss er einen Büschel langstieligen Mooses vom nächsten Markstein, das man Baumbart nennt, hielt sich's ans Kinn und schrie in den Wald hinein: itz, Erlacher, channst go luege! Wo bist? Itz han i en bart wie du! Darauf soll ein Mann mit einem sehr hohen Federbusch ihm entgegen getreten sein, und der Wölfliswiler entlief. Die Folge davon aber war, daß er mit einem geschwollenen Kopfe heim kam und bei acht Tagen sich im Bette halten musste. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 189 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der erlösende Kindestod

Source: Der erlösende Kindestod

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Ein Bursche von Attinghausen ging fleissig über den hohen Weg nach Erstfeld z'Stubeten, und jedesmal hörte er bei einem Tännchen erbärmlich weinen. Er sann und dachte darüber hin und her und vermochte doch gar nicht herauszufinden, was das sein könnte. Nach einiger Zeit heiratete er. Das erste Kind starb bald nach der Geburt. Da kaufte der Schreiner jenes Tännchen und machte daraus das Totenbäumchen für das Kind. Seit dieser Stunde hörte der Attinghauser das Weinen nicht mehr. Da hat jedenfalls eine arme Seele auf den Tod des Kindes blanget. Jedes unschuldigen Kindes Tod erlöst eine arme Seele, das hend Vatter und Müetter mängs dutzedmal gseit. Maria Ziegler, Bauen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der erlöste Alpgeist

Source: Der erlöste Alpgeist

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Der Besitzer einer Alp im Entlebuch hat selbe immer verlehnt, aber kein Lehenmann blieb lange darauf, alle starben vor Schrecken und Grauen wegen des Geistes, der daselbst umging. Zuletzt wollte niemand mehr die Alp bewirten und sie blieb verödet. Da kam mal einer zum Eigentümer und sprach: „Ich will schon auf die Alp gehen, es fürchtet mir nicht." Drauf jener: „Wenn du dort wohnen kannst, will ich die Alp dir schenken." Der andere zog auf. Alsbald kam der Geist in schwarzer Gestalt und machte ihm das Gatter auf, damit das Vieh hineinkönne. Von nun an war der Geist immer bei ihm im Stall, beim Melken, in der Scheuer, auf der Alp, bei Tisch, ohne mit ihm zu essen, sogar im Bett, ohne mit ihm zusammenzukommen und ohne ein Wort zu ihm zu reden. Zuerst graute es dem Senne doch. Aber nach und nach verging ihm die Furcht und er gewöhnte sich an ihn. Zugleich bemerkte er an dem schwarzen Gespenst, dass es nach und nach zu „weissen" anfing, zuerst beim Kopf und dann immer weiter hinab, bis es zuletzt ganz weiss war. Dann fiel es zusammen und wurde zu Asche. Da schlug der Mann darauf und bald flog eine weisse Taube auf. Später kam der Geist nochmal und dankte dem Manne, dass er endlich ihn erlöst, nachdem seine Vorgänger dies nicht konnten, sondern schnell aus Furcht und Schrecken vor ihm gestorben seien. Er sei nun ein Kind der Seligkeit, und der ihn erlöst, werde es auch werden.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Der erlöste Götti in Vilmergen

Source: Der erlöste Götti in Vilmergen

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Weidknaben bei Vilmergen hüteten ihre Geissen am Wiesenrain gegen einen Waldsaum, als sie bei einem Grenzsteine einer schwarzen Gestalt begegneten und in Schreck sogleich entliefen. Der kleinste von ihnen rief anfangs den Kameraden zu: „Haltet, es ist ja mein Götti!“ Da sie aber nicht aufzuhalten waren, gieng er ihnen ebenfalls nach und erzählte daheim mit aller Freude, er habe seinen lieben Götti wieder gesehen. Es half der Einwand nichts, dass dieser ja schon gestorben sei. Der Knabe blieb auf seiner Behauptung. Also dachte man daran, dem Geist zur Ruhe zu verhelfen. Man versah das Büblein mit allerhand geweihten Sachen, um sich folgenden Tages wieder an jene Waldstelle hinaus zu begeben. Doch musste er auch Karst und Schaufel mit sich nehmen. Und wenn dann das Gespenst dergleichen thun würde, als wolle es im Boden arbeiten, so sollte ihm der Kleine diese Werkzeuge stillschweigend nur einhändigen. So geschah`s. Der Götti gieng bereits gekrümmt um einen zwischen der Waldwiese und dem Nachbargut stehenden Grenzstein herum, als sein Pathenkind hinauskam. Er erhielt die mitgebrachten Werkzeuge, grub damit den Stein aus und setzte ihn an eine andere Stelle weiter zurück. Und als dann alles in kürzester Zeit abgethan war, begann er: „Nun bin ich erlöst, und du, mein liebes Gotte, bist dafür nach drei Tagen auch ein Kind der Seligkeit.“ Das Büblein starb nach drei Tagen. (Ziemlich ähnlich erzählt das Frickthal dieselbe Begebenheit mit Nachweisung eigner Oertlichkeit. A. Birrcher in Laufenburg.) E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Erlöste zu Attelwil

Source: Der Erlöste zu Attelwil

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Aus seinem Hause sah ein Mann zu Attelwil oft, wie des Nachts ein Irrlicht auf dem nahen Landstück hin und her schweifte. Er geht einmal näher und erkennt seinen verstorbenen Nachbar, der bemüht ist, den Markstein der beiderseitigen Äcker tiefer in des Mannes Landstück zurück zu versetzen. Flehentlich bittet er ihn zugleich, doch behilflich sein zu wollen, sonst gebe es für ihn keinerlei Erlösung. Der Mann geht heim, holt eine Schaufel und gräbt ein Loch, in das er den Markstein hineinschiebt. Sogleich verschwindet auch der Geist. Als nun der Bauer seinem Hause zugeht, sieht er unter der Dachtraufe eine große schwarze Gestalt, welche ihm die Hand darreicht. Statt der seinigen bietet ihm der Bauer den Schaufelstiel entgegen. Der Schwarze ergreift diesen, fährt in die Höhe und ist verschwunden. An dem Stiel war deutlich die Hand des Bösen zu sehn, denn der Teufel selbst war es gewesen, der statt des Erlösten nun dessen Erlöser holen wollte. (I. Weber aus Zofingen.) Quelle: E. L. Rochholz, Naturmythen. Neue Schweizer Sagen, Leipzig  1862. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch  


by Der erste Brienzer

Source: Der erste Brienzer

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Vor urdenklichen Zeiten war es, da die Gegend von Brienz von wildem Gestrüpp und düsterem Wald bestanden war, aus denen einzig wilde Tiere zum See an die Tränke liefen, und in welche es vorübergehend wohl einmal einen Jäger von den bewohnten Höhen herab verschlug. Damals stand nämlich am Berg, auf der Sonnenseite am Ausgang eines wilden Tales, ein Kupplein Häuschen inmitten grüner Wiesen und nahe am Bach, der hier rauschend aus dem Tale brach. Das Kupplein Häuser hiess, wie heute, die Husstatt, und ihre Bewohner sollen sich noch fleissig mit der rauhen Jagd beschäftigt haben. Einst war ein Husstatter aus irgendeinem Grunde mit den Nachbarn in Unchritz gekommen und dachte daran, irgendwo anders seine Wohnstätte aufzuschlagen. Seinem Wunsche kam eines Tages der Zufall zu Hilfe, als er vorn auf der hohen Fluh, die jetzt die Mühlebachfluh heisst, am Holzen war. Da erschaute er im dunklen Wald im Tale drunten, und nicht weit vom Wasser des Sees, einen hellen grünen Fleck. Was konnte es sein, ein zahmes Eckchen Erde in der Wildnis, ein Ort, an dem sich weitab von den verfeindeten Nachbarn besser leben liesse? Wunsch und Erschautes trieben den Mann am morgigen Tag in die Niederung. Und siehe da, der helle Fleck war eine prächtige Wiese, ein grasreiches Stück Land inmitten des Waldes, grad recht, darin eine neue Wohnstätte aufzuschlagen und weitab von verfeindeten Nachbarn zu sein. Und so wurde der Husstatter der erste Ansiedler des nachmaligen Dorfes Brienz, und zwar an jenem Orte im Aenderdorf, der noch heute „die Wies“ heisst. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der erste Kaffee

Source: Der erste Kaffee

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Ein Ausserberger ging einmal nach Visp in einen Kramladen und kaufte ein Pfund Kaffee. Zu Hause musste ihm seine Frau sofort einen Kaffee brauen. Sie warfen eine Anzahl der grünen Bohnen in das heisse Wasser und liessen sie kochen und – kochen. Aber die Bohnen wollten nicht weich werden. Am nächsten Tag versuchten sie es nochmals, aber die Bohnen blieben immer gleich hart und das Getränk war "lütter Wasser". Verdrossen warf die Frau die Bohnen samt Getränk zum Fenster auf die Wiese hinaus. Als der Bauer das nächste Jahr wieder nach Visp kam, erklärte er dem Krämer, der Kaffee sei nicht gut gewesen, er wolle keinen mehr, die Bohnen seien beim Kochen gar nicht weich geworden; im Überdruss habe er sie zum Fenster hinausgeworfen, und als er letztes Frühjahr das Gras gemäht habe, hätten die Bohnen noch "ggrääret" (an der Sense geklingelt). AUSSERBERG Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der erste Meier in Kipfen

Source: Der erste Meier in Kipfen

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Einst fiel in den Kipfen zwischen Kalpetran und St. Niklaus ein Mann in die Vispe und wurde von den schäumenden Wellen fortgetragen. Das sah ein am Ufer arbeitender Holzhacker, sprang nach, packte und zog ihn mit seinem Eisenhaken wieder ans Land - freilich etwas unvorsichtig, denn der angesetzte Haken riss dem Geretteten ein Auge aus. Darüber beschwerte sich dieser bei der Obrigkeit und belangte seinen Retter um Schadenersatz für das ausgerissene Auge. Das war nun eine ziemlich verfängliche Rechtsfrage bei der man einerseits das Recht, anderseits aber die Billigkeit nicht recht vereinbaren konnte. Mit ganz verzogenen Mienen und sehr verstörten Gesichtern nahmen die Rechtsgelehrten Ort und Stelle in Augenschein. Ein zufällig anwesender Ziegenhirt bemerkte die Verlegenheit der wohlweisen Herren und, nachdem er sich über den Handel erkundigt hatte, sprach er lächelnd, da wisse er schon Bescheid: Der Kläger solle sich an der gleichen Stelle wieder ins Wasser werfen und weitertragen lassen; rette er sich ohne Hilfe des Holzhackers, so müsse ihm dieser das Auge bezahlen; wenn nicht, so sei es wohl gleich, ob er mit einem oder zwei Augen sterbe. Welch ein glücklicher Einfall! Die Richter atmeten wieder freier. Zum Andenken an den merkwürdigen Rechtsfall wurde Kipfen zum Meiertum erhoben und der Hirtenbube seiner Weisheit wegen daselbst als erster Meier eingesetzt. ST.NIKLAUS Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern.


by Der erste Meier in Kipfen

Source: Der erste Meier in Kipfen

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Unter den zahlreichen Besuchern des Vispertales gibt es wohl wenige, denen Kipfen, (welches man durchschreiten muss nachdem man Kalpetran, innerhalb Stalden, passiert hat und St. Niklaus noch nicht in Sicht bekommen) ganz aus dem Gedächtnisse entfallen sein mag. Wenn es nicht eben "Fluonazens Brünnlein" ist, das beim Durstigen in den obern Kipfen frisches Wasser bietet, so mag es die öde, wildbewaldete, zerfahrene, bewegliche und talabwärtsrutschende Natur dieser Gegend sein, welche die Aufmerksamkeit der Reisenden in Anspruch nehmen muss. — Diese wildschöne, unheimliche Gegend soll einst zum Range eines freien Meiertumes gelangt sein. Die Veranlassung war folgende: Einst fiel in den Kipfen ein Mann in die Vispe und wurde von den schäumenden Wellen fortgetragen. Das sah ein am Ufer arbeitender Holzhacker, sprang nach, packte und zog ihn mit seinem Eisenhaken wieder ans Land — freilich etwas unvorsichtig, denn der angesetzte Haken riss dem Geretteten eben das eine Aug aus. Darüber beschwerte sich dieser bei der Obrigkeit und belangte seinen Retter um Schadenersatz für das ausgerissene Auge. Das war nun eine ziemlich verfängliche Rechtsfrage, bei der man einerseits das Recht, anderseits aber die Billigkeit nicht recht vereinbaren konnte. Mit ganz verzogenen Mienen und sehr verstörten Gesichtern nahmen die Rechtsgelehrten Ort und Stelle in Augenschein. Ein zufällig anwesender Ziegenhirt bemerkte die Verlegenheit der wohlweisen Herren und, nachdem er sich über den Handel erkundigt, sprach er lächelnd, da wisse er schon Bescheid: Der Kläger solle sich an der gleichen Stelle wieder ins Wasser werfen und weitertragen lassen; rette er sich ohne Hülfe des Holzhackers, so müsse dieser ihm das Aug bezahlen; wo nicht, so sei es wohl gleich ob er mit einem oder zwei Augen sterbe. — Welch ein glücklicher Einfall! Die Richter atmeten wieder freier. — Zum Andenken an den merkwürdigen Rechtsfall wurde Kipfen zum Meiertum erhoben und der Hirtenbube seiner Weisheit wegen daselbst als erster Meier eingesetzt.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. E ingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Erzstock

Source: Der Erzstock

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 zwischen Intschialp und Leutschachtal, Gemeinde Gurtnellen, habe seinen Namen daher, weil man darin Silbererz oder überhaupt Erze gegraben habe. Ein Stollen sei noch vorhanden, der fast den ganzen Berg durchquere. Auf Tierhäuten habe man die gewonnenen Erze zur Schmelzi beim Graggertal hinunter befördert. Ob dem Hohnegg sei am Kilchweg eine Schmiede und bei Breitensteg eine Kohlenbrennerei gewesen. Verschiedene aus der Gegend Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der erzürnte Berggeist

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Sechs Stunden südlich von Freiburg liegt das Tal von Charmey (von den nahe wohnenden Deutschen Galmis, Gaimitz genannt.) Unweit ragt die Hohmatt hervor, ein Berg, welcher die Grenze bildet zwischen der deutschen und französischen Bevölkerung. An einigen gefährlichen Stellen dieser Hochmatte werden die Kühe gehütet. Dieses tat nach der Aussage der Sennen früher meistens ein unsichtbarer Berggeist, der das Vieh besonders während der Nacht vor Schaden schützte. Zur Belohnung dafür füllte ein Senn jeden Abend eine hölzerne Schüssel mit Rahm und stellte sie auf das Dach der Sennhütte. Am andern Morgen war sie stets durch den gefälligen Berggeist geleert. Ein Knecht unterliess es eines Abends, die Schüssel zu füllen, weil ihn der Milchrahm reuete und weil er über diese Gewohnheit ungläubig spottete. Statt der gewöhnlichen süssen Speise tat der Knecht daher Kehricht in den Napf. In der Nacht aber rüttelte ihn eine unsichtbare Kraft unsanft auf. Unter heftigem Gepolter rief man ihm zu, sieben Kühe seien am steilen Felsen verunglückt und liegen erschlagen in der Tiefe. Darauf folgte ein Blitz und Donnerschlag, und der schlaftrunkene Knecht glaubte eine drohende scheussliche Gestalt zu sehen, die aber bald verschwand. Er raffte sich auf, tappte auf seinem Heuboden umher und fiel hinunter in die Küche. Dort blieb er, an allen Gliedern gelähmt, bis zum Morgen liegen. Als die andern Sennen mit den ersten Sonnenstrahlen erwachten, hörten sie die Unglücksgeschichte und vermissten wehklagend die sieben besten Milchkühe, die tot in der Felskluft lagen. Der Berggeist kehrte von da an nicht wieder zurück, und nach sieben Tagen starb der Knecht. Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der erzürnte Riese

Source: Der erzürnte Riese

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Bekanntlich war das Kalfeisental früher von freien Walsern bewohnt. Unter diesen hätte nach der Sage einst ein Riese von ungeheurer Kraft und Grösse gelebt. Da er sich mit seiner Schwester vergangen, wurde er vor den Landvogt auf das Schloss Sargans zitiert. Aus Ärger darüber habe er eine Tanne samt der Wurzel ausgerissen, die Äste mit der Hand abgeschlagen und den Baum als Spazierstock benutzt. Beim Eingang in das Schloss sei das eiserne Tor von ihm, als wäre es von Papier, aus den Angeln gehoben und einer der Kloben, in denen dasselbe hing, wie Wachs umgedreht worden. Und in der Tat schaut derselbe heute noch nach unten. Auf dem Rückwege habe der Riese in einen Mühlstein in Mels ein Hebeisen gestossen, den Stein auf den Rücken genommen und bis nach Gunis, fünf Minuten ob dem Dorfe Vättis, getragen. Der Stein liegt noch dort, und man muss sich wirklich wundern, warum er hierhergebracht worden. "Oberländer Anzeiger."   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 230, S. 114 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Esel in der Tenne

Source: Der Esel in der Tenne

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In Wile nennt sich eine kleine Ortschaft im Bezirk Wollerau, Kanton Schwyz. Bei dem dortigen reichen Hofbauern pflegte ein armes altes Männlein, das vom Kräutersammeln sich nährte, alle Jahre einmal seine Einkehr und Nachtherberge zu nehmen. Öfter zu kommen war ihm bei den geizigen Leuten nicht erlaubt. Auch wies man ihm über Nacht niemals ein Bette an, obschon da ein paar hochaufgerüstete allzeit ledig standen. Das Kräutermännlein aber fügte sich und übernachtete auf dem Heuboden. So lag er hier einmal wieder im Heu auf dem obern Stock, als sein Hofbauer drunten in die Tenne trat, eine Laterne, eine Haue und einen Kupferkessel mit sich schleppend. Er grub den Boden der Tenne auf, senkte den grossen Käsekessel in die Grube hinab und machte sich dann wieder fort. Bald kam er abermals zurück, brachte einen Sack Thaler mit sich und warf ihn mit den Worten in den offenen Kessel: „Du musst in drei Teufels Namen vergraben sein!“ So gieng der Bauer dreimal ab und zu und warf dreimal seine Säcke in den Kessel. Ebenso oft war aber inzwischen auch das Kräutermännlein vom Heustock herunter gestiegen, und weil es dessen gar zu wenig hatte, was jenem Geizhals zu viel war, hatte es sich jedesmal eine Tasche voll Thaler aus dem Sack genommen und sich rechtzeitig damit wieder unters Heu verkrochen. Nun kam der Mann zum vierten Male herein. Diesmal brachte er ein schneeweisses Eselein mit sich, auf dem ein rother Mantel lag. Mit diesem umgieng er dreimal den Kessel, wiederholte eben so oft seine Verwünschung: „Du musst in drei Teufels Namen vergraben sein!" Hierauf schüttete er den Kessel zu, schlug dem Esel in drei Teufels Namen ein Bein ab und schleppte das arme Thier mit sich hinaus. Das Kräutermännlein schlief nach diesem auch nicht lange mehr, sondern machte sich mit dem Frühesten aus der Scheune fort auf den Weg. Als aber die Zeit um war und es das nächste Jahr wieder in dieses Haus kam, fand sich hier alles verändert. Der Bauer war schon seit einem halben Jahre gestorben. Die zwei Töchter wussten von nichts als Kummer und Verdruss zu sagen. „Seitdem Ihr das letztemal bei uns gewesen seid, ist in unserm Hause nur Noth und Elend. Der Vater hat keinen gesunden Tag mehr gehabt, und da er starb, hat sich von dem grossen Vermögen, das er nach dem Glauben der Leute besessen hatte, gar nichts vorgefunden. So ist auch die gute Bekanntschaft, die wir hatten, ausgeblieben. Wir bekommen allbeide keine Männer und wissen uns nicht mehr zu helfen." Jetzt gieng dem Kräutermännlein plötzlich ein Licht auf. Wenn es weiter nichts ist als dies, sagte er, so kann ich euch wohl diese Nacht schon helfen. Schafft mir nur in aller Stille und ohne dass man es merkt, einen Esel und einen rothen Mantel herbei. Der Esel stand noch immer im Stalle, schneeweiss, aber nur dreibeinig, seit ihm der Bauer den einen Fuss abgeschlagen hatte. Bei der Frau des Ortsweibels entlehnte man ohne Aufsehen den rothen Amtsmantel. Damit giengen sie in die Tenne und gruben an der alten Stelle nach, trieben dann das Eselein mit dem rothen Mantel wiederum in drei Teufels Namen um das Loch herum, aber diesmal nach links, weil der verstorbene Bauer einst damit nach rechts gefahren war. Und siehe, da lag das Geld in den drei Säcken. Die Töchter wollten sogleich mit dem Kräutermännlein theilen. Er erzählte ihnen aber den einstigen Hergang und wie er sich vordem schon seinen Theil zu dreien Malen davon genommen hatte. Nun sei dies freilich längst aufgebraucht. Lasse man ihn aber noch einmal aus jedem Sacke einen Griff thun, so habe er für seine noch übrige Lebenszeit vollauf genug. Die Töchter thaten es und das Männlein verliess sie unter grossem Danke. Von nun an gieng im Hause alles wieder gut. Der Geist, der seit dem Tode des Vaters in der Tenne gepoltert hatte und mit vielen Seelenmessen doch nicht abzutreiben gewesen war, legte sich jetzt zur Ruhe, und mit dem wieder gefundenen Gelde stellten sich auch die Freier wieder ein. Bald waren die zwei Töchter hübsche Weiber. (Marie Stössel aus Wollerau.) E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der ewige Jud auf dem Theodulpass

Source: Der ewige Jud auf dem Theodulpass

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Zwischu der Monte-Rosa und dum Matterhoru ist a mächtige Gletscher, dem-mu der Augsttalgletscher oder Theodulpass seit. Da si vor alte Zittu a schöni Stadt g'stannu, zuo welcher ouch der ewig oder laufund Jud cho sy. Wil abar di dasigu Lit nu b'chent heint, was er fer Eine ist, so hät nu kei Mensch ubernachtu wellu. Wegu discher Unbarmherzigkeit hei der Ewig-Jud d'Stadt sammt de Menschu verfluocht und g'seit: Jez isch noch a Stadt; und we-ni nomal chumu, so wagst hie Gras, stähnd da Bäum und liggunt da gross Steina, und wurd mu keine Hüscher, Gasse, Mure und Turna meh g'seh. We-ni abar d's dritt'mal chumu, so wurd mu keis Chrut, kei Tannubäum, kei Hitta, kei Mura, no Gassa meh antreffu, sondru nummu Schnee und Isch old Gletscher — und das soll da so lang liggu blibu, so lang, so lang ich ohni Ruohw und Rast muoss um di ganz Welt wandru. Und so ist all's haarchlei ingitroffu, wie der laufund Jud einst prophizijod hät. A Gletscher va dri Stundu Breiti, bideckt jez dischi Gegund, wa friener a Stadt g'standu sy. Di Todtustilli wird jez nummu vam Donnru der Lowinu und Chrachu der Gletscherspaltu und Tobu und Wiethu der Winter-Gugfa unterbrochu. Di Gemschini und im Summer di fremdu Reisundu, sind d'einzigu lebundu Wesu, di mu da jez no antrifft.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der ewige Jude (Andwil, SG)

Source: Der ewige Jude (Andwil, SG)

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In den Gemeinden Andwil und Gaiserwald erschien der ewige Jude einst als ein steinaltes Männchen in zerrissenen Kleidern. Es heischte Almosen, verriet sich aber durch sein sonderbares Benehmen, besonders durch seine beständige Unruhe; es nahm sogar das Essen gehend ein. Zur Rede gestellt, bekannte es, dass es der ewige Jude sei, der sich gegen den leidenden Gottessohn vergangen habe. Dr. Henne-Am Rhyn, Deutsche Volkssage. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 499, S. 295 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der ewige Jude (Savien, GR)

Source: Der ewige Jude (Savien, GR)

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Ein unruhiges Wesen, halb Mensch, halb Gespenst, kam eines Tages, als es schrecklich regnete, an den Platz (Savien) und wurde dort gastfreundlich in ein Haus eingeladen. Die Frau des Hauses stellte einen Sitz vor das Herdfeuer, damit er seine Kleider und sich selber an der Wärme trocknen könne. Da sie eben am »Käsen« war, bot sie ihm Molken an, die war aber siedend heiss. Der Ruhelose schüttete, oder warf vielmehr das heisse Getränke von einer »Gebse« in die andere, fieberhaft rasch und zitternd, aber so kräftig, dass der Molkenstrahl hoch auf, bis an's Dach des Hauses flog, von wo er wieder in die Gebse zurückfiel, ohne dass dabei ein Tropfen verschüttet wurde. Darauf trank er die Milch, und stürzte gleich hernach wieder zum Hause hinaus. Den Leuten grausete es; sie schauten ihm nach, und sahen, wie er so schnelle, als würde er vom Sturmwinde getragen, durch's Tal hinein jagte und drinnen die hohe Bergwand hinanklomm, bis sie ihn nicht mehr sehen konnten. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der ewige Jude in Getwing

Source: Der ewige Jude in Getwing

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Getwing ist ein kleines Dörfchen bei Gampel. Bei einer alten Frau in Getwing kehrte vor vielen Jahren der ewige Jude ein und bat um eine Herberge. Er müsse aber eine eigene Stube haben, er sei der ewige Jude, und er erzählte ihr folgendes: «Ich war Schuster in Jerusalem, und meine Werkstätte ging auf die offene Strasse hinaus. Als sie den Christus zur Richtstätte führten, kamen sie bei mir vorbei, und nun wollte Christus sein Kreuz an meine Werkstatt lehnen und ruhen, worauf ich sagte: Geh weg, ich gestatte dir keine Ruhe! Da erwiderte er: "So sollst du auch nie Ruhe finden!" Von da an musste ich immer wandern Tag und Nacht, und jetzt bin ich hier, und das ist schon das zweite Mal. Das erste Mal hiess das Dörflein nicht Getwing, sondern Gutwein, und wenn ich. Das dritte Mal vorbeikommen werde, wird man mir den Ort nicht mehr zeigen können, wo Getwing einst war.» BRATSCH Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der ewige Jude in Visp

Source: Der ewige Jude in Visp

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Der ewige Jude kehrte einmal in Visp bei einer armen Witwe ein. Nach dem Nachtmahl schob er den Tisch in die Mitte des Zimmers, und weil er nicht ruhig bleiben konnte, lief er die ganze Nacht um den Tisch herum. Am Morgen beim Abschied sagte er zur Wirtin: «Als ich zum erstenmal kam, hiess dieser Ort ,Schönbach‘ »jetzt heisst er ,Fischbach‘. Komme ich zum drittenmal, wird er ,Leidbach‘ heissen.» VISP Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Fadenknäuel

Source: Der Fadenknäuel

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Einmal waren mehrere Ryffenmatter so glücklich, zwei „Erdleutli" zu fangen. Es war ein hübsches, niedliches Päärchen, die zusammen kosend im Schatten eines Felsens beim Hornbühl überrascht wurden. Es mochte ihnen auch gegangen sein, wie schon vielen Menschenkindern: die Liebe mochte sie blind gemacht haben. Sie hörten und sahen wenigstens nichts, bis es zu spät war. Als sie weggetragen wurden, sollen ihnen ihre Kameraden nachgerufen haben, es möge ihnen bei den Menschen geschehen, was da wolle, so sollen sie nie sagen, wo der „Salzbrunnen im Sortel" sich befinde und wozu das „Beikörnlein" (Nebenkorn) im Haber gut sei. Mehrere Tage unterhielten die Leutchen die entzückten Ryffenmatter mit ihren zahlreichen Kunststückchen. Aber endlich mochte ihnen doch dieses Schauspielerleben, wobei immer eine grosse Anzahl neugieriger Augen auf sie gerichtet waren, erleidet sein, oder sie mochten Sehnsucht nach den Ihrigen spüren und Heimweh haben; kurz sie wünschten, man möchte ihnen einem jeden einen Fadenknäuel geben und dann ein Fenster öffnen, sie wollen ihnen nun noch etwas recht Interessantes zeigen. Kaum hatte jedes seinen Fadenknäuel in der Hand, als sie ihn, abrollend und das Fadenende in der Hand behaltend, flugs zum offenen Fenster hinaus warfen und - hast du nicht gesehn? - wie der Blitz waren sie ebenfalls dem Faden entlang hinausgehuscht und fort auf Nimmerwiedersehn. Quelle: J. J. Jakob, Heimathkunde des Amtes Schwarzenburg, Bern, 1869. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www. maerchen.ch  


by Der Fahlmann in der Alp Altsäss

Source: Der Fahlmann in der Alp Altsäss

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Der Fahl im Altsäss ist ein mit Felsköpfen unterbrochener, sehr steiler Abhang, der bis in den Bach hinunterreicht, welcher die Alpen Altsäss und Maltschül voneinander scheidet. Darüber hin führt ein schmaler Fusssteig, das Fahlwegli, welches auf ungefähr zwanzig Schritte für Kühe und Pferde äußerst "fällig" ist. Unter und ob dem Fahl befinden sich schöne Kuhweiden. So oft der Küher vom Altsäss mit seiner Herde auf diese Stelle kam, trennte sich das Kühlein einer armen Seveler Witwe von den andern Tieren, ging übers Fahlwegli hinüber, und der Küher hatte jedesmal seine liebe Not, es wieder zur Herde zu bringen. Stockschläge oder ein scharfer Vitz ins Ohr waren erfolglos. Auf herzlose Weise half er diesem Übelstande auf immer ab. Er schlug einen Grozen (Tanne), löste die Rinde weg und legte sie, die innere Seite aufwärts, aufs Fahlwegli. Als dann das Kühlein wieder den verbotenen Weg ging und auf die schlüpfrigen Rindenstücke trat, glitschte es aus, verlor seinen Halt und fiel von Felsband zu Felsband in den Bach hinunter. Die arme Witwe mit ihren kleinen Kindern hatte ihr einziges Kühlein verloren. Aber die Strafe kam. Der Hirt starb und fand keine Ruhe. Wenn man zu gewissen Zeiten zum Fahlwegli kommt, hört man in der Tiefe drunten ein Ächzen und Stöhnen, ein Jammern und Wimmern, daß einem ganz unheimlich wird. Diese Töne kommen immer näher. Schliesslich sieht man einen Mann, der mit grösster Mühe eine Kuh heraufschleppt, diese, sobald er sie auf dem Fahlwegli hat, wieder hinunterstösst und dann nach wüstem, markdurchdringendem Gelächter verschwindet. Heinrich Hilty Es ist nicht zufällig, dass die fallende Kuh in den vielen Sagen dieser Art einer armen Witfrau angehört; die Schädigung der Witwen und Waisen gehört zu den vier "himmelschreienden" Sünden. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 138, S. 65f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der fahrende Schüler in der Alpe Casana

Source: Der fahrende Schüler in der Alpe Casana

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Bei Serneus steht ein altes zerfallenes Haus, das »Gmür« (Gemäuer) genannt. Da wohnte einst ein Geisshirte, Namens Flury. Zu dem kamen einst Vene­diger, als er im Los-Tobel die Geissen hütete. Sie gaben ihm eine zinnene Kanne, die soll er an der und der Stelle so in die Erde graben, dass sie mit Quellwasser tropfenweise sich fülle, und einen hölzernen Schlägel, die Erde darüber zu klopfen, damit Niemand das Gefäss sehe. Sei dies geschehen, so solle er den Schlägel an die nächste Tanne aufhängen und ihn nie aus den Augen verlieren; dann werde die Kanne mit Goldsand sich füllen. So­bald sie voll sei, soll er sie leeren, und die Kanne werde so immer wieder sich füllen. Den Sand solle er ihnen nach Venedig schicken, sie würden dafür reichlich ihn belohnen. - Flury tat das Alles; selbst von der Kirche von Serneus aus blickte er nach dem an der Tanne aufgehängten Schlägel, und währendem füllte die Kanne von selbsten sich mit Gold. Er wurde durch die Venediger ein sehr reicher Mann und starb als solcher. - Lange Zeit nachher fand man noch in den Trümmern seines Hauses dreikantige Goldstücke von fremdem Gepräge. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der fahrende Schüler und der Schlangenkönig

Source: Der fahrende Schüler und der Schlangenkönig

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Auf der Alp Bödmern am Klausenpass hatte man viel von den Schlangen (Wirä) zu leiden. Da kam einmal ein fremdes Mandli daher, man glaubt, es sei ein fahrender Schüler gewesen; es gewahrte das lästige Ungeziefer und fing daher an, mit den Leuten darüber zu reden. Diese klagten ihm ihre Not und verheimlichten nicht, dass sie dessen gern los würden. »Wenn keine weisse Schlange unter ihnen ist, so kann ich helfen«, sagte er, »ist aber eine einzige weisse in der Gegend, so bin ich verloren. Ihr müsst mir deshalb aufrichtig sagen, ob ihr je eine solche gesehen.« Die Leute, denen gewiss schon Hunderte dieser Tiere zu Gesicht gekommen, beteuerten, nie eine weisse Schlange erblickt zu haben. Mit einem schwertähnlichen Messer zeichnete jetzt das Männlein rings um sich herum einen Kreis in den Erdboden, zog ein Pfeifchen hervor und begann zu pfeifen. In gewaltigen Scharen kamen jetzt die Schlangen von allen Seiten gekrochen bis an den Kreis heran, aber nicht weiter. Es war ein schauerlicher Anblick, der das Herz im Leibe erzittern machte. Nun hörte der Fremdling auf zu pfeifen, zog sein Schwert und hieb den Tieren die Köpfe ab. Zum zweiten Mal begann er seine geheimnisvolle Musik, wieder kamen die Reptilien wie geschneit, wieder konnte er sie ungestört köpfen. Zum dritten Male erschienen ihrer nicht mehr so viele. Doch was ist das? Ein Schatten streicht über den Boden. Ängstlich schaut der Schlangentöter auf. Da kommt durch die Lüfte ein riesiger, schneeweisser Wurä mit goldglänzender Krone auf dem Haupte gerade auf ihn zugeschossen. »Jetzt bin ich verloren! Das ist der Schlangenkönig!« schreit er auf, stellt blitzschnell sein Schwert mit der scharfen Spitze nach oben auf sein Herz und schaut dem Untier scharf entgegen. Dieses schiesst mit aller Kraft gerade auf die Spize des Schwertes zu; so genau hatte es auf das Herz des fahrenden Schülers gezielt. An der scharfen Spitze zerschmettert es seinen Kopf oder den ganzen Leib. Es geht zugrunde; aber einige Tropfen von seinem giftigen Blute fallen auf die Hand des fahrenden Schülers und bringen ihm den Tod. Nach anderer Erzählart enthäutete er die weisse Schlange und einige von den andern und entnahm ihnen das Fett, das sei sehr köstlich und sei gut für etwas; aber für was, konnte mir niemand sagen. Die nämliche Sage wurde mir auch aus dem Maiental erzählt. Daniel Imholz, K. Gisler, Unterschächen, und a. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Fahrende und das Vögelchen

Source: Der Fahrende und das Vögelchen

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Kam da vor Jahr und Tag ein fahrender Schüler mit seinem Vater über den Urnerboden gelaufen, und wo der Weg gegen den Fätschbach führt, steht rechter Hand ein Heugaden und davor eine alte Holzbank, und weil sie beide müde sind, so setzen sie sich für eine Weile auf die Bank und kommen ins Plaudern, denn der Junge war lange Zeit in der Fremde gewesen. Es geht nicht lang, so pfeift ein Vögelchen vom Dach herunter, es mag ein Rotbrüstlein gewesen sein, und es singt drauflos, so laut es kann, fliegt vom Dach auf den Holderbaum und vom Holderbaum wieder zum Dach und turnt an den braunen Rafen herum, wie es der Vögel Art ist. «Merkwürdig», meint der Vater, wie er ihm so eine Zeitlang zugeschaut hat, «merkwürdig, wie so ein unvernünftiges Vögelchen auf den äussersten Kanten herumklettern kann und gar kopfüber an einem Bein am Rafen hängt – unsereiner bekäm den Schwindel.» Der Junge lächelt kaum und schaut dem Vogel noch eine Weile zu. Dann nimmt er einen Satz, ist – einszweidrei –, bevor der Vater sich nur besonnen hat, auf dem Dach, auf dem First, tänzelt darüber hin, als ob er ein Seiltänzler wäre, und tut, wie der Vogel getan hat, hängt sich an beiden Füssen an den Rafen, dann an einem, macht noch allerhand derlei Künste und sitzt auf einmal wieder ruhig neben dem Vater auf dem Bänklein. Der Alte schaut ihn nur so von der Seite her an und fragt: «Hast du das Zeug bei dem Spiriger Waldbruder gelernt, oder wo sonst?» Da wird der Junge rot und nickt und meint, er verstehe sich, wenn’s sein müsste, noch auf ganz andere Künste. Aber wie er davon erzählen will, steht der Vater auf, und soweit sie auch gelaufen sind, bis sie zu Linthal vor der Haustür standen, hat der Vater auch nicht ein einziges Wort mehr mit dem Jungen geredet.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Falkenfriedhof

Source: Der Falkenfriedhof

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Mit dem alten Sennen auf Blasen waren die Ulricher nicht mehr zufrieden und stellten einen jungen aus dem Bernerbiet an, der sich tüchtig zu stellen wusste. Als der Senn auf die Alpe kam war er heiterer Dinge und jodelte nach Herzenslust. Aber es schien, dass sein Frohmut einen Fehler hatte: er kam nicht aus reinem Gewissen. Der Senn wurde krank und lag auf dem Sterbebett. Auf die Frage, wo er begraben werden wolle, antwortete er: «Nirgends anders als auf der schönen Ebene auf Mellingen.» Man staunte, dass der Senn für sein Grab keine geweihte Erde haben wollte; doch man widersprach seinem letzten Willen nicht. Als er gestorben war, begrub man ihn an der bezeichneten Stelle. Alsogleich flog eine Menge Falken herbei, die fort und fort das Grab umkreisten und ein wildes Geschrei erhoben. Die Hirten, welche dies sahen und hörten, gerieten in Schrecken und das Grab des leichtsinnigen Sennen wird bis auf den heutigen Tag der Falkenfriedhof genannt. ULRICHEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der falsche Petrus

Source: Der falsche Petrus

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Vor vielen Jahren lebte auf einem abgelegenen Schloss eine sehr reiche Witwe. Schon recht lange war ihr Mann tot, und sie hauste nur mit einem Dienstmädchen zusammen. Sie war eine fromme, bescheidene Frau und ging sehr oft ins Dorf, um in der Kirche zu beten. Eines Tages fand sie in der Kirche auf ihrer Bank einen an sie adressierten Brief. Darin stand, dass Petrus an dem und dem Abend aufs Schloss hinauf zu ihr komme, um über ihren Mann zu reden. Die Frau war darüber hocherfreut, kehrte zurück und erzählte dem Dienstmädchen die Neuigkeit. Das Dienstmädchen hörte zu, traute allerdings der Sache nicht, schwieg aber still. Sie erzählte ihrem Verlobten - der war Landjäger -, dass Petrus an dem und dem Abend zur Herrin kommen wolle. Er solle schauen, dass er an dem Abend da sei. Diesen Abend musste das Dienstmädchen ein feines Nachtessen zubereiten, lauter köstliche Sachen. Der Verlobte war auch auf dem Posten. Die Herrin hatte ihr bestes Kleid angezogen und wartete im Saal auf Petrus. Der kam wirklich sogleich, ein gewaltiger Mann mit weissem Bart und um den Bauch eine Menge Schlüssel. Das Dienstmädchen musste die Speisen auftragen. Petrus ass wie ein Tier und erzählte der Herrin die verrücktesten Geschichten. Diese nahm alles für bare Münze. Bevor er sie den letzten Gang bringen liess, sagte der Landjäger zu seiner Braut: «Jetzt muss ich diesen Kerl auch sehen!» Er ging hinein, und Petrus war beim Anblick des Landjägers ein wenig überrascht. Aber der grüsste freundlich und sagte zu ihm: «Wie es scheint seid Ihr Petrus, aber Ihr müsst mir Eure Schriften zeigen.» Petrus antwortete: «Einer, der vom Himmel herabkommt, braucht keine Schriften.» Der Landjäger erwiderte: «Das geht mich nichts an, woher einer kommt, ich muss die Schriften sehen, sonst nehme ich Euch fest.» In dem Augenblick erschien das Dienstmädchen in der Tür und sagte: «Unten vor dem Tor steht jemand, der geklopft hat und herein will.» Nun zögerte der Landjäger nicht lange und fesselte Petrus. Dann nahm er eine Axt und ging zum Tor hinunter. Da hörte er draussen graben. Er blieb ruhig und harrte der Dinge, die da kommen. Sogleich merkte er, dass ein Loch durch die Mauer gebrochen wurde, und durch dieses erschien der Kopf eines Mannes. Der Landjäger ergriff schnell die Axt und hieb dem Mann den Kopf ab. Dann zog er den Rumpf herein in den Schlosshof. Sogleich kroch ein anderer durch die Öffnung, aber auch der war verloren, und so ein dritter und ein vierter. Die andern draussen merkten, dass es da drin nicht mit rechten Dingen zuging und machten sich aus dem Staub. Der Landjäger hielt Wache neben dem Loch, bis es Tag wurde. Dann ging er zu Petrus und führte ihn ins Dorf vor Gericht. Dort musste Petrus sagen, wer er war. - Er war der Hauptmann einer Räuberbande, welche die Herrin ermorden und das Schloss ausrauben wollte. - Die Herrin gab dem Landjäger und seiner Braut zum Dank viel Geld. Sie konnten dann heiraten und waren sehr glücklich. (Schams)   Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Fängge als Menschenfresser

Source: Der Fängge als Menschenfresser

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Ein Büeble und ein Mädchen, die, um Erdbeeren zu pflücken, ausgegangen waren, verirrten sich im Walde zu Conters. Es fiel die Nacht ein, und die zwei armen Kleinen wussten nun gar nicht mehr, wo aus und wo ein. Plötzlich schimmerte ihnen ein Lichtlein entgegen; sie liefen über Stock und Stein auf dasselbe zu und kamen in die Höhle eines Waldfänggen. Sie klagten dem anwesenden Weiblein Not und jammerten, dass sie nicht mehr zur Mutter heim könnten. Das Weiblein hatte Mitleid mit den hilflosen Dingern, versteckte sie in einen Hühnerstall und deckte sie mit Stroh zu, da ihr Mannli ein Kinderfresser war. Nach einer Weile kam der Wilde in die Höhle und schnupperte aus weitgeöffneten Nasenlöchern, sein unförmlich breites Gesicht gegen den Hennenstall gewendet. »I schmeck, i schmeck Menschafleisch,« grinste er. »Du Narr,« entgegnete die Waldfänggin, »du schmeckst nu Hennadreck.« Der Wilde gab sich endlich zufrieden und trottete brummend aus der Höhle. - Darauf öffnete die mitleidige Waldfänggin den Hennenstall, liess die geängstigten Kleinen aus und begleitete sie durch den Wald bis auf den Weg, der sie schnurstracks heim zur Mutter führte. Man kann sich denken, wie viel das Büble und das Mädchen der Mutter zu erzählen hatten von dem finstern Walde, dem wilden, bösen Mannli, das sie fressen wollte, und von dem guten Weiblein, das sie gerettet. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der faule Hans

Source: Der faule Hans

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Ein Reisender langte in dunkler Nacht bei einer Herberge an und verlangte, dass ihn der Hans ohne Verzug heute Abend noch durch den Wald fahre, der gleich hinter der Herberge anfing; denn der Hans war der Hausknecht und Kutscher in einem. Er griff es also an und fuhr mit dem Reisenden davon. Als sie an einer einsamen Stelle im Walde anlangten, wo es auch mitten im Tag nie hell wurde, verspürten die Pferde eine besondere Unruhe und rannten, als wenn die Räder von den Achsen springen sollten. Da fielen ihnen drei Räuber in die Zügel und forderten den Reisenden auf, ihnen gutwillig Geld und Gepäck zu übergeben. Dieser dachte an Gegenwehr und rief den Knecht zum Beistand auf; aber Hans blieb ruhig auf dem Bocke sitzen und rauchte sein Pfeifchen so stumm und dumm fort, als sollte er daheim eine Schüssel weißer Rüben mitessen helfen. Der Reisende musste aussteigen und konnte nichts tun, als den Straßenräubern Hab und Gut überlassen. Da sie nun alles ausgeleert zu haben glaubten und sich fortmachen wollten, sprach der Fremde: »Erfüllt mir jetzt eine Bitte, Ihr sollt sie mir nicht umsonst tun; hier in der Kutsche ist Euch ein Kistchen mit etlichen Dutzend Talern entgangen, nehmt sie auch noch; aber nehmt mir dafür jetzt auch den Knecht da droben auf dem Bock herunter und prügelt ihn nach aller Möglichkeit durch.« Die Räuber waren bei Laune; sie rissen den Hans herab und schlugen erbärmlich auf ihn los. Das ließ er sich eine Weile gefallen; am Ende aber brummte er: »Potz Tausend!« und erhob die beiden Schultern, und eben da sie ihn zu werfen meinten, machte er seine erste Wendung, da küsste der Vorderste bereits den Boden. Nun ergriff er den zweiten beim Schopf, den dritten beim Kragen und schlug ihnen in angemessenen Zwischenpausen mehrmals so tapfer die Köpfe zusammen, dass ihnen die Eingeweide im Bauch klangen und sie fielen wie Fliegen im Spätherbst. Jetzt kniete er erst noch von einem auf den andern hinüber und gab ihnen der Reihe nach alles Empfangene mit Zinsen zurück. Der Fremde, der bis jetzt verwundert zugesehen hatte, bekam wieder Mut, packte Stück für Stück seiner verzettelten Habe behend in die Kutsche, und hatte zuletzt nur noch die Mühe, den Hans von den drei Schlachtopfern loszumachen, in die er wie ein Stier mit den Hörnern festgebohrt war. So machten sich beide fort und ließen die Zerschlagenen liegen. »Aber sag nur einmal«, sprach der Fremde hernach zum Knechte, als sie wieder in der Kutsche saßen, »was für ein sonderbarer Heiliger bist du; warum hast du mich und dich so lange von den Schurken misshandeln lassen, die du dann wie auf einen Schlag bezwungen hast?« »Ihr fragt eben auch«, antwortete Hans, »wie einer, der nichts versteht. In diesem Wald ist schon mancher umgekommen, eben weil er sich gewehrt hatte, und Ihr wisst wohl, dass ein solcher dann als Gespenst umgehen muss; nun wünsche ich mir erstens nach meinem Tode eine bessere Anstellung als eine solche; und zweitens müsst Ihr wissen: Warm muss ich doch erst werden, eh ich dreinschlage.«   Quelle: Otto Sutermeister, Kinder- und Hausmärchen aus der Schweiz, Aarau 1869. Aargau. (Nach Nochholz Schweizer- sagen ll, S, 317.) S.      Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der faule Senn

Source: Der faule Senn

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Die Rentierflechte war früher das milchreichste Kräutlein unserer Alpen. Die Stengel, die nun hohl geworden sind, waren damals ganz mit Milch gefüllt; deswegen mussten die Kühe täglich dreimal gemolken werden. Nun aber war einmal ein Senn zu faul, so viel Arbeit zu tun, und er verwünschte das Kraut mit den Worten: "Verflucht ist der Cyprio, Dass me dreimol muess go melche goh!" Hierauf verdorrte die Flechte, und sie hat sich nie mehr von diesem Fluch erholt.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 83, S. 38 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Feierabend

Source: Der Feierabend

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Dort, wo heute zu beiden Seiten des Wilerbachs Steingeröll und nur spärliche Weideplätze sind, dehnten sich einst fruchtbare Matten aus. Diese gehörten zwei Schwestern. Sie hatten die fromme Gewohnheit, am Samstagabend, wenn es Feierabend läutete, die Arbeit auf dem Felde einzustellen, um sich würdig auf die Feier des Sonntags vorzubereiten. Sie nahmen es mit dieser ehrwürdigen Sitte sehr streng. War zum Beispiel eine Bürde Heu geladen, aber noch nicht zusammengebunden, und es läutete, dann befahlen sie, das Seil unter der Bürde wegzuziehen und diese selbst auf der Wiese zu lassen. Da kam ihrem Knechte einmal die Versuchung, den frommen Gebrauch ausser acht zu lassen. Er band drei Wische, die er schon auf dem Seile hatte, zu einer Bürde zusammen und trug sie heim. Am folgenden Morgen fanden die Schwestern ihre schönen Matten gänzlich verwüstet, mit Schutt und Steingeröll bedeckt. LÖTSCHEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der feile Schatz

Source: Der feile Schatz

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An einem Karfreitag, während die Passion in der Kirche gesungen wurde, ging ein Seedorf er durch das Gässli ob dem Schlosse Apro. Da sah er einen Mann in weisser Bluse und weisser Zipfelkappe zum obersten Schlossfenster herausschauen und ihm winken und hörte ihn rufen: »Komm, wenn du Geld willst!« Aber er getraute sich nicht, der Einladung zu folgen. Gottlieb Herger, Besenbinder und Vagant Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Feldhüter

Source: Der Feldhüter

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Es ist traurig und für den Landanbauer sehr entmutigend, wenn die Früchte im Felde nicht sicher stehen. Der gute Pflanzer könnte nämlich den Boden mit schwerem Gelde ankaufen oder verzinsen, dem Staate und der Gemeinde bedeutende Abgaben zahlen, die manigfachsten Auslagen, Mühe, Arbeit, Schweiss und Geld anwenden und am Ende vom teuern Liede sollte ihm die heisserwartete Frucht in einer Nacht sauber weggestohlen werden? Wer ernten will ohne gepflanzt zu haben, mag sich elegant und hoch glauben so viel er will, — er ist und bleibt unter den Menschen ein Scheusal! Das war in der Welt schon lange so und wird noch länger so bleiben. — Um dem Übel so viel möglich vorzubeugen, werden Feldhüter bestellt, die, wenn sie den Zweck erreichen wollen, ein saures Stück Arbeit haben und, besonders zur Nachtzeit, mancher Täuschung und Gefahr unterliegen. In Savièse wird von einem Feldhüter erzählt, dass er einmal in der Nacht ein entlaufenes Pferd mitten in einem schönen Kornfelde habe grasen gesehen. Gleich ging er darauf los, um selbes wieder einzufangen; doch er konnte es nicht einholen. In kleiner Entfernung vor ihm eilte das Pferd immer voran, rechts und links mit vollem Maule die Kornähren wegschnappend. Das ging so lange hin und her und auf und ab. Auf einmal schnaubte ihn das Pferd ergrimmt an und fuhr auf, in immer mächtigeren Sprüngen, die zuletzt ganze Kornfelder übersetzten, wild davon galoppierend. Und sieh! Es begann der Tag zu grauen und unser pflichtgetreuer Flurhüter erwachte, wie aus einem Traume, tief im Walde des Berges Prabé. Er untersuchte das beschädigte Kornfeld, fand aber nur seine eigenen Fusstritte und von einem Pferde weder Spuren noch irgendwelche Beschädigung. Nach Hause zurückgekehrt ward er vor Schrecken — die Leute meinen, weil ihn die Hexe wild angeschnaubt — für einige Tage krank.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Felizitasbrunnen

Source: Der Felizitasbrunnen

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Der Felizitasbrunnen Unweit der Römerstrasse bei Brütten beim Steigwald, ist der „Steig- oder Felizitasbrunnen“. Eine reiche Frau‚ die sich hier erlabte, liess ihn errichten. Andere aber meinen, dass schon die Klosterfrauen zu Töss zum Wohl von Mensch und Vieh allda ein Brünnlein erstellt haben. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Winterthur und Weinland Aus G. Peterhans, Ins Zürcher Oberland, S.41. Die Gchr. Brütten 1917 führt aus: „Den massiv klotzigen Brunnen liess eine reiche Dame erstellen, die daselbst einst an der zu Tage tretenden Quelle den Durst löschte. Die Instandstellung des Brunnens übernahm die Gemeinde Brütten, in deren Bann er steht.“   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Felizitasbrunnen an der Steig

Source: Der Felizitasbrunnen an der Steig

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Der Felizitasbrunnen an der Steig Im Kempttal wohnte ein armer Bauer namens Steffen. Der machte mit dem Teufel einen Vertrag, laut dessen er Geld und Schätze in Hülle und Fülle erhalten sollte. Nun waren aber seine Frau und auch seine Tochter Felizitas gute und fromme Personen, und drum musste Steffen eine List gebrauchen, um seinen Reichtum heimzuführen. Er gab vor, er habe Nachricht erhalten, dass sein verschollener Bruder in Holland gestorben sei als ein ungewöhnlich reicher Mann, und er, Steffen, müsse nun stracks nach Holland reisen, um sein Erbe in Empfang zu nehmen. Er begab sich aber nur in die Heidenschlucht, einem verrufenen Ort im Kempttal‚ wo ihn der Böse mit Geld, Kostbarkeiten und Kleidern überhäufte. Von einer Gegenleistung wurde nicht gesprochen. Nach einiger Zeit kam der arme Bauer als ein vornehmer Herr durchs Kempttal heraufgeritten, und zwar mit grossem Gefolge. Er baute sich in der Nachbarschaft eine Burg, bei deren Bau es unwahrscheinlich rasch vorwärtsging. Kaum hatte er seine neue Behausung unter Dach, als auch schon ein Graf von Drachenstein sich als Gast anmeldete. Dieser sprang mit Geld und Gut um wie ein grosser Fürst und wollte damit die Seele der schönen Felizitas gewinnen. Deren Seele hatte aber keinen Hunger nach Reichtümern dieser Art, und überhaupt kam ihr der Graf als nicht geheuer vor. Den Vater hingegen blendete der Glanz des Drachensteiners, dass er nicht merkte, wer der andere war. Nur soviel ging ihm ein, dass Geld und Vergnügen dauerten, solange der Graf seiner Tochter nachstellte. Deswegen hätte er sie ihm gern als Frau gelassen. Aber als Felizitas sich weigerte, den Fremden zum Mann zu nehmen, wurde der Vater schrecklich böse. Das gute Kind flüchtete von zu Hause fort in eine Felsenhöhle. Aber der „Gottseibeiuns“ hatte es gemerkt, und mit dem Vater verfolgte er die Tochter. In ihrer Not bat diese den Himmel um Rettung, und siehe da, ihr Körper zerfloss an jener Stelle, an der plötzlich eine Quelle aufsprudelte. Die Verfolger, die geglaubt hatten, Felizitas hier zu erwischen, sahen sich vergeblich in der Höhle um. Da ihm die eine Seele entwischt war, wollte der Teufel, der sich jetzt dem Steffen in wahrer Gestalt offenbarte, die andere mitnehmen. Steffen floh, aber an der gegenüberliegenden Felswand stellte ihn der Böse und verwandelte ihn in einen Felsenturm, den man den Teufelsturm nannte. Aus Kummer starb Felizitas Mutter, das Schloss ging in Rauch auf, und die Diener verliefen sich. Die Quelle aber, von den Nachbarn der Felizitasbrunnen genannt, sprudelte weiter und wurde ein Ziel der Pilger. Er besass wunderbare Eigenschaften: er heilte Blinde und Lahme. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Winterthur und Weinland Von unbekanntem Verfasser im „Republikaner-Kalender" 1843, S. 51; stilistisch vereinfacht und gekürzt. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Felsberger Eichwald

Source: Der Felsberger Eichwald

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Der Felsberger Eichwald Zwischen den Gemeinden Felsberg und Tamins steht der grosse Eichwald, der vor alten Zeiten den Felsbergern angehörte, dann aber Eigentum der Taminser wurde, und zwar, der Sage nach, folgenderweise: Zum Baue eines Wuhres waren die Felsberger genötigt, Geld aufzunehmen, und wandten sich an die Taminser, ihre Nachbarn, um ein Darlehen von 300 Gulden. Tamins gab ihnen das Geld gegen Hypothek auf benannten Eichwald. - Schon einige Tage vor Ablauf der Zahlungszeit gaben die Felsberger das entlehnte Geld zurück, aber der Gemeindskassier von Tamins, ob aus eigenem Antriebe oder nicht, wollte das schöne Pfand für seine Gemeinde erwerben und hinterhielt die Bescheinigung der Rückzahlung. Am Verfallstage forderte der Vorstand von Tamins das gelehnte Geld; die Felsberger behaupteten, die Schuld vor der Zeit heimgestellt zu haben, und die Klagen kamen vor Gericht. Durch Hinterlist des betrügerischen Kassiers war die Quittung im Datum gefälscht worden, und durch richterliches Gutachten die Verfallzeit anerkannt, hiedurch der Eichwald den Taminsern zugesprochen, wogegen die Felsberger die bezahlten 300 Gulden zurück erhielten. - Nach kurzer Zeit verunglückte der Kassier, der die Zahlung verheimlicht hatte, im Eichwalde selber, und muss im Tode, jeden Quatember-Abend auf einem Flosse den Rhein herunterfahren und in Gesellschaft einiger Comilitonen, die um den Betrug wussten, einen Marchstein setzen an der Stelle, bis wohin seiner Zeit die Grenze zwischen Felsberg und Tamins gereicht hatte. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Fengg und die Ameise

Source: Der Fengg und die Ameise

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Der Fuchs spazierte eines Tages gemütlich im Walde umher und als er müde geworden war, wollte er wieder in seine Höhle hineinschlüpfen und in seinem warmen Nest ausruhen. Aber 0 weh! 1 Er konnte nicht hinein - in seiner Höhle saß ein Fengg, der schaute ihn böse an und schrie: «Mach, daß du fortkommst; hier bin ich jetzt zu Hausel»     Ganz erschrocken ist der Fuchs zum Bären gegangen: «Ach, lieber Herr Bär, in meiner Höhle sitzt ein böser Fengg. Der schreit mich an undläßt mich nicht mehr in mein Haus hinein. Bitte, hilf mir doch, den Fenggen zu vertrei­ ben, damit ich wieder in meiner Höhle wohnen kann.»          Der Bär hat den Fuchs getröstet, er werde den bösen Fenggen schon verjagen, und ist mit schweren Schritten zur Fuchshöhle getappt. Wie die beiden in die Nähe des Fuchsloches kommen, hören sie auch schon den bösen Zwerg brullen: «Macht, daß ihr fortkommt, oder ich fresse euch mit Haut und Haar aufl» Da ist der Bär erschrocken wieder heim­ gegangen und hat den armen Fuchs im Stich gelassen. Der hat nun den Wolf um Hilfe gebeten: «Ach, lieber Herr Wolf, in meiner Höhle sitzt ein böser Fengg, der schreit mich an und läßt mich nicht mehr in mein Haus hinein. Bitte, hilf mir doch, den Fenggen zu vertrei­ ben, damit ich wieder in meiner Höhle wohnen kann.» Der Wolf will dem Füchslein gerne den Gefallen tun. Wie sie aber zum Fuchsloch kommen, schnauzt der Fengg sie an: «Macht, daß ihr fortkommt, oder ich fresse euch mit Haut und Haar auf!» Da hat auch der Wolf Angst bekommen und ist wieder heimgegangen und hat dem Fuchs nicht helfen können. Zuletzt hat ein ganz kleines Tierlein, eine Ameise, Mitleid mit dem Fuchs gehabt und ist ihm zu Hilfe gekommen. Sie ist ganz leise, ohne daß der Fengg es bemerkt hat, ins Fuchsloch hineingeschlüpft und hat den Zwerg überall am Körper gezwickt und ge­bissen, daß er nicht mehr stillsitzen konnte. Wie besessen ist der Fengg aufgesprungen und in den Wald hinaus gelaufen, und der Fuchs konnte wieder in seine Höhle einziehen.   Fabel aus Graubünden Aus: F.J. Vonbun, in: Alpenmärchen, 1910 aus: Aus: Die schönsten Märchen der Schweiz,, E. Montelle, R. Waldmann, 1987 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Feuermann bei Lengnau

Source: Der Feuermann bei Lengnau

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Ein beherzter Mann gieng ausserhalb Lengnau durch jenes Kornfeld an der Surbe, das man G'wandle heisst. Da steht ein feuriger Mann vor ihm. Sogleich fragt er ihn um sein Begehren. Als aber der Brennende ebenso rasch bloss eine Haue verlangt, entsinkt jenem ganz der Muth und er entläuft. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Feuermann bei Rekingen

Source: Der Feuermann bei Rekingen

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Zu Anfang dieses Jahrhunderts fuhr der Ziegler von Rekingen ein Fuder Kalk von der Ziegelhütte. Es war noch vor Tagesanbruch und eben befand er sich auf jener Strecke der Rheintalstraße, die längs dem sogenannten Zelgli geht. Da kam ein feuriger Mann die Straße hergelaufen und blieb dicht vor dem vordersten Zugochsen stehen. Deutlich konnte man sehn, wie ihm die hellen Flammen aus dem Munde, zu Augen und Nase, und zwischen den Rippen herausschlugen. Dann kehrte er wieder um und erlosch plötzlich. So ist er auch von andern, am öftesten zu den heiligen Zeiten gesehen worden. (Von Hrn. Lehrer Herzog in Aarau, nach seiner Großaltern Erzählung.) Quelle: E. L. Rochholz, Naturmythen. Neue Schweizer Sagen, Leipzig  1862. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch  


by Der Feuersprecher

Source: Der Feuersprecher

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«1758 Donnstag, den 16. Mertzen ist ein grosse Fürsbrunst gewesen, zwei Hüser und zwo Scheunen verbrand. Das eind Haus und Scheuren ist im (dem) Bendel Hug und Hans Tomen gewesen und das ander im Hans Jogi Buser und Bendel Hug Hans Sohn gewesen. Diese Hüser sind in einer Viertelstund in einem Für gewesen, das man nicht habe können darvon bringen. Das bezeug ich, Heini Tschopp in Zifen.» So steht es auf dem Deckelbrett einer alten Bibel eingetragen, die in Ziefen aufbewahrt wird. An diese Feuersbrunst knüpft sich folgende Überlieferung: Während des Brandes holte man in Liestal einen Feuersprecher. Dieser ritt auf seinem Schimmel zur Brandstätte. Dort legte er an allen vier Ecken des brennenden Häuserblockes je ein weisses Blatt Papier nieder. Alsdann sprach er seinen Bannspruch, worauf die Flammen gerade auf gen Himmel schlugen und kein weiteres Gebäude mehr ergriffen. Von da an währte es 101 Jahre, bis Ziefen wieder von einem Brande heimgesucht wurde. Ziefen Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Feuersprecher

Source: Der Feuersprecher

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«1758 Donnstag, den 16. mertzen ist Ein grosse fürsbrunst gewesen zwei Hüser und zwo scheunen Verbrand. Das eind Haus und scheuren Ist im bendel Hug und Hans Tomen gewesen und das ander im Hans Jogi buser und bendel Hug Hans sohn gewesen. Diese Hüser sind in einer Viertelstund In einem für gewesen das man nicht habe können darvon bringen. Das bezeug ich, Heini Tschopp in Zifen.» So steht es auf der innern Deckelseite einer alten Bibel eingetragen, die in Ziefen aufbewahrt wird. An diese Feuersbrunst knüpft sich folgende Überlieferung: Während des Brandes holte man in Liestal einen Feuersprecher. Dieser ritt auf einem Schimmel zur Brandstätte. Dort legte er an allen vier Ecken des brennenden Häuserblockes je ein weisses Blatt Papier nieder. Alsdann sprach er seinen Bannspruch, worauf die Flammen gerade auf gen Himmel schlugen und kein weiteres Gebäude mehr ergriffen. Von da an währte es 101 Jahre, bis Ziefen wieder von einem Brande heimgesucht wurde. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der feurige Drache in der Alp Maltschül

Source: Der feurige Drache in der Alp Maltschül

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Unter der roten Platte in der Alp Maltschül hält sich ein feuriger Drache auf. Er erscheint aber nur vor einer Überschwemmung. In den Jahren 1762 und 1764 ritt ein feuriger Mann auf dem Drachen durchs Buchserbachtobel heraus, und es kam bald nachher ein Gewässer, welches Häuser und Scheunen wegriss, Felder und Wiesen verwüstete. Heinrich Hilty * Auf der Alp von Buchs spie ein Drache Feuer und Rauch und lockte das Vieh auf eine Felsplatte, von welcher es herabglitt und seine Beute wurde. Zeigte er sich, so brach der Bach los. Jetzt, heisst es, sei er tot und liege unter der Platte. Dr. Henne Am Rhyn, Deutsche Volkssage.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 126, S. 60f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der feurige Geisser

Source: Der feurige Geisser

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Unweit des Fahrtsplatzes in Näfels steht, an die steinige Rautihalde geduckt, ein niedriges Tätschhäuschen, das irgendwann durch die Laune des Volksmundes den Namen «Schlössli» erhalten hat. Leider wurde dadurch das Haus nicht geräumiger, sondern dünkte den Näfelser Geisser, der damals dort residierte, nur um so kleiner, so dass er in schlaflosen Nächten darüber nachsann, wie er es vergrössern und verschönern könnte. Und wenn er sich den vollendeten Umbau vorstellte mit den Geranien vor den Fenstern und dem Feierabendbänklein auf dem Brückli, so fiel es ihm jedes Mal zentnerschwer auf die Seele: nämlich, dass er immer noch ledig sei und seine Pläne des köstlichsten Anreizes entbehrten. Deshalb setzte er sich eines Tages hoch über das Dorf, betrachtete die steilen Giebel, unter welchen die Ratsherrentöchter gediehen, und überblickte die flachen Dächer, welche die Kammern der angehenden Bäuerinnen und Handspinnerinnen schirmten. Schliesslich entdeckte er einen First mittlerer Art und darunter auch ein entsprechendes Mädchen, das er sofort zu seiner Liebsten machte. Wochenlang fehlte ihm der Mut, der Auserwählten den Entschluss zu offenbaren. An einem schönen Sonntagmorgen aber schlüpfte unser Geisser in die bessern Schuhe mit den Silberschnallen, steckte die goldene Uhr ins Westentäschlein und sah wirklich beinahe wie ein Kavalier aus, als er seinem Mädchen begegnete. Nach einigen Scherzworten würgte er die schicksalsschwere Frage hervor, gespannt lauernd, was für Wetter sie auf dem hübschen Gesichtlein hervorrufe. Die Schöne schaute ihn, den «Schlossherrn», eine gute Weile an, und vielleicht kamen ihr auch seine «Hallen und Säle» in den Sinn jedenfalls flog ein mitleidiges Lächeln um ihre Mundwinkel und formte sich endlich zu den Worten: «Da wird nichts daraus, wir gehen einander nichts an!» An jenem Abend kehrten die Näfelser Geissen allein heim, der Hirte hatte sich an einer Tanne erhängt. «Uhren und Schuhe müssen laufen», sagte einer, der ihn baumeln sah, und nahm die Dinger mit. Getragen hat er sie nie, denn in der folgenden Nacht hörte er jemand vor dem Hause nach den gestohlenen Sachen rufen, und als der Leichenschänder hinausschaute, stand draussen ein grosser Hund, dem das Feuer aus Rachen und Augen züngelte. Geschwind warf der Dieb die Uhr und die Schuhe hinaus. Der Hund packte das Zeug und trug es ins «Schlössli» hinauf, wo noch des Geissers Schwestern hausten. Dort sah man das merkwürdige Tier öfters am Tag hinter dem Ofen liegen. Sonst soll es sein Lager in den Näfelser Bergen oben haben. Wer könnte es anders sein, als der unglückliche Geisser? Erscheint er als Hund, so geht’s noch an. Aber sollte er einmal als feuriger Mann bis zum «Brand» vordringen, dann ist «Mathäi am Letzten» wie man so sagt. Der Haslensee wird ausbrechen und das ganze Dorf überschwemmen. Ja, der feurige Geisser eilt über die Linth und zündet das Nachbardorf an. Nicht umsonst heisst es im Volksmund «Näfels mues verrünne und Mullis verbrünne».   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der feurige Mann

Source: Der feurige Mann

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Mein Onkel ging nachts durch einen dichten Wald und sah plötzlich in einiger Entfernung einen feurigen Mann vor sich stehen. Einen Augenblick war er unschlüssig, was er tun sollte; dann „bsegnete" er sich und schritt mutig weiter. Der Feurige, der den einen Arm schlagfertig in der Höhe hielt, den andern stossfertig etwas angezogen, schien ihn zu erwarten. Endlich war es freilich nur ein faulender Baumstrunk mit zwei knorrigen Asten. (Mündlich durch O. Giger.) Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 320, S. 204f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der feurige Unhold auf Thorberg

Source: Der feurige Unhold auf Thorberg

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Ein alter Mäusefänger aus Littau erinnerte sich aus seiner Jugendzeit noch gar wohl, in dem jetzt wiederhergestellten Schloss Thorberg oft ein gräulich Gespenst erblickt zu haben. Einst habe er es auch am Vorabend des Allerseelentages gesehen, als er spät bei Nacht von Burgdorf nach Hause gegangen sei. Da habe er es sich genau betrachtet. Es sei von riesigem Körper und kohlschwarz gewesen, ob es aber einen Schwanz gehabt, könne er nicht genau sagen. Sein Kopf, mit einem feurigen Helm bedeckt, habe helle lichte Flammen gesprüht, so dass man hätte meinen müssen, alle Tannen würden sich davon entzünden, und mit einem ebenfalls feurigen Schwert in der Hand habe es wie im Kampf nach allen Seiten hingeschlagen. Ein andermal wieder habe er es gesehen, wie es von dem Schloss über alle Bäume und die Berge hinweg spaziert sei, und erst vor zwanzig Jahren sei es von einem halbheiligen Pater in den Tobel unter das Schloss gebannt. Dort höre man aber sein Gebrülle und Jammern oft ganz deutlich und des Nachts sehe man bei schlechter Witterung kleine Lichtlein, die wie in Prozession das alte Gemäuer hinaufwallten. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der feurige Unhold auf Thorberg

Source: Der feurige Unhold auf Thorberg

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Vor alten Zeiten hauste im Schloss zu Thorberg ein Ungeheuer. Einst soll es einem nachts von Burgdorf heimkehrenden Marktbesucher in Gestalt eines Ungetüms mit kohlschwarzem Leib von riesenhaften Ausmassen erschienen sein. Der Kopf, mit einem feurigen Helm bedeckt, sprühte helle Flammen. Mit einem glühenden Schwert in der Tatze hieb es, wie im Kampf, nach allen Seiten. Ein andermal wurde es gesehen, wie es vom Schloss her über die Bäume und Hügel hinweg spazierte. Nach manchen erfolglosen Bemühungen gelang es schliesslich einem Pater, das Ungetüm in das Tobel unterhalb des Schlosses zu bannen. Von dort her soll man aber sein Gebrüll und Jammern zuweilen noch deutlich vernehmen. Wenn das Wetter ändern will, verlässt es für kurze Zeit seine Behausung. Dann bemerkt man nachts kleine Lichter, die wie eine Prozession über das alte Gemäuer des Schlosses hinaufkrabbeln. Emmentaler Sagen, Hermann Wahlen, 1962 Gute Schriften Bern Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der feurige Wagen

Source: Der feurige Wagen

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Der Mond war eben hinter den Tannen von Rotwald verschwunden, als ein Brigerberger aus dem Walde unterhalb Wasen herauskam und zur Waldlichtung der Eggenalpe gelangte. Da hörte er vom Durstbache her ein unheimliches Gerassel. Kaum hatte er Zeit aufzublicken, da schob schon ein feuriger Wagen in rasendem Laufe an ihm vorbei. Auf dem feurigen Wagen sassen ihm ganz wohlbekannte Herren. Wie er sich von seinem Schrecken erholte – es war kaum eine Minute vergangen – wollte er dem feurigen Gespann nachschauen. Er kehrte sich um, und siehe, der Wagen raste schon beim Schallberg. vorüber. Er empfahl sich und die Insassen des Wagens dem Schutze und der Barmherzigkeit Gottes und schritt nicht ohne ein geheimes Grauen weiter durch den finstern Wald. RIED-BRIG Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Fischer

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Ein König wollte einmal ein grosses Festessen geben. Und er liess verkünden, dass er den Fischer reich belohnen wolle, welcher ihm Fische in Hülle und Fülle liefere. Unter den Fischern, die sich dem König vorstellten, war der Vater einer Kinderschar. Mit ihm schloss der König einen Vertrag, aber gleichzeitig sagte er, im Fall, dass er ihm nicht genug Fische liefere, werde dies ihm das Leben kosten. Am andern Morgen in der Frühe nahm der Fischer sein Netz und ging zum Strand. Aber all seine Mühe war umsonst, er fing keinen einzigen Fisch. Auch am zweiten Tag fischte er erfolglos. Am dritten Tag fing er einen so riesigen Fisch, dass er seine ganze Kraft aufwenden musste, um ihn aus dem Wasser zu ziehen. Da fing dieser Fisch an zu sprechen: «Schlitze mich auf und nimm die Eingeweide heraus - das Herz gib deiner Frau, die Lunge deiner Stute, die Leber deiner Hündin, und die Galle vergrab im Garten! Den Rest bring ins Schloss des Königs. Es wird für sein Festessen reichen.» Der Fischer machte dies so, und der König gab ihm einen Beutel voll Goldmünzen. Auch mit den Eingeweiden machte er, was der Fisch befohlen hatte. Und siehe da! Im Garten wuchsen zwei Schwerter, die Hündin warf zwei Junge und die Stute zwei Fohlen, und die Frau gebar zwei Söhne. Die wuchsen zu zwei grossen und schönen Burschen heran, und sie glichen sich so, dass es unmöglich war, sie auseinander zu halten. Als sie erwachsen waren, sagte einer der Zwillinge den Eltern, sie wollten so gerne ein wenig in der Welt herumziehen. Den Eltern war dies recht. Die Mutter gab ihnen einen Ring und sagte, sie müssten diesen Ring halbieren und mit sich nehmen. Sobald der Ring des einen schwarz werde, fehle dem andern etwas. Jeder nahm ein Schwert, einen Hund und ein Pferd und machte sich auf den Weg. Als sie zu einer Stelle kamen, wo der Weg sich verzweigte, da nahmen sie mit einem herzlichen Lebewohl voneinander Abschied und trennten sich. Gegen Abend kam der Ältere in einen Wald. Dort entdeckte er eine Hütte und trat ein. In der Küche war ein Mädchen, und er bat um ein Nachtlager. «Behüt' dich Gott!», sagte das Mädchen, «Du bist in die Hütte der zwölf Räuber geraten. Mach, dass du fortkommst, sonst werden sie dich töten!» Der Bursche antwortete, er habe ein gutes Schwert, einen guten Hund und fürchte die Räuber nicht. Sie solle ihm nur eine grosse Flasche Schnaps geben und aus der Stube flüchten, wenn die Räuber kämen. Die Räuber kamen, und als sie den Burschen sahen, fingen sie an, die Messer zu wetzen. Jetzt wusste er, was es geschlagen hatte und schmiss ihnen die Flasche an den Kopf, so dass ihnen ganz schwindlig wurde. Dann nahm er sein feines Schwert und stach alle ab. Das Mädchen, vor Freude ausser sich, umarmte seinen Befreier und bat ihn, bei ihr in der Hütte zu bleiben, sie seien reich genug - die Räuber hatten grosse Schätze zusammen geraubt. Der Bursche versprach, in einem Jahr wieder zu kommen und sie zu heiraten, denn diese Zeit benötige er, um seinen Bruder zu suchen. Nach langem Herumwandern kam der andere Bruder zur Räuberhütte. Das Mädchen glaubte, er sei ihr Bräutigam, und sie freute sich, dass er schon zurück sei. Der Bursche wusste jetzt, dass sein Bruder dagewesen war, und da sagte er dem Mädchen, er müsse noch einmal fort. Er habe seinen Bruder noch nicht gefunden. Der Bruder kam unterdessen in die Stadt des Königs, aber überall begegnete er traurigen Gesichtern, und überall hing aus dem Fenster schwarzer Trauerflor. Als er fragte, was dies bedeute, wurde ihm erzählt, ausserhalb der Stadt sei ein See, dort hause ein riesiger Drache mit sieben Köpfen. Täglich müsse ihm ein Mensch und ein Stück Vieh geopfert werden. Heute sei das Los auf die Königstochter gefallen, deshalb seien alle in Trauer. Der Bursche ging weiter durch die Stadt bis zu einer Kapelle. Dort lag die Prinzessin auf den Knien, sie betete und bereitete sich auf den Tod vor. Der Bursche hatte Mitleid mit der unglücklichen Prinzessin und sagte ihr, er wolle versuchen, den Drachen zu töten und sie zu retten. Da versprach sie, ihn zu heiraten, wenn es ihm gelinge, den Drachen zu töten. Mit seinem guten Schwert bewaffnet und von seinem treuen Hund begleitet, ging der Bursche zum See. Aber oh Schreck! Ein fürchterlicher Drache, der speit ihm Flammen entgegen, steigt aus dem See. Ohne lang zu überlegen, schwingt der Bursche sein Schwert und schlägt mit einem Streich drei Köpfe ab. «Oh, ich habe vier und mache dich bestimmt fertig», brüllt der wütende Drache, aber in dem Augenblick fallen auf einen Schwertstreich des Burschen alle vier Köpfe. Jetzt ist die Prinzessin befreit, und mit Tränen in den Augen fällt sie ihrem Bräutigam in die Arme. Am andern Tag machen sie fröhlich Hochzeit. Gegen Abend steht das glückliche Brautpaar am Fenster und schaut ins Freie. Da sieht der Bräutigam in einem nahen Wald ein altes Schloss und fragt seine Braut, wem das Schloss gehöre. Sie antwortet, dieses Schloss gehöre einer Hexe, und er solle sich hüten, es zu betreten, wenn er in diesem Wald auf die Jagd gehe. Schon am andern Tag ist er auf die Jagd, aber er kann seine Lust, ins Schloss zu gehen, nicht mehr beherrschen. Dort ist ein altes Weib, welches Küken hütet. Die ruft ihm entgegen: «Heb' deinen Hund hoch, heb' ihn hoch, er verscheucht alle meine Küken!» In dem Augenblick, als er den Hund aufnimmt, wirft sie ihm eine Halfter über, und er ist ein Pferd. Der jüngere Bruder sah, dass sein Ring schwarz war, und daraus schloss er, dass seinem Bruder etwas zugestossen sei. Ohne zu zögern, machte er sich auf den Weg, um ihn zu suchen. In der Stadt des Königs wurde er mit Jubel empfangen. Alle glaubten, er sei der Bräutigam der Prinzessin, und auch sie umarmte den vermeintlichen Ehemann. Aber in der Nacht legte der Ritter sein Schwert zwischen sich und die Prinzessin. Eines Tages ging auch er auf der Jagd ins Schloss der alten Hexe. Aber er durchschaute sie gleich, und als sie ihm die Halfter überwerfen wollte, zückte er sein Schwert und schrie: «Du alte Hexe, her mit meinem Bruder, sonst hau ich dir den Kopf ab!» Die Alte verlor ihre Macht, sie zeigte dem Ritter den Pferdestall, und er nahm rasch den vielen Pferden die Halfter ab. Und siehe da! Eine Schar von Edelleuten stand vor ihm. Auch sein Bruder war erlöst und warf sich ihm an den Hals. Dann gingen sie zusammen voller Freude in den Palast des Königs und verbrachten glückliche Tage. Die Prinzessin konnte dem Retter ihres Bräutigams nicht genug danken. Der Ältere aber führte seinen Bruder in den Wald und übergab ihm die schöne junge Frau, die er aus den Händen der Räuber befreit hatte.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Fischer und der Fisch

Source: Der Fischer und der Fisch

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Ein Mann, der mit Fischen seine arme Familie ernährte, hatte fünf Buben und eine Frau, die war guter Hoffnung. Eines Tages ging er fischen. Da schwamm ein Fisch daher und fragte wütend: «Was machst du hier?» - «Ich versuche Fische zu fangen, um meine fünf Buben und die Frau durchzubringen.» Der Fisch sagte: «Wenn du mir in zwölf Jahren den Buben geben willst, den die Frau jetzt dann gebären wird, so will ich dir so viele Fische verschaffen, dass du reich genug werden kannst.» Der Mann versprach dies, denn schliesslich kann ein Fisch nicht aufs Trockene kommen, «und ins Wasser will ich den Buben nie gehen lassen.» Trotzdem hatte der Vater Angst um seinen Jüngsten, und oft vergoss er Tränen, wenn er daran dachte, was mit ihm geschehen könnte. Mit zwölf Jahren wollte der Bub in fremde Länder zu seinen Brüdern gehen. Sein Vater sagte: «Dich lasse ich nicht fort, denn du bist dem Fisch versprochen worden, und wenn du einmal ins Wasser gehst, fängt er dich.» Der Bub erwiderte: «Ich will nur auf dem Trockenen gehen», und er brach auf. Ein Stück weiter fand er ein totes Pferd. Daran frassen ein Bär, eine Ameise und ein Rabe. Er ging vorbei, ohne darauf zu achten, hörte sie jedoch rufen, er solle kommen und das Pferd teilen. Er kam, spaltete mit dem Schwert den Schädel und gab das Hirn der Ameise, mit den Worten: «Du bist klein und musst dich mit dem Wenigsten begnügen.» Er schlitzte das Pferd auf, gab die Innereien dem Raben und alles andere dem Bären. Kaum war er ein paar Schritte weiter gegangen, da riefen sie ihn zurück und sagten: «Was müssen wir dir bezahlen? Du hast das Pferd so gut geteilt, dass wir alle sehr zufrieden sind.» – «Gebt, was ihr wollt!» Der Bär sagte: «Reiss mir eine Kralle aus; damit kannst du dich in einen Bären verwandeln und in Stücke hauen, was du willst!» Die Ameise sagte: «Reiss mir ein Bein aus, so kannst du dich in eine Ameise verwandeln und überall hinkriechen!» Der Rabe sagte: «Reiss mir eine Feder aus, so kannst du fliegen, wohin du willst.» Jetzt gelangte er in eine Stadt, wo alle traurig waren. Er vernahm, der Drache habe eine Königstochter geraubt, früher auch schon vier andere. Wohin der Drache gegangen sei, wusste niemand. Er sagte dem König, er wolle herausfinden, wo seine Töchter seien. Der König versprach ihm Geld genug, falls er sie zurückbringe. Er flog als Rabe weg, holte den Drachen ein und sah, dass er mit den Königstöchtern in einem Felsloch unter dem Boden verschwand. Er folgte ihnen als Ameise durch das Loch hinunter, gelangte durch eine Spalte in einen grossen Saal und sah dort zwölf Jungfrauen in Gefangenschaft des Drachen. Zueinander sagten sie: «Hierher kann nie einer kommen, um uns zu befreien.» Als die Ameise sah, dass der Drache fest schlief, verwandelte sie sich in einen schönen Burschen und begann mit den Königstöchtern zu reden: «Ich bin gekommen, um euch zu befreien, wenn eine mich dann heiraten will.» Alle antworteten: «Welche willst du?» «Ich nehme jene, die neu dazu gekommen ist.» Sie sagten: «Aber wenn der Drache erwacht, ist es unmöglich, wegzugehen. Wir hätten hier wohl Schlangeneier, um sie auf seiner Nase zu zerdrücken, so müsste er sterben, doch niemand ist dazu im Stande.» Er entgegnete: «Gebt mir die Eier, und lasst mich machen!» Darauf verwandelte er sich in einen Bären und zerbrach die Eier auf der Nase des Drachen, so dass der mausetot war. Als Rabe flog er wieder zum König und brachte ihm die Nachricht, dass seine Töchter am Leben und gesund waren, aber er werde sie nur befreien, wenn er ihm seine jüngste Tochter gebe. Der König willigte ein. Jetzt kehrte er zum Drachenloch zurück und zog alle herauf. Sie mussten auf einem Fluss nach Hause zurück und baten ihn, bei ihnen zu bleiben. Er sagte: «Ich kann nicht wegen des Fisches.» Doch im vollen Wissen um die Gefahr liess er sich von den Frauen überreden. Auf dem Wasser kam der Fisch und schnappte ihn. Der liebte den Gesang, und die Königstöchter hatten vor Freude schön gesungen. Der Fisch rief: «Singt, singt!» Die Königstöchter antworteten: «So lass jenen aus deinem Maul, den du uns genommen hast!» Sie sangen wiederum schön; der Fisch reckte sich und hörte mit offenem Maul zu. Darauf flog der Bursche als Rabe aus dem Maul des Fisches und ging zum König, um ihn zum Empfang der Töchter ans Ufer zu schicken. Eine grosse Freude war im ganzen Land, und am nächsten Tag gab es feierliche Hochzeit. (Oberhalbstein)   Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Flaschengeist im Habsburgerwalde

Source: Der Flaschengeist im Habsburgerwalde

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Lustig ging einmal vor etlichen zwanzig Jahren nachts eine Schaar junger Leute vom Dorfe Habsburg durch den Wald nach Hause. Wie sie zu dem Weg bei den neuen Wassergräben kommen, stoßen sie auf ein ziemlich wohlgeordnetes Bett, das vom Pfade nur ein wenig entfernt im Waldsaume hingebreitet lag. Sie decken es in Neugier und Übermut auf und finden eine Flasche drin. Die nehmen sie gleich mit heim und stellen sie, wie eine Essigflasche, einstweilen auf den Ofen. Aber die Andern ließ der Fürwitz noch nicht ruhen, man wollte wissen, was in der Flasche sei. Also nahm man sie wieder herab und zog den Stöpsel aus. Mit großem Krach sprang ein Männchen draus hervor. Augenzeugen erzählen nun, dies sei der Geist jenes Brugger Rechtsagenten gewesen, der einst daheim tot gefunden wurde; um ihn nicht ewig im Wohnhause spuken zu hören, hätten ihn seine Anverwandten in jene Flasche bannen und auf die Habsburg tragen lassen. Jetzt müße er wohl wieder nach Brugg gegangen sein. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Fledermausstein

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Der Fledermausstein In der Nähe des Weilers Itschnach oberhalb Küsnacht am Zürichsee, befindet sich in einsamer Gegend eine Höhle, der Fledermausstein genannt. Eine Unzahl Fledermäuse, die drinnen hausen, rechtfertigt diese Bezeichnung. In uralter Zeit sollen saftige Weiden die Höhle umgeben haben. Das änderte sich aber, als ein gräulicher Drache im tiefsten Dunkel des Loches seine Wohnung bereitete. Aus dem sicheren Verstecke stürzte sich das Ungeheuer auf seine Opfer und drang, als es in der Umgebung seiner Wohnung öde geworden, in die Höfe und Dörfer hinab, ja sogar bis in die Nähe der Stadt. Vergebens lauerten ihm die Jäger auf, und umsonst veranstaltete man Prozessionen. Furchtlose Männer verrammelten dem Ungeheuer den Ausgang der Höhle. Es nützte alles nichts. Der Drache wusste einen verborgenen Nebenausgang und erschien mit doppelter Wut. Endlich beschloss ein frommer Ritter, dem Unwesen ein Ende zu machen. Nachdem er in einer Kapelle am Wege inbrünstig zur Heiligen Jungfrau gebetet hatte, drang er in den finstere Gang. Zehn Schritte vermochte er darin aufrecht zu gehen, dann wurde die Höhle enger, und der tapfere Mann konnte sich nur noch mühsam durchwinden. Eine geweihte Wachskerze, die er vor sich herschob, erhellte den Schluff notdürftig. Plötzlich vernahm er ein dumpfes Schnauben; das Licht erlosch. Aber beim letzten Schimmer hatte er noch wahrgenommen, dass sein Haupt samt der rechten Hand, welche die Kerze hielt, in eine weite Grotte vorgedrungen war; der Leib steckte noch in dem engen Felsengrund. Zwei glühende Augen starrten ihn an, und ein blutroter Rachen öffnete sich. Da rief der Ritter in höchster Not die Mutter Gottes an. Ein himmlischer Glanz erleuchtete plötzlich das Gewölbe. Auf einer rosenroten Wolke liess sich die Heilige Jungfrau zu dem winselnden Ungetüm nieder und kettete es mit diamantenen Banden an die Felswand. „Hier“, donnerte sie, „bleibe und schmachte bis zum jüngsten Tage!“ Zum Ritter gewendet sprach sie: „Dein Glaube hat dir geholfen, geh heim in Frieden! Darauf berührte sie ihn mit einem Lilienstengel; das Felsenloch erweiterte sich, und der Ritter konnte glücklich zurückkehren. Noch in den achtziger Jahren des 19 Jahrhunderts vernahmen Bauern, die in der Weihnachtszeit in der Nähe des verrufenen Ortes Gestrüpp rodeten, Gestöhn und Kettengerassel des Drachens. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Nach Herzog I, Nr. 233, umstilisiert, jedoch ohne Motivverlust.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Fledermausstein

Source: Der Fledermausstein

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Ob Küsnacht am blauem Zürichsee liegt auf einer kleinen Hochebene der Weiler Itschnach. Es stehen da nur ein paar Bauernhäuser und Scheunen beisammen, aber sie bilden ein nettes Dörflein. Dieses heimelige Nestlein ist vom lieben Gott in eine blühende, fruchtbare Umwelt gesetzt worden. Aber wie Tag und Nacht nahe beisammen sind, so sind auch in jener Gegend holde Fruchtbarkeit und wüste Wildnis fast nebenander. Nämlich, nicht weit von Itschnach befindet sich in einem dornigen Tobel irgendwo eine Höhle, die der Fledermausstein heißt. Sie liegt wohl verborgen, und um sie blüht die geheimnisvolle Blume mit dem wunderlichen violetten Häublein, die Akelei. In dieser Höhle hauste vor langer, langer Zeit ein greulicher Lindwurm. Immer lauerte er in seinem Loch auf Beute, und was auch in seinen Bereich kam, ob Mensch oder Vieh, fiel ihm zum Opfer. Die Dörfer weit herum hatten einen Heidenrespekt vor ihm und mieden seine Gegend immer mehr. Freilich war man einigemal mit Macht ausgezogen, also dass er sich tief in die Erde hinein verkroch, und hatte den Eingang zu seiner Höhle fest verrammelt. Aber immer wieder brach er hervor, da sein Schlupfwinkel verschiedene geheime Ausgänge hatte. So schlug denn der grausige Drache Menschen und Vieh immer mehr. Am Tage schoss er herum wie eine Wolke im Wetterwind und nachts wie ein Feuerbrand. Wohl wurden fromme Umgänge und Gottesdienste abgehalten, aber alles wollte nichts helfen, und mehr und mehr verödete ringsum das Land. Tiere und Menschen flohen die Gegend. Kein stiller Reiher stand mehr nachdenklich am Rumenseelein im Wald, und kein Auerhahn fuhr mit leuchtendem Gefieder aus den dunklen Tannen des Tobels. Endlich erschien eines Tages ein wohlgewappneter Ritter und schwur, dass er den Kampf mit dem Drachen aufnehmen wolle. Was man ihm auch vorstellte, er ließ sich nicht von seinem Entschlusse abbringen. Mutterseelenallein begab er sich auf den Weg zum Drachenloch. In einer Kapelle, nicht weit davon, kniete er nieder, betete inbrünstig und empfahl sich und seine Waffen der Muttergottes. Bald hatte er die Schlucht erreicht, und da er den Lindwurm nirgends zu sehen vermochte, trat er tollkühn in seine Höhle. Aber er konnte nur zehn Schritte weit aufrecht gehen, dann verengerte sich der Gang. Es wurde stockdunkel und so enge, dass er nur noch auf den Knien vorwärts kam. Obwohl er nun meinte ersticken zu müssen, da er sich kaum noch durch den nasskalten Schloff zu zwängen vermochte, gab er doch nicht nach. Er zündete eine geweihte Wachskerze an, empfahl sich nochmals dem Schutze der Muttergottes Maria und schleppte sich vorwärts. Er wusste nicht, wie lange er also in die Erde hineingerutscht war, aber die Kerze war fast abgebrannt und drohte zu erlöschen. Mit einem Male hörte er ein unheimliches Schnauben und Bärtschen, als ob eine ganze Weid voll Stiere vor ihm wäre. Ein kalter Luftzug sauste gegen ihn, und die Kerze erlosch. Aber er hatte doch noch zu sehen vermocht, dass sich vor ihm eine weite Felsengrotte auftat. Doch wie er sich auch wand, und wie er rang und drängte, es wollte ihm nicht gelingen, sich völlig aus der engen Dole in die weite Höhle hineinzubringen. Ja, er kam zuletzt weder vor- noch rückwärts. Da war ihm, er sehe irgendwo in weiter Ferne ein winziges Lichtlein. „Das ist ein Höhlenausgang“, dachte er, „o wie ist er weit weg! Und zurück kann ich auch nicht mehr.“ Aber das Lichtlein kam ihm rasch näher, und jetzt teilte es sich, es wurden ihrer zwei. Sie vergrößerten sich immer mehr, je näher sie rückten und plötzlich starrten ihn zwei glühende Augen an, und jetzt tat sich ein schrecklicher feuerspeiender Rachen auf. Der Ritter meinte sterben zu müssen, und in seiner Not schrie er auf: „Heilige Muttergottes, steh mir bei!“ Da war es, als ob die Mauern der Höhle weit auseinander gingen; der Himmel zeigte sich, und jetzt schwebte auf einer rosenroten Wolke Unsere Liebe Frau herab. Nun sah der Ritter den Drachen hart vor sich liegen; er sah, wie er sich winselnd in der mächtigen Höhle zusammenrollte, und wie er sich zu verkriechen suchte. Aber die Jungfrau Maria trug einen Lilienstengel in einer Hand und in der andern eine blitzende Demantkette. Diese legte sie dem winselnden Lindwurm um den Hals und band ihn an die Felsenwand der Höhle. „Hier sollst du bleiben und schmachten“, rief sie aus, „bis zum jüngsten Tage!“ Dann wandte sie sich an den frommen und tapfern Ritter und sprach freundlich zu ihm: „Dein Glaube hat dir geholfen, geh’ heim in Frieden!“ Er faltete die Hände und senkte demütig das Haupt, denn niederknieen konnte er nicht, da er noch immer im drückenden, atemraubenden Drachenschloff steckte. Jetzt berührte ihn die Muttergottes mit ihrem Lilienstengel. Und siehe, da kam’s ihm vor, als fielen die beengenden Felsen von ihm ab. Der Gang erweiterte sich, der Ritter  sprang auf und gelangte, bevor er recht zur Besinnung kam, wieder aus der Höhle. Da atmete er in vollen Zügen den reinen Tag und dankte aus vollem Herzen der allerheiligsten Jungfrau Maria, die ihn so wohl bewahrt hatte. Es heißt, dass man in stillen Nächten um Weihnachten herum im Tobel bei Itschnach die Kette des gefesselten Drachen heute noch zu hören vermöge.     Meinrad Lienert, Zürcher Sagen. Der Jugend erzählt, Zürich 1918. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.    


by Der Fleischbach

Source: Der Fleischbach

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a) «Wenn auch die Sage übertreibt, wenn sie den dortigen sogenannten Fleischbach von Blut fliessen und davon den Namen herleiten lässt…» b) Beim Gefecht auf dem Bruderholz (22. März 1499) floss das Fleischbächlein rot vom Blut der Krieger. Daher hat es seinen Namen bekommen. Reinach Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der flinke Heuer

Source: Der flinke Heuer

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Das ist eine alte und recht sonderbare Geschichte. Heuer und Heuerinnen haben sie immer und immer wieder erzählt, wenn sie etwa im Schatten eines Baumes sassen und die Znünisuppe löffelten oder sonst ein wenig verschnauften. Der Heuet war ehedem eine lange und sehr strenge Arbeit. Ausser Sense, Gabel und Rechen gab es keine andern Werkzeuge. Es klingt darum aus diesem Märchen eine leise Sehnsucht nach irgend etwas, das diese schwere Arbeit verkürzt und erleichtert. Fast möchte man glauben, die Heuer von damals hätten in weiter Ferne schon das kommende Zeitalter der Maschinen geahnt. - Hört: Die Zeit der Heuernte rückte wieder heran. Ein Bauer war in grosser Verlegenheit. Es fehlten ihm die nötigen Arbeitskräfte. Da machte er sich eines Tages auf den Weg, um Heuer zu suchen. Er wanderte durch viele Dörfer und hielt fleissig Nachfrage. Vergebens. Kein Bein konnte er auftreiben. So kehrte er denn gegen Abend verdrossen wieder heim. Da begegnete ihm auf der Landstrasse ein kleiner, aber kräftig gebauter Mann mit schlauen Äuglein. Der trug den Wanderstab über der Schulter und hatte seinen Kittel darangehängt. Der Bauer grüsste, blieb stehen und fing ein Gespräch an: „Spazieren?“ „Oh nein. - Arbeit suchen.“ „Das trifft sich gut. Ich könnte einen Heuer brauchen.“ „Passt mir.“ „Kannst du mähen?“ „Kann alles.“ „Potz Donner! - Und wie heissest du?“ „Flinggi.“ „Oho! Das ist der richtige Name für einen Heuer. Der gefallt mir besser als Schlabi oder Plampi. Und - wieviel Lohn müsste es sein?“ „Ein Goldstück.» “Mmm ! - Das ist viel. - Aber du sollst es haben. - Komm mit.“ Die beiden schlugen nun den Pfad nach dem Bauernhof ein. Unterwegs zeigte der Meister dem neuen Knecht die Gemarkungen seines Gutes: „Dort reicht es bis an jenen Wald, da drüben bis an den Bach und da unten bis an die Landstrasse. Bis das alles gemäht und unter Dach ist, werden einige Wochen vergehen.“ Flinggi lächelte schlau und meinte: „Zwei Tage!“ Der Meister dachte, entweder ist er ein einfältiger Tropf oder ein heilloser Plagöri. Auf dem Hofe angelangt, gab der Bauer dem Knecht eine Sense und befahl ihm, auf der Hausmatte etwa zehn Mahden Grasig zu mähen. Der Knecht ging. Doch schon nach wenigen Minuten kehrte er wieder zurück und meldete: „Grasig gemäht. - Fertig!“ Der Meister konnte es nicht glauben und schaute nach. Wirklich, da lagen zehn dicke, schnurgerade Mahden auf der Wiese. Das konnte nicht mit rechten Dingen zugegangen sein. Am folgenden Morgen sprach der Bauer: „Das Wetter ist gut. Jetzt gehts los. Heute musst du auf Tod und Leben den ganzen Tag Heu mähen, und dort, wo du bei Sonnenuntergang aufhörst, fängst du beim Morgengrauen wieder an. So geht es weiter durch Tage und Wochen, bis alles Heu unter Dach ist.“ „Mmhm“, machte Flinggi und lachte mit dem ganzen Gesicht. Dann nahm er Sense und Wetzstein und ging. Der Meister aber zog sich in ein Versteck zurück, um den Burschen zu beobachten. Da sah er sonderbare Sachen. Der Mähder schritt mit geschulterter Sense durch das hohe Heugras und stellte sich ungefähr in die Mitte der weitläufigen Matte. Jetzt nahm er die Sense von der Schulter, wetzte sie und liess sie mit einem kräftigen Schwung im Kreise rings um sich durch das Gras sausen. Nur diesen einzigen Streich tat er. Dann stellte er die Sense vor sich hin, legte die gekreuzten Arme über den Worb und schaute lächelnd dem zu, was jetzt geschah. Und siehe! Um die ringförmige Mahde herum neigte sich das Gras gegen den Mähder und fiel geschnitten zu Boden. Schon neigten sich wieder andere Gräser, Halme und Dolden und sanken lautlos hin. Das sah genau so aus, wie wenn man einen Stein in ein stehendes Wasser wirft. Die Ringe gehen weiter, bis sie das Ufer erreichen. Auch hier wurde der Kreis des fallenden Grases immer grösser und grösser, bis er droben den Wald, drüben den Bach und drunten die Landstrasse erreichte. Jetzt lag alles Heugras geschnitten am Boden. Der Mähder nahm die Sense auf die Schulter und schritt gemütlich dem Hause zu. Er trat vor den Bauer und sprach: „Heu gemäht. - Fertig!“ Der Meister, der alles beobachtet hatte, war sprachlos. Er begann sich vor dem unheimlichen Heuer zu fürchten und wich ihm überall aus. Dann aber kam die Sorge über ihn, wann man das viele Heu einbringen wolle. Wenn jetzt schlechtes Wetter einträfe, wäre die ganze Heuernte verdorben. Den Knecht beunruhigte das nicht im geringsten. „Morgen“, sagte er nur und lachte schlau. Am frühen Nachmittag des nächsten Tages schöpfte Flinggi in der Nähe des Hauses ein Häufchen Heu zusammen. Das steckte er an die Gabel, trug es über die Einfahrt und warf es auf die Bühne. Nun begann ein neues, noch nie gesehenes Schauspiel. Das Heu auf der Wiese fing an sich zu kräuseln wie das Wasser eines Sees, wenn der Wind hineinbläst. Es bildeten sich kleine Wälmchen. Die wälzten sich über und über, vereinigten sich miteinander, wurden dicker und dicker und krochen wie riesige Graswürmer langsam dem Hause zu. Immer mehr Schwaden flossen zusammen, bis sich zuletzt ein einziger, mächtiger Walm bildete, der langsam über die Einfahrt kroch und sich auf der Bühne zur Ruhe legte. Der Heustock wuchs immer höher empor. Bis an das Schindeldach füllte sich das Haus mit chrüspeldürrem, duftendem Heu. Flinggi lehnte unterdessen am Einfahrtstor, schaute mit gekreuzten Armen dem Wunder zu und lachte schelmisch. Die Sonne stand noch hoch am Himmel, und schon war das letzte Hälmchen unter Dach. Die Matte sah wie gekämmt aus. Der Heuet war zu Ende. Zwei Tage hatte er gedauert und keinen einzigen Schweisstropfen gekostet. - Nach einer Weile kam der Bauer auf die Einfahrt. Der Knecht ging ihm entgegen und meldete: „Heu eingetan. - Fertig!“ Doch der Gebieter wusste ihm kein Dankeswort dafür. Noch immer schlotternd vor Angst und Aufregung rief er: „Mir graust vor dir. Was du verübt hast, das ist Teufelswerk. Ich will nichts mehr mit dir zu tun haben. Hier hast du das versprochene Goldstück. - Und jetzt packe dich fort und komme mir nie mehr unter die Augen.“ - Flinggi lachte spöttisch, hängte seinen Kittel an den Wanderstab, schwang ihn auf die Schulter und zog von dannen. Nun war er fort. „Schade“, sagten viele Leute, „wir hätten ihn hier behalten sollen. So ein Phisikus läuft nicht alle Tage daher. Warum auch hinter allem immer einen Teufel sehen?“ - Noch mancher Bauer hat zur Sommerszeit, wenn die Ernte drängte, das Wetter jagte und die Arbeitskräfte fehlten, sehnsüchtig nach ihm Ausschau gehalten und seufzend gesproche: „Ach, wenn doch der Flinggi wiederkäme.“ Aber er kam nicht mehr - nie mehr - nie.    Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch  


by Der Flötenspieler

Source: Der Flötenspieler

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Hans war der kluge Sohn vermöglicher Eltern, jedoch ein Träumer und Tiernarr, den der Vater schalt, die Mutter hintenherum lobte. Die Arbeiten in Stall und Haus liefen ihm nicht von der Hand. Am liebsten hütete er die Schafe in den Felsen und spielte dazu die Flöte. Er hatte sich eine hübsche Sammlung von Birkenpfeifen angelegt und blies nicht nur Stücklein, die er fahrenden Musikanten ablauschte, Liedchen, die an den Spinnabenden gesungen und vorgetragen wurden, sondern auch eigene Fantasien, und was er am Bach, aus dem Rauschen des Waldes und dem Lerchentriller gehört hatte. Fuhr er mit den Schafen auf, so musizierten ihm die stürzenden Wasser, die Sänger der Büsche, die Gipfelwinde; auch die stumme Natur sprach zu ihm in mancherlei Tönen, und auf der Alp summte jede Hütte, jeder Block ihm eine Weise in die Ohren, die er auf seiner Flöte wiederzugeben suchte. Die Musikanten sind überall gerngelittene Gäste, Musik erheitert und scheucht die Mucken und losen Gedanken. Die Kameraden vergassen Spiel und Zank, wenn er mit der Flöte erschien und ergötzten sich an seinen Melodien. Sobald er aber seine Lieblingspfeife herauszog, die Stirne faltete und geheimnisvoll von der Hütte, dem Wildwasser und den Bergdohlen dudelte, stupften sie sich mit den Füssen und raunten, er sei halt doch ein bisschen einfältig. Um Martini reiste der Vater in die Stadt, wo er ein Haus besass, um den Mietzins zu holen. Er nahm den Sohn auf die Reise mit, und als wieder ein Jahr verstrichen war, sandte er Hans in die Stadt und blieb daheim. Munter ging Hans seine Strasse, spielte zuweilen auf der Flöte, und nachdem er das Geld eingezogen hatte, spazierte er noch gemütlich in den Gassen herum und besah sich die fremde Welt. Im Trubel der Menge sehnte er sich nach den Bergen und seinen Freunden, und im Begriff umzukehren, stiess er auf eine Gruppe von Leuten, die mit Ruten und Knütteln auf einen nackten Leichnam droschen. Was diese widerwärtige Prügelei zu bedeuten habe, fragte er den ersten besten. «Du bist wohl aus dem Rübenland, dass du unsere Bräuche nicht kennst! Wer stirbt und Schulden hinterlässt, wird öffentlich gestäupt, und die Lebenden nehmen sich ein Beispiel.» Die grausame Sitte schnitt ihm ins Herz. Er erkundigte sich nach der Grösse der Schuld, und das war just der Betrag des Mietzinses. Ohne Besinnen klimperte er die Summe aus der Schweinsblase und ging davon. Kein Mensch hatte ihm Vergelt's Gott gesagt, im Gegenteil, man lachte und hänselte und nannte ihn einen Tölpel, der sein Geld einem Toten opfere. Die Flöte kürzte ihm die Heimreise. Zu Hause erzählte er, wofür er sein Geld ausgeworfen, und der Vater machte ihm eine Szene und brauste auf, was das für eine Art sei, sein Geld an Leichen zu verschenken, die nichts damit anfangen könnten. Solch dumme Streiche möge er in Zukunft unterwegen lassen! Als das Jahr um war, ging Hans, vom Vater scharf in die Lehre genommen und von der Mutter mit Zehrung wohlausgerüstet, in die Stadt, zog das Mietgeld ein und wanderte zum Tor hinaus. Bei einem Gemäuer, das zwischen Holunderbüschen und Tannengrün turmähnlich emporragte, rastete er und blies auf seinem Instrument. Mitten im schönsten Trio setzte er ab und horchte. Er drehte sich nach der Ruine und entdeckte eine vergitterte Scharte, aus der eine Frauenhand sich ihm bittend entgegenstreckte. Er trat näher und fragte: «Wer hat dich in dieses finstere Loch gesperrt?» «Die Räuber haben mich aus dem väterlichen Hause entführt und in dieses Verliess geschleppt. Rette mich, o bitte, erlöse mich!» Vergeblich rüttelte er an den rostigen Stäben. Er las ein Stück Holz auf, das er als Sturmbock gebrauchte, und machte die Öffnung frei. Nach langen Bemühungen konnte er die Gefangene herausziehen. Es war ein feines, abgezehrtes Mädchen, das sich schwankend an seine Schulter stützte und in die Herberge führen liess. Mit dem Wirt, der ein ehrlicher Mann war, ordnete er das Nötige; blätterte die Goldstücke aus dem Säckel und empfahl ihm gute Hut und Pflege. Als die Jungfrau des Morgens aus tiefem Schlafe erwachte, war er schon über Berg und Hügel. «Wie ist die Reise abgelaufen, was hast du gesehen und erlebt?» bestürmte ihn die Mutter, «und wo ist der Mietzins?» kummerte der Vater. Hans zerdrückte den schlaffen Beutel in seiner Hand, «nichts mehr da, weil ich - weil ich das Geld für ein Werk der Nächstenliebe ausgegeben habe.» Erregt schritt der Vater die Diele auf und ab. «Wer steht dir näher als ich und die Mutter? Wie Spreuer streust du das Geld in den Wind. Pack dich, du ungeratener Sohn! Keine Gegenrede, Mutter, der Junge soll nun mal fremdes Brot essen und den Wert des Geldes kennen lernen!» Da war er auf der Strasse und wusste nicht, welche Richtung er einschlagen sollte. Aufs Geratewohl lief er die Strecke, die er gekommen war, und liebäugelte unterwegs mit dem Mädchen, das sich in seine Gedanken drängte. Ein heisser Wunsch, sie wiederzusehen, beflügelte ihm den Schritt. Nun hatte er doch ein Ziel und eine Aufgabe vor sich, die ihn mit Stärke und Mut wappneten. Er grübelte die Flöte aus dem Sack und blies einen lustigen Marsch. Wie rumpelte ihm das Herz, als er in kürzester Frist die Herberge erreichte! Die Jungfrau hatte sich ordentlich erholt, die Gliederschwäche und Blässe ihrer Wangen verloren, sie war wiederum zur ursprünglichen Jungmädchenschönheit aufgeblüht. Sie streichelte ihm die Hand, und nur sein zugeknöpftes Wesen hinderte sie, seinen Nacken zu umschlingen. Ihre feine vornehme Art verschlug ihm den Mut, und als sie ihm gestand, sie sei eine Königstochter aus dem Land der Palmen und Blumen, stopfte er in grösster Verlegenheit beide Hände in die Hosentaschen und wusste nicht, sollte er lachen oder trauern. «Ich reise morgen heim», plauderte sie unbefangen weiter, «du bist mein Schirm und Schutz und begleitest mich.» Keck fasste sie ihn an der Hand und wirbelte mit dem heimlich Geliebten in den Garten hinaus. Im Zweispänner führte der Wirt sie an die Küste, wo sie einen Schnellsegler bestiegen und während der Meeresfahrt sich ihre Liebe gestanden. Wenn abends die Sonne untertauchte und eine goldene Wasserstrasse malte, setzte er die Flöte an den Mund und spielte ihr die Weisen seiner Heimat. Nicht müde wurde sie, den Melodien von der Schafweide, dem Wildbach und den Älplerhütten zu lauschen, und ganz besonders einem hübschen Bergfinkenliedchen, das er mit neckischen Trillern verzierte. Dem Kapitän des Schiffes gefiel die Königstochter auch. Als er in Erfahrung brachte, wer die beiden wären, sie eine Prinzessin, er ein Niemand und Unbekannt, lachte er ins Fäustchen und drehte den Faden zu einem finstern Plan. Mitten auf der See erhob sich ein heftiger Sturm. Die Wellen donnerten, das Tauwerk ächzte, die Planken knarrten und krümmten sich. Der Kapitän liess den Flötenspieler aus der Kabine rufen und forderte ihn auf, Hand anzulegen, es müsse alles versucht werden, den Segler zu retten. Hilfsbereit sprang Hans auf das Verdeck und hackte und splitterte mit der Breitaxt am Hauptmast. Mit einem entsetzlichen Krach knickte der Stamm an der Wurzel und fiel über Bord. Ein Schrei, und Hans stürzte ihm nach. Der Kapitän hatte ihn rücklings in die tobenden Wogen gestossen. Als der Sturm nachliess, hissten die Matrosen die Segel, und ruhig glitt das Schiff seine Bahn. «Wo ist Hans, mein Hans?» rief die Prinzessin. «Weggespült, in den Wellen, tot, o ihr himmlischen Mächte! «Es ist leider so», sagte der Kapitän mit erheuchelter Trauer und suchte sich selber in ihre bittere Wehmut hineinzuschmeicheln, indem er ihr jeden Wunsch von den Lippen las, sie am Arm auf Deck geleitete und wieder in die Kabine hinunter. Als sie seine Absichten merkte und seiner Begegnung auswich, wurde er zudringlich, und als das Schiff in den Hafen fuhr und auslud, blieb er an ihrer Seite und schilderte ihrem Vater, dem König, wie er sie aus der Gefangenschaft befreit und aus Sturmesnot gerettet habe. Vom Wiedersehen gerührt und von der Erzählung ergriffen, gelobte der König dem Kapitän die Prinzessin zur Braut. Sie aber, die ihren Vater nicht zu kränken wagte, äusserte den einzigen Wunsch, die Trauung um ein Jahr hinauszuschieben. Sie glaubte nicht an den Tod ihres Geliebten und nährte inbrünstig die Hoffnung, er werde vor Ablauf der Frist am Hofe erscheinen. In der Tat war Hans noch am Leben. An den schaukelnden Mastbaum hatte er sich angeklammert und war ans sandige Ufer einer Insel geworfen worden. Er flocht eine regendichte Hütte und spähte nach Segel und Mast. Wenn die Sonne sich neigte und die goldene Wasserstrasse glitzerte, füllten sich seine Wimpern mit Tränen, und er versank in dumpfes Brüten. Ein Jahr floss dahin, ihn deuchte, es sei eine Ewigkeit. Ungeduldig schritt er am Strand hin und wieder, schirmte mit der Hand die Augen und suchte den Horizont ab. Da schnellt ein Riesenfisch aus dem Wasser, schwadert und peitscht die Flut und fängt an zu reden: «Setze dich auf meinen Rücken, ich schwimme ins Land der Palmen und Blumen und trage dich zu dem Mädchen deiner Sehnsucht!» «Gern, gern», jubelte Hans, schwang sich zwischen die Flossen, und schneller als der grösste Segler durchfurchte der Fisch die blaue Flut und brachte ihn an die Küste. «Gut Glück zur Weiterfahrt!» sagte der Delphin. «Wisse, dass ich der tote Mann bin, der vor der Stadt gezüchtigt wurde, für den du dein Geld ausgegeben hast. Als Delphin musste ich mein Letztes abbüssen und bin nun erlöst.» Er plätscherte ins Wasser zurück und verschwand unter der Oberfläche. Gegen Abend erreichte Hans die Residenz des Königs. Am nächsten Tag sollte die Hochzeit mit dem Kapitän stattfinden. Er schlich sich in den Garten, und als die Fackeln angezündet wurden, ergriff er die Flöte, die er auf dem Schiff zum letztenmal geblasen hatte und spielte die süssen Weisen seiner Heimat. Die Prinzessin war ans Fenster getreten und fragte ihre Zofe, wer im Park musiziere. «Ach, wenn er noch lebte, würde ich sagen, es sei mein Geliebter!» «Spielt denn der Kapitän auch Flöte?» «Ich sage mein Geliebter, und das ist nicht der Kapitän. Flink geh in den Garten hinunter, und fordere den Spielmann in meinem Namen auf, morgen an der Tafel zu erscheinen und wie eben jetzt zu spielen!» Am Hochzeitsbankett - die Trauung sollte nachher stattfinden - sass die Prinzessin bleich und wortkarg an der Seite des Kapitäns, der Becher um Becher des feinsten Weines in die Gurgel schüttete, vor Hochmut sich blähte und die Lakaien hin und her jagte. Da keine Fröhlichkeit Platz greifen wollte, schlug der Zeremonienmeister vor, die verehrten Gäste möchten zur Unterhaltung ein Abenteuer erzählen. Der Kapitän erhob sich, schwellte die Brust und sagte: «Dunkel ist der Anfang, heiter das Ende!» Mit gelassener Sicherheit flunkerte er von dem Räuberturm und seinem Schiff, wie er die Briganten in die Pfanne gehauen, die Prinzessin befreit und auf der See durch seine Tapferkeit nochmals dem Tod abgerungen habe. Da klang aus einer Ecke, die Lorbeer und Oleander umbuschten, ein schrilles Flötengebläse. Entrüstete Blicke zielten nach dem Winkel, die Prinzessin aber flüsterte ihrem Diener etwas ins Ohr, und der schritt auf die dunkle Ecke zu und ersuchte den Unbekannten, zu spielen. Sein Gesicht von den Zweigen beschattet, rief Hans durch den Saal: «Mit Verlaub, Herr Kapitän, eine Frage! Welchen Tod erleidet der Schiffer, der meineidig schwört?» «Ein unverschämter Zaungast», gröhlte der Kapitän. «Heute aber bin ich in goldener Laune, und er mag Gnade und Gehör finden! Lebendig wird so ein Wicht gevierteilt.» Nach links und rechts auswehend, goss er den Inhalt seines Bechers auf das Brokatkleid seiner Braut. Der Flötenspieler trat ans Licht und sagte: «Ich bin hier nicht Zaungast, Herr Kapitän, ich bin von der Prinzessin zur Tafel geladen. Nun sollt ihr auch mein Abenteuer vernehmen, das heiter anhebt und traurig endet.» Mit hellen Worten schilderte er den wirklichen Verlauf der Befreiung und die Überseefahrt und die mörderische Absicht des Kapitäns. Ein unheimliches Gemurmel lief von Mund zu Mund, der König schwankte hin und her auf seinem Sessel, mit verglasten Blicken starrte der Kapitän, die Prinzessin hatte sich erhoben. Als nun das Bergfinkenlied auf der Flöte trillerte, flog sie um den Tisch und schloss ihren Geliebten an die Brust. Bevor der Kapitän entfliehen konnte, ward er gefesselt und ins Gefängnis abgeführt. Nach seinem eigenen Urteilsspruch sollte er lebendig gevierteilt werden. «Jagt ihn aus dem Lande, wir sind keine Barbaren!» sagte Hans. «Ich habe einen Toten losgekauft und lege nun auch für den Lebenden ein Wort ein.» Das Fest nahm seinen Lauf und dauerte drei Wochen. Zum Schluss zog man mit wehenden Fahnen und unter den Klängen der Musik durch die Stadt. Hans liess es sich nicht nehmen, an der Spitze zu marschieren und immer und immer wieder die schönen Melodien seines Heimatlandes aufzuspielen. Auf einmal huschten die Neuvermählten abseits in den Wagen zur frohen Hochzeitsreise.   Quelle: Johannes Jegerlehner: Walliser Sagen, Hans Feuz Verlag Bern, 1959 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Fluchstein ob Herrliberg

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Der Fluchstein ob Herrliberg Am Zürichsee wohnte ein Zauberer namens Hartmut. Der hatte eine schöne Tochter, und diese war in einen hübschen Burschen verliebt. Der Vater sah diese Verbindung gar nicht gerne und verbot der Tochter bei Todesstrafe, weiter mit ihrem Geliebten zusammenzukommen. Doch die Liebe war mächtiger als das väterliche Gebot. Der Alte, der dies ahnte, schaute in seinen Zauberspiegel, der ihm die beiden Verliebten draussen im Rosenhag zeigte, just als sie einander von der Liebe nicht genug mitteilen konnten. Im Zorn rief der Zauberer seine ganze Geisterschar zusammen und hiess sie die beiden verderben. Ein Wetter ging nieder, die Erde öffnete sich und verschlang das Liebespaar. Auf dieser Stelle türmten die Dämonen einen gewaltigen Stein auf, der von den Leuten der Fluchstein genannt wird. In stillen Nächten steigen die beiden Liebenden aus der Erde herauf, umwandeln umschlungen den Stein und seufzen leise Klagen von Sünde und Reue in die Nacht hinaus. Doch wenn die Morgenlüfte von den Alpen herniederwehen, verstummen der Geister Klage, und der Stein steht wieder einsam. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Aus P. Corrodi, JZ 1951/52, S. 327, in Prosa umgesetzt.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Flüchtling im Backtrog

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Es war einst ein Soldat. Der hatte zwei Jahre lang als Freiwilliger gedient, und als die Zeit um war, wollte er wieder nach Hause zurückkehren. Unterwegs überraschte ihn ein starkes Gewitter, und er suchte Obdach in einer Hütte. Mittlerweile fuhr es fort zu donnern und in Strömen zu regnen, und der arme Soldat stand und wartete missvergnügt, ob das Wetter endlich besser würde. Und wie er so trübselig in das Sturmwetter hinausblickte, kam etwas Kleines Schwarzes auf ihn zugelaufen. Als er genauer zuschaute, sah er, dass es ein Rabe war. Er nahm ihn freundlich auf den Finger und sprach zu ihm: «Du sollst mir auf der Reise Gesellschaft leisten.» Endlich graute der Tag, der Himmel heiterte sich auf, und der Soldat konnte mit seinem Raben weitergehen. Er wanderte und wanderte den ganzen langen Tag. Die Nacht brach herein, und immer noch bemerkte er weit und breit kein Haus. Nachdenklich und ermüdet setzte er sich auf ein Mäuerlein an der Strasse, um ein wenig auszuruhen. Und indem er um sich schaute, wahrhaftig, da sah er weit weit weg, ganz in der Ferne, ein Lichtlein brennen. Also raffte er sich auf, um noch dorthin zu gelangen, und als er endlich todmüde da ankam, war es ein Bauernhaus. Er klopfte an die Tür. Eine Frau öffnete und fragte ihn nach seinem Begehr. «Könnte ich nicht hier über Nacht bleiben, um etwas\' auszuruhen? Meine Beine können mich vor Müdigkeit nicht mehr tragen.» «So kommt herein!» sprach die Frau, Hess ihn in die Stube treten und Platz nehmen. Dann fragte er, ob sie nicht noch etwas weniges zu essen habe. Die Frau entgegnete, sie hätte nichts bereit im Augenblick; aber wenn er etwas Geduld haben wolle, werde sie ihm ein gutes Nachtessen zubereiten. Unterdessen wies sie ihm sein Nachtlager an. Es war ein Strohsack auf dem Dachboden. Dieser Boden war so beschaffen, dass seine Bretter jeweilen eine Handbreit auseinanderstanden, so dass man durch die Lücken von oben hinabsehen konnte, was drunten vor sich ging. Der Soldat konnte vor Müdigkeit noch nicht einschlafen und war froh, dass\' er sich wenigstens ausstrecken durfte. Jene Bauersleute besassen viele Kühe, und der Mann war auf den Markt gegangen, um zwei oder drei Stück Vieh zu verkaufen. Gegen Mitternacht vernahm unser Gast ein leises Klopfen an der Haustür. Die Frau rief «Herein!». Da kam ein Mann mit einem Tragkorb auf dem Rücken und packte eine ganze Menge Esswaren aus. Der Soldat schaute aufmerksam durch die Bretterlücke hinab, was\' nun geschehen werde. Der Mann und die Frau fingen an gierig zu essen, so dass man sah, dass sie es eilig hatten. Nach einer Weile hörte man ein neues Klopfen an der Türe. Nun wusste die Frau, dass das ihr Mann war. Aber bevor sie öffnete, versteckte sie den Fremdling im Backtrog, worin sich der Teig befand, um das Brot zu backen. Die Esswaren verbarg sie blitzschnell hinter dem Küchenkasten und im Backofen. Sobald sie alles hübsch versorgt hatte, nahm sie zum Schein ein Paar Socken, an denen sie strickte, in die Hand und ging an die Tür, um aufzumachen. «Du hättest mich noch ein wenig länger warten lassen können», sagte der Bauer zornig. Dann trat er in die Stube und verlangte zu trinken. «Ich habe nichts da», erwiderte die Frau, «wenn du ein wenig Wasser mit Zucker darin willst, so will ich dir\'s wärmen.» Aber der Bauer lehnte dies missmutig ab. Darauf verlangte er etwas zu essen. Die Frau versetzte jedoch wiederum: «Ich habe nichts da, geh jetzt zu Bett, morgen früh will ich dir ein gutes Essen richten.» Der Bauer hatte keine Lust, ohne Essen noch Trinken zu Bett zu gehen. Da sagte die Frau, um das Gespräch auf etwas anderes zu lenken: «Weisst du auch schon, mein Antonio — so hiess nämlich der Bauer —, dass ein Soldat in unser Haus gekommen ist, weil er nirgends mehr ein Obdach finden konnte?» Da meinte der Bauer, sie solle ihn rufen, denn er hätte Lust, mit ihm zu plaudern, weil er ja auch zwei Söhne im Felde hatte. Die Frau wollte nicht, denn so würde die Sache sich noch in die Länge gezogen haben, sie hätte ihr reichliches Mahl nicht weiter essen und den Mann aus seinem Versteck nicht fortlassen können. Antonio jedoch bestand so eifrig darauf, den Soldaten zu rufen, bis sie schliesslich gehorchte, um nicht Streit zu bekommen. Jetzt stieg der Soldat mitsamt seinem kleinen Reisegefährten, dem Raben, herunter. Die beiden Männer fingen an, miteinander zu plaudern, und der Bauer freute sich, dass sein Gast hier noch ein Nachtlager gefunden hatte. Als er dann auch den Raben bemerkte, fragte er ihn, was er mit jenem Vogel anfangen wolle. Der junge Mann gab zur Antwort: «Schaut, dieser Rabe da ist ein berühmter Zaubervogel. Möchtet ihr gern eine Probe davon sehen? So zum Beispiel, hättet ihr etwa gern ein gutes Süppchen, das mit der Brühe eines feinen Kapaunbratens zubereitet ist?» — «Ja freilich, das wäre ganz nach meinem Sinn», gab der Bauer zur Antwort. Jetzt gab Johannes — so hiess nämlich der Soldat — dem Vogel einen ganz leichten Schlag auf den Rücken, worauf dieser schrie: «Qua, qua!», oder zu Deutsch: «Her damit, her damit!» Dann sprach der Soldat zur Bauersfrau: «Schaut einmal nach im Backofen auf der linken Seite; dort findet ihr eine ganze Schüssel voll guter Suppe.» Die Frau getraute sich nicht, zu zögern, aus Angst, entdeckt zu werden. Sie brachte also die Suppe auf den Tisch. Nun begannen die beiden Männer aus Herzenslust zu essen. Als sie dann mit der Suppe fertig waren, sagte Johannes: «Möchtet ihr jetzt noch gern einen Kapaunbraten haben?» — «Das könnt ihr euch denken!», erwiderte der Bauer erstaunt. Wieder gab der Soldat seinem Raben einen leichten Schlag auf den Rücken, und dieser schrie: «Qua, qua, her damit!» — «Schaut, liebe Frau», meinte der Soldat zur Frau gewandt, «dort hinter dem Küchenschrank werdet ihr ein feines Hühnchen finden.» Und richtig brachte sie den gewünschten Kapaunbraten auf den Tisch. Und so fuhr der Soldat fort, bis sie alles gegessen hatten. Sobald sie damit fertig waren, sagte Johannes: «Nun, lieber Herr Wirt, möchtet ihr jetzt auch noch den Teufel sehen?» — «Potz Donner und Blitz, ja freilich, den möcht ich gern noch sehen», erklärte der Bauer lachend. «Nun gut, ihr stellt euch also dort an der Tür auf mit einem Stock in der Hand. Ich gebe dem Raben wiederum einen Schlag, und wenn ich auf drei gezählt habe, so wird der Teufel aus diesem Backtrog herausfahren!» Jetzt wusste sich die Bauersfrau vor Angst kaum mehr zu helfen, und gern hätte sie die Sache verhindert; aber sie fürchtete, das Geheimnis könnte an den Tag kommen. Der Soldat stellte sich an den Backtrog, zählte: «Eins, zwei, drei», hob den Deckel in die Höhe, und der Fremdling, der sich darin versteckt hatte, stieg heraus, ganz überzogen mit frischem Teig und mit Mehl. Der Bauer, der an der Tür stand, gab dem vermeintlichen Teufel eine tüchtige Ladung Prügel mit auf den Weg, die hageldicht auf ihn niedersausten. Der mit Mehl übertünchte und unkenntlich gemachte Flüchtling gelangte derart aus dem Haus und war froh, noch so glimpflich davongekommen zu sein. «Lieber Prügel bekommen als entdeckt und gar umgebracht zu werden», mochte er bei sich denken. Die Bäuerin hatte gezittert wie Espenlaub. Als dieser Auftritt vorüber und der Teufel entronnen war, wollte der Bauer Antonio, dass ihm der Soldat um jeden Preis den Raben gebe. Johannes aber tat dergleichen, als wolle er ihn nicht verkaufen. Schliesslich anerbot ihm der Bauer einige Stück Vieh, worauf sich der Soldat mit dem Tausch einverstanden erklärte. Noch am selben Abend wurde der Handel abgeschlossen; Johannes Hess ihm den Raben und zog mit den dafür gewonnenen Kühen seiner Heimat zu. Am folgenden Morgen sagte die Bauersfrau: «Jetzt haben wir nichts mehr zu essen!» — «Ei, mach dir doch keinerlei Sorgen», entgegnete der Bauer, «wir haben ja unsern Raben, diesen wertvollen Zaubervogel, der wird uns viel Glück bringen.» Und er fing an, den Vogel zu streicheln und ihn sorgsam auf den Rücken zu schlagen, damit er «qua, qua» machen solle. Aber es erschien trotzdem kein Essen auf dem Tisch. Antonio aber gab nicht nach und fing immer wieder an, dem Vogel auf den Rücken zu tätscheln. Es war alles umsonst, bis schliesslich der arme Rabe unter den zu vielen Liebkosungen starb. Inzwischen aber war Johannes mit seinen Kühen glücklich heimgekehrt, und der Bauer Antonio hatte das Nachsehen.   Am Kaminfeuer der Tessiner                                                               Walter Keller                                                                                           Hans Feuz Verlag Bern   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Flurnamen Chüngsbrunnen

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Etwas oberhalb des Bades Bubendorf entspringt eine Quelle mit dem Namen Chüngsbrunnen. An ihr soll einmal ein König Wasser getrunken haben. Bubendorf Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Follenküher

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Vom Rücken des Gerstenhorns zieht sich nach der Westseite hin bis an das Schwabtor ein bogenförmiger Gebirgsgrat. Zwischen beiden aufgegipfelt steht das weltberühmte Faulhorn da. Vorn, am Fusse desselben, liegt über der Felswand Schweifisband die Bettenalp. Auf ihrer östlichen Seite befindet sich eine trichterförmige Vertiefung, "Folle" genannt. Dieser gegenüber liegt ein grosser viereckiger in der Mitte gespaltener Stein, der "Lugistein". Zwei Sennen, Vater und Sohn, wirtschafteten auf Bettenalp. Sprach eines Tages der Alte zum Jungen. "Ich gehe den Kühen nach." Er ging aber auf Fangisalp zum Kartenspiel, denn er war ein arger Spieler. Während er droben beim Spiele sass und bei Wetten und Fluchen die Zeit verbrachte, stieg ein Gewitter herauf. Von Blitz und Hagel geängstet sprang das Vieh der Folle zu, deren schmaler Auslauf am Fluhrande über himmelhohem Abgrund lag. Der junge Hirt sah die Gefahr. Verzweifelt hängte er sich nach Älpler Brauch der letzten Kuh an den Schwanz, um die Herde zu retten. Vergeblich! Sie stürzte durch die Folle mit ihm hinab in die Tiefe. Sobald der Vater von dem Geschehenen Kunde erhielt, verliess er das Spiel und es sah ihn von dem Tage an niemand mehr. Seither hören Älpler und Gemsjäger zeitweilig das Gebrüll der Kühe und das Tönen der Glocken einer Sennerei und das Locken des Hirtenbuben: "sçä, sçä, sçä!" Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Frauensteg

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Zwischen Endingen und Degerfelden ist eine Brücke, über die des Nachts übel zu gehen ist; ein Gespenst soll einem den Weg versperren. Als gleichwohl Einer hinüber gieng, pfuchzte es drunten im Wasser, wie wenn einem beim Schwimmen Wasser in die Nase dringt. Kaum hatte der Wanderer „Helf dir Gott!“ gesagt, so folgte ein zweites Erniessen und wiederum gesegnete er es. Beim drittenmal aber schrie er hinunter: „Hol dich der Teufel!“ Da fieng es an zu jammern und sprach: „Ach hättest du auch noch das drittemal recht gesprochen, ich wäre erlöst!“ Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 56 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Freiherr von Brandis

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In dem Chore der Kirche zu Lützelflüh liegt ein Freiherr von Brandis begraben. Von ihm geht die Sage, jedes Mal, wenn die Flühluft über die Berge weht und der Schnee zu schmelzen droht, sei er verdammt, diese Stätte der Ruhe zu verlassen. In voller Rüstung, die eiserne Streitaxt in der knöchernen Hand, sieht man ihn dann in dem Bette der Emme rastlos auf und abschreiten und da, wo er lockere Pfähle in den Schwellen sieht, schlägt er sie mit kräftigen Hieben wieder fest oder ersetzt sie durch neue, wenn es Not tut. Dumpf und schauerlich tönen da die Schläge seiner Streitaxt durch die Nacht, den Anwohnern aber sind sie ein warnendes Zeichen, ihr Eigentum vor den anschwellenden Gewässern der Emme bei Zeiten zu wahren. Dieses Wächteramt aber, zu welchem den Freiherrn von Brandis der Fluch eines armen Müllers verdammte, den er zur Zeit, als ihm die mächtig angewachsene Emme die Mühle hinwegriss, abhielt, den Seinen rettend Hülfe zu bringen, muss derselbe so lange ausüben, bis die Emme, zahm geworden, keine Schwellen mehr braucht. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Freiherr von Brandis

Source: Der Freiherr von Brandis

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Vor vielen hundert Jahren hausten die Freiherren von Brandis auf ihrem stolzen Schloss zu Lützelflüh. Einer dieser Zwingherren, der wildeste von allen, behandelte seine Untertanen ärger als das Vieh. Immer neue Frondienste bürdete er ihnen auf, und er scheute sich nicht, sie mit eigener Hand und scharfer Peitsche zu schlagen. Wer sich ihm zu widersetzen wagte, der verschmachtete im Burgverlies. Eines Tages, es war im Frühling, strich der Flühluft warm über die Berge und schmolz den Schnee auf dem Hohgant und der Schratten. Bekümmert sah es der Müller von Lützelflüh, der infolge der vielen Fronarbeiten die Schwellen an der Emme noch nicht hatte ausbessern können. Kam das Wasser schon heute, so war es um die Mühle geschehen. Darum eilte er hinauf in das Schloss, um den Herrn zu mahnen, dass unverzüglich geschwellt werden sollte. Der Brandiser machte sich eben zur Bärenjagd bereit. Alles Jammern half nichts, der Müller musste als Treiber mit auf die Jagd. Unten im Emmengrund wurden zwei Bären aufgejagt. Diese stürzten sich auf den Freiherren los, der ihnen zu Fuss allein gegenüberstand. Aus dieser harten Bedrängnis rettete ihn der baumstarke Müller. Der Freiherr aber hatte für ihn kein Wort des Dankes oder der Anerkennung. Er hiess ihn mit den andern Bauern die erlegten Bären auf Schlitten in die Burg hinaufschleppen. Da sieht der Müller unten im Tal, wie die Emme, vom warmen Föhn und Regen angeschwollen, wütend ins Land gebrochen ist. Die Mühle ist verschwunden. Voll Entsetzen lässt er den Schlitten fahren und eilt hinab, wo sie gestanden. An der Halde findet er die Frau und die Kinder, doch das jüngste fehlt. In der Verzweiflung will ihm die Mutter nach in die wilden Fluten. Die Nachbarn vermögen sie kaum zurückzuhalten. Machtlos steht der starke Mann diesem Elend gegenüber. Da sprengt der Freiherr auf seinem fuchsroten Hengst heran, fluchend, dass der Müller sich erfrecht, vom Schlitten wegzulaufen. Im Schmerz der Verzweiflung erhebt der Müller die geballte Faust gegen den Tyrannen und nennt ihn Kindsmörder und des Teufels leibhaftigen Sohn. Da schmettert der Freiherr seine Streitaxt auf den wehrlosen Mann, und mit zertrümmertem Schädel stürzt er in die schäumende Flut. Beim Anblick dieser grauenvollen Tat reisst sich die Müllerin aus den Armen der Leute und hoch die Hände zum Himmel erhoben, tut sie einen furchtbaren Fluch: «Keine Ruhe sollst du finden im Grabe! Bei drohender Wassernot sollst du schwellen müssen die Emme auf und ab, immer und ewig! » Sie schrie's und stürzte sich darauf ihrem Kind und ihrem Manne nach in den tosenden Fluss. Entsetzt verzog sich die Menge zu ihren Wohnungen, und der Freiherr ritt kalt und trotzig seiner Burg zu. Des Weibes Fluch zehrte unablässig an des Freiherrn Lebenskraft. Und ehe ein Jahr um war und der Flühluft wieder über die Berge strich, senkte man den trotzigen Herrn zu Lützelflüh in die Gruft seiner Väter. Das Weibes Fluch aber ging grässlich in Erfüllung. Der Tyrann fand keine Ruhe im Grabe. Jedesmal, wenn der laue Frühlingshauch über die Berge weht, und die Emme mächtig anschwillt, da stöhnt und regt der Ritter sich in seiner Gruft. Hinaus muss er, die Streitaxt in seiner knöchernen Hand. In seiner eisernen Rüstung schreitet er die Emme auf und ab. Seine roten Augenbrauen flattern im Nachtwind. Wo er lockere Pfähle sieht, hämmert er sie mit seiner schweren Streitaxt in den Grund, dass es schauerlich durch die Nacht gellt. An der Stelle, wo er den Müller erschlagen, muss er stehen und warten, bis von der Mühle herauf der, Hahn kräht. Dann darf er wieder zurück in seine freiherrliche Gruft. Emmentaler Sagen, Hermann Wahlen, 1962 Gute Schriften Bern Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Freiherr von Regensburg und sein Hausgeist

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Der Freiherr von Regensburg und sein Hausgeist Auf der Burg Wulp oberhalb Küsnacht lebte einst ein Freiherr von Regensberg, der in heiligen und weltlichen Dingen wohl bewandert war und ihrem Studium in einem der Türme der Burg obzuliegen pflegte. Der Besitzer wurde öfters von einem gewissen Hausgeist besucht, der die Bewohner so in Schrecken setzte, dass ausser dem Herrn niemand den Turm zu betreten wagte. Der Herr aber fürchtete den Dämonen nicht im geringsten und studierte ohne Unterlass an diesem Orte. Der Geist erschien ihm gewöhnlich in der Tracht eines Weltpriesters mehrmals des Tages und der Nacht, setzte sich neben ihn und unterhielt sich oft recht lange mit ihm, indem er sich über die Art und Weise seiner Studien unterrichtete. Niemals fügte er ihm das geringste Leid zu. So lebten sie lange Zeit in gutem Einvernehmen miteinander und der Freiherr hätte vom Geiste vieles lernen können, wenn er ihn nur hätte darnach fragen wollen. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Wörtlich aus Stauber. S 45. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Freiherr von Unspunnen

Source: Der Freiherr von Unspunnen

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Die Freiherren von Unspunnen-Rotenfluh hatten im Lande einen bösen Ruf. Sie pressten das Mark aus ihren Untertanen und bedrückten sie auf jede Weise. Es wurde ihnen auch nachgesagt, dass sie den Mädchen des Tales mit ihren Begierden nachstellten und über manches friedliche Heim Weh und Unglück gebracht hätten. So erblickte Freiherr Roland zu Wilderswil, einem Dörflein, das zu seiner Herrschaft gehörte, einst ein lieblich Mägdlein am Brunnen. Das unschuldige blaue Auge und die Pracht ihrer blonden Zöpfe hatten es ihm angetan. Als er des Kindes Wohnung ausfindig gemacht hatte, ritt er dorthin, klopfte mit dem Degenknauf an die Türe und begehrte von der erschreckt herausfahrenden Mutter kurz und bündig, dass sie ihm die Tochter als Dienstmagd hinauf auf die Burg gebe. Alles Sträuben der Mutter, die ihr einziges Kind nicht preisgeben wollte, war umsonst. Die Schlossknechte kamen abends und holten das Mädchen mit Gewalt. Auf dem Schlosse aber ging es gerade hoch her, da der Burgherr seinen Freunden ein Festgelage veranstaltete. Sofort musste das Dorfkind Wein auftragen und ward nun den Augen und Zungen der weinfröhlichen Edelleute ausgesetzt. Rolands Frechheit selbst kannte keine Grenzen. Darum lief das Mädchen hinaus auf den Schlosshof und weinte bitterlich. Da trat aus einem Gebüsch plötzlich der Gespiel des Mädchens hervor, dem sie sich im Stillen verlobt hatte. Er hatte den Gewaltstreich des Burgherrn vernommen und kam jetzt, mit      eigenen Augen Zeuge zu sein. Als er das Herzeleid seiner Geliebten erfuhr, war er von tiefem Ingrimm erfasst "Gehe hinein", sprach er dann, von einem raschen Gedanken erfasst, zu ihr. "Wenn sie dich wieder heissen, die Becher zu füllen, so tue   ungeschickt und stosse den Leuchter um. Stelle denselben dann rasch auf und stelle ihn gerade vor den Burgherrn. Das Mädchen versuchte die Absicht des Geliebten zu erfragen er aber hiess sie ungeduldig hinein gehen. Als sie den Saal wieder betrat, war eben ein grosses Geschrei nach ihr. Die Becher waren alle geleert und die Trunkenen wollten von niemandem Wein als von ihr. Da trat sie mit dem Kruge zum Burgherrn schenkte ihm den Pokal bis zum Rande ein und stiess zugleich mit dem Ellbogen den Leuchter auf dem Tische um. Behende machte sie ihr Ungeschick wieder gut, hob den Leuchter auf und stellte ihn mit zitternden Händen, als ahnte sie ein schweres Ereignis, vor ihren Bedränger. In diesem Augenblicke flog hinter der Reihe der Tafelnden das Söllerfenster auf, als wäre es von einem Windstosse geöffnet. Eine Armbrust blitzte draussen im Dunkel auf und ein Pfeil zischte hinein. Zu Tode getroffen aber sank der Freiherr vom Tische. Da er keine Nachkommen hatte, war das Land von einem Wüterich befreit. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Freiherr von Weissenburg

Source: Der Freiherr von Weissenburg

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Freiherr Johann von Weissenburg lebte auf seinem Stammschlosse am Simmenfluss in kinderloser Ehe. Er war ein grosser Wohltäter der Armen, ein frommer und biederer Mann. Seine junge schöne Frau hatte er aus Österreich in sein Land gebracht. In ihrem Herzen aber wohnte die Eitelkeit. Darum war sie nicht glücklich auf der einsamen Burg und sehnte sich nach ihrem Heimatlande zurück. Um sie zu trösten, lud der Freiherr einen adeligen Gespielen seiner Gemahlin auf sein Schloss ein mit Namen Friedrich. Der Ritter erwies dem jungen Edelmanne alle Pflichten der Gastfreundschaft in reichem Masse. Zum Danke hinterging ihn dieser, indem er sich in den Netzen der treulosen jungen Herrin fangen liess. Ja, sie vermochte den Galan selbst zu betören, ihren Gatten zu töten damit sie dann ungestraft ihrer sündlichen Liebe leben könnten. Als die beiden Edlen, Wirt und Gast, eines Tages zur gemeinsamen Jagd ausritten, erstach der Junker den Ritter meuchlings. Kaum war diese blutige Tat geschehen, erfassten den Mörder die furchtbarsten Qualen des Gewissens und wie ihm die Freifrau darauf den güldenen Reifen an den Finger stecken wollte, schleuderte er denselben weit von sich in den Burggraben, schwang sich auf sein Ross und verfluchte fliehend die treulose Anstifterin des schändlichen Verbrechens. Der Freiherr hatte vor seinem Tode mit den Talleuten in bestem Einvernehmen gelebt. Als man nun sein Vermächtnis öffnete, erfand es sich, dass er, der schon längst die Hinterlist seines Weibes durchschaut, sein Gut den Armen befohlen hatte Hundert weisse Kühe und eine Allmend für 1400 Kühe sollten die Dürftigen erhalten. Allein die Reichen machten nun gleichfalls ihr Anrecht an der Schenkung geltend. Also fiel den Armen nur wenig zu. Seit jener Zeit sieht man des Nachts einen Geist auf den Weiden herumgehen, der dem Vieh aus einer Lecktasche zu lecken gibt. Leckt das Vieh der Reichen Salz aus seiner Hand, so wird es mager und verendet, leckt aber das Vieh der Armen, so wird dasselbe fett, gedeiht und jede Krankheit bleibt ihm fern. So rächt der alte Freiherr das Unrecht, welches die Armen durch den Geiz der Reichen erlitten haben. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Freihof von Aarau

Source: Der Freihof von Aarau

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Auf der Felsenbank des Aarufers, da wo jetzt Rathhaus und Kirche von Aarau steht, erhob sich schon in ältester Zeit ein fester Thurm, welcher Rore hieß. Erst in den zwanziger Jahren diese Jahrhunderts sind seine Umfangsmauern gesprengt und die Spuren der Umwallung ausgeebnet worden; seine Nordseite, die mit ins Rathhaus verbaut ist, hat oben noch einige Zinnen, und aus der Mauer starren die großen Findlingssteine hervor, aus denen der rohe Bau bestand. Gegen die Kirche zu war für alle, die gegen Unterdrücker Hülfe hier suchten, eine Freiung eröffnet; deshalb hieß das Schloß geradezu der Freihof. Eine kurze Gaffe am Felsendamm hin, auf welche die Fallbrücke des Schlosses führte, war den Vasallen und Dienstmannen zur Hofstatt und Einkehr hergerichtet; sie wird daher jetzt noch das Adelbändli genannt. Von da führen zwei lange Felstreppen über die Stadthalde hinab an das alte Bord, an dem ehemals die Aare vorbeifloß. Eine gleiche Burg, aus ebenso schwarzen und unförmlichen Steinlasten zusammengethürmt, liegt einen Pfeilschuß davon entfernt; man nennt sie das Schlößchen. Dies soll das Schloß der Grafen von Rore gewesen sein; nach ihnen benennen sich zwei Dörfer Rohr, zunächst bei Aarau gelegen, das eine am Flusse, das andere in einem Bergkessel des benachbarten Jura. Vor mehr als elfhundert Jahren lebten darin die beiden Brüder Guntram und Baltram. Das Land vom Reußthal an bis ins Emmenthal, vom Kanton Luzern bis in den Berner Kanton war ihr eigen, eine so große Herrschaft, daß man sie später in fünferlei Dekanate theilen mußte. Zu jener Zeit aber war das Land noch mit vielen Sümpfen, großen Wäldern und rauhen Wildnissen bedeckt, darin Bären, Wildschweine und andere böse Thiere wohnten. Ein solches Unthier hauste nun auch in einer Höhle an der Emme. Dasselbe fraß Menschen und Vieh, daß in der Umgegend nichts Lebendiges mehr vor ihm sicher war. Die Alten in den Chroniken sagen, es sei ein Drache, Andere aber, es sei eine große Waldschlange gewesen. Da hörten die beiden Grafen von dem Unthiere und der Noth ihrer Leute an der Emme. Alsogleich nahmen sie ihre Rüstung und zogen aus, und machten Jagd auf das Ungeheuer, um es zu vertilgen. Es lag beim Schlosse zu Burgdorf jenseits der Emme in der Gysenau, da wo der Kesselgraben unter zwei hohen Felsenwänden ist. Als Baltram am Felsen hier sein Schwert wetzte und das Unthier herausforderte, schoß dies mit dampfendem Rachen hervor und verschlang ihn. Gleich aber sprang Guntram hinzu und spaltete dem Drachen den Kopf. Da spie es den verschlungenen Ritter wieder aus und verendete das Leben. In der Emme wuschen sich beide Brüder das giftige Drachenblut ab. Zum Andenken ihrer wunderbaren Rettung bauten sie an jener Stelle ein Siechenhaus sammt Kapelle, der hl. Margarit geweiht. Davon war dorten folgender Vers zu lesen: Gyßenau heißt diese Fluh, Hier wohnt ein Drach lange zu. Der thät fressen viele Schaf, Zuletzt hat ihn getödt ein Graf. Später sind die beiden Brüder noch oft einander beigestanden, und haben nachher die festen Schlösser Lenzburg an der Aa im Aargau, und Burgdorf an der Emme miteinander gebaut. An dem Kaufhause des letztern Städtchens wurde ihr Kampf mit dem Drachen abgemalt, ein großes Wandbild, welches im Jahre 1613 wieder erneut worden und 1703 noch zu sehen gewesen ist mit dem Spruche: Der Bruder stand dem Bruder bei, So ward das Land von Drachen frei. Der letzte ihres Stammes war Graf Landolin. Er wanderte nach Italien aus und wurde Bischof; aber das Verlangen nach der Heimat ließ ihn dorten nicht glücklich sein; er kehrte endlich wieder zu seinen Verwandten zurück, starb aber, ehe er sie wieder gesehen hatte, auf der Heimreise zu Rorschach am Bodensee. Das Grafenwappen war eine aufrecht stehende schwarze Dogge mit silbernem Halsband. Vgl. A. Kellers Aargauer Lehr- und Lesebuch 1853, 111. — Hans Rudolph Grimm, Poetisches Lustwaldlein. Bärn 1703. 13. Ebenderselbe: Schweitzer-Crynica rc., darinnen in Erzählung über 200 Historien v. Basel, bei Mechel 1786. Page 42. Band 2, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau, 1856, Seite 7 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Freihof von Aarau

Source: Der Freihof von Aarau

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Auf der Felsenbank des Aarufers, da wo jetzt Rathhaus und Kirche von Aarau steht, erhob sich schon in ältester Zeit ein fester Thurm, welcher Rore hieß. Erst in den zwanziger Jahren diese Jahrhunderts sind seine Umfangsmauern gesprengt und die Spuren der Umwallung ausgeebnet worden; seine Nordseite, die mit ins Rathhaus verbaut ist, hat oben noch einige Zinnen, und aus der Mauer starren die großen Findlingssteine hervor, aus denen der rohe Bau bestand. Gegen die Kirche zu war für alle, die gegen Unterdrücker Hülfe hier suchten, eine Freiung eröffnet; deshalb hieß das Schloß geradezu der Freihof. Eine kurze Gaffe am Felsendamm hin, auf welche die Fallbrücke des Schlosses führte, war den Vasallen und Dienstmannen zur Hofstatt und Einkehr hergerichtet; sie wird daher jetzt noch das Adelbändli genannt. Von da führen zwei lange Felstreppen über die Stadthalde hinab an das alte Bord, an dem ehemals die Aare vorbeifloß. Eine gleiche Burg, aus ebenso schwarzen und unförmlichen Steinlasten zusammengethürmt, liegt einen Pfeilschuß davon entfernt; man nennt sie das Schlößchen. Dies soll das Schloß der Grafen von Rore gewesen sein; nach ihnen benennen sich zwei Dörfer Rohr, zunächst bei Aarau gelegen, das eine am Flusse, das andere in einem Bergkessel des benachbarten Jura. Vor mehr als elfhundert Jahren lebten darin die beiden Brüder Guntram und Baltram. Das Land vom Reußthal an bis ins Emmenthal, vom Kanton Luzern bis in den Berner Kanton war ihr eigen, eine so große Herrschaft, daß man sie später in fünferlei Dekanate theilen mußte. Zu jener Zeit aber war das Land noch mit vielen Sümpfen, großen Wäldern und rauhen Wildnissen bedeckt, darin Bären, Wildschweine und andere böse Thiere wohnten. Ein solches Unthier hauste nun auch in einer Höhle an der Emme. Dasselbe fraß Menschen und Vieh, daß in der Umgegend nichts Lebendiges mehr vor ihm sicher war. Die Alten in den Chroniken sagen, es sei ein Drache, Andere aber, es sei eine große Waldschlange gewesen. Da hörten die beiden Grafen von dem Unthiere und der Noth ihrer Leute an der Emme. Alsogleich nahmen sie ihre Rüstung und zogen aus, und machten Jagd auf das Ungeheuer, um es zu vertilgen. Es lag beim Schlosse zu Burgdorf jenseits der Emme in der Gysenau, da wo der Kesselgraben unter zwei hohen Felsenwänden ist. Als Baltram am Felsen hier sein Schwert wetzte und das Unthier herausforderte, schoß dies mit dampfendem Rachen hervor und verschlang ihn. Gleich aber sprang Guntram hinzu und spaltete dem Drachen den Kopf. Da spie es den verschlungenen Ritter wieder aus und verendete das Leben. In der Emme wuschen sich beide Brüder das giftige Drachenblut ab. Zum Andenken ihrer wunderbaren Rettung bauten sie an jener Stelle ein Siechenhaus sammt Kapelle, der hl. Margarit geweiht. Davon war dorten folgender Vers zu lesen: Gyßenau heißt diese Fluh, Hier wohnt ein Drach lange zu. Der thät fressen viele Schaf, Zuletzt hat ihn getödt ein Graf. Später sind die beiden Brüder noch oft einander beigestanden, und haben nachher die festen Schlösser Lenzburg an der Aa im Aargau, und Burgdorf an der Emme miteinander gebaut. An dem Kaufhause des letztern Städtchens wurde ihr Kampf mit dem Drachen abgemalt, ein großes Wandbild, welches im Jahre 1613 wieder erneut worden und 1703 noch zu sehen gewesen ist mit dem Spruche: Der Bruder stand dem Bruder bei, So ward das Land von Drachen frei. Der letzte ihres Stammes war Graf Landolin. Er wanderte nach Italien aus und wurde Bischof; aber das Verlangen nach der Heimat ließ ihn dorten nicht glücklich sein; er kehrte endlich wieder zu seinen Verwandten zurück, starb aber, ehe er sie wieder gesehen hatte, auf der Heimreise zu Rorschach am Bodensee. Das Grafenwappen war eine aufrecht stehende schwarze Dogge mit silbernem Halsband. Vgl. A. Kellers Aargauer Lehr- und Lesebuch 1853, 111. — Hans Rudolph Grimm, Poetisches Lustwaldlein. Bärn 1703. 13. Ebenderselbe: Schweitzer-Crynica rc., darinnen in Erzählung über 200 Historien v. Basel, bei Mechel 1786. Page 42. Band 2, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau, 1856, Seite 7 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der fremde Geigera

Source: Der fremde Geigera

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Alte Kunde weiss zu berichten von nächtlichen Zusammenkünften des Jungvolkes zu Spiel und Tanz an abgelegenen Orten. Da aber der Teufel dabei gar oft die Hand im Spiele hatte, wurde dieser Brauch von der hohen Obrigkeit nicht mehr geduldet und mit Verbot belegt. Ein solcher Tanzplatz lag einst neben dem Giessbach auf einer hohen, in den Brienzersee vorspringenden Fluh. In einer sternklaren Samstagnacht tummelten sich auf dem ebenen Grasboden Mädchen und Burschen im Tanz. Über den umstehenden Tannen stand der Vollmond und liess sein fahles Licht leise über das dunkle Kries auf die fröhliche Gesellschaft gleiten. Auf einem umgeworfenen Baumstamm hinter einer Haselstaude spielten die Musikanten auf, weiche wehmütige Weisen. Der Tanz ging im Kreise herum. Bald reichten sich die Tanzenden die Hände zur Kette, bald hoppsten sie paarweise dahin, wechselten Schritt oder drehten sich bedächtig um sich selbst. Wenn die Geiger aber einmal schneller in die Saiten griffen, dann sprang ein flinkes Mädchen auf einen flachen Stein in der Mitte des Kreises, zwirbelte darauf einige Male unter fröhlichem Juheien herum und schlüpfte dann zu seinem Tänzer zurück. Bald ging es gegen Mitternacht. Da gesellte sich zu den Musikanten ein fremder, hagerer Mann, der ein gar lustiges grünes Hütlein mit einer Feder auf dem Kopfe trug, und ein Geiglein spielte, ein Geiglein - oh, so lieblich schmeichelte sich sein Ton in die Ohren der Tänzerinnen und Tänzer, und es war plötzlich, als ob ihre Körper und Glieder schmieg- und biegsam würden wie Weidenruten! Allmählich aber wurden die Takte des Geigleins rascher und rascher, die Weisen wilder und wilder. Huii, wie da die Röcke flogen, huii, wie das wirbelte und zwirbelte, ringelum, ringelum, wie in der Trülle! Und wie die Gesichter heiss und rot wurden im wilden Taumel! Und immer wieder und immer rascher säbelte der fremde Geiger seine Musik herunter, die wilden, ins Blut stechenden fremden Weisen… Mit einem Male brach die Musik in einem schrillen Misston ab. Im selben Augenblicke durchgellte ein grässlicher Aufschrei die Nacht, der allen durch Mark und Bein drang, und unten an der Fluh im Wasser erfolgte ein heftiger Platsch. Die Leute rannten durcheinander, drängten an den Rand des Felsens - es gab nichts mehr zu sehen als mondbeleuchtete Wellenkreise, die im offenen Wasser verliefen. Ein Bursche und ein Mädchen, das schönste Paar der Gegend, waren wie toll über die Fluh hinaus in den See getanzt und elendiglich ertrunken. So nahm das heimliche Vergnügen ein trauriges Ende. Der fremde Geiger aber wär plötzlich wieder verschwunden, so geheimnisvoll wie er gekommen. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der fremde Knecht

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Eine gute halbe Stunde oberhalb des reizend gelegenen Kirchleins St. Silvester liegt am nördlichen Abhang des Käsenberges die Bergweide «Schwand». Der Besitzer derselben suchte sich einst einen Knecht für den «Bergheuet». Auf dem Wege begegnete ihm ein kleines Männchen mit klugen Äuglein und fragte, ob es sich nicht als Knecht für den Heuet beim Bauer verdingen könne. «Gewiss brauch’ ich einen Knecht, antwortete der Bauer, grad’ bin ich auf der Suche nach einem. Aber bist du wohl kräftig genug, um mähen und aufladen zu können?», fragte er zweifelnd das Männlein. «Versuch’s ein paar Tage mit mir», flehte es. Der Vorschlag wurde angenommen, bald waren beide handelseinig. Noch am selben Abend trat der winzige Heuer seinen Dienst an. Am nächsten Morgen sollte er Grünfutter schneiden. In wenigen Minuten war die Arbeit beendet. Der Meister wunderte sich darüber, liess es sich jedoch nicht merken. Er hiess den Knecht die ganze Bergwiese abmähen. Bis Mittag sollte er damit fertig werden. «Ich will’s probieren», meinte das Männchen und ging. Sein Herr aber versteckte sich hinter einer Hecke, um zu sehen, wie der merkwürdige Kauz seinen Befehl ausführe. Da sah er etwas Unerhörtes! Das Knechtlein umschritt die ganze Wiese, wobei er allerhand unverständliche Worte brummte. Darnach nahm er die Sense zur Hand, mähte ein paar Striche und setzte sich dann gemütlich am Wiesenrand nieder. Aber unsichtbare Hände schnitten das Gras kunstgerecht ab und breiteten es zum Dörren aus. In weniger als einer halben Stunde war die Wiese abgemäht und das Gras ausgebreitet. Flink eilte der Bauer heim und wartete auf den wunderlichen Dienstboten. Als zu Mittag dieser zurückkehrte, liess sich sein Herr nichts anmerken. Am folgenden Tage musste der Kleine das Heu ganz allein unter Dach bringen. Er nahm eine Gabel voll Heu und trug sie einen geheimnisvollen Spruch murmelnd auf den Heuboden. Und husch! husch! wie ein Sturmwind flog das Heu von der Wiese her zum Scheunentor herein an seinen richtigen Platz. Durch jede Ritze und Öffnung drang es durch, bis kein Halm mehr draussen lag. Jetzt überkam den Bauern doch ein kaltes Grausen vor dem zauberhaften Treiben seines flinken Heuers. Er wollte nichts mehr mit ihm zu tun haben. Deshalb rief er ihn her, bezahlte ihm den ausbedungenen Lohn und entliess ihn. Alles Nachforschen und Fragen nach der Herkunft des rätselhaften Männleins blieb erfolglos. Ungekannt, wie es gekommen, verschwand es auch. In «Schwand» aber hat sich sein Andenken vom Grossvater zum Enkel erhalten, und gerne erzählt der jeweilige Besitzer dieser Bergweide die Geschichte vom fremden Knecht.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der fremde Musikant

Source: Der fremde Musikant

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Eine Maskaradengesellschaft ging übermütig in Closters-Platz herum. Nicht weit von der Kirche begegnete ihr ein sonderbar gekleideter Mann mit Geissfüssen, auf einer »Hand«-Orgel (Harmonika) spielend. Obgleich Alle vor dem Fremden sich fürchteten, gefiel die Musik, die er machte, ihnen zu gut, so dass sie ihn baten, er möchte mit ihnen gehen, und »aufmachen« (Musik spielen). Der Fremde führte sie nun in viele Häuser; Alles war entzückt über die schöne Musik, überall ging's lustig her. Zuletzt führte er sie noch ausser das Dorf, zu einem Dornbusche hin, vorgebend, jetzt wolle auch er sie gastieren. Vor dem Dornbusche stampfte er auf den Boden, dass es »klepfte« (krachte), und im Nu war der Dornbusch verschwunden, dafür aber befand die ganze Gesellschaft sich in einem grossen, schönen Saale, der aber keine Türe hatte. Statt dass der fremde Musikant ihnen nun weiter aufgespielt, geschweige sie gastiert hätte, jagte er sie mit einer riesigen, lebendigen Schlange in der Hand so lange im Saale herum, bis Eines nach dem Andern vor Schreck und Angst und Ermüdung umfiel, und die Besinnung verloren hatte. Am Morgen lagen Alle, übel zugerichtet, mit geschwollenen Köpfen, und mit einem langen Stricke aneinander gebunden, um den Dornbusch herum. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der fremde Viehhändler

Source: Der fremde Viehhändler

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Noch vor wenig Jahren traf ein Mann aus den Mörjerbergen in der Nacht beim Nussbaum, einem Gütchen zwischen Mörel und der Nussbaumbrücke, einen Fremden an der Strasse stehen. Immer freundlich und wohlgelaunt ging er auf ihn zu und sagte: «Guter Freund! Wem wartest du?» Traurig antwortete der Angeredete: «Eben dir lieber Freund! Ich kenne dich und habe Zutrauen zu dir; denn wisse, ich bin kein Lebendiger, aber der Geist eines Verstorbenen.» Eiskalter Schauer überfiel unsern gutmütigen Frager; — doch blieb er stehen und hörte den stillseufzenden Toten mitleidig an. — Dieser fuhr fort zu erzählen, wie er im Leben ein fremder Viehhändler gewesen, der eben an dieser Stelle sein Vieh oft habe laufen und weiden lassen. Er glaubte damit nicht grob gefehlt zu haben; doch könne er nicht erlöst werden, so lange dafür nicht genug getan werde. Er wende sich da an ihn und bitte, ihm zu helfen. Zwar sollten das seine Erben tun; aber es nütze nichts, diesen etwas zu sagen, weil sie es nicht glauben und nicht erfüllen, darum nur ihr Gewissen belasten würden. Er solle darum denselben nichts kund tun, sondern aus eigener Liebe helfen, die er ihm zu vergelten trachten werde; ihm fehlen zur Erlösung ein Almosen und ein paar Hl. Messen. Mitleidig und gerührt versprach der Lebende zu helfen und der Tote verschwand. In kurzer Zeit war das Almosen verteilt und die Hl. Messen las der noch lebende Kaplan Schlunz in Glis. — Eines Abends kehrte unser Bauer erst spät in der Nacht heim. Als er zu seiner Hausstiege kam, sah er zuoberst auf derselben jemanden stehen. Nichts ausserordentliches vermachend rief er in seiner gewohnten guten Laune hinauf: «Wart! Jetzt ertappe ich dich grad recht; du scheinst in meiner Abwesenheit mein Haus überrumpeln zu wollen.» Er eilte hinauf und erkannte — diesmal nicht mit Schrecken, aber mit einiger Zufriedenheit — seinen toten Viehhändler wieder. Dieser erklärte dankend, ihm sei geholfen und er habe ihm den Liebesdienst bereits vergolten, indem er ihn unlängst bei gefährlicher Holzarbeit im Walde vor schwerem Unglück geschützt habe. Er werde auch in Zukunft ihm dankbar sich erweisen. Der hocherfreute Bauer lud seinen toten Freund ein, wenn er Zeit hätte und es ihm erlaubt sei, ins Haus hinein zu kommen, um länger mit einander zu plaudern: «Meine Hausleute schlafen», meinte er, «und sie würden wohl nicht gestört werden.» Der Tote folgte und in langer Rede ermunterte er seinen Wohltäter, gerecht und fromm seine Tage hienieden zu verleben. — Dann aber nahm er Abschied für immer. (erzählt von Pfarrer Escher)   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der frevle Spötter

Source: Der frevle Spötter

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Als die Eidgenossen mit wilder Kraft das Heer der beutegierigen Österreicher am Engpass am Morgarten in die wilde Flucht geschlagen, sprang ein Ritter mit seinem Streitross in die Fluten des Ägerisees und das gute Tier trug ihn gegen die heutige Naas ans jenseitige Ufer. Wie das Pferd festen Boden unter sich spürte, wurde der Reiter übermütig und in frevlem Hohngelächter rief er gen Himmel die stolzen Worte: Nun bin ich entkommen, sei es Gott lieb oder leid! Kaum war das übermütige Wort seinen noch schreckensbleichen Lippen entronnen, als das Pferd sich aufbäumte und den festen Halt verlor. Im gurgelnden Wasser des Ägerisees ertranken Ross und Mann. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 39 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Friedhöflerbach

Source: Der Friedhöflerbach

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Am südlichen Fusse des Bürgenberges (Bürgenstock) im Kanton Unterwalden (Nidwalden) bei der Sankt Antonskapelle einige hundert Schrittem aufwärts, vom See an gerechnet, befindet sich in einer haldigen Wiese eine kleine Höhle von zerklüfteten Kalksteinen gebildet. Diese Höhle teilt sich in Gänge von verschiedenen Richtungen, die aber wegen ihrer Engheit dem Besuchenden unzugänglich sind. In einer der Vertiefungen erblickt man, wenn man den dunkeln Raum mit einer Fakel erleuchtet, im Hintergrunde Wasser, in welchem man bisweilen das Geräusch von schweren unterirdischen Wassertropfen vernimmt, oder ein Brausen gleich unterirdischen Luftströmungen. Dass diese unheimliche Erscheinung zu allerlei Vermutungen Anlass geben musste, war bei dem unkundigen Volke natürlich. Mehr aber musste noch auffallen, dass das Wasser im Hintergrunde der Höhle plötzlich anwächst und brausend und schäumend den Bauch des Berges verlässt, um in einem selbst gegrabenen Bette sich dem See zuzuwälzen. Das Wasser selbst ist hell, klar und frisch, in seiner spezifischen Schwere beinahe dem filtrierten Regenwasser gleich. Diese Erscheinung ist allerdings sehr merkwürdig, wenn man sieht, dass es wie von einer Laune des Baches abhängt, sein Wasser zwei bis drei, ja bis sechsmal des Tages aus dem Schosse des Berges zu stossen, um es schäumend und tosend dem See zuzuschicken. Die Strömung dauert aber sehr ungleich, oft kaum eine Viertelstunde, oft stundenlang und oft noch länger, man hat ihn öfters den halben Tag fliessen gesehen. Wenn er aufhört, so geschieht es in kurzer Zeit, sein Bett wird wieder ganz trocken, um aufs Neue wieder von den Wellen bespült zu werden. Vor seinem Erscheinen soll ein dumpfes Brausen vernommen werden, so wie auch bei seinem Rückzuge. Diese Ergüsse sind keineswegs regelmässig, sie hangen unzertrennbar mit der Menge der wässerigen Niederschläge der Atmosphäre zusammen. Liegt im Winter viel Schnee auf dem Berge, tritt Tauwetter ein oder weht der Föhnwind, so wird der Berg zum Filtrum für den zu schmelzenden Schnee. Das Wasser sammelt sich in der Berghöhle, wie in einem leeren Fass; ein Kanal führt aus demselben, wie aus einem Weinheber das Wasser zu Tage, und so scheint sich der einmal gefüllte Raum zu entleeren. Dass dabei die Luft das ihrige tun muss, versteht sich von selbst. Das Nämliche geschieht nach starkem Gewitterregen oder anhaltendem Regenwetter. Von dieser periodischen Quelle, oder von dem Friedhöfler, wie ihn die Leute nennen, geht die Sage, dass wer am Eingang der Höhle stehe, das Wasser herausfordere und nicht an die Macht des Berggeistes glaube, der soll seinen Fluten nicht entrinnen können, sie würden ihn unfehlbar in dem See begraben. Unter anderm erzählt die Sage von einem alten Mütterchen, das aus dem Welschland kam und sich im Besitze vieler Zauberkünste rühmte. Die Zigeunerin, die, wie sie vorgab, sich kugelfest machen konnte und ein Mittel besass, im Wasser nicht zu ertrinken, hörte von dem merkwürdigen Maibrunnen und begab sich an seine Höhle. Dort angekommen, steckte sie das zusammengeschrumpfte Gesicht in die Öffnung und schrie: Wasser! Wasser! komm heran! Wenn dein Arm mich packen kann, Will mit dem Kopf ich zahlen. Kaum war diese Herauoforderung geschehen, so fing es im Innern des Berges an zu brausen und ein kalter Luftstrom strich aus dem Loche, dass sich die Blätter der nahe stehenden Bäume bewegten. Indem das Mütterchen seine Herausforderung wiederholte, schritt es trotzend durch das trockene Bachbett gegen den See hinunter. Noch einmal rief es höhnend: „Wasser! Wasser! komm heran!" Da zeigte sich plötzlich eine kleine Welle, die seinen Fuss benetzte. „Ha," sagte es, „wenn der Berggeist nicht mehr Wasser zu senden vermag, so soll er hübsch schweigen." Bei diesen Worten rauschte eine stärkere Welle vorüber. Dem Zigeunermütterchen fing es an unheimlich zu werden, es wollte aus dem Rinnsale über das buschige Bachufer klettern, da packte ein Dorn den Saum seines Kleides und indem es sich von dem lästigen Wegelagerer befreien wollte, rauschte brausend und schäumend das Wasser um seine dürren Beine. Ein anderer Dorn stach es in die Hand, dass es plötzlich den ergriffenen Ast fahren liess, und rückwärts ins Bachbett musste, um einen andern Ausweg zu suchen. In diesem Augenblicke rauschte Welle an Welle und immer höher angeschwollen wälzte sich der Bach in Sätzen und Sprüngen. An Steine und herabhängende Gesträuche sich klammernd schrie das Weibchen ängstlich nach Hülfe; allein umsonst, die tobende Flut spülte es auch vom letzten Anhaltspunkte und so sah man das unglückliche Opfer, nur hier und da eine Hand oder einen Fuss aus dem weissen Schaume regend, furchtbar zerschellt dem See zutreiben, wo es heute noch begraben liegt. Allein die Stimme seines wandelnden Geistes soll jetzt noch in der Höhle tönen. Einige meinen man höre: „Tropf! Tropf! Tropf!" andere glauben es heisse: „Kopf! Kopf! Kopf!" weil das Mütterchen nach seinem Kopfe schreie, mit dem es seinen Frevel bezahlen musste. Warum man aber den Bach Friedhöfler nennt, ist nicht zu erraten, wenigstens zeugt sein ungestümes Wesen von keiner Friedhofsruhe.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Der Friesenweg

Source: Der Friesenweg

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  Im Berner Oberland gibt es eine Gegend, das Saanenland, in der es nachts gar nicht geheuer ist. Da ist's besser, wenn man nicht über Weg sein muß und im Guckauskämmerchen im sicheren Laubbett liegen kann. Denn oft geht es draußen vor den Häusern und Stadeln fürchterlich zu mit Donnern, Dröhnen und Krachen, und es braust, heult, schellt und hörnt durchs ganze Land. Wer's aber hört, bekreuzt sich und macht sich unter die Decke, da er wohl weiß, daß das Friesenvolk über Weg ist. Nämlich in alten Zeiten war vom Meer her ein Friesenvolk, das Hungersnot und Überschwemmungen aus der Heimat vertrieben hatten, in die schönen Täler des Saanenlandes eingezogen. Und da ihm diese grüne Bergwelt gar wohl gefiel, machte es sich darin heimisch. Die grünen Weiden wurden bebaut und die wilden Tiere in die Bergwälder zurückgetrieben. Aber ihre alte Heimat konnten die Friesen doch nie vergessen bis auf den heutigen Tag. Darum steigt dies tote Volk oft in gewissen Nächten, besonders um die Wintersonnenwende, aus seinen Gräbern, schart sich zusammen und kehrt genau auf dem gleichen Wege, auf dem es einst ins Bernerland gezogen war, heim zu den fernen Ufern der grauen Nordsee. Und in der gleichen Nacht kehrt es auch wieder zurück, sobald es das Rauschen und Branden des Meeres vernommen hat, zurück in seine Grabhügel im bernischen Saanenlande. Wehe aber jenen, die dem toten Friesenvolk seinen gewohnten Weg, von dem es keinen Finger breit abweicht, verlegen wollten! Häuser und Mauern zerfetzen die erzürnten Geister dann wie Garnknäuel und wischen alles aus ihrem Weg, als führen Lawinen vor ihnen her. Vor vielen, vielen Jahren wurde einstmals dennoch auf einer Alp ein Viehstall aus Unbedachtsamkeit mitten auf den Friesenweg gebaut. Glücklicherweise waren aber durch Zufall seine beiden Türen gerade da angebracht worden, wo der Friesenweg ein- und ausmündete, also daß der unheimliche Geisterweg mitten durch den Stall gehen konnte. Daher ließ der Senn vorsichtig alleweil, sobald das Vieh nach dem Melken wieder in die Nacht hinausgelassen worden war, die Türen sperrangelweit offen. So oft dann der Friesenzug durch den Stall brauste, wurde er doch nie verheert, noch geschah einem der mit Grausen auf dem Heulager liegenden Älpler etwas. Eines Tages gedachte der Senn seine Lieben im Tale wieder einmal aufzusuchen, da er sie fast den ganzen Sommer über nicht mehr gesehen hatte. Er nahm also die Traggabel auf den Rücken und legte einen Buttersack darauf. Bevor er aber ging, rief er den Meisterknecht beiseite und empfahl ihm dringend, er möchte doch ja nie unterlassen, die Türen des Stalles während der Nacht sperroffen zu lassen, damit das tote Friesenvolk seinen Weg ungehindert durch den Stall nehmen könne, wenn es etwa umgehen sollte. Als aber der Senn davongegangen und zu Tal gestiegen war, teilte der Meisterknecht den anderen Knechten die Warnung des Sennen mit, und da hatten sie zusammen ein großes Gelächter und verspotteten die Einfalt ihres Herrn. Sie trieben es so weit, daß sie übereinkamen, den Friesenweg zu versperren und daher die beiden Stalltüren zu schließen. Gedacht, getan. Sie verriegelten beide Türen fest und legten sich danach lachend auf ihr Wildheulager. - Draußen aber begann es zu winden, erst nur schwach und dann immer stärker, doch sie beachteten es nicht und schliefen ein. Sie mochten noch nicht lange geschlafen haben, als sie auf einmal ein seltsames Murren wie fernes Donnern aufweckte. Erst glaubten sie an ein heraufziehendes Gewitter, aber durch die Spalten des Gadens schimmerten die Sterne. Und jetzt ward das Murren und Knurren stärker und ward daraus ein unheimliches Rauschen und Rollen. Und nun war es ihnen, als vernähmen sie das Getute mächtiger Hörner, Pferdegewieher und Hundegebell und dröhnendes Waffenklirren. Erschrocken richteten sie sich auf und lauschten. Deutlich hörten sie's nun dahertraben, und etwas wie ein unablässiges Peitschenknallen war ums Dach. Und jetzt fuhr's an die Türe wie ein furchtbarer Donnerschlag, von dem der Stall erbebte, und eine Stimme erscholl in der Nacht draußen: "Tüet uf die Tür, wan ds Friesenvolch wott grad derdür!" 1) Zu Tode erschrocken kauerten die Knechte auf ihren Heulagern. Aber keiner wagte es, den versperrten Weg freizumachen und die Türe zu öffnen. Da gab es einen fürchterlichen Krach. Das ganze Stalldach samt den zentnerschweren Dachsteinen wurde emporgehoben, also daß die entsetzten Knechte eine Weile den Sternenhimmel über sich sahen. Doch legte sich das schwere Dach langsam wieder auf den Stall zurück. Jetzt merkte der Meisterknecht mit Schrecken, daß es ihnen allen bös ergehen möchte, wenn die Türe nicht aufgetan würde. Und da er wohl wußte, daß sein Übermut und sein Ungehorsam die Hauptschuld an dem wilden Toben des Totenvolkes hatten, rief er hinunter in den düsteren Stall: "In Gottesnamen tu' ich auf!" Zitternd machte er sich vom Wildheu in den Stall hinab und tat dort die beiden Türen auf, so weit er nur konnte. Dann stellte er sich bebend, halbtot vor Angst, neben den Türeingang. Kaum war der Durchgang offen, so gingen seltsame Männergestalten an ihm vorüber, die ihn alle um Haupteslänge überragten, und wünschten ihm freundlich guten Abend. Dann aber rauschte schnell wie ein Sturmwind ein ganzes Heervolk an ihm vorbei. Die Krieger waren in flatternde Stierfelle gekleidet, deren Hörner über die flachsfarbenen Locken der Männer drohend hinwegschauten. Auf der Schulter trugen sie lange Speere oder gewaltige Streitäxte, und an ihren Gürteln hingen breite Schwerter. An dem einen Arm aber hatten sie einen riesigen Schild. Kaum waren sie vorbei, so erschienen Reiter, die ihre wildschnaubenden Rosse kaum zu bändigen vermochten. In den geflügelten Helmen der Reiter spiegelten sich die Sterne. Wie der Sturmwind rasten sie durch den Stall. Ihnen folgte noch einmal Fußvolk, und nun rollten donnernd und mit Windesschnelle gewaltige Karren daher, in denen Weiber und Kinder mit goldblonden Haaren saßen. Flinke Jungen und zottige Hunde jagten neben ihnen her. Dann kamen wieder Krieger, und lange, lange ging es so fort und wollte kein Ende nehmen. Mit Entsetzen und zitternd starrte der Meisterknecht auf den unendlichen Friesenzug. Das Lachen war ihm und den oben schreckensbleich lauschenden Knechten schon lange vergangen. Er konnte sich nicht von der Stelle bewegen. Und als endlich der ungeheure Zug ein Ende nahm, glühten auch die windumbrausten Zinnen der Schneeberge auf, und es ward Tag. Da schlich sich der Meisterknecht fröstelnd und schlotternd durch den Stall, stieg wieder aufs Heulager hinauf, wo die Knechte seiner voll Angst harrten. Dort legte er sich hin und erzählte mit tiefer Stimme, was er gesehen. Danach redete er kein Wort mehr. Am Abend war er eine Leiche. 1) Macht die Türe auf, denn das Friesenvolk will hindurch!   Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der fromme Sonderling

Source: Der fromme Sonderling

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In Lötschen lebte vor Zeiten ein frommer braver Bauer. Der war aber auch Sonderling und machte nicht wie andere Leute. Er wohnte in Kühmatt, wo eine gnadenreiche Muttergotteskapelle steht. Im Winter kam er nie zur Kirche, sondern diente Gott nach seiner Art, indem er sagte, er habe die Messe, ohne dass er so weit gehe. Der Ortspfarrer wollte jedoch die Sache nicht so hingehen lassen, weil der Mann nie zu den Hl. Sakramenten kam, selbst an Ostern nicht. Er liess ihm also melden, er habe seine Pflicht wie die andern zu erfüllen. Nach mehrmaliger Aufforderung erschien er nun eines schönen Morgens in der Kirche und trat in die Sakristei zum Pfarrer und sprach: «Ich komme, weil Sie es so haben wollen; doch erlauben Sie mir, dass ich meinen Hut aufhänge. Da der Sonnenstrahl, der in den Staub hineinscheint, einen dunkeln Streifen bildet, hängte er seinen Hut so in das Blaue hinein und er blieb hängen. Wie der Pfarrer dieses sah, stand er auf und liess den frommen Mann ziehen, indem er erkannte, dass derselbe von einem höhern Geiste geführt werde. (erzählt von Professor Henzen)   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Frosch

Source: Der Frosch

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Es war einmal ein Graf und eine Gräfin, die hatten eine einzige Tochter. Dieses Mädchen war noch nie ausserhalb des Schlosses gewesen. Eines Tages bat sie den Vater, spazieren gehen zu dürfen. Der Vater erlaubte dies, und das Mädchen zog die schönsten Kleider an und steckte an alle Finger goldene Ringe. Dann ging sie über eine Ebene und fragte einen Mann, der mähte, wo es frisches Wasser gebe. Der Mann zeigte zu einem Hügel hinauf und sagte: «Dort drüben gibt es frisches Wasser.» Das Mädchen ging zur Quelle, aber sie wusste nicht, wie sie trinken sollte. Sie streifte die goldenen Ringe ab und legte sie neben sich auf eine Steinplatte. Dann trank das Mädchen Wasser, und als sie zurückschaute, fand sie ihre Ringe nicht mehr. Da rief sie: «Wo sind meine Ringe?» Eine Stimme antwortete: «Ich habe sie.» Das Mädchen bettelte: «Gib mir die Ringe zurück!» Da kam ein Frosch aus dem Wasser und sagte: «Wenn du mich mit dir essen und schlafen lässt, so bringe ich die Ringe zurück.» Das Mädchen versprach es, und dann brachte der Frosch die Ringe zurück. Sie steckte sie wieder an die Finger und ging nach Hause. Als das Mädchen zurückschaute, war der Frosch hinter ihr her, und der sagte dann zu ihr, sie solle nur vorangehen, er komme ihr schon nach. Sie langte beim Schloss an, und der Frosch war ihr auf den Fersen. Da konnte sie gerade noch das Tor vor dem Frosch zuschlagen. Der Vater fragte, wer draussen sei, und das Mädchen erzählte ihm alles. Auf Befehl des Vaters musste sie den Frosch ins Schloss und beim Nachtessen neben sich essen lassen. Als das Mädchen schlafen ging, sprang der Frosch hintennach und ging mit ihr ins Bett. Am Morgen aber, als der Vater ins Zimmer der Tochter trat, lag ein wunderschöner Bursche neben ihr, und mit dem machte sie fröhlich Hochzeit.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Fröschenbatzen

Source: Der Fröschenbatzen

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Der Fröschenbatzen In jenen Zeiten, als noch die Ritter in der Burg am Bichelsee hausten, bevölkerten eine Unmenge von Fröschen den Saum des sonst stillen Gewässers. In den lauen Sommernächten erhoben diese Vierbeiner ein so gewaltiges Gequake, dass es den Herren auf der Burg fast die Ohren zersprengte. Wenn die unmusikalischen Adeligen den Wettgesang vom See herauf nicht mehr ertragen mochten, so boten sie ihre Eigenleute in der Gegend zur Fröschenjagd auf. Mit Stecken und Ruten mussten die Bauern dann den Tierchen den Garaus machen. Weil es aber keine besondere Freude war, in stockdunkler Nacht in den Sümpfen und im Wasser herumzuwaten, wurden die Bauern rätig, sich von diesem unwürdigen Dienste loszukaufen. Die Herren von Bichelsee, die nie zu viel Geld besassen, waren mit dem Begehren einverstanden. Sie setzten den Loskauf mit einem Batzen fest, den jede Haushaltung fortan jedes Jahr zu zahlen hatte. Diesen Batzen hieß man den Fröschenbatzen. Als später die Herrschaft Bichelsee an das Kloster Fischingen fiel, mussten die Bichelseer den Fröschenbatzen weiter zahlen, obschon in der zerfallenen Burg längst keine Ritter mehr wohnten, denen das Fröschenkonzert in den Ohren weh getan hätte. Auch den Klosterbrüdern kratzte das Jubilieren der grünen Sänger keineswegs in den Ohren, aber eben, Geld macht auch vor den Geldsäcken der sogenannten Frommen nicht halt. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland VB, Nr. 28/1916; Thurgauische Beiträge zur vaterländ. Geschichte, Heft 23: „Der Fröschenzins zu Herten“   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Fröschenzins von Herten

Source: Der Fröschenzins von Herten

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Der Fröschenzins von Herten Nahe bei der Thur, in der Nähe der Ortschaft Ellikon, liegt Herten, das früher nur aus vier Bauernhöfen bestanden haben soll. Nicht weit davon erhob sich einstmals die Burg gleichen Namens, zu deren Füssen sich ein Teich befand. In diesem Wässerlein hauste eine Unzahl Frösche, Auf der Burg Herten wohnte vor Zeiten ein Edelfräulein, das konnte nicht schlafen, weil die Frösche im Teiche bei Nacht einen abscheulichen Lärm verführten. Damit sie fürderhin nicht mehr in der Ruhe gestört würde, befahl sie den Besitzern ihrer Höfe, abwechselnd des Nachts die Frösche zu verscheuchen oder zum Schweigen zu bringen. Mit der Zeit aber wurden die Leute von Herten dieser lästigen Nachtarbeit überdrüssig, und sie vermochten zu erwirken, dass die Bewohner des Schlosses eigens zu diesem Zweck einen Wächter oder Scheucher bestellten, wogegen die Lehenbauern selbst eine jährliche Abgabe entrichteten. Diese Abgabe nannte man scherzweise den Fröschenzins. Auch als die Burg später nicht mehr bewohnt war und der Burgstall in den Besitz des Karthäuserklosters Ittingen gelangt war, zahlten die Hofleute diesen Fröschenzins regelrecht an das Kloster, bis sie sich in neuerer Zeit davon loskauften. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Winterthur und Weinland Thurgauische Beiträge zur Vaterländischen Geschichte, Heft 23, S. 108. Daselbst S. 110: „Das Froschlehen auf der Reichenau“ und S. 111: «Der Fröschenbatzen zu Bichelsee“. - Dieselbe Quelle führt auf der Seite 106 an: „Aus dem Mittelalter sind Überlieferungen vorhanden, denen zufolge es herkömmlich war, dass leibeigene Bauern die Pflicht hatten, eine bestimmte Nacht im Jahre, oder wenn der Herr im Dorfe übernachtete oder seine Vermählung feierte, oder seine Gemahlin im Kindbett lag, das Wasser im Teich mit Ruten zu schlagen, auf dass die Frösche schwiegen. Diese Art Frondienst hat Jakob Grimm in seinen Rechtsaltertümern für das nördliche Frankreich, für Lothringen, Trier und die Wetterau durch Belege nachgewiesen.“ Ferner wird auf die von Johannes Meyer gesammelten Belege aus der Picardie, aus der Saar und Alemannien verwiesen, sodann auf die Zimmersche Chronik, welche diesen Frondienst kritisch betrachtet: (es wurden Leute bestellt) „die auch ihre Lehengüter drum besessen; die haben den Fröschen wehren sollen und verhindern, dass die gaistlichen Vätter vor dem Rätschen schlafen kunden, ain Luxus, der auch dem Heliogaballo, Xerxi, Lucullo und anderen Brachthansen und verwenten Leuten zu vergleichen.“ Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Froshas

Source: Der Froshas

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Wenn die Kinder in und um Sargans unartig sind, oder wenn sie abends nach dem Betläuten noch auf der Strasse umherstreifen und lärmen, holt sie der Froshas, der sie ins Valeistobel hineinträgt und Kirchturmstief ins Loch hinabwirft, wo der Valeishund ist, den alle Leute meiden. Dr. Henne-Am Rhyn, Deutsche Volkssage. * Man droht den Kindern auch mit der "Hüllafrau", wenn sie sich nicht waschen und kämmen lassen wollen, mit dem Baubau, wenn sie überhaupt nicht recht tun, und mit dem Traubenmännli, wenn sie sich an fremdem Gut vergreifen. Das letztere verfolgt nämlich die Traubendiebe mit dem Rebmesser, wie ja der Traubendiebstahl viel strenger geahndet wird als der Obstfrevel. J. Natsch Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 175, S. 82f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Fuchs im Geimu

Source: Der Fuchs im Geimu

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In Geimu, eine Stunde ob Naters, auf der Seite des Hochgebirges, soll es ehemals auch unheimlich gewesen sein. Dort soll ein gespenstiger Fuchs herumgespukt haben. Ein unerschrockener Jäger soll gesagt haben, wenn ich gesegnetes Pulver in meine Büchse lade, so will ich probieren, ob ich diesen Fuchs nicht auch auf der Beize z'schlafen legen kann. In einer Winternacht ging er also express in einen Stall dorthin, wo es herumspuken sollte, auf die Fuchs-Passi. Gegen zwölf Uhr der Nacht kam wirklich ein grosser Fuchs auf die Beize. Der Jäger schlug an und gab Feuer. Da warf es ihm das Gewehr aus den Händen bis zuhinterst an die Wand des Stalles. Erschrocken, doch mutig, wollte er zu dem Glotz (Stallfenster) hinaussehen, ob er getroffen — da stiess er sein Gesicht an ein gletscherkaltes Menschenangesicht — als wenn dasselbe auch hineinschauen wollte. — Ungeachtet des Schreckens, den ihm dies Zusammenturnen verursachte, eilte er nach Haus. Die Folge davon war eine lange Krankheit und dass er niemals mehr auf die Jagd ging.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Fuchs im roten Röcklein

Source: Der Fuchs im roten Röcklein

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Ein Schächentaler stand im Begriffe, auf die Fuchsjagd zu gehen, als ihm seine besorgte Gattin noch ans Herz legte, er solle ja nicht unterlassen, etwas Gesegnetes unter das Pulver zu mischen. Er aber spottete dessen und sagte: »I gah-n-etz ämel noch oni.« Im Walde begegnete ihm ein Fuchs in einem roten Weiberröcklein. »Ha,« sagte der Jäger bei sich selber, »das Röcklein sollst du nicht mehr lange tragen, das will ich dir schon abnehmen,« und schoss. Aber im gleichen Augenblick lag er schon bewusstlos am Boden, mit zerschmettertem Arm. Frau Gisler-Zwyssig, 68 J. alt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Fuchs im Sack (Mundart)

Source: Der Fuchs im Sack (Mundart)

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Au vu brinnige Manä, vu Schrättlig und vum Grääggi hätme schu gnueg köürt. Aber eigetümli isch doch ämoul dum Peter Geel vu Vild gangä. Der sei schints ämoul spout in der Nacht vu Mels gägem Städtli durä chu überds Fäld. Bem Chrüz chäm ä Fux zuehä und hei ganz merkwürdig zahm tue. Der Peter, nit fuul und nünnt di Fux inä leirä Sagg, wonner grad deinem ka hat, und mit uffä Ruggä. Wiener zum steinenä Stäg chunnt, köürt er ä Wyberstimm vu der Pasattiwand ahägellä: "Schwöster, chumm jetz!" Duä antwortis: "I'cha nit, i bi ins Peter Geelä Sack jinn!" Er würft der Sagg erschroggä vum Buggel und lout der Fux laufä. Dar hei der Schwanz zwüschet d'Bei gnu und sei we bsässä der Pasatti zuä. Albrecht, Erinnerungen.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 185, S. 87 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Fuchs in der Alp Gornern

Source: Der Fuchs in der Alp Gornern

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In der Alp Gornern war ein Senn, der bemerkte, dass alle Nächte ein grosser Fuchs aus dem hohen Gebirg herab komme und bei der Hüttentüre hineinschaue. Dann, wenn er das eine Weile getan, schlich er wieder dem Gebirge zu. Der Senn machte gegen diesen Fuchs nichts, weil er ihm sonst kein Leid zufügte. Ein anderes Jahr bekam der Senn einen andern Hirten, und der Hirt wollte das nicht leiden. Er ging eines Tages nach Hause und brachte eine Flinte und sagte, dem Fuchs wolle er schon reiken. Er lud das Gewehr, und, als der Fuchs kam, schlug er an und schoss, im Bett liegend, auf ihn. Doch der Schuss zersprengte ihm das Gewehr und schlug ihm einen Fuss ab. Der Fuchs ging und kam am andern Abend in der Nacht wieder. Sonst war nichts passiert. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Fuchs in der Mühle

Source: Der Fuchs in der Mühle

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Noch jetzt heißt ein Gut von Schnaus oben am «Mulin sura» (Obermühle). Die Mühle steht nicht mehr aber die steinernen Mühlräder sieht man noch im Kellerboden. Dort in der obern Mühle wohnte ein Müller namens Seeli. Er war auch Jäger und ging oft auf die Fuchsjagd droben in seiner Gadenstatt Lumbernas, die von der Mühle aus sehen kann. Und einmal paßte er dort wieder auf den Fuchs, setzte sich in den Stall, die Flinte neben sich. Es warspät am Abend. Da kam ein Fuchs und machte sich an den Köder. Der Jäger nimmt die Flinte und legt den Finger an den Abzug. Da wendet sich der Fuchs gegen ihn, gibt mit erhobener Pfote ein Zeichen und ruft: «Hans, Hans, paß auf, was du machst! Weißt du nicht, daß ich dir geholfen habe, den Weizen deiner Tante Margrete zu mahlen?» (Cion, Cion, mim, tgei ehe ti Jas! Sas buc ehe jeu hai gidau tei a moler la salin de ti' onda Cetta?) Und ihm, dem Jäger Seeli, ist es in diesem Augenblick vorgekommen, das sei ein kurioser Fuchs, eine andre Art Fuchs, ein Mensch, und er hat nicht geschossen. Er hatte Angst. Er war ein gewitzter Jäger.  Und dann ist er gegangen mit seiner Flinte, und auf dem Heimweg war ihm der Fuchs beständig zwischen den Beinen. Schritt er rechts aus, so lief der Fuchs, nach rechts gewendet, ihm zwischen den Beinen durch. Schritt er mit dem linken Bein voran, so war der Fuchs, nach links gewendet, hinter seinem linken Fuß, so daß er mit den Beinen des Jägers jedesmal ein Kreuz bildete. Das war etwas, was Seeli nicht begreifen konnte.  Jetzt kommt er nach Hause und sieht, daß die Mühle läuft, und dabei macht sie einen Heidenlärm. Er rief seiner Frau, warum die Mühle laufe mitten in der Nacht: «Was Kuckucks machst du denn, daß du alles Wasser aufs Rad laufen und die Mühle zum Teufel gehen läßt? Bei dem Lärm kann man doch nicht schlafen!» Die Frau gab ihm zur Antwort: sie habe abgestellt, den Wasserkännel vom Rad weggerückt. Er ging, um nachzusehen. Die Mühle lief leer, ohne zu mahlen, aber mit großem Lärm.  Sowie der Jäger aber in die Mühle gekommen war, im gleichen Augenblick, war der Fuchs nicht mehr da, ihm nicht mehr zwischen den Beinen. Dafür sah er ihn zwischen den Riemen des Mahlgangs laufen (denter las tschentas dil gang). Das war ein Geist!  Von da an fühlte sich der Müller Seeli nicht mehr recht wohl. Er bekam, wenige Tage nachher, so Beulen an den Beinen, inwendig an den Knien. Er mußte zum Doktor und dann nach Chur ins Spital. Der Doktor wußte nicht recht, was es war. Aber daran hat er sterben müssen. Sie brachten ihn in einem Sarg (vischi) nach Hause zurück, und sie haben ihn begraben auf dem Friedhof von Schnaus.  Aus: A. Büchli, Mythologische Landeskunde von Graubünden, Ein Bergvolk erzählt, Die Täler am Vorderrhein Imboden, Band 2, mit einem Nachwort von U. Brunold-Bigler, Disentis 1992 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Fuchs in der Pfaideralp

Source: Der Fuchs in der Pfaideralp

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1. Ein Gurtneller, der in einer Alp zu Pfaid (Faido) im Kanton Tessin, gedient, erzählt: »Schon oft war mitten am Tage ein Fuchs auf der Alp erschienen, der sich ganz ungeniert bei den Kühen herumtrieb, aber keiner etwas zuleid tat und auch keinen Menschen belästigte. Der Meister sagte: ›Dem will ich schon einmal reiken, dass er nicht mehr kommt!‹ Der Senn hingegen riet ihm ab, denn er ahnte wohl, dass es kein rechter Fuchs sei. Eines Tages erschien ein Kapuziner von Pfaid auf der Alp, und dem erzählten sie von dem sonderbaren Tier. ›Wenn euch der Fuchs nicht schädigt, so füget ihm kein Leid zu,‹ riet er den Älplern. Doch der Padrone konnte sich nicht enthalten, ergriff nach einigen Tagen das Gewehr und schoss auf den Fuchs. Aber das kam nicht gut heraus! Die Waffe flog in hundert Stücke auseinander, und den Schützen warf es mehrere Schritte rückwärts zu Boden, wo er einige Minuten besinnungslos liegen blieb. Doch das Füchslein war verschwunden auf Nimmerwiedersehen.« 2. Wieder diente ein Gurtneller und zwar als Senn in der Pfaideralp. Wenn er allemal im Käsgaden mit den Käsen beschäftigt war, kam immer ein Fuchs daher, legte sich auf die Türschwelle und schlug von Zeit zu Zeit mit den Vorderpfoten auf die Hüttendiele, wie ein Hund, der bescheiden um einen guten Brocken bettelt. Da ihm das Tier nichts in den Weg legte, liess auch der Senn es gewähren. Da kam ein anderer Senn auf die Alp, und der Gurtneller machte ihn auf den seltsamen Gast aufmerksam und ermahnte ihn, selbem nichts zuleid zu werken. Aber der neue Senn konnte sich nicht bemeistern und wollte den Fuchs eines Tages abklopfen. »Aber sit dem Äugäblick isch der Sänn fortchu, mä weiss nitt wiä, und isch-ä niämmer meh z'gseh chu.« Peter Walker; Jos. M. Tresch, Silenen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Fuchs und das Eichhörnchen

Source: Der Fuchs und das Eichhörnchen

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Ein Fuchs und ein Eichhörnchen gingen einmal durch einen Wald. Unterwegs fragte der Fuchs das Eichhörnchen: «Wieviele Tricke kennst du?» Das Eichhörnchen antwortete: «Ich kenne nur einen.» Wütend gab der Fuchs zurück: «Ich fresse dich, wenn du nicht sagst, wieviele Tricke du wirklich kennst. Ich kenne sieben.» Später kamen sie zu einer Hütte, sie traten ein und schauten, wie sie in den Keller hinunterkämen. Das Eichhörnchen zwängte sich durch ein Loch unter der Kellertüre hindurch, doch der Fuchs hatte Mühe, ihm zu folgen. Das Eichhörnchen rief ihm zu: «Bleib nur! Ich muss zuerst den Dreck obendrauf wegblasen!» Ganz schnell ass es den Rahm oben auf der Milch weg, und erst dann rief es den Fuchs zum Trinken herein. Der Fuchs trank gierig die abgerahmte Milch, so dass er aufschwoll und nicht mehr zum Loch herauskonnte. Das Eichhörnchen schlüpfte ganz leicht aus dem Keller heraus und schrie dann durchs Loch: «Komm heraus, du Fuchs mit den sieben Tricken!» Als der Bauer kam, schlug er den Fuchs tot.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Fuchs und der Däumling

Source: Der Fuchs und der Däumling

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Es war einmal ein Mann und eine Frau, die hatten keine Kinder. Da alle ihre Nachbarn schöne und frische Kinder hatten, tat das ihnen weh, und sie waren sehr traurig. Sie hatten lange vergebens um ein Kind gebetet. Jetzt baten sie den Herrgott, ihnen wenigstens ein Kind schenken, und wenn es auch nur so gross wie ein Daumen wäre. Sogleich bekamen sie ein Kind so gross wie ein Daumen. Eines Tages musste der Vater Holz holen und die Mutter das Essen bringen. Aber der Vater wollte vorher aufbrechen und das Holz holen, wusste aber nicht, wer mit dem Pferd kommen sollte. Als der Däumling das Gespräch zwischen Vater und Mutter hörte, sagte er: «Ich weiss schon, was machen, Ihr, Mutter, setzt mich dem Pferd ins Ohr, dann kann ich es schon führen.» Die Mutter machte dies, und der Däumling konnte durch sein Zureden das Pferd immerzu auf den rechten Weg lenken. Als sie beim Vater anlangten, kamen zwei Wanderer daher. Als die beiden eine eigenartige Stimme hörten, aber nichts sahen, fragten sie den Vater, wer da die ganze Zeit rede. Der Vater zeigte ihnen den Däumling im Pferdeohr, da staunten sie nicht schlecht und fragten den Vater, ob er ihnen den Kleinen nicht verkaufe. Aber der Vater wollte ihn nicht verkaufen. Der Kleine sagte zu seinem Vater: «Heb' mich auf deine Schulter!» und flüsterte ihm ins Ohr: «Verkauf mich nur! Ich komme wieder zurück.» Jetzt verkaufte der Vater sein Söhnlein für einige hundert Goldtaler, und die Wanderer nahmen den Däumling mit und zogen weiter. Sie gingen ein grosses Stück und gelangten in einen dunklen Wald, aber jetzt merkten sie, dass sie den Däumling nicht mehr hatten. Sie kehrten um und riefen laut nach ihm. Da antwortete er: «Hier bin ich!» Sie schauten nach und fanden ihn in einem Schneckenhaus. Sie nahmen ihn heraus, gingen weiter und kamen zu einem Schloss. Hier liessen sie den Däumling durch ein Loch hinaufgehen und befahlen ihm, ihnen allerlei Zeug herauszuschmeissen. Er machte das, aber mit einem solchen Krach, dass die Leute des Schlosses wach wurden und die Räuber fliehen mussten. Der Däumling rannte weg in einen Heustall. Am andern Tag ging die Magd des Schlosses dorthin und holte Heu, um die Kuh zu füttern. Der Däumling war im Heu drin versteckt, und die Magd legte das Heu in die Krippe. Da wurde der arme Kleine von der Kuh mit Haut und Haar verschlungen. Als die Magd das nächste Mal in den Stall ging, um die Kuh zu füttern, hörte sie eine Stimme rufen: «Gib mir kein Heu mehr, ich habe genug!» Die Magd glaubte, die Kuh rede, und sie erschrak fürchterlich. Ganz schnell rannte sie zum Schloss hinauf und erzählte dem Herrn, was sie gehört hatte. Der Meister ging hin, schlachtete die Kuh und liess den Magen samt dem Kleinen in den Garten werfen. Doch in der folgenden Nacht kam der Fuchs und frass den Magen samt dem Däumling. Der Fuchs wollte nun stehlen gehen, und der Däumling in seinem Magen führte ihn die ganze Zeit dahin und dorthin. Eines Tages sagte er, der Fuchs solle in dieses und dieses Haus gehen. Der Fuchs folgte ihm und ging in das Haus des Vaters des Däumlings. Dort wollte er alles Mögliche stehlen, doch der Kleine fing an zu lärmen, so laut, dass seine Eltern herbeirannten. Die Mutter rief noch einen andern Mann, und dann wollten sie den Fuchs töten. Aber der Kleine hörte, was sie miteinander sprachen. Da schrie er mit lauter Stimme: «Vater, töte mich nicht!» Der Vater erkannte die Stimme seines Däumlings, er tötete den Fuchs ganz sorgfältig und holte den Däumling aus dem Magen. Vater und Mutter waren jetzt froh und glücklich, ihren Däumling wieder gefunden zu haben. Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Fuchs und der Mensch

Source: Der Fuchs und der Mensch

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Der Fuchs erzählte, kein Tier auf der Welt sei grausamer als der Mensch. Einmal sei er durch eine Ebene gegangen, da habe eine Schlange einen Mann angefallen, so dass er am Ersticken war. Er sagte zum Fuchs, er solle ihm doch helfen. Der Fuchs erwiderte: «Ich will dir helfen, wenn ich eine Woche lang die Eier deiner Hennen haben kann.» Da meinte der Mann: «Ich will dir auch die Hennen geben, nicht nur die Eier.» Jetzt stürzte sich der Fuchs auf die Schlange und biss sie; da liess die Schlange den Mann los. Der Mann sagte zur Frau: «Nimm diese Woche keine Eier aus dem Hühnerstall, ich habe sie dem Fuchs versprochen.» Am Samstag erschien der Fuchs im Hühnerstall. Die Frau kam angerannt, und sperrte ihn ein, rief den Mann, und beide versuchten mit einer Mistgabel, den Fuchs zu töten. Unterdessen konnte der Fuchs entwischen, und er sagte: «Das ist der Welt Lohn.» Er ging ein Stück weiter und sah einen Hund, der heulte traurig und klagte: «Niemand ist so arm dran wie ich und niemand grausamer als der Mensch. Ich habe viele Jahre lang meinem Meister treu gedient, sein Leben und seinen Besitz beschützt, und jetzt, da ich alt und blind bin, wirft er mich auf die Strasse.» Der Fuchs tröstete ihn mit den Worten: «Das ist der Welt Lohn.» Er ging weiter, da sah er eine alte Kuh. Die Kuh jammerte: «Ich war ein so treues Tier; mit meiner Milch habe ich die ganze Familie durchgebracht. Jetzt, da ich alt und zahnlos bin, schicken sie mich bei Wind und Wetter weg und schauen mir nicht einmal nach!» Der Fuchs tröstete die Kuh mit den Worten: «Das ist der Welt Lohn.» (Oberhalbstein)   Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Fuchs und die Goldhöhle

Source: Der Fuchs und die Goldhöhle

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Der alt Schachler von Schattdorf hatte auf einen Fuchs geschossen und glaubte, ihn getroffen zu haben; als er ihn aber holen wollte, lief der Rotröckler davon, dem Rynächt zu, und schlüpfte dort in eine Felsenhöhle. Der Schachler war auch nicht faul und kroch dem Entflohenen nach bis weit in das Innere des Berges. Auf einmal erweiterte sich die Höhle, und der Jäger stand in einer weiten Kammer. Da hingen respektable, glänzende Goldzapfen von der Decke herab. Diese schienen unserm armen Schachler in die Augen; er eilte daher rasch nach Hause, um Sack und Pickel zu holen, zeichnete aber weithin sichtbar den Eingang der Höhle, um bei der Rückkehr nicht mit Suchen Zeit zu verlieren. Wer aber trotzdem die Höhle nicht mehr finden konnte, das war der Schachler. Ich denke, am Suchen hat er's nicht fehlen lassen. Frau Gamma-Gamma, 80 J. alt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945, Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Fuchs und die Schnecke

Source: Der Fuchs und die Schnecke

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Meister Fuchs hatte einmal an einem warmen Sommertag in der Schwägalp gelagert; da erblickte er neben sich eine Schnecke. Der trug er flugs eine Wette an: wer von ihnen beiden schneller nach St. Gallen laufen könne. Topp, sagte die Schnecke und machte sich ohne Verzug auf den Weg – zwar ein wenig langsam, denn das Haus auf dem Rücken nahm sie gewohnheitshalber auch mit. Der Fuchs hingegen lagerte sich allfort gemächlich, um erst am kühlen Abend abzuziehn, und so schlummerte er ein. Diesen Anlass benützte die Schnecke und verkroch sich heimlich in seinen dicken Zottelschwanz. Gegen Abend begab sich nun der Fuchs auf den Weg und war verwundert, da er der Schnecke nirgends begegnete. Er vermutete, sie werde einen kürzern Weg eingeschlagen haben. Als er aber vor dem Tore von St. Gallen noch immer nichts von ihr sah, da wandte er sich stolz um und rief höhnisch: »Schneck, kommst bald?« »Ich bin schon da!« antwortete die Schnecke; denn sie hatte sich unvermerkt aus seinem Schwanz losgemacht und schlich gerade unterm Tor durch. Da musste der hochmütige Fuchs die Wette verloren geben.   Quelle: Otto Sutermeister, Kinder- und Hausmärchen aus der Schweiz, Aarau 1869   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Fuchs von Fulun

Source: Der Fuchs von Fulun

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Am Eingange des Tales Lavinuoz, wo der Fluss gleichen Namens zwischen den hochemporragenden Felsen kaum einen Ausgang finden kann, um brausend mit dem Inn sich zu vereinen, findet sich eine grosse Höhle, welche den Raubtieren zur Zufluchtsstätte dient. In dieser Höhle soll vor Zeiten auch ein Fuchs sein Lager aufgeschlagen haben, welcher nächtlicher Weile nach Lavin schlich, um dem Geflügel Besuch abzustatten. Die guten Laviner, die ihre Hühner lieber selber verspeisen wollten, als sie dem Meister Pfiffikus zu gönnen, gerieten oft in Verzweiflung und konnten seiner nicht habhaft werden, obgleich er oft selbst am Tage herausfordernd von Stall zu Stall spazierte, und bei seinem Raube ganz gemächlich verfuhr. Die Jäger im Dorfe legten vergebens auf ihn an aber das Blei tat ihm keinen Schaden und gelegte Fallen roch er von Weitem, warf auch zum Schabernack Holzstücke in dieselben, dass sie zuklappten: So ging\'s lange Zeit. Endlich gab ein Montafuner, der pfiffiger als andere Menschenkinder und im Hexenfangen besonders bewandert war, den Rat, die »Ledigen« sollen sich der Reihe nach aufstellen an einem Dorf-Ende, so müsse der Fuchs bei ihnen vorbei, und auf diese Weise könne man sehen, wo er seinen »Schluff« habe; das Töten sei dann aber noch eine andere Sache. Die »Ledigen« stellten sich richtig auf, aber am »Ietzen« Ende des Dorfes; der Fuchs kam nicht. Sie stellten sich wieder auf am andern Dorf-Ende; jetzt kam er, und nun wusste man wenigstens die Richtung, wo er hinzog. - Das nächste Mal verlängerten die Burschen die Kette noch mehr, und diesmal konnte man das Quartier des Hühnerliebhabers ausfindig machen. Der Mutigste ging in die Höhle, bemerkte den Fuchs, der auf den Hinterbeinen stand, und wollte eben auf ihn schiessen, als er keinen Fuchs mehr sah, wohl aber ein altes Weib in einer weissen Schürze, einer weissen Haube auf dem Kopfe und einem Stocke in der Hand. Der Jäger erschrak über dieses Weib und flüchtete, die Andern ihm nach, und der Fuchs konnte seine Visiten ungestört fortsetzen. Alles war in grosser Angst; man wusste sich nicht zu raten und zu helfen; der Montafuner war inzwischen weiters gegangen und somit nicht mehr zu beraten. Auf einmal blieb der Fuchs aus, und für immer verschwunden. - Aber vor jedem Unwetter soll man in der Höhle ein Winseln vernehmen, gleich dem Weinen eines kleinen Kindes. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Fuchsschwanz

Source: Der Fuchsschwanz

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Gspässig sygs einisch a zwee Ratsheerä ggangä-n-am Rynächt unnä. Diä syged am Abed spät von Alteref chu us-em Rat und heiged uf Erschfäld und Silänä hei wellä. Uf einisch heig einä hinder-em züechä neiwis Cheibs gheert schnüfä; är lüegi zrugg und gse-i, das ä Fux nachächeem. »Du lüeg, was chunnd-is da nachä,« heig er zum andärä gseit, und der heig glüegt und heig gleitig mit sym Stäckä dem Tiär der Schwanz abgschlagä. Das syg i eim Herr-Jeeses ggangä. Der Fux syg düe fryli nitt frynä-n-annä vorby gluffä und heig-si einisch änandäränah dervogmacht. Disä heig der Schwanz gnu und heig-ä-n-ummä Hüet ummä 'pundä. »Da ha-n-i etz ä scheenä Hüetbändel,« heig er gmacht. Am Morged heig-ärä wellä der Fräuw zeigä. Und darnah, was meined-er, was isch düe um-mä Hüet ummägsy? – Äs Bleegi vomm-änä Wyberrock! »Das hed-is alligs nu d'Grossmüetter verzellt, diä het diä zwee Ratsheerä nu 'kännt,« schliesst mein Gewährsmann von Erstfeld die Erzählung. Johann Wipfli, Chucheler Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Fulacher

Source: Der Fulacher

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Auf einem der Bergrücken, welche sich aus dem engen, stillen und melancholischen Wangenthale erheben, liegt die Ruine der ehemaligen Burg Radegg... Auf dem starken Schlosse hat der „Fulacher“ gewohnt. Das war ein rauher und gewalttätiger Herr, der nur da oben saß, um die Bauern zu plagen. Trieb man die Kühe auf die Wiesen im Wangenthal, so lauerte er hinter dem Gebüsch mit seinen Leuten und nahm dem armen Manne seine Habe weg. Wer im Felde pflügte, konnte von Glück sagen, wenn der Alte nicht von seiner Burg herab kam und sich die schönsten Ochsen auslas. Er hatte auch seinen getreuen Helfershelfer auf dem gegenüberstehenden Hügel, der Abtshalde, welche bis vor kurzer Zeit dem Kloster Rheinau gehörte. Aber auch mit den Zwingherrn von Küssenberg stand er in Verbindung. Von Radegg bis auf den Küssenberg (in gerader Richtung eine Entfernung von mehr als 3 Stunden) ist ein Draht gezogen gewesen. Durch denselben haben sich die bösen Männer warnen können, wenn Gefahr im Anzuge war oder auch, wenn sie zu einem gemeinsamen Überfall einander unterstützen wollten. Bei dem allem ging der Fulacher fleißig zur Kirche nach Neunkirch. Da spannte er acht der schönsten Pferde vor seinen Wagen. Die Strafe für seine Tyrannei blieb nicht aus. Der Schwede kam ins Land und zerstörte sein Raubnest. Und zwar standen die Soldaten auf dem Abtsberge drüben, als sie Radegg zusammenschossen. Deswegen findet man im Tale etwa noch einen Pfeil. Die ganze Einwohnerschaft des Schlosses wurde beim Überfall niedergemacht. Einzig eine Tochter Fulachers konnte sich in den Keller retten, wo sie noch einige Zeit mit dem Weine, der in ungemessener Menge dort lag, ihr Leben fristen konnte. Freilich kam sie nicht mehr heraus, weil alles mit Schutt verdeckt wurde. Noch heute wartet das „Kätherli“ auf Befreiung. Sie war eine brave Tochter und hätte ein besseres Los verdient. Ihr böser Vater dagegen, der Zwingherr, fand auch im Tode keine Ruhe. Noch Jahrhunderte lang musste er „wandeln“. Wenn der Hirt das Vieh in die Kühsetze oder an den Seedamm trieb, da kam der Alte und spielte seinen Spuk. Schauerlich ist es gewesen, wenn er mit seiner achtspännigen Kutsche durch das Tal fuhr. Das hat gerauscht, wie der „Laufen“ oder ein großer Sturmwind. Auch auf dem „Kilchweg“ hat man ihn gesehen und oft hat der alte Waldmartin im obern Winkel in der Nähe des Kilchwegs ein Geräusch gehört, dass er meinte, es müsse alles drunter und drüber gehen. Nur schade war es um den guten Wein und den Haufen Geldes, welche auch im Keller begraben liegen. Früher hat man den Schatz oft „blühen“ sehen. Da brannte nämlich auf der Stelle, da er verschüttet ist, ein helles Licht. Gewisse Leute, nämlich die Fronfastenkinder, konnten es sehen, des Nachts, oder auch am stillen Mittag um 12 Uhr. Aber zum Heben des Schatzes, da gehörten eben verschiedene Bedingungen zu. Vor vielen, vielen Jahren ist ein „fahriger Schuler“ gekommen, der hat versprochen, den Schatz zu holen, wenn alle, die dabei beteiligt seien, kein einziges Wort sprechen. Ein vierspänniger Lastwagen gehöre zum Transport; aber er fürchte, es werde so viel Anstand geben, dass alles verloren gehe. Da hat sich eben Niemand getraut. – Doch hat sich vor etwa hundert Jahren ein Einzelner daran gemacht. Er ist tief hinunter gefahren mit seiner Grube und ist zum Glück bis auf die Truhe gekommen. Aber da ist auf einmal ein altes Männchen daher geschlichen, das hat sonderbar ausgesehen und einen großen Tropfen an der Nase gehabt. Da hat sich eben der Martin aus dem Staub gemacht. Auch der alte Jäger, der überhaupt ein Tausendskünstler gewesen ist und einmal eine Kugel mitten durch den Knopf auf dem Kirchturm geschossen hat, der ist oft in einsamen Stunden auf dem „alten Schloss“ gewesen. Er hat sich dann prahlerisch gerühmt, wie er den Schatz an der Sonne habe liegen sehen. Eine ungeheure Schlange, so groß wie ein Wiesbaum, habe ihn bewacht. Schade, dass nicht ein unschuldiges Kind neben ihm gestanden sei; in diesem Falle hätte er sich unterstehen können und nach der Schlange geschossen; für sich allein habe er den Schuss nicht wagen dürfen, sonst wäre es ihm bös gegangen. Eine Sage aus dem Klettgau     Aus: R. Frauenfelder, Sagen und Legenden aus dem Kanton Schaffhausen, Schaffhausen 1933. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Fürgeischt im Hinterbirch

Source: Der Fürgeischt im Hinterbirch

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Im Hinterbirch bei Eptingen brennt es nie mehr, dafür bürgt der gute Feuergeist in diesem Hause. Einst hielten sich in dieser Gegend Zigeuner auf; aber niemand bot den Fremden ein Nachtlager, weil ihnen die Leute nicht trauten. Im Hinterbirch aber öffnete man ihnen die Türen und liess sie im Heu übernachten. Am andern Morgen lief die älteste Zigeunerin drei Mal ums Haus herum und rief: «Nie meh tuet das Hus abbrenne, ’s wohnt e guete Fürgeischt drinne!» Aber später fing’s doch einmal an zu brennen. Es war frühmorgens um 3 Uhr; das Hausgesinde lag noch in tiefem Schlafe, als im grossen Kamin Feuer ausbrach. Da gewahrte der Bauer, wie ihn eine Stimme aus dem Schlaf weckte und ihm ins Ohr flüsterte: «Es brennt im Chemi.» Sofort sprang er aus seinem Bett und sah, wie im Kamin schon die Flammen emporzüngelten. Doch konnte er den Brand noch rechtzeitig löschen. Seither hat es im Hinterbirch nie mehr gebrannt, obwohl später der Blitz in die Pappel fuhr, die beim Hause stand und sie in Stücke zerschmetterte; das Haus blieb vom Feuer verschont. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der g'fleckot Hund

Source: Der g'fleckot Hund

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Im Schalb heind ouch am-mal zwei grössri Jungini, an-am Chleinu müessu unter der Mess am Sonntag wachu. Da ist, wie schi d'Stubuport ufgita heint, obwohl d'Muoter d'Hustür b'schlossu hät, an grosse g'fleckote Hund i cho und hät schich unter d's Bett gleit und d'Chind a-so ang'lotzet und g'chuchot und mit der Zungu g'lällot— wie a Hund der z'heiss hat. Wie aber d'Mess ist usg'si, hät schich der Hund wieder üfg'häbet und ist zer Port, di wer-mu hei ufgita, usg'gangu, ohni dass wir hei chönnu g'seh, wa er wordun ist, ohni, dass de Chindru as-was ist z'Leid g'scheh.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Gabelspitz

Source: Der Gabelspitz

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Weit hinter Eggiwil und Schangnau liegt an der neuen Strasse, die über den Schallenberg führt, die Alp Gabelspitz. Den Berglern des obern Emmentals, die sich Jahr für Jahr im Sommer zur Gabelspitzchilbi einfinden, ist sie wohlbekannt. Hart an der Strasse liegt ein Steinblock auf der Weide. Darauf sind nur noch undeutlich zwei gekreuzte Gabeln und die Jahrzahl 1595 eingemeisselt. Zwei Brüder, so berichtet uns die mündliche Überlieferung, sollen beim Mistzetten wegen eines Mädchens in Streit geraten sein. Dabei erstach der jüngere den ältern im erbitterten Kampf an dieser Stelle mit seiner Mistgabel. Emmentaler Sagen, Hermann Wahlen, 1962 Gute Schriften Bern Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Gafarrabüel

Source: Der Gafarrabüel

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Bei der Alp Gafarra in Rhätien ist ein Hügel, der Gafarrabüel genannt, ein Versammlungsplatz der Hexen. Oftmals in der Nacht hört man dort liebliche Musik, bei deren Tönen seltsame Gestalten, vom Scheine lustiger Feuer beleuchtet in luftigen Reigen auf und nieder schweben. Nicht selten nach solcher Nacht haben dann die Hirten auf diesem Hügel seidene Schuhe gefunden, welchen man auf den ersten Blick ansah, dass sie an zarten Frauenfüßen gesessen. Auch ein goldenes Hufeisen fand einstmals ein Hirt an seinem Fuße, was jedoch den andern Morgen in Kohlen zerfiel. Diese nächtlichen Feste wurden vorzüglich von den Stiftsdamen des nahgelegenen Stifts Schänis besucht. Sie ritten auf Geißböcken zu denselben, daher der Gafarrabüel, obschon die Weide auf ihm nicht besonders fett ist, auch ein Lieblingsaufenthalt dieser Tiere ist, und mancher, von dem der Hirt ganz bestimmt weiß, dass er mit der Herde noch nie auf ihm geweidet, tut da so bekannt, als sei er schon hundert Mal dort gewesen. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Galgenrain

Source: Der Galgenrain

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An der Banngrenze zwischen Reinach und Münchenstein, da, wo am Abhang des Bruderholzes ein Hügel scharf hervortritt, stand in bischöflichen Zeiten ein Galgen. Der. Hügel heisst heute noch Galgenrain, die ebene Fläche davor Galgenboden. An der alten Landstrasse stand früher auch der Grendel, das bischöfliche Zollhäuschen. Vom letztgenannten und vom Galgenstein wurden vor Jahrzehnten etwa noch Trümmerstücke gefunden. Als das Gebiet überbaut wurde, taufte man den Galgenweg, der dort vorbeiführte, in Amselweg um. Reinach Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Gallenbrunnen (Mörschwil/SG)

Source: Der Gallenbrunnen (Mörschwil/SG)

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Auf seiner Wanderung durch den Arboner Forst kam Gallus auch zu einer Quelle. Er labte sich an ihr und segnete sie dafür. Die Quelle heisst der Gallenbrunnen. Sie ist nahe bei Mörschwil. Heute noch schöpft man hier mit Vorliebe das Trinkwasser. Mündlich Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 15, S. 12 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Gallenbrunnen (St. Margrethen/SG)

Source: Der Gallenbrunnen (St. Margrethen/SG)

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Der heilige Gallus kam einst auf seiner Wanderung durch die Rheingaue auch in unsere Gegend. Er war von der weiten Reise ermüdet, setzte sich hin und labte sich an einem kühlen Trunk, der frisch aus der Erde hervorquoll. Mit innigem Dank gegen Gott segnete er die Quelle, dass sie stets reichlich fliessen und andere in gleicher Weise erquicken möge. Das Brünnlein hiess von der Zeit an der Gallenbrunnen. Du findest ihn in der Nähe der Landstrasse St. Margrethen-Rheineck, umgeben von grünendem Rasen und umrahmt von der Blütenpracht oder dem Fruchtsegen unserer Obstbäume. J. Hagmann * Durstende Feldarbeiter schöpfen ihren Trunk gerne aus dem Gallenbrunnen; aber auch die Fuhrleute tränken dort gerne ihre Pferde, weil dieses Wasser den Tieren besonders zuträglich sein soll. Der Volksmund erzählt, von der Burg Grimmenstein führe ein unterirdischer Gang heute noch zu dieser Stelle, da die Ritter einst ihre Pferde am Gallenbrunnen zu tränken pflegten. J. Brassel   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 43, S. 22 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Galliquell

Source: Der Galliquell

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Der Galliquell Der heilige Gallus reiste einst an den Bodensee hinaus. Auf dem langen Wege hatte er grossen Durst bekommen, und er wollte ihn an einem Brunnen in Tuggen löschen. Aber das Tuggener Wasser schmeckte ihm nicht, und er pilgerte durstig weiter über Berg und Tal. In der Nähe des Örtchens Güntisberg sah er auf einmal eine Quelle silberhell aus dem Boden springen. Der Heilige bückte sich zu dem Wasser hernieder, und da es sauber und kühl war, tat er sich gütlich daran. Zum Danke segnete er den Quell, weswegen er bis auf den heutigen Tag Galliquell heisst. Das Wasser besass seither Wunder- und Heilskraft. Es heilte Aussätzige, wenn sie sich damit wuschen und wenn sie davon tranken. Auch noch in der neuere Zeit wurde es gerne gebraucht gegen allerlei Ausschläge. Anno 1934 wurde die Quelle gefasst für die Wasserversorgung Mettlen-Güntisberg. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Mitt. von H. Krebser, Laupen (in Gchr. Wald). - Es gibt noch andere Gallusquellen im Tössbergland. Vgl. A. Bauhofer, Berge, Wälder und Siedelungen im Zürcher Oberland, Wetzikon 1950. Über den Weg des Gallus von Tuggen nach Bregenz sie F. Blanke im Evangel. Missionsmagazin, Heft 6, 96. Jg. (Neue Beobachtungen zum Missionswerk Columban des Jüngeren): „In Wangen und Arbon.“   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Gang ins Paradies

Source: Der Gang ins Paradies

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Vor vielen Jahren lebte auf Schattenhalb ein Kesselflicker, der mit dem besten Willen seine Familie nicht mehr durchschleppen konnte, denn es fehlte ihm an Arbeit. Überall, wo er auf seiner Wanderung hinkam, fand er die Leute in der grössten Armut und in schrecklichem Elend. Die Pest hatte die Dörfer verseucht und ganze Familien samt dem Vieh und dem Haushund hinweggerafft. Die überlebenden waren infolge des Schreckens wie vom Wahnsinn be­fallen, tobten und rannten durch die Dorfstrassen oder sassen be­täubt vor den Häusern und brüteten vor sich hin. Auf der Schattseite hatte er schon alle Dörfer durchhausiert und grad so viel oder wenig verkauft, dass es kaum der Rede wert war. Müde und zerschlagen zog er über die Rhone auf die Sonnseite. Aber dort hatte die Pest ebenso schlimm gehaust. Er stieg die Berghalde hinauf, keuchte und wischte sich von Zeit zu Zeit den Schweiss von der Stirne. Sein ein­ziger Wunsch war, sich hinzulegen und zu ruhen, zu ruhen für immer. In dem Dorfe, das er jetzt durchschritt, war es totenstill. Die Haus­türen waren weit offen, ein übler Leichengeruch liess ihn erschaudern, und auf alles Klopfen rührte sich kein Mensch. Vor der letzten Hütte kauerte auf der Hausschwelle ein steinaltes Männchen mit einem langen zerzausten Bart und grünen Froschaugen. Trau­rig schaute es zu ihm auf und sagte mit schnarrender Stimme: «Brauchst dir keine Mühe zu geben mit deinem Klimpergeschirr, wirst für keinen Fünfer Blech verkaufen, denn die Pest ist hier zu Gast gewesen. - Ja, ich bin der einzige Überlebende des Dorfes, und ich werde dir nichts abnehmen, denn ich habe gutes und schlechtes Geschirr im Überfluss. - Ein reicher Mann bin ich ge­worden, das ganze Dorf gehört mir, mir allein», und da lachte er wild auf und schlug sich mit der Faust an die Stirne. Dann glotzte er den Hausierer traurig an: «Soll ich dir den Weg zeigen, wo du Arbeit finden wirst?» Der Kessler ruckte sein schweres Bündel am Rücken und sagte: «Ja, ich wäre froh, aber es wird halt nirgends mehr etwas zu machen sein, und das Geschirr bleibt mir auf dem Buckel!» Das Männchen' reckte sich und bedeutete dem Kessler, zu folgen. Er steckte die dicke Haselgerte zwischen die Kessel und Zinnpfannen, ruckte das Bündel und stapfte hinter dem Männchen drein, das lang­sam den Berg hinauf trippelte, alle zehn Schritte anhielt, hüstelte und ihn zuletzt auf eine spitze Fluh hinaufführte, die von der Rück­seite leicht zu ersteigen war, vorn aber tannenhoch und schroff ab­fiel. Die Sonne war seit geraumer Zeit hinter die Berge gesunken, und es dunkelte rasch. Das Männchen wies auf einen schmalen Pfad, der von dem Felsenzahn, auf dem sie standen, in schnurgerader Richtung, aber stets aufwärts steigend, über das breite Rhonetal hinüber auf die Spitze des Gliserhornes führte, das mit seinem Schneegipfel über die dunkle Masse der Felsenkette aufragte. Auf der Spitze des Gliserhornes brannte ein Lichtlein, nicht grösser als die Sterne am Himmel. Das Männchen schnarrte: «Schlag diesen Weg ein und halt immer scharf auf das Licht! Die stockdunkle Nacht wird hereinbrechen, und die bösen Geister werden dir zum Scheine grosse, breite Brücken bauen; du darfst aber das Licht nicht aus den Augen verlieren, sonst wirst du in ewige Nacht versinken. Unter der Brücke lagert das Meer, und das Meer wird ruhig daliegen, wie ein grüner Bergsee, dann wird es rot und wallend werden und zuletzt schwefelgelb und stinkend, und die wütenden Wellen werden über den Weg schlagen und dich zu verschlingen drohen!» Der Kesselflicker, dem das ferne, ferne Lichtlein neue Hoffnungen erweckte, bedankte sich sehr, packte den Geschirrstecken fest in die Faust, fasste das Lichtlein scharf ins Auge und begann die Wanderung auf dem schmalen Luftweg. Im grossen, langsamen Bergschritt griff er tüchtig aus, so dass die Blech- und Zinngeräte an seinem Rücken klirrend zusammenprallten und den Takt dazu schlugen. Unter sich sah er eine grünschillernde Wasserfläche, die sich dehnte wie ein unendliches Meer, aber bald glühte der Meeresspiegel auf in einem Purpurrot; die Wellen begannen sich zu kräuseln, wurden grösser und grösser, und dieses Hin- und Herwiegen der Wellen machte ihn schwindlig; er fing an zu schwanken und zu straucheln, fand aber mit dem Stecken immer wieder das Gleichgewicht. Wenn er nur einen Herzschlag lang in die Tiefe schielte, so glaubte er schon zu stürzen, doch rasch richtete er sich an dem strahlenden Lichtlein empor und schritt wacker fürbass. Er achtete der schönen, breiten und hellerleuchteten Brücken nicht, die verlockend aus dem Wasser aufstiegen, und blieb auf dem schmalen, holprigen Weg. Je näher er dem Lichtlein auf der Gliserhornspitze entgegenrückte, desto heller brannte es. Der Pfad war jetzt in tiefstes Dunkel gehüllt, und nun brauste es unter ihm wie Meeressturm; die gelblich schimmernden Wogen rollten mit unerhörter Kraft gegen den Weg, den er wanderte, überschlugen sich und drohten, ihn fortzureissen. Aber wie an grani­tenen Felskanten zerschellten sie, so dass der kochende Gischt wie Riesengarben hoch aufspritzte, ihm ins Gesicht schlug, ihn in einen Schaumschleier hüllte und seine Kleider durchnässte. Das stinkende Wasser verschlug ihm den Atem. Aber schon war er dem lichten Stern ganz nahe gekommen, und mit der letzten Kraft kämpfte er sich durch die schäumende Brandung und die turmhoch aufspritzen­den Wellen. Da versank plötzlich das Meer, eine grosse, heilige Ruhe umgab ihn, er war am Ziele und stand auf einem grossen, ebenen Platze, vor einer mächtigen, aus schneeweissem Marmor gebauten Kirche. In der schönen, reichgeschmückten Fassade zählte er zwölf Türen. Auf der Spitze des Turmes, der in den Himmel hinein zu ragen schien, glänzte der Stern in blendend weissem, ruhigem Lichte. Das kam ihm alles so feierlich, so schön und so heilig vor, dass er die Hände falten musste. Über dem Eingangsportal stand zu lesen: Dom der ewigen Freude. Zu beiden Seiten des Portales standen die Wächter in weissen Hemden mit goldenen Kragen, und darauf war geschrieben SZ (Sit Zion). Der eine trug auf der Schulter einen Pickel, der andere eine Schaufel. Der Kesselflicker wollte sein schweres Werkzeugräf niederlegen, um als anständiger Mensch in den Dom zu treten; es wurde ihm aber gedeutet, er möchte nur alles mitnehmen. So schritt er mit der klirrenden Bürde durch das Portal in eine festlich erleuchtete, von Menschen angefüllte Halle. Sie sah aus wie das Innere der Kirche zu Hause, nur war hier alles gross, majestätisch, feierlich. Vorn und hinten wurde die Halle gekreuzt von einem Quergang. Auf der rech­ten Seite des vordern Kreuzganges bemerkte er eine Totenbahre. Er stellte sein Blechgeschirr so leise als möglich darauf nieder, kniete völlig erschöpft und schweissbedeckt in einen Stuhl und hörte auf die schöne, himmlische Musik, die aus dem Chor zu ihm herüber­drang. Das klang bald wie das Brausen der Orgel, bald wie das Rauschen des Wildbaches, der, von den Höhen niedergestiegen, ruhig und gemach durch die grünen Auen der Niederung dahinzieht. Die Gestalten im Kreuzgang waren mit weissen Gewändern verhüllt, kehrten dem Portal den Rücken zu und hielten beide Hände vor das Gesicht. Die im Kreuzgang vor dem Chor hielten die Arme auf den Stuhl gestützt und achteten seiner nicht. Der Kessler wagte kaum zu atmen, so feierlich war es ihm zu Mute, und er schaute staunend herum. So weit sein Auge reichte, alles starre, unbewegliche Gestalten, nur im Chor vorn herrschte heller Jubel, als ob lauter Engelstimmen erschallten. Dort musste es schön sein, dorthin wollte er gehen. Er stand auf, aber zwei weissgekleidete Knaben näherten sich ihm, fassten ihn sanft an den Armen und sagten, er dürfe nicht so schmutzig in den Chor, er solle ein wenig warten. Da sank er wieder in den Stuhl zurück, aber als die Knaben verschwanden, versuchte er nochmals, nach vorn zu gelangen, denn es zog ihn mit aller Kraft dorthin. Da erschienen zwei festlich gekleidete Männer in roten Ge­wändern und sagten zu ihm: «Folge uns, du bist noch nicht sauber, wir werden dich waschen und reinigen, dann darfst du zu den Scha­ren gehen, die im Chore singen und lobpreisen!» Sie führten ihn am Arme durch die Menge, die stumm Platz machte, schritten mit ihm durch die Tür des Kreuzganges, stiegen die Treppe eines hohen Turmes hinauf und öffneten die Pforte,  die in ein schönes Zimmer führte. Auf dem Tische lagen Geisseln mit fest zusammengedrehten Schnüren; an der Wand standen Wasch­geschirre, und in der Mauer befestigt blinkten grosse, goldene Wasserhahnen. Die Männer zogen ihm die Kleider aus, füllten die Zuber mit Wasser, gossen zuerst laues, dann kochend heisses Wasser über ihn und peischten ihn mit den Geisseln, dass die Haut in Fetzen von ihm fiel. Dann bespritzten sie ihn mit eiskaltem Wasser, und sofort bedeckte sich sein Leib mit einer jungen, zarten Haut, und die schrecklichen Schmerzen lösten sich auf in ein wunderbares, himmlisches Wohlbehagen. Hierauf zogen sie ihm ein feines, weiches Musselinhemd an und sagten, jetzt dürfe er in das Chor gehen. Sie geleiteten ihn die Treppe hinunter und durch den Kreuzgang zu den singenden Seligen, hiessen ihn in einen grossen, gepolsterten Lehnstuhl knien und den himmlischen Vater um ein schönes, ewiges Hüttchen bitten; er solle sich etwas recht Schönes ausdenken und das dann wünschen. So kniete er im Chor nieder und betete das Vaterunser so innig, dass er darob das Wünschen vergass. Kaum war er damit zu Ende, so waren die Knaben schon wieder zur Stelle und winkten ihm, zu folgen und einem andern Platz zu machen. Sie schritten zum Tempel hinaus und wanderten fast eine halbe Stunde auf einer schönen, breiten Strasse dahin. Hohe Bäume mit grossen Blättern säumten den Weg, Bäume von solcher Pracht, wie er noch keine gesehen, und zwischen den Stämmen durch sah er in einen uner­messlich grossen Garten, in dem es herrlich duftete von Levkojen, Reseden und Geranien. Er sog den Duft ein und konnte nicht genug davon bekommen. Da standen sie vor einem Weinberg, der voll reifer Früchte hing. «Iss, so viel es dich gelüstet», sagten die Führer zu ihm. Er pflückte eine Traube, aber jedesmal, wenn er eine Beere zum Munde führen wollte, war er schon satt. Als er alle Sorten versucht hatte, über­reichte ihm einer der Knaben an einem grünen Band den Schlüssel zu seinem Haus, das er nun ewig bewohnen sollte. Er konnte nicht recht erkennen, wie es aussah, denn es flimmerte ihm vor den Augen ob all der Pracht, die ihn umgab. Er sah nur, wie mächtige Nelkenstöcke vom dunkelsten Rot bis zum schneeigen Weiss über die Gesimse herunterhingen. Als er fragte, ob er denn mit diesem einen Schlüssel alle Türen aufschliessen könne, erwider­ten die Knaben, dieser eine Schlüssel öffne überall. Dann fragte er, ob er nicht auch seine Familie und seine Verwandten und Freunde herbeiholen könne, denn hier sei es schön, und er fühle sich so glück­lich. Da sagten die Knaben: «Sie werden schon kommen, aber nicht alle. Siehst du dort vor dem grossen Portal des Domes den Bischof in der hohen Mütze und mit dem langen Krummstab? Der steht schon lange dort und kann noch lange warten, er kommt doch nicht herein!» Quelle: Johannes Jegerlehner: Walliser Sagen, Hans Feuz Verlag Bern, 1959 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Gärbihund

Source: Der Gärbihund

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Im Dorfteil Gärbi trieb vormals zur Nachtzeit ein kohlschwarzer Hund, grösser als ein Kuhkalb, ein geheimnisvolles Wesen. Plötzlich zwischen den Häusern oder auf Gartenmauern auftauchend, querte er in mächtigen Sprüngen den Weg von späten Heimkehrern und vor Tag ausziehenden Bauersleuten. Obwohl nicht bekannt geworden ist, dass er jemals Personen angegriffen hätte, erschreckte er die Leute durch seine ungewöhnliche Erscheinung, man traute ihm böse Kräfte zu. Eines Sommers half Kobi Greti, ein stämmiges Weibervolk aus dem Oberdorf, dem Nachbar Bauersmann beim Heuen auf dem Aenderberg. Am Morgen noch vor Tag sollten die Heuerleute im Ruderschiff über den See setzen. Alles war bereit zur Abfahrt, bis an Greti, das allweg nicht aus den Federn kam. Der Bauer, der es eilig hatte, trug vorweg Sensen und Rechen in das Schiff und liess der Heuerin bedeuten, sie könne dann nachkommen, man werde in der Ländte auf sie warten. So blieb dem Weibervolk nichts anderes übrig, als das auf sich zu nehmen, was ihm sonst von Herzen zuwider war: des Nachts allein durch das Dorf zu gehen. Grad stichfinster war es in den Gassen nun zwar nicht, am Himmel glänzten noch die Sterne, und irgendwo über den breiten Hausdächern leuchtete der Mond. Aber, als es sich der Gärbi näherte, wurde ihm mit jedem Schritt doch unbehaglicher zu Mut. Die Leute redeten so viel vom Gärbihund, der dem Einen und Andern schon begegnet war. Wenn der jetzt dahergesatzt käme, es wüsste nicht was anstellen, er war doch kein rechter Hund, er war ein böser Geist. Oh, es würde schreien oder laufen, laufen so schnell die Beine trügen … Man soll den Bösen nicht an die Wand malen, sonst kommt er sicher und gewiss! Ganz plötzlich stand der Hund auf der oberen Gassenseite auf der Mauer, gross, viel grösser als ein Kalb und schwärzer als die schwärzeste Nacht! Ein Augenblicklein schaute er Greti’n an, das vor Schreck wie angenagelt stehen geblieben war, sprang dann mit einem wuchtigen Satz über die Gasse und jenseits einen Pflanzplätz hinunter an den See, wo er mit einem mächtigen Platsch auf dem Wasser aufschlug und dann darin versank. - So gross war der Hund gewesen, dass sein Schwanz noch die obere Mauerkante berührte, als er mit allen Vieren bereits jenseits der Gasse stand, das hatte Greti nur zu deutlich gesehen, obschon es im ersten Schrecken fast die Besinnung verlor. Für heute war ihm aber das Heuen gründlich verleidet. Bleich wie ein Leinlachen und verstört kehrte es unsicheren Schrittes gleich wieder heimzu. Nachts durch das Dorf wäre es seither um alles Geld nie mehr allein gegangen. In der „Wydi“, zwischen der Gärbi und dem Trachtbach, erschien der ähnliche Wydihund. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Gassentätscher

Source: Der Gassentätscher

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Vor mehr als zweihundert Jahren lebte in einer halbzerfallenen Bretterhütte nahe bei der Stadt ein Bettler. Im Oberland kannte ihn jedes Kind, denn von Zeit zu Zeit klopfte er von Bürglen bis Plaffeien an alle Häuser, klagte seine Not und bat „der tausendgottswillen“ um ein Almosen. An Markttagen lungerte er auf der Landstrasse herum und hielt allen Leuten bittend den Hut hin. Eines Morgens aber fand man ihn am Brünisbergstutz tot auf der Strasse. In der Dunkelheit hatte ihn wohl ein Fuhrwerk überfahren. Als man seine Hütte untersuchte, fand sich da eine grosse Kiste voll Geld, ein ganzes Vermögen. Also hatte er nicht aus Not gebettelt, sondern aus Habgier und Arbeitsscheu und so durch Lug und Trug den wirklich Armen ihr Brot vorweggenommen. Man glaubt, dass er darum nicht selig werden konnte und erst auf Erden seine Schuld büssen musste. Von dieser Zeit an sah man jetzt alle Nächte einen grossen roten Hund auf der Oberlandstrasse herumlaufen. Seine Augen leuchteten wie Feuer. Liess man ihn ruhig, so tat er niemand etwas zu leide. Aber die meisten Leute flohen doch entsetzt von dannen, wenn in der Dunkelheit plötzlich zwei Lichter aus einem Gebüsch hervorkrochen und langsam näher kamen. Nirgends war man sicher vor dem Ungetüm. Vom Bürglentor bis hinauf nach Plaffeien tauchte es bald hier, bald dort auf. Man nannte es den „Nachthund“ oder den „Gassetätscher“. Wer ihn plagte oder herausforderte, der konnte etwas erleben. In Plaffeien kamen einst einige fröhliche Burschen um die Feierabendstunde singend aus der Wirtschaft. Als sie sich dem Dorfbrunnen näherten, sahen sie hinter demselben zwei Feuerlein im Dunkel leuchten. Die Buben ahnten, was das sein könnte und riefen frech und übermütig: "Heh! Gassetätscher, hesch du no Turscht?“ Jetzt kam hinter dem Brunnen hervor ein grosser Hund. Der leuchtete so rot, als ob er brennen würde. Langsam näherte er sich ihnen und riss seinen furchtbaren Rachen auf. Feuer quoll heraus. Dann streckte er ihnen seine flammende Zunge entgegen. Sie war so lang wie ein Zaunstecken. Den Burschen verging der Übermut. Zitternd vor Angst jagten sie auf einem Nebenwege davon. Aber da kam ihnen von dort her das Nachtgespenst in einer andern Gestalt entgegen. Ein riesiger „Muni“ mit Augen wie Feuerräder, den Grind zu Boden gesenkt, die Hörner drohend nach vorne gerichtet und Flammen aus den Nüstern blasend, stürzte brummend und surrend auf sie los. Todesangst ergriff die jungen Leute und mit dem Mute der Verzweiflung satzten sie seitwärts über Hecken und Zäune, schlüpften zwischen zwei Häusern hindurch, gelangten wieder zur Wirtschaft, stürzten in den Hausgang und schmetterten die Türe zu. Totenbleich, an allen Gliedern schlotternd und kaum mehr der Sprache mächtig baten sie um Unterkunft für die Nacht. Um keinen Preis hätten sie sich mehr hinausgewagt. Es war in einer Frühlingsnacht. Der Mond schien hell, die Luft war lind und die Bäume voll duftender Blust. Ein Jüngling wanderte von Plaffeien nach Plasselb. Im Ried schwenkte er von der Strasse ab, denn in einem der Häuser wohnte sein Schatz. Den wollte er noch grüssen und ein Weilchen mit ihm plaudern. Die Nacht war ja so schön. Als er aber vor das Fenster seiner Liebsten kam, da lag just mitten vor demselben ein grosser, roter Hund auf der Holztische. Der schaute ihn mit funkelnden Augen an und begann drohend zu knurren. Der verliebte Junge war nicht gesonnen, sich von diesem zottigen Nebenbuhler um sein Liebesstündchen bringen zu lassen. Schnell entschlossen ergriff er ein Holzscheit und warf es ihm an die Schnauze. Jetzt sprang die Bestie von der Beige herunter, bellte fürchterlich, spie aus dem schreckhaft aufgerissenen Rachen Feuer und Flammen gegen ihren Widersacher und drohte ihn zu zerreissen. Dem Burschen war seine Liebeslust plötzlich vergangen. Er eilte so schnell als ihn seine Füsse trugen davon. Aber mit zwei, drei Sprüngen war der Gassentätscher wieder hinter ihm. Mit einem mächtigen Satz sprang er ihm auf die Schultern, fuhr ihm mit seinen kratzigen „Talpen“ durch die Haare, über die Wangen und über das Gesicht und zwang ihn, mit dieser schweren Last eine halbe Stunde lang zu springen gegen Sahli, Gansmatt und Sonnenhalde. Schwitzend, keuchend und halb erstickt kam er endlich beim Kreuze vor dem Dorf Plasselb an. Da fiel der Nachthund von seinem Rücken und verschwand.  Dieses Ereignis wurde bald in der ganzen Gegend bekannt. Kilter und Nachtschwärmer blieben jetzt immer daheim, und die Mädchen wagten es nicht mehr, nach dem Abendläuten ein Fenster zu öffnen. Sie fürchteten, der Gassentätscher könnte auf der Scheiterbeige Nachtwache halten. Später einmal zeigte sich der Nachthund auf dem Friedhof in Bürglen. Da ging ein beherzter Mann hin und berührte ihn mit einem geweihten Rosenkranze. Nun geschah etwas Merkwürdiges. Das Ungetüm verwandelte sich zuerst in eine schwarze Ziege und dann in eine menschliche Gestalt in weissem Gewand. Diese sank auf einem Grabeshügel zusammen und verschwand. Von diesem Tage an hat man den Gassentätscher nie mehr gesehen.    Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch


by Der Gauligletscher

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Da wo jetzt der mächtige Gauligletscher den breiten Talgrund ausfüllt, war vor Zeiten, als Besitztum einer reichen Sennerin, die schöne Blüemlisalp gelegen. Noch vor wenigen Jahren soll das Gletscherwasser Holzwerk von einer Sennhütte aus dem Innern der Gletschermasse hervorgespült haben. Schlechte Handlungen zogen jener Sennerin die Strafe des Himmels zu. Die Alp ward auf ewige Zeiten verflucht und unter der Eisdecke des Gletschers begraben. Die Sennerin, ein kleiner Hund, eine fremde Person und die ganze schöne Herde gingen zugrunde. Es wird nun diese Sennerin in der Gegend noch heutzutage mit dem Namen Gauliweibchen (Gauliwibli) bezeichnet. Sie und ihr Hündlein sollen zuweilen den Hirten im Gauli erscheinen. Ein Mann, dem sie sich offenbarte, hörte von ihr die Worte ausrufen: "I und min Kathrin und mini Küh brün und min Hund Rhin müssen immer und ewig auf Blüemlisalp sin." Hin und wieder soll auch das Glockengeläute des unsichtbaren Viehes vernommen werden. Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der gebannte Dieb

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Zu Zeiten wohnte im Gut Tal zu Spiringen der Landammann Brand. Der besass den Oberschwandberg, wo ihm sehr häufig gestohlen wurde. Das verleidete ihm allmählich, und er ging zum Ortspfarrer, der ein sehr frommer Herr war, und ersuchte ihn, den Dieb zu b'stellen. Der Pfarrer versprach es ihm, aber nur unter der Bedingung, dass Brand jeden Tag einen Knecht in den Berg hinaufschicke, was der Bittsteller steif und fest gelobte. Nun, lange Zeit hindurch ging wirklich der Knecht all und ein Herrgottentag den steilen Weg hinan. Doch eines Wintertages, da die Wege verschneit und vereist waren und eisige Schneestürme das Tal durchtobten, sagte Landammann Brand zum Knecht: »Heute schicke ich dich nicht; war es nichts in dieser langen Zeit, so wird sicher heute am wenigsten etwas zu finden sein.« Am nächsten Tage jedoch schickte er ihn wieder. Jetzt traf der Knecht in der Küche des Berghäuschens einen Mann, der einen mächtigen Korb voll allerlei Waren zusammengepackt hatte und unbeweglich dastand. Der Knecht schritt auf ihn zu und klopfte ihm auf die Achsel. In diesem Augenblick fiel der Dieb in Staub und Asche zusammen. Frau Amold-Gisler, Bürglen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der gebannte Lehrer

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Der gebannte Lehrer Es lebte an der Reppisch einst ein Lehrer, dessen Wohnort und Namen nicht genannt werden, weil es über ihn (etwas vor 1857) zu gerichtlichen Verhandlungen gekommen ist. Man sagte ihm nach, er hätte sich als Vormund einer Witwe beträchtliche Summen angeeignet. Bei seinem Tode habe er seinen Söhnen noch anbefohlen, das unrecht Erworbene wieder heimzuzahlen. Die Söhne waren alle bis auf einen bereit, des Vaters Willen zu vollziehen. Dieser eine aber wusste den andern einzureden, dass es vernünftiger sei, den ganzen Handel ruhen zu lassen. Und so geschah es. Längere Zeit nachher jätete eine fremde Dienstmagd auf einem Felde in der Nähe des Gutes jener Familie. Als sie zum Ausruhen sich einmal streckte, sah sie den verstorbenen Lehrer vor sich stehen. Zu Tode erschrocken rannte das Mädchen heim und erzählte das Erlebnis. So kam die Geschichte zu Ohren der Familie des Lehrers. Die verklagten die unvorsichtige Erzählerin, und weil sie den Beweis schuldig bleiben musste, wurde sie gebüsst. Aber auch nachher behauptete sie halsstarrig, sie sehe die Gestalt des Lehrers noch immer, und erbot sich, sie jedermann bei helllichten Tage zu zeigen. Andere Leute konnten aber nichts sehen, was sie damit begründeten, dass sie keine Sonntagskinder seien wie die Dienstmagd. Im folgenden Winter ging morgens um vier Uhr ein Drescher an jenem Orte vorbei an die Arbeit. Da bemerkte er an der aus dem Gerichtshandel bekannten Stelle einen Mann, der in Mantel und Hut ruhig dastand. Der Drescher meinte, einen Halberfrorenen vor sich zu haben und näherte sich ihm. Er schaute ihm unter den Hut und erkannte mit Entsetzen den Verrufenen. Er rannte, um sich zu retten ins nächste Haus und sank dort ohnmächtig zusammen. Als er wieder zu sich gekommen war, erzählte er den Grund seines Schreckens. Die Leute drangen ih ihn, die Begegnung den Söhnen des Verstorbenen mitzuteilen; denn diese hatten vor Gericht erklärt, dass sie die Begebenheit wohl eher einem Mannsbild glauben würden und dass sie dann dem armen Mädchen die Summe zurückerstatten wollten. Der Drescher folgte diesem Rat. Die Söhne liessen zwei Kapuziner kommen, die den Geist in einen Dachrafen des Hauses bannen mussten. Seither hat man von der Spukgestalt nichts mehr gesehen. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Knonauer Amt Rochholz II, Nr. 364.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Geerenhund

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Der Geerenhund Früher spukte im Geeren bei Erlenbach der Geerenhund mit feurigen Augen, so gross wie Teller. Man weiss nicht mehr, aus welchen Gründen er das tat. Er wird zu den daselbst im alten Zürichkrieg Gefallenen in Beziehung gebracht. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee schriftl. Mitteilung von P. Corrodi. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der gefangene Schrättlig

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Ein Bauer hatte im Maiensäss das Vieh gefüttert und legte sich nun auf die "Tril", um zu schlafen. Da kam durch die geschlossene Türe eine schwarze Katze als Schrättlig geschlichen. Er verhielt sich aber ganz ruhig, indem er hoffte, sie fangen zu können. Leise schlich das Tier zu seiner Lagerstätte und wollte eben sein Gesicht beriechen, als er auffuhr, um es am Hals zu fassen. Die Katze aber war flinker als er; sie liess sich nicht fangen und arbeitete mit Zähnen und Krallen, sich des Angreifers zu erwehren. Endlich gelang es ihm, das Messer zu ziehen. Indem er mit der linken Hand die Katze am Genick fasste, wollte er ihr mit der rechten einen tödlichen Stich beibringen, als sie zu reden begann und in rührenden Ausdrücken um ihr Leben flehte. „Groß wird die Rache meiner Brüder sein, wenn du mich tötest," sagte sie zuletzt, "und Ungück auf Unglück wird deinen bösen Sinn ändern." Der Bauer konnte dem Bitten nicht widerstehen und liess sie laufen. Sie wurde nicht wieder gesehen. A. Sprenger Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 320, S. 179 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der gefesselte Unhold

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Früher war der Glaube unter dem Volke, und man hat es auch uns Kindern (vor etwa 60 Jahren) gesagt, wenn am Karsamstag der Priester zur hintern Kirchtüre hinaus gehe, um draussen die Feuerweihe vorzunehmen, da tiäg är am Tyfel Kettänä wider stächlä, är heig-si zerbissä. Wenn-er loskämt, tat er alles z'grund richtä. (Vielleicht eher am Karsamstagabend bei der ehemaligen Auferstehungsprozession. In betreff des Anlasses ist sich der Erzähler überhaupt nicht klar, doch ist in jedem Falle eine der Zeremonien vom Karfreitag oder Karsamstag gemeint.) Josef Maria Baumann, 68 Jahre alt, Gurtnellen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der gefrässige Wolf

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Wie weit der Hexenglaube zur Zeit, als derselbe seine besten Blüten trieb, sich in Albernheit und Unsinn versteigen konnte, - zeigt unter vielen auch folgende Sage: Die Leute von Gundis hatten einmal ihre grosse Not; in den Bergweiden überfiel ein gefrässiger Wolf die Schafe und verschmauste deren, besonders an Sonn- und Festtagen, viele. Alles Wachen, Jagen und Treiben des Wolfes half nichts: immer gingen neue Schafe verloren, die das Raubtier sollte gefressen haben. Man wusste keinen Rat mehr. Da brachte man auf einmal, nach viel erlittenem Schaden, sehr klug heraus, dass der Richter des Orts, vermutlich ein nicht allgemein beliebter Mann, der Schaffresser sei. Dieser besuchte erst noch den vormittägigen Pfarrgottesdienst, bei dem er nicht wohl fehlen durfte, zog dann aus der Kirche kommend, während seine Gattin das Mittagessen bereitete, als Wolf gestaltet in den Schafberg und verschmauste da eines der besten. Er war aber schon wieder zu Hause, als sein Weib das Essen auf den Tisch stellte, welches er sich, um keinen Verdacht zu erregen, so wohl schmecken liess, als wenn er noch nichts gegessen hätte. Vermutlich hat auch dieser angeklagte Richter auf der Folter die Untat eingestanden und darum den Feuertod nicht so unbillig erlitten.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der gefundene Tote

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Man fand einst in Saas in einer Hütte von Almagell einen fremden Toten. Ohne Zweifel hatte er im Winter diese hohen und wilden Berge passiert, hat sich, von Kälte und Strapazen erschöpft, in diese Hütte geschleppt und ist dort entschlafen, um nimmer zu erwachen. Weil man aber nicht wusste, ob er ein Christ oder Heid gewesen, so hatte man ihn nicht fern von der Hütte im Sand vergraben. Leute, die nicht lange nachher da vorüber gingen, sahen, dass vom Toten eine Hand hervorguckte und hörten nicht weit davon ein Vögelchen wunderschön singen. Man beugte die Hand wieder unter die Erde; aber bald darauf schaute wieder ein Fuss vom Toten heraus. Auch dieser wurde wieder unter den Boden geschoben Sooft man da vorüber ging, schaute von diesem fremden Toten bald ein Fuss, bald eine Hand aus dem Grabe hervor; vergebens bestrebte man sich, selbe mit Erde zu bedecken und immer hörte man in der Nähe ein Vögelchen wunderschön singen. Da kam man auf den Gedanken, den Toten wieder auszugraben und ihn auf die Friedhofmauer der Pfarrkirche zu legen. Diese Mauer hatte die Eigenschaft, die auf den Bergen gefundenen, unbekannten Toten ob sie katholisch oder unkatholisch seien, zu enträtseln. Dies geschah auf folgende Art: War die Leiche, welche man auf die Mauer legte, in der Nacht ausser den Gottesacker geworfen worden, so hielt man sie für unkatholisch; fand man sie aber am Morgen auf geweihtem Erdreiche, so war sie für katholisch gehalten. Am Tage darauf fand man diese Leiche, zur allgemeinen Freude, fast mitten auf dem Friedhofe liegen. Das war ein gutes Zeichen!   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch  


by Der gefundene Tote

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Man fand einst in Saas-Almagell in einer Hütte einen fremden Toten. Ohne Zweifel hatte er im Winter diese hohen und wilden Berge passiert, hatte sich, von Kälte und Strapazen erschöpft, in diese Hütte geschleppt und war dort eingeschlafen, um nimmer zu erwachen. Weil man aber nicht wusste, ob er ein Christ oder ein Heide gewesen, so begrub man ihn im Sand, nicht fern der Hütte. Leute, die nicht lange nachher da vorübergingen, sahen, dass eine Hand des Toten hervorblickte, und sie hörten nicht weit davon ein Vöglein wunderschön singen. Man scharrte die Hand wieder unter die Erde; aber bald darauf schaute ein Fuss des Toten heraus. Auch dieser wurde unter den Boden geschoben. Sooft man da vorüberkam, schaute bald ein Fuss, bald eine Hand aus dem Grabe hervor. Umsonst versuchte man, sie mit Erde zu bedecken; und immer hörte man auch in der Nähe ein Vöglein wunderschön singen. Da kam man auf den Gedanken, den Toten wieder auszugraben und ihn auf die Friedhofmauer der Pfarrkirche zu legen. Diese Mauer hatte die Eigenschaft, zu enträtseln, ob die auf den Bergen gefundenen Toten katholisch oder nichtkatholisch seien. Dies geschah auf folgende Art: Wurde die Leiche, die man auf die Mauer legte, während der Nacht auf einen Raum ausserhalb des Gottesackers geworfen, so hielt man sie für nichtkatholisch, fand man sie aber am Morgen auf geweihtem Erdreiche, so nahm man an, der Verstorbene sei katholisch gewesen. Am Tage darauf fand man diese Leiche zur allgemeinen Freude fast mitten auf dem Friedhofe. Das war ein gutes Zeichen, und man durfte sie auf geweihter Erde beisetzen. SAAS-ALMAGELL Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der geheimissvolle Bettler

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Nach Andermatt kam einst ein fremder, unbekannter Bettler. Es war so abscheuliches Wetter, dass man keinen Hund aus dem Haus gejagt hätte, und durch die engen Gassen und Winkel des stillen Bergdorfes mit seinen braunen Häuschen schlich die unheimliche Nacht. An gar manche Tür hatte er schon geklopft und um eine Nachtherberge angehalten, aber nirgends war seine Bitte erhört worden. Bei den Vermöglichen abgewiesen, wandte er sich endlich zum Hause einer kleinen armen Familie, ob er wohl da weichere Herzen finde und ein bescheidenes Lager. Und richtig, die Gastfreundschaft, welche ihm die harten Reichen verweigert, die gewährten ihm die freundlichen Armen. »In eines der beiden Betten können wir dich nicht legen,« sagte zu ihm der Familienvater, »wenn du aber zufrieden bist, auf dem Ofenbänkli zu schlafen, kannst du bei uns übernachten und mit uns essen und trinken.« Der müde Wanderer war zufrieden. Drei Tage lang peitschte der eisige Nordwind graue Nebelfetzen und Regenströme durch das enge Tal hinauf. Die guten Leutchen schickten aber ihren Gast nicht fort; sie teilten mit ihm getreulich Speis und Trank, und das Ofenbänkli diente ihm als Lagerstätte. Am vierten Tage endlich hellte sich der Himmel auf, und der Fremdling schickte sich an, weiterzureisen. Beim Abschied sagte er zu den guten Leuten, die ihn so freundlich aufgenommen: »Geld kann ich euch keines geben, aber etwas will ich euch zur Belohnung eurer Gastfreundschaft zurücklassen.« Er nahm sein Taschenmesser und schnitt am Türsturz eine ganze Reihe von Buchstaben ein, deren Sinn bis jetzt niemand erraten hat. Dann fügte er hinzu: »Diese Wohnung wird in grosse Gefahr kommen, aber es wird ihr nichts geschehen.« In der Tat, so erzählt das Volk, brannte später die eine Hälfte des »zweimännigen« Hauses ab; die andere Hälfte aber, wo der Bettler beherbergt worden, blieb von den hungrigen Flammen verschont. Das Haus wird noch heute gezeigt, und die geheimnisvollen Buchstaben warten noch immer auf ihre Entzifferung. Josef Huber, Erstfeld; J.J. Simmen, Andermatt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der geheimnisvolle Bettler in Andermatt

Source: Der geheimnisvolle Bettler in Andermatt

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Der dankbare Bettler sagte beim Abschied: »I wil-ich ä Segä hinderloh«, und schnitzte eine Anzahl Buchstaben in den Türsturz. Durch Sorglosigkeit zweier Stromer brannte später das ganze Dorf Andermatt nieder bis auf das Haus im Höfli, in dem der Bettler so freundlich aufgenommen worden. Baptist Begli, 80 Jahre alt, Andermatt  Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der geheimnisvolle Krämer

Source: Der geheimnisvolle Krämer

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Ein Italiener, Namens Sander, hatte mehrere Sommer hindurch seinen Krämertisch im Korridor des Badgebäudes aufgeschlagen. Seine gut assortierten Schmuckartikel fanden unter den Badgästen immer reissenden Absatz. Den Badangestellten und Stammgästen kam es aber nach und nach sehr sonderbar vor, dass der Italiener stetsfort einen reichlichen Vorrat von Waren befass, obschon er täglich viel davon verkaufte und niemand wahrnehmen konnte, wie, wann und woher er dieselben erhielt. Dieses Rätsel wurde endlich gelöst. Sander hatte nämlich einen Schlafkameraden, welcher einmal um Mitternacht im Schlafzimmer aus- und eingehen und vor der Türe deutlich sprechen hörte. Auf das flehentliche Bitten des einen, dass ihm die verabredete Frist noch um ein Jahr verlängert werde, erwiderte der andere: "Dein Ausreden und Bitten hilft nichts mehr; es ist nun einmal Zeit, dass du mitkommst; ich lasse dich diesmal nicht mehr los!" Hierauf blieb alles stille. Ein höllischer Gestank erfüllte das ganze Badgebäude, Krämer Sander war und blieb verschwunden; doch fand man am Morgen zunächst hinter der Trinklaube, auf der Quellenbrücke, die da über die wilde Tamina führt, die Pantoffeln und den Schlafrock desselben. I. Natsch.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 209, S. 101 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der geheimnisvolle Wald

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Ein junger Mann, der arm wie eine Kirchenmaus war, nahm ein junges Mädchen zur Frau, das noch ärmer war als er. Gott der Herr schenkte ihnen mit der Zeit elf Kinder. Mann und Frau arbeiteten unermüdlich; aber dennoch waren die Ausgaben immer größer als die Einnahmen, und sie konnten es nicht vermeiden, in Schulden zu geraten. Da wollte sich der Mann, koste es was es wolle, aus diesem Elend befreien. Er entschloss sich, in die Welt hinauszugehen, um sein Glück zu suchen. Er wanderte und wanderte, bis er in einen unermesslichen Wald kam, welcher von unzähligen Fußwegen durchkreuzt wurde, die nach allen möglichen Richtungen führten. Da blieb er stehen und dachte darüber nach, welchen Weg er nehmen sollte, als plötzlich ein vornehm gekleideter Herr vor ihm stand. Das war der Teufel. Der sprach mit leutseliger Stimme zu ihm: «Was hast du, Wandersmann, dass du so traurig bist?» Da erzählte ihm der arme Mann sein ganzes Elend. «Ich will dich reich machen», versetzte der unbekannte Herr, «aber nur unter einer Bedingung: Nach einem Jahr und einem Tag musst du dich nämlich wieder in diesem Wald einfinden und mir dann sagen, wie viel Fußwege - man nennt sie die Wege von Babilonia - in diesem Wald zu finden sind. Bist du damit einverstanden? Willst du diese Bedingungen annehmen?» - «Ja freilich bin ich einverstanden», erwiderte der arme Mann. Hierauf zog der Fremde aus seiner roten Weste einen grossen Beutel voller Golddukaten und gab sie ihm. Gänzlich außer sich vor Freude kehrte der Mann wieder nach Hause zurück, zeigte seiner Frau das viele Gold, und auch sie war überaus glücklich. Jetzt waren sie mit einem Male reiche Leute geworden. Sie bezahlten alle ihre Schulden unauffällig, kauften ihren elf Söhnen neue Kleider und verschönerten ihr Haus, kurzum, sie genossen ihren Reichtum und wurden von den Nachbarn nicht wenig beneidet. Inzwischen ging die Zeit vorüber. Es fehlten nur noch vierzehn Tage, bis die Frist des Vertrages, den er mit dem fremden Mann im Wald geschlossen hatte, abgelaufen war. Nun anvertraute der Mann das Geheimnis seiner Frau. Alle beide zerbrachen sich den Kopf und plagten ihr Gehirn, um die Zahl der Fußwege zu erraten. Aber das war eher eine Arbeit für einen Herkules. Die Frau war scharfsinnig und sagte eines Tages zu ihrem Mann: «Führe mich in den Wald, wo du jenem reichen Herrn begegnet bist, denn ich habe einen Plan. Ich werde es schon herausbringen, wie viele Fußwege in diesem Walde sind.» Also zeigte der Mann seiner Frau den Weg in den geheimnisvollen Wald und die Stelle, wo ihm der Fremde begegnet war. Drei Tage, bevor das Jahr und ein Tag vorüber waren, bestrich die Frau ihren ganzen Körper mit Honig. Dann trennte sie ein Kissen auf, zerstreute die Flaumfedern auf ihrem Bett und legte sich in diesen Flaum. Die Federn blieben an ihrem Körper und auch im Gesicht hängen. und nur die Augen blieben frei. Jetzt sah sie aus wie ein ganz abenteuerlicher Vogel. Sobald es dunkel wurde, begab sich die Frau in den großen Wald an die Stelle, wo der Fremde durchkommen musste, stellte sich auf den Baumstrunk einer Buche und wartete daselbst. Fünf Minuten später erschien der Unbekannte. Da fing die Frau an wie ein Vogel zu flattern und stieß ein seltsames Geschrei aus. Der Herr, d, h. der Teufel, betrachtete den sonderbaren Vogel misstrauisch, bekam Angst und rief aus: «Seit Hunderten von Jahren, wo ich durch diesen Wald streife und alle diese Fußwege gehe - man nennt sie diejenigen von Babilonia, und es sind deren 366 an der Zahl - habe ich niemals ein derartiges Geschöpf hier gesehen!» Und als er das gesprochen hatte, machte er sich davon. Jetzt kehrte die gute Frau freudestrahlend nach Hause und sagte zu ihrem Mann: «Ich weiß jetzt, wie viel Fußwege es im Walde sind!» «Wirklich, wie viel denn?» «Ja, es sind 366», fügte sie hinzu und erzählte, wie es ihr ergangen war. Am Abend jenes Tages, an dem die Frist vorüber war, begab sich der Bauer an die verabredete Stelle. Der Teufel war schon da und erwartete ihn, gewiss, sein Spiel gewonnen zu haben. Kaum sah er den Bauersmann kommen, so fragte er ihn: «Nun gut, wie viel Fußwege von Babilonia gibt es hier im Wald?» «Ich habe lange darüber nachstudiert», erwiderte der andere, «und so und sovielmal gerechnet. Endlich habe ich herausgefunden, dass es 366 sein müssen, nämlich gerade so viele als Tage im Schaltjahr.» Wie das der vornehme Herr, der aber niemand als der Satan war, vernahm, ließ er vor Zorn ein entsetzliches Geschrei los und verschwand, in Rauch und Flammen eingehüllt. Jetzt wusste der Bauer, mit wem er es zu tun gehabt hatte. Er kehrte voller Schrecken nach Hause zurück und erzählte der Frau seine Erlebnisse. Sie fürchteten, das Geld, das sie zum Teil schon gebraucht hatten, würde wieder zurückgefordert; aber es kam niemand, der es von ihnen wieder verlangte. Von da an lebten der Mann und die Frau glücklich inmitten ihrer zahlreichen Familie.   Quelle; Walter Keller, Tessiner Sagen und Volksmärchen. Dieses Märchen wurde in Campestro von Silvio Savi 1928 erzählt.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Geiger

Source: Der Geiger

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In der Alp Lasa, bei der Ragazer Hütte, spielte ein in jener Gegend vielbekannter Geist nachts auf dem "Stofel" seine Geige. Ein Mastrilserberger unter den Alpknechten forderte leichtsinnig einen Tanz. Der Geiger tat's, und die Sennen tanzten so nach Herzenslust, dass sie das Beten des Rosenkranzes und den üblichen Alpruf vergassen. Aber am andern Morgen war der Mastrilser lahm und blieb es. Dr. Henne-Am Rhyn. Deutsche Volkssage.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 201, S. 98 Siehe auch "Lasst ihn ungestört!" Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Geiger auf dem Galgen

Source: Der Geiger auf dem Galgen

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"Giger Hans-Jöri" ging spät abends über den Rhein, ins Lichtensteinische, wo er aufspielen sollte. Als er unter Balzers hinkam, dunkelte es schon tief. Unversehens wurde er da an der Straße von artig gekleideten Leuten beiseite gerufen und traf eine glänzende Gesellschaft. Man hiess ihn auf eine Bühne sitzen, wo er auserlesenes Essen und Trinken vorfand. Bloss bedeutete ihm ein Herr, er möge sich durch nichts beunruhigen lassen, auf nichts achten und namentlich keine Gesundheit trinken. Das fiel ihm zwar auf; aber er schwieg, spielte auf und liess sich's schmecken. Es wurde toll und bunt getanzt. Aber niemand kümmerte sich um ihn, so dass er sich endlich doch langweilte. Der Mahnung vergessend, sagte er nach seiner Gewohnheit in sich hinein: "Gsundheit Hans! Gseg' ders Gott, Hans! Furcht der nüt, so gschieht der nüt." Kaum über die Lippen, war alles verschwunden. Es ging gegen Morgen, und Giger Hans-Jöri fand sich auf dem Vaduzer Galgen sitzend, statt des silbernen Trinkbechers einen Kuhhuf in der Hand. I. Nasch. Nach dem Volksglauben fanden auf jenem Riet Hexentänze statt.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 187, S. 88 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Geiger Hans Jöri

Source: Der Geiger Hans Jöri

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Ein Sarganser Geiger, genannt „Giger Hans Jöri", ging spät Abends über den Rhein ins Liechtensteinische, wo er Morgens aufspielen sollte. Unter Balzers, es dunkelte tief, wurde er an der Straße von artig gekleideten Leuten beiseite gerufen und traf eine glänzende Gesellschaft. Man hieß ihn sich auf einer Bühne setzen, wo auserlesenes Essen und Trinken stand. Bloß bedeutete ihm ein Herr, er möge sich durch nichts beunruhigen lassen, auf nichts zu sehr achten und namentlich keine Gesundheit trinken. Das fiel ihm zwar auf; aber er schwieg, spielte auf und ließ sich's schmecken. Es wurde toll und bunt getanzt vor ihm; sein Trunk fehlte nie. Nur bekümmerte sich Niemand weiter um ihn, so dass ihn, trotz des Lebens am Ende langweilte, und er warm werdend und der Mahnung vergessend bei einem Trunke nach Gewohnheit in sich hinein sagte: „Gsundheit Hans! Gseg' ders Gott, Hans! Fürchts der nüt, so gschieht der nüt." Kaum über die Lippen, als Alles verschwunden war. Es ging gegen Morgen, und Giger Hans Jöri fand sich – auf dem Vaduzer Galgen sitzend, statt des silbernen Trinkbechers einen Kuhhuf in der Hand. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Geiger nach dem Tod

Source: Der Geiger nach dem Tod

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Ein Bauer, der sehr dem Trinken ergeben und Geiger war, forderte vom Wirt, der sein Gevattermann war, noch eine Mas Wein. Es soll sich dies in Visp zugetragen haben. «Bring mir noch eine Mas Wein!» sagte der Bauer. «Du hast ja schon genug», gab ihm der Wirt zur Antwort. «Um Gottes Willen, bring nur noch eine Mas Wein, ich will dir nach meinem Tod dafür spielen.» — «Gut, erwiderte ihm sein Gevattermann, wenn du mir nach deinem Tode eines dafür aufspielen willst, so will ich dir noch eine Mas holen; aber dass du dein Wort haltest.» — » «Ja, wenn es Gott zulässt, so werde ich mein Wort halten.» Eines Abends spät in der Nacht, als der Wirt allein im Zimmer war, hörte er draussen im Haus einen recht lustigen Tanz spielen auf einer Geige. Als er einen Augenblick voll Verwunderung zugehört, ging er hinaus um zu sehen wer es sei. Aber weder er, noch seine Leute konnten den Spielmann finden. Am andern Tag kam die Nachricht, sein Gevattermann, der Geiger sei in der letzten Nacht und zwar um die gleiche Stunde, da wo er in seinem Zimmer den lustigen Tanz hatte spielen hören — gestorben.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Geiger und der Schuhmacher

Source: Der Geiger und der Schuhmacher

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Es waren einmal ein Geiger und ein Schuhmacher, zwei arme Kerle, aber sehr gute Freunde. Der Geiger verdiente wenig mit Spielen und dachte, er wolle in der Ferne sein Glück versuchen. Er verabschiedete sich von seinem Gefährten und ging fort. Eines Tages, als es sehr heiss war, setzte er sich unter einen Obstbaum, um auszuruhen. Da sah er aus einem Maiensäss gegenüber 24 Männer herauskommen. Die stiegen hinunter ins Tal und waren alsbald verschwunden. «Wer weiss, wenn ich nachsähe, was mit dieser Hütte los ist?» sprach er zu sich selbst. Kurz entschlossen ging er hin und gelangte in eine riesige Höhle. Darin fand er haufenweise Geld, Kostbarkeiten und auch Lebensmittel und Getränke. Er nahm so viel Geld, wie er tragen konnte und kehrte zurück. In einem Dorf etwas weiter weg baute er ein schönes Haus und machte eine Wirtschaft auf. Seine Geige hängte er in der Stube an die Wand. Er war jetzt ein reicher Mann und brauchte nicht mehr zum Tanz aufzuspielen. Sein alter Gefährte, der Schuhmacher, kam rasch darauf, dass der andere plötzlich reich geworden war, und es nahm ihn wunder, wie das zu und her gegangen war. Er warf Hammer und Leisten in eine Ecke: «Es lohnt sich nicht, hier auf dem Stuhl bucklig zu werden, wenn man sein Glück leichter machen kann.» Er nahm den Weg unter die Füsse und ging zum Geiger. Der begrüsste ihn sehr freundlich und zeigte ihm sein schönes Haus von zuoberst bis zuunterst. Auch erzählte er seinem alten Freund, wie er zu Reichtum gekommen war, doch solle er das geheim halten. Der Schuhmacher versprach dies natürlich fest, aber er wollte auch zur Höhle hinauf, um sein Glück zu machen. Der Wirt riet ihm davon ab, weil die Räuber wahrscheinlich bemerkt hätten, dass Geld weggenommen worden sei. Vergebens, der Schuhmacher wollte um jeden Preis hin. «So zähle denn gut, ob es 24 sind, wenn sie aus der Höhle kommen, doch wenn es weniger sind, so geh um Gottes willen nicht hinauf, oder es geht dir schlecht.» Der Schuhmacher wartete unter dem Obstbaum auf das Glück. Nach einer Weile kamen drüben die Männer aus dem Maiensäss. Er zählte hastig, und vor Aufregung wusste er am Schluss nicht, ob er 24 oder 22 gezählt hatte. Doch umkehren wollte er nicht, die Geldgier war zu gross, und er ging in die Höhle. Kaum war er drin, sprangen zwei schreckliche Räuber aus einer Ecke hervor, packten ihn und brüllten mit fürchterlicher Stimme: «Aha, jetzt haben wir den Schuft, den Dieb!» Unserem armen Schuhmacher hat es die Sprache verschlagen vor Schrecken, und er kann sich eine Weile nicht einmal rühren, doch irgendeinmal stammelt er zitternd: «Nein, nein, ich habe das Geld nicht genommen, der und der war’s.» Die Räuber hatten schon alles gewusst, dachten aber, der Wirt käme selbst nochmals, und sie könnten sich dann rächen. Den Schuhmacher brachten sie erbarmungslos um. Als die andern zurückkamen, heckten sie dann aus, wie sie den Wirt überlisten und sich an ihm rächen könnten. Nun, sie waren sich rasch einig. Eines Abends kam recht früh ein sehr vornehmer Herr zum Wirt, wollte über Nacht bleiben und erzählte, er reise herum, um Wein zu verkaufen, sein Diener werde in Kürze mit einer Ladung Fässer da sein. Der Wirt war aber ein schlauer Teufel, er ahnte, dass etwas nicht ganz in Ordnung war und liess die Bauern und Handwerker des Dorfes benachrichtigen, sie sollten augenblicklich zu ihm kommen, und jeder solle ein Werkzeug mitnehmen. Die Männer kamen sogleich mit den Werkzeugen auf den Schultern. Der Fremde wunderte sich und fragte den Wirt, was das zu bedeuten habe. «Ach, das sind unsere Tagelöhner, die zum Essen kommen.» Der Herr beruhigte sich. Unterdessen hielt vor dem Haus ein fremder Fuhrmann mit einer grossen Ladung riesiger Fässer. In dem Augenblick gab der Wirt den Männern ein Zeichen. Die stürzten sich auf den Herrn und den Fuhrmann und hielten sie fest. Dann öffneten sie ein Fass nach dem andern und fanden in jedem einen Räuber. Sie nahmen alle fest und übergaben sie dann dem Gericht. - Durch seine Schlauheit konnte der Wirt sich retten, doch der arme Schuhmacher kam ums Leben. (Schams)   Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Geiger zu Fursch

Source: Der Geiger zu Fursch

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Ein Zusenn hatte seine Geige, die er leidenschaftlich liebte und wunderschön spielte, mit nach Fursch genommen; dort setzte er sich gern auf den Stollen, um zu spielen. Als im Herbst das Vieh weggefahren war, musste der Zusenn allein zurückbleiben und aussennen. Da kam der Greller Jöri zu ihm mit der "Sufetuse" (Molken-Tanse), um das übliche Almosen zu holen. In der Nacht hörten sie auf dem Stollen draussen alle die wohlbekannten Weisen geigen, als ob der Zusenn selbst dort wäre. Eine grosse Furcht bemächtigte sich ihrer. Der unsichtbare Geiger hatte Schneefall verkündet. Am Morgen lag die ganze Alp eingeschneit. J. B. Stoop   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 304, S. 169 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Geissbachzopfi

Source: Der Geissbachzopfi

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Der Geissbachzopfi reitet zur Geisterstunde auf einem Schimmel beim Majenpfüsis über die Schreja hinunter. Ein Sevelenberger mit dem Übernamen Wäspi sah ihn einmal; am folgenden Morgen hatte er einen geschwollenen Kopf. Heinrich Hilty. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 141, S. 67 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Geissbock im Stall

Source: Der Geissbock im Stall

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`s isch einisch a Ma in es richs Hus cho und isch im Stall übernachtet. Eso um zwölfe umme chunt eine mit eme Seckel voll Gäld und het ne verlochet und gseit: „Jetz, Tüfel, hüet, bis se en wisse Geissbock dur de Stall hindere jage.“ Am andere Morge isch der Ma siner Wæge gange. Aber vo dr Zit a händ si e keis Veh meh ha könne i dem Stall. Alles isch druf gange. Übers Johr isch de Ma wieder dert verbi cho, und wo ner ghört het, wies au mit dem Stall stœi, so het er nes gseit, was er i sälber Nacht gseh gha het. Do händ se en wisse Geissbock gchauft und ne dur der Stall hindere gjagt, und alles isch wieder guet gsi. Und `s Gäld händ se usse ggrabe und dem Ma au en schœne Theil dervo gge. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Geissbub im Vonöischi

Source: Der Geissbub im Vonöischi

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Der Vonöischi oder Illgraben, wie er auch genannt wird, ist ein Felsenkessel von wilder Grossartigkeit, mit rötlichen, vom Regen verwaschenen Felswänden, die nackt und schroff aufragen, wie die Kraterwände eines erloschenen Vulkans. Die eine Seite ist völlig kahl und von beinahe senkrechter Steilheit. Im Schosse dieses schauer­lichen Felsentrichters bilden sich nach starken Regengüssen Schlamm­ströme, die das grosse Delta eines mächtigen Fichtenwaldes, des Pfynwaldes, aufgeschwemmt haben. In diesen Bergschlund sollen die bösen Geister gebannt sein. Einmal ist ein Jäger dort zu Tode gefallen und nicht mehr gefunden worden, und alte Leute behaupten, sie hätten die Seelen Verstorbener auf schwarzen Pferden hineinreiten sehen. Der Ziegenhirt von Leuk hatte sich eines Abends sehr verspätet. Er hatte beim Illgraben geweidet und zog nun den langen, sachte zur Rhone abfallenden Pfynwald hinunter. Bei der Rhonebrücke zählte er nochmals die Herde, und da fehlte ihm ein Zytgeissli, wie man die ausgewachsenen Ziegen nennt, die noch kein Junges geworfen haben. Es war dieselbe Ziege, die sich den Tag über recht widerspenstig ge­zeigt und ihm heute schon einmal davongelaufen war. Daher rührte auch seine Verspätung. Er hatte keine Lust, sich noch lange nach ihr umzusehen, dachte übrigens, sie sei schon zu Hause und trieb die Herde den schmalen Weg hinauf dem Städtchen Leuk zu. Als er bei den Ställen Nachfrage hielt, hiess es, die Ziege sei noch nicht da. Das vernahm er nicht gerne, denn sie gehörte dem Gewalthaber, und der hatte sonst schon so viel über ihn zu brummen. Obschon es in die Nacht ging und der Hirt die Beine kaum mehr spürte vor Müdigkeit und sich gerne hinter die Suppe gesetzt hätte, die ihm die Mutter zu Hause bereithielt, machte er doch kehrt, eilte in langen Sätzen durch das Weingelände hinunter auf die Strasse, über die Flussbrücke und zurück in den Pfynwald, um die Ziege zu suchen. Er rief und lockte, aber sie antwortete nicht. Er strengte sein Ohr an, um nach dem Klingen ihres Glöckchens zu horchen, allein, er ver­nahm nichts als das dumpfe Gemurmel des Illgrabenwassers, das als dünner Faden zwischen zwei haushohen Uferdämmen dahingurgelte. Immer weiter hinein ging es in den dunklen Föhrenwald und hinauf zum Illgraben, und wenn er Zi-i-irbi rief mit langezogener Stimme, klang es schauerlich durch den stillen Wald, so dass er sich fürchtete und das Rufen unterliess. Schon wollte er umkehren, aber da sah er in Gedanken den bösen Blick des Gewalthabers, der imstande war, ihm sein Hirtenamt zu entziehen, und so lief er weiter. Die Äste reckten ihm mit langen Armen ins Gesicht, aber das kümmerte ihn wenig. Wenn ein Nadelzweig kratzend über Wange und Nase fuhr, hob er den Stock und liess ihn auf den Ast niedersausen; das tat ihm gut, denn er hatte sich recht in den Zorn hineingelaufen. Jetzt war er im Illgraben drin, und hier musste er das Zytgeissli finden, denn da gab es kein Weiter. Nur die Gemsen wagten es, an den lotrechten Wänden hinaufzuklettern, wenn sie den Jäger in der Nähe witterten. Da rief er nochmals mit aller Kraft Zi-i-irbi, fast mehr, um seiner Angst Luft zu machen, als der Ziege wegen. Vielfach hallte es von den Felsen wider, und er schaute sich nach allen Seiten um, ob nicht jemand hinter ihm stehe, so sehr bangte ihm in der finstern Schlucht. Kein Laut war vernehmbar, doch ganz in der Nähe glaubte er ein Tor zu erkennen, mit festen Eisenbeschlägen, das er noch nie be­merkt hatte. Oder war es nur ein Schatten im Fels? Wieder schaute er sich um, und der Graben, in den er nun den dritten Sommer die Zie­gen trieb, erschien ihm ganz sonderbar in der stockdunkeln Nacht. Er war im Vonöischi, darüber konnte er nicht zweifeln, denn er sah deutlich, wie die Gratlinie des Grabens hoch oben, fast über seinem Kopf, sichelförmig in den Himmel schnitt, und er glaubte, das Pfei­fen einer Gemse zu hören. Er trat an die Pforte heran, und als er den Arm ausstreckte, um sie zu betasten, da flog sie auf, und ein heller Schein leuchtete ihm aus dem Innern des Berges entgegen. Er besann sich ein Weilchen, dann trat er über die Schwelle, tappte sich durch einen langen Gank, und auf einmal stand er in einem hell erleuchteten Saal. Der Boden war mit schneeweissen Marmorplatten belegt, und längs der Breitwand stand ein Kochherd von unermesslicher Ausdehnung. Hätte man die Feuerstellen aller Häuser und Hütten von Leuk zusammengerückt, ja da hätte noch viel gefehlt zu einer so langen Reihe. Vor dem Herde aber standen viele, viele Mägde in dunklen Schürzen, die mit den kupfernen Kesseln und Pfannen hantierten und das Feuer schürten. Das Geschirr funkelte im Widerchein der Gluten, und die Flammen flackerten und züngelten drin dass man hätte meinen können, ins Feuer selbst zu sehen. In den Pfannen brozelte es, und herrliche Wohlgerüche stiegen auf. Der Geisshirt zog das Käpplein und grüsste freundlich. Da trat eine der Mägde auf ihn zu mit einem ernsten Gesicht und fragte barsch, was er begehre. Er sagte noch einmal recht freundlich und laut: «Abend gewünscht, grad so gut gefällt es mir hier, dass ich ein wenig bleiben möchte», und er schnalzte mit der Zunge, schnupperte und sog den würzigen Bratenduft ein, und sein Magen knurrte, dass ihm schien, es müssten es alle hören. Die Magd zog die Augenbrauen zusammen, dass die Stirne darin ganz verschwand und schob ihn mit einem bösen Blick gegen eine zweite Tür, die sich geräuschlos öffnete. Er setzte das Käpplein wieder auf den Kopf, fast ohne zu wissen, was er tat und trat ein. Da war ein grosser, aber spärlich erhellter Saal, dessen Ende er nicht absehen konnte, mit einem spiegelblanken Boden. Die matte Helle rührte nicht von Kerzen und Fackeln her, sondern drang von unten herauf, und doch spürte er keine grosse Wärme an den nackten Füssen. Durch den Boden aber sah er wie durch Fensterglas, tief, tief hinein ins Innere der Erde, und je tiefer sein Blick hinunterdrang, desto heller und blendender wurde es, als ob er in die Sonne blickte, und die Augen schmerzten ihn, und er hob den Kopf. An einem langen Tische, der kein Ende nehmen wollte, sassen lauter schwarz gekleidete Herren, die emsig mit Schreiben und Rechnen beschäftigt waren. Sie hatten den Oberkörper tief über die Tischkante geneigt und schienen in ihre Arbeit versunken, so dass er kein Gesicht recht unterscheiden konnte. Längs der Wand aber standen, grad wie vorher der grosse Kochherd in der Küche, die schönsten Betten, die er je gesehen. Die Bettstellen schienen aus Messing zu bestehen, denn sie glänzten gelblich fahl, wie die Sonne, wenn sie ein dünner Wolkenschleier verdeckt, und statt des Laubsackes sah er weiche Feder­betten mit seidenen Decken, die mit Goldborden besetzt und mit wunderlichen Schnörkeln verziert waren. In dem Saale aber herrschte Totenstille. Der Geissbub rückte das Käpplein und wünschte guten Abend. Da bewegte der Herr, der ihm zunächst sass, leise den Kopf und fragte, was er wünsche. Er sagte, er möchte nur ein wenig rasten und in einem solchen weichen Bette schlafen, denn er sei so müde. Da erhob der Herr das Gesicht, und der Bub erschrak. Aus dem erdfahlen, müden Antlitz starrten ihm zwei Augen entgegen; wo hatte er die schon gesehen? Grad so hatte sein Vetter, der reiche Weibel auf dem Totenbett ausgesehen. Eine unsagbare Angst sprach aus diesen flak­kernden Augensternen. Plötzlich zuckte es wie Wetterleuchten über das Gesicht und der Herr sprach: «Ja, greif nur unter die Decke, dann wirst du spüren, wie schön es drin zu schlafen ist!» Der Bub ging zu einem Bett und wollte die Hand hineinlegen, als eine andere Stimme vom Tisch ihm zurief: «Tu es lieber nicht, Quatemberkind!» Du bist ein armer, unschuldiger Geissbub, der das verlorene Zirbi sucht, tu es nicht, du würdest dir sonst die Finger verbrennen! - Steck einmal die Eisenspitze deines Stockes hinein! » Der Bub steckte den Stock unter die seidene Bettdecke. Als er ihn herauszog, war das Eisen glühend rot, und das Holz brannte lichterloh. Da fasste ihn der Schreck; er schrie laut auf, warf den Stock weg und floh zur Tür. Wohl trugen die Mägde die dampfenden Schüsseln auf, aber es gelüstete ihn nicht mehr nach den verlockend duftenden Speisen. Als er den weiten Raum der Küche, der kein Ende zu nehmen schien, ebenso eilig durchmass wie den Herrensaal, da hörte er, wie die Gold- und Silberschüsseln klirrten und klangen und wie ein viel­stimmiges Gebrüll und Gewieher anhub, so dass ihn schauderte, wie wenn er unter dem Gletscher stände und das kalte Wasser über ihn flösse. Da war er auch schon draussen. Er spürte die kühle Nachtluft, und er lief und lief ohne Aufenthalt. Nach einer Weile schaute er zurück und sah nichts als eine schwarze Wand. Das war der Tannenwald, in dem es leise rauschte. Er glaubte wiederum den Pfiff einer Gemse zu hören. Ober ihm flimmerten die Sterne, und neben ihm trippelte das Zirbi, das fröhlich meckerte. Er atmete auf und kratzte sich in den verfilzten Haarstruppen. Die Ziege wich nicht von ihm, und so trotteten sie zusammen den Pfynwald hinunter. Er sprach mit ihr ganz leise, und sie meckerte ihm zu, ebenso leise, und die kleine Blechglocke, die sie am Halse trug, tönte hell durch die stille Nacht, bis sie im Stalle des Gewalthabers in Leuk oben verstummte. Diese Nacht schlief der Geissbub weich auf seinem muffigen Laub­sack.   Quelle: Johannes Jegerlehner: Walliser Sagen, Hans Feuz Verlag Bern, 1959 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Geissbub und der Teufel

Source: Der Geissbub und der Teufel

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a) Ein fauler Geissbub wünschte den Teufel herbei, dass er ihm die Geissen hüte. Es ging aber nicht lange, kam der Teufel und sagte: »Da bin ich bereit, wenn ich dir die Geissen hüten soll. Welchen Lohn gibst du mir?« Ganz chrüttig anerbot ihm der Bub ein Stück aus seinem Leibe, und der Teufel war zufrieden und hütete den ganzen Sommer hindurch prächtig die Geissen. Am Morgen holte er sie ab, und am Abend brachte er sie bis zum Gaden. Der Bub konnte faulenzen. Als am Herbst der Teufel seinen Lohn forderte, gab ihm der Bub in einer schönen Kiste einen Schibel von seinem eigenen Mist! Der war ja aus seinem Leib. Solchen zu produzieren hatte er im Sommer vollauf Zeit gehabt. Aber man sagt nicht umsonst »dummer Teufel.« Im nächsten Sommer anerbot er sich dem Bub wieder zum Hüten, sagte aber: »Wenn du mir am Herbst nicht sagen kannst, wie ich heisse, so bist du mein.« Der Bub schlug ein und übergab dem Teufel die Ziegen und noch eine Anzahl Schafe und lebte lustig und fröhlich. Als aber der Herbst herannahte, wurde es ihm angst. Er ging endlich zu einem Kapuziner und klagte ihm seine Not. Der machte dem leichtsinnigen Schlingel schwere Vorwürfe, liess sich aber angesichts seiner Jugend durch seine rührenden Bitten zuletzt doch erweichen und befahl ihm, zu der und der Stunde, die er nannte, an einem bestimmten Platze hinter einem Baum sich zu verstecken, und zwar drei Tage nacheinander. Es werde dann der Teufel da vorbeikommen, und da solle er die Ohren spitzen und sich genau merken, was der Herr rede. Der Geisser machte es so. Schon am ersten Tage kam der Teufel an dem Versteck vorbei und sagte halblaut vor sich hin: »Es ist gut, dass dieser Mann nicht weiss, dass ich Spitzbärtel heiss.« So auch am zweiten und dritten Tage. Den Spitzbärtel vergass der Geissbub nicht, und als am Herbst der Teufel kam, um ihn zu packen, rief er ihm schon von weitem entgegen: »Ja ja, Spitzbärtel, komm nur!« Aber Spitzbärtel verschwand. Jos. M. Arnold, Unterschächen b) Handbub zu Alpgnof im Maderanertal zu faul, Holz zu holen. Teufel brachte ihm so grosse Bürde, dass er den ganzen Sommer genug hatte. Bub schiss ihm einen Haufen auf eine Schindel: »Da hesch etz eppis us mym Lyb.« Ohne Fortsetzung. Mit den Worten: »Undank isch doch der Wält Lohn« trollte sich der Teufel davon. e) Ganze Erzählung Geissbub. Aus ihm wurde später der Chriäsibüeb, von dem im Maderanertal die Urispiegel-Geschichten erzählt wurden. Andreas Fedier, 46 Jahre alt, Maderanertal, und a. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Geisshirt

Source: Der Geisshirt

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Ein Geisshirt legte immer, wenn er mit seinen Tieren in die Berge ging, seine Tasche auf eine Steinplatte. Dann stieg er weiter hinauf, und bei seiner Rückkehr war die Tasche immer leer. Einmal wollte er wissen, wer ihm sein Essen wegstehle. Da sah er eine Hand hervorkommen, die nahm die Tasche weg. Jetzt stieg er dort hinunter, woher die Hand gekommen war, und er fand eine Höhle mit nur einer Frau drin. Mit ihr nahm er sein Essen. Als sie fertig waren, sagte die Frau, hier sei es üblich, einander nach dem Essen zu lausen, bis man einschlafe. Der Bursche liess sich zuerst von der Frau Läuse ablesen. Er stellte sich sogleich schlafend. Da sah er, dass die Frau einen Gertel unter der Schürze bereithielt, um ihn zu töten. Jetzt tat er so als ob er gerade aufgewacht wäre und sagte: «Jetzt musst auch du dich lausen lassen, bis du eingeschlafen bist!» Die Frau schlief bald ein und liess den Gertel zu Boden fallen. Dann nahm der Geisshirt den Gertel und schnitt der Frau den Kopf ab. Den Kopf legte er ins Hühnergehege, die Beine unters und den Körper ins Bett. Dann räumte er die Truhen der Alten aus und fand so viele Schätze, dass er davon schön reich wurde. Mit den Schätzen ging er in fremde Länder. Und als sie merkten, dass die Geissen nicht nach Hause kamen und der Geisshirt auf und davon war, mussten sie einen andern anstellen; den alten sahen sie nie wieder.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Geisshirt im Fanoischi

Source: Der Geisshirt im Fanoischi

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Wie es manchem Geiss- und Kuhhirten gern passiert, so ist es auch dem Geisshirten im Fanoischi beim Hüten ergangen. Den ganzen Morgen hindurch hatten ihm seine Schutzbefohlenen durch ihre Widerspenstigkeit viel Zorn und Verdruss verursacht. Müde legte er sich nun während er schwülen Mittagszeit unter eine weitästige Föhre, die Ziegen der Obhut seines Wachhundes anvertrauend. Gegen Abend trieb er seine Herde wohlgemut gegen Leuk zu. Doch sein Frohsinn schwand, als er im Geissstall in Leuk eine schwarze Ziege vemisste. Fast hätte es ihn gelüstet, das verlorene Tier seinem Geschick zu überlassen; doch der Gedanke, dass die Ziege die einzige Milchkuh eines armen Mütterchens war, bewegte ihn, sich noch am selben Abend auf die Suche zu begeben. Er durchirrte rastlos den im Dunkel liegenden Pfinwald und die gespensterhafte Felsschlucht des Fanoischi, das verlorene Tier immerfort zärtlich bei seinem Namen rufend. Kein meckernder Laut ertönte als erlösende Antwort. In aller Angst begab er sich in raschen Schritten auf den Heimweg. Da tauchte plötzlich mitten im Walde eine schwarz gekleidete Männergestalt auf, die dem Fliehenden den Weg versperrte und ihm schweigend zu folgen winkte. Willenlos und gelähmt vor Schrecken folgte der Geissbub der Erscheinung. Da plötzlich verschwanden Weg und Wald und Felswand, und der Geisshirt stand mitten in einer geräumigen Halle. An prasselndem Feuer wurde gesotten und gebraten, finster blickende Diener drehten den Bratspiess, und feiner Bratenduft stieg dem Geissbuben in die Nase, doch ihn gelüstete nicht nach dem feinen Schmause; hastig wollte er durch eine gegenüberstehende Türe entweichen, doch er gelangte statt ins Freie in einen grossen, matt erleuchteten Saal. Dort sassen in langer Reihe schwarzgekleidete Herren mit weisser Krause und wallenden Haaren an einem langen Tische und schrieben wortlos mit feurigen Kielen, während der Vorsitzende mit düsterer Stimme aus einer Pergamentrolle vorlas. Verschüchtert und sprachlos stand der Geisshirt am Ende des Tisches. Da wies einer der Herren mit einladender Bewegung auf ein nahestehendes Prunkbett, und der Geissbub war froh, seine abgehetzten Glieder in den weichen Flaum legen zu können. Doch der unterste am Tische, ein Herr mit traurigem, mildem Gesichte, flüsterte ihm ins Ohr: «Versuch es zuerst mit deinem Stocke!» Der Geissbub steckte den Stock unter die Decke und zog ihn bis an den Knopf lichterloh brennend zurück. Da entstanden ein heftiger Krach und schallendes Getöse. Alles war verschwunden. Wieder rauschte der Wald, und die Felsgebilde grinsten den Hirten an, neben ihm aber stand die schwarze Ziege. Sie traten beide den Heimweg an und erreichten Leuk. Den Buben aber packte ein heftiges Fieber, und er war nach drei Tagen eine Leiche. LEUK Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Geisshirt und der rote Wein

Source: Der Geisshirt und der rote Wein

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Ein Geisshirt kam alle Abende lustig zur Sennhütte zurück. Da sagten die Älpler: «Die Geissmilch kann ihn nicht so lustig machen.» Sie spionierten ihm nach und sahen, dass er sich zuoberst des Waldes auf den Bauch legte und d's Mul an's Haltji andrückte. Wie sie nun näher gingen, fanden sie, dass in der Erde ein Fass roter Wein war, den der Weinstein nicht zerrinnen liess. Der Geisshirt hatte ein Loch hineingebohrt und nachdem er herausgesogen, dasselbe jedes Mal wieder zugestopft. (erzählt von Professor Henzen)   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Geisshirt von Wengen

Source: Der Geisshirt von Wengen

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Über den Pfarrer, den Schulmeister und den Geisshirten ist im Bergdorf jeder Richter. Am aller- schlimmsten dran ist aber doch der Hirt. An ihm wischt selbst der letzte faule Paschi den Mund ab; ihm macht auch von früh bis spät das Geissentrüecht, das stets auf dem Passauf ist, dem Stehlen nachzugehen, das Leben sauer. Man sagt, dass in den Bergen ein Sonnentag ein halbes Dutzend leide aufwiege. Der Geisshirt von Wengen aber konnte diese wie jene nie an Scherm oder Schatten abhöckeln. Wenn er in Wind und Wetter in den stotzigen Rasenbändern unter dem Lauberhorn, Tschuggen und Männlichen bohrende Wehtat in die Fussknöchel gelaufen hatte, liess er sich am Abend unten im Dorfe nicht mehr gerne Hagstecken auf dem Kopfe spitzen. Vor Zeiten machten einem Geisshirten einmal eine Ziege und ein altes Reibeisen die Hölle heiss. Die Alte besass eine Geiss, die war ein Kratten, leider (unansehnlicher) als die Sünd auf der lätzen (innern) Seite. Am Abend, kurz vor dem Abtrieb der Herde ins Dorf, liebte sie es, sich abseits in eine Balm zu stellen und dort zu nächtigen. Wenn die schlaue Schlampergeiss zur Melkzeit nicht unten war, entband die Alte in Wengen den Teufel, schob alle Schuld dem Hirten in die Schuhe und wollte ihn in die Stangen stellen. Sie verlästerte ihn im ganzen Dorfe und warf ihm vor, er behalte die Ghorenochte (gehörnte Ziege) oben, um sich am folgenden Tag mit der vielen Milch einen Älperkaffee zu brauen. Und der arme Geisser, dem trotz des harten Lebens oft der Schalk im Nacken sass, der streute in Wengen aus; "Was weiss die alte Tächa (Bergohle) von einem Älperkaffee! Den kann im ganzen Lauterbrunnental nur eine allereinzige machen, und das ist die Nydla. Wenn man aber der Alten ihre Geiss melken wollte, dann würde es unten im Napfli nur zweimal — tschip! — tschap! — machen, dann wäre es beim Eid schon fertig, und zu einem Älplerkaffee nimmt man statt Wasser Milch und statt Milch Nydla." An einem nebelnassen Sudeltage wollte sich die Gehörnte beim Abtrieb wieder auf die Seite stellen; da wurde der Geisshirt wütend, nahm den ersten, besten Stein und schleuderte ihn nach ihr. Er traf den alten Schlamper so wuchtig an den Kopf, dass er tot zusammenbrach. Der Geisser erschrak bis in die Seel hinein, und am nächsten Tage warf er den Kadaver in einen wüsten, tiefen Krachen unter dem Tschuggen. Die Ziege blieb verschollen, und die arme Alte vermochte keine andere an sich zu handeln. Der Hirt wagte es nicht, dem Weiblein den Schaden zu ersetzen, weil er sonst zum letztenmal die Herde zu Berg getrieben hätte. Kein Mensch ahnte, dass er schuld am Geisstod war. Mit schwerem Herzen fuhr er fortan hinauf an die Hänge, denn er wusste es selber haargenau, dem Unvernünftigen Leid antun, das darf ein ehrenwerter Mann ja niemals, auch wenn er das göttlichste Recht auf seiner Seite hätte. Wenig Jahre nachher kam er in einen bösen Wind, und bald trugen ihn die Wenger die Kehre hinunter auf den Gottesacker beim Staubbachfall. Im Jahr, das folgte, machte des Geissers Bruder, der Dachdeck mit einem Lehrbuben auf die Allmendhütte ein neues Schindeldach. Sie waren bereits fertig, die Nacht war bald auf ihnen, und sie legten nur noch die letzten Schwarsteine (Steine zum Beschweren der Schindeln). Da sah der Bub vom Barwengi herunter einen Mann mit einer Bürde niedersteigen. Je näher dieser mit seiner lampenden Tregi kam, desto klarer sah der Gehilfe, dass es der verstorbene Geisshirt von Wengen war. Jetzt stand der seltsame Träger auf Steinwurfweite von der Hütte. Nun sagte der Lehrbub zum Meister: "Hee — schaut einmal, wenn euer Bruder nicht gestorben wäre, ich glaubte steif und fest, der komme hier mit einer toten Ziege auf den Achseln!" Jaa — wohl schier — den sah der Dachdeck auch. Und sein Gesicht war so weiss wie ein gebleichtes Leilachen, als er ihn stotternd fragte: "Um — des Herr — Gotts Willen — was machst du mit der toten Geiss"? Wie aus einem leeren Fass heraus kam die Antwort: "Die gehört der armen Alten im Wengiboden. Zu Lebzeiten hab ich das Tier mit einem Stein erschlagen und, statt es zu ersetzen, mit Lügen gegen eine Witfrau gefochten. Ich trage das Trüecht seither Abend für Abend, so manchen Tag ein Geisshirt fährt, ins Dorf hinunter, bis einer für den Schaden aufkommt!" Das liess sich der Dachdeck gesagt sein. Es griff ja nicht ins Guttuch, und schon am nächsten Tag hatte die arme Witfrau eine schöne Ziege umsonst. Seither sah den toten Geisser niemand mehr vom Barwengi niedersteigen. Er hat längst seine Ruh im Grab gefunden. Quelle: Hans Michel, Ein Kratten voll Lauterbrunner Sagen. Wengen 1936. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.    


by Der Geissler von Klosters

Source: Der Geissler von Klosters

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Das letzte Dorf im Prättigäu in Graubünden ist Klosters. Wer von da nach dem hochgelegenen Thale von Davos gehen will und die alte Strasse einschlägt, dem fällt in nicht grosser Entfernung vom Dorfe ein Felsblock durch seine besondere Gestalt auf. Dies ist der Geisslerstein. Ueber ihn hat ein Bündner-Bauer von Klosters Folgendes mitgetheilt. Vor langen Zeiten gab es in diesem Thale noch wilde Menschen. Sie waren gutmüthiger Art, dabei aber, obwohl von sehr kleiner Statur, von aussergewöhnlicher Leibesstärke. Ihr ganzer Leib war behaart, um die Lenden trugen sie einen Schurz von Fellen. In der Hand führten sie statt eines Stabes eine mit den Wurzeln ausgerissene junge Tanne. Auch das Dorf Klosters hatte damals die Ehre, einen solchen wilden Menschen in seiner Nachbarschaft zu besitzen. Er hiess überall der Geissler und hatte schon seit vielen Jahren länger als die ältesten Männer damals gedenken konnten, die Ziegen der Gemeinde gegen einen geringen Lohn an Zieger und Käse gehütet. Gern gaben ihm die Leute diesen Lohn, denn die Ziegen kamen alle Abende so gesund heim und gaben so viel Milch, dass man am Ende des Jahres sowohl an Butter als an Käse ganze Wagenladungen fortführen und um schöne Summen verkaufen konnte. Alle Morgen früh trieb man ihm die Dorfziegen bis zum Geisslerstein; da wartete schon das Männlein und trieb sie weiter, man wusste nicht wohin; und Abends zur bestimmten Zeit waren sie alle wieder mit strotzendem Euter beim Steine, dass sie vor Milch kaum gehen konnten. Eins aber war sonderbar. Der Geissler redete wohl mit den Ziegen, sie verstanden ihn und folgten, nur mit den Menschen redete er nie ein einziges Wort. Stumm übernahm er Morgens die Thiere in seine Hut, stumm lieferte er sie Abends wieder ab, stumm kam er jeden Herbst am Zahltage zum Steinblock und nahm Käse und Zieger in Empfang, die man ihm gleichfalls stumm daselbst niederlegen musste. Dieses ewige Stummthun verdross nun endlich die Leute, und einige vorwitzige Bursche verabredeten, wie sie ihn in ihre Gewalt bringen und versuchen wollten, ob man ihm denn gar keinerlei Aufklärung über sein räthselhaftes Wesen ablocken könnte. Sie versteckten sich eines Abends hinter dem Geisslerstein und sprangen, als er nahe genug war, vereint auf ihn los. Doch der kleine Mann warf mit ein paar kräftigen Stössen den einen dahin, den andern dorthin, bis sie sämmtlich zu Boden lagen, dann eilte er mit unglaublicher Schnelligkeit dem nahm Walde zu. Auch diese Balgerei hatte er stumm abgemacht. Am folgenden Morgen trieben die Klosterser ihre Ziegen wiederum zum Steine, wer aber heute nicht da war, kann man sich denken. Sie warteten und warteten, aber wer nicht kam, das war der Geissler. Da wurde denn beschlossen, dass diejenigen, welche ihm Gewalt angethan hätten, jetzt an seiner Statt die Ziegen hüten sollten. Und so geschah's. Aber wehe, die Ziegen brachten nicht halb so viel Milch mehr heim. Nach einigen Wochen beschlossen die ältern Bauern, die Gemeinde müsse den Geissler eigens zu versöhnen suchen und ihm etliche Käse und Zieger zur aussergewöhnlichen Zeit auf den Stein legen. Dies half. Er holte die Ziegen wieder wie sonst, sie waren wieder wohlgeweidet und milchreich, nur mussten die Bauern von nun an stets die doppelte Anzahl Käse und Zieger als Lohn dem Geissler erlegen. Da wuchsen aber nach der Hand wieder so ein paar neugierige Bursche auf, die mit dem Geissler gern in nähere Bekanntschaft gekommen wären. Da sie seine Stärke und Gewandtheit schon kannten, so versuchten sie es diesmal auf eine andere Weise. Er hatte nämlich die Gewohnheit, an jedem Abend aus dem kleinen Brünnlein zu trinken, das zunächst dem Steine ist. Diesen Umstand benutzten sie jetzt. Sie sammelten hinter dem Rücken der Dorfgenossen heimlich manche Mass Kirschenwasser und füllten an einem heissen Sommertage unversehens das ganze Brünnlein damit. Als nun der wilde Mann wie gewöhnlich seinen Durst zu löschen kam, schöpfte er mit der hohlen Hand, aber befremdet durch den Missgeschmack des vermeintlichen Wassers trank er erst nicht fort wie sonst, sondern versuchte, es nur mit einigen Schlücken. Doch musste ihm endlich der Kirschengeist gleichwohl behagen, denn bald bückte er sich über das Brünnlein hin und trank in vollen Zügen. Jetzt kam die Wirkung des berauschenden Wassers, er verlor das Gleichgewicht und sank machtlos nieder. Schnell sprangen die Bursche aus dem Versteck hervor, banden ihn mit Weiden und Stricken und trugen ihn ins Dorf hinein in eine festverschlossene Kammer. Zwei postierten sich als Wache vor die Thüre und so beschlossen sie, bis zum Morgen zu warten und das Verhör erst zu beginnen, wenn der Geissler seinen Nebel ausgeschlafen hätte. Aber um Mitternacht entstand in der Kammer ein wüthendes Gepolter, man hörte, wie ein ganzer Kreuzstock in Stücke zertrümmert, zum Haus hinaus stürzte, und gleich darauf war der Entsprungene schon ausserhalb des Dorfes zu sehen, wie er mit unerhörter Eile, mehr fliegend als gehend, durch die Wiesen hinlief und verschwand. Natürlich sass er am andern Morgen nun nicht auf seinem Stein, als die Bauern ihre Ziegen wieder austrieben, und kam auch nicht mehr, als sie ihm den alten und dann den verdoppelten Lohn an Zieger und Käse hinlegten. Seitdem müssen die Klosterser einen eigenen Hirten halten und ihm beinahe mehr an Hutgeld bezahlen, als der Erlös aus der Milch ist, die alle ihre Ziegen zusammen geben. So ist von ihrem alten Wohlleben und vom Geissler selbst nichts mehr übrig, als am Dorfe der Geisslerstein. Mündliche Mittheilung aus der Stadt Chur, durch Stud. Meyer. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 319 Zwergensagen aus anderen Schweizerkantonen Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch   KantonGraubünden


by Der Geissler von Klosters

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Unweit von Klosters hauste einst ein Fänggenmannli. Es hiess überall „der Geissler“. Denn es hatte der Gemeinde, schon länger als sich die Ältesten zurückerinnern konnten, für einen geringen Lohn an Ziger und Käse die Geissen gehütet. Die Leute gaben ihm diesen Lohn noch so gern, weil die Ziegen alle Abende so voll und feisst heimkamen und so viel Milch gaben, dass am Ende des Jahres ganze Wagenladungen voll Käse verkauft werden konnten. Am Morgen früh trieben ihm die Leute ihre Geissen bis zu einem grossen Felsblock an der alten Davoserstrasse, dem Geisslerstein. Dort erwartete das Männlein die Herde, schwang seinen Stecken und trieb sie weiter auf die Weide. Man wusste aber nicht wohin. Und am Abend, wenn die Sonne hinter den Bergen des Prättigaus untertauchte, fanden sich alle wieder mit strotzenden Eutern fröhlich meckernd beim erwähnten Stein ein. Etwas aber mutete einen sonderbar an: Der Geissler pflegte wohl mit den Ziegen zu reden, sie verstanden ihn und folgten ihm aufs Wort - nur mit den Menschen sprach er nie ein einziges Wort. Stumm übernahm er morgens die Tiere, stumm lieferte er sie abends wieder ab, stumm kam er jeden Herbst am Zahltag zum Steinblock und nahm Käse und Zieger entgegen, die man ihm ebenfalls stumm hinlegen musste. Dieses ewige Schweigen verdross die Leute mit der Zeit. Da beschlossen vorwitzige Burschen, ihn einzufangen und zum Reden zu bringen. Sie versteckten sich eines Abends beim Geisslerstein und sprangen, als er nahe genug war, miteinander auf ihn los. Aber das Männlein warf mit wenigen starken Stössen den einen da hin und den anderen dort hin. Als sie alle am Boden lagen und stöhnend und schimpfend aufstanden, eilte der Kleine wie der Wind dem nahen Wald zu, ohne dass er ein Wort gesagt hätte. Am anderen Tag trieben die Leute ihre Ziegen wieder zum Stein. Der Geissler war nicht da. Sie warteten und warteten, der Geissler kam nicht. Da machten sie aus, dass nun diejenigen die Geissen zu hüten hätten, welche ihm Gewalt angetan haben. So wurde es dann auch gehandhabt. Aber, o je, die Ziegen brachten nicht mehr halb so viel Milch heim. Und nach einer Weile beschlossen die älteren Bauern, man müsse den Geissler versöhnen und ihm Käse und Zieger als Schmerzensgeld auf den Stein legen. Das war ein guter Rat. Das Fänggenmännli holte die Ziegen wieder wie sonst, und bald kamen die Tiere wieder wohlgeweidet und milchreich nach Hause. Nur mussten die Bauern von nun an dem Geissler stets die doppelte Anzahl Käse und Ziger als Lohn auf den Stein legen. Aber jene Burschen wollten es trotzdem nicht aufgeben, das Männlein zum Sprechen zu bringen. Weil sie nun aber wussten, wie stark und flink es war, versuchten sie es diesmal mit einer List. Es hatte nämlich die Gewohnheit, am Abend aus dem kleinen Brünnlein zu trinken, das dem Stein am nächsten war. Hinter dem Rücken der Dorfbewohner sammelten die Burschen heimlich manches Gläslein Kirsch und füllten das Brünnlein an einem heissen Sommertag damit. Als nun der Geissler wie gewöhnlich trinken kam, schöpfte er mit der hohlen Hand. Befremdet durch den neuen Geschmack des Wassers, trank er zunächst nicht so kräftig wie sonst, sondern versuchte es mit einigen kleinen Schlücken. Bald behagte ihm der Kirsch, denn jetzt bückte er sich über das Brünnlein und trank in vollen Zügen. Berauscht taumelte er umher und fiel ohnmächtig zu Boden. Da sprangen die Burschen aus ihrem Versteck hervor, banden ihn mit Seilen und schleppten ihn ins Dorf hinein in eine leere Kammer. Die Tür verschlossen sie fest und standen als Wachen davor. Sie wollten bis zum Morgen warten, wenn der Geissler seinen Rausch ausgeschlafen hätte. Aber um Mitternacht hörte man aus der Kammer plötzlich ein solches Gepolter, dass das ganze Haus erzitterte. Mit einem Mal ging der Kreuzstock in Trümmer, heraus stürzte der Geissler, und schon war er ausserhalb des Dorfes. Man sah ihn – mehr fliegend als laufend – durch die Wiesen schnellen und im Wald verschwinden. Als die Leute am andern Morgen ihre Ziegen austrieben, sass der Geissler nicht mehr auf dem Stein, und er ist auch nicht wieder gekommen. Kein noch so grosser Lohn an Käse und Ziger hat mehr geholfen. Seitdem mussten die Bauern einen eigenen Hirten halten und ihm beinahe mehr Geld bezahlen, als sie aus der Milch erhielten.  Aus: Die Greifenfeder, F.Senft, Frauenfeld 1978 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


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Unter Werdenberg, bei der Mädlibrücke, sieht man einen schwarzen Mann; buckelig geht er hinter den Felben und Eichen, der alten Strasse entlang, auf und ab. Wehe dem, der diesen bösen Geist stört! Heinrich Hilty.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 110, S. 54 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


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Vor wenigen Jahren starb in Malans der dortige Gemeindsbürger M. Köhl, welcher seiner Zeit auch in der Dorf-Obrigkeit gesessen. Der wohnte im letzten Hause auswärts der Kirche, unterhalb, am Wege nach Jenins. Er war ein wohlhabender Mann und ihm hatten Curer-Herren, die in Malans Weingärten besassen, vertrauensvoll Solche zur Aufsicht oder Besorgung übergeben. Nun verwechselte er aber zeitweise das »Mein und Dein«, besonders zum Nachteile seiner Grund-Nachbarn. Zudem war er »Torkelmeister«, und in dieser Eigenschaft konnte er ganz ungestört dem ihm zu stark scheinenden Wein durch Abziehen (für seinen Bedarf) und Nachgiessen von ganz ächtem Wasser den »übermässigen« Geist nehmen. Als dann einmal bei der Weinlese ein Tanz veranstaltet wurde, machte er Denselben mit, - fiel aber - zum grössten Schrecken der Anwesenden, vom Schlage gerührt, plötzlich um, und war eine Leiche, die wenige Augen­blicke danach ganz schwarz wurde. Er hinterliess zwei Töchter und einen Sohn, die bei seinen Lebzeiten meistens böse Tage gehabt, weil er sie, »mir nichts, dir nichts« oft prügelte, ganz unverdienterweise. Die Töchter haben aber durch den wandernden Geist ihres Vaters von dieser Zeit an keine Ruhe und Rast mehr gehabt. Als ungeheurer Pudel kommt er allabendlich bei eintretender Nacht, und heult erbärmlich, wenn etwa die Haustüre, oder die Türe des Gema­ches, das er bei Lebzeiten bewohnte, geschlossen sind. Kann er aber unge­hindert in Dasselbe gelangen, so gibt er sich zufrieden. Einzig zur Zeit der Festtage rumort er schrecklich, und alljährlich am Tage, an welchem er so plötzlich gestorben, ist er gar böse und unaussteh­lich. Da plagte er stets seine beiden Töchter zum Entsetzen, und zwar so arg, dass die Eine in Folge der Misshandlungen und Schrecken starb. Die andere Tochter und der Sohn zogen aus dem Hause weg, da sie sich fürchteten, alleine dort zu wohnen. Kaufen wollte das verrufene Haus Niemand, und - die Haustüre, sowie die Gemach- Türe mussten ausge­hoben werden, damit der »Pudel« ungehinderten Durchpass hatte. Zwar hatten die »Ledigen« (unverheirateten Männer) einmal es gewagt, die Türe einzuhängen; aber dieselbe Nacht »trottete« der Pudel im Dorfe herum, heulte vor allen Häusern, und kratzte an allen Türen, wo er bei­kommen, und Schlafende wecken konnte. So war er von da an in seiner Hundsgestalt von Jedermann gefürchtet, wie man seine Kinder bedauerte. Obschon der Ortspfarrer bei der Leichenrede für seine arme Seele ein Gebet brachte, und auch nachher viel »unrechtmässiges erworbenes Gut« doppelt und dreifach wieder erstattet wurde, hat er bis heute noch keine Ruhe. Zuweilen trägt er (eben als Pudel) ein Laternchen mit blauem Lichtlein in der Schnauze, in das Haus, das er als Geist immer noch, alleine bewohnt; ist er dann in seiner Kammer drin, so heult er oft Stunden lang; naht sich dann Jemand dem Hause, hört er eine Weile auf, zu heulen, bis Niemand mehr in der Nähe ist. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


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Im Schwarzenbachhof bei Allenwinden, Kanton Zug, schwebt um Mitternacht eine geisterhafte Frauengestalt daher, blickt jedesmal eine Weile lang in den Brunnen und verschwindet wieder. Es soll der Geist einer unglücklichen Person sein, die hier ihrem Kindlein den Tod gegeben.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


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Der Bach Sagliaints bildet die Grenzmarche zwischen Lavin und Süss. Die Volkssage erzählt: Es sei einst diese Grenzmarche zum Vorteil der Laviner dadurch bis zum Felsenvorsprunge Crap Sasslatsch vorgeschoben worden, dass ein Mann den in Sagliaints ausgegrabenen Grenzstein dorthin versetzt und hierauf ein richterliches Erkenntnis das streitige Gebiet den Lavinern zugesprochen habe. Einige Zeit nachher sei dieser Mann gestorben und habe am Crap Sasslatsch als Geist umgehen müssen, wobei er beständig gerufen: »Wo soll ich ihn hinsetzen?« Das habe so viele Jahre lang gedauert, bis  dass ein Vorübergehender dem Gespenste erwiderte:  »Setzt ihn in Gottes Namen wieder hin, wo du ihn hergeholt hast.« Da habe der Geist sich bedankt, den Stein an die alte Stelle gesetzt, und auf dieses Zeugnis sei die alte Grenze wieder hergestellt worden. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


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Der Geist am Mühlerain In der Gegend von Landikon hauste früher ein Geist, der es vornehmlich auf die spät heimkehrenden Betrunkenen abgesehen hatte. Er führte sie an den Haaren in den tiefsten Morast und wälzte sie im Kot, wobei er nicht einmal auf die schönsten Sonntagskleider Rücksicht nahm. Die von ihm Irregeführten kamen jeweilen „wie gepelzet“ nach Hause. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Knonauer Amt Nach Baur, Nr. 2.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Geist an der Mauer

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Zu Abfrutt sah man öfters einen alten Mann mit weissem, bis auf den Boden wallendem Barte an einer Mauer sitzen. Als man ihn anredete, bekannte er, er müsse da schon weiss Gott wie viele hundert Jahre büssen, weil er eine Mauer an seinem Gut ein wenig auf das Eigentum des Nachbars hinausversetzt habe. Jedes Jahr könne er einen Rappen abverdienen. Man erzählte das den Eigentümern des Gutes, und diese schenkten dem Geiste alles, und er erschien nicht mehr. Jos. Muheim, 12 J. alt, Geschenen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


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In einem Bauernhause des Sensebezirkes hörte man jeweils während der Nacht ein Rasseln und Klirren, wie wenn mit einer schwarzen Eisenkette an die Tenntüre geschlagen würde. Bei allem Aufpassen konnte man den Anstifter der nächtlichen Ruhestörung weder erwischen noch sehen. Man besprengte den Platz vor der Tenne mit Weihwasser und zündete abends geweihte Wachskerzen an. Aber selbst die geweihten Mittel wollten diesmal nicht helfen den Spukgeist zu vertreiben. Beten, Palmzweige und Kerzen schienen keine Macht über den lärmenden Geist auszuüben. Eines Abends, als der Bauer selber die Wache hielt, fing das Lärmen von neuem an, ohne dass ein lebendes Wesen bemerkbar war. Da geriet der alte Bauer in hellen Zorn. In seiner Aufregung schrie er den unsichtbaren Ruhestörer in grober Weise an: «Sapperlot noch einmal, wenn du ein Geist bist, so sag dein Begehr, damit ich dir helfen kann. Bist du eine arme Seele, so sprich, was dir zur Erlösung abgeht. Sonst pack dich von dannen, wenn du keine Antwort geben willst.» Die grobe Rede hat ihre Wirkung nicht verfehlt. Von jenem Abend an herrschte im Bauernhaus wieder Ruhe. Das Kettenrasseln war verstummt.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Geist auf Brün

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Zur Gemeinde Valendas gehört der Hof Brün hoch am Berge droben, und dieser Hof teilt sich in Vorder- und Hinter-Brün. - Über Hinter-Brün dehnt ein unheimlich-dunkler Wald sich aus. In diesem Walde soll vor Zeiten ein Mann, ein Schreiner von Gewerbe, wegen einer Marche seinen Nachbarn erschlagen, und den Leichnam entsetzlich zerstümmelt haben. - Um die Mordtat zu verdecken, fertigte der Mörder aus einem dicken Tannenstamm, durch Aushöhlen, einen Sarg, legte den Erschlagenen hinein und machte die Höhlung wieder zu. Es war dies zur Zeit, als der Bergbach hoch ging, und das Wasser führte den Sarg durch die Schlucht ins Carrèra-Tobel, bis dorthin, wo eine Brücke die steinigen Ufer vereint. Der Mörder kam bald nach seiner Untat beim Holzfällen um\'s Leben, und muss von dieser Zeit an geisten. Man hört ihn in finstern Nächten bald da, wo der Mord geschehen, bald dort, wo er den Sarg gezimmert, weiter zimmern und hacken, dass man es selbst in den umliegenden Höfen hört. Er muss immer neue Särge machen, und hat er einen Tannenstamm sauber ausgehöhlt, wirft er ihn ins Tobel hinab, und jauchzt dazu, dass es schauerlich wiederhallt. - Aber bald nimmt ihm der reissende Wildbach sein Machwerk fort, in den Rhein, und der Ärmste beginnt, ächzend und wehklagend, einen neuen Stamm auszuhöhlen. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Geist auf dem Rütteli

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Vor vielen Jahren kam eines Abends in's Dorf Molinis ein Goldkrämer und fragte, wie weit er noch nach Langwies zu gehen habe. Man berichtete ihn der gestellten Frage, riet ihm aber ab, denselben Abend noch weiter zu gehen, da es finster und er des Weges unkundig sei. - Der Krämer liess sich aber nicht halten, und zog, nichts Böses ahnend, der Plessur entlang, taleinwärts, Langwies zu. Unterhalb des Dorfes Peist, auf dem sog. »Rütteli«, wurde er von einem Manne plötzlich überfallen, der Waren und des Lebens beraubt. Der Mörder verscharrte die Leiche und flüchtete, aber man kannte ihn. Soweit das Blut des Ermordeten geflossen, wächst kein Gras mehr. – Im Rütteli aber ist's seither nicht mehr geheuer, denn dort geht der Mörder um. – Eines Abends wollte ein Säumer mit zwei schwer befrachteten Pferden nach Langwies heim. Auf der verrufenen Stelle blieben auf einmal die Pferde stehen und waren durchaus nicht weiter zu bringen, bis am Morgen, als in Peist die Morgenglocke tönte. Beim ersten Klange gingen sie von selbsten wieder vorwärts. - Seitdem machte der Säumer diesen Weg nie mehr nach »Betzeit-Läuten«, Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014       Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Geist auf dem „Hof“ zu Glattfelden

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Der Geist auf dem „Hof“ zu Glattfelden Auf dem „Hof“ lebte seinerzeit, als er noch das schönste und grösste Bauerngut war, ein geiziger Bauer, der nie genug aus seinem Land und aus seinen Leuten herausschinden konnte. Er behandelte die Menschen schlechter als seine Ochsen. Zuletzt wollte niemand mehr bei ihm dienen. Obst und Erdäpfel liess er lieber verfaulen, als dass er den Armen davon gegeben hätte. Als er starb, konnte er im Grabe keine Ruhe finden. Nacht für Nacht klepperte er in seinen Holzschuhen zur Geisterstunde durch das Haus. Der Erzähler, der später, als das Gebäude zum Schulhaus umgebaut worden war, drin gewohnt hat, wurde nie durch einen Geist gestört. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Unterland Gchr. Glattfelden, 1918, S. 81   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Geist auf der Heubühne

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Im grossen Moos hatte ein Bauer einen Knecht. Derselbe wurde vom Dienstherrn auf die Heubühne zum Schlafen geschickt. Kaum war er hinaufgestiegen, öffnete sich das Tenntor von neuem, und eine schwarze, männliche Gestalt stieg die Leiter hinauf auf die nebenan liegende Heubühne. Der Knecht wollte den Eindringling verscheuchen und warf seine genagelten Schuhe auf die Tenne hinunter. Die Gestalt bewegte sich immer noch an derselben Stelle. Da wollte der Knecht nicht länger bleiben. Er stieg schnell zur Leiter hinunter, ging zur Tenne hinaus und nächtigte draussen auf der Wiese auf einem Haufen Heu. Als der Bauer am andern Morgen seinen Knecht wecken wollte, fand er ihn nicht auf der Bühne. Unterdessen war jener zurückgekehrt vom Wiesenlager und erzählte dem Meister, was er in der Nacht auf der Heubühne erlebt habe. Der Bauer wurde ganz verlegen, dann sprach er zum Knecht: «Du darfst niemand sagen, was du bei mir gesehen hast; dieser Geist kommt schon lange in meine Scheune. Ich muss ihm jeden Abend eine Handvoll Heu in die Tenne legen, sonst liegt am Morgen ein Stück Vieh tot im Stall.» Aber der Knecht bekam nun ein anderes Nachtlager, wo er von unliebsamen Besuchern verschont blieb.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Geist auf der Tanzlaube

Source: Der Geist auf der Tanzlaube

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Unter der ehemaligen Tanzlaube neben dem heutigen Helferpfrundhaus in Isental ging der öffentliche Weg hindurch, und der Säumer des Tales musste diese Stelle oft passieren. Jedesmal stand ein Weibervolk auf der Laube und tat dergleichen, als ob es zu ihm aufs Ross wollte. Endlich erzählte es der Säumer dem Ortspfarrer, und der sagte, es sei eine arme Seele. Er solle beichten und kommunizieren und das Weibervolk auf's Ross nehmen, und wenn er dann in einem einzigen Sprung unter der Laube hindurchsetzen könne, so sei die Seele erlöst. Diese werde ihm dann ihre Hand bieten, aber er solle ihr ja nicht die seinige reichen, sondern eine Schindel. Der Säumer tat alles, wie der Pfarrer befohlen, nahm das Weibervolk aufs Ross hinunter und erreichte in einem Sprung das Ziel. Dort fiel aber das Ross tot zu Boden, und er lag eine Zeitlang ohne Verstand da. Als er zu sich kam, wollte ihm das Weibervolk, das erlöst war, die Rechte zum Abschied reichen. Er aber hielt ihm eine Schindel entgegen, die es ergriff. Und siehe, die ganze Hand war nachher darauf eingebrannt. Frau Gisler-Zwyssig Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Geist auf der Wildenburg (Zug)

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Das räuberische Gebahren der Wildenburger brachte reiche Schätze auf die Burg. Diese gingen alle unter den berstenden Mauern und Balken der Feste zu Grunde, als die erbosten Zuger sie in Schutt und Asche legten. Viele Schatzgräber gingen dem Golde nach, allein ihr Vorhaben wurde jäh gestört, denn der blutige Schatten des letzten Wildenburgers stürmte heulend um die Felsen und stiess jeden Geldgierigen in das dunkle Lorzentobel hinab. Auch der Teufel hütete die Goldschätze. Am Karfreitag während in der Kirche zu Baar die Passion gesungen wird, legt der Teufel auf dem Burgfelsen sein Gold an die Sonne, und wer zur rechten Zeit kommt, kann davon nehmen, soviel ihm beliebt. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 29 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Geist auf Wildenburg

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Das räuberische Gebahren der Wildenburger brachte reiche Schätze auf die Burg. Diese gingen alle unter den berstenden Mauern und Balken der Feste zu Grunde, als die erbosten Zuger sie in Schutt und Asche legten. Viele Schatzgräber gingen dem Golde nach, allein ihr Vorhaben wurde jäh gestört, denn der blutige Schatten des letzten Wildenburgers stürmte heulend um die Felsen und stiess jeden Geldgierigen in das dunkle Lorzentobel hinab. Auch der Teufel hütete die Goldschätze. Am Karfreitag während in der Kirche zu Baar die Passion gesungen wird, legt der Teufel auf dem Burgfelsen sein Gold an die Sonne, und wer zur rechten Zeit kommt, kann davon nehmen, soviel ihm beliebt. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 29 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Geist aus Landskorn

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Schloß Landskron im Leimentale beim Kloster Mariastein liegt seit dem Revolutionsjahre 1798 zerstört, die Schloßabhänge haben sich übergrast und die Bauern lassen ihr Vieh darauf weiden. Als das Knäblein eines armen Bauern aus dem Dorfe Leimen hier des Abends die Kuh hütete, sah er in seiner Nähe eine weißgekleidete vornehme Frau, die auf dem Boden saß, einen Bund Schlüssel in der Luft umschwang und ihm damit zuwinkte. Aber das Büblein scheute sich, trieb die Kuh heim und erzählte da das Gesehene nach Ort und Gestalt ausführlich. Der Vater suchte es ihm zwar auf eine gewöhnliche Weibsperson hinaus zu deuten, hatte sich aber alle Angaben wohl gemerkt und daraus gefolgert, daß dies die Schloßjungfrau sein müsse, an welche alle Leimentaler lebhaft glauben. Am folgenden Abend fuhr er daher selber mit der Kuh zur Weide, traf auf der angegebenen Stelle alsbald die winkende Frau und hatte den Mut, sie um ihr Begehr zu fragen. Sie streckte ihm die Schlüssel dar und sprach: „Nimm, und wende das Geld gut an. Du hast mich aus der Hölle befreit!" An dem Platze, wo die Frau verschwunden war, zeigte sich jetzt eine Türe, und als er diese mit einem der Schlüssel geöffnet hatte, sah er mit Erstaunen dahinter nichts als lauter gehaustes Geld. Doch weil es Tag war, schloß der besonnene Mann die Türe wieder ab und trieb erst noch die Kuh heim. Wahrend der Nacht dann brachte er alles Geld ungesehen in sein Haus hinab. Bald hernach fing er die Handelsschaft an. Als er aber gegen seinen sonstigen Brauch auch die Wirtshäuser besuchte und den Stolzen zu spielen begann, merkten die Leute, er müsse sein Geld vom Geiste auf Landskron bekommen haben. Und so gilt nun diese Geschichte überall im Tale als eine ausgemachte Wahrheit. (Fr. Jos. Bubendorf, v. Schönenbuch in Baselland.) Quelle: E. L. Rochholz, Naturmythen. Neue Schweizer Sagen, Leipzig  1862. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch    


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Zu gewissen Zeiten sieht man, und zwar noch vor Einbruch der Nacht, vom Bodmer her, einen ältlichen Herrn spazieren, und hauptsächlich beim Türle-Garten auf- und abgehen, nicht selten an den Leuten vorbei; er ist aber stets gleich gekleidet, in der Tracht der vorigen Jahrhunderte. Kehrt man sich um, ihm nachzusehen, gewahrt man ihn nicht mehr. Aber Jeder, der ihn sieht, oder ihm begegnet, bekommt ein arg geschwollenes Gesicht. So ging es vor einigen Jahren einer Waschfrau, welche im Waschhause vom Türlegarten eines Abends noch zu schaffen hatte. Wie die nun, nach getaner Arbeit, vor Mitternacht heimzukehren im Begriffe stand, war ihr, als sie zum Tore hinausging, als gehe der schwarzgekleidete grosse Herr neben ihr vorbei, und hauche sie warm an. - Zu Hause angekommen, legte sie bald sich schlafen. Am Morgen aber, als die Frau, gegen ihre Gewohnheit, lange nicht »füri« kam (sich zeigte), sah man nach ihr, und fand sie noch schlafend, aber sie hatte einen geschwollenen Kopf, wie eine »Kartone« (Quartane, Maass) gross. - Sie lag stark im Fieber, und nur durch ganz besondere geheime Mittel konnte ihr geholfen werden. Nun wollen Viele wissen, dieser Herr sei im Leben ein gar arger Geizhals, oder ein Bösewicht gewesen. Andere legen ihm grosse Veruntreuungen zur Last; wie lange noch er aber seine nächtlichen Spaziergänge wiederholen muss, weiss Niemand zu sagen. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


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Im Port unter dem Hause im untern Baumgarten zu Bauen floss vor Zeiten ein guter, starker Brunnen. Da ging ein böses altes Meitli oder Müetterli aus dem benachbarten obern Baumgarten hin und versenkte ihn aus Hass oder Neid mit Quecksilber. Aber noch lange nach seinem Tode hat man es gesehen, in altmodischer Tracht, mit einem Korb auf dem Rücken, mit roten Strümpfen an den Füssen, in kurzem Röcklein und roter Fürscheibe, mit einem grossen altmodischen Schinhut auf dem Kopfe, neben dem versiegten Quell stehen und mit einem Stecken darin herumstochern. Ich glaube, es hätte ihn gerne wieder geöffnet, wenn es nur hätte können. Marie Ziegler Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


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Source: Der Geist beim „Bild“

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Der Geist beim „Bild“ Eine 1917 verstorbene Frau erzählte, früher seien durch Eglisau viele Pilgerzüge aus dem Schwabenland nach Einsiedeln gewallfahrtet. Einmal, als wieder ein solcher Zug vorbeimarschiert war, sass oben am Lindenrain, beim „Bild“, eine Frau. Die war aber nicht aus Fleisch und Blut, sondern ein Geist. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Unterland Eglisau 1932; Sage vor 1917 erzählt. - „Bild“ bezeichnet den Standort eines Kruzifixes oder Bildstockes. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Geist des Eidschwörers

Source: Der Geist des Eidschwörers

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Von Missverständnissen, Zänkereien und Rechtsstreitigkeiten über die Grenzmarken des Gemeindebodens und der Alpen wird viel erzählt. Auch die Archive liefern zahlreiche Belegstücke von derartigen Prozessen zwischen den Gemeinden. Es sieht schon schlimm aus, wenn Private gegen einander vor dem Richter stehen; noch viel trauriger ist es, wenn das Gemeinden tun, weil da nicht nur Einzelne, wohl aber Volk gegen Volk gegenseitigen Groll im Herzen tragen. Einmal war Prozess zwischen zwei Gemeinden N. N. über die Markgrenze in einer fetten Alpweide. Beide Parteien behaupteten sich Eigentümer eines streitigen Bezirkes, und die Richter schienen in Verlegenheit, das Recht zu ermitteln. Darum trugen diese einem alten Vorsteher, der die Sache wissen musste, auf, der Wahrheit und dem Rechte eidlich Zeugnis zu geben. Der alte Vorsteher, so wird erzählt, war aber seines Handels nicht vollkommen überzeugt und sicher; getraute sich darum nicht, das Recht seiner Gemeinde durch einen Eidschwur zu bekräftigen. Er wusste sich aber schlau zu helfen. Aus seinem Garten nahm er Erde in die Schuhe und steckte einen Suppenlöffel (Schöpfer) verborgen in seinen Hut. So ausgerüstet stellte er sich im Angesichte der Richter auf den streitigen Boden und schwur: «So wahr ich den Schöpfer über meinem Haupte habe, stehe ich hier auf meiner Erde.» Die Richter nahmen den Schwur an und urteilten zu Gunsten seiner Gemeinde. Aber nach dem Tode des schlauen Eidschwörers schien derselbe in der Ewigkeit eben nicht auf Rosen sich gebettet zu haben. Ein Gespenst voll Feuer durchirrte fortan diese so gewonnene Alpweide, und noch vor wenigen Jahren soll dasselbe, besonders an den Seelentagen und zur Quatemberzeit, in seiner Feuergestalt hin und wieder gesehen worden sein.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Geist des unvorsichtigen Tänzers

Source: Der Geist des unvorsichtigen Tänzers

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Im Lerchj an Jungen, in St. Niklaus, so wird erzählt, lebte einst ein junger Bursche allein in seinem Wohnhause. Er liebte das Tanzen sehr und fand dazu am abgelegenen Berge Jungen, wo Anfang Winters viel junges Volk zum Viehfüttern sich aufhält, stets die beste Gelegenheit. Bei einem Winterabendsitze tanzte er mit solchem Eifer, und solcher Anstrengung, dass der Schweiss in Bächen über ihn herabrann und er vor Hitze kaum mehr Atem schöpfen konnte. Um sich schnell Erleichterung zu verschaffen und recht bald am geliebten Tanze wieder teilnehmen zu können, ging er ins Freie hinaus und legte sich schweisstriefend auf den kalten Schnee. — Das konnte aber sein Körper nicht ertragen; er fiel krank und starb. Diesen zu frühen, selbstverschuldeten Tod scheint aber der Arme noch im Jenseits abbüssen zu müssen; denn in seinem Hause wurde und blieb es bis auf den heutigen Tag unheimlich. Ein unsichtbarer Geist haust da um den Stubenofen herum und duldet auf demselben nichts. Alles muss da fort; selbst die Hausbewohner, die sich etwa darauf wagen, werden herabgeworfen, ohne zu merken, wie das geschehe. Übrigens ist der Geist sehr verträglich und die Hausleute sind an ihn so gewöhnt, wie an einen alten Hausgenossen. Wenn sie abends beim Stubenofen ihre Kleider ausziehen und ins Bett gehen, so kommt der Boze zur Stubentüre herein und nimmt auf der Ofenbank Platz; und wenn sie am Morgen aufstehen und zum Ofen kommen, so ist er wieder fort. Nur das Nachsehen hat der Geist nicht gerne und rächt sich am Neugierigen. Einmal wollte nämlich der Hausvater dem abziehenden Bozen nachfolgen und sehen, wohin er gehe. Dieser ging ins Kellerloch hinab. Da fand jener eine ungeformte, schwarze Gestalt und wurde dafür für etliche Tage krank. — Seltsam, dass dieser Spukgeist noch jetzt leben soll und nicht, wie so viele andere auch, längstens gestorben.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Geist hinter der Haustüre

Source: Der Geist hinter der Haustüre

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In der Alp Gornern alpete auch ein Mann aus der Holderi von Gurtnellen mit seiner Frau. Jeden Abend, – jäh das soll de wahr sy! – hörten sie es um die Alphütte herumgehen. Dann kam es zur Türe hinein, stellte den Stock an die Wand und warf polternd die Holzschuhe auf die Diele und an die Wände. Aber das hörten sie ohne etwas zu sehen. Als sie am Herbst von Alp fahren wollten, hörten sie es erbärmlich flennen und jammern. Da sagte der Mann: »Uns und unsern Nachkommen ohne Schaden und Nachteil kannst du mit uns kommen. Aber daheim musst du mit dem Platz hinter der Haustüre zufrieden sein.« Jetzt hörte das Flennen auf, und sie fuhren ab. Sie spürten, dass es unsichtbar hinter dem Sennten einher kam und das Vieh trieb und von Zeit zu Zeit hörten sie es rufen: »Hoi! Hoi!« Das Vieh folgte prächtig und in guter Ordnung, sie hatten gar keine Arbeit. Daheim, als der Mann ins Haus trat und dabei, weil er müde war, den rechten Arm hob und mit der Hand an einem Türpfosten sich ein wenig stützte, fühlte er es unter seinem Arm ins Haus hinein wischen. Hinter der Haustüre hielt es sich lange Zeit auf, still und ohne jemand zu belästigen. Später redeten sie es an, und da bekannte es, es sei eine arme Seele. Man erlöste sie. Jos. Muheim, Göschenen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Geist im Brassenhaus

Source: Der Geist im Brassenhaus

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Im Brassenhaus (St. Antoni) erfuhren die Bewohner eine unliebsame Störung. In den Quatembernächten lief ein fremder Mann ums Haus herum. Er vollführte darin allerhand Schabernack, warf in der Küche Teller und Tassen vom Schrank herunter, schlug die Pfannendeckel und Kessel, dass es einen unerträglichen Lärm gab. Am kommenden Morgen lagen Geschirr und Pfannen alle sauber und unverletzt an ihrem Platz. Mitunter aber machte der Spukgeist auch Besuche. Er drang in die Schlafkammern ein, wo die Buben des Bauern ruhten. Die erschrockenen Schläfer sahen plötzlich einen schwarzen Mann mit feurigen Augen vor ihrem Bett stehen. Der Schrei erstickte in ihrer Kehle. Sie wagten kaum zu atmen. Der unheimliche Nachtgast ging von einem Bett zum andern, schaute die Schläfer lange an, aber er redete kein Sterbenswörtlein zu ihnen. Nach Mitternacht verschwand die Schreckensgestalt wieder. Es soll der ruhelose Geist eines Gemeindeoberhauptes gewesen sein. Derselbe starb unvermutet, ohne über seinen Besitz eine Verfügung getroffen zu haben. Unter den Erben entstand ein bitterböser Streit wegen der Teilung der hinterlassenen Güter. Sie schlugen einander, sie prozessierten und unterliessen ob ihres Haders, für die Seelenruhe des Verstorbenen zu beten sowie heilige Messen für ihn lesen zu lassen. Daher fand die abgeschiedene Seele keine Ruhe.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Geist im Calendari-See

Source: Der Geist im Calendari-See

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Es haben einmal Waidbuben aus Übermut oder Neugier, was daraus werde, sieben Waidpferde in den Calendari-See gesprengt. Nachdem nun die Pferde lange Zeit im Wasser versunken geblieben, kamen endlich alle sieben wieder herauf, aber Allen waren die Hufeisen weggezogen, obwohl Diese sämtlich frisch beschlagen worden waren, - so stark scheint die anziehende Gewalt in diesem See zu sein. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Geist im Eggernboden

Source: Der Geist im Eggernboden

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Lange Jahre hindurch trieb ein Geist auch im kleinen, jetzt halbzerfallenen Hause im Eggernboden sein Unwesen. Jeden Abend sah man in der Stube hinterm Tische einen Mann in ganz altertümlicher Gewandung sitzen. Er sass da, über eine Pergamentrolle gebeugt, und schrieb und rechnete oft die ganze Nacht hindurch. Oft warf er die Rolle wieder weg, lief stöhnend und klagend in der Stube umher, riss die Fensterläden weit auf, nahm die Pergamentrolle wieder und schrieb und rechnete weiter. Einst, als die Fensterläden wieder aufgeworfen wurden, leisteten sich einige junge Älpler den Spass und warfen dem unruhigen Geist die Fensterläden von aussen her zu. Flugs flogen die Läden wieder krachend auf. Da holten die Jungen, jedenfalls nicht die furchtsamsten, eine dicke Tannenlatte, stützten sie gegen die Fensterläden und sagten lachend: «So, das hält, diesmal wird er das Öffnen wohl bleiben lassen.» Aber kaum hatte man dies gesagt, flogen die Läden schon dröhnend auf, und die Latte fuhr in Splittern auf die Rücken der Erschrockenen. Die Lattenspitze aber steckte, wie man sich nachher überzeugte, mehr denn zwei Meter tief im Boden. Von nun an liess man den Rechnergeist in Ruh. ERNEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Geist im Erbji

Source: Der Geist im Erbji

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Härt am Wald ob Chäschermatten, am Riedberg, steit in am ganz einsamu Güetji, as chleis schwarzus Holzhüschi in dem es vor einigu Jahru oich soll uheimli g'si si. Mittsch über Tag, soll mu sus da hä ze Pfeistru g'seh ussa lotze, wa sust doch kei Mensch noch im Hüsch, noch Güetji umha g'sin ist. Oft hei die, weli dum Wasser glotzet oder selber in ner Nacht da umhagwässerot heint, sus wie an altvätrische Ma, über d'Wasserleitu g'seh hin- und her ga. — Am-mal hät da oich an Eiguntümmer in der Nacht g'wässerot; wie er ebu hät wellu das Teilholzji istellu, so hät er g'spirrt, dass mu as wer hinderrücksch a liechte Stoss git. In der Meinig es sig a wohlbekannti Persoh, rieft er: «Wer ist da?» Und wie er hinder schich g'seh hät — so ist da schi verstorbu Schwager libhaftig vor ihm g'stannu; un wil er nu ang'redot hät, so hät der Tot oich z'Recht g'häbet ihnu anz'redu. Was mu der Verstorbno all's g'seit hät, ist nie bikannt wordu; nur einigi Sache hät er van ihrer Unterredung usg'seit. Unter andrum — dass mu da a Wasserfuohr g'macht hei, di ung'recht sy, und mu wieder innu rechtu Rüüss leitu selle; und noch mengs andra, und darnach hei mu niemals meh as was g'spürt oder das mindost Dingelti vermerkt.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Geist im Feuer des Kalkofens

Source: Der Geist im Feuer des Kalkofens

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Als sie einst im Birchi im Isental einen Kalk gebrannt hatten, sagte so ein halberwachsenes Mädchen aus, es habe im Feuer einen Menschen gesehen. Viele glaubten ihm und meinten, das sei eine arme Seele gewesen, andere aber wollten es dem Mädchen nicht glauben (19. Jahrhundert). Josefa Imhof-Aschwanden Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Geist im Glassauer- Tobel

Source: Der Geist im Glassauer- Tobel

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Am Ausgange des Glassauer-Waldes, gegen St. Peter hin, spuckt ein schwarzer Mann herum, welchen späte durch diesen Wald Gehende zeit­weise zu sehen bekommen. Ein Müller, der seine Mühle mitten im Walde, im Tobel hatte, und welcher meistens erst um Mitternacht Mühle und Wald verliess, um heimzukehren, hätte auch gerne einmal diesen schwarzen Mann gesehen, damit er erkennen möge, wer der eigentlich auch sei. Und nicht lange nachher bekam er Gelegenheit dazu, denn wie er meistens um Mitternacht von seinem Gewerke fortging, heimwärts, traf er ganz unvermutet den Schwarzen an, der ihm entgegen kam. Der Schwarze war um den Kopf grösser, als der Müller, gab aber keinen Laut von sich, machte aber Kehrt, auch St. Peter zu. Wie nun die Zwei so nebeneinander gingen, nahm der Schwarze plötzlich seinen Kopf von den Schultern herunter, und trug Denselben unter einem Arm. Obwohl von der Mühle nach St. Peter nur eine halbe Stunde weit zu gehen ist, und sie immerfort marschierten, kamen sie doch nicht »ab Stett« (von der Stelle), und gar nicht aus dem Walde heraus. Erst als um 4 Uhr Morgens in St. Peter z'Tag g'lüt wurde, verschwand der Unheimliche, und der Müller konnte »z'rechten Zügen« (ohne Anstän­de) St. Peter zu. Der Geist rief ihm noch nach: »Kennst Du mich jetzt?« Der Müller kam heim, bekam ein Fieber, und starb bald darauf. - Seine Mühle ging seitdem in Verfall, weil Niemand mehr dort mahlen mochte; und jetzt sind nur noch ihre Ruinen zu sehen, unterhalb der neuen Strasse, am Tobel-Bache. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Geist im Heutor

Source: Der Geist im Heutor

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Dittli-Nanni hatte ihren Graggerberg verkauft, und als im folgenden Lanxi der neue Besitzer eingezogen war, sah er öfters einen geisterhaften Mann mit »tügg-chatz-grawem« Haar und Bart zur Heutohla herausschauen. Nanni vernahm das und erschrak, denn sie dachte, es könnte am Ende noch ihr verstorbener Gatte sein. Sie lief zum Kaplan Feger und fragte ihn, und dieser besann sich acht Tage und teilte ihr dann mit, der Ma da, der gahi sy bi Zopf und Zehwä nyd a (19. Jahrhundert). Frz. Jos. Zurfluh, Intschi Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Geist im Kalkofen und seine Erlösung

Source: Der Geist im Kalkofen und seine Erlösung

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In der Intschialp ist ein uralter Kalkofen, so alt, dass seine Entstehung in Wilhelm Tells Zeiten versetzt wird. Als die »Grafen« von Silenen ihr Schloss drunten in der Nähe von Amsteg erbauten, liessen sie hier den Kalk brennen. Einige Zeitlang stand hernach der Ofen müssig da, und währenddem nahm ein Geist seinen Wohnsitz drin. Endlich sollte er wieder gebraucht werden. Viele Leute hatten nun mit der darinnen festgebannten Seele herzliches Mitleiden, betrachteten die Ofenglut als Fegfeuer derselben, kamen herbei, knieten nieder und beteten um Erlösung für sie. Wirklich, wie der Kalk bald gebrannt war, kam der Geist, den Betenden sichtbar, ganz weiss zum Feuerloch auf einem Brett gehend heraus. Seine Fusstritte auf selbigem Brette wollte das Volk noch hundert Jahre nachher zeigen, und jetzt noch (1862) lebt die Sage im frischen Andenken. (aus Lütolf 148, Nr, 82.) Ja, dass arme Seelen in einem brennenden Kalk leiden, haben die Alten immer gesagt. Einmal habe eine solche arme Seele, als sie aus dem Ofen kam, die Spuren ihrer Fusstritte auf einem Brett eingebrannt zurückgelassen. Franz Josef Zurfluh, Intschi, 1921 Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Geist im Kalkofen und seine Erlösung

Source: Der Geist im Kalkofen und seine Erlösung

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Intschi heisst ein Weiler an der urnerischen Gotthardstrasse zwischen Amsteg und Wassen. Dahin gehört die Intschialp auf der Mittagseite des Arniberges, welche sich zwischen Leutschachalp und Gornern hinanzieht. In dieser Alp ist ein uralter Kalkofen, so alt, dass seine Entstehung in Wilhelm Tells Zeiten versetzt wird. Als die „Grafen" von Silenen ihr Schloss drunten in der Nähe von Amsteg erbauten, liessen sie hier den Kalk brennen. Einige Zeit lang stand hernach der Ofen müssig da und währenddem nahm ein Geist seinen Wohnsitz darin. Endlich sollte er wieder gebraucht werden. Viele Leute hatten nun mit der darinnen festgebannten Seele herzliches Mitleiden, betrachteten die Ofenglut als Fegfeuer derselben, kamen herbei, knieten nieder und beteten um Erlösung für sie. Wirklich, wie der Kalk bald gebrannt war, kam der Geist, den Betenden sichtbar, ganz weiss zum Feuerloch auf einem Brett gehend heraus. Seine Fusstritte auf selbigem Brett wollte das Volk noch hundert Jahre nachher zeigen und jetzt noch lebt die Sage im frischen Andenken.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Der Geist im Kämistal

Source: Der Geist im Kämistal

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Die Pfaffenkellerin, die in Walchwil durch das Tobel des Dorf- und des Seckibachs stürmte, erschien im Wald des Kämistal in der Gestalt eines grossen Mutterschweins, das mit neun oder gar zwölf jungen Schweinchen über den Weg stürmte und einsame Wanderer in heillosen Schrecken versetzte. Auch im Gebiet des Schwarzenbachs, der sich in das romantische Tobel der Lorze ergiesst, sah und hörte man oftmals in stürmischen Nächten die unselige Pfaffenkellerin toben. Ihr Erscheinen war begleitet von wildem Katzengeheul, grimmigem Hundebeilen und quietzendem Gegrunz wilder Schweine. Zwei Männer aus Zug und dem Grüth haben die schreckliche Frau einmal in der Gestalt einer wandelnden schwarzen Heuburde gesehen, die sich lärmend in das Tobel des Schwarzenbachs stürzte. Ob des grausen Schrecks war einer der Männer mehrere Wochen krank und der andere wagte sich lange Zeit nicht mehr in diese so unheimliche Waldgegend. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 80 Siehe auch -» Die Pfaffenkellerin Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Geist im Käsernloch

Source: Der Geist im Käsernloch

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Als noch eine grosse Schar Geister und Gespenster unsere Gegend bevölkerte, schaute einmal eine junge Frau in Näfels zur Nachtzeit nach dem Wetter aus. Sie erschrak nicht wenig, als sie in dem Walde oberhalb des Fahrtsplatzes einen wandelnden Lichtschein erblickte und bei näherem Zusehen eine lange, dürre Gestalt erkannte, die eine altertümliche Laterne trug. Bald wusste das ganze Dorf, dass dort oben etwas nicht in Ordnung war, weshalb die erfahrensten Männer zusammentraten, um darüber nachzusinnen, was für einer da zum Wandeln verdammt sein möchte. Sie konnten’s aber nicht herausfinden, und fragen wollte man den seltsamen Laternengeist nicht. Schliesslich übernahmen es die Molliser, den Dürren nach Herkunft, Alter und Absichten zu verhören. Als der Lichtträger eines Abends wieder auftauchte, schlichen sich die Wägsten heran, um plötzlich in den Lichtkreis der Laterne zu springen. Doch in diesem Augenblick erlosch das Licht, und der Geist verschwand im Käsernloch. Man leuchtete in die Höhle – sie war leer. Da standen nun die Molliser ratlos vor dem Loch und ärgerten sich. Ihre Nachbarn hingegen gaben die Verfolgung noch nicht auf und suchten weiter. Unweit der Höhle fanden sie einen grossen Stein, den sie vorher nicht beachtet hatten. Jetzt kam er ihnen sonderbar weiss vor. In der Annahme, der Geist könnte sich in diesen Stein verwandelt haben, besprengten sie ihn mit Weihwasser, um den Laternenwandler wenigstens zu bannen. Tatsächlich sah man ihn seither nicht mehr.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Geist im Lochers-Gässli bei Cur

Source: Der Geist im Lochers-Gässli bei Cur

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Eine fleissige, erwachsene Tochter, welche im sog. Caviezlischen Häuschen im Lürlibade oberhalb des Lochers-Gässli bei Cur wohnte, wollte einst Abends späte Hause zu, nachdem sie bei dem Bauern, bei dem sie gearbeitet, noch zu Nacht gegessen. Als sie nun frohen Mutes, schnellen Schrittes im Lochers-Gässli aufwärts ging, erblickte sie unvermutet die Gestalt eines Kapuziners, der dicht neben ihr auch das »Fürhopt« (Rasenbord zwischen Weinbergstücken) hinaufeilte, eben so schnell wie sie selber. Die sonst unerschrockene Tochter überkam doch ein Grausen ob der unheimlichen Gestalt, die sie heute zum ersten Male erblickte, wie oft und vielmal sie diesen Weg gegangen war. Sie lief schneller und immer schneller, immer gefolgt von der Gestalt. Fast atemlos langte sie endlich beim Caviezlischen Häuschen an, wo auch ihr älterer Bruder wohnte. Derselbe war eben in der Küche, und sah, wie die Schwester so hastig der Wohnung zulief. Er öffnete schnell die Türe, liess die Schwester eintreten, und war noch im Stande zu schliessen, bevor der unheimliche Begleiter unter das Hausdach treten konnte. Bis vor wenig Jahren hat man von diesem Geiste gar nichts gewusst oder bemerkt; nachdem aber vor wenigen Jahren der sog. Pfaffen-Torkel dort in der Nähe abgebrannt ist, hat diese Gestalt sich sehen lassen, und zeigt sich vorzugsweise beim »Zunachten.« Dieser Kapuziner soll in diesem Torkel eingemauert gewesen, durch den Brand aber frei geworden sein. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Geist im Pfarrkeller

Source: Der Geist im Pfarrkeller

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In früheren Zeiten soll ein ruhelos umherirrender Geist die Umgebung des Pfarrhauses zu Raron unsicher gemacht haben, so dass einige Jahrzehnte hindurch die Pfarrer von Raron ziemlich häufig wechselten und das sonst ansehnliche Benefizium recht verrufen war. Zu Anfang des neunzehnten Jahrhunderts getraute sich sogar der damalige Kilchherrr nicht, auf der Burg Wohnung zu nehmen, sondern wohnte im Dorfe. Sein Amtsbruder im benachbarten Niedergesteln, einer, der mehr als Brot essen konnte, wie es unter dem Volke hiess, anerbot sich nun, den Geist zu bannen. Das Anerbieten wurde vom Pfarrer in Raron freudigst angenommen, und der Prior von Gesteln bannte den Ruhestörer in eine Weinflasche, worauf diese in die Wand des Pfarrweinkellers eingemauert wurde. RARON Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Geist im Reifrock

Source: Der Geist im Reifrock

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Ungefähr vor 50 Jahren hielt sich im Hause in der Schächenmatt, Bürglen, ein Geist auf, und zwar in einem Kämmerlein. Der häig da grüsig miessä lydä. Der häiget-s mängisch gheert gruxä-n- und pähtschä! Ab und zu kam er hinter dem Ofen über die Kammerstiege herunter. Es war ein Weibervolk in einem mächtigen Reifrock, der es beim Heruntersteigen ungemein irrte. Dann ging es in den Gaden, wo es einige Zeit stark herrschte, Säue und Kühe in eine und dieselbe Kette zusammenband, Kühe ab der Kette liess und ähnlichen Schabernack spielte, um dann wieder über die Kammerstiege sein Wohngemach aufzusuchen. Endlich verloren die Hausinsassen die Geduld und liessen den Bürgler Helfer kommen, den Sigelsbieler († 1897). Der ging zuerst in den Gaden. »Jöres, jöres!« sagte er, als er den ersten Blick hineinwarf, ganz entsetzt, und während er segnend und betend im Gaden voranschritt, musste er dreimal eine schöne Zeitlang stehen bleiben; schier gar trieb es ihn zurück. Zuletzt war kein trockener Faden, kein trockenes Haar mehr an ihm, so schwitzte er; aber gemeistert hat er's. Hernach begab er sich in das Kämmerlein; was er dort solange mit dem Wybervölchli zättiert und gevespert hat, weiss kein Mensch. Basta; endlich sei er doch ge kommen und habe gesagt, es könne sie nicht mehr belästigen, aber einen Platz müssen sie ihm noch im Hause belassen, bis es ganz erlöst sei. Sie müssen noch verschiedenes für's tun, dann sei es erlöst. Aber was, das durften sie nie offenbaren. Ich glaube, es habe sich um eine Spende gehandelt. Fr. Nell-Gisler, 52 Jahre alt. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Geist im Schlösslein Beroldingen

Source: Der Geist im Schlösslein Beroldingen

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Im Dachraum des Schlössleins zu Beroldingen, in einem besonderen Gemach, das die Einwohner nicht betreten dürfen und worinnen sie auch nichts aufbewahren können, wohnt ein Geist. Von Zeit zu Zeit macht er einen nächtlichen Marsch über Bauen und Isental in die Alp Baberg und in der nächstfolgenden Nacht zurück nach Beroldingen. Er trägt Bauernkleidung, zwilchene Hosen, ein weisses Hirthemd, am Hosengurt eine kleine Schelle und ist von stattlicher Grösse. Das Schelleli hängt an einer kleinen, weithin schimmernden Kette etwas gegen die linke Seite, und man hört es recht weit. Johann Aschwanden, Seelisberg Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Geist im Spechtenloch

Source: Der Geist im Spechtenloch

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Hinten im Diessbachgraben bei Oberdiessbach hat das Bächlein inmitten mächtiger Tannen einen malerischen Felsenkessel ausgewaschen. Das Volk nennt die Schlucht das Spechtenloch. Nicht ohne geheimes Bangen gehen Kinder da hinauf. Sie fürchten sich vor dem Spechtenlochpfaff, der in der einsamen Waldschlucht hausen soll. Vor der Reformation soll zu Oberdiessbach ein gottloser Priester gelebt haben, der den Namen eines Knechtes Gottes kaum verdiente. Er führte ein zügelloses Leben. Statt fleissig die Heilige Schrift zu lesen und sie der Gemeinde auszulegen, stieg er heimlich in den Keller hinab, trank und spielte mit ausgelassenen Gesellen, oder er ging als leidenschaftlicher Jäger dem Weidwerk nach. Da strafte Gott den Übermütigen seines lasterhaften Lebens wegen. Als er eines Tages eben im Begriffe war, die Kellertreppe hinabzusteigen, glitt er aus, brach das Genick und starb. Im Grabe aber konnte er keine Ruhe finden. In mondhellen Nächten stieg er aus seiner modrigen Gruft hervor und irrte im Dorfe herum. Die Leute schreckte er bald als schwarzer Hund mit feurigen Augen, bald als brennender Knochenmann oder als grüner Jäger. Schliesslich gelang es einem Kapuziner, ihn einzufangen und zu bannen. Die einsame Waldschlucht, das Spechtenloch, wurde ihm zum Aufenthaltsort angewiesen. Jahr für Jahr darf er um einen Hahnenschritt dem Dorfe näher rücken. Schon ist er bei der Mühle angelangt. Hat er einmal wieder den geweihten Boden der Kirche betreten, so ist er erlöst und wird Ruhe finden. Emmentaler Sagen, Hermann Wahlen, 1962 Gute Schriften Bern   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Geist im Urdensee

Source: Der Geist im Urdensee

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»Mein Arm ist schwach, mein Haar ist grau, Nicht leb' ich mehr länger, ich arme Frau.   Vom Weinen sind meine Augen rot, Mein einziges Hoffen ist der Tod.   Mein einziges Hoffen ist der Tod, Er löst mich aller Angst und Not.   Er löset mich von Qual und Pein, Dann geh' ich zum himmlischen Frieden ein.   Dann hör' ich der Engelein Lobgesang. Jetzt will ich tun den letzten Gang.   Wohl ist die Kirche viel' Stunden weit, Doch kehr' ich dann besser zum Tode bereit.«   Und wie sie wankte durchs grüne Thal, Da brannte heiss der Sonne Strahl.   Es lag auf den Gliedern wie Blei ihr schwer, Es glühte die Luft, ein Flammenmeer.   »So hilf mir, Herr, zum ersehnten Ort, Dir hab' ich vertraut, du bist mein Hort.« -   Die Sennhüt' winkt aus der Wiese Grün; Sie schleppte mit sterbenden Kräften sich hin.   Der Senne schlug die Türe zu: »Geh' fort, du Bettelweib, lass mich in Ruh!«   Da sank sie zu Boden, entkräftet, bleich: »O Senn, nur ein Tröpflein Milch mir reich'!«   Da streckte sie aus den hagern Arm: »O Senne, hab' Mitleid, erbarm' dich, erbarm'!«   Und klagte, und weinte bitterlich, Bis endlich des Mannes Starrsinn wich.   Er trat heraus, ein Geschirr er trug: »Nun, Alte, sollst du bald haben genug!«   Und schaute sie an so seltsam dazu, Und melkte in Eil' seine rote Kuh.   Die Milch bot er der Alten an, Da hat er schnell Gift hinein getan.   »Was du mir getan, vergelte dir Gott!« Da verzog er den Mund zu hämischem Spott.   »Leb' wohl, und der Himmel beschütze dein Dach!« Da schaut er mit teuflischer Lust ihr nach. –   Und als sie ging ihren Weg fürbas, Da schmerzt' es sie heftig, sie wusste nicht was.   Und als sie erreichte des Hügels Höh, Durchzuckte sie jach, wie Dolche, das Weh.   Sie sank dann zur Erde mit lautem Schrei; Es rollten die donnernden Wolken herbei.   Es stand der Himmel schnell in Glast, Es spaltet die Erd' sich, in schauriger Hast.   Die Alpe sank nieder, und wo sie geruht, Da decket die Tiefe der Wasser Flut. -   Das ist der See von Urden; noch führt Ein Fussweg zu ihm, und drinn sich verliert.   Dort gehen die Hirten schnell vorbei, Dort hört man oft in den Lüften Geschrei.   Und alle sieben Jahre soll Durchtosen den See ein dumpfes Geroll.   Dann milkt der Senn seine rote Kuh, Die Wolken donnern, und blitzen dazu.   Und hat er sein nächtlich Geschäft dann vollbracht, Versinkt er heulend in alte Nacht.   Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014       Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Geist im weissen Kleid

Source: Der Geist im weissen Kleid

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Auf der Grenze zwischen Unterbäch und Bürchen wollten früher viele Leute einen Geist in weissem Kleide erblickt haben. Einzelne sahen ihn nur stehen, andern winkte er, von der Strasse hinaufzukommen. Jetzt, das war anno 1909. Ich kam einst spät in der Geisterstunde von Unterbäch zurück. Es zog ein leiser Wind. Ich sass auf dem Maultier und kam bis auf die Grenze. Plötzlich hörte ich etwas, schaute hinauf und - richtig, der Geist im weissen Kleid stand da. Das Maultier ging keinen Schritt mehr weiter. Ich dachte mir: «Ist etwas dort, was mir schaden will, schadet es mir auf alle Fälle. Jetzt gehe ich einmal hinauf, um diesen Geist anzureden!» Onkel und Tante hatten nämlich oft erzählt, wenn man einen Geist anrede, habe man vielleicht die Gnade, eine arme Seele zu erlösen. In dieser Meinung stieg ich vom Maultier ab und ging hinauf zum Geist. Jetzt, was war es? Ein mächtiger Birkenstock, der auf einer Seite losgerissen war und sich im Winde bewegte. Die weisse Rinde war also das weisse Kleid, und das Bewegen der Rinde bedeutete das Winken, man solle hinaufkommen. So erklären sich viele Bozengeschichten. BÜRCHEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Geist in den Feuerflammen

Source: Der Geist in den Feuerflammen

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Zu Flüelen lebte eine geizige Frau, die in allen Mauern Geld versteckte, ohne dass sie vor ihrem Tode ihr Geheimnis jemandem hätte offenbaren können. Einige Jahre nach ihrem Tode – es mögen jetzt etwa 30 Jahre seitdem verflossen sein – brannte ihr Haus ab, furchtbar rasch, und als das Feuer die Stube erreicht hatte, sahen die Leute ganz deutlich die verstorbene, geizige Frau, so wie sie im Leben gewesen, mitten in den Flammen. Alle riefen: »Lüeget da! die N.N.!« Der Pfarrhelfer Baumann von Flüelen (gest. 1922) war auch zur Stelle und wehrte und sagte: »Das sind Dummheiten! Haltet doch eure Mäuler!« – Aber es nützte nichts, er hatte zu viele Zeugen gegen sich. Frau Gisler-Zwyssig, Isental Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Geist in der Alp Mättental

Source: Der Geist in der Alp Mättental

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a) Auf dem Dillti (Estrich) des Käsgadens in der Eigenalp Mättädall hauste ein Ungeheuer. Wenn allemal im Frühling die Älpler auffuhren, so sang es fröhlich, wenn sie im Herbst abzogen, weinte es bitterlich. Da rief ihm einmal der Besitzer der Alp, ein Muheim von Flüelen: »Wennd-di brav verhaltisch, sä channsch ja mid-is chu!« An jener Alpabfahrt gab das Vieh keine Arbeit, noch nie war es so geordnet und so ruhig heimgezogen. Auch während des folgenden Winters hatten sie in Haus und Gaden Glück wie noch nie. Später hat man nichts mehr von diesem Geist vernommen. b) Mit der Einführung der Seelensonntage sind überhaupt die Geistererscheinungen ab dem Tapet gekommen, hört man hier allgemein. Einige behaupten, Papst Urban habe die armen Seelen in den Bann getan, dass sie sich nicht mehr zeigen können. c) Vor einigen Jahrzehnten sollen sich die Pfarrer von Bürglen, Altdorf und Seelisberg beraten haben, ob man den Bann wieder auftun wolle; die Leute, sagte man, würden wieder mehr glauben. Aber einer der drei Geistlichen meinte, es würden viele Leute irrsinnig werden, wenn so viele Geister erscheinen würden. Und so blieb es beim alten. Frau Arnold-Planzer, Flüelen; Kath. Müller Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Geist in der Flasche

Source: Der Geist in der Flasche

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ln einem Hause in Sissach erhob sich um Mitternacht oft ein schauerliches Gepolter und Gerassel. Es hörte sich an, wie wenn jemand schwere Ketten treppauf und -ab schleppte. Da die Hausbewohner endlich Ruhe haben wollten, liessen sie einen Kapuziner kommen. Nach stundenlangem Bemühen konnte der fromme Mann den unruhigen Geist in ein Fläschchen bannen, das er an einer Schnur in das «Dyg» (Kanal) hängte. — Die Kinder sollten daher dort nicht herumplantschen I Andere erzählen den Schluss dieser Geschichte so: Der Geist durfte den Ort, wo er seine Gefangenschaft zubringen sollte, selbst auswählen. Darauf sagte er, dass es ihmm unter einem grossen Weinfass am besten gefiele. Dort wartet er vielleicht heute noch auf seine Befreiung. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Geist in der Kehlenalp

Source: Der Geist in der Kehlenalp

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In den Kehlen in der Göscheneralp liess sich oft eine arme Seele, ein Mannenvolk, merken. Als sie eines Herbstes von Alp fuhren und gerade den Gletscher überschritten, pfiff es ihnen vom Stafel her. Ein Jäger von Gurtnellen, der alte Fletzger, logierte einst im Herbste mehrere Tage in der dortigen Alphütte; auch er sah jenen Geist in der Alp herumfahren. Er aber redete ihn an, wollte jedoch nie über das Erfahrene gehörig Auskunft geben und antwortete auf alle Fragen nur, der Geist dürfe jetzt vorzüe immer meh üsärickä, immer mehr alpauswärts vorrücken. – Jetzt sei diese arme Seele doch erlöst, sagt man. Franz Baumann, Göscheneralp Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Geist in der Mühle

Source: Der Geist in der Mühle

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Bei Schmitten stand einst eine Mühle, die einzige im ganzen Umkreis (Mühletal). Der Müller verkaufte den Leuten viel Mehl, aber viele mussten es ihm zweimal bezahlen. Wenn sie es nicht taten, stahl er ihnen etwas dafür. Als der unehrliche Müller gestorben war, hörte man immer jemand in der Mühle herumlaufen, und dennoch war niemand zu sehen. Die Familie des Müllers zog an einen andern Ort und verkaufte die Mühle. Auch die folgenden Besitzer hörten den Geist umherirren. Bald wollte kein Mensch mehr in der unheimlichen Mühle Wohnung nehmen.  Das verdross die Besitzer des Anwesens gar sehr. Sie liessen einen frommen Klostergeistlichen holen, der das Haus vom Störefried befreien sollte. Der Pater nahm eine geweihte Haselrute mit sich und trieb den Geist zum Haus hinaus. Er gab sich damit nicht zufrieden. Er trieb den Geist vor sich her, über Plaffeyen hinaus, bis zum Schwarzsee. Allen Leuten, denen der Pater begegnete, winkte er, aus dem Wege zu gehen. Dabei machte er mit der Rute Bewegungen, als ob er jemanden vor sich hertreiben würde. Also jagte der gelehrte Mönch den Poltergeist bis auf den Felsen hinauf, wo er ihn festbannte. Seither kehrte in der Mühle wieder die frühere Ruhe ein. Während der Vertreibung des Poltergeistes sprach der Geistliche kein einziges Wörtlein mit den Leuten, die ihm begegneten. Den Landesgruss erwiderte er mit einem flüchtigen Kopfnicken, währenddessen der Ordensmann immer den Geist vor sich hertrieb.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Geist in der Schmiede zu Muttenz

Source: Der Geist in der Schmiede zu Muttenz

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Der Sohn eines Schmieds, schon verheiratet, konnte den Augenblick nicht erwarten, der ihn in den Besitz des väterlichen Geschäftes brächte, um so mehr, als er mit seinem Erzeuger in ständigem Hader lebte. In einer bösen Stunde brachte er seinen Vater nachts unter einem Kirschbaum um und schleppte die Leiche in einem Sack in den Rhein, wo er sie versenkte. Von diesem Augenblick an hatte der Missetäter keine Ruhe mehr, bis er starb. Nach seinem Tode hörte man in der Schmiede in manchen Nächten Hammerschläge auf dem Ambos. Des Gespensterwesens überdrüssig, liessen die spätern Besitzer des Hauses den Geist durch einen Kapuziner in ein Fläschlein bannen und ins Haus einmauern. Von da an hatten sie Ruhe. Unter dem Baum, wo die Untat geschehen war, sah man öfters in der Nacht einen Hund mit feurigen Augen sitzen. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Geist in der Seli

Source: Der Geist in der Seli

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In der Seli zu Röthenbach, wo es zu gewissen Zeiten nicht ganz geheuer sein soll, erhebt sich eine berüchtigte Felswand, die der Weg in einer langen Kehre umgeht. Nur ungern betreten die einheimischen Bewohner des Tales nachts diese Gegend. Denn an diesem Felsen sieht man zuzeiten den Geist eines Sennen, der für die zu seinen Lebzeiten begangene Untat büssen muss. Unter schrecklichem Ächzen und Stöhnen ist er dann damit beschäftigt, einen Stier an einem Hornseil über den Abgrund hinaufzuziehen. Ist er endlich mit seiner Last oben angelangt, so versagen seine Kräfte, das Tier entgleitet seinen Händen und stürzt wieder in die Tiefe. Dazu jauchzt und schreit der Senn, dass es dem heimlichen Beobachter durch Mark und Bein fährt. Das muss der Bösewicht zur Strafe dafür tun, weil er einst halb im Zorn, halb im Übermut den Stier an jener Stelle über den Abgrund hinaus in den Tod gejagt hat. Er wird erst Ruhe finden, wenn er ihn wieder über die Wand hinauf auf die Weide gehoben hat. Emmentaler Sagen, Hermann Wahlen, 1962 Gute Schriften Bern Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Geist in der Tanne

Source: Der Geist in der Tanne

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Auf der Bramegg stand noch vor einigen Jahren eine uralte mächtige Tanne. Wenn ringsumher abgeholzt wurde, sie blieb von der Axt verschont, denn von Vater auf den Sohn vererbte sich die Warnung, diese Tanne nicht umzuhauen, weil ein Geist darin sei, und es ein Unglück absetzen würde. Steinalte Leute wollten sich erinnern, dass der Geist sei hineingebannt worden. Das konnte vor einigen Jahren der Sohn dem Vater nicht mehr glauben. Mochten die Ältern, mochten fremde Leute kummerhaft abmahnen so viel sie wollten, er hatte ausgerechnet, wie viel Nutzen die grosse Tanne abwerfen werde, und ihr Sturz war unbeugsam festgesetzt. Ja, er spottete noch und tat es zum Trotz. Er hätte es nachher nimmer getan. So wie der Baum hinfiel, traf den, der dieses befohlen, plötzlich ein furchtbarer Schmerz im Bein und kein Kräutlein war dagegen gewachsen, er musste daran sterben.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Der Geist in I' Anal sura

Source: Der Geist in I' Anal sura

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Den späten Wanderer durch das Münstertali soll es ja nicht gelüsten, wenn er die Gegend von Aval sura zu passieren hat, zu jauchzen. Kundige gehen Nachts diesen Weg nicht gerne oder durcheilen ihn wenigstens mäuschenstille. - Jauchzt Einer, der um die Sache nicht weiss, antwortet ihm sogleich eine Stimme, aber von Ferne her. Jauchzt er zum zweiten Male, scheint die Antwort ganz aus der Nähe zu kommen. Untersteht er sich, ein drittes Mal zu jauchzen, erhält er gar keine Antwort, dafür hockt urplötzlich eine schwere Last, ein Ungeheuer, »l'hom dell' Aual sura« sich ihm auf den Buckel, die er nicht abschütteln kann und bergan tragen muss bis zur Stelle, wo es heisst Aval sura, von der der Geist den Namen hat. - Dort verschwindet er auf einmal. - Gegenüber von l‘Aval sura erscheint ein anderer Geist als Kapuziner mit roten, feurigen Augen, in welcher Gestalt er aber nun dem Wanderer folgt, Schritt und Tritt, aber nicht zum Reiter wird. Augenblicke verschwindet er, dann kommt er wieder und streift so in der Gegend herum von St. Maria bis Münster. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Geist in Pardenn

Source: Der Geist in Pardenn

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Auf der Alp Pardenn besonders beobachtet man zuweilen das »Rucken« des Viehes. Wenn das Vieh in schönster Ruhe am Weiden ist oder die Sennen eben am Melken sind, lässt sich bald nahe, bald ferne ein eigentümliches Schreien und Rufen vernehmen, wovon das Vieh in Unruhe gerät, bis dass es wütend durcheinander rennt und die herzueilenden Hirten mitunter durch das Vieh arg zugerichtet werden. Ist ein Senne eben am Melken, wenn das Vieh »ruckt«, tut er am besten, Eimer und Milch im Stiche zu lassen und in möglichster Eile zu flüchten. Nach einer Weile wird dann das Vieh von selbsten wieder ruhig. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Geist in Quadars

Source: Der Geist in Quadars

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In Quadars soll ein Mann bei einer Grenzbereinigung das Hauptwort ge­führt haben. Als Zeuge beteuerte er seinen Schwur mit den Worten: »Ich will nicht von der Stelle gehen, wenn meine Aussage nicht richtig ist.« Kaum hatte er aber diese Worte gesprochen, so sank er zu Boden, und ward eine Leiche. Genau ein Jahr darauf brannte der Wald, um welchen es sich eben ge­handelt hatte, gänzlich ab, und jetzt ist dort eine Einöde, die Quadars ge­nannt wird. Aber Der, welcher den falschen Schwur getan, irrt heute noch in Verzweiflung dort herum. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Geist in Zuzwil

Source: Der Geist in Zuzwil

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In der Nähe von Zuzwil ging vorzeiten ein Geist in Gestalt eines brennenden Mannes um und kam öfters bis zu den äussersten Häusern des Dorfes, aber nie weiter als bis zur Dachtraufe. Die Leute wünschten den Geist zu erlösen, und eine besonders fromme Person fragte hierüber den Pfarrer um Rat. Dieser sagte, sie solle für den Geist drei Messen lesen lassen; alsdann werde er zu ihr kommen und ihr für die Erlösung danken. Nur solle sie sich hüten, ihm alsdann die Hand zu bieten. Nach einigen Tagen erschien der erlöste Geist und streckte ihr mit den Worten: „Chum bald noh" dankend seine Hand entgegen. Eingedenk der Warnung des Pfarrers reichte ihm die Person, die eben mit Spinnen beschäftigt war, nicht die Hand, sondern die Kunkel des Spinnrades dar. Der Geist ergriff diese und war verschwunden. Das Werg an der Kunkel war ganz versengt. Die Frau starb bald darauf. G. Keßler, (Schweiz. Archiv für Volkskunde.) Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 491, S. 290 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Geist mit der Buche

Source: Der Geist mit der Buche

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In der Weide Brunneren auf dem Katzenstrick bei Einsiedeln steht ein Stall, in dem sich ein Geist Quartier genommen hat. Gar oft sahen Leute ein grosses Buch auf dem Brunnentrog liegen, welches sie aber gar nicht nehmen konnten, obgleich man oft den Versuch gemacht hat. Im Stall wurde ein Mann in der Gestalt eines Mönchs mit Buch und Stock gesehen. Lag das Buch beim Brunnen und wollte es jemand wegtragen, kam der Mann mit dem Stock dem Täter nachgeeilt. Dieser ging bald da- bald dorthin an die Grenze der Weide, und Knaben hörten ihn, wenn sie in die Erdbeeren gingen, mit einem Stock an die Tannen schlagen, sahen aber nichts. Zwei weibliche Personen kamen eines Tages in die Nähe dieses Stalles, um Kümmel zu sammeln. Sie hatten ein Hündchen bei sich, welches aber nie vor ihnen herspringen wollte, wie sonst, sondern ihnen immer nachfolgte und sehr heftig bellte; je näher sie zum Stall kamen, desto heftiger. Endlich fing es ihnen an zu fürchten, und sie liefen schnell wieder nach Hause. Auf dem Heimwege war das Hündchen immer voraus und sprang so viel es konnte.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Der Geist unter dem Tisch

Source: Der Geist unter dem Tisch

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An einem Ort nahmen sie einen Bettler auf und liessen selben mit ihnen am Tische speisen. Am Schlusse betete er über Tisch: »Treescht Gott und erlees Gott diä arm Seel, wo nu under dem Tisch müess lydä!« Und da sei eine unter dem Tisch hervorgekommen und habe ihm für ihre Erlösung gedankt. Aber wie sie ausgesehen, oder warum sie hatte leiden müssen, weiss ich nicht. Niemand hatte eine Ahnung von ihr gehabt. Ähnlich sei einmal eine arme Seele, die man in einem Stalle oft hatte niesen hören, dadurch erlöst worden, dass ihr einer zurief: »Half dr Gott, wenn dr z'hälfä-n-isch!« während alle andern »Gsundheit« gerufen hatten. Katharina Gamma, 50 Jahre alt, Wassen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Geist vom Crap Sasslatsch

Source: Der Geist vom Crap Sasslatsch

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Vor Jahren herrschten zwischen den nahe bei einander liegenden Gemein­den Süs und Lavin heftige Grenzstreitigkeiten. Die Süser behaupteten nämlich, ihr Gebiet gegen Lavin gehe bis zum Bache, der aus Val Sagliaints fliesset, und der die Strasse durchschneidet. Die Laviner aber bestritten das, und entgegneten, ihr Grund und Boden gehe über den Bach aus Sagliaints hinaus, bis zum sog. Crap Sasslatsch, ei­nem Felsvorsprunge, der bedeutend näher Süs zu liegt. Die Sache kam vor Gericht, und nun sollte ein »Augenschein- vorgenom­men werden. Am Abende vor diesem Beschlusse versammelten die Laviner sich, um die Streit-Frage noch einmal gründlich zu besprechen. »Ich fürchte,« sagte Einer in der Versammlung, »dass der Stein, der neben der Brücke am Bache Sagliaints steht, als Marchstein gilt, und unsere Sache verderbe. Am Besten wäre es, wenn wir in dieser Nacht ihn ausgraben, und auf die Höhe des Crap Sasslatsch hin setzen liessen.« Seine Meinung wurde beifällig aufgenommen, und bald war ein Mann gefunden, der im Rufe stand, für Geld mehr als dienstfertig zu sein. Der setzte noch in der gleichen Nacht den Stein auf die Höhe des Crap Sasslatsch, und an seine bisherige Stelle einen andern Stein. Seine letzten Worte in der Versammlung waren gewesen: »inu' il dess eu metter?« (wo soll ich ihn hin setzen?) - Dann schied er, nachdem Ort und Stelle genau ihm bezeichnet worden war. Als des andern Tages die Richter auf das streitige Gebiet hin sich bega­ben, fanden sie richtig auf der Höhe des Crap Sasslatsch einen hohen, deutlichen Marchstein, der ohne weitern Zweifel den Handel zu Gunsten der Laviner entscheiden musste. »Es ist halt doch ein Marchstein,« sagten die Richter, trotzdem die frische Erde darum und daran der Echtheit des Standpunktes widersprach. Und es erging der Spruch, dass dies die Grenze sei zwischen Lavin und Sus, so lange »Grund und Grat« stehen. So war die Sache nun entschieden. - Nach langen Jahren kam dann der in aller Welt zu Hause und nur zu sehr bekannte Freund Hain an ein altes Männlein in Lavin heran, und holte vom Schauplatze seines Lebens ihn weg. - Das Bedauern Derer, die das Männlein kannten, war: »Der ist gut weg.« Und das war eben der Mann, der vor Jahren jenen Marchstein versetzte. Und siehe, seit seinem Tode vernahm man öfters in der Nacht vom Crap Sasslatsch herab eine hohle, jammernde Stimme: » inu' il dess eu metter, inu' il dess eu metter?« - Eines Abends späte kam ein beherzter Fuhrmann des Weges; der hörte auch die Geisterstimme, und ihn däuchte, als ob diese Frage: »inu' il dess eu metter« an ihn gerichtet sei. Er hielt sein Ross an, liess die Frage dreimal sich wiederholen und ant­wortete dann mit lauter Stimme: »O pover disfortüna! metta'l, nel nom del segner, inua tü hast tut.« (»O armer Unglücklicher, stelle in Gottes Namen ihn hin, wo du ihn genommen hast.«) »Dank sei dir,« entgegnete ganz hohl des Geistes Stimme, »im Namen Gottes bin ich jetzt erlöst.« - Seither wurde die Geisterstimme nicht mehr gehört. - Ob nun die Süser in Folge dieses Vorfalles ihr verlorenes Gebiet wieder er­stattet bekamen, oder ob wirklich von Seite der Laviner eine Übervorteilung Tatsache war, sagt keine Überlieferung. - Es will Niemand mehr daran sich erinnern. Bekannt ist aber, dass schon seit langen Zeiten nicht jener Felsvorsprung Crap Sasslatsch, sondern der Bach von Sagliaints die Grenzscheide bildet zwischen den Gemeinden Lavin und Süs, und dass die Einwohner dieser Ortschaften in Frieden und Eintracht mit einander leben. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Geist von Alten-Teuffen

Source: Der Geist von Alten-Teuffen

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Der Geist von Alten-Teuffen Einer der Bewohner der Burg Alten- Teuffen, Hugo, wurde im Jahre 1242 das Opfer seines Feindes, des Grafen Rudolf von Habsburg, der ihn erschlug, weswegen nach der Volkssage unter den dortigen Umwohnern sein Geist seit dieser Zeit noch im Finstern herumschleicht. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Unterland Wörtlich aus Markus Lutz, Vollständige Beschreibung des Schweizerlandes. Oder geographisch-statistisches Handlexikon. Supplementband, Aarau 1835, Seite 394. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Geist von Ergenzach

Source: Der Geist von Ergenzach

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In einer Pinte zwischen Ergenzach (Arconciel) und Spins (Ependes) sassen an einem stürmischen Fastnachtsabend einige lustige Burschen beisammen. Während der Unterhaltung kam man auf gute und böse Geister zu sprechen. Da rief ein aufgeschossener blonder Bursche, unter dem Beinamen «Stangenjosi» bekannt: «Ich glaube an keine Geister, weder an gute, noch an böse; und wenn es auch solche gäbe, ich fürchtete mich vor ihnen nicht!» Seine Kameraden verwiesen ihm so vermessene Rede. Aber er, dem der «Neuenburger» in den Kopf gestiegen war, liess sich nicht belehren. Prahlerisch wettete er, zur Mitternacht wolle er allein durch den Wald gehen, der sich von Altenryf bis nach Ergenzach erstreckte. In diesem Wald waren schon viele Leute verunglückt. Darum rieten alle Freunde dem Stangenjosi von seinem Vorhaben ab. Umsonst! Man wollte ihm einen Begleiter geben. Er verweigerte es. Um 1 Uhr verliess der Verwegene die Wirtsstube und machte sich auf den bezeichneten Weg. Vom pechschwarzen Himmel fielen feine Schneeflocken. Als die Jünglinge am nächsten Morgen sich erkundigen wollten, wie Joseph heimgekommen sei, erfuhren sie zum Schrecken, der Gesuchte sei noch gar nicht daheim. Sofort suchten sie den ganzen Wald ab. Mitten im Gehölz fanden sie Blutspuren, die zu einer grausigen Blutlache führten. Ringsum war der Schnee zerstampft, als ob hier jemand gekämpft hätte. Wunderliche Spuren waren im frischen Schnee eingedrückt. Vom tollkühnen Burschen sah und hörte man nichts mehr; er war und blieb spurlos verschwunden.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Geist »am Stein«

Source: Der Geist »am Stein«

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Es war zur Zeit des Andreas-Marktes (12.-20. Dezember) vor etwa 50 Jahren, dass J.v. Marmels aus Salux um 11 Uhr Nachts von Castel (Tiefen­casteI) die Strasse hinaufging, um heimzukehren. Nicht weit war er gegangen, da sah er oberhalb in den Wiesen am Waldessaume ein Licht. - Da dort in der Gegend weder Haus noch Stall zu finden sind, zudem es sehr kalt war, und regnete, nahm es ihn sehr Wunder, was das für ein Licht sein möge. Er ging vorwärts, immer auf das Licht zu, aber auf einmal konnte er kein Licht mehr erblicken. - An der Stelle, wo Dasselbe gewesen, roch er einen entsetzlichen Schwefelgestank; und wie er in die Landstrasse einbog, vernahm er ein heisseres Lachen hinter sich. Er ging vorwärts; aber da däuchte ihn, dass ein Tier hinter ihm her trappe, eine Geis oder so Was. Öftermalen schlug er mit dem Stocke um sich, umsomehr als es sehr dunkel war, aber immer vernahm er das gleiche Lachen. Wie gewohnt, trug er einen Zylinderhut, und Der wurde ihm von un­sichtbarer Gewalt bald auf die eine, bald auf die andere Seite herabgezogen, und jedesmal spürte er einen starken Schwefelgeruch neben oder hinter sich. Beim »Steine« angelangt, ging's ihm nicht besser, so dass er endlich böse wurde, und er gewaltig fluchte auf den Teufel und seine Grossmutter. - Da bekam er plötzlich eine furchtbare Ohrfeige. Nun begehrte er noch mehr auf, was zur Folge hatte, dass er auch auf die andere Seite eine solche» Täsche« (Schlag) bekam, dass der Zylinder ab dem Kopfe flog, und ins Tobel hinunter kugelte. Auf diess hin gab er »Pech« (nahm er Reissaus) zur Säge hinab und hinauf nach Salux, wo er das Erlebte erzählte. - Alle meinten, das sei der Geist von dem italienischen Arbeiter, der beim Strassenbau am »Steine« verun­glückt sei. Das sei aber bei Lebzeiten ein schlechter Mann gewesen, und deshalb habe er noch keine Ruhe. Der gute von Marmels hatte die ganze Nacht durch genug zu tun, von der Sache zu träumen. Am Morgen aber war sein Erstes, nach dem Zylinder zu suchen. Er fand ihn endlich, im Walde, drunten am Wasser. Aber der Zylinder, der ihm so lieb gewesen, war ganz zerdrückt, und oben im Boden war ein grosses Loch eingebrannt. - Er wagte nicht ihn mitzunehmen. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Geist, der im Landsacker die Seuche anzeigte

Source: Der Geist, der im Landsacker die Seuche anzeigte

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Der Geist, der im Landsacker die Seuche anzeigte Es war im Vorwinter 1912. Eines Abends, um 10 Uhr, schaute ich, wie alle Abende vor dem Schlafengehen, nochmals nach dem Vieh. Als ich die Stalltüre hinter mir schloss und ins Haus hinübergehen wollte, sah ‚ich jemanden die Dorfstrasse heraufkommen. In der Dunkelheit konnte ich die Gestalt nur undeutlich erkennen; ich wusste nicht, war es ein Mann oder eine Frau, die da mit merkwürdig stolperndem, schleifendem Gang der Schalung entlangstrich. Bei der March, die das Ende meines Hausplatzes bezeichnet, blieb das unheimliche Wesen stehen und bewegte sich. Es klirrte und rasselte etwas, und die Dunkelheit schien mit einem Male noch zuzunehmen. Schnell trat ich in die Scheune, um die Laterne zu holen, aber als ich zurückkam, war die Erscheinung verschwunden. Ein Jahr später, 1913, brach in unserem Dorf die Seuche aus. Sie ergriff jeden Stall, bis genau zu jener March wo das Gespenst innegehalten hatte. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Aus Jakob Zollingers „Herschmettlerchronik“.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Geisterjodler

Source: Der Geisterjodler

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Im Jahre 1799 soll es gewesen sein. Das Land hatte schwere Kriegszeiten hinter sich und befand sich in schrecklichem Elend. Die Franzosen hausten wie die Wilden, sie besetzten alle Dörfer und raubten das Vieh aus den Ställen. Selbst die Hütten der Viehhüter wurden ausgeplündert. In den letzten Tagen des Herbstmonats nun hiess es plötzlich, von Schwyz her sei ein mächtiges russisches Heer gegen die Franzosen im Anmarsch. Ein Senn brachte den Glarner Hirten die Kunde, der berühmte General Suworow rücke heran. Zu jener Zeit hauste auf einer einsamen Alp hinten am Klöntalersee ein junger Hirt namens Kaspar Glarner. Ein unbändig starker Bursche soll es gewesen sein. Wenn er auf seiner Alp gejodelt habe, so hätten alle Sennen und Hirten im Klöntal aufgehorcht. Als nun die Franzosen von Glarus her ins Klöntal rückten, um den Russen den Pragelpass zu versperren, stieg auch ein Trupp von ihnen hinauf zu des Glarners Alp. Der Senn, der seine Heimat über alles liebte, geriet darüber in hellen Zorn, ergriff ein langes Holzscheit und schlug die ersten, die ihm über den Weg kamen, nieder. Darauf entstand ein wildes Handgemenge. Der Senn focht wie ein Tiger, mit zwei Sätzen war er mitten im Kriegerhaufen, klatschend schlug sein Holzscheit auf die fremden Schädel nieder. Schon lagen ihrer sechs oder sieben fremde Soldaten in ihrem Blut. Da traf ein Säbelhieb den Sennen und schlug ihm einen Arm in Stücke. Seine Kraft begann matter zu werden, roter Schaum stand ihm vor dem Mund, Arme und Schultern waren zerstochen und blutüberströmt. In diesem Augenblick aber raste ein schwarzes Ungeheuer daher, mitten in den Menschenknäuel. Schreiend fuhren die Franzosen auseinander. «Glärnisch –!» schrie der Senn in wildem Jubel. Wie ein Rächer stand der riesige schwarze Alpstier neben dem befreiten Hirten. Aber schon stürmten die Franzosen wieder vorwärts. Da stieg im Hirten ein furchtbarer Plan auf. Er rannte hinüber an die Wände des Wiggis, die andern in langen Sätzen hinter ihm her. Auf einem schmalen Grasband der Felswand erwartete er, hinter dem Gestein versteckt, die Verfolger. Als sie heranstürmten, warf er sich ihnen blitzschnell entgegen und riss mit der letzten Kraft, einen hallenden Jauchzer ausstossend ein paar der Feinde mit sich in den Abgrund. Durch die Felsgründe des Tales schlug ein Erdstoss; es war, als ob die Berge vor Zorn aufgrollten und den toten Jodler rächen wollten. Felsstücke donnerten nieder, krachend öffnete der See seinen Rachen, Hunderte von kämpfenden Russen und Franzosen in die schwarzen Wasserschlünde reissend. Vom Sennen hat man nie mehr etwas gefunden. Immer aber, wenn ein grosses Unheil über das Land kommen will, geht sein Geist um. Alle zehn oder zwanzig Jahre soll man sein unheimliches Jodeln hören. Wer ihn in stiller Nacht hört, vergisst’s seiner Lebtag nicht mehr.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der geisternde Weinhändler

Source: Der geisternde Weinhändler

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Ein Weinhändler verkaufte einst einem Bürger von Reinach Wein, den er selbst gestohlen hatte. Nach dem Tode des Händlers hörte man oft im Keller des Hauses, wohin der Wein geliefert worden war, Ketten rasseln. Reinach Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Geisterritt

Source: Der Geisterritt

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Zwischen Netstal und Glarus, etwas abseits in den Wiesen, steht ein kleines, steilgiebliges Haus. Es wird heute kaum mehr beachtet. Vor ein paar Jahrzehnten aber, als noch die alte Landstrasse ihre wunderlichen Ränke von Stall zu Stall zog und nahe am einsamen Haus vorbeiführte, stand mancher Wanderer still, um die Inschrift der heute noch vorhandenen Gedenktafel zu lesen. Da vernahm er mit Staunen, dass dieses Häuschen einmal im Mittelpunkt des Weltgeschehens stand, nämlich im lauten Kriegsjahr 1799, als die Russen und Franzosen einander die Alpenpässe streitig machten. Hier weilte der berühmte Generalfeldmarschall Graf Alexander Suworow, Fürst Italisky, drei Tage lang. Er hatte sich mit seinen 20 000 Soldaten in mühsamen Kämpfen über den Gotthard, den Kinzig und den Pragelpass geschlagen und gehofft, über den Kerenzerberg aus diesem Tälergewirr zu entkommen. «Da kamen denn alle russischen Heerführer, darunter auch der Zarensohn Konstantin, am 2. Weinmonat in diesem Häuslein zusammen und werweissten, ob man die Franzosen bei Mollis noch einmal angreifen oder lieber auf leisen Sohlen das Sacktal von Glarus verlassen wolle. Wenn’s auf den alten Suworow draufangekommen wäre, so hätte man die Franken noch einmal angepackt, aber dem Zarensohn war die Schiesserei verleidet, und so mussten ihm die hohen Offiziere und alle 20 000 Russen gehorchen und über den tief verschneiten Panixerpass waten.» So berichtete unser Nachbar, der alte Bäcker Fridli, jeweils, schob die Pfeife in den andern Mundwinkel und fuhr fort: «Aber jedes Jahr, in einer sternenlautern Oktobernacht, wenn's von den Türmen der Glarner Kirche Mitternacht schlägt, öffnet sich die Türe des Suworowhäusleins. Da kommen sie heraus, die alten Marschälle und Generale Suworows und reiten mit ihrem silberlockigen Feldherrn siebenmal ums Haus herum, dass die Funken unter den Hufen stieben und Säbel und Orden im Mondschein glitzern. Doch auf einmal ist der ganze Spuk verschwunden, und nur von weither hört man den verhallenden Ruf ,Suworow’. Dann füllt die Stille wieder den Raum zwischen den Firnen.»   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Geisterschachen

Source: Der Geisterschachen

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Der Geisterschachen Im Limmattal lagen einst zwei stattliche Bauernhöfe. Durch Heirat und Erbschaft wurden die Grenzen zwischen ihnen mit der Zeit kompliziert. Dies führte schliesslich zu Streitigkeiten zwischen den Besitzern, und aus Hass versetzte der eine im sumpfigen Schachen einen und später noch mehrere Marksteine, natürlich zu seinen Gunsten. Nach Jahren, als der Nachbar dort Holz fällen wollte, bemerkte er den Betrug. Doch die Steine waren bereits wieder von Moos bewachsen, und der Betrüger gewann den gegen ihn gerichteten Prozess. Der Verlierer, der vergeblich viele Kosten gehabt, war ruiniert, und bald starb er vor Kummer. Der Reiche wurde immer angesehener, aber mit der Zeit begann ihn das Gewissen zu plagen. Viele schlaflose Nächte brachte er im Schachen damit zu, die Marksteine an ihren alten und rechten Platz zu setzen. Bevor er aber damit fertig geworden war, starb er. Seither sieht man dort nachts einen einsamen, feurigen Mann arbeiten. Eines Tages fuhr ein Bauer von Dietikon nach Spreitenbach durch den Schachen. Da scheute plötzlich sein Pferd. Auch mit Schlägen war es nicht zu bewegen, weiter zu gehen. Als der Bauer um sich schaute, gewahrte er an einer riesigen Tanne ein schneeweisses Totengerippe. Dem Bauern lief’s kalt über den Rücken. Er schlug mit der Peitsche nach der grauenhaften Erscheinung. Aber sie blieb stehen. Voll Entsetzen wollte er davonlaufen, aber er vermochte kein Glied zu rühren. Der Geist sagte mit hohler Stimme, die wie fernes Donnerrollen klang: „Auf diesem Gut habe ich vor vielen hundert Jahren die Grenzsteine versetzt und dadurch meinen Nachbarn ums Leben gebracht. Ich kann durch einen Bauern der Gegend erlöst werden, wenn er das tut, was ich hätte tun wollen: die Steine an den alten Platz zu setzen. Bist du bereit, einen Drittel von deinem Gut dem armen Nachbarn zu geben? Sag schnell ja, denn in wenigen Augenblicken ist meine Zeit um, und ich muss wieder hundert Jahre warten, bis ich den nächsten um diesen Liebesdienst bitten darf.“ Da der Bauer sich nicht sofort zu einer Antwort zurechtfinden konnte, vergingen die Augenblicke, und ein Blitz schlug aus heiterem Himmel neben dem Gespenst ein - und verschwunden war der ganze Spuk. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Limmattal Aus den „Sagen aus dem Limmattal“. Quellen sind dort nicht angegeben. Laut Vorbemerkung wurden die Sagen durch Sekundarlehrer K. Klenk „durch Schulaufsätze“ gesammelt.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Geistersenne in Valpun

Source: Der Geistersenne in Valpun

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An einem Spätherbst-Tage lag ein Jäger in dem Gebiete der Alpe Valpun, die der Gemeinde Luzein gehört, dem Waidwerke ob. Es war nach der Alp-Entladung, und Todesstille herrschte auf diesen Höhen, auf welchen es an diesem Tage umso unwirtlicher aussehen mochte, als ein dichter Nebel vom Tale heraufstieg, und die Berge einhüll­te. Bei der früh eingetretenen Dämmerung suchte der Jäger die Sennhütte auf dem Sässe Valpun auf, machte Feuer an, bereitete seine einfache Abendmahlzeit, und legte dann auf die »Pritsche« (Lager der Älpler in den Sennhütten) sich zur Ruhe. Ungefähr um Mitternacht wurde er durch ein seltsames Geräusch gestört. Sich aufrichtend, gewahrte er in der Hütte einen riesengrossen Mann, am Feuerherde stehend, welcher das Feuer, das bereits erloschen, wieder anfachte, und den Kessel über das Feuer her zog. »Ab und zu« (zuweilen, hinwieder) ging er in den Keller, trug Milch heraus, schüttete sie in den Kessel, und hantierte so, als wie der eifrigste Käser. - Während der ganzen Arbeit liess er Klagelaute vernehmen, und sang unter der Stimme eine ganz wehmütige Melodie, woraus der Jäger urteilen konnte, Der sei einmal hier Senne gewesen, dass er aber wegen begangenem Betruge durch zeitweise Wiederkehr büssen müsse. Nicht ohne Grausen schaute der Jäger dem Tun und Treiben des Un­heimlichen lange Zeit zu, nahm dann aber, in der Meinung, nach dem Käsen werde Derselbe wohl hinter ihn selber geraten wollen, sein Gewehr zur Hand, und legte auf den geisterhaften Mann an. Dieser wendete gegen den Jäger sich um, hob drohend den Zeigefinger, und liess Denselben sein fürchterliches Angesicht sehen, welches aussah, wie Eichenrinde, - und verschwand einige Augenblicke darauf. Am Morgen fand der Jäger Alles in gehöriger Ordnung, wie wenn nichts gewesen wäre. - Er machte sich heimwärts, musste sich legen, und behielt für längere Zeit ein arg geschwollenes Gesicht. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Geistertrunk

Source: Der Geistertrunk

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Das Wirtshaus in der Tsintre, einem Bergweiler bei Galmis (Charmey), stand in der Mitte des 19. Jahrhunderts nicht im besten Ruf. Man erzählte sich merkwürdige Dinge, die sich daselbst zugetragen haben. Einst kam eine brave Frau aus Jaun nach dem Weiler Tsintre. Ihr Weg führte am Wirtshaus vorbei, aus dem Lärmen und wüstes Gejohle abwechselnd mit grölendem Gelächter heraustönte. Dazwischen klirrten die Schnaps- und Weingläser. Hurtig wollte die Jaunerin an der Stätte der Ausgelassenheit vorübergehen. Da hielt sie ein Unbekannter an und forderte sie zum Eintreten auf, um miteinander ein Glas zu trinken. Die Frau wäre lieber weitergezogen; sie fürchtete indessen, durch ihre Weigerung den Unbekannten zu erzürnen und nahm deshalb, wenn auch mit innerem Widerstreben, die Einladung an. Schüchtern trat sie in die Wirtsstube. Darin erblickte sie nur fremde Gesichter. Auf dem Tische standen viele zierliche Trinkgläser, alle mit einem runden Fusse. Die Jaunerin wurde von den unbekannten Zechern fröhlich begrüsst und zum Mittrinken aufgefordert. Der Unbekannte, der sie zuerst angeredet hatte, bot der Frau einen wunderlich geformten Becher und tat ihr Bescheid. Die Jaunerin tat desgleichen und führte den Becher an ihre Lippen. Bevor sie aber den feurigen Wein kostete, betete sie in ihrem frommen Sinn: «Ich trinke im Namen der heiligsten Dreifaltigkeit». Die Wirkung dieses christlichen Trinkspruches hatte eine überraschende Wendung zur Folge. Denn kaum hatte die Jaunerin ihren Spruch beendet, verschwand die ganze lärmende Zechgenossenschaft, und alle Zier der Stube war dahingeschwunden. Statt des Glases hatte die Jaunerin einen Kuhfuss in der Hand und im Gefäss lag eine übelriechende Flüssigkeit. Daraus erkannte die Frau, dass sie sich in der Gesellschaft von Geistern befunden hatte. Sie dankte ihrem Schutzengel dafür, dass er sie vor grosser Gefahr bewahrt hatte. Hierauf beeilte sie sich, so schnell als möglich das verwunschene Wirtshaus zu verlassen.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Geisterwagen

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Im alten Haus des später geköpften Menzinger Friedli wohnte einst eine arme Witfrau mit einer grossen Schar hungriger Kinder. Nicht weit vom Hause lag das verwünschte Tobel der oftmals arg tobenden Sihl. In bestimmten Nächten hörte man ein eigenartiges Geräusch, als ob ein schwer beladenes Fuhrwerk mühsam den engen Tobelweg hinauffahre. Die erschrockene Frau traute nie recht aus dem Fenster zu schauen oder nur zwischen den engen Ritzen der Fälladen hervor zu gucken, denn beim Hause erhob sich jeweils ein furchtbarer Lärm, ein wildes Geheul von Hunden und Katzen tobte um das Heimwesen. Es war der Geisterwagen aus dem Sihltobel. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 88 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Geisterzug

Source: Der Geisterzug

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Im Museherenschlund liegt eine schöne Alp - die Birchera. Dort hirtete um die Mitte des 18. Jahrhunderts Joseph Offner vom Kloster bei Plaffeien. Der hatte einmal ein sonderbares Erlebnis. In einer hellen Sommernacht lag er auf dem Heu und konnte nicht schlafen. Es mochte gegen Mitternacht sein, da hörte er, wie ein mächtiges Herdengeläut den Berg herunter kam und sich dem Stafel näherte. Offner war erstaunt und konnte sich nicht erklären, wer das sein könnte. Er stand auf, warf rasch einige Kleider an und trat vor das Haus. Im Schein des Mondes sah er eine grosse Viehherde die Weide herunterkommen. Sie nahte sehr rasch. Jetzt ging der Zug am Hause vorbei. Es waren etwa sechzig Kühe. Alle trugen Schellen und Glunggen. Das gab ein ohrenbetäubendes Läuten und Klingen. Drei rabenschwarze Männer begleiteten die Herde und trieben sie mit lautem Hoh-hoh-hoh zu raschem Laufen an. Geisterhaft war dieser Zug anzuschauen. Nur einen Augenblick - und schon war er vorüber und zog das Tal hinaus. Noch eine Weile hörte man das Klingen und Rufen, aber immer ferner und ferner tönte es. Dann erstarb es hinter dem Walde. Offner legte sich wieder ins Heu. Aber am andern Morgen konnte er nicht mehr aufstehen. Ein Bein war stark aufgeschwollen, ganz schwarz und schmerzte heftig. Warum? - Der Hirt wusste es. Die Herde und die Treiber, die er in der Nacht geschaut, waren Geister gewesen. Wenn aber solche am Hause vorbeigehen, dann dürfen die Menschen ihnen nicht zu nahe treten - nur soweit als die Dachtraufe geht, aber ja nicht weiter. Offner musste mit dem einen Bein über diese Linie hinausgetreten sein. Er wurde für seinen Vorwitz mit einem mehrwöchigen Leiden bestraft. * Vom gleichen Joseph Offner wird noch etwas anderes erzählt. Es war im Frühling, am Tag der Alpfahrt. In Offners Haus wurden die letzten Vorbereitungen getroffen. Da geriet der Vater mit seinem Sohne in Meinungsverschiedenheit wegen der Hirtschaft. Der Wortstreit zog sich eine Weile hin. Endlich brach man auf. Aber unterwegs ging die Auseinandersetzung weiter. So kamen sie zankend bis Gutenmannshaus. Hier wollte der Vater dem Streit endlich ein Ende bereiten. Er blieb stehen und sagte zum Sohne: „Ich werde nicht nachgeben und du wohl auch nicht. Wir wollen darum nicht weiter streiten und von etwas anderem reden.“ Mit diesen Worten zog Offner sein „Nuschter“ aus der Tasche und begann den Rosenkranz vorzubeten. - Wohl oder übel musste der Sohn ihm antworten. So gingen die beiden laut betend weiter, bis sie nach zwei Stunden in der Birchera anlangten.    Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch


by Der Geistmüller auf der Wittnauermühle

Source: Der Geistmüller auf der Wittnauermühle

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Vom Thiersteinberge herab kommt ein kleines Bächlein durch die Matten von Oberfrick und Wittnau und geht unfern der Strasse, welche von Frick aus über den Benkenberg nach Aarau führt, in den Wölfliswiler-Bach. Ein Fusssteig aber durch die dortigen Matten heisst das Geistwegli. Ihn musste der Müller von Wölfliswil einschlagen, als er am Frickermarkte einen Ochsen über alle Erwartung gut verkauft, darauf in mehrern Wirthshäusern auch über Durst getrunken hatte, und nun etwas unsicher auf den Beinen, in ziemlich später Nacht heim wollte. Auf jener Matte fiel es ihm ein, dass man sich allerlei Spukgeschichten von dieser Stelle erzähle; in seiner Weinlaune schlug er daher mit seinem Stocke auf die Hecke am Wege, rief jeden Geist heraus, der da drinnen stecke und erbot sich, ihn zu erlösen. Plötzlich kam eine Gestalt in grüner Kleidung hervor. Von dieser unerwarteten Erscheinung überrascht nahm der Müller Reissaus. Athemlos trat er in sein Haus; die Frau wollte wissen, was ihm widerfahren sei, aber er verhehlte es ihr und suchte seine Schlafkammer. Hier lag er kaum im Bette, so klopfte es schon an sein Fenster und draussen sprach eine Stimme: Komm, erlös mich! Er richtete sich empor und erkannte draussen dieselbe grün gekleidete Gestalt. So gieng es auch in der folgenden Nacht, der Klopfer am Fenster liess ihn nicht schlafen. Er wendete sich endlich an seinen Ortspfarrer und erhielt den Rath, der Erscheinung das nächstemal zu folgen. Er that es im Vertrauen auf die kirchlichen Schutzmittel, die ihm dazu eingehändigt wurden, und gieng so in nächster Nacht dem Spuke nach bis zu jener Stelle des Geistwegleins am Thiersteiner-Waldbächlein. Hier blieb die Gestalt stehen und erzählte: Ich bin der Hundswärter gewesen der Grafen von Thierstein, als ihr Schloss noch da droben am Berge stand. Mein Herr hatte ein grosses Jagen in dieser Gegend angekündigt und zahlreich war der Besuch, der dazu auf dem Schlosse eintraf. Aber ich hatte gerade an diesem Tage den Hunden aus Versehen ihre Morgensuppe versalzen, und so wie man sie nun abliess, jagten sie zusammen diesem Bächlein zu. Statt das Wild aufzuspüren, blieben sie wasserlappend hier liegen. Ich wandte alles an, sie auf die Fährte zu bringen, ich gelobte in meiner Angst sogar eine Wallfahrt nach Maria Einsiedeln zu machen, alles half nichts. Da kam der Graf heran, sah, wer ihm das Vergnügen dieses Tages vereitelt hatte, und nicht weiter Herr über seinen Zorn, schoss er mich mit einem Pfeil nieder. Seitdem muss ich hier in Unruhe wandeln, bis mich Jemand dadurch erlöst, dass er die gelobete Wallfahrt für mich unternimmt. Der Müller machte wirklich im nächsten Frühjahr die Wallfahrt nach Einsiedeln. Kaum war er wieder daheim, so stand auch jener Weidmann wieder an seiner Schlafkammer, klopfte ans Fenster und bat ihn, mitzukommen. Die Gestalt war diesmal wie zum Zeichen der beginnenden Sühne weissgekleidet gekommen und dies machte dem Müller ein Herz, auch diesmal ihm zu folgen. Der Weg gieng wieder jenem Bächlein in den Sulzmatten zu. An der gewohnten Stelle hielt der Jäger und sprach: Hier ruhen meine Gebeine, da hat der Graf mich verscharren lassen; bezeichne dir diese Stelle, damit du meiner Asche ein ehrliches Begräbniss geben kannst. Als dies der Müller zugesagt, wurden ihm noch drei Wünsche freigestellt, darunter auch der, ob er sogleich mit dem Erlösten nun im Himmel sein wolle. Dazu fühlte sich der Müller noch allzu jung und schlug es aus. Dankend verschwand hierauf der Erlöste. Als nun am Morgen der Müller aufsteht und in die Wohnstube tritt, sehen die Seinigen mit Erstaunen, dass er über Nacht eisgrau geworden ist. Aber seit diesem Augenblick nimmt sein Wohlstand rasch zu, er wird endlich sehr reich, lebt glücklich und stirbt erst in hohem Alter. Weil aber sein Weib die ganze Geschichte ausplauderte, so bekam er seiner weissen Haare wegen allenthalben den Namen Geistmüller. Die Leiche des Jägerburschen ist an dem Geistwege ausgegraben und auf dem Kirchhofe zu Wölfliswil bestattet worden. Gleichwohl kann man jetzt noch in jeder Stunde der Nacht auf dem Thiersteinberge und in den unterhalb gelegenen Sulzmatten Hundegebell und Hornstösse hören, als wäre dorten eine grosse Hetzjagd in Bewegung. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 202 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der geizige Ritter auf Castelen

Source: Der geizige Ritter auf Castelen

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Nicht weit von Ettiswil im Kanton Luzern liegen die Trümmer der Burg Castelen. Einst wohnte hier ein Ritter, Kuno. Sein Gott war Gold und seine beste Tugend hiess Habsucht. Einstmals kam ein Teufelsbeschwörer zu ihm, den er aus dem Orient hatte kommen lassen, um durch seine Vermittlung mit dem Teufel in Verbindung zu treten, welche ihn zum reichsten Mann im Lande machen sollte. Da der Teufel nun aber nichts umsonst tut, so sann er lange mit dem Beschwörer hin und her, was er ihm als Gegengeschenk wohl geben könne. Geizig wie er war, wollte er von seinen irdischen Schätzen nichts hergeben, und so entschloss er sich, dem Teufel seine Seele anzubieten. Wie er sich mit dem Beschwörer über diesen Punkt geeinigt hatte, machte sich dieser sofort an das Werk und bald trat der Teufel zu ihnen. Ritter Kuno eröffnet demselben in kurzen Worten seinen Wunsch, dass er der reichste Mann auf Erden zu werden begehre und gerne seine Seele dafür geben wolle. Als Zeichen seiner Zustimmung nickte der Teufel mit dem Kopfe, und bald hatten sich die Steinmassen und Holzblöcke im Hofraum der Burg zu lauter Gold verwandelt. Durch den Glanz dieser Menge Goldes aber wurde Kuno dergestalt geblendet, dass ihm das Licht der Augen ausging. Hierüber in Verzweiflung, wollte er nicht länger leben und warf sich dem Teufel sofort in die Arme, welcher augenblicklich mit ihm verschwand. Die Schätze versanken alle in den Schoss der Erde. Nur am Karfreitag kommen einige Stücke in Gestalt von alten Steinen und faulem Holz zum Vorschein, wer da das rechte findet, es mit nach Hause nimmt und sieben Tage in einer finstern Truhe verwahrt, wird, wenn sonst nichts Ausserordentliches dazwischen kommt, am achten Tage gediegenes Gold darin vorfinden. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der geizige Senn auf Urden

Source: Der geizige Senn auf Urden

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Einst wanderte auch eine alte fromme Frau aus Arosa über's Gebirg, um im Gotteshause zu Obervaz ihre Andacht zu verrichten. Ihr mühsamer Weg führte sie über die Sennhütte auf Urden, wo sie zu rasten gedachte. Die fromme Pilgerin war müde und von Hunger und Durst gequält. Sie stund ermattet still bei einer Sennhütte, wo ein roher geiziger Senn wirtschaftete. Diesen bat sie um Gotteswillen um einen Trunk. Der Senn fuhr sie hart an und zeigte ihr die Tür. Vor Müdigkeit konnte sie aber nicht weiter und setzte sich jammernd auf eine Bank. Da öffnete der Unmensch die Türe und rief: "Wart Alte, du sollst genug haben!" Darauf molk er seine rote Kuh, warf Magen in das Milchgefäss und reichte es mit Hohnlachen der Alten dar. Das Mütterchen trank, fühlte sich gestärkt und verliess mit Segenswünschen die Hütte. Doch wie sie am Rücken des Gebirges aufwärts kletterte, empfand sie grimmige Schmerzen. Sie fühlte sich ihrem Ende nahe und gedachte mit Schrecken der Worte: „Du sollst genug haben." Sterbend rief sie Gottes Strafe über den Gottlosen herab, befahl ihre Seele dem himmlischen Vater und verschied. Bald darauf erbebte der Boden rings umher, und die Erde verschlang den Bösewicht samt seiner Habe. Die Stelle füllte sich mit Wasser, und das ist der Urdensee. Alle sieben Jahre toset der See wild auf; man sieht aus demselben den Senn eine rote Kuh melken und stöhnend wieder in den Abgrund zurücksinken. So oft der See heftig bewegt ist, deutet dieses nach dem Volksglauben auf schwere Ungewitter oder plötzlich eintretende Kälte. Der See hat eine tiefe, schwarz aussehende Stelle. Diese hält man für Reste der versunkenen Hütte. Quelle: Theodor Vernaleken, Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch


by Der Geldschatz auf Freudenberg

Source: Der Geldschatz auf Freudenberg

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Aus einem der Türme sollen unterirdische Gänge zur Burg Wartenstein und unter dem Rhein durch nach der Burg Brandis in Maienfeld geführt haben. Ein Herr Kühni von Ragaz sei einmal in letzterm bis in die Gegend des Ochsenbrunnens vorgedrungen. Einst herrschte auf Freudenberg ein Freiherr, der sich mehr auf unredlichem als redlichem Wege grossen Reichtum erwarb. Sein vieles Geld barg er in einer grossen, mit Eisen beschlagenen Kiste im Turme, nahe beim unterirdischen Gange. Einmal sah der Freiherr von seiner Burg aus einen Bauer mit zwei schönen Ochsen auf den Spitzäckern pflügen und sandte sogleich einen Knecht ab, das Gespann dem Manne wegzunehmen. Der Bauer aber erschlug den Knecht und verscharrte ihn auf dem Acker. Darüber entstund eine blutige Fehde. Der Freiherr wollte den Täter gefangen nehmen; aber die andern Bauern der Umgegend nahmen ihren bedrohten Genossen in Schutz, eroberten die Burg und machten den verhassten Freiherrn samt seiner Tochter und seiner Besatzung nieder. Seither sitzt der Freiherr im Verborgenen als zottiger, schwarzer Hund auf seiner Geldkiste, und seine Tochter leistet ihm in der Gestalt einer Schlange Gesellschaft. Über ihnen haben schon längst im verfallenen Gemäuer der einst so schönen Feste Nachteulen und Krähen Wohnung genommen, und die offenen Räume, auf denen früher freundliche Wohnungen und blumenreiche Gärten sich befanden, sind eine magere Ziegenweide geworden. I. Natsch.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 197, S. 95f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Geldschatz vom Girenbüchel

Source: Der Geldschatz vom Girenbüchel

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Im Jahr 1792 hatte Richter Anrig, der Vater des Kassier Anrig im Töbeli zu Sargans, einen Knecht, der auf seinem Gute Atschen, welches zunächst an der Hochwand am Schollberge liegt, das Vieh besorgen musste. Eines Tages nun kam er ganz hastig mit einer Tanse voll Milch nach Hause und verlangte, dass sie eiligst geleert werde; denn er müsse sogleich wieder zurück, um einen Geldschatz zu holen. Anfänglich lachten die Hausgenossen darüber, wurden sodann aber mäuschenstille, als er erzählte, wie er, bei dem an der ältesten Schollbergstraße liegenden Girenbüchel angelangt, eine entzückende Geigermusik gehört und neben dem unergründlich tiefen Loch hinter dem Büchel eine mit den glänzendsten Kostbarkeiten angefüllte, jedoch von einer daneben sitzenden Kröte verhütete Kiste gesehen habe. Diese Erörterung war hinreichend, die Leute gläubig zu machen, und zwei herzhafte Männer entschlossen sich, den Knecht zu begleiten. Versehen mit allen nötigen Gerätschaften, zog man aus und kam dann auch wohlbehalten an bezeichneter Stelle an, um leer wieder abziehen zu können, weil da weder Musik noch Schatz mehr anzutreffen war. J. Natsch.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 181, S. 85 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Gemeindetrunk

Source: Der Gemeindetrunk

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Ein Augenzeuge berichtet aus einem Gemeindetrunk in Mund, wie er noch im letzten Jahrhundert Brauch war. Die Gemeindeversammlung wusste jeweils zum voraus, wieviel Lagel Wein zu vertrinken seien. Sooft nun ein Lagel ausgetrunken war, kam ein Vorsteher mit dem leeren Lagel in die Gemeindestube, hob es in die Höhe, das geöffnete Spundloch nach unten gekehrt, und schlug dreimal an die Wölbung der Gemeindestube. Und bis jedes Lagel diese Probe seiner Leere durchgemacht hatte, bewegte sich niemand von der Stelle. MUND Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Gemsjäger

Source: Der Gemsjäger

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Ein kühner Gemsenjäger hatte gehört, dass getrunkenes Gemsenblut schwindelfrei mache. Einst schoss er eine an, die aus Mutterliebe bei ihrem schwachen Jungen zurückgeblieben war, als die Herde vor dem Jäger floh. Er legte den Mund an die Wunde des noch lebenden Tieres und trank das warme Blut. Fortan hatte er keine Ruhe mehr im Tale, es zog ihn mächtig auf die höchsten Gipfel. Auf einem solchen setzte er einmal einer Gemse nach, die, wie ihn verlockend, immer weiter und auf gefährlichere Stellen sprang. Am Rande eines steilen Abgrundes prallte die Gemse wie zürnend an den Jäger, ein lauter Schrei des Mannes und beide stürzten in die Tiefe. Es war das Junge jener Gemse, deren Blut der Jäger getrunken. Aus: U. Brunold-Bigler, Die Sagensammlung der Nina Camenisch, Disentis 1987, mit freundlicher Genehmigung der Autorin. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Gemsjäger am Schreckhorn

Source: Der Gemsjäger am Schreckhorn

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Oft, wenn ein Gewitter im Anzuge ist, vernimmt man am Schreckhorn ein Knallen, ähnlich dem Krachen eines Schiessgewehres, worauf ein Rauschen und Stöhnen hörbar wird, nicht unähnlich dem Röcheln eines Sterbenden. Das ist der Geist Jonathans, eines wilden Grindelwaldner Gemsjägers. Trotz aller Abmahnungen konnte er nicht vom Wilden lassen. Einst, als er aus einer Gemsherde die schönste Fuhrgeiss herausgeschossen, schlägt ihn der Rückstoss seines Stutzens zu Boden. Dabei gleitet er über den Rand des Abgrunds und fällt in die Tiefe auf ein Fluhband wo er lebendig liegen bleibt. Er sucht sich zu retten. Umsonst! Unter ihm öffnet sich der Abgrund, über ihm die himmelansteigenden Felswände. In dieser verzweifelten hoffnungslosen Lage beschliesst er, seinem Leben ein Ende zu machen, die Büchse dazu hat er ja noch bei sich. Erst aber beschreibt er seinen hilflosen Zustand auf einem Stückchen Papier, das er über die Felsen hinaus in die Tiefe schleudert. Lange hernach erst wurde Jonathans Leiche und auch sein trauriges Brieflein gefunden. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Gemsjäger im Kiental

Source: Der Gemsjäger im Kiental

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Ein Wildschütz im Kiental hatte ein Liebchen, das er gerne freien wollte. Sie wollte ihm jedoch nur dann ihre Hand geben, wenn er von seinem verwegenen Jägerleben lasse. Er schwört es ihr, will aber, ehe er sein Gewehr zerbricht, zuguterletzt noch einmal in die Berge um einen Meisterschuss zu tun. Oben in den Flühen jagt er nun seinem Ziele nach. Wie der erste Schuss durchs Tal dahinrollt und sein Opfer den Grund mit seinem Blute rötet, löst hoch oben über ihm der Berggeist den Schnee einer Felswand los und treibt denselben mit Gewalt in die Tiefe, Wild und Jäger begrabend. Daheim bangt das Liebchen um den Jäger, und da er nicht wiederkommt, bringt es die Angst von Sinnen. Erst im Frühling, da der Schnee zerrinnt, finden die Knaben des Tals des Jägers Leiche. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Gemsjäger und der Klostermönch

Source: Der Gemsjäger und der Klostermönch

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Gegen die monatliche Abgabe einer Gemse wurde den Jagdliebhabern von Vättis die Erlaubnis erteilt, dem edlen Waidwerk obzuliegen. Ein armer Jäger hatte vergebens einige Tage den Gemsen nachgestellt; da begegnete ihm in einem abgelegenen Reviere ein schöngekleideter Mann, der ihm sagte, dass er ihm zum Glück verhelfen wolle. Er lernte von dem Fremden das Bannen und war ohne Absicht ein Schwarzkünstler geworden. Alltäglich wurde eine Gemse erlegt; denn es floh keine mehr, und der Wohlstand in der Familie wuchs zusehends. Ein frommer Mönch von Pfäfers, "der saubere Schuhe anhatte", hörte hievon und beschloss, mit dem Teufel einen "Hosenlupf" zu machen und den Mann zu retten. Er begab sich deshalb mit dem Jäger auf die Jagd. Bald stellte sich eine Gemse zum Schuss. Der Jäger musste die Büchse auf des Mönches Schulter auflegen. Dieser tat es, drückte aber nicht los; denn er sah, wie der Teufel die Gemse am Halse festhielt. Mönch und Jäger gingen ohne Wild heim, und dieser ist nie mehr auf die Jagd gegangen. L. Jäger. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 237, S. 118 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Gemsjäger und die Zwerge

Source: Der Gemsjäger und die Zwerge

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Im Guttannertale wohnte einst ein berühmter Gemsjäger. Er hatte schon so viele Grattiere geschossen, dass die Leute die Zahl im Dorfwirtshaus mit feurigem Eisen im Balken eingebrannt hatten. Unüberwindliche Mordlust trieb ihn immer wieder in die Berge. Einst stellten ihn die Erdmännlein auf seinen gefährlichen Wegen. Sie baten ihn, von seinem verderblichen Treiben zu lassen und versprachen ihm für den Fall, dass sie ihn nie wieder auf gleichem Wege treffen würden, für jede Woche eine Gemse. Er schlug ein und kehrte heim. Die Erdmännchen hielten Wort. Immer am Morgen des siebenten Tages der Woche fand der Jäger ein frisches Grattier am Türpfosten seiner Wohnung aufgehängt. Eine Weile liess er sich damit begnügen, dann erwachte die grause Mordlust wieder in seinem Innern. Er griff nach seinem Stutzer und ging aufs Neue auf die gefahrvolle Bahn. Niemals wurde er je von Menschenaugen wieder gesehen. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der General Schauenburg

Source: Der General Schauenburg

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Vor mehr als hundertfünfzig Jahren lebte auf einem kleinen Heimwesen zu Röthenbach ein junger Mann bei seinen Eltern. Einst schickte ihn der Vater mit einem Ross auf den Langnauer Pferdemarkt. Als der junge Mann das Pferd zu einem annehmbaren Preis verkauft hatte, machte er sich beizeiten wieder auf den Heimweg. Unterwegs kehrte er mehrmals ein, um seinen Durst zu löschen. Im letzten Wirtshaus am Heimweg, wo's ordentlich lustig zuging, vertrank und verspielte er den Rest des Erlöses. Dabei war ihm nicht mehr ganz wohl, und er hegte finstere Gedanken. Mit einem Bekannten, der auch in Langnau auf dem Rossmarkt gewesen, trat er spät in der Nacht den Heimweg an. Als sie bei der Tennlibrücke ankamen, erschlug er ihn, nahm ihm die gefüllte Geldkatze ab und verscharrte den Leichnam im Waldboden. Wie er damit beschäftigt war, kam die Frau des Erschlagenen, der das lange Ausbleiben des Mannes keine Ruhe liess. Der Mörder, der fürchtete, seine furchtbare Tat möchte an den Tag kommen, erschlug auch die Frau. Daheim lieferte er den Erlös des Tieres ab, als ob nichts geschehen wäre. Am nächsten Morgen gingen Vater und Sohn in den Wald, um Holz zufällen. Als sie eine Tanne über dem Boden zersägt hatten, blieb sie zu ihrer grossen Verwunderung stehen. Dem Vater gefiel das nicht. Er ahnte sofort, dass etwas nicht richtig sei und drang in seinen Sohn, der nach langem Zögern seine blutige Tat gestand. Darauf floh er und zog nach Frankreich, wo er in Napoleons Armee unter dem Namen Schauenburg bis zum Rang eines Generals emporstieg, der beim Untergang der alten Eidgenossenschaft die Schweiz erobern und plündern half. Im Grab aber findet er keine Ruhe. Zu mitternächtlicher Stunde sprengt er zuweilen auf seinem Ross in voller Generalsrüstung über das Tennlibrücklein und verschwindet spurlos beim Mördergätterli. Emmentaler Sagen, Hermann Wahlen, 1962 Gute Schriften Bern Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Genfersee

Source: Der Genfersee

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Wo heute der Genfersee liegt, blühten früher die schönsten Matten. Dagegen füllte ein See von Martinach aufwärts das Wallis. An manchen Orten will man noch die Ringe sehen, wo die Fischer ihre Schiffe anbanden. Die übermütigen Besitzer der Matten im heutigen Genfersee zwangen alle Reisenden, auf ihren Matten von einem Ende bis zum andern eine Mahde zu mähen. Eines Tages kam auch der Herrgott und wollte vorbeigehen. Auch ihn wollte man zwingen. Er aber sagte dann: «Hier soll keiner mehr mähen!» Auf seinen Befehl durchbrach das Wasser in Martinach den Felsen und überschwemmte die Matten bis nach Genf hinunter. LÖTSCHEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Genuss des Schlangenfleisches

Source: Der Genuss des Schlangenfleisches

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Ein erst in diesen letzten Jahren zu Grindelwald im Berner Oberlande verstorbener Bauer hieß bei seinen Nachbarn wegen allerlei geheimer Künste der Wunderdoktor. Bei seinen Besegnungs- und Zaubergeschäften pflegte er sich stets in seine Kammer einzuschließen. Sein Knecht, längst neugierig geworden, machte ein Bohrloch durch die Holzwand der Stube und sah nun von außen zu, wie der Doktor eine weißköpfige Schlange mit der Hand faßte und in einem Wasserkessel zu sieden anfing. Bald stieg ein weißer Schaum am Rande auf und ballte sich zu einer schneegleichen Masse. Indessen schien dem Doktor noch ein Geschirr oder sonst ein Siedmittel zu fehlen, denn er ging plötzlich, ohne die Türe abzuschließen, nebenaus in die Küche. Diesen Augenblick benutzte der Knecht und schlich sich in die geheimnisvolle Kammer hinein. Hier strich er den weißen Schaum, den er für wallende Milch hielt, fingerweise vom Rand ab, schleckte ihn hastig hinein und lief, als ob nichts geschehen wäre, hinaus in die Matte, um da zu mähen. Aber da sah er, als er die Wiese betrat, wie jeder Halm und jedes Mattenblümchen sich vor ihm verbückte. (Stud. Mäder von Baden.) Quelle: E. L. Rochholz, Naturmythen. Neue Schweizer Sagen, Leipzig  1862. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch    


by Der geprellte Teufel

Source: Der geprellte Teufel

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Ein Schuldenbäuerlein, dem die letzte Kuh umgestanden war, rannte in blinder Verzweiflung aus dem Stall ins Dorf, vom Dorf auf die Landstrasse hinaus. Martini stand vor der Tür, der Hauszins sollte bezahlt werden, wie nur, wie, wenn man den letzten Heller für Brot ausgegeben hat! Den Kopf voll schwarzer Gedanken, schlenderte er auf der Strasse dahin; der blaue Himmel und die unerschütterlichen Felswände, sie heiterten ihn auf. Ihm war, als sei etwas in der Luft, als müsste ein Wunder geschehen, etwas Grosses, Seltenes, wie schon so manchem armen Schlucker auf Erden ein unerwartetes Glück in den Schoss gefallen ist. Kaum über das letzte Haus hinaus, teilte sich der Busch, und ein Herr begrüsste ihn freundlich und fragte ihn nach seinem Ziel. Er hatte noch nie einen solchen Menschen gesehen, und ihm war, als risse ihn jemand herum und wieder ins Dorf zurück. Mit aller Kraft verstemmte er sich gegen diese unsichtbare Macht und klagte dem Fremden sein Elend: Keller und Speicher seien leer und entrichte er nicht den Hauszins, so werde er auf die Strasse geworfen. «Das ist ja famos», rief der Herr durch die Nase, «dir mangelt das Geld, mir eine Menschenseele, die ich redlich verdienen möchte! Gibst du mir Arbeit, die ich in einem Tag bewältige, so ist deine Seele mein. Bringe ich sie nicht fertig, so ist diese Börse dein. Fang sie auf, und steck sie in den Gürtel! Streif dein Bettelwams ab und benimm dich wie ein Gebieter! Wer das Geld hat, hat die Gewalt, die Tat, das Wort, die Armen müssen gehorchen.» Dermassen schwatzte er ihm die Ohren voll, und von dem Glimmer des teuflischen Blickes und dem Geklingel im Beutel verführt, besann sich der Bauer nicht eine Minute, obschon er an dem Pferdefuss und dem schwefligen Atem jetzt auch den Stand und die Herkunft des Versuchers ermessen konnte. «Her mit dem Beutel, ich will dir Arbeit schaffen, und vollendest du sie in einem Tag, so bin ich dein Knecht!» In kühler Frühe gingen sie zusammen vor das Dorf hinaus, in die unermessliche Einöde, die von der Zeit her, als der Fluss noch freie Bahn hatte, eine unhabe Wildnis geblieben war. Nichts als Tümpel, Birken und Erlenstauden, Berberitzensträucher und Schlinggewächs, so weit der Blick reichte. Kein Volk wäre imstand gewesen, die Wüstenei in einem Jahre, sage an ein und demselben Tage zu roden und umzugraben. «Ackere mir das Gelände!» begehrte er und liess den Teufel stehen. Gegen Mittag ging er hinaus und prüfte, wie weit das Werk vorgeschritten sei. Erschauernd fuhr er sich an die Kehle, starrte und glotzte in die braune duftende Ackerkrume. Wo sind die Birken und Erlengehölze, die dunklen Lachen und das Wirrnis von Dornen und Brombeergerank? Furche reihte sich an Furche, und in Schwärmen pickten und scharrten die Krähen und hielten Festtag. Weitab, fast am Ende der Wüste, war ein Zipfelchen Brachland übriggeblieben, ein Rest, den der Gehörnte im Handkehrum erledigt. Bedrückt schlarpte er dem Dorfe zu und trocknete den kalten Schweiss auf der Stirne. «Was fehlt dir», sagte ein Hutzelweibehen, das er noch nie gesehen, «hast du Dornen verschluckt?»  «Besser wäre, ich hätte sie gefressen als der andere», erwiderte er gehässig, und da ihm schien, das Fraueli könnte ihm vielleicht aus der Patsche helfen, beichtete er rundweg sein Ungemach. «Geh nur gesatzlich nach Hause, und setz dich zu Tisch! Hat der Teufel den Acker bestellt, so soll er Mittagsrast halten, und dann befiehl ihm, schwarze Wolle weiss zu waschen, die Klaue ins Weihwasserkesselehen zu tunken, rauf dir ein Haar aus dem Schädel und gebiete, die Borste kerzengerade aufzurichten. Das sind drei Dinge, von denen eines allein ihm genug zu schaffen gibt. Schau dann, wie er sich räuspert und windet!» «Im Schwick ist es geschehen, ich weiss, was der Kerl Ieistet.» «Tu, was ich dir heisse, und es wird dich nicht gereuen!» Die Alte nahm eine Prise und schlurfte davon. Dem Weib ist nicht zu trauen! Vielleicht hat sie selber des Teufels Blut in den Adern. Den Bauern fröstelte, obschon noch die Bienen summten, die Dachplatten schwitzten vor Hitze, das Wasser im Bach den Lauf und Atem verloren hatte. Als die Mittagsglocke verhallte, trat der Teufel in die Stube, seine Augen schlitzend und ein grünes Feuer sprühend. «Das Gelände ist beackert», näselte er, «geh aufs Land und überzeuge dich von der Güte meiner Arbeit!» «Gönne dir eine Stunde Rast, wie es bei uns Brauch ist!» Der Bauer bückte sich auf seine Schuhe, um die Angst zu verbergen. Als die Tür zuklappte, riss er das Fenster auf und schnappte nach Luft. Dann ging er auch, ragelte um die Häuser, auf die Wiesen hinüber, rang die Hände zum Himmel empor und flehte um einen guten Rat, um eine Eingebung, um eine Arbeit, die den schlauen Feind über den Abend hinaus in Atem hielte. «Base, du kommst mir eben recht», rief er, sich aufraffend, «stell deine Bürde ab, hör und hilf mir! Hier hast du ein Goldstück!» Auf Umwegen gestand er ihr, wie schlimm es um ihn bestellt sei. Könne er dem Teufel nicht Arbeit verschaffen, so sei er verloren. Die Base spuckte auf das Gold und schmiss es auf die Strasse. Schon war sie weg und verschwunden. Wie vor den Kopf geschlagen, taumelte er ins Haus und warf sich über die Bank. Schwarze Wolle habe ich nicht, das Weihwassergeschirr ist ausgetrocknet, bliebe noch das Haar zu probieren. Müde und ergeben erhob er sich, als es klopfte, in Gottesnamen, er versuchte es mit dem letzten, und dann fahr wohl, schöne Welt! «Hier hast du Beschäftigung!» sagte er zum Teufel. «Richte das Haar bolzgerade, ohne es zu brechen, und ist es getan, so weiss ich nichts mehr.» Schmunzelnd setzte der Satan sich zurecht, fasste das Haar mit Daumen und Zeigefinger schob die Schultern hin und her, wie einer, der eine feine Nadel einfädeln will, spuckte in die Hand, glättete und dengelte, schmeichelnd, röchelnd, fletschend; je länger er daran herumbastelte, umso widerspenstiger krümmte es sich, rollte sich zusammen und zerbrach. Mit todernster Miene stand der Bauer gegenüber, strackte sich ob den vergeblichen Bemühungen des Teufels, lächelte, schnalzte und bog sich vor Lachen. Der Geprellte aber fluchte und polterte: «Stoss du der Hexe, die dir den Rat gegeben, das Haar in den Rachen!» schoss davon und liess einen so entsetzlichen Gestank zurück, dass der Mann beinah den Geist aufgegeben hätte.   Quelle: Johannes Jegerlehner: Walliser Sagen, Hans Feuz Verlag Bern, 1959 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der geprellte Teufel

Source: Der geprellte Teufel

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Oberhalb Guttet soll der Teufel mit einem Bauern eine Wette eingegangen sein. Der Teufel wollte um die Hälfte des Ertrages einen Acker pflegen. Im ersten Jahre verlangte er das, was unter dem Boden wachse: der Bauer säte Getreide. Im zweiten Jahre liess sich der Böse das nicht mehr gefallen und wünschte den Teil über der Erde. Der Bauer steckte diesmal Kartoffeln. So wollte aber der Teufel vom Vertrag nichts mehr wissen. GUTTET Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Gerbihund

Source: Der Gerbihund

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Ehedem lebte zu Näfels ein Bote, der tagsüber von Dorf zu Dorf laufen musste, um den Bauern Nachrichten und Waren zu bringen und zu holen, und damit seinen Lohn zu verdienen. Der aber war kärglich und bescheiden, und so kam es, dass hie und da ein Sack oder ein Brief nicht mehr aufzufinden war und der Bote nichts davon wissen wollte, so sehr man ihn auch fragte. Einmal aber musste er einen Beutel voll Geld, es sollen viele hundert Gulden gewesen sein, nach Oberurnen bringen, brachte ihn aber nicht und gab ihn nicht ab, und kein Mensch brachte heraus, was mit dem Geld vorgegangen war, noch viel weniger, wo er es versteckt hielte. Bald darauf starb der Bote an einer unheimlichen Krankheit, die niemand erkannte, und das war seine Strafe. In der Nacht, da man ihn christlich begraben hatte, schlich ein schwarzer Hund mit feurigen Augen ums Haus, der trug eine Tasche um den Hals, war anzusehen wie eine Botentasche, der winselte und heulte und liess sich von keinem Menschen fangen. In hellen Mondnächten sah man ihn oft von Oberurnen her über Weg und Steg schleichen; jedes Mal hielt er vor dem «Hirzen» an, als ob er etwas bringen wollte. Bis zu dem alten Haus, wo die Postboten sich sonst zu treffen gewohnt waren, aber kam er nie. Er wird gewusst haben, warum. Oftmals ist der Hund auch vom Büehl her bis zum Stampf gelaufen; wenn Frauen beim Brunnen noch spät abends ihre Wäsche zusammenräumten, bellte er sie wütend an und zeigte ihnen sein schneeweisses Gebiss, tat aber keiner etwas zuleide und verschwand so rasch wie er gekommen war.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Gesang des Todtenvolkes

Source: Der Gesang des Todtenvolkes

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Müde von der Jagd, und von der Nacht überfallen, suchte ein Jäger mit einer erlegten Gemse in der Hütte der Alpe Ober-Novai Schutz vor dem herannahenden, grausen Unwetter. Es war Spätherbst, und die Hirten längst schon von Alpe gezogen. In der Hütte machte er Feuer an, und nahm von dem mitgenommenen Vorrate Speise und Trank zu sich, legte sich dann auf die »Pritsche«. und seinen Stutzer neben sich. Er mochte eine gute Weile geschlafen haben, so hörte er die Kellertüre aufgehen, und gewahrte nun drei grosse Männer in Alpkleidern und »Böden­-Schuhen« (Holz-Schuhen) aus dem Keller heraufkommen. Die Drei setzten sich auf Melkstühle um das Feuer herum, stopften die Tabakspfeifen, und zündeten sie an. » Wenn es Allen brennt, so gehen wir,« sagte der Eine; »wenn die Pfeifen leer sind, so singen wir,« erwiderte der Zweite; »wenn wir singen, so kommen sie,« fügte der Dritte hinzu. Nun brannte bei Allen der Tabak. Sie nahmen drei Melk-Eimer, und gingen vor die Hüttentüre hinaus. Nach einer Weile waren ihre Pfeifen leer geworden, und sie sangen dreistimmig mit wehmütiger, kläglicher Stimme einen wohlbekannten Psalm. Wie sie eine Zeitlang gesungen hatten, hörte der Jäger auch von weiter her singen, und eben denselben Psalm. - Das Singen kam immer näher, bis den Jäger däuchte, es sei eine grosse Gesellschaft vor der Hütte versammelt, immer und immer den gleichen Psalm singend. Wieder nach einer Weile, so um Mitternacht, zog das Volk langsam weiter, immer singend, bis der letzte Ton in der Ferne verhallte. Am Morgen fand der Jäger Alles genau so, wie er am Abende zuvor es angetroffen hatte, und alle Holzgeschirre sauber und blank, an Ort und Stelle. Er hatte den Gesang des Totenvolkes gehört. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der gescheite Hans

Source: Der gescheite Hans

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Der gescheite Hans Märchen aus der Schweiz Ein Vater schickte seinen ältesten Sohn, der Hans hiess, zum Studium nach Deutschland. Ein Jahr später kam Hans für den Sommer nach Hause zurück und der Vater fragte ihn, was er denn in der Fremde gelernt habe. Hans antwortete: „Ich verstehe jetzt, was die Frösche quaken.“ Der Vater schaute ihn überrascht an und meinte dann verärgert, dafür habe er ihn nicht weggeschickt und seine Reise bezahlt, damit er nur Dummheiten lerne. Am Ende des Sommers aber wollte der Sohn wieder zum Studium nach Deutschland zurück und er bat die Mutter, doch mit dem Vater zu reden, damit er ihm nochmals Geld gebe dafür. Das tat sie und so gab der Vater ihm nochmals Geld, ermahnte ihn aber, das Jahr über fleissig zu lernen. Der Sohn versprach es und machte sich auf die Reise. Als das Jahr um war, kehrte Hans wieder nach Hause zurück und als der Vater ihn fragte, was er denn diesmal gelernt habe, sagte er: „Ich verstehe jetzt, was die Hunde bellen!“- „Schon wieder so unnützliches Zeug!“, rief der Vater wütend. „Jetzt ist fertig mit dem Studium!“ Als der Sommer um war, erhielt er aber doch wieder Geld, nachdem die Mutter den Vater darum gebeten hatte- allerdings erst, nachdem er fest versprochen hatte, etwas Sinnvolles zu lernen. Als der Sohn nach dem dritten Jahr nach Hause kam, fragte ihn der Vater wieder, was er jetzt studiert habe. Der Sohn sagte, jetzt wisse er, was die Vögel singen. Da wurde der Vater zornig und sagte, jetzt sei endgültig Schluss, jetzt müsse Hans zu Hause bleiben und ehrlich arbeiten, alles weitere Bitten sei umsonst. Er kaufte eine Herde Schafe und Hans musste sie hüten. Als er nun Tag für Tag bei den Schafen sass und ihm langweilig wurde, sah er einmal zwei Fremde des Weges kommen. Die sprachen ihn an und erzählten sie wollten nach Sitten wandern, wo morgen der Landeshauptmann durch das Los bestimmen werde und vielleicht habe ja einer von ihnen Glück und werde gewählt. Hans bat die beiden, ihn doch mitzunehmen, gleichzeitig fiel ihm allerdings ein, dass er ja gar kein Geld hatte. Den zwei Wanderern aber gefiel der Bursche und sie luden ihn ein, mit ihnen zu ziehen, die würden schon für ihn bezahlen. So zogen die drei talabwärts Richtung Sitten. Die Strasse führte durch einen Sumpf, wo die Frösche quakten. Da sagte Hans: „Ihr Herren, wisst Ihr, was die Frösche schreien?“- „Wie sollen wir das wissen?“, erwiderten sie. „Das verstehen wir doch nicht. Weißt du es etwa?“ und sie lachten dazu. „Sie sagen, in dem Dorf, wo wir die Nacht zubringen wollen, liege eine Frau krank im Bett. Der eine der Frösche halte eine Hostie im Maul, wenn man sie nehme und der Frau zu schlucken gebe, werde sie wieder gesund, sonst aber müsse sie bald sterben.“ Seine beiden Gefährten lachten den Hans seiner sonderbaren Rede wegen aus und glaubten ihm kein Wort. Aber als sie das Dorf erreichten mit dem Wirtshaus, in dem sie übernachten wollten, lag dort wirklich eine sterbenskranke Frau. Hans hatte den Frosch mit der Hostie gefangen und gab der Frau die Hostie zu schlucken. Die Frau bedankte sich sehr und fragte die Herren, wie viel sie verlangten. Sie entgegneten, sie hätten die Medizin nicht gewusst, das sei allein das Verdienst von Hans und der meinte, wenn es nicht zu viel sei, dann hätte er gern drei Kronen, da er kein Geld bei sich habe. Da erhielt er fünf und war glücklich damit. Am nächsten Morgen wanderten die drei Gesellen weiter und kamen bis Leukergrund. Im Schloss bellten die Hunde und die beiden Wanderer entschieden, dass sie in dem Schloss übernachten wollten. Hans fragte, ob sie den wüssten, was die Hunde bellten. Die sahen ihn an und fragen erstaunt, ob er es denn wisse. Da sagte er: „Sie bellen, dass nach dem Nachtessen ein zerlumpter Bettler in Schloss kommen werde, Almosen verlangen und Unterkunft und dann werde er bei der Tür liegen, um Mitternacht aufstehen, die Tür aufschliessen, einen Pfiff ertönen lassen, dann werden elf andere Räuber herbeieilen, das Haus ausrauben und die Bewohner ermorden.“ Die Gefährten trauten dieser Behauptung nicht ganz, sie dachte aber an die Frösche und stimmten zu, dass sie die Geschichte den Schlossbewohnern erzählen sollten. Als der Bettler tatsächlich erschien und um Almosen und Nachtlager bat, wussten sie, dass Hans die Wahrheit gesagt hatte, da holten sie die Gendarmen, die heimlich das Schloss umstellten. Um zwölf Uhr nachts erhob sich der Bettler, öffnete die Tür und liess einen gellenden Pfiff ertönen. Die elf Räuber kamen eilends herbei, wurden aber gefangen und ins Gefängnis geführt. Die Schlossleute bedankten sich sehr und fragten die Herren, was sie ihnen schuldig seien. Diese zeigte wieder auf Hans und sagten, dass er allein das alles herausgefunden habe und er verlangte fünf Louisdor, wenn das nicht zu viel sei. Da erhielt er zehn statt fünf Goldstücke und nun hatte er die Taschen voll Geld. Am folgenden Tag marschierten die drei weiter bis vor das Städtchen Sitten. In der Krone eines mächtigen Nussbaums zwitscherte ein Vogel wunderschön und Hans fragte die beiden anderen, ob sie wüssten, was der Vogel singe. Wieder sahen sie ihn mit grossen Augen an und fragte, ob er die Sprache der Vögel denn auch verstehe. Er sagte: „Ja, die verstehe ich am beste. Er pfeift, heute werde der Landeshauptmann in Sitten gewählt und einen von uns werde es treffen!“ Da erwiderten sie verärgert: „Meinst du etwa, jetzt wirst du auch noch Landeshauptmann, du Grünschnabel!“, und sie fingen mit ihm Streit an. Er aber sagte gelassen, wie sollten nur ins Städtlein gehen, er bleibe hier gern zurück, bis die Wahl getroffen sei. Da liessen sie ihn allein und beeilten sich fortzukommen. Er wartete wohl eine gute Stunde, dann setzte er langsam den Weg fort. Im Städtchen hatte sich die Nachricht von Hans und seinem Wissen schon verbreitet und die Leute erzählten einander ganz aufgeregt, wie er die Frau mit der Hostie geheilt und wie er die Schlossbewohner im Leukergrund vor den Räubern gerettet habe und da wurde er einmütig zum Landesvorsteher gewählt. Er schrieb nun seinen Eltern, sie möchten nach Sitten kommen und bei ihm wohnen, das Geld, das sie für seine Studien ausgegeben, sei nicht alles verloren gewesen und jetzt möchte er ihnen gerne zurückgeben, was sie für ihn getan hätten.   Sagen und Märchen aus dem Oberwallis, Aus dem Volksmunde gesammelt       von J. Jegerlehner, Basel 1913   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der gescheite Hanse

Source: Der gescheite Hanse

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In der Eisten im Vispertal stand ein Hüttchen, das von drei Leut­chen, Vater, Mutter und Sohn bewohnt wurde. Die Eltern hatten im Laufe der Jahre ein Sümmchen Geld auf die Seite gelegt, und da der Bub ein geweckter Bursche war, riet ihnen der Pfarrer, den Kna­ben in die deutschen Lande zu schicken, damit er an den Hoch­schulen studiere. Der Vater wollte zuerst nichts vom Studieren wissen, doch die Mutter bat ihn, den Sohn doch ziehen zu lassen, denn jedenfalls werde etwas ganz Apartes aus ihrem Hanse, vielleicht sogar ein Geistlicher. Da zog der Vater den Geldsack unter dem Bett hervor, zählte ein Sümmchen ab und legte es dem Buben in die Hand. «So, jetzt gehst du ins deutsche Land und studierst die Bücher!» Der Bub zog fort, und als das Jahr um war, kam er wieder nach Hause. Da sagte der Vater: «Komm her, Hanse und erzähle mir, was du gelernt hast!» Der Bub steckte beide Hände in den Hosen­sack und sagte: «Ich weiss jetzt, was die Frösche quacken!» «Wart, du Schlingel», brauste der Vater auf, «um Dummheiten zu treiben, habe ich dich nicht ins Deutsche geschickt! Jetzt bleibst du zu Hause und fütterst das Vieh!» Hanse gehorchte und trieb jeden Tag die drei Kühe und die paar Ziegen auf die Weide. Aber als die Ferien um waren, bat er um Geld, damit er abermals zur hohen Schule ins Deutsche wandern könne. Der Vater, der dem Sohne vieles zu liebe tat, kraute sich in den Haaren und wehrte sich lange, aber zuletzt gab er ihm das Geld und ermahnte ihn, fleissig zu sein und keine dummen Streiche zu verüben. Hanse war glücklich und zog mit einem andern fahren­den Schüler aus demselben Tale davon. Das Jahr war noch nicht zu Ende, als Hanse, zu einem schlanken Bürschchen herangereift, wieder über die Schwelle des väterlichen Hauses trat. Die Eltern begrüssten ihn freudig und der Vater stellte gleich die Frage: «Nun Hanse, was hast du draussen gelernt?» Der Student erwiderte mit heller Stimme: «Ich weiss jetzt, was die Hunde bellen!» «So, schon wieder solche Narretei», rief der Vater entrüstet. «Jetzt hast du mein letztes Geld verschleudert, mor­gen gehst du mit mir ins Holz!» Hanse erwiderte nichts und arbeitete willig, aber als die Ferien verstrichen waren, bat er den Vater wieder um Geld, damit er die Studien in den deutschen Landen fortsetzen könne. Der Vater schaute ihn unfreundlich an und sagte: «Nein, damit kommst du mir nicht mehr, du bleibst hier, und dabei bleibt es! » Da wandte sich der Sohn an die Mutter, und diese bat den Vater, bis er weich wurde, und dem Sohne das Geld auf die Hand zählte. Hanse versprach, fleissig zu studieren und verabschiedete sich. Nach Ablauf des Jahres kam er wieder nach Hause. Die Hosen reichten ihm kaum bis zu den Knöcheln, so stramm war er ge­wachsen. Der Vater stellte gleich die Frage, was er jetzt studiert habe. «Nun, ich weiss jetzt, was die Vögel singen», sagte Hanse, ohne mit den Wimpern zu zucken. Der Vater geriet in hellen Zorn und hätte den Sohn geschlagen, wenn er nicht so gross vor ihm ge­standen wäre. Schon am nächsten Morgen ging er zu Markte und kaufte einen Trupp Schafe. Diese musste nun Hanse hüten. Tag für Tag sass er bei der Herde, und die Zeit wurde ihm recht lange dabei. Als er eines Tages so einsam und trübe gestimmt die Schafe wei­dete und zum Zeitvertreib an einen Baum hinauflangte, um zu füh­len, ob die Holzbirnen bald mürbe würden, da sah er zwei gutge­kleidete Männer des Weges ziehen. Sie grüssten freundlich, blieben bei ihm stehen und erzählten, dass sie auf dem Wege nach Sitten be­griffen seien, wo übermorgen der Landeshauptmann gewählt werde, und dass man nicht wissen könne, auf wen die Wahl falle, und sie blinzelten einander zu. Hanse merkte wohl, dass jeder von ihnen heimlich hoffte, die Wahl werde auf ihn fallen. Da es ihn gelüstete, aus der Bergeinsamkeit heraus wieder einmal unter die Leute zu kommen, sagte er: «Ich würde euch gerne begleiten und den Weg zeigen, denn ich kenne ihn wohl, aber keinen Batzen habe ich im Sack, und der Vater würde mir kein Geld geben, nein, das würde er nicht! » Da lachten sie und sagten, wenn er Lust habe, mitzukom­men, so solle er sich ihnen nur gleich anschliessen, wo es für zwei reiche, da reiche es auch für drei, das Geld solle ihm keine Sorge machen. Da trieb er die Schafe rasch heimwärts, tschu, tschu, setzte den Hut auf den Kopf, schnitt sich eine Haselgerte und zog mit den zwei Männern von dannen, zuerst der Visp entlang und dann das Rhonetal abwärts. Als die Sonne sich senkte, führte der Weg durch sumpfige Wiesen, in denen die Frösche laut konzertierten. Die drei Wanderer waren müde, und keiner sagte zum andern ein Wort. Da rief Hanse plötz­lich: «Ihr Herren, wisst ihr, was die Frösche quacken?» Die zwei Männer sahen ihn von der Seite an und lachten: «Wie sollten wir das wissen, weisst du es etwa?» Hanse erwiderte: «Ja, wohl verstehe ich ihre Sprache. Sie sagen, in dem Wirtshaus, wo wir übernachten werden, liege eine Frau seit Jahren krank im Bett. Einer der Frösche halte eine ungeweihte Hostie im Maule. Wenn man sie erwische, vom Pfarrer segnen lasse und der Frau zu schlucken gebe, werde sie entweder gesund oder müsse noch im gleichen Augenblick sterben!» Die Reisenden lachten den tollen Hanse tüchtig aus und schenkten seiner Rede keinen Glauben. Als sie jedoch das Wirtshaus erreichten und sich herausstellte, dass dort eine Frau totkrank im Bett liege und kein Mensch ihr helfen könne, da dachten sie, der junge Weg­gefährte könnte doch recht haben. Da trat Hanse, der in den Sumpf zurückgegangen war, in die Stube und zeigte ihnen die Hostie, die er dem Frosch aus dem Maul gerissen hatte, und nun wurde der Knecht damit zum Pfarrer geschickt, damit er sie segne. Die kranke Frau war bereit, sie zu schlucken und dieses letzte Mittel noch zu ver­suchen. Sie nahm das gelbe Täfelchen ein, und nun fuhr es wie neues Leben durch ihren Körper. Sie fühlte sich wie auf einen Schlag besser, die Kräfte nahmen rasch zu, und am nächsten Morgen konnte sie zum ersten Mal seit vielen Jahren das Bett verlassen. Die Frau dankte den Herren sehr und fragte, wie viel Lohn sie verlangten. Diese sagten: «Nichts für uns, der Hanse hat das alles gewusst», und da wurde er auch aufgefordert, seine Rechnung zu stellen. «Wenn es nicht zu viel ist», sagte er bescheiden, «so gebt mir drei Kronen, denn meine Taschen sind leer!» Da erhielt er fünf Kronen, und nun war er überglücklich. Am Morgen darauf wurde die Reise fortgesetzt. Da es heiss war, hielten die Wanderer an einem schattigen Waldrand eine lange Mit­tagsrast, worauf sie weitergingen und sich gegen Abend dem Dörf­chen Leukergrund näherten. Im Schlosswirtshause, wo sie die zweite Nacht zubringen wollten, kläfften die Hunde. Da fragte Hanse die Reisekameraden, ob sie wüssten, was die Hunde bellten. Wiederum richteten sich zwei fragende, ungläubige Gesichter auf ihn, und sie lachten und riefen: «Wie sollten wir das wissen, weisst du es doch auch nicht!» Hanse lächelte und sagte: «Ich verstehe ihre Sprache so gut wie die eure. Sie bellen, nach dem Nachtessen werde ein armseliger Bett­ler ins Schloss kommen, Almosen verlangen und Unterkunft, dann werde er bei der Tür liegen, um Mitternacht aufstehen, eine Pfeife ertönen lassen, und sofort werden elf andere Räuber herbeieilen, das Schloss berauben und die Insassen ermorden!» Die Gefährten betrachteten den Hanse mit scheuer Verwunderung, dann lachten sie laut auf, gedachten aber im Weiterwandern der Frösche und der kranken Frau im Wirtshause und fanden für gut, die ganze Geschichte den Schlossbewohnern zu erzählen. Als der Bettler kurz nach der Abendmahlzeit erschien, demütig um Almosen und Nachtlager bat und sich hinter die Tür legte, schwanden die Zweifel, und sofort wurde die Polizei geholt. Die Schlossknechte wurden bewaffnet, dann umstellten sie mit der Poli­zei das Schlossgebäude und legten sich, hinter Büschen, Fässern und Brettern wohlversteckt, auf die Lauer. Gegen Mitternacht erhob sich der Bettler von seinem Lager, öffnete leise die Tür und liess einen gellenden Pfiff ertönen. Die elf Räuber schlichen herbei, wurden aber teils niedergemacht, teils gefangen­genommen. Der Bettler wurde ebenfalls geknebelt und mit den an­dern in den Turm geworfen. Die Schlossleute wussten den Herren grossen Dank und fragten, was sie ihnen schuldig seien. Diese wiesen auf den Hanse, der die Sprache der Hunde kenne, und der Junge verlangte fünf Louisdor, wenn das nicht überfordert sei. Er erhielt aber das Doppelte, und nun konnte er nicht nur die Reise selbst bezahlen, sondern den Eltern in Sitten noch ein schönes Geschenk kaufen. Tags darauf wanderten die drei Freunde wieder talabwärts, und als die zwei Hügel der Stadt Sitten in Sicht kamen, plauderten sie lustig in den Tag hinein. Die Strasse war bis weit vor die Stadt hinaus mit alten Nussbäumen bepflanzt, und im Wipfel einer mäch­tigen Krone. sass ein Vögelein und sang gar wunderschön. Hanse unterbrach das Geplauder und fragte die Kameraden, ob sie wüssten, was der Vogel pfeife. Wieder sahen sie ihn verwundert an und frag­ten, ob er die Sprache der Vögel auch verstehe. Hanse sagte: «Ja, die verstehe ich noch am besten; der Vogel singt, heute werde in Sitten der Landeshauptmann gewählt und einer von uns sei der Aus­erkorene!» Die beiden Gefährten blieben stehen und machten böse Gesichter. «Ei was, meinst du etwa auch noch Landvogt zu werden, du Grün­specht, ja wohl! » Und sie fingen mit ihm Streit an. Er aber sagte gelassen, er habe ihnen ja nur wiederholt, was der Vogel gesungen habe; sie sollten nur ins Städtchen gehen, er bleibe gerne hier zurück bis die Wahl getroffen sei. Da liessen sie ihn allein und beeilten sich fortzukommen. Er legte sich ins Gras, streckte die müden Beine aus, schaute in den tiefblauen Himmel und wartete wohl eine gute Stunde im Schatten des Nussbaumes, bevor er langsam den Weg fortsetzte. In Sitten hatte sich die Kunde von dem grossen Wissen des Hanse schon verbreitet, und alle Welt erzählte von der wunderbaren Heilung der Frau durch die sonderbare Hostie und der Rettung der Schlossleute in Leukergrund aus Räuberhand. Da hiess es, einen bes­sern und tüchtigeren Landeshauptmann als den Hanse könnte man nicht wählen, und so wurde er von der Behörde zum Landesvor­steher vorgeschlagen und vom Volke einhellig erwählt. Da er das Amt bald antreten musste, blieb er in Sitten und schrieb seinen Eltern, sie möchten das Häuschen in der Eisten verkaufen und zu ihm nach Sitten ziehen. Das Geld, das sie für seine Studien in den deutschen Landen ausgegeben, sei doch nicht alles verloren gewesen, und nun möchte er ihnen vergelten, was sie für ihn getan hätten. Quelle: Johannes Jegerlehner: Walliser Sagen, Hans Feuz Verlag Bern, 1959 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der gescheite Hirtenbub

Source: Der gescheite Hirtenbub

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Es war einmal ein Hirt, der war wegen seiner gescheiten Antworten, die er auf jede Frage gab, weit herum berühmt. Auch der König hatte davon gehört, konnte es aber nicht glauben und liess den Buben zu sich kommen. Da sagte der König zu ihm: « Wenn du mir auf drei Fragen, die ich stelle, antworten kannst, so will ich dich wie mein eigenes Kind halten.» - «Was sind also die drei Fragen?» - «Die erste ist: Wie viele Wassertropfen sind im Meer?» Der Hirt antwortete: «Herr König, lasst alle Flüsse auf der Erde versiegen, so will ich Euch sagen, wie viele Tropfen im Meer sind.» Der König stellte die nächste Frage: «Wie viele Sterne stehen am Himmel?» Der Hirt antwortet: «Gebt mir einen grossen Bogen weisses Papier.» Er nahm das Papier und machte darauf lauter kleine Punkte, dass man sie kaum zählen konnte und einem die Tränen kamen, wenn man sie anschaute. Der Bub sagte: «Am Himmel sind gerade so viele Sterne wie hier Punkte.» Doch niemand konnte sie zählen. Der König fragte als drittes: «Wie viele Sekunden hat die Ewigkeit?» Der Bub antwortete: «In einem Land steht ein Berg aus Stahl. Der ist eine Stunde lang, eine Stunde breit und eine Stunde hoch. Da fliegt jedes Jahrhundert ein Vogel hin und wetzt den Schnabel daran, und wenn der Berg abgewetzt ist, so ist das eine Sekunde der Ewigkeit.» Der König erwiderte: «Du hast auf die drei Fragen wie ein rechter Mann geantwortet», und er hielt den Hirtenbuben wie sein eigenes Kind. (Oberhalbstein)   Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der gescheite Joggel

Source: Der gescheite Joggel

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Es wird erzählt, dass damals in einem Dorf ein reicher Grundbesitzer lebte, der mehrere Pächter hatte. Einer der fleissigsten hatte seit vier Jahren seinem Herrn keinen Zins mehr zahlen können, weil er Vater von sieben Kindern war. Dieser Mann beteuerte jedes Jahr dem Meister dasselbe: «Habt Geduld, Herr Meister, jetzt kann ich die Schulden nicht zahlen; doch wenn mein Joggel so gross sein wird, dass er mir helfen kann, dann will ich Zins und Zinseszins einlösen.» Verwundert über die Zuversicht seines Pächters, wollte der Meister eines Tages wissen, was es mit Joggel auf sich habe. So machte er dann einen unangemeldeten Besuch im Haus seines Pächters. Er fand jedoch Joggel allein zu Hause, der sass neben der Herdplatte in der Küche. Da stellte der Meister ihm die Frage: «Was machst du hier, mutterseelenallein?» - «Ich vergnüge mich damit, ihnen zuzuschauen, wie sie auf und ab tanzen», antwortete der Bub. «Hm!», dachte der Meister, «er ist allein daheim und will dann andere sehen, die auf und ab tanzen; das passt zu Joggel.» Wo ist denn eigentlich dein Vater?», fragte der Meister. «Der ist weggegangen, um gleichzeitig zu schaden und zu nützen», antwortete der Bub. «Hm!», dachte der Meister, «auch diese Antwort passt zu Joggel, kann doch keiner gleichzeitig schaden und nützen.» «So sag mir dann, wo deine Mutter ist?» fragte der Meister. «Ach, lieber Herr», antwortete der Bub, «sie bäckt heute das gegessene Brot.» «Hm! Wieder eine schöne Antwort», dachte der Meister, «das Brot essen, bevor man es gebacken hat, so etwas kann nur Joggel antworten.» Trotzdem fragte der Meister weiter: «Sag mir nun, wo ist deine Jungfer Tante, die bei euch gewohnt hat?» «Ach, diese Verrückte ist in der Kammer oben», antwortete der Bub, «und weint über die Freude des vergangenen Jahres.» «Bravo Joggel, dies sind vier schöne Rätsel; wenn du sie mir auch richtig lösen kannst, so will ich dich belohnen», versprach der Meister. «Ja», erwiderte der Bub; «ich tu das gern, um meinem Vater, der Euer Schuldner ist, zu helfen.» Rasch nahm er den Deckel von seinem Kochtopf, worin Bohnen kochten, und sagte: «Seht hier, wie die Bohnen auf und ab tanzen - im Kochtopf.» «Bravo Joggel», meinte der Meister lachend zu ihm,«da hast du vollkommen Recht. Sag mir jetzt, wie dein Vater gleichzeitig schaden und nützen kann.» «Ja», antwortete der Bub, «der ist heute unsere Wiesen wässern gegangen - er stiehlt ein wenig vom Wasser des Nachbarn, dem schadet er, und uns nützt er.» «Bravo Joggel!» sprach der Meister, «auch wenn dies nicht ganz recht ist, so hast du trotzdem vollkommen Recht. Dann sag mir jetzt, wie heute deine Mutter schon gegessenes Brot backen kann.» «Ach, das ist leicht zu erklären, Herr Meister. Letzte Woche hatten wir kein Brot mehr im Haus und mussten dieses vom Nachbarn ausleihen; und heute bäckt die Mutter das Brot, um es zurückzugeben.» «Bravo, Joggel, auch diese Lösung gefällt mir. Nun sag mir noch die letzte, warum deine Tante über die Freude des vergangenen Jahres weint.» «Ach, lieber Herr Meister! Die hat letztes Jahr geheiratet; dabei freute sie sich auf ihrer Hochzeit, heute weint sie während der Geburtswehen.» «Jetzt», sprach der Meister, «bin ich vollkommen zufrieden; und damit du weiterhin deinen Verstand schulen kannst, sag deinem Vater, der Meister sei heute hier auf Besuch gewesen und sein Joggel habe mit seinen schönen Rätseln alle Zinsen der vier Jahre mit Zinseszins bezahlt; und er sei dann vollkommen zufrieden nach Hause gegangen.» (Unterengadin)   Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Geschlechtsname Kienholz

Source: Der Geschlechtsname Kienholz

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Die Warenfuhren aus dem Unterland nach der Gegend von Brienz und dem Hasli kamen meist auf dem Wasserwege im Ledischiff auf die Sust in Tracht, um von dort aus mit Karren an den Bestimmungsort geführt zu werden. Der Weg der Karrer von Meiringen ging durch das Dorf Kienholz, und, nach dessen Überschüttung, in der gewohnten Richtung einfach über den Schutthaufen hinweg, unter dem das Dorf in Trümmern lag. Etliche Wochen nach dem Bergsturz waren die Meiringer wieder einmal unterwegs nach Tracht. Da fing ihr Hund an einer Stelle zu graben an. Auf dem Rückwege von der Sust lief der Bäfzger neuerdings auf sein ausgescharrtes Loch zu, es mit einem Eifer tiefer zu scharren, als ob es nichts Wichtigeres auf der Welt gäbe. Und allemale nun, wenn die Karrer nach einem Unterbruch von Tagen die Stelle passierten, wiederholte der Hund das gleiche auffällige Spiel, bis die Leute für gut fanden, davon nach Brienz hinein Bericht zu machen. In Brienz nahm man die Sache nicht gleich auf die leichtere Achsel. Herrjesses, wer konnte wissen? Man schickte sogleich ein paar Mannen mit Haue und Schaufel aus, nachzugraben. Die Mannen lochten sich tief in den Schutt hinein. Gegen den Abend hatten sie ein dickgemauertes Gewölbe ausgegraben, es war der Keller des ehemaligen Kienholzwirtshauses. Und in dem Keller trafen sie auf einen Greis und einen Knaben, die beide noch am Leben waren. Der alte Mann, in weissem Haar und Bart, auf einer niedern Steinbank zu einem Häuflein Elend zusammengesunken, die Augen vor dem Licht geschlossen, der halbwüchsige Knabe bleich und schüchtern neben dem Alten stehend. Sie waren es, die der Hund der Karrer gewittert hatte. Nach Brienz gebracht, erzählte der Greis, wie er und der Knabe vom Bergsturz überrascht worden seien, wie sie sich von dem Käse und dem Wein genährt hätten, die im Keller gelagert und vom Wasser getrunken, das zwischen den Steinen heruntergesickert war. Es dünke ihn, sieben Jahre lang wären sie vergraben gewesen, doch jetzt hätten sie nur noch für drei Wochen Speis und Trank gehabt. Der Greis starb am dritten Tage darauf, wie man sagt, weil er das Taglicht nicht mehr ertrug. Der Knabe dagegen erholte sich bei guten Leuten zusehends wieder; zum Andenken an das seltsame Ereignis aber änderten die Dorfgenossen seinen Geschlechtsnamen Schneitter in Kienholz ab. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der gespensterhafte Ziegenbock

Source: Der gespensterhafte Ziegenbock

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Man erzählt sich im Dorfe Ettingen: Zur Zeit der Französischen Revolution war unterhalb des zerfallenen Schlosses Fürstenstein ein Wachposten aufgestellt, um den Bürgern von Ettingen den Besuch des Gottesdienstes in Hofstetten zu verwehren. Diesem Posten präsentierte sich oft ein sonderbarer Ziegenbock. Umsonst versuchte der Soldat das Tier zu erlegen; es war anscheinend kugelfest. Indessen war ihm am Ende doch das viele Schiessen zuwider, und es verschwand zuletzt. Ettingen Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der gespensterhafte Ziegenbock

Source: Der gespensterhafte Ziegenbock

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Man erzählt sich im Dorfe Ettingen: Zur Zeit der französischen Revolution war unterhalb des zerfallenen Schlosses Fürstenstein ein Wachtposten aufgestellt, um den Bürgern aus Ettingen den Besuch des Gottesdienstes in Hofstetten zu verwehren. Diesem Posten präsentierte sich oft ein sonderbarer Ziegenbock. Umsonst versuchte der Soldat, das Tier zu erlegen, es war anscheinend kugelfest. Indessen war ihm am Ende doch das viele Schiessen zuwider, und es verschwand zuletzt. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Gespensterschleif

Source: Der Gespensterschleif

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Oberhalb der Gemeinde Bister liegt noch heute die prachtvolle Gorneralpe. Früher einmal, als Bister und Filet eine einzige Gemeinde waren, sömmerten sie da oben gemeinsam das Vieh. Aber mit den Jahren gab es Streit, die Gemeinden trennten sich. So musste auch jeder ein Stück Alpe zugeteilt werden. Mitten durch den Stafel wurde von oben nach unten der sogenannte Mittelhag erstellt, den westlichen Teil erhielt die Gemeinde Filet, den östlichen Bister. Damit war aber nicht jeder Hader beseitigt. Einst am St. Jakobsfest, sollen die jungen Leute aus den beiden Gemeinden beim Tanzen so aneinandergeraten sein, dass dreizehn Streithähne das Leben lassen mussten. Ein Hauptanführer soll auf dem "Kreuzbodi" schon zum Tode verwundet mit seiner Axt dreizehn Kreuze in einen Stein gehackt haben. Die dreizehn Toten hat man nie mehr gefunden, nur der Name Gespensterschleif erinnert noch heute an ihr Ende. Da war es noch in diesem Jahrhundert lange unheimlich. BISTER Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der gespenstige Nachtbub

Source: Der gespenstige Nachtbub

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Ein Nachtbub aus dem Reusstal, der niemanden fürchtete, streifte herum und erwartete, irgend einen anzutreffen, mit dem er sich hätte messen können. Endlich kommt er nahe zu einem Gädemli und sieht da Einen an einem Gadenegg stehen. Denkt er: »Da passt einer auf dich!« und schleicht möglichst heimlich hinzu. Wie er das Gadenegg erreicht und sich auf den vermeintlichen Gegner werfen will, steht dieser schon am andern Egg und schaut ihn an. Schnell auf ihn los; doch kaum ist der Posten erreicht, steht er schon wieder am andern Egg; und so gehts weiter, von einem Egg zum andern, drei bis vier mal um das Gädemli herum, bis jener endlich durch die offene Gadentüre in das Innere schlüpft. »Da bist jetzt am rechten Ort«, denkt der abenteuerlustige Nachtbub. Zuerst stupft er mit einem Stock um sich und kann nichts fühlen. Dann zündet er ein Streichholz an, sieht aber nichts auffallendes. »Wo hat sich auch der versteckt?«, denkt er, zündet ein Licht an und fährt damit im Gaden herum. Endlich findet er einen Toten zuhinterst im Barmen liegend, will sagen einen Verstorbenen, dessen Geist sich hier auf diese Art zeigen konnte. Der Nachtbub redet ihn an. Da sagt der Tote: »Ja, wenn du nicht ein Nachtbub wärest, so hätte ich das Recht, dich zu Staub und Asche zu zermalmen. Ich war auch ein Nachtbub, und da bin ich einmal auf meinen nächtlichen Streifereien zu diesem Gädemli gekommen. Und da habe ich gewusst, dass das Pürli da sys Chüehli ubergähnd schlächt haltet, und bin gegangen und habe dem Tier Heu gegeben. Am andern Morgen hat es dann mehr als gewöhnlich Wasser glaffet und ist dem Pürli verreckt. Deswegen muss ich hier wandlen, bis mir seine Erben die Schuld nachlassen.« Da versprach der Lebende, sein möglichstes zu tun. Er ging zu den Erben jenes Bäuerleins, und diese schenkten dem ehemaligen Nachtbub die Schuld. Dieser erschien später unserem wackeren Reusstaler und offenbarte ihm, er sei erlöst. Joh. Jos. Walker  Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der gespenstige Ritter von Drackenaug

Source: Der gespenstige Ritter von Drackenaug

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Vor vielen hundert Jahren sass auf Drackenaug ein Unhold von Ritter, der durch seine Missetaten sehr gefürchtet war. Gar öfters erschien er in den schönen Gefilden der Gegend und verbreitete durch seine Erscheinung immer Schrecken und Angst, und Rachelust bemächtigte sich der friedlichen Talleute. Zwar wurde er unablässig verfolgt, bis an eine dunkle Stelle im Walde, in der Nähe der Burg; an dieser Stelle, vor der Hatz angelangt, verschwanden Ritter und Ross, wie weggeblasen, und - an des Ritters Stelle wehrte ein grässlicher Drache jedes Herannahen oder weitere Verfolgung. Dieser Bösewicht hatte mit dem Fürsten der Hölle einen Pakt geschlos­sen, laut welchem bei jeder Verfolgung, wo es dem Ritter gelang, die arglos Bedrängten in den Wald zu locken, immer Einer Derselben zum schauer­lichen Opfer fallen sollte. Jahre hindurch wurde der Pakt gehalten. Jedes Mal, wenn ein wiederholt missglückter Streifzug gegen den Ritter sein Ende genommen, und die Verfolger den Wald verliessen - fehlte Einer derselben und war, trotz allem Suchen, nicht mehr zu finden. Das rätselhafte Verschwinden ihrer Gefährten erschreckte die Talleute in steigerndem Grade, bis endlich Zufall und Verzweiflung ein Rettungs­mittel boten. Es war nämlich noch Niemandem gelungen, auch nur in die Nähe zu seiner Behausung zu gelangen, bis ein Schäfer, ein Sonntagskind, so viel entdecken konnte, dass der Drache, sobald er das neue Opfer zerrissen und verzehrt hatte, sich verwandelte und wieder zum Ritter ward, worauf denn auch sein Rappe auf ihn zu kam, laut wiehernd durch den düstern Forst. Auf diese Entdeckung der Wandlung vom Ritter in den Drachen und vom Drachen zurück in den Ritter, ihren Plan fassend, schritten die zum Äussersten entschlossenen Talleute zum Rettungswerke. Einstens erschien der Ritter abermals in der Ebene, die in der schönsten Blühte stehenden Kornfelder kreuz und quer durchreitend, zu verwüsten, als eine kleine Schaar mutiger Burschen auf einem Umwege nach dem Walde zogen, nach langem Suchen das Nest des Unholden ausfindig machten und Dasselbe, wenig bewacht treffend, zerstörten. Währenddess trieb der Unhold seinen gewohnten Mutwillen mit den Verfolgern und schlug, wie gewohnt, endlich den Weg zu seiner Behausung ein, - aber von Weitem gewahrte er eine Feuersäule, die in der Gegend, wo sein Schloss stand, aufstieg, und von schrecklicher Ahnung getrieben, eilte er dem Walde zu. Er fand sein Nest zerstört, der Pakt mit dem Bösen hatte ein Ende. - Er wurde zum Drachen und muss als Solcher in grässlicher Nacht umgehen und jagen, bis von seinem Schlosse kein Stein mehr auf dem andern liegt. Auch muss er jedes böse Wetter anzeigen: Steht ein Ungewitter bevor, steigt am Tage eine leichte Rauchsäule in der Schlossgegend auf; Nachts aber schimmert ein stark rotes Licht durch den gelichteten Tannenwald; das sind des Drachen Augen, von denen das Schloss den Namen hat. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der gespenstige Wirt am Ofen-Passe

Source: Der gespenstige Wirt am Ofen-Passe

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Zwischen Cernez und Cierfs trifft man, mitten auf dem Ofen-Passe, ein altes Wirtshaus, welches schon mehrere Jahrhunderte dort stehen soll. In diesem Wirtshause wucherte in alten Zeiten ein gewissenloser, gei­ziger Wirt, der besonders durch Fälschung und Verdünnung des Weines argen Frevel übte. Alle Diejenigen, welche nach ihm diese Wirtschaft betrieben, haben den Weinfälscher gesehen und genugsam beobachtet, wie Derselbe hantierte, als trage er Wasser in den Keller, und schütte Solches in ein leeres Fass, das aber nie voll werden konnte, weil Alles nur Schein war. - Aber klopfen hörte man ihn ganze Nächte hindurch, als wolle er sich von dem Bestand des Getränkes überzeugen. Man sah ihn von einem Fass zum An­dern schleichen, und die Spunten öffnen, und wiederholt klopfen. Dann stolperte er grässlich fluchend, laut polternd die Treppe herauf, mit seinen Holzschuhen einen Höllenlärm machend, trat dann in die Stube, schaute erschrecklich um sich, ging zur Uhr hin, und zog Diese regelmässig auf. War er, im Keller beschäftigt, mit Schurzfell angetan und in Hemdär­meln, so war er beim Eintritte in die Stube nunmehr in weitem Nachtrocke eingehüllt, eine weisse Nachtkappe auf dem struppigen Kopfe. So kam er gar oft, und wurde durch sein Poltern und Besuche machen in der Stube immer die Qual des Wirtes und der Gäste, und war durch kein Mittel zu vertreiben, bis dass Simi (Simon) Gruber, der bekannte, rie­senstarke Bärenjäger (der erst vor wenigen Jahren starb), alle alten Türen im Hause durch neue ersetzen liess. Das konnte nun der leidige Polterer nicht leiden und vertragen, zog aus, und ist seitdem nie mehr erschienen. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der gespenstische Hirsch und der Jägerhans

Source: Der gespenstische Hirsch und der Jägerhans

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Auf der aargauischen Rheinseite hatte sich ein Jäger zwischen zwei eng verzweigte Waldstöcke gestellt, um auf einen Hirschen zu lauern, der wegen der Höhe seines Geweihes, das ganz über den jungen Anflug hervorsah, lange berühmt war; in gewaltigen Sätzen kam bald der grosse Hirsch. Der Schütze fehlte. Der Hirsch aber rannte in Wuth auf den Jäger los, nahm ihn zwischen die Geweihe, und trug ihn blitzschnell über das steile Ufer hinab durch den Rhein. Ein unbekannter Mann sah zu und rief nach: „Jägerhans, b'heb de, b'heb de!" E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der gestohlene Alpkessel

Source: Der gestohlene Alpkessel

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a) In einer Erstfelder Alp hatten sie einen heillosen Verdruss wegen dem Alpchessi. Jeden Winter wurde es ihnen gestohlen, und sie konnten dem Dieb gar nicht auf die Spur kommen. Endlich »legten sie dem Dieb den Segen«, das heisst, sie liessen ihn bannen, b'stellen, dass er mit samt seinem Raube musste stehen bleiben, bis die Besitzer selber ihn befreiten. Jetzt hätten sie am nächsten Morgen früh vor Sonnenaufgang in der Alp sich stellen sollen, um ihm das Chessi abzunehmen. Aber sie vergassen es. Als sie nun im nächsten Sommer die Alp bezogen, da stand der Dieb in der offenen Hüttentüre, steif und starr und brandschwarz, das Wellchessi auf dem Rücken; sie betrachteten und erkannten ihn; wie sie ihn antasteten, zerfiel er zu Staub und Asche. Gestohlen wurde ihnen nie mehr. Franziska Kruog b) Wird auch so erzählt: »Der Dieb brachte den Kessel, war aber ganz in Feuer eingehüllt, so dass der Besitzer den Kessel ihm nicht abnehmen durfte. Da fuhr der Dieb in die Lüfte, und drei Tage und drei Nächte hörte man sein Geheul. Die Älpler hatten gesagt: »Das Chessi müeß zrugg, und wennds der Tyfel müeß bringä!« c) Jeden Winter wurde in einer Alp das Wellchessi gestohlen. Endlich legten sie, wie ihnen geraten wurde, den »Diebensegen« bei der Alpabfahrt in das Chessi. Als sie im Frühling auffuhren, fanden sie den Dieb, einige Schritte von der Hütte entfernt, tot unter dem gestohlenen Chessi. Josef Baumann, im Miseli, 80 J. alt, Gurtnellen d) Als ein Schächentaler Älpler im Spätherbst zu Galtenebnet die Hütten gegen Schneedruck und Lawinen befestigte, bemerkte er, dass der Alpkessel abhanden gekommen war, weshalb er bald nachher die Kapuziner aufsuchte, damit sie diesen zurücktreiben möchten. Der Pater sagte, er wolle das besorgen, und stellte die Frage: »Wollt ihr ihn dann selber dem Dieb, wenn er sich einstellt, abnehmen, oder soll er ihn an Ort und Stelle unbeobachtet niederlegen?« Der Älpler bedachte nicht, dass die Jahreszeit schon vorgeschritten, und erklärte, er möchte den Schelm sehen und ihm deshalb das Chessi mit eigenen Händen abnehmen. Hierauf bestimmte der Pater einen Tag, an dem der Dieb den gestohlenen Gegenstand zur Hütte bringen und der Älpler daselbst zur Entgegennahme bereit sein sollte. Doch zum Unglück traf gerade auf diesen Tag winterliches Schnee- und Sturmwetter ein und verunmöglichte den Gang zur fernen Alp jenseits der Gebirgskette. Im folgenden Frühling bei der Alpauffahrt trafen sie den Dieb mit seinem Raub am Rücken unter der Hüttentüre stehend an. Im Augenblick, da sie ihm das Chessi abnehmen, sinkt er in Staub und Asche zusammen. Aber auch jener Älpler, der es im Herbst hätte in Empfang nehmen sollen, kam bald nachher eines bösen Todes ab der Welt. Fr. Gisler-Bissig, 65 J. alt, Unterschächen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der gestohlene Zaunpfahl

Source: Der gestohlene Zaunpfahl

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Ein Nachtbub im Isental hatte einen Hagstecken gestohlen. Nach seinem Tode musste er wandeln und wurde oft gesehen, wie er mit seinem Pfahl verlegen hin- und herlief und dabei laut und wehmütig fragte: »Wo müesä-n-äu hitüe?« Da schnauzte ihn mal ein Betrunkener an: »Dü Limel, tüe-n-ä wo-n-ä gnu hesch!« »Gottlob, jetz bin-i erleest,« rief der Geist jubelnd aus, verschwand und wurde nie mehr gesehen. Katharina Aschwanden, 80 J. alt. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der gestörte Ritt

Source: Der gestörte Ritt

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Vom Weiler Leidiken im aargauischen Sulzthale geht der Fussweg über den Berg in das Thal von Gansingen. Jn der Höhe der Halden oberhalb dem Dörfchen Bütz liegt unfern einem vereinzelten Bauernhofe ein wildes Brünnlein. Hier haben die Leute, die in Sommerabenden vorübergehen, ein junges Weib sitzen gesehen, die mit trauriger Miene das Haar flicht, welches ihr über Nacken und Schulter herab wallt. In den zwanziger Jahren ritt der Pfarrer von Gansingen hier herüber. Als er in die Nähe des Brünnleins kam, bat der mitgehende Sakristan, behutsam abzusteigen, weil hier das Pferd vor der Erscheinung des Weibes leicht scheuen könnte. Allein der Pfarrer meinte, er habe im Dienste der Kirche mit Geistern nichts zu schaffen und blieb im Sattel. Gleichwohl bäumte sich an der Quelle das Ross und warf den Reiter ab, ohne dass er jedoch wirklichen Schaden nahm. Von der Zeit an stieg der Pfarrer jedesmal, so oft er über den Berg musste, vorsichtig in der Nähe des Brunnens vom Rosse und führte es am Zaume vorbei. Der Mann jenes einzelnstehenden Hauses oberhalb Bütz erklärt, dass man seit jenem Ritte des Pfarrers die Erscheinung nicht mehr wahrnehme und dass also gerade dadurch der Geist erlöst sein werde. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 30 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der gestrafte Tierquäler

Source: Der gestrafte Tierquäler

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Zu Wyggen hinter Göschenen lebte vor Zeiten ein geiziger Bauer, der sein Vieh ungemein knapp hielt. Er hatte die Gewohnheit, die Kühe jeden Tag um eine Stunde später zu hirten; hatte er ihnen z.B. gestern um 4 Uhr das Futter gereicht, so gab er es ihnen heute um 5 Uhr, morgen um 6 Uhr, und erreichte so, dass er von Zeit zu Zeit eine Mahlzeit überspringen konnte. Ja, was noch schlimmer war, oft hielt er ihnen Futter vor die Nase und liess sie dran riechen und nahm es dann wieder weg oder ging mit Heubündeln an ihnen vorbei, ohne ihnen etwas auszuteilen. So quälte er sie absichtlich. Er starb. Wer nun das Vieh besorgte und dabei an die Rischi kam, erhielt jedesmal einen Streich. Endlich wurde der Geist angeredet und bekannte, er sei jener hartherzige Bauer und müsse hier wandlen, wyl är das hungrig Veh zängglet heig. Wie er ihn erlösen könne, fragte der Knecht, welcher den Geist angeredet hatte, und erhielt zur Antwort: »Du musst ein Handwerk lernen und aus dem Erlös desselben eine Anzahl heiliger Messen für mich lesen lassen.« Da dachte er, das Korben sei am ringsten und schnellsten erlernt, und lernte dieses. Als er's los hatte, liess er aus dem Verdienst die geforderten Messen lesen, und bald er schien ihm der Geist ganz im Weissen und offenbarte, er sei erlöst. J.M. Tresch, Kapläni Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der getreue Hirte

Source: Der getreue Hirte

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An der vordern Felsenwand am bekannten »Flimser-Steine« läuft, oberhalb der Schlossruine Belmont, ein fast blutroter Streifen eines mit Eisen-Oxid gefärbten Kalktuffs herab. Die Sage erzählt: Als Rudolf, der mächtige Graf von Montfort, Mitte des 14. Jahrhunderts in\'s Land fiel, um die Besitzungen der Freiherren von Belmont, im Oberlande, zu erobern, stand ein Hirte auf der Kante des Flimser-Steines und sah den Feind kommen. Da blies er in sein Horn, um den Schlossherrn und die Talleute zu warnen, laut und immer lauter, bis er bemerkte, dass die Mannen der bedrohten Burg Belmont sein Zeichen bemerkt hatten, sich wahrten und die Thore schlossen. - Aber die gewaltige Anstrengung hatte ihm die Blutgefässe der Brust zersprengt; blutend und sterbend sank er zusammen, und die Blutstreifen blieben zum Zeichen seiner Treue an der Felsenwand zurück. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der getreue Standesläufer

Source: Der getreue Standesläufer

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Vor Zeiten hatten die Urner mit ihren Nachbarn von Glarus einen hartnäckigen Streit wegen der Landesgrenze. Gar oft zankten sich die Älpler in ihren seltsam singenden Mundarten, wenn sie von beiden Seiten zugleich zur Alp fuhren mit ihren Sennten. Jeder Teil wollte von den schönen Alpen, die unter den Gletschern der Clariden lagen und die das urnerische Schächental und das glarnerische Linthal trennen, möglichst viel mit seinen Herden abweiden. Also konnten sie sich nie einigen. Da, nach langem Hin- und Herstreiten, verstanden sie sich endlich zu folgendem Übereinkommen: Es sollten sich die beiden Läufer von Uri und Glarus zur Tag- und Nachtgleiche jeder aus seinem Lande frühmorgens beim ersten Hahnenschrei aufmachen und gegeneinander der strittigen Grenze zulaufen. An der Stelle aber, wo sich die beiden Standesläufer begegnen würden, sollte für ewige Zeiten die Grenze zwischen Uri und Glarus sein, treffe es nun hinüber oder herüber, viel oder wenig. Als nun die beiden Länder das abgemacht hatten, dachte ein jedes Volk daran, das andere zu überschlauen. Die Glarner nahmen einen großen, fetten Hahn und fütterten und mästeten ihn toll und voll, damit er ja recht kräftig in den Morgen hineinkrähte. Die Urner dagegen setzten ein ärmliches, nichtsiges Gockelchen in einen Korb und gaben ihm gerade nur so viel zu essen, daß er nicht verhungerte. Wie nun der anberaumte Morgen kam, fing der Urner Hahn zu Altdorf schon in aller Herrgottsfrühe greulich zu krähen an. Sofort machte sich der Urner Läufer davon durchs wilde Schächental gegen den Klausenpaß hinauf. Doch auf der anderen Bergseite, unten im Dorfe Linthal, standen die Glarner und ihr Läufer umsonst erwartungsvoll, schon bevor es dämmerte, um den Hühnerpferch. Ihr Hahn wollte nicht krähen. Es kam der Tag, es kam die Sonne von den Schneebändern des Tödi und Selbsanft zu Tal gestiegen. Der Hahn wollte nicht krähen. Obwohl nun die Glarner fast umkamen vor Ärger und Ungeduld, überwanden sie sich doch und ließen den Läufer nicht vom Fleck, bis der dicke Hahn gegen Mittag endlich zu krähen anfing. Jetzt stürmte der Glarner Läufer davon, und obwohl es bald erschrecklich bergauf ging, gab er doch nicht ab und lief und lief immer höher. Ach, wenn ich doch wenigstens bis zur Paßhöhe des Klausenpasses gelangen möchte! dachte er. Aber auf einmal fuhr ihm der Schrecken in die Beine. Ein Mann stand auf der Höhe ob ihm und kam gemächlichen Schrittes bergab. Das konnte nur der Läufer von Uri sein. Obwohl ihm das Herz hoch klopfte, blieb der wackere Glarner nicht stehen. Erst recht eilte er nun bergan, um noch so viel als möglich für seine Herren in Glarus vom strittigen Boden zu retten. Bald stießen sie zusammen. "Hier ist die Grenze!" rief frohlockend der Urner. Da ließ der Glarner den Kopf hängen und bat flehentlich: "Nachbar, sei gerecht und gib mir noch ein Stück vom Weidland, das du errungen hast." Erst wollte der Urner nichts davon wissen. Er machte es wie das Wappentier auf der Urner Landesfahne, er machte einen Stierkopf. Doch der Glarner Läufer gab nicht nach mit Zureden und Bitten, bis der Urner sich endlich erbarmte und sagte: "So viel will ich dir noch lassen, als du mit mir, mich an deinem Halse tragend, bergauf läufst." Jetzt packte ihn der Glarner Läufer mutig an und trug ihn keuchend den steilen Bergpfad hinan. Schon glaubte er die Jägerstöcke zu sehen, da ward es mit einem Male Nacht vor seinen Augen. Er fiel zusammen und war tot. - Heute noch kann man das muntere Grenzbächlein sehen, an das der tapfere Glarner den Urner Läufer noch zu tragen vermochte. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Gewalthaber von Törbel

Source: Der Gewalthaber von Törbel

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Im Gemeindekeller von Törbel liegt ein altes Weinfass, an dem die Reifen und Dauben nicht mehr zu unterscheiden sind. Niemand weiss, wie alt es ist; es soll immer im Keller gelegen haben und jedes Jahr neuzugefüllt worden sein. Neben der Kellerstutt be­findet sich ein runder Stein, auf den sich der Gewalthaber zu stellen pflegt, wenn er dem Gemeinderat etwas vorzutragen hat. Wenn zu Weihnachten oder am Fronleichnamstag die grosse Gemeinde beim alten herkömmlichen Trunk im Gemeindehaus tagt und den würzi­gen Wein von den sonnigen Gehängen an der Rhone aus alten Holzbechem geniesst, halten die Vorsteher ihre Sitzungen drunten im Keller. Zu gutem Anfang werden einige Becher versucht, dann wird dieses und jenes vorgebracht und erledigt, und wenn über dem Keller in der Gemeindestube der Redeschwall ansteigt und die Un­geduldigen mit den Nagelschuhen den Boden bearbeiten, bricht der Gewalthaber die Sitzung ab, was mit einem neu gefüllten Becher am besten geschehen kann, steigt von der Platte neben dem Fass herunter, reicht jedem Gemeinderat ein gefülltes Marjosi oder eine Doppelgrosskanne in die Hand, ergreift selbst eine und eröffnet den Zug in die Gemeindestube, wo das köstliche Nass mit Sehnen erwartet wird. Vor vielen Jahren war der Baschi, ein braver, rechtschaffener Mann, Gewalthaber in Törbel. Viele Jahre war er schon im Amte, als ihm ein Missgeschick passierte. Er hatte der Gemeinde den Herbsttrunk mit Käse und Brot gespendet. Da im Rhonetal unten schon die Traube kochte, musste das Fass geleert werden. Allen Gemeindern wurden dieselben Bescheide eingeschenkt und Brot und Käse nach bestimmtem Gewichte ausgeteilt. Da blieben zuletzt noch eine Dop­pelkanne Wein und zwei schwarze Roggenbrote übrig. Baschi dachte, das sei zu wenig, um es unter alle zu verteilen, und für einen zu viel, und wem hätte er es geben sollen, ohne dass die andern ge­schimpft hätten! So nahm er die Brote unter den rechten, die Zinn­kanne unter den linken Arm, schloss den Keller ab und trug beides nach Hause. Lohn hatte er ja doch keinen für seine Mühe. Nach Jahren starb der Gewalthaber, und die Gemeinde betrauerte ihn sehr, denn sie hatte ihm viel Gutes zu verdanken, und laut pries man an der Gräbt seine Gerechtigkeitsliebe und seine grosse Unei­gennützigkeit. Da ging eines Abends, als die Nacht schon hereinge­brochen war, ein Mann zu den Mühlen, um das Wässerwasser auf seine Wiesen zu leiten. Er hatte die Wasserfuhr noch nicht erreicht, als ihm drunten auf der Strasse ein Mann begegnete, der ihn auf­forderte, anzuhalten und ihn anzuhören. Der Wassermann, der den Fremden nicht kannte, sagte, er habe keine Zeit; er müsse sich be­eilen, das Wasser über die Matten zu leiten, da jede Minute kostbar sei und das Kraut darnach lechze. Als es gegen zwölf Uhr rückte und das köstliche Nass durch die Matten rieselte, gurgelte und sang, stand der Fremde wieder da und bat ihn um Gehör. Da hackte er die Wasserschaufel ein, richtete sich auf und hörte zu, was der Mann ihm zu sagen hatte. Und dieser begann: «Ich bin der verstorbene Gewalthaber Baschi; ich habe mir einmal bei einer Gemeindever­sammlung eine Doppelkanne Muskateller und zwei Brote im Ge­heimen angeeignet. Ich möchte meine Ruhe bekommen; darum gehe zu meinem Sohne und bestimme ihn, jedem Gemeinder so viel auszuteilen, als ich der Gemeinde gegen alles Recht entwendet habe!» Der Wässermann hörte andächtig zu, versprach, seinen Wunsch zu erfüllen und ging flugs nach Hause. Als er am nächsten Tag dem Sohne des Verstorbenen das Erlebnis mitteilte, gereuten diesen die vielen Brote und der schöne Wein. Er brachte nur eine Doppel­kanne und zwei Laibe aufs Gemeindehaus, indem er dachte, mehr habe der Vater sich nicht angeeignet, und mehr zu geben sei er nicht verpflichtet. Des Abends sass er mit seiner Familie am Tisch, als es draussen klopfte. Er fuhr zusammen, liess den Maislöffel fallen und wagte nicht, selber zu öffnen. Er sandte den Knaben hin; dieser kam er­schrocken zurück und stammelte, der Grossvater stehe draussen - ganz gewiss sei es der Grossvater - und verlange, ihn zu sprechen. Der Vater erbleichte, lief gegen die Tür und rief mit unsicherer Stimme hinaus, er solle nur ruhig sein, er werde alles gut machen: Am Tag darauf liess er den Wein und die Brote unter die Ge­meinder verteilen, eher zu viel als zu wenig, und der Geist des Gewalthabers Baschi war erlöst. Quelle: Johannes Jegerlehner: Walliser Sagen, Hans Feuz Verlag Bern, 1959 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Gewaltshaber Müller

Source: Der Gewaltshaber Müller

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Im Keller der Gemeinde Törbel steht eine alte Weinkufe. In der Mitte der Kufe ist ein etwas verdächtiges Spundloch — man möchte sagen, geeignet zum heimlichen Weinabzapfen. — Der Schreiber dieser Sage hat die Kufe mit dem Nebenloch gesehen, sowie den runden Stein neben der Kellerstutt, auf den sich der Gewaltshaber zu stellen pflegt, wenn er den Gemeinderat präsidieren oder demselben etwas vortragen will. Wenn zu Weihnachten oder am "Grossen Vergeb" (Fronleichnamstag) beim altherkömmlichen Trunke die grosse Gemeinde im Gemeinhause behaglich mit den Bechern tagt, halten die Vorsteher auch ihre Sitzungen drunten im Gemeinkeller. Natürlich können diese erst eröffnet werden, nachdem ein paar "B'scheide" (Holzbechervoll) — die ersten passieren hurtig, — eingeschenkt sind. Wenn sich die Rede-Töne in der Gemeinstube der obern Oktav nähern und die Saiten gar zu springen drohen, so merkt es der Gewaltshaber im Keller, woran es ist; er bricht die Sitzung ab, gibt jedem Ratsgliede eine volle Grossdoppelkanne (Marjosi) in die Hand, nimmt selbst eine und eröffnet damit den Zug ins Gemeinhaus. Beim Anblick der Kannen fällt auch der Ton gleich um eine Terz oder Quint und schlägt bald ins alte traute Summen wieder um. Der Steinplatte bei der Kellerstutt, wovon oben, fehlt die schuldige Ehrfurcht nicht. Ausser dem Gewaltshaber getraut sich gewiss nie ein anderes Menschenkind, so grau auch seine Bürger- oder Vorsteherhaare geworden wären, je den Fuss darauf zu setzen. Kommen Uneingeweihte in den Gemeinkeller und erfrechen sich selbe etwa darauf, so wird ihnen gleich abgeboten. — Vor mir hatte man so viel Respekt, dass man mich an die grosse Ehrwürdigkeit des Gewalthabersteines erst dann mahnte, als ich mich darauf zur Genüge herumgebeugelt und zufällig die Steinplatte wieder verlassen hatte. — Gott habe die guten Leute selig! Dock kehren wir zur Kufe zurück, die von einem alten Gewaltshaber Müller, der Sage gemäss, den Namen hat. Wenn dieser zu Gemeinzwecken Wein haben wollte ohne viel Geräusch, d. h. nicht gerade den grossen Ponten (Zapfen, Stöpsel) ziehen wollte, so benützte er das oben bezeichnete Nebenloch. Der Gewaltshaber war übrigens von erprobter Rechtschaffenheit und viele Jahre im Amte; doch einst passierte ihm auch etwas Menschliches. — Als er der Gemeinde einen grossen Trunk mit Käs und Brod gegeben und allen Gemeinden die gleichen B'scheide eingeschenkt und Brot und Käs im bestimmten Mass und Gewicht ausgeteilt hatte, blieben eine Doppelkanne Wein und zwei Brote übrig. Er meinte, das sei doch zu wenig, um allen gleich auszuteilen: brachte es darum den Seinigen nach Haus, weil er für die grosse Mühewaltung doch keinen andern Lohn habe. Nach Jahren starb der wohlverdiente Gewaltshaber: aber seine Seele fand in der Ewigkeit die gewünschte Ruhe nicht wegen der Doppelkanne Wein und den zwei Broten. Sein Geist lauerte lange auf Gelegenheit, seine Erben an die Wiedererstattung des sich selbst Angeeigneten mahnen zu können. — Da geschah es, dass eines Abends bei angebrochener Nacht ein Mann bei den Mühlen im Bach das Wässerwasser schöpfte und auf dem Wasserleitenborte mitgehend, hinaus in die Güter führen wollte. Er hatte die Mühlen kaum passiert, als er drunten in der Strasse einen Unbekannten bemerkte, der ihm vorauseilte. Wo Strasse und Wasserleite sich kreuzen, stand der Fremde still und forderte den langsamer ankommenden Wasserführer auf, er solle warten und ihn anhören. Dieser, etwas erschrocken durch das unbekannte Wesen des Fremden, weigerte sich dessen, weil er dem Wasser folgen müsse, um im nahen Ackerland nicht etwa Schaden zu machen; er hielt nicht an und eilte mit dem Wasser fort. Auch der Fremde ging traurig seine Strasse weiter und kehrte, beim Backhaus vorüber, ins Dorf ein. — Unter dem Dorfe Törbel, in den Hofmatten kreuzen sich Strasse und Wasserfuhr wieder und auch der Fremde stand da, der nun drohend zum langsam Ankommenden sprach: «Hier in den Matten macht dein Wasser nicht mehr Schaden; hörst du mich auch hier nicht an, so tue ich dir wie dem Pfarrer Tammatter.» — Dieser Pfarrer soll's verweigert haben, den Unbekannten anzuhören, unter Vorgabe, als Pfarrer sei er in seiner Pfarrei selbst Meister und lasse sich von Niemanden Aufträge oder Befehle geben. Der Abgewiesene schied tief betrübt; verdeutete ihm aber, er werde ihn bei nächster Gelegenheit ausser den Grenzen seiner Pfarrei schon treffen. — Wirklich starb dieser Pfarrer im Pfarrhause zu Visp, wo er übernachten wollte, um an der "Kreuzmittwoche" mit seinen Pfarrkindern die Prozession nach Glis mitzumachen. Er legte sich abends gesund ins Bett und ward am Morgen tot gefunden. — Die Totenregister von Visp führen seinen unerwarteten Tod an. Unser vor Angst zitternder Wasserführer musste also stehen und in langer Rede hören, der Fremde sei der Geist des verstorbenen Gewaltshaber Müller, der in seinem Leben eine Doppelkanne Wein und zwei Brote sich verborgen angeeignet habe. Um zur Ruhe zu kommen, solle nun sein Sohn, der Erbe, jedem Gemeinder eine Doppelkanne Wein und zwei Brote geben, weil er als Gewaltshaber sich selbst auch so viel zugeteilt habe; es gehöre jedem eben so viel als er selbst empfangen. Dieser Auftrag wurde dem Sohne zwar kund getan, doch von demselben nicht erfüllt, weil er meinte, es sei wohl genug, den sich zugeteilten Werth einfach der Gemeinde zurückzustellen, was er auch in vollem Masse gleich tat. — Bald darauf, als eines Abends der Sohn mit seinen Hausleuten ruhig den gewohnten Abendsitzarbeiten oblag, fing es an der Haustüre heftig zu pochen an. Der Vater erschrak und getraute sich nicht zur Stubentüre hinaus. Er sandte sein sechsjähriges Töchterlein, um nachzusehen, wer da wäre. Dasselbe kam eilig zurück: «Ach Vater!» schrie es, «unser Grossvater, der gestorben, will ins Haus und mit dir reden!» — «Geh' schnell», befahl der Vater, «und sag ihm, er solle ruhig sein; die Sache werde geordnet werden!» — Gleich am folgenden Morgen kam das Korn in den Bach zum Müller und bald als Mehl zurück ins Backhaus, um den sonderbaren Auftrag pünktlich zu erfüllen. Und von der Zeit an pochte der Gewaltshaber Müller auch nicht mehr an der Türe, obschon das Haus noch steht und in Törbel im obern Dorfe zu sehen ist.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der gewalttätige Spätener

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Auf der mitternächtlichen Seite der Männlichenkette liegt die stotzige, streitbare Spätenenalp. Spärlich giesst die Frühlingssonne ihren belebenden Schein über die fahlen Hänge; gewöhnlich schmelzen die letzten Reste Lauischnee im Brachmonat. Sie heisst nicht umsonst die Spätenen; erst in vorsommerlicher Wärme schiesst die Atzung an den Schattenhalden in Kraut und Halm. Somit kann die Alp spät bestossen werden, und die Zahl ihrer Viehsömmerungstage ist um ein Erkleckliches geringer als die der meisten andern. Im Herbst aber stach es kurzsichtige Bauern von jeher empfindlich in die Nase, wenn das Molken nicht so ansehnlich war wie das der hilben Bergschaften. An der Spätenen Käser zu sein, das war denk etwa kein Schleck, und gewöhnlich konnte nur einer gedinget werden, der bei andern Bäuerten nicht wohl an war. Ein grosser, groblochter, gewalttätiger Mann, der Spätener-Peetsch benamset, betreute einst die Alp. Bosheit war ihm in Fleisch und Blut, und mit Mensch und Tier vertrug er sich gewöhnlich wie das Feuer mit dem Wasser. Als er in einem Frühjahr von der Lochbrücke im Talgrund über Ausserwengen zu Alp fuhr, liess er hier die ganze Herde rücksichtslos nach ihrem Willen über Weidland und durch die frischbesorgten Gemüseplätze bysen (rennen). Mitten im schönbestellten Kartoffelacker von einem abgehärmten Froueli stiessen sich zwei Kühe mit den Hörnern, ohne dass der Spätener im geringsten Miene machte, es ihnen zu verwehren. Die schon frischgrün ans Taglicht gekeimten Erdäpfel wurden wüst zertreten oder flogen in hohem Bogen aus der frühlingswarmen Scholle. Das Weiblein riss das Fensterflügeli auf und warf ihm an den Kopf: "So etwas tät ein rechter Mann nicht dulden, und wenn man ihm mit einer Schaufel Lohn in die Stube schoren würde! Es ist schade, dass die Sonne auf dich scheint, du ehrloser Lump!" Der Grobjänische hatte Gelegenheit, zwei Männer drum zu vermahnen, er nehme sie als Zeugen, und vor dem Landvogt im Schloss draussen zu Interlaken war der Hafer bald gedroschen. Die Haushaltung in Ausserwengen kam um ihre Kuh, musste den Erlös dem Spätener bringen, obschon der genug hatte und vom Haufen nehmen konnte. Im Käserboden pflegte der Peetsch auf der Bergfahrt mit seiner Herde zu nächtigen. Das Treichirecht hatte er auf einer Weide nebenan, die einer Witfrau gehörte. Diese hatte, um eine Anzahl Tüüchel (hölzerne Wasserleitungsrohre) und Wasserkänel zu ersparen, den Brunnentrog ein weniges verlegt. Das ging dem Rechthaber wider den Strich, und er zwang die arme Witfrau, den Trog an den frühem Ort zu versetzen, denn sein Gewerb lasse nicht gern von der Gewohnheit, justament hier Wasser zu saufen. Alle Ermahnungen der Bauern, mit dem Vieh ein Liebreicher zu sein, liess er zum einen Ohr ein, zum andern aus. Hatte eine Kuh während des Melkens Wehtat im Euter und warf den Schwanz an die Flanken, so schlug er sie mit dem Melkstuhlbein, dass noch nach Tagen daumendicke Striemen zu sehen waren. Gar oft prüfte er die Wärme der Schotte für die Schweine nicht, wie es üblich ist, zuerst mit der Hand, sondern schüttete sie mit Absicht viel zu heiss in den Futtertrog. Wenn die Tiere in ihrer Fressgier mit der Wulstschnauze gierig hineinfuhren, quietschten sie laut auf, und dem argen Mann bereitete das ein teuflisches Vergnügen. Wo sich Gelegenheit bot, vergriff sich der Ungast an den Tieren. Die herzerquickende Munterkeit und Zutraulichkeit des Alpviehs vermisste man an Spätenen. Scheu und vergrämt mied es den Menschen, Furcht und Unruh waren täglich zu Gast. Der Segen der Arbeit im kleinen Senntum blieb aus, und der Sommernutzen ging zurück. Und doch war in der russigen Seele des Späteners ein aperer Fleck. Ein Märzengitzi, so weiss wie frisch gefallener Schnee, hatte es ihm eines Sommers angetan. Das stets emsige Schwanzwedeln, das glöckleinhelle Meckern und die eckiglaunigen Heuschrecksprünge boten eine willkommene Abwechslung in den gleichmässig tröpfelnden Arbeitstagen des Älplerlebens. In diesem ungastlichen Sommer spannte der Senn den Käse Morgen für Morgen erst spat unter Gewicht, denn seit langem ging die Dachzube in einem fort; vor dem Gehalt (Sennhütte) sank man bis zum Knie in den Morast, und die Arbeit ging dem Älpler nicht aus den Händen. Der Nebel wallte und wob atembeklemmende, tropfnasse Schleier um die Hütte. Die Kühe hatten jeden Hubel getrejet (tiefe, regemässige Stapfen treten) und schleiften Bauch und Euter über das in Hüttennähe von der Grasnarbe entblösste Erdreich. Bei diesem langanhaltenden Sudelwetter entstand das sonderbare Nebeneinander von unsäglichem Schmutz und altherkömmlicher, peinlicher Sauberkeit. Es verursachte vermehrte saure Mühe, diese bei der Zubereitung der köstlichen Erzeugnisse walten zu lassen. Peetsch war gereizter denn je. Als er eines Morgens den Käse bereits im Järb (hölzerne Käseform) hatte und eben am Ziegern war, hopste das patschnasse Zicklein über die hohe Schwelle dem Käser ständig vor die Füsse. Ein grässliches Lasterwort fuhr ihm über die Lippen, und mit einem seiner Holzböden schleuderte er es wieder hinaus. Er hatte den schönen Ballen aus dem Kessi heraus, dieses aber am Turner (Kessihebel) nicht wieder über das Feuer gedreht und wollte eben den Zieger in das Model pressen; da sprang das einfalte Jungtier noch einmal herein, ihm zwischen die Beine. Der Senn geriet in Unvortel, und mit einem nassen Platsch fiel der schöne, weisse Ballen in Glut und Asche der Kessigrube. Jetzt loderten die Flammen des gähen Zornes über dem Spätener zusammen. Der von allen guten Geistern verlassene, rässe Feuerbubel packte das fröhlich wieder über die Schwelle hopsende Märzengitzi und warf es — o Jammer! — mit einem Fluch in die siedende Schotte. Den Bauern machte er dann weis, der Gyr habe es verzügelt. Das war des gewalttätigen Späteners letzter Alpsommer. Obwohl er ein rüstiger Mann war und noch viele Jahre lebte, wies er es von der Hand, noch fürderhin zu alpen und wurde immer düsterer und in sich gekehrter. Nachdem er dann unter schweren Leiden heimging, da war es an der Spätenen Sommer für Sommer ungeheurig. Die Älpler sahen den Fluchbeladenen jede Nacht von der Hütte kommen, das nasse, tote Gitzi in den Armen. Man sagte bald, wenn es den Schnee zu Unzeiten über alle Hörner herunter jagte: "Es schonet bald wieder, der Gewalttätige hat gehojet auf dem Nestfuetergrind." Oder es hiess: "Mähet nicht zu viel, der Spätener hopet auf dem Rosswang unten!" Und auf diese Wetterzeichen konnte man zählen — ja gewiss. Einmal, es war noch vor dem Mittsommer-Messtag, stieg der Käser hinunter nach Wengen und warf den verdutzten Bauern den Bündel dar, weil der böse Peetsch mehrmals während der Schlafenszeit gerumoret hatte, dass es nicht mehr zum Aushalten war. Wohl oder übel mussten noch am gleichen Tage zwei Herzhafte hinaus nach der Spätenen, das Vieh zu besorgen. Wie sie zur Hütte kamen, der Halbmond warf seinen fahlen Schein über die Halden, sahen sie den Wesenlosen den Stecknagel aus dem Türpfosten reissen und in die Hütte treten. Als sie näher gingen, hörten sie, wie er Feuer machte und den knarrenden Turner drehte. Da die beiden keine Furchthanse waren, traten sie nach geraumer Zeit guten Mutes über die Schwelle. Der Unselige war schon am Ziegern und hantierte im Halbdunkel, als ob es heiterheller Tag, und er mutterseelenallein wäre. Nun begingen die beiden die Unvorsichtigkeit und stellten ihn zur Rede. Im Hui war der Spätener wie der Höllteufel um die Kessigrube herum und packte jeden mit eiserner Faust am Rockkragen. Da half den sehnigen Bergbauern kein Kräften und kein Sperrzen, zu Boden mussten sie. Es war ihnen, als ob der Gletscherluft sie anblase. Der Unheimliche schleifte sie zur hohen auf loser Trockenmauer liegenden Hüttenschwelle über die vor Sommern so fröhlich das weisse Zicklein gehüpft und wollte beide mit Gewalt darunter hindurchzerren. Sie fühlten bereits ihre Seelen fliehen, da rief einer in Herzensangst die Nachtgeisterbannung: Jetz legen miir ys nieder in Jesu rosenfarben Bluot, Das ist fir alli, alli beesen Geister guot! Amen! Mit dem Amen zerfiel der Ruhelose zu nichts, und er ging — der Himmel sei gelobt — an Spätenen nie mehr um. Quelle: Hans Michel, Ein Kratten voll Lauterbrunner Sagen. Wengen 1936. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Giesischmied von Möriken

Source: Der Giesischmied von Möriken

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Vater und Sohn pflügten. Der Sohn stand vorne bei den Thieren, die einträchtig vorwärts zogen. Aber plötzlich wurden sie störrig und giengen durchaus keinen Schritt weiter. „Hör auf zu peitschen!“ schrie ihm der Vater mit einer sonderbaren Stimme zu. Der Sohn gehorchte und sah auf den Vater zurück. Dieser stand hinter dem Pfluge regungslos, und erst nach einer langen Weile betete er. Dann hiess es wieder: „Vorwärts.“ Am Ende der Furche angekommen, wollte der Junge die Unart der Thiere erklärt wissen. „Sie haben den Giesischmied gesehen,“ sagte der Vater, „er stand mit einem Prügel hinter dir und drohte dem Vieh. Was brauchst du davon weiter zu wissen; schweig! Er ist wie der Wolf; wenn man von ihm redet, kommt er.“ E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Gifibozen

Source: Der Gifibozen

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Vom Gifibozen berichtet man noch heute. Da war ein Geist, der sein Wirkungsfeld begrenzt hatte durch die Strasse zwischen Münster und Reckingen und oben durch die Grenzen der Alpen. Im Gifiloch sahen ihn oft Wanderer in der Nacht als hellen Schein oder als feuriges Ross mit zwei Beinen. Zu seinen Nüstern flammte Feuer heraus. Beim Betenläuten am Morgen verschwand er wie ein Blitz durchs Gifiloch hinauf. Auf der Alpe erschien er als ein Mann in prächtiger Kleidung mit einem dreispitzigen Hut, kurzen Hosen, in einem roten Gilet, mit Schnallenschuhen und einem "Fäckrock". Aber der schöne Mann hatte Rossfüsse. So sah ihn der Sanderpeter auf der Alpe. Es passierte aber noch zu unserer Zeit, dass Pferde, die den Weg schon hunderte Male gegangen waren, plötzlich beim Gifiloch nicht mehr von der Strasse zu bringen waren, bis es am Morgen Beten läutete. Man vermutete, der Teufel habe die Hand im Spiele, um die Leute zu schlechten Gedanken zu verleiten. RECKINGEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Gifibuzen

Source: Der Gifibuzen

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Die Buzen sind gar unheimliche, boshafte Nachtkobolde, die dem Menschen nicht gut wollen. Besonders im Alpenlande sind sie unbändig, wild und heimtückisch, und die Älpler wären oft übel dran mit ihnen, hätten sie nicht den Alpsegen und das Weihwasser und vor allem ein gutes Gewissen. Ein absonderlich wilder Buzen haust in den Walliser Alpen auf dem Gifi. Kaum sind die Betglocken vom Dorfe Münster am Abend still geworden, so fährt der unselige Buzen gleich einem Feuerbrand über Alp und Grat. Wehe dem einsamen Älpler oder Bergwanderer, der dann noch über Weg ist. Der Buzen ist immer um ihn und neckt und narrt ihn gar bös. Das Vieh aber versprengt er in die gähnenden Tobel. Der Wanderer mag ein Windlicht tragen, wie er will, der Gifibuzen löscht's ihm mit einem Male aus. Und plötzlich, wenn alles noch so still ist auf den schlummernden Alpenweiden, gellt ein Mark und Bein durchdringendes Jauchzen durch die Nacht. Läuft nun der Wanderer, zu Tode erschrocken, ohne Licht und Halt in toller Hast davon, so stellt ihm der Buzen ein Bein, daß er in irgendeine Grube oder gar über die Fluh fällt. Oder er läuft gar immer neben ihm her wie ein leiblicher Schatten und führt ihn kreuz und quer, daß er nie ans Ziel kommt. Also erging's einmal einem jungen Burschen in Münster. Zur Fastnachtszeit war er oben auf dem Gifi und besorgte das Vieh. Am Fastnachtsmontag gedachte er sich im Tal einen fröhlichen Abend zu machen. Deshalb trat er aus dem dampfenden Stall und riegelte die Türe zu, eben als in Münster die Betglocke läutete. Jetzt wollte er sich rasch nach Münster begeben. Wacker griffen seine schweren Bergschuhe aus, und ohne Anhalten ging er vorwärts. In der Ferne sah er die freundlichen Lichtlein von Münster brennen. Auch hörte er den Stundenschlag der Dorfkirche. Immer rascher wanderte er zu. Obwohl es stocksteindunkel war, konnte er doch ganz gut die hartgefrorenen Geleise des Schlittenwegs sehen, die merkwürdigerweise von einem wunderbaren Schein erleuchtet waren und silberhell glitzerten und gleißten. Er lief und lief, und immer sah er die Lichtlein von Münster vor sich, aber seltsamerweise wollten sie nie größer werden, sosehr er lief. Der Schweiß ging ihm über die Stirn, und sein Atem pfiff, also griff er aus. So lief und lief er denn immerzu. Da ertönte auf einmal die Morgenglocke von Münster. Es ward heller Tag, und da schritt er gerade vom Söller seines Stalles hinweg. Also war er die ganze Nacht auf Tod und Leben gewandert und doch nicht einen Schritt von seinem Stall weggekommen. Da wußte er wohl, wer ihm das angetan hatte, und er bekreuzigte sich vor dem neckischen und heimtückischen Gifibuzen. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Gîgelispanner auf der Risi

Source: Der Gîgelispanner auf der Risi

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Am Ende des Dorfes Döttingen kommt man zur Risi. Im steilsten Abhang geht's tief zur Aare hinab, die unten vorbeifliesst; auf der andern Seite beginnt hinter einem schmalen Stücke Bauland dichte Waldung. Einige Minuten weiter macht die Strasse eine grosse Krümmung, hüben von einem Abgrunde voll Wildniss und Steintrümmer, drüben von Waldung und neuen Schluchten begrenzt. Hier hat der berüchtigte Gîgelispanner gehaust. Von seinem Hause auf der Risi droben ist er jeden Abend hieher gegangen, wenn er Kaufleute auf der Reise zur Zurzacher-Messe vermuthete. Hier sass er beharrlich an der Stelle, wo kein Fuhrwerk rasch ausweichen kann, ohne dass es Gefahr läuft, in die Tiefe zu stürzen, und wo kein Fussgänger so flink entsprang, dass ihm nicht der Lauerer da gleich wieder den Weg abgeschnitten hatte. Wie ein Bettelmann fieng er dann ein Schlemperlied an zu geigen und wartete die Mildthätigkeit des Reisenden tückisch ab; kaum aber machte der die erste Bewegung, ihm ein Almosen darzureichen, so war er auch schon mit einem Messer durchstochen. Der Bösewicht raubte ihn aus und stürzte ihn dann entweder in den Abgrund, wo ihn die wilden Thiere frassen, oder schleifte ihn hinter in die Tiefe des Waldes, wo für manchen schon lange eine Grube vorgearbeitet war. Heute noch stehen dort aus jener Zeit solcherlei Unheilskreuze. Als er eines Abends hier wieder mit der Geige sass, hörte er den unerwarteten Zuruf: Komm! - Ja! antwortete er sogleich. Zuruf und Antwort folgte noch zweimal auf gleiche Weise hinter einander, dann blieb's stille. Etwas nachdenklich suchte jetzt der Räuber sein Haus. Doch am andern Abend schon hatte ihn Neugier oder der Reiz der Gefahr wieder an die Stelle geführt und noch dringlicher rief es ihm heute: So komm doch! Jetzt galt's; denn er wusste, dass es des Teufels Stimme war. Entschlossen rief er dagegen: Wohl, heute! nahm seine Geige vom Boden auf, gieng fidelnd auf die Risi und sprang von ihr hinab in die Aare. Die Döttinger erzählen seither viel Neues von ihm. Noch sitze er am alten Mordplatze. Zu bestimmten Zeiten vernehme man da wehmüthige langgezogene Geigentöne oder einen tieftrauernden Gesang; dann aber schliesse es mit einem frechen Abstrich und gleich drauf ziehe ein Sausen wild über Weg und Wald. Man geht und fährt da noch nicht ohne Behutsamkeit vorbei. Namentlich die Rosse scheuen, und es hat auf dieser Strecke noch jüngst von Amtswegen eine bessere Vorsorge getroffen werden müssen. Ein anderer Gîgelispanner haust um Klingnau auf den Kiesbänken der Aare und in der umliegenden Waldung. Er soll ein sehr rechtschaffener Mann gewesen sein. Weil er sich aber in der Aare beim Grien ertränkte, so liess man ihn dem Gesetze gemäss auf diesen Aar-Inseln verscharren. Nun neckt er die Leute auf den Feldern. Wenn jetzt der Gîgelispanner käme! sagten einst drei Holzfrevler zu einander, während sie Nachts Eichen stöckten und sich den Schrecken vor dem Bannwart auszureden suchten. Kaum war das Wort heraus, so folgte die Strafe. Sie wurden von der Räude befallen und mussten die juckende Haut so lange reiben und kratzen, dass ihnen das Blut den Leib herunter rann. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 116 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Gitzistein

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Im Hinterland liegt eine Alp, die heisst Ennetseeben, und auf der Alp hat vor Zeiten ein junges Bürschchen als Zusenn gewerkt, hiess Peter und kam aus dem Sanktgallischen. Als er aus dem Tal heraufgestiegen war, sah er aus wie ein Baum, gross und stark; aber kaum war er ein paar Wochen in der Höhe, so ging er ab wie ein Kirchenlicht und wurde von Tag zu Tag magerer und bleicher. Eines Tages nahm der Senn ihn beiseite und fragte, was los sei mit ihm. Ob ihm die Kost nicht zusage, Brot, Käse, Anken, Milch, oder ob ihm etwa in der Nacht das Schrättli aufhocke oder Toggeli und ihn nicht schlafen lasse? Der Knecht aber schüttelte nur den Kopf und sooft der Senn ihn fragte, suchte er nach einer andern Ausrede. Eines Morgens aber packte er sein Bündelchen und gab dem Senn die Hand. «Meister, Ihr könnt nun denken von mir, was Ihr wollt, ich sei ein schlechter Hund oder so aber ich muss fort. Wenn Ihr wüsstet, was ich weiss, bliebet Ihr auch keine Nacht mehr hier.» «Jänu», sagte der Senn und sah nebenaus, «anbinden kann ich dich nicht. So geh in Gottes Namen!» Viele Jahre gingen darüber, und erst als der Senn längst auf einer andern Alp sennete, kam auch der Knecht wieder zu ihm. Es ergab sich von selber, dass man auf die frühern Tage zu reden kam und da verriet der Knecht dem Senn auch sein Geheimnis, und warum er dazumal fortgegangen sei. «Ein Steinwurf ob der Hütte steht ein grosser Stein, halb so hoch wie ein Haus, und in seinem Schatten nisteten und plegerten jeden Tag die Schweine und verführten ihren Spektakel. Am Abend aber traute sich auch nicht ein einziges in seine Nähe, und wenn man’s mit Gewalt versuchte, so lief es unter jämmerlichem Geheul wieder davon. Das ist mir schliesslich aufgefallen, und darum hab ich dann in einer mondhellen Nacht einmal aufgepasst, ob mit dem Stein vielleicht etwas Besonderes los sei. Wie ich nun den Kopf aus dem Fensterchen gestreckt habe, da ist einer zum Stein hingesprungen, der sah aus wie ein Senn, aber er brannte lichterloh, und das gällige Feuer schoss ihm aus dem Herzen wie ein Fridlisfeuer. So ist er mitten in zündroten Flammen in einem einzigen Satz auf den Felsen gesprungen, hat mit den Händen um sich geschlagen und ein Mordiogeschrei verführt, aber ich hab keinen Ton gehört. Mit einem Mal war er verschwunden, und nur der Mond hat auf den leeren Stein geschienen.» Und so sei das Nacht für Nacht gegangen, und auf die Dauer könne das kein Christenmensch aushalten. Der Senn hatte ihm schweigend zugehört. Nach einer Weile legte er dem Knecht die Hand auf die Achsel: «Peter, ich hab’s schon lang gewusst, dass du wegen dem Mann fortgegangen bist, und ich hab dir’s nicht nachtragen können.» Und dann erzählte er ihm den Handel. «Dass der Stein der ,Gitzistein’ heisst, ist bekannt; aber warum er zu diesem Namen gekommen ist, weiss nicht jeder, weil’s schon lange her ist. Damals hat ein Senn auf Ennetseeben gelebt, war ein wüster Dingeler, ja ein rechter Unflat war er, der mit dem Vieh gottserbärmlich umging und mit den Menschen nicht viel besser. Einmal nun ist ihm ein schneeweisses Gitzeli auf das Hüttendach geklettert, wie’s der Gitzeli Brauch ist, überall umherzustegern, wo sie nichts verloren haben. Erst versuchte er, das Tierchen mit Flüchen zu vertreiben, dann warf er mit Steinen nach ihm, und als alles nichts nützte, stieg er selber auf das Dach und riss das Tierchen in heller Wut an den Ohren über die Steinplatten hinunter. Trug es auch in die Hütte und überstrich es ringsherum mit Tannenharz. Dann hielt er es über das Feuerloch, bis es zu flackern anfing, und wie es dann von oben bis unten in Flammen war, hat er’s zur Tür hinausgejagt: ,Gang i d Hell, Cheib!’ Das Gitzeli ist noch in Rauch und Flammen auf den Stein geklettert und dort elendiglich am lebenden Leib verbrannt. Nicht lange hernach ist der Senn verschwunden, und kein Mensch wusste wohin. Nacht für Nacht aber rennt einer in Feuer und Flamme von der Hütte auf den Stein und schreit um Hilfe und kann nicht verbrennen. Aber niemand hat Erbarmen mit ihm.»   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Glärnisch

Source: Der Glärnisch

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Der Glärnisch hat eine würfelförmige, mit Schnee bedeckte östliche Kuppe, genannt Vrenelis Gärtli. Von ihm geht folgende Sage: Ein fahrender Schüler wollte einst den Türlersee, der am westlichen Fusse des Albis liegt, abgraben. Als er mit der Arbeit schon weit vorgerückt war, wurde er als ein gefährlicher Neuerer von einem nach Maria-Einsiedeln wandernden Pilger im Namen Gottes und Kristi angerufen und auf die eisbedeckte Höhe des Glärnisch gebannt mit der Weisung, er möchte sich dort einen Garten anlegen.   Quelle: Theodor Vernaleken, Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch  


by Der Glasberg oder Das Glasschloss

Source: Der Glasberg oder Das Glasschloss

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Es wird aus alten Zeiten berichtet, dass in einem Land eine arme Witwe wohnte, die mit ihrem Sohn nichts anderes besass als ein einfaches Häuschen zum Wohnen und ihre fleissigen Hände, um sich zu ernähren. Trotzdem war sie zufrieden mit ihrem Schicksal, und sie dachte, wenn sie älter und nicht mehr so kräftig zum Arbeiten sei, so werde ihr Sohn da sein, ihn wolle sie mit ihrem guten Beispiel erziehen, er werde sie dann unterstützen. Das geschah auch hier ganz nach dem Sprichwort: «Der Span kommt vom Holz». Als der Sohn erwachsen war, arbeitete er genau so fleissig und tüchtig wie die Mutter. Er ging täglich als Taglöhner in den Wald und verdiente so reichlich und konnte überdies noch ein kleines Vermögen für kranke Tage anlegen. Eines Tages, als er wieder wie gewohnt im Wald arbeitete, sah er zu seiner Überraschung um die Mittagszeit - es war an einem See - zehn junge Frauen herbeifliegen; die legten am Wasser ihre Flügel ab, um zu baden. Dann, nach dem Bad, nahmen sie wieder ihre Flügel und flogen hoch in die Luft, eine nach der andern gegen die höchsten Bergspitzen zu. «Ach», dachte er, «das ist etwas gar Seltsames, wer weiss, ob dies jeden Tag geschieht und ob diese jungen Frauen wirklich Menschen aus Fleisch und Blut wie wir oder nur Trugbilder sind. Ich will darauf achten.» Am nächsten Tag versteckte er sich um die gleiche Zeit in der Nähe des Sees - und tatsächlich kamen die jungen Frauen wieder, um ihr Bad zu nehmen. Jetzt konnte er sich endgültig überzeugen, dass sie Menschen aus Fleisch und Blut waren; nur konnten sie fliegen. Auch konnte er ganz genau beobachten, dass die letzte in der Schar die Schönste und Flinkste war. «Ach», dachte er - «die willst du, wenn irgend möglich, zur Frau nehmen!» Aber wie anbändeln mit einem Mädchen, das Flügel besitzt und fliegen kann? Dies war für ihn die grösste Schwierigkeit, und er grübelte Tag für Tag darüber, so dass er weder Hunger noch Schlaf mehr verspürte. Da merkte die Mutter, dass mit ihrem Sohn etwas nicht stimmte und fragte ihn ständig, wie es ihm gehe; doch der Sohn beschwichtigte sie und sagte, ihm fehle nichts, sie brauche keine Angst zu haben. Denn er wollte nicht mit der Sprache herausrücken, da er noch recht jung war. Während er seine Gedanken wälzte, kam ihm eines Tages der gute Einfall: Am See, in der Nähe des Ortes, wo seine Liebste ihre Flügel ablegte, wollte er sich eine Grube graben, sodann aus seinem Versteck die Flügel stehlen und so zum Ziel gelangen. So nahm er am andern Morgen nebst seiner Axt eine Schaufel und einen Pickel in den Wald mit. Am See hob er zuerst die Grube aus, dann arbeitete er bis um Mittag weiter im Wald, versteckte sich dann in seiner Grube und wartete voller Sehnsucht auf die begehrte Braut. Es ging nicht lange, bis der Flug eintraf, die jungen Frauen ihre Flügel ablegten, jede an ihrem gewohnten Ort, so dass die Flügel seiner Liebsten ganz in seiner Nähe lagen. Als alle im See badeten, nahm er schnell die Flügel des Mädchens mit und versteckte sie im Wald; dann wartete er hinter einem nahen Baum, um zu sehen, was geschah. Als die Mädchen aus dem Wasser stiegen, nahm jede ihre Flügel und flog davon, doch die Liebste, welche die ihren nicht fand, suchte überall aufgeregt herum, und da sie sie nicht finden konnte, begann sie voller Angst zu weinen. Da rief er ganz liebevoll aus dem Wald: «Oh, weine nicht, liebes Mädchen, du bist nicht allein, schau, ich bin auch da und kann dir Gesellschaft leisten; du bist nicht verlassen, du kannst mit mir kommen, in mein Haus zu meiner Mutter, die dich sicher gut behandelt und dich gerne sieht, und ich werde Tag für Tag gut zu dir sein, solange du bei uns bleiben willst.» Mit diesen liebevollen Worten tröstete er das Mädchen und ging ganz langsam zu ihr hin, gab ihr seine Hand und küsste die ihre als Zeichen seiner Ehrlichkeit. Dem guten Mädchen, das sich ohne seine Flügel verloren sah, gefiel sein Vorschlag, und sie wurde zutraulicher. Sie setzten sich und redeten den ganzen Nachmittag miteinander, wobei sich dann dem Burschen auch die Gelegenheit bot, ihr sein Herz anzuvertrauen und sie zu bitten, seine Braut zu werden. Da das Mädchen nach dem Verlust ihrer Flügel ein wenig verloren war, willigte sie ein und umarmte ihn. Da es dann bald Abend war, gingen sie glücklich Arm in Arm als Bräutigam und Braut heim. Als sie bei der Mutter ankamen, sagte er zu ihr: «Siehst du, Mutter, dies ist meine geliebte Braut, ihretwegen habe ich tage- und nächtelang weder geschlafen noch gegessen.» Da antwortete die Mutter: «Wenn die Sache so ist, wie du mir sagst, dann gottlob, dass du weiter nichts hattest; und im übrigen bin ich mehr als zufrieden, dass ich jetzt, in meinen alten Tagen, eine Schwiegertochter habe, die mir bei den Hausarbeiten hilft.» Dann begrüsste sie das Mädchen ganz herzlich, nahm sie um den Hals und küsste sie. Das Mädchen jedoch hatte starkes Heimweh nach seinen Bergen, darum blieb der Bursche mehrere Tage zu Hause, um sie abzulenken. Dann ging er wieder seiner Arbeit im Walde nach und verdiente reichlich für seine Leute. Die Flügel seiner Braut nahm er eines Tages aus dem Wald heimlich nach Hause und versteckte sie zuunterst in einer Truhe der Mutter und sagte zu ihr: «Schau, dass du immer den Schlüssel jener Truhe abnimmst, denn sie vermutet, dass ich ihre Flügel genommen habe, und sie könnte sie suchen. Wenn sie die Flügel fände, so würde sie uns vor Heimweh verlassen und wieder auf ihre Berge fliegen - dann müsste ich vor Liebeskummer sterben.» «Ja, Sohn, ja! Ich will tun, wie du wünschest», versprach die Mutter. Eines Tages jedoch, als die Mutter etwas aus jener Truhe brauchte, vergass sie, den Schlüssel abzunehmen, und das Mädchen benützte die Gelegenheit, um darin herumzusuchen, und fand dann ihre Flügel. Kurz bevor sie wegflog, sagte sie zur Mutter: «Wenn Euer Sohn wegen meiner Abreise traurig ist und er mich wieder haben will, so richtet ihm aus, dass er auf den Glasberg kommen muss, um mich zu holen - adieu!» Nun war die arme Mutter voll Kummer und erzählte abends weinend, als der Sohn nach Hause kam, was geschehen war. Vollkommen von der Unschuld der armen Mutter überzeugt, konnte der Sohn ihr keine Vorwürfe machen, doch der Verlust seiner Braut fiel ihm gerade so schwer wie der Tod. Er versuchte, seine Sehnsucht nach ihr so weit als möglich zu verdrängen, doch das war vergebens, er konnte nicht mehr essen noch schlafen. Eines Tages dachte er: «Ich will im Versteck am See, wo die Wasserjungfrauen gebadet haben, aufpassen und wieder ihre Flügel nehmen.» Doch nach vielen Tagen sah er ein, dass die Wasserjungfrauen wahrscheinlich wegen seines Diebstahls nicht mehr kamen, so wuchs seine Sehnsucht mit jedem Tag. Auch die Mutter, die seine Traurigkeit sah, versuchte immer mehr, ihn zu trösten, aber alles war umsonst. Da sagte er schliesslich eines Tages: «Jetzt, liebe Mutter, muss ich auf der Suche nach meiner Braut bis auf den Glasberg - oder ich muss vor Sehnsucht sterben. Da hast du vorläufig das auf Zinsen gelegte Kapital zur deiner vollen Verfügung, und verzeih mir, dass ich dich heute verlassen muss. - Wolle Gott, dass ich sie bald finde, um dann wieder zu dir zurückzukehren.» - Beide weinten und schluchzten, und dann verliess er entschlossen sein Haus. Er schlug die Richtung der Wasserjungfrauen ein und wanderte lange; da begegnete er einem jungen Mann und fragte ihn, ob er ihm den Weg auf den Glasberg zeigen könne. Doch der antwortete: «Das sind Fragen, die man alten Männern, und nicht jungen, wie ich einer bin, stellen soll. Schau dort, im Val Scalera ist ein alter Mann, vielleicht kann der dir den Weg zeigen.» Nun wanderte er bis gegen Abend und gelangte dann zu jenem Alten im Val Scalera, den fragte er nach dem Weg auf den Glasberg. Aber der Alte antwortete sogleich, dass er ihm da nicht helfen könne, doch sein Bruder Mond, der in einer Hütte auf jenem Berg - er zeigte mit der Hand darauf - wohne, könne das gewiss. «Für heute», sagte er dann, «ist es zu spät, um noch da hinauf zu gelangen. Komm herein und schlafe hier bei mir, morgen kannst du dann hinauf!» Der gute Bursche nahm die Einladung gerne an, da er müde war. Er trat ein, der Alte gab ihm zu essen, und er schlief bei ihm, und am Morgen, nachdem er gegessen hatte, dankte er ihm für die erwiesene Güte und brach zum Berg auf. Dieser war so hoch, dass er erst gegen Abend zur Hütte gelangte. Der Bruder Mond fragte ihn sofort: «Wohin gehst du, Mensch?» - «Ich bin auf der Suche nach meiner Braut auf dem Glasberg!» antwortete er. Dann erzählte er ihm die ganze Geschichte: Dass er mit einem Mädchen vom Glasberg verlobt war und dass sie Heimweh nach ihren Bergen hatte und weggegangen sei mit den Worten: «Wenn du mich wieder haben willst, so musst du auf den Glasberg kommen, um mich zu holen!» Da er den Weg dort hinauf nicht wisse, habe ein alter Mann im Val Scalera ihn zu ihm gewiesen, weil er ihn sicher zeigen könne. «Ich will in meinem Buch nachsehen», sagte der Bruder Mond, «ob ich etwas finde, doch ich zweifle sehr; meine Schwester Sonne aber, die auf jenem Berg» - er zeigte ihn mit der Hand - «wohnt, die ist älter und hat ein viel grösseres Buch als meines; zu der kannst du dann morgen gehen, wenn wir es heute Abend nicht herausfinden; die kann dir sicher den Weg zeigen. Komm in meine Hütte, iss mit mir zu Abend und schlafe hier, dann schauen wir im Buch nach.» Der Bursche nahm die Einladung gern an, doch als er in die Hütte kam, war darin eine solche  Kälte, dass die Haare und der Bart gefroren. Der Bruder Mond blätterte dann lange in seinem Buch, fand jedoch nichts. Dann kam das Abendessen, und nachdem er gegessen hatte, ging er rasch zu Bett, unter das Kissen, um sich gegen die Kälte zu schützen. Am Morgen dankte er nach dem Essen dem guten Mond und brach sogleich auf. Er sah, dass der Berg, worauf die Schwester Sonne wohnte, wohl viel höher war und musste schneller laufen, um noch vor Einbruch der Nacht dort oben zu sein. Oben fand er vor ihrer Hütte sitzend die Schwester Sonne, die fragte ihn auch sofort: «Wohin gehst du, Mensch?» - «Meine Braut auf dem Glasberg suchen», war die Antwort; «und da ich den Weg nicht wusste, hat mich Euer Bruder Mond zu Euch geschickt. Wollt Ihr die Güte haben, mir den Weg zu zeigen?» - «Gern, wenn ich in meinem Buch etwas finde. Komm unterdessen herein und iss mit mir zu Abend, dann will ich suchen.» Da dort kein anderer Unterschlupf war, nahm er die Einladung dankend an. Auch der Schwester Sonne musste der Bursche dann auf ihre Bitte den Grund für seine Reise erzählen. Nach dem Abendessen blätterte die alte Frau in einem grossen Buch, während der Jüngling, um sich gegen die Hitze zu schützen und weil er stark schwitzte, vor der Hütte sass. «Ich finde nichts», sagte die Schwester Sonne, «aber verliere den Mut nicht, morgen gehst du auf jenen hohen Berg» - sie zeigte ihn mit der Hand - «zu Bruder Wind, der ist älter als ich und hat ein doppelt so grosses Buch wie meines, und der kann dir dann gewiss den Weg zeigen.» Nachdem er geschlafen und am Morgen gegessen hatte, brach er sofort auf, denn der Berg des Bruders Wind war noch viel höher. Abends langte er beim Einnachten dort oben an und fand neben seiner kreisenden Hütte den Bruder Wind, der fragte ihn auch sofort: «Wohin gehst du, Mensch?» - «Auf den Glasberg, auf die Suche nach meiner Braut, und da ich den Weg nicht weiss, haben mich Euer Bruder Mond und Eure Schwester Sonne zu Euch geschickt. Wollt Ihr so gut sein und mir den Weg zeigen?» - «Oh, das weiss ich, wo der Glasberg ist, ohne im Buch nachzusehen; doch da kannst du nicht hinauf.» - «Ich muss da hinauf oder ich sterbe», sagte der Bursche. «Schon recht, komm in meine Hütte, iss zu Abend und schlafe bei mir, dann kannst du es morgen nach dem Essen versuchen.» Auch hier nahm der Bursche die Einladung mit grossem Dank an. Er ging recht bald schlafen, da er müde war von der Reise und vom Wind, der dort herumblies wie ein wirbelnder Kreisel. Am Morgen gab ihm der Bruder Wind einen Ball - eine Kugel - und sagte: «Dieser Ball wird vor dir her rollen und dich bis an den Fuss des Glasberges führen.» Weiter erhielt der Bursche von Bruder Wind eine Hacke, um Tritte in den steilen und glatten Abhang zu schlagen. Mit diesen Werkzeugen brach er auf und dankte dem Bruder Wind herzlich. Der Ball rollte ihm voraus, und wenn er ausruhen musste, blieb auch der Ball stehen, so gelangte er an den Fuss des Berges. Da begann er Tritte zu hauen, weil er wegen der Glätte nicht weiter kam, doch als er merkte, dass er nicht fertig wurde, begann er zu weinen. Nun hörte er, dass Bruder Wind ihm rief: «Warte, du armer verliebter Mensch, ich will dir helfen.» Und plötzlich erhob sich ein gewaltiger Wind, der ihn durch die Luft trug, den ganzen steilen Hang hinauf bis auf den Berg. «Oh, danke, danke», rief er, «lieber Herr Wind!» Halb erstickt vom heftigen Wind, musste der arme Bursche eine recht lange Pause machen, um sich zu erholen; dann konnte er endlich erkennen, dass er jetzt doch auf dem Glasberg angekommen war. - Mitten in einer schönen langen Mulde stand ein Schloss aus Glas, das wie ein Spiegel glänzte. Ohne Zeit zu verlieren, lief er jetzt schneller Richtung Schloss, in welchem er nur eine alte Frau fand; und er fragte die: «Wo sind die Jungfrauen, die täglich ihr Bad genommen haben, Signora?» «Aha! Das sind meine zehn Töchter, die heute ein wenig spazieren gegangen sind. Sie werden bald zurückkommen», antwortete die Alte. «Ihr seid sicher mein Schwiegersohn, der meiner jüngsten Tochter die Flügel gestohlen hat?» «Das mag wohl stimmen», antwortete der Bursche, «doch Ihr werdet mir zustimmen, dass die Liebe keine Grenze kennt.» «Wohl, wohl!» sagte die Alte, «dann werdet Ihr auch einverstanden sein müssen, dass ich als Mutter das Recht habe, von Euch - vor der Verlobung - drei Aufgaben zu verlangen, um mich zu überzeugen, dass Ihr auch fähig seid, eine Familie zu ernähren. Denn ich will nicht, dass meine Tochter ins Elend stürzt.» «Und was muss ich denn tun?» fragte der Bursche. Die Aufgaben erledigt Ihr in drei Tagen, morgen werdet Ihr damit beginnen und mehr erfahren», antwortete die Alte. Dann öffnete sie ein Fenster, durch welches alle zehn Jungfrauen, eine nach der andern, hereinflogen. Überrascht, ihn hier vorzufinden, fiel ihm seine Braut um den Hals - und sagte: «Bist du doch endlich bis hier herauf gekommen, um mich zu holen?» - «Ja, Liebe, ja» antwortete er, «ich hatte eine lange und beschwerliche Reise, doch der Herr Wind hatte die Güte, mir dabei zu helfen, sonst wäre ich nicht hier.» Vor dem Schlafengehen kam die Alte mit dem Essen, und am andern Tag nach dem Morgenessen drückte sie ihm eine Axt in die Hand und sagte - in vertraulichem Ton: «Du als Holzknecht musst heute alle Bäume in diesem Tobel fällen und entasten.» Rasch machte sich der Bursche daran, einen Baum zu fällen, aber nach den ersten Hieben verbog sich die Axt zu einem Rad - da sie aus reinem Blei war. Nun begann der Bursche zu weinen, denn es war unmöglich, mit einer solchen Axt zu arbeiten, und er weinte bis Mittag. Als seine Braut mit dem Essen kam, sah sie es, und dann fragte sie: «Warum weinst du, und warum arbeitest du nicht?» - «Ach», antwortete er, «wie soll ich arbeiten mit der Bleiaxt, die deine Mutter mir gegeben hat?» - «So etwas!» meinte sie, «komm her, iss zu Mittag und mach ein Schläfchen, dann wird man sehen!» Nachdem er gegessen und geschlafen hatte, war die ganze Arbeit fertig. Am andern Tag führte ihn die Alte zu einem See, gab ihm eine Kelle und befahl: «Diesen See musst du heute vollständig ausschöpfen», und sie ging davon. Der arme Bursche machte sich daran, aber die Kelle hatte Löcher und hielt das Wasser nicht, so dass er sich getäuscht sah und wieder zu weinen begann, bis seine Braut mit dem Mittagessen erschien. Die sagte zu ihm: «Du hast heute wenig gearbeitet, was fehlt dir?» - «Ach!» antwortete er, «wie soll ich diesen See ausschöpfen mit der Lochkelle, die deine Mutter mir gegeben hat?» - «So etwas!» meinte sie, «komm her, iss zu Mittag und schlafe wieder ein wenig, dann wird man sehen.» Nachdem ergegessen und geschlafen hatte, war der See vollständig leer. Abends nach dem Essen stellte dann die Alte die dritte Aufgabe: «Morgen gehen meine Töchter spazieren, alle weiss gekleidet und das Gesicht mit einem Schleier bedeckt; wenn sie durch das Fenster zurückkehren, musst du jene packen, welche deine Braut ist; - wenn du die Richtige erwischst — gut gegangen — erwischst du die Falsche, so kannst du verschwinden.» Heimlich sagte dann seine Braut zu ihm: «Achte darauf, an meinem rechten Fuss lasse ich ein rotes Band hängen.» Gegen Mittag kehren die Töchter durch das Fenster zurück; jetzt packt der Bursche seine Braut und sagt: «Diese ist mein», und umarmt sie. Nachdem nun alle drei Aufgaben gelöst waren, musste dann auch die Alte in die Heirat einwilligen und zulassen, dass der Bursche die Braut in sein Haus mitnahm. Dennoch erklärte sie, um sich keine Blösse zu geben: «Wenn zwei sind, die sich lieben, kann man nicht genug aufpassen.» Der Bursche blieb noch einige Tage zum Vergnügen auf dem Berg; dann reiste er mit seiner Braut ab, heimwärts. Unterwegs sagte die zu ihm: «Du wirst sehen, dass meine Mutter es bereut und nachkommt, um mich zurückzuholen; ich darf nicht zurückschauen, sonst würde ich durch ihre Kunst zu Stein; schau du zurück, und wenn du siehst, dass sie immer näher kommt, so wirf aus dieser Dose eine dieser drei roten Läuse auf den Boden - als Sperre zwischen uns und ihr - die Laus wird dann zum Berg; unterdessen gehen wir weiter.» Wirklich sah der Jüngling, dass die Alte ihnen auf dem Fuss folgte, da warf er die erste Laus, die wuchs rasch zu einem Berg heran, den sie allmählich überwand, und sie war ihnen wieder auf den Fersen. Dann warf der Bursche die zweite Laus, die zu einem viel höheren Berg wurde, aber auch darüber konnte die Alte klettern, und sie folgte ihnen auf dem Fuss. Da warf der Bursche die dritte Laus, und über diesen dritten Berg kam die Alte nicht mehr; - so kamen sie ungestört nach Hause und fanden die gute Mutter noch am Leben. Da hielten sie bald Hochzeit, und sie lebten froh und zufrieden als glückliches Ehepaar. (Unterengadin)   Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Glasbrunnen

Source: Der Glasbrunnen

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Auf einem Schlosse wohnte eine Jungfrau, die war so schön, man konnte auf der Welt nichts Schöneres sehn. Sie hatte dunkelbraune Haare, und ihre Augen waren so glänzend schwarz, daß man fast so wenig darein blicken konnte, wie ins liebe Sonnenlicht. Die Jungfrau hatte aber ein hochmütiges Herz, und alle Freier, die auf das Schloß kamen, wies sie schnöde von hinnen; und wenn es die reichsten Grafensöhne waren, so wurden sie doch nur eine Zeitlang zum Besten gehalten und dann unter Hohn und Spott verabschiedet wie die andern, auf Nimmerwiedersehen. Das ging nun so, so lang es ging. Eines Tages kam ein Jüngling, der gefiel der Jungfrau heimlich über die Maßen wohl. Ihr stolzes Herz ließ ihr aber nicht zu, daß sie es gestanden hätte; und so ließ sie ihn Geschenke auf Geschenke, eines prächtiger und reicher als das andere, auf das Schloß bringen und wies ihn jedesmal mit künstlichen Worten ab, sooft er sie bat, daß sie jetzt seine Braut werden möchte. An einem Abend saßen die beiden zusammen im Walde nahe bei einer Quelle, die tief aus einem moosigen Felsen heraussprudelte. Da sagte die Jungfrau zu dem Jüngling: »Ich weiß, Ihr könnt mir keinen Fürstenthron zum Brautschatz schenken; gleichwohl will ich Eure Braut sein, wenn Ihr mir an der Stelle des Dorngebüsches, das hier diese Quelle verdeckt, ein Wasserbecken von Edelsteinen herrichtet, die so rein sind wie Glas und so lauter wie das Wasser, das darein fließt.« Nun fügte sich's, daß die Mutter des Jünglings eine Fee war; und als er ihr noch am gleichen Tag erzählte, was die Jungfrau auf dem Schlosse von ihm verlangte, da erstellte sie über Nacht ein Brunnenbecken in dem Wald, das überstrahlte in Blau und Gelb und Karmesin alle Blumen. Am andern Morgen sagte die Jungfrau zu dem Jüngling: »Etwas habt Ihr getan; es ist aber noch nicht alles, was ich billig verlangen kann. Zu dem Brunnenbecken gehört ein Garten; den müßt Ihr mir noch an die Stelle des Waldes setzen, sonst kann ich Eure Braut nicht sein.« Das sagte der Jüngling wiederum seiner Mutter; und als am Abend die Jungfrau an dem Brunnen saß, da sproßte es rings um sie her veilchenblau und rosenrot auf, und in einem Augenblicke war der ganze Wald ein Garten; der Boden war mit Millionen Blumen übersät und in den Büschen sangen und hüpften wilde und zahme Vögel, daß es eine Freude war. Der Jungfrau lachte bei diesem Anblick das Herz, und als nun der Jüngling herzukam, so wäre sie ihm beinahe um den Hals gefallen und seine Braut geworden; allein auf einmal fielen ihre Augen auf ihr Schloß, das sich nun gar alt und seltsam ausnahm neben dem prächtigen Garten mit dem funkelnden Glasbrunnen. Da sagte sie: »Der Garten gefällt mir; es ist aber noch nicht alles, was ich billig verlangen kann; an die Stelle des alten Schlosses müßt Ihr mir eins von Rubin und Perlen erbauen, sonst kann ich Eure Braut nicht sein.« Als der Jüngling diese Rede seiner Mutter wieder hinterbrachte, da wurde die Fee von Zorn erfüllt; im Augenblick war der schöne Garten verschwunden und das alte Waldgestrüpp wucherte wieder fort; nur der schimmernde Glasbrunnen blieb, und daran saß jetzt die Jungfrau alle Abend und wartete mit Sehnsucht auf den Jüngling; aber dieser blieb fort; denn seine Mutter hatte ihm das stolze Herz der Jungfrau geoffenbart; und wenn sie nicht gestorben ist, so sitzt sie noch dort.   Quelle: Otto Sutermeister, Kinder- und Hausmärchen aus der Schweiz, Aarau, H.R. Sauerländer, 1869 Lesen Sie den Bericht zu diesem Märchen   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Glasbrunnen bei Bremgarten

Source: Der Glasbrunnen bei Bremgarten

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Im Walde Bremgarten, der zur Stadt Bern gehört und eine grosse Halbinsel an der Aare macht, liegt der wegen seines Quellenwassers von Spaziergängern viel besuchte Glassbrunnen. Das zunächst im Boden austehende Grundgemäuer deutet man auf ein einstiges „Jagdschlössli". Die Wilde Jagd geht mit grossem Halloh um Ostern und Weihnachten hier durch. Der Jäger schleppt in grüner Schürze Geld zum Austeilen mit, seine Hunde sind dreibeinig. Allein zugleich spült dann eine Jungfrau in alter Landestracht Schüssel und Geschirr am Brunnen, alles pures Gold und dem zu eigen, der sie erlöst.      (Mündlich.)   Band 3.2, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962, Kapitel: Das Heumütterli bei Niederwil, S. 135 - 137 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Der Gletscher ob Flims

Source: Der Gletscher ob Flims

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Ob Flims in Graubünden lag eine grüne Alp, welche einer Witwe gehörte. Nebenan waren die Besitzungen eines reichen Mannes. Dieser behauptete, der Witwe Alpe gehöre ihm, denn ihr seliger Mann habe sie ihm in einem Schuldbriefe verschrieben. Die Witwe wusste aber wohl, dass die Alp ihrem einzigen Sohne bestimmt war. Als sie vor den Richter kamen, sprach dieser, vom Reichen bestochen, die Alp demselben zu. Kaum hatte er sie aber drei Tage besessen, so brach ein Unwetter los; es stürmte und donnerte, und es fiel ein solcher Schnee, dass in kurzem die weidereiche Alp mit einem Gletscher überdeckt war. Noch steht jetzt die Eismasse da wo die Alp der Witwe gegrünt hat, und ringsum blühen Gras und Kräuter. Quelle: Theodor Vernaleken, Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch


by Der Glockenguss zu Oltingen

Source: Der Glockenguss zu Oltingen

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«osana / heis / ich / die / gemeinne / von / oltinen / macht / mich / meister / hans / meiger / von / wissen / borg / gos / mich / in / er / maria / s / niclause + anno / domini / mcccclxxxxii». Diese Inschrift ziert mit ihren schönen gotischen Kleinbuchstaben die grösste Glocke der Niklauskirche von Oltingen. Von dieser Glocke geht die Sage, dass sie Silber enthalte und auf dem Spielhof zu Oltingen gegossen worden sei. My Grossmueter, da`sch die, wo fascht hunderti worde n-isch – und sie het no-n-äs guets Gedächtnis gha – het abe gseitdie Glogge syg z’Oltige gosse worde. Do syg eini derzue cho, e Rychi, e Burgfräulein syg si gsi uf im Zig obe: es Hus heig si gha dort obe, und Zusanni heig si gheisse. Dernoh heig ’s nit glängt (das Glockenmetall). Und do syg die noh mit eme Schurz voll Brawänder (Brabantertaler) cho und heig se dry gschüttet. Dernoh heig’s glängt, und me heig die Glogge wäge däm Zusanni tauft. Dernoh het d’Grossmueter abe gseit drüberabe: «Ich weiss jo nit, öb das wohr gsi isch. Aber es het’s gheisse.» Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Glöggeler

Source: Der Glöggeler

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Ihrer vier junge Burschen aus dem Dorf sind seinerzeit an einem schönen Abend ein wenig obsi gegangen und haben im «Tagweidli» am Wiggis im Heu übernachtet. Wie sie nun eben am Einschlafen waren, und alles war still und dunkel, da hört einer draussen auf der Weid glöckeln, als ob ein Stück Vieh noch um die Hütte herumstriche und Einlass heischte, und doch war kein Häuptlein mehr auf dem ganzen Stafel. Dann hörten die andern drei das Glöckeln auch, und es schien ihnen, als ob irgendein Ton dabei sein müsste, der zu keiner Herdenglocke passte und einen fast unheimlichen und seltsamen Eindruck auf die vier machte. «Das ist weder Geiss noch Kuh!» sagt schliesslich der Kuraschierteste von den vieren und ruft zum Guggeerli hinaus: «He! wer ist da?» Aber da hat das unheimliche Schellen und Glöckeln mit einem Mal aufgehört, und es schien, als ob nur noch Unsichtbare über Gras und Wieswachs davonliefen. Und dann war alles wieder stille wie zuvor. Als die Burschen das Begebnis einem Sennen erzählten, nickte er nachdenklich und meinte nur: «So? geht der Wiggisgeist wieder um? Seit fünf Jahren hat er sich nun nicht mehr hören lassen, der alte Glöggeler. Wenn man wüsste, was der bei seinen Lebzeiten alles gebosget hat, vielleicht könnte man ihm dann helfen.» Aber das weiss kein Mensch, und so muss er von Zeit zu Zeit wieder über die Alp und sein Glöcklein tönen lassen!   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der glückliche Jäger

Source: Der glückliche Jäger

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Vor Jahren lebte in Ruis ein sehr geübter Jäger, der zur Zeit der Gemsenjagd jeden Tag eine Gemse heimbrachte. Die Leute konnten nicht begreifen, wo er immer seine Gemsen herholte, und fielen auf den Gedanken, der Kerl müsse mit dem Teufel im Bunde sein; aber einer seiner Freunde wollte das nicht glauben und begleitete ihn eines Tages auf die Jagd, um aus dem Wunder zu kommen. - Sie kamen durch die Ruiser-Alpe und da sagte plötzlich der Jäger zum Freunde: »Schau', dort auf der Halde sind einige Gemsen, die nach der Ruscheiner-Alpe Reissaus nehmen.« Der Andere schaute auf den bezeichneten Fleck, sah aber nichts. »So nimm mein Gewehr, jetzt stehen sie schön, schiesse, und Du wirst Eine bekomrnen.« Der Kamerad nahm das Gewehr, zielte und schoss. Wirklich fiel ein Grattier. Der Freund gab dem Jäger das Gewehr zurück und wusste nun, dass es wahr sein musste, was die Leute sagten. Der Jäger hatte halt ein Freigewehr. - Von da an fürchtete auch er seinen Freund wie's Feuer. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der glühende Marchstein

Source: Der glühende Marchstein

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In einem sametbraun gebrannten Häuslein auf der Wangfuhre in Wengen wohnte einst ein altes Ehepaar. Die Frau besorgte die Haushaltung und wob fleissig Leinen für Bettzeug und Wäsche. Der Mann betreute Grund und Boden wie den kleinen Viehstand mit Liebe und Umsicht. Sie lebten in Glück und Zufriedenheit, und mit den Nachbarn auf dem Bühl hatten sie nie ein Widerwort. Zur Zeit der langen Nächte, wenn der winterliche Schneegux um die Ecken pfiff, kamen die vom Bühl oft herunter zum Abendsitz. Die Frauen spannen, und die Männer lagen dem Tubaken ob, das auch bei ihnen aus jungem Hochmut zu alter Gewohnheit geworden. Eines Abends öffnete der von der Wangfuhre das Stubenfenster, um seine Pfeife auszuklopfen. Auf einmal sah er oben am Hag einen Mann mit einem glühenden Marchstein auf einer Achsel. Er erkannte ihn deutlich; es war der Bauer, von dem er seinerzeit Häuslein und Fuhre erstanden, und der schon vor Jahr und Tag drunten im Grund beim Kirchlein sechs Fuss tief lag. Der alte Wangfuhrner vergass, sein Pfeiflein auszuklopfen und wurde so weiss wie ein Tischlaken, als er hörte, wie der ihm zurief, er solle heraus und mit ihm kommen. Der alte Mann aber fürchtete sich schier, zu einem Toten hinauszugehen. Dann fragte er erst den seltsamen Steinträger, was das alles zu bedeuten habe. Nun bekam er vom Geist den Bescheid, dass er bei Lebzeiten falsch gemarchet habe. Jetzt bat dieser den Bauern, er solle um des lieben Herrgotts und seiner eigenen Seligkeit willen mit ihm kommen und ihm helfen, den Marchstein setzen. Weil der Wangfuhrner sich noch immer fürchtete, rief der Unselige ihm zu, er solle nur guten Mutes kommen, es werde ihm auch nicht ein Haar gekrümmt. Er müsse ein Lichtlein nehmen, sich kleiden, wie es sich für einen Mann geziemt, der eine ernste Handlung vorzunehmen gedenke. Beileibe aber dürfe er ihm nicht das letzte Wort lassen, wenn sie von einander. Der alte Bauer liess die verdutzten Nachbarn und seine Frau, die von allem nichts gemerkt hatten, in der Stube sitzen und ging wortlos hinaus. Oben am Hag fragte ihn der Steinträger: "Wo soll ich ihn setzen?" — "Setz ihn da, wo er hingehört, an den richtigen Ort!" Darauf liess er die brennende Last fallen, eine halbe Elle diesseits des Hages, und sie setzten ihn miteinander. Dann suchten sie noch einen andern Stein, schlugen ihn in zwei ungefähr gleich grosse Teile, so, dass man sehen konnte, dass sie ein Stück gewesen und setzten diese als untrügliche Gültigkeitszeugen beidseitig neben den Marchstein. Wie das ernste Werk getan, sagte der Verstorbene, jetzt sei er erlöst, und ein Dutzend Vergeltsgott und Dankheigist sprangen über seine Lippen. Damit fuhr er mit einem Male durch die Luft aus gen Himmel und dankte in einem fort. Der Wangfuhrenbauer entgegnete ihm: "Dafür brauchst du nicht zu danken." Noch von weit, weit aus der Luft oben klangen die Worte an sein Ohr, aber immer ferner und schwächer. Er liess ihm nicht das letzte Wort und rief ihm in den nachtschwarzen Himmel hinauf nach: "Dafür brauchst du nicht zu danken, dafür brauchst du nicht zu danken!" Als er wieder in die Stube trat, verabschiedeten sich die Nachbarn. Der Wangfuhrner aber setzte sich fröstelnd in die Ofenecke und wagte es nicht, sich zu Bett zu legen, denn es schien ihm, er höre den Erlösten noch in einem fort danken hoch oben aus den Lüften, und er bleibe ihm das letzte Wort schuldig. Bis gegen Morgen hin brummelte er schläfrig aus der Ofenecke: "Dafür brauchst du nicht zu danken, dafür brauchst du nicht zu danken!" Er hatte aber die Mahnung, sich zu kleiden, wie es sich für einen Mann gezieme, der eine ernste Handlung vorzunehmen gedenke, nicht beachtet, war gedankenlos, gegen guten Brauch verstossend in der Zittelkappe hinausgegangen. Seither ertrug er nur noch diese Kopfbedeckung. Der Bauer an der Wangfuhre und der auf dem Bühl, die taten einander wegen der verschobenen March nichts zuwider und zuleid. Sie versetzten den Hag an den richtigen Ort und lebten weiter in Frieden und Eintracht. Quelle: Hans Michel, Ein Kratten voll Lauterbrunner Sagen. Wengen 1936. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Goldbrunnen

Source: Der Goldbrunnen

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In den Kalten-Wässern ob der Simplonstrasse, wo jetzt ein Gletscherreich ist, soll vor vielen Jahren aus einem Felsen eine Goldader geflossen sein. Ein Weib, das für eine Wahrsagerin galt, soll ihn, den Goldbrunnen, in einem Bergspiegel, der die verborgenen Schätze aufdeckte, deutlich gesehen haben. Einige arme Männer machten sich in aller Stille auf, um diese Goldquelle zu entdecken. Sie nahmen eine Wünschelrute mit sich, welche ihnen den Ort anzeigen sollte. Lange irrten sie auf dem Gletscher herum, indem ihnen die Rute bald hier, bald dorthin zeigte. Endlich kamen sie an einen Ort, wo die Rute sich rundumdrehte. Hier muss es sein, sagten sie zueinander, wo der Goldbrunnen sich befindet. Sogleich fingen sie an einem Felsen mit ihren Sprengbohr-Instrumenten zu arbeiten an. Da hörten sie auf einmal ein so schreckliches Getöse, als wenn ganze Felsen auf sie gewälzt würden. Die Arbeiter ergriff eine solche Furcht, dass sie ihre Instrumente, samt der Wünschelrute im Stich liessen und eiligst die Flucht ergriffen. Später fragten sie wieder die Wahrsagerin, wo denn doch dieser Schatz wäre, ob man ihn nicht entdecken könnte. Sie wollten das Weib nur versuchen und ihr verschweigen, dass sie ohne Erfolg schon dort gewesen wären. «Wie», sagte sie, indem sie wieder in den Bergspiegel schaute, «ihr seid ja schon da gewesen; ich sehe ja eure Instrumente, die ihr gebraucht habet; ihr seid gerade über dem Schatz gewesen. Die Goldquelle tröpfelt in einen Hafen und der Hafen ist bald voll. Aber zwischen euren Instrumenten und dem Schatze sitzt ein graues Männlein, welches den Hafen 'verwachet'.» Oft gingen noch später diese Männer dahin, um die Wünschelrute und Instrumente aufzusuchen, aber nie konnten sie dieselbe mehr entdecken; denn alles war durch den Gletscher verändert worden.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Goldbrunnen (Mundart)

Source: Der Goldbrunnen (Mundart)

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I der Vilteser Alp, schier am Wildsei joubä, soll amenä fürchtägä Abhang ä routi Plattä, wou döri sus kei söttig sind, an der Felswand sich alihne wenä Tür. Diä ufrächt Plattä soll der Igang zumenä Goldbrunnä si, und ds Volch hat au vumenä fahrende Schüeler gwütsst, dar all Jouhr heimlägerwis dort uffi sei gä Goldwasser schöpfä. Albrecht, Erinnerungen.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 191, S. 89 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Golddrache in Unterschächen

Source: Der Golddrache in Unterschächen

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Oberhalb Unterschächen in einer Berghöhle am Eingang in das Brunnital, an der jähen Ostwand des Tales, hat vor Zeiten ein Drache gehaust. Er fuhr fleissig aus und glich exakt einer entasteten, feurigen Tanne, ist aber seit vielen Jahren nicht mehr gesehen worden. Man glaubt aber, er werde wieder zum Vorschein kommen. »Syg-er dinnä solang as er well, einisch chund-er sicher wider virä.« K. Gisler, 75 Jahre alt. In der Nähe dieser Drachenwohnung ist noch eine zweite Höhle zu finden, in der sich, wie ein fahrender Schüler die Unterschächner belehrte, eine Goldader befinden soll, die sich in grosser Mächtigkeit bis unter die Alp Trogen hineinziehe. Vor einigen Jahren versuchten etliche kühne Gesellen, von oben herunter in die Höhle zu gelangen, indem sie sich an Seilen herunterliessen. Die Goldsucher aber mussten unverrichteter Dinge wieder heimziehen, denn der überhängende Felsen erlaubte ihnen trotz allen Probierens und Versuchens nicht, zur Höhle zu gelangen. Mitgeteilt: Blasius Imhof Ein Erzähler aus Unterschächen will auch einen feurigen Drachen gesehen haben. Aus seiner Beschreibung geht unverkennbar hervor, dass es ein Meteor gewesen. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der goldene Baum im Bristenstock

Source: Der goldene Baum im Bristenstock

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1. Zwei Männer aus der Riedmatt arbeiteten bei ihrem Hause am Holz, als ein fremdes Mandli auf dem Saumwege daherkam. Die beiden Riedmatter betrachteten es schon von ferne, und einer sagte zum andern: »Dü, isch das ächt nid ä fahrädä Schüeler?« Als das Mandli an ihnen vorbeigehen wollte, redeten sie es an und teilten ihm ihre Vermutung mit. »Das bin ich,« erwiderte es, »und jetzt möchte ich euch etwas zeigen. Im Bristenstock, an den ihr täglich hinaufschauet, ist ein Baum aus lauter Gold. Schauet über meiner rechten Achsel über meinen Arm und gucket hinauf und saget mir, was ihr sehet.« Und er streckte den rechten Arm aus, und sie schauten beide, einer nach dem andern, darüber hinweg an den Bristenstock hinauf, und beide erklärten, sie sehen einen glänzenden goldenen Ast. Aber, obwohl sie beide die Stelle sich genau gemerkt hatten, so sahen und fanden sie doch, sobald sie nicht mehr über den Arm des fahrenden Schülers guckten, keine Spur von dem goldenen Ast. Joh. Jos. Jauch, 80 J. alt, Maderanertal 2. Ein fahrender Schüler offenbarte, im Bristenstock sei eine Buche aus lauter klarem Gold, deren Wurzeln bis in die Reuss und deren Äste bis an den »Höchsten Bristen«, d.h. bis an die höchste Spitze des Bristenstockes reichen. Fr. Walker-Furger, 85 J. alt, Amsteg Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der goldene Brunnen bei Kloten

Source: Der goldene Brunnen bei Kloten

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Der goldene Brunnen bei Kloten Unweit Kloten, gegen Bülach zu, liegt ein kleiner Weiher, das goldene Tor genannt. Er ist an sich nicht tief; aber. eine Menge Löcher befinden sich darin, die, wie es heisst, unergründlich sind. Aus diesen quillt unaufhörlich zarter Sand in kleinen Goldblättchen herauf. Ein Knabe, der Schafe hütete, hatte sich am Rande des Teiches niedergelegt. Plötzlich wird das Wasser unruhig; ein Strom von Sand dringt herauf. Dann zerteilt sich die Flut, und eine schöne Jungfrau steht vor dem erstaunten Knaben. Lächelnd streckt sie ihm einen goldenen Ring entgegen. Der Knabe will ihn haschen; sie zieht aber allmählich die Hand zurück, bis der Nachlangende ins Wasser fällt. Alsdann umschlingt sie ihn und fährt mit ihm in zur Tiefe. Ein Bauersmann hatte das angstvolle Geschrei des sich Sträubenden gehört und eilte herbei. Aber obgleich der Weiher, wie gewöhnlich, klar und seicht ist, kann der Bauer den Knaben doch nicht erblicken, bis dieser plötzlich aus einer dieser Quellöffnungen wie ein Pfeil herausschiesst. Er ist bewusstlos, als ihn der Bauer aus dem Wasser zieht. Wie er aber wieder zu sich selbst kommt, erzählt er, die Jungfrau des Wassers sei mit ihm in reissender Schnelligkeit tief, unendlich tief hinabgefahren, bis plötzlich eine schöne Gegend sich unten aufgetan habe. Sie hätte da festen Grund gefasst, und eine grosse, herrliche Stadt mit einem goldenen Tore sei gerade vor ihnen gewesen. Plötzlich sei eine andere schöne Jungfrau aus demselben herausgetreten. Da habe die, welche ihn umschlungen und getragen, rasch die Arme geöffnet, um ihr entgegenzueilen Kaum sei er aber nicht mehr festgehalten worden, so habe es ihn mit solcher Schnelligkeit und Heftigkeit emporgerissen, dass er sogleich darüber das Bewusstsein verloren. Später ist der Knabe noch oftmals um Weiher gegangen; die schöne Jungfrau hat er jedoch nie wieder gesehen. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Unterland Nach Herzog I, S. 215, mit unbedeutenden stilistischen Änderungen; Mem. Tig. 1742, S. 551; Lienert, S. 18; Stauber, S. 64; Büchli 3, S. 93; Hedinger, S. 9; P. Corrodi im „Wehntaler“ vom 14. 4. 1947, Nr. 43. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der goldene Brunnen bei Kloten

Source: Der goldene Brunnen bei Kloten

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Unterhalb dem Pfarrdorf Kloten ist eine sumpfige Wiese, die Lachenwiese genannt, mit einem kleinen Weiher, der den Namen güldenes Tor oder güldenes Brünnlein führt. Hier soll einst von den Edlen von Kloten, die unweit ans dem sogenannten Homberg ihren Edelsitz hatten, zu einer Zeit da sie von ihren Feinden hart bedrängt waren, ein reicher Schatz, darunter ein großes goldenes Tor, versenkt worden sein. Dass dem aber wirklich so sei, beweisen nicht nur die Goldflitter, welche eine Menge große und kleine Quellen von dem Boden des Weihers emporsprudeln und die dort ein Jeder ganz deutlich sehen kann, sondern auch der Schatz selbst, der in gewissen Nächten samt dem goldenen Tore, das sich dann mit blendendem Glanze hoch über den Weiher erhebt, aus seiner Tiefe emporsteigt; den Schatz und das Tor aber sieht freilich nicht Jedermann, davon wissen nur Fronfastenkinder zu erzählen. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der goldene Pantoffel oder Die Sternenkleider

Source: Der goldene Pantoffel oder Die Sternenkleider

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Es waren einmal ein Mann und eine Frau, die hatten eine Tochter namens Maria. Das war ein schönes Mädchen mit blauen Augen und blonden Haaren, die wie Gold glänzten. Seit Marias Geburt hatte sich ihre Mutter nie mehr ganz erholt; sie war ständig krank und wurde von Tag zu Tag schwächer und elender. Das Mädchen war noch sehr jung und hatte kaum mit der Schule begonnen, als eines schönen Tages die Mutter starb. Der arme Mann war zuerst halb verzweifelt und wusste nicht, was anfangen. Mit der Zeit dachte er an eine zweite Heirat, denn er konnte das Mädchen nicht allein lassen. Er verheiratete sich folglich mit einer Köhlerin. Mit der hatte er noch zwei Töchter, von denen keine so schön wie Maria war. Darum behandelten sie diese auch schlecht und hassten sie. Bis zur Geburt ihrer Töchter war die Stiefmutter immer freundlich zu Maria gewesen, aber seither hatte sich das geändert. Die arme Maria war deshalb unglücklich und unzufrieden; doch sie zeigte das nie und beklagte sich nie darüber bei andern. Der Vater, der seine Tochter sehr liebte, merkte es trotzdem und hatte Mitleid mit ihr. Er redete viel zu ihren Gunsten mit seiner Frau, doch als er dann sah, dass die immer wütender wurde, gab er es auf. Manchmal, wenn die Stiefmutter und die Halbschwestern Maria ganz schlecht behandelten, beklagte sie sich wohl hie und da beim Vater, der zu ihr hielt und ihr immer Mut zusprach; doch auch er sah ein, dass das auf die Länge nicht gehen konnte. Die Köhlerin schaute immer, dass ihre Töchter schönere und kostbarere Kleider als Maria trugen; sie liess Maria die schwersten Haushaltsarbeiten machen, während die Halbschwestern in der Stube beim Häkeln oder Sticken sassen. Maria sagte nie etwas dazu, doch abends, wenn sie ihre Arbeit fertig hatte, ging sie bei Mondschein zuweilen auf den Friedhof hinaus, warf sich hier auf das Grab ihrer Mutter und weinte und schluchzte laut. So verging eine gute Weile, und eines schönen Tages veranstaltete der Prinz jenes Landes einen grossen und schönen Tanzabend, wo die ganze Jugend mitmachen konnte. Jetzt war selbstverständlich die Köhlerin den ganzen Tag damit beschäftigt, ihren Töchtern die schönsten Kleider nähen zu lassen; aber an Maria dachte niemand! Die hatte keinen einzigen Tanzabend besuchen dürfen, seit sie erwachsen war, und auch an die Unterhaltung des Prinzen zu gehen, wollte ihr die Stiefmutter nicht erlauben. Der Vater sagte wohl einmal zu seiner Frau: «Aber wie ist das eigentlich, lässt du meine Maria auch nicht an diesen Tanzabend gehen?» Die Köhlerin antwortete: «Das würde gerade noch fehlen, nein, nein, deine Maria geht mir nicht an Tanzabende, sie soll gescheiter ihre Arbeit machen!» Und der arme Mann hatte nicht den Mut zu widersprechen. Am gleichen Abend ging Maria, da ihr das Herz wieder schwer war, ans Grab ihrer Mutter, und dort weinte und seufzte sie mehr denn je. Plötzlich sah sie eine grosse Helligkeit über sich, und langsam kam vom Himmel herab ein wunderschönes, völlig vergoldetes Kästchen. Die arme Maria war im ersten Augenblick ganz erstaunt, dann nahm sie das schöne Ding mit und ging ganz schnell damit nach Hause zum Vater. Sie erzählte ihm, was geschehen war und öffnete mit ihm zusammen das Kästchen. Was für Schönheiten sie sahen! Im Kästchen waren zwei vollständige Ballkleider mit allem, was dazugehört: ein weisses mit goldenen und das andere blau mit silbernen Sternen. Maria nahm sofort das blaue Kleid heraus und probierte es an, und es sass ihr wie angegossen. Da sie zu einer wunderschönen Jungfrau herangewachsen war, weckte sie dadurch den Neid und den Hass der Halbschwestern erst recht. Im Kleid mit den silbernen Sternen schien sie geradezu wie eine Prinzessin, und der Vater sprach in seiner Freude zu ihr: «Siehst du, meine Tochter, was ein schönes Kleid ausmacht. Wenn deine Schwestern dich so sähen, die würden vor Wut platzen.» Unterdessen hatten Marias Schwestern sich kostbare Kleider nähen lassen, in denen sie sich so gut gefielen, dass sogar Maria diese anschauen durfte. Maria lobte die Kleider nicht wenig, und sie sagte zu ihnen: «Aber diesmal wird die eine oder andere von euch sicher als Braut heimkommen! Auf jeden Fall werdet ihr die Schönsten sein!» Diese Reden hörten beide gern, und sie waren deshalb auch anständiger zu Maria. Die hatte mit dem Vater abgemacht, sie werde sich zurechtmachen, sobald die andern weg wären. Die Stiefmutter sagte vor dem Weggehen zu ihrem Mann: «Kommst du denn nicht auch und schaust, wie deine Töchter tanzen?» Er antwortete: «O doch, vielleicht komme ich ein wenig später auch ein Weilchen, obwohl ich eigentlich wenig Lust habe, meine Maria so allein hier im Haus zu lassen!» Genug - als die andern weg waren und Maria ihre Arbeit erledigt hatte, machte sie sich mit Hilfe des Vaters an die Vorbereitungen für den Tanzabend. Sie wählte dieses Mal das blaue Kleid mit silbernen Sternen, und der Vater schenkte ihr noch ein schönes Tüchlein von der Farbe des Kleides mit breiten eingewobenen Silberstreifen. Als unsere Maria sich schön gemacht hatte, hielt eine schöne Kutsche, die der Vater für sie bestellt hatte, vor dem Haus. Der wollte nämlich, dass das Mädchen wie eine grosse Dame an den Tanzabend fuhr. Unterdessen wurde im Königsschloss schon getanzt, was das Zeug hielt, und auch Marias Halbschwestern hatten schon mehrere Tänze mit dem Prinzen hinter sich. Alles war froh und glücklich wegen der schönen Unterhaltung, da erscheint unter dem Tor auf einmal und unangemeldet eine wunderschöne junge Frau mit blondem, goldglänzendem Haar und einem himmelblauen Kleid mit silbernen Sternen. Von allen Ballkleidern war dieses das schönste und prächtigste. Kaum hatte der Prinz das Mädchen erblickt, forderte er sie zum Tanz auf, liess sie mehrere Tänze mit ihm tanzen und fragte sie schliesslich nach ihrem Namen. Maria nannte ihm nur den Vornamen. Der Vater hatte ihr gesagt, sie solle bis ungefähr zwei Uhr früh tanzen, dann aber wenn möglich heimlich verschwinden und sodann ihre Arbeit im Haus erledigen. Als es zwei Uhr war, befolgte Maria den Rat ihres Vaters, und sie verschwand unbeobachtet. Der Prinz, der diese Flucht nach kurzer Zeit bemerkt hatte, war unzufrieden und dachte bei sich: «Nächstes Mal will ich auf die Flüchtige gut aufpassen.» Unterdessen gelangte unsere Maria ungestört nach Hause, zog wieder ihr schlechtes Alltagskleid an und machte sich sogleich an die Arbeit, damit die Stiefmutter und die Halbschwestern bei ihrer Rückkehr alles in Ordnung vorfinden, sofort zu Morgen essen und sich dann hinlegen konnten. Maria fragte nun die Schwestern, wie sie sich vergnügt hätten, und die erzählten ihr, zuerst sei es sehr gut verlaufen, sie hätten mehrere Male mit dem Prinzen tanzen können, bis da kurz vor elf ganz unerwartet ein wunderschönes Mädchen mit blauen Augen und langen, goldglänzenden Haaren erschienen sei. «Und denk dir nur, von all den schönen Kleidern im Saal war jenes himmelblaue Kleid mit silbernen Sternen, welches das fremde Mädchen trug, das schönste und prächtigste. Von diesem Augenblick an hatte der Prinz nur noch Augen für sie; er schaute sonst keine einzige von den anderen mehr an und tanzte immer nur mit ihr, ja, er fragte sie schliesslich sogar nach ihrem Namen. Das fremde Mädchen sagte ihm diesen auch, doch sie nannte sich nur Maria, den Nachnamen behielt sie für sich. Jetzt denk dir nur, so um zwei Uhr herum machte sich unser schöner Vogel sanft und leise davon, ohne dass eine Menschenseele das Geringste bemerkt hätte!» Nach diesem Bericht fühlte sich die gute Maria innerlich nicht wenig geschmeichelt, und sie war glücklich und froh, ja, sie begann als grosses Wunder sogar zu singen. So ging es eine gute Weile weiter, bis der Prinz eines schönen Tages wieder einen Tanzabend veranstaltete, diesmal liess er jedoch am Nachmittag vor dem Ball Leim auf eine Stufe der Marmortreppe streichen, die vom Palast ins Freie hinausführte. Wiederum ging es gleich wie beim ersten Tanzabend, nur dass Maria diesmal im weissen Kleid mit goldenen Sternen kam, in welchem sie noch viel besser aussah als im blauen. Aber als sie zur gleichen Stunde wie beim ersten Mal aus dem Saal floh und die Marmortreppe hinunterlief, musste sie einen ihrer schönen Goldpantoffeln zurücklassen. Kurz nachdem sie entwischt war, brachte der Diener des Prinzen den Pantoffel freudig seinem Herrn. Der war sehr zufrieden, wenigstens einen Schuh der schönen Tänzerin zu haben. Eines Tages nun gab er bekannt, er werde in jedes Haus der Tänzerinnen kommen, um diese den Pantoffel anprobieren zu lassen. Jene, der er passe und die Maria heisse, werde er als Braut heimführen. Auf diesen Erlass hin war die ganze Jugend jenes Ortes damit beschäftigt, den hohen Gast würdig zu empfangen. Der fuhr in geschlossener Kutsche von Haus zu Haus, bis er auch vor jenes der Köhlerin gelangte. Marias Schwestern, die sich einbildeten, die Richtige zu sein, obwohl keine Maria hiess, probierten den Pantoffel an. Doch wie sie auch drückten und schoben, sie konnten den Pantoffel nicht anziehen, er war zu klein. Der Prinz fragte nun den Vater der Mädchen ob er nicht etwa noch eine Tochter habe. Der antwortete: «Aber doch, Herr Prinz, ich habe wohl noch eine Tochter, aber die spielt das Aschenputtel, und ich kann sie nicht gut hereinlassen.» Da schrie die Frau: »Wenn du versuchst, mit dieser Schmutzliese vor den erlauchten Herrn Prinzen zu treten, dann werde ich dich auf eine ganz besondere Art hinausbefördern, dass du`s nur weisst!» Doch der Prinz befahl nun, auch Maria hereinzulassen und sagte, er wolle ausnahmslos alle Mädchen den Pantoffel anprobieren lassen. Da ging der Mann Maria rufen, die freute sich sehr, jenen schönen Burschen, den sie seit langem liebte, wieder zu sehen. Sie wusch sich, kämmte ihr Haar schön und zog ihr Sonntagskleid an. Als sie in der Stube stand, hatte der Prinz sie sofort wiedererkannt, schon bevor sie glücklich lächelnd ohne die geringste Mühe den Pantoffel anprobierte. Der Prinz sprang von seinem Schemel auf und rief: «Du und nur du bist jene, die ich suche, ich habe dich schon erkannt, als du in die Stube kamst. Komm sogleich mit mir und sei meine geliebte Braut!» Die Stiefmutter und die Halbschwestern schauten mit grossen Augen und waren schrecklich neidisch auf Maria. Die ging sogleich mit dem Prinzen weg, der sie seinen Eltern vorstellen wollte. Wenige Monate später machten sie eine wunderschöne Hochzeit, wozu alle Freunde des Prinzen eingeladen waren. Sie hatten ein gutes Mittagessen, wovon auch ich einen kaputten Pantoffel und ein Sieb Wein erhielt, als Lohn dafür, dass ich dieses Märchen erzählte.  (Oberengadin)   Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der goldene Pflug

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Von der Ofengüpfe, einem alten Grabhügel auf der Breite (Kanton Zürich) wird erzählt, es liege ein goldener Pflug in demselben; man habe ihn aber niemals hervorbringen können, da er bei jedem Schaufelstich sich tiefer in die Erde hinuntergezogen habe. Quelle: Theodor Vernaleken, Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch


by Der goldene Pflug

Source: Der goldene Pflug

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Am heiligen Abend soll in der Nähe der Kirche St. Peter bei Oberdorf  ein goldener Pflug zu sehen sein der von zwei Pferden durch einen Acker gezogen werde. Einen Pflüger gewahre man nicht, es sei nur ein tolles «Gjeuk und Gspräng» vernehmbar, so dass es noch niemand gewagt habe, sich zu nähern, um des Gerätes habhaft zu werden. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der goldene Ring

Source: Der goldene Ring

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Es war einmal ein armer Bursche. Sein Vater besass auch nichts. Der Bursche machte sich auf den Weg in die Fremde. Unterwegs kam er zu einem Häuschen. Davor stand ein alter Mann. Der fragte ihn, wohin er gehe. Er antwortete, er möchte sein tägliches Brot verdienen. Der Mann sagte, wenn er zuverlässig sei, könne er zu ihm kommen. Das wolle er gern, erwiderte der Bursche. Der Alte vertraute ihm das Haus an und sagte, er gehe für ein paar Tage weg. Bevor er ging, legte er einen Schlüssel auf den Tisch der obern Stube, um zu sehen, ob der Bursche zuverlässig sei. Er sagte ihm, er solle schauen, dass er jenen Schlüssel nicht brauche, und reiste weg. Der Bursche machte seine Arbeit, wie es sich gehört, aber am Abend ging er in jene Kammer oben und sah über dem Tisch ein Loch in der Wand. Er schaute sich den Schlüssel an, nahm ihn, steckte ihn in jenes Loch, drehte ihn um, und eine Türe öffnete sich. In jenem Schrank lag ein grosses Buch. Er nahm es heraus und begann darin zu lesen. Da stand drin, wie man sich in jedes beliebige Tier verwandeln konnte. Als er das gelesen hatte, legte er das Buch wieder hinein, verschloss den Schrank und legte den Schlüssel genauso hin, wie er vorher war. Als der Meister kam, schaute er, ob der Schlüssel noch so sei, wie er ihn hingelegt hatte. Er merkte nichts und dachte, der Bursche sei nicht daran gewesen. Dieser blieb noch ein Jahr beim Alten, aber dann sagte er, er gehe nach Hause, was er auch tat. Daheim fragte sein Vater, wie es ihm gegangen sei und was er gelernt habe. Der Sohn sagte, er solle nur mit ihm in die Kammer hinaufkommen, dann wolle er es ihm zeigen. Oben verwandelte er sich in ein Pferd und hiess seinen Vater, er solle aufbrechen und mit ihm auf den Markt gehen, aber wenn er ihn verkauft habe, solle er schauen, dass er ihm das Halfter abnehme. Der Vater ging dann mit ihm auf den Markt, aber unterwegs begegneten sie dem alten Mann. Der erkannte gleich im Pferd den Burschen, der bei ihm gewesen war. Der Alte redete auf den Vater des Burschen ein, stimmte ihn um, kaufte das Pferd samt Halfter und allem, nahm es und ging. Vor einer Schmiede hielt er an. Unter der Tür hiess er den Schmied, er solle eine Eisenstange erhitzen. Der tat das. Der Alte nahm die Stange und wollte sie dem Pferd ins Maul stossen. Aber das begann zu reissen und zu reissen und auf einmal zerbrach es das Halfter, und das Pferd verwandelte sich in einen Sperber. Der Vogel flog sogleich über das Schloss hinweg. Davor sass die Königstochter. Er verwandelte sich in einen Ring und fiel hinunter, ihr genau in den Schoss. Sie war ganz verwundert, rannte zu ihrem Vater und sagte: «Schau, was der Herrgott vom Himmel herabgeschickt hat», und sie steckte den Ring an den Finger. In der Nacht kam der Bursche hervor und begann mit ihr zu reden und tändelte mit ihr. Nach einer Zeit wurde sie krank und sagte, der, welcher ihr helfen könne, erhalte diesen Ring. Der Alte kam und sagte, er wolle sie wohl heilen, aber zuerst müsse sie ihm den Ring geben. Sie tat so, nahm den Ring vom Finger und liess ihn zu Boden fallen, wie der Bursche es sie geheissen hatte. Kaum war der Ring am Boden, verwandelte er sich in ein Korn und der alte Mann in ein Huhn, welches das Korn aufpicken wollte. Doch der Bursche kam dem Huhn zuvor, er verwandelte sich in einen Sperber und tötete das Huhn, und jetzt war er befreit und heiratete die Königstochter. (Schams)   Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der goldene Trämel im Napf

Source: Der goldene Trämel im Napf

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Weit hinten im Emmentaler Bergland, an der bernisch-luzernischen Grenze, ragt sein höchster Gipfel, der Napf, empor. Nach allen Himmelsrichtungen sendet er seine waldigen Bergrippen, seine sonnigen, weidebedeckten Eggen ins Land hinaus, und zwischen ihnen sprudeln geschwätzige Bergbäche den grossen Tälern zu. Im Gipfel des Napfberges, so weiss uns die Sage zu berichten, liegt ein grosser Trämel aus purem Golde verborgen. Als einst ein Gewaltiger dieser Gegend, ein gefürchteter Peiniger seiner Untertanen, vor seinen Feinden flüchten musste, schleppte er seine Schätze, die er vor seinen Verfolgern in Sicherheit bringen wollte, auf den Napf. Hier versagten ihm seine Kräfte den Dienst. Er verbarg seinen goldenen Reichtum im Gipfel des Berges, um ihn bei besserer Gelegenheit an einen sichern Ort zu verbringen. Auf der Flucht wurde er von dem empörten Volk eingeholt und mit Knütteln und Äxten erschlagen. Die Berggeister des Napfes aber betrachteten sich als die Erben des erschlagenen Tyrannen und bemächtigten sich des Schatzes. Sie schleppten die goldene Last in ihre unterirdischen Räume und formten in emsiger Arbeit einen goldenen Trämel daraus, den sie im Bergesinnern aufbewahren und sorgsam hüten. Nur in heiligen Nächten öffnet sich der Berg, und die Bergleutlein schleppen ihren Schatz an seine Oberfläche. Im Dunkel der Nacht können die Bewohner des Napfberglandes das Gold in weitem Umkreis blinken sehen. Das Heben des kostbaren Gutes ist aber mit grossen Schwierigkeiten verbunden und gelingt nur dem, der während des Aufladens und bis der goldene Trämel ganz aus dem Berg heraus ist, kein einziges Wort spricht. Schon manchem soll es gelungen sein, das eine Ende der kostbaren Last aufzuladen. Ging es aber zum Ziehen, so vergass der Fuhrmann das Gebot des Schweigens. Und jedesmal, auch wenn der Trämel schon zur Hälfte geborgen schien, schoss er beim ersten Wort mit Donnergepolter wieder in den Berg zurück. Emmentaler Sagen, Hermann Wahlen, 1962 Gute Schriften Bern Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der goldene Wagen

Source: Der goldene Wagen

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a) Wer einen goldenen Wagen will, kann ihn entheben auf Ämmehorn, einer Berghöhe an der Strasse von Hergiswil bei Willisau nach Luthern. Dabei darf aber, mag vorbeigehen und erscheinen was da nur denkbar ist, keine Silbe gesprochen werden. Einige Männer hatten ihn einst beinahe oben und es galt nur noch eine kräftige Anstrengung. Gewohnt, bei solchen Fällen mit einem kräftigen „hü!" zu kommandieren, rief einer der Bauern eben auch „hü!" - Ja „hü!" - jetzt schau nach, wie der Wagen wieder in die Tiefe schnellt und verschwindet.   b) Im Stockacher, einem Walde auf der anmutigen Höhe westlich von der Landstrasse, die von Sankt Erhard über den Hafendeckel nach Uffikon führt, trifft man hart am Waldsaume vier grabhügelähnliche Bodenanschwellungen. Wahrscheinlich sind es wirkliche Grabstätten, obschon die vorgenommene Untersuchung keine Altertümer zu Tage gefördert hat. Hier ging einst die uralte Strasse von Sursee über das Zügholz nach Dagmersellen vorbei; hier stand nach der Volkssage eine Stadt und von da soll über Wohlen und das Buchsermoos eine gepflasterte Strasse zur „Cammer", wo man eine römische Ansiedlung entdeckt hat, hinübergeführt haben. Von der „Cammer“ aber bis zum Römerbad bei Zofingen war „alles eine Stadt." Eine Frau erzählte, sie habe in der Jugend öfter, wenn sie bei jenen Erdhaufen „gheubeeret", dort einen Totenschädel liegen gesehen. Der Platz ist „unghürig" und im grössten der vier Hügel ist ein goldener Wagen.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Der Goldfluh an der Naselawand

Source: Der Goldfluh an der Naselawand

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Vorzeiten kam ein einfach gekleideter Mann in hellem Kittel und breitkämpigem Hute alljährlich nach Vermol und kehrte da bei dem Bauersmann L. Pfiffner auf dem Nesenberge ein. Von hier aus durchwanderte und durchstöberte er die Gebirgswelt und brachte dann bei Beendigung seines Ausfluges jedesmal ein schwergefülltes Säcklein mit zurück. Dieses musste ihm nachher der Sohn des Hauses, Johann, ins ebene Land hinabtragen. Bei einem solchen Anlasse sagte endlich einmal der Fremde zum Knaben: "Ich komme nun vielleicht nie wieder in diese Gegend. Zum Lohn und Dank für die mir geleisteten Dienste will ich dir und den Deinigen zu Wohlstand verhelfen, wenn du auch noch etwas dazu beiträgst. Es ist nun Abend geworden, auf deinem Heimwege wird dir ein Lichtlein vorangehen und dir eine Stelle weisen, wo du jährlich einmal eine schöne Menge Goldes finden kannst; halte dich aber hübsch ruhig und schaue niemals zurück, mag es hinter dir zugehen, wie es will; übrigens will ich dir noch etwas mit heimzunehmen geben." Hierauf nahm der Fremde den "Dreiböhri" oder Dreizipfelhut des Trägers, breitete ihn hübsch auseinander, füllte ihn mit Gegenständen aus dem schweren Sacklein, band ihn fest und verabschiedete sich sodann vom Vermöler, indem er diesem gleichzeitig noch den ziemlich schwer gewordenen Hut überreichte. Auf dem Heimwege ging dem Knaben wirklich ein Lichtlein voran bis zur Höhe, wo in der Nähe von Vermol das grosse, hölzerne Kreuz am Wege steht; dort schwenkte es ins Tobel hinab, der Nasclawand zu. Der Vermöler wollte dem Lichte unter den Weg hinab nachgehen, hörte aber plötzlich hinter seinem Rücken ein so erbärmliches Katzengeschrei, dass er sich nicht mehr enthalten konnte, zurückzuschauen, seinen Stecken zu erheben und auszurufen: "Ich will öüh grab hälfä, ihr wüöstä Chätzärä!" Sogleich waren Geschrei und Lichtlein verschwunden, und es war unterdessen auch der gefüllte Hut ordentlich leicht geworden. Der Vermöler begriff, dass er nun den ihm verheissenen Reichtum verscherzt habe; er öffnete den Hut und fand nichts mehr als Laub darin, welches er im Jörne mit sammt dem Hut ins Tobel warf. Er vermutete, dass der fremde Mann ein Venediger sei und in den Gebirgen Gold gesammelt habe, hielt aber sein gehabtes Missgeschick geheim, damit er nicht verlacht werde. Der Fremde muss es nachher gewusst haben, dass das Goldnest von Pfiffner nicht entdeckt worden sei; denn er kam noch mehrere Jahre nacheinander, kehrte aber nie mehr bei diesem ein, sondern bei Anton Schuhmacher, neben der Kapelle in Vermol. Einmal sagte er auch zu dieser Familie, nun sei er reich genug und zum letzten Male hier. An einer Felswand beim Balärentobel stiesse alle Jahre ein Klumpen Gold heraus so groß wie eine Ouartkanne, welchen fürderhin jemand aus dieser Familie zu eigener Verwendung für diese holen könne, sofern sich etwa ein Sohn aus derselben gehörig dazu unterweisen lasse. Die Familie nahm den Antrag mit Freuden an, und Jakob zog dann mit dem fremden Manne in das benannte Tobel, an den Seezbach hinab. Hier zog der Fremde aus der mitgebrachten Reisetasche eine papierene Leiter hervor, warf das eine Ende derselben an eine zerklüftete Stelle der Nasclawand hinauf, wo einige Gesträuchstumpen aus dem Felsen hervorschauten, und sprach dann zu Jakob: "Steige nun da hinauf, halte dich ruhig und schaue nicht zurück, es mag unter dir zugehen, wie es will; Leides kann dir nicht geschehen. Droben angelangt, kannst du dann den Goldklumpen mit leichter Mühe wegbrechen." Nun machte sich Jakob ans Klettern, kam endlich trotz des höllischen Spektakels, das unter und neben ihm auf die schauerlichste Art sich kund gab, oben an und wollte schon nach dem Golde langen, als er dicht unter sich einen entsetzlichen Schrei von einem fürchterlich stinkenden Geissbocke vernahm und zurückschaute. Jetzt war aller Spuk vorbei, und Jakob befand sich wieder am Boden. Der Fremde bedauerte dessen Schwachheit, holte nun das Gold selbst, gab jenem noch eine reiche Vergütung zu Händen der Eltern und zog hierauf von dannen, um nie wieder zu kommen. Jakob erzählte zu Hause, wie es ihm ergangen sei, und wurde dafür tüchtig ausgeschimpft. Dieser Vorfall hatte anhaltende Zwistigkeiten in der Familie zur Folge, so dass Jakob endlich aus Überdruss in venetianischen Kriegsdienst trat. Sein Bruder Christian folgte ihm bald nach, starb aber nach kurzer Zeit vor Heimweh. Jakob meinte hernach, es könnte ihm auch so ergehen, und desertierte deshalb. Er wurde aber eingeholt, gefangen und in einen Bleikeller eingekerkert. Höchst betrübt sagte er hier eines Tages so vor sich hin: "Hüt isch St. Agathatag, Wo d' Sunnä überd's Melsertobel mag." Ein vor der Türe stehender Kerkermeister hatte dieses gehört und es einem Vorgesetzten der Stadt hinterbracht. Bald darauf wurde der Deserteur aus dem Kerker abgeführt, er meinte zum Tode. Man führte ihn aber in einen prachtvollen Palast, dessen Wände von Gold und Kristall und dessen Fussböden aus eingelegten Talern verfertigt zu sein schienen. Ein reichgekleideter Herr fragte ihn, wer er sei, worauf er bekannte, dass er ein Jakob Schuhmacher von Vermol sei; er habe aus dem Dienste laufen wollen, damit er nicht auch vor Heimweh sterben müsse wie sein Bruder. Auf dies begab sich der Herr in ein Nebenzimmer, zog da eine ganz geringe Kleidung an, stellte sich dann in dieser vor den Schweizer mit der Frage, ob er ihn nun kenne. Der Befragte erkannte in ihm jenen Mann, der in den Gebirgen des Seeztales Gold gesammelt hatte, worauf der Herr weiter sprach: "Da du ein so unwiderstehliches Verlangen darnach trägst, in deine Heimat zurückzukehren, so will ich dir dazu verhelfen; und damit du sehen kannst, was die Deinigen gegenwärtig zu Hause machen, so blicke nur in diesen Bergspiegel, den ich dir hier vorhalte." Schuhmacher sah in dem Spiegel, wie seine Eltern und Geschwister um den Stubentisch herumsaßen und ein Milchmus verspeisten. Nachher wurde er noch köstlich bewirtet, bei einbrechender Nacht aber vor dem Palaste rückwärts auf einen schwarzen Ziegenbock gesetzt und von dem Tier, wie er meinte, durch die Lüfte fortgetragen. In der Frühe des kommenden Morgens befand sich Soldat Schuhmacher in seiner Uniform, jedoch ohne den Ziegenbock, am Fusse seines heimatlichen Berges, unten an der Nurggasse des Nidbergs. Bevor er berganstieg, besuchte er aus Dankbarkeit für seine glückliche Heimkunft noch den Pfarrgottesdienst zu Mels, wo zufällig und wegen irrigen Berichten gerade für ihn selbst anstatt für seinen in Venedig verstorbenen Bruder Christian eine Beerdigungsfeier abgehalten wurde. Seine anwesenden Verwandten empfingen ihn nach dem Gottesdienste voll Freude und Erstaunen wie einen, der ihnen aus dem Jenseits wieder zurückgegeben worden wäre. I. Natsch *** Man hat später erfahren, dass der Venediger auch anf dem Ninkenberg, zu Weisstannen, an einem Felsen Gold gefunden habe und dass der Bauer, der ihm dabei behilflich gewesen, infolgedessen vermöglich geworden sei. Es ist das Eigentümliche der Sage, - das Bestrickende und damit das Gefährliche! - dass sie auf Glaubwürdigkeit Anspruch macht, indem sie nicht nur den Ort, wo etwas geschehen sein soll, ganz genau bestimmt, sie weiss auch die handelnden Persönlichkeiten mit Tauf- und Geschlechtsnamen zu nennen. In den Bezirken Sargans und Werdenberg geschieht das noch so häufig, was uns anzeigt, wie ungemein sagenkräftig das st. gallische Oberland heute noch ist. In vielen Fällen zwangen uns naheliegende Rücksichten, solche Namen herauszustreichen, wie leid uns dies tat. Wer den alten Sagenerzählern noch selber gelauscht hat, der weiss die Poesie herauszuschälen, die in all dem wunderbaren Schnickschnack liegt, und erschreckt auch nicht, wo für einen Beweis deren hundert erbracht werden. Der Erzähler selbst will überall dabei gewesen sein, oder er hat doch die Leute gekannt, die mitbeteiligt waren. Aber der Kern des Erzählten blieb immer ein und derselbe, und so ging er mit allen Zutaten von Mund zu Mund. Der Sagenerzähler sang zum Volk, wie der Minnesänger zum Hofstaat, freilich in anderer Form und darum mit einer viel nachhaltigeren Wirkung; das schlüpfrige Lied ist verklungen, die Sage besteht fort. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 257, S. 135ff Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Goldfluss am Parpaner Rothorne

Source: Der Goldfluss am Parpaner Rothorne

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Am Parpaner Rothorne wurde vor Zeiten von der Familie Wertemati in Plurs ein Bergwerk auf Gold und Silber erfolgreich betrieben. - Nach einer alten Sage floss aus den Adern des Gebirges täglich eine Mass reinen Goldes; jeden Morgen wurde das Gefäss gewechselt, der tägliche Gewinn in grosse Fässer gehäuft und der unbeschreibliche Reichtum nach Plurs abgeführt. Jahre lang spendete dieser Goldfluss seine glänzende Gabe, bis im Jahre 1618 der schwelgerische Reichtum der Wertemati bei Anlass des Unterganges vom Städtlein Plurs ein schnelles Ende nahm. Von Stunde an stockte auch die Goldquelle am Rothorne, und konnte nie wieder aufgefunden werden. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Goldfluss am Rothorn

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In dem Gebirgsstock, der sich zwischen der Lenzerheide und Arosa verzweigt, ist die höchste Spitze das rote Horn. Es ragt bemerklich über die andern verwitterten Zacken empor und bietet, wenn man es bestiegen hat, eine schöne Aussicht auf die dahinterliegenden höheren graubündnischen Schneegebirge und Eiszacken. Auch das rote Horn selbst schon beherbergt an seinem nördlichen Abhang einen kleinen Gletscher von einer Viertelstunde im Umfang. Schon der Name sagt, dass diese felsige Bergspitze rötlich gefärbt ist und lässt schließen, dass in ihrem Schosse Mineralien verborgen seien. So ist es auch. Am roten Horn waren Metallgruben, welche noch im siebzehnten Jahrhundert bearbeitet wurden. Die Stadt Plurs im Veltlin, damals rhätischem Untertanenlande, welche im Jahr 1618 von einem Bergsturze verschüttet worden ist, betrieb diese Minen. Plurs war ein reiches Städtchen zwischen Cleven und der jetzigen Graubündnergrenze am Ausgange des Bergeller-Tales gelegen. Dass aber die Plurser so reich waren, ging nicht mit rechten Dingen zu; wie die Sage erzählt, stunden sie mit unterirdischen Mächten im Bunde und diese liessen ihnen in einer Mine am roten Horn täglich eine Kanne voll reinen Goldes fliessen. Daher rührte der Reichtum der Plurser, welche denselben überdies sehr übel anwandten und nur zu Schwelgerei, Luxus und Wollust benutzten. Aber die Stunde sollte sie erreichen. Im Jahr 1618 bedeckte ein Bergsturz Plurs mit allen seinen Schätzen und keine Maus entkam. Einzig ein Bündner Säumer wurde auf wunderbare Weise gerettet. Er kam mit seinen Saumrossen im Städtchen an und wollte dieselben einstellen. Aber das Vorross machte sich auf und davon und die andern Rosse ihm nach. Er eilte nach und brachte sie zurück. Zum zweiten Mal riss das Vorross aus und die andern Rosse folgten ihm. Er holte sie zum zweiten Mal ein und brachte sie wieder zurück. Aber das Vorross bahnte sich zum dritten Mal Wege und eilte in schiefem Schritt dem Bergell zu und die übrigen Rosse folgten ihm auf den Eisen nach. Da besann sich der Säumer eines Bessern und liess seine Rosse traben und zog mit ihnen des nämlichen Weges. Am folgenden Morgen war Plurs nicht mehr. Von diesem Tage an war auch die Goldquelle am roten Horn versiegt und niemand hat sie mehr gefunden, obschon noch viel Gold im Berge ist. Auch war es seit jener Zeit nicht geheuer mehr um das rote Horn herum, wahrscheinlich, dass die Plurser-Verschütteten dort sich als Geister herumtrieben. So war namentlich eine Stelle in der Aroser Schafalp häufig von bösen Geistern und Hexen besucht und öfters werden dort zur Nachtzeit Hexentänze gehalten. Noch sieht man in einem Steine daselbst deutlich den Fusstritt eines Ziegenbockes und den Fussstapfen einer Hexe, die daselbst vom Ziegenbocke abgestiegen ist, auf dem sie zum Tanze geritten kam. Quelle: Theodor Vernaleken, Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch


by Der Goldfund in der Alpe Casana.

Source: Der Goldfund in der Alpe Casana.

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Ein Mann aus Mezza-Selva, Namens Lemm, der eine Frau aus Fonday hatte, wollte einmal nach seiner Frauen Heimat reisen. Er ging Nachts über den Berg und gewahrte in der Dunkelheit ein helles Lichtlein, das sich immer gleich gross und am gleichen Ort blieb; er ging auf dieses Lichtlein zu, die Helle jedoch entströmte nur einem Steine. Es war Sommerszeit und gutes Wetter, weshalb er beim leuchtenden Gegenstande sich lagerte, um das merkwürdige Ding am Morgen näher sich anzusehen. - Am Morgen fand er diesen Stein nicht mehr, der musste bergab gerollt sein, und er ging verdriesslich weiter. In der Nähe, wo er geschlafen, war eine Rüfe, die er passieren musste. Wie er diese überschreiten wollte, erblickte er in dem blauen Lehme in der Rüfe ein gelbes schönes Metall, nahm davon mit sich, und versuchte es zu schmelzen, verstund aber die Scheidekunst nicht. - Auf dem Rückwege lud er an dieser Stelle von diesem Metalle seinem Saumrosse eine Ladung auf und brachte seinen Fund einem Scheidekünstler in Feldkirch, der ihm 16 Philippstaler dafür gab. Die weitern Ladungen brachten immer erhöhte Bezahlungen ein, so dass Lemm bald ein Bauerngut kaufen konnte. - Sein geheimnisvolles Treiben erregte Verdacht, seine Fundgrube wurde entdeckt, aber von da an verschwand der Schatz und dieser Verdienst hatte für ihn ein Ende. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Goldgräber

Source: Der Goldgräber

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  In der Lenk lebte einst ein Goldmacher. Er führte einen seltsamen, geheimnisvollen Lebenswandel, suchte stets die Einsamkeit auf, und in der Nacht sah man ihn oft über die Berge nach den benachbarten Tälern ziehen. Er war klein, aber lebhaft, und niemand konnte seinem Auge trauen. Einmal arbeitete er als Dingbauer im Tiefenboden. Beim Hacken sah er plötzlich in der Tiefe des Ackers etwas schimmern. Er verscharrte das Loch gleichgültig, merkte sich aber den Ort genau, und in der folgenden Nacht ging er mit Pickel und Schaufel hin. Nachdem er sich flink aber vorsichtig nach allen Seiten umgesehen hatte, fing er an zu graben. Bald stiess er auf ein Kübelchen, das er behutsam emporhob. Hinter dem schlummernden Wildstrubel streute der Mond seine Lichtstreifen ins Tal. - Das Männlein hob gespannt den Deckel ab und sah, dass im Kübelchen pures Gold funkelte! Doch plötzlich wurde er blind und rollte in den Graben hinunter, gegen den Iffigenbach. Er rieb sich die Augen und beschwor den Teufel, doch nichts wollte helfen. Da tastete er sich auf allen Vieren mühsam hinauf, fand endlich den Kübel und stiess ihn in die Grube. Da wurde er wieder sehend. Doch bald darauf starb er. In seiner Hütte fand man neben viel Gerümpel, Knochen und alten Schuhen eine Menge sonderbarer Gerätschaften, unter denen sich auch ein Goldstempel befand. Der Geist des Goldgräbers ging noch lange umher. In stürmischen Nächten sah man ihn unruhig von einem Berg zum andern ziehen. Wenn aber der Mond schien, kauerte er trübsinnig im Tiefenboden auf einem Acker.   Quelle: Georg Küffer, Lenker Sagen. Frauenfeld 1916. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Goldschatz des Hunnenkönigs

Source: Der Goldschatz des Hunnenkönigs

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Jedermann, der das Diegtertal einwärts wandert, dem fällt der grosse, an einen Zuckerhut gemahnende Hügel hinter Zunzgen auf. Nach der Sage soll darin ein Hunnenkönig begraben sein. Alljährlich am Karfreitagmorgen tritt er mit seinem ganzen Gefolge aus seinem Grabe hervor und trägt den grossen Hunnenschatz heraus. Darunter befinden sich viele Goldgefässe. Alle diese Herrlichkeiten breitet der König am Bachufer aus. Nachdem er sich im Bache gewaschen hat, verschwindet er mit Gefolge und Schatz wieder im Hügel. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Gontenschwiler Muni

Source: Der Gontenschwiler Muni

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Ein dem Metzger verkaufter Muni (Stier) wird aus dem Dorfe Gontenschwil ins nächste Wirthshaus dem Käufer zugeführt. Dorten kommt des Metzgers junger Knabe entgegen und lacht die vier Männer aus, welche gewaltige Mühe haben, den gebundenen Stier herbei zu bringen; er zieht eine dünne Schnur aus der Tasche, knüpft sie in einige Knoten, windet sie dem Thiere ums Horn und sogleich folgt dieses ihm wie ein Lamm hinterdrein. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Grabenhund

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Im "langen Graben" erscheint zur Nachtzeit ein unheimlicher Hund, der Grabenhund, der die Passanten eine Strecke weit begleitet. Heinrich Hilty. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 145, S. 69 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Grabenteufel

Source: Der Grabenteufel

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Zwischen Giffers und Eichholz heisst ein Flurname «Im Chrüz». Am Eingang des Fahrweges zum «Graben» steht seit alters her ein Feldkreuz, zu dem die Pfarrei in der Bittwoche heraufwallt. Früher soll an dem Platze eine mächtige Schirmtanne gestanden sein, an deren Stamm ein Bild der seligsten Jungfrau hing. Die Stelle ward zur Nachtzeit gemieden. Denn es trieben hier Spukgeister ihr Wesen. Besonders zur Quatemberzeit war ihr Tun bemerkbar. In den Novembernächten hörten die benachbarten Anwohner, wie jemand Baumstämme den Abhang hinabrollte. Man passte dem Störenfried auf, ohne aber seiner habhaft zu werden. Es hatte den Anschein, dass unsichtbare Hände hier am Werk waren und solche Nachtbubenstücke verübten. Ein Geistlicher gab den Rat, wenn man das Rollen der Stämme wieder vernehme, sollten die Horcher den Unsichtbaren anreden und ihn nach seinem Begehr fragen; vielleicht sei es eine Seele, die um Hilfe flehe. Um diese Zeit lebte im «Graben» ein alter Soldat, CHr. Aeby, wegen seines verwilderten Bartes und kohlschwarzen Haares hatte er den Zunamen «Grabenteufel» bekommen. Er hatte im päpstlichen Heere gedient, und für sein tapferes Verhalten zierten ihn mehrere Auszeichnungen. Er gehörte zu jenen Naturen, die nicht so leicht in Furcht geraten. Dieser alte Soldat nahm sich vor, dem Treiben des Geistes nachzugehen und ein Ende des nächtlichen Lärmens herbeizuführen. Er glaubte, vielleicht hänge das nächtliche Geistern mit dem Tode seines verstorbenen Bruders zusammen. An einem Herbstabend hielt also der «Grabenteufel» hinter einem Strauch Wache und harrte gespannt der kommenden Dinge. Um die Mitternachtsstunde hörte er plötzlich eine Stimme klagen: «Au weh, au weh.» Leise schlich Aeby der Richtung zu, wo die Stimme herkam. Auf einmal hielt er den Schritt an, die Beine versagten ihren Dienst. Auf einem Baumstamm sass die blasse Gestalt seines verstorbenen Bruders. Da stieg dem alten Soldaten doch ein kalter Schauder über den Rücken hinauf. Er, der sich einst mit seinen schweren Fäusten aus den Händen der reformierten Waadtländer losgerissen hatte, so dass sie rechts und links zu Boden purzelten, er, der Unerschrockene, wollte mit Geistern nichts zu tun haben. Der Mut verliess ihn, so dass er den Geist nicht nach seinem Begehr mehr fragen wollte. Schleunigst bekreuzte er sich und floh gehetzt von dannen. Erst daheim in der gut versperrten Stube wagte er aufzuatmen. Lange Zeit sprach er kein Wort über das Gesehene, aber er liess für den verstorbenen Bruder eine Anzahl Messen lesen, worauf die nächtlichen Treibereien im Chrüziholz aufhörten.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Graf von Regensberg und die Zürcher

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Der Graf von Regensberg und die Zürcher Es geschah, dass nach dem Hinschied des Kaisers Friedrich 28 Jahre lang kein römischer Kaiser war . . . Da schickten die Zürcher die zwölf besten Bürger, die zur Zeit die Stadt regierten . . . , zum Herrn von Regensberg und baten ihn, dass er bis zur Wahl eines Königs oder Kaisers ihr Hauptmann möchte sein und sie im Namen der Reiches schirme; sie wollten ihm gerne gehorsam sein. Aber der von Regensberg besass viele Städte und Burgen, verschmähte diese Werbung und sprach: „Ich habe euch mit meinen Festungen umgeben wie einen Fisch mit Garnen, und ich bin stark genug, euch zu bezwingen und unter mich zu bringen. Wenn ihr euch aber mir ergebt und mir eure Stadt überantwortet, so will ich euch gnädig regieren.“ Diese Antwort brachten die Abgesandten heim, und jedermann erschrak darüber. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Nach Brennwald I, 123, ins Neuhochdeutsche übertragen, sonst unverändert   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Grammelfuhrmann

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Südlich des Dorfes bildet ein langgestreckter Berg, der Grammont (Grammel), die Grenze zwischen den Bannen Liestal und Lausen. Aus dieser bewaldeten Höhe dringt manchmal Peitschenknallen und Fuhrmannsgeschrei bis nach Hersberg herüber. Das ist der Grammelfuhrmann. Er fuhrwerkt so gewaltig, dass er weit umher zu hören ist. «Mer hai der Grammelfuerme gchört, s git Rägewätter», pflegt man in Hersberg zu sagen. Es wird erzählt, er habe zu Lebzeiten seine Pferde geschunden. Einmal wollten ein paar beherzte Burschen dem Spuk auf den Leib rücken und folgten dem Lärm. Aber sie wurden bös irre geführt, denn immer wieder ertönte das Knallen und das Hü- und Horufen wieder an einer anderen, weit entfernten Stelle. Hersberg Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Grammelfuhrmann

Source: Der Grammelfuhrmann

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Südlich des Dorfes Hersberg bildet ein langgestreckter Berg, der Grammont (Grammel), die Grenze zwischen den Bannen Liestal und Lausen. Aus dieser bewaldeten Höhe dringt manchmal Peitschenknallen und Fuhrmannsgeschrei bis ins Dörfchen Hersberg herüber. Der Urheber dieses Lärmes ist der Grammelfuhrmann. Er fuhrwerkt so gewaltig, dass er weit herum zu hören ist. Gewöhnlich folgt auf diesen Lärm Rewetter. «Mer hei der Grammelfuehrme kört, `s git Rägewätter», pflegt man in Hersberg zu sagen. Von dem Fuhrmann aber, der in dem Wald sein Wesen treibt, wird erzählt, er habe zu Lebzeiten seine Pferde gequält und geplagt. Einmal wollten ein paar beherzte Burschen dem Spuk auf den Leib rücken und folgten dem Lärm. Aber sie wurden bös irre geführt, denn immer wieder ertönte das Knallen und das Hü- und Ho-Rufen an anderer, weit entfernter Stelle. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Granitblock der Hexe

Source: Der Granitblock der Hexe

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Nicht weit von Thusis liegt die zerstreute Gemeinde Tschappina. An den letzten Häusern derselben liegt ein kleiner Anger, auf dem sich ein großer Granitblock erhebt. Diesen hat eine Hexe dahin gebracht, welche die Obrigkeit und die Gemeinde wegen ihren bösen Künsten hatte strafen wollen. Um dieselben an der Ausführung ihres Urteils zu verhindern, hatte die Hexe jenes Felsenstück vor die Türe der Ratsstube tragen wollen, dass die Richter auf diese Art eingesperrt gewesen wären. Unterwegs aber riss ihr die Schürze, in der sie den Stein getragen, und derselbe fiel an jener Stelle zu Boden, wo er noch heute unter dem Namen „der Hexenstein“ liegt. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Grasteufel

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Noch vor zwei Jahrzehnten konnte man im Beinhaus zu Unterschächen eigenartige Wandgemälde betrachten, die sieben Todsünden darstellend. In einem Gewölbezipfel neben dem Altar lauerte ein grasgrüner, langgeschwänzter Gottseibeiuns mit mächtigen Geissbockhörnern auf jene Unglücklichen, die sich mit der einen oder andern der bösen Sieben zu weit eingelassen hatten. Das war der Grasteufel. Es hat den Anschein, dass er zu den guten Teufeln gehörte, denn er liess es sich angelegen sein, allem Unfug auf dem Friedhof nach besten Kräften zu steuern, wie es die zwei folgenden Beispiele beweisen. Einige Burschen hatten, wie es oft auch andernorts vorkommt, die böse Gewohnheit, während des sonntäglichen schuldigen Gottesdienstes auf dem Gottesacker herumzustehen, zu lachen und zu schwatzen. Ihre Gedanken waren überall, nur nicht bei der heiligen Handlung, die sich in der Kirche vollzog, und ihre Ohren wären wohl für eine lustige Tanzmusik empfänglicher gewesen als für das Wort Gottes, das von der Kanzel verkündigt wurde. Als diese leichtsinnige Gesellschaft wieder einmal während des Amtes auf dem Friedhof herumlungerte und sich in der Nähe des Beinhauses über den Grasteufel lustig machte, da ergriff ihn ein heiliger Zorn, und wie im Sturm fuhr er unter die Burschen, dass sie sich schleunigst in das schützende Gotteshaus flüchteten und seitdem das Herumstrolchen auf dem Friedhof zur Zeit des Gottesdienstes gerne genug aufgaben. Ein anderes Mal hatte sich eine lustige Gesellschaft während der Predigt im Beinhaus selber niedergelassen und daselbst mit herbeigeschafften Getränken ein Gelage veranstaltet, wobei sie sich nicht enthalten konnten, dem Grünen höhnische Worte zuzurufen. Auf einmal aber fuhr die leichtfertige Bande wie eine Schar erschreckter Spatzen auseinander, liess Wein und Gläser stehen und floh über Kopf und Hals davon. Was geschehen, wollten sie nie verraten, aber von allen Gelüsten, je wieder im Beinhaus zu kneipen, waren sie gründlich geheilt. Blasius Imhof, Daniel Imholz Vor einigen Jahren wurde das Beinhaus renoviert, und der Weissler tauchte den berühmten Grasteufel in das Gewand der Unschuld, das ihm aber nicht behagte: er verschwand. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Gratzug

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Unter dem Gratzug versteht das Volk Wege, Strassen und Gänge im Gebirge, auf denen die Seelen der Verstorbenen in langen Zügen ganze Nächte durch wandern. An einigen Orten heissen diese Toten­prozessionen auch Volkgang oder Symphonie. Wer in einen solchen summenden und murmelnden Geisterzug hineingerät oder sich von einem solchen überraschen lässt, verfällt einer bösen Krankheit und muss oft wochen- und monatelang darunter leiden. Das Volk glaubt diese Gänge und Wege auch zu kennen. So heisst ein bekannter Gei­sterweg der Tschingelweg, der durch neunundneunzig Alpstaffel führt. Die Geister erscheinen in den Kleidern, in denen sie zu Grabe getragen wurden, oder im Gewande, das zu ihrem Andenken den Wächtern oder den Armen der Gemeinde ausgeteilt worden ist. Ein Verstorbener, der nicht gut oder nur unvollständig bekleidet ins Grab gelegt wird, oder für den man nicht ein solches Gottgwand, wie diese Geschenke heissen, ausgeteilt hat, erscheint im Gratzug ebenso dürftig oder unvollständig bekleidet, also ohne Rock und Hut oder barfuss. Im Vispertal hörte einst ein Mann, der einsam in seinem Häuschen schlief, ungefähr um elf Uhr nachts dreimal seinen Namen rufen, und die Stimme sagte, er solle aufstehen und hinaufsteigen ins Arischleif und die Lärchen, die er dort gefällt hatte, wegräumen, da­mit der Gratzug den Weg geöffnet finde. Er glaubte in der Stimme seinen verstorbenen Vater zu erkennen, gab schnell Bescheid und sagte, er werde so rasch als möglich hinaufgehen und das Hindernis beseitigen. Er kleidete sich an, stieg in langen Schritten den Weg haldan und machte sich an die Arbeit. Als er eben den letzten Baum vom Wege schleifte, hörte er wieder dieselbe Stimme: «Eile, eile und stelle dich rechts von dem Weg!» Mit aller Kraft zog er an dem letzten Rundholz und setzte sich todmatt neben den Weg auf einen der Stämme. Da hörte er schon ein schwaches Brummeln und Summen, das immer näher kam und stärker wurde, als ob eine ganze Heerschar den Rosenkranz betete. Dazu wurde ein langsamer Totenmarsch getrommelt und gepfiffen. Dazwischen vernahm er allerlei Musik, die in den Felsen widerhallte, dann weinende und lachende Stimmen, ein wirres Rauschen und Flüstern. Ein warmer Windhauch wehte ihn an, und plötzlich fuhr ein Windstoss durch das Holz und trieb ihm die Haare zu Berge. So sehr er die Augen anstrengte, so unterschied er doch nichts als schwarze Schatten, die eilig an ihm vorüberhuschten. Als die Uhr am Kirchturm unten zwölf schlug, gewahrte er Gestalten, die zu zwei und zu vier, wie der Weg es eben erlaubte, vorüberzogen; die einen waren gut gekleidet, einige liefen barfuss, wieder andere schleppten mühsam zwei Röcke, eine Frau trug statt des Hutes eine schwere Butterballe auf dem Kopf, einem der Verstorbenen fehlte am weissen Kleide der Gürtel, so dass er das lose flatternde Gewand mit den Händen halten musste. Als der Geisterzug vorüber war, schlug es im Dorf drei Uhr, und dann läutere das Betglöcklein. Drei lange Glockenstunden hatte der Gratzug gedauert. Quelle: Johannes Jegerlehner: Walliser Sagen, Hans Feuz Verlag Bern, 1959 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Gratzug

Source: Der Gratzug

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Von Gratzug und Synagog hört man die Leute wohl in allen Gemeinden des deutschen Wallis erzählen. — Unter Gratzug versteht man Gänge, Wege, Strassen oder besser Züge, durch welche die Abgestorbenen in den Gebirgen oder auf dem Lande herumwandern; sie bilden gewöhnlich grosse Karawanen und lange Züge. Synagog aber nennt man die Züge, Fahrten und Versammlungen des Hexenvolkes, in denen der Satan den Vorsitz führt; sie verraten sich nicht selten, so meint man, durch ein dumpfes Summen, Trommeln, Pfeifen und allerhand hohltönendes Musikgetöse. Wer von ungefähr in solche Geisterzüge gerät oder sich irgendwie von selben überraschen lässt, der kömmt oder fällt in den Gratzug und wird krank, sei es am ganzen Leibe oder nur an einzelnen Gliedern, und zwar oft sehr bösartig, dass er lange zu leiden hat und manchmal gar verkrüppelt. Ist die Krankheit nicht so bös und in etwa zweimal vierundzwanzig Stunden völlig vorüber, so sagt man von dem Leidenden, er sei nur "in Winne" (Winna) gekommen. So lautet im Allgemeinen der Volksglaube, der durch stets erneuerte Vorfälle immer neue Nahrung erhält. Wenn Menschen fürchten, erschrecken oder sich unvorsichtig erkälten, so werden sie oft krank, weil sich dabei das Blut mehr oder weniger zersetzt und durch kleine Hautausschläge oder gar durch Lähmung einzelner Glieder wieder reinigt. Solche Ausschläge erscheinen gewöhnlich am Munde; darum nennt man sie auch Merkmale des "Totenkusses", als wenn die Geister ihn geküsst hätten. — So lange also die Leute nicht frei sind vor Erkältung, Furcht und Schrecken, wird es immerdar solche geben, die in Winna oder in den Gratzug kommen. Die gewöhnlichen Gänge und Wege, welche die unsichtbaren Toten durchwandern, werden mancherorts genau bezeichnet. Der Glaube setzt sie meistenteils in die Hochalpen, wo diese Weglein von Berg zu Berg und von Alpe zu Alpe gehen. Sie heissen "der Tschingelweg", von dem man glaubt, er führe durch neunundneunzig Alpstafel. — Wenn sich die Geisterwege kreuzen, so nennt man dieses eine Kreuzstrasse, und diejenigen, die in eine solche gelangen, erhalten aus dem Toten- und Geisterreiche ausserordentliche Kenntnisse und wissen, nach dem Volksglauben dann etwas mehr als nur Brot zu essen. Von den Zügen der Abgestorbenen, die eilenden Schrittes dahineilen, wird unter dem Volke oft und viel erzählt. — "Die Toten reiten schnell", ist ein weit verbreitetes Sprichwort. Er gibt Leute, die mehr als gewöhnliche Menschen sehen wollen, darum behaupten sie, sie hätten die wandernden Toten manchmal wahrgenommen. Diese treten da auf in den Kleidern, wie sie zu Grabe getragen wurden, oder, was noch häufiger der Fall sein soll, im Gewande, welches zu ihrem Troste den Wächtern oder den Armen ausgeteilt worden war. Ein frommer Gebrauch fordert darum, eine vollständige Kleidung vom Verstorbenen den Armen zu schenken; diese Kleidung wird "Godwad" oder "Gottwand" geheissen. Man will Verstorbene gesehen haben, denen bald dieses, bald jenes Kleidungsstück fehlte. So musste einer barfuss laufen, hatte aber dafür mühsam zwei Röcke fortzuschleppen, weil statt der Schuhe ein Tschope gegeben wurde — und eine Weibsperson trug als Kopfbedeckung eine Balle Anken, weil statt des Hutes, Butter verschenkt wurde. In Visperterminen wurde ein Verstorbener gesehen, dem am weissen Kleide der Gürtel fehlte und so den Vorauseilenden nur mühsam und schweisstriefend folgen konnte, weil er das lose Kleid immer mit den Händen emporhalten musste. Mitleidig reichte der Lebende dem Toten seine Halsbinde dar und half ihm selbe um den Leib schlagen. Dankend entfernte sich der Tote eiligsten Schrittes mit der Bemerkung, er werde erst auf dem neunundneunzigsten Friedhofe die Vorausgegangenen wieder einholen können. Im Natersberge soll ein Alphäuschen gerade am Rande einer Totenstrasse stehen. Eines Abends liess der Hausvater ein grosses Stück Brennholz in der Strasse liegen, weil er sich zum Aufspalten verspätet hatte. Um Mitternacht klopfte es kräftig an die Haustüre und ihm ward ernstlich geboten, wenn er sein Häuschen noch retten wolle, doch gleich die Strasse zu öffnen, denn der Totenzug rücke heran. In aller Eile folgte der Erschrockene, und — als der erste Tote anlangte, hatte er zwar den Totz fortgeschafft, sein Fuss aber verspätete sich und wurde vom Zuge noch an der Ferse erreicht, die bedenklich krank wurde. — Auch der Mann in Visperterminen, welcher den Toten ohne den Weisskleidgürtel gesehen, wurde aus dem Schlafe geweckt um das Lauberwegli für den Totenzug frei zu machen, in welchem er einen Baumstamm hatte liegen lassen. — Auf dem Aletschbort in der Lusgeralpe stand eine Hütte mitten in einer Geisterstrasse; Fenster und Hintertüre wurden immer offen gefunden so oft man sie auch wieder schliessen mochte, weil die Toten durchzogen. Deswegen hob man die Hütte ab und stellte sie am Rosswang in der Belalpe auf, wo sie noch steht. Auf der Egge an Jungen, in St. Niklaus, hört man in der Herbstquatemberwoche den Totenzug oder die Synagog mit deutlichen Musiktönen und starkem Trommeln vorüberziehen, so dass selbst die nahen Felsen widerhallen. Wer's nicht glauben will, solle hingehen und es selbt hören, heisst es da. Auch im Eringertal wird viel von Gratzug, Synagog und Totenprozessionen erzählt. Wer diesen etwa begegnet, muss sich schnell in den Schatten eines Baumes stellen, sonst würde er von den Toten in Stücke zersägt werden.— In einer Alpe von Hérémence ist ein Brünnlein mit gutem Trinkwasser und heisst: Totenbrunnen — fontaine des morts. Bei diesem Brunnen führt ein schlechtes Weglein vorüber, welches Totenstrasse — chemin des morts, heisst, von den Gebirgen des Nenda-Berges herkömmt und durch das Hérémonce-Tal nach Augsttal führt, wo es jetzt freilich von mächtigen Gletschern abgebrochen ist. — Jeder, der an diesem Totenbrunnen Wasser trinkt, soll, so glauben's die Leute, ein hölzernes Kreuzlein neben dem Brunnen ins Land stecken; darum findet man solche, besonders im Herbst, ehe der schwere Winterschnee sie wieder zu Grunde richtet, stets viele aufgesteckt am Totenbrunnen bei der Totenstrasse im Hérémence-Tal.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der grau Fritzehans

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Wenn die Ziefnermannen früher in der Coiffeurstube auf der langen Bank beieinander sassen oder wenn sie zur Winterzeit im Walde gmeinwerkten und beim Zobennehmen um das Feuer sassen, kamen sie etwa auf den grauen Fritzenhans zu sprechen. Man kannte ihn nur vom Hörensagen. Wann er gelebt hat, wusste nicht einmal der alte Schnyderpeter, der doch 96 Jahre alt geworden war. Dieser graue Fritzenhans war ein Seher oder Prophet. Er verkündete, dass einmal eine Zeit kommen werde, da die Wagen nicht mehr von Pferden gezogen, sondern aus eigener Kraft rauchend, mit glühenden Augen durch die Berge fahren würden, und man werde einmal in Ziefen aus Paris singen hören. Sein Seherblick schaute aber noch anderes in der Zukunft: Es git e Zyt, dass Gott erbarm, Do chunnt der Rych und frisst der Arm, Do chunnt der Arm und frisst der Rych, Derno hais allbeed glych. Eine noch dunklere Prophezeiung lautet: Es wird eine Zeit kommen, da sich der Bauer nicht mehr wehrt «bim Chärne, erscht bim Spreuer, wenn nüt meh syg». Ziefen Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der graue Fritzenhans

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Wenn die Ziefnermannen in der Barbierstube auf der langen Bank beieinander sitzen, die Pfeife im Mund halten und vergnüglich den Rauchwolken nachblicken, oder wenn sie zur Winterszeit im Walde draussen gmeinwerken und beim Zobennehmen um das Feuer hocken, dann geben sie allerlei Spässe zum besten und kommen wohl auch auf den «grauen Fritzenhans» zu sprechen. Das ist eine sagenhafte Figur. Man weiss von ihm nur  vom Hörensagen. Wann der «graue Fritzenhans» gelebt hat, wusste nicht einmal der alte Schnyderpeter der doch 96 Jahre alt geworden war. Sicher ist der «graue Fritzenhans» der Ur- wenn nicht der Ururgrossvater des alten Fritzenhans gewesen, den die meisten Leute schon nicht mehr gekannt haben. Dieser «graue Fritzenhans» war ein Seher oder Prophet. Er verkündete, dass eine Zeit kommen würde, da die Wagen nicht mehr von Pferden gezogen, sondern aus eigener Kraft, rauchend und mit glühenden Augen durch die Berge fahren würden. Hat er nicht recht gehabt? Sein Seherblick schaute aber noch anderes in der Zukunft. Hört nur: Es git e Zyt, dass Gott erbarm, Do chunnt der Rych und frisst der Arm, Do chunnt der Arm und frisst der Rych, Dernoh hei ’s all bed glych. Eine noch dunklere Prophezeiung lautet: Es wird eine Zeit kommen, da sich der Bauer nicht mehr wehrt «bim Chärne, erscht bim Spreuer, wenn nüt meh syg.» Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der graue Lombachzwerg

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Wenn der in dem wilden und engen Tale von Habkern fliessende Waldstrom, Lombach genannt, der im Sommer, wenn der Schnee völlig zu Tal geronnen ist, fast nur ein trocken Geröllbett bildet, im Frühjahr sich mit Wasser anzufüllen und überzuströmen droht, kommt jedes Mal vor dem Anlauf der Gewässer ein kleines graues Männchen in seinem Bette daher geschritten. Es schlägt rechts und links mit einem langen Stocke an das Ufer, zum Zeichen, wo letzteres vom Schwalle fortgerissen werden wird. Schnell kommen dann die Klosterherren von Interlaken und bringen den Leuten am Lombachzaun Brot und Wein, dass sie dem drohenden Übel mit Steinen wehren. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der graue Mann

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In einem Hause auf der Spielmatt in Schattdorf kam eines Abends ein alter Mann mit grauem Bart, die Tabakpfeife im Munde, in die Schlafkammer der Kinder. Diese lagen in ihren Betten, waren aber noch wach. Der Mann wollte ihnen die Hand geben, aber sie fürchteten sich, steckten ihre Hände unter die Decke und fingen an zu schreien. Da verschwand der Eindringling. Der Vater, der auf das Geschrei der Kleinen herbeigeeilt war und dem sie alles erzählten, meinte: »Ja, besser ist's gewesen, dass ihr ihm die Hand nicht gegeben, sonst hätte er euch die Hände verbrannt.« Es war eine arme Seele. Anna Herger Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der graue Stein

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Der graue Stein Im oberen Drittel des sandigen Hohlweges, der sich ob der Kirche von Unterstammheim zum Ebnet, einer schmalen Waldterrasse am Westhang des Stammheimerberges hinaufzieht, liegt der graue Stein, ein vor alters von der Bergkuppe herabgerollter Nagelfluhblock. Von dem geht die Mär, dass er sich einmal umdrehe, wenn er im Dorf unten elf Uhr läuten höre. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Winterthur und Weinland Schriftliche Mitteilung von a. Lehrer Emil Brunner in Oberstammheim. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der grausame Vater

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Wir wohnten damals im alten Steinhaus auf dem Bürtschen zu Erstfeld. Ich und mein Bruder wollten in die Küche gehen, um heisses Wasser anzumachen. Aber da stand in der Küchentüre eine Mannsperson in schwarzen Hosen, weissem Hirthemd, eine Zittelkappe auf dem Kopf. Bleich vor Schrecken waren wir eine Zeitlang wie angenagelt. Dann flüchteten wir uns in die Stube zurück und erzählten alles der Mutter. Die wollte es uns nicht glauben und ging selber hinaus. Aber sie sah das nämliche. Am folgenden Tag holten wir den Pfarrer, der musste uns die Küche benedizieren. Er sagte, es sei der Geist eines ehemaligen Besitzers dieses Hauses gewesen, der, obwohl reich, seine in eine Kammer eingesperrte Tochter habe verhungern lassen. Zacharias Indergand Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Grenadier

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Bei der ehemaligen hölzernen, gedeckten, roten Brücke bei Bürglen, die 1885 durch einen Brand zerstört und durch eine steinerne ersetzt worden ist, sah man nachts bisweilen einen alten französischen Grenadier. Wer um die mitternächtige Stunde dort hindurch musste, begegnete ganz sicher diesem alten Krieger, welcher gewöhnlich still und ruhig neben einem Pfeiler stand. Aber auch im Keller eines Hauses in der Nähe der Brücke wurde er ab und zu beobachtet. Einstens – es war in den siebziger Jahren – wollte ein Knabe des Hauses in den Keller. Da nahm er einen eigentümlichen Schein im Keller wahr und erblickte neben der offenen Türe den alten Grenadier in strammer Haltung. Erschrocken rief er dem Vater. Als beide aber in den Keller eindrangen, war die spukhafte Figur verschwunden. Da meinte der Vater, es sei jedenfalls ein gefallener Franzose im Keller begraben, der keine Ruhe finden könne, bis seine Gebeine in geweihter Erde wären. Man grub im Keller nach und fand wirklich Menschenknochen, die auf dem Friedhofe begraben wurden. Seither ist der Grenadier nicht mehr gesehen worden, weder im Keller noch bei der Brücke. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Grenzfrevler im Siggental

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Betrügt ein Nachbar den andern um sein Land, so erscheint er nach dem Tode jede Nacht als ein feuriges Gerippe auf dem unredlich erworbenen Acker. Und wenn man um Mitternacht zum Fenster hinausschaut, so kommt er bis unter die Dachtraufe heran, um nur angeredet zu werden; denn alsdann wäre er erlöst. Darüber weiss man im Siggenthale folgendes: Ein Schneider war noch um die Geisterstunde in dem fremden Hause auf der Stör. Plötzlich geht ihm das Licht aus und vor dem Fenster steht ein feuriges Gerippe, das fortwährend hereinjammert: „Hacke! Hacke!“ Der Schneider antwortet wohlweislich nichts, aber er ruft doch die Hausleute zusammen und bittet sie inständig, das Verlangte herzugeben. Sie holen eine Hacke und werfen sie zum Fenster hinaus. Am Morgen fand man sie noch draussen liegen, aber den Hackenstiel daran verbrannt und das Eisen noch glühend. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Grenzlauf

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Einst stritten die Urner mit ihren Nachbarn, den Glarnern, bitter um ihre Landesgrenzen und beleidigten und schädigten einander täglich. Da ward von den Biedermännern der beiden Bezirke der Ausspruch getan: Zur Tag- und Nachtgleiche solle von jedem Teil frühmorgens, sobald der Hahn krähe, ein rüstiger, kundiger Fussgänger ausgesandt werden und jedweder nach dem jenseitigen Gebiet zulaufen; da, wo beide Männer sich begegneten, solle die Grenzscheide festgesetzt bleiben; der kürzere Teil möge nun fallen diesseits oder jenseits. Die Leute wurden gewählt, und man war besonders darauf bedacht, einen solchen Hahn zu halten, der sich nicht verkrähte, sondern die Morgenstunde auf das allerfrüheste ansagte. Die Urner nahmen einen Hahn, setzten ihn in einen Korb und gaben ihm auf den Rat eines alten Mütterleins sparsam zu fressen und zu saufen, weil sie glaubten, Hunger und Durst würden ihn früher wecken. Die Glarner dagegen fütterten und mästeten ihren Hahn, dass er freudig und hoffärtig den Morgen grüssen könnte, und sie dachten, damit am besten zu fahren. Als nun der Herbst kam und der bestimmte Tag er schien, da geschah es, dass zu Altdorf der schmachtende Hahn zuerst krähte, kaum wie es dämmerte. Das Mütterlein, das den Hahn pflegte, stand nämlich um Mitternacht auf und küchlete, worauf der Hahn, durch den Lärm geweckt, krähte. Froh brach der Urner Felsenklimmer auf, der Mark zulaufend. Allein in Linthal drüben stand schon die volle Morgenröte am Himmel, die Sterne waren verblichen, und der fette Hahn schlief noch in guter Ruhe. Traurig umgab ihn die ganze Gemeinde; aber es galt die Redlichkeit, und keiner wagte es, ihn aufzuwecken. Endlich schwang er die Flügel und krähte. Aber dem Glarner Läufer wird's schwer sein, dem Urner den Vorsprung wieder abzugewinnen! Ängstlich sprang er dahin und schaute gegen die Scheideck. Wehe, da sah er oben am Giebel des Grates den Mann schreiten und schon bergabwärts niederkommen; aber der Glarner schwang die Fersen und wollte seinem Volke retten soviel als möglich. Und bald stiessen die Männer aufeinander beim Staldenhäreli ob den Fruttbergen, und der von Uri rief: »Hier ist die Grenze!« »Nachbar,« sprach betrübt der von Glarus, »sei gerecht und gib mir noch ein Stück von dem Weidland, das du errungen hast!« Doch der Urner wollte nicht; aber der Glarner liess ihm nicht Ruhe, bis er barmherzig wurde und sagte: »Soviel will ich dir noch gewähren, als du, mich an deinem Halse (auf dem Rücken) tragend, bergan läufst.« Da fasste ihn der rechtschaffene Sennhirt von Glarus und klomm noch ein Stück des Felsens hinauf. Manche Tritte gelangen ihm noch; aber plötzlich versagte ihm der Atem. Da trank er jählings von dem kalten Wasser und zwar mit dem Urner auf dem Rücken, der ihm nur unter dieser Bedingung zu trinken erlaubt hatte, und tot sank er zu Boden. Und noch heutzutage wird das Grenzbächlein gezeigt, bis zu welchem der Glarner den siegreichen Urner getragen hat. In Uri war grosse Freude ob ihres Gewinnstes; aber auch die zu Glarus gaben ihrem Hirten die verdiente Ehre und bewahrten seine grosse Treue in steter Erinnerung. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Grenzlauf

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Über den Klusspass und die Bergscheide hinaus vom Schächenthale weg erstreckt sich das Urnergebiet am Fletschbache fort und in Glarus hinüber. Einst stritten die Urner mit den Glarnern bitter um ihre Landesgrenze, beleidigten und schädigten einander täglich. Da ward von den Biedermännern der Ausspruch getan: Zur Tag- und Nachtgleiche solle von jedem Teile früh Morgens, sobald der Hahn krähe, ein rüstiger, kundiger Felsgänger ausgesandt werden, und jedweder nach dem jenseitigen Gebiet zulaufen und da, wo sich beide Männer begegneten, die Grenzscheide festgesetzt bleiben, das kürzere Teil möge nun fallen diesseits oder jenseits. Die Leute wurden gewählt und man dachte besonders darauf, einen solchen Hahn zu halten, der sich nicht verschlafe und die Morgenstunde auf das allerfrüheste ansagte. Und die Urner nahmen einen Hahn, setzten ihn in einen Korb und gaben ihm sparsam zu essen und zu saufen, weil sie glaubten, Hunger und Durst werden ihn früher wecken. Dagegen die Glarner fütterten und mästeten ihren Hahn, dass er freudig und hoffartig den Morgen grüssen könne, und dachten damit am besten zu fahren. Als nun der Herbst kam und der bestimmte Tag erschien, da geschah es, dass zu Altdorf der schmachtende Hahn zuerst erkrähte, kaum wie es dämmerte, und froh brach der Urner Felsenklimmer auf, der Mark zu laufend. Allein im Lintthal drüben stand schon die volle Morgenröte am Himmel, die Sterne waren verblichen und der fette Hahn schlief noch in guter Ruh. Traurig umgab ihn die ganze Gemeinde, aber es galt die Redlichkeit und keiner wagt es, ihn aufzuwecken. Endlich schwang er die Flügel und krähte. Aber dem Glarner Läufer wirds schwer sein, dem Urner den Vorsprung wieder abzugewinnen! Ängstlich sprang er und schaute gegen das Scheideck, wehe! da sah er oben am Giebel des Grats einen Mann schreiten und schon bergabwärts niederkommen. Aber der Glarner schwang die Fersen und wollte seinem Volke noch vom Lande retten, so viel als möglich. Und bald stiessen die Männer auf einander und der von Uri rief: „Hier ist die Grenze!" - „Nachbar“, sprach betrübt der von Glarus, „sei gerecht und gib mir noch ein Stück von dem Weidland, das du errungen hast!" Doch der Urner wollte nicht, aber der Glarner liess ihm nicht Ruh, bis er barmherzig wurde und sagte: „So viel will ich dir noch gewähren, als du mich an deinem Hals tragend bergan läufst." Da fasste ihn der rechtschaffene Sennhirt von Glarus und klomm noch ein Stück Felsen hinauf, und manche Tritte gelangen ihm noch; aber plötzlich versiegte ihm der Atem und tod sank er zu Boden. Und noch heutigen Tags wird das Grenzbächlein gezeigt, bis zu welchem der einsinkende Glarner den Urner getragen habe. In Uri war grosse Freude ob ihres Gewinnstes, aber auch die zu Glarus gaben ihrem Hirten die verdiente Ehre und bewahrten seine Treue in steter Erinnerung.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Der Grenzlauf

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Einst stritten die Urner mit ihren Nachbarn, den Glarnern, bitter um ihre Landesgrenzen und beleidigten und schädigten einander täglich. Da ward von den Biedermännern der beiden Bezirke der Ausspruch getan: Zur Tag- und Nachtgleiche solle von jedem Teil frühmorgens, sobald der Hahn krähe, ein rüstiger, kundiger Fussgänger ausgesandt werden und jedweder nach dem jenseitigen Gebiet zulaufen; da, wo beide Männer sich begegneten, solle die Grenzscheide festgesetzt bleiben; der kürzere Teil möge nun fallen diesseits oder jenseits. Die Leute wurden gewählt, und man war besonders darauf bedacht, einen solchen Hahn zu halten, der sich nicht verkrähte, sondern die Morgenstunde auf das allerfrüheste ansagte. Die Urner nahmen einen Hahn, setzten ihn in einen Korb und gaben ihm auf den Rat eines alten Mütterleins sparsam zu fressen und zu saufen, weil sie glaubten, Hunger und Durst würden ihn früher wecken. Die Glarner dagegen fütterten und mästeten ihren Hahn, dass er freudig und hoffärtig den Morgen grüssen könnte, und sie dachten, damit am besten zu fahren. Als nun der Herbst kam und der bestimmte Tag erschien, da geschah es, dass zu Altdorf der schmachtende Hahn zuerst krähte, kaum wie es dämmerte. Das Mütterlein, das den Hahn pflegte, stand nämlich um Mitternacht auf und küchlete, worauf der Hahn, durch den Lärm geweckt, krähte. Froh brach der Urner Felsenklimmer auf, der Mark zulaufend. Allein in Linthal drüben stand schon die volle Morgenröte am Himmel, die Sterne waren verblichen, und der fette Hahn schlief noch in guter Ruhe. Traurig umgab ihn die ganze Gemeinde; aber es galt die Redlichkeit, und keiner wagte es, ihn aufzuwecken. Endlich schwang er die Flügel und krähte. Aber dem Glarner Läufer wird\\\'s schwer sein, dem Urner den Vorsprung wieder abzugewinnen! Ängstlich sprang er dahin und schaute gegen die Scheideck. Wehe, da sah er oben am Giebel des Grates den Mann schreiten und schon bergabwärts niederkommen; aber der Glarner schwang die Fersen und wollte seinem Volke retten soviel als möglich. Und bald stiessen die Männer aufeinander beim Staldenhäreli ob den Fruttbergen, und der von Uri rief: "Hier ist die Grenze!" "Nachbar," sprach betrübt der von Glarus, "sei gerecht und gib mir noch ein Stück von dem Weidland, das du errungen hast!" Doch der Urner wollte nicht; aber der Glarner liess ihm nicht Ruhe, bis er barmherzig wurde und sagte: "Soviel will ich dir noch gewähren, als du, mich an deinem Halse (auf dem Rücken) tragend, bergan läufst." Da fasste ihn der rechtschaffene Sennhirt von Glarus und klomm noch ein Stück des Felsens hinauf. Manche Tritte gelangen ihm noch; aber plötzlich versagte ihm der Atem. Da trank er jählings von dem kalten Wasser und zwar mit dem Urner auf dem Rücken, der ihm nur unter dieser Bedingung zu trinken erlaubt hatte, und tot sank er zu Boden. Und noch heutzutage wird das Grenzbächlein gezeigt, bis zu welchem der Glarner den siegreichen Urner getragen hat. In Uri war grosse Freude ob ihres Gewinnstes; aber auch die zu Glarus gaben ihrem Hirten die verdiente Ehre und bewahrten seine grosse Treue in steter Erinnerung. Quelle: Josef Müller, Sagen aus Uri, Aus dem Volksmunde gesammelt, Basel 1926, Nr. 1, S. 3 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Grenzstein oder Markstein im Sagewald

Source: Der Grenzstein oder Markstein im Sagewald

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Im Sagewald bei Römerswil haben vor mehr als fünfzig Jahren junge Bursche Kugeln getröllt. Wie sie fertig waren und die siegende Partei wie üblich ein lustiges Jauchzen und „Hohlen" erschallen liess, da hob unweit von ihnen im Waldtobel ein Stöhnen und Ächzen an und endlich hörte man die Worte: „O Götti, Götti!" Bald erschien im Gestrüpp eine wüste Mannesgestalt mit einem schweren Markstein auf der Achsel. „Zur christlichen Seel' hab ich dir verholfen; hilf mir du, Götti, jetzt auch zur seligen Seel", sprach der Geist zu einem aus der Schar, dem sein Taufpate nicht mehr lebte. Dann fuhr er fort: „Setz einen Markstein zehn Schritte von hier weiter hinein in den Wald und lasse ihn zehn Jahre stehen, hernach soll derselbe wieder an dieses Plätzchen kommen", wobei der „Wandelnde" die Stelle bezeichnete. Sogleich wurde im Seidenberg eine Schaufel geholt und der Wunsch der armen Seele erfüllt. Beim Scheiden wollte der Geist dem Götti die Hand reichen, doch der hielt den Schaufelstiel hin, an dem darauf deutlich die Brandspuren sichtbar waren.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Der Grenzstreit am Tössstock

Source: Der Grenzstreit am Tössstock

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Der Grenzstreit am Tössstock In alten Zeiten stiessen auf dem Tössstock die Grenzen der Herrschaften Grüningen und Uznach zusammen. Grüningen war zürcherisch und Uznach war ein Schutzgebiet der Schwyzer und Glarner. Da man in alten Zeiten nicht immer genau marchte, geschah es ab und zu, dass man sich über die Grenzlinien stritt. Zu dem kam es auch einmal zwischen Zürich und den Schirmorten von Uznach. Da fiel einem einheimischen Zeugen auf, dass in der Nähe des Tössstockes ein alter Hirte lebte, der den genauen Grenzpunkt kenne. Da der alte Mann nicht mehr gehen konnte, trug man ihn an den Ort, den der Alte angab. Er sagte, es müsse auf der Grenze eine alte Buche stehen, und dieser sei zum Zeichen der Grenze ein eisernes Kreuz aufgenagelt. Die Männer suchten lange. Endlich fanden sie eine Buche mit seltsamen Höckern, und als sie mit dem Beile diese Buckel wegsprengten, kam das eiserne Kreuz zumVorschein. Seit der Zeit, da der Baum als Grenz- oder Lorchbaum gezeichnet worden war, hatte die Rinde das Kreuz vollkommen umwachsen. Darum wusste man die Grenzscheide nicht mehr sicher. Nun war der Streit beendet; Schwyz und Glarus hatten gewonnen. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland VB., 19. 11. 1923; HL. 1936, 47. Solche Grenzzeichen findet man heute noch. J. Senn nennt sie in „Chelleländerstückli“ „Löä“ und beschreibt sie als March- oder Grenztannen mit ins Holz geschnittenen Kreuzen. R. Kägi‚ De Flarzbueb, S. 116, hat „Lorche“. Vgl. Id. 3, 998 s. v. Lach. Eidgen. Abschiede V, 1313, vom 29. April 1528: Auf dem Hörnli fiel im Frühling 1528 ein alter, abgefaulter Ahorn, der als rechte March zwischen vier Herrlichkeiten, den Grafschaften Kyburg, Toggenburg, Thurgau und der Herrschaft Grüningen diente. Es wurde beschlossen, einen Grenzstein zu setzen. - Escher, Erinnerungen I, S. 142, beschreibt, wie er als Oberamtmann auch mit der zürcherischen Grenze am Tössstock und in dessen Umgebung zu tun hatte. Bei der Marchenkontrolle „machte ein älterer Beamter die Bemerkung, er habe gehört, dass bei solcher Gelegenheit in älteren Zeiten die beiwohnenden Jungen mit Ohrfeigen bedacht wurden, damit sie in späteren Jahren sich des Herganges und des Ortes besser erinnern.“ Vom „Tanzplatz“, zwischen Steg und Hörnli, dessen Namen daher rührt, dass die Bergbewohner sich diesen einsamen Ort zum geheimen Tanzvergnügen aufsuchten, weil das Tanzen durch Mandat verboten war, weiss Escher (I, S. 243) einen Schwank zu erzählen. Wenn vom Tanzplatz (früher Häuergruppe) eine Leiche nach Fischenthal getragen werden musste, führte der „Weg“ durch eine Runse und eine scharfe Krümmung, welche für den Leichentransport Schwierigkeiten bot. Hier soll einmal den Leichenträgern eine Bahre entfallen sein, wobei der Sargdeckel aufsprang. Da habe sich die totgeglaubte Frau aufgerichtet und sei vom Himmelsweg wieder nach Hause zurückgekehrt, wo sie noch 30 Jahre wirtschaftete. Als sie dann zum zweiten Male in den Sarg gelegt wurde, habe der Ehemann den Trägern alle Sorgfalt empfohlen. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der grobe Schmied

Source: Der grobe Schmied

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Zur Zeit der Napoleonkriege wurde an einem kalten Winterabend eine Schwadron ungarischer Husaren in Ziefen einquartiert. Es waren prächtige Burschen von verwegenem, abenteuerlichem Aussehen. Der Rittmeister liess sofort den Ortsvorsteher holen und teilte ihm seine Wünsche für die Unterbringung der Truppe mit. Als alles geregelt war, stellte der Rittmeister noch die merkwürdige Frage: «Wer ist der gröbste Mann in eurem Dorf?» Der Gemeindepräsident stutzte zuerst und meinte dann: «Gross höflich sind wir in Ziefen gerade alle nicht, aber es mag der Schmied sein, der nicht allein bei uns, sondern in der ganzen Talschaft als ein weidlich grober Gevatter gilt.» Der Rittmeister notierte sich sofort den Namen des Dorfschmieds und liess sich dessen Haus beschreiben. Dann empfahl er sich mit leutseligem Gruss. Nach fünf Minuten ritt an der Hofstatt des Schmiedmeisters ein schmucker Husar vor, sass ab und führte, ohne ein Sterbenswörtlein zu sprechen, sein Ross in die Wohnstube hinein. Darauf machte er sich an die kunstvoll eingelegte Kommode, zog die oberste Schublade heraus, warf den Inhalt kurzerhand zum Fenster hinaus und schüttete stattdessen den Hafer in die Schublade. Nun war das Pferd besorgt, und nach guter Reiterart durfte jetzt auch der Husar an sein leibliches Wohl denken. Er forderte, so grob er konnte, ein kräftiges Nachtessen. Jetzt aber kam s. Plötzlich fühlte er sich von hinten durch zwei starke Arme gepackt. Es war der riesenhafte Schmied, der mit einem einzigen Kunstgriff die Hände des Soldaten band und ihn dann in den Stall führte. Wo sonst die Kuh stand, wurde der Husar am Hals angebunden und das Essen ihm in die Krippe  aufgeschüttet. Wohl tobte und wetterte der Mann greulich, aber der Schmied sprach kalt und ruhig: «Ich habe mir gedacht, es wär bei euch in Ungarn gebräuchlich, dass das Ross in der Stube und der Mann in den Stall kommt.» Der Rittmeister freute sich königlich, als dieser Husar, von langem her das Sorgenkind seiner Truppe, endlich seinen Meister gefunden hatte. Er liess ihn einen Tag lang im Stall stehen, den Kameraden und dem ganzen Dorf zum Gespött! Ziefen Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der gross Hund mit de Panteffeli

Source: Der gross Hund mit de Panteffeli

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S het Schnee gha und isch chalt gsi. Znacht spot isch e Ma hei in d Lättegass gluffe. Ä r isch vum Ysche cho uf em Yschweier. Sit em Dorf nide het är s Gfyl gha, s trämpele eppis hinterem dry. Aber är het d Couragi nit gha, zruggzluege. Vor synere Huustire het ärs denn gwogt. Ä het e grosse, schwarze Hundgseh mit fyrige Chluggerauge. An de Pfote het är Panteffeli gha. «Dasch der Lybhaftig!» het der Ma gsait, het s Chryzzeiche gschalge und isch ins Huus yne. Oberwil Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der grosse Alpkessel

Source: Der grosse Alpkessel

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Wo weiss ich nicht, aber basta, in einer Alp hatten sie wiätig äss grosses Wellchessi. An einem Seil zog es der Besitzer jeweilen im Herbst in den Dachraum des Käsgadens hinauf und liess es im Lanxi wieder herunter. Einmal aber, bei der Alpauffahrt, war es verschwunden. Sofort lief der Besitzer zum Pfarrer, dass er es ihm zurücktreibe. Der aber sagte zuerst, das tue er nicht. Doch der Bauer bestand darauf: »Ich weis-es, iähr chennet's und iähr miänt's z'ruggtrybä; das Chessi mües ich ha.« Darauf ging der Pfarrer ins Nebenstübchen; als er zurückkam, sagte er, er werde es zurücktreiben, aber an dem und dem Tage müsse er, der Besitzer, im Käsgaden bereit sein und müsse den Kessel dem Dieb abnehmen. Gut, er hielt sich bereit; der Dieb, den er wohl erkannte, kam keuchend und gruchsend das Bort hinan und kletterte mitsamt dem gestohlenen Gegenstand unter Ach und Krach durch das Käsgadengwätti hinauf. Der Bauer kam ihm zu Hilfe und nahm ihm die Last ab, bevor er droben war, sonst hätte es der Dieb wohl verspielen müssen. Fr. Jauch-Bissig, 62 Jahre alt, Isental Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der grosse Hund (Flums, SG)

Source: Der grosse Hund (Flums, SG)

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Bei der Kapelle St. Justus am Seez (Seezchappeli) geht in der Geisterstunde ein grosser, schwarzer Hund vorbei, dem Spinnereigraben nach hinauf; er verschwindet spurlos am Kirchweg unterm Steinbrückli. J. B. Stoop Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 328, S. 183   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der grosse Hund (Oberriet, SG)

Source: Der grosse Hund (Oberriet, SG)

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Auch Oberriet hatte seine Hexen und folglich auch seine Hexenprozesse. In alten Gerichtsakten steht zu lesen, wie eines dieser armen Wesen das Bekenntnis ablegte, es hätte oben am Fähnern ein schreckliches Hagelwetter gemacht und damit das Tal überziehen wollen; da aber habe in Oberriet der große Hund zu bellen begonnen, nämlich die große Kirchenglocke, und damit sei ihr Vorhaben vereitelt worden. (Mündlich nach K. S. Zach)   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 75, S. 34 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der grosse Januar

Source: Der grosse Januar

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Es war einmal ein Mann, der war mit einer sehr dummen Frau verheiratet. Vom Sparen und Wirtschaften verstand sie nichts, gar nichts. Der Mann hingegen war sehr geizig. Er sagte zu ihr: » Wir müssen für den großen Januar sparen.« Die Frau stellte sich den großen Januar als einen armen Kerl vor, der von Haus zu Haus ging und um milde Gaben bettelte. Als sie fünftausend Franken beisammen hatten, da kam eines Tages, es war Ende Dezember, ein Bettler und bat um ein Almosen. Die Frau war allein zu Hause. Sie dachte: Das ist der große Januar. Ich muß ihm gleich die fünftausend Franken geben. Eilig holte sie das Geld und gab es ihm. Als ihr Mann nach Hause kam, überfiel sie ihn mit der Neuigkeit, kaum daß er in der Stube war: »Der große Januar ist dagewesen, und ich habe ihm die fünftausend Franken gegeben.« »Verrücktes Weib! Wie kann dir nur so eine Dummheit in den Sinn kommen! Weißt du nicht, daß der große Januar einunddreißig Tage hat und der längste Monat des Jahres ist? Weil du nichts zurückbehalten hast für den großen Januar, gehe ich jetzt fort und werde dich töten und dich im Kamin aufhängen, so wahr ich hier stehe, wenn ich nicht noch ein dümmeres Weib finde als dich.« Mit diesen Worten verließ er das Haus. Als er ein gutes Stück gegangen war, sah er, wie eine Frau vor den Fenstern ihres Hauses mit einer Gabel Nüsse auf den Söller hinaufwarf. Er sagte: »Klaub sie doch in deine Schürze und trag sie auf den Söller hinauf. So, wie du das machst, kann es doch nicht gehen.« Dann ging er weiter. Nach einer Weile fand er eine Frau, die auf der Erde lag. Er fragte, was sie da suche. Sie antwortete, sie wolle das Gras wachsen sehen. Da sagte er sich: »Nun habe ich schon zwei getroffen, die dümmer sind als meine.« Bald darauf sah er eine dritte; sie kniete in einer Wiese und mähte das Gras mit einer Schere. Dieses Mal reicht es, dachte er. Ich habe genug Weiber gefunden, die dümmer sind als meine Frau. Jetzt geh\' ich wieder zu ihr nach Hause. Er erzählte seiner Frau, daß es Dümmere gäbe als sie und daß er sie deshalb nicht töten würde.   Märchen aus Savièse, Wallis,   Aus: R. Wildhaber L.Uffer, Schweizer Volksmärchen, Düsseldorf 1971, dort aus notiert von Abbé Luyet, gedruckt in B.Luyet, Légendes de Svièse, in: Schweiz. Archiv für Volkskunder 1925 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der grosse Laib Brot

Source: Der grosse Laib Brot

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Eines Tages verspürten die Jünger des Herrn grossen Hunger. Sie gingen in ein Haus, um für fünf Soldi einen Laib zu kaufen. Die Bäckersfrau hiess sie einen Augenblick warten, weil das Brot noch im Backofen sei. Als sie den Laib aus dem Ofen nehmen wollte, war er wie durch ein Wunder so gross geworden, dass sie ihn nicht mehr zur Ofentür herausziehen konnte und ihn deshalb in Stücke zerschneiden musste. Jetzt wollte ihn die Frau nicht mehr für fünf Soldi geben, weil er zu gross sei. Die Jünger gingen deshalb aus der Backstube, um anderswo Brot zu kaufen. Am nächsten Ort wiederholte sich derselbe Vorfall. Hierauf traten sie in eine dritte Backstube, und die Bäckerin sagte zu ihnen: «Nehmt nur das Brot und lasst es euch schmecken, da habt ihr einen Laib, wie ich keinen grössern finden kann, auch wenn man ihn besonders hergestellt hätte.» Die Jünger nahmen den Laib und verzehrten ihn, denn sie hatten $ einen tüchtigen Hunger. Als sie satt waren, sprachen sie zu ihrem Meister: «Was gebt ihr dieser guten Frau zum Dank dafür, dass sie uns einen so grossen Laib Brot für so wenig Geld überliess?» Und der Meister gab tiefsinnig zur Antwort: «Ihr gutes Herz soll sie behalten. Es wird ihr helfen, alle Trübsal und Widerwärtigkeiten dieser Welt zu überwinden. Als Lohn aber wird man ihr unterdessen in jener andern, höhern Welt einen schönen Platz bereiten.»   Am Kaminfeuer der Tessiner                                                               Walter Keller                                                                                           Hans Feuz Verlag Bern   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der grosse Mai

Source: Der grosse Mai

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Es lebten einmal in einem Dorfe Mann und Frau. Da sagte der Mann eines Tages: «Ich will in die Fremde ziehen, um als Maurer zu arbeiten und ein Stück Geld zu verdienen. Wenn unterdessen der große Mai kommt, so musst du ihn jenen Sack Korn mahlen lassen, der oben im Kornspeicher Iiegt.» Und nach diesen Worten zog der Mann fort. Die Frau erwartete jeden Tag den großen Mai, aber er kam nie. Eines Tages sah sie einen großen Mann mit einem Eselchen durch das Dorf ziehen. Da fragte sie ihn: «Seid Ihr der große Mai?» «Ja freilich.» «Wäret Ihr nicht so gut und würdet mir den Sack Korn mahlen?»   «Jawohl, gerne, zeigt mir den Sack!» «Ihr braucht nur hier auf den Kornspeicher zu steigen; dort werdet Ihr den Sack finden» Der Fremde stieg also die Treppe hinauf zum Speicher, öffnete die Tür, blieb dort ein Weilchen und kehrte dann ganz zufrieden, aber ohne Sack wieder herab, indem er sagte: «lch will morgen wieder kommen und den Sack holen.» Und damit ging er schnell zu seinem Eselchen und trieb das Tier zur Eile an Am anderen Morgen stellte sich die Frau auf die Gasse, um den Fremden zu erwarten. Aber er kam nicht. Stattdessen jedoch kehrte ihr Mann heim und fragte sie sogleich: «Hast du das Korn mahlen lassen?» «Nein, noch nicht. Denke dir, der große Mai ist erst gestern gekommen und hat mir versichert, er werde heute wiederkehren. Ich habe ihn jedoch bis jetzt noch nicht gesehen.» «Und hast du ihm den Weizen gezeigt?» «Jawohl, ich habe ihm gesagt, er solle selbst hinaufgehen und ihn ansehen.» «Aber, ums Himmelswillen, hast du denn nicht gewusst, dass hinter jenem Kornsack unser Geld versteckt Iag?» «Um Gotteswillen, das habe ich nicht gewusst!» «Nun gut, sagte der Mann, «jetzt haben wir die Bescherung. Ich gehe noch einmal fort und will schauen, ob ich auf dieser Welt noch eine Frau finde, die so unwissend und dumm ist wie du. Wenn ich eine finde, so ist alles gut. Aber wehe dir, wenn ich keine finde, die so töricht ist wie du!» Und damit zog er wieder fort und kam auf seiner Wanderschaft auf ein Feld, wo er einige Frauen beten sah. Darauf machte er mit der Hand allerlei Zeichen und gebärdete sich wie ein Verrückter. Da eilten die Frauen herbei, nahmen ihn bei den Beinen fest und fragten ihn: «Was sucht Ihr hier?» «Ich suche die Tür, die mich wieder ins Paradies führt; denn ich bin soeben von dort herunter gefallen. Lasst mich in Ruhe!» «Ist's möglich? Ja, seid Ihr wirklich im Paradies gewesen? Habt Ihr dort nicht vielleicht meinen Mann angetroffen, den lieben Cecco?» fragte ihn eine Witwe. «Ja freilich habe ich ihn gesehen. Der arme Cecco geht immer umher, um Almosen zu betteln.» «Dann wartet doch hier ein Weilchen. Ich will schnell heimkehren, ihm einen Beutel Geld durch Euch zu bringen.» Und damit eilten die zwei Frauen hurtig fort nach Hause, und kehrten nach einiger Zeit mit einem ganzen Sacke voll Geld wieder zurück. Sie gaben ihm den Sack. Er nahm ihn und machte sich schleunigst damit nach Hause, wo er zu seiner Frau sagte: «Ein Glück nur für dich, dass ich eine noch dümmere Frau gefunden habe.» Darauf zeigte er ihr das viele Geld, und sie konnten nun zusammen glücklich leben, ohne so viel arbeiten zu müssen. Märchen erzählt in Rovio von Riccardo Galli, 1924 Quelle: Walter Keller, Tessiner Sagen und Volksmärchen Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der grosse Mann

Source: Der grosse Mann

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Ja, früher haben sie allerlei erzählt; aber da ist halbes nicht wahr. Aber das hat mein Grossvater erzählt für eine sichere Wahrheit: Sie wohnten in den Siëssbergen ob Schattdorf. Öfters kam es vor, dass ihr 4–5 Jahre altes Knäblein ganze Tage ausblieb. Wenn sie es dann am Abend fragten, wo es den ganzen Tag gewesen, sagte es: »Bim grossä Ma.« Wie der aussehe? »Ä grossä, grossä Ma! Chopf hed er ä keinä, aber ä grossä, grossä Hüet üff.« Dass Gespenster keinen Kopf haben, haben sie früher immer gesagt. Einst nach langem, langem Suchen fanden sie das Knäblein in ihrer Wiese bei einem grossen, mächtigen Haufen Schneckenhäuschen sitzend und spielend. Ein anderes Mal schickten sie einen ältern Knaben, die Ziegen zu holen. Aber nach geraumer Zeit kam er zurückgerannt mit allen Zeichen des Schreckens und sagte, der grosse Mann sei ihm auf dem Steglein begegnet. Ja, das hat der Grossvater erzählt; der war sonst kein leichtgläubiger Mann. Wir haben auch einmal ein kleines Maitli vermisst, im ganzen Hause gesucht, und nach langem Suchen – wo haben wir es gefunden? Schlafend auf der Kammerstiege, wo wir doch beim Suchen mehrmals auf und abgelaufen waren. Ja, und wie ist's dem Professor Dittli ergangen im Maderanertal, als er noch ein kleiner Bub war? Drei Tage lang haben sie ihn gesucht und erst gefunden, als sie ihm läuten wollten. Jost Indergand, Altdorf, 80 J. alt. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der grosse Salatkopf oder Neisa und die schwarze Riesenkatze

Source: Der grosse Salatkopf oder Neisa und die schwarze Riesenkatze

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Eines Tages hatte die Stiefmutter Neisa ausgeschickt, um Löwenzahnsalat zu pflücken, und Neisigna war lange herumgestreift, hatte aber nicht einmal ein Salätchen gefunden. Doch jetzt fiel ihr Blick an einem Stein entlang herunter, und sie sah einen riesigen Salat und dachte: «Nimm den, so hat sie für einmal Salat genug.» Sie stiess ihr Messer in die Erde und grub ihn aus. Beim Graben hörte sie ein Geräusch, sie schaute nach, und was war es? - das Messer war an einen eisernen Ring geraten. Sie zog daran, und es öffnete sich eine Falltür, und sie sah eine Treppe, die unter den Boden führte. Die Neugier stach sie, und sie ging nachschauen, was Schönes da unten sei. Sie kam in eine Stube, wo in einer Ecke ein Sessel stand, darauf lag eine schwarze Riesenkatze. «Was hast du da unten verloren?», fragte die Katze. «Oh, ich habe beim Salat graben eine kleine Falltüre gefunden, da bin ich hinuntergegangen, weil ich wissen will, was es hier zu sehen gibt.» - «Gut», sagte die Riesenkatze, «da du nun hier unten bist, könntest du gleich ein wenig meinen kleinen Dienstmädchen bei der Hausarbeit helfen; sie sind so klein und kommen kaum vom Fleck.» - «Ja, sicher», antwortete Neisigna, «das will ich von Herzen gern tun», und sie ging in die Kammer und fand da zwei Kätzchen, die machten die Betten. Sie mussten eine Matratze kehren und waren kaum im Stand, sie zu heben, und da half Neisigna ihnen. Dann ging sie in die Küche. Dort waren auch zwei Kätzchen, die wollten eben den Hafen über das Feuer hängen; doch der Hafen war grösser als sie, und sie keuchten und schnauften und mühten sich schwer ab, da half Neisigna ihnen. Dann stieg sie in den Keller. Dort waren zwei Kätzchen, die einen grossen Krug voll Wein abgefüllt hatten. Doch sie wussten nicht, wie sie es anstellen sollten, den Krug hinaufzutragen, ohne dass er zerbrach. Und Neisigna half ihnen beim Tragen, dann ging sie in die Stube, um der schwarzen Riesenkatze adieu zu sagen. Da sagte die: «Wenn du jeden Tag eine Weile kommen und meinen kleinen Dienstmädchen helfen könntest, so gäbe ich dir am Ende etwas Schönes als Lohn.» Und Neisigna antwortete: «Aber sicher, das will ich gern tun.» Und Tag für Tag zur selben Stunde machte sie sich von zu Hause fort und stieg durch die Falltür nach unten. Doch ihre Schwester Staschia merkte dies eines schönen Tages und wollte wissen, wohin Neisigna jeden Tag verschwand. Neisigna erzählte ihr von der Falltür, von der schwarzen Katze und von den kleinen Dienstmädchen. «Morgen gehe ich statt dir hin. Komm nur und zeig mir die Falltür», sagte Staschia. Und tatsächlich, am nächsten Tag stand sie vor der schwarzen Katze. «Was willst du hier?» fragte die Katze. «Heute bin ich an Stelle meiner Schwester gekommen, um den Kätzchen bei den Arbeiten im Haushalt zu helfen», antwortete sie. «Gut, so geh und hilf ihnen», sagte die schwarze Katze. Und Staschia ging in die Kammer. Die Kätzchen hatten eben die Matratze aufgehoben, um sie zu kehren, da versetzte Staschia der Matratze einen Stoss, so dass diese umfiel und die Kätzchen zerquetschte. Dann tauchte sie in der Küche auf. Dort hatten die Kätzchen eben den Hafen übers Feuer gehängt, und Staschia fackelte nicht lange, packte die Kätzchen am Hals und schmiss sie in den Hafen. Darauf verschwand sie in den Keller. Die Kätzchen füllten gerade Wein ab. Staschia packte sie und schleuderte sie gegen das Fass, so dass die Kätzchen tot liegen blieben. Dann stieg sie die Treppe hinauf und ging hinein zur Riesenkatze. «Nun habe ich die Haushaltsarbeiten erledigt», sagte sie in frechem Ton. Sie glaubte, die Riesenkatze wisse noch nicht, was sie angestellt hatte. Doch die Riesenkatze wusste alles, sie sprang Staschia an den Kopf und begann sie zu kratzen und zu beissen. Staschia schrie und wehrte sich, so gut sie konnte, doch die Riesenkatze liess sich nicht abschütteln und richtete sie ganz schlimm zu. Mit Mühe und Not gelangte sie die Treppe hinauf und zur Falltür hinaus; und erbärmlich sah sie aus, als sie nach Hause kam. Und bei der schwarzen Riesenkatze liess sie sich nicht mehr blicken. (Oberengadin)   Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der grosse Sexer

Source: Der grosse Sexer

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Der grosse Sexer ist ein schöngelegener Felsenkopf in der weiten, wasser- und blumenreichen Flumser Alp Fursch, in der Nähe eines wunderlieblichen Seeleins. Da geht eine gangähnliche Felsspalte wie eine Kellertreppe schräg abwärts, tief ins Dunkle. Unten komme man an eine geschlossene Türe. Wenn man anklopfe, rufe es innen: "Der Schlüssel ist über der Tür." Wer den Mut habe, den Schlüssel herunterzunehmen, die Türe zu öffnen und einzutreten, der erlöse eine arme Seele und erwerbe einen reichen Schatz. Im grossen Sexer, tief unten, sei eine Kiste voll Geld, die ein schwarzer Hund hüte. Einer, der hinabgestiegen, um die Kiste zu holen, sei nicht mehr heraufgekommen. Ein Hirt, der am großen Sexer hütete, sah im Sexerloch einen Kuhfladen und rührte mit seinem Stecken darin. Als er zu den Furschhütten kam, bemerkte er, dass er Gold am Stecken hatte. Er kehrte zur Stelle zurück; aber der Fladen war verschwunden.  Den Schatz im grossen Sexer werde einmal ein armer Geissler erhalten. Am grossen Sexer wächst die Allermannsharnischwurz, Allium Victorialis, eine Lauchart mit gazeähnlichen Zwiebelhüllen, als blutstillendes Mittel verwendet. Wenn sie am Augustheiligtag (Maria Himmelfahrt, Kräuterweihe) vor Sonnenaufgang gegraben und dem messelesenden Priester unter die Mitte des Altartuches gelegt wird, erhält sie die Kraft, unsichtbar und unverwundbar zu machen. Unter dem grossen Sexer sind kümmerliche, von den Schafen in Schneezeiten zerbissene Reste eines vor hundert Jahren noch stehenden Hochwaldes von Fichten und Arven. Noch lebt ein 85jähriger Greis, der von dort Holz zum Brennen und zu feinem Milchgeschirr zu den Hütten hinabtrug, zu denen man jetzt das Brennholz eine Stunde bergauf schleppen muss. Im Frühling, als wir auf Skien über die noch tief im Schnee liegenden Alpen fuhren, fanden wir hier ein schneefreies, warmes, vielblumiges Eiland. Möchte der Wald bald wieder erstehen! Einige Männer hatten verabredet, den Schatz im Sexer zu gewinnen. Damit ihnen nichts geschehe, nahmen sie ein unschuldiges Kind mit. Sie kamen an die Türe, klopften an, auf den Zuruf öffneten sie und traten ein. Sie waren in einem Saal, der mehrere Türen hatte. An einem grossen Tisch sassen schweigende Gestalten. Eine Frau, die einen Schweinskopf hatte, trat ihnen mit einem klirrenden Bund Schlüssel am Gürtel entgegen und fragte nach ihrem Begehren. Sie antworteten, sie wollen genug Geld. Das können sie bekommen, hiess es, wenn sie tun, was man ihnen sage. Zuerst mutsste jeder ein Pfand geben. Dann nannte sie ihnen einen bestimmten Abend, an dem sie wiederkommen und das verlangte Geld ohne weitere Gefährde holen können; aber Wort halten müssen sie unter allen Umständen, sei das Wetter wie es wolle. Wer am bestimmten Abend ausbleibe, müsse beim Tode kommen und ihnen nachher Gesellschaft leisten. Die Männer gelobten es. Am festgesetzten Abend aber tobte ein so furchtbares Unwetter über Berg und Tal, wie man es noch nie erlebt hatte, und es kam keinem in den Sinn, zum grossen Sexer zu gehen. Als nach Jahren einer von den Männern starb, sahen ihn die Älpler zu Fursch in der Sterbestunde über die Schwizerböden dem grossen Sexer zueilen. Einmal sahen die Küher zu Fursch eine Weibsperson mit einem "Parasol" (Regenschirm) dem grossen Sexer zugehen. Sie verabredeten, das Weib einzuholen, um es zu erkennen. Als sie zum Sexer kamen, war die Gestalt verschwunden. Am andern Morgen aber war die Alp tief im Schnee. J. B. Stoop   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 308, S. 172ff Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der grosse Tod in Naters

Source: Der grosse Tod in Naters

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Einst soll der Tod in den Bergen von Naters schrecklich gehauset haben. Man erzählt, ein Schafhirt in Aletsch habe eine Nuss aufgehoben und gegessen, die ein grosser Vogel im Schnabel über die Berge zu ihm getragen und vor ihm habe fallen lassen. Mit diesem Hirten habe dann der Tod den Anfang gemacht. — Auch in Saas geht die Sage, die Pest sei einst in einer schwarzen Wolle über die Berge aus Italien gekommen und habe zuerst den Schafhirten auf der Alpe angepackt. — Den armen Bergbewohnern erlaubte man nicht mehr, hinab nach Naters zu kommen, um die Seuche nicht weiter zu verbreiten. Darum, so geht die Sage, habe man die Verstorbenen in der "Frohmatte" begraben und der Pfarrer habe da auf einem Hügel mit den Hl. Sakaramenten gewohnt. Zum Vergraben der Toten waren zwei Männer, wovon einer einäugig, bestellt und als Lohn erhielten sie für jede tote Person ein Leintuch. Sie beigeten (häuften) die Leintücher aufeinander und jedem der zwei Gräbler fiel ein klafterhoher Haufe zu. — Einem Kinde wusch eine Mutter mit Gottvertrauen in Aletsch das Herz, und sieh! das Kind starb nicht und ihm fielen noch in selbiger Nacht zwölf Trinkelkühe als Erbschaft zu. — Die Seuche verschwand, als ein Verstorbener das Heilmittel angab: «Bibinella und gebaht's Brod ist gut gegen den gähen Tod.» Auch tröstete der Verstorbene, es werde nur noch der einäugige Gräbler und der jüngere Aletschhirt sterben. So geschah es auch. — Die Bibinella wurde tief im Massa-Kinn gefunden.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Grossvater im brennenden Hause

Source: Der Grossvater im brennenden Hause

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Vor wenigen Jahren brannte in Bürglen ein altes Haus ab. Beim Rettungswerk drangen zwei Männer in eine verschlossene Kammer vor und fanden dort zu ihrem nicht geringen Erstaunen einen alten Mann, der auf einer Kiste sass. »Fliehet, fliehet doch!« riefen sie ihm zu. In diesem Moment erkannten sie mit Schaudern plötzlich den Alten, der auf einmal verschwand. Es war der schon lange verstorbene Grossvater. Alois Imhof, Seedorf Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Grüne auf der Petersinsel

Source: Der Grüne auf der Petersinsel

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In dem Eichwald auf der Petersinsel im Bielersee, zu der sich von Ligerz aus im Seebett ein Kieselsteindamm, der Heidenweg, hinzieht, erblickt man oftmals einen Herrn, vom Kopfe bis zum Fusse grün gekleidet, zwischen den Bäumen und Büschen hin und hergehen. Dieser Herr, der unter dem Namen "der Grüne" bekannt ist und auch schon in Mörigen auf Besuch war, ist niemand anderes, als der Teufel selbst. Seinem Erscheinen folgt immer eine sehr stürmische Nacht, in welcher dann der Grüne und dessen Genossen auf der Insel ihre Bachanalien feiern. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der grüne Jäger

Source: Der grüne Jäger

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Im gebirgigen, waldreichen Bann des Städtchens Waldenburg trieb einst «der grüne Jäger» sein tolles Wesen. Überall wurde er angetroffen. Der eine behauptete, er habe beim Heuen auf der Studenweid den gefürchteten Nimrod oder wenigstens seine grüne Bluse hinter einem Wacholderbusch verschwinden sehen. Ein anderer wollte ihn im Richtacker hinter einem Holderbusch beobachtet haben, ein dritter gewahrte ihn im Gerstel. Zu Zeiten, als die Jagd noch nicht offen war, hörte man auch etwa das Horn des sagenhaften Jägers. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der grüne Jäger

Source: Der grüne Jäger

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Noch bis in die neuere Zeit erzählte man von einem Jäger, der nachts die Wälder und Felder durchstreife. Er trage ein grünes Wams, sagte man, und sei begleitet von einer Schar Hunde, die beständig bellten; er aber rufe in einem fort: «Hudädä!» Wie der Blitz husche er durch das Gebüsch, und nur wenigen Glücklichen sei es vergönnt, ihn zu sehen; hören aber täten ihn alle, welche nachts beim Walde vorbeigingen. An einigen Orten hält man ihn für einen ermordeten Soldaten, der nachts auferstehe und die Luft mit seinen Klagerufen erfülle. Schönenbuch Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der grüne Mattenwirt

Source: Der grüne Mattenwirt

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Zwischen Bundalp und Dündenalp zieht sich über Griesalp am Berg ein grauer, unfruchtbarer Streif dahin. Geht der Senn je mit der Herde darüber hin, b`segnet er sich, schaut weder links noch rechts und sinnt etwas Gutes. Und kommt`s wie wildes Wetter über den Berg einher und ruft`s: "Ausgestellt, der grüne Mattenwirt kommt!" dann stellt er sich zur Rechten und spricht: "Herr, beschütz die Deinen!" Ein Wirtshaus hat da, wo der dürre Weg geht, gestanden, das Wirtshaus zur "Grünen Matte". Es waren damals schöne Zeiten, die Blümlisalp noch vom Eis frei und aus dem Gamchi zog man noch über eitel Alpen jenseits zum Tschingelgrat bis in das Wallis. Säumer kamen herüber, gingen hinüber. Das Haus an der "Grünen Matte" gedieh vortrefflich. Allein über den Wirt kam ein böser Geist. Habsucht verdarb seine Seele. Nicht genug an dem, was Handel und Wandel über den grünen Berg brachten, die Geldgier trieb den Mann zur fluchvollen Tat. Er vergriff sich an Gut und Blut der Säumer und warf die Leichen der Gemordeten in den Felsspalt des Grünmattenbaches. Die Untaten des Wirts zur "Grünen Matte" schrieen zum Himmel. Es ging solang es ging. An einem schönen Sommertag zog der Herr in einer Feuerwolke daher. Furchtbar fuhr der Strahl in das Dundenhaus. Kein Stein ist auf dem andern geblieben. Die Alp ward vom Feuer verdorret und der Mattenwirt verflucht, die öde Strasse  immerdar zu befahren. Da aber, wo sein Fuss hintritt, verdorret das Land. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der grüne Reiter auf der Schlange

Source: Der grüne Reiter auf der Schlange

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Zur Regenzeit und nach heftigen Gewitterschauern wälzt die Grüne ihre schmutzigen, mit Holz beladenen Fluten aus den Tälern des Napfberglandes der Emme zu. Die Anwohner des wilden Wassers erzählen noch heute folgende Geschichte. Hinten im Hornbachgraben waren vor Zeiten die Mädchen eines Bauernhofes damit beschäftigt, in der Nähe des Flusses die Wäsche zum Trocknen aufzuhängen. Da erschien ein grün gekleidetes Männchen. Um den Leib hatte es sich ein Hälfterlein gebunden. Freundlich wünschte es den Wäscherinnen guten Tag und riet ihnen, sie sollten ihre Wäsche nicht zu nahe am Flussbett aufhängen, oder sie doch vor Mittag wegnehmen, sonst könnte sie das Wasser wegtragen. Die Mädchen machten sich lustig über das Männlein und schenkten ihm kein Gehör. Als aber die Sonne hoch am Himmel stand, ballten sich über den Bergen schwere Gewitterwolken zusammen. Ein furchtbarer Wolkenbruch entlud sich über dem Napfbergland und über dem Tal. Als die Spötterinnen ihre Wäsche in Sicherheit bringen wollten, waren sie schon zu spät. Die Bewohner des Tales eilten aus ihren Häusern, um dem wütenden Wasser zu wehren. Zu ihrem Schrecken kam auf dem Anschutz eine ungeheure Schlange daher geritten. Auf ihrem Rücken sass das grüne Männchen, das am Vormittag die Wäscherinnen vor dem Unwetter gewarnt. Das Hälfterchen hatte es der Schlange angelegt und zügelte damit ihren wilden Lauf. Der Fluss hauste furchtbar. Brücken und Stege trug er spielend talabwärts. Hinten im Tal hatte er auf einer Alp mehrere Kühe mit sich fortgerissen, wälzte sie in seinen braunen Fluten stundenweit durch sein Bett und warf sie schliesslich dem Bauer, dem sie gehörten, auf sein eigenes Land. Emmentaler Sagen, Hermann Wahlen, 1962 Gute Schriften Bern Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der grüne Reiter auf der Schlange oder der Wettergeist

Source: Der grüne Reiter auf der Schlange oder der Wettergeist

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In der Gegend von Sumiswald, Wasen und Hornbach geht allgemein die Sage vom grünen Reiter auf der Schlange. Im Tale Hornbach befindet sich ein Bauernhof, welcher ebenfalls Hornbach heisst, nahe am Flüsschen gleichen Namens. Im vorigen Jahrhundert - so wird erzählt - waren die Meitschi (Mädchen) jenes Hofes damit beschäftigt, ihre Wäsche an einer- tiefliegenden Stelle nahe am Bache zum Trocknen aufzuhängen. Da kam ein grün gekleidetes Männchen daher, welches ein Hülfterchen (kleiner Sattel) um den Leib gebunden hatte. Es grüsste sie freundlich und sagte ihnen, sie sollten ihre Wäsche bald wegnehmen, sonst könnte sie ihnen fortgeschwemmt werden. Die lustigen Meitschi lächelten; allein es kam wirklich bald ein starker Regen, und die dunkeln Wolken häuften sich so an, dass die Spötterinnen mit ihrer Wäsche eilten. Wie ein Wolkenbruch ergoss es sich über die Gegend des hinteren Teils von Hornbach. Der Bach schwoll an, die Einwohner strömten aus ihren Häusern, um den befürchteten Verwüstungen des Baches wo möglich Einhalt zu tun. Zum Schrecken der Wäscherinnen kam aus der ersten mächtigen Welle eine ungeheure Schlange und auf derselben sass dasselbe grüne Männchen, mit welchem sie vormittags gesprochen hatten. Das Hülfterchen hatte er der Schlange angelegt, und ritt so auf dem Wasser fort. Auf dem Rasen nahm sie einen Sprung über denselben hinaus, und jenseits wieder ins Wasser. Der Bach hauste fürchterlich; auf der Alp Hinterried wurden mehrere Kühe fortgerissen und ertranken; eine oder zwo derselben wurden stundenweit fortgetragen, und gerade dem Bauer, welchem sie gehörten, auf seine Matte geworfen. Quelle: Theodor Vernaleken, Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch


by Der grüne Ritter

Source: Der grüne Ritter

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Von Diepflingen im Homburgertale führt ein alter Fussweg durch das Schübletentälchen, bei der Kohlgrube vorbei nach Gelterkinden. Von dieser Kohlgrube weiss der Volksmund allerlei Sagenhaftes zu erzählen. So berichten alte Leute, dass dort, so oft ein Gewitter im Anzuge sei, der grüne Ritter oder Landvogt erscheine. Dieser habe vor Zeiten auf Scheideck und Ödenburg, zwei Schlössern zu beiden Seiten des Eitales, gewohnt. Da er ein sehr leidenschaftlicher Jäger war, so sei er häufig auf die Jagd gegangen und habe dabei das Wild selbst in den Getreidefeldern des Landmanns verfolgt, öfters, wenn die Ernte nahe war, stellte er zum Verdruss der Bauern eine Jagd an und trat dann die Saaten nieder. Bei einer solchen Jagd geschah es, dass ihn ein Hirsch aufspiessen wollte. Der Ritter erlitt eine entsetzliche Angst, bis ihn seine Gefährten befreit hatten. Zur Strafe für seine Frevel den Bauern gegenüber muss der Ritter jetzt noch an diesem Orte erscheinen. Dabei erhebt er ein lautes Geheul und brüllt fürchterlich. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der grüne Schimmelreiter

Source: Der grüne Schimmelreiter

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Da wo man vom Bützberg nach Wangen und Solothurn geht, befindet sich in der Mitte eines Waldes ein ziemlich breiter und tiefer Graben. Dieser soll zu der Zeit, als noch Landvögte das bernische Oberamt Aarwangen beherrschten, auf Befehl eines Landvogtes Namens Wiladnig gegraben worden sein und zwar zu einer Zeit, als eine schreckliche Teuerung im Lande war. Anstatt nun die von Hunger geplagten Leute mit Rat und Tat zu unterstützen, soll derselbe Landvogt sie zum Graben dieses kleinen Kanals (er führt das Wasser aus dem kleinen Riedsee) gezwungen haben. Diese Arbeit sollten sie auf seinen Befehl in einer bestimmten sehr kurzen Frist fertig haben. Denn er sagte, wenn die Arbeit nach Verfluss dieser Zeit nicht fertig sei, so solle ihn das Wetter erschlagen. Obschon die armen Leute sich fast über Vermögen anstrengten, brachten sie die Arbeit doch nicht zustande. Als der Landvogt dies vernahm, soll er entsetzlich geflucht und die Leute gepeinigt haben, denn er erinnerte sich seines entsetzlichen Schwures. Lange nachher getraute er sich nicht ins Freie hinaus zu gehen, denn er zitterte vor jeder schwarzen Wolke. Einst als der Himmel heiter und kein Lüftchen zu sehen war, fuhr er in einer Kutsche, nur vom Kutscher begleitet, nach einem benachbarten Dorfe, aber ehe er wieder auf sein Schloss ankam, änderte sich das Wetter, und auf der Straße zwischen Roggwil und Aarwangen soll der Blitz mitten in die Kutsche getroffen und ihn gleich getötet haben; dem Kutscher aber soll kein Leid widerfahren sein. Seither hört und sieht man ihn immer in grüner Kleidung auf einem Schimmel, von Jagdhunden begleitet, neben diesem Graben umherirren und jagen, besonders im Herbst und wenn das Wetter sich ändern will. Quelle: Theodor Vernaleken, Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch    


by Der Grüthergeist

Source: Der Grüthergeist

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Wenn in dunkler Nacht ein einsamer Wanderer beim Schwarzenbach-Hof im Grüth vorbeigehen musste und die kleine Turmuhr des Kirchleins von Allenwinden langsam bedächtig die mitternächtliche Stunde schlug, da hiess es, sich eilig sputen und beeilen, denn der Grüthergeist konnte nach dem zwölften Schlag erscheinen. Es war dies eine Jungfer mit schwarzem Mieder, fliegenden Haaren und wildfeurigen Augen. Sie schwebte über die Äcker und Matten und sass auch beim alten Sodbrunnen. Bei diesem Brunnen war ihr Lieblingsplätzchen, denn hier hatte die Magd vor vielen, vielen Jahren ein gar schauriges Verbrechen begangen. Sie war auf dem Hofe Dienstmagd gewesen und hatte ihr lediges Kind in dunkler Nacht in den Brunnen geworfen. Nach dieser bösen Schandtat war sie eilig auf ihre Schlafkammer geeilt, aber - welch ein Schrecken! - Als sie die Kammer betrat, schwebte ihr das getötete Kind entgegen. Laut schrie sie auf und eilte davon. Nirgends fand sie Ruhe, immer und immer wieder erschien das unschuldige Opfer ihrer schwarzen Tat. Vor dem Gericht musste sie ihre Schuld bekennen und der rote Scharfrichter vollzog an ihr sein trauriges Henkeramt. Aber auch nach dem Tode fand die Magd keine Ruhe, denn sie musste als Grüthergeist um die Stelle ihrer Mordtat büssend wandern. In einigen Nächten habe man sie mit einer helleuchtenden Laterne gesehen. Dreimal komme sie zum Brunnen, werfe jedesmal einen kleinen Stein und wenn sie gegen Ende der mitternächtlichen Stunde komme, stehe sie auf den Brunnenrand und stürzte sich mit schaurigem Weheruf beim Schlag der Kirchenuhr in die Tiefe des Sodbrunnens. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 77 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Gryner

Source: Der Gryner

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Hinter der alten Trotte bei Münchenstein klimmt ein steiler Weg den Schlossfelsen hinan zu den paar Häusern, die eng geschart anstelle des einstigen Landvogteischlosses stehen. Dieser Weg ist der frühere Torweg zum Schloss Münchenstein. Mancher ist im Laufe der Jahrhunderte hier hinaufgestiegen; und kaum einer wird sich dabei sehr geeilt haben. Daran war aber weniger der steile Weg schuld, als die schweren und bekümmerten Herzen der vom Landvogt vorgeladenen Leute, die von der Audienz mit dem Landvogt kaum etwas Gutes zu hoffen wagten. In Muttenz ging die Rede, dass alle, die dort hinauf stiegen, weinten (gryne), weshalb man diesen Weg nicht anders als Gryner nannte. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Gryner

Source: Der Gryner

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Hinter der alten Trotte klimmt ein steiler Weg den Schlossfelsen hinan zu den paar Häusern, die enggeschart an der Stelle des alten Landvogteischlosses stehen. Dieser Weg ist der frühere Torweg zum Schloss Münchenstein. Mancher ist im Laufe der Jahrhunderte hier hinaufgestiegen; und kaum einer wird sich dabei sehr beeilt haben. Daran war aber weniger der steile Weg schuld, als die schweren und bekümmerten Herzen der vom Landvogt vorgeladenen Leute, die von der Audienz mit dem Landvogt kaum etwas Gutes zu hoffen wagten. In Muttenz ging die Rede, dass alle, die dort hinaufstiegen, weinten (gryne), weshalb man diesen Weg Gryner nannte. Münchenstein Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Gugger, Kuckuck

Source: Der Gugger, Kuckuck

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Der Gugger, Kuckuck steht in der teils „unghürigen" teils schicksalverkündenden Vogelwelt in der vordern Reihe: „Holl di d'r Gugger" ist eine Verwünschung, die dich an den Bösen versendet. - Dagegen steht dem, der im Frühling zum ersten Male an einem Orte den Gugger schreien hört, ein Glück bevor. Wer dann Geld im Sack hat, dem geht es das ganze Jahr nicht aus. Anderseits sagt man auch: „Der hört den Gugger nimmer schreien" von jemanden, der bald sterben soll. Manche Lokalitäten heissen: „Im Gugger". Nicht selten sind sie als gespenstig verrufen, wie „der Gugger" bei Richenthal (Luzern).   In Iberg (Schwyz) hält sich in der Guggern und Hirschfluh der „Guggehu" auf, ein ganz besonderer Vogel, der seit mehreren Jahrhunderten immer der gleiche ist. Früher wollten sie ihn erschiessen, aber sie konnten es nicht, weshalb sie es nicht mehr probierten. Bei Tag soll er nicht sehen, nur bei Nacht. Dann gruchst er auch wie ein kranker Mensch, und es ist deshalb recht melancholisch und unheimlich zwischen jenen Flühen zur Nachtzeit. Dieser Gugger wird offenbar als ein dem Eulengeschlechte verwandtes Tier betrachtet.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Der Gugger, Kuckuck

Source: Der Gugger, Kuckuck

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Der Gugger, Kuckuck steht in der teils „unghürigen" teils schicksalverkündenden Vogelwelt in der vordern Reihe: „Holl di d'r Gugger" ist eine Verwünschung, die dich an den Bösen versendet. - Dagegen steht dem, der im Frühling zum ersten Male an einem Orte den Gugger schreien hört, ein Glück bevor. Wer dann Geld im Sack hat, dem geht es das ganze Jahr nicht aus. Anderseits sagt man auch: „Der hört den Gugger nimmer schreien" von jemanden, der bald sterben soll. Manche Lokalitäten heissen: „Im Gugger". Nicht selten sind sie als gespenstig verrufen, wie „der Gugger" bei Richenthal (Luzern).   In Iberg (Schwyz) hält sich in der Guggern und Hirschfluh der „Guggehu" auf, ein ganz besonderer Vogel, der seit mehreren Jahrhunderten immer der gleiche ist. Früher wollten sie ihn erschiessen, aber sie konnten es nicht, weshalb sie es nicht mehr probierten. Bei Tag soll er nicht sehen, nur bei Nacht. Dann gruchst er auch wie ein kranker Mensch, und es ist deshalb recht melancholisch und unheimlich zwischen jenen Flühen zur Nachtzeit. Dieser Gugger wird offenbar als ein dem Eulengeschlechte verwandtes Tier betrachtet.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Der Günnä zu Brugg

Source: Der Günnä zu Brugg

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In der Vorstadt zu Brugg liegt unten bei den Ziegelhütten ein kleines Haus hinten in einem Hofe, das einer fremden, im Auslande lebenden Herrschaft gehört. Es wird von einer Magd in Stand gehalten, die in einem Nebengebäude wohnt, alle Läden sind und bleiben geschlossen. Gleichwohl schaut hier zu einem bestimmten Fenster seit undenklichen Zeiten immer derselbe Mann herunter, so oft sich die Witterung ändern will. Er trägt dabei einen grauen Hut auf dem Kopfe. Dies ist der Günnä, von dem man nichts anderes weiß, als dass er ein Einwanderer gewesen ist, der sich hier angekauft und vielerlei Ungerechtes begangen haben soll. Alle Morgen muss ihm von der Magd, welcher er indessen niemals begegnet, das Bette frisch gemacht werden; dafür findet sie jedesmal drei Batzen nebenan auf dem Nachttischlein liegen. Es ist nunmehr jener Termin bald aus, bis auf welchen ihn die Kapuziner in sein Wohnhaus geschworen haben. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Gunten-Joosi

Source: Der Gunten-Joosi

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Dem Gunten-Joosi haben die Gespenster aus den Tälern von Lauterbrunnen und Grindelwald in Gestalt eines kohlschwarzen, drolligen Böckleins in das vergletscherte Tal hinauf nachlaufen müssen. Wenn dann mit dem Zauber unbekannte Leute das hübsche, lustige Tierlein von ungefähr haben streicheln wollen, da hat der Gunten-Joosi immer mit dem Finger gedroht und gesagt: "Nit, nit! strych mer d’s Böcki nit, Wenn d’ nit sälber ins Rottal witt!" Quelle: Hans Michel, Ein Kratten voll Lauterbrunner Sagen. Wengen 1936. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Gut-Wetter in Freienwil

Source: Der Gut-Wetter in Freienwil

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In dem kleinen Dörfchen Freienwil, drei viertel Stunden von der Stadt Baden, lebte ein schlichter frommer Bauer. Er hatte die Gewohnheit auf jegliche Frage, wie es daheim gehe, was er vom Wetter und vom Jahrgang halte, mit der Redensart zu antworten: „Guet Wetter, gar guet Wetter." Deswegen nannte man ihn überall im Dorfe schlechtweg den Gutwetter. Als nun der Alte starb und man Nachts, wie es jetzt noch üblich ist, im Hause bei seiner Leiche die Todtenwacht hielt und betete, kam auch einer seiner vielen Freunde in die Kammer herein und äusserte seine herzliche Theilnahme mit der gut gemeinten Frage: Was wird jetzt wohl unser Gutwetter machen? Da soll sogleich eine Stimme in der Kammer gesprochen haben: Es ist gut Wetter und bleibt gut Wetter in Ewigkeit! Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 122 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Der gute Rat

Source: Der gute Rat

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Eines Sommers ging die Schreckenskunde durch das Land, die Pest sei wieder im Anzug. In Genf und im Waadtland stürben die Menschen wie Fliegen dahin. Es war kein leeres Gerücht. Bald griff der schwarze Tod auch auf Freiburg über. In der Stadt starben täglich Dutzende von Menschen. Dann nahm das Schreckensgespenst seinen Weg in die Dörfer hinaus und forderte von Haus zu Haus seinen Tribut. Viele Leute verliessen fluchtartig ihre Behausungen und eilten mit wenigen Habseligkeiten auf die Berge, wo sie sicher zu sein glaubten. Da hörten sie fast täglich aus den Dörfern die Totenglocken in die Bergeinsamkeit heraufläuten. Ein banges Fragen ging alsdann von Mund zu Mund: „Wem mag das gelten  einem teuren Angehörigen  einem lieben Freund  einem Nachbar?“ So tönten die Glocken Tag für Tag, wochen- und wochenlang und kündeten den Geflohenen, dass der schwarze Tod noch immer umgehe, stets neue Opfer heische. Banger Schrecken lähmte ihnen die Glieder. Wird die Würgerin auch auf die Berge steigen und die Flüchtlinge holen? Im Schwand hielten sich in einer Berghütte eine Anzahl geflüchteter Menschen auf. Eines Morgens hörten diese in der Ferne eine Stimme rufen: „Chämet, loset! Chämet, loset!“ In ihrer Angst und Aufregung glaubten sie, man werde ihnen aus dem Tale herauf eine schlimme Botschaft bringen. Als sie vor die Türe traten, sahen sie am Rande des Burgerwaldes auf einem riesigen Steinblock ein Zwerglein stehen. Das rief ihnen zu: „Esset doch Knoblauch und Bibernell, Dann sterbet ihr nicht so schnell!“ Die Leute befolgten diesen Rat. Einer sagte ihn dem andern. So wanderte er weiter von Mund zu Mund, von Berg zu Tal, von Dorf zu Dorf, von Haus zu Haus. Das einfache Mittel schien Wunder zu wirken. Das Sterbegeläute verstummte. Nach und nach wagten die Flüchtlinge sich wieder in die Dörfer hinunter. Die Pest war erloschen.   Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch    


by Der gute Rat

Source: Der gute Rat

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Ein Mann ging in der Fastenzeit zwischen 11 und 12 Uhr abends von Terzen nach Quarten. Da hörte er hinter dem Gesträuch ein Jammergeschrei, und als er nachsah, bemerkte er einen Markenrücker mit einem Grenzpfahl in der Hand. Der Arme jammerte immer: „Wo muess ne histecke? Wo muess ne histecke?" Der Quartener behielt ruhig Blut und sagte: „Steck ne no, wo d' ne gno hast!" „Danke, danke!" tönte es zurück, und der Spuk war verschwunden.  Ed. Kaiser Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 367, S. 206 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Haarige

Source: Der Haarige

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Der Haarige.   Es war einmal ein König auf der Jagd. Da kam er zu einem hohlen Baum, an dem wollten die Hunde nicht vorbei; sie bellten und sprangen herum und waren nicht wegzubringen; und als der König herzusah, da saß in dem hohlen Stamm eine wunderschöne Jungfrau, die war ganz nackt und blickte ihn erschrocken an. Da nahm er seinen Mantel, warf ihn über die Jungfrau und tat einen Pfiff, und auf den Pfiff kamen alle Diener des Königs herbei; denen zeigte er die Jungfrau und fragte sie: »Hab ich nicht ein schönes Tier gefangen?« Dann pfiff er zum andern Mal, und da kam eine Kutsche gefahren, in diese setzte er die Jungfrau und fuhr mit ihr heim ins Schloß und heiratete sie. In dem Schloß lebte aber noch die alte Königin, des Königs Mutter; die war der jungen Königin gram und tat ihr alles Herzeleid. Nach einer Zeit mußte der König in den Krieg ziehn. Unterdessen bekam seine Gemahlin einen Sohn; da braute die alte Königin einen Kaffee und gab ihn dem Neugeborenen zu trinken; davon wurde derselbe am ganzen Leib haarig, und die böse Alte schrieb dem König: »Deine Frau hat ein haariges Tier bekommen, man weiß nicht, ist\'s ein Hund oder eine Katze.« Diese Nachricht versetzte den König in großen Zorn, und er befahl, daß man seiner Gemahlin das Neugeborene auf den Rücken binden und sie beide zusammen fortjagen solle. Also wurde die junge Königin mit ihrem haarigen Sohne aus dem Schlosse verwiesen und kehrte wieder zu dem hohlen Baum zurück, wo sie der König zuerst gesehn hatte. Da lebte sie nun wieder wie zuvor. Aber dem Haarigen schlug das Leben im Walde so gut an, daß er alle Tage um einen Schuh größer  wurde und endlich in dem hohlen Baume mit seiner Mutter gar nicht mehr Platz fand. Da ging er eines Tages hinaus und raufte ein Bündel Tannen aus, die brach er übers Knie und baute für sich und seine Mutter eine bequeme Hütte. Nicht lange darauf sagte er zu seiner Mutter: »Nun sage mir auch einmal, wer mein Vater ist.« »Ach«, antwortete die Mutter, »dein Vater ist der König, den wirst du dein Lebtag nimmer zu sehn bekommen.« »Jetzt will ich ihn grade sehn«, sagte der Haarige, und riß eine Tanne samt Wurzeln aus dem Boden; und damit machte er sich auf den Weg und ruhte nicht, bis er das königliche Schloß gesehen hatte. Der König saß gerade bei Tische und hatte eine große Menge köstlicher Speisen vor sich stehen. Der Haarige tat, wie wenn er hier zu Hause wäre, stellte sich vor den König hin und sagte zu ihm: »Da bin ich auch, ich bin dein Sohn und will mit dir speisen von deinem Tisch.« Da erschrak der König und hätte es ihm gerne gewehrt; aber der Haarige langte ohne weiteres zu und griff mit seinen haarigen Händen gerade in des Königs Teller und Schüssel; und niemand getraute sich, etwas zu sagen; denn des Königs Leute entsetzten sich auch alle und mußten es ruhig geschehen lassen. Als der Haarige Stück für Stück von dem Tische genommen und verzehrt hatte, sagte er zum König: »Jetzt will ich gehen, aber morgen komme ich wieder.« »Wart«, dachte der König, »ich will dir\'s schon verleiden, daß du mir nicht wieder kommst.« Schnell ließ er fünfhundert Soldaten aufbieten, die mußten sich dicht vor dem Schloß aufstellen und hatten den Befehl, auf den Haarigen zu schießen, sobald er sich blicken lasse. Am andern Tage, als derselbe mit der Tanne wieder auf des Königs Schloß zugeschritten kam, da gaben die Soldaten alle miteinander ein Feuer auf ihn. Aber der Haarige las alle Kugeln ruhig von seinem Leibe ab und warf sie, je fünfzig um fünfzig, auf die Soldaten zurück,] bis er sie alle zusammen zu Tod geworfen hatte. Als er in das Schloß kam, saß der König wieder bei Tische und wollte eben Mahlzeit halten. Da sagte der Haarige zu ihm: »Aber, Vater, was machst du für Sachen? Da liegen deine Soldaten allesamt erschlagen von ihren eigenen Kugeln! Ich bin ja dein Sohn und will mit dir von deinem Tisch essen.« Und also langte er wieder mit seinen haarigen Händen in des Königs Teller und Schüsseln, und hörte nicht eher auf zu essen, als bis Stück für Stück von der Tafel verschwunden war. »Jetzt will ich gehen«, sagte er endlich, »aber morgen komm ich wieder und bringe meine Mutter mit.« »Halt«, dachte der König, »das wirst du bleiben lassen.« Sogleich bot er tausend Soldaten auf, und schärfte ihnen ein, daß sie sich vor das Schloß stellen sollten, die eine Hälfte in den Schloßhof, die andere rings ums Schloß herum, und daß sie den Haarigen beileibe nicht herein lassen dürften. Folgenden Tages kam derselbe und führte seine Mutter an der Hand; und als die Soldaten auf ihn schossen, stellte er sich vor seine Mutter hin, las alle Kugeln wieder von seinem Leibe ab und warf je hundert um hundert zurück, bis alle Soldaten tot lagen. Hierauf trat er ins Schloß, und als er zu dem König kam, sagte er zu ihm: »Aber, Vater, was machst du wieder für Sachen? Da liegen deine Soldaten alle mausetot von ihren eigenen Kugeln! Geh, sieh nur selber!« Da faßte er ihn an der Hand, und alsbald flog der König in den Schloßhof hinunter; und als er ihn zum zweiten Mal anfaßte, flog der König wieder zum Fenster herein; aber zum dritten Mal fiel er zu Boden und war tot. Sogleich kam nun die alte Königin her bei; die mußte gar freundlich tun, damit der Haarige sie am Leben lasse; und mußte ihm auch versprechen, daß sie ihm die garstigen Haare wieder vom Leibe schaffen wollte. Da braute sie ihm wieder einen Kaffee; davon vergingen ihm alle Haare an Rumpf und Händen, und von Stund an hatte er auch nicht mehr Kräfte, als die andern Menschen. Aber das Königreich gehörte fortan ihm, und er regierte mit seiner Mutter in Freude und Herrlichkeit. Quelle: Sutermeister, Otto: Kinder- und Hausmärchen aus der Schweiz, Aarau: H.R. Sauerländer, 1869, S. 87-88,100-103. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Haarige

Source: Der Haarige

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Es war einmal ein König auf der Jagd. Da kam er zu einem hohlen Baum, an dem wollten die Hunde nicht vorbei; sie bellten und sprangen herum und waren nicht wegzubringen; und als der König herzusah, da sass in dem hohlen Stamm eine wunderschöne Jungfrau, die war ganz nackt und blickte ihn erschrocken an. Da nahm er seinen Mantel, warf ihn über die Jungfrau und tat einen Pfiff, und auf den Pfiff kamen alle Diener des Königs herbei; denen zeigte er die Jungfrau und fragte sie: »Hab ich nicht ein schönes Tier gefangen?« Dann pfiff er zum andern Mal, und da kam eine Kutsche gefahren, in diese setzte er die Jungfrau und fuhr mit ihr heim ins Schloss und heiratete sie. In dem Schloss lebte aber noch die alte Königin, des Königs Mutter; die war der jungen Königin gram und tat ihr alles Herzeleid. Nach einer Zeit musste der König in den Krieg ziehn. Unterdessen bekam seine Gemahlin einen Sohn; da braute die alte Königin einen Kaffee und gab ihn dem Neugeborenen zu trinken; davon wurde derselbe am ganzen Leib haarig, und die böse Alte schrieb dem König: »Deine Frau hat ein haariges Tier bekommen, man weiß nicht, ist's ein Hund oder eine Katze.« Diese Nachricht versetzte den König in großen Zorn, und er befahl, dass man seiner Gemahlin das Neugeborene auf den Rücken binden und sie beide zusammen fortjagen solle. Also wurde die junge Königin mit ihrem haarigen Sohne aus dem Schlosse verwiesen und kehrte wieder zu dem hohlen Baum zurück, wo sie der König zuerst gesehn hatte. Da lebte sie nun wieder wie zuvor. Aber dem Haarigen schlug das Leben im Walde so gut an, dass er alle Tage um einen Schuh grösser wurde und endlich in dem hohlen Baume mit seiner Mutter gar nicht mehr Platz fand. Da ging er eines Tages hinaus und raufte ein Bündel Tannen aus, die brach er übers Knie und baute für sich und seine Mutter eine bequeme Hütte. Nicht lange darauf sagte er zu seiner Mutter: »Nun sage mir auch einmal, wer mein Vater ist.« »Ach«, antwortete die Mutter, »dein Vater ist der König, den wirst du dein Lebtag nimmer zu sehn bekommen.« »Jetzt will ich ihn grade sehn«, sagte der Haarige, und riss eine Tanne samt Wurzeln aus dem Boden; und damit machte er sich auf den Weg und ruhte nicht, bis er das königliche Schloss gesehen hatte. Der König saß gerade bei Tische und hatte eine große Menge köstlicher Speisen vor sich stehen. Der Haarige tat, wie wenn er hier zu Hause wäre, stellte sich vor den König hin und sagte zu ihm: »Da bin ich auch, ich bin dein Sohn und will mit dir speisen von deinem Tisch.« Da erschrak der König und hätte es ihm gerne gewehrt; aber der Haarige langte ohne weiteres zu und griff mit seinen haarigen Händen gerade in des Königs Teller und Schüssel; und niemand getraute sich, etwas zu sagen; denn des Königs Leute entsetzten sich auch alle und mussten es ruhig geschehen lassen. Als der Haarige Stück für Stück von dem Tische genommen und verzehrt hatte, sagte er zum König: »Jetzt will ich gehen, aber morgen komme ich wieder.« »Wart«, dachte der König, »ich will dir's schon verleiden, dass du mir nicht wieder kommst.« Schnell ließ er fünfhundert Soldaten aufbieten, die mussten sich dicht vor dem Schloss aufstellen und hatten den Befehl, auf den Haarigen zu schießen, sobald er sich blicken lasse. Am andern Tage, als derselbe mit der Tanne wieder auf des Königs Schloss zugeschritten kam, da gaben die Soldaten alle miteinander ein Feuer auf ihn. Aber der Haarige las alle Kugeln ruhig von seinem Leibe ab und warf sie, je fünfzig um fünfzig, auf die Soldaten zurück, bis er sie alle zusammen zu Tod geworfen hatte. Als er in das Schloss kam, saß der König wieder bei Tische und wollte eben Mahlzeit halten. Da sagte der Haarige zu ihm: »Aber, Vater, was machst du für Sachen? Da liegen deine Soldaten allesamt erschlagen von ihren eigenen Kugeln! Ich bin ja dein Sohn und will mit dir von deinem Tisch essen.« Und also langte er wieder mit seinen haarigen Händen in des Königs Teller und Schüsseln, und hörte nicht eher auf zu essen, als bis Stück für Stück von der Tafel verschwunden war. »Jetzt will ich gehen«, sagte er endlich, »aber morgen komm ich wieder und bringe meine Mutter mit.« »Halt«, dachte der König, »das wirst du bleiben lassen.« Sogleich bot er tausend Soldaten auf, und schärfte ihnen ein, dass sie sich vor das Schloss stellen sollten, die eine Hälfte in den Schlosshof, die andere rings ums Schloss herum, und dass sie den Haarigen beileibe nicht herein lassen dürften. Folgenden Tages kam derselbe und führte seine Mutter an der Hand; und als die Soldaten auf ihn schossen, stellte er sich vor seine Mutter hin, las alle Kugeln wieder von seinem Leibe ab und warf je hundert um hundert zurück, bis alle Soldaten tot lagen. Hierauf trat er ins Schloss, und als er zu dem König kam, sagte er zu ihm: »Aber, Vater, was machst du wieder für Sachen? Da liegen deine Soldaten alle mausetot von ihren eigenen Kugeln! Geh, sieh nur selber!« Da fasste er ihn an der Hand, und alsbald flog der König in den Schlosshof hinunter; und als er ihn zum zweiten Mal anfasste, flog der König wieder zum Fenster herein; aber zum dritten Mal fiel er zu Boden und war tot. Sogleich kam nun die alte Königin herbei; die musste gar freundlich tun, damit der Haarige sie am Leben lasse; und musste ihm auch versprechen, dass sie ihm die garstigen Haare wieder vom Leibe schaffen wollte. Da braute sie ihm wieder einen Kaffee; davon vergingen ihm alle Haare an Rumpf und Händen, und von Stund an hatte er auch nicht mehr Kräfte, als die andern Menschen. Aber das Königreich gehörte fortan ihm, und er regierte mit seiner Mutter in Freude und Herrlichkeit.   Quelle: Otto Sutermeister, Kinder- und Hausmärchen aus der Schweiz, Aarau, 1869    Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Haarsee bei Henggart

Source: Der Haarsee bei Henggart

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Der Haarsee bei Henggart Über diesen kleinen See war früher in der Umgebung die Meinung verbreitet, dass er furchtbare und teure Jahre ankündige. Trockenheit im Frühling galt für erstere, der Wasserreichtum für letztere als untrügliches Zeichen, Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Winterthur und Weinland Nach Stauber, S. 54, um Beispiel Mettmenhaslersee gekürzt; Corrodi, Zürcher Bauer, 22. 3. 1938 . - Zur Etymologie von „Haarsee“ siehe Id. 7, 1483, s. v. Haar („ein nur zeitweise mit Wasser bedecktes Ried“) und Id. 2, 1952, s. v. Horb (mhd. hor, horwes, Kot; davon die Ortsnamen Horb, Horben). Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Habersack

Source: Der Habersack

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An einem heissen Sommertag gieng ein armer, alter Soldat auf der Landstrasse, trug einen Habersack auf dem Rücken und als ganzes Vermögen sechs Kreuzer in der Tasche, drei für den Branntwein und drei für das Brod. Da begegnete ihm ein gar armseliger Mensch, der um eine Gabe flehte. Unser Soldat, der ein gutes Herz hatte, gab dem Armen ohne Bedenken die Hälfte seines Geldes und gieng weiter. Im Walde begegnete ihm aber eine andere noch traurigere Gestalt, die ebenfalls um eine Gabe flehte. Der Krieger gab seinen letzten Kreuzer und wollte weiter ziehen, als der vermeintliche Bettler sprach: »Der Erste, dem du eine Gabe gegeben, war der heilige Petrus, ich aber, ich bin der Herr, und du kannst dir die Gnade erbitten, die dir behagt.« Da lachte der alte Krieger in den grauen Bart und antwortete: »Topp, Herr, Hand darauf! So ich wünsche, dass Jemand in meinem Habersack sei, soll es geschehen.« »Es sei,« sprach der Herr und verschwand. Am Abend kam unser Soldat in ein grosses, menschenleeres Schloss, in welchem er aber ein prächtiges Essen gerüstet fand, das er sich mit Behagen schmecken ließ; dann sank er auf ein Ruhebett und schnarchte wie ein Bär. Um Mitternacht aber zupfte ihn Jemand an seinem Barte, dass er ärgerlich ausrief: »Ei, wärest du in meinem Habersack,« worauf er weiter schlief. Als unser Held nach alter Gewohnheit mit dem ersten Morgenstrahl sich von seinem Lager erhob und nach seinem Habersack griff, war er bedeutend angeschwollen. Allein der Soldat machte sich nichts daraus und begab sich in die Schmiede, welche er vom Schlosse aus gesehen hatte, und erzählte dem Schmied, wo er die Nacht zugebracht. Darob ward derselbe nicht wenig erstaunt und erzählte dem Krieger, daß er in einem Zauberschloß gewesen sei und Gott danken könne, dass ihn kein Unfall betroffen habe. Da erinnerte sich der Soldat seines angeschwollenen Habersackes, legte diesen auf den Ambos und bat den Schmied, der ein gewaltiger Geselle war, lustig darauf loszuschlagen, bis Alles wieder platt geworden. Das that der Schmied gerne und schwang den großen Hammer, dass der alte Soldat vor Vergnügen auflachte. Als die Beiden aber den Sack öffneten, fanden sie in demselben einen armen, plattgedrückten Teufel, der stöhnend und hinkend von dannen lief. Nach Jahr und Tag und nach manchem Schabernack starb der Soldat und kam vor das Himmelsthor, wo ihn aber der gestrenge heilige Petrus wegen seiner vielen auf Erden begangenen Sünden abwies, worauf dann unser Krieger unbekümmert den Weg zur Hölle einschlug. Als er aber vor das Gitter der Hölle kam und Einlass begehrte, da schrie ein plattgedrückter Teufel dem Wachthabenden zu: »Den lass nicht herein, sonst drückt er uns Alle platt,« und die Thüre wurde unserm Freund vor die Nase zugeschlagen. Das gefiel aber unserm Kriegshelden weniger; er lief spornstreichs wieder gen Himmel und verlangte zum zweiten Mal Einlass. Der heilige Petrus war aber wieder nicht zu bewegen, so sehr auch der Alte fluchte und tobte. Schon wollte der Himmelswächter das Thor auf immerdar schließen, als sich der Soldat noch im rechten Augenblick seines Habersackes erinnerte, denselben rasch in den Himmelsraum warf und sich selbst hineinwünschte, und wie er gewünscht, ist es geschehen, und unser Soldat marschiert wacker durch die große himmlische Kaserne und ist selber ein großer Heiliger geworden. Quelle: Jecklin, Dietrich: Volksthümliches aus Graubünden, Teil I, Zürich 1874, in Laus bei Somvix erzählt. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Hackengeist in Oberendingen

Source: Der Hackengeist in Oberendingen

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Vor vielen, vielen Jahren hatte ein Bürger in Ober-Endingen dicht bei seinem Hause einen Garten, der in besonderem Rufe stand. Wenn derselbe nämlich im Spätherbst geleert war, so hörte man am Abend, sobald es finster geworden, eine seltsame Stimme rufen: „En Karst oder e Haue!“ Anfänglich wußten die guten Leute nicht, was sie tun sollten. Endlich stellten sie an eitlem Abend einen Karst in den Garten; und siehe, am Morgen war der Garten tief und sorgfältig umgegraben, und Niemand hatte darin hacken hören oder jemanden graben sehn, auch kein Fußtritt war sichtbar. Auch fand sich der Karst auf demselben Fleck, wohin man ihn abends gestellt hatte, aber sein Stiel war ganz schwarz und konnte nicht mehr rein geputzt werden. (von Hrn. Lehrer Herzog, aus dem Munde einer Urgroßmutter, die aus Ober-Endingen gebürtig gewesen.) Quelle: E. L. Rochholz, Naturmythen. Neue Schweizer Sagen, Leipzig  1862. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch  


by Der Hafnerli

Source: Der Hafnerli

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Im Schachen hängte sich einst ein Mann. Als Selbstmörder fand er die ewige Ruhe nicht. In seiner Scheune, wo er die unselige Tat verübt hat, sah man ihn oft. Er tat aber keinem Menschen etwas zu leid, sondern besorgte vielmehr das Vieh und rüstete übernacht das nötige Futter zu.                                       J. Keller, Tierarzt. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 503, S. 296 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Haggenmann

Source: Der Haggenmann

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Geht mir nicht zu nah dem Wasser, Kinder! Im Wasser ist ein Mann mit einem Haken, damit zieht er euch hinaus und hinunter, und dann haben wir keinen Hans und kein Elslein mehr. Denkt doch! Und im Fenster lehnt euch auch nicht immer hinaus! Und du Bub, klettere auf der Vorlaube nicht auf das Gesimse! Der Haggenmann hat einen langen Haken und mag euch überall errecken! Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Hagheer auf dem Farner

Source: Der Hagheer auf dem Farner

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Der Hagheer auf dem Farner In der Gegend von Wald lebte vor vielen Jahrhunderten ein strenger und hartherziger Ritter. Wie alle Gewaltmenschen traute er niemandem und wusste sich nirgends sicher genug geborgen. Darum wollte er fern von den Menschen eine starke Burg bauen, die kein Mensch einzunehmen imstande wäre. Als Bauplatz wählte er den Farner, einen hohen Hügel zwischen dem Goldingertal und dem Schmittenbach. All sein Volk musste erscheinen und harten Frondienst leisten. Schon lag das Bauholz bereit, und der geschickteste Zimmermann musst auf den Platz. Jeden Tag erschien der Ritter oder Hagheer, wie an ihn beim Volke nannte, auf der Baustelle, und den Fortgang der Arbeiten zu beaufsichtigen. Einst, als der Herr seine Runde wieder ausführte, traf er den Zimmermann gerade dabei, als er sein Beil wetzte. Der Hagheer, gut gelaunt darüber, dass sein Burgbau rasche Fortschritte gemacht hatte, trat auf den Handwerksmann zu und begann seine Arbeit zu rühmen. Darob erstaunte dieser scheinbar so, dass er den Wetzstein fallen liess. Schnell bückte er sich darnach, fuhr aber mit einem Schmerzensschrei wieder auf, weil ihn der Hexenschuss getroffen habe. Nichtsahnend wollte der über den fleissigen Zimmermann erfreute Ritter den Stein aufheben. Aber wie sich der Hagheer zu Boden bückte, zog der andere sein Beil auf und schlug dem verhassten Zwingherrn mit gewaltigem Streich den Kopf ab. Niemand trauerte ihm eine Träne nach. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland H. Krebser im VB.; 25. 9. 1916; Lienert, S. 22. Mündlich von Korbflechter Schlegel, welcher die Geschichte gehört hatte vom alten Schaufelberger im „Nahren“ bei Wald. Der Farner ist ein Hügel zwischen Goldingertal und Schmittenbach, 114. m ü. M., mit Farnbestand.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Hahn unterm Boden

Source: Der Hahn unterm Boden

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Nördlich der jetzigen Kirche in Wolfenschiessen auf der Plätzetürty und nahe am Fusse des Berges heisst es noch Humligen. Hier sollen früher Kirche und Dorf samt einer Salzpfanne gestanden haben. Nach dem Verschütten dieses Ortes durch einen Bergsturz habe man noch mehrere Tage nachher die Hähne krähen gehört. Ein Bach, der da von der Höhe des Berges herunterfällt und bei starken Gewittern, die sich auf diesem Berge entladen, der Plätzetürty grossen Schaden an Wiesengelände zugefügt hat, wird Hummligenbach genannt.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Der Halbling

Source: Der Halbling

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Noch zur Zeit, als der Teufel öfter auf der Erde herumzog, kam er zu einer armen Frau, die Mangold holte. Ganz erstaunt schaute sie diesen Herrn in Grün an und bat ihn um ein Almosen. «Oh, wenn Ihr mir die Hälfte von dem, was Ihr unter der Schürze habt, überlässt, so will ich Euch geben, was Ihr wollt!» Unsere dumme Frau meinte, der Herr wolle den Mangold in ihrer Schürze, und sie sagte: «Es soll gelten!» Bald darauf gebar sie einen gesunden Buben. Kaum war er auf der Welt, so kam ein Reiter auf einem weissen Pferd zum Haus und ging zur Frau hinauf. «Jetzt komme ich wegen meiner Hälfte», sagte er, «gib mir die Hälfte, welche du willst, die obere oder die untere!» «Wenn er die obere nimmt, so geht er mit der Seele weg», dachte die Frau und sagte, sie wolle die untere Hälfte geben. Da zog der schreckliche Reiter sein Schwert und haute das Kind in zwei gleiche Teile, und mit dem unteren Teil ging er so schnell wie der Wind auf und davon. Der unglückliche Kleine wuchs zu einem schönen Burschen heran, doch er hatte keine Beine und musste kriechen wie eine Kröte. Eines Tages kriecht er zum Müller, und dieser verspricht, um seinen Spass zu haben, dem Burschen einen Sack Mehl, wenn er ein Sieb voll Wasser bringe. Der Halbling, wie die Leute ihn nennen, kriecht zum Wasser und hält sein Sieb in den Bach. Wie er es herauszieht, liegt eine Forelle darin. «Oh, töte mich nicht, lass mich am Leben, dann will ich für dich tun, was du willst!» Da lässt der Bursche die Forelle am Leben und sagt: «Forelle! Forelle! Mach, dass ich und dieses Sieb voll Wasser in der Mühle drüben sind!» In dem Augenblick sieht der Müller ganz erstaunt den Halbling mit seinem Sieb voll Wasser zur Tür hereinkommen. «Nimm nur diesen Sack Mehl da, wenn du ihn tragen kannst!» sagt der Müller lachend und denkt, der Bursche könne einen solchen Sack nicht von der Stelle rücken. Doch der Halbling muss nur sagen: «Forelle! Forelle! Setze mich mit diesem Sack Mehl im Hause meiner Mutter ab!» und er und der Sack sind zu Hause. Die Mutter schimpft mit ihm, weil sie denkt, er habe das Mehl gestohlen. Da ist der Halbling wütend zum Haus hinaus. Genau an dem Abend ist im Königsschloss eine Gesellschaft, und er geht hin. Als er die schöne Königstochter sieht, verliebt er sich in sie und sagt: «Forelle! Forelle! Lass die Königstochter von mir schwanger werden.» Das passiert, und die Königstochter bekommt später einen schönen Buben. Aber als der König vernimmt, wer der Vater seines Enkels ist, lässt er die Tochter, den Halbling und das Kind in ein Fass werfen und den Deckel vernageln, damit sie nie mehr herauskönnen. Und dann lässt er das Fass ins Wasser werfen. Aber unser Halbling sagt: «Forelle! Forelle! Lass mir Beine wachsen, schlage den Deckel des Fasses ein und schwemm uns an eine liebliche und schöne Insel.» Das alles hat die Forelle getan, und sie landen auf einer Insel, die ein einziger fruchtbarer Garten ist. Mitten auf der Insel steht ein prachtvolles Schloss, das ganz für sie allein eingerichtet ist, und sie bleiben dort. Aber den König plagte das Gewissen, und er brach auf, um überall auf dem Meer seine Tochter zu suchen. Auch auf die Insel, wo der Halbling war, kam der König. Aber weil der jetzt schöne Beine hatte, erkannte der König ihn nicht und auch seine Tochter nicht. Am Abend kam der König ins Haus des Halblings, und der beherbergte ihn. Zufällig liess der König eine Hand aus dem Bett heraushängen. «Geh hin und lege die Hand deines Mörder-Grossvaters aufs Bett!» sagte die Frau zu ihrem Kind. Als der König diese Worte hörte, ohne ihren Sinn zu verstehen, liess er den andern Arm herunterhängen. Und die Frau sagte das Gleiche nochmals. Da erkannte er seine Tochter an ihrer Stimme. Der König nahm sie und den Halbling zu sich nach Hause, und nach seinem Tod regierte der Halbling viele Tage und Jahre.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der handabhauende Metzger

Source: Der handabhauende Metzger

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a) Als Rudolf von Habsburg dem Abte von Murbach 1291 die Stadt Luzern abgekauft hatte, setzte er über die Luzerner den Baron von Grünenberg, welcher in der Rotenburg, eine Stunde von der Stadt wohnte. Eines Tages schickte der Baron seinen Koch nach der Stadt um Fleisch zu kaufen. Der Metzger fragte ihn, wo er von dem Ochsen wegschneiden müsse, der Bediente möge die Stelle zeigen. Und wie nun dieser das erwünschte Stück mit der Hand berührt, haut ihm rasch der Fleischer die Hand weg. Der Herr beschloss diesen Frevel zu bestrafen. Die Bürger von Luzern kamen ihm aber zuvor. Sie zerstörten das in Mitte der Stadt gelegene Haus des Rotenburgers und hierauf die Veste zu Rotenburg selbst und traten mit den Schwyzern in den Bund.   b) Dieselbe Geschichte spielte in Zug, wo die Bürger dem Burgherrn zu Wildenburg Speis und Trank verabfolgten, aber schlechte Bezahlung erhielten. Darum hieb einst der Metzger einem Knechte des Wildenburgers die Hand ab, mit welcher er vorzeigte, wie jener das Fleisch verschneiden soll.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Der handabhauende Metzger

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a) Als Rudolf von Habsburg dem Abte von Murbach 1291 die Stadt Luzern abgekauft hatte, setzte er über die Luzerner den Baron von Grünenberg, welcher in der Rotenburg, eine Stunde von der Stadt wohnte. Eines Tages schickte der Baron seinen Koch nach der Stadt um Fleisch zu kaufen. Der Metzger fragte ihn, wo er von dem Ochsen wegschneiden müsse, der Bediente möge die Stelle zeigen. Und wie nun dieser das erwünschte Stück mit der Hand berührt, haut ihm rasch der Fleischer die Hand weg. Der Herr beschloss diesen Frevel zu bestrafen. Die Bürger von Luzern kamen ihm aber zuvor. Sie zerstörten das in Mitte der Stadt gelegene Haus des Rotenburgers und hierauf die Veste zu Rotenburg selbst und traten mit den Schwyzern in den Bund.   b) Dieselbe Geschichte spielte in Zug, wo die Bürger dem Burgherrn zu Wildenburg Speis und Trank verabfolgten, aber schlechte Bezahlung erhielten. Darum hieb einst der Metzger einem Knechte des Wildenburgers die Hand ab, mit welcher er vorzeigte, wie jener das Fleisch verschneiden soll.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Der handfeste Heinzmann

Source: Der handfeste Heinzmann

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Stephan Heinzmann von Visperterminen, der am Anfange des vorigen Jahrhunderts lebte, verspätete sich einmal in Brig bei Geschäften so sehr, dass er erst in der Nacht heimkehren konnte. In den "Rohrflienen" überfiel ihn ein Strolch, der Geld oder Blut abforderte. Heinzmann stellte sich gleichgültig und selbst bereit, sein Geld in den Taschen zu suchen, bekam aber dabei Gelegenheit, den Angreifer an der rechten Hand zu ergreifen und sehr ernsthaft zu packen. «Gut!» sagte er ihm, «dass ich einen Reisekameraden bekomme; ich gehe nicht gerne allein.» Damit zog er ihn mit sich fort, ihm noch verdeutend, wenn er den geringsten Mux mache, werde er ihn augenblicklich maustotschlagen. Der Schelm fühlte die Überlegenheit seines Gegners gar zu gut und folgte ohne Widerstand. Als sie miteinander Hand in Hand in Visp anlangten, überlegte Heinzmann, was er nun mit dem Schurken anfangen wolle. Ihn der Obrigkeit ausliefern half nichts, er hätte keine Zeugen und konnte keine Gewalttat aufweisen. Darum gab er ihm einen angemessenen Fusstritt auf seinen Unaussprechlichen und schickte ihn heim, beifügend: «Ich danke für deine Gesellschaft; hier brauche ich dich nicht mehr.» — «Mir hast du nichts zu danken», meinte der Heimgeschickte, «aber alles der Zangenkraft deines Arms.» Heinzmann fand seine Hand mit Blut überronnen, zum sichern Zeichen, dass der Schelm dasselbe unter den Nägeln hervorgeschwitzt habe. Er liess aus Dankbarkeit für die glückliche Rettung in der Waldkapelle eine Votivtafel aufhängen.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Hangelibueb

Source: Der Hangelibueb

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Auf der Höhe des Dielenberges, wo die drei Gemeindebänne Bennwil, Oberdorf und Niederdorf zusammenstossen, soll es nicht ganz geheuer sein. Steht eine Wetteränderung bevor, so hört man dort oben jauchzen. Die Leute pflegen dann zu sagen: «Der Hangelibueb juchzget wieder, ’s git ander Wätter.» Mit dem Hangelibueb verhält es sich so: Vor Zeiten lebte ein roher, gottloser Geissbub, der sich über alles lustig machte, Ziegen und Kinder quälte. Jedermann prophezeite ihm ein böses Ende. Die Leute bekamen recht. An einem Morgen fand man den Hirten, der sich in der Nähe der Hangelifluh an seiner Peitschenschnur erhängt hatte. Von da an war es unheimlich an jenem Orte. Oftmals wurden nächtliche Wanderer, die um Mitternacht dort oben vorbeikamen, von dem Hangelibueb mit schrecklichem, wildem Peitschenknallen verfolgt. In zwei Fällen rannten sich also Geängstigte zu Tode. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Härdlifuhrmann

Source: Der Härdlifuhrmann

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zieht im Siggenthal des Nachts um und knallt mit der Peitsche. An der Stilli soll er ehemals die Schiffsleute oft aus dem Schlafe geschrieen haben, um ihn über die Aare zu setzen. Seitdem sie nicht mehr an ihn glauben, lässt er sich auch nicht mehr hören. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 183 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Harzer

Source: Der Harzer

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In den Wäldern zwischen Giffers und Praroman hauste ein Bär. Der hatte in der Umgegend schon manches Schaf und manche Ziege zerrissen. Eines Tages veranstalteten die Bürger von Praroman eine Treibjagd, um das böse Vieh unschädlich zu machen. Ein Gifferser sammelte gerade in jenem Walde Harz. Da hörte er Hundegebell und Hörnerschall. Immer näher kam der Lärm. Plötzlich krachten hinter ihm die Zweige, und wie er sich umwandte, gewahrte er einen grossen, zottigen Bären, der brummend auf ihn loskam. Der Gifferser kletterte in der Todesangst schnell auf eine Tanne hinauf. Der Bär ging schnuppernd um den Baum herum und trottete dann weiter. Der Gifferser glaubte sich schon gerettet; da kam aber das Schlimmste erst noch. Die gehetzte Meute stürmte heran und machte plötzlich unter der Tanne Halt. Ein Dutzend blutgieriger Hunde bellten zum geängstigten Manne hinauf. Nun kamen die Jäger, sahen in den Asten droben ein Lebewesen und meinten nichts anderes, als das sei der Bär. „L’oà, l’oà, lè inque - lè inque!“ riefen sie freudig. Schon legte einer das Gewehr an die Wange und zielte. Da rief der Gifferser aus Leibeskräften: „Halt! Schiess nit. I bü nit der Bär; i bü nume an arma Harzer va Güfersch!“ Der Jäger, der zum Glück deutsch verstand, riss das Gewehr aus dem Anschlag und rief seinen Genossen zu:“Halt! Terridè-pâ. Lé on pouro pèzenê dè Tzevreillè!“ Wie auf Kommando senkten sich die Gewehre, und die Jäger brachen in ein schallendes Gelächter aus. Unterdessen war der Harzer vom Baum heruntergeklettert und stand nun wie ein ertappter Dieb schlotternd vor den Welschen. Doch diese gaben ihm nur zu verstehen, er solle sich künftig sein Harz in den Wäldern von Giffers holen. Die Geschichte wurde bald im ganzen Lande bekannt und man nannte von da an die Gifferser nur mehr die „Harzer“ und die Praromaner die „Bären“.   Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch


by Der Hasenholzgeiger bei Linggenwil

Source: Der Hasenholzgeiger bei Linggenwil

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Zwischen Zuzwil und Linggenwil, hart an der Landstrasse, befindet sich ein kleines Wäldchen, das Hasenholz, in dem ein geisterhafter Spielmann, der sogenannte Hasenholzgeiger, haust. Noch niemand hat ihn gesehen; aber auf seiner Geige spielt der unsichtbare Fidler die schönsten Weisen. Besonders lebhaft und volltönend ist sein Spiel während den heiligen Zeiten, hauptsächlich um Weihnachten herum und an den Fronfastentagen. Dann hört man die Töne seines Instrumentes bis in den benachbarten Weiler Hub hinauf, und so schön klingen sie, als wäre der „fürnehmste" Geiger der Welt im Hasenholz drunten. Er liebt es aber auch, Leute, die nachts am Hasenholz vorbeikommen und den zauberischen Tönen nachgehen, in die Irre zu führen. Immer tiefer lockt er sie mit seinem Geigenspiel in das Wäldchen hinein und lässt sie da oder auf dem benachbarten Torfmoos umherirren. Erst wenn in Zuzwil oder Linggenwil die Morgenglocke läutet, finden sie den rechten Weg wieder. Ein Mann aus Linggenwil, der an einem Winterabend zur Weihnachtszeit nach Hause gehen wollte, wurde vom Hasenholzgeiger irre geführt. Er kam erst am folgenden Morgen todmüde nach Hause und erklärte auf Befragen, er sei die ganze Nacht bis zum Angelusläuten im Hasenholz umhergelaufen, ohne einen Ausweg zu finden. Da damals ziemlich tiefer Schnee lag, wunderte es den Mann, die Spuren seiner nächtlichen Wanderung zu sehen. Er begab sich im Laufe des Tages mit einem seiner Hausgenossen in das Hasenholz und bemerkte hier mit Erstaunen, dass er, wie dies die im Schnee vorhandenen Fusseindrücke deutlich zeigten, an einer lichten Stelle des Gehölzes einen nicht gar grossen Kreis umschrieben hatte, also stets rund herumgegangen sein musste, ohne sich diesem Zauberring entwinden zu können. G. Kessler. (Archiv für Volkskunde.) Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 495, S. 292 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Hauri

Source: Der Hauri

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Nicht auf dem Schlachtfelde hatte Rudolf von Erlach, der Held von Laupen seinen Tod gefunden. Unter dem Mordstrahl seines eigenen Schwähers, Jost`s von Rudenz, endete das Leben dieses edlen Greises. Der Mörder aber floh, vom Fluche des Sterbenden verfolgt, in das oberländische Hochgebirge. In seinen Schluchten glaubte er sich vor der Verfolgung sicher. Dort baute er sich am Felsenrande eine Hütte. In tiefer Nacht klopfte es einst an seine Hüttentüre, und wie er öffnet, steht in einen langen Mantel gehüllt, ein Fremdling draussen, der um ein Obdach bittet. Kaum ist Jost vor die Hütte getreten, zieht der nächtliche Wanderer ein langes Schwert unter dem Mantel hervor vor und schwingt es furchtbar in der Luft. Mit Entsetzen sieht Jost im Mondenscheine auf der scharfen Schneide in Blut die Worte geschrieben: "Ins Teufels Namen Vatermörder stirb!" "Geh in die Hölle, Unmensch!" schreit der Wanderer und spiesst den Mörder mit furchtbarer Waffe an die Hüttenwand. Seither muss des Unglücklichen Seele unerlöst im Gebirge herumirren. Noch trägt sein Geist das Schwert im Herzen. Wenn es aber irgendwo im Lande ein Unglück geben will, dann heult Jost`s verlorene Seele schrecklich auf dass es weithin durch die Berge schallt. Dreimalen ertönt jeweilen der herzschneidende Ruf. Dann sagen die Leute: "Der Hauri rührt sich wieder; bleib jedermann still zu Hause, damit er nicht ins Verderben renne!" Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Hausbutz Stutzli

Source: Der Hausbutz Stutzli

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Noch ganz das gutmütige und zutrauliche Wesen eines Hausgeistes zeigte in Serfrangen bei Klosters ein Hausbutz, »Stutzli« genannt. Sein Lieblingsplätzen war die Ofenbank. Da kam in dem Hause, wo Stutzli sich befand, ein Kindlein zur Welt, und wenn man das Kindlein in der Wiege zur Ofenbank stellte, wiegte der Stutzli dasselbe die längste Zeit. Nach und nach verschwand der Stutzli. »Er wurde erlöst durch das Wiegen des unschuldigen Kindleins.« Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Hausgeist behauptet sein Recht

Source: Der Hausgeist behauptet sein Recht

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Als einst der Ziegler Hans-Toni ennet der Märcht von Linthal her, wo seine Frau wohnte, auf den Urnerboden kam, kamen ihm seine Kinder entgegen und klagten ihm, eine Frau sei in ihrer Hütte aus der Kammer herabgekommen und habe gesagt, sie sollen hinaus, hier habe sie das Recht. Er ging dann ins Haus, kam hierauf zum Nachbar und sagte, heute hätte er bald geschworen in seiner Hütte; ob er da nicht das Recht habe? seine Kinder hätten das und das gesagt. Der Nachbar ergänzte aber noch die Angabe der Kinder, indem er dem Hans-Toni sagte, er habe heute in seiner, des Hans-Tonis Hütte, ganz deutlich eine Frau gesehen am Fenster sitzen, in einem roten persianenen Tschöpli, den Rücken gegen das Fenster gekehrt. Er habe geglaubt, es sei die Zieglerin. Schriftlich von Hh. Kaplan Truttmann Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Hausgeist erlangt eine Kleidung

Source: Der Hausgeist erlangt eine Kleidung

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Im Siebenthale (dem heutigen Simmental) lebte einst ein guter, einfältiger Mann, namens Jörg. Dem hatte sein Vater ein wenig Land hinterlassen und eine Stampfmühle, Hafer oder Gerste zu stampfen. Nebenbei verdiente sich Jörg etwas durch taglohnen. Wenn er aber aussen arbeitete, so ward die Mühle nicht in gutem Gang erhalten, oder es wurde nichts aufgeschüttet oder die Mühle ward nicht zur rechten Zeit gereinigt. Jörg vermochte keinen Knecht zu halten. Darum ging eine Zeit lang der Erwerb mehr hinter sich als vor sich und Jörg hatte Lust die Stampfmühle gänzlich aufzugeben. Da geschah es, als er eines Abends heim kam, dass er die Mühle sauber gereinigt fand, alles Gerät an seinen Ort gebracht und das Wasser abgestellt, weil die Stampfe nichts mehr zu schaffen hatte. Das gefiel Jörgen und er hätte wohl gern gewusst, wer ihm diese Gefälligkeit erwiesen. Nachbarn konnten es nicht getan haben, weil die Mühle abseits in einem Tobel lag, und das nächste Dörflein war fern. Der freundliche Dienst kehrte wieder; besonders am Samstage fand er, vom Dorfe zurückgekehrt, alles in der Ordnung, ohne die mindeste Spur von Bosheit oder Ungeschick. Das fing ihn an zu wundern, und anstatt nach wie vor seinem Tagewerk obzuliegen, begann er zu grübeln, wer wohl der unsichtbare Helfer sei. Oft kam er in der Mitte des Tages heim, um ihn zu überraschen, lag Stunden hindurch im Hinterhalte, und sah doch weder jemanden kommen noch gehen. Da schien ihm's nicht recht heimlich, und anstatt fernerhin draussen zu lauschen, verbarg er sich oben auf dem Estrich unter dem Dache, hob einen Laden in die Höhe und blieb mäuschenstill niedergelegt, um hinabzuspähen in den Mühlenraum. Es war an einem Samstage, wo das Fegemännchen allemal zur Arbeit kam. Da ging im Fussboden der Mühle ein Brett in die Höhe. Ein Spitzkopf guckte, gleich einer Fledermaus, schüchtern aus dem Loche hervor, niesete, wie wenn die Oberluft ihm die Nase kitzelte, fuhr dann vollends in die Höhe, und es zeigte sich ein bewegliches Männchen, das, kaum drei Fuss hoch, an allen Gliederchen aber derb und gewandt, mit Behendigkeit zur Arbeit schritt. Im Nu war jedes verrichtet. Gerste, die noch vorrätig in den Säcken stund, ward hurtig eingeschüttet, die Stämpfel hämmerten rasch, das Zermalmte kam wieder in die Säcke, die Hämmer wurden gesäubert, der Stampftrog ausgefegt, alle Getriebe mit Öl gesalbt, aller Staub hinweggewischt, jeder Abgang in einen Kasten geworfen, und endlich das Wasser abgestellt durch einen Ruck an der Kurbel, welche nach aussen mit Rad oder Rinne zusammenhing. Der einfältige Jörg wusste nichts vom Erdvölklein; er dachte keinem Menschen ein Wort zu sagen, aber von der Sache weidlich Gewinn zu ziehen. Während Jörg noch verwundert gaffte, stellte das Fegmännchen alles Geräte an seinen gehörigen Platz, hockte dann possierlich auf den Stampfertrog, wiegte das Köpflein in den Händen und summte: „Fehlt das Kleidchen, fehlt der Kranz, fehlen Schühlein mir zum Tanz, rührt' ich doch mich, heissassa! lustig in der Mühle da.“ Hui war's verschwunden, in den Boden hinab, und der Laden ging wieder in seine Fugen, so dass Jörg, als er hinabgeschlichen, ihn nicht mehr von den übrigen zu unterscheiden vermochte. Die Neugier trieb Jörgen nun oft, den lustigen Mühlknappen zu beschauen, und als dieser einst wieder aus dem Loche aufduckte, ward Jörg gewahr, dass Hütlein, Mäntelchen und Schühlein erbärmlich abgetragen waren. Er nahm sich also vor, dem Männlein neue Kleidung machen zu lasten. Diese hängt er eines Samstags in der Stampfmühle an einem niedrigen Nagel auf und meint wunder was er kluges angestellt habe. Von fern beobachtet er nun wieder, wie das Fegmännchen hervorkommt und im Hui sich an die Geschäfte macht. Alsdann gewahrt es den Putz, springt freudig in die Höhe und legt alles an. Endlich fängt es an zu Hüpfen und singt ganz laut: „Ig nit meh Gerste stampfe ma (mag); ig schön Chleideli ha (habe), ig jitz tanze ga!“ Da sprang der Laden auf, das Männlein schloff in seinem saubern Putze hinab und liess die Fetzen liegen. Und seit jener Zeit hat es sich nie wieder sehen lassen. Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Hausgeist im Ruolisberg

Source: Der Hausgeist im Ruolisberg

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Im alten Haus in Jochi-Peters Ruolisberg zu Spiringen hat sich früher in der Stüblikammer eine arme Seele aufgehalten; eine schöne Jungfrau stand auf einem Stuhl vor dem Tisch, den Spiegel in der einen Hand, den Kamm in der andern, und beschaute sich im Spiegel und kämmte dabei ihre Haare. Sie verhielt sich ruhig und tat niemand etwas zu Leid, doch wagten die Leute nicht, dieses Zimmer zu betreten. Wenn die Hausbewohner mit ihrem Vieh im Winter auszogen nach Teldig (Telgingen 1290), schaute das arme Mädchen traurig den Abziehenden durchs Fenster hinaus nach und weinte, kamen sie im Frühling zurück, lächelte es ihnen freudig entgegen. Ein Kapuziner hätte den Geist bannen sollen; da er aber bemerkte, dass es nur unter ganz ausserordentlicher Mühe gelingen würde, gab er den Leuten den Rat, der armen Seele auch fürderhin im Hause ein Plätzchen zu gönnen. Wie es scheint, hat sie doch Erlösung gefunden; denn schon viele Jahre ist sie nicht mehr gesehen worden. Mitgeteilt v. Pfarrer Jos. Arnold Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Hausgeist im untern Wängi

Source: Der Hausgeist im untern Wängi

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In dem sehr hoch gelegenen Berggut im untern Wängi ob dem Riedertal schlissen sie das alte Haus ab, das weiter draussen stand als das heutige, nämlich im Boden, und dabei entrollte ihnen der Firstbaum bis auf das Schwarz-Egg hinaus. Seitdem hörten sie's auf dem Schwarz-Egg weinen, bis sie endlich einen Geistlichen kommen liessen; der redete die arme Seele an, und sie sagte, sie sei schon lange in dem Hause gewesen und habe da wandlen müssen. Jetzt müsse sie an Wind und Wetter und der Gefahr ausgesetzt sein, wenn sie nicht in das neue Haus kommen dürfe. Da räumten ihr die Leute eine Kammer ein, doch unter der Bedingung, dass sie sich nicht dürfe zeigen und nicht hören lassen. So hats allemal unser Vater erzählt. Ich glaube, die arme Seele sei jetzt noch in diesem Haus und müsse da wandlen. Jetzt wohnt meine Schwester dort. Als wir Geschwister noch klein waren, haben wir hie und da etwas gehört in den Kammern herumgehen, und meine Schwester Kathry kam eines Morgens ganz erfroren und mit roten Augen aus ihrer Schlafkammer und sagte, in der Nacht sei ein Weibervolk zu ihm ins Bett gekommen und sei an die Wand gelegen und habe ihns zu äusserst an den Bettrand gedrängt und ihm keinen Platz gelassen. Es sei gewesen, wie wenn dieses Weibervolk einen steifgefrorenen Unterrock anhätte. Frau Nell-Gisler Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Hausgeist in Dietikon

Source: Der Hausgeist in Dietikon

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Der Hausgeist in Dietikon Im Haus Nummer 21 an der oberen Reppischstrasse, dort wo gegenwärtig (1942) der Kindergarten untergebracht ist, soll es früher gegeistet haben. Der Geist wurde von einem Kapuziner in ein Fläschchen gebannt, das heute noch im Hause versteckt sein soll. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Limmattal Aus den „Sagen aus dem Limmattal“. Quellen sind dort nicht angegeben. Laut Vorbemerkung wurden die Sagen durch Sekundarlehrer K. Klenk „durch Schulaufsätze“ gesammelt.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Hausgeist in Felliberg

Source: Der Hausgeist in Felliberg

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Meine Voreltern besassen den obern Felliberg in der Gemeinde Gurtnellen. Sie schlissen das alte Haus daselbst ab und bauten ein neues. Da sah der Zimmermann auf dem alten Hausplatz öfters einen herumirren und hörte ihn flennen. Er dachte sofort, das sei eine arme Seele, und redete sie an. Sie bekannte sich als solche und sagte, wenn sie nur nicht an Wind und Wetter bleiben müsse. Er sagte das den Besitzern des Hauses. Diese sagten, wenn sie niemandem etwas in den Weg lege, so könne sie in das neue Haus kommen. Kaum gesagt, fühlte der Zimmermann, der in der neuen Haustüre stand und dabei seine rechte Hand an einen Türpfosten stemmte, etwas unter seinem rechten Arm in das neue Haus hinein schlüpfen (witschä). Die arme Seele blieb nun im neuen Hause im Felliberg sehr lange Zeit. Eines Tages im Sommer waren meine Eltern und des Vaters ältere Geschwister auf dem Felde an der Arbeit, während die jüngern Geschwister im Hause verblieben und eines von ihnen das kleinste gaumte und wiegte. Auf einmal hörten die Kinder jemand in der Kammer über ihnen; der ging herum, öffnete dann die Kammertüre, kam durch den Kammergang, über die Kammerstiege herunter. Die neugierigen Kinder öffneten die Stubentüre und schauten hinaus. Sie sahen einen grossen Mann mit verbrannten Hosen. Der ging durch den Hausgang. Gegen das Ende desselben stand auf einem Tisch eine Mutte voll Schotte. Der Unbekannte ergriff den angehängten Napf und führte ihn, mit Schotte gefüllt, zum Munde und tat, als ob er trinken würde. In Wirklichkeit »schlätterte« die Schotte wieder in die Mutte zurück, dass die Kinder lachen mussten. Dann ging der Rätselhafte zur Haustüre hinaus, die Kinder ihm nach, fanden aber keine Spur von ihm; er war rein verschwunden. Viele Jahre später geschah es, dass mein älterer Bruder von unserm Bodenheim zu Meitschligen gegen die Alp Fellenen ging, um dort nach unsern Schafen zu sehen. Als er in unsern Felliberg hinauf kam, sah er einen schneeweiss gekleideten Mann daselbst aus dem Berghäuschen herauskommen; der ging ob dem Haus durch, hinter dem Gaden den Weg zu den Speichern hinunter, wo die weisse Gestalt dann verschwand. Das war jene arme Seele, die vom alten in das neue Haus hinübergezogen und nun erlöst war und seitdem nie mehr gespürt wurde. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Hausgeist in Hornussen

Source: Der Hausgeist in Hornussen

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Da in Hornussen ein reicher Bauer gestorben war, dem die Leute allerlei Böses nachgesagt hatten, war schon drei Tage nachher alles Vieh im Stalle bis auf eine schwarze Ziege erwürgt. Als sich dies Unglück wiederholte, nahm man seine Zuflucht zum Pfarrer. Der geistliche Herr suchte zwar abzuhelfen, wusste jedoch nicht heraus zu bringen, wo der Verstorbene jetzt seinen Sitz im Hause aufgeschlagen habe. Zufällig kam gerade eine Schaar Heimatloser Abends an den Hof und begehrte Obdach für eine Nacht. Man brachte sie in der Scheune unter. Da hatten sie eine üble Ruhe; die ganze Nacht waren sie durch Poltern und Krachen geschreckt und am Morgen konnte keines seine Kleider wieder finden. Erst als man das Tor geöffnet hatte, um mehr Helle herein zu lassen, und einer in die First emporblickte, sah man alles Gepäcke droben unterm Dache durcheinander hangen. Jetzt wusste der Pfarrer, wo der Hund begraben lag, und kletterte gleich unter die Dachbalken, bis zu Stich und Trem hinan. „Gugg, gugg! Wott’sch mi? Gäll, du hesch mi no nigg!“, so rief ihm der Kobold spottend unter jedem Dachziegel entgegen. Allein der Beschwörer ließ sich nicht beirren, und stand nun am Walbloch beim Seil-Rädchen, an dem man die Garben in die Scheune herein zieht. „Du hast auch schon einmal eine Rübe gestohlen, Herr Pfarrer!" rief es. „Ja“, sagte dieser, „weil mich hungerte; dafür habe ich aber einen Kreuzer ins Loch gelegt und dann Reue gemacht. Hättest du das Deine auch bereut.“ — „Du hast auch schon einmal eine Geißel gestohlen!", schmähte es fort. „Gestohlen nicht“, antwortete jener, „sondern nur die Peitsche aufgenommen, um damit zu knallen, und dann Reue gemacht. Hättest du das Deine auch bereut.“ — Es half nichts, der Geist musste in die vorgehaltene Flasche und ward darin im Walde vergraben. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Hausgeist in St. Moritz

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Ein gewisser Mönli von Davos, ehemals Chirurg im Regimente Sprecher in Österreich, hielt mit seiner Familie in Cleven sich auf, kam aber jeden Sommer während der Brunnenzeit nach St. Moritz, wo er als Feldscheer Etwas verdiente. Nun war das Pfarrhaus in St. Moritz durch den kürzlich verstorbenen Pfarrer Johann Alexius (Alesch) in Verruf gekommen, und stand desshalb leer, indem dieses Pfarrers Nachfolger nicht in dieses Haus ziehen wollte . Mönle war es indessen recht, ein Haus beziehen zu dürfen, ohne Zins zahlen zu müssen, umso mehr er dem Grunde, es sei in diesem Hause nicht richtig, wenig Gehör gab. So zog er ein, mit Weib und Kind und Magd. Seine Familie hatte eine Kammer oberhalb der Wohnstube, zum Schlafge­mache, während Mönle ein kleines Zimmer gegenüber bewohnte. Es ging nicht lange, so klagte die Frau, sie werde zuweilen Nachts durch ein Geräusch gestört. Er jedoch erwiderte, das sei nur Einbildung, und das komme von ihrem Zustande her (sie war nämlich in der Hoffnung). Eines Abends aber, wie Mönli in seinem Zimmer sass, und schrieb, war es ihm plötzlich, als ob Jemand über die Achsel das Licht ausgeblasen habe. Er konnte Das sich nicht deuten, überredete sich zuletzt, das Licht (ein Dochtlicht. wie man sie damals hatte) sei von selber erlöscht. In einer anderen Nacht lag er noch wachend im Bette, da vernahm er ein Geräusch und Klingeln, Rutschen, wie wenn seine Schateln und »Guttern« (Flaschen) auf den Gestellen gerückt und gestossen würden. Er glaubte, es sei die Katze, welche Ihm eine Unordnung anrichte, stand deshalb auf, und öffnete die Türe, und schlug mit einem Strumpfe umher, die Katze zu verjagen, und legte sich dann wieder zu Bette. Aber das Geräusch und Klingeln liess wieder sich vernehmen. Nun machte er Licht, um den Schaden zu untersuchen, den die Katze angerichtet, und auch die Katze zum Zimmer hinaus zu jagen. Aber er fand alle »Trucken und Guttern« in Ordnung, aber nirgends eine Katze, da wurde ihm unheimlich. Am Morgen sagte zu seiner Frau, es eit ihm zu kalt in seinem Zimmer, sie solle sein Bett auch in die Kammer über der Stube stellen lassen. »Aha! « ­entgegnete sie: »Das ist auch Einbildung. «. Er aber behauptete dennoch, es sei nur wegen der Kälte. Von da wurden sie jede Nacht beunruhiget, besonders wurde das Kind, dessen Wiege vor dem Bette der Frau stand, häufig von unsichtbarer Hand gewiegt. Da wagte eines Nachts die beherzte Frau einmal, als es wieder schrecklich polterte, die Frage: »Was bist du für ein unglückliches Wesen, das keine Ruhe erlangen kann, da doch alle Sünder um des Verdienstes Jesu Christi Gnade und Vergebung finden.« - Ein erschütternder Schlag auf die Bett­stelle war die Antwort. Mönle schaute am folgenden Tage schon um eine andere Wohnung um, und das Pfarrhaus blieb von dieser Zelt an leer. Am Ende der achtziger Jahre wurde es niedergerissen, und 1786 an seine Stelle die heutige Kirche gebaut. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Hausgeist zu Talachern

Source: Der Hausgeist zu Talachern

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Zu Talachern (einem alten, schon 1257 urkundlich bezeugten Sitz) in Bürglen hat die Rückwand der Küche eine »Tohle«, durch die das Licht in die Küche kommt. Nun geschah es sehr oft, und zwar bei Tage, dass ein Geist in Gestalt eines altertümlich gekleideten Mannes, in kurzen Hosen, in einem roten Länder, mit einem schwarzen Hut, in Halbschuhen mit silbernen Ringgen bei dieser »Tohle« stand. Waren die Leute in der Küche, stand er neben der Öffnung, war niemand in der Küche, stand er grad vor ihr und verdeckte sie. Nachts liessen sie ihn in das Haus hinein kommen, räumten ihm eine Seitenkammer ein, die er auch wirklich bezog, stellten ihm Speise und Trank zur Verfügung, stellten ihm wohl auch ein Pfännchen, etwa mit Mehlbrei, auf den Tisch. Er verkehrte überhaupt sehr frei und freundlich mit den Hausinsassen, die ihn gar nicht schochen. Besonders gut konnte er's mit der Hausfrau, die ihn zu kennen glaubte, und als er einst längere Zeit hindurch sich nicht hatte sehen lassen, bekam diese eine rechte Langezeit nach ihm. Aber reden tat er nie. Franz Müller Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Hauskobold im Rosskummet

Source: Der Hauskobold im Rosskummet

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Ein alter Handwerksmann von Schüpfheim im Entlebuch war in meinem älterlichen Hause zu Wettingen oftmalen auf der Stör (Hausarbeit im Taglohn) und erzählte da einmal aus seiner eigenen Familie Folgendes: Schon viele Jahre hatte in meines Grossvaters Hause ein Geist gewohnt, dem man deshalb allerlei nachsah, weil es eine herkömmliche Meinung war, dass er mit zu uns gehöre. Allein mit der Zeit benahm er sich immer boshafter und quälte bald ein Schaf, bald ein Schwein, dass es umstand und Spuren wie von glühenden Zangen am Halse trug. Unser Grossvater war deshalb auch schon oft entschlossen gewesen, einen solchen Nachtschaden in die Schorgrube (Miststätte) zu bannen; allein die Frau hielt ihn durch allerlei Vorstellungen immer wieder davon ab. Wenn man, stellte sie ihm vor, mit dir nach deinem Tode auch einmal so verführe? Und wie leicht ist's ihm, uns ein schlimmes Andenken zurück zu lassen, wenn man ihn so plötzlich ausjagt! Aber denk doch auch, ein Bub muss halt gebubet haben. So sagte die Grossmutter überhaupt, wenn sie den Kobold benennen wollte. Der Grossvater gab nach und so blieb's dann lange wieder beim Alten. Allein der nächste Vorfall änderte Alles. Während nämlich der Grossvater einmal draussen an der Scheune mit Jemand zu reden hat, sieht er sein Hündlein vom Kobold dermassen gequält und gewürgt werden, dass es winselnd zwischen seine Beine heranschlüpft und Schutz sucht. Der Handel selber, über den er gerade hat Auskunft geben müssen, war schon ein verdriesslicher; nun ergreift er die zunächst dastehende Schossgabel und geht in der Richtung, in welcher das Hündlein hergesprungen kam, so rasch gegen den Kobold vor, dass er ihn fast über die Dachtraufe hinaus drängt. Hier zum erstenmal verfiel der Geist in ein menschenähnliches Weinen und Schluchzen und bat flehentlich um Schonung. Er liess sich auch sogleich auf einen förmlichen Vertrag ein, um nur nicht über diesen entscheidenden Punkt der Dachtraufe vollends hinausgeworfen zu werden. Unter der Bedingung, weder Knechten, noch Mägden, noch dem Vieh ins Künftige weitern Schaden zufügen zu wollen, erhielt er hier vom mitleidigen und frommen Grossvater noch einmal Haus- und Stubenrecht. Dieses sein Versprechen hielt der Geist in der Folge auch treulich; höchstens erlaubte er sich noch gegen die Söhne kleine Neckereien. Für die Nacht war ihm nämlich in der Schlafkammer der Knaben eine eigene Bettstelle mit einem Laubsack angewiesen. Hatte nun einer der Knaben im Schlafe ein Bedürfniss und musste aus dem Bette, so fuhr der Kobold rasch in das alte Rossgeschirr, das ob seinem Bette hieng und klingelte und schetterte in dem Schellengeläute, das daran war, dermassen herum, dass der Knabe eiligst wieder unter die Decke kroch und bis zum Morgen mit dem St. Vit um ein säuberliches Bette accordierte. Im Uebrigen war er der beste Wetterprophete, und das gieng so zu. Bei schlechter Witterung lag er in der Wohnstube oben aus dem Steinofen. Sollte gutes Wetter eintreten, so lief er unruhig in Hof und Scheune herum. Kam die Zeit der Heuärnte, so hatte er es beständig mit den Mähern zu thun. Er gieng ihnen in die Matten nach, ohne dass man ihn am Wege bemerkte; aber am nahegelegenen Sulwalde, unterhalb der Lägerenberge, trat er zu ihnen auf Schussweite heran. Da stand er dann stille in der Grösse eines Knaben, und sie achteten alle auf die verschiedenen Zeichen, die er ihnen mit seinem Hute gab. Dies waren nämlich eben so viele Witterungsbestimmungen für die nächsten Tage der Heuete. Liess er seinen Hut am Kopfe sitzen, so folgte beständiges Wetter; schwenkte er den Hut einmal langsam gegen die Erde, so gab's ein wenig Regen; schwenkte er ihn schnell, so konnte man für den folgenden Tag ein Gewitter erwarten; schwenkte er ihn zweimal, so gab's einen ganzen Regentag; dreimal, so durfte man alles Gras nur stehen lassen und gleich wieder heimgehen, denn geschnitten wäre es im unfehlbar kommenden Landregen verfault. Darauf konnte sich der Grossvater so bestimmt verlassen, dass er sein Futter und sein Heu beinahe immer im besten Stande heim gebracht hat. Als nach seinem Tode die Söhne das Gut theilten, erschien jener Wetterprophete nicht wieder, und mir selbst hat man nur noch sein altes Rosskummet gezeigt. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 295 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Häxeplätz

Source: Der Häxeplätz

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Wenn me-n-über d’Eich gege ’s Dorf Brätzbel chunnt, oder vom Dorf uf Nunnige goht, gseht me-n-uf im Brang, dort wo der Rügge scho stark gege Nunnige abfallt, e ziemli grossi, rundi, kahli Stell. Uf der hindere Syte, satt am Holz a, stoht der Grenzstei vo Solothurn und Baselland. E mängim fallt’s uf, ass dort kei Baum, kei Struch wachset; der Bode isch doch nit steinig und ringsum stoht höch Holz. Wie die olte Lüt verzellt hei, isch albe ne Galge dort obe gstande; noh andere-n-Ussage heig me-n-au d’Häxe dort verbrennt. Underim Bärg, uf der Sandebeni, sy e paar Tanne bynander gstande, d’Sandtanne heig me ne gseit. Under dene Tanne syg über d’Häxe Gricht ghalte worde. Wo der Hänker emol z’nacht über das Fäld gange-n-isch, syg ihm e wyssi Frauegstalt erschine. Si heig gege-n-im jetzige Häxeplatz ufe zeigt und gseit: «Die Stell dort obe sell für alli Zyte verfluecht sy; es sell druf kei Baum, kei Struch meh wachse und ’s Gras wo wachs, well e kei Tier frässe». Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Heckenfischer auf Marmels

Source: Der Heckenfischer auf Marmels

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Es war im Jahre 1193, dass der Kardinal Cintius, als päpstlicher Gesandter und dessen Gefolge von Dänemark nach Rom zurückreisen wollte. Er nahm den Weg über die rätischen Gebirge und kam bei der Feste Marmels vorbei. Auf dieser sass der Heckenfischer Andreas von Marmels, der schon manchen Wanderer um seine Fahrhabe erleichtert haben mochte; der machte sich nun daran, den Kardinalen und seine Leute aufzufangen und in Haft zu setzen, auch ihr Eigentum als das Seine zu betrachten. Einer von den Gefangenen konnte entweichen und brachte die Untat aus. Da kam nun der mächtige Freiher Rudolf von Vatz (nach Andern Rudolf von Castelmur), der dem Räuber die Freilassung der Gefangenen und Rückgabe des geraub­ten Gutes zu Gebote anempfahl, wenn er nicht mit Fehde bedroht sein und sein Felsennest zerstört haben wolle. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Heidenbrunnen und die goldene Kette

Source: Der Heidenbrunnen und die goldene Kette

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In der Nähe der Alp Fontanen bei Giswil befindet sich der Heidenbrunnen, so geheissen, weil die ehemals auf Fontanen wohnenden Heiden da ihr Wasser geholt haben. Bei diesem Brunnen liegt unter einer steinernen Platte eine übergrosse und dicke goldene Kette verborgen, welche von diesen Heiden herrührt. Ein Berner soll Kenntnis von dieser Kette bekommen haben und durch ihn die Kunde davon ruchbar geworden sein. Man grub später derselben nach; allein wie man da mit Graben beschäftigt war, kam eine grosse Schar Männer, die Berner zu sein schienen, und die Grabenden eilten schnell davon. Als man morgens darauf wieder dahin kam, um sich da umzusehen, fanden sie das tags vorher gemachte Loch nicht mehr.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Der Heidnischbiel

Source: Der Heidnischbiel

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Gegenüber dem Rotigo-Haus zwischen Raron und Sankt German erhebt sich ein hoher, ziemlich ausgedehnter Kalkfesen, den eine Humusschicht deckt. Der recht romantisch aussehende Felsen bildet Hügel und Vertiefungen, trägt Kornäcker und Weideflächen und hie und da Spuren von einstigen Gebäuden. Diese Hügel selbst hiesst seit undenklichen Zeiten Heidnischbiel und die Überlieferung meldet, es sei in vorchristlicher Zeit auf seinem Scheitel ein Götzentempel gestanden und das Gelände ringsum sei eine heidnische Ansiedlung gewesen. Ergeht man sich auf den sonnigen Hängen des Heidnischbiel, so findet man nicht selten von Zeit und Witterung gebleichte und verkalkte Knochen und Splitter, von denen das Volk sagt, es seien die Überreste der Opfertiere aus jener Heidenzeit. Mehrmals erregten sie schon die Aufmerksamkeit der Forscher. In dieser Gegend war es nicht immer geheuer. Oft wollte man bei nächtlichen Gängen von Raron nach St. German oder umgekehrt, hier Ungeheuer und Schreckensgespenster bald in Gestalt eines riesigen Hundes, bald eines schwarzen Widders oder Ziegenbockes mit glühenden Augen und flammender Zunge gesehen haben. Im Innern des Heidnischbiel soll sich ein grosser Schatz aus der Heidenzeit befinden. Ein Gang führt hinein. Daraus strömt der kalte Hauch einer Kröte, die diesen Reichtum da bewacht. Wer das Gold besitzen möchte, muss dieser Kröte drei Küsse geben. RARON Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Heiggel in Sellenbüren

Source: Der Heiggel in Sellenbüren

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Der Heiggel in Sellenbüren Vor vielen Jahren lebte in Sellenbüren ein Bauer namens Heiggel, der Vogt über das Dörfchen war. Zuerst übte er sein Amt zur Zufriedenheit aus, aber in späteren Tagen herrschte in seinem Hause weder Sparsamkeit noch Zucht und Ordnung. Es wurde gut gegessen, viel getrunken, aber immer weniger gearbeitet. Den Wünschen und Begehren seiner Kinder war Heiggel allzu nachgiebig. Drum ging es mit seiner Wirtschaft den Krebsgang. Damit er nicht verlumpte, betrog er Witwen und Waisen um ihr Gut. Auf diese Art konnte er sich halten bis zu seinem Tode. Aber da holte ihn der Böölimann. Seither sieht man oft bei Nacht einen ungeheuren schwarzen Hund, „wohl 25 Schuh lang“, der durch das Dach herunter auf die Laube des Hauses steigt und dessen feurige Augen „dreimal grösser als ein Pflugrad“, unheimlich leuchten. Bald beginnt ein Poltern und Lärmen, als ob Kanonen losgebrannt würden. Der Spuk macht sich nicht nur im Hause, sondern auch im Stall bemerkbar. Es ist der Geist Heiggels, der umgeht und keine Ruhe findet. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Knonauer Amt Nach Baur, Nr. 3, hier mit dem Titel „De Heiggel in eurem Hus“; Stauber, S. 52 Zu „Böölimann“ vgl. Id. 4, 272; mhd. bolen = rollen, wälzen, schleudern. Entsprechende Namen für den polternden Hausgeist sind holl. bull(er)mann, nhd. „Rumpelstilz“. - Die Gestalt dieses neben Chlungerin, Haaggenmann und Booz allgemeinsten schweizerischen Landesgespenstes ist in der Volksphantasie nicht scharf umrissen. Hier erscheint der Ausdruck als Bezeichnung des Teufels, was ungewöhnlich ist. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Heiland und die Wünsche

Source: Der Heiland und die Wünsche

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Einmal kam der Heiland auf die Erde, um den Menschen einige Wünsche zu erfüllen. Unterwegs begegnete er einem Pfarrer. Der Heiland sagte, er könne wünschen was er wolle, er werde es ihm geben. Der Pfarrer antwortete schnell: «Ein gutes und schönes Leben.» «Das kannst du haben», sagte der Heiland und ging weiter. Dann begegnete er einem Kapuziner und fragte ihn, was er wünsche. Der Kapuziner antwortete: «Ein gutes und schönes Leben.» «Das kann ich dir nicht geben; das habe ich schon einem andern geschenkt», entgegnete der Heiland. «Dann eben Geduld», meinte darauf der Kapuziner. «Das kannst du haben», sagte der Heiland und zog weiter. Nach einer Weile begegnete er einem Bauern. Der Heiland fragte auch ihn, was er wünsche. Der Bauer antwortete: »Ein gutes und schönes Leben!» Der Heiland erwiderte: «Das kann ich dir nicht geben, das habe ich schon dem Pfarrer schenken müssen.» «Dann halt viel Arbeit!» brüllte der Bauer. «Das sollst du haben», sagte der Heiland und ging weiter. Schliesslich begegnete er einer Frau. Er fragte auch sie, was sie wünsche. «Ein gutes und schönes Leben!» wollte die Frau. Doch der Heiland musste antworten, dies könne er ihr nicht geben. «Ach Scheisse!» sagte da die Frau ganz verärgert. «Das sollst du haben!» entgegnete der Heiland und ging weiter.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Heilbrunnen bei der Wasserkirche

Source: Der Heilbrunnen bei der Wasserkirche

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Der Heilbrunnen bei der Wasserkirche Bei der Wasserkirche, nach andern unter der Kirche, sprudelte im Mittelalter ein Brunnen. Kranke, welche von seinem Wasser tranken, wurden gesund. Die Heilungen erklärte man sich hervorgerufen durch die mineralischen Bestandteile des Wassers. Gegen diese Meinung äusserte sieh aber um die Mitte des 15. Jahrhunderts der Predigermönch Johannes de Albo Lapide: Die Heilkraft dieses Brunnens beruht auf den Verdiensten der heiligen Märtyrer Felix und Regula, besonders darum, weil sie hier ihr Blut vergossen haben. Die Kraft des Brunnens sei übernatürlicher Art; dies beweise allein schon die Tatsache, dass das Wasser die gegensätzlichsten Krankheiten heile, was natürliche Heilmittel nicht könnten. Der Naturgelehrte Scheuchzer berichtet 1746, dass dieser Brunnen 1556 zugeschütttet worden sei, weil ihn die Geistlichkeit als Lockvogel benützt habe; er sollte nicht weiterhin Anlass zu Aberglauben geben. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Nach H. E. Escher, Beschreibung des Zürichsees. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der heilige Florinus

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Remüs hat die schönste Kirche im Engadin; sie ist dem »heiligen Florinus« geweiht. Das frühere Gotteshaus, »St. Peter«, war laut Urkunde von 1070 damals dem Domkapitel in Chur gehörig und wegen des Grabes des heiligen Florinus berühmt, welcher von 820-833 Priester zu Remüs gewesen. Dorthin geschahen früher viele Wallfahrten. Sein Grab ist in lebendigem Felsen ausgehauen. Von Florinus geht die Legende: »Sein Vater, ein Britte, kam mit seiner (Florin\'s) Mutter, einer Jüdin, von einer Wallfahrt nach Rom zurück, und liess zu Matsch im Vintsgau sich nieder, dessen liebliche Lage ihm besonders wohl gefiel. Lange Zeit kinderlos, erhielten die Eltern endlich, um ihrer Frömmigkeit willen, einen Sohn, welchen sie Florin nannten, den sie dem Dienste des Herrn weihten und zur Erziehung dem zu Remüs wohnenden Priester Alexander übergaben. Dort gedieh der junge Florin an Herz und Geist.« Von seiner Wundertätigkeit wird Vieles erzählt; so ward er einst von seinem Lehrer beauftragt, zu dessen Stärkung einen Krug Wein aus dem benachbarten Schlosse zu holen. Florin ging hin, erhielt das Verlangte, und war auf dem Rückwege zum Priester Alexander begriffen. Unterwegs traff er eine arme Frau an, die ihn um eine Gabe für ihren kranken Mann daheim bat; Florin schüttete ihr den Wein in ein Gefäss, das sie bei sich hatte und kehrte in\'s Schloss zurück, um den Krug wieder füllen zu lassen. Da der Vorgang vom Schlosse aus bemerkt worden war, jagten die Knechte unter Schimpfen und Schlägen ihn hinweg. Betrübt kehrte er um, seinem Lehrer das Geschehene zu berichten. Unterwegs füllte er an einer Quelle den Krug mit Wasser und kehrte zu seinem Lehrer zurück. Aber bereits war die Anklage ihm zuvorgeeilt, nicht minder die Kunde, dass er zuletzt den Krug mit Wasser angefüllt. Hier ereignete sich nun, durch den Willen Gottes, das Wunder, dass das Wasser in besten Wein sich umgewandelt hatte. Die Angabe von der Bekehrung Rudolfs von Vatz, zubenannt vom »rothen Brunnen«, ist eine Hypothese eines unserer vaterländischen Schriftstellers. Dagegen glaubt Wolfg. v. Juvalt, in diesem Rudolf v. Rothenbrunnen einen Rudolf v. Juvalt zu erkennen. Nach dem Tode seines Lehrers wurde Florinus Priester und stand der Kirche zu Remüs bis zu seiner letzten Stunde, die er auf die Minute voraussagte, vor. Nicht minder sah er im Geiste die Streitigkeiten voraus, welche die »Matscher und Remüser« um seine sterblichen Überreste erhe¬ben würden, und mahnte beide Teile dringend davon ab. Seine irdischen Überreste wurden einem, in lebendigen Fels gehauenen Grabe übergeben; aber Reliquien von ihm in ein Kästchen gelegt oder in Reliquarien gefasst, und auch diese selbst verrichteten Wunder. Diese Reliquien wurden in Prozessionen zwischen Remüs und Matsch hin- und hergetragen, von Bewaffneten beschützt. - So lange Jahre! Im Jahre 1530 nun, als anlässlich der Einführung der Reformation auch in Remüs »Gemeinde gehalten« wurde, ob man die neue Lehre annehmen wolle oder nicht, sollten, wie vor Altem durch das Orakel, nun aus der Lage und Beschaffenheit der Reliquie des heiligen Florin Bestimmungen gefasst werden. Das Kästchen wurde geöffnet, aber Alles darin lag in Schutt und Moder. - Die Gemeinde nahm die neue Lehre an, verehrte aber den Heiligen nach wie vor. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der heilige Franciscus in Lucern

Source: Der heilige Franciscus in Lucern

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Die Sage will, der heilige Franziskus von Asisi sei 1224 zur frommen Gräfin Gutta auf Schauensee bei Kriens auf Besuch gekommen. Schon hatten ihm seine Jünger, die ehrwürdigen Väter Franziskaner in der Au zu Luzern, geklagt, wie viel Schaden ihnen bei Hochgewittern von dem Bergstrome, den man Krienbach nannte, zugefügt würde. Nun, als von Schauensee aus der Heilige den Talgrund betrachtete und den langen, mit Steingeröllen überdeckten Erlenschachen überschaute, da rührte ihn die Not des schönen Geländes und seiner Bewohner. Auf Abhilfe bedacht, untersuchte sofort der Gottesmann die Gegend des Schachenwaldes und bemerkte, dass der Wildbach in der Einsattelung des Sankt Joster- und Littauerberges seinen natürlichen Abfluss in den Emmenstrom habe, dass der dortige Felsenrücken, über welchen sich wahrscheinlich der Renggbach bei gewöhnlichem Speisemass als Wasserfall stürzte, um in die Emme abzufliessen, nur aus zerbröckelnden Sandsteinen bestehe. Er mutete deshalb der Gräfin zu, in diesen Riegel einen Einschnitt von 12—20 Fuss machen zu lassen, um die oft wiederkehrende Verheerung von Kriens und Luzern abzulenken. Die edle Frau entschloss sich dafür, veranstaltete das Werk auf eigene Kosten und soll auch überdies einen Kapitalfond zur Unterhaltung desselben gestiftet haben.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Der heilige Gallus

Source: Der heilige Gallus

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Nachdem Gallus in Arbon durch die Gnade Christi wieder genesen war, zeigte es sich bald, daß ihn die göttliche Vorsehung für höhere Dinge im deutschen Lande aufbewahrt hatte. Er wendete sich nämlich an den Diakon Hildibold, den treuen Genossen Willimars, der die Gegend daselbst genauer als andere kannte, und fragte ihn: "Mein Sohn, Hast du jemals in dieser öden Wildnis einen Ort gefunden, der geeignet wäre, darauf ein Bethaus und eine Wohnung für mich zu bauen? Denn mein Herz sehnt sich nach Einsamkeit, wie der Psalmist sagt: "Ich verblieb in der Einsamkeit und erwartete den, der mich gesund mache." Da versetzte der Diakon: "Mein Vater, rauh und voll starker Gewässer ist diese Wildnis. Hohe Berge und enge Täler hat sie in Menge und mancherlei Getier, sehr viele Bären, Wölfe und Wildschweine. Ich fürchte, sie möchten über dich herfallen, wenn ich dich dorthin geleitete." Der Mann Gottes aber antwortete: "Ist Gott für uns, wer mag wider uns sein? Der den Daniel aus der Löwengrube gerettet hat, ist auch mächtig genug, mich aus den Klauen wilder Tiere zu befreien." Als nun der Diakon Hildibold seinen festen Willen erkannte, sprach er: "So wollen wir denn morgen in die Verborgenheit der Wälder dringen, ob wir vielleicht eine taugliche Stelle finden." Den Rest des Tages brachte der Gottesmann im gewohnten Gebete zu und nahm keine Speise zu sich. In der Frühe des folgenden Tages aber machten sich beide unter Gebeten auf den Weg. Schon war die neunte Stunde des Tages verflossen, und der Diakon fragte den frommen Mann, ob er denn keine Erquickung zu sich nehmen wolle. Gallus aber sagte, er werde nichts verzehren, bevor er die Gegend gefunden habe, wo er seine Wohnung aufschlagen könne. So strengten sie von neuem die ermüdeten Glieder an, bis sie endlich an ein Flüßchen kamen, von den Anwohnern Steinach genannt, da wo das Wasser sich vom Berge herabstürzt und eine Höhlung im Felsen gebildet hat, die jetzt Mühletobel genannt wird. Hier beschlossen sie die Nacht zu ruhen, zumal sich eine Menge Fische im Wasser zeigte. Ein Netz, das der Diakon mitgebracht hatte, ward hineingesenkt und eine beträchtliche Anzahl der flinken Schuppenträger gefangen. Hildibold schlug Feuer und bereitete ein erquickendes Mahl. Unterdes hatte der Gottesmann eine Stelle gesucht, wo er sein gewöhnliches Gebet verrichten und knien könnte. Da stieß er mit dem Fuß an einen Dornbusch, strauchelte und fiel nieder. Der Diakon lief herzu und wollte ihn aufheben; er aber sprach mit den Worten des Psalmisten: "Laß mich! Dies ist meine Ruhestatt ewiglich. Hier will ich wohnen; denn hier gefällt mir's wohl." Und als er sich vom Gebet erhoben hatte, machte er aus einer Haselrute ein Kreuz und befestigte daran eine Kapsel, in der sich einige mitgebrachte Reliquien befanden. Hierauf beteten beide Männer einmütig, und Gallus sprach demütig flehend: "Herr Jesu Christi, der du durch das Siegeszeichen des Kreuzes dem Menschengeschlecht Heil und Hilfe gebracht hast, gib, daß diese Gegend zu deinem Lob und Preis bewohnbar sei!" Inzwischen war der Abend herabgesunken, worauf sie mit Danksagung ihr Mahl einnahmen. Darauf legten sich beide zur Ruhe. Bald aber erhob sich Gallus wieder und kniete vor jenem Kreuze in inbrünstigem Gebete. Sein Reisegefährte horchte im Geheimen und nährte ab und zu das glimmende Feuer, Sieh, da stieg ein Bär aus dem Waldgebirge herab, trabte heran und verschlang die Überreste der Mahlzeit. Mit Furcht und Bangen lag Hildibold, ohne sich zu rühren. Gallus aber stand auf vom Gebet, trat vor den Bären und sprach zu ihm: "Untier, im Namen Jesu Christi befehle ich dir, nimm Holz und wirf es ins Feuer!" Und der Bär kehrte sogleich um, kam auf den Hinterbeinen wieder, brachte einen gewaltigen Klotz geschleppt und legte ihn ins Feuer. Zum Lohn dafür reichte ihm der Gottesmann ein Stück Brot, das der Bar behaglich brummend verzehrte. Dann sprach Gallus zu ihm: "Im Namen Jesu Christi, meines Herrn, weiche aus diesem Tale! Die Wildnis der freien Berge und Hügel mag dein Gebiet sein; hier aber sollst du weder Vieh noch Menschen verletzen!" Und der Bär lief von dannen, verschwand im Wald und kehrte nicht wieder. Zum Andenken an diese wunderbare Begebenheit führt St. Gallen heute noch einen aufrechtstehenden Bären im Wappen. Der Reisebegleiter aber, der alles mitangesehen hatte, stand auf, warf sich dem Heiligen zu Füßen und rief: "Jetzt weiß ich, daß der Herr mit dir ist; denn die Bären der Wildnis gehorchen dir!" Doch Gallus verbot ihm, vor ihm zu knieen und jemand ein Wort davon zu erzählen, bis er größere Wunder gesehen habe. Und wirklich ließen, wie die fromme Sage meldet, solche nicht auf sich warten. Eines wollen wir, der Legende folgend, dem Leser noch mitteilen. Als es Morgen geworden war, sagte der Diakon: "Herr, was willst du, daß wir heute tun?" Gallus erwiderte: "Laß uns diesen Tag noch hier bleiben. Nimm die Netze und gehe zum Strudel. Ich folge dir bald." Also erhob sich Hildibold und ging, das Netz auszuwerfen. Sieh, da erschienen ihm zwei böse Geister in Weibergestalt, die schleuderten Steine gegen ihn und sagten: "Warum hast du jenen Mann in unsere Wildnis geführt? Er ist ungerecht und übermächtig!" Zitternd lief der Diakon zu Gallus zurück und verkündete ihm das Geschehene. Der Heilige aber stärkte sich durch Gebet, ging mit seinem Genossen an den Strudel und rief: "Gespenster, ich befehle euch im Namen des dreieinigen Gottes, weichet von diesem Ort und kommt niemals mehr hierher!" Und sieh, die Geister entflohen klagend und heulend das Flußbett aufwärts und immer weiter, bis sie verschwanden. Während die Männer das Netz mit den Fischen aus dem Wasser zogen, hörten sie noch die verklingenden Stimmen der Unholdinnen. Nachmals, als der Diakon Hildibold einst ausging, Habichte zu fangen, vernahm er von einem Berg herab von unsichtbarem Munde die Frage: "Ist Gallus noch in der Wildnis?" Und als er laut und kräftig "ja, er ist da und bleibt da", in den Wald hinein rief, hörte er nur ein Knurren und Winseln, das sich allmählich in der Ferne verlor. Gallus und Hildibold durchforschten nun Tal und Berg und fanden in der Nähe, zwischen den zwei Bächen Steinach und Ira, einen Wald und eine anmutige Ebene; das war ein Ort, der zur Errichtung einer Zelle einlud. Zwar waren daselbst viele Schlangen; aber auf das Gebet des Heiligen verschwanden sie und zeigten sich nicht wieder. Dr. G. Klee. Nach der Vita, St. Galli. (Diener des Kreuzes, Stuttgart, Steinkopf, 1900.)   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 1, S. 1ff Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der heilige Hirsch

Source: Der heilige Hirsch

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In alten Zeiten lebte ein Römer namens Ptolemäus von königlichem Geschlecht, der ging einst jagen und fand einen schönen grossen Hirsch, den er wild verfolgte. Als er denselben nun schiessen wollte, gewahrte er zwischen des Tieres Hörnern in hellem Scheine das Bild eines Kreuzes und eine Stimme sprach: "Warum verfolgst du mich und bist wider mich? Ich bin Christus den du jagst." Da fiel Ptolemäus auf sein Angesicht und rief: "Herr hilf mir, ich will glauben." Und es sprach die Stimme: "Gehe hin zu Papst Alexander und lasse dich taufen. Ptolemäus tat wie ihm gesagt ward und erhielt in der Taufe den Namen Theodorich. Und zum Zeichen und Wappen erhielt er einen güld’nen Strahl im roten Schilde, mit dem er wider den Teufel streiten sollte. Da aber der Kaiser anhub die Christen schrecklich zu verfolgen, floh Theodorich oder Dietrich aus dem Lande und begab sich zu einem Herzog von Burgund, dem er sich durch grosse Taten gar nützlich erwies. Als Dietrich ihm einmal eine Schlacht gewonnen, sprach der Herzog zu ihm: "Begehr von mir was du willst, es soll dir werden und sei es mein halbes Herzogtum!" Da er aber in grosser Bescheidenheit nichts forderte, gab ihm der Herzog seine Tochter zur Gemahlin, die war Dietmut genannt. Dazu gab er ihm auch ein hübsches Land mit Namen das minder Burgund und den Wandelsee mit vielen Bergen herum, da vormals der König der Vandalen gesessen war, mit dem Land um Strättlingen von grosser Fruchtbarkeit. Dazu gab er Dietrich zur Ehesteuer einen grossen Schatz von Gold und Silber und edlem Gestein. Dietrich erwählte sich das Land, das man zur Goldenen Luft nannte, und baute sich daselbst ein Schloss Strättlingen von des Strahls wegen. Gott aber schenkte ihm und Frau Dietmut einen Sohn, den sie Albrecht nannten. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der heilige Josef und der Schmied

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Als der heilige Josef wegen der Verfolgung durch Herodes mit Maria und dem Jesuskind nach Ägypten fliehen musste, liess er einmal seinen Esel beschlagen. Da er kein Geld hatte, um den Schmied zu bezahlen, versprach er, ihm drei Wünsche zu erfüllen. Dem Schmied war dies ganz recht, und er sagte: «Meinetwegen! Vor meinem Haus steht eine Bank. Da sitzen die Leute vom Dorf an den Sommerabenden, schwatzen, lachen und lärmen, so dass ich ganz verrückt werde. Mach, oh guter heiliger Josef, dass die Nachbarn nicht von der Bank weg können, solange ich es nicht will.» «Dies sei dir gewährt», sagte der heilige Josef, «aber ich denke, dass es wichtigere Dinge zum Wünschen gibt.» – Aber der Schmied liess sich durch diese Bemerkung nicht stören und fuhr fort: «Ich habe hier einen grossen und schönen Kirschbaum, der jedes Jahr voll schöner Früchte ist, aber ich bekomme davon nur wenige. Eine Horde von frechen Bengeln stiehlt sie Jahr für Jahr.Mach, du guter heiliger Josef, dass diese Diebe auf dem Kirschbaum bleiben müssen, bis ich ihnen den Arsch versohlen kann!» «Auch das geschehe», sagte der heilige Josef, «doch überleg es dir gut, bevor du den dritten Wunsch aussprichst!» «Oh ja», erwiderte der Schmied, «wenn du mir noch folgenden Wunsch erfüllst, bin ich glücklich. Mach, dass wer die Hand in diese Kiste mit alten Nägeln steckt, sie nicht wegziehen kann, bis ich ihm nicht beigebracht habe, was sich gehört!» – «Was du gewünscht hast, soll in Erfüllung gehen», sagte der heilige Josef, «doch wie blind bist du gewesen, dass du nichts für deine Seele gewünscht hast!» Der Schmied hatte jedoch anderes im Sinn mit seinen Wünschen. Als er einmal tief im Dreck steckte, macht er einen Vertrag mit dem Bösen und versprach ihm seine Seele gegen eine Geldsumme. Sieben Jahre, die zwischen dem Schmied und dem Schwarzen abgemachte Zeit, waren um, und eines schönen Tages erschien der Teufel vor der Schmiede. Der Schmied behandelte ihn mit äusserster Höflichkeit und lud ihn ein, einen Augenblick auf der Bank Platz zu nehmen, er sei gleich parat. Nach ein paar Minuten war der Schmied beim Teufel zurück und sagte, er solle jetzt kommen, doch der konnte nicht von der Bank weg. Und der Schmied nahm seinen grossen Hammer und verhaute den armen Teufel, bis der so flach wie ein Fladen war. Und der Teufel flehte den Schmied an aufzuhören, er wolle nochmals sieben Jahre warten. Da liess der Schmied ihn laufen. Nach sieben Jahren kam der Teufel wieder. Diesmal lockte der Schmied ihn auf den Kirschbaum, da es so heiss sei, solle er ein paar Kirschen essen, inzwischen mache er seine Arbeit fertig und komme. Der Schwarze wurde so zum zweiten Mal hereingelegt. Unter dem Hagel von Schlägen, die auf seinen Kopf prasselten, versprach er dem Schmied, nochmals sieben Jahre zu warten. Auch die waren jetzt vorbei. Da erschien der Teufel und sagte laut, diesmal lasse er sich nicht aus der Schmiede locken. «Gut, so wollen wir umso schneller weggehen», meinte der Schmied. «Gib mir schnell zwölf Nägel, damit ich sie noch in dieses Rad einschlagen kann!» Der Teufel steckte schnell seine Hand in die Kiste, aber er kam nicht mehr heraus. Da verdrosch der Schmied ihn so lange, bis er bettelte, doch endlich aufzuhören, er wolle verschwinden und nie wieder kommen. Nach einigen Jahren starb der Schmied, da machte er sich auf den Weg und kam vors Himmelstor. Dort klopfte er an. Als der heilige Petrus fragte, wer klopfe, schrie er: «Der ist da, welcher den Esel des heiligen Josef beschlagen hat!» Doch der heilige Josef schrie zurück, er habe sich ja nicht den Himmel gewünscht, und ein Leben habe er geführt, welches die himmlische Seligkeit nicht verdiene, er solle bloss abhauen. Da ging der Schmied vor die Tore der Hölle und klopfte an. Doch der Böse, der von ihm so übel zugerichtet worden war, jagte den Schmied in Angst und Eile weg und sagte, so einen gefährlichen Kerl könne er in seinem Reich nicht dulden. Da ging der Schmied wieder zum Himmel zurück und sagte vertraulich zum heiligen Petrus, er heisse ja gleich wie er, und darum solle er ihm doch die Bitte erfüllen und das Tor nur einen Spalt öffnen, damit er einen Blick in den Himmel werfen könne. Kaum hatte der heilige Petrus das Tor ein wenig geöffnet, warf unser guter Schmied seine Mütze hinein, sprang darauf und rief: «Jetzt aber bin ich auf meinem Boden!»     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der heilige Martin

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Auf seiner Rückreise von Rom den Weg verfehlend, sei Ritter St. Martin auf die Spitze des Ringelberges gekommen und habe von da in die schauerliche Tiefe des Taminabettes hinabgeblickt. Dem Pferde die Sporren in die Weichen drückend, habe er ohne sich weiter zu besinnen, in einem kühnen Sprunge 2400 Meter hinabgesetzt, ohne dass Ross oder Reiter den geringsten Schaden erlitten. Heute noch steht man auf der sog. Höhe, am Wege nach Kalfeisen, die Formen der vier Hufeisen auf einer Steinplatte, auf welche das Pferd abgesetzt hat. Wegen dieses Wunders wird Martin als Heiliger verehrt, und als solcher ist er auch der Patron der Kapelle in Kalfeisen, die seinen Namen trägt und in welcher ihm ein Standbild zu Pferd errichtet ist. Der Kirchenverwaltungsrat von Vättis kleidet dasselbe alle Frühjahre mit einem roten Reitermantel. Während des Sommers kommen die Alpenbesitzer, und ein jeder schneidet ein Stück, weil es gut gegen Krankheiten und Viehseuchen sei, davon ab, so dass der hl. Martin im Herbst wieder entblösst auf seinem Pferde sitzt und die Reliquie vergriffen ist. "Oberländer Anzeiger." Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 229, S. 113f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der heilige Mönch Notker

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Der heilige Mönch Notker ist aus dem gleichen Sachsengeschlecht wie Kaiser Otto entsprungen. Seine Mutter war eine Gräfin von Kyburg. Er wurde in einem heiligen Orte im Thurgau geboren, in der Burg, die Helligöw hiess; also standen zu seiner Zeit schon Schloss und Stadt Elgg. Darüber, wie die Herrschaft Elgg von dem Geschlechte der Notker an St. Gallen gekommen ist, finde ich keine Auskunft. - So berichtet Junker Hans von Hinwil, der Inhaber der Herrschaft Elgg, 1535 in seinen Schriften. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Winterthur und Weinland J. Hauser, Geschichte der Stadt, Herrschaft und Gemeinde Elgg, Elgg 1895, S. 32. Vgl. dazu K. Mietlich, Geschichte der Gemeinde Elgg, Elgg 1946, S. 102-103, betr. Notker Balbulus. - Hans von Hinwil, Herr zu Elgg (siehe K. W. Glaettli im 15. Jahrheft der Antiq. Ges. Hinwil 1942, S.12ff.), ein humanistisch nur halbgebildeter Junker, aber eifriger Schreiber, verfasste 1541 eine Familienchronik und revidierte die Hofrödel seiner Verwandtschaft, wobei er gelegentlich mündlich überlieferte Berichte voransetzte oder einflocht. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der heilige Placidus

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Im Anfange des siebenten Jahrhunderts verliess St. Columbanus, der Abt des irischen Klosters Bangor, sein Vaterland, um als Glaubensbote bei den noch heidnischen Völkern des Continentes zu wirken. Er durchzog mit 12 Schülern Gallien und kam an die Ufer des Zürich- und Bodensee\'s. Seine Schüler liess er nach und nach zurück, an Orten, wo er gewirkt hatte; dann zog er, von St.-Gallen her kommend, über Chur den Rhein aufwärts, liess seinen letzten Schüler Sigisbert in der ehemaligen Einöde von Disentis (Desertina) zurück und ging im Jahre 613 über den Lukmanier nach Italien. Sigisbert legte sich in der »Desertina« eine Zelle an, lebte als Einsiedler, predigte den zerstreut wohnenden Heiden das Christentum und gewann sie für seine Lehre. Damals erstanden in Trons und Sumvix, wie an mehreren andern Punkten an den Ufern des jungen Rheines grössere oder kleinere Ansiedelungen, und in Trons war der Vorsteher (Toparcha) des ganzen Tales, Placidus mit Namen, ansässig. Sigisbert gewann auch ihn und fand an ihm einen treuen Freund und eifrigen Gehülfen für sein Bekehrungswerk. Placidus begann um\'s Jahr 614 den Bau eines Bethauses an der Stelle der Klause, die Sigisbert bis dahin als Wohnung und Oratorium gedient hatte, und übergab demselben sein ganzes Vermögen; dann zog auch er, das Evangelium und Busse predigend, durch das Land und kam auch nach Curia, wo damals Graf Victor im Namen des Frankenkönigs regierte. Dieser liess Placidus, dessen Reden und Entwürfe nicht nach seinem Sinne waren, gefangen nehmen und enthaupten; noch mehr, er nahm das von Placidus dem Bethause in »Desertina« geschenkte Gut zu eigenen Handen. Die Leende erzählt: »Nach seiner Enthauptung habe der heilige Placidus sein Haupt vom Boden aufgehoben, dasselbe persönlich nach dem Bethause »Desertina« getragen und dort es dem heiligen Sigisbert übergeben. Letzterer habe Haupt und Körper des Märtyrers dort zur Ruhe gelegt, wo Abt Azo im Jahre 801 zu dessen Andenken eine schöne Kirche bauen liess.« Nach Andern wurde der heilige Placidus an dieser Stelle selbst enthauptet. Sigisbert liess durch das traurige Schicksal seines Schülers sich nicht abschrecken, in dem Bekehrungswerke fortzufahren, und das Kloster Disentis sammt Kirche kamen zu Stande. Um diese Gott geweihte Stätte herum sammelten sich die Bewohner in festen Wohnsitzen. Nicht lange nach Placidus\' Tode ertrank Graf Victor im Rhein zur gerechten Strafe für seine Übeltat. Tello, Bischof zu Chur, einer seiner Nachkommen, suchte diese zu sühnen und den Hass von dem Andenken seines Ahnherrn zu entfernen, indem er dem Kloster Disentis reiche Schenkungen machte und die bisherigen, ärmlichen Klostergebäude durch stattliche Bauwerke ersetzte. - Andere Schenkungen folgten, und bald ward diese Benediktiner-Abtei mächtig und reich. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Heilige von St. Stephan

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Das oberste Tal der Siebne oder Simme war noch ein schwach besiedeltes Waldtal. Am Fusse des Räzliberges wohnten Heiden. Zu ihnen stieg eines Tages über den wilden Bergweg, der vom Wallis in diesen stillen Winkel führt, ein Fremdling namens Stephanus. Dem furchtbaren Blutgericht, welches Maximinian an seiner thebäischen Legion im Jahre 303 im jenseitigen Tal der Rhone angerichtet, war Stephanus eben entronnen und fand nun hier im Gebirge bei den schlichten Hirten eine Zufluchtstätte. Sie halfen ihm eine Hütte bauen, was er ihnen durch mancherlei Künste, die er in fernen Landen erlernt, wie auch durch seine Heilkunst vergalt. Er zeigte ihnen den Gebrauch von Werkzeugen, die sie bisher nicht gekannt hatten und unterrichtete sie im Pflanzen der Obstbäume. Aber er bereitete auch der Lehre vom Christengotte Eingang in diesen Tälern, baute neben seiner Hütte ein hölzernes Gotteshaus und predigte den Talbewohnern das Evangelium bis in sein hohes Alter. Hatte der Klausner Stephan schon im Leben hohes Ansehen genossen, so stieg dasselbe bei seinem Tode zur Verehrung. Alles was Stephanus im Leben auf natürliche Weise vollbracht erschien nach demselben seinen Verehrern als Wirkung einer übernatürlichen Kraft. Sein Grab wurde daher im Laufe der Zeiten zu einer besuchten Wallfahrtsstätte. Man grub seine Gebeine aus und verwahrte sie in einem steinernen Sarge. Denselben umgab man samt Stephani Kreuz, Spiess und Schwert mit einem Gitter, dass niemand die Reliquien entwenden möge. Jahrhundertelang wurde nun zu dieser Stätte gewallfahrtet, den Stephanus war auch durch den Papst heilig gesprochen worden. Als am Anfang des 15. Jahrhunderts, das Dörflein, das sich nach seinem Heiligen Sankt Stephan nannte, wie es noch heute heisst, ein eigenes Gotteshaus erhielt, wurden seine Gebeine hier untergebracht und bis in die Zeiten der Glaubenserneuerung hoch verehrt. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Der heilige Zeno

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Vom Dorfe Schleuis aus führt nach dem hochgelegenen Orte Ladir ein stark betretener Fussweg, und zwar beim Schlosse Löwenberg vorbei, durch Wies und Wald sich schlängelnd. - Ungefähr Mitte Wegs liegt im Walde ein Steinblock, 1 Meter lang, 2/3 breit und 1/2 hoch, auf dessen Oberseite zwei Vertiefungen sichtbar sind, wie wenn ein Mensch in dieser Steinmasse gekniet hätte. - An diesen Stein knüpft sich eine Legende des heiligen Zeno. Bekanntlich ist die Kirche zu Ladir dem heiligen Zeno geweiht. Nach der Sage soll er einstens diese damals noch wilde Berggegend bereist und den noch heidnischen Bewohnern das Evangelium mit solchem Eifer gepredigt haben, dass diese zur grossen Mehrzahl das Christentum annahmen. Der Heilige blieb nun in Ladir, und in seiner Ehre weihten die Gläubigen in Ladir (Ladurs 998) ein Gotteshaus. Der Heilige blieb nun in Ladir lange Zeit und ging von dort aus talein, talaus, das Evangelium zu verkünden. Nun war aber der böse Geist neidisch auf die Erfolge des Heiligen und trachtete darnach, wie er das Bekehrungswerk desselben hemme, womöglich sogar die Gläubigen wieder in\'s Reich der Finsterniss ziehe. Aber zu tief war der Glaube an den Erlöser eingewurzelt, als dass mit List das heilige Werk vernichtet werden konnte. Satanas musste zur Gewalt die Zuflucht nehmen. Eben war der Bau des Gotteshauses zu Ladir begonnen, so dachte der Geist der Finsterniss, dieses Werk der Gläubigen zu vernichten, holte vom Rheinbette herauf einen grossen Stein, den er den Wald hinauftrug und mit dem er die Kirche zu zertrümmern gedachte. - Unterwegs ruhte er aus, legte die Last neben sich und sich unter eine Tanne. Wie er nun rastete, kam der heilige Zeno den Wald herab, um in der Ebene zu predigen. Alsbald den Bösen erblickend, und an der Anwesenheit des grossen, niemals an dieser Stelle gelegenen Steinblockes das Ansinnen des Satans erkennend, kniete er auf diesen Stein nieder, betete, und benahm dem darob ergrimmten Luziferus die Macht, den Stein weiters zu heben, bezwang sogar durch sein Gebet den Bösen, die Gegend zu verlassen und auch ihn, den Heiligen, und seine Gläubigen fürder in Ruhe zu lassen. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Heimatlosenplätz

Source: Der Heimatlosenplätz

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a) Östlich des Dorfes Anwil, wo die drei Banne Anwil Kienberg und Wittnau zusammenstossen, befand sich ein steiles, schmales dreieckiges Waldstück von etwa 63 Aren, das keinem Kanton angehörte. Dieses Niemandsland hatte den Namen «In der Freyheit» und war der Zufluchtsort der Kessel- und Schirmflicker und anderer fahrender Leute, kurz gesagt der Heimatlosen. Nachdem Verhandlungen über eine Grenzkorrektion im 19. Und 20. Jahrhundert fehlgeschlagen hatten, wurde 1930 das herrenlose Gebiet unter die Kantone Baselland, Solothurn und Aarau aufgeteilt. Damit verschwand der Fleck Erde, der niemand gehört hatte. b) Von den Festen der fahrenden Leute auf dem Heimatlosenplätz wird erzählt: Was die Frauen in den umliegenden Dörfern «zusammengefochten» hatten: Milch, Mehl, Eier, Butter, Speck und Brot wurde dort verzehrt. Wenn das Wetter besonders freundlich war, wenn beim «Fechten» viel herausgeschaut hatte, wurde geküchelt. In einer Gebse wurde von Eiern, Mehl, Milch und Salz ein Teig angerührt. Über dem Gluthaufen eines Feuers machten die Frauen in einer grossen Pfanne Butter siedend. Die äusseren Zweige der am Waldrand stehenden Haselsträucher tauchten sie in den Teig. Dann wurde rasch die Pfanne mit der siedenden Butter darunter gehalten und die Zweige hinein getaucht — und schon hingen die Haselsträucher voller Küchlein, und diese konnten vom hungrigen Volk schnabuliert werden wie im Schlaraffenland. Anwil Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Heimenstein

Source: Der Heimenstein

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Der Heimenstein In alten Zeiten war das Tal von Winterthur bis unterhalb Pfungen ein See- und Morastgebiet. An der Stelle, wo die Burg Wart gebaut wurde, stand vorher ein Fährhäuslein. Am untern Ende des Sees verliess die Töss in einem180 Fuss hohen Falle das unheimliche Gewässer. Nordöstlich des Sees, eine Viertelstunde davon entfernt, stand die Burg Heimenstein, die den gleichnamigen Grafen gehörte. Ihnen gehörte auch das ganze Seegebiet und das untere Tösstal. Graf Volkmar war ein gütiger junger Herr, der vom Volke verehrt wurde. Während einer Jagd ertrank er in seinem See. Seine Witwe liess seinen Leichnam suchen, und da man ihn nicht fand, mussten ihre Leute den See abgraben. In vieljähriger Arbeit durchstachen sie das schmale untere See-Ende (oberhalb der Fabrik des Herrn Brunner, 1850). Die Überreste des Grafen wurden gefunden und auf dem Hügel, wo die Kirche Seuzach steht, begraben. Ein Denkmal erinnerte an diese Ruhestätte. Das durch die Absenkung des Sees gewonnene Land schenkte die Witwe Volkmars den Talbewohnern. Sie zog sich still auf ihre Burg Heimenstein zurück und widmete sich der Erziehung ihres Sohnes. Später verheiratete sie sich mit dem Grafen von Kyburg. An der Seite dieses Gatten nahm sie ein stolzes und überhebliches Wesen an. Die Schenkungen, die sie seinerzeit freigebig gemacht hatte, zog sie zurück und forderte harte Steuern. Als die Gräfin und ihr Mann an einem stürmischen Herbstabend im Heimenstein erschienen, wurde die Burg von der Bauernschaft angezündet und das hartherzige Paar samt seinem Heimenstein vernichtet. Unter Ludwig I. aus dem Hause der Karolinger wurde die ganze Gegend an die Freiherren von Wülflingen vergabt. „Der Sohn Volkmars ward später der eigentliche Begründer des mächtigen Kyburgischen Hauses. Vom alten Heimenstein ist jetzt keine Spur mehr vorhanden und der jetzige ist ein Aristokratennest, in dem die Wissenschaft der Welt‘ (vulgo Nabelbuch) ausgebrütet wurde.“ Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Winterthur und Weinland Stark gekürzt und vereinfacht aus Hausfreund 1850, „Eine Volkssage“. In der Offnung von Hettlingen wird der Heimenstem noch „Schloss“ genannt. Schluss der Erzählung unverständlich. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der heimgekehrte Geist

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Der heimgekehrte Geist Pünter-Ida sass eines Sommerabends mit ihrer Mutter im Garten vor dem Hause, Pünt genannt. Da sahen sie in der Dämmerung einen schwarzgekleideten Mann die Strasse gegen den Hellberg hinaufschreiten, hart am Garten vorbei. Merkwürdigerweise hörte man jedoch keine Schritte. Die Mutter bemerkte, es dünke sie sonderbar, dass dieser Mann völlig weiss angezogen sei. Pünter-Ida widersprach ihr erstaunt, denn in ihren Augen erschien der geheimnisvolle Unbekannte schwarz. Sie stritten noch eine Weile; die Mutter beteuerte aber, der Mann sei weiss gekleidet gewesen. - Am andern Tag kam die Nachricht, dass ein Hellberger im Spital in Zürich nach langem Todeskampf gestorben sei und dass er in seinen letzen Stunden immer wieder heimverlangte. Der Fremde war niemand anderer als sein Geist gewesen, und die Mutter, als ein Fronfastenkind, hatte ihn als solchen erkannt! Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Aus Jakob Zollingers „Herschmettlerchronik“. Interessant ist, dass derselbe Geist von verschiedeneren Personen, je nach Eignung zur Geistersichtigkeit, gleichzeitig weiss und schwarz gesehen wird.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Heine auf dem Steinebühl bei Baden

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Man glaubt unter Heine's Bekannten allgemein, dass er sich trefflich aufs Bannen verstehe. In seiner Nähe gab's einen jungen Burschen, der gar arm war; er hatte beide Eltern verloren und schaffte jetzt Jedem um Lohn. Der Heine nahm ihn und gab ihm viel Arbeit. Das war zur Zeit der Kirschenreife, da wässerte dem armen Schelmen das Maul und er erstieg einen Kirschbaum. Droben lehnte er sich mit dem Rücken an den Stamm und leerte seinen Ast. Als die Lust gestillt war, wollte er freilich gleich wieder zur Hacke hinunter; aber es gieng nicht; der Rücken sass ihm wie angewachsen am Stamme fest. Er hatte sich schon eine gute Weile abgezappelt, da sah er zum grössten Schrecken den Heine selbst heran kommen. Sind die Kirschen gut? fragte dieser etwas höhnisch in das Laub hinauf; fuhr aber gleich mit geänderter Stimme lächelnd fort: Ei du bist's ja, Lorenz? Nein, nein, da steig nur herab. Aber wahrhaftig, wär's ein Anderer gewesen, ich hätte ihn droben, bei Gott! - hier unterbrach er sein allzuhitziges Selbstgeständniss und setzte dann sich selber corrigierend hinzu: vor den Gemeinderath geführt. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 79 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Hellelasee

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Vor langer Zeit war in der Hellela von Zeneggen ein ziemlich grosser See; er hatte wohl eine halbe Stunde im Umfang. Friedlich und spiegelglatt lag er am uralten Wege, der nach Bürchen führt. In diesem grünen Alpensee schwammen die herrlichsten Fische. Aber gerade diese bildeten den steten Zankapfel unter der Bevölkerung. Jeder wollte den grössten Anteil daran haben. Des ewigen Haders endlich müde, sagte eine Person in einem unglücklichen Augenblicke: «Ich wollte, die Gogwärgini würden dem See und den Fischen ein Ende machen.» Und so geschah es. In der folgenden Nacht kamen alle Zwerge der Umgegend und gruben wohlgemut einen Abzugskanal, das sogenannte ,Loch‘, zwischen dem Egg- und Hellelawald. Bald entleerte sich der fischreiche See, und seine Wasser flossen durch den steilen Eschgraben hinunter. Oben auf den Wellen aber sassen gemütlich die kleinen, schelmischen Unholde, und schadenfroh nach Zeneggen hinaufblickend, sangen sie mit ihren dünnen und zarten Stimmchen: «Ade, die Egger haben weder Fisch noch See!» So war es, und so blieb es bis heute. ZENEGGEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Hellhafe

Source: Der Hellhafe

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Es Meiteli het si Vater und Mueter verlore und her wäge dem rächt briegget. Aber es isch nit nume wäge dem eso trurig gsi, wil's jetz keini Eltere meh gha het; nei, am allermeste het's dessetwäge nid höre chönne z'briegge, wil si Vater, wo sust meh fromm und frei gsi ist, eso gäch ist ewägg gstorbe und si Sach nid meh het chönne mache; und do het's ebe gmeint, de Vater sig jetz wäge dem i d'Hell cho. Si Mueter higägen aber, wo eis di bös gsi isch und ne schlächte Läbeswandel gfüert gha het, dere het do vor em Stärbe zue der lieb Gott ihri Sach no rächt schön la mache, und sie isch emole do eso grujig gstorbe, as me het müesse meine, sie sig jetz gwüßgwüß i Himmel cho. Wäge dem het s'Kathrindli ebe eso briegget und isch gar nie meh froh gsi. Do einisch erschint em ämel au der Sant Peter und frogt, worum as es denn gäng brieggi. Und es seit em, was em am Herze ligi vo wäge Vater und Muetere. Do füert's der Sant Peter vor d'Himelsthüre und heißt's det warte, goht i Himel ine und chunnt enandernah mit sim Vater zrugg. Da git em Töchterli d'Hand und seit: „He, willkumm, Kathrindli, bist au do?" Der Sant Peter het em aber halt scho gseit gha, worum as es do sig. Und der Vater het em no allerlei gueti Lehre gä, und wenn's so fromm sig, so chöm es au einisch hi, won er jeze seig, und denn fähl's eim nie nid, we me de scho ugsinet stärbi. Und derno het er sim Meiteli no-n-emol d'Hand gä und ist mit em Sant Peter ewägg und furt. Ietze gli ist do en Andere cho und het s'Meiteli abegfüert vor es fisters Tor, het do e chli uftho und s'Meiteli ie luege lo — und do isch ebe d'Hell gsi. Do het's do si Mueter im e Chessel voll heiße Wasser gseh sitze, und wo die ihres Chind gwahret, het sie gseit: „Ae, willkumm, Kathrindli, bist Du au do?" und het em do au Ermahnige gä, as es nid einisch i d'Hell chöm. Und wo s'Meiteli wider het furt wolle, het sie em d'Hand gä und gseit: „Adie, Kathrindli, läb wohl." Aber do demit het sie em Kathrindli si Hand ganz verbrönnt, ebe wil sie i der Hell gsi isch und brunne het. Und wo s'Kathrindli wider uf d'Welt ufe cho ist, het's gar es guets, ordeligs Meitschi abgä.   Aargau Quelle: Sutermeister, Otto: Kinder- und Hausmärchen aus der Schweiz (Nach Nochholz Schweizersagen II. S. 303.) E. IM. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Hennenteufel

Source: Der Hennenteufel

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Ein St. Antönier hat einmal den Hennenteufel gesehen. Einstens an einem Abend kam ein Montafuner spät in den Mayerhof und konnte nirgends mehr unterkommen, als bei Barthli Flütsch, der ihn klopfen hörte und ihm aufmachte. Der Fremde trat ein, und Barthli zog sich an, um ihm noch etwas zu holen. Der Montafuner, ein gesprächiger Mann, erzählte nun Allerlei von der Welt draußen, und so ging die Zeit um. Nun klagte Barthli, er wisse nicht wie, aber seine Hennen seien nicht mehr wie früher; allemal wenn er in den Stall komme, fahren sie so zusammen und mögen auch nicht mehr legen. »Das kommt daher, weil der Teufel sie plagt.« meinte der Montavoner, »den will ich euch fangen, gebt mir nur eine Flintenkugel.« Barthli, ein Jäger, hatte solche, und mit einer derselben gingen sie in den Stall. Der Montafuner legte diese Kugel in den »Hennenchrômen.« Die Hennen blieben ruhig. Nach einer Weile fiel von oben herab eine andere, ähnliche Flintenkugel in den Hühnerstall, und mit grässlichem Geschrei fuhr das Geflügel in die Höhe und durcheinander. Die zweite Kugel rollte auf die erste zu, wieder weg und »putschte« sie grässlich von einem Winkel in den andern, bis sie doch nachgeben musste und durch eine Ritze wieder wegrollte. Das war der Hennenteufel gewesen, der in der Bleikugel einen Gegner zu finden glaubte, diesen aber nicht »heer« mochte, weil die Flintenkugel härter war als er. - Von da an hatten die Hennen Ruhe. Der Montafuner mußte noch ein paar Tage bei Barthli bleiben und hatte gut leben, erzählte ihm Vieles, was dem St. Antönier gar kurios vorkam, und besonders von seinen wunderbaren Jagdstücklein. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Herdmännlistein bei Wohlen I - II

Source: Der Herdmännlistein bei Wohlen I - II

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I. Es giebt im Lande mancherlei einzel liegende Felsblöcke, unter denen die nächstwohnenden Leute ihren Bedarf an kleinen Kindern hervor holen lassen. Ein solcher Kleinkinderstein im Freienamte ist der bei Bünzen im Steinmösli. Der Moorgrund daselbst ist nach ihm benannt, so tief soll er drinnen versunken liegen, als er selber hoch ist. Die vielerlei alten Bohr- und Sprenglöcher, die er trägt, giebt man für die Spuren aus, wie oft die Hebamme hier den goldnen Schlüssel ansetzen und den goldnen Karst einhauen muss, wenn sie die Neugeborenen drunter hervornehmen will. Drei ähnliche Felsblöcke, die, gleich einem Hausdache auf seinen zwei Grundmauern, an einander gestützt im Walde zwischen Wohlen und Bremgarten liegen, heissen der Herdmännlistein, weil die Erdmännchen drunter ihre Stuben hatten und weil man auch jetzt noch die kleinen Kinder für Wohlen hier holt. Nach Einigen stehen diese Steine schon seit der Sündfluth da, nach Andern haben sie die Erdmännli so hingelegt. Noch ein anderer Stein in der Nähe beim Rothen Wasser scheint schief wie ein Dach aus der Erde heraus gewachsen und heisst der Bettlerstein. Hieher unternahmen einst die Nonnen des benachbarten Klösterleins Hermetswil einen Ausflug; die betagte Abtissin gab dazu einen ganzen Tag frei und entschloss sich, die Ergötzlichkeit selber mitzumachen. Nun wusste aber der Pfarrer, der sie dabei begleiten musste, schon im Voraus, wie langsam die gnädige Frau marschiere, und suchte sich gegen die unvermeidliche Langeweile durch einen Scherz schadlos zu halten. Ein Klosterknecht hatte den Frauen einen Tragkorb voll Speisen in den Wald hinaus zu bringen, und gleichfalls sollte der Verwalter den Bedarf an Wein besorgen; hinter diese zwei lustige Käutze machte sich der Pfarrer. Er beredete sie, einige Bursche zu dingen und sie draussen unter den klüftigen Stein zu verstecken, den die Frauen heute mit ihrem Besuche beehren wollten. Die Zwei, die sich durch den Pfarrer wohlgedeckt wussten, brachten eine ganze Schaar kleiner Buben zusammen, verkleideten sie und verbargen sie draussen nach Verabredung. Als die Frauen den Platz erreicht hatten, fühlten sie sich schon ziemlich ermüdet; ihr erstes war also, sich einstweilen zu setzen und den Speiseträger herbei kommen zu lassen. Während sie sich mit dem Rücken an den Fels lehnten und zusammen in seinem Schatten ruhten, hatte der Knecht die Speisen unter das Gestein gestellt; der Verwalter aber gieng mit einer grossen Schüssel servierend an den Frauen auf und ab, und wusste dabei allerlei Histörchen von der gefährlichen Raubsucht der Berggeister mit einfliessen zu lassen, die ehemals hier gehaust hätten. So wie nun ein Nönnlein nach dem Stück Schinken oder Kuchen langen wollte, das sie sich eben bei Seite ins Gras gelegt hatte, war es verschwunden; das Glas, an dem sie zum zweitenmale nippen wollte, fand sich leer getrunken, und auch die Weinflasche war beim wiederholten Einschenken regelmässig schon leicht oder gar bis auf den letzten Tropfen trocken, obschon man sie vor einer Minute noch halbvoll zurück gestellt hatte. Wie sollte das zugehen? Nichts war ja der Gesellschaft im Rücken als eben dieser Stein, an den man sich lehnte. Vollends unerklärlich waren einige bedenkliche Töne, ein sonderbares Gewisper, das sich zuweilen aus dem Innern der Kluft vernehmen ließ. Man folgte daher um so bereitwilliger der Einladung des Pfarrers, jetzt den Sitz zu verlassen und den Stein selbst zu besteigen, auf dem sich eine besondere Aussicht ergebe. Die Abtissin ward unter Beihilfe der drei männlichen Begleiter mühsam hinaufgeschoben. Droben sah man freilich nicht viel Anderes, als Baum und Strauch, allein es war jetzt gar nicht mehr Zeit, sich enttäuscht zu finden. Denn auf ein vom Knechte gegebenes Zeichen kamen die Knaben hinter und unter dem Fels hervorgekrochen, lauter kleine in Moos und Tannenzweige gekleidete Bürschchen, und begannen im Wirbel rings um den Fels herum zu springen und zu tanzen. Die Frau Abtissin murmelte ein Gebet ums andere und fand nicht rasch genug von ihrem gefährlichen Höhepunkt hinab. Manche leichtfüssigere Schwester, die früher als sie drunten ankam, wurde sogleich von den Tänzern in Empfang genommen und nach Kräften einigemale im Kreise mit herumgedreht. Dann waren auf einen Wink die Knaben wie in die Erde verschlupft. Die Gesellschaft war artig genug, hinterher ihren unzeitigen Schrecken selbst zu belachen; doch verfehlte die Mummerei ihre Wirkung so wenig, dass von nun an der Kloster-Spaziergang zum Erdmännlistein unterblieb.   II. Der „Erdmannlistein" liegt in der Mitte des Waldes, der sich von Wohlen nach Bremgarten erstreckt, und wird aus zwei aufrecht stehenden Felsblöcken von mächtiger Grundfläche gebildet, welche wie Spitzsäulen zulaufen und auf ihrem Scheitel eine über sie hergeschobene Felsenplatte von der Grösse eines Daches in der Schwebe halten. Die dreifache Steinlast ruht tief in den Sumpfboden eingesenkt, der freie Mittelraum zwischen den beiden Tragsteinen hat sich meist mit Erde angefüllt und den Zugang zur unterirdischen Höhle mit verschüttet, in welcher die Erdmannli sonst ihre Wohnung aufgeschlagen hatten. Ehemals war es eine Gewohnheit der Landleute aus der Umgegend, hieher zu gehen und die Erdmännchcn heraus zu rufen. Immer folgten diese dann traulich, und gegen ein kleines Geschenk von Kraut, Kohl und Rüben führten sie allerlei Tänze und possierliche Sprünge auf. Weder wurden sie je von den Menschen beleidigt, noch spielten sie ihnen irgend einen losen Streich. Dies dauerte so lange, bis zwei sittenlose Bursche darauf verfielen, ihren Uebermuth zusammen an den Kleinen auszulassen. Sie riefen nicht, wie es herkömmlich war, in die Höhle, sondern schleuderten gleich mit Steinen hinein, und als die Männchen auch da noch nicht erschienen, schossen Beide ihre Pistolen in die Kluft ab. Sogleich folgte ein arges Winseln und Stöhnen unter der Erde, wie es auch jetzt noch Leute in der Nähe des Steines gehört haben, die des Nachts diesen Weg gegangen sind; aber jegliche andere Spur von den Männchen selbst ist seitdem verschwunden. Als daher die Hermetschwiler-Nonnen einmal wünschten, die Erdmännchen im Walde ebenfalls zu sehen, war es dafür bereits zu spät. Aber der Klosterknecht, der sie nicht ganz um ihr Vergnügen bringen wollte, beredete ein wunderkleines Männchen von Wohlen, das er gut kannte, hieher zu kommen und verkleidet sich unter den Stein zu setzen. Am bestimmten Tage erschienen die Klosterfrauen, und der kleine Mann tanzte ihnen so niedlich vor, dass die verwunderten Zuschauerinnen ein grosses Vergnügen empfanden und ihm einen Freitisch in ihrem Kloster stifteten, der ihm bis zu seinem Tode richtig und ungeschmälert verblieben ist. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 288 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch  


by Der Herrgott und die Kinder Adams und Evas

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Adam und Eva bekamen nach ihrer Vertreibung aus dem Paradies viele Kinder, und sie hatten mehr als genug zu tun, um sie zu füttern. Eines Tages ging der Herrgott zu Eva, um nachzusehen, wie sie den Haushalt führe. Eva war gerade dabei, die Kinder zu waschen und zu kämmen, als sie den Herrgott aufs Haus zukommen sah. Da versteckte Eva die noch ungewaschenen und ungekämmten Kinder unter dem Stroh und dem Heu, den Holzspänen und dem Herd. Als der Herrgott im Haus war, führte sie ihm nur die gewaschenen und gekämmten Kinder vor. Der Herrgott hatte an den frischen und zurechtgemachten Kindern grosse Freude, und er sagte zu einem: «Du wirst Landammann!» - und zum zweiten: «Du wirst Fähnrich!» und zum dritten: «Du wirst Richter!» Als Eva merkte, wie der Herrgott die Ämter verteilte, sagte sie: «Herr, ich habe noch mehr Kinder; ich will, dass auch sie sich zeigen.» Da krochen die einen unter dem Heu und dem Stroh hervor; doch sie waren ganz struppig und ihre Haare voll Heu und Stroh. Der Herrgott schaute sie an und sagte: «Ihr werdet Bauern!» Als die andern, welche unter den Holzspänen versteckt waren, zum Herrgott kamen - voller Dreck - sagte er: «Ihr werdet Handwerker!» Als letzter kroch noch einer unter dem Herd hervor, kohlrabenschwarz, so dass man nur das Weisse der Augen sah. Zu dem sagte der Herrgott: «Du musst Kesselflicker werden!» - Von daher kommen die Berufe.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Herrgott und die Walliser

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Bevor der liebe Gott auf seiner Weltreise die Schweiz verliess, fragte er zum Abschied die Eidgenossen, ob sie noch besondere Bitten an ihn hätten. Natürlich hatten sie das! Die Gletscher seien in den letzten Jahren so stark zurückgegangen, dass jetzt zu wenig Wasser mehr fliesse, um die Fluren grün zu erhalten. Wiesen und Äcker seien dürr. Ob er da kein Heilmittel kenne. Der Herrgott wusste sogleich Bescheid und meinte: «Das ist doch einfach, da muss gewässert werden! Jetzt, wollt ihr es tun, dann ist’s recht, wenn nicht, werde ich es selbst besorgen müssen!» Diese Rede gefiel allen wohl, und sie dankten: «Herr, du hast uns bis jetzt gut behütet, und dir verdanken wir alles, was wir haben; mache es nur so weiter!» Die Walliser aber blieben allein stumm und sannen und grübelten. In ihrem Argwohn trauten sie dem Vorschlag des Herrn nicht ohne weiteres. Wahrscheinlich kannte Petrus die Walliser schon, denn er lief schnell hintendurch zu ihnen, gab ihnen einen Schupf und flüsterte: «Lasst doch den Herrn nur machen, er meint es gut mit euch und wird es schon verstehen; er ist ja sozusagen selbst ein Walliser.» Jetzt stutzten diese aber erst recht: «Was, ein Walliser ist er? Aber wie will er dann das Wässern besser verstehen als wir? Nein, nein, wenn dem so ist, wässern wir selbst!» Und so wässert heute in der übrigen Schweiz der liebe Gott, im Wallis aber wässern die Walliser selbst, und ihre Matten verdorren. Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Hexenkampf

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Ein Schierser, der sein Vieh auf Rahl, einer »Gadenstatt« (Berggut) oberhalb Fanas zur» Vor-Winterung« hatte, und dort fütterte, vernahm in einer Nacht eine lange Zeit hindurch ein fürchterliches Geschrei im Hofe vor den Ställen. Er wagte aber nicht hinabzugehen, und zu sehen, was es sei, - bis am hellen Morgen. - Da gewahrte er dann zwei Weiberzöpfe an einem Nagel an der Stalltüre hängen, und am Boden lagen ganze Büschel Haare und Hautfetzen umher gestreut. Es war eine Schaar Hexen gewesen, welche die halbe Nacht hindurch im Hofe sich gezankt und gebalgt hatten, bis schliesslich Eine Derselben ihrer Nebenbuhlerin die Zöpfe ausriss, und Dieselben an die Stalltüre hängte. Aber der Umstand, dass Diese die Zöpfe an einen eisernen Nagel gehängt hatte, benahm der unglücklichen Beraubten die Macht, Dieselben dort wegnehmen zu können. Der Mann nahm die Zöpfe mit sich heim, nach Schiers. Er war aber kaum eine Stunde zu Hause, so kam seine eigene »Gotte« (Patin), die in Fanas wohnte, zu ihm, mit verbundenem Kopfe und fürchterlich geschwollenem Gesichte, und tat nicht lange fremd, sondern bat ihn, weil er um die Sache wisse, ihr die Zöpfe zu geben. Ohne lange sich zu besinnen, gab er der Gotte die Zöpfe, weil er sie sonst immer gerne gehabt hatte. Die Gotte zog dann aus jedem Zopfe drei Haare, bot ihm Diese, und deutete ihm, so lange er schweige, und diese Haare aufbewahre, werde er in Allem Glück haben. Er hielt sein Maul, bewahrte das seltsame Geschenk wohl und sicher auf, und hatte wirklich Glück in Allem, sein Leben lang. - Auf dem Todbette drückte ihn aber das Gewissen, er teilte seiner Tochter das Geheimnis mit, und Diese ihrem Manne, und von Stunde an wich das Glück von dieser Familie. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Hexenmeister

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Einst hauste an der Teufelsbrücke bei Einsiedeln im Kanton Schwyz ein Wunderdoktor. Er war so berühmt, daß man ihn in der halben Welt herum kannte, denn es gab keine Krankheit, für die er nicht ein Mittel gewußt hätte. Er hatte einen sonderbaren langen Namen, denn er hieß Theophrastus Bombastus Augustinus Aureolus Paracelsus von Hohenheim. Aber was ihn schier noch berühmter machte, waren seine Zauberkünste, die er allüberall verübte, denn er war ein großer Hexenmeister. Da wäre gar vieles zu erzählen. So ließ er unter anderem einmal einen lustigen Spielmann von St. Gallen aus der Stadt auf einem Schimmel durch die Luft mitten unter die Tagsatzungsherren zu Baden reiten. Dieser Paracelsus oder Raster, wie ihn die Einsiedler Bauern nannten, besaß einen Degen, in dessen Knopf alle vier Elemente steckten. Was man aber mit dem Degenknopf berührte, verwandelte sich sogleich in lauter lötiges Gold. Ich will aber nur noch berichten, was der Einsiedler Klosterherr Gall Morell selig vom Absterben des Hexenmeisters zu erzählen weiß. Bei Rasters Tod soll es wunderlich zugegangen sein. Raster hatte einen Schwager, der auf ihn neidisch war und ihm besonders seinen großen Namen mißgönnte. Also beschloß er, ihn zu töten, und zwar durch Vergiftung mittels eines Diamanten, den er für das sicherste Mittel zu diesem Zwecke hielt. Der Vorsatz wurde ausgeführt. Raster nahm das Gift, merkte aber sogleich, wo das herkomme und wer es ihm gegeben. Darauf verlangte er eine Kreide und zeichnete das Bild des Schwagers, der nicht zugegen war, an die Wand. Als dies geschehen, verlangte er auch Bogen und Pfeil und schoß den Pfeil in das Herz des Bildes, und siehe, der Schwager fiel im gleichen Augenblick tot zu Boden. Jetzt verlangte der vergiftete Zauberer allein zu sein, um ein Gegengift zu bereiten. Alles zog sich zurück, er schloß sich in sein Zimmer ein und begann seine Zauberkünste. Die Nachbarn aber reizte die Neugier und die Sorge um ihn, und sie beobachteten ihn durch eine Spalte in der Wand des Zimmers. Aus Schrecken über das, was sie gesehen, oder aus irgendeiner anderen Ursache sprengten sie die Türe, worauf er ihnen erschrocken entgegenrief: "Ihr habt mich getötet, Freunde, ihr seid meine Mörder, denn jetzt ist mein Gegenzauber vereitelt!" Die Freunde hörten das mit Entsetzen, entschuldigten sich und gingen dann nach seinem Wunsche wieder fort. Nur ein treuer Diener war zurückgeblieben. Dem wollte er ein Andenken hinterlassen und ließ ihm die Wahl zwischen seinem Degen und seinen Büchern. Der Diener besann sich lange. Da er aber die Kunst des Degenknopfes nicht kannte oder denken mochte, er werde ihm doch nicht entgehen, wählte er die Bücher. Sofort trat er wieder vor seinen Herrn und sagte: "Gebt mir die Bücher." Raster war hiemit übel zufrieden und erwiderte: "Ich hätte lieber gesehen, du hättest den Degen gewählt; da es aber so ist, so magst du die Bücher behalten. Das Schwert dort nimm und wirf es in die Sihl, das soll niemand erben." Jetzt merkte der Diener, daß er nicht die rechte Wahl getroffen, nahm das Schwert, warf es aber nicht in die Sihl, sondern versteckte es in einem Busche, aus dem er es nach dem Tode Rasters wieder hervorzuholen gedachte. Darauf kehrte er zu seinem Herrn zurück, und als dieser fragte: "Hast du nach meinem Wort getan?" antwortete er: "Ja, Herr." Da ergrimmte der Zauberer, der schon ahnte oder wußte, was vorgegangen war, und drohte, den Diener wegen seines Ungehorsams zu erschießen, wie er den Schwager erschossen hatte. Zitternd ritt der Diener zurück, holte den Degen aus dem Busch, brachte ihn seinem Herrn und gestand seine Schuld. Dieser wiederholte den früheren Befehl. Der Degen wurde in die Sihl geworfen. In dieser aber fing es an zu brausen und zu tosen, Steine sprangen auf, der Boden bebte und mit ihm das Haus des sterbenden Paracelsus. Dieser, im Gefühl des nahen Todes, sprach zu seinem Diener: "Jetzt weiß ich, daß du meinen Befehl befolgt hast, daß keiner mein Schwert erben wird und daß für mich die Stunde da ist, aus der Welt zu gehen." Und so starb er. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Hexenmeister

Source: Der Hexenmeister

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Vom alten »Zigeuner« erzählt man im Oberlande, er habe sich nach Belieben in einen Wolf oder in einen Bären verwandeln können. Einmal legte er, da eine Gesellschaft in Rabius ihn als Musikant gedungen hatte, seine Geige auf den Tisch, wo diese, ohne dass er sie berührte, von selbst weiterspielte. Während dieses unheimlichen Spieles erschienen aber so schreckliche Gestalten in der Tanzstube (stiva bialla), dass die Tanzenden erschreckt davon liefen. - Eine Frau in Trons gab diesem alten Zigeuner einst ein Stück Speck, mit welchem er auf den Heuboden ging, wo er mitten auf einem Strohhaufen, zum grossen Schrecken der guten Frau, ein Feuer machte und seinen Speck kochte; als nun der weich war, erlöschte das Feuer von selbst, und von Asche war keine Spur zurückgeblieben. - Der verstand mehr als Brodessen! Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Hexenmeister

Source: Der Hexenmeister

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Mit Hexen ist nicht gut Kirschen essen, noch weniger mit einem Hexenmeister. Das erfuhr vor etlichen und vielen Jahren einer in Näfels, als er einem alten Manne den Hornschlitten gestohlen und im «Brand» oben versteckt hatte. Diesmal war der Dieb aber an den Falschen oder eigentlich an den Richtigen geraten. Der Alte war nämlich «tifiger» als mancher, der ein Dutzend Hosen auf der Studierbank durchgescheuert hatte. Er verstand sich aufs Hexen, und das kam ihm jetzt zustatten. Zunächst freilich machte er’s wie unsereiner: Er suchte da und dort, fragte die Nachbarn und schüttelte den Kopf. Als sein Schlitten jedoch nicht zum Vorschein kam und alle Gefragten nur bedauernd mit den Achseln zuckten, murmelte er: «Du wirst ihn mir schon wieder bringen, was gilt’s?» Am Abend schickte der Alte seine Enkel früh ins Bett, denn er dachte wohl, dass sie noch reichlich jung wären, dem Hexen zuzusehen. Aber die Lausbuben liessen die Ofenlucke fingerbreit offenstehen und schielten bäuchlings in die Stube hinunter. Was gewahrten sie? Der Grossvater schloff in seinen «Schwettifrack», holte den Zylinder aus dem Kastengrund des Zeithäuschens und kramte endlich einen Haufen Zettel hervor, auf denen die Knaben allerlei sonderbare Schnörkel und Zeichen, auch Zahlen und Buchstaben erkennen konnten. Mit diesen Fetzlein füllte er den steifen Hut wohl bis zur Hälfte. Jetzt ergriff er den Zylinder und begann wie närrisch um den Tisch herumzulaufen, schneller, immer schneller, dass die schwarzen Frackzipfel wie Schwänze flogen. Nach einer geraumen Zeit — die Buben oben mussten sich ordentlich in die Waden kneifen, damit ihnen das Lachen nicht herausplatzte — hörte man draussen vor dem Haus jemand heranschnaufen und etwas Schweres hinstellen. «Da hast du ihn wieder!» rief einer in den Hausgang hinein, und das war niemand anders als der Schelm, der den Schlitten gebracht hatte. Denn so hurtig der Hexenmeister um den Stubentisch gerannt war, so geschwind hatte der andere das Diebsstück herbeischaffen müssen. Es war sein letzter Lauf, denn bald darauf wurde er lahm und blieb es sein Leben lang.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Hexenmeister zu Linthal

Source: Der Hexenmeister zu Linthal

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Leute, die mehr können als Brot essen, gab es zu allen Zeiten und überall, und so einer war der Hexenmeister von Linthal, er trieb sein unleidliches Handwerk an Menschen und Vieh so lange, bis keiner mehr mit ihm etwas zu tun haben wollte. Bald verdarb seines Nachbars schönste Kuh im Stall, bald verschwanden Schafe und Ziegen auf allerlei unbekannte Art, oder alle Brunnen versiegten mit einem Mal, sobald der Hexenmeister an einem getrunken hatte. Jeder Hund zog den Schwanz ein, wenn er ihm über den Weg lief. Die jungen Frauen aber machten einen grossen Bogen um ihn, denn sie fürchteten, er könnte ihren Kindern etwas zuleide tun oder anwünschen, dass sie Rufen oder Warzen bekämen oder gar das «Fallende Weh» und die Sucht. Einsam und elend starb er, und vier Totengräber trugen ihn zu Grab; kein Mensch aber folgte ihnen, nur hinter Mauern und Hecken versteckt, schauten sie von ferne zu. Nach und nach aber schien der Totenbaum den Trägern immer schwerer zu werden, so dass sie ihn kaum mehr zu tragen vermochten, und wie sie ihn endlich müde und schwitzend an der Kirchhofmauer abstellten und etwas verschnaufen wollten, da rief eine Stimme aus dem Sarg: «Heider’s schwer?» Im gleichen Atemzug aber sah man des Hexenmeisters Gestalt hoch im Glockenstuhl des Turmes verschwinden. Der Totenbaum aber war mit einem Mal leicht und leer, und die vier liessen ihn mit Grausen in die Erde fallen. Oft genug noch soll der Unheimliche aus den blinden Fenstern seiner zerfallenden Hütte geschaut und mit den Fäusten gedroht haben, bis in einer Sturmnacht der ganze Spuk zu Glut und Asche verbrannte und vom Hexenmeister keine Spur mehr übrigblieb.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Hexenplatz bei Laupen

Source: Der Hexenplatz bei Laupen

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Beim Weiler Laupen, in der Gemeinde Zuzwil, befindet sich in einem Wäldchen ein runder, mit Riedgras und einigen verkrüppelten Föhren bewachsener Platz. Dort sollen vor altem die Hexen der Umgegend ihre Versammlungen abgehalten haben. Ein Kaufherr aus Zuzwil, der mit Leinwand handelte und eines Abends vom Markte von St. Gallen heimritt, sah diesen Platz hell erleuchtet. Eine Menge Männer und Frauen sassen da an reichbesetzten Tischen, assen und tranken und waren guter Dinge. Sie luden ihn ein, mitzuhalten. Wunderswegen ritt er näher und schaute dem Treiben vorerst eine Weile zu. Da sah er, dass alle möglichen guten Speisen aufgetischt waren, dass aber der Hauptbestandteil einer Mahlzeit, das Brot, fehlte. Der Kaufherr erinnerte sich, dass er noch ein Kreuzerbrötchen oder "Bürli" in seiner Rocktasche habe. Er langte es heraus und warf es auf einen der Tische. Sogleich stob die ganze Gesellschaft auseinander, und es wurde stockfinster. Der Kaufherr erkannte nun, dass dies eine Versammlung von Hexen gewesen, bekreuzte sich andächtig und ritt eilends nach Hause. G. Keßler, (Schweiz. Archiv für Volkskunde.) Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 490, S. 289 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Hexenstein

Source: Der Hexenstein

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In den Birchen, unfern dem Lauigraben bei Simplon, liegt ein grosser Felsblock mit einer kopfähnlichen Vertiefung in der Mitte. Das Volk nennt ihn den Hexenstein und erzählt, es habe einst eine Hexe, in der Absicht, die Kirche von Simplon zu zerstören, den gewaltigen Stein wie eine Heubürde auf dem Kopfe bis an die Stelle getragen, wo er jetzt liegt. Hier liess sie ihn plötzlich fallen. «Vorwärts mit ihm!» rief ihr einer zu. «Ich kann nicht», erwiderte sie, «es ist Tempermittwoch, wo sogar das Kind in der Wiege fastet.» SIMPLON-DORF Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Hexenstein

Source: Der Hexenstein

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Vor ungefähr siebenhundert Jahren, als das Dunkel der Tannen noch weiter um den Hügel her Schatten verbreitete als heutzutage, stand unten an jener Seite desselben, von Wald umfangen, eine kleine Hütte, bewohnt von einer alten Mutter und deren Tochter. Die letztere war vom Himmel mit ganz besondern Gaben der Schönheit geschmückt worden. Schlank war ihr Wuchs, aus ihrem vollen Antlitze schauten ein Paar liebliche Augen, und lustig umwallten im Winde ihre blonden Locken Brust und Schultern, dass nur hie und da die blühenden Wangen durchblicken konnten. Kurz, ein wahres Muster von Schönheit war diese Tochter des Waldes. Was Wunder aber, dass ihre Reize, als kaum das Mädchen zur Jungfrau herangeblüht war, von nah und fern und aus allen Ständen Freier herbeizogen, die meistens, vorgeblich um auf dem noch seltner betretenen Wege über den mit Dickicht bedeckten Hügel nicht zu verirren, sich die Hand der Schönen als Führerin auserbaten. Unter ihnen schmachtete in den Banden der Minne vorzüglich ein edler Jüngling aus einem adelichen Geschlechte der Stadt. Bestieg er früh morgens sein Jagdroß, eilte er im Vorbeireiten nach der Waldhütte zu, um vor Beginn des Tagewerks der Geliebten seinen Morgengruß zu bringen; und wenn die Sonne gesunken und er von dem Waidwerk zurückkehrte, verlebte er, die Frucht des Tages ihr darbringend, meistens noch unter dem Flügel der Nacht einige wonnevolle Stunden in ihren Armen; denn wenn manchem frechen Bewerber ihre Antwort ungelegen kam, so schlug unter ihrem Mieder ein Herz, das heftig für diesen Jüngling brannte. - Doch der Liebenden Wünschen kam zum Theil wenigstens elterliche Billigung nicht entgegen. Denn kaum hatte des Jünglings ahnenstolzer Vater von seines Sohnes Bekanntschaft mit einer niedrigen Dirne, wie er sie nannte, Nachricht erhalten, entbrannte sein Herz von wilder Galle. Er forderte jenen vor sich und erklärte ihm aufs bestimmteste, lasse er von der Vettel nicht, so wolle er fürderhin sein Antlitz nimmer schauen; von ihm enterbt, möge er suchen die weite Welt. Wie ein Donnerschlag traf dieses Wort des Jünglings Brust. Bei der ins Jenseits vorangegangenen, milden Mutter ihn beschwörend, warf er sich zu den Füßen des Strengen; - aber umsonst war all sein Flehen. Da gab ihm die Verzweiflung ein, sich los zu reißen von der Heimath und der Geliebten, um im Kampfe gegen die wilden Saracenen seinem Herzen Ruhe zu verschaffen; vielleicht auch um einst nach abgelegten Proben der Tapferkeit für eine heilige Sache mit sicherer Bitte vor seinem Vater erscheinen zu können. Schweren Herzens schlich er, vielleicht zum Leztenmale, der bekannten Hütte zu, brachte der Jungfrau seiner Wahl die traurige Post, drückte vielleicht den letzten Kuss auf ihre Lippen und sprengte fort ins Schlachtgetümmel. Seine Ahnung betrog ihn nicht; ein unbekanntes Land deckt seine Gebeine. Aber auch in der Jungfrau Brust fieng ein giftiger Wurm zu nagen an; denn dass sie jenen auf dieser Erde mehr sehen würde, glaubte sie nicht. Der Wangen Roth verblich, es trübten sich die klaren Augen, es schwand das volle Gesicht, wie ein Schatten an der Wand schlich sie umher und - schon der junge Lenz streute Blumen auf ihr frühes Grab. Da, von Verzweiflung ergriffen, sann ihre alte Mutter auf Rache an dem Urheber ihres Unglücks, den bereits betagten Adelichen. Mancher grauende Morgen traf sie, Unheil aussinnend, auf ihrem Lager an; aber immer wollte es ihr nicht glücken, ein natürliches Mittel zu seinem Untergange ausfindig zu machen. Da fiel es ihr endlich ein, zu dem Bösen ihre Zuflucht zu nehmen. Sie wusste, dass man einen Menschen durch ein kleines, aus Wachs geformtes Bildnis von ihm, welches man in des Satans Namen so taufe, wie er selbst heiße und hierauf unter gewissen zauberischen Zeichen und Worten an ein Haselfeuer halte, bis es langsam zerschmelze, auf eine niemandem auffallende Weise aus der Welt schaffen könne. Dies gedachte sie nun an ihrem Todfeinde auszuüben und erwählte zu dem Orte der Ausführung jenen beschriebenen Stein, teils, weil er schon damals wegen der Hexentänze, die um ihn nach der Sage des Volkes gehalten wurden, ihr als bisweiliger Thron des Beelzebubs um so geeigneter dazu schien, teils auch darum, weil von dem Felsen aus, was notwendig war, das Haus des Adelichen erblickt werden konnte. Schnell war das Bild zu Stande gebracht, fünf gabelförmige Haselruten gesucht, und - schon in der nächsten Nacht bestieg sie mit rachekochendem Herzen und fliegenden Haaren den grausen Stein. Totenstill lag um sie her Flur und Wald, kein lebendiges Wesen regte sich, und nur die Sternlein schauten als Zeugen ihrer Tat ernst auf sie herab. Und sie schritt zum Werk. Schauerlich tönte das Fluchgebet über alles, was göttlich heißt, und die Verpfändungsformel an den Schwarzen durch die Tannen, die wie durch einen gottgesandten Wind erbebten. Dann taufte sie unter dreimaligem Anrufen des Satanas das Bild und hielt es unter den gräulichsten Verwünschungen und geheimnisvollen Worten und Zeichen an das Feuer. Das Mittel blieb nicht wirkungslos; denn während jene ihr verruchtes Werk betrieb, spürte der Unglückliche an allen Teilen des Körpers ein verzehrendes Brennen, das von keinem Arzneimittel beschwichtigt werden konnte. Indessen schritt die Alte in ihrem Vorhaben immer weiter. Schon zehn Nächte hindurch hatte sie den verhängnisvollen Felsen bestiegen; die elfte sollte die letzte sein. Schrecklicher als je wütete in dem Körper ihres abgezehrten Feindes das Feuer, und mit erneuerter Kraft verdoppelten sich seine Schmerzen, bis er, seinem geschmolzenen Bilde folgend, unter den fürchterlichsten Kämpfen den Geist aufgab. Doch auch der Alten hatte die Stunde geschlagen; denn da die Bewohner der Umgegend auf die wiederholten Feuer in der Mitternachtsstunde endlich aufmerksam wurden, und überdies sich das Gerücht verbreitet hatte, dass bei der Krankheit jenes in der Stadt angesehenen Mannes übernatürliche Kräfte mit im Spiele gewesen sein möchten, so wurde das Weib wenigstens als Mitwissende an dem Frevel eingezogen und, da sie vom Gewissen gefoltert, das Verbrechen bekannte, als Hexe verbrannt. Um aber jeden Überrest ihres Eigentums zu vernichten, ward auch die Waldhütte niedergerissen und an ihre Stelle das jetzt noch stehende Schaffot erbaut. Als einziger Zeuge der Tat steht also noch, wie damals, der denkwürdige Felsen da, auf dem manche, die zur Nachtzeit jenen Weg gingen, noch jetzt in der mitternächtlichen Stunde ein luftiges Schattengebilde in knieender Stellung gesehen zu haben behaupten. (Schaffhausen)     Aus: R. Frauenfelder, Sagen und Legenden aus dem Kanton Schaffhausen, Schaffhausen 1933. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Hexenstein

Source: Der Hexenstein

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in der Grossplangg ob dem Dieden in Wassen zeigt auf seiner Oberfläche eine länglich-rundliche »Tuolä«; diese sollen alte Hexen herausgedrückt haben. E. Baumann-Muther Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Hexenstein bei Kerns

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Auf dem Maad einer Allmend in Kerns, befindet sich ein Stein, der „Hexenstein" genannt. Seine Quadratfläche mag ungefähr zwölf Klafter haben, liegt etwas wenig in schiefer Richtung und ist übrigens ganz eben; nur hat er viele kleine Vertiefungen auf der Oberfläche, welche wirklich, unter anderem, Spuren von Menschenfüssen bilden. Beineben kleine rundlichte Höhlungen, welche alle etwa zwei bis drei Zoll in den Stein eingehen, machen den Stein etwas auffallend. Ähnliche Steine befinden sich in der Umgebung nicht, die solche Spuren tragen. Hier war es, wo die Hexen ihren sogenannten Hexentanz ausführten, wie die Volkssage lautet, und von daher sollen diese Spuren rühren.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Der Hexenstein in Bauen

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1. Am Tabletbach zu Bauen, im Gut Blybelhölzli (Blüwelholz 1470), befindet sich ein freistehender, haushoher Stein, der Hexenstein genannt. An seiner Westseite sieht man eigenartige Flecken, wie von nassen, schmutzigen Finken hinterlassen1. Sie sollen von Hexen eingedrückt worden sein, als sie den Stein als Tanzplatz benutzten. Schriftl. von A. Schaller, Sisikon 2. Von ihm wird auch erzählt, dass ihn der Teufel an einem Faden gehabt, um ihn an den Abhang ob dem St. Idda-Gotteshaus zu ziehen. Als aber das Glöcklein Ave läutete, musste er den Stein fallen lassen. Schriftl. von Alois Infanger, Bauen 3. In anderer Fassung lautet die Sage: »Eine Pfaffenkellerin oder alte Hexe brachte ihn auf dem Rücken (oder: in der Fürscheibe) vom Leiternwald her, um ihn vom Seckigrat aus auf die St. Idda-Kapelle hinunter rollen zu lassen. Auf einmal ertönte das Glöcklein des Gotteshauses; es läutete zum Englischen Gruss. Gleich der erste Klang brach die Kraft der Hexe. Mit den Worten: »Ds Iddi briälet,« liess sie den Block fallen, der ins Blybelhölzli hinunter rollte.« Oder: »Wo ds Bawer Iddi a'gfangä heig schryä, heig-s-ä miässä la ghyä,« heig-si speeter gseit. Andreas Aschwanden, Matthias Ziegler u.a. a) Der Stein umschloss eine Kammer, aus der die Bauer ihre Kleinen holten, und wurde von einer bösen Frau bewacht. Marie Ziegler b) »Wir Kinder nannten ihn Chindelistein.« Philomena Aschwanden, 18 J. alt 4. Ein ganz ähnlicher Stein mit Fusspuren sei auch im Berggut Wasseneggli, eine Stunde ob Bauen, zu sehen. Fußnoten  1 Wahrscheinlich Petrefakten. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Hexenstein zu Volligen

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Schon lange hält im Walde ob der Oberrüti in Seelisberg eine Schar erratischer Blöcke stumme Versammlung. Ihre Wiege ist einst hoch oben im urnerischen Reusstal gestanden; ein Gletscher hat sie auf seine starken Schultern geladen und fortgetragen und dort, wo der blaue See um den Fuss des Seelisberges schwenkt, auf lieblicher Höhe hingestellt, im Angesicht der beiden Mythen und des schönen Schwyzerländchens. Ein Kamerad ist einige Schritte tiefer in die Oberrütti hinunter gerollt, als hätte er eine Ahnung gehabt von der schönen Aufgabe, die ihm zugedacht wurde. In der Höhlung des ein wenig überhangenden Blockes, die heute mit einem Marienbild geschmückt ist, holt nämlich ein Teil der Seelisberger die kleinen Erdenneubürger. 1. a) Einen zweiten Kameraden hat, laut der Sage, eine Hexe bis in Husers Schwanden grad ob dem Weiler Volligen gebracht. Von dort versuchte sie, ihn auf diese Häusergruppe und die St. Anna-Kapelle daselbst hinunterzustürzen. Doch sollte es ihr nicht gelingen. Auf einmal tönten die hellen Klänge des Kapellenglöckleins an ihre Ohren. »I cha nymeh machä, ds Anni briälet,« schrie sie zornig und liess den Block fallen. Die Eindrücke vom Rücken und von den Krallen der Hexe sah man, solange der Stein existierte. Martin Zwyssig, 65 J. alt, Volligen, 1908 b) Nach anderer Erzählart war es der Teufel selber, der so abblitzte, oder auch der Teufel im Verein mit einer Hexe. Michael Aschwanden, 70 J. alt, Völligen c) Eine Hexe brachte den Stein wie eine Bürde Heu auf ihrem Rücken von der Oberrütti her, stellte ihn ab und wollte ihn tröhlen. Als sie daran »sperzte«, begann es zu Volligen zu läuten, und man hörte eine Stimme: »Gretli stoss! ds Annäli schrytt.« (Oder: »Maryli stoss brav! ds Annäli hed ergäget.«) Aber die Hexe musste es gelten lassen, sie hatte keine Kraft mehr. Auf dem Stein hatte sie ganz deutlich den Abdruck ihres Rückens und ihrer Krallen zurückgelassen. Josef M. Aschwanden, 60 J. alt, Geissweg 2. Einst befand sich die Pfaffenkellerin von Steinen, Kt. Schwyz, auf dem Weg nach Seelisberg; da fiel es ihr ein, oberhalb der Treib die an der Strasse stehende, der hl. Anna geweihte Kapelle zu zertrümmern. Eben wollte sie einen mächtigen Steinkoloss auf das Kirchlein wälzen, als die Leute der umliegenden Gehöfte das sahen und herbeieilten, das Glöcklein der Kapelle zu läuten. Da vermochte die Hexe den Stein nicht mehr zu bewegen und rief hinunter: »s Annäli hed uff!« 3. Eine alte Hexe hasste das Heiligtum der hl. Mutter zu Volligen. Sie schleppte mit grosser Anstrengung einen Stein herbei, um es zu zertrümmern. Doch plötzlich gab sie ihr Bemühen auf und rief: »Ich cha nimmä, das schwarz Annäli hed m'r ergäget« – Vom Glöcklein sagte die Erzählerin nichts. Josefa Zwyssig, 80 J. alt, 1904 4. Eine alte Hexe brachte den Stein auf ihrem Rücken von der Oberrütti her und stellte ihn ob Volligen nieder, um bei Gelegenheit den Weiler damit zu zerstören. Es scheint, dass sie sich bei diesem Felsblock längere Zeit aufgehalten, denn sie kochte unterhalb desselben bei einem Busch, wo man noch zu Menschengedenken etwas wie ein Feuerloch gesehen hat. Den Böllen zum Drüberbrennen holte sie allemal in der Oberrütti. Als sie einst den Stein tröhlen wollte, brachte sie ihn nicht vom Fleck. »Ds Anni hed ergäget,« schnerzte sie und gab das Vorhaben auf. »Haben sie etwa zu Volligen geläutet,« frage ich meinen Erzähler, den 75jährigen Josef Aschwanden von Volligen. »Nein,« entgegnet er, »damals war zu Volligen noch kein Glöcklein. Zum Rosenkranz wurden allemal die Leute der Umgebung mit einem Horn zusammengerufen. Die Geschichte ist auf einer Tafelen in der Kapelle abgebildet gewesen.« Anmerkung: Ein Glöcklein hat die 1763 schon nachgewiesene Kapelle erst 1860 bekommen. Vorher ein Horn, wie oben. – Der »grosse Stein« oder Hexenstein ob Volligen in Husers Schwanden unter der Rüttelen mass 14 Klafter im Umfang und erfreute sich seines sagenumrankten Daseins bis 1853, da er zur Anlage der neuen Strasse verwendet wurde. Die Strassenmauer, zu deren Aufführung er das Material liefern musste, hiess noch lange die Hexenmauer. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Hexentanz

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Oberhalb des Dörfleins Cavreisen liegt eine ebene Wiese. Daselbsten hatte vor Zeiten ein Stall gestanden. Der Eigentümer Desselben sah zu verschiedenen Malen, wenn er früh Morgens in den Stall kam, um das Vieh zu füttern, eine Gesellschafl in weissen Kleidern, die nach einer Musik tanzte. Jedesmal kam eine schneeweisse Jungfrau unter die Stalltüre, wünschte dem Manne einen guten Tag und bat ihn um einen Trunk warmer Milch. Der Mann gab ihr jedesmal das Verlangte, und dankend verabschiedete sich die Jungfrau. - Jedesmal beim »z'Tag lüte« verschwand die Gesellschaft. - Nach und nach mochte dem Manne die seltsame Tanzerei nicht mehr gefallen, denn er liess diesen Stall niederreissen. - Von dieser Zeit an heisst die Wiese, auf welcher der Stall gestanden, der »Tanzboden«. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Hexentanz

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In Nidwalden lebte ein Spielmann, der beim Volke als fröhlicher Tanzgeiger sehr beliebt war und bei keiner Lustbarkeit fehlen durfte. Einst kam er spät in der Nacht von der „Kilbe" in Wolfenschiessen. Da begegnete ihm jemand, der ihn fragte, ob er zu einem Tanze kommen wolle, um aufzuspielen. Er sagte zu und - schon befand er sich in einem prachtvollen Saale. Da musste er einer grossen, herrlich gekleideten Gesellschaft seine Fiedel tönen lassen. Plötzlich hörte er von Talwil her das Glöcklein zur Frühmesse läuten und beim ersten Klange verschwand alles vor seinen Augen. Er aber sass mitten im Dornengebüsch beim sogenannten Hexentanze über dem Kohlentobel am Wege nach Rikenbach. Dieser Platz ist ein grosser Kreis von ganz roter Erde, der mitten aus dem grünen Alpboden absticht. In der Walburgisnacht geht es da unter dem Hexenchor sehr bunt her.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Der Hexentanz

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Unweit Ruospis ob Diesbach liegt ein Hexenplatz, auf dem kein Gräslein, ja nicht einmal Brüsch und Moos gedeihen. Brandschwarz liegt der Fleck Erde da, als hätte da ein riesiges Feuer gewütet. Am späten Abend kommen die Hexen aus dem Ruospishäuslein, wo sie ihren Unterschlupf haben. Durch Mauerlöcher, Wandrisse und unter den Dachschindeln hervor huschen sie, und kaum sind sie draussen, so verwandeln sich die einen in schwarze Katzen, während sich die übrigen als beindürre Gestalten mit Mänteln und Schwettifräcken vermummen, so dass nur die feurigen Augen herausgucken, und niemand «Mannis und Wiibis» unterscheiden kann. Jetzt schwingt sich der Hexenmeister, dessen wüstem, spitzem Kopf zwei Hörnchen entspriessen, auf einen schwarzen Geissbock. Das ist für alle andern das Zeichen zum Aufbruch. Sie fassen ihre Gabeln und Besen fester an, nehmen einen kurzen Anlauf und Ho-ruck! fahren sie in die Lüfte, begleitet von einer Schar Elstern, Raben und anderer Nachtvögel. Nach kurzer Fahrt landet die ganze «Sündenbagaschi» auf dem Hexenplatz, wo alsbald der Tanz beginnt. Zunächst in Paaren, bald aber in wilden Gruppen und Haufen wirbelt, johlt und gröhlt die saubere Gesellschaft im Kreise herum, indes der bockfüssige Hexenmeister in der Mitte auf einem Stein hockt und mit «Hussahoi» die Rasenden anfeuert. Dazu ertönt von irgendwoher ein Rasseln, Tschidern und Rätschen, dass es ein ehrlicher Christenmensch kaum aushalten würde, den Hexen aber ein Ohrenschmaus ist, und wenn die unsichtbaren Spielleute nur einen Augenblick verschnaufen, so lärmt die schwitzende Meute und schimpft, bis die Musik auf einmal wieder einsetzt und der tolle Wirbel aufs Neue beginnt, als wäre der Föhn in einen Laubhaufen gefahren. Nach einem knappen Stündlein bricht die Musik jäh ab, und – hast du’s gesehen? – stiebt die Hexenbande auf und davon, dem Ruospishäuslein zu. Noch sieht man’s dort rötlich aufleuchten und hört ein schwaches, aufgeregtes Surren – dann ist alles totenstill. Das rote Licht wurde schon von vielen gesehen, und ein tapferer Bursche, der einst ins Ruospis hinaufstieg, um den ganzen Spuk zu ergründen, schob seinen Stecken in ein Mauerloch des Häusleins. Als er ihn wieder herauszog, war die Spitze verkohlt. Sonst aber gewahrt man tagsüber weder auf Ruospis noch auf dem Hexenplatz etwas Verdächtiges. Wie die Hexen zu ihrem Tanzplatz kamen, wusste ein Sentbauer im Diestal zu sagen, der schon längst gestorben ist. Dieser beklagte sich einmal bei einem fahrenden Schüler, weil die Kühe gar keine rechte Milch, sondern nur einen gelben, widerlichen Schleim gaben, den er weder zum Käsen, Anknen oder zum Kälber absaugen brauchen konnte. Der Fremde hörte verständnisvoll zu und sagte schliesslich, er solle dem Teufel ein Stücklein Alpboden überlassen, dann habe er Ruhe. Der Bauer folgte dem guten Rat, und wirklich, von Stund an konnte er wieder melken, anknen und käsen wie andere Sennen. Aber dafür gehört nun jenes Bödeli den Hexen.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Hexentanz auf dem Gafarrabühl

Source: Der Hexentanz auf dem Gafarrabühl

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Rings von saftigen Kräutern umschlossen, befindet sich Hieroben ein ebenes Plätzchen, auf dem nie etwas grünt und blüht, weil da vorzeiten Hexen und böse Geister ihre nächtlichen Versammlungen hielten. Der in einem Alter von 86 Jahren gestorbene Ant. Grünenfelder von "Catuzi" (St. Luzius) war in seinen jüngern Jahren Schafhirt auf den Wangser Alpen und zugleich ein eifriger Wildschütze. Als solcher kam er einst früh morgens vor Betläuten auf den Gafarrabühl und erblickte in der Nähe des Abhanges ein feines Füchslein, das er sofort schiessen wollte. Kaum hatte er zum Schusse angelegt, war dasselbe schon seitwärtsgesprungen und hatte damit einen kleinen Strauch umgebogen, an dem es angebunden zu sein schien. Erstaunt setzte er ab und eilte nach einigem Bedenken hinzu, um es lebendig zu fangen. Unterdessen hatte sich jedoch das Füchslein vom Strauche losgerissen und Rettung in der Flucht gefunden. Am erwähnten Strauche hing noch ein Stück von einer seidenen Schnur. Grünenfelder schritt nachher lange in Gedanken versunken auf dem Platze hin und her und zwar bis die ersten Strahlen der Morgensonne ihn zum Weiterziehen mahnten. Jetzt sah er etwas funkeln im Grase; er hob es auf, einen köstlichen, goldenen Fingerring. Es war damals Sitte, dass Männer grosse Halstücher schleifenartig über die Brust herabhängend und durch einen Ring gezogen trugen. Auf diese Weise benutzte Grünenfelder nun auch seinen Findling. Später trat er in französischen Militärdienst und kam als Tambour nach Paris. Den auf Gafarra gefundenen Ring trug er nun am Finger. In seinen Freistunden besuchte er öfters eine Bierschenke. Die schöne Wirtstochter erwies sich gar bald ausserordentlich freundlich gegen ihn und bat ihn endlich, ihr gegen gute Bezahlung seinen Fingerring abzutreten, an dem sie ein ganz besonderes Wohlgefallen habe. Der Tambour erklärte aber, dass er den Ring um keinen Preis hergebe. "Erfüllst du meinen Wunsch auch dann nicht, wenn ich dir sage, wo du den Ring gefunden hast, und wenn ich denselben besser kenne als du selbst?" fragte hierauf die Tochter. Auf dies machte der Tambour grosse Augen und erwiderte, wenn sie dies könne, soll sie unentgeltlich in den Besitz des Ringes gelangen. Sie erbat sich hierauf den Ring zur Besichtigung, wusste ihn dann mittelst eines Druckes zu öffnen, zeigte dem erstaunten Soldaten ihren auf einer verborgen gewesenen Stelle eingravierten Namen und sprach: "Meine Mutter begab sich öfters zunacht fort und kam erst gegen morgen wieder heim. Sie sagte nie, wo sie gewesen sei. AIs ich sie endlich einmal darüber befragte, lud sie mich ein, mit ihr zu gehen; dann werde ich diesfalls die beste Auskunft erhalten und nur Angenehmes erleben. Ich erklärte mich dazu bereit, und schon in der nächsten Nachl flogen wir auf Besenstielen in die ferne Schweizeralp Gafarra, wo auf dem Bühl eine Gesellschaft von Manns- und Frauenspersonen aus aller Herren Länder an einem hochauflodernden Feuer mit Tanzen, Schmausen, mit Kunststücken und dergleichen sich lustig machte. Mir ekelte vor dem tollen Treiben dieser Sippschaft, und als endlich der Meister mit einem grossen Buche zu mir kam und mich ersuchte, mich mit meinem eigenen Blute als Mitglied der Gesellschaft einzutragen, weigerte ich mich dessen standhaft, obwohl sich meine Mutter deswegen wie unsinnig gebürdete. Zur Strafe wurde ich in einen Fuchs verwandelt und an einen Strauch gebunden, wo ich meinen Fingerring verlor." So erhielt sie den Ring zurück. Die schöne Tochter war aber doch eine Hexe geworden und konnte sich darum dem Tambour auch nützlich machen. Er sehnte sich nach seiner Heimat. Sie belehrte ihn, er soll nur in einer ihm beliebigen Nacht seine sämtlichen Effekten an einen wenig beachteten Ort im Freien bringen, sich darauf zum Schlafen niederlegen, und es werde sich hernach das Übrige schon von selbst machen. Tambour Grünenfelder dankte, nahm Abschied von der Wirtstochter und tat in der kommenden Nacht, wie sie ihn gelehrt hatte. Am nächsten Morgen erwachte er frühzeitig, konnte sich nicht sogleich an die gestrige Verabredung erinnern und glaubte, geträumt zu haben. Er nahm die Trommel zur Hand und schlug die "Tagwacht". Sogleich rannten Leute auf ihn zu und fragten ihn in dem ihm wohlbekannten Sarganserdeutsch: "Brinnts nämwo, oder git's Chrieg?" Jetzt erst erkannte Grünenfelder, dass er nicht mehr in Paris, sondern auf dem Marktplatze zu Mels sich befand. Seine Effekten lagen unter dem grossen Lindenbaum, welcher an der Stelle stand, wo im Jahre 1818 der Platzerbrunnen errichtet wurde. I. Natsch   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 278, S. 149ff (Siehe auch Gafarä von Jakob Kuoni) Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Hexentanz auf Schuders

Source: Der Hexentanz auf Schuders

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In Schuders war einmal ein Knabe, den seine Eltern, geizige Leute, nie zur Gesellschaft junger Leute lassen wollten. Er ging dennoch eines Abends heimlich ins Nachbarhaus, wo es lustig her ging. Man sass fröhlich bei einem Glase Wein, tanzte und war guter Dinge. Der Junge hatte seine Freude daran und wünschte, auch tanzen zu können. - Er verliess bald die Gesellschaft, denn er musste gehen, um das Vieh zu füttern. Während er so allein war, dachte er immer und immer wieder, wenn ich doch nur auch tanzen könnte; so sann er hin und her, wie er das erler­nen könnte, ohne dass es »Spesen« machte, und sann nach, bis es Zeit war heimzukehren. Eben war er im Begriffe, den Stall zu verlassen, so begegnete ihm unter der Türe ein altes Männlein, das auf die Frage, wo es noch so spät hin wolle, sagte, dass es zu einem Tanze gehe, ob er auch mit wolle? »Das wäre mir schon recht, wenn ich nur dürfte und auch selber tanzen könnte.« »Komm nur mit, ich will es dir zeigen«, erwiderte der Fremde, »du sollst der beste Tänzer und Geiger werden weit und breit.« Der Bube nahm den Vorschlag freudig an, folgte dem Fremden und bald kamen sie zusammen an ein Dorngebüsch. Der Alte trat in dasselbe, der Junge folgte, und alsbald war kein Dorngebüsch mehr zu sehen, - nein, sie befanden sich plötzlich in einem prächtigen, hellerleuchteten Saale. Der Knabe wollte seinen Begleiter fragen, wie das so gekommen sei; aber nun war auch derselbe nicht mehr zu sehen, wesshalb es dem guten Jungen anfing unheimlich zu werden im schönen Saale, und er wieder fort wollte; aber da war nun selbst von Ausgangstüre keine Spur mehr zu finden. - So blieb er, wohl oder übel, und dachte: »Machst also mit, -wenn d' glich nüt kannst-, fing an, für sich zu hüpfen, als die schöne Musik wieder an­fing.« Da kam eine kleine, geschmeidige Hexe auf ihn zugesprungen, die fasste ihn, und da musste er mit und war auf einmal ein Mustertänzer. - So tanzte er mit der geschwinden Hexe lange, lange, bis diese ihn zu einem Feuer führte, das grossmächtig mitten im Saale brannte. Dort nahm sie ein brennendes Scheit, gab es dem Jungen, löste einen Span von einem andern Scheite, gab ihm auch den; dann rupfte sie ein langes Haar aus dem Kopfe und reichte ihm auch das. »Jetz geige du, der Andre ist müde.« Der Junge setzte sein Scheit an; aus dem Span und dem Haare wurde der Geigenbogen; - er fing an zu spielen und spielte so schön und so gut, noch besser, als der Andre. So gings eine lange Zeit, bis er vor Freude am Tanzen und Spielen umfiel und nicht mehr erwachte, als am hellen Morgen, da lag er in der Mitte des Dorngebüsches und konnte nicht heraus. Erst nach Langem gingen Leute vorbei, die ihn von den Dornen lösten. Er langte nach der Geige, die in der Tasche hatte, um den Leuten Eins von seiner Kunst zu zeigen; - statt der Geige zog er einen - Katzenschwanz hervor. - Das verwirrte ihn so, dass er von Stund an zeitweise irrsinnig wurde.               Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Hexentanz im Ried-Loche

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Einstens kehrten zwei Closterser vom Davoser-Markte heimwärts. Es war schon lange Nacht, als sie in das sog. Ried-Loch kamen, am Wege, welcher vom sog. schwarzen See herab in die Strasse mündet. Dort stand ein Alphäuschen, in welchem Spiel und Tanz war. Dies gefiel den Burschen wohl, und sie beschlossen, an der Lustbarkeit Teil zu neh­men. Sie traten in das Häuschen, und machten nicht lange Umstände mit den Tänzerinnen, von denen sie aber auch nicht eine Einzige kannten; auch die Musik kamen ihnen zwar sehr schön, aber doch »g'spässig« vor. Nach einigen Tänzen kam der Musikant zu dem einen Closterser her, gab ihm eine Geige, und bedeutete ihm, nun solle er spielen. Der Closterser aber hatte seiner Lebtage nie eine Geige in Händen gehabt, und sagte, das verstehe er nicht. »Probier's«, sagte der Musikant, und richtig, - er konnte so schön spielen, dass er selber sich herzlich freute ob seiner so bald und so leicht erlernten Kunst, die er nun daheim, im Abend-Hengerte (Abend-Gesellschaft) so glänzend zeigen wollte. »Aber«, sagte der Musikant, »Jedes von uns'rer Gesellschaft hat sich ins Gesellschaftsbuch einzuschreiben, und Du wirst es auch tun .. «?, machte auch, ehe der Closterser sich besinnen konnte, mit einem silbernen Mes­serlein ein Strichlein in den Finger, dass er ein wenig blutete, und mit einer Feder tunkte der Musikant den Blutstropfen auf. »Da schreib, 's geht wieder an«, - und so schrieb der Bursche seinen Namen in das Gesellschaftsbuch ein. Dem andern Burschen gefiel die Tanzerei nicht mehr, sowenig wie der ganze Handel mit dem Musikanten und dessen Buchführung. Er machte stillschweigend sich auf und davon, heimwärts. - Der, welcher sich einge­schrieben hatte, blieb bis nach Mitternacht beim Tanze, ging dann aber, nachdem der Musikant die Geige, mit der er gespielt, zum Geschenk ihm mitgab, auch heim. Am Morgen wollte er, schon bei Tagesanbruch, auf der schönen Geige spielen, und Dieselbe aus seinem Ranzen herausziehen, da zog er statt Derselben einen Katzenschwanz hervor. Und mit dem Spielen war's nun aus. Aber er hatte sich nun eingeschrieben, und musste alle Tänze mitmachen, welche die Gesellschaft im Ried-Loche oder anderswo abhielt. Wollte er jedoch ein oder das andere Mal nicht mitmachen, so plagte der Böse ihn so lange und oft, bis er gerne wieder kam. - Sein Kamerad, der vom Tanze sich weggemacht hatte, blieb von jeder Quälerei durch den Satan verschont, ausser dass er seit jenem Abende her ein Zittern in den Knien verspürte, das er nie mehr los wurde. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Hexentanz im Ried-Loche

Source: Der Hexentanz im Ried-Loche

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Eines Abends ging ein Doktor mit einem andern Manne von Davos-Laret nach Closters-Äuja. Auf dem Wege, im »Ried-Loche«, hörten sie Musik. Sie gingen hin, um zu sehen, was das sei, und erblickten bald eine Helle. Hinter einer Tanne verborgen, gewahrten sie nun einen Hexentanz. Nachdem sie nun eine Weile zugesehen hatten, gingen sie vorwärts, nach der Äuja. Dort angelangt, lud der Mann den Doktor ein, in sein Haus zu kommen, und fragte ihn, was er am liebsten essen möchte, fügte auch hinzu, er habe gerade zeitige Kirschen. Der Doktor sprach, solche hätte er eben am liebsten, worauf der Mann auf den Baum stieg, und einen »Kratten« (Henkelkorb) voll ablas. Als der Mann den Kratten auf den Tisch stellte, und die Kirschen aus­leerte, waren Alle zu »Chriesi-Stinker« (Baum-Wanzen) verwandelt, die sammthaft über den Tisch, über Mann und Doktor hinaufkrochen. Beide flüchteten vor das Haus, und lasen dort mit großer Mühe das Ungeziefer ab. »Das hat nur die Nachbarin getan, die auch im Ried-Loche beim Tanzegewesen ist,« sagte der Mann. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Hexentanz zu Fetan

Source: Der Hexentanz zu Fetan

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Einst waren in Fetan zwei Mädchen, unzertrennliche Freundinnen. Die kamen eines Abends wieder zusammen, und die Eine, die eine Hexe war, erzählte der Andern, wie sie die vergangene Nacht in lustiger Gesellschaft es so schön gehabt und wacker getanzt habe. Die andere, auch ein quecksilbernes Ding, begehrte zu wissen, wann wieder der Tanz abgehalten werde, und ob sie auch mit dürfe. » Jawohl, aber Niemand darfs wissen.« Am bestimmten Abende kam nun die Hexe, um die andere abzuholen, nahm diese mit sich fort und führte sie in ihre Küche. Dort hiess sie sie das nachmachen, was sie ihr vormache. Sie nahm ein schwarzes Pulver, rieb sich damit die Hände; die andre machte es auch so. Dann nahm die Hexe einen Stecken, gab auch der Gespielin einen solchen, und wies sie an, wie sie sich darauf zu setzen habe. - Auf einmal erhoben sich die Stöcke und mit ihnen die Mädchen in die Höhe, durch\'s Kamin, und flogen durch die Luft, bis sie sich plötzlich in einem prachtvollen, vergoldeten Saale befanden. Dort waren viele weissgekleidete Herren und Damen, die fröhlich nach der Musik tanzten. Das war die Hexengesellschaft, die in diesem schönen Saale zum Tanze sich versammelt hatte. Die Hexe fing gleich an zu tanzen; die andere wagte es nicht, schaute aber zu. - Bei Tagesanbruch verschwand die ganze Gesellschaft, nur sie blieb zurück; sie konnte ihren Stecken nicht mehr finden, musste also bleiben, wo sie war. Aus dem schönen Saal war ein steiler, nackter Felsen geworden, auf dem sie allein stand. Vergebens schrie sie nach Hülfe; Niemand hörte sie, denn der Felsen stand in einer schrecklichen Einöde, in die gar selten ein Mensch sich wagte oder verirrte. Endlich nach zehn Tagen wurde sie von einem Jäger gesehen und gerettet. - Sie erzählte nun die ganze Geschichte, gab auch ihre Verführerin an, welche dann als Hexe verbrannt wurde. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Hexentapp

Source: Der Hexentapp

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Zur Zeit, da es noch Hexen gab, wollte eine derselben vom Gunzen weg über das Seeztal weg nach dem Alpnägelikopf springen. Wahrscheinlich wollte sie damit die verscherzte Seligkeit zurückgewinnen. Ihr Wagestück gelang beinahe, doch nicht ganz; denn sie kam nur bis auf die grosse Felsplatte, welche unter dem Alpnägelikopf am Wege liegt. Dort sieht man ihre Fussspur noch, einen Kuhhuf, der das Misslingen ihres Vorhabens anzeigt. Reithard gestaltet die Sage poetisch aus, wenn er die Unglückliche in einem Herrenhause in Mels als Köchin dienen und zu Fall kommen lässt. Die Mutter besucht nun ihre Tochter und führt sie an den Gunzen hinauf. Der Böse mit der Hahnenfeder tritt zwischen die beiden und macht Anspruch auf die Tochter. Die Mutter aber tritt ihm keck in den Weg. Dieser lacht höhnisch, wenn die Köchin den Sprung nach der andern Talseite wage, wolle er sie freilassen. Der Sprung wurde gewagt. Auf den Knieen flehte die Mutter um ein gutes Gelingen; der Böse aber wollte die Springende am Kleide fassen und spie ihr Rauch und Flammen nach. Die Tochter stürzte in die Tiefe und zerschellte; aber ihre Seele war gerettet; denn eine weisse Taube flog gen Himmel empor. Nach Natsch *** Noch andere führen den "Tapp" auf eine Pfarrersköchin zurück. Der Volksmund sagt nämlich, eine Köchin, die bei einem Geistlichen zehn Jahre lang diene, werde des Bösen und müsse als sogenannte "Pfaffenkellnerin" umgehen. (A. Zindel-Kressig, in Schwz. Archiv für Volkskunde II)           Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 274, S. 147f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Hexenturm in Uznach

Source: Der Hexenturm in Uznach

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Auf der sogenannten Burg, oben am Städtchen Uznach, stand ehemals und zwar bis zum Jahre 1867 ein sehr umfangreicher, ziemlich hoher, viereckiger Turm, der sogenannte Herenturm. Leider wurde er zur Vergrösserung des an jener Stelle sich befindenden Viehmarttplatzes im genannten Jahre weggerissen. Dieser Turm soll sehr alt gewesen sein und unzweifelhaft aus den Römerzeiten gestammt haben. Er hatte kolossale, 3,3 Meter dicke Mauern. Ältere Männer können sich noch erinnern, dass eine hölzerne Stiege von aussen bis zu einer Öffnung auf Zweidrittelhöhe des Turmes geführt habe und dass ein hohes, spitziges Dach denselben bedeckte. In diesem Turme sollen die als Hexen erklärten Weibspersonen der Landschaft Uznach eingesperrt worden sein. Für eine solche wurde auch die sogenannte Rösslerin angesehen, welche in einem kleinen Hause auf der Burg gewohnt habe. Sie habe die bösen Unwetter über die Gegend geschickt, namentlich über die sogenannten Burgeräcker in der "Weinrebe". Wenn sie in ihrem zinnernen Teller Kieselsteine stark durcheinandergerührt habe, sei ein starkes Hagelwetter eingetroffen und zwar ein um so grösseres, je mehr Steine sie im Teller gerührt habe.                   Ferd. Morger. In Uznach wurden noch im Jahre l695 drei Hexen auf einmal verbrannt. *** Die traurigste Erscheinung auf dem ganzen weiten Gebiete des Volksaberglaubens sind die Hexen. Der Hexenglauben führt tief ins Heidentum zurück. Priesterinnen der heidnischen Götter waren die Frauen. Das Christentum aber hat sie dieser Eigenschaft, entkleidet und zwar keineswegs aus Geringschätzung; denn erst das Christentum hat das Weib zur Gleichberechtigung erhoben. Doch scheint es, dass einzelne Frauen, die sich auf ihr priesterliches Amt viel zu gut taten, diese scheinbare Zurücksetzung nicht verschmerzen konnten, dass sie sich gegen den neuen Glauben sträubten, dass sie noch Jahrhunderte lang ihren Göttern zu Ehren geheime Zusammenkünfte hielten und ihnen Opfer darbrachten,  was sie  dann in den  Geruch  der Zauberei  gebracht hat, der dem weiblichen Geschlechts heute noch weit mehr anhaftet als dem männlichen. Durch viele Jahrhunderte liess man sie so gewähren, da man ihrer Zauberkraft keine übergrosse Wirkung zutraute. Erst im Mittelalter brach dann jene unbegreifliche Seuche der Hexenverfolgung über ganz Europa herein, und die armen Opfer eines krankhaften Wahnes wurden zu vielen Tausenden zum Tode verurteilt und meist lebendigen Leibes verbrannt. Nicht nur Frauen, sondern auch Männer und Kinder wurden der Trudnerei oder Hexerei bezichtigt, in die sie sich im Bunde mit der Hölle begeben hätten. Wurden sie eingezogen, so beteuerten sie zuerst ihre Unschuld. Das damalige Gerichtsverfahren war aber ein so unsäglich hartes, dass auch der Unschuldigste unmöglich entrinnen konnte. Brachte das "gütliche Verhör" nichts an den Tag, so schritt man zur Folter, an der die armen Opfer das Widersinnigste bekannten, was man ihnen vorsprach; sie zogen einen schnellen Tod den immer wiederkehrenden Martern vor. So sind wir zum Hexenglauben und zu den Hexenprozessen gekommen. Der Glaube an Hexerei besteht vielfach heute noch und zwar an Orten, wo man ihn kaum suchen würde; viele der Hexengeschichten könnten auf noch lebende Personen zurückgeführt werden. Zum Glück nimmt die öffentliche Meinung von solchen Schauermären kaum mehr Notiz, und keinem Richter fällt es mehr ein, die armen Angeschuldigten über dergleichen Anklagen zur Rechenschaft zu ziehen. So gehört auch der Hexenglauben in Wirklichkeit bereits der Geschichte an. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 402, S. 231  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Hexenzaum

Source: Der Hexenzaum

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In der Pilatuskette liegt auf der geraden Linie von Sarnen und Flühli als Grenzwächter zwischen Luzern und Obwalden der Feuerstein. Auf einer Alp dieses Berges lebte einst ein vermöglicher Senn, der eine schöne Frau und einen starken Knecht hatte. Der Meister sah zum grossen Leidwesen diesen starken Knecht von Tag zu Tag abnehmen und dahinschwinden. Gefragt, was ihm fehle, wusste der Abzehrende um kein Übel, als dass er fast alle Nacht so entsetzlich schwere Träume habe. Er lag zu zweit in einem Bette und zwar gegen das Fenster hin. Da der Beilieger immer kerngesund blieb, so meinte der Meister, man soll probieren und die Plätze wechseln. Die Knechte folgten. Von dort an nahm wieder derjenige ab, welcher gegen das Fenster hin schlief und klagte ebenfalls über schwere Träume, während der andere genas und bald wieder der frühere starke Knecht war. Diese auffallende Erscheinung klagte einmal der Älpler seinem Bruder, der herzhaft und gescheit war. Das „Ding ist gut", der Bruder will kommen und selbst an die schlimme Stelle hinliegen. Wie er im Bette war, tat er die Augen zu, aber nur zum Scheine, er schlief nicht. Es machte nichts bis etwa gegen halb zwölf Uhr, da bewegte sich das Schubfensterchen und etwas Halbbogenförmiges flog herein und husch! ihm um den Hals. Und seltsam, in seinen Beinen hiess es zwei mal zwei macht vier, und die Zehen wurden wie Klumpen. Weiter oben im Magen regten sich Habergelüste und der Bauch wollte nimmer grad aufstehen, wie sonst, und dem Gesicht war's, als seien ihm Mund und Nase die ablange Hauptsache geworden; ferner kam ihn starke Lust an zu wiehern wie ein Ross. Allein, ehe er bei sich ausmachen konnte, ob er wirklich ein Ross sei oder nicht, musste er schon galloppieren wie der Alpschimmel, aber nicht auf dem festen Boden, sondern hoch oben in der schneidenden Luft und es sauste weit, weit fort über manche Kirchtürme hinweg. Auf ihm sass jemand und hielt den Zaum fest und lenkte ihn, wie den Pferden geschieht. Nach langem Saus und Braus fühlte er endlich wieder festen Boden unter den Hufen und musste er halten. Ab ihm, als dem Rosse, stieg nun - die schöne Brudersfrau. Jetzt wusste er, was ein Hexenzaum sei. Auf dem Hexensabbat in glänzender Gesellschaft aus allen Enden der Welt zusammengeflogen, machte sich die Älplerin lustig und stob endlich auf ihrem Rosse wieder auf und davon. Auf dem Wege jedoch hat 's ihr was gegeben, dass sie absteigen und das Pferd anbinden musste. Da diesem der schlimme Zaum aber nur aussen um das Gehäus der Gedankenfabrik sich schlang und den innern weichen Stoff nicht erreichen konnte, blieb das Gedankenwerk in ungestörtem Gange und kam zu dem Urteile: Wenn der Zaum abgeschoben wird, so ist das Pferd wieder Mensch. Der Versuch rechtfertigte ganz dieses Urteil. Wie das Weib wieder auf den Platz kam, schlangen aus einem Hinterhalte zwei Menschenhände ihr denselben Zaum unversehens um den Hals, und sie war jetzt das Ross und e r der Reiter. Wie er mit ihr in Entlebuch anlangte, dachte er, die Hexe müsse doch auch beschlagen sein und ritt sofort zum Schmied. Aussen band er sein Ross an, wie man 's macht, und ging und rief den Meister. Dieser war flink auf dem Platze und hatte bald einem Vorderhufe seine Sache abgemacht. Wie sie nun beide wieder in die Schmiede gingen, ein zweites Eisen zu glühen und hierauf zum Notstall, wo das Ross stand, zurückkamen, war keines mehr da, denn die Hexe verstand es auch, den Zaum abzustreifen. Sogleich ging dieser Mann wieder zurück auf die Alp und auf die Frage „Wie geht's?" begann ihm gleich der Bruder es zu klagen, dass seine Frau krank darnieder liege. Der andere begehrte sie nun zu sehen. Zu ihr geführt, streckte er ihr die Hand wie zum Gruss entgegen, allein sie entschuldigte sich, dass sie einen lahmen Arm habe und ihm die Hand nicht entgegen reichen könne. Jetzt wusste er genug, entdeckte dem Bruder das Geschehene und so ward die Hexe überführt. Ihr Ende wirst du erraten.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Der Hexenzaun

Source: Der Hexenzaun

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In der Pilatuskette liegt auf der geraden Linie von Sarnen und Flühli als Grenzwächter zwischen Luzern und Obwalden der Feuerstein. Auf einer Alp dieses Berges lebte einst ein vermöglicher Senn, der eine schöne Frau und einen starken Knecht hatte. Der Meister sah zum grossen Leidwesen diesen starken Knecht von Tag zu Tag abnehmen und dahinschwinden. Gefragt, was ihm fehle, wusste der Abzehrende um kein Übel, als dass er fast alle Nacht so entsetzlich schwere Träume habe. Er lag zu zweit in einem Bette und zwar gegen das Fenster hin. Da der Beilieger immer kerngesund blieb, so meinte der Meister, man soll probieren und die Plätze wechseln. Die Knechte folgten. Von dort an nahm wieder derjenige ab, welcher gegen das Fenster hin schlief und klagte ebenfalls über schwere Träume, während der andere genas und bald wieder der frühere starke Knecht war. Diese auffallende Erscheinung klagte einmal der Älpler seinem Bruder, der herzhaft und gescheit war. Das „Ding ist gut", der Bruder will kommen und selbst an die schlimme Stelle hinliegen. Wie er im Bette war, tat er die Augen zu, aber nur zum Scheine, er schlief nicht. Es machte nichts bis etwa gegen halb zwölf Uhr, da bewegte sich das Schubfensterchen und etwas Halbbogenförmiges flog herein und husch! ihm um den Hals. Und seltsam, in seinen Beinen hiess es zwei mal zwei macht vier, und die Zehen wurden wie Klumpen. Weiter oben im Magen regten sich Habergelüste und der Bauch wollte nimmer grad aufstehen, wie sonst, und dem Gesicht war's, als seien ihm Mund und Nase die ablange Hauptsache geworden; ferner kam ihn starke Lust an zu wiehern wie ein Ross. Allein, ehe er bei sich ausmachen konnte, ob er wirklich ein Ross sei oder nicht, musste er schon galloppieren wie der Alpschimmel, aber nicht auf dem festen Boden, sondern hoch oben in der schneidenden Luft und es sauste weit, weit fort über manche Kirchtürme hinweg. Auf ihm sass jemand und hielt den Zaum fest und lenkte ihn, wie den Pferden geschieht. Nach langem Saus und Braus fühlte er endlich wieder festen Boden unter den Hufen und musste er halten. Ab ihm, als dem Rosse, stieg nun - die schöne Brudersfrau. Jetzt wusste er, was ein Hexenzaum sei. Auf dem Hexensabbat in glänzender Gesellschaft aus allen Enden der Welt zusammengeflogen, machte sich die Älplerin lustig und stob endlich auf ihrem Rosse wieder auf und davon. Auf dem Wege jedoch hat 's ihr was gegeben, dass sie absteigen und das Pferd anbinden musste. Da diesem der schlimme Zaum aber nur aussen um das Gehäus der Gedankenfabrik sich schlang und den innern weichen Stoff nicht erreichen konnte, blieb das Gedankenwerk in ungestörtem Gange und kam zu dem Urteile: Wenn der Zaum abgeschoben wird, so ist das Pferd wieder Mensch. Der Versuch rechtfertigte ganz dieses Urteil. Wie das Weib wieder auf den Platz kam, schlangen aus einem Hinterhalte zwei Menschenhände ihr denselben Zaum unversehens um den Hals, und sie war jetzt das Ross und e r der Reiter. Wie er mit ihr in Entlebuch anlangte, dachte er, die Hexe müsse doch auch beschlagen sein und ritt sofort zum Schmied. Aussen band er sein Ross an, wie man 's macht, und ging und rief den Meister. Dieser war flink auf dem Platze und hatte bald einem Vorderhufe seine Sache abgemacht. Wie sie nun beide wieder in die Schmiede gingen, ein zweites Eisen zu glühen und hierauf zum Notstall, wo das Ross stand, zurückkamen, war keines mehr da, denn die Hexe verstand es auch, den Zaum abzustreifen. Sogleich ging dieser Mann wieder zurück auf die Alp und auf die Frage „Wie geht's?" begann ihm gleich der Bruder es zu klagen, dass seine Frau krank darnieder liege. Der andere begehrte sie nun zu sehen. Zu ihr geführt, streckte er ihr die Hand wie zum Gruss entgegen, allein sie entschuldigte sich, dass sie einen lahmen Arm habe und ihm die Hand nicht entgegen reichen könne. Jetzt wusste er genug, entdeckte dem Bruder das Geschehene und so ward die Hexe überführt. Ihr Ende wirst du erraten.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Der Hirsch auf Hohenklingen

Source: Der Hirsch auf Hohenklingen

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Als die Herren von Hohenklingen auf dem Schienerberg einst jagten, sprang ein verwundeter Hirsch Schutz suchend in den Zwinger der Burg, wo er lebend gefangen wurde. Ein Edelfräulein von Hohenklingen nahm sich seiner besonders an, verband ihm seine Wunde und pflegte ihn, bis sie heil war. Der Hirsch wurde so anhänglich an das Burgfräulein, dass er sie jeden Morgen zur heiligen Messe nach Oehningen und zurück zur Burg begleitete. Da die Bewohner von Oehningen das Fräulein mit dem Hirsch immer ruhig passieren liessen, ihnen sogar Schutz gewährten, vermachte das Burgfräulein vor seinem Tode der Gemeinde Oehningen einen 114 Morgen grossen Wald am Steiner Bühl, auf Schweizer Boden, den die Gemeinde jetzt noch besitzt. (Stein am Rhein)     Aus: R. Frauenfelder, Sagen und Legenden aus dem Kanton Schaffhausen, Schaffhausen 1933. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Hirsch mit dem Christusbilde

Source: Der Hirsch mit dem Christusbilde

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Es ist uralte Überlieferung, dass ein unbekannter Jäger von fernen Landen her einen Hirsch gejagt habe bis auf den Platz, wo nun die Wallfahrtskapelle in der Jagdmatt bei Erstfelden (Kanton Uri) viel besucht wird. Da habe diesem Jäger Christus in einem Schweisstuch zwischen dem Geweih des Hirsches sein gebenedeites Angesicht wunderbar gezeigt, worauf der Mann sich bekehrte, an selbem Orte sich eine Wohnung einrichtete und gottselig daselbst lebte bis zum Tode. Deshalb heisst der Ort Jagdmatt. Von dem heiligmässigen Jäger wurden die Gebeine, sowie Messer, Gürtel und Rosenkranz aufbewahrt und gezeigt.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Der Hirse

Source: Der Hirse

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Unsern Vorfahren galt d er Hirse, wie es scheint, als bessere Speise, die besonders den Armen nicht alltäglich zu Teil wurde. Daher findet man wiederholte Verordnungen, auf festliche, freudige Tage mit Hirse aufzuwarten. Im Jahre 1587 haben die Kirchgenossen von Risch (Kanton Zug) eine streitige Sache mit ihrem Pfarrer. Sie fordern unter anderem, dass er „lut härkhomen" an Sankt Verenentag für ihre Armen einen Kessel voll Hirse hergebe. Zu Cham hörte 1798 die alte Sitte des Hirsesausteilens auf. Es geschah dies sonst am 10`000-Rittertage und es wurden 13 Kessel voll gekocht. Die vom Pfleger als die beste anerkannte Köchin erhielt ein Paar rote Strümpfe. Im Spital der Stadt Zug war verordnet, am Vorabend der vier Hauptfeste Hirse zu kochen. Für die allgemeine Beliebtheit der Frucht spricht aber besonders der Name Hirsmontag, wozu noch die bekannte Schifffahrt der Zürcher mit dem Hirsebrei nach Strassburg kommt. Am Hirsmontag, dem ersten Montag nach Aschermittwoch, feierte in Zürich die Zunft der „Schmiede“ das Kohlenkorbtragen und die Metzgerzunft hielt angeblich wegen der Mordnacht ihren Umzug mit dem „Jsengrind".   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Bei dieseer Sage gibt es keine genaue Zuordnung zu einem der fünf Kantone. Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.        


by Der Hirt auf der Geissalp

Source: Der Hirt auf der Geissalp

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An einem Spätherbst kehrte ein fremdes, untersetztes Männlein zum Hirten auf der Geissalp ein. Inständig bat es um eine Kuh zum Durchwintern. Einige Nachbarn, die gerade zu einem kurzen Besuch zugegen waren, redeten dem Hirten lebhaft zu, sich keinem Verlust auszusetzen. «Du kennst ja diesen Zwerg nicht, wer weiss, ob dem Unbekannten zu trauen ist. Gib ihm kein Tier!» Der Bauer besann sich eine Weile. Hoch und teuer versicherte das Männchen dem Hirten, das überwinterte Stück Vieh wohlbehalten wieder zurückzuführen. Nun brachte es der Hirt nicht übers Herz, dem Bittenden eine abschlägige Antwort zu geben. Ungeachtet der Ermahnung seiner Nachbarn gab er dem Zwerg eine Kuh, und sicherlich nicht die beste der Milchkühe. Der Kleine gab sich zufrieden. Er schloss den Handel, nahm die geliehene Kuh an der Halfter und zog mit ihr bergauf. Lange blickten die Sennen dem Aufzug nach. Plötzlich nahte sich der merkwürdige Zwerg einer Fluh gegen die Kaiseregg zu und verschwand mit seinem Hornvieh hinter einer Felsspalte. «Deine Kuh hast du jetzt zum letzten Male gesehen», behaupteten die klugen Älpler. Dem Geissalphirt tat es im Herzen weh, doch liess er es nicht anmerken. Äusserlich gelassen fügte er sich ins Unvermeidliche. Darüber vergingen die endlos langen Winterwochen. Als der Frühling mit Blumenpracht und Sonnenglanz Einzug hielt, dachte der Hirte sehnsüchtig an seine ausgeliehene Winterkuh. Ob wohl das Männlein Wort hielt? Er brauchte nicht zu lange zu raten. An einem sonnigen Nachmittag trabte das fremde Männchen wieder gegen den Stafel der Geissalp zu. In der Rechten führte er eine schwere, fette Kuh, daneben hüpfte ein munteres Kälblein daher. Dem verblüfften Hirten verschlug es vor Staunen und Freude die Sprache. Das Zwerglein gab ihm die durchwinterte Kuh zurück und fügte noch einen gefüllten Beutel Geld als Lohn hinzu. Bevor der erfreute Hirt sich noch von seiner Überraschung erholt hatte, schritt das Männlein mit einem freundlichen Gruss wieder davon.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Hirt auf der Sulsalp

Source: Der Hirt auf der Sulsalp

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Auf der Sulsalp fand einst ein Hirt einen goldenen Schlüssel und zu gleicher Zeit erblickte er in einer gegenüberliegenden Felswand eine grosse schwarze Türe, welche er vorher noch nie daselbst wahrgenommen hatte. Mutig ging der Bursche darauf los, denkend, dass der gefundene Schlüssel wohl zu jener Türe gehören möge. Dies war auch richtig der Fall und als die Türe geöffnet war, sah er eine grosse, weite, reich mit Gold und Edelsteinen ausgeschmückte Halle vor sich, in der sonst noch viele Kostbarkeiten rings auf langen Tischen ausgebreitet lagen. In der Mitte der Halle stand aber eine schöne weiss gekleidete Jungfrau. Diese trat auf ihn zu und bot ihm drei Gaben an, indem sie sagte, sie sei verzaubert und harre schon mehr denn hundert Jahre auf ihre Erlösung; welche Gabe er wähle, darauf käme es an, ob sie von dem Zauber befreit werde, oder auf nochmals hundert Jahre verdammt sei. Die Gaben aber waren: ein Topf mit Gold, eine goldene Kuhschelle und die Jungfrau selbst. Da erinnerte sich plötzlich der Hirt an seine Geliebte daheim und wählte die Kuhschelle. Zornig fuhr die Jungfrau auf und zugleich erhob sich ein furchtbares Donnern und Krachen, und wie von unsichtbarer Hand ergriffen riss es den Hirten aus der Halle heraus, wo er betäubt auf den Rasen niedersank. Als er wieder zu sich kam, hätte er gerne alles für einen Traum gehalten, die Kuhschelle, welche neben ihm lag, überzeugte ihn jedoch von dem Gegenteil. Da ergriff ihn bittere Reue, dass er nicht die richtige Wahl getroffen und nun schuld sei, dass die schöne Jungfrau auf noch weitere hundert Jahre in dem Zauber schmachte. Ohne Ruhe und Frieden durchirrte er von da an die Welt. Da kam er auch einstmals an eine Hütte, in der drei steinalte Männlein wohnten, und als er dem ältesten derselben, welcher der Grossvater des jüngsten war, seine Geschichte erzählte, rief ihm dieser zu: Wohl dir, dass ich Gastfreundschaft halte; heute magst du noch rasten, aber morgen eile von dannen. Jene Jungfrau war meine Tochter, du konntest sie erlösen und hast sie vielleicht nun auf ewig unglücklich gemacht. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Hirt auf Sulsalp

Source: Der Hirt auf Sulsalp

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Am Abhange der Sulegg über Wilderswil im Bödeli liegen einige der reichsten Alpen ringsum. Ein altes Lied singt von denselben: Suis die höchst’, Saus die grösst’, Bellen die wildst’, Nessleren die wärmst’, Ausser-Berg die ungefällst’. Auf der Alp Suls nun fand einst ein Hirt einen goldenen Schlüssel. Als er dann suchte, in welches Schloss derselbe passen würde, erblickte er in einer nahen Felsenwand eine grosse schwarze Tür, welche er nie zuvor wahrgenommen hatte. Mutig ging der Bursche darauf los, in der Meinung, sein Schlüssel werde wohl dort passen. So war es auch, der Schlüssel drehte sich leicht im Schlosse, die Tür sprang auf und öffnete eine grosse, weite, reich mit Gold und Edelsteinen ausgeschmückte Halle, in der auf langen Tafeln viele Kostbarkeiten ausgebreitet lagen. In der Mitte des Saals stand eine schöne, weissgekleidete Jungfrau. Diese trat auf ihn zu und bot ihm drei Gaben an, indem sie ihm zu wissen gab, dass sie verzaubert sei und schon viele hundert Jahre ihrer Erlösung harre. In seiner Hand läge es nun, sie frei zu machen, nur käme es darauf an, welche Gabe er wähle. Die Gaben aber waren ein Topf voll Gold, eine goldene Kuhschelle und die Jungfrau selber. Da erinnerte sich der Hirt an seine Herzallerliebste daheim und wählte die Kuhschelle. Zornig fuhr die Jungfrau auf. Zugleich aber brach um ihn ein furchtbares Donnerkrachen los. Wie von unsichtbarer Hand wurde er aus dem unterirdischen Saale gestossen. Betäubt sank er am Felsportal nieder. Als er wieder zu sich kam, da hätte er alles gerne für einen Traum gehalten, allein die goldene Treichel neben ihm auf dem Grase belehrte ihn vom Gegenteil. Da ergriff ihn bittere Reue, dass er die verwunschene Jungfrau nicht hatte erlösen können. Ruh- und friedlos durchirrte er von jetzt an die Welt. Da kam er einst an eine Hütte, in welcher drei steinalte Männlein wohnten. Als er dem ältesten derselben, welcher der Grossvater des jüngsten war, seine Geschichte erzählte, rief ihm dieser zu: "Wohl dir, dass ich Gastfreundschaft halte! Heute magst du noch rasten, aber morgen eile von dannen. Jene Jungfrau war meine Tochter. Du konntest sie erlösen und hast es verschmäht." Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Hirt und das Venediger Männlein

Source: Der Hirt und das Venediger Männlein

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Ein Venediger kam viele Sommer hintereinander nach Glarus, begab sich dann auf eine Hochalp, ass und schlief mit den Hirten, und las den Tag über besonders glänzende Steine zusammen. In acht Tagen sammelte er so viele, dass er sieben Säcke damit füllen konnte.                    Im Spätsommer sprach er eines Tages zu den Hirten: “Jetzt geh' ich wieder nach Venedig, und wenn mich einer von euch dort besucht, so geb' ich ihm einen Sack voll Silber.”                    Diese Rede hörte ein armer Mann sehr wohl. Drunten im Tal besass er Weib und Kind, aber nur ein kleines Gütchen, das zudem wenig abtrug. Er wurde mit sich einig, den Venediger zu besuchen, und mit einem Sack voll Silber seiner schweren Haushaltung auf die Beine zu helfen.                    Dieser war aber schon lange auf und davon gegangen. Überall hatte man mit dem Vieh die schon Alpen verlassen, als der Hirt auszog, dem Meer zuwanderte, und schliesslich glücklich nach Venedig kam. Doch wie sollte er hier den Gesuchten finden? Er wusste weder Haus noch Heimat, ja nicht einmal den Tauf- und Geschlechtsnamen des Venedigers. Zum Glück dauerte es nicht lange, bis er durch eine enge Gasse hinabgeht, wo ein vornehmer Herr auf ihn zukommt, ihm die Hand reicht und ihn freundlich willkommen heisst.                    Dann fragt er ihn nach Glarus, wie es den Hirten von der und der Hochalp auch gehe? Mit grossen Augen sieht der Schweizer den Fremden an, und erkennt, dass dieser vornehme Herr jener Venediger ist, der jeweils im Sommer auf der Hochalp lebte, wo er selbst mit anderen Hirten das Vieh besorgte.                    Von Herzen gerne folgte der Hirt der Einladung des Venedigers, bei ihm Quartier zu nehmen und sich von ihm aufs prächtigste bewirten zu lassen. Bald aber wollte dem Glarner das vornehme Leben nicht mehr gefallen, so schön und weich auch sein Bett war und so gut und genug Speise und Trank er täglich bekam; sein Sinn und seine Gedanken waren immer nur zu Glarus bei Weib und Kind.                    So sass er einmal vor des Venedigers Haus und dachte wieder traurig an die Heimat, und die Augen liefen ihm über. Da trat der Venediger zu ihm und sagte: “Mir scheint, du langweilst dich hier und hast gar Heimweh.” - “So ist's”, sprach der Hirt, “es plagt mich so, dass ich mir gar nicht zu helfen weiss.” Der Venediger führte ihn dann ins Haus in ein Gemach, und stellte ihn dort vor eine Wand, die der hellste Spiegel war. “Da schau, wie es jetzt im Flecken Glarus steht!” sagte der Venediger. Und der Hirt sah vor sich Glarus so klar und deutlich, als wenn es gerade nur hinter der Wand stände, und fand auch sein armseliges Hauswesen.                    Sein Weib sass gerade vor dem Hause und wusch eben ihr Kind, die Augen standen ihr voll Tränen, weil sie wahrscheinlich an ihren Mann in der Fremde dachte. “Jetzt gehe nur wieder heim”, sagte der Venediger zu ihm, “Zehrung gebe ich dir in Gold oder Silber mit. Gold hole ich dir selber; willst du aber lieber Silber, so kannst du es selber aus meiner Schatzkammer nehmen.” - „Ich will nur Silber, so wie Ihr es zu Glarus versprochen habt,” erwiderte der Hirt, ging in die Schatzkammer, und füllte einen Sack mit Silber. Beim Abschied sagte der Venediger noch zu ihm: “Gib ja recht acht auf den Sack, dass er dir nicht abhanden kommt. Wenn du in einem Wirtshause übernachtest, so nimm ihn mit ins Bett und lege ihn unter den Kopf.”                    Der Hirt bedankte sich höflich für alles Gute, machte sich dann auf den Weg, und eilte der Heimat zu. Bei der ersten Nachtstation dachte er an den guten Rat des Venedigers, nahm den Sack voll Silber mit sich zu Bett, und legte ihn unter den Kopf. Wie er aber am Morgen erwachte, schaute er sich um und wusste erst gar nicht, wie ihm geschah: denn er lag daheim, zu Glarus, im eigenen Hause, in der eigenen Schlafkammer, im eigenen Bett, und hatte den Sack voll Silber unter dem Kopfe. Nun war er ein reicher Mann. Seine Ururenkel leben jetzt noch in Ehren und Ansehen zu Glarus, und man heisst sie nur die Venedigerleute. Anm.: Venediger = Kristall- und Goldsucher, die aus Italien, meist aus Venedig in die Alpen kamen und denen man übernatürliche Kräfte zuschrieb. Aus: H. Herzog, Schweizer Sagen, Aarau 1882 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Hirt und die Riesen

Source: Der Hirt und die Riesen

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Es gab eine Zeit, wo man keinen Hirten auf der Alp halten konnte. Alle Hirten, die auf diese Alp gingen, wurden von einem Riesen getötet. Doch nach langem Suchen fand man endlich einen Burschen, der sich gegen guten Lohn auf der Alp als Hirt einstellen liess. Dieser Bursche ging zu einem Schmied und liess sich einen Stock aus allem Eisen, das der Schmied hatte, machen. Damit ging er auf die Alp. Unterhalb der Alp befanden sich drei Gehege, und in jedem stand ein Schloss mit einem Riesen darin. Am ersten Abend, als der Hirt auf der Alp war, sagte der Senn zu ihm: «Pass auf, dass das Vieh nicht hinunter ins Gehege der Riesen geht, sonst sind die Tiere und du verloren'» «Nein, nein», antwortete der Hirt, «aber rüste früh am Morgen Rahm fürs Morgenessen!» Am andern Morgen früh löffelte der Hirt wacker Rahm, und dann ging er mit dem Vieh auf die Weide. Er merkte, dass die Kühe ins erste Gehege hinunter drängten, aber er hielt sie nicht zurück und ging mit seinem Eisenstock hinten nach. Kaum sind die Kühe und er im Garten, so kommt ein Riese mit einem Baum samt den Wurzeln und allem dran und sagt: «Wer hat dir befohlen, hier herunterzukommen?» «Niemand!», antwortet der Hirt und haut mit seinem Stock dem Riesen eins auf den Kopf, so dass der fast tot ist. Der Riese bettelt, er solle ihm nicht den Garaus machen; er wolle ihm ein Pferd geben, das so schnell sei wie der Wind. Der Hirt nimmt das Pferd, das so schnell ist wie der Wind, aber er schlägt den Riesen trotzdem tot. Das Pferd bringt er in den Stall und treibt die Kühe abends auf den Melkplatz. Da haben die Kühe schön Milch gegeben, und der Senn sagt: «Du bist sicher in diesen Gehegen unten gewesen.» Doch der Hirt will dies nicht gelten lassen. Am andern Tag wollten die Kühe in das zweite Gehege; der Hirt verwehrte es ihnen nicht und stieg selber mit ihnen hinunter. Diesmal kam ein Riese mit zwei Bäumen samt Wurzeln und allem dran und sagte. «Warum kommst du hierher? Ich will dir schon zeigen, wo Gott hockt!» Aber der Hirt haute ihm eins mit dem Eisenstock auf den Kopf, dass der Riese beinahe hin war. Da sagte Riese: «Lass mich leben, so gebe ich dir ein Pferd, das schnell ist wie der Blitz!» Nachdem der Riese das Pferd gegeben hatte, da erschlug der Hirt auch ihn. Er führte wieder das Pferd zum Stall und brachte die Kühe auf die Alp zurück. Am dritten Tag geht der Hirt ins dritte Gehege hinunter. Da kommt ein gewaltiger Riese mit drei Bäumen samt Wurzeln und allem dran und fragt: «Wer hat dir befohlen, hierher zu kommen?» Der Hirt antwortet: «Niemand hat etwas befohlen. Ich kann schon hinuntergehen, ohne dass mir jemand etwas befiehlt.» Und er haut mit seinem Stock dem Riesen eins auf den Kopf, dass der fast tot ist. Der Riese sagt: «Schlag mich nicht tot, lass mich leben, so gebe ich dir ein Pferd, das so schnell ist wie der Gedanke!» Der Hirt nimmt das Pferd des Riesen und erschlägt dann auch ihn. Auch das dritte Pferd stellt er am gleichen Ort in den Stall und kehrt dann mit den Kühen auf die Alp zurück. Wenig später liess der König bekanntgegeben, der, welcher als erster zu Pferd eine bestimmte Strecke zurücklege, könne seine Tochter heiraten. Am festgesetzten Tag nahm der Hirt das Pferd, welches so schnell ist wie der Wind und ritt auf den Platz, wo alle sich versammeln mussten. Obwohl die andern auch sehr gute Pferde hatten, erreichte der Hirt mit seinem Pferd als erster das Ziel. Aber die andern Reiter baten den König so lange, bis er einen zweiten Versuch erlaubte. Diesmal kam der Hirt mit seinem Pferd ‹wie der Blitz› ein wenig später; die andern waren schon weggeritten. Aber er jagte ihnen mit seinem Pferd ‹wie der Blitz› nach und war als erster beim König. Da es nur ein Hirt war, der gewonnen hatte, konnten die Ritter den König ein drittes und letztes Mal zu einem Versuch überreden. Diesmal versammelte sich ein Haufen Ritter mit prächtigen Pferden. Der Hirt nahm sein Pferd, das so schnell ist wie der Gedanke, und beim Startzeichen rannte er mit ihm davon und war im Hui beim König. Die andern trafen alle viel später ein, und diesmal musste der König dem Hirten seine Tochter geben. Jetzt war der ein Prinz, und er lief aus seinem Dienst auf der Alp davon.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Hirt von Helisee

Source: Der Hirt von Helisee

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Man hat bisher in keiner höhern Landesgegend der Schweiz Überbleibsel von Festungswerken, Gräbern und Wohnstätten einer längst verschwundenen und vergessenen Vorwelt erblickt als beim Dörfchen Ellisried, im bernischen Oberlande, ohnweit Grasburg und Schwarzenburg. Es senkt sich da der zackige Kamm des Gebirgs vom Stockhorn über den Ganterisch, Gurnigel und Guggisberg zwischen den Strömen der Sense und des Schwarzwassers nieder. Dass auch die Römer dort gehauset haben mögen, beurkunden zwar noch die häufigen Ziegelstücke römischer Art, die man nicht gar tief unter der Erde zerstreut antrifft. Aber ohne Zweiſel fanden sie hier schon bei ihrem Eindringen eine helvetische Stadt, wie sie auch schon das alte Windisch fanden, oder die grosse Wiflisburg, letztere nur etwa drei Stunden von dieser Berggegend entfernt. Wenigstens war die Lage des Orts weder für Handelsverkehr, noch Kriegsverhältnisse einladend; hier kein Fluss, kein grosser See, keine Strasse über das Gebirg. Selbst was sich noch von dem runden Erdwall, und dem Graben darum, erkennen lässt, verräth kaum römisches Werk. Inzwischen beharrt aus ältester Zeit die Sage dieser Gegenden, dass da einst eine Stadt gestanden, als noch von Wäldern umkränzt, dort ein geweihter See erblickt wurde. Er ward der Helisee genannt und ebenso die Stadt. Auch der See, welcher wohl nie von beträchtlichem Umfang war, hat sich verloren, vermuthlich mit den Quellen, die ihn ehemals nährten. Er ward zum Moor, dann zum feuchten Grund und Ried. Die Namen der Ortschaften Ellisried, Gazenried, Kumried usw. dort herum, deuten noch darauf zurück. In den Tagen vor der christlichen Kirchentrennung fand sogar ein junger Hirt, welchen man den schönen Erni nannte, in einem kleinen unterirdischen Gewölbe, ein zwei Schuh hohes Marmorbild. Er war der Sohn einer armen Wittwe, deren zwei Kühe und deren Ziegen er hirtete, und auf deren Gebot er Mauerschutt, welcher sich unter der Oberfläche des Rasens, in einem abgelegenen Gebüsch zeigte, hinwegräumen musste, vielleicht einen verborgnen Schatz zu entdecken. Das Marmorbild war eine zarte, weibliche Gestalt, von ungemeiner Anmuth; mit einem Gesicht voller Kindlichkeit und Majestät. Ein langes faltenreiches Gewand floss von den halbentblössten Achseln bis zu den Füssen nieder, die unter dem Saum des für diese Gestalt offenbar zu langen Gewandes, wie unter einem Hügel von Falten, begraben lagen. Um den schlanken Leib spannte sich ein breiter Gürtel, in dessen Mitte ein Sonnenbild zu sehen war. Die Bildsäule ruhte auf einem schwarzen Stein, worin fünf Buchstaben gegraben waren. Erni, den die wunderbare Schönheit dieser jungfräulichen Gestalt fast bis zur Anbetung begeisterte, zweifelte nicht, dass es das Bild einer Heiligen sey. Er verheimlichte es, sprach selbst seiner Mutter nicht davon, aus Furcht, man werde ihm die geliebte Bildsäule nehmen. Aber den schwarzen Stein trug er zum Pfarrer vom Wahleren, um doch aus der Inschrift den Namen seiner Heiligen zu erfahren. Dieser aber las den Namen H e l v a, schüttelte den Kopf, behauptete, es sey das keine Heilige und behielt den Stein. Heilige oder nicht, Erni kniete oft entzückt vor dieser kindlichschönen Helva; betete mit Inbrunst, wieviel Gebete er erlernt hatte; küsste anfangs nur mit Ehrfurcht den faltigen Saum ihres Gewandes; endlich vertraulicher auch das niedliche Köpfchen, trotz der Hoheit und Würde in dessen Mienen. Die Schönste der schönen Guggisbergerinnen hatte ihn nie so gerührt, wie zierlich sie sich auch das bunte Tuch um's Haupt schlangen und wie rosenfarben die Knien unter dem Saum ihres kurzen Rocks hervorschimmern mochten. Er hatte das gefährliche Alter von 25 Jahren erreicht, ohne zu wissen, wo sein Herz in ihm war. Während er die lebendigen Mädchen bisher, die ihn doch den schönen Erni nannten, gleichgültig ansah, als wären sie von Stein gemacht, liebte er jetzt den Marmorstein in hirtlicher Einsamkeit, als wär‘ er lebendig. Oft nahm er das kalte Gebilde in seinen Arm, als könnt‘ er es erwarmen; und zuweilen glaubt‘ er den jugendlichen Busen desselben vom Athmen sich heben und senken zu sehen. So lag er auch im abendlichen Zwielicht an einer zerrissenen Felswand im Gebüsch, als er mit Erstaunen zu seinen Füssen ein kleines, raues Männlein mit schneeweissem Haar erblickte. Das lächelte ihn an und sagte: „Fürchte dich nicht, denn ich bin Mungg, Helva‘s Bruder. Gieb mir das Bild meiner Schwester, ich gebe dir dafür die schönste Jungfrau, die im Gebirg wohnt.“ Aber Erni rief mit Grausen: „Hebe dich von mir! Sonne und Mond bescheinen nichts, das der Schönheit meiner Heiligen gleicht.“ Der Alte gehorchte und ging lächelnd davon. Aber siehe, da kam ein andrer, kaum drei Schuss hoch, der am Arme einen Korb trug, von Kristallen geflochten, angefüllt mit edeln, durchsichtigen Steinen, die alle Farben blitzten. Auch er lächelte freundlich und sprach: „Fürchte dich nicht, denn ich bin Eiger, Helva‘s Bruder. Gieb mir das Bild meiner Schwester, ich gebe dir dafür diese Demanten, Rubinen und Sapphire, köstlicher als aller Könige Schatz.“ Doch Erni erwiderte mit Unwillen: „Hebe dich von mir! Sonne und Mond bescheinen nichts, das an Kostbarkeit meiner Heiligen gleicht.“ Auch dieser Alte wandte sich lächelnd, doch gehorsam, hinweg und verlor sich im Gesträuch. Erni aber umfasste die geliebte Gestalt nur mit grösserer Innigkeit in seinen Armen, und als wollt‘ er den unempfindlichen Stein in seinen Träumen beleben, schloss er die Augen. Doch sonderbar klang ihm ein Ton in's Gehör, rein, durchdringend, zart und weich, wie die Stimme der Harfensaite im Winde: „Fürchte dich nicht, denn ich bin Helva, die Alpenkönigin. Gieb mir das Bild und liebe mich selber. Der Mensch soll keine Götter haben neben Gott.“ Er öffnete die Augen und wähnte den Himmel vor sich offen zu sehn. Das Laub der Gebüsche und Bäume um ihn her schimmerte in einem milden Licht, wie es der Tag nicht, aber auch wie es die Nacht nicht bringt. Von allen Seiten erblickt er in diesem Lichtschimmer niedliche, wundersame Mädchengestalten, zwar alle nur von der Grösse fünfjähriger Kinder, aber nicht in deren unvollendetem Wuchs, sondern im feinsten Ebenmaass jungfräulichen Gliederbaus ausgebildet. Wie im Himmel der Maler die Engel zwischen Wolken, schwebten diese zierlichen Huldinnen unter den Blüthen der Gebüsche, oder wiegten sich in anmuthigen Stellungen, sitzend und gehend, auf den Zweigen derselben. Aller Gewande fielen verhüllend und faltig weit über die Füsschen nieder; insgesammt weiss und doch mannigfach, wie erröthend, erblassend, ergrünend, in andre Färbung hinüberschillernd. Man konnte ihren Stoff nicht erkennen. Es war kein Gewebe; es glich dem Wasser, wenn es, glänzend und beweglich, über dem Felsen, wie ein wehender Schleier, schwebend fällt. Jede einzelne dieser Jungfrauen war für sich allein so schön, dass ihr nichts in ihrer Eigenthümlichkeit vergleichbar seyn konnte. Und doch stand in der Mitte derselben die Alpenkönigin, als wäre sie die Alleinschöne. Lilien und Nelken, Tulipanen und Rosen, Veilchen und Aurikeln, Hyazynthen und Dalien, alle einzeln sind bewundernswürdig, und doch prangt im Chor der Blumen die Rose mit einem Zauber, als wäre sie die Alleinbewunderungswürdige. Erni vor ihr auf den Knien, rieſ: „Helva, meine Heilige!“ Sie antwortete: „Heilig allein ist Gott! Wir sind Werke seiner Hand, wie die Menschen, wenn auch Wesen andrer Art, denn sie. Einst liebt‘ ich unter den Sterblichen zu wandeln, ihnen sichtbar und hülfreich, hier am heiligen See, bis sie das Geschöpf statt des Schöpfers verehrten. Zertrümmere dies Bild, Jüngling, liebe mich, bete Gott an.“ Er zertrümmerte das Bild und sagte: „Wie darf ich dich lieben, du Wesen höherer Art?“ Die Jungfrau antwortete: „Wie die Taube, oder das Lamm, oder der treue Hund den Menschen als ein höheres Wesen liebt: So liebe mich; so darf ich dich lieben. Kannst du es, so folge mir nach in meine Wohnungen und lebe ohne Sünde bei mir. Ich will dir die ewigen Wunder der Allmacht zeigen. Wehe aber, wenn du der Sünde zufällst!“ Hier floss ein Schauer durch Erni's Glieder und er fragte: „Was ist Sünde in deinen Wohnungen?“ Sie antwortete: „Was sie im Himmel und auf Erden ist, Empörung gegen die Natur, die da ist Gottesgesetz. Darum waltet in den Gesetzen und Kirchen der Menschen des Sündlichen so viel, wegen des Streites mit der Natur; und darum wohnt im Leben der Sterblichen des Leidens so viel. Wenn der Mensch ein Thier auf thierische Weise liebgewinnt, ist er Sünder; und du bist es, wenn du mich menschlich, wie eine menschliche Jungfrau, liebgewinnst: Ich warne dich!“ „O du Überirdische, wie könnt‘ ich dich anders lieben, denn als eine Göttlichere!“ rief Erni. „Nimm mich zu dir. Verlass mich nicht.“ Da legte sie zärtlich ihre Hände auf seine Achseln, und sprach: «Ich liebe dich ja!» Und die Begleiterinnen Helva's umringten freudig, wie schwebend in den Lüften, das Paar, und jauchzten mit süssen Stimmen. Helva neigte aber ihr Haupt zum Haupt des seligen Jünglings, ihre Lippen zu seinen Lippen. Er küsste sie zitternd und doch, als wollt' er ihr ganzes Wesen einathmen und eintrinken. Ihr Kuss aber war wie der Seufzer eines lauen Frühlingslüftchens, ein Hauchen gegen das Innere seines Mundes. Es durchdrang ihn, wie ein zweites Leben. „Folge mir!“ sagte sie und wandelte gegen eine Spalte der Felswand, in die sie glänzend eindrang. Der Hirt von Helisee zögerte einen Augenblick, aber ungewiss, ob seine Gestalt sich gegen die Spalte verdünnerte, oder ob diese sich gegen ihn erweiterte. Er fand Raum und folgte ihr, und alle von der Begleitung der Alpenkönigin, wie er. Bald ging die nasskalte Bergkluft in glänzende Kristallhöhlen auseinander und von den Höhlen zogen sich Gänge nach allen Richtungen. Man hörte Quellen rauschen mit melodischem Getön; man sah die hohen Gangwände und Gewölbe von einem prachtvollen Geader der Silber-, Gold- und Pratina-, der Kupfer- und Zinnstufen durchlaufen. Doch dies alles erregte Erni's' Verwunderung kaum so sehr, als dass Helva und ihre reizenden Gespielinnen hier nicht mehr klein waren, sondern hohen Jungfrauen vom edelsten Wuchs glichen, ihm an Grösse beinah gleich. Nur wusst‘ er nicht zu bestimmen, ob sie in dieser Unterwelt höher gewachsen wären, oder er sich zu ihrer niedlichen Kleinheit verjüngt habe, weil jeder vergleichende Massstab für ihn mangelte. Als der traumhaft wandernde Zug, wie unter hohen Tempelgewölben von Granit, mit Perlenglanz des Glimmers schimmernd, weiter gekommen war, zitterte Erni neben der Alpenkönigin; denn er fühlte zuweilen unter seinen Sohlen nur Luft statt des festen Bodens. „Fürchte dich nicht, denn ich bin Helva!“ sagte sie: „Wo die Luft dichter wird, schwimmt zuletzt das Schwere in ihr als Leichtes, wie im Wasser das Holz!“ Und bei diesen Worten schlang die Schöne des unterirdischen Reichs ihren Arm um ihn, drückte den Jüngling sanft an ihre Brust und hauchte ihm zärtlich ihren Kuss an. „Fürchte dich nicht!“ sagte sie am Ausgang der Felsen, wo sich ein unendlicher Abgrund nach unten und nach oben vor ihnen zeigte: „Wir stehn am hohlen Innern der Erdwelt!“ Damit drückte sie ihn noch einmal an ihre Brust und stürzte mit ihm in das unempfindbare Leere, in das stille Nichts hinein, wie in einen Nachthimmel. Aber in der Tiefe drunten wie oben in der Höhe funkelten bläuliche, röthliche, weissliche Lichter, wie Millionen Sterne; es war nicht hell, und doch heiter. Und Helva‘s Gespielen gaukelten in eigenthümlichem Lichtglanz mit Gesang durch diesen Sternenhimmel, wie wunderbare Meteore. Erni's Herz pochte nicht mehr furchtsam, aber selig, indem er, wie Helva ihn, so er ihren Göttinnenleib mit seinem Arm umwunden hielt. Unerwartet fand sich wieder festes Land. Und wieder traten ihnen Säulenhallen entgegen, hochgewölbt und erleuchtet, als wären sie selber aus Strahlen gebaut. Als man, nach geraumer Zeit im weiten Bogengang dahin gekommen war, wo zur Linken und Rechten breite Kristallstrassen ausliefen, sagte Helva: „Siehe, links führt der Weg zur Wohnung Munggs, meines Bruders; rechts zum Palaste Eigers, meines Bruders; mitten inne mein jungfräuliches Gemach, das dich beherbergen wird. Es ragen unsre ewigen Häuser über die Länder der Menschen hinweg bis zu den Wolken des Himmels; und unsre Dächer sind aus ewigem Eise gebaut. Zieh nun ein in meine Hallen, o mein sterblicher Liebling; mir hat sie mein Vater errichtet und ausgeschmückt; mein Vater, der Allerregende, Allbewegende, Jol, der Sohn Aethers, Jol, das ewige Licht!“ Man erzählt, Erni hab` im Palast der Jungfrau unaussprechliche Seligkeiten genossen; doch niemand weiss, wie sie beschaffen waren, eben weil sie nicht ausgesprochen werden konnten. Auch soll ihm durch den Anhauch der Alpenkönigin zu seinen fünf Sinnen ein sechster aufgeschlossen worden sein, also, dass er, wohin er sich in der Welt mit seinen Gedanken versetzte, alles wahrnahm, was daselbst wohnte und geschah. Ihm zeigt Eiger, der Bruder Helva`s, das Spiel der Stoffe und Kräfte; wie sich unsichtbare Gase in Spathe, Kristallen und Erze verkörpern; zeigte ihm die ungeheuren Seen der Unterwelt, aus welchen die Hunger- und Maibrunnen, wie die unvergänglichen Quellen der Oberwelt rinnen; desgleichen die wundersamen Werkstätten, in denen die Heilwasser und heissen Quellen bereitet werden, oder die Erdbeben sich entwickeln. Hier war eine andre Welt, eine ander Schöpfungspracht, eine andre Naturgrösse, als droben auf der Erdoberfläche. Aber die Schratten und Elfen genossen beider. Doch in der Oberwelt, wo sie sich oft ergeh`n, bedürfen sie andrer Lebensweise und Nahrung. Mungg, der Bruder Helva`s, zeigte dem schönen Erni, auf den Giebeln der Gletscher, die Herden seiner Gemsen, Steinböcke, Murmelthiere, die Nester seiner Steinadler und des übrigen Gewildes der Höhen, die den Schratten und Elfen droben zur Lust und Speise dienen. Jeden Tag fragte die reizende Alpenkönigin ihren Liebling: „Wie gefällt es dir bei uns?“ und jeden Tag antwortete er: „O, dass ich ewig bei dir wohnen könnte!“ - „Armer Sterblicher,“ sagte sie, „du bist, als unvollkommeneres Geschöpf, weit schnelleren Verwandlungen unterworfen, denn wir, auf höheren Stufen in der Reihe der Wesen. Dein Jahr ist unser Tag. Dein Wohnplatz auf der Erdenrinde draussen, mit allen ihren Ländern und Weltmeeren, allen Paradiesen und Wüsten, ist nur eine kleine Abtheilung unsers eignen Wohnplatzes, der das Äussere wie das Innere des Weltballs in sich fasst. Alles ist drinnen wie draussen belebt; alles ewig in der Stadt der Unendlichkeit; nirgens Tod des Wesenden, weil in Gott kein Tod ist.“ „Ach!“ seufzte Erni, „dass du eine Sterbliche wärest, oder dass ich wäre wie du!“ Helva antwortete ihm: „Dein Wunsch ist menschlich-verwegen, und dünkt mich närrisch. Was würdest du von deinem treuen Haushund sagen, wenn er verlangte, Gott solle dich zu Seinesgleichen umschaffen? Und wie das Thier, traumhaft und trübe in seinen Vorstellungen, zum Menschen steht: so steht der Mensch mit seinem Witz und Scharfsinn, trüb und traumhaft, zu uns. Sein Geist blicke unter sich in die Tiefen der Natur, oder über sich in das Überirdische, überall findet er Dunkelheiten, unentwirrbare Räthsel, und, statt der Erkenntnis, bleibt ihm nur Ahnen und Glauben. Wir aber, wenn wir durch die Abstufungen der Seelen, des Lebens, der Naturkräfte und Stoffe hinunterschau`n, erkennen mit Klarheit, und freuen uns des Wissens, wo der Sterbliche nur Ahnung in sich trägt. Doch auch für uns, wenn wir über uns in Glanz und Herrlichkeit des Gottesreichs schau`n, bleibt dann nur stilles Ahnen übrig, und auch wir erkennen, wie tief wir dasteh`n!“ Der schöne Erni verstand von allem, was sie sagte, keine Silbe; auch bekümmerte ihn das wenig. Er achtete nur auf die lieblichen Bewegungen der Lippen, wenn sie sprach; auf das heilige Erglänzen ihrer Augen; auf das zärtliche Lächeln, welches in ihrem Antlitz, wie sichtbare Seligkeit, wohnte. Dann umfing er sie mit seinen Armen; dann küsste er diese Lippen, diese Augen, dieses Lächeln, und er wusste selbst nicht, wie ihm dabei ward; er wusste nicht, dass er seine Heilige jeden Tag menschlicher liebte. Und wie konnt`er anders, der Arme! Immer wandelte er bei ihr; immer blühte sie reizender vor ihm. Nur jeden Tag eine einzige Stunde entferte sie sich von ihm, um, wie sie sagte, ein Bad zu nehmen. Dahin durft` er nicht folgen. Fünf Tage lang zwar überwand er sich, aus Furcht vor Helva`s Zorn, sogar nicht einmal an die Badegrotte zu denken. Aber am sechsten Tage versetzte er sich in Gedanken dahin; er war diesen Gedanken und ihrer wilden Sehnsucht nicht länger Meister. „Was ich denke, kann sie nicht wissen!“ meine er. Und: „Denken ist noch keine Missethat!“ setzte er hinzu. Da fand er sich, wie im Traume, auf dem Weg zur Grotte, und vor derselben einen feuerfarbenen Vorhang; aber durchaus sah er nicht, was hinter demselben vorging. Nun erst bedachte er, dass er mit Hilfe seines sechsten Sinnes zwar alles Irdische, jede Gegend, jedes Treiben und Thun von Menschen und Thieren gegenwärtig zaubern konnte, aber nie war er fähig, der abwesenden Schratten und Elfen Arbeit und Leben zu beobachten. Das machte ihn nun traurig. Er sass betrübt und still da, als dieAlpenkönigin wieder zu ihm trat, liebenswürdiger, denn er sie je geseh`n. Sie bemerkte seinen Kummer. Sie fürchtete, ihn quäle Langeweile und Heimweh zu den Menschen. Sie beugte sich liebkosend über ihn nieder, schmeichelte ihm voll des zärtlichsten Mitleids. Doch diese Liebkosungen, statt die geheime Gluth seines Innern zu löschen, fachten sie nur gewaltiger an. Und, als Helva am siebenten Tage wieder zur heiligen Grotte gegangen war, vermocht`er`s nicht länger über sich. Er schlich ihr nach. Er stand an dem feuerfarbenen Vorhang. Er zitterte. Er bewegte die Strahlendecke zurück und sah in das Heiligthum, wo die schöne Helva im Bade sass. Aber dies Bad war nur ein rosenfarbenes Gewölk, in welchem die Jungfrau zur Hälfte eingetaucht, ihm ihren alabasterweissen Rücken zukehrte, während zwei dienende Elfen einen aus dem Gewölk hervorgestreckten Fuss ihrer Königin küssten. Dies Füsschen, welches er noch nie unter dem langen, faltenvollen Gewande geseh`n hatte, war kein gewöhnlicher Mädchenfuss, sondern ging sonderbar, wie ein Fächer, auseinander mit Schwimmhaut und glänzenden Federn. Die Elfen erblickten den sündigen Sterblichen und schrieen voll Grausens laut auf, tauchten ihre Hände in das Rosengewölk und sprengten ihm davon entgegen. Es fuhr ihm in die Augen, wie stechende Funken. Er sah nichts mehr. In seiner Blindheit taumelte er mit Entsetzen zurück und her und hin. Um ihn war ein Donnern und Toben, als bräche das weite Weltgebäu über seinem Haupt zusammen. Er schwankte zitternd und stürzte endlich nieder. Zum Glück aber fingen ihn zwei Arme auf und eine rauhe Männerstimme sprach: „Taugenichts, wo schwärmst du seit sieben Jahren herum, und kömmst nun, elender denn ein Bettler, nach Ellisried zurück in diesen Kleidern, die verfault und verwes`t sind?“ „Wer bist du? Ich sehe dich nicht. O ich bin blind!“ „Ich bin der Bruder deiner Mutter, die vor Gram und Herzeleid vor sechs Jahren gestorben ist.“ Da weinte Erni bitterlich und liess sich ins`s Dorf führen. Die Mädchen kannten den schönen Erni nicht mehr; er glich einem hageren Gespenst. Und wenn er von den ausserordentlichen Dingen erzählte, die ihm begegnet waren, wollte man ihm kaum glauben. Er aber seufzte immer den Namen Helva`s; verschmähte Speis`und Trank, und starb am dritten Tage mit dem Seufzer: Helva! Aus: Heinrich Zschokke, in: Rheinisches Taschenbuch auf das Jahr, Frankfurt a Main 1831. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Hitenbub von Albligen

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Während der leidenschaftlichen Kämpfe der Glaubensspaltung im 16. Jahrhundert blieb das Freiburgerländchen inmitten der reformierten Kantone dem alten Glauben treu. Wie eine Insel im Ozean lag Freiburg ganz abgeschlossen von den anderen katholischen Landschaften zwischen Bern und Waadt. Bisher hatten die Neuerer hier noch wenig ausgerichtet. Aber in den Grenzdörfern zeigten sich schon gefährlich Anzeichen des Abfalls. Im nahen Albligen beschloss man nach dem Vorbilde Berns, eine freie Abstimmung für oder gegen Annahme des «reinen Evangeliums» vorzunehmen. Alle stimmberechtigten Männer wurden aufgefordert, unverzüglich zur Stimmabgabe zu erscheinen. So kamen sie denn alle, die Anhänger der neuen Lehre, wie die treugebliebenen Katholiken. Jeder gab nach reiflicher Überlegung seine Stimme ab. Das Ergebnis blieb unentschieden. Sowohl die Katholiken wie die Anhänger Zwinglis hatten die gleiche Anzahl Stimmen erhalten. Da war guter Rat teuer. Die Reformierten suchten durch Drohungen oder lockende Versprechen die Treugebliebenen in ihr Lager herüber zu ziehen. Doch alles umsonst! Die Katholiken blieben standhaft. Da man zu keiner Entscheidung kam, wurde geprüft, ob nicht einer der Geladenen fehle. Es zeigte sich nun, dass der Geisshirte des Dorfes nicht erschienen war. Alsogleich wurde er herbeigeholt. Eine Stimme war nun ausschlaggebend für beide Parteien. Der Geisshirt, ein leichtsinniger Bursche, besann sich nicht lange. Die glänzenden Anerbieten der Neuerer verblendeten ihn. Er schlug alle Gewissensbedenken in den Wind und gab seine Stimme den Reformierten, die also den Sieg errungen hatten. So wurde Albligen protestantisch. Der Abtrünnige konnte sich aber nicht lange seines Lohnes freuen. In einer finsteren Nacht irrte er vom Weg ab und stürzte in die tiefe Senseschlucht hinunter, wo sein schrecklich verstümmelter Leichnam nach einigen Tagen gefunden wurde. Im Grabe fand der Tote keine Ruhe. In den rauen Sturmnächten muss der abgefallene Geisshirt umgehen. Vom Sensetal her hört man sein Schreien und Heulen.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Hochgebirgsbozo

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Von Naters aus sieht man ein hohes, stark hervorragendes Gebirge, es heisst Hochgebirg. Man braucht wohl drei gute Stunden, bis man dessen Anhöhe erstiegen. Es öffnet sich von hieraus die herrlichste Aussicht über die schöne Bell-Alpe, den ganzen Natisserberg, den Brigerzehnden, die Napoleonstrasse, die Gliserhörner und den Simplon; aber unter uns ein schauerlicher Abgrund. Auf dieser hervorragenden Felsenzacke ist eine Spalte, durch welche man in eine bodenlose Tiefe hinabstarrt. Hier soll vor undenklichen Jahren ein greuliches Verbrechen begangen worden sein. Ein reiches Mädchen wurde auf dieser Alpe (Nessel) von drei Werbern oft besucht, hatte aber den jüngsten, obwohl ärmsten, am meisten begünstigt. Dies erweckte in den zwei andern einen tödlichen Hass und den boshaften Plan, sich am Günstling zu rächen. Unter dem Vorwand, beim Mondschein hier sich der Aussicht zu erfreuen, lockten sie ihn hierher, überfielen ihn, banden ihm Hände und Füsse zusammen, steckten einen langen Stecken ihm zwischen die Beine und henkten ihn zunderobschi (den Kopf abwärts) in diese schwindelnde Spalte. Die Bösewichter entfernten sich und gingen zum Mädchen ihr Glück zu versuchen. Nachdem sie einige Stunden im Abendsitz bei der Liebsten zugebracht, kehrten sie zum Orte des Verbrechens zurück – und fanden ihn tot. Um ihre Greueltat vor der strafenden Gerechtigkeit zu verbergen, warfen sie den Leichnam in den Abgrund. Ob ihre Mordtat auf dieser Welt die verdiente Strafe erhalten oder nicht, davon schweigt die Sage; aber nach dem Tode derselben hörte man um die Mitternacht herum ein Mark und Bein durchdringendes Geschrei: «O weh – o weh!» Dann hörte man einen schweren Fall, wie von einem stürzenden Baume. Hirten, die erst spät heimkehrten, sahen es nach diesem schrecklichen Weherufe, wie eine geschundene grosse Kuh aus diesem Abgrunde, bis tief in den Wald mit schaurigem Gepolter herunterrollen.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Hochrütelibueb

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Der Hochrütelibueb Auf dem Rafzerfeld erzählt man, oben am Hochrüteli, dem höchsten Punkt des Gemeindebannes Rafz, hätten die heimkehrenden Badischen den Hochrütelibueb johlen hören. Das sei zur Franzosenzeit ein Dienstbub im Gasthaus zum Kreuz gewesen, und der habe Haber gestohlen, die Scheune angezündet und sich schliesslich erhängt. Dort oben sei er verscharrt worden und finde keine Ruhe. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Unterland Wörtlich nach Gchr. Rafz, 1902; Stauber, S. 20 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der hohle Baum in Menzingen

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Einst stund mitten im Dorf Menzingen ein gewaltiger, schattenreicher Baum. Seine Wurzeln reichten weitherum und wenn ein starker Wind in die Krone des Menzingerbaumes blies, erzitterten ringsumher alle Häuser. Das war für die Dorfleute nicht besonders angenehm. Man beschloss daher, den lästigen Baum zu fällen. Da aber seine Krone überaus weitastig war, fürchtete man für die nächsten Wohnhäuser, sie könnten beim Fällen argen Schaden nehmen. Man riet, zuerst einige der grössten Äste abzuschneiden, allein niemand wagte auf den grossen, hohen Baum zu klettern, denn er war im Laufe der vielen Jahre innerlich hohl geworden. Da war wirklich guter Rat teuer. Zum grossen Glück der Dorfleute kam just ein winziges Bergmännchen des Wegs über den Menzinger Dorfplatz. Der kleine Wicht konnte es schon wagen, auf den hohlen Baum zu klettern, um ein paar gefährliche Äste abzusägen. Man bat das runzelige Erdmännchen um diese Gefälligkeit und der Kleine erwies den besorgten Dörflern gerne diesen Liebesdienst. Nach getaner Arbeit bat es um seinen wohlverdienten Lohn, den man ihm auch gerne in klingender Münze gab. Kaum hatte das Erdmännchen seinen Lohn in der Hand, schlüpfte es wieselflink in den hohlen Baumstrunk und ward von selber Stunde an nie mehr gesehen. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 128 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


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Mitten im Dorfe Menzingen soll ein Baum gestanden haben, der beim blasenden Winde alle neben und nahestehenden Häuser zittern machte; so weit nämlich haben seine Wurzeln geschlagen. Die Einwohner wollten ihn umhauen lassen, aber es war Schaden für die nebenstehenden Häuser zu befürchten, und hinauf, um einzelne Aeste zuerst abzuschneiden, traute sich auch niemand, weil der ganze Baum hohl war. Kam da eben recht ein Bergmännchen her und den kleinen Wicht hielt man ganz geeignet, den Baum seiner Äste zu entledigen. Das Männlein, darum gebeten, erwies den Liebesdienst und begehrte den Lohn. Sobald es ihn erhalten, schlüpfte es in den hohlen Baumstrunk und wurde nie wieder gesehen.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Der hohle Stein

Source: Der hohle Stein

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In der Schafalpe von Ems beim Turtmanngletscher hütete ein Hirte seine Herde. Er übernachtete in der Nähe in einem Schlupfwinkel, der ihm vor Sturm und Wetter nicht genügend Obdach bieten konnte. Doch murrte er nicht und und schickte sich ins Unvermeidliche. Eines Abends hörte er eine Stimme, welche ihm zurief: «Fliehe, fliehe!» Er folgte dem Rufe und lief eine Strecke weit. Da hörte er ein Tosen und Krachen. Er wandte sich um, sah einen Felsblock den Berg herunterkollern und dort schiefliegend sich niederlegen. Wie er sich von seinem Schrecken erholt hatte und alles wieder ruhig war, ging er hin und sah, dass der Fels nach unten ausgehöhlt war und Raum genug für ihn und seine Gehilfen und zugleich durch sein herüberhängendes Dach Schutz vor Sturm und Unwetter bot. Seither ist die Steinhöhle die Wohnung des Schafhirten, nicht von menschlicher Hand gebaut, sondern von unsichtbarer Hand dort aufgestellt als ein Dankeszeichen für die Gottergebenheit und Treue des Hirten. EMS Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Hohleckbozen

Source: Der Hohleckbozen

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Hinter der Leiggernalp öffnet sich die grausige Tiefe des Bietschtales, das der Gemeinde Raron gehört und zur Sömmerung von Schafen, Ziegen und Rindern dient. In früherer Zeit sollen sich die Eigentümer von Schafen dort häufig über Diebstahl beklagt haben. Ein Schafdieb, der dieses Handwerk besonders schwungvoll betrieb, ohne jemals erwischt zu werden, habe, so erzählte das Volk, dafür im Grabe keine Ruhe gefunden und musste zur Strafe im düsteren Tale umherirren. Oft wollte man gehört haben, wie der Geist dieses Schafdiebes in stürmischen Nächten von der Höhe, wo die Suonen ins Tal einbiegen, mit jämmerlicher Stimme hinunterschrie: «Hoh, leck, leck! sä, sä!» Er hiess darum der Hohleckbozen. RARON Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Hohlichtboze in Zermatt

Source: Der Hohlichtboze in Zermatt

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Anton Biner von Zermatt soll den Hohlichtbozen auch gehört haben. Als er noch als Knabe an einem Sonntage in der Alpe Mamad die Kühe auf die Weide trieb, hörte er in dem gegenüberliegenden Berge Hohlicht die Stimme des Geistes. Sich vor ihm fürchtend, eilte Anton in die Hütte zurück, verriegelte sich die Türe, und schon war der Geist, wie es schien, nahe an der Hütte, wo er unter entsetzlichem Jammern und Heulen die Worte ausstiess: «Weh! weh! weh! in Ewigkeit weh!» Dass an der Geschichte von dem Hohlichtspukgeiste nicht etwas Wahres sei, lässt sich kaum bezweifeln; denn viele Personen haben ihn gehört; einige sogar ihn gesehen in der Gestalt eines grossen grauen Widders. Etwelche Male soll er sogar bis in das Dörflein Z'mut heruntergekommen sein, wo er auf dem Salz-Riesche zu lecken schien. Seine Stimme war verschieden. Bald jammerte und heulte er wie ein Mensch, der von schwerem Unglück getroffen ist; bald blökte er wie ein Schaf; bald war's ein wildes, Mark und Bein durchdringendes Geschrei, gleich als wenn erboste Schweine miteinander im Kampfe wären. Als Ursache zur Entstehung dieses Geistes wird Folgendes angegeben: Ein Mann sei auf den unseligen Gedanken gekommen, ungerechterweise Schafwolle sich anzueignen. In dieser Absicht habe er im Berge Hohlicht ein Loch ausgemauert, das die Schafe zum  "Hitzen" benutzten. Einmal in das Loch hineingesprungen, konnten sie sich nicht mehr herauswinden. So habe dieser Unglückliche viele Schafe zu Grunde gerichtet, um sich mit ihrer Wolle zu bereichern. — Seit manchen Jahren hat man von diesem Geiste nichts mehr verspürt.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Hölderli Jokeb

Source: Der Hölderli Jokeb

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Der Hölderli Jokeb ist der brennende Mann, der im Güllihau bei Endingen erscheint, einem Walde, in welchem er sich erhenkt hat. Der feurige Mann zu Wohlen erscheint in der Brunnenmatte. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Hollejuchzger z Brätzbel

Source: Der Hollejuchzger z Brätzbel

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Noh Rägewätter, wenn d’Sunne wieder gschinne het, oder au noh im e Gwitter het me früecher in der Holle gkört jodle und juchzge. Emol sy myni zwo Schweschtere ellei in der Stube gsi. Do seit eini zu der andere: «Gkörsch! — Der Hollejuchzger jüchzgerlet au wieder.» In däm Augeblick isch’s wie ne warme Wind zum Fääschter yne cho, und e Juchzger het in d’Stube tönt, wie yne gschroue. D’Schweschtere hei si vor Angscht zu der Stube-n-us gflüchtet; sie hei noche noh lang gschlotteret. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Holzdieb

Source: Der Holzdieb

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Vor etlichen Jahren verliess der alte Egg-Fridli morgens um zwei Uhr sein Bergheimet «Egg», um sich nach Weesen auf den Markt zu begeben. Etwa eine Stunde später gelangte er zum Brandhüttli. Dort stand er still, kramte Pfeife und Tabak aus der Tasche und wollte eben Feuer schlagen, als ihm eine tiefe Stimme zurief: «Fridli! Fridli!» «Was ist?» fragte der Bauer in die Nacht hinein. «Ich bin der, der dir vor ein paar Jahren das Holz gestohlen hat; bitte verzeih mir!» Sofort antwortete Fridli: «Ja gerne verzeihe ich dir! Wie geht es übrigens in der Ewigkeit?» «Furchtbar streng ist`s», kam die Antwort von weit her. Dann wurde es still, woraus der Eggbauer schoss, dass der Geist verschwunden war.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Holzer

Source: Der Holzer

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Als die Allerseelentage noch nicht eingeführt waren, habe man, wie die alten Leute wissen, noch manchen Geist umherfahren sehen. Damals war es auch, als ein junger Bursche aus Näfels mit seinem «Rolli» gegen den Obersee hinauf ins Holz ging. Gewitterstimmung hing über dem Rauti. Das flösste aber dem Burschen keine Angst ein; vielmehr gab er den warnenden Leuten verächtlich zur Antwort: «Ich fürcht mi vor em Tüüfel nüd!» Die Arbeit lief ihm aber nicht gut vonstatten, und als er verdrossen drauflos werkte, obgleich ein starkes Gewitter losbrach, vernahm er auf einmal eine Stimme. Er schaute um sich, gewahrte aber nichts Verdächtiges. Gleich darauf krächzte die Stimme dicht über ihm: «Gang hei, oder...!» Der Holzer wartete nicht ab, bis das «Oder» erfüllt wurde, sondern liess alles liegen und floh ins Dorf hinab, als wäre der Leibhaftige hinter ihm her. Von Stund an war er ein menschenscheuer, verschlossener und ängstlicher Geselle.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Holzer an der Bürtenfluh

Source: Der Holzer an der Bürtenfluh

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In der Ziegelhütte oberhalb Reigoldswil war viele Jahre ein Knecht in Stellung, der den Ruf eines waghalsigen Holzers hatte. Einst war er auch wieder «ins Holz» gegangen. Es wurde Abend, der Knecht kam nicht nach Hause. Da vermutete man, es sei ihm ein Unglück zugestossen, umso mehr er sich geäussert hatte, eine dürre Tanne an der Bürtenfluh wolle er einmal herunterholen. Am anderen Morgen in der Frühe machten sich einige Männer auf, den Vermissten zu suchen. Wie sie den Bergmattenweg hinauf schritten, sahen sie plötzlich den Gesuchten in der gleichen Richtung weiter unten gegen das Schelmenloch marschieren. Trotzdem gingen sie weiter bis zur Stelle, wo sie den Burschen vermuteten und fanden ihn dort zerschmettert unter der Fluh. Sie trugen die Leiche ins Dorf, wo sie beerdigt wurde. Einige Zeit nachher sammelte ein Mann unter der Bürtenfluh Holz. Bereits hatte er eine ordentliche Bürde au seinen Schlitten geladen. Da rief auf einmal jemand auf der Fluh: «Hopp, Hopp!» Er vermutete, es sei der Förster und antwortete. Doch niemand regte sich. Da wurde es dem Manne unheimlich zu Mute, und er war eine Zeitlang wie gelähmt. Das war sicher der verunglückte Holzer gewesen, der am Orte seines Unglückes erschienen war. Auch nachher wollen andere Leute den Holzer rufen gehört haben. Jedes Mal habe sich darauf anhaltendes Regenwetter eingestellt. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Holzhauer in der Lauch bei Eptingen

Source: Der Holzhauer in der Lauch bei Eptingen

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«Heit er der Holzhauer au wieder gkört in der Lauch? Jetz wei mer aber mache, dass mer’s noh yne bringe, es chunnt wieder öppis,» het amme der Birchschaggob zue mer gseit, und er het gwöhnlig rächt gha. Wenn me der Holzhauer gkört, so git’s sicher ander Wätter. Aber arig isch’s, dass me-n-ihn am Sunntig z’nacht gkört; me seit, er syg zu syne Läbzyte gwöhnlig amene Sunntig go holze und mües jetz zur Strof au no im Tod wieder cho. ’S Zimmers Marti het gseit, er heig ihn in de-n-achzger Johre-n-einisch gseh, am Tag bim Holze, es syg es ganz rots, gschwinds Mannli gsi. Jetz gseh ha-n-ich ihn noh nie, aber gkört scho mängisch, früecher no mehr als jetz. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Holzspalter in Walenhütten

Source: Der Holzspalter in Walenhütten

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In der Walenhüttenvorsass soll vor alten Zeiten ein Senn gelebt haben, dem das Sennenleben so wohl gefallen, dass er einst gesagt habe, wenn er immer auf dem Berg bleiben könnte, so begehrte er nicht in den Himmel. Seinem frevelhaften Wunsche wurde entsprochen; denn seit seinem Tode, der ihn beim Holzfällen ereilte, spuckt nun daselbst der „Holzspalter". Wenn es langes Regenwetter geben will, so hören ihn die Sennen, wie er im Hüttenhof mit regelmässigen Schlägen den Keil in 's Holz treibt und die Scheiter auf einen Haufen wirft. Alsdann schaffen sie vorrätiges Holz zur Hütte, denn sie wissen, was das zu bedeuten hat. Hört man ihn aber im Herbst zur Nachtzeit mit dumpfer und doch weithin tönender Stimme die Kühe locken, so denkt man ernstlich an die Heimkehr, denn baldiger Schneefall und Kälte ist gewiss. Dieses ist auch der Fall, wenn er im Sommer gehört wird, wie das erst noch in den Jahren 1867 und 1869 geschehen sein soll, in welchen bekanntlich im Juni der Berg mehrere Tage mit Schnee bedeckt war. Quelle: J. J. Jakob, Heimathkunde des Amtes Schwarzenburg, Bern, 1869. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www. maerchen.ch


by Der Holzsteg über die Sihl

Source: Der Holzsteg über die Sihl

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Vor altersgrauer Zeit wohnte eine reiche Witfrau mit ihrem einzigen Sohn auf dem Gut im Bostadel zu Finstersee. Über die nahe Sihl führte damals nur ein schmaler, schwankender Holzsteg. Wenn die bösen Gewitter kamen und das Sihlwasser anschwoll, zitterte die Brücke und nur selten wagte ein eiliger Wanderer den gefährlichen Holzsteg zu beschreiten. Wiederum war einmal ein schreckliches Unwetter über den Menzingerberg gefahren und die Sihl wälzte ganze Baumstämme in ihrem wilden Bette. Der Sohn der Witfrau vom Bostadel wollte aber trotz allen Gefahren ins nahe Zürichbiet, und die Mutter bat ihn umsonst, doch das Unwetter abzuwarten und bei ihr zu bleiben. Das Bitten und Betteln der Mutter war umsonst. Der Sohn ging und als er mitten auf der Brücke stand, kam eine gewaltige Welle der Sihl und spühlte den Wagehals vom schmalen Stege in die gierigen Fluten. Vom Zuger Ufer aus hatte die besorgte Mutter den jähen Tod ihres einzigen Kindes miterlebt, und um in Zukunft allen Müttern den grossen Schmerz um ein ertrunkenes Kind zu ersparen, verschenkte sie ihren ganzen Waldbesitz am Gottschalkenberg, dass man aus dem Holz einen festen, breiten Steg bauen solle und aus dem Waldertrag alljährlich die Brücke verbessere und unterhalte. Seither führt der Wald den Namen Stegholz-Wald. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 87 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Horelauenenbauer

Source: Der Horelauenenbauer

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  Bei den Horelauenen lebte einst eine arme Familie. Die Mutter hatte daheim genug zu tun, aber der Vater sass mehr in der Wirtschaft, als dass er in seiner Hofschaft zum Rechten gesehen hätte. Früher hatten in seinem Stalle glatte Kühe gestanden, die er von seinem seligen Vater geerbt, später einige Ziegen, und seit kurzer Zeit hatte er auch diese verkauft und mit dem Erlös die ungeduldigsten Gläubiger für eine Weile beruhigt. Den Rest goss er in der Wirtsstube den Hals hinunter, und als er nun eines Abends spät aus dem Dörflein den Horelauenen entgegenschwankte, zog er, beim Burgbühlhubel angelangt, den leeren Säckel aus der leeren Tasche, klaubte in allen Nähten und Verstecken seines Rockes herum; aber Geld konnte er keines finden. Er klagte und fluchte und brummte. Er gäbe seine Seele um Geld, murmelte er, steckte den Beutel wieder in die Tasche und wollte weitergehen. Da sah er hinter dem Burgbühlhubel einen vornehmen Herrn daherschreiten, mit hohen Beinen, gelbem Gesicht und grünem Jägerhut, auf dem ein lustiges Federlein tanzte. Er redete den armen Schlucker an und versprach ihm zwei Säcke Gold, falls er in die Bedingung einwillige, ihm dasjenige abzutreten, was sich in seinem Stalle befände. Da der Bauer wusste, dass er auch das letzte Zicklein hatte verkaufen müssen, schlug er ohne weiteres ein, wofür er sogleich einen großen Sack voller Goldstücke bekam, und schlenderte zufrieden seiner Hütte zu. Glückstrahlend trat er in die Stube, wo seine Kinder schrien und allerlei Tollheiten verübten, fragte nach der Mutter und bekam zur Antwort, sie sei eben in den Stall gegangen, um nachzuschauen, ob die Hühner dort seien. Er erschrak, ging hinaus und fand zu seiner grössten Betrübnis die Frau wirklich im Stall, doch ohne Hühner. Er sprach kein Wort, warf das Geld hin und legte sich schlafen. Nach sieben Tagen starb die Mutter unerwartet. In der Nacht kam ihr Leichnam fort. Aber am andern Morgen fand der Vater vor der Türe einen großen Sack voller Goldstücke, und darauf lag ein Brief, in dem geschrieben stand: „Ich habe eine, und du hast zwon; Nun haben wir beide unsern Lohn."   Quelle: Georg Küffer, Lenker Sagen. Frauenfeld 1916. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch    


by Der hübsche Stein in der Göscheneralp

Source: Der hübsche Stein in der Göscheneralp

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Ein grosser Stein in der Göscheneralp heisst der »hübsche Stein«, und zeigt die ausgehauenen Familien- oder Hauszeichen der Göscheneralp, einige Namensinitialen und Jahrzahlen. Man erzählt, einmal sei der Kehlengletscher immer mehr und mehr vorgerückt, so dass die Leute Furcht bekamen und glaubten, er werde am Ende bis zur Ortschaft vordringen. Da machten sie mit dem Priester eine Prozession oder einen Bittgang bis zu diesem Stein, und dort gab der Priester den Segen, und jede Familie liess ihr Zeichen einhauen. Seitdem zog sich der Gletscher wieder zurück. Heinrich Gamma Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Hüfigletscher

Source: Der Hüfigletscher

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Alte Leute erinnern sich noch, dass der imposante Hüfigletscher im Hintergrunde des Maderanertals den Boden, Gries genannt, der sich zu seinen Füssen etwa halbstundenweit nach Westen ausdehnt, ausfüllte. Ja eine Volksüberlieferung in Bristen, die sich seit uralten Zeiten von Geschlecht zu Geschlecht weitergepflanzt hat, sagt, er sei zu seiner Zeit bei der heutigen St. Antonikapelle zu äusserst im Tal ob Amsteg über die Felsen heruntergehangen, und bevor er wieder soweit vorgerückt sein werde, würden auch die Bruderklausenweissagung und die Prophezeiungen von einer Weltänderung nicht in Erfüllung gehen. Frau Walker-Furger, Albin Gnos u.a.m. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Hülftenteufel

Source: Der Hülftenteufel

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Dieser Spukgeist trieb sein Unwesen auf der Hülftenbrücke. Es war ein grosser, schwarzer Mann mit einem Zylinderhut. Er hielt oft Fuhrwerke mit drei, vier Pferden an, dass sie nicht mehr weiter konnten. Einst besuchte ich einen Freund in Niederschönthal. Da es die Zeit des Nasenstriches war, wollt er dem Fang der Fische in Augst zusehen. Gegen Mitternacht näherten wir uns der Brücke über das Hülftenbächlein. Ich merkte, dass etwas in der Luft lag; auch stand eine Wetteränderung bevor. Als ich aber auf den Hülftenteufel zu sprechen kam, wurde ich von meinem Begleiter tüchtig ausgelacht. Und richtig, der Geist stand, allerdings nur für mich sichtbar, kerzengerade und pechschwarz bei der Brücke. Wir näherten uns furchtlos der grossen Gestalt. Plötzlich erhielt ich von hinten einen starken Schlag ins Kniegelenk, dass ich mit einem Aufschrei zu Boden sank. Der Geist aber war verschwunden. Unfähig zu gehen, wurde ich von meinem Freunde ein stückweit getragen. Dann kam ich wieder zu Kräften und wir setzten unseren Weg fort. Kaum waren wir einige Schritte gegangen, sahen wir bei der Einmündung des Prattler Feldweges in der Nähe der Griengrube einen grossen schwarzen Ziegenbock, der drohen auf den Hinterbeinen stand. Offensichtlich hatte sich hier der Hülftenteufel in anderer Gestalt aufgestellt, um uns nochmals zu empfangen. Mein Freund zog kurz entschlossen seinen Dolch und drang frischweg auf den Geist ein. Dieser aber setzte mit einem mannshohen Sprung in das Wäldchen nebenan und verschwand. Pratteln Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Hummel

Source: Der Hummel

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Nikodemiten hiessen die Mitglieder einer wiedertäuferischen Sekte in Arth. Während der Sturm- und Drangperiode der zürcherischen Reformation entstanden und unterdrückt, scheint dieselbe dennoch im Geheimen fortgelebt zu haben, denn im Jahre 1655 veranlasste sie wieder bedeutende Unruhen. Wie Nikodemus nachts zum Heilande gekommen sei, so mussten auch sie, wie sie meinten, ihre Zusammenkünfte nächtlich halten und zwar in einem etwas einsamen Hause der Gemeinde Art. Nach der Volkssage bestand ihre Communion darin, dass sie einen Hummel in den Mund empfingen, worauf nach ausgelöschtem Lichte die Orgien folgten. Noch heisst das Heimwesen der Hummelhof.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Der Hummel

Source: Der Hummel

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Im Dörfchen Schwändi – es kann aber auch anderswo gewesen sein – lebte vor Zeiten ein alter Bauer. Wie er geheissen hat, weiss heutzutage niemand mehr; dass er aber seiner Lebtag ein gar schaffiger Mann war und zu jeder Zeit in Feld und Wald an der Arbeit, das wissen alle noch, die die Geschichte vom Hummel kennen. Er hatte sich in seinen alten Tagen noch eine Frau genommen, die war jung und hübsch und hatte starke Arme. Wenn sie so mit dem Alten um die Wette draussen die Wiese mähte und durch die Gasse fuhrwerkte oder mit grossen Burdenen aus dem Wald kam, da schauten ihr die Dörfler wohlgefällig nach und meinten: «Er hat’s noch gut getroffen! Es könnte leicht schlimmer sein! Das Fraueli ist schon recht!» – Und das dachte der Bauer auch, und so lebten sie in ihrem Häuschen, das abseits des Dorfes im Grünen lag, still und friedlich zusammen. Nur eines fand der AIte merkwürdig an seiner Frau. Nämlich, dass sie nie bei geschlossenem Fenster schlafen wollte. Im Sommer war er schliesslich damit einverstanden, obschon er die Nachtluft nicht mochte und wenig darauf gab, dass ihm Mond und Sterne in die Kammer schienen. Kamen aber die kühlen Tage und die dunklern Nächte, dann hätte der Alte es lieber gesehen, wenn der Fensterflügel verriegelt worden wäre. Frug er die Frau nach dem Grunde ihres seltsamen Verlangens, so zuckte sie lächelnd die Achseln: «Ich bin s nun einmal so gewohnt und nicht anders, und wenn du mich gern hast, so tust du mir das schon zuliebe, gelt?» – Da sie steif und fest auf ihrem Willen beharrte und im übrigen ein gutes Weib war und seinen kleinen Haushalt beisammenhielt, so liess er sie gewähren und sagte auch nichts weiter, wenn er ab und zu an die Zehen fror. Einmal, als er mit seinem Nachbar spät abends vom Markt heimkehrte und sie auf das Häuschen zukamen, so zeigte der andere auf den offenen Fensterflügel und fragte: «Warum bleibt bei euch das Schlafgadenfenster jahraus, jahrein immer offen?» «Nun, weil’s die Lisabeth so haben will!» «Soso – die Lisabeth will’s so haben? Merkwürdig! Ich möcht nicht immer Nachtluft einschnaufen – und übrigens, hast du nie bedacht, dass die Nachthummeln ein- und ausfliegen könnten?» «Die Hummeln? Wieso gerade die Hummeln? Was sollte so ein Hummel in meinem Schlafgaden zu tun haben, Nachbar?» Als er ihn aber weiter ausfragen wollte und allerlei werweisste, so gab der andere keine Antwort mehr und ging ohne ein Wort zu sagen in die Nacht hinein. Wie der Herbst kam und der weisse Reif jeden Morgen wie Silber auf den Wiesen lag, und der Tag kühl blieb bis wieder in die Nacht hinein, da ging der Bauer wieder eines Abends ins Bett, und die Lisabeth schloff in ihres, und der Fensterflügel blieb offen. Der Bauer schlief wie immer bald ein und schlief fest und traumlos. Doch da die Nacht kühler war als je zuvor, fing er nach Mitternacht an zu frieren, und wenn er auch die Decke bis ans Kinn hinaufzog, so fror er dennoch weiter und konnte nicht mehr einschlafen. Da stand er leise auf, dass seine Frau ihn nicht hören sollte, tappte auf den Zehen durch die stockdunkle Kammer zum Fenster, schloss es mit dem Riegelchen und kroch frierend wieder ins Bett zurück. Gegen den Morgen hin, als der Tag bleich und grau durch die Scheiben schien, träumt er, ein grosser Hummel surre um seinen Kopf, und er surrt und surrt, und er erwacht darüber und sieht zu seiner Verwunderung im schwachen Dämmerschein, dass ein Hummel immer und immer wieder aufgeregt an die Fensterscheibe stösst und nicht davon ablässt, als ob er mit des Teufels Gewalt in die Kammer hineinfliegen wollte. «Bleib du nur draussen!» denkt er und schaut eine Weile lang dem Hummel zu, wie das Tierchen in voller Verzweiflung immer aufs neue mit dem Kopf in die Scheibe rennt, bis es schliesslich immer matter wird und verschwindet. Dann dreht sich der Bauer auf die andere Seite und schläft geruhsam bis in den Morgen hinein. Wie er dann erwacht, denkt er, ich will den Traum der Lisabeth erzählen, und dreht sich zum andern Bett. «Du, Lisabeth», sagt er. Aber sie hört ihn nicht. Und wie er lauter ruft: «Du, Lisabeth!», da sagt sie immer noch kein Wort und liegt still und bleich mit offenem Mund da und hat nie mehr ein Wort gesagt. Denn sie war tot. Als man sie christlich und in Ehren begraben hat, und der Bauer mit den Dörflern still und müde vom Kirchhof heimkommt, da erzählt er bei den letzten hundert Schritten dem Nachbar die Geschichte mit dem Hummel und wie das Tierchen mit einer Gewalt in das Fenster geschossen sei, als ob Leib und Leben davon abgehangen hätten. Der andere sagt kein Wort. Erst nach einer Weile murmelt er vor sich hin: «Vielleicht war’s auch so -?» Und dann drückt er dem Alten die Hand und geht seines Weges. – Erst nach Jahr und Tag, als der Bauer schon hoch in die Achtziger geht und die beiden still in der Abendsonne auf dem Bänklein vor dem Haus sitzen, kommen sie noch einmal auf den Hummel zu reden. «Ich hab dir’s dazumal nicht zuleid tun wollen», sagt der Nachbar. «Aber nun ist’s ja schon lang verjährt. Früher nämlich hat’s geheissen, dass es Frauen gäbe, oder Hexen, oder wie man ihnen sagen will, Frauen also, deren Seele jede Nacht als wilder Hummel aus dem Mund fahre und sich nachts weiss ich wo zwischen Himmel und Erde herumtreiben, aber nicht auf rechten Wegen. Doch in der Morgendämmerung muss der Hummel wieder in den Leib zurück, bevor’s Tag wird, und wenn er das nicht fertigbringt, so bleibt die arme Seele für alle Ewigkeit draussen und ist für immer verloren. Die Hexe aber muss sterben, da hilft kein Kraut und kein Arzt mehr.» «So wär’ die Lisabeth – eine Hexe gewesen, meinst du?» fragt der Alte und tut, als ob er eine Fliege von der Stirne verscheuchen wollte, aber der Nachbar sieht, dass ihm eine dicke Träne aus den alten, roten Augen rollt. «Sei dem, wie’s wolle – Gott gebe ihr die ewige Ruhe!»   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Hund

Source: Der Hund

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Der Hund Noch um 1900 wollten einige wissen, dass man immer einen Hund sehe, wenn man spät nachts von Etzwilen oder Nussbaumen nach Stammheim zurückkehre. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Winterthur und Weinland Schriftliche Mitteilung von a. Lehrer Emil Brunner in Oberstammheim. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Hund (Henau, SG)

Source: Der Hund (Henau, SG)

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Zwischen Niederuzwil und der Hub wandelt in der Nacht ein gewaltiger Hund herum. Wer ihm begegnet, verliert den Weg, muss fast die ganze Nacht herumirren und kommt nach harten Wanderungen schweisstriefend nach Hause.                                     N. Senn, Tagebuch. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 477, S. 281 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Hund auf dem Rotenbüel

Source: Der Hund auf dem Rotenbüel

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Schon vor uralten Zeiten soll auf dem Rotenbüel *) ein Hund sein Unwesen getrieben und das Vieh in seiner Ruhe gestört haben. In einer hellen Mondnacht hütete der Hirt die Kühe, bis sie sich zur Ruhe niederlegten. Auf einmal kam sein treuer, sonst furchtloser Hund mit gesenktem Schweife ihm ängstlich zwischen die Beine. Da erschien ein grosser, schwarzer Pudelhund mit feurig glänzenden Augen. In seinem Leben habe der Mann nie einen solchen Hund gesehen. Ein Schaudern überlief ihn. Die Hirten sagen, auf dem Rotenbüel liegen die Kühe des Nachts nie ruhig.                                                I. Hell. *) Eine Alp am Südabhang des Lüthispitzes.  Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 425, S. 252 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Hund und die Alraune

Source: Der Hund und die Alraune

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Ein Bauer hatte ein Alrünli, das ist ein Tier wie ein Fröschchen; es hatte ihn reich gemacht. Aber gegen das Ende seines Lebens wurde es ihm angst; denn, wer so einen Geldscheisser vor dem Tode nicht losbekommt, ist des Teufels. Da ging er zu einem Kapuziner und klagte und bekannte ihm. Dieser las ihm tüchtig den Text und meinte, da sei nicht zu helfen. Doch besann er sich und sagte, man könnte noch ein Mittel probieren. Er solle das Alrünli in einen entfernten Winkel seines Landgutes tragen, aber doch innerhalb des Eigentums, und es da sitzen lassen, und, wenn dann ein Hund einmal nach ihm schnappe und es so verjage, dann werde er gerettet sein. Der Reiche folgte und setzte das nun unerwünschte Tier in den äussersten Zopf seiner Matte. Aber nie wollte ein Hund nach ihm schnappen. Der Mann wurde alt und gebrechlich und bekam eine heillose Angst. Endlich tat er, da er sich nicht anders zu helfen wusste, selber einen Hund zu, versprach, ein Kloster zu bauen, wenn er gerettet werde, und trug den Hund in die Nähe der Alraune. Und richtig, der Hund schnellte nach ihr, so dass sie floh. Sein Versprechen hielt der Mann, und nach dem Tode erschien er jenem Kapuziner, dankte ihm und sagte, er könne selig werden. Fr. Gisler-Arnold, 70 J. alt, Schächental Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Hund von Uri

Source: Der Hund von Uri

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In frühern, längst verflossenen Zeiten, derer sich nur die gedächtnisstarke Sage erinnert, dehnte sich die wilde, hohe Alp Chammli im Hintergrund des Schächentals viel weiter aus als heutzutage. Da umfasste sie auch die sogenannte »Scharhoräteiffi« (Scharhorntiefe), die jetzt vom Firn und Moränenschutt bedeckt wird, damals aber dem Vieh der Chammlialp ergiebige und milchreiche Nahrung bot. Aber auch die benachbarten Bergriesen, der langgestreckte Chammlistock und das hochragende, schlanke Scharhorn, trugen noch nicht ihre eisigen, gletscherblauen Panzer, und man konnte trockenen Fusses, auch mit dem Vieh, von der Alp Chammli über die Chammlilücke nach Graubünden gelangen. Dort hauste aber eine Räuberbande, die öfters über die Berge in Uri einfiel und den Urnern Vieh entführte. Ihrer waren soviele als Karten im Kaiserspiel, also 48, und sie benannten sich gegenseitig auch nach den Spielkarten, z.B. Rosä-Sü, Eichlän-Under, Blass, Mugg, Fehn usw. Zu jener Zeit hatten sie auf Chammli einen Alpknecht, der laufen konnte »was ein Hund«, weil er keine Milz hatte; sie war ihm, wie die Einen sagen, herausgeschnitten worden, oder wie die Andern behaupten, hatte er sie bei der Geburt erbrochen. Die »Bündner«, denen er gar wohl bekannt war, nannten ihn nur den »Hund von Uri«. Eines Nachts, als die Alpknechte auf Chammli schliefen, kamen die Räuber, stahlen die »Lebware« und führten sie fort in ihren Schlupfwinkel. Die Urner errieten ohne langes Nachsinnen, wer ihnen solches getan, und machten sich auf die Strasse, um das verlorene Eigentum wieder zu holen. In tiefer Nacht, da die Räuber im Obergaden dem süssen Schlafe ergeben, kommen sie an; sie legen Decken auf die steinerne »Bsetzi« vor dem Gaden, leise schleichen sie hinein, ebenso lautlos nehmen sie dem Vieh die Schellen ab, treiben es heimlich hinaus und über die gedeckte Bsetzi fort. Nur der Hund von Uri musste während dieser Hantierungen von Zeit zu Zeit schellen, wie das Vieh dann und wann auch beim Ruhen und Wiederkäuen die Schelle ertönen lässt. Erst, da die Urner mit ihrer Habe weit genug entfernt sind und einen genügenden Vorsprung gewonnen haben, hört der Hund von Uri mit seinem Schellen auf, springt vor die Räuberhütte hinaus und ruft den Geprellten höhnend zu: »So jetz! ds Veh wär fort, wenn-er etz nu der Hund von Üri wennt, so meeged-er äbä chu, aber ä chly flingg!« Dann setzte er seine Beine in Bewegung. Wie erzürnte Bienen aus ihrem Korb, so kamen jetzt die Gehöhnten zum Tor hinausgestürmt (syget chu wiä d'Byäli) und die Leiter hinunter; der feurige »Schallä-Panggi« an der Spitze brach dabei sein rechtes Bein, wie das heute noch auf den deutschen Spielkarten ersichtlich ist. Aber den Hund von Uri, den haben sie nicht eingeholt! Die gereizten Bündner sannen auf Rache. Endlich gelang es ihnen, ganz heimlich bis zur Alp Chammli vorzudringen und leise in die Alphütte hineinzuschleichen, da der Senn (nicht der Hund von Uri) allein daheim und gerade mit Erwellen beschäftigt war. Wutschnaubend drohen sie diesem, ihn lebendig über dem Feuer zu braten. Den sichern Tod vor Augen, fleht er die Unmenschen an, sie möchten ihm vor seinem Ende die letzte Bitte gewähren und ihn noch einmal »pichlen« lassen, solange es seine Kräfte erlauben. Dieser Wunsch wurde ihm erfüllt. Nicht weit von der Alphütte entfernt zeichnen sich auf dem grossen Karrenfeld, das einen bedeutenden Teil der Alp einnimmt, drei grosse, ganz mit kleinen Rinnen und feinen, scharfen Rippchen bedeckte, ebene Steinplatten aus, die Holzplatte, die Tanzplatte und die Sennenplatte, auf welch letzterer der Betruf gesprochen wird. Diese betrat der Senn und blies seinen Pichel mit aller Kraft, so dass dessen weiche Töne weit in das Tal hinaus fluteten. Nun hatte er in Unterschächen eine Geliebte, die er in die Geheimnisse seiner Tonsprache eingeweiht hatte. Es war gerade das hohe Fronleichnamsfest, und mit der Prozession in Unterschächen zog auch die Jungfrau durch das geschmückte Dorf. Da trafen die wohlbekannten Klänge von der Alp Chammli her plötzlich ihr Ohr und brachten ihr Kunde von der grossen Gefahr, in der ihr Geliebter schwebte. Das Volk wurde verständigt, oder, wie Andere erzählen, ein ganzes Bataillon Soldaten wurde aufgeboten und machte sich schleunigst auf, den Bedrohten zu retten. Schon war dieser, vom Blasen des Alphorns ermüdet, niedergesunken und von den Räubern ergriffen worden; als die Leute auf der Alp ankamen, fanden sie ihn am Turner (drehbarer Milchkesselhalter) aufgehängt, und das gierige Feuer reckte seine glühenden Zungen nach ihm. Einige Augenblicke später, und er wäre nicht mehr gerettet worden. Zacharias Zurfluh; Pfr. Jos. Arnold a) An eine in andern Kantonen verbreitete Spielart dieser weitbekannten Alpensage erinnert ein alter Anzählreim der Urner Jugend: Essi, Blessi,  Der Sänn lyd im Chessi, Är hirtet diä gross, rot Trychelchüeh Uff der heechä Flüeh, Gid-ärä zfrässä und läuft am Underwaldä züe. b) Wie auf Chammli finden sich die Sagen von der Alpschlacht und vom Venediger auch auf Sörenberg, Entlebuch, nebeneinander und die letztere neben einer zur erstern verwandten Räubersage auch in der Gegend des Fellitales bei Gurtnellen. 2. Zu Füssen der beiden eisgepanzerten Bergriesen Chammlistock und Scharhorn dehnte und streckte sich vor uralten Zeiten eine herrliche Alp. Sie umfasste die heutige Chammlialp, die gegenwärtig hoch mit Firn bedeckte Scharhorntiefe und das Gries, das jetzt eine grosse Steinwüste bildet. Ihre blumenreichen Triften brachten ihr den Namen Blüemlisalp. Aber auch die Joche der benachbarten Berge waren noch nicht vereist, und über die Chammlilücke breiteten sich grüne Triften aus, auf denen die Alpkühe weideten. In Graubünden lebte damals ein räuberisches Volk; dieses kam öfters über die schneefreien Berge und stahl in den nahen Urner Alpen viel Vieh, so auch auf Blüemlisalp. Eines Tages war hier der Senn allein, als die Räuber hereinbrachen und das Sennten davontrieben. Den Senn banden sie und trafen Anstalten, ihn lebendig am Feuer zu braten. Da machte er den Ruchlosen das Angebot, er wolle ihnen vor seinem Tode noch eine Freude bereiten; sie sollten ihn nur seinen Pichel noch einmal blasen lassen. Die Graubündner gingen auf sein Anerbieten ein, und der Senn trat vor die Hütte hinaus und fing an, herrlich zu pichlen. »Ysiri diä gross Chlepfächüeh will dem Pintnerland züe,« pichelte er. Das hörte in Unterschächen seine Geliebte, die gerade im feierlichen Umgang mit dem Volke durch das Dörfchen zog. Es war nämlich Unsers Herrgotts Tag. Mit ihr hatte er verschiedene Zeichen verabredet und sie in die Geheimnisse seiner Tonsprache eingeweiht. Damals nun gab es sogenannte Hundsläufer, Menschen, die keine Milz hatten und schräg und so flink und ausdauernd liefen wie die Hunde. Ein solcher lebte auch in Unterschächen. Sobald die Jungfrau die hilfeheischenden Töne des Alphorns vernommen, benachrichtigte sie den Hundsläufer. Dieser bewaffnete sich schleunigst, und im Nu befand er sich auf der Alp, befreite den Senn, der schon am Turner angebunden war. Mit vereinten Kräften gelang es den beiden, die Bündner zu verjagen. Da aber weit und breit weder Vieh noch Menschen vor diesen Räubern sicher waren, beteten die Urner zu Gott, er möchte doch Gletscher über die Berge wachsen lassen. Gott erhörte ihr Flehen, und seit jener Zeit bedeckt ewiger Firn so viele unserer Berge und Kulmen. Daniel Imholz u.a. a) Ohne Erwähnung des Hundsläufers und des Gebetes um die Gletscher und ohne Ortsangabe wurde mir die Sage auch im Maderanertal erzählt. Paulina Tresch b) Als die Bündner das Vieh raubten, ging der Senn und pichelte seiner Liebsten in den Schwanderbergen: »Trychelchüeh, dem Pintä züe!« Sie verstand es, alarmierte die Leute, und diese sandten zwei Hundsläufer nach Chammli, die den Senn am Turner angebunden über dem Feuer antrafen und grad noch retten konnten. Gemeinsam holten sie nun auch das Vieh aus Bünden zurück. Karl Brücker Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Hundemensch

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Es war einmal ein König, der war sehr hart, wenn es um das Zahlen der Steuern ging. Armen Leuten, die nicht zahlen konnten, nahm er alles weg, was sie hatten. Da war einmal ein armer Mann, der hatte viele Kinder. Nachdem der Vater gestorben war und die Kinder die Steuern nicht zahlen konnten, liess der König ihre einzige mickerige Kuh holen und in den Stall zu seinen Tieren stellen. Aber am andern Morgen waren alle Kühe des Königs tot, ausser der grossen, hässlichen. Der König liess den Metzger kommen, um die Kühe zu häuten. Als der Metzger einer Kuh ein Stück Haut abgezogen hatte, nahm der König ein Messer und haute ein Stück Fleisch ab. Er ging vor die Stalltüre, warf das Fleisch zum Kruzifix hinauf, das über der Türe hing, und rief: «Hier nimm das Aas und friss es!» Aber in dem Augenblick wurde der König in ein Wesen halb Hund, halb Mensch verwandelt. Von da an musste er immer Aas fressen, bis er tot war.   Thompson Motiv Q 551.3.2.7 (Bestrafung: Verwandlung in einen Hund)   Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Hundsgalgen

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Der Hundsgalgen So heisst eine Örtlichkeit in der Aretshalden, zwischen Wetzikon und Seegräben. Diesen Namen hat sie zu Bürgermeister Waldmanns Zeiten bekommen, wie sich die Leute der Umgebung noch um 1890 erinnerten. Waldmann habe befohlen, die Hunde auf der Landschaft abzutun. Als die Bauern auf dem Lande diesen Befehl nicht befolgten, seine die Hundetöter gekommen, hätten alle Hunde auf einen Platz geführt und sie erschlagen. So ein Ort sei eben die Aretshalden gewesen, und drum habe man ihn von da an den Hundsgalgen genannt. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Jahrbuch Pfäffikon Nr. 7, S. 135 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Hundskäs

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Es gab eine Zeit, da die Älpler auf den Brienzer Alpen weniger Not hatten mit dem Holz für den Hüttenbau und die Feuergrube. Da reichte auf der Sonnenseite des Tales der Wald stellenweise an die Schneide des Grates heran. Auf der Schattenseite, auf der Axalp und an Hinterburg, nahm er zumindest grosse Teile der heutigen Läger und Hochweiden ein. Zeugen dafür sind tannene und ahorene Baumstrünke, die weit über der jetzigen Waldgrenze ausgegraben wurden. An alten Hütten in den hinteren Axalpstafeln waren mächtige Rundholztotzen verwendet worden, deren Standort nicht weit von den Lägern gewesen sein konnte; sie heute aus dem nächststehenden Walde herbeizuschaffen, wäre mit den den Älplern verfügbaren Mitteln nicht möglich. In den Wäldern hausten aber auch noch die Raubtiere, brachen, sei’s Tag oder Nacht, oft aus ihren Verstecken und schlugen und rissen das Vieh. Gar aufsässig sollen die Bären auf der Axalp gewesen sein; wenn im Stafel Kuhmahd ein Haupt sich ennet die Windegg verlief, war es verloren. Die Räuber zu vertreiben, schickte der Landvogt zu Interlaken des Sommers drei- bis fünfmal seine Knechte mit Hunden auf die Alpen. An einem bestimmten Tage trugen dafür die Älpler allen Tagesnutzen in einer Hütte zusammen, und einer von ihnen machte daraus einen grossen Käse. Im Herbst darauf erschien am Hauptort der Kirchgemeinde der Landvogt und lud die Gerichtssässen und den Älpler, der den Käse gemacht und besorgt hatte, zu einem Schmause ein. Bei dieser. Gelegenheit überreichte der Käser dem Landvogt nun den grossen „Mutsch“ der Älplerschaft unter den Augen der Gerichtssässen zum Danke für den geleisteten guten Dienst. Dieser „Mutsch“ war der „Hundskäs“ genannt; den letzten soll am Ende des ersten Viertels des achtzehnten Jahrhunderts ein Peter Flück mit dem Zunamen Borters auf der Rotschalp gemacht haben. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Hundtrog bei Muttenz

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Als die Ritter noch auf der Burg hausten, befanden sich auf halber Höhe des Wartenbergs Tröge für die Jagdhunde. Die Leibeigenen im Dorfe waren gezwungen, tagtäglich morgens und abends diese Tröge mit Hundefutter zu füllen. Wenn sie es unterliessen, wurden sie schwer gebüsst oder eingekerkert. Noch jetzt heisst man die Gegend, wo sich voreinst der Futterplatz der ritterlichen Hunde befand, «im Hundtrog». Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch  


by Der Hünemauch bei Zurzach

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Der Hünemauch war ein berüchtigter Dieb von Klingnau. Zuletzt fing man ihn und türmte ihn in dem festen Teile des Zurzacher Rathauses ein, welchen man das Heichel- (Heinrich) und Gäuchelnhaus hieß. Dieser Name deutete an, dass man darin jeden pfiffigen Schelmen, der sich als Narr (Heichel) anstellt, gescheit machen könne. Als er sich hier nicht mehr befreien konnte, erhenkte er sich. Man begrub ihn anfangs am gewöhnlichen Waldrain. Er kam aber von dort alle Nacht in den Ort herunter, und erregte einen solchen Lärmen, dass niemand mehr schlafen konnte. Also grub man ihn da wieder aus und verscharrte ihn weiter am Berg droben, auch warf man einige Fuder Steine darauf, damit er ja nicht wieder auferstehe. Dieser Waldplatz heißt seitdem ebenfalls Hünemauch. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Hungerbrunnen

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Im äusseren Teil des Wabigentälchens, wo es kesselartig erweitert ist, befindet sich eine starke periodische Quelle. Das Wasser wallt zu Zeiten mächtig und klar auf und wirbelt kleine, blankgeschliffene, bunte Steinchen auf und nieder. Bei längerer Trockenheit versiegt aber die Quelle wieder. In früheren Zeiten soll jeweils eine Hungersnot gekommen sein, wenn die Quelle zu lange floss oder ihr Wasser lange Zeit ausblieb. Daher erhielt sie den Namen Hungerbrunnen. Buus Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Hungerbrunnen bei Buus

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Im äussern Teil des Wabigentälchens, wo es kesselartig erweitert ist, befindet sich eine starke periodische Quelle. Im schönen Wiesengrunde wallt da das Wasser zu Zeiten gar mächtig und klar auf und wirbelt in lustigem Spiel kleine, blankgeschliffene, bunte Steinchen auf und nieder. Bei längerer Trockenheit versiegt aber die Quelle wieder. In frühern Zeiten soll jeweils eine Hungersnot entstanden sein, wenn die Quelle zu lange floss oder wenn ihr Wasser zu lange ausblieb. Daher erhielt sie den Namen Hungerbrunnen. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Hungerbrunnen im Oristal

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Wenn es während langer Zeit ausgiebig regnet, dann kommt im Oristal der Hungerbrunnen zum Laufen. Diese Waldquelle auf der rechten Seite der Talsohle, in der Nähe des Orishofes, soll der Überlauf eines unterirdischen Sees sein. Wenn dieser Brunnen richtig anschwillt, dann rumpelt und gurgelt es schaurig im Wasserloch. Hungerbrunnen nennt man ihn, weil es früher immer nasse und böse, richtige Hungerjahre waren, wenn dieser Brunnen lief. Seltisberg Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Hüper

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Nach der grausigen Niederlage der Zürcher am Gubel im Jahre 1531 kam ein jugendlicher Reitersmann auf wilder Flucht an den Egelsee und wollte nach dem gegenüberliegenden Wäldchen entfliehen. Bei seinem Vorhaben geriet er in arge Not, und in seiner grossen Bedrängnis tat er Gott in seinem Herzen ein frommes Gelübde, so er gerettet würde von einem jähen Tode. Als aber sein Pferd den Huf wieder auf trockenen Boden setzen konnte, lachte der frevelhafte Zürcher über sein frommes Vorhaben und spottete darüber mit lauter Stimme. Doch in raschem Kehr wandte sich plötzlich das Pferd um und sprang wiederum gegen den See hin. Voll Schrecken fing der Spötter an, das Pferd herumzureissen, hieb auf das Tier ein und drückte ihm die Sporen tief in die Weichen mit dem Ruf "Hup, hup!" Vergebens waren alle Bemühungen des Reiters, das Tier sprang mit seinem Herrn ins dunkle Wasser und auf elendigliche Weise kam der Reiter ums Leben. Noch manches Jahr hörte man um die mitternächtliche Stunde am Egelsee einen bitterlichen Notschrei: "Hup, hup!" Das war der Egelsee-Hüper. Seit aber die Franzosen ins Land gekommen waren, habe man nie mehr etwas vom Hüper gehört. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 49 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Hutätä

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  Es gibt wohl keine Ortschaft im Senseland, wo der Hutätä nicht umging, - hier zu Fuss, dort zu Pferd, hier ganz allein als alter Graubart, dort als dunkler Jäger mit einer Schar schwarzer Hündlein. Nicht selten fuhr er unsichtbar durch die Lüfte. Dann vernahm man nur so ein „Gerädel“, als ob tausend Männer und Frauen durcheinander redeten. Ja, manchmal tat er sich in einer sonderbaren Nachtmusik kund. Da hörte man einen mächtigen Schall von Geigen, Hörnern, Pfeifen, Schellen und Trommeln am Himmel dahinziehen. Es ist noch kein Menschenalter her, da schreckte man Kinder, die nach Einbruch der Nacht sich noch draussen aufhielten, mit der Rede: „Gang hiim, süsch chunt der Hutätä u nümmt di.“ Aber es gab auch eine Zeit, wo selbst die Grossen sich vor ihm fürchteten, besonders wenn er um die Wintersonnenwende mit seinen Heerscharen im Sturme über die Erde ritt. Horch, da braust sie heran, die wilde Jagd. Aus dem Heulen des Windes lösen sich hundert und hundert Stimmen und Laute. Sie wirbeln und flattern durcheinander wie dürre Blätter im Herbststurm. Es klingt wie Eulenschrei, Hundegebell, Pferdegetrappel, Gewieher, Gebrüll. Jetzt mischen sich Menschenstimmen darein. Huuh - das heult und schreit und wimmert und stöhnt und flucht und lacht wie Schlachtenlärm. Was sind das für Stimmen? Sind es Wut- und Racheschreie von Menschen, die am Leben zerbrachen, - von Verführten, Betrogenen, Enterbten, Vertriebenen? Ist es das Hohngelächter der Tyrannen, das Geschrei der hungernden Kinder, das Jammern und Stöhnen der Geknechteten und Misshandelten? - Es sind die Stimmen ruheloser Geister, Geister, die aus den Gräbern steigen, mit dem wilden Jäger im Sturm über die Erde fahren und ihre Not und Qual in den Wind schreien. Glücklich, wer jetzt sicher und geborgen in der warmen Stube sitzt. Er rühre sich nicht, selbst wenn der Hutätä an den Fensterladen rüttelt, das Tenntor aufreisst oder sein schauriges Huuh-huuh zum Kamin hinunterbrüllt. Wer aber das Fenster öffnet und neugierig hinausblickt, der bekommt sicher einen heftigen Backenstreich, dass ihm davon der Kopf unförmig aufschwillt, das Fieber ihn brennt und schüttelt, oder ein hässlicher Ausschlag seinen Leib entstellt. Wehe dem Wanderer, der auf nächtlichen Pfaden der wilden Jagd begegnet. Er muss sich an den Wegrand stellen, den Vorüberstürmenden den Rücken kehren und sich hüten umzuschauen, sonst geht es ihm übel. Wird er auf freiem Felde vom Nachtjäger überrascht, so tut er am besten, sich vornüber auf die Erde zu werfen, den Kopf in den Boden zu drücken die Arme darüber zu kreuzen und so auszuharren, bis der Spuk vorüber ist. Wird jemand vom Hutätä gefragt, welche Stunde es sei, dann soll er unerschrocken ihm antworten: Sigenes spat am Abe  Oder am Morge bizite, I lobe Gott zu alle Zite. Fragt er, wohin der Weg führe, so muss die Antwort lauten: A jeda Wäg, Ob schmal - ob briit, Är füert i d’ Ewigkiit. So gab es auch Sprüchlein auf die Fragen: Wer bist du? - Woher kommst du? - Wohin gehst du? Wer um die richtige Antwort verlegen war, kam selten ohne die gefürchteten Backenstreiche oder den schrecklichen Ausschlag davon. In der Nähe des Dorfes Düdingen begegnete einst ein verspäteter Kilter der wilden Jagd. Statt ihr auszuweichen, blieb er trotzig mitten auf dem Wege stehen. Plötzlich stand hoch zu Pferd der Nachtjäger vor ihm. Er schwang drohend ein Beil und fragte: „Junge! für was ist die Nacht.“ Der Bursche antwortete frech: „Für was mu si eppa grad brucht.“ Da hob der Hutätä das Beil empor, schlug es ihm wuchtig in die Schulter und ritt hohnlachend von dannen. Ein ganzes Jahr lang trug der junge Mann das Beil samt Stiel mit sich herum. Es war wie mit dem Leibe verwachsen, und niemand konnte es herausziehen. Schmerzen verursachte es ihm zwar nicht, aber das Ding war heillos unkommod, und wer ihn also sah, der musste laut herauslachen. Endlich konnte ihm ein alter Mann den Rat geben, er solle sich, wenn die wilde Jagd um den Weg sei, wieder an jenen Ort begeben, aber diesmal sich schön bescheiden am Wegrand aufstellen und der Strasse den Rücken kehren. Er tat so. Die nächtliche Jagd stürmte heran. Plötzlich hörte er hinter sich das bekannte Hohngelächter des Nachtjägers, und gleichzeitig fühlte er, wie das Beil mit einem Ruck ihm aus der Schulter gezogen wurde. * Einst stürmte die wilde Jagd gegen die Horia hinauf. In der Gegend von Jetschwil befand sich ein mutwilliger Junge noch auf der Strasse. Als der Spuk an ihm vorbeiraste, schrie er ins Getöse: „Hutätä - wa wüt du hii?“ Da brüllte ihm jemand mit fürchterlicher Stimme ins Ohr: „Ga Lustorf zue!“ Gleichzeitig empfing er ein „Fläri“, dass ihm die Wangen wie Feuer brannten und der Kopf wie ein Mäss aufschwoll. * Landauf, landab erzählte man folgende Geschichte: Auf einem einsamen Bauernhofe war an einem stürmischen Winterabend die ganze Familie um den Tisch versammelt. Da zog auf einmal die wilde Jagd vorbei. Man hörte das Bellen der Hündlein und die Lockrufe des Jägers. Jetzt öffnete der Bauer ein Fenster und rief spottend hinaus: „Huu-tä-tä, huu-tä-tä!“ Da sauste ein Pferdefuss hart an seinem Kopfe vorbei und fiel polternd auf den Zimmerboden. Draussen aber ertönte die Stimme des Jägers: „Hesch mer hälfe jage – Chasch mer hälfe gnage!“ Der stinkende Pferdefuss war nicht mehr von der Stelle zu bringen und blieb jahrelang in der Stube. * Ein Bursche kehrte spät in der Nacht von einem Kiltgang heim. Als er durch den Farnerawald schritt, hörte er die wilde Jagd heranbrausen. Er versteckte sich schnell in einem Gebüsche. Jetzt sprengte der Nachtjäger an ihm vorbei. Er ritt einen schwarzen Hengst. Ihm folgte eine endlose Schar heulender und rasender Hunde. Als der ganze Zug schon eine Weile vorüber war, hinkte kläffend noch ein kleines schwarzes Hündchen daher. Der Bursche erkühnte sich und eilte dem „Gäueri“ nach. Er fing ihn und trug ihn nach Hause. Dort schloss er ihn in eine „Trucke“ und legte noch einen schweren Stein auf den Deckel. Am andern Tage wollte er das Tierchen beim Sonnenlicht genauer ansehen. Was fand er aber in der Kiste? - Einen Haufen Rossbollen. Das ärgerte den Burschen. Er nahm die Kiste und schüttete deren Inhalt auf den Misthaufen. Aber kaum hatte er den Rücken gekehrt, da machte es „wauwau, wauwau“ hinter ihm. Ein kleines, schwarzes Hündlein sprang vom Miststock herunter und lief bellend dem Farneraholz zu. Die Rossbollen aber waren verschwunden. * Ein anderes Mal ging die Jagd der Ärgera entlang. Das war ein schauriges Heulen und Schreien und Schnauben in jener Nacht. Eine Frau öffnete das Fenster, lehnte sich hinaus und rief: „Schwüg doch, du alta Brüeli!“ In diesem Augenblick erhielt sie einen „Chlapf“, der beide Wangen traf und wie Feuer brannte. Die Wangen der Frau färbten sich dunkelrot und wurden schliesslich schwarz. Die Zähne fielen ihr aus dem Munde, und nach zwölf Tagen starb sie unter den schrecklichsten Schmerzen. * Ein Bauer hatte eines Abends das Tenntor offen gelassen. Mitten in der Nacht wurde er durch einen schrecklichen Lärm aus dem Schlafe gerissen. „Behüt uns Gott! das ist die wilde Jagd!“ rief er und wollte hinaus, um das Tor zu schliessen. Aber in diesem Augenblick erdröhnte schon der Tennboden vom Pferdegetrappel, und das ganze Haus erzitterte. Mit Pfeifen und Johlen, mit Gewieher und Peitschenknall sprengte das Heer des Nachtjägers durch die Tenne. Es war, als ob sich die Hölle geöffnet hätte. Doch schon nach wenigen Minuten war der Spuk vorüber und der Lärm verlor sich in der Ferne. - Als der Bauer am Morgen die Tenne betrat, war diese völlig ausgeräumt und kein Hälmchen mehr zu finden. Aber hinter dem Hause sah es schlimm aus. Heu und Stroh, Reiswellen und Holzscheiter, Werkzeuge und Geräte lagen weithin über Matten und Äcker verstreut, und Sensen und Dreschflegel hingen drohend an den Wipfeln der Bäume. So wüst hatte der Nachtjäger gehaust.  * Und wieder einmal brauste die Jagd durch den Wildwald. Ein Holzschelm war dort gerade an der Arbeit. Plötzlich stand der Nachtjäger drohend vor ihm. Er war in zottige Pelze gehüllt, hatte langes, kuttertes Haar und einen mächtigen Bart, der aussah wie graugrüner Tannenbart. Der Dieb erhob schnell die Axt gegen ihn. Da geschah etwas Merkwürdiges. Der wilde Jäger wuchs so hoch empor, dass sein Haupt beinahe die Wolken berührte. Dann rauschte es, und mit drei Schritten stand der Riese auf der andern Seite des Ärgerentales - oben im Tscherlawald.   Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch  


by Der Hutätä raubt ein Kind

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Eine Mutter hatte ein Büblein, das am Abend nie ins Bett wollte. Deswegen gab es jedesmal ein schreckliches Gestürm und Geschrei, und Hausbewohner und Nachbarn gerieten in Aufregung. Weder Versprechungen noch Strafen halfen etwas. Der kleine Trotzkopf war nicht zu bekehren. Die Mutter verlor endlich die Geduld und entschloss sich, ein Schreckmittel anzuwenden, um dem jungen Zwingherrn seine Unart auszutreiben. Sie warnte ihn: „Wenn du heute Abend wieder schreist, so gebe ich dich dem Hutätä. Das ist ein hässlicher, kohlenschwarzer Mann. Der nimmt die Kinder, welche der Mutter nicht folgen, und trägt sie unter seinem Mantel weit, weit fort in einen finstern Wald, wo Bären brummen und Wölfe heulen. Drum, Bübchen, sei lieb, - sonst kommt er.“ Darauf befahl die Frau einem Knecht, er solle am kommenden Abend heimlich den Nachtjäger spielen, auf ihren Wink hinausgehen, einen schwarzen Mantel überwerfen, sich draussen vor das Stubenfenster stellen und mit lauter Stimme rufen: „Hu-tä-tä! hu-tä-tä!“ Sie werde darauf das Fenster öffnen und ihm das schreiende Kind hinausreichen. Er solle es alsdann unter den Mantel nehmen, um das Haus herumtragen, und im dunklen Hausflur ihr wieder in die Arme legen. Dieses Mittel werde den Schreihals wohl für immer kurieren. Die Warnung nützte nichts. Am folgenden Abend stampfte und schrie der Junge noch ärger als je zuvor. Da gab die Mutter dem Knecht das verabredete Zeichen. Alsbald ertönte vor dem Hause der schaurige Huf des Nachtjägers. Die Mutter öffnete das Fenster, ergriff den schreienden Bub und streckte ihn hinaus. Zwei dunkle Arme tauchten aus der Finsternis empor und nahmen ihr das Kind ab. Das Geschrei entfernte sich, bog um die Hausecke und verstummte sogleich. Aber im selben Augenblick ertönte draussen wieder der Ruf: „Hu-tä-tä! hu-tä-tä !“ Was sollte das bedeuten? Da stimmte etwas nicht. Die Mutter lehnte sich zum Fenster hinaus, - und wen erblickte sie? - Den Knecht, der ihr die Hände entgegenstreckte, um das Kind in Empfang zu nehmen. Jetzt ahnte die Frau, was geschehen war. Sie stiess einen Schrei des Entsetzens aus, rannte in die Nacht hinaus und schrie wie eine Irrsinnige unaufhörlich den Namen ihres Kindes. Das ganze Haus geriet in Aufruhr. Die Nachbarn eilten mit Lichtern herbei. Man suchte drinnen und draussen, man suchte in der Nähe und in der Ferne, man suchte den ganzen Abend und die ganze Nacht. Umsonst - der Knabe war nicht zu finden. Erst im Tageslicht entdeckte man, dass hinter dem Hause an allen Obstbäumen Tuchfetzen hingen, die von den Kleidern des unglückseligen Kindes stammten. Der richtige Hutätä war dem Knecht zuvorgekommen, hatte das Büblein geraubt und durch die Lüfte davongetragen. Man fand nie mehr eine Spur von ihm.    Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch  


by Der Ingenbohler in Wien

Source: Der Ingenbohler in Wien

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Ein noch Lebender hat 's vom Sohn dessen, dem dies begegnet ist. Es war in Jngenbol ein junger Bursch dem eben der Bart sprosste. Was geschieht in solchen Tagen der Jugend? Kurz, der junge Niderist ging z' Licht. Da hat er sich aber allzulang aufgehalten und weil er einen strengen Vater hatte, wagte er 's nicht so spät in der Nacht zu Hause anzuklopfen, sondern schloff in ein Stadel aufs Heu. Zur selbigen Zeit aber gab 's noch eine Menge Landstreicher und Bettler, die gewöhnlich in den Scheunen übernachteten. Es war Sonntag. Niderist war nicht lang auf seinem Lager, als er unten im Gaden verschiedene Stimmen hörte, darunter einige bekannte. „Eh lueget, die alt Gret chunt au!" hiess es. Die alt Gret war eine - Hexe. Und weil sie eben ihre Pfanne bei sich hatte, so gaben die Bettler nicht nach, bis sie in ihrem Häfeli eine Salbe rührte, welche zu einer Luftreise geschickt machte. Sie rührt und rührt, dann murmelte sie der reiselustigen Gesellschaft einige Worte vor, welche oben auf dem Heu Niederist hörte und aus Wunderfitz auch mitsprach. Es hiess: Oben us und niene a, Wett i wär z' Wien bis Dunggis Ma. Potz Blitz wie saust das durch die Lüfte! Niderist ist mit den Übrigen wie aus dem Himmel gefallen in eine ganz fremdi Stadt. - Das war Wien. Alles kam ihm so ganz anders vor als daheim. Auf seinem Kopfe sass ein gelbgeschwefelter Schinhut; ein rotes Wams schmiegte sich um seinen Leib bis auf die Lenden herab, hirschlederne kurze Hosen deckten seine Beine. Aber so kamen hier die Leute nicht gekleidet. Die Wiener Polizei nahm deshalb den seltsamen Fremdling aufs Korn und der Jngenboler hörte zum erstenmal in seinem Leben den Namen „Pass". - Was ein Pass sei, hatte er weder daheim noch auf seiner Wienerreise zu erfahren und wissen Not und Gelegenheit gehabt und eben so sehr befremdete es ihn, dass man in Wien ihn nicht als des Nidristen Sohn von Ingenbohl erkennen wollte. Hatte doch in ganz Wien kein junger Gesell so hübschen geschwefelten Schinhut und so solide Lederhosen wie er, und Geld, meinte er, habe sein Vater daheim schon, er brauche keins bei sich zu führen. Freilich glaubten denn die Wiener Sicherheitsleute endlich doch aus dem ganzen Wesen und Sprechen des Unbekannten, dass er wohl aus Ingenbohl nah am Vierwaldstättersee her sein werde und konnten ihm nur gut sein. Deshalb verhalfen sie ihm gerne zur ehrlichen Reise in die Heimat, allwo ihn zeitlebens die famose Wienerfahrt in Gehirn und Mund viel beschäftigte. Man nannte ihn darum nur der „Wiener-Niderist.“   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Der Irreführer auf dem Titterterfeld

Source: Der Irreführer auf dem Titterterfeld

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Auf der weiten Hochfläche des Titterterfeldes sollen schon viele Leute in die Irre geführt worden sein. Um die Mitternachtsstunde kamen einst drei Liedertswiler Männer über das Titterterfeld. An der Stelle, wo der Karrenweg gegen die Babertenfluh abzweigt, wollte einer von ihnen unbedingt von der Landstrasse abweichen. Die andern aber erklärten ihm, sie seien auf der rechten Strasse. Sie stritten eine Weile miteinander und als der eine von seinem Vorsatze nicht ablassen wollte, zogen die beiden andern den Widerspenstigen auf der rechten Strasse mit sich fort. So kamen sie endlich zum Rütibergli oberhalb Liedertswil. Hier konnte sich der Verwirrte. Endlich zurechtfinden. Er erklärte seinen Kameraden, der Babertenweg sei vor seinen Augen als schöne Strasse erschienen und eine unerklärliche Macht habe ich nach jener Richtung gezogen. Ein anderes Mal kehrte eine Frau aus Liedertswil nachts über das Tittertenfeld nach ihrem Dörflein zurück. Die ängstliche Person war froh, als sie ausserhalb Titterten einen Mann erblickte, der einige Schritte vor ihr in der gleichen Richtung marschierte. Sie dachte, sie müsse jetzt doch nicht alleine über das verrufene Feld heimkehren. Sie beschleunigte ihre Schritte um den Mann einzuholen; doch je schneller sie ging, desto schneller ging auch der Mann. Und wenn sie stehen blieb, blieb auch er stehen. Nachdem sie eine Weile so vorwärts gekommen war, gewahrte sie, dass sie in einen Wald eingetreten war. Sie freute sich darüber, denn nun war sie bereits oberhalb Liedertswil. Doch merkwürdig, der Wald wollte kein Ende nehmen. Da merkte sie, dass sie nicht am rechten Ort war. Plötzlich verschwand der vor ihr schreitende stumme Fussgänger. Die Frau getraute sich nicht, weiterzugehen und setzte sich auf den Boden. Ihr Säcklein, das sie mit sich getragen, legte sie ebenfalls ab. Dieses kollerte über einen Felsen hinunter. Die Angst der erschrockenen Frau wuchs noch mehr und sie getraute sich nicht, auch nur ein Glied zu rühren. Bewegungslos blieb sie sitzen bis der Morgen graute. Als es hell wurde, sah sie, dass sie zuäusserst auf der Babertenflüh sass. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der irreleitende Bozen

Source: Der irreleitende Bozen

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Bei dichtem Nebel verirrte sich einst auf dem Ochsenfeld ein Mann. Lange konnte er sich nicht zurechtfinden. Endlich sah er im Nebel einen Mann, der zwei Kühe vor sich hertrieb. In der Hoffnung, dass dieser Mann den rechten Weg wisse, folgte er ihm und suchte ihn einzuholen. Doch dies war unmöglich. Der Kuhtreiber war immer eine Strecke vor ihm her, gerade nahe genug, dass er ihn durch den Nebel hindurch nicht aus dem Auge verlor. Da glaubte sich unser Mann gehänselt und kehrte um. Da plötzlich hoben sich die Schleier des Nebels, und er sah, dass er vor einem entsetzlichen Abgrunde stand. Noch zwei Schritte hätte er tun müssen, und er wäre in den schauerlichen Abgrund gestürzt und da zerschellt. Den Mann mit den zwei Kühen konnte er aber nirgends mehr sehen. BINN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Isistempel

Source: Der Isistempel

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Im Anfang des neunten Jahrhunderts umschlossen noch Sümpfe und Waldungen die akronisch und venetischen Wasser, und ein grosser Teil des Landes lag unbebaut und öde. Nur hie und da gewahrte man auf waldumkränzten Höhen finstere Burgen, von rauhen Steinen aufgeführt; wildschön und gebieterisch — Felsenmassen gleich — strotzte ihre Kraft, zu Schutz und Trutz gerüstet; das wahre Bild der Sitten und des Geistes jener Zeiten. — Rohe Leidenschaft, Jagd und wilde Kämpfe, gemischt mit Aberglauben, Frömmigkeit und einem offenen, biedern Sinn in Wort und Tat, schufen jenen sonderbaren Geist, der noch jetzt mit einer eigenen Anmut und Verwandtschaft zu uns herüberweht von den Grüften und Burgen unserer ritterlichen Väter. Heimisch und vertraut blicken wir zurück mit nordischer Phantasie in jene Perioden, wo sich im ersten Keim der Kampf für Licht, Freiheit und Recht enthüllte in den Taten unserer Ahnen. An den Marken Rätiens hielt ein mächtiger Graf viel Land und Wälder in Zins und Dienstbarkeit. Die alten Pergamente hiessen ihn Hunfried, Graf von Chur-Rätien und Herr zu Istria. Gewandt in Krieg und Staat, stand er in hoher Gunst bei seinem Kaiser, und sein Geschäft — wenn nicht der Kaiser ihn zu Hof berief — war das Weidwerk. So zog er oft durch sein Gebiet mit seinen Jagdgefährten, bald die Gemse, bald den wilden Eber jagend. Des Abends einst, im Begriffe, auf sein Schloss zurückzukehren, bestieg er einen Felsenvorsprung. Ein gedehnter Stoss in ein goldverziertes Horn, das der Graf an seiner Seite trug, gab das Zeichen, dass die Jagd beendet. Behaglich streckte sich der Graf ins weiche Moos, um die Gefährten zu erwarten. Neben ihm tanzte in geschäftigem Gemurmel ein klarer Quell durch sein steinig Bett dahin, und auf seinen Wellen zitterten die letzten Sonnenstrahlen, sorgenlos wiegten sich im Abendlicht die kleinen Sänger auf den grünen Zweigen; die Wolken lagen regungslos im fernen Westen, und in Rosenglut schwebten die grauen Alpengipfel Rätiens. Dem Sang der kleinen Waldbewohner und dem musikalischen Geplauder jener Quelle lauschte jetzt der Weidmann; mit sanften Harmonien umspielten ihre Töne seinen Sinn. Auf einmal war die Landschaft umgewandelt, und wie ans einem Nebelstor tauchte ein wildromantisches Tal auf. In einer Rotunde von alt-ehrwürdigen Eichen stand auf einer sanften Anschwellung von Rasen ein Tempel, wie die Römer sie der Isis weihten. Wilde Rosen blühten um seine Stufen, und im Vordergrunde ruhte auf der obersten derselben eine Säulenfront und bildete den Eingang in das Innere des Tempelhauses. Bildsäulen schlossen um die beiden Seitenwände einen halben Kreis, in dessen Mitte, auf erhabenem Fussgestell, die Göttin Isis und neben ihr Ostris, der Geheimnisvolle, stand. In zierlich angebrachten Gruppen war die Göttin noch von andern Gottheiten umgeben, und in der Mitte dieses halben Zirkels ruhte auf glänzend weissen Stufen der Altar, auf dem die grünlich matte Opferflamme brannte. Tiefes Schweigen lag in den geheimnisvollen Hallen. — Mit ungewissen Schritten wollte sich der Graf dem Tempel nahen, als eine wilde Rose vor seine Füsse auf den Boden fiel und aus ihr ein Schmetterling auf und in das Innere des Tempels flog. Wie vom Zauberstab getroffen, blieb der Christengraf am Eingange des Heidentempels stehen. Da widerhallte plötzlich von drei dem Donner gleichen Schlägen der heilige Hain. Feierliche Weisen klangen aus dem Innern des Tempels. Jetzt erschienen aus dem Hintergrunde mit langsam abgemessenen Schritten, ganz in Weiss gehüllt, zu beiden Seiten des Altars die Opferpriester, voran mit Palmenzweig und Uhrenbüschel zwei Oberpriester der Göttin Ceres. Auf den Stufen des Altars stand ein Priester. Auf seinem Scheitel teilte sich ein weisser Schleier, und in weiten Falten wallte ein weiss Gewand ihm von den Schultern zu den Füssen nieder. In noch tieferen Accorden tönte jetzt die Weise, und die Priester sangen: „Hohe Isis! Nil zu dienen.  Steht bereit der Diener Schar;  Sollen Opferdüfte steigen.  Soll mit frischen Palmenzweigen  Grün sich schmücken dein Altar?" Und während so die Priester sangen, bat in wilden Sprüngen und Gebärden ein Herodul das Bild der Göttin um Antwort. Plötzlich wies die Statue mit ausgestrecktem Arm nach der Säulenhalle, wo Graf Hunfried stand. Alles schwieg. Dreimal hob sie stolz ihr Haupt; es taten sich die Lippen auf, und eine hohle Stimme sprach: „Rache treffe den Entweiher,  Der mit frevelhafter Hand  Heben will der Wahrheit Schleier." Kaum war das Wort gesprochen, als zwei Tempeldiener den Grafen vor den Altar schleppten. Wie umstrickt war der sonst so krafterfüllte Arm des Kriegers, fruchtlos all sein Mühen. Erschlafft, verlassen lag er da, ein Opfer rachevoller Heidenpriester. In sonderbaren Krümmungen und Kreisen umtanzte ihn der Herodul, und grauenhafte Weisen sang der tiefe Chor der Opferpriester. Todverkündend schwebte über ihm das blanke Opfermesser in des Oberpriesteis Rechten, und auf der Tafel des Altars loderte in grünlich rotem Glanz die Opferflamme. Erschöpft sank jetzt der Herodul auf die Stufen des Altars, und plötzlich schwieg die grause Melodie. Dies war der Augenblick, in dem das Opfer seinen Todesstoss empfangen sollte. Schon blinkte die breite Klinge in des Priesters Rechten, ein Blitz und ein Hall durchzuckte wie ein Wetterstrahl den Tempel; seine Grundfesten erbebten, und plötzlich füllten sich die Hallen von unaussprechlich lichtem Glänze. Der Graf war von seinen Banden befreit; auf den Boden hingestreckt lagen sie — die Götzendiener, zerschmettert war das Bild der Göttin — und in der Säulenhalle — o wundervoll Gesicht! — erblickte er auf goldbesäumten Rosenwolken, in festlich glänzendem Ornat, die Mitra auf dem glanzumströmten Haupte, ein goldenes Kreuz in feiner Rechten und den Hirtenstab in seiner linken Hand — jenen heiligen Mann, der das Licht des Christenglaubens in diese Täler brachte. Sein Antlitz widerstrahlte von heiliger Milde, und wie das leise Flüstern der Aeolsharfe ertönten jetzt die Worte: „Christ, dein Glaube ist's, der dich beschützte!" - Ein wunderbares Gefühl umfing den Grafen; zu den Füssen des Beschützers wollte er sich werfen und--------er erwachte. Traum war alles nur gewesen. Verwundert blickte er um sich, kaum konnte er sich fassen; doch er sah sich neben jener Quelle, bei der er kurz vorher sich hingelagert hatte. — Auf seine Burg zurückgekehrt, fand er einen Boten, der ihn schleunigst an den Kaiserhof berief. Bald verliess Graf Hunfried an der Spitze seiner Reisigen und Knappen das heimatliche Schloss. Lustig flatterte das Fähnlein, mit den bunten Wappenschildern Chur-Rätiens geziert; in kühler Morgenluft und in fröhlichem Geplauder lenkte der Zug dem wilden Pass des Gotthard zu. Im Tal der Linth nahm sie die alte Römerstrasse auf. Da erinnerte sich der Graf seines sonderbaren Traumes, und wohlgelaunt erzählte er ihn seinen Reisegefährten. Mit dem Hang zu Deutungen von Träumen, der jener Zeit so eigentümlich eingeprägt, lauschten sie mit gespannter Neugier. Da fiel vom Kopfharnisch seines Streit-Hengstes eine Eisenschiene. Der Zug hielt an, und — wunderbarer Zufall — er hielt in jener Rotunde des Eichenhaines, und links auf sanfter Höhe stand in Wirklichkeit derselbe Iststempel, den der Graf kurz vorher im Traume gesehen. — Bald nachher erhob sich an derselben Stelle ein Christentempel unter dem Schütze des heiligen Gallus. Um den Tempel sammelte sich gläubig die Gemeine, und ihr Stifter war Graf Hunfried von Chur-Rätien. — Noch jetzt steht da ein Dorf, früher Scandia, nun Schanis geheissen, gar anmutig im grünen Schatten und in dessen Mitte der alte Gallusturm.  (Bei J. Natsch) Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 375, S. 212ff Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Isistempel in Benken

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Der Isistempel in Benken In der Gegend von Benken findet man einen Hügel und um denselben herum verschiedene Spuren von einem kleinen Tempel. Den ältesten Sagen zufolge war er der Isis gewidmet. Daher haben die Leute dem Hügel selbst den Namen „Isenbuck“ gegeben. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Winterthur und Weinland G. Meyer von Knonau, Der Kanton Zürich I, S. 53. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Jäger

Source: Der Jäger

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Es waren einmal ein Mann und eine Frau, wohlhabende Leute. Die hatten nur einen Sohn. Sie liessen ihn lernen, was er wollte. Er sagte, er wolle Jäger werden. Da kauften sie schnell eine Flinte, eine Pistole mit zwei Läufen, einen Dolch, eine Laterne und einen Hund namens Curasch. Nun ging der Sohn täglich über Berg und Tal auf die Jagd, und jeden Abend kam er mit Wild nach Hause. Er war ein ausgezeichneter Jäger. Eines Tages ging er auch über Berg und Tal, aber er schoss nichts. Ohne Wild wollte er nicht heim, denn er war dies nicht gewohnt. So war er bis spät am Abend auf der Heck. Da kam er an einem schönen See vorbei und entdeckte drei schwarze Punkte über dem Wasser. Er zielte, gab einen einzigen Schuss ab und sah, dass nun drei tote Tiere auf dem Wasser lagen, nämlich ein Fisch, eine Ente und ein Hase. Er steckte sie in seine Tasche und ging. Da begegnete er einer alten Frau, die sagte zu ihm: «Heute hast du eine rechte Jagd gemacht!» Er tat so, als wisse er von nichts und schwieg. Aber die Frau sagte: «Nicht wahr, du hast drei Tiere mit einem Schuss erlegt!» Weil die Frau dies so sicher wusste, musste er es zugeben. Dann hiess ihn die Frau, er solle die Beute nicht den Eltern zum Ausweiden überlassen, sondern das nächste Mal die drei Tiere auf die Jagd mitnehmen. Der Jäger machte dies so. Am Abend nach dem Essen befahl der Sohn seinen Leuten, die Tiere nicht anzurühren, und er sagte der Mutter, sie brauche wegen des Morgenessens nicht aufzustehen, er gehe morgen nicht auf die Jagd. Das passte der Mutter sehr gut, denn sie war alt und stand ungern so früh auf. Am andern Morgen, zur üblichen Zeit, bekam er wieder Lust, auf die Jagd zu gehen. Er rief seine Mutter und liess sie das Morgenessen kochen. Dann nahm er seinen Hund Curasch und die Tasche mit den drei Tieren drin und ging über Berg und Tal auf die Jagd. Aber den ganzen Tag sah er kein Wild und konnte nichts machen. Am späten Abend entdeckte er einen grossen und schönen Vogel auf einem Tannenast. Weil er nichts erjagt hatte, wollte er diesen Vogel abschiessen. Er zielte, aber der Vogel flog von einem Ast zum andern, so dass er nicht schiessen konnte. Da gerät er so tief in den Wald, dass er weder ein noch aus weiss. Jetzt klettert er zuoberst auf einen Baum und schaut, ob er nicht irgendwo ein Licht sehe. Da erspäht er weit weg ein schwaches Licht. Er geht darauf zu und findet ein verlottertes Haus. Er klopft an, da kommt ein Mädchen heraus, und er bittet um ein Nachtlager. Er sei auf die Jagd gegangen, und er wisse weder ein noch aus. Sie will ihn nicht aufnehmen, denn um Mitternacht kämen zwölf Räuber hierher, die sogleich wüssten, ob jemand da sei oder nicht. Aber er bittet so sehr, dass das Mädchen ihn einlässt. Dann sagt sie: «Hier oben hat’s eine Kammer mit zwei Betten, Ihr könnt hinauf, bevor die Räuber kommen. Aber geht ja in kein Bett! Denn über jedem Bett hängt ein grosses Messer, so gross wie ein Heuschroter. Und wenn die Räuber Menschenfleisch riechen, und die haben einen sehr guten Riecher, so ziehen sie hier an dieser Schnur an der Decke oben, und wer im Bett ist, den tötet das Messer. Ich will den Räubern sagen, ich hätte wie schon öfter hier oben einen Bettler in einem Bett, und dann ziehen sie zwar an der Schnur, aber sie gehen erst am andern Morgen hinauf und schauen nach, ob er zwei Rappen oder gar nichts bei sich habe.» Der Jäger stieg in die Kammer, durchsuchte sie und fand alles so, wie die Magd es gesagt hatte. Er nahm seinen Dolch und seine Flinte, ging hinunter und stellte sich neben die Türe. Falls die Räuber aufkreuzen würden, wollte er es mit ihnen aufnehmen. Um Mitternacht kamen sie tatsächlich in die Stube und sagten, es rieche nach Menschenfleisch. Da entgegnete die Magd, sie habe einen Bettler oben im Bett. Darauf zogen sie an der Schnur, und mit dem Jäger wäre es aus gewesen, wenn er im Bett gelegen wäre. Nachdem sie lange geredet und gegessen hatten, wurde es ganz still in der Stube. Am Morgen früh fasst der Jäger Mut, öffnet die Tür seiner Kammer und geht leise die Treppe hinunter in die Küche. Dort ist die Magd am Anfeuern. Er fragt sie, ob sie ihm treu sein wolle. Der ist das ganz recht. Jetzt befiehlt ihr der Jäger, Wasser in einem grossen Hafen zu sieden. Dann leeren sie dieses Wasser in Becken und Kessel und stellen sie vor die Tür der Stube, wo die Räuber auf dem Boden schlafen. Dann öffnen sie die Tür, und der Jäger schleudert das siedend heisse Wasser in der ganzen Stube herum. Ehe die Räuber zu sich kommen und die Augen öffnen können, sticht der Jäger einen nach dem andern mit seinem Dolch ab. Dann zeigt die Magd ihm das Loch, wohin die Räuber die Ermordeten jeweils geworfen haben, und der Jäger wirft alle da hinein. Jetzt will die Magd ihm zu essen geben, aber der Jäger sagt, er rühre von dem Zeug der Räuber nichts an. Er wolle einen Hasen schiessen und davon einen Braten machen lassen. Unterwegs begegnete der Jäger der alten Frau vom Vorabend. Die sagte: «Heute hast du wieder eine rechte Jagd gehabt, hast zwölf auf einmal getötet, aber trotzdem nicht alle!» «Aber doch! Ich glaube, ich habe alle getötet», gab er zurück. «Nein, der Hauptmann ist nicht tot, der ist davongekommen und heckt gerade mit der Magd aus, wie sie dich töten könnten», sagte die Frau. «Sie machen folgendes ab: Wenn du mit dem Hasen nach Hause kommst, so wirst du den mit der Magd essen. Dann klagt die Magd über schreckliche Kopfschmerzen, sie sei Wild nicht gewohnt, und sie habe einen ganz wirren Kopf. Dann wirst du sie fragen, ob sie nicht ein Mittel gegen Kopfschmerzen wisse. Sie wird sagen: Doch schon, sie habe schon öfter Kopfweh gehabt, und dann seien die Räuber zu einem Herrn gegangen, der habe siebzig Kühe. Und sie hätten drei oder vier gemolken, um Kaffee zu machen. Das habe ihr geholfen. Du musst dich rasch anbieten, bei diesem Herrn Milch zu holen. Sie wird aber so tun, als wolle sie dich zurückhalten, darum sagt sie: 'Das darf ich nicht von Euch verlangen, da Ihr es mit dem Töten der Räuber so streng gehabt habt.' Trotzdem lässt du dir den Weg zu diesem Herrn zeigen und gehst. Unterwegs wirst du einem Bären begegnen. Dieser Herr hat einen Bären und einen Löwen, die werden als siebzig Kühe ausgegeben. Du musst schnell deine Ente dem Bären hinwerfen, und ehe er sie packen kann, nimm deine Flinte und ziele auf ihn. Dann wird der Bär die Ente fallen lassen und zu dir herkommen, mit dem Schwanz wedeln wie ein zahmes Tier und sagen: 'Lass mich in Ruhe, so will ich bei dir und deinem Curasch sein!' Dann gehst du weiter, und du wirst einem Löwen begegnen. Dem wirfst du den Hasen hin und zielst auf ihn gleich wie auf den Bären! Und der Löwe wird das gleiche sagen wie der Bär und wird mit dir kommen, ohne dir weh zu tun. Vergiss aber ja nicht, nachher dem Hund den Fisch zu geben, sonst schauen der Löwe und der Bär finster drein, und zum Schluss zerreissen sie dich! Nachher kehrst du zum Haus der Räuber zurück, sperrst die beiden Tiere in einen Verschlag, damit niemand sie sehe, und dann sagst du der Magd, du habest den Herrn mit den siebzig Kühen nicht gesehen und habest keine Milch! Sie wird sagen, das sei schon gut, das Kopfweh habe nachgelassen, aber jetzt habe sie es so schwer auf der Brust. Du fragst wieder, welche Mittel die Räuber gegen Brustschmerzen genommen hätten. Sie wird antworten, die seien immer zu einer Teufels- und Hexenmühle hinauf und hätten Weizenmehl gemacht, das habe dann geholfen. Du musst dich schnell anbieten, Weizenmehl zu holen. Sie wird so tun, als wolle sie dich nicht gehen lassen. Doch du nimmst deine Tiere und gehst zu dieser Mühle und klopfst an! Dann kommt einer heraus und fragt, was du möchtest. Du musst sagen: 'Weizenmehl'. Dann packt dich der am Kittel und sagt: 'Aus dir will ich Weizenmehl machen, her mit dir!' In dem Augenblick rufe. 'Los, Löwe! Los, Bär! Los, Curasch!' Und die Tiere werden alle in der Mühle zerfleischen. Dann gehst du zur Magd zurück und sagst, du habest kein Mehl bekommen. Die wird sagen: 'Nun denn, die Brustschmerzen haben nachgelassen. Aber um mich zu befreien, musst du mich deine Daumen mit einer Geigensaite, so fest wie ich kann, zusammenbinden lassen, und dann musst du sie ganz alleine zerreissen!' Das musst du tun», fährt die Alte fort, «und während du versuchst, die Saite zu zerreissen, ruf, die Magd solle kommen und sie lockern; du könnest sie nicht zerreissen! Dann wird der Räuberhauptmann unter der Tür erscheinen und seinen Dolch nach dir werfen, aber er wird dich nicht treffen. Und jetzt befiehlst du deinen Tieren, nach vorne zu kommen, und sie werden den Räuberhauptmann in Stücke reissen. Danach gehst du in die Küche zur Magd und sagst: 'Weil du auch eine von denen bist, so will ich Hackfleisch aus dir machen!' Und dann tötest du sie.» Kaum hatte die alte Frau fertig gesprochen, rannte ein Hase an einem Strauch vorbei. Der Jäger zielte und traf. Er ging ins Räuberhaus und wollte, nachdem er den Braten gegessen hatte, die Kühe des Herrn melken. Er vergass aber, als er den Bären und den Löwen bei sich hatte, dem Hund den Fisch zu geben. Plötzlich schauten die Wildtiere finster drein. Jetzt fiel ihm ein, dem Hund den Fisch zu geben, aber der Hund lag ein Stück weiter hinten ausgestreckt am Boden. Er warf ihm den Fisch hin, doch der Hund war so schwach, dass er nicht danach schnappte. Jetzt begann der Jäger, das Fischlein zu zerschneiden und dem Hund ein Stück nach dem andern zu füttern. Der frass dann, und mit jedem Stück, das der Hund verschlang, hellte sich die Miene der Tiere auf. Und schliesslich war der Hund wieder gesund, und alles war gut. Nachher ging er zur Hexenmühle das Weizenmehl holen und liess das Hexenpack dort von seinen Tieren zerfleischen, und dann liess er sich die Daumen mit einer Saite zusammenbinden. Nun gut, nachdem er den Räuberhauptmann und die Magd getötet hatte, fand er eine Menge Geld und viele Schätze in diesem verlotterten Haus. Er nahm nichts davon mit und machte sich auf den Weg in die Stadt des Königs, damit die Regierung die Schätze hole. Er ging dort in ein Wirtshaus und fragte, weshalb alle Häuser mit schwarzem Flor verhängt seien. Der Wirt wunderte sich, dass er so fremd sei und dies nicht wisse und dann sagte er: «Hier draussen in einer Höhle haust ein Drache mit sieben Köpfen, dem muss jedes Jahr ein Mädchen geopfert werden, sonst macht er alles kaputt. Der König hat schon sein Möglichstes getan, damit jemand den Drachen töte, aber es hat alles nichts genützt. Dieses Jahr ist das Los auf die Königstochter gefallen. An dem und dem Tag, um neun Uhr morgens, muss sich die Königstochter vom Drachen fressen lassen. Der König hat so grossen Kummer, dass er alle Häuser mit schwarzem Flor hat verhängen lassen.» Der Jäger hat sich dies angehört, er benachrichtigt die Regierung über die Schätze und geht nach Hause. Die Frauen in seinem Dorf fliehen in alle Richtungen, als sie ihn mit einem Löwen und einem Bären kommen sehen. Seine Leute freuen sich, dass er wieder zurück ist. Denn sie haben befürchtet, dass er irgendwo ums Leben gekommen sei. Einige Tage bleibt er zu Hause und geht nicht auf die Jagd. Am Tag, an dem die Königstochter vom Drachen gefressen werden sollte, nahm er seine Tiere, ging in die Stadt und setzte sich hinter die Kapelle, die der König neben der Höhle des Drachen für seine Tochter hatte bauen lassen, damit sie noch vor dem Sterben beten könne. Jetzt kommt eine Kutsche mit vier Pferden, ganz mit schwarzem Flor verhängt, und die Tochter steigt aus. Da tritt der Jäger hinzu und sagt zuerst dem Kutscher, dass er es mit dem Drachen aufnehmen wolle. Doch der Kutscher meint, dies nütze nichts. Als die Tochter das hört, sagt sie dem Jäger, sie könne nicht verlangen, dass er für sie in den Tod gehe, sie sei jetzt vorbereitet und wolle schon sterben. Er könne den Drachen sowieso nicht besiegen. Trotzdem lässt die Tochter ihn schliesslich einen Versuch wagen. Um neun Uhr wälzt der Drache eine Steinplatte weg, und heraus kommt er mit sieben Köpfen und will das Mädchen verschlingen. Jetzt lässt der Jäger seine Tiere los, und die machen Hackfleisch aus dem Drachen. Er schneidet aus allen sieben Köpfen die Zungen heraus, gibt jeder eine Nummer und nimmt die Zungen mit. Da bietet die Königstochter sich ihm zum Dank an. Aber er hat keine so grosse Lust mehr und sagt, dass er noch ein Jahr und drei Tage darüber nachdenken wolle und geht nach Hause. Der Kutscher kehrt samt der Tochter in seiner Kutsche mit den vier Pferden zurück. Als er auf einer hohen Brücke ist, hält er die Kutsche an und sagt zur Tochter: «Aus einer Gefahr bis du errettet, aber der entkommst du nicht. Wenn du nicht sagst, dass ich den Drachen getötet habe und du mich nicht heiratest, so schmeiss ich dich über diese Brücke ins Tobel!» Die Tochter weiss nicht, was tun, lieber als in diesem Tobel unten sterben, will sie noch vom Drachen gefressen werden. Schliesslich sagt sie, er solle ein Jahr und vier Tage warten, dann wolle sie ihn heiraten. Jetzt nimmt er den schwarzen Flor weg und führt die Tochter in der offenen Kutsche durch die Stadt, dabei knallt er mit der Peitsche und behauptet, er habe den Drachen getötet. Da sagen alle, er sei immer ein mutiger Mann gewesen, doch dies hätten sie ihm nicht zugetraut. Nach einem Jahr und drei Tagen machte sich der Jäger auf den Weg zur Stadt des Königs, und er ging in die gleiche Wirtschaft wie das erste Mal. Diesmal waren die Häuser mit rotem Flor geschmückt. Der Wirt sagte ihm, das sei deshalb, weil die Königstochter morgen Hochzeit halte mit dem Kutscher, der vor einem Jahr den Drachen getötet habe. Jetzt wettet der Jäger mit dem Wirt, dass sein Hund Curasch im Stand sei, heute in die Küche des Königs zu gehen und die drei feinsten Hochzeitsgerichte zu holen. Der Wirt wettet um seine Habe, der Jäger um etwas anderes. Jetzt schreibt der Jäger die Gerichte auf einen Zettel und steckt ihn ins Maul des Hundes. Der Hund geht in die Küche des Königs. Die Diener wollen ihn hinausjagen, aber er weicht allen aus und springt vor die Königstochter, die gerade zuschaut, wie die Mägde kochen. Sie sieht den Zettel in seinem Maul, liest ihn und legt die zwei besten Hochzeitsgerichte auf zwei Teller. Der Hund rennt damit schnell an allen vorbei, die «Huz! Huz!» machen, und erreicht die Wirtschaft. Der Wirt ist darüber ganz verblüfft, und es bleibt ihm nichts anderes übrig, als dem Jäger seine Habe anzubieten. Inzwischen geht die Königstochter zu ihrem Vater und sagt, ihr Befreier sei der und der Jäger in dem und dem Wirtshaus. Der König schickt einen Diener zu ihm mit dem Befehl, dass der Jäger zu ihm kommen solle. Doch der gibt zur Antwort, er habe genau gleich weit zum König wie dieser zu ihm. Als der König das hörte, ging er selber zum Jäger und liess ihn aufs Schloss kommen. Am andern Tag gab es dort statt der Hochzeit ein grosses Festessen. Jetzt verlangte der König, dass jeder sein Leben erzähle. Da stand der Kutscher auf und sagte, dass er als Bub Schweinehirt gewesen sei, dann sei er durch die Gnade des Königs vorangekommen und Kutscher geworden. Als Kutscher sei es ihm gelungen, diesen schrecklichen Drachen zu bezwingen, was die sieben Köpfe auf dem Tisch beweisen würden. Dafür habe er die Tochter des Königs als Braut verdient. Jetzt stand auch der Jäger auf und sagte, er sei immer auf die Jagd gegangen. Einmal habe er mit einem Schuss drei Tiere erlegt, dann habe er zwölf Räuber getötet, nachher habe er einen Löwen und einen Bären überwältigt. Mit denen sei er in diese Stadt gekommen, um die Polizei zu benachrichtigen, wo die getöteten Räuber ihre Schätze hätten. Da habe der und der Wirt ihm von diesem schrecklichen Drachen erzählt und von der Königstochter, und mit der Hilfe seiner Tiere habe er den Drachen getötet. Dann sei er nach Hause, die Tochter sei mit der Kutsche ins Schloss gefahren, und unterwegs auf der und der Brücke habe der Kutscher behauptet, er habe den Drachen getötet, und die Tochter habe nachgeben müssen, um nicht ins Tobel geworfen zu werden! Als er das gehört hatte, brüllte der Kutscher, das sei nicht wahr, die sieben Köpfe würden ja klar beweisen, wer den Drachen getötet habe. Doch jetzt fragte der Jäger die Gäste, ob sie schon Köpfe ohne Zungen gesehen hätten; dann riss er jedem Kopf das Maul auf und legte die Zungen schön den Nummern nach hinein. Jetzt glaubten alle dem Jäger, und der machte dann mit der Königstochter Hochzeit. Der Kutscher wurde für seine Lügen von vier Pferden in Stücke gerissen.   Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Der Jäger an der Roten Fluh

Source: Der Jäger an der Roten Fluh

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Der Rote Chaschte ist der trutzigste Nachbar der Kaiseregg. An seinem Südabhang erhebt sich eine steile Felswand, die „Rote Fluh“. Von ihr weiss die Sage folgendes zu berichten: Vor alter Zeit lebte im Jauntale ein verwegener Gemsjäger, der weder Gott noch Menschen etwas nachfragte. Die Jagd war sein Leben, seine Freude, sein Alles. An einem schönen Sonntagmorgen nahm er einst die Büchse von der Wand, hängte den Rucksack um, pfiff dem Hund und ging auf die Jagd. Auf allen Wegen begegneten ihm fromme Kirchgänger, die ihn an das Sonntagsgebot erinnerten und zur Umkehr mahnten. Aber er spottete nur über ihren frommen Eifer und sprach: „Sonntag oder Werktag, das ist mir einerlei. Heute geh ich auf die Jagd.“ So kam er an die Rote Fluh. Dort spürte der Hund eine Fährte auf und begann, sie zu verfolgen. Der Jäger stellte sich schussbereit an die Felswand. Nach einer Weile tönte Hundegebell an sein Ohr. Er spähte umher und erblickte hoch über sich auf einem schmalen Grasband eine fliehende Gemse und scharf hinter ihr her seinen Hund. Er riss das Gewehr an die Wange, zielte, schoss. Als der Rauch sich kaum verzogen hatte, da kollerte das getroffene Tier ihm tot vor die Füsse. Aber es war nicht die Gemse - es war sein Hund. Da befiehl den Jäger eine unsinnige Wut. Er wetterte, fluchte, tobte und schrie: „Ich wollte lieber, ich hätte den Herrgott erschossen, als meinen braven Hund.“ Um diese Worte zu bekräftigen, legte er das Gewehr nochmals an und drückte einen Schuss gegen den Himmel ab. Schauerlich dumpf gaben die Berge und Felswände das Echo wieder, als ob sie sich scheuten, den Sonntagsfrieden zu stören. Doch das Strafgericht des Himmels folgte augenblicklich. Als der Frevler den Schauplatz seiner Untat verlassen wollte, da konnte er es nicht mehr. Er war und blieb an seinen Platz gebannt für ewige Zeiten. Tage und Nächte blieb er an der Felswand stehen, bei Kälte und Hitze, bei Sturm und Wetter, und niemand konnte ihn befreien. Nach Wochen und Monaten sah man noch die bleiche, verwetterte Jägergestalt an den Fels gelehnt, das Gewehr im Arm, den Hund zu seinen Füssen. Niemand wagte sich in die Nähe. Menschen und Tiere mieden die Stelle. Doch endlich mauerten die Hirten das bleiche Gerippe ein. Die Mauer ist heute noch zu sehen an der Roten Fluh.   Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch


by Der Jäger auf dem Schaumberg

Source: Der Jäger auf dem Schaumberg

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Der höchste Berg im Fricktal ist der Schaumberg. Auf diesem Berge lässt sich oftmals, jedoch immer nur des Nachts um zwölf oder um ein Uhr, ein Jäger erblicken. Er ist, wie die Jäger es gewöhnlich pflegen, grün gekleidet, hat eine Büchse und eine leere Waidtasche um. Zwei Hunde folgen ihm. Gewöhnlich kommt er den Berg herab, ungefähr in der Mitte desselben bleibt er stehen, legt die Büchse an, zielt und drückt los. Sobald der Schuss gefallen, ertönt ein Klaggeschrei und Alles ist spurlos verschwunden. Nach den Einen hat dieser Jäger, als er einmal bei Lebzeiten auf der Jagd gewesen und ihm den ganzen Tag kein Stück Wild zu Schuss gekommen war, den Fluch getan: nicht ohne ein Stück Wild nach Hause zu gehen und sollte er ewig jagen. Nach Andern wieder soll der Unglückliche, wo er stehen bleibt, im Wahn, es sei ein Reh oder ein Hirsch im Gebüsch verborgen, sein Weib samt ihrem Galan erschossen haben, worauf derselbe in den Wald zurückgekehrt und jämmerlich darin umgekommen sei. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.    


by Der Jäger auf der Trostburg

Source: Der Jäger auf der Trostburg

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Die Zwingherren, welche sonst die Trostburg im Kulmerthale bewohnten, hatten sich im Burggraben ein eigenes Jägerhaus gebaut, das jetzt noch steht. Von da aus zog man auf die Jagd; alsdann tönten die Glöcklein am Halsband der Jagdhunde durch die ganze Gegend; alle Wege der Weidbahn aber, die man damals einschlug, muss heute noch ein verdammter Jägersknecht pünktlich ablaufen. Da geht's erst nach dem Fornach und Brandholze, wendet sich nach dem Unterkulmer Einschlag über die Brönne nach dem Weiherrain und gegen die Heurüte; dann ersteigt's die Felsen an den Wampfeln (Wannenflühen) und kehrt über die Ortschaften Dürrenäsch und Teufenthal wieder in den alten Theil des Schlosses zurück. Oft erhebt da schon um Mitternacht der Jäger sein Schreien und Pfeifen, um seine Hunde zu koppeln; und hat er sie endlich beisammen, so schlägt er sie so grausam, dass man ihr Geheul an des Heurüter-Samuels Haus vorbei gegen den Sod (vgl. „Sodbrunnen der Römerstadt Lorenz“) und bis in die Felsen hinauf hört. Darein mischt sich dann ein Wehklagen von vielen Stimmen; es geschieht um die Schlossfrau, welche aus Verzweiflung über die falsche Botschaft vom Tode ihres Gemahls sich sammt ihrem Kinde in den Burgbrunnen gestürzt hat. Alsdann hat man, noch ehe der Morgen anbricht, einen solchen Platzregen zu erwarten, dass das strömende Wasser den Waldboden aufreisst. Dies dauert oft bei zwei Wochen. Für diesen Witterungswechsel hat man jedoch noch andere Vorzeichen. Man hört nämlich vom Schlosse hinweg über den Berg hinaus eine Kutsche fahren, die auf die Höhe der Bampf hinüber geht und von dorten nach Retterswil und Seon in das Hallwiler-Seethal hinab. Sobald sie abfahren will, kommt eine vornehme Frau am Arme eines ergrauten Mannes unter dem alten Thor durch über den Schlosshof, dann wenden sich Beide gegen das sogen. Hundsloch und verschwinden da in einer Felsenspalte. Dies ist der Platz, um zur Spazierfahrt einzusteigen. Zu der Zeit hütet dorten stets ein schwarzer Pudel eine Eisenkiste. Bei Tage aber sonnt sich am Berge unten ein altes Weib und hat eine Wanne neben sich stehen, in welcher bloss weisse und rothe Böhnlein liegen. Fürchtet man dabei die Katze der Alten nicht und kann eine solche Bohne erhaschen, so verwandelt sich diese je nach ihrer Farbe in ein Gold- oder Silberstück. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 109 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Jäger in der Salbytenalp

Source: Der Jäger in der Salbytenalp

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Häufig durchstreifte ein Jäger die Salbytenalp, und fast jedesmal traf er einen Geist, einen alten Mann in silberweissem, bis auf den Boden wallendem Barte, der auf einer Felsenplatte sass. Er redete ihn eines Tages an und vernahm, dass er schon 500 Jahre an dieser Stelle büsse und leide und nicht wisse, wie lange er noch wandeln müsse. Ob er etwas für ihn tun könne, fragte der Jäger. Da gab ihm der Alte einen Zettel mit, den solle er dem Pfarrer überbringen. Der Jäger richtete den Auftrag aus. Der Pfarrer las den Brief und sagte, er müsse 15 hl. Messen für den Geist lesen, dann könne er erlöst werden. Der Jäger solle nach 15 Tagen wieder zu ihm kommen. Nach Ablauf dieser Zeit erschien der Jäger beim Pfarrer, und dieser schickte ihn auf die Alp. Dort traf er den Geist auf der Felsenplatte. Dieser kam ihm entgegen und reichte ihm die Hand. Der Jägersmann ergriff sie. Da fing die seine an zu glühen. Der Geist zog ihn zur Platte und drückte ihn auf dieselbe nieder und verschwand. Der Jäger musste nun auf der Felsenplatte sitzen bleiben. »Das het my Grossmüetter mängisch v'rzellt.« Jos. Muheim, 12 J. alt, Geschenen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Jäger in Nöten

Source: Der Jäger in Nöten

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Ein Jäger J.M. von Klosters hatte die Gewohnheit, im Gespräche häufig den Ausspruch: »I! dass dich die Hexen ritten!« zu gebrauchen. Einmal war er auf dem Fuchsstande; da kam ein Fuchs in Schussweite, den er schoss gleich darauf ein zweiter, den er auch schoss, und so ging es fort, bis er kein Pulver mehr hatte, aber desto mehr Füchse, so dass er kaum im Stande war, alle heimzutragen. Er band ihnen jägergemäss die Hinterfüsse zusammen und hängte sie an das Gewehr. - Es däuchte dem guten Jäger, dass die Füchse, die er heimzutragen bekommen, immer schwerer und schwerer würden, und doch wollte er keinen derselben zurück lassen. - Als er sich dem Hause näherte, sprang einer mit den Worten: »Ii, dass dich die Hexen ritten!« vom Gewehre herab und lief davon. - So machten es alle Füchse hintereinander, immer das Gleiche wiederholend, und so ging es fort, bis dass der letzte ihm auf den Buckel sprang und mit dem gleichen Ausrufe ihn tüchtig in die Ohren biss, dann herabsprang und auch verschwand. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Jäger und das Wildmandli

Source: Der Jäger und das Wildmandli

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a) Einem Jäger versprach ein wildes Mandli, alle Samstage einen schönen Gemsbock an die Haustüre zu hängen, wenn er ihm seine Geisslein, die Gemsen, nicht mehr wegschiesse. Der Jäger nahm das Versprechen an, und mehrere Jahre enthielt er sich der Gemsjagd. Jeden Samstag konnte er einen feisten Gemsbock an seiner Haustüre finden. Doch endlich erwachte wieder heftig die Leidenschaft in seinem Herzen. Er nahm die liebe Büchse wieder vom Nagel und stieg mit ihr zu Berg. Nicht lange brauchte er herumzustreichen, so kam ihm eine Gemse vor das Gewehr und er schoss. Aber im Augenblick wurde er vom Wildmandli ergriffen, überwältigt, in ein weisses Tuch eingewickelt und so über eine Fluh hinunter gestürzt. Mein Gewährsmann, Michael Imhof von Isental, meint, der Jäger sei ein Nidwaldner gewesen. »Die sind inträssiert und schlaw; die findet der Lüs d'Nierä.« b) Ein Heidenmuetterli versprach dem Jäger, wenn er ihm nicht mehr seine Geisslein verwildere, sein Leben lang Gemskäse genug, wenn er ihn nie auf einmal ganz aufesse, und alle Wochen einen feisten Gemsbock vor der Haustüre. – Es kam eine weisse Gemse. Eine Stimme rief: »Johann Josef Imhof – so hiess der Jäger –, hast iber 300000 Gämschi gschossä, mach etz Fyrabed!« Er zielte, und da sprang die Gemse auf ihn los und stürzte ihn in einen Abgrund zu Tode. c) Der Jäger war der alte Rytti-Jaggi-Märti im Schächental. Das wilde Mandli sagte zu ihm: »Schon 31/2 Hundert Geissli hast du uns getötet.« Frau Mattli-Bissig, 80 Jahre alt, Bürglen Jos. Joh. Kempf, 90 Jahre alt, Bauen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Jäger und der Jude

Source: Der Jäger und der Jude

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Vor dem Schlosse Ramstein in Baselland steht ein Sennenhaus; vor dreißig Jahren war dort ein älteres, welches abgebrochen wurde, und von welchem man das morsche Gebälke zum Kalkbrennen gebrauchte. Um die zwölfte Stunde, als dies Holzwerk brannte, zersprang unter fürchterlichem Krachen der Kalkofen und stob in alle vier Winde. Zwei Männer traten aus der Glut hervor; der eine mit langem weißem Bart, wie ein Jude; der andere ein grün gekleideter Jäger. „Seit vielen Jahrhunderten, sagte dieser, hab' ich, in den Balken gebannt, Höllenqual ausgestanden. Dieser Balken war früher Stamm einer Tanne, an welcher ich einen armen Bauern aufknüpfen ließ, der sich mit bewaffneter Hand widersetzte, als ich mit meinen Rüden seine Saaten durchstreifte“; und der Jude bekannte, dass er vor 400 Jahren vier Menschen im Schlosse vergiftet habe und, von dem Burgpfaffen in einen Jagdhund verwandelt, in den nämlichen Balken gebannt und dem Jäger zu namenloser Pein überantwortet worden sei. – Beide baten nun, dass man ihnen für die Nacht ein Obdach in der Kalkhütte gewähren möchte, worauf dann ihre Erlösung folgen würde. Geschehe dies nicht, so müssten sie in den angebrannten Holzblock zurück. Statt aller Antwort beteten die Kalkbrenner: „Alle guten Geister!" – – – und plötzlich schrumpfte der Jäger in ein winziges Zwerglein, der Jude in ein kleines schwarzes Hündlein zusammen und beide schlüpften in den Balken zurück, welcher sodann in unbesonnenem Scherze dem neuen Sennenhause einverleibt wurde. Die Strafe folgte bald; denn ein Jahr darauf raffte eine schreckliche Seuche, der Angriff genannt, sämtliches Vieh des Schloss-Sennen hinweg, und an der Brust aller gefallenen Stücke soll eine Spur von fünf schwarzen Fingern bemerkt worden sein. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Jägersknecht von Trostburg

Source: Der Jägersknecht von Trostburg

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Ein Mann von Kulm band unterhalb des Dorfes nahe am Walde Reiswellen. Da glaubte er jenen Jäger rufen zu hören, der vor Jahrhunderten dem Trostburger Schlossherrn so übel im Jagdbanne gedient hatte. Wirklich sah auch der Bauer einen Grüngekleideten zehn Schritte weit auf sich zu kommen. Beide schauten einander an, keiner sprach ein Wort. Der Grüne fällte die Flinte und zielte, als wolle er ihn erschiessen. Verächtlich hob der Bauer seine Reiswelle auf die Schulter, kehrte ihm den Rücken und dachte sich: Blas du mir.......! Aber nach der Heimkunft wurde er doch einige Tage bettlägerig. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 178 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Jammer-Senn

Source: Der Jammer-Senn

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Ich war als 12-jährig Hüttenbub in der Vereina Alp, mein Vater Senn. Dieser sagte eines Abends: «Xanderli, lass heut Abend das Vieh lang weiden, morgen gibts Schnee.» «Aber Vater, s'ist ja s'schönst Wetter heut Abend.» «S'ist gleich. Morgen früh gibts Schnee.» Und er neigte sich zu meinem Ohr, furchtsam flüsternd: «Ich habe s'grau Mannli gesehn.» Ich verstand den Vater nicht recht. Dem schönen Abend folgte ein regnerischer Morgen. Spätere Jahre war ich noch immer Hirt in der gleichen Alp. Es kam wieder ein schöner Abend, ich sass ganz allein an der Hüttentür und hörte durch die Dämmerung ein wunderlich Jammern: «Ui! Ui! Ui!» Ein Mann hatte das gejammert; der ging aber vorbei und hatte die graue Kappe tief in die Augen gezogen und eine Salztasche umgehängt. Das Vieh aber mochte sein Salz nicht, so nötlich ers ihm darhielt. Das Mannli wurde darauf immer jämmriger und floh. Am Morgen hatte es richtig geschneit und so noch manches Mal, wenn das Mannli gekommen. Aus: U. Brunold-Bigler, Die Sagensammlung der Nina Camenisch, Disentis 1987, mit freundlicher Genehmigung der Autorin. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Jauchzer-Botze

Source: Der Jauchzer-Botze

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Den Jauchzerbotzen will man in den Bergen von Naters oft gehört haben. Mitten in finsterer Nacht jauchzt dieser Geist — daher sein Name — nimmt es aber sehr bös auf, wenn ihm das Jauchzen beantwortet wird, wie es unter jungen Leuten in Bergen und auf Alpen Mode ist. Aus einer Alphütte heraus soll es einst ein Mann gewagt haben, dem Jauchzer entgegen zu jauchzen; gleich stellte sich der Geist ein, legte sich neben ihn auf's Nachtlager und drückte ihn tot. Vom Jauchzerbotzen wird ferner erzählt: Ein gewisser Martin Lagger von Naters, der im Hegdorn wohnte, wo sein Haus noch steht, liebte die Jagd und verabredete eine solche mit einem Fieschertaler, der sein Gevattermann war. Die Jäger wollten an einem bestimmten Abend in Aletsch in der Bächalpe zusammenkommen und in einer alten Felshütte, in der noch der «Kessiturn» steht und jetzt «Laggers Balme» heisst, übernachten. — Wer die Gemsen und Murmeltiere mit Vorteil jagen will, muss in frühester Morgenstunde auf der Warte sein. — Laut Verabredung kamen sie zusammen und erwarteten noch einen dritten Jäger, der dem Fieschertaler versprochen hatte, von den Mörjerbergen über den Aletschgletscher herüber zu ihnen zu stossen. Dieser wollte aber nirgends zum Vorschein kommen. Als die zwei Jäger nach langem Warten sich in finsterer Nacht eben zur Ruhe begeben wollten, hörten sie ein lautes Jauchzen in der Gegend der Furge, jenseits des Aletschgletschers. Der Fieschertaler meinte, es komme der erwartete dritte Jäger von Mörel herauf und wollte antworten, ihm kund zu geben, dass sie auf dem Posten wären. Martin Lagger aber sagte: «Mir will das helle Jauchzen nicht gefallen, bleibe ruhig!» — Und es jauchzte ein zweites Mal; der Fieschertaler wollte doch antworten, was Lagger wieder nicht zugeben wollte. Als aber das Jauchzen zum dritten Mal ertönte, jauchzte der Fieschertaler ohne weiteres auch und kaum hatte er vollendet, so jauchzte es, Mark und Bein durchdringend, eben vor dem Eingange ihrer offenen Nachthöhle. — Lagger zog seinen Gevattermann zu sich heran und der Geist sagte zum Jauchzer: « Wenn du nicht den bei dir hättest, den du da hast, so würde ich dich zu Staub und Asche zerblasen.» Der Geist blieb die ganze Nacht bei den Jägern und offenbarte ihnen, dass er die verdammte Seele eines Vorstehers von Naters sei. Aus zwölf Ursachen sei er verdammt, die jede einzeln zu seiner Verdammung hingereicht hätte. Er zählte alle der Reihe nach auf. Als er elf Ursachen angegeben hatte, fügte er hinzu: «Und wenn das alles nicht wäre, so wäre er doch verdammt worden, weil er gewöhnlich Kühschafe (Heimschafe, die mit den Kühen auf die Weide getrieben werden) gehalten und mit solchen die Mitmenschen in den Gütern oft beschädigt habe», usw. Martin Lagger lebte von der Zeit an sehr niedergeschlagen, und sein Gevattermann, der Fieschertaler, starb noch im gleichen Jahre.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der junge Herzog

Source: Der junge Herzog

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Es war einmal ein junger Herzog, der war so fromm und gottesfürchtig, dass er am liebsten gleich gestorben und nach dem Himmel gewandert wäre. Seine Mutter aber hätte ihn gern an eine Prinzessin verheiratet, und weil er denn auch ein guter Sohn war, so willigte er endlich in den Wunsch seiner Mutter ein und setzte den Tag seiner Hochzeit fest. Am Hochzeitsmorgen erschien aber ein Jüngling im Schloss, von schönem Wuchs und Ansehen, und bot ihm seine Dienste an als Koch, aber nur über das Hochzeitsfest. Der Herzog fand Gefallen an ihm und alle Leute am Hof verwunderten sich über sein feines Benehmen; und als er erst eine Probe von seiner Kochkunst abgelegt hatte, da wollte der Herzog ihn gar nicht mehr fortziehen lassen. Allein schon des Nachmittags sagte der Jüngling, seine Stunde sei gekommen, er müsse nun wieder nach Hause gehen! Also wollte ihm der Herzog noch eine Strecke weit das Geleit geben. Wie sie nun unvermerkt unter allerlei Reden weiter und weiter gegangen waren, standen sie mit einemmal mitten auf einer grünen Heide, welche ganz mit Rosen und Rosmarin bewachsen war, und die Luft war allenthalben voll Balsamduft. Unter einem Palmbaum hielt ein weißes Maultier und graste; das löste der Jüngling alsobald ab und bat den Herzog, er möchte sich auf dasselbe setzen. Der Herzog setzte sich darauf und der Jüngling nahm selbst hinter ihm Platz. Da war es dem Herzog, als ob sie durch die Lüfte schwebten; bald sah er in der Ferne eine prächtige Stadt schimmern; und als sie an das Tor kamen, war dasselbe von oben bis unten mit Edelsteinen besetzt; und es öffnete sich von selbst; und als sie in die Stadt kamen, war es so hell und glänzend drinnen, wie wenn tausend Sonnen scheinen würden; von allen Seiten erklang Gesang und Musik und durch die Straßen, die mit purem Gold gepflastert waren, zogen weiße Jungfrauen mit Blumenkränzen um die Stirne und begrüßten den Herzog. Das gefiel ihm so wohl, dass er gar nicht mehr fort wollte. Allein am dritten Tag sagte der Jüngling zu ihm, nun sei auch seine Stunde gekommen, er müsse nun wieder nach Hause gehen, werde aber wohl bald wieder hierher kommen dürfen. Also trug das weiße Maultier den Herzog wieder den gleichen Weg zurück, und der Jüngling begleitete ihn bis zu dem Palmbaum in der grünen Heide; als er aber von hier betrübt den Weg nach seinem Schlosse einschlug, sah er in der Ferne an der Stelle, wo das Schloss gestanden hatte, ein altes Kloster; verwundert trat er hinzu und fand die Pforte verschlossen; er klingelte, und ein Klosterbruder in langem, schwarzem Gewand trat hervor. Der Herzog fragte ihn: »Was tut Ihr hier, lieber Bruder? Bin ich denn nicht auf dem rechten Weg nach dem Schloss? Vor drei Tagen bin ich ausgegangen und finde mein Schloss nicht mehr, auf dem ich doch Herr und Meister bin.« Der Klosterbruder machte große Augen und sagte: »Ein Schloss ist hier weit und breit nicht; in unserm Kloster aber regiert der Abt; kommt nun her, er wird's Euch selber sagen.« Der Herzog folgte dem Bruder; und als der Abt die Geschichte von dem Herzog und seinem Ausgang aus dem Schloss erfuhr, da holte er eine alte Chronik aus der Bücherei des Klosters und schlug darin ein paar vergilbte Blätter herum, und dann zeigte er dem Herzog Wort für Wort, dass seine Geschichte da drin verzeichnet stand und dass es nun gerade dreihundert Jahre her seien, dass er mit dem Jüngling aus seinem Schlosse gegangen; sein Schloss aber sei längst dem Erdboden gleich gemacht und seine Gemahlin und Mutter samt allen übrigen Bewohnern des Schlosses lange verstorben. Das ganze Kloster wollte nun die endliche Wiederkunft des Herzogs festlich feiern und ein großes Freudenmahl wurde angerichtet, bei welchem der Herzog oben an sitzen musste. Kaum hatte er aber ein Stücklein Brot in den Mund genommen, so schrumpfte er zusammen und wurde ein uraltes, eisgraues Männlein und war im selben Augenblick tot.   Quelle: Otto Sutermeister, Kinder- und Hausmärchen aus der Schweiz, Aarau 1869   Zürich. (Nach I. Stutz: Sieben mal sieben Jahre aus meinem Leben S. 55.) Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Jungfernbrunnen von Hünenberg

Source: Der Jungfernbrunnen von Hünenberg

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Im "Langen Holz" bei der bekannten Langrüti in der Gemeinde Hünenberg entsprang ein klares, kaltes Wasser. Das Volk nannte diesen Ort den Jungfernbrunnen oder Jungfernquell. Vor urdenklicher Zeit, als noch fremde Herren über das Land herrschten, soll hier einer der wildtobenden Zwingherren der nahen Burg Hünenberg einige brave, unschuldige Jungfrauen erdrosselt haben. Da aber diese braven Hünenbergerinnen in ihrer Unschuld einen gar frühen, jähen Tod erleiden mussten, ereignete sich ein Wunder, indem an der Stelle des grauenvollen Verbrechens ein silberklarer Wasserquell entsprang. So bezeugte die helle Quelle des Jungfernbrunnens den seligen und tugendhaften Tod der Jungfern von Hünenberg. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 31 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Jungfernstein

Source: Der Jungfernstein

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Vor vielen, vielen Jahren war vor dem Haus zum Frauenstein in der Stadt Zug ein gar geheimnisvoller, grosser Stein gelegen. Über diesen Stein konnten nicht alle Leute schreiten. Eine geheimnisvolle Kraft strömte aus ihm und versperrte vielen Leuten den Eingang. Nur Jungfrauen, deren Lebenswandel ohne Fehler und Tadel war, vermochten den Fuss über diesen Stein zu setzen. Aus diesem Grunde wurde der Stein im Volksmund allgemein der Jungferenstein genannt und das Haus bekam den Namen zum "Frauenstein". Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 93 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Kahlofen Bauer

Source: Der Kahlofen Bauer

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Der Kahlofen Bauer ist jener Feuermann, der zwischen Endingen und Würelingen auf einem Grundstück erscheint, das Kahlofen heisst. Hier hatte er ehedem die Grenzsteine verrückt; jetzt neckt und plagt er die Vorübergehenden. Doch geht er niemals weiter als seine Marke reicht. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Kalkofen

Source: Der Kalkofen

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Vor wenigen Jahren noch habe im sogenannten Kapellentobel eine Pfaffenkellnerin, die eiserne Schuhe trug, von der Kalktaren bis hinauf zur Bühlbrücke wandeln müssen. In der Kalktaren sei damals ein Kalkofen gestanden, und als dort Kalk gebrannt worden, sei diese Pfaffenkellnerin mit der Bitte eingekommen, in den Kalkofen kriechen zu dürfen, sagte aber, dadurch werde der Ofen unbrauchbar; sie aber werde dann erlöst und komme in den Himmel. Der Kalkbrenner gestattete ihr dieses. Bald darauf sei eine weisse Taube aus dem Ofen geflogen, und nachher sei die Pfaffenkellnerin nie mehr gesehen worden, der Ofen sei aber wirklich unbrauchbar geworden. Dr. Henne-Am Rhyn, Deutsche Volkssage  Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 335, S. 187 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der kalte Geist

Source: Der kalte Geist

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Im Dorf Münchenstein geht heute noch die Sage um vom kalten Geist auf dem Münchensteinerberg. Er kommt mit den kalten Tagen und treibt die Tiere aus dem Walde, wo er haust. Darum flieht dann alles Wild aus dem Münchensteiner in den Arlesheimer Wald. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der kalte Geist

Source: Der kalte Geist

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Man erzählt noch heute vom kalten Geist auf dem Münchensteiner Berg. Er kommt mit den kalten Tagen und treibt alles Wild aus dem Walde, wo es haust. Darum fliehe alles Wild aus dem Münchensteiner in den Arlesheimer Wald. Münchenstein Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Kampf in der Distelalp

Source: Der Kampf in der Distelalp

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In Saas erzählen sich die Leute, vor uralter Zeit habe einmal eine Schar Feinde über den Monte-Moro ins Land einfallen wollen. Niemand wusste etwas von ihrem Anzuge. Als sie die Passhöhe überschritten hatten, lief ein Taubstummer, der in seinem Leben bisher nie ein Wort gesprochen hatte, wie wahnsinnig in der Distelalp, der ersten am Passe, von Hütte zu Hütte und stammelte überall die Worte: «Sie kommen, sie kommen die Tällibörter herunter.» Alles geriet in Aufregung. Der Taubstumme nahm eine Steinplatte auf die Achsel, stieg damit auf ein Hüttendach und schrie laut: «Den ersten, der kommt, schlag’ ich tot!» Und es kam einer, angetan mit einem hellroten Rocke; er war den übrigen vorausgeeilt. Der Stumme hielt Wort und schlug ihn tot, als jener an ihm vorübergehen wollte. Gleich zog er ihm den roten Rock aus, legte ihn selber an, nahm den losgerissenen Kopf des Erschlagenen in die Hände und zog so dem Feinde entgegen. Die Alpweiber ergriffen Gabeln, Sensen und andere Instrumente und folgten emsig. Da erschraken die Feinde über diesen Anzug so, dass sie umkehrten und eilig wieder über den Mondellipass aus dem Lande liefen. Bei dieser Gelegenheit soll das Mirakelbild der Muttergottes zur hohen Stiege, damals noch in einer Mauer unter freiem Himmel, Blut geschwitzt haben. SAAS-ALMAGELL Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Kampf mit dem Riesen

Source: Der Kampf mit dem Riesen

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Vor Zeiten war einmal ein König, der hatte eine wunderschöne Tochter, namens Bianca. In seinem Reich hauste jedoch ein Riese, der grosses Unheil anrichtete. Jedes Jahr musste ihm ein Mensch geopfert werden. Der König liess das Los ziehen unter allen Personen seines Landes, und dieses Jahr traf es sogar seine eigene Tochter. Man kann sich seinen grossen Schmerz vorstellen. Er konnte jedoch die Sache nicht ändern, weil er durchaus gerecht sein und das Vertrauen seines Volkes nicht verlieren wollte. Es kam der Tag, an dem Bianca sich zur Behausung des Riesen begeben musste. Alle Leute waren in die Hauptstadt geströmt und bildeten eine lange Prozession, an deren Spitze die Königstochter schritt, begleitet von ihren weinenden Eltern. Auf einmal kam ein fremder Ritter mit drei grossen Hunden durch die Strasse. Der fragte einen Bewohner der Stadt, was diese Prozession zu bedeuten habe, und als er den Sachverhalt erfahren hatte, folgte er dem Trauerzug. Dieser bewegte sich langsam durch die Stadttore hinaus nach dem Wald, wo das mächtige Schloss des Riesen stand. Es hatte starke Gitterstäbe an den Fenstern, und das Tor war ebenfalls aus schwerem Eisen geschmiedet. Kaum waren die Leute in der Nähe dieser Burg angelangt, so nahmen die Eltern und die übrigen Begleiter Abschied von der Prinzessin, und alle Leute flüchteten eiligst in die sichern Stadtmauern zurück. Nur der fremde Ritter mit den drei Hunden zog unerschrocken weiter, bis er bei der Königstochter anlangte, die ihn fragte: «Warum kehrst du nicht zurück? Weisst du nicht, dass der Riese dich verschlingen wird?» Der andere aber erwiderte: «Ich heisse der, Ritter mit dem eisernen Arm\'. Habe keine Angst, diese drei Hunde hier werden auf meinen Befehl den Riesen in einem Augenblick zerreissen!» Er hatte diese Worte kaum gesprochen, so fing die Erde an zu zittern. Man hörte ein lautes, wildes Gebrüll. Das grosse Tor des Schlosses öffnete sich knarrend in seinen verrosteten Angeln, und das Ungeheuer trat hervor. Es sah aus wie ein gewaltiger Gorilla, mit einem Kopf fast wie ein Löwe und vielen langen, spitzigen Zähnen im Maul. Kaum hatte der Riese die Prinzessin und den Ritter mit den drei Hunden erblickt, so blieb er zunächst verdutzt und etwas erstaunt stehen. Jetzt befahl der Ritter dem ersten seiner Hunde, Sbranaferro oder «Eisenfresser» genannt: «Da, pack und zerreiss den Riesen!» Im Nu fiel der Hund über den Kerl her, und es begann ein furchtbarer Kampf. Der Hund packte ihn und biss ihn, aber es war ein hartes Stück, den Wüterich zu besiegen, der sich mit grösster Verzweiflung wehrte. Nun rief der Ritter auch noch die andern zwei Hunde, «Spring wie der Wind» und «Überklettere die Berge», herbei und liess sie am Kampf teilnehmen. Der Unhold teilte mit seinem Schwert wuchtige Hiebe aus, er wurde jetzt aber nicht mehr Meister, und in wenigen Augenblicken lag er tot am Boden. Als die Königstochter, die bleich und stumm vor Entsetzen dem Schauspiel zugeschaut hatte, das sah, trat sie auf ihren Retter zu, dankte ihm von Herzen für die Befreiung und bat ihn, ins väterliche Schloss zu kommen, wo der König sie ihm zum Dank zur Gemahlin geben und sie die Verlobung feiern würden. Der Ritter aber gab zur Antwort, in einem Jahr, einem Monat und einem Tag werde er kommen, und dann solle die Hochzeit gehalten werden. Nun nahm er das Schwert, hieb dem Riesen das Haupt ab, schnitt ihm die Zunge heraus, legte sie in ein Tuch und zog mit seinen drei Hunden von dannen. Die Königstochter machte sich auf den Heimweg in die Stadt. Und wie sie so eiligen Schrittes aus dem Wald gegen die Stadtmauern lief, begegnete ihr unterwegs der Köhler. Der war erstaunt, sie noch am Leben zu finden, weil er glaubte, der Riese habe sie schon längst verschlungen, und er fragte sie, wie sich die Sache zugetragen habe. Darauf erzählte sie ihm alles. Sobald der Köhler vernommen hatte, dass der Ritter Eisenarm fortgegangen war, sprach er neiderfüllt zur Prinzessin: «Ich verlange, dass du deinem Vater sagest, ich sei dein Retter gewesen. Tust du es nicht, so sind deine Tage gezählt!» Erschreckt von dieser Drohung versprach Bianca, wider ihren Willen, das Wort zu halten. Und damit kamen sie in die Stadt. Der König anerbot dem falschen Retter seine Tochter zur Frau. Dieser nahm das Anerbieten mit Freuden an. Bianca aber sprach, sie wünsche, dass die Hochzeit erst stattfinde nach einem Jahr, einem Monat und einem Tag, denn sie hoffte, dass ihr wirklicher Retter kommen werde, sie zu erlösen. Schon waren ein Jahr und ein Monat verflossen, und das Hochzeitsfest sollte am folgenden Tag stattfinden. Der König hatte alle Leute seines Hofes, die Herzöge, Grafen, Fürsten und viele Edle eingeladen, und die Gäste hatten sich mit dem Brautpaar zur Tafel gesetzt. Bianca sass herrlich gekleidet neben ihrem Bräutigam, dem Köhler. Aber sie war still und traurig und dachte an ihren wahren Retter, den Ritter mit dem eisenstarken Arm. Dieser hatte mittlerweile alles erfahren. Er war auch in die Stadt gekommen und befahl demjenigen seiner Hunde, der wie der Wind springen konnte: «Geh hinauf ins Königsschloss, trage der Königin den Teller fort und bring ihn hierher!» Der Hund war im Augenblick im grossen Festsaal, fasste den silbernen Teller der Königin und trug ihn vor aller Augen davon. Sobald der König das sah, sprach er zu seinen Dienern: «Lauft schnell dem Hund nach und fangt ihn ein!» Aber Bianca entgegnete: «Nein, Vater, lass ihn in Ruhe, er hat mir das Leben gerettet!» Bei diesen Worten wurde der Köhler bleich vor Angst und fing an zu zittern. «Wie kommt dies», erwiderte der König, «ist dein Bräutigam nicht dein Retter gewesen?» Die schöne Braut jedoch schien nicht darauf zu hören, und das Gespräch geriet wieder auf andere Dinge. Es dauerte nicht lange, so kam ein zweiter Hund zum Saal herein, der «Bergeersteiger», machte sich unbeachtet in die Nähe der Prinzessin, nahm ihr in einem unbemerkten Augenblick den silbernen Teller weg und sprang damit zum Saal hinaus. Wieder befahl der König, man solle dem Hund nachspringen, aber Bianca erwiderte: «O nein, Väterchen, lass ihn doch laufen, denn er hat mir das Leben gerettet!» Diesmal jedoch bestand der König auf seiner Frage, wieso das komme. Der Köhler zitterte wie Espenlaub, das der Wind schüttelt. Schon wollte Bianca den wahren Sachverhalt erzählen, als die Saaltüre sich weit öffnete und der Ritter mit dem eisenstarken Arm, von seinen drei Hunden begleitet, hereintrat. Sobald die Königstochter ihn erblickte, brach sie in lauten Jubel aus und rief: «Jetzt kommt mein wirklicher Retter!» Der König Hess sich dieses Rätsel erklären, und als er alles erfahren hatte, sprach er zum Köhler: «Nun, ihr da, wisst ihr nichts zu eurer Verteidigung vorzubringen?» Der falsche .Bräutigam fasste Mut und erwiderte ganz kaltblütig: «Das sind alles lauter Lügengespinste, was eure Tochter erzählt.» Darauf trat der Ritter auf ihn zu und sprach gelassen: «So zeiget mir das Haupt des Riesen, den ihr besiegt zu haben vorgebt!» Der Köhler begab sich hinaus und brachte es herbei. «Ganz recht, hier ist es, aber man schaue nach, ob es auch eine Zunge hat!» Nun kam die Wahrheit ans Tageslicht; es zeigte sich, dass\' dem Riesen die Zunge fehlte. Der Ritter brachte sie herbei und erzählte, wie er mit seinen drei Hunden den Unhold besiegt habe. Da fragte der König die erstaunten Hofleute, was für eine Strafe der Köhler verdiene. «Nichts anderes als den Tod!» riefen alle Anwesenden wie mit einer Stimme. Darauf wurde der falsche Bräutigam hinausgeführt und bekam für seine Lügnerei die verdiente Strafe. Wie glücklich war nun die Braut, ihren wahren Retter neben sich zu sehen! Jetzt erst wurde die Hochzeit mit Freuden gefeiert, und die beiden lebten lange Jahre in Glück und Frieden. So findet, wer Gutes tut, das Gute; wer aber Schlechtes tut, bekommt seinen Lohn. Am Kaminfeuer der Tessiner                                                               Walter Keller                                                                                           Hans Feuz Verlag Bern   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Kappelihund

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Beim alten Bildstock, in der Nähe der Sebastianskapelle, zeigt sich nachts ein gespenstischer Hund, der die Pferde scheu macht oder nicht weitergehen läßt. Das hat der alte Fuhrmann H.. z am Bach erfahren. Der Hund ist so groß wie ein "Kalbeli". S. Walt   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 40, S. 21 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Kapuziner mit der Kräze

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Als ich noch ein Kind war, hatten wir einen baumstarken Wägitalerknecht angestellt. Eines Abends, es ging gegen vier Uhr, stand mein Vater zufällig vor dem Haus, als ein Kapuziner, eine Kräze auf dem Rücken, von Näfels herkam. Der Vater begrüsste den Pater und lud ihn ein, bei uns das Vesper einzunehmen. Der Kapuziner lehnte dankend ab. Der Vater liess aber dem Pater keine Ruhe, bis er schliesslich einwilligte. In der Küche stellte er die Kräze ab. Der Wägitaler, der schon am Tische sass, fragte: «Händer schwär glade, Pater?» Der Pater lächelte nur und sagte: «Ja, ihr vermögtet sie nicht zu tragen!» Da lachte der Wägitaler überlaut und meinte, er würde das «Körblein» mit dem kleinen Finger aufheben. Der Pater forderte ihn auf, es zu tun. Aber der Wägitaler konnte die Last auch mit beiden Händen nicht einen Zentimeter vom Boden aufheben. Bald brach der Kapuziner auf. Was er in der Kräze hatte? Geister! Die verbannte er ins Tobel.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Karfreitag

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sei ein schöner Tag zum Sterben, aber ein unglücklicher zum Werden. a) In der Eielen zu Attinghausen sei an einem Karfreitag ein prächtiges Kuhkalb zur Welt gekommen, und der Knecht hatte eine mächtige Freude damit. Nicht so der Meister, der sagte: »Wenn es ein Mensch wäre, so würde ich sagen, er werde sich erhängen.« Und richtig, als es zum Rind herangewachsen, verwirrte es sich eines Tages mit dem Schwanz im Bodenwald im Gestrüpp und blieb hangen und verendete dabei. Wie solches gekommen, kann man nicht sagen. b) Noch zu Menschengedenken geschah es, dass eine Katze, die am Karfreitag geworfen worden, eines Tages auf unerklärliche Weise an einer Zimmerwand aufgehängt angetroffen wurde. c) Ein Mensch, der auch an diesem Tage zur Welt gekommen, erhängte sich mit einem Heuhalm an einer Bettstatt. Als man ihn losmachte, war ein Draht durch den Halm gezogen. Katharina Müller, 70 Jahre alt, Bürglen Frau Mattli-Bissig, 80 Jahre alt, Bürglen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Karfunkel

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Hoch oben im Teiftal am Abhang des Bristenstockes leuchtete, stundenweit sichtbar, ein Karfunkel. Sein Glanz wurde von der Landstrasse aus auf der gegenüberliegenden Seite des Reusstales beobachtet, und gar oft hielt die Post an, und ihre Insassen spähten staunend und bewundernd nach jenem Punkte hinauf. Da machten sich drei Männer aus dem Ried auf, um den kostbaren Stein zu gewinnen, als sie aber eine gewisse Stelle erreicht hatten, rollte es ihnen Steine entgegen. Sie kehrten um, versuchten es aber später zum zweiten Male und wurden wieder durch Steine zurückgetrieben. Zum dritten Male setzten sie an; sie erreichten den verhängnisvollen Punkt. Keine Steine rollten mehr. Da fassten sie Hoffnung. Aber bald rief es ihnen. Was? Das weiss ich nicht; aber sicher hat es sie gewarnt. Sie kehrten heim und wagten keinen Versuch mehr. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Karfunkel

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1. D's Maxä-Tonis Sepp von Bürglen hat erzählt: Unser Knechtli hütete eines Tages in der Alp Mättädall am Fusse des Rosstockes die Kühe. Auf einmal erblickte er in einer Gand ob ihm einen hellen Glanz; es glitzerte und strahlte wie die Sonne. Er lief hin und fand einen grossen Stein, von dem der Glanz ausging. Den Stein zerschlug er und versorgte ein Stück davon in seinem Hosensack. Am Abend, bevor er sich im Heu zum Schlafen niederlegte, steckte er ihn in ein Gwätti. Der Stein leuchtete jedoch die ganze Nacht hindurch so hell, dass der Bub in seinem Lichte ganz gut hätte lesen können, sofern er nämlich mit dieser Kunst vertraut gewesen. Dennoch verleidete er ihm, und eines Tages bekam ihn eine ungehorsame Kuh auf ihrem Rücken zu fühlen. Zufällig erzählte er uns später von seinem Fund, und wir sprachen darüber einmal mit einem Goldschmied. »Ach!« rief dieser aus, »hätte der dumme Bub doch nur die Gnade gehabt, den kostbaren Stein aufzubewahren, dann wäre er jetzt reich genug für sein Leben lang, reicher als der ganze Kanton Uri. Es war ein Karfunkel!« Jetzt gingen wir alle auf die Suche nach den zwei Stücken, die der Bub weggeworfen, konnten aber nichts mehr finden. Alois Planzer, 18 J. alt 2. Mehrere Älpler hatten im Bergschyen und anderswo Strahlen gesammelt. Sie hatten viele beisammen und dieselben im Keller des Leonz Baumann aufbewahrt. Sie hatten den Keller halbvoll Strahlen, viele grosse und schöne Stücke. Wenn man in den Keller gekommen sei, hätten die Strahlen geglänzt und geleuchtet, wie ein schönes, sanftes Licht. Es sei dann einmal ein Strahlenkenner, der von diesen Strahlen gehört hatte, in die Alp gekommen. Der liess sich die Strahlen zeigen und sagte, als er sie gesehen hatte, er möchte nur eine kaufen; was sie verlangen, wenn er eine auslesen dürfe? Die Leute, die wenig Kenntnis von den Strahlen hatten, forderten und, wie sie meinten, ziemlich viel. Der Fremde besann sich nicht lange, bezahlte den geforderten Betrag, nahm eine Strahle und, wie sie glaubten, lange nicht die schönste, und ging talaus. Als die Leute dann wieder in den Keller kamen, wunderten sie sich nicht wenig, denn die Strahlen glänzten nicht mehr. Der Fremde hatte die Strahle, die den andern den Glanz gegeben, gekannt und mit sich genommen. 3. Drei arme Männer aus dem Ried, Pfarrei Amsteg, stiegen einmal gegen den Bristenstock hinauf, um Strahlen zu suchen. Endlich stiessen sie im Bristenstäfeli nach langem Graben auf einen Karfunkel; der glänzte und leuchtete wie die Sonne. Voll Freude und Stolz eilten sie nach Amsteg hinunter, taten da recht hoffärtig mit ihrem Fund und prahlten und luden eine grosse Gesellschaft zu sich ins Wirtshaus, i d's obärä Treschä. Hier legten sie ihren Karfunkel auf den Tisch und sprachen in ihrem gottlosen Übermut: »So jetzt, des Herrgotts Licht brauchen wir nicht mehr, dieser Stein zündet besser.« Sie schlossen am hellen, heiteren Tage sämtliche Fensterladen des Hauses und prassten, tanzten und jubilierten mehrere Tage hindurch. Nach einiger Zeit gingen sie wieder – auf die Suche nach Mineralien, sie hatten scheint's noch nicht genug. Aber diesmal fiel die Höhle ein, wo sie gruben, und bedeckte zwei von ihnen und tötete sie. Nur der dritte, wie einige behaupten, Hans Ambort, entkam gesund und heil. Dieser hatte im Bristenstäfeli (oder im Chliser) viele Rinder (oder 10 Kälber); aber er schaute nicht mehr nach ihnen aus; »meinetwegen können sie zugrunde gehen,« sagte er, »ich habe genug.« Eines Tages brachte ihm jedoch ein guter Nachbar die Rinder bis zum Hause. (Oder: Eines Tages am Herbst kamen sie alle von selbst im besten Zustande; auf der Stegerbrücke begegneten sie ihm). Da meinte der vom Glück Verfolgte: »Jetz 'prächt-i doch ds Glick mit keim Stäckä meh vom-mer äwägg!« Es verliess ihn aber später von selbst, und er kam allmählich »ganz liächtli« um all das Seine, so dass ihn zuletzt die Läuse auffrassen. Josefa Walker, Ried, u.a. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Karfunkel in den Wallenstöcken

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Ihr Golddurst führte Venediger häufig ins Unterwaldnerland und zumal ins Arniloch bei Engelberg. Sie besassen Bergspiegel, mit welchen sie sogar das Innerste der Gebirge und Felsstöcke durchschauen und erforschen konnten. Ein solcher Venediger erzählte einst den Leuten im Stansertale, dass die Wallenstöcke dort hinten ob dem an der Strasse nach Engelberg gelegenen Grafenort einen so grossen Karfunkelstein in sich verborgen hielten, dass er mit seinem Glanze nächtlich das ganze Tal bis nach Stans hinaus hell erleuchten könnte. Seitdem glaubte man immer an den Karfunkel in den Wallenstöcken.  Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Der Kartenleger auf Garrisalp

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Einst lebte auf der Garrisalp ein Hirte, der sich den Aberglauben seiner Mitmenschen zu Nutzen machte. Er legte ihnen Karten vor und versicherte, daraus ihnen die Zukunft voraussagen zu können. Schon hatte ihm seine «Kunst» eine schöne Summe eingebracht, und er hoffte, ein reicher Mann zu werden. Doch dem Wahrsager sollte das Handwerk gelegt werden. Mehrere Nächte nacheinander rumorte es im ganzen Hause herum, so dass die Leute nicht mehr schlafen konnten. Der Störenfried war nicht zu entdecken. Vor dem Fenster hörte der Hirte ein Stampfen und Grunzen wie das eines Schweines, obwohl solche Borstentiere keine in der Nachbarschaft gehalten wurden. Wer dem Lärm nachging, konnte weder Spuren noch sonst eine Gestalt entdecken. Offenbar hatte hier der Böse die Hand im Spiel. Als das nächtliche Treiben dem Besitzer zu arg wurde, liess er einen Ordensmann kommen, welcher den Schabernak des Unsichtbaren abstellen sollte. Das gelang dem kundigen Mönch auch bald. Vor seinen kräftigen Gebeten und Segnungen konnte der Spukgeist nicht weiter standhalten, aber der Pater ging nicht weg von der Sennhütte, ohne dem Kartenleger eine scharfe Lektion für sein verwerfliches Treiben erteilt zu haben.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Kastanien-Giovannino

Source: Der Kastanien-Giovannino

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Ein Vater hatte viele Kinder zu ernähren. Eines Tages im Herbst war er in den Wald gegangen, um Kastanien zu sammeln. Er wollte sie mit seiner Frau zusammen im Kamin rösten. Er hatte sie aber nicht gut eingeritzt, so dass einige zu prasseln begannen, aus der Pfanne spran­gen und zerplatzten. Kleine zappelnde Wesen kamen daraus hervor. Die Frau zog schnell ihren Holzschuh aus und - tacch tacch - machte sie sich daran, die kleinen Wesen zu zerquetschen. Eines konnte sich jedoch retten. Es war das kleinste, und als die Frau es genau anschaute, bemerkte sie, dass es ein richtiges kleines Kind war. «Behalten wir's doch!», sagten der Mann und die Frau, «wir haben zwar schon viele Kinder, aber für den Klei­nen wird auch noch Platz sein. Taufen wir ihn Kasta­nien-Giovannino.» Giovannino brauchte nicht viel zum Leben. Er war so klein, weil er wirklich wenig aß. Und als er größer wurde, stellte er sich als sehr dienstfertig und gehorsam heraus. Er half seinem Vater, wenn er mit dem Karren und dem Ochsen aufs Feld ging. Eines Tages waren sie mir einer Ladung auf dem Heimweg und machten bei einem Wirtshaus Halt, um einen Schluck zu trinken. Giovannino war als Erster hineingegangen. Während der Vater die Ochsen in den Schatten führte, sah Giovannino drei Räuber, die sich gerade ans Plündern machten. Weil er so klein war, konnte er sich leicht hinter dem Tisch ver­stecken und rufen: «Lass die Sachen da!» Die üblen Kerle schauten sich um und machten sich wieder ans Werk. Aber bei der zweiten Warnung ließen sie die ganze Beute liegen und machten sich erschreckt davon. Sie fürchte­ten sich vor Geistern. Der Wirt, der sich in den Keller geflüchtet hatte, kam in die Gaststube zurück und sah den kleinen Giovannino, der ihm sein Hab und Gut gerettet hatte. Er holte den Vater des Kleinen, erzählte ihm die ganze Geschichte und gab ihm eine schöne Belohnung für seinen tüchti­gen Sohn. Kurze Zeit später konnte Giovannino einmal in einer heißen Sommernacht nicht einschlafen. Er ging ans Fens­ter, um ein wenig Luft zu schnappen. Der Mond schien hell und Giovannino glaubte, Schatten zu sehen, die durch den Hof zum Hühnerstall des Nachbarn husch­ten. Er zog sich schnell an und lief nach draußen. Er hat­te sich nicht getäuscht. Die Hühner gackerten aufgeregt, jemand hatte sich an sie herangemacht. Da begann Gio­vannino zu schreien: «Lasst die Hühner da!» Da nahm einer der Räuber ein Streichholz, zündete es an und sah nach, wer denn gesprochen habe. Er konnte aber nie­manden sehen. Giovannino hatte sich in einer Mauer­ritze versteckt. - «Lösch das Streichholz aus!», befahl er. Die Räuber zitterten vor Angst und meinten, ein unsichtbares Wesen sei in ihrer Nähe. Sie liefen Hals über Kopf davon und ließen alles stehen. Der Hausherr hatte den Lärm gehört und kam im Lauf­schritt, die Hosen haltend, zum Hühnerstall. In der Eile harte er die Hosenträger nicht gefunden. Er kam gerade rechtzeitig, um die Räuber ohne Beute flüchten zu sehen. Glücklich hörte er sich Giovanninos Geschichte an und versprach ihm eine schöne Belohnung. Der kleine Giovannino war nun schon bekannt für seine Fähigkeit, Räuber zu vertreiben. Es gelang ihm, ein hüb­sches Sümmchen für seine Eltern und Geschwister zu­sammenzuverdienen.   Dieses Märchen aus Arogno stellt uns Frau Pia Todorovic Redaelli liebenswürdigerweise aus ihrem Buch "Märchen aus dem Tessin", Limmat Verlag Zürich 2006 zur Verfügung. Das Buch ist im Handel erhältlich - ISBN 3 85791 501 3 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Kastlan

Source: Der Kastlan

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Die Kastläne waren einst die ersten Würdeträger in einer Gemeinde, geniessen darum aus alter Gewohnheit beim Volke noch jetzt ziemliches, wenn nicht das grösste Ansehen unter den Behörden, obschon sie in neuerer Gesetzgebung vom "Präsidenten" überflügelt werden und nicht einmal mehr zum Gemeinderat gehören. Dagegen bedeutet die Präsidentenwürde in vielen Gemeinden noch sehr wenig. — Kein Wunder! von der obersten Staatsbehörde an, durch alle Zweige der Amtsführung hindurch bis zur untersten Stufe der Stadt- und Dorfgassenkehrkommission hinab hat alles seine Präsidenten. — Es ist des Guten fast zu viel! Die alten Titulaturen, Landshauptmann, Rottenmeister, Bannerherr, Grosskastlan, Meier, Ammann, Seckelmeister, Gewaltshaber, Kirchmeier, Armenvater, Alpenvogt, Schottenteiler, Nachtwächter, u.s.f., boten mehr Abwechslung und imponierten mehr. — Doch kommen wir zur Sage. Ein Bergbäuerlein war's, das einst, in Geschäften nach Sitten gekommen, die nötigen Sachen für seinen Hausbedarf, als Polente, Werg, Lampenöl und einige Stäbe Eisen u.s.f. einkaufte, alles hübsch auf sein Wägelchen lud und demselben sein Bergmaultierchen vorspannte. Auf der Heimreise überfiel unsern Geschäftsmann die Nacht viel schneller als er vermutete; er war darum sehr froh, dass Tag und Nacht aneinanderhingen. In einer unwirtlichen Gegend gesellte sich zu unserm nächtlichen Fuhrwerker ein unbekannter Strolch, der, mit der einen Hand die Wagenleiter, mit der andern des Zugtiers Zügel erfassend, einen Teil der bessern Ladung abverlangte. Unser Bauer verstand es aber nicht gut, so wohlfeil seine mit barem Gelde eingekaufte Ware loszugeben. Er griff nach seinen Eisenstäben und schnell wie der Blitz erhielten Finger und Arme des Angreifers so barsche Komplimente, dass auf Krachen Seufzer folgten. Des Bauern Wagen und Maultier wurden frei und schneller angetrieben gelangten sie bald an's Ziel der nächtlichen Reise. Folgenden Tages, Sonntag, besuchte unser Bauer eine Nachbargemeinde, um Geschäfte abzutun. Nach dem Gottesdienste verkündete der Weibel auf dem Ausrufungsplatze: «Indem der Herr Kastlan, in letzter Nacht spät heimkehrend, die Finger verrenkt und einen Arm unglücklicherweise gebrochen, wird der angesagte Familienrat heute nicht gehalten.»   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der kegelnde Bauer

Source: Der kegelnde Bauer

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Ein Bauer ging spät in der Nacht bei dem zerfallenen Schlosse Ruchenberg (in Bünden) vorbei. Da hört er ein Tönen, wie wenn man an metallene Gegenstände schlägt, und durch die Bäume gewahrt er einen lichten roten Glanz. Er sieht feurige Blitze und geisterartige Gestalten um das Gemäuer sich bewegen. Es geht näher und kommt zu dem alten Schlosse, das ringsum beleuchtet war. Und er sah drei Ritter, welche mit Kugeln von Gold auf dem Rasen goldene Kegel umwarfen, so dass es weit umher erklang. Der Bauer sah eine Zeit lang dem Spiele zu, und es kam dem Neugierigen und Gewinnsuchenden die Lust an, es auch zu versuchen, während die Ritter ein wenig ruhten. Er schlich beherzt näher, und weil keiner von den Rittern sich regte, ergriff er eine blanke Kugel und warf, dass alle Kegel auf den Rasen fielen. Kaum war aber dies geschehen, so entstund ein grosser Lärm, und Kugel und Kegel sanken zugleich mit allen drei Rittern in die Erde. Der Bauer stund allein im Finstern, und Grauen und Entsetzen trieb ihn von der Stelle. Quelle: Theodor Vernaleken, Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch


by Der kegelnde Zwingherr zu Reitnau

Source: Der kegelnde Zwingherr zu Reitnau

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Der Berg, an dessen Abhang das Dorf Reitnau liegt (Bezirk Zofingen), bildet drei aufeinander folgende Staffeln, deren jede durch ein kleines Hochtälchen von der andern getrennt ist. Die oberste von ihnen heißt das Hochthal und war der Standpunkt der Burg Reitnau, von der man noch eitrige Trümmer auf einem Vorsprunge sieht. Wenn der Bauer an Sonntagen mähen und kornschneiden kann, pflegte der Burgherr zu sagen, so wärs doch ein Wunder, warum ich an Feiertagen nicht auch jagen dürfte, und was könnte denn ein Ritter besseres wünschen, als immer und ewig zu jagen? Dieser Wunsch ist ihm erfüllt worden; noch hört man den Ritter sein Halloh rufen, sein Horn blasen und mit einer ganzen Wolke von Rossen und Hunden durch die Lüfte sausen. Vom Schlosse abwärts zur zweiten Bergstaffel führt eine nun gänzlich verfallene Treppe auf einen voll Bäumen umgebenen Wiesenplatz, welcher Kegelweg heißt. So oft die Witterung Umschlagen will, hört man des Nachts hier den Zwingherrn kegeln. Ein paar rüstige junge Brittnauer, die an derlei abergläubischen Dorfgeschichten Ärgernis nahmen und nichts davon hielten, waren eines Abends bei regnerischem Himmel hier heraufgestiegen, um sich mit eignen Augen von der Grundlosigkeit dieser angeblichen Vorgänge zu überzeugen. Plötzlich hörten sie die Kugeln rollen und die Kegel fallen. Da sie keinen Menschen am ganzen Berge finden konnten, stürzten sie voll Schrecken davon, der eine dahin, der andre dorthin. Als sie heim kamen, hatte Zeder zum Denkzeichen einen geschwollenen Kopf davon getragen.  Gleich unterhalb des Schlosses ist im Berghang ein Loch gewesen, das nun zugedeckt ist, an dessen Stelle aber manchmal noch ein grünes Männchen sitzt. Es hat einst einer Frau eine Hand voll Goldstücke unter der Bedingung geschenkt, daß sie nichts davon erzähle. Als die Plauderhafte gleichwohl nicht schwieg und ihren Reichtum herzeigen wollte, zog sie nichts als eine Hand voll Kieselsteinchen aus der Tasche. Schatzgräber haben sich an dieser Stelle schon oft vergebens abgeplagt; und die Knaben, die seit langen Zeiten hier oben ihre Fastnachtfeuer anzuzünden pflegen, sind noch jüngst hin einmal auseinander gestoben, als eine lange hagere Gestalt durch die Nacht her zum Reisighaufen gegangen kam, den sie eben ansteckten. Auch sie mußten am Morgen darauf mit einem aufgedunsenen Kopfe erwachen. (Heinr. Hauri v. Reitnau.)  Sage aus Reitnau Band 3.1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962, S. 70 - 69 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Keller im Rost

Source: Der Keller im Rost

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Ehe die Limmat in die Aare mündet, teilt sie sich beim Stroppel noch in zwei Arme und bildet den Limmat-Schachen mit einer Insel, welche in den Gemeindebann von Gebensdorf gehört. Ihr zunächst ist der Rostbauer wohnhaft; gleich einer Hochwacht überschaut sein neues Haus droben auf der Nosthalde die drei Ströme Limmat, Aare und Reuß, die hier sich vereinigen und an deren Ufer die Eisenbahn mit hinab gegen Rhein und Schwarzwald läuft. Der alte Rostbauer Joh. Meier war hier Fährmann gewesen und kam in der Aare ums Leben, während er die Leute vom Brugger-Jahrmarkt über den Strom setzte. Sein ehemaliges Wohnhaus war auf der entgegengesetzten Steige gestanden, die zur Fähre nach Lauffohr führt, wurde aber 1799 beim Flußübergang der Franzosen vom Geschütz übel mitgenommen und ist von den Söhnen abgebrochen worden. Schon von jeher hatte Meier sagen hören, in seinem Hause liege ein Schatz verborgen, deshalb wendete er sich an einen Wahrsager in Birmensdorf, den man den Gütterlig'schaner hieß. Dieser ließ ein offnes Schaff Wasser vor's Haus in die Sonne tragen und daraus ergab sich: daß das Haus auf zwei unbekannten Kellern stehe, deren einer sechs Fuß tief unter dem andern sei und Weine von solchem Alter enthalte, daß sie nicht mehr im Holz der Dauben, sondern in ihrem eignen Weinstein lägen. Auch zwei silberne Engel seien drunten in einem Gange, welcher in die Burgruine Frendnau führe, deren ehemaliger Schloßherr einst seine Schätze hierher geflüchtet habe. Den ersten der beiden Keller fand Meier nach einigem Graben wirklich genau so, wie ihn der Wahrsager beschrieben hatte, und die Quader der alten Kellertreppe wurden gleich zum Umbau des durch die französische Artillerie zerschossenen Hauses verwendet. Aber schon im Jahre 1801 ertrank Meier und hinterließ nur unmündige Kinder, die von seinem Geheimnisse nichts wußten. Sie stießen beim Weiterbauen zwar ebenfalls auf den erstentdeckten Keller, ließen ihn aber ohne weiteres mit in den Neubau einschließen, und als sich später abermals Schatzgräber dahinter machen wollten, wurde ihnen von der Obrigkeit das Handwerk gelegt. Der Keller mit den Engeln ist noch nicht entdeckt. Als man nun neulich den Bau der Eisenbahnhier vorüber führte, stießen die Arbeiter wiederum aus Gewölbe, und der Boden schütterte, wo man die Hacke einschlug; doch das Werk duldete keinen Aufschub, und nun liegen die Schätze unter noch höheren Dämmen verschüttet. (F. I. Keller, Lehrer in Unter-Siggingen.) Quelle: E. L. Rochholz, Naturmythen. Neue Schweizer Sagen, Leipzig  1862. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch    


by Der Kellermeister von Hohenrain

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Die „Länggass" bei Ballwil, über die Höchi und Chrüzweid von Ballwil, auf Eschenbach führend, war früher zu beiden Seiten mit dichtem Staudengebüsch eingehaget. Da wandelte zu gewissen Zeiten bei nächtlichem Dunkel der schwarze Kellermeister von Hohenrain, halb Mensch, halb Dogge und klirrte mit seinem grossen Schlüsselbunde. Einst kamen zwei Männer vom Zwing, Hohenrain, dieses Weges von Eschenbach her vom Marktbesuche der Stadt. Auf der Höhe angekommen, bog der eine plötzlich zur Seite und duckte sich ins Gebüsch; der andere wandelte unbeirrt seines Weges. Als der erstere wieder nachgekommen, fragte ihn sein Begleiter um die Ursache seines Ausbiegens in die Stauden, worauf dieser erwiederte, ob er denn das grause Gespenst mit seinen Feueraugen und dem grossen Schlüsselbund nicht gesehen, das in Mitte des Weges vorbeigewandelt. Diesem sei er ausgewichen, und erst nachgekommen, als er es wieder aus den Augen verloren. Das sei der Kellermeister von Hohenrain, der geheime Besuche im Kloster Eschenbach gemacht habe. Der Begleiter hatte von all' diesem gar nichts gesehen und wahrgenommen. Der Weg ist nun offen und das Gebüsch weg; auch der Kellermeister ist seit langem niemandem mehr in den Weg getreten. Es führten in derselben Richtung früher noch zwei andere Wege nach Eschenbach, die alte Landstrasse morgenseits und die „Teufelsgass" abendsseits. Das gleiche Ungeheuer sei auf beiden diesen Strassen ebenfalls gesehen worden.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Der Kernensee

Source: Der Kernensee

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Der Kernensee Dieser befindet sich beim „Burenholz“ nördlich der Strasse von Stadel nach Hochfelden, ist aber schon stark verlandet. Früher glaubte man, nach seinem Wasserstand des Frühlings den Ertrag de Getreideernte voraussagen zu können. Wenn in diesem schon zur Frühlingszeit das Grundwasser auffallend stieg, schloss man, es gebe einen nassen Jahrgang und deshalb wenig und schlechtes Getreide. Darum soll es nach der Sage auch hier vorgekommen sein, dass Kornhändler oder ihre Spione aus dem Klettgau und Schwabenland nach dem Winter hieher kamen, um sich bei diesem „Naturbarometer“ Rat zu holen. Zeigte er grosse Nässe an, so behielten sie ihre Vorräte zurück, um sie bei uns erst nach der erfolgten Preissteigerung abzusetzen.Diese Meinung ergab sich wohl aus einer sehr langen, oft erwiesenen Erfahrung und gewisse Zusammenhänge werden von einzelnen Fachleuten nicht ohne weiteres bestritten. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Unterland Gekürzt um die kommentierenden Beigaben, aus Hedinger, S. 25· Seine Quelle: PersönIiche MitteiIung und Angaben des Grundwasserforschers Dr. J. Hug in Zürich. Andere Gewässer, aus denen man Teuerung prophezeite, waren der Haarsee bei Henggart, der Wangener Hungerbach, das Tüürebrünneli bei Lunnern, das Hungerseeli bei Fehraltorf.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Kesseldieb

Source: Der Kesseldieb

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In der Tschafelalp arbeitete im Sommer ein Senn, der andere "stellen" konnte. Im Herbst, wenn er mit seinem Vieh zu Tale gefahren war, stahl ihm jemand mehrere Male den Käskessel. Eines Herbstes "stellte" er nun den Dieb, vergass aber, ihn wieder zu "entstellen". Wenn sie im Frühling wieder in die Alpe kamen, lag der Dieb mit dem Kessel unter der Hüttentüre, aber natürlich tot. In dieser Hütte war es nachher ungeheuer. EMS Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Ketteler am Grohberg

Source: Der Ketteler am Grohberg

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Der Ketteler, ein Gespenst mit klirrender Kuhkette, geht vom Fäsch aus durch den alten Alpweg über den Crappa, im Dirsch mitten durch den Stall, auf Fadella durch das Scheiterhaus zwischen Haus und Gaben, durch den Pfaffenacker, über Muttli, Brünisberg, Zusli, Bülz, Zünaberg, wo er sich an dem langen Wassertrog eine Weile aufhält, weiter über Mutta, durch Cabertscha, Süssenberg, Erb, Sass und hinab ins Nuli am Schilz, wo er ein schwarzweiß geschecktes Rind „aufmetzget". Das Bertsch Annamarili im Pfaffenacker hat ihn mit der Kette rasseln hören; der Beeler Jüsti hat ihn im Muttli gesehen, aber an ihm keinen Kopf erkennen können. Der Jöreler Jüsti auf dem Zünaberg erzählte, er habe einmal einen mit einem Haupt Vieh gegen sich kommen sehen. Plötzlich sei er ihm aus den Augen gekommen. Er holte eine Laterne, um die Tritte im Neuschnee zu verfolgen, fand aber nichts. Es muß der Ketteler gewesen sein, ein Viehdieb, der zur Strafe wandeln muss. J. B. Stoop Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 327, S. 182f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Kettenhund von Lauterbrunnen

Source: Der Kettenhund von Lauterbrunnen

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In alten Zeiten kam beim Schnierahorn in der Wegmitte zwischen Lauterbrunnen und Wengen oft zu Neumondnachtzeit bei Sturmwetter ein riesigmächtiger Hund zum Vorschein. Der hatte feurige Augen, tellergross und schleppte eine glühende, eiserne Kette nach. Mit dieser kam er herunter bis auf die Eybrücke gerasselt, bellte und jaulte schauerlich über alle Massen, dass das Echo zwischen Staubbach- und Schiltwaldfluh hin und her geworfen wurde. Niemand wusste, was es mit dem Untier für eine Bewandtnis hatte, niemand wagte es, sich ihm in den Weg zu stellen, aber alle zitterten, wenn sie die grässliche Kette die Wengenkehre herunterschleifen hörten. Quelle: Hans Michel, Ein Kratten voll Lauterbrunner Sagen. Wengen 1936. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Kettenmann im Glyssibach

Source: Der Kettenmann im Glyssibach

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Obenher dem Dorfteil Fluhberg quert ein hölzernes Brüggli den Glyssibach auf dem Wege nach Schwanden. In gewissen Nächten kam hier ein Mann den Bachgraben herunter, der an den Füssen heftig rasselnde Ketten nachschleppte. Er machte immer den gleichen Weg bis zum Brüggli, wo er wieder umkehrte und grabenaufwärts rasselnd verschwand. Die Leute trauten dem Manne nicht recht und hielten den Schritt an, wenn er dahergelärmt kam. Man sagte von ihm, er sei einer, der zu Lebzeiten einen Marchstein versetzt habe. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Kiltgänger Abenteuer

Source: Der Kiltgänger Abenteuer

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Zwei Unterschächner Burschen gingen miteinander gegen Ebneters Weidli, um den dortigen Mädchen einen Besuch abzustatten. Als sie sich dem Hause näherten, sagte der eine, es sei z'alten Mittwoch, er komme nicht mit, und ging in den Obergaden, um dort zu warten. Der andere meinte: »Ä, z'altä Mittwuchä hi, z'altä Mittwuchä här, ich gah glych z'Stubädä«, und ging in das Haus. Um Mitternacht machte er sich auf den Heimweg, er ging und ging die ganze Nacht hindurch, und als es am Morgen zu beten läutete, erkannte er sich ob den Hägen auf der Schwand. Der andere im Obergaden konnte den Ausgang nicht finden bis am Morgen. Fr. Gisler-Arnold Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Kiltgänger und die dankbaren Toten

Source: Der Kiltgänger und die dankbaren Toten

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Einen Kiltgänger im Isental führte der Weg zu seiner Liebsten über den Friedhof. Jauchzend und jodelnd kam er jeweilen daher bis zum Eingang des Friedhofes, und wenn er diesen beim Türli wieder verliess, nahm er sein Jodeln wieder auf. Über den Friedhof hingegen schritt er schweigend einher. Das laute Wesen des Burschen missfiel dem Ortspfarrer, Peter Anton Egger (1848–1875), der ihm schon mehrere Male abgepasst hatte. Er bestellte endlich zwei handfeste Burschen, die dem Kiltgänger aufpassen, ihn festnehmen und in das Pfrundhaus bringen sollten. Sie vollführten den Auftrag, aber, als der Gesuchte erschien, hatte er zwei Begleiter bei sich; sie wagten es nicht, ihn zu packen, und meldeten es dem Pfarrer. Da bestellte er drei Burschen, aber auch der Kiltgänger erschien mit drei Gespanen, zuletzt, als ihm fünfe auflauerten, kam auch er mit fünf Gehilfen. Da gab der Geistliche nach, liess den Kiltgänger zu sich kommen und fragte ihn, wen er allemal auf seinen nächtlichen Gängen bei sich habe. Der wusste nichts von seinen Begleitern, und darum fragte ihn der Pfarrer, was er denn mache. »Ich bete auf dem Friedhof zum Troste der armen Seelen.« Jetzt sagte der Pfarrer: »Lasst ihn machen, die armen Seelen begleiten ihn.« Michael Imhof Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Kindesmörder

Source: Der Kindesmörder

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Zwischen dem Tale, welches das Flüsschen Frick durchströmt, und dem Hardwalde, der sich unterhalb Laufenburg eine halbe Stunde lang längs dem linken Rheinufer hinzieht, erhebt sich eine Hügelkette, die Chinzhalde genannt, die ganz mit Wald bewachsen ist, und auf deren Rücken sich eine tiefe enge Schlucht befindet. Dieser Berg und der nahe Hardwald stehen bei den Bewohnern der Gegend in keinem guten Rufe, indem es hierum öfters nicht ganz geheuer sei. So soll z.B. bei gänzlicher Windstille der Hardwald oft so arg erschüttert werden, als wenn ihn der ärgste Sturm durchbrauste, und Leute, die nachts noch spät über Feld mussten, wollen schon oft eine hagere, schwarz gekleidete Mannsgestalt gesehen haben, die ein wie vom Hunger abgezehrtes Kind auf den Armen trug, dann dasselbe niederlegte und unter fürchterlichem Geheul und Wehrufen sich die Brust zerschlug und die Haare ausraufte. Über die Erscheinungen und Vorfälle, die noch jetzt von vielen Bewohnern der Umgegend als wahr behauptet werden, geht folgende Sage: Vor Zeiten herrschte in der ganzen Gegend eine solche Teuerung, dass mehrere Leute Hungers starben. Ein Vater hatte ein einziges Kind; auch ihn drückte schwer die allgemeine Not und als er endlich sah, dass er zwei Leben nicht mehr länger erhalten könne, fasste er den verzweifelten Entschluss, sein Kind heimlich wegzuschaffen. Unter dem Vorwande, auf dem Felde etwas Essbares zu holen, führte er dasselbe in der Nacht zu der bewussten Schlucht und warf es hinab. Was geschehen, blieb unentdeckt; allein auf seinem Todbette beichtete der Unglückselige einem Geistlichen seine Freveltat, worauf er dann in Verzweiflung starb. Von diesem Vorfalle erhielt der Berg den Namen Kindshalde. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Kindsmutter Lohn

Source: Der Kindsmutter Lohn

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Zu einer Frau, welche in dem Ruf einer erfahrenen Kindsmutter stand, kamen einstmals zwei Erdmännchen, welche sie dringend baten, doch mit ihnen zu kommen, es läge daheim eins ihrer Weibchen in Kindsnöten. Die Frau wollte anfangs nicht vor grosser Furcht, endlich gab sie aber doch ihren dringenden Bitten nach und ging mit. Ihr den Weg zeigend, eilten die Erdmännchen rasch voraus, und bald kamen sie an eine Felsenhöhle, welche sich in vielen Gängen nach allen Seiten hin unter dem Berg ausdehnte. Am Ende eines dieser Gänge war ein kleines, aber prachtvoll ausgeschmücktes Gemach, in welchem die Kindsbetterin auf einem kostbaren Bette lag. Als nun die Frau den nötigen Beistand geleistet hatte und das Kind, ein allerliebstes, kaum zwei Daumen grosses Zwerglein, geboren war, führten sie die gleichen Erdmännchen, welche sie von daheim abgerufen hatten, wieder aus der Höhle heraus. Bevor sie aber in das Freie traten, füllten sie der Frau als Lohn für ihre Mühe noch die Schürze voll mit Kohlen, welche am Eingange der Höhle in einem grossen Haufen beisammen lagen. Mochte die Frau nun denken, es sei Lohn genug für sie, so mit heiler Haut davon gekommen zu sein, oder schien ihr die Gabe doch etwas zu gering für ihre Mühe, genug und gut, sie liess auf dem Heimwege den grössten Teil der Kohlen zu Boden fallen; ja, sie hätte sogar alle weggeworfen, wenn sie nicht Furcht vor den Erdmännchen gehabt hätte, welche ihr noch aus der Höhle nachriefen: "Je mehr Du zerstreust, je mehr Du bereust!" Endlich kam sie nach Hause und warf ärgerlich den Rest der Kohlen auf den Herd; aber siehe, da waren sie eitel Gold. Schnell eilte die Frau zurück, um das Fallengelassene wieder aufzusuchen, da war aber keine Spur mehr davon vorhanden. Alles war verschwunden. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Kindsschrei in Oberkulm

Source: Der Kindsschrei in Oberkulm

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In der Gemeinde Oberkulm führt von dem Dorfteile, der Im Obersteg heisst, ein Fussweg westwärts bergan zu einem Schutthaufen, welcher das Überbleibsel einer alten Wohnstatt ist. Als man dies Haus auf den Abbruch verkaufte, räumte man nicht alles Gestein mit weg, sondern liess zur Vorsicht gerade soviel am Platze, als einem unsaubern Geist zum Unterschlupf nötig ist.  Fährt man aber alles Baumaterial mit fort, so schafft man sich damit den alten Hausgeist in den Neubau hinein. Von diesem Steinhaufen her hören die zunächst wohnenden Bauern bisweilen nacheinander drei laute Schreie, als ob ein Kind schmerzhaft in den letzten Zügen aufschrie. Ein älterer Bauer aus der Nachbarschaft kennt dieses Wehegeschrei gleichfalls und gibt an, das sei der Angstruf von des Seckelmeisters Kind. Ein Seckelmeister habe vor langem sein Haus an jenem Steinhaufen gehabt und es allein mit seinem unehelichen Kind bewohnt. Eines Tages ging er mit diesem in den oberen Berg hinauf, wo zur linken Seite des steilen Pfades ein Stück Land liegt, das ehemals, als hier der Weidgang noch nicht abgeschafft war, das „chli Weidli“ hiess und nun Eichenrain. Die Stelle ist bis auf eine Lücke rings von Wald umgeben und wird in ihrer einzigen Lichtung noch durch einen hohen Hügel verdeckt, so dass sie ganz einsam liegt. Der Mann hatte Haue und Schaufel mitgenommen und grub hier ein Loch. Auf des Kindes Frage, wer da hinein müsse, sagte der Vater, „das Hündlein." Als er das Loch fertig hatte, liess er die Schaufel hinunter fallen und befahl dem Kleinen, sie wieder herauf zu holen. Wahrend das Kind hinab stieg, schlug es der Vater mit der Haue tot und scharrte das Loch zu.  Sage aus Oberkulm Band 3.2, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962, S. 137 - 138 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Der Kirchbau zu Adetswi!

Source: Der Kirchbau zu Adetswi!

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Der Kirchbau zu Adetswi! Vor langen Jahrhunderten fassten die Adetswiler den Beschluss, eine Kirche zu bauen. Schon hatten sie alles Material bereitgestellt und die Baurotten bestimmt, als die Bäretswiler sich in den Bau einmischten und den Adetswilern die Kirche nicht gönnen wollten, da sie das grössere Dorf hätten, dem eine Kirche besser anstünde. Trotzdem begannen die Adetswiler den Kirchbau und fragten der Missgunst der Bäretswiler nichts nach. Aber was die Adetswiler am Tage aufbauten, das schleppten die Bäretswiler in der Nacht wieder weg und begannen aus den Steinen eine eigene Kirche zu bauen. Nachdem dies einige Male geschehen war und sich die Adetswiler vergeblich gewehrt hatten, liessen sie ihren Kirchbau bleiben. So wurden sie Kirchgenossen nach Bäretswil. Der Hügel aber, auf dem die Kirche hätte gebaut werden sollen, heisst bis auf die Stunde der Kirchbühl. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Studer, S. 127; Beck Die Patrozinien der ältesten Landeskirchen im Archidiakonat Zürichgau. Diss. Zürich 1933. Auf dem Kirchbühl bei Adetswil wurden vor 1870 die Fundamente eines Turmes samt der Umfassungsmauer aufgedeckt sowie ein zwei Fuss breiter Graben mit Resten eines Fundamentes. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Kirchenbau in Ettingen

Source: Der Kirchenbau in Ettingen

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Als die Ettinger ihre Kapelle durch eine grössere Kirche ersetzen wollten, beschloss die Gemeinde, das Gotteshaus nicht mehr an der gleichen Stelle, sondern auf dem Felde gegen Aesch zu erbauen. Steine und Balken wurden an den neuen Standort geschafft. Als aber die Arbeiter am folgenden Morgen anfangen wollten, war alles verschwunden. Von unsichtbarer Hand war das Baumaterial an den Ort getragen worden, wo heute die Kirche steht. Dies geschah in drei aufeinander folgenden Nächten. Man erkannte darin den Willen Gottes, und die Kirche wurde an dieser Stelle gebaut. Ettingen Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Kirchenbau in Meilen

Source: Der Kirchenbau in Meilen

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Der Kirchenbau in Meilen Die alte, in ihren Ursprüngen aus fränkischer Zeit stammende und einst Sankt Martin gewidmete Kirche von Meilen steht am See; vor dem Bau der Seestrasse grenzte die Kirchhofmauer an das Ufer. Sie sollte seinerzeit an anderer Stelle, beim Hofe Betfahrt, am Hang gegen den Pfannenstiel, oberhalb der heutigen Anstalt Hohenegg, errichtet werden. Die auf die Baustelle verbrachten Balken und Steine verschwanden jedoch stets über Nacht und fanden sich am Morgen am See unten auf dem heutigen Kirchhof. Daraus entnahm die Gemeinde den göttlichen Ratschluss, dass die Kirche da erbaut werden solle, wo sie noch heute steht, was denn auch geschah. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Wörtlich aus Corrodi, JZ 1951/52, S. 329. Kommentar in die Anmerkung versetzt: „Der geschichtliche Kern der Sage ist offenbar in der Tatsache zu suchen, dass beim Hofe Betfahrt in alter Zeit sich eine Kapelle erhob, zu der Prozessionen (Betfahrten) veranstaltet wurden; daher der ehrwürdige Name der Örtlichkeit. Die letzten Spuren dieses kleinen Gotteshauses mussten vor Jahren dem Bau eines der Häuser der Anstalt weichen.“   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Kirchenbau von Zug

Source: Der Kirchenbau von Zug

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Als man in der stark befestigten Stadt Zug die alte Michaelskirche am Abhang des Zugerberges baute, sei ein eigenartiges Erlebnis den baufreudigen Bürgern zuteil geworden. Es habe der Plan bestanden, die Kirche zu Ehren des grossen Engels und Gottesstreiters Sankt Michael auf die Wiese neben dem dickbauchigen Pulverturm zu bauen. Die Fuhrleute führten in freiwilligen Frondiensten die Bausteine auf diesen Platz, und wenn am Morgen die Bauleute erschienen, waren die Steine und das Holz weiter bergwärts getragen worden. Dieses seltene Ereignis sei immer und immer wieder vorgekommen und die Gemeindeversammlung habe daraufhin beschlossen, die St. Michaelskirche auf diesem höhergelegenen Platz zu erstellen. Nach einer frommen Überlieferung sollen Engel die Bausteine weiter hinaufgetragen haben, damit ihr himmlischer Heerführer, Sankt Michael, als getreuer Hüter von Stadt und Land Zug, einen Ehrensitz bekomme, der weithinaus über den See schaue. Nach einer andern Erzählung sollen aber die pfarrgenössigen Bauern vom Zugerberg die nächtliche Transportarbeit geleistet haben, dass die Kirche weiter bergwärts komme und ihr sonntäglicher Kirchweg abgekürzt würde. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 19 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Kirchenspuk in Betschwanden

Source: Der Kirchenspuk in Betschwanden

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In Betschwanden soll ein Sigrist, als es sich um die Wiederwahl handelte und sich ein ihm gefährlicher Mitbewerber für dieselbe Stelle meldete, alle haarsträubenden Geschichten des Nachts in der Kirche, wenn er die Morgenglocke (morgens um vier Uhr) läuten musste, erlebt haben. Durch diese Erzählung sollte ohne Zweifel die drohende Konkurrenz abgewendet werden. Als sie doch nicht abgewendet wurde, und der neugewählte Sigrist sein Amt antrat, hörte auf einmal der Spuk auf.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Kirchenzehnte der Prioratskirche in Kippel

Source: Der Kirchenzehnte der Prioratskirche in Kippel

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Der Zehnte im Lötschentale gehörte einer reichen Frau, die im Sommer in Aanu wohnte. Im Herbst verliess sie das Tal immer wieder. Eines Sommers, bevor sie weggehen wollte, bot sie den Lötschern an, sie könnten sich vom Zehnten loskaufen. Die Lötscher waren aber dazu nicht geneigt. Bald reute es sie aber heftig, und sie schickten der Frau einen Boten nach. Er traf die Aanufrau in Sitten am Blattustutz und trug das Begehren vor. Sie antwortete aber: «Du kommst zu spät; ich habe den Zehnten schon der Kirche des heiligen Martin in Kippel verschenkt.» Dieser Zehnte wurde dann 1808 losgekauft. LÖTSCHEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Kirchhof von Sellenbüren

Source: Der Kirchhof von Sellenbüren

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Der Kirchhof von Sellenbüren In der Nähe des Dörfchens Sellenbüren ist ein stilles, heimeliges Plätzchen. Die Überlieferung will, dass hier die Edlen dieses Ortes begraben liegen. Es soll auch eine Kapelle daselbst gestanden haben. Doch bemerkt man heute weder von den Gräbern noch von dem Kirchlein die geringste Spur. Hinter dem Kirchlein ist ein grosser Schatz verborgen, aber gute Geister hüten ihn, dass er nie einem Sterblichen zuteil werde. Ein unschuldiges Büblein hat aber vor vielen, vielen Jahren einmal dem Treiben der Schatzwächter zuschauen können. Dieses Knäblein suchte im Walde Beeren. Da hörte es durch die Büsche ein seltsames Klingen. Es lief dem Klange nach und kam zu einer Waldwiese. Da war es, als ob’s Sterne geregnet hätte auf das Wieslein, so dicht lagen Gold- und Silberstücke herum. Dazwischen huschten wunderbare Gestalten, nicht grösser als das Büblein selbst. Sie trugen weisse, glänzende Kleidchen und Kränze von hellen Sternblumen in den goldenen Locken. Aber daneben trugen hässliche Zwerge mit grauen Augen und langen Nasen immer neue Säcke voll Geld herzu. Auf Anweisung der schönen Geister leerten sie die Säcke, und das war es, was das liebliche Klingen verursachte. Lange schaute der Knabe unbemerkt dem sonderbaren Treiben zu, aber endlich trieb ihn eine unwiderstehliche Lust nach dem blitzenden Gelde unter die geschäftigen Wesen. „Gebt mir auch von dem schönen Spielzeug!“ bat er. Die lieblichen Geister winkten ihm, zu nehmen, aber die Zwerge blickten grimmig nach ihm. Rasch füllte das Bürschlein seine Taschen und eilte, von heimlichem Grauen gejagt, heim zur Mutter. Dort erzählte er, was er gesehen. „O, du Glückskind!“ rief die Mutter aus, „du hast den Schatz gefunden. Komm hurtig und zeige ihn dem Vater und mir!“ Der Kleine führte sie hin. Aber wenn er noch so bestimmt versicherte, er sei an der Stelle, so fand sich doch keine Spur mehr von dem reichen Segen, und für die Wahrheit seiner Worte zeugten nichts als die funkelnden Taler, die der gute Wille der Schatzhüter ihm gelassen. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Knonauer Amt Nach Herzog I, Nr 230, leicht gekürzt; Meyer, S. 10; Baur, Nr. 7; Lienert, S. 80; Sauber, S. 52. Die Freiherren von S. waren Gründer der Klöster St. Blasien und Engelberg.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Kirchhof zu Sellenbüren

Source: Der Kirchhof zu Sellenbüren

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Eines Tages schlenderte ein Büblein singend zum heimeligen Dorf Sellenbüren hinaus. Es hatte im Sinn in den nahen Wald zu gehen und dort im Unterholz Erdbeeren zu suchen. Es war ein sonnenvoller Sonntagnachmittag, und kein Mensch war über Feld; nur die Vöglein lobten Gott in ewigem Chor. Guten Muts trieb sich der Junge am Waldrand um. Er schaute dem Spiel der Eidechsen und Falter zu und begann, die Erdbeeren, die ihre roten Käpplein aus dem Moos streckten, zu pflücken. Auf einmal kam es ihm vor, irgendwo im Busche gehe ein Glöcklein um. Es klang grad so, wie wenn das Versehglöcklein durchs Tal klingelt. Das wunderte ihn gewaltig, denn er war schon gar weit in den Wald hineingekommen, aber eine Kirche hatte er niemals darin gesehen. Er schloff also durchs Unterholz, und es dauerte nicht lange, so lief er unter den Buchen und Tannen des Hochwaldes. Wohl hörte er das Läuten der Bienen hoch in den Baumkronen, aber immer deutlicher auch ein wundersam klingendes Glöcklein, das er noch nie zuvor vernommen. Da stolperte er über eine Wurzel und fiel hin. Als er aber wieder aufstand, sah er vor sich, rings von Wald umgeben, eine kleine Wiese, und die glänzte wie Gold und Silber und zwar so gewaltig, dass es ihn schier blendete. Jetzt fiel es ihm ein, dass ihm die Mutter erzählt hatte, es liege irgendwo im Wald ein verwunschener Kirchhof, um dessen Kapelle das alte Adelsgeschlecht derer von Sellenbüren begraben sei, und in dem ein Schatz von guten Geistern bewacht werde. Aber so oft die Leute auch nach diesem Friedhof gesucht hätten, noch nie sei er jemandem zu Gesicht gekommen. Nun wurde es dem Knaben unheimlich. Er wollte sich schleunigst wieder in den Wald zurück und nach Hause machen. Aber als er den Fuß hob, gab es unter ihm ein feines Klingeln. Er sah zu Boden und gewahrte jetzt zu seinem Erstaunen zwei blitzende Goldstücke im Gras. Nun ward er doch neugierig, und wie er um sich schaute, sah er, dass die ganze Wiese mit glitzernden und funkelnden Gold- und Silberstücken übersät war. Es sah aus, als wüchse statt der Blumen auf der Waldwiese lauter Geld. Jetzt bemerkte er auch, dass zwischen diesem Gold und Silber wunderliche Geschöpfe, die nicht größer waren als er, hin und her liefen. Noch nie hatte er etwas Lieblicheres gesehen. Ihre Kleidchen waren goldigweiß wie ein Firnfeld, auf das am Regentag unversehens die Sonne scheint. In den Locken aber, die aussahen wie gesponnenes Gold, lagen Kränze aus Sternenblumen, die also glänzten, dass sie einen doppelten Heiligenschein gaben. Es kam dem Büblein nicht anders vor, als ob lauter Sonnenstrahlen über die Wiese hin und her gingen. Aber plötzlich hörte es das seltsame Klingeln wieder, und mit Schrecken gewahrte es widerliche Zwerge mit grauen Augen und ungeheuern Nasen, die umfangreiche Säcke auf die Wiese schleppten, und die sie, auf den Wink der lieblichen kleinen Wesen, allüberall ausschütteten. Jetzt merkte er, woher das wohltuende Klingeln und Läuten kam, das ihn hergelockt hatte. Mit Andacht, ganz benommen von all dem Glanz und Wohlklang, schaute er ein Weilchen dem Treiben in der Waldlichtung zu, und mit einem Male war von ihm alle Scheu wie weggeblasen. Mir nichts, dir nichts lief er in die Wiese hinein, also dass das Gold und Silber nur so wie Kieselsteine zur Seite sprang und rief aus: „Gebt mir auch von dem schönen Spielzeug!“ Die lieblichen Geistchen, die so fein und leuchtend waren, als hätten sie sich mit dem goldenen Strahlenwerk des Sonnenknäuels umwickelt, lächelten und winkten ihm freundlich zu. So griff er denn flink ins Gras und fing auf Tod und Leben an, die gleißenden Gold- und Silbermünzen einzusacken. Aber wie er einmal aufschaute, nahm er wahr, wie ihn die hässlichen Zwerge aus ihren grauen Augen schrecklich anstierten. Entsetzt sprang er auf und schoss, wie ein Haselhühnchen aus dem Busch, auf und davon, in den Wald zurück. Nicht ein einziges Mal sah er sich um und hielt auch nicht einen Augenblick an, bis er ganz erschöpft und keuchend vor seiner Mutter stand, die grad die durchsichtige Wassersuppe auf den Tisch stellte. Mit fliegendem Atem erzählte er ihr, was er gesehen und erlebt und ließ dann aus seinen Taschen die Gold- und Silbermünzen auf den Tisch tanzen. „O du Glückskind“, schrie die Mutter auf, „du hast den Schatz gefunden!“ Rasch wie der Blitz holte sie den Vater aus dem Wirtshaus, und darnach machten sie sich zu dritt, mit großen Erdäpfelsäcken, der Kleine voran, aus dem Dorf, um im nahen Wald den verwunschenen Schatz zu holen. Wohl liefen sie lange im Wald herum, bis ihnen vor Hunger die Ohren gnappten, und wohl blieb das Büblein scheu an einer kleinen Waldwiese stehen und behauptete steif und fest, da müsste der Schatz sein. Aber wie sie auch schauten, sie sahen nichts als gelbe und weiße Blumen. Wohl liefen sie die Wiese auf und ab, doch sie konnten auch dann nichts anderes wahrnehmen, als einen Schwarm weißer Falter und einen Umgang dicker leuchtender Hummel.     Meinrad Lienert, Zürcher Sagen. Der Jugend erzählt, Zürich 1918. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.    


by Der Kirchturm und die Glocken von Naters

Source: Der Kirchturm und die Glocken von Naters

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Man erzählt, der Kirchturm von Naters sei sehr alt, er sei schon von den Heiden erbaut und erst Jahrhunderte später für den katholischen Gottesdienst eingerichtet worden. Die zwei grossen Glocken in diesem Turme seien auch von den ältesten im Wallis. Die grosse Glocke wiegt fünfzig Zentner und erhielt in der Taufe die Namen Mauritius, Antonia; Mauritius, weil er der Landes- und Kirchenpatron ist, Antonia, weil die Gräfin Antonia Blandrate von Weingarten in Naters Taufpatin der Glocke war. Als sie beim Glockenguss zuschaute und den Meister verzagen und jammern hörte, dass der Guss fehlen müsse, weil zu wenig geschmolzenes Metall vorhanden sei, eilte sie mit einem Vorschoss voll Silbergeschirr herbei und warf es in den Schmelztiegel. Jetzt geriet der Guss und weil viel Silber hineingekommen war, erhielt die Glocke auch einen so majestätischen Ton wie selten eine im Wallis. So weit man den Ton dieser Glocke hört, soll sie einen heilsamen Einfluss auf die Ungewitter ausüben und die Kräfte der schädlichen Geister hemmen. So wollten einst bei einem grossen Ungewitter zwei Berggeister das Fuchs- Gufer oberhalb Naters auf das Dorf herunterstossen. Ein Geist rief dem andern zu: «Stoss, stoss!» Der aber erwiderte: «Ich mag nimme, di grooss Dona litot!» NATERS Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Kirchturm, Glocken und Kirche in Naters

Source: Der Kirchturm, Glocken und Kirche in Naters

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Man erzählt, dass der Kirchturm von Naters sehr alt, schon von den Heiden erbaut und erst Jahrhunderte später für den katholischen Gottesdienst eingerichtet worden sei. Die zwei grossen Glocken in diesem Turme seien auch von den ältesten im Wallis. Die grosse Glocke wiegt fünfzig Zentner und erhielt in der Taufe die Namen Morizius, Antonia; Moriz, weil derselbe der Landes- und Kirchenpatron ist; Antonia — weil die Gotte derselben oder Taufpatin — eine Gräfin Blandra von Weingarten in Naters war. Diese Gräfin, als sie beim Glockenguss dieser grossen Glocke gegenwärtig war und den Meister verzagen und jammern hörte, dass der Guss fehlen müsse, weil zu wenig geschworenes Metall vorhanden sei, eilte mit einem Vorschoss voll Silbergeschirr herbei und warf das in den Schmelztiegel. Jetzt war der Guss geraten und weil viel Silber hineinkam, erhielt sie auch einen so majestätischen Ton, wie selten eine Glocke im Wallis. So weit man den Ton dieser Glocke hört, soll sie einen heilsamen Einfluss auf die Ungewitter ausüben und die Kräfte der schädlichen Geister hemmen. So wollten einst bei einem grossen Ungewitter zwei Berggeister das Fuchs-Gufer ob Naters auf das Dorf herunterstossen. Ein Geist rief dem andern zu: «Stoss, stoss!» Der andere aber erwiderte: «Ich mag nimme, hä kei Chraft meh, denn die Gross Dona lütot.» Was so viel sagen wollte: «Ich höre den Ton der grossen Glocke Antonia und habe keine Gewalt mehr zu schaden.» — Die zweite grosse Glocke soll gegen fünfhundert Jahre alt sein und heisst deswegen auch "d'Alta", — hat griechische und hebräische Aufschriften, sagt man, und soll bei zwanzig Zentner wiegen. Man erzählt auch, die Kirche stehe auf Erlen, was wohl so viel sagen will, als auf Pfeilern von Erlenholz, weil der Boden unter ihr so sumpfig sei, dass man kein rechtes Fundament habe graben können. Diese, eine der ältesten Pfarrkirchen von Wallis, hat in dem vorletzten grossen Erdbeben stark gelitten. Dies Erdbeben fand im neunten Christmonat 1755 nach Mittag um halb drei Uhr statt, in Naters stürzte der dritte Teil des Kirchengewölbes ein und zerschmetterte das Portal und die Orgel samt den Stühlen. Über zweihundert Pfarrer haben hier die Seelsorge vertreten. Merkwürdig ist auch das düstere, grosse Beinhaus, in welchem eine zahllose Menge von Totenköpfen aufgeschichtet steht, die den Vorübergehenden predigen: «Memento homo, quia pulvis! Gedenke o Mensch, dass du Staub bist und in Staub zurückkehren wirst!» In diesem Beinhaus ist auch ein schauerliches Bild von der Sant Kümmernis oder Wilgefortis, einer ans Kreuz geschlagenen Weibsperson, welche das Volk häufig als Fürbitterin bei Gott anruft und durch sie oft soll Erhörung gefunden haben. — Einst soll einem der Hl. Theodul und die Sant Kümmernis reisefertig begegnet sein. Als dieser sie fragte, wo sie hinziehen wollen, haben sie geantwortet, sie wollen Naters verlassen, weil man die Theodulspende auf Blatten nicht mehr geben wolle. Man hatte diese Spende auf ewige Zeiten versprochen wegen dem gräulichen Wieggisch, welches aus dem Bruchigraben entstanden, Naters überschwemmte und mit Untergang bedrohte. Merkwürdige alte Wohnungen: Das Haus vom "Kastlan Gasser" genannt, soll auch ein ehemaliges Heiden-, später ein Richterhaus gewesen sein. Von den Kellern desselben sei ein unterirdischer Gang bis in das Schloss Urnäfass gegangen.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Kirschbaum in Schildwald

Source: Der Kirschbaum in Schildwald

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Wo das Ruederthal an den Kanton Luzern stösst, liegt die äusserste Gemeinde des Thales, Schildwald. Das weiter unten noch rauhe Bergland wird hier offener und sonniger, und statt der Buchen und Tannen zeigen sich wieder Fruchtbäume; um so befremdlicher fällt einem hier ein Kirschbaum ins Auge, der vor dem Dorfe mit wunderlich in einander verschränktem Astwerke am Wege steht. Es hat mit ihm folgende Bewandtniss. Drei geizige Brüder aus dem Schildwalde hatten ihr väterliches Erbe zu theilen und waren mit Allem fertig geworden bis auf diesen Baum, der auf keines Gute stand und nun dem Aeltesten in ganz unbillig hohem Ansatz zugeschlagen werden sollte. Er stritt sich lange mit ihnen, da sie ihm aber den Baum nicht um ein Mässiges gönnten, der bei seiner entfernten Lage von den Gutsäckern doch keinen gedenkbaren Nutzen abwarf, so blieb ihre gegenseitige Bosheit zuletzt dabei, den untheilbaren Baum für Jeden unbrauchbar zu machen. Sie gruben ihn nun aus und setzten ihn verkehrt in den Boden. Nun steckte der unschuldige Baum mit der Krone im Boden und starrte mit der Wurzel in die Luft. Aber auch in dieser unnatürlichen Lage blieb er ein besseres Geschöpf als diese drei Geizhälse; er fieng dennoch an wieder zu grünen und trägt einige Kirschen, die man jedoch nicht pflückt.   Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 83 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Kirschendieb befreit sich

Source: Der Kirschendieb befreit sich

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Ein Bub von Ruswil war auf einen fremden Kirschenbaum gestiegen, denn die Kirschen da waren gar herrlich gut. Endlich, o weh! Er kann nicht mehr weg. Bis zum untersten Aste geht's, aber weiter nicht. Da klettert er wieder hinauf bis zum obersten Wipfel; allzubange ist ihm nicht, denn er versteht auch etwas von der Kunst. Droben nun bohrt er mit seinem Sackmesser ein Loch. Dann bewegt er sich, aber nur sachte, sachte abwärts gegen die Mitte und bohrt ein zweites. Nicht schneller biegt er zum untersten Aste und will ein gleiches vornehmen, allein, da kommt er keuchend und schwitzend herbeigeeilt, der Besitzer des Baumes, der den Bann gesprochen und jetzt von der Macht des Gegenbannes besiegt, den Bann aufhebend entgegenruft: „Gehe nur ungestraft hinweg." Wäre der Bub schneller herunter geklettert - jener hätte sich zu Tod laufen müssen.  Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Der klagende Tote

Source: Der klagende Tote

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Ein junger Bursche, mit Namen Joseph Imboden, so wird aus dem vorigen Jahrhundert erzählt, wohnte allein in Sparren, einem Bergweiler in St. Niklaus. Anfang Winters wurde dieser Einsiedler auf einmal vermisst; seine Wohnung blieb fest verschlossen und niemand wusste, wohin er gegangen oder was aus ihm geworden. Man glaubte, er habe sich heimlich davon gemacht, um in der Fremde Soldat zu werden, was oft sein Plan gewesen. Im Heumonat folgenden Jahres träumte dem Bruder des Verlorenen zweimal nacheinander sehr lebhaft, der Bruder Joseph sei aus der Fremde zurückgekommen und klage sehr ernstlich, dass man ihn so vergessen könne, sich um ihn gar nicht kümmere und ihn ohne Hülfe und Beistand so lange in den Furgwängen liegen lasse. Dieser zweimal so klar wiederholte Traum begann den Bruder zu beunruhigen; er erzählte denselben einem nahen Verwandten, beifügend, er könne nicht erklären, was das alles zu bedeuten habe, weil er nicht einmal wisse, wo in der weiten Welt wohl die Furgwäng zu finden wären. «Da kann ich helfen», antwortete der Verwandte, «die Furgwäng weiss ich schon.» Man nahm Leute mit und fand den auf der Jagd verunglückten Joseph im Innern des Jungtales an der im Traume bezeichneten Stelle noch zur Hälfte im Winterschnee vergraben.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der klappernde Absatz

Source: Der klappernde Absatz

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Ein Rothenflüher ging einst nach Oltingen z Chilt. Als er in einer Sonntagsnacht spät den schmalen, steilen Fussweg hinab ins Tal stieg, erschrak er ob einem unheimlich klappernden Geräusch hinter ihm. Er wähnte sich vom Bösen verfolgt und fing an zu rennen soviel er vermochte. Das Geklapper aber wurde immer lauter, je ärger der arme Teufel rannte. In Schweiss gebadet kam er zu Hause in Rothenfluh an und konnte beim Ausziehen der Schuhe feststellen, dass sich eine Schuhsohle samt Absatz vom Oberleder gelöst und das Geklapper zustande gebracht hatte. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Kleebhund

Source: Der Kleebhund

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Eine Viertelstunde westlich vom Dorfe Eggersriet ist der Weiler Egg. Ein Fußweg führt dorthin und zwar durchs Kleeb, wo ehemals ein hübscher Buchenwald stand. Am Tag war uns dieser Weg angenehm; zur Nachtzeit aber mieden wir ihn ängstlich; denn da hauste der Kleebhund, der manchen späten Wanderer erschreckt hat. Dieser Hund war nämlich kein gewöhnliches Tier, sondern ein übernatürliches böses Wesen, das sich auf sein Opfer losstürzte, ihm auf den Rücken saß und die Klauen so tief einhackte, daß die Spuren für lange Zeit deutlich zu sehen waren. Von Schweiß triefend, lief der Geängstigte bis zum nächsten Hause. Dort verließ ihn der Peiniger und verschwand so schnell, wie er gekommen war. So war's vor Jahren! Der Buchenwald ist schon längst unter den Streichen der Axt gefallen, und seit jener Zeit hat auch niemand mehr den Kleebhund gesehen, der also wohl auf Nimmerwiedersehen verschwunden sein wird. F. F. Egger.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 33, S. 19 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der kleine Flucher

Source: Der kleine Flucher

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Im kleinen Weiler «Färtschera» lebte vor Jahren ein gar ungeduldiger Knabe. Dieser, obwohl erst zehn Jahre alt, hatte die leidige Gewohnheit, in seinem Jähzorn wüste Fluchworte auszustossen. Schon öfters hatte der kleine Flucher dafür Strafe erleiden müssen. Gleichwohl fiel er immer wieder in seine Unart zurück. Als er eines Tages wegen einer geringen Sache in Zorn geriet und wüst zu fluchen anfing, blieb ihm plötzlich die Zunge ganz starr: der Knabe konnte eine Zeitlang nicht mehr reden. Droben am Weg nach der Giffersschmiede steht ein Kreuzbild, zu dem die Gifferser in den Bittgängen wallfahren. Wenn der junge Flucher an diesem Ort vorbeigehen wollte, fühlte er sich von einer unsichtbaren Gewalt zurückgehalten. Wie gebannt musste er beim Kreuz eine geraume Weile warten, bis er wieder fortgehen durfte. Seine Geschwister konnten ihn durch ein Gebet vom geheimnisvollen Banne loslösen. Manchmal erblickte der Knabe einen grossen, schwarzen Hund, der den kleinen Sünder mit glühend roten Augen bös anstarrte. Das war besonders um die Zeit des Betläutens der Fall. In der Folge wagte sich der Bub nie allein am Kreuz vorbei. Er wollte lieber einen Umweg um dasselbe machen. Erst als der Knabe später seine verderbliche Gewohnheit abgelegt hatte, durfte er ungescheut des Weges ziehen. Auch der schwarze Hund liess sich nie mehr blicken.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der kleine Franz Zertannen

Source: Der kleine Franz Zertannen

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Im neunzehnten Jahrhundert lebte in Staldenried ein Familienvater, genannt ,der kleine Franz‘. Er hatte sieben Kinder und war trotz seiner kleinen Gestalt sehr mutig und sehr arbeitsam. Südlich seines Wohnhauses besass er weiter unten ein Gütlein, wo er öfters arbeitete und Verbesserungen anbrachte. Deswegen trieb ihn seine Geschäftigkeit auch noch während der Nacht dorthin zur Arbeit. Da geschah es einst, dass ihm in der Nacht unterwegs ein ihm bekannter Toter begegnete. Franz erschrak nicht und redete ihn sogar an. Der Geist eröffnete vorwurfsvoll, er hätte Gewalt, ihn zu zerreissen, wenn er nicht ein fleissiger und arbeitsamer Mann wäre. Und der Geist fuhr fort, er solle während der Nacht nie mehr da arbeiten, ausgenommen, es müsste grad unbedingt sein. Die Nacht gehöre den Toten. Auch die Ursache seines Wanderns tat der Geist kund: Er habe seinen Eltern immer auf den Tod gesehen. Jetzt müsse er büssen. Der kleine Franz besann sich nicht lange und kehrte nach Hause zurück. Als Erinnerung an diese Begegnung mit dem Toten trug er später ein Zeichen im Gesicht; der Verstorbene hatte es ihm angeworfen. STALDENRIED Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der kleine Futterknecht

Source: Der kleine Futterknecht

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Zu einem Bauern im Kanton Bern, der sein Heu an einem abgelegenen Orte verfütterte, kam eines Abends ein Männlein und bot sich ihm an als Futterknecht. Der Bauer nahm ihn an. Das winzige Männlein pflegte das Vieh seines Meisters sehr gut, und brauchte doch wenig Futter, so dass sein Meister sagte, er habe bei so viel Vieh noch nie so wenig Futter gebraucht. Im Frühling liess er dem Gehilfen eine neue Kleidung von Zwillich machen. Als er sie das erste Mal anzog, sagte er: „Nui Hosa ha, wissi Hosa ha, nüt meh ga futtren ga", ging sogleich fort und nachher sah man ihn nie wieder. Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der kleine Hirt in der Arbittetaalpe

Source: Der kleine Hirt in der Arbittetaalpe

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Rechts vom Zinalgletscher im Eifischtale liegt eine Alpe die früher der Gemeinde Salgesch gehörte. Von den Eifischern wird sie Arbitteta genannt. Im zweiten Stafel Luchalet befindet sich eine Hütte, bei der das Kühervolk gegen drei Wochen mit dem Vieh zu verweilen pflegt. In dieser Hütte errichteten die Älpler einst eine Art Galgen. Man wollte im Übermasse des Mutwillens versuchen, wer am längsten daran zu hangen vermochte. Nachdem alle, auch der Senn, daran gehangen hatten, kam die Reihe an den kleinen Hirten. Kaum hatte er die Schlinge um den Hals gelegt, da fing das Vieh draussen fürchterlich an zu wüten. Ganz erschrocken rannten die Küher vor die Hütte, um zu sehen, was denn das zu bedeuten habe. Auch der kleine Hirt wollte hinauseilen. Unglücklicherweise fiel aber der Stuhl unter seinen Füssen um, und die Schlinge zog sich enger und fester um seinen Hals, so dass er die Besinnung verlor. Bald darauf kehrten die Küher, die draussen alles Vieh still liegen und gemütlich wiederkäuen sahen, in die Hütte zurück. Mit Entsetzen sahen sie, dass der kleine Hirt schon als Toter am Galgen hing. Man band den starren Leichnam los und begrub ihn auf dem naheliegenden Hügel. Als man das Grab mit Erde zumachen wollte, wurden die Schollen immer wieder zurückgeworfen. Man begann neuerdings das Grab mit Land und Steinen auszufüllen - umsonst; das Grab spie alles wieder heraus. Der Hügel hiess von da an der Totenhügel. SALESCH Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der kleine Schweinehirt

Source: Der kleine Schweinehirt

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Am Ausgang des schönen und großen Lemansees, in dem sich die savoyischen Schneeberge spiegeln, liegt die stolze Schweizer Stadt Genf, die sich heute noch gern Republik Genf nennt. In alten Zeiten wollten sie die Herzoge von Savoyen einmal mit ihren Leuten erobern. Sie stiegen nachts über die Mauern, wurden aber entdeckt und, obwohl sie schon in die Stadt einzudringen anfingen, für immer wieder hinausgetrieben. Heute noch singen die Genfer Jungen am Feste der Escalade ein Lied von diesem Überfall: "A la belle escalade, Savoyard, garde, garde!" In jenen alten Zeiten sah man oft von den schönen Gebäuden der Stadt und ihrer kleinen Dörfer der Umgegend aus ein Geisterschiff über den See hin schwimmen. Es leuchtete im Vollmond so hell, und eine wundervolle Musik von Harfenklängen begleitete es. Wenn es sich dem Ufer näherte, so konnte man auf dem Schiff eine weißgekleidete Jungfrau sehen, um die kleine Kinder, wie Englein oder große Falter, Ringelreihen tanzten. Die Jungfrau aber war so schön, daß einen die andern Frauen nur alte Hexen bedünkten, wenn man sie ansah. Wenn gar das Schiff irgendwo ans Gelände anstieß, gingen daran die wunderbarsten Blumen auf, wie man sie sonst nirgends zu sehen vermochte. Wer aber das glückhafte Schiff, wie es die Leute nannten, sah, dem ging der Wunsch, den er eben hatte, in Erfüllung. Jedoch geizige, lasterhafte und böse Menschen gingen umsonst zur Sommerszeit Tag und Nacht am Seeufer auf und ab, um das Schiff zu erspähen, es zeigte sich ihnen nie. Nur etwa einem Mägdlein, das sehnsüchtig im Fenster lag und einen Wunsch tief im Herzen trug, erschien es glückverheißend. Einst hütete ein Waisenknabe namens Johann, der von Brogny war, bei einem Dörflein außerhalb der Stadt Genf die Schweine. Den ganzen Tag hatte er mit ihnen auf der Weide zugebracht. Aber als es Nacht wurde, trieb er sie wieder gegen das Dörflein Saconnex zurück. Es wurde immer dunkler und dunkler. Da ging über dem Mont Salève der Mond auf und baute eine goldene Straße über den See bis nach der Stadt Genf, deren Münster gespenstig aus der Nacht auftauchte. Da kam auf einmal Pferdegetrappel daher. Ein Troß Kriegsknechte ritt heran, also daß die Schweine nach allen Seiten auseinandersprangen. Hinter den Kriegsknechten ritt, begleitet von allerlei vornehmen Herren und Frauen, der Bischof von Genf, den der kleine Johann wohl kannte, denn er hatte ihn oft in der Stadt gesehen, wenn er im Münster an hohen Feiertagen das Pontifikalamt las. Bald verhallte das Pferdegestampf, und nur die Wellen schlugen einförmig ans Ufer. "Ach", sagte das Büblein, "wenn ich doch auch so ein hoher, geistlicher Herr werden könnte!" In diesem Augenblick fuhr er erschrocken zusammen, denn hart neben ihm ertönte ein wunderbares Harfenspiel, und wie er sich umschaute, da schwamm, geisterhaft beleuchtet, ein schönes Schiff mit goldenem Drachenkopf an ihm vorbei, das acht weiße Schwäne zogen. Und im Schiff stand eine weiße Jungfrau, von Kinderreigen umgaukelt, und schien ihn freundlich lächelnd anzusehen. Da ward es ihm feuerheiß ums Herz, und seine Augen wurden geblendet. Er bedeckte sie mit beiden Händen. Als er wieder aufsah, war alles wieder still, und das glückhafte Schiff war verschwunden. Er hielt zuletzt alles für einen Traum, sammelte seine verlaufenen Schweine und zog dem nahen Dörflein zu. Wie er ins Dörflein einzog, sah er beim Schuhmacher, bei dem er seine ersten Schuhe für den heiligen Pfingsttag bestellt hatte, noch ein Lichtlein brennen. Er ging hin und sagte durchs offene Fensterlein, er solle ihm die Schuhe nun doch nicht machen, da er das Geld dafür noch nicht zusammengebracht habe. Aber der Schuster griff unter sein Dreibein, zog ein hübsches Paar Schuhe hervor, hielt sie ihm hin und sagte lachend: "Da nimm sie! Sie sind schon fertig. Bezahlen kannst du sie, wenn du einmal Kardinal geworden bist." Da nahm sie der kleine Johann von Brogny freudestrahlend an und zog zufrieden heimzu, denn nun glaubte er, daß ihm sein langjähriger Wunsch nach einem Paar Schuhen von der Jungfrau des glückhaften Schiffes erfüllt worden sei. Seinen andern Wunsch, daß er ein großer Herr wie der Bischof werden möchte, hatte er längst vergessen. Doch Gott hat viele Wege. Ein Kardinal bemerkte einst den hellen Verstand und das fromme Gemüt des kleinen Johann von Brogny. Er nahm sich seiner an, und so kam er nach und nach immer höher, und eines Tages war er Kardinal. Und als er gar Bischof seiner lieben Stadt Genf war, was sein höchster Wunsch gewesen, ließ er den gütigen Schuhmacher des Genfer Nachbardörfleins zu sich kommen und machte ihn zu seinem Hofmeister. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der kleine Schweinehirt

Source: Der kleine Schweinehirt

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Am Ausgang des schönen und großen Lemansees, in dem sich die savoyischen Schneeberge spiegeln, liegt die stolze Schweizer Stadt Genf, die sich heute noch gern Republik Genf nennt. In alten Zeiten wollten sie die Herzoge von Savoyen einmal mit ihren Leuten erobern. Sie stiegen nachts über die Mauern, wurden aber entdeckt und, obwohl sie schon in die Stadt einzudringen anfingen, für immer wieder hinausgetrieben. Heute noch singen die Genfer Jungen am Feste der Escalade ein Lied von diesem Überfall: "A la belle escalade, Savoyard, garde, garde!" In jenen alten Zeiten sah man oft von den schönen Gebäuden der Stadt und ihrer kleinen Dörfer der Umgegend aus ein Geisterschiff über den See hin schwimmen. Es leuchtete im Vollmond so hell, und eine wundervolle Musik von Harfenklängen begleitete es. Wenn es sich dem Ufer näherte, so konnte man auf dem Schiff eine weißgekleidete Jungfrau sehen, um die kleine Kinder, wie Englein oder große Falter, Ringelreihen tanzten. Die Jungfrau aber war so schön, daß einen die andern Frauen nur alte Hexen bedünkten, wenn man sie ansah. Wenn gar das Schiff irgendwo ans Gelände anstieß, gingen daran die wunderbarsten Blumen auf, wie man sie sonst nirgends zu sehen vermochte. Wer aber das glückhafte Schiff, wie es die Leute nannten, sah, dem ging der Wunsch, den er eben hatte, in Erfüllung. Jedoch geizige, lasterhafte und böse Menschen gingen umsonst zur Sommerszeit Tag und Nacht am Seeufer auf und ab, um das Schiff zu erspähen, es zeigte sich ihnen nie. Nur etwa einem Mägdlein, das sehnsüchtig im Fenster lag und einen Wunsch tief im Herzen trug, erschien es glückverheißend. Einst hütete ein Waisenknabe namens Johann, der von Brogny war, bei einem Dörflein außerhalb der Stadt Genf die Schweine. Den ganzen Tag hatte er mit ihnen auf der Weide zugebracht. Aber als es Nacht wurde, trieb er sie wieder gegen das Dörflein Saconnex zurück. Es wurde immer dunkler und dunkler. Da ging über dem Mont Salève der Mond auf und baute eine goldene Straße über den See bis nach der Stadt Genf, deren Münster gespenstig aus der Nacht auftauchte. Da kam auf einmal Pferdegetrappel daher. Ein Troß Kriegsknechte ritt heran, also daß die Schweine nach allen Seiten auseinandersprangen. Hinter den Kriegsknechten ritt, begleitet von allerlei vornehmen Herren und Frauen, der Bischof von Genf, den der kleine Johann wohl kannte, denn er hatte ihn oft in der Stadt gesehen, wenn er im Münster an hohen Feiertagen das Pontifikalamt las. Bald verhallte das Pferdegestampf, und nur die Wellen schlugen einförmig ans Ufer. "Ach", sagte das Büblein, "wenn ich doch auch so ein hoher, geistlicher Herr werden könnte!" In diesem Augenblick fuhr er erschrocken zusammen, denn hart neben ihm ertönte ein wunderbares Harfenspiel, und wie er sich umschaute, da schwamm, geisterhaft beleuchtet, ein schönes Schiff mit goldenem Drachenkopf an ihm vorbei, das acht weiße Schwäne zogen. Und im Schiff stand eine weiße Jungfrau, von Kinderreigen umgaukelt, und schien ihn freundlich lächelnd anzusehen. Da ward es ihm feuerheiß ums Herz, und seine Augen wurden geblendet. Er bedeckte sie mit beiden Händen. Als er wieder aufsah, war alles wieder still, und das glückhafte Schiff war verschwunden. Er hielt zuletzt alles für einen Traum, sammelte seine verlaufenen Schweine und zog dem nahen Dörflein zu. Wie er ins Dörflein einzog, sah er beim Schuhmacher, bei dem er seine ersten Schuhe für den heiligen Pfingsttag bestellt hatte, noch ein Lichtlein brennen. Er ging hin und sagte durchs offene Fensterlein, er solle ihm die Schuhe nun doch nicht machen, da er das Geld dafür noch nicht zusammengebracht habe. Aber der Schuster griff unter sein Dreibein, zog ein hübsches Paar Schuhe hervor, hielt sie ihm hin und sagte lachend: "Da nimm sie! Sie sind schon fertig. Bezahlen kannst du sie, wenn du einmal Kardinal geworden bist." Da nahm sie der kleine Johann von Brogny freudestrahlend an und zog zufrieden heimzu, denn nun glaubte er, daß ihm sein langjähriger Wunsch nach einem Paar Schuhen von der Jungfrau des glückhaften Schiffes erfüllt worden sei. Seinen andern Wunsch, daß er ein großer Herr wie der Bischof werden möchte, hatte er längst vergessen. Doch Gott hat viele Wege. Ein Kardinal bemerkte einst den hellen Verstand und das fromme Gemüt des kleinen Johann von Brogny. Er nahm sich seiner an, und so kam er nach und nach immer höher, und eines Tages war er Kardinal. Und als er gar Bischof seiner lieben Stadt Genf war, was sein höchster Wunsch gewesen, ließ er den gütigen Schuhmacher des Genfer Nachbardörfleins zu sich kommen und machte ihn zu seinem Hofmeister.   Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915.      Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Klopfgeist

Source: Der Klopfgeist

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In einem Talkessel zu Füssen der Schwarzen Fluh liegt der Schönboden. Aus dem sanften Grün seiner Weiden leuchten helle Kalksteinblöcke, und dazwischen richten sich knorrige Ahorne und mächtige Wettertannen trutzig auf. Weiter zurück steigt der dunkle Bergwald empor, und hoch darüber hinaus reckt die Schwarze Fluh ihr stolzes Haupt zum Himmel. Wer einmal im Abendsonnenschein auf dieser Alp gerastet, dem melodischen Geläute der Herdenglocken und dem fernen Jauchzen der Hirten gelauscht hat, dem wird der Schönboden immer im Gedächtnis bleiben als eine Stätte der unentweihten Naturschönheit, der seligen Ruhe und des weltfernen, paradiesischen Alpenfriedens. Und doch - und doch muss unter den Menschen, die in ferner Zeit hier wohnten, die Leidenschaft auch getobt und die Lieblosigkeit auch geherrscht haben. Wie wäre es sonst möglich gewesen, dass der Geist des einen unter ihnen in die Gefilde der Seligen nicht eingehen konnte, sondern zur Stätte seiner Vergehen zurückkehren musste, um da zu sühnen - hundert und mehr Jahre lang -, bis ihm endlich Erlösung zuteilwurde. Vor manchem Menschenalter meisterte auf dem Schönboden ein junger Hirt. Der Sohn des damaligen Eigentümers soll es gewesen sein. Der Junge war ein arger Mann, War geizig, rauh und stolz. Er hieb auf Knecht und Untertan, Als wär es Stein und Holz. Und all ihr Fleiss und all ihr Mühn War immer nicht genug für ihn. (G. Fülleborn) Wie die Mitmenschen, so behandelte er auch das Vieh mit unerhörter Brutalität. Doch dem Vater gegenüber gelang es ihm stets, den Unschuldigen zu spielen und alle seine Schurkereien den andern in die Schuhe zu schieben. Als er aber einmal einen Stier blutig schlug, da kehrte sich das misshandelte Tier plötzlich um, spiesste seinen Peiniger mit den Hörnern auf und schleuderte ihn mit Wucht an eine Mauer, wo er zerschmettert liegen blieb. Jetzt wurde es auf dem Schönboden stiller. Aber nicht lange. Schon nach einigen Wochen fing es im Hause an zu spuken, zu geistern, zu rumoren und zu poltern. Es war, als ob der Geist des bösen Meisters wieder ins Haus zurückgekehrt sei. Mitten in der Nacht wurden die Hirten aus dem Schlafe geweckt. Einmal klopfte es an die Türe, ein andermal ans Fenster. Doch es war niemand draussen. Es klopfte unter dem Fussboden, als wollte einer mit der Axt vom Keller aus sich einen Weg in die Stube bahnen. Es klopfte an der Zimmerdecke, es klopfte an den Wänden, in der Küche, im Gaden, im Stalle. Es polterte auf dem Heuboden, und das war so anzuhören, als ob zwei wütende Muni miteinander kämpften. Die Hirten zündeten manchmal, wenn das Gepolter unerträglich wurde und die ganze Hütte davon zitterte, ein Licht an und hielten Umschau. Da war plötzlich alles still - und niemand zu sehen. Zeitweise hörten die Hirten das Gespenst mitten in der Nacht in der Küche hantieren. Es war, als ob jemand käsen würde. Ganz deutlich vernahmen sie die bekannten Geräusche. Da wurde gefeuert, Milch ins Kessi geschüttet, gerührt, Käse herausgehoben und unter die Presse gespannt. Sogar das Feuer hörten sie „sprätzeln“! Wenn sie dann Nachschau hielten, fanden sie allemal die Küche dunkel und leer und die Feuergrube kalt. Manchmal war das Klopfen und Rumoren auch am heiterhellen Tag zu hören. Wehe dem Küher, wenn er sich beim Melken vergass und ein unfolgsames, widerspenstiges Tier mit dem Stocke schlug oder ihm einen Fusstritt versetzte. Dann kam das Unkühr wie Donnerrollen über die Bühne und die Treppe herunter, die Stalltüre flog auf, wie ein Sturmwind brauste es durch den Stall bis zum Küher hin, ergriff ihn bei den Haaren und schüttelte ihn, bis er vor Schmerzen aufschreien musste. Dann wurde es wieder still. Das konnte man nur hören und fühlen, aber zu sehen gab es nichts. Mit der Zeit machte sich das Ungeheuer immer seltener bemerkbar, und schon glaubte man, es habe Erlösung und Ruhe gefunden. Da wurde einst in der Schönbodenhütte zwischen Küche und Stall eine neue Türe eingesetzt. Das blanke, weisse Holz derselben reizte den Hüterbub. Er nahm vom Feuerherd eine Kohle und zeichnete eine hässliche Gestalt, die einem Teufel glich, auf die Türe. Abends, als die Hirten um das Feuer sassen, wurde die Zeichnung bespöttelt und belacht. Der Bub erklärte, das Bild stelle das Unkühr dar. Er habe es zwar noch nie gesehen, aber es müsse allweg so aussehen. Da meinte der Küher: „Pass auf, Bub! Mach keine Flausen, sonst kommt das Ungeheuer und plagt dich diese Nacht.“ Der Bub entgegnete: „0, ich würde mich nicht fürchten, auch wenn es mir auf das Kissen klopfen würde.“ Die Hirten sagten sich Gutnacht und suchten ihr Lager auf. Um Mitternacht ging ein furchtbares Gepolter über die Bühne. Der Bub erwachte. Aber da war das Ungeheuer schon neben ihm und schmetterte mit einem Sparren drei fürchterliche Hiebe haarscharf an seinem Kopf vorbei auf das Kissen. Dann wurde es wieder still. Jetzt wusste man, dass das Ungeheuer noch immer im Hause war. Doch machte es sich von da an nie mehr durch Gepolter bemerkbar. Ein sonderbares Erlebnis hatte Hett (Heinrich) Neuhaus von Grundberg. Er ging noch spät im Herbst über die Berge. Hirten und Herden waren längst zu Tal gezogen, und totenstill war es da droben. Es wehte ein kalter Wind, und die Nacht brach früh herein. Hett entschloss sich, in der Schönbodenhütte zu übernachten. Er zündete dort in der Herdgrube ein Feuer an und ass, was er noch bei sich hatte. Noch lange blieb er am Feuer und wärmte und trocknete sich. Da stand plötzlich, ohne dass die Türe sich geöffnet hätte oder Schritte hörbar gewesen wären ein Mann vor ihm. Er trug Küherkleider. Ohne ein Wort zu sagen, hing er ein Kessi an den Turm. Dann holte er im Gaden einige Gebsen voll Milch und leerte sie in den Kessel. Er schürte das Feuer und fing an zu rühren. Bald zog er einen Käse heraus, brachte ihn auf die Presse und packte ihn kunstgerecht im Järb ein. Als er mit aller Arbeit fertig war, nahm er in die eine Hand das Kessi, in die andere den Rhührer und - war plötzlich nicht mehr da. Hett konnte sich die sonderbare Erscheinung nicht erklären. Doch glaubte er, es müsse das Ungeheuer, der Poltergeist, gewesen sein, der in dieser Nacht sich ein einziges Mal sichtbar gemacht habe, in der Hoffnung, er könne Erlösung finden. Aber Hett war so voll Schrecken gewesen, dass er ihn nicht hatte fragen dürfen, was ihm fehlte. So fand der Geist keine Erlösung und musste weiter sühnen. Später - viel später war es. Da sahen die Hirten jeden Abend, wenn sie um das Feuer sassen und das Abendgebet verrichteten, eine schwarze Katze mit feurigen Augen langsam vom Heuboden die Treppe heruntersteigen. Auf dem untersten Tritt blieb sie stehen, bis das Gebet beendigt war. Dann stieg sie langsam von Tritt zu Tritt wieder auf den Heuboden hinauf. Den Hirten kam das recht sonderbar vor. Sie konnten sich nicht erklären, woher das Tier kam. Denn weit und breit besass niemand eine schwarze Katze. Da fiel ihnen ein, es könnte das Ungeheuer sein. Sie fingen an, dem Nachtgebet noch ein Vaterunser beizufügen für alle armen Seelen, die noch zu sühnen haben. Und siehe, die Katze kam jetzt nicht mehr alle Abende, kam immer seltener und blieb zuletzt ganz aus. Hatte der Geist endlich Vergebung und Ruhe gefunden? Es wird wohl so sein; denn im Schönboden geht längst kein Ungeheuer mehr um.   Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch


by Der Knabenräuber

Source: Der Knabenräuber

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Schlimm erging es in Lustorf einer Bäuerin und ihrem Buben Hansli. Der Kleine zeigte sich eines Abends sehr störrisch und unbändig, so dass die geplagte Mutter mit dem Nachtjäger drohte. Sie riet dem Knecht, er solle vors Stubenfenster gehen und daselbst den Ruf des Nachtjägers nachahmen. Dann wollte die Mutter zum Schein den Knaben zum Fenster hinausreichen, um ihm dadurch gründlich seine Unart zu vertreiben. Also wurde es gemacht. Nach kurzer Zeit, als der Bub noch schrie und tobte, ertönte draussen der Ruf des Nachtjägers. Die Mutter war der Meinung, es sei der Knecht, der ihren Auftrag erfüllte; sie öffnete ein Fenster und reichte den schreienden Buben in die schwarze Nacht hinaus, dem Dienstboten, wie sie glaubte, in die Hände. Aber bald darauf erklang das Hutätä wieder. Beim Nachschauen fand sich, dass diesmal erst der Knecht seine Rolle gespielt habe. WiIde Angst packte die Frau. Aus dem leichtsinnigen Scherz war furchtbarer Ernst geworden. Von banger Ahnung erfüllt, suchte man mit Lichtern die Umgebung des Hauses nach dem Knaben ab. Hansli kam nicht zum Vorschein. Erst beim Anbruch des Morgens fand man im Obstgarten unter einem Birnbaum die Kleider des Kindes mit den Kopfhaaren des Buben. Der Nachtjäger hatte den Knaben geraubt und ihn grausam getötet. Im Bauernhaus aber raufte sich eine unglückliche Mutter in wildem Schmerze die Haare aus.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der knauserige Nachbar

Source: Der knauserige Nachbar

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Ein Mann und seine drei Sohne waren Geizkragen. Sie hatten keine Sonntagskleider, denn zur Kirche gingen sie nie. Am Sonntagmorgen früh verliessen sie das Haus und verbrachten den Tag bis zum Einnachten möglichst ungesehen an einem Waldrand. Gegen den Hunger hatten sie Brot und dürres Obst bei sich. Bei Einzügen für wohltätige Werke gaben sie, wenns gut ging, einen Batzen. Als der Vater starb, waren sie die Reichsten im Dorf und besassen achtzig- bis hunderttausend Franken Vermögen. Aber nach seinem Tod fand der Vater im Grab keine Ruhe: Einmal sahen zwei halbwüchsige Kinder einen Mann unter Nachbars Apfelbaum umhergehen und erkannten ihn als diesen toten Nachbar selber. Seltisberg Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Knopfmacher von Werdenberg

Source: Der Knopfmacher von Werdenberg

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Dichter nennen unser Land etwa «St. Fridolinsland», und jedenfalls sind wir das Land der Fridoline, trägt doch von sämtlichen Glarner Bürgern fast der achte Teil den Namen des Landespatrons. Welch hohe Achtung ihm von unsern Vorfahren, und zwar auch von den Reformierten, entgegengebracht wurde, das mag ein Vorfall aus dem glarnerischen Rat, der um 1750 passiert ist, beweisen. Ein Werdenberger, Knopfmacher Adrian, der sich allerlei Ungezogenheiten gegen die Glarner erlaubt hatte, stand vor dem Rat, um verurteilt zu werden. «Zu allem Übel aber kommt noch», so heisst es im Bericht, «neuestens eine weitere Klage, dass er solle gesagt haben, der Sankt Fridolin sey ein Hexenmeister gsin und verbrannt worden. Er wird darüber verhört, läugnet alles, wird eidlich überwiesen und abgeurteilt: dass er lebenslang auf die Galeeren versant werde. Er ist mit zwölf Stimmen, worunter zwei evangelische waren, dazu verurteilt worden, zwölf Stimmen wollten ihn in die mittleste Gefangenschaft legen und aus dem Land verweisen. Am Ende des Raths liess man ihn noch visitieren, und es zeigte sich, dass er nur ein Aug hatte, an einer Hand und an einem Fuss schadhaft war, so dass das Urtheil eingestellt wurde und er in mittelster Gefangenschaft aufbehalten wird bis zum nächsten Rath. Allda wird wiederum reflectieret und mit 24 gegen 15 Stimmen das Urtheil abgeändert: dass er also nun aussert Landes versandt, proclamiert, bandisiert für hundert und ein Jahr aus unserm Land und aus Werdenberg, Uznach und Gaster, und ist auch so vollzogen worden.» Nur seine körperlichen Gebrechen haben den Spötter vor lebenslänglicher Galeerenstrafe bewahrt, für ein volles Jahrhundert aber, d.h. seiner Lebtag, musste er seine Heimat als Verbannter meiden!   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Kobold der Burlena

Source: Der Kobold der Burlena

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In der Alpweide «Burlena» hielt sich einst ein Spukgeist auf. Besonders in der Sommerszeit, wenn die Alp bewohnt war, trieb er da seine Neckereien. Er spielte den Hirten manchen tollen Streich. Mit Vorliebe belästigte er die Leute, welche im Stafel übernachten wollten. Wenn die müden Ausflügler droben auf dem weichen Heulager ihre Ruhe suchten, mussten sie immer irgendeines Schabernackes gewärtig sein, den ihnen der Spukgeist spielte. Die Schlafgäste mussten mittels einer Leiter zur Heubühne hinaufsteigen, um droben ihr Nachtlager aufzusuchen. Unbemerkt schlich sich der Plaggeist herzu und nahm boshafterweise die Leiter weg, so dass die Gäste sie andernmorgens suchen mussten, wenn sie wieder heruntersteigen wollten. Wenn die müden Schläfer ruhen wollten, ergötzte sich der Geist damit, ihren wohlverdienten Schlaf zu stören. Er begab sich auf den Heustock, packte das Heu zu kleinen Ballen und warf sie in seiner Bosheit den Schlafenden auf das Angesicht, dass sie nach Luft schnappten. Wenn sie unwillig ob der gestörten Nachtruhe auffuhren und den Ruhestörer packen wollten, erblickten sie aber niemanden. Mit einem schadenfrohen Kichern machte er sich davon, um neuerdings sein unheimliches Spiel zu beginnen, so dass die Übernachter keinen Schlaf finden konnten. Eine auffallende Wahrnehmung machte der Hirt, dass an diesen Spukabenden die Ziegen um keinen Preis in den Stall treten wollten; scheu blieben sie in gewisser Entfernung und liessen sich durch kein gütliches Zureden oder durch Zwang in den Stall treiben. Ein Altenryfer Mönch vertrieb das Gespenst.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Kobold im Hause les Cerniettes

Source: Der Kobold im Hause les Cerniettes

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Zwischen Allières und Cerniat steht ein einsames Haus, das man les Cerniettes nennt. Ein böser Kobold spuckte seit einiger Zeit in demselben. Des Nachts rumorte er auf dem Heuboden, oder pochte derb und grob, wie ein Tiroler oder Guggisberger, an Türen und Fensterladen, oder band im Stalle die Kühe los, dass man sie des Morgens alle im Stalle fand. Unter verschiedenen Gestalten, bald scheuslich, bald läppisch, bald sogar zierlich und angenehm anzusehen, schreckte, neckte und quälte er Menschen und Vieh, so zwar, dass sie oft, des Nachts besonders, gar keine Ruhe haben konnten. Einst kosete der Hausknecht mit der Magd gar traulich auf der Bühne, da zeigte sich der Spukgeist plötzlich und mit fürchterlichem Geheul den beiden Verliebten als ein ungeheurer, schwarzer Kater mit feurigen Augen, dass sie vor Entsetzen in die zum Glück mit Heu bedeckte Tenne und in lächerlicher Unordnung hinunter purzelten, wo sie vor Schrecken und Furcht erzitterten, wie Espenlaub, wenn es windet im Walde. Man hatte schon alle gewöhnlichen Mittel versucht, den lästigen Quälgeist los zu werden, aber ohne Erfolg; denn er trieb sein Unwesen nach wie vor. Endlich aber gelang es dem Pfarrer von Montbovon ihn aus dem Hause zu treiben, und in ein nahes Felsenloch am Hongrinbache zu bannen, wo jetzt noch das hineinfliessende Wasser seine Bosheit und die Lust zu losen Streichen abkühlt: so gross war damals noch des Wunderglaubens Macht und die Wirkung des geistlichen Beschwörers! C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Kobold in der Blancherie und die Diebswächter zu Renens, die Tçauce-villha und das Haus Kouairon

Source: Der Kobold in der Blancherie und die Diebswächter zu Renens, die Tçauce-villha und das Haus Kouairon

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Zu Renens im Kreise Romanel spukt in der sogenannten Blancherie ein Kobold, berüchtigt durch die schlimmen Streiche, die er spielt. Allen Wäscherinnen, welche später als bis zu einer gewissen Stunde beuchen, spritzt er siedendes Wasser in das Gesicht, daher dieselben, wenn diese Stunde geschlagen, gewiss auch kein Stück Wäsche mehr netzen. Auch will man dort von Geistern wissen, die mehr den Reichen hold, am Baume oder im Speicher die Hand des Diebes zurückhalten, dass er sein Gelüste nach fremdem Gut unbefriedigt lassen muss. Ein schrecklicheres Gespenst ist die Tçauce-villha, die Hexenmutter, ein altes triefäugiges Weib, das auf einem blinden, ausgemergelten Pferde umherreitet, immer darnach trachtend, sich Jemand zu nähern, um ihm den Fuß auf die Gurgel zu drücken und so den Atem zu versetzen. Nicht minder unheimlich ist die Vorstellung von dem Hause Kouairon, das mit Allem ausgerüstet, was nur unheimlich auf die kindliche Phantasie zu wirken vermag, ein Schreckensaufenthalt für böse und ungezogene Kinder ist. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.    


by Der Kobold in der grossen Riedera

Source: Der Kobold in der grossen Riedera

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Eine gute Viertelstunde hinter Mouret liegt der herrschaftliche Landsitz der «Grossen Riedera», am Fusse des tannenbekränzten Käsenberges. Früher gehörte dieser Besitz der Patrizierfamilie Gottrau von Freiburg. Das ausgedehnte Landgut umfasst ein Gebiet von Wiesen und Wäldern, das sich bis zur sagenumwobenen Berra hinaufzieht. Hier lebte im 18. Jahrhundert ein weitherum bekannter Hirt. Man hiess ihn «den glücklichen Dietrich». Schon in seiner frühen Jugend fiel er durch seine seltene Klugheit auf. Er hatte zur Mittefastenzeit das Licht der Welt erblickt. Das kleine Kind sah schon in der Wiege eine geheimnisvolle Schar kleiner Leutchen, wie Kobolde, Wichtelchen und Poltergeister, die lustig sein Wiegenbettlein umtanzten. Darüber brach der Säugling immer in lustiges Lachen aus, das sich seine Mutter nicht zu erklären wusste. Bevor das Kind seine Eltern kennenlernte, war es schon mit diesen Zwerglein bekannt. Wenn sie das Büblein in der Wiege besuchten, patschte es fröhlich mit seinen molligen Händchen und krähte lustig bei den drolligen Possen und Grimassen, die ihm das spassige Völklein vormachte. Besonders ein Kobold war dem Kinde sehr zugetan. Er zeigte sich jeden Tag und spielte mit dem Kleinen. Es war ein sogenannter Hausgeist, der an Schlauheit, Verstand und Gewandtheit alle andern Wichtelchen übertraf. Auf dem Kopfe trug er eine rote Mütze, um die Hüften einen himmelblauen Gürtel, wodurch er sich von seinen Genossen unterschied. Der junge Dietrich gelobte ihm ewige Treue, und die beiden gaben einander das Versprechen, sich nie zu trennen. Dietrich wuchs zu einem schmucken Burschen heran. Er hatte schon die Zwanziger erreicht. Bisher hatte er das kindliche Versprechen treuer Liebe und Freundschaft mit dem Kobolde gehalten. Der Hausgeist verweigerte seinem Schützling keinen Dienst. Sowohl zu Hause wie auf der Alp, in der Ebene wie im Gebirge blieb der Zwerg Dietrichs treuer Helfer und unzertrennlicherer Gefährte. Wegen seiner Geschicklichkeit und seines dienstfertigen Wesens wurde der Kobold wie ein verwöhntes Kind behandelt. Bei Tisch erhielt er den grössten Suppenlöffel und bekam das feinste Weissbrot aus der Stadt. Frisch gemolkene warme Milch stillte seinen Durst; öfters gab man ihm sogar Wein zu trinken. Ein solches Paradiesleben wäre auf die Dauer zu schön gewesen. Der gehätschelte Kobold wurde dreist und übermütig. Dadurch gab er Anlass zu kleinen Reiberein und Zwistigkeiten, welche das ideale Verhältnis zwischen den bisher Unzertrennlichen allmählich trübte. An einem kalten Herbstabend sassen Dietrich und sein Freund in der Sennhütte am lodernden Feuer, um sich zu wärmen. Der Hirt unterhielt das Feuer, indem er bald ein Scheit hinzulegte oder eines wegnahm, das nicht gut brannte. Der Zwerg ahmte zum Spass alle Bewegungen seines Herrn nach. Doch diesen Abend war er nicht gut aufgelegt. Des Zwergen Possenspiel reizte ihn. Zornig ergriff er plötzlich ein brennendes Scheit und jagte damit den unliebsamen Störenfried zur Küche hinaus und schloss die Türe fest zu. Wochen vergingen darüber. Der Spitzbube liess sich nicht mehr blicken. Der Senne langweilte sich und bereute seinen Jähzorn. Er sann auf Mittel und Wege, den vertriebenen Spielgefährten wieder zu versöhnen und heranzulocken. Eines Morgens stellte er eine Gebse voll süsser Milch auf die Schwelle des Stafels. Das Mittel wirkte. Mittags war die Schüssel geleert; der Kobold erschien wieder und erneuerte die alte Freundschaft mit dem Jugendgefährten. Doch nur drei Tage lang dauerte der neue Friedensbund, da brach der Zwiespalt wieder aus. Anlass dazu hatte die Fütterung des Viehes gegeben. Beide stellten das Futter bereit. Während Dietrich damit etwas sparsam tat, zeigte sich der Zwerg wieder zu verschwenderisch, worüber er vom Freund zurechtgewiesen wurde. Jetzt geriet das Knechtlein in helle Wut. Es packte blitzschnell die Heugabel und stürzte sich damit auf den Hirten. Dietrich konnte noch um Fingerbreite ausweichen, sonst wäre er von den Gabelspitzen durchbohrt worden. Stattdessen prallte die Waffe an die Stallmauer und zerbrach. Aber der Wurf des tückischen Koboldes war so heftig gewesen, dass die Gabelzinken in die Steinmauer eindrangen und mit aller Anstrengung nicht mehr herausgezogen werden konnten. Nach einem solch bösen Zwischenfall war die Freundschaft endgültig zerstört. «Elender Verräter! Undankbarer! Pack dich fort und komm mir nicht mehr unter die Augen!» rief der erschrockene Hirt seinem heimtückischen Angreifer zu. Mit einem hässlichen Lachen und wüsten Schimpfworten rannte der untreue Kobold zur Stalltüre hinaus. Als sich Dietrich nach ihm umsehen wollte, sah er nur noch eine pechschwarze Wolke, auf welcher der verstossene Hausgeist davonflüchtete. Er schwebte nach der Richtung des Moleson zu und kehrte diesmal nicht mehr zurück. Der verlassene Dietrich soll über den endgültigen Bruch mit dem langjährigen Freund ganz untröstlich gewesen sein und hatte seither kein ruhiges Leben mehr. Ja, er soll darüber sogar den Verstand verloren haben — doch scheint letzteres nur eine böswillige Behauptung zu sein.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Kobold in der Wueschta

Source: Der Kobold in der Wueschta

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Die «Wueschta» ist eine Bergwiese in der Umgebung des Käsenberges. Vor Zeiten soll dort ein boshafter Kobold sein Unwesen getrieben haben. Eine höllische Freude bereitete es ihm, Menschen und Tieren allerhand Schabernack zuzuführen. Er besass die Kunst, sich in allerlei Tiergestalten zu verwandeln. Man konnte ihn bald als Rehbock, bald als schwarzen Hasen sehen, bald war er als ein flinkes Wiesel oder ein listiger Fuchs über die Hänge gesprungen. Bei Tage hielt sich der Kobold in einem verborgenen Winkel der Sennhütte auf, wobei er die Gelegenheit benützte, aus den Gebsen die süsse Nidel aufzuschlecken oder die Milch auszutrinken. Oft sprang das Ungeheuer während der Milchzeit zwischen den Kühen hindurch, so dass sie erschreckt aufbrüllten, unruhig hin und her schlugen und dadurch den milchgefüllten Eimer umwarfen mitsamt dem Melker. Nach solchen boshaften Streichen gaben die Kühe fast keine oder rote Milch. In anderen Nächten rumorte es im Rossstall. Wenn der Hirt nachschaute, fand er die Gäule in die Halfter verwickelt und mit ihren Schweifen aneinander verknüpft. Wenn das Vieh friedlich auf der Weide graste, erschien der Kobold plötzlich in einer furchterregenden Gestalt und jagte die Tiere auseinander. Es kam da häufig vor, dass bei der wilden Flucht das eine oder andere Tier sich ein Bein brach oder gar in den Abgrund stürzte. Die Hirten konnten diesem unheilvollen Treiben nicht länger untätig zuschauen. Mit gewöhnlichen Mitteln wie Pulver und Blei war dem Kobold nicht beizukommen. Da mussten schon ausserordentliche Massnahmen ergriffen werden. Der Besitzer der Alp machte sich eines Morgens auf und ging zu den braunen Vätern nach Freiburg. Dort kannte er einen befreundeten Pater, der konnte vielleicht helfen. Der bärtige Mönch hörte seines Jugendfreundes ausführliche Erzählung geduldig an. Danach gab er ihm folgenden Rat: «Nimm Dreikönigs- oder Karsamstagswasser und besprenge damit Wohnung, Ställe und die Weiden. Das Mittel wird gewiss helfen.» Überdies gab er dem Hirten noch einige hochgeweihte Medaillen mit der Weisung, selbe über den Eingang der Haustür und des Stalles anzubringen. Ferner sollten sie am Samstagabend die Muttergotteslitanei beten. Herzlich dankte der Alpbesitzer dem Ordensmann für die erhaltenen Ratschläge und gelobte, sie getreulich zu befolgen. Er versprach, dafür einen fetten Emmentaler Käs dem Kloster zu spenden, wenn die Alp vom heimtückischen Plaggeist befreit worden sei. Am andern Tag kehrte der Hirt wieder auf die Alp. Gleich machte er sich an die Ausführung der erhaltenen Ratschläge. Während er damit beschäftigt war, die geweihten Abzeichen über Wohnungs- und Stalltür zu befestigen, sprang unversehens wie von Feinden gehetzt ein schwarzer Hase zum Stall hinaus. Schnell sprang der Meister in die Küche, holte das Dreikönigswasser und besprengte damit Stall und Weide. Da erblickte er den Kobold, wie er fluchend und scheltend den Abhang hinuntereilte und drunten gegen das Ärgeratal zu auf Nimmerwiedersehen verschwand. Fortan hatten die Bewohner der «Wueschta» Ruhe vor den Nachstellungen des Ungeheuers. Am Michelstag aber fuhr der Alpbesitzer mit seinem Fäderwägeli nach Freiburg zum Kloster an der Murtengasse und beschenkte die guten Väter mit einem radgrossen Chäslaib und einer Balle goldgelben Alpbutter, was den frommen Mönchen gewiss wohl getan hat.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Kobold unter der Küchenstiege

Source: Der Kobold unter der Küchenstiege

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Vor Zeiten trieb sich auf einer Alpweide der Muschenegg ein Kobold herum. Mit Vorliebe wählte er als Aufenthaltsort den niederen, warmen Ziegenstall. Darin trieb er seinen Mutwillen und hatte besonderen Gefallen, die braunen Geissen in Schrecken zu versetzen. Dazu wählte er mit Vorliebe die stille Nachtzeit. Wenn alles ruhig war, begann der Spektakel im Ställchen. Der Zwerg fuhr zwischen den Geissen umher und versetzte sie in Angst. Er zupfte sie am Bart, zog sie am Euter oder erregte sonst durch wildes Gebaren ihre Furcht. Dann fingen die gehörnten Huftiere ein jämmerliches Meckern an, bis der aufgeweckte Hirt schleunigst im Stall erschien, um dort nach dem Ruhestörer Umschau zu halten. Es gelang ihm, den Plaggeist zu erblicken. Der Kobold flüchtete flink in die nebenstehende Küche, wo er sich unter der Küchenstiege hinter den Holzscheitern verbergen wollte. Aber der Senne besass gute Augen und hatte den boshaften Zwerg gar bald in seinem Versteck aufgestöbert. Flink ergriff er ein Holzscheit und fuhr damit auf den Kobold los. Als das Bergmännlein einsah, dass es verloren war, benutzte es einen unbewachten Augenblick, und mit einem gewaltigen Satz war es bei der Türe, riss dieselbe auf und ergriff schleunigst die Flucht. Von dem Tag an wagte es sich nicht mehr in der Alphütte zu zeigen, und Hirt und Geissen hatten Ruhe vor des Wichtelchens Umtreiberei.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Kohler in Oberägeri

Source: Der Kohler in Oberägeri

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In einer Taltiefe der Oberägeri-Allmend nahe der Schwyzergrenze zu Füssen des Sankt Jostenbergs zeigt man noch die Trümmer einer Waldhütte, wo im vorigen Jahrhundert ein berüchtigter Schwarzkünstler, der Kohler, wohnte. Als Zauberer und Teufelsbündner soll er in Zug hingerichtet worden sein, nachdem er folgendes Bekenntniss abgelegt. Einst habe er sich in einen liegenden Baumstamm verwandelt, worauf sich zwei Holzhauer setzten, um den Imbiss zu nehmen, wobei sie mit den Messerspitzen in die Rinde des vermeinten Stammes gestochen, was ihn sehr geschmerzt habe. Bei anderer Gelegenheit versprach er einigen Jägern eine glückliche Jagd, wenn sie in einer gewissen Richtung gehen würden. Darauf sehen diese wirklich allerlei Gewild, Hasen, Hirsche, Rehe und dergleichen. Aber so oft sie auf dasselbe losfeuerten, krümmten sich die Röhren ihrer Flinten, so dass sie nichts erlegen konnten.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Der kohlschwarze Hund

Source: Der kohlschwarze Hund

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Der alte Gemeindeweibel erzählte: «Bei euch in der Anstalt Augst ist auch nicht alles geheuer. Ja, ja, ich hab’s gesehen, da droben, ob dem Hause dort unter den Kastanienbäumen, auf der Landstrasse. Es war zur Zeit meiner ersten Amtsjahre als Wächter, anfangs der neunziger Jahre. Ich ging etwas spät vom Schulhaus her, wo Sitzung gewesen war, dorfeinwärts. Wie ich da zu den Kastanien komme, da liegt quer über die Strasse ein ungeheurer grosser, kohlschwarzer Hund mit feurigen Augen, wie ich vorher noch nie etwas Derartiges gesehen hatte. Aber ich fürchtete mich nicht und beschloss, stramm an ihm vorbei zu gehen, was ich denn auch heftig fluchend tat, ohne dass mir etwas geschah. Man muss nämlich bei den bösen Geistern — und alle schwarzen Geister sind böse Geister — nur recht millionisch fluchen, das fürchten sie und verschwinden. Aber man muss ja nicht machen, dass man mit ihnen in Berührung kommt, sonst hat man dann eine geschwollene Backe, Zahnweh oder gar den Tod. Nicht lange nachher passiert mir ’s gleiche noch einmal. Als ich wieder an den nämlichen Ort kam, liegt der Kerl wieder dort. Da juckt es mich, grittigrätti über ihn hin zu schreiten, und schon wollte ich hiezu das linke Bein heben, als mir noch rechtzeitig der Gedanke kam: Nein, bei Gott, nur das nicht, sonst könnte der Kerl die Gelegenheit benützen, mit mir dem Teufel zuzugehen. Ich fing an zu fluchen und - ein Moment - der Hund war verschwunden. Wohin, weiss ich nicht, er war wie weggeblasen. Herr M, dem ich das alles dann erzählte, lachte mich zuerst aus. Aber nicht lange nachher kam er zu mir und sagte: «Du hast doch recht, es ist etwas an der Sache, ich hab’s nun selbst erlebt. Schon einige Male, wenn ich jeweils nachts im Zimmer dort neben den Kastanien arbeitete, klopfte es auf einmal an den Fenstern. Ich schaute nach, aber ich sah nirgends etwas und arbeitete weiter. Nach einigen Minuten klopfte es wieder, und wieder sah ich nichts. Da geht unbedingt etwas nicht mit rechten Dingen zu.» Augst Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der kohlschwarze Mann

Source: Der kohlschwarze Mann

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Der kohlschwarze Mann In einem Orte des Zürcher Oberlandes, welchen der Erzähler nicht nennt, waren an einem Sonntag nachts etliche Burschen und Mädchen „zLiecht“. Sie redeten allerlei, und als sie nichts mehr anzuheben wussten, nahm einer von ihnen ein Buch von einem Laden und fing an laut zu lesen. Das Ding gefiel ihnen, und sie lasen fort. Aber welch ein Schrecken! Durch die geschlossene Türe kam langsam ein kohlschwarzer Mann und setzte sich auf eine Bank neben der Tür. Des Mädchens Vater musste aufstehen und Wort für Wort wieder zurücklesen, was sie vorwärts gelesen hatten. Da wich das Gespenst wieder. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland SAVk 2 (1898), 276, A. Messikommer I, 192. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der König und seine Tochter

Source: Der König und seine Tochter

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Es war einmal ein König, der hatte nur eine Tochter. Er liess ausschreiben, wer die drei Dinge, die er verlange, tun könne, werde seine Tochter zur Frau bekommen. Dies vernahm auch ein armer Bursche. Er fasste Mut und dachte, er wolle zum König und es versuchen. Er nahm also seine Tasche mit Essen, machte sich auf den Weg und geriet in einen grossen Wald. Da hörte er ein furchtbares Geschrei und Geheul. Er bekam Angst, und plötzlich sah er rundherum lauter wilde Tiere. Erschrocken warf er ihnen das Essen aus seiner Tasche zu, die Tiere frassen es, aber nachher kehrte alles wieder in die Tasche zurück. Jetzt kam ein Löwe zu ihm her und sagte ganz sanft: «Reiss mir drei Haare aus, nimm sie und bewahre sie auf; wenn du in Not bist, dann reibe sie in der Hand, und dir wird geholfen!» Ohne Angst zieht der Bursche ihm drei Haare aus, steckt sie in den Sack und geht weiter. Bald darauf kommt er in einen andern Wald. Da hört er rundherum singen und pfeifen, und ganz plötzlich ist er von lauter Vögeln umgeben. Er wirft diesen wieder sein Essen zu, und sie fressen tüchtig. Nachher ist das Essen wieder in seine Tasche zurück wie das erste Mal. Nun kommt ein Vogel zu ihm und sagt: «Zieh mir drei Federn aus und bewahre sie auf; wenn du in Not bist, reibe sie in der Hand, und dir wird geholfen!» Der Bursche zieht ihm drei Federn aus, steckt sie in den Sack und geht weiter. Jetzt kommt er in einen dritten Wald, zu einer Hütte. Da drin lärmt und klopft es fürchterlich. Ganz neugierig öffnet er die Tür und geht hinein. Da sieht er Maurer, die Stück für Stück von einem Felsen wegmeisseln, aber vorne wächst der wieder hoch. Er wirft den Maurern sein Essen zu, aber diesmal kehrt es nicht mehr in seine Tasche zurück. Jetzt geht einer von den Maurern, mit einer schönen Krone auf dem Kopf, zum Burschen, gibt ihm einen Ring und sagt: «Nimm ihn und bewahr ihn auf; wenn du in Not bist, dann steck ihn an den Finger, und dir wird geholfen!» Der Bursche nahm den Ring und ging zum König. Dort fragte er, was er tun müsse, um seine Tochter zur Frau zu bekommen. Der König zeigte ihm einen grossen See und sagte, der müsse bis morgen ganz trocken sein. «Ach!» dachte der Bursche, «das ist für mich etwas Unmögliches!» Er zerbrach sich den Kopf, wie das wohl zu machen sei. Doch es fallen ihm die drei Haare des Löwen im Sack ein, er nimmt sie heraus und reibt sie in der Hand. Da kommen alle wilden Tiere herbei und trinken alles Wasser aus dem See. Jetzt war der König zufrieden mit dem Burschen. Dann zeigte der König ihm einen riesigen Haufen mit allerlei Sorten Getreide und befahl, er müsse bis zum nächsten Morgen die Körner getrennt haben. Das war wieder etwas, das dem Burschen Kopfzerbrechen machte. Doch es fallen ihm seine drei Federn ein; er nimmt sie heraus und reibt sie in der Hand. Darauf fliegen alle Vögel herbei und trennen bis zum andern Morgen alles Korn fein säuberlich. Das gefiel dem König. Jetzt befahl der König dem Burschen, dass er an dem und dem Ort ein Schloss so und so bauen müsse, und zwar schon bis zum nächsten Tag. Das machte dem Burschen wieder Kopfzerbrechen. Zum Glück fällt ihm ein, dass er noch einen Ring bekommen hat, den er in der Not brauchen kann. Er nimmt ihn heraus und steckt ihn an den Finger. Darauf sind alle Maurer und auch der mit der Krone da. Sie fangen an, das Schloss zu bauen, wie der König es befohlen hat. Und am andern Morgen war es fertig. Der König stand auf, schaute aus dem Fenster und sah da das Schloss, viel schöner und grösser als seines. Schnell liess er den Burschen zu sich kommen und gab ihm seine Tochter, und der Bursche feierte eine prächtige Hochzeit mit ihr.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der König von Spanien oder der Heilige Laurenz

Source: Der König von Spanien oder der Heilige Laurenz

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Einmal musste der König von Spanien gegen seinen Feind einen Krieg führen. Da er Angst bekam, den Krieg zu verlieren, vergrub er einen Haufen Schätze und Geld in einer Kirche, damit der Feind es nicht bekomme. Dann zog er mit seinem Heer gegen den Feind und siegte wider alles Erwarten. Ob der Freude über den Sieg dachte er nicht mehr an seine versteckten Schätze und liess sie dort, wo sie waren. Kurze Zeit später starb eine von den Königstöchtern. Die musste dann jede Nacht in die Kirche kommen und die versteckten Schätze des Königs hüten. Dies kam schliesslich dem König zu Ohren, und er stellte von nun an jede Nacht einen Soldaten als Wache in die Kirche. Doch jeden Morgen fand man den Soldaten ermordet, so dass keiner mehr freiwillig Wache stehen wollte. Aber der König zwang seine Soldaten zu diesem Dienst. Das Los trifft in der vierten Nacht einen Burschen. Der geht in die Kirche, steht dort eine Weile herum und denkt daran zu fliehen, bevor der und der Geist erscheine. Gesagt - getan. Er flieht aus der Kirche und kommt bis zu einer hohen Mauer, worüber er springen muss. Da hört er die Stimme eines alten Mannes rufen: «Aber wohin gehst du? Komm, komm her, ich habe dir etwas zu sagen!» Er geht zu diesem alten Mann hin, und der sagt, er solle nur in die Kirche zurück und hinter den Altar stehen, dann könne ihm niemand etwas antun. Der Bursche geht also in die Kirche zurück und steht hinter den Altar. Gegen Mitternacht kommt die Königstochter, halb weiss, halb schwarz gekleidet - es scheint, dass sie noch nicht ganz erlöst ist - und steht neben die versteckten Schätze, aber sie rührt den Burschen nicht an. Am andern Morgen, als der König erfahrt, der Bursche sei entkommen, freut er sich so, dass er ihm während acht Tagen Gastfreiheit und zugleich Urlaub vom Militärdienst schenkt. In der Nacht darauf musste ein anderer Soldat auf die Wache, aber am Morgen war der halt tot. Mit der Wache in der Nacht darauf ging es wieder gleich. Jetzt liess der König den Burschen, der seine Nacht überstanden hatte, zu sich rufen und sagte, dass er in der folgenden Nacht wieder Wache in der Kirche halten müsse. Der Bursche fragte den König, ob er schon vergessen habe, dass er während acht Tagen Gastfreiheit und Urlaub von jeglichem Dienst geniesse. Der König antwortete, weil die anderen am Morgen immer tot seien, so müsse eben er Wache schieben, ob er wolle oder nicht. Der Bursche konnte nicht viel anderes tun, als am End in die Kirche zu gehen. Zur Zeit, als die Königstochter erscheinen musste, flüchtete er wieder aus der Kirche und kam zur gleichen Mauer wie das erste Mal. Jetzt ruft der alte Mann wieder: «Komm, komm her zu mir! Ich habe dir etwas zu sagen!» Er ist zu ihm hin, und der alte Mann sagt ihm, er solle nur in die Kirche hinein und auf die Kanzel, dann könne ihm die Königstochter nichts antun. Der Bursche kehrt um, geht in die Kirche und steigt auf die Kanzel. Die Tochter kommt wieder und steht neben die Schätze, aber sie beachtet ihn nicht. Am andern Morgen ging der Bursche zum König, und dieser befahl, dass er die nächste Nacht nochmals Wache schieben müsse. Es blieb ihm also nichts anderes übrig, als am Abend zur Kirche zu gehen und dort zu bleiben. Aber jetzt wollte er wieder fliehen, und zwar in eine andere Richtung, um diesmal dem alten Mann auszuweichen. Gesagt - getan. Nach einer Weile ging er aus der Kirche und nahm einen ganz anderen Weg als vorher. Aber kaum war er ein wenig gegangen, so rief der gleiche alte Mann wieder: «Komm, komm hierher! Ich habe dir etwas zu sagen!» Der Bursche konnte nichts anderes tun, als zu ihm zu gehen, und der alte Mann gab ihm einen Stock und sagte, er solle wieder in die Kirche, und wenn die Tochter komme, so solle er sich mit ihr so lange prügeln, bis der Stock in Stücke breche. Da lief dem Burschen ein Schauder über den Rücken, aber er nahm den Stock trotzdem und ging in die Kirche. Um Mitternacht kam die Königstochter, sie ging auf den Burschen los, und sie begannen sich grauenhaft zu verhauen. Der Bursche schlug derart mit dem Stock drein, dass Stück für Stück abbrach. Und sie waren noch am Kämpfen, als der Mesmer frühmorgens kam, um zu läuten. Dieser sah den Wachtburschen neben dem Mädchen, und er ging schnell weg, um dem König mitzuteilen, dass dieser Bursche in der Nacht das und das mit einem Mädchen getrieben hätte. Darauf wurde der König zornig, er liess den Burschen zu sich rufen und sagte, dass er für sein schlechtes Benehmen ins Gefängnis gesteckt werde. Der Bursche rechtfertigte sich so gut er konnte, aber der König glaubte ihm nichts; er musste also ins Gefängnis wandern. Dort wurde es ihm langweilig, und er bereute es, diesem alten Mann gehorcht zu haben, der halt nichts unternommen hatte, um ihn zu befreien. Schon war er zum Tod verurteilt. Ganz traurig sass er die letzte Nacht im Gefängnis. Jetzt öffnet sich die Türe, und ein alter Mann kommt herein. Sogleich macht der Gefangene ihm Vorwürfe, er habe ihn im Dreck sitzen lassen, er habe im Gefängnis hocken müssen und morgen werde er hingerichtet. Darauf sagt der alte Mann, er solle nur auf ihn hören, es komme am Schluss trotzdem richtig heraus. Morgen, wenn er zur Hinrichtung geführt werde, solle er den König bitten, zwei Worte vor dem Sterben sprechen zu dürfen. Das werde der König schon erlauben. Dann solle er auf die Männer schauen, unter ihnen sei einer, der einen Kopf grösser sei als alle andern, diesen solle er zu sich rufen und sagen, er müsse mit ihm ein paar Worte reden. Der Gefangene verspricht, das zu tun, und der alte Mann verschwindet. Am anderen Tag wurde er zur Hinrichtung geführt. Da bat der Unglückliche beim König um eine Gnade. Er sagte, dass er noch mit dem und dem grossen Mann ein paar Worte zu reden habe vor dem Tod. Das erlaubte der König. Jetzt schaute der Gefangene herum und sah den alten Mann, der einen Kopf grösser war als alle anderen. Er gab ihm ein Zeichen, zu ihm herzukommen. Der alte Mann ging jetzt auf den Platz hinüber und begann mit lauter Stimme zu reden und sagte, dieser Mann, den man hinrichten wolle, sei unschuldig. Der König solle sich daran erinnern, dass er vor dem Krieg Geld und Schätze in der und der Kirche vergraben habe. Um die zu hüten, habe seine Tochter, die kurz zuvor gestorben sei, jede Nacht in diese Kirche kommen müssen. Sie sei es, die alle Wachen getötet habe, diesen Unglücklichen dort ausgenommen. Der habe auf seinen Rat hin in der letzten Nacht, als er Wache gehalten habe, mit der Königstochter gekämpft, er habe es ihr mit dem Stock so lange gegeben, bis er davon nur noch ein Stück in der Hand gehalten habe. So habe er die Tochter erlöst, die noch nicht so weit gewesen sei. Als Belohnung wolle jetzt der König diesen mutigen Burschen hinrichten lassen. Alles was er hier gesagt habe, sei heilige Wahrheit, denn er sei niemand anders als der heilige Laurenz. Darauf waren alle überrascht; der Bursche wurde freigelassen und zum Schloss des Königs hinaufgeführt, wo er von nun an wohnte.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Kopf als Bote

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Aus den ruhmvollen Freiheitskämpfen unserer Voreltern erzählen sich die Leute noch manches, so die Geschichtsschreiber eben nicht aufgezeichnet haben. Ich führe hier z.B. folgende Sage an: Einst zogen wieder Feinde in gewaltigen Haufen das Wallisland hinauf, um den köpfischen Bauern da droben ihre Freiheit mit blutigem Schwerte verleiden zu machen und sie Gehorsam und Unterwürfigkeit gegen grosse Herren zu lehren. Die Männer der tieferen Gegenden wurden alle aufgeworben und mit in den Kampf gegen Oberwallis gezogen. Während des Feldzuges machten nun Weiber ihre Wäsche an einem Waschtrog, dem das Wasser aus der Rhone zufloss. — Die Frühlingssonne schien warm hernieder und machte die Wäscherinnen eben gut gelaunt; nicht nur ihre Hände waren tätig, auch ihr geläufiges Redehaus, wie das nicht anders sein kann, — ruhte nicht und klapperte ununterbrochen im muntersten Gemurmel und Gezische fort. Natürlich fielen diesmal die Waschweiber über den Kriegszug und die zu bekämpfenden Feinde her. «Mich wundert's», meinte die eine, «ob diesmal die dummen, viereckigen Lümmelköpfe da oben nicht etwas runder und gelimpfiger werden mögen?» «O gewiss!» lachte die andere, «rund und kugelig wie geschliffener Rhonesand! O wie ist mir da wohl ums Herz! — Mein Mann hat mir versprochen, aus dem Kuhland da oben, wo Kälber tanzen und Stiere Musik machen, recht was Schönes heimzubringen. O wie freue ich mich des guten Tages! Ach! Schau wie das Wasser sich rot färbt! Wohl schönes Rossblut müssen die stolzen Ringkühe haben, die man heute da oben an der Rhone totschlägt! Das schmeckt mir besser als Honig und glänzt heller als Gold!» — Und im gleichen Augenblicke trug das Wasser ein abgeschlagenes Haupt herab und warf es der frohen Wäscherin in den Trog. — Es war der blutige Kopf ihres Mannes!   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der kopflose Wettergeist

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»Wenn sie allemal zu Oberkäsern im Maderanertal heueten«, so hat meine Mutter oft erzählt, »geschah es nicht selten, dass am Morgen gegen 9 Uhr ein grosser Mann von der Kuhkähle her nach Oberkäsern hinauf kam, über Oberkäsern und über den Büel und von hier wieder abwärts gegen das Brunni hinunter marschierte. Einen Kopf hat man ihm nie gesehen. Am Rücken trug er ein Handbräntli. Wenn er erschien, kam noch vor Abfluss einer Stunde eine Wolke an den kleinen Windgällen, und kaum 10 Minuten später trat das schwerste Wetter, oft sogar Hagel ein. Nachmittags etwa 1 – 2 Uhr kam er dann vom Brunni wieder zurück und war jetzt schwarz wie der Teufel. Er wanderte über Oberkäsern und dann abwärts der Kuhkähle zu. Dann liess auch das Wetter wieder nach«. Johann Tresch, Wyler Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der kranke Stollenwurm

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Ein armes Hirtenmädchen fand einst auf der Heubühne ihrer Hütte einen kranken Stollenwurm. Trotz seiner hässlichen Gestalt trat sie hinzu und reichte ihm mitleidig eine Schale mit Milch. Gierig leckte er mit seiner heissen vertrockneten Zunge den kühlenden Trank der ihn zusehends erquickte. Als er fertig war, verwandelte er das goldene Krönlein auf seinem Haupte in die Schlangenkönigin und gab sie dem Hirtenmädchen zum Dank für seine Rettung. An die Schlangenkönigin aber waren besondere wohltätige Kräfte gebunden. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Kreuzliberg

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Auf einer Burg in der Nähe von Baden im Aargau lebte eine Königstochter, welche oft zu einem nahgelegenen Hügel ging, da im Schatten des Gebüsches zu ruhen. Diesen Berg aber bewohnten innen Geister, und er wurde einmal bei einem furchtbaren Wetter von innen verwüstet und zerrissen. Die Königstochter, als sie wieder hinzukam, beschloss in die geöffnete Tiefe hinabzusteigen, um sie beschauen zu können. Sie trat, als es Nacht wurde, hinein, wurde aber alsbald von wilden, entsetzlichen Gestalten ergriffen und über eine große Menge Fässer immer tiefer und weiter in den Abgrund gezogen. Folgenden Tags fand man sie auf einer Anhöhe in der Nähe des verwüsteten Berges, die Füße in die Erde gewurzelt, die Arme in zwei Baumäste ausgewachsen und den Leib einem Stein ähnlich. Durch ein Wunderbild, das man aus dem nahen Kloster herbeibrachte, wurde sie aus diesem furchtbaren Zustande wieder erlöst und zur Burg zurückgeführt. Auf dem Gipfel des Berges setzte man ein Kreuz, und noch jetzt heißt dieser der Chrüzliberg und die Tiefe mit den Fässern des Teufels Keller.   C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Kreuzliberg

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Auf einer Burg in der Nähe von Baaden im Aargau lebte eine Königstochter, welche oft zu einem nah gelegenen Hügel ging, da im Schatten des Gebüsches zu ruhen. Diesen Berg aber bewohnten innen Geister und er ward einmal bei einem furchtbaren Wetter von ihnen verwüstet und zerrissen. Die Königstochter, als sie wieder hinzukam, beschloß in die geöffnete Tiefe hinabzusteigen, um sie beschauen zu können. Sie trat, als es Nacht wurde, hinein, wurde aber alsbald von wilden, entsetzlichen Gestalten ergriffen und über eine große Menge Fässer immer tiefer und weiter in den Abgrund gezogen. Folgenden Tags fand man sie auf einer Anhöhe in der Nähe des verwüsteten Bergs, die Füße in die Erde gewurzelt, die Arme in zwei Baumäste ausgewachsen und den Leib einem Steine ähnlich. Durch ein Wunderbild, das man aus dem nahen Kloster herbeibrachte, wurde sie aus diesem furchtbaren Zustande wieder erlöst und zur Burg zurückgeführt. Auf den Gipfel des Bergs setzte man ein Kreuz, und noch jetzt heißt dieser der Kreuzliberg und die Tiefe mit den Fässern des Teufels Keller. Quelle: Deutsche Sagen, Jacob Grimm, Wilhelm Grimm (Brüder Grimm), Kassel 1816/18 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Kreuzstein

Source: Der Kreuzstein

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Zu der Zeit, da Leuk noch auf der Schattenseite lag, war zwi­schen Agaren und Pfyn, wo jetzt ein unendlicher Wald sich hinzieht, ein ebener Grund, überwachsen mit schönen, grossen Fruchtbäumen, so dass die Eichhörnchen der ganzen Strecke entlang von einem Baum zum andern hüpfen konnten. Zwischen den Mäschlerweiden und dem Meretschigraben liegt noch jetzt eine kleine Ebene, die früher Edlerboden hiess. Dort wohnte in ganz alter Zeit ein Bauer, namens Carus Edler. Er hatte mehrere Söhne und Töchter, viele Kühe, Rinder, Schafe und Ziegen, und er lebte weit ab von andern Wohnstätten gar glück­lich mit seiner Frau und der Familie und sah jahraus und jahrein niemand als die Seinigen. Er besass auch einen grossen Steinblock, den er von seinen Ahnen ererbt hatte, von der Form eines Kreuzes, der alle Strahlen und Farben der Sonne und des Himmels wieder­gab. Da kam ein grosses Sterben ins Land und auch auf den Edlerboden und raffte dem Bauer alle seine Kinder weg. Hinter dem Hause stand ein Kirschbaum, und dort am Fusse des Stammes begrub er seine geliebten Kinder. Da ihm und auch schon seinen Ahnen ge­träumt hatte, dass mit dem Kreuzstein Glück und Unglück seines Hauses verbunden sei, setzte er ihn zu Häupten der verstorbenen Kinder und verrichtete bei dem Steine jeden Tag seine Gebete. Damit noch nicht genug des Unglückes. Nach einiger Zeit er­krankte auch seine Frau und alle Heilversuche blieben erfolglos. Da vernahm er, dass in der Burgschaft Leuk ein Mann wohne, der die Himmelssprache kenne und für alle Krankheiten ein Mittel besitze. In der Angst um seine Frau entschloss er sich, nach Leuk zu gehen und den Kräutermann aufzusuchen. Er fand ihn zu Hause, und als er ihm die Krankheit seiner Frau schilderte, sagte der Doktor: «Ich will dir ein Mittel bereiten, das deiner Frau ganz sicher helfen wird!» Er holte ein Fläschchen mit seltsamen Kräutern, das er eine Weile in siedendes Wasser setzte und überreichte es ihm. Es koste zehn Taler, ob er Geld bei sich habe. Carus Edler aber sagte: «Was Geld, was ist das, Geld? Davon weiss ich nichts!« Da zeigte ihm der Kräutermann ein Goldstück. «Solche Scheiben habe ich noch nie gesehen; ich lebe von Milch und von den Feldfrüchten und weiss nichts von GeldI» So solle er ihm Vieh geben, meinte der Arzt. Nun, das könne er schon haben, gab der Bauer zur Antwort, er solle nur kommen und zwei schöne Kühe auswählen. Der Doktor war damit einverstanden und sandte einen Knecht, der die zwei Kühe holen sollte. Dieser begleitete den Bauer auf den Edlerboden, wählte aus der Herde die zwei stattlichsten Kühe und führte sie weg. Als er sie in Leuk in den Stall gestellt hatte, ging er zum Doktor und sagte: «Eine grosse, schöne Herde hat er, der Bauer Edler, aber etwas muss ich Euch erzählen. Er hat auch einen grossen wunderbaren Stein, der alle Lichtfarben von sich gibtl» Da fragte ihn der Doktor, ob der Bauer ihm auch etwas gegeben habe für den Gang. Der Knecht sagte: «Nein, nur die zwei Kühe für die Medizin, wahre Prachtstücke!» «So bleibt er mir das noch schuldig», sagte der Doktor trocken und trat in die Stube. Der Bauer gab der Frau von den Mitteln, die aber nichts halfen. Sie wurde immer schwächer, vermochte kaum mehr zu reden und starb nach wenigen Tagen. Er begrub sie neben den Kindern unter dem Kirschbaum, verfiel in grosse Schwermut und fragte nichts mehr nach den Ziegen, Schafen und der Viehherde. Die Kühe erkrankten und starben dahin; die Schafe und Ziegen zogen ins Gebirge, wo viele zu Tode fielen oder sich verliefen, andere von den reissenden Tieren gefressen wurden. Dem armen Bauer blieb nichts mehr als eine schwarze Ziege, die er die faule Schewi nannte, weil sie in seiner Nähe weiden wollte. Er merkte in seiner Trostlosigkeit nicht, dass das Tier aus Anhänglichkeit bei ihm zurückgeblieben war. Er molk die Ziege, trank die Milch, ass von dem Vorrat der Früchte und lebte einsamer denn je. Nach einiger Zeit kam dem Doktor in Leuk in den Sinn, dass ihm der Bauer Carus Edler noch den Lohn für den Knecht schulde. Er ging deshalb zum Richter und ersuchte ihn, dafür zu sorgen, dass er bezahlt werde. Der Richter bestellte einen Boten, dem er sagte: «Geh hin zu Carus Edler auf den Edlerboden und sag ihm, dass ich ihn auffordere, dem Doktor in Leuk die Rechnung für den Knecht zu bezahlen; mit zwei Kühen gebe er sich zufrieden, aber Evolenerrasse müsse es sein und von den schönsten!» Der Bote sagte: «Schreibt es mir auf, sonst vergesse ich die Hälfte!» Da nahm der Richter ein Ziegenfell und schrieb die Worte darauf, und der Bote rollte das Fell auf, packte es unter den Arm und zog von dannen. Auf dem Edlerboden las er dem Bauer vor, was auf dem Pergamente stand. Carus Edler hörte mit trauriger Miene zu und sagte, er besitze nichts mehr als die schwarze Ziege, die ihn ernähre, aber er werde nicht mehr lange leben, und wenn er gestorben sei - Nachkommen habe er keine - so könne der Doktor kommen und holen was noch da sei. Als der Knecht seine Augen starr auf den Stein richtete, der in allen Farben des Himmels glitzerte und funkelte, und vom Glanze geblendet sie wieder abwandte, sagte der Bauer, nur den Stein auf den Gräbern solle man nicht anrühren, den möge man lassen, wo er sei. Der Bote brachte die Antwort des Bauern dem Richter zurück und berichtete in hellem Eifer, was für einen sonderbaren Stein der Carus besitze; er hätte ihn so geblendet, dass er lange nachher nichts mehr gesehen habe, und ihn jetzt noch die Augen schmerzten. Das müsse ein Gott sein und nicht ein Steinblock. Der Richter überbrachte die Nachricht dem Doktor und erwähnte auch den schönen sonderbaren Stein, den der Bote sogar für einen Gott angesehen habe, und sie beschlossen, gemeinsam zu dem Bauer zu gehen und sich den wunderbaren Stein zu besehen. Am nächsten Tag stiegen sie zum Edlerboden hinauf und betrach­teten den Block, den sie sofort als einen mächtigen Edelstein von unermesslichem Werte erkannten. Sie sahen auch, dass der Bauer keine Ahnung von der Grösse seines Schatzes hatte, und deshalb sagten sie ihm, da er nicht bezahlen könne, so werden sie wiederkommen und den Stein wegnehmen. Der Bauer flehte sie an, ihm doch den Stein zu lassen, denn Glück und Unglück, sein ganzes Leben sei mit dem Steine verbunden; darunter lägen seine Kinder und seine Frau be­graben. Sie möchten wiederkommen, wenn er gestorben sei, all seine Güter nehmen und die schwarze Ziege mit. Die beiden andern sagten nichts dazu und machten sich auf den Heimweg. Unterwegs berieten sie, an welchem Tage sie den Stein holen wollten. Der Richter sagte: «Morgen habe ich nicht Zeit, da muss ich einen Prozess führen, aber übermorgen», und der Doktor sagte: «Das ist mir gerade recht, morgen habe ich auch keine Zeit, da muss ich Kräuter sieden, also übermorgen! » Aber jeder dachte, er gehe schon morgen und hole den Stein für sich allein. Am nächsten Tag zogen beide in aller Frühe aus. Der eine nahm die grosse Strasse gegen Agaren, indem er zu Hause vorgab, er habe dort Gericht zu halten, der andere schlug den Weg ein gegen das Vonöischi, um keinen Verdacht zu erregen, und jeder liess sich von vier starken Männern begleiten, beladen mit einer Bahre, auf der sie den Stein davontragen sollten. Als der Richter auf dem Edlerboden anlangte, war der Doktor auch schon da. Die beiden höhnten einander, und der eine sagte: «Du hast gesagt, du hättest heute keine Zeit, und jetzt bist du doch da!» «Und du bist auch da», entgegnete der andere bissig. Der Richter fuhr fort: «Ich will den Stein, und du willst ihn auch aber meine Leute sind stärker als die deinen, wir werden sie töten, und dann gehört der Stein mir allein!» Als der Bauer sah, dass sie ihm den Stein, an dem er mit allen Fasern seines Herzens hing, rauben wollten, legte er sich platt darauf, so dass er ihn ganz zudeckte, breitete die Arme aus zum Kreuz und rief: «Eher sterbe ich auf dem Platze, als dass ich den Stein lasse!» Aber der Richter und der Doktor stürzten sich beide auf den in Verzweiflung Daliegenden, um ihn mit Gewalt vom Stein fortzu­reissen. Da fiel ein Blitzstrahl mit furchtbarem Donnerknall aus heiterer Luft und zerschmetterte alle drei. Die Träger standen da, vom Him­melslichte geblendet und vom Donner gerührt und konnten sich lange nicht erholen. Doch kamen sie mit dem Schrecken davon und eilten nach Hause. Einige Tage später beschlossen sie, auf den Edlerboden hinaufzusteigen und zu sehen, was aus den dreien geworden sei. Als sie zu der Stelle kamen, wo das Haus des Bauern gestanden hatte, lag an dessen Stelle ein grosser Felsblock. Vom Edelstein und der Ziege, vom schwarzen Kirschbaum und den Gräbern war nicht mehr die Spur vorhanden. Auf dem Felsblock lag ein weisses Lamm, und neben dem Block spien zwei kohlschwarze Drachen Gift und Galle und züngelten zu dem Lamm hinauf. Der eine der Träger, denen es grauste, sagte zu den andern: «Grad in dieser Kreuzesform hat er auf dem Stein gelegen», und er machte das Kreuz; da verschwand das Lamm, die Drachen fuhren mit schau­derhaftem Gebrüll und Gestank hinauf ins Gebirge, und von der Stunde an verwilderte die Gegend. In den Felsen bildeten sich Spalten und Klüfte, der Ort wurde von Menschen und Tieren gemieden, und der Edlerboden hiess von der Zeit an der Lämmerboden.   Quelle: Johannes Jegerlehner: Walliser Sagen, Hans Feuz Verlag Bern, 1959 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Kropfbrunnen

Source: Der Kropfbrunnen

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Eine Viertelstunde ob dem Dorfe Steinen, nahe an der Landstrasse, fliesst ein kleiner vom Gebüsche fast ganz bedeckter Brunnen. Man sagt, wer von diesem Wasser trinke, der bekomme in Zeit von acht Tagen ganz sicherlich einen Kropf, und zwar wegen einer gewissen Tatsache, die ich jetzt erzählen will: Einmal ist eine Weibsperson aus Wallis, welche mit einem ziemlich grossen Kropfe geziert war, nach Maria Einsiedeln gepilgert. Bei der genannten Stelle wurde sie so sehr vom Durste gequält, dass sie nicht mehr weiter zu gehen vermochte und sich auf den Boden hinwarf, wo gegenwärtig der Brunnen ist, um da nach Feuchtigkeit zu grübeln. Weil es Sommer und vor langer Hitze die Erde sehr troken und hart war, so besass die alte Pilgerin die Kräfte nicht, mit ihren Fingern ein Loch zu graben, und desshalb war sie genötigt, sich nach einem Werkzeuge umzusehen. Sie ging in das nahegelegene Haus, wo sie vom Besitzer desselben eine Schaufel bekam, mit welcher sie eine Quelle ausgrub, aus der sie dann ihren Durst zu löschen vermochte. So entstand der Brunnen, auf den von der Entdeckerin eine kropfmachende Kraft überging.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Der Krümbihund am Rost bei Siggingen

Source: Der Krümbihund am Rost bei Siggingen

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Der Rost ist der Name eines ebenen Landstriches der Gemeinde Siggingen, und soll das nordwestliche Ende der alten Römerstadt Vindonissa gewesen sein. Da spukt nun seit alter Zeit ein grosses Unthier mit Feueraugen, das man den Krümbihund heisst. Lange hatte der Glaube eine dortige Grube als einen Schatzkeller bezeichnet, an dessen Eingang zwei goldene Engel Wache ständen. Im Jahre 1848 sollte hier ein Neubau aufgeführt werden. Als man den Grund ausgrub, stiessen die Arbeiter auf so gewaltige Römermauern, dass man sie nicht wegschaffen konnte und mit Pulver sprengen musste. Aber auch das gieng nicht vollständig, und gegen den eigenen Bauplan musste man den Keller des neuen Hauses auf die alten Grundmauern stellen. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Krümmlihund

Source: Der Krümmlihund

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Der Krümmlihund gilt im Siggentalerdorfe Obernußbaumen. In der Viehgasse kollert sich Nachts den Leuten ein Tier mit leuchtenden Rollaugen entgegen, wegen seiner Wälzungen und Verkrümmungen der Krümmlihund geheißen. (Fürsprech Mayer in Baden, und F. J. Keller in Unter-Siggingen.)  Er war hier Schaffner gewesen und hatte den Zehnten für das Stift S. Blasien einzutreiben. Seinen schlimm erworbenen Gewinnst vergrub er im Hubacker. Die hier zunächst Wohnenden erblicken ihn als einen Mann in Kurzhosen, die mit zwei Reihen großer Knöpfe beseht sind, aber auch als Füllen, als Schwein und Hund, seine vergrabenen Schätze hütend.  Band 3.1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962, S. 86 - 86 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch  


by Der Küchlidieb

Source: Der Küchlidieb

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Es war Kilbi oder alte Fassnacht und eine Frau in der Fontanen bei Menzberg buk Küchlein. Aber so viele sie aus der Ankenpfanne hob und in den Teller legte, - immer waren nur drei darin, die andern kamen auf unbegreifliche Art weg. Jetzt kam jemand dazu und erteilte den Rat: mit derKüchligabel in den drei höchsten Namen durch alle Küchlein im Teller bis auf den Boden des Geschirrs kräftig zu stossen. Kaum war das geschehen, so mehrten sich und blieben die Küchlein wie 's recht und natürlich war. Dagegen kam es aus, dass im gleichen Augenblicke ein der Schwarzkunst verrufener Mann des Ortes in der Hand eine Wunde erhielt, gerade als ob man ihm mit einer Küchligabel darein gestochen. Von da an machte man ihm zum Spott eine entsprechende Gebärde, nämlich man bohrte mit den Fingern der einen Hand in der innern Fläche der andern.  Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Der Küfer von Luzern in der Drachenhöhle

Source: Der Küfer von Luzern in der Drachenhöhle

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In der Stadt Luzern lebte einst ein Küfer, der oftmals in den dichten Wäldern und Klüften des Pilatusberges herumirrte, um sich Holz zur Verfertigung der Weinfässer zu suchen. Eines Tages kam er aber von seinem gewöhnlichen Wege in den letztern so weit ab, dass er nicht mehr wusste, von wo er in dieses Labyrinth von Schluchten hineingeraten und wie er sich aus demselben wieder herausfinden sollte. Nachdem er so den ganzen Tag und einen Teil der Nacht mit Wiederaufsuchen des verlorenen Pfades zugebracht, er auch ein wenig ansgeruhet hatte, wollte er mit Anbruch des Tages seinen Weg wieder aufnehmen. Das ungewisse Zwielicht aber, das, da der Tag noch nicht gänzlich angebrochen, in der Schlucht herrschte, liess ihn eine in dem Weg liegende tiefe Grube nicht bemerken. Er stürzte in dieselbe hinab, nahm jedoch, da er auf weichen Lett fiel, der den Boden des Abgrundes bedeckte, von dem Falle keinen Nachteil noch sonstigen leiblichen Schaden, ausser solchem, der aus der Furcht vor dem möglichen Untergange zu entstehen pflegt. Als er aber die Höhe des Schlundes gemessen und zu der Ueberzeugung gekommen war, dass er an menschlicher Hülfe verzweifeln müsse, wandte er sich mit brünstigem Gebet zu der Mutter Gottes, dass dieselbe ihn aus seinen Nöten befreien möge. In den Seitenwänden der Grube waren aber noch tiefe Gänge und Höhlen. In diese schritt jetzt der Küfer hinein, um sich einen Ort zu suchen, der ihm zum Aufenthalt dienen könnte. Kaum aber hatte er einige Schritte nach vorwärts getan, da kamen ihm zwei schreckliche Drachen entgegen, bei deren Anblick er bis auf den Tod erschrak und die heilige Mutter Gottes wiederum um Hülfe anflehte. Und siehe! o Wunder! die Drachen taten ihm nicht nur keinen Schaden oder sonstige Gewalt an, sondern streichelten sogar seinen erschrockenen Körper mit Kopf und Schweif, so dass er neuen Mut fasste und sich an diese schreckliche und unerhörte Gesellschaft zu gewöhnen anfing. In dieser Gesellschaft brachte aber der Unglückliche nicht einen oder sieben Tage zu, sondern sechs volle Monate, von dem 6. Tag des Wintermonats an bis zu dem 10. des Aprils. Während dieser langen Zeit stillte er seines Lebens Notdurst auf folgende wunderbare Weise: Er hatte nämlich bemerkt, dass die Drachen während der ganzen Winterzeit keine andere Nahrung zu sich nahmen, als einen salzigen Saft, der aus den Ritzen der Felsenwände hervorträufelte und welchen diese Tiere aufleckten. Da ihm nun alle andere Nahrung abging, folgte er ihrem Beispiele und fing gleich ihnen an, diesen Saft von den Wänden abzulecken. Als jedoch die Sonne die Aequintoktiallinie überschritten hatte und die Wärme dieses Gestirns fühlbarer zu werden begann, da mochte sich auch in den Ungeheuern der Gedanke regen, dass die Zeit da sei, ihre unterirdische Wohnung zu verlassen und sich eine bessere Kost zu suchen. Und so flog denn zuerst der eine der Drachen, nachdem er zuvor seine Flügel wie zum Versuch ein paarmal geschwungen, aus der Höhle von dannen. Als aber der noch zurückgebliebene sich ebenfalls zum Davonfliegen bereit machte, da meinte der arme Küfer, dies möchte die beste Gelegenheit zu seiner Befreiung sein, und hängte sich mit seinen Händen fest an den Schweif des Untiers, das ihn also auch mit davon nahm und ihn unter göttlicher Leitung alsbald zur Erde in der Richtung nach Luzern zu niedersetzte, worauf er, nachdem ihn der Drache verlassen, nach Haus zu den Seinigen geeilt ist, die ihn längst für verloren gehalten und denen er nun diese seine so wunderbare Geschichte erzählte. Damit aber seine Befreiung, welche ihm nur durch die Vermittlung der heiligen Mutter Maria zu Teil geworden war, im ewigen Gedächtnisse zur Verwunderung der Nachkommen bleibe, ließ er ein Messgewand anfertigen, auf dem der ganze Verlauf dieser Geschichte gesticket und das noch heutigen Tages in der Kirche des heiligen Leodegarius zu sehen ist. Der also Gerettete aber entschlief in Gott zwei Monate nach seiner Befreiung aus der Drachenhöhle, da er menschliche Nahrung nicht mehr vertragen konnte. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Küh-Joli

Source: Der Küh-Joli

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Ein Besitzer des Schlossgutes oberhalb Jenins hatte einen rohen Knecht, wie er selber ein rauer, geiziger, hartherziger Gebieter über die eigene Familie und seine Untergebenen war. Dieser Knecht fand sein besonderes Vergnügen darin, nächtlich herum­zustreifen, und das liebe Vieh in den benachbarten Weideplätzen herum­zujagen, und Demselben keine Ruhe zu gönnen. Konnte er in einen Stall gelangen, wo das Vieh, wie üblich, angebunden war, hatte er noch grössere Freude; das plagte er, dass es laut brüllte. Wie oft nun aufgepasst wurde, was dem Vieh doch fehle, dass es so brülle, und man vermutete, es geschehe ihm Qual, konnte man sonderba­rerweise des Bösewichtes nie habhaft werden, denn vermöge eines Paktes mit dem Bösen, konnte er unsichtbar sich machen. In seinen bessern Stunden sah man ihn in einem grossen Hute im Schlossbezirke herumhantieren; und Abends nach dem Füttern, wenn der Knecht des Nachbarn (Stock mit Namen) »bürchelte« (ins Horn blies) und jodelte, um die Zeit sich zu vertreiben, tat er ein Gleiches, sang auch den Kuh-Reihen. Nach seinem Tode aber war's viele Jahre lang im Schlossgute nie mehr richtig gewesen. Ärger als im Leben wütete er umher, im Gute selber, in Alpen und Maysässen, in Einfangen und sogar Ställen nahe beim Dorfe. Ins Dorf aber kam er nie. Er fügte Vielerorts Unheil an, bis dass es einem Geisterbanner gelang, den Bösewicht an das sog. Panx-Gatter hinunter zu bannen, wo er johlen mag, so lange es ihm gefällt. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Küher (Flums/SG)

Source: Der Küher (Flums/SG)

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In einer Sente zu Fursch war auch die einzige Kuh einer armen Witfrau. Diese Kuh war das Kreuz des Kühers. Immer und immer stieg sie auf Felsen und über Abgründen dem "Zöchtgras" nach und verleitete auch andere dazu. Dem Hirten wurde sie unwert. Er legte auf dem Stollen frischgeschälte Tannenrinde hin. Sobald die Kuh darauftrat, rutschte sie aus, stürzte über die Felswand hinunter und zerschmetterte im waldigen Abgrund. Der Hirt jauchzte vor Freude. Viele Jahre später brannte im Walde unten ein Köhler Holzkohlen. Beim Wetterwechsel hörte er in der Nacht jauchzen und dann wieder ächzen und stöhnen. Nun rief er in das Dunkel hinaus, was das sein solle. Da trat einer zu ihm und erzählte, er sei der Küher und müsse die "erfällte" Kuh mit Ächzen und Stöhnen auf den Stollen hinauftragen. Dort stehe die Kuh wieder auf die Tannenrinde, rutsche aus und falle hinab. Dann müsse er jauchzen. So oft er die Kuh hinauftrage, könne er einen Heller abbüssen an dem Schaden, den er der armen Frau zugefügt. Das sei ihm als besondere Gnade gestattet worden, weil er zur Zeit der strafbaren Handlung erst siebzehn Jahre alt war; sonst wäre er ewig verloren gewesen. J. B. Stoop   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 302, S. 168 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Küher (Pfäfers/SG)

Source: Der Küher (Pfäfers/SG)

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In der Alp Lasa, ob Valens, hörten die Sennen abends oft von oben zwischen Vasana und den Laufböden herab den lauten Ruf eines Kühers: "Hoi, hoi!" Es war ein Lärm, als ob eine ganze Sente durch die Luft getrieben würde. Dr. Henne-Am Rhyn, Deutsche Volkssage. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 217, S. 106 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der kühne Melker

Source: Der kühne Melker

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Der kühne Melker Im grünen Entlibuch [Entlebuch], im Luzerner Bergland, wohnte einmal ein junger, frischer Melker. Der hörte, daß es auf einer Alp hinter Escholzmatt gar unheimlich zugehe, also daß dort kein Hirt mehr mit seinem Vieh die Alp besteigen und darauf sömmern wollte. So oft es einer gewagt hatte, auf die verrufene Alpenweide aufzufahren, hatte er's und sein Vieh mit dem Leben bezahlen müssen. Wohl sah man von weitem, daß dort im Sommer eine geheimnisvolle Alpwirtschaft betrieben wurde. Man hörte das Herdengeläute, man sah aus dem Hüttendach den blauen Rauch aufsteigen, aber nie kam jemandem ein Mensch oder eine Herde zu Gesicht. So mied denn alle Welt die gespenstige, todbringende Alp.  Nur der junge Melker, der in jener Gegend fremd war, fürchtete sich nicht. Er erklärte offen, daß er auf die verrufene Alp hinauf wolle, ob es nun in den Tod gehe oder nicht. Je mehr man ihm das tolle Wagnis abriet, desto hartnäckiger versteifte er sich darauf. Und als nun die Zeit der Alpauffahrt gekommen war, stieg er eines Tages mutterseelenallein auf die Escholzmatter Alp. Wie er die Grenze der totenstillen Weiden überschritten hatte, wurde es ihm doch etwas seltsam zumute. Kein Hauch wehte von den Flühen her, die ihm auf einmal alle menschliche Gesichter zu haben schienen. Kein Blümlein, ja kein Halm bewegte sich, und nur die überall rinnenden Wässerlein schienen eine geheimnisvolle Sprache zu reden. Jetzt war er an der Sennhütte angelangt. Mit lauter Stimme, die gar wunderlich im Felsgewände widerhallte, rief er, ob denn niemand da sei. Es ließ sich nichts hören; alles blieb mäuschenstill. Jetzt ermannte er sich, obwohl ihm schauerlich zumute war, und klopfte an die Türe. Da ging sie von selber auf. Er trat ohne weiteres in die Hütte. Mit zagen Augen schaute er um sich. Im Herd flackert ein Feuerlein, und der Käskessel hängt darüber. Doch er hört weder das Holz knistern noch sonst einen Laut. Es ist eine solche Stille in der Hütte, daß er meint, er könne sie mit den Händen greifen. Jetzt ruft er laut. Es bleibt still. Da tut er, als ob er den Gaumer (Hüter) hinter dem Kessel versteckt glaube. "He, du dort hinten, du erschreckst mich nicht, komm nur hervor!" ruft er. Aber es bleibt still wie zuvor, so still, daß ihm ist, er höre das Spinnlein weben, das am Turner über dem Sennkessel sein feines Netzchen wirkt. Da erblickt er eine Seitentüre. Er macht sie auf, und nun befindet er sich in einer sauber hergerichteten Alpstube. Der kuhbeinige Tisch ist mit Zinntellern, runden Blechlöffeln und Speisen bedeckt. An der Wand steht ein reinliches Bett mit Umhängen. Aber vergeblich ruft er nach den Leuten, für die der Tisch gedeckt ist. Nun wird es ihm aber doch zu dumm. Er meint, man wolle ihn zum Narren halten. "Ich will euch schon noch zu sehen bekommen", sagt er bei sich selbst und schlüpft geschwind ins Himmelbett, sorglich den Umhang zuziehend. Wie er eine lange Weile so dalag, hörte er auf einmal schwere Schritte gegen die Hütte kommen, und jetzt ging die Hüttentüre auf. Er guckte durch ein Loch im Umhang. Da sah er eine fürchterliche Gestalt eintreten. Sie hatte einen ungeheuerlichen Kopf und eine grausige Fratze, die nichts Menschliches mehr zeigte. Jetzt zählte das Ungetüm die Teller und rief dann mit furchtbarer Stimme: "Das Totengericht ist fertig, es fehlt nur noch der Teller für jenen, der dort im Bette liegt!" Jetzt erschrak der junge Melker von den Haarspitzen bis in die Zehennägel hinunter. Nun würde es mit ihm ja wohl Matthäi am letzten sein. Starren Gangs trampte das Gespenst auf ihn zu, packte seinen Arm, daß es ihm war, das Fegfeuer fahre ihm ins Gebein. Doch mit ganz anderer, schier sanfter Stimme redete jetzt das Ungetüm. "Fürchte dich nicht", sagte es, "ich will dir das Leben lassen. Ja, ich will dir unsäglich dankbar sein, wenn du mich erlösest. Aber freilich, es braucht Vieles und Schweres dazu. Ein Haar zu viel oder zu wenig kann dich unrettbar ins Verderben stürzen und mich in neue Pein." So sprach das Ungeheuer. Jedoch der Melker hatte sich rasch getröstet, da er sah, daß sich auch mit Gespenstern reden lasse. Er versprach, alles zu wagen, um seine Erlösung zu vollbringen. "Steh auf!" gebot das Gespenst. Es führte ihn an den Tisch und befahl mit fürchterlichem Blick: "Iß!" - "Tu's du selber", sagte der Melker, "ich habe nicht eingebrockt und brocke nicht aus." Jetzt holte der Geist Schaufel, Licht und ein halbviertlig Maß herbei, legte alles dem Burschen zu Füßen und schnauzte ihn an: "Heb's auf und trag's in den Keller!" - "Ich hab's nicht heraufgetragen, so trag ich's auch nicht hinunter", antwortete der Melker. Da ergriff der Geist die Sachen selber und winkte dem andern, ihm nachzukommen, was dieser nicht ohne geheimes Bangen tat. Im Keller zeigte der Geist in einen Winkel und rief mit dröhnender Stimme: "Da, grab's heraus!" - "Nein", machte der Bursche, "ich hab's nicht verlochet, ich grab's da nicht heraus." Jetzt grub das Gespenst selber, bis ein Kessel zum Vorschein kam. "Heb ihn heraus!" brüllte das Ungetüm. "Tu's selber", sagte der Melker, "ich hab' ihn nicht hineingetan, ich heb' ihn nicht heraus." Nun hob der Geist den schweren Kessel selber heraus. Dann teilte er das darin befindliche Geld in zwei Haufen und sprach: "Nun wähle dir einen Haufen! Triffst du den rechten, so ist dein zeitliches Glück und mir das ewige gesichert, sonst aber mußt du sterben, und ich muß weiter in der Qual fortleben." - Flink umarmte der Melker beide Haufen und rief: "Einer wird wohl der rechte sein!" Da gab es einen Donnerschlag, das Ungetüm verwandelte sich in einen schönen Mann, der ihm dankbar zulächelte, und dann ward er zur weißen Taube, die durchs Hüttenloch entschwand. Der kühne Melker aber hatte einen großen Schatz gewonnen und die Alp von dem Ungetüm befreit. Wie sperrten die Escholzmatter die Augen auf, als der junge Melker mit einer Milchtanse voll Geldstücken zu Tal schritt. Da ward er auf einmal so hochangesehen, daß er gleich des Gemeindepräsidenten schöne Tochter zur Frau erhielt. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915.


by Der kühne Melker

Source: Der kühne Melker

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Im grünen Entlibuch [Entlebuch], im Luzerner Bergland, wohnte einmal ein junger, frischer Melker. Der hörte, daß es auf einer Alp hinter Escholzmatt gar unheimlich zugehe, also daß dort kein Hirt mehr mit seinem Vieh die Alp besteigen und darauf sömmern wollte. So oft es einer gewagt hatte, auf die verrufene Alpenweide aufzufahren, hatte er's und sein Vieh mit dem Leben bezahlen müssen. Wohl sah man von weitem, daß dort im Sommer eine geheimnisvolle Alpwirtschaft betrieben wurde. Man hörte das Herdengeläute, man sah aus dem Hüttendach den blauen Rauch aufsteigen, aber nie kam jemandem ein Mensch oder eine Herde zu Gesicht. So mied denn alle Welt die gespenstige, todbringende Alp. Nur der junge Melker, der in jener Gegend fremd war, fürchtete sich nicht. Er erklärte offen, daß er auf die verrufene Alp hinauf wolle, ob es nun in den Tod gehe oder nicht. Je mehr man ihm das tolle Wagnis abriet, desto hartnäckiger versteifte er sich darauf. Und als nun die Zeit der Alpauffahrt gekommen war, stieg er eines Tages mutterseelenallein auf die Escholzmatter Alp. Wie er die Grenze der totenstillen Weiden überschritten hatte, wurde es ihm doch etwas seltsam zumute. Kein Hauch wehte von den Flühen her, die ihm auf einmal alle menschliche Gesichter zu haben schienen. Kein Blümlein, ja kein Halm bewegte sich, und nur die überall rinnenden Wässerlein schienen eine geheimnisvolle Sprache zu reden. Jetzt war er an der Sennhütte angelangt. Mit lauter Stimme, die gar wunderlich im Felsgewände widerhallte, rief er, ob denn niemand da sei. Es ließ sich nichts hören; alles blieb mäuschenstill. Jetzt ermannte er sich, obwohl ihm schauerlich zumute war, und klopfte an die Türe. Da ging sie von selber auf. Er trat ohne weiteres in die Hütte. Mit zagen Augen schaute er um sich. Im Herd flackert ein Feuerlein, und der Käskessel hängt darüber. Doch er hört weder das Holz knistern noch sonst einen Laut. Es ist eine solche Stille in der Hütte, daß er meint, er könne sie mit den Händen greifen. Jetzt ruft er laut. Es bleibt still. Da tut er, als ob er den Gaumer (Hüter) hinter dem Kessel versteckt glaube. "He, du dort hinten, du erschreckst mich nicht, komm nur hervor!" ruft er. Aber es bleibt still wie zuvor, so still, daß ihm ist, er höre das Spinnlein weben, das am Turner über dem Sennkessel sein feines Netzchen wirkt. Da erblickt er eine Seitentüre. Er macht sie auf, und nun befindet er sich in einer sauber hergerichteten Alpstube. Der kuhbeinige Tisch ist mit Zinntellern, runden Blechlöffeln und Speisen bedeckt. An der Wand steht ein reinliches Bett mit Umhängen. Aber vergeblich ruft er nach den Leuten, für die der Tisch gedeckt ist. Nun wird es ihm aber doch zu dumm. Er meint, man wolle ihn zum Narren halten. "Ich will euch schon noch zu sehen bekommen", sagt er bei sich selbst und schlüpft geschwind ins Himmelbett, sorglich den Umhang zuziehend. Wie er eine lange Weile so dalag, hörte er auf einmal schwere Schritte gegen die Hütte kommen, und jetzt ging die Hüttentüre auf. Er guckte durch ein Loch im Umhang. Da sah er eine fürchterliche Gestalt eintreten. Sie hatte einen ungeheuerlichen Kopf und eine grausige Fratze, die nichts Menschliches mehr zeigte. Jetzt zählte das Ungetüm die Teller und rief dann mit furchtbarer Stimme: "Das Totengericht ist fertig, es fehlt nur noch der Teller für jenen, der dort im Bette liegt!" Jetzt erschrak der junge Melker von den Haarspitzen bis in die Zehennägel hinunter. Nun würde es mit ihm ja wohl Matthäi am letzten sein. Starren Gangs trampte das Gespenst auf ihn zu, packte seinen Arm, daß es ihm war, das Fegfeuer fahre ihm ins Gebein. Doch mit ganz anderer, schier sanfter Stimme redete jetzt das Ungetüm. "Fürchte dich nicht", sagte es, "ich will dir das Leben lassen. Ja, ich will dir unsäglich dankbar sein, wenn du mich erlösest. Aber freilich, es braucht Vieles und Schweres dazu. Ein Haar zu viel oder zu wenig kann dich unrettbar ins Verderben stürzen und mich in neue Pein." So sprach das Ungeheuer. Jedoch der Melker hatte sich rasch getröstet, da er sah, daß sich auch mit Gespenstern reden lasse. Er versprach, alles zu wagen, um seine Erlösung zu vollbringen. "Steh auf!" gebot das Gespenst. Es führte ihn an den Tisch und befahl mit fürchterlichem Blick: "Iß!" - "Tu's du selber", sagte der Melker, "ich habe nicht eingebrockt und brocke nicht aus." Jetzt holte der Geist Schaufel, Licht und ein halbviertlig Maß herbei, legte alles dem Burschen zu Füßen und schnauzte ihn an: "Heb's auf und trag's in den Keller!" - "Ich hab's nicht heraufgetragen, so trag ich's auch nicht hinunter", antwortete der Melker. Da ergriff der Geist die Sachen selber und winkte dem andern, ihm nachzukommen, was dieser nicht ohne geheimes Bangen tat. Im Keller zeigte der Geist in einen Winkel und rief mit dröhnender Stimme: "Da, grab's heraus!" - "Nein", machte der Bursche, "ich hab's nicht verlochet, ich grab's da nicht heraus." Jetzt grub das Gespenst selber, bis ein Kessel zum Vorschein kam. "Heb ihn heraus!" brüllte das Ungetüm. "Tu's selber", sagte der Melker, "ich hab' ihn nicht hineingetan, ich heb' ihn nicht heraus." Nun hob der Geist den schweren Kessel selber heraus. Dann teilte er das darin befindliche Geld in zwei Haufen und sprach: "Nun wähle dir einen Haufen! Triffst du den rechten, so ist dein zeitliches Glück und mir das ewige gesichert, sonst aber mußt du sterben, und ich muß weiter in der Qual fortleben." - Flink umarmte der Melker beide Haufen und rief: "Einer wird wohl der rechte sein!" Da gab es einen Donnerschlag, das Ungetüm verwandelte sich in einen schönen Mann, der ihm dankbar zulächelte, und dann ward er zur weißen Taube, die durchs Hüttenloch entschwand. Der kühne Melker aber hatte einen großen Schatz gewonnen und die Alp von dem Ungetüm befreit. Wie sperrten die Escholzmatter die Augen auf, als der junge Melker mit einer Milchtanse voll Geldstücken zu Tal schritt. Da ward er auf einmal so hochangesehen, daß er gleich des Gemeindepräsidenten schöne Tochter zur Frau erhielt. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Kuhreigen

Source: Der Kuhreigen

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Ähnliches (siehe: Christen Chüng von Weisstannen) begegnete einem jungen Älpler aus Ragaz auf der dortigen Alp Pardiel, welcher jedoch den Mut hatte, herabzusteigen und zwischen dreierlei farbigen Schotten geistesgegenwärtig die grüne zu wählen, worauf ihm einer der Geister bedeutete: „Hättest du anders gewählt, du wärst zerrissen worden, wie das Gstüpp in der Sonne“. Sie ließen ihn sich eine Gabe ausbitten. Er bat, sie möchten ihn so singen lehren, wie er einen aus ihnen vor dem Käsen singen gehört. Es geschah, und das war der erste Kuhreigen im Oberlande. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der künstliche Gletscher

Source: Der künstliche Gletscher

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Weil Ausserberg wasseram war und daher in trockenen Sommern in arge Not geriet, beschlossen die dortigen Leute einst, sich einen Gletscher in der Nähe anzulegen. Gedacht, getan. Sämtliche arbeitsfähige Bevölkerung machte sich auf den Weg nach dem Baltschiedertal, hackte und sägte vom dortigen Gletscher grosse Eisstücke ab und trug sie in Rückenkörben und Käsekraxen heraus an Fuss des Wiwannihorns. Dort wurden die Eisstücke ringsum aneinandergeklebt, und der Gletscher war da. Allein dieser künstliche Gletscher strömte so viel Kälte aus, dass im Frühjahr die Baumblüten und die zarten Rebschösslinge im nahen St. German erfroren. Dies war des jungen Gletschers Tod, denn der Wein war den Ausserbergern denn doch lieber als das Wasser. Sogleich trugen die gewitzigten Leute den Gletscher wieder an die frühere Stelle zurück. AUSSERBERG Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Küher am Ganterisch

Source: Der Küher am Ganterisch

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Am Ganterisch war einst ein junger Küher, der nie ungeduldig wurde, nie schalt oder fluchte, wenn ihm schon eine Kuh beim Melken die Milch verschüttete, obschon dieses oft der Fall war. Ging er aber in Geschäften in 's Land hinab oder auf Besuch, so brauchte er nicht zu pressieren, um wieder zum Melken daheim zu sein. Freundliche Zwerge verrichteten jedesmal seine Sennenarbeit als Anerkennung und Belohnung seiner Geduld und seines musterhaften Betragens. Als er später Hochzeit hielt, fand er Tags zuvor auf der Stallbank eine schöne, neue, silberne Uhr mit Lederriemen und silbernem Schlüssel, wie sie die Sennen zu tragen pflegen, und zwölf neue blanke Dublonen nebst einem an ihn adressierten Brief, worin ein schöner Glückwunsch stand, nebst der Bemerkung, dass dieses alles ihm der Zwergenkönig geschenkt habe, um seine Tugenden zu belohnen. Der Küher blieb auch als Mann, was er als Jüngling war, und war geachtet und geliebt im ganzen Guggisberg. Quelle: J. J. Jakob, Heimathkunde des Amtes Schwarzenburg, Bern, 1869. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www. maerchen.ch


by Der lachende Fuchs

Source: Der lachende Fuchs

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Es war an einem Winterabend. Ein Jäger kehrte müde und ohne Beute von der Fuchsjagd heim. Als er durch den Flachsnerawald ging, zuckte er plötzlich zusammen. Ein prächtiger Fuchs kam ruhigen Schrittes ihm entgegen. Der Jäger riss das Gewehr an die Wange. Ein Schuss krachte. Der Fuchs stellte sich auf die Hinterbeine, streckte die Zunge heraus und gab einen Laut von sich, der genau so tönte, wie das Hohngelächter eines Menschen. Dann verschwand er im Gebüsch. Verdutzt blieb der Jäger stehen. Hatte er danebengeschossen? Ganz unmöglich! Oder war es am Ende kein richtiger Fuchs gewesen? Man kann nie wissen. Am folgenden Tage kam der Jäger zur gleichen Zeit desselben Weges. Plötzlich tauchte der Fuchs wieder auf und lief wie ein Hund gemütlich vor ihm her. Der Jäger zielte genau und drückte ab. Der Fuchs stellte sich diesmal auf die Vorderbeine, streckte den Schwanz und das Hintere in die Höhe, liess sein höhnendes Lachen erschallen und verschwand blitzschnell im Gebüsch. Der Jäger war jetzt überzeugt, dass dies kein richtiger Fuchs sei, sondern irgendein Zauberwerk des Bösen. „Wart, Füchslein“, brummte er, „dir vergeht das Lachen noch.“ Zu Hause angekommen suchte er einen alten, hochgesegneten Rosenkranz hervor, löste einige Steine daraus und lud damit seine Flinte. Gegen Abend des nächsten Tages wanderte er wieder durch den Flachsnerawald. Auf einmal raschelte es in den Stauden, und der Fuchs kroch hervor. Langsam schritt er quer über den Weg, schaute den Jäger an und lachte laut. Pauff - krachte ein Schuss. Der Fuchs liess einen scheusslichen Pääg ertönen und sank zusammen. Der Jäger trat hinzu, die Beute aufzuheben. Doch blieb er wie versteinert stehen. An Stelle des Fuchses lag eine Frau tot am Boden, und ihr Blut rötete den Schnee. Er kannte sie - es war seine Nachbarin. Schon lange hatte man Verdacht, sie treibe Hexerei.   Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch


by Der lachende Fuchs

Source: Der lachende Fuchs

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1. Mein Vater zielte und schoss aus seinem Häuschen am Walde im Maderanertal auf einen Fuchs, der an der Beize frass. Aber der Fuchs schnitt ihm nur Grimassen und lachte ihn eigentlich nur aus. Das kam vielleicht daher, weil ein öffentlicher Kilchweg zwischen dem Häuschen und der Beize lag. Über einen Kilchweg soll man, ausser in einer gewissen Höhe, nicht schiessen. Peter Tresch, Silenen 2. Zu Schattdorf lauerte ein Bursche den Füchsen. Es erschien bald einer und stellte sich. Der Bursche zielt, und der Fuchs lacht überlaut. Das war zum Sehiessen nicht ermutigend; der Jäger läuft heim und erzählt es den Brüdern. »Du bist nicht gescheit,« sagen diese, und gehen jetzt selber auf die Lauer. Aber ihnen erging es ganz gleich. Der Fuchs zeigte sich und lachte, und auch ihnen fiel der Mut in die Hosen. Fr. Gisler-Bissig, 65 J. alt, u.a. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Lachenschimmel

Source: Der Lachenschimmel

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Die Bauern auf der Lachenalp hörten nachts oft ein Ross vorbeitraben, doch wagte es niemand, das geisterhafte Pferd zu beobachten. Ein Hüterbub, der von allem nichts wusste, erwachte auch einmal wegen des lauten Getrappels und Wieherns und streckte den Kopf zum Trilfensterchen hinaus. Zu seinem Erstaunen sah er einen Schimmel hinten auf die Alp herniedertraben, geradewegs auf die benachbarte, leere Hütte zu. Dort blieb er bockstill stehen, wieherte leise und wandte zuweilen den Kopf nach der Hüttentüre, als ob er auf jemand warte. Wirklich öffnete sich die sonst fest verschlossene Türe — heraus trat ein schlankes, schwarz gekleidetes Fräulein. Auf seinem Kopf sass eine kleine funkelnde Krone, unter der das Haar in dunkeln Wellen herabfiel. Die Fremde sprach kein Wort, sondern schwang sich, nachdem sie das Tier liebreich getätschelt hatte, in den Sattel. Gleich tänzelte der Schimmel auf die Wiese, sprang übermütig über Steine und Blöcke, als wollte er die Reiterin abwerfen. Doch diese schien an dem waghalsigen Ritt die grösste Freude zu haben und trieb den Gaul immer wieder über die mondhelle Weide. Erst als der Mond hinter die Berge sank, verschwanden Ross und Jungfrau. Die Sennen, denen der Hüterbub sein Erlebnis anderntags erzählte, waren nun überzeugt, dass eine Verwunschene auf der Alp geistere. Hätten sie die schöne Reiterin einmal angesprochen, so wäre sie vielleicht erlöst worden. So aber musste sie bis zum ersten Allerseelentag warten. Nachher wurde sie nie mehr gesehen.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Lachergeist

Source: Der Lachergeist

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Es soll auch ehemals tückische Geister und Bozen in unserem Wallis gegeben haben. Oft haben sie bei der Nacht zwei Kühe an eine Kette geheftet; in den Staffeln auf den Alpen das Vieh vom Lager aufgestört und auseinandergetrieben; in den Häusern und Ställen herumgepoltert; Stühle und Geschirre bei nachts den Leuten in den Weg gestellt, dass sie darüber fielen; das Bettgewand dem Schlafenden abgezogen usw. Im Natisserberge soll in einem Hause ein Bozo gewesen sein, der ein Getöse machte, als wenn er Wolle karte. — Ein frecher Bursche, dem dieser Geisterlärm zu lästig wurde, machte mit Fleiss eine nicht anständige Musik im Bette, worüber der Geist sich erzürnte, dass er ihm das Bettgewand abzog und so tüchtig das Blasinstrument dätschte, dass er lange nachher nicht mehr sitzen konnte. — Auch erzählt man von einem Lachergeist, der plötzlich hinter jungen, verliebten Personen ein solches Gelächter erhob, dass Berg und Wald davon widerhallten. — Zwei Jäger, die in einem Stall übernachteten, kamen auch auf den Lachergeist zu reden; der einte spottete über ihn und behauptete er sei ein Unverstand und Geizhals gegen sein Weib gewesen. Da hörten sie, als beide so auf dem Stroh lagen, mit gellendem Gelächter den Lachergeist neben sich. Er glich einem grauen grossen Weibe, nahm unter stetem Gelächter eine Fäsche (Wickelband) heraus und fäschte (band) den Spötter ein wie ein Kind, nahm ihn dann auf den Schoss und löffelte ihm grauen Koch in den Mund, bis er erstickte. Dann legte er den eingefäschten Toten nieder und entfernte sich wieder mit schrecklichem Gelächter. Als es Tag war, fand man den Mund des Toten mit Aschenpappe angefüllt.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Lädeligugger-Faveri von Tägerig

Source: Der Lädeligugger-Faveri von Tägerig

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Vor mehr als einem Menschenalter wohnte zu Tägerig in den letzten Häusern, die an der Landstrasse gegen Mellingen hin liegen, ein gar armer Mann. In seiner bittern Verlassenheit sagte er dem katholischen Glauben ab, ohne dass dieses sein wirklicher Vorsatz gewesen wäre, und ebenso, ohne es selbst zu wollen oder einzusehen, verschrieb er sich leichtsinnig dem Teufel. Der Schneidergeselle, der damals bei ihm zu Miethe wohnte, hat erzählt, wie dies zugegangen ist. Ein schwarzgekleideter vornehmer Herr, an dem ausser einem krummen Fusse gar nichts auffallendes war, trat eines Tages in seine Stube. Er gab sich für den Geschäftsreisenden eines kaufmännischen Vereines von Zofingen und Basel aus, für welchen er in der katholischen Schweiz Subscribenten zu sammeln habe. Unter der Bedingung, dass man die Heiligen abschwöre, keine Messe höre, aber diejenigen Tractätlein verbreite, welche einem vom Vereine zugeschickt würden, ward einem jeden Antheilhaber ein entsprechender Wohlstand garantirt und dem Bedürftigen Unterstützung zugesagt. Der Reisende zog dabei ein Buch hervor und las daraus eine grosse Namensreihe besonders von reichen Zofinger-Geschlechtern ab, die alle längst Mitglieder dieser ausgedehnten Gesellschaft seien. Der arme Bauer merkte zwar, dass dies nur Namen von lauter Reformirten seien und kein Katholischer sich drunter finde, indessen werde, meinte er, was so vornehme Kaufherren vortheilhaft finden, auch einem gemeinen Manne behilflich sein. Und da von keiner weitern Einlage hier die Rede war, so nahm er jenes Subscribentenbuch und schrieb seinen Namen zu den anderen. Dafür bekam er sogleich zwei verschiedene Dinge in sein Haus, die er vorschriftsgemäss verwenden und behandeln musste. Das erste waren die Bildnisse sämmtlicher Mitglieder des Vereines; er musste sie zusammen in ein verschlossen gehaltenes Gemach hängen und täglich nachsehen, ob sich an keinem einzelnen Porträte etwas verändere. Denn ein solches Bild, dessen Farbe schwinde, bezeichne das dem Verein untreu werdende Mitglied, und jenes, welches gar zerreisse und verlöchere, künde des betreffenden Mitgliedes Tod an, welcher als Strafe der Untreue unausbleiblich erfolge. Zum andern bekam der Bauer ein eignes Thier ins Haus, welches der Geldschisser hiess und ebenfalls seinen eignen finstern Winkel in der Wohnung angewiesen erhielt. Wie man den Legehühnern immer ein Ei lässt, so musste man demselben alle Abende ein kleines Geldstückchen unterlegen, dann wuchs dies über Nacht zu einem ganzen Haufen gleicher Münzen an und man konnte sich alle Tage die Tasche füllen. Jedoch durfte man stets nur eine gewisse Summe und ja nicht alles zugleich dem Thiere wegnehmen, denn damit wäre dieses entkräftet worden und man hätte ihm sogleich selber nachsterben müssen. So hielt es denn nun der Mann lange, beobachtete seinen eingegangenen Vertrag und lebte in Wohlstand. Allein späterhin erkrankte er an einem langwierigen und seltsamen Uebel, und ebenso eigenthümlich und geldfressend waren die Mittel, welche ihm die Aerzte dagegen verordneten. So musste er z. B. tagtäglich zehn Pfund Anken aufessen, also einen ganzen Marktkübel, und dazu eine Flasche Leberthran trinken. Dass diese Quantitäten wirklich täglich ins Haus geschafft wurden und des Abends regelmässig aufgebraucht waren, dies hat der Schneider selber bemerkt, der damals bei ihm in Miethe war. Allein der Kranke besserte sich nicht, er quälte sich vielmehr mit Vorwürfen, dass er von seinem alten Glauben abgefallen sei, und redete manchmal davon, wie er den ersten Tag seiner Genesung dazu anwenden werde, wieder in die katholische Dorfkirche zu gehen und eine Messe lesen zu lassen. Er kam jedoch nicht mehr aus dem Bette und entschloss sich endlich, an den Verein nach Zofingen zu schreiben und diesen um eine Pille gegen sein Leiden zu bitten. Indessen hatte man in Tägerig schon erfahren, in welchem Verhältnisse er mit den Ständlern in Zofingen stehe, man fieng deshalb die von dorther kommende Rückantwort beim Briefboten auf. Darin war dem Lädeligugger-Xaveri gemeldet, man werde ihm künftigen Freitag um drei Uhr die verlangte Pille überschicken, die so gross sein solle wie eine Bombe. Die Gemeinderäthe zerrissen hierauf diesen Brief und begaben sich am anberaumten Freitag in das Haus des Patienten. Er lag in der hintern Kammer und liess niemand zu sich herein. Sie warteten also in der Stube bis um drei Uhr; da liess sich plötzlich ein dumpfer Schlag hören, als ob in stundenweiter Entfernung ein Geschütz abgefeuert würde, und aus der Kammer her zugleich ein kurzes Geächze. Als sie hinein drangen, lag er getödtet im Bette, kein Tröpfchen Blut floss, aber Nase und Mund war zerschossen und das ganze Gesicht geschwärzt von Pulver. Zugleich sass unter der Bettstatt eine riesige Kröte und blieb so lange drunten, bis der Mann begraben war, dann marschierte sie in Gesellschaft eines unbekannten schwarzen Hundes ,der mit einem Male zum Vorschein kam, zum Haus hinaus. Nun läuft in der Häuserreihe, die nach Nesselnbach hinliegt, ein schwarzer Hund mit blutrothen Augen durch die Gasse und weicht vor niemand zurück. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Lagenfrevler

Source: Der Lagenfrevler

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In Näfels wohnten vor Zeiten zwei Bauern, deren Güter aneinander stiessen. Der eine hiess Lori, und auf seinen Wiesen gedieh hohes, fettes Gras. Die Weiden des Nachbars hingegen waren sauer, so dass seine Milchtanse nur halb voll wurde. Daher stach ihn der Neid, und in einer kohlrabenschwarzen Nacht, als Hahn und Hund schliefen, versetzte er die Grenzmarchen ein Stück weit in Loris Gebiet hinein, um auf diese Weise zu besserer «Welt» zu kommen. Doch brachte ihm die Freveltat keinen Nutzen, denn noch ehe er das erste Heu von dem erschwindelten Wiesenstreifen führen konnte, starb er. Es mochten etwa zehn Jahre seit seinem Tode verflossen sein, da hörte Lori, als er eben über die Ofenstiege hinauf ins Bett wollte, draussen jemand seinen Namen rufen. Er lauschte - es blieb alles totenstill, und so legte er sich zur Ruhe. Da rief die Stimme wieder, diesmal ganz deutlich: «Lori!» Der Bauer dachte, da brauch’ einer seine Hilfe, stand auf und schob das Fensterchen zurück. Vor der Türe stand eine weisse Gestalt, die mit schauriger, hohler Stimme rief, er solle herauskommen, denn er habe etwas Wichtiges mit ihm zu reden. Nach langem Zögern trat Lori vors Haus. Dort sprach das gespenstige Wesen: «Kennst du mich noch? Ich bin dein Nachbar, den man vor zehn Jahren ins ,Kilchenlöchli’ getragen hat. Ich habe die Lagen zwischen unsern Wiesen versetzt und muss nun dafür büssen. Ich bitte dich, verzeih mir!» Der Lori tat es, worauf der andere weiterfuhr: «Gib mir noch deine Hand, so kann ich im Frieden scheiden!» Das getraute sich der gute Bauer doch nicht und hielt ihm stattdessen eine dürre Schindel hin. Wie der Geist zu griff, verbrannte das Holz zischend zu Asche. Den Büssenden hat man aber von Stund an nicht mehr gesehen.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Lälle von Rheinfelden

Source: Der Lälle von Rheinfelden

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Zu jener Zeit, als die Schweden die Stadt Rheinfelden belagert hielten, bestachen sie drinnen einen reichen und gewaltthätigen Bürger mit einer grossen Summe, dass er ihnen die Festung in die Hände spiele. Dies war der Bürgermeister Gast, der da auf der Herrenmühle sass. Nachts elf Uhr öffnete er dem Feinde ein Thor beim Storchennestthurm, und liess einen um den andern leise herein, bis sich zuletzt bald eine Schwadron Schweden innerhalb der Mauern befand. Und weil er vorher die Strasse sorgfältig mit Spreuern bestreut hatte, so vernahmen die Einwohner den Huftritt der Rosse nicht und schliefen fort. Aber in jener Nacht wandelte die Mutter Gottes auf den Ringmauern und richtete alle Uhren von zwölf Uhr, da die Schweden nachrücken sollten, auf Morgens vier Uhr, da die Arbeiter aufstehen. Als mit diesem Glockenschlage die Gesellen der Knappenschmiede zur Werkstatt giengen, die beim Storchenthurm lag, wateten sie erstaunt durch lauter Spreu. Aber sogleich bemerkten sie auch den Haufen Feinde in Bickelhauben und Brustharnischen, der still am Thore stand. Da griff ein Schmiedemeister zum grossen Hammer und rief seinen Burschen zu: I g'seh scho, ihre Hûbe sind nit recht gschmiedet, si händ d'Hämmer no tüchtig nöthig! Nun augenblicklicher Lärm; die Bürger sprangen allenthalben herzu, und wer von den Reitern nicht entrann, wurde erschlagen. Ein anderer Theil der Einwohner eilte auf den Sammelplatz zum Rheinthor hinab; mit Zorn sah man, dass hier die Fallbrücke niedergelassen war und zog sie schnell wieder auf. Als nun hier der Feind im Dunkeln ebenso anmarschierte und statt der verhofften Brücke einen Abgrund voll strömenden Wassers vor sich fand, riefen seine ersten Reihen den nachdrängenden Kameraden zu: „Z'ruck, z'ruck!“ Diese aber verstanden „Druck, druck!“ und drückten mit solcher Heftigkeit nach, dass sie ihre eignen Leute in den Strom stürzten. Erst als sie den Rhein voll Sturmhüte schwimmen sahen, merkten sie den Jrrthum und flohen. Damit war die Gefahr abgewendet, nicht aber die Hungersnoth. Das Korn im Felde hatte man unreif schneiden müssen, um nur dem Feinde zuvor zu kommen, endlich soll gar sieben Jahre lang in der Gegend kein Pflug mehr gegangen sein. Als man die Spreu, welche den schwedischen Reitern gestreut gewesen war, von der Gasse in den Rhein warf, fischten die ebenfalls hungernden Schweden sie für Weizen auf und wurden nur um so lüsterner nach den grossen Vorräthen, welche sie in der Stadt vermutheten. Dies brachte die Bürger auf eine List. Sie hatten nur noch eine Kuh und ein Viertel Korn im Orte. Das Thier war schon so abgemagert, dass sich daran das noch übliche Sprichwort knüpfen soll: „Drî-Iuege wie d'Chueh im Schwedekrieg.“ Sie gaben ihr das Viertel Korn zu fressen, umwickelten ihr das eine Horn mit einer Flachsreiste und das andere mit einem Zettel, auf dem geschrieben stand: So ring, as deisi Chue lehrt spinne, Wird der Schwed Rhîfeldei g'wünne. So jagte man die Kuh zum Thor hinaus. Als sie der Feind schlachtete, fand er verwundert die Menge Frucht in ihrem Magen; er meinte also diesen Ort nicht aushungern zu können und zog gegen das Nachbarstädtchen Laufenburg ab. Allen Rheinfeldnern aber galt es als ausgemacht, dass der misslungene Handstreich gegen das Städtchen von einem der ihrigen herrühren müsse. Sobald nun der Feind fort war, versammelten sich Rath und Zünfte und hielten Umfrage, welche Strafe dm Verräther treffen müsse, wenn man ihn je entdecken würde. Bürgermeister Gast hatte hier zuerst seine Stimme abzugeben und suchte nun den Verdacht dadurch von sich abzuwenden, dass er sogleich das höchste Strafmass beantragte. Sein Urtheil über den Uebelthäter lautete: Mä söttä z'Rieme verschnîde Und in Oel versüde. Man nahm ihn bei seinem eigenen Worte und zwang ihn, sein Verbrechen eidlich zu bekennen. Er sollte also in einem Kessel siedenden Oels getödtet werden. Es brauchte noch Zeit, bis man so viel Oel in der Nachbarschaft aufgebracht hatte; denn gar alle Dinge hatte die Kriegszeit weggezehrt. Endlich ward Gast in den Kessel geworfen und gesotten. Als von anderthalb Saum kein Tropfen mehr übrig war, sprang ein schwarzer Hund aus dem Kessel hervor und eilte davon. Nun gieng eine neue Noth im Städtchen an. Der Böse trieb sich als Schimmel um, oder biss als Hund die Heerden auseinander, auf der Strasse wälzte er sich Jedem als Mehlsack zwischen die Beine, und nach Betzeitläuten erkletterte er die Ringmauer, schaute den Leuten zum obern Stockwerk ins Fenster und verhöhnte sie durch Herausrecken der Zunge (Lälle). Daher bekam er auch den Namen Lälle. Streckte einer nach dem Läuten der Thorglocke noch den Kopf neugierig zum Fenster hinaus, der brachte ihn gewiss nicht anders als wie ein Malter angeschwollen wieder zurück. Und immer pflegte der Geist bei solchem Unfug drohend zu rufen: Ich will's euch entgelten! Ein Pater musste ihn endlich in eine Glasflasche bannen. Man verstopfte sie und brachte sie in den Grütgraben, einer Wüstung am Rheinufer, die eine halbe Stunde von der Stadt entfernt ist. Vorher aber musste man eine förmliche Übereinkunft mit dem Unhold abschliessen, und der gespenstische Hund unterschrieb sie mit der Pfote. Von seinem Kiesgraben, gegenüber Bicken, darf er sich der Stadt jährlich um einen Hahnenschritt nähern; alle dreissig Jahre aber wird ihm mit sämmtlichen Glocken der Stadt um dreissig Mannsschritte zurückgeläutet. Gleichwohl ist er jetzt schon bei der Dreifaltigkeitskapelle angelangt, andere sagen gar, schon am Rosengässli, nahe beim Wirthshaus zu den drei Königen. Ist er einmal wieder im Thore, so bringt ihn kein Kapuziner und kein Jesuite mehr hinaus. Am Tage kann man ihn sehen, wie er im Graben liegt zusammengeschrumpft im Weingeistfläschchen. Ein unwissender Hirtenjunge öffnete es einmal, da brach eine ganze Heerde Schweine daraus hervor und jagte seine eigene in die Flucht. Nachts fliegt er als Strohgarbe und als lodernde Flamme von einem Grabenende zum andern; auf seiner Bahn lässt er Geld fallen, es ist aber nichts als Trug und Schein. Gar manche Bewohner des rechten Rheinufers lassen sich heute noch ihre Furcht vor dem Gast nicht nehmen; sie schläfern mit seinem Namen sogar ihre unruhigen Kinder ein, und will man diesen eine Ungebühr verweisen, so sagt man nur: „Du wüeste Gast!“ Wenn die Schiffer aus dem Schwarzwalde hier den Rhein herab fahren und sie hören um Neujahr und Weihnachten das Krachen der Eisberge von der Schweizerseite her, so sagen sie, der Gast brülle. Der Kessel, in dem man ihn gesotten, soll noch im Spritzenhause zu Rheinfelden liegen. (Vgl. damit Abthlg. XII. No. 504: Burgermeister Gast vo Rhîfelde.)   Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 204 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Landhund

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Der Fritzefrieder von Gelterkinden in Baselland war ein ebenso reicher als neidischer Mann, und wie er mit den Nachbarn stets in Unfrieden lebte, so fehlte es auch daheim nicht an Zank und Streit. Der Sohn, den er schon oft zum Teufel gewünscht hatte, entlief endlich nach Solothurn, und ließ sich dort für den italienischen Krieg anwerben. Erst nach sieben Jahren benachrichtigte er den Vater einmal von seinem Schicksale und erbat sich ein Reisegeld zur Rückkehr. Statt dessen erhielt er einen halben Batzen in einem Briefe geschickt; in dem nichts als die Worte standen: „Kauf dir dafür einen Strick!" „So wünsch ich dir doch“, rief der entrüstete Soldat aus, „daß du ewig als neidiger Hund herumlaufen müßtest!“ Der Sohn verlor sich, aber sein Fluch ging in Erfüllung. Ein großer Zottelhund mit tiefglänzenden Augen läßt sich seitdem im Dorfe Gelterkinden zur Nachtzeit sehen. Tut man ihm nichts zu Leide und geht man ihm aus dem Wege, so bleibt er ruhig, denn er liegt gewöhnlich mitten in Gassen und Straßen, (Stud. med. Gysi v. Liestal.)  Notiz:  Anmerkung im Buch: Die Sage ist in dieser bürgerlichen Wendung aus der sprichwörtlichen Phrase entstanden, der Strick gehört zum Hund. Band 3.1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962, S. 86 - 87 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch  


by Der Landvogt im Güllenfass

Source: Der Landvogt im Güllenfass

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Ein Bauersmann begegnete einst um die Mitternachtsstunde in der Nähe der Heiligkreuzkapelle einem grossen Wagen, der mit einem Güllenfasse beladen war und den mehrere düstere Männer mit äusserster Anstrengung zu ziehen sich bemühten. Als sie den Bauer bemerkten, baten sie ihn dringend, den Wagen eine Strecke weit ziehen zu helfen, und er entsprach ihrem Begehren. Nachher befragten sie ihn um ihre Schuldigkeit für seine Dienstleistung und munterten ihn dazu auf, recht viel zu verlangen. Als er dann aber durchaus nichts forderte, rief eine klägliche Stimme aus dem Güllenfasse heraus: "O, hättest du doch grossen Lohn gefordert! O weh mir! Meine Sündenschuld, die ich einst als Landvogt des Sarganserlandes auf mich geladen habe, brachte mich um die Grabesruhe; alle hundert Jahre muss ich einmal eine so schmähliche Fahrt machen, bis die geforderten Löhne derjenigen, die meinen alten Spiessgesellen diesen Wagen ziehen helfen, den durch mich von den Untertanen ungerecht erpressten Steuern und Abgaben gleich kommen; wenn es mir aber noch mehr so übel geht wie diesmal, so muss ich die Qualen der Verdammnis tragen bis zum jüngsten Tage." Hierauf hörte der Bauer nur noch ein tiefes Stöhnen, und alles war verschwunden. I. Natsch Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 270, S. 145f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Landvogt Tribolet 1. Version

Source: Der Landvogt Tribolet 1. Version

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Für seine harte Bedrückung der Bauern muss der Landvogt Tribolet bitter büssen. Verfolgt von den wutentbrannten Bauern, die sich mit Knütteln, Sensen, Gabeln und Äxten bewaffnet haben, erreicht er die Arnialp. Umsonst hat er zu einer List gegriffen und seinem Ross die Hufeisen verkehrt aufgenagelt, um die Bauern zu täuschen. Sie holen ihn dennoch ein. Schon haben sie ihn umzingelt. An ein Entrinnen ist nicht mehr zu denken. Er will sich aber nicht von Bauernhand morden lassen. Auf seinem feurigen Rappen sprengt er mit gezücktem Schwert und in voller Rüstung über die kirchturmhohe Fluh hinaus in den Abgrund. In der einsamen Waldschlucht hat die Hölle Ross und Reiter verschlungen; denn kein Mensch hat jemals eine Spur von ihnen wahrgenommen. Nur in heiligen Winternächten entsteigt er seinem Grab und reitet auf seinem Rosse durch das Land. Er sucht die armen Bauern auf, die von schweren Schulden und Abgaben geplagt sind. Erst wenn er keine mehr findet, darf er von seinen nächtlichen Ritten durch dunkle Wälder und über schneeige Felder ruhen. Auch in Grünenmatt macht sich der Landvogt Tribolet zuweilen bemerkbar. Wenn die Glocke auf dem nahen Kirchturm zu Trachselwald nachts die zwölfte Stunde geschlagen hat, reitet der Trachselwalder auf seinem schwarzen Hengst mit fliegender Mähne durch die finstere «Hohle» zwischen Grünenmatt und Trachselwald dem Schlosse zu. Dort hält der von Seelenqual Gepeinigte in weissem Mantel Ausschau nach Erlösung. Emmentaler Sagen, Hermann Wahlen, 1962 Gute Schriften Bern Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Landvogt Tribolet 2. Version

Source: Der Landvogt Tribolet 2. Version

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In längst entschwundenen Zeiten führte der Landvogt Tribolet auf dem Schlosse zu Trachselwald ein hartes Regiment. Die Bauern, die ihm nicht zur rechten Zeit ihre Abgaben entrichteten, liess er seine Macht bitter fühlen. Einst lebte in der Nähe des Schlosses auf einem kleinen Heimwesen ein Bauer, dem der Landvogt übel gesinnt war. Als er ihm einst die Gefolgschaft auf die Jagd verweigerte, da er dringend anderes zu tun gehabt hätte, erschlug der wutentbrannte Landvogt den wehrlosen Mann. Aber die ruchlose Tat blieb nicht ungerächt. Im Grabe findet der böse Schlossherr keine Ruhe. Jeden Herbst, zur Zeit der Jagd, wenn sich der Todestag des Bauern jährt, entsteigt der Tyrann seiner Gruft und hält im Klösterli, so heisst das Haus, Einkehr. Zur Geisterstunde pocht es an das Fenster. Von unsichtbarer Hand werden Fenster und Türe geöffnet. Dann vernimmt man von der Treppe her, die ins Gaden führt, polternde und rasselnde Tritte. Wenige Augenblicke verstreichen, und dasselbe Geräusch ist treppab wieder vernehmbar. Wieder öffnen sich Türe und Fenster, und der Schlossherr verschwindet ungesehen. Während er im Gaden die Stelle aufsucht, wohin sich der Bauer einst vor ihm geflüchtet und wo er ihn erschlug, heulen vor dem Hause die Schlosshunde, die ungeduldig auf ihren Herrn warten. Lärmend und heulend verschwindet der Schlossherr mit seinem Gefolge den steilen Schlossweg hinan und zieht sich wieder für ein ganzes Jahr in die Gemächer seiner Burg zurück. Emmentaler Sagen, Hermann Wahlen, 1962 Gute Schriften Bern Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Lange Gletscher

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Dort, wo jetzt der Lange Gletscher im Lötschental sein blaues Kristall herabreckt, wohnten einstmals Leute. Die Gegend war lieblich und angenehm, aber es mangelte hie und da an Wasser. Diese Not klagten die Leute einmal einem fahrenden Schüler. Der antwortete ihnen: «Ich will euch schon Wasser verschaffen. Suchet unter euch eine reine, unversehrte Jungfrau aus. Dieser befehlet, je ein Stücklein von sieben Gletschern zu nehmen und diese auf der Anhöhe, wo das Tal seinen Abschluss hat, hinzulegen Wenn aber dann die weisse Kuh von der Anhöhe herab schaut, denket daran, weiter ins Tal hinabzuziehen.» Die Leute taten, wie ihnen gesagt worden. Die Gletscherstücklein schmolzen nicht; im Gegenteil, mit jedem Jahre wurden sie grösser. Der Schnee verblieb rings um sie, wurde Eis und Gletscher, und so entstand der grosse Lange Gletscher, der heute noch das Tal mit Wasser versorgt. LÖTSCHEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der lange Gletscher 1

Source: Der lange Gletscher 1

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Zur Zeit, wo der Ewige Jude zum ersten Mal ins Wallis gekommen ist, hat das Lötschental noch Lichttal geheissen. In den Hochtälern reifte damals der Wein, und Matten und Alpen erstreckten sich bis an die höchsten Berge. Keine Gletscher lagen auf den Pässen und keine Firnen an den Gräten. Hören wir, was der Ewige Jude von dieser Zeit erzählte: «Damals gehörte das Lötschental zwei Schwestern, und die wollten es teilen. Sie haben die March mitten über Kühmatt gezogen und das Los geworfen. Diejenige, welcher das untere Tal zufiel, sagte zu ihrer Schwester mit Tränen in den Augen: «Liebe Schwester, du hast das bessere Los gezogen: ich habe Wald und Berg, du hast die Matten und die Wiesen.» Der Wiesengrund reichte damals bis in die Lötschenlücke. In dem Gletschergrund fand die Hirten keinen Stein, um ihn nach den Kühen zu werfen, und auf dem Tschorrä liessen die Faflerinnen ihre Kühe acht Tage weiden. Durch die Schuld der Menschen ist heute diese Herrlichkeit zum grossen Teil unter Gletscher und Geröll, Schnee und Schutt begraben. «Als einmal ein fahrender Schüler im Frühling in euer Tal gekommen ist, hat er auf der Faldumlawine ausgerufen: «Welch ein schönes Tal.» Die Lötscher seufzten: «Du solltest unsere Wiesen im Sommer sehen, wenn sie unter der sengenden Sonne verbrennen. «Dem weiss ich Rat», meinte der Fremde; es war aber ein Rat, den er besser behalten hätte. «Eine reine Jungfrau suche Stücke von sieben Gletschern und lege sie zuoberst im Tale nieder, dort wo die Berge einander am nächsten kommen, und ihr werdet Wasser haben zum Wässern und zum Trinken. Wenn aber die weisse Kuh ins Tal steigt, dann flieht vor ihr.» Die letzte Rede haben die Lötscher damals nicht verstanden, sonst hätten sie Rat Rat sein lassen. Eine reine Jungfrau suchte Stücklein von sieben Gletschern und legte sie zuhinterst im Tale nieder, in der Lötschenlücke. Die sieben Stücklein sind nicht geschmolzen, und heute ist die weisse Kuh stundenlang gewachsen und heisst der Lange Gletscher. Eure Väter hätten sollen die göttliche Vorsehung walten lassen und nicht die Kunst der bösen Menschen. Quelle: J. Siegen, Sagen aus dem Lötschental, Erweiterte Ausgabe der Gletschermärchen (1905), Lausanne 1979. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der lange Gletscher 2

Source: Der lange Gletscher 2

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Auch der untere Teil des Tales hat sich seither viel verändert. Wo heute das Geröll der Wilerra sich weit ausdehnt, waren damals fruchtbare Wiesen, die zwei Schwestern gehörten. Diese hatten die fromme Gewohnheit, beim ersten Feierabendläuten die Arbeit einzustellen, mochte sie noch so sehr drängen. Hatten sie eine Heuburdin geladen, so zogen sie das Seil zurück und liessen sie über den Festtag liegen. Einmal nun hatte ihr Knecht, der es besser wissen wollte, schon drei Wische geladen, als es von der Kirche des heiligen Martin Feierabend läutete. «Diese nehme ich mit», meinte er. In der folgenden Nacht hat der Wi-lerbach das schöne Gut verwüstet. «Bis ich nächstes Mal wiederkomme, wird sich noch vieles ändern, denn ich muss nochmals kommen. Bis dahin werden die weissen Schnecken das Blattendorf untergraben, der hangende Gletscher wird das Wilerdorf in den Bahn tragen, Kippel ist auf Schwarzerlen gebaut und wird von der Lonza fortgespült, und Ferden wird von dem Golnbach in die Kreschärra geschlagen werden. Dann wird das Tal der Leukerrun Rossalpe, bis der Lange Gletscher von der Luägla nach Gampel schaut. Weiss Gott, wo dann eure Gebeine ruhen werden, wenn die meinigen noch herumirren auf der sterbenden Erde. Weiss Gott, wie viele Jahrhunderte bis dahin noch verrauschen. Die Zeit geht schnell, schneller als man meint. Die Gletscher rücken wieder vor, die schwarzen Kirschen reifen nicht mehr in eurem Tale, die obersten Wälder wachsen nicht mehr auf, die Äcker werden zu Wiesen gelassen, und aus den höchsten Sitzen haben sich die Menschen schon zurückgezogen. «Wenn ich nächstes Mal wiederkomme, wird euer Tal das Wüsttal heissen.» «Jetzt muss ich fort, jeder Tag trifft mich an einem andern Ort, bis der Herr erscheint. Herr, komme bald.» Quelle: J. Siegen, Sagen aus dem Lötschental, Erweiterte Ausgabe der Gletschermärchen (1905), Lausanne 1979. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der lange Rock

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Einst kam so eine Totenprozession wieder in den Brunnen bei Visperterminen vorbei. Am Schlusse lief eine Frau, die einen ganz langen, langen Rock trug und immer sich selbst draufstampfte, weil sie ihn nachschleppte. Es war ihr nur mit grosser Mühe möglich, mit den andern Schritt zu halten. Ein couragierter Mann wagte sich einst an sie, packte den Rock, raffte ihn auf und gab ihr den Wulst in die Hand. Dessen war die arme Seele so froh, dass sie jetzt den andern nachkommen könne. Noch eine Strecke weit drehte sie sich ständig um und sagte: «Vergelt`s Gott!» Das soll eine Frau gewesen sein, die im Leben zu kurze Röcke getragen hatte. Aber wenn das stimmt, dann müssten heute wohl viel zu viele so in der Totenprozession umherwandern! VISPERTERMINEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Lärchenbock

Source: Der Lärchenbock

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Früher, als noch keine Strasse die beiden Dörfer Netstal und Riedern verband, war es nicht jedermanns Sache, nachts diesen Weg zu gehen. Musste einer dennoch nach dem Betenläuten das Nachbardorf aufsuchen, so versah er sich mit einem gehörigen Stock oder Prügel oder wohl auch mit einem geisterbannenden Spruch, denn er musste gewärtigen, dem Lärchenbock zu begegnen. Das war ein gewaltiges, pechschwarzes Tier mit gedrehten Hörnern und zottigen Haaren. Seine Augen glühten wie feurige Kohlen, und aus den Nüstern schnaubte es einen stinkenden Dampf. Meist hielt sich der Bock hinter einem alleinstehenden Stalle auf, wo er die Holundersträucher «schändete». Manchmal aber tauchte er urplötzlich aus dem Löntschtobel auf, stellte sich auf die Hinterbeine und verfolgte den erschreckten einsamen Wanderer mit heiserem Gemecker bis zu den ersten bewohnten Häusern. Seltsam war, dass das gespenstige Ungeheuer nur einzeln daher schreitende Leute belästigte. Nachdem die Strasse gebaut worden war, zeigte sich der Lärchenbock nicht mehr so häufig, und heutzutage sieht man ihn höchst selten. Dies rührt wohl davon her, dass in der «Lärche» viele Häuser gebaut wurden, so dass sich die beiden Dörfer einander auf Rufweite genähert haben.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Lärm im Wald

Source: Der Lärm im Wald

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Der Lärm im Wald In der Nähe von Eglisau, auf dem Wege nach Wasterkingen, befindet sich die Waldung „Reitholz“. In diesem Walde war es nicht geheuer. 1905 erzählte eine Grossmutter in Eglisau ein Erlebnis, das ihre Grossmutter väterlicherseits, welche in Wasterkingen wohnte, ihr erzählte: Eines Abends kam mein Mann bleich und verstört heim. Auf mein Drängen gestand er, er sei in einen grossen Schreck geraten, denn als er auf dem Heimweg durchs Reitholz gegangen, habe auf einmal ein unheimliches Getöse und Gewinsel angefangen. Der Grossvater ist aber nicht der einzige gewesen, der solches erlebt hat in diesem Holz. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Unterland Nach Gchr. Eglisau, 1905   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Laubbergritter

Source: Der Laubbergritter

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Der Laubbergritter Südwestlich von Bachs erhebt sich als Teil der völlig bewaldeten Egg der Laubberg, auf dem die Alten eine Burg vermutet haben. Sie erzählen sich noch, darin habe im Mittelalter ein gewalttätiger Zwingherr gehaust, der aber eines Tages während der Jagd von erzürnten Bauern überfallen, getötet und sogar enthaupte worden sei. Da  er also ohne die letzte Ölung gestorben sei, gehe sein Geist immer noch um, und ein alter Wehntaler versicherte noch ums Jahr 1900, ihn gesehen zu haben. Er sagte, in einer stürmischen Nacht habe er einst über die Egg nach Hause gehen wollen. Da sei es auf dem Laubberg plötzlich taghell geworden und ein weisser Reiter ohne Kopf sei auf einem Schimmel über den Weg geritten. Diesen habe er mit dem Bannspruch „Alle guten Geister loben Gott, den Herrn“ angerufen, aber die Erscheinung sei erst verschwunden, als es an der Bachser Kirche 12 Uhr geschlagen habe. Am andern Tag habe er die Stelle genau untersucht, aber keinerlei Spuren bemerkt. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Unterland Wörtlich aus Hedinger, S. 12. Seine Quelle: Persönliche Mitteilung. Eine Burg auf dem Laubberg wird urkundlich nicht bezeugt. Dass der Laubbergritter nur dem in der Sage genannten alten Wehntaler und sonst niemand anderem erschienen sei, wurde damit erklärt, dieser sei ein Fronfastenkind gewesen. Von solchen behauptete man früher allgemein. sie können mehr als andere, z. B. wahrsagen, mit Verstorbenen reden und Geister sehen. Für den Gewährsmann habe dies zugetroffen. Man sagte von ihm neben anderem, er habe einst in der Nähe von Dielsdorf einen auf dem Besenstiel fortreitenden Geist gesehen. Im Lägernsteinbruch um Mitternacht oft zwei teuflischen Ziegenböcken zugeschaut und Ende 1869, als Vorzeichen des 1870 ausbrechenden Deutsch-Französischen Krieges, am Himmel deutlich ein feuriges Schwert bemerkt. Ferner beschäftigte er sich mit Volksmedizin, und in seiner Stube hielten die „Tischlichlopfer“ ihre spiritistischen Sitzungen ab. Diese Angaben nach Hedinger, S. 12. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der launige Alpbutz

Source: Der launige Alpbutz

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Ein ganz launiger Kerl von einem Butz war auch in der Ober-Säss in Schlapin. Auf dieser Alp hat einmal der Grosshirt am Herbst bei der Alpfahrt mit Fleiss und Vorbedacht ein Rind zurückgelassen. Des andern Tages nun schickte er seinen Kleinhirten hinauf auf die Alp, das vergessene Tier zu holen. Auf der Nonnenalp hauste aber seit undenklicher Zeit schon ein Butz im »Dajagmach«, dazu mochte der Grosshirte den Kleinen gar nicht leiden, und da dachte er sich, wenn der kleine Nixnutz allein hinaufkommt, so wird ihn der Alpbutz schon in Empfang nehmen. Der Kleinhirte nimmt auf Geheiss seines Meisters den Weg unter die Füsse und kommt zur Alphütte, wo er im Stafel das Rind findet, behaglich wiederkauend. Er setzt sich im Stafel zur Rast, packt seinen Schnappsack und fängt an zu »marenden«. Über eine Weile kam der Alpbutz herein, und kauerte sich ohne Wort und Werk neben dem schmausenden Kleinhirten auf den Boden nieder. Der Kleinhirte bot dem Butze auch von seinem »Marende« an, und letzterer griff tapfer zu. Beim Abscheide gab dann der Butze dem Hirten ein zierliches »Schelmapfifli« als Geschenk. Als dann das Hirtlein Abends mit dem Rinde und dem »Schelmapfifli« nach Hause kam, schaute der Grosshirt ganz verwundert drein, um so mehr als er vernahm, das Pfifli habe einen so schönen Ton. Er dachte: Der Butz muss doch so arg nicht sein, und ein solches Pfifle möcht ich auch haben, liess sich dasselbe zeigen und probierte es; o wie schön konnte er mit dem musizieren so laut, dass es in den Bergen erhallte und so leise und milde, dass er es selbst kaum hörte. »So eins muss dir der Butz auch geben, ob er will oder nicht.  - Er ging dann auch allein denselben Herbst nach der Alp, aber vom habgierigen Grosshirten ist nichts mehr zurückgekommen. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Lawinen-Sturz zu Saas

Source: Der Lawinen-Sturz zu Saas

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O Mensch, bewein' dein Sünd' aus Reu', Denk' was geschah im Prätigäu,   Bei Saas, in den drei Bünden Im Jahre Christi zu zellen sein Tausend Sechshundert und Achzig und neun. –   Fünf und zwanzig Tag kundten Des Jenners machen auch den Tag Pauli Bekehrung voller Klag.   Im Vollmond um acht uhren Morgens der Sonnen Hitz anfing Oder ein Erdbidem erging.   Dass Schneebruch abwerts fuhren Von Calmuren Gebirg so hoch Herab am Galanda-Berge nach.   Zum Hornen und Grüntholen Ein Schneebruch entstand sehr gähling, Nächst Galanda-Maiensäss ging.   Tät Alles genau wegholen Den Gütern Zestiew vorbei, Durch die Mäder Fendrils ganz frei.   Die Güetter zu Parschleze Durchrauscht, und nahm ein Teil vom Walde Mit so schräcklich grausamen gewalt   Dass er doch nicht zur Letze Verwüest viel Berg-Auen und Ställ, Fuhr durch den mittleren Berg gar schnell,   Mit vielem Gewurz, Holz und Steinen. Trang zur Nachbarschaft Raschnal ein Schoss übern Fluss Lanquart tät syn.   Breit als er pflegt zu scheinen Ongfahr eine halbe viertel stund Nicht neue Häuser, viel Ställ zu grund,   Tödt' der Menschen sechszehen, Truckt under vier, die schreien noch, Die Not ist gross, Gott rett' uns doch,   Ach Gott, thu uns beistehen. In solchem Jammer und Elend Dem Glockensturme folgen behend   Viel Leut aus den Gemeinden Zu Küblis, Conters und Saas. Weil Noth erfordert dies und das,   Zu helfen sie vermeinten; Aber desselben Tag's Mittag Noch ein Schneebruch vermehret die klag,   Des Grausamkeit und Schrecken Weit grösser als des ersten war. Brach an dem Nollen, wollt' fast gar   Galanda-Mäder decken Reist hin durch die Galanda-Grub Oder Thole, und sich erhub   Teils durch die Brunnenhöhle. Hinab ganz durch den mittleren Berg, Übers Landwasser, überzwerch,   B'hüt' Gott ein jede Seele, Durch Falarasca und noch mehr Durch Galardonda, das auch sehr.   Parfagni musst erschallen Durch so erschreckliches Getöss, Da grausam folgten Stöss auf Stöss.   Steinblöck auf Blöcke fallen Beim Sagenbache, dieser Gewalttat All' Wohnhäuser zerschmettert hat,   Ander fünf noch verdorben. Was Jammers war noch da zu sehen? Wer möcht' die Herzensleid ansehen?   Viel Leut erbärmlich sturben: Funfzig sieben Toter man fand, Nach und nach, als man grub zur Hand.   Etliche, die noch lebten, Lebten nicht lange, etlich verletzt, Ach der Straf die Gott aufg' setzt.   Über die, so da schwebten Lieb Mann, Weib, Kinder und Gesind, Im Schneebruch tods verblieben sind.   Wer möcht' Alles erzellen Viel Hausrat, Gut und Gelt Viel Futer auch darbei gezelt,   Am Ausrechnen möcht's fehlen. Hundert fünf und fünfzig Gebäuw Häuser und Ställ alt oder neu Daselb zu Grund sind gangen.   Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Lebensretter

Source: Der Lebensretter

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Oberhalb einer Höhle am Fusse der Figinenalpe betrieben früher Tiroler ein Bergwerk. Die Galerie begann auf dem Bergvorsprunge Gondo. Vom Frühling bis in den Herbst wurde gearbeitet, und der Gewinn versprach beträchtlich zu werden. Eines Tages erblickte einer der Bergknappen hoch oben auf dem Bergtossen ein Bergmännlein. Durch Zeichen gab es dem Knappen zu verstehen, den Schacht zu verlassen. Die Warnung lautete so bestimmt und zuversichtlich, dass der Knappe kein Bedenken trug, ihr Folge zu leisten. Doch wollte er dem Meister und seinen Genossen, welche im Innern des Schachtes arbeiteten, davon Mitteilung machen. Der Meister befahl nun seinen Gesellen, die Höhle zu verlassen. Kaum waren sie ins Freie herausgetreten, da stürzte mit fürchterlichem Gekrache der Bergschacht ein. Die Arbeiter aber waren gerettet, und der Lebensretter war das Bergmännlein. GONDO Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Lehenzins

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Unter dem düstern Giswiler Stock im Unterwaldnerland liegt ein schönes Heimwesen, das "Iwi" genannt. Die Matten sind voll von schönen Bergblumen, also daß die wilden Bienen ihre liebe Not haben, sommerlang die Millionen voller Honigbecherlein abzusuchen. Einst war ein hablicher Bauer mit seinem Sennten von dreißig gutfarbigen Kühen aufs "Iwi" gefahren. Wie er da im Vorsäß war, erschien unversehens eines Tages, als er eben, den Melkstuhl am Arm und den Eimer in der Faust, sich unter eine Kuh setzen wollte, ein wunderliches Männlein vom Giswiler Stock her. Es hatte einen langen, weißen Bart und ein uraltes Gesicht. Verwundert blieb der Mann stehen und wartete, bis das Männlein vor ihm stand. Wie es nun bei ihm angekommen war, grüßte es freundlich, und dann bat es in den eindringlichsten Tönen, der Bauer möge ihm doch für den Sommer eine Kuh ins Lehen geben. Der Bauer, der das seltsame Männlein noch nie zuvor gesehen hatte, glotzte nur verwundert auf sein altmodisches Röcklein und sagte nichts, denn er traute der Geschichte bloß halb. Als aber das Männlein nicht nachließ, ihn um eine Kuh zu bitten und zu beten, fiel es dem Hirten ein, er habe ja noch eine magere, nichtsige Kuh, die ohnedies abgehend sei und wohl bald dahinsiechen und umstehen werde. Um dieses Stück Vieh sei's am Ende nicht schade, auch wenn er's nie mehr zu sehen bekommen sollte. Also sagte er dem Männchen das magere Urner Kühlein zu, doch wollte er ihm vorher die Schelle abziehen, denn er schätzte die Glocke der Kuh höher als sie selber. Als aber das Männlein bittlich anhielt, er solle ihm doch die Kuh samt der Schelle lassen, willigte der Bauer schließlich ein. Auf St. Michaelistag sollte ihm jedoch die Kuh samt Lehenzins pünktlich wiedergebracht werden. So war denn der Handel gemacht. Das wunderliche Männlein zog mit seiner mageren Lobe ab, und der Bauer sah der Kuh nach und dachte: Dich und das alte Männlein sehe ich gläublich nicht wieder. Immer ferner läutete die Schelle der abziehenden Kuh, bis er sie nicht mehr hörte. Da hockte er sich auf seinen einbeinigen Melkstuhl und begann das herandrängende Vieh zu melken. Aber als er eines Tages vor sein braunes Häuschen trat und an den Giswiler Stock hinaufschaute, sah er weit oben in den Gemsplätzen sein mageres Kühlein munter weiden. Da gab er die Kuh völlig verloren, denn dort mußte sie ja gewiß bald abstürzen, da nur Gemsen in jenen Schroffen gefahrlos zu weiden vermochten. Danach sah er nicht mehr hinauf, denn er fuhr mit seinem Sennten auf die Hochalpen und vergaß den ganzen Handel. Doch ging es ihm diesen Sommer immer merkwürdig gut. Sein Vieh ward rund und glänzend, während seine Nachbarn allerlei Seuchen hatten, also daß ihre Kühe gegen den Herbst zu die Haare stellten, als ob sie beim Bürstenbinder gesömmert worden wären. So wurde es Herbst. Da war der Bauer wieder von der Hochalp ins Vorsäß "Iwi" abgefahren, und die Kühe sprangen vor Vergnügen wie die Heuschrecken vor der Sense im saftigen Herbstgras herum. Am Michaelistag saß der Bauer vor seinem Häuschen und dachte an nichts. Da hörte er eine Kuhschelle mit absonderlich schönem Klang läuten. Wie er neugierig aufschaute, sah er das Männlein mit dem schneeweißen Barte daherkommen. An der Hand führte es eine Kuh, die glänzte wie die Seide am Zapfen. Da sei nun die Kuh wieder, sagte das herankommende Männlein, die er ihm lehenweise in die Sömmerung gegeben habe. Wieviel Lehenzins er nun von ihm verlange. Der Bauer mußte nur so Augen machen. Er konnte zuerst gar nicht glauben, daß die schöne Kuh mit dem saitengeraden Rücken und den strotzenden Milchzeichen das elende, abgehende Kühlein sein sollte, das er dem Männlein im Frühling ins Lehen gegeben hatte. Endlich erholte er sich von seiner Verwunderung und sagte, daß er gar keinen Lehenzins begehre. Er wolle ihm gegenteils gerne im nächsten Lenz wieder eine Kuh zur Sömmerung überlassen. Doch das seltsame Männlein antwortete, es brauche nun nie mehr eine Kuh, da es für sein ganzes Leben Milch und Käse haufensgenug habe. Dann überreichte es dem Bauer ein Bratkäslein und sagte zu ihm, er gebe ihm nun diesen kleinen Käse als Lehenzins. Er solle ihn aber ja nie ganz aufessen, dann habe er immer Käse. Da lachte aber der Bauer nur und schüttelte ungläubig den Kopf. Das Männlein aber rief aus: "Thio und liog!" ("Tu's, und dann wirst du's schon sehen!"), und im Hui war es weg und lief flinkfüßig wie ein Spinnlein am Giswiler Stock hinauf. Am Abend, als der Bauer mit seiner Frau zu Tische saß, kosteten sie vom Käslein, und es bedünkte sie, es habe einen gar vornehmen Geschmack. Sie ließen dann auch die Nachbarn oftmals davon essen. Jedesmal, wenn man das Käslein wieder hervornahm, war es ganz wie zuvor. Das ging wohl zwei Jahre lang so fort. Aber eines Tages hatte der Bauer den Schneider und den Schuhmacher gleichzeitig auf der Stör (in Arbeit im Haus). Wie er das Bratkäslein dem Schneider und dem Schuhmacher als Vesperbrot auftischte, da schmeckte es ihnen so vortrefflich, daß sie, ohne daß der Bauer es gerade gewahrte, das ganze Käslein aufaßen. Da ward der Bauer zornig, als er's bemerkte, denn nun konnte das Käslein nicht mehr wachsen, wie viel und wie lang er auch den Schneider und den Schuhmacher ausschimpfte.   Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915.     Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Lehrling des fahrenden Schülers

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Einer wäre gerne fahrender Schüler geworden und sagte solches einem, der es schon war. Der mahnte ihn ab und erklärte ihm, das sei mit grosser Gefahr der Seele verbunden. Aber jener bestand auf seinem Begehren. »Nun gut,« sagte jetzt der Lehrmeister, »ich will dich einweihen. Du musst aber genau tun, was und wie ich es dir sage, du bist selber verantwortlich für deine Seele.« Jener versprach, alles aufs pünktlichste zu befolgen. Vor Mitternacht des Christfestes führte ihn der fahrende Schüler auf eine Kreuzgasse, machte hier mit einem Schwert einen Kreis auf den Boden, und da hinein musste er stehen und da standhaft aushalten von 12 Uhr Mitternacht bis 1 Uhr. »Aber weiche keinen Schritt, mag kommen, was will, Tier oder Mensch, Feuer oder Wasser, Sturm oder Wetter und dich bedrohen auf jede Art. Weichst du aus dem Kreise, so bist du verloren.« So schärfte der Fahrende seinem Lehrjungen ein, steckte das Schwert in den Kreis in den Boden und sagte: »Das Schwert ist dein, ist deine Waffe, innerhalb des Kreises hast du das Recht,« und verliess den Platz. Der Lehrjunge harrte auf seinem Posten aus, bis endlich ein Wybervölchli kam, das er für seine leibliche Schwester ansah, und das ihm winkte. Dem Wink folgte er und verliess den Kreis. Beim ersten Schritt ausserhalb desselben verfiel er zu Staub und Asche. Ambros Gisler, Maurer, Bürglen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der leibeigene Baselbieter

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Ein Posamenter aus dem Homburgertal musste einmal in Basel auf den Empfang einer Rechnung Seide warten und spazierte während dieser Zeit in der Stadt herum. So geriet er in den Laden eines Hutmachers und sah diesem bei der Arbeit zu. Der Hutmacher begann ein Gespräch und erinnerte den Posamenter daran, dass er eigentlich sein Leibeigener sei. Dieser, ein etwas einfältiger Mann, fragte aber: «Jä, was isch das, e Lybeigene?» Darauf explizierte der Hutmacher: «Loset, i will der Fall setze, mer wirde-n-e Rais mache mitenander und es frierti mi an d’Fiess, so kennti eich der Lyb uffschnyde und d’Fiess drinne werme.» Der Posamenter aber meinte: «Jo, wenn di liess!» «Jä, was wete-n-er mache?», fragte mehrere Male der gnädige Stadtbürger und rückte seinem Untertanen immer näher auf den Leib. Dieser zog sich bis an die Türe zurück und sagte endlich: «I miech numme-n-eso!», gab dem Hutmacher mit der Faust einen Stoss unter das Kinn, dass er wie ein Hühnlein in eine Ecke fiel und lief so schnell er konnte, davon. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Leithund

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 a) Im »hohlä Gässli« zu Luzern, nach andern zu Brunnen, lebte »imm-änä chlynä Tatschihüsäli« ein Schuhmacher; der war ein grosser Zauberer, von Zeit zu Zeit schwamm er durch den See, die Reuss und den Schächen bis nach Bürglen im Kanton Uri. Dort fügte er den Leuten grossen Schaden zu, indem er den Kühen mit einem dünnen, spitzen Stecklein die »Burdi«, d.h. die Gebärmutter, zerstach. Endlich fragten sie einen fahrenden Schüler oder einen Geistlichen um Rat. Der sagte ihnen, sie sollten einen Leit- oder Bluthund sich verschaffen, der ihnen die Fährte des Zauberers aufsuchen würde. Wenn ein Hund neun Mal nacheinander je neun Junge wirft, so ist beim neunten Mal der neunte ein Leithund. Lange suchten und forschten sie, bis sie Einen fanden, der ein solches Tier besass. Er war bereit, es ihnen zu Diensten zu stellen, wenn ganz Bürglen für ihn Bürgschaft leiste. Das geschah, und sie bekamen den Bluthund. Dieser fand die Spur des Übeltäters, verfolgte sie an den Schächen, sprang dann in den Bach und schwamm durch die Reuss und den See bis nach Luzern. Einige Leute folgten ihm in Schiffchen. In Luzern (Brunnen) lief er geraden Weges auf das hohle Gässchen zu, sprengte dem Schuhmacher die Haustüre ein, traf ihn in seiner Butig auf dem Stuhle sitzend – er war ein kleines Mandli –, sprang ihm an die Gurgel und tötete ihn sofort. Von da an hatte das Vieh Ruhe vor diesem Kerl. Weil ganz Bürglen für den Hund bürgen musste, oder weil sie ganz Bürglen für ihn in Versatz als Bürgschaft geben mussten, hat der Ort den Namen Bürglen erhalten. Michael Imhof von Isental, 80 J. alt; Frz. Aschwanden, Seelisberg, u.a.m. b) Nach anderer Erzählart brachte der Schuhmacher tötliche Krankheiten unter das Vieh oder sogar unter die Menschen. Der Bluthund spürte ihn nahe bei der Attinghausener Brücke, wo der Schächen in die Reuss mündet, im Gebüsche auf. Joh. Jos. Imhof von Göschenen, 70 J. alt c) In der Alp Fiseten hatten sie auf Rat eines Kapuziners einen »Gleitshund« angeschafft und beim ersten Rind, das fiel, laufen lassen. Er lief über den Klausen, durch das Schächental nach Altdorf, durch die Axenstrasse nach Brunnen und rannte dort die Türe zu einer Schusterbude ein. Als der Hirt, der dem Hunde gefolgt, in die Bude trat, hatte der Hund den Schuster zu Fetzen zerrissen. Aber die Krankheit hörte auf. Schriftl. von Kapl. Truttmann d) In der Ruossalp verderbte es ihnen immer viele Rinder. Endlich holten sie Rat bei einem fahrenden Schüler. Der sagte, er besitze einen Hund, der neun Junge geworfen habe, und, wenn ein Hund beim ersten Wurf neun Junge werfe, so sei einer von ihnen ein »Gleithund« und mit besondern Gaben gegen alles Böse und gegen allen Zauber ausgestattet; aber man erkenne ihn erst, wenn er grösser geworden, am Fressen; er frisst nicht wie andere Hunde, sondern eher wie ein Mensch. Er wolle ihnen den seinen leihen, wenn die ganze Gemeinde Bürglen (sie bekam erst hievon den Namen) für ihn bürge. Der werde ihnen den Zauberer, der ihnen solchen Schaden zufüge, schon aufspüren. Nun, die Bürgschaft wurde geleistet, der Hund kam nach Ruossalp, wurde losgelassen, rannte direkt dem Muotatal zu und bis nach Brunnen. Die Älpler ihm nach. Zu Brunnen, vor dem kleinen Häuschen eines Schuhmachers, blieb er stehen. Hier war also der Zauberer! Die Älpler erschraken. Es war nämlich der Mann, der ihnen jeweilen die Rinderfelle um geringen Preis abgenommen hatte. Was sie mit ihm gemacht, weiss ich nicht, ich meine, sie sprengten ihn in den See. Josef Walker, Flüelen, 18 J. alt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der letzte Bergfest auf der Wengernalp

Source: Der letzte Bergfest auf der Wengernalp

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D'r lescht Bärgdorfet uf d'r Wengrenalp Friejer hein d’Luterbrunner un d’Grindelwalder uf d’r Wengrenalp Jahr fer Jahr am Bärgdorfet en scheena Bänz usag’sch wungen. En Tschuppen Jahr ischt das Schafli gengen uf d'Luterbrunner-Syta chon, un das hed d’Grindelwalder furt un furt g’wurmed. Un duo ischt en em Grindelwalder yg’fallen, sys Purschi an er Fihlimähren z’seiggen (säugen). Bis das er ischt fifzächenjährig g’syn ischt där no im Fotzelrock (Kleinkinderrock) umha g’schlingled. E paar Jahr d’rnah, bin er Watteten Schnee, chund syn Alta, wan no geng chächa ischt g’syn, us em Weidli vom Hirten. Halba Wäg aha ischt er von eim a’packt worden, un där hed nen gwiss mier nyd un dier nyd in Schnee usi g’rierd, un druf hed er si verbutzd. B’m z’nachten hed d’r Aetti ses d’r Hushaltig g’raleged.(lang und breit erzählt) Im Verbliemten hed das die Alti un d’r jung Flatschlig (schwerfälliger Mensch) vor Lachen fascht zersprengt. Z’lescht un entli hed mu d’s Frouelli g’wisst z’ruunen, dass das grad syn Junga sygi g’syn. As ischt g’wiss no etlichs Jahr gangen, ob där hed in einzega Streich g’wärched, dass ischt in fuuli Bohna wärt g’syn. Am meischten ischt är dem Fälen un dem Häägglen obg’lägen. (Ringen und Fingerhäkeln) En g'niötega (ausdauernd) Hääggler isch g’syn, sygs im Nahfinger ol im Grossen. Wan d’Schwingeta an d'r Wengrenalp ischt losgangen, hein dän grossen Watschlig vier Grindelwalder an er Chetti bis uf en Platz g’fiörd. Wan si syn chon mid mu, hed si alls verggaffed an däm Traliwatsch. (ungeschlachter Mensch) Finger hed er g’häben wen Arvzäpfen, Fyscht we Schindelpluwla.. (hölzerner Schlägel) Us em Huufen von d’r Wengensyten hed eina brieled: "Hoscha — hoo! — hoppelli hoo! — dän heid er g’wiss nid an d’r Rinderbaarniu g’häben!" D’ Grindelwalder syn von eim zum andren gan chischellen wie där en Munichraft heigi; där traagi vier — fyf Zäntner ohne schnuupen un bartwischen, un hyt syg er no bsundrig ufg’schochneta. Syg’s g’syn wela dass heig wellen, si hein g’chrafted un g’safted an mu, as hed vellig, vellig nyd b’schossen. Ohni wyters hed eina fer eina miessen von Griffen lan un flach gän. As hed g’wiss alls d’schuudred, eso hed er eina na dem andren nider g’macht, un menga hed si no g’wirsed (verletzt) am mu. Pletzli hed’s en jedra g’uwilled, dän utappeten Geschmer z’nyschen (den schwerfälligen Lümmel zu schütteln). D’Grindelwalder, un b’sunders syn Eltra, syn stotzig (stolz)worden. Disa ischt firhi uf en Schwingplatz un hed si usgän, wen eina da sygi, wan syn Junga megi, su chenn er anhi chon an Itramen un von achtzächnen die brävschti Trychelchue usaläsen. Sobald ischt da es chrouchs Graaggimanndli vo Wengen virhi, un duo ischt alls in es Lachen chon. As hed g’seid, as well schon grad eina mid mu machen. D'r alt Tricknapf von dämm useeden (ungemütlichen) Grindelwalder ischt ufg’standen un hed mu virhi brieled: "Was willt jetz du mid dynen chrummen, reeklen Chnoden?" Duo heis z’sämengriffen. Ja gewiss wen es Wäxi ischt das Graffelmänndi uf nen los. As ischt mid mu hin un här, aber mid däm Holzepfelross ischt nyd g'syn az’gahn. Pletzli hed das das Mantschi hoh in d'Luft g’häben wen en Lyribuob (Kinderspielzeug) un hed brummled: "Wa sol en di jetz hin tuon?" Un d'r Gross hed gegerlecha un pechischa (fröhlich und protzig)  zun Grindelwaldren uberg’lyssled. Im Nuu ischt mu das niefer (zart und fein) Manndli us en Griffen etwitscht. Äs nyd linggs — guot Schnätz — ischt mu über en Puggel ab pfitzt, hed nen am Girtel g’sammled un — ppänng — duo ischt där Tätschbär uf em Puggel g’syn — ü ddas! (und das gewiss) Uf Wengensyta hed’s es G’lärmidier gän, dass hed in allen Fliehnen teend, wan die Waschscha (Koloss) ischt bedegeti g’syn, un si hein g’chichred, wil d’s Bänzi no eis uf di disri Syta chemi. Däruf ischt d’r Alt vom Grindelwalder uf d’s Troom chon, da syg in Häxery derbie. Schon b’m Handdricken heig d’r Jung g’merkt, das er litscha (matt) wärdi, un bevor er das Beri heig chennen ablegen, syg er ganz abächa (todmatt) g’syn. Duo ischt in Zanggeta un Trischaaggeta usbrochen; si hein inandren g’fuuschted un g’wixt, un as ischt in ungehyri Strigleta (grosse Schlägerei) drus worden. In jedra hed i Tschuppen Pylli (Beule) am Grind g’häben, un däm alten, nieferen Männdi heis g’wissd d’s Nasenbein yz’rieren. Von da an hed’s i kein Bärgdorfet un Schaflischwinget meh gän uf d’r Wengrenalp, un no in Huufen Jahr hed das g’hässelled zwissen Wengen un Grindelwald. Quelle: Hans Michel, Ein Kratten voll Lauterbrunner Sagen. Wengen 1936. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der letzte Edle von Ramosch

Source: Der letzte Edle von Ramosch

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Vor langen, langen Jahren lebte auf der Burg ein junger, stattlicher Freiherr, dessen Hausfrau eine Tochter des Herrn auf dem alten Turm in Zuz war. Die Ehe war glücklich und mit zwei Knäblein gesegnet; aber der Friede des Hauses wurde bald gestört. Die Edelfrau bemerkte nämlich, dass ihr Gatte nicht mehr so liebreich und unbefangen war, wie ehedem, und seit einiger Zeit alltäglich zu bestimmten Stunden vormittags das Schloss verliess und erst spät wieder heimkehrte. Sie fragte den Jäger, der den Herren oft begleitete, aber konnte von ihm nur erfahren, dass ein Eid seine Zunge binde. Die listige Edelfrau brachte gleichen Tages dem Jäger zwei Beutel, einen mit Gold, den andern mit grobem Sande gefüllt; der Jäger begriff, dass er zwar nicht reden musste, verstand aber dennoch die Weisung seiner Herrin und nahm beide Beutel; das Gold behielt er für sich und den Sand streute er unvermerkt aus, als er seinen Herrn am nächsten Vormittage wieder begleitete. Die Edelfrau folgte der Spur des Sandes, die sie nach der Höhle im Assatal führte, und sie ging ihr nach, bis sie davor stand. Da lag der Jäger und schlief, oder schien zu schlafen, und in der Höhle fand sie den Gatten in den Armen einer schönen Bergfee, beide in sanftem Schlummer. Jetzt war das Rätsel gelöst. Die Edelfrau entfernte sich ebenso sachte, wie sie gekommen, doch schnitt sie vorher von den zwei schönen Haarflechten der Fee eine ab und nahm sie mit sich. Der Burgherr kam verdriesslich heim und konnte seinen Trübsinn nicht bergen. Doch schwieg er, wie immer. Da schloss die Edelfrau eines Tages die Truhe auf und überreichte ihm die Haarflechte der Fee, und gab ihm mit sanften Worten die Freiheit, zu tun, was seinem Herzen gelüste. Das fiel dem Ritter schwer auf’s Herz. Er versprach der Frau die Fee fürderhin zu meiden, und hielt redlich Wort. Die Haarflechte liess er durch den Jäger zu der Höhle tragen und ihn dort niederlegen. Am dritten Tage darauf, zur der Zeit, als der Edelmann vordem nach der Höhle gegangen, vernahm der Torwart eine gellende, weibliche Stimme, welche ausrief, der Burgherr möge zu der Höhle kommen, sonst werde sein Stamm aussterben und sein Gut in fremde Hände fallen. Aber der Edelmann ging nicht wieder nach der Höhle im Assatal. Da stieg die Fee in die Höhle hinab, in deren Tiefe man sie noch lange Zeit weinen hörte, und aus welcher ihre Tränen dringen, zur Stunde, wo der Geliebte zu kommen pflegte. Von dieser Zeit an ruhte aber kein Segen mehr auf der Burg. Der Ritter fiel in einer Fehde, seine Söhne starben jung an einer Krankheit, in ein und derselben Stunde, und die Edelfrau schloss ihr Leben hochbetagt, kummergebeugt, als Äbtissin zu St. Maria im Münstertal. Das schöne Erbe fiel an dieses Kloster. Aber noch heute fliessen die Tränen der Fee in der Grotte im Assatal.  Aus: D. Jecklin, Volkstümliches aus Graubünden, Zürich 1874     Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der letzte Herr auf Greifenstein

Source: Der letzte Herr auf Greifenstein

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Vor einigen hundert Jahren wohnte im Schlosse Greifenstein ein arger Raubritter, der die sorglosen Reisenden auf der Strasse anfiel und plünderte; manchmal schleppte er sie, wenn er glaubte, besondern Fang gemacht zu haben, gefangen mit sich und liess sie nur gegen schweres Lösegeld wieder frei. Selbst geistliches Gut war vor seinen räuberischen Händen nicht sicher. Den edeln Rittern des Landes gefiel das Raubwesen des Greifensteiners gar nicht, und besonders war es der Freiherr von Ehrenfels, der zuweilen ihm den Weg verlegte und den Raub ihm abnahm, um diesen den Geplün­derten zurück zu geben. Darum schwörte der Buschklepper dem wackern Ritter den Tod. Eines Tages jagte der Edle von Ehrenfels in den Wäldern von Villasur (Filisur): bei ihm war sein einziger Sohn. Im Jagdeifer drangen sie vor bis an den Jenisberg, welcher dem von Greifenstein zugehörte. - Wie sie so an den Felsen und zwischen den Gebüschen herumkletterten, - sauste plötzlich ein Pfeil daher - und - lautlos brach der alte Freiherr zusammen; der Bolzen steckte in der Stirn. Der Vater rollte leblos vor des Sohnes Augen in den gähnenden Abgrund hinunter. - Der junge Freiherr blickte zornsprühend dahin, wo das tödliche Geschoss hergekommen war, aber er erschaute Nichts als einen Lämmergeier, der in weiten Kreisen sein Nest am Felsen umschwebte. Da legt er rasch ins Gebüsche sich nieder, stiess mit dem Fuss einen faulen Baumstamm in die Tiefe, dass er, laut krachend, von Klippe zu Klippe kollerte und erhob zu­gleich ein angstvolles Geschrei, als stürze er hinunter, indes er - seinen Bogen spannte. Jetzt trat der Räuber von Greifenstein aus dem Gebüsche hervor: »Ha«, rief er, »auch die junge Brut ist scheints in des Satans Rachen gefahren! Wahrhaftig« .... - er wollte weiter spotten - aber der junge Ehrenfelser hatte zu rechter Zeit den Pfeil abgesendet. Mit grässlichem Gebrülle sank der Ruchlose in den tiefen Abgrund und sein Körper zerschellte an den scharfen Felsenzacken. - Sein Geist hat fürder keine Ruhe. - In nächtlichen Stunden hören Hirten und Jäger sein schreckliches Ächzen und sehen im Mondscheine die trübe Gestalt, wie sie gespenstig Schluchten durchzieht und das Gebirge durchschreitet, den glühenden Bogen schwingend. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der letzte Herr von Castlins

Source: Der letzte Herr von Castlins

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Die Herren, die auf den Burgen bei Süs wohnten, machten sich Nichts daraus, die Durchreisenden anzuhalten und auszuplündern, oder den ruhi­gen Landmann in ihrer Nähe zu drücken, zu plagen und dann das Geraubte in Saus und Braus zu verprassen. Besonders soll der Letzte von diesen Herren, der von Castlins, gegen das Volk, das um ihn herum wohnte, hart und unbarmherzig gewesen sein. Als nun das Feuer der Freiheit, das lange Zeit unter der Asche glimmte, in hellen Flammen aufloderte, wurden auch die Männer des Unter-Engadins von ihm ergriffen, und die Einwohner von Süs, der Plackereien müde, verbanden sich mit ihren Nachbarn und beschlossen, Denselben ein Ende zu machen. Eines Morgens wurde der Herr auf Castlins durch wilden Kriegslärm und Waffengeklirr aus seinem tiefen Schlafe aufgeschreckt. Als er ans Fenster trat, erblickte er eine Menge Bewaffneter, die seine Wohnung belagerten und seinen Tod verlangten. Zu entfliehen war ihm unmöglich, um Hülfe rufen unnütz, denn der Harte und Unbarmherzige kann niemals vieler Freunde sich rühmen. - Er musste kapitulieren, und es gelang ihm, Leben und freien Abzug zu erhalten, sogar durfte Jedes der Seinigen mit­nehmen, so viel es tragen mochte. Der Ritter aber traute dem Volke nicht und bereitete eine nächtliche Flucht vor, wobei er, um der Verfolgung zu entgehen, seine Pferde verkehrt beschlagen liess. Möglich, dass der Hufschmied sie verriet, kurz, das Volk erhielt Kunde von des Herrn Vorhaben und erachtete es nicht für nötig, sein gegebenes Wort weiter zu halten. Der Ritter verliess die Burg und setzte über den Inn, sein Gefolge hinter sich. In der Nähe der Crap Sasslatsch stiegen sie ans andere Ufer und wollten weiter ziehen, talabwärts, wurden aber von einer im Hinterhalt liegenden Schaar bewaffneter Bauern aufgehalten, ergriffen und erschlagen. Ein Einziger von Ihnen, Namens Martin, entkam. Noch jetzt wird die Stelle gezeigt, wo diese Tat geschehen und seitdem sollen keine Singvögel um diesen Ort herum nisten oder lange dort sich aufhalten, während ringsum Wald und Flur von dem Gesange der Vögel ertönen. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der letzte Herr von Neuenburg

Source: Der letzte Herr von Neuenburg

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Der Schweinehirt von Untervaz weidete einmal seine Borstentiere in der Nähe des Schlosses Neuenburg. Eines Derselben schrie auf einmal grässlich; da liefen nach dieser zahmen Bestien Art alle Andern hinzu, als ob sie ihr helfen wollten. Das sah der Zwingherr von einem Balkon herab und sagte, laut lachend: »Wenn die Bauern also zusammenstünden wie diese Schweine, so wären wir Herren des Lebens nicht mehr sicher.« Der Hirte hörte diese Worte und er erzählte daheim sein Abendeuer den Bauern. Die taten sich auch zusammen, belagerten und erstürmten Neuenburg und verbrannten das Schloss; den Zwingherrn aber Jagten sie ausser Land. - Nach Andern soll auch dieser Zwingherr auf einer Tenne mit Flegeln er­schlagen worden sein. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der letzte Herr von Steinach

Source: Der letzte Herr von Steinach

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Wenn man von Arbon längs des Bodensees gegen Rorschach hinaufreist, erblickt man rechts auf dem Rande des Bergrückens, der sich gegen den See abdacht, eine gute halbe Stunde oberhalb Steinach, einen grauen Turm mit einem breiten Überbau, der wie ein Riesenhut auf dem weiten Mauerstocke sitzt. Es ist dies die Burg Steinach. Der letzte Herr von Steinach lebte als rauher, gefühlloser Herrscher einsam auf seiner Burg. Die Untertanen erschraken, wenn er aus seiner Festung trat; denn ohne Erbarmen züchtigte er die, welche ihm nicht gefielen oder seinen Befehlen ungehorsam waren, aufs härteste. Sein Herz verschloss sich vollends, als eine bittere Fehde zwischen ihm und dem Herrn von Wartensee ausbrach. Mit kaltem Blute verbrannte er die Dörfer und Höfe, erschlug er die Leibeigenen und Knechte seines Feindes und ihre Weiber und Kinder. Der Herr von Wartensee suchte umsonst seinem Gegner beizukommen. Bei Tage war derselbe immer wohlbewehrt, wenn er auf die Jagd ritt, und in der Nacht zog er die Fallbrücke auf, schob er gewaltige Riegel vor das Burgtor und wachten blutgierige Hunde hinter den Mauern. Ein Mädchen endlich, das bei dem Herrn von Steinach hauste, wurde von dem Herrn von Wartensee gewonnen, dass es, wenn sein Herr zur Mahlzeit an das Fenster sitze, das gegen Wartensee hinaufschaue, ein weisses Tuch hinaushänge. Es geschah; und sogleich flog ein Pfeil durch das Fenster und durchbohrte Rücken und Brust des Zwingherrn mit solcher Gewalt, dass die Spitze im Tische stecken blieb. Den Blutflecken auf dem Fussboden vermochte kein Wasser auszulöschen. H. Herzog, Schweizersagen.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 20, S. 13 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Letzte ist des Teufels

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So ein Wirtshaushocker prahlte laut: »Ja, dem Teufel biete ich aus. Wenn er mir einen Sack voll Geld bringt, mag er kommen.« Und er machte ernst und zog einen Kreis mitten in der Diele des Lokals und hiess den Horämelki kommen. Und wahrhaftig, der kam und warf einen Sack voll Geld mitten in den Kreis hinein. Jetzt waren die Helden alle schneekreidenweiss. Wie diesen Gast wieder los werden? Einen, wenigstens einen, wollte er haben, da liess er nicht lugg. Endlich lief der Wirt zum Pfarrer und erzählte ihm alles. Der holte in der Kirche das Allerheiligste und schritt damit dem Wirtshaus zu, wo er der famosen Gesellschaft zuerst tüchtig den Kafalantis machte und hernach mit dem Teufel akkordierte, er könne den Letzten behalten, der diesen Abend die Wirtsstube verlasse. Und jetzt hiess er die Gäste einen nach dem andern hinausgehen, hintendrein folgte er selber, aber rückwärts! So kam es, dass das Allerheiligste, das der Pfarrer in den Händen trug, als letzter die Stube verliess, und dem vermochte der Höllenfürst nichts anzuhaben. Katharina Gamma, 50 Jahre alt, Wassen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der letzte Raubritter von Gündisau

Source: Der letzte Raubritter von Gündisau

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Der letzte Raubritter von Gündisau Unweit vom Weiler Steinland in der Gemeinde Wildberg erhebt sich ein bewaldeter Hügel, der heute noch Schlosshügel genannt wird. In seiner nächsten Nähe rauscht der Steinlandgiessen, einer der höchsten Wasserfälle des Kantons. Auf jenem Hügel stand einst eine Burg, aber heute sind davon nicht einmal mehr Trümmer vorhanden. Wenn man aber auf dem Platze mit den Füssen stark aufstampft, hört man ein dumpfes, unterirdisches Dröhnen. Es soll daselbst ein unterirdisches Gewölbe geben, in welchem der letzte Besitzer der Burg seine geraubte Schätze hütet. Im nämlichen Jahre, da König Rudolf von Habsburg strenges Gericht hielt über den Raubadel in den deutschen Landen, ereilte auch den letzten Ritter von Gündisau der verdiente Lohn. Diethelm von Griessenberg (zu Gündisau), ein starker und gewalttätiger Raubritter, war in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts der Schrecken der Umgebung. Mit den benachbarten Freiherren von Wildberg und Schalchen, die friedlicheren Sinnes waren als er, stand er auf gespanntem Fusse. Er hütete sich wohl, mit ihnen anzubinden, um sie nicht zu Verbündeten seiner schwergeplagten Bauern zu machen. Doch wie er auch seine Untertanen aussog, konnte er mit seinen Zins- und Steuereinnahmen nicht das Schwelgerleben führen, in welches er sich eingelassen. Er wurde zum Buschklepper, vor dessen Klauen nicht sicher war. Unweit Steinland, am Steingiessen, wohnte der arme Bauer Meinrad Bünzli mit seiner Familie. Zu diesen Leuten flüchtete sich im Sommer 1291 die jüngste Schwester Meinrads, deren Eltern bei Turbenthal wohnten. Sie war eine eben erblühte Jungfrau und hiess Ida. Weil der Freiherr von Breitenlandenberg ihr nachstellte, wollte sie sich vor seinen Zugriffen bei ihrem Bruder verstecken. Aber sie lief vom Regen in die Traufe. Nach wenigen Tagen hatte Diethelm sie bereits aufgespürt. Er trat in Meinrads Hütte und holte sich das wehrlose Mädchen unter höhnischem Gelächter. Doch da schwoll Meinrads Zorn. Er holte den Räuber ein, und es entspann sich ein Handgemenge, während dessen Ida entfloh. Der Ritter, ihr nachstürmend, konnte nur noch zuschauen, wie sich das Kind über den Giessen hinunterstürzte. Wild fluchend wollte er seine Wut an Meinrad kühlen. Doch ehe er sich’s versah, stiess ihn dieser in die Tiefe, in das hölIische Brautbett. Meinrad stieg darauf in die Schlucht hinunter, um nach seiner Schwester zu schauen. Doch gab es nichts mehr zu retten; sie hatte ihr junges Leben ausgehaucht. Nicht weit davon lag Ritter Diethelm mit zerschmetterten Gliedern, noch lebend. In blinder Rache zog Meinrad ihm das Schwert aus der Scheide und brachte ihn mit seiner eigenen Waffe um. Dann trug er seine Schwester heim. Am selben Tag noch machte sich Meinrad auf den Weg nach dem Bruggetwald, wo er den Bruder Josef in seiner Einsiedelei aufsuchte. Dieser riet ihm, die Lage auszunützen, das Raubnest auszunehmen und ihm den roten Hahn aufzusetzen, jedoch ohne Blutvergiessen. Mit diesem Rat begab er sich eiligst auf den Heimweg. Als er das Dörfchen Gündisau erreichte, trat er bei Lorenz Gubler, einem riesenhaften Kriegsmann ein. Dem erzählte er alles. Dieser zeigte grosse Lust, das Lumpengesindel in der Burg mit dem Strick zu erhöhen. Er wollte aber an den Tod des Ritters nicht recht glauben, da er ihn hieb und stichfest wusste, denn es war bekannt, dass Diethelm hierfür eine höllische Salbe besass. Aber Meinrad konnte ihm glaubhaft machen, dass der Bösewicht unten im Tobel zerschmettert liege. Drum hielten sie Rat, wie sie den Rest erledigen wollten. Mit Leuten aus Schalchen, die sich eilig mit Sensen, Spiessen und den nächstliegenden Waffen einfanden und unter Zuzug der Männer von Gündisau umstellten Gubler und Bünzli das Eulennest. Unterdessen war man auf der Burg tätig geworden, den langausbleibenden Herrn zu suchen. Als sich die Brücke gesenkt hatte und die Besatzung unter Fackelschein die Feste verliess, überrumpelten die Bauern sie und zündeten das Raubnest an. Der Ritter wurde in der Nähe der Trümmer bestattet. Da er ohne Leibeserben gestorben war, wurde die Burg nicht mehr aufgebaut. Im unterirdischen Gewölbe muss aber Diethelm seine Schätze hüten. Der Erzähler schliesst seine Geschichte mit den Versen: In das düstere Gewölbe bannt ihn die Verdammungspein, und kein süsser Mondschein strahlet In die graue Nacht hinein, Wo der letzte Raubgenoss Haust vom Gündisauer Schloss! Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Stark gekürzt aus Jahrbuch Pfäffikon Nr. 2, S. 65 - 89; „nach einer Sage“ erzählt von Gottlieb Egli (1880). - Vermutlich wurde die Burg „Neu-Wildberg“ im Alten Zürichkrieg zerstört. Sie stand zwischen Gündisau und Wildberg. Vgl. Aeppli, Chronik der Gemeinde Wildberg, und Ernst Zehnder, Die Herren von Wildberg im Tösstal (neues Winterthurer Tagblatt, 22. 4. 1950).   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der letzte Ritter auf Solavers

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Im Rätigau steht eine Felsenwand, Ergraut in Gewittern und Stürmen; Da schaut' eine Feste einst trotzig durch's Land Mit Mauern bewehret und Türmen; Die Scheiben erglitzerten feurig in's Tal, Beschienen vom scheidenden Sonnenstrahl, Vom Wartturm wehte die Fahne; Und hinter den Fenstern sass blass wie der Tod Der Graf und starrte in's Abendrot, Als ob er was Böses schon ahne.   Es stieg an dem nächtlichen Himmel empor Der Mond mit seinem Geleite, Die Mitternacht nahte; da tönt es an's Ohr Des Grafen wie Sturmesgeläute; Er schaute hinaus in die mondhelle Nacht, Da waren schon flackernde Feuer entfacht Ringsum auf den felsigen Höhen, Und unten im weiten geebneten Plan, Da schaarte das Volk sich Mann für Mann: Sie wollten den Grafen bestehen.   »Wohllastete eisern und schwer meine Hand Auf ihnen, sie sollten sie fühlen! Jetzt haben die Bauern sich endlich ermannt, An mir ihr Mütchen zu kühlen; Sie wollen zerbrechen mein drückendes Joch, Doch hab ich mein schneidiges Schlachtschwert noch, Die Schaaren noch meiner Getreuen; Und eh\' sie besiegen der Knappen Tross, Und ehe sie brechen mein gräfliches Schloss, Da soll es noch Manchen gereuen!« -   So drohte er zornig und fasste sein Schwert, Und eilte zum blut'gen Gefechte; Im Hofe da wieherte mutig sein Pferd, Da standen gewappnet die Knechte Und jauchzten entgegen dem kommenden Herrn; Sie fochten zur Seite dem Tapfern gern, Er führte zum Siege sie immer; Jetzt sprengte er ordnend die Reihen hinan Und feuerte kräftig zum Kampfe sie an, Bei des Mondes stillem Geflimmer.   Doch eh\' man zum Kampfe geordnet war Und kaum noch verhallet die Worte, Da stürmet heran der Bauern Schaar Und sprengte die eichene Pforte; Und warf auf den Feind sich in tosender Wut, Und schwenkte die Waffen voll Kampfesmut Zu starken tödlichen Streichen. Lang standen die Knappen entgegen dem Drang, Sie standen mit Ehren im blutigen Gang, - Der Übermacht mussten sie weichen.   Der Ritter kämpfte dort hoch zu Pferd, Umgeben von seinen Getreuen; Er schwang in der Rechten sein schneidiges Schwert, Es sollte noch Manchen gereuen: Denn wo das blitzte, da brachte es Tod, Es ward seine Rüstung vom Blute rot, Es türmten sich Leichen auf Leichen. Doch als seine Klinge klirrend zersprang, Der zischende Laut zum Herzen ihm drang, Da sah man den Grafen erbleichen.   Sein staatliches Schloss stand hell schon im Brand, Die Knappen waren gefallen; Und wenn auch zum Siege die Hoffnung entschwand, So wollt\' er mit Ehren doch fallen! Schnell drückte dem Pferde die Sporen er ein, Und flammend und glühend in feurigem Schein Blitzt plötzlich er über die Mauer, Und klirrte fluchend in's felsige Grab. – Es schaute staunend die Menge hinab Ergriffen von eisigem Schauer.   Im Rätigau steht eine Felsenwand, Ergraut in Gewittern und Stürmen; Einer Feste Ruinen schau'n trotzig durch's Land, Es nistet die Eu!\' in den Türmen. Doch oft noch sieht man in finsterer Nacht Von Blitzen umzingelt, vom Donner umkracht, Hoch oben stehen den Grafen; Er schwingt in der Rechten sein schneidiges Schwert, Er spornt die Felsen herunter sein Pferd; Dann legt er sich wiederum schlafen.   Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der letzte Ritter von Bernegg

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In der Burg Bernegg lebte vor vielen hundert Jahren, als der Letzte seines Stammes, ein roher, hartherziger Ritter, der an Allen, die dort vorbei mussten, seine Tücke übte. So kam auch einst ein in der Heilkunst erfahre­ner Bernhardiner-Mönch des Weges, der nach dem Schlosse Summerau wollte, um die dort krank liegende Edelfrau zu pflegen. Es war Abend ge­worden und schon begann dunkele Nacht herein zu brechen. - Der Ritter versprach, gleissnerisch zuvorkommend, dem Geistlichen das Geleite durch das gefährliche» Tiefe-Tobel« zu geben, das zwischen dem Schlosse Bernegg und dem benachbarten Castiel sich hinzieht. Hocherfreut nahm der fromme Mann das Anerbieten an und wünschte dem Edeln Gottes Segen dafür. Die Beiden machten in grösster Dunkelheit sich nun auf, voran der Ritter mit der Fackel, jedoch absichtlich einen falschen Weg wählend, dem Tobel zu. - Plötzlich, mitten im Walde, löschte er die Flamme aus und liess den Pilgrim hohnlachend in der grausen Finsternis hilflos stehen. Inzwischen hatte ein gewaltiges Gewitter sich gesammelt; die Blitze zuckten wie feurige Schlangen und der Donner wiederhallte in den Klüften. Der Regen goss in Strömen. - Da durchfuhr ein greller Blitz die Luft und steckte die Tanne, unter welcher der Unbarmherzige, vor dem Ungewitter sich schützend, versteckt hatte, an, und betäubte ihn selbst. Das Feuer griff rasch um sich und verzehrte die Tanne und den Ritter, dem in der Todesstunde eine Stimme aus dem Wetter zurief: »Vernimm du Frevler, was Gott, der All­mächtige dir gebeut: ‚da wo du im Leben gesündigt, sollst du im Tode büssen; jede finstere Mitternacht verlasse dein Grab, suche verirrte Wanderer auf und weise sie mit deiner Fackel auf den richtigen Pfad; bringt dann einst ein Geretteter aus frommem Herzensgrunde dir Dank, dann hat auch dir die Erlösungsstunde geschlagen; bis dahin aber büsse, und wandle unstet deinen Gang.‘ Zweihundert Jahre waren seitdem verflossen. - Ein Bursche in Cafreisen hatte in Castiel ein Mädchen lieb. Ihn überraschte einmal schreckliche Gewitternacht auf der Heimkehr durch das Tobel; der sonst des Weges Kundige verirrte sich. In der Herzensangst flehte er den Allmächtigen um Schutz. - Auf einmal erhellte Fackelschein das Dunkel; es war der Geist des Ritters, der seines Amtes gemäss den Führer des Verirrten machte, wofür der Bursche ihm herzlich dankte. - Die Erlösung der armen Seele des Ritters war bewirkt, und der Bursche eilte wohlgemut nach Hause, wo er der harrenden Mutter sein seltsames Abenteuer erzählte. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014     Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der letzte Ritter von Fracstein

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Aus der Lanquart ungeschwächter Wilder Flut Halten, als des Tales Wächter, Hoher Felsen Zweie Hut; Stehn sich nah genüber, ragen Schroff empor, Ein verwittert, abgeschlagen Höllentor.   Aus des Einen finstrer Grotte Trotzig schaut Eine Burg, als wie zum Spotte Allen Stürmen hingebaut; Und a's Felsengitter stützet Eine Maid, Und in tiefer Brust ihr sitzet Banges Leid.   Denn von ihres Liebsten treuer, Trauter Brust, Von dem Jüngling, der ihr teuer, Von des Tales grüner Lust, Ward sie grausam forgerissen, Hat dem Tross Roher Knappen folgen müssen Auf das Schloss –   Und der Ritter naht mit Schrillen Wilder Hast, Achtet nicht ihr Sträuben, Bitten; Doch, wie sie sein Arm umfasst, Hai es drüben rasch gewunken Im Gesträuch, Und der Ritter ist gesunken, Blutig, bleich.   Starr ein Pfeil ihm steckt im Haupte; Drüben laut Jauchzt der Jüngling, dem er raubte Nächten seine holde Braut! Und dem Ritter ist gebettet Rot in Blut, Und die Jungfrau fühlt entkettet Freudge Glut.   Plötzlich in der Burg ein Fechten, Streit, Geschrei; Denn zum Kampf mit Rittersknechten Eilt das Volk im Sturm herbei; Krachend stürzt das Schloss im Feuer, Doch befreit Bei dem Jüngling, der ihr teuer, Steht die Maid,   Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der letzte Ritter von Lichtenstein

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Vor hoher Feste Lichtenstein Tönt wilder Lärm in's Land hinein Und Hurraruf und Kampfsgewirr, Und stürzende Mauern und Schwertergeklirr, Dann laut, gleich Donnerdräuen, Der Bauern Siegesschreien.   Ein Ritter hat sich gut gewehrt, Schwingt in der Hand sein blutig Schwert, Und um ihn drängen in stürmendem Schwall' Die siegestrunkenen Bauern all' Und endlich ist's gelungen: Der Ritter ist bezwungen.   »Nimm, weil du dich so gut gewehrt, Nimm hin dein blutig scharfes Schwert: D\'rauf sollst du uns zeigen den besten Ritt, Sollst über die Felsenwand reiten damit; Sonst stirb von unsern Händen! Nun wähl\', wie willst du enden?«   Er schaut hinab von schroffen Höh'n, Das Leben scheint ihm gar zu schön; Es ward ihm so bange, es riss ihn fort, Da sprach er im Herzen ein grässlich Wort: Gab seine Seele dem Bösen, Wenn er ihn wollt' erlösen.   Frisch nahm er dann das Schwert zur Hand, Sprang vor zum hohen Abgrundsrand Und setzte sich d\'rauf und fuhr zu Tal – Aus donnernder Wolke ein Wetterstrahl – Kam an ganz wohlbehalten; Wort hat der Teufel gehalten.   Dann wandt' er sich und schaut hinauf: Hell ging die Burg in Flammen auf; Es tönte der Bauern Gejauchze so gell, Es trieb ihn durch Wiesen und Äcker so schnell, Er ist in' s Dorf geirret, Der Böse hat ihn verwirret. -   Wer kommt so schnell gesprungen dort? O eile, Ritter, O eile fort! Die Weiber, die brachten ihm grosse Not; Sie schlugen mit Flegeln Den zu tod', Den Schwert und Felsen sparten - So mischt der Teufel die Karten.   Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der letzte Ritter von Rheinsberg

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Der letzte Ritter von Rheinsberg Westlich vom Rheinknie bei der Einmündung der Töss erhebt sich der bewaldete Rheinsberg. Darauf befanden sich vermutlich ein helvetisches Refugium, ein römischer Wachtturm und eine mittelalterliche Burg. Diese war nach der Sage einst bewohnt vom Ritter Arnold, dem Letzten seines Geschlechtes. Eines Abends wollte er mit seinen Töchtern noch etwas ausreiten, wobei er durch einen Hohlweg kam, in dem ihm eine verhärmte Frau mit einem Kind auf den Armen abpasste. Ritter Arnold hatte ihren Mann wegen eines kleinen Jagdfrevels einsperren lassen, und die Frau bat ihn nun unter Tränen um dessen Befreiung. Da sei, so wurde berichtet, der Tyrann so rasend geworden, dass er seine Bluthunde auf das Weib gehetzt habe, das samt dem Kindlein von ihnen zerrissen worden sei. Dann habe der herzlose Wüterich über die Leichen sprengen wollen, sei aber plötzlich von seinem Schimmel gestürzt und tot liegen geblieben. Noch lange nachher gab es In der Gegend Leute, die den berittenen Geist dieses letzten Rheinsbergers wollten gesehen haben. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Unterland Hedinger, S. 20. Seine Quellen: Gedicht von Pfarrer A. Wild im 2. Bd. seines 1848 herausgegebenen Taschenbuches für Eglisau, S. 57; Binder, S. 127; E. Zehnder, Artikel (ohne nähere Bezeichnung) im „Wehnthaler“ vom 15. 01. 1945. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der letzte Schlossherr auf Guardavall

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Siehst du den Turm im Abendstrahl, Auf hohen Felsen dort? Das war die Feste Guardavall, In grauer Zeit des Landes Qual, Voll Tyrannei und Mord. –   Du, Wandrer, der die Strasse ziehst, Steh still und blick empor; Steh still, und hör im ernsten Lied Wie diesen Mauern, zornentglüht, Das Volk Verderben schwor. –   Einst ging auf diesem Felsennest Ein Ritter aus und ein; Ihn floh der Landmann wie die Pest, Dem Schurken war kein Schloss zu fest, Kein Heiligtum zu rein. –   Der sah einmal von seinem Turm Ein Mägdlein, zart und jung; Da regt sich der Begierde Wurm Und seines Herzens wilder Sturm Erheischt Befriedigung. –   Und zu des Mägdleins Vater sandt Er seiner Knechte Schaar; Die drohten wild mit Mord und Brand, Und forderten von dessen Hand, Was ihm am liebsten war. –   Und Adam hört es unverzagt, Es blitzt sein Auge kühn; Doch mässigt er sich klug und sagt: »Ich bringe, wenn der Morgen tagt, Das Mägdlein selber hin.« -   Kaum sind die Henkersknechte fern, Stürmt er von Haus zu Haus: »Sind wir denn Hunde dieses Herrn? Ein Hund trägt solche Schande gern!« So ruft er wütend aus. –   Kaum wird im Dorf die Sache kund, So lodert Aller Wut, Und Jeder schwur mit Hand und Mund: »Er soll es büssen, dieser Hund! Wir wagen Gut und Blut.« -   Und Morgens früh, im Dämmerschein, Ertönts im Tale laut; Und froh herauf von Madulein Führt Adam nun sein Töchterlein, Geschmückt wie eine Braut. –   Und ihnen wallte wohlgemut Ein Brautgefolge nach; Das murmelt leis von Rach und Blut, Von Tyrannei und Übermut Und von erlittner Schmach. –   Von Oben sah mit Henkerslust Der Bösewicht den Zug; Es pochte seine geile Brust, Und, Seiner selbst sich unbewusst, Eilt er hinab, im Flug. –   Und nahte sich dem holden Kind, Mit bösem, wüstem Scherz; Jetzt packte, wie ein Wirbelwind, Nun Adam ihn und stiess geschwind Den Dolch ins schwarze Herz.   Da krümmt er heulend sich am Stahl, Da strömt sein Blut hervor. Er sinkt, - und sein Guardavall, - Erst noch ein Schrecken für das Tal – Flammt lichterloh empor. –   Und jubelnd ziehn die Sieger nun Hinab, ins freie Tal. Jetzt dürfen sie im Frieden ruhn, Kein Vogt wird ferner Böses tun: Denn tot ist Guardavall. –   Siehst du den Turm im Abendstrahl, Hoch überrn Tannenkranz? Das war die Feste Guardavall, Sie fiel durch unsrer Väter Stahl Mit allem ihrem Glanz. -   Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der letzte Schlossherr von Amides

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Auf dem sog »Toma-Caste« in Ems bei Cur stand zur Zeit, als das Christentum in Rätien Aufnahme fand, das Schloss Amides, das einem reichen, aber bösen und geizigen Herren gehörte, der seine Untertanen auf alle Weise plagte und misshandelte. Einmal forderte er von einem Bauern, der unten am Schlosshügel am Pflügen war, widerrechtlich den schönen Zug Ochsen; aber der Bauer nahm den Zugnagel und erschlug den Tyrannen. - Die Sage erzählt weiter: Auch sei der Bösewicht oft des Nachts auf die Felder gegangen und habe Marchsteine versetzt; zudem waren in seinem Schlosse grosse Schätze aufgetürmt, die noch jetzt vorhanden sein sollen; aber Niemand kann dazu kommen, denn sie werden durch fürchterliche Geister bewacht. Der Hartherzige und Ungerechte starb, mit ihm seine ganze Familie, und Niemand wagte es, sein Schloss in Besitz zu nehmen, - es zerfiel. - Aber seitdem treiben allerlei Geister ihr Unwesen in den Ruinen. Oft soll man den Ritter mit Weib und Kind sehen, allerhand Arbeit innert und aussert den Mauern verrichten, dann und wann macht sich derselbe, wie er im Leben getan, an die Marchsteine. - Ein noch jetzt lebender Mann habe in seiner Jugend in der Schlossmauer eine eiserne Türe und eine Treppe gesehen; als er nach kurzer Zeit mit einem Manne hin ging, um die Sache näher zu besehen, waren Türe und Treppe gar nicht mehr zu finden. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der letzte Schlossherr von Wartenstein

Source: Der letzte Schlossherr von Wartenstein

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Auf der steilen Anhöhe über dem Dorfe Lauperswil stand in alter Zeit die Feste der Herren von Wartenstein. Ein stark angewitterter Turm und die Grundmauern, umwachsen von mächtigen Tannen und Buchen, bezeichnen noch heute den einstigen Standort der Burg. Einst zog der Krieg ins Land. Von allen Freunden verlassen und von Feinden rings umlagert, beschloss der Ritter von Wartenstein, um nicht in der Belagerer Hände zu fallen, freiwillig in den Tod zu gehen. Nachdem er seine Schätze im tiefen Schlossbrunnen versenkt hatte, bestieg er in voller Rüstung mit seiner einzigen Tochter sein feuriges Schlachtross, und in einem kühnen Sprung stürzte er sich über den steilen Burgfelsen hinab kirchturmtief in den Abgrund, wo Ross und Reiter furchtbar zerschellten. Die Feinde raubten die Burg aus und zerstörten sie. Den versenkten Reichtum aber vermochten sie nicht zu heben. Zu mitternächtlicher Stunde wacht sorgsam der grosse, schwarze Schlosshund mit feuersprühenden Augen an jener Stelle, wo sich einst die Brunnenöffnung befand. Nach beendigter Geisterstunde, wenn die Kirchenglocke drunten im Tal die erste Stunde geschlagen, pflegt er seinen Weg durch die Hohle hinab nach Lauperswil einzuschlagen. Wenn er beim Kirchenbrunnnen seinen Durst gelöscht hat, betritt er den Friedhof, wo er spurlos verschwindet. Emmentaler Sagen, Hermann Wahlen, 1962 Gute Schriften Bern Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der letzte Vogt auf Bärenburg

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I. Es steht auf schroffer Felsenwand Die Bärenburg im Rätierland; Sie blickt wie ein Schädel aus düsterm Grab Ins stille Schamsertal hinab.   Der Bärenburger stand einmal Am Fenster im bunten Rittersal; Er lachte und sprach: »So weit ich mag schaun, Sind mein die Dörfer, die Wälder, die Aun.   Du trotzig Volk, du hast mir geflucht, Weil deinen Stolz ich zu brechen gesucht, Nicht länger fürwahr sprichst du mit Hohn; Du wirst zu frech, dir wird der Lohn.   Und drunten schaut aus seinem Haus Der freche Caldar pfeifend heraus, - Ist das nicht Hohn? In meinem Bann Ist Caldar der schlimmste, verwegenste Mann.   S'ist Keiner, der wie er, so wild Das Wort erhebt, wenns Aufruhr gilt. Bei Gott, ich zeig ihm in kurzer Frist, Wer von uns Beiden der Meister ist.   Wohlauf, ihr Knechte, und fasset Mut! Die Rosse treibt auf Caldars Gut Und lasst sie stampfen sein fettes Gras, Das schürt die Flamme, das gibt mir Spass.«   Die Knechte üben den Frevel gleich. Doch Caldar erhebt sich zornesbleich, Der wackre Rätier, und tränket gut Die Wiese sein mit der Rosse Blut.   Gleich fassen der Knechte vier ihn an, Und schleppen ihn fort, den Berg hinan. In trübem Kerker, öd und bang, Dort muss er schmachten viel Jahre lang.   II. Manch Jahr entschwunden, Caldar wieder frei, Er sitzt in der Hütte, beim Weibe treu; Doch finster er vor sich niederschaut; Sein Haar ist verwildert, sein Bart ergraut.   Es schmiegen sich in seelger Lust Die Kinder an die Vaterbrust; Da bringt die geschäftige Hausfrau den Brei Zum fröhlichen Abendessen herbei.   »Nun esset ihr Kinder, seid wohlgemut, In Vaters Beisein schmecket es gut, Wir haben lange, gar lang ihn vermisst. Dankt Gott, dass wieder bei uns er ist.«   Da pochts an die Türe: »Wer noch so spät? Schliess auf, lieb Weib!« Und finster trat Der Schlossherr ein, Caldar springt auf, Führt krampfhaft die Hand an des Schwertes Knauf.   »Gesegnetes Mahl«, ruft Jener laut. Die Kinder zittern, dem Weibe graut, Sie spricht: »Ich fürcht Euch zu kränken fast, Sonst spräch ich, Herr Ritter, seid unser Gast.«   Der Bärenburger streicht den Bart: » Weib, deine Ladung ist guter Art!« Laut lacht er auf, stösst an den Tisch, Speit in den Brei und jubelt frisch.   Doch Caldar springt empor und spricht: »Nein, länger trag ich die Qualen nicht! Das Mass deiner Sünden ist angefülltl« Er fasst den Ritter, sein Zorn, der schwillt.   Er stösst ihm den Kopf in den siedenden Brei Erdrosselt ihn, dem Schwure treu: »Nun friss«, so ruft er in guter Rast, »Den Brei, den du gewürzet hast.« -   Es trägt der Sturm von Tal zu Tal Die Kunde von des Zwingherrn Fall; Da ward der Schlossberg zum Altar, Drauf stand die Burg in Flammen klar.   Und mit den Flammen stieg empor Des Volkes Dank im Jubelchor! Es grüsst der erste Morgenstrahl Ein freies Volk im Schamsertal.   Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der letzte Vogt auf Guardavall

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In Campovasto wohnte das schönste Mädchen des Tales. Sie war die Tochter Adarns, eines hochbetagten Landmannes; auf sie hatte der bischöf­liche Vogt auf dem benachbarten Schlosse Guardavall seine lüsternen Blicke geworfen. - Wenn der befahl, galt kein Widerspruch; wen er hasste, konnte er verderben, durch Zins oder Steuern, durch Richterspruch oder willkür­liches Einkerkern. Schon mancher arme Zinsmann hatte seine Tochter oder seine junge Gattin als Magd aufs Schloss ihm zuführen müssen. Obgleich Adam auf freiem Erbe seiner Tage sich erfreute, fand der Vogt es in seiner Willkür, ihn durch seine Knechte wissen zu lassen, dass er seine Tochter begehre, damit er sie zur Schlossfrau erhebe: »Auf Guardavall wolle er ihr dienen, wie einer Fürstin«. Adam vernahm mit Entsetzen solche Botschaft, aber schnell besonnen, liess er dem Vogte berichten, er müsse seine Tochter auf ihr bevorstehendes Glück vorbereiten, und werde sie selbsten aufs Schloss ihm zuführen. - In der Frühe des Morgens schritt Adam, festlich gekleidet, gen Madulein, neben ihm, geschmückt wie eine Braut, die schöne Tochter, das zitternde Opfer, im Gefolge von Freunden, allesamt in Feierkleidern. So erstieg der Zug den Schlossberg. Der Burgvogt hatte die Kommenden schon von ferne erspäht, er eilte ihnen ungeduldig aus den Pforten des Schlosses entgegen; kaum erwiederte sein gewaltherrlicher Stolz den ehrerbietigen Gruss der Männer. Er trat zu der bebenden Jungfrau, die leichenblass am Arme des Vaters hing, umfasste sie und nahte mit den Lippen der keuschen Wange. Da glühte der Vater auf. Er zuckte den Dolch und bohrte ihn in die Brust des Tyrannen, dem weder Gesetz lieb war, noch des Menschen Recht heilig galt. Das war das Zeichen der Landeserlösung: Die Männer seines Gefolges schwangen das Schwert und stürzten durch die Tore in die Zwingburg hinein. Andere, die ringsum im Dickichte der Gebüsche verborgen lagerten, sprangen hervor; die Knechte und Söldner des Vogtes wurden erschlagen; die Flammen stiegen über den Zinnen von Guardavall auf. - Seit jenem Tage ward das Land unterhalb der Innquellen vom Drucke der Zwingherrschaft frei. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der letzte Vogt auf Pedenale

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Der letzte bischöfliche Landvogt auf Pedenale war ein Mann von grosser Härte und Willkür; er achtete weder göttliches, noch menschliches Recht, mancher Unschuldige verschmachtete im Verliesse des Schlosses. Eines Tages liess er einen Bauern, der die von ihm verlangte Abgabe nicht entrichten konnte, in den dunkeln Kerker werfen, in welchen nie ein Sonnenstrahl fiel; umsonst flehten Frau und Kinder um die Freilassung ihres Gatten und Vaters. Ihre heissen Träne konnten den harten Mann nicht erweichen. Es schmachtete der arme Gefangene geraume Zeit schon im Verliesse, als der Landvogt einmal mit zahlreichem Gefolge auf die Bärenjagd ging. Auf der Bergterrasse, von der heute die zwei Kirchlein von Selva ins Tal herabschauen, trat die Frau des Gefangenen, mit einem Säugling auf dem Arme, vor den Landvogt und bat ihn, um der Barmherzigkeit für die armen Kleinen willen, ihren Mann doch wieder frei zu geben. Statt Trostes gab er ihr die Drohung, den Bauern, wenn er nicht bezahle, im Kerker verderben zu lassen. Da reichte die Mutter in der Verzweiflung ihm, der neben einem grossen Steine stand, den Säugling hin, mit den Worten: »Tötest du den Vater, so ernähre doch sein Kind!« Der Unmensch ergriff den Säugling und zerschmetterte ihn am Steine. Da rief die Mutter: »Möge dieser Stein in alle Ewigkeit von deinen Tränen befeuchtet werden, wie er jetzt von dem Blute meines unschuldigen Kindes benetzt ist!« Der erzürnte Himmel sendete sogleich einen tötenden Blitzstrahl hinunter, der das gottlose Herz des Vogtes traf und den Stein spaltete. (Seitdem muss der Landvogt, bis auf den heutigen Tag, jede Nacht einen Umzug um den Stein herum halten und mit seinen Tränen ihn benetzen.) Als die Kunde von der schauerlichen Tat ins TaI hinunterlangte, stürmten die ergrimmten Einwohner nach Pedenale und machten das Nest, in dem der Landvogt gehaust, dem Boden gleich. Auf dem Hügel, wo einst die stolzen Vögte ihr Unwesen getrieben, werden jetzt Kartoffeln gepflanzt. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der letzte Vogt von Aspermont bei Trimis

Source: Der letzte Vogt von Aspermont bei Trimis

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Von allen Vögten, die im Namen des Bischofs von Cur auf dem Schlosse Aspermont oberhalb der Mulinära wohnten, war es der letzte, welcher an Grausamkeiten seine Vorgänger überbot, weshalb die Untertanen darauf trachteten, ihn gut- oder böswillig los zu werden. Im Schlosse diente ein Mädchen, das, aus der Gegend gebürtig, Vielen bekannt war und welches die Bedrückten zum Werkzeuge ihres Vorhabens auserkoren. Lange Zeit sträubte sich das Mädchen, in den Plan der Verschwörung einzugehen; aber unter den Burschen war Einer ihr Geliebter, dessen Vater vom Vogte grausam behandelt worden war. Ihm zu Liebe und auch deshalb, selbst aus dem Schlosse weg zu kommen, willigte sie endlich ein.     Sie sollte nun, der Verabredung gemäss, wie gewohnt, ihren Herrn veranlassen, auf der Zinne der Burg am Nachmittage der Mittagsruhe zu pflegen; sei er dann eingeschlafen, solle sie ein weisses Tüchlein über seine Stirne legen. Das Mädchen tat also; der arglose Burgvogt machte sein gewohntes Schläfchen, sein Haupt auf den Schoss des Mädchens gelegt. Als er, von der Sonnenwärme ermüdet, eingeschlafen war, verliess das Mädchen ihren Platz, ging ins Schloss, holte ein Kissen, legte dasselbe dem Vogt unters Haupt und ein weisses Tüchlein aufs Gesicht. Alsbald zeigte sich auf einem Felsenboden der Burg gegenüber eine männliche Gestalt, es war der Geliebte des Mädchens, die Armbrust in der Hand. Er spannte den Bogen, zielte auf das weisse Tüchlein, und - der Pfeil durchdrang das Haupt des Tyrannen. Die Burg wurde mit leichter Mühe genommen, die wenigen Knechte entlassen, oder verjagt und das Turmgebäude angezündet. Das Mädchen, in Freiheit gesetzt, folgte ihrem Befreier zum Altare. Von dieser Zeit an trägt das Bödelein, wo der Schütze gestanden, den Namen »Schützenbödeli«. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der letzte Wildenbruger (Zug)

Source: Der letzte Wildenbruger (Zug)

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Vor den gierigen Händen des Burgherrn auf der Wildenburg und seiner wilden Knechte war weder Gut noch Hab sicher in der Umgebung. Einsame Wanderer wurden überfallen und ausgeplündert, manches Mägdlein wurde auf die Burg geschleppt. Der Wildenburger war eine richtige Landplage geworden, und nur mit Angst und Bangen ging man in der Nähe des Felsennestes vorbei. Eines schönen Tages sah der Wildenburger von seiner Burg aus eine Jungfrau über die hölzerne Lorzenbrücke schreiten; es war die bildhübsche Anna Eisener. Sofort gab der Burgherr seinen Trossknechten den Befehl, die einsame Wanderin aufzufangen und auf seine Burg zu bringen. Das frevle Vorhaben wurde mit grösster Eiligkeit ausgeführt und die Tochter wurde auf die Wildenburg gebracht. Aber sie blieb gegen alle Künste der Verführung und gegen alle Drohungen einer aufgeregten Leidenschaft blind und taub. Nur in voller Freiheit wolle sie den Wildenburger lieben. Der Ritter willigte ein und liess sich von der Jungfrau Ort und Stunde bezeichnen zu einem stillen Treffen. So konnte die Verschleppte wieder die goldene Freiheit gewinnen, und schon auf dem Heimweg sann sie nach Rache für den wilden Überfall. Ein Racheplan war rasch ausgeheckt. Ihr Vater legte Kleidung und Mantel der Tochter an, verkleidete sich so und verbarg unter dem Mantel seine grosse Streitaxt. Der gierige Wildenburger harrte schon lange am bezeichneten Ort auf die Schöne. Wie er das Gewand seiner Geliebten sah, stund er eilig von seinem moosigen Ruheplätzchen auf und eilte - in den Tod. Eisener schlug mit gewaltigem Schlag den mit offenen Armen herbeieilenden Wildenburger nieder, schnitt mit starkem Hieb dem Toten einen Schenkel ab, steckte ihn auf seine Streitaxt, eilte zur Stadt und rief die Bürger zur Rache auf. Voll grimmiger Wut stürmten nun die Zuger auf die Wildenburg, zerstörten die herrenlose Feste und verjagten die wilden Knechte. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 28 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der letzte Wildenburger

Source: Der letzte Wildenburger

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Vor den gierigen Händen des Burgherrn auf der Wildenburg und seiner wilden Knechte war weder Gut noch Hab sicher in der Umgebung. Einsame Wanderer wurden überfallen und ausgeplündert, manches Mägdlein wurde auf die Burg geschleppt. Der Wildenburger war eine richtige Landplage geworden, und nur mit Angst und Bangen ging man in der Nähe des Felsennestes vorbei. Eines schönen Tages sah der Wildenburger von seiner Burg aus eine Jungfrau über die hölzerne Lorzenbrücke schreiten; es war die bildhübsche Anna Eisener. Sofort gab der Burgherr seinen Trossknechten den Befehl, die einsame Wanderin aufzufangen und auf seine Burg zu bringen. Das frevle Vorhaben wurde mit grösster Eiligkeit ausgeführt und die Tochter wurde auf die Wildenburg gebracht. Aber sie blieb gegen alle Künste der Verführung und gegen alle Drohungen einer aufgeregten Leidenschaft blind und taub. Nur in voller Freiheit wolle sie den Wildenburger lieben. Der Ritter willigte ein und liess sich von der Jungfrau Ort und Stunde bezeichnen zu einem stillen Treffen. So konnte die Verschleppte wieder die goldene Freiheit gewinnen, und schon auf dem Heimweg sann sie nach Rache für den wilden Überfall. Ein Racheplan war rasch ausgeheckt. Ihr Vater legte Kleidung und Mantel der Tochter an, verkleidete sich so und verbarg unter dem Mantel seine grosse Streitaxt. Der gierige Wildenburger harrte schon lange am bezeichneten Ort auf die Schöne. Wie er das Gewand seiner Geliebten sah, stund er eilig von seinem moosigen Ruheplätzchen auf und eilte - in den Tod. Eisener schlug mit gewaltigem Schlag den mit offenen Armen herbeieilenden Wildenburger nieder, schnitt mit starkem Hieb dem Toten einen Schenkel ab, steckte ihn auf seine Streitaxt, eilte zur Stadt und rief die Bürger zur Rache auf. Voll grimmiger Wut stürmten nun die Zuger auf die Wildenburg, zerstörten die herrenlose Feste und verjagten die wilden Knechte. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 28 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der letzte Wolf

Source: Der letzte Wolf

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Der letzte Wolf Es soll ums Jahr 1800 herum gewesen sein, da der letzte Wolf im Limmattal erschlagen wurde. Das hat sich so zugetragen: Zu jener Zeit war es üblich, dass man abends die Pferde von der freien Weide in die Inhegi trieb und ohne Aufsicht weiden liess. Diese Weide lag im Grüt, und noch heute erinnert der Name Gatterwies daran. Eines Morgens seien nun die Pferde höchst aufgeregt im Dorf erschienen und kaum zu beruhigen gewesen. Man begab sich ins Grüt, um Nachschau zu halten, was Ausserordentliches geschehen sei. Die Bauern bemerkten sofort, dass die Pferde über den Hag geflohen waren. In der Weide aber lag ein toter Wolf, von einem Hufschlag hingestreckt. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Limmattal Aus den „Sagen aus dem Limmattal“. Quellen sind dort nicht angegeben. Laut Vorbemerkung wurden die Sagen durch Sekundarlehrer K. Klenk „durch Schulaufsätze“ gesammelt.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der letzte Zwingherr von Ruchenberg

Source: Der letzte Zwingherr von Ruchenberg

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Der Zwingherr von Ruchenberg schickte eines Tages einen seiner Knechte nach dem Dorfe Trimons mit dem Auftrage, ein Paar Ochsen von dem auf Gadruffi wohnenden Bauer zu fordern. Dieser fasste sich aber kurz und gab dem Knechte zur Antwort: »Wenn der Burgherr etwas will, so soll er selber kommen.« Der Knecht ging nach der Burg und überbrachte dem Herrn die Worte des Bauers. Über diese Nachricht empört, brach der Tyrann in Zorn und drohende Worte aus. Er begab sich nun selbst auf den Weg, um das Verlangte zu erhalten. An diesem Tage hatte der Bauer gerade die Drescher. Er freute sich an dem reichlichen Korn. Wie nun der Burgvogt kam und die Ochsen verlangte, zeigte sich der Bauer freundlich gegen ihn, und sie sprachen unter Anderm auch von dem bereits verflossenen segensreichen Jahre und der Fülle und Schönheit des vor ihnen auf der Tenne ausgedroschen liegenden Korns. Den Herrn übernahm bei dem Anblicke des schönen Getreides die Habsucht und der Neid von Neuem, und gleissnerisch lobend und heuchelnd untersuchte er die schöne Frucht. Diesen Augenblick benützte der Bauer, »lupfte« den Flegel vom Nagel und erschlug damit den das Korn untersuchenden Burgherrn. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der letzte Zwingherr von Vivers

Source: Der letzte Zwingherr von Vivers

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Weit ins Freiburger Unterland hinaus blickt das dachlose Viereck der Schlossruine von Vivers. Als Zeuge einer kriegerischen Vergangenheit träumt sie am steilen Saaneufer von Waffengeklirr und stolzen Herren, vom harten Frondienst der armseligen, geknechteten Untertanen, von gefangenen Zinsknechten und gebüssten Schuldenbäuerlein, von lärmenden Hetzjagden und ertappten Wilderern, die im finsteren Verlies ihre Waghalsigkeit büssen mussten. Um den letzten Zwingherrn von Vivers hat die Sage ihre Ranken gewunden. Der letzte Beherrscher der Burg machte dem Namen «Zwingherr», den ihm das Volk beilegte, alle Ehre. Nicht zufrieden mit seinen ausgedehnten Ländereien und reichen Einkünften, beanspruchte der Vogt für sich allein die Ausnützung des Waidwerks. Kein anderer Jäger durfte das freie Wild in den weitläufigen Wäldern an den beiden Ufern des Saanetales erjagen. Ertappte der Gestrenge dennoch einen ungehorsamen Untertanen auf der Jagd, den bestrafte er schwer. Einer der Diener konnte der Jagdlust auf die Dauer nicht mehr widerstehen. Heimlich ging er dem Wilde nach; bald fing er einen Hasen, bald einen Bären oder einen Fuchs. Durch Späher erhielt der Vogt bald Kunde vom verbotenen Treiben seines Dieners. Er liess ihn mitten auf der Jagd abfassen und aufs Schloss bringen. Der Unglückliche warf sich vor seinem Herrn auf die Knie und bat um Gnade und Vergebung; er gelobte, fortan niemals mehr dem Wilde nachzugehen. Höhnisch gab der Schlossherr zur Antwort, er werde selber dafür sorgen, dass dem Ungehorsamen die Lust am Jagen vergehe. Nun befahl der Vogt, den Diener grausam zu peitschen, und liess ihn hernach in den finstern Kerker werfen. Hier sann der Gefangene erbittert auf Rettung und Rache. Bald gelang es ihm, die Zuneigung einer Schlossmagd zu gewinnen. Sie wurde in die Pläne ihres Geliebten eingeweiht. In einer finstern Nacht verhalf sie dem Diener zur Flucht. Weil die mutige Maid nun ihrerseits die Rache ihres gewalttätigen Gebieters fürchtete, überredete sie den Knecht, den Schlossherrn zu töten. Sie wollte ihm mit einem, roten Tüchlein das Zeichen geben, sobald der Vogt auf den Balkon trete, um hier nach seiner Gewohnheit sein Herrschaftsgebiet zu überschauen. Der befreite Diener war mit dem Plan einverstanden. Er hielt sich im Schlossgraben versteckt und wartete auf das verabredete Zeichen. Als das rote Tüchlein aus dem Fenster herabwehte, tötete er mit einem gutgezielten Pfeilschuss seinen Peiniger. So endete nach der Volkssage der letzte Zwingherr von Vivers; mit ihm erlosch sein Geschlecht. Nur der dachlose Burgturm steht noch heute trotzig da, wie einst sein früherer Beherrscher. Aber nachts, wenn die Eulen im öden Turmverlies ihr schauriges Konzert aufführen, muss der letzte Zwingherr wieder kommen. Dann steigt er in den unterirdischen Gang hernieder, der hinunter bis zur rauschenden Saane führt. Schnaufend und scheltend kommt er dort wieder hervor. Da gellt von neuem das Schmerzensgeschrei der gefolterten Untertanen, übertönt vom Hohngelächter des Tyrannen. Nach Mitternacht verhallt alles wieder; jahrhundertalte Grabesstille umfängt die trotzige Ruine, und in den Wipfeln der Tannen und Pappeln lispelt geheimnisvoll ein Lüftchen, und drunten im Tale singt die heimtückische Saane das Lied der menschlichen Vergänglichkeit im ewigen Kreislauf der Dinge.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der leuchtende Pfad im Flusse

Source: Der leuchtende Pfad im Flusse

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Ein altes Schloss, bis auf seine vier Grundmauern zusammengebrochen, liegt im Aargauer Dorfe Gauenstein am Rand der vorbeiströmenden Aare. Hier wohnte in ältester Zeit die freie Königin des Landes. Der Bruder und sein hochmüthiges Gesinde hassten sie; sie merkte einen Anschlag gegen ihr Leben und flüchtete sich noch Nachts aus dem Schlosse an den Strom herab. Allein der Ferge * und sein Schiff war nirgend zu finden. Verfolgt und gedrängt wollte sie lieber freiwillig den Tod nehmen, als dem bösen Bruder in die Hände fallen; sie lief stromauf den gefährlichen Bergpfad zum Nachbarschlosse Biberstein und stürzte, noch ehe sie es erreichte, von den steilen Klippen in den reissenden Strom. Doch dieser verschlang die Königin nicht, sondern gewährte ihr einen sichern Weg, und so gieng sie jene Nacht mitten in der Aare fort bis in die Pfalz von Basel. Noch sieht der Fromme in stillen Nächten die Fussstapfen der Königin auf den Wellen der Aare in mildem Glanze strahlen. *Ferge - Fährmann, Schiffer (gemäss Duden) Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 1 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der leuchtende Stein

Source: Der leuchtende Stein

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Ein Glarner Zusenn hatte auf einer Alp einen Stein gefunden, der nachts leuchtete. Hocherfreut trug er ihn zur Hütte, wickelte ihn siebenfach in Lumpen und Kästücher und versteckte ihn im schwärzesten Winkel der dunklen Milchkammer. An Micheli, wenn man mit dem Vieh wieder ins Tal zog, wollte er den Stein mitnehmen, um ihn in Glarus einem Goldschmied oder Liebhaber zu verkaufen. Bald darauf erschien ein Venediger auf der Alp. Der trieb sich den ganzen Tag über in allerlei sonderbaren Geschäften an den Felsen herum. Abends betrat er die Hütte, setzte sich zu den Sennen und ass mit ihnen. Hernach legte er sich aufs Tril und schnarchte bis zu den ersten Munggenpfiffen, worauf er gleich wieder in die Felsen stieg. So ging es ein paar Tage fort. Die Sennen sahen ihn anfänglich nicht besonders gern, weil er überall herumschnüffelte, als wollte er die Alp samt der Hütte kaufen. Da der Fremde aber allerhand Kurzweil und Spässe wusste, liessen sie ihn nach und nach unbeobachtet, und oft sass er allein in der Hütte. Eines Tages war der Venediger verschwunden. Niemand hatte ihn weggehen sehen, und keinem hatte er Adiö gesagt. Als der Zusenn wieder einmal seinen leuchtenden Stein beschauen wollte, fand er ihn nicht mehr. Bestimmt hatte ihn der Venediger mitlaufen lassen, denn vor solchen Leuten kann man gewiss noch so gut verhüllen und verstecken, es nützt alles nichts. Sie haben eben andere Augen als gewöhnliche Menschen. Ein anderer Senne erzählte hierauf folgendes: «Ich hatte einmal einen Stein gefunden, der des Nachts weit leuchtete. Ich verbarg ihn in der Hütte und hoffte, bei einem Liebhaber Geld dafür zu erhalten. Einige Tage darauf übernachtete ein Venediger in unserer Hütte, der diesen Stein (obschon ich ihn in Lumpen eingewickelt und verborgen hatte) dennoch verspürt haben muss und ihn forttrug.»   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der liebe Nachbar

Source: Der liebe Nachbar

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Auf einer Reise durchs Wallis wanderten Christus und Petrus auch durch das Saastal. In einer der vier Gemeinden - ich weiss nicht mehr wo - begegneten sie einem Bauer, der blutarm war. Der Herrgott, von Mitleid gerührt, wollte ihm helfen und redete ihn so an: «Guter Mann, du kannst dir etwas wünschen! Ich will es dir geben und deinem armen Nachbarn das Doppelte; denn er ist noch schlimmer dran als du!» Der Saaser hörte aufmerksam zu und machte ein freudiges Gesicht; dann aber verfinsterte sich plötzlich seine Miene, und er sprach verbissen: «Herr, nimm mir ein Auge!» SAASTAL Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Liebenden Tod

Source: Der Liebenden Tod

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Ein österreichischer Ritter wurde von den Schweizern im Kriege gefangen genommen und zu Wallenstadt in den Turm gelegt. Schon war über ihn das Todesurteil gesprochen. Eilig machte er seiner Geliebten davon Meldung und bat sie, unverzüglich herbeizueilen und ihn loszukaufen. Diese kam nach Weesen, fand aber den See so stürmisch, dass kein Schiffer die Fahrt wagen wollte, wie sehr sie bat und flehte und wie hoch der Lohn war, den sie bieten konnte. Sie selbst stürzte sich in einen Kahn und wollte vom Ufer abstossen. Das rührte die Schiffer; sie schleppten die Kisten mit dem Silber und Gold herbei und wagten die gefährliche Fahrt. Der Ritter aber bestach seinen Wächter, dass dieser ihn auf die Zinne des Turmes führte, von wo aus sie das Schiffchen über den See herauffahren sahen. Zehn Schiffer kämpften den Kampf mit den ungestümen Wellen. Umsonst, das Fahrzeug wurde an einen Felsen geschleudert und versank mit seiner ganzen Ladung. Als Ferdinand dieses sab, stürzte er sich vom Söller in die Tiefe hinunter in den freiwilligen Tod. Heute noch sieht man ihn zuzeiten am Gestade des schönen Sees traurig auf- und abgehen; sehnsüchtig schaut er über die weite Wassersfläche hin. Dann steigt aus den Wellen auch das Fräulein empor in einem reichen, blauen Kleide. Sie strecken die Arme gegeneinander aus, können aber nicht zusammenkommen. Die Schiffer, die es sehen, sprechen ein stilles Gebet für die armen Liebenden, aber auch für sich selbst; denn die Erscheinung der beiden kündet einen nahenden Sturm an, der auf dem Walensee leicht gefährlich wird. Nach J. M. Usteri Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 372, S. 210f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Liestaler Auffahrtweggen

Source: Der Liestaler Auffahrtweggen

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a) «Aus der Zeit des Schwabenkrieges soll der Brauch stammen, dass allen Liestalerknaben noch heutzutage der sogenannte Auffahrtweggen ausgeteilt wird und dass früher am Auffahrtstage jeder Burger eine Mass Wein und ein Pfund Brot erhielt. Man erzählt sich in Betreff dessen folgendes: Am Tage der Schlacht bei Dornach habe eine Edle auf Schauenburg aus Furcht vor feindlichem Überfall zu Liestal Hilfe gesucht. Ein alter Mann habe dann die männliche Jugend gesammelt und sei mit ihr hinaufgezogen auf die Höhe, von welcher man die Gegend von Dornach übersehen kann. Da habe er sie gewaltigen Lärm (Kriegsgeschrei) machen lassen. Dies habe die Kaiserlichen, welche zwar schon hart im Gedränge, aber doch noch nicht ohne Hoffnung auf Sieg waren, geschreckt, die Eidgenossen dagegen ermutigt und nicht wenig zu dem den letzteren günstigen Entscheide beigetragen. Zum Danke für diesen Dienst habe jene Edle in ihrem Testamente nachher der Gemeinde Liestal verschiedene Waldungen (Mieschhalden und Grundhalden) geschenkt, ferner eine Summe stipuliert, aus deren Zinsen obgenannte Geschenke bestritten wurden.» b) Nach einer andern Erzählung sollen die Liestaler, und unter ihnen auch Knaben, den nach Dornach zur Schlacht ziehenden Eidgenossen Wein und Esswaren bis nach Schauenburg und auf die Lampenmatte nachgetragen haben, und als Belohnung hätte die Besitzerin von Schauenburg, welche durch den Sieg der Eidgenossen vor gefürchtetem Schaden bewahrt blieb, jenes Vermächtnis gestiftet. c) Der Auffahrtsweggen werde verteilt «zum Andenken an die Knaben, welche den Eidgenossen vor der Schlacht bei Dornach . .. den Weg über Schauenburg zeigten». Liestal Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Likibozen

Source: Der Likibozen

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Zwischen Reckingen und Gluringen waltete der Likibozen. Viele wollten ihn früher gesehen haben. Die Ursache davon erzählte man so: Ein Bürger aus Gluringen soll vor Zeiten ins Pomatt gegangen sein und wollte eine Last Reis zurückbringen. Um den Zoll in Ulrichen zu umgehen, sei er auf einem Umweg zwischen Blinnenhorn und Hohbach heimwärts gekommen, dabei aber tödlich verunglückt. Seitdem habe man am Ausgang von Gluringen immer einen Bozen ohne Kopf gesehen. Oft plagte er die Vorbeigehenden ganz bedenklich. Mein Grossvater erzählte mir noch selbst, er habe einmal in der Nacht dringend nach Reckingen müssen. Da sei er plötzlich mit dem Bozen zusammengetroffen, ganz nahe. Er habe nicht mehr zurückkönnen und sei heftig erschrocken. Weil er aber dringend weitermusste, habe er geschrien: «Ich will gehen und ich muss gehen!» Dann sei der Likibozen verschwunden. Der Grossvater war aber lange Zeit nachher nicht mehr recht gesund. Der Stall, bei dem der Likibozen am meisten gesehen wurde, besonders auf der Scheunenstiege, musste man noch zu Beginn dieses Jahrhunderts aussegnen, weil das Vieh dort einfach keine Ruhe hatte. GLURINGEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Lindwurm

Source: Der Lindwurm

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Auf den Grabser Alpen hauste einmal ein schrecklicher Lindwurm. Er war so gross wie ein Baumstamm, von Farbe dunkelrot und seiner Natur nach ausserordentlich bösartig; denn er frass Menschen und Tiere. Ihn los zu werden, fütterten die Grabser einen Stier sieben Jahre lang mit Milch und befestigten dann eiserne Haken an dessen Hörner, um ihn recht wehrhaft zu machen. Ein Mädchen, das um eines Vergehens willen zum Tode verurteilt worden, sollte den Stier mit dem Drachen zusammenführen. Der Kampf begann sofort, und er war wahrlich kein Kinderspiel. Endlich unterlag der Lindwurm. Aber der Stier war in eine solche Wut geraten, dass er sich nach errungenem Sieg über eine Felswand hinunterstürzte, wobei er ebenfalls ums Leben kam. Das Mädchen aber konnte entrinnen. Nach N. Senn, Chronik.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 117, S. 56f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Lindwurm an der Schrotengasse

Source: Der Lindwurm an der Schrotengasse

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In einem Mauerloch hinter der Schrotengasse1 in Bürglen hauste ein mächtiger, weisser »Wurä«, der auf vier Füssen einherkroch und von Zeit zu Zeit ganz oder teilweise aus seiner Wohnung herauskam. Einmal bei der Alpfahrt versperrte dieses Tier den Weg, und die Leute durften mit ihrem Vieh nicht vorbei. Da gingen endlich beherzte Männer hin und schraubten das Ungetüm in seiner Höhle an und probierten, es herauszuwinden. Aber sie bekamen es nicht ganz, es riss entzwei. Jakob Hartmann, 80 Jahre alt, Altdorf. Fußnoten 1 Die Schroten heisst eines der angrenzenden Güter. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Lindwurm beim Roten Kreuz in Plaffeien

Source: Der Lindwurm beim Roten Kreuz in Plaffeien

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In früheren Zeiten hauste ein grausiges Untier beim Roten Kreuz in Plaffeien; es sah einem Lindwurm sehr ähnlich. Das Ungetüm würgte nachts das Vieh; es ringelte sich den Kühen um den Hals und erstickte sie. Auf mancherlei Weise richtete es auf den Fluren der Landleute Schaden an und war ein Schrecken für die Menschen und die Tiere. In seiner Not nahm das geängstigte Volk eine Zuflucht zu einem Ordensmann. Derselbe kam aus Freiburg nach Plaffeien. Zuerst fastete und betete er drei Tage lang; dann fing er an, das Ungeheuer zu bannen. Lange und anhaltend musste der Mönch beten; was die Leute nicht sehen konnten, das erblickten die Augen des Geistlichen; es muss etwas Furchtbares gewesen sein. Denn der Mann wurde ganz blass im Gesicht, und die hellen Schweisstropfen rannen ihm über Stirne und Wangen. Aber der Beschwörer liess nicht nach, bis das Ungetüm vor der Kraft der bannenden Gebete weichen musste. Plötzlich verfinsterte sich der heitere Himmel; ein starker Sturm fegte über die Gegend dahin und schüttelte grimmig die Kronen der Bäume. Auf einmal tönte ein unheimliches Pfeifen durch die Lüfte, und die erschreckten Leute sahen ein geschlängeltes Tier mit Drachenflügeln durch die Luft dahinschnellen. Es nahm die Richtung nach dem Schwarzsee und verschwand dort für ewig. Der Mönch dankte dem Herrgott für die Befreiung vom bösen Tier. Den Umstehenden jedoch wollte er nichts mitteilen von dem, was er während der Beschwörung gesehen hatte, so sehr ihn die Neugierigen auch drängten.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Lindwurm im Bachtal

Source: Der Lindwurm im Bachtal

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Zwischen Märchlig (1290 Merkelingen) und Wyler zu Spiringen gähnt heute ein breites, bröckliges Ribital, worüber ein schmaler Weg führt, der allzuoft wieder in die wasserdurchtränkte Tiefe rutscht. Einst soll hier nur ein ganz kleines Bächlein geflossen sein, über das man mit einem einzigen Sprung hinwegsetzte. Aber das tückische Wässerlein hatte Hunger und hat im Laufe der Zeiten ein ganzes Tal herausgefressen, das Bachtal, und in diesem Bachtal hauste, wie die Alten erzählen, ein Lindwurm. Zacharias Imholz Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Linksmähder von Madiswil *

Source: Der Linksmähder von Madiswil *

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Das im Tal der Langeten liegende Dorf Madiswil führt in seinem Wappen einen Linksmähder. Davon weiss die Sage folgendes zu berichten. In Madiswil lebte vor Zeiten ein reicher Bauer namens Roth mit seinem hübschen Töchterlein Vreneli. Dem Vater blieb es nicht verborgen, dass der Herr des benachbarten Schlosses Gutenburg, der ihn auf seinem Hofe fleissig besuchte, sein Kind gerne sah. Das Mädchen aber traute des Junkers Werbungen nur halb und hatte sein Herz dem Ueli, dem treuen aber armen Knechte seines Vaters geschenkt. Als der Vater erfuhr, dass es dem Herrn von Gutenburg mit einer Heirat seiner Tochter nicht ernst sei, versprach er sein Kind dem Ueli, wenn er von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang auf der Längmatte ausserhalb des Dorfes linkshändig ein Kreuz mähen würde. Die Liebe zu dem Mädchen gab dem Knecht Mut und Kraft, die Probe zu wagen. Bevor der erste Sonnenstrahl ins Tal brach, wanderte er mit zwei Sensen, von Vreneli begleitet, hinaus auf die Längmatte. Dieweil er mit einer Sense mähte, wetzte das Mädchen die andere, reichte ihm einen kühlenden Trunk und ermunterte ihn, wenn seine Kräfte zu schwinden drohten. Als der arge Junker davon hörte, verdross es ihn, und er schickte einen seiner Knechte mit einer Flasche Wein auf das Feld, sie dem Mähder zu bringen. Der Wein aber war vergiftet. Fleissig schenkte der Knecht dem Ueli davon ein. Trotzdem er sich todmatt fühlte, und kalter Schweiss auf seiner Stirne stand, setzte er dennoch seine Arbeit mutig fort. Als sich die Sonne hinter den blauen Jurabergen zur Ruhe legte, war ein grosses Kreuz durch die Längmatte gemäht. Mit dem letzten Sensenstreich aber sank Ueli tot zu Boden. Als Vreneli das sah, stürzte auch es vor Schrecken tot an die Seite des Geliebten hin. Zum Andenken an die treue Liebe der beiden jungen Leute führen die Madiswiler bis auf den heutigen Tag den Linksmähder in ihrem Wappen. * Der gleiche Sagenstoff ist in unveränderter Fassung auch für Sumiswald bezeugt. «Der Linksschnitter von Sumiswald». Unseres Wissens wurde die Sumiswalder Sage erstmals in Gedichtform im Jahre 1848 aufgezeichnet. Emmentaler Sagen, Hermann Wahlen, 1962 Gute Schriften Bern Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Lischersee in der Nähe des Beverin

Source: Der Lischersee in der Nähe des Beverin

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Hirten hüteten um denselben ihr Alpvieh. Da kamen Ritter von der Jagd und stachen in boshaftem Mutwillen mit ihren Speeren auf die Kühe los, dass diese in der Angst in den See sprangen und ertranken. Die ärmlichen Hirten konnten den Unfug der Gepanzerten, Gutbewaffneten nicht wehren, sie weinten und wurden verhöhnt. Der See färbte sich vom Blut der erstochenen Kühe, die Wellen hoben sich und rauschten wild, und aus ihnen wälzte sich ein ungeheurer Kuhbauch mit hundert starren, schrecklichen Augen, die gleich Baselisken-Blicken töteten. Welchen unter den Rittern die Gewalt dieser Blicke nicht vernichtete, wurde vom rollenden Ungeheuer zerquetscht. Die Hirten blieben verschont. Das Gespenst rollte wieder in den See zurück; soll aber von Zeit zu Zeit drin dumpf und schrecklich brüllen und alle 300 Jahre einmal das Tal hinunterrollen. Das erste Rollen soll das Purteinertobel in blühenden Boden hineingerissen haben, in einer einzigen Gewitternacht. Aus: U. Brunold-Bigler, Die Sagensammlung der Nina Camenisch, Disentis 1987, mit freundlicher Genehmigung der Autorin. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der listige Habsburger

Source: Der listige Habsburger

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  Einstmals, in alter Zeit, waren die Bürger der aufstrebenden Stadt Zürich bös in Nöten. Nämlich, nicht allzuweit vom lieblichen Katzensee, in dem sich die silbernen Birken so schön spiegeln, lebte auf seiner Burg im Mauerring des Städtchens Regensberg ein mächtiger Edelmann, namens Lüthold von Regensberg. Dieser Freiherr war weit und breit um Zürich der gewichtigste Mann. Nicht nur hatte er sein hochthronendes festes Städtlein voll von Dienstleuten und Kriegszeug, auch anderwärts gehörten ihm viele schöne Landschaften, die von seinen trotzigen Burgställen beherrscht wurden. Auch um die Stadt Zürich und am ganzen untern Zürichsee hatte er eine große Herrlichkeit. Seine Festen, Schlösser und Burgsteine umringten denn auch die Stadt völlig, also dass keine Maus zu ihren Toren hinauskam, die nicht von den Edelknechten auf des Regensbergers Hochsitzen hätte gesehen werden können. Wollten die Zürcher mit ihrem Waren den See hinaus, so mussten sie immer gewärtigen, dass man sie aus der Burg Wulp im Küsnachter Tobel oder von der Baldern und der Üetliburg auf dem Albisberg oder aus andern Nestern dieses Falken von Regensberg beunruhige. Schwammen ihre Nauen gar die Limmat hinunter, so mussten sie fürchten, beim Städtlein Glanzenberg, das unweit des Klosters Fahr am Strome lag, überfallen oder doch gebrandschatzt zu werden. Und je mehr seine Macht zunahm, desto begehrlicher und eifersüchtiger schaute der stolze Freiherr von seinem Turme hinüber gen die Stadt Zürich und sann daran herum, wie er das immer mutiger auftretende Gemeinwesen unter seinen Daumen bringen könnte. Die Zürcher, die seine Absichten wohl merkten, wollten sich vor ihm aber keineswegs unterkriegen lassen. Sie hatten nun schon eine geraume Weile die Freiheit geschmeckt, und diese bedünkte sie von Tag zu Tag süßer. So sperrten sie sich denn gegen ihn, so gut sie’s vermochten. Da ward er aber wild und begann sie zu necken, wie er konnte, und immer mehr engte und schnürte er sie mit Zoll und allerlei Plakerei ein, also dass es nach und nach unerträglich werden wollte. Nun versuchten sie’s mit ihm zuerst mit ernsten Vorstellungen im Guten. Aber er nahm das für Schwäche, schlug hochmütig das angebotene Bündnis aus und ließ sie hohnlachend und drohend abfahren. Jetzt beschlossen die tatkräftigen Zürcher, sich des herrschsüchtigen Nachbarn mit Gewalt zu erwehren. Sie verschlossen ihm und seinem Anhang die Tore der Stadt und rückten bewaffnet aus. Doch erging’s ihnen meistens recht bös, denn der Regensberger hatte aus seinen eigenen Untertanenschaften und von anderwärts viel Zuzug, weil man die junge freiheitssüchtige Stadt auf den adeligen Raubnestern überall zu hassen und zu fürchten begann. Da es den Zürchern nun übel erging, wandten sie sich an den Grafen Rudolf von Habsburg, der im Aargau in einer sonnigen Wildnis hauste. Dieser, ein umsichtiger Kopf, der dem mächtigen Regensberger schon längst gern Abbruch getan hätte, empfing sie gar freundlich, und sein einfaches, leutseliges Wesen gewann sie im Handumdrehen. Sie verbündeten sich also mit ihm und gingen nun dem Freiherrn von Regensberg gemeinsam zu Leibe. Nun ließ es sich für die Zürcher besser an. Eine Burg nach der andern kam in ihre Gewalt, aber wie sie sich auch mühten, mit Schwert und Steigleiter, die beiden trotzigen Felsennester auf dem Albis, die Baldern und die Üetliburg, wollten ihnen nicht werden. Da versuchte es Graf Rudolf von Habsburg mit List, denn er war ein witziger Mann. Eines schönen Abends verritt er heimlich mit fünfunddreißig Reitern aus der Stadt Zürich. So still als möglich machten sie sich durch den Hochwald des Sihltales an die hochgelegene Burg Baldern hinauf. Dort sprangen nun die Fünfunddreißig aus dem Sattel und doch saßen merkwürdigerweise immer noch ihrer Fünfunddreißig zu Pferd. Nämlich, jeder Reiter hatte noch einen Hintermann mit sich auf den Berg gebracht. Alsdann machten sich die fünfunddreißig Abgesessenen mit ihrem Grafen wieder heimlich zu Tal, während die Zurückgebliebenen sich im Haselgestäude um die Burg versteckten. Am andern Morgen nun, als die Sonne die weißen Schleier vom See wegnahm und ein jeglich Zweiglein an den stillen Albishängen gar sorgfältig in Gold zu fassen begann, ritt der Habsburger wieder im heitern, hellen Tag gegen die Baldern hinauf, also dass die Burgknechte ihn und seine Reiter wohl gewahren konnten. Und da sie sahen, wie er gar keck in ihre Nähe ritt und ihnen allerlei Unfug antat, und da sie nur fünfunddreißig Reiter zählten, brachen sie plötzlich wohlberitten aus ihrer Feste hervor, ließen das Tor sperrangelweit offen stehen und setzten dem flüchtigen Grafen und seinem Tross eilfertig nach. Kaum waren sie weg, so schlichen sich die fünfunddreißig wehrhaften Zürcher, die sich am Abend vorher bei der Burg versteckt hatten, hervor. Unversehens stürmten sie zusammen durchs offene Tor und flugs war das Gesinde gebodigt und die Burg gewonnen. Jetzt schlossen sie das schwere Tor und ließen mit frohen Trompetenstößen vom Schlossturm den Grafen wissen, dass ihnen der Anschlag wohlgeraten sei. Die Burgknechte aber, die den Grafen verfolgt hatten, merkten, wo das Tanslein rinnt und verstoben nach allen Richtungen. Nun hatten die Zürcher dem Regensberger wohl all seine Burgen um den See genommen bis auf eine, die sich also gut hielt, dass sie nicht hineinzukommen vermochten, so sehr sie sich’s angelegen sein ließen. Zu höchst auf der Albiskette, gegen die Stadt zu, lag wie ein Adlerhorst, auf den jäh abfallenden Felsen des Üetlibergs, die Üetliburg. Wie ein Raubvogel sah sie denn auch auf die Stadt herab. Sie war einst aus dem uralten Mauerring herausgebaut worden, in dem vor unvordenklichen Zeiten noch die Kelten, der Zürcher Ururväter, vor ihren Feinden Zuflucht zu suchen pflegten. So lange nun diese hochgelegene Feste nicht eingenommen war, bekam die Stadt, ob deren Dächern sie wie eine Böswetterwolke hing, keine rechte Ruhe. Immer wieder überfielen die in der Burg hausenden Edelinge und ihre Knechte die reisenden Kaufleute. Also versuchte es der schlaue Graf von Habsburg zum zweiten Male mit List. Er wusste, dass die Verteidiger der Üetliburg zwölf schneetaubenweiße Schimmel hatten auf denen sie ab und zu im Land herumritten, um irgend ein einsames Gehöft oder einen Weiler auszurauben. So bedeutete er denen von Zürich, sie möchten ebenfalls zwölf Schimmel auftreiben. Da die verständigen Bürger gleich merkten, dass der Habsburger wieder einen Streich im Schilde führe, ruhten sie nicht, bis eines Tages die zwölf Schimmel vor ihm standen. Die aber waren also weiß, als wären sie durch einen See voll geschwungener Nidel geschwommen, denn es war, als tropfte sie ihnen noch von den Mähnen. Sogleich bestieg der Graf mit zwölf Reisigen die Schimmel, und als es im Tale zu dämmern anfing, ritten sie, gefolgt von einer ansehnlichen Schar wohlbewehrten Fußvolkes, durch die Wälder hinauf in die Nähe der Üetliburg. Dort verbargen sie sich, um den Morgen abzuwarten. Als nun die Sonne gar herrlich hinter dem fernen Säntis heraufstieg und mit goldenen Tritten über Wald und Au ins Seetal gezogen kam, ging das Tor der Üetliburg knarrend auf, und da ritten richtig die zwölf Reiter auf ihren schneeweißen Schimmeln in den Tag hinaus. Guter Dinge, lachend und scherzend machten sie sich bergab, denn sie hatten keine blasse Ahnung, dass ein fremdes Füchslein so hart an ihrer Hube lauerte. Kaum hörte der Habsburger, der also mit seinen Streitgenossen im Busche steckte, wie die zwölf Reiter immer mehr bergab kamen, sprang er auf. Ein Wink, und sogleich saßen er und seine Gesellen ebenfalls auf ihren Schimmeln. Jetzt brachen sie aus ihrer Staudenwelt und jagten über den Prügelweg des Berggrates auf die Üetliburg los. Hinter ihnen drein aber stürmten, schreiend und mordiolärmend, ihr blauweißes Fähnlein schwingend, die Zürcher. Da meinte der Turmwart, die heranjagenden Reiter auf den zwölf milchweißen Schimmeln seien die Leute der Burg; sie seien wohl von den Zürchern überrascht worden und wollen sich nun in der Bergfeste in Sicherheit bringen. Er stieß aus Leibeskräften ins Horn, und die Knechte taten das Burgtor also weit auf, dass eine Lawine hätte hereinfahren können. Und da rasten auch schon die zwölf Schimmel mit ihren geharnischten Reitern in den Burghof hinein. Rasch bekamen jetzt de Insaßen die Täuschung zu spüren, denn des Grafen scharfes Schwert begann ihnen sogleich um die Nase zu tanzen. Aber bevor sie ein Stoßgebetlein zu verrichten vermochten, lagen ihre Köpfe samt den Kappen schon am Boden, und durchs offene Tor herein drängte nun auch der Haufe der Zürcher, die aber erst anklopften, als sie schon drin waren, und zwar so handlich, dass die erschreckten Burgknechte das Hereinrufen für immer vergaßen. So war denn auch die schier uneinnehmbare Üetliburg gewonnen, und bald zeigten die Flammen, die aus dem Gemäuer als eine ungeheure Feuergarbe aufgingen, der erwartungsvollen Stadt, wie trefflich der Habsburger mit ihren Bürgern geerntet hatte. Nun war wohl der See befreit, und die Stadt Zürich konnte leichter atmen, denn der hoffärtige Lüthold, der rachewütig auf seiner fernen Regensburg saß, vermochte den steinernen Gürtel, der die Stadt gar bös eingeschnürt hatte, nicht mehr anzuziehen. Doch zu einer völligen Sicherheit und Ruhe waren die Zürcher damit noch nicht gekommen. Eine bis zwei Wegstunden unterhalb der Stadt lag, im Wald wohlversteckt, an der blauen Limmat noch immer das Städtlein Glanzenberg, das ebenfalls dem Regensberger gehörte. Es war gut befestigt und saß so am Ufer des Flusses, dass kein Entlein vorbei schwimmen konnte, das man nicht von der Mauer dieses Wassernestes aus hätte sehen können. So lange aber die Zürcher Bürger diese steinerne Wacht des Regensbergers am Flusse wussten, konnten sie sich ihres Lebens nicht freuen. Die Limmat war ja ihre eigentliche Verkehrsstraße. Alle Landwege ins Tiefland waren zu unwirtlich und zu langwierig. Nun kamen sie aber nie mit ihren Waren an Glanzenberg vorbei, ohne schweren Zoll und Abgabe, und seit sie mit dem Freiherrn Lüthold in Fehde waren, mussten sie jedwedes Schiff, das mit Leuten und Sachen gen Baden fuhr, von Kriegsvolk begleiten lassen, wollten sie einigermaßen gnädig durchkommen. So beschlossen sie denn, auch dieses Städtlein als eine heillose Talsperre zu brechen. Sie gingen ihm fest und umtunlich zu Leibe, aber die Glanzenberger spotteten all ihrer Stürme. Auch das Aushungern des Städtleins wollte nicht gelingen, weil sich die Feste mit Fischen und Wasser genugsam versehen konnte. Was machte also der gedankenschnelle Graf von Habsburg, als er sah, dass man mit Gewalt nicht zum Ziele komme? Er ließ die Zürcher einige schwere Schiffe mit Waren, aber vorab mit Fässern, anfüllen. In die Fässer aber verkrochen sich, auf seinen Rat, eine schöne Anzahl wehrhafter Leute. So trieben sie denn eines Tages sorglich den hurtig ziehenden Strom hinunter. Als sie sich nun dem Raubneste näherten, hielten sie an. Die Bewaffneten machten sich aus den Fässern und verbargen sich im Erlengestäude am Ufer, wo ihnen im Busch der Graf von Habsburg wartete, der mit einem Reitertrupp schon nachts in die Nähe des Städtchens verritten war. Die Ruderknechte aber stießen wieder ab und die Schiffe glitten gemächlich auf die Wasserfeste zu. Wie sie ihr nahe kamen, hielt die Bemannung uferwärts, und auf einmal erhoben die Schiffsleute ein mörderisches Geschrei und Gejammer und warfen zugleich allerhand mindere Ware in den Fluss. Da vermeinten die Glanzenberger und ihre freiherrliche Besatzung, die herantreibenden Schiffe befänden sich in großer Not und vermöchten die Mitte des Stromes nicht mehr zu gewinnen. Also versahen sie sich mit langen Stangen und Haken und eilten alle, gut aufgelegt und raublustig, aus dem Städtlein, um die ans Land drängenden Schiffe abzufangen und zu plündern. Doch waren sie nicht wenig überrascht, als sie von den bäumigen Ruderknechten mit Schwert und Spieß gar übel empfangen wurden. Und als sie sich ermannten und den Schiffern den unerwarteten Empfang mit Zins und Zinseszinsen heimzahlen wollten, gellte plötzlich aus dem offenen Städtlein ein grässliches Angstgeschrei und ein schauerliches: Hilfio! Hilfio! Das lähmte ihren Mut, denn bald wurden sie inne, dass der gefürchtete Habsburger mit seinen Reitern ins Städtlein eingefallen war. Als dann noch aus seinen Mauern ein roter Rauch aufstieg, entfiel ihnen das Herz völlig, und sie flüchteten sich, so behend sie konnten, ins Unterholz auf und davon. Das Städtlein aber ist seither völlig verschwunden. So hatten sich die Zürcher denn, mit des listigen Grafen Beistand, des letzten bösen Geschwüres entledigt, das ihnen bisher am Leibe gesessen und hatten sich nach allen Seiten eine ihrem Gemeinwesen wohlbekömmliche Ellenbogenweite erzwungen. Von da an ging’s mit dem hochnäsigen Regensberger Freiherrn Lüthold immer schneller abwärts, und zuletzt bat er sogar die einst geringeschätzten Bürger von Zürich um Aufnahme in ihre Mauern, was sie ihm auch gastlich gewährten, der abgetanen Späne und Stöße vergessend. Der ebenso kluge wie mannhafte Graf Rudolf von Habsburg aber wurde nachher zum deutschen Kaiser erkoren. Er wurde ein rechter Mehrer des Reichs, und heute noch sitzt ein Nachkomme von ihm auf dem Thron des Kaiser- und Königreichs Österreich-Ungarn.     Meinrad Lienert, Zürcher Sagen. Der Jugend erzählt, Zürich 1918. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.    


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Mitten in der Schweiz, im schönen und fruchtbaren Kanton Aargau, steht das Stammschloß der Habsburger, der einstmals regierenden Kaiser von Österreich. Aber es wird schon ewig lange nicht mehr von ihnen bewohnt. Ausgangs des dreizehnten Jahrhunderts hauste auf jener hochthronenden Burg Graf Rudolf von Habsburg, der nachmalige deutsche Kaiser. Er war ein einfacher Mann und im Lande überall bekannt wegen seiner Klugheit und beliebt wegen seiner Mannhaftigkeit in allen Dingen. Er war aber unablässig darauf bedacht, seines Hauses Macht und Ansehen zu mehren. Nicht weit ab vom kleinen, lieblichen Katzensee, in dem sich die silberstämmigen Birken spiegeln, hauste ein anderer mächtiger Herr, der Freiherr Lüthold von Regensberg. Der saß auf seiner starken Feste an der Lägern und schaute über die Mauer seines kleinen Städtchens immer gern gegen die nahe Stadt Zürich hin, die er gar gerne unter seine Herrschaft gebracht hätte. Rings um die Stadt hatte er feste Burgen, die sie wie ein steinerner Ring einschlossen und die vollsteckten von seinen Kriegsknechten. Erst wollten die Zürcher versuchen, mit dem hochmütigen Freiherrn gütlich auszukommen. Aber er verdarb es immer wieder mit ihnen, also daß zwischen ihm und der aufblühenden Nachbarstadt eine hartnäckige Fehde aufging. Da der Freiherr gar mächtig war und auch starke Zuzüge der Adeligen hatte, wandten sich die Zürcher in ihren Nöten an den Grafen von Habsburg um Hilfe. Und der empfing schlicht und bescheiden ihre Boten und sagte ihnen seinen Beistand zu. Als die Zürcher danach mit dem Regensberger den Streit begannen, erlitten sie zuerst manche böse Schlappe. Aber der Graf tröstete sie, und wie nach und nach der Adel des Aargaus und Thurgaus nicht mehr mit dem Freiherrn Lüthold lief, ging es ihnen und ihrem Schirmherrn besser. Es gelang ihnen, ihm eine Burg um die andere wegzunehmen, bis auf die feste Burg auf dem Berge Albis bei Zürich, die Baldern genannt, und bis auf die Ütliburg zuhöchst auf dem Ütliberg, von wo aus man schier über den ganzen See hinauf und den Zürchern in die Kamine hineinsehen kann. Solange sie aber diese zwei festen und unzugänglichen Schlösser nicht hatten, konnten sie die Herrschaft des Regensbergers nicht brechen. Mit Gewalt jedoch kamen sie nicht hinein. Da versuchte es der Graf Rudolf von Habsburg mit List. Eines schönen Abends - die Schneefelder der Glarner Berge waren blutrot in der untergehenden Sonne - ritt der Habsburger mit fünfunddreißig Reitern in die Nähe der Burg. Jeder hatte einen vollständig gerüsteten Mann hinter sich auf dem Pferde. Als sie nun unweit der Burg ins Unterholz kamen, sprangen die hinteren fünfunddreißig Reiter ab und versteckten sich in einer kleinen Schlucht. Andern Tages kamen nun die fünfunddreißig Reiter wieder und streiften übermütig um die Burg, die Burgknechte zum Kampf herausfordernd. Wie diese nun sahen, daß sie's nur mit fünfunddreißig Reitern zu tun hatten, taten sie plötzlich die Tore auf und jagten dem anscheinend flüchtigen Grafen und seinen Reitern nach. Da sie aber weit genug von der Burg weg waren, stiegen die Reisigen, die sich abends vorher bei den Burgmauern in einer Schlucht versteckt hatten, rasch herauf und fielen durchs offene Tor in die Burg ein. Rasch war das Gesinde überwältigt und das Schloß gewonnen, was vom Schloßturm mit Trompetenstößen dem auf Umwegen heranreitenden Grafen Rudolf kundgemacht wurde, worauf die ihn verfolgenden Reiter zerstoben. Aber noch trotzte zuoberst auf dem Berge, wo einst schon das Urvolk der Kelten aus seinem Refugium über den See hingeschaut hatte, die feste Ütliburg. Ihr war gar nicht beizukommen, alle Stürme wurden abgeschlagen, obschon nur wenig Mannschaft darin steckte. Doch Graf Rudolf, der Habsburger, wußte Rat. Die Burgknechte der Ütliburg hatten zwölf milchweiße Schimmel, auf denen sie schier alltäglich zur Jagd oder auf Raub ausritten. Nun ließ der Habsburger durch die Bürger von Zürich ebenfalls zwölf schneeweiße Schimmel rüsten. Dann rückte er heimlich bei Nacht und Nebel aus, den steilen Berg hinauf, und versteckte sich im Hochwald auf der zugänglichen Seite der Burg mit den zwölf Schimmelreitern. Bei ihm befand sich auch noch eine kecke Schar Zürcher Fußvolk. Also erwarteten sie den Morgen. Als nun die Burgknechte am andern Tag um Mittag auf ihren weißen Schimmeln wie alle Tage zum Burgtor hinausritten, um zu jagen, gab der Graf von Habsburg mit seinen verborgenen Zürchern fein acht, wohin sie sich wendeten, und als nun die Reiter weit weg waren, brach er mit seinen elf Reitern und ihren milchweißen Rossen aus dem Gebüsch und jagte auf die Ütliburg los, hinter ihnen drein aber rannte mit wildem Geschrei das zürcherische Fußvolk. Jetzt erschraken die in der Burg zurückgebliebenen Knechte, denn sie glaubten, daß es ihre zwölf Schimmelreiter seien, die da von den Zürchern gehetzt gegen die Burg heraufsprengten. Weitauf taten sie das Tor, um sie rasch in die sichere Burg einzulassen. Und so jagten denn der Habsburger und seine Reiter in vollem Galopp durchs offene Tor ins Schloß hinein. Nun merkten die Schloßknechte den Irrtum, aber da flogen ihnen schon die Blechhauben und Sturmhüte von den Köpfen; die Zürcher kamen hinterdrein, und bald war die Feste genommen. Gleich danach loderte das Feuer daraus himmelan, das den Zürchern drunten in der Stadt als ein willkommenes Freudenfeuer erschien. Nur noch das Städtlein Glanzenberg, das ebenfalls dem Freiherrn von Regensberg gehörte, war jetzt der Stadt Zürich gefährlich. Es lag hart am Wasser der Limmat und verwehrte den Kaufleuten der Stadt die freie Fahrt auf dem Fluß ins Tiefland gen Basel. Auch da wußte der schlaue Habsburger zu helfen. Auf seinen Rat füllten die Zürcher schwere Warenschiffe mit Fässern, in denen sie Kriegsleute versteckten. Als nun die Ruderknechte mit diesen Schiffen eines Tages den Fluß hinabfuhren und sich dem Städtlein Glanzenberg näherten, ließen sie im dichten Gebüsch die Bewaffneten aus den Fässern rutschen und ans Land steigen, wo sie sich mit Graf Rudolf vereinigten, der mit seinen Leuten schon im Gestäude steckte, denn er war nachts dahin geritten. Wie nun die Schiffe nahe beim Städtlein Glanzenberg waren, drängten sie die Ruderknechte ans Ufer, stiegen aus, ein fürchterliches Jammer- und Hilfegeschrei erhebend, und allerlei Zeug, sonderlich Tuchwaren, in die schnellen Wasser der Limmat werfend. Jetzt ging das Tor des Städtleins auf, und die Stadtknechte und das geringe Volk der Einwohner stürzten heraus, um alle die Waren, die im Wasser schwammen und die sie für gestrandet hielten, zu rauben. Aber die Schiffsknechte, die wohlbewehrt waren, empfingen sie mit Hieben und hielten sie so lange hin, bis aus dem Städtlein ein mörderisches Geschrei herausgellte. Da wußten sie, daß der Habsburger derweilen mit seinen Reitern und den Zürchern in das feste Wassernest eingefallen war. Des Städtleins Kriegsknechte aber und die Einwohner, die sich so unbesonnen von ihrer Habgier hatten hinauslocken lassen, machten sich voll Schrecken davon, als sie aus dem Städtlein einen roten Rauch aufgehen sahen. Also ward auch dies letzte Bollwerk des Regensbergers um die Stadt Zürich genommen und bis auf den Grund so völlig zerstört, daß heute in seinen wenigen Trümmern nur noch etwa ein einsamer Reiher nistet. Der einst so mächtige Regensberger aber mußte zuletzt froh sein, daß ihn die Zürcher als ihren Bürger annahmen, und in der Stadt beschloß der Freiherr, dem einst der halbe Zürichgau gehörte, sein Leben. Der einfache und leutselige Graf Rudolf von Habsburg aber hatte an der aufstrebenden Stadt Zürich einen guten Freund gewonnen. Später wurde er zum deutschen Kaiser gekrönt und brachte als solcher sich und sein Haus zu großer Ehre. Von diesem deutschen König wäre gar viel Rühmliches zu erzählen. Ich will nur noch ein lustiges Stücklein von ihm berichten, das zeigt, was für ein gutmütiger Herrscher er gewesen ist. Nämlich, einst hielt er Hoflager vor der Stadt Mainz. Da ging er, wie oft, als ein bescheidener Landsknecht gekleidet, in die Stadt. Weil es aber bitter kalt war, trat er in eine Bäckerei ein und machte sich an den Backofen, die Hände zu wärmen. Doch die Bäckerin wollte das nicht leiden und schnauzte ihn an: "Geh fort, du schäbiger Hund, zu deinem Bettelkönig, der mit seinen Reisigen und Knechten das ganze Land aufzehrt. Und wenn du dich nicht gleich rausmachst, so gieße ich dir diesen ganzen Kübel voll Wasser über den Kopf!" Das schrie die Bäckerin mit noch ärgeren Schimpfworten. König Rudolf wollte sich einen Spaß machen und ging nicht. Da goß ihm das Weib wahrhaftig den ganzen Kübel voll eiskalten Wassers über den Kopf, also daß er troff wie ein Regendach im Wolkenbruch. Jetzt eilte der König davon, ins Lager zurück vor der Stadt und kleidete sich um. Bei Tische erzählte er lachend sein Abenteuer. Dann nahm er eine Flasche guten Weins vom Tisch und schickte sie samt einer Schüssel der auserlesensten Speisen durch einen Diener zu der unhöflichen Bäckerin. "Geh", sagte er zu ihm, "bring ihr das mit meinem Gruß und sage ihr, der alte Landsknecht, dem sie am Morgen so gastfreundlich den Kübel voll Wasser über den Kopf geleert habe, lasse sich bei ihr für das frische Bad schön bedanken." Wie erschrak die unfreundliche Bäckerin, als sie vom Diener vernahm, wem sie am Morgen solches Leid angetan hatte. Sie eilte ins Lager, warf sich vor dem König in die Knie und bat ihn flehentlich um Verzeihung. Er aber sagte: "Ich will dir verzeihen, doch mußt du nochmals alles so sagen, wie du's mir am Morgen gesagt hast. "Wohl oder übel mußte sie's tun, und wo sie ein Wort vergessen hatte, half ihr der König getreulich nach. Da kamen die fürstlichen Herren, die um den Tisch saßen, nicht aus dem Lachen heraus. Das Volk aber, als es das hörte, liebte den König erst recht um seiner großen Güte und Bescheidenheit willen. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


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In uralter Zeit lebte ein tüchtiger Schmied, der sich großer Kundschaft erfreute. Ein vornehmer Reitersmann hielt auch einmal vor der Schmiede an und ließ vom Meister sein Pferd beschlagen. Das ging so geschwind, und das Eisen saß so gut, daß er sich zur Belohnung etwas wünschen durfte. Die Frau stand hinter ihm und raunte ihm ins Ohr: "Wünsche dir den Himmel!“ – „Den müssen wir verdienen“, sagte der Schmied, „den können wir nicht wünschen. Nun, ich besitze einen schönen Kirschbaum, der jedes Jahr über und über mit schwarzen Kirschen behangen ist, doch wenn ich sie pflücken will, ist immer schon einer drauf gewesen und so habe ich das Nachsehen. Ich wünsche, daß der Spitzbube, der auf den Baum klettert, nicht mehr heruntersteigen kann und er mich zu Hilfe rufen muß!“ Nach einiger Zeit ritt der vornehme Herr wieder vor die Schmiede, um sich das Pferd beschlagen zu lassen. Als der Schmied sich als Lohn wieder etwas wünschen durfte, flüsterte ihm die Frau wieder zu: »Wünsche dir den Himmel!“ Der Mann erwiderte: „Ach mit deinem Himmel, den muß man doch verdienen.“ Dann wandte er sich zu seinem Gönner: „In der Stube steht ein Lehnsessel, der immer besetzt ist, wenn ich drauf sitzen will. Ich wünsche, daß der, welcher drin sitzt, drin kleben bleibt, bis ich ihm heraus helfe.“ Nach einigen Monaten mußte er wieder ein Pferd des Edelmannes beschlagen. Als er abermals einen Wunsch tun konnte, stellte sich die Frau wieder an seine Seite: "Wünsch dir den Himmel, du Narr, wünsch dir den Himmel!“ Der Mann stieß sie weg: „Laß mich doch in Ruhe mit deinem Himmel, den muß man verdienen und nicht wünschen. Ich habe hier einen Nagelsack“, sagte er zum Reitersmann, „aus dem mir oft Nägel gestohlen werden. Wer in das Sacki greift, soll die Hand nicht mehr herausbringen, bis ich ihm helfe!“ Als der Schmied alt geworden, kam der Teufel, um ihn zu holen, da er den Himmel verscherzt habe. Der Schmied sagte ruhig, er hätte noch nicht Zeit zu kommen, er müsse noch einen alten Dreifuß flicken. Er solle ihm aus diesem Sack flink einen Nagel herausgeben, damit es schneller gehe. Der Teufel griff hinein und blieb mit der Pfote drin hängen. „Laß mich los“, schrie der Teufel. „Schenke mir noch ein paar Jährchen«, sagte der Schmied, „dann laß ich dich los.“ Der Teufel versprach es und lief, die Rechte schüttelnd, davon. Als die geschenkten Jahre um waren, meldete sich der Teufel wieder. Der Schmied sagte: „Gleich bin ich bereit, ich will nur noch das Sonntagsgewand anziehen, geh in die Stube und setze dich in den Lehnstuhl.“ „Der Teufel tat, wie er ihn geheißen, der Schmied zog das Sonntagsgewand an und stellte sich vor den Teufel und sagte: „Jetzt bin ich bereit, steh auf!“ Der Teufel rückte und rückte und konnte sich von dem Stuhl nicht mehr los machen. „Sieh“, sagte der pfiffige Schmied, „gib mir noch einige Jährchen, dann laß ich dich frei!“ Der Teufel versprach es und hinkte davon. Als die Zeit um war, erschien der Böse wieder und rief schon von weitem: „Jetzt ist es aus, jetzt nützt dir alle Ausrede nichts mehr!“ – „Gleich, gleich“, versetzte der Schmied und verkniff die Augen, „nur möcht ich dich bitten, da grad die Kirschen reif sind, mir schnell ein Körbchen voll zu pflücken, damit ich mich satt essen kann, bevor ich den schweren Gang antrete!“ Der Teufel kletterte auf den Baum und sammelte die Früchte, konnte aber nicht mehr herunter. Der Schmied tanzte vor Freude und lachte ihn tüchtig aus. „Laß mich hinunter«, jammerte der Teufel, »ich schenke dir gerne noch einige Jahre!“ – „Nein, nein“, sagte der Schmied, „so schnell kommst du mir diesmal nicht davon. Liessest du mich los für immer, so darfst du heruntersteigen.“ Der Teufel versprach es, kletterte eilig hinunter, rollte den Schwanz auf und verschwand. Als der Schmied endlich starb und an die Höllenpforte klopfte, hieß es, ihm werde nicht aufgemacht. Da wanderte er weiter zur Himmelspforte, und dort wies ihn Petrus mit brummiger Stimme zurück. „Für dich ist kein Platz hier, denn du hast dir nie den Himmel gewünscht!“ Da warf der Schmied schnell sein Schurzfell hinein, sprang darauf, und als Petrus ihn hinausweisen wollte, sagte er, er stehe hier auf seinem Eigentum. Petrus verzog sein Gesicht zu einem freundlichen Lachen und klopfte ihm auf die Schultern: „Mit solcher List ist noch keiner hier hereingeschlüpft!“   Quelle: J. Jegerlehner, Sagen und Märchen aus dem Oberwallis, Nr. 114 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


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Am Wege vom Dorfe Leerau nach Staffelbach liegt westlich der Grossstein, östlich eine muldenförmige Thalsenkung, die Lochluege. Dorten auf einem Hügel, welcher Schlosshubel heisst, soll einst eine Ritterburg gestanden haben und ihr letzter Besitzer, der diesen Platz in schlimmen Ruf gebracht hat, ist der Lochluegenjäger. Bald sieht man um den Kopf des Hügels ein blaues Räuchlein sich dehnen, und dies deutet auf schlechtes Wetter; bald begegnet denen, die hier durch müssen, der Burggeist selber. Er ist in Frickthaler-Tracht gekleidet, die hier auf viele Stunden weit nicht üblich ist, nämlich in einen langflügeligen grünen Tuchrock mit grossknöpfiger rother Weste. Ein Mädchen, das vor etlichen Jahren hier allein auf dem Wege war, meinte in der Gegend des Esterli, wo der Leerauer- und der Staffelbacher-Gemeindebann sich scheiden, mit jedem Schritte in tiefem Laub und Heidekraut einzusinken, so sehr raschelte und rauschte es um sie, und doch stand sie allenthalben auf nacktem, kahlem Boden. Angstvoll hebt sie die Füsse höher und beginnt zu springen, aber auch das Rauschen wird um so ärger und nur mit Noth kommt sie von der Stelle. Aehnlich ergieng's hier auch einem Burschen, welcher Mehl aus der Mühle geholt hatte und auf einem zweiräderigen Karren vorbeiführte. Hier deuchte es ihm, sein Karren ziehe sich plötzlich so leicht. Er blickt um, da hilft ein Mann, von dem er vorher nichts bemerkt hat, ihm hinten den Mehlkarren stossen; er ist ganz in Rübeli gekleidet, nämlich in grünen Baumwollensammet, den man häufig zu Hose, Spenzer und Weste zusammen wählt, und auf dem Kopfe hat er einen hohen schwarzen Strohhut. Der Bursche wagt nicht, etwas zu sagen, auch der Grüne spricht nichts. Nach einer Weile wird die Last wieder schwerer, der Ziehende schaut wieder um, da ist der Rübelimann verschwunden. Jetzt erst standen ihm die Haare zu Berge. Aber gethan hat es ihm nichts. Schlechter bekam's einem Andern. An derselben Stelle sperrte ihm ein mächtiges Schwein mit rasselnden Borsten den Weg. Er wollte schon umwenden, denn zum Ausweichen ist das Gelände zu enge und das Thier mit seiner blutunterlaufenen Haut sah ihm zu wildfremd aus. Da schnurrte das Ungethüm grunzend an ihm vorbei und hinterliess ihm nichts als einen tüchtig geschwollenen Kopf. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 103 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


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Der Löffelbrunnen Am Augässchen, später Austrasse, stand früher der „Löffelbrunnen“. Nach der Sage soll die Gemeinde dem Eigentümer für die Abtretung des Wassers einen silbernen Löffel geschenkt haben. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Escher, W. und A., S. 93.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


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Source: Der Lohn

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Ein Bursche, der Arbeit suchte, begegnete einmal unterwegs einem Mann, dem kurz zuvor ein Ohr abgeschnitten worden war. Das Blut floss ihm noch übers Gesicht, so dass der Mann einen traurigen Anblick bot. Mitleidig fragte der Bursche den Unglücklichen, wie und wo er sein Ohr verloren habe. Der sagte: «Ach! Ich war bei einem Bauern als Knecht eingestellt, und zwar unter der Bedingung, wer zuerst zornig werde, müsse sich ein Ohr abschneiden lassen. Da ich aber schlecht behandelt worden bin, habe ich meine Wut nicht zurückhalten können und deshalb den Lohn dafür gekriegt.» Da sagte der Bursche: «Schon gut! Nun will ich sehen, ob ich nicht im Stand bin, den Kerl in Wut zu versetzen!» Er ging hin und liess sich vom Bauern einstellen. Am ersten Tag liess der Bauer ihn nach einem miserablen Morgenessen ganz allein dreschen. Aber als es Mittag wurde und niemand mit dem Essen auftauchte, füllte der Bursche einen Sack mit Korn, ging in das Wirtshaus nebenan und bezahlte damit sein Mittagessen. Der Bauer, der dies schon beobachtet hatte, dachte bei sich: «Oha, vor dem Kerl da muss ich mich in Acht nehmen! Was soll ich dem zum Arbeiten geben? Dreschen kann ich ihn nicht mehr lassen, sonst schaut für mich wenig heraus. Ich will ihn in den Wald zum Holzen schicken, da kann er nichts verderben!» Der Knecht nahm also vier Pferde und ging in den Wald. Als er dort aufgeladen hatte, machte er sich heimzu. Unterwegs begegnete er einem Fuhrmann mit vier jämmerlichen Eseln. Genau das Richtige! Er fragte den Fuhrmann, ob er ihm nicht seine Esel gegen diese Pferde tausche. Der Fuhrmann antwortete: «Jawohl, sehr gern!» Darauf wechselten sie die Tiere aus, und er ging langsam nach Hause. Als der Bauer die vier mickerigen Esel anstatt seiner vier prächtigen Pferde sah, fragte er den Knecht: «Aber wo hast du die Pferde?» Der Knecht sagte: «Die hab ich verkauft, werdet Ihr etwa wütend?» Der Bauer antwortete: «Nein, nein!» Jetzt wusste er nichts mehr, was er seinem Knecht auftragen könnte, und gleichzeitig stieg der Zorn in ihm auf. Vor seinem Haus stand ein riesiger Baum, den hätte er gerne gefällt gehabt. Deshalb befahl er eines Tages dem Knecht, eine Axt zu nehmen und den Baum zu fällen. Der Knecht gehorchte sogleich. Die Axt aber haute ihm zuwenig gut, und er sagte: «Ich muss die Axt ein wenig schleifen», und er schlug mit der Schneide mehrmals auf einen Stein, so dass die Axt kaputt war. Als der Bauer das sah, rannte er hin und schrie: «Was machst du da? So schleift man keine Axt!» Der Knecht fragte: «Werdet Ihr etwa zornig?» Der Bauer musste wohl oder übel sagen: «Nein!» Jetzt merkte der Bauer, dass es nichts anderes gab, als mit einer neuen Axt herauszurücken, und er sagte zum Knecht: «Geh dort hinauf, unter dem Bett hat’s noch zwei Äxte.» Da ging er hinauf. In der Stube oben rief der Knecht: «Beide?» Der Bauer antwortete: «Ja, ja!» Da nahm der Knecht die Äxte und prügelte damit die Meisterin und die Magd schier zu Tode. Schliesslich kam er herunter und haute mit den Äxten noch stärker als vorher auf den Stein. Als der Bauer dies sah, wurde er fuchsteufelswild. Der Knecht merkte das und fragte sofort: «Werdet Ihr etwa zornig?» «Ja! Warum sollte ich nicht fuchsteufelswild werden wegen so einem Schuft wie du!» war die Antwort. Aber da sagte der Knecht schnell: «Her mit dem Ohr!» Und er nahm die Axt und schnitt dem Bauern das Ohr ab.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Lohn der Bergleutlein

Source: Der Lohn der Bergleutlein

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Einst ward eine Hebamme von den Zwergen um ihren Dienst ersucht; als Belohnung gaben sie ihr die Schürze voll Kohlen. Die Hebamme, mit einer solchen Belohnung nicht zufrieden, fasste ihre Kohlen nur nachlässig in ihre Schürze, so dass sie während des Gehens viele verlor. Als sie aber zu Hause ihre Kohlen näher betrachtete, waren es lauter Goldstücke. Sie eilte zurück, die verachteten Kohlen wieder zu sammeln, die sie verloren hatte, aber keine einzige fand sie wieder. Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Lohn der wilden Mandli

Source: Der Lohn der wilden Mandli

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Ein Bauer im Reusstal hatte eine grosse Not mit seinen Kühen, da er sie an einem sehr unsicheren Ort auf die Weide treiben musste, wo ihm alljährlich ein bis zwei Stück verunglückten. Da stellten sich eines Sommers wilde Mandli bei ihm ein und boten ihre Dienste an; sie wollten ihm, versicherten sie, die Kühe hüten, dass ihm keine einzige verunglücke. Als Lohn verlangten sie alle miteinander nur einen Hut. Der Bauer dachte, man könne ja probieren, und dingte sie. Er sollte es nicht bereuen. Diesmal verlor er kein Haupt. Christina Exer Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Lusger Boze

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Die Hochalpe Lusgen liegt am Aletschbort und gehört zur Belalpe. Von der Gräfin "z'en Tischen" und ihrem reichen Schatze erzählt die Sage. Auch ein Alpweib will einmal die reichgeschmückte Gräfin gesehen haben. Das Weib fürchtete sich aber sehr und floh entsetzt davon. Bis zum Lusgersee folgte ihr die Gräfin nach, wo sie verschwand. Noch ein anderer Geist soll Menschen und Vieh oft beunruhigen in der Lusger-Alphütte des Pfarrers von Naters. In der Hütte poltert der Boze unheimlich herum und im Stalle will er eine leere Krippe haben. Sind alle Krippen voll Vieh, so muss gewiss, wenn's Ruhe geben soll, das eine oder das andere Stück heraus. Ein zwölfjähriger Knabe will einmal den Geist gesehen haben. Er zeigt Menschengestalt, hat einen grossbeknopften Rock und einen aufgestülpten Hut. Das Gespenst sass hinter dem Tische und schien zu schreiben; der Hut war auf dem Stubenofen niedergelegt.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Mädchenräuber

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Es ist einmal ein junger stolzer Ritter gewesen. Ueli hat er geheißen. Der konnte so schön singen, daß er aller Sinn bezauberte, die seinem Gesang lauschten, und sich ihre Herzen zu willen machte. Aber insgeheim war er ein schlimmer Räuber und gar böser Mörder: arglistig stahl er die schönsten Mädchen und frommsten Jungfrauen im Lande. Er lockte sie mit seinen lieblichen Liedern von Hause fort und versprach ihnen, er führe sie auf sein hohes Schloß, und herrlich werde allda Hochzeit gehalten. Aber auf dem Wege schon, wenn er sie an einen einsamen Ort gebracht hatte, viele Stunden weit weg von allen Menschen, nahm er ihnen alle Kleider und Kostbarkeiten weg, die sie ihm zuliebe auf dem Leibe trugen, und ermordete sie gar schändlich. Also hatte er schon elf reiche, schöne Töchter im Lande entführt, und niemand wußte, was aus ihnen geworden war. Eines Tages ritt er auf seinem grauen Roß wieder auf Raub aus und trabte durch ein weites Ried; dazu sang er aus voller Brust und Lust ein schallendes Tagelied. So hell sang er und so schön mit dreierlei Stimme, daß es laut an den Bergen widerklang. Unweit stand eine Mühle am Bach, da wohnte ein reicher Müller. Der hatte zwei Kinder im Hause, einen Sohn, einen wackeren Jungknaben von gutem Mut und Blut, der Ruedi hieß und ein tüchtiger Jäger war, und eine Tochter, ein hübsches, frisches Mädchen mit blauen Augen und hellen Zöpfen. Schön Anneli stand just in der Stube und räumte in Mutters Kisten und Kasten, da drang der helle Schall von Ritter Uelis Gesang zum Fenster herein, und g'wundrig, wie so Maitli sind, legte es sich unter den Laden und lugte hinaus, wer in aller Welt so schön singen möge, und sah im selben den stattlichen Ritter auf den Hof zureiten. Gleitig sprang es die Stiege hinab und trat unter die Tür, um besser zu losen und zu lugen und sagte vor sich hin: "Oh chönnt i au eso singe, Wött mit em vo heime springe!" und dachte bei sich: »und schöne Kleider und guter Schmuck liegen mir auch im Schrein und wären jeder Edelfrau recht.« Der Ritter grüßte artig und sprach aufs Mal, als wüßt' er ihre Gedanken: »Wenn du mit mir kommen willst, heim auf mein Schloß, dann will ich dich lehren alles, was ich kann«, und freundlich lachte er das Mädchen an: E Liedli uf dreierlei Stimme Wott ich dich lehre go singe! Nun geh hinauf, leg deine schönsten Kleider an, und bald reiten wir durch Wies und Wald auf meines Vaters Schloß.« Anneli wußte nicht, wie ihm geschah; geschwind sprang es die Stiege hinauf, ging in sein Kämmerlein, band seine gelben Zöpfe mit feinen Seidenfäden auf, nahm seine Festgewänder aus der Truhe und kleidete sich prächtig in Samt und Seide und schmückte sich mit Silber und rotem Gold, wie eine Braut zum Altargang, und ging gleich in den Hof hinab, wo Ueli auf sie wartete. Er bestieg sein Roß, hing seinen vielfarbigen Schild zur Seite, nahm Anneli am Gürtelschloß und schwang sie hinter sich auf den Sattelsitz und - staubvomboden sprengte er mit ihr dem nahen Walde zu, so schnell, daß ihr das Haar im Winde flog; bald ritten sie tief im finstern Tann. Aber als sie nach einer Weile an einer grünen Haselstaude vorüber kamen, saß da auf dem höchsten Zweig ein weißes Turreltäublein, das ruggte und gurrte und gurrte und ruggte mit seinem rosenroten Schnäbelein: "Ruggedigugg - Ruggedigugg! Amene Brunne Vo Bluet umrunne Hoch imene Baum – Es isch kein Traum! – Elf Jüngferli hange. Jez isch die zwölfti gfange! Ruggedigugg - Ruggedigugg." „Hörst du nicht, Ritter, was hat wohl das weiße Täublein dort auf dem grünen Haselstrauch gesagt?“ fragte erschrocken das Mädchen. „Es ruggt wegen seinem roten Fuß, daran es im Winter im tiefen Schnee so bitter frieren muß«, erwiderte jener und spornte sein Roß noch tiefer in den Wald hinein, und fort jagten sie im jähen Lauf über Stock und Stein und durch stachlige Stauden. An den Dornen zerschlissen Annelis schöne Kleider zu Hudeln und Fetzen, und es ritzte sich seine zarte Haut bis aufs Blut, so daß es jämmerlich schrie: "O weh, was G'walt! O heie o he, myni sydige Röck! O heie o he, myni schneewysse Bei!" Doch der Ritter kehrte sich nicht daran und trieb sein Roß nur noch härter an. Erst als sie im dunkelsten Waldesgrunde waren, ließ er es langsamer gehen, und an einem Quellbrunnen, dessen Wasser dunkel waren wie von Blut, hielt er unter einer alten Tanne an. Er sprang ab und spreitete seinen scharlachroten Mantel ins grüne Gras. Dann hob er Anneli aus dem Sattel und hieß sie zu ihm sitzen, legte ihr sein Haupt in den Schoß und sprach: „Ach Anneli, chumm mer cho luse, Mys chruselgäls Hörli verzuse!“ Schön Anneli tat nach seinem Wort, aber wie sie ihm mit den Fingern durchs Haar fuhr, da schaute sie wie von ungefähr in den Baum hinauf, unter dem sie saßen. Und - das Herzblut wollte ihr vor Schrecken gerinnen - dort erblickte sie elf nackte Jungfrauen an den Ästen hängen, eine schöner als die andere, eine bleicher wie die andere. Jetzt erst verstand sie, was das weiße Täublein auf dem grünen Haselbusch ihr hatte sagen wollen. »Weh mir«, sprach Anneli zu sich selber, „ich bin so fern in einem tiefen Tal, daß niemand mein Rufen hören mag, und niemand wird mir zur Hilfe kommen. Nun muß ich Leib und Leben lassen, so jung ich bin.“ Und sie bebte am ganzen Leib wie Espenlaub, und so manche Locke sie dem Ritter vertat, so manche Träne rann ihr über die Wangen. Der merkte wohl, wie's ihr zu Mut war; er schaute auf und lugte ihr unter die Augen: »Ei«, sprach er, »was dauert dein Herz so sehr, daß du greinen mußt? Weinst du ob deinem stolzen Mut? Weinst du um deines Vaters Hab und Gut? Weinst du um deine Ehre, daß sie dir verloren sei? Oder weinst du etwa um eine hohe Tanne und meinst, du müßtest dran hangen?“ - "Ich weine nicht um mein junges Blut, ich weine nicht um meines Vaters Hab und Gut! Ich weine nicht um meine Ehre, daß sie mir verloren sei. Ich weine ob dieser Tanne; ich sehe elf Jungfrauen dran hangen!“ Da lachte der Ritter gell auf und rief: »Ei, weine nicht so sehr, schön Anneli, es hilft dir nichts! Ja, es ist wahr, du wirst die zwölfte sein, und zu oberst oben am höchsten Dolder mußt du hangen! So können alle Leute sehen, daß du die Kaiserin über allen bist!" Arm Anneli wand ihre Hände und raufte sich das Haar in Todesangst und bat und flehte: „Um eine Gnade nur bitte ich dich: dreimal noch laß mich um Hilfe schreien!“ „Schrei du nur zu, hundert Stund, soviel du magst“, sprach der Ritter spottend und schnitt indes mit seinem scharfen Schwerte junge Ruten im Gestrüpp, um eine Wied daraus zu drehen, »kein Mensch wird deinen Ruf vernehmen, und die jungen Waldvögelein hören nicht auf dich, und die Tauben, die sind verschwiegen!" Da tat Anneli den ersten Schrei in den Wald hinaus und rief ihrem Vater: "Chumm Aetti, chumm und hilf mer bald, Mues Lyb und Läbe la im Wald!" Aber der Vater vernahm sie nicht, nur die Blätter der Bäume rauschten im Winde. Und Anneli tat den zweiten Schrei und rief der Mutter: „Chumrn Müeti, chumm und hilf mer bald, Mues Lyb und Läbe la im Wald!“ Aber auch die Mutter vernahm sie nicht, und wieder rauschte nur das Laub im Winde. Und nun tat Anneli den dritten Schrei und hat seinem Bruder gerufen: "Chumm Brüederli, chumm und hilf mer bald, Mues Lyb und Labe la im Wald!« Aber Ruedi war nicht daheim, er saß beim Sternenwirt und aß eben Hochzeitsbraten und gebackene Fische und trank einen Krug kühlen roten Weins dazu. Doch Annelis Ruf drang zum offenen Fenster herein, und deutlich hörte er den wohlbekannten Laut; er horchte auf und rief den lärmenden Gästen zu: „I bitt ech um Gotts Wille, Händ ech chlei weneli stille! – Es lit mir öppis in mynem Sinn, I mein, i g'höre mys Schwöschterlis Stimm! Hör regne Wind, hör stürme Wind! I g'höre-n-es Stirnmli, wie eusis Chind, I g'höre mys Schwöschterlis Stimm!“ Da sprang er auf vom Tisch und rief dem Knecht auf dem Hofe zu: "Sattle mir mein bestes Roß im Stall! Zäum's mit einer eisernen Kette!“ Denn so buggeil war sein Roß, daß es alle Stricke und Stränge zerbiß. Er schwang sich auf und staubvornboden sprengte er über Berg und Tal, um seines Schwesterleins Leben zu retten. Und so hart spornte er sein Roß, daß ihm Leber und Lunge im Bug kochten und unter den Hufen Funken sprühten und die Baumwipfel wetterleuchteten. Und als er im Walde an der grünen Haselstaude vorbeikam, saß auf dem höchsten Zweig das weiße Turteltäubchen und ruggte und gurrte und gurrte und ruggte mit seinem rosenroten Schnäbelein: "Ruggedigugg – Ruggedigugg! Ryt gschwind, ryt gschwind, Wie Wetter und Wind!" Und Ruedi stachelte sein Roß noch mehr, so daß ihm die Hufe unter den Eisen Blut schwitzten, und bald kam er zur Tanne am blutigen Brunnen, grad, wie der Räuber die Wied fertig gedreht hatte und dem armen Anneli um den weißen Hals legen wollte. »He«, rief er ihm zu, »dreh zu, nur zu, dreh fest und gut! Du drehst die Wied für deinen Hals!« Und schon war er vom Roß gesprungen und warf mit starkem Arm den Mörder zu Boden und band ihn mit der Wied, die er selber geflochten, seinem Roß an den Schwanz. Dann hing er sich Uelis vielfarbigen Schild an die Seite, schwang sein Schwesterlein hinter sich auf den Sattelsitz, und sie sprengten selbander heimwärts. Ritter Ueli aber ward hinterdrein geschleppt über Stock und Stein und durch stachlige Stauden und, wie erbärmlich er schrie, an Steinen und Dornen blutig geschleift und geschunden. Aber als sie bei dem grünen Haselbusch vorüber kamen, saß auf dem höchsten Zweig das weiße Turteltäubchen, das ruggte und gurrte und gurrte und ruggte mit seinem rosenroten Schnäbelein: "Ruggedigugg - Ruggedigugg! Du Rüter, du Schölm, du Räuber, du Dieb, Lueg, wie mer dir's Luse-rr-und 's Chrusle vertrybt! Du muesch jetz hange-n-em Roß am Schwanz, Du muesch jetz lehre de Höppelidanz!" g'wundrig = neugierig; gleitig = eilig, schnell, losen ~ hören; lugen = sehen; buggeil = ungebärdig; Wied = Strick Quelle: Curt Englert-Faye, Schweizer Märchenbuch, S. 152 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Madlenjäger

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Auf dem Adler bei Pratteln findet man noch spärliche Reste der Burg Madlen. Ein früherer Ritter von Madlen lag in steter Fehde mit dem Edeln von Schauenburg. Auf der Jagd erschlug der Herr von Madlen den Schauenburger und führte später die schöne Witwe als Gemahlin auf die Madlenburg. Nach seinem Tode fand der Herr von Madlen keine Ruhe. Von Zeit zu Zeit, auch heute noch, ertönt sein Hifthorn und man hört das Gebell seiner 12 weissen Hunde. In wilder Jagd reitet er auf seinem Schimmel durch den Wald. Hört man den Madlenjäger, so bricht bald darauf ein Unwetter los, behaupten die alten Leute. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Madlenjäger

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Auf dem Adler bei Pratteln finden sich die Ruinen einer mittelalterlichen Burg der Edlen von Eptingen. Sie wird auch Madlen genannt; im mündlichen Sprachgebrauch wurde das Vor- und das Geschlechtswort mit dem Hauptwort verbunden: «aufm oder im Adlen zu Madlen». a) Ein Ritter auf Madlen lag in steter Fehde mit dem Edlen von Schauenburg. Auf der Jagd erschlug der Herr von Madlen den Schauenburger und führte später die schöne Witwe als Gemahlin auf die Madlenburg. Nach seinem Tode fand er keine Ruhe. Von Zeit zu Zeit ertönt sein Jagdhorn, und man hört das Gebell seiner zwölf weissen Hunde. In wilder Jagd reitet er auf seinem Schimmel durch den Wald. Hört man den Madlenjäger, so bricht bald darauf ein Unwetter los, behaupten die alten Leute. b) In stürmischen und mondhellen Winternächten hört man oft im Madlen bellende Hunde und ein Jagdhorn. Langsam verzieht sich die wilde Jagd gegen die Madlenburg. Wer sich hinzuschleicht, dem geht es schlecht. Er erhält von unsichtbarer Hand Schläge. Wer sich aber unbemerkt nähern, den Jäger an seinen langen Haaren packen und ihm das Wort «Schellenpofoss» zurufen kann, dem begegnet der Jäger freundlich. Er gewinnt einen grossen Schatz, wenn er noch ein paar an ihn gestellte Fragen beantworten kann. c) Die Leute erzählen, man könne den Schatz des Jägers bekommen, wenn man nachts um zwölf Uhr an einer gewissen Stelle mit einem Pickel im Takt schlage; dann komme der Schatz zum Vorschein und man könne ihn behändigen. Da man vor dem Geist des Jägers Angst hatte, beauftragte man einen Kapuziner, ihn in eine Flasche zu bannen. Diese Flasche habe man dann im Schönenberg eingemauert. Seither sei der Jäger nicht mehr erschienen. Ruinen Madlen und Schauenburg Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Mann an der Herdstatt

Source: Der Mann an der Herdstatt

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 »Ich sass,« so erzählt ein 60jähriger Mann von Schattdorf, »eines Tages hinter unserm Tischlein in der Stube, als ich auf einmal durch die offene Stubentüre hinaus einen Mann in Hemdsärmeln an der Herdstatt in der Küche stehen sah. Ich sah ihn nur von hinten und kannte ihn deshalb nicht. »Wer ist da draussen?«, fragte ich die andern am Tisch, und diese schauten hinaus, sahen aber niemand. Bald verschwand die Erscheinung. Etwa drei Tage später kam ein junger Mann aus der Nachbarschaft, aus dem Kallenbüel, zu uns, den ich sofort als jenen Mann bei der Herdstatt erkannte, und sagte, sein jüngstes Schwesterchen sei gestorben, ob er nicht unser Tischchen bekommen könnte, um die Leiche darauf zu betten. Wir überliessen es ihm, und sie betteten richtig die Kindsleiche darauf.« Franz Zgraggen in der Blewi Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Mann der Steine versetzte

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Ein Bauer, so erzählt die Sage, war einst Besitzer vieler Wiesen, Felder und Waldbestände. Aber je mehr er hatte, desto mehr wollte er. Er machte sich keine Gewissensbisse, die Grenzsteine seiner Ländereien auf Kosten seiner Nachbarn zu versetzen, um hier ein Stück Wiese, dort einen Streifen Feld zu gewinnen und wieder anderswo seinen Wald zu vergrössern. Die Bauern der angrenzenden Wiesen beklagten sich bitter darüber, und jener Ehrlose stand mit allen im Streit, behielt aber dennoch immer Recht. Eines Tages aber wurde unser Bauer krank und starb nach wenigen Stunden. Was nützte ihm jetzt all sein Besitz, er konnte ihn ja nicht mitnehmen! Niemand im Dorf vergoss wegen ihm eine einzige Träne. Am nächsten Tag, nachdem man ihn auf dem Friedhof beerdigt hatte, fand man seinen Leichnam ausserhalb des Grabes. Später irrte er als Geist in den Bergen umher, wo ihn der Pfarrer des Dorfes beschwören wollte. Umsonst. Er erschien immer wieder, und besonders dann, wenn ein Gewitter sich in den Bergen entlädt, hören ihn die Dorfbewohner, wie er mit einer eisernen Keule auf die Grenzsteine klopft, sie zerschlägt oder sie auch den Abhang hinunterkollern lässt, zur nicht geringen Gefahr der Alphirten, Viehherden und auch der Häuser im Tal drunten.   Am Kaminfeuer der Tessiner                                    Walter Keller                                                          Hans Feuz Verlag Bern     Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Mann im Mond

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Im Mond ist ein Mann, der melkt eine Kuh. Der ging in der Nacht immer die Kühe der andern melken, die ihr Vieh auf die Herbstweide liessen. Eines Nachts war heller, schöner Mond, für ihn zu hell. Er wurde wütend und verfluchte den Mond. Zur Strafe zog der Mond ihn hinauf, und dort muss er für immer bleiben.   Thompson Motiv A 751 (Der Mann im Mond)   Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Mann im Monde

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Ein Senn in der Waltensburger-Alpe wurde einst von einer armen Frau um einen Trunk Milch gebeten. Aber mit harten Worten schlug der rohe Senne ihre bescheidene Bitte ab. Darauf verwünschte sie ihn an den kältesten Ort der Welt. - Durch diese Verwünschung kam er in den Mond, wo nach der Aussage der Sternkundigen es zeitweise viel kälter werden soll, als auf dem Erdballe. Und dort sieht man ihn beim Vollmonde, immer noch in seinem Eimer herumrührend, sitzen. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Mann im roten Mantel

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Im Keller eines Hauses zu Altdorf war ein Gespenst gebannt und eingeschlossen. Einst öffnete eine Magd, die im Hause noch unerfahren war, das Gelass und erblickte darinnen sitzend einen Mann in einem roten Mantel; der kam heraus und fuhr im Hause herum, und sie mussten ihn neuerdings bannen. Dasmal mauerten sie ihn ein. Mein 90jähriger Erzähler ist selber dabei gewesen. Jost Aschwanden, Maria Ziegler Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Mann mit der Tasche

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Es war einmal ein armer Bursche, der ging von zu Hause fort, um eine Arbeit zu suchen. Da begegnete er einem Herrn, der fragte ihn, wohin er gehe. Er habe kein Geld, deshalb müsse er eine Arbeit suchen, antwortete der Bursche. Der Herr meinte, da könne er ihm schon helfen, wenn er mache, was er sage. Er müsse sieben Jahre lang ständig unterwegs sein, aber er dürfe sich weder waschen, kämmen, die Haare und Nägel schneiden noch die Kleider wechseln. Er wolle ihm dann eine Tasche geben, daraus könne er soviel Geld nehmen, wie er wolle, die Tasche sei immer voll. Aber sobald er sich während dieser sieben Jahre nicht an seine Befehle halte, bleibe die Tasche für immer leer. Dem Burschen war dies recht. Er nahm die mit Geld gefüllte Tasche und zog in der Welt herum. Nach sieben Jahren Reise sah er aus wie ein Tier. Einmal kam er in ein Wirtshaus und fragte ob er übernachten könne. Die Wirtsleute sagten, im Stall unten könne er schon bleiben, doch fürs Haus sei er zu dreckig. Dies war ihm recht, aber er liess sich das beste Nachtessen in den Stall hinunterbringen. Am andern Morgen bat er den Wirt so lange, ihn ein wenig in die Stube zu den Herrschaften zu lassen, dass der Wirt der Magd sagte, sie solle ihn heraufholen. Er lasse nämlich gleich viel Geld springen wie der vornehmste Gast. In der Stube oben hörte er von einer Ecke aus zu, was die anwesenden Herren einander erzählten. Unter anderem hörte er sie sagen, es sei schade um die Töchter jenes Herrn, welcher bankrott gehe. Der Reisende fragte sogleich den Wirt, um wen es sich handle. Der Wirt nannte den Namen, und der Bursche ging zum Schloss jenes Herrn. Dort wollten sie ihn zuerst nicht hereinlassen, aber er sagte, er habe etwas sehr Wichtiges mit dem Herrn zu besprechen. Als er vor den Herrn geführt wurde, machte er das Angebot, alle seine Schulden zu bezahlen und sein Schloss von den Gläubigern zu befreien, wenn er ihm eine seiner Töchter zur Frau gebe. Der Herr weigerte sich zuerst, eine Tochter so einem schmutzigen und widerlichen Kerl zu geben. Doch dass er andern Tags mit seinen Töchtern, die nicht zu arbeiten gewohnt waren, auf der Strasse stehen sollte, machte die Sache auch nicht leichter. Also sagte er trotzdem, er sei einverstanden, ihm eine Tochter zu geben, wenn eine ihn nähme; sie würden nun fragen, ob eine wolle. Der Herr liess seine drei Töchter kommen und fragte sie, welche den hässlichen Kerl zum Mann wolle, die eine oder andere müsse daran glauben, sonst ständen sie morgen auf der Strasse. Die beiden Älteren sagten, das könnten sie nicht, der da sei zu widerlich. Die Jüngste merkte, dass ihr Vater das Schloss gerne frei von Schulden hätte, darum sagte sie, sie wolle ihn also nehmen, sehr appetitlich sei er schon nicht, aber wenn sie ihn nicht anschauen könne, so drehe sie sich auf die andere Seite, betteln sei auch schwer. Der Wanderer wechselte mit ihr die Ringe und sagte, nach einem Jahr und einem Tag kehre er zurück, dann wollten sie Hochzeit machen. Er bezahlte die Schulden des Herrn bis auf den letzten Rappen, dann ging er weiter. Als das Jahr vorbei war und damit die sieben Jahre seines Vertrags, da wusch sich der Bursche, liess sich die Haare und den Bart schneiden und kaufte ein prächtiges Kleid. Jetzt war er einer der schönsten Burschen, die es gab. Er kehrte in der gleichen Wirtschaft ein, wo er vor einem Jahr im Stall geschlafen hatte, bevor er zu seiner Braut ging. Diesmal begrüsste man ihn sehr höflich und führte ihn sogleich in den Saal. Als er hörte, dass die Magd sagte, so einen schönen Burschen wie den habe sie noch nie gesehen, fragte er sie, ob sie sich nicht erinnere, ihn hier vor einem Jahr gesehen zu haben. Die Magd antwortete, aber nein, er sei nie da gewesen. Als die Leute erfuhren, er sei der, welcher vor einem Jahr im Stall unten geschlafen habe, wunderten sie sich und konnten es nicht glauben. Als die drei Jungfrauen vom Schloss den Burschen kommen sahen, fragte eine nach der andern: «Weiss jemand, wer dieser schöne Bursche ist?» - und die beiden Älteren lachten die Jüngste aus und sagten: «Der ist ein bisschen schöner als dein Dreckfink!» Der Bursche gab sich den Töchtern zu erkennen; aber weil seine Braut ihm nicht glauben wollte, zeigte er ihr den Ring. Jetzt waren die beiden Älteren derart neidisch, dass sie sich am Hochzeitstag auf dem Estrich erhängten. Der Herr, der die Tasche gegeben hatte, kam am Hochzeitstag und fragte den Bräutigam, wie es ihm gegangen sei. Der antwortete überglücklich, es sei ihm sehr gut gegangen, und er habe jetzt eine schöne Braut. Da sagte der Herr: «Du hast eine, ich aber habe zwei. Wenn du es nicht glaubst, schau oben nach!»     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Mann ohne Kopf

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Ein Bauer in Näfels besass auf dem abgelegenen Ellenboden einen Stall. Nichts Böses ahnend, stieg er eines Abends spät noch hinauf, um ein vergessenes Werkzeug zu holen. Als er aus dem Walde trat und seinen Stall auf Rufweite vor sich sah, wandelte eine seltsame, weisse Gestalt über die Weide. Der Bauer merkte gleich, dass es ein Gespenst war, weshalb er sich schleunigst hinter einer Tanne versteckte. Das unheimliche Wesen schwebte den Weg herab auf den Bauern zu. Dieser gewahrte mit Entsetzen, dass der Geisterwandler den Kopf unter dem Arm trug und daraus zwei glühende Augen in die Nacht glotzten. Wie froh war der Bauer, als das Gespenst an ihm vorbeiglitt, ohne ihn zu bemerken. Hierauf eilte er zum Stalle. Seit jenem Abend sah man den Ellenbödeler nie mehr nachts auf den Berg steigen.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


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Source: Der Mann ohne Kopf

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 1. Der volle Mond und seine fleissigen Gesellen, die Sterne, beleuchteten hell die einsame, unheimelige Gegend, als Josef Huber, ein herzhafter Erstfelder, auf der Landstrasse von Schattdorf her nach Hause wanderte. Etwas unterhalb der Halten sah er auf einmal durch den Reistzug hinauf einen Bekannten ohne Kopf dahineilen und dann im Gebüsch verschwinden. Am Tage darauf fragte er den Betreffenden, was er dort gesucht habe. Der aber wollte nichts wissen und wies nach, dass er daheim geblieben sei. Acht Tage später wurde das Rätsel gelöst. Hubers Freund verunglückte beim Holzen, und als Leiche brachte man ihn durch jenen Reistzug herunter. 2. Gegen den Rosstock in der düstern Leutschachalp ob Amsteg bewegte sich eines schönen Wintermorgens eine Kolonne rüstiger Männer von Intschi, im Gänsemarsch langsam aber ausgiebig bergan steigend, um aufgetristetes Wildheu zu fassen. Zwischen Chäserli und Heitersbiel kommt ihnen ein Mann ohne Kopf entgegen, den sie nicht kennen. Dieser marschiert am Ersten der Gruppe, Inderkum mit Namen, vorbei und verschwindet sofort, sodass der neugierig zurückschauende Inderkum ihn schon nicht mehr erspäht. Den Übrigen, die etwas zurückgeblieben, begegnete der Unbekannte überhaupt nicht. Im folgenden Sommer anno 1860 verunglückte Inderkum in jener Gegend, als er zwei Neesli in den Rosstock führte, und fiel über eine schreckliche Fluh zutode und zerschmetterte in kleine Stücke; den Kopf fanden sie nicht einmal. Frz. Jos. und Jos. Zurfluh, Intschi 3. Peter Gamma ab der Geissplatte zu Geschenen, ein über 80 Jahre zählender Greis, erzählt als sein eigenes Erlebnis die folgende merkwürdige Begebenheit: Ich war noch ein Schulbube, als ich eines Tages gegen Abfrutt zuwanderte. Etwas unterhalb des grossen Kreuzes daselbst begegnete mir mein »Chrisägetti« (Firmpate), doch sah ich zu meiner grossen Verwunderung seinen Kopf nicht. Nachdem ich schweigend an ihm vorübergegangen und einige Schritte entfernt war, schaute ich nochmals nach ihm zurück. Es hatte nun den Anschein, als hätte er seinen Tschoopen über den Kopf gezogen, und ich dachte bei mir: »Der hat sich einen Spass erlauben und dir den Schrecken einjagen wollen.« Am Abend hielt ich ihm alles vor; er aber leugnete steif und fest und nannte mich einen Narren. Einen Monat später sprang dann mein Pate bei Abfrutt über eine schmale Stelle der Gescheneralp-Reuss, wo wir Knaben gar oft in Scherz und Spiel hinübersetzten, glitschte jedoch auf der Felsplatte aus, die sich teilweise über den wilden Bach wölbt, und fiel in das tobende Wasser. Etwas unterhalb des grossen Kreuzes wurde die Leiche herausgezogen, doch fehlte ihr das Haupt; es war an den riesigen Steinen des jähen Wildbaches zerschmettert und abgerissen worden. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Mann ohne Kopf

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Ein Oberdörfer wanderte einst in einer mondhellen Nacht von Bennwil nach Oberdorf. In der Nähe der Scheune auf Dilleten, die der Mühle in Oberdorf zugehörig war, holte er jemanden ein. Er grüsste den Unbekannten. Dieser antwortete nicht. Er redete den Fremdling mit den Worten an: «Es ist noch eine schöne Nacht heute». Wieder schwieg dieser. Nun dachte er, wenn er ihm zum dritten Mal keine Antwort gebe, haue er ihm eine Ohrfeige herunter. Der Fremde entgegnete auch zum dritten Mal nichts. Als ihm der Oberdörfer den zugedachten Schlag versetzen wollte, musste er zu seiner grossen Bestürzung feststellen, dass der stumme Nachtwanderer gar keinen Kopf besass. Dieser schwenkte dann nach der besagten Scheune ab und verschwand darin, trotzdem sie sonst immer verschlossen war. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Mann vom Galgen

Source: Der Mann vom Galgen

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Es war einmal ein Bursche. Wenn der hörte, irgendwo werde eine Abendgesellschaft gegeben, so wollte er immer dabeisein. Einmal ging er wieder zu einer Abendgesellschaft, ganz in der Nähe des Galgens. Kurz zuvor war einer gehängt worden. Der Bursche nahm ein Glas Wein, öffnete das Fenster und schrie hinaus: «Auf dein Leben und deine Gesundheit, du Galgenvogel dort drüben!» Als die andern das hörten, wiesen sie ihn zurecht und sagten: «Pass auf! Wenn der vom Galgen jetzt herunterkäme und von dir Leben und Gesundheit wollte, was würdest du dann tun?» Der Bursche, der war ein bisschen stur, hatte es darauf eilig, nach Hause zu gehen. Als er sich daheim schlafen legte, da öffneten sich plötzlich alle Türen seines Hauses, und hereintrat ein Mann in Feuer und Flammen. Der kam an sein Bett und forderte von ihm Leben und Gesundheit, das habe er ihm ja gewünscht. Welch ein Grauen, welch eine Angst, was sollte der Bursche jetzt anfangen?! Der Mann vom Galgen sagte, wenn er ihm nicht innert drei Tagen Leben und Gesundheit gebe, dann zerhacke er ihn so, dass die Hühner ihn aufpicken könnten. Nachdem er dem Burschen eine höllische Angst eingejagt hatte, blieb der Mann vom Galgen bis zum Morgenläuten. Bevor er verschwand, sagte er, er werde am andern Tag zurückkommen. Als es tagte, stand der Bursche auf und ging zu den Pfarrern. Er fragte um Rat, wie er den Mann vom Galgen los werden könne, doch niemand konnte ihm helfen. Dann riet man ihm, er solle in einem Kloster dort der Nähe nachfragen. Wenn sie ihm da nicht helfen könnten, sei es anderswo kaum möglich. Am andern Tag machte sich der Bursche auf den Weg und kam unbehelligt zum Kloster. Als man ihm zum Abt führte, erzählte er ihm die ganze Geschichte. Dann liess der Abt alle Mönche in ein Zimmer kommen. Aber darunter war keiner, der ihm helfen konnte. Da ging er nach Hause und legte sich schlafen. Dann kam der Mann vom Galgen wieder, wollte von ihm Leben und Gesundheit und machte mit ihm schreckliche Sachen. Bevor er wegging, sagte der Mann vom Galgen: «Heute ist der letzte Abend, morgen komme ich wieder.» Jetzt wurde der Bursche sehr nachdenklich. Beim Morgengrauen ging er in eine ganz andere Richtung um andere Geistliche zu finden. Da wies man ihn in ein anderes Kloster. Hier wurde er zum Abt führt. Der schüttelte den Kopf, als er die Geschichte hörte und sagte: «Unter meinen Mitbrüdern habe ich kaum einen, der dir helfen kann.» Er rief sie und erzählte die Geschichte vor allen. Da war keiner, der ihm helfen konnte. Doch ein Bursche, der erst vor kurzem als Mönch in dieses Kloster aufgenommen worden war, sagte zu ihm: «Nicht weit weg von hier lebt ein Einsiedler, der führt ein heiligmässiges Leben und wohnt in einer Hütte unter dem Boden. Wenn der dir nicht helfen kann, so bist du verloren. Aber du musst schauen, dass du vor Sonnenuntergang dort bist! Denn nach Sonnenuntergang bis zum Morgengrauen lässt er niemanden in seine Hütte.» Dann zeigte ihm der Pater den Weg dorthin. Es war spät, und der Bursche lief und lief, so schnell, dass er vor der Tür des Einsiedlers hinfiel. Der half ihm auf, bewirtete ihn und betete für ihn. Inzwischen hatte der Bursche sich erholt, und er begann, seine Geschichte zu erzählen. Der Einsiedler schüttelte traurig den Kopf. Als der Bursche fertig war, fragte ihn der Einsiedler, ob er Patenkinder habe. Der Bursche sagte: «Ja! Ich habe einen Patensohn!» Der Einsiedler fragte weiter, ob er den durch die Taufe gerettet habe, ob er dem etwas geschenkt habe, und ob der gestorben sei. Der Bursche sagte: «Ja! Ich habe ihm für fünfzehn Rappen Brot geschenkt, und er ist gestorben.» Dann befahl der Einsiedler, er solle nach Hause gehen und sich ins Bett legen. Wenn er sich schlafen gelegt habe, so werde sein Patenkind mit diesem Brot zu ihm kommen und ihn heissen es zu nehmen; aber er solle das Brot auf keinen Fall nehmen. Da sagte der Bursche: «Wenn es nur das ist, werde ich wohl dazu im Stand sein!» Er ging weg und kam spät nach Hause, wo er sich schlafen legte. Plötzlich sah er einen Glanz, und ein wunderschöner Engel mit einem Brot in der Hand trat auf ihn zu und befahl ihm, dieses Brot zu nehmen, aber er nahm es nicht. Inzwischen kam der Mann vom Galgen. Da legte der Engel das Brot neben sich, packte den Mann vom Galgen und rang mit ihm, bis es fast tagte. Endlich konnte der Engel ihn bodigen, er warf ihn zur Tür hinaus und rief ihm hintennach: «Geh dorthin, woher du gekommen bist und komm nie wieder!» Dann gab der Engel sich seinem Paten zu erkennen und sagte, wenn er das Brot genommen hätte, so wäre er nicht verpflichtet gewesen, ihm zu helfen. Er ermahnte ihn dann noch, alles Böse zu meiden. Darauf verschwand der Engel. Von nun an wollte der Bursche nicht mehr zu den Abendgesellschaften gehen, und er lebte wegen der ausgestandenen Angst nicht mehr lange.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Mann von Muntclü

Source: Der Mann von Muntclü

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In einem Walde (Muntclü genannt), zwischen den Gemeinden Schuls und Ftan, erscheint um die Geisterstunde ein Mann. Er läuft im Gehölze herum, heult und bittet kläglich um Hülfe und Rettung. Der rechte seiner Arme soll eingetrocknet und auf den Knochen der Hand soll weder Haut noch Fleisch sein. Diesen Arm streckt er vor sich hin. Jeder, wenn's immer möglich ist, weicht zur Nachtzeit diesem Walde aus. Man erzählt, dieser Mann habe während seines Lebens in diesem Gehölze einen Mord begangen. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.    


by Der Mann, der das Mittagessen kochte

Source: Der Mann, der das Mittagessen kochte

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Es wird erzählt, eine Frau und ein Mann hätten viel Arbeit gehabt. Der Mann habe sich immer beklagt, seine Frau brauche so lange, um das Mittagessen zu kochen. Eines Tages sagte der Mann: «Heute will ich das Mittagessen kochen und schauen, ob ich auch so lange wie die Frau dazu brauche.» Er ging in die Küche, feuerte an und setzte den Kaffee und die Milch auf. Dann stieg er in den Keller hinunter, um Wein zu trinken. Jetzt kam ihm in den Sinn, dass die Milch überlief. Vor lauter Schreck liess er den Fasshahn offen, rannte hinauf und sah, dass die Milch schon überlaufen war. Während er die Milch abgoss, fiel ihm ein, dass er auch abrahmen und buttern musste. Sobald er abgerahmt hatte, leerte er den Rahm ins Butterfass, aber während er das tat, kam ihm in den Sinn, dass er im Keller unten den Fasshahn nicht zugedreht hatte. Vor Schreck nahm er sich keine Zeit, den Zapfen ins Butterfass zu stecken, er rannte in den Keller hinunter und liess alle Türen offen. Jetzt kam ein Schwein herein, welches das Butterfass umstiess und den Rahm in der Stube herumspritzte. Als der Mann im Keller unten anlangte, sah er alles voll Wein. Wieder in der Stube oben entdeckte er das Schwein, das den Rahm über den Boden verschmiert hatte. Er wurde wütend und schlug das Schwein tot. Dann rahmte er zwei andere Gebsen Milch ab und leerte den Rahm wieder ins Butterfass. Dann ging er in die Küche zurück, um den Brei zu rühren. Während er damit beschäftigt war, kam ihm in den Sinn, dass er noch die Kuh tränken musste. Er liess den Brei dort auf dem Herd stehen, lud zur Sicherheit das Butterfass auf den Rücken, lief schnell in den Stall, nahm die Kuh am Strick und führte sie zum Brunnen. Aber er vergass wieder, den Zapfen ins Butterfass zu stecken, und als er sich ein wenig nach vorn beugte, floss der ganze Rahm in den Brunnentrog. Wütend schmetterte unser Mann das Butterfass auf den Boden, so dass es in Stücke ging. Jetzt nahm er die Kuh und führte sie am Strick nach Hause. Da sah er oben auf dem Dach schönes Gras und dachte, er könne die Kuh hinaufbringen und sie oben weiden lassen. Deshalb stieg er aufs Dach und zog die Kuh hinter sich her. Nach einer Weile fiel die Kuh vom Dach. In dem Augenblick kam die Frau und sah, dass die Kuh fast erwürgt war. Schnell zerschnitt sie das Seil, um die Kuh zu befreien. Doch der Mann hatte das Seil an sein Bein gebunden, und auf einmal stürzte der arme Kerl kopfüber durch den Kamin in den Brei. Da kam die Frau zur Tür herein, sie konnte noch zu Hilfe eilen und ihren Mann aus der Pfanne heben. Jetzt beklagte sich die Frau, ihr Mann habe so lange gebraucht, um das Mittagessen zu kochen. Doch der schwor, dass er nie mehr kochen werde.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Mann, der den Teufel austrickste

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Es war einmal ein armer Mann, der sass in der Stube und stützte den Kopf in die Hände. Er hätte um alles in der Welt Geld gebraucht, aber er wusste nicht wie. Da dachte er, wenn der Teufel käme, da könnte er sich schon mit ihm einlassen. Aber als sich die Tür öffnete und der mit den Geissfüssen eintrat, wurde der Mann ganz bleich. Der Teufel hielt einen Scheffel mit aufgehäuften Goldstücken in der Hand und sagte: «Ich gebe dir all dies Geld als Darlehen. Doch in einem Jahr musst du den Scheffel gestrichen zurückgeben, sonst gehörst du mir. Den Rest schenke ich dir.» Der Mann fragte, ob er den Scheffel mit dem Geld nicht zurückgeben dürfe, bevor das Jahr vorbei sei. Der Teufel antwortete, er könne ihn zurückgeben, wann er wolle. Da nahm der Mann den Scheffel mit den Goldstücken, strich sie ab und sagte zum Teufel: «Ich will den Scheffel grad jetzt zurückgeben.» Der Teufel musste mit langem Gesicht abziehen, und er brummte: «Das nächste Mal kommst du sicher dran!» Der Mann konnte einen schönen Haufen Geld einsacken.   Märchen, Märchen, alles Quatsch!  Wenn du das nicht glauben willst  So lauf das Gässlein hinunter  Und lass dir ein Ohr abschneiden  Leg es auf einen Pfosten  Und lass es dort bis Weihnachten  So wirst du deine Neugier los.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Mannenmittwoch

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Im Jahre 1388, den 23. Christmonat, erlitt der Graf von Savoyen in Visp eine bedeutende Niederlage. Viele tausend Feinde verloren dort das Leben. Über diesen Sieg erzählt die Sage folgendes: Graf Amadeus von Savoyen kam mit vielem Kriegsvolk das Land herauf bis vor Visp. Er verlangte, man solle sich ergeben, ihm Einlass in die Bürgschaft gewähren und Gehorsam schwören, sonst werde er alles verbrennen und niedermachen. Die guten Leute erschraken sehr, denn sie waren zum Krieg schlecht bereit und schlecht gerüstet. Sie begehrten darum in der Angst drei Tage Bedenkzeit, nicht als wollten sie sich freiwillig übergeben, sondern um so mehr Zeit zu gewinnen. Und die Savoyer gaben ihnen die verlangte Bedenkzeit, machten Quartier an der Vispe und warteten auf Antwort. Die Visper sandten eilig um Hilfe ins Tal hinein und nach Goms und Brig und verhielten sich sonst mäuschenstill damit die Feinde nichts merkten. Als aber die dritte Nacht kam, mit der die Bedenkzeit ausging, wurde in der Burgschaft alles lebendig. Die gerufene Hilfe kam an; nur die Briger verspäteten sich und kamen erst, als der Handel fertig war. In die Burgschaft wurde Wasser eingeleitet, das in der grossen Winterkälte zu Eis gefror und Wege und Stege ungangbar machte. In den Werkstätten und in mancher Küche schmiedete man emsig spitzige Fusseisen und Schuhnägel, um auf dem Eise sichern Stand zu bekommen. Man bereitete grosse Holzklötze und mit Steinen schwer beladene Wagen, an die man noch schneidende Instrumente befestigte, um sie über das Eis in die feindlichen Scharen hinabrollen zu lassen. Selbst die Frauen waren nicht müssig und hatten vollauf zu tun; sie trieben den Schmieden eifrig die Windbälge, brachten Kohlen und Eisen herbei, verteilten die gespitzten Eisen und Schuhnägel unter die Krieger und halfen geschäftig alles rüsten und zum Angriff vorbereiten. Sie trugen auf dem Rücken noch Wasser herbei, um Eis zu machen an Stellen, wo das Wasser durch Leitungen nicht hingeführt werden konnte. Man arbeitete mit solchem Eifer und solcher Hast, dass sieben Männer den Anstrengungen erlagen. Als der Tag anbrach, war alles schlagfertig. Da wollte man, wie versprochen, den feindlichen Offizieren die wegen Kälte in einem Stadel logierten, Antwort bringen. Man nahm ein Lamm, dem band man die vier Füsse zusammen, öffnete behutsam die Stadeltüre, warf es hinein zum Morgengruss, und mit solcher Hast und Eile wurde die Türe wieder mit einem Reisteisen verrammelt, dass einer dem andern den Daumen von der Hand abstiess. Darauf legte man Feuer an den Stadel, und die Flammen stiegen hoch auf. Noch zu den Dachlatten heraus schrien die Offiziere um Gnade; aber es ward keine gegeben. Armdick rann das geschmolzene Gold und Silber aus dem Stadel zur Erde hinab. Unterdessen griffen auch die übrigen wohlgerüsteten Krieger, auf dem Eise sicher einherschreitend, das feindliche Kriegsheer an und trieben auf dem glatten Boden grosse Holzstämme und schwer beladene, mit schneidenden Instrumenten versehene Wagen in die Reihen der Feinde hinein. Auf dem schlüpfrigen Eise hatten die Savoyer keinen Stand und stürzten zu Boden, wo sie entweder erschlagen oder in die Vispe gestürzt wurden. Der Sieg war vollständig. Zum Andenken an diese Schlacht setzte man im Zenden Visp den Mittwoch vor Weihnachten, "Mannenmittwoch" genannt, als Festtag ein. Noch heute wird jedes Jahr an diesem Tag in der Sankt-Martini-Kirche für die Helden ein feierliches Totenamt gelesen. VISP Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern.


by Der Mantel Wernhards von Strättlingen

Source: Der Mantel Wernhards von Strättlingen

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Einst kam der Teufel als dürftiger Pilger verkleidet auf das Schloss Strättlingen. Da es sehr kalt war, erbarmte sich Schlossherrr Wernhard seiner und sandte ihm seinen eigenen Mantel, dass er sich die Blösse decke. Am andern Morgen war der Pilgrim mit dem Mantel verschwunden. Darauf geschah es, dass Herr Wernhard nach dem Berge Garganum in Italien wallfahrtete. Bevor der Ritter aber seine heilige Reise antrat, brach er seinen Ring in zwei Hälften. Die eine gab er seiner Gemahlin Susanna, die andere aber behielt er selbst und sagte: "Wenn du diese Hälfte wiedersiehst, wird es dir ein Zeichen sein, dass ich noch am Leben bin. Fünf Jahre längstens sollst du meiner Rückkehr warten. Bin ich nach dieser Zeit nicht zurück, so bist du deiner Gelübde ledig." Auf seiner Rückkehr vom heiligen Orte, da ihm Sankt Michael eigenhändig ein Stück seines Mantels wieder zurückgegeben hatte, wurde nun der Herr von Strättlingen gefangen genommen und lag vier Jahre in einem Kerker zu Lamparten. Hier erschien ihm eines Abends plötzlich ein Unbekannter, der ihm den Rest seines Mantels wiedergab. Es war der Teufel, den Sankt Michael gesandt mit dem Befehl, den Ritter wieder in seine Heimat zu führen. Hierauf hob der Teufel den Ritter sanft vom Boden auf und brachte ihn in wenigen Augenblicken heil und unbeschädigt nach seinem Schloss am Thunersee. Als Wernhard ins Schlosstor trat, waren alle Fenster hell erleuchtet, denn drinnen wurde ein Fest gefeiert. Herr Wernhard gab sich für einen fahrenden Spielmann aus. Er wurde an die Tafel geladen, an welcher soeben das Hochzeitsmahl der Frau Susanna mit einem fremden Herrn gehalten wurde. Da warf der Ritter in den Becher, aus welchem seine Frau trinken sollte, den halben Ring und ging schweigend von dannen, um sich in eine Ecke des Saales zu stellen. Als nun seine Gattin den Becher hob, um sich zu letzen, sah sie den Ring. Sie erbleichte, dann weinte sie vor Freude. Und indem sie die beiden Hälften aneinanderhielt, rief sie: "Mein Gemahl ist wiedergekehrt. Nun kann mich keiner zur Ehe zwingen!" In diesem Augenblicke gewahrte sie Ritter Wernhard und lief weinend in seine Arme. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Der Marchen-Setzer

Source: Der Marchen-Setzer

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Ein Mann ging eines Abends von Closters nach Montbiel, um das Vieh zu füttern. Da bemerkte er an der Strasse, da, wo es heisst im Bündelti, einen Unbekannten, der an einem Marchsteine herumhantierte.   Wie der Montbieler den Unbekannten fragen wollte, was er hier zu schaffen habe, verschwand Derselbe aber plötzlich. Der Montbieler ging weiter, sah sich aber um, ob der Andere nicht etwa ihm folge. Er bemerkte, dass Derselbe wieder am Marchsteine beschäftigt war. Nun glaubte er allen Ernstes, den Unbekannten von seinen frevelhaften Arbeiten abhalten zu dürfen und zu müssen, kehrte schnell um, und packte den Andern an. Der aber verschwand abermals, wie weggeblasen, statt dessen aber konnte er selber nicht mehr von der Stelle sich bewegen, und musste dort bleiben, festgebannt. bis die Glocke am Morgen den Tag verkündete. – Er kam mit einem furchtbar geschwollenen Gesichte heim, und musste in Folge eines heftigen Fiebers viele Wochen lang das Bette hüten. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Marchen-Verfälscher

Source: Der Marchen-Verfälscher

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Ehemals habe man an manchen Orten bei der Nacht auf offenen Wiesen einen schwarzen Mann mit einem feurigen Zimmerholz auf- und abgehen gesehen. Wenn er so einige Mal Rain ab und Rain auf gewandelt, habe er dann den feurigen Pfahl unter schrecklichem Senken mit solcher Gewalt in den Boden geschlagen, dass derselbe weithin erdröhnte.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Marchenrücker in Putz

Source: Der Marchenrücker in Putz

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Ein Schuhmacher von Putz ging einstens auf dem Fusswege nach Buchen. Es begegnete ihm ein grosser Mann, halb schwarz und halb weiss geklei­det, mit einer Schaufel auf der Achsel. Der fragte ihn, ob er mit ihm gehen wolle. Betroffen fragte der Schuster, wohin und warum? »Nur eine Strecke weit, bis zu dem und dem Grenzsteine,« antwortete der Grosse. - Der Schuster folgte ihm. Als sie nun mit einander beim bestimmten Grenzsteine angekommen waren, und dort stille hielten, bat der Unbekannte, beim Ausgraben dieses Steines ihm zu helfen. - Der Schuster half ihm. Dann nahm der Unheimliche den Stein auf den Rücken, trug ihn eine Strecke weiter, warf den Stein wieder zu Boden, grub ein Loch, und setzte Denselben dort ein. Als das geschehen war, dankte der Geist dem Schuster. »Jetzt bin ich erlöst, und habe Ruhe, denn ein redlich Menschenkind hat mir geholfen, diesen Grenzstein da wieder einzusetzen, wo ich ihn vor vielen, vielen Jahren ausgegraben habe.« Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Marcher

Source: Der Marcher

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Wo in Enggersch die Gasse nach Brentschen führt, stand eines Abends unterhalb der Kreuzgasse ein Mann am Fenster und schaute hinaus. Da sah er in der Jeizinenmatte jemand, der einen feurigen Marchstein umhertrug. Dabei schrie er in aller Angst: «Wa solis tüo, wa solis tüo?» Der Mann dachte sich nichts Weiteres und rief ihm eher aus Dummheit hinunter: «Tüos, waas gchehrt, de chuntsder ab!» Er hatte kaum fertig gesprochen, war das Feuer verschwunden, und der Geist stand vor seinem Fenster um sich zu bedanken, jetzt sei er erlöst. ERSCHMATT Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Marchgänger

Source: Der Marchgänger

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Im Dorfteil Morgengabe zu Stechelberg kaufte einmal ein Bauer ein Bergheimetli. Es war recht besorgt; ein neuer, starker Stotzhag aus entrindeten Tannästen umzäunte das Ganze. Schon am ersten Abend bemerkte der neue Besitzer, dass auf der Innenseite, den Hagstecken entlang, ein seltsamer, unbekannter Bursche schleppend dahinschritt, so gemächlich wie das Vieh im Weidgang. Als sich das an den nächsten Abenden wiederholte, entschloss sich der Bauer hinzugehen und mal zu schauen, was der stumme Marchgänger da mache. Er schritt mit ihm dem Hag entlang und sprach ihn mehrmals an. Der aber schlarpte durch das Gras und erachtete ihn keiner Antwort wert. Da wurde aus dem gutmütigen Bauern ein rässer Feuerteufel: "Du dummer Lätsch, dir will ich schon die Zunge lösen! Meinst, ich lasse dich, so manchen Abend der Herrgott schickt, in meinem Gras umherstrüelen?" Er packte ihn mit seinen zerwerkten, groblochten Bauernhänden und stürzte ihn mit einem Ruck kopfüber auf die Aussenseite des Stotzhages. Jäh sprang der Marchgänger auf die Füsse und rief ihm zu: "Hättischt du nid g’fundes Brot Un eichig Chohl, Su brächt i di in Not, Dass d’r nie meh wurdi wohl!" und verschwand für immer, als ob der Boden ihn geschluckt. Quelle: Hans Michel, Ein Kratten voll Lauterbrunner Sagen. Wengen 1936. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Marchstein-Geist von Buffalora

Source: Der Marchstein-Geist von Buffalora

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Im vorigen Jahrhunderte soll die Gemeinde Cernez auf höchst zweideutige Art die schöne Alpe Buffalora von der Gemeinde Cierfs sich angeeignet haben.   Als nämlich die neue Grenzlinie zwischen diesen genannten Gemeinden bestimmt werden sollte, war in Cernez ein Mann, welcher, hoch zu Ross, die Cierfser einzuschüchtern sich bestrebte. Diese wollten aber den Handel nicht gelten lassen, und die Marchen nicht anerkennen, bis der Reiter (wahrscheinlich der Schlossherr zu Cernez selber oder Einer der dortigen Ortsbehörde) ihnen Brief und Siegel wies, dass die Grenze die Alpe Buffalora, cernezerseits, doch noch in sich fasse. Soweit war die Sache entschieden, die Cierfser aber um die Alpe ärmer. Wie nun jede Ungerechtigkeit Sühne verlangt, je nach Bedeutung des Vergehens, muss erwähnter Reiter jetzt umgehen. - Bald geht er traurig umher in den Wäldern, dann stürmt er oft unverse­hens daher, reitet aber immer nur die neue Grenzlinie entlang; in der Linken hält er Pergament und Siegel, die Rechte hat er zum Schwure erhoben. - So sprengt er auf seinem Schimmel hin und her, durch Wald und Kluft, stetsfort johlend (Halloh rufend) und heulend. Besonders bei Witterungs-Wechsel bekommen die Hirten diesen chaval­giaint da Buffalora oft zu sehen, sogar auch noch in den Schulser-Alpen, namentlich in der Alpe Schumbrinas. Aber auch an den Cernezern hat die Übervorteilung sich gerächt, denn sie können nicht gehörigen Nutzen aus dem Boden gewinnen, indem unter den Rindern, die in Buffalora weiden, immer der »schwarze Brand« (Rindviehkrankheit) ausbricht. - In der Tat aber sind die Kräuter in dieser Alpe viel zu kräftig für das Vieh, das die Cernezer dort oben sömmern. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Marchverrücker (Zug)

Source: Der Marchverrücker (Zug)

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In einer zugerischen Gemeinde hatte einst ein landgieriger Bauer zum Nachteil seines Nachbarn die Matten vergrössert. Während einer stockdunklen Nacht rückte er nämlich den Grenzzaun um ein ganzes Klafter in das nachbarliche Landgut hinein. Der betrogene Nachbar merkte des andern Tages sofort die betrügerische Sache, musste aber Stillschweigen bewahren, da er gegen den Landschelm keinen Beweis erbringen konnte. Jahr um Jahr verging, ohne dass der Betrug aufgedeckt wurde, da warf eine bitterböse Krankheit urplötzlich den gewissenlosen Bauern aufs harte Sterbebett. Wie ein riesiger Alp lag das weggestohlene Land dem Todkranken auf der Brust, schwer ging sein röchelnder Atem; aber er konnte und konnte nicht sterben, trotz des tagelangen Todeskampfes. Von seinen aufgeschwollenen Lippen kam immer und immer wieder das eine Wort: "Der Hag, der Hag!" Diese stöhnenden Worte hörten auch die vor Jahren geschädigten Nachbarn, die nach ländlicher Sitte betend im Sterbezimmer knieten, um der sterbenden Seele den erlösenden Weg zu erleichtern. Als das Stöhnen und Klagen nicht aufhören wollte, gingen sie hinaus aufs Land, rissen den Hagzaun aus und setzten ihn genau ein Klafter weiter hinaus, an seinen altgewohnten Platz. Kaum war der erste Zaunsparren in die richtige March geschlagen, starb der Bauer und wurde von seinem tagelangen Todeskampf erlöst. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 69 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Märjelensee

Source: Der Märjelensee

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Wer einmal diesen eigenwilligen und so über alle Massen farbentrunkenen Gletschersee mit dem seltsamen Namen gesehen hat, wird ihn nie mehr vergessen. An der Flanke des Aletschfirnes, die sich gegen das Fieschertal hin öffnet, lächelt und träumt er, eine Schale reinen Gletscherwassers, und tändelt mit den Eisbergen, die in seinen Fluten schaukeln, sich selbst genug. Kein Baum steht in der Nähe, kein Haus, nicht einmal ein Hirtenschlupf. Die rauhen Höhen spenden etwa noch den Ziegen ein karges Futter; denn der Boden ist grösstenteils Stein und Geröll, und die grünen Inselchen sind trügerische Oasen, die nur ein kurzes, hartes Gras hervorbringen, das sich nicht entfalten kann. Auch im August friert der See noch jede Nacht zu, taut am Morgen auf und dunkelt bis auf den Grund zu jenem satten Enzianblau, das keinem andern See in den Bergen eigen und um so reiner und tiefer scheint, als es die weissen Eistürme umspült, an dem Leib des Gletschers nagt und Grotten höhlt, die, je nach dem Stand der Sonne, blaue, grüne, violette Wände spiegeln, so schimmernd klar und durchscheinend, als ob sie von innen heraus durchleuchtet würden. In grauer Vorzeit war das Land um den See fruchtbare Weide. Ein Dörflein stand im Grund, die Lerchen jubelten, und der Dengelhammer schärfte das Sensenblatt. Dann scheuchten lange Winter und rauhe Fröste die Menschen in die Tiefe, und ihrer Hände Werk zerstäubte im Wandel der Zeiten. Aus dem Fieschertal pilgerte ein frommes Ehepaar zum heiligen Meinrad nach Einsiedeln. In der Nähe von Rotenturm baten sie ein eisgraues Runzelmütterchen, das an der Sonne Bohnen rüstete, um Obdach. «Ich will die Mutter fragen und Euch Bescheid geben», sagte sie und stoffelte ins Haus. Wie alt wird wohl die Mutter dieser Greisin sein, werweisten die Pilger. Als sie an zwei Stöcken über die Schwelle krückte, war es nur ein Bündelchen Haut und Knochen, und ein heiseres Stimmchen piepste: «Kommt nur herein, und seid unsere Gäste! Bett aber können wir Euch keines abtreten.» In der Stube erkundigten sich die steinalten Leutchen, woher des Wegs die Pilger kämen. «Wir sind aus dem Wallis.» «Aus dem Wallis? Wie sich das trifft!» «Aus dem Fieschertal.» «Ei, aus dem Fieschertal!» Die Mütterchen schlugen die Hände zusammen. «Dort sind wir aufgewachsen. Wer wohnt jetzt auf der Märjelenalp?» Die Wallfahrer stutzten. «Die Märjelenalp war ja doch, so lang wir uns besinnen, eine steinige Wildnis und nicht bewohnbar!» «O, wir haben dort Kirschen gepflückt, den schönsten Weizen geschnitten und Lindenblüten abgelesen! Freilich ist es lange her, wohl in die hundert Jahre. Drei Monate hatten wir Winter, die übrige Zeit ein mildes, bekömmliches Klima. Eines Tages, so Mitte Mai, das Gras in der ersten Blust, war der Brunnen übersilbert, und es blies ein rauher Nord. Da sind wir fortgezogen.» Ebenso märchenhaft klingt es, was die Sennen von den bösen Wesen erzählen, die in dem See ihre Missetaten büssen, von Unlust und Langeweile gepeinigt, die Gletscherhüfte durchbohren, dem Wasser Tor und Schleusen öffnen, in die es stürzt und flutet und am Ausgang mit versammelter Kraft in die Schlucht sich ergiesst und weithin den Talboden der Rhone mitsamt den Hütten und Menschen tosend überschwemmt. Ein Ziegenhirt war mit seiner Herde bis an den See gedrungen. Von dem Alpenvogt hatte er die Erlaubnis erhalten, am Euter eines Tieres, das er ihm jeden Morgen bestimmte, zu trinken. Wasser schmeckte nicht zu Brot und Käse, und die Portionen waren oft so knapp bemessen, dass er froh war um die Milch. Am Märjelensee legte er sich unter die erlaubte Ziege und erquickte sich an dem weissen Brünnlein. Da hüpfte das störrige Tier davon und liess sich nicht mehr einfangen. Die Sonne stach, und das trockene Brot wollte ihm nicht über die Zunge rutschen. Er fasste deshalb eine andere Geiss, die an seinen Schuhen den Hals rieb, kroch unter den Bauch und sog an der Zitze. Ein Pfiff, und er schnellt auf die Füsse, wischt mit dem Handrücken den Mund und schaut sich um. Er sieht nichts und hört nichts mehr und wirft sich wieder auf den Rücken. Ein zweiter Pfiff, schärfer und länger als der erste, und wiederum steht er neben der Ziege, sperbert in der Runde, und es ist niemand, soweit die Augen schweifen. Es wird ein Murmel sein, und jetzt lass ich mich nicht mehr stören! Er schmatzt und strampelt vor Vergnügen, je geIler die Pfiffe tönen, um so gieriger verschlingt er den süssen Trunk. Ziegenhirt - hat es nicht deutlich Ziegenhirt geklungen? Also doch jemand in der Nähe! Er lässt die Mutta fahren und wendet sich zum See. Aus der Wasserbläue ruft es: «Hirtenbüblein, versündige dich nicht an fremdem Gut! Ich war Hirt wie du und habe gefrevelt wie du, nun sieh meine Sühne!» Ein nackter Leib schoss in die Höhe und tauchte in die eisige Flut. Ein leises Gurgeln, Wellenschlagen, o Splittern, und der Spiegel ruhte in der vollkommenen Stille und Klarheit, als ob nichts geschehen wäre. Den Knaben schauderte. Er fuhr mit der Herde zu Tal und gelobte beim heiligen Wendelin, nie mehr zu tun, was nicht erlaubt wäre. Man erzählt auch von einem Jäger, der, am See auf einen Murmel lauernd, von einer schönen Frau sich betören liess. Stundenlang sass er am gleichen Fleck vor der Höhle, die Flinte schussbereit auf den Knien. Der Tag verging, der Schatten der Eggishompyramide schwamm weit draussen im Wasser. Die Sonne zündete nur noch schräg zwischen zwei Bergstöcken, malte eine gelbe Strasse über den Firn, und ihre letzten Tropfen röteten die Kuppe eines treibenden Eisblockes. Ihm war, als hörte er singen, nicht vom Bächlein, das anders musiziert, auch nicht vom Käfervolk, das die Schatten flieht. Vom See her drang es, ein Gesang, wie er ihn noch nie vernommen hatte, fremdartig, düster, wie Totenklage. Er richtete sich auf und spähte durch die Lucke, grad aus zum Seelein. Auf dem weissen Turme sitzt eine Jungfrau, schön und zart, mit wallendem Haar und blanken Armen. Sachte geht er vor, Schritt um Schritt, und schleicht näher. Ein Stein rollt unter seinen Füssen weg. Ein Schrei, und die Frau gleitet ins Wasser. Dunkel starrt der See, die goldene Strasse ist verglommen, der kalte Abendwind kräuselt die Flut. Er ging nach Hause und trug das Bild der schönen Büsserin in seiner Seele, war am nächsten Tag wieder oben am See und harrte auf die Erscheinung, bis die Abendglut auf der Eisflotte erlosch. Tags darauf hing er gedankenlos die Flinte über die Achsel und stieg mit der Sonne zur Märjelenalp empor. Da er nie etwas Waidgerechtes heimbrachte, verstöbert war und grüblerisch, untersagte ihm die Mutter die Jagd und musterte ihn zur Arbeit. Stürmisch und gewitterhaft brach der Morgen an. Lange vor der Mutter erhob er sich und schloss geräuschlos die Tür. Von der Fahrt ist er nicht mehr zurückgekehrt.   Quelle: Johannes Jegerlehner: Walliser Sagen, Hans Feuz Verlag Bern, 1959 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Markenrücker

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Christelis Franz war im Dorf im Wirtshaus gewesen und ging spät in der Nacht heim, wobei er den Fussweg über die Hub wählte, obschon er oft gehört hatte, dass es dort nicht geheuer sei. Er blieb unbehelligt bis in die Nähe seines Hauses; da hörte er durch das Dunkel den unheimlichen Ruf: "Wo soll ich ihn hintun? Wo soll ich ihn hintun?" Franz meinte, man wolle Spass mit ihm machen und antwortete: "Du Narr, wo du ihn genommen hast!" Dem Blitze gleich schoss es heran, und da stand ein schwarzer Mann vor ihm, der eine weisse Zipfelkappe trug. Neben dem Manne stand ein Markstein. Jetzt wusste der späte Wanderer, mit wem er es zu tun hatte. "Alle guten Geister loben Gott, den Herrn," sprach er, "und das erste und das letzte Wort sollen mein sein!" Dann fragte er den Unbekannten, woher er komme; er wollte ihm sogar die Hand reichen, griff aber immer nur in die Luft. Dann sagte jener, er habe zu dieser Stunde einst einen Markstein verrückt und müsse darum wandeln, bis jemand mitleidig den Stein wieder an den richtigen Ort setze. Geschehe das heute, so sei er erlöst, wo nicht, so müsse er weiter wandeln, bis aus einem in dieser Mitternacht hervorkeimenden Tannenschössling eine Wiege entstehe; das Kind, das darin geschaukelt werde, könne ihm wieder helfen, wenn es erwachsen sei. Der Geist hätte den Franz zu Tode reden können, wenn dieser sich nicht das letzte Wort vorbehalten hatte. Die weisse Mütze zeigte an, daß der Arme von seiner Pein befreit werden konnte; darum ging Franz heim, holte Pickel und Schaufel und folgte dem Unheimlichen zu der bezeichneten Stelle. Kaum war der Stein eingesetzt, so verschwand die Erscheinung, und aus den Lüften erscholl Freudengeschrei. Freilich erkrankte Franz bald hernach; aber an sein Sterbebett kam der Erlöste und reichte ihm die Hand, um ihn in das Land des ewigen Friedens hinüberzuführen. Nach Dr. Henne-Am Rhyn, Deutsche Volkssage Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 92, S. 43f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Markenrücker auf Gaplon

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Ein Mann im Kreuzgässli bei Oberschan wurde mitten in der Nacht durch starkes Klopfen aufgeweckt, wie wenn jemand Einkehr halten möchte. Der Oberschaner war nicht gewillt, sich seine Nachtruhe rauben zu lassen und schlief wieder ein. Bald aber wiederholte sich das Klopfen; es wollte nicht aufhören, und der Hausherr fühlte sich bewogen, den nächtlichen Ruhestörer zur Ordnung zu weisen. Er schlüpfte eilig in die Hosen, ergriff beim Gang durch die Küche ein Scheit und sprang vors Haus hinaus. Jetzt sah er seinen schon vor Jahren verstorbenen Nachbar. "Wenn du mir noch einen Liebesdienst erweisen willst, so nimm Schaufel und Pickel und folge mir," redete ihn der Wiedererschienene an. Der Oberschaner konnte die Bitte des lieben Verstorbenen, der ihm zu seinen Lebzeiten so manchen Dienst erwiesen, nicht abschlagen, und so wanderten die beiden stillschweigend Gretschins zu. Unweit der alten St. Martinskirche liegt eine Wiese, man nennt sie Gaplon; hier machten sie Halt. Weil das ganze Gebiet zu jener Zeit stark zerstückelt war, standen dort viele Marksteine. Eines dieser Grenzzeichen, ein mit Zeugen wohl versehener Findling, wurde nun, dem Wunsche des Verstorbenen zufolge, mit vieler Mühe an eine andere Stelle versetzt. Jetzt wollte der Geisterhafte dem Oberschaner als Zeichen des Dankes die Hand bieten; dieser reichte ihm aber nur den Schaufelstiel. Der Tote verschwand, und im Schaufelstiele waren fünf Finger tief eingebrannt. Auf der Wiese Gaplon sind die Marksteine verschwunden; eine Menge Grabdenkmäler erinnert uns daran, dass das Leben hienieden auch seine Grenze hat. Auch der Markenrücker scheint seine Ruhe gefunden zu haben wie die andern Wartauer, welche dort liegen; denn er hat sich nie mehr gezeigt. Heinrich Hilty.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 167, S. 79f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Markenrücker ob Grub

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Zu seinen Lebzeiten war er ein angesehener Mann. Als solcher war er Vogt über das Vermögen einer Witwe. Heimlich aber fällte er Holz in ihrem Walde und versetzte die Marksteine, die ihren Boden begrenzten. Zur Strafe mußte er auch nach seinem Tode in dem Walde bleiben, und oft hörten ihn Fronfastenkinder Holz sägen. Viele Leute konnten nachts an jener Stelle nicht mehr vom Flecke, bis die Betglocke läutete. Einst, als nachts ein Bursche durch diesen Wald ging, begegnete ihm ein Mann, angetan mit langem, weißem Gewande, das von einem bunten Gürtel zusammengehalten wurde. In der Hand trug er eine Säge. Lange Zeit starrte er, die Arme ausgebreitet, dem Burschen ins Gesicht. Seit dieser Zeit war es letzterem nicht mehr recht. Gar oft erschien ihm ein Vogel und setzte sich ihm auf die Schulter. Wollte er ihn fassen, husch, war dieser fort, und die Vögel auf den nahen Bäumen erhoben ein lautes Gepfiff und Geschrei. Bald starb der Bursche. A. Sprenger.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 25, S. 16 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Markstein

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Ein Toter soll es gewesen sein, der einmal um Mitternacht in der Gegend von Schwanden einen Bauern mitten aus dem schönsten Schlaf weckte. Wie der Bauer, erschreckt und erbost, seinen Kopf zum Kammerfenster hinausstreckte, zu sehen, was da los sei, da rief eine dunkle Stimme: «Brauchst keine Angst zu haben, Jaaggli! Kennst mich schon noch! Bin ich doch dein alter Nachbar und will gutmachen, was ich vor Jahr und Tag an dir verfehlt habe! Niemand anders als ich hat seinerzeit den Markstein zwischen unsern Gütern versetzt. Aber heute will ich das Unrecht wieder gutmachen, wenn du mir dazu hilfst!» Erst glaubte der Bauer, Nachtbuben wollten ihn zum Narren halten, denn der alte Nachbar, dem er zu Lebzeiten die Schandtat zugetraut hatte, lag schon längst auf dem Kirchhof. Doch die Stimme bat und bettelte ohne Unterlass und um aller Barmherzigkeit willen und liess ihm keine Ruhe, und so nimmt er schliesslich eine Schaufel und geht mit dem Unsichtbaren hinaus und hilft graben und heben und versenken und zudecken. Wie der Bauer am andern Morgen dann erwacht, scheint ihm alles wie ein sonderbarer Traum, und er geht hinaus aufs Feld, und siehe da! Der Markstein steht wieder an seinem alten, richtigen Platz. Und wie er am Friedhof vorüberkommt und über die Mauer schaut, da wachsen auf dem Grab seines alten Nachbarn, wo nie ein Blümlein geblüht hatte, die schönsten Rosen, und kleine Vögel singen auf dem schwarzen Kreuzlein.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Marksteinsetzer vom Ottisberg

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Ein Bauer von Ottisberg wollte im letzten Jahrhundert seinen Besitz auf ungerechte Weise vergrössern. Zu diesem Zwecke schlich er in einer stark finstern Nacht hinaus aufs Feld und setzte den Markstein einige Fuss weiter in das Feld seines Nachbars. Doch dieser ungerechte Gewinn sollte dem Bauern kein Glück bringen. Bald danach fiel er in eine heftige Krankheit und starb unvermutet schnell, ohne sein Unrecht wieder gutgemacht zu haben. Die Seele des Betrügers fand deswegen im Grabe keine Ruhe. In kalten Dezembernächten muss sein Geist unstet umherirren. Mit einem zentnerschweren Markstein auf dem Rücken wandelt der Verblichene herum und sucht den richtigen Grenzpunkt, wo der Stein hingehört. Er packt den Stein mit riesigen Feuerzangen und bringt ihn so an die frühere Stelle. Diesen Gang muss der Geist so oftmals wiederholen, bis ihn ein barmherziger Mensch erlöst. Dem Beherzten ruft der Nachtwandler die Frage zu: «Wohin soll ich den Stein hintun?» Darauf soll der Angerufene als richtige Antwort sagen: «Tue den Stein dorthin, wo du ihn einst gestohlen hast.» Diese Antwort bringt dem Geist Erlösung. Aber solch wagemutige Naturen finden sich selten; denn es ist nicht eines jeden Sache, mit Geistern umzugehen.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Marksteinversetzer von Grauholz

Source: Der Marksteinversetzer von Grauholz

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Vor vielen Jahren sahen die Leute von Rechthalten auf der Strecke Grauholz—Brünisried vielmals ein geisterhaftes Wesen. Es trieb sich auf der üppigen Wiese herum, die sich zwischen zwei dichten Wäldern lagert. Zwischen den Wäldern steht eine alte Hütte. Darin wohnte einst ein armes Bäuerlein. Es hatte viele Schulden und konnte gar nicht zu Vermögen kommen. Darum war das Männlein unzufrieden und haderte mit Gott. Der Versucher nahte sich dem Unzufriedenen und flüsterte ihm Böses ins Ohr. Allzu willig gab der Bauer nach. Bei der günstigsten Gelegenheit ging das Männlein in die Waldlichtung, grub daselbst die Marksteine; nachher rodete es ringsum Streifen Waldes aus und setzte die Grenzsteine zurück. Niemand hatte dem Treiben des Mannes zugeschaut. Der Bauer besass ein gutes Gewissen und war der Meinung, die gemachte Landerweiterung sei nichts Unrechtes. Also starb er in diesem Glauben. Nach dem Tode aber fand die arme Seele keine Ruhe. Sie musste am Ort des begangenen Unrechtes herumgehen. So kam es, dass die Leute sagten, auf der «Rüdiweid» geistere es. Nicht nur Kinder, auch Erwachsene fürchteten sich vor diesem Ort und mieden ihn, soviel sie konnten. Wer abends nach dem Gebetläuten durch diese Gegend kam, bemerkte regelmässig Gespenster. Oft hegten die Leute den Wunsch, dem verhexten Ungeheuer ein Ende zu machen. Aber niemand wagte sich des Nachts an diese schwierige Aufgabe, keiner hatte den Mut, die arme Seele zu erlösen, indem man sie nach ihrem Begehr fragte. Mancher Prahlhans hatte im Schrecken die Flinte ins Korn geworfen, wenn es galt, dem ruhelosen Gespenst Frage und Antwort zu stehen. An einem Sonntagabend stolperte ein stämmiger Bursche in betrunkenem Zustand durch den Wald. Als er auf die Wiese kam, sah er den Geist: einen Mann mit einem schweren Grenzstein unterm Arm. Schaurig hallte die Geisterstimme durch die nächtliche Waldesstille: «Wo soll ich ihn hintun? (wo sou ne tue, wo sou ne tue?). Der Betrunkene kannte in seinem Dusel keine Furcht vor Gespenstern. Deshalb gab er dem Rufenden tapfer zur Antwort: «Tue ne doch, wa dù ne gno hesch» (Tue ihn dort, wo du ihn genommen hast). Mit dieser scherzhaften Antwort hatte der lustige und unerschrockene Zecher den ruhelosen Marksteinversetzer erlöst. Das Gespenst verschwand und liess sich nie mehr blicken. Die öde Waldwiese ist noch heute für furchtsame Gemüter ein unheimlicher Ort, voll grauenerregender Erinnerung.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Martinsdruck

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Das Martinsloch (Eiger) ist eine durch die Felsen gehende Öffnung, durch welche zwei Mal des Jahres, im Wintermonat und Jänner, die Sonne durch das Heiterloch nach Grindelwald scheint. Dieser Öffnung gegenüber gewahrt man den sogenannten Martinsdruck, wo die Felswand in Form eines menschlichen Hinterteils, aber in fünf- bis sechsfacher Grösse, ausgehöhlt ist. Einst, so erzählt die Sage, hingen der Mettenberg und der Eiger fast zusammen. Hinter ihnen lag, wo jetzt das Eismeer ist, ein gewaltiger See. Wenn seine enge Ausflussspalte sich mit Eislasten schloss, wuchs er ungeheuer an, dann brach er durch und zerstörte dem armen Volke das Gelände. Nun schaffte der heilige Martinus, ein riesenhafter Mann, Hilfe; er stemmte sich an den Mettenberg, und stiess mit einem Stocke den Eiger zurück. Die Folge war, dass sein Leib in die Felswand sich eindrückte, dass durch einen misslungenen Stoss das Martinsloch entstand, dass aber doch endlich der See durch die neu erweiterte Spalte ablief. Mehrere ähnliche Löcher in den Alpen führen den gleichen Namen. Quelle: Theodor Vernaleken, Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch


by Der Martinsdruck

Source: Der Martinsdruck

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Einst hingen der Mettenberg, der vor dem Schreckhorn bei Grindelwald liegt, und der Eiger fast zusammen. Hinter ihnen lag, wo heute das Eismeer zu finden ist, ein gewaltiger See. Wenn sein enger Ausfluss sich mit Eisblöcken verstaute, wuchs er ungeheuer an. Dann kam es vor, dass sich die mächtigen Wasser plötzlichen Durchbruch verschafften und in verheerender Woge zu Tal stürzten, wo Mensch und Vieh elendiglich zugrunde gingen. Da riefen die immer bedrohten Leute den Himmel um Hilfe an. Der sandte ihnen den heiligen Martinus, einen Mann von gewaltigen Körperkräften. Es stieg daher Sankt Martin hinauf ins Gebirg, besah sich den Mangel und stemmte sich dann an den Mettenberg. Mit seinem Stocke aber stiess er den Eiger zurück. Durch einen misslungenen Stoss stiess er in die Felsenwand ein Loch, wo noch heute am Martinstag einmal des Jahres die Sonne durchscheint. Der Leib des Heiligen aber drückte sich so stark in die Felsenwand ein, dass noch heute am Bäreggweg der Abdruck gesehen werden kann. Das Loch heisst noch heute Martinsloch oder Heiterloch. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Der März und der Bauer

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Einmal hatte ein Schafbauer wenig Heu, doch der Februar brachte schönes Wetter und half dem Bauern. Also wandte sich der Bauer an den März mit der Bitte, er solle recht tun, dann gebe er ihm zum Lohn ein Schaf. Als der März nur noch vier Tage hatte, sagte der Bauer: «Jetzt brauche ich dir das Schaf nicht zu geben, ich kann so leben, es gibt schon schönes Gras.» Der März erwiderte: «Also gut, vier Tage bleiben mir noch, und drei borge ich mir bei meinem Gevatter April und lasse dir die Schafe vor dem Stalltor draufgehen. (Oberhalbstein)   Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Mauerhubel bei Zetzwil

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Wenn das Getreide im Juli ringsum noch grün ist, so sieht man es auf dem Mauerhubel schon in ganz gelben Streifen von der Breite einer Heerstrasse stehen. Und weil man da auch viele Scherben, Ziegel und Mosaikstücke aufgepflügt hat, so meint man, hier müsse eine Handelsstrasse durchgeführt haben, und an diesen Stellen lägen die alten Kaufmannsgüter versunken. Drum wollten schon vor vielen Jahren einige Männer diesen Schatz erheben. Sie mussten besondere Haselstöcke dazu haben, keiner durfte ein Wort sprechen. Als nun die Kiste sammt dem schwarzen Pudel, der darauf sitzt, heraufrückte und die Grabenden eben alles mit einem letzten Zug aus dem Loche heben wollten, dachte der Wolffriedli seinen Kameraden noch einmal Muth zu machen und sprach: „nu chäch, no einist früsch i d'händ g'speuzt!“ Sogleich versank die Truhe wieder in die Tiefe. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 253 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch  


by Der Maurer

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Einmal ging ein Königssohn zu einer vornehmen Prinzessin und fragte sie, ob sie seine Frau werden wolle. Da gab die Prinzessin zur Antwort, er sei es nicht wert, ihr die Schuhe zu binden. Das machte den Königssohn fuchsteufelswild, und er dachte: «Du sollst diese Suppe schon noch auslöffeln, wart du nur.» Er verkleidete sich als Clown und gab allerlei Stücklein vor dem Königsschloss zum Besten. Die gefielen dem König und seiner Tochter, und sie beschloss, ihn als Spassmacher anzustellen. Auf dem Schloss gewann er mit seinen Schmeicheleien bald einmal das Herz der Prinzessin, und sie wurde von ihm schwanger. Eines Tages sagte sie zu ihm: «Lass uns um Himmelswillen fortgehen, sonst wenn mein Vater draufkommt, tobt er bestimmt furchtbar mit mir.» Der Bursche sagte: «Ich habe keine Lust, von hier wegzugehen, ich habe es gut genug, du kannst schon gehen, ich aber bleibe.» Nach langem Jammern und Weinen der Prinzessin entschlossen sie sich zu gehen. Aber der Bursche sagte: «Wir brauchen auch Geld.» Die Prinzessin antwortete: «Das will ich schon besorgen, hab nur keine Angst.» Sie brachte viel Geld und Wäsche zusammen und schickte die Kisten voraus, und eines Tages flüchteten beide weit weg. Sie gelangten in eine Stadt und wurden sich einig, da zu bleiben. Der Bursche sagte: «Jetzt will ich täglich als Maurer arbeiten, um etwas zu verdienen, und für dich will ich ein Wirtshaus aufmachen, damit du dann auch etwas verdienen kannst.» Jeden Morgen ging der Königssohn mit Schürze und Maurerkelle weg; am Abend kam er nach Hause und gab seiner Frau den Lohn. Eines Tages begab er sich zusammen mit andern Herren in das "Wirtshaus" seiner Frau. Sie wollten sich zünftig zum Trinken auftischen lassen und dann, ohne zu bezahlen, abhauen. Nachdem sie so richtig gesoffen hatten, verschwanden alle mir nichts dir nichts. Am Abend ging der Mann wieder mit seinem Lohn heim und fragte, wie es heute gelaufen sei. Die Frau jammerte nur und sagte, heute sei es nicht gut gelaufen, ein Haufen Dreckskerle sei dagewesen, die hätten sich zu trinken auftischen lassen, und als sie voll gewesen seien, hätten sie alle, ohne zu bezahlen, das Weite gesucht. Da sagte der Mann: «Wir wollen fort von hier und in die Stadt des Königs gehen, dort gibt es sicher auch für mich mehr Arbeit als Maurer.» Der Frau war dies ganz recht, und sie zogen fort. In der Stadt machte er für seine Frau einen Geschirrstand auf, damit auch sie wieder etwas verdienen könne. Er ging auch hier wieder jeden Morgen mit seiner Schürze und seiner Kelle weg und liess sie glauben, er arbeite täglich fleissig. Doch er fuhr jeden Tag mit andern Herren in der Kutsche neben dem Stand vorbei, wo seine Frau Geschirr verkaufte. Er kam jedoch jeden Abend mit Schürze und Kelle nach Hause und übergab dann seiner Frau den Lohn. Eines Tages befahl er dem Kutscher, mit den Rädern der Kutsche den Stand zu streifen. Der Kutscher machte dies, der Stand krachte zusammen, und alle Schüsseln gingen in Scherben. Da schimpfte und zeterte die Frau, doch die Herren in der Kutsche lachten sie nur aus, rissen lauter Sprüche über sie und fuhren weiter. Am Abend, als der Mann nach Hause kam, jammerte die Frau wieder, wie gemein diese Kerle mit ihr umgegangen seien. Der Mann tat so, als tue es ihm entsetzlich leid. Er sagte: «Ich habe jetzt eine Menge Arbeit als Maurer beim König und kann dort viel verdienen, und du kannst da als Köchin arbeiten.» Gesagt - getan. Schon am andern Tag ging die Frau als Köchin in die Schlossküche. Sie trug eine schöne weisse Küchenschürze und arbeitete tüchtig. Der Mann, der Königssohn, täuschte wiederum vor, er schufte als Maurer. Eines Tages sagte er: «Heute gibt der König ein Festessen, du musst also sicher allerlei gute Sachen kochen, und du kannst auch von allem probieren, doch denk auch an mich. Ich bin den ganzen Tag am Bauen eines Abtritts für den König und muss fürchterlich krampfen. Lege deshalb von allen Speisen etwas für mich auf die Seite.» Die Frau meinte: «Das will ich schon tun, aber ich weiss nicht wohin damit; wenn es jemand sieht und es dem König erzählt, so verliere ich meine Arbeit.» Der Mann entgegnete: «Nimm einen etwas grösseren Krug unter die Schürze, dann kannst du ring von allem auf die Seite legen.» Der Frau war dies recht. Sie versteckte den Krug unter der Schürze und füllte ihn, wie der Mann es ihr aufgetragen hatte. Der Mann, der auch im Saal war und am Tisch sass, liess zum Tanz aufspielen. Als er meinte, der Krug sei voll, ging er in die Küche und sagte zur Köchin, sie müsse auch in den Saal und mit ihm tanzen. Die Köchin, die ihren Mann wegen seiner Kleidung nicht erkannte, sagte: «Aber nein, ich bin überhaupt nicht zum Tanzen angezogen, da gehe ich bestimmt nicht hinein.» Der junge Herr sagte, sie müsse auf jeden Fall mitkommen, er gehe nicht ohne sie. Als sie merkte, dass alles nichts nützte, sagte sie: «Wenn ich schon hinein muss, so muss ich eine andere Schürze anziehen.» Der Herr befahl: «Nein, nein!» er erlaube dies nicht, es gehöre sich so, dass die Köchin mit einer weissen Küchenschürze erscheine. Und die arme Köchin musste mit dem Krug unter der Schürze in den Saal mitgehen. Als sie zu tanzen begann, fiel das, was sie für ihren Mann gesammelt hatte, aus dem Krug. Da wurde sie vor Schrecken ohnmächtig. Jetzt sagte der König-Vater zu seinem Sohn: «Jetzt reicht’s, hör auf, sie hat schon genug gebüsst für die Antwort, die sie dir damals gegeben hat, als du sie zur Frau hast wollen.» Da gab sich der Königssohn seiner Frau zu erkennen, und sie lebten für immer glücklich zusammen.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Meineid

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Meineid brennet im Gewissen, Meineid lässt im Grab nicht ruh'n; Wollt ihr dessen Zeugnis haben, Lass't die Sage kund euch tun.   In den blut'gen Heldenkämpfen, Die das Prätigau erfocht, Hatten Östrreichs wilde Krieger Obzusiegen, nicht vermocht.   Mussten auf dem Schlosse Casteis Übermannt, um Abzug fleh'n. Und, obwohl sie's nicht verdienet, Lässt man Gnad' für Recht ergeh'n. –   Doch mit heil'gem Eide schwören Sie, zu ziehen aus dem Land', Nie um Selbes zu bekriegen, Aufzuheben mehr die Hand. –   So gewährt man Abzug ihnen, Ungekränkt, ja noch bewehrt; Denn dem Feinde Mild' erweisen, Ist\'s was auch den Sieger ehrt. –   Ausgeführt zur Talesmarke, Liess man sie des Weges zieh'n. Werden sie des Landes Grenzen Und die wilde Mordlust flieh'n?   Haben sie den Eid gehalten Eingedenk der Heiligkeit? Ach, was wäre Frevlern heilig? Nein! sie zieh\'n aufs Neu' zum Streit! –   Solcher wilden Räuberhorde Ist die Treue eitel Spott, Kennet keine Christenpflichten Und auch keine Scheu vor Gott.   Mit dem Heere neuverbunden, Kämpften treulos sie bei Fläsch, Wo sie aber auch erfahren Die verdiente Keulenwäsch'! –   Auch nicht Einen, der geschworen, Hat das Racheschwert verschont; Solchen Meineid straft der Richter, Welcher ob den Sternen thront. –   Denn verscharrt in wüste Gräber, Liess kein Rasen sie bedeckt: Viele hundert Zeugen sahen Einen Arm empor gestreckt; -   Einen Arm aus jedem Grabe, Eine tote, starre Hand Reckte, wie zum Schwur, noch immer Sich empor, aus Moor und Sand.   Und an jeder Hand drei Finger Deuten auf den falschen Eid, Den geschworen sie bei Castels Doch zu ihrem ew\' gen Leid. –   Meineid brennet im Gewissen, Meineid lässt im Grab nicht ruh'n. Seh't die Hände mit drei Fingern, Die dess' grausig Meldung tun! -   Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


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In dem vor mehr als 200 Jahren erbauten Gemeindehause lebten vorzeiten zwei liebliche Bergtöchter. Ihr Vater war Vorsteher der Korporation, und es wurden bei ihm manche Angelegenheiten besprochen und wichtigere Briefschaften aufbewahrt. In der Nähe befanden sich verschiedene Alpen. An den mondhellen Nächten der Sommermonate trafen die Alpknechte der benachbarten Alpen zur "Stubete" ein und verbrachten hier die halben Nächte. Einst gelang es ihnen, dem Hauswirte eine wichtige Urkunde zu stehlen. Gleich nachher begann ein Markenstreit zwischen den Bergbewohnern und den Alpbesitzern, und weil erstere keine Urkunde mehr besassen und die letztern falsche Zeugen aufführten, bekamen die Alpbesitzer Recht. Die Strafe folgte aber auf dem Fusse nach. Die beiden Küher verunglückten im gleichen Herbste auf der Jagd in der gleichen Alp, fanden aber im Tod keine Ruhe. Sie suchen in gewissen Nächten das Vieh der Alp gegen schauerliche Abgründe zu treiben und können nur hievon abgehalten werden, wenn der übliche Alpspruch getan wird. Noch schlimmer erging es den andern falschen Zeugen. Zur Strafe für ihren Meineid sitzen sie droben in jener Ecke, wo sie einst den erschlichenen Sieg mit einem Trinkgelage gefeiert haben; dort halten sie feurige Becher in den Händen und verfluchen ihre Tat. Fromme Fronfastenkinder sehen sie zu gewissen Zeiten. L. Jäger.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 228, S. 113 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der meineidige Richter

Source: Der meineidige Richter

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Die Netstaler vernehmen diese Geschichte vermutlich nicht gern, in Näfels aber spricht man offen aus, dass die Rosslöcher ob der Lachenalp eigentlich zu Näfels gehörten. Wenn sie dennoch in den Huben und Marchen des Nachbardorfes liegen, so fällt die Schuld allein und ganz auf jenen hinterlistigen, meineidigen Richter, der in altersgrauer Zeit den Grenzstreit entschied, weil ihn beide Tagwen angerufen hatten. Als er hoch zu Ross auf die Alp geritten kam, zogen die Näfelser Bauern den Hut, wie es Sitte und Brauch verlangten. Die Netstaler aber schmeichelten ihm gar ehrerbietig, «Herr Richter hinten und Herr Richter vorn». Wie das Herrchen abgestiegen war und alles um ihn herumstand, stellte es sich vor die Mannen aus dem Unterland hin und sprach grinsend: «So wahr ein Schöpfer über mir, Auf Netstals Erde steh ich hier!» Damit war der Schiedsspruch gefällt. Die Näfelser machten verdutzte Gesichter, die Netstaler hingegen lachten schadenfroh und liessen es an spöttischen Worten nicht fehlen. Sie wussten nur zu gut, dass der Richter vorher auf ihrer Allmeinde eine Handvoll Netstaler Erde in seine Schuhe geschüttet und unter dem Hut eine Schöpfkelle («Schöpfer») versteckt hielt. Der meineidige Richter musste bald darauf von dieser Welt abtreten. Manchmal aber, in mondheiteren Nächten, reitet er als weisses Gespenst auf dem Schimmel zu den Rosslöchern hinauf, der falschen March entlang, und findet keine Ruhe vor Gott und den Menschen.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Meinrads-Stein

Source: Der Meinrads-Stein

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Wenn man heute von Allenwinden gegen das Ägerital zu wandert, steht am Wege ob dem Lorzentobel ein ganz winziges Gebetshäuschen, das vor mehr als zweihundert Jahren zu Ehren des heiligen Meinrad errichtet wurde. Die Legende erzählt, dass um das Jahr 828 Sankt Meinrad den stattlichen Königshof Cham besucht habe und von dort über den See nach Zug kam, um von hier aus den finstern Wald des schwyzerischen Hochtales aufzusuchen. Der ehemalige Ritter wollte Einsiedler werden und kam auf diesem Weg über die Höhen von Allenwinden. Wo heute das kleine Kapellchen steht, habe der wandermüde Pilger ausgeruht und vor der Kapelle liege der Stein, der damals dem einsamen Waller als Ruheplätzchen gedient habe. Im Stein ist eine knierunde Höhlung ausgetieft, die im Laufe der Jahre fein ausgeplättet wurde, denn Pilger, welche zum Grabe des heiligen Meinrad nach Maria-Einsiedeln zogen, legten das rechte Bein in diese Steinhöhle, um sich vor Ermüdung zu schützen. Vor Jahren sei zwar der Stein in das nahe Lorzentobel gerollt worden, allein Anwohner von Allenwinden hätten den St. Meinradsstein wieder an seinen alten, ehrwürdigen Platz gestellt. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 21 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Meister und der Knecht

Source: Der Meister und der Knecht

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Einisch het z'Rinech bi der Burg obe e Chnächt mit sim Meister z'Acher tribe. Do chöme zwe der Bärg ab, und me het ene alles gseh weder der Chopf nid. Wo se do noch bi de Margsteine g'stande, sind die zwei vordere Ross vor ume gange, do het der Chnächt zum Meister gsäit: „Meister, i fahre nümme!“ „He worum nid?“ „He gsehst dei ne zwe dert nid obe-n-abe cho?“ „Abbah, i gseh nüt, fahr du zue!“ „I fahre miner Suel (Seel) nid zue, chumm, trib du, i will hinde ha, gsehst d'Roß wänd au nümme vürse (vorwärts).“ Jä do chöme die zwe und spanne-n-e Schnuer über alle drei Margstei hindere, und bim letzte händ se enand ge und ufgleit mit de Hackene, dass es bi miner wahre Seel g'stobe het; und do sind se wieder gange und furt gsi und verschwunde. (Originaltext) Einmal trieb in Reinach bei der Burg oben ein Knecht mit seinem Meister zusammen die Pferde auf dem Acker. Da kamen zwei Gestalten den Berg herunter, und man sah von ihnen alles, nur den Kopf nicht. Als sie nahe bei den Marchsteinen standen, gingen die beiden Pferde nicht mehr weiter. Da sagte der Knecht zum Meister: „Meister, ich fahre nicht mehr.“ „He, warum nicht?“ „Ja siehst du denn die beiden dort nicht herunterkommen?“ „A bah, ich sehe nichts, fahr nur zu!“ „Ich fahre meiner Seel’ nicht zu, komm, treib du, ich will hinten halten. Siehst du, die Pferde wollen auch nicht mehr vorwärts.“ Da kamen die beiden und spannten eine Schnur über alle drei Marchsteine, und beim letzten gaben sie einander und legten mit den Hacken zu, dass es bei meiner wahren Seele stob; und dann gingen sie wieder und waren fort und verschwunden. (Übersetzung) C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Meisterschütze

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Auf den Schützenfesten in Brig fiel ganz früher ein Jäger aus Mund besonders auf. Der verschoss silberne Kugeln und traf jedesmal ins Volle. Da fragten sie ihn, woher er denn diese Wunderkugeln bringe. Solche gebe es im Gredetschtal genug, soll er geantwortet haben. Als sie aber voll Begierde mit ihm ins Gredetschtal zogen, fanden sie die Silberadern nicht mehr. Nun, das war wahrscheinlich nichts anderes als Molybdän, solches gibt es da noch heute. MUND Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Melkstuhl

Source: Der Melkstuhl

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Die Älpler hatten vom Ober- auf den Unter-Säss »gerobet«, und droben nichts vergessen, als einen schönen, neuen Melkstuhl, der dem Sennen gehörte. Der Senn bemerkte diess jedoch erst am Abend, als er melken sollte, konnte jetzt aber nicht auf den Obersäss laufen, und des Stuhles wegen das Melken versäumen. Das Melken ging seinen Gang, die Kühe zogen auf ihre Lager, die Knechte zündeten mitten in der Hütte das »Hengertfeuer« an, und über die Alpe lagerte sich rabenschwarze, stockfinstere Nacht. »Es ist doch unheimlich dunkel«, sagte der Zusenn, »heute Nacht würde ich nicht auf den Obersäss gehen, nicht um die schönste Kuh im Senntume.« »Nun das wäre etwas«, entgegnete der Küher. Darauf sahen die Andern ihren Toni, so hiess der Küher, gross an, denn sie trauten ihm so vielen Mut nicht zu; und es meinte jetzt der Senne: »Gut, Toni, du könntest grad hinauf und mir meinen Melkstuhl holen, und dann soll die schönste Kuh im Senntume dein sein; aber warten musst du bis Mitternacht.« »Es gilt«, sagte der Küher, und entschloss sich, den Gang zu wagen. Als nun die zwölfte Stunde kam, brach Toni auf. Noch schwärzer war die Nacht geworden, und der Wind heulte in schauriger Melodie durch die Finsternis hin. Toni war nicht weit gegangen, als er, trotz der Dunkelheit, einen unheimlich aussehenden Mann auf sich zukommen sah, der jetzt dicht vor ihm stand, und ihm sagte, er solle es sich nicht träumen lassen, zurück zu kehren, sonst dürfte es ihm nicht gut gehen. Jetzt gereute es doch den Küher, den Gang gewagt zu haben. Der schwarze Unbekannte gebot ihm, hinauf in die Hütte zu gehen, und dort sitze Einer auf dem Melkstuhl des Sennen; gelinge es ihm nun, in drei »Sträcken« den Stuhl zu nehmen, so sei's gut, sonst aber habe er die längste Zeit gelebt. Mit diesem Trost wanderte Toni weiter in die pechschwarze Nacht hinein, der Unbekannte aber verschwand. Als er nun auf den Obersäss und an den Stafel kam, hörte er in der nahen Bergseite Jodeln und Schellengetöne, gerad ob jemand die Kühe sammeln wollte, und doch waren dieselben auf einer ganz andern Seite der Alp. Mit klopfendem Herzen betrat Toni die Hütte; in derselben war's eben so finster als draussen; nur gegen die Kellertüre zu war's etwas lichter, und im Halbdunkel sah er dort einen Mann auf dem Melkstuhle sitzen und sich kämmen. – Unserm Küher wollte das Herz in die Schuhe fallen, denn dieser geisterhafte Mann sah aus, schrecklicher als der leibhaftige Tod. Doch besann sich Toni nicht lange, trat hinzu, fasste dann das Stuhlbein, und tat einen kräftigen »Strack«; allein der Stuhl blieb felsenfest; dem Toni wurde es grün und gelb vor den Augen. – Beim zweiten Stracke blieb der Stuhl ebenfalls fest, hatte aber doch so »eh'gen glötterlet«. – Den Angstschweiss auf der Stirne, tat Toni einen dritten, fast übermenschlichen Strack, und hielt nun den Stuhl frei in seinen Händen. Der andere aber sagte: »Hättest du in den drei Malen den Stuhl mir nicht entreissen mögen, so hätte ich dich zerrissen wie ›z'Gstüpp an der Sunna‹; so aber ist's gut, du hast den Preis verdient, aber noch nicht erhalten.« Fröhlicher als er gekommen, ging nun Toni weg, dem Untersäss zu, wo er ohne weitere Unbilden ankam. Die Übrigen waren seiner Rückkehr begierig; er erzählte ihnen seine Erlebnisse, und erndtete gebührendes Lob für seine Standhaftigkeit und schliesslich doch glücklichen Gang. Und es vergingen Tage um Tage, und der Herbst kam heran, und mit ihm die Zeit, da wieder von Alpe gefahren wurde. – Da erinnerte der Küher den Sennen an seine Verpflichtung gegen ihn. Dieser aber bedeutete ihm, er möchte denn die im Spasse hingeworfenen Worte nicht als ernst gemeint auffassen, und die Hoffnung auf die Heerkuh fallen lassen. Dazu verstand sich Toni aber nicht, und wollte es nötigenfalls auf einen Richterspruch ankommen lassen. – Der Handel kam wirklich vor Gericht; hier stellte sich denn auch ein altes, graues Männlein ein, welches am Ofen stehend, den Verhandlungen zuhörte. Der Senn wusste durch Lug und Trug seine Sache zu führen, dass Jedermann glaubte, er müsse gewinnen. Da trat das alte Männlein vor ihn hin, gab einem Kieselstein, den es in der Hand hielt, einen »Schmutz«, dass der Stein sofort in Fünklein, wie Mehl so fein, zerstob, und sagte dabei zum Sennen: »Gerade so werde ich es dir machen, wenn du nicht Wort hältst dem Küher.« – Da sah denn der Senn, dass hier eine mächtigere Hand ins Recht greife; er musste seinem Küher Wort halten, und ihm die Heerkuh geben.     Quelle: Dietrich Jecklin, Volkstümliches aus Graubünden, 3 Teile, Zürich 1874. Chur 1876, Chur 1878 (Nachdrich Zürich: Olms, 1986), S. 40-42. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Melkstuhl

Source: Der Melkstuhl

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In der Haupthütte einer Melser Alp war beim Heimfahren ein Melkstuhl vergessen worden. Einer, das Schwierige kennend, eine verlassene Hütte, den Berggeistern anheimgefallen, zu betreten, wettete eine rote Zeitgeiß, die im zweiten Jahre noch nicht gekitzet, ihn zu holen. Er nahm mit sich ein Messer mit eingegrabenem Kreuzzeichen, Feuerzeug, Agathabrot und einen Hund mit Sporen. Sowie er den Melkstuhl berührte, hörte er mit sonderbarer Stimme drohend rufen: Hettist du nit Fürli heiß und Hundili beiß, und Messerli Spitz, I wett der helfe d' Zitgeiß gwünnen! C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Menschenfresser

Source: Der Menschenfresser

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Sieben Buben verirrten sich beim Erdbeerensuchen im Wald. Lange gingen sie im Wald herum, bis sie von weitem ein Lichtlein sahen. Sie folgten ihm und kamen zu einem Haus, so gross wie eine Kirche. Darin war niemand, ausser einer grossen Frau die Hanf spann. Die bekam schreckliche Angst, als sie die Kinder sah. Sie gab ihnen geschwind zu essen und sagte: «Jetzt versteckt euch rasch hinter dem Ofen, bevor der Menschenfresser kommt!» Sogleich versteckten sich die Kleinen hinter dem Specksteinofen. Da kreuzte der Menschenfresser auf mit schrecklichem Gepolter und Lärm und einer Tanne in der Faust. Als er die Tür öffnete, brüllte er: «Hier riecht es nach Menschenfleisch!» «Das ist Saudreck, du Dummkopf!», sagte die Frau. Alles wäre gut gegangen, wenn nicht eines dieser Würmlein unter dem Ofen hervorgeguckt hätte. Der Menschenfresser sah es und würgte es mit Haut und Haar hinunter, alles auf einmal. Alle Buben sperrte er hinter ein Hühnergatter unter der Ofenbank, um sie noch ein wenig zu mästen. Am andern Morgen stand der Menschenfresser spät auf, öffnete das Gatter und brüllte: «Kann jemand Läuse ablesen?» Der älteste Bub kam heraus und fing an, Läuse abzulesen. Aber der war ein schlauer Kerl; er kratzte den Menschenfresser so lange und suchte ihn nach Läusen ab, bis der einschlief. Dann nahm der Bub das Schwert und schlug dem Menschenfresser mit einem Streich den Kopf ab. Darauf befreite der Bub seine Kameraden aus dem Hühnergehege, und sie wurden dank der Schätze des Menschenfressers ganz schön reich.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der menschenfreundliche Alpgeist

Source: Der menschenfreundliche Alpgeist

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Unter den Geistern machen jene, die auf Alpen ihrenWohnsitz haben, eine eigene Abteilung aus. In Obwaldner Almen gab es solche, die eine lebhafte Freude zeigten, wenn im Lanzig (Frühling) die Senten wieder auffuhren. Sie gingen ihnen dann jauchzend entgegen. Im Herbst aber legten sie beim Abzug derselben ihre Trauer mit Schreien und Wehklagen an den Tag, oft schon einige Zeit vorher, sobald sie die Zurüstungen zur Abfahrt vornahmen. Einmal hatte ein Senn aus Sachseln auf Seealp einem deremassen trauernden Unghür erlaubt, ihn von der Wilde bis zur Voralp hinab zu begleiten. Nun ging es in Gestalt eines Mannes mit weisser Zipfelkappe dem Zug voran, wobei der Geist aber nicht den Bodenvertiefungen nach bergab und bergauf sich bewegte, sondern von einere Egge zur andern, wo der Weg vorbeiführte blitzschnell schritt und dann dem zurückgebliebenen Senten entgegenjauchzte. Wie der Zug endlich bei der bezeichneten Voralp ankam, schaute er bereits aus der Hütte zum Fenster hinaus und wohnte von dort an immer daselbst.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Der merkwürdige Ring

Source: Der merkwürdige Ring

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»So ein Geschichtlein, wie sie in diesem Buche haben drucken lassen, will ich auch erzählen, aber das ist dann kein Märlein. – Ich war so ein dreizehnjähriger Bub, als ich beim Blättäli-Seebi im Blättäli zu Erstfeld als Geissbub diente. In diesem Landgut fiel mir ob dem Hause ein Ring auf im Grase, der etwa eine Handlänge breit und scharf und sehr deutlich in der Wiese ausgeprägt war, weil nur mit magerm Spitzgras bewachsen. Die Fläche aber innerhalb dieses Ringes trug rechtes Gras wie die übrige Wiese. Der Durchmesser des ganzen Kreises mit Einschluss des Ringes mag bei drei Meter betragen haben. Endlich fragte ich den Seebi, was wohl der Ring zu bedeuten habe. Der sagte, ja, das sei ein eigentümlicher Ring; der rücke alle Jahre dem Hause näher. Ein Feckerweib habe ihm – dem Seebi – einmal aus den Linien der Hand geweissagt und hinzugefügt, wenn der Ring einmal ganz nahe beim Hause sei, werde jemand daraus sterben. Und tatsächlich, ich habe es selber beobachtet, näherte sich der Ring jedes Jahr dem Hause, und, als er im dritten Jahre nur noch drei Sprünge davon entfernt war, starb im Jahre darauf der Seebi. – Es nimmt mich wunder, ob der Ring noch da sei; ich möchte einmal hingehen und schauen.« Jos. Indergand, 45 J. alt, Kaufmann, Erstfeld Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Merzenstein

Source: Der Merzenstein

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Mit dem Merzenstein, einem freiliegenden Block auf einer Bergterrasse zu Wyssig ob Bauen, wollte eine Hexe die Kirche von Bauen zerstören. Mich. Truttmann, Seelisberg, 70 J. alt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Messdiener in der Ernerwaldkapelle

Source: Der Messdiener in der Ernerwaldkapelle

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Ein Kaplan von Ernen, Bartlome Jost, ging einst in den Ernerwald hinauf, um da die Messe zu lesen. Schon eine Zeitlang hatte er gewartet, denn sein Messdiener hatte sich verschlafen. In der Hoffnung, der Knabe werde sofort kommen, ging er in die Sakristei, bekleidete sich mit den heiligen Gewändern und schritt an den Altar. Aber der Messdiener kam nicht, und lange wartete der Geistliche an den Stufen des Altars. Endlich wollte er sich wieder in die Sakristei begeben, um die Messkleider auszuziehen und einen Messdiener zu suchen. Wie er vom Altar wegschreiten wollte, sieh, da trat ein älterer gutgekleideter Mann, den er nicht kannte, an den Altar heran, kniete sich an den Stufen nieder und betete mit ihm die Stufengebete und diente ihm bis ans Ende der Messe. Als der Kaplan nach der Messe die Kleider und Geräte der heiligen Messe in die Sakristei an ihren Platz gelegt hatte, eilte er hinaus, um dem Unbekannten zu danken. Dieser war ihm etwa einen Steinwurf des Weges voraus. Wie der Kaplan nun schneller ging, um ihn einzuholen, lief der seltsame Messdiener auch schneller, ging der Kaplan langsamer, tat der Unbekannte desgleichen. So gelangten sie in immer gleichem Abstand bis nach Ernen auf den Friedhof. Hier stellte sich der Fremde auf einen Grabhügel und sprach: «Ihr wollt mir danken; das ist nicht nötig, das Danksagen ist an mir; ich bin ein Verstorbener und durch die heutige Messe im Ernerwald erlöst worden.» ERNEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Meyer auf der Mutte

Source: Der Meyer auf der Mutte

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Vor uralter Zeit stiftete zu Schweinsberg im obern Emmental eine reiche Witwe, deren Söhne im Krieg erschlagen worden waren, ein Klösterlein. Sie bestimmte in der Stiftungsurkunde, dass darin je zur Hälfte Witwen und Jungfrauen Aufnahme finden sollten. Die Einnahmen wurden zu gleichen Teilen für den Unterhalt der Insassen und für die Armen bestimmt. Kurz vor ihrem Tode legte die Gründerin, die dem Kloster als Äbtissin vorstand, die Leitung in die Hände der ältesten Ordensschwester mit dem ausdrücklichen Wunsche, dass es auch in Zukunft so gehalten werden sollte. Im Frieden und in guter Zucht blühte das Klösterlein beinahe hundert Jahre. Da geschah es, als wieder eine Äbtissin starb; dass die älteste Schwester nicht imstande war, das Amt zu übernehmen. Weil die Gründerin mit dieser Möglichkeit nicht gerechnet hatte, entstand Uneinigkeit im Gotteshaus. Es bildeten sich zwei Parteien, und jede suchte die Oberhand zu gewinnen. Darüber zerfiel die Klosterzucht, und die edle Aufgabe der Stiftung, die Pflege der Armen, blieb vergessen. Im Laufe der Zeiten hatten mehrere Töchter aus dem Geschlecht der Meyer auf der Mutte die Würde einer Äbtissin innegehabt. Dabei waren sie eifrig darauf bedacht, heimlich einen goldenen Sparpfennig für die Zeiten der Not beiseite zu legen. Die letzte Äbtissin dieses Geschlechts, die Brunhilde, kannte weder Furcht vor den Menschen, noch vor Gott. Mit Wohlbehagen mehrte sie den geheimen Schatz. Da zog der Schwarze Tod ins Land, und die Menschen fielen unter den Streichen seiner Sense wie das Gras auf der Wiese. Der Schrecken eilte ihm meilenweit voraus, und die Menschen wandten sich betend zu Gott. Nicht aber die Äbtissin zu Schweinsberg. Sie schalt das Volk, das in gedrängten Scharen täglich die Klosterkirche füllte, wegen seiner Furcht. Eines Morgens war die Kirche verschlossen, und im Klösterlein herrschte Totenstille. Als das Volk unruhig wurde, ertönten dumpf und schaurig von der Höhe der Kirche herab dreimal die Worte : «Der Tod ist da, der Tod ist da, der Tod ist da! » Und wie sie langsam und grausig verklangen, erstarrte allen, die sie hörten, das Blut zu Eis. Ihre Gesichter erbleichten, ihre Zähne klapperten, als schüttelte sie das Fieber. Und wie der Ruf aufs neue die Stille durchbrach: «Der Tod ist da! » da schrie das Volk, als schwänge der Knochenmann seine Sense über ihm. Vernehmlich ertönte das höhnische Gelächter der Äbtissin hinter den Fliehenden her. Sie war es, die mit dem Volk dergleichen Spuk getrieben, damit es bei seinen Wallfahrten nicht etwa die Pest nach Schweinsberg verschleppe. Mit der Äbtissin lachte die freche, schöne Krimhilde. Sie hatte auf Geheiss ihrer Tante den Schauerruf erhoben. Umsonst hatte die jüngste der Nonnen, die Fideli, sie davon zurückzuhalten versucht. Aber kaum war die frevle Tat vollbracht, stieg ein dunkles Blau in Krimhildens Gesicht, ihre Augen röteten sich, und der schöne Leib erstarrte. Umsonst bespritzte sie die Äbtissin mit Weihwasser und brachte sie zu Bett, am andern Morgen war sie eine Leiche. Der Schwarze Tod hatte sie hinweggerafft. Auch die andern Insassen des Klosters erfasste er. Einzig Fideli blieb verschont. Als die Äbtissin unter furchtbaren Qualen sich von ihm ergriffen fühlte, eilte sie ans Tor, es zu öffnen. Sie vermochte es schon nicht mehr und fiel davor zu Boden. Da beugte sich Fideli über die Oberin, ihr helfend beizustehen. Mit gebrochener Stimme keuchte die Sterbende: «Lauf auf die Mutte zu meinem Bruder und sag ihm, der Tod sei da. Bring ihm diesen Schlüssel. Hinter dem Altar könne er ihn brauchen. Das Halbe gehöre den Armen, vom andern Halben dürfe er nichts z'unnütz ausgeben, sonst brenne auch er in der Glut. Lauf, lauf und sag's, wo nicht, so brenne ich ewig! » Fideli eilte hinweg, ward auf der Mutte gesehen und nachher nicht mehr. Indessen war der Schwarze Tod auch ins Tal gedrungen und hauste fürchterlich. Nur wenige blieben am Leben. Das Klösterlein wurde ein Raub der Flammen. Der Meyer auf der Mutte war mit dem Schlüssel vor der Pest geflohen, willens, den Schatz zu heben, sobald der Schwarze Tod sich gelegt und die Gefahr vorbei sei. Aber wohin er sich wandte, überall folgte ihm der Tod auf den Fersen und mit ihm das grause Bild seiner Schwester, die um Erlösung flehte. Endlich, in einem fremden Lande, ereilte der Tod den Flüchtigen. Der Schlüssel wurde mit ihm begraben. Aber im Grabe fand der Unglückliche keine Ruhe. Nach neunundneunzig Jahren durfte er endlich einen suchen, der den Schatz höbe, ihn nach Vorschrift verwende und ihn dadurch erlöse. Aber er fand keinen, und von neuem begann seine Pein. Zuletzt soll er vor vielen Jahren einem Emmentaler Bauer erschienen sein. Der habe sich sieben Tage Bedenkzeit genommen und die Angelegenheit mit seiner Frau besprochen. Sie aber fand die Bedingung, keinen Kreuzer z'unnütz auszugeben, zu schwer. So etwas wäre Gott versucht. Daran scheiterte die Erlösung. Nach weitern neunundneunzig Jahren darf der Meyer auf der Mutte wieder nach Erlösung Umschau halten. Möge sie ihm gelingen! Emmentaler Sagen, Hermann Wahlen, 1962 Gute Schriften Bern Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Michel und sein Schimmel

Source: Der Michel und sein Schimmel

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Ein fruchtbares Seitentälchen gegen den Necker hin wird das Äulein genannt, wo vorzeiten der Michel wohnte. Als Knabe war er zu vielem Guten fähig und zu allem Bösen geneigt. Aber er lernte nichts und verbrachte seine Jugend mit tollen Streichen. Als er grösser geworden, kaufte er sich einen Schimmel, verkaufte sein Gut und verschwendete sein Vermögen und als Vormund auch das seiner Schwester, die eine Witwe mit vier kleinen Kindern war, in kurzer Zeit. Der Schimmel erlag den Peitschenhieben, und schliesslich starb Michel selbst im tiefsten Elend. Niemand flehte an seinem Grabe: "Gott schenke ihm die ewige Ruhe." Wiewohl er auf dem Friedhof begraben wurde, erschien er jede Nacht in der Hagenau. Dort hatte Michels Schwester noch einen steinigen Acker. Wenn nun auf den Türmen Ganterschwil, Bütschwil und Lütisburg die Glocken 12 Uhr schlugen, hörte man in der Hagenau einen dumpfen Laut. Am Rande des Steinackers tat sich die Erde auf, und hervorkam der Michel, die Peitsche in der Hand, bleich und abgehärmt. Ihm folgte gleich auch der Schimmel, und dieser stürzte sich auf seinen frühern Peiniger. Voll Angst ergriff Michel die Flucht. Am Rande des Ackers sprang er auf und ab, stets von seinem Schimmel verfolgt. So durchlief er, nach jeder Umkreisung um einen Fuss der Mitte des Ackers zurückend, das ganze Feld. In einer Stunde musste alles geschehen; dann sank der Mann schweisstriefend und zu Tode ermattet auf den Ackergrund, welcher ihn und den Schimmel mit dem ersten Glockenschlage wieder verschlang. So wurde Michels Untreue und seine Tierquälerei furchtbar bestraft, und es erfüllte sich die Drohung seiner ihn oft warnenden Frau Anna Babeli, die ihm manchmal zurief: "Du wirst auch noch gejagt.  A. Lauchenauer. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 462, S. 276 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Milchisbach-Hund

Source: Der Milchisbach-Hund

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Am rechten Ufer des Brienzersees sind zwei Orte, fast zwo Stunden von einander entfernt, der eine ob Ringgenberg, der andere unter Brienz. Zwischen diesen beiden Plätzen zeigt sich ein Hund, der etwa 4 Fuss hoch sein soll. Er ist unter dem Namen Milchisbachhund bekannt. Wenn er in ein Haus geht, so zittern alle Fenster, und das ganze Haus scheint sich zu bewegen. Im Sommer 1840 trat er im Dorfe Ebligen, an einem hellen Sonntag Morgen, in ein Haus ein, und stellte sich vor das Bett eines Kranken. Dieser, ein beherzter Mann von 32 Jahren, hiess ihn hinausgehen. Das Ungeheuer schüttelte sich, dass das ganze Haus einzustürzen drohte, und unter furchtbarem Klirren schlossen sich die Türen wieder hinter ihm zu. Sein Erscheinen ist an diesem Orte so oft, dass man seiner fast nicht mehr achtet. Zwei furchtlose Männer gingen eines Abends von Oberried nach Ebligen. Auf einmal stand derselbe Hund vor ihnen in der Strasse, kehrte den Kopf gegen sie, und machte alle ihre Bewegungen mit. Als alle Versuche vergebens waren neben ihm vorbei zu kommen, kehrten sie um und liessen sich über den See fahren. Einem Bauer zu Niederried stellte er sich immer auf den Weg, wenn er Abends zu seinem Nachbar ging. Dieser fällte einmal eine junge Buche, und als der Hund wiederkam, ergriff er die Buche am obern Ende, und traf den Hund an die Seite, aber es war als hätte er in einen Schatten geschlagen. Er wurde noch am gleichen Abend krank, und konnte nur mit Not vom Tode gerettet werden. Frühe und späte Viehhirten sehen ihn oft in einem einzigen Winter etliche mal. Alte Leute erzählen, es sei früher eine Weibsperson wegen Unsittlichkeit gerichtet worden. Kurz vor dem Tode soll sie gesagt haben, sie wolle zwischen obigen Punkten eine Erscheinung hinterlassen, die jeden nächtlichen Herumschwärmer von bösen Verirrungen zurückschrecken möge. Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Der Milchisbadihund

Source: Der Milchisbadihund

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Am rechten Ufer des Brienzersees, zwischen den Ortschaften Niederried und Ebligen, zeigte sich noch um die Mitte des vorigen Jahrhunderts ein Hund, fast so gross wie eine Maische und von Farbe kohlerdenschwarz. Er gesellte sich dort, wo der alte Weg von Interlaken das Milchisbächli obenher Niederried kreuzte, besonders zur Nachtzeit zu den vorübergehenden Leuten und begleitete diese seeaufwärts oft bis zur Wylerbrücke, das heisst, bis zur Aarebrücke beim Balmhof Brienzwiler. Er ist unter dem Namen Milchisbachhund bekannt. Wenn der Milchisbachhund in ein Haus geht, so zittern alle Fenster, und das ganze Haus scheint sich zu bewegen. Im Sommer 1840 trat er im Dorfe Ebligen an einem hellen Sonntagmorgen in ein Haus ein und stellte sich vor das Bett eines Kranken. Dieser, ein beherzter Mann von 32 Jahren, hiess ihn hinausgehen. Das Ungeheuer schüttelte sich, dass das ganze Haus einzustürzen drohte, und unter furchtbarem Klirren schlossen sich die Türen wieder hinter ihm zu. Ein andermal gingen zwei furchtlose Männer abends von Oberried nach Ebligen. Plötzlich stand der Hund vor ihnen auf der Strasse, kehrte den Kopf gegen sie und machte alle ihre Bewegungen mit. Als alle Versuche vergebens waren, neben ihn zu kommen, kehrten sie um und liessen sich über den See fahren. Einem Bauern zu Niederried stellte er sich immer auf den Weg, wenn er abends zu seinem Nachbar ging. Dieser fällte einmal eine junge Buche. Und als der Hund wieder kam, ergriff er die Buchschwinge am obern Ende und traf den Hund an die Seite; aber es war, als hätte er in einen Schatten geschlagen. Er wurde noch am gleichen Abend krank und konnte nur mit Not vom Tode errettet werden. Frühe und späte Viehhirten sehen ihn oft in einem einzigen Winter etliche Male. Alte Leute erzählen, es sei früher eine Weibsperson wegen Unsittlichkeit gerichtet worden. Kurz vor dem Tode soll sie gesagt haben, sie wolle zwischen den genannten Ortschaften eine Erscheinung hinterlassen, die jeden nächtlichen Herumschwärmer vor bösen Verirrungen abschrecke. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Milchriemen (Nidelgret)

Source: Der Milchriemen (Nidelgret)

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Vor alten Zeiten lebte zu Hasle im Grund eine Frau, von welcher die Leute sagten, sie könne am Riemen ziehen. Damit verhielt es sich nämlich folgendermassen: Sie ging in den Stall, zog zwei Lederriemen durch die Barrenlöcher und nannte die Kühe der Nachbarn bei Namen, indem sie sprach: "Herrengut und Sennenzoll, Von jeder Kuh zwei Löffel voll." Dann stellte sie die Melchter unter die Riemen und tat, als ob sie die Kühe melke. In der Tat füllte sich auch das Gefäss bald mit der herrlichsten Milch, welche die Frau an Arme des Dorfes und namentlich an Kinder verteilte. Da stach einst die Neugierde einen Nachbarn dieser Wohltäterin des Dorfes. Zu gerne wollte er wissen, wie sie, die doch nur eine Kuh hatte, zu so viel Milch komme. Heimlich versteckte er sich darum auch im Stalle. Da kam sie herein, sagte ihren Spruch und füllte die Melchter am trockenen Barren. Der Nachbar hatte sich den Spruch wohlgemerkt und lief voller Freude nach Hause, um das einträgliche Stücklein nun selber zu probieren. Aber mit zwei Löffeln voll war er nicht zufrieden, sondern sprach: "Herrengut und Sennenzoll, Von jeder Kuh zwei Kübel voll." Da fing die Milch an zu fliessen, füllte die beiden Kübel, floss unaufhörlich zu, bis der Stall und zuletzt das ganze Haus voll war und der gierige Mann elendiglich ertrinken musste. Als das die gute Frau Nachbarin gewahrte, war sie zornig und rief: "Das tut mir keiner mehr nach!" Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Milchzauberer

Source: Der Milchzauberer

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,Ds Alt Huis‘ in Ried ist von Berner Zimmerleuten gebaut worden. Auch Lötscher arbeiteten mit. Als sie einst im Wald Lärchen fällten, sahen sie auf der Sonnenseite die Kühe auf der Weritzalpe. Während des Mittagessens fragte ein Berner die Lötscher: "Kennt ihr den Namen einer Kuh in der Weritzalpe?» Einer wusste, dass darunter auch die Bliäma seines Schwagers sein müsse, und er sagte das. Da steckte der Berner sein Hackmesser in einen Stock und melkte da frische kuhwarme Milch heraus in seine Ledermütze. Alle tranken daraus. Dem Lötscher, der die Kuh verraten hatte, war dabei aber etwas unheimlich zumute, und er berichtete am Abend dem Meister, was vorgefallen sei. Diese entliess den Zauberer am nächsten Tag, weil er sah, dass dieser Berner mehr als zimmern könne. Wenn er mit dem Teufel im Bunde stecke, wolle er mit ihm nichts zu tun haben. LÖTSCHEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Millerstein

Source: Der Millerstein

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Zwischen den Dörfern Blatten und Eisten ist die Milinegga. So heisst der Ort, weil hier früher die Dorfmühle gestanden. Besorgt hat die Mühle seit Menschengedenken der alte Müller von Eisten, das heisst, er hätte sie besorgen müssen, wenn nicht ein anderer für ihn gearbeitet hätte. Mochte nämlich der alte Müller am Abend noch so viele Säcke Roggen oder Gerste in die Mühle stellen, am andern Morgen war immer alles gemahlen, aufgefasst, zugebunden und sogar abgestäubt, ohne dass er dabei sein oder auch nur den kleinen Finger hätte rühren müssen. Das wunderte den alten Müller doch, wer ihm die Mühle so flott besorge. Eines Abends versteckt er sich hinter dem Mühlekasten und guckt durch ein Bohrerloch, um den nächtlichen Gast zu beobachten und zu belauschen. Richtig geht die Türe auf und es erscheint ein Zwerglein, dessen Hosen, hätte es solche gehabt, sogar dem kleinen Josi zu kurz gewesen wären. Frisch und flink hebt das Männlein die schweren Säcke auf die Trommel, schüttet sie aus und lässt die Mühle laufen mit einer Geschwindigkeit, dass sich die Schläge nicht mehr zählen lassen. Sack um Sack wird oben ausgeleert, unten wieder eingefüllt und in Reih und Glied gestellt. In zehn Tagen hätte der Müller die gleiche Arbeit nicht besser besorgt, als der Zwerg in wenig Stunden. Bevor in der Früh die Eistglocke ertönt, ist das Zwerglein fertig und fort in die finstere Nacht. Daheim erzählt der alte Müller seinem Weibe vom dienstbaren Geist in der Mühle. «Bald kommt das frohe Weihnachtsfest. Der Zwerg kennt wohl kein Christkindlein. Was ist billiger, als dass wir ihm etwas schenken?» Die Mutter macht nun aus Trillich Röcklein und Höslein, klein und fein, mit Taschen und Schlitzen, Schnallen und Knöpfen, alles glänzend neu. «Hat mir Gott kein Kind geschenkt, so soll es jetzt das Zwerglein sein.» Freudig nimmt der alte Müller das Geschenk, als wäre es für ihn selbst gemacht und bringt es flink zur Mühle. Arbeit macht er heute keine bereit, denn es ist der Vorabend vom hohen Weihnachtsfest, den alle feiern müssen. Schön werden die Geschenke auf dem Dreibeiner aufgelegt, zuoberst die wollgestickte Zipfelmütze. Wie gewohnt kommt das Zwerglein, schaut verwundert, legt die Kleider an, dreht sich dreimal um, springt und singt: Das ist fein, das ist mein, Jetz bin ich ä rächtä Ma Na hinad hin niämer meh da. Was fällt dem Zwerge ein? Von der Mühle lüpft er wie ein Käsbrett den schweren Mühlestein mit dem Läufer obendrein, setzt die Mütze drauf und ist zur Tür hinaus, bevor der Müller sich regen kann, seinem Eigentum zu wehren. Der Müller hat später seine Steine wiedergefunden, aber zu weit weg, um sie zurückzubringen auf die Milinegga. Der freche Zwerg war nämlich in der heiligen Nacht mit den zwei Mühlsteinen auf dem Haupte über die Berggüter und Alpen emporgestiegen bis ins Obere Ferden. Wie er den Fuss auf den höchsten Grat setzte, wo man hinabsteigt nach Leukerbad, schlugen eben in Kippel die Glocken an, die Weihnachtsmesse einzuläuten. Der Dieb konnte keinen Schritt weiter, musste die schweren Steine fallen lassen und im nahen Majinghorn gebannt bleiben. An schönen Sommertagen, wenn die Sennerinnen von Kummen im Obern Ferden die Kühe hüten, hören sie das Zwerglein aus dem Majinghorn Steine auf den Gletscher rollen, können aber nichts sehen. Nur in stürmischen Nächten springt der Dieb herab auf den Bergsattel, lüpft die schweren Steine auf das Haupt, wie einst in der Mühle. So muss er stehen solange der Sturm die schweren Blöcke treibt, dass man sie donnernd mahlen hört bis an den Kummenstafel. Wer seither über den Berg geht, sieht die Steine auf der Wasserscheide zwischen Leukerbad und Lötschen. Der Ort heisst heute noch «Beim Millerstein», und die Hirten von Kummen pflegen heute noch zu sagen: Du findest kein Zwerglein so brav und so gut, Das hätte nicht seinen Tuck unter dem Hut. Quelle: J. Siegen, Sagen aus dem Lötschental, Erweiterte Ausgabe der Gletschermärchen (1905), Lausanne 1979. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Millionenschneider

Source: Der Millionenschneider

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In Läufelfingen trug ein Schneider den Spottnamen «Millionenschneider» oder «99 Millionenschneider». Dazu soll er auf folgende Weise gekommen sein: Ein ausgejagter Kapuziner habe ihm angeraten, mit seinem eigenen Blut seinen Namen auf ein Blatt zu schreiben. Dieses Blatt solle er auf einem bestimmten Kreuzweg auf den Boden legen und darum herum drei Kreise ziehen, immer einer grösser als der vorhergehende, keiner den andern berührend. Dort könne er wünschen, was er wolle. Der Schneider tat, wie ihm geraten worden war. Er stellte sich in den innersten Kreis, legte das Papierblatt auf den Boden und hütete sich peinlich, den Kreisrand zu übertreten. Alsdann wünschte er sich 99 Millionen. Er bekam sie aber nicht. Jedoch vernahm er ein gewaltiges Rauschen wie von Wasserwellen. Unter grossem Getöse kamen goldene Strohwellen den Berg herunter. Vor Schreck trat der Schneider aus dem Ring. Da war sein Zettel verschwunden. Nun plagte den guten Schneider die Angst um sein Seelenheil. Er pochte an die Pforte eines Kapuzinerklosters, wurde aber zuerst abgewiesen. Erst als die Kapuziner von dem geängstigten Manne hörten, dass es ein Kapuziner gewesen war, der das Schneiderlein in diese Seelennot und Höllenqual gebracht hatte, nahmen sie sich seiner an. Sie führten ihn in die Klosterkirche und beteten inbrünstig. Endlich, nachdem sie lange um die Seele des Schneiders gerungen hatten, erschien unter dem Fenster ein Vogel, setzte sich auf den Fenstersims und liess den Zettel mit des Schneiders Unterschrift hineinfallen. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Mirakelstein

Source: Der Mirakelstein

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In unserer Kapelle ist noch heute ein Votivbild zu sehen, das an den Mirakelstein erinnert. Das hat folgende Bewandtnis: Unter dem Mirakelstein, der ein paar Meter oberhalb des Dorfes liegt, sollte Gold versteckt sein. Einst wollten nun Selkinger dieses Gold hervorgraben. Dabei verlor aber die mächtige Fluh den Halt und drohte, auf das Dorf zu stürzen. Die Goldgräber gerieten nun in grosse Angst, beteten und versprachen, hier im Dorf eine Kapelle zu bauen, wenn kein Unglück geschehe. Das Versprechen haben sie gehalten, und so stehen heute Fluh und Kapelle noch an ihrem Ort. SELKINGEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der misshandelte Teufel

Source: Der misshandelte Teufel

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Als man Allerseelen einführte, kam der Teufel hinter dem Dorf Realp durch die Gärten herunter und brüllte wie ein Löwe. Da gingen die Leute mit Sensen auf ihn los und sprengten ihn in einen Weiher und schlugen ihn lahm; und er wäre bald verreckt. Da kam ein Handwerksbursche und sah ihn halbverreckt. Da nahm er seine Feldflasche hervor und gab ihm einen tüchtigen Schluck Kognak. Und da kam der Teufel wieder zur Kraft und sagte zu ihm: »Ich will dir dann ein Zeichen geben, wenn du stirbst; hast mich auch nicht hier verrecken lassen.« Und seit ihn die Realper lahm geschlagen haben, ist der Teufel nicht mehr gekommen. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Mittwoch ist kein Tag

Source: Der Mittwoch ist kein Tag

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Ein Mädchen maulte jedesmal mit dem Burschen, der es besuchte; bald kam er ihm zu früh, bald zu spät, bald wieder nicht am rechten Tag. Endlich fragte der Bursche: »Jä, wenn darf-i de chu?« Das Mädchen, das ihn am liebsten losbekommen hätte, sagte: »Nit frieh und nit spat, dass weder Tag nu Nacht heisst.« Da besuchte er es am Mittwochabend bei der Dämmerung. Äs wird wohl wahr sy, ich ha's sälber g'hert verzellä. Peter Walker; Franziska Kruog Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Mo-Milch-Gubel

Source: Der Mo-Milch-Gubel

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Eines der lieblichsten Täler des Kantons Zürich ist das Tößtal. Es ist sehr abwechslungsreich, und man mag schauen, wohin man will, man sieht immer etwas Anziehendes, bald eine heimelige Talnische, bald ein schmuckes appartes Dorfbild und überall Wälder und Hügel von froh stimmender Eigenart. Aber hinten im Tößtal, ums Schnebelhorn, tut sich unversehens eine Wald- und Weidwildnis auf. Das Land, das sich eben noch idyllisch und friedvoll gab, ist wie mit einem Zauberschlage in einen geheimnisvollen Wildgarten und in eine Alp verwandelt. Es ist einem, es müsste alles aus dem fernen Hochalpen über Nacht in diese sonst anders, gutartiger gestaltete Landschaft hineingesetzt worden sein. Felsenstürze, Runsen und Riesenen, undurchdringliches Holz und überall das märchenerzählende Rauschen der Töß umgibt uns,  und aus dem verschwiegenen Dunkel der Tannen. Lärchen und Föhren schauen die sanften Augen des Rehs und erzählen ebenfalls Märchen. Und es ist einem, die verschollenen Wildleutchen des Hochgebirges haben sich gewiss in diese Höhlen, Schründe und Waldgründe um die Strahlegg zurückgezogen. Alle Augenblicke erwartet man irgendwo eines aus einem Dickicht oder von einer Fluh oder einem Felsnossen herabgucken zu sehen. Und wie auf den Hochalpen, wachsen in dieser vertragenen und wunderlichen Welt seltene, farbenfrohe Blumen. Es war eines Nachmittags, da saß der Bauer, der am Eingang in diese Wildnis, unweit der wohlversteckten Tößquellen wohnte, vor seinem Hause in der Sonnenwiese und schaute sinnend zu den Flühen empor. Je länger er schaute, und je mehr die Dämmerung überhand nahm, kam es ihm vor, die Flühe und Felsen verwandeln sich in ungeheure Riesen und Untiere einer uralten Zeit. Eben wollte er sich erheben und ins Haus hineingehen, da hörte er hüsteln, und wie er aufsah, stand ein altes schwarzgewandetes Männlein vor ihm, das ihm gar fremd vorkam. Das wünschte ihm höflich die Zeit an und fragte um Herberge. Doch der Oberländer Bauer sah den so unversehens aufgetauchten Fremdling misstrauisch an. Der seltsame Alte mochte sagen was er wollte, der Bauer blieb unvertrauig und eigenschirrig und ließ ihn nicht mit einem Auge ins Haus. Da sah sich das Männchen erst allseitig um, dann machte er sich ganz nahe zum ungastlichen Hirten und raunte ihm zu, er solle ihn doch über Nacht behalten, denn er wisse in der Nähe einen großen Schatz, den er heben wolle. Hatte der Sonnenwiesbauer bisan ein Gesicht gemacht, als hörte er sich das Armsünderglöcklein zu Zürich läuten, so ward er jetzt einer wie ein Lediger, der die Kirchweihgeigen hört und nur noch eine Blume ins Knopfloch stecken will, um darnach seinen Schatz zum Tanz zu führen. Er tat die Haus- und Stubentüre sperrangelweit auf und schloss gar auf der andern Stubenseite das Fenster, denn er fürchtete, der starke Luftzug, der von den Bergen kam, könnte ihm den Schatzgräber wieder vertragen. Aber als er den Fremden nun mit einem dickbauchigen Krug Most, einem Brot, groß und weiß wie eine Schneewelle, und einem Glied Speck, dran sich zehn Schröter hätten satt essen können, am  großen grünen Kachelofen hatte, ward der gesprächig und rückte aus. Er erzählte ihm, wie er aus der Meerstadt Venedig herkomme, und wie er den Weg in dieses abgelegene Weltende des Tößtales, trotz aller Gefahren und Beschwerden, gefunden habe. Und als er den Speck faustdick auf den Holzteller vor ihn hinlegte, rückte der Venediger völlig aus und verriet ihm, dass er morgen um Mitternacht in die Tößschlucht, wo der wilde Bergfluss seinen Ursprung hat, gehen wolle. Dort müsse ein merkwürdiger überhängender Felsen und darunter eine Höhle mit einer eisernen Türe sein, denn das habe er aus seinem Bergspiegel ersehen. Jawohl, sagte der Bauer, er kenne den Felsen, den man Mo-Milch-Gubel heiße, und die darunter befindliche Höhle wohl, doch hätte er sich immer schleunigst aus jener unheimlichen Gegend davongemacht, wenn er einmal zufälligerweise beim Holzen oder sonstwie doch verlaufen sei. Also in jener Höhle, bedeutete nun der Alte, sei ein großer Schatz verborgen. Er wolle ihm auch einen Teil davon geben, wenn er mit ihm morgen um die Geisterstunde durchs wilde Tobel nach diesem Mo-Milch-Gubel kommen wolle. Das ließ sich der Bauer nicht zweimal sagen, strahlend wie ein neuer Kupferkessel, willigte er ein und trug nun den Most so fleißig auf, als wäre draußen Hochwasser, und er könnte ihn nur aus dem Tößbach hereinholen. Glückselig ging er dann mit seinem Gast zu Bett, denn es war ihm schon, er sehe die Goldstücke auf dem Boden herumliegen. Aber es waren nur einige Mondkringel. Als es nun andern Tags gegen Mitternacht ging, erhoben sich der Bauer und sein merkwürdiger Gast, der Venediger, und trampten zusammen in die Nacht hinaus, um sich nach dem Mo-Milch-Gubel zu machen. Der Bauer trug eine Laterne, denn die Nacht war so dickdunkel, dass man schier wie im Moor mit dem Torfschäufelein draus hätte Turben schneiden können. Mit Ach und Krach brachen sie durchs Tobel, in dem alles mögliche Dickicht und Dornicht von Unterholz ihnen ins Gesicht griff und sich ihnen wie mit Krallen ans Gewand häkelte. Aber endlich kamen sie unter den Mo-Milch-Gubel, der unheimlich über sie hereinhing. Jetzt ward es ziemlich hell, und vor sich sah der Bauer staunend eine eiserne Türe. Aber das Venediger Männlein legte die Hand auf den Mund und bedeutete dem andern, dass er ja keinen Laut von sich geben und in allem ihn nachmachen solle. Also hielt der Bauer gar schön den Mund, sträußte aber dafür die Ohren, wie ein aufgeschreckter Hase, damit er drin ja jeden Ton wie in einem leeren Schneckenhaus auffangen könnte. Dreimal klopfte der Venediger an die eiserne Türe. Beim dritten Schlag ging sie lautloser auf als ein Rosenblatt in der Morgensonne. Und siehe, da zeigte sich im Eingang eine blendendweiße Jungfrau. Die aber war so schön, dass ihr ein steinerner Brunnenheiliger hätte nachlaufen müssen. Und wenn sie lächelte, wurde die Höhle taghell. Ihre Augen aber leuchteten also, dass sie einen noch durch eine Kirchhofmauer hindurch hätten blenden müssen. Und so blau waren sie, dass der Bauer darnach alle andern Farben verlor und die Welt nur noch blau sah. Diese weiße Jungfrau winkte ihnen, und sie folgten ihr schweigend. Vor einer schwarzen eisernen Kiste blieben sie stehen. Auf dem köstlichen Beschläg des Kistendeckel aber lag ein großer schwarzer Pudel. Die Jungfrau machte ein Zeichen. Da sprang er hinunter, der Deckel ging auf, und nun erblickten sie zu ihrer namenlosen Verwunderung lauter lötiges Gold in runden, blitzenden Goldmünzen. Der Venediger, nicht faul, nahm seinen abgründigen Sack, breitete ihn aus und begann mit beiden Händen in die Kiste zu greifen, wie die Buben in die volle Schnitztruhe, also dass er seinen Sack im Hui plattvoll hatte. Jetzt klappte der schwere Deckel wieder zu, und da hockte auch schon der schwarze Hund wieder drauf und machte Augen wie ein doppellöcheriger Herd. Inzwischen hatte der Bauer aus der Sonnenwiese nur immer die schöne Jungfrau angestaunt. Seine Augen hingen an ihr wie Blutegel; er war wie versteinert und schien von allem nichts zu bemerken, was der Venediger tat. Aber nun ging die Jungfrau wieder durch die Höhle zurück, und das fremde Männlein folgte ihr keuchend, mit seinem vollen Sack auf dem Rücken, nach, und hinter ihnen drein stoffelte willenlos der Bauer, immer die weiße Gestalt anstarrend. Unversehens gerieten sie vor die Höhle. Die Türe donnerte zu, und nun standen sie wieder mutterseelenallein in der finstern Nacht, und nur der Mo-Milch-Gubel schimmerte in einem ungewissen Licht. Es war, als wollte er sich über sie herabstürzen. Die schöne weiße Jungfrau aber war für immer verschwunden.     Meinrad Lienert, Zürcher Sagen. Der Jugend erzählt, Zürich 1918. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.    


by Der Mönchsgraben

Source: Der Mönchsgraben

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Der Mönchsgraben, das hinter den Weihern und links von dem Wasserreservoir liegende Tälchen, soll seinen Namen von einem Kloster erhalten haben, das dort gelegen und dem Dominikaner- oder Predigerorden angehört habe. Man sieht auch wirklich Mauerreste und ein Gewölbe. Ebenso sollen sich dort noch vor kurzer Zeit Balken befunden haben. An dieses Klösterlein (im Jahre 1904 fanden nach Schätzen grabende Jünglinge dort eine Münze — richtiger Medaille — und eine messingene Schnalle) knüpft sich eine Sage, von der man glauben könnte, sie beruhe auf einer scherzhaften Erfindung, wenn sie nicht als Sage herumgeboten würde. Dieses Kloster wurde nämlich, so wird erzählt, durch einen Wolkenbruch zerstört. Während nun alle anderen Insassen elendiglich umkamen, konnte sich einer der Mönche auf einem Balken oder Brette retten. Mit diesem schwamm er die Schlucht und das Tälchen hinunter bis da, wo jetzt Münchenstein steht. Da gelang es ihm, von seinem improvisierten Floss ans Land zu steigen, und weil ihm die Gegend gefiel, liess er sich dort nieder und legte den Grund zum jetzigen Dorfe, das deswegen Mönchenstein genannt wird. Keine üble Erklärung; nur schade, dass sie nicht mit der Geschichte übereinstimmt. Arlesheim Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Mond

Source: Der Mond

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Im Mond soll ein Mann mit einem Melkkessel sein. Der war einmal ein hübscher und frischer Senn auf einer Alp. Eines Abends, als es draussen sehr rau war, kam eine durchnässte und halb erfrorene alte Frau zu ihm und bat, über Nacht bleiben zu dürfen. Aber der Bursche hatte ein kaltes Herz und jagte sie fort. Die arme Frau ging, rief aber noch zurück: «Weil du so grausam bist, sollst du an den kältesten Ort gehen und mit dem Kessel in der Hand bis in alle Ewigkeit dort bleiben.» Wie die Frau gesagt hatte, so geschah es. Der Bursche wurde auf den Mond verbannt und steht mit seinem Kessel in der Hand noch heute dort. (Schams)   Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Der Mondmilchgubel

Source: Der Mondmilchgubel

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Der Mondmilchgubel Zu Vater Oberholzer in der Sonnenwies im Oberholz kam einmal bei eintretender Nacht ein Venedigermännchen und sagte, es habe in seinem Zauberbuch gelesen, dass es hinten an der Töss einen Felsen gebe, der mit einer eisernen Türe verschlossen sei. Hinter dieser Türe liege ein Schatz vergraben. Oberholzer schaute sich das Männchen eine Weile an und antwortete ihm, er kenne den Felsen wohl, das sei der Mondmilchgubel. Der Schatzgräber bat hierauf den Sonnenwiesler, er möge ihm den Weg dorthin zeigen, es solle nicht sein Schaden sein. Nachts um zwölf Uhr sollte er dort sein. Oberholzer bedachte sich nicht lange, denn er litt an Schätzen keinen Überfluss. Auf den Schlag der Mitternachtsstunde standen die beiden vor der eisernen Türe. Der Venedig deutete dem Begleiter, er solle von jetzt an den Mund halten, was auch geschehen möge. Dann klopfte er dreimal an die Pforte, welche jetzt leise ächzend aufging. Eine wunderschöne, weissgekleidete Frau stand im Eingang. Sie winkte den beiden, ihr zu folgen. Bei einer schwarzen Eisentruhe hielten sie an. Auf dem Deckel hockte ein scheusslicher schwarzer Pudel. Den jagte die weisse Frau weg, und der Deckel sprang von selber auf. Und was sahen die beiden? Die ganze Truhe lag voller Goldstücke! Mit grosser Eile füllte der Venediger seinen Sack, und kaum hatte er ihn vollgestopft, so schnappte der Deckel wieder zu. Auch der Hund setzte sich wieder darauf. Während dieser Zeit musste der Bauer immer nur die schöne Frau ansehen; ihr liebes Angesicht rührte ihn so, dass er kein Auge abwenden konnte. Aber als der Venediger seine Sache beisammen hatte, führte die Frau ihren mitternächtlichen Besuch wieder vor die Türe, und plötzlich standen sie im Freien. Die Türe schnappte zu, und der Sonnenwiesler konnte am leeren Daumen saugen. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland A. Oberholzer im St.-G. T. 1905; Lienert, S. 46. Zur Etymologie des Wortes siehe Id. 4, 203, s. v. Manmilch: „Man-, Berg-, Mondmilch, die weissliche, schaumartige Masse in den Klüften der Kalkalpen. Die M. wird gegen Entzündungen beim Vieh angewendet und soll Gold enthalten. Die M. wurde dem Einfluss des Mondes zugeschrieben; naiverweise meinte man auch sie werde aus dem Monde gemolken.“ - Die M. sitzt als kreideähnliches Mineral an den Felswänden und wird abgeschabt als Heilmittel gegen alles Mögliche; sie dient auch als Farbe. Vgl. zu „Mondmilch“ auch den Aufsatz von Franz Siedler in SAVk 37 (1939/40), S. 218ff. Unter Gabel versteht man im Oberland eine Felshöhle, wo unter Nagelfluhbänken die weicheren Schichten des Sandsteins und des Mergels durch Erosion ausgewaschen sind. Die meisten Gübel befinden sich unterhalb von Wasserfällen. Andere Beispiele: Weissengubel, Dachsgubel, Schmidwaldsgubel. Der Mondmilchgubel liegt am östlichen Abhang der Scheidegg, ist ca. 65 m tief und hat im Boden eine treppenartige Öffnung, vermutlich durch Schatzgräberei entstanden.Die Höhle glitzert von Tausenden von Wassertropfen wie von Edelsteinen. Vielleicht ist dies ein Grund zur Sagenbildung. Die Geschichte wird auch noch anders erzählt: Als die beiden Männer die Höhle betreten hatten, bemerkten sie eine eiserne Kiste, auf der ein pechschwarzer Pudel sass. Das Tier sprang aber sofort weg, und der Venediger zog aus der Kiste Würmer, Eidechsen, Schnecken, Kröten und Schlangen, welche er in einen Sack steckte. Dem Sonnenwiesler grauste es so, dass er nicht imstande war, weder in die Kiste zu schauen, noch zu langen. Er musste mit leerem Sack abziehen. Gereut hat es ihn nachher doch, denn als er Fremde draussen seinen Sack umkehrte, waren die Tiere alle zu Gold geworden.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Mord am Bergüner-Steine

Source: Der Mord am Bergüner-Steine

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Jene Felsen, welche, zehn Minuten unterhalb Bergün, so still und stolz über die Fluten der Albula sich erheben, werden der »Bergüner-Stein« genannt. Hunderte von Reisenden durchwandern das durchaus alpine Thai der Al­bula größtenteils nur, um diesen Bergüner-Stein zu sehen, der an Naturschönheit mit der Viamala-, Schyn- und Pfäfferser-Schlucht sich messen kann. Die Natur entfaltet hier eine schauerliche Grossartigkeit. Aber an die Romantik knüpft sich leider auch die Fakta einer traurigen Begebenheit: Im Jahre 1572 hatte ein Bursche seiner Geliebten Treue geschworen und die Hochzeit war auf kommenden Frühling angesetzt. Der Bräutigam ward aber seiner Braut überdrüssig und sucht sich ihrer zu entledigen; obwohl sie von ihm ein Pfand der Liebe trug; das betrogene Mädchen wollte nicht von ihm lassen, und so brachte er den Plan zur Ausführung durch Gewalt ihrer los zu werden. Er beredete sie einstens, mit ihm nach Villasur zu gehen, und beim »Stein« angekommen, dort wo der Felsen so schauerlich über das tief liegende Bett der Albula überhängt und die zerrissensten Riffe zeigt, dort stiess er sie über den Rand hinab.            Das ist Tatsache! Seitdem vernehme man zuweilen Nachts, unterhalb des Felsens, selbst auf der Strasse, ein fürchterliches Weibergeschrei, welches mit dem ersten Schlage der zwölften Stunde aber aufhöre. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Mord in Cavaglia

Source: Der Mord in Cavaglia

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Vor alten Zeiten zog einmal eine Zigeunerbande vom Bernina herab, gegen Puschlav. Der Weg führte damals über die Alpe Cavaglia, die wegen ihren zweckmässig eingerichteten Häusern eher ein Berg-Dörflein genannt werden könnte. Etwas südöstlich von dieser Alpe führt der Weg über eine Brücke, welche die steilen Felsränder eines tiefen Schlundes überspannt, in dessen Tiefe die Wasser des Cavagliasco tosen und brausen. Wie nun jene Zigeuner auf dieser Brücke angekommen waren und in die Strudel und das tosende Gewässer hinabschauten, fuhr ihnen ein teuflischer Gedanke zu Sinn: -  Sie führten nämlich, nach Gebrauch, die »Zigeuner-Mutter«, die Älteste ihres Stammes, eine steinalte, gebrechliche, blinde Frau mit sich, und stiessen Dieselbe, um ihrer loszuwerden, von der Brücke in den Schlund hinab, mit den Worten: »Fahr\' wohl, Muetterli.« Die Bande zog fröhlich weiter. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Mord in der Markuskirche

Source: Der Mord in der Markuskirche

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Bei Paglino, nicht weit von der Walliser Grenze entfernt, stehen auf italienischem Boden oberhalb der Simplonstrasse die Ruinen einer eingefallenen Kirche, welche einst die Pfarrkirche der Umgebung war, sowohl für die Italiener als für die Walliser. Beide Teile hatten zwar eigene Priester, aber nur eine gemeinsame Pfarrkirche. Der Pfarrer der Italiener wohnte in Trasquera, der Pfarrer der Walliser aber in Rüden. Um Missverständnissen vorzubeugen, hatten diese Pfarrer das Recht und die Verpflichtung, je eine Woche abwechselnd in der Pfarrkirche die Pfarrechte auszuüben. An einem Sonntag, da die Reihe am italienischen Pfarrer war, den Gottesdienst am Morgen zu halten geschah es, dass er nicht eintraf. Voll Ungeduld wartete das Volk bis Mittag, und als der Pfarrer noch immer nicht ankommen wollte, gingen zwei Männer nach Ruden, um den deutschen Pfarrer zu rufen. Ungern, weil er den heftigen Charakter seines Mitbruders kannte, folgte dieser dem Rufe. Als er eben angekleidet zur Feier des heiligen Opfers an die Stufen des Altares hintrat, erschien der italienische Pfarrer, der sich auf der Jagd verspätet hatte. Als er seinen Mitbruder am Altare sah, nahm er sein Jagdgewehr von der Achsel, schlug an und erschoss seinen Kollegen, der sich in seine Pfarrrechte, wie er meinte, widerrechtlich eingemischt hatte. Infolge dieses Mordes wurde die Pfarrei getrennt. Die Deutschen blieben in Ruden und wurden dem Bistum Sitten einverleibt, die Italiener in Trasquera und blieben unter dem Bistum Novara. GONDO Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Mord in der Markuskirche bei Gondo

Source: Der Mord in der Markuskirche bei Gondo

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Auf der königlichen Heerstrasse, die zum Passe des Simplonberges führt, sieht der Wanderer in Paino, unweit der Wallisergrenze, in geringer Entfernung ob der Strasse eine eingefallene Kirche, welche einst die Pfarrkirche der Umgegend war sowohl für die Italiener als für die deutschen Walliser. Beide Teile hatten zwar eigene Priester, aber nur eine gemeinsame Pfarrkirche. Der Pfarrer der Italiener wohnte in Trasquiera, der Pfarrer der Walliser aber in Ruden, dem heutigen Gondo. Diese Pfarrer hatten, um Missverständnissen vorzubeugen, das ausschliessliche Recht und die Verpflichtung, jeder eine Woche lang abwechselnd in der gemeinsamen Pfarrkirche die Pfarrrechte auszuüben, die Sakramente zu spenden und den Gottesdienst zu besorgen. Da geschah es, dass an einem Sonntage der italienische Pfarrer, an dem die Reihe war, zum vormittägigen Gottesdienste nicht eintraf. Voll Ungeduld wartete das Volk bis Mittag und, als der Pfarrer noch immer nicht ankommen wollte, gingen Männer nach Gondo hin, um den deutschen Pfarrer zum Gottesdienste herbei zu rufen. Ungern und nur gezwungen folgte dieser, weil er den heftigen und stürmenden Charakter seines Mitbruders kannte. Er zog in die Kirche, kleidete sich an und stieg zum Altare, um das Hl. Opfer zu entrichten. — Da erscheint der italienische Pfarrer, der sich auf dem Herwege auf die Jagd begeben und so verspätet hatte, an der Kirchporte und sieht mit Ärger den Gottesdienst angefangen. Voll Zorn nimmt er sein Jagdgewehr ab der Achsel, schlägt an und schiesst seinen Nebenbuhler am Altare tot nieder. — Man kann sich den Schrecken und die Bestürzung des Volkes denken! In Folge dieses Meuchelmordes wurde die Pfarrei getrennt; die Deutschen blieben in Ruden, die Italiener in Trasquiera und die gemeinsame Pfarrkirche kam in Verfall, wie sie noch zu sehen ist. — Der römische Stuhl verleibte die deutsche Pfarrei der Diözese Sitten ein.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Mord in der Schierser-Alpe

Source: Der Mord in der Schierser-Alpe

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Der Senn erschlug den Hirtenknab', Er warf ihn über die Fluh hinab, In\'s tiefe Tobel, in die Schlucht, Wo Niemand den armen Knaben sucht; Nur Raben umkrächzen die schreckliche Gruft, Nur Raben kreisen in hoher Luft. – Es flossen die Tage, die Jahre hin, Der arme Knabe vergessen schien. – Da zogen einst die Bauern zu Hauf Zum »Mess« in die Alpe hinauf; Sie sassen beim Imbiss, im Sonnenschein, Da fiel hernieder ein Totenbein, Die Raben brachten's aus tiefer Gruft, Die Raben krächzten in hoher Luft. Herumgeboten wird im Kreis Das Bein: dem Sennen perlt der Schweiss, Als er\'s berührt; denn Blut entfliesst Dem Bein, wie's seine Hand umschliesst. Und was er einst verübt allein, Was er gesponnen hielt so fein, Gestand er jetzt im Sonnenschein. –   Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Mörder am Sandbrunnen

Source: Der Mörder am Sandbrunnen

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Zu Stalden auf dem Bötzberge diente im Wirthshause eine Magd, welche die Liebesbesuche eines Burschen von Linn so lange angenommen hatte, bis sie ihn endlich dringend bitten musste, sie ehestens zu heirathen. Dies kam dem Liebhaber so unerwartet und verstiess so sehr gegen seinen Dorfstolz, dass er bei sich beschloß, das Mädchen gewaltsam auf die Seite zu schaffen. Schon in den nächsten Nächten verlangte er wieder bei ihr Einlass. Arglos wird ihm wie sonst das Gadenfenster aufgethan. Sogleich versetzt er der Armen drei Messerstiche und entflieht. Nebenan und nur durch eine Holzwand getrennt, schlief diese Nacht eine der vielen Wallfahrerinnen, die aus dem Elsass und Schwarzwald dieses Weges über den Bötzberg alljährlich nach Einsiedeln zur Schwarzen Mutter Gottes pilgern. Diese erwachte über dem Stöhnen der Verwundeten und machte im Hause Lärm. Als man Licht gebracht, konnte die Sterbende nur eben noch den Namen ihres Mörders aussprechen, dann verschied sie. Indessen war jener bis zum Sandbrunnen gekommen, der nicht weit vom Wirthshause entfernt ist, hatte da schnell sein blutiges Messer abzuwaschen gesucht und weil's nicht gieng, es von sich geworfen; dann lief er heim. Schon am andern Morgen ward er verhaftet. Er läugnete, bis man ihm sein Messer vorhielt; da bekannte er, wie er die paar Blutstropfen daran durchaus nicht habe wegreiben können, sie seien wie eingefressen auf der Klinge geblieben. Das habe ihn so erschüttert, dass er sein Leben gestern schon verschätzt habe. Jm Dörfchen Hafen am Bötzberge wurde seine Leiche aufs Rad geflochten. Nun sieht man am Sandbrunnen zuweilen seine Gestalt stehen, bald auf einen Pfahl regungslos gestützt, bald aus allen Kräften etwas fegend, das er dann aufnimmt und im Schimmer des Mondscheins prüfend betrachtet. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 54 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Mörder am Steinerbach

Source: Der Mörder am Steinerbach

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Kaum drei Minuten vom Kropfbrunnen von Steinen entfernt, nimmt den Wanderer ein Wald auf von Buchen und Nadelholz. Derselbe ist durch die neue Strasse, welche von Steinen bis auf den Sattel führt, in zwei gleiche Hälften geteilt. Man erzählt von ihm: Ein Landmann von N., der nichts besass, als was er bei sich trug, hat für einige Zeit in diesem Walde seine Wohnung aufgeschlagen. Er war von mittlerer Grösse; eine breite Stirne, grosse Nas und Augen, sowie ein schwarzer Bart zeichneten sein Gesicht aus. Auf dem Lande mochte er nicht arbeiten, wollte sonst sein Auskommen finden. Seine einzige Beschäftigung war Rauben und Morden. Als einmal ein Reisender bei diesem Orte vorbeiging, sah er zu seiner Linken eine Flasche mit dem furchtbarsten Gift gefüllt dastehen; der Landmann hatte sie dahin gestellt. Der Fremde, welcher nicht enträtseln konnte, was dieses zu bedeuten habe, machte das heilige Kreuzzeichen, und die Flasche zersprang augenblicklich. Der Knall drang an die Ohren des Mörders. Schnell kam er, ergriff den Wanderer und misshandelte ihn so grausam, dass derselbe daran starb. Die Leiche schob er in einen Sack, auf dem er sitzend auf der wild daherströmenden Aa hinunterfuhr. So sahen ihn die Leute im Dorfe Steinen.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Der Mörder im Pfynwald

Source: Der Mörder im Pfynwald

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Ein Bürger aus Niedergampel, dessen Weib totkrank im Bette lag, ritt zum Wunderdoktor nach Siders, um Arznei zu holen. Er hatte sich bei dem Wundermann verspätet und trieb nun sein Pferd an, um vor Einbruch der Nacht noch durch den Pfynwald zu kommen. In diesem grossen unheimlichen Walde hauste ein Räuber, der die ärgsten Missetaten verübte. Während das Pferd munter die Strasse dahintrabte, gedachte er des Unholdes, der einmal ein herumirrendes Kind ermordet hatte. Der Räuber stellte dem Knäblein folgende Fragen: «Was ist schöner als der Tag?» Das Kind antwortete: «Der Mutter Blick!» «Was ist edler als Gold?» «Der Mutter Herz!» «Was ist süsser als Honig?» «Der Mutter Milch!» «Was ist weicher als Flaum?» «Der Mutter Schoss!» «Was ist stärker als der Tod?» «Der Mutter Liebe!» «Was ist härter als der Stein?» «Des Mörders Herz!» Da hat der Mörder das Kind mit solcher Gewalt an den Felsen geschleudert, dass derselbe sich spaltete und heute noch der Mörderstein genannt wird. Den grossen, mit Moos, Flechten und Gras überwachsenen Block hatte der Mann aus Gampel hinter sich, und in einer halben Stunde musste er den jenseitigen Waldrand erreichen. Er glaubte schon, der Gefahr entronnen zu sein. Da sprang plötzlich eine wild aussehender Geselle mitten auf die Strasse und rief ihn an: «Guten Abend, Kamerad, was machst du?» Der Reiter erschrak sehr und glaubte sich verloren, denn er erkannte in dem Räuber, der den Pfynwald unsicher machte, seinen ehemaligen Kameraden Peter. Er hielt das Pferd an und erwiderte: «Mein Weib liegt totkrank zu Bette, und ich habe beim Kräutermann in Siders Medizin geholt!» Der andere sagte: «Kennst du deinen alten Kameraden nicht mehr, der zum Mörder geworden ist? Was sagen die Leute von mir? He?» Der Reitersmann erwiderte: «Ich bin in deiner Gewalt und kenne dich wohl, doch will ich die Wahrheit nicht verhehlen. Man sagt, wenn du nicht das Weite suchest, so seien deine Tage gezählt; man stellt dir nach, denn du mordest, was über die Strasse läuft, und du bist vogelfrei!» Der Mörder fuhr fort: «Du hast mir die Wahrheit gesagt und das gefällt mir, darum schenke ich dir das Leben. Komm mit in meine Höhle und sieh dir einmal die Behausung eines Mörders an!» Der andere sagte: «Lass mich gehen, meine Frau liegt schwer krank darnieder und erwartet mich zu jeder Stunde!» Der Mörder erwiderte: «Komm nur mit, es soll dir nichts geschehen, und auf eine halbe Stunde kommt es nicht an!» Da bog er mit dem Räuber von der Strasse ab und ritt ins Innere des Waldes hinein. Bei einem Dornbusch hiess ihn Peter absteigen und das Pferd anbinden. Dann krochen sie in den kratzenden Strauch hinein, und nun öffnete sich ein schmaler Gang, der sich nach und nach weitete und in eine Höhle ausmündete, wo Peter einen Kienspahn anzündete und zu essen und zu trinken aufstellte. Der Bauer aus Gampel fühlte aber nicht grossen Appetit. Er sah sich in der Höhle um und erblickte in der Ecke einen Strohsack mit goldgestickten Decken darauf; der übrige Teil der geräumigen Höhle war fast ganz mit gestohlenem Gut angefüllt. Da lagen mehrere Fuder gebleichter Leinwand zu viereckigen Haufen getischt, daneben italienische Seidentücher in allen Farben und viele Fässer und Säcke. Von der Höhle führte ein Eisendraht über die Strasse, der, sobald ihn jemand berührte, ein Glöckchen in Bewegung setzte. Der Räuber lud ihn ein, die Nacht hier zuzubringen, aber der Gampeler bedankte sich und verlangte nach Hause zu gehen. «So lade auf das Pferd, so viel es zu tragen vermag!» forderte ihn Peter auf, aber der Bauer sagte: «Ein andermal, jetzt muss ich selber auf das Pferd, damit ich einhole, was ich versäumt habe; meine Frau und meine Familie sind mir lieber als alle Kaufmannswaren. — Und du, mach dass du von hier fortkommst, denn hier wächst zu viel Galgenholz für dich!» Der Räuber sagte zum Abschied: «Ich bin' froh, dass du mich gewarnt hast, nun aber beeile dich, dass du fortkommst, denn jetzt bin ich keine Stunde mehr sicher, dass mich nicht die Mordlust anpackt. — So lange du mich siehst, reite langsam, denn wenn einer zu rasch geht, kommt die Wut über mich — nachher aber lass dem Pferd die Zügel. Wenn mich die Raserei anfällt, kann ich auch den Kameraden nicht schonen!» Der Bauer folgte dem Rat, lud ein weniges aufs Pferd, um den Räuber nicht zu erzürnen und ritt zuerst langsam, dann in gestreck-tem Galopp, bis der Wald hinter ihm lag. Ganz in Schweiss gebadet langte er glücklich zu Hause an. Die Kinder umringten ihn und freuten sich über die Ankunft des Vaters, die Frau aber fragte ihn, warum er so spät komme und vor Schweiss triefe. Er kramte zuerst seine Medizinfläschchen und Salben aus und erzählte dann sein Abenteuerim Pfynwald. Die Frau erschrak, freute sich aber über die Rettung ihres Mannes und über das feine Tuch, das er mitgebracht hatte. Der Bäuerin wurde es bald wieder besser, und sie genas nach wenigen Wochen von ihren Leiden. Einige Zeit darauf kam die Kunde nach Gampel, der Mörder sei aus dem Pfynwalde verschwunden und treibe sich in der Wildnis im untern Wallis herum. Später hiess es, er sei dort eingefangen und hingerichtet worden.Da erinnerte sich der Bürger aus Gampel der Räuberhöhle im Pfynwald und der darin verborgenen Schätze, der vielen schönen Leinwandballen und der farbigen Seidenstücke, die alle zugrunde gehen mussten, wenn sie niemand holte. Da sattelte er das Pferd und ritt hinunter in den Wald. Er fand die Stelle, wo ihn der Räuber angefallen und den Dornbusch, wo er das Pferd angebunden hatte, aber den Eingang zur Höhle konnte er trotz allem Suchen und Hineinkriechen in die Büsche nicht finden. Der Dorngestrüppe waren so viele, und sie sahen sich alle so gleich, dass er sich nicht mehr zurechtfinden konnte. Mit leeren Händen musste er heimkehren, und es ist bis zur heutigen Stunde niemand gelungen, die kostbaren Schätze zu heben. Quelle: Johannes Jegerlehner: Walliser Sagen, Hans Feuz Verlag Bern, 1959   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Mörderstein im Pfinwald

Source: Der Mörderstein im Pfinwald

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Im grossen Wald zwischen Siders und Leuk, im Pfinwald, befindet sich eine gespaltene Fluh, der Mörderstein. Er soll diesen Namen folgender schaurigen Sage zu verdanken haben: Einem Mörder fiel ein durch diesen Wald ziehendes Kind in die Hände. Er stellte ihm bei diesem Felsen, der dazumal noch ganz war, folgende Fragen: «Was ist schöner als der Tag?» Das Kind antwortete: «Der Mutter Blick!» Darauf der Mörder: «Was ist edler als Gold?» - «Der Mutter Herz!» Und wieder der Mörder: «Was ist süsser als Honig? » - «Der Mutter Milch!» - «Und was ist weicher als Flaum?» Kind: «Der Mutter Schoss!» Mörder: «Was ist stärker als der Tod?» Kind: «Der Mutter Liebe!» Mörder: «Was ist härter als Stein?» Kind: «Des Mörders Herz!» Da habe der Mörder das Kind mit solcher Gewalt an den Felsen geschleudert, dass dieser entzwei gespalten wurde, wie zum schrecklichen Andenken noch zu sehen ist. SALGESCH Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Mörderstein im Pfynwald

Source: Der Mörderstein im Pfynwald

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In dem grossen Wald zwischen Siders und Leuk, auf der Mittagseite des Rhonetals, genannt Pfynwald, befindet sich eine gespaltene Fluh, der "Mörderstein", welcher diesen Namen folgender schaurigen Sage zu verdanken haben soll: Ein Mörder, dem ein durch diesen Wald ziehendes Kind in die Hände fiel, stellte bei diesem Felsen, der dazumal noch ganz war, folgende Fragen an das Kind: «Was ist schöner als der Tag?» Das Kind antwortete: «Der Mutter Blick!» Mörder: «Was ist edler als Gold?» Kind: «Der Mutter Herz!» Mörder: «Was ist süsser als Honig?» Kind: «Der Mutter Milch!» Mörder: «Was ist weicher als Flaum?» Kind: «Der Mutter Schoss!» Mörder: «Was ist stärker als der Tod?» Kind: «Die Mutterliebe!» Mörder: «Was ist härter als Stein?» Kind: «Des Mörders Herz!» — Da habe der Mörder das Kind mit solcher Gewalt an den Felsen geschleudert, dass derselbe entzwei gespalten, wie zum schrecklichen Andenken noch zu sehen ist.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch  


by Der Mordstein

Source: Der Mordstein

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In der Stafelalpe des Saastales, in der Höhe, wo der Holzwuchs aufhört, liegt in einem mit fetter Weide begrasten Boden ein Stein. Er heisst der "Mordstein". Diesen sonderbaren, scheinbar nicht gerechtfertigten Namen erklärt eine Sage. Drei Hirtenkinder weideten in dieser futterreichen Gegend ihre nicht zahlreichen Herden. Zur Mittagsstunde, als diese, des beständigen Grasens müde, entweder im Schatten stehend mit neckenden Fliegen herumscharmützelten, oder auf weicher Erde liegend gemütlich das emsig gesammelte Futter wiederkäuten, sassen auch die Kinder sorgenfrei nebeneinander im Grase. Jedes der Kinder hing seinen eigenen Gedanken nach und vertrieb die Zeit für sich allein. Zur Höhe eines gemeinschaftlichen Spieles brachten sie es eben nicht; sie schienen etwas verstimmt, daher ihr diplomatischer Verkehr kalt. — Auch Hirtenkinder haben ihre bismarkischen Staatsstreiche, die leicht durchkreuzt werden können. Der erste Knabe lag auf dem Boden und grub mit dem Sackmesser kleine Löchlein in die Erde zum "Seelenwägen". — Ein Loch in der Mitte bedeutet die Welt; hinauf führen Staffel erst ins Paradies, dann zum Himmel: hinunter aber zum Fegfeuer und zur Hölle. Das Messer wird in die Luft geworfen, vertritt die Stelle des Würfels und zeigt, nach der Art wie es niederfällt, ob der Spieler eine Stufe aufwärts oder abwärts steigen müsse. Dieses Spiel heisst Seelenwäge und wird von Kindern gern gespielt; doch nicht unter Augen der Mutter, die darüber losschimpft, weil ein alter Pfarrer in der Christenlehre gesagt habe: mit der Seele solle man nicht spielen. Der zweite Knabe stickte etwas an seinem Schuhe herum, der schadhaft zu werden drohte, während das dritte, — ein Mädchen — sich mit einer kleinen Strickerei beschäftigte. Zuerst brach das Stillschweigen der Schuhflicker. Müssig den Bergesabhang hinaufgaffend sagte er: Aber, wenn da oben der grosse Stein auf uns herabrollen würde, was wollten wir wohl anfangen? — Der Seelenwäger sprach gleich: ich springe in die Welt zurück; ich bin noch nicht im Fegfeuer. Der Fragende selbst lachte: dann schlüpfe ich wieder in meinen Schuh; aber das Mädchen meinte, es empfehle sich dem Schutzengel. — Und der Stein fiel im gleichen Augenblicke, die Hirtenknaben für immer begrabend! — Nur das Mädchen entkam. Diese Geschichte erzählen fromme Mütter oft ihren Kindern, die dann einander weitererzählend zufügen, man sehe noch jetzt unter dem Steine einen zerbrochenen Geiselstock und höre da weinen. Als man das mir zum ersten Male neben dem warmen Stubenofen daheim erzählte, sah ich den Fetzen Stock auch deutlich und hörte das Seufzen der erschlagenen Kinder, aber nicht, da ich später als Hirtenbube Gelegenheit hatte, in eigener Person genaue und unparteiische Nachschau zu halten.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Möttelischatz

Source: Der Möttelischatz

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Der Möttelischatz Vor etwa hundert Jahren war einmal eine Bauernfamilie damit beschäftig, in einem Acker beim Weiler Altburg in der Gemeinde Regensdorf mit Sicheln das reife Korn zu schneiden und in Garben zu binden. Es ging schon gegen Abend, als am Himmel schwere Gewitterwolken aufstiegen weshalb die Leute ihre Arbeit noch rasch beenden wollten. Das letzte Glas Most wurde ausgetrunken, und dann begaben sich alle wieder an ihre Plätze. Langsam brach die Dämmerung herein. Vom nahen Katzensee her verbreitete sich ein feiner Nebeldunst; die Sonne ging hinter dem Altberg unter und überliess die Beleuchtung dem aufsteigenden Mond, in dessen fahlem Schein die Ruine der alten Freiherrenburg gespenstisch aus der dunklen Umgebung der Wälder emporragte. Von Regensdorf herüber erklangen die friedlichen Töne des Betzeitglöckleins; aber immer noch wurde nicht Feierabend gemacht. Plötzlich schrie die am Ende der Reihe arbeitende Magd kreischend auf. Alle rannten herbei und befragten sie nach der Ursache ihrer Angst, worauf sie erklärt haben soll, sie hätte am Waldrand drüben eine weisse Gestalt gesehen, die sich hin und her bewegt und in einem fort „däi niid, däi niid! (dort nicht!)“ gerufen habe, jetzt aber wieder verschwunden sei. Der Bauer versuchte sie zu beruhigen und sagte, vielleicht habe der zwischen den Wolken hervorscheinende Mond vorübergehend ein paar Baumstämme grell beleuchtet, und die Rufe seien wohl diejenigen eines Käuzchens. Der Grossvater aber meinte, das könnte doch der Geist des alten Mötteli gewesen sein, von dem er schon allerlei gehört habe. Dieser Mötteli sei der letzte hiesige Burgherr gewesen, habe aber wegen Händeln mit den Zürchern seinen Sitz verlassen müssen und dann noch rasch eine grosse Menge von Münzen und anderen Wertsachen im Boden versorgt. Nun gehe sein Geist immer noch um und verscheuche die Leute, die an jener Stelle seinen Schatz wieder ausgraben möchten oder auch nur in die Nähe kommen. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Unterland Wörtlich aus Hedinger, S. 3. Seine Quelle: persönliche Mitteilung. Vor etwa 1870 verwendete man bei der Getreideernte allgemein noch die Sicheln. Die Kornernte wurde in Notfällen wirklich oft bis zur Dämmerung fortgesetzt, da und dort sogar bei Mondschein oder Laternenbeleuchtung bis in die Nacht hinein. So gibt es denn auch Berichte, wonach übereifrige oder geizige Bauern durch Geister von solcher Nachtarbeit vertrieben wurden, was vielleicht zum Sinn dieser Sage gehört. Die erwähnteBurg ist der Stammsitz der Freiherren von Regensberg. Sie wurde ums Jahr 1000 herum erbaut und bis etwa 1245 von fünf nahmhaften Vertretern dieses Geschlechtes bewohnt. Dann teilte es sich in eine jüngere, nun in Schloss und Städtchen Neu-Regnsberg an der Lägern residierende Linie und in eine ältere, die weiterhin in der Burg Alt-Regensberg verblieb. Da hauste z. B. jener gewalttätige Lütold VI., der zusammen mit seinem Bruder Ulrich I. Anno 1267 gegen den Grafen Rudolf von Habsburg und die Zürcher einen Krieg führte, in dem die Freiherren aber besiegt wurden. Über den alten Mötteli sei kurz das Folgende berichtet: Nach dem Aussterben des Freiherrengeschlechtes kam dessen Burg an die Edlen von Landenberg-Greifensee, an den Zürcher Johannes Schwend und 1548 an den international bekannten Grosskaufmann Rudolf Mötteli aus Ravensburg, der sich nun in Zürich einbürgerte. Er war so unermesslich reich, dass man noch bis in die Neuzeit hinein im ganzen Tal von einem verschwenderischen Mitbürger sagte, er vergeude sein Geld, als hätte er Möttelis Gut. Er renovierte die 1443 von den Eidgenossen im Zürichkrieg zerstörte Burg mit grossen Kosten. Wegen allerlei Händeln verzichtete er 1463 auf das Bürgerrecht in Zürich und nahm dasjenige von Luzern an. Über den Verkauf des Schlosses kam es zu einem Prozess, den Mötteli verlor. Er musste die Burg weit unter dem Preis an Zürich abtreten und verliess sie etwas übereilig. Es wäre durchaus möglich gewesen, dass er hier einen Teil seines Vermögens vergraben hätte, um diese Schätze in späteren, besseren Zeiten wieder hervorzuholen. Möttelis Schreckruf ist sprachgeschichtlich interessant, den die in der Sage genau überlieferte Form „däi niid“ hat sich hier nicht erhalten; heute sagt man in Regensdorf „deet nüüd“. Diese Angaben nach Hedinger, S. 3. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Muggi

Source: Der Muggi

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In einer Alphütte des Schwarzseetales kehrte jeden Abend ein seltsamer Gast ein. Wenn die Hirten nach dem Nachtessen sich an die Herdgrube setzten, um beim traulichen Feuerschein noch eine Stunde zu plaudern, dann ging die Türe auf, und ein alter, buckeliger Mann mit langem Bart kam herein. Ohne zu grüssen, ohne ein Wort zu reden, ergriff er ein „Trohli“, stellte dasselbe ans Feuer und setzte sich darauf. Hier hockte er stumm den ganzen Abend, hielt die Hände über dem struppigen, grauen Bart gefaltet und blickte unbeweglich in die Glut. Stellten die Hirten ihm eine Frage, so gab er keine Antwort. Erzählten sie lustige Geschichten, - er lachte nie. Er tat, als sehe und höre er nichts. Sagten sie aber einander Gutnacht, dann stand er auf und ging ohne Gruss hinaus. Die Hirten konnten nie erfahren, wer das Puggelimannli sei und woher es komme. Alles Spionieren nützte nichts. Anfänglich fürchteten sie sich vor dem unheimlichen Gast. Mit der Zeit aber gewöhnten sie sich an seine Anwesenheit, sein Kommen und Gehen. Sie liessen ihn frei gewähren und achteten zuletzt nicht einmal mehr auf ihn. So vergingen mehrere Jahre. Eines Sommers stellte der Meister einen übermütigen Burschen als Hüterbub an. Der vertrug sich schlecht mit dem Buckeligen. Er neckte und plagte ihn alle Abende und suchte ihn zum Reden zu bringen. Doch alle Mühe blieb vergebens. Da nannte er ihn nur mehr den „Muggi“. Eines Tages, als die Hirten draussen arbeiteten, wurden sie von einem heftigen Regen überrascht. Sie flüchteten eiligst in die Hütte. Nun sassen alle um das Feuer, trockneten ihre Kleider, stopften ihre Pfeifen und plauderten. Da meinte der Bub: „Es ist doch viel gemütlicher, wenn der wunderlige Muggi nicht bei uns ist. Ich schlage ihm sein Trohli entzwei, dann weiss er heute Abend nicht, wo er sich hinsetzen soll und wird wieder gehen.“ Die andern wehrten ab. „Ach, lass doch dem Armen sein Plätzchen am wärmenden Feuer.“ Aber der Bub hatte schon die Axt ergriffen, und ein wuchtiger Hieb sauste auf das Trohli. In zwei Stücken flog es krachend auseinander. Ein feines Klingen ertönte, und - ein Häuflein Goldstücke lag am Boden. Staunend betrachteten die Hirten den kostbaren Schatz und glaubten, ein Wunder sei geschehen. Aber das Wunder fand bald eine ganz einfache Erklärung. Das Trohli war nämlich von Menschenhand gehöhlt, mit Gold gefüllt und sorgfältig wieder zugemacht worden. Am selben Abend blieb der Muggi aus und zeigte sich auch später nie mehr. Das Rätsel seiner Herkunft löste sich. Das Puggelimannli war niemand anders als der büssende Geist eines geizigen Hirten, der einst auf dieser Alp gehaust und sein Geld im Trohli versteckt hatte, damit es nicht in die Hände der Menschen falle. Mit der Auffindung des Schatzes hatte er Erlösung gefunden und war ein Kind der Seligkeit geworden.   Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch


by Der Muggisturz und das wilde Mädchen

Source: Der Muggisturz und das wilde Mädchen

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Auf den Flumser Alpen lebten seiner Zeit wilde Menschen, welche sich nicht zu den andern Bewohnern des Landes gesellten und in stiller Zurückgezogenheit die entlegensten Wälder und Felshöhlen bewohnten. Man sah sie selten, und so oft dies geschah, suchten sie sich möglichst bald der Beobachtung des Fremdlings zu entziehen. Ihre Kleidung war äusserst dürftig und bestand meistens nur aus Tierfellen und andern einfachen Naturstoffen.Die Flumser hatten Mitleiden mit diesem halbnackten, aber friedfertigen Alpenvölklein.Sie legten diesem daher öfters in seinem Reviere bessere Kleidungsstücke als Geschenk zurecht. Die Wilden holten das Dargebotene weg, sobald sie sich unbeobachtet glaubten, bekleideten sich damit und schienen Wohlgefallen daran zu haben. Einmal, bei anhaltendem Schneewetter gelang es, ein wildes Mädchen zu fangen. Man brachte es dann nach Portels, am Kleinberg zu Flums, und versorgte es dort bei einer braven Bauernfamilie. Hier gewöhnte es sich bald an die Hausgenossen und deren Verhältnisse und bediente nach und nach, und zwar mehrere Jahre lang, die Familie wie eine verständige und treue Magd. Über ihr Volk sagte sie nie etwas aus, nur bekannte sie, dass ihr Name Ruchrinde sei. Während ihres Aufenthaltes in Portels kam eine pestartige Krankheit unter die Leute, welche so heftig auftrat, dass viele Familien völlig ausstarben. Nur in der Familie, bei welcher Ruchrinde wohnte, starb niemand. Die kluge Wilde erklärte, es komme dieses daher, dass sie immer nur ganz reines Wasser zum Hausgebrauche aus dem nahen Bächlein hole, in welchem, wie in den andern Bächen, zu gewissen Zeiten sich viele ungesunde Laiche (Eier von Wassertieren) vorfinden, die nicht zu Speise und Trank für Menschen verwendet werden dürfen. Aus dieser Ursache habe sie beim Wasserholen jede Schöpfkelle voll Wasser genau untersucht und das Unreine wieder zurückgeschüttet. Einige Jahre nach dieser Pestzeit hatte sich der Berg vom Dorfe Flums her wieder ein wenig bevölkert. An einem hellen Wintertage ging dann einer mit einem Schlitten auf den Schultern auf die Alp, um Holz zu holen. Oben angelangt, hörte er von einem Hügel her sich beständig zurufen: "Jochtrager! Jochtrager!" und erkannte in der Rufenden eine Frauensperson der Wilden. Auf sein Befragen, was sie wolle, antwortete diese, er solle doch so gefällig sein und der Ruchrinde zu Portels berichten, der "Muggisturz" sei gestorben. Der Angeredete versprach, ihrem Wunsche zu willfahren, und entledigte sich dann auch gewissenhaft seines Auftrages. Sobald aber Ruchrinde diese Botschaft vernommen hatte, fing sie jämmerlich zu weinen an, eilte fort und kehrte nie wieder zurück. Das betreffende Haus in Portels steht jetzt noch, gehört einem Eberli bei der Mühle, ist aber dato unbewohnt. J. Natsch *** Das Gleiche wird auch an andern Orten erzählt, so in Fild, bei Sargans. Muggisturz sei Ruchrindens Vater gewesen.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 292, S. 161f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Mühle-Seiler

Source: Der Mühle-Seiler

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Aus dem Emmental führte der Mühle-Seiler ganze Trüpplein Geister hinauf. Sie schwebten in Menschengestalt hinter ihm her, jedoch ohne den Boden zu berühren. Wenn dann der Mühle-Seiler mit so einer Schar Geister nachts daherkam, trug er immer den Hut unter den Armen. Begegnete ihm alsdann etwa ein Mensch, so sagte er geheimnisvoll zu ihm: "Syt su guot, und gabt uf d’Syte, es chömet da Herre!" Dann hörte man ein Geräusch, als wenn eine Schar Pferde dahertrappelte. Quelle: Hans Michel, Ein Kratten voll Lauterbrunner Sagen. Wengen 1936. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.    


by Der Mühleseiler

Source: Der Mühleseiler

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Zwischen tiefschattigen Hochwäldern liegt der kleine Flecken Mühleseilen auf dem Höhenzug zwischen Signau und Röthenbach. Dort hat er gehaust, der Mühleseiler, dessen Gewalt grosse und kleine Ungeheuer erlagen. Die bösen Geister und Gespenster, die den Bauern in den Ställen, in der Küche, im Keller hinter den Weinfässern spukten, nahm er hinweg und verbannte sie in die eisige Wildnis des Rottals am Fusse der Jungfrau. Nachts pflegte er mit den ihm untertanen Geistern auf der Strasse zu spazieren. Gewöhnlich trug er den Hut dabei unter dem Arm. Wer ihm begegnete bei diesen nächtlichen Wanderungen, der vernahm deutlich die Worte : «Seid so gut, und geht ein wenig auf die Seite, es kommen Herren! » Dann hörten sie einen Lärm, als ob ein Reitertrupp über die Strasse sprengte. Bisweilen soll er auch gesehen worden sein, wie er mit seinen Herren eine steile Felswand entlang wandelte. Hin und wieder exerzierte er mit ihnen, und man vernahm dann über die Emmentaler Höhen hin ein eigentümliches Tosen und Donnern. Noch heute, wenn in dunklen Gewitternächten die Blitze aufzucken und der Donner in der Ferne verrollt, sagen die alten Leute : «Der Mühleseiler exerziert mit den Rottalherren.» Emmentaler Sagen, Hermann Wahlen, 1962 Gute Schriften Bern Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Mulinära-Hans

Source: Der Mulinära-Hans

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Vor vielen Jahren war es ein rauher und geiziger, sogar ungerechter Mann, der die bischöfliche Meyerei Mulinära unterhalb Trimmis verwaltete. Fand kein Armer bei ihm Zutritt und gönnte er Niemanden was, liess er sich\'s selber doch nicht abgehen, denn für sich allein war er ein Schlemmer. Der starb nun eben bei einem Mahle, in Folge seiner Völlerei und muss nun geisten auf »Fürsten-Älpli«. Dort sehen ihn die Hirten oft, diesen Mulinära-Hans (Hans war bei Lebzeiten sein Taufname gewesen); in der einen Hand hält er eine mächtige Platte Gesottenes und Gebratenes, in der andern eine grosse Kanne Bier, dem er bei Lebzeit so hold gewesen, und ladet Jeden, der ihm in den Weg kommt, ein, mitzuhalten, und wird erst erlöst, wenn ihre Drei zusammen mit ihm selbviert essen und trinken ohne Furcht und Zagen. Einstmals kamen mehrere Jäger auf diese Fürsten-Alp zur Zeit, als man schon »z\'Tal gefahren« war und übernachteten in einer Alphütte. – So um Mitternacht hörte Einer von ihnen, der noch wach war, Jemand um die Hütte »herumholtschen« und störte die Andern auf, und die hören das »Holtschen« auch. Da sagte der Eine: »Loset, der Mulinära-Hans.« Kaum waren diese Worte ihm entschlüpft, kam richtig der Mulinära-Hans selber und machte die Türe auf. - Einer der Jäger, der den Hans noch gekannt, erkannte ihn als denselben wieder; nur war er jetzt noch viel grösser als bei Lebzeiten und ganz schwarz, und schaute «grusig leid» drein. Auch diesmal hatte Hans seine Lieblingsspeisen bei sich, setzte sich auf einen Trog in der Hütte und ladete die Jäger ein, mitzuhalten: »O heiliger Geist, ä Schüssla  voll  Fleisch,  ä  Kanta  voll  Bier, chönd setzt i‘ zu mir. » Den guten Jägern gelüstete nach Braten und Bier nicht, denn trotz der freundlichen Anrede machte der Hans ein »bös« Gesicht , das Alle abschreckte und selbst dem »vierspörigen« Hunde, der Einem von ihnen gehörte, schien die Einladung nicht aufrichtig gemeint, denn er verkroch sich unter die »Pritsche«. Die ganze Nacht durch wiederholte Hans seine Ansprache, aber vergebens, und tat zuletzt, als keiner von den Jägern mithalten wollte, so wüst, dass Alle meinten, es sei um sie geschehen. Mit Tagesanbruch verschwand aber auch der Mulinära-Hans. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Müller und sein Grautierchen

Source: Der Müller und sein Grautierchen

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Eines Tages sassen in der Gegend von Astano zwei Bettler hinter einer Weißdornhecke. welche sich einer Landstraße entlang zog. Sie waren müde, denn sie hatten einen weiten Weg zurückgelegt, gebückt unter der Last von zwei Säcken Nüssen, die sie tags vorher als Almosen gesammelt hatten. Da kam ein alter Mann des Weges. Der führte an einem Seil ein hübsches Eselchen, das er am Morgen auf dem Markt der benachbarten Ortschaft gekauft hatte, und das er, weil er ein Müller war, für seine Mühle brauchte. Die beiden Bettler spähten neugierig durch die Hecke, erblickten den Alten mit seinem Lasttier und ersannen augenblicklich eine List. Der eine, namens Leo, sagte zum andern: «Schau, wie jener Alte immer im gleichen rhythmischen Schritt des Weges geht, ohne sich jemals umzusehen. Wäre es nicht möglich, ihm das Tier zu stipitzen?» - «Gewiss», erwiderte der andere. - «Die Sache macht übrigens keinerlei Schwierigkeiten», fuhr der erste fort, «du bindest einfach den Esel los und führst ihn hierher. Ich nehme unterdessen den Platz des Tieres ein, und wenn es der Bauer merkt, so will ich mich schon zu rechtfertigen suchen.»  Der andere war damit einverstanden, und im Augenblick war der Streich ausgeführt. Das hübsche Grautier wurde also mit aller Sorgfalt losgebunden, und Leo, der dessen Stelle einnehmen musste, trottete hinter dem Bauern drein. Nach einer halben Stunde fühlte dieser sich müde und fing an, seinen Schritt zu verlangsamen. Jetzt kehrte sich der Müller, welcher meinte, er führe sein Grautier hinter sich her, um und wollte es mit seiner Rute zu schnellerem Gehen antreiben. Da sah er zu seiner großen Verwunderung, dass er einen Bettler statt des gekauften Eselchens nach sich zog. «Was zum Teufel ist denn das?» rief er erstaunt, «ein wahres Wunder!» «Ganz richtig, jawohl, ein Wunder» erwiderte Leo lächelnd. «Höret, lieber Alter, ich will euch jetzt alles erzählen, wie das zuging." Sie setzten sich auf ein Mäuerlein, das die Wiese einsäumte, und der Bettler begann folgendermassen: «Vor einigen Monaten ist mir etwas Arges passiert. Ich beging eine schwere Sünde, und zur Strafe dafür verwandelte mich Gott in diese Tiergestalt. Aber gerade heute ist meine Busse beendigt, und in diesem Augenblick wurde ich wieder zu einem Menschen verwandelt.»  - «Möge mich Gott vor einer derartigen Strafe bewahren!» sprach der Müller. «Ich habe nie gewusst, dass es auf Erden solche Strafen gibt. In diesem Fall aber entschuldigt mich, lieber Freund, wegen der Rutenstreiche, die ich euch auf dem Markt gegeben habe, als ich euch dort kaufte und ihr nicht hinter mir hergehen wolltet» - «Oh, das tut nichts, das hat nichts zu sagen», erwiderte der Bettler, «all das ist meine Strafe, und ich bin selber schuld daran.» Und damit trennten sich die beiden Männer, und der Müller machte sich in Gedanken versunken und zornig nach Hause, weil nun die schöne Geldsumme, die er für das Tier bezahlt hatte, verloren war. Der Bettler hingegen kehrte voller Freude zu seinem Gefährten zurück, der dort auf ihn wartete, wo sie die beiden Nusssäcke hatten stehen lassen. Sie luden also die Säcke auf des Esels Rücken und wanderten auf einer kleinen Landstraße weiter, die zu einem Dorfe führte. Unterwegs begegneten sie einem Bauersmann, blieben stehen und knüpften mit ihm ein Gespräch an. Schliesslich kamen sie auch auf das Tier zu sprechen und anerboten es ihm zum Kauf, und zwar zu einem so bescheidenen Preis, dass der andere in diesem Handel ein gutes Geschäft wahrnahm und ihnen den Esel abkaufte, obwohl er keinen brauchte. Er kehrte mit diesem nach Hause zurück und begab sich dann früh am Morgen auf den ersten Jahrmarkt, der in der Nähe abgehalten wurde und verkaufte ihn einem Händler, wobei er ein hübsches Stück Geld verdiente. Unterdessen hatten auch die beiden Bettler den Erlös ihres Handels miteinander geteilt, und sie nahmen sich vor, wenn sich wieder einmal eine solche Gelegenheit biete, sie nicht entgehen zu lassen. Etwa vierzehn Tage später begab sich der alte Müller, der für seine Mühle notwendig ein Lasttier brauchte, wieder auf den Markt der gleichen Ortschaft und sah dort ein Tier, das dem ersten, welches er dort unlängst gekauft hatte, auffallend ähnlich war. Er wunderte sich, wie es möglich sei, dass zwei Tiere sich so gleichen könnten, näherte sich dem Esel, prüfte ihn genau von allen Seiten und erkannte, dass es derselbe war, den er vor kurzem dort erstanden hatte. Er schlug ihm mit der Hand liebevoll auf den Rücken und flüsterte ihm ins Ohr: «Ei, ei, hast du schon wieder eine so grosse Sünde begangen, dass du hier bist? Warum tust du das so oft?» - Das Grautierchen, das nicht gewohnt war, dass man ihm ins Ohr flüsterte, weil es das kitzelte, schüttelte den Kopf. Aber der Müller sagte: «Du brauchst den Kopf gar nicht zu schütteln und nicht nein zu sagen. Es ist wirklich so. Aber schau, mein Lieber, wer dich kennt, der kauft dich nicht. Ein zweites Mal lass ich mich nicht wieder erwischen!» Quelle: Walter Keller, Tessiner Sagen und Volksmärchen, Edition Olms, (Nachdr. d. Ausg. Zürich 1940), 2000. Dieses Märchen wurde 1929 in Curio von Maestro Temistocle Notari und Maestra Maria Notari erzählt. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Mundbecher

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Gegenüber der Hungerlialp jenseits des Turtmannbaches liegt in einer kleinen Ebene ein Alpdörfchen, Zer Bitzen genannt. In diesem Dörfchen soll sich einmal laut Sage folgende Geschichte zugetragen haben: Ein Jäger hatte sich verspätet, nach Hause zu gehen, und war gezwungen, die Nacht dort in einer Wohnung zu verbringen. Zur Mitternachtszeit hörte er die Türe des Nebenstübchens aufgehen; eine Anzahl Tänzer und Tänzerinnen drehten sich unter schallender Musik im Kreise. Der Jäger sah diesem lustigen Treiben eine Weile zu, indem er durch ein in der Mittelwand angebrachtes Fensterchen schaute; endlich trat eine schön gekleidete Frau ans Fenster und hielt dem Jäger einen goldenen Becher hin. Er nahm ihn, und sofort verschwand die Tanzgesellschaft. Bei Tagesanbruch verliess der Jäger seine Nachtherberge und ging nach Hause. Den kostbaren Becher aber wollte er verwerten; er ging bei nächster Gelegenheit zu einem Goldschmied und bot ihm den Becher zum Verkaufe. Allein der Goldschmied, den Becher betrachtend, fragte den Jäger, wo er ihn erhalten habe und auf welche Weise; denn diesen Becher habe er selber verfertigt, und er trage die Nummer und den Namen eines Herrn, der den Becher bestellt habe. Der Jäger erzählte ihm, wie er dazu gekommen. Goldschmied und Jäger begaben sich sogleich zum Eigentümer und erklärten ihm die Begebenheit. Verblüfft und bestürzt zahlte dieser dem Jäger den Wert des Bechers. TURTMANN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Munkistein

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Zwei Stunden in den Gebirgen, welche gegen Abend von Naters liegen, ob dem Dorfe Mund, liegt eine grosse schwarze, fast runde Fluh oder Felsen; auf selber steht ein Kreuz. Von dieser geht die Sage, der Teufel habe einst selbe auf das Dorf Mund wälzen wollen aus Zorn, weil man daselbst anfing, eine Kirche zu bauen. Aber weiter als dort, wo der Felsen noch ruht, habe er ihn nicht fortbringen können. Damit man aber dem Teufel die Lust benehme, mit selbem nochmals so etwas zu versuchen, haben die Munder ein Kreuz auf den Felsen gepflanzt.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch  


by Der Müserngeist von Gebistorf

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Wie einst das Kloster Muri und die Gemeinde Bütikon um das Bannholz prozessierten, so die Stadt Baden und das Dorf Gebistorf um die Müseren, einen bedeutenden Wald oberhalb Gebistorf und Birmenstorf. Zur Zeit großer Not musste Gebistorf den Forst gegen eine kleine Summe an den Spitalfond von Baden verpfänden. Als aber nach ungefähr sieben Jahren die Gemeinde das Geld zurückstellte, wollte Baden nichts mehr von Rückgabe und Austausch wissen, sondern behauptete, der Wald sei um jenes Geld förmlich der Stadt verkauft worden. Zu allem Unglück für die Gebistorfer war diesen der Pfandbrief verloren gegangen, doch ließen sie es im Vertrauen auf ihr Recht nun auf einen Eid ankommen, mit welchem die Badener vor dem Landvogt dartun sollten, dass sie den Wald wirklich gekauft. Die Stadt Baden schickte ihren Schultheißen, einen finstern Mann. Er leistete vor dem Landvogt den Eid ab, und Gebistorf verlor den Wald. Von Stund an hatte der Schultheiß ein blasses und verstörtes Aussehen, und als er nach sieben Jahren gestorben war, musste er jede Mitternacht in einer Chaise im streitig gewesenen Holz herumfahren. Die Birmenstorfer erzählen, dass er einen Schimmel reite, einen weißen Regenschirm offen durch die Luft umschwinge und seinem Rosse „Hüscht umme!“ zuschreie. Ein ruchloser Bursche, der aus Übermut oft nachts im Bette aufstand und rief: „Tüfel, chumm und nimm mi!“ wurde erst in diesen letzten Jahren noch vom Schimmelreiter arg zugerichtet, als er sich von ihm im Besenreis betreffen ließ. Einem Glashändler von Bünzen, der mit vielen grünen Guttern beladen durch den Wald kam, schlupfte er in eine Flasche und drückte ihn so lästig, dass dieser die ganze Tracht abwerfen musste. Nun war alle Ware zusammen hin. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der mutige Sensler

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In den Jahren 1838-40 baute der französische Ingenieur Chaley die Drahtbrücke über die Galternschlucht. Das war ein Ereignis für Freiburg. Jeden Tag standen hunderte von müssigen Zuschauern um den Arbeitsplatz. Da wurden zuerst die Schächte aus dem Felsen gehauen, in denen die Kabel verankert werden sollten. Dann spannte man die Drahtseile über den 75 Meter tiefen Abgrund. Das lockte die Neugierigen erst recht herbei. Die Arbeiter waren teils Freiburger, teils Franzosen. Eines Tages spielte sich in der Mittagspause ein Zwischenfall ab, der den Zuschauern einen ordentlichen Nervenkitzel verursachte. Ein Franzos wagte sich barfuss, von der linken Talseite aus, auf eines der Drahtseile hinaus. Langsam, Schritt um Schritt, ging er immer weiter. Einige seiner Genossen riefen ihm zu, er solle umkehren, andere ermunterten ihn, nur vorwärts zu gehen. Und er ging. Mit ausgespannten Armen das Gleichgewicht stützend, rückte er Fuss um Fuss immer weiter vor, bis er endlich oben auf dem Felsen anlangte. Ein Jubelschrei tönte zu ihm herauf. Der Franzos aber stellte sich auf den Rand des Felsens, hielt die Hände an den Mund und rief stolz hinüber: „Wenn ein Schweizer das nachmachen kann, so soll er kommen!“ Die Franzosen klatschten wie besessen Beifall und begannen über die Schweizer zu spötteln und zu lachen. Plötzlich sprang ein Sensebezirkler auf, warf den Kittel von sich, krempelte die Hemdärmel auf und zog Schuhe und Strümpfe aus. Dann zündete er sein Pfeifchen an, ergriff eine Stossbahre und begab sich mit dieser auf das schwankende Drahtseil. Schritt um Schritt rückte er vor. Atemlos schauten ihm hunderte zu. Jetzt stand er mitten über dem Abgrund. Qualmend und rauchend wie eine Lokomotive nahm er den steilen Anstieg. Immer weiter, immer höher ging es. Frauen und Mädchen schrien, zitterten und durften nicht mehr zuschauen. Endlich langte er oben auf dem Felsen an. Ein mächtiger Beifallsturm erbrauste. Der Sensler aber stellte sich an den Rand des Felsens, hob mit beiden Armen die Stossbahre hoch empor und rief hinüber: „Wenn ein Franzos das nachmachen kann, so soll er grad kommen.“ Ein Jubelruf, der nicht mehr enden wollte, ein Klatschen und Tücherwinken war die Antwort der begeisterten Menge. Dem mutigen Sensler hat aber bis auf den heutigen Tag noch kein Franzos dieses Wagestück nachgemacht.    Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch


by Der Mutter Kreuz

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Ein Bursche von Bürglen ging z'Stubeten. Beim Weggehen daheim machte ihm noch das besorgte, christliche Mütterchen mit Weihwasser das Kreuz auf die Stirne. Es war um Mitternacht, als der Jüngling von Trudelingen her wieder heimkehrte und sich der Brücke zu Brigg näherte. Mit Erstaunen gewahrte er auf derselben eine Menge gespenstiger Gesellen, die ihm den Weg versperrten. »So gehet in Gottes Namen und machet mir Platz!« rief er ihnen etwas beklommen zu. Aber sie wichen nicht. »So gehet doch in des Teufels Namen!« war jetzt sein barscher Befehl. Da stob die Geisterbande auseinander, dass Rauch und Feuerfunken aufwirbelten (»das häig da g'neischtet und g'stobä«!), rief aber dem Burschen noch zu: »Hättest du nicht deiner Mutter Kreuz auf deiner Stirne, so würden wir dich zu Staub und Asche zermalmen.« David Imhof Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Muttibueb

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«Der "Muttibueb" war ein Dieb. Er schenkte ... den Raub anderen Leuten.» Liestal Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Myrthenbaum in Engelberg

Source: Der Myrthenbaum in Engelberg

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In Engelberg war früher neben der Abtei noch ein Frauenkloster. In dessen Garten spazierten einst zwei Fremde und einer meinte lachend, dass die Zucht in einem Frauenkloster eben nicht strenge sei und dergl. Der andere verteidigte die Nonnen, jener aber lachte ihn aus und sagte, auf einen alten Baumstamm deutend: „So wenig der Klotz da zu einer schönen, frischen Myrthe wird, glaube ich an die Unschuld einer Nonne! Da blühte der Stock frisch auf und ward zum schönsten Myrthenbaume. So stand er viele Jahre hindurch und soll erst, als die Zucht im Kloster wirklich zu wanken anfing, vom Blitze zersplittert worden sein. Kurz darauf wurde das Kloster aufgehoben und nach Sarnen verlegt.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Der Nachrichter

Source: Der Nachrichter

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In der Gegend von Mainz lebte vor 1582 ein Nachrichter, der eine Person aus Luzern an ihm hatte. Sie fuhr mit ihm im Land herum, indem er sich für einen Arzt ausgab. Sie gingen einst an einem Hochgericht vorüber, wo eben ein Schelm am Galgen baumelte. Da zwang der Meister seine Begleiterin gebückt herzustehen, damit er auf sie tretend den Gehängten erlangen könne, um ihm Daumen und Zehen abzuschneiden. Hernach kamen sie zu einem Bauern, der sich beklagte, es sei ihm viel gestohlen worden. War der Nachrichter bereit, ihm wieder zur Sache zu helfen. Dann hat er den Daumen des Gehängten angezündt, mit dem Dolch ein Kreuz auf die Erde gemacht und dabei etwas gesprochen. Dem Bauer ward das Gestohlene in der Tat zurückgestellt. Ein ander Mal hat dieser Mann auf einem Kirchhof Holz ab einem Totenbaum geschnitten und ein Loch hindurch gebohrt. Sei zu vielen Sachen gut, habe er versichert. Besonders könne man durch dieses Loch hindurch sehen, welches böse Weiber, Unholdinnen, seien. Er sei zuletzt in Mainz mit dem Schwert gerichtet worden.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Der Nachtjäger im Tschabel

Source: Der Nachtjäger im Tschabel

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Vor einer langen Reihe von Jahren hatten an einem lieblichen Sommerabend einige Ausflügler aus der Gegend von St. Silvester folgendes Erlebnis: Sie waren am Fusse des Burgerwaldes angelangt, beim Weiler Tschabel. Rasch brach die Nacht heran. Da hörten die Spaziergänger auf einmal in den Lüften ein Heulen und Schreien, Kreischen und Hundegebell, als ob eine ganze Menge Hündlein und Katzen durch die Luft hinzogen; man unterschied das Bellen der Hunde, das Miauen von Katzen, das Grunzen von Schweinen, das Quieksen von Eichhörnchen, das Heulen der Füchse. Es war der wilde Jäger, der mit zahlreichem Jagdgefolge über den Wald gegen den Käseberg hinaufzog. Alle die verschiedenen Tiere, in ihren Arten bunt vertreten, sollen arme Seelen gewesen sein. Wegen irgendeines Vergehens, das sie zu Lebzeiten begangen hatten, wurden sie zur Strafe in irgendeine Tiergestalt verbannt; die Wilddiebe und Holzfrevler in Füchse und Eichhörnchen, die Lügner und Verleumder in Katzen, die Unlauteren in Schweine, die Streithähne und Raufhelden in Hunde. In solcher Gestalt müssen sie zur Sühne dem Rufe des Nachtjägers Folge leisten und mit ihm so lange ruhelos über Berg und Tal dahinrasen, bis einst für sie die Stunde der Befreiung oder Erlösung schlagen wird. Also lautet die Ansicht der biederen Bergbewohner. Man tut bei dieser ungemütlichen Begegnung gut daran, sich still zu verhalten, bis der ganze Geistertross vorbeigeflogen ist.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Nachtjäger oder «Hutätä»

Source: Der Nachtjäger oder «Hutätä»

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In langen Winternächten, wenn Bauer und Gesinde in warmer Stube am Tisch oder beim gut geheizten Sandsteinofen sassen, da tauchten gerne Spukgeschichten auf, die in harter Arbeitszeit des heissen Sommers vergessen waren. Heute im Jahrhundert der Rennkämpfe und des geschwätzigen Radios (1925–1935) gerät der Sagenschatz des Volkes in Vergessenheit. Er scheint das Los des im Rhein versenkten Nibelungenschatzes zu teilen. Ein beliebter Stoff zum Erzählen waren die Mären vom wilden Jäger. In mannigfacher Abweichung kommt er zur Sprache.   a) Die Jagdzeit des wiIden Jägers ist vornehmlich die neblige, langnächtige Adventszeit. In diesen kalten Nächten zieht er mit seiner Meute durch die Lüfte und stösst ein unheimliches «Hutarataa» oder «Hutätä» aus. Der Jäger ist ein kleines Männlein in grünem Jagdkleid; kleine Hündlein begleiten ihn. Wenn der unheimliche Jäger offene Haustüren bemerkt, rennt er mit seinem Tross durch den Hausgang. In der Bachmatte unterhalb Jetschwil soll der wilde Jäger öfters anzutreffen und zu hören gewesen sein in vergangenen Jahren.   b) Diese Begegnung mit dem Nachtjäger hatte einst ein Nachtbube: Ganz tief über den Boden sprangen die Hündchen dahin. Da packte der mutwillige Bursche flink ein Hündlein und steckte es in die weite Rocktasche, um es daheim seinen Angehörigen zu zeigen. Der Grüne schien den Fang nicht zu bemerken. Als der Bursche daheim mit seinem Erlebnis prahlte und das Hündchen aus der Rocktasche hervorziehen wollte, da gab’s ein schadenfrohes Gelächter bei seinen Geschwistern. Statt das Tierlein fand der Junge nur einen trockenen Rosspollen vor. So war der übermütige Nachtbub gefoppt worden.   c) In Luggiwil hörte eine Magd den Nachtjäger vorbeiziehen und ahmte spöttisch seine Rufe nach. Da näherte sich dem Fenster des Mädchens eine dunkle Gestalt und warf einen Knochen, der schon angenagt war, in die Stube; dabei hörte das erschrockene Mädchen die Worte: «Hast mir helfen jagen, kannst mir auch helfen nagen.»   d) Eine alte Frau von St. Silvester (gest. 1934), bekannt unter dem Namen «Schmutzes Kathri«, erzählte mir vom Nachtjäger folgendes Erlebnis: Vor ca. fünfzig Jahren, als die Frau von einem Ausgang nachts heimkehrte, hörte sie von Tschabel her ein Schreien und Peitschenknallen, wie wenn ein wildes Heer über Berg und Wald dahinrasen würde. Auf einmal sah die Frau einen Mann wild daher stürmen; er setzte leichtfüssig über den Haselhag und fegte über die Matten dahin. Plötzlich wurde er grösser und grösser, bis die Gestalt sich in einen langen Nebelstreifen auflöste, der langsam über die Wiesen dahinschwebte. Der Frau, die zum Gebet die Zuflucht nahm, geschah nichts Böses.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der nächtliche Fuhrmann

Source: Der nächtliche Fuhrmann

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Unterhalb Malans, wo ein Weg über den durch die Wiesen schlängelnde Mühlbach gegen das Dorf führt, geht es in finstern, stürmischen Nächten unheimlich zu: Ein wild aussehender, bleicher Mann kommt mit einem fässerbeladene Wagen, der von einem Paar elenden, struppigen Schimmeln gezogen wird, daher gefahren. Auf der über den Bach führenden Brücke macht er Halt, steigt von sei­nem Wagen herab und fängt an, die Fässer mit Wasser aus dem Bache Zu füllen. Hat er diese Arbeit beendigt, hockt er sich, ungeachtet der beträchtliehen Steigung des Weges und trotz der Anstrengung der armen Schimmel die schwere Last bergan zu ziehen, auf den Wagen und treibt das ermüdete Gespann mit Peitschenhieben vorwärts. Mit heiserer, grässlicher Stimme schreit er in die dunkle Nacht hinein: »Han' Wasser geschüttet in den Win, Muss immer und ewig verloren sin!« - Nach diesem Klageruf, den er drei Male wiederholt, verschwinden Fuhr­mann, Gespann und Wagen. - Dieser spuckende Fuhrmann habe bei Lebzeiten oft die zum Transporte ihm anvertrauten Weinladungen verfälscht, indem er aus jedem Fass ein gewisses Mass des edeln Nasses abzapfte und Wasser nachgoss, bis die Fässer wieder voll waren. - Nach Andern war es ein Wirth in Malans, der den Wein zu stark taufte. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der nächtliche Gast

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Bei der Nussbaumbrücke wohnte früher eine Familie N. N., von der jetzt schon alle tot sind. Die erzählten mir selber, sie hätten am Abend die Haustüre schliessen können oder nicht, bei angehender Nacht sei da ein ungefähr vierzigjähriges Männchen hereingekommen habe sich hinter den Tisch gesetzt, habe nichts gesagt und nichts geantwortet, bis es am Morgen beim Betenläuten wieder verschwunden sei. Den Hausbewohnern wurde es mit der Zeit doch unbequem, auch wenn es ihnen nichts zuleide tat. Darum liessen sie den Kaplan Bittel kommen. Der sprach mit dem Geist und führte ihn aus dem Haus in den nahegelegenen Stall. Nachher kam er zurück und erklärte ihnen, der Geist sei jetzt im Stall. Sie sollten ihn dalassen, er mache ihnen nichts. So blieb es auch. MÖREL Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der nächtliche Hilferuf

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Im Walde unter dem Weiler Acker soll man nachts oft einen Hilferuf hören. Er soll von einem Unseligen herrühren, der auf Erlösung harrt. A. Sprenger.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 24, S. 15 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der nächtliche Leichenzug

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An einem Quatemberabend ging ein Knecht (Aeby J.) von der Giffersallmend nach dem Hofe «Vorsatz», unterhalb Trossland, um dort ein Spielchen zu machen. Die Unterhaltung dauerte bis gegen Mitternacht, worauf sich Aeby verabschiedete. Gemächlich sein Pfeifchen rauchend, schlug er den kürzesten Weg über das Moos ein. Als er sich dem Bächlein näherte, erblickte er ein merkwürdiges Bild. Viele Kerzlein leuchteten durch die Nacht. Ein Leichenzug bewegte sich gegen das Farnerenholz (Rechthaltnerwald) zu. Voran gingen schwarzgekleidete Männer mit langen Bärten, dann kamen vier Gestalten mit einem grossen Sarg; hinter diesen folgten in zwei Reihen schwarzvermummte Frauen in weiten, faltigen Gewändern, deren Schnitt und Form einer längst verrauschten Zeit angehörten. Unter halblautem Beten zog der geheimnisvolle Trauerzug nach dem Sagenloch, wo er im dichten Tannenwald verschwand. Aeby hatte es sonst nicht mit dem Fürchten zu tun. Aber der Anblick dieses sonderbaren Leichenzuges liess ihn doch ein leises Grauen spüren. Es schienen keine gewöhnlichen Leute zu sein, die da in diesem fremdartigen Aufzug um Mitternacht umhergingen mit einer Leiche. Der Knecht bekreuzte sich und suchte so eilig als möglich seine Behausung zu erreichen. Aber er musste noch lange auf den gewohnten Schlaf warten, weil er nicht so schnell das Erlebte vergessen konnte. Er wollte einen Eid schwören, dass sein nächtliches Erlebnis keine Täuschung gewesen sei. Die Nachforschungen in der Umgebung, ob jemand gestorben sei, verliefen ergebnislos.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der nächtliche Leichenzug

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Im Tiefental, einer ansehnlichen grasreichen Längsmulde, zwei Stunden im Aenderberg, stand vor Zeiten ein grosses Heidenhaus, das in der Regel nur von einer Familie bewohnt war, an dem aber sämtliche Besitzer von Tiefentalgütern, die im Herbst mit dem Vieh hieher zogen, für ihre Person Winterwohnrecht hatten. Diese Mitbewohner erhielten, als das Haus später abgebrochen wurde, als Entschädigung von dem alten Bauholz zugeteilt, das sie teilweise zum Bau eigener Gehälter verwendeten. Einst sassen die Tiefentaler vor dem Hause zum Feierabend zusammen. Das Tagwerk war getan und ein müssiger Hock wohlverdient. In der Tiefe gurgelte das Bächlein, schwarz und schweigend standen die Tannen vorn auf der Fluh; dunkel stieg hinter dem Hause der Schlattiwald auf, über dem die runden Buckel des Axalphorns und der Oltschiburg und zwischen diesen die felsige Pyramide des Schwarzenberges im Sternenlichte leise schimmerten. Auf einmal erhob sich in dem nächst dem Hause stehenden Zuhüttli ein sonderbarer Lärm. Trotz des windstillen Abends war es, als pfiffe ein scharfer Wind zu einem Loch hinein und pfauche in den vier Wänden wie ein gefangenes gereiztes Tier. Bald wieder schien das Pfauchen aus den nahen Ahornen und Eschen zu kommen, und zwischenhinein tönte es wie das Klagen und Stöhnen von menschlichen Stimmen aus weiter Ferne. Die Stimmen kamen immer näher, sie verdichteten sich nach und nach zu einem Gemurmel, wie von vielen Menschen. Und dann - die Tiefentaler sperrten Mund und Augen auf und hielten sich mäuschenstill - nahte sich von der Meyershofstatt her dem Weglein nach ein gar sonderbarer Zug, Leute in langen, weissen Kleidern, ihnen vorab Träger mit einem Sarg. Langsam kam der Zug auf das Haus zu, schwenkte kurz vor diesem gegen das Bächlein ab, folgte dem Wasser bis dahin, wo es über Felsen in die Tiefe rinnt, und verschwand daselbst im Weglein unter dem Fluhband. Die Leute vor dem Hause fanden an diesem Abend den Faden zu gemütlichem Schwatz nicht mehr. Ein kalter Schauer um den andern war ihnen den Rücken hinabgelaufen, da schlüpften sie am liebsten gleich ins Bett und zogen die Decke über den Kopf hinaus. Mussten sie doch froh sein, dass die Geschichte so glimpflich abgelaufen war. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der nächtliche Ritt

Source: Der nächtliche Ritt

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Am schwarzen Eisengitter der Wallfahrtskapelle U.L.F. von Kühmatt im Lötschental hing früher ein altes Votivbild, einen Mann darstellend, der an der Mähne eines Pferdes aus der Tiefe gezogen wird. Die Grossmutter hat gewusst, was diesem Mann begegnet ist, sie hatte es von ihrer Grossmutter erfahren. Zwei junge Gesellen von Blatten verabredeten einmal im Sommer an einen Abendsitz nach Gletscheralp zu gehen, wo sie ihre Liebsten hatten. Jeder sattelte sein Pferd, denn es waren reiche Freier. Wie sie unter die Kapelle von Kühmatt kamen, wo nur ein schmaler Pfad am Abgrund über der tosenden Lonza vorüberführt, wurden beide Pferde plötzlich scheu. An der steilen Wand des Breithorns war eben ein Block Gletscher abgefallen, der polternd zu Tale rollte. Beide Reiter wurden abgeworfen. Der vordere stürzte mit dem Pferde in die Lonza und wurde von den reissenden Wogen fortgetragen. Der andere konnte sich am Felsen halten über dem schaurigen Abgrund zwischen Leben und Tod schwebend. Sein Pferd kam zurück und hing den Kopf über den Felsen hinaus, dass der Meister die Mähne fassen konnte. An dieser wurde er vom treuen Tier emporgezogen. Er hatte die Gottesmutter angerufen und ein Votivbild verheissen, wenn er gerettet werde. Vergeblich suchte der Gerettete seinen verunglückten Freund. Nach einiger Zeit ist ihm dieser erschienen und hat ihm gesagt: «In Blatten sah ich noch die Lichter, als ich vorbeigeschwemmt wurde, bei Ried bin ich gestorben. Drei Sachen haben mich gerettet vor dem Richterstuhle Gottes: dass ich mit meinem guten Ross im Winter den Kirchweg öffnete, dass ich von jeder Bächin Brot um Gotteswillen einen Laib den Armen gab, und dass ich armen Wöchnerinnen einen Becher Honig schenkte.» Dass der gerettete Freier nie mehr in der Nacht nach Gletscheralp geritten ist, brauch ich nicht zu sagen. Quelle: J. Siegen, Sagen aus dem Lötschental, Erweiterte Ausgabe der Gletschermärchen (1905), Lausanne 1979. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der nächtliche Ruf in der Mühlimatte

Source: Der nächtliche Ruf in der Mühlimatte

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Vor einigen zwanzig Jahren hörte man allemal, wenn ein Landregen kommen wollte, in der Mühlimatte ein nächtliches Rufen, wie wenn man die Kühe anzulocken pflegt, und ganz genau unterschied man dabei die regelmässig wiederholten Worte: se se se! Chom, se se se! Man meint, das sei immer der Hilferuf eines armen Knaben gewesen, der hier vor langer Zeit zu Grunde gieng. Er hatte das Vieh des reichen Bauern zu treiben, bei dem er wenig Essen und viel Schläge bekam. Die ganze Weide lag hart an der Aare und doch sollte er verhüten, dass keine Kuh zu nah an das reissende Wasser gehe. Einst sprangen ihre zwei zusammen davon und dem Flusse zu; der Knabe eilte ihnen mit seinem Lockrufe nach. Als er aber sah, wie beide von den Wellen gefasst versanken und der fürchterlichen Strafe daheim gedachte, stürzte er sich nach und ertrank mit ihnen. In jenen Jahren führte noch eine bedeckte hölzerne Stadt-Brücke über die Aare. Mehrere Wäscherinnen mit einander hatten sie um Mitternacht zu passieren, um die Wäsche für ein vornehmes Haus einzuweichen. Mitten auf der dunkeln Brücke begegneten sie zwei Priestern, die beide zwei Schritte weit aus einander zusammen gleichmässig einher gegangen kamen und fortwährend mit Haselruthen um sich hieben. Zwischen sich transportierten sie so jenen Geist der Mühlimatt, der hier den Weg unsicher gemacht hatte. Die Wäscherinnen mussten, um vorbei zu kommen, den zwei Männern unter ihren Stöcken durchschlupfen. Der Geist wurde auf den Galgenhubel am Rombach geführt, wo man jetzt noch die Fasnachtfeuer anzündet, und dorten in einer Flasche vergraben. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 118 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der nächtliche Stier bei Mettau

Source: Der nächtliche Stier bei Mettau

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In Wil bei Mettau zeigt man ein Haus, vor dem jede Nacht ein Stier erscheint und mit kläglichem Brüllen seine Hörner in die Wände stösst. Dies ist der geizige Hausvater, der ehemals hier gewohnt hat. Als er im Sterben lag, schlug er allen Trost der Freunde und der Kinder aus und konnte nicht enden, die nutzlose Plage des kurzen Menschenlebens zu verwünschen. Wenn ich ein Stier gewesen wäre, sagte er zu seinen Söhnen, so könntet ihr doch noch ein paar Dublonen aus meiner Haut lösen; so habt ihr nun gar nichts von mir! E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856, Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der nächtliche Zug im Scaläratobel

Source: Der nächtliche Zug im Scaläratobel

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Am Fusse des Hügels, auf welchem das alte Schloss Ruchenberg steht, streift ein steiniges Tobel vorbei. Das muss man durchschreiten, wenn man durch den dunkeln Wald, wo das Alaräunchen wohnt, seinen Weg nach Ruchenberg nimmt. Dieses Tobel heisst Scalära. Das Scaläratobel nimmt seinen Anfang weit oben im Gebirg am Montelin, der höchsten Spitze des Hochwangs, windet sich durch schauerliche Schlüchte hinaus und mündet in das Rheintal unweit Chur. In diesem Tobel, dessen Name schon die Umwohner mit Schauder und Entsetzen erfüllt, vernimmt man ein grauenhaftes Getöse. Zwischen nackten himmelhohen Felswänden donnert und kracht es unaufhörlich, und man nimmt am Tage nichts wahr als Schutt und Gestein. Nachts aber hört man bis Trimmis ein entsetzliches Geheul. Ist es Mitternacht geworden, so steigen aus tausend Klüften und Felsspalten menschliche Gestalten hervor. Das sind die verstorbenen Bürgermeister, Ratsherren, Vögte und andere Bürger der Stadt Chur. Sie machen allerlei seltsame Gebärden. Die Vornehmen reiten auf weissen Schimmeln und wenn sie alle versammelt sind, eine unabsehbare Volksmenge, dann setzt sich der Zug in Bewegung, die Reiter voran, der letztverstorbene Bürgermeister an der Spitze der Reiterei. Es geht hinunter durch das Tobel, über die Landstrasse und durch das Gebüsch bis an den Rhein. Dort tränken sie die Pferde; der Zug wendet um, und er kehret schweigend wieder in die Schluchten zurück. So geht es jede Nacht, aber nicht jeder kann die Geister sehen, die hier ewig ihren Aufenthalt haben. Wenn ein angesehener Bürger stirbt, dann wird es allemal besonders lebhaft im Scalära, und man hört das Rufen und Getöse in weiter Entfernung. Quelle: Theodor Vernaleken, Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch


by Der Nachtmähder

Source: Der Nachtmähder

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Im Unterdorf in Näfels standen einst einige stattliche Bauernhäuser inmitten prächtiger Wiesen und Hoscheten. Wer da aber glauben würde, jene Bauern hätten ihren Wohlstand und ihr Glück zu schätzen gewusst, hätten Gott dafür gedankt und seien abends mit zufriedener Seele eingeschlafen, der täuscht sich. Zwietracht, Argwohn, Neid, Verleumdung, Hass und was der Teufel an solchen Lastern in des Herrgotts Welt eingeschmuggelt hat, nistete in ihren Herzen. Darum verbrachten sie ihre Tage in Zank und Ärger. Endlich musste der Schlimmste von ihnen sein Gut fahren lassen, weil er vom Tod abgeholt wurde. Von diesem Tage an sah man nachts oft einen Lichtschein in jener Gegend umherhuschen. Manchmal leuchtete er blitzartig auf, als spiegle sich der Mond in einer mähenden Sense. Und wirklich lag anderntags auf diesen Wiesen das Gras in dichten Mahden, doch war es steinhart, und keine Kuh hätte auch nur ein Maul voll davon gefressen. Merkwürdigerweise blieb der Mähder selbst unsichtbar. Jeder, der sich dem geisterhaften Sensenmann näherte, fiel zu Boden und wurde dort von einer sonderbaren Gewalt festgehalten, bis die Wiese gemäht war. Niemand zweifelte daran, dass es der zänkische Bauer war, der nun als Nachtmähder seine Schuld abbüssen musste. Dies mag ihm nun gelungen sein, denn in neuerer Zeit sah man den geheimnisvollen Lichtschein nie mehr.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Nachttanz am Schallberg

Source: Der Nachttanz am Schallberg

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Vor vielen Jahren hatte einmal ein braver Walliser Hirt sein Vieh auf die Alp gebracht. Als er nun nachts beim untern Schallberg durch den alten Säumerpfad des Gantertales heimging, kam er durch einen unheimlichen Bergwald. Es war ihm recht übel zumute, denn überall im Tannenwald schien es zu knistern, und wie Schlangen krochen die Baumwurzeln über den holperigen Waldweg. Er war froh, als endlich das Tannendickicht aufhörte und er in die Lichtung hinaustreten konnte. Da verging ihm nach und nach die Angst. Wie er jedoch im untern Schallberg anlangte, sah er in einem Hause an einer Halde die Fenster hell erleuchtet. Und wie er näher kam, vernahm er zu seinem Erstaunen eine wilde, betäubende Tanzmusik und hörte dazu das unbändige Stampfen und Trommeln vieler Bergschuhe. Es mußte wohl eine große Schar Menschen in dem einsamen Hause beisammen sein und tanzen. Wer ist wohl so verwegen, hier an einem so abgelegenen Ort, in so später Nacht noch einen Tanz abzuhalten? dachte er. Da fiel ihm ein, es könnten wohl junge Leute sein, die ihren verbotenen Tanzabend vor den Augen der Obrigkeit verbergen möchten. Einzutreten wagte er nicht, und doch hätte er gern erfahren, wer denn an diesem heimlichen Tanze teilnehme. Rasch stieg er auf einen nahen Holunderstrauch. Von da aus mußte er die Gesellschaft ganz gut überblicken können. Aber als er auf dem Holunder saß, verstummte mit einem Male die Tanzmusik, die Lichter erloschen, und im Hause herrschte, wie ringsum, die wunderbare Stille einer Bergnacht. Nichts ließ sich hören als das Rauschen der Saltina unten im Gantertobel. Erschrocken stieg er vom Holunderbaum. Aber kaum hatte er den Fuß auf der Erde, begann zu seinem Erstaunen der Tanz in der wiederum hell erleuchteten Stube von neuem. Obwohl ihm ein kaltes Frösteln den Rücken überlief, glaubte er doch, sich getäuscht zu haben. Er stieg also nochmals auf den Holunder. Doch es erging ihm wieder wie das erstemal: tiefdunkel war die Stube, und kein Ton außer den schäumenden Wildwassern ließ sich hören. Da ward ihm unheimlich. Er verließ den Holunder und wollte sich davonmachen. Doch als er die Tanzmusik wieder gar lustig aufspielen hörte, blieb er zögernd nochmals stehen. Deutlich hörte er jetzt die Hämmerchen über die Saiten des Hackbrettes rasen, und dröhnend wie Roßgetramp polterte der wilde Reigen in der Stube droben, und das Jauchzen der Tänzer hallte weit in die Nacht hinaus. Nun packte ihn ein Grausen, und über Kopf und Hals lief er davon, ohne sich mit einem einzigen Blick umzusehen. Im Davonhasten dachte er darüber nach, ob er's da mit einer Geistergesellschaft oder mit lebendigen jungen Leuten zu tun hätte, die in dem abgelegenen Hause eine verbotene Tanznacht abhielten. Nach und nach schien's ihm immer mehr, er müsse sich getäuscht haben, es sei doch mit rechten Dingen zugegangen. Er ärgerte sich, daß er so feige davonlief, ohne den Tanzenden hinter ihre Schliche zu kommen und ohne sie erkannt zu haben. Doch er wollte es schon noch herausbringen, wer da verbotenerweise getanzt hatte. Also setzte er sich an der Chinbrücke nieder. Er mußte aber ziemlich lange warten. Doch zur Zeit etwa, als man die Frühglocke läutete, hörte er von der Aspe herauf den Zug der Tänzer und Tänzerinnen herankommen. Immer näher erklang die Tanzmusik, immer wilder und herausfordernder hallten die Jauchzer und Rufe der Tänzer und Tänzerinnen in den gegenüberliegenden Getjen. Schon war der Zug nahe bei Chin. Er meinte, im Mondschein deutlich in den alten, bleichen Gesichtern der Herankommenden die Züge junger, lebender und ihm wohlbekannter Leute zu erkennen. Doch ganz sicher erkannte er gleichwohl niemand. Eben wollte er aufstehen und sich der vorüberziehenden fröhlichen Gesellschaft anschließen, da fuhr auf einmal der ganze Zug wie eine feurige Bissaga (Laubsack) das Chin hinunter in die brausende Saltina. - Entsetzen packte den Hirten. Er floh in eiligen Sprüngen aus der verrufenen Gegend. Denn was er geschaut hatte, war ja wohl ein verwunschenes Tanzvolk, das für verbotene, heimlich abgehaltene Tänze abbüßen mußte. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Name

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Ganz früher habe Turtmann "Lange Gasse“ geheissen. Dann gab es einst einen grossen, grossen Krieg, in dem alle Leute flohen und wahrscheinlich auch die meisten umkamen. Nur einer allein, ein älterer Mann, wollte nicht fort. Als nach dem Krieg wieder Leute zurückkamen, erblickten sie diesen Mann und riefen ganz verwundert: «Dort ist ein Mann!» Seit diesem Tage nannte man das Dorf Dortmann und nachher Durtmann.   Die zweite Variante über die Entstehung von Turtmann lautet so: Es wütete die Pest. Ein Mann verkroch sich aus Angst vor Ansteckung in eine grosse "Tinu" (Weinfass) und nahm eine Botillu Wein mit und Speise. Dazu noch ein Böcklein, damit es durch den Gestank die Pest fernhalte. Als er glaubte, die Pest sei vorbei, kroch er hervor. Zufällig kamen da Leute hinzu, sahen ihn und sprachen: «Dort ist ein Mann.» Daraus sei Dortmann entstanden wie es noch vor hundert Jahren geschrieben wurde. TURTMANN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Name Altdorf

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 In graualter Zeit stand ein Dörflein am Südwestfusse des Gruonberges. Da es von Rübenen und Steinschlägen zerstört wurde, zogen die Einwohner aus und liessen sich in der Mitte des Tales nieder, da, wo gegenwärtig an der Attinghausenerstrasse die »Zwyerkapelle« sich erhebt. An der Stelle der Zwyerkapelle soll die Kirche gestanden und im Holdermätteli, das durch die Strasse von der Kapelle getrennt ist, ein Friedhof die Toten aufgenommen haben. Alte Leute, besonders aber die Besitzer des Holdermätteleins, behaupten, es seien Totengebeine von riesig grossen Menschen zu Tage gekommen, als man das alte Bauernhaus aus dem 17. Jahrhundert im Holdermätteli gebaut und den tiefen Keller darinnen ausgegraben habe. Aber hier war die Ansiedelung noch schlimmer gebettet; sie hatte zwei gar schlimme Nachbarn, die Reuss und den Schächen, wilde Bergwasser, die sich zu Zeiten recht ungestüm aufführten und nicht bloss die leichten Gebäude zerstörten, sondern auch den Menschen Grund und Boden unter den fliehenden Füssen wegfrassen. Da sprachen sie zu einander: »Wir wollen in das alte (d.h. ehemalige) Dorf zurückkehren«, und zügleten wieder an den Fuss des Gruonberges. Daher der Name Altdorf für den Hauptort des ältesten schweizerischen Standes. Nach anderer Aussage sei das erste oder zweite Dorf gestanden an der Stelle des heutigen Bahnhofes; das alte (ehemals Tannersche) Haus in Gebrüder Gammas Langmatt habe als Rathaus gedient, und der Hochaltar der Kirche habe sich genau an der Stelle erhoben, wo vor dem Bau des Bahnhofes das sogenannte »Friärächäppäli« in der Kreuzmatte, ein schöner Rundbau, der jetzt durch ein neues Bethäuschen an der Hausmauer ersetzt ist, seinen Platz einnahm. Später seien die Menschen, von Reuss und Schächen bedroht, an den Fuss des Gruonberges übersiedelt und hätten das Dörflein ungefähr an der Stätte der jetzigen Hammerschmiede am Wege nach Bürglen aufgebaut (also beim Turm der Herren von Utzingen). Dort sei es verbrannt und hernach auf den heutigen Standort verlegt worden. Die Gegend beim Zwyerkapellchen hiess früher und heisst teilweise heute noch Maggingen. Sowohl bei der Zwyerkapelle als auch beim Kapellchen am Hause in der Kreuzmatte, jetzt Gasthaus zum Bahnhof, macht, jedenfalls seit altem, die feierliche Flurprozession an Christi Himmelfahrt Halt, und der Priester erteilt hier den Segen. Früher mag statt der Kapelle ein Feldkreuz gestanden haben, daher der Name Kreuzmatt. Auch der untere oder mittlere Teil von Löwenwirt Arnolds Grossmatte, wo die Flurprozession ebenfalls vorbeizieht, hiess ehemals Kreuzmatte, und die Gegend war Unterroyen benannt. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Name Bellwald

Source: Der Name Bellwald

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Einst bereiste unser Herrgott mit etwa zwei, drei Jüngern das Wallis. Im Goms herrschte damals gerade Streit zwischen den Gemeinden Steinhaus und Niederwald. Beide sprachen das gleiche Waldstück als Eigentum an. Unser Herrgott anerbot sich als Schiedsrichter und bestimmte einer jeden Partei ihren Wald. Als Wald und Wiesen im Untergoms friedlich verteilt waren, schaute Petrus noch einmal von Lax zurück und rief dem Herrgott: «Ja schau, da oben sind ja auch noch Leute! Die haben wir jetzt ganz vergessen, die haben ja nichts vom Wald bekommen!» - «Ja nun, jetzt ist alles verteilt. Das kann ich nicht mehr rückgängig machen. Dann müssen wir denen da oben als Entschädigung den Namen ,Bellwald‘ geben!» So sprach der Herr, und so blieb es. BELLWALD Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Name des Dorfes (Frenkendorf)

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Es wird erzählt, Frenkendorf habe seinen Namen von der Frenke erhalten. Diese sei vor vielen Jahren durch den «See» von Liestal bis zum Unterfeld geflossen und habe bei ihrer Mündung in die Ergolz eine Mühle getrieben. Frenkendorf Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Name Flüelen

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Vor Zeiten, als das stattliche Dorf Flüelen am Südende des Urnersees noch nicht bestand, erhob sich in sehr fruchtbarer, gesegneter Gegend, heute Winkel und Gruonmättli, damals Blumenau oder Blumenfeld geheissen (urkundlich hiess die Gegend Gronon), am Gruonbach eine Häusergruppe, worinnen ein übermütiges, weil mit Glücksgütern überhäuftes Völklein eines sorglosen Daseins sich erfreute. In dem Wald ob dieser Gegend verlor eine alte Hexe einen Ring, und da sie ihn nicht mehr finden konnte, liess sie in der Täube hinter Zeisig eine Rübi an, die den Gruonbach hinterschwellte, dass sich ein See bildete. Eines Abends rief das Wildmandli, das auf Zeisig oder auf dem Gibel eine aussichtsreiche Heimstätte bewohnte, hinunter in das Tal und das Dörflein: »Fliähnt, fliähnt iähr Lyttä, fliähnt hinder ds Fliäli, d'Ringgäribi chunnt!« Aber die Menschen achteten nicht auf die wohlgemeinte Warnung. Am nächsten Abend hörten sie die nämliche Stimme, ebenso am dritten. Da rissen doch endlich einige Leute ihr Häuschen ab, packten ihre Sachen zusammen und zogen an das Südende des Sees hinter das Flüeli am Fusse des Gruonberges. Eines Nachts brach dann der See im Gruontal aus und wälzte sich mit einer fürchterlichen Schuttmasse über das blühende Gelände, begrub die zurückgebliebenen Menschen und ihre Häuser hoch unter ihrem Schutt und verwandelte die blühende Gegend in ein ödes, grausiges Trümmerfeld. Jene, die geflohen waren, bauten ihre Häuslein wieder auf und gründeten ein Dörflein, das sie Flüelen nannten, weil es hinter dem Flüeli oder unter »dä Fliälänä« steht. Noch zu Menschengedenken sollen im Dorfe Flüelen drei Häuschen gestanden haben, die aus jenem Dörfchen am Gruonbach unter die Flühe transportiert worden; eines davon sei jenes, das jetzt von Landjäger Mattli bewohnt wird. Auch die Kapelle wurde verschüttet; sie steht noch unter dem Schutte; würde man am rechten Ort graben, so würde man mit wenigen Spatenstichen auf die Spitze des Kapellentürmchens stossen. Joh. Jos. Kempf, 90 J. alt; N. Gisler, Zeisiger, 70 J. alt; Michael Walker, 60 J. alt, u.a. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Name Liestal

Source: Der Name Liestal

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Einst richtete im Städtlein Liestal die Pest eine grosse Verheerung an. Bald darauf kam noch das grosse Erdbeben. Häuser, Mauern und Tore zerfielen. In den Gassen herrschte Totenstille; als Leute aus der Umgebung kamen um nachzusehen, fanden sie keine lebendige Seele mehr. Nur unterhalb des Ortes, beim alten Spital, leuchtete aus einem Stall ein Licht. Als das Städtlein wieder aufgebaut wurde, nannten es die neuen Einwohner Liechtstall. Liestal Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Napfhans, Jean de la Bolieta

Source: Der Napfhans, Jean de la Bolieta

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Auf der Alp Zuazo-dessus hausete ehemals vor langen Jahren gar friedsam, aber dienstfertig und gefällig, ein Berggeist, der Napfhans, Jean de la Bolieta, genannt. Auf die gefährlichsten Stellen führte das Männlein die Kühe zur Weide, ohne dass je nur eine verunglückte. Wenn die Hirten den Berg verliessen, war dort gewiss kein nährendes Gras mehr vorhanden. Für den geleisteten wichtigen Dienst stellten dann die Sennen jeden Abend dankbar einen Napf voll süsser, frischer Nidle (Rahm) auf das Dach des Stafels. Am andern Morgen fanden sie ihn richtig allemal leer. Es begab sich aber einst, dass ein Senn mit sieben eigenen Kühen auf diesen Berg zog. Zum ersten Male in seinem Leben befand er sich da, und hielt das Hirtenamt des Geistes für ein einfältig Märlein, von der Unwissenheit und Leichtgläubigkeit ersonnen. Er entschloss sich daher den Geist zu prüfen und zu foppen; anstatt des gewürzigen Rahmes tat er siedenden Unrat in die Schüssel. Um Mitternacht hörten die schnarchenden Sennen eine dumpfe, hohle Stimme, die vom Rauchfange herunter zu kommen schien, und den ungläubigen Küher ermahnte, eilig aufzustehn, um seinen sieben Kühen die Häute abzuziehen. Er achtete nicht darauf, glaubte, man treibe nur Scherz mit ihm und schlief ruhig wieder ein. Aber wie gross war seine Bestürzung, als er am andern Morgen seine Kühe vermisste, und sie endlich jämmerlich zerrissen, sämtlich tot in einer tiefen Schlucht fand, die jetzt noch der Schindanger (in Le corzau) heisst. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Narr und die Räuber

Source: Der Narr und die Räuber

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In dem dichten Fichtenwald zwischen Brig und Turtmann trieben sich Räuber herum, die plünderten, raubten und die Dorfschaften in Schrecken jagten. Kein Mensch wagte es, sich ihrem frechen Trei­ben entgegenzustellen. Da erbot sich der Freiherr Stockalper von Brig, die Räuber in ihrer Höhle aufzusuchen und auszuhecken, wie man sie am besten einfangen könne. Dieser Stockalper stand bei dem Volk in hohen Ehren und genoss den Ruf eines Mannes von grossen Talenten, umfassendem Wissen und schlauen Praktiken. Auch soll er bei hohen Fürstlichkeiten, so beim Herzog von Aosta, in grosser Gunst gestanden haben. Man liebte ihn besonders seiner ritterlichen Kühnheit wegen, und das Wagestück, das er nun unter­nahm, trug viel dazu bei, ihn bei den Anwohnern der Rhone und bei den Bergleuten des Wallis in noch grösseres Ansehen zu bringen. Er verkleidete sich als schmutziger Bettler und Narr und reiste zur Nachtzeit durch den gefährlichen Wald. Als ihn die Räuber einfingen, stellte er sich so dumm und einfältig, dass sie ihn unter Spott und grossem Gelächter zu den Kameraden in die Höhle brach­ten. Dort trieben sie allerlei Narrheiten mit ihm und gaben ihm aus einem Totenschädel zu trinken. Der Narr machte einige Gri­massen, lachte, setzte die Schale an, trank sie aus und rief: «Die Suppe ist gut!» Da er behauptete, ein Meister im Kochen zu sein, wurde er als Bratenwender angestellt. Nun hatte er die schönste Ge­legenheit, sich das Räubernest genau zu besehen und seine Pläne auszuhecken. In der Höhle und draussen im Walde, wenn er das dürre Holz zusammenlas, beobachtete er die Bande und merkte sich die geheimen Zugänge zur Höhle. Schon lange hatte er gemerkt, dass ihm die Räuber nicht alle trauten. Einige betrachteten ihn mit argwöhnischen Blicken, und eines Tages hörte er, wie sie zu ihren Kameraden sagten: «Das ist gar kein Narr, der verstellt sich nur, das ist ein verkleideter Spion, wir müssen ihn töten, sonst wird er uns verraten!» Die andern jedoch entgegneten: «Ach was, lassen wir ihn am Leben, wenn er auch kein Narr ist, so versteht er doch das Kochen famos, und damit haben wir unsere guten Tage!» Der Narr, der eben in der Schüssel Eier rührte und zuhörte, verzog sein Ge­sicht zu einem Grinsen und sagte in läppischem Tone: «Es geht nicht immer so, sondern auch so!» und er rührte statt links, rechts herum! Die Räuber achteten seines Geschwätzes wenig und wurden einig, ihn am Leben zu lassen. Nach einigen Wochen wünschte der närrische Koch tiefer in den Wald einzudringen, um zu erfahren, wie es im dichten Busch eigent­lich aussehe. Er gab vor, Beeren suchen zu wollen, um auf den Abend ein besonders leckeres Gericht vorsetzen zu können. Wieder­um sagten die einen, er hätte zu gescheite Augen, um ein Narr zu sein, man solle ihn auf der Stelle töten. Aber der Räuberhauptmann sagte: «Lasst ihn nur gehen, der weiss nicht einmal, was ein Wald ist!» Da liessen sie ihn ziehen, und er nahm eine Schüssel für die Beeren unter den Arm. Die Misstrauischen schlichen ihm nach, doch als sie sahen, dass er vorerst wieder Brennholz zu Haufen trug und dann Beeren in die Schüssel pflückte, dachten sie, sie hätten sich getäuscht und kehrten zu der Höhle zurück. Als Stockalper merkte, dass seine Wächter zurückgeblieben, warf er die Schüssel ins Strauchwerk, riss die Fetzen, die ihn am Laufen hinderten, von seinen Kleidern und wandte sich zu eiliger Flucht aus dem Walde. Unterwegs traf er einen Fuhrmann, der ihn auf­lud und sein Pferd in Galopp setzte, als er ihm erzählte, um was es sich handle. So gelangte er glücklich nach Brig, wo er sofort die Polizei und das ganze Dorf alarmierte. Am nächsten Tag wurde alles vorbereitet, damit die Höhle zwi­schen zwölf und ein Uhr mittags, wo die Räuber zu schlafen pfleg­ten, von mehreren Seiten zugleich überfallen werden konnte. Der Plan gelang vortrefflich. Man schlich durch die geheimen Zugänge heran, die Räuber wurden in der Höhle überrascht, gefangen ge­nommen und gefesselt nach Brig geführt. Als die Übeltäter in Brig mit gebundenen Händen zum Richt­platz geführt wurden, sahen sie unter den Richtern den entflohenen Narren und Koch in ehrwürdiger Amtskleidung. Sie erkannten ihn sofort und einer rief: «Seht den Narren, ich habe immer gesagt, er sei kein Narr!» Stockalper erhob sich und sagte: «Und ich habe auch gesagt, es gehe nicht immer links herum», und er machte die Bewegung des Rührens, «sondern auch einmal rechts herum!» Der Räuberhaupt­mann aber rief in seinem Unmute: «Er ist ein Narr und bleibt einer all sein Lebtag!» Quelle: Johannes Jegerlehner: Walliser Sagen, Hans Feuz Verlag Bern, 1959 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Narr von Stockach

Source: Der Narr von Stockach

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Als das österreichische Heer gegen die Schwyzer zu Felde zog, sammelten sich die vornehmen Ritter im Habsburgerstädtchen Zug. Auf der festen Burg wohnte Herzog Leopold und beriet zum letztenmal seinen Schlachtplan. Wie schon auf dem Stein zu Baden, wohnte auch in Zug der Hofnarr Hans Kueni von Stockach dem Kriegsrate bei. Als man in übermütiger Laune auch den Narr um seine Meinung fragte, sagte Hans Kueni: "Ihr ratet immer bei Euren Plänen, wie Ihr in das Land der Schwyzer kommt, aber keiner von allen Räten hat je erwogen, wie man wiederum aus dem Land der Wilden herauskomme. Daher ist Euer Rat nicht gut." Der ganze Kriegsrat lachte, aber als dann im Engpass der Schornen die Hellebarden krachend auf die stolzen Ritter niederprasselten und das ganze Heer voll Angst und Schrecken einen rettenden Weg auf der wilden Flucht suchte, dachte der fliehende Herzog an das weise Wort des Narren. In spätern Jahren erhielt dann der Narr als Lohn für seinen Rat das Privileg zu einem eigenen Narrengericht für seine Heimatstadt und das Gericht hat sich bis auf den heutigen Tag erhalten. Während der Fasnacht waltet heute noch das "Hohe, grobgünstige Narrengericht zu Stocken" und richtet über jeden Bürger, der sich gegen Sitte und Anstand im Laufe des Jahres verfehlte, und in der Burg von Zug hängt immer noch das Bild des mahnenden Narren von Stockach. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 3 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der närrische Michel

Source: Der närrische Michel

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Wo in der Roffla mit dem Rhein Der Waldbach sich vereinet, Zieht rechts sich in's Gebirg hinein Ein Alptal, wild und steinicht. Dort lagen schon vor alter Zeit Getrennt, und etlich Stunden weit Entfernt, drei kleine Dörfchen.   Im höchsten wohnt' ein Mann, den weit Und breit im Tal man kannte, Und wegen seiner Eigenheit Den »närr'schen Michel« nannte. Doch gab Der oft so weisen Rat, Dass für den Klügsten in der Tat Man ihn hätt' halten mögen.   So, unter Ander'm, sagt' er auch Einmal, es wär' gescheiter, Man schlüg' das Holz zu vielem Brauch Talabwärts etwas weiter; Weil, wenn's mit Holzen so fortgeht, Man endlich in des Dorfes Näh' Daran möcht' Mangel leiden. –   Da brach's in der Gemeinde aus Mit Spotten, Schimpfen, Fluchen: »Heisst uns der Narr, was vor dem Haus Wächst, Stunden weiter suchen! Man sollte, dass er sicher weiss, Ob Holz da ist, ihm den Beweis Mit guten Prügeln geben.«   »Was«, sprach er, »wir jetzt haben, kann So gut als Ihr ich sehen; Doch für die Enkel möcht' es dann Um's Holz schon anders stehen. Und in was Jahren glaub' ich fast, Schlägt man mit hier gewachs'nem Ast Sich nicht mehr grosse Beulen.   Denn unser Missbrauch treibt's so weit, Dass einst nach vielen Winden, Wohin wir sehen, weit und breit, Kein Stamm wird sein zu finden. Und dass, hat Einer etwa just Zu einem birkenen Besen Lust, Zwei Stund' er d'rum muss laufen.«   Als purer Unsinn klang das Wort In der Verstockten Ohren; Im ganzen Tal schalt man sofort Den Michel einen Thoren. Und so wie nachher Jemand was Erzdummes sagte, hiess es: »Das Gehört zu Michels Besen.« -   Doch waren noch nicht hundert Jahr\' Vorbei, ward's schon empfunden, Wie jener närr'sche Michel wahr Gesprochen, - denn verschwunden War bald der letzte Tannenbaum Und einer Birke mochte kaum Der ält'ste Mann sich denken. –   Und heut', wo Michel glaubt' ein Mal, Es werden Birken kaufen Die Enkel, ist's an Holz so kahl Wie oben, und zu laufen Trifft's noch von dort das Tal hinab Wohl eine Stund' in gutem Trab, Will man nur Tannen finden. –   D\'rum was als Wunder dazumal, Von Unsinn jene Väter Erzählten, ward im gleichen Tal Nur ein Jahrhundert später Von Kind und Kindeskinder hin Berichtet als von klugem Sinn Und Weisheit hohes Wunder. –   Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Nebel

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Zur Zeit, als die Eidgenossen mit dem Herzog Leopold von Österreich im Kriege lagen und ihn bei Sempach so gewaltig aufs Haupt schlugen, standen um den lieblichen, kleinen Baldeggersee eine ganze Reihe Burgen, die österreichischen Edelleuten gehörten. Wie nun die siegreichen Eidgenossen nach der Schlacht bei Sempach in die Gegend des kleinen Sees kamen, brachen und verbrannten und zerstörten sie eine Burg nach der andern. Es fielen die Burgen Baldegg, Lieli, Richensee und Oberreinach, und weithin leuchteten ihre Feuer und verkündigten den Untergang ihrer stolzen Herrschaften. In jenen Tagen stand ob dem Baldeggersee auch die Burg Heidegg. Mit Grausen sah die Edelfrau, die allein mit ihren Mägden im Schloß war, wie ringsum die festen Burgen ihrer Gefreundeten lichterloh brannten. Und obwohl sie eine gute Frau war, eine Edelfrau der Tat und nicht nur des Namens, und obwohl sie die Armen immer reichlich beschenkt und den Notleidenden geholfen hatte, versprach sie sich dennoch von den Eidgenossen nichts Gutes. Sie kannte ihren unbändigen Sinn. Und nun würden sie wohl noch von Kampfeswut erfüllt sein und wollten gewiß der Herren Burgen, die so nahe bei ihren Ländern standen, einmal gründlich ausräuchern und zerstören. Als nun die Edelfrau von Heidegg durch ihre kundschaftenden Mägde vernahm, daß die Eidgenossen eben die Burg Lieli oder Neuneck, wie sie auch hieß, erstürmt und angezündet hätten, wußte sie, daß nun ihre Burg, als die den Eidgenossen zunächstliegende, darankommen würde. Jetzt rötete das aufsteigende Feuer der erstürmten Burg weithin den Himmel, und nicht lange ging es, da meldete der Knabe eines Hörigen, daß die Eidgenossen durch den dichten Wald vom unteren Klotisberg nach Heidegg hinüberstürmten. Verzweifelt schrien die Mägde auf und umringten die hilflose Herrin. Alles schien verloren. Doch die gottesfürchtige Edelfrau verlor den Mut und das Gottvertrauen nicht. Sie warf sich auf die Knie und gelobte der Muttergottes, eine Kapelle zu erbauen, wenn das Schloß verschont bliebe. Da war es seltsam, es wurde auf einmal dunkel in der Burg, mitten am Tag. Und als die Edelfrau erschrocken aufstand und an ein Bogenfenster trat, sah sie zu ihrer Verwunderung einen dichten Nebel daherziehen, der sich über die ganze Gegend und, allmählich undurchdringlich werdend wie eine Mauer, um ihre Burg Heidegg legte. Zugleich hörte man den Dinkelbach ungewöhnlich rauschen. Lange, lange lag der Nebel über der Landschaft, und lange zitterten und zagten die Mägde in der Burg. Jeden Augenblick erwarteten sie das wilde Kriegsgeschrei der heranstürmenden Eidgenossen und das Brüllen ihrer Harsthörner zu vernehmen. Doch es blieb alles totenstill, bis endlich die Nacht hereinbrach. Schweren Herzens begab sich die Edelfrau in später Nachtstunde zur Ruhe. Wie erstaunte sie aber, als sie am andern Morgen vernahm, daß die Eidgenossen wohl die Burg Heidegg hatten plündern und niederbrennen wollen, daß sie jedoch im dichten Nebel, der ganz unversehens dahergeflogen sei, den Weg verfehlt hätten. Sie seien dann nach langem Umherlaufen am hochgehenden, tosenden Dinkelbach ganz von der Heidegg abgekommen und hätten sich erst auf der oberen Mau wieder zurechtgefunden. Danach hätten sie die ihnen zu weit vom Weg abgekommene Burg aufgegeben und seien rasch abgezogen, da sie vor Einbruch der Nacht noch ihr Feldlager erreichen wollten. Also war die Burg Heidegg vom sicher scheinenden Untergange gar wunderbar gerettet worden. Die Edelfrau aber ließ eine schöne Schloßkapelle bauen, die heute noch die Inschrift trägt: Procul estote profani! Was ungefähr sagen will: Ferne bleiben sollen die Frevler! Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Neckerboze

Source: Der Neckerboze

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Es wird erzählt, in einem alten Hause am grossen Berge, Pfarrei St. Niklaus, sei es lange Jahre sehr unheimlich und "schwifer" gewesen. Ein unsichtbarer Geist beunruhigte und neckte die Bewohner auf verschiedene Art. War das Haus verschlossen und niemand darin, so sahen die Nachbarn bald das eine oder das andere Fenster, bald aber alle zusammen offen und bald wieder alle fest geschlossen. Den Schlafenden zog der Boze hin und wieder neckisch die Bettdecken fort und versteckte ihnen die Kleider so, dass sie selbe am Morgen lange zusammensuchen mussten. Ein Mann verzweifelte einmal fast, seine am Abend ausgezogenen Hosen wieder zu finden. Nach langem Suchen fand er sie endlich im allerhintersten Winkel des Hühnerstalles unter dem Ofen. Wollte jemand zum Fenster hinausschauen, so klemmte ihn der Schalk nicht selten mit dem Fensterläufer ein, oder warf ihm allerhand Gerätschaften tückisch auf den Rücken, dass selbe weit auf die Stubendiele zurückprallten. Schaden machte der Geist freilich keinen; aber das Haus war doch so unfreundlich, dass die Eigentümer dasselbe gerne veralten und verfallen liessen. Jetzt ist es abgerissen und der Spukgeist neckt niemanden mehr.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Negromant in Uri

Source: Der Negromant in Uri

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Anno 1277 wollte ein Schwarzkünstler im Lande Uri um Geld mit einigen Bauern seine Beschwörungen anheben, als eben ein schrecklicher Hagelschlag im Tale wüstete. Mit bewaffneter Hand liefen die Männer auf den Berg und jagten den Meister samt Gesellen zum Land hinaus.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Der neugierige Fuchs

Source: Der neugierige Fuchs

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Zwei Männer lagen in einem kleinen, zweimännigen Tatschihüsli in der Göscheneralp auf der Lauer. Endlich kam ein Fuchs daher. Er schaute so liämsch in die Fenster hinauf, hinter denen die Jäger versteckt waren, ging vorwärts, auf die Beize los und frass davon. Da sagte der eine Jäger zum andern: »Schiäss!« Und dieser schoss. Jetzt stand das Tier bei der Beize auf die Hinterbeine und schaute gegen das Fenster hinauf. Zum zweiten Mal feuerte der Jäger. Der Fuchs machte es wieder so. Als der dritte Schuss knallte, ging der Fuchs von der Lockspeise weg, stellte sich vor dem Fenster auf, legte beide Pratzen auf dem Fenstergesims auf und schaute so ganz gemütlich in die Stube hinein. Das grauste den Jägern, und sie liessen das Schiessen bleiben. »Syner Läbtig heig-em niä nyd äso g'grüset,« versicherte mir später der eine der beiden Jäger. Paulina Tresch, Maderanertal, 20 J. alt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Neuliger im Ruederthal

Source: Der Neuliger im Ruederthal

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Die oberste Hofstatt des Rüederthales heisst Neulig. Es wohnte dort früher ein Jäger, Neuliger geheissen, dessen Hunde alle hellklingende Glöckchen trugen, und der sich des Wildes durch Festbannen und Zaubern bemächtigte. So vermass er sich oft, er brauche nur zum Fenster hinaus zu schiessen, so müsse jeder Schrot einen Hasen treffen, er möge stecken wo er wolle; eher würde seine Kugel siebenmal ums Haus fliegen, an allen vier Ecken anschlagen und ihm wieder in den Flintenlauf zurückfahren. Nun ist er lange todt; aber so oft man anhaltendes Regenwetter zu erwarten hat, hört man ihn auf seinen alten Wegen mit dem Geschelle der Hunde heranlärmen. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 178 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der niesende Geist

Source: Der niesende Geist

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Am Bürgenberg, 1/2 Stunde von Stans, soll oft ein starkes Niesen gehört worden sein, ohne dass man jemanden sah. Einige beherzte Burschen vernahmen das und gingen zur Stelle. Als der Geist nun wieder nieste, riefen sie: „Hälf d'r Gott od'r d'r Diefel." Seither wurde nie mehr etwas gehört, der Geist ist erlöst.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Der niessende Geist

Source: Der niessende Geist

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Ein Mann kam nachts bei der Platte (nördlich Reigoldswil) vorbei. Da hörte er jemanden niessen. Wie es hierzulande Brauch ist, rief er: «Hälf der Gott!» Der Unbekannte musste nun mehrere Male niesen, wobei der höfliche Reigoldswiler auch immer seinen frommen Wunsch äusserte. Doch wurde es dem letzteren schliesslich doch zu bunt und er sagte beim zwölften Male: «Hälfterli am Chopf!» Da antwortete der Niesende: «Hättest du zum zwölften Male Helf dir Gott! gesagt, so wäre ich erlöst gewesen. Jetzt muss ich noch hundert Jahre warten.» Und verschwunden war er. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der notleidende Wolf

Source: Der notleidende Wolf

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Z'en Grächten im Leukergrunde guckte eines Abends bei stürmischem Wetter ein Wolf recht armselig und hungrig zu einer offenen Stalltüre hinein, wo ein junger Bursche das Vieh verpflegte. Dieser erschrak zuerst; bekam aber bald Mitleiden mit dem armen, ihn so zutraulich anblickenden Tiere. Er warf ihm sogar ein kleines Lamm vor, welches der Wolf mit Hunger verzehrte und sich dann entfernte. Nach vielen Jahren, als der barmherzige Küherbursche ein Mann geworden, wurde dieser auf einer Wallfahrt nach Einsiedeln von einem fremden Herrn bewillkommt und freundlich aufgenommen. «Sieh», sprach dieser, «du hast an mir Barmherzigkeit getan; die will ich dir nun vergelten. Ich bin der arme hungrige Wolf, dem du einst im Leukergrund ein Lamm vorgeworfen und so mir das Leben gerettet hast.» Er erzählte ihm dann ferner, wie er als naschhafter Junge der Gefrässigkeit halber von seiner Mutter in einen hungrigen Wolf verwünscht worden und wie Gott diese traurige Verwünschung in Erfüllung habe gehen lassen für sieben Jahre. Er habe viel Hunger gelitten, weil er nichts stehlen und nur von wilden Tieren sich habe nähren dürfen. Gewiss wäre er damals seinem Elende erlegen, wenn er nicht von ihm noch zur rechten Zeit wäre gespeist worden. Am gleichen Tage, als sieben Jahre voll und er aus der Wolfshaut geschloffen, sei seine Mutter gestorben; seither hätte ihn Gott gesegnet. — Er entliess den erstaunten Wallfahrer wohl bewirtet und wohl beschenkt.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Oberblegisee

Source: Der Oberblegisee

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An Oberblegi ist e See. Wo d's Wasser ine chunt gsieht me; aber wos use luft het me-n-erst g'merkt, wo der Leuggelbacher Geißer g'meint het, er mües chrüzwis drüberübere schwimme. Der Pur i der Hütte het ems g'wehrt und g'seit: „Bis nüd e Nar. ‚Me mueß nüd Gott versueche’ stat i der Gschrift.“ Aber der Geißer git umme: „Sygs jez dem Herrgott lieb oder leid, se will i übere.“ Der Pur tänkt: Nu sine? und luegetem zue, wie-n-er schwimmt. Schier wär er dänne gsi, da ninnts ene uf ei Mal abe (der Haaggema wird ene tänk bime Bei gnu ha). Um die selb Stund holt sy Mueter im Leuggelbach Wasser. Was meined er, dass ere i d'Gelte gsprunge syg? Der Chopf vu ihrem Bu, wo übere See het welle schwimme. (Originaltext) C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Bei Oberblegi liegt ein See. Wo das Wasser hineinfließt sieht man; aber wo es hinausfließt, merkte man erst, als der Leuggelbacher Geißer meinte, er müsse kreuzweise darüber hinüber schwimmen. Der Bauer n der Hütte verwehrte es ihm und sagte: „Sei kein Narr. ‚Man soll Gott nicht versuchen’, steht in der Schrift.“ Aber der Geißer gibt zurück: „Sei’s jetzt dem Herrgott zu Liebe oder zu Leide, so will ich hinüber.“ Der Bauer denkt: Nun denn, und schaut ihm zu, wie er hinüber schwimmt. Als er fast drüben war, da nimmt es ihn plötzlich hinunter (der Haaggemaa – ein Ungeheuer – wird ihn wohl an einem Bein genommen haben). Um die selbe Stunde holt seine Mutter im Leuggelbach Wasser. Was meint ihr, dass ihr in den Eimer sprang? Der Kopf von ihrem Buben, der über den See hatte schwimmen wollen. (Übersetzung) Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch 


by Der Oberländer Zigerkrämer

Source: Der Oberländer Zigerkrämer

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Der Oberländer Zigerkrämer Der Bruder von Dorothees Grossvater handelte viele Jahre mit Ziger und trug ihn im Rückenkorb weit im Lande feil. An einer Spinnstubete erzählte Dorothee von diesem Hausierer eine schauerliche Geschichte, deren Wahrheit sie versicherte, so wahr sie dasitze und spinne! Da sei er dann einmal auf seiner Tour ganz unvermerkt in die Türkei hineingeraten und sei dort in ein vornehmes Haus hineingetreten, um zu fragen, ob man Ziger brauche. Die Frau habe geantwortet, er solle nur einen Augenblick warten, sie wolle den Mann fragen. Der Mann sei dann gekommen und habe bemerkt, der Zigerkrämer solle mit ihm in die Wohnung hinaufkommen. Wohl zwanzig Treppen sei es hinaufgegangen. Dann hat der Mann eine vergoldete Türe geöffnet und ihn in ein Zimmer geführt, wo eine solche Pracht herrschte, dass der Krämer gemeint habe, er sei im Himmel. Wie er aber sich vom Staunen erholt hatte und dem Hausherrn seinen Ziger antragen wollte, war dieser verschwunden. Als lange niemand mehr erschien, schickte der Krämer sich an, das Zimmer wieder zu verlassen. Aber es war verriegelt. Alles Rufen und Klopfen nützte nichts; keine Seele gab ihm Bescheid. Erst jetzt bemerkte er, dass die Fenster alle vergittert waren. Schliesslich schlief er vor Angst ein. Als er wieder erwachte, lag er in einem anderen Zimmer auf einem schönen Bett. Er schaute sich erstaunt um und hörte dabei jemanden schnarchen. Da habe er gerufen: „Hee, Kamerad!“ Der andere sein plötzlich erwacht und habe geantwortet: “Gut Freund!“ Beide freuten sich und jeder glaubte, am andern einen Helfer gefunden zu haben. Aber keiner wusste weder sich noch dem Kameraden einen Rat. Dann erzählten sie einander, wer sie seien und woher sie kämen. Da habe der andere erzählt, er sei Pfarrer im Züribiet; er habe in Basel seinen Bruder besuchen wollen, sei vom rechten Weg abgekommen und unversehens in die gottlose Türkei hineingelaufen. Sei bei Nacht und Nebel bei diesem Haus angekommen, habe angeklopft und gefragt: „Hee, ist das der rechte Weg nach Basel?“ Man habe ihm freundlich zur Antwort gegeben: Ja freilich, er solle nur hereinkommen, es werde ihm jemand zünden bis nach Basel hinein. Er sei hineingegangen und holdselig aufgenommen worden. Im Augenblick habe die Frau vom besten Wein, Käs und Brot und Fleisch gebracht; er habe müssen zu Tische sitzen und essen, und der Mann und die Frau hätten ihm fleissig zugetrunken. Zuletzt, als er habe gehen wollen, habe die Frau ein Gläslein Schnaps aufgestellt, das er unbedingt habe austrinken müssen. Das könne nichts anderes gewesen sein als Schlafwasser, denn nach dem ersten Schluck habe er schon nichts mehr von sich selbst gewusst. Als er am folgenden Morgen aufgewacht sei, sei er eben da in diesem Bett gelegen, habe aufstehen und in die Stube hinabgehen wollen, aber die Türe sei verriegelt gewesen und geblieben bis auf diesen Augenblick. Nun schmachte er schon ein Vierteljahr in dieser Einsamkeit und wisse nicht, was man mit ihm vorhabe. Zu essen und zu trinken habe er genug; täglich werden ihm die besten Speisen durch jenen kleinen Laden hereingegeben. Aber keine Seele sei noch zu ihm gekommen, und der Zigerkrämer sei der erste, den er seither sehe. Die beiden Gefangen mussten noch weitere fünfzehn Wochen in ihrem Zimmer bleiben. Dann erschienen zwei Türken bei ihnen, griffen an ihnen herum, redeten aber kein Wort mit ihnen, so etwa wie die Metzger mit den Kälbern tun, wenn sie schauen wollen, ob sie zum Schlachten fett genug sind. Beim Pfarrer mochten sie immerfort lächeln, der Zigerkrämer aber sei seiner Lebtag brandmager gewesen und geblieben. Da, was geschah? Komme in derselben Nacht eine Magd an das Esslädelein und flüstere, morgen werde der Pfarrer gemetzget und der andere, sobald er fett genug sei. Dem Krämer wurde es wind und. weh, doch der Pfarrer lachte nur. Nachts, als es an der Kirche halb zwölf schlug, spreitete der Pfarrer seinen Mantel auf dem Boden aus und sprach zu Grossättis Bruder: „Jetzt komm und lege dich neben mich hieher!“ Als beide so auf dem Mantel gelegen, sagte der Pfarrer: „Jetzt wünsche ich, dass wir morgen, wenn die Sonne aufsteht, gerade so nebeneinander liegen auf dem Wangener Ried!“ Dann schliefen sie ein, und richtig, als sie erwachten, lagen sie am gewünschten Orte, worauf jeder hurtig seiner Heimat zueilte. Dorothee beteuerte zum Schlusse nochmals: „Ja, das hat mein Vater vieltausendmal erzählt, und die Geschichte ist gewiss so wahr, wie das Lichtlein neben mir brennt!“ Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Wörtlich aus Stutz, S. 69, um 1806 erzählt. Präambel von K. W. Glättli. Unter der Türkei verstand man früher im Oberland die unbekannte Fremde, der man misstrauisch gegenüberstand. Dass sogar ein zürcherischer Pfarrer in der Richtung nach Basel in die Türkei hineingerät, empfinden wir heute mehr schwankhaft als sagenhaft. Vgl. HwbdA. 5, 1591, „Mantelfahrt“. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Ochs von Düdingen

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Zu Anfang des 14. Jahrhunderts stand in Düdingen ein Kirchlein, das für die wachsende Ortschaft längst zu klein war. Aber es barg als kostbares Heiligtum einen Schrein mit Reliquien des heiligen Apostelfürsten Petrus, die von der Bevölkerung der ganzen Gegend hoch verehrt wurden. Um diese Zeit brach zwischen den Städten Freiburg und Bern ein Krieg aus. Die Feinde drangen ins untere Sensetal vor, raubten, plünderten und brandschatzten. Schon nahten sie sich Düdingen. Da eilten die Dorfgenossen zusammen und hielten Rat, wie sie die Reliquien vor der Raubgier und blinden Zerstörungswut des Feindes retten könnten. Es wurde beschlossen, dieselben einem Ochsen auf die Hörner zu binden und dann das Tier an einen sicheren Ort zu bringen, bis alle Gefahr vorüber sei. Der Ochs wurde herbeigeschafft und ihm der Schrein mit den Heiligtümern sorgfältig an den Hörnern befestigt. Aber in diesem Augenblicke stürmten schon die Berner mit wildem Kriegsgeschrei ins Dorf. Darob erschrak der Ochs und ergriff die Flucht. Mit mächtigen Sprüngen satzte er zum Dorfe hinaus und verschwand im nahen Walde. Die Berner drangen immer weiter vor und kamen bis an die Tore der Stadt Freiburg. Dort wurden sie aber zum Rückzug gezwungen. Als endlich der Kriegslärm im Lande verstummte, da machten sich die Düdinger auf die Suche nach dem Ochsen. Sie fanden ihn friedlich weidend in nächster Nähe des Dorfes. Der Reliquienschrein ruhte noch unversehrt auf seinen Hörnern. Hier hatte der Himmel ein Zeichen getan. Die ganze Bevölkerung vereinigte ihre Kräfte und baute an dieser Stelle eine geräumige Kirche. Sie wurde dem heiligen Petrus geweiht. Die Reliquien kamen auf einen Seitenaltar, und über ihnen prangten als Zierat die Hörner ihres Beschützers. Bei einem späteren Umbau der Kirche trug man die Reliquien, die indessen eine kunstvolle Einfassung erhalten hatten, in die Friedhofkapelle über. Dort sind sie heute noch zu sehen. Die Ochsenhörner aber wanderten in die Sakristei. Im Laufe der Zeit ging eines verloren, und das andere wurde in ein Musikinstrument umgewandelt. Im Wappen der Gemeinde aber halten sie für alle Zeiten und Generationen die Erinnerung an jenes denkwürdige Ereignis wach.   Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch


by Der Öler von Mettmenstetten

Source: Der Öler von Mettmenstetten

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Der Öler von Mettmenstetten Im Oberdorf lebte einmal ein Öler. Der mass in seiner Öltrotte den Bauern das Lewatöl nicht ganz ehrlich aus. Nach seinem Tode musste er zur Strafe jede Nacht zur Geisterstunde aus seinem Grabe steigen‚ zur Trotte wandeln und die Spindel der Ölpresse drehen. Sieht ihn ein Menschenauge, so verwandelt er sich sofort in einen schwarzen Pudel. Heulend läuft dann das Dorf hinab und verstummt erst, wenn er auf dem Kirchhof angelangt ist. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Knonauer Amt Otto Wettstein, Heimatkunde des Kantons Zürich. Zürich 1913 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Ölkrug und die schwatzhafte Frau

Source: Der Ölkrug und die schwatzhafte Frau

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Battista war aus dem Tessin in ferne Länder ausgewandert und hatte dabei viel Geld verdient, aber als er zurückgekehrt war, lebte er in Sorge darüber, wo er es verbergen sollte, denn er hatte ein wahres Plappermaul zur Frau, die kein Geheimnis für sich behalten konnte. «Wenn meine Frau das viele Geld sieht», dachte er bei sich, «dann geht sie hin und erzählt es überall. Hernach-kommen die Diebe und stehlen mir meine Habe.» Darauf kam ihm in den Sinn, seine Goldvögel in einem Öl Krug zu verstecken und dann unten im Obstgarten zu vergraben. Also ging er in die Küche, schaute sich dort um und suchte den Öl Krug. «Was willst du mit diesem .Öl Krug machen?» fragte die Frau. «Schweig doch!», gab er zur Antwort, füllte ihn heimlich mit Goldstücken und deckte ihn wieder zu. Aber seine Frau fragte: «Ei, was ist da in dem Öl Krug drin?» «Schweig doch!» «Warum ist er so schwer?» «Schweig doch!» «Warum tönt er so merkwürdig?» «Ach, schweig doch!» Darauf ging er in den Garten, grub ein Loch, stellte den Topf hinein und deckte ihn wieder mit Erde zu. Die Frau jedoch fing wieder an: «Warum hast du ihn vergraben?» «Ach, schweig doch und lass mich in Ruhe!» Darauf ging sie hin und erzählte einer ihrer Gevatterinnen, wie ihr Battista einen Öl Krug voll «Schweig doch» vergraben und ihn in einem Loch namens «Schweig doch» versteckt habe. Die Gevatterin begegnete einer andern und erzählte das Geheimnis weiter, und diese hinwieder überbrachte die Neuigkeit einer dritten, so dass die Sache bald überall im Dorf herum besprochen wurde. Es waren aber auch einige Spitzbuben in der Gegend, die merkten bald, was für ein Ding hinter diesen Worten stecken könnte. Sie gingen hin, suchten nach und sahen auch richtig, dass an einer Stelle die Erde frisch umgegraben war. Sie gruben nach und entdeckten wirklich den Öl Krug mit den blanken Goldstücken darin. Eiligst nahmen sie das Gold heraus und Hessen den leeren Öl Krug in der offenen Grube liegen. Als die Hausfrau in den Garten kam und die Bescherung sah, lief sie sogleich zu ihrem Mann und sagte zu ihm: «Weisst du schon, dass die Mäuse all das ,Schweig doch\' gefressen haben, das du in dem Öl Krug versteckt hattest?» Zu spät erkannte jetzt der Mann, dass er durch das dumme Plappermaul seiner Frau sein ganzes, mühsam verdientes Vermögen verloren hatte. Am Kaminfeuer der Tessiner                                                               Walter Keller                                                                                           Hans Feuz Verlag Bern   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Opferbaum

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Der Opferbaum Bei Kloten stand früher eine hohle Eiche, deren Stamm einen Umfang von 33 und einem halben Werkschuh mass. In deren Höhlung konnte man vier Rosse stellen. Man hielt sie für einen Opferbaum der Heidenpriester. Ihr Standort war die sogenannte Schatzhalde. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Unterland Nach Mem. Tag. 1742, S. 511 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der päpstliche Legat und der Kanzler Kronig

Source: Der päpstliche Legat und der Kanzler Kronig

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Altpfarrer Kronig von Törbel hatte seine theologischen Studien in Wien gemacht. Leider besass Kronig ein Kröpfchen, welches das junge Studentlein mit den hellen Augen arg missgestaltete. Bei der ersten Vorstellung in Wien war man daher sehr enttäuscht, und man glaubte gar, das Wallis erkühne sich, mit den Wienern Spott zu treiben. Die gelehrten Herren der Universität wollten den Studenten nicht annehmen und ins Wallis zurückschicken; doch könne man probieren. Und siehe, der Walliser übertraf alle an Talent und Wissen. Nach vollendeten Studien wurde Kronig in Sitten bischöflicher Kanzler. Als nun der päpstliche Nuntius von Luzern ins Wallis reiste, um den neuerwählten Bischof zu weihen, wurde auch Kanzler Kronig zum Empfange des Legaten an die Landesgrenze abgeordnet. Hier empfing Kronig den Legaten mit einer glänzenden lateinischen Rede. Der Gesandte stutzte und äusserte verwundert: «Was wird erst der Fürst sein, wenn sein Kanzler eine solche Gelehrsamkeit hat?»  Wie jedoch der Legat nach Sitten kam und ihm der Bischof vorgestellt wurde, ward er enttäuscht, und er wollte nicht mehr den Erwählten, sondern Kanzler Kronig zum Bischof weihen. Das Domkapitel aber bedeutete ihm, er solle nur den Erkorenen weihen, den Bischof spiele Kronig schon selbst. TÖRBEL Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Pate und der Patensohn

Source: Der Pate und der Patensohn

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Es war einmal ein wohlhabender Pate, der hatte einen sehr armen Patensohn. Der verlor auch noch sehr früh seine Eltern. Der Pate nahm ihn zu sich und zog ihn auf. Und als er gross war, gab er ihm Geld und sagte, er solle fortgehen und das Handwerk erlernen, das er wolle, und wenn er Geld brauche, so werde er es ihm geben.  Der Patensohn nahm das Geld und zog in die Fremde. Doch nach drei Wochen kehrte er zum Paten zurück. Der sagte: «Hast du schon ausgelernt?» Der Patensohn antwortete: «Ich habe das Stehlen gelernt; das kann ich jetzt.» «Bist du wirklich ein gerissener Dieb?», fragte der Pate. Der Patensohn meinte ja. Da sagte der Pate: «Wenn du so gerissen bist, so musst du heute Nacht das schönste Pferd aus meinem Stall stehlen und mit ihm am Morgen zu mir kommen.» Im Stall waren sechs schöne Pferde. Der Pate befahl den Knechten, die Pferde nachts gut zu bewachen, es kämen Diebe, und die Knechte versprachen, die ganze Nacht zu wachen. Der Patensohn verkleidete sich als alte Frau, er ging gegen zehn Uhr abends zum Stall hinauf, schaute zur Tür hinein und sah da die Männer. Er bat sie, sie arme alte Frau in die Wärme zu lassen, es sei so kalt. Die Männer erlaubten es. Als die Alte im Stall war, so bot sie jedem ein Gläslein Schnaps an, das heize ein. Alle Knechte tranken ein Gläslein und begannen dann zu schlafen, weil im Schnaps ein Schlafmittel drin war. Der Patensohn konnte das Pferd ohne Mühe aus dem Stall wegstehlen, dann ging er damit zum Paten und sagte: «Guten Tag, Pate, hier habt Ihr Euer Pferd.» «Du bist wirklich ein gerissener Kerl!», sagte der Pate, «Doch heute Nacht musst du das Leintuch unter meinem Arsch und dem meiner Frau wegziehen, und dazu sollst du noch den Ring vom Finger meiner Frau stehlen. Wenn du das tun kannst, dann bist du wirklich ein gewiefter Dieb.» «Das werde ich schon können», antwortete der Patensohn. Er geht nach Hause und macht einen riesigen Strohmann. Gegen Mitternacht trägt er den auf einer Leiter vor die Fenster des Paten. Der sieht den Strohmann und sagt zu seiner Frau: «Jetzt ist der Halunke da, dem will ich zeigen, was ein Leintuch ist.» Er steht schnell auf und versetzt dem Strohmann einen gewaltigen Stoss, weil er meint, der Patensohn stehe auf der Leiter. Der Strohmann stürzt aufs Pflaster und rollt ein Stück weit die Strasse hinunter. Inzwischen stellt sich der Patensohn neben der Haustüre auf, denn er vermutet, sein Pate habe ein schlechtes Gewissen und käme heraus, um nach ihm zu sehen. Richtig, nach einer Weile sagt der Pate zu seiner Frau: «Ich muss doch hinuntergehen und nachschauen, ob der Patensohn noch lebt oder was.» Er steht auf und geht hinunter. In der Zwischenzeit kam der Patensohn in die Stube, ahmte die Stimme des Paten nach und sagte zur Frau: «Du könntest mir noch das Leintuch und den Ring geben, bevor ich gehe. Dieser Patensohn ist solch ein Gauner, dem kann man hinten und vorne nicht trauen.» Die Frau gab das Leintuch und den Ring heraus, weil sie meinte, es sei ihr Mann. Der Patensohn ging hinunter, und der Pate erschien kurz danach im Zimmer. Die Frau fragte, wie es seinem Patensohn gehe. Der Mann antwortete, er habe nichts gesehen. Da sagte die Frau: «Den Ring und das Leintuch wirst du wohl in der Truhe versorgt haben, damit er sie nicht holen kann.» Aber der Mann wusste davon nichts, und erst jetzt merkten der Pate und seine Frau, dass sie aufs Kreuz gelegt worden waren. Am andern Morgen kam der Patensohn mit dem Ring und dem Leintuch. Da musste der Pate zugeben, dass der Patensohn das Diebeshandwerk gründlich erlernt hatte.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Pestbote

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Im Jahre, als wieder einmal die Pest ins Tal kam, waren die Lötscher grad in Kühmatt am Heuen. Auf einmal erschien auf dem Aletsch ein blaues Wölklein. Wie sie das sahen, wussten alle, woran sie seien, dass jetzt die Pest komme. Mancher warf seine Sense fort und meinte: «Ich mag nicht mehr weiter mähen, denn ich muss ja doch sterben.» Andere mähten weiter. Wer die Sense weggeworfen hatte, der starb, die andern blieben am Leben. LÖTSCHEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Pfaffenkellerin Tapp

Source: Der Pfaffenkellerin Tapp

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Bekannt ist, wie zu Anfang des 15. Jahrhunderts in den Schweizerstädten gegen die Haushälterinnen der Geistlichen, Pfaffenkellerinnen, geeifert wurde, die man wohl nicht ohne Veranlassungen wegjagte und beim Wiedererscheinen ohne Gnade in die Türme steckte. Im Volke aber entstand die Sage, wie Eine 10 Jahre lang Pfaffenkellerin sei, falle sie dein Teufel anheim, wenn sie sich nicht lösen könne. Eine solche sollte zu diesem Behufe von der Sarganser Bergkette auf die melsersche, über ein ¼-Stunde breites Tal hinüber springen. Es gelang ihr aber nur bis an einen Rain unten in der Alp Tamons ob Mels, die den Sargansern gehört, wo ihr Fußtritt „der Pfaffenkellerin Tapp" noch in einem liegenden Felsstück jedem Besucher der Alp gewiesen wird. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Pfaffig-Stein

Source: Der Pfaffig-Stein

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Die Flüeler bauten eifrig an ihrer Kirche. Von Tag zu Tag wuchsen die Mauern zusehends in die Höhe, und der Pfarrer des Ortes hatte eine mächtige Freude. Nicht so der Böse, der auf der obersten Planzern am Abhang des Gruonberges auf einem wuchtigen Geissberger Steinblock hockte und mit grimmiger Miene zuschaute. Wie der Bau seinem glücklichen Ende entgegenging, konnte er es auf seinem Sitz nicht mehr aushalten, er sprang herab, und mit den Worten: »Warte, Pfaff! Dir will ich die Freude versalzen!« packte er den Block und schleuderte ihn gegen Flüelen hinunter, aber der wachsame Pfaff machte gleitig das Kreuzzeichen, und der Stein fiel im obern Gütschli zu Boden und blieb da liegen bis heute. Das ist der Pfaffig-Stein. Mitgeteilt: Robert Müller, Flüelen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Pfahr und der Tyfel

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Einisch het schynts ämal äu ä Pfahr än Akkord gha midem Tyfel und het midem abgmacht, wen-em är, solang är läbi, tryw diäni und alles machi, was-em är bifähli, sä chenn er zletscht sy Seel ha. Aber dry Täg vor sym Tod miäss-ems är de chu sägä. Der Tyfel isch düe fryli mächtig zfridä gsy und het gmeint, da heig er etz einisch Einä-n-am Schniärli, der ärggah-em etz gwissig nitt. Und darnah hed ihm der Pfahr bifohlä: »So jetz, wennd epper i myner Gmeind will stärbä, sä müesch-mer vorhär chu sägä, ob dü äu eppis heigisch a der Seel.« Nu, der Tyfel het gfolget und het das gmacht. Und darnah het der Pfahr jedesmal fir diä Seel chennä bättä und het si chennä vorbireitä. Und so syg-em doch i zwänzg Jahrä-n-i der ganzä Gmeind ä kei einzigi Seel z'verlyr ggangä. Aber ändlichä isch är sälber doch äu a ds Stärbä chu. Dry Täg vorhär isch-ems der Tyfel chu a'zeigä, wiänners im Akkord gha het. Der Pfahr, nitt fülä, het-si äu grischtet und het viär Geischlich la chu und het'pychtet. Und darnah hent si miässä ds Bett vo der Wand äwägrickä, diä viär Geischliche hennt miässä um ds Bett ummä stah, bi jeder Bettstutt einä. »So jetz«, het er düe zum Tyfel gseit, »gang hol-mer ez i Kilä ds Hochwirtig, ich wil äu verwahrtä sy!« Da syg-er doch äu wiättig erschmyet, der Tyfel! I Kilä ds Hochwirdig ga holä, das hed-er düe fryli nit ibernä pracht. So isch-em der Pfahr doch nu z'aarigä gsy und isch-em erggangä. So ha's ich äu gheert verzellä; iähr hennt's de d'Weeli z'gläubä. Franz Arnold, 25 Jahre alt, Bürglen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Pfarrer als Feuerbanner

Source: Der Pfarrer als Feuerbanner

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Der Pfarrer als Feuerbanner Als es ums Jahr 1860 in Berg am Irchel brannte, standen die an das brennende Haus angebauten Gebäude in Gefahr, auch zerstört zu werden. Da kam in der Not der Pfarrer. Der schritt um das brennende Haus herum und von da zum nahen Bach und durch diesen hindurch. Das Feuer folgte seinen Schritten bis zum Bach, in welchem es erlosch. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Winterthur und Weinland Gchr. Flaach 1931. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Pfarrer als Verräter

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Segensreich wirken heute die ehrwürdigen Väter Kapuziner als geistliche Hirten des geweckten Völkleins an der Matt zu Urseren. In alten Zeiten aber, so belehrt uns, und zwar ganz richtig, die Volksüberlieferung, hatten auch die Ursner Seelsorger aus der Zahl der Weltgeistlichen, und deren letzter war ein Graubündner. a) Damals lebten aber, wie die allweise Sage meldet, »Urschner« und »Pintner« in argem Streit miteinander, wie manche sagen, wegen der Landesgrenze. Einmal, als gerade niemand in Ursern ernstlich an Krieg dachte, berichtete dieser Pfarrer seinen Landsleuten jenseits der Oberalp, sie sollten auf einen bestimmten Sonntag die Ursner bewaffnet überrumpeln; das Volk werde dann ausnahmslos in der Kirche sein; die Stunde des Gottesdienstes teilte er ihnen mit. Der Sonntag war da; es war um die Weihnachtszeit, bei grausiger Kälte: die Graubündner überschritten in grosser Zahl wohlbewaffnet die Oberalp; schon erschienen sie an den Halden ob dem Dorf. Eine Kindbetterin aber in Andermatt oder ein altes Muetterli war zu Hause geblieben, erblickte den Feind, dessen Absicht sie sogleich erriet, eilte zur sorgfältig geschlossenen Kirche, die damals am Fusse des Kilchberges stand, schlug die Fenster ein und schrie, so laut sie konnte: »D'Valzauser1 cheemet, d'Valzauser cheemet!« Die Männer zerschlugen wütend die Kirchenstühle, brauchten die Trümmer als Knüttel, rückten dem hinterlistigen Feind mit Knütteln, Sensen und Gabeln entgegen und besiegten und schlugen ihn so gründlich, dass aus seinen Reihen nur noch zwei Mann am Leben blieben. Dem einen stachen die unmenschlichen Ursner die Augen aus, dem andern schnitten sie die Zunge heraus, und so schickten sie dieselben heim. Den verräterischen Pfarrer hingegen, der an jenem Sonntag absichtlich länger Gottesdienst gehalten als gewöhnlich, verjagten (oder erschlugen) sie und erbaten sich für die Zukunft Kapuziner als ihre Pfarrherrn. Jos. Huber; Fr. Simmen-Russi. b) Eine andere Erzählart verlegt dieses Ereignis auf das Jahr 612 und beruft sich auf eine Inschrift in der alten St. Kolumbans-Kirche, widerspricht aber der Überlieferung, dass damals St. Sigisbert als erster Pfarrer von Ursern gewaltet habe. Frz. Jos. Müller u.a. c) Oder: Die Ursner trieben die Bündner bis zur heutigen Landesgrenze zurück. Felix Russi d) Ein altes Fraueli war nicht zum Gottesdienst gegangen, sah die Feinde kommen und lief zur Kirche mit dem Ruf: »Kurwalder cheemet!« Jost Nell. Fußnoten 1 Vielleicht Valzasker d.h. Leute aus Val Verzasca im Tessin?   Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Pfarrer als Wirt

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Am Ende des 18. Jahrhunderts wirkte in Gelterkinden der Pfarrer Jakob Faesch, der sich neben seinen Amtsobliegenheiten gerne mit dem Landbau beschäftigte und eine Gastwirtschaft besass. Als einmal, wie das in einer Wirtschaft vorkommen kann, seine Gäste in Streit geraten waren, wollte der Pfarrer abwehren. Dabei erhielt er aber von einem der Gäste eine tüchtige Ohrfeige. Der Pfarrer wollte den Schimpf, als Pfarrer und Stadtbürger von einem Untertanen beohrfeigt worden zu sein, nicht auf sich ruhen lassen und verklagte den Betreffenden beim Obervogte zu Farnsburg. Bei der Vorladung erklärte der Beklagte recht witzig, er habe nicht dem Pfarrer, wohl aber dem obern Wirte zu Gelterkinden eine Ohrfeige gegeben. Seit dieser Begebenheit wurde den Geistlichen auf der Landschaft das Wirten gänzlich untersagt. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Pfarrer am Kreuzstein im Etzliboden

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Ein grosser, freistehender Felsblock im hintern Etzliboden heisst der Kreuzstein, weil er lange Zeit zur Erinnerung an einen Unglücksfall ein hölzernes Kreuz getragen, und ein Ortskundiger erzählt mir darüber: Mein Grossvater mütterlicherseits, Lussmann von Geschlecht, war Bergführer. Nun geschah es mehreremal, dass er in aller Eile, in Schweiss gebadet, gegen das Etzlital dahergerannt kam und die Leute auf der Herrenlymi, die am Eingang des Tales liegt, fragte: »Habt ihr nicht soeben einen Herrn gesehen da vorbeimarschieren?« Wahrheitsgemäss antworteten sie ihm mit Nein, und er erwiderte: »Doch, doch, grad jetzt muss einer da vorbei sein!« und wurde bös, wenn sie es ableugneten, und eilte weiter. Endlich traf es sich doch, dass er einen Herrn Berther, der nach Disentis an die Primizfeier seines geistlichen Bruders reisen wollte, begleiten musste. Aber beide, Herr und Führer, kamen in Sturm und Unwetter ums Leben, Berther in der Nähe des Kreuzsteins. Das Unglück hatte sich also vorausgekündet. Jos. Maria Epp, Wärter der Etzlihütte Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Pfarrer Georg Salutz

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Der Dekan Georg Salutz, s.Z. Pfarrer zu Cur, zeichnete wegen seiner grossen Gelehrsamkeit und leutseligem Wesen so wohl, als auch durch seine Rie­senkraft sich aus. Er lebte zur Zeit der Unruhen und Strafgerichte im Freistaat der drei Bünde, und predigte »ohne Furcht und Tadel,« wider die Faktionen, weswegen er nicht wenig Hass auf den Hals sich geladen, so weit, dass sogar nach dem Leben ihm gestellt wurde. So kamen in einer Nacht fünf maskierte Kerls in das Pfarrhaus. Er aber empfing sie freundlich, und holte gleich einen guten Trunk. - Als sie nun am Trinken waren, wollte Einer dieser Maskierten ihn angreifen. Salutz aber fasste ihn am Arme, und setzte ihn wieder auf die Bank, dass diesem armen Menschen nur bloss von dem Drucke der Hand der Arm entzwei gebrochen wurde. - Dann nahm Salutz sein Schwert, das er verbor­gen aufgehängt hielt, hervor, und deutete den saubern Vögeln was sie seien, und was sie zu gewärtigen hätten, wenn sie nicht ruhig seien. Auf dies hin gaben sie in der Angst sich zu erkennen, worauf der Dekan ihnen den Text las und sie dann frei gab. Den aber, welchem er den Arm entzwei gebrochen, behielt er bei sich im Hause, und kurierte ihn selber, denn er war auch ein guter Wundarzt. Ein andermal stand Salutz mit andern Herrn vor einem Trauerhause, und hatte (wie noch heute üblich) seinen langen Prediger-Mantel an. An diesem Hause war ein Kaufmannsladen, und Vorn in diesem Laden ein grosses Stück Blei, so schwer nämlich, als auf ein Pferd geladen wurde. Als der Ladenherr einen Augenblick den Rücken kehrte, nahm der Dekan Salutz dieses Stück Blei unter seinen Mantel, und unter den Arm, und deckte es mit dem Mantel zu, und hielt es also, bis der Ladenherr wieder kam. - Der schaute um, wo das Stück Blei hingekommen sei, worauf dann der Herr Dekan Dasselbe in die andere Hand nahm, und auf den Ladentisch legte, mit den Worten, es werde wohl Dieses sein. Eines Tages ging der Dekan neben dem ehemaligen Kaufhause ebener Erde des jetzigen Rathauses hinab, und sah dort, wie zwei Fuhrleute sich abmühten, ein Kaufmannsstück auf einen Wagen zu »lupfen« (hinauf zu heben), mit dieser Arbeit aber nicht zu Stande kommen konnten. Er erwiderte lächelnd, sie sollen noch einmal probieren, er wolle ihnen helfen. Sie hoben das Stück wieder, und brachten's bis auf die Knie. Da sagte er ihnen spassend: »Ihr seid wohl liederliche Gesellen, dass Ihr das Stück nicht auf den Wagen bringen möget.« Nach Fuhrmannsart antworteten sie ihm grob, wenn er so stark sei, solle er es »auflupfen«. Der Dekan setzte nun ohne irgendwelche Nachhülfe mit der Hand, den einen Fuss unter das emporgehobene Kaufmannsstück und gab damit demselben einen so gewaltsamen Schwung, dass er es über den Wagen hin, auf die andere Seite des Wagens warf. Einstens begegnete dem Dekan Salutz zwischen der Mulinära und Trimmis an einem etwas »abhaldigen« Orte ein Mann mit einem Ochsen, den der­selbe einem Trämel (Sägenholz) vorgespannt hatte. Es war aber dem Tiere unmöglich, den Holzblock »ab Stätt« (von der Stelle) zu bringen. Der Dekan erbarmte sich des Ochsen, und sagte dem Bauern: »Lieber Mann, ich habe allezeit gehöret sagen, wenn man einen Ochsen eine Weile ausspanne, so ziehe er wieder besser.« Der Bauer tat also, »wättete« (löste) den Ochsen aus, und nahm ihm das Joch ab; worauf Herr Salutz das Joch an dem »Stadal« befestigte; dann legte er seine Armbiegen ins Joch, und zog so das Sägholz alleine bis hinauf auf die Ebene. Dann sagte er zum Bauern, jetzt könne er wieder »einwät­ten«, er glaube, es gehe jetzt besser. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Pfarrer im Krautgarten

Source: Der Pfarrer im Krautgarten

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Der Pfarrer im Krautgarten Die Sternenberger hatten einmal einen Pfarrer, der war ein Hexenmeister. Der ass den Kohl so ausserordentlich gerne, dass er am seinigen nie genug hatte. Deswegen verwandelte er sich oft in einen Hasen, hüpfte dem Messmer in den Garten hinein und frass ihm die besten Kohlköpfe auf. Der Messmer schoss einmal nach diesem Hasen aber da zersprang ihm das Gewehr, und er schoss sich dabei an der rechten Hand drei Finger ab. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Umstilisiert aus Stutz, S. 149. Die Sage bezieht sich vermutlich auf Pfarrer Hagenbuch, wie auch „ Der Pfarrer im Sternenberg und sein Kind“.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Pfarrer im Sternenberg und sein Kind

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Der Pfarrer im Sternenberg und sein Kind Vetter Kaspar erzählte dem zwölfjährigen Jakob Stutz im Frühling 1813 aus dem Sternenberg folgende Geschichte: Der vorherige Pfarrer sei ein Jäger gewesen und wohne jetzt dort in jenem Haus am Walde auf der Matt in einem kleinen Stübli. Auch seien zwei von dessen Töchtern im Sternenberg verheiratet, die eine habe einen Kohlenbrenner zum Mann und die andere einen Scherer. Der Pfarrer habe aber ganz entsetzlich gewütet und gebalgt, als die Jungfer Tochter gesagt habe, sie wolle den Köhler zum Manne haben, der eben sehr arm, aber ein Jüngling gewesen sei wie Milch und Blut. Deswegen habe ihn die Tochter durchaus haben wollen und alle Drohungen und Züchtigungen seien umsonst gewesen. Endlich habe der Pfarrer sich gestellt, als ob er die Verbindung gerne zugeben wolle, und der Köhler habe, wenigstens bei Tage, freien Zutritt ins Haus gehabt, habe sogar den Pfarrer auf die Jagd begleiten dürfen. Da, einmal ausgehenden Frühlings, habe der Pfarrer gesagt, er wolle eine Lustreise mit ihnen machen. Beide haben sich höchlich gefreut und seien dann eines Morgens früh ins Tal hinuntergestiegen, wo eine Kutsche auf sie gewartet habe. Da seien sie fröhlich eingestiegen und lustig weitergefahren, ohne eigentlich bestimmt zu wissen, wohin; der Pfarrer habe nur gesagt, sie reisen nach Deutschland hinaus. Drei Tage seien sie schon gereist und durch viele Städte und Dörfer gekommen. Am Abend des vierten Tages habe sie der Pfarrer in ein hohes Schloss geführt, wo sie von einem Oberst oder General freundlich empfangen worden seien. Beim Schlafengehen habe eine Magd den Köhler hoch hinauf in ein Zimmer geführt. Und dann habe sie leise gesagt, sie müsse ihm aus Mitleiden etwas mitteilen, ihn aber um Gottes und aller Heiligen willen bitten, er solle sie doch nicht verraten; sie wolle ihm hiermit nur sagen, er sei verkauft unter die Garde des Königs von Preussen, weil er ein grosser, wohlgewachsener Bursche sei. Da sei der Köhler fast ohnmächtig geworden, und er habe um es Jüngsten Gerichtes willen angehalten, sie solle ihm und seiner Braut doch zur Flucht verhelfen Ihm habe sie es endlich versprochen, aber für die Jungfer könne sie nichts tun denn sie schlafe unten bei einem der Fräulein. Um Mitternacht habe die Magd ihn durch einen heimlichen Gang aus dem Schlosse geführt. Nun sei er davongelaufen wie ein Leu. Aber kaum sei er eine Stunde weit weggewesen, habe er hinter sich Hunde bellen gehört und gemerkt, dass seine Flucht entdeckt sei und dass man ihn verfolge. Da sei er seitwärts von der Strasse ab nach einem Walde gesprungen, sei zu einem tiefen Bach gekommen, hinunter gegangen und habe sich da im Gebüsche bis an den Hals ins Wasser gestellt. Nach wenigen Minuten seien da vier grosse Spürhunde herangesprungen‚ dann ein Herr und der Pfarrer selbst, beide zu Pferde. Die Hunde haben mehrmals in das Erlen- und Weidengebüsch hineingebellt und der Pfarrer sei wie rasend hineingeritten. Aber zu allem Glück haben sie den Köhler nicht entdeckt, seien umgekehrt und haben sich nach einer anderen Gegend gewendet. Erst als es Nacht geworden, habe sich der Köhler aus dem Versteck gewagt und sei fortgelaufen bis am Morgen, sei dann auf einem einsamen Bauernhof eingekehrt und habe sich zur Weiterreise gestärkt und gerüstet. Aber wie wunderbar es habe zugehen müssen! Am achten Tage abends seien, ohne dass eines vom anderen etwas gewusst habe, der Köhler und des Pfarrer Tochter beim mittleren Junkernhaus in Kempten ganz unvermutet wieder zusammengekommen, denn die Jungfer habe sich fast gleichzeitig auch flüchten können. Da seien sie einander um den Hals gefallen und haben geweint, haben sich dann aufgemacht, den Bergen zu, seien zu einer Base des Köhlers‚ einer armen Witfrau im Äberliswald, einem ganz einsamen Haus ob dem Kohltobel, gegangen und haben um Gottes willen angehalten, sie soll sie auch in ihrem Haus verbergen, damit sie vor den Nachstellungen des Pfarrers sicher wären. Die Frau habe sich ihrer erbarmt und beide aufgenommen. Der Pfarrer sei indessen auch wieder nach Hause gekommen, habe den Vater des Köhlers ins Pfarrhaus beschieden und denselben bei Gott und Gewissen angefragt, ob er nichts von seinem Sohne wisse. Der Vater habe hoch und teuer bezeugt, er wisse, so Gott lebe, nichts von ihm, als dass er mit dem Herrn Pfarrer eine Lustreise gemacht habe. Auf das hin habe ihn der Pfarrer entlassen. Aber nach etlichen Tagen sei die Witfrau eines Morgens totenbleich in die Stube getreten und habe gejammert: „Um Gottes willen, verberget, rettet euch, der Pfarrer kommt mit seinem Knecht den Berg herunter und schlägt den Weg nach unserer Hütte ein. Sehet, er trägt sein Jagdrohr an der Schulter. Jesus, wenn ihr verraten wäret!“ Alle drei seien in Furcht und Angst geraten und die Frau habe sie nicht anders zu verbergen gewusst, als dass sie hurtig einige Bretter vom Tennboden weggehoben und sie geheissen, hinunter zu steigen. Dann habe sie weidlich wieder zugedeckt und einige Reiswellen darüber hingelegt. Richtig sei der Pfarrer gekommen und habe die Frau furchtbar angeschnauzt, sie müsse ihm auf der Stelle seine Tochter herausgeben oder er schiesse sie sogleich nieder. Die Frau habe gezittert und geschworen, sie wisse nichts von des Herrn Pfarrers Tochter. Aber das Leben sie ihr doch auch lieb gewesen, sie habe endlich die Verborgenen entdecken müssen. Der Knecht habe die Bretter weggehoben, und gleich habe der Pfarrer gezielt, um den Köhler niederzuschiessen. In diesem Augenblick aber sei die Witfrau zugesprungen, habe dem Pfarrer das Rohr aus der Hand gerissen und gerufen, er solle sie umbringen, dem Köhler und der Jungfer lasse sie nichts geschehen. Im nämlichen Augenblick aber seien die Liebenden dem erzürnten Vater zu Füssen gefallen, haben ihn mit heissen Tränen und um des Jüngsten Gerichtes willen gebeten, er möchte einmal aufhören, sie zu verfolgen. Gott habe sie zusammengeführt, und darum solle er sie nicht scheiden. Da sei dem Pfarrer sein Herz so weich geworden wie Wachs, er habe sich zu den Bittenden niedergebeugt, sie an seine Brust gezogen und geweint wie ein Kind, habe nur ein paar Worte sagen können: „Kinder, jetzt ist’s genug!“ Dann habe er beide nach Hause geführt und nach vierzehn Tagen ihnen die Hochzeit verkündet. Nicht weit vom Hörnli, in einer tiefen Schlucht, in einem niedrigen Schindelhäuslein musste die vornehme Pfarrerstochter daheim sein. Es hat ihr dort nicht lange behagt. Denn da musste sie statt Suppe und Fleisch nur Erdäpfel und Mehlbrühe essen, täglich dreimal, musste Baumwolle spinnen wie andere arme Weiber und durfte nicht spazieren gehen. Es habe sich recht komisch ausgenommen, wenn sie so in einem feinen Damastkleid, einer weissen Haube und spitzigen Schuhen beim Spinnrad gesessen sei und ungeschickt gesponnen habe. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Wörtlich aus Stutz, S. 146. — Besonders im 18. Jh. wurden die Wälder der Tössberglandschaft stark reduziert durch das Kohlenbrennen. Vgl. Kaspar Keller, Chelleländer Ard und Brüüch, S. 83.   Das Edelfräulein als Köhlersfrau Die Köhlersleute, von denen in der vorhergehenden Geschichte die Rede ist, hatten Kinder. Nach vielen Jahren hat ihr ältester Sohn, der ein gar hübscher Jüngling und auch Kohlenbrenner gewesen, fast das gleiche Schicksal erlebt wie sein Vater. Er brannte einmal beim Schloss Breitenlandenberg Kohlen - und da habe er des Schlossherrn, der ein Junker Werdmüller gewesen sei, einzige Tochter zur Frau bekommen. Die musste auch in den Sternenberg ziehen, Erdäpfel und Mehlbrühe essen und sich eine einem Damastkleid fast zutode spinnen. Aber der Sohn war mit einer solchen Frau so wenig glücklich als der Vater mit der Pfarrerstochter. Die ganze Haushaltung war und blieb mausarm. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Leicht umstilisiert nach Stutz, S. 149. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Pfarrer mit dem Wetzsteinfass

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Vor Zeiten waren unsere Pfarrer noch nicht so gebildet wie heute; aber sie hatten auch nicht so viel Schulunterricht wie die jetzigen, sonst ... Sie gingen nur ein paar Monate zu einem tüchtigen, alten Pfarrer, um ein wenig lesen, schreiben und allenfalls ein wenig Latein zu lernen. Trotzdem hielten sie vortreffliche Predigten mit Worten, die wie Hämmer auf die Herzen der armen Sünder fielen. (Die Leute gingen zu jener Zeit auch noch zur Predigt.) Und nicht nur das Predigen verstanden sie, sie bauerten auch selbst, mähten, heuten im Sommer und manch eine Predigt dachten sie sich wohl mit der Sense in der Hand aus. Und wenn sie sich zuweilen ein bisschen vergassen, so ist das verzeihlich, man kann wahrhaftig nicht zwei Dinge zugleich tun. So hatte auch jener arme Kerl, der mit dem Wetzsteinfass auf dem Hintern auf die Kanzel stieg, sich vergessen. Es soll ein Mathoner gewesen sein, was sehr wohl möglich ist. Wie mir erzählt wurde, mähte er eben in Prada draussen eines Samstagabends vor dem Gebet, ohne an das Wetzsteinfass zu denken. Gewiss hatte er schon die Predigt vom nächsten Tag im Kopf. Wie dem auch sei, plötzlich hörte er die Glocke zum Gebet läuten, warf die Sense hin und rannte im Schreck mit dem Wetzsteinfass auf dem Hintern in die Kirche und auf die Kanzel. Ihr könnt ihr euch vorstellen, wie das «klipp klapp» machte zur Kirche herein und auf der Kanzel, wie die Leute kicherten und wie der arme Kerl verlegen war, als er es merkte. (Schams)   Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Pfarrer und die Frau des Schmieds

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Ein Pfarrer ging zur Frau eines Schmieds. Der Bub des Schmieds merkte dies und versteckte sich eines Abends unter dem Ofen. Er wollte herausfinden, was da der Pfarrer während der Abwesenheit des Vaters treibe. Er musste lange unter dem Ofen warten, bis der Pfarrer endlich kam. Die Mutter ging dann sofort in die Küche, kochte Kaffee und bewirtete den Pfarrer aufs beste mit Schinken, Würsten, Butter, Honig, Kuchen und Schmalzgebäck. Sie hatten es bis in die Nacht hinein lustig. Bevor der Pfarrer ging, fragte die Frau, wo er morgen pflüge, sie wolle ihm dann das ‹Znüni› bringen, sagte der Pfarrer, wo er mit zwei Pferden arbeiten werde, das sehe sie schon von weitem. Als der Pfarrer und die Mutter draussen waren, ging der Bub dann auch ins Bett. Am andern Tag pflügten der Schmied und sein Bub auch in der Nähe des Pfarrers; sie hatten aber zwei braune Pferde. Der Bub sagte zum Vater: «Wir sollten unsere Pferde mit zwei Leintüchern zudecken, die Fliegen sind furchtbar lästig!» Dem Vater war dies recht, und sie bedeckten die Pferde, so dass sie von weitem gerade wie Schimmel aussahen. Gegen neun Uhr kam die Frau des Schmieds mit einem Korb und einer Flasche. Sie meinte, es sei der Pfarrer. Doch sie täuschte sich und musste das ‹Znüni› ihrem Mann und ihrem Buben geben, und sie getraute sich nicht, dem Pfarrer davon zu bringen. Sie wusste aber kaum, was sagen, denn es war überhaupt nie ihre Gewohnheit gewesen, das ‹Znüni› aufs Feld zu bringen. Da sagte sie: «Ich habe geglaubt, dass ihr es heute sehr streng habt, deshalb habe ich Wein und Küchlein gebracht.» Der Schmied und der Bub tranken nach Herzenslust Wein und assen Küchlein, doch sie vermochten nicht alles zu essen. Da sagte die Mutter zum Buben: «Du könntest den Rest dem Pfarrer bringen.» Der Bub nahm die Flasche und den Korb und ging. Unterwegs brach er die Küchlein in Stücke und schmiss sie auf den Boden. Dann ging er zum Pfarrer hinauf und sagte, der Vater habe ihn geschickt und lasse ausrichten, wenn er noch einmal abends zur Mutter komme, so nehme er die Axt und schlage ihn tot. Dann ging er wieder und erzählte dem Vater, der Pfarrer habe gesagt, er solle mit der Axt kommen und seinen kaputten Pflug flicken. Der Schmied nahm die Axt und ging schnell hinauf. Unterwegs las er die Küchlein auf, die der Bub in Stücke gebrochen hatte. Als der Pfarrer den Schmied mit der Axt auf dem Rücken kommen und dazu noch Steine sammeln sah, um sie nach ihm zu werfen - wie er meinte -, da haute der Pfarrer schleunigst ab. Der Schmied ging dann nicht zu ihm hinauf, sondern machte kehrt und sagte: «Ich glaube, der Pfarrer ist besoffen.» Der aber getraute sich nie mehr, das Haus des Schmieds zu betreten, obwohl der Schmied nichts von der ganzen Geschichte wusste.     Thompson Motiv K 1573 (Täuschung: Der Schlaumeier schickt seinen Meister hinter dem Geliebten seiner Frau her)     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der pfeifende Hirtenbub

Source: Der pfeifende Hirtenbub

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Ein appenzeller Hirtenbub hütete einst eine Herde Ziegen. Im Zorn über die wilden, neckischen und unbändigen Tiere, rief er einst: „So wollt' ich, dass euch der Teufel hüt!“ Sogleich erschien der Teufel und sagte, das wolle er wohl tun, nur dürfe der Hirtenbub das Evangelium Johannis nicht mehr hersagen. Ohne Zögern ging dieser den Pakt ein und der Teufel freute sich schon, so leichten Kaufs eine Menschenseele erhascht zu haben. Diese Freude war aber etwas zu früh, der Teufel war angeführt. Zwar hielt der Hirtenbub sein Versprechen, das Evangelium Johannis nicht mehr herzusagen, dafür hat er es aber von jener Stunde an alle Tage einmal gepfiffen, was auf ein und dasselbe herauskam und dem Teufel alle Macht über den Schlaukopf nahm, dessen Herde er von da an hätte hüten müssen, wenn dieser das unchristliche Bündnis nicht bereut und den Bösen nicht davon freigesprochen gehabt hätte. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Pferdegeist  Zavudschaou

Source: Der Pferdegeist  Zavudschaou

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Bei Charmey zwischen dem Weiler La Tzintre und der Felsbrücke Iou pon daou vanni (Ie pont du Vanni) liegen die Moormatten, welche man Lé-Bourliandé nennt. Auf jenen Moorgründen werden im Spätherbste, um das Nachgras zu benutzen, viele Pferde geweidet, nachdem sie die Alpen verlassen. Etwa vor hundert Jahren noch sah man daselbst einen vierfüssigen Geist, der einem Pferde ähnlich sah und den man Zavudschaou benannte. Dieser Geist war ein loser Geselle, der gar zahm und freundlich tat, sobald jemand dort des Nachts vorbeiging, mochte es auf dem Fuss- oder engen, holperigen Fuhrwege sich ereignen. Wollte man ein Stück Weges auf dem Gaule reiten, so zeigte er sich dazu sogleich bereit, allein sobald man aufgesessen war, sprang Zavudschaou in den nahen Bach und schwamm mit der grössten Geschwindigkeit stromaufwärts, bis man entweder vor Nässe, Kälte oder Müdigkeit ohnmächtig neben dem Wasser liegen blieb, und am andern Morgen im Fieberfroste halb tot erwachte, oder nicht eher vom Kobold befreit wurde, bis man seinen Schutzengel oder einen andern Heiligen anrief, dann setzte das Pferd den Reiter auf der nächsten Wiese ganz sanft und gemächlich ab und verschwand. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der pfiffige Hirte

Source: Der pfiffige Hirte

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Es war einmal ein Herr, der weder Lügner noch Schmeichler ertragen konnte. Er hielt sie für so armselige Leute,  daß er nie jemanden einen Lügner genannt hätte, ohne zu denken, er würde ihn beleidigen. Ja, er ging sogar so weit, eines Tages zu sagen: «Wenn ich jemals einen Menschen als Lügner beschimpfen sollte, verspreche ich auf meine Ehre, ihm meine Tochter zur Frau zu geben.»  Nun stand in seinen Diensten ein junger Hirt, der nicht auf den Kopf gefallen war. Der beschloß eines Tages, er möchte wohl der Schwiegersohn seines Herrn werden. Dieser war keineswegs hochmütig; er kam oft zu seinen Knechten ans Feuer und hörte gerne die Geschichten, die sie zur Abendstunde erzählten. Wenn ein besonders guter Scherz berichtet wurde, hielt er sich den Bauch vor Lachen. Eines schönen Abends sprach er den jungen Hirten an:  «He, mein Junge, weißt du nichts zu erzählen?»  «Sicher, mein Herr. Eines Tages, als ich die Herde hütete, setzte sich ein Bienenschwarm, nicht weit von mir entfernt, auf einen Geißblattstrauch. Ich habe den Schwarm in einen Sack fallen lassen und diesen gut zugebunden; die Bienenkönigin habe ich mit einem Spinnwebfaden am Sack angebunden. Als die Königin fortfliegen wollte, haben alle Bienen ihre Flügel geöffnet. Schnell habe ich mich am Ende des Sackes festgehalten und wurde mit ihm bis zu den Wolken emporgehoben. Die Menschen sahen von dort oben so klein aus wie Ameisen, und die Felder waren wie ein Flickenteppich. Als die Bienen ermüdeten, ist der Sack wieder ganz sanft herabgeschwebt und nahe beim Geißblattstrauch gelandet. - Habe ich Ihnen eine Lüge erzählt, mein Herr?»  «Es war schon ein bißchen starker Tabak; aber wer weiß, ob du am Ende nicht doch die Wahrheit gesagt hast? Weißt du vielleicht noch eine andere Geschichte?»  «Sicher», antwortete der Junge, ohne sich aus der Fassung bringen zu lassen.  «Als ich noch jünger war, habe ich als Mahlknecht in einer Mühle gearbeitet. Eines Abends wurde das Maultier krank. Wie sollte man jetzt die Säcke voller Korn hoch oben vom Hang herabholen? Der Müller raufte sich die Haare; er war ganz verzweifelt.  Glücklicherweise hatte ich einen guten Einfall: die Nebel stiegen vom Fluß herauf - an diese hängte ich einen Schubkarren, der morgens den Abhang hinaufgezogen wurde und abends voll beladen wieder zurückrollte, wenn der Nebel sich ins Tal senkte. Habe ich jetzt gelogen, mein Herr?»  «Wirklich, du gibst schon ein wenig an. Weißt du noch eine Geschichte?»  «Ich glaube schon. Am nächsten Tage nieselte es, doch die Sonne blitzte durch die Wolken wie ein Feuerwerk. Das gab einen wunderschönen Regenbogen, der mit einem Ende im Bach direkt neben der Mühle stand, während das andere Ende sich ganz oben am Abhang verlor. Das Maultier war immer noch krank; also rannte ich den Abhang hinauf, ohne auch nur richtig Atem zu holen. Oben angekommen, nahm ich einen Sack Korn nach dem anderen und ließ sie über den  vielfarbigen Bogen hinuntergleiten; dann bin ich den Hang hinuntergerast, um die Säcke bei der Mühle in Empfang zu nehmen. Etwas lief dabei nicht ganz nach Wunsch: das Mehl, das an diesem Tage aus den Mahlsieben ge- wonnen wurde, leuchtete in allen Farben des Regenbogens. Mein Herr, denken Sie jetzt, ich sei ein Lügner?»  «Du machst uns hübsch mundtot, Bursche. Wo nimmst du all das her, was du uns da erzählst? Nun, weiterb  «Meiner Treu, mein Herr, als mein Meister das farbige Mehl sah, wurde er so wütend, daß er mich mit einem fürchterlichen Fußtritt hinausschmiß - mit einem so gewaltigen Fußtritt, daß ich bis in den Hof eines Bauerngutes flog, wo man eben einen Maulwurffänger suchte. Ich sagte sofort, ich wäre der beste Maulwurffänger der ganzen Gegend, und die Leute haben mich sogleich eingestellt. Einmal hatte ich Lust, den ganzen Tag hindurch einer Feldmaus nachzugehen. Wir marschierten hintereinander: sie vorn, ich hinten, wie zwei Pilger. Die Maus kletterte auf  den Wipfel einer Fichte und auf der anderen Seite wieder hinunter ich hinterher. Sie .schwamm durch einen fluß, ich mit ihr Dann hat sie ein Gerstenfeld durchquert. Ich bin auf ihrer Spur geblieben. doch da hat der Feldhüter mich erwischt und hat mich in Ihrem Gefängnis eingesperrt. Die verfluchte Feldmaus hatte mich derart in Trab gehalten, daß ich vor Müdigkeit augenblicklich eingeschlafen bin.»  «Schweig, du Schwätzer" sagt da der Herr.  «Habe ich Ihnen eine Lüge erzählt?» «Das habe ich nie behauptet»  «Nun schön, es ist so wie ich sagte: ich schlief also ein, und als ich erwachte, befand ich mich inmitten eines Ameisenhaufens.  Neben mir lag ein Brief, den Ihr Herr Großvater an Ihren Herrn Onkel geschrieben hatte. Und wissen Sie, was in diesem Brief zu lesen war?»  «Sag es mir schnell!»  «Ich weiß wirklich nicht, ob ich's Ihnen sagen soll; Sie könnten darüber sehr böse werden»  «Sag's nur schon!»  «Ihr Herr Großvater schrieb Ihrem Herrn Onkel, daß er nie im Leben so glücklich gewesen sei, als zu der Zeit, da er in Bonfol Schweine gehütet habe.»  «Lügner! Verdammter Lügnerl» brüllte der Herr und packte den Jungen an der Gurgel.  «Wann soll die Hochzeit denn stattfinden?» fragte nun der Hirt.  «Was erzählst du mir da, du Habenichts!» schrie der Herr.  «Haben Sie nicht etwa geschworen - und das nicht beim Schwanz einer Stute, sondern bei Ihrer Ehre -, daß Sie Ihre Tochter dem zur Frau geben würden, den Sie als Lügner bezeichneten?»  «Der Teufel soll mich holen, wenn ich das widerrufen würde», erwiderte der Herr, der seine Besinnung wieder gefunden hatte. «Aber mein Großvater war nie Schweinehirt.»  «Sicher nicht, aber waren das nicht etwa Lügen?»  «Stimmt», sagte nun der Herr als guter Verlierer.  «Heute in zwei Wochen bist du mein Schwiegersohn»  Und so geschah es, daß der kleine Hirt, nachdem er Mahlknecht und Maulwurffänger gewesen war, ein Herr wurde.  Nach: J. Surdez, Contes fantastiques du Jura recueillis par Jules Surdez (1878-1964) in:  E. Montelle, R. Waldmann, Die schönsten Märchen der Schweiz, Vevey 1987 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der pfiffige Waldfängge

Source: Der pfiffige Waldfängge

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Ein anderer Waldfängge bei Conters hütete einst einen ganzen Sommer die Ziegen des Dorfes. Jeden Morgen kam der wilde Geissler bis nahe an die Häuser, um die Tiere abzuholen, und jeden Abend führte er sie bis zu der gleichen Stelle und kehrte dann wieder in den Wald zurück. Die Burschen von Conters versuchten öfters, aber vergebens, ihn zu fangen. Endlich kamen sie auf einen eigenen Gedanken und füllten zwei Brunnentröge, aus denen er zu trinken pflegte, den einen mit Wein, den andern mit Branntwein. Der Geissler kostete zuerst das Rote (den Wein) und rief: »Rötheli, du verführst mi net,« und labte sich am Weissen (dem Branntwein). In der darauffolgenden Berauschung ward er geknebelt, und seine Peiniger, denen eine alte Sage bekannt war, die Fänggen wüssten aus der entziegerten Molke (Schotte) Gold oder das Lebenselixir zu bereiten, wollten ihn nicht eher freigeben, bis er ihnen ein Arcanum entdeckt habe. Er versprach ihnen, wenn sie ihn losbänden, einen recht guten Rat. – Er wurde freigelassen, und da gab er ihnen den Rat: »Ist 's Wetter gut, so nimm de Tschôpa mit, Ist's aber leid, chanst thuen, wie d'witt.« Quelle: Jecklin, Dietrich: Volksthümliches aus Graubünden. 3 Teile, Zürich 1874, Chur 1876, Chur 1878 (Nachdruck Zürich: Olms, 1986), S. 28-29.      Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Pimpernussbaum auf Bösegg

Source: Der Pimpernussbaum auf Bösegg

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Eine gute halbe Stunde südlich von Willisau liegt auf einem Bergrücken der Bauernhof Bösegg. Von hier begaben sich einmal der Bauer samt Frau und Sohn auf die Pilgerfahrt nach Sankt Jakob. Sie betraten unterwegs in einer Stadt eine Herberge; es wohnte aber daselbst ein böser Wirth. Er schob heimlich in die Reisetasche des Sohnes einen goldenen Becher, liess ihm dann nachsetzen und ihn als Dieb gefangen nehmen und untersuchen. Es konnte ihm nicht geholfen werden, der arme Junge wurde des Diebstahls schuldig verurteilt und dann gehenkt. Der Vater und die Mutter aber wollten dennoch ihr Gelübde erfüllen und zogen traurig fürbass. In Sankt Jakob angekommen, klagten sie dem lieben Heiligen ihre grosse, schwere Not und hörten dann eine gar holdselige, tröstliche Stimme, dass ihr Sohn ihnen wieder gegeben werde. Denn er lebe noch am Galgen, sie möchten nur wieder sich dahin begeben und vorher zum Bischofe gehen dort in der Stadt und ihm solches erzählen. Sie kamen dahin und trafen den Bischof beim Mittagsmahle. Es wurden eben zwei gebratene Hühnchen und ein Güggelchen (Hähnchen) aufgetragen und der Bischof, als er die Erzählung der Pilger vernommen, sagte: „So wenig diese gebratenen Hühnlein sammt dem Güggelchen wieder lebendig werden, so wenig kann euer Sohn noch am Galgen lebend sein.“ Und es lebten die Gebratenen auf und der Sohn, als sie zu ihm kamen, war auch noch am Leben und der Galgen neigte sich sogar und stellte ihn sanft zur Erde nieder. Er war frisch und fröhlich und alle Welt hatte Freude mit ihm. Der böse Wirth kam statt seiner an den Galgen. So reisten des Böseggers freudig nach Hause. Jene zwei Hühnlein aber samt dem Güggelchen wurden in die Kirche gebracht und sie lebten allda und wurden gefüttert. Als drei Jahre um waren, legten sie drei Eier und daraus schloffen zwei junge Hühnchen und ein Hähnchen, die alten aber starben. Und so geht es seither immer fort, alle zwei Jahre legen dort die Hühnchen drei Eier und gehen dann ab, bis auf den heutigen Tag. Auf jener Pilgerreise hat der Bösegger irgendwo einen Stab von einem Pimpernüsschenbaum geschnitten und ihn daheim in die Erde gesteckt. Er wuchs und die Früchte sind gut gegen Grimmen. In der Nähe wird in einem Kapellchen am Wege auch der heiligen. Erasmus verehrt.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Der Pintenwirt von Urdorf

Source: Der Pintenwirt von Urdorf

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Der Pintenwirt von Urdorf In Urdorf lebte einst ein boshafter Wirt, der das halbe Dorf um Geld und Gut gebracht haben soll. Mehr und mehr plagte ihn aber das Gewissen, zuletzt dermassen, dass er sich eines Tages im Hohneret erhängte. Kinder, die zwischen Neujahr und Fastnacht geboren sind und darum mehr sehen sollen als andere Leute, können das Totengerippe noch heute sehen. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Limmattal Aus den „Sagen aus dem Limmattal“. Quellen sind dort nicht angegeben. Laut Vorbemerkung wurden die Sagen durch Sekundarlehrer K. Klenk „durch Schulaufsätze“ gesammelt. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Pökler am Bergüner Steine

Source: Der Pökler am Bergüner Steine

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Der Landammann Chr. Pallet war, als er noch als Fuhrmann diente, einmal ungefähr um Mitternacht mit seiner Fuhre am Fusse des Bergüner-Steines angelangt, und befand sich in der Ebene, nicht weit der Brücke, die über die Albula führt. Da flogen plötzlich beide Räder auf der einen Seite des Wagens ab. Mit grosser Mühe machte er sie wieder fest, und wollte weiter fahren. Kaum war der Wagen wieder in Bewegung, fielen die Räder auf der andern Seite ab. Hierüber ungeduldig, begann er, nach Fuhrmannsbrauch zu fluchen, machte aber die Räder wieder an. - Wie er das Pferd abermals antrieb, fielen wieder die zwei erstern Räder los. Er befestigte sie wieder, und so ging es fort, immer fielen zwei Räder weg, und er kam nicht von der Stelle. Nun hörte er auf, zu fluchen, denn es nützte ihn doch nichts, und zudem empfand er ein Grauen. In aller Stille spannte er sein Pferd aus, liess den Wagen stehen, und ritt nach Hause. Am folgenden Morgen früh ritt er hin, und fand Fuhrwerk und Ladung in bester Ordnung in Mitte des Weges, vor der Brücke, aber die Deichsel Bergün zugekehrt. - Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Pola-Reiter

Source: Der Pola-Reiter

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Nicht weit oberhalb des Städtleins Mayenfeld liegt ein ziemlich grosses Gut, die »Pola» genannt. Dasselbe ist von einer Mauer umschlossen. Zu diesem Gute gehört das an dem Wege nach Rovels stehende schlossähnliche Haus, und nahe dabei ein Stall, der aber, der Sage nach, nicht benutzt werden kann. In dieser »Pola» hält sich ein Geist auf. Es muss nämlich dort ein Adelicher umgehen, um einer Mordtat willen, die er im Leben verübt hatte. Er erscheint an bestimmten Tagen, auf einem Schimmel, und wird der »Pola-Reiter» genannt. Er macht die Runde durch das Haus, den Stall und das ganze Gehöfte, reitet die Kreuz und die Quere, und macht sich kein Gewissen daraus, den ihm Begegnenden aufzufangen, umher zu jagen oder sonst zu erschrecken. In dem Stalle, in welchem der Reiter seinen Schimmel unterbringt, kann kein Stück Vieh gesund bleiben; auch ist das ganze Revier so verrufen und unheimlich, dass Niemand gerne dort nur vorbei geht. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Polipeeggel

Source: Der Polipeeggel

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Der Polimann, Polipeeggel oder der schwarze Mann genannt, nahm die Kinder, besonders die Buben, mit sich fort, wenn sie bei Anbruch des Abends nicht ab der Gasse wollten. „Der Polipeeggel chund!“ Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Poltergeist im Tossolehn

Source: Der Poltergeist im Tossolehn

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An der Grenze zwischen dem obern Freiamt und dem alten Amte Rotenburg hinter Giebelflüh liegt der Hof „Tossolehn“. Einige Schritte vom Grenzmarchstein ejntfernt stand das alte Bauernhaus, das erst vor etwa 20 Jahren abgebrochen wurde. Dieses Haus soll zur früheren Zeit eine Herberge, Wirtshaus gewesen sein, das allerelei Gesindel aufnahm und beherbergte. An gewissen Tagen, Kilbenen, soll `s da bunt hergegangen sein, und Händel und Schlägereien zwischen den Feiämtlern und Luzernern seien nichts Seltenes gewesen. In diesem Hause rumorte der Poltergeist. Um die Mitternachtsstunde hörte man in der Küche schmoren und braten, Krüge und Töpfe, Pfannen und allerlei Geschirr herumwerfen. Das Gerumpel und Geklirre war so stark, dass man hätte glauben können, am Morgen läge alles in Stücken durcheinander am Boden. Sah man aber am Morgen nach, so war nicht nur nichts zerbrochen, sondern jedes Gerät an der gleichen Stelle, wo man es am Abend zuvor getan. Oft, besonders an Vorabenden heiliger Tage, hörte man die Ofenbank krachen, gerade so, als ob eine schwere Person sich darauf setze; ja, man glaubte sie keuchen und ächzen zu hören. Der Geist war guter Art, und hat niemanden Schaden oder Leides getan. Seitdem das Haus abgebrochen, hat man auch vom Geiste nichts mehr verspürt. Warum aber die Sellen des alten Hauses noch jahrelang und bis sie zusammengefault auf dem Bauplatze liegen mussten, das habe zwar seinen guten Grund gehabt; darüber will uns aber niemand recht Auskunft geben. Der alte Gürtler Rehling war in diesem Hause mehrere Jahre zur Miete und hat mit den Seinen diese Vorgänge oft gehört und später erzählt. Dessen Sohn, der alte Gürtlerhans, der noch lebt, weiss darüber zu berichten.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Der Poltergeist in Russikon

Source: Der Poltergeist in Russikon

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Der Poltergeist in Russikon Im Jahre 1809 wurde in Russikon ein neues Haus gebaut und seine Wände schön mit Schindeln verkleidet. Es war noch nicht voIlendet, als Jakob Stutz mit seiner Mutter und der Strehlerin, einer Nachbarin aus Isikon, auf einer Badereise nach Winterthur daran vorbeizogen. Da verhandelten die beiden Frauen miteinander den Bau mit folgenden Worten: Es nehme sie wunder, woher der Mann das Geld hierzu genommen habe. Es werde das Haus wohl niemand bewohnen können, denn es heisse für gewiss und bestimmt, dass, Gott bhüet uns davor, ein Poltergeist drin hause. Viele Leute haben ihn schon gehört, wenn sie um Mitternacht da vorüber gegangen seien. * Barbara Ott von Madetswil behauptete um dieselbe Zeit: O, in der Gemeinde Russikon hat es Hexen, Gespenster, Unghür, Zeusler usw., wie in der ganzen Welt nirgends soviel. Da hat ein Pfarrer nur deswegen alle Hände voll zu tun. * Als ein Hittnauer über das Aussehen eines Poltergeistes befragt wurde, meinte er mit Bestimmtheit „Ein Poltergeist sieht präzis aus wie ein ‚Stockrote‘“. (Aristokrat) Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland 1. Abschnitt , Zitat aus Stutz, S. 88/89; 2. Abschnitt Zitat aus Stutz, S.65; 3. Abschnitt, Zitat aus Stutz, S.89 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Poltergeist von Blumisberg

Source: Der Poltergeist von Blumisberg

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Lange Jahre stand das alte Schlösschen von Blumisberg bei Wünnewil leer und verlassen. Niemand wollte es kaufen, noch weniger darin wohnen; denn ein geisterhaftes Wesen hauste im Schlösschen. Dieses machte den Besitzern des Landhauses das Wohnen unmöglich. Der Schabernack und Lärm, der in so mancher Nacht die Kühe störte, verleidete den Bewohnern den Aufenthalt in den unheimlichen Räumen. Man erzählt, unsichtbare Hände hätten den Dienstboten selbst das Leintuch unter dem Leib weggezogen. Wer konnte bei solch tollem Spass noch ungeniert im Bette schlafen! a) In einer hellen Herbstnacht wollten einige leichtsinnige Burschen im Schlossgarten Pflaumen stehlen. Schon waren sie auf die Bäume geklettert, als sich das Verhängnis nahte. Plötzlich stand eine Gestalt drunten auf dem Rasen; die wuchs und wuchs riesengross bis zu den Baumkronen herauf und starrte die Pflaumendiebe böse an. Da war ihnen die Lust an den süssen Früchten vergangen. Blitzschnell glitten sie von den Bäumen herunter und suchten in hellem Galopp ihr Heil. Denen war der Appetit an fremdem Obst für immer vergangen. Der Obstgarten von Blumisberg hatte auf lange Zeit keine ungebetenen Gäste zu befürchten. b) Einst musste ein Dachdecker das Schlossdach ausbessern. Die Arbeit nahm mehrere Tage in Anspruch, weshalb der Handwerker auf dem Estrich des Hauses nächtigte. Denn während der warmen Sommerszeit war es da droben kühl zum Ausruhen. Aber um Mitternacht vernahm er über die Stiege Kettengerassel und mächtiges Gepolter, wie wenn ein Dutzend Rossknechte die Stiege hinaufrasten. Der Dachdecker wagte nicht nach der Ursache des Lärmes zu schauen und zog sich die Bettdecke bis über die Ohren über den Kopf. Doch ausser dem Schrecken geschah ihm nicht Übles. Aber er zog es vor, künftig ein anderes Nachtquartier zu wählen. Im Nachbarhause fand er denn auch eine ruhige Schlafstätte. c) Ein anderer Mann der Umgegend war von Neugier getrieben, das Gespenst einmal zu sehen. Deshalb begab er sich des Abends in die Nähe des Schlösschens. Die Dämmerung brach herein. Scharf beobachtete der Lauscher das Gebäude. Auf einmal wurde es taghell und aus dem Estrich des Schlösschens fuhr ein feuriger Wagen heraus, von glutsprühenden Rossen gezogen. Im Prunkwagen sass ein vornehmes Fräulein in reicher, altmodischer Kleidertracht. Das Geistergespann fuhr durch die Lüfte und nahm die Richtung nach dem nahen Walde, dem sogenannten Schafloch zu. Dort kreiste die Kutsche dreimal im Kreise um den Platz herum, so schnell wie ein Kreisel in Bubenhand; dann machte das Geisterfuhrwerk wie auf geheimen Befehl kehrt und schlug wiederum die Richtung nach dem Schlosse ein. In Windeseile flog die Zauberkutsche wieder dem Estrich zu und verschwand im Schlosse mit Pferd und Insassen. Vor Schreck und Überraschung hatte sich der Bauer an einer schützenden Stelle zu Boden geworfen und einen geweihten Rosenkranz um die Hände geschlungen. So zog der Geisterspuk an ihm vorbei, ohne ihm etwas Böses anzutun. Die Neugier des Mannes war kuriert, und fortan machte er einen weiten Umweg um das verwünschte Schloss, falls er einmal dort vorbeiziehen musste. d) Im vergangenen Jahrhundert wurde zur Nachtzeit öfters eine weisse Dame gesehen. Sie wandelte von der Knochenmühle, die heute nicht mehr vorhanden ist, bis zum Schlösschen hinauf. Einem Bauern von Blumisberg, der vom Markte heimkehrte, gab sie stumm das Geleite. Sie lief immer neben dem Fuhrwerk bis zum Schloss, wo sie dann plötzlich verschwand. Im Schlösschen selber spukte und lärmte es öfters derart, dass es viele Jahre hindurch niemand drinnen aushalten konnte, weshalb das Gebäude viele Jahre unbewohnt blieb. Jetzt ist hingegen jeder Spuk und jeder nächtliche Geisterrumor verstummt. e) In der alten Scheune bei Blumisberg war's früher auch nicht geheuer. Es spukte dort gar sehr in finstern Nächten. Man sieht unterm Dach und Gebälk auch kein einziges Spinngewebe.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Postli und die Katze

Source: Der Postli und die Katze

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»Jää, dass de das alles nytt syg, wo da der Pfahr Miller im Wuchäblatt glah het la druckä, das müeß m'r doch niämmer chu sägä,« ereifert sich (1913) der Postli vom Maderanertal. »Ich ha de sälber äu nu eppis erfahrä, das lah-n-ich miär de nitt la nä. Ich bi einisch der d'Nacht z'Silänä bi der Schitzä verby. Und darnah chunnt dur ds Teeltschi appä-n-ä gryßlichi, schwarzi Chatz, grad miär vor d'Fiäß, und gaht vormer anä. Z'ersch ha-ssi wellä uf d'Armä nä und ha-nn-ärä wellä flattiärä. Und darnah ha-n-i aber doch tänkt: Nei, das machisch nitt, mä weiß niä! Der d'Nacht sind all schwarz Chatzä-n-alt Häxä. Diä Chatz isch miär da eißter i dä Fiäßä gsy, und z'letscht bi-n-i afigs ertäubet und ha züem-mer sälber gseit: Dä witt si ä chly stäikä, diä müeß doch sicher nu gleitiger gah! Und ha-n-ä Stei üffgläsä und ha-nn-ärä der wellä-n-ariährä. Aber woll! Diä hett si eiswägs 'kehrt gha! Der Tyxel hindärä! wiä diä ä Puggel gmacht het! und d'Äugä! diä hennd-ärä gglissä wiä Liächtli. Und 'küttet und 'pfüset hed etz diä, wiä-nn-es Lokamatyv! Dersälb Stei ha-n-ich einisch änandäränah uß dä Händä 'tah! Ä gheerigä Tschüder isch dur-mi üff chu, und d'Haar sim-mer z'Bärg gstandä, sy hennt 'Kappä-n-uf-em Grind schiär glipft. Vo da äwägg isch diä Chatz miär nimmä-n-uß dä Fiäßä, i ha chennä machä, was i ha wellä, und wo-n-i zur Ellbogächappälä-n-üfä chu bi, ha-n-i gschwitzt, ds Wasser isch uß mer üsä grunnä wiä us-ämä Zeintli. ›Jetz wit aber doch probiärä,‹ ha-n-i düe züem-mer sälber 'tänkt, ›ob dü etz diä Häx nitt von der äwägg 'pringsch; jetz sind ämal Hyser i der Neechi, wennd's fählt, sä channsch um Hilf riäffä.‹ Und ha-n-ä Stei uffgläsä, und ha-n-aber äs Chrytz drüff gmacht. Wiä-n-ich aber das Chrytz gmacht ha, isch diä cheibä Chatz niänä meh gsy. – Jä, gregiärt het mi diä dersälb Abed scho! – Hm, das het mä-n-eißter gseit, der d'Nacht syg keiner Chatz nytt z'trüwä.« Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Präzer Senn

Source: Der Präzer Senn

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Er hiess der starke Andres, war als gefürchteter Ringer bekannt, was damals viel galt. Daneben war er mild und gutmütig. Zwei Rhäzünser kamen zu seiner Alphütte um ihn zu besiegen. Den Starken und doch Gutmütigen dauerte es, die Schwächern zu misshandeln, was bei einem Ringkampf unvermeidlich gewesen wäre. Er wollte sie mit List entfernen, nahm in jede Hand ein sehr schweres, gefülltes Milchgefäss und bot ihnen freundlich zu trinken. Die Männer erschraken vor der Kraft dieser Arme und entfernten sich. Aus: U. Brunold-Bigler, Die Sagensammlung der Nina Camenisch, Disentis 1987, mit freundlicher Genehmigung der Autorin. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Prediger auf der Jagdmatt

Source: Der Prediger auf der Jagdmatt

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Bald nach den Zeiten des heiligen Sigisbert predigte ein Mönch damals noch über der Reuss gegen den Berg hin und wurde später von dem Flusse verschüttet. Der Mönch predigte dort von der Versöhnung. Auf einmal hörte er auf und sagte, in diesem Augenblick sei an einem Ort ein Mensch von einem Kirschbaum heruntergefallen. Sie wollen für diese Seele ein Vaterunser beten. Darauf predigte er fort, nahm zwei Totenköpfe, schlug sie zusammen und sie gaben Feuer. Er sagte, das seien zwei Schwägerinnen gewesen; die hätten einander nicht verziehen und seien jetzt beide verdammt. Wenn es das Volk verlange, so wolle er beide Köpfe reden machen. Das Volk verlangte es nicht.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.    


by Der Priester von St. Wendel

Source: Der Priester von St. Wendel

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Kurz vor der Reformation amtete an der St.-Wendel-Kapelle bei Haslen ein Priester. Er hatte ein gutes Einkommen, denn die vielen Gläubigen, die dort Trost und Hilfe suchten, dankten gerne mit einer frommen Gabe. Eigentlich hätten diese Geschenke der Kirche gehört, und der Geistliche hätte daraus den Armen Gutes tun sollen. Stattdessen lebte er in Saus und Braus, speiste Forellen oder Gemspfeffer und genoss die auserlesensten, teuersten Weine. War es da zu verwundern, dass er dabei immer dicker wurde und schliesslich eines Tages im eigenen Fett erstickte? Längst ist der Fleischklumpen, in dem seine Seele wohnte, zu Staub geworden. Die Seele aber hat bis auf den heutigen Tag keine Ruhe gefunden. Zur Strafe für sein lästerliches, geniesserisches Leben muss der Priester immer wieder um den Ort wandeln, wo die Kapelle stand. Wanderer, die spät in der Nacht von Haslen nach Nidfurn gehen, beschleunigen an dieser Stelle ihre Schritte, denn sie wollen es nicht darauf ankommen lassen, dem büssenden Sünder zu begegnen.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Prinz und sein Gevatter

Source: Der Prinz und sein Gevatter

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Es war einmal ein Prinz, der mit seiner Mutter, der alten Königin, in La Punt unten wohnte. Der Prinz war ein schöner und guter Jüngling, aber im Kopf etwas zurückgeblieben. Umso mehr Grips hatte sein Pächter und Gevatter Christel; der konnte ihn um den Finger wickeln, gerade wie er wollte, ohne dass der andere das Geringste merkte. Nur die Königin mahnte ihn oft und sagte: «Lieber Sohn, trau diesem Schuft nicht - der spielt dir einen Streich um den andern, glaube mir, das ist ein Fuchs.» Auch der Schreiber mochte den Gevatter nicht. Aber das half alles nichts. Der Prinz war ganz vernarrt in diesen Mann und versessen darauf, jeden Tag in den Stall zu gehen - das tat er verrückt gern. Der Prinz hatte auch einen grossen Grundbesitz, eine Viehherde und einen grossen Stall voller Schafe. Zeitweise ging der Pächter auf das Maiensäss Tabac, das dem Prinzen gehörte, um das Vieh auszufüttern, zeitweise wohnte er im Dorf. Jetzt eines Morgens früh, als der Prinz kaum aufgestanden ist, erscheint der Gevatter in aller Eile und bittet um Erlaubnis, mit dem Prinzen zu sprechen. «O Herr Prinz», rief er, «was bin ich doch für ein armer Mann; was habe ich für eine "schöne" Ordnung im Stall! Heute Nacht ist der Wolf eingebrochen und hat mir wieder zwei schöne Schlachtschafe gerissen. Wenn es auf diese Weise weitergeht, so weiss ich nicht mehr, was ich anfangen soll. Ich habe eine grosse Familie, glaubt mir's, und wenn ständig ein Schaf fehlt, so werde ich zugrunde gehen.» - «Ach, du armer Teufel», sagte jetzt der Prinz, es tut mir sehr leid, dass du so ein Pech hast» - und den Geldbeutel aus der Tasche nehmend - «hier, nimm diese beiden Goldstücke und kauf dir zwei andere Schafe.» - «Gott belohne und segne Euch, Herr Gevatter», sagte jetzt Christel, und auf dem Heimweg dachte er: «Heute habe ich ihn wieder reingelegt! Wenn der wüsste, dass ich es bin, der die Schafe getötet hat! Sapperlot! Wie wird das Fleisch des jährigen Schafes gut sein!» Kurze Zeit später sagte an einem Sonntag die Frau des Pächters zu ihrem Mann: «Heute wollen wir wacker essen; ich will den Hafen übers Feuer hängen und Schweinefleisch mit Maisklössen kochen.» - «Weißt du was», sagte er, «mach ein riesiges Feuer, damit es bald zu sieden beginnt; heute will ich den Gevatter wieder reinlegen. Mein Geldbeutel beginnt schlaff zu werden, und ich habe grosse Lust, ihn zu füllen. Aber du musst mir helfen. In dem Augenblick, wo es überkocht, lässt du das Holz samt der ganzen Asche unter dem Hafen verschwinden, und ich renne unterdessen hinüber und rufe den Prinzen. Dann binden wir ihm einen Bären auf und erzählen, der Hafen koche ohne Feuer.» Sobald Christel sah, dass das Wasser im Hafen fast überlief, rannte er zur Tür hinaus und schrie zum Prinzen, den er gerade auf der Strasse traf: «Herr Prinz, Herr Prinz, wenn Ihr ein Wunder, etwas noch nie Dagewesenes sehen wollt, so kommt in meine Küche.» - «Was hast du denn jetzt wieder?» fragte der Prinz. «Was ich habe? Ich habe einen Hafen, der kocht ohne Feuer!» - «Du wirst doch nicht etwa Spass machen», sagte jetzt der Prinz, «wie kann ein Hafen ohne Feuer kochen?» - «Herein, nur herein, schaut selber, ob das nicht wahr ist.» - Und – tatsächlich, als er in die Küche kommt, sieht der Prinz, dass das Wasser im Hafen überlief, obwohl kein Feuer darunter brannte. Und in dem Augenblick hob die Frau den Hafen hoch und zeigte dem Prinzen, dass das Fleisch gar war. «Hol’s der Teufel», sagte der Prinz, «das wäre etwas für uns, wir, die so viel Holz brauchen. Wie viel verlangt Ihr dafür?» - «Aber Herr Prinz», antwortete der Gevatter, «es tut mir leid, doch dieser Hafen ist nicht käuflich.» - «Oho, oho», sagte jetzt der Prinz, «nicht einmal für des Königs Geld? Gebt Ihr ihn mir für zehn Goldstücke?» - «Aber, Herr Gebieter, weil es für Euch ist, so will ich ihn hergeben und ihn auch gerade in Euren Palast hinübertragen.» Nun rannte der Prinz zur alten Königin und rief: «Frau Mutter, Frau Mutter, ich habe eine Anschaffung gemacht! Ich habe einen Hafen gekauft, der ohne Feuer kocht. Kommt sogleich in die Küche und schaut, ob es etwa nicht so ist, wie ich gesagt habe!» - Jetzt musste die alte Köchin das brennende Holz darunter wegnehmen und alles auslöschen, dann hängten sie den Hafen auf, und der Prinz sagte zur Mutter: «Jetzt, Frau Mutter, könnt Ihr sehen, wie bequem das ist und wie viel Holz wir sparen werden!» - Doch das Wasser im Hafen blieb kalt, und vom Sieden war keine Rede. Der Schreiber begann zu grinsen, ging ganz leise aus der Küche und dachte. «Diesmal ist der gute Prinz wieder schön an der Nase herumgeführt worden.» - Die Frau Königin sagte jetzt zu ihrem Sohn: «Du bist aber wirklich ein armer Trottel, es tut mir leid, es dir sagen zu müssen. Alle guten Ermahnungen, die ich dir gegeben habe, haben nichts geholfen; jetzt gehst du hinüber und sagst jenem Schuft, was er ist und dass wir ihm die Pacht wegnehmen, wenn er noch einmal die Frechheit hat, dich derart anzuschmieren.» Nun ging der Winter vorbei, und eines Tages, als Christel wieder gar kein Geld mehr hatte, sagte er zu seiner Frau: «Heute hätte ich Lust, den Prinzen wieder über den Tisch zu ziehen, und wenn es uns gelingt, so hauen wir von La Punt ab, es darf uns niemand mehr hier finden, du musst nur tun, was ich dir sage.» Kurze Zeit später sah Christel den Prinzen auf der Strasse draussen, da befahl er seiner Frau: «Leg dich sofort mitten in der Stube auf den Bauch und tu so, als wärst du tot.» Dann rannte er Zetermordio schreiend zum Prinzen: «O Herr Prinz, Herr Prinz, ich bin ein armer, unglücklicher Mann! Meine Frau ist gerade jetzt gestorben!» - «Gott bewahre!» sagte der Prinz, «wie ist das möglich, ich habe sie doch gerade vorher gesehen?» - «So kommt sogleich mit mir in die Stube, dann könnt Ihr es selbst sehen.» Und tatsächlich - drinnen sahen sie die Frau in voller Länge mausetot daliegen. «Ihr armer Mann», sagte der Prinz, «das ist wohl ein grosses Unglück für Euch alle, dass Ihr diese gute Hausfrau verloren habt. Da habt Ihr allen Grund zu klagen und zu weinen, denn so eine kriegt Ihr nicht mehr!» Und Christel wollte nicht mehr aufhören zu schreien und tat wie halb verrückt. Da sagt er plötzlich, indem er sich gegen die Stirn schlägt: «O ich Dummkopf, dazustehen und mich derart aufzuführen! Ich, der ich sie ins Leben zurückholen kann! Und nicht vorher daran gedacht zu haben!» - «Was für ein Mittel habt Ihr denn, um einen Toten wieder lebendig zu machen?» fragte der Prinz, «das ist nicht möglich, tot bleibt tot.» - «Ich kann helfen, wartet nur», und Christel holte eine Pfeife aus dem Schrank und pfiff dreimal von hinten gegen seine Frau, und beim dritten Pfiff stand sie auf und war quicklebendig.  «Lass mich diese Pfeife anschauen, Donnerweiter! Die muss ich haben», sagte der Prinz und zog einen mit Goldstücken gefüllten Beutel hervor. «Ich glaube, damit könnt Ihr zufrieden sein». Und er warf den Beutel auf den Tisch, ging zur Stube hinaus und zu seiner Mutter, um ihr die Pfeife zu zeigen. Am nächsten Tag sah er vor dem Tor des Palasts den Schreiber und konnte sich nicht verkneifen, ihm zu erzählen, was er gesehen hatte, und ihm die Pfeife zu zeigen. Der Schreiber begann zu lachen und sagte: «Diesmal, Herr Prinz, seid Ihr wieder von oben bis unten angeschmiert worden!» - «Was, du Schuft, du hast die Frechheit, deinem Herrn derartige Gemeinheiten an den Kopf zu werfen? Warte, wir werden noch ein Wörtlein miteinander zu reden haben!» Dann ging der Prinz in sein Zimmer, und einen Augenblick später erschien er mit seinem Gewehr am Fenster und schoss den Schreiber kaltblütig nieder. Schlagartig sprangen alle herbei und sahen den Schreiber mausetot am Boden liegen. Die Königin schrie: «O du unglücklicher Sohn, was hast du getan?» – Als er nun den Schreck der Mutter sah, sagte der Prinz: «Beruhigt Euch Frau Mutter, wenn ich den Schreiber umgebracht habe, so kann ich ihn auch wieder lebendig machen» – und er pfiff dreimal von hinten gegen den Schreiber. Aber der regte sich auch beim dritten Pfiff nicht mehr. «O du Teufelsgevatter!» - schrie der Prinz jetzt, «warte nur, du wirst deinen Lohn kriegen, so wahr ich hier stehe. Los, kommt alle mit mir, wir wollen ihn verhaften.» Alle gingen mit Gewehren und Schwertern hinüber, aber was fanden sie? Das Haus war verschlossen, und niemand darin! Der Gevatter hatte sich aus dem Staub gemacht, der war über den Albula geflohen, und niemand hat ihn mehr gesehen - und das Märchen ist zu Ende. (Oberengadin)   Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Prior und sein Knecht

Source: Der Prior und sein Knecht

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Der Prior Blötzer in Lötschen, das war einer, von denen nicht dreizehn auf ein Dutzend gehen. Lang ist es her, seit er zum ewigen Licht einging. An den Abendsitzen und am Herdfeuer der Sennen plaudert man gern von ihm und stets mit einem Schimmer von Ehrfurcht. auch wenn es sich um Dinge handelt, an die heute niemand mehr glaubt. Er besass die seltene Gabe, böse Geister, welche die Menschen drangsalieren und irreführen und die sich die naiven Älpler als irdische Missgestalten ausmalten, zu vernichten, etwa auch in eine Wildnis zu bannen, in Schutt und Gletscherwüste, wo sie keinen Schaden mehr stifteten. So weltklug, witzig, schlagfertig und eigenmächtig der Pfarrer, so hilflos und einfältig war Martin, sein Knecht, der ihn auf seinen Ausgängen zuweilen begleiten durfte. Einst kamen sie selbander von einer Wanderung zurück. Auf dem Bauplatz in Kippel türmten die Steine sich haushoch, und der eine ging links, der andere rechts vorbei. Auf einmal war der Geistliche nirgends mehr, und als Martin zurückschaute, sah er ihn oben ins Dorf einbiegen. Wo er jetzt noch gewesen sei, fragte der Knecht ganz verblüfft. Zuoberst im Tal, lautete die Antwort, wo er einem Geist das Eiskämmerchen gerüstet habe. Verflixt gern hätte der Knecht im Geisterbuch des Priors geschnüffelt und sich einige kräftige Sprüche hinter die Ohren geschrieben, allein, der Zutritt ins Zimmer war ihm untersagt, was ihn erst recht spannte und folterte. Als der Pfarrer abwesend war, öffnete er behutsam die Tür, trippelte auf den Fusspitzen zum Tisch, nahm das Zauberbuch auf den Schoss und schlug den ledernen Deckel auf. Schon die erste Seite war der Geheimnisse voll. Mit dem Finger glitt er den Schnörkeln und Zeichen nach und fing leise und dann immer lauter an zu buchstabieren und über den dunklen Sinn der Schrift gedankenlos wie eine Fliege zu hüpfen. Kolderi - Polderi - knabberte er an den schwierigen Wörtern - Bodenrutscher - Zapfenlutscher - Pappelstange - Riesenzange - Wolkenschlucker - er zog den Atem tief aus der Lunge und wischte den Schweiss. Uff - Gott steh mir bei! - das schwere Buch fiel zu Boden. Alle die Geister, die er mit Namen gerufen, sie waren da, neben ihm, hinter ihm, über ihm, bogen sich über die Rückenlehne des pfarrherrlichen Sessels, klammerten sich an die Tischplatte, knufften ihn an den Ellbogen - Buckelmännchen, nicht drei Käse hoch, mit verzerrten Larven und Igelhaaren, Riesen, die in Achselhöhe die Decke berührten und zwiefach auf ihn niedergrinsten. «Du hast uns gerufen, wir sind da, was ist dein Verlangen?» krakeelten die Unholde, und unser Martin, der keinen Fuss rühren und keinen Ton aus dem Hals quetschen konnte, schlotterte bachnass auf seinem Hocker. Zum Glück war der Prior eben heimgekommen und vernahm im Garten bei seinen Bienenstöcken den Spektakel. Eilig schritt er ins Haus. Der Gang war eine Versammlung von spukhaften Gestalten, zwischen denen er sich mühsam hindurchpresste. In der Stube welche Verwirrung! Der Knecht wie ein ausgedroschenes Bündel Haferstroh fahl auf dem Sesselchen, von murrenden Geistern umzingelt. Stracks flüsterte der Pfarrer dem Knechtlein das erlösende Wort ins Ohr, und mit zitternder Stimme lallte Martin: «Hinaus, hinaus, drei Mass Gerstenkörner ins Haus!» Ein Husch, als ob nur einer da wäre, und die Stube war rein. «Jetzt aber geschwind!» rief der Pfarrer, und hob das Buch auf. «Bis zu welcher Zeile bist du gekommen?» «Bis hier, ich weiss nicht, bis hier, nein da.» Ehe er die Stelle gefunden, waren die Geister zurück und stellten drei Scheffel Gerstenkörner gestrichen voll auf den Tisch. «Gib uns Arbeit, sonst bei deiner armen Seele, wir zerreiben dich zu Staub und Mehl!» summte, brummte die Geisterbande. Der Knecht schüttelt sich wie ein Hund nach dem Bade: «Herr Pfarrer, Herr Pfarrer, was soll ich?» - Gierig schnappt er die Worte seines Meisters auf und stackelt: «Schüttet die Körner in den Fluss, und bringt sie alle wieder her!» Schlauerweise hatte der Pfarrer, als er die Scheffel musterte, drei Kerne zurückbehalten und sie unter die Fingernägel geschoben. «Wo bist du im Buch steckengeblieben? Kratz dein Gedächtnis auf, ich muss es wissen!» «Ich will vorn anfangen, dann weiss ich, wo ich aufgehört habe.» «Das dauert zu lange, Strohkopf, sag mir das letzte Wort! » Der krumme Finger Martins pflügte den Zeilen entlang, und die Schnörkel verhaspelten sich zum unentwirrbaren Klüngel. Wind und weh ward ihm, und er starrte blöde zur Tür, als die Unholde schon wieder hereinhuschten und die tropfenden Eimer randvoll vor die Füsse schoben. «Sind es alle, Wolkenschlucker?» höhnte der Pfarrer. «Drei Scheffel schwer, sind keine mehr!» grochzte der Zyklop. «Schert euch, faule Käuze, es fehlen drei Körner!» Die Geister stoben davon. «Hier ist die Stelle!» rief Martin wie aus dem Fegefeuer erlöst. «Wolkenschlucker, das war das letzte», und er reichte dem Prior das Buch, der in aller Hast rückwärts las und die Geister in ihre Haft zurückbeschwor, aus der Martin sie gerufen hatte. «Ein Glück, dass dir das Wort einfiel, sonst wären wir beide verloren gewesen. Er brummte ihm eine gesalzene Strafe auf, indem Martin acht Tage lang den Wein nicht mehr holen durfte im Keller. Zuweilen verliess der Pfarrer des Nachts die Pfründe, und der Knecht, der seine Wissbegierde nicht zügeln konnte, bat um die Erlaubnis, ihn zu begleiten. Sie stiegen zu den Glockenhäusern empor, und der Schalk gebot: «Du gehst links, ich rechts der Schutthalde, und bei den Aletschbäumen treffen wir zusammen!» Sohlenleicht rannte Martin die Strecke ab, kein Pfarrer war da. Er wartete eine Stunde, der Meister kam nicht. Missmutig stoffelte er nach Hause. Des andern Tags fragte er nach dem Verbleiben des Priors. «Du bist halt eine Schnecke. Als du mich suchtest, war ich schon zuhinterst im Lötschental, beim Kuhmattgatter.» Am Montag wurde der Seelsorger nach Jeizenen gerufen, um einen Geist zu bannen, der an Sonn- und Festtagen Blöcke rollte, Dämme unterwühlte und Lawinen losbrach, auf deren Rücken die Stadel wie Schneckenhäuschen tanzten. Hinter dem Pfarrer stiefelte der Knecht, und die beiden querten der Kürze nach ein Kornfeld, in dem die ersten Ähren sich spitzten. An Ort und Stelle angekommen, rief der Geist: «Heute wirst du mir nicht Meister, Prior, ihr zwei seid Diebe!» «Wieso Diebe, was haben wir gestohlene» «Guckt auf die Schuhe Eures Knechtes, er hat Kornähren in den Schnallen! » «In der Tat», gestand der Pfarrer, «das ist Diebstahl.» Er kehrte um und ging zu dem Besitzer des Ackers, der ihm den winzigen Betrag natürlich schenkte. Am folgenden Tag stiegen sie wieder den Berg hinan. Martin zog den Schuh, der ihn drückte, aus, raufte ein Büschel Gras vom Ranft und polsterte die Sohle. «Heute kommt ihr wieder umsonst», foppte der Geist, «ihr seid halt Diebe!» «Schon wieder Diebe?» sagte der Prior massleidig; «wir sind doch nicht durch den Kornacker gegangen!» «Schaut dem Knecht in die Schuhe! Heublumen hat er hineingestopft, die ihm nicht gehören!» Der Prior wendete sich abwärts und bot dem Besitzer Schadenersatz. Tags darauf legten sie die Strecke zum drittenmal zurück, immer schön in der Mitte des Weges. Da sagte der Geist: «Gestern und vorgestern hast du den Schaden wettgemacht und heute nichts gestohlen, jetzt muss ich dir gehorchen. Leb wohl, du schönes Jeizenen, ich ziehe in die Verbannung.» Eine Woche später wurde der Pfarrer zum Gletscher gerufen, und Martin durfte ihn begleiten. «Sollte der Geist dich ebenfalls ansprechen, was man nie wissen kann, pass auf, was ich sage, und antworte genau wie ich!» «Das werde ich tun», gelobte der Knecht und holte geschwind den Wedel und das Kräuterfass. Am Gletscher angekommen, meldete sich der Unhold: «Was bist du für ein Heiliger? Offenbare mir deinen Namen!» «Ein Heiliger bin ich nicht», erwiderte der Pfarrer, «hoffe aber, mit der Gnade Gottes einmal einer zu werden.» «Und du, milchbärtiges Knechtlein, was bist du für ein Esel?» Wie der Meister, schloss Martin die Füsse und die Hände und stotterte: «Ein Esel bin ich nicht, hoffe aber, mit der Gnade Gottes einmal einer zu werden.»   Quelle: Johannes Jegerlehner: Walliser Sagen, Hans Feuz Verlag Bern, 1959 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Prior, der 308 Jahre geschlafen hat

Source: Der Prior, der 308 Jahre geschlafen hat

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Der Klostervorsteher Evo hatte einmal nach dem Mittagessen grosse Lust, spazieren zu gehen. Die Bäume trugen das erste Laub, und die Sonne schien so hell in das düstere Refektorium hinein, dass die alten Zinnkrüge auf dem Tische funkelten und helle Ringlein an die Wand warfen. Er setzte das Käpplein auf, wanderte ein Stück weit in den Wald hinein und erfreute sich am jungen Grün, dem Summen und Schwirren der Insekten und dem lachenden Sonnenschein. Er wurde aber bald so müde, dass er sich ins Moos niedersetzte und einem Vöglein lauschte, das gar herrlich sang auf dem Baum. Ob all dem Lauschen fielen ihm die Augen zu, und er schlief fest ein. Als er erwachte, glaubte er etwas länger geschlafen zu haben als sonst. Er rieb sich die Augen, guckte herum, sah grünes Laub, hörte die Vögel zwitschern und machte sich auf den Heimweg. Als er das Kloster erblickte, sperrte er die Augen auf und kniff sich in die Arme, um zu sehen, ob er wache oder träume. Er glaubte, sich verirrt zu haben, und doch kannte er den Weg nur zu genau. Das Klostergebäude sah ganz anders aus als vor einer Stunde; die weissen Mauern waren grau und alt geworden, von den Wänden fiel der Mörtel, die schweren, plumpen Steinblöcke auf dem Dache waren entfernt, und die Schindeln hatten einer roten Ziegelbedachung Platz gemacht, wie er sie noch nie gesehen. Die Tannen im Garten waren hoch aufgeschossen, und statt des wackeligen Palisadenzaunes bemerkte er eine hohe, feste Mauer. Entweder waren seine Augen schwach und trübe geworden, oder ein böser Geist zauberte ihm Trugbilder vor das Gesicht. Er läutete an der Pforte, und bald kam der Pförtner mit einem mächtigen Schlüsselbund an der Seite herangehumpelt. Das war ein Mann, den er in seinem Leben noch nie gesehen hatte, und der doch tat, als ob er hier zu Hause wäre. Pater Evo fuhr ihn an, wer ihn hier angestellt habe. Der Pförtner machte ein verdutztes Gesicht ob der sonderbaren Rede, dann platzte er los und lachte laut auf: «Da stellst du eine schöne Frage an mich, fremder Bruder; solange ich die Mönchskutte trage, bin ich hier ein- und ausgegangen, und das sind nun schon in die vierzig Jahre, aber du gehörst ja zu einem andern Kloster!» «Was?» brauste Pater Evo auf, erbost über das dumme Lachen, «ich bin der Prior des Klosters und vor einer Stunde hinausgegangen in den Wald, um ein Mittagsschläfchen zu halten!» Da schüttelte der Pförtner den Kopf, drehte sich auf dem Absatz um, liess den fremden Prior stehen, nahm mit drei Sätzen die Treppe, dass der Schlüsselbund klirrte, stürmte hinein zum Prior und meldete pustend, es stehe jemand draussen, der so und so aussehe und behaupte, Prior dieses Klosters zu sein. «Hätte er nicht unser heiliges Gewand getragen, ich hätte ihm ins Gesicht gesagt, er sei . . .» und er wies mit dem Finger nach der Stirne. Der Prior sah bedächtig über die Brille weg und brummte: «So, so, wir wollen sehen!» Er versammelte die Klosterherren im Refektorium und liess den fremden Mönch hereinholen. Als Evo auf einem Stuhle Platz genommen hatte, fragte der Prior die Versammelten, ob jemand diesen Bruder kenne. Alle schüttelten die Köpfe. Pater Evo machte ein bedenkliches Gesicht, denn an keinen dieser Brüder konnte er sich entsinnen. Er griff an die Stirne und wusste sich diese grosse Veränderung gar nicht zu erklären. Er kam sich vor wie in einem Zauberland, wo in einer einzigen Stunde alles umgewandelt wird. Der Prior fragte ihn, wie er heisse, und als er den Namen «Evo» hörte, erinnerte er sich, in der Klosterschrift einmal gelesen zu haben, dass vor langer Zeit ein Prior mit diesem Namen verloren gegangen sei. Er liess die alte Chronik holen, und als er eine Weile in dem ehrwürdigen, nach Staub und Moder riechenden Buche geblättert hatte, fand er den Namen «Evo» beim Jahr 1209. Pater Evo hatte 308 Jahre im Walde geschlafen. Als dieser das hörte, sank er lautlos zusammen und zerfiel zu Staub und Asche. Quelle: Johannes Jegerlehner: Walliser Sagen, Hans Feuz Verlag Bern, 1959 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Quäcki zu Asp

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Ein Weib von Asp, einem Bergdorfe im Aargauer Jura, hatte Händel mit dem Manne bekommen ihres Kindes wegen; um es los zu werden und sich zu rächen, warf sie's in den Backofen. Zuletzt war noch etwas Gebein übrig geblieben. Sie nahm's sammt der Asche und streute es in den Asper-Bach. So weit das Wasser die Gebeine trug, wandelt dorten jetzt eine Gestalt, und wo der ehemals sog. Steig, jetzt aber eine Brücke vom Dörflein her über den Waldbach geht, da muss sie des Nachts stehen und sich die Zöpfe flechten. Stöhnt sie dabei schmerzlich, so wird sich bald das Wetter ändern. Von ihrer Klagestimme her heisst sie der Quäcki. Vor noch nicht einem Vierteljahre hat sie sich wieder sehen lassen, und ein Knabe wäre dabei bald übel weggekommen. Der Zufall hatte diesen eines Abends in schlechte Gesellschaft gebracht und da spielte er, so blutjung er noch war, Karten und verlor. Er sollte nun am Ende als Kleinster beim nächstgelegenen Wirthshause Wein und Zubehör in seinen Kosten herbei holen. Es war schon sehr spät, als er ans Wirthshaus klopfte, und man öffnete nicht sogleich. Mittlerweile aber umgab ihn ein Stöhnen und Aechzen, das immer heftiger wurde, und eine Gestalt gieng dabei so hart und dicht an ihn heran, dass sie ihm zwischen die Beine zu kommen schien. Zum Glücke that eben der Wirth auf; auch dieser hatte es noch gesehen und fragte erschrocken, ob denn dort nicht eben der Quäcki weggehe, der werde wohl so furchtbar gethan haben. Aber der Junge mochte weder antworten, noch konnte er jetzt den Wein verlangen, denn im Augenblick entlud sich ein entsetzliches Donnerwetter über dem Dorfe, dass er das Heimgehen bleiben liess. Länger als eine Woche hielt der stärkste Regen an. Mit dem Namen dieses Dorfthieres hängt ein bei uns allgemein üblicher Reim zusammen, mit dem man quäerisch sich geberdende Kinder beschämt: de Quiggeli chunt, de Quäggli chunt, er quägglet ûf de Steine, i kenne ne, i weiss ne wol, es quäggelet sust ekeine. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 115 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Rabe

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Es war einmal ein Graf von uralter Herkunft, aber von gar geringem Vermögen. Dieser ging eines Tages, über die Zukunft seines einzigen, holdseligen Töchterleins sinnend, durch den Wald. Da rief ihm von einer Eiche herab eine krächzende Stimme zu, einen Augenblick zu verweilen. Der gute Graf schaute empor und erblickte einen Raben mit glänzendem Gefieder. Dieser sprach zum Grafen: »So du mir dein Töchterlein zur Frau gibst, erhältst du des Goldes die Fülle.« Dessen war der Graf wohl zufrieden, ging heim und führte die Tochter zum befiederten Bräutigam, der sagte zu ihr: »Schöne Jungfrau, geht mit mir in die Kapelle meines Schlosses, kniet hin vor dem Altar einen ganzen Tag, füllet den bereitstehenden Krug mit Euren Tränen und begießt, wenn ich am Abend heimkomme, damit mein Gefieder. Tut Ihr solches, ohne  den Inhalt des Kruges zu verschütten, so hat die böse Hexe, die mich in einen Raben verwandelte, keine Macht mehr über mich und vor Euch wird stehen ein junger, schmucker Ritter.« Sprach's und flog von dannen, der Jungfrau durch das Dickicht den Weg zu einem fernen, prächtigen Schloß zeigend. In der Kapelle angelangt, kniete des Grafen Töchterlein hin und tat, wie ihr geheißen worden. Als sie aber am Abend mit dem vollen Tränenkrug in den Hof treten wollte, um des Raben zu harren, tat sie einen falschen Schritt und verschüttete einen Teil des kostbaren Inhaltes. Da schwebte der Rabe herbei und sagte, daß er mitnichten erlöst sei, und die Jungfrau ihr frommes Werk von Neuem beginnen müsse. Und die Rabenbraut erhob sich frühmorgens vom Lager und hatte mit dem sinkenden Abend das Krüglein mit ihren Tränen wieder gefüllt. Aber auch diesmal ging es ohne ein paar verschüttete Tropfen nicht ab, und abermals kam der Rabe herbeigeflogen und ermahnte gar rührend die Weinende, doch am dritten Tag des Inhaltes zu achten, weil er sonst noch hundert Jahre als Rabe verzaubert durch die Wälder fliegen müsse. Und das Mägdlein nahm sich die guten Worte mehr als je zu Herzen, weinte bitterlich den dritten Tag hindurch, und als der dritte Abend heraufgedämmert kam, richtete sie ein kräftig Gebet zum Himmel empor und gelangte bebenden Herzens aber sichern Schrittes ohne Unfall auf den Schloßhof, wo der Rabe ihrer wartete. Dann goß sie den Inhalt des Kruges auf das glänzende Gefieder des Vogels, und vor der errötenden Jungfrau stand auf einmal ein herrlicher Ritter, welcher ihr für seine Befreiung mit warmen Worten dankte, der künftigen Herrin die im Schlosse aufgehäuften Schätze an Gold und Edelsteinen zeigte und sie dann mit prunkendem Gefolge in die halb zerfallene Burg ihres Vaters geleitete, wo eine prachtvolle Hochzeit gefeiert wurde. Dann kehrten sie alle in das große Schloß des jungen Fürsten zurück, um dort für viele, viele Jahre in ungetrübter Freude zu leben. Quelle: Jecklin, Dietrich: Volkstümliches aus Graubünden. 3 Teile, Zürich 1874      Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Rabe

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Es war einmal ein Graf, der hatte nur eine Tochter. Da er sein Vermögen im Krieg verloren hatte, war er sehr traurig. Eines Tages ging er ganz traurig durch einen Wald und zerbrach sich den Kopf, wie er seine einzige Tochter, die nun zu einer schönen jungen Frau herangewachsen war, verheiraten könnte. Plötzlich hörte er einen Raben von einer Eiche herunter krächzen. Als er zu ihm hinaufschaute, rief der Rabe ihm zu: «Bringe mir deine Tochter, dann gebe ich dir so viel Gold, wie du willst, sonst wehe dir!» Voller Angst holte der Graf seine Tochter und brachte sie zum Raben. Als der schwarze Vogel das Mädchen sah, freute er sich sehr und sagte: «Wenn wir in meinem Schloss sind, müsst Ihr in die Kapelle gehen und dort einen Krug voll Tränen weinen, und wenn es Abend wird, dann müsst Ihr diese Tränen über mein schwarzes Gefieder schütten! Ich bin ein schöner Ritter gewesen und von einer Hexe in einen Raben verwandelt worden. Ich kann nur durch Eure Tränen befreit werden. Aber wenn Ihr die Treppe hinuntersteigt, dürft Ihr keine Träne ausgiessen, sonst ist es vorbei!» Dann flog der Rabe voraus, und das Mädchen folgte ihm. Lange waren sie in diesem dichten Wald herumgegangen; endlich langten sie spät beim Schloss an. Beim Morgengrauen geht das Mädchen in die Schlosskapelle hinauf und fangt an zu weinen. Bald hat sie den Krug voll. Beim Einnachten verlässt sie die Kapelle und will dem Raben entgegengehen. Aber als das Mädchen die Treppe hinuntersteigt, stolpert sie und verschüttet viele Tränen. Da kommt der Rabe herbeigeflogen und sagt ganz traurig: «Du musst nochmals mit Weinen anfangen!» Am andern Morgen stand das Mädchen früh auf und ging wieder zur Kapelle. Sie weinte bis zum Aveläuten, so dass sie den Krug längstens voll hatte. Auch an diesem Abend bewirkte die Macht der Hexe, dass das Mädchen auf der Treppe Tränen verschüttete. Diesmal sagte der Rabe ganz traurig und leise: «Leerst du nochmals aus, so muss ich weitere hundert Jahre als Rabe hier herumfliegen.» Das hat sich das Mädchen zu Herzen genommen, und am andern Tag weint sie vom Tagesanbruch an bis in die finstere Nacht. Bevor sie die Treppe hinunter ist, betet sie lang und innig. Diesmal hat es geklappt. Ohne etwas zu verschütten, kommt sie unten an und leert den Krug über den Raben aus. In dem Augenblick verwandelt er sich in einen wunderschönen Burschen. Dann umarmte er sie und zeigte ihr alle Schätze in seinem Schloss. Mit grossem Gefolge gingen beide zum Schloss des Grafen zurück, wo sie fröhlich Hochzeit feierten. Ich habe am Tisch bedient, und als ich die Suppe fallen gelassen habe, habe ich einen Tritt in den Arsch gekriegt, so dass ich bis hierher geflogen bin.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Rabe der Herren von Corbières

Source: Der Rabe der Herren von Corbières

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Die Herren von Corbières führten in ihrem Wappen einen Raben. Von diesem ging die Familiensage, dass sobald dem Hause ein Söhnlein geboren werden sollte, er einen silbernen Ring, sobald aber demselben die Geburt eines Töchterchens bevorstand, er einen goldenen Fingerreif auf gar höfliche und zierliche Weise von seinem Schnabel fallen liess. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Rabenstein

Source: Der Rabenstein

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1. D'Rappä vercheemet niä gnüeg ohni am Heelig Abed; i ihrem Näscht hennt-si ä Stei, und der macht, daß mä niä keis Rappänäscht z'gseh 'kunnt; und wer ä so-nn-ä Stei by-n-em het, isch äu unsichtbar. Unter einem Grotzli lag einmal ein Geissbub, neben ihm eine kleine Wasserlache, und, wenn er in diese Wasserlache hineinguckte, sah er darin das umgekehrte Tännchen und in den Zweigen des Tännchens ein Vogelnest aus Reisern und im Nest drei junge Raben. Da stand er auf und wollte die Raben holen. Aber um keinen Preis konnte er das Nest oder die Tiere finden. Lange probierte und studierte er, guckte in die Wasserlache, kletterte in die Tanne hinauf, aber umsonst, bis es ihm in den Sinn kam, im Spiegelbild die Äste des Baumes zu zählen. Genau merkte er sich jetzt, auf dem wievielten Ast das gesuchte Nest angebracht sei, kletterte nochmals hinauf, betastete den Ast, und endlich hatte er einen Stein in der Hand, und jetzt wurde auch das Nest mit den drei Jungen sichtbar. Den gefundenen Stein nahm er mit sich heim und zeigte ihn dem Vater. »Lüeg da, Vatter, weeligä Stei ha-n-ich da imm-änä Rappänäscht innä g'fundä!« sagte er. »E, der Tyfel hindärä,« rief der Vater, »wo chunnsch etz dü här, und wo bisch dü, daß-mä dich nytt g'seht?« »E grad vor-ech züechä stahn-i ja; g'sehnd iähr nytt?« fragte der Bub. »Ich g'sehn-ä kei Bitz vo diär,« entgegnete ratlos der Vater. Endlich kam's dem Bub in den Sinn, was da los sein könnte, und er tat den Stein aus der Hand und legte ihn auf den Tisch; jetzt sah ihn der Vater und vernahm aus seinem Munde, wie alles gekommen. Jos. Maria Tresch, Silenen 2. Schon längere Zeit hatten die Hirten einer Schächentaler Alp bemerkt, dass die Raben immer einer ganz bestimmten Stelle im benachbarten hohen Felsen zuflogen, und daraus den richtigen Schluss gezogen, dass sich dort ihr Nest finden müsse, obwohl sie es nicht zu erspähen vermochten. Darum liessen sie an einem festen Seil einen ihrer Kameraden am Felsen herunter, um das Nest zu suchen. Lange tastete dieser an der ihm genau bekannten Stelle herum, bis er endlich einen merkwürdigen Stein, den er nicht beachtet, in der Hand hatte. Jetzt wurde plötzlich das Nest sichtbar. Der Stein hatte mitten drin gelegen. Aber Eier oder Junge waren keine mehr da. Der Älpler steckte den Stein in seine Hosentasche und gab das Zeichen zum Aufziehen. Die Kameraden zogen, sie fühlten das Gewicht am Seil, aber sahen niemand daran hängen. Sobald der Bursche oben ankam, fing er an zu reden. Aber kein Mensch sah ihn. Alle glaubten, er sei verunglückt, und es sei sein Geist, der zu ihnen rede. Schrecken und Verwirrung hielt sie gefangen, bis es endlich dem Unsichtbaren in den Sinn kam, den Stein wegzuwerfen. Und nun stand er leibhaftig vor ihnen, und alle atmeten erleichtert auf. Jetzt war aber der Hut verschwunden, worin er den Zauberstein geworfen. Er fand ihn jedoch bald und trug seinen Fund darin heim. »Jä, das hennt der Vatter und der Grossvatter ettlichs Mal g'seit, wem-mä-n-äso-nn-ä Rappästei findä tät, sä chennt-mi-si unsichtbar machä. Daniel Imholz, 50 J. alt, Unterschächen, dessen Urgrossvater Lehrer gewesen. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Räbholdebur

Source: Der Räbholdebur

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Über dem sonnseitigen Abhang des Ziefner Rebberges erhebt sich die Waldkuppe der Rebhalden und des Kreuzholzes. Hier oben ist der Tummelplatz eines Unholdes, der zu seinen Lebzeiten ein böser und zanksüchtiger Mann war und zur Strafe seiner Missetaten nach dem Tode noch umgehen muss. In stürmischer Nacht, wenn es durch die hohen Föhren da oben «chutet» wie nirgends sonst, fährt der Räbholdebur mit schwer beladenem Brückenwagen, der mit zwei Schimmeln bespannt ist, den Rebhaldenweg entlang. Man hört seine Peitsche aber noch weiter unten knallen. Er fährt mit seinen Rossen die Rebgasse hinunter bis ins Dorf, wo er sie in die Schwenke führt. Sein Peitschenknallen verkündet zu allen Zeiten den Eintritt von Regenwetter. Die Erscheinung des Geistes soll nur Sonntagskindern sichtbar sein. Von einer Stelle am Rebberg, dem «Heissenstein», der nur spärlichen Graswuchs zeigt, sagt man, hier habe der Räbholdebur mit einer silbernen Sense gemäht. Es heisst auch von ihm, er sei ein Wucherer gewesen, der Witfrauen um Hab und Gut gebracht habe. Nicht genug damit, dass er zu seinen Lebzeiten sich auf Kosten anderer bereicherte, auch nach dem Tode spielt er dem und jenem gerne einen Schabernack. Besonders hat er’s auf die Fuhrleute abgesehen. Und wenn einer noch so erfahren ist und noch nie ein «Ungfell» hatte, so kann es ihm doch geschehen, dass ihm die Pferde nicht weitergehen wollen am Rebhaldenweg, oder dass er zu Fall kommt und unter den Rädern Schaden nimmt, wenn er die «Mechanik» bedienen will. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Räbholdebuur

Source: Der Räbholdebuur

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Über dem sonnseitigen Abhang des Ziefner Rebberges erhebt sich die Waldkuppe der Rebholden. In stürmischen Nächten, wenn es durch die hohen Föhren dort oben «chuttet», fährt der Räbholdebuur mit schwer beladenem Brückenwagen, der mit zwei Schimmeln bespannt ist, den Rebholdenweg entlang. Man hört seine Peitsche aber auch weiter unten knallen. Er fährt mit seinen Rossen die Rebgasse hinunter bis ins Dorf, wo er sie in die Schwenke führt. Sein Peitschenknallen zeigt Regenwetter an. Die Erscheinung soll nur Sonntagskindern sichtbar sein. Er war zu seinen Lebzeiten ein böser und zanksüchtiger Mann gewesen und muss zur Strafe nach dem Tode «umgehen». Es heisst auch von ihm, er sei ein Wucherer gewesen, der Witfrauen um Hab und Gut gebracht habe. Besonders hat er es auf die Fuhrleute abgesehen Und wenn einer noch so erfahren ist, kann es doch geschehen, dass ihm die Pferde am Rebholdenweg nicht weitergehen wollen oder dass er zu Fall kommt und unter den Rädern Schaden nimmt, wenn er die «Mechanik» bedienen will. Von einer Stelle im Rebberg, dem Heissenstein, wo nur spärlich Gras wächst, sagt man, hier habe der Räbholdebuur mit einer silbernen Sense gemäht. Ziefen Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Ramswag

Source: Der Ramswag

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Ritter Heinrich Walther von Ramswag zog mit König Rudolf Von Habsburg gegen den Böhmenkönig Ottokar aus und rettete in der Schlacht auf dem Marchfelde (26. Aug. 1278) seinem Herrn das Leben. Dafür wurde er königlich belohnt; er erhielt 500 Mark Silber, den Hof Krießern mit der Burg Blatten, die Höfe Bernhardzell und Sitterdorf und die Reichsvogtei im Thurgau. Das viele Glück machte aber die Ramswager übermütig. In der kommenden Zeit des tollen Lebens soll auf der Burg ein großes Festgelage abgehalten worden sein, an dem auch der König teilgenommen habe. Mit goldenen Kugeln und goldenen Kegeln habe man im Burghof sich die Zeit vertrieben. Zur Zeit der Appenzellerkriege starb Ritter Rudolf auf der Ramswag eines unseligen Todes, und sein Besitztum ging dann in fremde Hände über. Aber zu schweren und schauerlichen Wetternächten geht tief unten in den Kellerräumen des Burgstalls Rudolfs Geist um; andere erscheinen mit ihm, und dann wird das goldene Kegelspiel hervorgeholt. Wer aufhorcht, kann ganz gut das Rollen der Kugeln und das Fallen der Kegel hören, dazwischen hinein das Ächzen und Stöhnen der Burggeister. I. Weber Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 12, S. 10 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Rankgartenfuhrmann

Source: Der Rankgartenfuhrmann

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«Eine kurze Strecke unterhalb Buckten macht die alte Strasse eine Biegung; sie ist daselbst, zwischen Bach und Felsen eingeschlossen, sehr enge. Jener Ort heisst der Rankgarten, vermutlich wegen der Gärten, die sich auf dem gegenüberliegenden Ufer des Baches ausbreiten. Bei diesem Rank soll vor undenklichen Zeiten ein Fuhrmann verunglückt sein, indem er mit Ross und Wagen über das hohe Bord der Strasse in den Bach hinabstürzte. Wenn es seither eine Wetteränderung geben will, so kommt nachts der Rankgartenfriedli und zeigt dies durch Knallen mit der Peitsche an. In früheren Zeiten macht sich mutwillige Burschen oft einen Spass daraus, diesen Glauben in den Köpfen einfältiger Leute zu nähren, indem sie bei annähernder Wetteränderung auf jenem Platze nachts mit Peitschen knallten. Seit vielen Jahren geschieht auch dies nicht mehr, und infolgedessen ist die Sage vom Rankgartenfuhrmann bereits so vergessen, dass die meisten jüngeren Leute sie gar nicht kennen.» Buckten Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Rappe des Komturs

Source: Der Rappe des Komturs

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Der Rappe des Komturs Herr Konrad Schmid legt’ um die Wehr, Man führt’ ihm seinen Rappen her: „Den Zwingli lass ich nicht im Stich, Und kommt ihr mit, so freut es mich.“ Da griffen mit dem Herren wert Von Küssnach dreissig frisch zum Schwert: Mit Mann und Ross im Morgenrot Stiess ab das kriegsbeldadne Boot. Träg schlich der Tag; dann durch die Nacht Flog Kunde von verlorner Schlacht. Von drüben rief der Horgnerturm, Bald stöhnten alle Glocken Sturm, Und was geblieben war zu Haus, das stand am See, lugt’ angstvoll aus. Am Himmel kämpfte lichter Schein Mit schwarzgeballten Wolkenreihn. „Hilf Gott, ein Nachtgespenst!“ Sie sah: Es drohend durch die Fluten nahn. Wo breit des Mondes Silber floss, Da rang und rauscht’ ein mächtig Ross, Und wilder schnaubt’s und näher fuhr’s… „Hilf Gott, der Rappe des Komturs!“ Nun trat das Schlachtross festen Grund, Die bleiche Menge stand im Rund. Zur Erde starrt’ sein Augenstern, Als sucht’ es dort den toten Herrn… Ein Knabe hub dem edlen Tier Die Mähne lind: „Du blutest hier!“ Die Wunde badete die Flut, Jetzt überquillt sie neu von Blut, Und jeder Tropfen schwer und rot Verkündet eines Mannes Tod. Die Komturei mit Turm und Tor Ragt weiss im Mondenglanz empor. Heim schritt der Rapp’ das Dorf entlang, Sein Huf wie über Grüften klang, Und Alter, Witwe, Kind und Maid Zog schluchzend nach wie Grabgeleit. Conrad Ferdinand Meyer Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Aus Conrad Ferdinand Meyer, „Gedichte“. Konrad Schmid war der letzte Komtur der Johanniter zu Küsnacht. Er fiel in der Schlacht bei Kappel zusammen mit seinem Freunde Zwingli. Schmid gilt als einer der eifrigsten Förderer der Reformation. Nach der Aufhebung der Komturei machte man das Haus zum Verwaltungsgebäude. Seit 1834 beherbergt es das zürcherische Lehrerseminar. Im September 1957 ehrte die Gemeinde Küsnacht das Andenken Komtur Schmid und liess am Seminargebäude eine Inschrift anbringen. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Rat des "wilden Mannli"

Source: Der Rat des "wilden Mannli"

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Die Zwerge gingen barfuss und sahen oft neidisch auf die Schuhe, welche die andern Menschenkinder trugen. Ein witziger Vättner kam auf den Gedanken, einem solchen "Kleinen" ein eisernes Paar Schuhe machen zu lassen, dieselben mit einer Kette zu verbinden und mit einer weitern an sein Häuschen zu befestigen. Er glaubte, dadurch ein Geheimnis wie etwa das Gewinnen des Goldes aus dem Schotten zu erfahren. Und wirklich, es gelang ausgezeichnet. Am Morgen steckte ein "Mannli" mit seinen Füssen in der Falle. Es bat flehentlich, man soll es freilassen, was denn auch geschah, nachdem es die anwesenden Vättnerberger versichert hatte, es wolle ihnen einen guten Rat erteilen. Kaum der Fesseln entledigt, sprang es auf ein "Gufer" (Felstopf in einem Berggute) und rief, so laut es konnte: "Bei gutem Wetter nehmt den Mantel mit; bei Regenwetter tut, was ihr wollt!" Dann verschwand es und ward nicht mehr gesehen. L. Jäger.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 212, S. 103 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Rat vom Wildmannli

Source: Der Rat vom Wildmannli

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Zur alten Zeit, als noch die liebe Einfalt in unserm Lande »gäng und gäb« war, geschah es einmal, dass ein Bauer in Tenna in Graubünden in seinem Garten ein ganz merkwürdiges Tier fing. Er trug das sonderbare Geschöpf schnell heim, legte es in den Korb seiner Frau, damit es ja nicht hart liegen müsse, und lief damit zum Pfarrer. Aber der Herr Pfarrer, der sonst ein gar gelehrter Mann war, hatte sein Lebtag kein so seltsames Tier gesehen.  „Das ist etwas ganz Absonderliches“, sprach der Pfarrer, „das sieht man am schwarzen Fell, an den fürchterlich breiten Tatzen, an der spitzen Schnauze und an den kleinen, listig zugekniffenen Äuglein. Vielleicht ist es sogar schlimmer als ein Basilisk und bringt Unglück!“ und er befahl dem Bauern, den Gemeinderat zusammenzurufen, der sollte entscheiden, was mit dem gefährlichen Tier zu geschehen hatte. Der Bauer lief nun voller Angst mit seinem landesgefährlichen Ungetüm zum Gemeinderat und als dieser versammelt war, besahen sich alle die fatale Sache und kamen zu keinem Entschluss.  Schliesslich wurde ausgerufen, dass alle stimmfähigen Gemeindemitglieder mitzuteilen hätten, was mit dem unglücksbringenden Tier anzufangen sei. Aber als sie kamen aus den Häusern und Höfen, um die Landplage zu beschauen, konnte sich keiner erinnern, je von einem solchen Tier gehört oder gelesen, geschweige denn, eines mit eigenen Augen gesehen zu haben. Man beschloss also das Ungeheuer zu beseitigen und der Gemeinderat stimmte in seiner hohen Weisheit über diesen Fall ab, das Tier feierlich vom Leben zum Tode zu bringen. Aber nun entstand eine weitere, sehr gewichtige Frage: Auf welche Art sollte das Ungeheuer enden. Durch Henkershand, Kopfabschneiden, Verbrennen oder Ersäufen? Keiner wusste den richtigen Rat. So verging der Tag, bis am Abend ein Wildmannli ins Dorf kam, das in den Bergen das Vieh hütete, und das wurde auch um seine Meinung gefragt. Das Wildmannli lächelte schelmisch, und sagte: „Man muss dieses Untier lebendig begraben!“  Das war ein Rat der allen gefiel und er kostete auch nicht viel. Sogleich ging die versammelte Gemeinschaft zum Garten des Bauern. Es wurde ein Loch gegraben, das Tier lebend hineingetan, und eilig Erde darüber geschüttet. Alle waren froh, dass sie das gefährliche Geschöpf los waren und der Maulwurf? Der grub sich einen Weg tief in die Erde und bis heute zeigt er sich den Menschen nur selten. So aber kam es, dass man denen auf Tenna nachsagt, sie hätten ihre Scheermaus (Maulwurf) lebendig vergraben.   Quelle: Jecklin, Dietrich, Volksthümliches aus Graubünden. 3 Teile, Zürich 1874, Chur 1876, Chur 1878. Bearbeitet von Djamila Jaenike. Originaltitel: "Wild-Mannli's Rath"         Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der rätselhafte Gämsbock

Source: Der rätselhafte Gämsbock

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Von Zeit zu Zeit liess sich im Etzlital ein prächtiger, schwerer Gemsbock sehen. Schon mancher Jäger hatte ihm nachgestellt, aber noch jedem war er entgangen. Da machten sich's wieder zwei Bristner zur Aufgabe, ihn zu erlegen. Auf einer Tanne waren sie auf der Lauer. Er kam, kam bis nahe an die Tanne. Der eine Jäger legte an und zielte. Aber, wie er über das Gewehr hinaus schaute, war die Gemse verschwunden, und an ihrer Stelle lag etwas, das aussah wie ein weisses Chorhemd. Da legte er die Büchse weg, und es kam die Gemse wieder zum Vorschein. So ging es ihm zum zweiten Mal, und er sagte zum Kamerad: »Schiess du!« Aber der machte die gleiche Erfahrung; sobald er zielte, war das Tier verschwunden und lag das rätselhafte Chorhemd da. Jetzt ergriff aber der erstere wieder die Büchse und schoss herzhaft auf das Chorhemd, und beide stiegen vom Baume herab und suchten. Aber sie fanden nichts. Nur auf den Waldblacken sahen sie Blutstropfen. Der Gemsbock wurde nie mehr gesehen. Jos. Maria Epp, Wächter der Etzlital-Klubhütte Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der rauschende Baum

Source: Der rauschende Baum

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In einem Tale des Berner Oberlandes steht ein hoher, alter Baum, dessen Gipfel in schönen Mondennächten, wenn rings kein Lüftchen geht, zu tönen und zu rauschen beginnt, als ob ein heftiger Sturm durch seine Zweige hindurchzöge. Hier hat ein eifersüchtiger Älpler einen vom Kiltgang zurückkehrenden glücklicheren Nebenbuhler im Zorn erstochen. Das Mädchen des Getöteten aber soll über diese Missetat irrsinnig geworden sein und den Baum, unter welchem sie verübt wurde, verfluchet haben, dass er jedes Mal, wenn eine linde Mondennacht ist, in welcher die Burschen zu ihren Mädchen zu gehen pflegen und ringsum die Gipfel der übrigen Bäume schweigen, er allein rauschen und sausen soll als Warnung für eifersüchtige Liebhaber, sich nicht zu gleichen Verbrechen hinreissen zu lassen. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Räzligletscher

Source: Der Räzligletscher

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Auf einer saftig grünen Alp fristete einst ein Senn mit seiner Familie das Leben. Allein das Glück hauste nicht in seiner Hütte. Ärmliche, faserige Lumpen bedeckten die Leiblein der Kleinen. Ob er im Stall molk oder die Kühe hütete auf der Weide, über die der Himmel seine durchglühte Bläue spannte -immer schlich unsichtbar die zerquälte Gestalt des Kummers neben ihm her. Der Morgen mochte noch so golden und farbig über die Triften streichen, nie dehnte sich seine Brust weiter, und wenn er des Nachts vom stillen Lager den bangen, besorgten Seufzer seines lieben Weibes hörte, schnürte es sein Herz zu, gleich wie mit unentrinnbaren Schlingen. Denn die Alp und die Hütte gehörten einer reichen Lenkerin. Sie war fühllos wie Gletschereis. Ihr musste er unerhörten Zins bezahlen. Da brach einmal im Simmental grosse Teuerung aus. Die Kühe starben und verdarben. Der schwarze Tod hielt sensewetzend Umzug. Tiefer und quälender nistete sich die Not in die Hütte des Sennen ein. Der Tod hatte seinem jüngsten Kindlein die Lebenskräfte aus dem zarten, schmächtigen Leibe gesogen, und vor Sonnenaufgang hat ihm der Vater mitten in nachtbetauter, blumiger Alp ein Grab geschaufelt. Da kam eines Tages die reiche Lenkerin auf ihre Räzlialp. Mit giftigem Blick trat sie in die Hütte ein. Die Kleinen wichen scheu zurück. Sie forderte die fälligen Zinsen. Mit gramerfüllter Brust und zerrissenem Herzen bat und flehte der Senn. Allein kein Fühlen regte sich in ihr. Und da ihr Blick die zerrissenen Lumpenkleidlein der Kinder streifte, spielte gelassenes Hohnlächeln um ihren Mund. Nun krampfte sich sein Herz zusammen. Seine Seele schrie empor. Mit grässlichem Schwur verfluchte er sie und ihre gesegnete Alp. Der Boden erdröhnte. Dumpf donnerte der Himmel. Schwarze Riesenwolken jagten heran. - Alle erstarrten. Hagel prasselte hernieder. - Die Hagelschicht wuchs, wuchs - und begrub die Alp. Tag und Jahr sprüht die Sonne ihr Licht hernieder. Doch niemals noch vermochte es sie je zu schmelzen: denn jene Hagelschicht bildet den Räzligletscher. Und wie um jenen düstern Fluch zu bannen, hebt er zuweilen an, in glühender Reinheit ins Tal zu leuchten.   Quelle: Georg Küffer, Lenker Sagen. Frauenfeld 1916. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch  


by Der Rebhuhn-Braten

Source: Der Rebhuhn-Braten

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    Die Mutter des jüngeren Wolfes lebte noch, sie hieß Mutter Wolf. Der Wolf hatte außerdem einen alten Ver­wandten, den Lupone, der schon ganz kindisch gewor­den war. Ab und zu luden sie ihn zum Essen ein, weil er nicht mehr oft auf Jagd ging. Eines Tages brachte der Wolf zwei schöne Rebhühner nach Hause. «Mutter Wolf», sagte er, «gib dir Mühe beim Kochen, ich will nämlich den Lupone einladen. Ein Rebhuhn ist für ihn, das an­dere für mich.» Mutter Wolf machte sich gleich an die Arbeit. Als der Fuchs am Hause vorbeiging, stieg ihm ein feiner Duft in die Nase: «Da ist was Gutes im Topf!», dachte er und trat ein.     «Mutter Wolf, welch ein Duft! Was kochst du denn Gutes?» «Zwei Rebhühner, eines für den jungen Wolf, das andere für den alten.» «Wie gut du kochst! Man merkt's am Duft», sagte der Fuchs, «lass mich mal sehen!» Und schon hob er den Deckel. «Wer weiß, ob sie auch gut gewürzt sind», fuhr er fort, «lass mich einen Flügel kosten.» «Das geht nicht», sagte Mutter Wolf, «weil der junge Wolf es merken wird.» «Vielleicht sieht man's aber gar nicht», meinte der Fuchs, «kosten wir auf alle Fälle, vielleicht fehlt's am Salz.» Mutter Wolf ließ sich überzeugen, schnitt einen Flügel ab und teilte ihn mit dem Fuchs. Er war ausgezeichnet. Der Fuchs hob den Deckel nochmals hoch. «Du hattest doch Recht, man sieht, dass der Flügel fehlt. Essen wir den andern auch, dann ist's symmetrisch und dein Sohn merkt nichts.» Mutter Wolf wollte nicht so recht, schließlich ließ sie sich doch überzeugen. Kaum war der zweite Flügel ge­gessen, hob der Fuchs den Deckel wieder: «Oh, ein Schenkel hat sich abgelöst. Den essen wir auch.» Mutter Wolf meinte: «Wenn er schon abgelöst ist ... » Im Nu war auch der Schenkel verschlungen. Dann sagte der Fuchs: «Jetzt wird dem Wolf aber sicher etwas auf­fallen. Essen wir auch den andern Schenkel, dann ist alles in Ordnung.»     Mutter Wolf wehrte sich ein wenig, aber dann gab sie nach und auch der zweite Schenkel verschwand. Dann verschaffte sich der Fuchs durch eine List eine halbe Brust. Die andere Hälfte gab er der leichtgläubigen Mut­ter Wolf. Und so war schließlich ein ganzes Rebhuhn in ihre Bäuche gewandert. Da ging Mutter Wolf in den Keller hinunter, um Wein zu holen, und überlegte, was sie ihrem Sohn erzählen sollte. Unterdessen war der Lupone gekommen. «Welch ein Duft!», sagte er, schaute sich um und fragte: «Wo ist denn der Hausherr, der mich eingeladen hat?» «Er ist gerade dabei, die Scheren und die Messer zu schlei­fen», sagte der Fuchs, «er will dir nämlich die Ohren ab­schneiden!» «Eine schöne Einladung das!», sagte der Lupone und begriff gar nichts mehr. Er dachte, der Wolf sei wohl übergeschnappt, und machte sich davon, so schnell er konnte. Kurze Zeit darauf kam der Wolf nach Hause. «Ich bin dem Lupone begegnet. Der flitzte an mir vorbei wie der Wind. Ich habe ihn angesprochen, aber er hat überhaupt nichts gehört. Was ist wohl los?» Der schlaue Fuchs sagte: «Der weiß wohl, weshalb er so läuft. Er hat dir nämlich die zwei Rebhühner gestohlen!» Da rannte der Wolf dem Lupone nach und schrie: «Gib mir wenigstens eines, gib mir wenigstens eines!»     Der Lupone meinte, er wolle seine Ohren, und lief vor lauter Angst noch schneller. Der andere hintennach, bis er müde wurde. Inzwischen hatte der Fuchs auch das zweite Rebhuhn gepackt und sich aus dem Staub gemacht, bevor Mutter Wolf aus dem Keller zurückkam. Der Streich war ihm auch diesmal gelungen!   Dieses Märchen aus Melide stellt uns Frau Pia Todorovic Redaelli liebenswürdigerweise aus ihrem Buch "Märchen aus dem Tessin", Limmat Verlag Zürich 2006 zur Verfügung. Das Buch ist im Handel erhältlich - ISBN 3 85791 501 3 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der reiche Mann

Source: Der reiche Mann

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Es soll einen bekannten und reichen Visper gegeben haben, dem fast ganz Eyholz gehörte. Er besorgte der Burgerschaft die Rechnungen und die Kontrolle der Verwaltung. Von ihm erzählten sie schlimme Sachen. Einst hatten Eyholzer von ihm Geld entlehnt. Der Visper habe es gerne gegeben, aber mit dem Vermerk, sie müssten es an einem bestimmten Tage zurückzahlen. An diesem Verfalltag versteckte sich aber der Gläubiger und war den ganzen Tag nicht aufzufinden. So konnten die guten Leute das Geld nicht zurückzahlen, und der Visper erhielt so um wenig Geld die schönsten Matten von Eyholz. Als er aber gestorben war, fand man stets eine schwarze Hand auf seinem Grab, die sich nicht zudecken liess. Die Verwandten fragten den Pfarrer um Rat, was da zu tun sei. Man solle ihn in der Nacht ausgraben und unterhalb des Kirchhofs auf eigenem Boden beisetzen, riet der Kirchherr. Das wurde dann ausgeführt. Diejenigen, die dabei halfen, waren Eyholzer. Ich kannte sie noch alle. Ob die Geschichte wirklich ganz wahr ist, weiss ich nicht, aber sie wurde häufig so erzählt. EYHOLZ Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Reichtum des Hofes Beckenweid

Source: Der Reichtum des Hofes Beckenweid

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a) Hans Jakob Recher, der Erbauer eines Posamenterhöfleins in der Beckenweid, geriet nach den Napoleonischen Kriegen in grosse Bedrängnis. In seiner Not wandte er sich an seinen Bruder Heinrich, den Bäcker in Ziefen. Dieser erklärte ihm, er sei nicht imstande, ihm zu helfen, schenkte ihm aber einen jungen Kirschbaum mit den Worten: «Der wird dir Glück bringen.» Der so Beschenkte kehrte auf sein Höflein zurück und setzte das Bäumchen in unmittelbarer Nähe des Hauses in eine kleine Mulde. Beim Ausheben des Pflanzloches stiess er auf eine gefüllte Geldkassette, wurde ein reicher Mann, und aus dem Höflein wurde ein stattlicher Bauernhof. b) Beim Rückzug aus Russland wollte eine französische Trainabteilung über das Reigoldswilertal ins Birstal und zurück nach Frankreich. In der Beuggen verfehlten die Franzosen den Weg nach Ziefen und gerieten nachts auf den Karrenweg nach Arboldswil. Dabei fiel eine Kriegskasse auf dem holprigen Weg von einem Wagen. Durch den nächtlichen Lärm aufmerksam gemacht, sahen die Bewohner der Beckenweid tags darauf nach und fanden eine eisenbeschlagene Kasse voller Goldstücke. Sie verhielten sich still und vergruben den Schatz, um ihn später zu heben. Ziefen Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Reiter auf dem Zürichsee

Source: Der Reiter auf dem Zürichsee

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Der Reiter auf dem Zürichsee Wenn ein frischer Schnee auf den überfrorenen See fällt, erscheint er als ein schönes, grosses, weites und ebenes Feld. Da fällt mir gleich eine lächerliche Geschichte ein, die sich auf diesem Schneefeld begeben haben soll. Man erzählt von einem Reisenden, der von Rapperswil über den See nach Zürich geritten sei und gesagt habe, er sei seiner Lebtag nie über ein so langes, schönes, breites und ebenes Feld geritten, wie diesmal. Als man ihm erklärt habe, das sei kein Feld, sondern der Zürichsee. sei er aus Furcht und Schrecken in eine Ohnmacht gefallen. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Nach H. Escher, Beschreibung des Zürichsees, 1692, in die heutige Schriftsprache übertragen, sonst unverändert.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Reiter beim Schloss Forsteck

Source: Der Reiter beim Schloss Forsteck

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Zur Nachtzeit steht man beim Schloss Forsteck manchmal einen Mann auf einem Schimmel. Er reitet vom Schlosse aus, am roten Stall vorüber, dem Hofe zu. Heinrich Hilty Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 90, S. 42 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Reiter im Guggenbühl

Source: Der Reiter im Guggenbühl

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Der Reiter im Guggenbühl Als im Kriegsjahr 1799 die Franzosen in unserer Gegend lagen, wurde im Guggenbühlwald viel Holz gestohlen, ohne dass man ausfindig machen konnte, wer der Schelm sei. Die Besetzungszeit ging vorüber, und die Franzosen versammelten sich nach und nach zu den Vätern. Doch mit einem Mal fing es im Guggenbühlwald an zu spuken. Holzfrevler machten Bekanntschaft mit einem unheimlichen, rotglühenden französischen Reiter, der sich im Walde umtreibt. Er taucht immer im Westen auf, fliegt am Holzdieb vorbei und verschwindet im Osten. Denkt der Frevler, die Gefahr sei nun vorbei und will er sich weiter wagen, ist das Gespenst schon wieder da. Das tut es so oft, bis der Frevler in sich geht und umkehrt. Es ist nämlich die verfluchte Seele jenes Holzdiebes, den man während der Einquartierung nicht feststellen konnte Sie muss bis in alle Ewigkeit jede Nacht zur Strafe das Holz im Guggenbühl bewachen und vor Holzdieben beschützen. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Limmattal Aus den „Sagen aus dem Limmattal“. Quellen sind dort nicht angegeben. Laut Vorbemerkung wurden die Sagen durch Sekundarlehrer K. Klenk „durch Schulaufsätze“ gesammelt.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Reiter in der Alp Farnboden

Source: Der Reiter in der Alp Farnboden

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Ein Altendorfer sah zur Nachtzeit in der Alp Farnboden (Sevelen) einen Mann auf einem Schimmel durch Stafanell hinaufreiten. Er glaubte, in dieser geisterhaften Gestalt einen Mann zu erkennen, der vor etlichen Jahren gestorben war. Auch andere wollen dieses Gespenst schon wahrgenommen haben. Heinrich Hilty   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 129, S. 61 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Reiter ohne Kopf

Source: Der Reiter ohne Kopf

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Vor vielen Jahren war der Weiler «Zum Stein» bei Alterswil von den Nachbarn gemieden. Denn dort ging es nicht mit rechten Dingen zu. Besonders in den Quatembernächten war es im Weiler sehr ungemütlich. Wer aus irgendeinem Grunde in solchen Nächten an jenem Ort vorüber musste, der konnte unversehens einem Reiter begegnen. Der sass auf einem prächtigen Schimmel. Wenn Ross und Reiter sich dem Wanderer näherten, musste dieser die grausige Wahrnehmung machen, dass dem Reiter das Haupt fehlte. Stattdessen war nur ein blutiger Halsstumpf sichtbar, der aus der rotweissen Uniform hervorragte. War es ein gefallener Husar aus der Franzosenzeit oder den napoleonischen Kriegen? Kein Mensch wusste darüber Bescheid. Wenn dem herantrabenden Reiter ein Fuhrwerk entgegen kam, da scheuten die Pferde und wurden unruhig. Sie suchten dem gespensterhaften Reiter auszuweichen und rannten wie von unsichtbaren Kräften gehetzt wild davon. Der Reiter ohne Kopf ritt auf seinem Gespensterross bis an eine breitästige Eiche. Darunter soll ein wertvoller Schatz vergraben sein, den der gespenstige Reiter behütete. Es fand sich in der Umgebung aber niemand, der sich getraut hätte, nach dem verborgenen Schatz zu graben. So blieb er denn unangetastet bis auf den heutigen Tag und ist bis heute noch nicht gefunden worden.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Reiter zu Leuggern

Source: Der Reiter zu Leuggern

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Im Hardwalde zwischen Böttstein und Leuggern lässt sich bei einem hölzernen Wegkreuz ein Mann blicken mit grauem Gurt und weissen Handschuhen, durch welche man auch Nachts Fingerringe hindurch schimmern sieht. Weil er einen Haarzopf trägt und seinen Weg stets nach dem Schlosse Böttstein hin nimmt, hält ihn das Volk für einen alten Schlossherrn. Einem Mann aus Bernau, der hier spät nach Lenzburg durchfuhr, kam er ans Wägelein heran, als ob er aufsteigen wolle. Küher, so hiess der Bernauer, wies ihn zurück; doch reute es ihn wieder, gegen einen müden Fussgänger hart zu sein; er hielt also und lud ihn ein, aufzusitzen. In diesem Augenblicke aber fühlte er sich so furchtbar gepresst und gedrückt, daß er völlig geschwollen in Lenzburg ankam und von nun an keine gesunde Stunde mehr hatte. Von der Hardwaldung fliesst ein kleines Bächlein über Grundstücke hin, die Solen geheissen; man überschreitet einen Steg und kommt zu einer alten Eiche. Hier hat der Brugg-Joggeli seinen Aufenthalt. Auch er schickte einen Bauern aus Gross-Döttingen mit einem geschwollenen Kopf heim, der geprahlt hatte, er werde den Geist im Vorbeigehen fragen, ob er schon fertig gekocht habe. Um diese Eiche ziehen sich mehrere dunkelfarbige Grasringe, Hexenringe genannt, und man sagt, hier hätten die bösen Weiber ihren Tanzplatz. Als der Schreiner Kalt auf dem Wege von Eien nach Gippingen hier vorbei kam, hörte er schon auf achtzig Schritte Entfernung Musik und Tanzjubel von diesem Baume her. Anderes sah der Mann, der im Gänterhause in Eien wohnt. Er traf eine weisse Gestalt, die auf einem halben Ross sass und ihren Kopf mit weissem Barte unter dem Arm hielt; dann sprengte sie gegen die Wiesen hinab der Aare zu, und ein Krachen folgte, als wären alle Eichen geborsten. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 196 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch  


by Der Reizibielbock

Source: Der Reizibielbock

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Der Reizibielbock hält sich unterhalb St. Jost am Bürgen in Nidwalden auf. An der Stirne ein tellergrosses Auge macht ihn furchtbar. Zwei Nachtbuben, welche vom Stubetengehen nach Hause wollten, erfrechten sich, die Türe des Gadens, wo das Untier war, zu öffnen und laut zu fragen, ob der Bock daheim sei. Gleich blitzte ihnen sein Feuerauge zornfunkelnd entgegen. Sie schlugen die Tür zu und entsprangen. Der Bock auf und rasselnd hinter ihnen drein bis an ihr Haus, wo er ausserhalb zurückblieb. Aber wie sie in die Stube traten, grinste er zum Fenster hinein. Der Nachtböckel dient in Unterwalden auch sonst als Kinderschreck.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Der Reliquienkasten auf der Kyburg

Source: Der Reliquienkasten auf der Kyburg

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Der Reliquienkasten auf der Kyburg Der Kasten, in welchem die Reichskleinodien und Reliquien auf der Kyburg verwahrt wurden, blieb nach dem Tode König Albrechts auf der Kyburg, während die Kleinodien nach Nürnberg verbracht wurden. Diesem Kasten wurde von den Leuten der Umgebung eine wundertätige Kraft beigemessen, und es wird erzählt, dass sie deswegen oft in die von der Königin Agnes, der Tochter Albrechts, in der Burg erbauten Kapelle kamen und ihren Kopf, wunderbare Heilung erwartend, auf den ehemaligen Reliquienschrein legten. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Kohlrusch‚ 309. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der rettende Hirt und sein Horn

Source: Der rettende Hirt und sein Horn

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Unterwaldner sollen um 1212 einen kriegerischen Einfall nach Wallis gemacht, die rote Kumme - auch Jäginen genannt - im Hintergrunde des Lötschtal und das Baldschiedertal durchstreift haben. Hier blies der Kuhhirt alsogleich ins Horn, dass man es zu Visp und in der umliegenden Gegend zu Berg und Tal hörte und verstand. Schnell sammelten sich die Rottmeister zu Raron und brachten mit ihren tapfern Landleuten dem Feind eine blutige Niederlage bei. Auf Mund in der Kirche ist noch eine Fahne, welche die Jahreszahl 1212 trägt. Unter den Gefallenen war der Hirt, welcher ins Horn geblasen. Ehe die Hülfe angekommen, sei er vom Feinde in Schotten lebendig gesotten worden. Davon gibt es im Wallis ein Volkslied. Die zweite Erinnerung dieser Art haftet an der Alpe Schlacht auf Sörenberg im Entlebuch. Unterwaldner kamen zu Thorenbergs Zeit, also vor fünfhundert Jahren, in diese Gegend, um Kühe zu rauben. Den Senn warfen sie häuptlings ins Kessi voll siedender Milch. Der Untersenn hingegen entzog sich dem Feinde und blies ins Alphorn: Hohpen o Blessi, Der Senn lid im Kessi Hinterheinis Trichelkue Gaht uf Unterwalden zu. Solches hört zu Emmenegg das Meitli, das Kraut am Brunnen wäscht, geht und teilt dem Vater mit, was der Untersenn geblasen. Gleich bricht er mit noch einem auf gegen Schwarzenegg zu, wo er den Senn im Kessi trifft. Dann forschen sie nach den entführten Kühen, die sie auf der Länderegg finden. Der Feind, der sorglos in der Sennhütte sich der Freude hingibt, zu täuschen, nimmt einer der Treichelkuh die Treichel ab und treichelt immer zu, während die andern mit dem Vieh wieder heimwärts ziehen. Das hat nun zu einer Schlacht Veranlassung gegeben, die in Sörenberg vorfiel und worin der feindliche Fähndrich die Entlebucher, auf sein rotweisses Panner anspielend, spöttisch fragte, ob sie das Weisse wollten oder das Rote. Da erschoss ihn ein Knabe mit einem Pfeil und erbeutete die Fahne, die hernach zu Schüpfheim aufbewahrt wurde. Das dritte Mal sind es die Entlebucher, die auf der Alp Aelgau hinten im bernerischen Habkerntal feindlich erschienen und Beute machten. Wiederum wird der Küher in heisssiedender Molke erstickt und bläst ein rüstiger Hirtenjunge durch den hölzernen Milchtrichter den Notruf ins Tal, so stark, dass er zerberstet. Drunten vernimmt wieder zuerst die Geliebte die Klänge, geht und bietet das Volk zum Kampfe auf, den es siegreich bestand und zwar bei der Wehri, die wie eine Erdschanze aussieht und wo man Gefässe und Schwerter ausgegraben habe.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Der Richter von Bellenz

Source: Der Richter von Bellenz

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Jenseits des Gotthardgebirges, hart am Tunnel, liegt das kleine Dorf Eriels oder Airolo, das erste Dorf des schweizerischen Livinentales, in dem man Italienisch spricht. Von dort aus ist's ein gar schönes Wandern durchs enge Bergtal hinunter, immer den schäumenden Tessin neben sich. Schon leuchtet der italienische Himmel ob den Bergen, und bald zeigen sich die ersten Rebengänge, an denen im Herbst die schweren blauen Trauben hängen. Jetzt bleiben die letzten deutschen Tannenwälder zurück, und die ersten kraushaarigen Kastanienwälder wandern talauf. Aber bald weitet sich das Tal, und bald taucht das schöne Städtlein Bellenz [Bellinzona] der Hauptort des Kantons Tessin, mit seinen drei hochthronenden Burgen auf, und ein Duft von Mandelblust weht uns an, und überall tragen die Gelände das rotleuchtende Geschmeide der Pfirsichblüten, und es überkommt uns, als stehen wir am blustverhangenen Tore des Paradieses. Dunkeläugige Mägdlein schauen uns an und wünschen: "Buon giorno, Signore!" In diesem reizenden Städtlein Bellenz oder Bellinzona lebte einst ein Richter, der wegen seiner Unbestechlichkeit und seiner Gerechtigkeit weitum hochangesehen und von den Bösen gehaßt war. Gar oft mußte er nach Magadino am schönen blauen Langensee gehen, um dort dem Landgerichte beizuwohnen. Nun lebten in der Gegend drei bösartige Burschen, die einen tiefen Haß auf den aufrechten und geraden Mann hatten; diese beschlossen, ihn umzubringen. Eines Abends nun, der Mond stieg eben über die Berge und legte seinen goldgewirkten zitternden Läufer über den See von Magadino nach Locarno, ritt der brave Richter von dem Grenzdorf weg nach Bellenz zurück. Andächtig lauschte er dem Glockenspiel, das der Wind fernher vom Klösterlein Madonna del Sasso über den See trug. Immer einsamer ward die Gegend, aber der Richter kannte keine Furcht, denn er hatte ein sehr gutes Gewissen. Unterdessen lauerten die drei rachsüchtigen Burschen dem Richter auf. Ihre Dolche funkelten im Mondschein. Jetzt hörten sie Pferdegetrappel. Wie blutdürstige Tiger machten sie sich sprungfertig, denn da kam ja wohl ihr Opfer. Und richtig ritt der Richter von Bellenz daher, aber vor ihm und hinter ihm ritten in sausendem Galopp je drei vollständig gewappnete und geharnischte Reiter. Mißmutig schauten ihnen die drei Burschen nach. Das nächstemal wollen wir uns besser vorsehen, sagten sie sich, und die sechs dann schon meistern. Und als nun der Richter wieder eines Abends von Magadino heimreiten mußte, lauerten ihm sechs Burschen auf. Eben schlug die Uhr in Giubiasco elf. Im nämlichen Augenblicke jagte der Richter daher, und siehe da, vor ihm ritten sechs und hinter ihm nochmals sechs wohlgerüstete Reiter. Nun waren die Burschen wütend, aber sie wollten dem Richter, der ihre Absicht gemerkt haben mußte, schon noch an den Leib geraten. Als er daher wieder vom Landgericht heimritt, lauerten ihm ihrer zwölf hinter den Weidenstauden von Cadenazzo auf. Bald trabte es daher, daß der Boden dröhnte. Mit großen Augen sahen die versteckten Burschen, wie vor dem Richter ihrer zwölf kampffertige Reiter und hinter ihm wieder ihrer zwölf dahersprengten. Lautlos ließen sie den Zug vorüber. Dann aber sprangen sie erschrocken über das Wegmäuerlein und rannten dem unheimlichen Zuge nach bis vor das Lauisertor zu Bellenz, wo der Richter wohnte. Da sahen sie nun zu ihrem Erstaunen, daß die vierundzwanzig Reiter, sobald der Richter abgestiegen und ins Haus getreten war, spurlos, wie der Schatten an der Wand, verschwanden. Jetzt wurden die bösen Burschen doch verwirrt. Sie wußten nicht, was sie von der Geschichte denken sollten. Gewiß hatte der Richter Kunde bekommen von ihrem Hinterhalt und sich also mit einer Schutzwache versehen. So besannen sich denn einige von ihnen eines besseren; sie klopften an des Richters Türe an, und wie sie nun vor ihm standen, bekannten sie zitternd ihre Schuld, fragten aber auch, wer ihren Anschlag denn verraten habe. Da erschrak auch der Richter, denn er hatte keine Ahnung von dem Hinterhalte, der ihn so oft bedroht hatte. Wie entsetzten sich aber erst die frevelhaften Burschen, als ihnen der Richter bekannte, daß er von den Reitern, die ihn begleitet haben sollten, nie das mindeste bemerkt habe. Nun sahen die Verwegenen ein, daß Gott dem braven Richter seine Engel als Schutzwache gegeben hatte. Sie fielen auf die Knie und baten um Gnade. Der Richter vergab ihnen von Herzen und empfahl sie auch der Gnade desjenigen, der ihren Mordanschlag vereitelt hatte. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Riedbergfuhrmann

Source: Der Riedbergfuhrmann

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Ein Landwirt aus Bretzwil arbeitete an einem schönen Spätherbsttag allein auf dem Felde. Da hörte er trotz der weiten Entfernung im Riedberg drüben ein Fuhrwerk. Der Fuhrmann trieb mit lautem Geschrei und Fluchen die Pferde an. Die Räder des Wagens knarrten so heftig, dass man glauben konnte, es sei eine schwere Last geladen. Der Lärm und das Gepolter nahmen ständig zu und gingen in ein heftiges Krachen und Getöse über. Der Fuhrmann stiess zuerst entsetzliche Hilferufe, dann markerschütternde Schreie aus. Plötzlich war alles wie abgestellt. Der Bauer wollte zu Hilfe eilen, denn da war sicher ein Unglück geschehen. Da sah er ganz in der Nähe des vermeintlichen Ortes am Fusse des Berges zwei Bauern ruhig pflügen, die wohl von allem gar nichts gehört hatten. Das kam dem zu Hilfe Eilenden seltsam vor. Er kehrte nach Hause zurück und erzählte den Vorfall seinen Eltern. Sie waren gar nicht verwundert, da man früher oft von diesem Riedbergfuhrmann gehört hatte. Kurz darauf änderte das Wetter und es herrschte während zwei Wochen stürmische, von schweren Regenfällen unterbrochene Witterung. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Riedbub

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In Ferdenried lebte vor langer Zeit ein Vater mit seinem Sohn. Der Vater verrichtete alle Feldarbeiten allein, während der Sohn die Ziegen hütete. Als einmal der Vater einen Acker haute und der Bub sah, wie sich der Vater von Zeit zu Zeit ausruhte, sprach er zu ihm: «Vater, warum ruhst du denn immer aus?» Darauf erwiderte der Vater «Nun, so schlage du einmal eine Furche von einem Ende des Ackers zum andern, ohne zu ruhen!» Freudig nahm der Sohn die Haue zur Hand und schlug die Furche. «Nun gut», sprach jetzt der Vater, «von nun an musst du auch an die Haue!» Dieser Riedbub ging einst nach Sitten. Dort forderte gerade ein fremder Schwinger alle zum Schwingen heraus. Da es keiner sonst mit ihm aufnehmen wollte, meldete sich der Riedbub und überwand mit Leichtigkeit den fremden Prahler. Als alle ihm zujubelten und ihm einen Lohn anboten, forderte er zwölf Mass Korn. Gerne gab man es ihm. Dann nahm er das Korn auf den Rücken und ging fürbass. Am Blattenstutz schüttelte er noch samt der Bürde Nüsse von den Bäumen herab. LÖTSCHEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Riedligger Brünnling

Source: Der Riedligger Brünnling

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Zu Wohlen in der Riedligger-Matte, über welche die dortigen Fabrikarbeiterinnen zum Theil ihren Heimweg nehmen müssen, war ein Feuermann, an dessen Dasein einige lustige Mädchen nicht glauben wollten. Sie giengen geflissentlich einst in später Mitternacht noch durch diese Wiese um ihn zu treffen. Als er wirklich dorten stand, riefen sie ihm mit Gelächter zu: „Chum, brünniger Ma, zünd is!“ Er näherte sich ihnen augenblicklich auf den letzten Schritt und die erschrockenen Mädchen flüchteten sich ins nächste Haus. Hier schwebte er nun vor den Fällladen der Fenster so dicht hin und her, dass diese anzubrennen drohten. Jetzt begannen die Mädchen zu flehen, er möge sich doch nur entfernen, sie wollten ihm lieber etwas beten. „Nun ja“, sagte er, „aber einen Rosenkranz!“ Sie begannen einen solchen durch alle Vaterunser und Ave Maria hindurch. Beim letzten Vaterunser war ihnen das Herz wieder leichter geworden und sie lachten unandächtig mitten über dem Gebete. Sogleich fegte der Brünnling mit erneuter Hitze an den Fenstern auf und nieder und befahl ihnen, frisch von vorne anzufangen und besser zu beten, sonst werde er nicht weiter gehen. Erst als dies geschehen war, entfernte er sich, und die Mädchen konnten aus dem fremden Hause fort in ihr Bett kommen. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Riese

Source: Der Riese

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Auf der Alp "Altsäss" kam den Sennen ein Melkstuhl, so oft man ihn auf den Untersäss mitnahm, wieder auf den Obersäss zurück. Da hiess einst der Senn den Buben den Stuhl vom Obersäss herabholen und versprach ihm seine schöne Glockengeiss, wenn's ihm gelinge. Der Bube lief, schlich, wie er oben ankam, zur Hütte, schaute durch eine Spalte hinein und sah auf dem Stuhle einen riesigen Mann am Kessel sitzen und feuern. Furchtlos, wie der Bube war, rannte er in die Hütte, riss den Melkstuhl unter dem Grossen weg, welcher rücklings niederstürzte, und lief mit seiner Beute dem Untersässe zu. Statt aber Wort zu halten, lachte ihn der Senn aus. Da kam in der Nacht der Riesige aufs Hüttendach und rief mit schrecklicher Stimme durch die Schindeln hinunter: "Dem Buben gehört die Glockengeiss! Wären aber nit gewesen Die Hitz und der Witz Und die Beiss - die Glockengeiss Wär din geblieben!" Dr. Henne-Am Rhyn, Deutsche Voltssage. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 137, S. 65 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Riese Eishexe

Source: Der Riese Eishexe

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Im Tale der Thur wohnte ein Riese mit Namen Eishexe, d. h. schrecklich. Er brauchte keine Brücke über die Thur, wie sehr diese auch anschwellen mochte und wie sehr selbst sein gewaltiges Ross sich gegen die Strömung sträubte. Kräftig nahm er es beim Zügel, schwamm durch die Thur, riss das Pferd nach und sprach: "Beim Herrn Gallus, du sollst mir folgen, magst du wollen oder nicht!" Ebenso mächtig als gegen die Gewässer der Thur erwies er sich gegen die Feinde des Reichs. Als er mit Karl dem Grossen gegen die Böhmen, Avaren und Wilgen zu Felde zog, mähte er diese auf dem Schlachtfelde nieder wie Gras und spiesste sie wie Vögel auf seine Lanze. Fragten ihn später die Thurgauer, wie es ihm bei seinen Feldzügen gefallen habe, so machte er gar nicht einmal viel Rühmens von seinen Taten und Feinden: "Was soll ich," drückte er sich aus, "mit diesen Kröten? Ich spiesste 7 - 9 auf meine Lanze und trug sie da- und dorthin. Weiss nicht, was sie dazu brummten. Ganz unnützerweise haben der Herr König und wir uns gegen solche Würmer abgemüht!"                                      C. G. I. Sailer, Chronik. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 485, S. 284 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Riese Gargantua

Source: Der Riese Gargantua

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Bevor der heilige Donat, Erzbischof zu Besançon das Greyerzerland zum Christentum bekehrt, hatte dort ein ungeheurer Riese seinen Wohnsitz aufgeschlagen, welchen das Volk jener Gegend in seiner heidnischen Verblendung als Götzen verehrte und anbetete. Dieser Riese war der Riese Gargantua. Grösser als die himmelstürmenden Titanen, soll dieser Riese mit dem einen Fusse auf der Spitze des Birrenberges, mit dem andern auf der des Gibloux gestanden und sich niederbeugend die Saane so vollständig ausgetrunken haben, dass ihr Bett drei Tage hindurch trocken blieb. Während dieser drei Tage habe er, so erzählt die Sage, mit seinen gewaltigen Händen von den Felsen links Felsblöcke abgebrochen und mit denselben das Fundament und die Grundpfeiler zu der Brücke bei Pont-la-ville gelegt, so dass den Menschen ihre Vollendung dann ein Leichtes gewesen sei. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Riese Gross Hans Rotzer

Source: Der Riese Gross Hans Rotzer

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Dieser riesenhafte Mann aus dem Melchthal soll den Platz zur Erbauung der dortigen Kapelle hergegeben haben und dieses auch die Ursache gewesen sein, weshalb er nach einem unglücklichen Tode noch gerettet wurde. Man sagt von ihm unter anderm, dass er auf einen Gang 7 Centner Eisen aus dem Melchthal, wo ehedem eine Eisenschmelze gewesen, getragen und dabei spazierweise in der Melcha gefischet habe. Im Zurückkehren trug er ein Salzfass von 7 bis 8 Centnern ins Tal, dabei wieder mit Fischfang sich beschäftigend. Aus einem halben Viertel Mehl kochte er sich auf eine Mahlzeit ein sogenanntes „Kohlermus"; ass dann aber die ganze Woche nichts mehr. Mit seiner Riesenstärke übervorteilte er andere Gemeindsgenossen. Als man auf dem Genossenlande Heu sammelte und jeder das Recht hatte, gleich viele Wische oder Bürden zu nehmen, jedesmal so viel in ein Seil oder Garn fasste und es nach Hause trug, als sonst vier andere Männer, die mit ihm gleich berechtiget waren, aber begreiflich nicht so viel als der Rotzer zu tragen vermochten. — Nach seinem Tode wurde er oft gesehen, wie er von sieben bösen Geistern an einer Kette geführt und gehandhabt wurde. Man dachte auf seine Rettung, welche in der Folge durch Kaplan Troxler auf der Alp Walsli durch Beschwörung stattfand. Diese Rettung soll eben deshalb möglich gewesen sein, weil Rotzer den Platz zum Kapellbau hergegeben hat.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Der Riese im Gadmental

Source: Der Riese im Gadmental

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Im Gadmental ist ein Steg von Fels zu Fels, den nennt man den Heidenweg. Jenseits am Talrande hauste einst ein Riese; der war sehr stark und trug eine mächtige Keule, und was in seine Nähe kam, Menschen und Tiere, erschlug er und briet es sich und verspeiste es mit Behagen. Als er es lange schon so getrieben, wagte sich niemand mehr in jene Gegend, so dass der Riese Not litt und sich zu den diesseits gelegenen Häusern zu gehen entschloss, um dort Menschen oder Vieh zu rauben. Als er aber den schwanken Steg über den Bachtobel betrat, brach dieser unter ihm zusammen und wild heulend stürzte der Riese gegen die schwarzen Felsen und in das schäumende Gewässer und kam dort elendiglich um. So ward das Tal von seinem Unholde befreit und jubelnd stellten die Einwohner den zerstörten Steg wieder her. Aber wohl überlegt machten sie ihn wiederum leicht und schwach, damit jeder Riese, der ihn betritt, dem gleichen Schicksal wie sein Stammgenosse verfallen möge. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Riese mit der Eisenstange

Source: Der Riese mit der Eisenstange

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Ein Vater begleitete einst seinen Sohn in die Stadt, um ihn das Schmiedehandwerk erlernen zu lassen. Er führte ihn zu einer Werkstatt, wurde mit dem Meister einig und liess ihn bei ihm in der Lehre. Der Sohn stellte sich an den Amboss; aber jedes Mal, wenn er mit dem Hammer aufs Eisen schlug, hieb er es mit seiner Riesenkraft in Stücke. Der Meister hatte eine Zeitlang Geduld mit ihm. Schließlich aber wurde es ihm zu arg, und er hieß ihn fortgehen. Ehe der Jüngling wegging, wollte er sich einen Wanderstab aus Eisen schmieden. Er nahm also einen Arm voll Eisenstücke, warf sie ins Feuer und ließ sie glühend werden. Dann zog er sie aus dem Ofen und formte daraus einen gewaltigen Stock, mit dem er sich aus dem Staube machte. Auf der Landstraße traf er einen Mann, welcher mächtige Baumstämme mit einer großen Holzkeule mitten entzweischlug. «Du mußt ordentlich stark sein, dass du mit jener Keule so hantieren kannst», sprach er zu ihm. «Da, versuch einmal meinen Wanderstab zu tragen!» Der mit der Holzkeule versuchte, den Stock vom Boden aufzuheben; aber er vermochte es nicht. «Komm mit mir in die Welt hinaus!», sagte der mit der Eisenstange, und der Kamerad folgte ihm. Also zogen sie selbander von dannen und gelangten ans Ufer des Meeres. Dort sahen sie einen, der warf schwere Mühlsteine weit in die Wellen hinaus, als wären es Kieselsteine. « Was machst du da?» riefen sie ihn an. «Du musst ziemlich viel Kraft besitzen, um Steine von solchem Gewicht in die Luft hinaus zu werfen. Da, probier einmal, ob du meinen Spazierstock aufzuheben vermagst.» Der mit dem Mühlstein versuchte es; allein er konnte ihn nicht vom Boden aufheben. «Komm du mit uns!» sprachen die zwei Wanderer zu ihm. Der war zufrieden, zog mit ihnen, und alle drei machten sich auf den Weg nach der Stadt. In einer Weinschenke mit einem hübschen Reblaubendach hielten sie Einkehr und vernahmen dort, dass in den umliegenden Bergen ein Palast sei, der einem Zauberer gehöre, und daß alle Leute, die jemals in dieses Schloß hineingerieten, nie mehr von dort zurückgekehrt seien. Da bekamen sie Lust, in die Nähe dieser Burg auf die Jagd zu gehen und den geheimnisvollen Palast zu betreten. Sie gingen also hin und traten in das Schloß, aber es war niemand zu sehen. Da beschloß der mit der Holzkeule, allein dort zu bleiben, um seine auf der Jagd erbeuteten Rebhühner und andere Vögel zu rösten, während die andern nach dem Wirtshaus zurückkehrten. Wie er nun so am Herdfeuer in der Küche stand und seine Jagdbeute rösten ließ, hörte er ein Getrampel und dann eine Stimme, welche ihn anschrie: «Wer hat dir erlaubt, hier in mein Haus zu kommen und die Vögel zu braten?» Darauf versetzte der mit der Holzkeule dem Zauberer einen so wuchtigen Hieb mit seiner Keule, daß jener vom Kopf bis zu den Füßen erzitterte und schleunigst das Weite suchte. Als die beiden Kameraden zurückkehrten, fanden sie die erbeuteten Vögel ein wenig angebrannt. «Was hast du gemacht?» fragten sie ihn, «warum hast du sie anbrennen lassen?» «Ach, ich habe Bauchschmerzen bekommen», gab er zur Antwort. Am folgenden Tage blieb der mit dem Mühlstein im Schloß, und es erging ihm gleich wie dem andern Gefährten. Seine Kameraden kamen zurück und fanden die Vögel wiederum angebrannt. Er gab jedoch zur Ausrede vor: «Ich habe Bauchweh gehabt.» Am dritten Tag blieb der mit der Eisenstange in dem Zauberschloß. Sobald der Magier sich blicken ließ, schmetterte er ihm mit einer so hünenhaften Kraft einen Schlag auf den Rücken, daß sich ihm beinahe das Gesicht nach dem Nacken drehte. Dieses Mal wurde der Zauberer vom Schrecken erfasst und, weil er für sein Leben fürchtete, sprach er zu ihm: «Bring mich nicht um, denn ich will dir alles sagen.» Und damit hieß er ihn mit hinaus in den Garten kommen, zeigte ihm einen Ziehbrunnen und erzählte ihm folgendes: «Da unten in der Tiefe dieser Zisterne wohnen drei Prinzessinnen. Derjenige, welcher auch nur eine einzige von ihnen befreien und retten kann, wird deren Gemahl werden.» Als Eisenstab dieses Geheimnis vernahm, brachte er den Zauberer um, der es ihm anvertraut hatte. Darnach wartete er, bis seine beiden Gefährten zurückkamen, stieg in einen Korb, der an einem viele Ellen langen Seil befestigt war, und liess sich in die Tiefe hinunter. Als er endlich unten ankam, fand er dort eine der drei Königstöchter, befreite sie von den Eisenketten und hieß sie in den Korb steigen. Sie schenkte ihm zum Andenken einen Apfel aus reinem Silber. Die Gefährten zogen den Korb empor, hoben die Prinzessin heraus und ließen dann den Korb wieder in die Tiefe gleiten. Inzwischen suchte Eisenstange in dem geheimnisvollen Gange weiter, fand die zweite Prinzessin und erlöste auch sie. Diese überreichte ihm einen goldenen Apfel als Geschenk. Die Gefährten zogen sie aus dem Ziehbrunnen heraus und ließen dann abermals das Seil in die Tiefe hinab. Eisenstange forschte mittlerweise weiter und fand auch die dritte Königstochter. Die war schöner als alle andern, und er befreite auch sie. Sie schenkte ihm einen Apfel aus Diamanten. Wieder zogen die Gefährten sie herauf und brachten sie in Sicherheit. Als aber die beiden Spitzbuben die drei Prinzessinnen aus dem tiefen Kerker erlöst hatten, sagten sie zueinander: «Komm, wir wollen ihn drunten lassen und nicht heraufziehen, dann können wir beide allein den großen Gewinn untereinander teilen!» Das taten sie auch. Darauf geleiteten sie die drei Prinzessinnen zum Königshof. Der König war glücklich, seine vom Zauberer entführten Töchter wieder zu sehen und versprach jedem der beiden Retter eine zur Frau, aber erst nach einem Jahr und einem Tag sollte die Hochzeit stattfinden. Holzkeule sollte die älteste erhalten, Mühlstein die zweite, die jüngste aber sollte unverheiratet bleiben. Da sprach die älteste zu ihrem Bräutigam: «Willst du mich zur Frau haben, so mußt du mir einen silbernen Apfel schenken, wie der war, den ich unten im Ziehbrunnen besaß.» Und er gab zur Antwort: «So wollen wir zum Goldschmied gehen und einen solchen machen lassen.» Aber der Goldschmied brachte es nie zustande, ihr einen so schönen Apfel herzustellen, wie sie ihn wünschte. Die zweite Königstochter sprach zu Mühlstein: «Willst du, daß ich dich heirate, so mußt du mir einen goldenen Apfel geben, wie ich einen drunten in der Zisterne besaß.» Und er antwortete: «Ei, so gehen wir zum Goldschmied, der soll dir einen machen.» Der aber brachte ebenfalls nie einen solchen Apfel fertig, wie sie ihn haben wollte. Sobald der arme Eisenstab sah, daß der Korb nicht mehr heruntergelassen wurde, um ihn zu retten, begriff er, daß man ihn betrogen hatte. Mit seiner Eisenstange, seiner Riesenkraft und Geduld gelang es ihm jedoch, sich einen unterirdischen Gang zu graben. bis er schließlich nach vieler Mühe ans Tageslicht gelangte. Hierauf machte er sich auf den Weg zum Königsschloß und zeigte dort den Prinzessinnen die drei Äpfel, die er jeweilen zum Geschenk erhalten hatte. Da erkannten sie in ihm ihren wahren Retter und berichteten es sofort ihrem Vater, damit er Gerechtigkeit walten lasse. Der König ließ die beiden Betrüger zur Strafe hinrichten und gab die schönste und jüngste der drei Prinzessinnen dem Erretter Eisenstange zur Gemahlin. Sie feierten ein herrliches Hochzeitsfest und luden dazu alle Leute der ganzen Gegend ein. So hatte der arme Jüngling, der das Schmiedehandwerk erlernen wollte, sein Glück gefunden.   Quelle: Walter Keller, Tessiner Sagen und Volksmärchen, Edition Olms, (Nachdr. d. Ausg. Zürich 1940), 2000. Märchen erzählt in Rovio von Luigia Carloi-Groppi 1911    Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Riese und das Glarner Mandli

Source: Der Riese und das Glarner Mandli

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Vor etwa 60 Jahren brachten die Berner einen gewaltigen Riesen an einer Kette durch das Glarner Land hinauf bis nach Linthal und forderten die Glarner zu einem Schwinget heraus. Nun gab es damals sehr viele junge, baumstarke ledige Mannenvölker im Kanton Glarus. Mein 80jähriger Meister, der es mir erzählt hat, war damals auch so ein junger Lediger. Aber keiner von ihnen getraute sich, die Ehre der Glarner zu retten und mit dem Riesen anzubinden. Da schickten sie zum alten Fridli Dürst, einem kleinen, schon nicht mehr jungen Mandli, das eine unvernünftige Kraft hatte. Sie baten ihn, er möchte kommen und mit dem Berner schwingen und die Ehre des Glarner Landes retten. Aber er wollte zuerst nicht und entschuldigte sich mit seinem Alter. Aber nach und nach gab er ihren Bitten nach und ging mit ihnen nach Linthal. Dort, im Raben, logierten die Berner. Der Riese kam vors Haus. Der Fridli schaute ihn an, warf sein Lederkäppchen auf den Platz hinaus und sagte: »Da, genau auf den nämlichen Fleck musst du fliegen.« Der Riese und die Berner lachten. Unversehens aber unterschoss ihn der Durst, warf ihn über seinen Kopf nach hinten und brach ihm das Genick. Da hatten die Glarner eine grosse Freude und zechten und jubelten lange in die Nacht hinaus. Joh. Jos. Zgraggen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Riesenfuss bei Tenniken

Source: Der Riesenfuss bei Tenniken

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Wohl mancher Fussgänger, der durch das romantische Diegtertal spaziert ist, dabei die wunderlich geformten Felsenstöcke der Judenbündel angestaunt hat, ist sicher auch ein Weilchen stille gestanden bei der Fluh unterhalb des Wasenhauses bei Tenniken, um sinnend jene Naturmerkwürdigkeit zu betrachten, die dort noch zu sehen war, bevor die Steinbrechmaschine aufgestellt war. Die frisst nun gierig das Gestein, welches Brecheisen und Sprengschüsse von der Fluh losreissen. Als die Felswand von Menschenhand noch unangetastet dastand, war darin eine Vertiefung zu sehen, die auffallende Ähnlichkeit mit einem Fussabdruck hatte, allerdings von einem grossen, riesenhaften; denn er wies eine Länge von anderthalb Metern auf und war wohl einen Meter breit. Deutlich konnte man am obern Ende den etwas stärker vertieften Absatz erkennen. Über die Entstehung dieses Naturspieles weiss die Volkssage folgendes zu berichten: Zwei Riesen waren an dieser Stelle miteinander in Streit geraten. Unheimlich widerhallte ihr greuliches Rufen von den Talwänden, und mächtig erdröhnte die Erde von ihrem wilden Stampfen. Lange wogte der Zweikampf hin und her. Schliesslich gelang es dem einen der Kämpfenden, den Gegner zu Boden zu zwingen, indem er sich mit einem Fusse gegen die Felswand stemmte. So sehr hatte er sich dabei angesperrt, dass sein Fuss diesen mächtigen Eindruck hinterliess, der bis in unsere Tage hinein von dem gewaltigen Kampf der Riesen zeugte. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Riesenochse

Source: Der Riesenochse

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Der Riesenochse Das war zur Zeit des Riesenviehs und der Riesenobstes. Ein Bauer rühmte sich vor den Meistern der Metzgerzunft zu Zürich, er wolle einen Ochsen nach der Stadt bringen, der so gross sei‚ dass er nicht durch den Eingang des Schlachthauses hindurch gehen könne. Die Metzger versprachen ihm, diesen Stier doppelt mir geschenktem Fleisch aufzuwiegen, wenn sie ihn zu sehen bekämen. Als nun das Bäuerlein wirklich mit dem Weltsochsen daher zog, war die Freude und Verwunderung der Metzger viel grösser als der Verdruss über ihren Schaden. Sie gingen dem Wundertier vor das Tor entgegen und führten es in festlichem Zuge durch die Stadt. Auf der hölzernen Limmatbrücke bezeigte der gefeierte Stier Durst. Er bog den Kopf über das Geländer hinunter und soff so gemütlich, ohne den Hals allzusehr auszurecken, aus dem FIuss. Beim Schlachthaus angelangt, musste man ihm erst von jedem Horn drei Fuss absägen, um ihn hineinzubringen. Nachdem er aber geschlachtet war, wurde aus dem „Netz“ zwischen Meilen und dem andern Ufer eine Brücke über den See gespannt und aus der Milz eine zweite in der Stadt selbst vom Gasthof zum Storchen quer über die Limmat hinüber. Noch zu Menschengedenken hat die Zürcher Metzgerschaft mit dem Osterochsen alljährlich eine Umzug durch die Stadt gehalten. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Wörtlich aus Büchli, 3, S. 37. Seine Quelle: Sutermeister, Kinder- und Hausmärchen der Schweiz, 2. Aufl., 1872, Nr. 34   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Riesentöter

Source: Der Riesentöter

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Vor vielen, vielen Jahren pilgerte einmal eine Mutter mit ihren drei Söhnen nach St. Jakob in Galizien. Als sie spät am Abend in einen Wald kamen, mussten sie dort unter einer Tanne übernachten. Die drei Burschen wurden sich einig, dass jeder von ihnen eine Stunde Wache halten müsse. Dem Jüngsten fiel die Wache um Mitternacht zu. Aber dies kam ihm gar langweilig vor, da ging er ein Stück weit in den Wald hinein. Um ein wenig die Umgebung auszukundschaften, kletterte er auf die höchste Tanne des Waldes. Dort oben sah er auf einmal drei Riesen um ein Feuer herumhocken und Bärenfleisch essen. Er kletterte von der Tanne herunter und näherte sich unbemerkt den Fressern. Ein guter Jäger, der er war, schoss er einem das Stück Fleisch vom Maul weg. «Das muss ein guter Jäger sein», sagten die Riesen zueinander, und sie machten sich auf die Suche nach dem Burschen. Der aber kroch von selber aus dem Gebüsch, worin er sich versteckt hatte, und fing an mit den Riesen zu reden. «Du bist ein Mann für uns», sagte der älteste, «hier drüben in diesem Schloss ist eine wunderschöne Prinzessin, und die wird von viel Dienerschaft und einem schrecklichen Hund bewacht. Den könntest du abknallen, dann wollen wir dir die Hälfte der Schätze geben.» Der Bursche nahm diesen Vorschlag an und ging mit den Riesen ins Schloss. Mit seinem Pfeil traf er den Hund mitten ins Herz und erledigte ihn, bevor der ein Geheul von sich geben konnte. Die Tür des Schlosses war aber aus Eisen, und hier konnten sie nicht hinein. Die Räuber berieten deshalb, was zu tun sei. Sie sagten dem Burschen, er, der Kleine, müsse durch die Fensterluke kriechen und nachher das Loch so vergrössern, dass es auch für sie gross genug sei. Mit Mühe kroch der Bursche hinein, und dann vergrösserte er mit einem Hammer, den die Räuber ihm gegeben hatten, die Öffnung, dass auch sie hineinkonnten. Aber während er das tat, dachte er: «Da hilfst du diesen Riesen, Menschen zu töten, und wenn du brav geholfen hast, tötet dieses Pack auch dich!» Im Zimmer drin fand er ein Schwert. Da beschloss er, damit die Riesen aus dem Weg zu räumen. Dem ersten, der hereinschaute, haute er den Kopf ab und zog ihn dann herein. «Mir geht’s gut hier drin!» rief er den andern beiden draussen zu. Und als der zweite durch das Loch hereinkroch, ging es ihm gleich wie dem ersten. Auch der dritte teilte das Schicksal seiner Kumpane. Der Bursche erledigte alle drei. Er schnitt den drei Ungeheuern die Zungen heraus, ging hinaus und schlich ganz leise die Treppe hinauf. Als er oben die Tür eines Zimmers öffnete, fand er darin eine sehr schöne und liebliche Jungfrau, weiss wie Schnee und mit rabenschwarzem Haar. Auf dem Tisch neben dem Bett lagen ein Ring und ein Taschentuch. Er halbierte den Ring und das Taschentuch und steckte je eine Hälfte in seine Tasche. Auch einen der goldenen Pantoffeln, die unter dem Bett lagen, nahm er mit. Darauf ging er, ohne jemanden zu wecken, zu seinen Leuten zurück; die schliefen noch. Er weckte sie, und sie gingen auf dem Weg nach St. Jakob in Galizien weiter. Als die Prinzessin im Schloss am andern Tag merkte, dass von ihrem Ring und von ihrem Taschentuch mit aufgesticktem Wappen die Hälfte fehlte und dazu noch ein Pantoffel weg war, wunderte sie sich sehr. Als sie die Diener kommen liess und sie ihr alles erzählten, was sie im Zimmer unten vorgefunden hatten, da wusste sie bestimmt, dass jemand sie befreit hatte. Den ganzen Tag wartete sie auf ihren Befreier. Tage und Wochen vergingen, aber niemand kam. Da liess sie am Weg nach St. Jakob in Galizien ein Wirtshaus bauen, wo jeder umsonst zu essen und zu trinken bekam. Doch die Leute, welche bedienten, wurden angewiesen, jeden erzählen zu lassen, was er von Riesen wusste. Die Jungfrau hoffte auf diese Weise etwas über den tapferen Ritter, der ihr das Leben gerettet hatte, zu erfahren. Als die Mutter mit ihren drei Söhnen von St. Jakob in Galizien zurückkam, kehrten auch sie in jenem Wirtshaus ein. Und die Wirtin konnte das Gespräch auf Riesen lenken. Sogleich erriet der Bursche, weshalb die Wirtin etwas von Riesen erfahren wollte. Er holte die drei Zungen hervor und zeigte sie. Seine Brüder und seine Mutter waren furchtbar erstaunt und wollten nicht glauben, dass dies Riesenzungen seien. Sie behaupteten, es seien Ochsenzungen. Als die Jungfrau im Schloss von diesen Zungen hörte, kam sie schnell ins Wirtshaus. Da gab ihr der Bursche den Pantoffel, die Hälfte des Taschentuchs und den halben Ring zurück. Darauf reichte ihm die dankbare Prinzessin als Braut die Hand, und sie machten fröhlich Hochzeit. Und wenn sie nicht gestorben sind, so leben sie heute noch.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Rigelitomme

Source: Der Rigelitomme

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Der Rigelitomme wohnte im vorigen Jahrhundert in der Fontanen, am Fusse des Menzberg und hiess eigentlich Thomas Wandeler. Bei den Einwohnern rings um jenen Gebirgstock herum war lange nach seinem Tode vielleicht kein Mann so oft im Munde, als dieser volkstümliche Prophet. Was man die „Bruder Klausen Weissagung" nennt, wird nicht selten dem Rigelitommen zugeschrieben. Er wohnte auf der Mühle an der Fontanen und prophezeite, dass nach seinem Tode acht Besitzer dieses Gutes auf nichts kommen würden. Erst der neunte werde es wieder prästieren. Aber seither sind mehr als acht daraus schlecht bestanden, denn zum Verderben hat es die Natur hier eingerichtet. Bei selber Mühle stand ein hohler Baum, in welchen Tommen nachts hineinstand und betete. Er ist jetzt bis auf einen kurzen Stock zusammengefault. Zur Pfarrkirche ging Tommen nicht, wie andere Christen, er hatte seine eigene Andacht. Als nun der Bauer vom Girishof zu Menzberg auf seinem Kirchgang dem Tommen begegnete, lud dieser den andern ein, mitzugehen in seine Kirche. Der Bauer willigte neugierig ein und wurde nun in eine Berghöhle geführt, wo ein prachtvoller Saal sie umfing. Auf nähern Bericht mussten wir bis jetzt verzichten.  Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Der Ring auf dem Egliswiler Berge, oder Homisen

Source: Der Ring auf dem Egliswiler Berge, oder Homisen

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Auf dem Berge hinter der Heidenburg (vgl. No. 168: Die Spinne auf der Heidenburg) liegt um die Wurzeln einer Eiche unterirdisch gespannt ein Ring aus purem Golde. Er wiegt mehr als das grösste Haus in Egliswil, liegt aber unerreichbar tief; zum Glücke der Gegend. Denn wird ihn je eine menschliche Hand berühren, so verschwindet er sammt der Eiche in den Boden hinein und aus dieser Höhlung hervor drängt sich ein ungeheurer Strom, der das ganze Thal unter Wasser setzen und so den alten See wieder herstellen würde, der früher den Aargau bedeckt gehalten hat. Er hat Hom-Isen geheissen, und von ihm stammen die vielen Homberge unsers Kantons her; so wenigstens leitete der Bannwart den Namen ab, als er Vorstehendes berichtete. Eine Stelle dieses Berges heisst man das Rothe Hüsli, eine andere im Walde die Metzg'. Hier geschah ein dunkler Gräuel, in Folge dessen es heute noch spukt. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 4 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Ring der schönen Curia

Source: Der Ring der schönen Curia

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Vor langer Zeit lebte einmal ein König, dem war die Frau gestorben. Die verstorbene Königin besass jedoch goldene Pantoffeln. Als nun der König wieder heiraten wollte, liess er folgendes verkünden: Die Frau, der die goldenen Pantoffeln der Königin passen, werde ich heiraten. Jetzt hatte der König aber eine Tochter, die hiess Curia. Einmal ging sie in die Kammer ihrer verstorbenen Mutter, schlüpfte in die goldenen Pantoffeln und sie passen genau. Da geht sie zum König und fragt: „Lieber Vater, schenkst du mir die goldenen Pantoffeln.“ Der König aber schaut seine Tochter an und sagt: „Du bekommst die Pantoffeln, aber nur, wenn du meine Braut wirst. Dies ist ein Befehl!“ Die schöne Curia erbleichte, als sie dies hörte und in ihrer Not floh sie zu ihrer Patin. Diese lebte in einem grossen Palast mit zahlreichen Dienern. Sie gab der Königstochter die Kleider einer Magd, damit niemand sie erkennen konnte und liess sie die Hühner füttern und die Schweine hüten.So verging eine lange Zeit. Einmal lud die Patin zu einem Ball ein. Für Curia hatte sie drei schöne Kleider machen lassen, damit sie mittanzen konnte. Zu dem Ball kam auch ein junger Königssohn, der sah die schöne Curia in ihrem himmelblauen Kleid und wollte den ganzen Abend nur mit ihr tanzen. Sie aber fürchtete erkannt zu werden, und so liess sie ihren Ring fallen, und während sie sich bückte, um ihn aufzulesen, floh sie ungesehen aus dem Ballsaal und versteckte sich im Hühnerstall. Am zweiten Tag traute sich Curia nicht mehr, zum Ball zu gehen, doch die Patin gab ihr das zweite Kleid, darauf waren der Mond und die Sterne zu sehen. Kaum hatte der Königssohn sie erblickt, sprang er auf sie zu und tanzte mit ihr den ganzen Abend. Auch diesmal liess sie den Ring fallen, und obwohl der Königssohn ihre Hand hielt, floh sie unerkannt aus dem Ballsaal. Am dritten Tag gab ihr die Patin das dritte Kleid, das Sonnenkleid, und als sie den Ballsaal betrat, nahm der Königssohn sie bei der Hand und fragte: „Schönste Prinzessin, bitte sag mir deinen Namen!“ „Curia heisse ich, schöne Curia“, und nach diesen Worten sprang sie, so schnell sie konnte aus dem Ballsaal, um sich wieder zu verstecken. Der Königssohn ging ihr hinterher, doch er konnte sie nirgends finden. Er wurde von Tag zu Tag trauriger und vor lauter Sehnsucht nach Curia wurde er schliesslich krank.  Die Patin besuchte ihn und wollte ihm ein Glas mit Wasser geben, doch er sprach: „Ich werde keinen Schluck Wasser trinken, es sei denn, die schöne Curia mit dem Ring kommt zu mir!“ Da liess die Patin Curia rufen. Curia zog ihr schönsten Kleid an, das Sonnenkleid und als sie vor dem Königssohn stand, schien es als ginge die Sonne auf. So wurde die schöne Curia die Braut des Prinzen und sie lebten in Freude und Glück.   Fassung Djamila Jaenike, nach "Curia, schöne Curia", in:  C. Decurtins/U. Brunold-Bigler/K. Widmer, Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein, Schams, Chur 2004   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Ring des Herrn Bettbur

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Ein ähnliches Schicksal wie sein Schlossnachbar erfuhr der Junker der Burg Bettbur bei Hüttwilen, der seine Untertanen ständig schikanierte. In seinem herrischen Übermut warf er einst einen goldenen Ring in den See und brüstete sich damit, dass er diesen Ring so sicher nicht mehr erhalte, so wenig ihm jemand sein grosses Vermögen und seine Gewalt rauben könne. Nach einem Jahr brachte ihm ein Fischer einen Fisch, und als man diesen in der Küche zum Braten rüstete, da kam darin plötzlich der Ring wieder zum Vorschein. In derselben Nacht aber wurde die Burg von Gegnern des Junkers erstürmt, eingeäschert und der Burgherr getötet. Zur Strafe für ihre Sünden am Volke mussten die Herren von Bettbur in grässlichen Gestalten und bei schrecklichem Lärm lange Jahre jeden Abend beim Einnachten einen Weg zurücklegen, und erst mit dem Betzeitläuten verschwanden die Gestalten wieder. Quelle: Ferdinand Bolt, Die Sagenwelt am Bodensee, Appenzeller Kalender 1956 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Ring von Hallwil

Source: Der Ring von Hallwil

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Der alte Edelmann von Hallwil hatte einen einzigen Sohn; er hieß Walther, nannte sich aber nach Christi Jünger Johannes, seit er mit andern Adeligen das Gelübde getan, das Kreuz zu nehmen, und eine Wallfahrt nach dem heiligen Grabe zu machen. Obwohl der Greis seinen Stammhalter nicht gerne ziehen sah, so musste er es doch geschehen lassen; aber zum Wahrzeichen, dass sein Johannes der alleinige Erbe und Nachfolger in der Herrschaft sei, zog er einen Goldring vom Finger und brach ihn vor allen Dienern entzwei. Die eine Hälfte übergab er seinem Beichtvater, der einst das Testament vollstrecken sollte; die andere Hälfte reichte er dem scheidenden Sohne; damit sollte dieser bei der Rückkehr seine Ansprüche männiglich erhärten, unbegründete fremde zurückweisen. Zwanzig Jahre waren indess vergangen, der Greis war längst gestorben, keine Kunde vom Sohne war je gekommen. Niemand vom ganzen Herrengeschlechte war übrig, als ein habsüchtiger Oheim, das war der reiche Abt des benachbarten Stiftes Muri. Also zog dieser das Schloss an sich und verwandelte es schleunig in ein Kloster. Schon lange hatten sich hier die Mönche an den großen Hechten des Hallwilersees gütlich getan und an dem Edelwilde der Hochwälder am Homberge, da pochte eines Tages ein fremder Ritter an die Klosterpforte. Auf die erste Frage um sein Begehr nannte er sich Hallwil. Der erschreckte Pförtner lief nach dem Großkellner, der Großkellner nach allen Patres und Fratres, der ganze Convent endlich nach dem berühmten halben Ring, den ihnen des verstorbenen Grafen Beichtvater zur Urkunde ihres Besitzes ausgeliefert hatte; und hinunter ging's damit vor das Tor, wo eben der Ritter die andere Hälfte den Betroffenen vor die Augen hielt. Man passte sie an einander, sie waren wie zusammen- gegossen. Allein sogleich erschien auch der Prior, triumphierend brachte er noch eine dritte Hälfte jenes Ringes auf der Hand daher getragen. „Was für ein Lärm!“, ruft er, „Hier ist schon längst unser ganzer Ring, in seinen beiden Hälften, wie ihn unsere Sakristei verwahrt; ein Pilger hat uns diesen hier zu jenem Teile des Grafenringes vor langem gebracht, und zwar aus der Hand des armen Johannes selbst, der im Morgenlande an der Pest gestorben ist, dessen letzter Atemzug uns sein Schloss übergab, damit wir darin für seine Seele beten und ihm Verzeihung der Sünden erwerben. Hinaus mit diesem frechen Betrüger, der die Grabesruhe des Stifters und die Andacht unserer Brüder stört!“ So sprach der Prior, und die Tore des Klosters fuhren zu. Wie ein Bettler stand der junge Graf draußen vor seinem Erbe. Welches Gesetz hätte sich gegen solche Arglist vorgesehen gehabt, welcher Rechtsspruch solche Schlingen entwirren können! Hier konnte nur das Gottesurteil entscheiden. Johannes berief die Mönche in die Schranken vor Aarau und entbot ihnen den Zweikampf. In ihrem Namen stellte sich des Klosters Schirmvogt, der Ritter von Rüßegg. Unter dem Geleite des Freien von Mülinen ritt der gerüstete Johannes in die Bahn, der Abt von Kappel besetzte das Gericht. Draußen an der Stadt unter der großen Linde am alten Aarufer vor geschworenen Zeugen und allem Volk geschah der Kampf. Der von Rüßegg wurde vom Pferde gehauen und getödtet, sterbend bekräftigte er seines Gegners Recht. Die erbschleicherischen Mönche mussten ihren Raub fahren lassen, Johannes bezog sein Schloss, noch besitzt es sein Stamm. Dies soll im Jahre 1272 geschehen sein. Zwei Jahrhunderte später rettete sein Enkel die ganze Schweiz durch seinen Sieg in der Schlacht bei Murten. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Ritter mit den Kröten

Source: Der Ritter mit den Kröten

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Unlängst entdeckte man zu La Sarraz beim Nachgraben die Statue eines Ritters aus dem vierzehnten Jahrhundert, mit zwei Kröten auf den Wangen, und ein solches Paar auf dem Rücken. Man erzählt darüber folgende Sage: In grauer Zeit lebte ein junger schweizerischer Ritter, der unter dem Namen Herr von La Sarraz bekannt war. Durch Mut und Entschlossenheit in den Schlachten zeichnete er sich aus, so dass der Graf, dessen Vasall er war, ihn bemerkte und auszeichnete. Er verliebte sich in dessen schöne und reiche Tochter. Man machte ihr den Vorwurf, sie habe ein kaltes Herz und sei stolz und unempfindsam; aber auf diese Fehler, welche ein junges Mädchen verunzieren, achtete der Herr von La Sarraz wenig. Er warb um ihre Hand, die man ihm zusagte, wenn er ihr zur Morgengabe dreihundert Bergkühe und einen Burgstall darreichen könne. Das war alles was seine Eltern besaßen. Da ihr einziger Sohn sich grämte, weil er nicht so viel zusammen bringen konnte, so überließen ihm seine zärtlichen Erzeuger alles was sie hatten, um sein Glück zu begründen. Nun verehelichte er sich mit seiner Geliebten. Sein Vater und seine Mutter, die sich nichts zu ihrem Lebensunterhalt ausbedungen hatten, verfielen sehr bald in tiefes Elend. Der junge Herr von La Sarraz schien nichts davon wissen zu wollen. Es stellte sich ein harter und rauher Winter ein. Eines Abends, als der Schnee in dicken Flocken fiel und ein Eiswind stürmte, pochten sie am Burgstall ihres Sohnes. Man empfing sie, aber auf unfreundliche Weise. Während einiger Zeit gab man ihnen zu essen und zu trinken, aber man ließ ihnen merken, dass sie eine Last im Hause seien. Nun entschloss sich der Herr von La Sarraz, und sein unbarmherziges, Weib unterstützte ihn darin, Vater und Mutter zu verstoßen. Man führte sie also schlecht gekleidet, mit leerem Magen vor die Schlosspforte, die sogleich verriegelt wurde. Während sie nun Nachts auf holperigen Pfaden herumirrten, trauernd und weinend, saß der hartherzige Sohn vor dem flackernden Kaminfeuer an dem gedeckten Tisch, um den Imbiss zu verzehren. Man stellte ihm eine Wildpretpastete vor, die er sehr liebte, und eine Maß starkes, schäumendes Bier. Ohne Reue über seine Tat, wiegte er sich in einem weichgepolsterten Lehnsessel. Aber kaum hatte er die dicke Kruste abgenommen, welche den Deckel der Pastete bildete, so fuhr er mit einem fürchterlichen Schrei zurück. Seine Frau betrachtete ihn mit Entsetzen und rief nach Hülfe. Zwei garstige Kröten waren aus der Pastete gehüpft und hatten sich auf die Wangen des Kriegsmanns fest eingekrallt; sie schienen gesandt von einer höhern Macht. Nachdem das junge Weib den Ekel mühsam überwunden, den ihm die scheußlichen Tiere einflößten, strengte es alle seine Kräfte an, um sie von den Stellen abzureißen, welche sie angebissen hatten. Mit ihren starren, flammenden, grässlichen Blicken schienen sie die blutgefärbten Augen des Ritters verschlingen zu wollen. Alle Versuche der Knechte und Mägde, ihn von diesen Bestien zu befreien, blieben fruchtlos. Nach zwei langen Stunden, welche Schmerzen und Beschämung erfüllten, dachte der Kriegsmann an sein Betragen gegen seine Eltern, und er fragte sich endlich, ob dieser fürchterliche Vorfall nicht eine göttliche Strafe sei? Er bat seine Frau, den Burgpfaffen holen zu lassen. Der Priester hörte die Beichte des Vater- und Muttermörders an, fand aber die Sünden zu gräulich, als dass er sie vergeben konnte. Er wies ihn an den Bischof. Mit reuigem Herzen begann der Herr von La Sarraz die Reise. Die zwei Kröten verließen ihn nicht. Der Bischof empfing ihn; aber so wie er erfuhr, welcher großen Sünden gegen die kindliche Liebe er sich schuldig gemacht, wollte auch er den Himmel nicht mit ihm aussöhnen: „Der Papst allein,“ sprach er, „kann Euch diese Gnade spenden.“ Nun musste der Ritter nach Rom. Dort angekommen, warf er sich zu den Füßen des heiligen Vaters. Der Papst legte ihm eine harte Buße auf, damit der Sündenablass ihm fruchten möge; dann sagte er zu ihm: „Geht, um Euern Vater und Euere Mutter aufzusuchen, und wenn sie Euch verzeihen, so wird das Schandmal verschwinden, womit Euch Gott gezeichnet hat.“ Der Herr von La Sarraz kehrte nach der Schweiz zurück; aber wo sollte er seine Eltern finden, die er verstoßen hatte? Während drei Monaten suchte er sie mit unermüdlichem Eifer auf. Endlich fand er in einer einsamen Einsiedelei die Leichname eines bejahrten Mannes und eines alten Weibes, welche schon längst aus Hunger und Kälte gestorben waren. Sogleich erkannte er seinen Vater und seine Mutter an den hagern, weißblassen Zügen; er warf sich vor denselben auf die Kniee und vergoss bittere, reuevolle Zähren. Sogleich verließen die zwei Kröten seine Backen; da aber die Vergebung der sterbenden Eltern die göttliche Gerechtigkeit nicht hinlänglich befriedigt hatte, so wichen sie noch nicht gänzlich, sondern krochen auf den Rücken des Ritters, wo sie zwanzig Jahre lang fest angeklammert blieben, und wo er sie sorgfältig verborgen hatte. Nach diesem Zeitpunkt wurde der Herr von La Sarraz von seinem Sohne erstochen, der nach seinem Vermögen lüstern war. Dieser unnatürliche Sohn ward die Beute eines grimmigen Bären. Der Burgstall kam an eine Seitenlinie des Geschlechts. Zum Andenken des Vater- und Muttermordes errichtete man in der Kapelle eine Ritterstatue mit zwei Kröten auf Wangen und Rücken. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Ritter vom Grimmenstein

Source: Der Ritter vom Grimmenstein

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Auf einem der Wynigenberge im untern Emmental stand vor alten Zeiten die Burg Grimmenstein. Der letzte Ritter von Grimmenstein war ein leidenschaftlicher Jäger. Selbst an Festtagen konnte er das Weidwerk nicht lassen. An einem Sonntag, als er sich wieder zur Jagd rüstete, trat seine Gattin vor ihn hin und bat ihn inständig, daheim zu bleiben. «Siehst du nicht, wie der Sturm tobt und wütet. Ich fürchte, die Geister des Waldes seien wach und möchten dir Unheil zufügen.» Für dergleichen Vorstellungen hatte der Ritter bloss ein mitleidiges Lächeln übrig. «Die vergangene Nacht», so fuhr sie fort, «quälte mich ein furchtbarer Traum. Ich sah dich einen prächtigen Hirsch mit drei Jungen jagen. Wie du auf ihn anlegtest, tötetest du mich und deine drei Söhne.» Auch diese Worte vermochten den Ritter nicht von dem Weidwerk abzuhalten. «Ehe ich heute raste, gehe ich in den Tod! » Mit diesen Worten ritt er von dannen, begleitet von den jubelnden Jägern und Knappen und dem freudigen Gebell der Jagdhunde. Der Vormittag verstrich nicht ohne reiche Beute, aber noch immer fehlte der von ihm so sehr gewünschte Hirsch. Am Nachmittag verzog sich die Jagd auf eine lichte Waldwiese mit saftigem Gras und klarem Wasser. Eine prächtige Hirschkuh weidete mit drei Jungen darauf. Sogleich griffen die jungen Hunde an. Die Hirsche aber flohen nicht. Schirmend stellte sich die Kuh vor die Kleinen und wehrte, furchtbar stöhnend, die wilde Meute ab. In wenigen Augenblicken sanken die Jungen, von wohlgezielten Pfeilen getroffen, blutend ins grüne Gras. Länger hielt die Hirschkuh stand, aber auch sie fiel durch das Geschoss des hartherzigen Ritters. Da stieg ganz unerwartet der Berg- und Waldgeist, der Beschützer des unschuldigen Wildes, aus der Erde hervor. Hohnlachend rief er : «Nur gemach, die Hirschlein sind schon gerächt!» Damit verschwand er und Hirschkuh und Junge mit ihm. Vor Schrecken starr standen die Jäger, bis sich endlich der Herr von Grimmenstein ermannte und in seine Burg zurück ritt. Zögernd betrat er das Gemach seiner Gattin. An der Seite ihrer drei Söhne lag sie da, tot, von seinen eigenen Pfeilen durchbohrt. In stummem Schmerz küsste er die teuren Leichen. Dann stiess er sich selbst das Schwert in die Brust und sühnte so die Schuld seines Jagdfrevels. Zerfallen liegt Grimmenstein, die Feste des wilden Jägers. Bricht aber Krieg oder Pest ins Land, dann steigt der Ritter aus seinem Grabe. Dreimal stösst er ins Horn, fährt dann brausend und tobend durch die Luft und ruft die Knappen und die heulenden Hunde mit weithin schallendem Hufschlag. Eine schöne Hirschkuh mit drei Jungen eilt flüchtig vor ihm her. Angstvoll wirft sich der Bauer zur Erde, wenn er die wilde Jagd kommen hört. Emmentaler Sagen, Hermann Wahlen, 1962 Gute Schriften Bern Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Ritter von Lasarraz

Source: Der Ritter von Lasarraz

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Im fruchtbaren Waadtlande, zwischen dem Genfer- und Neuenburgersee, stand einst eine kleine Burg, die der Ritter von Lasarraz bewohnte. Das war ein kühner und tapferer junger Edelmann, der sich vor nichts fürchtete, also daß ihn der Graf, dessen Vasall er war, sehr wohl leiden mochte. Dieser junge Ritter nun verliebte sich in die Tochter seines gräflichen Oberherrn, und obwohl man ihm sagte, sie habe ein kaltes Herz, so hielt er bei ihrem Vater doch um ihre Hand an. Der Graf versprach ihm die Tochter, wenn er ihr zur Hochzeit als Morgengabe eine Burg und dreihundert schöne Kühe zu geben vermöge. Der Ritter von Lasarraz ging nun zu seinen hochbetagten Eltern und bat sie, ihm doch die Burg und die dreihundert weiß und schwarz gefleckten Kühe für seine Braut zu überlassen. Obwohl nun das gerade der ganze Reichtum der alten Eltern des Ritters war, überließen sie doch sofort alles ihrem Sohne, damit er's ihrer künftigen Schwiegertochter als Hochzeitsgabe verehre. Sein Glück ging ihnen über alles. Nun verheiratete sich der junge Ritter mit der kaltherzigen Grafentochter. Aber kaum hatten sie sich verehelicht, wußte die Schwiegertochter den Eltern ihres Mannes das Leben zu verbittern. Sie kamen bald ins größte Elend, denn ihr eigener Sohn schien von allem dem, was ihnen die Schwiegertochter zuleid tat, nichts zu bemerken. Er schien es nicht zu gewahren, wie sie Not an allem auf ihrer kleinen Burg Lasarraz litten, wo sie ja keine einzige Kuh mehr im Stall hatten. Als nun ein gar böser Winter ins Land kam, hielten's die alten Eltern nicht mehr aus vor Hunger und Frost. Sie verließen ihre zerfallende Burg und begaben sich zu ihrem Sohne, der nun ein gar stolzes Schloß bewohnte. Da baten sie eines Abends, als ein wildes Schneegestöber durchs Land ging, um Einlaß. Sie wurden auch aufgenommen, aber unfreundlich genug. Während einiger Zeit gab man ihnen zu essen und zu trinken, aber kümmerlich genug. Und eines Tages beschloß der junge Ritter Lasarraz, von seinem bösen Weibe dazu aufgestachelt, die alten Eltern zu verstoßen. Man setzte sie in elendem Gewand und mit leerem Magen vor das Schloßtor, das man sogleich hinter ihnen zuschmetterte. Während sie nun in der Nacht umherirrten und vor Frost und Hunger schier umkamen, ließ sich der junge Ritter, um es besonders behaglich zu haben, am gemütlichen Kaminfeuer den Tisch decken. Man stellte eine mächtige Wildbretpastete mit appetitlichem Backwerkgehäuse vor ihn hin und eine Kanne feinen Waadtländer Weins. Wohlgemut ließ er sich in seinen weichen Posterstuhl fallen, hörte dem Knistern und Knattern des frischen Holzes im Kamin zu, stieß mit seiner bösen Frau an, und dann hob er schmunzelnd den Deckel von der fein duftenden Pastete. Aber mit einem fürchterlichen Aufschrei fuhr er zurück, und voll Entsetzen und Abscheu starrte ihn seine Frau an: aus der Fleischpastete waren ihm zwei garstige Kröten ins Gesicht gesprungen und hatten sich auf seinen beiden Wangen fest eingekrallt. Totenbleich vor Schrecken bat und flehte nun der Ritter sein Weib an, es möchte ihn doch von der scheußlichen Schlammbrut befreien. Lange konnte das böse Weib den Ekel vor den abscheulichen Geschöpfen nicht überwinden. Und als sie's endlich doch wagte und die Kröten von seinen Backen reißen wollte, spien diese nach ihr und schauten sie mit grausen, giftigen Augen an, als wollten sie ihr ins Gesicht springen. Und dabei näherten sie sich immer mehr den Augen des Ritters, als wollten sie dieselben verschlingen. Vernichtet sank das Weib auf den Stuhl zurück, und weder die herbeigerufenen Knechte noch die Mägde vermochten die Kröten von den Wangen des Ritters zu entfernen, mit denen sie nun fest verwachsen schienen. Jetzt fiel es wie ein Berg auf das Herz des Ritters von Lasarraz, was er an seinen Eltern gefrevelt hatte. Er rief den Burgkaplan und beichtete ihm seine Missetat. Aber der Geistliche bekreuzte sich und sagte, seine Untat gegen die alten Eltern sei zu groß, als daß er sie von sich aus vergeben könnte. Er müsse sich an den Bischof wenden. Also brach der Ritter auf und reiste bei Nacht und Nebel zum Bischof. Wie der nun die grausen Kröten in des Ritters Gesicht sah und vernahm, wie sehr sich der junge Herr gegen seine Eltern versündigt hatte, bekreuzte er sich ebenfalls und verwies ihn an den Heiligen Vater, der ihm allein so ungeheuerliches Unrecht nachzulassen vermöge. Schweren Herzens machte sich der Ritter Lasarraz auf und wallfahrtete als ein Büßer über das Gebirge nach Rom. Dort traf er den Heiligen Vater, wie er eben auf dem Throne saß und Audienz gab. Mit Entsetzen sah ihn auch der Papst an und hörte betrübt seine Beichte über seine Undankbarkeit gegen die guten Eltern. Danach gab er ihm eine schwere Buße auf und sprach zu ihm: "Geht nun wieder nach Hause und sucht Vater und Mutter auf. Und wenn sie verzeihen, so wird das Schandmal verschwinden, womit Euch Gott gezeichnet hat." Also kehrte der Ritter Lasarraz in sein Vaterland zurück. Dort angekommen, suchte er Tag und Nacht nach seinen Eltern, aber vergeblich, kein Mensch wußte, wo sie hingekommen waren. Eines Tages aber kam er durch einen verschneiten Wald. Da sah er eine einsame Einsiedelei, und wie er hineinging, um den Klausner zu begrüßen, fand er darin statt eines Klausners die Leichen eines alten Mannes und einer alten Frau, die schon lange verhungert und erfroren waren. Mit tödlichem Schrecken erkannte er in ihnen seine greisen Eltern. Er warf sich auf sie und bat sie unter Tränenströmen um Vergebung. Auf einmal verließen die zwei Kröten die Wangen des Ritters, krochen aber auf dessen Rücken, wo sie sich wieder fest einkrallten. Er begrub nun seine Eltern feierlich, aber die Kröten wollten nicht von seinem Rücken herunter. Zwanzig lange Jahre mußte er sie dort, sie sorgfältig mit seinem Wams verbergend, noch tragen, denn da er seine Eltern nicht mehr lebend angetroffen, war seine Schuld nur halbwegs gesühnt. Und sein Frevel gegen seine Eltern rächte sich auch an seinem Weibe, das eine Schlange totbiß, und an seinem einzigen Sohne; denn eines Tages erstach dieser den Vater aus Begierde nach der Erbschaft. Als nun der Ritter Lasarraz tot lag und begraben war, ging sein fluchbeladener Sohn auf die Jagd und wurde von einem Bären zerrissen. So starb das Geschlecht Lasarraz ruhmlos aus. Zum ewigen Gedächtnis an dieses Schreckliche errichtete man in der Schloßkapelle zu Lasarraz eine Statue, die einen Ritter vorstellt, auf dessen Wangen und Rücken sich zwei grause Kröten blähen. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Ritter von Mitternholz

Source: Der Ritter von Mitternholz

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In der uralten Bergfeste Mitternholz, die sich unweit des wunderbaren Blausees auf unzugänglich scheinendem Fels erhebt und darum auch Felsenburg genannt wird, hauste vor Hunderten von Jahren Ritter Anton Imturn. Derselbige bedrückte das Land Frutigen mit unerhörten Steuern. Da riefen die Landleute Bern um Hülfe an. Als nun der Ritter die grosse Zahl der Feinde anrücken sah verzweifelte er am glücklichen Ausgang seiner Sache. In seiner Not beschliesst er zu fliehen. Um aber von den feindlichen Spähern nicht verraten zu werden, lässt er im Hofe einen Rosskarrren vorfahren und denselben mit zerworfenem Heu und Stroh beladen. Nun legt er sich selbst auf die Fuhr indem er sich mit dem gleichen Unrat bedecken lässt. So fährt der Karren mit dem versteckten Ritter das Tal hinaus und der Bedrücker entrinnt der Nachstellung. Die Bedrückten aber nehmen die Felsenburg ohne Schwertstreich ein und zerstören sie. Im Wallis drüben bedrückte Imturn später das Volk gleicherweise wie ehedem dasjenige jenseits der Berge. Da entbrannte unter den Walliser Bauern die Rache. Sie erhoben sich gegen ihn und da er diesmal seine Flucht nicht bewerkstelligen konnte, ergriffen sie ihn, schlossen ihn in ein Fass, das inwendig rings von Nägeln starrte, und rollten den Verhassten darinnen den Berg hinab. So jämmerlich gestaltete sich das Ende des verhassten Tyrannen von Felsenburg. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Ritter von Urschai

Source: Der Ritter von Urschai

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Es geht die Sage bei Jägern und Hirten, dass sie in gewissen Zeiten der Sommermonate, wenn sie um die stille Mitternachtsstunde durch das Val Urschai kommen, auf der Höhe des Berggipfels zuerst ein gesatteltes Pferd, weiß wie der Schnee, und dann einen Ritter, schwarz wie Kohle, erscheinen und sich auf ersteres schwingen sehen. Pfeilschnell eilt das Pferd nun über das Gestein der zerfallenen Mauer, welche die Alpweide von Ftan von der von Steinberg scheidet, herab, und da, wo diese Scheidung eine Einbiegung bildet, öffnet sich die Erde und Pferd und Reiter verschwinden. Als Schiedsrichter soll dieser Ritter, dem die genannten Gemeinden vor uralter Zeit die Ausmarkung ihrer Alpen, um den langen Hader zu enden, überließen, durch diese Einbiegung die Gemeinde Ftan benachteiligt haben. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Röllbach

Source: Der Röllbach

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Die Eigentümer der Alp Mädems hatten einmal einen Markenstreit gegen die Flumser. Die einen behaupteten, ihr Eigentum gehe weit über den Röllbach hinaus; die andern aber sagten, dieser Bach bilde die Alpgrenze. Der Streit kam vor den Richter. Als man beim Augenschein auf dem streitigen Boden stand, trat ein beteiligter Mann hervor, welcher einen Löffel unter seinem Hute und Erde aus seinem Garten in den Schuhen hatte, und tat den Schwur: „So wahr der Schöpfer ob mir ist, stehe ich hier auf meinem eigenen Grund und Boden!" Auf dieses hin trugen die Flumser den Sieg davon. Seither hat man aber oft in stürmischen Nächten von der benannten Stelle her den Ruf gehört: „Röllbach! Rüllbach! Zeig die rechte Ziel und March!" Das Urteil liegt gegenwärtig noch in Händen eines Flumserbergers.  J. Natsch *** Der Meineidige muss zur Strafe auf feurigem Ross auf- und abreiten und ruft mit schauriger Stimme: „Rölli- Röllibach, du bist den Flumsern rechte Ziel und March!"  J. B. Stoop.   Der Wagenlochhund. Am Röll, an unheimlicher Stelle hinterm Wagenloch, liegt zu gewissen Zeiten am Kirchweg ein schwarzer Hund mit feurigen Augen, das Gespenst eines Weibes, das dort ein ungetauftes Kind ausgesetzt hat und dafür wandeln muss.  J . B. Stoop *** Im Röllsutt, einer düstern, felsigen und waldigen Strecke am Röll, geht öfter das „Gräggi" durch. Dann glaubt man bald das Geschrei von Kindern, das Gequieke von Schweinen, bald das Bellen und Hetzen von Hunden, das Rauschen des Sturmes und das Krachen brechenden Holzes zu hören. Die Bewohner der naheliegenden Güter ziehen vor Angst schwitzend die Decke über den Kopf und sprechen den schützenden Spruch: „Alle guten Geister loben Gott, den Herrn." Das ist Wodans wilde Jagd.  J . B. Stoop Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 339, S. 190 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Rollibock

Source: Der Rollibock

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Eine der ältesten Sagen von Naters ist wohl der Rollibock. Es soll dies ein schrecklicher und mächtiger Bozo gewesen sein. Wenn es Verwegene gab, die denselben herausgefordert oder über ihn gespottet hatten, so brach er plötzlich und mit so schrecklichem Getöse aus dem Aletsch hervor, dass auch der Schnellste ihm kaum entfliehen konnte. Nur wer in eine Kapelle oder in ein Haus, wo gesegnete Sachen aufbewahrt wurden, sich flüchtete, konnte sich retten. Der aber vorher von ihm ergriffen wurde, den zermalmte er wie den Staub an der Sonne. Er soll die Gestalt eines Bockes mit grossen Hörnern und feurigen Augen gehabt haben und sein ganzer Leib soll statt der Haaren mit Eisschollen behängt gewesen sein, welche bei seinem stürmischen Laufe ein furchtbares Klingeln verursachten. Land, Steine und Tannen soll er mit seinen Hörnern aufgerissen und hoch in die Luft geschleudert haben. Einige glauben, das poetische Altertum habe unter diesem schrecklichen Bilde den Ausbruch des Mörjelen-Sees vorstellen wollen, der drei Tage lang sich durch den Aletschgletscher den Weg bahnen muss und laut der Aussage der Aletschhirten, ein furchterregendes Rauschen, Krachen, Gepolter und Klingeln in den grausigen Spalten und engen Eisgewölben verursacht, und wenn die wütenden und stinkenden Gewässer die Abgründe des Gletschers und des schauerlichen Massa-Chins durchtobt hatten, sich dann verheerend über die Felder des Walliserlandes ergiessen und eine allgemeine Überschwemmung verursachen.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Römer

Source: Der Römer

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Der Römer war ein alter Schweizergardist, der dreissig Jahre in Rom gedient hatte. Dieser kam einst gegen Abend von Mörel herauf heimwärts. Beim langen Kehr ging ihm ein Mann voraus. Der Römer wunderte sich sehr. Wie er nun nachdenklich weitermarschierte, legte er die Hände auf den Rücken, und sogleich tat es auch der Mann vor ihm. Der Römer setzte sich den Hut auf: auch der Mann vor ihm tat es zur gleichen Zeit. Der Römer begann rässer zu gehen, auch der Mann vor ihm ging jetzt rässer. Das wiederholte sich, bis der eigenartige Mann vor des Römers Haus plötzlich spurlos verschwand. Im gleichen Jahr ist der Römer gestorben. RIED-MÖREL Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch  


by Der Römerstein

Source: Der Römerstein

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Der Findlingsblock, der im Lintwalde bei der Stadt Lenzburg liegt, wird Römerstein genannt und dient seit alter Zeit dazu, seine Gesteine an Neubauten abzugeben. Vor etlichen Jahren erst hat man solche Massen von ihm gesprengt, daß man sämtliche Kanäle des Lenzburger Stadtbaches daraus hauen konnte. Gleichwohl ist er noch immer bei 12 Fuß hoch, gegen 15 Fuss breit und 20 Fuss lang. Er soll das Schatzgewölbe der untergegangenen Römerstadt Lenz gewesen sein, durch geheime Maschinen war er zu heben, da sie zerstört sind, deckt er mit seiner Wucht die unter ihm begrabenen Reichtümer. Einige Schlupflöcher an seiner Grundlage scheinen nicht dem bloßen Zufall anzugehören; man kann sie zur Not bekriechen. Man erzählt, des Nachts kämen Rauch und Funken daraus hervor gefahren, ein dumpfes Getöse im Innern sei zu hören. Ein Jäger, dessen Hund hier den Füchsen nachgeschlupft und nicht wieder zum Vorschein gekommen war, beschloß durch eines dieser Löcher hinabzusteigen. Er gelangte bald an eine eiserne Türe, und da sie unverschlossen war, konnte er durch sie hindurch in ein Gewölbe schreiten, in welchem Grubenlichter brannten. Aufgesprengte Geldkisten standen umher, bärtige Gesellen arbeiteten eben daran, eine neue aus dem Boden zu heben. Sobald sie den ungebetenen Gast bemerkten stürzten sie auf ihn los, entrissen ihm sein Weidmesser, und geknebelt und niedergeworfen, mußte er nun den grausamen Ratschlag mit anhören, wie man ihn unschädlich machen wolle. Sie beschlossen, ihm einstweilen die Zunge abzuschneiden, damit er ihnen als Arbeiter dienen und doch nichts ausplaudern könne. Sein Flehen half ihm nichts und schon begannen sie zur Tat zu schreiten. Doch diese Unmenschlichkeit sollte nicht zum Vollzug kommen. Entweder erbebte der Stein in seinen Grundfesten, oder es wich die schon so tief unterwühlte Erde, mit einem Male senkte sich der Fels und begrub die Mörder samt ihrem Opfer. Seitdem glaubt man, das Wimmern und Stöhnen der zerschmetterten Schatzgräber Nachts beim Römerstein zu hören. (Th. Bertschinger v. Lenzburg) Quelle: E. L. Rochholz, Naturmythen. Neue Schweizer Sagen, Leipzig  1862. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch   Anmerkung: Lintwalde könnte das Waldgebiet Länzert sein.


by Der Roni Jäger

Source: Der Roni Jäger

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Dem alten Jäger Roni (Hieronymus) lief beinahe täglich vor oder nach der Jagd noch ein Hase über den Weg. Er schoss nie nach ihm, denn er wusste wohl, dass es ein Mensch sei. Endlich wurde er aber doch des Dings überdrüssig und rief ihm zu: „Wenn du mir morgen wieder kommst, so lege ich dich ins Bett!“ Tags darauf hatte er sein Gewehr mit Gesegnetem geladen, und da der Spektakel wieder kam, schoss er dem Hasen einen Lauf ab. Dieser hinkte auf drei Beinen davon. Roni setzte seine Jagd unbekümmert fort, hatte diesmal Glück und da er abends ins Dorf heimkam, vernahm er, dass man heute ein Weib mit zerschossenem Bein hereingetragen habe. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Rosenbach

Source: Der Rosenbach

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Fern, irgendwo auf der andern Seite der hohen Lauterbrunner Grenzberge, liegt im Wallis ein abgelegenes Bergseelein. Niemand ergründete je, wo es seinen Abfluss hatte. Im Lauterbrunnental, innerhalb der tosenden Trümmelbachfälle, etliche Dutzend Fuss über der Talsohle, quillt schneeweiss aus der senkrechten Fluh, vom Beginn der Rosenblust bis Weinmonat ein ansehnlicher Bach; dann versiegt er wie auf Zauberwort. Ein Bursche im Wallis brachte einst seiner Auserwählten, die in der Nähe des Seeleins der Pflege des Viehs oblag, aus dem Rhonetal herauf einen Strauss Rosen. Als beide am Ufer des düstern Bergwassers sassen, kamen sie überein, ein paar Rosen ins Wasser zu werfen, um zu schauen, wo sie wohl verschwinden würden. Bald entschwanden die Blumen in der dunklen Tiefe, kamen aber im Wallis nirgends zum Vorschein. Wie erstaunten die Lauterbrunner, als der geheimnisvolle Bach aus dem Bergesinnern Rosen schwemmte! Genau neun Tage lang sollen die Blumen durch die Leiber der Berge gewandert sein, und es ist wohl verständlich, dass die Talleute den seltsamen, bisher namenlosen Wasserlauf Rosenbach nannten. Quelle: Hans Michel, Ein Kratten voll Lauterbrunner Sagen. Wengen 1936. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Rosenkranz betende Geist

Source: Der Rosenkranz betende Geist

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In des Jäggis uraltem, jetzt abgebrannten Hause zu Schattdorf spukte in einer Kammer ein Geist in Gestalt eines Weibervölkleins. Alle Abende, wenn die Leute den Rosenkranz beteten, kam dieses über die Kammerstiege herunter und in die Stube herein, setzte sich zum Ofen und betete mit ihnen. Auf den Rat eines Geistlichen untersuchten sie das ganze Haus; sie fanden im Keller einen grossen Geldschatz, und von da an erschien das Wybervölchli nicht mehr. Frau Inderkum Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Rosenkranz der Hexe

Source: Der Rosenkranz der Hexe

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Hoch gingen die Wogen der Volkswut im broyardischen Städtchen Estavayer, fast so stürmisch wie die gischtschäumenden Wellen des Neuenburgersees. Anlass dazu gab die Gefangennahme der übelbeleumundeten Marmeta, welche der Hexerei, Zauberei angeklagt war. Die arme Frau war wie tausend andere an diesem Verbrechen unschuldig. Sonstige Frevel beschwerten aber ihr Gewissen, die sie in der Beichte nicht zu bekennen wagte. Von Vorwürfen gepeinigt, machte Marmeta eine Wallfahrt zu Unserer Lieben Frau vom Karmel in Bürglen. Dort erhielt die Sünderin nach reumütiger Beichte den langersehnten Herzensfrieden. Der Kaplan empfahl der Büsserin, sich und ihr Haus dem Schutze Mariens anzuvertrauen. Ausserdem gab er ihr ein hochgeweihtes «Agnus Dei», das sie beständig tragen sollte. Glücklich kehrte die Pilgerin heim. Zwei Jahre lang befolgte Marmeta den Rat des Geistlichen. Aber eines Tages legte sie das Agnus Dei ab; sofort gewann das Böse die Oberhand und die Versuchte fiel in ihr früheres Sündentreiben zurück. Jetzt schmachtete die Unglückliche im finsteren Turmverlies. Bis dort herauf drangen die Verwünschungen und Flüche des verhetzten Volkes. Und in finsterer Nacht suchte die Gefangene ihrem harten Los zu entrinnen. Dem heftigen Rütteln der sehnigen Hände gab das Gitter nach und die Frau stürzte zehn Meter tief auf den gepflasterten Boden; wunderbarerweise erlitt sie vom Sturz nicht den geringsten Schaden. Am andern Morgen wurde Marmeta vom Richter zum Tode verurteilt. Dem begleitenden Priester teilte die Sünderin auf dem letzten Gang mit, sie sei einst in die Rosenkranzbruderschaft in Bürglen eingeschrieben worden; sie wünsche, dass auch ihre Tochter dieser Bruderschaft beitrete. Mit dem letzten Gruss an die ferne Tochter gab sie dem Priester die Weisung, nach ihrem Tod den Rosenkranz, den sie auf dem Richtweg in den Händen trug, ihr zu übersenden. Die Hexe wurde vor den lüsternen Augen der mitleidlosen Menge enthauptet. In der Aufregung vergass der Geistliche sein Versprechen. Der entseelte Leichnam wurde sofort dem Feuer übergeben. Einige Tage nach dem schaurigen Vorfall wühlten Bauernkinder mit ihren Haselstecken in der Asche. Da kam der Verbrannten Rosenkranz samt dem Agnus Dei ganz unversehrt zum Vorschein. Natürlicherweise hätten die hölzernen Rosenkranzkörner von den gierigen Flammen verzehrt werden müssen. Die Kinder stiessen Schreie der Verwunderung aus; sofort sprangen sie mit ihrem wundersamen Fund zum Ortspfarrer Franz Cropfet. Er versuchte, die Körner zu verbrennen, doch sie widerstanden der gefrässigen Glut und blieben so hart, als ob sie neu aus der Werkstätte eines Giessers hervorgegangen wären. Der Chronikschreiber sah den wunderbaren Rosenkranz mit eigenen Augen in den Händen des Pfarrherrn von Stäffis. Gewiss wollte der Himmel die Macht der Rosenkranzkönigin bekräftigen; für die arme Marmetta wurde er das Mittel zur Rettung ihrer gefährdeten Seele.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www. maerchen.ch


by Der Rossheiri

Source: Der Rossheiri

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Der Rossheiri hat auf dem sogenannten Siggenberg gegenüber dem Geißberge, gehaust. In jeder Nacht führte er da Holz und Steine von seiner Berghohe in die Dörfer Würenlingen, Endingen und Siggingen hinunter. Seine Bespannung waren vier weiße Roße, und zwei weiße große Pudelhunde liefen neben dem Wagen. Seine Stimme war ein fürchterliches Fuhrmannsfluchen, ein grausames Antreiben und Anhetzen der Pferde, dazwischen ein so langdauerndes Wehegeschrei, daß die Vögel im Walde darüber aufflatterten und alle Leute, die zwischen dem Thurgi und Würenlingen auf dem Wege waren, erschreckt ein Obdach suchten. Obgleich er schon seit manchem Jahrhundert tot ist, läßt er sich auch jetzt noch hören, Steine führend, Peitschen knallend und Flüche ausstoßend. Am höchsten ist dieser Nachtlärm am sogenannten Geisterstein, einem unförmlichen Felsblock am starkbetriebenen Feldwege  am Siggenberg. Alle bösen Geister der Umgegend versammelten sich hier zu bestimmten Zeiten, hielten die Vorübergehenden an und fragten sie um Neuigkeiten aus. Wollte sich einer nicht fügen, ihnen vorzuerzählen, so wurde er mit fort in den Wald genommen, und so sind ehemals viele Leute ans der Welt gekommen. (Seminarist K. Birchmeier v. Würenlingen.)  Band 3.1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962, S. 93 - 93 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch  


by Der rote Apfel

Source: Der rote Apfel

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Es war einmal eine böse Mutter, die hatte zwei Kinder. Und sie war nur darauf aus, ihnen nichts zum Essen geben zu müssen. Eines Tages befahl die Mutter den Kindern, Holz zu holen, und wer zuerst mit einem Bündel nach Hause komme, dürfe aus dem Trog in der Kammer oben den schönsten roten Apfel heraussuchen. Die beiden Kinder freuten sich wacker darüber und sputeten sich, das Holz zu holen. Zuerst kamen sie mit den Bündeln gleich weit voran, doch plötzlich riss der Strick des Mädchens, und so schaffte es der Bub zuerst, nach Hause zu kommen. Die Mutter liess ihn in der Kammer den Apfel holen, und als der Bub sich bückte, um den Apfel aus dem Trog zu nehmen, liess sie den Deckel fallen. Der Kopf des Buben fiel in den Trog und der Körper daneben. Die Mutter versteckte die Leiche und ging zum Mädchen hinunter, das gerade gekommen war. Es fragte auch nach dem Apfel und gab dem Strick die Schuld, dass es später gekommen war. Die Mutter liess das Mädchen hinaufgehen, sie öffnete den Trog, und als das Mädchen nach dem Apfel griff, machte die Mutter mit ihm dasselbe wie mit dem Buben. Dann wollte sie eine Grube ausheben, um die Leichen der Kleinen zu verstecken, damit niemand etwas merke oder finde. Als sie am Schaufeln war, flogen ständig zwei Vögel um sie herum und pickten an den Händen der Mutter, so dass sie nichts machen konnte. Sie wurde wütend und wollte mit der Schaufel nach den Vögeln schlagen, doch die waren schneller als sie. Sie flogen der Mutter ins Gesicht und hackten ihr die Augen aus.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der rote Hund vom Rütiholz

Source: Der rote Hund vom Rütiholz

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An einem heissen Sommertag musste Marro Peter nach Eichholz, um dort einen Auftrag zu erledigen. Heimwärts nahm er den Weg durchs Rittenholz (= Rütiholz. Anm. d. Red.), wodurch ein Fussweg führte. Gegen die Waldlichtung zu war ein grosser Steinhaufen. Darauf lag eine Gestalt. Als Peter sich dem Steinhaufen näherte, erkannte er den gefürchteten «roten Hund», von dem er schon viel Ungutes hatte erzählen hören. Der Bub machte das Kreuzzeichen und betete ein Vaterunser. Dann ging er in weitem Bogen um den Steinhaufen. Der rote Hund, der sich sonnte, knurrte zwar und starrte mit bös funkelnden Augen dem Knaben nach, der vor Furcht bebte; aber sonst fügte er ihm kein Leid an.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der rote Hund von Plaffeien

Source: Der rote Hund von Plaffeien

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Das Freiburger Oberland ist ein herrliches Flecklein Erde. Sanftes Hügelgelände, umsäumt von grünen Matten, abgegrenzt durch die stolzen Bergriesen der Kaiseregg, Spitzfluh und Gantrisch und vieler gezackter Häupter, ist dieses Land eine Perle in Helvetias Prunkgewand. Wohl hat die Zivilisation schöne Strassen hineingebaut, auf denen im Sommer blitzschnelle Autos dahinrasen, aber kein Fabrikruss verdunkelt das klare Auge dieses Gebirgskindes, kein schrilles Pfeifen der Lokomotive bricht die heimatliche Stille. Unberührt von Überkultur ist auch der Volksschlag, der hier haust und schafft. Einfache, schlichte Leute sind in den braunen Holzhäusern daheim, zäh halten sie fest an den Sitten und Überlieferungen ihrer Vorfahren. Sorgsam hüten sie auch den Schatz uralter Geschichten und Sagen, die sie sich an den langen Winterabenden erzählen; während die Frauen lismen (stricken) oder flechten, strecken sich die Männer bequem auf den grossen, warmen Sandsteinofen. Und Frau Sage, die unermüdliche, geht um. Was ich einst erlauscht von ihrem Munde, mag hier weiteren Kreisen zur Unterhaltung wiedererzählt werden: Gegen Ende des 17. Jahrhunderts trieb im Oberland ein schauriges Gespenst sein Unwesen. Es machte die Zufahrtsstrassen von der Hauptstadt nach den Tälern des Senseflusses unsicher. Mit Vorliebe hielt es sich in einer tiefen Höhle oberhalb Plaffeien auf. Gegen Leute, die es in Ruhe liessen, war das Ungeheuer harmlos; man nannte es in der Umgebung den «Gassentätscher.» Aber wehe demjenigen, der diesen Namen spöttelnd aussprach! An einem nebeligen Novemberabend verliessen zwei Vagabunden lärmend den «Alpenklub», damals das einzige Wirtshaus in Plaffeien. Arm in Arm wackelten beide die Strasse entlang. Am Dorfbrunnen erblickten sie zu ihrem Schrecken ein abscheuliches Ungetüm mit feurigem Rachen und flammenden Augen. Es rührte sich aber nicht, weshalb sich die Kumpanen bald von ihrem Schrecken erholten und ihm zuriefen: «Gassentätscher, hast du noch Durst? Geh uns aus dem Wege!» Da zeigte der rote Hund fletschend seine Zähne, die tapferen Spötter wollten fliehen, als sich ihnen ein brüllender Stier in den Weg stellte. Ein sicherer Tod harrte ihrer. Endlich gelang es ihnen, im schnellsten Tempo in ein nahes Haus zu fliehen, wo sie vor dem Gespenst sicher waren. Erst am folgenden Tage wagten sich die zwei Helden auf die Strasse. Ein anderes Mal marschierte ein Jüngling von Plasselb nach Plaffeien. Im Ried klopfte er an das Fenster seiner Geliebten. Bald unterhielten sich die Verliebten in leisem Zwiegespräch. Plötzlich sahen sie auf einem Haufen Reiswellen einen wüsten Hund mit gespreizten Krallen sitzen. Er zeigte seine scharfen Zähne und liess ein unheimliches Brummen hören, ein Zeichen grosser Wut. Der mutige Bursche ergriff ein Holzscheit und warf es mit Leibeskraft gegen die wütende Bestie. Aber das Tier kehrt sich gegen seinen Angreifer. Sein Rachen speit Feuerflammen. Ausser sich vor Angst rennt der Jüngling fort, so schnell ihn seine Beine tragen können. Doch mit Riesensprüngen holt ihn das Ungetüm ein und legt ihm seine beiden Vorderpfoten auf die Schultern. Sie waren so schwer wie die Beine einer fetten Kuh von der Geissalpe. Dann zerkratzte der Hund dem Unglücklichen Kinn und Wangen und misshandelte ihn eine geschlagene Viertelstunde hindurch. Eingang des Dorfes, beim grossen Kreuz, das heute noch neben dem Dütschbach steht, liess der Unhold sein Opfer los und verschwand knurrend. Nach diesem grausigen Vorfall blieben die Nachtschwärmer und Kilter (Freier) lange Zeit abends daheim. Ebenso wagte es kein mutwilliges Mägdlein mehr, nach dem Gebetläuten das Kammerfenster zu öffnen, aus Angst, es könnte der Gassentätscher draussen stehen. Nach mehreren Jahren gelang es einem beherzten Manne endlich, das Ungeheuer in der Nähe des Bürglentores mit einem geweihten Rosenkranz zu berühren. Darauf verwandelte es sich in eine schwarze Ziege, die sich bald weiss färbte und auf dem nahen Friedhof für immer verschwand.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der rote Jäger von Roggenhausertal

Source: Der rote Jäger von Roggenhausertal

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Eine betagte Frau aus dem Solothurner Dorfe Eppenberg hatte eines Abends noch einen Gang nach Aarau zu machen. Sie wollte Arzenei für ihr plötzlich erkranktes Enkelein holen und konnte den Hin- und Herweg, binnen zwei Stunden ganz wohl zurücklegen, wenn sie sich sonst nicht weiter aufhalten ließ. Es begann schon etwas zu dunkeln, als sie das Roggenhauser Tälchen, zunächst bei der Stadt gelegen erreichte und dort an den Steg hinunter kam, der über den Waldbach der Wöschnau führt. Hier aber verwehrte ihr ein Jäger den Übergang. Der Mann war von sehr großer Gestalt und hatte neben seiner sonst ganz grünen Tracht einen roten Federbusch hoch am Hute. Als der Mann gegen sie anschlug, hielt sie es erst für einen albernen Jägerscherz und rief ihm daher entgegen: „Schießt nur, ich fürchte mich nicht!“ Allein der Jäger zielte unverändert und lächelte dazu nicht etwa freundlich, sondern ganz henkermäßig. „Ich habe keine Zeit, hier den Narren mit Euch zu machen,“ sagte das Weib, „laßt mich hinüber!“ Ohne sich zu rühren, blieb er im Anschlag liegen und zielte fort. Bei so später Zeit konnte sich das Mütterchen nicht lange säumen; zwischen Spaß und Ernst nicht weiter unterscheidend, verließ sie sich getrost auf den Schutz der lieben Heiligen. „Wenn es also sein muß,“ sagte sie frisch, „so schießet denn in Gottes Namen!“ Auf dieses Wort sah sie nichts mehr vor sich als den offnen Steg. Allein nun erst fühlte sie sich von Furcht ergriffen, und wagte sich nicht hinüber. Sie ging wieder zurück nach einem der paar Strohhäuser, die hundert Schritte entfernt am hintern Ende des Tales liegen, und bat die dortige Bäuerin, sie über den Steg bis an die Landstraße vor begleiten zu wollen. Diese aber war selber allein im Hause, kochte gerade die Abendsuppe und konnte ihre Pfanne siedender Milch weder wegstellen noch ins Feuer laufen lassen; sie meinte aber ihre notgezwungene Unfreundlichkeit gegen das Mütterchen auch noch besonders begründen zu müssen und schüttelte daher den Kopf ungläubig über das Geschichtlein, das da am Stege vorgefallen sein sollte. So ging denn die Alte ohne die Arzenei heim und hatte die Freude, daß ihr das Enkelein, das sie für krank gehalten, freundlich und fröhlich bis an den Hag entgegen gesprungen kam.  Nicht lange nachher sollte aber auch jene Bäuerin im Roggenhauser Tale, die so unbereit-willig gewesen war, selber eines Besseren belehrt werden. Auf ihrem Heimwege vom Wochenmarkte aus der Stadt sah sie an derselben Stelle, wo der Jäger das Mütterchen bedroht hatte, ein rotseidnes neues Halstuch liegen. Sie nahm ihren schweren Marktkorb an den linken Arm herüber und langte mit der Rechten nach dem hübschen Tüchlein hinab in den Bachgraben. Sie stieß einen Schmerzensschrei aus, es brannte sie plötzlich, als ob sie in eine Igelhaut gegriffen hätte, von einem Halstuche war nichts mehr zu sehen. Alles, was sie davon trug, war ein böser Zeigefinger, der manche bittere Woche schwoll, fort eiterte und zuletzt krumm blieb. (Solches Unheil rührt vom Türst her, der hier in den Waldungen Mösli und Oberholz mit einer Koppel schwarzer Stellhunde jagt. Er soll ein Eigentümer des alten Herrenhofes Blumenstein gewesen sein, deshalb kam er früher- hin am hellen Tage in das Dorf Eppenberg geritten, das seit, der Reformationszeit aus seinem Hofe entstanden, und schrie da sein. „Drei Schritt aus Weg!" den Leuten entgegen. Der rote Federbusch auf dem Hute des Wilden Jägers und das rote Tüchlein, das am Bachrande liegt, entsprechen sich. Die Roggenhauser Bäuerin hat mit der rechten Hand nach diesem Tüchlein gelangt und damit sich am Gute der Geister vergriffen; ihr erlahmt der Finger, wie jenem Manne am Schloß Castelen der Arm, mit dem er erzürnt den Stock gegen ein ähnliches Tüchlein am Wege schwingt (Aargau. Sag. 1, Nr. 121). Nur mittelst erschwerter Stellung ist ein Schatz zu erheben (Aarg. Sag. 2, Nr. 386), gleichwie auch im älteren Recht eine solche Stellung geboten ist, wenn Landgüter oder Tiere in Besitz genommen, Verbrecher beschützt oder entlassen werden sollen. Die Dorf-Öffnung der Züricher Gemeinde Dielsdorf schreibt vor: Der Wirt soll haben einen Hengst, einen Güggel und eine Katz. Er soll stehen auf die Dachfirst und eine Sichel nehmen in die linke Hand, und so weit er solche werfen mag, so weit soll sein Güggel zur Weid gehen ungefährdet. Meyer v. Knonau, Schweiz. Erdkunde 1, 136. Ausgabe 2. Nach dem Klingen des rechten oder linken Ohres, dem Heraustreten aus dem Bette mit dem rechten oder- linken Fuße, bestimmen wir uns auch heute noch, wenn auch nur scherzend, Gelingen oder Mißlingen, Gunst oder Mißgunst. „Der unsterbliche Augustus gab es für ein schlimmes Zeichen aus, daß er an einem Tage, da ihm ein Soldatenaufruhr gefährlich zu werden drohte, die Schuhe verkehrt angezogen hatte." Plinius Naturgesch. II, 5.   ) Sage aus Roggenhausertal, Solothurn Band 3.1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962 Kapitel 11. Der rote Jäger im Roggenhausertal.   S. 65 - 66 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der rote Schuh

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Unweit Gersau liegt ein Felsstück, das ob seiner Gestalt und Farbe von dem Volke dort „Rotschuo“, der rote Schuh benannt wurde. Von diesem Felsstücke geht die Sage, es sei in der Tat ein Schuh, welchen ein grausamer Vater, nachdem er sein Kind ermordet, hier verloren habe, und der jetzt als Zeugnis jener schrecklichen Tat, in Stein verwandelt, für ewige Zeiten an dieser Stelle liege. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Rötelstein

Source: Der Rötelstein

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Der Rötelstein Dieser geschützte Findling liegt in einem Wäldchen etwa 200 m nördlich des zu Oberembrach gehörenden Hofes Rotenfluh, der von ihm den Namen bekommen hat. Der Block besteht aus Sernifit, d. h. aus rotem Ackerstein, umfasst ca. 70 m3 und ist seit 1869 im Besitz der Zürcher Naturforschenden Gesellschaft, worauf eine dort angebrachte Tafel hinweist. Das ist nun auch so ein „Elfischtäi“, der sich nach der alten Sage umgedreht habe, wenn in Embrach um 11 Uhr geläutet worden sei. Hier wie andernorts glaubte man ehedem, der Teufel sei über die das Christentum annehmenden Hofleute so zornig geworden, dass er diesen Block nach ihrer Siedlung geworfen, sie aber nicht recht getroffen habe. Immerhin sei der Stein so stark mit seiner Wut erfüllt worden, dass er sich beim Ertönen des christlichen Glockenzeichens noch lange Zeit missmutig bewegt habe. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Unterland Wörtlich aus Hedinger, S, 23. Seine Quelle: Persönliche Mitteilung, Anmerkung Hedingers: Ein solcher Stein lag früher auch oberhalb des Dorfes Otelfingen.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Rothaldenweiher

Source: Der Rothaldenweiher

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In der Nähe des Grutes, oberhalb Münchensteins, befindet sich auf dem Berge ein Weiher, von den Münchensteinern «Muttenzer Weiher» genannt., der wenigen Leuten aus der Umgebung bekannt ist und verschiedene Eigentümlichkeiten aufweist. So fehlt ihm der oberirdische Zufluss, auch ist kein eigentlicher Abfluss vorhanden, indem sich das wegfliessende Wasser in der Nähe des Weihers im Boden verliert. Eigentümlich mutet es den Wanderer an, wenn er, vom Weiher nichts ahnend, plötzlich die grüne Wasserfläche wie einen Samtteppich vor sich ausgebreitet sieht. Von prächtigen Buchen und knorrigen Eichen beschattet, liegt das stille Gewässer traumverloren da. Eine alte Sage erzählt, dass in diesem Weiher einmal ein geharnischter Ritter mit seinem Pferd versunken sei. In den Siebzigerjahren des letzten Jahrhunderts fällten Holzer um den Rothaldenweiher herum einige Bäume. Dabei fielen drei mächtige Buchen in den Weiher und verschwanden. Vergebens bemühte man sich, die Bäume mit langen Haken wieder herauszufischen; sie blieben verschwunden. Deshalb behaupten die Leute seither, das Gewässer sei grundlos. Ein Mann, der sich für dieses Naturwunder interessierte, versuchte, seine Tiefe mit Schnur und Senkblei zu ergründen. Das Blei sank jedoch immer tiefer, bis keine Schnur mehr vorhanden war. So fand man die Bodenlosigkeit des Rothaldenweihers neuerdings bestätigt. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Rothallenweiher

Source: Der Rothallenweiher

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Im Waldgebiet der Rothallen, am nordwestlichen Abhang des Geispel, liegt ziemlich versteckt ein Weiher. Dieser wird unterirdisch mit Wasser gespeist, so dass man glaubt, er stehe mit dem Meer in Verbindung. Auch ein sichtbarer Abfluss fehlt. Dem Gewässer wird eine unergründliche Tiefe nachgesagt. Bei einem Holzschlag in den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts fielen drei mächtige Buchen in den Weiher und verschwanden. Als der Vater des Erzählers im Jahre 1880 die Tiefe messen wollte, sank das Senkblei, bis keine Schnur mehr vorhanden war. Es wird erzählt, in früheren Zeiten sei einmal ein geharnischter Ritter mit seinem Pferd versunken. In Münchenstein wird der Weiher auch Totenweiher genannt, weil einst ein Fuhrmann mit zwei Pferden dort ertrunken sei. Im Winter sehe man zuweilen die Verunglückten als luftige Gespenster aus dem Wasser aufsteigen. Da auch in den letzten Jahrzehnten verschiedene Erwachsene und Kinder in dem langsam verlandenden Weiher einsanken und nur mit Mühe gerettet werden konnten, wurde der Rothallenweiher durch einen Stacheldrahtzaun abgesperrt. Muttenz Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Rotsee im Kt.Luzern

Source: Der Rotsee im Kt.Luzern

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war früher eine schöne Matte. An einem Sommertage waren sie mit Heuen beschäftigt. Da kam allzufrüh ein Ungewitter, und der Bauer fluchte alle Wetterzeichen. Zur Strafe ist die Matte mit allen Bäumen, mit Haus und Hof, mit Vieh und Menschen verschliffen, an ihrer Stelle ist jetzt der Rotsee. Johann Aschwanden Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Rotstrumpf

Source: Der Rotstrumpf

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Zwei Wurzelgräber übernachteten einst auf der Rautialp. Sie schlummerten schon eine Weile, als sie durch einen heftigen Lärm geweckt wurden. Die Schweine drängten zum Kober hinaus und stoben nach allen Richtungen davon. Der eine Kräutermann stieg vom Tril herunter, um vor der Hütte nachzusehen. Dort erblickte er im Mondschein einen gewaltigen Menschen. Der war ganz schwarz im Gesicht und trug rote Strümpfe. Entsetzt floh der Wurzelgräber wieder auf sein Lager. Aber mit dem Schlafen war’s aus, denn nach einer halben Stunde näherten sich schleppende Schritte. Durch eine Spalte in der Trilwand gewahrten die erschrockenen Übernächtler den Rotstrümpfigen, wie er in den Weller trat, ein mächtiges Feuer anfachte und regelrecht zu sennen anfing. Nach getaner Arbeit verliess er die Hütte, um nach einer halben Stunde wieder zu kommen und von Neuem zu beginnen. Erst gegen Tagesanbruch blieb er weg. Da wagten es die beiden Männer, herabzusteigen. Der Jüngere hatte genug erlebt und wanderte mit leerem Sacke talwärts, während der andere seinen Wurzeln nachging. Bis Mittag hatte er seinen Sack fast gefüllt. Er stellte ihn aufrecht an einen Stein und grub weiter. Als er sich umschaute, sah er den Sack am Boden liegen und alle Wurzeln waren zerstreut. Weit und breit aber war kein Mensch zu sehen. Der Gräber füllte den Sack neuerdings und band ihn diesmal zu. Doch kaum hatte er sich ein Stück weit entfernt, so sah er, wie der Rotstrumpf den Sack öffnete und ausleerte. Von Angst gepackt, floh der Alte zu den Hütten hinab, wo er den Sennen seine Erlebnisse erzählte. Diesen war dies nichts Neues, worüber sich der Wurzelgräber verwunderte. Wie machte er aber Augen, als unerwartet der Rotstrümpfige auftauchte, dem Senn winkte und mit ihm in die Hütte trat. Dort hantierten beide um die Wellgrube herum, bis der unheimliche Riese plötzlich verschwand, als sei er mit dem Rauch zum Fenster hinaus. Merkwürdigerweise wollte nachher der Senn von allem nichts wissen. Ein junger Bauer, der von diesen Dingen gehört hatte, vermass sich, dem Rotstrumpf den Meister zeigen zu wollen. Mutterseelenallein wartete er auf dem Tril auf den Gespenstigen. Auf einmal spürte er wie eine eiskalte Masse erdrückend schwer auf ihn niederfiel, während ein stinkender Hauch das Tril erfüllte. Bis zum Morgen lag der Rotstrumpf — der war es nämlich auf dem Burschen, der mühsam nach Atem rang und beinahe erstickte. Nachdem der Alpgeist endlich die Hütte verlassen hatte, kehrte der junge Bauer wieder zu seinen Kameraden zurück. Aber das Abenteuer war ihm schlecht bekommen. Vom giftigen Hauch war sein Körper über und über mit blauer Geschwulst bedeckt, die wohl sechs Wochen anhielt. Als bleibendes Zeichen des ausgestandenen Schreckens standen dem Mann zeitlebens die Haare bolzgerade in die Höhe.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der ruchlose Sohn

Source: Der ruchlose Sohn

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Auf den Clarideralpen soll vor Zeiten ein Senn eine leichtfertige Weibsperson unterhalten und so in Ehren gehalten haben, dass er ihr von der Wohn- oder Sennhütte bis zum Käsgaden den sonst kotigen Weg mit Käsen überdeckt habe, damit sie ihre Schuhe nicht besudele. Einmal kam nun seine arme Mutter zu ihm, um ihren Hunger mit Milch und Suffi (Molken mit Ziger vermischt) zu stillen. Der gottlose Sohn aber mischte ihr Pferdeharn unter die Milchspeisen und gab solches der Mutter. Als sie das merkte, wünschte sie ihrem verschwenderischen und ruchlosen Sohne alles Unglück über den Hals und bat Gott um gerechte Rache. Und das ward auch erfüllet: Der Sohn wurde mit der leichtfertigen Dirne von der Erde verschlungen; die oberen Firne und Felsen fielen ein und überdeckten die vorher grasreichen Alpen. Seit jener Zeit sind sie unfruchtbar. Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Ruf aus dem Aletschgletscher

Source: Der Ruf aus dem Aletschgletscher

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Ein gewisser Eyholzer aus Betten hielt sich einmal tagsüber in der Elselücke zwischen Bettmer- und Eggishorn auf. Plötzlich hörte er aus dem Aletschgletscher herauf eine Stimme tönen: «So Eyholzer, jetz chuscht de oi umbriche z insch.» Drei Tage später ist dieser Eyholzer tatsächlich gestorben. So erzählte es mein Vater selig. BETTEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Rufelihund

Source: Der Rufelihund

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Wer zu später Stunde, zwischen Mitternacht und ein Uhr, von Hätzingen nach Diesbach wandert, dem kann es passieren, dass er auf einmal stillstehen muss – denn da hört er von der Rufiruns her ein gar grässliches Klirren und Kesseln, als ob einer schwere eiserne Ketten durch das trockene Steinbett zöge. Mehr als einer hat anderntags erzählt, er hätte zu seinem Erstaunen dann einen Hund gesehen, der denn auch eine lange eiserne Kette hinter sich hergezogen habe. Wenn er auch feurige Augen im Kopf gehabt habe und die flammende Zunge ihm weit aus dem Rachen gehangen habe, so hätte er doch weiter nichts Böses angestellt. Dass man so ein wenig erschrecke, das sei ja selbstverständlich. Was es mit dem Hund für eine Bewandtnis hat, weiss niemand genau zu sagen. Sicher aber wird er für irgendeine Schandtat, die er im Leben begangen hat, zu büssen haben. Die Alten erzählen sich unter der Hand, dass er vielleicht einmal vor altem jener Vogt gewesen sei, der auf dem Bürgli gehaust habe und mit den Leuten in den Dörfern gar schandbar umgegangen sei. Am zehnten Teil, so wie er ihm aus jeder Erbschaft rechtsmässig zugefallen sei, hätte er nie genug gehabt, sondern immer noch ein Schaf, ein Böcklein oder ein Kalb mehr verlangt, und vom Heu und von Korn und Gerste nicht weniger. Sei aber ein armer Bauer zu ihm gekommen, um sein Leid zu klagen und ihm zu sagen, in was für Nöten und Sorgen er leben müsste, so sei ihm der Vogt grob übers Maul gefahren, und keiner, der so bei ihm vorgesprochen, hätte je einmal Hilfe erhalten. Seien aber gar Bettler gekommen, so habe er lachend seinen grossen schwarzen Hund von der Kette gelassen und sich so recht von Herzen gefreut, wenn die armen Leute den Büchel hinuntergerannt seien und der Hund hinter ihnen her. Dann aber habe man ihn für Wochen lang nirgends mehr gesehen, nicht auf dem Bürgli und nicht im Dorf. An einer grausamen Krankheit sei er in guten Jahren zugrunde gegangen, kein Mensch hätte seinen Totenbaum zur Kirche begleitet, und der Sigrist habe ihm nicht geläutet. Seit jener Zeit aber finde der Vogt auch im Grabe keine Ruhe und sei verdammt dazu, als «Rufelihund» die Ketten durch die Runs zu ziehen, bis zu jenen fernen Tagen, wo der Herrgott vielleicht ein Einsehen habe und ihm zu einem stilleren Plätzchen verhelfe.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Rufer auf dem Flimserstein

Source: Der Rufer auf dem Flimserstein

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Die Geschichte ist so alt wie die roten Streifen am Flimserstein, jener mächtigen Felsenstirne über den waldumsäumten Matten drüben am sanftern und sonnigern Anstieg zur Segneshöhe, und solange dies Male dort oben zu sehen sind, so lange wird man auch davon erzählen, dass sich die Glarner und Bündner einst entzweit hatten und einander mit Zank und Reibereien das Leben vergällten, wo und wie sie nur konnten. Da stieg denn auch einmal eine Schar handfester Glarner über den Berg, um den Flimser Sennen das Vieh wegzunehmen. Sie überrumpelten die Hirten auf dem Flimserstein und warfen sie samt und sonders in die siedende Milch, bis auf einen jungen Burschen, der sich noch rechtzeitig versteckt hatte. Der wartete, bis die Glarner das Vieh zusammengetrieben hatten, und als der letzte Schwanz der geraubten Herde beim Segnes oben verschwunden war, kroch der Bursche hervor und erklomm eine hohe Wettertanne, ganz zuäusserst auf der Felswand, und blies ins Horn: «Trubina, Trubina! s’Landamma’s die bru Chua Mit der grossa Schälla Und alls goht vorna duri Dem Glarnerland zua Ih gugam ih guga; Mi Guga verspringt. Gott Vater, Gott Suhn Zum Himmel mi bringt.» Er blies und blies, bis ihm das Herz zersprang und er tot herabfiel. Sein Blut rieselte über das Gestein herab und färbte es rot, blutrot für alle Zeit und Ewigkeit. In Flims unten wohnte ein hübsches Mädchen, eben die Trubina. Und weil der junge Senne ihr Liebster war und ihr jeden Morgen und Abend mit dem Horn einen Gruss zugerufen hatte, so war sie die erste, welche die Mahnung vom Flimserstein vernahm und verstand. Sofort rief sie alle Leute zusammen, und die wägsten Männer eilten den Glarnern nach. Als sie die Wasserscheide überschritten hatten und tief unter sich die grauen Schindeldächer von Elm erblickten, gewahrten sie, wie die Glarner eben das gestohlene Sennten in eine Hoschet trieben und an den Bäumen festbanden, um es feilzubieten. Vorerst aber gingen Raubgesellen, Kauflustige und alle Dorfbewohner ins nahe Wirtshaus, den geglückten Handstreich gebührend zu feiern. An Wein fehlte es nicht, und darum bald auch nicht an grossen und lauten Worten, und je fleissiger sie in die Becher guckten, um so weniger schauten sie durchs Fenster hinaus nach dem Vieh, sondern waren selig und zufrieden, wenn sie’s draussen nur glöckeln hörten. Der frühe Mond war schon einen guten Schritt weit vom Zwölfihorn weg in den Abendhimmel gestiegen, als die trunkesschweren und sorglosen Zecher das Wirtshaustrepplein herabtappten, um ihre Kühlein an den Mann zu bringen. Da fanden sie im Baumgarten nur noch einen schwarzen Muni, über und über mit Kuhglocken behangen. So hatten ihn die Bündner zurückgelassen, nachdem sie herbeigeschlichen, dem Vieh alle Schellen und Glocken abgenommen und es ohne Herdengeläute längst wieder über den Segnes zurückgeführt.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der ruhelose Vatermörder

Source: Der ruhelose Vatermörder

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Der Sohn eines Schmieds, schon verheiratet, konnte den Augenblick nicht erwarten, der ihn in den Besitz des väterlichen Geschäftes brächte, umso mehr, als er mit dem Vater in ständigem Streit lebte. In einer bösen Stunde brachte er ihn nachts unter einem Kirschbaum um und schleppte die Leiche in einem Sack an den Rhein, wo er sie versenkte. Von diesem Augenblick an hatte der Missetäter keine Ruhe mehr, bis er starb. Nach seinem Tode hörte man in der Schmiede in manchen Nächten Hammerschläge auf dem Amboss. Des Gespensterwesens überdrüssig, liessen die späteren Besitzer des Hauses den Geist durch einen Kapuziner in ein Fläschlein bannen und ins Haus einmauern. Von da an hatten sie Ruhe. Unter dem Baum, wo die Untat geschehen war, sah man öfters in der Nacht einen Hund mit feurigen Augen sitzen. Muttenz Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Ruhlose im Mondschein

Source: Der Ruhlose im Mondschein

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Es war in der Talschaft eine Alp mit zwei Stafeln. In allen Berghütten ringsum munkelte man, dass da früher etwas zu Unrecht gegangen sei mit der March. Der obere Stafel lag hoch über dem Holzwuchs, und wenn die Älpler im Sommer mit dem Vieh hinauf fuhren, mussten die Knechte das Holz vom untern in den obern räfen. In der Weghälfte hatten sie einen bequemen Lüüwiplatz. Einmal kam ein ausnehmend heisser Sommer ins Land. Da wurden die Knechte einig, sie wollten in der Nacht Holz tragen gehen beim Mondschein. ln einer Hochsommernacht schien die ganze Alp in glashellem Silberglanz. Auf Fels und Grat, Wald und Weid lagen tintenschwarz die Schatten. Totenstille weit und breit, nur die Brunnenzube hörte man plätschern bis hinauf auf die Lüüwi. Eben stellten die Knechte ihre schweren, knarrenden Bürden ab. Da zerbrach jäh ein schauerlicher Ruf vom untern Stafel her die drückende Stille der heiterhellen Nacht. "Hie geid d’March, un da geid d’March, un dert geid d’March!" tönte es aus dem Schatten des Hohbergwaldrandes herauf. Dann gab es eine Pause, während welcher der Rufer wohl weiter schritt; jetzt hallte es wieder, und die Flühe gaben es weiter: "Hie geid d’March, un da geid d'March, un dert geid d’March!" Den hörten sie nun immer rufen im Mondschein. Bald sass in den Knechten schwarz und kalt die Furcht; sie wagten es kaum mehr, in stillen, hellen Nächten vor die Hütte zu treten. Der Senn, dem die Alp gehörte, hatte fortan Mühe, selbst um hohen Sommerlohn, Knechte zu dingen. Sie wellten ihm schon nach den ersten Vollmondnächten alle auf und davon. Da blieb ihm eben nichts übrig als die zu nehmen, die er noch auftreiben konnte. Einmal musste er auch einen dingen, den er sonst jedenfalls nicht genommen, weil er ein vorlautes Grossmaul und ein allen Leuten verleideter Praschalleri war. Da gingen die Knechte wieder einmal in einer lauen Sommernacht Holz tragen. Mit einem schweren Schnauf stellten sie auf der Lüüwi die Bürden ab, die sie auf dem stotzigen Kratzweg mit List und Geduld so gerückt und gedrückt, wie es der Rücken lieb hat. Sie machten ein Pfeifchen Tabak ein, wie es der Brauch ist. Auf einmal hörten sie den Ruhelosen wieder so schreckeli rufen: "Hie geid d'March, un da geid d'March, un dert geid d'March!" Ohne Besinnen, und ohne dass ihn die andern hindern konnten, rief ihm der grobhölzerne Knecht durch die hohle Hand in den tiefem Stafel hinunter: "Su steck Zillteni, (Marchstecken) du Tonnder!" Jetzt fürchteten sich die andern Knechte schauderhaft und kriegten mit dem Grobian; sie nahmen ihre Räfbürden flugs wieder auf und stiegen damit bergauf, gewiss schier rascher als sie mochten und warfen das Holz vor der obern Hütte zuhauf. Dann hinein unter Dach; sie meinten, er sei ihnen noch immer auf den Fersen, der da unten. Nachdem sie dem Schweiger (Senn) ihr Erlebnis berichtet, tröstete der sie, das habe man hier oben schon so lange gehört, so lange er zu Berg gefahren sei. Wenn nicht etwa sich einer erfrecht habe, dem Ruhelosen das böse Maul anzuhängen, so mache das nichts. Dann wurde es Morgen, und alles blieb still. Darauf ging der Senn nach dem Käsen in den untern Stafel, um die Hütte zum baldigen Bezug instand zu stellen. Zu seinem grenzenlosen Erstaunen sah er, dass in der Nähe der Marchen Dutzende von Zilltenen standen. Und als er näher zusah, war an jedem das Brandmal einer glühenden Hand. Da fiel ihm ein, es könnte auf der Alp eine Änderung zum Schlimmen geben, weil der groblochte Knecht ihm ungeziemend gemault, dem unselig Ruhelosen. Dann stieg der Senn hastig ins Oberläger und berichtete den Knechten, was er gesehen. Er befahl ihnen, Beile zu nehmen und mit ihm hinunter zu gehen. Hier versetzten sie den Schreithag (Hag mit gespreizt aufeinander liegenden Staketen) fein säuberlich dorthin, wo die vielen Zillteni mit dem Brandmal standen. Der Senn, der je und je ein gerader Mann gewesen, sagte den Knechten, er begehre kein Land, das nicht zu Recht erworben. Und von da an hörte man den schauerlichen Ruf auf der Alp nicht mehr. Es blieb in den sommerlichen Mondscheinnächten alles still. Quelle: Hans Michel, Ein Kratten voll Lauterbrunner Sagen. Wengen 1936. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Russenbündel

Source: Der Russenbündel

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Der Russenbündel Auf dem Rückzug von der Schlacht bei Zürich sprenge eine russische Abteilung mit ihren Kanonen den Bühlweg zu Tagelswangen hinauf und bezog am Schlimperg eine Batteriestellung, von der die Schanzen heute noch zu sehen sind. Eine französische Abteilung lagerte im Dürrholz, und ihr Lagerfeuer war nachts wohl zu sehen. So lag das Dorf zwischen den feindliche Linien, und die Bauern befürchteten Plünderungen. Sie stellten eine Bürgerwache zusammen. Schulmeister Temperli, der am Rande des Dorfes wohnte, fand dies nicht für nötig, und so wurde sein Gehöft auch nicht bewacht. Am andern Morgen fehlte ihm das fetteste Rind im Stall. Die Franzosen hatten es entführt und im Lager geschlachtet. Nach dem Abzug der Soldaten fand ein Bäuerlein im Walde draussen eine russische Kriegskasse. Es teilte seinen Fund dem Förster mit. Der hiess den Bauern schweigen; sie wollten dann nachts spät heimlicherweise den Schatz holen. Als sie zu verabredeter Stunde am Fundort eintrafen war die Kiste verschwunden. Bald ging die Rede, der Förster habe eben noch vorher einen Gang allein in den Wald gemacht und sich den Fund angeeignet. So erklärten sich die Taglischwanger den plötzlichen Wohlstand jener Familie, der sie auch den Übernamen „Russebündel“ anhängten. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Schriftlich mitgeteilt von Lehrer Emil Honegger, Tagelswangen, 1962. Seine Quelle: Joh. Schmid, Schulpfleger, der die Geschichte 1935 erzählte. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Rüttinossen zu Spiringen

Source: Der Rüttinossen zu Spiringen

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Vom wilden Sulzbach zu Spiringen bis zum waldreichen Brunnital in Unterschächen dehnte sich einst ein ununterbrochener, herrlicher Tannenwald. Zur Zeit, als sich Unterschächen von Spiringen (1687) trennte, stritt man sich leidenschaftlich um die Teilung dieses Waldes. Da fiel der morsche Rüttinossen herunter und begrub einen grossen Teil desselben unter seinen gewaltigen Trümmern. Pfr. Jos. Arnold Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Rybihund

Source: Der Rybihund

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Bei der mittleren Säge zu Reigoldswil war früher auch eine Flachsreibe. Vor Wetteränderungen sehen die Umwohner oft nachts einen grossen schwarzen Hund aus dem Kett (d. i. der Raum, in welchem sich das Wasserrad befindet) kommen. Er läuft den Bach hinauf und trifft einen weitern Hund, der bei der Mündung des Emlisbächleins hervorkommt. Während die beiden Untiere miteinander aufwärts trotten, werden sie immer grösser. Schliesslich kehren sie wieder um, wobei der Hund aus dem Emlisbach abwärts, der andere gegen den Emlis verschwindet. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Sabbathschänder

Source: Der Sabbathschänder

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In Ems lebte vor langen Jahren ein reicher Bauer, der aber nicht eine Tu­gend, die den Menschen sonst zieren, sein nennen konnte. Unter den vielen Sünden, die er beging rechnete man die Entheiligung von Sonn- und Feiertagen als die grösste ihm an. Einzig am Frohnleichnams­tage ging er mit der Prozession, um den Leuten beweisen zu wollen, dass er besser sei, als sein Ruf. Arbeitete er die ganze Woche hindurch »keinen Streich«, so klopfte und hämmerte er aber nicht nur jeden Sonntag, oder schaffte auf dem Felde, sondern verhöhnte und ärgerte noch die Kirchengänger, trotzdem wohl­denkende Männer ihn mahnten, von seinem bösen Tun zu lassen. - Alle Vorstellungen halfen nichts. Mit der Zeit machte er nicht einmal mehr die Prozession mit. Wieder war einmal Fohnleichnamstag, und während alle Andern der Andacht beiwohnten, nahm er Axt und Säge, und ging hinauf in sein Maisäss am Piz-Okul, um im Walde, den er dort oben hatte, Holz zu fällen. Wiewohl da und dort ein frommes Mütterchen mit erhobenem Zeigefinger ihn gewarnt, schlug er alle Mahnung in den Wind. Mit den Worten: »mo, il giavel vul nuot saver da mei, el po buca tier« (»der Teufel will ja nichts von mir, er kann mir nicht nahe kommen«) verliess er das Dorf. Am Abende wartete man vergebens auf ihn, er kam nicht. Esvergingen zwei Tage, drei Tage, er kam nicht. Nun machten Einige sich auf, ihn zu suchen, nicht aus Erbarmen, was ihm begegnet sei, ihm zu helfen, denn Teilnahme halle er bei Niemandem verdienet, - sondern, um zu sehen, wie es ihm ergangen sei, denn dass er nun seine Strafe bekommen habe für seine Sünden, war Aller Urteil. Im Maysässe angelangt, suchte man lange Zeit nach ihm, im Walde fand man ihn auch nicht. Endlich beim Stalle, wo eine grosse Steinplatte liegt, fand man in umherzerstreuten Kleider- und Hautfetzen und Haarbüscheln deutliche Spuren von ihm; auch auf der Steinplatte lagen Solche, vom Blute des Bösewichtes angeklebt. Dass Derselbe mit dem Teufel selber dort einen schrecklichen Kampf gehabt, erkannte man zur Genüge, und dass es der Böse selber gewesen, der ihn bezwungen, liessen die Eindrücke von Bocksfüssen im harten Gesteine erkennen. Man hatte nun gefunden, was man gesucht, und begreiflich war die grausige Sache balde in der Gemeinde bekannt. Die Spuren der Bocksfüsse in der Platte beim Stalle sieht man heutzutage noch. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Säge-Giger

Source: Der Säge-Giger

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Im Aufeld liegt seit alter Zeit eine Säge. In dieser wohnte einst ein Mann, welcher in der Fasnacht und zur Kirchweih den jungen Leuten zum Tanze aufspielte. Man nannte ihn, weil er bei solchen Anlässen stets mit seiner Geige erschien, den Säge-Giger. Er war aber ein liederlicher Bursche, der sich oft betrank und dann dem Unvernünftigen gleich tat. Allein sein wüstes Treiben fand ein jähes Ende. Als er einst seine Tanzgeige bis in den frühen Morgen hinein hatte ertönen lassen, begab er sich betrunken auf den Heimweg. Er irrte vom Wege ab, und am Morgen fand man ihn tot im Sagebach. Seine Glieder waren starrgefroren und die Geige, auf die er gestürzt war, zertrümmert. Man begrub ihn in einer abgelegenen Ecke des Friedhofs, wo sonst nur die Selbstmörder bestattet wurden, ohne Sang und Klang. Aber er fand in seinem Grabe keine Ruhe. In der heiligen Zeit (vor Weihnachten) hörte man oft die klagenden Töne seiner Geige. Der Säge-Giger war aufgestanden und wandelte um Mitternacht geigend nach dem Aufeld bis an den Fuss des Rachlis und wieder zurück unter die alte Dorflinde von Mosnang, wo die Fidel verstummte und der Geiger wieder hinabstieg in das Reich der Schatten.                                                                           C. Huber. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 453, S. 268 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Salzbrunnen im Sortel

Source: Der Salzbrunnen im Sortel

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Gutmütige Zwerge hatten dem Küher im Sortel, einer Alp in der Stockhornkette, eine Salzquelle entdeckt mit der Weisung, nie mehr als für einen Tag auf einmal zu fassen. Das Vieh wurde von diesem Salze fett und glänzend und gab fast die Hälfte mehr Milch als sonst. Viele Jahre verhielt sich die Sache so und der Sortelküher wurde ein reicher Mann, obschon er auch andern Sennen Zutritt zum kostbaren Brunnen gestattete. Als aber ein anderer Küher auf den Berg kam, wollte der nun selbstsüchtig einzig Vorteil aus seinem Brunnen ziehen und schloss ihn ringsum ein, so dass ausser ihm niemand mehr dazu kommen konnte. Die Hirten der Umgegend mussten nun das Salz von ihm kaufen und der Habsüchtige strich schmunzelnd den Erlös in die weite Tasche. Seine Freude dauerte jedoch nicht lange; denn der Brunnen versiegte und der Küher hatte nachher so viele Unfälle mit seinem Vieh, dass er bald an den Bettelstab geriet. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Der Salzbrunnen im Sortel

Source: Der Salzbrunnen im Sortel

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Gutmüthige Zwerge hatten dem Küher im Sortel eine Salzquelle entdeckt, mit der Weisung, nie mehr als für einen Tag auf einmal zu fassen. Das Vieh wurde von diesem Salz fett und glänzend und gab fast die „Hälfte mehr" Milch als sonst. Viele Jahre verhielt sich die Sache so und der Sortelküher wurde ein reicher Mann, obschon er auch andern Sennen Zutritt zum kostbaren Brunnen gestattete. Als aber ein anderer Küher auf den Berg kam, wollte der nun selbstsüchtig einzig Vortheil aus seinem Brunnen ziehen und schloss ihn ringsum ein, so dass ausser ihm niemand mehr dazu kommen konnte. Die Hirten der Umgegend mussten nun das Salz von ihm kaufen und der Habsüchtige strich schmunzelnd den Erlös in die weite Tasche. Seine Freude dauerte jedoch nicht lange; denn der Brunnen versiegte und der Küher hatte nachher so viele Unfälle mit seinem Vieh, dass er bald an den Bettelstab gerieth. Quelle: J. J. Jakob, Heimathkunde des Amtes Schwarzenburg, Bern, 1869. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www. maerchen.ch


by Der Salzbrunnen und die goldenen Deichel

Source: Der Salzbrunnen und die goldenen Deichel

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Flühli und Sörenberg gehörten einst einem Herrn, der auf dieser seiner Herrschaft nach Gold und Schätzen graben liess. Die Arbeiter machten zwischen beiden genannten Orten auf dem rechten Ufer der kleinen Emme einen Stollen in den Berg und kamen so weit, dass sie schon ein sonderbares Rauschen und Wallen aus dem Boden vernahmen. Sie dachten, das sei der Geist, der das Gold hüte, er wolle sie einschüchtern. Die Knechte teilten deshalb dies Wahrgenommene dem Herrn mit und dieser stattete seine Leute mit einem Zaubermittel aus, das den Geist unschädlich zu machen die Gewalt haben sollte. So gruben sie getrost im Schafte fort dem Geräusche nach und stiessen endlich statt auf Metall und einen Geist an eine frisch und reichlich sprudelnde Quelle. Eben plagte die Nachforschenden heftiger Durst, so dass ein Trunk nun sehr willkommen war. Allein kaum hatte der erste gierig den Mund voll eingenommen, so spie er die Flüssigkeit wieder mit Abscheu aus, solch widerlichen Geschmack dünkte sie ihn zu haben. Da musste nun doch wieder der Geist, aus Zorn, dass er ihnen vor dem Amulet das Weitergraben nicht habe verhindern können, das Wasser verdorben haben. Die Männer brachten von diesem Vorfalle ihrem Herrn wieder die Nachricht. Er befahl, ihm von dem Wasser zu bringen. Sobald er es gekostet, rief er hocherfreut aus: „Eine prächtige Salzquelle habt ihr entdeckt, die mehr wert ist als Gold und Silber." Gleich wurde Hand angelegt, das Wasser zu sammeln. Allein es floss immer noch etwas sparsam. Nun liess der Herr, welcher von magischen Dingen etwas verstand, goldene Deichel machen, über welche kein Zauber mehr und kein neidischer Berggeist einen nachteiligen Einfluss ausüben konnte. Kaum waren sie bis tief in den Berg eingelegt, floss die Quelle voll und munter. So ging es einige Zeit. Einmal jedoch beging der Herr einen Frevel und von Stunde an war der Salzbrunnen verzaubert und mitsamt den goldenen Leitröhren verschwunden. Ein Bächlein rieselt dagegen immer noch in selber Gegend, in welchem eine halbe Stunde weit keine Fische leben. Das gilt als Beweis, dass der Salzbrunnen noch zu gewinnen wäre und die goldenen „Dünkel" auch, wozu wirklich mehrmals und selbst noch vor kurzem der Versuch gemacht worden ist. Leider kennt man nur das rechte Zaubermittel noch nicht, sonst läge der Schatz längst zu Tage.             Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Der Samariterbrunnen

Source: Der Samariterbrunnen

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Es mag um das Jahr 1552 herum gewesen sein, da fasste der hochwohllöbliche Rat der Stadt und Republik Freiburg den rühmlichen Entschluss, unten am Stalden einen grossen, öffentlichen Brunnen zu erstellen. Gleichzeitig erteilte er dem berühmten Meister Hans Geiler den ehrenvollen Auftrag, für genannten Brunnen eine kunstvolle Säule zu meisseln. Der Künstler nahm sich vor, der Stadt, die ihm zur zweiten Heimat geworden, ein Meisterwerk zu schenken. Lange suchte er nach einem Motiv. Eines Tages blätterte er sinnend in der Bibel. Da fand er jene wundervolle Erzählung vom Heiland und der Samariterin am Jakobsbrunnen. Aufmerksam begann der Meister zu lesen, und sein Herz schlug rasch und rascher. Wie eine Vision kam es gewaltsam über ihn, als er die Christusworte sprach: „Jeden, der von diesem Wasser trinkt, wird wieder dürsten. Wer aber von dem Wasser trinkt, das ich ihm gebe, den wird in Ewigkeit nicht mehr dürsten. Das Wasser, das ich ihm gebe, wird vielmehr zu einer Quelle, die ins ewige Leben emporspringt.“ Meister Hans fuhr empor. „Ich hab’s, - ich hab’s!“ jubelte er, und vor seinem geistigen Auge erstand jenes eindrucksvolle Bildwerk, das Geilers Namen unsterblich machen sollte. Rasch holte er Stift und Papier herbei und begann das Geschaute zu zeichnen. Schon nach wenigen Tagen ertönten aus seiner Werkstatt ununterbrochen der Schlag des Hammers und das Klingen des Meissels. Hans Geiler schuf den Samariterbrunnen. Der Teufel sah es nicht gerne, dass inmitten der Stadt ein frommes Standbild erstellt werden sollte. Er dachte bei sich: „Wenn diese Statue in irgendeinen Winkel einer Kirche käme, dann würde sie mir wenig schaden. Da sähen sie die meisten Leute nur etwa am Sonntag. Aber auf einem öffentlichen Brunnen - mitten in einem belebten Stadtviertel - das ist gefährlich. Da gehen sie alle Tage fünf-, sechsmal hin, um Wasser zu holen, oder laufen sonst zehnmal vorbei, gaffen das fromme Bild an und werden dabei an das lebendige Wasser erinnert. Nein, das darf nicht geschehen, - das muss ich verhindern.“ Während Geiler mit Feuereifer sein Werk schuf, begann der Stadtbaumeister mit einem Dutzend Arbeiter die Erstellung des Brunnens. Pickelschläge ertönten, Schaufeln scharrten, und schwerbeladene Karren fuhren her und hin. Bald war die Leitung erstellt, und man fing an, Fundamente zu graben für ein mächtiges, viereckiges Wasserbecken, in dessen Mitte sich die Bildsäule erheben sollte. Schon war man auf eine beträchtliche Tiefe in das harte Erdreich vorgedrungen, da schien dem Teufel der Augenblick gekommen, um einzugreifen. Als einst die Arbeiter sich anschickten, Feierabend zu machen, da tönte plötzlich vom Stalden herunter ein ohrenbetäubendes Pfeifen und Bellen und Heulen. Schauerlich hallte der höllische Lärm in der engen Gasse, und mit der Schnelligkeit des Sturmwindes kam er näher und näher. Jetzt tauchte die lange, hagere Gestalt eines schwarzen Jägers auf. Ein dunkler Mantel flatterte um seine Schultern, und eine Hahnenfeder wehte auf seinem Hute. Hinter ihm folgte rasend und heulend und zähnefletschend eine wilde Meute von schwarzen Hunden. „Flieht, flieht!“ gellte der Schrei der entsetzten Menschen. Wie dürre Blätter vom Wind hinweggefegt, so stoben die Arbeiter auseinander. Mit zwei, drei Sprüngen stand der Jäger vor dem unvollendeten Brunnen und zerstörte das Werk. In einem Augenblick war der ganze Platz verwüstet, das Werkzeug und das Baumaterial in alle Winde verstreut. Jäger und Hunde aber verschwanden im Brunnenschacht. Noch lange ging von der Stelle ein Schwefelgestank aus, und wer hier vorbei musste, machte zuerst das Kreuzzeichen. Der Baumeister war aber nicht gesonnen, die Arbeit aufzugeben. Doch seine Gehilfen liessen ihn im Stich und waren weder durch Versprechungen noch durch Drohungen zu bewegen, die Arbeit wieder aufzunehmen. So sehr hatte sie der Schreck entmutigt. Da musste er sich nach andern Kräften umsehen. Nur mit vieler Mühe gelang ihm dies. Man begann, den verschütteten Schacht wieder auszugraben und die Fundamente neu zu erstellen. Bald ragten die Mauern aus dem Boden heraus, und es wurde der Bau des Wasserbehälters in Angriff genommen. Die Arbeit schritt rasch vorwärts, und der Tag der Vollendung rückte näher. Doch eines Abends ertönte plötzlich wieder jener höllische Spektakel oben im Stalden und fuhr wie ein Gewittersturm die enge Gasse herunter. „Flieht, flieht!“ gellte abermals der Ruf der zu Tode erschrockenen Menschen. Im Nu verschwanden Arbeiter und Zuschauer in die nächsten Häuser. Der schwarze Jäger aber brauste mit seinen blutgierigen Hunden heran, verwüstete den Brunnen, streute Werkzeuge und Material in alle Winde und verschwand in den Mauertrümmern. Trotz dieser neuen Katastrophe liess sich der Baumeister nicht entmutigen. Er wollte und musste das Werk um jeden Preis vollenden. Es ging um seine Ehre und seine Zukunft. In der Stadt wollte ihm aber niemand mehr Gefolgschaft leisten. Darum zog er ins Senseland hinaus und dingte da ein Dutzend tüchtige Arbeiter. Doch bevor er mit ihnen die Arbeit wieder aufnahm, liess er durch den Prior des nahen Augustinerklosters den Bauplatz, die Werkzeuge und das Material segnen. So wurde das Unternehmen unter den Schutz des Allerhöchsten gestellt und die Macht des Bösen gebrochen. Mit frischem Mut gingen die Arbeiter ans Werk. In wenigen Wochen war der Brunnen erstellt. Nun sollte ihm noch die Krone aufgesetzt werden. Meister Hans Geiler hatte indessen sein Kunstwerk vollendet. Eines Tages wurde es auf die Brunnensäule gehoben und unter dem Jubel der ganzen Bevölkerung enthüllt. Vierhundert Jahre sind seitdem verflossen. Noch immer steht der Samariterbrunnen - plätschert verträumt - erzählt - und spendet sein klares, frisches Labsal. Noch immer bleibt der Wanderer hier stehen, hebt den Blick empor, bewundert das unvergleichlich schöne Bildwerk und glaubt, die Heilandsstimme zu hören: Wer von dem Wasser trinkt, das ich ihm geben werde, den wird in Ewigkeit nicht dürsten.   Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch  


by Der Sand-Bläsi

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Der Sand-Bläsi Vor vielen, vielen Jahren war im Fischenthal gut leben; denn die Handspinnerei verschaffte goldenen Verdienst, und es konnte der Fleissige und Sparsame etwas erübrigen; ein Tag fleissiger Arbeit reichte für den Unterhalt einer Woche aus. In diesen glücklichen Tagen verbreitete sich einst das Gerücht, in fernen Landen habe ein reicher Mann, namens Sand-Bläsi, eine von Wasser getriebene, mechanische Spinnerei erfunden, welche nur mit wenigen Arbeitern in vierzehn Tagen so viel Garn liefere, als die sämtlichen Spinner im Fischenthal in einem ganzen Jahre. Anfänglich wollte niemand an solch ein Wunder glauben, und als die Fabrikanten wirklich kleinern Spinnerlohn zu bezahlen anfingen, vermuteten viele Spinner, es wäre nichts weiter als eine unter den Einnehmern verabredete Sache, um den Spinnerlohn herunterzudrücken. Aber bald wurde man von der wirklichen Existenz des gefürchteten Sand-Bläsi vollkommen überzeugt. Seine Spinnerei lieferte ungemein feines Garn, wie es keinem Handspinner möglich war und zu weitaus billigeren Preisen, als es bisher zu bekommen gewesen. Woche um Woche verschlimmerte sich der Verdienst der Handspinner, bis es endlich fast unmöglich war, damit das Leben zu fristen. Die verzweifelten Spinner liessen den Sand-Bläsi bitten, Barmherzigkeit zu üben an den armen Handspinnern und sein mechanisches Geschäft nicht allzusehr zu erweitern, damit sie nicht gänzlich zu Grunde gerichtet würden. Allein der reiche Mann wusste nichts von Mitleid gegen die Armen und er errichtete bald neue, ähnliche Wasserwerke. Jammer und Not der Handspinner wurden noch grösser; während viele in ein dumpfes Träumen verfielen, erkannten andere die Grundursache ihres Unglücks in der Habgier des reichen Sand-Bläsi, der wahrscheinlich einen Bund mit dem Teufel gemacht habe. Und manche fluchten dem Sand-Bläsi in grässlichen Ausdrücken, und zwar zu mehrerer Bekräftigung um Mitternacht an den Kreuzwegen und unter Haselbüschen; in den Sternen lasen sie das schauerliche Verhängnis des Verworfenen und sahen beruhigter in die Zukunft. An einem Abend, als die Spinnräder in den Lichtstubeten zur Ruhe gestellt waren und die Spinner zu gemeinsamem Gebet auf den Knien lagen, geschah ein seltsames Zeichen: Jede Radscheibe lief von selbst „gyrend“ um den Wendelbaum, worauf es ganz still wurde. Anfänglich hielt es jede Stube für das gewöhnliche „Geisten“, wie man es immer hörte in dem Augenblicke, da im Ort jemand starb. Aber als Tags darauf aus allen Spinnstuben des Tales dasselbe berichtet wurde, war man auf etwas Ausserordentliches gespannt; es blieb auch nicht aus. Bald lief das Gerücht durchs Tal, der Sand-Bläsi werde nun seinen Lohn bekommen. Gott selber sei über ihn zu Gericht gesessen und habe zu Recht erkannt, der Sand-Bläsi habe alle seine Reichtümer zu veräussern und dann, so weit der Erlös ausreiche, in den Landen, der durch ihn verarmten Spinner herumzufahren, damit jedermann erkenne, der habgierige Sand-Bläsi sei ein Gräuel in den Augen des Herrn. Der Sand-Bläsi war so reich geworden, dass 30 Pferde erforderlich waren, um die grosse Geldlast fortzubringen. Und ein Wunder war’s , dass es ebenso vieler Pferde bedurfte, um seine schmächtige Person zu führen. Auf jedem Pferde musste ein Fuhrmann sitzen, und es musste ein ehemaliger armer Spinner sein, sonst kamen die Lasten nicht von der Stelle. Das alles verursachte grosse Kosten und das Vermögen des Sand-Bläsi erlitt schon in den ersten Tagen seiner Wanderschaft eine starke Verminderung. Während die Geldlasten täglich weniger Pferdekraft erforderten, schwerte der Sand-Bläsi um so mehr. Von seiner Fahrt wurde im Tal oft und abenteuerlich erzählt, und eines Morgens hiess es, er habe ins Baumer-Tal eingelenkt und werde bis etwa am folgenden Abend in Lenzen eintreffen. Um die Vesperzeit des folgenden Tages war dann endlich das Knallen der Peitschen im Widerhall des Schlössligubels unweit der Grenze von Fischenthal in den Spinnstuben von Lenzen leicht hörbar. Die neugierigen Spinner und Spinnerinnen eilten ihm entgegen; eben fuhr er ins Fischenthal; das war ein Schauen! An einem Wagen zogen sechzig Pferde, und die Last auf demselben war nichts anderes als der Sand-Bläsi, der zum Gerippe verdorrt in einer Ecke zusammengekauert sass. Der Wagen schien wegen der vielen nötig gewordenen Reparaturen aus lauter Eisen zu bestehen. Sand-Bläsis nur noch in wenigen Talern bestehendes Vermögen trug ein ehrlicher Spinner, neben dem Wagen einhergehend, nach. Der Zug bewegte sich sehr langsam, als wäre ein Berg fortzuschleppen; unaufhörlich musste gemännt und geknallt werden. Helleuchtend kam der Mond hinterm Waldsberg herauf, als der Sand-Bläsi im Lenzen einfuhr. Immer langsamer ging’s; die Pferde dampften vor übermässigter Anstrengung; um die kleine Summe seines Vermögens wurde noch Futter für dieselben hergeschafft. Der Zug näherte sich jetzt dem Rabengubel (hohe, graue, dünnbebuschte Felsen oberhalb dem Lenzen, links der Töss). Gab dieser von jeher allen, die ihn laut anriefen, ein gar holdseliges Echo und blieb keine Antwort schuldig, so redete er vornehmlich an diesem Abend überaus laut und kräftig. Von Fuss bis Haupt vom Monde beleuchtet, stand er wie ein gespenstiger Riese da, und ihm drohte der Sand-Bläsi fast die Füsse abzukarren; das schien Runzeln zu erzeugen auf seiner Stirn. Jetzt, hart an seinem Fusse, stockte der Zug. Schauerlichen Tones kam eine Stimme aus dem Wagen, vor dem sich die Menge der Zuschauer zurückzog und sich am rechten Ufer der Löss, in den Stöcken postierte. Abermals und schauerlicher kam die Stimme aus dem Wagen: Der Sand-Bläsi flehte‚ es möchte die Fuhrmannschaft doch das äusserste versuchen, um die Fahrt fortzusetzen. Mitleidig gehorchten sie; ein Männen, Klatschen und Knarren erhob sich, dass die Felsen bebten; donnernd redete der Rabengubel drein. Die Fahrt blieb im Stocken. Zum drittenmal kam ein flehendes Getöne aus dem Wagen; dann neues Rufen, Knallen und Knarren. Da schüttelte der Rabengubel zornig sein Haupt und schleuderte einen mächtigen Felsblock auf den Sand-Bläsi herunter, unter dem dieser die Augen schloss. Noch lange nachher glaubte man nachts in den Stöcken einen schwer beladenen Wagen die Töss hinauffahren zu hören; man vernahm ein krachend Getöse wie in den Eingeweiden des Rabengubels und es schien etwas herunterzustürzen und war doch nichts, und alles war wieder mäuschenstill. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Wörtlich aus Stauber, S. 57; VB, 1. 11. 1916. Senn, Bilder, bezeichnet diese Geschichte bereits als Volkssage. Die Chronik von Fischenthal weist darauf hin, dass 1805 in der aufgehobenen Abtei St. Blasien im Schwarzwald eine grossse mechanische Spinnerei eingerichtet wurde. - Der Bergsturz bei Lipperschwändi fand tatsächlich statt, und zwar am 2. Hornung 1827. Die Motive der Sage sind also aus drei Quellen zusammengeflossen: 1. aus der Spinnernot am Ende des 18. Jahrhunderts, 2. aus der Tatsache der mechanischen Spinnerei in Sankt Blasien, die seit 1805 die Handspinner konkurrenzierte, 3. aus dem Felssturz von 1827 an der Fischenthalergrenze. Senns: „Bilder“ erschienen 1850, und wenn darnach die Geschichte vom Unglücksbringer Sand Bläsi schon eine Volkssage war, blieb für deren Bildung der knappe Zeitraum von 20 Jahren. St. Blasius, „Sand-Bläsi“, Heiliger und Märtyrer, Bischof von Sebaste in Kappadozien, 316 eingerichtet, hat mit der Sage im Grunde nichts zu tun. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Sandgrubengeist bei Frick

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Bei der Sandgrube am westlichen Abhang des Frickberges liess sich zur Zeit, als man das Vieh noch auf die Weide trieb, ein Mann sehen, der einem Viehhändler glich, denn er hatte eine Geissel über die Achsel geschlungen und trieb das Vieh weg. Oft nahm er, nach der Versicherung der Weidbuben, die Gestalt eines Pferdes an, das, wenn man es fieng und ihm den Zaum anlegen wollte, riesenmässig anwuchs. Auch führte er diejenigen irre, welche in der Nacht oder früh vor Tag hieher kamen, das verlaufene Vieh zu suchen. So, sagt man, war einst ein Mann von diesem Felde weg auf den Schwarzwald hinüber gerathen nach Todtmoos, also fast 8 Stunden weit, und stand dorten mitten in der Kirche, während er glaubte, er sei noch immer auf der Wiese und suche seine Rinder. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Sandheri

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Wenn die Knaben holzen gehen in die Stauden am Rhein und zufällig einer in einen Dorn tritt, sagt er, der Sandheri habe ihn gestochen, und der Geschädigte verläßt den Platz. Der Sandheri ist ein Unseliger, der sich einst in den Rheinauen das Leben genommen hat. G. W. Füllemann   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 56, S. 26 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Sardonagletscher

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Wo jetzt der Sardonagletscher seine ungeheuren Eismassen ausbreitet, blühte und grünte einst die herrlichste Alp weit und breit. Der Senn, der Sohn einer Witwe von Elm, war stolz auf diese, pochte auf seinen Reichtum und baute eine neue Sennhütte. Er hatte eine Geliebte, mit welcher er ein gottloses Leben führte. Einst kam das alte Mütterchen wieder herauf zu seinem Sohne. Sonst war es immer freundlich aufgenommen worden, und jedesmal kehrte es, beladen mit Butter und Käse, freudig nach Hause zurück; aber jetzt hatte Kathrin den Sohn verführt, und die Liebe zur Mutter hatte aufgehört. Nach einem kärglichen Mahle schickte er die Mutter heim. Als der Senn seine Geliebte von weitem kommen sah, baute er ihr, damit sie die Schuhe nicht beschmutze, aus den schönsten Käsen eine Treppe bis zur Sennhütte, Das alte Mütterchen, daheim angekommen, sah, wie schändlich es vom Sohne betrogen worden. Der Senn hatte ihm den Korb mit Mist gefüllt und diesen nur oben mit etwas Butter und Käse belegt. Da sprach es, in seinem Herzen tief empört, den Fluch aus, dass Schnee und Eis die Alp und ihren Sohn samt der Dirne auf ewige Zeilen bedecken mögen. Der Fluch ging in Erfüllung. Hochgewitter brachen in den Gebirgen los. Kathrin und der Senn kamen jämmerlich um, und die Alp liegt nun unter ewigem Schnee und Eis. Vom Gletscher her hört man oft den Ruf: "Ich und mi Vieh Und mi Hundli Parvi Und mi Schätzli Kathri Müssen ewig unterm Gletscher si!" N. Senn, Chronik. *** Die Sage kommt im ganzen Alpengebiet vielfach vor. Sie veranschaulicht den Volksglauben, dass keine Sünde so hart bestraft werde wie der Undank des Kindes gegen die Mutter. Wer die Mutter schlägt, dem wächst die frevelnde Hand dereinst sogar zum Grabe heraus. - Die Schlechtigkeit des Sennen auf der Sardona-Alp erfährt eine Steigerung durch den Umstand, dass er Milch und Butter durch seine Gabe erst noch verächtlich macht. Verschüttete Alpen findet man in grosser Zahl; die Verschlechterung des Hochgebirgsklimas durch gedankenlosen Holzschlag mag manches erklärlich machen; auch Steinschlag und Lawinen helfen getreulich mit. Der Volksmund aber ist geneigt, jeden Schaden auf eine bestimmte Schuld und auf eine übernatürliche strafende Macht zurückzuführen. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 245, S. 123f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Sattlerfranz auf der Grimsel

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Ein piemontesischer Säumer brachte einen Zug Saumpferde über die Grimsel (Bern. Oberl.) durchs Haslithal herab und jedes war mit zwei Lägeln guten wälschen Rothweins beladen. Er hatte sich auf seinem beschwerlichen Tagmarsch schon tüchtig bezecht, als ihm auf dem engen Felsensteig bei Guttannen, an jenem steilen Felsen des Zuben, wo das Ausweichen gefährlich wird, das Zwergmännlein Selbthan begegnete. In seiner wilden Trunkenheit war es dem groben Gesellen zu viel, zum Leitross vorzugehen und es hübschlich auf die Seite zu treiben; von hinten her schwang er sogleich die langgedrehte Riemenpeitsche und hieb dem armen Zwerg die allerdicksten Schwielen. Der Kleine drückte sich in die Bergwand und schrie so jämmerlich, dass alle Zwerge aus dem ganzen Thale zusammenliefen. Dann riefen sie seiner Schwester in die Rothenfluh hinauf: Lauf, lauf, Rebärben, Der Vater will sterben! und zogen von Stund an mit einander aus dem Haslithale fort. Drei Tage und drei Nächte dauerte ihr Zug über den Grimselpass. Man hörte sie dabei laut schluchzen. Den Säumer erreichte schnell sein Verderben. Bevor er noch den Brienzer-See erreichte, stürzte sein Leitpferd den schlüpfrigen Pfad an der Hellen Platte hinunter und riss die übrigen Saumthiere, mit denen es der faule Kerl zusammengekoppelt hatte, gleichfalls mit in den Abgrund. Als er seine ganze Habe verloren sah, stürzte er sich selbst verzweifelt nach. Aber sein grausamer Geist muss von nun an „säumen“ bis an den jüngsten Tag. Die Aelpler, die am Rizlihorn und bei der Handeck wohnen, kennen alle die unsichtbare Säumerei: ein Geschelle von Rossen und Maulthieren, ein Pfeifen, Rufen und Peitschenknallen des Treibers, das oft Nächte lang in einer Strecke von sieben Wegstunden das Thal erfüllt. Oben am Grimselhospiz hat man den Wälschen gut gekannt; man nennt daher dies Gelärm dorten den Sattlerfranz und den Grimselfuchs. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 317 Zwergensagen aus anderen Schweizerkantonen Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der säumige Fuhrmann

Source: Der säumige Fuhrmann

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Der Grossvater erzählte oftmals, ein Mann sei in Jeizinen am Sterben gewesen. Ein Fuhrmann sollte in Leuk den Geistlichen holen. Er beeilte sich aber gar nicht sehr und brauchte viel Zeit, bis er nur das Pferd angeschirrt hatte. Als dann der Pfarrer und der Fuhrmann auf dem Wege nach Jeizinen waren, liess der Pfarrer beim Bächweg das Pferd anhalten, stieg ab, kniete nieder und sagte: «Betet für ihn, er geht grad in die Ewigkeit, und es steht ihm so spitz!» Seither hörte man am Orte, wo der Weg von Niedergampel heraufkommt, oft Rossgetrappel und das Geschell eines Pferdes. Der Fuhrmann müsse da büssen, weil er schuld war, dass der Sterbende die Sakramente nicht mehr empfangen konnte. BRATSCH Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Schächentaler und der Riese

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Einst kam ein ungemein starker Schwyzer in das Urner Ländchen und plagierte da mit seiner Stärke und forderte alle Urner in die Schranken. Er wanderte bis in das Schächental und traf in einem Bergli eine kleine Familie von Vater, Mutter und zwei Söhnen. Von diesen letztern hatte er vernommen, dass sie weit und breit die stärksten. Doch waren der Vater und der eine Sohn gerade nicht zu Hause. Da setzte er der Mutter sein Vorhaben auseinander, es mit ihren Söhnen zu probieren. Die Mutter wich aus und sagte, der Vater und ein Sohn seien im Walde, und der jüngere Sohn sei im Keller und tiäg grad abnyddlä. Sie solle ihn rufen, verlangte der Riese. Das wollte sie nicht. Unterdessen kam aber der Bursche von selber aus dem Keller. Auf jeder seiner flachen Hände trug er eine mit Milch vollkommen gefüllte Mutte und stellte sie, ohne eine Miene zu verziehen, auf den Tisch. Der Schwyzer schaute mit grossen Augen zu. Dann reichte er dem Schächentaler die Rechte; dieser schaute ihm fest in die Augen, ergriff die Hand, drückte sie kräftig, dass das Blut unter allen Fingernägeln hervorquoll. Da hatte der Schwyzer genug; er verzichtete auf den Schwinget und ging talauswärts. Josef Maria Müller, Unterschächen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schädel aus dem Beinhaus

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Im Hause des Gewalthabers in Wyler im Lötschental war Abend­sitz. Die Frauen und Mädchen spannen, die Alten erzählten Schnur­ren und Geschichten von Hexen und Bozen, und die Jungen hörten zu. Da war auch ein Bursche von kaum zwanzig Jahren dabei, der mit seiner Furchtlosigkeit prahlte und zum besten gab, was er schon alles verübt habe. «Und ein Glück habe ich», rief er aus, «ein Glück; bei den grausigsten Streichen ist mir noch nie ein Haar gekrümmt worden. Und heute Abend wäre ich imstande zu tun, was sich keiner von euch getrauen würde, jawohl! Ins Beinhaus nach Kippel möchte ich gehen und dort einen Totenschädel holen! So, seht!» Und er hakte die bei den Zeigefinger in den Mundwinkeln fest, zog den Mund in die Breite, fächerte mit den Augen und fletschte die Zähne, so dass sein Kopf einem Totenschädel ähnelte. Die andern sagten, er solle sich nicht so schrecklich versündigen, mit solchen Dingen spasse man nicht. Als er Miene machte fortzu­gehen und den Streich auszuführen, hielten sie ihn zurück und riefen, mit den Toten spiele man nicht, das könnte ihm zum Bösen aus­schlagen. Aber solche Reden reizten ihn nur noch mehr; er riss sich los und stürmte davon. Vor dem Beinhaus zu Kippel, in dem Hunderte von Schädeln auf­geschichtet sind, hing er den Hut am Holunderbusch auf, zündete ein Licht an, trat behutsam ein und suchte unter den dürren klap­pernden Gebeinen den Schädel seines Onkels hervor, steckte ihn unter den Arm, löschte das Licht aus und machte sich auf den Heimweg. «Die werden die Augen aufsperren, wenn ich den Schädel in die Stube bringe und auf den Tisch setze», murmelte er und lachte in die Nacht hinaus. Da deuchte ihm, wie er so dahinschritt, der Kopf unter dem Arm werde immer schwerer, je weiter er sich vom Beinhaus entfernte. Bei Kippeler Riedbord glaubte er die Last nicht mehr tragen zu können. Als er die Kapelle erreicht hatte, stellte er den Totenkopf auf die Steinplatte vor der Tür und verrichtete ein Gebet. Dann hob er den grinsenden Schädel wieder auf und ging weiter bis Lär­chen. Dort musste er ihn schon wieder niederlegen! Er glaubte nicht mehr den Schädel, sondern eine Bleikugel unter dem Arm zu halten, und diesr schmerzte ihn von von dem schweren Gewicht. Er überlegte,  was er jetzt tun solle und dachte, weit sei es nicht mehr, und auf halbem Wege gehe er nicht zurück. Da knackte der Kiefer des Totenkopfes; die Zänhne knirschten, wie wenn ein Stosskarren über eckige Kiesel fährt und der Schädel be­gann mit kreischender Stimme zu reden: «Es ist gut, dass du deines Onkels Schädel ergriffen hast und nicht einen andern, sonst würdest du in Stücke zerrissen.» Die Kiefer knarrten und ächzten wie ein altes Schloss, in dem sich der Schlüssel dreht. Der kalte Angstschweiss lief dem Verwegenen über den Rücken. «Trage mich wieder zurück ins Beinhaus, du Aff», fuhr der Schädel weiter, «und stelle mich dorthin, wo du mich genommen hast!» Der Bursche hätte am liebsten Reissaus genommen, aber er musste bleiben wo er war, seine Füsse waren wie angewurzelt. Da hiess es schleunigst gehorchen. Er hob den Schädel auf und schlug den um­gekehrten Weg ein, und nun ging es besser als vorher. Er fühlte, dass die knöcherne Last leichter wurde, je mehr er sich dem Beinhaus näherte. Vor dem Holzhäuschen zündete er das Licht an und stellte den Schädel an den alten Platz. Dann entfernte er sich rasch von der unheimlichen Stätte, kehrte aber nicht mehr zum Abendsitz zu­rück, sondern suchte seine Dachkammer auf, wo er viele Wochen lang das Bett hüten musste. Quelle: Johannes Jegerlehner: Walliser Sagen, Hans Feuz Verlag Bern, 1959 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schädel aus dem Beinhaus

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Im Hause des Gemeindeschreibers war Abendhock. Die Frauen spannen und webten, die Alten aber erzählten Märchen und Gruselgeschichten. Auch der Gemeindeschreiber gab eine Geschichte zum Besten, die er schon von seinem Grossvater gehört hatte. Ein grossmauliger Bursche von kaum zwanzig Jahren prahlte mit seiner Furchtlosigkeit. Um seine Unerschrockenheit zu beweisen wollte er sogleich ins Beinhaus bei der Kirche gehen, dort den Schädel seines Onkels holen und ihn hieher auf den Tisch legen. Ins Beinhaus einzudringen wagte sonst niemand, erst recht nicht bei Nacht. Der Prahlhans aber ging hin. Bald fand er den Schädel seines Onkels, klemmte ihn unter den Arm und verliess schleunigst die Totenstätte. Als er die Burggasse hinaufschritt, wurde der Schädel schwerer und schwerer. Plötzlich öffneten sich die Kiefer des Totenschädels, und die hohle Stimme seines Onkels befahl, er solle ihn auf der Stelle ins Beinhaus zurücktragen, sonst werde er es büssen müssen. Der Aufschneider eilte zu Tode erschrocken ins Beinhaus zurück und stellte den Schädel wieder an seinen Platz. Am folgenden Morgen wurde er von seinen Kameraden tot im Beinhaus aufgefunden. Muttenz Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schaffner im Schlosse Castelen

Source: Der Schaffner im Schlosse Castelen

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Schloss Castelen im Aargauer-Jura war vor noch nicht langem eine an Frucht und Wein ergiebige Staatsdomäne gewesen. Die Regierung veräusserte sie, als das Gut zuletzt fast nichts mehr abwarf. Die Schuld daran hat man den Schlossschaffnern beigemessen. Der letzte soll S. geheissen haben. Dieser war auf dem Heimwege von Aarau bei dem Pfarrer von Denschbüren eingekehrt, hatte da getrunken und liess sich nicht abwendig machen, noch am späten Abend über das Gebirge nach Castelen heimzugehen. Er verfehlte im Dunkeln den Weg, gerieth auf die Höhe der steilen Wasserfluh und stürzte da in einem wilden Krachen zu todt. Man hörte ihn wohl schreien, aber die Leute glaubten, es sei das Thier in den Nüschelen und suchten nicht nach. Endlich machte sich sein Bruder auf und fand ihn ganz zerkratzt und zerrissen unten in der Tiefe liegen. Seitdem sah man ihn zu allen Tageszeiten in den Schlossräumen wieder. Gleich seine eigene Magd erblickte ihn, da sie im Schlosskeller Wein holte, wie er hinter dem grössten Fasse sass und ihr die kreidenweisse Hand vorbot. Sie hätte sie aus Mitleiden gerne angenommen, aber der Schrecken trieb sie davon. Auch die Gabelmacherin von Oberflachs hat ihn schon oft in schwarzem Fracke über die breite Schlosstreppe herunter gehen sehen. Man fürchtet ihn kaum mehr, denn er thut niemandem was Leides und trägt jetzt schon ganz weisse Hosen. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Schafhirt und die Kröte

Source: Der Schafhirt und die Kröte

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In der Feuerbalm, in einem Fluhsatz des Schwarzmönchs, ist, wie an manchen andern Orten, auch Gold verborgen. Früher kam von Zeit zu Zeit ein Fremder mit scharlachenem, goldbordiertem Rock, gelber Weste mit glitzernden Knöpfen und wasserseidegrünen Hosen herein nach Stechelberg. Weil das nur bergschuhbreite, sich Öfters verlierende Weglein in all den vielen Dutzend Fluhbändern verirrlich und gefahrvoll ist, nahm er immer den Schafhirten mit, der ihn hinauf in die Balm führen musste. Wenn sie oben waren, nahm der merkwürdige, fremde Herr ein Zauberbüchlein aus der Fäckentasche, kratzte in die staubtrockene Erde mit dem Bergstock drei Siegelzeichen und las ein paar Zaubersprüche. Dann kam, gestrichen voll, ein Zuber Gold zum Vorschein. Jetzt füllte der Grüngehöselte alle Taschen. Einst wollte der Schäfer — ein Schlufi — ärmer als die Kirchenmaus, auch einmal eine Handvoll nehmen, wie man ja wohl begreifen mag. Aber da sprang ihm eine grässlich dicke Kröte auf den Handrücken, quakte jämmerlich und spritzte Gift um sich. So kräftig er auch seine Rechte schüttelte, sie klemmte ihn heftig und gab die Hand nicht eher frei, bis er das gelbe Gold wieder fallen Hess. Hierauf verschwand der Zuber im Nu. Nie mehr sah man den seltsamen Fremden im Tal. Später soll einmal ein Maulwurf vor der Feuerbalm ein Goldstück aus Tiefen emporgestossen haben, nachgeforscht hat aber niemand, denn der Schafhirt trug seit jenem unglückseligen Griff ein ekligbraunes Krötenmal auf der ganzen Fläche seines rechten Handrückens. Quelle: Hans Michel, Ein Kratten voll Lauterbrunner Sagen. Wengen 1936. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schalbetgletscher

Source: Der Schalbetgletscher

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Die Sage erzählt uns Merkwürdiges von der ehemaligen Grösse und alten Macht dieses Gletschers. Über eine Meile soll er ehemals tiefer in das Tal herabgestiegen sein; ja wenn man von der Höhe die überall sichtbaren Moränen und Gletscherrüfen betrachtet, so kann man sich überzeugen, dass die ehemalige Riesenmässigkeit des Schalbetgletschers keine Übertreibung war. Ja die strengen Gelübde, z. B. das Verbot des Tanzens, ausser an Hochzeiten; das Verbot, um Geld zu spielen; das Verbot, an Sonn- und Feiertagen zu wässern; dass der After-Sant-Jodrutag, wie der heilige Tag solle gefeiert werden; dass aus jedem Haus eine verwahrte Person bis zum Riedgletscher und zurück, nüchtern Prozession gehen solle ect. ect., dass, sage ich, zwei an diesen Gletscher grenzende Bergvölker auf ewige Zeiten zu solchen schweren Versprechen sich verpflichtet haben wegen dem Schaden, welchen das starke Wachsen des Gletschers verursachte, ist ein noch stärkerer Beweis. Die Sage erzählt auch, dass man, um diesem zerstörenden Vordringen Einhalt zu tun, zwei fromme Missionspater berufen habe. Diese sollten durch Exorzismen dem verheerenden Tritte des Ungetüms Halt gebieten, was auch geschehen sei. Es scheint, dass dieser Gletscher gehorsamer war als der Gornergletscher, welcher der geistlichen Gewalt des Hrn. Pfarrers Schulzki, der ihn als Exorzist zurückbannen wollte, nicht gehorchte, sondern ein Jahr darnach so stark vorwärts drang wie niemals vorher, — so erzählen die Leute. — Man zeigt in Schalbetten noch die Stelle, bis wo man ihn zurückgebannt hatte; aber weiter sei es den Gottesmännern nicht möglich gewesen, weil der Gletscher so voll armer Seelen sei, die dort ihre Abbüssung machen müssten, und bei zu starker Verkleinerung zu wenig Raum darin gefunden hätten. Auch sollen Temperkinder oft in diesem Eismeere leidende Seelen gesehen haben, die wegen Wucher, Trunksucht, Hoffart und verborgenem Tanzen dort auf verschiedene Art abbüssen müssten.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Scharfrichter von Zürich

Source: Der Scharfrichter von Zürich

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Der Scharfrichter von Zürich Vor langer Zeit wurde ein Scharfrichter in Zürich, der bis dahin schon 99mal seines Amtes gewaltet hatte, von einem Bekannten als Pate für sein TöchterIein erbeten. Beim Taufmahl stiess der Götti auf das Wohlergehen des TäufIings an und laut klang es von der Berührung der Gläser. Doch kurz hernach erscholl ein zweiter Klang: Das Richtschwert, das der Scharfrichter bei jedem Ausgang mit sich führte, brach unter dem Griff entzwei und fiel zu Boden. Der Pate erschrak, denn er betrachtete den Vorfall als eine Mahnung. dass sein Täufling die Zahl seiner Hinrichtungen auf 100 bringen und abschliessen werde. Er schweisste die beiden Teile des Schwertes zusammen, das nun lange Zeit unbenützt blieb. Achtzehn Jahre später musste der Scharfrichter wieder in den Wellenberg, um eine zum Tode verurteilte Tochter abzuholen. Es war sein Patenkind, das einem Verführer sich hingegeben und das neugeborene Kind in der Verzweiflung mit eigener Hand erwürgt hatte. Recht schwer fiel es dem greisen Mann, das junge Leben zu vernichten, das umsonst von den Richtern Gnade erflehte, und er wünschte, dass seinem Schwert von heute an die ewige Ruhe beschieden sein möge. Die Totenglocke erklang, und auf dem Rabenstein ?el das Haupt des Patenkindes. Des Henkers Wunsch ging in Erfüllung; er legte sich hin zum ewigen Schlaf; starr und stumm lag er am Morgen auf seinem Lager in den langen, weiss und blauen Mantel gehüllt. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Wörtlich nach Stauber, S. 43   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schatz (Nesslau, SG)

Source: Der Schatz (Nesslau, SG)

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Auf der Alp Wolzen wachsen in einem Loche Blümchen, wie man sie sonst nirgends finden kann. An dieser Stelle liegt ein Schatz vergraben, den allerdings der Böse selber hütet und der darum nicht leicht zu erlangen ist. Einst kam eine Jungfrau zum Sennen und bat ihn um ein bisschen Milch, Er entsprach dem Wunsche. Dann bat sie, er solle sie begleiten. Sie führte den Mann an die Stelle, wo der Schatz lag. Den sollte er heben, indem er das Hündchen dreimal schlug, das auf dem Kasten sass. Er schlug einmal; da wurde das Hündchen riesengross. Der Mann erschrak und wich zurück. Nun hörte er einen lauten Knall und hernach das Weinen der Jungfrau. — Alles war verschwunden.                                                                E. Höhener. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 428, S. 254 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schatz (Rebstein, SG)

Source: Der Schatz (Rebstein, SG)

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Auf dem "Härdli" sieht man noch spärliche Überreste der Burg Hardegg. Da sass zu unserer Väter Zeiten nachts manchmal eine Frau auf einer Geldkiste. Sie erschien alle zehn Jahre und wartete auf Erlösung. Diese scheint ihr geworden zu sein; denn längst schon war sie nicht mehr zu sehen. J. U. Büchel.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 67, S. 30 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schatz (Wallenstadt, SG)

Source: Der Schatz (Wallenstadt, SG)

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Auf einer schönen Lichtung inmitten eines grossen Buchenwaldes fand einer einst einen Haufen sauberblinkenden Goldes. Dessen Funkeln entzückte ihn. Er lief heim, um seinen starken, ledernen Sack zu holen und den Schatz darin zu bergen. Bald war er wieder an der Fundstelle. Aber, o weh! Die gleissenden Goldmünzen hatten sich inzwischen in Buchenlaub verwandelt. Er musste sich wie vorher, statt in einem Bett von Seide, wie er sich's träumte, zu nächtigen, wieder mit dem Laubsack zufrieden geben. O. Giger. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 357, S. 200  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schatz auf Alt-Wädenswil

Source: Der Schatz auf Alt-Wädenswil

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Der Schatz auf Alt-Wädenswil Um die Mitte des 16. Jahrhunderts wurde die alte, feste Burg zu Wädenswil abgetragen; nur ein einziger Turm trotzte noch lange dem Zahn der Zeit, wie ein ernster Wächter über die Kronen der Waldbäume in die lieblichen Gefilde hinunterblickend. In diesem Gemäuer hat einst ein armer Holzhacker ein wunderbares Schicksal erlebt, aber auch seine Lust nach Reichtum schwer gebüsst. Er war ein fleissiger Mann, der bei Arbeit und Sparsamkeit gesund und rüstig geblieben; weder er selbst noch sein treues Weib fühlten sich in ihrer Armut unglücklich. Als er einmal in der Nähe des alten Turmes arbeitete, hörte er in demselben ein ungewöhnliches Geräusch und neugierig kletterte er hinauf, um durch eine Schiessscharte den inneren Raum übersehen zu können. Mit welch freudiger Überraschung schaute er das Wunder, das sich ihm erschloss; denn zwei  Zwerglein in langen, grauen Gewändern, mit silberweissen, bis zum Gürtel reichenden Bärten schleppten aus einer ihm unsichtbaren Türe silberne und goldene Becher und Gefässe, schimmernden Schmuck und seltene Münzen daher, gleichsam um den in Nacht und Dunkelheit verborgenen Schätzen wieder einmal die Wohltat des lieben Sonnenscheins angedeihen zu lassen. Sprachlos starrte der geblendete Mann in das helle Gefunkel hinein, unbemerkt von den Zwergen, die in gesprächiger Geschäftigkeit walteten; aber ihr Verbündeter, ein Rabe, hatte den unberufenen Lauscher entdeckt und kündete ihn mit heiserem Gekrächze an, worauf unbegreiflich schnell der ganze Spuk verschwand. Nur das Knarren einer Türe verriet, dass der Schatz im Turm selbst liegen müsse. Aber umsonst suchte der genarrte Mann während drei langen Tagen die Spur einer Spalte oder Pforte; das Gemäuer schien so einsam wie immer und schon ergab er sich mit grollender Unlust darin, ferner arm zu bleiben bis die Versuchung ihm in Gestalt eines fahrenden Schülers sich nahte. Wie wenn der sonderbare Jüngling in sein Herz sehen würde, redete er ihm von den Reichtümern, die hier unbenützt unter ihren Füssen lägen und fachte so die kaum entschlummerte Habsucht zur hellen Flamme an. Endlich versprach er dem begehrlichen Manne, ihm zur Hebung des Schatzes behilflich sein zu wollen und beschied ihn auf die Mittagsstunde in die Ruine Unter wunderlichen Gebärden und schaurigen Beschwörungen machte er den Erstaunten auf eine kleine Pforte aufmerksam, die bis jetzt seiner eifrigsten Nachforschung entgangen war, gab ihm eine Wünschelrute und wies ihn an, ohne umzublicken oder etwas zu berühren, durch das Pförtlein bis zu den Schätzen hinzudringen, dort dreimal wacker zuzugreifen, aber, wenn ihm Leib und Leben lieb sei, kein lautes Worte zu sprechen. Auf den ersten Schlag mit der Rute sprang die Türe knarrend auf, und der Holzhacker befand sich einem geräumigen, von feuchten Moderdufte erfüllten Gemache; doch brauchte er seine ganze Herzhaftigkeit, um nicht umzukehren; denn ein ganzes Heer von Schlangen und anderem Getier unheimlicher Art umlagert seine Füsse, während hässliche Fledermäuse ihm den Weg zu einer zweiten Türe zu versperren schienen. Mutig machte er sich den Bahn und nach einem wiederholten Schlage öffnete sich auch diese Pforte; aber wie ganz anders sah es hier aus. Auf weichen Polstern lag eine leibliche Frauengestalt, die ihm mit anmutigen Gebärden einen Becher köstlichen Weines anbot. Zum Glücke schwieg das Zauberwesen und die tiefe Stille des in zartem Rosenglanz strahlenden Gewölbes schloss dem Betroffenen den Mund, so dass er, zu sich kommend, ohne umzublicken standhaft an dem Weibe vorbei einer Flügeltüre zuschritt, die ihm die höchsten Schätze zu bergen versprach. Er hatte sich nicht geirrt; dann als auf den dritten Schlag die Türflügel wichen, breitete sich in blendender Pracht der ungeheure Schatz vor seinen Blicken aus; hier standen reich mit Edelsteinen geschmückte Gefässe ohne Zahl; dort lachte ihm aus den geöffneten Truhen der herrlichste Schmuck entgegen; ganze Kisten voll blanker Gold und Silberstücke luden zum Zugreifen ein; alle diese Herrlichkeiten leuchteten  strahlend das hohe Gemach, als ob tausend Kerzen ihren Glanz verbreiteten. Aber o weh! Der Anblick dieser Kostbarkeiten überwältigte den Glücklichen und es entfloh seinen Lippen der Freudenruf: „Herr Gott, wie viel!“ Im nämlichen  Augenblick verschwand alles in tiefe Finsternis und von einer heulenden Windsbraut erfasst, ward der Unselige emporgehoben und erst am späten Abend kehrten seine Sinne wieder. An Leib und Seele zerschlagen, fand er sich einsam in dem alten Gemäuer; doch als er sich nach und nach des Geschehenen erinnerte, verging ihm auf immer die Habgier nach Reichtum. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Wörtlich aus Stauber, S. 46, mit dem Verweis auf das Neujahrsblatt der Hülfsgesellschaft 1924, S. 121   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schatz auf Bärhegen

Source: Der Schatz auf Bärhegen

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Hinter Sumiswald, im Tal der Grünen, erhebt sich der sagenhafte Bärhegenknubel. Darauf soll sich vor vielen hundert Jahren die trutzige Zwingherrenburg des Ritters Hans von Stoffeln erhoben haben. Seine Untertanen mit Abgaben und Frondiensten zu quälen, war sein angenehmster Zeitvertreib. Wehe dem, der die ihm auferlegten Pflichten nicht pünktlich erfüllte! Er hatte des Ritters Hand bitter zu fühlen. Auf seinen Streifereien durch Feld und Flur scheute er sich nicht, mit seinem ganzen Gefolge die blühenden Heuwiesen und reifenden Kornfelder des Widerspenstigen niederzureiten. Einst zwang er die Bauern der Gegend sogar, ihm hundert grossgewachsene Buchen zu einer schattigen Baumallee vor sein Schloss auf Bärhegen zu pflanzen. Im Erfinden immer neuer Quälereien erwies er sich als Meister. Kein Wunder, wenn er zur Strafe für seine Übeltaten seit seinem Tode in seiner Gruft keine Ruhe finden kann. Den Reichtum, den er den Bauern bei Lebzeiten auf ungerechte Weise abgetrotzt hat, muss er nun immer und ewig hüten. Längst ist die Zwingherrenburg zerfallen. Keine Mauerresten bezeichnen ihren ehemaligen Standort mehr. Als Aufenthaltsort ist dem Tyrannen die unheimliche «Wyckenhöhle» im Bärhegenknubel angewiesen. Von Seelenqual gepeinigt, verlässt der Ritter zu gewissen Zeiten seine Gruft und geht auf Bärhegen, wo einst die Buchenallee gestanden, spazieren. Während seiner Abwesenheit sind die Schlossgeister emsig damit beschäftigt, den im Berg verborgenen Schatz aus der Höhle hervorzuschleppen und ihn zu sonnen. Wer das Glück hat, kann das Gold und die Edelsteine in der Sonne funkeln sehen. Schon manchen hat ihr blendender Schein verlockt, die steile Berghalde zu erklimmen, um die Kostbarkeiten aus der Nähe zu besehen und sich davon etwas anzueignen. Wenn er aber müde und erhitzt an jene Stelle kam, war der Schatz spurlos verschwunden. Emmentaler Sagen, Hermann Wahlen, 1962 Gute Schriften Bern Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schatz auf Burg

Source: Der Schatz auf Burg

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(erste Version) Auf Burg bei Stein am Rhein liegt in den alten römischen Ruinen viel Geld vergraben. Bisweilen kam es vor, dass Schulkinder in dieser Gegend Geldstücke fanden. Vor Zeiten wurde oft ein Wildschwein beobachtet, das aus einem Loch des Gemäuers herauskroch. Die jungen Burschen, die auf dem benachbarten Weideplatz das Vieh hüteten, kamen auf den Gedanken, dass hier der Schatz, von dem die Leute so gerne erzählten, verborgen sei. Während einer Nacht versammelten sie sich bei diesem Orte. Der Mutigste von ihnen sprach: «Ich will doch auch einmal sehen, was in diesem tiefen, schrecklichen Loche ist. Ich wag’s hinabzusteigen! Kameraden, gebt Stricke und ein Licht her.» Gesagt, getan. An einem Seil liessen sie ihn hinunter. Nach einer Weile zog er heftig an dem Strick, zum Zeichen, dass sie ihn langsam wieder hinaufziehen sollten. Oben angelangt, erzählte der Jüngling: «Als ihr mich etwa fünf bis sechs Klafter tief hinabgelassen habt, kam ich in einen Gang, der in ein tiefes Gewölbe führte. Ich schritt weiter und gelangte in ein anderes Gewölbe. Da sah ich einen dicken, grossen Mann an einem Tische sitzen. Um seinen Hals hing eine goldene Kette. Unter dem Tische lag ein grosser, schwarzer und haariger Hund, der mich gar böse anglotzte. Eilends ging ich wieder zurück.» So berichtete der Dienstbube. Noch bis vor wenigen Jahren war das Loch zu sehen. Wenn man Steine hinabwarf, dauerte es eine Weile, bis sie unten den Boden erreichten, und der Ton, den sie erzeugten, liess vermuten, dass sich in der Tiefe noch verschiedene Kammern, Gewölbe und Gänge befinden müssten.     Aus: R. Frauenfelder, Sagen und Legenden aus dem Kanton Schaffhausen, Schaffhausen 1933. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Schatz auf Burg

Source: Der Schatz auf Burg

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(zweite Version) In den Ruinen des Römerkastells „auf Burg“ bei Stein am Rhein haust in einem unterirdischen Gewölbe ein uralter Mann mit einem langen Bart, der ununterbrochen mit Schreiben und Geldzählen beschäftigt ist. Ihm zu Füßen liegt ein ungeheurer schwarzer Hund. Um die beiden sind mächtige Haufen von Goldstücken angehäuft. Ein kühner, vorwitziger Mann aus der Umgebung ließ sich einst durch eine geheime Öffnung an einem Seil in das Gewölbe hinunter und sah alles. Er soll aber derart vom Schrecken gepackt worden sein, dass er sofort wieder zurückkletterte.     Aus: R. Frauenfelder, Sagen und Legenden aus dem Kanton Schaffhausen, Schaffhausen 1933. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Schatz auf Burg

Source: Der Schatz auf Burg

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(dritte Version) In einem unterirdischen Gewölbe der Ruine „auf Burg“ befindet sich ein riesiger Goldschatz. Das Gewölbe ist mit einer schweren eisernen Tür verschlossen, die nicht zu öffnen ist. Nur während des Glockenläutens in der Heiligen Nacht springt sie von selbst auf und bleibt während des Läutens offen. Dann können beherzte Leute hineingehen und schürzenweise von dem Gold forttragen; aber sie müssen sehen, dass sie rechtzeitig wieder hinaus kommen, sonst bleiben sie eingeschlossen. Ein junges, armes Mädchen, das ledigerweise zu einem Knäblein gekommen war, aus Armut aber nicht heiraten konnte, hörte von der Sache. Um sich nun das Geld für die Heirat zu beschaffen, begab es sich in der nächsten Christnacht mit seinem Knäblein vor die Tür. Beim Glockenton sprang diese mit großem Poltern auf. Hastig stellte das Mädchen sein Kind beiseite und eilte hinein, um so viel als möglich von dem Gold fortzutragen. Rechtzeitig fand es auch den Ausweg wieder. Sowie es draußen war, fiel die Türe polternd wieder ins Schloss. Das Knäblein aber war verschwunden. Es war der Mutter nachgelaufen und unbemerkt im Gewölbe geblieben. Die verzweifelte Mutter konnte sich des Geldes nicht erfreuen. In ihrer Seelenangst holte sie Rat beim Pfarrer. Dieser riet ihr, im Gebet zu verharren und dann nach einem Jahr in der Heiligen Nacht nochmals zum Gewölbe zu gehen, dort aber nur nach dem Kinde zu sehen und kein Gold zu berühren. Sie machte es, wie der Pfarrer ihr geraten hatte. In der Tat fand sie das Kind wohlerhalten vor und brachte es heil zurück. Sie konnte nun den Mann heiraten und lebte glücklich und zufrieden bis zu ihrem Tode.     Aus: R. Frauenfelder, Sagen und Legenden aus dem Kanton Schaffhausen, Schaffhausen 1933. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Schatz auf dem Leintuch

Source: Der Schatz auf dem Leintuch

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In einem der sogenannten Kohlgärten gegenüber Amsteg, die jetzt teilweise in Wiesland umgewandelt sind und den Namen daher haben, weil hier früher Kohlen gebrannt worden, war seit der Franzosenzeit ein Schatz vergraben. Jeweilen am Palmsonntag, während in der Kirche die Passion gelesen wurde, sah man ein unbekanntes Weiblein in dem Garten stehen, das auf einem weissen Leintuch den weithin schimmernden Schatz ausgebreitet hatte. Kam man in die Nähe, so verschwand alles. Andere erzählten, wenn man eben zur genannten Zeit hinüber gehen würde in den Garten, könnte man den Schatz sehen. Barbara Zurfluh, 80 J. alt; Barbara Gnos u.a., Amsteg Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schatz auf dem Lungenstutz

Source: Der Schatz auf dem Lungenstutz

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a) Auf dem obern Lungenstutz im Maderanertal, in der Nähe jener Stelle, wo noch vor wenigen Jahrzehnten das grosse hölzerne Kreuz gestanden, sind laut Offenbarung eines fahrenden Schülers drei Goldgruben. Wenn man nur genau wüsste, wo! dann wäre den armseligen Hütten daselbst, den bescheidenen Stümplern, Wildheuern und Strahlern und den armen Kindern, die dort Strahlen und Blumen feilbieten, geholfen. Wenn einmal eine Familie im Maderanertal wohnt, die sieben Knaben nacheinander und kein Mädchen dazwischen erhält, dann wird einer dieser Knaben einen ganz weissen Stier, an dem kein rotes und kein schwarzes Haar ist, an einer weissen Schnur dahinführen, doch so, dass er nicht zurückschaut und doch geht, wohin der Stier will. Der letztere wird die Gruben finden und wird sie aufscharren. Albin Gnos b) Statt des Stieres wird auch ein weisser Ziegenbock ohne ein rotes oder schwarzes Haar, oder ein ganz schwarzer Ziegenbock ohne rotes und ohne weisses Haar genannt. Friedrich Epp, Portier c) Einmal wird ein Familienvater aus dem Maderanertal, der sieben Buben und kein Meitli hat, mit einem roten oder gelben Trychelchüehli dort vorbeiziehen, und das Tier wird den Schatz oder das goldene Kegelries aufdecken. d) Eine Kuh mit vier weissen Füssen1 wird den Schatz aufscharren, und einer der sieben Buben wird ihn finden. e) Einer der sieben Buben wird zufällig auf einer weissen Kuh darüber hin- und herreiten, und die Kuh wird den Schatz hervorstampfen. Jos. M. Epp; Fr. Nünlist-Tresch; Albin Fedier Fußnoten 1 Kühe mit vier weissen Füssen seien früher, als Uri noch den Zoll forderte, zollfrei gewesen. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schatz auf dem Siwiboden

Source: Der Schatz auf dem Siwiboden

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Der Siwiboden liegt im Norden des Saastales auf dem östlichen Bergabhange. Als sehr vorspringender Bergrücken wird er leicht auch aus beträchtlicher Ferne sicht- und bemerkbar. Er liegt in der Höhe wo die Holzregion aufhört. — Die Gletscher der grossen Eisepoche haben diesen Boden auch bestrichen, doch nur mehr in dünnen Schichten; in kleiner Entfernung nach oben hören die Bergfelsen auf, abgeschliffen zu erscheinen, und sie treten wieder mit scharfen Kanten hervor. Nordwärts dieses grossen Bergrückens, der das Tal bedeutend verengt, fielen die Gletscher beträchtlich; das Schneidende und das Ungeschliffen-sein der Felsen geht tiefer ins Tal herab. Durch den Mattwaldbach wird der Siwiboden von der Mattwaldalpe getrennt — einer schönen, aber auffallend futterarmen Alpe. Weit ausgedehnte, mit Erde und Rasen wohl belegte Ebenen tragen wie fast kein Gras — mögen zu mager sein. Wenn die neue Wissenschaft solchen magern Weiden etwa auf die Beine helfen könnte, würde sie gewiss grosse Verdienste haben. — Die Sage will diesen Grasmangel einem Fluche zuschreiben, den eine übermütige Bauersfrau, die im Überflusse Gottes Gaben entehrte, dieser einst fetten und fruchtbaren Alpe zugezogen. Auch soll einst immer grosser Zank geherrscht haben in der Abätzung dieser Alpweiden. Vom Siwiboden erzählt die Sage manches. Unter anderem soll am Fusse des oberen Bergabhanges, wo jetzt ein grosser Steinschutt den Boden bedeck, eine Stadt oder ein Dorf gestanden haben, aus welcher einst ein Trupp Ritter auf einer Spazierfahrt in einem wenig entfernten Bergweiler das Abendessen genommen. Dieser Weiler heisse darum jetzt "Rittmahl". Die Sage erzählt auch, ein Mann habe einst auf dem Siwiboden eine schöne, reichgeschmückte Frau getroffen, (andere sagen ein Ross) die ihm offenbarte, sie habe im Leben da nahe an der Stadt gewohnt und viel Geld besessen. Sie sei nun aber verurteilt, diese ihre Schätze so lange mühselig zu hüten, bis sie selbe an den Mann bringen und so erlöst werden könne. Wenn er etwa dazu Lust habe, so wolle sie ihm das Mittel angeben; es sei nur nötig, ihr einen Kuss zu geben; jedoch müsste sie ihre Gestalt verändern. Der Mann versprach das Mögliche zu tun. Froh entfernte sich die Frau, ihm noch versichernd, er hätte gar nichts zu fürchten, es werde ihm kein Leide widerfahren. Bald kreiselte unter furchtbarem Bergekrachen in grossen Krümmungen eine abscheuliche Schlange heran. Dem Manne wurde eiskalt: er bereute sein Versprechen. — Als aber die Schlange zu ihm heran und über ihn hinaufkroch, am Ende noch den garstigen Mund zum versprochenen Kusse darbot, da lag des guten Mannes Mut gebrochen darnieder; er konnte die Schlange nicht küssen, die arme Frau nicht erlösen und die reichen Schätze nicht gewinnen. — Unter herzbrechendem Geheule entfernte sich die verzweifelnde Schlange. Sehr verzagt kehrte unser Mann zu den Seinigen nach Haus zurück; er zog folgenden Tages traurig papierne Schuhe an und ging damit nach Rom, von woher er noch nicht zurück ist.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Schatz auf den Bleikinen

Source: Der Schatz auf den Bleikinen

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Auf dem Brigerberg, an den Bleikinen, soll der reiche Schatz von neunundneunzig Rittern verborgen liegen. Dort soll ein armes Mädchen, ein Temperkind, als eben die Sonne golden zu Gnaden gehen wollte, im Vorbeigehen etwas Schönes erblickt haben. Neben mehreren geöffneten, schweren Kisten voll roten Goldes sass ein schwarzgekleideter vornehmer Herr mit einer schönen Tochter. Die ganze Pracht dieser Schätze und der seltsamen Frauenkleidung sei ihm nicht möglich anzugeben. Sie trug ein wunderbares schwarzes Hütchen mit schönen Federn, welche ihr so tief ins Gesicht herabhingen, dass sie dasselbe nicht recht habe sehen können. Schwarzes, prächtiges Lockenhaar spielte um Wangen und Nacken. Ein hoher Spitzkragen bog sich vom Rande des Mieders zurück und liess den blendend weissen Hals und die Schultern sehen. Ein Kleid von dunklem Atlas glänzte über dem weissen Unterkleide. Weisse Ärmel, reich gefaltet, umhüllten die Arme und reiche Stickerei zierten den Rock. Von dem köstlichen Geschmeide an Hals und Brust wolle es erst nichts sagen. Zweimal habe sie ihm mit der kleinen Hand gewinkt — und es tat schon einige Schritte zu ihr, aber die Schönheit der Frau und der Reichtum des Schatzes habe es geblendet und schüchtern gemacht, — so dass es, lieber Gott, einige Minuten lang unschlüssig stehen blieb — und — sein Glück verspätete. Die Sonne ging eben unter; — da hörte es ein starkes Rauschen. Auf beiden Seiten des Hügels, worauf der Schatz sich befand, kam plötzlich ein grosses Wasser herunter, das es nicht hätte überspringen können; — es musste also zurücklaufen. Wie es so eine Strecke gelaufen und zurückschaute, — da war alles verschwunden. Ein anders Mal, als ein armer Mann in der Nacht dort vorüberging, fand er einen Haufen rundgeschnittener Stücke alten Leders. Er nahm einige Stücklein davon mit sich nach Haus. Als er sie am Nachtag aus dem Sack nehmen wollte, sah er zum grössten Erstaunen, dass es alte spanische Louis d'or gewesen. — Oft ging er später dahin, — fand aber nichts mehr.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Schatz auf den Gruetächern

Source: Der Schatz auf den Gruetächern

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In früheren Zeiten trieb sich allerlei Bettelvolk aus dem Elsass in der Gegend von Muttenz herum. Darunter erfreute sich eine Wahrsagerin besonderer Beliebtheit. Von ihr liessen sich die Leute gegen kleines Entgelt die Zukunft voraussagen. Aber auch mit anderen geheimnisvollen Andeutungen wusste sich die Hellseherin Geld zu verschaffen. So gab sie einigen gutgläubigen Muttenzer Bürgern zu verstehen, auf den Gruetächern bei einem Birnbaum sei ein Schatz vergraben. Ein paar Männer, jeder mit Pickel und Schaufel auf der Schulter, liessen sich von der Frau an die Stelle führen. Bevor sie ihre Arbeit begannen, warnte sie die Wahrsagerin: «Wenn ihr bei den Grabarbeiten sprecht, fällt der Schatz bei jedem Wort tiefer in die Erde.» Die Männer nickten einander zu und machten sich an die Arbeit. Sie pickelten und schaufelten und sprachen kein Wort. Als sie bereits einen tiefen Graben ausgehoben hatten, verlangte die Wahrsagerin Bezahlung auf Vorschuss. Die bis dahin stummen Schatzgräber hielten inne und machten ihrer Empörung Luft. Die Wahrsagerin meinte aber nur, der Schatz sei wieder um einige Meter tiefer gefallen, entfernte sich und wurde nie wieder gesehen. Der Schatz ist nie gefunden worden, und wer schweigsam und abergläubisch genug ist, kann heute noch danach graben. Muttenz Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schatz auf der Alp

Source: Der Schatz auf der Alp

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Ein reicher Herr besass eine grosse, schöne Alp. Aber auf ihr lastete ein böses Verhängnis. Noch jeder Knecht, den der Besitzer hinaufgeschickt hatte, war nach kurzer Zeit spurlos verschwunden. So wurde die herrliche Alp allmählich gänzlich verwahrlost. Endlich stellte sich wieder ein furchtloser Mann und anerbot sich als Alpknecht. Freudig wurde er angestellt, und bald stieg er mit einem prächtigen Sennten bergan. Nach einiger Zeit kam des Nachts ein geheimnisvoller Mann und bedeutete dem neuen Knecht, er solle mit ihm kommen. Dieser folgte. Im Freien zeigte ihm der Geist ein Plätzchen und sagte, hier sei ein grosser Schatz verborgen. Er bot ihm Schaufel und Grebel an und hiess ihn graben. Aber der Knecht weigerte sich mit den Worten: »Ich habe nichts vergraben und grabe nichts aus.« Freudig leuchtete es auf in den Augen des Unbekannten, und emsig grub er selbst nach dem Schatze. Nach einer guten Weile kamen drei grosse, mächtige Häfen voll blinkenden Goldes zum Vorschein. Diese musste der Knecht zuhanden nehmen. Aus dem Gelde des einen sollte er heilige Messen lesen lassen für die Seelenruhe des Geistes, den andern Hafen voll unter die Armen verteilen, und den dritten durfte er für sich behalten. Er versprach, das getreulich auszuführen. Freudig dankte ihm jetzt der Geist und sprach: »Jetzt kann ich erlöst werden. Wisse! hättest du Schaufel oder Grebel angerührt, so hätte ich dich zu Staub und Asche zermalmt wie deine Vorgänger.« Dann war er verschwunden. Jauchzend und johlend verliess der Knecht die Alp, er wollte nicht mehr länger dienen. Der Herr bekam aber von da an genug Knechte. – My Vatter hed äs Büech g'ha, wo seligi G'schichtä dri g'standä sind, und het vill dri g'läsä. Nikolaus Albert, 75 J. alt, Seedorf Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schatz auf der Flumser Alp

Source: Der Schatz auf der Flumser Alp

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Von Flums über die Flumser Alp soll in alten Zeiten eine Strasse nach Glarus geführt haben, und dort, wo nun im Sommer die Viehherden der Flumser sich tummeln, stand eine blühende Ortschaft. Nichts deutet mehr darauf hin als eine Höhle, in der ein Schatz verborgen liegt. Kriechend gelangt man durch diese Höhle bis zu einer steinernen Treppe, die steil in die Tiefe führt. Je tiefer man auf der Treppe steigt, desto lauter hört man ein Rauschen, und ein scharfer, heulender Wind weht einem entgegen; Steinchen und Hagelkörner fallen in Massen auf den Schatzsuchenden. Immer ärger wütet der Sturm, der in einen förmlichen Orkan ausartet, so dass man das eigene Wort kaum mehr hören kann. Am Ende der Treppe stösst man auf eine starke, eiserne Türe, die fest verschlossen ist. Wütendes Hundegebell antwortet auf das Pochen, und eine weibliche Stimme gibt Antwort auf die in den drei höchsten Namen gestellten Fragen. Eine Jungfrau soll, auf einer eisernen Kiste sitzend, in der der Schatz verborgen liegt, auf Erlösung harren. Verschiedene junge Männer von Flums haben es schon versucht, den Schatz zu heben, und sie behaupten, bis zur eisernen Türe vorgedrungen zu sein; aber alle mussten dort umkehren wegen dem Sturm, der sie zu ersticken drohte, so ein gewisser Maler Bless und dessen Bruder. An einem Morgen in aller Frühe waren sie aufgebrochen, den Rock über den Kopf gezogen, so daß nur die Augen frei blieben; keinem Menschen durften sie den Gruss erwidern, auf dem ganzen Wege kein Wort miteinander sprechen, mussten aber ohne Unterbruch beten. Nur so kann der Schatz gehoben werden. Rob. Rizzi. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 310, S. 174f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schatz auf der Hinter-Arnialp

Source: Der Schatz auf der Hinter-Arnialp

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Auf der Hinter-Arnialp sömmerte vor Zeiten ein rechtschaffener Hirt manchen Sommer lang das Vieh der Emmentaler Bauern. Er war ein armer Verdingbube gewesen, und zeitlebens blieben ihm irdische Güter versagt. Zuweilen träumte er von einem grossen Glück, das ihm einmal noch widerfahren würde. Einst vernahm er im Traum deutlich die Worte : «Zu Basel auf der Rheinbrück  Da findest du dein Glück!» Zunächst traute er der Sache nur halb, entschloss sich aber doch, so bald der Sommer zu Ende und das Vieh gesömmert sei, sein Glück in Basel zu versuchen. An einem schönen Herbtstage langte er in Basel an und wanderte nach der Rheinbrücke hinaus. Dort traf er einen vornehmen Basler Herrn an. Er kam mit ihm ins Gespräch und erzählte ihm seinen Traum. Der Herr staunte nicht wenig, denn auch ihm hatte geträumt, und zwar, dass unter dem Küchenboden der Sennhütte auf dem Hinterarni ein grosser Schatz verborgen liege. Leider wisse er aber nicht, wo dieses Hinterarni sei. Darauf antwortete ihm der Arni-Hirt: «Aber ich weiss es! » Mit diesen Worten machte er sich schleunigst aus dem Staube. Beim Nachgraben in der Küche stiess der Hirt wirklich auf einen ganzen Korb voll Gold- und Silbermünzen und war fortan ein reicher Mann. Emmentaler Sagen, Hermann Wahlen, 1962 Gute Schriften Bern Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schatz auf der Hochmatt

Source: Der Schatz auf der Hochmatt

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An den felsigen Hängen der Hochmatt und deren Umgebung sieht der Wanderer viele tiefe Spalten und Löcher. Weit ins Berginnere sollen sie hineingehen. Eine alte Überlieferung der Jauner behauptet, im Bergesinnern sei edles Metall verborgen. Vor vielen Jahrhunderten hätte ein geistlicher Fürst im Berge nach Gold graben lassen. Aber das Graben nach dem wertvollen Metall war ohne Erfolg. Man fand bloss einige Bröcklein davon, worauf der hohe Herr weitere Nachforschungen aufgab. Sicher ist geschichtlich erwiesen, dass der Staat in der Greyerzer Gegend nach Metall graben liess, so in Grandvillard 1565 und im Gebiet des Moleson. Ein reicher Kaufmann liess sich einst in seiner Gier nach dem gelben Reichtum so weit verleiten, dass er seine Diener sogar am Sonntag arbeiten liess. Ungeachtet aller Warnungen seitens des Pfarrers fuhr der Edelmann fort, den Tag des Herrn durch knechtliche Arbeit zu entheiligen. Dafür musste er nach seinem Tode büssen. Er konnte sich seines Reichtums nicht zu lange freuen. Mitten aus seinem Jagen und Hasten nach irdischen Gütern riss ihn ein jäher Tod hinweg. Im Grabe fand der verstorbene Kaufmann keine Ruhe. In den kalten Adventsnächten muss er aus dem Grabe steigen. Da verlässt er die Bergeshöhle und durchstreift ruhelos Täler und Schluchten der Umgegend. Diese Irrfahrt dauert für den geizigen Kaufmann so lange, bis eine fromme Christenseele ihm die ersehnte Erlösung bringt.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schatz auf der Ofengüpf

Source: Der Schatz auf der Ofengüpf

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Der Schatz auf der Ofengüpf Ofengüpf heisst der Hügel, auf dem seinerzeit die Burg der Freiherren von Sellenbüren stand. In diesem Hügel liegt ein Schatz vergraben. Leider ist dieser Schatz gebannt. Schon mancher versuchte, ihn zu heben, aber noch keinem gelang es. Sobald nämlich der Schatzgräber auf die Schatzkiste stösst, fährt ein schwarzer „Zottelhund“ aus dem Boden und glotzt ihn böse an. Es gibt kein Mittel, diesen Hund zu vertreiben. Es ist nämlich der Böölimann. Weder Hühnerblut noch Johannissegen bringen ihn zum Verschwinden. Wer nicht weidlich die Ofengüpf verlässt, wenn der Hund zu murren beginnt, um den ist es geschehen. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Knonauer Amt Nach Baur, Nr. 5. Zu „Böölimann“ vgl. Id. 4, 272; mhd. bolen = rollen, wälzen, schleudern. Entsprechende Namen für den polternden Hausgeist sind holl. bull(er)mann, nhd. „Rumpelstilz“. - Die Gestalt dieses neben Chlungerin, Haaggenmann und Booz allgemeinsten schweizerischen Landesgespenstes ist in der Volksphantasie nicht scharf umrissen.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schatz auf der Rütihard

Source: Der Schatz auf der Rütihard

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Zwei Männer hörten einst von einem Schatz, der auf der Rütihard tief in der Erde vergraben liege. Sogleich machten sie sich auf die Suche und begannen eifrig zu graben. In einiger Tiefe stiessen sie auf etwas Hartes. Es waren eiserne, angerostete Truhen. Die Schatzgräber legten sie hastig frei und öffneten sie.  Goldene und silberne Münzen, kostbare Edelsteine kamen zum Vorschein. Doch während sie gebannt die Reichtümer bestaunten, kamen zwei unbekannte Männer des Weges. Sie blieben bei den Schatzgräbern stehen und blickten neugierig in die Grube hinunter. In diesem Augenblick wurde der Schatz von unsichtbaren Händen mit Erde zugedeckt. Kein Mensch fand ihn wieder. Muttenz Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schatz auf der Rütihard

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Zwei Männer hörten einst von einem Schatz, der auf der Rütihard tief in der Erde vergraben liege. Sogleich machten sie sich auf die Suche und begannen eifrig zu graben. In einiger Tiefe stiessen sie auf etwas Hartes. Es waren eiserne, angerostete Truhen. Die Schatzgräber legten sie hastig frei und öffneten sie.  Goldene und silberne Münzen, kostbare Edelsteine kamen zum Vorschein. Doch während sie gebannt die Reichtümer bestaunten, kamen zwei unbekannte Männer des Weges. Sie blieben bei den Schatzgräbern stehen und blickten neugierig in die Grube hinunter. In diesem Augenblick wurde der Schatz von unsichtbaren Händen mit Erde zugedeckt. Kein Mensch fand ihn wieder. Muttenz Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schatz auf der Stadion

Source: Der Schatz auf der Stadion

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Lange Jahre nachdem die Burg Stadion in Schutt und Trümmer gefallen war, kam es diesem und jenem in den Sinn, der Vogt möchte als reicher Mann wohl allerlei Reichtümer, Gold und Silber und Edelsteine besessen haben; da er aber von den Bauern ohne langes Werweissen verjagt worden war, so könnte wohl dies und jenes noch im Verborgenen auf der Burg liegen. Doch wollte sich niemand ans Werk machen, den Schatz zu heben, bis schliesslich ein Weib, «das Loch Bäbi» genannt, ein paar Nachbarn aufstiftete, der Sache nachzuspüren. Als die kleine Schar tief in der Nacht mit allerlei Werkzeug und Waffen in die zusammengestürzten Gänge der Burg eingedrungen war und sich eben daran machte, im unterirdischen Kellergewölbe einen schweren eisernen Deckel aus dem Boden zu heben, da begann es in den Mauern zu rumoren und zu knotzern, und eine grobe Stimme klang aus den Tiefen und rief unverständliche Worte. Als sich die Männer durch solches nicht bei ihrer Arbeit stören liessen, so erschien zu ihrem Schrecken durch die Mauern ein weisser Geist, der eine flackernde Kerze in den Händen hielt und dazu ununterbrochen wirres und unverständliches Zeug daherredete. Von den Männern ist kaum einer wieder ins Dorf zurückgekehrt und hat mit Müh und Not den Hergang erzählen können. Die andern aber fanden den Ausweg nicht mehr und sind eines jämmerlichen Tods gestorben.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Schatz auf der Vorburg

Source: Der Schatz auf der Vorburg

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Unter den eingestürzten Kellergewölben der Vorburg ruht ein Schatz, den hat ein wüster Schlossherr, der mit einer Jungfrau auf der Burg lebte, zusammengerafft. Zur Strafe für ihr gotteslästerliches Leben müssen die beiden den Schatz hüten bis an der Welt Ende. Schon viele versuchten, das Gold zu heben. Doch dies gelingt nur in bestimmten Nächten, wenn die beiden büssenden Wächter für einige Stunden aus ihrer Gruft fahren. Ein Ratsherr Oswald, ein böhmischer Sattler und ein Vorarlberger hatten Anno 1803 eine solche günstige Nacht «erraten». Der Vorarlberger, der im Schatzgraben seine Erfahrung hatte, wusste auch hier einen guten Rat: «Da, wo der Schatz vergraben liegt, muss man abends zwischen neun und elf Uhr in allen vier Ecken ein Licht anzünden und drei Psalter beten. Doch darf kein Wort dabei gesprochen werden.» In dunkler Sommernacht stiegen die drei mit Werkzeugen bewaffnet zum Burghügel hinauf und gruben bis Schlag zwölf Uhr. Weil aber nichts zum Vorschein kam, als ein grosser Stein, erklärte der Vorarlberger, es stimme etwas nicht, und die Arbeit sei heute unnütz. Man solle die Lichter löschen und nach Hause gehen. Damit war das Schweigen gebrochen, und der Schatz, den sie gewiss hätten erlangen können, sank wieder tief in die Erde.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Schatz auf EhrenfeIs

Source: Der Schatz auf EhrenfeIs

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Ein gar armer Mann von Sils war genötigt, bei seinem Hause eine Mauer aufführen zu lassen. Er erhielt Erlaubnis, die bei der Ruine des Schlosses Ehrenfels herumliegenden und herrenlosen Steine dazu zu verwenden. So ging er denn hinauf und nahm einen grossen Stein weg, um ihn in den Weg zu rollen; dieser Stein verschloss eine Öffnung, welche in das Innere der Burg führte. Er stieg durch die Öffnung und gelangte in einen geräumigen Keller; dort fand er einen grossen hölzernen Trog eingemauert, in welchem viele flachgedrückte Haselnüsse sich sehen liessen, die aber alle durchlöchert waren. Er besah sich diese Haselnüsse, und weil er zu Hause sieben Kinder hatte, nahm er sich einige davon für Dieselben mit. Daheim angelangt, griff er nach den Haselnüssen, um sie den Kleinen zu geben, aber statt der Haselnüsse fand er - Goldstücke in der Tasche. Hocherfreut rief er einem Manne und teilte ihm das Geheimnis mit. In aller Eile versahen sie sich mit Gefässen und traten den Weg nach Ehrenfels an. Der »Haselnussmann« stieg voran in die Öffnung, der Andere ihm nach, dann schlüpften Beide in den Keller und wollten eben Hand an die Truhe legen, als Dieselbe auseinanderfiel und alle Haselnüsse auf die Erde kollerten. Nun machten sie sich daran, dieselben aufzulesen, aber der ganze Kram verschwand vor ihnen in die Erde, und sie konnten noch hören, wie die Nüsse erstlich an den Mauerwänden eines unterirdischen Kellers anschlugen, dann aber in Gold verwandelt, unten, laut tönend, auffielen. - Wäre der Mann allein, ohne den Andern gekommen, die Haselnüsse zu holen, wäre der Schatz ihm geblieben. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schatz bei Brütten

Source: Der Schatz bei Brütten

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Der Schatz bei Brütten Der irrsinnige Matthis war vor langen Jahren eine bekannte und gefürchtete Person im Dorfe Brütten, der man gerne aus dem Wege ging. Den Grund seines Geisteszustandes hat er in seiner letzten Krankheit dem Pfarrer anvertraut. Matthis war reicher Leute Kind gewesen, hatte aber nach dem frühen Tod seiner Eltern den schönen Hof zum Schauplatz wilder Zechgelage werden lassen, die rasch Kisten und Kasten leerten. Er musste darauf denken, neue Mittel zu erhalten. Nun ging im Volk die Sage, dass auf dem Acker, genannt Steinmürli, unter einem einsamen Birnbaum ein reicher Schatz liege, zu dessen Hebung es allerdings grossen Mut brauche. In einer dunklen Nacht schlich er sich zur Geisterstunde an diesen verrufenen Ort, begann das Gestrüpp unter dem Baume zu roden und hob schon die Schaufel, als ein schönes Weib hinter dem Baume hervortrat. Es machte ihm Hoffnung, dass er das Ziel seiner Wünsche erreichen werde, wenn er ihr dreimal einen Kuss gebe. Matthis war gerne einverstanden und gab ihr den ersten Kuss. Aber plötzlich war alles verschwunden und es tönte wie ein leises Gelächter aus dem Baum. Die folgende Mitternacht mochte Matthis kaum erwarten. Als es zwölf Uhr schlug, stand er wieder unter dem Baum und auch die schöne Frau war wieder da. Als er sie aber umarmte, lag es plötzlich feuchtkalt an seiner Brust, und statt des reizenden Antlitzes glotzten ihn die gläsernen Augen einer grossen Kröte an, die ihm das ekelhafte Maul zum Kusse entgegenhielt. Zu Tode erschrocken wich er zurück; aber es tönte ihm gellendes Hohngelächter nach. Den Rest der unseligen Nacht und den folgenden Tag trieb es ihn ruhelos umher. Entsetzen und Furcht kämpften in seiner Brust mit der Sehnsucht nach dem schönen Weibe und der Begier, den Schatz sein eigen zu nennen. Die Habsucht siegte, und um Mitternacht stand er abermals unter dem Baum, wo ihn die schöne Frau erwartete. Mit geschlossenen Augen wollte er sie küssen; aber seinem Munde begegnete wieder das feuchte Maul der Kröte. Halbtot riss er sich los und wurde am Morgen unweit des verrufenen Ortes gefunden. Seitdem blieb sein Verstand umdunkelt, und er schleppte sein trübes Dasein noch lange Jahre hin, sich und andern zur Pein. Viele Jahrzehnte später, als die Geschichte vom tollen Matthis fast vergessen war, machte ein junger Bauer von neuem den Versuch, den Schatz zu heben. Er gedachte damit seiner jungen Frau und seiner Mutter ein schönes Leben zu verschaffen und gelobte, wenn das Wagestück ihm gelinge, einen Teil des erhofften Gewinnes zur Verschönerung des ärmlichen Kirchleins des Ortes zu verwenden. Wohlgemut nahte er sich in einer hellen Mondnacht dem Baume und begann zu graben, als plötzlich ein altes Mütterchen aus dem Schatten des Baumes hervortrat, das ihm sagte, dass nur der den Schatz heben könne, der gewisse Bedingungen erfülle. Es gab ihm ein Beil mit der Anweisung, in der Frühe des nächsten Pfingsttages damit einen gewissen Baum zu fällen und aus dessen Holz eine Wiege zu schaffen. Erst wenn ein Kindlein in der Wiege schreie, könne er den Schatz heben; doch dürfe er zu niemandem darüber sprechen. In der Morgenröte des Pfingsttages machte sich der junge Bauer auf den Weg und ward durch das Beil auf wunderbare Art an eine Stelle im Walde geleitet, die ihm völlig unbekannt war. Fast von selbst senkte sich die Axt zum Fuss einer schlanken Tanne, die er nun zu fällen begann. Als aber der schöne Baum zu wanken anfing, tönte aus den Ästen ein Ton gleich dem Wimmern eines kleinen Kindes, der sich immer mehr steigerte, bis er beim Sturz mit einem lauten Wehruf endigte. Von Schrecken gejagt floh der Bauer die unheimliche Stelle, fand aber am andern Morgen die in Bretter zersägte Tanne vor seiner Türe. Als er nach einiger Zeit eine Wiege brauchte, erstellte er eine aus dem Holz der Tanne, und als bald ein munteres Knäblein das Licht der Welt erblickte, konnte der beglückte Vater es kaum erwarten, bis er aus der Wiege das Schreien des Kindes vernehmen würde. Aber in die Wiege gelegt verstummte der kleine Schreier und hauchte unter heftigen Krämpfen sein junges Leben aus. Auch dem zweiten Kinde, einem Mädchen, ward die Unglückswiege zum Verhängnis. Verzweifelnd warf nun der Vater, der sich als Mörder seiner Kleinen anklagte, die unglückselige Wiege ins Feuer. Und als er in reuigem Gebet dem Lodern des Feuers zuschaute, entschwebten zwei weisse Tauben dem wirbelnden Rauche; der böse Zauber war gelöst. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Unterland Wörtlich nach Stauber, S·70. Seine Quelle: Gchr. Brütten. WeItere Quellen: Herzog I, S. 213; Lienert, S. 73; E. Zehnder, Artikel im „Wehntaler“ vom 15. 1. 1945. Dasselbe Thema hat Jakob Bosshart behandelt in „Jugend und Heimat“, 4. Band seiner Werke, Zürich 1951, S. 310 ff. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schatz bei Rohrbach

Source: Der Schatz bei Rohrbach

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Nahe bei Rohrbach bei Huttwil im Kanton Bern liegen die Trümmer dreier Burgen: eine davon heisst die alte Burg. Hier ist ein grosser Schatz verborgen. Durch einen Umstand wurde ein Mann bewogen, denselben zu heben. Ein Mann arbeitete nämlich auf einem nahen Acker, er wollte sein Abendbrot im Schatten geniessen und begab sich deshalb in das nahe Buchenwäldchen. Als er sein Brot verzehrt hatte, sah er zu seinen Füssen abgestumpfte Nägel. Etliche davon, die er noch brauchbar fand, steckte er gleichgültig in die Tasche und am Morgen waren es lauter blanke Dukaten. Darauf wollte er mehr Nägel suchen, aber er fand keinen. Um nun den Schatz zu heben, begab er sich zu einem Kapuziner, der ihm sagte, es werde sich in der Nacht vom grünen Donnerstage auf den Karfreitag oben auf der Burg ein männliches Schwein zeigen, das sämtliche Burgschlüssel am Halse trage. Wer sich in dieser Nacht Schlag zwölf Uhr auf der Burg befinde, erhalte von dem Schweine die Schlüssel zu allen Gemächern. Seine ebenfalls geizige Frau war ihm behilflich. Auf die bestimmte Stunde des Nachts entfernen sie sich, während der Wind schaurig in dem Wäldchen heult. Kaum sind sie am Fusse des Hügels angekommen, so schlägt schon die Geisterstunde. Der Mann sinkt bewusstlos zu Boden, und seine Frau, vom Schrecken ergriffen, verlässt ihn. Niemand denkt seitdem daran, den Schatz zu heben. Von dieser Burg geht nun regelmässig ein grosser, grauer Hund nach der gegenüberliegenden Burg, der sogar meinen Grossvater mitten in der Nacht bei hellem Mondscheine an die Brust gestossen haben soll, ohne ihm jedoch etwas Leides zuzufügen. Mutwillige haben schon den Hund mit Steinen geworfen, ohne dass derselbe eine Wendung gemacht hat. Quelle: Theodor Vernaleken, Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch  


by Der Schatz der Blüemlisalp

Source: Der Schatz der Blüemlisalp

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Ein Hirtenbüblein hütete auf Blüemlisalp die Schafe. Es sass bei einem Weidenstrauch. Da hörte es auf einmal einen herrlichen Gesang. Es lauschte und blickte dann um sich und ging dem Gesange nach und fand bald eine blühende Jungfrau, die auf einer Geldkiste sass und ein Fröschlein auf ihrem Schosse trug. Sie erblickte das Büblein und winkte ihm freundlich, sich ihr zu nähern. Es trat vor sie hin, und sie sagte: »Brich einen Weidenzweig und haue dreimal auf den Frosch auf meinem Schoss!« Das Büblein getraute sich nicht und lief davon zu seinen Schafen und erzählte am Abend alles seinem Vater. Dieser ermutigte es, das nächste Mal den Wunsch der Jungfrau zu erfüllen. Es werde ihm sicher nichts Böses geschehen. Am folgenden Tage ertönte der liebliche Gesang von neuem, und wieder winkte die Jungfrau dem Knaben und bat ihn, dem Tier auf ihrem Schoss drei Streiche zu geben mit einem Weidenrütchen. Er folgte, brach einen Zweig ab und zog auf, aber dreinzuschlagen getraute er sich nicht. Am Abend erzählte er seinem Vater, wie es ihm ergangen. Dieser ging mit ihm in ein Kloster und liess ihn einsegnen, und der Vater sowohl als der Abt des Klosters ermunterten den Knaben, den der Abt segnete, nach dem Wunsche der Jungfrau zu handeln; er habe nichts zu fürchten. Das nächste Mal gab er dem Tiere zwei Streiche, warf aber erschreckt das Rütchen weg, als der Frosch plötzlich anschwoll und Feuer spie, und lief davon. Die Jungfrau weinte und schrie überlaut und herzzerbrechend: »Auf 101 Jahre verloren!« und verschwand. Die 101 Jahre gehen jetzt ihrem Ende entgegen, und bald wird sich die Jungfrau wieder zeigen. – So habe ich es im Militär von hiesigen Soldaten erzählen gehört. N. Geninazzi, 22 J. alt, Erstfeld Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schatz der Herren von Raron

Source: Der Schatz der Herren von Raron

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Als Witschard von Raron 1417 den Ansturm der Matze herannahen sah, soll er nicht mehr Zeit gefunden haben, alle seine Kostbarkeiten und Geldkisten ins Ausland zu retten. So gab er denn vor seiner Flucht nach Bern dem Burgvogt oder Kastlan zu Raron Befehl, möglichst vieles in den unterirdischen Gängen des Schlosses zu verbergen. Die Stammburg Rarons wurde dann aber vom Volke erstürmt und verbrannt, und dem Freiherrn war es nicht mehr vergönnt, ins Wallis zurückzukehren. So harrt denn der Familienschatz der Raron noch immer, gefunden zu werden. Vor etwa hundert Jahren wollten zwei Knaben, die beim Viehhüten am Schlossfelsen herumstiegen, den geheimen Gang unterhalb des jetzigen Kirchenportals aufgefunden haben. Sie waren aber nicht beherzt genug, weiter hinein zu dringen und bei Erwachsenen fanden sie keinen Glauben. Als Männer versuchten sie nochmals ihr Glück – aber es war keine Öffnung mehr zu finden. RARON Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Schatz des Klosters Seedorf

Source: Der Schatz des Klosters Seedorf

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Zu Kriegszeiten habe einmal das alte Kloster auch die Monstranz und andere kostbare Sachen verborgen. Jahrhunderte später haben die Benediktinerinnen, die auf die Lazariter folgten, davon vernommen und zwar aus alten Büchern. Darinnen soll gestanden haben, der Schatz sei unter der »alten Stiege« versteckt. Aber wo mag wohl diese alte Stiege zu suchen sein? Item, die Klosterfrauen schickten ihren Knecht, Michel Wälti, zu graben. Er grub in einem Kellerraum, aber die Geister liessen ihm keine Ruhe und pressten ihm manchen Schweisstropfen aus. Endlich offenbarten sie ihm, dass die gesuchten Kostbarkeiten zum Vorschein kommen werden, wenn das Kloster am ärmsten sein werde. K. Zgraggen, 82 J. alt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schatz im Acker

Source: Der Schatz im Acker

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Auf der Wilerzelg waren einmal in einem Acker mehrere Hauwer. Einer von ihnen schlug mit seiner Stahlhaue von einem Erzhafen den Deckel weg und sah darin etwas glänzen. Er hatte einen Schatz gefunden, sagte aber den andern kein Wort. Er dachte, er könne den Acker kaufen und den ganzen Schatz für sich nehmen. Ahnungslos übergab der Eigentümer den Acker. Der neue Eigentümer hat den Acker gründlich durchgegraben, aber den Schatz nicht mehr gefunden. Er hätte wissen sollen, dass zu grosser Eigennutz keinen reich macht. Quelle: J. Siegen, Sagen aus dem Lötschental, Erweiterte Ausgabe der Gletschermärchen (1905), Lausanne 1979. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schatz im alten Schloss bei Zeglingen

Source: Der Schatz im alten Schloss bei Zeglingen

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In einem abgelegenen Seitentälchen gegen die Schafmatt hinauf erhebt sich ein kegelförmiger Hügel, allgemein «’s olt Schloss» genannt. Es wird überliefert, dass darauf in alten Zeiten ein hölzernes Schloss gestanden haben soll. Das ist natürlich schon lange verschwunden, aber im Boden soll noch ein verborgener Goldschatz ruhen. Immer und immer wieder wurden Versuche gemacht, ihn zu heben. Einmal gelang es wirklich solchen Schatzgräbern, eine schwere Kiste blosszulegen. Es sass aber eine greuliche Kröte darauf. Sie liessen sich durch diese weder stören noch entmutigen, sondern gruben schweigsam und unentwegt weiter. Aber je mehr sie um die Kiste herum gruben, um sie seitlich frei zu bekommen, desto mehr versank sie in die Tiefe. Und damit auch ihre Hoffnung, des Schatzes habhaft werden zu können. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Schatz im Baumstrunk

Source: Der Schatz im Baumstrunk

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Zwei Soldaten, Pieder und Gion, waren aus dem Dienst entlassen worden und machten sich auf den Heimweg. Es ging ihnen gleich wie den meisten Soldaten, die heimkehren: sie hatten weder Geld noch Schuhe. Eines Tages kamen sie in einen grossen Wald. Als sie ein paar Stunden lang hindurchmarschiert waren, sagte Pieder zu Gion: «Ich habe Hunger und Durst, ich bin müde und schwach und kann nicht mehr gehen. Ich muss mich hinlegen und ein wenig schlafen!» Pieder legte sich hin und schlief sofort tief. Gion setzte sich neben ihn und wachte. Da sah er auf einmal ein Licht aus dem Mund von Pieder herauskommen; dieses wanderte ein Stück waldeinwärts und liess sich auf einem grossen faulen Baumstrunk nieder. Da packte Gion die Angst, und er weckte Pieder, aber in dem Augenblick, als Pieder aufwachte, kehrte das Licht in seinen Mund zurück. Da sagte Pieder zu Gion: «Oh, du hättest mich schlafen lassen sollen, ich habe so schön geträumt!» «Was hast du denn geträumt?» «Ich habe geträumt» sagte er, «dort drüben in einem Baumstrunk befinde sich ein grosser Schatz, doch ich weiss nicht mehr in welchem.» Doch Gion sagte: «Ich weiss schon in welchem!» Sie gingen zum Baumstrunk, worauf sich das Licht niedergelassen hatte, und gruben rundherum. Da fanden sie einen grossen Schatz, so gross, dass sie ihn kaum heimtragen konnten. Und danach waren beide reiche Männer.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Schatz im Beinhaus

Source: Der Schatz im Beinhaus

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Es gibt eine Zeit im Jahr, wo alle Schätze offen stehen, nämlich in der heiligen Weihnacht. Wer das Glück hat, in den zwei Stunden vor Mitternacht, während die «Leng Wil» geläutet wird, zu einem Schatz zu kommen, kann ihn leicht haben. Solange die Glocken läuten, darf er aber den Schatz nicht anrühren und ihm auch kein Auge abbrechen, nicht einmal blicken. Erst bei der Wandlung in der Mitternachtsmesse darf er den Schatz heben. Es hat immer geheissen, im Beinhaus von Kippel sei ein Schatz verborgen, den noch niemand heben konnte. Ein Mann von Kastel, er soll Andres geheissen haben, hat sich vorgenommen, den Schatz zu gewinnen. Zu Anfang des Mitternachtläutens war er schon in der Beinhauskapelle. Wie gingen ihm die Augen auf, als zu Beginn der «Leng Wil» der Boden vor dem Altar sich öffnete und der Schatz in allen Farben schimmerte. Nun hiess es die Augen offen halten und nicht einmal blicken , zwei Stunden lang. Die Stunden flossen langsamer dahin als im Fegfeuer. Schon nahte die Mitternachtsmesse. Die Kirchgänger zogen plaudernd an der Beinhaustüre vorbei. Ihre Schuhe kreischten im gefrorenen Schnee. «Wenn es nur keinem einfällt, die Türe zu öffnen und hereinzuschauen», dachte Andres. Schon fällt der Hammer auf die grosse Glocke zum ersten Schlag der Mitternachtstunde. Noch hat Andres nicht geblickt, und der Schatz kann ihm nicht mehr entgehen. Aber jetzt geht die Türe auf und er hört die Stimme seiner lieben Dorothe: «Komm Andres, sonst findest du keinen Platz mehr in der Kirche.» Dieser schaut zurück. Der Schatz ist verschwunden und Andres weiss nicht einmal mehr, was er gesehen hatte. Andres ist seiner Dorothe nicht bös geworden. Er hat nur gesagt: «Ein Schatz hat mir den andern gestohlen, und ich meine, es ist der richtige gewesen.» Der Schatz im Beinhaus wäre noch immer zu haben. Quelle: J. Siegen, Sagen aus dem Lötschental, Erweiterte Ausgabe der Gletschermärchen (1905), Lausanne 1979. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schatz im Berge

Source: Der Schatz im Berge

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In einem Berge am Gerzensee liegen viele reiche Schätze verborgen. Alle diese Schätze sind auf einem grossen vierrädrigen Wagen geladen, dessen Rasseln und Knarren man zu gewissen Zeiten ganz deutlich vernehmen kann. Wer aber den Schatz sich zu eigen machen will, muss am Ostertag um Mitternacht sich an jenem Berge mit Ross und Rind einfinden: denn zu dieser Zeit rückt die Deichsel des Wagens aus der Wand des Hügels heraus, und wer, ehe eine Stunde um, die Tiere anspannen und den Wagen nur eine kleine Strecke herausbringen kann, dem gehört er von diesem Augenblick samt allen Schätzen darauf an; wird aber dabei auch nur ein einziges Wort gesprochen, so fährt der Wagen prasselnd in den Berg wieder zurück und dem unvorsichtigen Schwätzer droht sonst noch viel Unheil und Schaden. Die Aussicht, so mit einem Schlag großen Reichtum zu erlangen, hatte, trotz der damit verbundenen Gefahr, einst einen Bauer verlockt, das Wagnis zu unternehmen. Dazu hatte er sich zu seinen zwei Rossen, die er schon besass, noch zwei andere, junge, feurige Tiere, sowie vier kräftige Rinder angeschafft und sich mit neuem, starkem und festem Riemenzeug, Ketten und Seilen versorgt. So ausgerüstet, begab er sich in der Gesellschaft eines Geisterbanners in der nächsten Osternacht nach dem Hügel, wo der Wagen mit dem Schatz der Sage nach liegen sollte. Dort angelangt, konnte er kaum das Herannahen der Mitternacht erwarten. Da endlich schlug es zwölf. Ein Krachen, das vom Abhange des Hügels ausging, folgte dem letzten Glockenschlag, und eine Deichsel, drei Spannen dick, an der Spitze wie Schwefelfeuer leuchtend, sauste mit Pfeilesschnelle zwischen dem Bauer und dem Geisterbanner durch, aus der Erde heraus. Obschon erschrocken, sprangen die Männer doch hastig auf sie zu. Schnell waren die Tiere angespannt und von kräftigen Peitschenhieben angespornt zogen sie dampfend an. Ihrer vereinten Kraft konnte die Last nicht widerstehen, sie setzte sich in Bewegung. Ein Ruck und noch ein Ruck, die Erde klaffte immer mehr und mehr, schon sah man die Vorderräder des Wagens, schon den goldenen Glanz der auf ihm aufgeschichteten Reichtümer, schon rückten die Hinterräder nach, in deren Speichen die Schatzgräber jetzt helfend eingriffen -  da rief der Bauer, den Bann des Stillschweigens brechend, triumphierend aus: "Hoho, jetzt haben wir ihn bald!" Dies aber kaum gesagt, so erfolgte ein Donnerkrach, von unsichtbaren Geisterhänden erfasst, ward der vorlaute Schwätzer weit hinweggeschleudert, dass er sinnlos zu Boden fiel, der Wagen aber fuhr unter schrecklichem Gerassel samt dem Geisterbanner, Ross und Rindern im Nu in den Hügel zurück, der sich hinter ihm augenblicklich wieder schloss. Erst am andern Morgen erwachte der Bauer aus seiner Ohnmacht. Der Verlust der Tiere, wohl auch die ausgestandene Angst und der Schrecken hatten ihn jedoch so arg mitgenommen, dass er später irrsinnig ward und als Selbstmörder sein Leben endete. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Schatz im Grafenschloss

Source: Der Schatz im Grafenschloss

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Viele stolze Schlösser gibt es, die bogenfenstrig ins Land niederschauen, auf deren Giebel die Fahnen sich blähen und zuweilen ein Wächter auf seinem Horn tutet als Zeichen, dass hoher Besuch naht. Die Feste aber, von der dieses Märchen berichtet, war nicht mehr bewohnt. Auch auf hoher Warte und mit Zwiebeltürmen bewehrt, flatterten um die Zinnen nur hungrige Dohlen und Spinnweb und kreischten die Sturmfähnlein in den rostigen Angeln. Turmwart ist der Kauz geworden, der im Mauerloch nistet und des Nachts sein «Ist alles vorüber - vorüber» in schauerlichen Tönen dem Berg und Tale klagt. Denn wie es so geht, das Grafengeschlecht war verarmt und vergriff sich habgierig an Leib und Gut der Bauern, und als der letzte der Junker abkratzte und das Totenglöcklein seiner armen Seele zum Heimgang bimmelte, vergoss niemand eine Träne. In wildem Tumult stürmten die Bauern den Burghügel hinauf und stöberten nach Schätzen, kostbaren Teppichen und Edelgerät, fanden aber nichts mehr als Strohmatten, brüchiges Geschirr, Betten und leere Truhen, die wurmstichig waren und des Raubes nicht lohnten. Die Gemächer blieben in dem Zustand, in dem der letzte Burgherr das Zeitliche gesegnet, und der Gewalthaber der Bäuertgemeinde nahm die Schlüssel in Verwahrung. Über ein Kleines munkelte es durch die Dorfgassen, man sehe in der Nacht Lichter aufblitzen und in den hohen Rittersälen verhuschen, am hellichten Tage geistere es um die Brunnstuben und kobolde in den KeIlergewölben, und das seien die abgeschiedenen Landesherren, die umgingen und ihre Übeltaten sühnten. Einst kamen zwei fremde Gesellen ins Dorf und baten nicht gerade höflich um Obdach. «Es ist nirgends ein Bett frei», sagte der Gewalthaber, «auch bei mir nicht. Geht eine Strecke weiter, und nächtigt in der Herberge!» «Das tun wir nicht. Wir sind den ganzen Tag gelaufen und zum Umfallen müde. Können wir nicht im Schloss die Nacht zubringen?» «Lieber nicht. Aus unserer Gegend würde sich niemand des Nachts hineingetrauen, denn da oben geht es mit unrechten Dingen zu.» «Was ficht uns das an, Gespenster hin, Gespenster her, es soll uns niemand beschummeln und über den Löffel balbieren. Den Schlüssel her oder» - sie rollten die Augen und griffen nach dem Messer im Gürtel. «Gut, ich komme mit.» Er begleitete die frechen Burschen auf den Hügel, und da sie nicht umzukehren wünschten, sich protzig benahmen und des Bauern Ängstlichkeit belächelten, schloss er das Portal auf und führte sie in das Burgherrenzimmer. Am nächsten Morgen, als die beiden nicht erschienen, ging er mit seinen Knechten hinauf und fand sie erdrosselt und verstümmelt auf dem Fussboden. Seitdem verstrichen sieben Jahre, ohne dass jemand das Schloss betreten hätte. Auf den Zinnen des Wehrganges wucherte das Unkraut, auf den Ziegeln grünten junge Birken, und im Hofe bauten die Füchse ihre Höhlen. Da meldete sich beim Gewalthaber ein Handwerksbursche mit staubigen Füssen und offenen, eisblauen Augen und ersuchte um Unterkunft. «Es ist nirgends Platz im Dorf», bedauerte der Bauersmann, und zum Schloss hinaufschielend, «freilich, da oben würdest du in einem guten Bette schlafen, doch rate ich ab, sonst könnte es dir ergehen wie vor Jahren den zwei armen Gesellen, die tot und schrecklich zugerichtet in ihrem Blute lagen.» «Ich bin ein schuldloser Wanderer von gutem Ruf und Gewissen, wer würd mir ein Leides antun?» versetzte der Jüngling und streifte die Armel zurück. «Seht diese Narben und Schrammen! Schon manchen Hosenlupf habe ich siegreich bestanden mit Wesen von Fleisch und Bein, wie sollte ich mit knochenlosen Gespenstern nicht fertig werden! Man muss sich nur richtig benehmen und nicht ins Bockshorn jagen lassen. Gebt mir, bitte, eine Pistole mit, geladen mit Sauschrot, einen Dolch, eine geweihte Kerze und Gesegnetes, und überlasst mir den Rest!» «Du rennst mutwillig ins Verderben», grollte der Gewalthaber, «bei deinen hellen Augen, du tätest mir leid. So einer ist mir noch nie vorgekommen. In Gottesnamen, vielleicht - vielleicht» - er besorgte ihm das Gewünschte, trottete mit zum Schlosseingang und überwies ihm das Burgherrenzimmer. Der kecke Jüngling besah sich die getäfelte Stube, das muffige Bett und die Stühle, die bei der blossen Berührung stöhnten und wackelten. Er versuchte die Fensterbalken aufzuschliessen, und weil alles Zerren und Rütteln umsonst, verrammelte er die Tür mit Schloss und Riegel, legte das Gewaffen aufs Nachttischchen, zog die Stiefel aus, löschte die Kerze und empfahl sich Gott. Die Müdigkeit schloss ihm die Augen, und er schlummerte wie ein Murmeltier. «Herein!» rief er, vom Schlafe betäubt und fachte das Licht an. So laut hatte man an die Türe gehämmert, dass er halben Leibes emporgefahren war. Es klopfte zum zweiten. «Herein denn!» wiederholte er und drehte sich unwirsch herum. Wie besessen stampfte jemand an die Pforte. «Tut selber auf, ich öffne nicht.» Die Tür sprang auf, ein Windstoss blies ihm die Kerze aus und wirbelte die Decke von den Füssen. Gemächlich zündete er wieder an. Fünf schwarze, garstige Zwerge mit borstigen Köpfen und verbogenen Füssen standen im flackernden Schein, fuchtelten mit den Armen und zeigten nach der Tür. Das sollte wohl heissen: Begleite uns! «Wenn ihr's durchstieren wollt, ihr Ruhestörer, ein bisschen Geduld, bis ich die Schuhe gebunden habe. Wach bin ich, Furcht hab ich keine, in Gottesnamen, geht voran!» Er steckte Pistole und Dolch in den Gürtel, nahm die Kerze in die eine, das Gesegnete in die andere Hand und stolperte den Zwergen nach, drei lange feuchte Schneckentreppen ins Kellergeschoss, in dem die Ratten und Mäuse eben Fangmich gemacht hatten. Unter dem Gewölbe blieben die Wichte stehen, zeigten ihm Pickel und Schaufel und bedeuteten, Hand anzulegen. Gelassen stopfte er die Hände in die Hosensäcke und schüttelte. den Kopf. «Ich bin kein Maulwurf, wer hier graben will, tue es selbst!» Die Pickelhiebe klirrten in dem steinigen Boden und legten einen schwarzen Kessel frei. Alsogleich warfen die Knirpse das Werkzeug weg und wiederholten das stumme Gebärdenspiel. Mit derselben Gelassenheit sagte er: «Ich habe hier nichts vergraben und grabe nichts aus.» Da taten sie es selber und wuchteten das Gefäss aus dem Loch. Er sollte die Erde daneben ausheben, und auf seine entschiedene Absage stocherten nun die Zwerge und entblössten einen schwarzbehaarten Koffer, den eine dicke Eisenplatte schirmte. «Nicht ich, handelt selber!» kam er ihnen zuvor, und willig schlossen sie die Truhe auf - eine Schlange züngelt und schwingt den giftigen Kopf hin und her. Entsetzt weichen die Kobolde zurück und starren auf den Fürchtenichts, der den Ungast mit beiden Fäusten am Halswirbel packt und gegen die Mauer schmettert. Statt der Schlange fiel ein Rosenkranz in den Moder. Die Zwerge rieben die Augen, reckten die Arme und Beine, wuchsen und wuchsen zu menschlicher Höhe empor, und ein Jubelschrei entfuhr den entbundenen Zungen. «Wir sind erlöst, dem Himmel sei Lob und Dank! Hättest du nur ein einzig Mal den Spaten ergriffen, wie Kraut und Rüben wärst du von uns zerrieben worden. Noch bist du nicht ausser Gefahr. Gelingt es dir, Kessel und Koffer vor der Morgenglocke ins Zimmer hinauf zu bürden, so bist du aller Schrecken und deiner Dürftigkeit ledig. Gedenke der Armen, damit du des wahren Reichtums teilhaftig wirst!» Sie geleiteten ihn ins Zimmer hinauf, stiessen Fenster und Laden zurück und schwirrten als weisse Tauben in die Lüfte. Potz Krach und Krieg, war das ein seltsames Abenteuer gewesen! Er sass auf dem Bettrand und prüfte Dolch und Pistole, denn noch war es nicht zu Ende. Wohlausgerüstet stieg er in den Keller hinunter, um Topf und Koffer zu holen. Das Tor war gesperrt und auf keine Weise zu öffnen. «Dir will ich den Kolder austreiben», rief er energisch, spannte den Hahn der Pistole und knallte mitten hinein. Wie eine Kanone donnerte der Schuss, widerhallte, und beim siebenten Echo flog die Tür auf. Zusammengerollt auf der Kiste fauchte eine Schlange und spie blaues Feuer. Er knackte den zweiten Hahn des Doppellaufes, zielte auf den Kopf, und als der Rauch verkräuselte, war die Schlange fort, der Deckel des Koffers zurückgeschlagen, und es gleisste von Gold- und Silberschätzen. Mit einem kräftigen Ruck lud er die Kiste auf die Schultern, keuchte ins Gemach hinauf, streute Gesegnetes darüber und spindelte in den Keller hinab. Schon ist das Tor wieder zugeriegelt, er darf keine Zeit verlieren und muss handeln. Die Pistole ist entladen, er hat noch den Dolch, umklammert den Griff und bohrt die Spitze in die eichenen Bohlen. Die Flügel weichen zurück, es bleckt und fletscht und schwefelt ein Ungeheuer, das Auge tellergross auf der Stirne. Er schleudert das Gesegnete in den schnappenden Rachen, und aus ist der Spuk, nichts ist mehr da als der Kessel mit seiner goldenen Last. So schwer wogen die funkelnden Kannen, Becher und Platten darin, dass er viermal zu schuften hatte. Als er den Rest im Zimmer niederlegte, klang im Dorf die Betzeitglocke. Gottlob, auch das war überstanden! Müde warf er sich aufs Bett und streckte die Glieder. Spatzen piepsten auf dem Fensterbrett, die Sonne flammte und überrieselte die mächtigen Tannen im Schlosshof, die strahlend ihre Wipfel spreizten und den noch schlafenden Kuckuck aus dem Nest schüttelten. Bei soviel Sonne und Vogelgezwitscher litt es ihn nicht mehr im Schloss. Er stäubte den Rest des Gesegneten über die Schätze und stieg hinunter zum Gewalthaber, der ihn freudig willkommen hiess und sich erkundigte, wie er die Nacht zugebracht habe. «Ausgezeichnet, man muss sich nur richtig benehmen und seinen Willen durchsetzen. Bitte, lasst anspannen und gebt mir zwei kräftige Knechte mit auf die Burg und zehn Kartoffelsäcke.» «Wofür, wozu denn?» «Das werdet Ihr nachher erfahren.» Also rumpelten sie auf dem Brückenwagen den Hügel hinauf. Als sie das Burgherrenzimmer aufschlossen, tänzelten fünf weisse Tauben auf den Schätzen, schnäbelten und bauschten die Flügel, und husch, husch, pfeilten sie zum Fenster hinaus, dreimal um die Tannen im Hof und verschwammen in der himmlischen Bläue. «Herr Gewalthaber, Ihr seht, wieviel einer in einer Nacht gewinnt, wenn er sich nicht ins Bockshorn jagen lässt. Nehmt alles, was da glitzert und prunkt, und schenkt es den Armen! Ich begehre nichts davon. Ich bin ein Glückskind und will mich redlich durch die Welt schlagen. Gehabt Euch wohl!» Quelle: Johannes Jegerlehner: Walliser Sagen, Hans Feuz Verlag Bern, 1959   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


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Der Schatz im Iserkirchlein   Über dem Weiler Goldbach, unweit Zürich, auf der nächstgelegenen Waldhöhe, findet sich in einem bedeutenden Umfang altes Gemäuer, dessen Ursprung und Bestimmung ebensowenig anzugeben ist als die Gestalt des Gebäudes, von welchem diese Trümmer noch Überbleibsel sind. Die Landleute nennen die Ruine „Iserkirchlein“, was den Gelehrten zum Glauben Anlass gegeben hat, dass hier zur Römerzeit ein Tempel, der Göttin Isis geweiht, gestanden habe. Nach der Sage sind dort in unterirdischen Hallen ungeheure Schätze verborgen, die von Geistern beschützt werden. Tiefe Gruben, die sich im Bereiche der Trümmer finden, bedeuten, wie hier die Habsucht in stiller Nacht versucht hat, den geheimnisvollen Mächten ihr Besitztum zu entreissen, was jedoch bisher, soviel bekannt, fruchtlos geblieben ist. Manche dieser Habsüchtigen sind sogar weidlich geäfft worden, wovon folgendes Beispiel ein lustiger Beweis ist. Ein reicher, geiziger Bauer aus der Nachbarschaft trug sich schon lange mit dem sehnlichen Verlangen nach dem leuchtenden Golde von welchem sein Vater und Grossvater ihm soviel erzählt hatten. Endlich erhielt er durch die fünfte oder sechste Hand, was er schon lange gesucht hatte: „Fausts Höllenzwang“, die kräftigste aller Bannformeln. Nicht um Mitternacht - hierzu hatte er nicht Mut genug -. sondern am hellen Mittag ging er hin und beschwor die Unterirdischen mit der lauten Stimme eines Mannes, der seine eigene Furcht überschreien will. Plötzlich steht ein langer, hagerer, erdfahler Mann in weitem, rotem Gewande neben ihm. „Du willst Geld, Armseliger“, sprach er zu dem Bebenden mit einer Stimme, die aus tiefem Gewölbe zu kommen schien, „folge mir!“ Und siehe, unter ihnen senkte sich der Boden, und Hans, welcher schrecklich schrie, wurde sanft in einem herrlichen Gemache abgesetzt, wo Gold- und Silberhaufen in Menge aufgeschichtet lagen. „Fülle den Sack, den du mitgenommen hast!“ befahl der Unbekannte. Hans liess sich das nicht zweimal sagen. Mit gieriger Hast füllte er den grossen Sack. Als es geschehen war, versiegelte die Erscheinung denselben eigenhändig mit ihrem Siegelring und gebot Hans bei Verlust seines Lebens, ihn erst nach drei Tagen und im Beisein seiner ganzen Familie zu öffnen. Der Bauer versprach das heilig und befand sich im Nu samt seinem Schatze wieder auf der Ruine, woselbst er aber nicht lange verweilte, sondern heimrannte, als ob der Kopf ihm brenne. Am vierten Tage nach dieser Begebenheit war in Hansens Haus ein reges Leben. Er hatte zur Eröffnung seines Geldsackes nicht nur seine nächsten Verwandten, sondern auch alle Nachbarn und Freunde eingeladen und sich so weit in der Freude seines Herzens verstiegen, dass er zur Feier der Eröffnung einen köstlichen Kälberbraten dampfen liess. Nachdem er sein seltsames Abenteuer mit allerlei romantischen Zutaten erzählt hatte, schritt er mit grosser Feierlichkeit zur Entsiegelung, Öffnung und Leerung des Sackes. Aber o weh! Statt der erwarteten Goldstücke rollten lauter hohle Schneckenhäuschen auf den Tisch, und ein lautes Gelächter belohnte die Herzhaftigkeit des höllenbezwingenden Helden. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Wörtlich aus Corrodi, JZ 1951/52. S. 321, Nr 9 (mit dem Titel „Das Schneckengold“). Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


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Der Bretzwiler Bote wurde auf seinem nächtlichen Heimwege im Lankgraben von einer unbekannten Frau angehalten. Sie fragte ihn, ob er sich fürchte. Er verneinte. Da forderte sie ihn auf, er solle dem Bächlein nach in die Schlucht hineingehen. Dort werde er eine Geldkiste finden. Der werde zwar grausige Dinge sehen, aber man könne ihm nichts anhaben. Er solle die Kiste zum Fuhrwerk bringen, sie wolle ihm unterdessen die Pferde halten. Der Bote begab sich von der Landstrasse an den ihm bezeichneten Ort. Unterwegs sah er mehrere schreckenerregende Tiergestalten. In der Schlucht hinten war etwas Helles zu sehen, eben die beschriebene Geldkiste. Darauf aber sass ein Teufel, der ihn zähnefletschend anknurrte. Das war für den Mann zuviel. Er liess die Kiste stehen und kehrte unverrichteter Dinge zum Fuhrwerk zurück. Als die Frau dies sah, fing sie herzerweichend zu weinen an. Nun müsse sie zehn weitere Jahre büssen, bis sie wieder jemand um Erlösung angehen dürfe, jammerte sie und verschwand. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Schatz im Leisenberg

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Ein Knabe, der im Leisenberg zwischen Oberdorf und Liedertswil Brennholz sammelte, sah unversehens einige Schritte vor sich eine weissgekleidete Frau stehen, die ihm lebhaft winkte. Er trat näher heran und erblickte vor ihr am Boden ein Fässchen, das mit lauter Goldstücken gefüllt war. Er wusste nichts Gescheiteres zu tun, als rasch nach Hause zu laufen und den Vater zu holen. Als beide atemlos und voller Erwartung an jener Stelle im Walde anlangten, war weder von der Frau noch dem Fässchen etwas zu sehen. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


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In dem Keller des Möttelischlosses, auch Schloss Sulzberg genannt, liegt ein ungeheurer Schatz vergraben, welchen zwei wunderschöne Jungfrauen bewachen, von denen eine jede einen großen Hund bei sich führt. Klopft man des Mitternachts an die Pforte, so stoßen die Hunde ein fürchterliches Geheul aus. Erschreckt man hierüber nicht und klopft fort, so öffnet sich endlich die Pforte und die zwei Jungfrauen treten in dieselbe mit Ketten belastet, mit weißen Kleidern und roten Schuhen angetan, und bitten, man möchte sie küssen, da dies das Bedingnis zur Erlangung ihrer Freiheit und des Schatzes sei. Die Hunde fletschen aber dabei so fürchterlich mit den Zähnen, dass einem Jeden bis jetzt der Mut dazu vergangen ist. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


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Wer von Lützelflüh nach Sumiswald wandert, der erblickt ungefähr auf halbem Wege zur linken Hand den steil zum Tal der Grünen abfallenden Münnenberg. Vor vielen hundert Jahren soll dort oben ein stolzer Zwingherr auf seiner festen Burg gehaust haben. Noch heute heissen die beiden höchsten bewaldeten Kuppen der wahre und der falsche Zwingherr. Im Innern des Berges, so erzählen alte Leute, soll ein mit Gold und Edelsteinen reich beladener Kristallwagen verborgen sein. Nur einem Sonntagskind ist es vergönnt, das Deichselende des Wagens zu entdecken, das zu gewissen Zeiten aus dem Gewölbe hervorschaut. Wer das Glück hat, vier makellose Schimmel, die alle zur gleichen Stunde geboren sind, zu einem Zuge zu vereinigen, der hat Aussicht, zu mitternächtlicher Stunde den kostbaren Schatz zu heben. Einmal gelang es einem Bauern der Gegend, der ob dem fast lebenslangen Suchen selber weisshaarig geworden war, das seltsame Gespann zu finden. In einer mondhellen Nacht begab er sich ans Werk, den verborgenen Kristallwagen aus dem Berge herauszuführen. Ohne grosse Mühe gelang es ihm, den Wagen, dessen Deichselende aus der Bergkuppe herausschaute, zu bespannen. Nun aber folgte das schwerste Stück seiner Arbeit. Wie sollte er, ohne dabei ein Wort zu sprechen, sein Schimmelgespann zu gleichmässigem Ziehen antreiben? Zogen die Deichselrosse an, so legte sich der Vorspann zu wenig ins Geschirr. Die Zeit verstrich, schon graute der Morgen. Nur wenig fehlte mehr, ein letzter kräftiger Ruck, und das kostbare Fuder wäre gewonnen gewesen. Aber umsonst mühte sich der Mann mit seinem Gespann, nie brachte er die Schimmel, die wohl Unheil witterten, zum gleichmässigen, vereinten Ziehen. Die Geduld des Fuhrmanns schmolz zusammen. Im Eifer brach er das Gebot des Schweigens und rief, halb ermunternd, halb im Zorn : «Hü, i Gotts Name! » Doch wie ihm das unheilvolle Wort entfahren, zuckte ein Blitz aus der Erde hervor, erschlug das Gespann und riss den Kristallwagen in die Erde zurück. Der Fuhrmann aber erhängte sich aus Gram über den Verlust an einer Tanne. Auch in der waldigen Kuppe der Staufenalp, in der Nähe des Dorfes Röthenbach, soll ein Wagen mit Reichtümern schwer beladen verborgen sein. Schon mancher hat auch hier versucht, die verlockenden Schätze zu gewinnen, aber noch keinem ist es bis heute gelungen, sie zu heben. Noch jedesmal scheiterte der Versuch an der mangelnden Schweigsamkeit derer, die sich dartun mühten. Emmentaler Sagen, Hermann Wahlen, 1962 Gute Schriften Bern Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schatz im Schiff

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Auf dem Schwalmis im Isental ist ein ganzes Schiff voll Geld im Erdboden versteckt. Wer neun Sommer nacheinander in der nahen Isentaler Alp Bolgen als Kuhhirt dient und dabei die ganze Zeit hindurch kein einziges Mal flucht, wird den Schatz gewinnen. Mich. Imhof, 80 J. alt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schatz im Schloss Agaren

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Vor vielen Jahren standen bei anbrechender Nacht zwei junge Leute, von denen einer ein Temperkind war, nahe an diesem Schlosse und sprachen miteinander, dass hier auch ein Schatz verborgen sein solle, den eine Kammermagd bewachen müsse, deren Erlösung an die Hebung des Schatzes gebunden sei. Sie wollten nicht furchtsam davon laufen wenn ihnen das Fräulein erscheinen würde, wie es schon so manche getan hatten. Während sie sich unterhielten, wurden sie mit Sand und kleinen Mauersteinchen beworfen. Sie glaubten anfangs, der Wind habe selbe heruntergeweht. Als aber dieser Sandregen fortdauerte und es immer grössere und grössere Steinchen auf sie hagelte, so vermuteten sie, etwa, ein mutwilliger Bube halte sich da oben versteckt und wolle sie necken. «Wir wollen doch sehen, wer da oben sei und uns nicht in Ruhe lassen könne», sagten sie zueinander und liefen hinauf über die langen Stiegen und finstern Gänge. Oben angekommen, war alles still und niemand anzutreffen; dabei wurde es so finster, dass sie an den Mauern herumtasten mussten um den Rückweg zu finden. Plötzlich hörten sie eine Pforte aufschliessen, ein rascher Gang und ein Klirren wie von einem stark geschüttelten Schlüsselbund rauschte an ihnen vorüber. Sie schlossen sich fester aneinander und sagten sich leise: «Das ist die Kammermagd, sie will uns die Schlüssel zum Schatze geben.» Im nämlichen Augenblick fiel ein grosser Schlüssel, wie geworfen zu ihren Füssen, dass es in den finstern Gängen hell ertönte. — Beide erschraken so sehr, dass sie nicht ein Wort zu sprechen wagten — und wie sie behutsam vorwärtsschritten, traten beide, bald der eine, bald der andere auf den Schlüssel am Boden; aber keiner wagte, ihn aufzuheben; einer zog den andern so gut und so schnell als möglich über die finstern Gänge und Stiegen hinunter und liessen Schlüssel Schlüssel bleiben. Wie sie sich endlich der Hauptpforte näherten, da stand zu ihrem neuen Schrecken, inmitten der Pforte, in aller Breite eine Weibsperson, ganz altväterisch gekleidet mit einem Schlüsselbunde; sie wandte ihnen den Rücken zu. Mit leisen, kaum hörbaren Tritten, schlichen sie der Mauer nach, neben der geisterhaften Torschliesserin vorbei, und drückten sich so fest sie konnten an die Mauern, um sie ja nicht zu berühren. Ohne zurück zu schauen, als sie schon fern vom Schlosse waren, wagten sie erst halblaut einander zu sagen: «Das war das Schlossfräulein! Ach, sie wollte uns glücklich machen und wir sollten sie erlösen! Aber was nit sy soll, schickt sich nit wohl!»   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Schatz im Schloss Apro zu Seedorf

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a) »Im untersten Gang des Schlosses sei früher eine Schmiede gewesen, haben die Alten gesagt, und noch in meiner Jugendzeit hatte ein Teil desselben diesen Namen,« belehrt mich ein ein 80jähriger Seedorfer. »Von dort führte eine unendlich lange Wendeltreppe (»ä Schnäggästägä«) in den Erdboden hinunter; niemand weiss, wie tief. Ich stieg[ auch einmal hinunter, als ich aber von oben keine Heiteri mehr sah, bekam ich Angst und kehrte um. Weiss Gott, wo ich da hingekommen wäre. Die Treppe führt zu einem grossen Schatz, aber kein einziger Mensch hat ihn je erreicht; alle die vielen, die schon hinunter gestiegen sind, fürchteten sich, sobald sie von oben kein Licht mehr sahen, und kehrten um.« Joh. Exer b) Eine 80jährige Seedorferin berichtet: »Einige Knaben, ich könnte sie alle noch aufzählen, machten eines Tages, als ich noch in die Schule ging, im Schloss Versteckis. Während sich die andern ein Versteck suchten, blinzte der eine an der Mauer des Ganges im Erdgeschosse nahe bei der Haustüre. Man nannte diesen Teil des Ganges ›d'Schmittä‹, weil da früher eine Schmiede gewesen sein soll. Und in der Tat sah man noch damals Spuren einer solchen. Als der Knabe den Kopf von der Mauer weghielt und aufschaute, um auf die Suche zu gehen, da erblickte er plötzlich vor sich drei grosse Häfen voll Geld; in einem glänzte Gold, im andern Silber, und der dritte war mit Kupfergeld gefüllt. Schnell holte er seine Kameraden herbei, aber jetzt waren die drei Häfen samt dem verlockenden Inhalt verschwunden.« Fr. Tresch-Gisler c) In den Schlupfwinkeln des Schlössleins machten fröhliche Kinder oftmals Versteckis. Da brachte einmal des Ratsherrn Alberten Töchterlein seinen Eltern, die als Pächter im Schlösslein wohnten, die sonderbare Mitteilung, es habe beim Spiel schon einige Male durch ein Mauerloch in ein verborgenes Kämmerlein hineingeschaut und darinnen einen Haufen glänzendes Gold erblickt auf einem Tischlein. Auf dem Gold sei ein schöner Mann gesessen. Die Leute befahlen ihm strenges Stillschweigen und machten sich dann während der nächsten Nacht, mit Werkzeugen bewaffnet, auf die Suche. Aber das Kind fand die Maueröffnung nie mehr, trotzdem es sonst mit allen Winkeln und Schloffen des Gebäudes vertraut war. – »Und da hennt sy den äbä wellä ha,« fährt die Erzählerin fort, »wennd das Chind eppä sy G'stapäliär uder sys Nastiächli uder susch eppis uff das Gäld anä griährt hätt, so wärs nitt verschwundä.« Und ein Zuhörer bestätigt: »Das het mä je und je g'seit, wem-mä so eppis findi und dervo miäß und nid eppis derzüe leggi, äs Mässerli uder mynetwägä-n-eppis anders, so meg-s-es wider züetüe.« Paulina Zwyssig d) Einst spielte eine Schar leichtfüssiger Kinder im Erdgeschoss des weitläufigen Schlössleins Ringel-Reihen, und »Ringä, Ringä, Rosä« schallte es laut durch die weiten Hallen. Da öffnete sich mit einemmal inmitten des Kreises vor ihren Augen ein rundes, tiefes Loch in der Erde, und da glänzte und schimmerte es wie Gold. In heller Freude eilten die Kleinen nach Hause mit der Mär, es sei ein ganzer Haufen Gold im Schlosse. Die Leute liefen hin, aber, o Jerä! niemand konnte auch nur das geringste Brösmeli des so geschätzten Metalles erspähen. Frau Wipfli-Herger, 80 J. alt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schatz im Schlossbrunnen

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Vom Schloss Fürstenstein wird erzählt, es befinde sich daselbst in einem ausgetrockneten Brunnen ein Schatz vergraben, den man zu verschiedenen Malen zu heben versucht habe. Unter anderem habe dies auch einmal eine Frau getan, das Guggerli genannt; sie sei jedoch im Loche drunten erstickt und habe ihre Geldgier mit dem Tode gebüsst. Die Sache soll wahr und im Anfang des 18. Jahrhunderts passiert sein. Andere büssten ihren Vorwitz zwar nicht mit dem Tode, aber mit Spott und vergeblicher Mühe. Fürstenstein Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schatz im Schlossbrunnen

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Auf Fürstenstein sieht man heute noch ein tiefes, rundes Loch. Es soll der ausgetrocknete Schlossbrunnen sein. Zu verschiedenen Malen versuchte man den Schatz, der nach der Sage darin vergraben sein soll, zu heben. Auch eine Frau, das «Guggerli» genannt, habe es versucht; sie sei aber im Loch drunten erstickt und habe so ihre Geldgier mit dem Tode gebüsst. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Schatz im Schlosse Campell

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Ein armer Schuhmacher, der in einem Acker beim Schlosse Campell gearbeitet hatte, ging, um sein spärliches Mittagsmahl im Schatten zu geniessen, in das Innere der Schlossmauern. Wie er sich nun so die alten Mauern ansah, und die Colosse von Quadern beguckte, gewahrte er neben einem Balken in der Mauer ein Loch, und in dem Loche ein Kistlein; das nahm er zu sich, öffnete es, und fand darin köstliches Geschmeide, auch gemünztes Geld. Er war klug genug, die Sache nicht zu offenbaren oder zu plaudern, wendete den Fund gut an, und ward durch ihn in bessere Verhältnisse gestellt. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schatz im Schlosse Felsberg

Source: Der Schatz im Schlosse Felsberg

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Es soll im Hügel, auf dem das Schloss Felsberg gestanden, ein Gemach sein, in welchem ein grosser Kasten sich vorfinde, der mit allerlei kostbaren Gegenständen angefüllt sei; unter diesen befinde sich auch ein goldenes Kegelspiel. Auf diesem Kasten sitze aber ein schwarzer Pudel, der diese Kostbarkeiten bewache. Von Zeit zu Zeit komme dieser Wächter auch zum Vorscheine, aber nur bei Nacht. Es gab dann auch Leute, welche gesehen haben, wie er seine Spaziergänge gemacht, und die vor grosser Angst ihm schön aus dem Wege gewichen seien. Gegenwärtig zeigt sich dieser Pudel nicht mehr, und als die Gemeinde Felsberg vor zirka 10 Jahren diesen Hügel zum grossen Teil abtragen liess, um ihr Schulhaus an diesem Platze zu erstellen kam auch kein unterirdisches Gemach zum Vorschein. - Nach Andern muss der letzte Schlossherr von Felsberg während Frohnfasten alle Jahre, Nachts, eines begangenen Unrechtes willen, von einem Hunde mit feurigen Augen begleitet, sieben Mal um den Schlosshügel herumkriechen, auf allen Vieren, und dazu die übrige Zeit im Innersten des Schlosshügels ein goldenes Kegelspiel hüten, das Spielzeug der einstigen Zwingherren. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schatz im Schlosse Friednau

Source: Der Schatz im Schlosse Friednau

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Im Schlosse Friednau soll alle fünfzig Jahre eine weiss gekleidete Jungfrau umgehen, in mittelalterlichem Gewande und einem grossen Schlüsselbunde an der Seite; sie soll die Schätze sonnen, die in den unterirdischen Gewölben liegen. - Erscheint aber ein neugieriger Zuschauer, so verschwinden Jungfrau und all die schönen Sachen. Sobald sie aber einmal unbelauscht ihre sämtlichen Herrlichkeiten ans Sonnenlicht bringen kann, ist ihre Erlösung bewirkt. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schatz im Schlosse Kapfenstein

Source: Der Schatz im Schlosse Kapfenstein

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Eines Tages erschien spielenden Kindern vor der Burg Kapfenstein eine weisse Jungfrau. Diese breitete ein silbergewirktes Tüchlein auf den Rasen und legte Goldstücke auf Dasselbe. - Die Kinder, geblendet von dem Golde, sprangen gleich zu, um es zu haschen, aber plötzlich verschwanden Jungfrau und Tüchlein und Gold, und es war Alles wie vorher. Hätten die guten Kinder aber gewartet, bis die Schlossjungfer mit dem Goldstücke-Legen fertig gewesen wäre, hätten sie den ganzen Schatz bekommen und damit auch die arme Seele der Spenderin erlöst. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schatz im Schlosse Rauh-Aspermont

Source: Der Schatz im Schlosse Rauh-Aspermont

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Oberhalb der schönen bischöflichen Meyerei »Muliniira« bei Trimis stehen die Reste vom Schlosse Rauh-Aspermont, wo ein Schatz liegen soll, welchen einstens ein Mann haben wollte. Dieser hatte vernommen, dass eben der Schatz nur durch einen unbescholtenen Mann und drei »reinen Jungfrauen« gehoben werden könne. Nun hatte der gute Mann drei ledige Töchter, und machte sich alsbald daran, den Glückshafen zu heben. Der Schatz aber blieb liegen, wo er bis anhin gelegen, wohl deswegen, dass eine der drei Grazien keine »gute« Jungfrau mehr gewesen sein mochte. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schatz im Schlösslein Apro

Source: Der Schatz im Schlösslein Apro

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Einst brachten die Kinder des armen Pächters eine ganze Schoss voll prächtiger Goldstücke in die Stube und erzählten: Als sie im Schlosshofe spielten, sei ein grosser, schwarzer Mann, der eine weisse Zipfelkappe auf dem Kopfe trug, aus dem Keller heraus gekommen und habe ihnen dieselben gegeben und gesagt, sie sollten damit spielen. Gottlieb Herger Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schatz im Stalle

Source: Der Schatz im Stalle

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Es isch einisch e Ma in es richs Hus cho und isch im Stal übernachtet. E so ume zwölfe um chunt eine mit eme Seckel voll Gält, und het ne verlochet und gsäit: „Jetzt Tüfel hüet, bis se en wisse Geisbock dur der Stal hindere jage.“ Am andere Morge isch de Ma siner Wäge gange. Aber vo der Zit a hänt si ekes Veh meh ha chönne in dem Stal, alles isch druf gange. Übers Johr isch de Ma wider dert verby cho, und wo-n-er ghört het, wie's au mit dem Stal stöi, so het er nes gsäit was er i selber Nacht gseh gha het. Do hänt se en wisse Geißbock g'chauft, und ne dur de Stal hindere gjagt und alles isch wieder guet gsi, und s'Gält hänt se use grabe und dem Ma au en schöne Täil dervo g'ge. (Originaltext)   Einmal kam ein Mann in ein reiches Haus und übernachtete im Stall. So um die Zwölfe herum kam einer mit einem Säckel voller Geld, verlochte ihn und sagte: „Jetzt Teufel hüte, bis sie einen weißen Geißbock durch den Stall hindurch jagen.“ Am anderen Morgen ging der Mann seines Weges. Aber von der Zeit an konnten sie kein Vieh mehr in dem Stall halten, alles ging drauf. Nach einem Jahr kam der Mann wieder dort vorbei, und als er hörte, wie es um dem Stall stand, erzählte er ihnen, was er in jener Nacht gesehen hatte. Da kauften sie einen weißen Geißbock und jagten ihn durch den Stall hindurch und alles war wieder gut. Das Geld gruben sie aus und gaben auch dem Mann einen schönen Teil davon. (Übersetzung)   C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.           C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schatz im Tennboden

Source: Der Schatz im Tennboden

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  In einem Dorfe lebten zwei alte „Gettel“. Sie waren sehr reich, aber ungemein geizig. Mit Hilfe eines Knechtes bewirtschafteten sie ein schönes Bauerngut. Zur Kirche gingen sie nie; sie beteten nicht Gott, sondern ihr Geld an. Den Knecht hingegen schickten sie alle Sonntage zur Messe. Das kam ihm sehr sonderbar vor. Er vermutete, die Meister wollten ihn nur aus dem Hause haben, um unterdessen frei und ungestört ihr Geld zählen oder sonst irgendeiner Heimlichkeit frönen zu können. Das missfiel ihm, und er beschloss, dem Geheimnis auf die Spur zu kommen. An einem Sonntagmorgen verliess der Knecht das Haus und schlug den Weg zur Kirche ein. Doch bald kehrte er wieder um, schlich im Schutze der alten Obstbäume ungesehen zum Hofe zurück und versteckte sich auf der Heubühne. Die Glocken läuteten zum Gottesdienste, und sonntägliche Stille legte sich auf das Dorf. In ihrer Stube redeten laut und aufgeregt die beiden Gettel. Dann schlürpten sie in die Küche und von hier durch ein Türlein ins Tenn hinaus. Sie trugen einen Kessel voll Geld. Den stellten sie an die Wand und holten Axt und Brecheisen herbei. Damit rissen sie mitten in der Tenne den Boden auf. Eine Kiste kam zum Vorschein. Ihr Deckel wurde aufgehoben. Gold- und Silberstücke funkelten. Nun fergten sie den Kessel herbei und schütteten seinen Inhalt in die Truhe. Gab das ein Rauschen und helles Klingen! Eine Weile noch betrachteten die beiden Geizhälse ihren Schatz. Dann verschlossen sie die Kiste und nagelten den Tennboden wieder auf. Einer aber stellte sich auf die geheime Stelle und sprach diesen Bann: „Hier muss einer mit einem zweijährigen, weissen Geissbock rückwärts darüberreiten.“ Nun war das Werk getan. Die beiden Alten schlürpten in die Stube zurück, und Stille herrschte im Hause. Der Knecht hatte vom Heuboden aus alles gesehen und gehört. Er fühlte sich von dem Tage an nicht mehr wohl in diesem Hause. Nach der Ernte schon packte er seine Sachen zusammen und wanderte in die Fremde. Viele Jahre blieb er dort, diente manchem Meister und dachte kaum mehr an sein Erlebnis. Doch einmal packte ihn das Heimweh mit Macht, und er kehrte in sein Heimatdorf zurück. Da hatte sich indessen manches geändert. Alte Häuser waren verschwunden, und neue standen an ihrer Stelle. Viel liebe Menschen, denen er so gerne die Hand gedrückt hätte, fand er nicht mehr. Sie ruhten in der kühlen Erde. Auch die beiden Gettel hatten ihren Schatz verlassen und die Reise in die Ewigkeit gemacht. Ihr Haus stand zwar noch da, war aber unbewohnt geblieben. Es hausten schreckliche Geister darin, die Tag und Nacht polternd und lärmend, heulend und jammernd umgingen und weder Menschen noch Tiere in ihrer Nähe duldeten. Das Haus ging dem Zerfall entgegen, und das ganze Dorf kam seinetwegen in einen üblen Ruf. Der Heimgekehrte begab sich zum Ortsvorsteher und erbot sich, die Gespenster zur Ruhe zu bringen. Der Vorsteher nahm sein Anerbieten freudig entgegen und erklärte ihm, es seien keine Erben vorhanden, er könne das Haus und alles was darin sei als Eigentum behalten, wenn ihm sein Vorhaben gelinge. Nun begann der Knecht nach einem zweijährigen, weissen Geissbock zu suchen. Im ganzen Lande reiste er herum. Endlich fand er einen. Der war aber nur einjährig. Also musste er ihn zuvor noch ein Jahr lang futtern. Diese Zeit benutzte er, um ihn zum Reittier auszubilden. Der Bock war sehr gelehrig. Drückte ihn der Reiter mit den Knien, so ging er vorwärts. Zwickte er ihn mit den Daumennägeln in die Ohren, dann lief er rückwärts. Als das Jahr zu Ende war, zog der Knecht, auf dem Geissbock reitend, vor das Gespensterhaus. Hier stieg er ab und öffnete beide Tenntore. Im Hause polterten und lärmten wild die Geister. Nun stellte er den Bock vor die Schwelle, stieg auf und zwickte ihn in die Ohren. Langsam schritt er jetzt rückwärts durch die Tenne. Als er aber über die Stelle ging, wo der Schatz lag, da ertönte ein fürchterlicher Donnerschlag. Das ganze Haus erzitterte, Bock und Reiter wurden emporgeschleudert und flogen in weitem Bogen zum Haus hinaus - der eine durch das vordere, der andere durch das hintere Tenntor. Die Bretter des Bodens wurden aufgerissen und auf die Bühne hinaufgewirbelt. Als der Knecht sich vom Schrecken erholt hatte, wagte er sich wieder in die Tenne zurück. Er fand inmitten derselben ein tiefes Loch und darin lag eine grosse, offene Kiste, die bis zum Rand voll Gold und Silber war. Von diesem Tage an wurde es still im Hause. Die Geister hatten Erlösung und Ruhe gefunden. Der einstige Knecht nahm Haus und Schatz in Besitz und war ein reicher Mann. Was die beiden Gettel durch Geiz und Habsucht gesündigt, suchte er durch Freigebigkeit und Wohltätigkeit gutzumachen.   Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch  


by Der Schatz im Theelwäldchen

Source: Der Schatz im Theelwäldchen

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Nicht gar weit unter der Wallfahrtskapelle im Theel soll, im sogenannten Pfarrherrnwäldchen, in einer kleinen Vertiefung ein Schatz verborgen sein. Das Geld, in Gold, Silber und Münzen gesondert, lag in einem offenen Koffer; aber allemal sah man eine abscheuliche Schlange in grausen Ringen darauf liegen und den Schatz verwachen. Wollte sich jemand dem Gelde nähern oder gar Miene machen, davon zu nehmen, so blähte sich die Bestie gewaltig auf und warf drohend ihr giftiges Gebiss in die Höhe. Einmal gelang es, mittelst eines geworfenen Steines drei Talerstücke aus dem Koffer zu dengeln; worauf die Schlange sich ins Geld verkroch, der Koffer knallend schloss und Alles für immer verschwand.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Schatz im Thelwäldchen

Source: Der Schatz im Thelwäldchen

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Nicht gar weit unter der Wallfahrtskapelle im Thel soll im sogenannten Pfarrherrnwäldchen in einer kleinen Vertiefung ein Schatz verborgen sein. Das Geld, in Gold, Silber und Münzen gesondert, lag in einem offenen Koffer; aber allemal sah man eine abscheuliche Schlange in grausen Ringen darauf liegen und den Schatz bewachen. Wollte sich jemand dem Gelde nähern oder gar Miene machen, davon zu nehmen, so blähte sich die Bestie gewaltig auf und warf drohend ihr giftiges Gebiss in die Höhe. Einmal gelang es mit einem Stein, drei Talerstücke aus dem Koffer zu bengeln; darauf verkroch sich die Schlange ins Geld, der Koffer schloss sich knallend, und alles verschwand für immer. LEUK Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Schatz im Wolfensberg

Source: Der Schatz im Wolfensberg

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Der Schatz im Wolfensberg Zu den Zeiten der Hagheeren stand auch beim Bad Wolfsberg oberhalb Bauma ein Bürglein, das den sanktgallischen Dienstmannen von Wolfensberg gehörte. Aus unbekanntem Grunde ist diese Burg schon in alten Zeiten zerfallen. Die Alten erzählen, vor Zeiten habe man noch in den Keller der ehemaligen Burg hinabsteigen können. Einige Burschen, die das einmal taten, fanden dort ein grosses Fass mit starken Reifen. Eilig gruben sie weiter, aber je weiter sie gruben. desto weiter versank das Fass. Das kam den Burschen nicht geheuer vor, und sie machten sich davon. Noch früher ging die Sage um, in dem Keller der Burg liege ein goldener Pflug verborgen, und eine Schlange müsse ihn bewachen. Ein Hirt, der bei der Ruine Ziegen hütete, bemerkte einst eine weisse Jungfrau in dem Gemäuer herumgehen. Die Jungfrau redete den Burschen an und sagte ihm, dass sie die Tochter eines Ritters von Wolfensberg sei, die seit Jahrhunderten Schätze hüten müsse, aber nur alle hundert Jahre in ihre lebendige Gestalt zurückkehren dürfe. Allemal dann könne sie erlöst werden, wenn ein Jüngling den Mut finde, sie dreimal zu küssen, was noch keiner imstande gewesen sei. Der Bursche, von der Schönheit der weissgekleideten Jungfrau überwältigt, küsste diese, ohne sich zu besinnen. Die Schöne lächelte traurig und sprach: „Nun musst du mich auch küssen, wenn ich als Schlange an dir heraufkrieche!“ Alsobald wand sich eine abscheuliche Schlange an ihm empor. Aber als der grässliche Kopf vor seinen Lippen auf den Kuss wartete, ergriff ihn der Ekel, und er schleuderte das Tier von sich. Was ihn die Beine trugen, rannte er talwärts‚ während hinter ihm Schluchzen und Wehschreie ertönten. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Umstilisiert aus Fr. 12. 7. 1924 und Studer, S. 28. Wolfensberg, links der Töss, südöstlich Bauma. 1556 standen noch Ruinen.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schatz im »grossen Haus« zu Sisikon

Source: Der Schatz im »grossen Haus« zu Sisikon

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Da, wo jetzt das sogenannte grosse Haus zu Sisikon steht, sei früher eine Burg gewesen, aus der die »Jütz von Sisikon« stammen, eine Familie, die im 16. Jahrhundert nach Schwyz ausgewandert ist. Nach der Volksüberlieferung waren diese Jütz hortreiche Leute, besassen die Läntergen in Morschach, die Eigenalpen Buggi am Rophaien und Urwängi in Seelisberg, den Riedberg, viel Vieh, Knechte und Mägde und eine grosse Sennerei. Die Dienstboten hatten es sehr gut bei ihnen, aber das ewige Kalbfleisch und der Biämst (Biestmilch) sei ihnen allemal verleidet. Daraus kann man auf die Grösse ihres Viehstandes einen Schluss ziehen. Zuletzt seien zwei Söhne gewesen; die wussten nichts von arbeiten, bis sie 20 Jahre alt waren. Einst fuhren sie mit ihrem Schifflein in den See hinaus, vergnügten sich mit Schifflifahren und ertranken. Im »grossen Haus« ist ein Schatz verborgen. Einmal gruben sie nach ihm. Schon waren sie nahe dabei, da begann es furchtbar zu tüflen und zu lärmen, zu donneren und zu krachen. Jetzt hätten sie aber gleichwohl weiter arbeiten sollen, allein statt dessen ergriffen sie die Flucht, und da fiel der Schatz wieder in den Erdboden zurück. – Eine andere Partie von Schatzgräbern hatte Misserfolg, weil ihr das siebente Buch Moses fehlte. Das sechste hätten sie gehabt. Joh. Jos. Huber, 80 J. alt; M. Josefa Aschwanden, 75 J. alt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schatz in den Diebjen

Source: Der Schatz in den Diebjen

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Die Diebjen liegen eine halbe Stunde oberhalb des Dörfleins Unterdembiel bei Zeneggen. Ganz früher stand da nur ein einziges Haus mit den nötigen Nebengebäuden. In diesem Hause war es aber nicht geheuer; denn so oft jemand es wagte, über Nacht dort zu bleiben, fand man ihn am Morgen tot. Es blieb unter solchen Umständen unbewohnt, und die Liegenschaften wurden sozusagen wertlos. Eines Tages kam ein fremder Handwerksbursche, fragte nach Arbeit und bat vorläufig um Unterkunft für diese Nacht. Der Besitzer der Diebjen, ein braver und arbeitsamer Mann, hatte oft den Plan gehabt, in seinem Gütchen Verbesserungen vorzunehmen; aber er fand niemand, weil sich niemand der Gefahr aussetzen wollte, das Leben zu verlieren. Da kam ihm der Bursche gerade recht. Er trug ihm die Arbeit an, verschwieg ihm aber durchaus nicht, dass in dem Häuschen, wo er übernachten müsse, mehr als einer am Morgen tot aufgefunden worden sei. Der Fremde, dem auch der Landbau nicht unbekannt war, ging den Handel ein, und, da er kein Hasenherz war, erklärte er sich bereit, schon diese Nacht das Häuschen zu bewohnen. Er stieg also hinauf zu den Diebjen und schaute sich das Häuschen an. Es gefiel ihm. Er schickte sich sogleich an, eine warme Suppe zu kochen. Eben brodelte recht lustig die Suppe in der Pfanne; da stieg ein Fuss durch den Kamin herunter, ihm folgte ein zweiter Fuss, bis endlich ein ganzes Leibgebilde vor ihm stand, aber es war kein rechter Mensch, sondern nur ein schwarzes, höllisches Gespenst. Und dieser Geist nahm sogleich mehrere Schlüssel von der Wand herab, unter andern auch den Hausschlüssel. Er wollte ihn dem Burschen geben und befahl ihm: « Öffne das Haus!» - «Ich habe es nicht geschlossen, ich öffne es nicht!» antwortete der Bursche. Beide traten vor die Haustüre, die tatsächlich nicht geschlossen war. Dann führte ihn der Geist bis zur Kellertüre. « Öffne!» herrschte er ihn wieder an. «Ich hab’ sie nicht geschlossen, ich öffne sie nicht!» gab kurz der Fremde zurück. Die Türe sprang auf, und sie standen mitten im Keller. Der Geist holte Werkzeuge herbei und befahl ihm, den Kellerboden aufzugraben. Die Antwort lautete: «Ich hab’ hier nichts vergraben, hab’ auch nichts zu suchen.» Das Gespenst grub nun selbst und stiess beim Graben auf eine grosse Steinplatte. «Hebe die Platte!» gebot der Geist. «Ich habe sie nicht hingelegt und hebe sie nicht», sagte der Bursche. Nach langer Anstrengung hatte der Geist die Platte gehoben. Es kamen drei Häfen zum Vorschein. «Öffne die Häfen!» lautete der gleiche Befehl. «Ich hab’ sie nicht zugedeckt, brauch’ sie auch nicht zu öffnen», erwiderte der unerschrockene Begleiter. Immer mehr verlor sich die schwarze Farbe des Gespenstes und spielte allmählich in ein mattes Weiss über. Als der Geist auch die Deckel von den Häfen hinweggehoben hatte, sprach er: «Jetzt bin ich erlöst!» «Da in diesem Hafen ist Gold; das gehört den Armen. In jenem Hafen ist Silber; das gehört dem rechtmässigen Eigentümer. Im letzten Hafen sind Münzen; die gehören dir. Hättest du mir gefolgt und geöffnet, so hätte ich noch hundert Jahre büssen müssen. Ich habe nicht nach Vermögen Almosen gegeben, habe den Nebenmenschen übervorteilt und nicht alles ganz genau wieder erstattet. Wie schwer wiegt doch alles später! Ich habe im Leben übermässig das Zeitliche gesucht und nach den Batzen gehascht. Sie gehören nun dir, der du mir zu meiner Erlösung verholfen hast.» Sprach`s und entschwand dann wie ein glänzendweisser Engel. Auch der Gold- und der Silberhafen verschwanden, nur der mit Münzen gefüllte Hafen blieb zurück. Er bot dem Burschen den Grundstock zu seiner späteren Wohlhabenheit. ZENEGGEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Schatz in der Blumalp

Source: Der Schatz in der Blumalp

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Es lebte einst ein armer Mann. In grösster Not sich befindend, konnte er durch Mangel an Arbeit nicht einmal mehr sein Leben fristen. In banger Sorge ging er abends zu Bette. Da träumte es ihm, dass in der Blumalp auf dem Stanserhorn in der Feuergrube der Alphütte ein Schatz liege. Er macht sich trotz der Winterszeit sogleich am Morgen auf, besteigt den Berg und sucht an der Stelle in der Hütte. Er findet nichts als einen Totenkopf. Unwillig will er ihn wegwerfen, da kommt es ihm in Sinn, er wolle ihn nach Hause nehmen und in das Beinhaus nach Stans tragen, damit er doch an einen geweihten Ort komme. Er nimmt den Totenkopf aus der Asche heraus und trägt ihn ins Beinhaus von Stans. Dort stellt er ihn zu den andern und gibt ihm das Weihwasser. Da fängt der Totenkopf zu glitzern an und wie er nachschaut ist es Gold. Der Totenkopf soll eine arme Seele gewesen sein, die er durch seine fromme Handlung erlöst und die es ihm nun vergolten hat.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Der Schatz in der Höhle

Source: Der Schatz in der Höhle

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Am Judsfad im Meiental – das sell de wahr sy! – traf ein Geissbub eine ihm bisher unbekannte Höhle an und wanderte darin herum und gelangte nach einiger Zeit zu einer Türe. Jetzt rief eine Stimme, dr Schlissel syg uberobä, und der Bub langte keck darnach und öffnete. Ein grosser Saal weitete sich vor ihm, in dem zwei Männer drei Geldfässer bewachten; das eine war mit Gold, das andere mit Silber und das dritte mit Kupfer gefüllt. Daneben sass ein schwarzer Pudelhund. Die zwei Männer nötigten und baten den Bub, er solle von dem Schatze nehmen, soviel er nur möge; aber sobald er einen Griff tun wollte, spie der Hund Feuer. Endlich nahm er doch einige Krontaler und machte sich davon; den Schlüssel war er so aarig mitzunehmen. Am Abend detzelte (stötzelte) er mit einigen Kameraden und brauchte dabei seine Krontaler. Der Vater bemerkte das und zwang den Finder am folgenden Morgen, ihn zu jener Höhle zu führen. Der tat es, aber der Vater maulte und futterte eistig mit ihm, so dass er endlich aus Täubi den Schlüssel wegwarf. Den aber packte plötzlich der schwarze Pudel und eilte damit der Höhle zu. Schade, sonst hätten der Junge und sein Vater die zwei Schatzhüter erlösen und die drei Geldfässer gewinnen können. Fr. Gamma-Zgraggen, 40 Jahre alt, Silenen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schatz in der Kirche zu Closters

Source: Der Schatz in der Kirche zu Closters

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Von jeher geht die Sage, in der Kirche zu Closters liege viel Geld und Schätze vergraben und versteckt. Einmal wollten zwei angesehene Männer die Schätze heben, und waren eben am schönsten Graben, so kam der Geist, der Hüter des Schatzes, und sagte zu ihnen, wenn sie ihm nicht ein ungetauftes Kind gäben, würden sie den Schatz nie und nimmer bekommen. Der Eine dieser Männer hatte nun gerade ein noch ungetauftes Kleines daheim, und wollte dem Geiste Dasselbe bringen. Aber seine Frau Eheliebste erwischte ihn noch rechtzeitig beim Raube, und nahm ihm den Schreihals wieder ab, mit Gewalt. Und so blieb der Schatz liegen, wo er heute noch liegt. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schatz in der Rosenburg

Source: Der Schatz in der Rosenburg

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Gerade beim Eintritt ins Dorf Stans, von Stansstad her, liegt rechts an der Strasse ein altes Gebäude. Es ist das frühere Schloss Rosenburg, jetzt „Höfli" genannt, der Ort mancher geheimnissvoller Sagen. Namentlich soll dort ein Schatz verborgen liegen. Auch soll es durch einen unterirdischen Gang mit dem Kirchturm von Stans in Verbindung stehen. Die Sage über den Schatz lautet: An einem Karfreitag wachte ein Mägdlein, das an einem Septembertage geboren war, bei einer alten, kranken Jungfrau. Es war eben die Zeit, da in der Kirche die Passion gelesen wurde, als das Mägdlein in den Keller wollte, um etwas zu holen; dieser Keller ist so finster, dass man am hellen Tag ein Licht braucht. Es zündete daher sein Licht an und tritt hinein. Da erblickt es einen weiten Kreis von brennenden Kerzen und in dem Kreise leuchtete es so lichthell wie die Sonne, so dass das Mägdlein geblendet und erschrocken davon eilte. Es erzählt dies der Kranken, die ihm sagt, dass es sogleich wieder hin eilen und seinen Rosenkranz in den Kreis werfen solle; der Zauber, der den am Karfreitag blühenden Schatz banne, sei dann gelöst. Das Mägdlein eilt hin, aber es fand nichts mehr, als den finstern Keller. Der Schatz hatte sich geschlossen und kein Mensch weiss, wann er wieder blühen wird.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Der Schatz vom Schlosse Strahlegg

Source: Der Schatz vom Schlosse Strahlegg

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In der Nähe des Schlosses Strahlegg schlug einstens zufällig der Huf eines Saumpferdes ein glänzendes Goldstück aus der Erde und der nachtretende Säumer fand dort einen beträchtlichen Schatz. Da das Glück ihm aber nicht erlaubte zu schweigen, geriet er in Händel und Streit mit dem Vogte zu Castels, der den Schatz für seinen Herrn in Anspruch nahm. Einmal gingen zwei Männer um Mitternacht von Küblis nach Fideris¬Bad. Der Weg führt eine kleine Strecke oberhalb der Burg vorbei. Dort angelangt, wo man vom Wege aus die Burg erblickt, sahen sie aus dem Walde her eine Kutsche mit Windeseile heranrennen. In Derselben sass der alte Burgherr. - Gelingt es Diesem auf seiner nächtlichen Fahrt, die sich alle hundert Jahre wiederholt, einmal ungesehen vom menschlichen Auge vierspännig zur Burg zu gelangen, so ist seine Seele erlöst.    Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schatz von der Kirche zu Closters

Source: Der Schatz von der Kirche zu Closters

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Es war so Ende des 18. Jahrhunderts, als ein Mann, der nahe bei der Kirche in Closters wohnte, eines Abends spät von seiner Arbeit heimkehrte. Da seine Leute schon zu Bette gegangen waren, suchte er in der Küche herum, was sie ihm »z'Nacht« gerüstet hätten, er fand aber nichts Anderes, als einen Haufen Nussschalen und Schneckenhäuslein in einem Kessel über dem Feuer. In der »Täubi« (erbost), dass man ihn so zum Narren habe, nahm er den Kessel vom Feuer weg, aber plötzlich sah er kein Feuer mehr, auch alle Nussschalen und Schneckenhäuslein waren aus dem Kessel verschwunden. Das konnte sich der gute Mann nicht deuten, und es wurde ihm ganz angst, was dahinter stecken möge. - So liess er das Suchen nach Essbarem sein, und ging schlafen. In der Nacht träumte ihm fortwährend von einem grossen Kessel voll Nussschalen, Schneckenhäuslein u. drgl. - Am Morgen erzählte er das Geschehene und auch den Traum. Draussen in der Küche stand aber, und zwar auf dem Herde selber, das Nachtessen, das er gesucht, aber nicht hatte sehen und finden können. Nun berichtete seine Schwester, dass vor einiger Zeit, als sie in den Keller gewollt, ein weissgekleideter Mönch ihr den Weg versperrt habe. Der Mann wurde ganz nachdenklich über alles das, und urteilte, dass ein Geist hier hause. Er überlegte die Sache, und fasste den Entschluss, zwei Geistliche um ihre Hülfe anzusprechen, denn er allein wagte es nicht, hinter den Geist zu geraten, den er im Hause hatte. Er unternahm zu diesem Zwecke die Reise über Schlapin, ins Montavon, ging zu zwei Geistlichen und erzählte ihnen Alles. Die Geistlichen waren gleich bereit, dem Manne zu helfen und kehrten mit ihm Closters zu. Alle Drei gingen in den Keller, wo der eine Geistliche aus einem grossen Buche, das er mitgebracht, allerlei Formeln las. Dieser lesende Geistliche liess, wie aus Versehen, sein Nastuch fallen. Der Hauseigentümer gewahrte es, und hob das Nastuch auf. Der Geistliche las weiter, und liess wieder das Nastuch fallen, worauf der Mann abermals es aufheben wollte, aber der andere Geistliche gab ihm einen Wink, es liegen zu lassen, bückte sich selber, und hob, eine Handvoll Erde mitfassend, das Nastuch auf, und steckte dann Nastuch und die Erde darin, in die Tasche. - Hierauf hörte der andere Geistliche auf, zu lesen, und alsobalde kehrten Beide nach dem Montavon zurück. In der darauf folgenden Nacht schlug der Mann sein Nachtquartier neben dem Ofen auf; er konnte aber nicht schlafen, so sehr beschäftigte diese Geschichte seine Gedanken. Es war eine helle Nacht, der Vollmond stand am Himmel und leuchtete durch die Fenster. Etwas vor Mitternacht vernahm er Tritte, wie von einem Menschen, und gleich darauf öffnete sich die hüre, und es trat ein grosser Mann herein, der gab durch Bewegungen mit dem Kopfe ihm seinen Dank zu verstehen. Dem Manne wurde seltsam zu Mute, er wollte seinen späten Gast anreden, aber er brachte kein Wort hervor, war auch keiner Bewegung fähig. Der grosse Fremde verliess hierauf die Stube, und der Zurückgebliebene hörte ihn weggehen, vernahm auch, wie Derselbe die Treppe hinunter etwas nach sich zog. Jetzt erst konnte er wieder aufstehen von der Ofenbank, auf welcher er, so lange der Andere in der Stube geweilt, wie festgebunden war, trat dann ans Fenster, und sah, beim hellen Mondscheine, dass sein stummer Besucher so eben von seinem Hause fortschritt, und einen grossen, vollen Sack nach sich schleifte. - Er schaute ihm noch nach, und eben schlug es Zwölfe an der grossen Glocke am nahen Kirchturme. - Im Frühjahre darauf ging der besagte Mann wieder um nach Montavon, diesmal aber um eine Kuh zu kaufen. - Er besuchte bei diesem Anlasse auch die beiden Geistlichen, welche ihn sehr gastfreundlich aufnahmen, und mit Speise und Trank erquickten. Sie eröffneten ihm, dass an der gleichen Stelle, wo sein Haus jetzt, früher ein Mönchskloster gestanden, und dass dort Silbergeschirr und gemünztes Geld im Keller versteckt gewesen sei, welches der stumme Besucher, ein Mönch, der den Schatz habe hüten müssen, nach dem Montavon gebracht habe, weil dieser Schatz einem Vermächtnise zufolge, der nächstliegenden katholischen Kirche angehöre. - Das Haus, wo der Schatz gelegen, und wo vordem das Kloster gestanden, heisst heute noch »im Winkel«, und der Mann, dem damals diese Geschichte passierte, hiess Hans Guler, genannt der »Schäfli-Guler.« - Es sind noch kaum 10 Jahre, als sein Enkel, auch Hans Guler mit Namen, in diesem Hause wohnte. Er hatte aus dem Keller eine Schmiede herrichten lassen. Bei hellem Tage, als er einmal darin arbeitete, kam ein Weiss-Mönch zu ihm; als er jedoch Denselben bemerkte oder sah, fiel er vor Schrecken um, und erholte sich erst nach längerer Zeit wieder, aber der Mönch war und blieb verschwunden. Diese Begebenheit wiederholte sich öfters, weshalb er dieses Haus verlassen musste. Der Mann, der jetzt es bewohnt, heisst Andreas Kaspar. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schatz von Jetschwil

Source: Der Schatz von Jetschwil

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Vor dem Schloss Jetschwil hält ein alter Rosskastanienbaum treue Wacht. Wann dieser gepflanzt worden, kann man nicht sagen; es ist, weiss Gott, schon lange, lange her, und denen, die dabei waren, tut längst kein Zahn mehr weh. Aber ein sonderbares Ereignis hat sich damals zugetragen, das bis heute nicht vergessen wurde. Eines Morgens kam der Gärtner mit dem jungen Baum daher und begann auf dem Schlossplatze ein Loch zu graben. Wie es gewöhnlich so geht, waren bald ein paar müssige Zuschauer daneben und wunderten und fragten warum, wieso und weswegen. Der Gärtner gab flüchtige Antworten und grub eifrig weiter. Plötzlich stiess er auf eine Kohlenschicht. Schaufel um Schaufel warf er von der schwarzen Masse heraus. Es waren harte Holzkohlen. Die Schicht ging mehr als ein Fuss tief. Die Männer staunten und konnten sich nicht erklären, woher diese Kohlen stammten. Einer untersuchte sie und fand, sie seien so hart wie Kreide, man könnte sie zum Schreiben benützen. „Ich will die „Faggetta“ voll mitnehmen,“ sprach er. „Wenn einmal der Schneider auf die Stör kommt, kann er die gäbig brauchen, um die Muster auf den Stoff zu zeichnen.“ Die andern lachten ihn aus: „Du kannst doch alles verwenden. Und kämen alte Glasscherben oder Kachelstücke zum Vorschein, du würdest sie mitnehmen, um damit Rüben zu schaben.“ Er kümmerte sich nicht um ihren Spott, füllte gleich beide Kitteltaschen mit Kohlen und trug sie nach Hause. Dort versorgte er sie in eine Schachtel und stellte diese auf den „Bouch“. Wochen und Monate vergingen. Dann kam der Schneider auf die Stör - und richtig - er fragte gleich nach einem Stück Kreide. Jetzt erinnerte sich der Bauer jener Kohlen. Er holte die Schachtel von der Bank herunter. Sie dünkte ihn sehr schwer. Er hob den Deckel ab und stiess einen Freudenschrei aus. Die Schachtel war gefüllt mit funkelnden Goldstücken. Noch am selben Tage eilte er nach Jetschwil und erzählte dem Schlossgärtner den sonderbaren Vorfall. Die beiden gruben sogleich den jungen Kastanienbaum wieder aus und durchsuchten die Erde im ganzen Umkreis. Doch fanden sie weder Kohlen noch Gold. Die Enttäuschten pflanzten den Baum wieder an seinen Platz. Im aufgelockerten Erdreich wuchs er freudig empor und wurde zum mächtigen Baume, den wir heute noch bewundern.    Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch  


by Der Schatz zu Äsch

Source: Der Schatz zu Äsch

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a) Der alte Biäl-Leni-Chaspi von Unterschächen hat oft behauptet, unter dem Kapellchen zu Äsch wäre Geld genug verlochet. Ein fahrender Schüler habe geoffenbart, an diesem Platze seien drei Häfen voll Gold unter dem Erdboden. Ihrer einige machten sich einst an die Arbeit, sie zu heben. Als sie auf den ersten Hafen stiessen, sass etwas Wüstes darauf, und es graute ihnen so, dass sie ihre Instrumente wegwarfen und davonliefen. Es sei – Gott b'hiät-is davor – der lebendige Teufel gewesen, den sie gesehen. Später wurde dann das Kapellchen auf dieser Stelle gebaut. Josef Maria Arnold, Unterschächen b) Dort, wo das Wasser des Stäuben zu Äsch den Boden erreicht, ist in drei Kisten ein grosser Schatz vergraben. Ihrer drei Frechlinge bemühten sich, ihn zu gewinnen. Sie leiteten das Wasser ab und gruben. Als eine Kiste zum Vorschein kam, fingen sie an zu streiten, denn jeder beanspruchte sie. Da flog ein schwarzer Vogel über ihnen durch die Lüfte, und das Wasser kam und vertrieb sie. Karl Brücker, 72 J. alt, Bürglen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schatz zu Weingarten

Source: Der Schatz zu Weingarten

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An der Furkastraße, die aus dem urnerischen Urserntal ins Wallis hinüberführt, wobei sie am gewaltigen Rhonegletscher vorbeigeht, liegt das Dörflein Weingarten. In diesem Dörflein lebte einst ein Mann namens Niggi Eggel mit seiner Familie. Er war arm und hatte Mühe genug, sich und seine Haushaltung durchzubringen. Doch war er brav und tat sein Tagewerk unverdrossen. Eines Nachts nun träumte diesem Niggi Eggel, in Uri auf der Brücke werde er sein Glück finden. Als er erwachte, dachte er, es werde nur ein Traum gewesen sein wie ein anderer, und machte sich darüber weiter keine Gedanken. Wie er aber die zwei folgenden Nächte wieder den haargleichen Traum hatte, erzählte er ihn lachend seiner Frau. Diese aber war sehr gottesfürchtig und dachte, Gott werde ihrem Mann den Traum nicht umsonst eingegeben haben. Daher gab sie ihm den Rat, er solle eine Wallfahrt nach Maria Einsiedeln machen, dabei komme er ja auch über die Brücke in Uri, und wenn er auch auf der Brücke sein Glück nicht finde, so habe er doch eine gottgefällige Wallfahrt zur Mutter Gottes gemacht. Niggi Eggel, dem der Rat seiner Frau allzeit viel galt, legte also eines Morgens den Zwerchsack über den Rücken und machte sich den Berg hinauf auf die Wallfahrt. Nach mühseliger Wanderung kam er über die Teufelsbrücke im Urnerland. Wohl sah er die donnernden Wasser unter der Brücke hinwegrasen, aber sonst gar nichts um den Weg, das ihm hätte auffallen können. So ging er getrost weiter und kam nach Einsiedeln, wo der vierzehnröhrige Brunnen vor dem Kloster sein eiskaltes Wasser ausströmt. Als er nun genug gebetet und seine Andacht verrichtet hatte, kehrte er auf dem gleichen Wege wieder zurück, und so gelangte er auch wieder zur großen Brücke im Lande Uri. Aber die Brücke war so leer und vereinsamt wie bei seiner Herreise. Das bedrückte ihn doch etwas, denn im stillen hatte er sich selber vom Traum einiges versprochen. Also blieb er einen Augenblick stehen und sah trübe in die tobenden Wasser hinunter. Da klopfte ihm jemand auf die Schulter, und als er sich umwandte, stand ein Mann neben ihm und fragte ihn, ob er etwas verloren habe. "Nein", antwortete Niggi Eggel, "aber es hat mir von dieser Brücke etwas Dummes geträumt, an das ich zwar nicht glaube, doch mußte ich mich gleichwohl umsehen, ob sich der Traum hier nicht doch erfüllen könnte." Jetzt lachte der Unbekannte und sagte, er solle sich doch nicht um Träume kümmern, denn auch ihm habe etwas Seltsames geträumt: nämlich zu Weingarten sei im Keller eines alten Häuschens neben dem Stützbalken ein Hafen voll Geld vergraben. Er wisse nun aber gar nicht, wo in der Welt dieses Weingarten und dieses Häuschen sei. Doch rege er deswegen keinen Fuß, denn an Träume kehre er sich nicht im mindesten. Niggi Eggel wurde auf einmal ganz still und nachdenklich. Dann nahm er scheinbar ganz gleichgültig Abschied von dem Unbekannten und schritt über die Brücke weiter. Nach langer Wanderung über den Furkapaß langte er zu Hause an. Obwohl es schon Abend und fast ganz dunkel war, nahm er gleich eine Hacke und begann beim Stützbalken seines Häuschens zu graben. Und siehe da, bald zeigte sich ein Topf, und wie er ihn heraushob, fand er darin einen reichen Geldschatz, den er rasch im Hause barg und von dem er keinem Menschen ein Sterbenswörtchen sagte. Das Geld aber wandte er gut an. Er ließ sein altes Häuschen niederreißen und ein neues, stattliches Haus bauen, das heute noch steht. Dann vergrößerte er sein kleines Heimwesen und kaufte viel Land an, also daß jedermann zu merken begann, daß der arme Niggi Eggel ein wohlhabender Mann geworden sein müsse. Das kam auch der Obrigkeit zu Ohren, und diese fand nach langer Erdauerung und allseitiger Erwägung, das plötzliche Reichwerden des armen Mannes könne nicht mit rechten Dingen zugegangen sein. Niggi Eggel wurde gefangengenommen und des Diebstahls und der Hexerei beschuldigt. Wie sich nun der geängstigte Bauer in die Enge getrieben sah, erzählte er den Richtern offenherzig, wie er zu seinem Schatz gelangt sei. Allein diese wollten seine seltsame Geschichte nicht glauben und ließen ihn auf die Folter spannen, um das Geständnis eines Verbrechens aus ihm herauszuzwingen. Weil er aber kein Verbrechen begangen hatte, so konnte er auch keines bekennen. Doch die harten Richter ließen ihn nicht frei und folterten ihn immer wieder, hoffend, er werde doch noch ein Verbrechen oder eine Hexerei bekennen. Während nun der arme Niggi Eggel im Kerker litt, erzählten sich die Leute nach und nach des Bauern wunderbare Traumgeschichte zu Berg und Tal. So kam die Geschichte bis ins Land Uri, wodurch sie auch jener unbekannte Mann erfuhr, der dem Niggi Eggel seinen Traum vom Schatz zu Weingarten erzählt hatte. Sogleich machte sich der brave Mann auf und reiste übers Gebirge ins Walliserland. Es war höchste Zeit, denn unterdessen war Niggi Eggel auf der Folter fast verschmachtet. Wie nun die Richter das Zeugnis des Urners hörten, ließen sie den geplagten Bauern beschämt los und sprachen ihn frei. Und das Glück wich nicht mehr von seinem Hause, denn der Schatz blieb für Niggi Eggeis Kinder ein immerwährender Segen. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schatz zu Weingarten

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Östlich von Naters liegt an der alten Furkastrasse das Fleckchen Weingarten. Dieser Ort ist in der Walliser Geschichte nicht unbekannt, weil da Landsgemeinden und Ratsversammlungen abgehalten wurden; auch war er der Stammsitz der angesehenen Familie Vineis oder Weingartner. Dort lebte einstmals ein gewisser Niggi Eggel mit seiner Familie. Diesem träumte drei Nächte nacheinander, in Uri auf der Brücke werde er sein Glück finden. Unser Niggi Eggel lachte über den Traum, doch erzählte er ihn seiner Gattin. Diese hatte mehr Vertrauen und riet ihrem Manne, nach Einsiedeln eine Wallfahrt zu machen: Er werde da Gelegenheit haben, die Brücke in Uri zu sehen, und wenn er auch auf der Brücke sein Glück nicht finden werde, sei die Reise nicht umsonst gewesen, weil er immerhin eine Wallfahrt gemacht habe. Der Mann folgte und ging nach Einsiedeln, ohne bei der bezeichneten Brücke etwas Ausserordentliches zu treffen. Auf der Heimreise fand er die Brücke wieder leer wie bei der Hinreise; doch hielt er jetzt etwas missgestimmt still und begann, sie der Länge und Breite nach näher anzuschauen. Da kam ein Mann zu ihm und fragte, ob er etwas verloren habe und suche. «Nein», antwortete unser Niggi, «es hat mir was Dummes von dieser Brücke geträumt, woran ich zwar nicht glaube, doch kann ich bei dieser Gelegenheit nicht unterlassen, hier nach der Erfüllung des Traumes mich umzusehen.» Der Unbekannte lachte und sagte er solle sich doch um Träume nicht kümmern, auch ihm habe geträumt, zu Weingarten in einem alten Häuschen sei im Keller neben der Stutt ein Hafen voll Geld begraben. Er wisse nun nicht, wo in der Welt dieses Weingarten und dieses Häuschen sei, bewege aber darum keinen Fuss, er kehre sich an solche Träume nicht. Unser Niggi Eggel wurde nachdenkend, verabschiedete sich scheinbar gleichgültig vom Fremden, und zu Hause angekommen, fand er schon am ersten Abend im Keller bei der Stutt unter einer Steinplatte den verborgenen Schatz. Er hob das Geld in aller Stille und sprach davon keiner lebenden Seele auch nur ein Sterbenswörtchen. Der glückliche Finder wandte das Geld gut an. Erst riss er sein altes, schadhaftes Häuschen nieder und führte ein neues auf. Dann erweiterte er seine Liegenschaften durch Ankäufe, und jedermann merkte, dass der arme Niggi ein wohlhabender Mann geworden war. Das plötzliche Reichwerden des Mannes erschien aber der Obrigkeit etwas verdächtig. Niggi wurde eingezogen und der Hexenkünste oder des Diebstahls beschuldigt. Natürlich konnte der Angeklagte diese Verbrechen nicht eingestehen. Er erzählte nun freilich, wie er zum Vermögen gekommen sei; allein die Richter glaubten ihm nicht. Sie spannten ihn darum auf die Folter, um mit aller Gewalt das Geständnis seiner Verbrechen zu erzwingen. Während nun der Angeklagte in gemessenen Zeiträumen laut damaligem Gesetze gefoltert wurde, machte die Geschichte vom sonderbaren Traum und vom gefundenen Schatz weit und breit im Lande die Runde. Sie wurde auch in Uri bekannt und kam glücklicherweise auch zu den Ohren des Unbekannten, der dem Niggi auf der Brücke von Uri seinen Traum vom Schatze im Keller erzählt hatte. Dieser hatte nun nichts Eiligeres zu tun, als ins Wallis zu reisen und der Unschuld Zeugnis zu geben. Er hatte hohe Zeit, denn er traf den Mann eben halbverschmachtet auf der Folter an. Gleich wurde Niggi losgelassen und vom Gerichte freigesprochen. Leider half das dem Niggi wenig mehr. Er wurde verrenkt und verstümmelt in einer Handwanne nach Hause getragen, wo er nach drei Tagen starb. NATERS Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Schatzgräber im Römerkastell

Source: Der Schatzgräber im Römerkastell

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Der Schatzgräber im Römerkastell In früheren Zeiten wurde im Römerkastell zu Irgenhausen noch oft nach Schätzen gewühlt. Doch hat man nie von grossen Erfolgen gehört. Da machte sich auch einst einer an die Arbeit. Er hatte schon eine halbe Nacht im Fundament gebohrt und achtete nicht, dass die Mauer schon zu wanken begann. Da entdeckte er noch eine Steinplatte. Hier musste nach seiner Ansicht der Schatz liegen. Es fiel ihm aber noch rechtzeitig ein, der Teufel könnte seine Hand im Spiele haben. Er schaute von seiner Arbeit auf und versicherte sich, dass der Böse nicht auf dem Plan war. In diesem Augenblick fiel von der wackeligen Mauer ein Stein und traf ihn. Der Schatzgräber glaubte, es wolle ihn jemand verulken und rief dem vermeintlichen Spitzbuben zu, er wolle ihm schon noch den Buckel salben. Da fiel eine ganze Handvoll Steine herab. Jetzt wurde der Gräber recht zornig und wollte seine Warnung in die Tat umsetzen. Aber kaum hatte er seine Glieder aus dem Loche gezogen, als die Mauer zusammenfiel und die ganze Grube wieder ausfüllte. Da merkte der Schatzgräber, wer der Warner gewesen und dankte ihm auf den Knien für die Rettung. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Senn, Bilder, 2. Bd. - Ein ähnlicher Schatzort ist Bürglen bei Ottenhausen, westlich des Pfäffikersees. In Pfäffikon ging von diesem Orte die Sage, es habe dort eine keltische oder römische Stadt gestanden. Jahrbuch Pfäffkon Nr. 1, S. 25 (1877).   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schatzgräber in der Hard

Source: Der Schatzgräber in der Hard

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Ein Mann mit einem Stelzfuss, Stülzeniggi genannt, ging in den Hardwald, um nach einem Schatz zu graben. Es war ihm bekannt, dass man dabei kein Sterbenswort sprechen dürfe. Schon war er nach fleissigem Graben auf eine eiserne Kiste gestossen. Da kam einer auf einem grossen Hahn geritten und fragte ihn, was er da mache. Er gab ihm indessen keine Antwort. Darauf verschwand der Hahn mit seinem Reiter. Nach einiger Zeit erschien wieder ein Unbekannter, der auf einer grossen Schnecke ritt. Auch ihm gab der Schatzgräber keinen Bescheid. Da rief der Schneckenreiter aus: «Nun denn, wenn du nichts sagst, so reit ich weiter; ich werde den anderen auf seinem Han bald eingeholt haben.» Da musste der Schatzgräber lachen. «Dummer Teufel», rief er aus, «du bildest dir ein, mit deinem Schneckentier den Gockelhahnreiter einholen zu können!» Kaum waren ihm die Worte entfahren, war auch schon die beinahe gehobene Kiste mit Gepolter in der Tiefe verschwunden. Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schatzgräber in der Muttenzer Hard

Source: Der Schatzgräber in der Muttenzer Hard

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Ein Mann mit einem Stelzfuss «Stülzenniggi» genannt, begab sich in den Hardwald, um nach einem Schatz zu graben. Es war ihm bekannt, dass man bei dieser Verrichtung kein Sterbenswort verlauten lassen durfte. Schon war er nach ausgiebigem Graben auf eine eiserne Kiste gestossen. Da kam Einer auf einem grossen Hahn geritten und fragte ihn, was er da mache. Er gab ihm indessen keine Antwort. Darauf verschwand der Hahn mit dem Reiter. Nach einiger Zeit erschien wieder ein Unbekannter, der auf einer grossen Schnecke ritt. Auch ihm gab der Schatzgräber keinen Bescheid. Da rief der Schneckenreiter aus: «Nun denn, wenn du nichts sagst, so reit ich weiter; ich werde den andern auf seinem Hahn bald eingeholt haben.» Da musste der Schatzgräber lachen. «Du dummer Teufel,» rief er aus, «der du dir einbildest, mit deinem Schneckentier den Gockelreiter einholen zu können.» Kaum waren ihm die Worte entfahren, war auch schon die beinahe gehobene Kiste mit Gepolter in der Tiefe verschwunden. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Schatzhüter auf Pedenale

Source: Der Schatzhüter auf Pedenale

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Auf dem niedern Hügel von Stavel (Puschlav), wo früher das Schloss Pe­denale stand, und schliesslich nur noch die wenigen Mauerreste und der Schutt des zertrümmerten Schlosses zu sehen waren, konnte man auf dem Höhenpunkte des Hügels ein schräg in die Mauer eingesetztes Gitter be­merken. Die Bewohner des, am Fusse des Hügels sich findlichen Hofes Sommotte nahmen einst dieses Gitter weg, und trugen es nach Hause. - Am Morgen aber war das Gitter am alten Orte, in der Mauer steckend. Die Leute nahmen zum zweiten Male es weg, jedoch abermals wollte das Gitter nicht bleiben, und so wiederholte sich dieser Wechsel mehrere Male. Als nun die Bewohner von Sommotte wieder einmal an das Gitter sich machten, bemerkten sie mit Schaudern eine rote Sau, die hinter dem Gitter auf einer grossen Kiste lag. Darob fassten sie einen solchen Schrecken, dass sie von da an das Gitter bleiben liessen, wo es war. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schatzhüter von Olzate

Source: Der Schatzhüter von Olzate

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Bei der Ruine des Schlosses Olzate bei Puschlav steht ein kleines, altes Häuschen, in welchem mehrmals ein kleiner roter Hund gesehen wurde, der, auf einer Kiste liegend, schrecklich grosse Augen machte. - Näherte man sich ihm, erhob er sich schnell, heulte und bellte laut, und schüttelte sich fortwährend, - und es schien, als bewegten sich mit ihm Ketten, welche ein grässliches Gerassel verursachten. Sowie man aber wieder sich entfernte, hörte auch der Hund auf, zu rasseln, heulen und bellen, und legte sich erst dann, wenn Niemand mehr in der Nähe sich befand. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schatzturm

Source: Der Schatzturm

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Beim Schatzturm soll eine grosse Menge Geld eingegraben sein Diese Summe kann aber nur jemand heben, der aus einer Familie mit fünf Knaben stammt. Der Schatz ist so gelegen, nicht tief, dass darauf noch eine Geige Platz hat. Wenn nun einer dieser fünf Knaben einen Stein wirft und er fällt auf die Geige, beginnt sie zu tönen, und der Glückliche kann den Schatz finden. BINN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Schelm im Mond

Source: Der Schelm im Mond

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Droben auf Spissen über dem Engstligentale hatte einer eine Tuehete (Seilnetz) Heu gestohlen. Weil dies aber gerade im Mondschein geschah, kam der Diebstahl an den Tag. Als der Schelm sich verraten sah, fing er schrecklich an sich zu verfluchen. Darum ist ihm geschehen, wie er gewollt. Er ist in den Mond versetzt worden, wo der seine Sünden abbüssen muss. Im Habkerental stahl einst ein Nachbar dem anderen des Nachts eine Korngarbe. Er fluchte dabei dem Mond, weil er dazu leuchte. Zur Strafe ward der Korndieb in den Mond versetzt. Er muss dort ewig gefangen bleiben und die Korngarbe tragen. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schilligsrain

Source: Der Schilligsrain

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Scho mänge Frönde, wo ins Schämpergbad (Schauenburg) hindere isch go guet läbe, het vorne im Röseletäli dä gspässig geech Hübel agstuunt. Das isch der Schilligsrain, und dä, wo dort mäije mues, wird allwäg schön z chnorze ha. Ein, won emol gnueg übercho het dervo, het en in der Täubi für e Schilling vergrämplet. Sider heisst er Schilligsrain. Liestal Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schimmel

Source: Der Schimmel

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Der Schimmel In der Mühle zu Oetwil an der Limmat trieben die Gebrüder Schmid ihr Gewerbe. Sie besassen in ihrem Stall ein weisses Pferd, das weit und breit an Schönheit nicht seinesgleichen hatte. Einst bot ihnen der Abt von Wettingen für den Schimmel den ganzen Bickwald, jedoch ohne Erfolg. So wenig galt damals das Holz. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Limmattal Aus den „Sagen aus dem Limmattal“. Quellen sind dort nicht angegeben. Laut Vorbemerkung wurden die Sagen durch Sekundarlehrer K. Klenk „durch Schulaufsätze“ gesammelt. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schimmel auf der Gislifluh

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Ein Arbeiter aus dem jenseits der Gislifluh gelegenen Dorfe Thalheim erzählt: In meinen jüngern Jahren, da ich noch tagtäglich über den Berg nach Aarau auf die Arbeit gieng, hatte ich mich einmal abends auf dem Heimwege jenem Buchenwalde genähert, welcher die nördliche Bergwand bis zur Fluh hinauf damals noch viel dichter als heute bedeckte. Da sah ich in jener Gegend, wo die alte Gislikirche gestanden hat, ein Kalb ledig umherlaufen. Ich fieng es, band es an mein Tuch und zog es mit mir heimwärts. Aber bald hatte es sich wieder losgezerrt und da ich es frisch binden wollte, wuchs es nach allen Seiten in die Höhe. Jetzt schien es mir gerathen, das verhexte Thier sein zu lassen und mich davon zu machen. Ich hatte diesen Vorfall schon vergessen, gieng wiederum desselben Weges und trug eine Hutte auf dem Rücken, da lief mir unten am Walde ein hübsches Füllen nach und legte endlich seinen Kopf schnuppernd auf meinen Tragkorb. Kaum aber hatte ich mich darnach umgeschaut, so schwoll es zu einem mächtigen Schimmel auf, blies mich mit einem heissen Athem an, und als ich ihm entkommen wollte, war mir der Weg mit hohen Wänden und Mauern verlegt. Zu meinem grössten Schrecken aber sah ich ganz deutlich, wie ein Reiter auf einem Schimmel von der jähen Fluh her in dem engsten Waldpfade angesprengt kam. Seitdem hab ich mir es nicht wieder einfallen lassen, diesen Weg am Abend einzuschlagen. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schimmelreiter (Arisdorf-Olsberg)

Source: Der Schimmelreiter (Arisdorf-Olsberg)

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«Noch vor dreissig Jahren ... glaubte man steif und fest an die gefürchtete Erscheinung des Schimmelreiters, der mit klaffender Meute nächtlich über die Höhen des Schleifenbergs hinweg jage.» Arisdorf-Olsberg Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schimmelreiter (Giebenach)

Source: Der Schimmelreiter (Giebenach)

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a) Mein Grossvater erzählte mir einmal: In einer windigen Herbstnacht ging ich von Rheinfelden heimzu. Ich war gerade beim Zelglihof, als es halb elf Uhr schlug. Ich dachte an nichts Böses und schaute mich um. Plötzlich sah ich einen Reiter auf einem Schimmel neben mir her reiten. Als ich fragte: Wie geht`s? ritt er weiter, ohne ein Wort zu antworten. Und als ich noch einmal fragte, verschwand er augenblicklich. b) Einmal ging ein Giebenacher spät von Kaiseraugst nach Hause. Oberhalb des Zelglihofes sah er vor sich einen galoppierenden Reiter. Er ging gemütlich weiter, trotzdem war er dem Reiter immer dichtauf. Aber er kam nicht nach Hause. Eine, zwei, drei Stunden war er unterwegs. Als es tagte, verschwand der Schimmelreiter im Flüehölzli. Giebenach Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Der Schimmelreiter (Glaettli)

Source: Der Schimmelreiter (Glaettli)

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Der Schimmelreiter Eines Abends, es war schon dunkel, fuhr ein behäbiger Landmann mit einem schweren Wagen, den seine vier Ochsen zogen, von Ellikon nach Rickenbach. Da er Weg und Steg kannte, kam er trotz der nächtlichen Düsternis gut vorwärts. Und als es nun über den Höhen zu heitern begann und er um sich Tausende und aber Tausende weisser Nachtfalter schweben sah, wurde er gar wohl aufgelegt. Er pfiff ein Schelmenliedchen vor sich hin. Dann lachte er laut auf, denn es kam ihm in den Sinn, dass es nach der Meinung der Leute hinter dem nahen Wäldchen, hinter dem eben der Mond in seiner ganzen geheimnisvollen Heiterkeit aufging, nicht geheuer sein solle. Vorhin hatte ihm die Wirtin zu Ellikon noch gesagt, dass sie nachts um kein Geld in dieses Holz gehen würde, das nun vor ihm lag und langsam auf ihn zu zuzurücken schien. Er lachte wieder und noch viel übermütiger auf, denn er musste an die erschrockenen Augen der Alten denken, als sie zu ihm vom Spukwäldchen redete. Wie doch diesen Weibsbildern allerlei Geschichten durch den Kopf gingen. Kräftig schwang er die Peitsche, also dass es knallte wie an einem Schützenfest. Nun war er hart an dem arg verschrienen Wäldchen, das friedlich, als die Wiege Tausender schlummernder Vögel, vor ihm stand. Da kam hinter dem Hügel ein Reiter hervor, der einen schneetaubenweissen Schimmel ritt. Nicht dass sich der Fuhrmann vor Gespenstern gefürchtet hätte, aber es wollte ihn seltsam bedünken, dass der Reiter so lautlos über den steinigen Feldweg aufs Holz zuzuhalten vermochte; nicht einen Hufschlag vernahm man. Der Bauer redete den sonderbaren Reitersmann an, erhielt aber keine Antwort, was ihm noch verwunderlicher vorkam. Und jetzt sah er, wie der Reiter, völlig lautlos, über einen breiten Graben setzte und darnach unter den hohen Buchen verschwand, Kopfschüttelnd trieb der Landwirt sein Ochsengespann an. Jetzt fuhr er ins Wäldchen hinein. Merkwürdigerweise wurde es darin nicht dunkler, obwohl der Mond nicht mehr zu sehen war. Je tiefer er auf dem Prügelweg ins Holz hinein geriet, desto heller wurde es. Es war, als ob die ungezählten Tautropfen, die an allen Laubblättern hingen, zu leuchten anfingen. Und jetzt sah er zu seiner Überraschung den Reiter auf dem Schimmel wieder durch den Wald zurück auf sich zukommen. Aber obwohl der Bauer mit seinen Ochsen wacker vorwärts zu kommen schien, und der Reiter unaufhörlich auf ihn zutrabte, wollten sie nicht zusammenkommen. Er hieb auf die Ochsen ein und rief aus: „In Teufels Namen, jetzt macht, dass wir zu diesem Wäldchen hinaus kommen. Es ist ja länger als von Pfingsten bis Ostern!“ Kaum hatte er's gerufen, so sprengte der Reiter wie's Wetter auf ihn zu, obwohl sein Schimmel den Boden kaum zu berühren schien. Und jetzt hielt er hart vor ihm und seinem Ochsengespann an. Nun war es dem Bauern anders. Es war ihm, man tauche ihn mit Leib und Seele in einen gefrorenen Teich, denn mit Entsetzen sah er, dass der Reiter seinen Kopf, wie ein Brot, unter dem Arm trug. Eine Zeitlang war er wie gelähmt, und die Zähne knackten ihm ineinander wie eine übel schliessende Türfalle. Also hatten die Leute in Ellikon doch recht: es ging in diesem Wäldchen um. Immer musste er nach dem Reiter und seinem weissen Ross starren, die unbeweglich wie von Stein vor seinen Ochsen hielten. So konnte es nicht bleiben. Er ermannte sich und geisselte verzweifelt auf die armen Tiere los. Aber die Ochsen zuckten wohl zusammen, brüllten dumpf und zogen gewaltig an den Strängen, brachten jedoch den Wagen nicht um eine Handbreit weiter. Was er auch tat, der Wagen blieb wie eingemauert stehen. Wütend sprang er auf und schlug mit dem Peitschenstiel nach dem unheimlichen Reiter. Da zerflossen dieser und sein Schimmel in ein Silbernebelchen. Aber wie der Fuhrmann auch auf das Zugvieh losprügelte, der Wagen kam nicht ab Fleck. Ingrimmig spannte er seine Ochsen aus, liess den verhexten Wagen stehen und trieb sie über den Waldweg nidsich. Und nun ritt auch der Reiter auf seinem Schimmel wieder vor ihm her, und es war, als wollte das Holz, das doch sonst kaum etliche Steinwürfe lang war, in Ewigkeit nie aufhören. Jetzt krähte irgendwo der Hahn, und der Reiter und Ross waren wie weggeblasen. Der Bauer aber stand mit seinen Ochsen am Waldausgang, und der Mond schien friedlich über Weg und Steg. Missmutig machte er sich mit seinem Doppelgespann nach Hause. Es tagte, als er dort ankam. Am hellen Mittag holte er seinen schweren Wagen, der nun wie geschmiert durchs Wäldchen heimzu rasselte. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Winterthur und Weinland Wörtlich aus Lienert, S. 110; Vernaleken, S, 170; Corrodi, Sagen Winterthur, 1916, Nr. 2.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schimmelreiter (Kohlrusch)

Source: Der Schimmelreiter (Kohlrusch)

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In der Hard hinter Birsfelden und auch auf der Hügelkette, die sich hinter den beiden Gundeldingen und Binningen nach dem Bruderholz hinzieht, und im Bruderholz selbst sieht man oft einen Mann auf einem großen Schimmel umherreiten, daher er der Schimmelreiter heißt. Er tut Niemand etwas zu Leide, doch ist er ein Schrecken der Kinder, welche ihn, wenn sie sich zu tief in den Wald wagen, oft in wilden, weiten Sätzen zwischen den Bäumen, dass Busch und Äste krachen, einhersprengen sehen und die dann mit dem Rufe: „Der Schimmelreiter kommt!“, sich aus dem Wald flüchten. Der Schimmelreiter bat einen großen grauen Mantel um und einen breitkrämpigen Hut auf dem Kopfe; nach Andern wieder soll er den Kopf unter dem Arm tragen. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schimmelreiter (Spitzburg)

Source: Der Schimmelreiter (Spitzburg)

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Früher sah man oft einen Ritter vom Schloss Wildenstein zum Alt-Schloss auf einem weissen Pferd reiten, das nur drei Beine hatte. Im Schlosshügel seien dann Mann und Ross verschwunden. Spitzburg Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schimmelreiter (Vernaleken)

Source: Der Schimmelreiter (Vernaleken)

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Zwischen Rickenbach und Ellikon liegt ein Hölzchen, durch welches eine Strasse geht. Von diesem heisst es, es reite ein Mann auf einem "weissen Schimmel" mit dem Kopfe unterm Arm. Er treibt allerlei Spuk. Einst musste ein Mann seinen mit vier Ochsen bespannten Wagen dort stehen lassen. Er brachte die Ochsen schweisstriefend nach Hause und erst am andern Morgen hat er den Wagen losmachen können. Quelle: Theodor Vernaleken, Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch


by Der Schimmelreiter am Fluss

Source: Der Schimmelreiter am Fluss

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Die Leute eines Dorfes sahen fast jeden Abend einen ihrer Mitbürger auf weissem Rösslein den breiten Flussdamm hin- und herreiten. Er war ein rechtschaffener Mann, aber bei den Leuten wegen seiner Zurückgezogenheit nicht beliebt, und weil er ihnen nicht sagte, was er auf dem Damme treibe, so trauten sie ihm das Schlimmste zu. Er gehe auf List und Ränke aus, vermuteten die einen; er sinne auf Raub und Diebstahl, hiess es bei den andern. Das Geschwätz wurde immer ärger und griff beständig um sich, und doch tat der Mann nur Gutes. Doch siehe, er starb, und noch immer machte er zur nämlichen Stunde wie vorher seinen abendlichen Ritt auf dem weissen Rösslein über den Flussdamm. Man kann sich denken, was das für ein Geschwätz absetzte. Jetzt triumphierten die Lästermäuler: »Seht, wir haben's gesagt! Da muss er jetzt wandlen um seiner Missetaten willen, die er im Leben verübt; jetzt kommt's aus, was er da getrieben hat!« Es war ein heilloses Gerede. Endlich stellte ein frommer Kapuziner, der von dem Geschwätz vernahm, den Reiter zur Rede. Der musste Farbe bekennen und gestand: »Ich bin der Teufel und habe Gewalt bekommen, mich diesen argwöhnischen, schmähsüchtigen Dorfleuten in der Gestalt des Verstorbenen zu zeigen, um ihren Verdacht zu nähren und sie in mein Garn zu locken.« Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schimmelreiter am Salibrunnen

Source: Der Schimmelreiter am Salibrunnen

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's chunt mär jetz au z'sinn, wie nä mol ä paar mannä z'sämä g'standa sîgä und sîgä go gält grabä zuäm Salibrunnä ûsä. mä sait, äs sîg dört ietz no ä ganzä trog voll im bodä-n in und no schûflä und chärst därbî. si häigä's aber nit äläi chonnä; der pfarrer, i glaub, der Bürgi seelig, häig enä g'hulfä, nämli nit grabä, abär sust, und er häig gsait, er wöll nüt därvo, wenn si's scho übär-chömtit. Si häigä grabä, bis si de ganz trog voll scho dûssä gha häigä, si häiga aber nüt z'sämä dörfä sägä. wo n'er scho frei und frank do gstandä sîg, de trog, luäg einä von änä vorûf und gsäii eine cho z'ritä ûf äme wîssä schimmäl. er häig gmaint, äs sîg der pfarrer, denn dä sîg fast alläwîl ûf äme schimmäl g'rittä, er häit halt gar bös füäss gha, dä hêr, wegä sîm zipperlî. Dä, wo do chô sîg, häig aber änandernô grüäft: „I will's halb, i will's halb!“ Jetz säg dä, wo-nä g'seh häig chô: „G'sehsch dört, er chunt scho, de sakermentspaff, und will's halb, und hät jo nüt dra tho. Wenn-ä nummä s'donnerwättär verschuss!“ Und wie dä das g'sait häig, se sîg 's g'schirr und der trog wiedär is loch iä g'heit und si häig' es nümmä chönnä neh, und au de pfarrer sîg mit sannt 'm schimmäl do z'mole dähaim gsî. Und s'gält und 's gschirr und de trog ist itz no dört. Wemmer nummä wüsstä, wo's wär, mer wöttit es go räihä! Sellä mâ ist au scho g'storbä ass ammä der blätz bî drei schuehnä he wöllä zeigä. Oberhofer Mundart. Mitteilung von Herrn Lehrer Lenzin. Dieser Salibrunnen ist ein Bergquell an der Nordhöhe des Strichenberges und gilt als das Eigenthum der Erdmännlein; fünf grosse Zinnkannen stehen um ihn herum und schlupfen jedesmal, so oft sich eines nähert, in den Boden hinein. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 197 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Schimmelreiter auf der Heidenburg

Source: Der Schimmelreiter auf der Heidenburg

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Heidenburg heisst ein bewaldeter Hügel auf Breite in der Gemeinde Basserstorf im Kanton Zürich. Von diesem Ort geht folgende Sage: In dunkler stürmischer Nacht sieht man oft einen Reiter ohne Kopf auf einem weissen Pferd von der Burg herunterreiten und aus dem Wald hervor ins offene Gelände im schnellsten Laufe forteilen und plötzlich verschwinden. Nicht weit von da ist der Engelreih, und am Fusse desselben führt ein Hohlweg zu einem Bach, an den Steg der "Frau Escher." Man erzählt, eine weisse Frau, die man Frau Escher nennt, werde öfter an diesem Steg gesehen; wenn jemand in böser Absicht nachts hinüber gehen wolle, begegne sie ihm aus demselben und weise ihn mit drohender Hand zurück. Nicht sehr weit von da ist ein Acker, Steinmürli genannt, weil römisches Mauerwerk hier gefunden wird. Am Saum desselben steht ein alter Baum, unter welchem nach der Sage ein Schatz ruht. Es ging einmal um Mitternacht ein Mann hin, um denselben heraus zu graben: bald erschien ein schönes Weib, das ihn bei der Arbeit ermutigte und das Gelingen seines Wunsches verkündete; allein er müsse dreimal kommen und ihr jedes Mal einen Kuss geben. Er gab ihr heute fröhlich den ersten. Als er in der folgenden Nacht wiederkam, sass eine grosse scheussliche Kröte unter dem Baum; er erschrak, wollte sie nicht küssen, sondern floh davon. In der folgenden Nacht fand er eine noch scheusslichere Kröte an der Stelle und als er wiederum zum Kusse sich nicht entschliessen konnte, fiel er in Wahnsinn und ward nicht mehr geheilt. Eine weitere Sage erzählt: Ein andermal ging ein Mann zu diesem Baume und grub. Als er nun lange hackte, erschien ein Weib und sprach zu ihm, es werde ihm wohl gelingen, den Schatz zu heben, allein er müsse zuvor einen andern Baum im Wald, den sie ihm näher beschrieb, fällen, und aus demselben eine Wiege zimmern; und erst, wenn ein Kindlein in dieser Wiege weine, werde er den Zauber lösen und den Schatz heben können. Nun fand er erst lange den bezeichneten Baum nicht, auch war das Holz entsetzlich hart, und es dauerte lange, bis er ihn gefällt, noch länger, bis die Wiege gezimmert war, und er starb, bevor ein Kindlein in derselben lag. Quelle: Theodor Vernaleken, Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch


by Der Schimmelreiter auf Schürholden

Source: Der Schimmelreiter auf Schürholden

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a) Der hohe Bergrücken zwischen Arisdorf und Liestal heisst Schürholden und gehört zum grössten Teil zum Gemeindebann Liestal. An dieser ungleichen Waldverteilung soll ein Schultheiss von Liestal schuld gewesen sein, der mit Hilfe von gekauften Zeugen die Nachbargemeinde betrogen hat. Nun vernimmt man dort zu gewissen Zeiten ein Gemurmel wie Wasserrauschen oder wie die gedämpfte Sprache vieler versammelter Männer. Auch hört man Hundegebell und sieht einen Mann auf einem Schimmel vorüberreiten. Schon manche Augenzeugen der Erscheinungen sind mit geschwollenen Gliedern nach Hause gekommen oder sind längere Zeit krank geworden. b) «Der sagenhafte Scheuerhaldenjäger hat ein weites Revier und kann sich mit seinen bellenden Hunden hundertfach vor den Bann warten und Holzsammlern verbergen.» Liestal Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schimmelreiter der Alp Gand in Bürglen

Source: Der Schimmelreiter der Alp Gand in Bürglen

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Es war im Spätherbst der 90 er Jahre des vergangenen Jahrhunderts, als der im blühenden Burschenalter stehende Jäger Alois Kempf vom Bieler, Bürglen, auf einer Hochwildjagd eines Abends auf seinem Heimwege durch die verlassene Alp Gand streifte. Wie er nun durch das Gandweidli vor dem Ruoggig kam, erblickte er plötzlich unweit an der Halde ob ihm einen Reiter in scharlachrotem Mantel, der auf einem weissen Pferde gegen die Alp Gand zurückritt. Nach dieser seltsamen Begegnung habe der erschrockene Jäger eiligen Schrittes die Alp verlassen. Sein Heimweg führte ihn weiter hinten bei dem Berg Lücken vorbei, wo sie im Häuschen schon Licht angezündet hatten, denn es war unterdessen Nacht geworden. Kempf ging nun zum Fenster und schaute dort ins Stübchen hinein, wo die Maitli gerade Stubeten hatten, was ihn bewog, ins Haus zu gehen. Seine Freunde begrüssten ihn herzlich, sie bemerkten aber beim Scheine des Lämpchens, wie er so bleich aussah, und fragten ihn darum über die Ursache seines erschrockenen Wesens. Er erzählte ihnen nun das seltsame Erlebnis in der Alp Gand. Nachdem er ihnen die Erscheinung erzählt hatte, wollten sie ihn bewegen, mit ihnen auch noch einmal dahin zu gehen, vermochten es aber nicht. Dieses Vorkommnis geschah also in den 90 er Jahren. Es ist aber auch noch in ganz neuer Zeit von den Sennen dieser Alp gesagt worden, dass sie im Grase der Alp Rosseisenspuren eingedrückt gesehen hatten, deren Herkunft sie nicht erklären konnten, da auf den umliegenden Alpen weit und breit keine Pferde gesömmert werden und auch keine vorbeipassieren. Es waren vielleicht auch wieder Merkmale von jenem geheimnisvollen Reiter. Johann Herger, 28 Jahre alt, Schreiber, von Bürglen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schimmelreiter und der Schatz

Source: Der Schimmelreiter und der Schatz

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Mal einisch ä Gyzhals heig sys das ganz Vermeegä vergrabt und heig darzuä g'seit, das Gäld sell ersch der überchu, wo ufämä wyssä Ross drümal um das Loch ummä rytti und äs G'sätzli (Sprüchlein) darzuä sägi. Das G'sätzli weiss ich fryli nit. Nu, ämal Einä heig da chennä zuäloosä und heigs speeter ussg'gä, susch wär das Gäld niemeh fürächu und der Gyzhals hätt nie chennä sälig wärdä. M. Josefa Aschwanden Wer Geld versteckt und es bleibt bei seinem Tode verborgen, der muss es als arme Seele bewachen, bis es entdeckt wird. Fr. Gamma-Zgraggen, 40 Jahre alt, Silenen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schimmelreiter vom Bischofstein

Source: Der Schimmelreiter vom Bischofstein

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Bei starken Witterungsumschlägen zeigt sich im Sissacher Dorfbann nächtlicherweile eine merkwürdige Erscheinung, die sich in lautem Pferdegetrappel, in Schwert- und Sporrengeklirr ankündet. Es ist die reckenhafte Gestalt eines in schwarzen Reiterhamisch gehüllten Ritters von Bischofstein, der auf weissem Pferde sitzend, hinter dem Dorfe, jenseits der Ergolz, dem Wasser entlang auf- und abwärts reitet. Dem Mutigen, der den Reiter bei zufälliger Begegnung nach Woher und Wohin frägt, gibt er keine Antwort. Des Ritters glühender Blick ist immer starr geradeaus gerichtet. Urplötzlich, wie er gekommen, verschwindet er auch wieder. Im vollen Galopp trägt ihn das Schimmeltier den Abhang zur alten Burg hinauf, um, am Waldessaume angelangt, in mächtigem Sprunge über Bäume und Felswand setzend, ihn auf sein altes Felsennest zu bringen, wo Ross und Reiter dem Auge entschwinden. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Schimmelreiter von Bottmingen

Source: Der Schimmelreiter von Bottmingen

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Vor vielen Jahren soll im Bottminger Schloss ein Ritter gehaust haben, der die Leute auf alle mögliche Art plagte. Er ritt einen Schimmel mit hellklingenden Glöcklein. Seit seinem gewaltsamen Tode soll er in gewissen Nächten um Mitternacht im Schlossgarten herumgaloppieren, da er keine Ruhe finden kann. Quellen: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939 und P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Der Schimmelreiter von Herferswil

Source: Der Schimmelreiter von Herferswil

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Der Schimmelreiter von Herferswil Im Weiler Buchstock bei Herferswil, auf der Nordseite des Homberges‚ lebte zur Zeit des Kirchenbaues zu Mettmenstetten ein Rychner. Er spendete viel Geld zum Eingiessen in die Glocken und stiftete die kleine Glocke selbst, knüpfte aber daran die Bedingung, dass mit dem Einläuten zum Gottesdienst zugewartet werden müsse, bis er auf seinem Schimmel über den Ettenbühl, die Anhöhe östlich des Oberdorfes, hinabgeritten kam. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Knonauer Amt Gchr. Mettmenstetten 1905; darnach Stauber, S. 50.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schimmelreiter von Homburg

Source: Der Schimmelreiter von Homburg

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Als der Feind einst von dem Fricktaler Dorfe Schupfart aus gegen das Schloss Homburg anrückte, auf dem gleichnamigen Juraberge bei Wittnau gelegen, nahm er alle Bauern, die er auf seinem Wege traf, gefangen und stand also unangemeldet plötzlich vor der überraschten Burg. Der Schlossherr sah sich außer Stand, die Verteidigung zu wagen, aber auch an ein Entrinnen war nicht mehr zu denken, denn bereits war jeder geheime Ausweg von der Übermacht umzingelt. Hierauf versammelte er seine Leute und erklärte ihnen, er wolle sein Leben für sie alle einsetzen, und nur so lange, bis dieses geschehen, möchten sie die Burg noch zu halten suchen; werde er darüber zu Grunde gehen, so stehe es bei ihnen, dem Feinde unverweilt das Tor zu öffnen. Er bestieg seinen schneeweißen Schimmel und tat folgendes Gelübde: Auf derselben Stelle, die er im Sprunge mit seinem Ross erreiche, wolle er eine Kapelle bauen und ihr so viel an Ewiggeldern vergaben, dass sie bis auf fernste Zeiten zum Angedenken seiner eignen Rettung erhalten bleiben solle. Alsdann ritt er bis auf den Rand des Walles hinaus, unter welchem der Homberg in einer ununterbrochenen Steile abfällt bis an die Sohle des Wittnauertales. Hier setzte er über den jähen Berg und durch den Hochwald hinab, und erst auf einem Hügel in den Feldern oberhalb Wittnau fasste sein Schimmel wieder Fuß. Alsbald sammelte er die Bauern um sich, fiel dem Feind listig in den Rücken und befreite Burg und Mannschaft. Auf dem Platze, auf dem er gerettet mit seinem Rosse gehalten hatte, ist dann die versprochene Kapelle errichtet worden. Sie ist heute noch in gutem Stande. Das Altarbild stellt den Ritter auf seinem Schimmel vor. Da aber das Patrocinium der Dorfkirche zu Wittnau in der Ehre des hl. Martinus steht, so erzählen einige Leute, jener Ritter sei der hl. Martinus selber gewesen und in dieser Kapelle sei sein echtes Ebenbild zu sehen. Anmerkung: Die in der Sage erwähnten Orte liegen im Kanton Aargau, die Ruine der Homburg liegt jedoch ca. 12 km südwestlich bei Läufelfingen im Kt. Baselland. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schimmelreiter von Oberwil

Source: Der Schimmelreiter von Oberwil

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Der Schimmelreiter von Oberwil Östlich vom letzten Drittel der Strasse, die von Bassersdorf nach Oberwil hinaufführt, liegt ein bewaldetes Töbelchen, und in jener Gegend bemerkt man noch Überreste von zwei alten Befestigungen. Die obere heisst Heidenburg. Etwa 400 m südlich davon befindet sich am Engelrain die sogenannte Engelburg. An diesem Ort wird folgende Sage erzählt. In dunkler, stürmischer Nacht sieht man oft einen Reiter ohne Kopf auf einem weissen Pferd von der Burg herunterreiten und schnellsten Laufes aus dem Walde hervoreilen und plötzlich verschwinden. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Unterland Präambel aus Hedinger, S, 14; Sage nach Meyer, Ortsnamen des Kantons Zürich in Mitt. d. Ant. Ges. in Zürich (1849), Bd. 6, S. 165. Weitere Quellen: Herzog I, S. 213, „Auf der Heidenburg“; Lienert, S. 73; T. Peterhans in NZZ vom 28. 8. 1953; Hedinger, S, 14; daselbst Kommentar: Die Heidenburg wurde bisher noch nie gründlich erforscht. Der Name „Engelrain“ ist offenbar von „engem Rain“ = enger Durchpass abzuleiten. Die Engelburg wurde unter Mitwirkung von Dr. Vogt vom Landesmuseum 1937 untersucht. Man stellte ein quadratisches Holz- und Erdwerk von 18m Seitenlänge fest und datierte es ins 3. Jahrhundert, d. h. in die Römerzeit. An dieser Stelle oder wenig davon entfernt kreuzte sich die Hauptstrasse von Kloten nach Winterthur mit einer Strasse vom Rhein nach Irgenhausen. Man bezeichnete dieses Strassenkastell irrtümlicherweise als „Schloss Birchwil“. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schimmelreiter zu Kappel

Source: Der Schimmelreiter zu Kappel

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Der Schimmelreiter zu Kappel Wer früher nachts von Hausen nach Kappel wanderte, sah dort im Mondschein einen Mann über die Allmend reiten. Bleich, hohläugig, schwarz gekleidet, lenkte er seinen Schimmel durch das Moor bis zum dunklen Gehölz. Dort erhob er seine Rechte wie zum Schwur empor zum Himmel; man vernahm Hohngelächter, und der Mann samt Ross waren verschwunden. Die Sache verhielt sich so: Um die Waldung stritten einst das Kloster Kappel und die Gemeinde Hausen. Die Richter forderten Eide. Am Gerichtstag, zu dem sich das Volk drängte, kam der Amtsmann übermütig hoch zu Ross angesprengt und schwur: „Dieser Grund zu meinen Füssen ist, bei dem Schöpfer und dem Richter über meinem Haupte, des Abtes Eigen!“ Er hatte nämlich in seinen Schuhen Erde vom Klostergute und einen Richtkamm (= Richter) und einen Löffel (= Schöpfer) schlau unter seinem Hute verborgen. Um diesen Meineid zu sühnen, musste er lange Zeit geisten. Denn die Wahrheit lässt sich nicht höhnen. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Knonauer Amt Gchr. Mettmenstetten 1905; darnach Stauber, S. 50, mit Hinweis auf ähnliche Sagen in Brütten und Schlieren. Dasselbe Thema in NZZ vom 11.4. 1868, S. 452, in Gedichtform, abgedr. aus dem Anzeiger von Affoltern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schimmelreiter zu Stein am Rhein

Source: Der Schimmelreiter zu Stein am Rhein

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Zu Stein am Rhein hört man zuweilen in stürmischen Nächten einen Reiter auf weissem Pferd von der Burg Hohenklingen herunterreiten, auf die Rheinbrücke sprengen und von der Mitte derselben sich in die Fluten des Rheines stürzen. Quelle: Theodor Vernaleken, Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch


by Der Schimmelritter von Liestal

Source: Der Schimmelritter von Liestal

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Der hohe Bergrücken zwischen Arisdorf und Liestal heißt die Scheuerhalde; sie gehört bis gegen Arisdorf hin meistens der Stadt Liestal, und nur ein ganz kleiner Teil davon dem Dorfe. Der Liestaler Schultheiß war Ursache an dieser so ungleichen Waldverteilung, der mit Hilfe einiger Böswilligen die Nachbargemeinde um ihr Eigentum zu betrügen wusste. Nun vernimmt man ein Gemurmel in jenem Walde, ähnlich dem Wasserrauschen über Felsenwände oder der gedämpften Sprache vieler versammelter Männer, auch hört man Hunde um die verrückten Grenzsteine bellen und sieht dabei dann einen Mann auf weißem Pferde leichenhaft vorüberreiten. Diese Erscheinungen sind bei uns etwas so gewöhnliches, dass man nicht mehr Aufhebens davon macht, als wie wenn man die Feldarbeiten je nach dem Regenwetter einrichten muss. Auf dem Berge aber schätzt man es anders, denn da haben schon manche geschwollene Glieder nach Hause gebracht, oder sind auf lange krank geworden. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schimmilirüter

Source: Der Schimmilirüter

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Unterhalb einer sogenannten «Rutschi», die den Namen «Schliff» trägt, führt ein weiss scheinender Weg vorbei; das ist der Schimmelweg. Nachts um zwölf Uhr reitet dort, besonders wenn es stürmt und heult, der Schimmelreiter auf schneeweissem Pferd auf und ab. Einst hat ein Gächlinger Mann schon um zwölf Uhr nachts Gras beim Wetzenhof geschnitten. Plötzlich hörte er Gestampfe und Rossgeschnaufe, und ein kalter Schauer durchfuhr ihn: Der «Schimmilirüter» kam daher. Der Gächlinger verkroch sich eilends in einem Heuschöchli und betete mit aller Kraft. Der Schimmelreiter zerstampfte mit seinem Pferd sämtliche Schöchli, aber dasjenige, in welchem sich der Mann versteckt hatte, wagte er nicht anzugreifen. (Schleitheim)     Aus: R. Frauenfelder, Sagen und Legenden aus dem Kanton Schaffhausen, Schaffhausen 1933. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Schinder, der umgehen musste

Source: Der Schinder, der umgehen musste

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Der Schinder, der umgehen musste Der alte G. zu GlattfeIden war ein arger Schinder und hatte manche unrechte Tat auf dem Gewissen. Im Tode fand er die Ruhe nicht. Zu Mitternacht hörten die Hausbewohner auf dem Estrich ein Geräusch, und mit schaurigem Gerassel wie mit Ketten kam der Ruhestörer die Treppe herunter. Einigen Gesellen, die in einem Zimmer des Hauses schliefen, wurde um diese Zeit die Decke vom Bett gerissen. Das Licht, das sie anzündeten, wurde von unsichtbarer Hand sogleich ausgelöscht. In der angebauten Scheune hatte der Senn seinen Esel einquartiert. Auch der arme Graue hatte unter dem Spuk zu leiden. Man hörte ihn zur Geisterstunde stampfen und ausschlagen. Am Morgen war dem vor Angst schwitzenden Tier die Mähne geflochten. Schliesslich vermochte man es mit aller Gewalt nicht mehr in die Scheune zu bringen. Der spätere Besitzer G. wollte dem unheimlichen Geisterspuk ein Ende machen. Er liess einen Kapuziner kommen, der den Geist in ein Fläschchen bannte, das eingemauert wurde. Da kehrte wieder Ruhe ein. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Unterland Gchr. Glattfeilen 1918, S. 81.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schlachthäusi zu Bern 

Source: Der Schlachthäusi zu Bern 

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Ein Metzger zu Bern hieß Henzi; weil er aber nicht wie ein Schlächter, sondern wie ein Schinder mit den Tieren verfuhr, erhielt er den Namen Schlachthausi (Henzi). Sobald er ein Kalb erhandelt und es an den Strick genommen hatte, um es in die Stadt zu treiben, stach er ihm beide Augen aus; so nahm er dem armen Tiere das Vermögen, am Wege rechts und links zu laufen, und konnte es müheloser heim bringen. Beim Metzgen schnitt er ihm die Ohren ab und zog ihm bei lebendigem Leibe die Haut über den Kopf, dann erst machte er ihm ein Ende; denn er konnte die Haut von lebendig geschundenen Tieren an abergläubische Leute teuer verkaufen. Man fand den Unmenschen einmal tot in seinem Bette. Seitdem umläuft er alle Monate einmal in Gestalt eines abscheulich verstümmelten Kalbes rings die Stadt und brüllt dabei auf eine schauderhafte Art, mit keinerlei Tierstimme vergleichbar.  Im Aargauer Marktflecken Zurzach am Rhein lauft das Metzgtier aus ähnlichem Grunde in ungeheuerlicher Gestalt um.  Sage aus Bern Band 3.1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962, S. 81 - 81 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.      


by Der Schlangenbändiger

Source: Der Schlangenbändiger

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In der Bachalpe soll es früher eine Unmenge Schlangen gegeben haben. Darum liess man einen Schlangenbändiger kommen. Dieser versprach, er wolle alle vernichten. Nur wenn sie eine weisse Schlange durch die Luft nachkommen sehen, dann sei er verloren. Sobald sie diese Schlange erblicken, dann sollen sie ihm einen Schuss eben, er sei dann ja doch erledigt. Tatsächlich gelang es dem Schlangenbändiger, alle Tiere zu vernichten. Am Schluss aber flog die weisse Schlange daher, und man musste den Bändiger mit einem Schuss töten. Das erzählte man so. GUTTET Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Schlangenbann im Vispertal

Source: Der Schlangenbann im Vispertal

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Eine etwas sonderbare Erscheinung ist's wohl, dass an den zwei Enden des Vispertales, Zermatt und Saas, keine Schlangen gefunden werden. Die letzten Schlangen sind in Saas, auf des Tales Ostseite beim Triftbach, westseits aber beim Biderbach anzutreffen. — In Zermatt hat die ganze Schattenseite (östliches Vispenufer) vom Täschbach bis zum Monte-Rosa- und Theodul- Gletscher keine Schlangen, während die Sonnenseite (West) deren viele hat. — In Saas und Zermatt wurden schon Versuche gemacht, lebende Schlangen über diese Grenzen zu tragen; aber alle verendeten gleich wie ans Land gezogene Fische, oder krochen eilend über den Steg zurück, über welchen sie getragen wurden. Es mag schwierig sein, diese Erscheinung natürlichen Ursachen zuzuschreiben; wenigstens sind selbe noch nicht gekannt. Die Bäche, welche grossen Gletschern entfliessend, den Talboden merklich gehoben, haben doch unzweifelhaft auf beiden Ufern ein und dasselbe Erdreich gebildet durch des Wassers Ablagerung. Auch das Klima kann nicht so plötzlich ändern und in viel raueren Gegenden der Schweiz hausen Schlangen. In beiden Tälern weiss das Volk sehr gut, dass es von Schlangen frei ist, und es könnte da keine gesehen oder getroffen werden, ohne das grösste Aufsehen zu erregen. Zeuge dafür ist die Sage, die in beiden Tälern geglaubt wird. Dieser Sage zufolge sollen da die Schlangen gebannt und gänzlich vernichtet worden sein durch "Fahrende Schüler", d.h. erfahrene, wandernde, arme Reisende, die von der Mildtätigkeit der Menschen lebten, aber nach dem Volksglauben etwas mehr als Brot zu essen verstanden. Wie die Schlangen gebannt worden seien, wird in den zwei Tälern nicht gleich erzählt. — In Zermatt soll der fahrende Schüler auf einer Flöte gepfiffen haben; die Schlangen krochen alle aus den Löchern hervor und folgten eilig dem Flötenspieler. Dieser schritt immerzu pfeifend, langsam talauswärts und alles Ungeziefer folgte emsig. Angekommen beim hohen Steg liess er alle Schlangen in ein grosses Loch glitschen und deckte dasselbe mit einem grossen Steine zu. Das Loch heisst noch jetzt "Schlangengrube" und kann jedem Touristen auf Verlangen gezeigt werden. — Eine Schlangenkönigin mit goldenen Ringen soll aus Gornern gekommen sein, die der Banner an einer Schnur zur Schlangengrube führte. In Saas wird erzählt, der fahrende Schüler habe den von Schlangen geplagten Leuten angetragen, diese Tiere aus dem ganzen Tale zu bannen, wenn sie ihm eine vollständige Kleidung vom Kopf bis zum Fuss geben wolle. Einige glaubten und gaben die sie betreffenden Kleidungsstücke, Andere aber nicht und gaben nichts. Darum haben die inneren Talbewohner keine Schlangen, die vorderen aber wohl. Der Schlangenbanner soll nahe bei den Grenzbächen auf einen hohen Stein gestiegen sein und in einem Buche eifrig gebetet haben. Den in banger Erwartung harrenden Leuten soll er den gemessenen Befehl erteilt haben, ihn augenblicklich zu töten, im Falle die dritte weisse Schlange kommen sollte. Sein Leben sei dann verwirkt und er wolle lieber von Menschen als von Schlangen den Tod erleiden. — Bald krochen in langen Reihen die Schlangen heran und legten sich um den Stein des Banners herum, die eine auf die andere sich anhäufend. — Und es kam die erste weisse Schlange mit grossem Gefolge und die Schlangen türmten sich um den Stein immer höher hinauf. Aber auch die zweite weisse Schlange erschien, umgeben von einem grausig zischenden Schlangenheere. Gewaltig stieg die Schlangenmauer und drohte des Steines Spitze zu erreichen! — Die Zuschauer starrten vor Schrecken, selbst dem Schlangenbanner begann das Blut in den Adern zu stocken. — Doch die grausigen Schlangenreihen lichteten sich allmählich; bald folgten nur einige Nachzüglerinnen. Die dritte weisse Schlange kam nicht. — Die Schlangenleichen spülte die Vispe fort; der mutige Schlangenbanner verreiste froh mit seinem sauer verdienten Lohn und liess sich seither nicht mehr sehen.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Schlangenbanner

Source: Der Schlangenbanner

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In der Alpe Schlapin sollte einmal ein Schlangenbanner Schlangen bannen, nachdem man ihm gesagt hatte, es gebe keine weissen Schlangen dort. - Schon hatte er eine Masse Schlangen zum Gehorsam gezwungen, die ihm Berg auf zu einer Höhle folgen mussten, wo er sie einsperren wollte. - Da kam die Königin, eine milchweisse, riesige Otter, mit dem goldenen Krönlein auf dem Kopfe, mit zornfunkelnden Augen, von zwei andern Schlangen, Kupferottern, getragen. Der Schlangenbanner schrie, als er diese bemerkte: »Nun bin ich verloren!« Auf ein Zeichen der Königin fielen alle Schlangen über ihn her und schleissten das Fleisch von seinen Knochen. - In derselben Alpe sog eine Schlange einen ganzen Sommer hindurch eine Kuh. Diese Kuh ging zur Melkzeit zu einem grossen Steine hin, unter dem die Schlange hervorkroch und ihr die Milch aussog. Die Schlange wurde endlich im Herbste erlegt, und war so dick und rund wie »Tschutt«. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schlangenbanner

Source: Der Schlangenbanner

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Eine der schönsten Alpen im graubündnerischen Prätigau ist die Saaseralp auf der Sonnenseite des gewaltigen Madrisahorns. Selten an einem Orte werden die Kühe ergiebiger in der Milch als auf jenen Alpenweiden. Einst war das nicht so. Die Alp war mager und trocken, und das Vieh, das dort sömmerte, sah schmal und unschön aus, wenn es im Herbst zu Tal fuhr. Das Böseste aber war, daß auf der Alp unzählige Schlangen ihr Unwesen trieben. Es war kein angenehmer Schleck, an den sonnigen Halden, an denen das Schlangengezücht giftgeschwollen herumraschelte, das Vieh zu hüten. Wo auch die Hirten gingen, überall ringelte sich zischend giftiges Gewürm empor und bedrohte sie mit einem jämmerlichen Ende. Eine Kuh nach der andern wurde gebissen und mußte abgetan werden. Eines Abends, als gerade ein Hirt nach Saas hinunter den Bericht brachte, es sei soeben von einer giftigen Schlange die Heerkuh, die vürnehmste Kuh auf der ganzen Alp, getötet worden, kam ein kleines, fremdes Männchen ins Dorf gegangen. Es war ein fahrender Schüler. Als man ihm nun von den giftigen Schlangen auf der Saaseralp erzählte, blinzelten seine grauen Augen seltsam unter den überhängenden Augenbrauen hervor. Er wollte aber noch mehr von diesen Schlangen wissen und fragte die Bauern lange aus. Zuletzt fragte er schier ängstlich, ob sie unter den vielen Schlangen auf der Alp nie eine weiße gesehen hätten. Als aber die Älpler alle laut versicherten, daß sie dort ihr Lebtag noch nie weiße Schlangen erblickt hätten, und als auch der älteste Mann nichts von weißen Schlangen wissen wollte, ward das seltsame Männchen gut gelaunt und anerbot sich, die Schlangen auf der ganzen Alp zu bannen und unschädlich zu machen. Das freute die Bauern von Saas sehr. Doch trauten sie der Sache bloß halb. Sie wollten es erst mit eigenen Augen sehen. Also führten sie den fahrenden Schüler auf die Alp. Wie er nun dort ankam, machte er mit Reisig und Heidekraut drei große Haufen. Auf diese Haufen warf er ein paar Hände voll eigenartiger Kräuter und Wurzeln und zündete sie danach an. Und nun nahm er feierlich das Käpplein ab, zog ein silbernes Pfeiflein aus der Tasche und fing zu pfeifen an, während er unter wunderlichem Getue um die drei Haufen herumschritt. Eine Weile blieb alles mäuschenstill. Die Saaser Bauern wagten kaum zu atmen. Sie waren sehr gespannt darauf, was da wohl noch geschehen werde. Da auf einmal krochen zum Schrecken der Saaser von allen Seiten, einzeln und in ganzen Knäueln, die Schlangen herbei. Aber sie beachteten die zitternden Hirten gar nicht. Schnurstracks, fürchterlich zischend, stürzten sie sich allesamt ins Feuer, das aus den drei Haufen hoch aufloderte, wo sie unter schrecklichem Gewinsel und hochaufschnellend verbrannten und verkohlten. Schon freuten sich die Hirten, denn nun kam keine Schlange mehr, sie schienen alle im Feuer zugrunde gegangen zu sein. Auch das kleine Männchen, der fahrende Schüler, atmete lange auf und wischte sich den Schweiß von der Stirn. O weh, da gab es auf einmal Lärm unter den Saasern. Sie fuhren entsetzt vom Feuer weg, denn unter schauerlichem Gezische rollten in großen Windungen drei ungeheure weiße Schlangen daher, von denen jede ein goldenes Krönlein auf dem Kopf hatte. Blitzgeschwind raschelten sie daher und spien Gift und Feuer aus. Erst war der fahrende Schüler wie versteinert dagestanden. Dann stieß er auf einmal einen entsetzlichen, Berg und Tal durchgellenden Jammerschrei aus und rannte, so schnell er vermochte, Sonnenaufgang zu. Doch die weißen Schlangen verfolgten ihn pfeilschnell. Er strengte sich auf Tod und Leben an, über einen nahen Bach zu kommen, dort hielt er sich für gerettet. Schon hatte er ihn erreicht und wollte ihn eben überspringen, als ihn die weißen Schlangen packten. Schrecklich heulte er auf, daß den Saasern die Haare zu Berge standen und die Knie schlotterten. Und jetzt umwanden die weißen Schlangen das Männchen und drückten es zu Tode, rissen ihm das Herz aus dem Leibe und verschwanden im Farnkraute. Also fürchterlich hatten sie den Feuertod der Schlangen gerächt. Heute noch heißt jener Bach, an dem der fahrende Schüler so elend umkam, der Schreierbach, denn die Saaser konnten die schrecklichen Schreie, die das Männchen ausstieß, nicht mehr vergessen. Von Schlangen aber merkte man von da an diesseits des Baches nie mehr etwas. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schlangenbanner in der Saaser-Alpe

Source: Der Schlangenbanner in der Saaser-Alpe

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Auf der Süd-Seite des Madriser-Hornes dehnt die Saaser-Alpe mit ihren schönen Triften sich aus. Sie ist wohl des Prätigaus beste Alpe und sucht Ihresgleichen im Bünd­nerlande, ausgenommen Camana in Savien. Vor vielen Jahren aber war sie noch nicht so ergiebig und so gut bestellt wie in unseren Tagen, und es war durchaus nichts Angenehmes, dort zu hüten, und zu weiden, denn unzählige Schlangen hausten auf den sonnigen Halden. In unheimlichen Ringen, giftgeschwollen sich blähend, bedeckten sie grosse Strecken der besten Weideflächen. Eines Abends kam ein kleines, fremdes Männchen nach Saas. Es war ein »fahrender Schüler.« Seine grauen Augen schon, die unter buschigen Brauen hervorblinzelten, verrieten, dass er weiter als »fünfe« zählen könne. Eben war von der Alpe herab der Bericht gekommen, dass die »Heer-­Kuh« (beste Kuh in der Alpe) vom giftigen Gewürme getötet worden sei. Das Männlein liess Näheres über die Schlangen sich mitteilen, und erbot sich dann, Dieselben zu bannen, nachdem man ihm die Versicherung ge­geben, dort oben nie weisse Schlangen gesehen zu haben; denn Solche schien selbst das Männchen zu fürchten. Man führte ihn in die Alpe. Dort machte er mittelst Reisig und Heidekraut drei grosse Haufen, legte dann einige Handvoll gewisser Kräuter und Wurzeln dazu, und zündete hierauf diese Haufen an. Dann zog er sein Käpplein ab, nahm ein silbernes Pfeifchen aus der Tasche, und fing an, zu pfeifen, indes er unter seltsamen Gebärden um die drei Haufen herumging. Es dauerte gar nicht lange, so krochen von allen Seiten, vielfach zu Knäueln vereint, unheimlich zischend die giftigen Schlangen herbei, und stürzten sich allsamrnt ins Feuer, wo sie unter erschrecklichem Gewimsel und grauenerregendem Ringeln und Wiederemporschnellen, verkohlten. Schon freute das Männlein sich des Gelingens, aber, - o Schrecken! unter schauerlichem Gezische, Feuer aus den Augen sprühend und Gift speiend, rollten drei mächtige weisse Schlangen mit goldglänzenden Kronen herbei. Bei ihrem Anblicke stiess das Männlein einen entsetzlichen Angstschrei aus und lief, so schnell als seine Beine ihn trugen, gegen Osten hin. Aber die weissen Ungeheuer folgten ihm in rasender Eile, in grässlichen Windungen der sichern Spur folgend, um wegen dem Tode ihrer Schwestern Rache zu üben an dem Männlein. Eben wollte dieses Letztere einen kleinen Bach überspringen, als es von den giftigen Würmern erreicht wurde. Es half ihm nichts, dass er unter furchtbaren Schreckensrufen suchte, davon loszuwerden. In blitzschnellen Windungen hatten sie seinen Leib umfasst, und das Herz ihm herausgerissen. Der entsetzlichen Schreie wegen, die das unglückliche Männchen dort ausgestossen, heisst jener Bach bis auf den heutigen Tag der »Schreier-Bach«. Die Schlangen sind von dieser Zeit an auf der Saaser-Alpe diesseits des Schreier-Baches ganz verschwunden. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schlangenbanner zu Dottikon

Source: Der Schlangenbanner zu Dottikon

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Vom Dorfe Dottikon im Freienamte liegt rechts der Straße, die nach Othmarsingen geht, und herwärts dem Steinhofe der sogen. Hendschiker-Rebhügel, östlich von diesem ist der Schauplatz folgender Erzählung. Ein mageres Landstück von fünf Jucharten, früherhin Waldland, seit ungefähr zehn Jahren urbar gemacht, aber noch immer wie sonst in die Almende Dottikons eingezelgt, heißt der Hungerbühl. Vor mehr als zweihundert Jahren war dieses Waldstück ein Ort des Schreckens für jeden, der hier vorbei zu Feld mußte, denn alles wimmelte von Schlangen. Man konnte kein Mittel ausfindig machen, diese Landplage zu entfernen. Da kam eines Tages ein Fremder ins Dörfchen, den man den Schlangenbanner nannte und bot den Leuten seinen Dienst unter der Bedingung an, daß sie ihm im Kampfe mit der Schlangenkönigin aufs Wort folgen und beistehen würden. Man ging darauf ein und zog schon am nächsten Morgen, bewaffnet mit Sensen, Äxten und Schoßgabeln, nach dem Hungerbühl. Hier mußte das Volk aus Feldsteinen Wälle kreisförmig zusammen schlichten und drinnen große Feuer anzünden. Sobald dies alles gemacht war, begann der Fremde auf einer Pfeife zu Pfeifen, und augenblicklich kamen die Schlangen in Menge aus dem Wäldchen herausgekrochen, wälzten sich über die Steinwälle empor und fanden in den Flammen ihren Tod. Von Wall zu Wall hatte sie der Mann mit dem Ton der Pfeife gelockt. Ängstlich hatte das Volk diesem Beginnen zugeschaut. Der Schlangenbanner bedeutete sie, daß heute noch kein Grund zur Furcht vorhanden sei. „Kommt aber morgen die Königin“, sagte er, „dann wehe mir, wenn ihr nicht Wort haltet und mutig bei der Hand seid.“ Am zweiten Tage loderten die Feuer abermals, eine Menge des Gewürms hatte wiederum seinen Tod gefunden, aber die Königin erschien nicht. Kaum war man am dritten Tage zur Stelle, so wurde das Pfeifen des Banners durch ein schreckliches Gezische erwidert. „Das ist die Königin, helft!" so rief der Banner und kletterte auf den nächsten Baum. In diesem Augenblicke walzte sich eine gewaltige Schlange zum Feuerplatze; sie war grau am Leibe und ihr Kopf mit einer Krone geschmückt. Sie richtete ihre funkelnden Augen erst auf die Bauern, dann nach dem Banner und stürzte sich dann wie ein Blitz auf den Baum, um den Mann droben zu erdrücken. Laut schrie er um Hilfe herunter, schon wollten die Leute entweichen, da faßte doch einer ein Herz, sprang hinzu und durchstach das Tier noch am Stamme mit seiner Schoßgabel; dann kamen auch die Übrigen und schlugen es mit Keulen vollends tot. „Schonet die Krone!“ rief der Fremde im Herunterklettern den Leuten zu. Dann brach er diese sorgfältig vom Haupte, steckte sie zu seiner Pfeife und sprach im fortgehen unter den Segnungen der Bauern: „Liebe Leute, nun bin ich reich genug, und ihr habt fortan Frieden." So war's; die Schlangen sind aus dem Hungerbühl verschwunden.  (Schullehrer Fischer von Dottikon.) Quelle: E. L. Rochholz, Naturmythen. Neue Schweizer Sagen, Leipzig  1862. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch    


by Der Schlangenbrunnen

Source: Der Schlangenbrunnen

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Aus der Röhre des Dorfbrunnens kamen einst drei Schlangen, eine grüne, eine gelbe und eine rote. Seit dieser Zeit trinkt niemand mehr davon. Reinach Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schlangenkapuziner

Source: Der Schlangenkapuziner

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Seit altersher gab es in der Sefinen aussergewöhnlich viele Schlangen, und zuzeiten wurden sie für die Alp zur Plage. Auf dem Kühboden hinter dem Bründli sah man einmal eine, die so gross war wie ein Ladholz. Einst kam ein Kapuziner über die Furgge und sah die eklen Kriechtiere sich im Grase wälzen oder auf Felsplatten sonnen. Er anerbot den Sennen, um den Preis eines fetten Alpkäsleins die Schlangen zu verbannen. Die Hirten aber waren zu dumm und zu geizig und lehnten es ab. Der Klosterbruder gab ihnen zurück: "Ihr Racker und Geizkratten, hätt’ ich das, was ihr zu wenig habt, dann hätt’ ich wahrlich genug. Mag auch sein, dass ihr meiner Kunst nicht traut. Fürwahr, ich will euch ein Exempel geben. Fortan sollen Vipern und Ottern und alle giftigen Tier den Grund zwischen Tschingel- und Sefinenlütschine, ob Wald, ob Weid, ob Fels, meiden wie der Teufel das heilige Kreuz, eher Hungers sterben." Seither hat niemand mehr eine Schlange gesichtet zwischen den Wassern der beiden Lütschinen, aber nördlich vom Wasserlauf, auf Sefinen, gab es immer mehr von dem Gezücht. Das war so auffallend, dass etliche nicht umhin konnten, mit gespaltenen Haselstecken von den giftigen Würmern zu fangen und sie über die schäumende Lütschine hinüberzuschleudern. Und jeder, der es tat, verfluchte sich Leib und Seele, die Schlangen seien, als ob der Boden unter ihnen glühend, in unruhiger Hast wieder gen Sefinen der Brücke zugerollt. All die Nutzniesser der mälchen Alp gäben gerne etwelche von den gelben, fetten Bergkäslein, wenn er noch einmal käme, der Schlangenkapuziner. Quelle: Hans Michel, Ein Kratten voll Lauterbrunner Sagen. Wengen 1936. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schlappjer

Source: Der Schlappjer

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Im Rohrberg besassen die Jesuiten ein Gut. Einer der Patres wird sich wahrscheinlich auch einmal verfehlt haben, denn unsere Mutter erzählte oft, lange nach seinem Tode sei es in seinem Zimmer so unheimlich gewesen, dass man es nicht benützen durfte. Dieser Jesuit musste jahrelang in den Quatemberwochen als Büssender auf den Simplen wandern. Mein Vater sah ihn einige Male Dieser Mann war schwarz gekleidet und trug einen grossen, schwarzen "Kastorhut". Einst sahen ihn mehrere Brigerberger, als sie am Abend im Grund waren. Sie fragten ihn, diesen Schlappjer - so nannten ihn die Leute - wie man ihm helfen könne, damit er erlöst werde. Er antwortete: «Wenn ihr so viele Psalter betet, wie ich Schritte machen muss, um auf den Simplon zu gelangen.» RIED-BRIG Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der schlaue Bettler

Source: Der schlaue Bettler

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In Scarl war einmal ein Bettler, der verirrte sich im Walde und kam zu einer Höhle; in dieser wohnte ein halbblinder Riese, der war ein Menschenfresser; dessen Frau aber, die er einst aus einem Dorfe geraubt hatte, war ein gutes Weib, der es leid tat, daß ihr Mann ein Menschenfresser war. Sie war allein zu Hause, als der Bettler kam, und sie gab Diesem zu essen und zu trinken, so viel er wollte. Als er sich's  am Besten schmecken ließ, hörten sie vor der Höhle ein erschreckliches Schnaufen und schwere Tritte; das war der Menschenfresser. Der Bettler zitterte am ganzen Leibe; aber die Frau hieß ihn schnell unter das Bett kriechen, wo er sich versteckte. Der Riese kam herein und warf das Holz, das er für den Herd gesammelt, auf den Boden, daß die ganze Höhle erbebte, und dem Bettler Hören und Sehen verging. Dann spürte er überall herum und sagte dabei in Einem fort: »I riech' Menschenfleisch, i riech' Menschenfleisch.« Nicht lange, so hatte er den armen Mann gefunden und zog ihn hervor. »Den sollst Du diesen Abend braten«, herrschte er seine Frau an. »Aber vorher sollst Du mich noch bedienen, kleiner Kerl«, fuhr er fort, »zeig' her, was Du kannst.« Da mußte der Bettler ihm zuerst die Stiefel ausziehen, dann das haarige Gesicht waschen, darauf den Kopf kämmen und zuletzt kochen. Das verstand er, denn er hatte immer sein Essen selbst sich bereitet und er kochte dem Menschenfresser eine großmächtige Schüssel voll Nudeln. Die schmeckten dem Riesen, denn er hatte dergleichen noch nie gegessen; er wurde ganz freundlich und hieß den Bettler mithalten. Dem war's aber gar nicht um's Essen; er tat nur so, und stopfte Nudel um Nudel in seinen Bettelsack, den er sich vorn umgebunden hatte. Als die Schüssel leer war, sagte der Riese: »Ich möcht' noch mehr«, »Ich möchte auch noch mehr,« entgegnete der Bettler. »Schaff' her, oder ich fresse Dich!« schnarrte der Menschenfresser. »Ich weiß einen Rat,« meinte der listige Bettler, »wir müssen uns die Bäuche aufschneiden, so können wir wieder von vorn anfangen.« Der Andere war's zufrieden, wenn der Bettler den Seinigen zuerst aufschneide. Dieser holte ein Messer aus der Küche, schnitt seinen Bettelsack auf und schüttete die Nudeln auf die Schüssel. Der Riese fiel sogleich drüber her und hatte den ganzen Vorrat im Nu verschlungen, fing aber gleich wieder an: »Ich möcht' noch mehr.« »Ich auch,« sagte der Bettler wieder. »So ist's an mir,« sprach der dumme Riese, nahm das Messer und schnitt sich den Bauch auf, von unten bis oben, so daß er sogleich tot hinfiel. Und der Bettler hat ihn nicht verbunden, sondern ist froh gewesen, daß er so gut davon gekommen ist. Die gute Menschenfressersfrau aber war froh, daß sie den Unmenschen los geworden, und gab dem Bettler alle Schätze ihres Mannes, und er nahm sie zu seiner Frau.   Quelle: Jecklin, Dietrich: Volksthümliches aus Graubünden. 3 Teile, Zürich 1874,      Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der schlaue Bettler und der Menschenfresser

Source: Der schlaue Bettler und der Menschenfresser

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Es war einmal ein Bettler, der verirrte sich im Walde und kam zu einer Höhle. Da wohnte ein Riese, der war ein Menschenfresser. Seine Frau aber, die er einst aus dem Dorfe geraubt hatte, war ein gutes Weib, der es leid tat, daß ihr Mann so böse war. Sie war allein zu Hause, als der Bettler kam, und sie gab ihm zu essen und zu trinken, soviel er wollte. Als er sich's am besten schmecken ließ, da hörte man plötzlich vom Eingang her ein erschreckliches Schnaufen und schwere Tritte; das war der Menschenfresser. Der Bettler zitterte am ganzen Leibe, aber die Frau hieß ihn schnell unter das Bett kriechen, wo er sich versteckte. Der Riese kam herein und warf das Holz, das er für den Herd gesammelt, auf den Boden, daß die ganze Höhle erbebte und dem Bettler Hören und Sehen verging. Dann spürte er überall herum und sagte dabei in einem fort: "Ich riech' Menschenfleisch, ich riech' Menschenfleisch." Nicht lang, so hatte er den armen Mann gefunden und zog ihn hervor. "Den sollst du mir heut abend braten", sagte er zu seiner Frau. "Aber vorher sollst du mich noch zum Imbiß bedienen, kleiner Kerl", fuhr er fort, "zeig her, was du kannst." Da mußte ihm der Bettler zuerst die Stiefel ausziehen, dann das haarige Gesicht waschen, darauf den Kopf vom Ungeziefer reinigen und zuletzt kochen. Das verstand er, denn er hatte sich immer selber sein geringes Essen bereitet, und er kochte dem Menschenfresser eine großmächtige Schüssel voll Nudeln. Die schmeckten dem Riesen, denn er hatte dergleichen noch nie gegessen. Er wurde ganz freundlich und hieß den Bettler mithalten. Dem war's aber nicht ums Essen, er tat nur dergleichen und schüttete jeden Löffel voll in seinen Bettelsack, den er vorn um den Hals gebunden hatte. Als die Schüssel leer war, sagte der Riese: "Ich möcht' noch mehr." "Ich möcht' auch noch mehr", sagte der Bettler. "Schaff her! Oder ich fresse dich!" schnarchte der Menschenfresser. "Ich wüßt' einen Rat", meinte der listige Bettler, "wir müssen uns die Bäuche aufschneiden, so können wir noch einmal von vorn anfangen." Der andere war's zufrieden, wenn der Bettler es zuerst täte. Dieser holte ein Messer in der Küche, schnitt seinen Bettelsack auf und schüttete die Speise in die Schüssel; der Riese fiel sogleich drüber her und hatte sie - was gibst, was hast - verschlungen. Da fing er wieder an: "Ich möcht' noch mehr." "Ich auch", sagte der Bettler. "So ist's an mir", sprach der dumme Riese, nahm das Messer und schnitt sich den Bauch auf von unten bis oben, so daß er sogleich tot hinfiel. Und der Bettler hat ihn nicht verbunden, sondern ist froh gewesen, daß er so gut davongekommen ist. Die gute Menschenfressersfrau aber dankte dem lieben Gott, daß sie den Unmenschen los war, und sie gab dem Bettler alle Schätze ihres Mannes, und er nahm sie zu seiner Frau. Sie zogen darauf ins Dorf, kriegten noch Kinder und Großkinder, und wenn sie nicht gestorben sind, so leben sie noch.     Quelle: Otto Sutermeister, Kinder- und Hausmärchen aus der Schweiz. Aarau 1873. Nr. 51.?(Kanton Graubünden). AaTh 1088. Weitere Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014   Diese Version ist gleich, sagt aber, der Bettler käme aus Scarl.      Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der schlaue Fuchs

Source: Der schlaue Fuchs

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Ja, die Füchse sind schlau; sie passen einem auf, ob man ihnen lotze. Da trug einst Einer einen Andern in einer Heuburde in den Zugaden, damit der Fuchs meine, es sei nur einer. In derselben Nacht kam der Fuchs. Der Jäger schoss. Aber es erschütterte ihn, der Schuss zerging, der Fuchs schüttelte sich und lief davon. Michael Truttmann, Seelisberg, 70 J. alt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der schlaue Knabe

Source: Der schlaue Knabe

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In der Locherpletschu oberhalb Brentschen haben die Gogwärgini einst einen Knaben gestohlen und wollten ihn bei ihren Ziegen und Schafen aufziehen. Damit er ihnen nicht weglaufe, sperrten sie ihn mit diesem Kleinvieh während der Nacht in den Stall. Am Morgen wurden die Tiere auf die Weide getrieben, der Knabe musste aber im Stall bleiben. Der Hirt war aber blind; er öffnete am Morgen die Türe und tastete Tier für Tier am Ausgang ab, damit der Knabe nicht entwische. Bei jedem Tier sagte er tastend: «Du bischt ghaarts und du bischt ghaarts», und liess sie gehen. Eines Morgens hängte sich der Knabe an die Wolle eines Schafes und entschlüpfte so der Kontrolle und Gefangenschaft. In einem Galopp gelangte er bis vor die Alpe Brentschen. Weil da gerade drei Schochen Emd auf der Wiese lagen, versteckte er sich unter dem kleinsten, um die Nacht abzuwarten. Kaum war er drin, als auch schon die Gogwärgini auf der Suche waren. Sie durchwühlten den ersten Schochen und auch den zweiten noch. Beim dritten blieben sie stehen und erklärten: «Ist er unter dem grössten nicht, ist er unter dem kleinsten auch nicht!» So ist ihnen der Knabe entwischt. Ja nun, das erzählte man so. ERSCHMATT Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der schlaue Königssohn

Source: Der schlaue Königssohn

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Ein junger Königssohn suchte sich an den Nachbarshöfen eine Frau. Am nächsten Hofe schon, wo er erschien, gefiel ihm die schöne Tochter des alten Königs so gut, daß er sie um ihre Hand bat. Sie wies ihn aber ab und sagte, sie begehre keinen Königssohn und gedenke vorläufig nicht zu heiraten. Der Abgewiesene verabschiedete sich, ließ aber den Mut nicht sinken. Er wartete ein Jahr, dann zog er in Bauernkleidern wiederum an den fremden Königshof und hielt um eine Stelle als Stallknecht an. Der König nahm ihn auf, und nun verrichtete er sein Amt während mehreren Jahren mit großer Treue. Die Tochter ging öfters im Garten spazieren, wo es sich traf, daß sie den hübschen Stallknecht oft zu Gesicht bekam. Sie redete ihn an und gewann ihn mit der Zeit sehr lieb. Bald hieß es, der Stallknecht sei ihr Verlobter, und die Tochter bekannte dem Vater auch, daß sie gesonnen sei, ihn zu heiraten. Der Vater verzog sein Gesicht und drohte ihr mit Fortjagen und Enterbung, wenn sie auf ihrem Entschluß beharre. Die Tochter ließ sich nicht einschüchtern und setzte den Hochzeitstag fest. Nach der Hochzeit wurde sie vom Vater verstoßen, und da sie kein Vermögen besaß, mußte sie arbeiten. Der junge Gemahl war guter Dinge und sagte: »Wenn du die Arbeit nicht scheust, so fangen wir eine Wirtschaft an!« Das war ihr recht, und so wurde sie Wirtin. Die Leute tranken gerne ihr Schöpplein bei der jungen schönen Frau, so daß sie die besten Geschäfte machte. Da nahm ihr Mann für einige Tage Urlaub, kehrte in sein Land zurück, zog die Königskleider an und erschien mit großem Gefolge in der Wirtschaft. Die Frau kannte ihn nicht, hatte auch keine Zeit, sich den vornehmen Besuch näher anzusehen, denn da ihr Mann abwesend war, hatte sie genug zu tun mit Aufwarten. Die Gäste schlemmten den ganzen Tag, dann schlugen sie die Gläser und Flaschen in Stücke und machten sich aus dem Staube, ohne nach der Rechnung zu fragen. Als der Gemahl in seinen Bürgerskleidern wieder unter die Türe trat, fand er die Frau traurig am Tische sitzen. Sie erzählte ihm, was er schon alles wußte, daß sie des Morgens viel Geld verdient, dann sei eine vornehme Gesellschaft erschienen, hätte gepraßt, die letzten Flaschen geleert und dann alles entzwei geschlagen. Der Gemahl stellte sich traurig und sagte, so könne es nicht weiter gehen, sie müßten etwas anderes anfangen. –„Morgen ist Markt und da kaufe ich dir einen Haufen Geschirr, und du fängst einen Geschirrhandel an!« Die Frau war einverstanden, trocknete die Tränen und stellte sich des andern Tages hinter den Geschirrstand. Das Geschäft ging flott, und sie nahm eine schöne Summe Geldes ein. Ihr Mann war auf Verdienst ausgegangen, wie er ihr am Morgen angab, und sie freute sich, ihm des Abends den schönen Erlös zeigen zu können. Da fuhr auf einmal ein zweispänniger Wagen heran und steuerte auf die Kacheln zu. Die Frau wehrte ab: "Höflich, höflich, ihr Fuhrleute, ihr zerbrecht mir ja das Geschirr!« Aber der Wagen fuhr mitten durch den Stand, daß die Scherben links und rechts davon flogen. Des Abends, als der Mann heimkam, erzählte sie ihm mit vergrämter Miene, wie viel Geld sie verdient und wie schlimm der Wagen in ihrem Stand gehaust habe. Da ließ der Mann, der selbst das Fahrzeug geleitet, die Hände in den Schoß fallen und sagte traurig: "Jetzt weiß ich nicht mehr, was ich anstellen soll! Doch, halt, da fällt mir ein, morgen ist in der Nachbarschaft ein Fest, da könntest du hingehen und dich als Aufwärterin antragen. Dann legst du die Resten, die auf den Platten übrig bleiben, in eine Schüssel und diese versteckst du unter der Schürze, dann haben wir für einige Tage ein gutes Essen, das uns nichts kostet!“ Die Frau willigte ein und ging am folgenden Tage in das Dorf, wo ihr die Arbeit zugewiesen wurde. Von jeder Platte, die sie zurücktrug, versteckte sie die Resten unter der Schürze. Als das Mahl zu Ende war, spielte die Musik zum Ball auf. Da bat sie ein vornehmer Herr um einen Tanz. Sie errötete und sagte, sie könne nicht tanzen. Dieser ergriff sie ohne weiteres an der Hand, zog sie fort und drehte sich mit ihr so schnell im Kreise, daß die Wurstzipfel und Fleischrippen unter ihrer Schürze herausflogen und sie sich in den Boden hinein schämte. Sie huschte davon und stahl sich nach Hause, wo sie die bittersten Tränen vergoß. Am Abend klopfte es an die Türe und herein trat der Königssohn, ihr Gemahl, der sie an sich zog und sagte: „Jetzt hat das Elend ein Ende. Siehst du, den Königssohn hast du verschmäht und den Stallknecht geheiratet. Ich wollte dir nur zeigen, wie bitter die Armut schmeckt. Jetzt aber gehen wir zum Vater und wollen das Leben genießen!“ Quelle: J. Jegerlehner, Sagen und Märchen aus dem  Oberwallis, Nr. 138 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der schlaue Peterli

Source: Der schlaue Peterli

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  Einmal waren zu Peist im Graubündnerland in einem Wirtshause viele junge Burschen zusammengekommen, die sich mit Spielen und Schmausen unterhielten und sich eine gar lustige Nacht zu machen wußten. Es mag etwas zu übermütig hergegangen sein. Als sie am lautesten und ausgelassensten taten, ging, wie von einem Windstoß aufgeblasen, lautlos die Stubentüre auf, und herein trat ein grüngekleideter Fremder, der um Herberg nachsuchte, die ihm die Wirtsleute auch bereitwillig gewährten. Danach setzte sich der Grüne unter die übermütige Gesellschaft der Jungburschen und begann es selber also toll zu treiben mit Spielen und Späßen, daß sie an ihm ihre heillose Freude hatten. Immer vertrauter wurde er mit ihnen, und zuletzt, als ihnen die Augenlider vom Weine schwer und der Sinn stumpf wurde, anerbot er sich lachend, die ganze große Zeche zu zahlen, wenn ihm der letzte, der die Stube verlasse, künftig mit Leib und Seele dienen wolle. Er sei auch gerne bereit, diesem daraufhin so viel Geld zu geben, daß er sein Lebtag genug habe. Jetzt wurde es den ausgelassenen Jungen doch etwas seltsam. Sie glotzten einander erst stumpfsinnig an, und dann ward es mit einemmal Tag in ihren Köpfen. Sie merkten nun, wer ihnen die Zeche bezahlen wollte, und verwünschten den Augenblick, in dem der unheimliche Fremde zu ihnen in die Stube gekommen war. Aber nun kamen sie ihm nicht mehr aus, denn gutwillig wollte er nicht gehen, und ihn dazu zu zwingen, wagte keiner der vorher so tollen Burschen. Er sah bös aus, und alle zitterten für Leib und Seele. Jedoch unter den Burschen war einer, dem immer noch etwas einfiel, wenn die andern nicht mehr wußten, wo aus und ein. Man hieß ihn nur den kleinen Peterli. Dieser erholte sich von seinem ersten Schrecken und dachte darüber nach, wie er der geängstigten Gesellschaft aus der Klemme helfen und dem Teufel, denn das war der Grüne, ein Schnippchen schlagen könnte. Auf einmal rief er, nachdem der Fremde die große Zeche bezahlt hatte, fröhlich lachend aus: "Du, Grüner, das ist leicht, aber dabei kommst du gewiß zu Schaden! Also, das Licht gelöscht, und der letzte, der die Stube verläßt, muß mit dir, basta!" Jetzt wurde das Licht ausgelöscht, der Grüne stellte sich hart neben die Stubentüre, damit er den letzten, der ihm gehören sollte, flugs packen könnte. Schier taghell schien der Mond in die Stube. Es war eine herrliche Nacht. Aber die jungen Burschen zitterten und dachten, die Sache werde wohl ein böses Ende nehmen. Nun mußten sie, ob sie wollten oder nicht, zur Stube hinaus. Weil aber keiner der letzte sein wollte, so losten sie um den Vortritt. Der kleine Peterli wußte es, ohne daß der Böse es merkte, einzurichten, daß das Los, die Stube zuletzt zu verlassen, ihn traf. Einer um den andern verließ nun hochklopfenden Herzens die Stube. Schon war der zweitletzte draußen, da kam noch der kleine Peterli gegen die Türe als der letzte. Hohnlachend wollte sich der Teufel über ihn her stürzen, doch Peterli sagte: "Nur schön langsam, dort kommt noch mein Hintermann!" Und damit zeigte er auf seinen Schatten an der Wand. Rasch ließ der Satan von ihm ab und warf sich gierig auf den Schatten an der Wand. Aber als er den Betrug merkte, war der kleine Peterli schon draußen, und mit Blitz und Donner fuhr der dumme Teufel ab.   Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der schlaue Schneider und der Bär

Source: Der schlaue Schneider und der Bär

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Es lebte einst eine junge und schöne Prinzessin; aber sie musste so lange in ihrem Schloss als Gefangene bleiben, bis irgendeiner von den Bewohnern ihres Landes ein Rätsel lösen konnte, das ihr Diener ihm vorsprach. War dies geschehen, so musste der Freier als zweite Prüfung eine Nacht im Stalle eines furchtbaren Bären zubringen, der alles fraß, was ihm unter die Augen kam. Wenn es dem einen oder andern auch gelang, das Rätsel zu lösen, so konnte er doch dem schrecklichen Rachen des Bären nicht entgehen, und so waren alle, die das Abenteuer gewagt hatten, dabei umgekommen. Nun waren im Land drei Schneider. Die sprachen lachend zu einander: «Was meint ihr, wollen wir nicht unser Glück versuchen und König werden?» - «Ja. freilich, das könnten wir probieren», sprach der jüngste von den dreien, der hässlich von Gestalt und einfältig war, und er rieb sich vor Glück die Hände. «Schweig doch, du Blödsinniger» sagten die andern. «Was würdest du anfangen mit dem bisschen Verstand, den du im Kopfe hast!» Also gingen sie unerschrocken zum Königsschloss und wurden vor die schöne Prinzessin geführt, die ein Lächeln nicht unterdrücken konnte, als sie die drei Schneider erblickte. Viele Ritter von edler Herkunft hatten Ihr Glück versucht, und es war ihnen nicht gelungen, die Prinzessin zu gewinnen. Was, wollten da diese drei Ungestalten noch erhoffen? «Man lese das Rätsel vor!», sprach die Königstochter zu ihrem Schildknappen. Der Diener willfahrte und hub also an: «Wer von euch, ihr Verwogenen, kann erraten, was für zwei besondere Haare die Prinzessin auf ihrem Haupte hat?» - «Ich sage», nahm jetzt der Mutigste von den drei Schneidern das Wort, «ich sage, eines dieser Haare ist rot und das andere schwarz.» - «.Und ich behaupte», begann hierauf der zweite, «eines dieser Haare ist gelb und das andere weiß.» - «Nein», entgegnete der Schildknappe, und die Prinzessin lächelte. «Und ich versichere und garantiere, eines jener goldglänzenden Haare ist von Silber und das andere von Gold», platzte der jüngste der drei Brüder, der dumme, heraus. Jetzt wurde die Königstochter bleich und erhob sich von ihrem Sitz. «Es bleibt noch die Probe mit dem Bären zu machen», sagte sie rasch, als hätte sie Angst vor jenem Mann, der sich schon eines gewissen Anrechts auf sie rühmen konnte. «Also vorwärts an die Probe mit dem Bär», sprach er unerschrocken. «Zum Zeitvertreib habe ich mir meine Geige und zwei Nüsse mitgebracht.» Als die andern das hörten, schauten sie einander verwundert an und sagten: «Oho, weder die Nüsse noch die Violine werden dich vor den Zähnen des grässlichen Raubtieres retten können.» Also wurde er in den Bärenzwinger eingeschlossen. Dann sprachen die Brüder zueinander: «.Morgen wird er uns nicht mehr plagen, dieser Taugenichts» Und die Prinzessin und der Diener riefen ihm zu: «Auf Wiedersehen, morgen, lieber Prophet!» - «Auf gutes Glück, gnädige Herrschaften!» schrie der Schneider von innen. Und dann fing er an, .die Nüsse aufzuknacken. Der Bär tappte neugierig um ihn herum, denn er hatte im Augenblick noch keinen großen Appetit und wollte lieber noch ein wenig warten. Aber das große Tier konnte nicht verstehen, was jener hässliche Mann für ein Spiel mit seinen Zähnen ausführte, und es fragte ihn: «Was machst du da, Mann?» «Ich esse Nüsse, willst du auch ein paar?» «Sind sie gut?» «Ausgezeichnet, mein Lieber, willst du versuchen?» « Warum nicht, gib her!» Der schlaue Schneider aber bot ihm eine Handvoll Steine, die der Bär mit aller Gewalt aufknacken wollte. Bei dieser harten Arbeit zerbrachen aber die Zähne in Stücke. «Ei der Tausend, wie ist es möglich, dass ein Bär nicht einmal diese Nüsse aufbringt», rief der Schneider verwundert aus, «und dabei haben deine Kiefer doch eine solche Kraft!» Aber während er dies sprach, schaute er ganz glücklich auf die Zahnstücke, die dem Bär aus dem Maule fielen. «Jetzt kannst du mich nicht mehr mit deinen Zähnen zerreißen, verwünschter Bär, ich habe dir die Zähne hübsch zugerichtet», dachte er bei sich im stillen. Nach und nach aber wurde der Bär zornig, als er sah, dass er die Steine nicht aufknacken konnte, die er für Nüsse hielt, und er ließ ein unheimliches Brummen hören. Daraufhin griff der Schneider zu seiner Violine und fing an, eine süße und einschmeichelnde Melodie zu spielen. Da wurde der Bär still, hörte eine hübsche Weile zu und fragte dann den Schneider: « Was hast du da in den Händen, Mann?» «Eine Geige, mein lieber Freund Bär.» «Und wie bringst du es fertig, so schöne Musik da herauszuholen?» «Schau, das macht man so!» Und der Bär schaute zu. «Aber weißt du, ich möchte auch gern so schön spielen können.» «Das glaub ich gern. Und es ist ein gar hübscher Zeitvertreib.» «Ist es schwer?»  «O nein, mir wenigstens ist es nicht schwer gefallen. - Möchtest du tanzen, mein lieber Freund Bär?» «O ja, aber du mußt kräftig spielen, ich bitte dich.» Jetzt neigte sich der Schneider gegen den Bären, und der suchte, auf beiden Hinterfüßen aufrecht stehend, mit zierlichen Schritten, den Rhythmus der Musik zu begleiten. Und er tanzte und tanzte, bis er vor Müdigkeit nicht mehr konnte.» «Höre, Mann, ich bin müde; zeige mir jetzt, wie ich spielen soll.» «Ja, gleich auf der Stelle, mein Freund Bär. Nur, siehst du, ohne weiteres wird es dir nicht gelingen. Oh, warum brummst du, du mußt nicht zornig werden, es hat weiter nichts auf sich. Weißt du, ich muß doch meinen Schülern die Wahrheit sagen.» «Aber wieso sollte ich's denn nicht können», meinte der Bär, «ist's dir gelungen, der du noch ein häßlicheres Geschöpf bist als ich, dann werde ich diese Kunst auch lernen.» «Mit jenen langen Krallen aber kannst du nicht spielen, ich versichere dir, schau meine Fingernägel an, die müssen doch kurz sein, die Nägel.» «Also, schneid mir sie ab, du Dummkopf!» «Ganz recht, wenn es dir lieb ist, gerne. Bleib dort und warte, ich will gleich meine Schere holen, hier, in meinem Kittel ist sie, den ich dort an der Tür aufgehängt habe. Aber du mußt dich nicht umdrehen, denn ich muß dir zuerst die Nägel an den Hinterpfoten schneiden, sonst kann ich's nicht machen, du bist gar so groß, mein lieber Freund Bär!» Der Bär schmunzelte, denn das Kompliment gefiel ihm; kein Mensch hatte ihm jemals so viele freundliche Worte gegeben. Er stellte sich also so hin, wie es ihm sein Geigenlehrer befohlen hatte und wartete. Als der Schneider weit genug vom Bär entfernt war, streckte er sich auf dem Boden aus und legte sich schlafen, wobei er beständig murmelte: «Ich komme gleich, beweg dich nicht, jetzt komme ich, ich bin da», bis auch das böse Tier eingeschlafen war. So ging die Nacht vorüber. Als der Tag anbrach, stand der Schildknappe frühzeitig auf, ließ den Stall öffnen, wo alles still war, und glaubte bestimmt, nur noch einige Knochen als Überreste des armen Schneiders zu finden. Wie groß war jedoch seine Überraschung, als er ihn ruhig eingeschlafen fand, und auf der andern Seite den Bären, der ihm den Rücken zukehrte und ebenfalls schlief. Als die Königstochter erfuhr, dass der Schneider den Sieg davongetragen habe, fing sie an zu weinen, denn der Gedanke war ihr schrecklich, dass sie nun jenen hässlichen Jüngling heiraten müsse. Andererseits aber tröstete es sie, wenn sie dachte, dass sie jetzt endlich aus ihrer Gefangenschaft befreit war. Als der Schneider ihr vorgeführt wurde, schön hergerichtet und herausgeputzt, in prächtigen Kleidern, mit Federn auf dem Hut und mit Tressen geschmückt, stellte es sich heraus, dass nur die abgetragenen Kleider ihn so entstellt hatten, und sie fand ihn gar nicht mehr hässlich. Und dabei wußte sie, dass er gescheit und schlau war. Sie konnte also hoffen, dass er die Staatsgeschäfte mit Geschick leiten würde und das Reich dabei aufblühe. Und so hieß sie ihn willkommen und küßte ihn von Herzen. Die beiden Brüder des Schneiders knieten vor ihm nieder und baten ihn um Verzeihung und Hilfe, was er ihnen auch gewährte, obwohl er wußte, daß sie ihn nie recht gern gehabt hatten, und erst jetzt, wo er die Königskrone erlangt hatte, sein gutes Herz schätzen lernten. Der Bär wurde in einen mächtigen Zwinger gebracht, der doppelt so groß war wie der frühere. Jeden Tag gab man ihm zwei Portionen echte Nüsse, und ein Mann mußte ihm täglich zwei Stunden auf der Geige vorspielen. Die Prinzessin war nun voller Freude. Ihr Gemahl war gut, freigebig, wagemutig, gescheit und gar nicht unansehnlich, und sie empfand vor allem das Glück der Freiheit. Sie lebten zusammen in Freude viele, viele Jahre und ließen auch ihre Untertanen an ihrem Glück teilnehmen. Märchen erzählt in Campestro von Silvio Savi, 1925 Quelle: Walter Keller, Tessiner Sagen und Volksmärchen, Edition Olms, (Nachdr. d. Ausg. Zürich 1940), 2000. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schlörggeler

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Wenn man auf dem Gipfel der Kaiseregg steht, dann wird das Auge zuerst gebannt von den majestätischen Silberhäuptern der BerneraIpen. Zwischen diesen hindurch erkennt man in unendlicher Ferne sogar einige Spitzen der Walliserberge. Sie kommen einem schier vor wie scheue Kinder, die sich hinter Mutters Schürze verbergen und nur den Zipfel der Kappe hervorgucken lassen. Vom Kranz der ewigen Firnen schweift der Blick über die Zacken und Gräte der nahen Simmentalerberge. Endlich senkt er sich noch tiefer und bleibt an den dunkelgrünen Walopseelein haften. Jetzt erst entdeckt man tief unter sich einen langgestreckten Stafel: Die Kaiseregghütte. Darin haust ein recht sonderbarer Berggeist. Er ist nicht einer, der mächtige Felsblöcke auf die Frevler schleudert, nicht einer, der Tiere in die Abgründe jagt oder im Schnee- und Hagelwetter über die Alpen braust. Nein, er hat noch niemand ein Leid zugefügt. Er ist auch nicht einer, der mit Donnerstimme die Fehlenden warnt oder verwünscht. Er hat noch gar nie geredet. Er ist auch nicht ein helfender oder dienender Geist, der den Hirten das Vieh hütet und in der Nacht ihre Arbeit verrichtet. Er ist noch niemandem behilflich gewesen, hat sich noch nie sichtbar gemacht und auch nie einem Menschen Angst oder Schrecken eingejagt. Er ist ein ganz harmloser Geist, der still seine eigenen Wege geht und weder fordert noch gibt. Aber es ist ganz gewiss, dass er in dieser Hütte lebt und ein- und ausgeht. Die Hirten haben ihn oft und oft schlürpend über die Bühne laufen hören, so wie jemand, der Schlörggli an den Füssen hat. Sie nennen ihn darum auch nur den „Schlörggeler“. Der Hausgeist auf der Kaiseregg ist kein Siebenschläfer. ln frühester Morgenstunde, eh noch die Sterne erblassen, steht er oft schon auf, schlörggelet über die Bühne, klappert die Stiege hinunter und beginnt in der Küche zu rumoren. Der Meisterhirt in der Kammer nebenan erwacht darob und lauscht. Er meint, es sei der Knecht, der das Morgenessen bereite. Ganz genau vernimmt sein Ohr die bekannten Hantierungen. Jetzt macht der da draussen Späne - zündet sie an - legt Reisig und Scheiter darauf. Das Feuer knistert und spretzelt. Der Meister hört es ganz deutlich. Jetzt nimmt er den Kessel und hängt ihn an den Turm. Die Kette klirrt, der Turm knarrt. Der Meister hört es ganz deutlich. Jetzt holt er im Gaden die Milch und giesst sie in den Kessel. Wie das rauscht. Der Meister hört es ganz deutlich. Einen Augenblick ist es still. Da rasselt an der Wand die Uhr und beginnt zu schlagen. Der Meister zählt: „Eins - zwei-drei. Nichts mehr? Nein, fertig. Drei Uhr also. Was kommt dem Knecht in den Sinn, heute so früh aufzustehen? Ich will ihm sagen, er solle sich noch zwei Stunden niederlegen.“ Er steht auf und öffnet die Türe zur Küche. Aber dort ist alles still, - kein Licht, kein Feuer, kein Mensch zu sehen. Da lacht er bittersüss, wie einer der in den April geschickt worden, und sagt zu sich selber: „Ohoo! - as isch nume der Schlörggeler gsii.“ Und als ob nichts geschehen wäre, legt er sich wieder ins Bett und schläft weiter bis der Tag erwacht und der Knecht in der Küche zu poltern beginnt. So leben da droben auf der Kaiseregg Hirt und Schlörggeler im schönsten Frieden nebeneinander. – Wenn`s nur in der Welt draussen auch so wäre.   Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch


by Der Schlossgeist von Zuckenriet

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Noch im Anfange dieses Jahrhunderts war die bäuerliche Familie, welche die Räumlichkeiten des Rittersitzes eingenommen hatte, nicht die unbestrittene Besitzerin derselben; vielmehr übte der noch auf Erden schwebende Geist eines längst verstorbenen Löwen von Zuckenriet in der Nacht die unbedingteste Herrschaft im Schlosse aus. Zwar gelang es einem Mitgliede des Kapuzinerordens, den Geist durch Anwendung starker Mittel in seinem Wirkungskreise zu beschränken und in ein einziges Zimmer festzubannen. Aber jede Nacht musste in diesem Gemache eine Kerze brennen. Geschah das, so enthielt sich der Geist nicht nur jeder Feindseligkeit oder jeder Störung nächtlicher Ruhe, sondern zeigte sich sogar im höchsten Grade wohlwollend gegen die Schlossbewohner. Die zahlreichen Knechte, welche der Schlossbesitzer wegen der ausgedehnten Güter halten musste, fanden jeden Morgen, wenn das Fuhrwerken Tageswerk war, bei ihrem Aufstehen die Pferde schon gefüttert, die Wagen herausgezogen und bespannt, mit einem Worte, alles so hergerichtet, dass sie nur das Zeichen zur Abfahrt zu geben hatten.                                C. G. J. Sailer, Chronik. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 494, S. 292 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schlossgrün bei Ober-Gösgen

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Gösgen ist ein Solothurner Dorf am linken Aarufer, eine Stunde oberhalb Aarau. Am Ende des Unter Dorfes steht noch ein hoher Turm mit steiler Ringmauer vom Schlosse des Ritters von Falkenstein; am obern Dorf liegt in einem Wäldchen hart an der Aare die Ruine des Raubschlosses Hagnau. Eine kleine Tanne hat auf der Spitze dieses Schloßturmes Wurzel gefaßt; und gerade bei diesem Bäumchen läßt sich, so oft das Wetter sich ändert, die Gestalt des verrufenen Schloßherrn erblicken. Dann kommt er des Nachts an den Strand hinab, schreitet hier funkensprühend auf und ab, ruft über das Wasser hinüber und trotz des Rauschens, mit dem hier der Strom über Klippen und Kiesbänke weggeht, hört man die helle Stimme genau in dem jenseits liegenden Steckhof, einer Einöde, die ihrer Namen gleichfalls von der Burg Hagnau erhalten hat. Jedermann in der Umgegend und auf beiden Ufern des Flusses, sowohl im Dorfe Däniken,- wie im jenseitigen Obergösgen, weiß etwas von diesem Schloßgeiste zu erzählen, und gleichmäßig nennt man ihn den Schloßgrün. Auch spricht man noch überall von dem wunderbaren Verschwinden eines Burschen aus dem dortigen Steckhofe, der sich unlängst einmal mit diesem Schloßgrün eingelassen hat. Nachfolgendes haben wir uns von diesem Burschen selbst sagen lassen. Da er eine verschlossene, menschenscheue Natur ist, dessen Wort durchaus nicht von freien Stücken erfolgt, so liegt mindestens die Annahme fern, als habe er mit seinen Angaben auf die Leichtgläubigkeit seines Zuhörers spekulieren wollen.  Im Spätherbst 1856 weckte mich einmal um Mitternacht ein plötzlicher Hülferuf aus dem Schlafe. Als ich den Fensterschieber öffnete, um zu horchen, kam die Stimme hell herüber aus dem Hagnauer Hölzchen, das keine hundert Schritt von unfern drei Häusern und der Straße abliegt, Wind und Regen schlug mir zugleich ins Gesicht, aber es dauerte mich der Arme, der sich bei solchem Unwetter und unserm Hofe so nahe verirrt haben sollte; so verließ ich ohne Zögern das liebe Bett und begab mich in das Wäldchen hinein. Aber o Himmel, welche Schreckensgestalt stand hier vor mir! da ist ein baumhoher Mann, der Länge nach in einem weiten Mantel steckend, und wenn man emporblickt nach seinem Kopf, so rollen in einem schwarzen Gesichte zwei mächtig große Feueraugen herum. Alls allen Kräften versuche ich Reißaus zu nehmen, aber schon ist es mir unmöglich. Denn jetzt schreitet der Schwarze vorwärts und nimmt mich mit in seiner Bahn. Hinterdrein muß ich seinen Tritt nachtreten durch Dick und Dünn, über Stock und Stein, durch gebautes und ungebautes Land. In einem weiten Bogen wanderte er über unsere ganze Feldbreite. Als wir gegen das Dorf hinkamen und durchs Dunkel her die ersten Häuser wahrnahmen, versuchte ich's mit aller Macht, unter eines der Dächer hinzuspringen. Aber vergebens; schon gehts weiter fort auf die Eicher-Almende, dann durch die Waldstrecke Lehen, fern über unsern Dorfbann hinaus, dann gar hinüber in die Waldungen des Dorfes Köllikon. Willenlos wurde ich so hinweg geschleppt aus dem Aartale über die Bergwaldungen hinüber in das jenseitige Tal. Von oben goß der Regen, unten schwollen die Bäche an, ich mußte sie der Reihe nach durchwaten, ich troff von Nässe, Hände und Füße bluteten bereits, zerrissen von Dornen und pfadlosen Klippen. Wortlos schritt mein Vormann einher, ich hinterdrein in der dichten Finsterniß seiner Gestalt. Jetzt nahten wir einem Bauernhause, das hart am Saum des Köllikoner Waldes lag; in dieses hinein fuhr der Schreckliche unter gewitterhaftem Knallen und Prasseln. Ich weiß nicht zu sagen, wie mir war. Aber als ich wieder zu Sinnen kam, fand ich mich verkrochen im Heu eines Schuppens, abseits von jenem Hause. Bis zum zweiten Tage schon hatte ich hier schlafend gelegen, jetzt erweckte mich ein quälender Hunger. Ich suchte das nächste Haus auf und bat die Leute um ein Stück Brot. Aber mit Schrecken warfen sie mir ein Stück heraus und schlossen eilig das Fenster. Aus ihrer Miene und Rede erriet ich erst mein eignes Aussehen: Alle Kleidung herabgerissen, Arm und Bein blutrünstig, die Augen rot vor Fieberhitze, und ein Kopf, zur Größe eines Kornmetzen aufgeschwollen, so war meine Erscheinung. Als ich heimkam, wollte man mich kaum wieder erkennen. Niemand begriff mein langes Ausbleiben. Man brachte mich zu Bette und es dauerte manche Woche, ehe ich es wieder verlassen konnte.  Der Schloßgrün hat auf dem Fußwege, der im Walde an seiner Burg vorübergeht, seine eigne Bahn und macht sie den Leuten streitig, wenn er hier mit seinen drei weißen Hündchen jagen will. Dann aber ist er, wie sein Name es besagt, vollständig grün gekleidet. Ihm gehört hier auch die Grundruhr an, die in dem Strandrechte besteht, alle vom Strom gelandeten Gegenstände in Besitz nehmen zu dürfen. Daher verwehrte er einst den Flößerknaben, die im Schachen der Aare bei Obergösgen wohnen und zum Schlosse hinüberfuhren, um das Treibholz aus dem Wasser, heraus zu fischen, fortwährend die Landung. Ihr Vater, der alte Flößer, sah dem von drüben aus lange zu, endlich riß ihm die Geduld und er brauchte sein für solche Fälle ausreichendes Geheimmittel. Er beehrte nämlich den Burggeist mit einer sehr unanständig lautenden Einladung, und veranschaulichte sie, um ganz verstanden zu sein, damit, daß er die Hosen fallen ließ. Nun konnten die Knaben landen, der Alte jedoch trug einen geschwollenen Kopf davon. (Stud. Schenker von Däniken.)  Sage aus Gösgen Band 3.1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962 Kapitel 10. Der Schlossgrün bei Ober-Gösgen  S. 63 - 64 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schlosshund

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Aus den Fensterlöchern der Ruine Homburg blickt manchmal ein Hund mit feurigen Augen. Gewöhnlich ändert nachher das Wetter. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Schlösslibauer zu Sulz

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Eine Anhöhe am südwestlichen Ende des Dörfchens Sulz im Fricktale am aargauer Rheinufer heißt das Schlößli. Hier wohnte vor langen Zeiten der Schlößlibauer, ein berühmter Zauberer und Banner. Er hinterließ keine Kinder, daher blieb sein Haus nach seinem Tode lange unbewohnt. Die Erben rissen es nieder und bauten ein neues an die Stelle, das gleichfalls das Schlößli genannt wird. Der alte Schlößlibauer war allen seinen Gegnern gewachsen. Wenn ihm die Burschen von Obersulz seine Kirschbäume erkletterten und leerten, sprach er nur eine Formel, und jene mußten zweimal vierundzwanzig Stunden droben auf dem Aste bleiben. Oder er stahl ihnen zur Strafe das Ihrige, Milch und Butter aus dem Hause, dem Jäger das Wild aus dem Walde, und brauchte dazu nichts anderes zu tun, als daß er daheim sein Zauberrad umdrehte. Einst im Winter, da er Nachts über die kleine Brücke bei der Mühle von Obersulz von der Jagd heimging, entglitt er auf dem Eise und wurde am andern Morgen sammt seinem Stück Wild tot am Bache gefunden. Seit dieser Zeit steigt er als Roß den Mühlbach hinunter, durchschreitet den Graben längs der Straße und geht bis zu einem Kreuze, das zwischen Sulz und Obersulz steht. Band 3.1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962, S. 92 - 93 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch        


by Der Schlüssel

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Einmal nahm ein armer Bauer einen Schmied zum Paten für seinen Buben. Als sein Patenkind erwachsen war, bot der Schmied ihm an, ihm sein Handwerk beizubringen. Der Patensohn blieb zwei Jahre bei seinem Paten in der Lehre. Eines Abends, als der Pate weg war, fand er zwischen den Werkzeugen einen alten Schlüssel. Er nahm ihn und drehte ihn hin und her. Sogleich erschien ein schwarzer Mann und fragte: «Was verlangst du?» - «Gar nichts», antwortete der Bursche, versteckte aber den Schlüssel im Hosensack und lief am andern Tag dem Schmied davon. Zu Hause drehte er wieder den Schlüssel, und im Nu erschien der schwarze Mann und fragte, was er wolle. «Ein schönes Schloss», antwortete er, und im gleichen Augenblick wurde sein Haus in das schönste Schloss, welches man sich wünschen kann, verwandelt. Später heiratete er die Tochter des Königs, und er war ein sehr reicher und vornehmer Mann. Eines Tages aber warf seine Mutter den Zauberschlüssel unabsichtlich zum Alteisen. Der Pate vernahm das, und einmal, als sein Patensohn am Schloss Arbeiten ausführen liess, verkleidete er sich als Maurer. Er ging zur Mutter des Burschen und sagte, der Herr habe ihn geschickt, Alteisen zu holen. Die Mutter schickte ihn hinauf in die Kammer mit dem Alteisen, und dort fand er bald den Schlüssel. Als er ihn drehte, erschien sogleich der schwarze Mann. «Was willst du?» «Dass ich, das Schloss und die Frau meines Patensohnes ans andere Ufer des Meeres getragen werden!» Und das geschah auch. Nun war der Patensohn ganz allein. Als der König hörte, dass seine Tochter und das Schloss seines Schwiegersohnes verschwunden waren, wurde er schrecklich wütend und wollte den Schwiegersohn als Hexenmeister zum Tod verurteilen. Aber am Abend vor der Hinrichtung kam ein alter Mann mit einem breitrandigem Hut zum Patensohn ins Gefängnis und sagte, er wolle ihm helfen, er solle nur mit ihm kommen. Der alte Mann ging mit ihm übers Meer, und dort sagte er zu ihm: «Jetzt siehst du dein Schloss, geh dorthin, zieh an der Glocke und sage der Dienerin, die herauskommt, sie solle deiner Frau ausrichten, sie müsse Schlüssel aus der Rocktasche des Schmieds nehmen. Der schlafe nämlich jetzt.» Das machte er, und es gelang der Prinzessin, den Schlüssel zu ergattern. Sobald der Patensohn den Schlüssel hatte, drehte er ihn. Und als der schwarze Mann kam, da befahl er, dass das Schloss mit allem drin, aber ohne seinen Paten, wieder am alten Ort sei. Und im gleichen Augenblick waren sie wieder zu Hause. Am andern Morgen, als der König aufstand, war er ganz erstaunt, seine Tochter und das Schloss seines Schwiegersohnes wieder zu sehen. Aber der Patensohn vergrub den Schlüssel so tief im Boden, dass niemand ihn finden konnte.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler. sowie: "Die drei Hunde", Rätoromanische Märchen aus dem Ober- und Unterengadin, Schams und Oberhalbstein, Caspar Decurtins, Ursula Brunold-Bigler (Hg.), Kuno Widmer (Übers.), Desertina Verlag   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Schmied mit dem feurigen Eisen

Source: Der Schmied mit dem feurigen Eisen

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Unweit Surava, in Graubünden, stehen die Mauern eines Hauses. Sie sind innen alles Getäfels und Gebälkes entkleidet; durch die offenen Fensterhöhlen zieht der Wind und oben sieht der Himmel hinein. Im untern Stockwerk finden sich noch Spuren einer Esse. Der Landmann zieht schaudernd vorüber; denn er kennt die Sage vom Schmied mit dem feurigen Eisen. Der war in uralter Zeit Besitzer dieses Hauses und der dazu gehörigen Schmiede und befand sich, als der einzige Schmied der Umgegend, bei seinem Berufe sehr wohl. Siehe, da kam aus der Fremde ein junger, frischer Gesell von Tiefencastel, welches bekanntlich unweit Surava liegt. Der Weg führte ihn an der Schmiede vorbei und, angezogen von den Funken, welche lustig emporsprühten, trat er bei dem Meister ein. Sie kamen ins Gespräch und der Gesell erzählte dem Alten, wie er nun im Sinn habe, in Tiefencastel ebenfalls eine Schmiede zu errichten, und wie es ihm weder an Geld noch Geschick fehle, sich eine gute Kundsame zu erwerben. Da erwachte im Herzen des Alten grollender Neid, und der Böse, der überall bei der Hand ist, wo der Mensch eine Blöße zeigt, gab ihm einen verruchten Mordplan ein. Der Meister bot dem Jungen freundlich ein Nachtquartier an, und da es schon spät und finster war, nahm dieser es mit argloser Freude an. Aber als ein tiefer Schlaf des Jünglings Sinne gefangen hielt, stieg der alte finstere Schmied hinunter in die Werkstatt, nahm eine spitzige Eisenstange: „der Blasbalg gahrt, die Funken sprühn" und bald ist das Eisen glühend. Und als es glühend war, schlich er hinauf in die Kammer, wo der Jüngling schlief, und stieß ihm den knisternden Stab durch die Brust! Den Leichnam begrub er. Kein Zeuge war gegenwärtig und die Tat blieb verschwiegen. Aber die Reue und in ihrem Gefolge die Verzweiflung verfolgten den Mörder von nun an auf allen Stegen und Wegen. Endlich ging er hin zu dem Priester des Orts und beichtete die entsetzliche Tat. Dieser riet ihm, sich selbst den Gerichten zu verzeigen und durch den Tod auf dem Rabenstein den zürnenden Schatten zu versöhnen. Aber er scheute sich zu sterben durch Henkershand und ging in sein Haus und schnitt sich die Kehle ab. Die Schauer der Hölle lagerten sich seither über der Wohnung und ringsherum wurde das Land öde. Um Mitternacht steigt der alte Schmied aus den Trümmern; man hört da, wo die Schmiede war, das Gahren des Blasbalges und sieht die wilden Funken sprühn. Alsdann tritt er kohlschwarz mit dem knisternden Eisen in der Faust aus der Türe, wankt ächzend nach der Stelle, wo, wie man sagt, die Gebeine des Gemordeten liegen, und steckt den knisternden Stab in die Erde hinein, aus welcher alsbald wilde Flammen schlagen, in denen der Geist des Mörders heulend verschwindet. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schmied und der geprellte Teufel

Source: Der Schmied und der geprellte Teufel

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Ein Schmied hatte sich dem Teufel verschrieben unter der Bedingung, dass ihm dieser stets Kohlen, Eisen und Stahl genug liefere, und der gute Teufel hielt den Pakt pünktlich inne. Da kamen eines Tages ein Fraueli und ein Mandeli mit einem Eselein daher. Es waren die Mutter Gottes und der St. Joseph. Aber der Schmied kannte sie nicht. Der St. Joseph wollte sein Eselein beschlagen lassen. Da sich der Schmied dessen weigerte, versprach er, ihm als Lohn drei Wünsche zu erfüllen. Jetzt wünschte sich der Meister einen Stuhl, der jeden, der sich darein setze, zurückbehalte, bis er ihn loslasse; einen Kirschbaum, der das ganze Jahr reife Früchte trage und jeden festhalte, der da Kirschen pflücke, und einen Sack, der seinen Inhalt festhalten solle, bis er ihn freigebe. Gut, die drei Wünsche wurden ihm gewährt. Zu gesetzter Frist erschien der Teufel, den Schmied zu packen. Der aber lud ihn ein, ein wenig zu ruhen, bis er sich angekleidet habe. In den Werktagskleidern dürfe er doch nicht kommen. Der Teufel begriff das, setzte sich in den Stuhl, den ihm der Schmied höflich anbot, und machte sich's bequem. Als dann der Schmied erschien und sich anerbot, mit ihm abzureisen, blieb der Stuhl am Hintern des Teufels hängen, und heulend und winselnd musste er dem Schmied eine Galgenfrist gewähren, nur um des fatalen Stuhles los zu werden. Kaum war die gewährte Frist abgelaufen, als sich der Teufel zum zweiten Male dem Schmied vorstellte und ihn einlud, mit ihm zu kommen. »Warum auch nicht«, meinte der, »aber schau da die schönen Kirschen an! Willst du nicht in den Baum hinaufsteigen und dich an ihnen erfrischen?« Der Teufel liess sichs nicht zweimal sagen, erkletterte den Baum und frass Kirschen. Als er aber hinuntersteigen wollte, konnte er nicht und musste sich dazu bequemen, dem Schmied eine erneute Frist zu gewähren. Sobald diese zu Ende war, stand er wieder in der Schmiede, seine Beute zu holen, doch der Meister sagte: »Du wirst wohl begreifen, dass ich nicht gerne mit dir durch das Dorf hinunter gehe, schlüpfe also in diesen Sack hinein, und ich will dich tragen, bis wir zum Dorfe hinaus sind.« Der Teufel begriif und schlüpfte in den offenen Sack, den der Schmied hinhielt und dann fest zuschnürte. Mit ihm wanderte er einer Hammerschmiede zu, wo er ihn mit dem grossen Hammer bearbeitete. Lautes Jammern und Winseln ertönte aus dem Sacke; aber es war umsonst; der Hammer hörte mit seiner Arbeit nicht auf, bevor der arme Teufel den Schmied gänzlich frei liess. Jos. Maria Baumann, 68 Jahre alt, Ursern Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schmied von Rumpelbach

Source: Der Schmied von Rumpelbach

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In uralter Zeit lebte im obern Rhonetal ein tüchtiger Schmied. der sich grosser Kundschaft erfreute und weit und breit nur der Schmied von Rumpelbach geheissen wurde. Von den Schneehalden herab und aus den Seitentälern heraus kamen die Leute mit ihren Maultieren zu ihm, denn er hatte die besten Eisen und Hufnägel und verstand es, den Pferden und Maultieren das Eisen so glatt und fest anzulegen, dass es monatelang hielt, und so lange man sich besinnen mochte, war noch nie ein Tier von der Schmiede lahm weggeführt worden. Da hielt auch einmal ein vornehmer Reitersmann vor der Schmiede an und liess sich vom Meister das Pferd beschlagen. Das ging so ge­schwind, dass der fremde Herr staunte. Als er die Eisen prüfte, sassen sie wie angegossen. Voll Freude darüber rief er den Meister und sagte zu ihm, er dürfe sich für die gediegene Arbeit etwas Schönes wünschen. Die Frau, die eben heranschlurfte, um ihrem Mann einen Halben goldenen Muskateller auf das Bänklein zu schieben, raunte ihm ins Ohr: «Wünsche dir den Himmel!» «Den müssen wir verdienen», sagte der Schmied gelassen, «den können wir nicht wünschen!» «Nun, so will ich mir etwas wünschen», sagte der Meister und wischte sich mit der russigen Hand die Schweisströpflein von der Stirne. «Ich besitze im Garten einen schönen, jungen Kirschbaum, der jedes Jahr über und über mit schwarzen Kirschen behangen ist; doch jedesmal wenn ich sie pflücken will, ist schon einer oben gewesen und hat sie weggefressen, und so habe ich stets das Nachsehen. Ich wünsche, dass der Spitzbube, der verstohlenerweise auf den Baum klettert, nicht mehr heruntersteigen kann und mich zu Hilfe rufen muss!» Der Herr erwiderte, er habe sich da etwas Vernünftiges gewünscht, bestieg sein Pferd und ritt weg. Nach einiger Zeit hielt der Reitersmann wieder vor der Schmiede, um das Pferd beschlagen zu lassen. Der Schmied erkannte ihn sogleich rückte das Käppchen, setzte die Eisen an und erwarb sich von neuern die volle Zufriedenheit des Herrn, denn dieser sagte, er dürfe sich wieder etwas wünschen. Die Frau hatte den Femden durch die Butzenscheiben erspäht, kam eilig daher und föüsterte ihrem Mann  über die Schultern zu: «Wünsche dir den Himmel! » Der Mann erwiderte: «Ach mit deinem Himmel, den muss man doch verdienen!» Dann wandte er sich seinem zu seinem Gönner: «In der Stube steht ein Lehnstuhl, weich gepolstert, doch wenn ich müde bin und mich hineinsetzen will, ist er immer schon belgt. Ich wünsche mir, dass die Person, die sich drauf setzt, dran kleben bleibt, bis ich ihr heraushelfe!» Der Fremde nickte beifällig, schwang sich aufs Pferd und entfernte sich. Nach geraumer Zeit stieg der fremde Herr wieder vor der Schmiede ab und übergab dem Meister das Pferd zumI Beschlagen . Dieser schob das Käpplein nach hinten, machte sich hurtig an die Arbeit, liess die Funken sprühen und den Hammer ertönen. Mit einigen wuchtigen Schlägen hämmerte das Eisen in die richtige Form, und mit wohlgezielten Streichen setzte er die Nägel ein. Er hatte selbst das Gefühl, noch nie so rasch und gut seine Arbeit ver­richtet zu haben. Der Herr besah den neubeschlagenen Fuss des Pferdes und sagte lächelnd: «Gut, gut, du darfst dir wieder etwas wünschen, Meister!» Die Frau passte schon lange hinter dem Fenster; nun öffnete sie dasselbe so rasch, das der Nelkentopf auf die Strasse fiel und klirrend zerschellte. So laut rief sie, dass der Herr es hören konnte: «Wünsche dir den Himmel, Mann, du Narr, wünsche dir den Himmel.» Der Mann warf ihr einen ärgerlichen Blick zu: «Lass mich doch in Ruhe mit deinem Himmel, den muss man verdienen und nicht wünschen! » Er wandte sich zum Reitersmann und sprach: «Ich habe hier einen Nagelsack. aus dem mir öfters Nägel gestohlen werden, wer in das Säcklein greift, soll die Hand nicht mehr herausbringen, bis ich ihm helfe!» Der Reiter klopfte ihm auf die Schultern und sagte: «So ist es recht, Meister», schwang sich aufs Ross und galoppierte davon. Von dieser Stunde an sah ihn der Schmied nicht mehr. Als er alt geworden und den Hammer nicht mehr zu schwingen vermochte wie in früheren Jahren, da klopfte es eines Tages gar son­derbar an die Tür. Er legte das Werkzeug nieder und schlurfte hin­aus, um nachzusehen, wer draussen stehe. Da meldete sich der Teufel: «Es ist Zeit, komm mit», rief er, «den Himmel hast du ja doch verscherzt!» Der Schmied schrak leicht zusammen, fasste sich aber schnell und sagte, er habe jetzt nicht Zeit, er müsse noch einen alten Drei­fuss flicken, der heute Abend abgeholt werde. Damit die Arbeit rascher vorrücke, solle er ihm aus jenem Nagelsack ein paar Nägel herausholen, Der Teufel griff mit der Rechten hinein und blieb drin hängen. Er schüttelte den Sack, dass die Nägel klirrten und verbiss die Lippen, brachte aber die Hand nicht mehr heraus. «Lass mich los», schrie er, «lass mich los!» «Schenke mir noch ein paar Jährchen», sagte der Schmied und häm­merte ruhig weiter, «dann lasse ich dich laufen!» Der Teufel ver­sprach es, und alsbald konnte er die Hand zurückziehen. Er schleuderte sie aus und trollte sich von dannen. Als die geschenkten Jahre verstrichen waren und des Meisters Bart schneeweiss geworden, meldete sich der Teufel wieder und winkte ihm zu folgen, Der Schmied lächelte pfiffig und sagte: «Gleich werde ich bereit sein, aber in den aufgestülpten Hemdsärmeln und den abgetragenen Werktagshosen darf ich mich neben dir nicht zeigen; ich will schnell die bessern Kleider anziehen; geh in die Stube und setze dich unter­dessen in den Lehnstuhl!» Der Teufel tat, wie ihm geheissen, und der Schmied zog das Sonn­tagsgewand an, stellte sich vor ihn hin und sagte: «So, jetzt lass uns gehen!. » Der Teufel ruckte und zerrte mit aller Gewalt an dem Stuhl, fuhr damit blitzschnell im Zimmer herum und konnte sich doch nicht losmachen. «Hör nur auf», sagte der Schmied und kraute sich im Barte, «das Reissen und Stossen nützt dir alles nichts. Gib mir noch einige Jährchen zu, dann lasse ich dich frei!» Der Teufel versprach es, wurde von dem lästigen Stuhle befreit und hinkte schnell davon, Als die Zeit um war, erschien der böse Feind zum dritten Mal und schrie von weitem: «Jetzt rüste dich, jede Ausrede ist umsonst; du wirst mir diesmal nicht entwischen!» «Das sehe ich leider auch ein», sagte der Schmied, dessen Schultern schon ein bisschen vornüber neigten. «Die letzte Bitte aber wirst du mir gewiss nicht versagen! Dort im Garten hangen die schönsten, reifen Kirschen. Pflücke mir ein Körbchen voll, das gibt dir ja wenig zu tun, damit ich mich satt esse, bevor ich den schweren Gang antrete!» Der Teufel brummte: «Du hast doch immer etwas zu wünschen, doch wenn es deine Lieblingsfrucht ist, also meinetwegen», und er kletterte hurtig auf den Baum und sammelte flink wie ein Affe die Früchte ins Körbchen. Als es voll war, begann er kläglich zu win­seln, denn er konnte nicht mehr hinunter. Der Schmied hüpfte vor Freude und lachte sich ins Fäustchen. «Lass mich hinunter», jammerte und heulte der Teufel, ich schenke dir gerne noch einige Jährchen! » «Nein, nein», lachte der Schmied, «so schnell kommst du mir diesmal nicht davon. Gibst du mich frei für immer, dann magst du heruntersteigen, sonst bleibst du dort oben bis in alle Teufelsewig­keit!» Der Böse versprach es, sprang in einem Satz vom Baum, rollte den Schwanz auf und verschwand. Der Schmied hatte sich einen tüchtigen Gesellen herangezogen, so dass er sich auf die leichten Arbeiten beschränken konnte. Als hochbetagter Greis starb er. Der Tod führte ihn vor das Höllentor und klopfte an. Da rief eine Stimme heraus: «Wer ist da?» «Der Schmied von Rumpelbach», lautete die Antwort. Da gab's einen grossen Lärm. «Den können wir nicht brauchen», schallte es zurück, «der schlägt uns krumm und lahm; geht vor eine andere Tür!» Vor dem Fegefeuer erhielten sie dieselbe Antwort; da zogen sie weiter und pochten leise an die Himmelspforte. Als Petrus öffnete und den Schmied erblickte, brummte er ihn an: «Für dich ist kein Platz hier, denn du hast dir nie den Himmel gewünscht! » «So öffne mir nur die Tür ein ganz klein wenig, damit ich einen Blick tun kann in all die Herrlichkeit des Paradieses! » Petrus gewährte ihm die Bitte und schloss die Tür auf. Da warf der Schmied schnell sein Schurzfell hinein, sprang mit einem tüchti­gen Satz drauf und rief: «Der Schmied von Rumpelbach Sitzt hinter der Himmelspforte uf siner Sach!» Petrus verzog sein Gesicht zu einem freundlichen Lächeln und drückte ihm die Hand: «Drin bist du, und drin sollst du bleiben, denn du hast dir den Himmel verdient; aber mit solcher List ist mir noch keiner hineingeschlüpft!»   Quelle: Johannes Jegerlehner: Walliser Sagen, Hans Feuz Verlag Bern, 1959 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schmied von Samaria

Source: Der Schmied von Samaria

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Es ist bekannt, dass der Heiland bei seinem Aufenthalt im Judenland mit seinen Jüngern ab und zu in die drei Länder Galiläa, Samaria und Judäa reiste. Als sie einmal in ein Dorf in Samaria kamen, hörten sie mit Erstaunen einen Mann aus vollem Halse singen. Sie gingen dem Gesang nach, der aus einer Schmiede heraustönte. «Das ist sicher der Schmied, der jetzt singt», sagte dann Jakob, «der freut sich über seine wohlgeratene Arbeit und ist deshalb munter und zufrieden.» Da wies ihn Johannes auf das Schild über der Tür hin: «Der kann wohl zufrieden sein, schau dort», und Jakob las: Meister über alle Meister. «Ho ho!» rief da Simon Petrus aus, ohne etwas zu sagen. Da lachte der Heiland und fragte: «Erklärst du uns jetzt, was du mit diesem "Ho ho!" meinst?» Da war der gute Simon Petrus ein wenig überrascht - doch schliesslich antwortete er: «Meister, ich meine, dass dieser Mann nicht alle Schmiede kennt, um so etwas zu behaupten.» Da erwiderte der Heiland: «Du hast vollkommen recht, doch um sicher zu sein, gehen wir jetzt hinein und schauen uns seine Arbeit an.» Der Heiland ging zuerst in die Werkstatt, die Jünger folgten ihm, und sie fanden, wie vermutet, den Schmied, der neben seinem Amboss stand und sang, während er Schuhnägel machte. Die Schmiede war hell, schön und geräumig, was den Jüngern bestens gefiel, und die Menge der vorhandenen Werkzeuge liess einen sehr geschickten Handwerker vermuten. «Überlässt Ihr mir für einen Augenblick Euer Feuer?» fragte der Heiland den Schmied. «Sehr gern», antwortete der und beeilte sich, die Eisen aus dem Feuer nehmen, legte neue Kohle dazu, pustete heftig mit seinem Blasebalg und sagte: «Nun nichts wie los!» Da packte der Heiland Simon Petrus, hob ihn in die Luft und stellte ihn kopfvoran ins Feuer. Die Jünger waren nicht gross erstaunt, denn sie kannten ihren Meister, der bei allem, was er tat, ihnen etwas Neues für ihr Wohl beibrachte. Der Schmied jedoch knirschte mit den Zähnen, er kochte vor Wut und zitterte, dass - am helllichten Tag - ein so grauenhafter Mord in seiner Schmiede geschah, trotzdem blieb er - da alle schwiegen - ruhig, um das Ergebnis abzuwarten. Der Heiland wendete jetzt schweigend den Jünger im Feuer, bis der Kopf feuerrot war, dann hob er ihn auf den Amboss und begann, ihn mit dem Hammer sorgfältig auf allen Seiten zu bearbeiten; und schliesslich, als die Form für ihn vollendet war, stellte er sie auf die Füsse, hauchte dem Gesicht Leben ein, und der Jünger stand wie neu geboren da, in voller Lebenskraft, weiss und rot wie Milch und Wein. Ob diesem geheimnisvollen Tun glotzte der arme Schmied ganz verblüfft mit offenem Mund vor sich hin, denn er hatte so etwas noch nie gesehen, noch davon erzählen gehört. Selbst die Jünger genossen diesen Anblick. Als dann auch der Heiland sah, wie der Mann völlig überrascht war, fragte er ihn: «Seid Ihr immer noch der Meinung, Meister über alle Meister zu sein?» «Nein», antwortete der arme Schmied, «das sehe ich jetzt gewiss ein, dass ich es nicht bin.» «Gut so», sagte der Heiland zu ihm - «jetzt könnt Ihr Euer Schild dementsprechend anpassen.» (Unterengadin)   Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schmied von Surava

Source: Der Schmied von Surava

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Der Blasbalg gahrt, die Esse sprüh't, Das Eisen knistert rot geglüh't, In schwerer Zange dreht's der Schmied Und singt dabei ein böses Lied.   Ein böses Lied von Brand und Blut. Der alte Schmied, er sang es gut; Er sang es gut, trotz Müh' und Schweiss Aus vollem Hals, der wilde Greis.   Da tritt beim letzten Abendschein Ein Jüngling in die Werkstatt ein, Mit Ränzel tritt er ein und Stock Und braunem, wallendem Gelock'.   »Gott grüss' Euch, Meister! spricht er keck; Da steh' ich auf dem alten Fleck, Wo - Zang' und Hammer in der Hand – Ich noch vor wen'gen Jahren stand.   Aus deutsch- und welschen Landen kehr' Ich gen Surava wieder her, Es zog mich heim, d'rum will ich, traun, Mir eigen Nest und Wesen bau'n.« -   Da blitzt des Alten Aug' vor Wut Noch glüh'nder als der Esse Glut; Doch zwingt er sich zum Lächeln schnell: »Willkomm' du wackerer Gesell;   Fürwahr, fürwahr, du tatest klug! Der Arbeit trifft sich hier genug, Auch bin ich alt, - kaum mag ich mehr: Der Hammer wiegt mir schon zu schwer.   Schon wiegt der Hammer mir zu schwer, D'rum Segen deiner Wiederkehr, Komm' mit herauf in's Wohngemach Und nimm vorlieb mit Trunk und Dach.   Auch ruh' bei mir die erste Nacht, Dein altes Lager ist gemacht; Dort leg' dich hin und streck' dich aus Und denk' du sei'st im Vaterhaus.«   Der Jüngling folgt mit trautem Sinn; Bald sitzen sie im Stübchen drinn' - Ihm mundet Brod und Fleisch und Wein, Und dann der Schlaf im Kämmerlein.   Der Meister wünscht ihm sanfte Ruh', Und riegelt selbst die Türe zu: »Ruh' friedlich, Sohn! und ungeneckt, Selbst wenn dich Balg und Hammer weckt!   Kann sein, dass ich schon morgen früh Die Funken dort an\'s Fenster sprüh': 's ist eine Arbeit, die zum Schluss Ich in der Eile bringen muss.«   Der Alte geht und lacht und murrt, Schnallt fester sich den Ledergurt, Steigt in die Schmiede dann zurück, Durchkramt sein Eisen, Stück für Stück.   Ein lang gestabtes wählt er dann, Stösst's in die Glut, so tief er kann, Und tritt den Balg und schürt den Brand Und drillt die Stang' mit flinker Hand.   Und als es glühte, rot wie Blut, Riss er das Eisen aus der Glut, Schwang's in den Lüften wie ein Blitz Und härnmert's auf dem Ambos spitz. -   Und als es war, wie es gesollt, Und als es war, wie er's gewollt, Da lacht' er grimm in sich hinein: »So wird es g'rad' nach Wunsche sein.«   »So wird es g'rad' nach Wunsche sein, Vom Widerpart mich zu befrei'n, Eh' noch die nächste Stunde schied, Ist in Surava nur ein Schmied!«   Er lehnt sich auf den Ambossitz, Prüft mit der Hand die Eisenspitz', Und als im Turm es Zwölfe klang – Hui, wie er frisch zur Esse sprang.   Den Eisenstab, den er gekürt, Stösst in die Glut er, frisch geschürt, Und tritt den Balg, und facht den Brand, Und drillt den Stab mit flinker Hand.   Und als das Eisen rot wie Glut, Reisst's er heraus mit stummer Wut; Trepp' auf dann, leise däuselt er, Die glüh'nde Stange vor sich her.   Die leuchtet knisternd seinem Gang, Und als er in die Kammer drang, Fiel all' das grelle rote Licht Aufs stille Jünglingsangesicht.   Und auf die unbewachte Brust, Die stolz sich hob in Traumeslust .... Da, plötzlich wie ein Wetterstrahl Senkt sich hinein der glüh'nde Stahl.   Senkt zischend sich hinein der Stahl; Der Jüngling zuckt in kurzer Qual - Ein weisser Dampf – ein greller Schrei – Ein dumpf Gestöhn – dann war's vorbei.   Dann war's vorbei. Doch grinsend schaut Der finst're Greis und spottet laut: »Nun bist du tot, der erst noch rot, Mir aber bleibt mein täglich' Brod!«   Und siegreich schwingt er seinen Hut Und seinen Stab voll Glut und Blut; Die Funken fahren in den Lein, Die Kammer steht in Flammenschein.   Da strebt hinaus der wilde Greis; Doch ein Gesicht, wie Schnee so weiss, Und eine Brust, von Stahl durchbohrt, Sperrt ihm die Tür', lässt ihn nicht fort.   Und heiss und heisser leckt der Brand, Schon fasst die Lohe sein Gewand, Sie ringelt zischend sich um ihn - Er kann nicht flieh'n und kann nicht flieh'n!   Und seine Angst durchheult die Nacht, Die Nachbarn sind darob erwacht; Sie kamen eben, als das Dach Des alten Schmied's zusammenbrach.   Man fand ihn, kohlschwarz wie die Nacht. – Doch Jener, den er umgebracht, Lag unberührt vom Flammenhauch, Ein Gotteszeug' in Schutt und Rauch.   Den Alten hat man gleich verscharrt Am Ort, wo er gefunden ward; Doch der ermordete Gesell Empfing ein Grab an heil'ger Stell'!   Waldrosen wachsen d'rum und d'ran Und Myrth' und blauer Enzian; Doch auf des Mörders Grab gedeiht Kein' edle Blüth' in Ewigkeit.   Da wuchern Dorn' und Nesseln blos, Auf schwarzen Mauern fahles Moos, Der Eul' und Fledermaus Versteck, Ein grauser und verfluchter Fleck.   Da geht zu Zeiten schwarz und stumm Der Meister von Surava um, Bewacht den Ort, wo er gehaust, Das glüh'nde Eisen in der Faust.   Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schmutzli als Kinderräuber

Source: Der Schmutzli als Kinderräuber

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Es war einst ein gar unfolgsames Kind zu Rüezligen, zwischen Wangen und Buttisholz. Als weder Vorstellung noch Strafe helfen wollten, drohte die Mutter, sie werde es das erste Mal, da es wieder setzköpfisch sei, dem Schmutzli übergeben. Die Gelegenheit, diese Drohung zu erfüllen, liess nicht lange auf sich warten. Die Mutter wollte ihr Wort halten und traf mit dem Knecht Hans die Verabredung, er sollte den Schmutzli machen, das Kind, wenn sie 's zum Fenster hinauslange, in Empfang nehmen, „schmelzen" und erschrecken. So begab er sich hinweg aus der Stube in die Küche, wo er noch beim Herde seine Pfeife anzündete. Die Mutter streckt das Kind zum Fenster hinaus und fragt laut Abrede: „Bist da, Schmutzli?"            ruft eine rauhe Stimme, fort ist das Kind - und kehrt nimmer. Nicht der Knecht hatte es geholt, sondern der Böse, indes jener mit Tabakanzünden zauderte. Manchmal hörten sie 's noch im nächsten Walde, der dem Nienerli gehörte, schreien: „Im Nienerlisgraben, Da muss ich g'nagen." Nach andern heisst dieser Graben, wie jetzt noch, der Mörisgraben.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Der Schneehase auf dem Kriegsmahd

Source: Der Schneehase auf dem Kriegsmahd

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An der linken Seite der grossen, blauen Zunge des Rottalgletschers oben beginnt das Kriegsmahd, eine lange, gleichmässig abschüssige Grashalde, die hinunter reicht bis an das Ufer der Tschingellütschine. Beim ersten leichten Schneefall sieht man von Mürren aus noch heute deutlich, wie ein Zickzackweg in den Hang gekritzt ist. Ein paar hundert Fuss unterhalb des Dürlocherhorns geht er in den Guferhalden verloren. Wenn man nur wüsste, wo das unter Geröll vergrabene Ende des Schlittweges ist, denn hier befindet sich eine mächtige, eiserne Truhe voll geschlagenes Gold vergraben, rundes und dreieckiges. Ein glattfelliger, blütenreiner Schneehase verwahrt den Schlüssel dazu. Rieselt zur Vollmondzeit das Licht über die Grashänge, und kommen zur rechten Stunde gläubige Jungburschen des Tales den schlimm verwachsenen Weg herauf, so wartet ihrer dort, wo er sich in den Steinen verliert, der Schneehase. Den Schlüssel zur Truhe wird er im Maule tragen und wird ihnen voranhoppeln bis zu dem Ort am Ende des alten Weges, wo der Schatz seit Jahrhunderten vergraben liegt. Steigen sie das ganze Kriegsmahd hinauf, ohne eine Silbe miteinander zu worten, dann wird der weisse Hase ihnen den kostbaren Schlüssel überreichen, und Truhe und Gold sind in ihrer Hand. Vor vielen Jahren fühlten sich drei zur Hebung des Schatzes berufen. Wortlos stiegen sie über Stock und Stein den seit langen Zeiten nie mehr besorgten Weg mühsam hinauf. Wo die Grasnarbe aufhörte, und das Geröll anfing, sass richtig unter einer der letzten Bergrosenstauden der Schneehase und trug im Maul den blitzblanken, silbernen Schlüssel. Jetzt — hopste er mitten vor sie — sprang langsam gradaus über die Steinhalde und bog unvermittelt in einem spitzen Kehr nach links. Der Hinterste sah es wohl klar. Die andern aber schienen nichts zu merken und trotteten geraden Weges weiter. Nun sprang der letzte nach vorn, hielt die andern an und deutete auf den Hasen, der zu linker Hand, schon beträchtlich höher, über das Gufer (Geröll) wackelte. Die beiden standen da, wie aus Teig gebacken, taten keinen Wank, sahen nichts und machten Miene, in der eingeschlagenen, falschen Richtung weiter zu trappen. In Ärger und Aufregung vergass der Dritte das eherne Gebot der Schweigsamkeit und rief: "Ihr einfalten Trottel! — seht ihr denn nicht da oben auf der Egg im Hohlicht den Schneehasen springen? Den silbernen Schlüssel, den trägt er ja im Maul!" Bald standen alle keuchenden Atems oben auf der zügigen Egg. Da sahen sie den Weissen gegen die Gletscherzunge zu verschwinden. Stunde um Stunde suchten sie das ganze Kriegsmahd ab, lockten und pfiffen; der schöne Schneehase mit dem Schlüssel liess sich aber nie und nimmer mehr sehen.   Viele Jahre nachher lebte ein Mann, der wieder den Versuch wagen wollte, das Geld zu holen. Er machte sich mutterseelenallein auf den Weg, damit er ja nicht in Versuchung komme, mit irgend jemandem ein Wort zu verlieren. Oben im Kriegsmahd erschien ihm richtig der Schneehase mit dem Schlüssel und führte ihn ohne Zaudern zur Stelle, wo die Schätze vergraben waren. Nach kurzer Arbeit hob er drei Truhen, alle randvoll, die eine mit Gold, die andre mit Silber und die dritte mit kleinem Geld. Sein Herz pochte laut vor Freude, und er setzte sich neben den Schatz, den er als sein Eigentum ansah. Da trat plötzlich aus einer Felsenspalte ein langer, hagerer Geist mit schwarzem Bart, der Hüter des Geldes. Er sprach: "Das Geld soll dein sein, aber du musst mir hier auf diesem nackten, glatten Fels mit deinem Blut und Namen den Empfang bekennen." Als der Hagere ein spitzes Messer aus dem Gürtel zog, um ihm das Blut zum Schreiben abzuzapfen, da fasste den Mann ein Grauen, und er zog des Hasen Schuhe an. Der Schwarzbärtige lachte dröhnend und rief ihm nach: Die dri erschten, diö hein miessen prichten, Vor sim Bluod, d’r viert, dar tuod mu firchten. Jetz Stächelbärger, jetz heid ier ach still! Mu chan ach d’Sach machen, su liecht mu wil, Läd ier eis die von Mirren lan aha chon, Die reichen das Gält hie wuoha den schon! Später hiess es dann, dass kein Irdischer den Schatz heben könne bis im Tal einmal bittere Not herrsche. Dann solle es ein unschuldiger, armer Knabe finden, welcher da hoch oben die Ziegen hüte. Wann das aber geschehen wird, das weiss niemand. Quelle: Hans Michel, Ein Kratten voll Lauterbrunner Sagen. Wengen 1936. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schneggliberg

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Ein Knabe hatte seinem Vater, der im Heimsten bei Oberdorf arbeitete, das Zoben gebracht. Auf dem Heimwege sah er im Heimsten- und im Weigischbächlein im klaren Wasser viele der kleinen, spitzen Wasser- schnecklein. Nach Bubenart suchte er sich so viele als möglich zusammen und füllte seine Hosentaschen damit. Kaum aber wollte er sich wieder auf den Weg machen, als ihn eine fremde Frau anhielt und die kleinen Schnecklein verlangte. Und da er nicht alle hergeben wollte, ging sie ein Stück Weges mit ihm und liess nicht ab, bis er das letzte aus seinem Sacke geklaubt hatte. Wie die Frau aber alle Schnecklein hatte, verschwand sie, wie sie gekommen war. Der Bube aber kam bleich und verstört heim und war lange Zeit nicht mehr zu bewegen, wieder nach dem Heimsten zu gehen. Jenen Teil des Leisenberges heisst man seit dieser Zeit den «Schneggliberg». Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Schneider auf Isenfluh

Source: Der Schneider auf Isenfluh

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Hoch oben auf den Alpen von Isenfluh, einem sehr entlegenen, über einem von der Lütschine aufsteigenden Felsen wie angeklebten Dörflein, wohnte ein Schneider, der hatte viele Kinder, war ein braver, treuer Hausvater, hatte aber grosse Mühe, sich und seine Familie mit seiner Arbeit durchzubringen. Tag und Nacht schaffte er, auch fehlte es ihm nicht an Arbeit. Hie und da, wenn er etwas sehr Dringendes zu tun hatte und fast nicht fertig werden mochte zur rechten Zeit, fiel ihm auf, dass, wenn er des Morgens in der Frühe aufstand, um sie zu beendigen, die Kleider schon fix und fertig genäht, gebügelt und gebürstet auf dem Tische lagen. Es war ihm unbegreiflich, wie das zugehe, und als er wieder einmal in Bedrängnis war mit seiner Arbeit, nahm er sich vor, aufzupassen, ob jemand komme und sie für ihn mache. Siehe, da bemerkte er mitten in der Nacht, wie ein paar kleine Männlein hereinschlichen, sich auf den Tisch setzten und mit flinken und gewandten Stichen ein Kleid ums andere nähten, wie sie das Bügeleisen warm machten, wie sie plätteten und putzten und zusammenlegten, bis alles in Ordnung war und wie sie dann mit vergnügten Gesichtern ganz leise wieder hinaushuschten. Der gute Schneider hatte eine unendliche Freude darüber und sann darauf, wie er sich ihnen dankbar erweisen konnte. Als Schneider hatte er sich ihren Anzug wohl angesehen und bemerkt, dass die Männlein alle ärmlich gekleidet waren. Wie er nun Zeit hatte, machte er eine Anzahl kleiner, winziger Kleidchen, wie er dachte, dass sie für die Zwerglein passen würden, und legte sie ihnen in der Nacht bereit zum Geschenk für ihre heimlichen Dienstleistungen. Sie kamen auch in der Tat wieder, aber wie sie die Kleider sahen wussten sie, dass sie bemerkt waren, und das beleidigte sie. Sie liessen die Arbeit unberührt liegen und kamen nachher nie wieder. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schneider und der Riese

Source: Der Schneider und der Riese

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Vor Zeiten war einmal ein Riese, der machte sich auf den Weg, ob er einen fände, der ihm an Mut und Stärke gleich wäre. Er kam auf einen Berg, und wie er da zur Kurzweil einen schweren Stein von der Felswand brach und ihn in die Tiefe schleuderte, begann von unten herauf einer zu brummen; und alsbald erhob sich ein gewaltiger Kerl, den hatte der Riese am Kopf getroffen und aus dem Schlaf geweckt; da aber der Stein ihn sonst an Haut und Haar nicht verletzt hatte, wurden die beiden auf der Stelle gut Freund und waren beide froh, dass sie ihresgleichen gefunden hatten. Wanderten also wohlgemut zusammen weiter und kamen bald zu einer Nagelfluhwand, an welcher sie ihre Kraft erproben wollten. Der erste nahm einen Anlauf und putschte mit dem Kopf ein Loch in die Wand, dass er den halben Kopf darein verbergen konnte. Der andere aber putschte sich so tief hinein, dass er seinen Kopf nicht mehr herausbrachte und verzappeln musste. Da war der erste zornig, dass er seinen Kameraden schon so bald wieder verloren hatte, und schwur, den Tod desselben an dem ersten besten, der ihm begegnen würde, rächen zu wollen. Nicht lange, so lief ihm ein armer Schneider in die Hände. »Du kommst mir gerade recht!« rief der Riese und streckte die Hand nach ihm aus. Aber der Schneider war nicht faul, tat einen kühnen Seitensprung und prahlte: »Potz tausend, mit wem meinst du, dass du's zu tun habest? Wollen wir wetten, ich bin stärker als du?« Das nahm den Riesen doch wunder. »Nun«, sagte er, »auf eine Probe kann man's ja ankommen lassen; mach's nach!« und damit hob er einen zentnerschweren Stein vom Boden. »O ich kann noch viel mehr, ich kann den härtesten Kiesel mit meinen Fingern zerreiben«, sagte der Schneider, tat dergleichen, als ob er einen Kieselstein ergriffe, langte aber dabei unvermerkt in seinen Schnappsack, worin eine Balle Zieger lag, und zerrieb diese, dass das Wasser heraustroff. Davon bekam der Riese gewaltigen Respekt vor dem Schneider; er nahm ihn zu seinem Kameraden an, und sie liefen miteinander fürbass und kamen in eine große Stadt, wo der König seinen Palast hatte. Allein statt Lust und Freude fanden sie allda nur Trauer und Herzeleid; denn gerade an diesem Tage sollte des Königs einzige Tochter einem Drachen zur Beute werden, der schon seit langem in der Nachbarschaft hauste. Tag für Tag hatte man ihm einen Menschen zur Speise hinausschicken müssen, und wenn man es einmal unterließ, so kam der Drache herein und wütete so arg, dass die Leute froh waren, statt vieler nur ein Opfer zu verlieren. Wen das Los traf, den mussten sie ausliefern; so hatten sie's bei Ehr und Eid ausgemacht. Nun hatte es gerade die Königstochter getroffen, und der König ließ noch eilig bekannt machen: »Wer den Drachen töte, der solle die Königstochter zur Frau bekommen und über das Reich regieren.« Das vernahmen der Riese und der Schneider und hatten nicht übel Lust, ihr Glück zu versuchen. »Du hast die List und er den Leib«, dachte der Schneider, »zusammen mag wohl etwas auszurichten sein.« Also meldeten sie sich bei dem König an und verlangten, um den Drachen zu töten, einen Hammer und eine Zange. Damit machten sie sich zusammen auf den Weg nach dem Drachennest. Als sie da angekommen waren, hielten sie Kriegsrat und kamen überein, dass der Schneider vorne bei dem Eingange bereit stehen sollte, um den Drachen mit der Zange zu packen; der Riese aber sollte von oben mit dem Hammer das Ungetüm aus dem Nest jagen. Gesagt, getan. Aber als der Drache unter den Schlägen des Hammers aus dem Nest fuhr, schnappte er den Schneider samt seiner Zange im Fluge weg und verschluckte ihn. Indessen war der Riese gleich hinter ihm drein und schlug dem Untier den Hornschädel ein, dass es niederlag und verendete. Hierauf schnitt er ihm den Leib auf und ließ den Schneider herausschlüpfen. Aber die Königstochter samt dem Reich wollte er nun für sich allein haben und schimpfte noch überdies weidlich auf den Schneider, dass er ihm bei einem Haar die Sache verdorben hätte. »Was?« rief der Schneider, »Du Prahlhans! Hättest du mich nur machen lassen; mit Fleiß bin ich dem garstigen Kerl in den offenen Rachen geschlüpft; denn von innen heraus wollte ich ihn umwenden, wie man einen Handschuh umwendet.« Also konnte der Riese es nicht verhindern, dass der Schneider auch seinen Anteil an der Erlegung des Drachen haben wollte, und sie kamen beide miteinander zum König. Der König war jedoch in Verlegenheit, welchem von ihnen er nun seine Tochter samt dem Reich geben sollte. Da sagte der Schneider zum Riesen: »Was meinst du? Wer von uns zweien mehr Reispappen essen kann, der soll der Glückliche sein.« Da war der Riese höchlich zufrieden, denn er ass nichts lieber als Reispappen; und auf Befehl des Königs stand bald vor ihnen der Reispappen, wie ein Berg so hoch. Nun begann das Wettessen. Der Riese aß und aß, und der Schneider hielt tapfer Schritt; denn er hatte unter seinem Wams einen Sack angehängt, in den ließ er allen Reispappen heimlich hinunterfallen und tat nur zum Schein, als ob er mitesse. Da er nun nie aufhören wollte zu essen, der Riese aber endlich zum Zerspringen voll war, gab der Riese sich für besiegt und musste dem Schneider die Königstochter und das Reich abtreten. Das konnte er indessen leichter verschmerzen, als dass er im Essen besiegt worden war. Deshalb bat er den Schneider zuletzt noch, er möchte ihm sagen, wie er es angestellt habe, um so viel Reispappen zu bewältigen. »Guck«, sagte der Schneider, »die Sache ist sehr einfach; da hab ich mir halt den gefüllten Bauch heimlich aufgeschlitzt und dem Übermass seinen Pass gegeben.« Das schrieb sich der Riese hinter die Ohren, und aus lauter Neugierde machte er sogleich die Probe, und das war das letzte Mal in seinem Leben, dass er Reispappen ass.   Quelle: Sutermeister, Otto: Kinder- und Hausmärchen aus der Schweiz, Aarau:1869      Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schneider und der Riese

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Als es noch Zwerge gab, gab es auch Riesen. Zwei solcher Kerle trafen sich einmal auf der Strasse und wurden einig, jetzt wollten sie zusammen wandern, bis sie einen dritten wie sie gefunden hätten. Zu Wanderstäben nahmen sie zwei mächtig grosse Eisenstangen und liefen lange herum, ohne einen dritten wie sie zu entdecken. Sie bestiegen einmal auch den Schrattenberg im Entlebuch. Hier ergriff zufällig der eine ab der Felswand einen schweren Stein und schleuderte selben in die Tiefe. Gleich begann von unten herauf einer zu fluchen, und empor ragte ein mächtiger Kopf. Das war ein Riese, den jener mit dem Stein getroffen und aus dem Schlafe geweckt, ohne ihm übrigens am Kopfe, an welchen der Stein getrollt war, eine Wunde beizubringen. Jetzt waren die zwei herzlich froh, dass sie einen dritten wie sie endlich gefunden hatten. Sie gaben gute Kameraden, wanderten mitsammen und machten allerlei Spässe und Sprünge. Eines Tages wollten sie sich überzeugen, welcher von ihnen an einer Nagelfluhwand härter putschen könne. Der erste nimmt einen Anlauf und putscht ein starkes Dümpfe in die Wand. Der zweite nimmt einen Anlauf und putscht ein Loch in die Wand, dass er den halben Kopf drin verbergen kann. Der dritte nimmt einen Anlauf und putscht sich mit dem Kopfe hinein in die Wand bis an die Schultern. Und das ist im Entlebuch geschehen. Während sich nun der Besitzer dieses trefflichen Kopfes anschickte, seinen Kameraden ein vom Jubel verklärtes Riesengesicht zu zeigen, ward in der Wand innen ein ordentlich grosser Stein los und schob sich gerade zwischen Kopf und Schultern des Siegers hinein, so dass dieser sein Haupt nicht mehr aus dem Loch brachte. Er war schon elendiglich erstickt, als die beiden andern, vom ersten Ärger über ihre Niederlage sich erholend, Nachsehen und helfen wollten. Nicht lange darnach kam noch einer von ihnen, weiss nicht durch welchen Unfall, ums Leben und der letzte, überlebende fiel darüber so in Trauer und Zorn, dass er schwur, am ersten besten Menschenkind den Tod seiner Freunde zu rächen. Ein armer schwacher Schneider war 's, der dem Riesen in die Hände lief. Ingrimmig ballte derselbe beim ersten Anblicke des Männchens seine Faust und rückte gleich heraus mit seiner Todesanzeige. Dem Schneider bangte wohl, allein er liess es nicht merken und machte, um Zeit zu gewinnen, vorerst was ihm am geläufigsten ging, den Prahlhansen. „Komm nur her, fürcht dich nicht, bin so stark wie du!" — so und so liess er sich auf gegen den Grossen. Dieser stutzte und fand doch für gut, es auf eine Probe ankommen zu lassen. Hob gleich einen zentnerschweren Stein vom Boden, was der Kleine nachahmen sollte. „O ich kann noch viel mehr, ich kann den härtesten Kiesel mit meinen Fingern zerreiben,“ versicherte das Schneiderlein. Der Mund des Riesen nahm nicht üble Weitung an, wie er von dem geringen Bürschlein derlei sagen hörte. Er hob indessen doch einen Kieselstein auf, aber zerbrach ihn nicht zwischen den Fingern. Nun kam es an den andern, dieses Kraftstück abzutun. Gewandt und listig wie er war, griff der Schneider, indem er sich nach den Kieseln beugte und einen zu erlangen schien, schnell in seinen Schnapsack, worin eine Balle Zieger lag. Diese nahm er und zerrieb sie, so dass noch Wasser heraustrof. Davon hatte der Riese ungemeinen Respekt und dachte, im Bunde mit solchem Gesellen wäre wohl noch rechte Ehre zu gewinnen. Darum liess er ihn nicht mehr von der Seite. Sie liefen fürbass und kamen in eine grosse herrliche Stadt, wo der König seinen Pallast hatte. Allein statt Lust und Freude fanden sie allda nur Trauer und Herzenleid. Heute gar. Denn eben sollte die allgeliebte einzige Tochter des Königs einem Drachen zur Beute werden. Bisher konnte niemand die Stadt von diesem ärgsten Nachbaren befreien und gaben sie ihm nicht freiwillig alle Tage einen Menschen zur Speise, so kam er selbst und wütete, dass sie froh waren, nur ein Opfer statt vieler zu verlieren. Wen das Loos traf, den mussten sie ausliefern und war es selbst wie heute des Vornehmsten Kind. So hatten sie 's bei Ehr und Eid ausgemacht. Der König liess bekannt machen, wer den Drachen töte, werde Prinzessin und Reich erhalten. Dess wären beide, Riese und Schneider, herzlich froh gewesen und als jener den andern anging, sie wollten die Tat probiren, dachte der kleine Knirps: Du hast die List und er den Leib. Zusammen mag wohl etwas auszurichten sein. Sie meldeten sich an für die Rettung und wurden der Waffen einig. Mit einem viel Zentner schweren Hammer und ebenso wuchtvoller Zange wollten sie ausziehen in den Kampf mit dem Drachen. Meinte der Riese, er wolle das eine und sein Kamerad, der Schneider, das andere Werkzeug tragen, so hatte dagegen dieser aus guten Gründen den andern zu bitten, er solle indessen ein paar Schritte mit beiden Gegenständen vorauslaufen, da ihm noch ein notwendiges Geschäft obliege. Im Augenblick werde er ihn eingeholt haben. So lud der Grosse gutwillig Hammer und Zange sich auf und marschirte voraus. Er hatte aber schon die Hälfte Weges zurückgelegt, als der flinke Schneider ihn einholte und dem Riesen von dessen allerliebsten Gegenständen – vom Reispappen zu reden begann. Im Reispappen steckte des Riesen ganze Seligkeit; das schickt sich aber auch für einen Riesen. Schon davon zu reden, machte ihn auf alles andere vergessen und so kirrte ihn der Schneider, dass er nicht mehr die Last von Hammer und Zange empfand, sondern sie bis zum Ziele an die Drachenhöhle trug. So half sich der kleine Schwächling aus grosser Verlegenheit. Er hatte die List und jener den Leib. Einer Not entgangen, droht ihm gleich die andere. Sie hielten Kriegsrat wider das Ungeheuer. Der Anschlag fiel so aus. Hier, wo sie standen, da sollte der Schneider Posto fassen und die Zange bereit halten, um den Drachen damit zu packen, wenn er, oben vom Riesen mit dem Hammer aus dem Nest gejagt, im Sprung da vorbei renne. Der Schneider wusste wohl, dass die Zange zu handhaben nicht seine Sache sei und hoffte, dass das aufgeschreckte Tier in seiner blinden Wut hier vorbeischiessen werde, ohne auf ein so geringes und leichtes Stücklein Menschenfleisch wie er sei zu achten. Allein diesmal täuschte er sich doch gewaltig, denn der Drache schnappte ihn im Fluge weg. - Aber im Sprung war auch schon der Riese mit dem Hammer hinter ihm und schlug dem Gräuel den Hornschädel ein, so dass er niederlag und verendete, worauf der Schneider noch lebend herausgeschnitten ward. Der Riese schalt ihn dann aus, weil er bald die Sache verdorben hätte und nahm den Sieg so sammt Königstochter und Reich schon für sich in Anspruch. „Was," entgegnete der andere, „du blähst dich so auf. Hättest du mich nur machen lassen. Wisse, mit Fleiss bin ich in den geöffneten Rachen geschlüpft, denn von innen heraus wollte ich das Ungetüm umwenden, das Innere nach aussen kehren, wie man einen Handschuh wendet. So wäre ich dann triumphierend mit dem lebendigen Drachen bekleidet in die Residenz gelaufen. Meinst, was wäre das für eine Freude gewesen für mich und den König und seine Tochter." Es lag in der Eigentümlichkeit des Riesen solche Sprüchereien zu glauben. Deshalb liess er es zu, dass der Schneider neben ihm sich dem Könige als Mitbesieger des Drachen darstellte. Wem sollte nun die Braut sammt dem Reiche werden? Dem ratlosen Fürsten half wieder der Schneider zum Rate. „Wer von uns zweien mehr Reispappen essen kann, der sei der Glückliche," beantragte der Listige. Der Riese war darob entzückt und konnte es kaum erwarten, bis auf Befehl des Königs der Reispappen wie ein Berg so gross vor ihnen stand. Nun begann das Wettessen. Was der Grosse durchaus nicht erwartet hatte, der Kleine wurde gar nicht satt, als er selbst schon zum Zerspringen angefüllt war. Er musste sich besiegt geben. Doch konnte er Prinzessin und Reich eher verschmerzen, als den Mangel an Fähigkeit so viel Reispappen geniessen zu können wie der Schneider, der jetzt lustige Hochzeit hielt. Der Riese aber gab nicht nach, bis er wusste, warum der Kleine so viel Reispappen zu essen vermochte. Statt ihm zu bekennen, dass er die Speise täuschend in einen angehängten Sack statt in den Schlund gleiten liess, gab der Schneider seinem grossen Kameraden an, er habe beim Essen sich den gefüllten Bauch aufgeschlitzt und das Genossene herausfallen lassen. Das schien dem Riesen wirklich ein gutes Mittel, um fürder unbesieglich im Genusse von Reispappen da zu stehen. Er beschloss gleich eine Probe zu machen. So wurde der Schneider seinen gefährlichen Nebenbuhler los und war so glücklich, ich kann nicht sagen wie. Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Der Schneider und sein Schatz

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Ein Schneider, der gern in Samt und Seide prangte, den Jungfrauen schön tat und am liebsten war, wo es recht toll und lustig herging, war einmal zu einem Taufschmaus über Feld gegangen. Als er nun um Mitternacht sich auf den Heimweg machte, da merkte er, daß er diesmal zu tief ins Glas geguckt hatte, und geriet alsbald weit von der Straße ab. Nicht lange, so sah er rechts und links nur Baum an Baum, hinter sich nichts als Dornen und Moorland, und vor sich eine senkrechte Felswand mit einer Spalte, gerade weit genug, um einen Menschen durchzulassen. »Halt!« dachte der Schneider, »hier kommst du ohne ein Abenteuer nicht weg. Also frisch drauf los!« Und weil ihm der Taufwein einen überschüssigen Mut gegeben hatte, so trat er beherzt in die Höhle, tappte darin herum und suchte eine Stelle, wo er sein Haupt hinlegen und die Nacht verbringen konnte. Aber kaum war er ordentlich drinnen, so huschte ein Hund unter seinen Füßen auf, und der Schneider fiel, so lang er war, gegen eine eiserne Türe, die plötzlich aufsprang. Hui, war das aber eine Pracht! Was der Schneider jetzt vor sich sah, hatte ihn auf einmal nüchtern gemacht; er stand und guckte mit offenem Maul in ein hellerleuchtetes Gemach; keine Kerze, keine Lampe, nein, das lautere Gold und Silber der Wände und unzählige eingelegte Edelsteine wandelten die Finsternis in sonnenhellen Tag um. An den Wänden standen kostbare Schreine mit Prunkgeschirr und mitten im Saal stand eine offene Kiste voll funkelnder Goldmünzen. »Warum nicht gar?« sagte der Schneider anfangs, als er den Kram erblickte; aber es ging nicht lange, so trat aus einer Seitentüre eine wunderliebliche Jungfrau in den Saal; die hieß ihn mit freundlicher Stimme willkommen. Da gewann der Schneider erst alle seine Besinnung wieder und ging ohne Umstände auf die Jungfrau zu, um ihren Gruß mit einem Kuß zu erwidern. Aber die Jungfrau blickte ihn so streng an, daß er wie angenagelt stehen blieb, und sagte: »Ich habe dich freilich schon lange erwartet; denn für dich hab' ich alle Schätze, die du hier siehst, aufgespeichert. Aber du bekommst sie nur unter der Bedingung, daß du mich dreimal küssest ohne zu wanken.« »Ei, wer wollte das nicht!« rief der Schneider und spitzte den Mund; im gleichen Augenblick war aber die Jungfrau in ein abscheuliches Krokodil umgewandelt, und wäre der Schneider nicht schon im Anlauf gewesen, so hätt' er den Kuß wohl bleiben lassen. So aber verrichtete er denselben fast wider Willen und schüttelte sich hernach am ganzen Leib. Im Nu stand wieder die Jungfrau da und sah ihn mit so freundlichen Blicken an, daß er zum zweiten Mal zum Küssen ausholte. Da verwandelte sich die Jungfrau vor seinen Lippen in eine garstige dicke Kröte; es schüttelte den Schneider wieder, aber er drückte gleichwohl beherzt den Kuß auf das Krötenmaul. Und jetzt stand wieder die Jungfrau da und lächelte ihm noch viel lieblicher zu als das erste Mal, so daß er noch mutiger zum dritten Kuß sich anschickte. Aber o weh! Diesmal zitterte und bebte der Schneider bis ins Mark hinein, denn vor ihm stand langbehaart und meckernd ein kohlschwarzer Ziegenbock und glotzte ihm entgegen; Angst und Graus kam über ihn und er entfloh mit großen Sprüngen aus dem Saal und aus der Höhle; eine Windsbraut fuhr hinter ihm drein und es toste und krachte dabei, daß ihm Hören und Sehen verging und er todmüde vor dem Felsen niederfiel. Als er sich wieder aufraffte, konnte er die Öffnung in der Felswand nirgends mehr finden; er schlich also traurig davon und konnte hernach sein Lebtag nimmer von Ziegenböcken reden hören, ohne in Zorn zu geraten.   Quelle: Sutermeister, Otto: Kinder- und Hausmärchen aus der Schweiz, Aarau: H.R. Sauerländer, 1869, S. 17-18,21-24 Basel. (Nach Hans Rudolf Grimms Schweizerchronik S. 215 und einem Ge dicht in den Alpenrosen 1825, S. 88.)      Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schneider von Isenfluh

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Dr Schnyder von Isenfluoh Z’ Zweilütschenen tüen die Teler von Grindelwald un Luterbrunnen si teillen. Plötzli hinder em Dörfli, linggs von der wyssen Lütschenen, g’sehd mu en höiji Fluoh us en Tannstoldnen usa guggen. Obna druff ischt en scharpfi Chleippa (grosses Sück) Wasen. Daruf heis vor Jahr un Tag d’s Dörfli Isenfluoh buwen. Äs ischt nid grad gross, aber heimlich. (heimelig) Wen mu von Wengen anha gugged, g’sehds grad us wien en Mutta. (Erdscholle) Drum isch "uf der Mutten." Schynts heigs früejer da usi  Zwärgleni g’häben. En Isenfluohschnyder hed en tolla Tschuppen Zwirggen (kleine Buben)  un e paar Meitscheni g’häben. Är ischt en guota Ätti g’syn, aber är hed glych di gröschti Müej g’häben, syn Hushaltig dürhi z’schlan. Von eim Stärnen zum andren hed är g’schaffed uf Tod un Läben. Äs hed mu nie an Arbeit g’fähld. Eis hed er schuuderhaft Dringends z’wärchen g’häben, aber mid dem beschten Willen hed er ses nid mögen g’machen. Am Morgen, wan er ischt in d’s Näbeschtübli chon, ischt die Alegi büessti, bögleti un bürschteti, eiiach fix un fertig uf em Tisch g’lägen. Är hed’s nid chönnen begryffen, wie das ischt zue un här gangen. Das ischt drnah mengischd vorchon, das er am Aben mid d’r Arbeit nit hed mögen g’chon, wäg dessen isch schi am Morgen glych g’machti g’syn. Un due hed er gengen pässled, wär ihm die ganzi Wärcheta machi. Plötzli hed er chönnen g’merken, dass da e paar Männdeni inha chon syn, si sofort uf en Tisch uohi g’setzt hein un a sin Schnurpfeta syn. Stich fer Stich heis büesst un d’s Glettysen g’wärmd, g’letted un bürschted un die Alegelleni styf zämeng’leid un fertig gemacht. Den hein se si hääluf umhi g’chutzt! (aus dem Staub gemacht) D’r Schnyder uf der Mutten hed darann die gröschti Plessier g’häben un hed si fascht hindersinned, wien är denen chönni z’danken chon. Är als Schnyder hed g’merkt, dass si sälber besser Hudla nötig hätten. Sobald das er hed Trifti (Zeit und Gelegenheit)uberchon, hed er etlichs Alegelli für si g’macht un hed ne si für ihra Unmuoss beizt (hingelegt). Druf am Aben sys umhi chon, hein die Zueversicht g’sehn, hein naha g’luegt, hein d’r gröscht Erger uberchon, wil si syn g’merkt worden. Von da an heis g’wüss weder Stupf no Chritz meh g’macht un hein dem Schnyder uf der Mutten für geng der Puggel g’chehrd. Quelle: Hans Michel, Ein Kratten voll Lauterbrunner Sagen. Wengen 1936. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schneider, der sieben tötete und sieben verwundete

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Ein Schneider wollte einmal ein wenig in die Welt hinaus, um sie sich anzuschauen. Aber das arme Schneiderlein meinte, er müsse etwas Vortäuschen, um als vornehmer Herr zu gelten. Dann werde er nicht so hin und her geschupft, wenn er unter die Leute gehe. Während der Schneider vor einem Fenster stand und sich den Kopf zerbrach, plagten ihn dauernd einige Fliegen und gaben keine Ruhe. Da haute er wütend eine aufs Fenster, als die Fliegen darauf landeten, und er tötete sieben und verwundete sieben. Jetzt schoss es dem Schneider durch den Kopf, wie er sich einen vornehmen Anstrich geben könne. Er schrieb vorne auf das Schild seiner Mütze mit grossen Buchstaben: «Sieben getötet und sieben verwundet auf einmal», doch er erwähnte nicht, dass es sich nur um Fliegen handelte. Ganz fröhlich machte er sich mit der Mütze auf den Weg. Aber als der Schneider in eine Stadt kam, wurde er zum König gerufen, und der fragte ihn, weshalb er dies auf seine Mütze geschrieben habe, und ob er behaupten dürfe, eine solch grosse Heldentat vollbracht zu haben. Um es nicht auskommen zu lassen, dass es nur Fliegen waren, sagte der Schneider, bei ihm übersehe man die Stärke, denn obwohl er klein sei, finde man keinen Stärkeren als ihn. Der König wollte seine Stärke prüfen und sagte hier in der Nähe, in einem Wald sei ein Tier mit einem Horn mitten auf der Stirne. Dieses Tier durchbohre alles, was ihm entgegentrete. Wenn er im Stand sei, es zu töten und ihm das Horn zu bringen, dann wolle er ihm seine Tochter zur Frau geben. Doch schaffe er dies nicht, so wolle er es ihm schon zeigen, was es bedeute, solche Sachen auf die Mütze zu schreiben, die werde nämlich samt seinem Kopf wegspicken. Zitternd verlangte der Schneider Nägel und einen Hammer. Als er sich auf den Weg machte, dachte er, mit ihm sei es sowieso fertig. Während er ging und sich den Kopf zerbrach, fiel ein Vogel, halb erfroren, vor seine Füsse. Der Schneider hatte Mitleid mit dem Tierlein, hob es auf und steckte es in seine Tasche. Nachdem er ein Stück im Wald war, begegnete er einem gewaltigen Riesen. Der fragte ihn, wohin er gehe. Als er es ihm sagte, meinte der Riese, er solle gleich wieder umkehren und sich den Kopf abschlagen lassen, dieses Tier könne selbst er nicht besiegen, und er sei doch ein ganz anderer Kerl als er. Da meinte der Schneider, um zu schauen, wer stärker sei, wollten sie einen Stein hoch in die Luft schleudern. Und er nahm seinen Vogel aus der Tasche und warf ihn in die Höhe, so dass er in die Wolken flog. Der Riese schleuderte seinen Stein sehr hoch hinauf, aber der fiel trotzdem langsam zu Boden, doch der Stein des Schneiders nicht. Also hatte der Schneider höher geworfen. «Vielleicht im Holztragen», dachte der Riese, «ist der Schneider schwächer als im Steine schleudern.» Er wollte diesem Knirps nicht unterlegen sein und verlangte vom Schneider, er solle mit ihm Holz tragen. Während der Riese so einen Haufen zusammenbrachte, der den Schneider erdrückt hätte, dachte der sich aus, wie er den Riesen wieder aufs Kreuz legen könne, weil es das erste Mal so gut gegangen war. Sonst wäre er verloren. Wie ein Eichhörnchen kletterte er auf eine Tanne. Der Riese fragte, was er da oben mache; der Schneider antwortete, er schäle die Tanne ab und mache daraus ein Band, um damit seinen Holzhaufen zusammenzubinden. Da sagte ihm der Riese, er solle herunterkommen. Er gebe auf, weil der Schneider nur für das Band eine ganze Tanne brauche. Aber der Riese gab sich noch nicht zufrieden und verlangte vom Schneider, mit ihm Polenta um die Wette zu essen. Der Riese konnte so viel verschlingen, dass der Schneider davon dreimal geplatzt wäre. Der Schneider aber liess alles durch den Schlitz im Hemd herunter, so dass er immer noch ass, als der Riese aufhören musste. Jetzt wollten sie zum Ort gehen, wo sich das Tier aufhielt. Der Schneider nahm seine Nägel und seinen Hammer und versteckte sich hinter einer Tanne, als das Tier auf ihn losgehen wollte. Mit aller Kraft bohrte es sich mit dem Horn durch die Tanne, hinter welcher der Schneider sich versteckt hatte. Dann nahm der Schneider seine langen Nägel und nagelte damit das Horn des Tieres an der Tanne fest, so dass es sich nicht mehr bewegen konnte. Voller Neid kam der Riese herbei, der weit weggelaufen war, und lud, nachdem er das wilde Tier getötet hatte, den Schneider zum Übernachten in sein Haus ein. Weil der aber nichts Gutes ahnte, machte der Schneider einen Strohmann und legte den ins Bett; er selber versteckte sich unter dem Bett. Um Mitternacht kamen einige Riesen mit Prügeln herein und droschen derart auf den Strohmann ein, dass der nachher ganz flach war. Am frühen Morgen tauchte der Schneider wieder auf, um das Horn dem König zu bringen. Die Riesen waren ganz überrascht und konnten nicht begreifen, dass er nicht tot war. Und sie fragten ihn, ob er in der Nacht nichts gehört oder gespürt habe. Er sagte, etwas habe er schon gespürt, es habe ihn jemand mit einem Strohhalm gekitzelt, doch er habe sich nichts daraus gemacht und habe weitergeschlafen. Jetzt merkte der Riese, dass er ihm nicht den Meister zeigen konnte, und er liess ihn ziehen. Als der Schneider dem König das Horn brachte, war dieser rundum zufrieden und gab ihm seine Tochter zur Frau. Und der Schneider wurde später König.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Schniiderbärgjoos

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Wie der Schniiderbärgjoos seiner lieben Gewohnheit nach wieder einmal von Linthal aus höhwärts ging, geriet er auf eine Alp am Kammerstock, wo er, weil er ein wenig müde geworden, den Geissen zuschaute, wie sie kreuz und quer ihr mageres Gräslein abrupften und sich mühten, die besten Blättlein nicht zu übersehen. Im Weiterwandern kam er zur Hütte und bat den Sennen um einen Schluck rauer Milch oder um ein Beckeli kalten Kaffees. «Sofort, sofort!» nickt der Senn. «Sobald ich da mit Melken zu Ende gekommen bin. Grade am Verdursten wirst du noch nicht sein, oder?» Aber wie er sich auf dem Melkstuhl umdreht und fragt: «oder?», da ist der Joos schon verschwunden, als wenn er in der blauen Luft vergangen wäre. Der Senn schüttelt den Kopf und denkt: «Ein merkwürdiger Kostgänger! Hätt, denk ich, wohl die paar Minuten noch abwarten können!» Und dann fängt er an zu käsen. Aber wie er auch ins Feuer bläst und wie er auch mit Etscher und Lab nachhilft - es nützt alles nichts, und die Milch will und will sich nicht scheiden und nicht dick werden. Weder an dem Tag, noch am andern und überandern. Der Knecht hatte dem Tun seines Meisters schweigend zugesehen. Er war ein Urner von ennet dem Pass und glaubte an allerlei, das der Senn kaum dem Namen nach kannte. «Ich könnt’ Euch einen guten Rat geben, Meister», sagte er am dritten Tag, «ich will für Euch zu den Näfelser Kapuzinern. Die haben Mittel gegen alles und wissen mehr als andere Leute.» Der Senn besann sich nicht lange. «So geh in Gottesnamen, und hoffentlich bringst du ein Pülverchen auf die Alp, das helfen kann.» Der Kapuziner hörte sich die Klagen des Knechts aufmerksam an. Dann fragte er ihn: «Es liegt am Herd! Habt ihr nicht vor kurzem den alten hintersten Plattenstein aus dem Herd genommen und einen neuen hineingesetzt?» «Doch», sagte der Knecht, «es sind erst drei Tage her. Der alte Stein war keinen Blutzger mehr wert.» «Nun, so nimm den Stein auf und dreh ihn um und schau, was darunter liegt! Drei Holzspänlein sind’s, die liegen kreuzweis übereinander. Bevor die drei nicht zu Asche verbrannt sind, wird euch die Milch nicht dick.» Der Knecht bedankte sich höflich und ging mit dem guten Rat dem Kammerstock zu, tat, wie ihm der Kapuziner gesagt hatte, und von nun an ging alles wieder seinen rechten Gang, und der Senn konnte käsern nach Herzenslust. Der Schniiderbärgjoos aber hat sich nie mehr auf der Alp blicken lassen. Er wird gewusst haben, warum, der Fink!   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der schöne Gian

Source: Der schöne Gian

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Ein Vater hatte drei Söhne. Und eines Tages sprach er zu denen: «Hört, ihr seid nun im Heiratsalter, geht ein wenig in der Welt herum, und wenn ihr eine Braut gefunden habt, so kommt und sagt es mir, doch vergesst nicht, mir als Geschenk etwas von eurer Braut zu bringen.» Und die Söhne nahmen den Weg unter die Füsse, und als sie ein rechtes Stück im Wald drin waren, sagten die zwei Älteren: «Auf welche Seite willst du jetzt gehen, Gian?» – «Aber was ist das für eine Frage», meinte Gian, «ich gehe doch wohin ihr geht, denn ihr kennt die Wege besser als ich, da ihr ja weit in der Welt herumgekommen seid.» Aber die andern Brüder erwiderten: «Da irrst du dich bös, wenn du meinst, dass wir dich auch mitnehmen. Geh du den Weg, den du willst, wir machen, was wir wollen.» Sie hatten nämlich den armen Gian auf dem Strich, weil er der Schönste von allen und der Liebling des Vaters war. «Wenn dem so ist», sagte Gian, «so werde ich auf diese Seite gehen», und die Brüder waren sehr zufrieden mit seiner Wahl, denn sie wussten, dass das der schlechtere Weg war. Und der schöne Gian ging und ging in den Wald hinein, doch bald war keine Spur mehr von Pfad. Je weiter Gian drinnen war, umso dichter wurde der Wald, und am Ende war es ein solches Dickicht, dass er nicht mehr weiter konnte. Da setzte er sich auf einen Baumstrunk und begann zu weinen. Auf einmal hörte er Äste knacken, und jemand sagte: «Guten Tag, schöner Gian, was tust du hier, und warum weinst du?» Gian blickte auf, und was sah er? Ein Füchslein stand vor ihm. «Wenn du meinst, dass ich mich herablasse, mit einem hässlichen, räudigen Füchslein, wie du es bist, zu reden, so täuschst du dich», antwortete ihm Gian. «Ja nun», sagte das Füchslein, «wenn du nicht sagen willst, was dir fehlt, so kann ich es dir sagen. Dein Vater hat dich und deine beiden Brüder geheissen, eine Braut zu suchen, doch deine Brüder haben dich in den Wald hineingeschickt in der Hoffnung, dass du dich verirrst, und jetzt bist du hierher gelangt und kannst nicht mehr weiter. Doch komm du nur mit mir, ich führe dich zu meiner Wohnung hier unter den Ästen. Ich habe viel Land und Arbeiter, und du kannst jene ein wenig beaufsichtigen und wirst es gut haben, das kann ich dir sagen!» - «Nein und abermals nein», gab Gian zurück, «bist du wirklich so verrückt und glaubst, dass ich mit einem hässlichen räudigen Füchslein, wie du es bist, zusammenwohnen will?» - «Ja nun», meinte das Füchslein, «wenn du also nicht mit mir kommen willst, so bleib nur hier; doch das sage ich dir, du wirst den Weg nicht mehr finden und wirst hier umkommen.» - «Ja nun», entgegnete Gian, «wenn dem so ist, so werde ich mit dir gehen; doch was muss ich tun, um unter diese Äste zu kriechen?» - «Du musst überhaupt nicht kriechen, du musst mich nur am Schwanz halten, und ich führe dich zu meiner Wohnung hinunter», antwortete der Fuchs. «Ich mich am Schwanz eines so unheimlichen Füchsleins wie du halten», rief Gian, «nie und nimmer!» - «Ja nun», sagte das Füchslein, «wenn du wirklich nicht willst, so lass es gut sein und bleibe, wo du bist, doch ich sage dir noch einmal: Wenn du mit mir kommst, wirst du es nicht bereuen müssen.» Wegen seiner ungemütlichen Lage war Gian am Ende doch bereit, mit ihm zu gehen. Durch die Äste hindurch ging es in grosser Eile, und bald standen sie beim schönen Häuslein des Füchsleins inmitten von Wiesen und Wald. Sie traten ein, und das Füchslein bewirtete ihn mit dem Besten, was es hatte, und er blieb eine gute Weile dort. Aber schliesslich sagte er eines Tages. «Ich muss allmählich doch daran denken, nach Hause zu gehen, denn mein Vater wird sich Sorgen um mich machen.» - «Ja, aber weisst du, dein Vater hat gesagt dass du mit einer Braut zurückkehren und ihm ein Geschenk bringen musst. Nimm mich, und ich sage dir, du wirst es nicht bereuen.» - «Nein, das tu ich auf keinen Fall, denk dir, was mein Vater und meine Brüder sagen würden, wenn sie wüssten, dass ich mit einem Füchslein verlobt bin», meinte Gian. Doch das Füchslein wollte nicht damit aufhören, und am Ende willigte er ein, es zu heiraten. «Gut», sagte das Füchslein und reichte ihm ein Kästchen, «hier drin ist das Geschenk für deinen Vater, doch du darfst es nicht öffnen, bis du zu Hause bei den Deinen in der Stube bist.» Und Gian machte sich auf den Weg und gelangte allmählich nach Hause. Die Brüder waren schon dort, der Vater war in Sorge um ihn gewesen und freute sich sehr, als er seinen Gian gesund und munter auftauchen sah, und als er gar sagte, dass auch er eine Braut gefunden hatte, war die Freude gross. Doch die Brüder lachten sich schier zu Tode und höhnten: «Wir möchten gerne wissen, was für eine Art Braut du im Wald aufgetrieben hast.» Sie hatten als Geschenk für den Vater zwei Riesenhunde mitgebracht, die waren höher als der Tisch. Der Vater hatte keine grosse Freude an diesen Riesentieren, die unmögliche Mengen frassen. Und jetzt öffnete Gian sein Kästchen, und ein wunderschönes Hündchen sprang heraus. Sofort gingen die zwei Riesentiere auf es los, und es begann ein grosser Kampf. Da schickte der Vater die Söhne mit ihren Riesenhunden weg, doch Gians Hündchen nahm er auf den Arm und hatte sein ganzes Vergnügen an diesem Tierchen. «Seht ihr», sagte er, «Gian hat es geschafft.» Unterdessen war die Zeit da, da die drei Brüder ihre Braut holen mussten, und Gian machte sich auf den Weg. Doch seine Brüder lachten und sagten: «Wir möchten gerne sehen, mit was für einer Braut du uns kommst, sicher ein prächtiges Muster.» Gian gelangte bis in den Wald zu den Ästen, und dort wartete das Füchslein, das ihn nach Hause führte. Es hatte ihm ein schönes Zimmer gerichtet, und er legte sich schlafen. Am nächsten Morgen hörte er beim Erwachen das Füchslein, das im Haus herum trippelte und sehr beschäftigt schien. Und als er in die Stube kam, sah er den Tisch aufs Beste hergerichtet, und was war dort alles ausgebreitet und bereitgelegt! Die schönsten Kleider, die man sich nur vorstellen kann, bestickte Hemden und ein Anzug aus Tuch so fein wie Flor, und während er noch dort stand und diese Pracht bestaunte, klopfte es an die Tür. «Herein!» rief Gian, und zur Tür herein kam eine schöne, sehr gut gekleidete Dame. Gian schaute sie ganz verwundert an, und sie sagte: «Hier, mein schöner Gian, ist deine Braut. Du sollst wissen, dass ich eine Prinzessin bin, die von einer bösen Hexe in ein hässliches, räudiges Füchslein verzaubert worden ist, bis ein rechtschaffener Bursche sich bereit erklärt, mich zu heiraten. Und jetzt komm, wir wollen nach Hause zu deinem Vater gehen.» - «Doch wie kommen wir durch die Äste hindurch?» fragte Gian. «Mach dir deswegen keine Sorgen», sagte die Braut, und in dem Augenblick stand vor ihnen eine wunderschöne, von vier Schimmeln gezogene Kutsche, und sie stiegen ein und gelangten schon bald zum väterlichen Haus. Die Brüder mit ihren Bräuten waren schon da, und der Vater rief, als er die Kutsche vor dem Tor halten sah: «Das ist ganz gewiss Gian, der mit seiner Braut kommt.» Da lachten die Brüder und sagten: «Ja, wahrscheinlich kommt der aus dem Wald in diesem festlichen Anzug.» Doch sie standen mit offenem Mund da, als sie aus der Kutsche ihren Bruder mit einem schönen, vornehmen Fräulein steigen sahen. Sofort wurden die Vorbereitungen für die Hochzeit getroffen, und nach der Trauung gab es ein schönes, gutes Festessen. Die Bräute der beiden Brüder waren von auswärts, trugen rote Röcke und Strümpfe, und während des Mittagessens benutzten sie die Gelegenheit tüchtig einzusacken und stopften alles, was sie einstecken konnten, in ihre Riesentaschen. Doch danach, als sie tanzten und rechte Sprünge machten, sprangen die guten Brocken aus der Tasche. Gians Braut wunderte sich über diese Manieren und den geringen Anstand der andern Bräute und sagte zu Gian: «Lass uns so rasch als möglich weggehen, denn diese Gesellschaft hier gefällt mir wenig.» Doch Gian tat es leid, seinen Vater schon zu verlassen. «Weißt du was», sagte seine Frau, «wir nehmen deinen Vater mit, er fühlt sich sicher besser bei uns als bei diesen beiden.» Und gesagt, getan, der Vater war völlig einverstanden, mit ihnen zu gehen, und bald reiste die Kutsche mit drei glücklichen Menschen ab. (Oberengadin)   Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schrattfuchs

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Vom Schrattfuchs erzählten früher alle. Im Sommer wie im Winter blieb er auf Niederwaldner- und Blitzingergebiet. Er tat niemand etwas zuleide, wenn man ihn nicht ausbot. Neckte man ihn jedoch, konnte er bösen Schabernack treiben. Im Sommer hielt sich dieser Fuchs mit Vorliebe in der Schrattalpe auf. Ein Hirt sah ihn dort eines Tages auf einem Steine liegen. Er nahm seine Geissel und wollte ihm damit einen "Schmutz" geben, traf ihn aber nicht. Der Fuchs drehte sich nur gemächlich auf die Seite und blieb, wo er war. Am selben Abend vermisste der Hirt nach der Abendweide ein Kalb. Als er in die Sennhütte trat, hörte er es jenseits eines Grabens muhen. Er musste es holen. Es lief ihm aber auf einer Wasserleitung immer voraus; der Hirt ihm nach, bis er an einer gefährlichen Stelle abstürzte und ein Bein brach. Im gleichen Augenblick jauchzte der Fuchs von der andern Seite entgegen, und das verlorene Kalb lag ruhig im Stafel. Derjenige, der das erlebte, hat es mir selbst erzählt. BLITZINGEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Schrättlig (Flums, SG)

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Ein Jüngling begleitete seine Geliebte in später Nacht vom Tanze heim. An einer Hausecke sagte sie zu ihm, sie habe da noch etwas zu tun; er solle ein Weilchen auf sie warten. Dann sah er sie nicht mehr. Eine schwarze Katze kletterte die hölzerne Hauswand hinauf und zu einem offenen Fenster hinein. Bald kam sie auf dem gleichen Wege zurück, und die Jungfrau stand wieder da. Der junge Mann stellte sie darüber zur Rede. Da klagte sie ihm, sie sei in einer Unglücksstunde geboren und müsse als Schrättlig Leute und Vieh plagen. Er fragte, ob es nicht möglich sei, sie von dem Unheil zu erlösen. Sie antwortete, er könne das, wenn er ihr erlaube, etwas, das ihm gehöre, totzudrücken. Er erlaubte es ihr. Am Morgen lag seine schönste Kuh tot im Stall. Er ging zu der Jungfrau und machte ihr Vorwürfe, dass sie gerade das wertvollste Stück ausgelesen. Sie sagte, sie habe das müssen, weil er ihr es bedingungslos erlaubte. Hätte er ihr ausdrücklich das geringste Stück bezeichnet, so hätte es den gleichen Dienst getan. Da freute er sich doch mit ihr, dass sie von dem bösen Zauber erlöst war, und sie lohnte es ihm mit treuer Liebe lebenslang. J. B. Stoop Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 322, S. 180 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schrättlig (Goldach/SG)

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In unser Haus kam nachts oft der Schrättlig und quälte bald dieses, bald jenes Familienglied. Einmal verlegten wir dem Unhold den Ausweg und fanden am Morgen auf dem Stubenboden einen Strohhalm liegen, den wir mit Hämmern und Äxten bearbeiteten. Eine bekannte Frauensperson lag darüber schwerkrank im Bette. Mündlich. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 18, S. 12f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schrättlig (Grabs/SG)

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Ein Grabser Mädchen war in Rans Magd, blassete zusehends und nahm ab. Befragt, erklärte sie, ein Schrattlig drücke sie allnächtlich furchtbar. Man riet ihr, dem Ungetüm ein scharfes Messer vorzuhalten. Sie tat es, als er kam; er fuhr ins Messer und entfernte sich gleich wieder. Am Morgen war die ganze Kammer blutig; das Mädchen folgte der Spur, und die führte nach Grabs ins elterliche Haus, wo sie trotz Abwehrens der Mutter ins Schlafzimmer drang und - den eigenen Vater an einer Stichwunde krank fand, an welcher er starb. Dr. Henne-Am Rhyn, Deutsche Vollssage.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 104, S. 51 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schrättlig (Pfäfers, SG)

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Ein Mädchen wurde vom Schrättlig geplagt. Es legte eine Karzine (ein Instrument, mit dem man die Wolle fein auskämmt) auf die Brust. Am Morgen war die Hexe an der Stirne arg zerstochen; denn die Unholdinnen drücken mit dem Kopf auf die Brust desjenigen, den sie quälen wollen. (Mündlich) Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 240, S. 1120 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schrättlig (Sevelen/SG)

Source: Der Schrättlig (Sevelen/SG)

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Ein alter Seveler erzählte mir folgendes: Als ich noch jung war, lag ich eines Abends in meines Vaters Kuhstall am Majenberg auf der Pritsche, halb schlafend, halb wachend. Der obere Teil der Stalltüre war geöffnet. Da kam etwas herein, setzte sich auf meine Brust, so dass ich mich nicht mehr bewegen und kaum noch atmen konnte. Mich drückte der Schrättlig. Endlich war es mir möglich, auszurufen: "In's drei Tüfels Nama, mach dass d'furtchunnst!" Ich sah eine schwarze Katze, welche zum Oberlid der Türe hinaussprang. Heinrich Hilty.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 142, S. 67f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schrättlig (Wartau/SG)

Source: Der Schrättlig (Wartau/SG)

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In einer Schmiede kehrte der Schrättlig ein, und als man ihn bannte, lag ein Strohhalm auf dem Zimmerboden. Der Schmied, nicht faul, steckte diesen in den Schraubstock und machte ihn fest. Am Morgen steckte die Hexe drinnen und bat flehentlich, man soll sie wieder freilassen. (Mündlich mitgeteilt) Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 168, S. 80 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schrättlig auf der Hechel (Sevelen/SG)

Source: Der Schrättlig auf der Hechel (Sevelen/SG)

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In Rans wurde ein Jüngling von einem Schrättlig so schauderhaft geplagt, dass er davon krank, immer blässer und immer schwächer wurde. Endlich gab ihm jemand den Rat, er soll eine Hechel mit in das Bett nehmen und sich dieselbe an die Brust legen, natürlich die Spitzen nach oben gerichtet. Die Hexe kam, sprang unversehens auf die Hechel und stach sich die Nägel in den Leib. Am Morgen ging man den Blutspuren nach. Diese führten nach Grabs und zwar zu einem Hause, wo richtig ein Mädchen krank lag; dieses war die Unholdin gewesen. Nach N. Senn, Chronik Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 148, S. 70 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schreiber

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Die Lötscher wollten auch einen Schreiber haben. Sie sandten Abgeordnete nach Sitten, um dort einen Schreiber zu erhandeln. Sie dachten, die Schreiber kommen auf die Welt wie die Hühner, die aus dem Ei schlüpfen. Da sahen sie einen Kürbis auf dem Markte. Sie fragten die Händlerin, ob das die Eier seien, aus denen die Schreiber gebrütet werden. Die Frau sagte ja, worauf sie den Kürbis kauften und nach Hause trugen. Sie stellten ihn mitten auf den Platz, zwei Lötscher setzten sich zur Seite und einer oben drauf. Als sie abgelöst wurden, kam der Kürbis ins Rollen und fuhr durch die Studen, wo er einen Hasen aufschreckte. Da riefen sie: „Das Ei ist gut, das ist geraten. Der Schreiber ist schon herausgeschlüpft und hat die Feder hinter dem Ohr!"     Aus «Sagen und Märchen aus dem Oberwallis», Jegerlehner u. Bächtold-Stäubli, Basel, 1913   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schrennenturm

Source: Der Schrennenturm

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Der Schrennenturm „An der Schrennen“ hiess früher die Gegend an der Schrennengasse. Mitten in den Reben oberhalb dieser Gasse stand bis in die dreissiger Jahre des 19. Jahrhunderts ein alter, aus Findlingen gebauter, zwei Stockwerke hoher Turm, dessen dicke Mauern ungefähr 14 Fuss im Geviert massen und inwendig mit Malerei geschmückt waren. In diesem Turme sollen, wie die Sage berichtet, Gespenster gehaust haben. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Escher, W. und A., S. 79.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schuhmacher am Feerberg

Source: Der Schuhmacher am Feerberg

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Der Katzhalden-Jordan war im Beffig am Feerberg auf der Stör. Noch tief in die Nacht hinein schaffte und klopfte er an seinem Leder. Während des ganzen Abends aber klang ein eigentümliches Schlagen und Hämmern vom Feergraben herauf, gerade wie wenn da ein Steinhauer an der Arbeit wäre. Das wurde dem alten Schuster doch zu dumm und zu lästig. Ärgerlich schob er das kleine Rückerfensterlein zurück und schimpfte in die Nacht hinaus und in den Graben hinab: «Wenn d jetz de nit bald uifheerscht piggillu, so piggillu willder de!» Jordan hatte den Kopf noch nicht durch die Rückeröffnung zurückgezogen, als der ,Piggiller‘ schon unter den Fenstern war, lärmte und klopfte, dass allen in der Stube die Haare zu Berge standen. Die Kinder umdrängten furchtsam und wimmernd die Schürze der Mutter. Aschfahl schlug Jordan den Rücker zu, trat in die Stube zurück, und es befiel ihn ein Unwohlsein, wie er es noch niemals erlebt hatte. Nach Tagen erst konnte er in die Katzhalden nach Zwischbergen zurück, und noch da war er mehrere Tage kränklich und arbeitsunfähig. SIMPLON-DORF Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Schüler der schwarzen Schule

Source: Der Schüler der schwarzen Schule

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Ein Bursche trat bei einem Meister der schwarzen Schule in den Dienst. Der dachte, sein Diener könne weder lesen noch schreiben, und er wies ihn an, jeden Tag ein Blatt eines grossen Buches zu wenden und eine Kiste Geld zu durchwühlen. Der Bursche tat fleissig seinen Dienst, las im Buch und lernte die Zauberstücke auswendig. So kannte er sie besser als der Meister selbst. Er kehrte zu seiner Familie zurück, und als es mit dem verdienten Geld zu Ende ging, sagte der Bursche zu seinem Vater: «Wenn Ihr ein schönes Hundehalsband kauft, dann kann ich mich in einen Hund verwandeln. Ihr müsst mich verkaufen, doch gebt Acht, dass Ihr das Halsband immer behaltet, dann werdet Ihr Geld genug haben.» Der Hund jagte ausgezeichnet. Ein Herr, der auf jener Jagd dabei war, kaufte ihn für eine grosse Summe ab. Der Vater nahm das Halsband weg, und in der nächsten Nacht war der neue Herr seinen schönen Hund gleich wieder los und fand ihn nie wieder. Mit einem neu gekauften Halfter verwandelte er sich in ein schönes Pferd und liess sich von seinem Vater unter der gleichen Bedingung verkaufen. Auf dem Weg zum Markt trafen sie als Ersten den Meister der schwarzen Schule. Der erkannte mit einem Blick, was für ein Pferd das war, er kaufte es schnell und entfernte sich im Galopp mit Pferd und Halfter. Nachdem er es in den Stall gestellt hatte, wollte er es dort erschiessen. Als das Pferd sah, woran es war, befreite es sich mit den Vorderbeinen aus dem Halfter und floh als Vogel aus dem Fenster. Der Meister folgte ihm als Sperber bis vor den Königspalast, wo die Prinzessin auf einer Laube spazierte. Der Vogel kam ganz nahe, liess sich von ihr fangen und in einen Käfig sperren. Der Sperber flog durchs Fenster und machte, dass der Käfig zu Boden fiel. Der Vogel verwandelte sich in einen Edelstein und verschwand in den Spalt zwischen zwei Bohlen. Der wütende Sperber wollte den Edelstein aufpicken, aber der verwandelte sich in ein Schwein und frass dem Sperber den Kopf ab. Jetzt hörte der Bursche die Prinzessin kommen und verwandelte sich schnell in einen fröhlichen Vogel. Die Prinzessin betrachtete den verstümmelten Sperber und fragte sich, wie das geschehen sei. Der Vogel pfiff, da verwandelte er sich in einen schönen Burschen und erzählte ihr sein ganzes Leben. Die Prinzessin verliebte sich in ihn und wurde seine Frau. An der Hochzeit gab mir die Braut einen Tritt in den Arsch; den blauen Fleck habe ich jetzt noch. (Oberhalbstein)   Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schuss von Burgistein

Source: Der Schuss von Burgistein

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Als die Berner im Jahre 1339 mit ihren Eidgenossen bei Laupen auf des Königs Ludwig stolzes Heer losstürmten und ihre Sichelwagen mit ihnen, flohen eine Anzahl ihrer Leute in den sicheren Wald zurück. Aber Erlach, der tapfere Anführer der Berner, rief mit gewaltiger Stimme: "Laßt sie nur fliehen, die Spreu ist von den Körnern gestoben!" So begann denn die Schlacht und endigte nach einem fürchterlichen Ringen mit einem glorreichen Sieg der Berner und ihrer Hilfsvölker. Während aber die Schlacht noch tobte, waren einige Späher des Ritters Jordan zu Burgistein, der selber zu feig war, gegen die fest zugreifenden Berner in den Kampf zu ziehen und schön auf seiner Burg am Ofen blieb, zu ihrem Herrn geeilt. Sie hatten gleich zu Beginn der Schlacht die feige Flucht eines geringen Häufleins der Berner gesehen und hatten dann, in der Meinung, die Berner würden nun gewiß verspielen, dem Ritter Jordan schon die Niederlage des verhaßten Bern gemeldet. Da lachte der Ritter auf und rief frohlockend aus: "Das ist ein guter Schmied gewesen, der diese Waffen wider Bern geschmiedet hat!" Als nun die Berner nach der siegreichen Schlacht stolz und guter Dinge nach Hause zurückkehrten, kamen sie auch am Schloß Burgistein vorüber, dessen Herr eben im Fenster lag und den geschlossenen Helm auftat, um recht gut sehen zu können, wie die Berner so nahe an seinen Mauern vorüberzögen. Sie hatten aber seine bösen Spottworte nach der Schlacht wohl vernommen und sie im Herzen bewahrt. Wie nun der Ritter Jordan das Fensterlädlein öffnete und das Visier hob, flog ihm aus der Schar der heimkehrenden Berner ein Pfeil in den Kopf, also daß er zurücksank und steintot war. Der Schütze aber, ein wackerer Berner Armbruster, rief zur Burg hinauf: "Das ist auch ein guter Schmied gewesen, der diesen Pfeil geschmiedet hat!" Danach ergab sich die Burgfrau. Das Schloß aber wurde bis auf den Grund zerstört. Bern aber, das vordem unter dem mächtigen Adel und der Stadt Freiburg gar viel zu leiden hatte und sich mit Bärenkraft und mit gut auslangenden Bärentatzen nach allen Seiten zu wehren hatte, wurde bald so mächtig und angesehen, daß die vorherigen Untertanen der adeligen Herrschaften das Spottsprüchlein sangen: "Unsere Herren und Helfer liegen in den Hürsten. Nach dem Kaiser und Adel soll uns wenig dürsten. Gott ist Bürger worden zu Bern. Wer mag da wider sie kriegen gern?" Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schusterdieb im Niederdor

Source: Der Schusterdieb im Niederdor

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Es war noch in jener Zeit, da im Niederdorf Menschen mit warmschlagenden Herzen wohnten. Fahrendes Volk kam gerne hier vorbei, sei's um zu betteln oder zu hausieren, sei's auf der Burschenwanderschaft. So klopfte einst ein armer Schuster, Arbeit suchend, an und fand in einem guten Haus, in welchem eine Bäuerin war, die hexen konnte, vollauf zu tun. - Ein Häuflein Schuhe lag neben ihm am Boden, die er zu flicken und zu nageln hatte; allein es war ihm nicht so ganz gemütlich bei der Arbeit, da ihm im Zimmer alles so geheimnisvoll vorkam und als erst die beleibte Bäuerin mit einem Butterkübel in die Stube trat, sich setzte, den Kübel zwischen ihre Beine klemmte, den Stöpsel auf- und abwärts zog und stiess, und dazu unaufhörlich dicke Nydle aus dem Kübel rann, da konnte er mit sich erst nicht ins reine Kommen, studierte, hämmerte und schielte immer wieder nach der alten Dicken in die Ecke. Beim Abendessen wurde die schneeweisse Nydle aufgetragen und die mundete so herrlich, wie sie der Schuster in seinem Leben nie genossen hatte. Hierauf bezog er seine kleine Kammer und legte sich schlafen. Er lag und grübelte. Da hörte er die Bauernfamilie noch aufs Feld ziehen, schlüpfte flink in seine Hosen, schlich in die Küche, fand und untersuchte prüfend den geheimnisvollen Butterkübel. An dessen Unterseite klebte ein beschriebener Zettel. Den löste er sorgfältig ab, verwahrte ihn, flüchtig zusammengefaltet, in seiner Hosentasche, schlich hurtig in die Kammer, schloss und legte sich aufs Ohr. Halb träumend hörte er die Bäuerin in der Küche buttern. Am Morgen fand er unter dem Stuhl, auf den er gestern Abend seine Hosen hingeworfen hatte, einen weissen Brei. Er starrte ihn glotzend und mit gerunzelter Stirne an. Dann ging er fleissig an die Arbeit und schusterte. Und schusterte! Er sah und hörte nicht die Bäuerin mit dem Butterkübel in die Stube kommen. Er hörte nicht, dass sich die Türe öffnete und wieder schloss und wieder öffnete. Er hörte keine Stimmen flüstern. Er schusterte! Gellendes Gelächter! Erstaunt schaute er auf. - Das Hausgesinde stand um ihn versammelt; die Bäuerin butterte im Winkel, und ganz verblüfft sah er aus seinem Hosensack ein dünnes Bächlein weisser Nydle tröpfeln. Er senkte den glutroten Kopf und packte seine Siebensachen zusammen. Den Zettel tat er schweigend auf den Tisch - und kehrte noch am selben Tag dem lachenden Niederdorf für immer den Rücken.   Quelle: Georg Küffer, Lenker Sagen. Frauenfeld 1916. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Schutz-Geist

Source: Der Schutz-Geist

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Auf der Alp Lavetz am Stäzer Horn hütete ein Berg-Butz viele Jahre lang das Vieh und schützte es besonders während des Nebelwetters oder der Nacht vor Schaden. Zur Belohnung musste der Senne jeden Abend eine kleine, hölzerne Schüssel mit süssem Rahm füllen und diese auf das Dach der Sennhütte setzen; jeden Morgen fand er diese Schüssel am gleichen Platze, leer. - Eines Abends füllte der Senne aber die Schüssel mit saurer Milch, statt mit Rahm, weil derselbe ihn reute und er über der Gewohnheit ungläubig geworden war. In der Nacht war ein furchtbarer Sturm, der ihn nicht schlafen liess; er hörte eine starke Stimme, die seinen Namen rief, gab aber keine Antwort, worauf der Berggeist, der ihn gerufen, heftig an die Türe polterte, bis der Senne aufstand. Der Berggeist rief vor der Türe weiters: »Undankbarer, wisse, elf deiner schönen Kühe sind arn Felsen verunglückt und liegen erschlagen in der Tiefe.« Der Senne konnte durch die Ritze in der Türe die schreckliche Gestalt des Geistes erblicken und erschrak darüber dermassen, dass er zu Boden fiel und am Morgen stark verwundet, in der Küche liegend, gefunden wurde. - Die Knechte hatten vom Vorgange nichts vernommen, erst die Erzählung des Sennen liess sie Schreckliches ahnen. Mit Messern, Beilen und Stricken versehen eilten sie der Felswand zu und fanden richtig elf der schönsten Rinder zerschellt am Fusse derselben, - Seitdem ist auch der Berggeist in der Alp Lavetz nicht mehr erschienen. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schütze

Source: Der Schütze

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In dem Wald bei der sogenannten Weihwasserplatte, an der Strasse von Pfäfers nach Vättis, sei zeitweise in der Nacht ein feuriger Mann erschienen, der dann auf die nach 12 Uhr Vorüberwandelnden mit glühenden Kugeln geschossen habe. Mehr als einem seien solche Kugeln zwischen den Beinen durchgeflogen. Von allen solchen Sachen sieht und hört man heute nichts mehr; wohl aber wundert man sich, wie die Phantasie der Leute früherer Zeiten solch abenteuerliches Zeug zusammentragen konnte. "Oberländer Anzeiger."   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 235, S. 116f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schütze Tell

Source: Der Schütze Tell

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Es war an einem Sonntag nach St. Othmar. Da kam von Bürglen her, einem Dörflein am Eingang des wilden Schächentales, mit festem Berglerschritt ein Mann gen Altdorf hinuntergegangen. An der Hand führte er seinen jüngeren Knaben Walter. Auf der Schulter trug er seine schwere Armbrust. Das war Wilhelm Tell, der beste Gemsjäger im Lande Uri. Er wollte zu Besuch gehen bei seinem Schwiegervater Walter Fürst in Altdorf. Als er nun mit seinem Söhnchen vom Zeitglockenturm her über den Hauptplatz lief, machte ihn sein Knabe auf eine lange Stange aufmerksam, die mitten auf dem Platze stand und die zwei Waffenknechte des Landvogts Geßler bewachten. Auf der Stange aber hing ein Hut mit einer Pfauenfeder. Viele alte Weiber und Kinder, aber oft auch ein Mann, gingen am Hute vorbei und knicksten höhnisch oder neigten ihr Haupt, rauchend vor Scham. Doch der Tell schien das alles nicht zu bemerken und wollte aufrechten Hauptes und festen Ganges mit seinem Büblein am Hut auf der Stange vorbeischreiten. Da sprangen die beiden Wächter vor, streckten ihre Lanzen aus und ließen den Schützen nicht weiter. Und als er in ihre vorgehaltenen Spieße griff und unwillig fragte, warum sie ihn nicht seines Weges gehen ließen, antworteten sie, er habe dem Hut nicht die schuldige Reverenz erwiesen und müsse nun mit ihnen zum Landvogt kommen, um als ein Verräter an der kaiserlichen Majestät seine Strafe zu gewärtigen. Der Hut sei vom Landvogt an die Stange gehängt worden, um den Sinn und Geist des Volkes zu prüfen, und er hätte sich vor ihm verneigen sollen wie vor dem Kaiser selbst. Aber der Tell drückte ihre Spieße zur Seite und sagte, er beuge sich vor niemand als vor Gott und lasse sich von ihren zwei Eisenstangen nicht aufhalten. Die Knechte rangen mit ihm, und sein Knabe rief um Hilfe, also daß die Leute von Altdorf von allen Seiten herbeieilten, unter ihnen auch Walter Fürst, der Großvater des kleinen Walter. Eben wollte Tell den zwei Waffenknechten die Spieße entreißen, da ließ sich Pferdegetrappel vernehmen, das rasch die Dorfgasse heraufkam. Und auf einmal ritt Geßler, der Landvogt, heran mit seinem bewaffneten Troß und Gefolge. Als er nun bei dem aufgesteckten Hute stand, fragte er die Knechte, was sie mit diesem Manne hätten. Da schrie einer der Wächter: "Herr, er hat vor dem Hute das Haupt nicht geneigt!" Jetzt blickte der Landvogt Geßler mit unheilverkündenden, finsteren Augen auf den Schützen Tell. Er kannte ihn gar wohl und haßte ihn, weil er nicht lange vorher einem Unterwaldner Bauer, der den frevelhaften Untervogt der Burg Rotzberg erschlagen hatte, über den sturmgepeitschten See half und ihn so vor seinen Verfolgern errettete. "Warum hast du dem Hut nicht Respekt bezeigt?" fragte er jetzt barsch den Schützen. Nun versuchte sich Wilhelm Tell zu entschuldigen und sagte: "Vergebt mir, Herr! Es geschah aus Unverstand, denn wäre ich klug, so hieße ich nicht der Tell." Doch der Landvogt hatte Böses vor. Er dürstete danach, diesen aufrechten Mann, den er heimlich fürchtete, zu verderben. Und also fragte er ihn: "Tell, hast du Kinder?" - "Ja, zwei, Herr", antwortete der Schütze. - "Welches ist dir das liebste?" fragte Geßler weiter. "Es sind mir beide gleich lieb, Herr", sagte Tell, der Unheil zu merken begann. Da erblickte der Landvogt neben dem Schützen den kleinen Walter. Und jetzt sagte er, voll Bosheit lächelnd: "Tell, ich weiß, daß du ein berühmter Schütze bist. Du triffst ja die Gemse im Sprung, den Vogel im Flug. Wohlan, ich will dir nun ein Ziel geben, wo du deine ganze Schützenkunst zeigen kannst. Habe acht, daß du's nicht verfehlst. Du sollst einen Apfel vom Haupte deines Kindes schießen. Verfehle ihn ja nicht, sonst ist dein Leben verwirkt." Da schrie alles Volk auf. Die Frauen rangen jammernd die Hände, und die Männer ergrimmten. Auch der Schütze Tell erbleichte und sagte: "Herr, es kann nicht Euer Ernst sein, solch Unmenschliches von mir zu verlangen. Wie sollte ich von meines Kindes Haupt einen Apfel schießen können? Erlaßt mir den Schuß, Herr, lieber will ich gleich sterben." Und er riß sein Wams auf und bot die Brust den Waffenknechten hin, daß sie ihn erstechen möchten. Doch der harte Landvogt Geßler sprach: "Entweder tust du den Schuß, oder du und dein Kind, ihr beide müßt zusammen sterben." Als sich Wilhelm Tell nun nach seinem Büblein umschaute, sah er, daß es die rohen Waffenknechte schon an einen Baum gebunden hatten. Auf seinem flachshaarigen Scheitel aber lag ein Apfel. "Schieß nur, Vater", rief der kleine Walter, "ich fürchte mich nicht!" Da sank der bäumige Gemsjäger in die Knie vor Jammer und blickte mit stummem Entsetzen zum Landvogt auf. Doch der schaute ihn mit bösen, schadenfreudigen Augen an. Jetzt packte Tell die Armbrust, nahm zwei Pfeile heraus und steckte einen in das Göller. Aber Walter Fürst, der Großvater des kleinen Walter, trat jetzt zum Landvogt und beschwor ihn bei seinem Seelenheil, von seinem schrecklichen Verlangen abzustehen. Er kniete sogar vor ihm nieder und hob flehend die Hände zu dem Tyrannen auf, der ihn aber kalt und höhnisch ansah. Auf einmal schrie eine Weiberstimme aus dem Volk: "Der Apfel ist gefallen, der Apfel ist gefallen!" Und hundertstimmig jubelte das Volk: "Der Apfel ist gefallen!" Während der Landvogt auf den alten Landammann Walter Fürst hörte, hatte Wilhelm Tell rasch die schwere Armbrust gespannt, den Pfeil daraufgelegt, gezielt und geschossen. Da flog der Pfeil, und der Apfel war gefallen. Aufjauchzend stürmte der kleine Walter auf seinen Vater zu, der noch fassungslos und wie im Traum am Boden kniete und die Armbrust krampfhaft in den Händen hielt. Ein Knecht aber hatte den Apfel aufgehoben und zeigte ihn nun dem Landvogt Geßler. "Wahrhaftig", sagte der, "der Apfel ist mitten durchgeschossen; es war ein Meisterschuß, ich muß ihn loben." Aber als der Tell, der langaufatmend und bebend vor Freude sein Kind ans Herz geschlossen hatte, sich erhob und mit dem jubelnden Volk abziehen wollte, fragte ihn plötzlich der Landvogt: "Höre, Tell, sag an, warum stecktest du den zweiten Pfeil in das Göller, bevor du den Schuß tatest?" "Herr, es ist so des Schützen Brauch", sagte dieser, der den Vogt und sein böses Herz durchschaute. Aber der Landvogt runzelte die Stirne und sagte: "Tell, bekenne nur die Wahrheit ohne Furcht, du sollst deines Lebens sicher sein. Warum stecktest du den zweiten Pfeil in das Göller?" Jetzt stellte sich der Tell bolzengerade vor den Landvogt hin, sah ihn furchtbar an und rief, ihm den Pfeil entgegenstreckend: "Wohlan, Herr, da Ihr mir mein Leben zugesichert habt, will ich Euch die Wahrheit sagen: Hätte ich mit dem ersten Pfeil meines lieben Kindes Haupt getroffen, mit dem zweiten hätte ich Euer wahrlich nicht gefehlt!" Der Landvogt erschrak innerlich sehr, denn nun erkannte er, wie ihn der Tell haßte, den er so schrecklich gequält hatte. Aber er ließ sich nichts merken und sagte kalt: "Das Leben habe ich dir zugesichert, Tell, ich will es redlich halten. Aber da ich deinen bösen Willen gegen mich erkannt habe, will ich dich dahin führen lassen, wo weder Sonne noch Mond dich bescheinen, auf daß ich vor dir Ruhe habe. Ergreift ihn!" Sogleich packten die Waffenknechte den Schützen Tell und banden ihm unter den Verwünschungen und unter dem Aufjammern des umstehenden Volkes die Hände auf den Rücken. Dann rissen sie ihn von seinem Büblein los und schleppten ihn ins Herrenschiff nach Flüelen, um ihn über den Waldstättersee ins finstere Burgverlies nach Küßnacht zu bringen. Geßler selbst bestieg mit seinem Gefolge den Herrennauen. Bald stieß des Landvogts Schiff ab, und noch lange schaute das entrüstete Volk nach seinem roten Dache. Im Nauen aber lag der Schütze Tell inmitten der Waffenknechte, und umsonst schaute er mit sehnsüchtigen Augen, wie die heimatlichen Gestade allmählich verschwanden, und umsonst blickte er sich nach der hinten im Schiff liegenden Armbrust um. Niemals mehr sollte er das Licht der Firnen sehen, niemals mehr das Schwirren seines sicheren Pfeiles im Bergwalde hören. Als sie aber ein gutes Stück über den See gefahren, sah man auf einmal das ewig lebendige Schneestaubwölkchen, das am Firnenhaupt der Großen Windgälle hängt, stärker aufstieben. Auch kam ein unheimliches Summen und Knurren, wie das Murren des Volkes an der Maienlandsgemeinde, von den Firsten und Graten der Berge. Der Himmel ward tiefblau, als wollte er sich auftun, und die Bergwälder schienen nahe, als könnte man sie mit den Händen greifen. Und jetzt kräuselte sich der See; ein paar heftige Windstöße pfiffen um die Bergwände, und plötzlich tobte der Alpenwind, der wilde Föhn, von den Bergen herab und fuhr schnaubend, jauchzend und pfeifend daher, den See also aufpeitschend und aufjagend, daß die gehetzten Wellen wie wilde, wutschnaubende Tiere auf das Herrenschiff lossprangen. Da erschraken der Landvogt Geßler und seine Leute. Nirgends war eine Fähre, denn überall starrten sie die jähen Felsen an, und die Ruderknechte hatten eine harte Arbeit, das Schiff von den Bergwänden abzuhalten, an denen die Wogen donnernd aufsprangen und zerschellten. Und auf einmal packte der Sturmwind den tanzenden Nauen und zwang ihn durch den kochenden See gegen die vorspringenden Riffe des Axenberges. Jetzt glaubten alle im Schiff ihr Sterbestündlein nahe. Sie hörten schon das Sterbeglöcklein auf dem Seelisberg läuten, das nur erschallte, wenn ein Schiff dem Untergang verfallen schien. In dieser höchsten Not baten die Waffenknechte den Landvogt, er möchte doch den Tell ans Steuerruder lassen, da er ein so starker Mann und im Rudern gar wohl bewandert sei. Der Landvogt, den die Todesangst übernommen hatte, erlaubte es mit stummem Nicken. Rasch band man den Schützen los, und da stand er schon am Steuerruder. Mit riesenstarker Faust zwang er das schwere, auf und ab springende Schiff um den Axenberg und brachte es so aus dem gefährlichsten Wogengang. Langsam, aber sicher lenkte er den immer noch wie ein gepeitschtes Roß steigenden Nauen der Felsplatte zu, die am Axen aus einem schmalen Gelände vorspringt. Als er mit dem Schiff daran fast anstieß, packte er plötzlich seine Armbrust und sprang auf die Felsplatte, das Schiff im Abspringen mit einem gewaltigen Fußtritt in die zischende Flut zurückstoßend. Dann verschwand er im Bergwald. - Lange Zeit wurde das Herrenschiff noch im empörten See herumgetrieben, und oft genug war es nahe am Versinken. Nur mit unsäglicher Mühe und Not brachten es die Ruderknechte bei Brunnen zum Landen, von wo aus dann Geßler nach seiner Burg Küßnacht reiten wollte. Tell aber eilte über Sisikon und die Alpenweiden bei Morschach nach Arth und von dort gegen Küßnacht. Gegen Abend ritt der Landvogt Geßler racheschnaubend von Immensee her gegen seine Burg zu Küßnacht. Als er mit seinen Leuten durch die Hohle Gasse kam, die von hohem Gebüsch und gewaltigen Eichen überwölbt und beschattet war, warf sich ein armes Weib namens Armgard mit ihren Kindern vor sein Pferd und schrie, sie gehe nicht von der Stelle, bis der Landvogt ihren gefangenen Mann aus dem finsteren Burgverlies hinauslasse. Aber der herzlose Vogt ergrimmte und machte Miene, über das arme Weib und ihre Kinder hinwegzureiten. Da schwirrte auf einmal ein Pfeil aus dem Busch und fuhr dem Landvogt mitten ins Herz. Schreckensbleich zuckte er zusammen, sank zurück und schrie auf: "Das ist Tells Geschoß!" Da zeigte sich der Schütze Tell auf einen Augenblick und rief: "Du kennst den Schützen, suche keinen andern!" Dann verschwand er im Gehölz. Der Landvogt Geßler aber starb in den Armen des Bettlerweibes, das ihn umsonst angefleht hatte. Das ist die Geschichte des berühmten Schützen Tell, und heute noch kann man sie abgemalt sehen in der offenen Kapelle auf der Tellsplatte, die der grüne Bergsee umbrandet. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


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Es wird berichtet, dass in alten Zeiten in einem Dorf eine arme Witwe mit ihrem einzigen Sohn lebte, die ernährte und kleidete mit der Arbeit ihrer Hände sich und ihren Sohn. Als der Sohn erwachsen war, wollte er Schreiner werden; doch die Mutter, die kein Geld hatte, konnte weder seine Lehre, noch das Werkzeug und die Werkstatt bezahlen. Da der Sohn wusste, wie arm die Mutter war, entschloss er sich, in die weite Welt hinaus zu gehen und sich das nötige Geld zu verdienen. Also brach er von zuhause auf und versprach der Mutter, fleissig und sparsam zu sein. In wenigen Jahren wolle er mit all seinem Gewinn zu ihr zurückkehren und dann sein geliebtes Handwerk erlernen. So wie er erzogen worden war und wie er der Mutter versprochen hatte, war er immer gehorsam und fleissig bei all seinen Meistern; dabei hielt er ständig seine Ersparnisse in einem gut verschlossenen Beutel zusammen. Nach langer Wanderschaft gelangte er eines Tages zu einem Schreiner, der in seiner Werkstatt arbeitete, und fragte ihn dann - weil er so gerne dieses Handwerk erlernen wollte: «Ob Ihr einen Lehrling gebrauchen könntet?» Nachdem der Meister einen Augenblick überlegt hatte, antwortete er: «Ja, wenn du fleissig bist und meine Weisungen befolgst, kann ich einen Lehrling brauchen - ohne Lohn; aber vorläufig will ich dich für einige Tage auf Probe behalten, dann wird man sehen.» Voller Freude nahm er vom Meister eine Schürze in Empfang und liess sich dann die Arbeit, die er leisten sollte, zeigen. Das Essen wurde von der Meisterin für beide in die Werkstatt gebracht, und zum Schlafen hatte ihm der Meister ein Zimmer mit einem Bett neben der Werkstatt gegeben, so kannte er die Familie seines Dienstherrn gar nicht. Als dann die Probezeit zur Zufriedenheit des Meisters zu Ende war, blieb er weiterhin als treuer Lehrling und später auch als fähiger Schreiner, der alle Arbeiten verrichten konnte. Abends nach dem Essen, wenn der Meister die Werkstatt schloss, ging er zufrieden in sein Zimmer, richtete das Bett her und schlief, bis der Meister ihn zum Morgenessen rief. Eines Tages brachte ihnen dann - zu seinem Erstaunen die Tochter des Dienstherrn das Mittagessen, eine sehr schöne junge Frau, an der - auch weil er sie nie gesehen hatte - seine Augen hängen blieben, und als er sah, dass das Mädchen seinen Blick erwiderte, wartete er jeden Tag sehnsüchtig auf das Mittagessen, um sie anzuschauen und dann ein paar Worte mit ihr reden zu können. So verging die Zeit neben seiner Arbeit weiter, so dass er mit dem Mädchen immer vertraulicher wurde, ohne es zu merken. Als dann der alte Meister starb, verlobte er sich mit der jungen Meisterin und war voller Liebe zu ihr. Er leitete die Arbeiten in der Werkstatt wie zuvor, doch die Mutter, eine allgemein bekannte Hexe, war mit der Verlobung der Tochter nicht einverstanden und versuchte alles Mögliche, um die beiden auseinanderzubringen. Da ihr das nicht gelang, verwünschte sie die Tochter und zwang sie auf den schwarzen Berg in den Dienst eines Drachen. Da der Bursche keine Gelegenheit mehr hatte, seine Braut zu treffen, fragte er eines Tages die Alte, wohin sie die Tochter, die sich hier nicht mehr blicken lasse, geschickt habe. Die Antwort war boshaft und gleichgültig: Die Tochter sei auf eine Schule auf dem schwarzen Berg verreist. Es missfiel dem Burschen sehr, dass seine Braut weggegangen sei, ohne ihm ein einziges Wort davon zu erzählen; und als er sich da und dort erkundigte, weil er das nicht recht glauben mochte, vernahm er von mehreren Seiten: Das Mädchen werde wahrscheinlich - aus Rache der Mutter - durch ihre teuflischen Künste verhext worden sein und nie mehr zurückkehren. Als er dann auch über die boshafte, gleichgültige Antwort der Hexe nachdachte - er vermutete ein Geheimnis dahinter - kündigte er kurzerhand seine Stelle und reiste am andern Tag sofort heim. Denn er hatte gemerkt, dass er selbst in Lebensgefahr war. Als er dann zu Hause ankam und seine Mutter, die ihn voller Freude umarmte, begrüsst hatte, erzählte er ihr die Sache mit seiner verschwundenen Braut; er wolle in Kürze zurück, um sie zu finden. Dann zeigte er auch seine Ersparnisse, die er in den Jahren seiner Abwesenheit gemacht und dabei sein geliebtes Handwerk gründlich erlernt hatte - und sagte: «Vorläufig will ich dieses Geld für dich auf einer Bank anlegen, dann will ich nach meiner Rückkehr eine Werkstatt aufmachen.» Nach einigen Tagen brach er auf, um den schwarzen Berg zu suchen, und er fragte unterwegs immer überall herum - jedoch vergebens - niemand konnte ihm helfen. Er gelangte schliesslich in einen dichten Wald auf den Ebenen, da fand er einen Zauberer, der Himmel und Erde erforschte, und als er auch jenen fragte, war die Antwort: «Ja, ja, ich kenne den schwarzen Berg, doch was willst du dort oben? Kein Mensch kann dort hinauf, ringsum ist da eine hohe schwarze Wand.» «Ich will meine Braut finden, die hat man dort hinauf auf die Schule gezwungen», antwortete der Bursche. «Ach du armer verliebter Mensch», meinte da der Zauberer, «nach meinem Zauberspiegel ist jene Jungfrau dort hinauf zum Dienst eines Drachen verwunschen worden; doch bleibe hier bei mir über Nacht, damit ich alles besorgen kann, so wirst du ans Ziel kommen.» Der gute Bursche blieb also über Nacht beim Zauberer auf den Ebenen, und am Morgen gab der ihm eine Dose mit einer Wundersalbe und sagte: «Geh jetzt immer in diese Richtung» - er zeigte mit der Hand - «bis du zu dieser schwarzen Wand kommst, dann schmiere den linken Arm mit der Salbe ein, so werden dir bald an den Händen ein paar Flügel wachsen, damit wirst du fliegen können. Wenn du oben bist, schmiere auch den rechten Arm ein, so bekommst du genug Kraft, um den Drachen auf den Boden zu drücken, sonst würde er dich erledigen; dann, auf dem Rückweg mit deiner Braut, melde dich bei mir, damit ich dir weiterhelfen kann.» Nachdem er dem Zauberer mehrmals gedankt hatte, brach der Bursche am Morgen auf, froh und glücklich, nun endlich auf dem richtigen Weg zu sein, und nach mehreren Tagesreisen gelangte er an den Fuss des schwarzen Berges. Nun schmierte er den linken Arm mit der Wundersalbe ein, und bald setzten sich an seinen Armen Flügel an, mit denen er leicht über die schwarze Wand fliegen konnte. Oben angelangt, schmierte er sofort, wie der Zauberer ihn geheissen hatte, auch den rechten Arm ein. Und da wurde er so stark, dass er mit den grössten Steinen, die ein Mann sonst nur ein wenig hochzuheben vermag, sogar Ball spielen konnte. Bald bemerkte er eine Frau, die trug Wasser in eine Spelunke, und er folgte ihr dorthin. Und es war seine Braut, aber so mager und heruntergekommen, dass er sie fast nicht mehr erkannte. Das Mädchen jedoch erkannte ihn sogleich, sie fiel ihm um den Hals und sagte: «O du Armer! Wie kommst du nur hier herauf?»  «Ich bin gekommen, um dich zu befreien», antwortete er sogleich. «Aber Liebster», sagte da das Mädchen zu ihm, «rette dich, wenn du kannst, denn jeden Augenblick kann der Drache auftauchen, der wird dich schlagartig töten!» «Soll er nur kommen», entgegnete der Bursche, «mit dem bin ich bald fertig; gib mir einen Knüppel, dann wirst du sehen, wie ich dem den Garaus mache.» Rasch brachte ihm das Mädchen einen Knüppel, und während sie noch draussen vor der Spelunke redeten, konnte man den Drachen hören. Das Mädchen floh vor Schrecken, weil es mit einem Menschen gesprochen hatte, sofort ins Haus. Der Kampf ging los, der Drache spie Feuer, aber mit ein paar gut gezielten Schlägen betäubte der Bursche ihn sofort, um ihn dann ganz zu erledigen. Nun fiel ihm das Mädchen wieder um den Hals und dankte ihm für ihre Rettung; und auch er war froh, dass er endlich seine Braut hatte finden und befreien können. Also brachen sie sogleich Arm in Arm auf, und sie gingen bis zu den Abgründen der schwarzen Wand. Dann setzte er durch seine Wundersalbe wieder seinen Flügel an, lud seine Braut auf den Rücken und flog hinunter, bis an den Fuss des Berges. Nach tagelangen Reisen gelangten sie dann in den Wald auf den Ebenen zum alten Zauberer, wie es der Bursche versprochen hatte. Der Zauberer freute sich über ihre Ankunft, doch er sagte zu ihnen: «Die Sache ist noch nicht ganz ausgestanden; die Hexenmutter weiss, dass ihre Tochter frei ist, und sie wird euch verfolgen; ich sehe das in meinem Zauberspiegel – ihr seid ihr im Weg, aber ich kann euch helfen und will es auch tun.» Darauf gab er dem Burschen eine Dose mit drei Samenkörnern: «Die werden zu Bergen, wenn du sie auf den Boden wirfst, so könnt ihr weiter. Über das dritte Korn kann die Hexe nicht mehr steigen.» Nun blieben sie jene Nacht beim alten Zauberer und dankten ihm für seine Hilfe. Am Morgen reisten sie dann ab und sahen bald die alte Hexe mit einer Schar ihresgleichen kommen, um sie aus dem Weg zu räumen. Da warf der Bursche das erste Samenkorn auf den Boden, das wurde rasch zu einem Berg, den konnte sie dann allmählich überwinden und sie von neuem verfolgen. Als der Bursche das merkte, warf er rasch das zweite Samenkorn auf den Boden; es verwandelte sich wie das erste in einen Berg, doch sie kam mit Mühe nur bis zum Gipfel. Da rief sie ihrer Tochter zu: «Ich bin erschöpft und kann keinen Schritt mehr weiter. Auch wenn du weggehen willst, nimm wenigstens etwas Weniges an Vermögen mit, du kannst es in der Not brauchen.» Darauf warf sie der Tochter drei Nüsse zu, welche diese dann auflas und mitnahm. Da der Bursche jedoch den Schmeicheleien der alten Hexe nicht traute, warf er auch das dritte Samenkorn auf den Boden, das sogleich wie die ersten beiden zu einem Berg wurde - darüber konnte sie nicht mehr, wie der Zauberer es gesagt hatte; und sie sahen sie nicht mehr. Jetzt konnten sie in aller Ruhe weiterreisen und gelangten schliesslich nach Hause, zur Mutter des Burschen, die sie mit grosser Freude empfing. Froh, alles gut überstanden zu haben, wollte der junge Mann jetzt noch vor der Hochzeit, seine Werkstatt mit allem, was es dazu brauchte, aufmachen, um dann arbeiten zu können. Dann geschah es, dass sich eine sehr reiche, aber stolze Jungfrau vom Dorf bei der alten Mutter einschmeicheln konnte: «Warum nur hat Euer Sohn dieses arme Mädchen zum Heiraten aufgelesen?» Als die andere der Mutter zu verstehen gab, dass auch sie ihn genommen hätte, liess die arme alte Frau wegen des Reichtums der andern sich dazu überreden, ihren Sohn von seinem Versprechen abzubringen. Da wurde die unglückliche Braut, wenigstens von der alten Mutter, nur als Dienstmädchen betrachtet. Nach der Abmachung zwischen der reichen Dame und der Mutter sollte dann am nächsten Sonntag Kirchweih gefeiert werden; als der Braut dies zu Ohren kam, fühlte sie sich in grosser Not, jetzt brach sie die erste Nuss auf, die ihre Mutter ihr zugeworfen hatte, und sie fand darin ein ganz schönes Seidenkleid. Als das reiche Mädchen dieses sah, sagte es in seinem Hochmut zur alten Mutter: «Wenn Euer Sohn ihr jenes Kleid nicht abkauft - wohlverstanden, ich gebe die Batzen - so feiere ich nicht Kirchweih.» Die arme alte Mutter bat dann den Sohn, das Kleid abzukaufen; und der war schwach genug, seiner Mutter zu gehorchen. Er kaufte das Kleid ab und zahlte eine grosse Summe dafür. Am folgenden Sonntag, als nach der Abmachung Kirchweih gefeiert werden sollte, brach die junge Braut die zweite Nuss auf und fand darin ein zweites Seidenkleid, das noch schöner war als das erste. Als nun die reiche Dame dieses noch schönere Seidenkleid sah, sprach sie wieder zur alten Mutter: «Wenn Euer Sohn ihr jenes Kleid nicht abkauft – wohlverstanden, ich gebe die Batzen dafür – so feiere ich nicht Kirchweih.» Die arme alte Mutter musste dann wieder den Sohn bitten, auch jenes zweite Kleid abzukaufen; und der war wieder schwach genug, seiner Mutter zu gehorchen. Er kaufte das Kleid ab und zahlte dafür die doppelte Summe. Am dritten Sonntag, als das Kirchweihfest auf jeden Fall stattfinden musste, brach die junge Braut die dritte Nuss auf und fand darin ein besonders prächtiges Seidenkleid, das an Schönheit die zwei andern bei weitem übertraf. Als nun das reiche Mädchen dieses noch schönere Kleid sah, wiederholte es gegenüber der alten Mutter ihre übliche Drohung: «Wenn Euer Sohn ihr jenes Kleid nicht abkauft - ich gebe die Batzen dafür - so feiere ich nicht Kirchweih.» Diese dritte Drohung missfiel selbst der Mutter, und als sie es dem Sohn erzählte, sagte dieser: «Dieses Mädchen kann zum Teufel gehen, sie und ihr ganzer Stolz. Dieses dritte Kleid, wie die ersten beiden, gehören meiner Braut, für welche ich mein Leben wagte, weil ich mein Versprechen hielt. Sie ist es wert, dieses ihr drittes Kleid zu tragen, auch wenn dies ein Dorn in den Augen jenes feinen Mädchens ist. Meine Braut, die ich genommen habe und behalten will, soll besser ausstaffiert sein als die andere, und das jetzt umso mehr, als sie durch den Verkauf der ersten beiden Kleider zu viel Geld gekommen ist. Ich dulde es nicht mehr, dass sie alle ihre schönen Kleider verkauft, selbst wenn sie es von sich aus tun würde; und damit nichts mehr dazwischenkommen kann, wird noch im Lauf der Woche geheiratet, diese Machenschaften müssen ein Ende haben!» Gesagt und getan, noch im Laufe der Woche fand dann die Hochzeit statt, und die beiden lebten dann in Frieden und Eintracht als glückliches Paar. (Unterengadin)   Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


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Auf den Sommeralpen spielt der "schwarze Bub" oder der "Schwarze" eine wichtige Rolle. Auf der Alpe Furg, zwischen Grengiols und Binntal, heisst eine Anhöhe "der Gräfin Bühl". Eine Gräfin sömmerte daselbst ihr Vieh. Eines Tages entführte der schwarze Bub das ganze Vieh. Die Gräfin bemerkt es, eilt sogleich auf die Anhöhe und ruft: «Ihr Männer! Kommt geschwind und bald. Das Vieh läuft schon über den Rosswald.» Sie ruft's so laut, dass man ihre Stimme im Dorfe Grengiols hörte und der Schwarze still stehen musste; sie selbst aber fällt tot zu Boden. Auf der Mattwaldalpe in Eisten entführte der Schwarze eine ganze Geissherde. Der Hirt bemerkt s, steigt schnell auf den Steinhirt (Steinmännchen, Mellig) und ruft; aber ein einziges Ziegenböcklein erblickt er noch auf der Höhe gegen Simpeln. Das Tierchen hört's und fällt tot hin. Der Hirt aber ruft zum zweiten, ruft zum dritten Mal, — da rennen in schauerlicher Eile die Geissen wieder her, zwischen den Hörnern Lorbeerblätter tragend. Der Schwarze hatte sie in den Gärten von Mailand geweidet; das armselige Ziegenböcklein hatte ihn aber verraten, und so musste er alle wieder bringen.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Schwarze Garten in Zürich

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Der Schwarze Garten in Zürich Vor grauer Zeiten hauste zu Zürich Hans Glockner, der Glockengiesser. Von dem ging die Rede, er habe eine Mohrin zur Frau. Nie aber konnte man sie sehen; streng hielt er sie verwahrt in seinem Garten, wo sie tief in Schleier vermummt der Blumenpflege oblag. Seltsame Düfte entstiegen den zwischen Palmen wachsenden fremden Blumen; ein Springbrunnen sprühte gen Himmel. - Wenn in der Umgebung ein Kind zur Welt kam, ein Leben auslöschte oder eine Hochzeit gefeiert wurde, so brachte ein stummer Diener aus dem Garten der Schwarzen einen Blumenstrauss oder einen Kranz ins Haus. Und da dies zu jeder Jahreszeit geschah, verbreitete man über den Schwarzen Garten die seltsamsten Gerüchte. - Aus Neugier liess ein Junker, dessen Grundstück an den Schwarzen Garten grenzte, einen Turm bauen, um von dort die Vorgänge in Hans Glöckners Garten beobachten zu können. Doch ehe der Turm die Höhe der Gartenmauer erreicht hatte, war Hans Glockner verschwunden samt seiner vermummten Frau, und als der Junker in den Garten hinunterblickte, sah er nichts anderes als eine schwarzverbrannne Wildnis. Seither heisst der Ort der „Schwarze Garten“. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Nach Reithard, S. 138, in Prosa übertragen.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der schwarze Gehilfe

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In der Voralp, Gemeinde Göschenen, hat ein Alpknecht beim Tränken der Schweine die seinigen regelmässig bevorzugt und jene der andern Besitzer soviel als möglich vom Troge ferngehalten. Wie er wieder einmal bei dieser Beschäftigung die Tiere mit seiner roten, mit blauem Zittel geschmückten Kappe am Troge zurechtleitete, da war plötzlich der blaue Zittel verschwunden und trotz des sorgfältigsten Suchens rein gar nicht mehr zu finden. Ein Kamerad, der zusah, sagte mit geheimnisvoller Miene: »Jää, hesch dü de nytt g'seh? Da uf em Trogchopf hocket den Einä, ä Brandschwarzä, der tüet'r scho hälfä d'Syw tränkä« (19. Jahrhundert). Mitgeteilt: Josef Zgraggen, Rütli-Pächter Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


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Karl Seiler, Postmeister von Simplon (gestorben 13. August 1847), Fuhr oft von Simplon nach Domo. Bei Gstein, so geht die Sage, folgte ihm fast jedesmal ein unheimlicher, schwarzer Hund und begleitete ihn bis in die Nähe von Ruden. Sobald aber Seiler von Ruden wegfuhr, folgte ihm der Hund wieder, verschwand aber beim Kapellchen oberhalb der italiensichen Grenze. Seiler verlor nach und nach das anfängliche Grausen vor dem unheimlichen Begleiter und ,schmützte‘ ihn hie und da sogar mit der Peitsche. Da vernahm er auf einmal mit Grauen die Worte: «Wir kommen ein anderes Mal zusammen.» Bald darauf stürzte Seiler mit Ross und Wagen in die Doveria und ertrank. Der Graben, in dem er verunglückt ist, wird noch heute ,Ds Karli‘ genannt. SIMPLON-DORF Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


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Der schwarze Hund In Horgen erzählte man sich: Im G... wohnte ein Mann, der ein recht böses Weib hatte. Einmal lag es krank zu Bett. Zu dieser Zeit ging der Mann den Steinbruch hinauf, um etwas zu holen. Da lief ihm ein schwarzer Hund nach, der ihn unaufhörlich anbellte. Schliesslich versetzte er dem Tier einen tüchtigen Fusstritt. Im selben Augenblick bekam seine Frau daheim eine geschwollene Backe. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee SAVk 2 (1898) 269, Nr. 178   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der schwarze Hund

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Im Weiler Beniwil bei Alterswil steht neben einem stattlichen Gehöfte ein Ofenhaus. Darin soll früher ein Ungeheuer seinen Aufenthalt gewählt haben. In der Wand, die der Strasse zugekehrt ist, ist ein Fenster angebracht. Vor dieser Mauerseite schichtete der Bauer Reisigwellen auf. Aber am folgenden Morgen lag der Reisighaufen umgestürzt. So oftmals auch der Eigentümer die Reisigwellen in Ordnung brachte, fand er sie gleichwohl am nächsten Morgen am Boden umhergestreut. Der Mann merkte bald, dass es hier nicht mit rechten Dingen zuging. Eines Abends kam nun ein Bursche namens Sepp am Ofenhaus vorbei. Er war bei seiner «Fini» gewesen. Der übliche schwarze Kaffee hatte nicht gefehlt, auch nicht das «Weihwasser» (Gebranntes) dazu. Mitternacht rückte schon heran, er befand sich in gehobener Stimmung. Vom Gespenst, das sich beim Ofenhaus herumtrieb, war ihm auch schon etwas zu Ohren gekommen. Als er nun beim gefürchteten Ort vorbeikam, bemerkte er, dass das Ofenhaus beleuchtet war. Er sah Feuer im Backofen und Rauch zum Kamin hinaussteigen. In seinem Übermut rief Sepp spöttisch: «He da! Wenn ihr Kuchen backt, so gebt mir doch auch ein Stück!» Kaum hatte er dieses gesagt, erloschen das Licht und das Feuer im Backofen. Durchs Fenster hinaus sprang ein grosser, schwarzer Hund; ehe der erschrockene Bursche sich’s gedacht hatte, sass das Untier schon auf seinen Schultern. Dem Überfallenen standen die Haare zu Berge. Er versuchte den Hund von seinem Rücken abzuwerfen, aber das Tier sass fest. So rannte Sepp davon, was die Beine aushielten, dem Elternhaus zu. Die unheimliche Last wurde immer schwerer. Er sah, wie der Hund seinen wüsten Kopf tief nach vorn herunterhängen liess. Aus dem grausigen Rachen hing eine feurige Zunge heraus. Endlich langte der gehetzte Bursche vor seiner Wohnung fast ohnmächtig an. Sobald er über die Schwelle des Hauses geschritten war, verschwand der Gespensterhund. In selber Nacht fand der Arme keinen Schlaf. Der erlebte Schrecken war zu gross gewesen. Am nächsten Morgen erzählte Sepp seinen Angehörigen die grausige Geschichte. Fiebernd lag er den ganzen Tag im Bett. Am Abend war er eine Leiche. Im Ofenhaus aber blieb's von jetzt an ruhig. Die Reisigwellen blieben von dem Tag an sicher an der Mauerwand liegen. Keine Geisterhand warf sie mehr auf den Boden. Die Nachbarn glaubten, das Gespenst sei eine arme Seele gewesen, die dort beim Ofenhaus Busse tun musste wegen irgendeines zu Lebzeiten begangenen Unrechtes.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der schwarze Hund von Ermatingen

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Zwischen Ermatingen und Triboltingen am Untersee standen bis vor Jahren an der Hauptstrasse zwei grosse, prachtvolle Nussbäume, weshalb der betreffende Platz noch heute den Namen "Die hohen Nussbäume" trägt. Dort lagerten einst ständig Zigeuner und Kesselflicker, so dass der Platz nachts immer mehr gemieden und schliesslich gar mit einem geheimnisvollen Nymbus umwoben wurde. Die Sage verstärkte die Angst vor dem Platz, denn nach ihr begegnet derjenige, der um Mitternacht den Weg begeht, einem schwarzen züngelnden Hund. Er wird als Wächter der „hohen Nussbäume" angesehen und passt übrigens ganz in den Rahmen des Ermatinger Gemeindewappens, das einen schwarzen, züngelnden Hund aufweist.   Quelle: Ferdinand Bolt, Die Sagenwelt am Bodensee, Appenzeller Kalender 1956 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Schwarze im Pfahl

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Der Schwarze im Pfahl wohnt zu Klingnau an jener verödeten Stelle, wo das alte Stammschloss der Herren von Klingen gebaut gewesen ist. Da steht nämlich zwischen dem Kalkgerölle unterhalb der Felswand der Rebberge ein morscher Pfahl, der längst keinen Zweck mehr hat. Dennoch hütet man sich, ihn umzubrechen; sonst käme der Schwarze, der in ihn gebannt ist, wieder los und ins Städtchen herab. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 77 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der schwarze Kristall

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Drei Männer vom Geschlechte Gamma1 ab der Geissplatte zu Göschenen hatten oft ein nächtliches Licht beobachtet, das hoch oben in einer Felsenwand ob Wyggen blinkte. Sie suchten die Stelle auf und fanden eine grosse geräumige Höhle, die Sandbalm, und in deren Innerem einen mächtig grossen, prächtigen, schwarzen Kristall, der viele tausend Franken wert war. Voll Freude kehrten sie heim, holten Werkzeuge und machten sich an die Arbeit, den Kristall zu heben. In der Höhle rauschte es auffallend. Im Übermut sprachen die drei Gesellen zu einander: »Jetzt brauchen wir des Herrgotts Licht nicht mehr!«, vermachten den Eingang der Höhle mit Brettern und Decken und verwehrten es dem lichten Tag, da hineinzuschauen. Als sie dann in ihrer Arbeit vertieft waren, wurde das Rauschen stärker, am Eingang der Balm ging ein abscheuliches Gepolter auf, und in den Brettern rasselte und zerrte es. »Wer ist da?« riefen die Arbeiter, »hier hat niemand etwas zu suchen und zu befehlen, hier sind wir Meister!« Und sie klopften und pickelten weiter. Wieder rauscht es so geheimnisvoll, und vor der Höhle poltert und kracht es, als ob hundert Felsblöcke heranrollen würden. Der Schrecken schliesst den frechen Strahlern den Mund, dass sie kein Wörtlein mehr zu einander sprechen. Endlich ermannen sie sich und suchen den Eingang auf. Aber der ist jetzt hoch mit Steinen und Schutt geschlossen; sie sind nicht imstande, die ofengrossen Felsblöcke zu entfernen; zu Hilfe kommt niemand, denn sie hatten ihren Gang geheim gehalten. Die drei Gesellen sahen des Herrgotts Licht nie mehr und verhungerten elend in der Höhle. Jos. Maria Lyrer, 40 J. alt Fußnoten 1 Glieder dieser Familie wollen nichts davon wissen, dass ihren Vorfahren je so etwas begegnete. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der schwarze Mann

Source: Der schwarze Mann

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Der ehemalige Pfarrer von Buus, Gottlieb Rotpletz, erzählte bei einem Abendsitz folgende Begebenheit: Vor einigen Jahren, zur Herbstzeit, kehrte ich mit dem Lehrer über den Berg heim, als schon längst die Nacht eingebrochen war. Da stand plötzlich ein schwarzer Riese vor uns, als wir an der Wegbiegung bei einer Waldecke vorbeikamen. Aus dessen weitem Maule fuhr ungefähr in gleichen Abständen eine ellenlange, feurige Zunge, welche die nächste Umgebung jeweils auf Augenblicke grell erleuchtete. «Lehrer, was mag das sein?» fragte ich meinen Begleiter, der wie ich durch diese Erscheinung etwas betreten war. «In solchen Fällen untersucht!» entgegnete er. «Das ist mein Leibsprüchlein in der Schule, wenn es sich um Spukgeschichten handelt.» «Also vorwärts!» rief ich, und nach zehn Schritten standen wir vor einem hohlen Stocke, der in seinem Innern brannte und von Zeit zu Zeit eine Flamme durch eine obere Öffnung entsandte. Jetzt erinnerten wir uns im Weitergehen, dass wir auf dem Herwege einige Hirtenknaben getroffen, die in der Nähe ein Herbstfeuer angezündet und wahrscheinlich aus Mutwillen glühende Kohlen ins Innere des Baumes geworfen hatten. Buus Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der schwarze Mann (C. Kohlrusch)

Source: Der schwarze Mann (C. Kohlrusch)

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Auf einer Alp im Oberhasli wurden vor Zeiten den Sennen Kühe getötet und zwar immer diejenigen, welche am reichlichsten Milch gaben und die schönsten waren. Mancher Aelpler, der nicht ab der Alp ziehen wollte, in der Meinung, es werde besser kommen, oder er könne endlich dem Wesen ins Spiel gucken, kam fast um all sein Vieh. Endlich kam es so weit, dass gar niemand mehr die furchtbare Alp bewohnen konnte. Von nun an sah man öfters eine Kuh, die im saftigen Gras weidete und eine Stimme erscholl: "Wer diese Kuh in einer Stunde fertig melkt und eine Nacht in der Hütte bleibt, der erlöst die Alp." Manch wackerer Jüngling ging hinauf und unternahm das Wagstück, aber nie kam einer von derselben zurück. Endlich ging ein herzhafter Aelpler ab einem andern Berg hinauf. Er traf die Kuh im Stall der Sennhütte an und unternahm sein Werk. Ganze Melchtern voll Milch entzog er ihrem Euter; aber als ihm sein Unternehmen gelingen wollte, kam mit fürchterlichem Gepolter ein schwarzer Mann zu ihm in den Stall, der auf mancherlei Art ihn in seiner Arbeit stören wollte. Der Hirt aber achtete sich des unsauberen Gesellen wenig und gab ihm auf seine Reden und Fragen keine Antwort; darum ist es ihm auch geglückt, dass er in einer Stunde fertig wurde mit dem Melken. Überall ist ihm der schwarze Mann nachgefolgt und hat immer Gleiches getan, was er. Ging der Senn ins Milchgaden, die Milch in die Gebsen zu schütten, marschierte er demselben nach und machte die gleichen Bewegungen des Senns; ging er in den Keller, in die Küche oder in den Futtergang, tat der Schwarze desgleichen. Selber ins Bett folgte der ungebetene Gast und legte sich mit seinen eiskalten Gliedern neben den Hirten; aber um Mitternacht stand er auf, ging in die Küche und grub mit einem Bickel ein Loch in die Erde. "Komm, hilf jetzt!" rief er dem unerschrockenen Senn zu; "komm, hilf da!" Der Hirt zeigte aber nicht grosse Lust, in mitternächtlicher Stunde einem solchen Schlafkameraden zu helfen und blieb auf seinem Strohsacke liegen. Bald erschien der Schwarze noch einmal unter der Gadentür, hielt ihm ängstlich an, er solle doch kommen und ihm helfen. "Ich rufe dir", sagte er nun noch einmal, "und wenn du das dritte Mal nicht mitkömmst, siehe dann, wie es dir ergeht." Wirklich folgte er ihm auf das dritte Rufen hinab in die Küche. Da war ein grosser Kessel abgedeckt, welcher angefüllt war mit Silber und Gold. Denselben zogen sie nun mit seinem Inhalt auf die Oberfläche des Bodens heraus und der alte Freund der Mitternacht sonderte das Geld in drei Haufen. "Siehe", sagte er, "du hast dich brav gehalten, die Alp ist erlöst, dieser Haufe da ist darum deine Belohnung; der da, der mittlere, gehört dem Herrn an, dessen Eigentum die Alp ist, und jener dort denjenigen, welche auf diesem Berge verarmet sind." Nachdem er das gesagt, verschwand er, und nie mehr nahm man etwas von ihm wahr. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der schwarze Mann (H. Hartmann)

Source: Der schwarze Mann (H. Hartmann)

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Auf einer Alp im Oberhasli wurden vor Zeiten den Sennen Kühe getötet, und zwar immer diejenigen, welche am reichlichsten Milch gaben oder die schönsten waren. Mancher Älpler, der nicht von der Alp ziehen wollte, in der Meinung, es werde besser kommen, oder es könne endlich dem Unwesen ein Ende gemacht werden, verlor zuletzt all sein Vieh. Endlich kam es doch so weit, dass niemand mehr den Berg bewohnen wollte. Von nun an sah man öfters eine Kuh, die im saftigen Grase weidete. Wenn sie erschien, war eine Stimme zu hören: "Wer diese Kuh in einer Stunde fertig melkt und eine Nacht in der Hütte bleibt, erlöst die Alp." Mancher wackere Jüngling ging hinauf, das Wagestück zu versuchen, kehrte aber nie wieder in das Tal zurück. Endlich ging ein beherzter Älpler von einem anderen Berg hinauf. Er traf die Kuh im Stall der Sennhütte an und unternahm sein Werk. Ganze Melchtern voll Milch entzog er ihrem Euter; aber als sein Werk dem Vollbringen nahe schien, kam mit fürchterlichem Gepolter ein schwarzer Mann zu ihm in den Stall, der ihn auf mancherlei Art in seiner Arbeit zu stören trachtete. Der Hirt jedoch achtete sich des unheimlichen Gesellen nicht stand ihm auch nicht Rede und Antwort. Darum war er in einer Stunde mit dem Melken zu Ende. Doch jetzt folgte ihm der schwarze Mann auf Schritt und Tritt, wo immer er sich auch hinwandte. Selbst in sein Bett begleitete er ihn und legte sich mit seinen eiskalten Gliedern neben den Hirten. Um Mitternacht aber stand er auf, ging in die Küche und grub mit einem Pickel ein Loch in die Erde. "Komm hilf jetzt!" herrschte er den unerschrockenen Sennen an. "Komm’ hilf da!" Der Hirt zeigte nicht grosse Lust in mitternächtlicher Stunde dem Befehl nachzukommen und blieb auf seinem Strohsack liegen. Bald erschien der Schwarze noch einmal unter der Gadentür und hielt ängstlich an, dass jener doch komme, ihm zu helfen. "Nur noch einmal rufe ich dir" sprach er "kommst du das dritte Mal nicht, dann sieh zu, wie es dir ergeht." Wirklich folgte ihm der Älpler auf den dritten Ruf in die Küche. Dort stand ein grosser Kessel abgedeckt, der bis zum Rande mit Silber und Gold angefüllt war. Sie zogen denselben heraus und der mitternächtliche Gast sonderte das Geld in drei Haufen. "Du hast dich wacker gehalten", sprach er. "Die Alp ist erlöst. Dieser Haufen hier ist darum dein eigen; der mittlere da gehört dem Eigentümer der Alp, und jenen dort gib denjenigen, welche auf diesem Berge um Hab und Gut gekommen sind." Nachdem er so gesprochen, verschwand er und ist seither nicht wieder gesehen worden. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der schwarze Mann (J. Müller)

Source: Der schwarze Mann (J. Müller)

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Ja, wir hatten in unserm eigenen Hause auf der Eggen auch einen Geist. Wir Kinder haben ihn gesehen, fast, wenn wir nur wollten. Waren wir im Freien, so sah er oft zum Fenster heraus. Er bewohnte für gewöhnlich eine Kammer. Wenn wir Kinder wüst taten, kam er und klopfte an die Stubentüre. Eines von uns traf ihn einmal im Stalle an, wie er die Geissen hirtete (die Ziegen fütterte). Gekleidet war er und ausgesehen hat er wie zu seinen Lebzeiten. Es war nämlich unsers Vaters verstorbener Bruder. Wenn wir Kinder sagten, wir hätten den »schwarzen Mann« gesehen, so wollten es unsere Eltern nicht glauben. Er war aus eigener Schuld zu früh gestorben und musste nun wandlen, bis die ihm bestimmte Lebenszeit abgelaufen war. Frau Gisler-Zwyssig, Isenta Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der schwarze Mann (Müller/Suter)

Source: Der schwarze Mann (Müller/Suter)

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Der ehemalige Pfarrer von Buus, G. Rothpletz, erzählte bei einem Abendsitze folgende Begebenheit: Vor einigen Jahren, zur Herbstzeit, geschah es, dass ich mit dem Lehrer über den Berg heimkehrte, als schon längst die dunkle Nacht eingebrochen war. Da stand plötzlich ein schwarzer Riese vor uns, als wir da ankamen, wo der Weg um eine Waldecke biegt. Aus dessen weitem Maule fuhr ungefähr in gleichen Zwischenräumen eine ellenlange Zunge hervor, wie weiland dem Lällenkönig zu Basel. Bei diesem war’s eine blutige gewesen, bei unserm Riesen auf dem Berge aber eine feurige, welche die nächste Umgebung jeweils auf Augenblicke fürchterlich erleuchtete. «Lehrer, was mag das sein?» fragte ich meinen Begleiter, der wie ich, durch das plötzliche Auftreten des Ungetümes etwas betreten war. «In solchen Fällen untersucht!» entgegnete er. «Das ist mein Leibsprüchlein in der Schule, wenn es sich um Spukgeschichten handelt; und mit diesem habe ich in unserer Gemeinde so ziemlich alle Gespenster, die sich sonst früher nicht selten sehen liessen, ausgetrieben.» «Also vorwärts!» rief ich aus und nach zehn Schritten standen wir vor einem hohlen Stocke, der in seinem Innern brannte und von Zeit zu Zeit eine Flamme durch eine obere Öffnung entsandte. Jetzt erinnerten wir uns im Weitergehen, dass wir heute hier einige Hirtenknaben getroffen, die in der Nähe ein Herbstfeuer angezündet und wahrscheinlich aus Mutwillen glühende Kohlen ins Innere des Baumes geworfen hatten. «Ja,» schloss der Pfarrer, im solchen Fällen untersucht!» und zerdrückte zwischen seinen Fingern eine der Haselnüsse, die auf dem Tische lagen; denn er war einer der stärksten Männer der Umgegend. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der schwarze Mann ohne Kopf

Source: Der schwarze Mann ohne Kopf

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Ganz "unghür" ist es auf dem Riet zwischen Werdenberg und Haag, hauptsächlich aber beim Galgen. Dort sieht man sehr oft einen schwarzen, riesengroßen Mann, der den nächtlichen Wanderer eine Strecke Weges begleitet, dann aber verschwindet. Ein Werdenberger hatte sich, vom Feldkircher Markt zurückkehrend, so stark verspätet, daß er erst um die Mitternachtsstunde in die Nähe des Galgens kam. Da erblickte er vor sich einen großen Mann, welcher schwarze Kleidung und einen Hut mit auf den Nacken gedrückter Krempe trug. Der Unheimliche kam immer näher. Zurücklaufen mochte der Werdenberger nicht, also in Gottes Namen vorwärts und Mut und Anstand gezeigt! "Guten Tag!" rief er ihm entgegen und zwar zweimal. Als er keinen Gegengruss erhielt, wurde er zornig und erhob seine Rechte zu einem wuchtigen Faustschlag. In Folge dessen fiel der Hut des Schwarzen zu Boden. Und nun? Der Unheimliche hatte keinen Kopf, und zwischen den Schultern sass der noch blutende Strunk des Halses. Heinrich Hilty.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 109, S. 53 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der schwarze Pfaff in Wettingen

Source: Der schwarze Pfaff in Wettingen

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Der Brunnenleitung nach, welche vom Berge Lägern ins Kloster Wettingen geht, wandelt eine schwarze Gestalt in Mönchshabit, der schwarze Pfaff genannt. Er trägt einen Bund Schlüssel, mit dem er rasselt und die Begegnenden schreckt. Seine Lieblingsplätze sind das Gewölbe, das den Brunnen über den Bach führt, dann das außer dem Dorfe gelegene Fehrenmätteli und die Großmatte beim Kloster. Man sagt ihm nach, er sei jener Brunnenmeister der Klosterwasserleitung gewesen, der den Landeigentümern ihre Güter und den Arbeitern ihren Lohn verkürzt hat. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der schwarze Pudel

Source: Der schwarze Pudel

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Der schwarze Pudel Noch zu Menschengedenken beobachteten die Wehntaler bei Wetteränderung einen schwarzen Pudel, der jeweilen während der Dämmerung und oft bis in die Nacht hinein in der Ebene unterhalb des Pflasterbaches heulend im Kreis herumrannte. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Unterland Umstilisiert aus Hedinger, S. 18. Seine Quelle: Persönliche Mitteilung; Lienhard, Blätter 16 und 17. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der schwarze Pudel

Source: Der schwarze Pudel

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Eine blühende Weide mit einer stattlichen Alphütte war einst da, wo jetzt auf dem Heinzenberge der Bischoler-See liegt. - Diese schöne Trift gehörte einem reichen, geizigen Sennen. Zu dem kam eines Tages ein armer Mann müde über den Berg her, matt von der drückenden Hitze, und bat ihn um einen Trunk Milch. Der Ruchlose gab ihm mit »Lab« durchsäuerte Milch, dessen der Durstige erstlich nicht gewahrte, und dankend weiter ging. Aber bald verursachte die genossene Labe dem Armen die heftigsten Schmerzen. Alsbald kam auf das Jammern des armen Mannes ein grosser, schwarzer Pudel mit feurigen Augen aus dem Boden hervor, nahte sich dem Bewusstlosen, leckte ihm die Hand, und die heftigsten Schmerzen verloren sich augenblicklich; dann sprang das zottige Tier zur Sennhütte, riss den unbarmherzigen Sennen heraus und drehte ihn an der Stelle, wo er dem Armen den übeln Trunk gegeben, so lange im Kreise herum, bis unterirdisches Wasser überall hervorquellte, und Sennen, Hütte und Weide verschlang. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der schwarze Pudel (Gaiserwald, SG)

Source: Der schwarze Pudel (Gaiserwald, SG)

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Auf der alten Brücke im Erlenholz hat sich einst ein Lebensmüder aufgeknüpft. Von da an sah man oft zur Nachtzeit einen schwarzen Pudel über die Stelle gehen oder mitten auf der Brücke sitzen. Niemand konnte dann hinübergehen, sonst wäre die Brücke unfehlbar in die Sitter hinuntergestürzt. Ich selbst ging einmal nachts mit meinem Vater diesen Weg. Da lief uns ein Mann entgegen und warnte uns; der Pudel sitze wieder auf der Brücke. Als wir nachsahen, war es allerdings nur der Hund eines uns bekannten "Vehschicklers", und der Meister war auch nicht weit.                                                         J. Keller, Tierarzt. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 505, S. 297 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der schwarze Pudel in Wetzikon

Source: Der schwarze Pudel in Wetzikon

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Der schwarze Pudel An einem ungenannten Orte in der Gegend um Wetzikon, der Gewährsmann wollte ihn nicht verraten, lasen die Nachtbuben in einem Buche. Da trat ein grosser schwarzer Pudel in die Stube und legte sich unter den Tisch, von wo er die Burschen mit feurigen Augen anstarrte. Der Schulmeister musste kommen und das Gelesene zurücklesen, bis der Hund fort war. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Messikommer I, 192.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der schwarze Ritter auf der Turmmauer von Richensee

Source: Der schwarze Ritter auf der Turmmauer von Richensee

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Am Tage der Schlacht bei Sempach hört man in dem Dörfchen Richensee, in dessen Mitte die Burg gleichen Namens steht, eine wimmernde Stimme, welche leise: "Konrad! Konrad!" ruft. Dann erwiedert eine dumpfe Stimme: "Hier! Oesterreich!" und ein schwarzer Ritter tritt auf die noch stehende Turmmauer, mit blutigem bald bis zur Hälfte gespaltenem Haupt und einer tiefen Stichwunde in der Brust. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der schwarze Schimmelreiter

Source: Der schwarze Schimmelreiter

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Auf der Alp Winteregg war einst ein alter Gimmelwalder Werkmann. Obschon die Mistgrube jeden Abend leer war, sagten viele Berganteilhaber, wie sie das so gerne tun, auch von diesem Werkmann, er sei ein fauler Paschi und mehr als nötig auf dem Ohr. Wenn er bis zum Einnachten Mist austrug, verschwor er sich, so wahr ein Gott im Himmel, es reite in der Dämmerung ein schwarzer Reiter, der den Kopf unter dem Arm trage auf einem Schimmel über die obere Halde und durch den Värrich (Pferch) neben dem Gehalt. Dann und wann rannte er auf dem schneeweissen Tier wie ein Blitz um die Hütte herum und versank dann regelmässig lautlos im kleinen Sumpf nebenan. Alle andern sahen von dem Spuk nichts, schalten den Gimmelwalder einen Dümmling und lachten ihn aus. Der Werkmann geriet so in Harnisch, dass er einmal ein Gewehr nahm und auf den kopflosen Schimmelreiter schoss, ihn aber nicht traf. Der Gimmelwalder warnte aber die Älpler jedesmal, wenn er den Schwarzen sah, in nächster Zeit das Vieh besonders gut zu hüten und früh zu stallen, dass es im heraufziehenden Schlechtwetter nicht rücke. Bald nach der Erscheinung füllte es tatsächlich immer hinten im Anrichtloch der Sefine schwarze Wolken ein. Der folgende Tag liess alle Wetter toben, schickte Regenruten, Wassersturz, Hagelschmeiss und einen bitterkalten Sturmwind, der mit seinem groben Kamm so unwirsch über Dächer und durch Bäume fuhr, dass schlecht beschwerte Schindeln und Gürmschblätter hoch durch die Lüfte flogen wie Vogelschwärme. Quelle: Hans Michel, Ein Kratten voll Lauterbrunner Sagen. Wengen 1936. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der schwarze Stier

Source: Der schwarze Stier

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Im Turtmanntal will man in der Nacht oft einen schwarzen Stier gesehen haben, der vorn an der Stirne ein weithin sichtbares, helles Licht trug. Meistenteils durchlief er ruhig die Alpen; zu gewissen Zeiten aber brüllte er so furchtbar, dass das Echo schaurig widerhallte und man es in allen Alpen weit in der Runde hörte. Dann soll das Vieh so unruhig geworden sein, dass es nicht mehr zu halten war. Die Sennen, Hirten und Sennerinnen wichen dem Tiere immer sorglich aus. TURTMANN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch  


by Der schwarze Tod

Source: Der schwarze Tod

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In der Gemeinde Fischenthal im Zürcheroberland, und zwar hinterm Tößstock, gibt’s ein reizendes sonnenvolles Tälchen. In dieser Talwiege nun liegt ein einsamer Weiler ’s Pesten genannt. Von da aus soll denn einst die Pest, oder, wie diese grausige Krankheit genannt wurde, der schwarze Tod durchs Land gegangen sein und seine unglaublichen Verheerungen angerichtet haben. Nämlich, eines Tages saßen die ehrsamen Bauersleute im damaligen einzigen Bauernhof beim Morgenessen. Wie sie nun mit ihren Messern an dem gewichtigen Laib Bauernbrot herumfochten und die vielfassenden Milchkacheln bei den Ohren nahmen und ausschlürften, also dass sie nicht einmal dazu kamen, übers Wetter zu reden, sahen sie vor dem Fenster plötzlich ein eigenartiges Vögelein. Noch nie hatten sie so eines zu Gesicht bekommen. Da nahm der Hausvater die Milchkachel und sagte: „Jetzt schau mir einer den wunderlichen Vogel an, der ist kein hiesiger.“ „Nein“, sagte die Mutter, „es ist kein hiesiger.“ „Es ist, mein Gottseel, ein fremder Vogel“, redete der Bauer weiter, nachdem er einen ausgiebigen Brocken weißen Zieger heruntergeworgelt hatte. „Ja“, stimmte die Bäuerin bei, „es ist ein fremder Vogel.“ Und die ganze Familie um den kuhbeinigen Tisch glotzte das seltsame Vöglein an, das still vor dem Hause auf einem Baumast kauerte. Obwohl nun der kleinste Bub fürs Leben gern auch etwas gesagt hätte, kam er doch nicht dazu, weil er eben ein riesiges Ringelum Brot zwischen den gehauigen Zähnen hatte. Aber auf einmal horchten alle auf. „Das Vöglein singt!“, rief jetzt der Jüngste. „Pest, Pest, Pest!“, sang das Vöglein gar traurig, in einem fort, vor dem Fenster. Da wurde ihnen allen gar trübselig und schwer zu Mut, und sie wussten doch nicht warum. Mit krankhaft glänzenden Augen sahen sie sich an, und es war ihnen, irgend etwas ungeheuerliches lauere vor der Türe und verlange Einlass. Das Vöglein aber war weg. Als sie sich nun erhoben, um ans Tagwerk zu gehen, blieb die junge Magd still sitzen, blickte stier vor sich hin und war totenerdenbleich, fast grün im Gesicht. Da erschrak die Bäuerin und sagte: „Geh zu Bett, Züseli, du bist nicht wohl!“ Doch das Mädchen bekam mit einem Male schwere Krämpfe, und nach einer Stunde lag es tot und fast ganz schwarz im Gesicht auf dem Ofenbänklein. Jetzt wussten die Leute im Hof, dass sie das traurige Vöglein nur zu gut verstanden hatten. Voller Entsetzen bahrten sie den Leichnam ihrer jungen Dienstmagd auf, und der jüngste Bub musste ins Tal hinunter, um den Pfarrer und den Totengräber zu berichten. Es dauerte nicht lange, so rumpelte ein schwerer Wagen ins Tälchen hinauf. In diesem nun fuhr man, unter dem Wehklagen der Familie, die Verstorbene talwärts. Unterdessen war jedoch die Pest schon voraus und hatte mit leisem todbringendem Finger an gar manche Türe, an gar manches Herz im Tiefland angeklopft. Denn zum Schreck der Fuhrleute standen da und dort vor den Häusern schon Leichen zum Mitnehmen aufgebahrt. So geschah es, dass die Fuhrleute fragten, wenn sie wieder zu einem Hause kamen, ob man etwas Totes drin habe, und immer kam die traurige Antwort zurück: Ja. Nur aus einem Hause, nahe bei der Kirche, wo sie eine Mutter ihrem Kinde die langen Blondzöpfe machen sahen, erhielten sie auf ihre Anfrage den tröstlichen Bescheid: „Nein, hier ist gottlob noch alles gesund und wohlauf!“ Also führten sie ihre Leichen, die der schwarze Tod gezeichnet hatte, im Wagen auf den Kirchhof. Da sahen sie, dass sie zwanzig Gräber auftun mussten, um sie begraben zu können. Doch der Herr über Leben und Tod hatte noch nicht fertig geerntet. Die Pest hielt einen langwierigen Umgang im Land. Die Leute mochten sich von einander absperren wie sie wollten, sie mochten sich auf die Alp oder in unwegsame Wälder flüchten und verkriechen, der schwarze Tod fand sie überall. Auch die Mutter, die ihrem Kinde das Haar gezöpfelt hatte, als man die erste Leiche auf den Gottesacker fuhr, fand man schon an andern Tage mit ihrem Töchterlein als schwarze Leichen. Ein grässliches Sterben ging an; die Leute mieden sich, wie man heute noch sagt, „wie die Pest“. Wie Schatten, wie das graue Elend huschten sie aneinander vorbei, wenn sie sich begegneten. Hörte einer den andern niesen, so rief er ihm voller Entsetzen zu: „Helf dir Gott!“ Denn sie hatten bemerkt, dass der schwarze Tod die von ihm Überfallenen zuerst zum Niesen zwang, worauf sie alsbald starben. Also kamen eine große Menge Menschen um, junge und alte, schöne und hässliche, reiche und arme. Es gab viele Häuser, die verödeten, weil sie völlig ausgestorben waren. Während all dieser Landesnot und großen Trübsal hatten die Leute im Bauernhof, in dem die erbarmungslose Krankheit begonnen hatte, sich in Angst und Bangen auf neue Opfer gefasst gemacht. Mit Furcht und Zittern erhoben sie sich des Morgens, und mit Furcht und Zittern legten sie sich abends auf ihre Laubbetten. Und obwohl die Sommersonne mit ihren goldenen tausendfältigen Nadeln die schönsten und feinsten Farben in die Gelände gestickt hatte, vermochten sie sich doch ihres Lebens nicht zu freuen. Tag für Tag kamen irgendwoher die verlorenen warnenden Töne des Totenglöckleins. Sie wagten sich kaum mehr anzureden, ja anzusehen, weil sie fürchteten, in der Stimme oder in den Augen des andern den schwarzen Tod zu gewahren. Wenn aber dem jüngsten Büblein doch ein Jauchzer aufsteigen wollte, um mit den Lerchen ins Blaue zu wandern, schauten ihn die Eltern also an, dass sich der Jauchzer schleunigst im untersten Winkel seines Herzens wieder versteckte. Als aber Woche um Woche, Monat um Monat vergingen, ohne dass sich in ihrem Hofe auch nur das mindeste Unwohlsein bemerken ließ, fingen sie an, etwas aufzuatmen. Sie erhoben ihre Herzen und ihren Sinn wieder getroster zu Gott und machten sich wieder fleißiger an die Arbeit, die sie aus lauter Todesfurcht ganz vernachlässigt, ja liegen gelassen hatten. Doch um kein Geld in der Welt hätten sie sich jemals getraut, zu Tal zu steigen, weswegen sie recht dürftig dahinleben mussten. Eines schönen Morgens nun, als sich die Herbstzeitlose schon im regenbogenfarbigen Butzenscheiblein spiegelte, saßen sie wieder um den vierschrötigen Tafeltisch und aßen, aber nicht mit der gehörigen vormaligen Begierde, einen Eiertätsch. Sie hatten sonst beim Essen gar nichts mehr gesprochen und sich kaum anzusehen getraut. Aber nun, da es so überaus wundersam in die Stube hineinsonnte, und die Sonne gar auf den Stuhl kam, auf dem sonst die gewehrige junge Magd allemal gesessen und allzeit ein gelächriges Gesicht gemacht hatte, sagte der Hausvater: „Seht, wie schön heute die Sonne über Züselis, unseres treuen Dienstleins Stabelle scheint! ’s ist grad, als wollte sie mit uns zu Morgen essen.“ Jetzt pickte etwas ans Fenster. Und als sie aufsahen, erblickten sie ein Vöglein, das eben vom Gesimse auf den nahen Baum flog. „Schau, Vater, was für ein kurioses Vöglein“, sagte die Bäuerin. „Ja, das ist ein kurioses Vöglein“, stimmte der Bauer bei. „Es ist kein hiesiges“, redete die Bäuerin weiter. „Nein“, machte der Bauer, „ein hiesiges ist’s nicht.“ „Es ist allweg ein fremder Vogel“, sagte sie. „Ja, es ist ein fremder“, bestätigte er. „Vater“, rief jetzt der jüngste Bub aus, „der fremde Vogel kommt mir so bekannt vor.“ Eine Weile schaute der Bauer seinen Jüngsten an. Dann räusperte er sich, legte den Löffel neben die Milchkachel und sagte endlich: „’s donners abeinander, geht das an ein Schwatzen in dieser Stube, man wird schier gehörlos. Woher hast du denn diese Plaudersucht, Bub?“ Aber er verstummte und horchte gewaltig auf. Auf dem Baum vor dem Hause hob das wunderliche Vöglein wieder zu singen an. Und nun erkannten es alle als dasjenige, das im Frühling den Tod ins Haus und ins Land gebracht hatte. Doch jetzt merkten sie gleich, dass es heut’ ganz anders sang, und staunend glaubten sie aus seinem Lied ein Sprüchlein heraus zu hören. Husch – war’s weg, auf Nimmersehen. Lange, lange staunten sich die Leute in der Stube nur immer an. Sie waren völlig starr vor Überraschung. Aber zuletzt fing der Hausvater an, sich geräuschvoll zu vertun, und nach längerem Hin- und Herrücken und Kopfschütteln sagte er: „Es ist mir, der fremde Vogel habe ein Sprüchlein gesungen?“ „Ja“, meinte die Mutter, „es ist mir auch schier so.“ „Ja, wenn man aber jetzt nur wüsste, was er gesungen hat; vielleicht tät’s etwas nützen.“ „Freilich“, stimmte die Mutter bei, „das sollte man fast wissen; vielleicht tät’s nicht schaden.“ „Ich weiß es!“, rief der Jüngste aus, indem er noch schnell einen guten Waldhandschuh breit vom Eiertätsch hinunterdrückte. „Es hat gesungen: Binz und Benz und Baldrio, henksch’s an Hals so chunst devo!“ Mit großen Augen schauten alle auf das Büblein. „Ja“, sagte endlich der Hausvater, „das hat es gesungen. Und nun will’s mir tagen, jetzt weiß ich, was wir zu tun haben. Das ist eine Botschaft von unserm Herrgott, die uns auf ein paar Kräuter hinweist. Kommt denn in Gottesnamen alle, wir wollen sie suchen gehen. Vielleicht können wir uns und das ganze Land von dem schwarzen Tod mit diesen Heilkräutern erlösen.“ Also erhoben sie sich und gingen noch gleichen Tages die drei Kräutlein suchen. Und als sie selbe nach langem gefunden und sich um den Hals gehängt hatten, ward ihnen vögeleinwohl und leicht wie einem Finkenfederchen im Maiwind. Sogleich machten sie sich zu Tal und verkündeten die seltsame Kunde von den Heilkräutern weit und breit. Und alles Volk machte sich auf, nach diesen Wundermitteln zu spüren, und bald war die schreckliche Seuche zu Berg und Tal vergangen. Seither nannte man das liebliche Einsamtälchen, wo das Vöglein gesungen, ’s Pesten, seine Bewohner aber die Pestleute.     Anmerkung: Die Geschichte, in etwas anderem Wortlaut, findet sich bei K.W. Glättli unter dem Titel „Die Pest im Fischenthal“ (ebenfalls in der Märchendatenbank, mit zusätzlichen Informationen)     Meinrad Lienert, Zürcher Sagen. Der Jugend erzählt, Zürich 1918. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.    


by Der schwarze Tod (Berneck/SG)

Source: Der schwarze Tod (Berneck/SG)

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"Klag über Klag! Siebenundsiebzig in einem Grab!" Der Grabstein war noch vor wenig mehr als 50 Jahren an der Kirchenmauer zu sehen.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 46, S. 23 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der schwarze Tod zu Uster

Source: Der schwarze Tod zu Uster

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Der schwarze Tod zu Uster In Uster ging einmal der schwarze Tod um. Man stellte sich ihn vor als schwarzen Rauch. Als er einige Zeit lang nicht mehr auftrat, sagte man, er sei im „Talacher“ in ein „Kopfhüüsli“ gebannt worden. Eine neugierige Hausbewohnerin öffnete aber das Türlein, der Tod brach aus und ging mit neuer Gewalt um. Also geschehen Anno 1668. Damals beschränkte sich das Seuchengebiet auf die Gemeinden Uster, Gossau und Wildberg. Deswegen nannte man jenen Pestzug den Ustertod. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Sal. Vögelin, in Neujahrsgabe für Uster 1868, S. 19, Siehe Id. 2, 1715, s. v. „Kopfhüüsli“ (= Gänterli, „Behälter für die Köpfe, d. h. Trinkbecher“).   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der schwarze Tod, 1629 (Grabs/SG)

Source: Der schwarze Tod, 1629 (Grabs/SG)

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Furchtbar wütete die Seuche in unserer Gegend im Jahre 1629. In der Kirchgemeinde Grabs raffte sie 1109, in Buchs 230 und in Sevelen 380 Menschen dahin, in Wartau über 700. In Grabs wurden an einem Tage 25 Personen begraben. Viele Felder blieben aus Mangel an Leuten unbebaut; ganze Geschlechter starben aus. Zwischen den Pflastersteinen des Stadtplatzes von Werdenberg sproßte Gras hervor; öde und stille war es ringsum. Täglich kam ein mit zwei Ochsen bespannter Leiterwagen von Grabs her, die Toten zur letzten Ruhe abzuholen. Mit einem langen Stecken schlug der Fuhrmann an die Häuser, um anzufragen, ob man seiner Dienste bedürfe. Eines Tages fuhr er wie gewöhnlich über den "Resslabühl" und unter dem Rathause durch dem Städtchen zu. Aus dem obersten Hause zur Linken legte man ihm als erste Last zwei Schwestern auf den Wagen, die noch vor wenigen Tagen blühende Jungfrauen gewesen und die nun der Pest zum Opfer gefallen waren. Ihre langen Haarflechten hingen vom Wagen bis auf den Boden herab und schleiften auf der Straße nach. Heinrich Hilty * Nach einer andern Aufzeichnung starben im Jahre 1629 in der Herrschaft Werdenberg an der Pest mehr als 1700 Personen, im Jahr 1630 zu Wartau über 700 laut den Aufzeichnungen des Ortsgeistlichen Herkules Tschudi von Glarus. Man muss sich hüten, die angegebenen Todesfälle doppelt einzurechnen; die einen werden sich überhaupt auf die Epidemie 1629/30 beziehen. Man fand nicht mehr Leute, die Toten zu begraben. Da liess sich dafür ein alter Mann anwerben, der ein offenes Bein hatte und darum von der Seuche verschont blieb. Dieser soll eine klafterhohe Schichte Leintücher als Begraberlohn erhalten haben. - Eine Familie wohnte in einem einsamen Hause allein. Diese schloss sich ein und vermied jede Zusammenkunft mit andern Menschen; nur von Zeit zu Zeit kam einer auf einen Hügel heraus, um zu erfahren, ob der Tod aufgehört habe. Endlich vernahm er die gute Botschaft, und freudig kamen die Verschonten hervor, um zahlreiche Erbschaften in Empfang zu nehmen. Man teilte die Gerätschaften frohen Herzens; nur um einen Sack Wolle wurde gezankt, der endlich der freigebliebenen Familie zufiel. Und mit dieser Wolle brachten sie die Krankheit in ihr Haus; in kurzer Zeit starben alle. Ein lediger Bursche flüchtete sich beim Einbrechen der Krankheit über den Augstalberg aus dem Lande. Als er nach langer Zeit zurückkam, hatte der Tod aufgehört; aber der junge Mann zog einen zurückgelassenen Rock an, der ihm den Tod brachte. Alpenpost 1872. * Lange Zeit kannten die Leute kein Mittel gegen die Pest. Endlich vernahmen sie eines Abends aus den Lüften den Ruf: "Esset Knoblauch und Bibernelle,  Dann sterbet ihr nicht so schnelle."   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 95, S. 46f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der schwarze Vogel

Source: Der schwarze Vogel

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Aus den Zeiten der Hexenprozesse wird noch mancher Zug erzählt und zwar in verschiedenen Orten so übereinstimmend, dass wirklich etwas mehr als bloss willkürliche Erfindung geschwätziger Märchenerzählerinnen im Spiele zu sein scheint. So wird z.B. viel erzählt, ein Richter habe einmal eine Reise zu Pferde gemacht. An einer sehr gefährlichen Stelle flog ein schwarzer Vogel aus dem Gebüsche und machte das Pferd so scheu, dass es unglücklicherweise samt dem Reiter in den Abgrund stürzte. Die Trauer über diesen Unfall war allgemein. Aber wie gross wurde der Ärger und das Entsetzen unter dem Volke, als bald darauf herausgefunden wurde, der schwarze Unglücksvogel sei niemand anders gewesen, als eben die Gattin des verunglückten Richters selbst, die, ihrem braven Manne schon lange grollend, sich so vermummend, desselben sich entledigte. Zweifelsohne wird die Hexe auf der Folter das Verbrechen eingestanden haben. Dass sie aber auch dafür auf dem Scheiterhaufen endete, brauche ich wohl nicht zu sagen.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der schwarze Wasserbutz

Source: Der schwarze Wasserbutz

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Bei Vals das Seitental hinauf liegt die Alp Peil. Dort sahen zwei Bauern eines Abends als es gerade eindunkelte, den schwarzen Wasserbutz. Wo er auftaucht, dort regnet es heftig und lange, bis die Bäche und Flüsse über die Ufer treten  und Haus, Hof, Wiesen und Äcker überfluteten und verwüstete. Redet man freundlich mit dem schwarzen Wasserputz, obwohl er sehr grausig aussieht und erschreckend wüst tut, dann richtet das Unwetter keinen Schaden an. Spricht man aber kein Wort mit ihm, dann ist der Schaden gross. An jenem Abend hatte es schon seit Tagen geregnet, und die beiden Bauern waren eben dabei, ihr Vieh vom unteren Stall in den oberen zu treiben und Dämme vor ihre Alphütte zu bauen, um sie vor den Fluten zu schützen. Aber sie warne nicht schnell genug, das reissende Wildwasser drohte die untere Hütte wegzuschwemmen. Schon floss Wasser und Schlamm durch die Tür und die Bauern mussten mit aller Kraft dagegen ankämpfen. Spät am Abend waren Keller und Stall leer geschöpft und die beiden Bauern fielen todmüde ins Stroh. Unterdessen regnete es draussen ununterbrochen weiter, als wollte es nie mehr aufhören. Der Bach schwoll mächtig an und riss mächtige Erdbrocken und Steine ins Tal. So fürchterlich toste und brauste das Wildwasser die Abhänge herab, dass die Bauern auf ihrem Lager vor Angst kein Auge schliessen konnten. Da standen sie auf und traten unter die Tür, um hinauszuschauen. Das Haus stand jetzt mitten im brausenden Wasser. Der Regen goss in Strömen. Blitze zuckten über den Himmel und Donner rollte die Felswände entlang. Da sahen sie plötzlich, erhellt vom Leuchten des Blitzes, ein unförmige, schwarze Gestalt, die durch die reissenden Fluten auf die Hütte zuwatete. Dabei machte diese unheimliche Erscheinung ganz sonderbare, geisterhaft Bewegungen, tanzte durchs Wasser, wälzte sich im Schlamm und peitschte mit Händen und Füssen die Wasseroberflächen, so dass Wellen hoch aufspritzten. Dann klatschte die dunkle Gestalt laut mit ihren grossen Händen und bei jedem Klatschen stürzte das Wasser noch heftiger vom Himmel. Dazu stiess sie ein heiseres Geschrei aus, worauf von allen Hängen Erde ist Tobel hinunterrutschte. Plötzlich sahen die Bauern entsetzt, dass die dunkle Gestalt Ziegenfüsse hatte. Nun sprang der Wassermann mit einem Schrei, der Mark und Bein durchdrang, aus dem Wasser und über den nächsten Hügel hinweg. Im selben Augenblick rutschte dicht neben der Alphütte ein Schlammstrom den Bach hinunter. „Das war der schwarze Wasserbutz!“, riefen die Bauern und sanken vor Schreck auf der Türschwelle zu Boden. Erst nach einer Weile erholten sie sich und schleppten sich hinein auf den Strohsack, wo sie in unruhigem Schlaf versanken. Als sie sich am Morgen endlich aus ihrer Hütte wagten, war ringsum nichts zu sehen als schlammbedeckte Weiden, Schutt und Felsgeröll. „Das hat der schwarze Wasserbutz getan!“, riefen sie klagend. „Hätten wir nur ein Wort mit ihm geredet, dann wäre alles anders gekommen!“ Quelle: Die schönsten Märchen der Schweiz, herausgegeben und bearbeitet von Dirk Vaihinger, Nagel &Kimcheim Carl Hanser Verlag München Volkstümliches aus Graubünden, Dietrich Jecklin, Chur 1916 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der schwarze Wassermann

Source: Der schwarze Wassermann

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Im September des Jahres 1868, zur Zeit des schrecklichen Hochwassers, haben zwei Bauersleute im Valser Mayensässe »au] dem Boden« in Peil den schwarzen Wassermann gesehen, welcher bei seinem Erscheinen stets schreckliche Regengüsse mit sich bringt. Wird er jedoch, so grausig er an­zusehen ist, und »wüst« tut, von Jemandem freundlich angeredet, ist das stets nachfolgende Unwetter ohnmächtig, zu schaden; wird er es aber nicht, gibt\'s grossen Schaden. - Zu dieser Zeit nun, als Ende September 1868 der Regen schon mehrere Tage angehalten hatte, waren die beiden Bauers­leute eben besorgt, ihre Viehhabe vom untern Stalle (den das Bergwasser wegzuschwemmen drohte) in den obern zu bringen, und ihre Alpenhütte durch Wuhrungen dem entfesselten Elemente zu entreissen. Schon drangen die Wellen und Schlammfluten in die untern Räumlichkeiten; immer wieder mussten die Bedrängten teils das angesammelte Wasser entfernen, teils erneuerten Zudrang verhüten, bis endlich Stall und Keller wasserfrei waren, und die armen Leute todtmüde und bangen Herzens sich auf ihr Lager warfen. - Unterdessen regnete es immerfort stärker und stärker; der Bach wurde immer grösser; er riss massenhaft Geschiebe und Gerölle von den Abhängen herab, und schrecklich tosete und polterte das angeschwollene Gewässer, so dass die armen Bedrängten vor lauter Angst doch nicht ruhen konnten; sie traten vor die Hüttentüre. - Ihr Häuschen war von der Flut umringt. - Der Regen goss in Strömen, der Blitz »züngelte« schrecklich, des Donners Widerhall in den Bergen war furchtbar. - Das Leuchten des Blitzes liess sie eine schwarze Gestalt erkennen, die durch das Wasser gegen das Häuslein watete. Und diese schwarze unheim­liche Erscheinung machte bald gar sonderbare, geisterhafte Bewegungen, tanzte im Wasser, wälzte sich in der »Gudla« herum und peitschte die Wellen mit Händen und Füssen, dass sie hoch aufspritzten. Darauf sprang die Gestalt empor, klatschte mehrere Male mit den Händen, und bei jedem »Klatsch« fiel der Regen in doppelt starken Strömen nieder; - dann stiess sie ein heiseres Geschrei aus, worauf von allen Halden herum Rüfen und Erdschlipfe mit furchtbarem Getöse in\'s Tobel hinunterrutschten. - Mit Entsetzen gewahrten die armen Leute, dass dieser Wasser-Butz Ziegenfüsse hatte. - Auf einmal sprang die Gestalt mit einem fürchterlichen Schrei und Ge­heul aus dem Wasser und über den Hügel weg, worauf dicht neben dem Häuslein eine mächtige Rüfe ausbrach und in den Bach hinunterrutschte - »Das war der schwarze Wassermann«, schrien die beiden Leutchen, und sanken vor Schrecken auf der Türschwelle zusammen. Nach einer guten Weile erst erholten sie sich wieder und schleppten sich auf ihr Lager, wo sie endlich doch, trotz Sturmesgrausen, in kurzem Schlafe Ruhe fanden nach so furchtbarer Aufregung und Bekümmernis. - Am Morgen, als sie sich aus dem Häuschen wagten, erblickten sie ringsum nur Wasser und Rüfen, Schutt und Gerölle. »Das hat der schwarze Wassermann getan «, schrien sie mit von Schmerz halberstickter Stimme, »hätten wir ihn doch nur angeredet, so wäre dies Alles nicht ge­schehen!« Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schwatzvogel

Source: Der Schwatzvogel

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Auf manchen Bergen gebe es einen schwarzen Vogel mit glühenden Augen und spitzigem Schnabel. Der schreie unaufhörlich: «Schwatz! Schwatz! Schwatz!», nehme einen kleinen Eisklumpen in den Schnabel und schleudere ihn über steile, beschneite Berghalden hinunter. Am Eisklumpen bleibe Schnee hängen, immer mehr, je weiter er rolle, bis er endlich als mächtige Lawine zerstörend in ein blühendes Tal stürze. So gehe es mit unbesonnenem Geschwätz. Aus: U. Brunold-Bigler, Die Sagensammlung der Nina Camenisch, Disentis 1987, mit freundlicher Genehmigung der Autorin. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schwedenkessel

Source: Der Schwedenkessel

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a) Das war eine böse, traurige Zeit, als im Jahre 1633 ein schwedisches Kriegsheer in die bischöflich- baselschen Lande eingedrungen war und von hier aus die kaiserliche Festung Rheinfelden hart bedrängte. Sämtliche birseckischen Dörfer wurden während dieses Krieges, der volle fünf Jahre dauerte, wiederholt ausgeraubt und zum Teil verbrannt. Von Reinach bleiben nur drei Häuser stehen, die noch heute vorhanden sind. Die Einwohner hatten sich beim ersten Schwedeneinfall über die Birs nach Dornach geflüchtet, wo solothurnische Truppen die Grenze bewachten. Es begab sich nun, dass beider allgemeinen Flucht ein fünfjähriges Knäblein der Familie Grellinger unglücklicherweise in einem verschlossenen Zimmer zurückgelassen wurde. So grausam die Schweden sonst mit den Zurückgebliebenen verfuhren, diesem Knaben wurde kein Leid zugefügt. Ein schwedischer Offizier hat sich seiner, wie berichtet wird, angenommen und beim Abzuge ihm einen Soldatenkessel mit Milch zurückgelassen, damit er nicht verderbe. So fanden seine tiefbetrübten Eltern bei ihrer Rückkehr den umgekommen geglaubten Knaben wohlbehalten in dem ebenfalls noch erhaltenen Hause. Der schwedische Soldatenkessel aber wurde seither als Andenken bei der Familie aufbewahrt und ist erst in jüngster Zeit bei einem Herdbrand verloren gegangen. b) Im Schwedenkriege wurde auch Reinach von plündernden Soldaten heimgesucht. Alle Häuser wurden ausgeplündert bis auf eines, in welchem ein kleines Wiegenkind lag, das von den flüchtenden Eltern wohl vergessen worden war. Reinach Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schweinehirt

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Vor hundert Jahren war in einem großen Königreich ein kleiner Schweinehirt. Der saß eines Mittags müde am Feld und sah in der Ferne die Pflüger sitzen beim Imbiß, wo sie fleißig löffelten und abschnitten und einschenkten, derweil er selbst einen gewaltigen Hunger empfand und doch vor Abend nichts kriegen sollte. Da sprach er zu sich selbst: "O daß ich doch ein Bauer wäre gleich diesen, wie zufrieden wollt ich sein." Und siehe da! Plötzlich, wie wenn er's nur so träumte, war die ganze Gegend rings um ihn her verändert. Ein Baumgarten stand an der Stelle des gepflügten Feldes, der grenzte an einen wohlhabenden Bauernhof, und hier, mitten unter dem Hühner- und Taubenvolk, das im Hof herumspazierte, stand er selber, der arme Schweinejunge, als stattlicher Bauer und war ganz in Gedanken versunken, weil er gerade den heutigen Ertrag seines gesamten Wiesen- und Ackerlandes noch einmal überschlug. Da ritt ein Kornhändler vor dem Hoftore vorüber, der weckte den Bauer aus seinen Gedanken auf, denn er hatte sich ein Räuschchen angetrunken, war lustig und klimperte nur so mit der Geldkatze: "He, Bäuerlein, wie teuer das Mass?" Der Bauer antwortete: "Kann's nicht wohlfeiler geben, hab's Euch schon gesagt; wir gehen zugrunde, wenn's nicht bald um das Halbe mehr gilt." Der Kornhändler aber strich sich höhnisch das dicke Bäuchlein, verbeugte sich mit Spott im Gesicht und ritt unter Singsang davon. "O daß ich doch so ein Kornhändler wäre", seufzte der Bauer hinter ihm drein, "wie zufrieden wollt ich sein!" Da saß er plötzlich vor einem eigenen vollen Kornmagazin und riß sich die Haare vom Kopf und kratzte sich hinter den Ohren bis aufs Blut. Jetzt eben war der Krieg aufs höchste gestiegen, und das Heer litt Mangel. Dem Wucherer hatte das Korn noch nicht gegolten, was er verlangte, und gerade brach ein Rudel Soldaten mit Gewalt in das Magazin, trug Sack um Sack auf bereitstehende Wagen, gab dem Kornhändler bald Scheltworte, bald Püffe und zog unter dem Befehl eines dickbäuchigen, rotbäckigen Obersten, der zu Pferd saß, jauchzend und hohnlachend davon. "O daß ich doch so ein Kriegsoberst wäre, wie zufrieden wollt' ich sein!" rief der Kornhändler.   Stracks stand er als Oberst vor einem Kriegsgerichte, wo der Minister des Königs ihm das Urteil lebenslänglicher Gefangenschaft sprach, weil er gewaltsam wider Recht und Billigkeit verfahren und dem eigenen Volke sein heiligstes Eigentum entrissen habe. Es half nichts, daß der Oberst einen außerordentlichen, aber im Felde verlorenen Befehl zur Rechtfertigung anführte und sich auf den schuldigen Gehorsam berief. Der Minister hieß ihn durch die Schergen abführen und blickte stolz auf den Verurteilten und die ganze tief untertänige Versammlung. "O daß ich doch so ein fürstlicher Minister wäre", rief der Oberst aus, "wie zufrieden wollt' ich sein!" Und alsbald saß er in einer elenden Kutsche mit seiner weinenden Frau und ein paar schluchzenden Kindern und fuhr durch ein düsteres Tor, während faule Äpfel und Eier zum Fensterchen herein flogen, daß er mit Not ihnen ausweichen konnte. Jetzt trat ein Offizier an den Schlag, zuckte die Achseln und sagte: "Ja, Herr Minister, es sind freilich nur Lügen und Ränke, mit welchen Seine Majestät, der König zur Ungnade gereizt wurden, aber es ist gut, in möglichster Eile davonzujagen und in den nächsten zwölf Jahren dieses Land nicht wieder zu betreten, da ja doch Eure Güter und Häuser nun eingezogen werden und alle Freundschaft verschwunden ist. Der König . . . " "O daß ich ein König wäre", stöhnte der Minister, "dann erst wollt' ich zufrieden sein!" Aber schon lag er krank in einem königlichen Lehnsessel, den vier Heiducken mühsam eine verborgene Treppe hinunterzwängten. Der Krieg hatte fortgewährt, der König war selbst in das Feld gezogen, war krank geworden durch die ungewohnten Anstrengungen und sollte jetzt einem nächtlichen Überfall des Feindes entzogen werden. Dabei vermochte er auf keinem Beine zu stehen und litt fürchterliche Schmerzen von der Gicht. Da schrie er ganz überlaut: "O daß ich doch der armseligste Sauhirt meines Landes wäre und nur gesund, nur gerettet aus dieser Leibesgefahr! Wie zufrieden wollt' ich sein!" Und siehe! Das geschah. Plötzlich saß der König wieder als kleiner Schweinehirt am Rand des Feldes; er erkannte sich in seinen Lumpen und nahm einen tollen Freudensprung über die größte Sau hinweg, denn jetzt war er wirklich zufrieden.   Quelle: Otto Sutermeister, Kinder- und Hausmärchen aus der Schweiz. Aarau 1878    Lesen Sie den Bericht zu diesem Märchen    Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schweinereiter auf Thierstein

Source: Der Schweinereiter auf Thierstein

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Es sind nun wohl schon an die sechzig Jahre, daß mehrere Bursche aus dem Dorfe Wittnau, von denen einige jetzt noch dorten leben, auf Veranlassung und in Begleitung eines älteren Mannes einen Vorsprung des Homberges bestiegen, welcher Weingarten heißt. Hier, wo der Schloßherr der Ruine Thierstein einst seine Weinberge angepflanzt gehabt haben soll, wollten sie einen längst berufenen Schatz erheben, und ihr Führer machte dabei den Teufelsbeschwörer. Mitten auf die Ebene des Platzes stellte er ein Faß, dem er den untern Boden ausgeschlagen hatte; sobald der Schatz hier aus der Erde hineingerückt käme, sagte er, müsse man das Faß schleunig umstürzen, zuschlagen und bergab rollen; dabei habe man sich aber vor nichts so sehr, als vor dem Lachen zu hüten. Während er nun aus seinem Zauberbuche verschiedene Formeln ablas, kam ein gar wunderlich gekleideter Mann auf einem Schwein daher geritten. Der Rücken seines Tieres war wie ein Kochkessel gestaltet. In diesem rührte der Reiter mit einer hölzernen Sennenkelle unaufhörlich herum und fragte, ob denn die Schloßleute hier schon vorübergekommen seien, für die er den Hochzeitsbrei zu kochen habe. Über diese albern lautende Frage lachten die Schatzgräber laut auf. Noch lauter aber und ganz entsetzlich war das Geschrei, in das nun der Reiter ausbrach. Die Leute fielen darüber vor Schrecken wie tot zu Boden. Erst am Morgen erwachten sie aus ihrer Betäubung und suchten den Heimweg. Allein nun vermißten sie den Teufelsbeschwörer. Diesen fand man erst einige Tage nachher weit entfernt unter den Wurzeln einer alten Föhre, sein Gesicht war verwildert, sein Geist blieb verstört. (Th. Studer von Wittnau.)  Sage aus Wittnau Band 3.1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962 8. Kapitel, S. 61 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schweinreiter auf Thierstein

Source: Der Schweinreiter auf Thierstein

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Auf der Schlossruine Thierstein im Frickthal begegnete einst mehreren Hirten ein Mann und ersuchte sie, ihm hier eine grosse Eisenkiste aus einem finstern Orte heraustragen zu helfen; nur möchten sie dabei nicht lachen, sonst könnten sie leicht Schaden nehmen. Die Hirten halfen unverzüglich, hatten aber kaum die Kiste gefasst, als ein gar närrisch gekleideter Mann auf einem Schwein daher geritten kam. Da war das Lachen nicht mehr zu verhalten. Kaum war dies geschehen, so fuhr der Reiter unter entsetzlichem Geschrei rings herum, während die Hirten wie todt zur Erde fielen. Als sie wieder erwachten, lagen sie bei ihrem Vieh, das ruhig weidete. (A. Birrcher in Laufenburg.) Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 100 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schweinskopf

Source: Der Schweinskopf

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Es war einmal vor vielen, vielen Jahren ein Mann und eine Frau, die hatten keine Kinder. Sie bedauerten dies sehr und waren gar nicht glücklich. Da bekamen sie ein Kind, welches einen Schweinskopf hatte. Die Eltern schämten sich die Augen aus dem Kopf, dass sie ein solches Kind hatten, und sobald der Bub etwas grösser war, schickten sie ihn mit den Schweinen in den Wald. Dort musste er die Herde hüten. Einmal verirrte sich ein vornehmer Herr im Wald, und der wusste weder ein noch aus. Da kam er zum Hirten mit dem Schweinskopf. Der Herr fragte ihn, ob er ihm den Weg zeige. «Wenn du mir eine deiner drei Töchter gibst, zeige ich ihn, sonst nicht», antwortete der Schweinskopf. Da der Herr nichts anderes tun konnte, versprach er, in drei Tagen mit einer seiner Töchter zum Schweinskopf in den Wald zu kommen. Da zeigte der Schweinskopf dem Herrn den Weg zur Stadt, wo er wohnte. Wieder daheim, dachte der Herr, er sei jetzt frei und kümmerte sich nicht mehr um den Schweinskopf. Als aber die drei Tage vorbei waren, ohne dass der Herr erschien, setzte sich der Schweinskopf auf einen Hahn und flog vor das Haus des Herrn. Aber als der das Ungeheuer vor seinem Haus sah, da wusste er, was es geschlagen hatte. Und er erzählte seinen Töchtern von seinem Versprechen. Die beiden älteren Töchter wollten von einem solchen Ungeheuer nichts wissen. Aber die Jüngste, die ihren Vater sehr lieb hatte, war einverstanden, den Schweinskopf zu nehmen. Der Vater gab darauf seine jüngste Tochter dem Ungeheuer zur Frau. Aber der Pfarrer zweifelte, ob der Schweinskopf getauft sei, und er taufte den Bräutigam. Sobald das Wasser der heiligen Taufe den Kopf des Bräutigams benetzte, verschwand der Schweinskopf, und der Bräutigam war der schönste junge Mann, den man sich vorstellen kann. Die beiden älteren Schwestern wurden wegen des Bräutigams der Jüngsten so neidisch, dass sie sich eines Tages gar erhängten.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Schweizergardist

Source: Der Schweizergardist

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Einige erwachsene Mädchen von St. Silvester unternahmen einst einen Ausflug nach der Muschenegg. Es war ein schöner Sonntagnachmittag im August. Sie nahmen den Weg über den grossen Schwand. Dort stand ein leerer Heustaffel. In seinem Schatten wollten die vom Wandern etwas müden Mädchen kurze Rast machen. Sie sollten jedoch etwas Ungewöhnliches erleben, das sie zeitlebens nie vergassen. Als die Mädchen sich unter dem breitdachigen «Schärm» niedergelassen hatten zum gemütlichen Hock, ging unversehens die Türe auf und eine fremde Männergestalt in der Uniform eines Schweizergardisten erschien auf der Schwelle. Sein Gesicht war bleich wie Wachs. Eine blutige Wunde zog sich von der Stirn bis zur Wange herab. Wortlos, mit traurigen Augen starrte der Gardist die erschrockenen Mädchen an, ohne etwas gegen sie zu tun. Die Ausflüglerinnen hatten schon Angst genug beim Anblick des verwundeten Soldaten. Schreiend flohen sie zu Tale und rannten den Abhang hinunter, ohne sich nur einmal umzublicken. Noch ganz ausser Atem kamen sie daheim an, wo sie ihr Erlebnis nochmals in lebhaften Worten erzählten. Einige beherzte Burschen machten sich sogleich auf den Weg nach dem besagten Heuschober und suchten darin alle Ecken ab, ohne aber eine Spur vom fremden Soldaten zu finden. Auch in der Umgebung war kein solcher Mann gesehen worden. Einzig die noch offenstehende Türe zum Heuschober gab dem Berichte der Mädchen einigen Anhalt. An jenem Sonntagabend wurde in mehreren Häusern der Rosenkranz für den rätselhaften Schweizergardisten gebetet und die Haustür sorgsam zugeriegelt.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Schwertfeger

Source: Der Schwertfeger

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Ein Dorfschmied, ein tüchtiger Meister in seinem Handwerke, verstand besonders gute Degenklingen zu machen und bekam dafür so viele Bestellungen, dass er sich mehrere Gesellen halten musste. Nun war es ihm seit einiger Zeit ausgefallen, dass solche Klingen, die er des Abends unfertig auf die Seite gelegt hatte, am folgenden Morgen, betrat er auch noch so frühzeitig die Werkstatt, aufs feinste und schönste vollendet da lagen. Anfangs meinte er auf einen seiner Gesellen raten zu müssen, denn wie er selber freundlich war beim Geschäfte und gegen Leistungen freigebig, so schaffte ihm auch mancher Bursche ungeheissen über die Zeit. Allein derlei Vermutungen halfen diesmal nicht auf die Spur, und er passte daher Nachts von seinem Kammerfenster aus, das in die Werkstatt ging, dem unbekannten Arbeiter auf. Da erhellte sich denn wie mit einem Schlage plötzlich die ganze Schmiede, der Blasbalg knarrte, die Esse loderte, und ein winzig kleines Männchen hämmerte dermassen am Ambos, dass die Funken in alle Winkel fuhren. Im Augenblick war ein blankes Schwert geschmiedet, nun kam das andere, das dritte, ein ganzer Bündel Klingen wurde fertig; dann legte das Männlein alles ordentlich zurecht und verschwand. Plötzlich stand der Blasbalg still, die frühere Stille und Dunkelheit herrschte wieder. Der Schmied brauchte Zeit, sich von seinem Erstaunen zu erholen, als er gleich darauf mit dem Licht in der Hand hereintrat und die neuen Schwerter blank und sein auf der Werkbank liegen sah. Gerührt sann er in seinem guten Herzen nach, wie er dem Männchen diesen Dienst lohnen müsse. Denn nun erst wurde es ihm deutlich, warum sich der Absatz seiner Wahren in kurzem verdoppelt, ja verdreifacht hatte, so dass sein geringes Spargut schon zu einem ganz ansehnlichen Vermögen geworden war. Er liess daher den Meister Schneider kommen und befahl ihm einen niedlichen Schmiedhabit aufs feinste und allerbeste zu machen, ganz aus schwarzem Sammet und überall mit Gold ansgeschnürt. Das Kleid war fertig, der Schmied legte es nach Feierabend auf die Werkbank, hing ein Spiegelein dazu an die Wand und verbarg sich wiederum hinter sein Kammerfenster, durch das er beim ersten Mal zugeschaut hatte. Dann erhellte sich abermals plötzlich die Werkstatt und wieder trat der Kleine ein, um frisch hinter die Arbeit herzugehen. Da traf er auf das Sammetkleid mit den Goldschnüren, nahm's, zog es an, beschaute sich im Spiegel hin und her mit lächelndem Wohlgefallen, liess die Klingen liegen und verschwand. Nie mehr ist er seitdem zurückgekommen. Den Schmied aber gereute seine Freigebigkeit gleichwohl nicht, denn schon besass er durch die Hilfe des Kleinen einen solchen Wohlstand, dass er sich und die Seinigen für immer versorgt wusste. (Karl Schmid von Zurzach.)    Ein waffenschmiedendes Erdmännchen im Jura des Bezirkes Brugg ist nun zum blossen Messerschmied geworden. Es sitzt auf der Twinggrenze zwischen den Dörfern Schinznach und Veltheim, die von einem Bächlein gebildet wird, bei einer kleinen Brücke und hält ein blankgeschliffenes Messer. Sage aus Aargau Band 3.1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962, S. 116 - 118 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Der Schwesternmord

Source: Der Schwesternmord

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In einem Dörfchen zwischen Unterwasser und dem letzten Stafel der Längisalp lebten drei reiche Geschwister miteinander, ein Sohn und zwei Töchter. Eine dieser Töchter war wenig mit geistigen Fähigkeiten begabt, dabei aber sehr fromm und gottesfürchtig. Den beiden andern Geschwistern war sie überlästig. Eines Nachts wurde die geistesschwache Schwester ermordet und unter einer Platte, nahe beim Wasser, begraben. Das Wasser grub den Leichnam aus und trug ihn bis zum Wylerbach. Und der Geist des ermordeten Mädchens erhielt die Macht, alles zu verwüsten, soweit das Wasser den Leichnam getragen hatte. Gleich nach Auffindung der Leiche entstand ein furchtbares Ungewitter: Das Faulhorn, vom Regen unterwühlt, stürzte herunter auf die schöne, grasreiche Gegend und das Dörfchen und begrub alles unter Schutt und Trümmern. OBERWALD Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. OBERWALD Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Schwibogen

Source: Der Schwibogen

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In Diepflingen, wo früher der Zoll für die Begehung der Hauensteinstrasse erhoben wurde, standen vier grosse Zehntenscheunen quer zur Strasse. In späteren Jahren wurde die Strasse verlegt und durch eine der Scheunen geleitet. Die hinteren und die vorderen Torflügel hängte man aus. Diepflingen Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Schwinger

Source: Der Schwinger

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Vor alten Zeiten, als noch wenige, aber wohlhabende und starke Leute auf Grächen wohnten, kam einst ein Fremder auf diesen Berg, der sich für einen grossen Schwinger ausgab. Er forderte auch die Grächer heraus, ob jemand unter ihnen sei, der mit ihm einen Schwungkampf wagen dürfte. Man erwiderte ihm, zum Hochstadel seien die zwei Brüder Karlen, die könnten es vielleicht mit ihm wagen. Der Schwinger verfügte sich alsogleich zu deren Haus in Begleitung viel Volkes, welches diesen Zweikampf mitansehen wollte. Die Brüder waren den Augenblick abwesend; daher wurde die Mutter gefragt, welcher von ihren zwei Söhnen der stärkere sei. Die Mutter gab zur Antwort, das wisse sie nicht recht; nur wisse sie, dass der eine zwei Finger im Kessel gesottenen Anken tiefer hinab saufen möge als der andere. Bald kamen die zwei Söhne aus dem Walde und jeder brachte auf der Achsel ein Zimmerholz. Der Schwinger forderte sie nun heraus und der, welcher zwei Finger tiefer im Kessel gesottenen Anken zu saufen vermochte, nahm die Herausforderung an. Als sie auf einander losgingen, fasste der Grächer den Schwinger um die Mitte und presste ihn mit solcher Kraft an seinen Leib, dass derselbe flach gedrückt tot zur Erde fiel. — Wer sucht der findet. — Die stärkste Ringkuh findet ihren Meister. Eine ähnliche Geschichte aus Sitten erzählt von einem Ausserberger, der eine junge Birke als Schlinge um den Leib wand und selbe auf einmal gegen den fremden Schwinger so losschnellen lies, dass dieser über die Mitte des Leibes entzweigehauen wurde. Der Vater dieses Aussenbergers soll einem jüngeren Sohne, der die Kraft nicht hatte wie dessen Brüder, Bäume samt der Wurzel auszureissen, mit der Hand die Hirnschale eingedrückt haben.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Schwung mit dem Toten

Source: Der Schwung mit dem Toten

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In der Alegi rang vor vielen Jahren ein Mann mit einem Toten. Als er nämlich dort das Vieh verpflegte, sah er einst einen Mann von der Scheune herab in den Stall springen Es war Mondschein. Beherzt folgte der Hirte dem unerwarteten Besuche und gebot ihm, den Stall zu verlassen. Aber statt dem Befehl nachzukommen, griff ihn der Tote an. Der Mann rang mühsam auf Leben und Tod. Als sie bis vor die Stalltüre gekommen waren und der Mond dem Toten ins Gesicht leuchtete, sah der Hirter erst, dass er mit einem Verstorbenen rang; da liess er ihn fahren. LÖTSCHEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Schwung mit dem Toten (Feschel)

Source: Der Schwung mit dem Toten (Feschel)

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Der riesenstarke Stefan Meichtry musste einmal bei der Scheune unterhalb der Kirche am Wege mit einem Toten schwingen. Man konnte nie genau erklären, wie lange es gedauert habe und wie es zugegangen sei. Er selber erklärte nachher nur: «Äs het düo naagigriffu und düo binimus niime gsy!» Stefan Meichtry erkrankte darauf und starb nach acht Tagen. Man sah die Spuren des Toten noch an seinem Halse, wo er ihn gewürgt habe. FESCHEL Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Schwur des Armen

Source: Der Schwur des Armen

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Vor hundert Jahren wirtete im «Ochsen» in Düdingen ein reicher Mann. Er besass neben der gutgehenden Wirtschaft noch einen Stall voll schwerer Kühe und ein ausgedehntes Landgut; davon stiess ein Wiesenstück an das bescheidene Gütlein eines ärmeren Kleinbauern namens W. Der habgierige Wirt behauptete, sein Nachbar hätte die Abgrenzung (Gemarkung) zu seinem Nachteil gesetzt; es kam zu einem Prozess, weil sich die Streithähne nicht einigen konnten. Das fragliche Wiesenstück des Bäuerleins war gerade gross genug, um eine einzige Kuh zu ernähren. Aber der Wirt wollte kein Einsehen haben, weshalb das Gericht entscheiden sollte. Die Ratsherren wollten es mit dem mächtigen Ochsenwirt nicht verderben; daher fällten sie den Rechtsspruch zu seinen Gunsten; der Kleinbauer verlor den Prozess. Voll Bitterkeit ergriff er den Zweig einer Haselrute, zog damit einen Kreis und forderte seinen Gegner auf, in den Kreis einzutreten: «Wer betrogen hat», rief Weber aus, «den soll der Böse mit Haut und Haar hier wegholen.» Der Wirt getraute sich nicht in den Ring einzutreten. Da stiess Weber voll Zorn die unheimliche Verwünschung aus: «Habe ich Unrecht gehabt, soll mir innert Jahresfrist meine einzige Kuh draufgehen; hast du aber das ungerechte Urteil gegen mich bewirkt, so soll dir dein Haus samt deiner besten Kuh verbrennen.» (Nach anderer Version: «Habe ich unrecht gehandelt, dann soll ich morgen meine Kuh im Stall erwürgt finden, hast du schlecht gehandelt, soll dir dein Haus mit allem, was drinnen ist, verbrennen.») Am nächsten Morgen war die Kuh des Armen gesund im Stall. Im Laufe des folgenden Jahres soll genau am Tage, den W. in seinem Fluche bezeichnet hatte, das Haus des Wirtes in Flammen aufgegangen sein, berichtet die Volksüberlieferung. Es war am Himmelfahrtstage; die Gläubigen kamen eben von der Kirche zurück; da brach ein Donnerwetter los. Der Blitz schlug in die Scheune des Ochsenwirtes. Hell lohte das Feuer aus dem Gebäude, und unterm Vieh, das in den Flammen blieb, kam auch die beste Kuh des Wirtes, die «brävste» um. Die Nachbarn sahen in diesem traurigen Ereignis die Erfüllung des Schwures, den das arme Bäuerlein im Vorjahr getan hatte.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der See bei Canova

Source: Der See bei Canova

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Im alten Schlosse sitzen und tafeln in später Nacht Die düstern und wilden Gesellen, auf Fehde und Übel bedacht; Sie schwingen die goldnen Humpen, es schäumt der alte Wein, Es schallen vermessene Lieder in die grausige Nacht hinein.   Sie sind so fröhlich immer, so trunken und voll Lust, Als wär ihr Herz, das stolze, sich keiner Schuld bewusst! Und doch sind ihre Schwerter befleckt mit Blut und Schmach, Und folgt doch ihren Tritten der Fluch der Waisen nach.   Denn Nichts ist ihnen heilig, sie zerreissen frecher Hand, Was Fleiss und Sorgfalt baute, was Lieb und Eintracht band. Sie schleudern blutige Fackeln in friedliche Hütten zumal, Und freuen sich des Jammers und sinnen auf neue Qual.   Und während sie zechen und singen, da klingts so dumpf und so bang, Wie Geisterlaut, tief unten, und schwerer Ketten Klang; Das ist der Greis im Kerker, der hat sich aufgerafft, Der nimmt, eh er vollendet, zusammen die letzte Kraft.   Der ringt die hagern Hände, gen Himmel auf er schaut, Streift ab die schweren Ketten und ruft mit dumpfem Laut: »Fluch euch, ihr grimmen Würger, die ihr im goldnen Wein Von Unschuld wollt und Sünde die Hände waschen rein. –   Die ihr durch freche Lieder die Angst zu scheuchen sucht, Gott kennet eure Werke, so arg und so verflucht! Weh euch, bald wird er kommen, der schwere Sühnungstag, Wo die gerechte Strafe, euch Sündern, werden mag. –   Ich führt ein freies Leben am freien, eignen Herd, Im trauten Kreis der Meinen, geliebet und geehrt; Wohl durft ich Ruhe gönnen der altersmüden Hand, Die sonst das Schwert geführet fürs teure Vaterland. –   Mein Loos hat euch missfallen, ihr risst mit frechem Mut Mir Haus und Hof darnieder und kühltet eure Wut; Ihr warft mich in den Kerker, so düster und so bang, Da muss ich schmachten und modern viel schwere Jahre lang. –   Weh euch, weh euch, ihr Argen! Euch trifft die Rache doch! Mein Leid ist heut zu Ende, gebrochen dann mein Joch; Mir tagt ein besser Leben, euch aber folgt die Schmach, Es folget euern Werken des Himmels Strafe nach.« -   Also der Greis. - Entschwunden ist seine letzte Kraft, Sein Geist hat sich entschwungen der trüben Kerkerhaft ... Da wird es plötzlich helle, zum Tag erbleicht die Nacht; Horch wie der Sturmwind brauset und wie der Donner kracht.   Verschollen sind die Lieder, verhallt der Becherklang, Die Blitze zischen nieder, die Berge dröhnen bang, Die Erde ist geborsten, verschlinget Wald und Flur: Der goldne Morgen findet vom Schlosse keine Spur.   Da, wo es einst gestanden, da liegt auf grüner Höh Inmitten duftger Matten, der stille, tote See, Bei farbevollem Leben ein dunkles Leichentuch, Drauf ruht seit jenen Zeiten des Himmels schwerer Fluch.   Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der See beim Furtbüel

Source: Der See beim Furtbüel

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Der See beim Furtbüel Zwischen Russikon und Madetswil soll in früheren Zeiten ein See gelegen haben. Davon habe die „Schiffländi“ ihren Namen. Durch den See oder Morast oder was es gewesen, führte eine Furt, und davon habe der Furtbüel seinen Namen bekommen. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Gchr. Russikon 1917.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der See von Ziefen

Source: Der See von Ziefen

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a) Als der Felsriegel bei Beuggen noch nicht von der Hinteren Frenke durchbrochen war, bildete die Talweite von Ziefen einen ansehnlichen See. Dann seien die ersten Ansiedler aus dem Elsass gekommen und hätten sich am Holzenberg niedergelassen und seine Abhänge gerodet. Das Kloster auf dem Holzenberg wird mit diesen Siedlern in Zusammenhang gebracht. b) «Thommeten soll der älteste Teil des Dorfes sein. Diesen Namen will man ableiten von Damm-matte und damit die Sage einigermassen unterstützen, dieses ganze Tal sei vor alten Zeiten ein See gewesen und hier ein Landungsplatz, in der Nähe des Kirchberg-Schlössleins. Das Dorf hätte somit seinen Ursprung unmittelbar am Fusse des Kirchberges genommen und sich von da weiters ausgebreitet.» Kohlmatt. «Hier, geht die Sage, soll ebenfalls ein Landungsplatz gewesen sein, als das ganze Tal noch ein See war. Ist jedenfalls in tiefes Dunkel gehüllt; obgleich man sogar davon will Spuren gefunden haben.» Ziefen Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Seemuggi

Source: Der Seemuggi

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Allerorts gibt es einen Schreck, mit welchem man unartige Kinder zu kurieren pflegte. Die alten Zuger taten dies mit dem sogenannten Mamuggi und dem Seemuggi. In beiden Schreckgestalten steckt der Begriff eines halbunterdrückten Schreies und es sind wohl beide entstanden aus der Personifizierung der Wind- und Sturmgeräusche. Ähnliche Namen für solchen Kinderschreck findet man noch an verschiedenen Orten. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 97 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der seltsame Gevatter

Source: Der seltsame Gevatter

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Ein Vater hatte viele Kinder. Da bekam er noch ein Söhnlein. Deshalb ging er aus, um einen Gevatter zu suchen. Er lief dahin und dorthin. Endlich fand er einen Mann, der ihm versprach, seinem Kind Taufpate zu sein. Und richtig schenkte ihm dieser viel Geld und fügte hinzu, wenn er keines mehr habe, solle er nur an einen bestimmten Ort kommen. Dort wolle er ihm geben, und er werde auch zum Fest der Taufe sich einstellen. Als aber der Vater kein Geld mehr hatte und an jenen bestimmten Ort ging, um abermals einen Sack mit Silbertalern zu füllen, da kam der Pate nicht, und alles Warten war vergeblich. Also machte er sich auf die Suche, lief und lief und fand eine Menge Leute, die vor einem verdorrten Baum standen und weinten. Er fragte sie: «Warum weint ihr?» Und die Leute gaben ihm zur Antwort: «Dieser Baum brachte goldene Äpfel und Blätter hervor, und jetzt ist er verdorrt. Wenn du uns nicht sagen kannst, warum er abgestorben ist, so lassen wir dich nicht weiterziehen.» Und er erwiderte: «Ich will es euch auf dem Rückweg sagen.» Und damit ging er weiter. Er wanderte über Berg und Tal und begegnete wiederum einer Schar Leute, die weinend um eine versiegte Quelle standen. Er fragte abermals: «Warum weint ihr?» Und sie entgegneten: «Weil dieser Brunnen, der sonst für die ganze Stadt öl lieferte, versiegt ist. Und wenn du uns nicht sagst, wieso die Quelle versiegt ist, lassen wir dich nicht durch.» Und er versetzte: «Ich will es euch sagen, wenn ich wieder zurückkomme.» Dann zog er weiter und gelangte an einen Fluss. Am Ufer war ein Fährmann, der brachte ihn auf die andere Seite hinüber. Und als sie auf dem Wasser fuhren, sagte der Schiffsmann zu ihm: «Ich bin immer hier und kann nie aus der Barke heraus. Wenn ihr mir nicht sagen könnt, warum, so werde ich euch immer im Schiff behalten, und ihr müsst mir Gesellschaft leisten.» Unser Wanderer versprach, es ihm zu sagen, wenn er zurückkomme. Und damit zog er von \'dannen, reiste und reiste und fand endlich im Wald eine Höhle. Dort, dachte er, könnte er ausruhen. Eine alte Frau sass darin und rief ihm zu: «Flieh fort von hier, schnell, schnell, denn wenn dich mein Mann hier findet, wird er dich fressen!» Der Bauer aber bat sie, doch über Nacht dableiben zu dürfen, und dann erzählte er ihr, was ihm auf seiner Reise begegnet war. Die Alte meinte, ihr Mann, der Teufel, wisse vielleicht eine Erklärung, und sie versteckte den Fremdling in einem grossen Korb, der hinter der Tür stand. Bald darauf kam richtig der Teufel nach Hause und setzte sich zum Abendessen. Da sprach seine Frau zu ihm: «Denk dir, heute Nacht habe ich einen sonderbaren Traum gehabt. Ich sah viele Leute, die an einem versiegten Öl Brunnen standen und weinten. Dann sah ich anderswo wieder viele Menschen um einen dürren Baum herumstehen und jammern; denn der Baum hatte früher goldene Äpfel und Blätter getragen. Und hierauf sah ich einen Fährmann, der klagte, weil er nie aus seinem Schiff herauskomme. Wärest du nicht so gut, mir diesen merkwürdigen Traum zu deuten?» Und darnach fing sie an zu singen: Du in dem Korbe, gibt wohl acht Und sei auf jedes Wort bedacht. «Was singst du da?» fragte der Teufel. «Ach, das ist ein uraltes Lied, das mich meine arme Mutter gelehrt hat. Aber nun erkläre mir meine Träume!» Der Teufel gab folgendes zur Antwort: «Der Brunnen sprudelt kein Öl mehr hervor, weil die Quelle in der Tiefe mit einem Totenkopf verstopft ist. Der Baum gibt keine goldenen Äpfel und Blätter mehr, weil eine Schlange darunter ist und die Wurzeln abfrisst. Der Fährmann muss, wenn er entrinnen will, warten, bis jemand in die Barke steigt. Dem muss er die Ruder geben, er selbst aber muss ins Wasser springen und ans Ufer schwimmen, dann ist er erlöst.» Und nachdem der Teufel so gesprochen hatte, schlief er ein. Jetzt stieg der Bauersmann aus dem Korb, dankte der Frau und lief von dannen, so schnell er konnte. Er kehrte zum Flussufer zurück und erzählte dem Schiffsmann alles. Der dankte ihm und ruderte ihn ans andere Ufer. Dann kam er zum Brunnen, Hess den Totenkopf ausgraben und das Öl fing wieder an hervorzuquellen. Zum Dank dafür gaben ihm die Leute ein Viertel Scheffel voll Silberstücke. Hernach gelangte er zum Baum und liess die Schlange töten. Alsbald wuchsen an den Zweigen wieder goldene Äpfel und Blätter. Da schenkten ihm die Leute zwei Viertel Scheffel voll' Goldstücke. Jetzt kehrte er froh nach Hause zurück mit seinem Sack voll glänzender Marengo-Taler. Dann ging er zu seinem Bruder und bat ihn, er möge ihm das kleine Massgefäss leihen, um etwas zu messen. Der Bruder war ein durchtriebener Schalk und strich ein wenig Pech auf den Boden des Gefässes. Und als der andere ihm das Mass zurückgab, sah er, dass ein Goldstück daran klebte. Da fragte er ihn, wo er dies herhabe. «Das habe ich im Hause des Teufels erhalten», versicherte der andere schlau. Nun hatte der Bruder keine Ruhe mehr. Er wollte auch hingehen und solchen Reichtum gewinnen. Voller Geldgier machte er sich auf den Weg und gelangte an den Fluss. Und wie der Fährmann vom Ufer abgestossen war, drückte er ihm die Ruder in die Hand und entrann. So blieb der arme Kerl nun dort, Und konnte auch bis heut' nicht fort.   Am Kaminfeuer der Tessiner                                    Walter Keller                                                          Hans Feuz Verlag Bern   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der seltsame Kuhmelker

Source: Der seltsame Kuhmelker

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Wer von Stalden aus durch einen übelbesorgten Fussweg nach Esch in Zeneggen geht, findet ob dem Dörflein "zer neuen Brücke" mitten in nachlässig ausgereutetem Gebüsch, am Saume eines lichten Wäldchens, an der Strasse eine nicht gar wohlgehaltene Scheuer und Stall, in welchem, so wird erzählt, einmal eine gute Milchkuh eingeheimst und gefüttert wurde. Lange ging das Ding gut und seinen gewöhnlichen Gang. Bald fing man aber an mit Verdruss zu gewahren, dass die Kuh jeden Morgen weniger Milch habe, als billig zu erwarten war. Erst meinte man, die Kuh wolle krank werden und verliere darum die Milch. Diese zeigte sich aber stets munter und wohlauf. Dann glaubte man, während der Nacht müssten Diebe kommen und die Kuh melken; darum begann man den Stall sorgfältiger zu verschliessen. Umsonst, kein Hälmchen wurde an der Stalltüre verrückt, und die Kuh verlor doch immer ihre Milch. Endlich wollte der Hausvater in eigener Person dem Milchdieb aufpassen und entschloss sich darum im Stalle verborgen zu übernachten. — Die Nacht verstrich ruhig. Vor Tagesanbruch jedoch, ungefähr eine Stunde vor der gewöhnlichen Fütterungszeit, stand die Kuh auf und begann zu "trieschen" oder "trintschen" — (Stimme der Kuh, die ihrem Kalb ruft). Und sieh! In einem Loche der alten Stallmauer wurde es lebendig; eine grosse Schlange kroch hervor, über die Mauer herab und zur rufenden Kuh heran, unter der sie auf dem Boden einen Ring bildete und den Kopf so weit in die Höhe richtete, um bequem zum vollen Euter langen zu können. Aus allen vier Dillen oder Milchstrichen sog sie die Milch gemütlich und sichtlich vergnügt heraus. Der entsetzte Lauscher getraute sich nicht, den grausen Milchdieb anzugreifen, liess ihn ruhig gewähren und ins verborgene Quartier zurückschleichen. — Folgenden Morgens aber, mit nötiger Hülfe verstärkt, erlegte er die zur Gegenwehr sich hochauftürmende Schlange noch ehe sie ihren gewohnten Schelmenstreich wieder beginnen konnte. — Die Kuh aber fing an, sichtbar zu trauern und zu darben, und es währte lang, bis sie ihren nächtlichen Melker wieder vergessen zu haben schien.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der seltsame Mann am Niederberg

Source: Der seltsame Mann am Niederberg

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Es soll wenige Jahre nach der Schlacht gewesen sein, da ging eines Spätnachmittags eine Frau von Näfels dem Niederbergwald zu, um ein wenig Holz zu sammeln; denn sie hatte keins mehr und sollte doch dem Mann ein Habermus kochen. Wie sie so weiterging, begegnete ihr ein Mann; sie achtete ihn kaum, stand ein wenig zur Seite und liess ihn vorbeigehen. Hinterher kam ihr in den Sinn, dass sie ihn nicht erkannt hätte, und das schien ihr merkwürdig, denn im Dorf kannte jeder den andern. So dreht sie sich um, und da steht wieder einer unweit von ihr; doch weiss sie nicht, ob es derselbe ist. Er läuft kreuz und quer durch das hohe Gras, als ob er alles in heller Wut zusammenstampfen wollte. «He!» ruft die Frau dem Mann zu, «man läuft doch nicht wie ein Verrückter im hohen Gras umher!» Der Mann aber tut, als ob er nichts hörte, schlägt mit den Armen in der Luft herum und wälzt sich auf einmal am Boden hin und her, als ob er einen unter sich hätte und mit ihm kämpfen müsste auf Leben und Tod. Und wie die Frau unerschrocken auf ihn zuläuft, da stösst er ein fürchterliches Geschrei aus, springt in die Höhe und fällt wieder auf die Erde, und plötzlich rennt er jämmerlich schreiend in einen Heuschopf, wo er nimmermehr herauskommt. Wie die Frau sich von ihrem Schrecken erholt hat, eilt sie heim und berichtet ihrem Mann, was vorgefallen. «Wie hat er ausgesehen?» fragt der Mann nach einigem Besinnen. «Einen eisernen Helm hat er getragen und eiserne Schuhe —» Da bekreuzt sich der Mann und sagt: «So muss es einer aus der Schlacht gewesen sein, der in seinen Sünden umgekommen ist. Gott gebe ihm die ewige Ruhe!» Den Unbekannten hat keiner mehr gesehen.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der seltsame Schuss

Source: Der seltsame Schuss

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Der seltsame Schuss Nach der Schlacht bei St. Jakob an der Sihl lagen die Eidgenossen noch etliche Tage in der Gegend von St. Jakob vor der Stadt. Da zog man die grossen Büchsen auf den Lindenhof und fing an, nach ihnen zu schiessen. Der erste Schuss ging bei St. Jakob durch eine Scheune und schoss einem Ross den hintern Teil weg, und niemand wusste, wie das geschah. Hinter dieser Scheune sassen an einem langen Tisch viele Glarner. Da fuhr die Kugel der Länge nach über den ganzen Tisch weg und räumte alles ab, was drauf stand, Speise und Trank. Keinem geschah etwas, nur dem, der zuoberst am Tische gesessen, schoss sie den Kopf weg, als ob er mit dem Schwerte abgeschnitten worden wäre. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Teil nach Brennwald 2, 101, ins Neuhochdeutsche übertragen, sonst unverändert.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Seminariherr

Source: Der Seminariherr

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Ein schlagendes Beispiel, wie das Volk uralte Traditionen oft auf viel spätere Namen überträgt, ergibt sich in den Obwaldner Sagen vom Jesuiten Pater Dr. Johann Baptist Dillier von Wolfenschiessen, der 1745 gestorben ist. In Sarnen hat er das noch bestehende Collegium gegründet und hiess daher unter`m Volke gewöhnlich nur „der Seminariherr“. Er war sehr fromm, gelehrt und gescheit. Beschäftigung mit Physik und Alchemie, welche damals bekanntlich einen mystischen Carakter hatte und verlieh, sowie absichtlich angewandte List mögen das ihrige beigetragen haben um den Seminariherr mit einem sagenhaften Anekdotenkranz zu umzieren. So liess er einst, sagt man, um einige Zwetschgenbäume vor naschhaften Händen sicher zu stellen, einen Knaben während dem Gottesdienst auf einen solchen Baum hinaufsteigen, damit er, wenn die Leute von der Kirche heimgingen, recht jammere, Gott versprich als wäre er oben angebannt. Solches tat seine Wirkung. Für den Kirchenbau in Sarnen wusste er über Nacht auf unerklärte Weise Steine und Sand herbeizuschaffen. - Einem verkommenen, ungläubigen Menschen zeigte er in seiner Wohnung zu Sarnen drüben am Ächerli, einer Alp am Stanserhorn, den leibhaften Teufel, indem Dillier ihn über seine Schulter nach dieser Richtung schauen liess. Den Mühlibach bannte er, dass selber keine Verheerungen mehr anrichtete und eine Matte in der Schwendi ward durch ihn wunderbar vom Ungeziefer befreit, alles Dinge, wie sie die Fahrigen verrichteten. Ein Entlebucher wollte dem Seminariherrn ein Pferd abkaufen. Da es aber in der Alp war, so musste jener warten, bis es herbeigeholt war. Während sie noch im Handel begriffen waren, kam ein Alpnacher zum Pater. Den kaum ins Zimmer Getretenen überraschte er mit den Worten: „Ich weiss was du willst, mein guter Mann. Du willst die Geiss wieder, welche dir letzte Nacht gestohlen worden ist.“ Der Mann verwunderte sich, dass der Seminariherr es schon wisse. Jetzt nahm dieser ein Glas und liess den Bestohlenen hineinschauen. Er sieht darin zu seinem Erstaunen den Dieb, den er gar gut kennt. Der Schelm steht gerade im Begriff die Geiss zu schlachten und will schon das Messer ansetzen. Dem armen Manne, wie er solches schaut, rollen die hellen Tränen über die Wangen, weil er sein Tier nun nicht mehr zu bekommen hofft. Allein der Pater spricht, er solle nur geschwind gehen und noch einen Mann mitnehmen, er werde frühzeitig genug ankommen. Der Mann befolgte alles, überraschte mit seinem Zeugen den Dieb und nahm sein liebes Tierchen wieder wohlbehalten in Empfang. Der Entlebucher schaute hernach ebenfalls in das Glas und sah die Szene, wie der Alpnacher dem Schelme die Geiss abnahm. Auf der Alp Unterwängen im Schwändi waren in der Hütte drei Ungetüme und machten es höchst beschwerlich da zu wohnen. Der Seminariherr ward berufen. Er kam und bewirkte, dass die drei Gespenster aus der Hütte weichen und sich in eine nahe Felsenhöhle zurückziehen mussten, wo sie ihren Spuck fortsetzen mochten. Die Sache wird auch so erzählt: Auf  der Alp Wängi war sehr grosser Viehfall, für welche kein Kraut gewachsen schien. Der Seminariherr, endlich auch berufen, versuchte den Teufel zu beschwören. Allein dieser schalt ihn einen Dieb und verhöhnte ihn als Frevler. Pater Dillier merkte die List, ging wieder heim und kam einen andern Tag von Haus weg zu Pferd, damit ihm nicht an den Schuhen Gras von fremden Alpen oder Gütern hängen bleibe, denn deshalb trotzte ihm das letzte Mal der Böse. Der Seminariherr segnete die Alp und befahl dann den Älplern, sie sollen, wenn er fort sei, die Hütte anzünden und das Tier, welches komme, ins Feuer werfen. Das Anzünden befolgten sie; aber als die Hütte in Flammen stand, kam ein Hündlein, welches sie für dasjenige des Paters hielten, und schleuderten es darum nicht in die Glut. Hernach tadelte sie der Seminariherr und sagte, dass jetzt das ganze Spiel verdorben. Der Teufel nämlich habe die Gestalt seines Hundes angenommen. Nun sollten sie einen Arvenstock in die Erde vergraben. Es geschah. Der Seminariherr bohrte ein Loch, tat Geweihtes hinein und sagte, so lange nun dieser Arvenstock nicht verfaule, werde die Alp nicht gefährdet werden, aber was hernach geschehe, wisse er nicht. Er schrieb ihnen auch einen schönen Alpsegen vor, den sie allabendlich beten sollten. Er lautet: O lobet zu loben. In Gottes Namen loben. O lobet zu loben In unser Frauen Namen loben. O lobet zu loben In aller Heiligen Gottes Namen loben. Gott und der heilige Wendel Sankt Martin, Sankt Blasi Und der vielselige Landesvater Bruder Niklaus Wollen uns auf dieser Alp Die lieb Herberig halten. Das ist das Wort, das weiss Gott wo. Hier und auf dieser Alp geht ein goldener Thron, Darin da wohnt die lieb Mutter Gottes mit ihrem Sohn; Und ist mit vielen Gnaden übergossen, Hat die heiligste Dreifaltigkeit unter ihrem Herzen verschlossen. Das erste ist Gott der Vater, Das zweite der Sohn, Das dritte Gott der heilige Geist. Amen. Ave Maria! Herzallerliebste Mutter Maria! Jesu! Lieber Herr Jesu Christ! Behüte uns Vieh, Seel und Leib, Ehr und Gut und alles was über diese Alp geht und ist. O lobet zu loben! Alle Schritt und Tritt in Gottes Namen loben!   Dieser Alpenruf ist in ganz Obwalden der gleiche. Viele Fremde hörten ihn mit Vergnügen und zeichneten ihn auf. Er wird im Choralton durch einen Trichter gesungen. Die Töne eines guten Sängers sind zwei Stunden weit vernehmbar. Wenn einige denselben vergassen, so wurden sie etwa durch seltsames Herabfallen eines Geschirres und so fort daran erinnert. Dillier nannte und unterschrieb sich bisweilen scherzhaft: „Herr v. Arniloch". In demselben, hiess es, seien Geister, und um sicher dahinein zu gelangen, könne nur er einen Pass ausstellen. Eine Alp Arni gibt es nicht nur bei Engelberg, sondern auch am Giswilerstock, zwischen den Schwände- und Entlebucheralpen. Und eine Höhle dort heisst Arniloch. Es ist ziemlich gross, feucht und finster und nur wenige wagen sich weiter hinein. Von diesem Loche sagt man, es sei Gold, Silber und anderes Erz drinnen. Wenn die Leute, die hinein gingen, solche Erzstücke mit sich herausnahmen, so wurden sie Menschenköpfe. Einem so zaubergewaltigen Menschenleben dichtete die Volkssage auch ein entsprechendes Ende zu. Auf ihrer Seealp konnten die Lungerer nicht mehr alpen und ersuchten den Seminariherrn in der Ziegelhütte, er möchte hinaufkommen und die Alpe segnen. Nur unter der Bedingnis, dass sie das tun, was er droben verlangen werde, sagte er zu. Die Lungerer versprachen es und so ging er hinauf. Die Segnung war vollendet, als der Pater Holz zusammentrug und ein Feuer anzündete. Nun befahl er den Umstehenden, sie sollten sein Hündchen, das bald kommen werde, in dies Feuer werfen, sonst müsse er selbst in drei Tagen sterben. Sie aber weigerten sich dessen, weil ihnen der Hund nichts zu Leid getan hatte. Darum erkrankte der Seminariherr auf der Stelle; man musste ihn heimtragen und in drei Tagen war er eine Leiche. Die Sage kümmert sich überhaupt nicht um geschriebene Urkunden und fragt auch im vorliegenden Falle dem noch vorhandenen letzten Arztkonto nichts darnach, sonst müsste sie ja selbst an dessen Medizinen sterben.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.    


by Der Senn in der Welschigeralpe

Source: Der Senn in der Welschigeralpe

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In einer Hütte in der Welschigeralpe im Chin soll auch nicht alles geheuer sein. Daselbst waltete vor Zeiten ein Senn, der seine Pflicht arg vernachlässigte. Durch seine Schuld wurden viele Käse und Ziger verdorben. Auch dem lieben Vieh fragte er wenig nach, und am Abend fluchte er lieber, statt, wie üblich, das Evangelium des heiligen Johannes zu beten. Im Winter starb der Mann, und auf den nächsten Sommer bezog ein andrer seine Hütte. Wenn nun der neue Senn mit dem Käsebereiten und Scheiden zu Ende war, kam der Verstorbene in die Hütte, zündete ein Feuer an, rückte den Kessel über und hantierte geschäftig hin und her wie ein richtiger Senn. Jedesmal nach getaner Arbeit trat er vor die Hütte und betete laut das Evangelium des heiligen Johannes, worauf er wieder für den Abend weinend und betend verschwand. Das geschah jeden Abend und der arme Verstorbene musste nach seinem Tode nachholen, was er im Leben vernachlässigt hatte und so für seine einstigen Fehler Sühne leisten. BINN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Senne aus Lobisey

Source: Der Senne aus Lobisey

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Jenen ganzen Bergkessel im Solothurner-Jura, hinter der Ritterburg Neu-Falkenstein, der durch seine kreisrunde trichterförmige Gestaltung dem Wanderer ins Auge fällt, hat früherhin ein See angefüllt, und als große Erdbeben diese Bergwände zerrissen, hat er seinen Abfluß durch eine Felsenspalte genommen, welche man bei St. Wolfgang zeigt. Bei seinem Durchbruche mußte er die tiefer liegende Gegend des Balstales noch einmal vorübergehend begraben, zugleich aber öffnete er für immer die drei fruchtbaren Hochtäler von Mümliswil, Ramiswil und Guldental. Da er der Lobisee hieß, so übertrug man diesen Namen auch auf das von ihm frei gegebene Gelände der Mümliswiler Klus, welches nun das Lobisey heißt. Dieses bildete anfänglich eine einzige große Sennenwirtschaft, die mit Grund und Grat, mit Wald und Wiesen das Eigentum des Lobisey-Sennen war.  So weit die Rinder einen sommerlangen Tag laufen mochten, war hier alles sein. Hier wuchs das würzigste Gras und weidete der stattlichste Viehschlag. Des Sennen Käse waren feiner als alle und jeder wog seinen Zentner. Im Bergwald schoß er sich den Sonntagsbraten, und Fastenforellen fischte er netzweise im Talbache, der zwischen der Felsenschlucht und der Sonnenhalde hier sich hervorschlängelt. Lustig an dieser Halde hingebaut stand sein Hofgut mit allen Ställen, Scheunen, Schuppen und Schöpflein. Wie hätte dieser Mann in Glück und Wohlstand ein schönes Leben gehabt, wenn nicht der Geizteufel sein Herz besessen hätte. Da kommt aber einmal im Hochsommer, während er eben allein auf dem Hofe und alles sein Gesinde draußen auf den Gütern ist, ein Metzger aus dem Tale herauf und fragt hier solchen fetten Saugkälbern nach, wie sie auf der Bergweide allein gedeihen. Er wird in den Stall geführt, und während er sich da zu jedem Stück hinabbückt, um es handwerksgemäß an Laffen, Wamme und Blatt zu proben, bemerkt der Senne die strotzende Geldkatze, die jener um den Leib gegürtet trägt. Ein abscheulicher Gedanke durchfährt den Gutsbauern, er ergreift einen Melkstuhl und schlägt damit den Mann rücklings zusammen. Die Leiche verscharrt er vor dem Stall in der Dungstätte, die Geldkatze mit ihren Brabäntertalern verschließt er in der Truhe unter dem Bette, keine Seele hats gehört oder hats gesehen, und da Abends das Gesinde heimkommt, ist bereits auch jede Spur des Geschehenen vollends getilgt. Ein ganzes Jahr schon ist vergangen, der Metzger bleibt verschollen. Wieder ist der Sommer da, wieder sitzt der Senne allein daheim, wiederum ist heute das Gesinde bis an den letzten Mann droben auf den Matten und mäht frisch drauf los. Diesmal aber ist des Heues eine solche Fülle, daß die vielen Häuschen und Notstöckchen es nicht alles fassen; statt es einzufahren, muß man einen Teil in Heinzen und Tristenstöcke zusammen türmen und draußen liegen lassen, bis sich Käufer aus dem Tale dafür melden werden. Man kann das Jauchzen der Heuer bis zum Hause herab hören; der Senne allein, dem doch Alles zufällt und gehört, scheint sich nicht recht mit zu freuen. Müde und stumpf, wie er gerade ist, scheint ihm diesmal der Weg viel zu weit auf die nächste Unter- oder Oberweid; er schaut nur zuweilen durchs Eckfenster nach den Knechten hinauf, sieht die Tagesarbeit dem Ende zugehen und sitzt dann abermals nieder auf seine Fensterbank. Da fällt sein Blick gegen die Stallung hinüber auf die große Dungstätte, und er gewahrt, wie hier Gras hoch und büschelweise auf einem einzigen Flecke aufgeschoßen beisammen steht. Diese paar fetten Grasbüschel fesseln seinen klapperdürren Geiz. Jetzt macht er sich hinter der Bank vor, nimmt draußen die Sense vom Nagel, und schämt sich nicht, vor den Augen seiner Knechte, die eben auf Heuschlitten und Wagen die Fuder in den Hof hereinbringen, das Dutzend Halme um die Düngerstätte her abzumähen. Doch halt, was war das? des Bauern Sense fährt hier klirrend gegen einen  Stein, er selbst schreit laut um Hülfe, Alles springt herbei, nach dem Grunde seines Schreckens suchend, und Alle zusammen erblicken schaudernd dasselbe. Seine Sense hat in einen alten Totenschädel gehauen, über dem schon Gras gewachsen war; durch den kahlen Knochen geht ein frischer Hieb, nicht bloss der Boden, der Senne selbst ist ganz mit Blut übersprützt. Verzweifelnd walzt er sich vor ihren Füßen herum, ringt mit der Lüge und dem Geständnisse, stammelt die Hälfte seiner Missetat heraus und hat sich binnen einer Stunde vernunftlos gerast. Vor den Augen der Arbeiter stirbt er noch jenen Abend.  Wie hätte nach einem solchen Frevel noch Segen sein können auf jener Alpe; oder wie Ruhe, da von nun an der böse Mördergeist nicht enden konnte, seine Qualen ganze Nächte hindurch selber auszuschreien! Die Alpe Lobisey mußte eingehen, das Haus abgerissen, das ganze Gut verteilt werden. Vergebens hatte man zuerst die Mönche aus Olten und Solothurn herbeigerufen, um durch sie den Friedelosen in eine Hauswand oder in einen Feldstock festbannen zu lassen. Diese Besegnungen kosteten manches Kalb, manchen Käselaib, manche Butterballe, und der Spuk im Hofe tobte ungebändigt fort. Vergebens kamen nachmals auch die Franzosen, da sie als Neufranken ins Land einbrachen, in ihrer Raubgier bis hier herauf gestiegen. Während sie sonst so viel des Brauchbaren und Unbrauchbaren aus allen Winkeln herausfanden und mit sich fortnahmen, dieser Sennengeist allein hielt niet- und nagelfest gegen sie aus. Er ist noch da und heißt nun der Lobisey-Teufel. Gar mancher, der des Nachts durch diese Schluchten zu gehen hat, hat ihn selber gehört und gesehen. Wenn da im Tale lautlose Stille herrscht und kein Wind einen Ast im Walde bewegt, bricht plötzlich aus der oberen Luft ein greuliches Jammerrufen wie ein heulender Sturm herunter, und im Mondlichte gewahrt man alsdann, wie sich der klumpige Körper eines schwarzen Untieres über den ganzen Bach querüber lagert. Dann wird sogar noch eine zweite Klagestimme laut, und das ist die des erschlagenen Metzgers. Diese zwei unstäten Geister kommen drauf in Gestalt zweier feurigen Kugeln gegen einander losgefahren, platzen an einander und kämpfen zusammen, daß die Nacht und der Wald von Funken sprüht. (Gottfried Schenker von Däniken.)  Sage aus dem Solothurner Jura Band 3.1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962 Ausschnitte aus dem 4. Kapitel, S. 55 - 57 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Sennenzwerg in Muri

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Die grosse Weide oben bei Muri im Freienamte war vordem noch von Sennen bewirtschaftet. Oft, wenn sie ihr Vieh am Morgen füttern wollten, fanden sie alles schon gethan; der Stall war geputzt, der Milchkübel geschwenkt, Richter und Trichter wieder an dem Platz, kurz alles in Ordnung gebracht und schon wieder für den Abend gerüstet. Natürlich suchten sie den unbekannten Helfershelfer kennen zu lernen und lauerten und passten an allen Zugängen. Es dauerte auch nicht lange, so sahen sie ein Männchen, winzig klein, in die Scheune gehen; dorten kroch es durch's Futterloch in den Viehstall und wenn es drinnen sein Geschäft in aller Stille abgemacht hatte, so nahm es behende denselben Rückweg und war wieder verschwunden. Die Sennen waren nicht wenig darüber erfreut, und da ihnen eine gewisse Empfindung von Ehrfurcht sagte, dass man ihm nicht mündlich danken dürfe, so liessen sie ein niedliches Sennenkleid machen und legten es dem Kleinen in den Stall. Beim nächsten Erscheinen nimmt der Zwerg das neue Sennenhemde vom Bänklein herunter, setzt das Lederkäppchen zurecht und probiert es her und hin; dann beschaut er sich im hingestellten Spiegelein, und stolz auf seine neue Montur ruft er ein- übers andremal, nun mag ich nicht mehr Senn sein! Seit diesem Vorfall war er in Muri nicht mehr zu finden, sondern verdingte sich im Dorfe Buttwil. Da sagte einmal der Bauer dorten zur Frau: Alle Arbeit in Stall und Scheune ist stets vor Tag schon gethan; das Heu nimmt nicht ab, meine Kühe geben die beste Milch und werfen die feistesten Kälber. Wir müssen doch selbst einmal achtgeben, wie das hergeht; wir wollen uns diese Nacht im Scheunenloch verstecken, wo wir selber ungesehen alles übersehen können. So thaten sie. Bald hörte man ein Rascheln und Rauschen über den Heustock droben herunter, dann trippelte es wie im Schritt eines Kindes, und gleich sprang ein winziges Männchen an dem Steighaken herab, schüttelte sich das Heu aus den Haaren, und stand nun mitten in der Tenne da, aber oweh, splitterfadennackt. Nun fieng's an, Heu zu rupfen, dann striegelte es das Vieh, und das alles gieng so nett und blitzgeschwinde, dass das Männchen im Augenblick fertig und schon wieder verschwunden war. Da ergriff die Bäuerin ein herzliches Bedauern, denn es war ein harter Winter und gerade ums Neujahr. Wir wollen ihm doch Hosen und Wamms machen lassen, sagte sie. Es geschieht, und am Neujahrstag wird das fertige Gewand dem Männchen auf den Heuboden gelegt. Neugekleidet spaziert es sogleich in der Tenne auf und ab, wirft sich in die Brust und ruft gravitätisch: Und ein solcher Mann soll Hirten gehen! Damit war es von nun an auch in Buttwil verschwunden. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 286 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Seuchenschimmel

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An einem kalten Wintermorgen stieg ein Näfelser Bäuerlein den alten Bergweg hinauf. Seine Absicht war, am frühen Nachmittag wieder mit einem Heubündel auf dem Schlitten zurückzukehren. Weil aber der Weg vereist war, wurde es Mittag, bis der Mann die Ahornenalp vor sich liegen sah. Bei seiner Hütte verschnaufte er, ass etwas und begann, seinen Heubündel aufzuladen. Die Sonne war schon hinter den Bergzacken verschwunden. Der Bauer stellte sich zwischen die Schlittenhörner und trat mit seiner Fuhre den Heimweg an. Im Wald lag eine dämmrige Stille. Plötzlich erblickte er in einer Lichtung eine helle Gestalt. Bei genauerem Hinsehen erkannte der Bauer einen Reiter, der auf einem Schimmel durch die Luft ritt. Dabei murmelte er etwas vor sich hin, was der Mann nicht verstehen konnte. Husch war die seltsame Erscheinung wieder weg. Der Näfelser grübelte lange darüber nach, was das wohl zu bedeuten hätte, und weil er zu keinem Ziele kam, erzählte er sein Erlebnis den Nachbarn, die aber auch keinen Bescheid wussten. Bald darauf brach im Dorf die Seuche aus, und jetzt erkannte man, dass jenes Bäuerlein dem Seuchenschimmel begegnet war.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Sewlisee

Source: Der Sewlisee

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a) In der Sewlialp, hoch ob Silenen, zu Füssen der jähen, himmelhohen Felsenwände der beiden Windgellen liegt tiefgebettet der Sewlisee. Gegen die rauhen Nordwinde wie gegen den stürmischen Föhn ist er wohl geschützt, und seine wellenlosen, etwas dunklen Wasser ohne sichtbaren Abfluss scheinen nur zwei Gäste zu kennen, Ruhe und Frieden. Doch die geschärften Ohren des Gemsjägers und des Geissbuben vernehmen von Zeit zu Zeit ein leises Pfeifen aus seiner Nähe, fast wie das Pfeifen eines Murmeltiers, das seine Kameraden warnt, von Zeit zu Zeit auch ein gedämpftes Krachen, wie wenn in der Ferne ein Gletscher zu Tale stürzt. Alle dreissig Jahre – diese Zahl nennen die Alten – tritt er über seine Ufer; dann bäumen sich seine Wasser auf zu einem brausenden Wirbel, unter fürchterlichem Pfeifen und Krachen stürzen sie sich dem Ufer zu und über hohe Felsen in das Tal hinunter, weithin Verderben bringend. Das Evital in Silenen legt beredtes Zeugnis ab von ihrem unheilvollen Wirken. Es ist die Strafe für eine grosse Sünde, begangen in grauer Vorzeit da droben in der Sewlialp. Dort hauste viele, viele Sommer dieselbe reiche Familie. Die Alp brachte die milchreichsten Kräuter her vor im Überfluss, die Kühe brauchten nicht, wie heute, in die steilen Planggen und wilden, abgelegenen Weideplätze geführt und mit Mühe bewacht zu werden; die Milch floss in Strömen, die Arbeit war gering. Aber Überfluss und Müssiggang zeugten den Übermut. Die Älpler glaubten, ohne den Schutz und Segen Gottes leben zu können; weder um ihn demütig um seinen Beistand zu bitten, noch um ihm zu danken für seine reichen Wohltaten, hoben sie ihr Herz zum allmächtigen Gott. Ohne zu beten zu rufen, beschlossen sie ihr Tagewerk, ohne die gute Meinung begannen sie es. Einmal luden sie die Talleute zu einem lustigen Tage ein. Da bauten sie alle zusammen, bei Gott! aus köstlichem Käse und Anken eine Brücke über den See, spotteten Gottes und seines Segens, tanzten und haselierten Tag und Nacht. Jetzt war aber das Mass des Übermutes voll und die Geduld Gottes erschöpft. Es brach ein Ungewitter los über die Alp, von allen Seiten tosten die Bäche daher und fegten alles, Vieh und Menschen, Rasen und Hütten in den See, die Winde türmten seine brausenden Fluten auf und trieben sie, unter Krachen und Pfeifen der einzigen offenen Seite der Alp zu und über die Felsen hinunter in das Tal, wo sie das schöne Gelände am Evibach verheerten und auf viele Jahre verwüsteten. Seitdem wiederholt der sonst so friedliche Alpensee alle dreissig Jahre sein Zerstörungswerk und hält auf diese schauerliche Weise das Andenken wach an den Frevel, der da oben begangen wurde, und die Sühne, die er gefunden. Tobias Lussmann, Silenen b) Nach anderer Erzählart wirtschaftete auf Sewli ein reicher Mann. Im Übermut sagte er, der Herrgott brauche ihm keinen Weg zu machen, er vermöge es selber. Er ging hin und machte von der Hütte, die an Stelle des heutigen Seeleins stand, bis zum Kässpeicher eine Strasse aus lauter Käse und Anken. Als er zurückkehrte, war die Hütte verschwunden und der See entstanden. Peter Tresch, Silenen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der siebenköpfige Drache

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Einmal kam ein Wanderer in eine Stadt. Da war alles mit schwarzer Seide verhüllt. Der Wanderer fragte: «Wieso ist man hier so traurig?» Man antwortete: «Der Drache will jedes Jahr eine Jungfrau zum Morgenessen; sie haben das Los gezogen, und es traf die Königstochter. Sie begleiten sie vor die Stadt hinaus, und nachher muss sie allein gehen, und der Drache kommt ihr entgegen. Der König hat verkünden lassen, wenn einer ihn töten könnte, so gäbe er dem seine Tochter zur Frau.» Der Wanderer fasste Mut und bereitete sich auf den Kampf mit dem Drachen vor, und er schaffte es, ihm alle sieben Köpfe abzuhauen. Er schnitt die sieben Zungen heraus, nahm sie mit und sagte zur Königstochter: «Sag es keinem und geh nach Hause, innert Jahr und Tag kehre ich zurück, dann heiraten wir.» Da kam ein anderer Wanderer vorbei, fand die sieben Köpfe, nahm sie mit, ging zum König und verlangte die Tochter. Der König willigte ein, doch die Tochter erwiderte: «Bis Jahr und Tag nicht vorbei sind, heirate ich nicht.» Der erste Wanderer kehrte nach Jahr und Tag im selben Wirtshaus ein. Er sagte: «Als ich letztes Jahr hier war, trauerte die ganze Stadt, jetzt ist alles mit roter Seide überzogen.» Der Wirt erzählte, was vorgefallen war und dass die Königstochter morgen jenen heirate der dem König die sieben Köpfe des Drachen gezeigt habe. Der Wanderer liess um Erlaubnis bitten, mit dem König zu sprechen. Er bekam sie. Da fragte er den König: «Hat es Zungen in den sieben Köpfen?» Der König schaute nach, und allen waren die Zungen herausgeschnitten worden. Daran konnte er erkennen, wer den Drachen getötet hatte. So heiratete der die Tochter, und der andere wurde wegen seiner Lüge ins Gefängnis geworfen. (Oberhalbstein)   Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der siebenköpfige Drache

Source: Der siebenköpfige Drache

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Früher hat's allemal geheissen, im Rynächtloch behüte eine verwünschte Jungfrau in Gestalt eines Drachen mit sieben Köpfen eine Kiste voll Geld. Wer jedem dieser sieben Köpfe einen Kuss verabreiche, erlöse die Jungfrau und erlange das Geld. Der alte Herger Hansi im Acherli, der solche Sachen noch geglaubt hat, ist einmal hineingekrochen. Aber es grauste ihm zu sehr. Josef Aschwanden, 64 Jahre alt, Schattdorf Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Sieg im Schlafe

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Ein Herr von Strättlingen am Thunersee befand sich einst am Hof des Herzogs von Burgund. Da geriet dieser Fürst in einen sorglichen Krieg gegen den König von Frankreich. Als nun beide Herrn stark widereinander zu Felde lagen und in offener Schlacht sich umsonst hart zugesetzt und beide viel Volk verloren hatten, kamen sie überein, dass zwei Mann, je einer aus einem Heereszuge, den Kampf sollten miteinander bestehen, und welcher dann im Streite obsiege, dessen Teil solle gewonnen haben. Da waren die von Frankreich froh, denn sie hatten einen Mann, der sich rühmte, die Stärke zweier Männer zu besitzen. Derselbe Ritter trat gleich hervor und begehrte mit einem Feinde sich zu messen. Allein der Herzog von Burgund konnte unter all seinen Rittern keinen finden, der dem Gegner gewachsen wäre, ausser seinem Gastfreunde, dem Herrn von Strättlingen, der auch mit in den Krieg gezogen war. Den bat der Herzog gar sehr, sich des Kampfes anzunehmen, um den Sieg für Burgund zu gewinnen. Der von Strättlingen aber sprach: "Es steht mir nicht wohl an, den Zweikampf zu bestehen, da so viele tapfere Ritter aus Burgund zugegen sind, die würden’s dem Fremden übel deuten." Darauf erwiderte der Herzog: "Sei deshalb ohne Sorge, mein Lieber, wohl zähle ich der tapferen Ritter viele, aber keinen, der dich überträfe; daher bitte ich dich nochmals, den Streit zu wagen." Da konnte der von Strättlingen nicht länger widerstehen und sagte dem Herzoge zu. Nun liess er sich in den Ring führen da er kämpfen sollte, setzte sich auf einen Stuhl, und wartete also seines Widersachers. Indem dieser verzog zu kommen, schlief der von Strättlingen ein und begann im Schlafe zu schnarchen. Da erschien sein Gegner und als er sah, wie sein Widerpart auf einem Stuhle sass und so fest schlief, da erschrak er und sprach: "Fürchtet er mich so wenig, dass er so ruhig schläft, so wage ich es nicht, mit ihm zu kämpfen", und niemand konnte ihn in den Ring bringen. Also gewann der von Strättlingen für Burgund den Sieg im Schlafe. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Sigrist und der Leichenzug

Source: Der Sigrist und der Leichenzug

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Pünktlich um 4 Uhr morgens pflegte der Sigrist von Silenen Ave zu läuten. Das war wie eine Uhr. Er konnte auch jeden Todfall in der Pfarrei voraussagen. Eines Morgens hatte er sich, was noch nie vorgekommen, verschlafen. In der Eile zog er an dem einen Fusse nur den Schuh an und lief so zur Kirche. Als er wieder aus dem Gotteshause kam, begegnete ihm zur ungewohnten Stunde ein Leichenzug. Der Letzte im Zuge war von gleicher Grösse wie der Sigrist und trug an einem Bein Strumpf und Schuh, am andern Bein jedoch nur den Schuh. Der Sigrist ahnte sofort, was solches zu bedeuten habe, und verkündete zuhause seinen baldigen Tod. Und richtig! er hatte das letzte Mal zu beten geläutet! Noch am nämlichen Tage erkrankte er, und am dritten Tage war er eine Leiche. Jos. Maria Zberg Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Sigrist und die sieben Männer

Source: Der Sigrist und die sieben Männer

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Als eines Abends der Sigrist von Silenen vom Betenläuten heimkam, sagte er: »Jetzt werden in der Pfarrei sieben Personen nacheinander sterben, sechs kenne ich, aber den siebenten nicht. Wie ich nämlich zur Kirche ging, folgten mir sieben Männer nach bis auf den Friedhof; sechs waren mir bekannt, der siebente, der zweierlei Strümpfe anhatte, kam mir so bekannt vor, aber ich konnte ihn doch nicht »heimtun«. Bald hernach brach im Orte das Nervenfieber aus, sechs Männer nacheinander starben, alle, die der Sigrist an jenem Abend gesehen hatte. Ihnen folgte als siebenter der Sigrist selber im Tode nach und schloss die Reihe. Als man ihn vom Krankenlager in das Totenbett legte, da hatte er zweierlei Strümpfe an. Christina Exer, 35 J. alt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Silberberg

Source: Der Silberberg

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Es war einmal ein blutjunger Geselle, dem waren beide Eltern gestorben und sie hatten ihm nichts hinterlassen als gesunde Glieder, ein frisches Herz und unverdrossenen Mut. Aber so allein und verlassen hielt es ihn nicht länger in der Heimat und er beschloss, in die weite Welt hinaus zu wandern, dass er fremde Länder beschaue und anderer Menschen Sitten kennen lerne, und, wer weiß, dachte er, vielleicht mache ich da draußen mein Glück, denn das Glück soll auf der Straße liegen, sagt ein altes Wort. - Und so schnürte denn unser Geselle sein Bündel, nahm den Weg unter die Füße und wanderte ohne Rast und Ruh über Berg und Tal, und zweimal ging die Sonne auf und zweimal ging sie nieder, und noch immer wollte der Weg kein Ende nehmen. Dem Burschen aber deucht's, es könne nun nicht mehr weit sein bis zum Ende der Welt. Am dritten Tage kam er in ein liebliches Tal beidseits zwischen hohen Bergen, und dunkle Tannen standen hoch die Halden hinauf. Die Bergseiten aber waren zerschrunden und zerklüftet von reißenden Wildbächen, die hatten tiefe Runsen gerissen voller Grus und Grien. Als die Sonne eben auf der Höhe der Berge stand, kam er zu einer Gand, da fühlte er sich mit eins so müde, dass er sich unter einer alten Schirmtanne ins weiche Moos streckte, um ein Weilchen zu ruhen. Ein leiser Wind bewegte die Wipfel der Tannen. Wie er so dalag und die Augen schweifen ließ, erblickte er gerade gegenüber auf einem schroffen Nossen das Gemäuer einer alten Burg. Ei, dachte er bei sich, was mag das voreinst für ein lautes, lustiges Leben gewesen sein, als da die alten Ritter ein und ausritten mit Waffengeklirr und Hörnerschall, und erst in den Hallen, wenn die Herren und Edelfrauen an festlicher Tafel saßen und einander bei Lautenschlag und Liederklang aus goldenen Bechern zutranken: - und unversehens war der gute Geselle eingeschlummert. Aber wie ihm die Augen zugefallen waren und seine Seele versunken im tiefen Schlafe, da gingen ihm bunte Träume auf, Träume von Glück und Glanz, so hell wie die Sterne am Himmel. Und da war's ihm, als sehe er drüben ein herrliches Schloss, das glänzte wie lauteres Gold gegen die Sonne, und auf dem Söller des höchsten Turmes saß die allerschönste Jungfrau, ein goldenes Krönlein auf dem goldblonden Chruselhaar, die winkte ihn mit ihrer lilienweißen Hand zu sich herauf. Und im selben, da wisperte und flisterte es in allen Bäumen, es trippelte und tappelte in Busch und Strauch, und aufs Mal stand ein uraltes Waldmännlein vor ihm in einem kurzen, grauen Tschöplein, ein haseliges Stecklein in der Hand. Ein langer, schlohweißer Bart hing ihm bis über die Knie herab, und Augsbrauen hatte es, die waren so buschig und spissig wie Reckholdergesträuch. Aus Äuglein, die dicht beieinander lagen, schwarz wie Moosbeeren, beschaute der Wicht den Schläfer eine Weile und hustete und prustete dabei in seinen Bart, kicherte und lachte. Aber der Geselle schlief fort und erwachte nicht. Da trat das Männlein herzu und berührte mit seinem Stecken die rechte Hand des Burschen. Der erwachte alsbald, saß auf, rieb sich die Augen und strich sich das Haar aus der Stirn. Verwundert staunte er den Wicht an und wusste nicht, was er sagen sollte. Dann aber sprach er herzhaft: «Warum weckst du mich aus dem Schlafe auf? Was willst du von mir?» Da trat das Männlein vom einen Bein aufs andere, räusperte sich, hustete und kicherte,  zwinkerte mit den Äuglein und sprach: «Folge mit, wohin ich gehe, ich werde dir den Weg weisen dahin, wo du alles finden wirst, was du im Traume geschaut hast, und noch mehr als das. Nur, schau niemals hinter dich was auch geschehen mag!» Sprach's, wandte sich um und tappelte hurtig ins Gehölz und hielt sein Stecklein vor sich. Und schon stand auch der Geselle auf den Beinen - er wusste nicht, wie ihm geschah - und folgte dem Zwerge auf den Fersen nach mitten durch Gestrüpp und Gestäude, wo's am dichtesten stand. Aber siehe, die Äste und Zweige bogen sich von selber zur Seite, so dass kein Dorn ihm das Kleid zerriss. So gingen sie eine lange Zeit weiter, immer tiefer und tiefer in den Wald hinein, und unversehens war es finstere Nacht geworden. Aber die Sterne über den Bergen blinkten hell durch die Tannenwipfel hernieder, und der volle Mond schien auf Blätter, Steine und Moos, dass alles schimmerte und flimmerte wie Silber. Hinter dem Jüngling aber huschte, rauschte und raschelte es, als schlüpften Vögel durchs Laub oder schnellten Häslein übers Moos. Endlich tat der Wald sich auf und das Männlein blieb auf der Lichtung stehen: sie standen unter der Fluh, darauf die Burg sich erhob, die der Geselle aus der Ferne gesehen hatte. Da sprach das Männlein: «Folge mir weiter nach, aber schau beileibe nicht hinter dich!» und dann klomm es hurtig wie ein Wiesel den Fels hinan, so dass der Jüngling ihm kaum zu folgen vermochte. Endlich langten sie oben an. Das Tor war verschlossen. Da tat der Zwerg drei Schläge mit seinem Stecklein an das Schloss, und alle Riegel sprangen auf. Das Männlein blieb vor dem Tore stehen und sagte wieder: «Schau nicht hinter dich und du wirst dein Glück finden!» und damit war es verschwunden, wie weggeblasen. Der Jüngling aber ging auf leisen Sohlen vorwärts - denn es war ihm doch nicht ganz geheuer zu Mute - durch ein langes, dunkles Gewölbe. Am Ende des Ganges kam er zu einer schmalen Wendeltreppe. Er stieg die Treppe hinauf und kam in eine weite, gewölbte Halle, beschlossen von mächtigen Flügeltüren. Die standen offen. Er ging hindurch und kam in einen gewaltigen Saal, an dessen Wänden bunte Wappenschilder und mannigfaltige blanke Wehr und Waffen hingen. Der Jüngling blieb stehen und beschaute die prächtige Zierat, da hörte er aufs Mal einen dumpfen Ton wie fernes Donnerrollen oder das Tosen eines Wassersturzes. Ein kalter Schauter fuhr ihm den Rücken hinunter, und die Knie schlacker ten ihm vor Angst. Aber er raffte sich auf und schritt weiter, Fuß vor Fuß setzend, dem Geräusche zu. Er kam abermals zu einer Tür. Er drückte die Klinke, die Tür sprang auf, und ein neuer Saal tat sich auf, noch größer als der vorige, und noch prächtiger zu schauen. Mitten drin aber - oh Graus - saßen lautlos, im schwachen Schein einer Ampel um einen großen runden Tisch zwölf düstere Mannen in langen, schwarzen Mänteln, breitrandige Schlampihüte mit wallenden Federbüschen tief über die Stirn herabgezogen, darunter hervor aber funkelten feurige Augen, wie glühende Kohlen dem Burschen entgegen. Auf der Tischplatte stand vor einem jeden ein weißer Totenschädel gefüllt mit einem Trank, der war rot wie Blut. Dem Jüngling gefror das Blut in den Adern und das Mark in den Knochen vor Grauen. Jetzt erhob sich der älteste von den Zwölfen, nahm eine große goldene Kugel, die neben seinem Sitze lag, und reichte sie dem Gesellen. Dann wies er nach dem anderen Ende des Saales, das hell erleuchtet war. Da stand ein goldenes Kegelspiel. Und der Alte sprach: «Verbinde dir die Augen und tu drei blinde Würfe. Aber sieh zu, dass du dabei den König aus der Mitte der anderen allein umwirfst. Gelingt's dir nicht, so bist du dem Tode verfallen. Schon mancher, der sich hierher verstiegen, hat's versucht, doch noch keinem ist es gelungen. Dein Leib wird in Stücke zerrissen und vor die Raben geworfen, die diese Mannen umflettern, dein Blut aber trinken wir in unserem Wein.» Dem Mutigen hilft Gott, dachte der Jüngling, drückte sich die Mütze mit der Linken fest vor die Augen, ergriff mit der Rechten die Kugel und tat den ersten Wurf. Und siehe da, der König war aus dem Ris wie herausgeblasen. Da erhoben sich die finsteren Mannen mit beifälligem Gemurmel von ihren Sitzen bis auf einen und tranken dem Jüngling zu. Der eine aber, der auf seinem Stuhl sitzen blieb, war der König, der war seit vielen hundert Jahren durch einen bösen Bann verzaubert gewesen und hatte der Erlösung geharrt. Der Alte nickte dem Gesellen freundlich zu, und wies dann auf die Tür am ändern Ende des Saales, und die Mannen geleiteten ihn bis zur Schwelle, dann kehrten sie stumm an ihre Plätze zurück. Der Jüngling öffnete keck die Türe und - dergleichen hatte er seiner Lebtage noch nie gesehen - er trat in einen Wundergarten: Ringsum, soweit sein Auge reichte, blühten in Fülle die lieblichsten Blumen und ein Duft erfüllte die Luft, so süß, dass ihm schier die Sinne schwanden, und überall standen in langen Zeilen die prächtigsten Bäume, deren Zweige und Äste hingen so voll der seltensten Früchte, dass sie bis auf den Boden sich bogen, und allenthalben im Laube schwirrten und flatterten, zwitscherten und pfiffen buntgefiederte Vögel, rote und blaue, weiße, grüne und gelbe, und manche schimmerten gar in vielen Farben zugleich. Und so fröhlich liedeten sie, dass es dem Gesellen ganz warm ward unter dem Tschopen. Unter gewaltigen Schattenbäumen glänzten Teiche und Seelein, darin sich Fische tummelten, blauschimmernd die einen, die anderen goldfarben und wieder andere rot wie Mohn. Springbrunnen sprudelten silberhell empor und plätscherten sanften Schalles. Hirsche, Rehe, Hasen und andere Tiere des Waldes ästen friedlich auf den Matten und äugten ohne Scheu zu dem Jüngling herüber. Da auf einmal ward's stille rundum, kein Lüftlein ging, kein Blättlein regte sich, kein Tierlein rührte sich, kein Vöglein flog. Aber kaum vernehmbar kam aus der Ferne ein Getön wie von leiser Musik, und aisgemach erscholl eine zarte Weise und ein Lied, inniger und inniger und immer näher. Dem Jüngling war's, als müßte ihm das Herz zerspringen vor lauter Lust und Wonne. Da trat unter zwei blühenden Bäumen eine Jungfrau hervor in blütenweißem Gewände, darüber ein Mantel herab wallte, blau wie der Himmel, und ein goldener Stirnreif, mit Edelsteinen besetzt und Perlen, die glitzerten wie Tautropfen im Strahl der Morgensonne, umschloß ihr goldenhelles Gelock. Und der Jüngling erkannte in ihr das Bild jener Jungfrau, die er im Traume geschaut. Mit einer Stimme so fein und rein wie der Schall eines Silberglöckleins, das die Gläubigen von dem Altar zur Andacht ruft, sprach die Jungfrau: «Du bist der erste, der hier mich heimsucht in diesem Garten, und noch keines Menschen Auge hat mich je erblickt. Lösest du den Zauber, der auf dem Haupte meines Vaters liegt, so hast du zugleich auch mich erlöst, und meine Hand wird dein sein mit seinem Segen. Aber vorerst ist noch manche Mühsal und Gefahr zu bestehen. Tief im Silberberg ist ein Ring verschlossen, den Schlüssel dazu verwahrt eine Hexe dort drüben auf dem Berge jenseits des Tales. Der Ring aber ist gleich diesem Ringe hier an meiner Hand», und die Jungfrau streifte einen goldenen Ring mit einem leuchtenden Rubin vom Finger und reichte ihn dem Jüngling. «Nimm diesen Ring», sprach sie weiter, «birg ihn an deiner Brust, und wenn du vor das Schloss kommst, wo die Hexe haust, so stehe still und halte den Ring in die Höhe. Dann wird die Hexe sich im Fenster zeigen und dir sagen, was du weiter zu tun hast. Gewinnst du den Ring im Silberberg, dann ist auch sie erlöst. Du aber wirst gebieten über den Berg und alle seine Schätze und der reichste Mann sein weit und breit.» Der Geselle war wie aus den Wolken gefallen und konnte nichts fragen und nichts sagen; er empfing den Ring und barg ihn im Busen. Aber da war die Jungfrau verschwunden, als wäre sie in der Erde versunken. Als der Jüngling, ganz stürm von allem, was er in dem Schlosse gesehen und gehört, wieder vor das Tor hinaus kam, da stand auch das Waldmännlein aufs Mal wieder da, hustete und räusperte sich in seinen Bart und kicherte und lachte. Es stand von einem Fuß auf den anderen, zwinkerte mit den Äuglein, klopfte auf die Tasche seines Tschöpleins und nahm ein seidenweißes Tüchlein hervor, das im Lichte in allen Farben des Regenbogens schillerte. Das band der Wicht an sein Stecklein und ließ es wie ein Fähnlein lustig im Winde flattern. Und ehe der Bursche sich's versah - er hätte nicht sagen können, wie's geschah - standen sie  schon vor dem Schloss auf der anderen Seite des Tales. Aber da war das Männlein aufs Mal auch wieder verschwunden. Der Jüngling griff in den Busen, holte den Ring hervor und hob ihn in die Höhe. Da erschien unter dem Fenster eine graue verhutzelte Alte, mit wirren verfilzten Haaren, in einer ganz zerschlissenen Schlutte, die war zündfeuerrot. Den einen Arm hielt sie in die Hüfte gestemmt, mit dem anderen aber schwenkte sie einen Schlüsselbund und mit heiserer Stimme schrie sie hinab: «Schlüssel, Schlüssel kling, klang, kling, Tief im Berge liegt der Ring. Geh mir, Fant, vom Schloss hier fort. Schleich dich hin zur Scheune dort. Schlüssel, Schlüssel, kling, klang, kling, Dorthin ich den Schlüssel bring.» Unweit von der Burg stand ein alter Stall und eine verfallene Sennhütte, die waren leer und verlassen. Der Geselle ging dahin und wartete vor der Hütte. Mittlerweile war es stockfinstere Nacht geworden. Der Mond war untergegangen und dunkle Wolken verbargen die Sterne. Da grunzte und quiekte es aufs Mal gar grässlich hinter dem Stalle, dass der Schauder dem Jüngling alle Haare sträubte, und plötzlich rannte eine große, schwarze Sau mit glühenden Augen und gesträubten Borsten auf ihn los, den rasselnden Schlüsselbund im Rüssel. Das Grausen packte den Gesellen, und lahmte ihm alle Glieder, aber er bis die Zähne aufeinander und klemmte die Nase zusammen und mit einem herzhaften Ruck riss er dem Untier die Schlüssel aus dem Maule. Grunzend stürzte die Sau davon. Da stand aufs Mal das Waldmännlein wieder da, hustete und räusperte sich in seinen Bart und kicherte und lachte. Es zwinkerte mit den Äuglein und klopfte dem Burschen mit seinem Stecklein auf die Schulter. Dann spannte es sein seidenweißes Tüchlein wieder aus, und im Nu standen sie selbander vor dem Silberberge. Aber da war das Männlein schon wieder verschwunden. Jetzt war guter Rat teuer. Denn die Fluh des Silberberges stieg glatt wie Glas empor, und nirgends war ein Tor zu sehen, nur Spalten, Klimsen und Ritzen. Vielleicht passt der Schlüssel in eines der Löcher, dachte der Geselle. Er probierte und da passte just der erste beste Schlüssel ins nächste Loch. Er drehte ihn dreimal um, und der Fels tat sich lautlos auf. Der Jüngling trat ein und kam in einen langen, schmalen Gang, daraus ein schwacher Schimmer drang. Er ging auf den Schein zu, und je weiter er vorwärts schritt, um so heller wurde es um ihn her, und die Wände begannen zu leuchten. Da endete der Gang, und er kam hinaus auf einen weiten überwölbten Platz, darin war ein kleines Seelein. Mehrere andere Gänge gingen von da aus strahlenartig nach allen Richtungen. Aber wie er genauer hinsah, gewahrte er, dass alles Gestein eitel Silber war, auch der Teich war aus flüssigem Silber, und rings träufelten aus dem Gewände und von dem Gewölbe Silbertropfen, und aus allen Klüften und Schlüften rieselten Silberbächlein in das Seelein, wie aus den Adern das Blut ins Herz sich ergießt. Aufs Mal aber hüb es an zu flimmern und zu glimmern in den Mündungen aller Gänge, Schächte und Stollen, und getrippelt und getappelt kamen hustend und prustend, sich räuspernd, kichernd und lachend unzählige winzig kleine, langbärtige Erdmännlein mit Hämmern und Hauen. Sie hatten spitzige Mützen auf, und an den Mützen vorn über der Stirn waren Edelsteine befestigt, die leuchteten heller als Grubenlichter. Voller Mutwillen hüpfend und müpfend, kichernd und trällernd, wuselten und diselten sie dem Gesellen um die Beine und kribbelten zwischen den Füßen durch Ameisen gleich, so dass er ganz irr und wirr wurde von all dem Gewimmel. Plötzlich stellten sie sich in einer Reihe auf, ordneten sich zu einem Zug und liefen flink durch den hellsten Gang tiefer in den Berg hinein. Der Geselle besann sich nicht lange, sondern folgte ihnen hurtig nach. Denn es nahm ihn nach allem gar sehr wunder, wie's weiter innen aussehen möchte. Da aber war eine Pracht allenthalben an Wänden und Gewölben, es ist nicht zum sagen: Alles Gestein strahlte und funkelte in den mannigfaltigsten Farben, es leuchtete wie das Abendrot auf den Gletschern und Gipfeln, es schimmerte wie der Schnee der Firne und glänzte grün und blau wie Gletschereis. Der Jüngling aber musste die Augen schließen ob all dem Glanz. Und alle Wasser und Quellen sangen und klangen tief aus dem Herzen des Berges herauf wie ferne Musik. Ei, was mag's wohl da unten erst für Herrlichkeiten geben! - dachte der Geselle, strich sich die Locken aus dem Gesicht, nahm den Rubinring der Jungfrau aus dem Busen und steckte ihn auf seine Kappe, denn wie die Erdmännlein wollte auch er den Stein sich leuchten lassen und mit etwas Schönem sich zeigen in all der Pracht. Er stand und drehte die Mütze in den Händen, beschaute den Ring, und siehe, aus dem Rubinstein leuchtete wunderhold das Bild der Jungfrau, dass er vor Entzücken schier verging. Er küsste den Ring, drückte sich die Mütze wieder aufs Haar und eilte dem Zug der Erdmännlein nach. Bald mündete der Gang aus, und vor ihm lagen weite, hohe Hallen, größer als die gröbste Kirche. In der Mitte war die Haupthalle und seitlich zwei Nebenhallen, die waren durch lange Reihen herrlicher Säulen getrennt. Die Schäfte der Säulen ruhten auf Sockeln von himmelblauem Saphir, und der Wulst gleißte wie flüssiges Rotgold. Die Schäfte waren aus purem Silber, sie schwollen nach der Mitte zu an und verjüngten sich nach oben. Die Häupter waren gebildet wie Feuerlilien, und darüber wölbten sich weitgespannte goldene Bogen und azurblaue Kuppeln, davon es strahlte und funkelte als wie von tausend Sternen und Sonnen. In der Tiefe der Haupthalle aber erhob sich über sieben steilen Stufen, die in den sieben Farben des Regenbogens glänzten, ein hoher, goldener Thron. Und auf dem Throne lag ein Kissen aus hellgrünem Sammet, und auf dem Kissen lag ein Ring mit einem leuchtenden Rubinstein, ganz dem Ringe gleich, der auf der Mütze des Jünglings prangte. Das war also der andere Ring, den er holen sollte. Wie der Geselle durch die Halle auf den Thron zuschritt, hüb der ganze Bau zu tönen an von sanft rauschender Musik, und alle Säulen und Gewölbe klangen. Da wuselten aufs Mal von allen Ecken und Enden die Erdmännlein herbei und hüpften und sprangen, tanzten und sangen und trieben mutwillig ihr Spiel mit dem Burschen, der eben die ersten Stufen des Thrones hinanstieg, so dass ihm schier Hören und Sehen verging. Wie er auf der dritten Stufe stand, warf er das Haupt zurück, um besser nach dem Ring auf dem Kissen sehen zu können, da fiel ihm die Mütze, die ihm nur lose auf den Locken saß, rückwärts vom Kopfe mitsamt dem Ring. Er wandte sich um, dass er sie aufhebe. Aber da ward's mit einem Schlage nachtschwarz und totenstill um ihn her. Der Jüngling fuhr aus dem Schlafe auf. Die Morgensonne schien golden durch die Baumwipfel, die Quellen und Bäche rauschten, und rundum im Walde zwitscherten die Vögel. Er aber saß unter derselben Tanne, unter der er sich am Abend zuvor niedergelegt hatte. Er wusch sich Gesicht und Augen frisch mit dem Morgentau und schaute in den hellen Tag und schüttelte den Kopf. Dann setzte er seine Mütze auf, zog ein Stück Brot aus dem Schnappsack, schoppte es in den Mund und nahm den Weg wieder unter die Füße. «Bei Gott», sagte er zu sich selber, «bei Gott, hinter mich schauen werd ich nimmermehr!» Quelle: Schweizer Märchen, Sagen und Fenggengeschichten, hrg. von Curt Englert-Faye, Zbinden Verlag Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Silberhütler

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Auf Allenschwanden bei Magdenau war ein gewalttätiger Schlossvogt. Dieser nahm sich in der nicht fernen Sennhütte selbst das Leben. Seitdem sieht man seinen Geist in den dortigen Weiden herumziehen und zum Schloss laufen. Sein Hut ist mit Silberborten geziert; daher nennt man ihn den Silberhütler.  N. Senn, Tagebuch. *** Im Weiher zwischen Magdenau und Dottenwil erschien oft ein Mann mit kurzem Röcklein, silbernem Hute und einem Haselstecken in der Hand. So sah man ihn bei Allenschwanden in den Weiden herum und zum Schlosse laufen. Sie nennen ihn den Silberhütler. Einst packte er einen Mann (Namens Krumm) im Guggenloche, trug ihn über Henau, wo er auf dem Kirchenturmknopfe mit ihm ausruhte, wanderte dann mit ihm in die Gegend von Gossau und liess ihn endlich frei. Später habe man ihn aus dem Weiher verjagt, und er wurde auf dem Magdenauer Kirchturme erblickt. Dr. Henne-Am Rhyn, Deutsche Volkssage. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 483, S. 283 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der silberne Baum

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Hoch oben an der Steienwand, die senkrecht in grauenhafte Tiefe gegen die Talebene zwischen Bärschis und Tscherlach abfällt, sickert an deren Westseite zuzeiten etwas Wasser aus einer Spalte und zeichnet weithin ein nasses Band an dieselbe. Einmal habe ein Venediger, der von Weesen her den Walensee passierte, mit seinem Bergspiegel diesen Fels und sein Wasserband genau und lange fixiert und dann gesagt: „Hinter dieser Wand, unweit der Stelle, wo das Wässerchen zu Tage tritt, steht ein riesengrosser Baum, der aus reinem Silber besteht. Wer ihn gewinnen könnte, würde überaus reich werden." Der Baum steht noch; denn keiner hat es bisher versucht, den Weg zu ihm zu finden.  O. Giger. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 348, S. 196 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der silberne Pflug

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Der silberne Pflug Der Gemeindebann Unterstammheim stösst an den Fuss des Rodelberges, eines vor Urzeiten durch einen früheren Rheinlauf vom Stammheimerberg abgetrennten, niederen Bergzuges. An diesem besitzen die Unterstammheimer - auf Thurgauerboden - noch ein ansehnliches Stück Gemeindewald. Auf der Kuppe dieses Rodelberges, so hört man im benachbarten Schlattingen, aber auch in Unterstammheim erzählen, habe einmal eine Burg gestanden. Und es sei dort noch jetzt ein silberner Pflug verborgen. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Winterthur und Weinland Schriftliche Mitteilung von a. Lehrer Emil Brunner in Oberstammheim.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der singende Pater

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Nach manchem Jahrhundert erst wurde auf den Trümmern der Burg Stadion ein Kloster gebaut. Fromme Kapuziner taten da ihre Arbeit, pflanzten heilsame Kräuter in ihrem Garten, lehrten die Bauern Lesen und Rechnen, und beteten und sangen in der Messe. Einer war unter ihnen, der war ein noch gar junger Pater, der sang schöner als alle andern und hörte auch für sein Leben gern singen. Wenn in warmen Sommernächten die Burschen aus dem Dorf zu singen anfingen, und Lied um Lied zu den Klostermauern hinauf schallte, da drückte es ihm schier das Herz ab, dass er nicht mit ihnen zusammen singen sollte. Denn keinem Pater war es erlaubt, nach dem Achtuhrschlag noch das Kloster zu verlassen, geschweige denn an weltlichen Gesängen mitzusingen. Eines Abends aber hielt er’s nicht mehr aus, und als er merkte, dass niemand ihn beobachtete, schlich er sich durch den Stall hinaus in das Klostergärtlein und sann nach, wie er wohl von hier aus ins Dorf gelangen könnte. Wie er so im Garten verborgen stand und den Burschen zuhörte, wohl auch selber die Weisen leise mitsang, da kam auf einmal hoch zu Ross ein schwarzer Reiter auf ihn zugeritten, hielt sein Pferd an, sah ihn mit glühenden Augen von oben bis unten an und sprengte, ohne ein Wort zu sagen, wieder ins Dunkel zurück. Darüber erschrak der Pater sehr und eilte so schnell er konnte wieder in seine Zelle zurück. Am andern Morgen fehlte er bei der Frühmesse, und wie ein Bruder ihn suchte, fand er ihn, wie er voller Fieber im Bett lag, wirre Lieder und unverständliche Worte schrie und auch nicht aufhörte, als man ihn mit guten Mitteln zu pflegen anfing. Nun aber kam in diesen Tagen ein anderer Pater ins Kloster, der ob seines Aussehens heimlich der «Kreuzbuckel» genannt wurde, und der verstand sich auf allerlei Künste und wusste mehr als die andern. So verstand er denn auch, was der Kranke in seinen Fiebern sang und sagte, und erschrak darüber gewaltig. Am Abend, als es dunkel wurde und die Burschen auf der Gasse wieder zu singen anhuben, da schlich sich der Kreuzbuckel in aller Stille zum Klostergarten, vergass aber nicht, sein Kreuz und Gebetbuch mitzunehmen. Als er draussen wartete, siehe, da kam wieder der kohlschwarze Reiter daher gesprengt, hielt vor ihm und schaute ihn mit glühenden Augen an. Der Kreuzbuckel aber erschrak nicht, hielt sein Buch und sein Kreuzlein dem Unheimlichen entgegen und beschwor ihn im Namen der Dreieinigkeit, nie und nimmermehr das Klostergebiet zu betreten. Mit einem grässlichen Schrei verschwand der Reiter in der Nacht und ward nie mehr gesehen. Ob es der Zwingvogt von Stadion war oder nicht, weiss niemand zu sagen.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Siwiboden

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Der Siwiboden ist eine schöne, aber futterarme Gegend. Die Sage erzählt, dass einst oberhalb des Bodens, wo heute nur Geröll liegt, ein Dorf oder sogar eine Stadt gestanden sei. Es gab Leute, die da noch ein Stück gute Strasse sahen, aber jeder konnte sie nur einmal im Leben beobachten. So erlebte es ein gewisser Furrer-Kaspar. Es sei eine prächtige Stadt mit einer wunderbaren Strasse. Auf beiden Seiten reihten sich Magazin an Magazin, ein wunderschönes Fräulein bediente dort; das sei verbannt, weil es zu Lebzeiten kein Herz für die Armen gehabt habe.   II Unterhalb des Siwibodens sollen noch Eisenringe sichtbar sein, wo man früher die Schiffe angebunden habe. Ein Ritter spazierte einst in dieser Gegend und nahm dann im benachbarten Weiler das Nachtessen ein. Von da an habe diese Weiler bis auf den heutigen Tag "Rittmahl" geheissen.   III Es ist eigenartig, dass in dieser schönen Gegend heute Grasmangel herrscht. Tatsächlich war es nach der Sage nicht immer so. Sie berichtet, dass früher unter der Siwileri hundert Kühe, zwischen ihr und der Gsponeri hundert Rinder, und oberhalb der Gsponeri tausend Schafe gesömmert werden konnten. Die Kühe mussten dreimal des Tages gemolken werden, bis eine leichtlebige Frau, der Arbeit überdrüssig, verwünscht habe: «Verflucht sei Muttrina und Hahnenfuss, dass ich dreimal im Tag das Kühlein melken muss!» Seit dieser Zeit verschwand das fette Gras in dieser schönen Gegend.   lV Auf dem Siwiboden fand man noch Überreste von Backofen- und Mühlsteinen. Man habe sie in der Nähe eines Frauenklosters gefunden, das dort in den ersten christlichen Zeiten existiert habe. Da seien auch weit und breit die besten Apfel gereift. EISTEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Sodbrunnen

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Bei dem Dorfe Sennwald im Kanton St. Gallen liegt auf einem bewaldeten Felsen, von dem man ein schönes Stück Wald zu übersehen vermag, die Ruine der alten Burg Forsteck. Nur noch ein Turm und etwas Mauer ist von der vormaligen starken Bergfeste übriggeblieben. Die Burg gehörte einst den Freiherren von Hohensax, und im Tal ging die Sage, daß sich allemal ein Fels vom Berg löse und mit großem Gepolter in den Burghof hinunterfalle, wenn einer der Herren von Hohensax sterben müsse. Einmal lebte auf dieser Burg ein junger Freiherr, der eine große Freude an der Jagd hatte und schier Tag und Nacht in den weiten Wäldern seiner Herrschaft herumstreifte. Eines Tages, als er wieder mit seinen Weidgesellen zur Jagd ging, kam er im Jagdeifer unversehens von ihnen ab und verirrte sich also, daß er sich in dem dunklen Walde gar nicht mehr zurechtfinden konnte. Er lief und lief, aber er kam nicht aus dem Walde. Das wunderte ihn sehr, denn es war ihm immer, er höre, nicht weit weg, die Stimmen seiner Jagdgenossen. Doch wie er ihnen auch zurief, es kam nur immer seine eigene Stimme von den Felswänden zurück. Es ward ihm unheimlich. Er dachte, er sei gewiß auf einer Irrwurzel gestanden und müsse nun immer im gleichen Kreise herumlaufen. Doch als er nun, aufgebracht, vorwärts durchs Dickicht rannte, hielt er auf einmal erstaunt an, denn vor ihm war eine Höhle, die er auf seinen vielen Streifereien im Wald noch nie bemerkt hatte. Er fällte seinen Jagdspieß und drang in die Höhle ein, denn vielleicht schlief darin ein Bär, den er erlegen konnte. Doch die Höhle ward immer länger, und wie er einige hundert Schritte gelaufen war, stand er auf einmal vor einer eisernen Türe. Eine Weile schaute er sie mißtrauisch an. Was mochte wohl dahinter verborgen sein? Obwohl es ihm etwas unheimlich zumute war, überwog doch die Neugier. Er stieß an die Türe, worauf sie knarrend aufsprang. Aber erschrocken stand er einen Augenblick da, ließ den Spieß fallen und bedeckte mit beiden Händen die Augen, also blendete ihn ein wunderbarer Glanz. Als er wieder aufschaute, sah er vor sich eine unendlich weite Halle, deren Wände von reinstem Golde waren. Und in der Halle liefen viele Hunderte kleiner Zwerge mit langen Bärten und blauen Röcklein emsig wie die Ameisen herum und trugen in Körben Lasten Goldes, die als bröcklige Stücke an den Wänden herumlagen, in der Mitte der Halle, wo ein ungeheurer Schmelzofen stand, aus dem das geschmolzene Gold in leuchtenden schmalen Rinnen abfloß. An den Wänden aber arbeiteten ebenso viele Zwerge, die das Gold herabhämmerten. Staunend schaute der junge Freiherr den fleißig drauflosschaffenden Zwergen zu, die ihn gar nicht zu bemerken schienen. Dann blickte er wieder in den gewaltigen Schmelzofen, in dem die Goldbrocken brodelten und zerflossen. Doch schmerzten ihn hiebei die Augen, und ein feiner Goldstaub stieg von den Wänden her also in seine Nase, daß er auf einmal gewaltig niesen mußte. "Hatschi, hatschi!" hallte es durch das mächtige Gewölbe. Doch kaum hatte er geniest, so wurden die Zwerge unruhig und fingen an, durcheinanderzulaufen, ganz so wie die Ameisen in einem Tannennadelhaufen, wenn man mit einem Stock dreinstößt. Und dann begann es erst fernher und dann immer näher zu donnern, und mit einem Male gab es einen fürchterlichen Donnerschlag. Der junge Freiherr von Hohensax, der, zu Tode erschrocken, zusammengefahren war, fühlte sich gepackt. Er wurde von einer unsichtbaren Macht wie von einem Wirbelsturm herumgerissen, durch Felsklüfte geschleudert und schließlich ins Wasser geworfen. Er hielt sich schwimmend über Wasser, bis er in einem schwachen Schein, der aus unendlicher Weite in die schauerliche Tiefe drang, einen Wassereimer erblickte, der eben in die Tiefe zu ihm herabglitt. Wie nun der Eimer neben ihm ins Wasser tauchte, setzte er sich geschwind darauf und klammerte sich in verzweifelter Angst an das dicke Seil, an dem er hing. Und siehe, jetzt fing der Eimer an zu schwappeln und sich zu bewegen, und langsam aber stetig wurde er emporgezogen. Es dünkte den jungen Freiherrn, es dauere stunden- und stundenlang, bis der schwache Lichtschein wuchs und daraus etwas wie ein rundes, weißes Mäuseloch wurde. Nach und nach aber vergrößerte sich das Mäuseloch und ward etwas wie ein kleines, rundes Fensterlein daraus. Und endlich, nach langer Fahrt, wurde das runde Fensterlein zu einem großen, runden Loch, in das der Himmel hereinblaute, der dem Freiherrn seiner Lebtag noch nie so blau vorgekommen war. Und mit einem Male wurde der Eimer rascher angezogen. Er fuhr zum Loch hinaus, und siehe, da hockte der Freiherr im Eimer, der am Brunnenaufzug in seinem eigenen Schloßhofe zu Forsteck hing, und schaute sich mit großen Augen rundum. Aber dann fiel ihm etwas ein. Er tat noch einen raschen Blick in die ungeheure, gähnende Tiefe der Brunnenstube und sprang dann behend aus dem Eimer. Die alte Schloßmagd aber, die ihn ahnungslos aus dem schauerlichen Schlund heraufgehaspelt hatte, schlug ein über das andere Mal die Hände über dem Kopf zusammen und wieherte schier vor Verwunderung darüber, daß sie ihren Herrn, der doch vor kurzem auf die Jagd gegangen war, im Eimer aus dem Sodbrunnen des Schloßhofes gewunden hatte. Von da an dachte sie sich von der Brunnenstube ihre Sache. Später ritt der Freiherr von Hohensax noch öfters in den Wald und mit ihm viele mutige Weidgesellen. Sie hätten zu gerne einen herzhaften Griff ins Gold der Zwerge getan. Doch wie sie auch den Wald nach allen Richtungen absuchten, sie vermochten die geheimnisvolle Höhle nie wieder aufzufinden. Jedoch hört man seither und besonders zwischen ausgangs Heumonat und ausgangs August um die Forsteck ein seltsames Klingeln wie das Klingeln des Pferdegerölls bei Winterschlittenfahrten. Einige sagen, es komme davon, daß die Zwerge dann das Gold von den unterirdischen Wänden abmeißeln, und die andern sagen, es klingle so, wenn die Zwerge einen Feiertag haben und Musik machen. Die Leute jener Gegend nennen dieses seltsame Klingeln das Bergklingeln. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Sodhubel bei Safenwil

Source: Der Sodhubel bei Safenwil

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... Wenn man nämlich, um von Safenwil nach dem eine Stunde entfernten Zofingen zu gehen, den Fußweg über den Brünnligberg einschlägt, so führt derselbe auf der Berghöhe rechter Hand zu einem kleinen Waldvorsprung hinaus, wird dann schmaler und verwachsener und mündet auf einer bewaldeten, ringsum abgerundeten Anhöhe. Sie heisst Sodhubel, eine Viertelstunde von Safenwil entfernt und in die Dorf-Gemarkung gehörend. Diese Anhöhe ist nach dem Sodbrunnen benannt, der auf ihrer Mitte liegt, ein kreisrundes Loch von fünf Fuß Durchmesser. Alle Winde wehen den Brunnen voll Waldlaub, Schutt und Schnee, gleichwohl mag seine jetzige Tiefe immer noch gegen hundert Fuß betragen, denn es dauert eine ziemliche Zeit, bis man den hinabgeworfenen Stein unten aufprallen hört. Man will ihn jetzt gänzlich zuschütten, weil es schon öfters vorgekommen ist, daß Jagdhunde in Verfolgung eines Wildes in ihn hinabstürzten und umkommen mußten. Wendet man dem Brunnen den Rücken und geht einige Schritte am nördlichen Abhange des Hügels hinab; so steht man abermals vor einem Erdloche. Der Einschlupf ist sehr enge, jedoch erweitert sich die Höhle gegen innen und kann auf hundert Schritte begangen werden, dann aber soll sie plötzlich senkrecht abfallen. Ein neuerer Versuch, ihr Inneres zu erforschen, mißlang, die stockende Luft löschte Licht und Fackel aus.  Auf dieser Stelle fanden sich vor nicht langer Zeit noch Mauertrümmer vor, sie sind verschwunden, seitdem hier ein Steinbruch angelegt ist. Es waren die letzten Reste eines Schlosses, das man Scherenberg nennt. Noch heißen die nächsten Landstücke Schloßweid, Schloßrain, Schloßweg. Jener Brunnen, heißt es nun, war also der Burgbrunnen, und die Höhle entweder das Burgverließ, oder ein geheimer Ausgang für den belagerten Zwingherrn. Dieser war ein leidenschaftlicher Jäger gewesen. Mit seinen Troße zertrat er den Bauern alle Saaten. Dafür nahmen diese Rache und zerstörten ihm, während er gerade in der Abtei Sankt Urban auf Besuch war, sein Schloß. Als Wut darüber nahm er sich selbst das Leben.  So oft es nun anderes Wetter geben will, sehen ihn die Leute mit zwei rot- und weißgefleckten Hunden aus dem Wäldchen des Brunnligberges heraustreten. Er geht in grüner Tracht mit Büchse und Weidsack, aber ohne Haupt. Beständig den Hunden rufend, schreitet er quer über den Anger und verschwindet immer an der gleichen Waldspitze. So zeigt er sich am Tage; in später Nacht aber fährt er in einer rasselnden Karosse über den Berg, oder er wandelt als flackerndes Licht den Fußpfad bis zu den nächsten Häusern hinab, wendet auf halbem Wege wieder um und umkreist etliche Male seinen Hubel. Da darf ihm niemand in seine Bahn kommen, es ist der Glaube vieler Leute, daß er einen in den Sodbrunnen oder in die Höhle stürzen würde. Im Dorfe vermutet man, daß auch die folgenden Erscheinungen mit der des Scherenberger Zwingherrn zusammenhängen. Es kommt durch Safenwil von Zeit zu Zeit des Nachts das stets gleiche Mutterschwein mit einer immer gleichen Zahl Ferkel gelaufen. Seinen Weg nimmt es von dem sogenannten Büntli her, einer eingefriedeten Landstrecke, und es verschwindet da, wo aus dem Abbruche eines alten Bauernhauses die jetzige Färberei im Dorfe gebaut worden ist. In diesem Gebäude aber nahm es die Gestalt eines ungeheuren Mannes an, der mit langen Beinen und wie auf Stelzen schreitend in gewaltigen Schritten bis auf die Trockenböden hinaufstieg. Statt seines Hauptes sah man nur seinen übergrossen Hut. So beschreiben es der Färbermeister, sonst ein tüchtiger und kluger Mann, und die Männer, die der Reihe nach die Nachtwache im Fabrikgebäude zu halten haben. Stets nahm es seinen Weg gegen einen Balken zu, der zur Stütze eines Türbalkens noch nicht lange in den Saal gestellt worden war, und verschwand alsdann. Man musste auf den Rat der Wächter diesen Balken hinweg nehmen und verbrennen. Das Lokal wurde umgeändert und ein Dampfkessel hineingesetzt. Seitdem hat hier die Erscheinung ein Ende genommen.  (Seminarist Rud. Scheuermann, und Kantonsschüler A. Hüssh vom Safenwil.) Sage aus Safenwil Band 3.1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962, S. 71 - 73 Notiz: Zu Beginn den grössten Teil des ersten Absatzes entfernt, da dies nichts mit den Örtlichkeiten der Geschichte zu tun hat. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Sohn der Bärin

Source: Der Sohn der Bärin

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Ein Vater und eine Mutter arbeiteten einmal am Rand eines grossen Waldes. Ihr Kleiner schlief unter einer Esche. Aber in diesem Wald war eine Bärin, die kam und schleppte den Kleinen in ihre Höhle. Als sie mit ihrer Arbeit fertig waren, suchten die Eltern das Kind, aber vergebens. «Die Bärin hat unsern Kleinen genommen», sagte der Vater zur Mutter. «Den sehen wir nie mehr.» Die Bärin sorgte für den Kleinen; sie gab ihm täglich die Brust. Nach fünf Jahren ging sie eines Tages mit ihm in den Wald, zeigte ihm eine Tanne und sagte: Reiss dieses Tännlein aus!» Aber der Bub konnte dies nicht. «Du Kleiner, du hast noch nicht genug an der Brust gesogen», meinte die Bärin dazu, «Ich kann dich noch nicht entwöhnen!» Nach fünf Jahren liess die Bärin es den Burschen wieder versuchen, ob er die Tanne ausreissen könne, aber er konnte es nicht. «Ich muss dich noch ein wenig säugen», meinte die Bärin und gab ihm weitere fünf Jahre die Brust. Jetzt riss der Bursche die Tanne samt der Wurzel und allem dran aus. Das gefiel der Bärin, und sie befahl ihm, nach Hause zu gehen. Das macht der Bursche, er nimmt seine Tanne in die Hand und geht zu seinen Leuten. Seine Mutter erkennt ihn nicht und hält ihren Sohn für einen Fremden. Er verlangt trotzdem etwas zu essen, und als die Mutter einen Brotlaib vom Gestell herunterholen will, fegt er mit seiner Tanne alles Brot herunter und isst es auf. Dann steigt er in den Keller und trinkt ein Fass Wein in einem Schluck aus. Da fängt die Mutter an, mit diesem Fresser zu schimpfen. Fuchsteufelswild rennt der Sohn der Bärin aus seinem Vaterhaus und in die Berge hinauf, um ein Rudel Gemsen zu jagen, und mit dieser Last ist er nach Hause zurück. Er schmeisst die Gemsen in die Küche und schreit seine Mutter an: «Hier ist Fleisch für das bisschen Brot und den Tropfen Wein, den ich getrunken habe!» und geht fort. In einem fremden Land verdingte er sich als Knecht; als Lohn verlangte er nichts anderes, als seinem Meister eine auf den Rücken hauen zu dürfen. Aber als der Herr merkte, was für eine schreckliche Kraft sein Knecht hatte, bekam er Angst, und er bereute es, ihn für diesen Lohn angestellt zu haben. Und der Meister überlegte sich Tag und Nacht, wie er ihn um die Ecke bringen könne. Eines Tages schickte der Meister den Knecht in die Hölle Er solle das Mehl holen, welches die Teufel für ihn gemahlen hätten. Um das Mehl heraufzutragen, machte der Meister viele Säcke bereit, doch der Starke war damit nicht zufrieden. «Was sollen diese Säcklein!» sagte er und erschlug zwei Ochsen, zog ihnen die Häute ab und nähte diese zu einem Sack zusammen. Damit stieg er in die Hölle und verlangte Mehl. Die Teufel mussten lachen und sagten, er sei ein Depp. Der Starke aber liess sich nicht an der Nase herumfuhren, und er verhaute die Teufel derart, dass sie seinen Sack voll Mehl herbeischleppen mussten. Am Abend kam er mit seinem Sack heim und sagte zum Meister, das seien doch ungehobelte und grobe Müller. Er solle doch ein andermal irgendwo in der Nähe das Korn zum Mahlen geben. Der Meister dachte: «Schick’ ihn das nächste Mal in die Hölle, um Geld zu holen. Das geht ans Lebendige, da werden die Teufel aber andere Sprünge machen!» Also schickte er seinen Knecht zum zweiten Mal in die Hölle, diesmal um Geld zu holen. Die Teufel, die noch vom letzten Mal braunblaue Flecken hatten und wussten, was für Muskeln der Starke hatte, gaben ihm so viel Geld, wie er wollte. Als er den Knecht mit so viel Geld von der Hölle heraufkommen sah, bekam der Meister furchtbar Angst. Da aber an diesem Tag das Dienstjahr zu Ende ging, haute der Knecht dem hinterlistigen Meister eine runter, dass er sieben Tage weit spickte. Das ist eine Geschichte von früher gewesen.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Sohn, der drei Nächte am Grab des Vaters wacht

Source: Der Sohn, der drei Nächte am Grab des Vaters wacht

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Es war ein Vater, der hatte drei Söhne. Er war ziemlich alt und wurde aufs Alter hin krank. Zwei Söhne waren flinke Kerle, doch einer war nur ein Trottel. Der war meistens im Stall beim Vieh und dergleichen. Die beiden andern waren stolz und hatten viel Vermögen. Ehe der Vater starb, sagte er, sie müssten drei Nächte lang am Grab wachen. Und sie machten es so, wie es der Vater gewünscht hatte, und kamen überein, dass jeder eine Nacht gehen solle, und sie losten aus, welchen es als Ersten träfe. Es fiel den beiden Gescheiten zu, vor dem Trottel zu gehen. Da sagte der Erste, der an der Reihe war, zum Trottel: «Geh du heute für mich», und der Trottel ging. Um Mitternacht erschien der Vater, drückte ihm ein Halfter in die Hand und sagte, wenn er dieses schwinge, so komme ein Pferd zum Vorschein, und er werde ein ganz schöner Mann. Und die nächste Nacht, als der Zweite an der Reihe war, machten sie es gleich. Der Trottel ging an Stelle des Zweiten, und der Vater erschien wie das erste Mal, bloss das Halfter war ein wenig schöner. Am dritten Abend war es an ihm selber zu gehen, was er auch tat. Er erhielt wieder ein Halfter, ein noch schöneres als die beiden andern. Die Halfter versteckte er. Da liess der König verkünden, jener, der im Stande sei, auf einen hohen Holzstoss zu springen und seiner Tochter einen Kuss zu geben, könne sie heiraten. Die beiden Brüder des Trottels machten sich auch bereit, denn sie wollten auf dem Fest versuchen, ob einer auf den Holzstoss gelange. Vorher kämmten und schniegelten sie sich, und der Trottel ging in die Stube und sah zu, wie die andern sich sorgfältig herausputzten. Dann gingen sie. Als sie weg waren, nahm der Trottel das erste Halfter hervor, das ihm der Vater gegeben hatte, schwang es einmal, und es verwandelte sich in ein Pferd, und er wurde ein schöner Mann. Er bestieg sein Pferd, holte die andern ein und ritt recht stolz an ihnen vorbei, und das Pferd bespritzte die zwei mit Kot. Er kam zu einer Wirtschaft, stellte sein Pferd ein und liess die andern voranreiten. Dann ging auch er ans Fest. Er schaffte es, auf den Holzstoss zu gelangen und gab der Königstochter einen schönen Kuss auf eine Backe. Sonst war niemand dazu im Stande gewesen, doch er liess sich nicht zurückhalten und ritt nach Hause. Der König liess wiederum verkünden, er wolle herausfinden, wer auf den Holzstoss gelangen könne, und es ging wie beim vorigen Mal. Nun mussten sie zum dritten Mal antreten, und diesmal hatte der Vater der Tochter befohlen, sie solle ein Stück vom Ohr des Reiters abbeissen. Der Trottel schaffte es zum dritten Mal, da biss sie ihm ein Ohr ab, doch er entkam wieder, ohne dass es jemand merkte. Der König befahl zwei Männern, in jedes Haus zu gehen und den mit dem Ohrstummel zu suchen. Die Männer kamen auch in jenes Haus und fanden die zwei Gescheiten; der Trottel war im Stall unten. Sie fragten, ob nicht noch mehr da seien. «Nein, aber wir haben schon noch einen Bruder, aber der ist im Stall unten beim Vieh, der war es sicher nicht.» Sie sollten ihn rufen, befahlen die beiden Männer. Die Brüder mussten nachgeben und riefen den Trottel. Der kam, sie nahmen ihn beiseite, untersuchten ihn und sahen, dass ein Stück Ohr fehlte. Sie hielten dieses an ihm hin, und genau der Trottel war es, der auf den Holzstoss gelangt war. Und die andern beiden, die Stolzen und Frechen, waren eben dümmer als ihr Bruder, welcher immer im Stall bleiben musste und für dumm gehalten wurde. Und der nahm sein Halfter hervor, ging zur Königstochter und hielt Hochzeit mit ihr, und er war weitergekommen als die andern, durch das Wachen am Grab des Vaters. (Schams)   Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Soldat

Source: Der Soldat

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Eines Tages marschierte ein armer Soldat auf einer Strasse mit seinem Tornister auf dem Rücken. Er hatte nur zweimal drei Kreuzer im Sack, drei für das Brot und drei für den Schnaps. Unterwegs begegnete er einem ganz armen alten Mann, der um ein Almosen bettelte. Unser Soldat gab ihm drei Kreuzer. Nicht viel später begegnete er einem noch viel ärmeren Mann, der bettelte so jämmerlich, dass der Soldat, der ein goldenes Herz hatte, ihm die für den Schnaps vorgesehenen drei Kreuzer gab. Der Soldat wollte davongehen, da sagte der Arme: «Wart' ein bisschen! Der erste Arme ist der heilige Petrus gewesen, und ich bin der Herrgott!» Ganz verdattert stand der Soldat da. «Fordere jetzt von mir, was du willst! Ich will es dir geben!» sagte der Herrgott weiter. «Es soll gelten!» meinte der Soldat darauf und verlangte, dass jeder, wenn er es wolle, in seinen Tornister müsse.  Lachend ging der Soldat weiter, und spät am Abend kam er zu einem alten Schloss, so alt wie Brot und Brei. Und er fand ein Zimmer, wo wie für einen König gedeckt war. Er trank gut und ass gut, dann legte er sich ins Bett. Um Mitternacht zog jemand an seiner Decke, bis er wach war, und der Soldat sagte: «Ab in meinen Tornister!" Am andern Morgen war sein Tornister aufgetrieben wie ein Pfannkuchen. Er nahm ihn trotzdem auf den Rücken und marschierte zur Schmiede drunten am Hügel. Er erzählte dem Schmied, wo er die letzte Nacht geschlafen habe, und der konnte es kaum glauben. «Alle, die hier übernachtet haben, hat nämlich der böse Geist erwürgt», sagte der Schmied. Erst jetzt erinnerte sich der Soldat an den Tornister und hiess den Schmied, er solle mit dem gros sen Hammer draufhauen, bis der Tornister so flach sei wie eine Maus. Das machte der Schmied gern, und er schlug auf den Tornister ein, dass es dröhnte. Als der Soldat und der Schmied dann den Tornister öffneten, flog ein Teufel heraus. Er hinkte und war ganz mitgenommen, und er machte sich aus dem Staub.  Nach vielen Tagen und Jahren und manch bösem Streich starb der Soldat. Aber der heilige Petrus meinte, als er vor das Himmelstor kam, er habe zu grosse und schwere Sünden begangen, um in den Himmel zu kommen.Der Soldat kehrte um und stieg zur Hölle hinunter. Aber kaum hatte der hinkende Teufel, der an diesem Tag Wache hielt, ihn gesehen, schrie er: «Macht die Tore zu und lasst diesen Kerl ja nicht herein! Er wird uns alle zu Brei schlagen!»  Der Soldat musste zum Himmelstor zurück. «Dort unten wollen sie mich nicht; lass mich wenigstens meinen Tornister in den Himmel werfen!» Dies erlaubte der heilige Petrus, und der Soldat sagte sogleich: «Wär ich doch in meinen Tornister!» Augenblicklich war er im Himmel, nämlich in seinem Tornister. Schnell kroch er heraus und spazierte von nun an im Himmel herum wie ein grosser Heiliger.  330B Aus: Die drei Winde: C.Decurtins/U.Brunold-Bigler, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Chur 2002 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Soldat

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Eines Tages marschierte ein armer Soldat auf einer Strasse mit seinem Tornister auf dem Rücken. Er hatte nur zweimal drei Kreuzer im Sack, drei für das Brot und drei für den Schnaps. Unterwegs begegnete er einem ganz armen alten Mann, der um ein Almosen bettelte. Unser Soldat gab ihm drei Kreuzer. Nicht viel später begegnete er einem noch viel ärmeren Mann, der bettelte so jämmerlich, dass der Soldat, der ein goldenes Herz hatte, ihm die für den Schnaps vorgesehenen drei Kreuzer gab. Der Soldat wollte davongehen, da sagte der Arme: «Wart' ein bisschen! Der erste Arme ist der heilige Petrus gewesen, und ich bin der Herrgott!» Ganz verdattert stand der Soldat da. «Fordere jetzt von mir, was du willst! Ich will es dir geben!» sagte der Herrgott weiter. «Es soll gelten!» meinte der Soldat darauf und verlangte, dass jeder, wenn er es wolle, in seinen Tornister müsse.  Lachend ging der Soldat weiter, und spät am Abend kam er zu einem alten Schloss, so alt wie Brot und Brei. Und er fand ein Zimmer, wo wie für einen König gedeckt war. Er trank gut und ass gut, dann legte er sich ins Bett. Um Mitternacht zog jemand an seiner Decke, bis er wach war, und der Soldat sagte: «Ab in meinen Tornister!" Am andern Morgen war sein Tornister aufgetrieben wie ein Pfannkuchen. Er nahm ihn trotzdem auf den Rücken und marschierte zur Schmiede drunten am Hügel. Er erzählte dem Schmied, wo er die letzte Nacht geschlafen habe, und der konnte es kaum glauben. «Alle, die hier übernachtet haben, hat nämlich der böse Geist erwürgt», sagte der Schmied. Erst jetzt erinnerte sich der Soldat an den Tornister und hiess den Schmied, er solle mit dem gros sen Hammer draufhauen, bis der Tornister so flach sei wie eine Maus. Das machte der Schmied gern, und er schlug auf den Tornister ein, dass es dröhnte. Als der Soldat und der Schmied dann den Tornister öffneten, flog ein Teufel heraus. Er hinkte und war ganz mitgenommen, und er machte sich aus dem Staub.  Nach vielen Tagen und Jahren und manch bösem Streich starb der Soldat. Aber der heilige Petrus meinte, als er vor das Himmelstor kam, er habe zu grosse und schwere Sünden begangen, um in den Himmel zu kommen.Der Soldat kehrte um und stieg zur Hölle hinunter. Aber kaum hatte der hinkende Teufel, der an diesem Tag Wache hielt, ihn gesehen, schrie er: «Macht die Tore zu und lasst diesen Kerl ja nicht herein! Er wird uns alle zu Brei schlagen!»  Der Soldat musste zum Himmelstor zurück. «Dort unten wollen sie mich nicht; lass mich wenigstens meinen Tornister in den Himmel werfen!» Dies erlaubte der heilige Petrus, und der Soldat sagte sogleich: «Wär ich doch in meinen Tornister!» Augenblicklich war er im Himmel, nämlich in seinem Tornister. Schnell kroch er heraus und spazierte von nun an im Himmel herum wie ein grosser Heiliger.  330B Aus: Die drei Winde: C.Decurtins/U.Brunold-Bigler, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Chur 2002 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Soldat

Source: Der Soldat

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Eines Tages marschierte ein armer Soldat auf einer Strasse mit seinem Tornister auf dem Rücken. Er hatte nur zweimal drei Kreuzer im Sack, drei für das Brot und drei für den Schnaps. Unterwegs begegnete er einem ganz armen alten Mann, der um ein Almosen bettelte. Unser Soldat gab ihm drei Kreuzer. Nicht viel später begegnete er einem noch viel ärmeren Mann, der bettelte so jämmerlich, dass der Soldat, der ein goldenes Herz hatte, ihm die für den Schnaps vorgesehenen drei Kreuzer gab. Der Soldat wollte davongehen, da sagte der Arme: «Wart ein bisschen! Der erste Arme ist der heilige Petrus gewesen, und ich bin der Herrgott!» Ganz verdattert stand der Soldat da. «Fordere jetzt von mir, was du willst. Ich will es dir geben!», sagte der Herrgott weiter. «Es soll gelten!» meinte der Soldat darauf und verlangte, dass jeder, wenn er es wolle, in seinen Tornister müsse. Lachend ging der Soldat weiter, und spät am Abend kam er zu einem alten Schloss, so alt wie Brot und Brei. Und er fand ein Zimmer, wo wie für einen König gedeckt war. Er trank gut und ass gut, dann legte er sich ins Bett. Um Mitternacht zog jemand an seiner Decke, bis er wach war, und der Soldat sagte: «Ab in meinen Tornister!» Am andern Morgen war sein Tornister aufgetrieben wie ein Pfannkuchen. Er nahm ihn trotzdem auf den Rücken und marschierte zur Schmiede drunten am Hügel. Er erzählte dem Schmied, wo er die letzte Nacht geschlafen habe, und der konnte es kaum glauben. «Alle, die hier übernachtet haben, hat nämlich der böse Geist erwürgt», sagte der Schmied. Erst jetzt erinnerte sich der Soldat an den Tornister und hiess den Schmied, er solle mit dem grossen Hammer draufhauen, bis der Tornister so flach sei wie eine Maus. Das machte der Schmied gern, und er schlug auf den Tornister ein, dass es dröhnte. Als der Soldat und der Schmied dann den Tornister öffneten, flog ein Teufel heraus. Er hinkte und war ganz mitgenommen, und er machte sich aus dem Staub. Nach vielen Tagen und Jahren und manch bösem Streich starb der Soldat. Aber der heilige Petrus meinte, als er vor das Himmelstor kam, er habe zu grosse und schwere Sünden begangen, um in den Himmel zu kommen. Der Soldat kehrte um und stieg zur Hölle hinunter. Aber kaum hatte der hinkende Teufel, der an diesem Tag Wache hielt, ihn gesehen, schrie er: «Macht die Tore zu und lasst diesen Kerl ja nicht herein! Er wird uns alle zu Brei schlagen!» Der Soldat musste zum Himmelstor zurück. «Dort unten wollen sie mich nicht; lass mich wenigstens meinen Tornister in den Himmel werfen!» Dies erlaubte der heilige Petrus, und der Soldat sagte sogleich: «War ich doch in meinen Tornister!» Augenblicklich war er im Himmel, nämlich in seinem Tornister. Schnell kroch er heraus und spazierte von nun an im Himmel herum wie ein grosser Heiliger.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Soldat in den Neiglen

Source: Der Soldat in den Neiglen

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Vor etwa 5 Jahrzehnten befand sich in den Neiglenwiesen der Friedhof der französischen Soldaten, die nach ihrer Internierung 1871 infolge der erlittenen Strapazen unterlagen. Viele vermochten sich trotz der besten Pflege nicht mehr von ihren Leiden zu erholen. In Freiburg bestattete man die verstorbenen Internierten in einem besonderen Gottesacker am Ufer der rauschenden Saane. Der unbändige Alpenfluss sang den fremden Kriegern sein geheimnisvolles Schlummerlied. Nicht alle fanden im Grabe auf fremder Erde ihre Ruhe. Von Zeit zu Zeit bemerkte man in hellen Nächten einen Soldaten in französischer Uniform herumwandeln. Jedes Mal schlug die Gestalt den gleichen Weg ein. Sobald die Glocke im St.-Niklaus-Turm über Grabensal hinüber nach dem Neiglenfriedhof die Mitternachtsstunde verkündete, begann der ruhelose Krieger seine Wanderung vom Friedhof bis zum Neiglenbad hinunter. Wem es gelang, den Wandler näher anzuschauen, der musste eine grausige Wahrnehmung machen: der umherirrende Franzosenkrieger spazierte ohne Kopf daher. Man sah nur den glatten Halsstumpf über dem Uniformkragen herausragen. Das Umherirren des ruhelosen Soldaten soll längere Zeit angedauert haben. In solchen Nächten mieden die Gäste das Neiglenbad, oder wer schon dort sass, übernachtete daselbst; denn es war nicht jedermanns Geschmack, mit einem Soldaten ohne Kopf Bekanntschaft zu machen. Später rutschte ein Teil des Kriegerfriedhofs ins Saanebett hinunter. Nach Anlegung des neuen Friedhofs in Sankt Leonhard wurden die noch vorhandenen Särge der Franzosen in den neuen Friedhof überführt und daselbst gemeinsam bestattet. Merkwürdig, von der Zeit an soll das Umherwandeln des Soldaten ohne Kopf ein Ende genommen haben.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Soldat und der Teufel

Source: Der Soldat und der Teufel

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Zur Zeit der fremden Dienste war in einem Schweizer Regiment ein Soldat, der sich immer schlecht mit seinem Hauptmann vertrug. Der böse Kommandant quälte und plagte ihn bis aufs Blut. Eines Tages schob der Soldat ganz wütend vor dem Stadttor Wache. Im Auf- und Abgehen sagte er zu sich: «Lieber sieben Jahre lang dem Teufel dienen als eines hier!» Kaum hatte er das gesagt, sah er einen Herrn in Grün auf ihn zukommen. Der fragte den Soldaten, ob er sieben Jahre lang dem Teufel dienen wolle. «Für einen guten Lohn, warum nicht?», antwortete der Soldat. Darauf nahm der Herr in Grün den Soldaten mit, und in wenigen Minuten waren sie weit fort von der Stadt. Bei einem Wirtshaus machte der Böse Halt, und beide traten ein. Der Herr in Grün bezahlte dem Soldaten sehr gutes Essen und liess ihn Wein und Schnaps trinken, soviel er mochte. Dann gingen sie weiter und kamen zur Hölle. Dort sah der Soldat nur reihenweise Kessel, mit Deckeln darauf und Feuer darunter. Neben jedem Kessel stand ein Mann, nur bei einem schaute keiner zum Feuer. Dorthin führte der Böse den Soldaten und sagte: «Darunter machst du jetzt Feuer, immer gleichmässig, aber so, dass es gut kocht. Den Deckel aber lass in Ruhe!» Der Soldat führte den Befehl des Bösen aus, und der kam jedes Jahr einmal, um zu sehen, wie es gehe. Aber im siebten Jahr wurde der Soldat von einer schrecklichen Neugier geplagt, und er schaute nach, wie sein Fleisch kochte. Als er in den Kessel blickte, sah er seinen Hauptmann drin brodeln. Jetzt dachte er: «Feuer machen, damit der etwas davon hat!» und er legte Holz darunter, dass man es vor Hitze kaum aushielt. Da kam der Teufel hinzu und sagte: «Nicht wahr, du hast in den Kessel geschaut?» Der Soldat erzählte dann dem Teufel von der Neugierde, die ihn geplagt habe, und es habe ihm Spass gemacht, dem Hauptmann ein wenig einzuheizen. «Jetzt aber sind die sieben Jahre vorbei!» meinte der Böse und gab ihm eine schöne Tasche voll Geld als Lohn. «Einen Rat gebe ich dir noch auf den Weg», sagte der Böse, «geh nie in abgelegene Wirtshäuser, sondern übernachte immer in den Städten!» Der Soldat versprach es und ging heimwärts. Eines Abends spät konnte er das nächste Dorf nicht mehr erreichen, und er stieg entgegen dem Rat des Grünen in einem abgelegenen Wirtshaus ab. Der Wirt und seine Frau tischten ihm ein prima Nachtessen auf, er stellte seine Tasche auf die Ofenbank und ging ins Bett. Der Wirt sagte zu seiner Frau: «Der scheint viel Geld zu haben, wir wollen ihn aus dem Weg räumen und die Tasche mit dem Geld behalten!» Aber die Frau riet ihm, das Geld, welches der Fremde in der Tasche habe, zu zählen und dann am Morgen, wenn der Fremde gegangen sei, ihn bei der Obrigkeit wegen Diebstahls anzuzeigen. Der Wirt befolgte diesen bösen Rat und zählte das Geld: zehntausend Goldtaler! Am andern Morgen brachten sie dem Soldaten ein gutes Morgenessen, und er zog weiter. Aber kaum war er eine Stunde vom Wirtshaus weg, hörte er Polizisten hinter sich, und als er auf sie wartete, packten sie ihn, nahmen ihm die Tasche vom Rücken und schickten ihn in die nächste Stadt zurück. Dort brachte der Wirt es fertig, dass das Gericht den Soldaten zum Galgen verurteilte. Am Abend bevor er gehängt werden sollte, weinte der Soldat im Gefängnis. Da kam der Grüne zu ihm und sagte: «Siehst du, wie es geht, wenn man nicht auf meinen Rat hört! Aber diesmal will ich dir noch helfen. Morgen komme ich auf einem weissen Pferd und ganz in Grau gekleidet zum Galgen. Dort siehst du mich, und als letzte Bitte bringe vor, dass ich dein Advokat sein darf!» Am andern Tag, als der Soldat vom Henker zum Galgen geführt wurde, sah er einen Reiter ganz in Grau auf einem weissen Pferd. Er fragte die Richter, ob sie gestatten würden, dass der Reiter hier neben ihm als sein Advokat dem Wirt und seiner Frau ein paar Fragen stelle. Die Richter erlaubten dies, und der Reiter fragte den Wirt und seine Frau, ob sie schwören könnten, der Soldat habe das Geld gestohlen, sonst solle sie der Teufel holen. Die beiden Lumpen schworen es, und darauf sprang der Reiter vom Pferd und zog mit ihnen in Feuer und Flammen ab in die Hölle. Jetzt war alles klar. Der Soldat erhielt wieder seine Freiheit und sein Geld, und er ging glücklich nach Hause.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der sonderbare Begleiter

Source: Der sonderbare Begleiter

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Es war während des Heuets im «Wald», am Fusse des Rehhags, etwa eine Stunde von Oberdorf entfernt. Eine Tochter hatte ihrem Vater das Mittagessen gebracht und kehrte wieder nach Hause, zum Posamentstuhl zurück. Von den Waldmatten kann man den Weg zum Dorfe auf eine weite Strecke überblicken und so sah der Vater seiner gut gewachsenen Tochter nach. Als sie aus Rufweite war, gesellte sich ein Mann in weissen Hemdsärmeln zu ihr und schritt mit ihr des Weges, solange sie der Vater sehen konnte. Der machte sich seine Gedanken darüber und fragte die Tochter am Abend nach ihrem Begleiter. Diese aber war nicht wenig darüber erstaunt, dass jemand sie begleitet haben sollte, und konnte nicht genug versichern, sie sei den ganzen Weg allein gegangen, diese und jene Leute seien ihr begegnet und er möge sie fragen, ob es sich nicht so verhalte. Der Unbekannte in den weissen Hemdsärmeln kommt auch in anderen Sagen vor, die in der Umgegend erzählt werden. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der sonderbare Beinschmerz

Source: Der sonderbare Beinschmerz

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Damals isch z'Tannä-n-i der Gmeind Morschech ä Marti Moos gsy, ä junga Purscht; sy Vatter het Baschi gheissä, und sy Briäder, der Domintsch, han ich nu kännt als altä Ma. Der Marti isch au z'Stubätä ggangä-n-uf Morschech ufä, und einisch ammänä-n-Abed, wonner hei isch, isch immer eppis vorem anä ggangä, und us allä Studä-n-usä-n-im Hag hets an eim fort äso pfnitzeret und gmitzgeret 1 und hedem eisstig wiä Händ usägstreckt zum Haagglä, und wonner eini aglängt het, hed-er bigoscht äs Chräwäli i dä Fingärä gha. Ighänkt hed-er duä fryli nitt, i dänka, das wär da nitt guät usachu. Är isch halt äs Fraufastächind gsy, dem hennt-si alli Geister miässä la gseh. Däheimä het der Vatter zuänem gseit: »Gang nu ga luägä, ob nid eppä Schelmä i dä Chriäsbäimä sind!« Äs isch grad im Chriäsilaich gsy. Der Marti het-si äso ä Bitz bsunnä und hed eppis äso gmugget. Und darnah isch-er doch ggangä, aber im Schopf ussä-n-isch äs Gspäist gsy wiännä Bettsack oder äs firchterlichs Tiär, heig Augä gha wiä Glasschybä und hedä nid usäglah. Är isch wider innä und hets am Vatter gseit. Der het gleitig äs Biäl ergriffä und isch usa ga luägä. »Das wär mer etz doch au, weni hinecht nitt chennt äs Chind sehickä, woni wett!« hed er gseit. Aber ds Gspäist isch niänä meh gsy, und der Marti isch duä ggangä ga luägä. Aber am Tag nachhär hed-er ä wiätigä Schmärzä-n-überchu immänä Bei, und der hedem gar nimmä wellä vergah. Ändlich seid-er zuänem sälber: »Jetz gahni zum Pfahr Imhof uff Sisigä«, und isch uf d'Strass und gägä Sisigä-n-appä. Uff der Strass hedem aber der Schmärzä-n-uf einisch nahglah, und der Marti isch wider hei. Aber däheimä-n-isch wider diä alt Metti gsy. Und darnah äs anders Tags gahd-er wider, und ufem Weg hedem der Schmärzä wider nahglah. Aber är isch duä glych wyters, und nached anä het-s-em firchterlich afah wehtuä. D'Tirä-n-im Pfahrhof isch scho ä ganzi Wyl offä gsy, eb-er dunnä gsy isch, und der Pfahr isch im Husgang gstandä und hedem ergäget griäft: »Gält, dä chunsch nu. Hättisch am Vatter gleitiger gfolget, sä wärs dr nid äso ggangä.« Dervo chu isch-er duä. »Jäh, das isch de wahr! so wahr as ds Evagehli; das chenned iähr de sauft au i d'Urnergschicht tuä.« Maria Josefa Aschwanden; J.J. Huber, der alte Napolitäner Fußnoten 1 Pfnitzere: unterdrücktes, höhnisches Lachen. Mitzgere: pfeifen wie die Spitzmäuse. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der sonderbare Krnake

Source: Der sonderbare Krnake

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Als der Bischof v. Preux, seligen Andenkens, noch Pfarrer in Siders war, wurde er einmal in der Nacht nach Noës — einem Dörfchen unter Siders zwischen der Fahrstrasse und der Eisenbahn — zu einem Schwerkranken gerufen Der Pfarrer trug Bedenken zu gehen, weil Noës nicht zu seiner Pfarrei, aber zu Gradetsch gehörte; auf die Bemerkung jedoch, es sei nicht mehr Zeit, auf langen Umwegen den zuständigen Pfarrer aufzusuchen, folgte er der Einladung. Das Dörfchen Noës wird nur zur Zeit der Rebarbeiten von Bauern aus Eifisch bewohnt und war eben menschenleer. Um nicht bestohlen zu werden, tragen diese Leute bei der Abreise alles wieder fort und hinterlassen in den Hütten nur grob gezimmerte Bänke und leere Bettstätten. In ein solch leeres Stübchen wurde nun unser Pfarrer geführt, wo er einen Kranken auf den Brettern einer Bettstatt antraf. Der Begleiter stellte das Licht in eine Ecke, machte sich davon und kam nicht mehr zum Vorschein. Auf die Ermunterung des Pfarrers begann der Kranke gleich die gröbsten Fehler seines Lebens zu offenbaren, verstiess aber hartnäckig jeden Trost und jede Hoffnung auf Verzeihung. Lästernd und fluchend gab er seinen Geist auf, worauf ein entsetzliches Heulen und Krachen das Gemach erfüllte — alle Wände schienen zu bersten und selbst der Stubenofen ging aus den Fugen. Der erschrockene Pfarrer, dem inzwischen das Licht ausbrannte, musste im Finstern einen Ausweg suchen und allein nach Hause zurückkehren, wo er bei grauendem Tage wieder anlangte. Gleich sandte er zwei Männer ab, um den Toten aufzusuchen. Diese fanden aber im ganzen Dorfe weder lebende Menschen, noch irgendwelche Spur von einer Leiche. Auch wollte in der ganzen Umgegend niemand von einer gestorbenen oder vermissten Person etwas wissen. Hat da der Teufel alles mit Leib und Seele davongetragen, oder war das Ganze nur ein Geisterspuk?   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der sonderbare Kuhmelker

Source: Der sonderbare Kuhmelker

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Auf rätselhafte Weise wurde seit einiger Zeit in einem Stall über Nacht eine Kuh gemolken. Endlich entschloss sich der geschädigte Bauer, im Obergaden Wache zu halten und dem unverschämten Milchdieb aufzupassen. Die Nacht war schon weit vorgerückt, und es nahte der Morgen, als er durch eine Ritze in der Gadenwand ein höchst sonderbares, einem Lindwurm ähnliches Tier sich dem Stalle nähern sah. Bei der Türe nahm es eine schöne, goldene Krone vom Haupte, legte sie auf die nahe Mauer, öffnete dann die Türe, schlich in den Gaden, legte sich unter die willige Kuh und begann sie zu saugen. Der Bauer war aber nicht auf den Kopf gefallen; rasch schlich er barfuss aus seinem Versteck hervor und auf die köstliche Krone los, packte sie und floh mit ihr wieder seinem Schlupfwinkel zu, den er aus guten Gründen sorgfältig und geräuschlos verschloss. Nachdem sich das Tier gesättigt, verliess es den Gaden und schloss hinter sich die Türe. Es wollte seine Krone wieder aufsetzen, aber fand sie nicht. Da wurde es wütend; blindrasend und verzweifelnd zerschlug es sich selber Kopf und Schwanz an dem Gemäuer und Gestein, bis es elendiglich verdarb. Sobald eine Schlange Kühe saugt, ist sie nicht mehr giftig. Fr. Wipfli-Herger, 78 Jahre alt. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der sonderbare Traum

Source: Der sonderbare Traum

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Von Johannes Brantschen in Zermatt wird erzählt: Es habe ihm geträumt, er werde in Sitten sein Glück finden. Anfangs achtete er auf diesen Traum nicht. Weil aber derselbe zum zweiten und dritten Male zurückkehrte, so machte er sich endlich auf den Weg, um zu erfahren, ob daran etwas Wahres sei. In Sitten angekommen, begegnete ihm ein unbekannter Mann, der ihn fragte: wohin er wolle, und was der Zweck seiner Reise sei. Er erzählte ihm seinen Traum. «Ei du dummer abergläubischer Tropf», sprach der Fremde mit spöttischem Lachen zu ihm: «Wie magst du doch solchen närrischen Träumen glauben. Mir hat auch geträumt, ich werde in einer alten Mauer hinter dem Hause, gelegen in Findeln zur oberen Thele, einen Schatz finden. Deswegen bewege ich aber keinen Fuss; ich weiss ja nicht einmal, wo der Ort Findeln ist.» Hierauf trat unser Johann den Rückweg an, zerstörte die ihm bezeichnete alte Mauer hinter seinem Wohnhause und fand da eine bedeutende Summe Geldes.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch  


by Der Sonnenprinz

Source: Der Sonnenprinz

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Es war einmal ein Vater und eine Mutter mit vier Kindern, einem erwachsenen Mädchen und drei noch kleinen Buben. Der Vater wollte seine Tochter mit einem Mann verheiraten, der ihm gefiel. Aber der Tochter passte dies nicht. Da beschloss er, sie zu töten. Aber eines Tages sagte das Mädchen seiner Mutter, sie solle schauen, was an der Wand ihrer Schlafkammer geschrieben stehe. Als die Mutter in die Kammer der Tochter ging, sah sie eine Inschrift an der Wand: «Eure Tochter ist meine Braut, und ich bin der Sonnenprinz.» Als die Mutter in die Stube zurückging, da war die Tochter verschwunden. Der Sonnenprinz hatte sie mitgenommen. Seitdem war die Mutter immer sehr traurig, und sie weinte viel. Das merkten auch die drei Buben, als sie erwachsen waren, und sie bedrängten die Mutter, ihm zu sagen, weshalb sie immer so traurig sei. Als die Mutter ihnen das Schicksal ihrer Schwester erzählt hatte, war es mit ihrer Ruhe vorbei. Der älteste Bruder nahm das schönste Pferd aus dem Stall und ging den Sonnenprinzen suchen. Nach einer langen, langen Reise gelangte er zu einem grossen und hohen Haus, wo er sein Pferd neben dem Tor anband. Da kam eine Frau heraus und sagte, er solle mit seinem Pferd in den Stall gehen, hier dulde man keine Pferde. Als er das gemacht hatte, fragte die Frau, wohin er denn noch reisen wolle. «Oh, ich muss meine Schwester suchen gehen, die ist mit dem Sonnenprinzen verheiratet!» antwortete der Bursche. «Dann bist du mein Bruder!» sagte da die Frau und umarmte ihn. Beide gingen dann zum Sonnenprinzen. Der Bursche bat ihn, die Schwester für einen Tag nach Hause gehen zu lassen, damit sie die Mutter noch einmal besuchen könne. «Das will ich schon erlauben», antwortete der Sonnenprinz, «wenn du meine Schafe einen Tag lang hütest. Zum Zeichen aber, dass du gehütet hast, wie es sich gehört, musst du mir am Abend von dem bringen, was die Schafe fressen.» Der Bursche dachte: «Das ist nicht schwer», und er nahm am andern Morgen in aller Frühe die Schafe des Sonnenprinzen und ging mit ihnen weg. Die Herde kam bald in ein riesiges Tal. Die Schafe konnten gut durch den Fluss schwimmen, der durchs Tal floss. Aber der Bursche wusste nicht, wie er übers Wasser sollte. Als die Schafe drüben auf der andern Seite des Wassers sahen, dass der Hirt zurückblieb, schickten sie zwei alte Tiere hinüber, und die gaben dem Burschen zu verstehen, er solle sich an ihren Schwänzen festhalten. Doch dem Hirten fehlte der Mut, und er getraute sich nicht, das zu tun, was die Schafe wollten. Bis am Abend wartete er diesseits des Tales, und als die Schafe wieder zurück waren, rupfte er etwas Gras ab und steckte es in seine Tasche. Denn er meinte, die Schafe hätten sicher davon gefressen. Als er zum Haus des Sonnenprinzen kam, verbeugten sich die Schafe zuerst vor dem Prinzen, dann vor seiner Frau und zuletzt vor dem Hirten. Der zeigte dann dem Prinzen das Gras in der Tasche. «Das fressen meine Schafe nicht!» antwortete aber der Prinz, und der Bursche ging traurig nach Hause. Dann wollte der mittlere Bruder versuchen, die Schafherde des Sonnenprinzen zu hüten. Aber auch er hatte nicht den Mut, sich an den Schwänzen der Schafe festzuhalten und blieb zurück. Am Abend sammelte er etwas Laub, steckte es in die Tasche und brachte es dem Sonnenprinzen. Als der Sonnenprinz das Laub sah, sagte er: «Du hast die Schafe nicht gehütet und musst ohne deine Schwester nach Hause!» Als auch dieser Bruder ohne die ersehnte Schwester zurückkam, machte sich der Jüngste auf die Suche. Nach einer Reise von vielen Jahren und Tagen gelangte er zum Haus des Sonnenprinzen. Seine Schwester trat auch aus dem Haus, als er das Pferd anbinden wollte. Und als der Sonnenprinz hörte, was er wollte, stellte er ihm die gleiche Aufgabe wie seinen Brüdern. Beim Morgengrauen ging der Bursche mit den Schafen weg. Doch als sie beim Fluss im Tal waren, liess er von den alten Schafen hinüberziehen, denn sie waren zurückgekommen, um auch ihn zu holen. Am andern Ufer sah der Bursche die Schafe in eine Kapelle gehen. Beim Hineingehen verwandelten sich alle in Menschen, und in der Kapelle feierten sie eine Messe. Danach gingen sie ins Wirtshaus nebenan und liessen sich dort ein Festessen auftischen. Da sah der Bursche, welch gute und feine Sachen die Schafe zu fressen hatten, und er steckte ein wenig vom besten Kuchen in seine Tasche. Abends auf dem Heimweg mit seiner Herde zogen ihn die beiden alten Schafe wieder über den Fluss. Zuhause aber verbeugte sich die Herde zuerst vor ihm, dann vor dem Prinzen und zuletzt vor seiner Frau. Als der Bursche dem Prinzen den Kuchen zeigte, machte dieser, dass er und seine Schwester am andern Morgen zu Hause waren. Dort blieb die Schwester bis am Abend. Als die Sonne untergegangen war, verschwand sie für immer.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Sonntagsjäger

Source: Der Sonntagsjäger

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Vor etwa hundert Jahren lebte im freiburgischen Dorfe Rechthalten P. Weissbaum, ein leidenschaftlicher Jäger. Die Wochentage genügten ihm nicht, seiner Jagdwut zu frönen, selbst am Sonntag legte er die Flinte nicht weg. Wenn die braven Leute von Rechthalten im Sonntagsstaat zum Gotteshaus eilten, um Herz und Gemüt mit dem Worte Gottes zu stärken und in der heiligen Messe neue Kraft zu ihrer mühsamen Arbeit auf den steilen Hängen und wilden «Krachen» zu schöpfen, da hing Weissbaum sich das Gewehr um die Schulter und ging dem Wilde nach, das sich in den Sümpfen des Entenmooses und in den dichten Wäldern gegen Gauglera und Brünisried in grosser Menge aufhielt. Schon oft hatte der würdige Seelsorger sein ungeratenes Schäflein zur Umkehr ermahnt und ihm mit väterlich ernsten Worten das Ärgernis vorgehalten, welches die Sonntagsjagd in der Pfarrei erregte. Aber für die Mahnungen seines Pfarrherrn hatte Weissbaum nur taube Ohren. Er erwiderte grob, der Pfarrer solle sich um seine eigenen Sachen kümmern und nicht andere Leute belästigen. Das Jagen gehe den Pfarrer nichts an und sei gewiss keine Sünde, da er ja einen Jagdschein besitze. Da schwieg der bekümmerte Seelenhirte, betete für den verstockten Jünger Nimrods. An einem herrlichen Sonntagmorgen stand Weissbaum schon bei Tagesanbruch auf und ging in den Plasselbschlund auf die Fuchsenjagd. In unberührte Morgenstille drang weithin durchs Ärgerntal der weihevolle Glockenklang von der Kirche Plasselb, ein gutmeinender Warner für den Sonntagsjäger. Aber dieser liess nicht ab von seinem Vorhaben. Oberhalb der Tartürbrücke wollte er ein Fuchsennest ausheben. Plötzlich lief ihm ein grosser kohlschwarzer Fuchs über den Weg, der ihn mit feurigglühenden Augen anstarrte. Blitzschnell legte der Jäger das Gewehr an die Wange, zielte und drückte ab. Der Schuss traf gut, aber, o Schreck! Das Tier blieb unverletzt stehen; jetzt sprang es auf den erschrockenen Jäger zu. Ehe er sich zur Wehr setzen konnte, hatte der unheimliche Fuchs die Feuerwaffe gepackt und den eisernen Gewehrlauf mit den spitzen Zähnen glatt entzweigebissen. Aus dem weiten Rachen bleckte eine feurige Zunge, und schwefeliger Atem wehte dem zitternden Weissbaum ins totenblasse Gesicht. Als der Bestürzte sich wieder gefasst hatte, war der schwarze Fuchs nicht mehr zu sehen. Dem Sonntagsjäger verging die Lust nach weiterem Waidvergnügen. Er schwor hoch und heilig, jener Fuchs sei niemand anders als der leibhaftige Satan gewesen. Fortan gab Weissbaum die Jagd am Sonntag auf und wurde wieder ein eifriger Besucher des Gotteshauses.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Sonntagsschänder

Source: Der Sonntagsschänder

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  Sonntagsfriede und Sonnenglanz liegt über dem Bergdörflein. Kein lauter Ton regt sich. Nur von den nahen Alpweiden klingen sanft die Herdenglocken, und weiter oben rauscht leise der Bergwald sein uraltes Lied. Alle Strassen und Plätze sind sauber gekehrt, und keine Kinder spielen heute vor den Häusern. Jung und alt ist im Kirchlein versammelt. Alle lauschen dem Gotteswort. Alle? - Nein! - Ein schwarzbärtiger Mann im Werktagsgewande verlässt sein Häuschen, schleicht wie ein Dieb auf Hinterwegen zum Dorf hinaus, eilt auf dem steilen Pfade quer durch die Weiden bergan und verschwindet im Walde. Dort oben hoch am Bergeshang findet er seinen Arbeitsplatz. Da will er Umschau halten, was in den nächsten Tagen zu schaffen sei. Er geht im Wald herum und zeichnet jene Bäume, die zum Fällen reif sind. Wenn er aber einmal die Axt in der Hand hält, dann kann er sie nicht mehr hinlegen. Sie heischt und heischt immer mehr. Er beginnt die gezeichneten Tannen anzuschneiden. Es hört ja niemand die Schläge, und er arbeitet am liebsten alleine. Die Axt bettelt: „Noch mehr, noch mehr.“ Da haut er tief und tiefer in den Schnitt und freut sich fast kindlich, wenn endlich der Baum wankt, langsam sich vornüber neigt, am Wurzelstock krachend die letzten Fasern sprengt, um dann längelang donnernd hinzufallen. Doch die Axt ist noch nicht zufrieden, sie heischt noch mehr. Erst wenn der Abendschatten sich auf den Bergwald legt, gibt sie ihr Opfer frei, und der Holzer macht sich talwärts. Er ist zufrieden mit seinem Sonntag. Es ist nicht das erste Mal, dass er ihn so feiert.   An einem Sommersonntag trieb es ihn wieder hinauf in den Hochwald. Kaum hatte er die Axt in die Hand genommen, da packte ihn die Leidenschaft. Er fällte einen Baum und noch einen. Er merkte nicht, wie sich über ihm rasch die Wetterwolken zusammenballten, sah nicht die Blitze zucken, hörte nicht den Donner rollen. Er hatte nur Augen für das Blitzen der Axt, nur Ohren für das Rollen der stürzenden Bäume. Wieder hatte er eine mächtige Tanne bis ins Mark gehauen. Sie krachte, sie neigte sich. Er sprang zurück um sich am Sturze des Riesen zu weiden. Da flammte ein Blitzstrahl, die Erde erbebte, und der Donnerhall übertönte das Krachen des fallenden Baumes. Dann ward es still am Berghang droben. Als die andern Holzer am nächsten Morgen auf die Stätte kamen, fanden sie den Toten. Er lag auf dem Angesicht und hielt die Axt noch in der Hand. Sie wollten ihn aufheben. Da zerrann er in ihren Händen wie mürber Sandstein. Nur ein Häuflein Asche blieb am Boden. Darunter aber begann ein Samenkorn zu keimen. Niemand sah es. Leise wuchs es in die Tiefe. Die Asche gab seinen Würzelchen reiche Nahrung. Leise wuchs es in die Höhe. An der warmen Herbstsonne entfaltete es seine Nadeln. Wie ein grünes Sternlein sahen sie aus. Dann kam der Wintersturm und deckte es sorgsam mit einer weichen Schneedecke zu. Es schlief und schlief, bis der brausende Föhn es weckte und die Decke von ihm zog. Da war es Frühling geworden. Das Tännchen wuchs einen Sommer lang. Niemand achtete seiner. Es wuchs und wuchs Jahr um Jahr und reckte seinen Wipfel höher und höher empor. Einmal kamen Holzhauer vorbei. Einer blieb stehen und sagte: „Hier, wo die junge Tanne steht - genau da - ist einmal einer vom Blitz getroffen worden.“ Im Weitergehen erzählte er seinen jüngern Genossen die Geschichte. So ging die Erinnerung von einer Generation zur andern. Die Tanne aber wuchs indessen weiter und wurde eine Riesin. Jetzt erst entdeckte man, welch furchtbar Geheimnis sie durch all die Zeit behütet hatte. Gleich wie die Seele im Körper, so wohnte in ihr der büssende Geist des Sonntagsschänders und tat deutlich seine Zeichen. Die ganze Woche hindurch stand der Baum regungslos und stille da, als ob er schliefe und träumte. Wenn aber am heiligen Sonntagmorgen der Berg wie ein Riesenaltar sich zum Himmel reckte, darüber die Sonne wie eine Monstranz erglänzte, die Glocken über Felder und Wälder ihren süssen Klang in die Bergeinsamkeit hinauftrugen, der Hochwald wie eine mächtige Orgel rauschte, das Zwitschern der Vögel, das Summen der Insekten, das Zirpen der Grillen wie ein hundert tausendstimmiges Loblied zum Himmel emporjubelte, dann – dann ging ein Zittern und Beben durch die Riesentanne. Dann hoben und senkten sich ihre Äste, als wollte nie mit hundert Armen verzweifelt um sich greifen, nach einem Halt suchen und sich selbst aus der Erde reissen. Kein Holzer hätte es je gewagt, die Axt an sie zu legen. So blieb sie stehen, hundert und vielleicht noch einmal hundert Jahre, bis einst ein Sturm die Morsche fällte und damit wohl auch die Seele des Büssers erlöste.   Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch  


by Der spanische Chasseur

Source: Der spanische Chasseur

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Uf der Wäll mueß es gstorbe si, sust hette jo die Junge nümme Platz. Keis Wunder, wenn denn emol au es Schniderli verzablet und stirbt. Nu, de Schnider stirbt also und si liechti Seel fahrt gradewegs wien e Nodlen am Zwirnfade derduruf em Himel zue. Er findet d'Thür und böpperlet hübscheli a, und wien er e chli het böpperlet, so goht es Lädeli uf und der Sant Peter frogt zum Himel us, wer dusse sei. Der Nodleheld lot si druf füre und seit: „He, es Schniderli, mit Vergoust, möcht au gern in Himel, Herr Peter." „N'es Schniderli?" seit Der, „en Blätzlifink? Dere chöne mer im Himel nit bruche ! " So schnurret euse Peter und thuet sis Lädeli wider zue. Wie ietz der Schnider vor em Himel so truret und gruchset, fo gseht er au nes alt, alts Fraueli, wo men im Himelrich au nid het chönne bruche. Die Zwei hend do enand tröstet, so guet's gangen ist, und hend enand ihri Lide gchlagt, wie si ietz vor em Himel usse im Lädersack müeße si. Derwil se chunnt e mächtige Husar gsprengt und rüeft, er möcht ine in Himel! Sant Peter lot De do nit lang warte, wil er apartig zuenem gseit het, er seig en spanische Chasseur. Das het si der Schniderli hinder d'Ohre gschribe, springt gschwind zum Mueterli ane und gsischberlet und flattiert mit ere und seit: „Wie wer's, Frau Bäsi, wenn mir Zwei üs au ne so tätid in Himel ine schmuggle? es wer, schetz i, nüt Gfehltis. Los ietz, Mueterli , i will Der en vernünftige Vorschlag mache. J bi der spanisch Chasseur und Du treist mi vor d'Himelstür; für s'Ander laß denn nume der Vogt geifere oder mi sorge. Was gilt's, mer chöme ali Beedi in Himel ine!" Gseit und tho. Mi Nodlerüter sprengt uf em Mueterli vor's Sant Peters Pforte. „Wer do?" rüeft de dinne mit em Schlüssel. „Ein spanischer Chasseur!" brüelet s'Schn derli us alle Chrafte. s'Tor goht uf und min spanische Riiter ritet gravitätisch ine zu den andere Lüten im Himel.   Eso het's der Schnider gmacht Und dinne hend si ab em glacht; Und han i's öppe recht verno, So hend st's nümmen use glo.   Quelle: Sutermeister, Otto: Kinder- und Hausmärchen aus der Schweiz Aargau. (Nach Rochholz Schweizersagen II, S. 305.) Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Spielmann

Source: Der Spielmann

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Unsere Vorfahren mussten oft härter ums Dasein kämpfen als wir. Sie hatten darum in manchen Dingen auch eine ernstere Auffassung vom Leben. Aber die Fröhlichkeit haben sie deswegen nicht weniger geliebt als wir und für das Familienleben hatten sie mehr Sinn. An den langen Winterabenden wurde oft bis spät in die Nacht hinein gesponnen und geflochten. Das nannte man damals „kilten“. Heute hat das Wort einen andern Sinn. Damit es kurzweiliger werde, lud man einige Nachbarinnen ein. Unter munterem Geplauder ging die Arbeit leichter, und die Stunden schwanden schneller. Besonders fröhlich wurde in alter Zeit im Sagenboden bei Plasselb gekiltet. Wenn so an einem Winterabend ein lustiges Volk in der grossen Bauernstube versammelt war, die Spinnräder schnurrten und die Rede munter sprudelte - dann ging plötzlich die Türe auf, und herein kam ein kleines, hageres Männlein. Es war gekleidet wie ein fahrender Schüler, trug Stiefel, blaue Hosen, langen grauen Rock, und den Kopf bedeckte ein Sammetbarett. Ein roter Bart umrahmte das schmale, bleiche Gesicht. Unter dem Arm trug das Männchen immer eine Geige. Ohne ein Wort zu sprechen setzte es sich in den warmen Winkel hinter dem Ofen. - Die Hausfrau stellte ihm eine Schüssel hin, und es löffelte langsam den Rest der Suppe aus, die vom Nachtessen übrig geblieben war. Dann kuschte es sich wieder ins “Ofenguggeli“ und horchte auf die munter Unterhaltung. Wenn aber Schlaf und Müdigkeit die Leute umfangen wollte, dann stand es auf, stimmte seine Geige und fing an zu spielen. Sogleich verstummten alle, hielten den Atem an und lauschten und lauschten den wundersamen, weichen Tönen, die das Spielmannli seinem Instrumente entlockte. Das klang erst wie fernes Glockenläuten an einem Sonntagmorgen, dann wie Waldesrauschen, wie Quellengemurmel, wie Vogelsang und endlich wie das Jauchzen eines Menschen, dem das Herz überquillt vor Freude und Seligkeit. Dann wurden die Rhythmen lockerer und gingen in einen leichtbeschwingten Tanz über. Die Mädchen begannen Arme und Beine im Takt zu wiegen. Geräuschlos wurden die Spinnräder in den Winkel gestellt. Die Buben fassten die Meitli um die Hüfte und fingen an, sie im Tanze zu drehen. Immer rascher ging die Melodie, immer rascher wirbelten die Paare. Des Spielmanns Augen funkelten, und seine Wangen glühten. Schneller, immer schneller zuckte der Bogen über die Geige, und es war, als ob er Funken aus den Saiten schlagen wollte. Hui, wie die Röcklein flatterten, und die Zöpfe flogen, und das ganze Haus erzitterte. Doch allmählich liess der Geiger im Tempo nach. Ruhiger, immer langsamer wurde die Melodie und mit leichten, tändelnden Schritten, fast wie ein gegenseitiges, lustiges Necken anzusehen, klang der Tanz aus. Jetzt wurden die Spinnräder wieder hervorgeholt und unter fröhlichem Gesang, den das Männlein kunstvoll zu begleiten wusste, nahm die Arbeit ihren Fortgang. Erst gegen Mitternacht ging man auseinander. Der Geigenspieler blieb hinter dem Ofen. Wenn aber die Leute am Morgen in die Stube traten, dann war er nicht mehr da. Das war ein sonderbarer Mensch. Niemand kannte seinen Namen, niemand wusste, woher er kam. Er redete selten ein Wort. Nur wenn man ihm Speise oder Trank reichte, dankte er in einer fremdklingenden Sprache. Im Sommer hielt er sich auf den nahen Alpen auf, bald diesseits, bald jenseits der Ärgera. Doch zeigte er sich nie bei Tage. Erst wenn die letzten Sonnenstrahlen die Berge vergoldeten, erklang am Waldrand droben sein wundervolles Saitenspiel. Dann liessen die Hirten die Arbeit liegen, eilten hinaus und lauschten den süssen Melodien, die aus den Höhen des Himmels zu kommen schienen. Auf den Weiden verstummte das Herdengeläut; die Tiere streckten die Köpfe horchend empor. Die Vögel vergassen ihre Lieder. Selbst der Abendwind hielt den Atem an, und der Bergwald rauschte nicht mehr. Himmlischer Klang erfüllte die Luft. Mit dem Einbruch der Nacht erstarb die Musik. Etwas später tauchte der Spielmann in irgendeiner Berghütte auf und setzte sich, ohne ein Wort zu sprechen, an das Herdfeuer. Er fröstelte immer. Man überliess ihm gerne das warme Plätzchen und reichte ihm auch Milch und Brot. Am Morgen war er nicht mehr da. Ein Hirt, der ihn nicht kannte und für einen Landstreicher hielt, forderte das Männlein auf fortzugehen. Aber es blieb ruhig sitzen. Da ergriff er es mit fester Hand und stellte es vor die Türe. Als er sich umwandte, da sass es wieder am Herd wie zuvor. Ein anderer Hirt erzählte, er habe das Männlein auch nicht gekannt und es hinausbefördern wollen, aber es sei nicht von der Stelle zu bringen gewesen oder er hätte es samt der Feuerplatte hinausgetragen. Mit den letzten Herden zog auch der Spielmann ungesehen ins Tal, um den Winter durch wieder bei den Kilteten zu spielen und zu einem warmen Ofen und einer warmen Suppe zu kommen. So vergingen mehrere Jahre. Niemand fürchtete sich mehr vor dem stummen Geigenspieler. Er war sogar ein gerngesehener Gast. Wo er auftauchte, brachte sein Spiel Freude in den harten Alltag und Klang ins Gemüt. Es war ein Abend im Maien. Auf unseren Alpen sangen wieder die Hirten. Vom Schwyberg und von der Muschenegg her tönten die Herdenglocken. Die Abendsonne lag golden auf den Bergen, die Luft war lind und der Himmel blau und hoch. Da schwebte vom Hang der Muschenegg ein wunderhbares Klingen hernieder. Es war der Spielmann, der dort oben fiedelte. Aber heute spielte er ganz anders als sonst. Erst klang es wie ein süsses Wiegenlied, dann folgten bald kindlichfromme, bald sorglos heitere, bald jugendlich übermütige Weisen, die nach und nach in frohe Wander- und Studentenlieder ausklangen. Auf einmal änderte das Spiel. Eine innigsüsse Melodie zitterte durch die abendliche Dämmerung. Es war, als ob die Nachtigallen sängen, als ob zwei Menschenkinder Worte der Liebe flüsterten, als ob zwei Seelen ineinander schmelzen wollten. Doch plötzlich - wie ein Blitz - zerriss ein schriller Missklang das innige Spiel. Stille ward’s. Hatte der Spielmann im Zorn die Saiten zerrissen? Nein, er spielt wieder. Aber ein tieftrauriges Lied ist es, ein Lied vonTränen, Not und Verlassenheit. Doch nicht lange, dann klingt es wie Spott und Hohn, wie irres Lachen. Und schon wieder schlägt er neue Töne an. In der Tiefe beginnt eine trostvolle Melodie voll männlicher Kraft. Die ringt sich höher und höher empor, als wollte sie von der Erde sich hinaufwinden zu den ewigen Sternen. In Siegesfreude, erlöst von aller Erdenschwere, jubelt jetzt die Melodie in Himmelshöhe und verklingt auf dem höchsten Tone. Es ist, als ob ein Sternlein erlösche. Das war des Spielmanns Lebenslied. Es war auch sein Abschiedslied. Niemand hat ihn seit jenem Abend wieder gesehen, und niemand mehr an seinem seelenvollen Spiel sich erfreuen können. Die Hirten meinen, er habe sich ins Innere des Berges zurückgezogen. An schönen Sommerabenden höre man dann und wann aus der Tiefe sein wundersames Saitenspiel herauf klingen. Die Nachwelt hat ihm in dankbarer Erinnerung ein Denkmal gesetzt. Oben im Plasselbschlund heisst heute noch eine Alp: „Das Spielmannli“.   Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch  


by Der Spielmann

Source: Der Spielmann

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In der Nähe von Wiedenbrunnen bei Oberems sieht man noch die Ruine eines alten Hauses, worin einst ein Spielmann mit seiner Familie wohnte. Lustig und fröhlich, wie er stets war, soll er eines Tages zu seinen Leuten gesagt haben: «Rufet mir den Seelsorger in Leuk, ich will beichten; denn mein Lebensende ist gekommen.» Seine Leute hielten dies für einen Scherz, da der Vater ja noch ganz rüstig und gesund war; und zudem tobte draussen ein solch stürmisches Winterwetter, dass man kaum die Türe zu öffnen wagte. Der Vater aber bestand darauf, und die Söhne machten sich auf den Weg. Beim Pfarrer in Leuk angekommen, setzten sie ihm die Sachlage auseinander. «Bei solch stürmischem Wetter!» entgegnete der Pfarrer. «Wenn’s grad sein müsste, aber der Mann ist ja nicht ernstlich krank. Morgen wird das Wetter wohl besser sein.» Doch die Söhne beharrten auf ihrem Begehren. Der Pfarrer sah die Verantwortung seines Amtes ein und begab sich noch in derselben Nacht mit seiner Begleitschaft auf den Weg. Endlich kamen sie nach unsäglichen Strapazen beim Hause des Spielmanns an. Sie traten ein und fanden ihn sitzend am Tische, gesund und munter, seinem Musikinstrumente wundervolle Töne entlockend. Der Seelsorger gab ihm einen leisen Verweis, dass er, rüstig und gesund, ihn bei solch stürmischem Wetter mit dem Allerheiligsten habe heraufkommen lassen. Der Spielmann antwortete: «Ich bin wohl noch rüstig und gesund; allein ich befinde mich am Ende meines Lebens. Ich wünsche die heiligen Sakramente zu empfangen.» Der Priester spendete sie ihm. Kaum hatte sich alsdann der Pfarrer vom Hause etwas entfernt, da fiel der Spielmann in die letzten Züge und schied aus dieser Welt. Als der Pfarrer den schnellen Hingang des Spielmanns in die Ewigkeit vernahm, fand er sich veranlasst, beim hochwürdigen Bischof zu bewirken, dass in Ems eine Pfarrei gegründet werde. Diesem Begehren wurde dann auch entsprochen. EMS Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Spielteufel

Source: Der Spielteufel

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In einer alten Wiesenhütte auf Bödem, am Grossberg zu Flums. spielten einige Burschen häufig und leidenschaftlich halbe und ganze Nächte hindurch. Als sie wieder einmal nach Mitternacht auseinander gingen, bemerkten sie, dass ein Fremder sich ihnen zugesellt hatte. Es wird der Böse gewesen sein. J. B. Stoop Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 325, S. 181 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Spuck im alten Schlosse Haldenstein

Source: Der Spuck im alten Schlosse Haldenstein

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Ein ziemlich bejahrter Bauer von Battänia ging nach Cur auf den Markt und machte bei Nacht sich wieder auf den Heimweg. Als er unterhalb der Schlossruine Haldenstein vorbeiging, hörte er in Derselben eine liebliche Musik erschallen. - Er schaute auf. Da erblickte er auch helle Lichter aus den Ruinen herabblinken, und da er wenig furchtsam, überdies vom edlen Veltliner-Wein ziemlich angeheitert war, stieg er herzhaft den Berg hinan, klomm den Schlossfels auf, und zwängte sich durch die enge Mauer-Öffnung ins Innere der Ruinen. Dort fand er gar reges Leben: Eine festlich geputzte Gesellschaft tanzte in seltsamen Reigen, und ladete den wackern Bauern auch zum Tanze ein. Er besann sich denn auch nicht lange, und wählte eine ganz schmucke Tänzerin sich aus, Die wurde ihm nun so hold, dass sie ihm eine schöne Tabakspfeife schenkte, worüber er eine unmässige Freude bezeugte, Der gute Alte machte sich nun brav lustig, bei Tanz und Sang und Schmaus, bis am Morgen, und er wünschte sich, allzeit seines Lebens in so hoher und angenehmer Gesellschaft zu sein. Als aber im Osten das Morgenrot sich zeigte, wurde er mit Schrecken gewahr, dass alle Tanzenden Gaisfüsse hatten; im Nu verschwand auch die ganze Gesellschaft, und mutterseel-alleine stand er im Innern der Schloss­ruinen. Wie er nun aber seine schöne Pfeife füllen wollte, zog er statt Derselben einen Katzenschwanz aus der Tasche. Er kroch durch das Mauerloch zurück, und ging verdriesslich nach Hause, wo seine Frau Eheliebste eben im Begriffe stand, nach dem Dorfe Haldenstein hinunter zur Predigt zu gehen, denn es war Sonntag. Sie hatte schon lange ihn erwartet, und bat ihn nun, statt ihrer das Mittagessen zu bereiten. Der Mann übernahm die Kocherei, und die Frau ging zur Kirche. Bei ihrer Rückkehr setzten die Beiden sich zu Tische. Da war alles Essen verdorben, und statt des grossen Stückes saftigen Fleisches, das die Frau in den Suppenkessel gelegt hatte, zog der Mann - ein Paar alte Schuhe aus Demselben. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Spuck in der Urden-Alpe

Source: Der Spuck in der Urden-Alpe

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Die Alpe Urden gehörte s.Z. den Freiherren von Vaz, und von Donat dem letzten Derselben erzählt man sich, diese Alpe betreffend, folgende Sage: Donat wollte einst in der Alpe ein Fest veranstalten, zu welchem er seine Verwandten und viele vornehme Familien eingeladen. Wie es vornehme Herren immer haben, so hatte es auch der Freiherr: »Er wusste nämlich nicht, was er Alles wollte.« Er wünschte sich zu seinem Privatschmause drei fette Hennen; diesen Wunsch erfüllten ihm die drei Gemeinden Cavraisen, Castiel und Lüen, indem sie ihm das Verlangte an den Spiess lieferten. An Bezahlung gab der Freiherr ihnen die Alpe Urden, die noch heute ihnen gemeinsam angehört. - Weiters erzählt die Sage: Da die Hütte für die Alpknechte in Urden alt und schadhaft geworden, beschlossen die drei Gemeinden, eine neue zu bauen. - Der Freiherr Donat kam eines Abends auf seinem Schimmel nach der Alpe geritten, um den neuen Bau zu besichtigen, setzte an, sprengte über das Baugerüste hinweg und lachte hellauf. Den Bauern wards unheimlich ob dem kühnen Gebaren des Freiherrn, und beeilten sich, das Gebäude zu vollenden, damit er es nicht ganz zu Boden reite. Nach acht Tagen kam der kühne Donatus wiederum und setzte diesmal sogar hoch über das Dach hinweg. - Selbst nach seinem Tode soll er zu gewissen Zeiten nach Urden gekommen sein, den Spuck zu wiederholen, um ein im Leben begangenes Unrecht zu sühnen.  Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Spuk an der Aargauergrenze

Source: Der Spuk an der Aargauergrenze

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Der Spuk an der Aargauergrenze Im ersten Villmergerkrieg überliessen sich am 2. Jänner 1656 die Zürcher Grenztruppen, die auf dem Bergrücken zwischen Reuss und Reppisch beim aargauischen Dorfe Oberwil aufgestellt waren, sorglos der Feier des Berchtelistages. Schon war der Feind von Bremgarten her ganz nahe herangerückt, um die Zürcher im nächtlichen Dunkel zu überfallen. Da jagte ein über die Strasse laufendes Tier den Soldaten panischen Schrecken ein. Taub gegen die Vorstellung der Führer, rannten sie davon. So wurden die nichtsahnenden Zürcher gerettet. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Knonauer Amt Nach Rochholz, Sagen 2, Nr. 257.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Spuk auf dem Bielti

Source: Der Spuk auf dem Bielti

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Auf dem Bielti im Hause Lehner soll es auch nicht immer ganz geheuer gewesen sein. Die Tochter Maria und ihr Freundin Berta besorgten dort im Herbst das Vieh. Während der Nacht hörten sie ein unheimliches Toben und Poltern, und ein Spektakel ging im ganzen Haus los, dass die beiden nicht mehr im Hause bleiben wollten und es verliessen. Die beiden waren nicht gerade die "Chlupfigsten". Der Lärm wiederholte sich mehrere Male, und im ganzen Dorf wurde die Geschichte bekannt. Im Laufe des Jahres starb die Besitzerin des Hauses. GAMPEL Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Spuk beim Pilgerbrunnen

Source: Der Spuk beim Pilgerbrunnen

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Der Spuk beim Pilgerbrunnen Im Stadtteil Unterstrass in Zürich wurden in früheren Zeiten drei Brunnen unterhalten, die zur Erquickung der Wallfahrer dienten, welche nach Einsiedeln zogen. Einer stand beim „Weißen Kreuz“, ein zweiter, „Gnadenbrunnen“ genannt, auf dem Riedtli an der Langmauerstrasse. Der dritte, der „Innere Pilgerbrunnen“ steht an der „Bsetzten Gasse“ beim Beckenhof. An letzterem Ort soll in der Schlacht bei Zürich im Herbst 1799 ein russischer Oberst gefallen sein, und abergläubische Leute behaupten (noch um 1900), derselbe spuke immer noch an dieser Stelle. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Escher, Ober- und Unterstrass, S. 188.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Spuk im Gitschenberg

Source: Der Spuk im Gitschenberg

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Ganz gewaltig geisterte es im Gitschenberg ob Seedorf. Länger als bis Mitternacht liess »es« dort die Leute nie Karten spielen. War Mitternacht da, so verschwanden einfach die Spielkarten, oder es legte sich ein gespensterhaftes Weibsbild quer über den Tisch. Ein harmloser Bürger von Altdorf nächtigte einst im einsamen Berghäuschen, wusste aber nichts vom Spuk. Um Mitternacht fing es in der Küche an zu »spratzlen«, wie wenn da jemand ein Feuer unterhielte und kochen oder erwellen würde. Mehrmals stand der Übernächtler auf und schaute hinaus, konnte aber weder Rauch noch Feuer noch etwas Lebendes entdecken. Etwa nach einer Stunde hörte das Geräusch auf. Sie hatten überhaupt viel Unglück unter dem Vieh. Da redeten sie einst das Gespenst an, und es liess sie wissen, es könne erlöst werden, wenn sie nicht mehr über die Zeit hinaus Karten spielen und im nächsten Jahr den ersten Anken den Kapuzinern bringen würden. Sie machten es so, und jetzt merkt man da droben nichts mehr vom Gespenst. Mich. Walker; K. Zgraggen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Spuk in den Bergmatten

Source: Der Spuk in den Bergmatten

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Ein alter Reigoldswiler erzählte: Vor vielen Jahren ging ich in die Bergmatten, um auf meinem Grundstück einige Mäusefallen zu stellen. Ich war in meine Arbeit ordentlich vertieft, als plötzlich oben im Glattenberg ein fürchterliches Getöse losging, als ob ein paar Wagen Steine ausgeleert würden. Ich erschrak und flüchtete gegen die Vogelmatt hinunter. Als der Lärm vorbei war, nahm es mich doch wunder, was die Ursache des Geräusches gewesen sei. Doch konnte ich nichts entdecken, trotzdem ich das Gelände gründlich absuchte. Ich erzählte das Vorkommnis einer älteren Frau. Sie erklärte, dieses Getöse sei schon mehrmals vernommen worden, hätte ich etwas länger gewartet, so hätte ich ein kleines, mit einer roten Weste bekleidetes Mannli gesehen, welches jedesmal nachher den Berg herunter komme. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Spuk in der Kulm

Source: Der Spuk in der Kulm

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»Mein Vater begab sich an einem Frühlingsnachmittag in Begleitung eines halberwachsenen Knaben in die hintere Kulm, ein Berggut in Attinghausen, um dort mit »scheenä-n- und büwä, iberhäupt mit der Lanxiarbet« zu beginnen. Beim Häuschen in der vordern Kulm guckte er im Vorbeigehen hinein und rief den Leuten: »Chemet de hinecht züemmer hindärä, mer wennt den ä-chly pandürä!« Die Leute sagten zu. Als sie mein Vater am Abend kommen hörte, setzte er sich gleitig so auf den Tisch, rüstete, zählte und mischelte die Karten. Da auf einmal ertönte ein furchtbarer Knall, und es klatschte etwas wie mit einer flachen Hand auf den Tisch und wischte den Vater einfach in die Diele hinaus. Nun, deswegen liess er sich vom Spielen nicht abwendig machen. Wie das Völklein grad im grössten Spieleifer war, hörten sie jemand über die Gadenbsetzi kommen. »E nu«, fragten sie sich ganz verdutzt, »isch etz scho so spät, dass scho der Meister chunnt?« Es kam an die Haustüre, öffnete sie, trat in die Küche, durchschritt sie und klopfte an die Stubentüre. »Nur innä!« riefen alle. Aber niemand wollte eintreten, und als sie in der Küche und vor dem Haus Nachschau hielten, war niemand zu finden. Jetzt legten sie doch die Karten beiseite, die Nachbarn gingen nach Hause und der Vater ins Bett; der Bub hatte sich schon vorher unter die Decke gemacht. Während der Nacht war der Vater genötigt, den Chibel zu benützen, und da sah er plötzlich die Kammertüre aufgehen und jemand hereinkommen. Er meinte, das sei der Bub, und rief: »E nu, bisch dü da!« Aber kein Mensch antwortete, die Erscheinung war verschwunden, der Junge schnarchte gemütlich in seinem Nischt. Am folgenden Tage meldete der Vater alles getreulich seinem Meister, und dieser bekannte: »Ja, ja, ich weiss es scho lang, dass i dä Chulmä nid alles sübers isch.« Zacharias Zurfluh, Erstfeld Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der spukende Pfaff bei St. Wendel

Source: Der spukende Pfaff bei St. Wendel

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Bei St. Wendel, jenseits der Linth, stand einst eine Kapelle, von der man jetzt kaum noch Trümmer wahrnimmt. Kurz vorher, ehe die Reformation in das Land kam, war dieser Kapelle ein Pfaff vorgesetzt, der die reichen Einkünfte der Kirche, welche er zu verwalten hatte, statt sie zum Besten der Armen und zum Heile der Religion anzuwenden, in Saus und Braus verschlemmte und verprasste. Lampreten, Gemsziemer und die feinsten Weine zierten seine Tafel, bei der ihm ein hübsches, üppig gebautes Mädchen servieren musste. Von all dem Gutleben ward er aber so dick und fett, dass er, bald ein kurzes Ende nehmend, buchstäblich in seinem Fette erstickte. Obschon der Fleischklumpen, in welchem des Pfaffen Seele gewohnt hatte, nun zur Ruhe gekommen war, so war es mit dieser doch nicht das Gleiche. Noch heutigen Tages sieht man zur Strafe, dass sie den Sinnen des Leibes zu sehr untertan war und darob die von der Religion ihr auferlegten Pflichten vergaß, dieselbe in der spukhaften Gestalt eines Pfaffen um den Ort, wo einst die Kapelle stand, herumwandeln. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Spukgeist auf Kronenberg

Source: Der Spukgeist auf Kronenberg

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Kronenberg ist eine Alp, jenseits der Sense, auf dem Bernbiet. Vor ca. hundert Jahren soll dort ein Geist sein Unwesen getrieben haben, vom Herbst bis Frühjahrsbeginn. Mensch und Tier mussten unter dem heimtückischen grausamen Wesen dieses Quälgeistes viel erleiden. Besonders im Frühjahr trieb es der Böse gar arg. Wenn die dickleibigen Freiburger Kühe auf die Alp zogen, musste ausgerechnet das beste Stück dem gierigen Ungeheuer zum Opfer fallen. Alle bisherigen Vorsichtsmassregeln erwiesen sich dem versteckten Treiben des Unsichtbaren als unnütz. Kam der Tag der Talfahrt im Herbst, stiess den Meistersennen meistens etwas Ungutes zu. Mancher musste selbst sein Leben drangeben; man fand ihn morgens als Leiche. War es daher verwunderlich, wenn die fette Weide allmählich öde und verlassen blieb, denn keinen Hirten gelüstete danach, hier sein Leben so hinterlistigen Geistern auszusetzen. Und kein Bauer wollte sein Tier als Beute dem Ungeheuer preisgeben. So vergingen mehrere Jahre. Unkraut und Disteln wucherten auf den ehemals so fruchtbaren Triften. Die unbewohnte Sennhütte machte einen traurigen Eindruck. Wind und Wetter hatten dem Bau schon arg zugesetzt. Endlich erbot sich ein junger unerschrockener Bursch, der das Herz auf dem rechten Fleck hatte, wieder als Hirt auf die verfehmte Alp zu ziehen. Aber vorher erfragte er den Rat eines erfahrenen Mönches. Dieser lieh ihm eine gesegnete Stola mit der Weisung, selbe beim Betreten der Weide der Leitkuh um den Hals zu legen. Der Rat war etwas ungewöhnlich, doch er sollte sich recht wirksam erweisen. Das gleiche Mittel sollte beim Verlassen der Alp im Herbst nochmals beim Hirten selber Anwendung finden. Der junge Hirt tat, wie ihn der greise Ordensmann geheissen hatte. Die Alpfahrt vollzog sich ohne Gefahr. Auch den Sommer hindurch liess sich der Unhold nicht bemerken. Bei der Talfahrt holte der Hirt die Stola des Mönches und legte sie kreuzweise um die Brust. Als alles Vieh und die anderen Hirten den Stafel verlassen hatten, folgte als letzter der Meistersenn. Da entstand plötzlich auf dem Heuboden ein fürchterliches Gepolter, das sich bis zum eben geräumten Stall fortpflanzte. Entsetzt schaute der Senn sich um. Da erblickte er einen verwilderten riesengrossen Mann. Mit zornerfüllten Augen glotzte er den Hirten an und rief voll Wut: «Hättest du den geweihten Fetzen (die Stola) nicht um deinen Hals gelegt, würde ich dich erwürgt haben.» Nach diesen schrecklichen Worten tat der Riese einen weiten Satz und wurde von dem Tag an nie mehr gesehen. Die Alp Kronenberg war von ihrem Plaggeist für immer befreit. Dass der dankbare Hirte nicht mit leeren Händen zum weisen Mönch kam, braucht nicht eigens erwähnt zu werden.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Spukgeist von Brunnenberg

Source: Der Spukgeist von Brunnenberg

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In Brunnenberg bei Tafers steht eine Kapelle. Es kam in früherer Zeit vor, dass das Glöcklein der Kapelle von selber zu läuten anfing. Im Herbst während der Dreschzeit rumorte ein böses Wesen im Stall herum, das die Kühe zu zweit in die gleiche Halfter verknüpfte, so dass sie beinahe zu ersticken drohten. Man versprach, hundert heilige Messen lesen zu lassen, daraufhin hörte das gespenstige Treiben für immer auf.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Spukgeist von Losone

Source: Der Spukgeist von Losone

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Als der Alfiere gestorben war, blieb sein Haus während vielen Jahren geschlossen. Das Land ringsum nahmen mit der Zeit bald der eine, bald der andere Nachbar in Beschlag. Schliesslich fand auch das Haus einen Eigentümer in der Person eines gewissen Gianmaria, der behauptete, er sei mehr oder weniger direkter Erbe dieses Gebäudes und erklärte sich als dessen Besitzer, ohne Widerspruch zu finden. Dann nahm er eine Frau, und richtete sich ein. Es dauerte nicht lange, so sagte Gianmaria zu seiner Frau, er müsse schnell ausgehen und werde bald wieder zurück sein. So blieb die Frau allein und setzte sich an ihren Spinnrocken, um zu arbeiten. Aber sie hatte einen grossen Schlaf. Plötzlich war es ihr, als hörte sie draussen im. Hausgang sonderbare Schritte, die auf der Treppe tac .. . tac .. . tac widerhallten. Jetzt könnt ihr euch denken, wie rasch ihr der Schlaf verging. Sie horcht, sie hält den Atem zurück, sie macht sich ganz klein. Doch der Lärm wird immer grösser. Die Schritte nähern sich. Nun sind sie draussen vor der Tür. Jetzt werden sie unsicher, wohin sie sich wenden sollen. Schliesslich gelangen sie zur Kellertreppe und steigen mit sicherem Schritt hinunter. Dort angekommen, halten sie inne und dann, als ob sie vor einer verschlossenen Türe angelangt wären, steigen sie wieder die Treppe empor, und diesmal flink bis in den Estrich hinauf. Die arme Frau, die vor Angst mehr tot als lebendig war, machte weder eine Bewegung noch getraute sie sich um Hilfe zu rufen. Sie blieb wie angenagelt an ihrem Platz, indem sie ihre Augen auf das Herdfeuer richtete, wo ein grosser Holzklotz brannte und von Zeit zu Zeit Flämmchen emporstiegen, die wie glühende Zungen aussahen. Als ihr Mann schliesslich heimkam — es schien ihr eine Ewigkeit, fand er sie in dieser Stellung, wie wenn sie eine leblose Statue wäre. Und als er sah, dass sie sich nicht bewegte, dachte er, sie mache es zum Spass. Da sie aber auf wiederholte Fragen nicht antwortete, sondern ihn mit entgeisterten Augen seltsam anschaute dachte er, sie wäre verhext, wie das zu jenen Zeiten leicht geglaubt wurde. Schliesslich brach die Arme in ein starkes Weinen aus, und als sie sich davon erholt hatte, berichtete sie ihm den ganzen Vorfall. Da blieb Gianmaria höchst erstaunt; doch wollte er nicht dergleichen tun, als ob er Angst hätte. Niemals! Er fing an zu lachen, um seiner Frau Mut einzuflössen und sich selber auch, denn er hatte es gerade so nötig, wie sie. Schliesslich sagte er zu ihr, sie habe gewiss geträumt, und so wusste er sie zu überzeugen, dass es wirklich ein Traum gewesen sei. So ging es einige Zeit, ohne dass der Mann nötig hatte, abends auszugehen. Und die Furcht hörte nach und nach auf. Einst aber wurde er zu einem Gevatter gerufen, um ihm im Stall bei einem Ochsen zu helfen, der spät am Abend krank geworden war. Die Frau wollte nicht, dass er hingehe; aber er behauptete, man müsse einander in solchen Fällen immer gegenseitig Hilfe leisten. Und damit ging er weg. So blieb sie nahe beim Feuerherd, aber mit bedrücktem Herzen. Da auf einmal hörte man mitten in der Stille der Nacht den Schrei eines Käuzchens und dann den Schritt eines Unbekannten, der die Treppe hinabstieg, ganz hinunter bis in das Kellergewölbe. Diesmal war die Kellertür offen geblieben und man vernahm das Klirren und Gerassel von Eisenstücken. Auch war der Schritt des Unbekannten schwerfällig. Nun ist er oben an der Treppe angelangt. Und jetzt ist er vor der Küchentür. Da plötzlich wird diese von wuchtiger Hand aufgesperrt. In diesem Augenblick glitt die Frau vor Schrecken vom Stuhl zu Boden und fiel ohnmächtig der Länge nach auf eine erhöhte Platte des Herdes. Und in dieser Verfassung fand sie ihr Mann, der bald nach dem Freundesdienst heimgekehrt war. Er gab sich alle Mühe, seine Frau wieder zur Besinnung zu bringen, denn er dachte, es sei ihr etwas Ähnliches passiert wie das letzte Mal. Als die Arme sich erholt hatte, erzählte sie ihm, was sie erlebt hatte. Er wusste aber nicht, was er darauf antworten sollte. Sie wollte in ihrer Verzweiflung sofort aus dem Haus fortziehen. Er sagte jedoch weder ja noch nein. Ausziehen? Ja, das können freilich solche, die noch andere Häuser haben. Wer aber nur ein einziges besitzt, für den ist das nicht so leicht zu machen, als man es\\\' sagen kann. Ohne Geld, ohne Mittel ist das eine verzweifelte Sache. Da fiel ihm ein, es dem Pfarrer zu erzählen und ihn zu bitten, er möge kommen, das Haus zu segnen und die bösen Geister zu vertreiben. Dieser kam auch und erfüllte seinen Wunsch. Und wirklich hörte man für lange Zeit nichts mehr. Gianmaria berichtete den Vorfall auch einigen alten Männern im Dorf. Diese erinnerten sich, dass man früher von einem Goldschatz erzählt hatte, den ein Verstorbener versteckt habe. Und ein solcher könne keine Ruhe mehr finden, weder in dieser Welt noch in der zukünftigen, bis er einem Lebenden die Stelle bezeichnet habe, wo das Geld vergraben sei. Darum sei auch der Alfiere ständig unterwegs, vom Estrich bis in den Keller, wo der Schatz gewiss verborgen liege.   Am Kaminfeuer der Tessiner                                    Walter Keller                                                          Hans Feuz Verlag Bern   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Spukgeist von Noflen

Source: Der Spukgeist von Noflen

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Vor etwa fünf Jahrzehnten wohnte in einem Bauernhaus in Noflen ein Poltergeist. Der machte den Bewohnern auf alle Art das Leben sauer. Es gab keinen Winkel im ganzen Haus, der vom Treiben des Geistes sicher war. Tagsüber verhielt sich der Unsichtbare ziemlich ruhig. Aber in der Nacht ging der Spektakel los. Weder Mensch noch Tier wurden vom boshaften Plaggeist verschont. Bald rumorte er in der Tenne, bald auf dem Heuboden. In der Tenne befand sich eine Häckerlimaschine, an der der Quälgeist sein besonderes Gefallen fand. Denn er drehte sie öfters, so dass die Bewohner glaubten, jemand schneide Häcksel für das Vieh. Wenn sie nachschauten, stand die Maschine ruhig an ihrem Platz und vom Häckerli fand sich keine Spur. Ein andermal hausierte das Ungeheuer in der Küche, wo es mit Pfannen und Tellern hantierte und einen Höllenlärm verursachte. Dann geisterte es in der Wohnstube herum, rüttelte an den verschlossenen Türen und Fenstern, tat als ob er die Scheiben zerschlüge. Hintennach fand man sie dennoch ganz und unversehrt. Ein andermal rückte er das eichene «Pùffet» (Schrank) von seinem Standort, öffnete in der braun gefirnissten Kommode die Schubladen und knallte sie heftig wieder zu, um den Leuten den Schlaf zu vertreiben. Zur Abwechslung rollte er in anderen Nächten mit einer rasselnden Eisenkette durch den Hausgang und vollführte einen betäubenden Radau, als ob die wilde Jagd durchs Haus zöge. Selbst in den Keller stieg er hinunter und tat, als ob er mit den Äpfeln und Kartoffeln ein Bombardement ausführte. Merkwürdig, am Morgen lag alles an seinem gewohnten Platz, als ob nichts geschehen wäre. Wenn der Spukgeist in den Stall zog, brüllten die geängstigten Kühe an der Krippe. Wild zerrten und rüttelten sie an ihren Ketten. Am folgenden Morgen gaben sie dann keine oder ungeniessbare saure Milch. Der Bauer besass neben seinen rotscheckigen Kühen noch einen Schwarzfleck. Auf diese Kuh hatte es das Gespenst ganz besonders abgesehen. Sie musste am meisten unter der Tücke des Unruhestifters leiden. Wenn der Küher morgens den Stall betrat, fand er die schwarzscheckige Kuh entweder losgekettet oder die Kette war so um ihren Hals gewunden, dass sie fast zugeschnürt dem Ersticken nahe war. Die Bauersleute probierten allerlei Mittel, um den Spukgeist zu vertreiben; sie spritzten Weihwasser, zündeten geweihte Kerzen an, aber es half nie lange. Bald fing das Unwesen von neuem an. Der Besitzer des Bauernhauses forschte tiefer nach der Ursache des unheimlichen Friedensstörers. Das Ergebnis führte auf eine Erbschaftsangelegenheit zurück. Es soll dabei nicht in allen Dingen nach Recht und Gesetz zugegangen sein. Eine Person wurde in ihren Rechtsansprüchen benachteiligt. Die Geschichte lag aber schon weit zurück. Doch das zugefügte Unrecht war bisher noch nicht gutgemacht worden. Nähere Erben der ursprünglich auf dem Hof lebenden Familie waren keine mehr vorhanden, die Anrecht auf eine Entschädigung hätten geltend machen können. Der neue Besitzer war aber ernstlich entschlossen, dem Unfug ein Ende zu bereiten. Er liess einen Ordensmann kommen und das ganze Haus aussegnen. Zugleich machte er eine Stiftung für kirchliche Zwecke, mit dem Teil des Geldes, das einst den richtigen Erben zukommen sollte. Von dem Tage an hörte das Lärmen des Poltergeistes auf und Ruhe und Friede zogen ins Bauerhaus ein.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der St. Johanner Hof

Source: Der St. Johanner Hof

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Etwa eine halbe Stunde vom Dorfe Ernetschwil entfernt ist der St. Johanner Hof. Derselbe gehörte einst zwei betagten Brüdern an. Weltmüde vermachten sie ihr Heimwesen dem Kloster St. Johann im Thurtale und verpfründeten sich dorthin. Ihr erstes und einziges Essen aus der Klosterküche war eine Milchsuppe,  nach deren Genuss sie sich zu Bette legten, wo sie eines sanften Todes starben. Deshalb sagt der Volksmund, der schöne Hof sei um eine Milchsuppe verkauft worden. A. Hüppi Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 398, S. 227  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Stalljoggeli in Wettingen

Source: Der Stalljoggeli in Wettingen

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Der Joggeli (kleine Jakob), der auf der Geiswiese hinter dem Dorfe Wettingen wohnte, war allgemein als Hexenmeister bekannt. Dies kam aber nur von einem Hausgeiste her, der gerade so hiess wie er selber. Wollte er sein Vieh füttern, so gieng er weder im Sommer grasen, noch stieg er im Winter die Heubrüggi hinauf; sondern er sagte nur das Wörtchen vor sich hin: Joggeli, gieb Heu abe, nid z'viel und nid z'wenig — und sogleich hatten seine Kühe Heu und Futter zu rechtem Mass im Barren. Da er einmal mürrisch und böse in den Stall trat, vergass er den Beisatz seines Sprüchleins mitzusagen, und augenblicklich hatte sich die Masse des ganzen Heustocks auf ihn herabgelassen, dass er sich und sein Vieh mühselig daraus hervorwühlen musste. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 285 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Stammbach

Source: Der Stammbach

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Der Stammbach floss einst in gerader Richtung vom Berge in die Lonza, und an seinen Ufern waren herrliche Wiesen. Dort besass auch ein Jäger von Eisten mehrere Matten. Als er einst oben im Gebirge jagte, wo der Bach aus dem Gletscher quillt, gewahrte er, dass der Gletscher bedeutend zurückgegangen war und der Bach über eine lose Moräne floss. Es drohte also den Wiesen die grösste Gefahr, verheert zu werden. Darum beschloss der Jäger, die Wiesen so bald als möglich zu verkaufen. Ein reicher Ferdner, der sonst fast überall im Tale Güter besass, war gerne bereit, die Wiesen des Jägers zu kaufen. Der Vertrag wurde abgeschlossen, und der Jäger strich das Geld vergnügt in die Tasche. Am andern Tag verheerte der Bach das ganze Gelände und verwandelte es in eine Steinwüste. Nun quälten den schlauen Jäger aber doch Gewissensbisse; er nahm das Geld und wollte es dem Käufer seiner Wiesen wieder einhändigen. Dieser nahm es aber nicht an. LÖTSCHEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der standhafte Spion

Source: Der standhafte Spion

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Als die Oberwalliser die Gestelnburg monatelang vergeblich belagert hatten und die Belagerten durch allerlei Trug- und Scheinmittel keine Hoffnung aufkommen liessen, dass die Besatzung an Übergabe denke, anerbot sich schliesslich ein sehr unscheinbar aussehender Landsmann, sich und alsdann den Belagerern Einlass in das trutzige Felsennest zu verschaffen. In stockfinsterer und sehr stürmischer Nacht klopfte er, als Bettler verkleidet, am Burgtore an. Man liess den seltsamen Fremdling ein, in der Hoffnung, ihm wichtige Aufschlüsse über die Belagerer, den Stand der Dinge in Lande und über etwaigen nahen Entsatz zu entlocken. Allein, der späte Gast gab auf alle Fragen der Besatzung keinen Bescheid und glotzte die Fragenden wie ein Tölpel verständnislos an: er schien taubstumm zu sein. Alles Schreien, alle Versprechungen und die schrecklichsten Drohungen prallten wirkungslos an ihm ab. Um sich aber gänzlich zu vergewissern, dass dieses Verhalten nicht Verstellung sei, liess der Schlosshauptmann den Tölpel in die Folterkammer schaffen und ihm den Daumen der Rechten in die Schraube legen und abschlagen. Auch das half nichts; das Klemmen, Pressen und Verkeilen entlockte dem Spion nicht einen einzigen Schrei, der einem Wortlaut ähnlich gewesen wäre. Man liess ihn schliesslich als ungefährlich und blödsinnig gehen und im Hundeloch am Tore Nachtlager beziehen. Wie sich nun alles in der Burg in Sicherheit glaubte, steckte der vermeintliche taubstumme Bettler einen in seinen Lumpen verborgen gehaltenen Spiess auf den derben Bettelstab, stiess damit unversehens die Torwache nieder, öffnete das Tor und liess die draussen auf das verabredete Zeichen harrenden Landleute herein. Bald war nunmehr die Besatzung überwältigt und die Zenden Herren der Zwingburg. Nachdem die Überwundenen traurig abgezogen waren, liessen die Landleute das Felsennest in Flammen aufgehen. Der kühne Spion aber wurde als Landesbefreier gefeiert und reichlich belohnt. NIEDERGESTELN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der starch Böniger

Source: Der starch Böniger

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Der starch Böniger, wo vor vile Jahre im Linthel gläbt hät, sig ämal äso gäget ä Fyrabed vor dr Hütte gsässe und heb i Himel ufeglueget, ob’s äch bald gu rägne chämm oder nüd? Und wener jetz da äso gwerweissed heig, sine chunnt’s oder chunnt s nüd, da heb ds Alptüürli giipset, und es sig eine derobsi chu und vorne hane gstande, as wener ne wett frässe – ob er dr starch Böniger sig? «Jaja», seit dr Böniger, «emal d’Lüüt säget’s.» «So?» seit diese. «Das wird me de gsieh moren am Morged!» «Wesoo?» fraget der Böniger. Und dr ander seit em, er sig äxtra uss em Züripiet undenufechu, zum luege, ob er ne mög oder nüd. Aber das weler em jez schu gseit ha, der Handel sig de bald us – er heb nuch ä jede i füüf Minute z’Bode b’bracht, und meist gang’s nüd emal soo lang. «Jä nu», seit dr Böniger. «Ich bimi gwännt, äm Füüfi ufzstuh, dä chämmer’s dä ja gad füre Nüechter probiere. Aber jetz wärded er echlä Hunge ha, Maa, oder? Hogged echla da uffe Bangg, ich holech es Möggeli Chääs!» Dr Züripieter hogget also ordeli uffe Bangg, und dr Böniger gaht i Chääsgade dure gu das Möggli gu reiche. Imene Wiili so chunnt er wider zrugg und treit uf jedere Hand ä zäntnerege Landchäs. «So Maa, er chänd usläse, vu welem äs er lieber wänd!» seit er, und streggt em zerst dr ei Chääs und derna dr ander under d’Nase. «Schmögged dra!» seit er; «der ei isch echlä lugg im Salz und dr ander isch es Bröseli rässer, aber ä guet.» Woner do usgläse kha hat, so haut er em ä Biäse ab vum räässere und treit derna de beede Zäntner wider schü ordeli i Chääsgade dure, gad we me ä Platte Suurchruut treit. «Wänd er sust nuch öppis?» fraget er höfeli. Aber der Züripieter hät ä dem gnueg kha, und wo der Böniger am andere Morged nach em glueget hät, isch er niene mih umme gsi.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der stark Schnitter

Source: Der stark Schnitter

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Es Schniderli chunnt einisch uf sir Wanderschaft hungerig und halb ohmächtig zu m-ene Sennhof und heuscht öppis z'Mittag. Sie geben ihm es Chnucheli voll Zigermilch. Die het ihm geschmückt, und wil just no öppis Wenigs übrig gsi isch, so het er es Papier gno und da Ziger dri igwigglet, für ihn uf em Weg z'verzehre. Wie's denn so i Burehüseren isch — s'git im Summer vil Fleugt, und dem Schnider si au e Schwärm a d' Ziger ghocket. Derno het er si mit eim Chlapf z'tod gschlage. Sibe z'töde-n in Eim Streich isch für ne Schnider kei Chlinigkeit. Drum het euse Held im nöchsten Ort e Tafele gchauft und schribt druf: „Sibe tödt in Eim Streich ohni Zorn ! " und hänkt da Schild a Rügge. Stell me sich vor, wie d'Lüt werde Nespett gha ha vor dem Schnidergsell, wo si das glase hei. Er reiset witer und chunnt zu me Wald. Do isch grad afangs es Vogelnest gsi und die Junge drin rif zum Usflüge. Er nimmt der schönst devo us und steckt en i Sack. Won er paar Schritt witer gst isch, sindt er en große Schnägg mit sammt em Hus und stoßt en in ander Sack. Won er afe lang glaufe gsi isch und der Wald e keis End meh will näh, isch er vor Müedi abghocket und uf der Stell igschlofe. J dem Wald hei aber zwei Riese ghuset, dick wie Chilchstürm und so höch , as si hätte chönne der Mond mälche. Die treffe de schlofed Schnider a und lese die Jnschrift uf der Tafele : „Sibe tödt in Ein, Streich ohni Zorn!" „Potz Wetter," hei si zäme gseit, „dem wurd mes au gar nit agseh, as er so stark isch ! " Si wecke ne und froge, ob er dörf zu dem stoh, was er do uf e Rugge gschribe heig. „Das wil i meine ! " seit er. Jetz hei die Riese verlangt, er müeß mit ene um's Gwett si Sterki zeige. Der erst Ries het gseit: „J will i Eim Othezug d'Aest ab de Bäume blose. Machsch das au noche?" „No öppis Schwerers ! " seit de Schnider; „i will dem erste beste Husthier d'Hörner i Chopf zrugg blose." „Das möchte mer au gern gseh," säge die Riese. Derno nimmt der Schnider si Hüslischnägg füre und seit, das sig jetz s'erst best Husthier, und macht derno sis Kunststück. Aber die Riese si mit dem nit zfriede gsi und säge derno, vo-m-ene Schniderli loje si sie nit tschöpple; er müeß sini Chrefte zeige, nit si Witz. Der zweut Ries het gseit, jetz welle sie probiere, wer am höchste mög Stei bengle. „s'Blibt derbi! " macht der Schnider. Jetz schießt afe der Ries, und gar unerchannt höch. Der Schnider het wider zum Schin e Stei gsuecht, längt aber i Sack und zieht dä jung Vogel use und wirft en i d'Höchi. Dä isch gar nümm abecho, immer witer und höcher gstige, und die Riese hein ihm nohgluegt, bis ne der Aecke weh tho het. „Das hesch jetz guet gmacht!" hei sie gseit; „jetz sellsch i eusi Gsellschaft ufgno si, und das Erst was mer mache, isch — e Prinzessi z'raube." Das het eusem Schniderli gfalle und er het fast nit möge gwarte, bis es gnachtet het. Jm gliche Wald het uf eme feste Schloß e Graf glebt. Der het es wunderschöns Töchterli gha, mit der gar mänge vornehme Ritter gern Buelschaft agchnüpft hätt; doch au der Schönst, wo treit zwo silbrig Spore, Goldringli a den Ohre, E Federe voll Goelstei, isch abgwise worde. Worum? Der Waldgraf het a selbe zwei Riese gar bös Find und Nochbere gha ; sie hei ne gschädiget a Land und Guet, wo sie hei chönne. bis s'zletscht durs ganz Land bekannt gmacht worden isch: Wer's Grafe Töchterli zur Frau well, müeß zerst die zwei Riese überwinde. Au eusem Schnider ist das z'Ohre cho gsi und het em vil z'studiere ga. Selbi Nacht si die zwei Riese mit ihrem neue Ghilfe druf los, schliche zue dem Schloß und gsehi, daß d'Prinzessi in ihrem Kabinetli no Liecht het. Sie stelle ne Leitere a und der Schnider mueß vorewegg ufe go kundschafte. Jetzt erblickt er das Fräuli rüehig uf em Bett schlofe, schön wie nes Engeli uf ere Wulche, und neben an em es gschliffnigs grüsligs Schwert. Aber der Schnider loht si vo dem Engelsgsichtli und dem zuckerige Müli nit us der Fassig bringe, stigt ine und heißt die Riese sätteli ufecho. Wie der erst chunnt und will zum Pfeister iporze, stoht der Schulder zweg mit em Schwert und haut dem Malchis der Chopf ab ; mit aller Chraft zehrt er derno der Stumpe is Schlofzimmer. So het er's au dem zweute gmacht. Ietz erst isch er zum Flumbett hi gange, het mit süeße Worte das Grafetöchterli gweckt und frogt : „Lueget um ech , schöns Fräuli, wie es großes Fanggeld zahlt Eue Vater für fettig Raubvögel?" Und wo die Prinzessi die zwei Unholde todt in ihrem schwarze Bluet het gseh ligge, wo dure Stubebode wegglaufe isch , und das Werk vo ihrem ritterlige Fründ betrachtet, isch sie dem Schnider vor Freud und Dankbarkeit um e Hals falle, und mörnderisch hei sie zäme Hochzit gmacht.   Quelle: Sutermeister, Otto: Kinder- und Hausmärchen aus der Schweiz Solothurn. (Verkürzt nach B.Wyß Schwyzerdütsch S. 48.) S. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der starke Balz

Source: Der starke Balz

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An einem Herbsttage kam der Fuhrmann Balz ab der Langwies von Chur nach Tschiertschen, und noch in der Nacht wollte er heim. Es war stichdunkel, so dass man ihn warnte, weiterzugehen, da ihm so leicht ein »Ungfell« zustossen könnte, und er dann hilflos umkommen müsste. Balz aber war ein unerschrockener Wildner, und hart wie der Felsen, an den daheim sein Häuslein lehnte; aber roh und gottlos war er auch, der Balz; und so tat er den Fluch, er gehe heim, und wenn selbst der Teufel käme, der würde ihn nicht »baschgen«, oder ihn auf den »letzen« Weg bringen. Gesagt, getan; der böse Balz liess sich nicht halten, und ging, und kam glücklich in den Wald hinterhalb des Dorfes, bis zum Holzriese, das ins Tobel fällt. Aber dort stellte sich ihm ein Mann von sonderbarer Körperbildung entgegen, der behauptete, Balz sei auf dem unrechten Wege. Balz sagte »nein« und wollte, den Unheimlichen bei Seite drückend, seinen bekannten Weg vorwärts gehen. Nun machte sich der Fremde daran, den Balz gewaltsam vom rechten Wege abzuleiten; der aber liess sich den Bart nicht zausen und wurde mit dem Andern »handsgemein«. Beide waren aber gleich stark, und es war ein fürchterliches Ringen. (Ein Bube mit einer Laterne war ihm nachgegangen. Dem grausete es ob der Balgerei und er eilte heim, zu erzählen was er vernommen.) Im Dorfe horchte man, ob nicht ein Hilferuf von Balz, der in der Dunkelheit den Weg ohne Anders verfehlen musste, zu vernehmen sei, damit man etwa noch helfen könne. Lange Zeit war nichts zu hören, bis auf einmal ein verworrenes Fluchen vom Tobel her, dann ein Krachen und Rascheln, als ob ein grosser Stein durch die Stauden hinab rolle; erst nach einer Weile wurde es still. Am Morgen suchte man nach dem Balz, aber nirgends konnte man ihn finden. Nach vielen Monaten kam endlich Balz wieder zum Vorschein, von Langwies heraus nach Tschirtschen, aber gleich bemerkte man an ihm eine gewaltige Veränderung. Er war nicht mehr so roh und gottlos. Man fragte ihn, wie es ihm in jener Nacht gegangen sei, und da erzählte er, im Ries sei ihm der Böse, den er bis anhin nicht gefürchtet habe, begegnet, mit dem habe er gerungen, bis es »z'Tag glüt'«. Keiner habe den Andern wollen laufen lassen und sie hätten sich beide zu erwürgen gesucht; im Ringen seien sie miteinander das Ries hinuntergekugelt und noch unten im Tobel, am Wasser hätten sie gerungen und keiner »lugg« lassen wollen. Da habe es gegen Morgen »z'Tag glüt'« und auf einmal sei der Andere verschwunden. Balz zeigte die Male an seinem Hals, und von da an hiess das Ries, wo der Böse ihn angepackt, das »Balz-Ries«. Quelle: Jecklin, Dietrich: Volksthümliches aus Graubünden. 3 Teile, Zürich 1874, Chur 1876, Chur 1878 (Nachdruck Zürich: Olms, 1986), S. 38-40. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der starke Dürst

Source: Der starke Dürst

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Starke Männer gab es zu allen Zeiten, und zu den stärksten gehörte der Fridli Dürst. Einmal brachten drei Berner einen lebendigen Riesen ins Land, den sie selbst an der Kette kaum zu bändigen vermochten. Sie stellten ihn auf Gassen und Plätzen aus und berichteten Wunderdinge über ihn. Berichteten auch, dass er’s mit jedem aufnehme, der sich ihm stellen möchte. Es möge einer sich aber wohl besinnen, denn der Riese sei schon mit ganz andern fertig geworden, als mit ein paar Ledigen, wie sie die Zigermannen wohl aufstellen könnten. Nun gab es schon dazumal in jedem Dorf ein Dutzend Ledige, die sich nicht zu fürchten brauchten, wenn sie zu einem Hosenlupf gerufen wurden; einen richtigen Riesen aber von sieben Schuh Mass und etliches darüber hatte noch keiner von ihnen in den Fingern gehabt. Als der Riese nun vor der Lintheler Kirche gezeigt wurde und die Berner auch hier das Maul aufrissen, als ob er die halbe Welt fressen möchte, der Riese dazu noch schreckhaft mit den Ketten rasselte, da ward den Ledigen nicht ganz wohl bei der Sache. Die Ehre des Dorfes verlangte, dass einer sich mit dem Riesen einlasse; jeder aber studierte an irgendeiner glaubhaften Ausrede herum, denn der Kampf schien allzu ungleich. Wie sie so ratschlagten, da riet einer, den Fridli Dürst anzufragen, ob er’s auf sich nehmen wollte. Die andern lachten, denn der Dürst hatte wohl in jungen Jahren mit jeder Hand ein Sennkessi geradeaus halten können, jetzt aber war er ein graues Männchen, das nur noch von alten Zeiten erzählen konnte. Daraufhin aber wusste doch mancher dies und das zu berichten, was er eben noch vor Jahren, vor Monaten und Wochen sogar ausgeführt hätte, beim Holzen, beim Fuhrwerken und an andern Orten, wo es galt, den Karren aus dem Dreck zu ziehen. Der Dürst, als sie mit ihrem Anliegen zu ihm kamen, kratzte sich in den Haaren: «Vor zehn Jahren noch hätt’ ich’s prästiert – aber heute ist das so eine Sache, und einen Riesen hab ich meiner Lebtag noch keinen auch nur von weitem gesehen.» Doch liess er sich zuletzt überreden, den Hosenlupf auszufechten. Über Nacht hatten die Berner den Riesen in einem Gaden eingesperrt, damit er nicht ausbreche und Dummheiten anstelle. Wie nun der Fridli Dürst am Morgen anfing, vor der Gadentür zu johlen und zu locken, wie man einen Muni lockt, da liessen sie ihn heraus, so gross und breit wie er war. Der Fridli mass ihn mit seinen Augen von oben bis unten und rieb sich nachdenklich die Nase. Dann zog er sein Sennenkäpplein vom Kopf, warf es mitten auf die Strasse und sagte gelassen zu den vielen Leuten ringsum: «Da liegt das Käppli – und da liegt in fünf Minuten auch der Ries!» Dann schoss er wie der Blitz auf den Riesen los, fuhr ihm in die Knie, packte und überzwirbelte ihn in einem Hau, so dass er haargenau auf das Käpplein zu liegen kam. Dort blieb er liegen und ist nicht mehr aufgestanden.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der starke Hans

Source: Der starke Hans

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Es war einmal ein Mann und eine Frau, die hatten nur ein einziges Kind, und lebten in einem abseits gelegenen Thale ganz allein. Es trug sich zu, daß die Mutter einmal ins Holz ging, Tannenreiser zu lesen, und den kleinen Hans, der erst zwei Jahr alt war, mitnahm. Da es gerade in der Frühlingszeit war und das Kind seine Freude an den bunten Blumen hatte, so ging sie immer weiter mit ihm in den Wald hinein. Plötzlich sprangen aus dem Gebüsch zwei Räuber hervor, packten die Mutter und das Kind und führten sie tief in den schwarzen Wald, wo Jahr aus, Jahr ein kein Mensch hinkam. Die arme Frau bat die Räuber inständig sie mit ihrem Kinde frei zu lassen, aber das Herz der Räuber war von Stein: sie hörten nicht auf ihr Bitten und Flehen und trieben sie mit Gewalt an weiter zu gehen. Nachdem sie etwa zwei Stunden durch Stauden und Dörner sich hatten durcharbeiten müssen, kamen sie zu einem Felsen, wo eine Türe war, an welche die Räuber klopften, und die sich alsbald öffnete. Sie mußten durch einen langen dunkeln Gang und kamen endlich in eine große Höhle, die von einem Feuer, das auf dem Herd brannte, erleuchtet war. An der Wand hingen Schwerter, Säbel und andere Mordgewehre, die in dem Lichte blinkten, und in der Mitte stand ein schwarzer Tisch, an dem vier andere Räuber saßen und spielten, und oben an saß der Hauptmann. Dieser kam, als er die Frau sah, herbei, redete sie an und sagte sie sollte nur ruhig und ohne Angst sein, sie träten ihr nichts zu Leid, aber sie müßte das Hauswesen besorgen, und wenn sie alles in Ordnung hielte, so sollte sie es nicht schlimm bei ihnen haben. Darauf gaben sie ihr etwas zu essen und zeigten ihr ein Bett, wo sie mit ihrem Kinde schlafen könnte. Die Frau blieb viele Jahre bei den Räubern, und Hans ward groß und stark. Die Mutter erzählte ihm Geschichten und lehrte ihn in einem alten Ritterbuch, das sie in der Höhle fand, lesen. Als Hans neun Jahr alt war, machte er sich aus einem Tannenast einen starken Knüttel und versteckte ihn hinter das Bett: dann ging er zu seiner Mutter und sprach „liebe Mutter, sage mir jetzt einmal wer mein Vater ist, ich will und muß es wissen.“ Die Mutter schwieg still und wollte es ihm nicht sagen, damit er nicht das Heimweh bekäme: sie wußte auch daß die gottlosen Räuber den Hans doch nicht fortlassen würden; aber es hätte ihr fast das Herz zersprengt, daß Hans nicht sollte zu seinem Vater kommen. In der Nacht, als die Räuber von ihrem Raubzug heimkehrten, holte Hans seinen Knüttel hervor, stellte sich vor den Hauptmann und sagte „jetzt will ich wissen wer mein Vater ist, und wenn du mir's nicht gleich sagst, so schlag ich dich nieder.“ Da lachte der Hauptmann und gab dem Hans eine Ohrfeige, daß er unter den Tisch kugelte. Hans machte sich wieder auf, schwieg und dachte „ich will noch ein Jahr warten und es dann noch einmal versuchen, vielleicht geht’s besser.“ Als das Jahr herum war, holte er seinen Knüttel wieder hervor, wischte den Staub ab, betrachtete ihn und sprach „es ist ein tüchtiger wackerer Knüttel.“ Nachts kamen die Räuber heim, tranken Wein, einen Krug nach dem anderen, und fingen an die Köpfe zu hängen. Da holte der Hans seinen Knüttel herbei, stellte sich wieder vor den Hauptmann und fragte ihn wer sein Vater wäre. Der Hauptmann gab ihm abermals eine so kräftige Ohrfeige, daß Hans unter den Tisch rollte, aber es dauerte nicht lange, so war er wieder oben und schlug mit seinem Knüttel auf den Hauptmann und die Räuber, daß sie Arme und Beine nicht mehr regen konnten. Die Mutter stand in einer Ecke und war voll Verwunderung über seine Tapferkeit und Stärke. Als Hans mit seiner Arbeit fertig war, ging er zu seiner Mutter und sagte „jetzt ist mir's Ernst gewesen, aber jetzt muß ich auch wissen wer mein Vater ist.“ „Lieber Hans“, antwortete die Mutter, „komm wir wollen gehen und ihn suchen bis wir ihn finden.“ Sie nahm dem Hauptmann den Schlüssel zu der Eingangstür ab, und Hans holte einen großen Mehlsack, packte Gold, Silber und was er sonst noch für schöne Sachen fand, zusammen, bis er voll war, und nahm ihn dann auf den Rücken. Sie verließen die Höhle, aber was tat Hans die Augen auf, als er aus der Finsternis heraus in das Tageslicht kam, und den grünen Wald, Blumen und Vögel und die Morgensonne am Himmel erblickte. Er stand da und staunte alles an, als wenn er nicht recht gescheit wäre. Die Mutter suchte den Weg nach Haus, und als sie ein paar Stunden gegangen waren, so kamen sie glücklich in ihr einsames Tal und zu ihrem Häuschen. Der Vater saß unter der Türe, er weinte vor Freude als er seine Frau erkannte und hörte daß Hans sein Sohn war, die er beide längst für tot gehalten hatte. Aber Hans, obgleich erst zwölf Jahr alt, war doch einen Kopf größer als sein Vater. Sie gingen zusammen in das Stübchen, aber kaum hatte Hans seinen Sack auf die Ofenbank gesetzt, so fing das ganze Haus an zu krachen, die Bank brach ein und dann auch der Fußboden, und der schwere Sack sank in den Keller hinab. „Gott behüte uns“, rief der Vater „was ist das? jetzt hast du unser Häuschen zerbrochen.“ „Laßt euch keine graue Haare darüber wachsen, lieber Vater, “ antwortete Hans, „da in dem Sack steckt mehr als für ein neues Haus nötig ist.“ Der Vater und Hans fingen auch gleich an ein neues Haus zu bauen, Vieh zu erhandeln und Land zu kaufen und zu wirtschaften. Hans ackerte die Felder, und wenn er hinter dem Pflug ging und ihn in die Erde hinein schob, so hatten die Stiere fast nicht nötig zu ziehen. Den nächsten Frühling sagte Hans „Vater, behaltet alles Geld und laßt mir einen zentnerschweren Spazierstab machen, damit ich in die Fremde gehen kann.“ Als der verlangte Stab fertig war, verließ er seines Vaters Haus, zog fort und kam in einen tiefen und finstern Wald. Da hörte er etwas knistern und knastern, schaute um sich und sah eine Tanne, die von unten bis oben wie ein Seil gewunden war: und wie er die Augen in die Höhe richtete, so erblickte er einen großen Kerl, der den Baum gepackt hatte und ihn wie eine Weidenrute umdrehte. „He!“ rief Hans, „was machst du da droben?“ Der Kerl antwortete „ich habe gestern Reiswellen zusammen getragen und will mir ein Seil dazu drehen.“ „Das laß ich mir gefallen, “ dachte Hans, „der hat Kräfte, “ und rief ihm zu, „laß du das gut sein und komm mit mir.“ Der Kerl kletterte von oben herab, und war einen ganzen Kopf größer als Hans, und der war doch auch nicht klein. „Du heißest jetzt Tannendreher“ sagte Hans zu ihm. Sie gingen darauf weiter und hörten etwas klopfen und hämmern, so stark daß bei jedem Schlag der Erdboden zitterte. Bald darauf kamen sie zu einem mächtigen Felsen, vor dem stand ein Riese und schlug mit der Faust große Stücke davon ab. Als Hans fragte was er da vor hätte, antwortete er „wenn ich Nachts schlafen will, so kommen Bären, Wölfe und anderes Ungeziefer der Art, die schnuppern und schnuffeln an mir herum und lassen mich nicht schlafen, da will ich mir ein Haus bauen und mich hinein legen, damit ich Ruhe habe.“ „Ei ja wohl, “ dachte Hans, „den kannst du auch noch brauchen“ und sprach zu ihm „laß das Hausbauen gut sein und geh mit mir, du sollst der Felsenklipperer heißen.“ Er willigte ein, und sie strichen alle drei durch den Wald hin und wo sie hinkamen, da wurden die wilden Tiere aufgeschreckt und liefen vor ihnen weg. Abends kamen sie in ein altes verlassenes Schloß, stiegen hinauf und legten sich in den Saal schlafen. Am andern Morgen ging Hans hinab in den Garten, der war ganz verwildert und stand voll Dörner und Gebüsch. Und wie er so herum ging, sprang ein Wildschwein auf ihn los: er gab ihm aber mit seinem Stab einen Schlag daß es gleich niederfiel. Dann nahm er es auf die Schulter und brachte es hinauf; da steckten sie es an einen Spieß, machten sich einen Braten zurecht und waren guter Dinge. Nun verabredeten sie daß jeden Tag, der Reihe nach zwei auf die Jagd gehen sollten und einer daheim bleiben und kochen, für jeden neun Pfund Fleisch. Den ersten Tag blieb der Tannendreher daheim und Hans und der Felsenklipperer gingen auf die Jagd. Als der Tannendreher beim Kochen beschäftigt war, kam ein kleines altes zusammengeschrumpeltes Männchen zu ihm auf das Schloß, und forderte Fleisch. „Pack dich, Duckmäuser“, antwortete er, „du brauchst kein Fleisch.“ Aber wie verwunderte sich der Tannendreher, als das kleine unscheinbare Männlein an ihm hinauf sprang und mit Fäusten so auf ihn losschlug, daß er sich nicht wehren konnte, zur Erde fiel und nach Atem schnappte. Das Männlein ging nicht eher fort, als bis es seinen Zorn völlig an ihm ausgelassen hatte. Als die zwei andern von der Jagd heimkamen, sagte ihnen der Tannendreher nichts von dem alten Männchen und den Schlägen, die er bekommen hatte und dachte „wenn sie daheim bleiben, so können sie es auch einmal mit der kleinen Kratzbürste versuchen“, und der bloße Gedanke machte ihm schon Vergnügen. Den folgenden Tag blieb der Steinklipperer daheim, und dem ging es gerade so wie dem Tannendreher, er ward von dem Männlein übel zugerichtet, weil er ihm kein Fleisch hatte geben wollen. Als die andern abends nach Haus kamen, sah es ihm der Tannendreher wohl an was er erfahren hatte, aber beide schwiegen still und dachten „der Hans muß auch von der Suppe kosten.“ Der Hans, der den nächsten Tag daheim bleiben mußte, tat seine Arbeit in der Küche, wie sich's gebührte, und als er oben stand und den Kessel abschäumte, kam das Männchen und forderte ohne weiteres ein Stück Fleisch. Da dachte Hans „es ist ein armer Wicht, ich will ihm von meinem Anteil geben, damit die andern nicht zu kurz kommen“ und reichte ihm ein Stück Fleisch. Als es der Zwerg verzehrt hatte, verlangte er nochmals Fleisch, und der gutmütige Hans gab es ihm und sagte da wäre noch ein schönes Stück, damit sollte er zufrieden sein. Der Zwerg forderte aber zum dritten Mal. „Du wirst unverschämt“ sagte Hans und gab ihm nichts. Da wollte der boshafte Zwerg an ihm hinaufspringen und ihn wie den Tannendreher und Felsenklipperer behandeln, aber er kam an den unrechten. Hans gab ihm, ohne sich anzustrengen, ein paar Hiebe, daß er die Schloßtreppe hinab sprang. Hans wollte ihm nachlaufen, fiel aber, so lang er war, über ihn hin. Als er sich wieder aufgerichtet hatte, war ihm der Zwerg voraus. Hans eilte ihm bis in den Wald nach und sah wie er in eine Felsenhöhle schlüpfte. Hans kehrte nun heim, hatte sich aber die Stelle gemerkt. Die beiden andern, als sie nach Haus kamen, wunderten sich daß Hans so wohl auf war. Er erzählte ihnen was sich zugetragen hatte, und da verschwiegen sie nicht länger wie es ihnen ergangen war. Hans lachte und sagte „es ist euch ganz recht, warum seid ihr so geizig mit eurem Fleisch gewesen, aber es ist eine Schande, ihr seid so groß und habt euch von dem Zwerge Schläge geben lassen.“ Sie nahmen darauf Korb und Seil und gingen alle drei zu der Felsenhöhle, in welche der Zwerg geschlüpft war, und ließen den Hans mit seinem Stab im Korb hinab. Als Hans auf dem Grund angelangt war, fand er eine Türe, und als er sie öffnete, saß da eine bildschöne Jungfrau, nein so schön, daß es nicht zu sagen ist, und neben ihr saß der Zwerg und grinste den Hans an wie eine Meerkatze. Sie aber war mit Ketten gebunden und blickte ihn so traurig an, daß Hans großes Mitleid empfand und dachte „du mußt sie aus der Gewalt des bösen Zwerges erlösen“, und gab ihm einen Streich mit seinem Stab, daß er tot niedersank. Alsbald fielen die Ketten von der Jungfrau ab, und Hans war wie verzückt über ihre Schönheit. Sie erzählte ihm sie wäre eine Königstochter, die ein wilder Graf aus ihrer Heimat geraubt und hier in den Felsen eingesperrt hätte, weil sie nichts von ihm hätte wissen wollen: den Zwerg aber hätte der Graf zum Wächter gesetzt und er hätte ihr Leid und Drangsal genug angetan. Darauf setzte Hans die Jungfrau in den Korb und ließ sie hinauf ziehen. Der Korb kam wieder herab, aber Hans traute den beiden Gesellen nicht und dachte „sie haben sich schon falsch gezeigt und dir nichts von dem Zwerg gesagt, wer weiß was sie gegen dich im Schild führen.“ Da legte er seinen Stab in den Korb, und das war sein Glück, denn als der Korb halb in der Höhe war, ließen sie ihn fallen, und hätte Hans wirklich darin gesessen, so wäre es sein Tod gewesen. Aber nun wußte er nicht wie er sich aus der Tiefe herausarbeiten sollte und wie er hin und her dachte, er fand keinen Rath. „Es ist doch traurig“, sagte er „daß du da unten verschmachten sollst.“ Und als er so auf und abging, kam er wieder zu dem Kämmerchen, wo die Jungfrau gesessen hatte, und sah daß der Zwerg einen Ring am Finger hatte, der glänzte und schimmerte. Da zog er ihn ab und steckte ihn an, und als er ihn am Finger umdrehte, so hörte er plötzlich etwas über seinem Kopf rauschen. Er blickte in die Höhe und sah da Luftgeister schweben, die sagten er wäre ihr Herr und fragten was sein Begehren wäre. Hans war anfangs ganz verstummt, dann aber sagte er sie sollten ihn hinauf tragen. Augenblicklich gehorchten sie, und es war nicht anders als flöge er hinauf. Als er aber oben war, so war kein Mensch mehr zu sehen, und als er in das Schloß ging, so fand er auch dort niemand. Der Tannendreher und der Felsenklipperer waren fortgeeilt und hatten die schöne Jungfrau mit geführt. Aber Hans drehte den Ring, da kamen die Luftgeister und sagten ihm die zwei wären auf dem Meer. Hans lief und lief in einem fort bis er zu dem Meeresstrand kam, da erblickte er weit, weit auf dem Wasser ein Schiffchen, in welchem seine treulosen Gefährten saßen. Und im heftigen Zorn sprang er, ohne sich zu besinnen, mit samt seinem Stab ins Wasser und fing an zu schwimmen, aber der zentnerschwere Stab zog ihn tief hinab, daß er fast ertrunken wäre. Da drehte er noch zu rechter Zeit den Ring, alsbald kamen die Luftgeister und trugen ihn, so schnell wie der Blitz, in das Schiffchen. Da schwang er seinen Stab und gab den bösen Gesellen den verdienten Lohn und warf sie hinab ins Wasser; dann aber ruderte er mit der schönen Jungfrau, die in den größten Ängsten gewesen war, und die er zum zweiten Male befreit hatte, heim zu ihrem Vater und ihrer Mutter, und ward mit ihr verheiratet, und haben alle sich gewaltig gefreut.   Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm, 1837 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der starke Hans

Source: Der starke Hans

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Es war einmal eine grosse Frau, die grosse Beth, die hatte einen Buben, der, obschon er erst sieben Jahre alt war, schon der starke Hans hiess. »Wir sind arme Leute«, sagte die Mutter einst zu ihm, »drum musst du beizeiten arbeiten und fremdes Brot essen lernen. Die Bauern nehmen ohnedies nur starke Leute in den Dienst. Geh also in den Wald und bringe mir eine tüchtige Tracht Holz heim, dann will ich dir sagen, ob du in die Fremde taugst.« Hansli tat es, traurigen Herzens über den ihm so nahe stehenden Abschied; und wie er seine Bürde Holz heimbrachte, war sie gar klein. Darüber wurde er und die Mutter froh, denn er war noch zu schwach und durfte noch weitere sieben Jahre daheim bleiben. Als diese um waren, wurde er zum zweiten Male ins Holz geschickt. Jetzt aber war es anders mit ihm. Die Tannen riss er aus, als ob es Stauden wären, und heimgetragen brachte er sie wie einen Federwisch. Jetzt hatte die Mutter auf ein ganzes Jahr Brennholz genug, und Hans konnte nun sein Ränzel schnüren und dem nächsten Bauernhof zuwandern. Hier waren schon zwei Knechte im Dienst und man brauchte keinen dritten. Der Hans aber wurde dennoch angenommen, denn er verlangte vom geizigen Bauer keinen Lohn, sondern statt dessen nur das Recht, alljährlich eine Ohrfeige austeilen zu dürfen. Die erste Arbeit, bei der er mithalf, war im Walde; es wurde Holz gefällt und heimgefahren. Aber der Wagen war bereits überladen und die Rosse brachten ihn nicht vom Fleck. Da warf Hans die Rosse zu den Baumstämmen auf den Wagen hinauf und brachte ihn wie im Sturmwind vors Haus gerollt. Der Bauer sah es, kratzte sich in den Haaren und dachte mit Schauder an die Jahresohrfeige. Aber er liess sich nichts merken, sondern setzte sich mit Hans zu Tische. Hier tat Hans abermals das Seine, der Bauer kratzte sich abermals in den Haaren, denn dieser Knecht würde ihn binnen Jahresfrist von Haus und Hof essen. Nun fiel ihm ein, wie er sich seiner entledigen könnte. »Meine Frau«, sagte er zu ihm, »hat vor etlichen Tagen ihren Ehering draussen in den Ziehbrunnen fallen lassen, steig hinunter und hol ihn wieder herauf.« Hans tat es. Kaum war er drunten, so schüttete der Bauer mit seinen Knechten eine ganze Ladung Steine hinab. »Weg mit den Hühnern da droben«, rief eine Stimme herauf, »sie scharren Sand in den Brunnen!« Der Bauer musste zu einem gewichtigeren Mittel greifen; er liess die Glocke aus der Kapelle herabnehmen und in den Brunnen werfen, die musste den ganzen Hans zudecken. »Ei, was für ein artiges Käppchen für mich!« lautete es zum zweiten Mal aus der Tiefe herauf. Jetzt gab's keinen andern Rat, als den Mühlstein hinabzulassen. – »Halt!« schrie der drunten, »da hab' ich ja den Ehering; geht mir aus dem Licht droben, ich komme!« Die Glocke auf dem Kopfe und den Mühlstein am Ringfinger kam Hans heraufgestiegen. Der Bauer dachte abermals an die einbedungene Ohrfeige und schenkte dem Hans nun so viel Geld und Gut, als dieser brauchte, um weiter in die Welt zu ziehen. Seines Weges gehend fand er zwei Kameraden, einen Jäger und einen Fischer, die ohne Dienst waren wie er. Er wanderte einen Tag mit ihnen, doch statt Dörfer und Herbergen trafen sie nichts als ein kleines wunderliches Haus. Es war unbewohnt und sie übernachteten hier. In aller Frühe weckte sie der Hunger. Nichts als ein Kochkessel und ein geringes Stück Fleisch war hier vorrätig, dies genügte nicht für alle drei. Der Fischer sollte es ans Feuer tun und kochen, indessen gingen der Jäger und Hans in den Wald, um besseren Vorrat herbeizuschaffen. Unser Koch hing den Kessel übers Feuer – da schlich ein kleines, hässliches Weib herzu. Sie hatte ein rotes Jüpplein an und auf dem Kopf eine Beginenhaube und bat flehentlich um ein winziges Stücklein Fleisch. Der gute Fischer bückte sich schon, ihr ein Stück im Kessel abzuschneiden, da, husch, sass sie ihm auf dem Rücken, drückte und ritt ihn, und zerkratzte ihm jämmerlich das Gesicht. Er kroch zuletzt unter den Herd hinunter. Die Alte verschwand, das Feuer ging aus. Gegen Abend kamen die beiden Kameraden heim. Glücklicherweise hatten sie einen Bären erlegt, und hatten nun, nachdem er ausgeweidet, zerlegt und gekocht war, doch etwas zu essen. Der Morgen kam, und nun ging der Fischer mit dem Hans auf die Jagd, der Jäger hütete das Haus und besorgte das Essen. Darüber geschah ihm, was man schon weiss. Die Alte in der roten Jüppe kam herbeigeschlichen, und während er ihr ein Stück Fleisch abschnitt, sprang sie ihm auf den Rücken, zerkratzte ihn und warf ihn zum Schlusse unter den Herd. Da lag er noch drunten, als die zwei andern abends heimkamen und nach dem Essen fragten. – So kam der dritte Tag. Keiner der Geprügelten hatte indessen den andern ein Wörtchen verraten, jeder verbiss seine Schmerzen und freute sich im stillen darauf, dass auch an den nächsten die Reihe kommen werde. Heute blieb nun Hans daheim, Jäger und Fischer gingen in den Wald. Sobald er am Kochen war, klopfte die Jammergestalt des hungrigen Weibes an der Tür und bettelte um ein Stücklein Fleisch. Sie erhielt's. Allein, so bald sie ihm auf den Rücken springen wollte, hatte sich Hans schon vorgesehn. Er packte sie mit einer Hand und schwang sie so lange in der Luft herum, bis ihr der Atem ausging. Dann band er sie und warf sie hinab, wo die andern gelegen. Da lag denn nun das schief geschnürte Bündel unter dem Herd. Sehr frühzeitig kamen heut die beiden Kameraden heim; sie lachten schon im voraus über die Prügel, die Hans aufgelesen haben musste. Da sahen sie denn das Gegenteil. Aber Hans wollte von seinem Abenteuer auch einen Nutzen haben. Er liess die Hexe unterm Herd nicht eher los, als bis sie ihm ein Geheimnis entdeckt hatte. Hier im Berge, auf dem das Häuschen stand, war ein tiefes Felsenloch, das hinunter führte zu einem wunderbaren Schlosse. Eine Prinzessin wohnte drinnen, von Drachen bewacht, und wer diese besiegte, gewann samt den Schätzen die Hand der Königstochter. Die drei gingen zur Höhle und bestimmten durch das Los, wer von ihnen zuerst am Seile hinunter gelassen werden sollte. Hans machte den Anfang. Drunten fand er das Schloss, ganz aus Gold und Edelstein gebaut, alsdann die Prinzessin selbst. Diese stellte ihm Wein und Brot vor, dadurch wurde er noch dreimal stärker als zuvor. Dann gab sie ihm das stärkste Schwert, mit dem er den Drachen schlagen sollte. Dieser fuhr auch bald mit furchtbarem Getöse herab und spie einen Feuerstrom aus dem Rachen. Mit einem Hiebe schlug ihm Hans den Kopf ab, aber von dem Feuerstrom ergriffen, sank auch er zu Boden. Die Prinzessin eilte herbei und labte ihn wiederum mit Wein und Brot; er erwachte aus seiner Betäubung und fühlte sich nun noch dreimal stärker als vorher. Dies war aber auch dringend notwendig; denn alsbald erhob sich neues Getöse, und der zweite Drache kam herabgefahren, noch feuriger und grösser als der erste. Der Kampf begann, das Schloss bebte und dröhnte, Qualm verfinsterte die ganze Luft, doch Hans mit seinem Machtschwert hieb in das Untier, dass das Blut in Strömen floss. Sausend fuhr sein Schwert durch die Luft, und der Schädel des Ungeheuers war vom Rumpfe getrennt. Doch auch dem Tapferen schwanden die Sinne, ohnmächtig lag er neben dem Erlegten. Und wiederum war die Prinzessin da, abermals stärkte sie ihn mit Wein und Brot und brachte ihn dadurch ins Leben zurück; dann liess sie ihn durch ihre Dienerinnen in ein gutes, schönes Bett bringen, und da ruhte und schlief er sich aus bis zum hellen Morgen. Jetzt übergab ihm die Prinzessin das dritte Machtschwert, das alle andern an Güte und Grösse übertraf, nachdem er durch Speise und Trank abermals an Stärke dreifach gewachsen war, und kündete ihm an, dass nun der dritte und grösste Drache zu bestehen sei. Noch einmal rief sie ihm Mut zu, zeigte ihm, wie sie beide nur die Wahl hätten zwischen namenlosem Glück und Unglück, und ging dann schluchzend hinweg. Nun kam der dritte Drache herunter gefahren, brausend und sausend, Glut und Dampf aus dem Rachen speiend. Volle drei Stunden dauerte der Kampf, das Untier verblutete, Hans lag unbeweglich hingesunken. Als es stille geworden, kam die Prinzessin herbeigeeilt; unter ihren Worten und Küssen schlug er wieder die Augen auf, wurde verpflegt und erholte sich. Dann erhoben die Dienerinnen einen wunderbaren Gesang, eine liebliche Musik rauschte durch das Schloss, dass Hans bei seiner Prinzessin in Glück und Freude sich kaum fassen konnte. So machten sie sich alle bereit, mit dem nächsten Morgen die Hochzeit zu halten.   Quelle: Sutermeister, Otto: Kinder- und Hausmärchen aus der Schweiz, Aarau:1869 Solothurn. (Nach handschriftlicher  Mittheilung von E. L. Nochholz.) Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der starke Imahorn

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Ein Imahorn aus Albinen soll eine unvernünftige Kraft gehabt haben, aber auch Feinde. Weil sie ihm offen nicht begegnen durften, wollten sie ihm böswillig etwas leisten. Einst wussten sie, dass er am folgenden Tag in einem Stadel dreschen wollte. In der Nacht gingen sie also hin, und sie untergruben den Stadel, so dass Imahorn am folgenden Tage samt Stadel ins Tobel hinabrollen sollte. Zufällig merkte es aber Imahorn am andern Morgen und sagte zu sich: «Oh, ihr macht mir damit keinen zu grossen Kummer!» Er lud sich den Stadel auf den Rücken, stellte ihn auf einen ebenen Boden in der Nähe und begann dort zu dreschen. ALBINEN                            Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch               


by Der starke Imahorn

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Ein Imahorn aus Albinen soll eine unvernünftige Kraft gehabt haben, aber auch Feinde. Weil sie ihm offen nicht begegnen durften, wollten sie ihm böswillig etwas leisten. Einst wussten sie, dass er am folgenden Tag in einem Stadel dreschen wollte. In der Nacht gingen sie also hin, und sie untergruben den Stadel, so dass Imahorn am folgenden Tage samt Stadel ins Tobel hinabrollen sollte. Zufällig merkte es aber Imahorn am andern Morgen und sagte zu sich: «Oh, ihr macht mir damit keinen zu grossen Kummer!» Er lud sich den Stadel auf den Rücken, stellte ihn auf einen ebenen Boden in der Nähe und begann dort zu dreschen. ALBINEN                            Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch               


by Der starke Karli Furrer in Erstfeld

Source: Der starke Karli Furrer in Erstfeld

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a) Zu einer Mutter in Erstfeld kam einst ein Heidenweiblein und streute ein Pulver in den gerösteten Mehlbrei, den sie ihrem Kind bereitet hatte. Da sagte die Mutter: »Tiämmer de nit eppis dri, dass mys Chind chrank wird uder stirbt!« Das Weiblein lächelte und meinte: »Nä näi! aber ä starchä Ma müess wärdä!« Und so geschah es. Es wurde der starke Karli Furrer, der ein »doppeltes Gnärv« hatte, und von dem man allerlei Kraftstücke erzählte. (Wird im Muotatal erzählt vom starken Martin Schelbert, mündlich.) b) Ein grosser, starker Mann war auch der »grosse Gerig« im Streiwiriss, auch der Riese genannt. Einst führten sie ihn an einer Kette nach Schwyz, wo ein Scheiber und die Gebrüder Stiger als Kraftmenschen bekannt waren. Mit diesen sollte er sich messen. Der Scheiber betrachtete den Gerig so von oben herab und meinte: »Wenn-er keini ander Mannä hennt z'Uri innä, so blybet däheimä!« Dann warf er ihn nach kurzem Ringen auf den Boden. Aber vor den verschiedenen starken Männern aus dem Geschlechte Furrer mussten auch die Schwyzer Respekt haben. 19. Jahrh. Fridolin Fischer Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der starke Knecht

Source: Der starke Knecht

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Es lebte einmal ein stämmiger Bauernknecht, der Jahr für Jahr den Sommer auf der Alp zubrachte. Seiner Seele fragte er wenig nach; um so mehr freute er sich seiner wirklich gewaltigen Körperstärke und rühmte sich, weit und breit der Stärkste zu sein. Zum Meister prahlte er eines Tages: «Nur noch einmal steige ich mit euch dahinauf; dann bin ich so stark, dass ich’s selbst mit dem Teufel aufnehmen kann.» Der Bauer erschrak, getraute sich aber nicht zu widersprechen. Doch ehe der nächste Sommer ins Land zog, war der Knecht tot. Als der Meister wieder einmal mit Speis und Trank auf die Alp ging, bemerkte er neben sich eine grosse Gestalt. Es war ein mächtiger Kerl der einen breitrandigen Schlapphut bis zu den buschigen Augenbrauen herabgezogen hatte. Da es gemütlicher ist, zu zweit zu wandern, wollte der Bauer mit dem Unbekannten ein Gespräch beginnen und fing von Wetter, Heu und Märkten zu reden an, denn das beschäftigte ihn am meisten. Der andere schritt totenstill neben ihm her. Das dünkte den Bauern doch etwas unheimlich, so dass er seine Schritte beschleunigte, obschon der Weg ziemlich steil war. Doch der Grosse wich nicht von der Seite. «So geh ich langsamer», dachte der Bauer, «dann merkt er’s, dass ich ihn satt habe.» Aber der Fremde verlangsamte seinen Marsch ebenfalls, und als der Bauer still stand, hielt auch der Nebenmann an. Da erfasste die Angst den guten Bauersmann. Er fing an zu laufen was er vermochte. Der kalte Schweiss drang ihm aus den Poren, wenn er zu seinem Begleiter hinüberschielte. Endlich verschwand dieser im Wald und jetzt erst fiel es dem Verängstigten ein, dass dies der Geist des verstorbenen Knechts sein könnte. So war also der Teufel doch der Stärkere gewesen.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der starke Knecht

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Gegen die Westschweiz zu, da wo sich die welschen und die deutschen Eidgenossen kaum mehr auseinanderkennen und in beiden Sprachen zu reden vermögen, liegt der schöne Bielersee mit der großen, grünen Petersinsel. An diesem See nun befindet sich, am Fuße des Berges Jolimont, das bernische Städtchen Erlach. In diesem Städtchen stand einst ein festes Schloß, wo harte Schloßherren hausten, die das Volk arg plagten. Unter ihnen war einer, dessen Andenken rings um den See heute noch ein Fluch ist. Er war ein Zwingherr und Bosnickel erster Güte. Nicht nur plagte er das Land, er hatte seine besondere herzlose Lust daran, seine eigenen Knechte und das ganze Schloßgesinde zu quälen. Wer immer von seinen Knechten zu entwischen vermochte, den sah er nimmer wieder. Denn er verlangte von ihnen übermenschliche Arbeit. Und wenn sie nicht alles genau verrichteten, wie er's haben wollte, so schlug er sie mit der Reitpeitsche. Und ganz besonders haßte er die Schwächlichen, die bei der harten Fron zusammenbrachen. Er verhöhnte sie und hetzte so lange seine bissigen Hunde auf sie los, bis sie unter Stöhnen und Jammern wieder an die Arbeit krochen. Manch einer ging dabei zugrunde, den er dann lachend in den Burggraben werfen ließ. Da kam denn eines Abends ein landfremder Knecht aufs Schloß und bot dem Schloßherrn seine Dienste an. Der Tyrann musterte ihn vom Kopf bis zum Fuße, und wie er sah, daß der fremde Knecht von außergewöhnlich kräftiger und hoher Gestalt war, gedachte er ihn gehörig auszunützen, bis auch er zur Vogelscheuche, zum Schatten seiner jetzigen Gestalt würde. Dann wollte er ihn durch seine Hunde wieder durchs Tor in die weite Welt hinaushetzen lassen. "Bist du auch stark genug, Kerl?" fragte er den fremden Knecht. "Beweise mir deine Kraft. Zeig einmal, ob du diesen gewaltigen Stein hier zu heben vermagst." Damit wies er auf einen mehr als drei Zentner schweren Felsblock, der an der Schloßmauer lag. Der Fremde lächelte ein bißchen. Dann packte er den Stein mit beiden Händen und schleuderte ihn wie einen Ball so hoch in die Luft, daß er beim Herabfallen tief in den Erdboden hineinfuhr. Der Schloßherr erstaunte. "Gut, du kannst bei mir einstehen und sollst es gut haben", sagte er. Er stellte ihn also an und behandelte ihn anfänglich nicht so übel. Bald aber begann er auch an ihm seine Bosheit auszulassen, denn er konnte keinen zufriedenen Menschen sehen. Einst schickte er ihn mit vier starken Schimmeln in den nahen Vowerenwald, damit er ein Fuder Holz hole. Dort angekommen, belud der Knecht den Wagen übermäßig. Wie er nun aus dem Walde heimzufahren wollte, blieben die zwei vorderen Pferde stehen und waren trotz allem Hüsten und Hotten nicht mehr vom Fleck zu bringen. Da spannte sie der Knecht aus, band sie hinten an den Wagen und zog statt ihrer an der Holzfuhre, worauf es flott vorwärtsging. Mit Verwunderung sah das der Schloßherr vom Söller seiner Burg aus. Als nun der Knecht ins Städtchen Erlach einfuhr, wurde das Stadtpflaster also holprig, daß auch die andern zwei Pferde bockig wurden und nicht mehr weiterzubringen waren. Doch der Knecht pfiff ein Schelmenliedchen, spannte auch diese zwei Pferde aus und zog die ganze ungeheure Last in einem Ruck bis in den Schloßhof hinauf. Noch heute kann man die tiefen Wagengeleise im alten Stadtpflaster sehen. Der Zwingherr aber guckte verstohlen aus einem Fenster und sperrte Mund und Augen auf. Der Verstand stand ihm still. Wie konnte nur ein gewöhnlicher Mensch so stark sein? Nun bekam er doch heimlich Furcht vor dem fremden, seltsamen Knecht, und er beschloß, ihn so oder so aus dem Wege zu schaffen, damit er ihm nicht eines Tages über den Kopf wachse. Am Tage nachher befahl er seinen Knechten und Fronleuten, einen tiefen Sodbrunnen zu graben. Tag und Nacht mußte daran gearbeitet werden. Der starke Knecht leistete dabei mehr als die andern alle miteinander. Zuletzt, als der Brunnen schon tief war, hieß er alle hinaufgehen, er wolle den Brunnen allein noch fertig graben. Die Knechte stiegen aus dem Sodbrunnen ans Tageslicht, also daß der fremde Knecht noch allein auf dem Grunde des Brunnens arbeitete. Da ließ der Schloßherr, dem der starke Knecht immer unheimlicher vorkam, einen mächtigen Steinblock heranwälzen und in die Brunnengrube auf den starken Knecht hinabstoßen, in der Hoffnung, der gewaltige Block werde ihn zermalmen wie in einem Mörser. Aber sogleich fuhr der Steinblock wieder aus dem Sodbrunnen, und des starken Knechtes Stimme rief höhnisch: "Ha, ha, ihr wollt mir Sand in die Augen streuen! Laßt das lieber bleiben!" Da ergriff panischer Schrecken die Knechte und Fronleute. Der Schloßherr aber entsetzte sich, erbleichte und floh, bebend an Leib und Seele, in die Burg hinauf. Doch jetzt tauchte auch der starke Knecht aus dem Sodbrunnen auf. Er schwang sich hinaus und lief mit grimmigem Angesicht dem Schloßherrn nach in die Burg hinauf. Dann hörte man ein jämmerliches Geschrei, und von da an sah man weder den Zwingherrn noch den starken Knecht jemals wieder. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der starke Leuzinger

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Er hiess Fridolin und lebte von 1686 bis 1750 in Netstal. Seit dem «langen Riebing», der vor Zeiten die Rotte des «Teufels von Seedorf» mit einer ausgerissenen Tanne in die Flucht gejagt hatte, hatte man im Glarnerland keinen so starken Mann gesehen. Seelenruhig schob Leuzinger ganze Heufuder ab der Strasse, schlug wildgewordene Stiere mit einem einzigen Faustschlag nieder und hielt vollblütige Hengste im grössten Sprunge auf. Doch wandte er seine Bärenkraft nur an, wenn es wirklich nötig war, und galt sonst eher als ein bescheidener, schüchterner Mann. Zur selben Zeit wohnte in Teufen der Appenzeller-Ueli, ein Gewaltsmensch, der konnte mit seinen «Knödli» tiefe Löcher in die eichenen Wirtshaustische klopfen. Nicht umsonst prahlte er, der stärkste Mann im Säntisgebiet zu sein. Den wurmte es, als er von dem starken Leuzinger vernahm, und er beschloss, mit dem Zigermannli einen Hosenlupf zu machen. Am Abend des folgenden Tages - die Vesperglocke läutete eben - sah man den Appenzeller über den Löntschsteg heranschreiten. «Säb isch Netstal?» fragte er einen grossen Mann, der eine Brente auf dem Rücken trug und auf einem Baumblatt ein Liedlein pfiff. Der Gefragte nickte. «K’höscht, häsch gad kä Gosche? Wänn d’näbis derigs häscht, so säg mer, ob dä Gottsdonder, de starch Löziger, dehäme ischt!» Der andere bemerkte trocken, es gebe eben in Netstal viele Leuzinger, aber keiner sage, er sei besonders stark. «De wäscht bim Tüfel nöd, ob du selber Jokeb oder Chasperli hässt, wänn d nötz vom starche Lözinger wäscht!» rief ärgerlich der kampflustige Appenzeller und erzählte, weshalb er express ins Glarnerland gekommen sei. Der Brentenmann lächelte still vor sich hin und entgegnete nach einer Weile, er wisse jetzt wohl, wen der Appenzeller meine: niemand als seinen eigenen Bruder. Freilich sei er zu Hause. Dann fuhr der Bauer fort: «Komm, guter Freund, mach zuerst mit mir einen Hosenlupf. Magst du mich, so kannst du’s viel eher mit meinem Bruder wagen, denn ich bin nicht viel schwächer als er.» Damit war der Appenzeller einverstanden, und beide Männer stülpten die Hosen und Ärmel hoch. Der Kampf begann. Mit einem wütenden Ansturm fuhr der Ueli auf den Gegner los, der aber keinen Wank tat, sondern den Widerpart fest an sich drückte. Wie eine Zange zogen die sehnigen Arme zu und zu, dass es dem Appenzeller angst und bang wurde. Krebsrot wurde er und zappelte wie ein gefangener Fisch. Da — mit einer raschen Körperwendung schmiss der Netstaler den starken Ueli auf den Rasen und presste ihn fest. «Bist zufrieden, Appenzeller?» «Lass mich auf», kam es knirschend aus dem schäumenden Mund. «Dein Wille geschehe», lächelte der Glarner und liess los. Wie eine Haselgerte schnellte der Appenzeller auf und schoss keifend und fluchend auf den andern los. Dieser aber packte ihn oben am Kragen und unten an den Hosen, warf ihn wie ein Pfund Dreck der Länge nach hin und klopfte die Lederhösli, als ob es ein Beefsteak wäre. Dann schüttelte er den Appenzeller wie einen unfolgsamen Schulbuben und belehrte ihn: «Wenn du wunderst, wer ich bin: gut – ich bin der starke Leuzinger selber, habe mich aber nie so genannt, weil ich’s für eine Eselei halte, mich der Stärke zu rühmen, die eine Gabe Gottes ist. Geh heim und brauch deine Arme und Fäuste zu nützlicher Arbeit und nicht zu Narrenwerk.» Die ganze Geschichte wäre wohl nie bekannt geworden, wenn sie nicht der Fridli Leuzinger selber seinen Enkeln erzählt hätte, um sie vor stumpfsinniger Vergötterung roher Muskelkraft abzuhalten.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der starke Millbacher

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In Trub lebte einst ein junger Mann, Millbacher war sein Name, der die Stärksten der Gegend an Körperkraft alle weit übertraf. Die schwersten Lasten trug er ohne Beschwerden den Berg hinauf. Auf der Schanz in Bern wurde er viele Jahre nacheinander als Schwingerkönig gekrönt. Nur einmal gelang es dem Waldstätter Heini Roth, ihn auf den Rücken zu zwingen, aber nur weil er ihn beim Gruss mit zwei Silberlingen bestochen hatte. Der Spott seiner Kameraden ärgerte ihn dermassen, dass er bei der nächsten Gelegenheit, als Roth seinen Sieg neuerdings mit Geld erkaufen wollte, ihn drückte, dass das Blut aus den Adern spritzte und ihn schliesslich zu Boden schmetterte, dass die Glieder knackten. Als später in Trub einmal ein anderer durch List einen Schwung mit ihm gewann, verschwor er sich : «Und wenn der Tüfel chäm, i wett em zeige, was Millbacher cha! » Jeden, der ihm fortan begegnete, griff er an. Um Unglück zu vermeiden, kam es soweit, dass ihm stets einer vorlief, um vor ihm zu warnen. Einst, als man auch einem unscheinbaren Männchen riet, vor dem Kommenden auf der Hut zu sein, lächelte es bloss und ging seines Weges weiter. Als es bei Millbacher angelangt war, fasste dieser das Männchen und warf es unsanft auf den Boden. Blitzschnell stand der Kleine auf, packte den Gegner und schleppte ihn über Stock und Stein, bis er ein Krüppel war. Von nun an schwang der Millbacher nie mehr, und niemand zweifelte je daran, wer das Männchen war. Emmentaler Sagen, Hermann Wahlen, 1962 Gute Schriften Bern Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der starke Müllerbursche

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Es lebte einst eine kleine Familie, die sich kümmerlich durchs Leben schlug, obwohl es nur drei Personen waren, nämlich Vater, Mutter und ein Sohn von etwa fünfundzwanzig Jahren. Dieser junge Mann war stark wie ein Riese, aber nicht weniger gross waren die Auslagen, die die Eltern seinetwegen hatten, denn er ass viel, und die Eltern brachten in ihrer Armut das Geld nicht mehr auf, um seinen gewaltigen Hunger zu stillen. Deshalb beschlossen sie eines Tages, ihn in die Welt hinauszuschicken, damit er eine Stelle suche und sein Brot selbst verdiene. Der Sohn war sogleich damit einverstanden und nahm Abschied. Er wanderte den ganzen Tag, und nachdem er einen weiten Weg zurückgelegt hatte, gelangte er endlich in ein Dörflein. Am ersten Hause — es war eine Mühle — klopfte er an. Der Müller schaute zum Fenster hinaus und fragte ihn nach seinem Begehr. Er antwortete: «Ich suche Arbeit.» Der Müller hiess ihn hereinkommen. Dann fragte er ihn, was für einen Lohn er verlange im Monat, und der Ankömmling erwiderte: «Sechs Napoleon-Goldstücke und dem Hund einen Tritt.» Der Müller nahm diese Bedingungen an und schickte ihn sogleich an die Arbeit. Zuerst befahl er ihm, auf den Berg in den Kastanienwald zu gehen und Laub zu sammeln als Streue für die Kühe im Stall. Er zeigte ihm den Weg, und der Knecht stieg in den Wald hinauf. Weil er aber sehr stark war, nahm er statt einen Tragkorb gleich deren vier mit, indem er an jeder Schulter und Hand je einen trug. Und derart kam er in kurzer Zeit mit Laub beladen wieder zurück und füllte dem Müller in einem einzigen Tag den Stall mit Laub, weshalb dieser mit dem Burschen sehr zufrieden war. Sobald die Arbeit fertig war, schickte er ihn mit einem Wagen, und zwei Ochsen davor in den nahe gelegenen Wald, um Holz zu holen. Der Bursche belud den Wagen so hoch mit Holzklötzen, dass die Ochsen ihn nicht vom Fleck bringen konnten. Da packte er mit seiner Riesenkraft kurzerhand die beiden Ochsen, lud sie auf den Wagen zu dem Holz, spannte sich selbst davor und brachte derart die Holzfuhre hinab ins Tal zu der Mühle. Ein anderes Mal war der Müller damit beschäftigt, den schweren Mühlstein wieder instand zu setzen, während gerade weiter unten am Berghang in der Nähe des Stalles der Bursche die Kühe hütete. Auf einmal Hess der Müller den Mühlstein fahren und fing an aus allen Leibeskräften zu schreien: «He, he, Knecht, duck dich, grad jetzt ist mir der Mühlstein aus den Händen entwischt!» Und wirklich kollerte der schwere Stein "in grossen Sprüngen den Berghang hinunter und hätte die Kühe sicher erschlagen. Aber der Bursche sprang nicht etwa davon, sondern streckte bloss die Hand aus und brachte den gewaltigen Mühlstein sofort zum Stehen. Dann sprach er zum Müller: «Du hast ja bloss einen Kieselstein fallen lassen, nicht einen Mühlstein!» Und damit lud er ihn auf die Schulter und trug ihn wieder an seinen Ort zurück. Und es war doch ein Steinblock von Mannshöhe, ihr könnt euch denken, wie schwer er war! Mittlerweile nahte der Augenblick, da ihm der Lohn ausbezahlt, werden sollte. Dem Meister aber wurde angst und bange, wenn er daran dachte, wie stark sein Geselle war und wie übel es dem armen Hund erginge, wenn der Riese ihm einen Tritt gäbe. Er würde ihn in kleine Stücke zerschlagen. Darum nahm er sich vor, seinen Gesellen loszuwerden und ihn im dichten Wald sich verirren zu lassen. Er gab ihm eine Axt und ging mit ihm hinauf in den Wald, um Bäume zu fällen. Er dachte, es würden alsdann die wilden Tiere kommen und ihn zerreissen. Kaum waren sie in den Wald gekommen, so tat er, als wolle er ihm die Baumstämme anzeichnen, die er zu fällen habe. Während nun der Knecht ganz mit seiner Arbeit beschäftigt war und an nichts anderes dachte, entfernte sich der Müller nach und nach immer weiter und kehrte wieder nach Hause zurück, ohne dass der Geselle es bemerkt hatte. Auf einmal hörte der Riese ein Rauschen im Gebüsch, das immer näherkam. Es waren zwei grosse Wölfe, die auf ihn losstürzten, um ihn zu fressen. Er aber riss ohne langes Besinnen zwei Bäume aus dem Waldboden und hieb so grimmig damit auf die wilden Tiere los, dass sie bald tot am Boden lagen. Auf diese Weise rettete er sich das Leben. Sobald es Abend wurde, machte er sich auf den Heimweg zur Mühle hinab. Kaum war er dort angekommen, so erzählte er dem Meister, was ihm im Wald oben begegnet war. Der Müller war höchst erstaunt, denn er hatte schon geglaubt, die wilden Tiere hätten ihn umgebracht. Also setzten sie sich hin zum Abendessen, und der Knecht sprach, ^ es sei jetzt die Zeit und Stunde gekommen, wo er wieder weiterziehe. Darum möge er ihm den Lohn auszahlen. Der Meister gab ihm die sechs Goldstücke, und dann machte der Bursche sich daran, dem Hund den Tritt zu geben. Und er schleuderte das Tier so hoch in die Luft, dass es sieben Tage brauchte, bis es wieder auf der Erde ankam. Und nach dieser Zeit langte der Hund heil und gesund wie vorher wieder am Boden an. Der Müller aber war froh, den ungestümen Gesellen endlich los zu sein.   Am Kaminfeuer der Tessiner                                                               Walter Keller                                                                                           Hans Feuz Verlag Bern   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der starke Muotataler

Source: Der starke Muotataler

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Nach Altdorf oder Bürglen kam einst ein Riese von aussen herein und forderte prahlend die Menschen zum Zweikampfe heraus. Im Muotatal aber lebte damals ein Bauer, der hatte drei Söhne und eine Tochter, die sehr stark waren. Alle Leute drangen nun in den Bauer ein und meinten, er solle einen seiner Söhne schicken, mit dem Fremden zu schwingen; es sei gleich welcher, es sei ihm jeder gewachsen. Der Vater sagte, er wolle probieren, welcher der stärkste sei. Er liess ein Chessi voll Anken sieden, und alle drei mussten Anken daraus trinken, und da trank der jüngste um 2 Fingerbreiten tiefer als die ältern. Aber auch die Tochter trank und zwar noch tiefer als der jüngste Bruder. Aber der Vater sagte zu ihr, sie sei des Schwingens nicht gewöhnt, und schickte den jüngsten Sohn. Als dieser mit dem Riesen zusammentraf, packte er ihn am Arm und warf ihn zu Boden, dass er tot blieb. Aber vorher hatten sie dem Muotataler noch einen Lunzi (Doppelliter) Wein aufgestellt; beim Einschenken zerdrückte er die Flasche über dem Hals mit einer Hand, schenkte dann eine zweite ein und trank sie aus. Jetzt, da er des Landes Ehre gerettet hatte, boten sie ihm ein Geschenk an, und er wünschte äs Läckli Salz, wennd-si wellet. Da gaben sie ihm ein Röhrli Salz (sieben Zentner), und er meinte, äs Seilti mangti är etz nu z'ha. Sie gaben ihm ein Seil, und er trug das Salz am Rücken heim, und auf dem Heimweg pflückte er mit samt seinem Läckli Salz noch Heidelbeeren. Mattli, Göscheneralp Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der starke Peter

Source: Der starke Peter

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Im Jauntale lebten vor langer Zeit drei riesenhafte Geschwister, die sich durch ungewöhnliche Körperkraft auszeichneten. Sie hiessen Peter, Josi und Marie Mooser, wurden aber nur „des Langen“ genannt. Der stärkste aus diesem Kleeblatt, Peter, war seiner erstaunlichen Leistungen wegen über das Jauntal hinaus bekannt. Die drei Geschwister lebten im Weiler „Im Fang“, in einem wettergebräunten, geräumigen Bauernhaus einträchtig zusammen. Dieses Haus stand auf einer kleinen Anhöhe, „Ledi“ genannt. Gegen Westen ragt wie eine riesige Schutzwand die Hochmatt zum Himmel. Auf diesem Berge wirtschafteten die drei Geschwister des „Langen“ viele Jahre hindurch als tüchtige Sennen. Diese Alp war auch der Schauplatz so mancher Heldentaten des „starken Peter“. Aus dem Legendenkranz, der sich um diese Sennengestalt windet, sei hier einiges kurz nacherzählt. * 1. Der Kampf mit dem rasenden Stier An die Hochmatt grenzen die Bergweiden des „kleinen Mont“. Auf einer dieser Weiden, dem „Sonnenhalb“, hirteten damals drei Sennen, die dem langen Peter nicht gut gesinnt waren: einmal deswegen, weil er sie an Körperkraft weit übertraf, ferner, weil sie ihn noch nie überwinden konnten. Es ging schon dem Herbst zu, als sie eines schönen Tages Peter von der Hochmatt herabkommen sahen. Auf den Schultern und mit dem Kopfe trug er eine „Fert“ (Bürde) Enzianwurzeln. Von neuem erwachte im Herzen der drei Sennen der Hass. Sie beschlossen, dem Peter heute einen Streich zu spielen. Da keiner von ihnen persönlich mit dem Riesen es aufzunehmen wagte, entschlossen sie sich, den bösen Stier auf ihn loszulassen. Als nun Peter der Sennhütte sich näherte, sah er zu seiner Überraschung ein schnaubendes Ungetüm auf ihn zurasen. Gleichzeitig hörte er jemand rufen: „So! wehr dich jetzt, du Kraftmensch!“ Peter nahm schnell gefasst den Kampf mit dem wütenden Stier auf. Er stieg auf den nächsten Steinhaufen, griff nach einem mächtigen Stein und schleuderte ihn mit aller Wucht gegen den Kopf des Tieres. Plumps! Der Stier fiel zu Boden und streckte alle Viere von sich. Das war so überraschend geschehen, dass Peter darüber nicht einmal Zeit gefunden hatte, seine Bürde abzulegen. Jetzt aber stellte er diese ins Gras und überzeugte sich, ob der Stier wirklich tot sei. Nachher schritt er gemütlich der Sennhütte zu, fand aber dieselbe zu seinem Erstaunen leer. Die Türen aber standen sperrangelweit offen. Die tapferen Küher hatten sich vor dem Zorn des Siegers auf die Schattenseite hinüber in Sicherheit gebracht. Indessen setzte sich Peter an den gedeckten Tisch und sättigte sich mit Ziegenmilch, Brot und Käse. Hierauf schritt er zur offenen Türe, hielt die Hände trichterförmig an den Mund und schrie den Geflüchteten auf der Schattenseite zu: „So, jetzt könnt ihr kommen und euren Stier schinden.“ Sprachs, packte seine Bürde und schritt, als ob nichts vorgefallen wäre, dem Fang zu. * 2. Ein unausgefochtener Zweikampf Bis ins Simmental hinüber drang der Ruf des riesenstarken Mannes. Dazumal lebte auch dort ein Mann, der Peter an Grösse und Starke nicht viel nachstand. Der Simmentalerriese hatte sich vorgenommen, den Jauner zu besiegen. Um diese Zeit war Peter auf dem sogenannten „Breggischlund“ tätig. Er hatte den genannten Simmentaler schon früher kennen gelernt. Als dieser nun eines Morgens auf der Schwelle erschien, redete ihn Peter freundlich an: „Grüss dich Gott, starker Simmentaler! Du hast gewiss Durst.“ Mit diesen Worten reichte er ihm mit der rechten Hand ein grosses „Gebsi“ voll Käsemilch hin. Der Simmentaler griff ebenfalls mit einer Hand nach der Schüssel, musste aber bald auch mit der andern Hand zugreifen, da ihm sonst die Schüssel entfallen wäre. Peter bewirtete nun seinen Gast aufs beste mit Milch, süsser Nidel, Greyerzerkäse und Brot. Er wusste genau, weshalb ihn der andere aufgesucht hatte, sagte jedoch kein Wort davon. Als sich der Simmentaler gesättigt hatte, wandte er sich zum Gehen. Peter sprach zu ihm: „Ich danke dir für deinen Besuch. Zum Abschied wollen wir uns als gute Freunde noch die Hand drücken.“ Und Peter drückte dem Simmentaler die Hand so kräftig, dass diesem das Blut aus den Fingernägeln herausspritzte. Der Simmentaler hatte seinen letzten Besuch beim starken Peter gemacht und liess sich nie mehr blicken. * 3. Peter räumt eine Gaststube aus Eines Tages kam Peter an der Wirtschaft in der Zintre vorbei. Da vernahm er aus der Gaststube einen Heidenlärm. Aus dem Stimmengewirr heraus hörte er die Stimme seines Bruders Josi. Schnell entschlossen kehrte Peter um und wollte seinem Bruder zu Hilfe kommen. Aber er fand die Türe zur Gaststube versperrt. Die Raufbolde hatten sein Kommen bemerkt und schnell die Türe zugeriegelt. In der Gaststube stand aber ein grosser Sandsteinofen, der von der Küche aus eingeheizt wurde. Peter kroch nun in den Ofen, stülpte die Ofenplatte ab und kam so in der Gaststube zum Vorschein. Kaum hatten die Raufenden sein Erscheinen bemerkt, sprangen die Feigsten zum Fenster hinaus. Peter griff nun nach dem nächsten langen Stuhl, ging damit von einer Ecke zur andern und säuberte so innerhalb einer Minute den ganzen Saal. Hochbetagt starb Peter eines sanften Todes. Sein Name lebt aber weiter in der Überlieferung seiner Volksgenossen. P. Nikolaus Bongard   Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch


by Der starke Peter

Source: Der starke Peter

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Im Jauntal lebten vor langer Zeit drei riesenhafte Geschwister, die sich durch ungewöhnliche Körperkraft auszeichneten. Sie hiessen Peter, Josi und Marie Mooser, wurden aber nur «die Langen» genannt. Der Stärkste aus diesem Kleeblatt, Peter, war seiner erstaunlichen Leistungen wegen über das Jauntal hinaus bekannt. Die drei Geschwister lebten im Weiler Im Fang, in einem wettergebräunten, geräumigen Bauernhaus einträchtig zusammen. Dieses Haus stand auf einer kleinen Anhöhe, «Ledi» genannt. Gegen Westen ragt wie eine riesige Schutzwand die Hochmatt zum Himmel. Auf diesem Berge wirtschafteten die drei Geschwister viele Jahre hindurch als tüchtige Sennen. Diese Alp war auch der Schauplatz so mancher Heldentaten des «starken Peter». Aus dem Legendenkranz, der sich um diese Sennengestalt windet, sei hier einiges kurz nacherzählt.   a) Der Kampf mit dem rasenden Stier An die Hochmatt grenzen die Bergweiden des «kleinen Mont». Auf einer dieser Weiden, dem «Sonnenhalb», hirteten damals drei Sennen, die dem langen Peter nicht gut gesinnt waren: einmal deswegen, weil er sie an Körperkraft weit übertraf, ferner, weil sie ihn noch nie überwinden konnten. Es ging schon dem Herbst zu, als sie eines schönen Tages Peter von der Hochmatt herabkommen sahen. Auf den Schultern und mit dem Kopfe trug er eine «Fert» (Bürde) Enzianwurzeln. Von neuem erwachte im Herzen der drei Sennen der Hass. Sie beschlossen, dem Peter heute einen Streich zu spielen. Da keiner von ihnen persönlich mit dem Riesen es aufzunehmen wagte, entschlossen sie sich, den bösen Stier auf ihn loszulassen. Als nun Peter der Sennhütte sich näherte, sah er zu seiner Überraschung ein schnaubendes Ungetüm auf ihn zurasen. Gleichzeitig hörte er jemand rufen: «So! wehr dich jetzt, du Kraftmensch!» Peter nahm schnell gefasst den Kampf mit dem wütenden Stier auf. Er stieg auf den nächsten Steinhaufen, griff nach einem mächtigen Stein und schleuderte ihn mit aller Wucht gegen den Kopf des Tieres. Plumps! Der Stier fiel zu Boden und streckte alle Viere von sich. Das war so überraschend geschehen, dass Peter darüber nicht einmal Zeit gefunden hatte, seine Bürde abzulegen. Jetzt aber stellte er diese ins Gras und überzeugte sich, ob der Stier wirklich tot sei. Nachher schritt er gemütlich der Sennhütte zu, fand aber dieselbe zu seinem Erstaunen leer. Die Türen aber standen speerangelweit offen. Die tapferen Küher hatten sich vor dem Zorn des Siegers auf die Schattenseite hinüber in Sicherheit gebracht. Indessen setzte sich Peter an den gedeckten Tisch und sättigte sich mit Ziegenmilch, Brot und Käse. Hierauf schritt er zur offenen Türe, hielt die Hände trichterförmig an den Mund und schrie den Geflüchteten auf der Schattenseite zu: «So, jetzt könnt ihr kommen und euren Stier schinden», sprachs, packte seine Bürde und schritt, als ob nichts vorgefallen wäre, dem Fang zu.   b) Ein unausgefochtener Zweikampf Bis ins Simmental hinüber drang der Ruf des riesenstarken Mannes. Dazumal lebte auch dort ein Mann, der Peter an Grösse und Stärke nicht viel nachstand. Der Simmentaler Riese hatte sich vorgenommen, den Jauner zu besiegen. Um diese Zeit war Peter auf dem sogenannten «Breggischlund» tätig. Er hatte den genannten Simmentaler schon früher kennengelernt. Als dieser nun eines Morgens auf der Schwelle erschien, redete ihn Peter freundlich an: «Grüss dich Gott, starker Simmentaler! Du hast gewiss Durst.» Mit diesen Worten reichte er ihm mit der rechten Hand ein grosses «Gebsi» voll Käsemilch hin. Der Simmentaler griff ebenfalls mit einer Hand nach der Schüssel, musste aber bald auch mit der andern Hand zugreifen, da ihm sonst die Schüssel entfallen wäre. Peter bewirtete nun seinen Gast aufs beste mit Milch, süsser Nidel, Greyerzer Käse und Brot. Er wusste genau, weshalb ihn der andere aufgesucht hatte, sagte jedoch kein Wort davon. Als sich der Simmentaler gesättigt hatte, wandte er sich zum Gehen. Peter sprach zu ihm: «Ich danke dir für deinen Besuch. Zum Abschied wollen wir uns als gute Freunde noch die Hand drücken.» Und Peter drückte dem Simmentaler die Hand so kräftig, dass diesem das Blut aus den Fingernägeln herausspritzte. Der Simmentaler hatte seinen letzten Besuch beim starken Peter gemacht und liess sich nie mehr blicken.   c) Peter räumt eine Gaststube aus Eines Tages kam Peter an der Wirtschaft in der Tsintre vorbei. Da vernahm er aus der Gaststube einen Heidenlärm. Aus dem Stimmengewirr heraus hörte er die Stimme seines Bruders Josi. Schnell entschlossen kehrte Peter um und wollte seinem Bruder zu Hilfe kommen. Aber er fand die Türe zur Gaststube versperrt. Die Raufbolde hatten sein Kommen bemerkt und schnell die Türe zugeriegelt. In der Gaststube stand aber ein grosser Sandsteinofen der von der Küche aus eingeheizt wurde. Peter kroch nun in den Ofen, stülpte die Ofenplatte ab und kam so in der Gaststube zum Vorschein. Kaum hatten die Raufenden sein Erscheinen bemerkt, sprangen die Feigsten zum Fenster hinaus. Peter griff nun nach dem nächsten langen Stuhl, ging damit von einer Ecke zur andern und säuberte so innerhalb einer Minute den ganzen Saal. Hochbetagt starb Peter eines sanften Todes. Sein Name lebt aber weiter in der Überlieferung seiner Volksgenossen.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der starke Schmied im Tessin

Source: Der starke Schmied im Tessin

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Die Italiener wollten wieder einmal – den Jahrgang weiss ich nicht – auf den Papst los. Der berichtete einfach seinen getreuen Urnern, Schwyzern und Unterwaldnern, die denn auch sofort aufbrachen und über den Gotthard zogen gegen Rom. In einem Dorfe des Kantons Tessin trafen sie einen Schmied, der weit und breit wegen seiner Riesenstärke bekannt und gefürchtet war. »Wohin gehts,« fragte er die Schar. »Nach Rom; dem Papst zu Hilfe; komm auch!« »Sofort,« antwortete der Schmied, schweizt schnell drei Steckeisen zusammen, schwingt diese Waffe auf die Achsel und folgt dem Zuge. In Rom bietet ihnen der Papst ein Mahl an. Aber die Biedern erklären, zuerst wollen sie's mit dem Feind ausmachen. Und sie griffen alsogleich die Italiener an. Als der Kampf begann, stieg der Papst auf das flache Dach des Domes, Brevier zu beten, und bevor er sein Stundengebet vollendet, waren die Schweizer auch schon mit dem Feinde fertig. Der Schmied hatte sie mit seiner Keule eigentlich zusammengemäht. Pirmin Brücker Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der starke Schuster

Source: Der starke Schuster

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Schuster Franz Wichser in Linthal war ein ungewöhnlich starker Mann. Als die Franzosen am 29. August 1799 über den Klausenpass nach Linthal kamen, drangen zwei Soldaten in das sogenannte Fabihaus, wo er wohnte, und verlangten von ihm Wein, Fleisch und Gemüse. Da er dieses nicht hatte, bot er ihnen Milch, Käse und Kartoffeln an. Nun drohten sie ihm mit den Waffen. Hierauf packte Wichser den grössern der beiden Franken, hob ihn empor, schwang ihn in der Luft und warf ihn dann so heftig auf den Stubentisch, dass dieser zusammenbrach. Der französische Kommandant, der auf Ordnung hielt, liess Wichser zu sich kommen, gab ihm recht und bewirtete ihn überdies mit einem Schoppen.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der starke Sepp

Source: Der starke Sepp

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Einmal gebar eine Mutter einen riesigen Buben. Der bekam den Namen Sepp. Als er erwachsen war, war er so stark, dass man ihn den starken Sepp nannte. Er wollte Knecht werden und ging zu einem Herrn. Der hatte gerade einen nötig und sagte, er wolle ihn schon nehmen. Darauf fragte Sepp, ob er wohl genug Arbeit für ihn habe. Er arbeite fürchterlich viel, könne aber auch essen, ärger als ein Tier. Darauf meinte der Meister, er wolle ihn für acht Tage auf Probe nehmen. Gut, Sepp war damit einverstanden und bekam anderntags beim Herrn das Morgenessen. Danach befahl der Meister dem starken Sepp, in der und der Scheune zu dreschen. Der Knecht ging hin und drosch alle Garben gleichzeitig; doch es waren für ihn nicht genug da. Jetzt fragte er den Meister, ob er nicht noch an andern Orten Garben habe. Der Meister sagte: «Doch», und zeigte dem Knecht sein ganzes Getreide. Der Knecht trug alle Garben zusammen in die Scheune und breitete sie alle zusammen in einem Zug aus. Der starke Sepp machte für sich einen Dreschstock, den niemand anders hätte heben können, und schlug damit so fest auf die Garben, dass die Scheune zusammenfiel. Der Meister wurde wütend auf den Knecht, weil der so drauflos gedroschen hatte. «Gibt es kein Holz im Wald?» fragte der starke Sepp. «Ja doch, da drüben im Wald hat’s Holz genug», antwortete der Meister. Da nahm Sepp ein Paar Ochsen und eine Axt und ging in den Wald, um Holz zu hauen. Schon bald kehrte der starke Sepp mit fünf langen und dicken Rundbalken auf dem Rücken zurück, die beiden Ochsen trug er je in einer Rocktasche. Er habe gedacht, die Ochsen könnten das Holz nicht recht ziehen, und er habe die armen Tiere nicht schinden mögen. Er kehrte in den Wald zurück, um nochmals Holz zu holen, und in der Nacht stellte er die Scheune wieder auf. Am nächsten Morgen war sie fertig, und Sepp drosch und siebte das Getreide, das er in der Rocktasche heimgetragen hatte. So viel Ertrag hatte es dem Meister noch nie gebracht. Nach acht Tagen zahlte der Meister dem Knecht den Lohn bis auf den allerletzten Blutzger aus und liess ihn gehen, denn er hatte weder genug Arbeit noch Essen für einen solch kräftigen Kerl. Der starke Sepp ging als Knecht zu einer Bande Hexenmeister. Er hatte sich ausbedingt, dass die ihn sein ganzes Leben lang behalten mussten, und er arbeitete dafür tüchtig. Aber bald einmal wollten die Hexenmeister ihn loswerden. Sie wussten nicht, was sie ihm zu essen und zu arbeiten geben sollten. Eines Tages befahlen sie, eine Grube zu graben, so tief wie vier Kirchtürme, einer auf dem andern. Das tat Sepp schnellstens; das Loch war rasch fertig. Da warfen die Hexenmeister einen Mühlstein hinunter, um ihm den Garaus zu machen. Der Mühlstein fiel genau auf seine Schultern, und Sepp rief zu den Hexenmeistern hinauf: «Warum habt ihr den Frack des Grossvaters herunterfallen lassen?» Jetzt stürzten sie die grosse Glocke in die Grube, und die Glocke fiel genau auf seinen Kopf. Die Hexenmeister gingen nach Hause und glaubten, der starke Sepp bleibe wohl für immer im Loch unten. Eine Weile später war auch Sepp wieder daheim, mit der Glocke auf dem Kopf und dem Mühlstein um den Hals. Da die Hexenmeister ihm nichts zu essen geben wollten, zerstückelte er sie, so dass die Hennen sie aufpicken konnten. (Oberhalbstein)   Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der starke Thurgauer Riese

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Wie der Säntis, so besitzt auch der Thurgau seinen Riesen. Dieser Thurgauer Riese namens Kisher war so gross und stark, dass er nie über eine Brücke lief, sondern kurzerhand durch den Rhein oder andere Flüsse watete. Als ihm das Ackern und Fällen von Bäumen zu eintönig wurde, ging er in das Heerlager Kaiser Karls und zog mit dessen Kriegern gegen die Hunnen, die in das Land eingefallen waren. Kisher hieb dabei so kräftig in die Reiterreihen, dass die Hunnen von kaltem Entsetzen gepackt wurden und mit schweren Verlusten das Kampffeld räumen mussten. Der Kaiser aber war über diesen unerwarteten Sieg so erfreut, dass er Kisher den Ehrennamen Einheer verlieh, weil er allein ein ganzes Heer ersetzt hatte. Einige Hunnen hatte der Riese an seinen Spiess gesteckt, die er bei seiner Rückkehr seinen Landsleuten am Bodensee präsentierte. Quelle: Ferdinand Bolt, Die Sagenwelt am Bodensee, Appenzeller Kalender 1956 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der starke Vater im Wattigwyler

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zu Spiringen hatte einen ziemlich ebenbürtig handfesten Sohn. Während dieser einmal an einem Ostermontag- oder Weissensonntagabend sein weisses Hirthämmli und seine weisse, glismete Zittelkappe anzog, um bei den Mädchen nach altem Burschenbrauch auf Ostereier auszugehen, sagte er zum Vater: »Hinecht gitt's de wider ä Haarburschtätä« und tat mächtig gross, wie er seine Nebenbuhler aus dem Felde schlagen werde. Bis jetzt habe er noch keinen gefunden, den er nicht habe mögen, meinte er und machte sich auf die Strasse. Schweigend hatte ihm der Vater zugehört; während der Nacht schlich er ihm aber heimlich nach und tätschelte herausfordernd in die Hände, als er ihn vor einem Fenster sah und, die Rede verkehrend, Eier betteln hörte. Der Sohn nahm die Herausforderung des Vermummten an und liess sich mit ihm in einen Kampf ein, wurde aber gebodigt, und die schönen Eier, die er schon bei mehreren Jungfern erhalten und unter der Zittelkappe versorgt hatte, zerquetschte ihm der Vater auf dem Kopfe zu einem Mus – heig-em d'Eier zermüeset. – Am nächsten Morgen war der Bursche ganz tüssä und klagte nach und nach dem vorsichtig nach der Ursache seiner Niedergeschlagenheit forschenden Vater seine nächtliche Niederlage. Der heig äso g'schmeelelet. Ob er ihm bekannt, dass er es selber gewesen, weiss ich nicht. Summ säget ja und summ nei. – Zu ihren Stubeten legten die Ledigen jeweilen das weisse Hirthemd und die weisse Zittelkappe an, so z.B. noch Ratsherr Josef Maria Planzer in Bürglen, † 1908, da er als Witwer wieder in die Achenberge z'Stubeten ging. Pfr. Arnold, Schächental; Karl Brücker; Fr. Gialer-Bissig Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der starke Wassner

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Nach Wassen, so erzählt man in Isental, brachten sie einst an Ketten einen Riesen. Durch das Dorf hinauf riss er Steine aus dem Strassenpflaster und zermalmte sie zwischen seinen Pratzen. Aber in Wassen war auch ein Starker. Dieser sass gerade im Wirtshause. Als man ihm sagte, wie der fremde Kerl prahle und die Urner herausfordere, ergriff er eine Mass Wein, führte sie an seinen Mund und trank sie in einem Zuge aus. Dann zermalmte er die leere Flasche zwischen seinen Händen zu Staub und Asche und sagte: »I will-ä wenigstens ga g'schäuwä.« Als er vor der Wirtschaft stand, kam der Riese, und der Wassner schaute ihn so an, packte ihn plötzlich bei beiden Knien und riss ihm mit einem einzigen Ruck beide Kniescheiben heraus. Jetzt konnte der Riese nichts mehr machen. Hans Aschwanden Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der starke Wein

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Im schmucken Berggelände von Walchwil wuchs vor vielen, vielen Jahren ein gar guter und herrlicher Feuerwein, der ganz geheime Kräfte in sich barg. Weitherum rühmte man diesen Wein von Walchwil und erzählte über ihn die wunderlichsten Geschichten. In den Rebgärten hauste aber ein böses Gespenst, das alt und jung während des Tags und auch in dunkler Nacht schreckte und fürchterlich plagte. Die frommen Walchwiler wussten lange nicht, wie sie sich vor dem Unhold in dem Rebgelände schützen könnten. Als aber im nahen Arth ein Klösterlein der braunen Kapuziner entstand, schickten die geplagten Weinbauern und Fischer einen Boten ins Nachbardorf und riefen die Kapuziner zu Hilfe, damit das böse Gespenst bezwungen würde. Auf den bittenden Hilferuf der Walchwiler erschien ein Kapuzinerpater. Bevor er aber zur Vertreibung des bösen Geistes schritt, verlangte er einen halben Liter des feurigen Walchwilerweins. Da erschrak das Gespenst vor dem Vorhaben des Paters und floh mit den Worten: "Wenn der da Walchwiler trinkt und gar einen halben Liter, dann bin ich restlos bezwungen". Und seither hat sich das Gespenst nie mehr gezeigt. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 86 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der starke Zahner

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Alte Leute wissen noch viel von dem starken Zahner zu erzählen, der an dem alten Wege nach Gauen wohnte. An einem Herbstjahrmarkt kamen auch zwei Sennen aus dem Toggenburg herüber. Sie hatten Lust, den starken Gasterländer aufzusuchen und mit ihm anzubinden. Dieser war eben mit Pflügen beschäftigt. "Könnt Ihr uns sagen, wo der starke Zahner wohnt?" fragten sie. "Freilich, freilich!" erwiderte er, hob den Pflug mit einer Hand vom Boden auf und zeigte damit auf sein Häuschen. Die beiden aber zogen kleinlaut fürbass. Ein andermal spielte Zahner seinem Nachbar den Schabernack, dass er dessen sechsjähriges Pferd auf die "Heudiele" hinaufstellte. Freilich war er hernach auch wieder so gutmütig, die Verlegenheit zu heben und das Tier herunterzuholen. Und doch wurde Zahner endlich von einem Schneider überwunden. Er diente unter Frankreichs Lilienbanner. Bei einem Volksauflauf drang cin Schneider auf ihn ein. Zahner legte die Waffe ab und fing den Streich mit der blossen Hand auf. Aber der Degen des Ellenreiters war mit Gift bestrichen, und die leichte Verwundung genügte, den Riesen auf die Totenbahre zu bringen. Chr. Lügstenmann. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 389, S. 224  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der stattliche Bauer

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Der stattliche Bauer Ein Herzog von Österreich ritt einst mit seinem Gefolge von Rapperswil nach Winterthur. Unweit der Burg Hegi erblickte er auf dem Felde einen pflügenden Bauern, der ihm auffiel, weil er mit edlen Gebärden das Ackergerät handhabte und stattliche Kleider trug, Die prächtigen Pferde führte ihm ein strammer Jüngling. Der Herzog betrachtete den edlen Graukopf und seinen Pferdebuben, hielt an und sprach zu seinen Begleitern: „Solch einen schönen Bauern mit einem so prächtigen Gespann habe ich noch nie gesehen!“ Der Hofmeister, der die Gegend kannte, klärte seinen Herrn darüber auf, dass jene vermeintlichen Bauern der Herr von Hegi und sein Sohn seien, die nicht verfehlen würden, ihm, dem Herzog, morgen in der Stadt als edle Herren ihre Aufwartung zu machen. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Winterthur und Weinland Nach P. Corrodi, Sagen Winterthur, 1915, S. 115; Mem. Tig. 1742, S. 204. (Danach schon bei Bullinger, Tiguriner, aber mit Bezug auf einen Freiherrn von Hegnau.) Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Staudentorkel

Source: Der Staudentorkel

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Der Staudentorkel stand am südwestlichen Ende des Dorfes, an der Landstrasse, die nach Maibach führt. Er wurde in den 1870er Jahren abgetragen. In diesem war es auch nicht geheuer. Nachts wurden die Fässer und Standen mit einem schrecklichen Gepolter herumgeworfen. In dem kleinen Stübchen, das unter dem gleichen Dache war, sah man zu ungewohnten Zeiten oft ein eigenartiges Lichtlein. Ungern gingen Einheimische nachts diesen Weg und immer mit größter Eile. J. U. Büchel. Es ist nicht zufällig, dass sich solche Spukgeschichten mit Vorliebe in den alten "Torkeln" einnisteten. Man vergegenwärtige sich die weiten, dunkeln Räume und das Stöhnen des gespensterhaften "Torkelbaumes", wenn er "geladen" war! Dazu die Tücken des jungen Weines!   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 65, S. 29f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Steg der Frau Escher

Source: Der Steg der Frau Escher

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Der Steg der Frau Escher Am Fusse des Engelrains bei Oberwil führt ein Hohlweg zu einem Bach, an den Steg der Frau Escher. Man erzählt, eine weisse Frau, die man Frau Escher nennt, werde öfter an diesem Steg gesehen. Wenn jemand in böser Absicht nachts über denselben gehen wolle, begegne sie ihm dort und weise ihn mit drohender Hand zurück. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Unterland Mit unbedeutenden Änderungen aus Meyer, Ortsnamen. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Steinregen im Rumstal

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Der Steinregen im Rumstal Zwischen Wülflingen und dem dranstossenden Berg liegt ein wüstes, ödes Tal, das Rumstal genannt. Eine Frau aus Tuttwil ging mit ihrer Tochter dorthin, um Weidenschösslinge abzuschneiden. Da hörte das Mädchen ringsum Steine fallen, geriet dadurch in Furcht, man werfe nach ihm, sah aber niemand und floh zu seiner etwas entfernten Mutter, der es klagte, man habe mit Steinen nach ihm geworfen. Die Mutter bemerkte dazu, sie höre ebenfalls um sich her Steine fallen. Schaudernd flohen beide zum Meier, den sie wohl kannten und auch ohnehin hatten besuchen wollen. Sie klagten ihm, was ihnen zugestossen sei. Der lachte und sagte, ihm sei solches schon oft begegnet, wenn er an einem Fronfastentag dort gearbeitet habe; das Vieh werde dann auch ganz scheu, so dass man jede Arbeit aufgeben müsse. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Winterthur und Weinland A.Oberholzer, Thurgauer Sagen Frauenfeld 1912, Seite 42. Seine Quellen: Pupikofer, Thurgauische Beiträge, Heft 35 Seite 80 und J. Nater, Geschichte von Aadorf. Der Steinregen ist hier nicht Strafe für Übertretung kirchlichen Arbeitsverbotes, sondern Mahnung, vom unzeitigen Werke zu lassen. Er stellt sich damit an die Seite des Steinfalles anlässlich Schatzgräberei.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Steinsberger Schimmelreiter von Urschai

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Im Urschai-Tale steht auf einer Anhöhe ein gesattelter Schimmel. Ein kohlschwarzer Reiter muss Nachts ihn besteigen und auf Selbem über eine alte Mauer setzen, welche zugleich die Grenze macht zwischen den beiderseitigen Alpweiden von Vetan und Steinsberg. Wenn er dann an\'s Ende jener Weiden gekommen ist, da wo die Alpgrenze eine sehr starke Einbiegung macht, öffnet sich die Erde und verschlingt Ross und Reiter. Auf dieser Stelle hat er einstens die Gemeinde Vetan durch einen falschen Rechtsspruch um eine Alpweide verkürzt. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Stellimuurer

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Die Stelli ist die enge Stelle zwischen Arisdorf und Giebenach, da wo die Waldränder nahe an Bach und Strasse stossen. Dort erschien den Fuhrleuten, die nach Basel wollten, der Stellimuurer. Der alte Stabwirt, «dasch au no sone Posslige gsi», erzählte: Er fuhr mit Fleisch Basel zu, als er plötzlich merkte, wie die Pferde nicht mehr vorwärts wollten, weil der Wagen schwerer und schwerer wurde. Zuerst habe er «alli Heilige zämegno», aber das habe nichts genützt. Aber als er recht kräftig zu fluchen begann, da verschwand der Spuk, wie er gekommen war. Der Stellimuurer wird auch auf einem Schimmel gesehen. Arisdorf-Olsberg Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Sterbet in Oberlunnern

Source: Der Sterbet in Oberlunnern

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Der Sterbet in Oberlunnern In grauer Vorzeit wütete ein gewaltiger Sterbet, der alle Einwohner von Oberlunnern bis auf eine ledige Tochter dahinraffte. Zu jener Zeit kam just aus dem Schwabenlande ein Jüngling zugereist, und der heiratete diese Tochter. Aus dieser Verbindung entspross das Geschlecht Stehli. Alles Land, berichteten die Alten, gehörte diesem Geschlecht allein, und noch 1900 stellte die Stehli die grösste Anzahl der Familien. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Knonauer Amt Nach Gchr. Obfelden 1897 - 1902, um einige unklare Ortsangaben gekürzt. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Steucheler

Source: Der Steucheler

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Es war einmal zu St. Gallen ein lustiger Spielmann, genannt der Steucheler, und der hat selbst erzählt, was ihm begegnet ist mit Herrn Theophrastus Paracelsus, den er dickmals gesehen und gar gut gekannt hat. Zur selbigen Zeit nämlich hielten unsere Altväter eine große Tagsatzung zu Baden, und an dem Tage, da man wußte, daß die Herren Ehrengesandten der löblichen 13 Stände und der zugewandten Orte sich im großen Herrengarten daselbst ergötzten mit einem trefflichen Bankett, kam von ungefähr der Steucheler zu St, Gallen unter dem Mustertor auf die Brücke, fand daselbst mit andern vornehmen Bürgern den Doktor Theophrastus sitzen, stand grüßend bei den Herren still und sagte: "Jetzt werden unsere hochpreislichen Gesandten zu Baden sich bald verlustieren. War' ich dort, so wollt' ich mit meiner Querpfeife ein gutes Trinkgeld entheben." "Ei, Freund," versetzte der Doktor, "hast du so große Luft zu einem Trinkgeld, so ist dir wohl zu helfen. Geh heim, leg andere Kleider an, nimm deine Pfeife, und komm wieder her, Freund!" - "Wohl", erwiderte der Steucheler. "Ich weiß schon, Herr Theophrastus, daß Ihr ein Gesätzlein mehr singen könnt als andere Leute. Gleich werd' ich wieder zur Stelle sein." Damit ging der Spielmann eilfertig heim, zog das Sonntagswämschen an, steckte drei bunte Federn auf den Hut, ergriff die Schwegel und war im Hui wieder beim Multertor. "Da bin ich geputzt nun und gestutzt," sprach er zu dem Doktor; "aber das Pferd seh' ich leider nirgends. Oder reut's Euch, gelehrter Herr, was Ihr mir versprochen habt?" - "Das Pferd ist gesattelt und aufgezäumt", versetzte gelassen Theophrastus. "Du findest es draußen bei der Schietzlaube angebunden, wo es bequemer steht als hier. (Die Schießlaube stand vor dem Multertor.) Es ist ein Schimmel, und von behender Art, Sitz auf und schließ fest mit den Knieen; er trabt scharf. Aber keinen Laut mußt du von dir geben, so lange du droben bist; denn sonst wett ich nicht einen Rappen für deinen Hals." Steucheler geht nach der Schießlaube, findet den Gaul einsam angebunden, schwingt sich auf ihn, gibt ihm eine Hilfe und saust im Nu durch die Luft, daß ihm Hören und Sehen vergeht. Keine zwanzig Minuten jedoch, und der Schimmel läßt sich zwanzig Stunden von St. Gallen, an der Schloßhalde zu Baden stetig nieder, schnauft einen Augenblick aus und ist schon wieder verschwunden, als Steucheler, abgesprungen, sich den Schweiß ordentlich von der Stirne gewischt hat und nach dem Tier sich bedenklich umsehen will. Er schüttelt den Kopf, trabt schweigend in den Herrengarten, wo die Gäste versammelt sind, stellt sich auf die Bühne der Musikanten und bläst unversehens sein Bestes, daß männiglich sich vergnügt darob. Urplötzlich erkennt ihn der Gesandte von St, Gallen, schlägt verwundert die Hände zusammen und ruft überlaut: "Aber, Steucheler, Steucheler! Bist du da, und bist du es selbst? Welcher Teufel hat dich hergetragen?"- "Ach, Junker", versetzt der Pfeifer, "Ihr fraget wohl recht; denn wenn ich der leibhafte Steucheler bin, so hab' ich auch den leibhaften Teufel geritten!" - Alsbald erzählte er das Weitere, was ihm begegnet sei, und schloß mit einem Faustschlag auf den Tisch: "Aber so wahr Gott lebt, ich will auf solch einem Schimmel meiner Tage nicht wieder reiten!" - Niemand wußte, was denken von der Geschichte; doch trug sie dem Spielmann genug ein, daß er auf den warmen Ritt einen kühlen und reichlichen Trunk setzen konnte, H. Herzog, Schweizersagen Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 5, S. 5ff Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Stiefelhans

Source: Der Stiefelhans

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Auf dem Appenzellerberge Siegel gilt die Sage vom Stiefelhans. Er soll hier noch vor vierzig Jahren gespukt haben. Er war Rheintaler-Ammann gewesen und hatte Wucher und Betrug auf allen erdenklichen Wegen getrieben. Lag jemand im Sterben bereits sprachlos, so kam der Stiefelhans ans Bette herbei, hielt dem Verscheidenden eine Schuldforderung vors Gesicht und brachte ihm mit einer Handbewegung den Kopf zum Nicken. So erpresste er alle Erbschaften. Zuletzt, da er selber starb, beschwor man seinen Geist hin in die Alp am Säntis, die sonst den Rheintalern zugehörte. Da hielt er sich oben in der Berghöhe, welche man den Stiefel heisst, als Ungeheuer auf, jagte dem Hirten die Weidkühe in den Stall und frass mit den Schweinen aus dem Trog. Rochholz, Schweizersagen. * Stiefelhans war ein betrügerischer Ammann vom Rheintal, dem kein Mittel zu schlecht war, wenn es galt, sich Reichtümer zu verschaffen. Er wandte die verwegensten Kniffe an, die nur zu oft von Erfolg begleitet waren. Einmal jedoch wurde sein Betrug entdeckt. Vom heftigsten Zorn ergriffen, hieb ihm ein Senn mit einem "Herdgeiter" (Holzmesser) den Kopf vom Rumpfe. Doch plötzlich war der Enthauptete verschwunden. Seitdem trieb sich der Ammann als Gespenst in Oberriet herum. Er ließ in der Nacht das Vieh von den Ketten, lähmte Pferde und plagte die armen Bauern fortwährend. Ein Kapuziner verbannte den "bösen Geist" auf die Schwemm seine Alp unter dem Kamor. Weil aber hier der Durchpass gross ist, hatte er auch da wieder Gelegenheit, an den vorüberziehenden Herden seine böswilligen Absichten auszuüben, und man war genötigt, wieder einen Pater kommen zu lassen, welcher das Scheusal in den hintersten Teil der Alp Säntis, zum Stiefel, verbannen musste. Hier trieb er sein Unwesen zuerst bis zum "Scheien-Rossberg", nächst der Alp Soll. Als aber sein vorbestimmtes Lebensende näher rückte, so verengten sich auch die Grenzen seines Wirkungskreises. In letzter Zeit trieb er seinen Spuk nur noch in der Alp Säntis selbst. Wenn einer "zauerte" und es antwortete ihm einer mit "Zauren", so war dessen Vieh in seiner Gewalt. Von da an datiert das "Ave Mariarufen". Einige glauben, dieses Rufen habe den Stiefelhans zur Ruhe gebracht; andere aber mutmassen, dass seine sonst festgesetzte Laufbahn nun zu Ende sei. Roman Sutter. Führt ebenfalls auf Wodan zurück.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 77, S. 34f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Stiefelireuter

Source: Der Stiefelireuter

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Auf seinem Schimmel reitet derStieferlireuter über die Müsswangerhöhe, hat er doch, als Vogt des Klosters Muri, hier einst einer armen Wittwe ihr Gütchen entrissen, und zwar durch einen falschen Eid, indem er beim Richter und Schöpfer ob sich (er hatte einen Kamm = Richter, und einen Löffel = Schöpfer, im struppigen Haar versteckt) geschworen hat. Auch auf Menzberg, in Hergiswil und in der Gegend der Änzifluh kennt die Volkssage den Stifelireuter.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Der Stiefelirüter vom Jahre 1740

Source: Der Stiefelirüter vom Jahre 1740

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Wenn die Leute der um das Stift Muri liegenden Gemeinden diesem Kloster Frondienste zu tun hatten, so stellte sich auch regelmäßig ein Mann bei ihnen ein in sehr hohen gewaltigen Stiefeln, und schlug mit einer Peitsche grausam auf die müden Tauner los. Er hieß Stiefelirüter und soll der Klosterschaffner gewesen sein. Ganze Dörfer brachte er um ihr Gemeindegut. Der Gemeinde Merenschwand machte er den Besitz des schönen Maiholzes bei Muri streitig, der Gemeinde Müswangen das Recht auf die Waldung Schlatt. Der Stadt Bremgarten spielte er das gleiche Stücklein, und wieder umgekehrt soll er als Bremgartens Advokat die Gemeinde Wohlen um ihren Wald betrogen haben; immer und überall mit Glück. Denn da die Leute unter des Klosters Gerichtsbarkeit gehörten, so fiel der Rechtsspruch nicht bloß regelmäßig zu ihrem Nachteil aus, sondern sie mussten zu ihrem verlornen Gemeindegut auch noch die aufgelaufenen Prozesskosten bezahlen. So trieb der Schaffner seine Kniffe bis in sein siebenzigstes Jahr fort und muss nun dafür auf den unrecht erworbenen Klostergütern umgehen. Bald reitet er auf einem Schimmel im Eichholz und heißt davon Schimmelrüter; bald hopt (ruft) er im Breithau, bald dröhnt die Reußbrücke in Bremgarten unter dem Hufschlage seines Rosses, dass man es bis zum Kreuzwirt hinein hört. Alsdann holt er sich in der alten Schaffnerei daselbst, die sonst zu Muris Besitzungen gehörte, einen Gaul aus der Stallung heraus. Über die Ringmauer des Klosters Muri sprengt er mit seinem Rosse in einem Satze weg, und alle Jahre muss ihm dort im Klosterstalle ein frischer Gaul bereit stehen. Bald geht er durch den Wald von Bünzen, als ein zaundürrer langer Kerl, dem das Einmaleins zu den Augen herausschaut; bald reitet er auf dem Schimmel ins Maiengrün und wird dann in der Gegend von Hägglingen der Markstaller genannt; bald läuft er im Rohrdorfer Moos herum und heißt dann wegen seines Schreiens Hopelirüter. Die Mönche haben Messen für ihn gestiftet und dadurch den Graus seiner Erscheinung etwas gemildert, auch macht er seit einigen Jahren nicht mehr so viel Lärm wie früher; doch auch jetzt noch hört man von älteren Leuten Verwünschungen gegen diesen Stiefeli ausstoßen, deren Eltern oder Großeltern seine Zeitgenossen gewesen und einst von ihm misshandelt worden sein sollen. Denn man will fest behaupten, er habe im Jahre 1740 noch gelebt. Ja, im Kanton St. Gallen soll jetzt noch ein Mann leben des Namens Stiefelirüter, und wenn man nur wüsste, ob er wirklich des Klostervogtes Sohn oder Enkel ist, so würde man ihn auch nicht mit heiler Haut selig werden lassen. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Stiefelischreiber von Muri

Source: Der Stiefelischreiber von Muri

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Während das Kloster Muri vor alten Zeiten beschäftigt war, seine Besitzungen im Freien Amte durch Kauf, Vertrag, Erbe und Prozess zu vergrößern, erhob es auch Ansprüche auf den zur Gemeinde Bütikon gehörenden Wald Bärholz. Die Leute glaubten, dieses seit uralter Väterzeit unangetastete Eigentum ohne Sünde gegen ihre Enkel nicht so leichtfertiger Weise an das Kloster abtreten zu dürfen. Ein darüber entstandener Streit sollte vom Landvogt bereits zu Gemeindegunsten entschieden werden, als sich der Klosterschaffner zum Eide anerbot, dass dieser Wald von jeher kirchlicher Grund und Boden gewesen sei. Er füllte seine Stiefel mit Erde aus dem Klostergarten, steckte unter seinen Hut die Milchkelle, welche die Sennen den Schöpfer oder Richter nennen, und schwur mit aufgehobenen Fingern, dass der Wald so gewiss des Klosters sei, so gewiss er selbst auf des Herrn Grund und Boden stehe und ein Schöpfer und Richter über ihm. Seither wandelt von den Höhen des Lindenberges bis Wohlen ein grüngekleideter Jäger, so oft in diesen Waldungen Holz gefällt wird; oder er sprengt als Reiter mit gewaltig großen sporenklingenden Stiefeln die Holzfrevler in die Flucht. Alsdann reitet er einen Schimmel, schwingt eine feurige Peitsche und speit zugleich Feuer aus dem Munde. Andere behaupten, sein Geist sei mit geistlichen Mitteln und Exorcismen ins berüchtigte Enziloch im Entlebuch verwünscht worden und lasse sich wenigstens in Muri seitdem nicht mehr sehen. Dagegen im Entlebucher Enziloch oder Sentiloch, bei der Blumalpe, sei eine Höhle, deren Eingang stets frisch gekehrt ist, aber auch versperrt durch einen Fels, der an einem Seidenfaden vom Gewölbe herunterhängt. Ein vier Ellen dicker Hag schließt den Platz ein. Die benachbarten Sennen am Napfberge vergessen am Abend nie, den englischen Gruß durch ihren Milchtrichter gegen den Schreckensplatz hin zu rufen, damit ihnen kein Stück der Herde schert oder versprengt werde. Scheint gleichwohl eines Schaden zu leiden, so schneidet man ihm schnell ein Kreuz ins Bauchfell. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Stiefelreiter

Source: Der Stiefelreiter

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  In stürmischen Lenznächten rauscht die wilde Reuß ungestümer durch das Freie Amt im Aargau, denn da wälzt der Fluß die Schneewasser des Vierwaldstättersees der Aare zu. In solchen Vorfrühlingsnächten gehen die Bewohner der Gegenden um das Kloster Muri nicht gern aus. Da reitet der gespenstige Stiefelreiter auf schneeweißem Schimmel mit verkehrtem Kopf durch Berg und Tal, und oft hört man ihn an zwei Orten zugleich vorübersausen. Einst, vor vielen, vielen Jahren, hatte das reiche Kloster Muri einen gar schlimmen Vogt zu seinem Hüter bestellt. Dem Abte schien's der tüchtigste Mann von der Welt zu sein, denn er mehrte des Klosters Besitzstand und seine Wohlhabenheit von Jahr zu Jahr. Aber der gute Abt war mit Blindheit geschlagen, denn er wußte nicht, was für ein ganz anderes Gesicht der Vogt den Leuten ums Kloster zeigte. Da war er in allem der bösartigste Mensch, den man sich denken kann. Keine Bitten und keine Klagen vermochten sein hartes Herz zu erweichen, und der Tränen der Witwen und Waisen lachte er. Er trug gewaltige Stulpstiefel, die ihm bis weit über die Knie reichten. Wenn nun die Leute den bösen Klostervogt in diesen hohen Stiefeln auf seinem weißen Schimmel daherreiten sahen, versteckten sie sich ängstlich hinter den Häusern und Scheunen; die Kinder aber schrien entsetzt: "Der Stiefelreiter kommt, der Stiefelreiter kommt!" und liefen davon. Sie fürchteten sich besonders vor seinem unmenschlich großen Kopf, seinen fürchterlichen Augen und seinem gewaltigen roten Barte. So quälte er die Leute auf alle Art. Zu der zehnten Garbe, die seinem Kloster von Rechts wegen zukam, nahm er immer gewaltsam auch eine elfte und zwölfte. Ja selbst das Heu stahl er nachts den Bauern von ihren Matten, ließ ihre Holzscheiter wegtragen und schüttelte mit seinen Knechten ihr Obst von den Bäumen. Kurzum, er schädigte sie auf jede Weise. Wehe aber jenen, die ihm verschuldet waren und nicht sogleich zahlen konnten! Er stieß sie im harten Winter aus ihrem Heim und riß den Kranken selbst das Bettlaken unterm Leibe weg. Hielten ihm die Armen das Kreuz entgegen, so spuckte er danach. Nahe bei Schongau im Nachbarland Luzern wohnte eine fromme Frau. Die hatte auf ihr Ableben hin dem Kloster Muri ihr Gut vermacht. Das gefiel dem Stiefelreiter. Er ritt zu der alten Frau, um ihr Besitztum zu besehen. Aber dann sagte er zu ihr, als sie eben ihre Suppe aß, sie müsse auch noch das kleine Gut, das den Besitz des großen unterbreche, durch einen Zusatz im Testament dem Kloster vermachen. Da wurde die Frau böse und schickte den Stiefelreiter zum Hause hinaus, denn jenes kleine Gütchen gehörte ihrer Bruderstochter, die in einer ärmlichen Strohhütte darauf wohnte. Gerade ihretwegen hatte die fromme Frau ihr großes Gut dem Kloster vermacht, damit die arme Bruderstochter nach ihrem Ableben das angesehene Kloster Muri zum alleinigen Schirmnachbarn habe. Doch der Stiefelreiter gab das Gütchen der Armen nicht auf. Er wollte zum großen Gut durchaus auch das kleine haben. Er stahl das Testament der frommen Frau, und mit verstellter Schrift setzte er in jene Schenkungsurkunde noch die Worte hinein: samt dem Hüttlein und dem Gute, das bis dahin meines Bruders Tochter innegehabt. Als nun die fromme Frau gestorben war, ritt der Stiefelreiter auf seinem Schimmel zum Gericht und zeigte das Testament der Seligen vor. Voll Schrecken lief auch die arme Bruderstochter der Verstorbenen hin und verwahrte sich unter Wehklagen gegen das lügnerische Testament. Aber der Stiefelreiter anerbot sich, auf die Schenkungsurkunde den Eid abzulegen. Sie gingen beide mit dem Richter auf das strittige Grundstück. Und nun schwor der Stiefelreiter, so wahr sein Schöpfer und Richter über ihm sei, so wahr stehe er auf Klosters Grund und Boden. Kaum hatte er den Schwur getan, stieß er einen schrecklichen Schrei aus und fiel tot zusammen. Als man ihm schnell die Kleider auftat, sah man mit Entsetzen, daß er einen falschen Schwur getan hatte. In seinen dickroten Haaren fand man nämlich Schöpfer und Richter (Löffel und Kamm) verborgen, und seine großen Stulpstiefel waren in den Füßen mit Erde aus dem Klostergarten angefüllt. So hatte ihn Gott auf der Stelle gerichtet. Heute noch, wenn die Kinder in jenen Gegenden an der Reuß unartig sind und der Großmutter nicht gehorchen wollen, öffnet sie wohl das Fenster und ruft in die Dunkelheit hinaus: "Stiefelreiter, komm und hol mein böses Maiteli!", worauf sich die Kleinen rasch ins Ofenloch verkriechen und folgsamer werden als ein weißes Lamm am Schnürchen.   Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Stiefelreiter

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Wenn die Novemberstürme abends durchs Reusstal heulen und es sich beim Kreuzwirt im Städtchen Bremgarten erst recht gemütlich hinter dem Weinglas sitzt, heisst es oft auf einmal: "Hört doch, der Stiefelreiter!" Sogleich ist alles still und lauscht nach der Reussbrücke hinüber, die eben unter dem Hufschlag eines galoppierenden Rosses erdröhnt. Dann hört man draussen auf der Strasse nach der alten Klosterschaffnerei Pferdewiehern und das Lachen einer widerlich kreischenden Stimme vorübersausen. Und nun weiss mancher von einer unliebsamen Begegnung mit dem Stiefeli zu erzählen, und niemand geht an solchen Abenden gern mehr über Feld und Berg. Einst aber war ein Metzgerknecht aus Hägglingen bis spät im Wirtshaus sitzen geblieben und wollte mit Anbruch der Nacht allem Abraten zum Trotz seinen Weg noch über den Wagenrain nehmen. Oben im Gehölz traf er auf einen Reiter, der ihm den Weg versperrte. Ein ausgemergeltes Männchen hockte da auf einem mächtigen Schimmel nicht anders als ein vereinzelter Schornstein auf dem Dach eines stattlichen Hauses. Das Auffälligste an ihm aber waren die ungeheuerlichen Stulpenstiefel, in denen seine kurzen Beine steckten. Der Metzgerbursche schwang schliesslich seinen Stock, um sich damit den Durchgang zu erzwingen. Da wuchsen Zwerg und Pferd vor ihm zusehends empor, und des Mannes Augen fingen unter der hängenden Hutkrempe hervor wie glühende Kohlen zu leuchten an. Jetzt ergriff der Knecht die Flucht und rannte durch dick und dünn, von dem Sporengeklirr des gespenstischen Reiters immerfort waldein gehetzt. Erst nach Mitternacht fand er oberhalb Bremgartens wieder aus dem Gehölz, die Kleider zerfetzt und an Kopf und Händen zerkratzt. Und dort vernahm er mit Grausen, wie es hinter ihm in die Luft emporrauschte, als ob wilde Wasser über Felsenschwellen dahinstürzten, und dann raste es mit lautem "Hohopp !" das Reusstal hinauf. Als der Geselle in aller Frühe seine müden Füsse wieder unter den Tisch des Kreuzwirtes streckte und sein nächtliches Abenteuer erzählte, mischte sich von der Bankecke her eine alte Hausiererin ins Gespräch, um das wunderliche Reiterlein in Schutz zu nehmen. Sie war abends zuvor vom Dorfe Muri nach dem Reusstal hinuntergegangen und hatte ihren Tragkorb am Waldrand noch für einen Augenblick abgestellt. Da war einer zu Ross aus dem Dickicht gebrochen, ein kleiner, zaundürrer Alter in hellgrünem Frack und blauen Hosen, die aus den Schäften gewaltiger Stiefel hervorzündeten. Sie wollte erschrocken Reissaus nehmen, doch das Männchen rief ihr ganz freundlich zu: "He, Frau, da habt Ihr ja Euren Korb stehen lassen!" Und wie sie zögernd zurückkehrte, hob er selber ihr den Korb auf den Rücken. Dann war mit einmal die Dunkelheit eingefallen, und sie machte sich eilig davon. Denn es wollte ihr doch unheimlich vorkommen, als die Peitsche des Reiters mit weisser Glut zu brennen anfing. Nach einer Weile wandte sie sich schnell einmal um und sah ihn nun hoch über den Wald dahinjagen, während der Atem aus seinem keuchend geöffneten Mund feurig hinter ihm herflog. Droben auf der Anhöhe setzte er mit seinem Schimmel über die Ringmauer des Klosters und verschwand. "Der leibhaftige Stiefelreiter!" rief der Wirt vom Schenktisch her. "Da hat er sich gestern wieder ein frisches Ross aus dem Stall des Klosters abgeholt, das ihm dort als sein Leibgeding alle sieben Jahre bereitgehalten wird. Dann hat er das Recht, alles, was ihm in den Weg kommt, zu schänden und zu verderben, und schlecht geht es dem, der ihm dabei in die Quere kommt. Der junge Mann hier hat es erfahren müssen und jener Bauer auch, der im Schlattholz das Gatter vor dem Stiefeli aufmachte und ihm den eben auf dem Markt gekauften Wollhut hinhielt. Dem brannte er mit einem hineingeworfenen glühenden Geldstück ein grosses Loch durch den Filz. Im Klostergebäude gehört ihm ein eigenes Zimmer, in dem es vor Poltern und Lärmen sonst niemand aushalten kann. Der Subprior hat es einmal mit Bannsprüchen zu säubern versucht, ist dabei aber schlimm weggekommen. Kurz vor der Franzosenzeit liess der Gnädige Herr das ganze Kloster zum Teil umbauen, zum Teil neu herrichten. Nur die Stube, in der man den Stiefeli Geld zählen hört, ist unverändert geblieben." Das ist der Stiefelreiter, das Freiämter Landesgespenst, einst des reichen Stiftes Muri gefürchteter Gutsvogt. Die Bauern jener Gegend nennen ihn auch den Schwarzwälder Bläseli. Denn als armes Büblein, das wegen seiner Kleinheit nur "der Stiefeli" hiess, ist er aus St. Blasien einst fremd ins Amt gekommen. Barmherzig nahm ihn das Kloster Muri als Hirtenjungen an. Da dressierte er seine Schweineherde, dass sie ihm gleich Hündlein nachlief. Als er zum Schäfer aufgerückt war, machte er sich den ganzen Tag mit seinen Schutzbefohlenen zu tun, putze sie und band ihnen Maien auf die Köpfe, dass sie stolz wie tannreisgeschmückte Soldaten einherschritten. Wollte er aus- oder einfahren, so blies er auf seiner Schwegelpfeife, dass Schafe und Lämmer alle aufhüpften und im Galopp hinter ihm herrannten. Nur die Kühe und Stiere gehorchten ihm nicht, die liefen lieber den hohen Grasbüscheln nach als dem schmächtigen Weidbuben. Darauf machte ihn der Pater Schaffner zum Pferdeknecht, und als solcher war er schon mehr am richtigen Platz. Sein Dienstlohn bestand nun in einem Paar grossmächtiger Stiefel, die ihm das Kloster alle Jahre neu anfertigen liess, und einem eigenen Schimmel. Diesen zog er so wohl, dass die Klosterherren sich um den Vorzug stritten, ihn reiten zu dürfen. Aber als nun sein Lieblingsross immerzu auf der Strasse war, beklagte er sich beim Bruder Schaffner darüber, und dieser anvertraute dem Kleinen dafür das Amt eines Meisterknechts, der nichts anderes mehr zu tun hatte als anzuordnen und nach dem Rechten zu sehen. Jetzt kam es, wie's immer geht, wenn einer aus dem Saustall in die Herrenstube vorrückt: der Bläsi wurde ein gestrenger Fronvogt. Die Dienstleute des Klosters duckten sich, wenn er zur Aufsicht erschien. Froh waren sie nur, dass er beständig auf seinem Schimmel sass, so dass sie ihn von weitem daherjockeln sahen und dann die Hacken fester fassen konnten. Denn grausam hieb seine Peitsche auf die müden Rosse ein, wenn sie ihm nicht rüstig genug werkten. Zu Fuss liess er sich nur zu Hause noch blicken und auch dort nie ohne seine gewaltigen Sporenstiefel. Und sobald diese in den Bügeln sassen, ging der Schrecken vor dem, der darin stak, durchs Land. Wenn er die Güter des Stiftes kreuz und quer durchritt, bückten sich die Leute in die Hecken, und die Kinder stoben rechts und links von der Strasse und schrien: "De Stifelirieter chunnt, de Stifelirieter!" Es sah aber auch aus wie eine Spukgestalt am hellen Tag, das knochige Männlein mit dem kurzen Hals und dem Ledergesicht, in dem fast nur die stechenden Augen und der rote Bart unter dem Hutrand zu unterscheiden waren. Am Hinterhaupt trug er dazu noch ein unförmliches Gewächs, so gross, dass man bald sagte, er habe zwei Köpfe. Aber wie grimmig ihn das Volk ringsum auch hasste, im Kloster war er beliebt und angesehen. Denn vor seinen geistlichen Herren zeigte er sich stets demütig und untertänig, und für ihr zeitliches Heil hielt er beide Augen offen, sogar mehr, als recht und billig war. Beim Eintreiben der Gotteshauszinse irrte er sich gern im Zählen und warf im Handumdrehen eine elfte und zwölfte Garbe auf den Zehnthaufen mit so gehässig verkniffenem Mund, dass die Bauern keine Widerrede wagten. Nichts war sicher vor seinen klebrigen Fingern. Er lichtete im Vorüberreiten die Scheiterbeigen unter den Fenstern der Nachbarn, die Heuhaufen auf ihren Wiesen und holte in ihren Baumgärten das Obst aus den Zweigen herunter. Aber für die Bitten und Klagen der Dürftigen und der Bedrängten war sein Herz wie vernietet. Schonungslos stiess er Arme aus der verschuldeten Hütte und riss hilflosen Kranken das letzte Laken unterm Leibe weg. Hätte der hochwürdige Abt einmal den Weg unter die Füsse genommen und nur im Umkreis einer halben Stunde vertrauliche Nachfrage gehalten, er würde über den Stiftsvogt schaudervolle Dinge vernommen haben. Vielleicht aber hätte er den Leuten nicht einmal Glauben geschenkt, sicher nicht, wenn sie ihm berichtet haben würden, der Stiefelreiter spotte offen des ewigen Richters, er speie die Flurkreuze am Weg an und schädige sogar die Bauern, die solche neu errichteten. Innerhalb der Klostermauern gebärdete der Vogt sich nämlich wie die Frömmigkeit selber und stand deshalb beim Konvent von Muri in hoher Gunst. So wagte niemand, ihn zu verklagen, und er trieb sein Unwesen immer arger. Bald sagte man von ihm auch, er heisse bei Nacht und Nebel die Marksteine draussen im Feld über die Furchen hinweg spazieren, und mancher staunte dann am Morgen, wenn er des Vogtes Acker gewachsen, den seinigen aber verschmälert sah. Ganze Dörfer beraubte er ihrer Waldungen und Allmenden, und oft genug mussten sie nach dem Verlust ihres Gemeindegutes auch noch die aufgelaufenen Prozesskosten bezahlen. So wurde er mit der Zeit ein ränkesüchtiger und gewalttätiger Rechtsverdreher, nur darauf bedacht, die Ländereien des Stiftes zu vergrössern und zu mehren. Jenseits Schongaus auf Luzerner Grund hatte eine fromme alte Frau ihr ansehnliches Bauerngut der Abtei Muri vermacht. Das war dem habsüchtigen Stiefeli ganz erwünscht. Sogleich ritt er auf jenen Hof und durchmusterte ihn. Dann trat er ins Haus, wo die alte Frau eben bei der Suppe sass, und erklärte ihr, der Bauernhof sei für das Kloster nicht sehr von Nutzen, so lange er noch durch ein dazwischenliegendes Gütchen unterbrochen werde. Sie möge zum Frommen des Klosters und ihres eigenen Seelenheils durch einen Zusatz in ihrem Testament bestimmen, dass dieses Besitztum mit in das Erbe des Stiftes falle. Darüber wurde die Frau so aufgebracht, dass sie von ihrer Suppe aufstand und dem Vogt mit kurzen Worten die Türe wies. Denn jenes Gütchen, das nur aus ein paar Wiesen und Äckern bestand, gehörte ihrer Bruderstochter, die dort in einer Strohhütte wohnte. Und gerade in der sorgsamen Absicht, die verlassene Nichte in ihrem ärmlichen Häuschen auch später noch geschützt zu wissen, hatte die Schongauerin im Testament das Kloster zum alleinigen Gutsnachbar ihrer Anverwandten gemacht. Der Stiefeli aber wusste sich zu helfen. Er bemächtigte sich der Pergamentrolle, welche die Vergabung enthielt. Und nachdem er sich schon früher auf die Nachbildung aller möglichen Schriften verlegt hatte, setzte er nun mit geschickt verstellter Hand in jener Schenkung noch die Worte hinzu: "Samt dem Hüttlein und dem Gute, das bis dahin meines Bruders Tochter innegehabt." Nach dem Tode der Stifterin kam es über die verfälschte Urkunde zum Rechtsstreit. Der Stiefeli aber beendigte ihn damit, dass er auf der strittigen Liegenschaft den Eid ablegte, so wahr sein Schöpfer und Richter über ihm sei, so wahr stehe er auf des Klosters Grund und Boden. Kaum hatte er den Schwur getan, so stiess er einen furchtbaren Wehschrei aus und wälzte sich in Todeszuckungen auf dem Wiesland herum. Als man ihm die Kleider aufknöpfte, sah man, dass es sein Meineid war, der ihm den Hals gebrochen hatte. In seinem dichten Kraushaar fand man nämlich Schöpfer und Richter (Löffel und Kamm) versteckt, seine grossen Stiefel aber waren mit Erde aus dem Klostergarten von Muri angefüllt. So hatte er den himmlischen wie den irdischen Richter täuschen wollen und war darüber von jähem Verderben ereilt worden. Deshalb ist er für ewige Zeiten dazu verdammt, mit verdrehtem Haupt die geraubten Allmenden und Forste auf seinem Schimmel bei Sturm und Finsternis lärmend zu durchjagen. (Bremgarten) Email-Zusendung von Christoph Zumbach, vom 7. Mai 2004, die auch auf http://www.educanet.ch/home/zumbach/sagen/ zu lesen ist. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Stier von Uri

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Viele hundert Jahre sind es seitdem. Ein Knabe hirtete in der Alp Surenen die Schafe. Sie heisst so, weil einst der wilde Bach diesen Namen führte, der in ihr den Ursprung nimmt und nun meistens Engelberger-Aa genannt wird. Damals gehörte die Alpe den Engelbergern. Der Knabe, wenn es ihm an Speise gebrach, schlachtete ein Schaf und als er dann mehrere Häute beisammen hatte, trug er sie in der Nacht nach „Urscheln" (Ursern) zum Vertausch um Käs und Ziger. Eben war dies geschehen, als eine Truppe Lämmer und Schafe aus Wälschland her anlangte. Die gefielen ihm ungemein, viel mehr als die Seinigen. In seiner ganzen Hirti besass er keine solche, noch hatte er je dergleichen gesehen. Er begann um ein junges Lamm inständig zu bitten und flehen. Man hielt ihm vor, er habe ja kein Geld zum Bezahlen und sei nur ein Bettelbub. Aber der Surenenhirt gab nicht nach, sondern bettelte fort. Endlich verhiessen sie ihm das Lämmchen, wenn er aufknieen und einen Rosenkranz beten wolle. Denselben habe er von der Mutter gelernt, aber wenig geübt, gab er zur Antwort, erfüllte dann diese Bedingung und erhielt den Lohn. Im Jubel kehrte der Knabe über Surenenecke nach der Alpe dort zurück. Seine Liebe zu dem erworbenen Tierlein war über alle Massen gross. Es musste mit ihm essen, schlafen und immer um ihn sein. Endlich dachte er, es sollte auch getauft werden, er sei es ja auch. Ging deshalb über Surenenecke hinab nach Attinghausen in die Kirche, allwo er den Taufstein erbrach und Taufwasser nahm. Auf dem gleichen Wege heimgekehrt taufte er das Lamm nach dem christlichen Glauben. O hätt' er das doch um Gottes Willen nicht gefrevelt. Kaum war es geschehen, erbrauste ein furchtbarer Sturm in den Lüften. Das liebste, niedliche Lamm verwandelte sich in ein furchtbares Ungeheuer, das sogleich seinem Meister, dem Hirtenbub, durch ein grauenvolles Ungewitter die Hütte zerschmetterte, dann über ihn herstürzend die Sakramentenschändung in seinem Blute rächte. Weder Menschen noch Vieh verschonte und duldete das Gespenst mehr auf Surenen. Die Leute nannten den schrecklichen Unhold fortan „das Greiss". Den Engelbergern verleidete die Alp und sie gaben sie den Urnern wohlfeil um ein Viertel Bemsch, will sagen Zweischilliger, hin. Den Urnern tat sie ebenso wenig gut und sie waren übelfeil daran wie die frühern Besitzer. Einmal nun, als der wohlweise Rat von Uri beisammen sass im Wirthshaus zum Löwen, welches, nebenbei gesagt, das älteste sei im Dorfe, und sie von der Surenen-Geschichte erzählten, da lauschte ein fremdes Mändlein zu. Selbiges mischte sich bald auch in die Sache und sprach, es könne ihnen helfen, wenn sie ihm seinen kleinen Becher zweimal mit Wein füllten. Gerne stillten sie ihm den Durst. Das Mändlein riet alsdann: Ein silberweisses Stierkalb sieben Jahre lang und jegliches Jahr an einer Kuh mehr als im vorigen säugen zu lassen, bis also sieben Kühe seien und das Stierkalb sieben Jahre alt. Dann sei es fähig, das Greiss zu töten. Jetzt hatten sie Not ein solches zu bekommen. Endlich fanden sie eines bei einem Schächentaler, dem sie es gut bezahlen wollten; jedoch er verlangte nichts dafür. So gut genährt ward das junge Tier bald zum Erstaunen stark und gross. Wie es vierjährig war, durfte niemand mehr bei und mit ihm sein wegen seiner Wildheit und Unbändigkeit. Sie schafften darum den Stier nach der Alp Waldnacht gegen die Surenen hin. Noch immer zeigt man allda den „Stierengaden", wo die sieben Jahre voll wurden. Nun sollte, nach des weisen Mändleins Rat, ihn eine reine Jungfrau, die edelste des Landes, von da dem Greiss entgegenführen. Sie waren wieder übel dran bis die rechte in Attinghausen gefunden war. Sie wollte es wagen, reinigte sich vorher im Kloster zu Seedorf und rüstete sich auf den Tod. Von der Kirche zu Attinghausen ging in Prozession viel Volk mit der Jungfrau, die weiss gekleidet war, bis zum Stierengaden. Hier musste die reine Maid den wilden Stier an ihre Haarbänder knüpfen und dann über die Ecke nach Surenen lenken. Sonst unbezähmt, fügte er sich ohne Widerstreben. Der Jungfrau ward nach des Mändleins Bedeuten weiter gesagt: Der Stier, in die Nähe des Greiss gekommen, werde dasselbe wittern und ihr davon ein merksames Zeichen geben, worauf er loszubinden sei. Schnellen Fusses habe sie, wenn dies geschehen, den Rückweg zu betreten und dürfe unter keinen Umständen umschauen, sie möge hören was sie wolle. Alles, der letzte Punkt ausgenommen, verlief in dieser Weise. Von der nötigen Ferne her schaute das Volk höchst gespannt nach jener Gegend, wo man den Kampfplatz vermutete und wartete den Ausgang ab. Schreckliches Gebrüll ward vernommen und eine die Sonne verfinsternde Rauchsäule stieg auf, dann sah man die weissen Gewänder der Jungfrau an einem Felsen herumfliegen. Nun tiefe Stille, während der Rauch verschwindet. Da sprechen sie: „Jetzt ist der Kampf aus, wir wollen hin, und schauen was geschehen ist." Von der Jungfrau sahen sie nichts mehr. Das Greiss, übel zugerichtet, war getötet. Der sieghafte Riesenstier lag ebenfalls tot im Alpbache da, wohl deshalb, weil er nach der Kampfeshitze allzu gierig aus demselben getrunken. Davon ward das Wasser Stierenbach geheissen. An einem Felsen zeigt man seine Fussspuren, die er im Streite geschlagen. Vom Greiss war die Gegend befreit, - jedoch - nicht ganz und gar. Denn noch immer, wenn auf der Alpe junges Rindvieh oft plötzlich tot dahinfällt, sagen die Hirten, das Greiss habe es getroffen. Jährlich findet noch ein bezüglicher Bittgang statt in die von Attinghausen allerdings sehr entlegene Kapelle auf Surenenalp. - Von diesem Stiere habe man das berühmte, seit den italienischen Kriegen verlorene Schlachthorn, den „Uristier" hergehabt. Die Sage hat ihre lokalen Grundlagen.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Der Stier von Uri

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Auf der Surenenalp, die das Land Uri und das obwaldnerische Tal von Engelberg trennt, lebte einst ein blutjunger Schafhirte namens Urs im Ried. Die weite Alp gehörte dem Kloster Engelberg und trug ihm gar fette Einkünfte in goldgelber Butter und weißem Ziger ein. Zuweilen schlachtete der junge Schäfer ein Schaf und trug sein Fell ins Urnertal, wo er allerlei Sachen dagegen eintauschte. Eines Tages, als er auch wieder dort war, zogen aus dem Welschland seltsame dunkelhaarige Männer durch das Hochtal. Sie trieben auserlesen schöne, hellhaarige Schafe vor sich her, wie sie der Hirtenbub noch nie gesehen hatte. Besonders ein kleines, schneetaubenweißes Lämmlein gefiel ihm also, daß er nicht mehr davon wegkam und die fremden Hirten flehentlich bat, sie möchten ihm doch das schöne Lamm schenken. Erst wollten sie nichts davon wissen. Aber endlich sagte ihm ihr Meister, er solle das Lämmlein haben, wenn er aufknie und einen Rosenkranz bete. Willig tat er's. Und danach überließ man ihm das weiße Lamm, und lachend gingen die welschen Hirten davon. Urs im Ried aber, der junge Schäfer, kehrte im Flug nach der Surenenalp zurück mit seinem Lämmlein und wußte sich vor Freude über das schöne Schaf fast nicht zu fassen. Es mußte immer um ihn sein, mit ihm essen und bei ihm schlafen. Er trieb es so weit mit seiner Abgötterei, daß er beschloß, das weiße Lämmlein zu taufen. Heimlich machte er sich über die Surenenecke nach Attinghausen ins Urnerland hinunter. Dort schlich er sich in die Kirche, erbrach den Taufstein und schöpfte Taufwasser daraus. Und heimlich machte er sich wieder auf die Alp zurück. Dort taufte er das vergötterte Tier nach christlichem Brauch. Da war es, als ginge die Welt unter. Über die Berge herein kam es kohlenschwarz. Ungeheuerliche Wolkengestalten mit Köpfen und Armen jagten am Himmel hin, und dann begann es zu donnern, und ein Unwetter kam, davon die Erde erbebte. Ein Blitz schlug wie ein Riesenhammer in die Hütte, sie zerschmetternd. Als aber der junge Hirt, an nichts denkend als an sein weißes Lämmlein, sich ängstlich nach diesem umsah, um es zu retten, stand statt dessen ein entsetzliches schwarzes Ungeheuer in den Alpenrosen. Zu Tode erschrocken wollte er davonhasten, aber das Ungeheuer stürzte ihm nach, und im Hui war er zerfetzt und zerrissen. Von da ab war es nicht mehr geheuer auf der Alp. Menschen und Vieh schlug das grause Ungetüm, das die Hirten der Surenenalp das Greiß nannten. Nach und nach wollte kein Engelberger Älpler mehr auf der Alp sömmern, und sie wurde auch immer unfruchtbarer, also daß das Gotteshaus Engelberg sie den Urnern um einen Spottpreis verkaufte. Doch sie hatten auch nicht viel davon, denn auch sie schädigte das fürchterliche Greiß an Menschen und Vieh. Da kam einmal ein fahrender Schüler nach Altdorf unter dem Bannwald. Der anerbot sich, den Urnern zur Erlösung der Alp von dem fürchterlichen Greiß einen guten Rat zu geben, wenn sie ihm den Geldbeutel mit Kronen füllen und ihm den Becher siebenmal mit dickrotem Welschwein ausebnen wollten. Als sie's nun getan hatten, riet er ihnen, sie möchten ein silberweißes Stierkalb aufziehen und es neun Jahre lang mit reiner Milch tränken, und zwar das erste Jahr mit der Milch von einer Kuh, das zweite Jahr mit der Milch von zwei Kühen und so weiter bis auf neun. Dann sollten sie den erwachsenen Stier durch eine reine Jungfrau zu der Alp führen lassen, in der das Greiß umgehe. Alles wurde so ausgeführt. Wie nun die neun Jahre um waren, bot sich Agnes, die Tochter des Freiherrn von Attinghausen, an, die Erlösung der Alp zu vollbringen. Und also zog sie eines Tages mutterseelenallein, weißgekleidet und bräutlich geschmückt auf die Surenenalp. An einem seidenen Schnürchen aber, das in einem Nasenring hing, führte sie den silberweißen Stier hinter sich her, der ihr willig folgte. Wie nun die Jungfrau um die Surenenecke bog, erhob sich ein schreckliches Gewitter. Der Sturmwind pfiff und schnob daher, als wollte er alle Berge über den Haufen stoßen; schwarze Donnerwolken machten den Tag zur Nacht, und ganze Garben von Blitzen machten sie wieder zum Tag. Aber auf einmal war ein seltsames Brüllen in der Alp, und jetzt hüllten die daherfahrenden Wolken alles ein. Als sich die Urner nach langem, bangem Warten unten zu Attinghausen endlich auf die Alp getrauten, da es droben still geworden zu sein schien, fanden sie auf den Alpenweiden ein unförmliches, schrecklich zugerichtetes Ungeheuer: es war das tote Greiß. Aber nicht weit daneben lag auch der siegreiche silberweiße Stier tot in seinem Blute. Doch entsprang unter ihm eine reiche Quelle, die man von da ab den Stierenbach nannte. Schon wollte man in Jubel ausbrechen, da fragte einer nach Agnes, der Jungfrau von Attinghausen. Doch nirgends war sie zu finden, und wie man auch die Alp absuchte, sie blieb für immer verschwunden. Da waren die Urner sehr unglücklich. Konnte auch das Greiß ihr Vieh nicht mehr schlagen, so hatten sie die Erlösung der Alp mit dem Leben der Jungfrau doch teuer bezahlt. Also hielten sie eine feierliche Landsgemeinde zu Altdorf ab und beschlossen, den Kopf des siegreichen Stieres mit dem Nasenring in ihr Landeswappen aufzunehmen, das nachmals der Schrecken ihrer Feinde wurde. Die Jungfrau von Attinghausen aber nahmen sie auf ewige Zeiten in ihre Herzen auf. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Stifeli-Rüter

Source: Der Stifeli-Rüter

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In der Umgegend des Klosters Muri und im ganzen sogenannten Freiamt ( Kanton Aargau) erzählt das Volk von dem Stiefeli- Rüter (gestiefelten Reiter). Den Kindern droht man: "Wart, de Stifelirüter chunt!" Derselbe ist ein Vogt gewesen, welcher stets in grossen Stiefeln auf einem Schimmel daher ritt. Er erlaubte sich viele Ungerechtigkeiten gegen seine Untergebenen, und durch Wucher und andern Betrug erwarb er sich ein grosses Vermögen. Einem Bauer nahm er einst ein Stück Land und auf demselben schwur er im Beisein der Richter, dass er auf seinem eigenen Grund und Boden stehe. Er hatte aber vorher Erde von seinem Lande in die Schuhe getan. Auch hatte er den Hut aufbehalten, in welchem er einen großen Schöpflöffel („Schöpfer") und einen Kamm (mundartlich „Richter") verborgen trug. Sein Schwur lautete: So wahr er über ihm habe seinen Schöpfer und Richter, so wahrhaftig sei auch das Land, worauf er jetzt stehe, sein eigen. Plötzlich starb der Bösewicht und muss nun zur Strafe im Freiamt umgehen. Viele haben ihn zur Nachtzeit in seinen Stiefeln daher reiten gesehen. Quelle: Theodor Vernaleken, Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch


by Der Stifeliriter

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Der Stifeliriter In Mettmenstetten sah man früher den Stifeliriter. Er war schwarz gekleidet, bleich und hohläugig. Nachts, von zwölf bis eins, tanzte er auf einer Matte, die wie ein Zirkus aussah. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Knonauer Amt Nach Id. 6, 1703   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Stockhüper

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An der Landstrasse von Sattel nach Ägeri liegt die "Schornen" mit dem Letziturm und den noch gut wahrnehmbaren Überresten der alten Landwehr der Schwyzer. Die "Schornen" soll in früheren Zeiten zum Grundbesitz von Ägeri gehört haben. Nur durch den frevelhaften Meineid eines gewissenlosen Mannes soll dieser Fleck Erde in den Besitz der schwyzerischen Gemeinde Sattel gekommen sein. Doch für diese meineidige Tat muss der Frevler schwer büssen. Ein hölzerner Zaun bezeichnete lange die Grenze des schwer umstrittenen Landbesitzes. Auf diesem Lattenzaun sitzt nun der Meineidige. Er trägt einen weiten, schwarzen Mantel und einen breitkrampigen Hut, der ihm fast auf die breiten Achseln herunterreicht. Man sieht daher seinen Kopf nicht recht. Der geheimnisvolle schwarze Mann sitzt nicht immer auf dem Lattenzaun, sondern er springt in wilden Sätzen von einem Marchstein zum andern und stösst bei dieser wilden Grenzjagd einen Mark und Bein durchdringenden schrillen Jauchzer aus. Dieses Jauchzen bezeichnen die Anwohner als Hupen. Der Lieblingsaufenthalt des nächtlichen Jauchzers sei auf einem kleinen Hügel, dem "Stock". Darum wurde der meineidige Zeuge im Volksmund der Stockhüper genannt. Seit vielen, vielen Jahren ist aber der Stockhüper verschwunden, denn ein Pfarrherr habe ihn für ewige Zeiten gebannt. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 70 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Stockpüper

Source: Der Stockpüper

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Schoren am Sattel im Kanton Schwyz soll ehemals zu Aegeri (Kanton Zug) gehört haben. Durch den Meineid eines Mannes sei es an die Gemeinde Sattel gekommen. Dieser muss jetzt dafür büssen. Mit schwarzem weitem Mantel und breitem Hut, der ihm ganz auf den Achseln sitzt und keinen Kopf sehen lässt, fliegt er auf und am Zaune, der jetzt die Grenze des einst streitigen Besitztums gegen Aegeri hin bezeichnet, auf und ab, oder springt in Sätzen von einem Markstein zum andern, bisweilen mit Jauchzen (Püpen, Hüpen) sich kundgebend. Dieser Zaun steht an einem Berge, genannt Stock. Drum der Name des Gespenstes. Ein Pfarrer hat endlich den Stockpüper in die Sankt Niklausenkapelle auf der Langenegg gebannt.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Der Stofel-Schlarpi in der Alp Ladils

Source: Der Stofel-Schlarpi in der Alp Ladils

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Auf Ladils wurde das "Molken" in einem eine kleine Strecke von der eigentlichen Alphütte entfernten Gemache untergebracht. Die Gegend heisst heute noch "Käsgaden". Der Senn hatte den Schlüssel zu demselben und legte ihn allabendlich an die gleiche Stelle in der Hütte. Nun kam es öfters vor, dass nachts jemand über den "Stofel" in Holzschuhen "daher-schlarpete", in die Hütte kam, den Schlüssel zum "Käsgaden" nahm und sich in gleicher Weise wieder entfernte. Die Hirten bekreuzten sich und waren froh, dass ihnen kein Leid geschah. Nach einer Viertelstunde näherte sich das Gespenst in der gleichen Gangart wieder der Hütte und hing den Schlüssel an den bestimmten Ort. Ein frommer Klostermönch in Pfäfers hatte von diesem seltsamen Vorkommnis Kenntnis erhalten und beschloss, der Sache näher auf die Spur zu kommen. Ganz unverhofft begab er sich an Fronfasten nach Ladils, um dort zu übernachten. Der Klostermönch war früher Pfarrherr in Vättis gewesen und hatte die Schafe und die Böcke genau kennen gelernt. Dem Sennen kam die Ankunft des frommen Mannes sehr ungelegen. Um Mitternacht hörte man das Gepolter des "Schlarpi" auf dem "Stofel". Der Mönch stand auf, begab sich unter die Hüttentüre und stand dem Dieb gegenüber. Mit kräftiger Stimme rief er: "Wandle nach deinem Tode so lange auf dem "Stofel", bis du die ganze Schuld bezahlt hast!" Der "Schlarpi" wollte nämlich in jenen Nächten im Einverständnisse mit dem Sennen mehrere Käse und verschiedene Butterballen aus dem "Käsgaden" entwenden. Der Mönch hatte seinen Fluch gesprochen und der Himmel ihn gehört. Kaum hatte der Dieb den Mönch erblickt, so sprang er, so schnell ihn seine Füsse tragen konnten, den Alpsäss hinein, den steilen Bergabhang über den unwegsamen Pfad hinunter dem zwei Stunden entfernten Heimatdorfe zu. Er legte sich zu Bett, und in einigen Tagen wurde er als Leiche aus dem Hause getragen. Als ein böser Geist spukt der "Schlarpi" noch auf Ladils; doch schadet er nicht, wenn die Sennen vor dem Schlafengehen den Alpsegen sprechen. L. Jäger. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 223, S. 110f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Stollenwurm

Source: Der Stollenwurm

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Von Unterseen weg bis auf die Grimsel und bis gegen Gadmen hin und unter Leuten, die nichts voneinander wissen, nicht aber im Simmental noch Frutigen oder Saanen, auch nicht im Wallis oder jenseits der südlichen Alpenkette, herrscht der beinahe einhellige Glaube, dass zuweilen nach einer schwülen Hitze oder wenn das Wetter bald ändern will sich eine Art von Schlangen mit ganz kurzen Füssen sehen lasse, die von den Landleuten ihrer kurzen Füsse wegen Stollenwurm genannt werden. Es sollen sehr kurze und dicke Schlangen sein mit einem fast runden Kopf, ungefähr wie derjenige einer Katze. Dieser Wurm richte, so lautet die Sage weiter, besonders unter dem Vieh grossen Schaden an, indem er dasselbe erwürge und ihm das Blut aussauge. Die Menschen aber liesse er unbehelligt. Im Guttannertal, gegenüber dem kleinen Dörfchen im Boden ist jenseits der Aare ein Stück Land, der Tanzboden geheissen, auf welchem ein Gaden stand. Der obere Boden desselben war mit Heu gefüllt. In dieser Streue bemerkten die Eigentümer wiederholt ein niedergetretenes Lager, als ob ein grösseres Tier sich dort gebettet hätte. Einmal als der Senn nachsehen wollte, fand er einen hässlichen Stollenwurm drin liegen, vor welchem er die Flucht ergriff. Das Tier soll noch in unseren Tagen in jenen Tälern gesehen worden sein. Ein Hirt im Gadmental erzählt: Es gibt zweierlei Stollenwürmer, weisse mit Krönlein auf dem Haupt, und schwarze, die gemeiner und häufiger sind. Ein verwegener Mann, welcher sich auf Zauberei verstand, zog eines Tages, um seine Kunst zu zeigen, einen Kreis um sich und bannte darauf mit Pfeifen das Gewürm in solcher Menge herbei, dass es rings um den Kreis. wimmelte. Doch er pfiff trotzig fort und fort bis ein paar Würmer aus der Ferne auf ihrem Rücken einen ganz besonders dicken und abscheulichen Stollenwurm dahergebracht und alsobald ihn über den Kreis hinein gegen den Zauberer warfen, der laut ausrief: "Ich bin verloren!" Im Augenblick war er von dem Ungeheuer zerrissen. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Stollenwurm

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Die Nachkommen der Edlen von Düdingen nannten sich Velga oder Velgen. Unter einem Schlosse in der Nähe von Düdingen, am steilen Felsen ob dem Gatternbache, befindet sich ein tiefer, enger Balm, den man das Fantomenloch nennt. In dieser Höhle hausete ein ungeheurer Stollenwurm, der besonders dem Vieh vielen Schaden verursachte, es entweder bresthaft machte oder erwürgte und dann sein Blut aussog; den Menschen aber tat das Ungetüm nichts zu Leide. Man hatte schon längst alle möglichen Mittel versucht, um ihn zu töten oder zu besänftigen, aber alles umsonst. Oft wenn der Herr Velga mit einem Knechte das steile Tobel (den Hohlweg) aus dem schmalen Fusspfade in das enge Tal hinunter ging, um im Bache zu fischen, sah er vor der Höhle des Fantoms einen schwarzbraunen Klumpen, mit grünen, roten und weissen Streifen; wenn er aber näher treten wollte, so rollte sich die Schlange blitzesschnell auseinander, erhub sich bäumend, zischte und pfiff, streckte ihre spitzige Zunge aus dem ausgespreizten Rachen, der mit einer Doppelreihe schneidender Zähne versehen war, und verschwand in einem Hui wieder im feuchten Loche. Man hat mit Pfeilen und Kugeln auf sie geschossen, grosse Steine gegen sie geschleudert, aber sie prallten stets an den glatten und dicken Schuppen ihrer zähen Haut ab. Man hat auch mehreremale versucht, dem Wurme vergiftetes Ochsenblut in einer Schüssel hinzuschieben, aber kaum berührte er es mit der Zunge, so spie er es wieder aus. Mehrere Geistliche und Weltliche, die man wegen dieser schrecklichen Plage um Rat gefragt, versicherten, es sei kein eigentlicher Stollenwurm, sondern ein als solcher verwandelter Geist, der irgend eine schwere Sünde auf dieser Welt abzubüssen habe. Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Stollenwurm bei Wölfliswil

Source: Der Stollenwurm bei Wölfliswil

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Eine' Sage, welche sich bis auf unsre Zeiten in einigen Thälern des Berner-Oberlandes, sowie des Solothurner- und Aargauer-Jura erhalten hat, erzählt von einer schwarzgrauen Schlangen- und Eidechsen-Art, welche bei drei bis sechs Fuß lang, verhältnißmäßig bedeutend dick sein, und zwei Spitzohren und zwei kurze Vorderfüße haben soll. Man nennt diese Schlange den Stollenwurm; denn Wurm bedeutet uns Schlange, und einen kurzen, dicken Fuß nennt man Stollen. Von Drachen und Lindwürmern weiß man nichts in den benannten Gegenden, jedoch von diesen Stollwürmern, welche für sehr schädlich und giftig gehalten werden, erzählen glaubwürdige Männer ganz ernsthaft, und Landleute auf dem Jura versichern, solche Thiere selbst gesehen zu haben, ihr Anblick, heißt es, sei Grausen erregend. Bel anhaltender Trockenheit, oder wenn das Wetter ändern will, sollen sie zum Vorschein kommen. Nach der Erzählung einer noch lebenden Frickthaler-Frau von Wölfliswil, und dem NeujahrsBl. der Zürch. Naturforschend. Gesellsch. 1832, 5. Ueber des Aelplers Begriffe von Wurm, Drak und Stollenwurm: König, Alpenreise, 127. Band 2, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau, 1856, Seite 4 Kanton: Aargau Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Stollenwurm vom Gadmertal

Source: Der Stollenwurm vom Gadmertal

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Ein Hirt im Gadmertal erzählte folgendes: Es gibt zwo Arten Stollenwürmer: weisse mit Krönlein auf dem Haupte, und schwarze, die gemeiner und häufiger sind. Ein verwegener Mann, der Zauberei verstund, zog eines Tags, um seine Kunst zu zeigen, einen Kreis um sich, und bannte darauf mit pfeifen das Gewürme in solcher Menge herbei, dass es rings um den Kreis wimmelte, doch pfiff er trotzig fort, bis ein paar Würmer aus der Ferne auf ihrem Rücken einen besonders dicken und abscheulichen daherbrachten. Sie warfen ihn über den Kreis hinein gegen den Zauberer, der laut ausrief: „Ich bin verloren!“ Und im Augenblicke ward er von dem Ungeheuer zerrissen. Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Stollenwurm von Wölfiswil

Source: Der Stollenwurm von Wölfiswil

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Das kleine Mädchen einer Bauernfamilie von Oberhof, einem Berghofe im Fricktaler Jura, nahe bei Aarau, hatte den Auftrag, Bohnenstangen in der Bergwaldung Saal zu hauen, und war eben beschäftigt, sich an den Stamm einer jungen Föhre zu machen. Das Bäumchen ragte auf drei gleichmäßig emporstehenden Wurzeln dreifußartig aus dem Boden und ließ so unter sich einen kleinen Höhlenraum leer. Da kam nach dem ersten Axthiebe ein junger Stollemwurm drunter hervor und auf das Kind los. Er war graufarbig, nicht ganz armslang, in Leibesmitte von Katzendicke, hatte zwei aufrechtstehende rund geschnittene Öhrlein, fleischig und unbehaart, und lief auf zwei kurzen Vorderfüßen mit breiten Tätzchen. So war die ganze Erscheinung des Tierchens eine niedliche, allein vorn im Kopfe saßen ihm befremdlich große Augen, rund wie Nädlein und hell wie Neutaler. Dieser überaus glänzende Blick trieb das Kind augenblicklich in die Flucht. Die Erzählerin, ist nun siebzigjährige Witwe und Bauernfrau, Frau Frey; beharrt jetzt noch auf der täuschungslosen Wahrheit des Erlebten, sondern fügt bei, die Erscheinung jenes Stollenwurmes sei zusammengetroffen mit dem damaligen außergewöhnlich heißen Sommer. Quelle: E. L. Rochholz, Naturmythen. Neue Schweizer Sagen, Leipzig  1862. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch    


by Der Störefried

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In der Weesener Alp Oberbütz war vor vielen Jahren in einer Tanne ein Geist, welcher jedesmal, wenn schlechtes Wetter eintreten wollte, jauchzte. Beim Bau eines Hauses wurde die Tanne gehauen und zu einem Balken verwendet. Der Geist aber entfernte sich keineswegs aus dem Holze, sondern erhob zuweilen ein solches Geschrei und verursachte ein solches Krachen und Donnern im Hause, dass man genötigt war, den Balken herauszunehmen. Jetzt befindet sich der Geist, nach Aussage der Sennen, wieder in Oberbütz und kommt beim Hereinbrechen schlechten Welters in die Sennhütte. Hier nimmt er die Viehglocken und läutet aus allen Kräften, gerät wohl auch hinter die Schweine, jagt sie zur Hütte hinaus und beginnt überhaupt ein eigentliches Wüten. Die Sennen müssen sich hierbei ruhig verhalten, und will einer nachsehen oder dem Unholde zuwider tun, so ist er sicher, am nächsten Morgen einen geschwollenen Kopf zu haben.  Dr. Henne-Am Rhyn, Deutsche Volkssage  Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 373, S. 211 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Strahlschatz

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Zwei Geissbuben von Wiler hüteten am Tennerbach die Schafe. Einer von ihnen fand in den Felsen einen Gang mit buntschillernden Strahlen von der Grösse einer Nadel bis zu der eines Butterfasses. Der Hirte dachte bei sich: «Mein Fund geht den andern nichts an; ich sage ihm nichts und hole am nächsten Tage allein die Strahlen.» Am nächsten Morgen suchte er vergebens den Strahlschatz; er liess sich nicht mehr finden. Quelle: J. Siegen, Sagen aus dem Lötschental, Erweiterte Ausgabe der Gletschermärchen (1905), Lausanne 1979. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Strassenhund

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Es ist fast kein Dorf wo diese Species nicht auf gewissen Gängen, zumal auf Kreuzwegen liegend, stehend oder gehend erblickt worden ist. Er ist sehr gross, meist schwarz und hat feurige Augen, oft nur eines mitten an der Stirne. Es gehe ihm drei Schritte aus dem Weg, wer nicht unglücklich werde will.   a) Zwischen den beiden Unterskapfhöfen zu Hergiswil vor einem Gatter wurde er manchmal gesehen. Beim ersten Anblick klein, schwoll er bald zu einem grausigen Ungetüm.   b) Beim Feldmattkäppeli zwischen Hergiswil und Willisau sah ihn vor wenig Jahren Nuodi, der Pfister. Lange durfte er nachts nicht allein mehr dort vorbeigehen. Auch im nahen Nollental machte er seine Gänge. Deswegen sollen zwei Helgenstöcklein stehen.   c) Von der Mühle in Altbüron bis ins Dorf Grossdietwil wurde in jüngster Zeit noch ein Strassenhund gesehen. Der hatte zwei sehr glühende Augen. Zu Leide tat er niemandem etwas.   d) Auf der Strasse zwischen Fischbach bei Reiferswil will man einen mächtigen Strassenhund mit nur einem Auge bemerkt haben. Begegnende mussten rechts ab drei Schritte weichen. Seitdem dort ein Kreuz erstellt wurde, ist er verschwunden.   e) In Escholzmatt hiess der Strassenhund der „ewig Hund". Das grosse, grausenerregende Tier hatte nur ein tellergrosses Auge mitten im grimmigen Kopfe. Dieser war kein Liebhaber von neuen Strassen, er hielt sich stets auf der alten.   f) Der Stellgässlihund, mit nur einem glasigen Auge mitten auf der Stirne machte in Altdorf (Uri) bei dem Mondschein durch die Gassen seine Gänge.   g) Der Strassenhund im Zugerbiet. In frühern Zeiten wurde oft ein grosser schwarzer Hund gesehen, der, einen Bund Leder auf dem Rücken, regelmässig Samstag nachts die alte Landstrasse von Horgen über Neuheim passierte, den Spital zu Hinterburg und mehrere Rathäuser besuchte. Ein Hund ohne Kopf will auch in Menzingen gesehen worden sein. Ebenso bei Walchwil soll ein riesenhafter Hund, dessen Augen wie Kirchenfenster, zu gewissen Zeiten die Runde um den See gemacht haben.   h) Im Eischlebach bewachte den Eingang ins Melchthal (Obwalden) der Eischlebachhund.   i) Der Tanzlaubenhund. Die alten Länder liebten das Tanzen sehr, deswegen war in jeder Gemeinde irgend ein Lokal, oft dem Winde geöffnet, welches man zum Tanzen benutzte, oder zu öffentlichen Zusammenkünften, zum Exerzieren etc. Die Tanzlaubendiele in Sachseln (Obwalden) war unterhalb der Pfarrkirche erbaut. Da hat der Tanzlaubenhund Quartier gehabt und nächtlich seinen Spaziergang nach dem Lichttägelkäppeli, das am Fusswege nach dem Flühli steht, angestellt. Ein Mann des Ortes hatte mehr als andere mit ihm zu schaffen. Ihm soll der Hund einmal nachts beim Mondschein, auf seinen Hinterfüssen gehend und in den Vorderpfoten ein Spiel Karten tragend, begegnet sein und ersucht haben, ein Spiel mitzumachen. Der betroffene Sachsler erwiderte, er wolle spielen aber nur in den drei höchsten Namen. Da warf der Hund die Karten in den Kot und lief davon. Er hatte die Grösse eines Kalbes und mitten auf dem Kopf ein Auge, so gross wie ein Fleischteller.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Bei dieser Sage gibt es keine genaue Zuordnung zu einem der fünf Kantone. Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Der Strassenhund

Source: Der Strassenhund

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Vom geheimnisvollen Strassenhund erzählte man sich im Zugerland die verschiedensten Dinge. In früheren Zeiten wurde oft ein grosser, schwarzer Hund gesehen. Auf seinem mächtigen Rücken trug er eine gewaltige Rolle Schusterleder. Regelmässig kam er jede Samstagnacht auf der alten Landstrasse von Horgen über Neuheim gegen Hinterburg. Vor den Häusern einiger Ratsherren hielt er jeweilen kurze Rast, um dann wieder weiter zu trotteln. In Menzingen will man einen geheimnisvollen Hund ohne Kopf gesehen haben und in Walchwil soll ein riesenhafter Hund, dessen Augen wie Kirchenfenster leuchteten, zu gewissen Zeiten die Runde um den ganzen Zugersee gemacht haben. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 97 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Streit auf der Stäzer-Alpe

Source: Der Streit auf der Stäzer-Alpe

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Auf der Alpe Stäz, die nach Curwalden gehört, weideten fünf Hirten eines Sommers die Herde. Da kamen Nachbarsennen von Obervaz, fingen mit den Curwaldner Hirten Streit an, und erschlugen Alle bis auf den Kuhhirten; dem gelang es, zu entfliehen. Er eilte mit seinem Hirtenhorn auf einen Felsenvorsprung, blies aus Leibeskräften, um den Talbewohnern Kunde von der Untat zu geben. - Seine Braut in Curwalden war gerade am Brunnen beschäftigt und horchte auf die langgezogenen Töne, verstand auch deren Hülferuf. Sie eilte mit einigen Männern auf die Alpe, von wo aus das Blasen noch fortgesetzt wurde, plötzlich aber verstummte. Die Eilenden, oben angekommen, fanden den Hirten tot auf dem Rasen liegen; er hielt sein Horn noch in der Hand, aber das Herz war ihm zersprungen. - Die erbitterten Curwaldner verfolgten die Mörder, erschlugen Alle und nahmen das ihnen geraubte Vieh wieder an sich. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der strenge Richter

Source: Der strenge Richter

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In St. Niklaus, auf dem Bort, am südlichen Ufer des Riedbaches, so wird erzählt, wohnte einst ein Richter allein mit seinen zwei Töchtern, die er wohl versorgt und gut verheiratet wünschte. Er sah es darum gerne, wenn selbe von reichen Junggesellen recht viele Besuche erhielten. Sehr gut gelaunt wurde er daher jedes Mal, so oft er in späten Abendsitzstunden, von St. Niklaus-Dorf aus, in seinem Hause auf dem Bort helles Licht bemerkte, weil er dann bei seinen Töchtern gewünschte Gesellschaft vermutete. War aber auf dem Bort alles finster, so kehrte auch der Richter, gewöhnlich in später Stunde, sehr mürrisch und verzagt heim. Um seine Töchter reicher und darum auch gesuchter zu machen, lebte er sehr knauserig und behandelte die Angeklagten sehr strenge, um etwas Ordentliches zu erwerben. — Eine sonst unbescholtene Weibsperson hatte einmal bei böser Witterung für ihre kleine Viehherde grosse Futternot. Ihre Bitten um Aushülfe wurden überall abgewiesen. In der Verzweiflung nahm sie darum einem Nachbarn eine Vorschos voll Heu, um ihr hungerndes Vieh vom Tode zu retten. Angeklagt vor unserm strengen Richter, wurde sie gleich zum Tode verurteilt, der dann als Blutlohn eine schöne Wiese an seinem Hause auf dem Bort erbte, was schon lange sein heisser Wunsch gewesen. Doch das strenge Urteil schien dem Richter im Jenseits schwer gelegen zu haben; — auf dem Bort ist es seither unheimlich geworden. Mitten in finsterer Nacht werden da noch Lichter gesehen, obschon kein Gebäude mehr dasteht. Ein schwarzer Widder kommt aus dem Tenierwald hervor und pflegt die Leute bis zum Wichelsteg zu begleiten.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Streuemann

Source: Der Streuemann

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Ein Bauer in Oberried hatte seine Hirtete in den Berg gezügelt. Da der Weg vom Dörfli zum Stall ein weiter war, musste er am Morgen in aller Herrgottsfrühe trappen, wenn er nicht eine unzeitige Hirtete und zwischen Morgen und Abend noch etwas im Greis haben wollte. Eines Morgens machte er sich zu gewohnter Stunde auf. Hinter den Häusern feldaufwärts standen die Nussbäume in reichem Behang. In vierzehn Tagen möchte das Nüssen nahe sein, an den Welschpolerbäumen liessen vereinzelte Nüsse schon jetzt den Dullech. Am Rieden, einem Mahd am Weg, stand wieder ein prächtiger Tschuppen Nussbäume, an denen Büschel mit drei und vier Früchten hingen. Ein Nussjahr, ein Bubenjahr! Wohl, wohl, das wird zu schütteln geben, und im rässen Winter etwas zum Plitschen auf dem warmen Ofen. Aber was ist denn das für ein Feger, der mit dem Grotzbesen unter den Bäumen hantiert und Streue aufmacht, wo doch sonst in der ganzen Herrschaft noch kein trockenes Blatt herunter ist? Wahrhaftig, da schabt einer grosse Haufen zusammen. Und wie! Nicht ein Blättlein hörte man rauschen. Ist das nicht sonderbar? Da es nun einmal Brauch ist, guten Tag zu sagen, rühmt der Bauer dem Streuemann von weitem nach, er sei denn wohl ein Früher! Kaum ist es aber gesagt, ist dieser nicht mehr da, und auch kein Streuehaufen und kein Grotzbesen mehr. Am Abend auf dem Heimwege sieht sich der Hirter am Orte noch einmal nach dem Streuemann um. Der ist nicht wieder da. Zuoberst im Wipfel des höchsten Nussbaumes aber steht ein himmelblaues Licht. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Strudel in der Birs

Source: Der Strudel in der Birs

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Bei Münchenstein wird an einer Stelle, die sich in der Nähe der Eisenbahnbrücke befindet, nicht gebadet. Die alten Leute erzählen, eine Eisenbahnschiene stehe dort aufrecht im Wasser. Ein Mann wollte sie ausreissen. Er tauchte unter, kam aber nicht mehr zum Vorschein. Alljährlich am Todestag dieses Mannes beginne das Wasser an dieser Stelle zu gurgeln. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Strudel in der Birs

Source: Der Strudel in der Birs

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In der Birs wird an einer Stelle die sich in der Nähe der Eisenbahnbrücke befindet, nicht gebadet Die alten Leute erzählen, eine Eisenbahnschiene stehe dort aufrecht im Wasser. Ein Mann wollte sie ausreissen. Er tauchte unter, kam aber nicht mehr zum Vorschein. Jedes Jahr beginne das Wasser am Unglückstag an dieser Stelle zu gurgeln. Münchenstein Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Strumpf auf der Achsel

Source: Der Strumpf auf der Achsel

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An einem Winterabend sassen die Angehörigen der Familie in der Stube und erzählten sich Geschichten. Der Grossvater sass hinter dem warmen Ofen und betete den Rosenkranz. Auf einmal hörten alle unter den Fenstern auf der Strasse ein abnormales Gebrumme. Weil es sie wunderte, gingen alle an die Fenster, um zu sehen, was da so spät daherkomme. Auch der Grossvater wollte mitsehen. Er bemerkte aber nicht, wie ihm ganz leise ein Strumpf auf die Achsel fiel, als er sich von seinem Sitz erhob. Die Strümpfe waren nämlich über dem Ofen aufgehängt und sollten dort trocknen. Alle in der Stube sahen draussen eine lange Prozession unter ihren Fenstern vorbeiziehen. Lange kannten sie keine der Prozessionsgänger. Doch gegen Ende des Zuges kamen ihnen einige bekanntlich vor; solche, die vor kurzer Zeit verstorben waren. Der letzte, ein Mann ohne Kopf, war aber nicht zu erkennen. Er trug einen Strumpf auf der Achsel und ging allein, während die übrigen alle zu Paaren gingen. Als die Prozession vorüber war und man sich umwandte, bemerkten alle, mit Ausnahme des Grossvaters, dass dieser einen Strumpf auf der Achsel hatte. Die Familie wusste sogleich, was das bedeutete. TÖRBEL Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Struppige

Source: Der Struppige

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Es war einmal vor vielen Jahren ein mächtiger Herr, der hatte einen einzigen Sohn. Als der Herr einmal in den Krieg ging, liess er den Kleinen in der Obhut der Mutter zurück. Eines Tages aber musste sie den Burschen ziehen lassen, denn er wollte in die Welt hinaus. Unterwegs begegnete dem Burschen ein Herr in grünem Frack, und der fragte ihn, wohin er gehe. «Etwas lernen», antwortete der Bursche. «Oh, dann will ich dich unterrichten», erwiderte der Grüne, «steig mir auf den Rücken!» Ohne viel zu überlegen, stieg der Bursche auf den Rücken des Fremden, und der flog mit ihm durch die Luft, bis zu einem Haus, schwarz und hässlich, nicht weit weg von einer Stadt. Dort setzte der Herr ihn ab und führte ihn in das alte Haus. «Dafür, dass ich dich unterrichte», sagte der Herr in Grün, «musst du das Pferd und den Bären, die ich habe, füttern!» Das wolle er schon machen, versprach der Bursche, und an diesem Abend war er gut gelaunt. Am andern Morgen weckte der Grüne ihn sehr früh und sagte, er solle ein Stück Fleisch in der Küche und ein Mass Hafer in der Scheune holen und dann den Hafer dem Bären und das Fleisch dem Pferd geben. Aber das wollte dem Burschen nicht in den Kopf. Deshalb gab er dem Pferd den Hafer und dem Bären das Fleisch. Darauf begann das Pferd zu sprechen und sagte: «Weil du mir den Hafer gegeben hast, kann ich wieder sprechen. Du musst wissen, wir sind Seelen, die hat der Böse in Tiere verwandelt, meinen Gefährten, den Bären, und mich. Du kannst dich und uns befreien, wenn du tust, was ich sage. Steck das Gläschen mit Salbe - es befindet sich oberhalb der Stalltür - in die Tasche, nimm den Besen, die Bürste und den Striegel unter den Arm, und dann schwinge dich auf mich!» Das machte der Bursche, und das Pferd ritt mit ihm im vollen Galopp über eine Ebene, und der Bär sprang hinterher. Sie waren noch nicht lange unterwegs, da hörten sie die Pfiffe des Herrn in Grün, der ihnen nachrannte. «Wirf die Bürste auf den Boden!» sagte das Pferd zum Burschen, und der schmiss die Bürste hinunter. In dem Augenblick wuchs hinter ihnen so ein grosser und dichter Wald, dass der Böse lange brauchte, bis er sich hindurchzwängen konnte. Aber nach einigen Stunden hörten sie, dass er ganz nah bei ihnen war. Jetzt befahl das Pferd, den Striegel zu Boden zu werfen. Diesmal wuchs ein noch dichterer Wald, so dass der Böse Stunden brauchte, bis er hindurchkam. Aber plötzlich war er ihnen wieder auf den Fersen. «Schmeiss den Besen hinunter!» schrie das Pferd, als es die Schritte des Teufels hörte. Diesmal tat sich vor dem Grünen ein so steiniges und wüstes Tal auf, dass der Böse von alleine umkehrte. Darauf befahl das Pferd dem Burschen, er solle mit ihnen beiden in den Wald, dort müsse er den Bären töten, ihm das Fell abziehen und den Rest vergraben. Der Bursche machte alles auf Befehl des Pferdes und ritt weiter. Bevor sie in die nächste Stadt kamen, befahl das Pferd dem Burschen, die Haare mit der Salbe, die er in der Tasche hatte, einzureiben. Da verwandelte sich die Mähne des Burschen sogleich in das schönste Goldhaar, das man sich vorstellen kann. «Jetzt zieh dir das Bärenfell über», sagte das Pferd, als es die schönen Haare sah «und nimm es nicht ohne meinen Befehl weg, dann wird es dir gut gehen!» In der Stadt stellte der Bursche sein Pferd in einen Stall und ging auf seinen Befehl zum König und fragte, ob sie ihn nicht als Hühnerhirten brauchen könnten. Da der Hühnerhirt davongelaufen war und sie keinen andern fanden, nahmen sie den Burschen. Da er aber immer mit seinem Fell bedeckt war, nannten sie ihn den Struppigen. Bald merkten sie im Schloss des Königs, was für einen ausgezeichneten Hühnerhirten sie angestellt hatten. Die Hennen legten hundertmal mehr Eier als vorher. «Nun musst du fragen, ob du königlicher Gärtner werden könnest», befahl ihm das Pferd nach einer Weile. Gesagt - getan, der Hühnerhirt bewarb sich als Gärtner, und dank seines Erfolges mit den Hühnern erhielt er diese Arbeit. Auch die Gärten des Königs gediehen prächtig, als der Struppige anfing, darin zu arbeiten. Als der Bursche wieder zum Pferd ging, befahl es ihm, an einem Tag eine Schar Schweine in den königlichen Garten zu jagen und dann, während er sie wieder hinausjage, solche Verrenkungen zu machen, dass das Bärenfell herunterrutsche. Er solle es aber schnell aufheben und sich wieder darin verhüllen. Das bekämen die drei Töchter des Königs zu sehen, und eine von ihnen werde ihn zum Mann nehmen. Das machte der Bursche so. Als er hinter den Schweinen her rennt, wirft er das Bärenfell ab, und aus dem Struppigen wird der schönste Jüngling mit goldenem Haar. An diesem Tag erhält jede Königstochter von ihrem Vater einen goldenen Apfel, und den sollen sie dem Edelmann geben, welchen sie sich als Bräutigam wünschen. Als sie aus dem Zimmer des Königs gehen, hören sie den Lärm im Garten, und die Jüngste, die am schnellsten zum Fenster rennt, kann gerade noch den Struppigen in seiner ganzen Schönheit sehen. Bis die andern kommen, hat er sich schon wieder sein Bärenfell übergeworfen. Am andern Tag gingen alle Prinzen, Barone, Grafen und Ritter in die Stube des Königs hinauf; sie wollten sehen, wem die Prinzessinnen die Äpfel gäben. Auch der Struppige drängte sich auf Befehl des Pferdes hinein. Die jüngste Prinzessin war so verliebt seit dem Tag, als sie den jungen Mann ohne das Bärenfell gesehen hatte, dass sie ihren Apfel dem Struppigen gab. Aber der König und die beiden älteren Schwestern wurden darüber fuchsteufelswild, und sie jagten die Prinzessin in die Stube des Gärtners hinunter, sie solle dort mit ihrem Bräutigam bleiben. Nach einigen Tagen lud der König seine Schwiegersöhne ein, in seinem Wald zu jagen. Auch der Struppige ging auf Befehl des Pferdes mit den andern beiden auf die Jagd. Aber der König gab ihm das schlechteste Pferd, das er im Stall hatte, und die andern wollten überhaupt nicht mit ihm gehen. Der Struppige tat dann so, als sei ihm alles gleichgültig, und anstatt den andern zu folgen, ging er in den Stall zu seinem Pferd. Das befahl ihm, sein Bärenfell abzuwerfen und gab ihm die schönsten Prinzenkleider. Dann sagte das Pferd dem Burschen, er müsse aufsitzen, und sie galoppierten in den Wald. Mit geringer Mühe erlegte der Struppige mehrere Wildtiere und ging sogleich zu seinen Schwägern. Die hatten noch kein einziges Stück erlegt und schämten sich deshalb furchtbar, nach Hause zu gehen. Da baten sie den Struppigen, den sie nicht erkannt hatten, ihnen einen Teil seines Wildes abzutreten. «Ich will euch alles geben, was ich geschossen habe», sagte der junge Mann, «wenn ihr mir die Äpfel gebt, die ihr von euren Frauen bekommen habt!» Lange sträubten sich die Prinzen dagegen. Aber endlich, als sie merkten, dass sie sonst mit leeren Händen nach Hause gehen müssten, gaben sie ihre goldenen Äpfel her. Erst spät am Abend, im Dunkeln, ging der Struppige in die Stadt zurück, nahm den hinkenden Gaul aus dem Stall und stellte sein Pferd hinein. Die Prinzenkleider zog er aus und hüllte sich wieder in das Bärenfell, und so ging er nach Hause. Seine Frau hatte grossen Kummer, als sie sah, dass ihre Schwäger mit grosser Beute heimkamen, während ihr Mann mit nichts dastand. Auf die zweite Jagd, wozu der König seine Schwiegersöhne einlud, ging der Struppige ebenfalls, trotz der Bitte seiner Frau, die sich nicht wieder vor der ganzen Stadt schämen wollte. Auch diesmal gab das Pferd ihm die Prinzenkleider. Und als er in den Wald ritt, hätte niemand gedacht, dass er der Struppige sei. Mit Hilfe des Pferdes erlegte er bald eine schöne Menge Wild. Gegen Abend kamen seine beiden Schwäger wieder bei ihm vorbei. Sie hielten ihn für einen fremden Ritter und baten ihn, ihnen einige Stücke Wild zu geben, da sie nichts geschossen hätten. «Nur unter einer Bedingung gebe ich euch diesmal mein Wild, sonst nicht!» erwiderte der Struppige, «wenn ihr die Hosen herunterlässt und mein Pferd jedem einen Tritt in den Arsch geben kann!» Da sie nicht mit leeren Händen nach Hause zurück wollten, machten die Ritter, was der Struppige forderte. Und das Pferd, welches dem Struppigen befohlen hatte, er solle dies von seinen Schwägern verlangen, trat jedem eins in den Arsch, so dass der Abdruck des Hufeisens für immer zu sehen war. In der Stadt wechselte der Struppige wieder Pferd und Kleidung und kam spät am Abend mit seinem hinkenden Gaul nach Hause. Bald darauf brach ein Krieg aus, und der König ging mit seinen Prinzen-Schwiegersöhnen zu den Soldaten. Den Gärtner rief er nicht zu den Waffen. Als der Struppige eines Tages zu seinem Pferd kam, befahl es ihm wieder, die Prinzenkleider anzuziehen und sagte: «Heute gibt es eine Schlacht zwischen dem König und seinen Feinden, und die Unsrigen werden verlieren. Setz dich jetzt auf mich, und mit meiner Hilfe wirst du die Feinde schlagen, aber sobald sie die Flucht ergriffen haben, reiten wir wieder nach Hause.» Der Struppige setzte sich auf sein Pferd, nahm sein Schwert, welches für ihn parat war, und im Hui war er mitten in der Schlacht. Der König wurde mit seinen Truppen vom Feind geschlagen und schien die Schlacht zu verlieren. Mit der Ankunft des Struppigen gab es eine Wende. Der ritt mitten in die Feinde hinein und machte mit seinem schrecklichen Schwert eine Masse feindlicher Soldaten nieder. Als er aber den König siegen sah, gab er seinem Pferd die Sporen, und mit einem Satz setzte es sich über die Soldaten hinweg. Und Pferd und Reiter verschwanden. Nach der Schlacht liess der König den tapferen Ritter in allen Zelten suchen, aber der war nirgends zu finden. Aber bald darauf kehrte der Feind in grösserer Zahl zurück, und es gab eine zweite Schlacht. Wieder trug das Pferd den Struppigen aus der Stadt in die Schlacht, und auch diesmal entschied er den Sieg für den König, der König konnte sich ihm nähern und versetzte ihm, weil er ihn zurückhalten wollte, mit dem Schwert einen Hieb auf seinen Arm. Aber sobald der König noch näher heranrückte, machte das Pferd eine Drehung. Und Pferd und Reiter verschwanden. Nach der Rückkehr gab der König ein prächtiges Festessen und lud alle Prinzen und Edelleute dazu ein. Auch der Struppige ging auf Befehl des Pferdes hin, und dann befahl der König jedem, sein Leben zu erzählen. Als der Struppige an der Reihe war, erzählte er alle seine Taten, und er zeigte auch den Gästen die Äpfel, die er von den beiden Prinzen erhalten hatte. Auf Befehl des Königs mussten diese ihren Hufeisenabdruck zeigen. Als der Struppige von seiner Hilfe während den letzten Schlachten erzählte, da warf er endlich das Bärenfell ab, und vor den Prinzen stand er da, wie ein König. Darauf ernannte ihn sein Schwiegervater zum König, und die beiden älteren Schwestern bereuten es, nicht den Struppigen geheiratet zu haben.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Stubetiknabe als Esel

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Am Murgerberg wohnten zwei Mädchen, welche im Rufe der Hexerei standen. Dessenungeachtet wurden sie von einem jungen Burschen öfters besucht, welcher ihnen aber niemals willkommen kam. Sie trieben auch immer nur ihr loses Spiel mit ihm und hielten ihn zum besten. Einst, als sie zum Fenster hinausschauend ihn wieder kommen sahen, sprach die eine unwillig: „Wenn nur der lästige, dumme Junge sogleich zu einem Esel würde!" Und richtig, der böse Wunsch war pünktlich in Erfüllung gegangen und der treue Liebhaber in einen grauen Langohr verwandelt. Wie leicht zu begreifen ist, erschrak dieser entsetzlich ob seinem Missgeschick und wusste nun kaum, was er beginnen solle. In dieser Gestalt mochte er nicht in sein Vaterhaus zurückkehren. Er entschloss sich endlich, zur Mühle an den See hinabzutraben und dort sein weiteres Schicksal zu gewärtigen. Hier fand ihn der Müller und stellte ihn ein, weil ihn sonst niemand haben wollte. Der verwünschte Junge tat dann als Mühlesel geduldig und redlich seine Pflicht; nur ging er oftmals zur Nachtzeit heimlich aus dem Stalle oder ab der Weid zum Hause der Schwarzkünstlerinnen an den Berg hinauf in der Hoffnung, von denselben endlich doch noch aus seinem traurigen Zustande erlöst zu werden. Da hörte er die eine einmal sagen: „Unseres frühern Liebhabers muss man sich doch fast erbarmen. Der arme Narr könnte sich selbst helfen, wenn er es recht anzugehen wüsste; er müsste ja nur am Fronleichnamsfeste nach dem Gottesdienste von dem frischen Laube der Zierbäume fressen, welche in der Kirche aufgestellt sind." Als der verwünschte Bursche dies gehört hatte, sprang er in freudigem Galopp zur Mühle zurück und besorgte da unterdessen wieder seinen Dienst. Am besagten Festtage machte er, dass er nach dem Gottesdienste trotz allem Abwehren von herumstehenden Kirchgängern in die Kirche kam, wo er dann auch nach dem Genusse des Laubes sogleich wieder die menschliche Gestalt erhielt. Da diesen letztern Vorgang gerade niemand beobachtet hatte, so hielt er seine Erlebnisse wohlweislich geheim bis kurz vor seinem Ableben; den Seinen hatte er bei seiner Zurückkunft angegeben, er sei in der Fremde gewesen. J. Natsch Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 369, S. 207f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der stumme Grabstein

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Auf dem Friedhof zu Buus stand während vielen Jahren ein Grabstein ohne Namen und Inschrift. Die Glastafel, welche über die dort begrabene Frau Auskunft gab, hatte nach dem Aufstellen des Steines zerbrochen auf dem Grabhügel gelegen. Sie wurde durch die Angehörigen ersetzt, lag aber bald nachher zertrümmert am Boden. Und so ein drittes Mal. Es wird erzählt, die Glastafeln seien von unsichtbaren Händen — einmal in Anwesenheit der Sohnsfrau der Verstorbenen — zerbrochen worden, da die Inschrift «Christus ist mein Leben», die sie trugen, so gar nicht mit dem Charakter und dem Leben der Verstorbenen übereinstimmte. Buus Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Sturz vom Kirchturm

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Es ist schon lange her, da schlug eines Sommers der Blitz in den Kirchturm von Rechthalten. Der Güggel wurde seines hohen Postens enthoben, machte einen Sturzflug und landete in des Herrn Pfarrers Hühnergarten, mitten unter dem gemeinen Hühnervolk. Deposuit potentes de sede. Das war kein grosses Unglück. Aber mit der Zeit begann man doch den Hahn zu vermissen, denn er ist so eine Art Wetterprophet. Man wusste jetzt nicht mehr, ob Luft oder Bise im Kehr sei, ob man schönes oder schlechtes Wetter zu erwarten habe. Die Bürgerschaft verlangte darum, er solle wieder an seinen Platz gestellt werden. Doch niemand getraute sich auf die Spitze des Turmes zu klettern und den Gestürzten in Amt und Ehren zu setzen. Endlich meldete sich ein junger Zimmermeister. Sein Anerbieten wurde freudig angenommen und ihm ein schöner Taglohn versprochen. Der verabredete Tag kam. Das ganze Volk strömte auf den Dorfplatz, um dem kühnen Wagnis beizuwohnen. Erst wurden Leitern herbeigeschafft. Dann erschien der Zimmermann, hemdärmelig, einen breiten Gürtel um die Lenden und den neuvergoldeten Güggel auf den Rücken geschnallt. Ruhig stieg er die erste Leiter empor und gelangte auf den Rand des Kirchendaches. Eine zweite Leiter wurde angesetzt. Sie führte ihn auf den First der Kirche. Hier legte er die dritte an. Sie reichte bis an den Helm des Turmes. Die Spannung der Zuschauer wuchs mit jeder Sprosse, die er erklomm. Hilfsbereite, junge Leute stiegen mit einer vierten Leiter auf das Kirchendach und reichten sie dem verwegenen Zimmermeister hinauf. Der empfing sie, stellte sie mit kräftigen Armen an den Schindelpanzer des Turmes und befestigte sie. Jetzt stieg er Schritt um Schritt hinauf und gelangte bis an die Blechverkleidung des Turmes. Den Rest des Weges musste er kletternd zurücklegen. Das war ein kitzliges Unterfangen. Frauen und Mädchen durften nicht mehr zuschauen und eilten in die Kirche, um für das gute Gelingen der Sache zu beten. Der Zimmermann aber umfasste den Turm mit seinen sehnigen Armen und Ruck um Ruck kletterte er hinauf bis an den Helmknopf. Den zu überqueren war das schwierigste Stück der Arbeit. Man sah jetzt, wie der Meister die rechte Hand freimachte, sie über den Knopf streckte und ums Kreuz klammerte. Dann folgte in gleicher Weise auch die linke. Jetzt spannte und reckte er sich wie ein Wurm. Einen Augenblick lang hingen beide Beine in freier Luft, dann zog er die Knie bis unter das Kinn - ein Ruck - und der Helmknopf war bezwungen. Nun richtete er sich am Kreuze empor. Welch schöner Anblick das war, fast symbolisch zu nennen. Noch einen kräftigen Schwung, und er kniete auf den Armen des Kreuzes. „Juhu-u-u“, tönte es jetzt von der Höhe übers Dorf hinaus. „Juhu-u-u“, antwortete vielhundertstimmig das Volk und schwenkte Hüte und Taschentücher. Der kühne Kletterer band sich am Gürtel fest, dass er mit beiden Händen frei arbeiten könne. Dann schnallte er den Hahn los, steckte ihn sorgfältig auf die Spitze des Kreuzes und drehte ihn ein paarmal rundum. Das Werk war getan. Aus der Tiefe brauste der Jubel des Volkes herauf.  Nun begann der Abstieg. Der schwerste Teil war wieder das überqueren der Helmkugel. Abermals baumelten die Beine im leeren Raum, dann kreuzten sie sich unter dem Knopfe fest um den Turm. Eine Hand löste sich vorsichtig vom Kreuze und suchte tastend unter der Kugel einen Halt. Zögernd löste sich auch die andere - aber sie fand nicht gleich den gewünschten Griff. Der Körper verlor das Gleichgewicht und glitt in die unheimliche Tiefe. Von unten gellte ein Schreckensschrei. Auf dem breiten Turmhelm schlug der Unglückliche auf, rollte von da auf das Schindeldach der Kirche hinunter, schlittelte bis zum Rand des Daches und plumpste auf den Friedhof hinunter, just auf einen neugeschaufelten Grabeshügel. Man eilte hinzu, den Zerschmetterten aufzuheben. Aber wie staunten jetzt alle. Der Totgeglaubte stand selber auf, schüttelte sich und sprach: „I ha de süsch dum Wäg na welle - u nit gredi aha.“ Man staunte und staunte und konnte es nicht glauben, er war vom Sturze wirklich heil davongekommen. Bloss einige Schürfungen trug er als Andenken davon. Man zahlte ihm den versprochenen Lohn, und manch einer drückte ihm aus Freude noch freiwillig einen Batzen in die Hand. Wie es so zu gehen pflegt, hatte das Ereignis noch ein Nachspiel. Statt in die Kirche zu treten und auf den Knien dem Herrgott für die wunderbare Rettung zu danken, begab sich der Zimmermann ins Wirtshaus, um beim Weine sich vom Schreck zu erholen. Er musste immer und immer wieder erzählen, wie alles gekommen sei. Der eine wollte wissen, wie viele Dörfer und Städte man von der Turmspitze aus sehe, der andere fragte nach den Bergen und der dritte nach den Seen. Der eine rühmte des Meisters Courage, der andere seine Kraft, und der dritte sagte, är müessi doch a zeeja Chätzer sy. So ging es stundenlang recht fröhlich zu. Der Gefeierte nahm nach und nach den empfangenen Lohn und die geschenkten Batzen aus der Tasche und liess dafür Wein auftragen. „Man wird schliesslich nicht alle Tage so gerühmt und verherrlicht“, dachte er. Neue Gäste kamen und wollten sein Erlebnis hören. Aber er erzählte es jedes Mal anders. Anfänglich sagte er, von der Turmspitze aus gesehen, seien die Menschen auf der Erde drunten nur so gross wie Katzen. Später sahen sie nur mehr wie Mäuse und endlich noch wie Mücken aus. Von der Höhe aus wollte er auch die Städte Freiburg und Bern erblickt haben. Nach und nach fügte er zu diesen noch Luzern, Zürich und Basel hinzu.  Im Eifer des Grosstuns ging er soweit, dass er behauptete, er sei eigentlich gar nicht abgestürzt, sondern mit Absicht hinuntergesprungen. Er habe wohl gewusst, dass das Schindeldach wie eine Federmatratze den Streich aufhalte und er habe die Mädchen einmal so „juscht welle mache z’gigge“. Als einige der Anwesenden ihm frei heraus sagten, das sei erstunken und erlogen, da schlug er wütend mit der Faust auf den Tisch, dass Gläser und Humpen tanzten und rief: „Der Tüful soll mi grad näh, wenn es nit a so ischt.“ Das hätte er nicht sagen sollen, denn der Teufel kommt, wenn man ihm ruft. Spät in der Nacht wankte der Zimmermeister nach Hause. Das Bett konnte er nicht mehr finden. Er legte sich darum auf den Ofen und duselte ein. Im Schlafe aber fiel er wehrlos wie ein Sack voll Hudeln kopfüber auf den Boden hinunter, brach das Genick und war tot. Noch heute geht die Redensart: Wer in Gottes Hand ist, kann vom Kirchturm stürzen, es macht ihm nichts. Wer aber in des Teufels Gewalt ist, braucht nur von der Ofenplatte zu trohlen, und er ist mausetot.    Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch  


by Der Sturz von der Wannenfluh

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Vor vielen hundert Jahren, als die Emme noch wahl- und planlos im Schachengebiet hauste, führte eine Strasse von Ramsei etwa auf halber Höhe über die Wannenfluh nach Ranflüh. Einst fuhr ein vornehmes Hochzeitspaar des Weges. Voran ritt ein Herold. Da löste sich ein Stein von der Huh und zerschmetterte Kutsche und Gespann. Das scheue Ross des Herolds bäumte sich, stürzte samt dem Reiter in den Abgrund und verschwand in den Fluten der schäumenden Emme. Seither ist der Wannenfluhweg verflucht und wird nicht mehr begangen. Emmentaler Sagen, Hermann Wahlen, 1962 Gute Schriften Bern Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Suchelis am Kirschbaum

Source: Der Suchelis am Kirschbaum

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Auf der Pfaffenhalde bei Bonischwil am Hallwiler-See stand bis in die letzte Zeit ein Kirschbaum von hohem Alter. So oft man bei ihm Nachts vorübergieng, sah man einen Mann dahinter, der gegen Jeden die Hand vorreichte. Achtete man sein nicht, so sprang er rasch hervor, lief der nächsten Hecke nach und verschwand. Sah man sich aber nach ihm um, so blieb einem der Hals verdreht. Auch als Dorn hieng er sich einem Weibe in die Jüppe und als sie ihn aus dem Kleide riss, musste sie's mit einem geschwollenen Kopfe büssen. Seit man den Baum umgehauen, ist auch jene Stelle frei; allein eben so lange schon sitzt im Keller des nächstgelegenen Hauses nun ein schwarzer Hund auf einer Kiste und heisst wie der längstverstorbene Ahnherr jenes Hauses, Suchelis. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 80 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Sunntigsfrävler z’Brätzbel

Source: Der Sunntigsfrävler z’Brätzbel

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Mer hei öppis Ungrads gha. D Mueter schickt mi am e Sunntig z’mittag ufs Asp use go Choschtets ( Thymian) sueche. Uf eimol gköre-n-i öppe 100 Meter oben an mer, z’unterscht in de Brangfohre, haue, wie wenn me Holz abmacht. Z’erscht ha-n-i gmeint , i heig mi tüscht, es würde Buebe sy, wo mit Stäcke an e Stamm schleue; ha aber dernoh ganz dütlig gkört, wie’s macht, wenn si-e-n-Achs bim Haue im Chlaffe-n-ychlemmt. «Du wit doch wüsse, wär das isch,» ha-n-i dänkt und laufe dergege-n-yne. Jetz het das Haue-n-ufghört, fot aber e Stück wyter obe wieder a. E so isch’s wyter gange, bis uf e Brangchopf ufe, ohni ass i dä Frävler emol in d’Auge-n-übercho hät. Undereinisch fot der Wind afo rusche und chute, es isch mer gsi, es wärd dunkler; i springe durab und gseh, wie’s chohleschwarz chunnt hindevüre. Es het afe grossi Tröpf ge; i springe was i vermag, aber jetz fot’s afo schütte, wie wenn me Chübel an Chübel usleerti; ’s Wasser lauft mer enandernoh in d’Schueh abe und abküehlt het’s mi, ass i gmeint ha, i chöm der Ote nimme-n-über. Wo-n-i hei cho bi, het’s gheisse, das syg halt der Sunntigsfrävler gsi; dä heig me früecher mängisch gkört. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Surberger hat recht

Source: Der Surberger hat recht

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In mitternächtlichen Stunden will man eine schauerliche Stimme in den finstern Kellergewölben rufen hören: "Der Surberger hat recht; der Surberger hat recht!"  Die Sage berichtet dazu, daß ein gewisser Surberger von Stauden bei Grabs unschuldig im Schlosse gefangen lag und hingerichtet wurde. Der eigentliche Schuldige, der straflos davonkam, soll nach seinem Tode keine Ruhe gefunden haben, sondern als irrer Geist ruhe- und rastlos wandern müssen und je und je sogar in den engen, von schwarzer Nacht erfüllten Burgverliessen erscheinen und dort mit unheimlicher Stimme in der eben beschriebenen Weise die Unschuld Surbergers bestätigen. (Tagblatt der Stadt St. Gallen) U. Zogg Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 97, S. 48 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der tabakrauchende Hausgeist in Lengnau

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Zu einem großen Bauernhause zu Lengnau wohnten mehrere Familien gemeinschaftlich zusammen, die in sehr üblen Ruf standen. Besonders der Meister der einen Sippschaft war im Dorfe gemieden und gefürchtet. Obschon seine mancherlei Diebstähle nicht erwiesen werden konnten, nagten sie doch, je älter er wurde, an seinem sonst so verhärteten Gewissen, und am Ende fand man ihn erhängt. Selbstmörder aber werden zu Gespenstern. Bald schleppte er daher seine Ketten rasselnd im Hause herum, legte sich als Sack quer vor Stiegen und Türen, daß man über ihn wegspringen mußte, und machte sich allen lästig. Schließlich ließ man einen Kapuziner gegen diese Hausplage kommen. Er bannte den Geist in eine Kiste, beschlug sie tüchtig mit Nägeln und brachte sie unter die Dachfirst hinauf, in den dunkelsten Winkel. Dies half, allein nicht auf die Dauer. Sobald im Frühjahr die Leute wieder aufs Feld hinaus gingen und die kleinen Kinder daheim sich selbst überlassen mußten, durchmusterten diese das Haus bis unter das Dach und zogen da auch die vernagelte Kiste hervor. Weil sie ihnen zu schwer war, um sie bis aus Licht vorzutragen, schoben sie dieselbe durch die Dachlücke hinaus und ließen sie so in den Hof hinabstürzen, drunten platzte sie und der Geist war wieder los. Obschon die Knaben höchlich verwundert waren, in der Kiste gar nichts vorzufinden, räumten sie die Bretter doch aus dem Weg und schwiegen darüber, als Abends die Ältern vom Acker heimkamen. Die Abendsuppe wurde gekocht, man setzte sich zu Tisch, doch sogleich trat auch der verstorbene Meister zur Türe herein, mit den Ketten klirrend, die er um Leib und Beine gewunden hatte, nahm seinen alten Platz hinter dem Tisch ein, stopfte seine Tabakspfeife und rauchte ruhig drauf los. Nach einer Weile ging er wieder zur Stube hinaus, ohne sich für diese Nacht weiter hören zu lassen. Allein schon am Morgen darauf lagen die Kinder krank, schwollen auf und starben rasch. Dies ging den Ältern so zu Herzen, daß sie das Haus verkauften und aus dem Dorfe fort nach Spreitenbach zogen. Andere mieteten sich nach ihnen ein, fanden aber ebenfalls keine Ruhe und verließen das Haus wieder. Jetzt steht es unbewohnt. (A. Schmid von Zurzach.) Quelle: E. L. Rochholz, Naturmythen. Neue Schweizer Sagen, Leipzig  1862. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch    


by Der Tag von Giornico

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Nach dem Tode des Herzogs Galeazzo Sforza von Mailand im Jahre 1478 gab es zwischen dem Lande Uri und den Herrschern von Mailand allerlei Streitigkeiten, also daß zuletzt der Landammann von Uri und seine Räte dem Herzog und seiner Gemahlin den Krieg erklärten. Sie mahnten die Miteidgenossen zur Heerfolge auf, und bald stiegen denn auch zehntausend Eidgenossen über das tiefverschneite Gotthardgebirge ins Livinental in den heutigen Kanton Tessin hinunter, wobei sechzig Zürcher von einer Lauine überrascht und in der Tiefe zerschmettert wurden. Ihnen zuvor waren aber Boten aus den Städten Bern, Solothurn und Freiburg in der kleinen, welschen Stadt Bellenz [Bellinzona] eingetroffen, die mit den Abgesandten des mailändischen Herzogs Friedensunterhandlungen pflogen. Als aber der Landammann von Uri mit dem Landespanner und den Hilfstruppen aus Schwyz, Luzern und Zürich vor den Mauern von Bellenz anlangte, säumte er nicht lange und begann, trotzdem er die eidgenössischen Boten der Mitstände im Städtchen wußte, sogleich den Sturmangriff. Bald war die erste Ringmauer erstiegen und in die zweite Bresche geschossen. Da wurde es aber den Boten von Bern, Solothurn und Freiburg heiß und kalt im Städtchen, das von den Mailändern wohlbesetzt war. Der ungeahnte Angriff ihrer Miteidgenossen brachte sie in eine böse Lage. Sie mußten die Friedensverhandlungen abbrechen und mußten froh sein, daß sie ungeschoren aus den Mauern des bestürmten Städtleins herauskamen. Aber im Lager der Eidgenossen empfing man sie nicht überall freundlich. Bald kam es zu Zank und Uneinigkeit, und so geschah es, daß das eidgenössische Heer nach ein paar Tagen völlig uneinig und mißgestimmt auseinanderging und über den Gotthard heimwärts zog. Nur ein geringer Haufe Urner, Luzerner, Zürcher, Schwyzer, Glarner und St. Galler blieb im Livinental zurück. Es waren ihrer kaum mehr als zweihundert Krieger, aber freilich eine Auslese der stärksten und kriegstüchtigsten Männer. Sie sollten bei Giornico, am Eingang des Livinentales, stehen und das Land gegen die Mailänder nach Möglichkeit beschirmen. Ihr Anführer war der junge Luzerner Hauptmann Frischhans Theiling. Als nun Graf Borello, der sich mit seinem lombardischen Heer vor den Eidgenossen respektvoll hinter das Städtchen Lauis zurückgezogen hatte, erfuhr, daß die Schweizer bis auf ein geringes Häuflein abgezogen seien, rückte er eilig mit seinem Heer von fünfzehntausend Streitern zu Roß und zu Fuß wieder nach Bellenz vor. Er wollte die Talwache der Eidgenossen, die bei Giornico stand, angreifen und vernichten. Sobald den Eidgenossen hievon Kunde kam, rüsteten sie sich auf Widerstand. Zu ihnen zog unter Anführung des Urner Landeshauptmanns Troger und des Tessiner Hauptmanns Stanga der Tessiner Landsturm. Sie waren nun zusammen nicht mehr als sechshundert Mann, aber alle brennend vor Kampflust. Während nun die Lombarden in vollem Anzüge von Bellenz her waren, stauten die Eidgenossen auf den Rat des tapferen Tessiner Hauptmanns Stanga in der Nacht des 27. Christmonats den großen Tessinfluß, also daß er überlief, wobei in der grimmigen Kälte die Ufer und die Talstraßen von einem schwer gangbaren Glatteis überzogen wurden. Als nun der Morgen kam, rückte das gewaltige Heer der Lombarden, das den Eidgenossen zwanzigfach überlegen war, gegen die steilen Anhöhen hinauf, auf deren Gipfel die Schweizer standen. Aber es kam nur langsam vorwärts, da Reiter und Fußvolk auf dem vereisten Boden einen schweren Stand hatten. Jetzt wälzten die Eidgenossen Haufen von Steinen in den nahenden Feind, und in die entstehende Verwirrung im mailändischen Heer dröhnte mit einem Male der Schlachtruf der Schweizer, die nun, da sie Fußeisen trugen, wie das Donnerwetter in das feindliche Heer hineinfuhren und es mit ihren Hellebarden und doppelschneidigen Schwertern also auseinanderzuhauen anfingen, als wollten sie einen Blutbach vor sich her anschwellen. Es war ein grauses Schlachten. Doch die Lombarden hatten bald genug. Das Entsetzen vor den rasenden Eidgenossen packte sie, und so schnell sie vermochten, machten sie sich talabwärts davon. Eine gewaltige Anzahl aber ward erschlagen. Die aber davonkamen, erzählten in Mailand mit Grausen von der kleinen Heldenschar, die ihrem großen, stolzen Heer eine so schreckliche Niederlage bereitet hatte. Während des Kampfes war der mutige Anführer der Tessiner, Richter Stanga, schwer verwundet mitten aus der tobenden Schlacht nach Hause getragen worden. Wie nun die siegreichen Eidgenossen vom Schlachtfelde weg jauchzend das Tal heraufzogen, raffte sich der tödlich verwundete Stanga trotz seiner Schmerzen auf und tastete sich an seinem Schwert ins Freie, um zu sehen, wer da so jubele und was die Schlacht für einen Ausgang genommen habe. Als er nun vors Haus kam, eilten ihm seine Tessiner Landsleute und die übrigen Eidgenossen entgegen und brachen in ein tolles Jauchzen aus. Jetzt wußte er genug. Er legte die Hand aufs Herz, lächelte freudvoll und sank tot in die Arme seiner Freunde. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der TaI-Geist von Schanvigg

Source: Der TaI-Geist von Schanvigg

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Sobald die Feierabendglocke ertönt und die Herden des stillen Alpentales von der Weide heimgekehrt sind, beginnt der Talgeist seine Wanderung. - Aus dem Scalära-Tobel, dem Aufenthalte so manchen Geistes, tritt er hervor, steigt über den Hochwang, und kommt durch die »Heuberge« nach Maladers herab, geht dann eilends nach Cavraisen und Castiel. Dort erst fängt er recht an, zu spucken und die Leute in den Häusern zu erschrecken. Bis hieher hat er Menschengestalt beibehalten, als riesiger Mann in schwarzem Frack und Dreispitz, und nun verwandelt er sich in einen langhaarigen Pudel, der nur ein Auge hat, und zwar ein grosses, feuriges, viereckiges in der Mitte des Kopfes. Als »Pudel« läuft er weiters, nach St. Peter, wo er sein Hauptgeschäft abzumachen hat. Dort steigt er hinauf in's alte Rathaus, nimmt alle Schriften und Briefe, Vollmachten und Protokolle aus Kisten und Schränken heraus. Mit mächtiger Tatze wirft er die Urkunden durcheinander, wie wenn er ein wichtiges Dokument suchte und heult dabei, als stünde er auf glühender Pflugsschaar; Funken sprühen aus seinem Auge, sein Pelz leuchtet in seltsamem Feuerglanze. Endlich legt er, wehmüthig singend, die Schriften alle wieder an Ort und Stelle und macht sich traurig davon. - Nun steigt er hinunter nach Molinis, hat aber schon wieder seine Gestalt verändert, indem er dort als feuriger Mann erscheint; mit jedem Tritte speit er Feuerflammen. So eilt er zum Entsetzen der Dorfbewohner mitten durch's Dorf, über die Plessur, steigt nach Tschiertschen hinauf, geht dann nach Praden, und endlich Cur zu, um von dort aus wieder in's Scalära- Tobel zurück zu kehren. Diese Reise macht er monatlich einmal, aber an unbestimmten Abenden und Nächten. - Über seine Streiche weiss man in Schanvigg Vieles zu erzählen. Oft soll er sogar ein lustiger Geselle sein, der die grösste Freude daran hat, die Sterblichen zu plagen; meistens aber ist er böse gesinnt, sonderlich in der Gestalt des Pudels. Es sagte ein junger Bursche öfters: »Wenn ich nur den »Tal-Bülli« (diesen wandernden Geist) einmal zu sehen bekäme.« Eines Abends spät sollte ihm dazu Gelegenheit werden. Er ging nämlich von Molinis nach St. Peter »z\\\'hengert«. Beim »Gügel«, oberhalb Molinis, kam plötzlich der feurige Mann auf ihn zu und stellte sich gerade vor den erschrockenen Helden hin. Feuerflammen entströmten dem Ungeheuer, Blitze schossen aus dessen Augen. - Bis gegen Morgen blieben diese Beiden einander unbeweglich gegenüber, - der Moliniser konnte nicht und der Geist wollte nicht weichen. - Doch endlich ertönte die Morgenglocke, und der Geist verschwand lachend: »Häsch' jetz a mol de Tal-Brülli gsäha!« Dieser Talwaldbrülli war bei Lebzeiten Landammann gewesen, der Ur­kunden gefälscht und sonstige Betruge verübt hatte. In St. Peter besonders hat er mächtig zu tun, sucht aber immer doch vergebens ein wichtiges Dokument, untersucht viele Marchen in den Gütern von Maladers, Cavraisen, Castiel, Molinis, Tschiertschen und Praden. - Er soll sonst ein gebürtiger adelicher Curer, A.S., gewesen sein, der in Vorder-Schanvigg sesshaft, dort Landammann geworden. Immer wieder muss er in die Stätte der Curer-Geister, in das Scalära- Tobel, zurückkehren. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Täli-Giger

Source: Der Täli-Giger

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In der Tschiertscher-Alpe Farur liegt ein kleines Tal, das Täli genannt. Dort haben schon gar Viele geigen gehört, und zwar so schön, dass Jeder, der das hörte, hin musste, wo die Musik her zu kommen schien, aber immer war der unsichtbare Musikant an einer andern Stelle, als wo man ihn zu treffen glaubte. Ein alter Küher, der eines Nachts in den »Gruben« unterhalb am Gürga­letsch sich befand, hörte die schönsten Tänze geigen, worauf er unwillkürlich zu tanzen anfing, und so lange tanzen musste, bis er umfiel, vor Müdigkeit; zudem hatte er bei seiner Tanzerei seine Holzschuhe verloren. - Ein Anderer, der Schreiber Johann Fleisch von Curwalden, hat vor etlichen Jahren dem Franz Sprecher in Tschiertschen erzählt, er sei gerade nie ein Liebhaber vom Tanzen gewesen; aber wie er den Täli-Giger einmal gehört, habe er tanzen müssen, er habe wollen oder nicht, und das eine ganze Stunde lang, dann sei die Musik plötzlich verstummt, und er sei so »sturm« (betäubt) und müde gewesen, dass er viele Tage kaum stehen und gehen konnte. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Tamatterhans

Source: Der Tamatterhans

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I Saas im Dorf het e mal e Ma g'wonnt, demsch Tamatterhans (Hans Anthanmatten) g'seit hent. Der ischt riche gsi und het es guot's huslich's Wib g'hä. Er het aber wellu befälu und rächt hä und Schini het mu miessu g'horsame, suscht het's Strit gegä. So het er e mal d's Heuw e mannerscht la us der Schir trägu, wilsch mu nit da ing'leit hent, wa er befolu het, und es andersch Mal het er Schinara befolu, me als e guoti Stund z'rug z'ga, um andere Ches zum Abundessu z'reichu und het unnerdäschi d'Arbeiter nime la arbeitu und selber ou nummu umhaskällarsut. D's guot Wib het das frili uvergrifli ungeru geta, het aber do miessu g'sche. Der Nämlichu ischt ou Geimer g'si und het di G'leit alleinigu g'ladut; er het du Saum am Bodu uf's Bascht g'spannu und so als zämu en bruf uf's Gleit gebirt. Z' Gimpilu het er e mal ab-er Lattu es stets g'wäschus Hämd g'no und ang'leit und schis b'schissna e muf g'heicht. De Kameradu, di g'lachet hent, het er g'seit: «Schi verspilunt a mier nid, mis ischt d's weher Hämd, und z'wäschu hent schus der Wil.» (Saaser-Mundart)   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Tambour

Source: Der Tambour

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Ein junger Krieger, ein Tambour, zog siegesfroh von einer Schlacht heim. Sein Weg führte ihn durch den Wald von Willisried. Vor Freude trommelte er. Der Zwingherr auf Schloss Kinkenrain vernahm das Spiel, erspähte den Trommler und vermutete, der Krieger trage goldene Beute auf sich. Als der Jüngling in die Nähe des Schlosses kam, überfiel ihn der Zwingherr, tötete und beraubte ihn. Um Mitternacht verscharrte er den Leichnam des Erschlagenen unter dem Brücklein von Willisried. Doch, der Mörder sollte keine Ruhe finden. In mondhellen Nächten stieg der junge Tambour aus dem Grabe, ging wie einst den Waldweg hinauf und trommelte und trommelte, dass der Wald davon widerhallte und das Echo den Zwingherrn aus dem Schlummer riss; trommelte und trommelte bis an das Schloss heran und trommelte um das Schloss herum, dass der Zwingherr vor Angst und Grausen fast den Verstand verlor. Viele Jahre lang hat der Tambour mit seinem Getrommel den Mörder gefoltert und ihn langsam zu Tode gequält. Heute noch, wenn der brausende Föhn das Land von Schnee und Eis befreit hat, die Erde sich schmückt mit frischem Grün und die ersten Blumen spriessen, da hält es der Tambour im engen Grabe nicht mehr aus, und bittend spricht er zum Herrn des Himmels: „Die Welt war so schön, das Leben so köstlich und das Sterben im Lenze so schwer. O lass mich noch einmal leben, leben und den Menschen die frohe Frühlingshoffnung bringen.“ Gott gewährt seine Bitte. In einer Mondnacht, da steigt der Tambour aus dem Grabe und geht trommelnd durch den Wald wie damals, als er vom Siege heimkehrte. Die Vögel und Tiere des Waldes horchen auf, die Menschen erwachen aus Schlaf und Traum und lauschen dem fernen Klang der Trommel. Aber nicht Angst und Zittern, wie einst den Zwingherrn von Kinkenrain, befällt die Menschen, sondern Freude. Sie wissen, der Tambour ist kein Rächer mehr, sondern ein froher Bote, der verkündet, dass des Winters Macht gebrochen und der liebliche Lenz endlich gekommen ist.   Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch


by Der Tambour

Source: Der Tambour

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Der Tambour Als am 25. September 1799 die Franzosen bei Dietikon über die Limmat setzten, schlug ihr Tambour einen Marsch. Seither wiederholt sich dies jedes Jahr zur gleichen Stunde. Man vernimmt in der Nähe der uralten Burgruine Schönenwerd gedämpfte Trommelwirbel und schaurige Klagerufe. Harte, unerbittliche Kommandorufe erschrecken jeden, der dann in jener Gegend weilt, so dass er von Angst ergriffen ins Dorf zurückflieht. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Limmattal Aus den „Sagen aus dem Limmattal“. Quellen sind dort nicht angegeben. Laut Vorbemerkung wurden die Sagen durch Sekundarlehrer K. Klenk „durch Schulaufsätze“ gesammelt.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Taminageist

Source: Der Taminageist

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In der Taminaschlucht habe ein Kobolt gewohnt. Diese Sage verdankt ihre Entstehung folgender Erzählung eines Gemsjägers: Er sei eines Abends beim Zunachten im Begriffe gewesen, auf dem Heu in einer Scheune des Gutes Gigerwald zu übernachten, als in der Tiefe ein gellender, Mark und Bein durchdringender Schrei ausgestossen worden. Einen Augenblick, und der gleiche Schrei habe sich schon näher und dann wieder nach einem Augenblick hart an der Scheune wiederholt. Jetzt sei dem Jäger nicht mehr wohl zu Mute gewesen. Er habe nach dem Stutzer gegriffen, um fortzugehen. Als er die Leiter heruntergestiegen, sei er vom Berggeist bei den Haaren ergriffen und mit Blitzesschnelligkeit durch die Lüfte davongetragen worden. Er habe in dieser Not und Gefahr die drei heiligsten Namen angerufen, worauf der Kobolt ihn fallen lassen. Als er endlich den Weg nach Vättis gefunden, sei er von dem Geiste wieder geneckt und irregeführt worden. Bald sei er hinuntergekommen an die Tamina, bald hinauf bis an die Felswände und so im Zickzack auf und ab die ganze Nacht bis am Morgen, wo er körperlich und geistig erschöpft und triefend vor Angstschweiss ankam. Dieser Taminageist habe vielfältig auch noch andern Spuk getrieben, namentlich im Gigerwald, so dass auf diesem Gute bis in die neuere Zeit niemand nachts zu schlafen wagte. "Oberländer Anzeiger." Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 231, S. 114f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Tanz auf Palfries

Source: Der Tanz auf Palfries

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Die Knechte auf der "Bäschneralp" hatten beschlossen, einmal einen lustigen Tag zu haben, und bestellten zu diesem Zwecke zwei Geiger und einige Mädchen aus dem Dorfe Bärschis auf die Alp. Mit diesen zogen sie nach der benachbarten Alp Palfries, wo im alten Rathausgebäude ein ordentlicher Platz zum Tanzen war. Nachdem sich dann besagte Alplergesellschaft den ganzen Tag hindurch nach ihrer Art aufs tollste amüsiert hatte, wollten die Mädchen gegen abend wieder nach Hause zurückkehren. Allein die Knechte hielten sie zurück und tanzten mit ihnen bis zum kommenden Morgen, obwohl sich während der Nacht ein fürchterliches Donnerwetter mit Hagelschauer über die Alpen ergossen hatte und niemand zur Besorgung und Überwachung der Herde in der "Bäschneralp" geblieben war. Der Leichtsinn kam die Knechte teuer zu stehen; denn während des Hagelwetters war fast die ganze Sente über die Felswände hinausgesprungen und zu Grunde gegangen, und die fahrlässigen Hirten mussten, so weit ihr Vermögen hinreichte, den Schaden vergüten. Nebst dem müssen sie seither auch nach dem Tode in den betreffenden Nächten und so oft Hagelwetter eintritt ihr sorgloses und mutwilliges Treiben auf Palfries fortsetzen. Jäger Wildhaber von Sargans übernachtete im Spätherbst 1816 an der erwähnten Stelle und war eben damit beschäftigt, sich zu seinem Nachtessen einen "Tatsch" zu bereiten, der in einem Kesseli ob dem Feuer lustig brodelte, als ein Mann mit grünem Hute zur Türe hereintrat und ihm barsch befahl, sich schnell zu entfernen, weil eine Gesellschaft nachkomme und man ihn dann hier nicht brauchen könne. Wildhaber erwiderte: "Meinen "Tatsch" muss ich doch noch fertig backen," und während er dies sagte, wendete er ihn im Kessel um, so dass die heisse Butter mit vielem Geräusch Hochauf zischte. Die angesagte Gesellschaft, bestehend aus 3 Paaren, war unterdessen schon in Begleit von 2 Geigern angerückt; Wildhaber hatte kaum noch Zeit, den "Tatsch" aus dem Kessel in seinen Filzhut zu schütten und damit zur Türe hinauszueilen, als die Musik begann und ein wilder Tanz eröffnet wurde J. Natsch. (Manuskript, im Besitze des Hist. Vereins St, Gallen.)   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 155, S. 74 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Tanz im Schallberg

Source: Der Tanz im Schallberg

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Ein Mann von Brigerberg ging einmal spät in der Nacht beim untern Schallberg vorbei. Er hatte am Morgen sein Vieh auf die Weiden seiner Alpe getrieben und kehrte nun etwas verspätet auf dem alten Römerweg nach Hause zurück. Nicht ohne Furcht durchschritt er in tiefer Nacht den finstern Tannenwald. Als er im Grund aus dem Wald heraustrat und in eine Lichtung gelangte, verschwand allmählich die Furcht. Aber es sollte noch anders werden. Wie er im untern Schallberg anlangte, sah er in einem Hause obenan die Fenster hell erleuchtet. Sinnberückende Melodien einer wilden Tanzmusik drangen an sein Ohr, und deutlich vernahm er das taktweise Aufschlagen vieler Füsse eines tanzenden Volkes. «Wer ist so verwegen, hier an einem abgelegenen Orte in so später Stunde einen Tanz abzuhalten?» dachte er bei sich selbst. «Es werden junge Leute sein, die sich den Augen der Obrigkeit entziehen wollen.» Eintreten wollte er nicht. Er stieg aber auf einen ganz in der Nähe stehenden Holunderstrauch; von dort aus konnte er durch die hell erleuchteten Fenster die Gesellschaft übersehen. Doch sonderbar, als er oben auf dem Strauche stand, verstummte die Tanzmusik, die Lichter waren ausgelöscht, ringsum herrschte das geisterhafte Dunkel und die unheimliche Stille der Nacht. Nichts war vernehmbar als das Rauschen der Saltina unten im wilden Gantertobel. Leises Zittern befiel ihn, und er liess sich auf den Boden nieder. Kaum hatte er seinen Fuss wieder auf die Erde gesetzt, begann der Tanz in hell beleuchteter Stube von neuem. Nochmals stieg er auf den Strauch, und es wiederholte sich dieselbe Erscheinung; wieder stierte er in die leere, finstere Stube hinein. Etwas ärgerlich stieg er zum zweiten Male vom Holunderstrauch herab und verliess den unheimlichen Ort. Kaum hatte er sich einige Schritte entfernt, begann der Tanz zum dritten Male. Wild rasten die Hämmerchen über die Saiten des Hackbrettes, schaudervoll klang das Gestampfe und Poltern, und geradezu unheimlich gellte das Jauchzen und Johlen der übermütigen Tänzer und Tänzerinnen in die stockfinstere Nacht hinaus. Ohne jemals rückwärts zu schauen, setzte der Wanderer seinen Weg fort, in Gedanken immer wieder nachsinnend, ob dort eine wirkliche Tanzgesellschaft junger Leute versammelt gewesen sei oder ob Geister einen Tanz aufgeführt hätten. Bei der Kinbrücke setzte er sich nieder. Er wollte Gewissheit haben und dort das Tänzervolk abwarten. Stunde um Stunde verrann. Um die Zeit, da gewöhnlich frühmorgens die Betglocke geläutet wurde, hörte er von der Alpe Asche herauf den Zug der Tänzer und Tänzerinnen herannahen. Immer näher klang die Tanzmusik, immer greller wiederhallten die Jauchzer der Tänzer und Tänzerinnen in der gegenüberliegenden Alpe Getjen. Schon war der Zug nahe am Kin. Er glaubte, aus den Zügen noch lebender Jünglinge und Töchter die Züge der Ahnen zu erkennen. Ganz sicher erkannte er aber keinen. Eben wollte er aufstehen und sich dem Zuge anschliessen – da fuhr auf einmal die ganze Gesellschaft wie eine feurige Bissagga das Kin hinunter in die Saltina. Ein Schauder durchrieselte die Glieder des einsamen Wanderers. Es wurde ihm klar: Er hatte ein Tanzvolk gesehen, das für verborgen abgehaltene Tänze büssen musste. RIED-BRIG Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Tanz im Sengboden

Source: Der Tanz im Sengboden

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Nicht gar weit von der Grenzmauer zwischen den zwei Gemeinden Saas-Balsm und Saas-Fee befindet sich am Ende der Baumregion eine Tiefe Bergmulde, die in eine weite Ebene ausläuft. Das ist der obere Sengboden. An diesem weltabgeschiedenen Orte wurde vor vielen Jahren ein sogenannter verborgener Tanz veranstaltet. Der Geiger, der bei diesem Tanze aufspielen sollte, fürchtete den wachsamen Pfarrherrn und den strengen Vorsteher und wollte nicht mitkommen, bis man ihm versprochen hatte, man wolle ihn in einem Bündel Stroh über den Bordsteg tragen, damit er später bei allfälligen Schwierigkeiten mit gutem Gewissen sagen könne, er sei nicht über diese Brücke getreten. Als die Tänzer und Tänzerinnen alle erschienen waren, ging der Tanz los. Die nahen Felsen widerhallten von den fröhlichen Weisen des kundigen Geigers und den frohen Jodlern der übermütigen Tänzer und lebenslustigen Tänzerinnen. Zur Beleuchtung des Tanzbodens hatte man in einem ebenen Steine eine schüsselförmige Grube ausgehauen, worin man ein flackerndes Lichtlein unterhielt und mit Fleischfett speiste. Diese primitive Lampe soll noch heute zu sehen sein. Auch habe man vor langer Zeit noch eine Steinplatte mit den Namen der Tänzer beobachtet, hiess es. Drei Tage und drei Nächte lang wurde getanzt. Als endlich in der dritten Nacht das Lampenfett ausging, versuchte man es mit Schnee. Und richtig, der Schnee brannte nach Wunsch und Willen. Schon aus diesem Umstande Konnte man schliessen, dass da nicht alles in Ordnung war. Man erfuhr es aber auch später: Diesen Tanzboden traf der Fluch. Weder Kraut noch Gras spriessten fürderhin darauf, und kein lebendes Wesen konnte nachts dort Ruhe finden, zur gerechten Strafe mussten die Geister da tanzen, bis sie Erlösung fanden. SAAS-BALEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Tanzboden in der Alp Tardona

Source: Der Tanzboden in der Alp Tardona

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Zu hinterst in dem Kalfeisentale befindet sich die Alp Zarduna, die für über 290 Stück Vieh Sommerung bietet. In dieser Alp ist ein grosser, ebener Platz, Tanzboden genannt. Auf diesem Platze hat noch nie ein Stück Vieh sein Nachtlager gesucht; denn da versammelt der Teufel alle Freitage um Mitternacht, sowie in den Nächten der Fronfasten, die ihm Zugehörenden. Da wird dann gegessen, getrunken und getanzt, bis in Vättis die Betglocke läutet. Dann auf einmal ist alles verschwunden. In der nahen Alphütte übernachtete im Spätherbst ein Gemsjäger. Um Mitternacht erwachte er und hörte eine wunderschöne Tanzmusik. Unerschrocken verliess er sein Nachtlager und begab sich vor die Hüttentüre. Welch ein Anblick! In einer kleinen Entfernung drehten sich die Anwesenden beiderlei Geschlechts nach den wundervollen Tanzmelodien, welche der in der Mitte des Kreises sitzende Künstler seinem Instrumente entlockte. Ein hübsches Mädchen kam auf den Jäger zu und forderte ihn zum Tanze auf. Er willigte für drei Tänze ein; hierauf begaben sich beide an einen der frisch aufgeschlagenen Wirtstische, wo Speisen und Getränke in Fülle vorhanden waren. Nach dem Mahle nahm er Abschied, weil er noch einige Zeit schlafen müsse. Die schöne Tänzerin steckte ihm noch eine Wurst in die Rocktasche. Jetzt gewahrte er in einer kleinen Entfernung seine Braut, mit der er sich nächstens vermählen wollte. "Auch du bist bei diesen Verworfenen zu treffen!" waren die einzigen Worte, welche über seine Lippen kamen. Er kehrte ihr den Rücken und sah nicht, wie sie durch ein herzzerreißendes Weinen ihren Schmerz kund tat. Nach schlaflos durchbrachter Nacht trat er am Morgen den Heimweg an. Die Wurst, die er in der Tasche trug, hatte sich übernacht in einen Katzenschwanz verwandelt. Der Jäger fand keine Ruhe mehr in seinem Bergdorfe; er zog in die weite Welt hinaus und trat in Frankreich in ein Kloster. An einem hohen Festtage waren viele Patres als Ehrenprediger abwesend; nur der Abt und einige ältere Priester waren im Kloster zurückgeblieben. Abends spät erschien ein Bote, der mitteilte, im nahen Frauenkloster sei eine Nonne am Sterben und wünsche mit den Tröstungen der Kirche versehen zu werden. Rasch entschlossen unternahm der Klostervorsteher, unser Vättner, selbst den Gang. Nach der heiligen Handlung nahm er die auf dem Tischchen stehende Kerze und zündete der Sterbenden ins Angesicht. Was sah er da! Es war seine ehemalige Braut, für deren Seelenheil er die vielen Jahre unablässig gebetet hatte. Sie hatte ihn auch erkannt und erklärte ihm, dass sie sich damals dem Teufel verschrieben habe, um von ihm Geld zu erhalten und den Geliebten dadurch glücklich zu machen. Sie verschied hierauf, und auch er folgte ihr nach drei Tagen. L. Jäger. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 236, S. 117f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der tanzende Tisch

Source: Der tanzende Tisch

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Einmal ging eine »gwundrige« Person an der Rückseite eines Hauses in der Oberschwandweid zu Spiringen vorüber. Das Wunder trieb sie an, durch eine offene Lücke in das gerade unbewohnte Berghäuschen hinein zu schauen. Da sah sie durch die offene Küche und Stubentüre hindurch den runden Tisch in der Wohnstube mehrmals im Kreise herumtanzen. Mitgeteilt von Pfr. Jos. Arnold Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Tänzer auf der Egge

Source: Der Tänzer auf der Egge

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In einem alten Hause auf der Egge in Jeizinen soll es immer gespukt haben. Einige junge Leute hielten in diesem Hause einmal einen Tanz ab. Alle Anwesenden waren ledig, nur ein einziger war verheiratet. Einer der Tänzer sah gegen Mitternacht, dass der Verheiratete beim Tanze immer grösser wurde und allmählich fast bis an die Decke reichte. Er machte die andern darauf aufmerksam, und nun bemerkten sie, dass der Verheiratete beinahe eine Spanne über dem Fussboden tanzte. Als sie dies sahen, liefen alle aus der Stube. Nur der Verheiratete blieb drinnen, tanzte weiter, wie wenn er eine Tänzerin im Arm hielte, und rief den anderen zum Fenster hinaus nach: «Jetzt geht es erst recht lustig zu!» GAMPEL Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der tapfere Metzger

Source: Der tapfere Metzger

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Die Bürger der Stadt Zug mssßten oftmals dem Burgherr auf der Wildenburg und seinen Trossknechten Speise und Trank abgeben. Der Wildenburger aber dachte nur selten an gerechte Zahlung. Als nun einst ein rapauziger Knecht des Wildenburgers in die Stadt kam, zeigte er dem Metzger, bei welchem er Fleisch verlangte, wie er das Fleischstück abschneiden sollte. Als der Knecht das tat, hieb ihm der Metzger flugs die Hand ab. Heulend lief der Knecht nach der Wildenburg und klagte seinem Herrn das Böse, welches ihm geschehen. Der Metzger, der ohne Furcht gehandelt hat, soll ein gewisser Wickart gewesen sein, und ob seiner mutigen Tat habe er seither sein Metzgermesser im Familienwappen führen dürfen. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 27 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der tapfere Schuster

Source: Der tapfere Schuster

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Es war einmal ein armes Schusterlein, dem gefiel sein Beruf nicht, auch wenn er darin sehr geschickt war und es ihm an Arbeit und Verdienst nicht fehlte. Er war neidisch auf seine Gefährten, die alle stärker waren als er. Er dachte nämlich, er benötige zu seiner List und seiner Geschicklichkeit eben Kraft, um noch mehr aus sich zu machen. Da hörte er sagen, um stark zu werden, müsse man auf die Alp gehen. Deshalb verdingte er sich für den folgenden Sommer als Hirt auf einer der grössten und schönsten Alpen seines Landes und legte Ahle, Leisten und Schusterdraht in einen alten Koffer auf der Diele. Das Leben eines Alphirten dünkte ihn auch nicht gerade so angenehm, doch er lernte das Melken, Abrahmen, Buttern, Käsen und Ziegern und hütete seine Herde zur allgemeinen Zufriedenheit der Bauern und des Sennen. Der Sommer verging, und als im Herbst die Alpgenossen zur Alpabfahrt kamen, schenkten sie ihm über seinen Lohn hinaus auch noch einen schönen und grossen Ziegerlaib. Nun ging unser Schuster mit seinem Lohn in der Tasche und mit seinem Ziegerlaib unter dem Arm heimwärts. Doch die Sonne schien, und er, der es im Sommer gewohnt gewesen war, auf den Alpböden bei gutem Wetter schön zu schlafen, ruhte auch heute oben auf einem Hügel aus und schlief tatsächlich ein. Als er nach einer guten Weile erwachte, sah er, dass sein Ziegerlaib schwarz von Fliegen war. «Ah, verfluchte Biester!» schrie er und schlug mit der offenen Hand darauf, so dass eine grosse Menge dieser unnützen Tiere getroffen wurde. Da lachte sich der Schuster ins Fäustchen, zählte die Opfer seines Hiebes, und siehe, es waren genau fünfzig. «Du musst in der Tat viel stärker geworden sein», dachte er dann und überlegte lange, was er unternehmen könnte, um die gewonnene Kraft zu nutzen. Endlich beschloss er, folgende Worte an seinen Hut zu heften: «Erschlägt fünfzig auf einen Schlag!» Dann ging er langsam nach Hause und führte aus, was er sich erdacht hatte. Und mit seiner Aufschneiderei löste er schreckliche Angst und grossen Respekt aus. «Dieses Dorf ist jetzt zu klein für dich», sagte er sich jetzt, «du musst in der Welt herumziehen und zeigen, was du auf der Alp gelernt hast, so kommst du weiter voran, als wenn du hier bleibst und Schuhe flickst!» Er liess daher seine Schusterwerkzeuge auf der Diele, nahm seinen Hirtenstock, setzte sich den Hut mit der Aufschrift auf den Kopf, steckte ein Stück seines Ziegerlaibs in die Hosentasche und reiste in die Welt hinaus. Überall, wo er Halt machte, rief die Aufschrift auf dem Hut grosse Überraschung hervor, und niemand wagte es, mit ihm Streit anzufangen. Der König des Landes hörte schliesslich von seiner ausserordentlichen Kraft, liess ihn rufen und fragte, ob die Warnung auf dem Hut wahr sei oder nicht. «Ja», antwortete der freche Schuster, «das mache ich, wann Ihr wollt, und sogar mit einem Schlag!» Nun fuhr der König fort: «Wir haben in einem Tal in den Bergen meines Reiches einen schrecklichen Riesen, der die Bewohner der ganzen Gegend seit vielen Jahren in Angst und Gefahr versetzt; wenn du im Stand bist, ihn bald aus dem Weg zu räumen, so gebe ich dir als Belohnung meine Tochter zur Frau!» Unser Schuster Frechdachs liess sich genau die Schlucht bezeichnen, wo der Riese hauste, und brach sogleich dorthin auf. Er hatte noch immer ein Stück des Ziegerlaibs bei sich und ging pfeifend durch den weiten Wald in Richtung Höhle des gefürchteten Ungeheuers. Die Vögel antworteten seinem frohen Pfeifen, und er gab ihnen einige Brocken seines Ziegers. Da wurden sie immer zutraulicher, und einer liess sich sogar fangen und in seine Tasche stecken. Als er dann vorsichtiger weiterging, begegnete er tatsächlich bald dem gewaltigen Riesen mit seiner wilden Miene. «Du kommst mir genau recht», brüllte der ihm von weitem mit seiner rauen Donnerstimme entgegen, «ich habe gerade einen Riesenhunger, und du wirst ihn stillen!» - «Oho!» erwiderte der Alphirt, «schau ein wenig auf meinen Hut, so weisst du, mit wem du es zu tun hast!» Der Riese konnte jedoch nicht lesen, und er musste ihm die Bedeutung der Wörter erklären. «So komm her», rief darauf das Ungeheuer, »wir wollen dies prüfen!» Dann nahm er einen Stein in die Hand und zermalmte ihn. «Na gut», bemerkte der Schuster, «das kann ich auch, und du wirst sehen, dass ich noch Wasser herauspresse!» Und er presste ein Stück seines Ziegers so fest in der Hand, dass die Schotte durch seine Finger lief. Der Riese war bass erstaunt über diese Leistung und glaubte tatsächlich, besiegt zu sein. «So machen wir eine zweite Probe», meinte er entschlossen, «ich werfe diesen Stein kerzengerade in die Luft, und du wirst sehen, wie lang der braucht, bis er wieder zurück ist.» Doch der Schuster wartete gar nicht, bis der Prahler gezeigt hatte, was er konnte und sagte auf der Stelle zu ihm: «Ich werfe meinen Stein so weit, dass er gar nicht mehr herunterkommt.» und er schleuderte den Vogel, den er in der Hosentasche hatte, kerzengerade in die Luft, dass der in der Höhe verschwand, um nie mehr zurückzukommen. Nun war der Riese wirklich sprachlos. Er packte in seiner Wut einen Baum am Wipfel und krümmte ihn bis zum Boden herunter. «Kannst du auch etwas Ähnliches machen?» fragte er den mutigen kleinen Mann. «Ich bin zu klein, um hinauf zu langen, bieg ihn nochmals», antwortete dieser, «dann will ich etwas tun.» Und als der Wipfel fast auf dem Boden war, setzte sich der Schuster rittlings darauf und wurde, sobald der andere die Spitze los liess, ein grosses Stück weit durch die Luft geschleudert. «Aha», erwiderte laut lachend unser Riese, «nun hast du gesehen, was du wert bist, komm her, mein Guter, ich will dich sogleich fressen!» - «Nur langsam!» sagte wieder der Hirt, «ich wollte zeigen, dass ich auch fliegen kann.» Diese Rede machte dem Menschenfresser wieder Eindruck, und er liess das Maul ein wenig hängen. «Doch wenn du diese Kunst wirklich lernen willst», bemerkte der kleine Wichtigtuer, «so will ich es dir in kurzer Zeit beibringen. Schau! Wir nehmen diese lange Latte; du gehst darauf bis zuäusserst, und ich bleibe auf der andern Seite und halte sie; wenn ich dann "hist" sage, so fliegen wir beide über das tiefe Tobel hinweg.» - Dies gefiel dem Riesen; er kletterte bis zuäusserst hinaus auf die Latte, obwohl das ihm zugeteilte Ende über den Abgrund ragte; der Schuster auf der andern Seite rief schon bald "hist" und liess die Latte samt dem Riesen in die Tiefe sausen, da brach der sich die Knochen. Jetzt war es geschafft; die Frechheit und die List des Schusters hatten auch dieses Mal gesiegt. Der König war darüber hocherfreut, und als ihm die Nachricht vom Tod seines Feindes überbracht wurde, fragte er den Sieger: «Wie hast du’s nur gemacht?» - «Sehr einfach», sagte dieser, «ich habe ihn an den Haaren gepackt und hinunter ins Tobel geschmissen.» Und der König fragte nicht weiter. Doch er ergriff die Gelegenheit am Schopf, die unerhörte Kraft des Schusters für sich zu nutzen und fragte ihn um einen weiteren Dienst. Es handelte sich um einen fürchterlichen Drachen in Schlangengestalt, der trug ein spitzes und hartes Horn auf dem Kopf, verschlang Jahr für Jahr Leute und Vieh in grosser Zahl und hatte eine ganze Landschaft des Königreichs veröden lassen. Auch dieses Ungeheuer hätte der König gern vernichten lassen. Das kecke Männlein stellte sich auch für diese Grosstat zur Verfügung und verlangte nichts weiter als ein gutes Schwert. In der Rüstkammer des Königs wählte er dieses selbst aus und machte sich dann ruhig auf den Weg zum Drachen in der Wüste. Der Kampf dauerte nicht lange. Sobald die furchtbare Bestie ihn sah, sprang sie ihm wütend entgegen und hielt ihr gefährliches Horn immer geradeaus, um ihn zu durchbohren. Doch der wendige Schuster verbarg sich hinter einem ziemlich dicken Baum und reizte das Riesentier derart, dass es in der Wut sein Horn tief in den Baumstamm rammte und es nicht mehr zurückziehen konnte. Jetzt erst zückte der Kämpfer sein Schwert, und mit kräftigen Schlägen hieb er ihm in aller Ruhe den Kopf ab. Ein Blutstrom sprudelte aus dem Rumpf des fürchterlichen Drachens, spritzte auf sein Kleid und sogar auf den Hut und färbte den Boden rundherum rotbraun. Der Sieger brachte die Horn- und die Schwanzspitze seiner Beute dem König und wurde von ihm mit grossem Pomp empfangen, sowie vom ganzen Volk dieser unglücklichen Gegend gefeiert. Doch der König war kein Ehrenmann. Der schon für den siegreichen Kampf gegen den Riesen versprochene Preis, nämlich die Hand seiner schönen Tochter, schien ihm zu hoch für diesen einfachen Mann aus dem Volk. Er hatte die Prinzessin im Geheimen für einen seiner Minister, einen Adligen, bestimmt, der auch seiner Tochter gefiel. Jetzt wusste der König nicht, wie er sich den unwillkommenen Bewerber vom Hals schaffen sollte. Er getraute sich nicht, mit Gewalt gegen diesen halben Dämon vorzugehen, und darum versuchte er es gütlich. Er gab vor, in grosser Verlegenheit zu sein und vertraute dem Schuster an, er habe schon vor langer Zeit die Tochter dem Minister versprochen gehabt, der mache Schwierigkeiten, und nun wolle er das Mädchen zwischen den beiden Rivalen entscheiden lassen. Er entschuldigte sich, er habe unvorsichtig gegen seinen adligen Vertrauten gehandelt und schlug folgende Lösung vor: «Wir machen heute Abend ein schönes Fest; ich werde den ganzen Hof und all meine Minister und Generäle dazu einladen und werde dich meiner Tochter und meinen Höflingen vorstellen. Der ganzen Gesellschaft wird ein feines Essen serviert werden, und nachher wird grosse Unterhaltung bis Mitternacht sein. Dann werden du und der Minister auf einem breiten Lehnstuhl beidseits meiner Tochter schlafen, und morgen bei Tagesanbruch komme ich nachsehen, welchem von euch das Mädchen sein Gesicht zugewendet hat. Diesem gebe ich meine Tochter zur Frau.» Der Schuster nahm diesen Vorschlag ohne weiteres an. Die Abendunterhaltung war grossartig, und wie ein wunderbarer Stern glänzte inmitten der zahlreichen Kammerdiener die schöne Königstochter und weckte im Herzen des schlauen Riesen- und Drachenbezwingers zarte Gefühle. So entschloss er sich, sie um jeden Preis zu gewinnen. Gegenüber seinem Nebenbuhler zeigte er sich jedoch den ganzen Abend sehr freundlich und tat so, als ob er den Sieg nicht für wichtig halte und seine Unterlegenheit anerkenne. Der andere schien somit hoch zufrieden und stiess oft mit den Freunden und mit dem Helden des Tages an. Der wurde von allen für seinen Mut gelobt und gefeiert, und mit Stolz trug er immer noch die Worte auf dem Hut: «Erschlägt fünfzig auf einen Schlag!» Der Wein tat seine Wirkung auch bei unserm Herrn Minister, so dass er sich besoffen in den für die Probe bestimmten Raum zurückzog, und sein Atem stank nach Wein. Klar, dass das Mädchen sich widerwillig und wütend auf die Seite des «Erschlägt-Fünfzig-auf-einen- Schlag» drehte. Der falsche König musste am nächsten Morgen erstaunt zur Kenntnis nehmen, dass der listige Schuster auch diesmal zweifellos gesiegt hatte, und er gab ihm dann seine einzige Tochter zur Frau. So erbte unser einfaches Schusterlein nach dem Tod seines Schwiegervaters sogar den Thron und herrschte als guter Vater seines Volkes viele Jahre in diesem Land. Wenn er nicht gestorben ist, so herrscht er darin immer noch. (Unterengadin)   Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Tassbergmann

Source: Der Tassbergmann

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Der Tassbergmann Auf jener Anhöhe gegenüber der Hohrüti am Abhang des Pfannenstiels oberhalb von Wetzwil, stand vor vielen Jahrhunderten das Tassberger Schloß. Da wohnten einst „untrüüli Hagherre“. Sie waren der Schrecken der Bauern, indem sie ihnen Rosse und Stiere stahlen, die Felder schändeten beim Jagen, und wenn sich die aufgebrachten Landleute wehrten, wurden sie umgebracht. Der Böseste von allen war der letzte, der es so arg trieb, dass in seiner Umgebung nur noch Elend und Not herrschte. Doch eines Tages wurde er niedergeschlagen und sein Schloss verbrannt. Keine Spur ist mehr davon zu sehen. Aber wenn man gemeint hatte, nun kehre der Frieden ins Land ein, so hatte man sich getäuscht. Denn der Bösewicht konnte im Grabe keine Ruhe finden. Wie ein Schatten schleicht er an den Orten seiner Sünden herum. Immer noch trägt er seinen glitzernden Schild und den Helm und steckt im Harnisch. So sitzt er auf einem schneeweissen Schimmel, den er mit goldenen Sporen zum Galopp durch den Dachsberg treibt. Einen goldenen Strähl trägt das Ross und ist mit silbernen Schienen und Sprangen geschützt. „Hupp Hupp hee! Hupp hupp hee!“ ruft das Gespenst hohl und heiser, klemmt seinen langen Spiess unter den Arm und rast in der Gegend des Rüthihofs umher. Manchmal hört man auch unter dem Giigerrain, wo ein unterirdischer Gang sein soll, nachts Musik, Lärm und Tanz. Einmal musste noch tief in der Nacht ein Knecht hier vorbei. Er trug eine Laterne bei sich, um den Weg besser zu finden. Just als es in Wetzwil zwölf Uhr schlug, trat er über den Schlossplatz. Plötzlich löscht ihm die Laterne aus, obschon sich kein Lüftchen bewegte. Da fiel ihm ein, das könnte der Tassbergmann getan haben. Überlaut rief er: „Tassbergmaa, Tassbergmaa, zünd mer mii Laternen aa!“ Aber wohl, das hatte er nicht umsonst gerufen. Schnaufend schneuzte der Schimmel gegen ihn los, und darauf sass mit eingelegtem Spiess der Tassbergmann. Das Knechtlein lief davon, was es aus den Beinen brachte, aber der Geist erwischte ihn und verleidete ihm das Foppen. Heim kam der Bursch noch und konnte noch ein paar Worte reden. Dann starb er in grosser Angst und Not. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Gedicht von Eduard Schönenberger in „Goldene Zeit“, in Prosa umgesetzt. Corrodi, JZ 1951/52, S. 325. - Tassberg = Dachsberg.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Tauben- und der St. Antoni-Wald

Source: Der Tauben- und der St. Antoni-Wald

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Zwei der schönsten Wälder im Oberwallis sind diese, wo die prächtigen und riesenhaften Tannen am hellen Tage ein geheimnisvolles Dunkel verbreiten. Auch in diesen Wäldern soll es zeitweise unheimlich sein. Bergleute und Jäger, die ohne Not bei Nacht selbe passierten, sollen oft die Kreuz und Quer bis am hellen Tage in der Irre herumgeführt worden sein, ohne einen Ausweg finden zu können. Einer solchen Not sollen die Kapellchen, mitten in diesen von Geistern bewohnten Wäldern erbaut, ihren Ursprung zu verdanken haben.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Taufstein

Source: Der Taufstein

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Ein Mann aus Eggen trug ein Kind nach Mund zur Taufe. Das Kind war sehr schwach und der gute Vater sah, dass es noch auf dem Wege sterben werde. Er begann inbrünstig zu beten: «Oh, wenn es doch hier grad Wasser gäbe, damit ich ihm die Nottaufe spenden könnte!» Und sogleich erblickte er auf einem Felsen eine kleine Einbuchtung voll Wasser. Und er konnte das Kind taufen. Seither soll das Wasser auf diesem Felsen nicht ausgetrocknet sein. Wir sagen ihm noch heute: Der Taufstein. MUND Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Tempel auf dem Islisberg

Source: Der Tempel auf dem Islisberg

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Der Tempel auf dem Islisberg Als man vor Zeiten die Kirche von Ottenbach erweitern wollte, mangelte es an Bausteinen. Da berichteten die einsamen Bewohner des benachbarten Islisberg, eines kleinen Dörfchens, es liege auf ihrer Höhe im Walde noch eine alte Heidenkirche mit vier mächtigen Pforten und den schönsten Werkstücken. Die Gemeinde beschloss, diese Quader herabzuschaffen. Sowie man aber an die Arbeit ging, verschwanden unvermutet alle Taglöhner, und selbst ihre Familien kamen allmählich aus dem Lande. Nach vielen Jahren erfuhr man, dass sich alle zusammen in der Rheinpfalz niedergelassen hätten und daselbst recht glücklich und in Wohlstand lebten. Hieraus schloss man, die Steinauer hätten in jenem Tempel einen grossen Schatz gehoben und sich damit aus dem Lande geschlichen, um ihn ohne Anfechtung verzehren zu können. Früher, 1857 noch, sagte man von einem, der den Gottesdienst geschwänzt hast, er sei „z Iselischilch gsi“. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Knonauer Amt Nach Rochholz 2, Nr. 484, mit Verweis auf die Chronik von Bullinger; Mem. Tig. 1742; Mitt. d. Ant. Ges. in Zürich, Bd. 3; Id. 3, 234, s. v. Heidenkirch. Hinweis auf andere Isiskirchen im Ortsregister.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Teufel als Alraune

Source: Der Teufel als Alraune

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a) Alraune als Kind. Alraunen glaubte man zu finden unter einer weissen Haselstaude, an welcher eine Mistel wuchs. Man musste dann gerade so tief in die Erde graben, als hoch an der Staude die Mistel sass. In einer solchen Tiefe fand man nun ein Kind, welches oft etwas von der Gestalt eines Fisches an sich hatte. Diese Alraunen mussten wie Kinder gepflegt werden. Wer eine solche besass, durfte derselben nur Geld unterlegen, um die Hälfte mehr zu bekommen. Man konnte solches Finanzgeschäft wiederholen, so oft man wollte, wenn man nur immer ein anderes Geldstück untersetzte; sonst bekam man nicht das Doppelte. Solche Alraunen aber waren niemand anders als der Teufel selbst, dem jeder dritte Besitzer einer solchen unwiderruflich mit Seel und Leib verfallen war. Man erzählt sich in Unterwalden dies und anderes. In Schorried, bei Alpnach, grub man in einem Garten ein Kind hervor und als die Leute es nach Hause brachten, erschrack die Hausfrau nicht wenig und befahl ernstlich, solches gleich wieder an den vorigen Platz zurückzutragen, sie dulde nichts dergleichen im Hause.   b) Alraune als Krötte. Ein Schuster aus dem Luzernerbiete besuchte jährlich die Zurzacher Messe. Einmal gab ihm ein Herr von da den Auftrag, nächstes Jahr eine Alraune mitzubringen, was mein Schuster versprach. Das Jahr war bald herum, als derselbe, seines Versprechens eingedenk, zufällig bei einer Scheune vorbeiging und in der Mistjauche kleine Krötten sah. Es fiel ihm ein, der Tierchen eines als die verlangte Alraune dem Zurzacher zu bringen; er holte sich eine Apothekerflasche, fing und schloss eine Kröte hinein. Bis er in Zurzach anlangte, war sie viel grösser geworden und der Herr empfing sie unter der Versicherung, es sei eine recht gute. Wirklich dankte im folgenden Jahre, als der Schuster wieder kam, jener Herr recht schön für die treffliche Alraune, die immer das Doppelte der Einlage ausbrüte, und bezahlte dem erstaunten Luzerner, der erst jetzt anfing zu glauben, eine hübsche Summe dafür.   c) Alaunen zu gewinnen. Kann jemand eine Alraune bekommen, die nicht verdorben, so wirft sie ihm täglich eine Rente von fünf Schillingen ab. Leichter als sonst können sie an Fronfasten entdeckt werden. Man trifft sie gewöhnlich unter Hochgerichten und Haselstauden an, bei einer Gattung Blumen, die einer kennen muss. Wer eine solche gefunden hat, kann sich ihrer folgenderweise versichern. Die Alraune ist eine Pflanze. Weit um dieselbe herum wird die Erde aufgegraben, dann eine Schnur um sie befestigt. Nun ist zu wissen, dass, wenn eine Alraune aus ihrer Erde enthoben wird, sie ein magisches Jammergeschrei erhebt und wer es in der Nähe hört, muss davon sterben. Daher nimmt man einen schwarzen Hund mit, bindet dem die Schnur, woran die Alraune befestigt worden, an den Schwanz und entfernt sich. Der Hund hat nun das Geschäft, beim Weglaufen die Alraune dem Erdreich zu entreissen.   d) Alraunen als Betrug. Bei einer Diebsbande, welche 1562 zu Luzern in Schatten kam, befand sich ein Student, Ambrosi Zender aus dem Bernbiet. Der machte Alraunen aus Wurzeln der weissen Ilgen und schrieb Briefe dazu, für welche Sachen die gut seien. Zu Willisau bei der Mühle hat er eine um sieben Dukaten verkauft; zu Münster eine um sechs Gulden abgesetzt. Hinten im Schuh hatte er zudem eine falsche Krone gehabt und mit den Bauern damit falsch gespielt. Seiner Mitgefangenen einer machte über ihn noch die bemerkenswerte Angabe, er habe gesagt, wenn man ihn bei der Emmenbrücke hänge, so wolle er sich gegen diese hinwenden, dass seine vorüberziehenden Bekannten ihm schön ins Gesicht blicken könnten.   e) Die Alraune in dritter Hand. Einisch isch z' Menzige bi Meuschter, im Bernbiet, ne Gizhals g'storbä, i chönt'm 's Gschlächt no sägä, m'r hed em aber nur d'r Hausi gseid. Der hed en Arun gha im Chäller unde im-ene-Loch u hed're allm'l Bappä müössä gä vom Wissmähl und wenn se chrank worden isch, isch er au chrank gsi, und wo se verrekt isch, isch er au hi gangä, denn se hed bi ihm und er mit ihre müosse stärbe, wil st bi ihm i d'r dritte Hand gsi isch. I d'r dritte Hand stirbt jedwedere Arune und d'r B'sitzer d'rmit. Wo-n-'r chrank worden isch, sind allerlei für schwarzi und gäli Tierli an em umeg'loffe und wo-n-er g'storbe-n-isch und wo me-n-e z'Chillä tho hed, sind 'ne ganze Hüfe schwarzi Vögel hinder-en-no gflogä, 'S hend 's vil Lüet g'seh. Si hend-'n-aber nid ufe-ne-Chillhof begrabe, sondre uf'm b'sondrige Fleck, ass er en au g'funde hed, der wo 'ne hed wellä. - Die Arun isch au unterem-e-Haselstock gfundä wordä, wo Mist'l d'ra g'si isch und hed vorher scho drei rich g'macht, die se aber gluogt hend ab z'bringä und au d'r Dritt hed se wellä-n-weg gä, aber se isch allmol wied'r do gsi. Do hed se d'r Gizhals aber nümmä z'lang wellä fuotere und se isch verrekt; d'rbi se hed er au müösse Hor loh. - 'ne Arun isch-n-es Tier wie-n-e Chrott.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865.  Bei Teilen dieser Sage gibt es keine genaue Zuordnung zu einem der fünf Kantone.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Der Teufel als Base

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Der Tifol als Basi Im Wallis vor weiss Gott wie viele Jahru, ich bi noch a chleine Buob g'si, wa ich va discher altu Zähllata g'hört hä, soll in ar schönu Alpu, wa d'Chieh fast bis an nu Büüch im Chrütt g'wattot und g'nuog Milch und Nutz gigä heint, äuch an erzschlechte Senno, abar äuch grad das Gegunteil, an grundbrave Hirt g'si sy. Wesch im Jahr das meist Unglück heint g'häbet, so ist d'Schuld am böschu Senno g'si, und dass der Segu Gottes no nit völlig g'flieht ist, hät mu dum bravu Hirt zuo schribu miessu. Hät der Hirt wellu betu, so hät der Senno, wenn er oich noch guoter Lunu g'sin ist, g'neitot und g'schlafu; ist er abar lunige und eirichtige g'si, so hät er d'ruber g'spottot und räsonirt. We der Hirt über d's Veeh gibetot und gig'krizgot hät, so hät der Senno g'fluochot — d's Veeh gibriglot und alle Tiflu ubergä; we der Hirt am Morgu und Abu, vor am Bild old Chruzifix schini Andacht verrichtot und darnach mit Wichwasser schich g'segnot hät, so ist der Senno wie d's Veeh ufg'stannu und ga liggu ohni Chriz uud Haaggu — und du Hirt an Pfaff und dumme Tifol g'scholtu; ja nu usg'schoru, dass ers hät fast miessu verbergu und chum Zit g'häbet hät, an guoti Meinig z machu. Und we der Hirt oich hät wellu der Milch sorg hä, damit d'Lit ihri Sach berchome — so hät der Senno ooni Borgu und ooni Gwissu drangitribu; nummu guot essu und trichu, chochu und chiechlinu, d'Nidla obun ab näh, die best Sufi bruchu und darzuo nummu fulenzu wellu — as we ner nur Buch und kei Seel hätti, churz und guot, bloss schiner böschu Natur g'folget, i Wortu und Merku. Ja, er hät sogar mit dum Böschu, Gott b'hietisch derfür, an Pakt g'macht, er welle mu schich mit Hut und Haar ubergä, we der Tifol ihm nummu du Summer durch lä zuocho, was schini Bigirlichkeit wünsche. Mu cha us dem was chunt, schliessu, was er bigehrt hät. «Miessiggang ist aller Laster Afang!» Alls Abmahnu vam bravu Hirt, hät nit verfangu. Einest an am Abund, hät er die schrecklichschtu Wünsch gita. D's Leida, Gott b'hiet isch derfür! hät guoti Ohru, diz Mal, hät er mu nit vergebu g'rieft und schini Hut angibotu. A's schrecklich's Wetter ist entstannu; der Wind hät alli Balgge und Türini angund üf und zuo g'schlagu und durch alli Chleck gipfifot, as wen a schuppu Chatze rawwoti; der Blitz hät Fir g'schlagu und der Donner g'chrachot, dass as Grusu g'sin ist, und g'regnot hät's, as we sus mit Zubru ilöschti. Da hät der Sturm uf einmal d'Hittutür angu nuf g'schreckt — und — Jekos, Maria und Josef! hät der Hirt g'schruwu — was ist das? Mitti in nur offunu Tür — ist as jung's und karjosgikleidots Wibsbild g'stannu — und hinter ihr hät's so starch giblickt (giblizgot) as wes im baru Fir stiehndi — und d'ruf hät's eis uf d's andra gidonot (gidonrot), dass der Bodu gizitrot hät. A schreckliche Uftrit, der ihm hätti söllu zer Wahrnig sy; aber hät lieber Gott, bi ihm kei Indruck agmacht. Derwil der Hirt gibetot hät und mu vor Chlupf di Bei wie an Treta gigangu sind, ist der Senno mir und dier nit, freudig, wie an ar bikanntu Persoh entgegu gigangu, und hät scha frindlich in d'Hitta, zum Fir zuo gfiehrt. Wesch dum Hirt gnochet hät, so ist mu z'chalt und z'heiss cho, und ist ra us um Weg g'flieht, so g'schwind er hät mögu. Der Sennu hät ra zwar immer Basi g'seit, aber dum Hirt ist schi fir cho, as wes der lebendig Tifol wäri, de so hübschi und reizundi G'stalt schi hät ghäbet, so hät schi doch as uheimlichs G'sicht und Oigu wie gliehendi Chole g'häbet, b'sonders, we schi schich gegu du Hirt kehrt hät — aber gegu du Senno hätti kei Hex verführerischer sich zeichu chenne. O armi Fleiga, di höllisch Spinna hät dich scho ingletschot und in ihr Wub gizogu, du bist ufehlbar verloru; so hät der Hirt z'ihm selber gideicht. — «Will di hinacht hie blibu?», hät der Hirt g'frägt. «Was anderst», hät der Senno g'antwortot. Hirt: «Aber wa ga schlafu?» — Senno: «Das fräg, da wa wier!» — Hirt: «Da ga nich in d'Schir ga schlafu.» — Senno: «Und nimmst alle g'segnote Grimpol mit dir, uf das mini Basi nit viel hät». — Am Nachtag ist die Basi niene umha g'si, und vor der Hütta, hät as Chruzifix und d's Wichwasserg'schirr g'legu, dem der Senno d's heilig Grimpol g'seit hät, der schiner Basi im Weg g'si ist: «Ja, ja», hät der Hirt z'ihm selber gideicht, «entweders ist schini Basi a Hex oder der Tifol selber; de numu sottigi, chönnunt d's Heiliga und d's G'segnata nit lidu. Ja, ja, fir a churzi Zit, hät der Senno jez was er wellu hät, aber dar nah welti mu nit tüschu, b'hiet mi Gott derfür!» Von da — ist schi alli Abund, heimlich wie a Nachtgschiwwata in d'Hütta zum Senno g'huschot und am Morgu ebu so uheimlich verschwunnu. Us dum tägliche Biträgu vam Senno hät mu chennu schliessu, was schini Basi und nächtlichi G'sellschafteri fer eini g'sin ist. We mu der Hirt g'seit hät, er selle schich doch bikehru, jez sys noch Zit; die Zit rücke scho wa schini Hut in die Gerwi miesse; so hät der Senno ihm ins G'sicht g'lachot und nu usg'spottot, er selle mu mit sottigum Pfaffug'schwez schwigu. — Endlich ist der letzte Tag van der Summerig oich cho. Am Vorabuud häts aber es Hexuwetter g'macht, dass mu kei Hund hätti dörfu usjagu. Es ist aber a Wahrnig g'si fer du Senno: «Weisst wer bi nam sotti Wetter cho ist? Das schrecklich Wib, will ebu bi sottigum Wetter verreisu! Und weisst warum schi cho ist? Und was du versprochu häst? Mach dich reisfertig!» — So ist dum Senno fircho, as we ihm jemand das ins Ohr runetti. Ebu da schi mit andre heint wellu ab Alp fahru, ist plötzlich, was du ganz Summer nie g'sche ist — schini Basi in d'Hitta cho. Dum Senno, heint di Bei ang'fangu schlotru und im G'sicht ist er äschubleiche wordu — zum Hirt hätsch g'seit: «Mit dir hä ni nit z'schaffu, du chaist ga — aber ich und der Senno hei noch mit andre z'rechnu, der bleibt hie; und mit dische Wort hätsch nu am Arm ergriffu und ins Stubji g'schreckt und hinter schich di Tür zuog'schlagu. Im nämlichu Oigublick, hät mu as schrecklich's Gipolter und G'hammer und Weh- und Mordio-Gschrei g'hört. Der Hirt hät vor Chlupf schier kei Bei mache chönnu. Doch ist er endlich zum Schlussulloch van der Stubutür ga ing'seh; — und Jekos, Maria und Josef! was hät er da Erschrecklich's g'seh! — Abbas, das nit usz'sprechu ist! — Am Bodu ist der Senno, wie an gikrizigte Herrgott ufg'naglote g'si. Schini schrecklich Basi hät gritjundu uf ihm g'hocket und mit am grossu bluotigu Messer, nu lebendig g'schindtot. — Us ihrum Chopf hät mu ditlich Horu, und us ihre Zewu, Chlawe g'seh ussa lozu. Der Tifol hät d'Hut wellu, di er mu so oft versprochu hät. So gäru der Hirt us Mitlidu — nu g'rettot hätti, so hät nu der Schrecku chraftlos g'macht und d'Angst hät nu zer Flucht gitribu. Er ist g'liffun und g'liffu bis er nimme hät g'hört jamm'ru und schrju, und wie er z'rugglozzet hät, da hät di Basi die bluotig Hut van ihrum Liebhaber — vam Senno, grad ebu ufs Hittudach usg'spreitot. Der Tifol tuot nit vergebu, er will schi Loh hä! B'hietisch doch Gott derfür!!   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch  


by Der Teufel als Drescher

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Es war einmal ein armer Mann mit einer Schar von Kindern. Und der hatte nichts, um sie zu füttern, und er wusste nicht, was machen. Dort in der Nähe lebte ein Graf in einem Schloss, dieser hatte viel Korn zum Dreschen, und der arme Mann dachte, er könne zum Grafen gehen und fragen, ob er ihn sein Korn ausdreschen lasse. Unterwegs begegnete er einem Herrn in grünem Frack, und der fragte den armen Mann, wohin er gehe. Der arme Mann sagte, er gehe zum Grafen und frage, ob er ihn sein Korn ausdreschen lasse, um etwas zu verdienen. Der Herr sagte, er solle das tun; er selber wolle ihm dreschen helfen, und als Lohn müsse er vom Grafen so viel Korn verlangen, wie ein Mann tragen könne. Der Mann ging zum Grafen, und dem war es recht, den armen Mann um eine Traglast Korn dreschen zu lassen. Ganz vergnügt ging der Mann nach Hause und erzählte seiner Frau, wie es ihm gegangen war. Am Abend darauf fing es in der Scheune des Grafen ganz von selbst an, das Korn zu dreschen und zu worfeln. Am andern Morgen war alles Korn ausgedroschen, geworfelt und in Säcke abgefüllt. Der Herr in Grün kam zum Bauern und sagte, er solle den Grafen fragen, wo er das Korn haben möchte. Sogleich ging der Mann zum Grafen und fragte, wohin man das Korn stellen solle. Der Graf befahl, es in den Speicher zu bringen, und der wurde voll. Als die Arbeit fertig war, sagte der Graf dem armen Mann, er solle eine rechte Traglast, so viel er möge, als Lohn nehmen. Er habe einen Mann, der für ihn trage, erwiderte der Arme. In dem Augenblick kam der Herr im grünen Frack und verlangte vom Grafen ein Lederseil. Das spannte er um den Speicher, und weil das Seil zu kurz war, liess er sich noch eines geben, damit es rundherum reiche. Dann zog er die Seile an, lud den Speicher auf den Rücken und trug ihn vor das Haus des armen Mannes. Als der Graf dieses Spektakel sah, geriet er derart in Wut, dass er in den Estrich hinaufging und sich erhängte. Der arme Mann, der noch nie einen Speicher voll Korn gesehen hatte, bedankte sich sehr beim Herrn in grünem Frack und fragte, was er als Lohn verlange. Der Herr - es war der Teufel - sagte, er habe schon seinen Lohn, nämlich den Grafen, der sich aufgehängt habe.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Teufel als Fürsprech

Source: Der Teufel als Fürsprech

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Nach vielen Jahren fremden Kriegsdienstes wanderte ein Soldat wieder in seine liebe schweizerische Heimat zurück. Bei einem Wirt kehrte er abends ein und gab ihm vertrauensvoll Gewehr und Ränzchen in Gewahrsam. Am nächsten Morgen leugnete es der treulose Wirt ab, irgend etwas in Empfang genommen zu haben, und der arme ausgediente Söldner musste ohne seine mühsam ersparten Rappen weiter ziehen, weil sich auch die Polizei auf die Seite des Unehrlichen stellte. Hungrig und müde schlich er sich, sobald die Nacht hereinbrach, in einen armseligen Stall, fand aber da keine Ruhe; ein scheussliches Gepolter im Obergaden liess ihn nicht schlafen. Endlich rief er zornig: »Und wenn der Tyfel da isch, Rüehw wili ha! Ich bin än armä Soldat, ds Gäld hennt's m'r gstohlä und ich vermag's nitt, immänä Wirtshüs z'ibernachtä; ammänä-n-Ort wurdi wohl nu derfä sy!« Eine Stimme antwortete: »Ich bin's; ich bin der Teufel! Du brauchst dich nicht zu fürchten, ich will dir helfen. Kehre morgen in das Dörfchen zurück, verklage den Wirt vor Gericht, dann werde ich für dich sprechen, ohne dass du mir etwas zu bezahlen brauchst.« Der Soldat folgte, und vor Gericht hatte er einen ausgezeichneten Fürsprech. Im Laufe der Verhandlungen beteuerte der diebische Wirt: »Der Tyfel cha mi nä, wen-n-ich eppis vo dem Soldat a'gnu ha!« »Säg's nu einisch«, fordert ihn der Anwalt des Soldaten heraus. Und der Wirt wiederholte seinen Schwur. Da ergriff ihn der Teufel, als der sich plötzlich der tüchtige Fürsprech entpuppte, und fuhr mit ihm in die Lüfte. Drei Tage und drei Nächte hörte man den Wirt noch heulen in den Lüften, dann vernahm und sah man nichts mehr von ihm. »Das isch äso äs Sägi, äs Zelli, wo-n-ich hiä ummänand g'heert ha vo dä Lyttä; truckt isch äs, gläübä-n-ich, niänä,« versichert mir mein Erzähler, gebürtig ab Golzer im Maderanertal, nachdem ich ihn gefragt, ob er die Geschichte vielleicht in einem Buche gelesen habe. Johann Epp, Golzer; Karl Gisler, Unterschächen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Teufel als Gevatter

Source: Der Teufel als Gevatter

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Ein armes Schuehmacherle hatte eine Stube voll Kinder (hatte 13 Kinder) und nichts mehr zu beissen und zu brechen. Und die Frau lag krank im Wochenbett. Da ging er auf die Suche nach einem Gevattermann für sein Neugeborenes. Wie er so, fast verzweifelnd, durch einen Wald dahinrannte, begegnete ihm ein ehrwürdiger Mann mit sanften Augen und redete ihn freundlich an: »Mein Lieber, was bist du so traurig?« »Ja, wiä sett-mä-n äu nitt trürig sy«, antwortete unwillig der Schuhmacher, »wemmä-n-ä Hüffä Gofä und nytt z'ässä het!« »Und wo willst du jetzt hin?« »Ae Getti wil-i ga süechä fir das Chlynscht (fir das viär-zächet Chind), wo jetz uf d'Wält chu isch.« »Gibs mir, ich will schon Pate sein, und wenn du mir schön folgest, so sollst du keinen Kummer mehr haben.« Und der ehrwürdige Wanderer sprach dem Verzweifelnden freundlich in herzlichen, wohlgesetzten Worten zu. »Iähr chennet-mer vill z'woll redä«, meinte der Schuhmacher, »ich gibi-n-is nitt, ych wil-i nitt firnä Gvattermann, iähr redet ja, me sett meinä, iähr wäret der Herrgott. – Wer sind-er susch äu?« »Ich bin der Herrgott.« »Aebä! wiä g'seit; ych wil ich nitt firnä Gvatterma; iähr sind ungrächtä, summä gehnd-er alles und summä wider nytt!« Mit böser Miene kehrte der arme Schuhmacher dem Herrgott den Rücken, eilte in entgegengesetzter Richtung davon und stürmte planlos im Walde umher. Da traf er einen flotten Tiroler Jäger in schöner, grüner Kleidung, mit flottem Strauss auf dem grünen Hütchen. Auch von diesem wurde er freundlich gegrüsst und angeredet, und er öffnete ihm sein Herz und klagte sein Elend. »Gibs miär, ich will dr Gvatterma sy«, sagte der Grüne, »und wennd dü tüesch, was ich will, sä müesch Gäld gnüeg ha; all Wuchä bringi-n-ich ä Gäldseckel voll. Und da isch ä Wirzä, gib-si der Fräuw, de wird si gsund, und ych zweiä soll nytt fählä.« »Jä nu«, erklärte der Arme, »weni nytt Urächts müess tue, sä gibi-n-i's ych.« »Da unnä«, fuhr der Grüne fort, »isch ä gyttige Schnyder; gang, schlachä z'tod, äs isch nitt schad umnä, und nihm-em d's Gäld!« »Nei, das machi nitt«, weigert sich der Schuhmacher, »ä Mirder wili nitt sy!« »Jä nu! dert unnä-n-isch ä gyttige Pür; der het under der Stägä-n-ä Hüffä Gäld verlochet, gang, nihm-ems; ich will machä, dass dr nid üsschunnt!« »Nei, das machi nitt; ä Schelm wili nytt sy!« »Jä nu! sä gang i ds Wirtshüs äs Scheppli güätä Wy ga trinkä. Da hesch Gäld, und da isch d'Wirzä fir dy Fräuw!« »Nu, das wird nytt Beeses sy, äs het scho mängä-n-äs Scheppli Wy trunkä«, meinte der Beschenkte, nahm das Geld und die Wurzel und kehrte freudig nach Hause zurück, doch nicht, ohne vorher ins Wirtshaus einzukehren und gehorsam sein Schöpplein zu trinken. Daheim murrte die Frau, dass er so lange ausgeblieben. Doch er beruhigte sie, zeigte ihr das viele Geld, erzählte, woher es komme und dass er künftig genug davon haben werde, und gab ihr die Wurzel, da wurde sie fast auf einmal gesund. Das Schöpplein Wein hatte dem Schuhmacher gemundet, und er kehrte jetzt, da er Moneten genug besass, jeden Tag im Wirtshaus ein. Es blieb nicht bei dem einen Schöpplein, es wurden deren zwei, drei und immer mehr. Er fing an zu spielen, zu raufen und ganze Tage und Wochen in der Pinte zu hocken. Die gut gemeinten Ermahnungen der Frau wurden niedergeschlagen mit den Worten: »Ds Gäld isch mys, lüeg dü fir dich!« Mit dem Frieden in der Familie war es aus. Die Frau, die wie alle Weiber immer das erste und letzte Wort haben wollte, wurde geprügelt, zuletzt noch erschlagen. Der Mann endete unter dem Schwerte des Scharfrichters. – So hatte der Grüne sein Ziel erreicht. Hans Aschwanden, 50 Jahre alt, Isental Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Teufel als Holzhacker

Source: Der Teufel als Holzhacker

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a) »Wenn ich allemal mit meinem Vater zu Sisikon beim Buggital mit unserm Schifflein vorbeifuhr«, so plaudert mir eine Person von Bauen am Urner See, »pflegte er folgende Geschichte zu erzählen: Hier hat vor Zeiten ein armes, aber braves Sisiker Mandli Holz gesammelt für seinen Bedarf. Nachdem es gestorben, hörten die Leute von Sisikon sehr oft, und zwar am lauterhellen Tage, Holz hacken im Buggital. Zuerst wussten sie nicht, was das sein möchte. Dann kam es einem in den Sinn, das sei sicher jenes arme Mandli, das habe gewiss Holz gefrevelt und müsse jetzt wandlen. Diese Vermutung, kaum ausgesprochen, verbreitete sich, verdichtete sich zur Gewissheit, es gab ein heilloses Geschwätz. Einst fuhren da einige Sisiker mit einem Pater Kapuziner vorbei, der nach Sisikon kommen wollte um zu predigen. Da liess sich der Holzhacker hören, und die Männer sagten spöttisch zu einander: »Aehä, mä g'hert-ä wieder bäckä!« Der Pater liess sich ihre Rede erklären und das Gerücht erzählen und stieg aus, um sich den Holzhacker anzusehen. Als er zurückkam, sagte er, es sei der lebendige Teufel gewesen, der habe die Leute zu verleumderischen Reden verführt und so in sein Garn jagen wollen. Von da an liess sich der Holzhacker nicht mehr hören, der Pater hatte ihm das Handwerk gelegt.« Marie Ziegler, 60 Jahre alt. b) Schon oft hatten die Pächtersleute auf Beroldingen in ihrem Wald »Einen« gehört Holz hacken. Sie glaubten, es sei ein Dieb, und stellten ihm fleissig nach. Trotz aller List, die sie anwandten, konnten sie ihn doch nie ertappen. Dass sie bald den einen, bald den andern Bürger von Seelisberg im Verdacht hatten, lässt sich denken. Da riefen sie einmal den Pfarrer von Seelisberg, den frommen Peter Furrer. Während sie ihm klagten, richtig, da liess sich der Holzdieb wieder hören, am lauteren hellen Tag, und sie sagten zu einander: »Aehä, mä g'heertä wieder einisch bäckä!« Der Pfarrer fragte: »Wollt ihr ihn sehen?« Und als sie bejahten, befahl er dem Pächter, ihm über die rechte Achsel zu schauen. Er tat es und bemerkte, dass der vermeintliche Holzdieb Hörner hatte. Der kluge Seelsorger versäumte nicht zu belehren: »Merket euch, so säet der Teufel Argwohn!« Josef Maria Aschwanden, 60 Jahre alt. »Das isch der Zwyfel gsy! – Das het mä-n-eisster gseit. Der Zwyfel isch der Tyfel.« – In Unterschächen wird die nämliche Historie erzählt in Bezug auf den Bannwart Herger: »Der Argwohn isch ä Schelm.« K. Gisler, 75 Jahre alt. c) In einem Wald drunten am Urnersee in der Gegend von Bauen hatte ein armes, mit Kindern reichgesegnetes Mandli vom Geschlechte Truttmann bisweilen dürres Holz zusammengelesen. Nachdem er gestorben, hörten die Leute, die in ihrem Schifflein bei jenem Walde vorbeifuhren, gar oft jemand darinnen Holz spalten. Sofort entstand das Gerücht: »Aehä, das isch der Trüttmä; der het da gwiss g'frävlet und müess ez wandlä!« Als einmal zufällig auch ein Kapuziner im Nachen mitfuhr, hörte man den Unbekannten wieder am Holz arbeiten, und die Schiffer sagten zu einander: »Aehä, är bäcket ämal wieder!« Der Pater fragte sie nach der Bedeutung ihrer Rede, und sie erzählten ihm alles. Da lachte er und sagte: »Der Trüttmä da, ja der isch scho lang im Himmel! – Wend-ärä g'seh, der wo da äso bäcket?« Das wäre ihnen schon recht, meinten sie. Und jetzt machte der Kapuziner, dass sie ihn zu sehen bekamen. Es war der Böse! Der hatte die Leute zum Argwohn und zur Verleumdung verführen wollen. »So hennt-s'es alligs bi ys obä uff der Scheeni z'Wassä vor fifzg Jahrä verzellt«, fügt meine Erzählerin ihrer Geschichte hinzu. Franziska Kruog, 70 Jahre alt. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945, Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Teufel als Pate

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Eine arme Familie hatte viele Kinder. Beim jüngsten fanden sie trotz Suchen keinen Taufpaten mehr. Als der Mann einst wieder voll Trauer sich auf den Weg machte, um einen Götti zu finden, begegnete ihm ein schöner, schwarzgekleideter Herr. Dem vertraute er in seiner Niedergeschlagenheit den Kummer an. Der freundliche Herr anerbot sich sofort, dem jüngsten Sohne Götti zu werden, wenn er ihm das verspreche, was in diesem Augenblick zu Hause hinter der Türe sei. Der Vater stieg freudig darauf ein und dachte, daheim sei jetzt wohl nichts Wichtiges hinter der Türe. Frohlockend berichtete er seiner Frau, was für einen schönen Götti er gefunden habe. Die Frau jedoch begann zu weinen, jetzt habe er dem Bösen seinen Sohn versprochen. Der Vater nahm das aber nicht so tragisch. Als der Knabe aufwuchs, fiel dem Manne auf, dass seine Frau ständig traurig war und immer weinte, wenn sie dem Knaben die Haare kämmte. Er fragte sie, was ihr denn fehle. Sie gestand ihm, der Böse werde bald kommen und den Sohn nehmen. Eines Tages zog der Knabe in den Wald und fragte da eine gute Frau um Rat. Die tröstete ihn, er solle nicht Angst haben, in der Nähe wohne ein frommer Priester, zu ihm solle er gehen und ihm alles erzählen. Das tat der Knabe. Der Geistliche nahm ein grosses Weinfass, füllte es mit Weihwasser und tauchte den Knaben hinein. Im gleichen Augenblick erschien auch der Götti, das war der Teufel, und wollte den Knaben nehmen. Aus dem Weihwasser brachte er ihn aber nicht, nur die paar Haare, die aus dem Fasse schauten, ergriff er und riss sie in seiner Wut aus. Aber sonst konnte er ihm nichts zuleide tun und musste ihn freilassen. Der Knabe blieb gerettet. RIED-MÖREL Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Teufel als Schwager

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Dies hat vor dreissig Jahren eine alte Spinnerin zu Escholzmatt erzählt. Ein junger Handwerksbursche nahm, müde von der Wanderschaft, in einer Herberge Quartier und blieb allda mehrere Tage, indem er nicht bedachte, dass seine erschöpfte Börse dabei nicht bestehen werde. Es war aber schon einer, der weniger leichtsinnig war und eines Abends die Rechnung machte, der Wirt. Morgen - hiess es - muss bezahlt werden. So kam eine Nacht voll banger Sorgen für den Zecher. In dieser Not trat eine schwarze Gestalt zu ihm ans Bett und gab sich sogleich schlecht und recht zu erkennen als - den Teufel. Sei aber nicht da, sagte er, ihm zu schaden, sondern zu nützen, wenn ihm der Bursche ebenfalls zu einem Schick verhelfen wolle. Es gehe ihm dann deshalb weder ans Leben noch an die Seele. Vielmehr, recht gut soll er 's haben und nach Verfluss einer gewissen Zeit noch besser bekommen. Ja, nicht einmal ans Sterbbett wolle er ihm nahen. Was der Teufel verlangte war nur dies: Der Mensch sollte sieben Jahre lang in diesem Wirtshaus bleiben und während dieser Frist nie sich waschen, kämmen, Haar und Nägel beschneiden. Dagegen sollte er zu essen und zu trinken haben vollauf und immer Geld wie Laub. Und nach den sieben Jahren sollte er ganz frei sein wie vor und ehe und im Geringsten vom Teufel nichts zu fürchten haben, wie gesagt nicht einmal am Sterbebett soll gegenteils immerfort Geld genug erhalten. Was der Leichtsinn nicht tut - der Handwerksbursche trug kein Bedenken mit dem Bösen den Pakt einzugehen, obschon er nicht wusste, was der eigentlich im Schilde führe. Fünf, sechs Jahre waren endlich um und der Mensch sah anfangs gräulich aus. Gut hatte er 's, das ist wahr, recht gut. Aber dafür war er wüst wie d'Sünd in seinem Äussern. Jetzt kam einmal zum Wirt ein Nachbar, der Kaufmann. Es gelang ihm schlecht, die nagende Sorge des Herzens zu verhüllen unter das kaufmännische Gesicht. Der Wirt, als Freund, zeigte Teilnahme und jener entdeckte sein Leiden. Wie es geht, grosse Verluste bedrohten ihn mit dem Ruin. Nirgends wusste er die fehlende Summe aufzutreiben. Dem Wirt blitzte ein rettender Gedanke. Bei mir, sprach er, wohnt seit mehr denn sechs Jahren ein sonderbarer Kerl. Er ist sehr gutmütig, gefällig, freigebig, lässt sich nichts abgehen, aber sieht anfangs aus wie der „Gott b'hüt uns davor". Könnte es anders sein, wenn einer immer an sich trägt, was ihm anklebt und wachsen lässt, was wächst. Probier 's mit ihm, Geld hat er so viel er will. Für deine Töchter ist er wohl auch nicht unempfindlich, denn ich hab' schon manchmal bemerkt, dass seine Augen die Richtung nach deinem Haus nicht ungern nehmen, und dabei tun, als ob sie etwas erspähen wollten. Der Mensch kann zu vielem sich entschliessen, wenn er in Not ist. Zwischen dem Kaufmann und dem Handwerksburschen kam es in der Tat zu einem Vertrag. Der letztere spendet Geld genug, wenn er eine von den drei Töchtern heiraten will. Zu Hause eröffnet diesen der Vater seinen Vorschlag. Freilich die beiden ältern Mädchen hatten bisher schon manche Paartie ausgeschlagen, denn bald war der junge Herr nicht reich und witzig, bald nicht schön und galant genug. Das wusste der Vater wohl und nur unter grosser Sorge führte er die Erste und Älteste hinüber zu dem seltsamen Freier, dessen Geld der Schönen anständig gewesen wäre. Wie sie ihn aber sah, floh sie auf und davon wie vor dem bösen Geiste, indem sie rief: „Lieber will ich ins Wasser springen, als den nehmen." – Die zweite machte es nicht anders und schmähte im Gehen: „Lieber hänge ich mich auf, ehe ich diesen heirate.“ Beide machten auch der Dritten eine grauenvolle Schilderung von der Gestalt. „Nun, du mein liebes Kind“, sprach jetzt der Vater zur Jüngsten, „bist du meine allerletzte Hiffnung. Wenn auch du ihn nicht nimmst, bin ich verloren.“ Voll Kindesliebe sprach sie entschlossen: „Vater ich nehme ihn.“ Sie ward dem wüsten Manne vorgestellt. Dieser fand an ihr Wohlgefallen. Sie selbst hielt ihre Augen stets zu Boden geschlagen, sie schaute ihn gar nicht an, aber versprach wieder voll Entschlossenheit, ihm sich zu vermählen. Die Hochzeitfeier ward bestimmt und das nötige Geld bezahlt. Inzwischen waren die sieben Jahre des Paktes um. Da fuhr eines Tages ein schöner, schmucker, junger Herr mit prächtiger Karosse, von Gold und Edelsteinen funkelnd vor dem Hause des Kaufmanns vor und gab sich den erstaunten Bewohnern zu erkennen als - den Bräutigam der jüngsten Tochter. Welch ein Jubel für diese. Wohl hatte sie ihren Freier jetzt erwartet, aber das edle Bewusstsein, ein grossmutiges Opfer kindlicher Liebe zu werden, hatte nicht vermocht alle Wolken des Kummers aus ihrem Antlitze zu verscheuchen. Jetzt wohl flohen diese, wie Nebel an der Maisonne. Die Hochzeitsleute schritten endlich zur Kirche und dann wieder in stattlichem Zuge heraus, nur die beiden ältern Schwestern waren aus Ärger zu Hause geblieben und - hatten sich beide entleibt, die eine am Nagel, die andere im Wasser. Und wie der Bräutigam zum Kirchenportal heraustrat, da erblickte er auf einem Dache vor sich nach sieben Jahren zum erstenmal wieder - den Teufel, der voll höllischer Schadenfreude ihm die Absicht seines Bündnisses andeutete mit den Worten: „Weist, Schwager, ä so chas cho; Du hest eini und i ha zwo."   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


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Ein Handwerksbursche kam auf seiner Wanderschaft an einem Abend in eine Herberge, und weil er sich schon ein paar Tage hintereinander müde gelaufen hatte, wollte er nun auch wieder ein paar Tage rasten. Er bedachte aber nicht, dass der Beutel die Kosten nicht vertrug, und als der Wirt, der davon Wind bekam, eines Abends sagte: »Guter Freund, Ihr seid wohl jetzt nicht mehr müde, also seid so gut und macht Euch morgen früh auf die Strümpfe, hier ist Eure kleine Rechnung«, – da überlief es den Burschen kalt und heiss, und er bat den Wirt, mit der Rechnung nur wenigstens bis morgen noch zu warten; »Morgen«, sagte er, »ist auch noch ein Tag.« »Gut«, sagte der Wirt, »aber nehmt Euch in acht vor der Herberge zum schwarzen Turm, dahin bringt man bei uns die Leute ins Quartier, die mehr essen und trinken, als der Beutel Stich hält« Als aber der Wirt fort war, warf sich der Handwerksbursche aufs Bett und konnte doch vor Angst und Sorgen die ganze Nacht kein Auge zutun. Da trat auf einmal eine schwarze Gestalt zu ihm ans Bett und gab sich sogleich schlecht und recht als den Teufel zu erkennen. Der sagte: »Fürchte dich nicht, mein lieber Geselle, brätst du mir die Wurst, so lösch ich dir den Durst; willst du mir zu einem Schick verhelfen, so will ich dich aus deiner Klemme ziehen.« »Und das wäre?« fragte der Handwerksbursche. »Nur sieben Jahre«, sagte der Teufel, »sollst du hier in diesem Wirtshaus bleiben, ich will dich frei halten und dir Hülle und Fülle geben, und nachher sollst du's noch besser bekommen und immer Geld haben wie Laub. Dafür sollst du dich aber nie waschen noch kämmen und dir auch Haar und Nägel nie schneiden.«   »Der Dienst ist schon des andern wert«, dachte der Handwerksbursche und ging den Vertrag unverzüglich ein.   Als der Wirt am andern Morgen erschien, erhielt er von dem Handwerksburschen seine Zeche auf Heller und Pfennig ausbezahlt und noch einen Überschuss dazu auf weitere Zeche; und der Handwerksbursche blieb Jahr und Tag in der Herberge sitzen und liess Geld drauf gehen wie Sand am Meer. Aber er wurde auch wüst wie die Nacht und kein Mensch mochte ihn ansehen. Kam an einem schönen Morgen ein Kaufmann zu dem Wirt; das war sein Nachbar; der hatte drei blitzschöne Töchter; weil er sich aber in seinen Geschäften schlimm verrechnet hatte, und nicht mehr wusste wo aus und ein, so kam er, um dem Wirt seine Not zu klagen. »Hört«, sagte der Wirt, »Euch kann geholfen werden. Da droben in meiner Fremdenstube wohnt schon mehr als sechs Jahre ein sonderbarer Kerl; der lässt wachsen was wächst und sieht aus wie die Sünde; aber er hat Geld wie Heu und lässt sich nichts abgehen; probiert's mit dem; ich hab ohnehin schon lang gemerkt, dass er oft nach Eurem Haus hinüberschielt; wer weiss, ob er's nicht auf eine von Euern Töchtern abgesehen hat.«   Dieser Rat leuchtete dem Kaufmann ein; er ging hinauf zu dem Handwerksburschen und es kam bald zu einem Vertrag zwischen ihnen: dass der Handwerksbursche dem Kaufmann aus den Nöten helfen und der Kaufmann dem Handwerksburschen eine seiner Töchter zur Frau geben müsse. Als sie aber zu den drei Töchtern kamen und der Vater ihnen den Handel auseinandersetzte, lief die älteste davon und rief: »Pfui, Vater; was für einen Gräuel bringst du uns ins Haus! Lieber will ich ins Wasser springen, ehe ich den heirate.« Die zweite machte es nicht besser und rief: »Pfui, Vater; was für ein Scheusal bringst du uns ins Haus! Lieber häng' ich mich auf, ehe ich den heirate.« Die dritte und jüngste sprach dagegen: »Es muss doch ein braver Mann sein, Vater, dass er dich retten will, ich nehm' ihn.« Sie hielt ihre Augen immer zu Boden geschlagen und sah ihn gar nicht an; aber er hatte ein grosses Wohlgefallen an ihr, und die Hochzeitfeier wurde festgestellt.   Da waren auch die sieben Jahre um, die der Teufel ausbedingt hatte; und als der Hochzeitsmorgen erschien, fuhr eine prächtige Kutsche, von Gold und Edelsteinen funkelnd, bei dem Hause des Kaufmanns vor, und heraus sprang der Handwerksbursche, der jetzt ein junger und feiner reicher Herr geworden war. Da fiel der Braut ein Stein vom Herzen, und des Jubels war kein Ende. In langem Zuge gingen die Hochzeitleute zur Kirche; denn der Kaufmann und der Wirt hatten all ihre Verwandtschaft dazu eingeladen; nur die beiden älteren Schwestern der glücklichen Braut gingen nicht mit, sondern sie entleibten sich aus Ärger, die eine am Nagel, die andere im Wasser. Und als der Bräutigam aus der Kirche kam, da sah er zum ersten Mal nach sieben Jahren den Teufel wieder, der sass auf einem Dach und lachte zufrieden herunter:   »Weisst, Schwoger, eso cha's cho: Du hest Eini und i ha Zwo!«   Quelle: Sutermeister, Otto: Kinder- und Hausmärchen aus der Schweiz, Aarau:1869 Lesen Sie den Bericht zu diesem Märchen                                       Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Teufel als Strassenpflästerer

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Die Bürgler wollten einst den Weg ins Riedertal pflastern lassen und verdingten die Arbeit einem armen Manne. Als der Mann die mühevolle Arbeit begann, sprengte der leibhaftige Böse auf einem feurigen Ross daher und sagte: »Guter Mann, du wirst mit deiner Arbeit in alle Ewigkeit nicht fertig; übergib dich mir mit Leib und Seele, und ich mache die Arbeit.« Der arme Mann liess sich überreden, machte aber eine Bedingung. Der Teufel musste ihm sein Ross abtreten; auf ihm wollte er ins Riedertal fahren, und wenn die Arbeit fertig sei, bevor er die Kapelle erreiche, gehöre er ihm mit Leib und Seele. Der Teufel erklärte sich einverstanden. Der Mann schwang sich nun aufs Ross, gab demselben die Sporen, und im Galopp sprengte er ins Tal hinein. Der Teufel aber, nicht faul, besetzte den Weg so schnell mit Pflastersteinen, dass es dem armen Mann unmöglich war, auch nur einen kleinen Vorsprung zu gewinnen. In der Nähe der Kapelle überfiel den Mann eine unsägliche Angst; es hiess jetzt nicht »Zeit ist Geld«, eine viel wichtigere Sache stand auf dem Spiele. Mit einem Salto mortale erreichte er die Vorhalle der Kapelle. Der Teufel war mit einer Lage Pflastersteine zu spät und hatte so den Handel verspielt. Am Hufeisen des Hinterbeines woll te er das Ross noch zurückhalten, aber die Mutter Gottes hatte seine Macht gebrochen. Statt der Seele des armen Mannes hatte er ein Hufeisen in seinen Klauen. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Teufel am Ressfahr

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Die unterste und letzte Schiffsfähre über die Reuss führte vom Zugerland nach dem Freiämter Dorf Mühlau. Hier fand einst ein Zuger Mädchen seinen frühen Tod, da es aus Verzweiflung in der Mitte der Reuss aus dem Schiffe sprang und im nassen Grab seinen treulosen Geliebten vergessen wollte. Wohl suchte der mutige Fährmann die Zuger Jungfer zu retten, aber alles Bemühen war umsonst. Die Reuss gab nicht einmal mehr die Leiche zurück. Von dieser Zeit an wurde die Fähre immer und immer wieder durch einen bösen Wassergeist gestört. So oft man in die Flussmitte kam, fing das Wasser an zu toben und wild aufzusieden, und nur die rasche Rückfahrt schützte vor dem drohenden Wassertod. Es kam so weit, dass niemand mehr die Mühlauer Fähre benützen wollte und die Landleute aus der Gegend der Bützen benützten lieber die Fähre bei Sins. Im Volke erzählte man sich, dass die Zugerin wohl ganz grosse Verbrechen begangen habe, dass sich die Reusswasser so unbändig zeigten, seit das schuldbeladene Mädchen dort Tod und Grab gefunden habe. Da kamen einmal zwei Väter aus dem Kapuzinerkloster von Zug, welche im Freiamt gepredigt und für ihre armen Mitbrüder gesammelt hatten und forderten vom Fährmann die Überfahrt. Dieser weigerte sich lange und erzählte von dem schlimmen Zugermädchen, das durch seinen Freitod das Unglück über ihn und die Reussfähre gebracht habe. Es brauchte alle Überredungskünste der beiden Väter, bis der Mühlauer Fährmann sie an das Zugerufer zu fahren wagte. Wie sie nun aber in des Wassers Mitte kamen, fingen die Reusswogen an zu toben und wild aufzuspritzen. Der Fährmann hielt erschrocken an und wollte wieder an das schützende Freiämterufer zurück, während die beiden Kapuziner den störenden bösen Geist anriefen, dass er sich zeige. Da sprang plötzlich ein langhaariger schwarzer Hund in das Schiff und die Kapuziner zwangen das Ungeheuer zum Bekenntnis. Es war nicht der unruhige und unglückselige Geist der Zugerin, sondern der Teufel selber trieb hier sein Unwesen und freute sich unbändig, wenn dem Mädchen alle möglichen Verbrechen und böse Untaten nachgesagt wurden, denn so komme er eher zu neuen Gästen in sein Höllenreich der Lügner, Verleumder und Ehrabschneider. Je länger man glaube, der Geist der Zugerin verursache das wilde Wasser, desto grösser werde seine schwarze Höllenschar. Auf dieses, durch die Kapuziner erzwungene Bekenntnis bannten die beiden Väter den schwarzen Teufel in eine unwirtliche Gegend und seither wurde die Reussüberfahrt wieder gefahrenfrei und auch das Andenken an das unglückliche Mädchen, das in seiner Liebesnot den frühen Tod gefunden, wurde von den vielen Verleumdungen und Lügen befreit. Bis vor wenigen Jahren fuhr die Fähre noch und erst kürzlich wurde eine feste Brücke über die Reus gebaut. Vor dem Teufel aber hatte man seit der Begegnung mit den Kapuzinern vollkommen Ruhe. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 95 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Teufel baut den Grimmelwaldern die wohlfeilste Brücke

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Dr Tyfel buwd den Gimmelwaldren die wohlfeilschti Brigg Wie gären wän d’r Geishirt von Gimmelwald un d’r Wildheuwer un d’r Schäfer im Sefenetal von Ozen über en Gstägbach anhi uf Gstäg gangen! Das heis nid anders chennen, ohni en grossa Umwäg z’machen. Si hein nid gwisst, wie sis wein, fir da über z’chon, denn das ischt en mordio teiffi Lamm (Schlucht) g’syn. Kei Tyfel hed z’Boden g’sehn. Wa si hein Rad g’häben, ischt es chächs Manndli ufg’schtanden: "Das bringen mier bim Tonnder fertig, wen mier derhinder, wen mu wil, su isch halb g’machts! Aber d’r Tyfel weis wa Hilf nähn!" Si hein schon hie un da dervon prichted, si heigen nen in Busentelren g'sehn. Das Manndll ischt firhi gangen vor d’Ozenhitti un hed d'r nen Volla (hölzerner Milchtrichter) brieled: "Chum anha un mach ys da en Brigg über Gstäglamm, Herr Tyfel!" Das hed där g’heerd un hed si nid g’weigred. Är hed en Schopf von em Grind (Felskopf) abg’schprengt, hed nen mid beeden Chräuwlen (Händen) g’non un hed nen gwiss grad vollschmeis (mit aller Kraft) dir d’Luft us triben. Bloss ischt er g’schlinggeta (geschleudert) — ischt er z’chlyna — un tatsch — duo ischt er in der Lamm ahi g’syn. Un duo ischt der Tyfel touba worden un hed nieuwa gar hellisch g’fluoched un wiescht tan! U pletzli druf hed er no eis vom glychen Grind umhi eina firha g’chräuwled, un duo hed er zun däm Firhachräuwlen no d’Chnoden g’schunten. Uversäheds hed er nen vor puurer Teibi dir d’Luft us pelzt, un duo hed ers uf mysee (bei meiner Seele) grad scheen uf d’Lamm ahi preicht. Där Schopf ischt g’wiss no grad hyt yg’chlemmta wien en Plochweggen. (besonders grosser Holzkeil) Är ischt obna tälleräbena — das ischt no zur Stund di beschti Brigg wan mu z’wyter Heid chan finden. Duo wän alls im Chlaren g’syn, nummen hed no d’r Tyfel wellen zallta syn fir sys Wärch. D’r Bees hed z’en Puurnen g’seid: Mys ischt z’erscht Hout, wan en Glogga treid, Un den über die Briggen geid, Da chennt er machen wien er weid! Da grad von hyt uf moren hein d`Gimmelwaldner das nid chennen zämen usträjen, we si das wellen. Z`erscht heis im Sin ghäben in em hundsmageren Stierli es Gleggli az`heichen un ses uberz`jagen. Un duo hed si no das g`ruwen, und duo ischt nen in Sin chon, si wellen da no e paar Abend druber schlafen. Es hed si grad Wunder g`non, ob si da es Stickli Veeh dem Beesen miessen in Rachen reisen. Si hein si du b`sinnd, dert wuohi Wacht z`schtellen das nid epper Lätzes uber d`Brig uber un zum Tyfel gang. Un duo hein d’Gimmelwalder ses den Schtächelbärgren pischmed (zugeraunt): In Sefinen bin der Lammen, Da heig es geng en Wacht. Da syg en schteinigi Briggen, Die heig der Tyfel g’macht. Däm Gimmelwalder, wan im Rad ischt ufg’standen, däm isch yg’fallen, statt in em nutzbaren Tierli, iner Chatz, trotzdäm dass die d’s Wyberrächt hein, es Gleggli az’heichen un sa uberz’schprenggen. U das hein si g’macht. Mu hed grad g’sehn, dass d’r Ghorenocht (der Gehörnte) verruckta wird, un duo hed er die Chatz erwitscht un hed sa vor puurer Teibi in d’Lamm ahi triben. Un no grad hytigstags hed mu an d’r einten Wand d’Glychsami (Ähnlckhkeit) von em Chatzenmaali. Drnah heis g’heerd, dass där ungehyr hed g’chlopfed un g’schmättred in Fliehnen wuohi. Von denn an hed mu weder Gix no Gax meh eppes vermisched (gemerkt) von mu. Aber en gäbegerri Brigg, seid in jedra Geishirt, in jedra Wildheuwer un in jedra Gemmschifrävler, gäbs nid, wan d’s Tyfels Brigg über Gstäglamm in Sefenen, un die heigs no d’s Tyfels Lengi! Quelle: Hans Michel, Ein Kratten voll Lauterbrunner Sagen. Wengen 1936. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Teufel baut und wird überlistet

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a) Beim Rapperswiler-Brückenbau gab der betrogene Teufel dem zuerst statt eines Menschen über die Brücke springenden Hund den Schuh von hinten und seither wenden sich die Hunde beim Springen immer etwas seitwärts, um zu sehen, wer hinten nachkomme. b). Ein andermal verspricht der Teufel einem armen bedrängten Bauer ein Haus zu bauen und Geld genug zu geben, wenn er ihm zusage, was daheim hinter der Thüre sei. Der Mann dachte an den Besen und schlug ein. Indes gebar daheim die Frau und das Kind ward hinter die Thüre gelegt. So wäre es dem Leidigen verkauft gewesen. Zum Glück jedoch hat es die Mutter gut besegnet und er konnte es nicht nehmen. An das schon im Hui erbaute Haus machte er nun voll Ärger noch einen Fehler. Er machte, dass man das Tor nie an die Angel hängen konnte. c). Die weiter oben angeführte Erzählung vom Hausbau des Teufels ist auch zu Knutwil (Kanton Luzern) örtlich geworden. Die listige Frau brachte hier den Hahn zum frühern Rufen, indem sie den Hühnern Haber streute. Nur die Tore fehlten noch, als der höllische Baumeister abfahren musste. An diesem Hause konnten niemals Tore angebracht werden und es musste offen bleiben, damit nachts der Türst mit seinen Hunden hindurchjagen könne.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Der Teufel baut und wird überlistet

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a) Beim Rapperswiler-Brückenbau gab der betrogene Teufel dem zuerst statt eines Menschen über die Brücke springenden Hund den Schuh von hinten und seither wenden sich die Hunde beim Springen immer etwas seitwärts, um zu sehen, wer hinten nachkomme. b). Ein andermal verspricht der Teufel einem armen bedrängten Bauer ein Haus zu bauen und Geld genug zu geben, wenn er ihm zusage, was daheim hinter der Thüre sei. Der Mann dachte an den Besen und schlug ein. Indes gebar daheim die Frau und das Kind ward hinter die Thüre gelegt. So wäre es dem Leidigen verkauft gewesen. Zum Glück jedoch hat es die Mutter gut besegnet und er konnte es nicht nehmen. An das schon im Hui erbaute Haus machte er nun voll Ärger noch einen Fehler. Er machte, dass man das Tor nie an die Angel hängen konnte. c). Die weiter oben angeführte Erzählung vom Hausbau des Teufels ist auch zu Knutwil (Kanton Luzern) örtlich geworden. Die listige Frau brachte hier den Hahn zum frühern Rufen, indem sie den Hühnern Haber streute. Nur die Tore fehlten noch, als der höllische Baumeister abfahren musste. An diesem Hause konnten niemals Tore angebracht werden und es musste offen bleiben, damit nachts der Türst mit seinen Hunden hindurchjagen könne.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Der Teufel beim Osterspiel

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Wie an manchen Orten, so wurde in Menznau, Kanton Luzern, bei der Auferstehungsfeier die Szene mit den während der Prozession in der Kirche tobenden Teufeln ausgeführt. Einst bemerkten bei diesem Anlass die als Teufel Verkleideten, dass ein Teufel mehr sei, als sie anfänglich gezählt hatten, kurz, dass der wirkliche Böse leibhaftig unter ihnen stehe. Von dort ab unterblieb dieses Spiel.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Der Teufel bestraft Übermut

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Ein trauriges Ende nahm ein verwegener Bursche aus dem Entlibuch. Derselbe hatte einst die Kreuzfluh am Hohgant erstiegen. Uebermütig trotzte er auf dem äussersten schmalen Rande der Gefahr, als plötzlich der Teufel in Gestalt eines schwarzen Ziegenbocks neben ihm erschien und ihn hinab in die Tiefe stürzte. Als Warnungszeichen für solchen tollkühnen Uebermut sieht man noch das Kreuz, welches sich bildete, als der Fallende im Todesschrecken: "Potz Krüz!" ausrief. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Teufel hilft hagen

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In einem versteckten, einsamen Berggütlein des Schächentales waren Vater und Sohn in den Pfingstfeiertagen mit der Aufrichtung eines Zaunes beschäftigt. Da gesellte sich Einer zu ihnen und fragte: »Chani oi hälfä?« »Sovill dü witt«, antworten gleichzeitig die beiden Feiertagsschänder, obwohl sie den Dienstfertigen nicht kennen. Und dieser legte Hand an; äs heig-em heillos wohl üssg'gä und imbeediat syg der Hag fertig gsy. Als aber der Gehilfe Abschied nahm, kamen unter seinen Hosen ein Paar Bocksfüsse zum Vorschein. Michael Walker, Altdorf Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Teufel im Kübel

Source: Der Teufel im Kübel

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In Grub erschien einst der leibhaftige Böse und war natürlich kein werter Gast. Zuerst trat ihm der protestantische Pfarrer entgegen und sagte: "Ich komme und beschwöre dich," worauf jener erwiderte: "Ich komme und verzehre dich." - Nun erschien der katholische Seelsorger, der lange ebenfalls nichts ausrichten konnte. Endlich rückte er ihm aber doch mit einem starken Mittel auf den Leib, so daß dieser rief: "Ins Töbeli im Chöbeli!" In der Nähe ist nämlich das Sacktobel. Dahin wurde der Teufel in einem Kübelchen getragen, und da musste er lange bleiben. Einst wollte ein alter Bauer das Kübelchen forttragen. Doch dieses wurde immer schwerer, so daß der Mann es fallen lassen mußte. Einige wollen in jener Gegend nachts eine Katze gesehen haben, welche leuchtete, aber bald verschwand. A. Sprenger.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 26, S. 16 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Teufel im Spiele

Source: Der Teufel im Spiele

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Übermütiges junges Volk, Buben und Mädchen, machten sich eines Abends in einem einsamen Bauernhaus lustig. Sie waren ihrer fünf und hätten gerne einmal »gekaisert«; aber spielten ihrer vier, dann musste einer zuschauen, und das war keinem lieb. Zu sechsen zu spielen, dazu fehlte der Eine. Da trat ein frecher, unwitziger Bursche vor die Haustüre und rief in die dunkle Nacht hinaus: »Isch Einä-n-ummä, wo nu will mid-is spielä, sä sell-er chu!« Grell widerhallte sein unbesonnener Ruf in den Flühen des engen Tales. Vom nächsten Gütsch herab erscholl ein schriller Jauchzer. Heillos bald erschien ein Spielgefährte in langen grünen Hosen, deren Saum den Boden streifte, in der Stube und setzte sich zur fröhlichen Gesellschaft, die ihn bewillkommte, an den eichenen Tisch mit der in der Mitte eingefügten Schiefertafel. Der verstunds aber, freundlich und lustig zu tun, und spielen konnte der! potztausend! keine einzige Partie verlor er. Da fiel endlich eine Karte auf den Boden; man suchte sie und zündete auch mit dem Öllichtlein unter den Tisch. O Verdammts! streckt der schöne, lustige Grünhösler nicht zwei wohlgeformte Bocksfüsse unter die Tischrahmen? »Büebä, miär wennt da gah, äs g'fallt mer nitt!« ruft einer, und alle andern sind einverstanden, werfen die Karten auf den Tisch, bekreuzen sich und machen sich aus dem Staube. Der Grüne verduftete ebenfalls, aber mit einem so entsetzlichen Schwefelgestank, dass es die zwei Meitli des Hauses zu Boden warf. Frau Wipfli-Herger, 80 Jahre alt. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Teufel in der Küche

Source: Der Teufel in der Küche

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Das wisst ihr nicht, und doch ist es noch nicht lange her und ist wahr: In einem Bauernhaus zu Schattdorf tanzte eines Abends eine ausgelassene Gesellschaft, tanzte und soff und haleegerte die Nacht hindurch. Endlich schickten sie ein Maitli in die Küche hinaus, einen Chohli zu machen. Es ging und wollte anfeuern, brachte es aber nicht zustande. Als es solches der Gesellschaft meldete, hiess es, das seien nur Dummheiten. »Da wem-mer etz doch gärä gseh und lüegä, ob miär nitt chennet afyrä«, meinten einige und begaben sich in die Küche. Aber die mussten nicht anfeuern, denn – Gott b'hiäti's – der lebendige Teufel war da. Jetzt verstummte allerdings die Lustbarkeit. Auf keine Art wollte der schwarze Gast das Feld räumen, nicht einmal dem Pfarrer, den sie herbeiholten, wollte er folgen. Nun war gerade der Firmer in der Pfarrei; dem sagte es der Pfarrer, und die geängstigten Hausinsassen liessen ihn dringend um seine Hilfe bitten. Der Bischof ordnete an, auf den folgenden Tag ein unschuldiges Mädchen, das in dem Jahre zur ersten heiligen Kommunion gegangen, im weissen Kommunionkleidchen, mit dem Kränzlein auf dem Kopfe bereit zu halten. Nun, nachdem der Bischof die Firmung gespendet hatte, ging er mit dem Pfarrer, dem Sigrist, der das Weihwasser trug, und mit dem Kind in jenes Haus. Dem Kind gab er den Bischofsstab in die Hände und stellte es in den Keller mit der Weisung, da auszuharren; es brauche keine Angst zu haben, es geschehe ihm sicher nichts. Dann gingen Bischof, Pfarrer und Sigrist zuoberst in das Haus und benedizierten zuerst die Dachräume, dann die Kammern, dann Küche und Wohnräume. Wie sie sich dem Keller nahten, liess das Kind einen furchtbaren Schrei hören. Sie eilten zu ihm, und da sagte es: »Ach! wiä isch daa ä wiäschtä, brandschwarzä Hund zum Chällertohli üss und hed ä grysslichi, fyrroti Lällä zum Mül üss g'hänkt.« Katharina Gamma, 50 Jahre alt. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Teufel macht Einen lachen

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a) Es war einmal ein Mann, der mochte sich nie erlachen. Da geschah es eines Tages plötzlich, dass er mitten unter der heiligen Messe hellauf lachte. Der Pfarrer liess ihn vor sich kommen und befragte ihn wegen seines unehrerbietigen Betragens am heiligen Ort. Da erhielt er zur Auskunft: »E! der Tyfel isch i Kilä-n-innä chu und het der Grind annärä Stutt a'gschlagä, und das het-mi äso luschtig tunkt.« Frau Zäzilia Gisler-Walker, 70 Jahre alt. b) Er sah mitten unter der heiligen Messe zwei Mäuschen in der Kirche herumspazieren und miteinander tanzen und musste deswegen lachen. Auf sein lautes Gelächter liefen sie weg, aber er sah, dass sie Hörnlein am Kopfe trugen. Jetzt wusste er, wer ihn zum Lachen verführt hatte. Frau Wipfli-Herger, 80 Jahre alt. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Teufel mit dem Geissfuss

Source: Der Teufel mit dem Geissfuss

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Es ist emol ene gseh (gesin, gewesen), die hed en schlechta Lebeswandel gfüert. Die hed en Herra atroffa. Do hed`s a he gnoh (nach Hause genommen), ond wie s`em d' Stefel abzoga hed, so hed-er Gässfüess (Geißfüsse) kah (gehabt). Do fahrd er si a, woromms Vatter ond Muetter nüd folge, ond fahrd miter i d'Löft. Deno hed ma nütz meh von ner gseha. Quelle: Theodor Vernaleken, Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch


by Der Teufel notiert Seelen

Source: Der Teufel notiert Seelen

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Zu Aesch pflegte St. Beatus zu predigen. Als er sich einst etwas verspätet hatte, war sein Gefährte, der heilige Achatus, an seine Stelle getreten. Die Kirche war schon über und über mit frommen Zuhörern angefüllt als St. Beatus erschien. Da es aber eben ein sehr warmer Tag und St. Achatus auch kein besonderer Redner war, musste er zu seinem grossen Leidwesen sehen, wie einer nach dem andern von der Gemeinde in süssen Schlaf verfiel. Desto eifriger und andächtiger lauschte St. Beatus den Worten seines Schülers; da nahm er plötzlich den Teufel unter der Kanzel wahr: ein Bein über das andere geschlagen und eine Krähenfeder in der Hand sass er da und schrieb in aller Eile auf ein grosses Bocksfell die Namen der ihm verfallenen Schläfer. St. Beatus war darüber in Verzweiflung, gern hätte er die Schläfer geweckt, aber er durfte, ohne eine Todsünde zu begehen, die Predigt nicht unterbrechen. Der Teufel schrieb indess fleissig fort und schon war seine höllische Schreibtafel angefüllt, ohne dass sämtliche Namen der Schlafenden verzeichnet waren. Da kam der Teufel, der die Gelegenheit, so viel Seelen als möglich zu erhaschen, nicht unbenützt vorüber gehen lassen wollte, der Gedanke, die Bockshaut noch etwas in die Länge und Breite auszudehnen, indem er das eine Ende mit den Zähnen und, sich gegen den Taufstein stemmend, das andere Ende mit den Klauen fasste. In dieser wahrhaft teuflischen Absicht strengte er sich aber so heftig an, dass plötzlich das Bocksfell riss und sein Kopf mit aller Gewalt an den Fuss der Kanzel schlug. Dies gewährte aber einen so komischen Anblick, dass St. Beatus laut auflachen musste, darob die ganze Gemeinde wenige Augenblicke noch vor dem Amen erwachte und dem Teufel die Beute, die er schon sicher in der Hölle untergebracht wähnte, verloren ging. Natürlich war dies dem Teufel sehr unangenehm. Zornig und sich schämend fuhr er von dannen und stürzte sich in den Thunersee, dessen Wellen hoch aufbrausend über ihm zusammenschlugen. Der heilige Beatus aber ging für die Sünde, die er dadurch begangen, dass sein schadenfrohes Lachen die Predigt unterbrochen, nicht leer aus. Als er an den See kam, über welchen er auf seinem Mantel nach seiner Wohnung, der Beatenhöhle, überzusetzen pflegte, hatte dieser die ihm von Gott verliehene Kraft, den Heiligen zu tragen, für immer verloren. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Teufel predigt

Source: Der Teufel predigt

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Als einst ein Pfarrer unwohl war, kam ein Geistlicher und anerbot sich, für ihn die Predigt zu halten. Der Pfarrer nahm das Anerbieten freudig an, und der Stellvertreter betrat die Kanzel. Er wetterte gewaltig. Da stellte er die Frage, ob sie wohl wüssten, wer von allen in der Kirche die grösste Hoffart habe. Alle schauten auf eine vornehme Dame, die unter ihnen sass. Aber der Prediger rief, die grösste Hoffart habe das Meitli da vornen in der Kirche mit seinem neuen rätschwärchenen Rock und dem roten Göller. Später vernahm man, der Prediger sei der Teufel gewesen; aber wie das ausgekommen und welchen Zweck er mit seiner Predigt verfolgt, weiss ich nicht. Franz Zgraggen, Schattdorf Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Teufel raubt Wernhardt von Strättlingen seinen Mantel

Source: Der Teufel raubt Wernhardt von Strättlingen seinen Mantel

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Einstmals kam der Teufel dürftig als Pilgrim gekleidet auf das Schloss Strättlingen. Da es sehr kalt war, erbarmte sich Herr Wernhardt seiner und sandte ihm seinen Mantel, um sich zu decken. Am andern Morgen aber war der Pilgrim mit dem Mantel verschwunden. Darauf geschah es, dass sich Herr Wernhardt auf eine Wallfahrt begab nach dem Berge Garganum, allwo im Jahre 320 der Erzengel Michael erschienen war. Bevor der Ritter aber die Reise antrat, brach er seinen Ehering in zwei Hälften; die eine gab er seiner Frau Susanna, die andere aber behielt er selbst und sagte: "Wenn du diese Hälfte wieder siehst, wird es dir ein Zeichen sein, dass ich noch am Leben bin. Fünf Jahre sollst du meiner Rückkehr warten, bin ich nach dieser Zeit nicht zurück, so bist du frei." Auf dem Berge Garganum angekommen, begab sich Herr Wernhardt in die Kirche des heiligen Michael, dessen Schutz er sich, seine Frau und sein ganzes Haus empfahl. Der heilige Michael erhörte ihn; auch ward ihm dort ein Stück von seinem Mantel wieder. Darauf, als der Ritter seine Heimfahrt angetreten hatte, geriet er in Gefangenschaft und sass vier Jahre in einem Kerker zu Lamparten. Hier erschien ihm eines Abends plötzlich ein Unbekannter, der ihm den Rest des gestohlenen Mantels überbrachte und sich als der Teufel zu erkennen gab. Der sagte zu ihm: er sei jener Pilgrim gewesen, komme aber jetzt auf Befehl des heiligen Michael, ihn nach seiner Heimat zurückzubringen; hierzu sei hohe Zeit, da seine Frau Susanna, die ihn für tot halte, sich wieder verehelichen und diese Nacht noch Hochzeit halten werde. Hierauf hob der Teufel den Ritter sanft vom Boden und brachte ihn in wenigen Augenblicken nach seinem Schlosse Strättlingen, unbeschädigt und ungefährdet. Zu seinen Leuten aber, die ihn nicht erkannten, sagte Herr Wernhardt, er sei ein fremder Spielmann und Abenteurer, und da man ihn zur Tafel lud an der soeben das Hochzeitmahl abgehalten wurde, warf der Ritter in den Becher, aus welchem seine Frau zu trinken pflegte, den halben Ring, den er für sich behalten und seither gar treulich bewahrt hatte, und entfernte sich ohne dass er bemerkt wurde. Als aber seine Frau den Becher ergriff, nahm sie den halben Ring wahr, näherte die zwei Hälften und rief: "Mein Mann ist nicht weit von diesem Orte!" Gleichzeitig erkannte sie ihn in der Ecke des Saales, in welche er sich zurückgezogen hatte, worauf er mit Freuden sein Weib, Schloss und Herrschaft wieder erlangte. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Teufel schaut zu, wo man zankt

Source: Der Teufel schaut zu, wo man zankt

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Zwei Nachtbuben schauten gleichzeitig durch die Fenster eines Hauses hinein, wo gerade die Eheleute sich heftig zankten. Da sah der eine von beiden, dass beim andern Fenster dicht neben seinem Kameraden noch ein anderer hineinschaute. Er lief zu ihm hin und fragte: »Dü, wer isch etz bi diär und lüegt näb-dr innä?« Doch jetzt war der Nebenmann nicht mehr da, aber des Rätsels Lösung fiel den Burschen bald ein. Sie hörten auf zu wundern und gingen nach Hause. Zacharias Zurfluh, Erstfeld Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Teufel schenkt ein Glöcklein

Source: Der Teufel schenkt ein Glöcklein

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Auf einer Alp der Urkantone, wo gewöhnlich, weil Gemeingut, viele Hütten wie ein Dörflein beisammen sind, hatte man eine Kapelle für den sonn- und festtäglichen Gottesdienst, aber kein Glöcklein. Um nun früh genug zu kommen, so beeilten sich die Leute an jenen Tagen mit Aufstehen und den notwendigen Geschäften, und betraten dann sofort den Kirchweg. Gewöhnlich kamen sie eher zu früh als zu spät bei dem Gotteshaus an, welches sie andächtig beschritten, um bis zum Beginne des Gottesdienstes im Gebete zu verweilen. Da erschien einst ein reicher fremder Herr mit einem Führer in dieser Alp und hielt sich dort einige Tage auf. Beim Abschied zeigte er sich sehr befriedigt und versprach über einem Jahr wieder zu kommen mit einem Geschenk. Und als der Herr im andern Sommer anlangte - was brachte er dem guten Völklein mit? - Ein Glöcklein war 's, von hellem Klang. Das gab eine Freude, als es zum erstenmal Ave läutete! Den wohltätigen Herrn bewirteten sie aufs freundlichste mit süsser Alpenkost. Nichts ward gespart, geblähte Nidel, Kohlermuss, Burehögerli, Stunggäwerni, Kniesalb, Fusterli, Fusterlikossi, Zänzänä, (Gentianabranntwein) ward allda aufgewartet. Nach etlichen Tagen schied der noble Herr wieder hinweg und die Älpler beauftragten einen alten frommen Senn, dass er ihm den „Ehrenweg" antue. Der machte jedoch dazu ein schiefes Maul und hatte keine grosse Pracht mit seinem Auftrag, doch vollzog er ihn. Zum Herrn sprach er beim Abscheiden: „Ich kenne dich, du bist der böse Feind, läugnen hilft nicht. Aber sage, warum hast du uns die Glocke geschenkt? Ich beschwöre dich!" Und der Böse musste die Wahrheit gestehen, dass fortan die Leute auf den Glockenruf sich verlassen und in Folge davon nicht mehr so früh zur Kirche, ja oft zu spät kommen würden. Da werde manches Gebet unterbleiben. Gestand und verschwand   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865.  Bei dieser Sage gibt es keine genaue Zuordnung zu einem der fünf Kantone.    Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Der Teufel schenkt ein Glöcklein

Source: Der Teufel schenkt ein Glöcklein

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Ein Bauer ging mit seinen Knechten sehr schlecht um und behandelte sie wie ein barer Tyrann. Keiner war ihm stark genug, von jedem verlangte er Übermenschliches. Darum herrschte auch in seinem Hause beständiger Dienstboten wechsel, und es kam soweit, dass überhaupt niemand mehr bei ihm dienen wollte. So musste er es mehrere Jahre allein, ohne Knechte machen. Endlich meldete sich wieder ein landsfremder Mann und bot seine Dienste an. Der Meister musterte ihn scharf vom Kopf bis zu den Füssen. Seine breitschultrige, kräftige Gestalt gefiel ihm, und er dachte, das könnte jetzt noch der rechte für ihn sein. Er stellte ihn also ein. Der Fremde erwies sich als ein fleissiger, zuverlässiger und »aufgeklärter« (d.h. fröhlicher) Mann, der geradezu übernatürliche Kräfte an den Tag legte. Einst hatte der Bauer in einem fast unzugänglichen Tobel eine ungeheure Masse gefällten Holzes zum Abtransport bereit gemacht. Dieses Holz spedierte der Knecht in einer einzigen Nacht, niemand wusste wie, bis zu Haus und Hof. Das konnte aber nicht mit rechten Dingen zugehen. Dem Meister wurde doch etwas unheimlich zumute, und die Leute flüsterten ihm von allen Seiten zu: »Du, das ist gewiss der Teufel!« Darum sagte er eines Tages zu ihm: »Ich muss dich entlassen, wiewohl es mir leid tut. Du bist gewiss ein guter Arbeiter, wie ich noch keinen gefunden und keinen mehr finden werde, und ich werde dich gehörig auszahlen. Aber bei uns bleiben kannst du nicht.« Nun erklärte der Knecht, er wolle keinen Lohn, wenn der Bauer in die Kapelle einer nahen Alp ein Glöcklein, ein kleines, bescheidenes Glöcklein stifte. Da dachte der Bauer: »Wenn das ein Teufel ist, so ist's doch wenigstens ein guter Teufel«, willigte ein und versprach, das Glöcklein zu schenken. Der Knecht ging davon und entschwand bald seinen Blicken. – Getreulich hielt der Bauer sein Versprechen. Schon im nächsten Sommer erfreuten und erbauten sich die Älpler an des Glöckleins trauten Klängen. Eines Tages erschien plötzlich wieder der entlassene Knecht im Hause des Bauers und lud ihn ein, mit ihm das neue Glöcklein in der Alp zu besichtigen. Der Bauer willfahrte seinem Wunsch, und beide miteinander machten den Gang zur Alp und beschauten das Glöcklein und lauschten seinen Klängen. Beide Männer zeigten sich befriedigt. Als der Knecht die Hand zum Abschied reichte, konnte der Bauer sich nicht mehr halten und fragte ihn, wer er denn eigentlich sei. Da bekannte er: »Ich bin der Teufel. Siehst du, früher hat der Geistliche, wenn er in der Kapelle Messe las, gewartet, bis alle Leute da waren. Die Andächtigen beeilten sich, zur Kapelle zu gelangen, und bis alle da waren und der Geistliche begann, wurde leider noch manches Vater Unser gebetet, und die Messe wurde ganz angehört. Jetzt aber wird es zur bestimmten Zeit läuten, die Menschen werden sich auf das Zeichen des Glöckleins verlassen und erst, wenn es läutet, anfangen, ihre Haare zu kämmen, die Kleider zu ordnen. Der Geistliche aber wird punkt zur bestimmten Zeit beginnen, so wird niemand mehr zu früh, wohl aber gar mancher zu spät kommen. Und daran habe ich meinen Profit.« Und auf einmal war er wie weggeblasen. Nach Aussage meiner Erzähler stammt diese Sage aus dem Tal der Engelberger Aa. Michael Walker, Michael Imhof Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Teufel strauchelt

Source: Der Teufel strauchelt

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Der Teufel machte eine Wette mit drei jungen Burschen. Er spannte über einen Kreuzweg ein Seil, steckte jenseits desselben ein Ziel, das sie laufend erreichen sollten, und wer von ihnen bstirchle, der sei ihm verfallen. Sie liefen auf das Ziel los, der Teufel hinter ihnen her; aber keiner b'stirchlete am Seil, ohne der Teufel selber. Da rief ihm der Vorderste zu: »Nimm etz der!« »Das isch äsp äs Sägi«, meint die Erzählerin, und ein Zuhörer sagt: »Seeligs hennt d'Studäntä-n-erfundä.« Mathilde Rämi, 70 Jahre alt, Attinghausen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Teufel streitet mit dem heiligen Michael um König Rudolfs von Strättlingen Seele

Source: Der Teufel streitet mit dem heiligen Michael um König Rudolfs von Strättlingen Seele

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König Rudolf von Strättlingen hatte einmal einen merkwürdigen Traum. Dieser Traum bewog ihn, im Umkreis von Frutigen abwärts bis Thierachern zwölf Kirchen zu bauen und zu Amsoldingen ein Kloster zu stiften. Als aber darauf König Rudolf im Glauben, nun genug getan zu haben, stolz und übermütig ward, befiel ihn eine schwere Krankheit und er starb. Da erhob sich zwischen dem Teufel und den Erzengeln Gabriel, Michael und Raphael um seine Seele ein harter Kampf. Endlich sollte eine Waage das Schicksal derselben entscheiden. Dies geschah aber so: in die eine Schale wurden König Rudolfs gute Werke gelegt, in die andere die bösen. Da aber nun die letztere zu sinken drohte, drückte der heilige Michael die mit den guten Werken plötzlich mit der Hand nieder. Als solches der Teufel sah, hängte er sich schnell mit seinen Krallen unten an die andere Schale an, in der König Rudolfs böse Werke lagen. Da aber dreuete ihm der heilige Michael mit seinem Schwerte also dass der Teufel die Schale bald wieder los liess und, da nun die mit den guten Werken fürgezogen, König Rudolfs Seele der Hölle entrissen war. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Teufel stürzt über Felsen

Source: Der Teufel stürzt über Felsen

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Zwischen Schwyz und Muotathal, in der Gegend von Häsingen, dem Selgis gegenüber, liegt an der Landstrasse eine grosse Steinplatte, in welcher die Malzeichen von vier Pferdehufen und zwei Menschenfüssen eingeprägt sind. Die alten Muotathaler wussten zu sagen, woher das komme. Da, über steile hohe Felswand stürzte einmal der Teufel einen Mann zu Ross (nach einigen war 's Sankt Sigismund, der in Muotathal Kirchenpatron ist) herunter. Gottes Macht hat ihn wunderbar erhalten und liess die Wahrzeichen davon zum ewigen Andenken auf diesem Stein beim auffallen   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Der Teufel tanzt

Source: Der Teufel tanzt

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a) Zu Amsteg, im »roten Haus«, das vor Zeiten eine Wirtschaft soll gewesen sein, erlustigte sich die fröhliche, erwachsene Jugend von Amsteg, Ried und Intschi an einem, wie sie glaubten, ehrsamen Tänzchen. Sogar der fromme und gelehrte Kaplan des Örtleins war auf Einladung des biedern Völkleins erschienen und unterhielt sich hinter dem grossen, runden Wirtstisch mit den ernstern Ratsherren und Vorgesetzten. »Wiä g'fallts-ech, Herr Kaplan?« ruft da einer der Tänzer. Mit wohlwollendem, aber ernstem Blick überschaut der Gefragte die fröhliche Gesellschaft und meint: »O, nyd äppartigs!« »Jä, gaht-s da nitt luschtig?« fragt jetzt der ganze Chorus. Der Kaplan schweigt. Dann winkt er einen der Tänzer zu sich und fordert ihn auf: »Stelle deinen rechten Fuss auf meinen linken und schau über meine rechte Schulter auf das Pärchen dort!« (mein Erzähler wusste nicht sicher, ob rechter oder linker Fuss, rechte oder linke Schulter). Der Gerufene tat so. Er betrachtete das Pärchen und wurde bleich wie ein Aschentuch und begann zu zittern. Mit dem schönsten Mädchen sah er den lebendigen Teufel tanzen. Das blieb natürlich nicht heimlich, und Furcht und Angst überfiel alle. Mit dem Tanzen hatte es ein Ende. Aber wie den unwillkommenen Bocksfüssler hinauskomplimentieren? »Nun, herausschaffen will ich ihn schon«, tröstete jetzt der Seelsorger die verlegenen Leute und exorzierte mit kräftigen Formeln die Stube. Aber das gab Arbeit! Er war über und über mit Schweiss bedeckt, als er Buch und Stola weglegte und laut verkündete: »So jetz, dussä wär-er, aber zum Pfeischter innä lüegt er nu, und ä da äwägg z'tüe, hani nitt Gwalt, da miä-märä lah.« Wieder liess er einen über seine Schulter gucken, und dieser erblickte den Verjagten auf dem Baum neben dem Hause. Da spähte er immer noch in das Tanzstübchen hinein. Mitgeteilt: Josef Zgraggen, Pächter am Rütli b) In dem uralten kleinen, zur Hälfte aus Stein und zur Hälfte in Holz aufgebauten Tatschihüsäli »bei der Schützen« an der Gotthardstrasse zu Silenen, von dem man sagt, es sei ein Heidenhüüschen, waren eines Abends junge Burschen und Mädchen bodenlos lustig und tanzten nach Herzenslust. Da trat noch einer herein; är syg nä-n-äso bikannt vorchu, und doch heiget-s-ä nitt chennä heitüe. Sie hiessen ihn willkommen und luden ihn freundlich ein, mit ihnen zu tanzen. Es war ein junger, schmucker Bursche, und nicht lange währte es, so gebärdete er sich als der lustigste von allen und zeigte sich als ein ganz famoser Tänzer. Im Träppelen und Geuzen, ja, da tats ihm vollends keiner nach. Sein ausgelassenes Wesen steckte alle an, und bald war die Gesellschaft rein ab em Chettäli. Da fiel dem feinen Ohr des Spielmannes ein ganz sonderbares Träppelen auf; es tönte so hart, fast wie wenn jemand mit einem Hammer auf die Diele schlagen würde. Er horcht, lässt seine Augen über den Tanzboden, über die Füsse der Tanzenden dahinschweifen und sieht endlich, dass der schönste und fröhlichste Tänzer, der Unbekannte, ein Paar Bocksfüsse – Geisstschäggli – schwingt. Da legte er denn doch sein Instrument zur Seite und rief es allen, was er gesehen. Nun sich der Bocksfüssler verraten sah, machte er sich davon, hinterliess aber ein so schauderhaftes G'schmäckli, dass es allen schlecht wurde. Zacharias Zurfluh c) Bei einem Tanz in Meien ging es mordslustig zu. Da kam ein kleines Kind herein; es schaute im Zimmer umher, zeigte dann auf einen Tänzer und sagte: »O jee, der het ja Gäisstschäggli!« Mit den Worten: »Das chlynscht das ergscht« verschwand der Verratene, einen grässlichen Gestank hinterlassend. – Das hat der Vater erzählt. Fr. Baumann, 33 Jahre alt, Meien Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Teufel übernachtet im Turm zu Wyl

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Im Turm zu Wyl muss jeden Abend ein Bett in einem abgelegenen Zimmer zurecht gemacht stehen. Man sieht niemand gehen, niemand kommen und doch ist am andern Morgen das Bett jedes Mal zerlegen, unter dem Kopfkissen finden sich aber einige Batzen Schlafgeld vor. Ist die Zubereitung des Bettes vergessen worden, dann erhebt sich in und um dem Schlosse ein solcher Lärm, dass man wohl merket, dass niemand als der Teufel selbst der unsichtbare Schlafgast war. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Teufel übernachtet im Turmgemach zu Schlosswil

Source: Der Teufel übernachtet im Turmgemach zu Schlosswil

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Einen bescheidenen Tribut hatte der Besitzer des Schlosses immerhin zu entrichten. In einem Turmgemach musste jeden Abend ein Bett zurecht gemacht werden. Man sah niemand kommen, niemand gehen, und doch war das Bett jeden Morgen zerlegen, und unter dem Kopfkissen fanden sich ein paar Batzen als Schlafgeld vor. War die Zubereitung des Bettes vergessen worden, dann erhob sich in und um das Schloss ein solcher Lärm, dass man wohl merkte, dass niemand als der Teufel der unsichtbare Schlafgast gewesen sein konnte. Emmentaler Sagen, Hermann Wahlen, 1962 Gute Schriften Bern   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Teufel und das böse Weib

Source: Der Teufel und das böse Weib

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a) In gutem Frieden lebte ein rechtes, braves Ehepaar zusammen; Gebet und Arbeit, Freuden und Leiden teilten und trugen sie miteinander. Das war aber dem Teufel nicht recht, das konnte er nicht so weiter gehen lassen, sonst wären die Leutchen am Ende noch in den Himmel gekommen. Daher wendete er alles auf, um zwischen ihnen Händel und Zwietracht zu stiften. Aber es wollte ihm nicht gelingen. Deshalb klagte er seine Not einem Weibe. Das lachte den Buckel voll und tröstete den armen Hörnermann: »Lass nur mich la macha. Ich reise-s scho hindäränand!« In edler Dankbarkeit versprach er dem Weibe ein Paar gute, neue Schuhe. – Dieses wusste sich beim Ehepaar einzuschmuggeln und Arbeit zu bekommen. An geeigneten Zwischenträgereien und Ohrenbläsereien liess sie es nicht fehlen, und durch zweideutige, verdächtigende Bemerkungen und Gifteleien suchte sie den Keim der Zwietracht zu säen. Aber sie hatte keinen Erfolg. Da riet sie der Frau: »Ihr habt so schönen Frieden. Aber wenn ihr ihn immer bewahren wollt, den Frieden, so leget ein Bartmesser unter das Kissen und nachts schneidet damit dem Gatten eine Haarlocke ab und bewahret sie auf.« Die arglose Frau traute der glatten Rede und ging und legte das Bartmesser ins Bett unter das Kopfkissen. Das schlechte Weib ging jetzt schnell zum Gatten und raunte ihm zu: »Gebet acht! Eure Frau will euch töten. Schon hat sie das Messer unter dem Kissen bereit, um euch in der Nacht den Hals zu durchschneiden.« Der Mann liess sich betören, suchte und fand das Mordwerkzeug, sagte aber nichts. Während der Nacht tat er, als ob er schliefe. Als die Frau das Messer hervorzog, um die Locke abzuschneiden, sprang der Mann auf und schrie: »Aha, falsche Hexe! Jetzt weiss ich, was du bist.« Alle Beteuerungen der Frau waren umsonst. Der Streit war da, mit dem Frieden hatte es ein Ende. Der Teufel war überglücklich und liess die versprochenen Schuhe anfertigen. Er fand die Zankstifterin an einem Bache mit Waschen beschäftigt, steckte die Schuhe an ein Räspi und hielt sie ihr über den Bach hinüber hin, indem er dazu sagte: »Da nimm d'Schüeh Und läuf dermit der Hell züe!« Zäzilia Gisler-Walker, 70 Jahre alt, und a. Ein ähnliches Schicksal kündigt ein von alters her überliefertes Sprichwort drei andern Sünderklassen: Ammänä Lugner, Chuppler und Spion G'heert äs ysigs Par Schüeh Und dermit der Hell züe. b) Die vom Teufel bestellte Zankstifterin holt beim Ehepaar das »Gwäsch«. War der Mann abwesend, verdächtigte sie ihn beim Weib, war dieses abwesend, verdächtigte sie es beim Mann. – Der Teufel brachte ihr ein eisernes Paar Schuhe, steckte sie an einen Stock und streckte sie über das Bächlein hinüber, wohin er sie bestellt hatte, dem Weibe zu und erklärte, als dieses fragte, warum er es so mache, es sei nicht wert, ihm die Schuhe abzunehmen. Frau Wipfli-Herger, 80 Jahre alt. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Teufel und das Erhängenspiel

Source: Der Teufel und das Erhängenspiel

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a) Beim Dreschen redeten die Knechte eines Bauern in Hergiswil von allerhand gespenstigen Dingen. Sogar an einem Strohhalm könne man sich erhängen, meinte einer von ihnen. Als das den andern fast unglaublich schien, erbot er sich den Beweis zu leisten, nur sollen sie ihn sicher, wenn es Zeit sei, ablösen. Sie versprachen es heilig. Er band sich den Strohhalm um den Hals, befestigte selben an einem Nagel an der Tennwand und streckte dann ein wenig an, während die Zuschauenden den Augenblick, wo es nötig sein sollte den Halm zu zerschneiden, nicht zu vernachlässigen gedachten. Da sprang plötzlich ein weisser Hase durch das Tenn. Einer glaubte, ihn leicht packen zu können, versuchte es, die übrigen wollen schnell helfen, alle eilen dem Tier nach und vergessen darob ganz des Hängenden. Unverrichteter Sache müssen sie endlich zurückkehren und finden jenen tot. Im Strohhalm aber war ein Eisendraht durchgzogen.   b) Die Alp Wart liegt im nördlichen Teile der Gemeinde Illgau ob Schwyz. Der Gräuel im Oberberg, wovor Jahrhunderten die Landsgemeinde soll gehalten worden sein, das Kirchengut und der Zimmerstalden begrenzen sie. Ihren Namen leitet die Sage von folgendem Ereignis ab, dem wir in der Darstellung ganz das heimatliche Kleid der SchwyzerMundart, gleichsam als Hirtenhemd und mitsamt dem „Kuhdeischlig" dran belassen wollen, da wir sie in dieser Tracht und als dramatisch lebendige Gestalt schon vorfinden. Die Sennen sind in der Hütte zu Wart. Es ist Sonntagnachmittag während der gottesdienstlichen Zeit, da sie ihre Herzen wie die Christen drunten im Tal zu Gott erheben sollten. Der ältere Senn mahnt dazu, aber die Jungen wollen zuerst eine Avetüre, wie man dort sagt, eine gymnastische Unterhaltung anstellen, denn Jugend hat da leider auch keine Tugend. „Buobe, mir wend öpis bätä,“ seit der Chäsi. Es ist au Sunntig und im Tal underer Vesper.“ - „Wämmer nid nu z’erst äs Rüngöli affitüre?“ fragt der Noni. Affitür will der Thümmi nid. „So wämmer luege, wer der längst mag erlide si z’hänke“, seit wieder der Noni „I will grad afa, aber weni hange, müönder m'r das Schällele det i d'Hand gä; weni de schällele, sö lömi de gleitig abe.“ Sie dräjed ä Strube in äs Träm, stelled äs Stüöli under, maachedem d‘r Strick ume Hals, gändem d’ Schälleli i d’ Hand und nänd d‘s Stüöli ä wäg. - I dem Moment hülpet ä Fuchs uf drü Beine bi der Hütte dure verbi. „Der hed ä Biss übercho, mir wend e fa", seid der Thümmi. All laufid uf und nahe was gist was hest. - Der arm Ghänktig schällelet! D` Älpler rüöfit: „Wart, wart!" D'r Fuchs isch d ene vor de Füösse zuoche, sie strupfäde scho zusserist am Schwanz, er gheit pletschlege ines Paar warm Chüödeischlig ine, willse wend nä und chönede doch nid erwütsche! - Endli chömid d'Älpler z'rugg aber z'spät. Der Grüön sig ufene Hüttedach obe ghoket und heig drümpet, wos cho sind. Der Werni heig us Deübi middere Steischlinggäre welle gägem ufe rüöre, aber der Chäspi hed recht gha, as er ems gwert hed. Sither heisst die Alp allweile Wart. Grüseli unghürig sigs dert worde, d' Hütte hends müösse schlisse und amene andere Poste, ä Stück dervo, ä nüi mache.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Der Teufel und das Erhängenspiel

Source: Der Teufel und das Erhängenspiel

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a) Beim Dreschen redeten die Knechte eines Bauern in Hergiswil von allerhand gespenstigen Dingen. Sogar an einem Strohhalm könne man sich erhängen, meinte einer von ihnen. Als das den andern fast unglaublich schien, erbot er sich den Beweis zu leisten, nur sollen sie ihn sicher, wenn es Zeit sei, ablösen. Sie versprachen es heilig. Er band sich den Strohhalm um den Hals, befestigte selben an einem Nagel an der Tennwand und streckte dann ein wenig an, während die Zuschauenden den Augenblick, wo es nötig sein sollte den Halm zu zerschneiden, nicht zu vernachlässigen gedachten. Da sprang plötzlich ein weisser Hase durch das Tenn. Einer glaubte, ihn leicht packen zu können, versuchte es, die übrigen wollen schnell helfen, alle eilen dem Tier nach und vergessen darob ganz des Hängenden. Unverrichteter Sache müssen sie endlich zurückkehren und finden jenen tot. Im Strohhalm aber war ein Eisendraht durchgzogen.   b) Die Alp Wart liegt im nördlichen Teile der Gemeinde Illgau ob Schwyz. Der Gräuel im Oberberg, wovor Jahrhunderten die Landsgemeinde soll gehalten worden sein, das Kirchengut und der Zimmerstalden begrenzen sie. Ihren Namen leitet die Sage von folgendem Ereignis ab, dem wir in der Darstellung ganz das heimatliche Kleid der SchwyzerMundart, gleichsam als Hirtenhemd und mitsamt dem „Kuhdeischlig" dran belassen wollen, da wir sie in dieser Tracht und als dramatisch lebendige Gestalt schon vorfinden. Die Sennen sind in der Hütte zu Wart. Es ist Sonntagnachmittag während der gottesdienstlichen Zeit, da sie ihre Herzen wie die Christen drunten im Tal zu Gott erheben sollten. Der ältere Senn mahnt dazu, aber die Jungen wollen zuerst eine Avetüre, wie man dort sagt, eine gymnastische Unterhaltung anstellen, denn Jugend hat da leider auch keine Tugend. „Buobe, mir wend öpis bätä,“ seit der Chäsi. Es ist au Sunntig und im Tal underer Vesper.“ - „Wämmer nid nu z’erst äs Rüngöli affitüre?“ fragt der Noni. Affitür will der Thümmi nid. „So wämmer luege, wer der längst mag erlide si z’hänke“, seit wieder der Noni „I will grad afa, aber weni hange, müönder m'r das Schällele det i d'Hand gä; weni de schällele, sö lömi de gleitig abe.“ Sie dräjed ä Strube in äs Träm, stelled äs Stüöli under, maachedem d‘r Strick ume Hals, gändem d’ Schälleli i d’ Hand und nänd d‘s Stüöli ä wäg. - I dem Moment hülpet ä Fuchs uf drü Beine bi der Hütte dure verbi. „Der hed ä Biss übercho, mir wend e fa", seid der Thümmi. All laufid uf und nahe was gist was hest. - Der arm Ghänktig schällelet! D` Älpler rüöfit: „Wart, wart!" D'r Fuchs isch d ene vor de Füösse zuoche, sie strupfäde scho zusserist am Schwanz, er gheit pletschlege ines Paar warm Chüödeischlig ine, willse wend nä und chönede doch nid erwütsche! - Endli chömid d'Älpler z'rugg aber z'spät. Der Grüön sig ufene Hüttedach obe ghoket und heig drümpet, wos cho sind. Der Werni heig us Deübi middere Steischlinggäre welle gägem ufe rüöre, aber der Chäspi hed recht gha, as er ems gwert hed. Sither heisst die Alp allweile Wart. Grüseli unghürig sigs dert worde, d' Hütte hends müösse schlisse und amene andere Poste, ä Stück dervo, ä nüi mache.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Der Teufel und der Bauer

Source: Der Teufel und der Bauer

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Vor langer Zeit wanderte einmal der Teufel über die Erde und kam in den Thurgau. Er staunte, wie schön Gott diesen Flecken Erde erschaffen hatte und wie fleissig und fromm die Menschen dort waren. Je länger er durch die schöne Landschaft lief, umso mehr ärgerte er sich und bald hatte er einen Plan geschmiedet.  Als er über den Seerücken kam, sah er ein stattliches Dorf und dachte sich: ‹Hier werde ich sicher einige dumme Bauern finden, die ich übertölpeln und mit in die Hölle nehmen kann›. Als Erstes traf er auf einen Bauern, der eben dabei war, die frisch geernteten Äpfel und Birnen zu Saft zu pressen. Der Bauer bot dem Fremden einen Schluck Apfelmost an. Der Teufel kannte das herrliche Getränk nicht und wollte gerne noch mehr davon haben. Der Bauer war einverstanden, doch etwas kam ihm seltsam vor an dem Fremden, und als er sah, dass dieser Bocksfüsse besass, sprach er: «Am besten ist es, wenn man direkt aus dem Fass trinkt. Schaut, es ist noch ein wenig drin.»  Er hielt dem Teufel das halbleere Fass hin und als dieser sich darüber beugte, schubste der Bauer ihn hinein und machte schnell den Deckel zu.  Nun begann der Teufel zu schimpfen und rumoren im Fass.  «Lass mich raus, lass mich raus!», rief er.  Der Bauer liess ihn eine Weile schreien, dann sagte er: «Gut, ich lasse dich frei, wenn du mir sieben Goldtaler gibst.» Der Teufel versprach es. Da hob der Bauer den Deckel ein wenig, nahm das Geld und der Teufel verschwand wie der Blitz aus dem Fass. Wer weiss, wo er hingegangen ist, im Thurgau hat man ihn nie wieder gesehen. Quelle: Neu erzählt nach: O. Sutermeister, Schwyzer-Dütsch, Zürich 1888. ©Mutabor Märchenstiftung


by Der Teufel und der Chriäsibüeb

Source: Der Teufel und der Chriäsibüeb

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a) Einst machte der Chriäsibüeb den Teufel auf seine krummen, hakigen magern Krallen aufmerksam. Der Teufel sagte, ja, es sei wahr, er habe es auch schon gedacht, es seien verdammt wüste Chräwel; ob er ein Mittel angeben könnte, sie gerade zu machen. »Ja, ja«, sagte der Chriäsibüeb, »komme nur mit mir.« Der Teufel folgte, und der Chriäsibüeb klemmte ihm die Krallen in einen Schraubstock und hämmerte drauf los. Da fing der Teufel an zu schreien und zu bitten und zu markten. Endlich liess ihn der Chriäsibüeb los, und der Teufel meinte, seine Krallen betrachtend, zuerst habe er sie geradegeklopft, aber jetzt seien sie wieder krumm. b) Der Chriäsibüeb hatte eine verdammt schöne Frau. Einst kam der Teufel, dem sie gefiel, und brüllte, er müsse ihm die Frau geben, sonst nehme er ihn selber ohne Gnad und Barmherzigkeit. Der Chriäsibüeb wars zufrieden; er könne die Frau nehmen, aber er komme auch mit. Sie nahmen eine Chaise, der Teufel und die Frau sassen ins weiche Polster, der Chriäsibüeb auf den Bock und machte den Kutscher. So fuhren sie davon. Aber an einem Tobel fuhr die Chaise über die Strasse hinaus und kollerte den Abhang hinunter. Auch die Frau, den Rock über das Gesicht, rollte bergab. Der Teufel meinte, es sei ein Schraubstock, und rannte, von der Furcht gejagt, davon mit dem Rufe: »Schon wieder ein Schraubstock, schon wieder ein Schraubstock.« c) Der Chriäsibüeb konnte heillos gut die Schwefelpfeife spielen. Das hätte der Teufel auch gerne gekonnt, und eines Tages fragte er den Chriäsibüeb, ob er nicht seine Schwefelpfeife ein bisschen haben könnte; er möchte es auch lernen. »Ich habe noch eine zweite Pfeife«, sagte der Chriäsibüeb, »ich will sie holen.« Er ging, lud seine Büchse tüchtig mit Pulver, brachte diese und gab sie dem Teufel in die Krallen mit den Worten: »Da ist die zweite Pfeife. Steck sie ins Maul und blase, ich will fingerlen.« Der Teufel tat, wie geheissen, und blies aus Leibeskräften ins Büchsenrohr. Der Chriäsibüeb drückte los, der Schuss fuhr dem Teufel ins Maul und schlug ihn zu Boden. Im Fortlaufen bekannte er noch, der Chriäsibüeb könne noch stärker blasen als er. d) Der Teufel und der Chriäsibüeb machten immer wieder Wetten und Akkorde miteinander. Einst wettete der Chriäsibüeb, der Teufel sei nicht einmal imstande zu hagen. Lachend ging der Teufel auf die Wette ein und machte sich ans Werk. Aber wenn sich der Teufel eine Bürde Hagstecken auf den Rücken lud, kamen diese in Unordnung und bildeten je zwei und zwei ein Kreuz, und so konnte er nichts anfangen. Andreas Fedier, 46 Jahre alt, Maderanertal Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Teufel und der Hexenmeister

Source: Der Teufel und der Hexenmeister

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So haben wir als Kinder in Isental erzählt, machten eine Reise miteinander. Da wollten sie probieren, welcher von ihnen die grössere Hitze aushalten könne. Sie heizten einen Kachelofen, bis er glühend war, und setzten sich nebeneinander oben auf die Platte. Nach einer Weile begann der Hexenmeister mit dem Hintern hin- und herzurutschen. Der Teufel lächelte höhnisch und fragte, obs ihm etwa heiss genug sei. »Nein, ich suche nur ein wärmeres Plätzchen«, entgegnete der Hexenmeister. Da gab es der Teufel verspielt und sprang herab. Ein anderes Mal wollten sie probieren, welcher von beiden mehr Reis zu essen vermöge. Sie liessen sich davon eine riesige Menge aufstellen und begannen zu essen. Der Hexenmeister aber hatte sich heimlich einen Sack vornen angeschnallt, und darin tat er den Reisbrei. Der Teufel konnte nicht begreifen, wie sein Kamerad so viel Brei zu sich nehmen könne. Da schnitt endlich der Hexenmeister seinen Sack auf, um den Bauch, wie er sagte, zu leeren und dann von neuem Reis hineinzutun. Das wollte ihm der Teufel nachmachen; er schnitt aber wirklich seinen Bauch auf und musste an dieser Operation verrecken. Fr. Gisler-Zwyssig, 68 Jahre alt. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Teufel und der Kirchenbau

Source: Der Teufel und der Kirchenbau

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Noch im letzten Augenblick wollte der Teufel verhindern, dass in Unterbäch ein geweihtes Gotteshaus entstehe. Als es hiess, der Bischof werde die Kirche einsegnen, lauerte ihm der Teufel in Turtig auf. Er wartete umsonst, denn der Gnädige Herr wählte den Weg über Eischoll und weiht die Kirche ordnungsgemäss ein. Dem Teufel schien das im Turtig doch verdächtig, und er wollte in Unterbäch selbst nachschauen, ob der Gnädige Herr wirklich noch nicht angekommen sei. Aber er schritt schon an der Spitze einer Prozession um die Kirche, dass der Teufel wild schrie: «Jetzt geht der im roten Käppi schon um und um, jetzt kann ich nichts mehr machen!» In drei Sprüngen war der Teufel wieder unten in Raron. Einen Tritt sieht man noch bei der Kapelle, wo der Teufelsstein liegt, mit der Tatze des Teufels drauf. UNTERBÄCH Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Teufel und der Schatz

Source: Der Teufel und der Schatz

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In Leuk war in einem Hause ein Schatz versteckt. Man konnte ihn durch Gebet gewinnen. Das versuchten zwei und beteten lange ohne Unterbruch. Leider kamen ihnen während dieser Zeit auch schlechte Gedanken. So erblickten sie zwar das Geld, aber daneben stand der Teufel in furchtbarer Gestalt und liess die Beter nicht mehr weg. Es blieb nichts übrig, als den Pfarrer zu rufen. Den empfing aber der Teufel höhnisch mit den Worten: «Du brauchst nicht zu kommen, ich gehorche nur dem mit der genähten Soutane!» Der Pfarrer wusste bald, wer das sein könnte, und liess den Pfarrer Sulzgi kommen. Sulzgi stellte dem Teufel drei Fragen. Eine lautete: «Was ist das Schönste auf dieser Welt?» Der Teufel antwortete: «Der Gehorsam!» - «Also», befahl Sulzgi, «mach, dass du fortkommst!» Der Teufel verschwand, und das Feuer spritze ihm nur so zum Maul heraus. LEUK Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Teufel und des Schmieds Tochter

Source: Der Teufel und des Schmieds Tochter

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a) Ein Hufschmied auf dem Stalden zu Bürglen hatte zwei Töchter, die heillos aufs Tanzen versessen waren. Eines Tages vernahmen sie, dass zu Brügg abends Tanz abgehalten werde, und da wollten sie auch dabei sein. Aber der Vater war nicht einverstanden und wollte es ihnen ausreden. »Ae, äs tanzet ja doch niemmer mid-ich«, sagte er zuletzt. »Und weni midem Tyfel müess tanzä, sä gahni!« trotzte das eine der beiden tanzsüchtigen Mädchen, putzte sich auf und ging ohne Begleiter zum Tanze. Es gewann den Anschein, als sollte der Vater Recht bekommen. Keiner der Burschen lud das Mädchen zum Tanze ein, und übelfeil und einsam stand es da. Endlich erbarmte sich seiner der Tanzschenker und begann mit ihm eine Tour. Da fiel allen Anwesenden so ein seltsames, hartes Träppelen auf. Man stutzte, man horchte und schaute. Es war der Tanzschenker, der so träppelte, und unter seinen Hosen guckten zwei Bocksfüsse heraus. Er sah sich verraten, sprang mit dem Mädchen zum Fenster hinaus und beide verschwanden. Nach Jahren erschien eines Morgens ein fremder Reiter vor der Werkstatt unseres Hufschmieds. Er übergab sein Ross dem Meister, es zu beschlagen, während er selber Geschäfte halber das Dorf durchreisen wollte. Als der Schmied an der Arbeit war, hub das Rösslein zu reden an und sagte: »Vater, machet nicht so grob, ich bin eure unglückliche Tochter, welche der Teufel reitet!« Der Vater erschrak. In der nahen Lorettokapelle hatte es soeben zum Evangelium der heiligen Messe geläutet, und das Ross sprach weiter: »Vater, machet schnell! Wenn ich zwischen Opferung und Wandlung die Gnadenkapelle im Riedertal erreiche, so bin ich gerettet.« Und der Schmied schlug rasch den letzten Nagel ein, das Ross setzte sich in Galopp und raste dem Riedertale zu. Der Teufel gar bald hintendrein. Als das Ross mit den Vorderfüssen den Vorschopf des Gotteshauses erreichte, erfasste auch schon der Teufel das Hufeisen eines Hinterbeines. Aber es war zu spät. Das Hufeisen zwar blieb ihm in den Krallen, aber das Ross war verschwunden, und statt seiner stand das Mädchen, Gott dankend, im Vorzeichen. Wütend und fluchend schleuderte der Teufel das Eisen in die Halle und verschwand. Das Mädchen war gerettet; das Eisen hängt noch heute zur ewigen Erinnerung im Vorschopf der Kapelle. Im Strassenpflaster des Riedertalerweges will man zweimal Menschenfuss-Spuren, dann auch drei Fingerspuren, ferner Geiss-, Ross-, Kalbs- und Rinderfuss-Spuren sehen, die von manchen mit diesen Sagen in Zusammenhang gebracht werden. b) Auf der Strasse gesellte sich ein junger, hübscher Mann zum Mädchen, der es ins Tanzlokal begleitet und mit ihm tanzt. Träppälä, Ziegenfüsse. Als der Teufel sieh erkannt sah, sprang er mit dem Mädchen aus dem Fenster, verwandelte es in ein Pferd und ritt mit ihm einer Schmiede zu, um es beschlagen zu lassen. Während der Schmied sich zur Arbeit anschickte, entfernte sich der Teufel, um einige Geschäfte zu erledigen. Kaum aber hatte der Schmied dem Pferde das erste Eisen aufgeschlagen, da vernahm er die Worte: »Vater, mach nicht so grob!« Jetzt erkannte er in dem Rosse seine ungehorsame Tochter, und des armen Kindes sich erbarmend, riet er ihm, sich schleunigst in die Wallfahrtskapelle im Riedertale zu begeben, wo ihm geholfen werden könne. Sofort eilte das Pferd dorthin. Wie der Teufel nach der Schmiede zurückkehrte und das Ross nicht mehr sah, ahnte er den Zusammenhang und eilte in gewaltigen Sätzen dem flüchtigen Tiere nach. Eben war das Pferd bei der Kapelle angelangt, als der Teufel ebenfalls dort erschien und es am Schweife zu fassen versuchte. Mit einem mächtigen Satze entriss es sich aber den Händen seines Verfolgers und gelangte in die Kapelle in solcher Hast, dass es bei der Türe das Eisen verlor. Gerettet, Hufeisen zur Erinnerung. c) Eine Jungfrau wollte gegen den Willen ihres Vaters, eines braven Hufschmiedes, zum Tanz: »Und wen-n-i midem Tyfel mües tanzä, sä gah'n i!« Auf dem Tanzboden gesellte sich ein feiner Herr zu ihr und lud sie zum Tanzen ein. »Aber du musst bis zum Morgen mit mir tanzen, und dann werde ich dich nach Hause begleiten«, sagte er. Am Morgen gab er ihr das Geleite, und zu Hause forderte er sie auf, ihm die Schuhe auszuziehen. Sie gehorchte, und da zeigte es sich, dass der feine Herr Pferdefüsse hatte. Die Jungfrau erschrak und wollte davonlaufen, aber er packte sie, verwandelte sie in ein Ross und ritt auf demselben davon. Fortsetzung wie bei a (mutatis mutandis, Flucht ohne den Vater). Schluss: Als das Ross die Vorhalle erreichte, packte es der Teufel beim Schwanze und riss ihn aus. Die Jungfrau war gerettet; der Teufel hatte ihren Haarzopf in den Händen, warf ihn zornig weg und verschwand. Zum Andenken an seine Rettung hängte das Mädchen den Haarzopf und ein Hufeisen in der Halle auf. Frau Arnold-Gisler d) Vater sagte zornig zur Tochter: »Sä gang i ds Tyfels-namä!« Sobald sie zum Vaterhause hinaus war, war sie in ein Pferd verwandelt, und der Teufel ritt auf diesem davon. Nach exakt sieben Jahren kam ein Mandli zur Schmiede und wollte das Ross beschlagen lassen. Es gefiel dem Schmied nicht. Dieser sagte: »Stelle es in den Stall, ich werde es dann schon beschlagen.« Als das Mandli fort war, nahm der Schmied die Eisen ab. Beim vierten fing das Ross an zu reden und sagte: »Vater, mach hibscheli, dieser Fuss tut mir ausnahmsweise weh. Ich bin des Teufels Ross! Wenn ich, bevor er mich einholt, die Schwelle der Kapelle im Riedertal wenigstens mit den Vorderfüssen überschreiten kann, bin ich gerettet.« Schnell beschlagen und davon. Als das Mandli kam und das Ross wollte, log ihn der Schmied an. Aber das Mandli sagte: »Du müesch mich nit bschyssä, ich weiss scho was ggangä-n-isch!« Als er das Ross erreichte, war es gerade mit den Vorderfüssen über die Kapellentürschwelle gesprengt. Dabei verlor es das Hufeisen an einem Hinterfuss. Gerettet, Hufeisen hängt. Josef Maria Gisler Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Teufel und die Bettlersäcke

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a) Brevier betend, spazierte ein Pfarrer in der Nähe einer Brücke hin und her. Da kam auf einmal eine Bande Teufel lachend und johlend über die Brücke daher gepoltert. »Wohin, wohin so lustig?« fragte sie der Pfarrer. »Das Lasterweib in der nächsten Gemeinde ist am Sterben. Das wollen wir holen. Du kennst es sicher«, riefen die Teufel und marschierten lustig weiter. Der Geistliche hatte allzu oft von diesem Weib gehört, das alle Laster getrieben und nur eine einzige gute Eigenschaft besessen hatte: Barmherzigkeit gegen die Armen. Mit Grund bangte er um dessen Seelenheil und betete für seine Bekehrung. Nach geraumer Zeit kehrte die höllische Schar zurück, aber ohne Beute und mit trauriger Miene. »He, he, warum nicht mehr so lustig« rief der Geistliche, »ist das Weib etwa nicht gestorben?« »Gestorben ist es schon«, antworten sie, »aber wir haben's nicht bekommen. Auf der einen Seite des Totenbettes hat die grosse Frau an einem fort massenhaft Bettlersäcke aufgehäuft; soviel wir ihrer wegrissen, soviel oder noch mehr hat sie wieder hingeworfen. Auf der andern Seite hat der Pfaff Weihwasser gespritzt, und so sind wir nicht zum Totenbett gelangt.« Frau Arnold-Gisler, 50 Jahre alt, Bürglen, und a. b) Äs heig einisch ä Ma gläbt. Der syg unändig ä güetä gsy gäg diä Armä, aber darnäbt heig-er de gar nid eppä das bescht Läbä gfiährt. Und de syg-er gstorbä, und da syget doch ä wiättigä Hüffä Bättlerpinggel um ds Bett ummäglägä, mä heig ds Bett schiär nymeh gseh. »Ja, worum de?« fragte ich. »Dank, dass der Bees nitt züechä het meegä«, belehrte mich die Erzählerin. Anna Brücker, 85 Jahre alt. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Teufel und die bösen Brüder

Source: Der Teufel und die bösen Brüder

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Zu Merligen wohnten einst zwei ungeratene Brüder. Diese riefen, als sie einmal zusammen in bösem Streite lagen, ein jeder den Teufel an, dass er Felder und Fluren des andern auf ewig unfruchtbar machen möge. Der Teufel erhörte das Verlangen beider und träufelte eines Nachts Gift auf den Boden, welchen die Brüder verfluchet hatten. Die Stelle, wo dieses Gift hinfiel, sieht man noch heute. Dort gedeiht kein Gras, keine Blume, kein Strauch, kein Weinstock. Alles ist versengt wie vom Sonnenbrand, prangt auch das saftigste Grün rings in der Gegend und Busch und Baum in üppiger Blütenpracht. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Teufel und die Diebin

Source: Der Teufel und die Diebin

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In den Berghäuschen eines Alpentales wurde dick und oft Geld gestohlen. Doch niemand hatte das Wybervolch im Verdacht, das zur Sommerszeit in der Gegend bettelnd herumzog. Endlich hörte das Stehlen auf, und da wurde auch jenes Bettelweib nicht mehr gesehen. Einmal vernahm ein Mann aus dieser Gegend ein klägliches Heulen und Jammern von einem nahen Felsenband her. Er ging dorthin und fand den Teufel, der auf einem Hafen sass und jenes Bettelweib auf seiner Schoss hielt. Feuerflammen brachen aus dem Hafen hervor. Jammernd bat das Weib den Mann, er möchte ihm die Hand strecken und es den Krallen des Teufels entreissen. Gelinge es ihm, so werde er den ganzen Hafen voll Gold behalten können. Auch bekannte es, die Diebin zu sein, die jene Bergleute bestohlen. Es habe zur Sommerszeit in diesem Felsenband in einer Höhle gewohnt und das gestohlene Geld hier versteckt. Da wollte ihm der Mann die Hand strecken, aber es gelang ihm nicht, es wegzureissen, und der Teufel brüllte an einem fort: »Nimmsch dü diä, sä nihmä-n-ich dich.« Da wurde dem Manne angst, und obwohl das Weibervolk heulte: »So bin ich ewig verloren«, verliess er das Felsenband. Da fuhr der Teufel mit seiner Beute über die Fluh hinaus in die Lüfte und einen ganzen Tag hörten sie die Diebin heulen in den Lüften. Frau Arnold-Gisler, 50 Jahre alt, Spiringen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Teufel und die hundert Raben

Source: Der Teufel und die hundert Raben

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Nach uraltem Brauch gingen die fahrenden Schüler auf den Kreuzweg, wo sie der Teufel allerlei Künste lehrte. Es mussten aber ihrer immer zwölf sein. Zum Lohn wählte der Teufel sich dann immer einen von ihnen als Opfer aus. Jeder dachte, ihn werde es schon nicht treffen, und liess sich von des Teufels Künsten verlocken. Zwei Freunde hatten davon gehört, und es zog sie mächtig hin zum Kreuzweg, doch zauderten sie, denn wenn der Teufel den einen von ihnen packen würde, wäre es auch gar zu schrecklich für sie  beide gewesen. Doch wie es so geht, die Begierde war stärker als der Wille, und so standen sie auf einmal mitten unter den zwölfen am Kreuzweg. Es dauerte auch nicht lange, und der Böse wählte sein Opfer. Da fiel die Wahl auf einen der beiden Freunde. Der andere wurde nun traurig und betrübt und war voller Sehnsucht nach seinem Kameraden, denn sie hatten sich sehr lieb gehabt. Als der Teufel dies bemerkte, sprach er zu dem Betrübten, der niedergeschlagen des Weges daher schlich: „ Ich will dir ein Mittel geben gegen deine Sehnsucht: Auf einem Zaun wirst du hundert Raben sitzen sehen. Einer davon ist dein Freund. Findest du ihn heraus, so soll er wieder ein Mensch werden und frei sein, bezeichnest du aber den Falschen, so bist auch du verloren.“ Der Bursche dachte, ohne seinen Freund habe das Leben ohnehin keinen Wert für ihn, und wenn er fehle, so könnten sie doch als Raben weiterleben. Also nahm er den Vorschlag an. Als er nach Hause ging, sah er hundert Raben auf einem Zaune sitzen. Er musterte sie alle auf das Genauste, aber da war der eine wie der andere, jeder von gleicher Grösse, alle hässlich und rabenschwarz vom Schnabel bis zu den Füssen. Es schien ihm unmöglich, den Richtigen herauszufinden, und schon wollte er verzweifeln, als er bemerkte, wie einer der Raben plötzlich eine Träne ins Auge bekam. „Der ist es!“ rief er aus. In der Tat hatte er den Richtigen erkannt. Da hielt sein Freund seine menschliche Gestalt zurück.  In der Zukunft aber mieden die beiden den Kreuzweg.     Märchen aus dem Wallis, Schweiz Aus: Märchen von Schwanenfrauen und verzauberten Jünglingen, Hrsg. Sigrid Früh, Fischer Taschenbuch Verlag.  Lesen Sie den Bericht zu diesem Märchen Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Teufel und die Münstiger

Source: Der Teufel und die Münstiger

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Der Teufel hatte einst einen riesengrossen Zorn auf die Münstiger. Zuhinterst im Münstigertal, grad am Ende des Gletschers fand er eine ungeheure Fluh. Damit wollte er das Dorf untermachen. Er rollte diesen Riesenstein das Tal herunter, und seine Grossmutter half ihm. Um ein Haar wäre es ihm geraten, das Dorf zu vernichten. Zum Glück aber hörte der Sant Antoni oben auf dem Biel das Gerumpel. Der lief schnell dreimal um das Kapellchen herum und segnete das Dorf. Dadurch war dem Teufel seine Gewalt gebrochen, und ermusste den Stein oberhalb des Dorfes liegen lassen. Diesen Stein kann man dort heute noch betrachten. Die Krallen des Teufels und seine Füsse sind im Stein eingepresst. MÜNSTER Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Teufel und die Reiskörner

Source: Der Teufel und die Reiskörner

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Einer verschrieb sich dem Teufel unter der Bedingung, dass er ihm einen Sack voll Reis, den er ins Wasser warf, bis aufs letzte Körnchen zurückbringe. Der Teufel ging darauf ein, und im Nu hatte er alle Körnlein beisammen bis auf eines, das jener unter seiner Zunge zurückbehalten hatte. Aus Täubi, dass er es nicht herbeischaffen konnte, biss er in alle Reiskörnchen, und seitdem findet man kein ganzes Reiskörnchen mehr. Da kann man suchen, wie man will, einem jeden fehlt ein Stücklein, wie wenn jemand darab gebissen hätte. Franz Kempf, 45 Jahre alt. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Teufel und die Schneiderin

Source: Der Teufel und die Schneiderin

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Da het der Tyfel einisch än Akkord gha midärä Schnyderi, sy wellet jedes ä Tschoopä machä, und wenn är synä vor ihrä fertig heig, sä syg sy syni. Güet, diä Schnyderi het der Akkord underschribä, und diä zwei hend afah drüfflos biäzä. Der Horäma het düe fryli mächtig aarigä wellä sy und hed ä sonnä langä Nähtlig igfädmet, das-er jedesmal midem het miässä drymal um ds Hüs ummäläuffä, wen-ä-n-är het wellä duräziäh. Und so isch es düe äbä chu, dass der Tyfel erscht agfangä het, d'Ärmel ibiäzä, wo d'Schnyderi mid ihrem Tschoopä scho fertig gsy isch. Franz Arnold, 25 Jahre alt, Bürglen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Teufel unter dem Tisch

Source: Der Teufel unter dem Tisch

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Streit und Zank hatten schon lange bei einem Ehepaar in Attinghausen geherrscht. Kein Tag verging da ohne Schimpfen und Schelten, und auch die Prügel nebst den zugehörigen Flüchen und Schwüren waren auf der Tagesordnung. Endlich erschien mal plötzlich ein grausiger, schwarzer, zottiger Hund mit funkelnden Augen und roter, heraushängender Zunge in der zankerfüllten Stube, legte sich unter den Tisch und war da nicht mehr zu vertreiben. Die geängstigten Leutchen holten endlich den frommen Ortspfarrer; dem gelang es nach fast einstündigem Beten und Lesen mit vieler Mühe, den Hund, der einen scheusslichen Gestank hinterliess, zum Verschwinden zu bringen. Aber der Schweiss rann dem Geistlichen in Bächen über das Angesicht hinunter. »Jetzt macht, wie ihr wollt«, sagte er dem Ehepaar, »aber ein zweites Mal werde ich nicht mehr kommen, euch den Teufel zu vertreiben!« Nach einer Variante von Seelisberg spielte die Szene in einer Kneipe zu Beckenried, wo mehrere Männer, die den Pfarrer von Seelisberg hatten auf die Probe stellen wollen, beisammen sassen und wüste Reden führten. In Altdorf wird eine Wirtschaft ob der Vorstadt genannt, wo der Wirt gewohnheitsmässig fluchte und gottlose Gespräche unterhielt, und in Erstfeld ein Haus, aus dem zwei Burschen gegen den Willen ihres Vaters, der sagte: »So gehet in des Teufels Namen!«, z'Stubeten gingen. Jos. Ant. Imhof-Fischer, Attinghausen, Frau Imhof-Aschwanden, 85 Jahre alt, und a. mehr. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Teufel unter der Kanzel

Source: Der Teufel unter der Kanzel

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Das heilige Osterfest war gekommen. Zur Nachmittagspredigt fuhr auch Beatus auf seinem Mantel über den Wendelsee hinüber nach Einigen. Schon war das Kirchlein dicht gefüllt, als er ankam, und St. Justus hatte bereits den Gottesdienst begonnen. Bescheiden setzt sich Beat hinten auf die letzte Bank, um nicht zu stören. "Doch, dieweil des Volkes viel, ward’s im Kirchlein gar zu schwül, und so hob denn Mann um Mann allgemach zu schlafen an". Mit Betrübnis wurde unser Heiliger solches gewahr. Vollends mit Entsetzen erfüllt es ihn, als er den leidigen Satan selber in der Kirche anwesend sieht. Vorn unter der Kanzel sitzt er, "schielt im Volke rings herum, hält ein Bocksfell ausgespannt, eine Feder in der Hand, und verzeichnet all zu Häuf in ein lang Register auf, was da schlummert, was da träumt und der Seele Heil versäumt; denkt, dass er am jüngsten Tag sammethaft sie fischen mag, wenn er schwarz auf weiss es hätt, wer zur Predigt schlafen tät". Beatus ist in verzweifelter Lage. Wie gern hätte er die Schläfer geweckt, damit sie nicht in des Teufels Gewalt verfallen, wenn sie auch das Amen überhören. Aber er durfte ja den Gottesdienst nicht stören. Weil aber der Schläfer so viele sind, dass ihre Namen nicht alle Raum finden auf der Bockshaut, so versucht Satan, dieselbe auszudehnen. Er fasst sie mit den Zähnen auf der einen Seite und den Klauen auf der andern und zerrt. Plötzlich zerreisst die Haut, "dass des Teufels Kopf im Flug polternd an die Kanzel schlug". Laut dröhnt es durch die Kirche und Beatus muss über das Missgeschick des dummen Teufels hell auflachen. Darob erwachen alle Schläfer bevor der predigende Justus das Amen spricht. Sie sind also dem Strick des Bösewichts glücklich entronnen. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Teufelsblock

Source: Der Teufelsblock

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Ob dem Dorf, wo der Hang sich buckelt, liegt haarscharf auf der Kante ein Felsknutsch, so spitz im Gleichgewicht, dass man ihn nur mit dem Finger zu berühren braucht, und er kippt und rollt und walzt das Dorf in den Boden. So scheint es auf den ersten Blick. Flach und mit einer dünnen Rasenschicht bedeckt, verjüngt er sich nach unten, weshalb man gegen die Dorfseite ein Stützmäuerchen errichtete, das aber nicht imstande wäre, den Absturz zu verhindern. Und doch schlafen die Leute gut in den Hütten und denken nicht an Schaden und Gefahr, denn nicht der Teufel, sondern der Herrgott regiert die Welt, und ohne seinen Willen kann der Stein sich nicht vom Fleck bewegen. Der Teufel hatte ihn nämlich, und das ist keine Fabel, des Nachts am Sturmhorn losgebrochen und an diesen Ort geschuftet, um ihn auf das Dorf niederzuschmettern. Ein Stoss, und die Kirche wankt und begräbt unter den Trümmern die Häuser, die um den Turm sich scharen. Die Rast unterbrechend, spuckte er entzückt in die Klauen. Da stand der Schutzheilige des Dorfes, vom goldenen Schein umflimmert, urplötzlich vor ihm und hob schirmend das Kreuz. «Im Namen Gottes gebiete ich dir Halt!» Der Teufel nieste entsetzlich, so beissend stieg ihm ein himmlisches Gerüchlein in die Nase. «Was hast du hier zu schaffen?» raunzte er, immerzu niesend, «mach Platz, sonst, beim höllischen Pfuhl, ich schone niemand, auch deine fragwürdige Heiligkeit nicht. Ein paar Sekunden, und dieser Klotz zerquetscht das Dorf mit Mann und Maus.» «Kraft meines Amtes gebiete ich dir Halt, du Erzgauner und Versucher der Menschheit!» Beelzebub kratzte sich hinter dem Ohr und tänzelte, als ob ihn an die Hufe fröre. «Wozu die grause Tat?» fuhr der Heilige fort und schlug einen weichern Ton an. «Was haben die Dörfler verbrochen?» «Zeig mir eine einzige Seele, die bereit wäre, eine Gutsache zu verrichten. Alle sind sie in voller Bosheit und Tücke und mir verfallen.» «Komm mit!» heischte der Schutzpatron und ging die Kehren hinunter ins Dorf. Es war brandschwarze Nacht, Weg und Steg verschwammen in der Finsternis. Die Bewohner schliefen und woben lichte Träume. Kein Laut ringsum, als etwa das Schnaufen einer Kuh, das Gebimmel einer Ziegenschelle. Vor einer schiefen Hütte blieben sie stehen. Geäst und Aufleseholz reckten die dürren Ärmchen an die zwei halberblindeten Fensterchen, die im Schein des Stubenlichtes glommen. Eine morsche Treppe stufte sich zur Küchentür. Man hörte das Gewimmer eines Kindes. «Steig hinauf und guck ins Gelass!» befahl der Heilige und versetzte dem Satan einen Rippenstoss. Hopp war der Teufel oben, bog und zerrte den dünnen Hals vorwärts, wie den Blasebalg einer Harmonika, wischte den Staub aus den Butzenscheiben und schnüffelte am Glase. Ein Schattenriss war sein hässlicher Grind, das Profil von einem lichten Streifen gezeichnet, der über die Rabennase und das spitze Kinn ging, die wie feindliche Schnäbel gegeneinander hackten. Sein Haar stachelte sich, er kaute und mahlte wie an einem sauren Bissen. «Was siehst du?» tönte es aus der Tiefe. «Nichts kann ich sehen, es ist nicht hell genug in der Kammer.» «Dein Galgengesicht ist wie die Käuze, blind am Tag und sehend in der Nacht. Erkennst du nicht die Wiege an der Wand und das kranke Kind darin? Zu Häupten die Mutter, die gute Wache hat schon die dritte Nacht, und wenn der Tag anbricht, wird ihre Liebe und Aufopferung das Kleine gerettet haben. Ist das Tücke und Bosheit?» Ein scharfes Schneuzen und Zischen, und in einem schwefelgelben Schuss saust der Teufel über das Dorf hinweg, wie immer, wenn ihm ein Heiliger tüchtig auf das  Schandmaul getrommelt hat.   Quelle: Johannes Jegerlehner: Walliser Sagen, Hans Feuz Verlag Bern, 1959 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Teufelsfriedhof

Source: Der Teufelsfriedhof

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Als die Bewohner im Glarnerland und auf dem Talboden des Fätschbaches noch Heiden waren, hatten sie in der Nähe der Quellen dieses Baches ihre Opferstätte. Da kam das Christentum in unser Land, und das Opfern unterblieb lange Zeit. Aber vergessen konnten es die Leute nicht. Immer wieder erinnerten sie sich an die lustigen Tänze, Maskeraden und Gelage, die damit verbunden waren. Dann und wann drangen auch wieder heidnische Sitten bei den Bewohnern der Gegenden hervor. Des freute sich der Böse von Anfang an. Aber es gab noch viele Ernstgesinnte, die ihm nicht gehorchten. Da beschloss er, diese von ihrem Glauben abwendig zu machen. Er liess deshalb den Leuten in die Ohren flüstern, sie sollten sich nur wieder öfter an der alten Opferstätte einfinden, wo es Lustiges zu sehen, zu hören und zu geniessen gäbe. Wirklich fand sich an den bekannten Opfertagen immer eine grosse Schar Menschen an dem verabredeten Orte ein. Der Teufel, der in Menschengestalt auch gekommen war, fing an, den krassesten Aberglauben zu lehren. Und dann warf er seine bekannten Redensarten um sich: Es gäbe keinen Unterschied zwischen erlaubtem und unerlaubtem Genuss. Recht und Treue seien Hirngespinste, es wisse ja kein Mensch, was Wahrheit sei, und was sei es denn mit dem Wort «Nächstenliebe»? Man sei doch immerdar sich selbst der Nächste. Er hiess die Zuhörer auch eine Beschwörungsformel sprechen, durch die sie in seinem Namen ihm Gehorsam geloben sollten. Eine Schar tat es; andern wurde es unheimlich zumute, und sie entfernten sich. Kaum aber war die Beschwörung durch das Handgelübde vollzogen, als die nahe, hochragende Felswand zu wanken begann. Im Berge hörte man ein furchtbares Krachen. Dann stürzte die Felswand mit Donnergepolter auf die Schar Menschen nieder, die dem Bösen ihr Gelübde gegeben hatten. Die andern blieben am Rande der Steinwüste verschont und kamen mit Angst und Schrecken davon. Mit Schaudern erzählten sie von dem Erlebten. Den Ort des Unglücks aber zeigt man heute noch. Seit jener Zeit nennt man ihn «Teufelsfriedhof».   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Teufelsschuss

Source: Der Teufelsschuss

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In der Sage ist erzählt worden, wie Satan als Tourist das Lötschental verlassend — er mag nicht gar gut bewirtetet worden sein — etwas unwirsch auf das Risihorn hinaufkletterte, von dem er den ersten Schritt hinab in die Belalpe machte, den zweiten auf's Hochgebirg im Nessel und von da auf's Glishorn sprang. In der Belalpe setzte er seinen Fuss auf einen Stein am Ufer des Kelchbaches und drückte demselben die Male seines Fusses ein, die noch gesehen werden und Teufelstritt heissen. — Der Schreiber dieses hat die kleine, nun ziemlich verwitterte Vertiefung, wie sie ungefähr ein Menschenfuss hätte eindrücken können, mitten auf einem nicht gar grossen Steine auch in Betracht gezogen. Obige Sage erzählt nicht weiter, was Satan auf dem Glishorn begonnen, dem er durch seinen Kraftsprung eine gefährliche Spalte beibrachte. — Das ist nun hier nachzutragen. Es war eben drei Uhr nachmittags, als der langbeinige Tourist seinen Fuss auf's Glishorn setzte. Sieh! da traf das altfromme Vespergeläute aus dem Kirchturme von Naters sein Ohr. Schnell wandte er sich um, zu erspähen den verhassten Glockenklang. Der Kirchturm von Naters, dem die lieblichen Töne entflossen, konnte seinem Adlerblicke nicht entgehen. Von Zorn erglühte sein Antlitz; er griff schnell nach seinem Bogen — das Pulver war noch nicht erfunden — lud aus seinem Köcher ein verderbenbringendes Geschoss und schnellte dasselbe ins Tal hinab. Natürlich galt es den Glocken im Kirchturme zu Naters. — Doch der Schuss ging total fehl; in seiner übereilenden Hitze hatte er nicht gut gezielt. Möglich auch, dass die guten Jesuiten, die so manchen Fehlschuss der Aufgeklärten verantworten müssen, sein Zielerauge blendeten; denn er musste über deren Residenz in Brig hinwegschiessen. Ein Felsen in der Schratt ob Naters zeigt das viereckige Loch noch heute, das sein Geschoss eingeschlagen. Dieses Loch, ob dem Bethäuslein an der Bergstrasse in der Schratt zu finden, scheint übrigens von Menschenhänden in harten Felsen eingeschnitten. Einige glauben, es sei zur Zeit, als das Wallis ein See war, oder der Genfersee den Fuss der Furka beleckte, gemacht worden, um Schiffe anzubinden, indem in ungefähr gleicher Höhe noch jetzt im Osten des Hegdorns ein in Felsen festgesetzter Eisenring zu finden sei, der den gleichen Zweck mag gehabt haben. Diesen Eisenring hat der Schreiber dieses nicht aufgesucht obschon es interessant wäre, von der Wahrheit dieser Angabe überwiesen zu sein.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Teufelssprung

Source: Der Teufelssprung

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Im südöstlichen Hintergrund des Melchtals grünt zwischen Tannen und Aabach, am Fusse des Glogghüs und Ärzegg die Hochalp oder Wildi Melchsee mit einem Sennendorf und einer Kapelle, in welcher im Sommer den Älplern Gottesdienst gehalten wird. - Ein spiegelheller Alpsee erhöht den Reiz des Gemäldes. Nahe der Kapelle liegt ein Stein, der „Teufelssprung" genannt. Denn schau', von jenem hohen Felsen oder Tossen dort herab bis auf diesen Block nahm einst der Teufel einen Riesensprung und prägte in dem Steine die sichtbare Spur seiner Geissfüsse ab. Er beabsichtigte dabei die dem Ausbau nahe Kapelle des heiligen Hirten Wendelin niederzutreten, verfehlte jedoch sein Ziel und hinterliess zur Strafe nur das Mal seiner Schande   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Der Teufelsstein

Source: Der Teufelsstein

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Als der Weihbischof von Konstanz die kleine Kapelle in Oberwil zu Ehren des heiligen Bischofs Niklaus gesegnet hatte, herrschte grosse Freude unter den frommen Oberwiler Bauern. Der holperige Kirchweg nach Zug war des Werktags doch zu weit gewesen und nun hatten sie ein eigenes Gotteshaus. Nur einer hatte nicht Freude an dem schmucken Kirchlein und das war der Teufel. An einem schönen Maimorgen kam der Böse vom Geissboden her und vom Waldrande schaute er voll Ingrimm auf das weisse Kirchlein herunter. Schäumend vor wildem Zorn und Hass rief der Teufel aus: Oberwiler, euere Kapelle sollt ihr nicht mehr länger haben, mit diesem gewaltigen Felsblock will ich sie in Grund und Boden hineinstampfen! - Mit diesen fluchenden Worten ergriff er einen gewaltigen Stein, stemmte ihn in die Höhe und wollte ihn auf das Oberwiler Kapellchen hinabschleudern. Doch, da ertönte plötzlich vom kleinen Kirchtürmchen die feierliche Wandlungsglocke. Der Ton des Glöckleins entriss dem Bösen seine Kraft und wütend warf der Teufel den Stein zu Boden, dass er tief in das Erdreich hineinfuhr. Noch heute liegt der Teufelsstein im Walde und aufmerksame Besucher haben schon die Fingerabdrücke des Bösen auf dem massigen Stein gefunden. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 44 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Teufelsstein in Vals

Source: Der Teufelsstein in Vals

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Eine kleine Wegstunde ausserhalb Vals-Platz, hart am Wege nach Lugnez, findet der Wanderer einen grossen, aufrechtstehenden Felsblock, auf dessen Gipfel eine kleine Tanne gar fröhlich ihrer Existenz sich freut. - Dieser ist bei den Valsern unter dem Namen Teufelsstein bekannt. - Von ihm geht eine Sage: Es lebte vor vielen Jahren zu Vals, im Thale, ein Riese Namens Schänni oder Schenni. Dieser Schenni war ein gar rauher und wilder Kumpan, aber zugleich auch der Schutzgeist und der Freund in Nöten für die Talleute, die ihn darum in hoher Verehrung hielten. Die Macht und das Ansehen, das der Schenni bei den Valsern sich er­worben, machten nun den Fürsten der Hölle neidisch; der gutmütige Riese kehrte sich aber nicht daran und ging allen Umstellungen des Bösen sorglich aus dem Wege. Der gedachte, den Schenni dennoch zu »überhö­hen«, ihm den Rang abzulaufen und dessen Herrschaft über die Valser sich selbst anzueignen. Schenni kehrte nun einstens von der Arbeit heim (er hatte nämlich den Valsern bei einem Brückenbau die Balken gelegt, was sonst kein Anderer gewagt hatte) und trug unter dem Arme einen Raben, den er sich gross gezogen und den er überall mit sich nahm; auf der Schulter trug er einen mächtigen Fichtenstamm, welchen er heim zu nehmen gedachte. Arglos zog er seines Weges, als auf einmal der Rabe seiner Hut sich entwand, und, schrecklich krächzend, sonnenwärts flog. Der Riese, dem die Flucht seines Lieblings ungewohnt war, schaute zweifelnd ihm nach, und erkannte alsbald in dem Gefiederten seinen Schutzgeist, denn hoch oben über ihm hielt der Geist der Finsternis in den Lüften sich erhoben, einen grossen Felsblock in seinen Riesenkrallen tragend. - Schenni ahnte die Tücke des Widersa­chers und spielte den Arglosen, um denselben zu täuschen, ging ruhig seines Weges weiter, doch achtsam nach oben blickend. Der Fürst der Finsternis liess den Steinblock fallen und gedachte des riesigen Nebenbuh­lers dadurch sich zu entledigen, dass er ihn mit dem Stein zerschmettere. Schenni aber, der des Bösen Vorhaben vorausgesehen, sprang flugs zur Seite, und der Fels stürzte alsbald in seiner Nähe nieder, zersprang aber durch die Wucht des Falles in zwei Teile, von denen der eine aufrecht im Boden stecken blieb, der andere Teil an dessen Seite liegt. - Der Böse aber, der nach dieser grossartigen Kraftprobe seine ferneren Bemühungen, den Riesen zu verderben, überflüssig hielt, mied von da an das Tal; die Valser, froh darüber, den bösen Gast nicht als Statthalter bekommen zu haben, bewahrten dem Schenni nach wie vor ein dankbares Andenken. So viel ist richtig, dass das Geschlecht Schenni früher in Vals blühte, nun aber nicht mehr, und dass das Bild unseres Helden in der Kirche zu Pleif in Lugnez al fresco zu sehen ist; dort in Pleif soll er gestorben sein und begraben liegen. Nach Andern ist die Sage vom Teufelsstein folgende: Vor mehr als hundert Jahren bauten die Valser in dem Weiler Camp eine Kapelle zu Ehren der heiligen Jungfrau. Das vernahm der Teufel, und bald hatte der sich ein Mittel ausgesonnen, um den Bau, den er erst gemächlich ausführen liess, nach seiner Art zu segnen, indem er das mit grossen Kosten aufgeführte Kirchlein in einer schönen Nacht in einen Trümmerhaufen verwandeln wollte. Zu diesem Zwecke suchte er sich eine halbe Stunde weiter talabwärts grosse Steinblöcke aus, um mit diesen die Kapelle niederzuschmettern. Er fand wirklich bald einen recht grossen und schweren, der ihm gerade zu diesem Zwecke hier zu stehen schien, und den auf den Rücken zu nehmen, er sich mit wahrhaft teuflischer Freude anschickte. Er schlug mit den Hörnern tief in das Gestein hinein, tat das Gleiche mit den langen, scharf bekrallten Fingern, hob ihn auf und flog mit ihm der Kapelle zu. Schon war er auf der Wiese angekommen - wo der Stein heute noch steht - da vernahm er ein gewaltiges Brausen; Blitze sprühten, Donner krachten und Winde heulten durch die Baumkronen. Dem Unholde ward der Stein immer schwerer und schwerer, denn die heilige Jungfrau drückte mit allgewaltiger Hand darauf und bildete Eindrücke in Form eines Kreuzes; - da plötzlich ein furchtbarer Krach, und der Stein spaltete sich in zwei Stücke, die polternd zur Erde stürzten. Wie der Teufel die zersplitterten Steinblöcke zur Erde fallen und somit seinen ersten Versuch misslungen sah, zudem von der entsetzlichen Anstrengung ganz erschöpft sich fühlte, liess er den Gedanken, die Kapelle zu zerstören, fahren, und kehrte, von Grimm und Ärger erfüllt, in sein Schattenreich zurück. An den Felsblöcken zeigt man heute noch die Löcher und Eindrücke, wo er die Hörner eingesteckt und mit den Krallen gefasst habe, sowie auch die von der heiligen Jungfrau eingedrückten Kreuze. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Teufelstritt

Source: Der Teufelstritt

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In der von Reisenden oft besuchten Belalpe ob Naters, welche gewiss sowohl wegen ihrer luftigen und hübschen Lage, als wegen ihren herrlichen Aussichten die schönste in ganz Wallis ist, fliesst mitten durch das reizende Alpental ein sanft tosender Bach. Er entspringt von den zahlreichen Bächlein, welche von dem Gletscher im Hintergrunde der Alpe wie Silberfäden herunterfliessen, und nimmt seinen Lauf durch die Mitte der prächtigen, fast stundenlangen und wie ein Tisch ebenen Kühmatte. Nicht fern vom Stafel, der an die dreissig Hütten nebst einer schönen Kapelle zählt, am Steg genannt, ist über diesen Bach eine kleine Holzbrücke gebaut, über welche das Vieh auf die Alpenweiden getrieben wird. Nahe an diesem Steg trifft man einen etwas flachen Stein an, in welchem die seltsame Gestalt eines Fusses eingedrückt ist; man nennt ihn den Teufelstritt. Die Sage erzählt, der Teufel habe hierdurch einst eine Alpenreise gemacht. Vom Riesigen Horn soll er einen Schritt bis zu diesem Steg auf diesen Stein, von dort auf das Hochgebirg und endlich auf's Gliserhorn den dritten Schritt getan haben. Weil aber der Schritt über den ganzen Brigerzehnen ein sehr breiter war, so sei durch das starke Auftreten auf die Spitze des Gliserhorns dieselbe zersprengt worden. Wirklich soll dort oben ein grosser Spalt im Felsen sein, der sich immer mehr erweitere und laut einer Sage werde Brig einst von den Trümmern eines mächtigen Felsens aus dem Gliserhorn erschüttert werden. Auf diesem zerklüfteten Felsen steht jetzt ein Kreuz, vielleicht um dem Teufel die Lust zu den nehmen, zum zweiten Mal so unhöflich darauf zu treten. Von seiner fernen Reise und warum er in so grossen Sprüngen da durchpassiert sei, schweigt die Sage. Jedenfalls waren es echte Riesenschritte, würdig eines Adramelechs, wie ihn Klopstock in seiner Messiade nennt. Entweder wollte er die Grösse seiner schrecklichen Engelsnatur zeigen, oder er wollte als Tourist die Schönheiten dieser Gegenden selbst bewundern, und ich zweifle, dass "Rüffel" in Zermatt einen so grossen und mächtigen Reisenden aufzuweisen hat; oder er fürchtete, es möchte ihm hier ergehen wie ehemals auf dem St. Bernhardsberg, wo ihn der Hl. Bernhard gefangen nahm; oder er besorgte, es könnte ein Hl. Theodul, Landespatron, ihm wieder Befehl geben, eine grosse Glocke von Rom nach Wallis zu tragen; oder ihm graute vor dem in Brig erbauten Jesuitenkloster, wo die Söhne des Hl. Ignatius immer ein wachsames Auge auf seine Teufelssprünge gerichtet hielten, denn er weiss nur zu gut, dass im Namen Jesu auch alle Knie unter der Erde sich beugen müssen.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Teufelstritt auf der Gestelenalp

Source: Der Teufelstritt auf der Gestelenalp

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Im Berner Oberland, auf dem bewaldeten Bergzug zwischen dem obern Simmental und dem Diemtigental, liegt eine schöne, grasreiche Alp, die von den Sennen der Gemeinde Zweisimmen befahren wird; man heisst sie die Gestelenalp. Zur Sommerszeit, wenn ringsum alle Alpen mit Vieh besetzt sind und das Geläute der Herden gar freundlich durch die Berge hallt, kommen hier alle Jahre einmal an einem Sonntag die Älpler der ganzen Gegend zusammen zu einem sogenannten Dorfet. Von Mannried und Grubenwald, von Schwanden, Zwischenflüh und Diemtigen steigen sie hinauf zum fröhlichen Bergfest, und die jungen Sennerinnen dürfen auch nicht fehlen. Da geht`s dann lustig und hoch her. Auf der Höhe der Alp, dem Gestelengrat, der die Wasserscheide und zugleich die Grenze zwischen den beiden Tälern bildet, wird gemeinsam getrunken, gesungen, geschossen, Kegel gespielt und auf dem grünen Rasen getanzt. In früheren Jahren wurde auch um die Wette geschwungen, und die Burschen derjenigen Talschaft, welche unterlag, hatten nachher die Zeche zu bezahlen. In einiger Entfernung von diesem Spielplatz befindet sich nun ein einzeln stehender Felsen von der Form eines Würfels, der nach allen Richtungen gegen zwei Meter misst. Mitten in seiner obersten, ebenen Fläche sind zwei Vertiefungen, die vollständig menschlichen Fussstapfen gleichsehen, gerade als wäre der Stein weich gewesen und jemand wäre nackten Fusses darauf getreten. Deutlich lassen sich selbst die Zehen unterscheiden. Dieser Stein heisst der Teufelstritt, und man erzählt sich von ihm folgende Sage: Eines Morgens, es war eben wieder Dorfsonntag, wanderte eine schöne, reiche Sennerin mit stolzen Schritten den Berg hinan, um das Älplerfest auf dem Gestelengrat zu besuchen. Selbstgefällig betrachtete sie einmal über das andere ihren schmucken Sonntagsstaat, die Blumen und die flatternden Bänder und dachte bei sich selbst: "Heute bin ich gewiss von allen Tänzerinnen die schönste und gefeiertste." Und um dies wirklich zu sein, verschwor sie sich feierlich und gelobte, des Teufels sein zu wollen, wenn sie nicht den ersten Tanz tun und den Reigen anführen könne. So kam sie hinauf auf die Alp. Hier hatten sich, da es ein herrlicher, sonniger Tag war, schon eine grosse Zahl von Älplern und Älplerinnen eingefunden, und es kamen ihrer immer mehr. Endlich stimmten die Spielleute zur Eröffnung des Tanzes einen muntern Ländler an. Alles erhob sich und jeder suchte sich seine Tänzerin. Aber wie sehnsüchtig jene Schöne auch ihre Blicke schweifen liess, es wollte keiner kommen, sie aufzufordern. Lustig flog das junge Volk im hüpfenden Ringeltanze über die Wiese daher, sie aber musste einsam stehen bleiben. Kaum waren jedoch die letzten Töne der Musik verklungen, als auch schon der Teufel dastand, sie unter grinsendem Hohngelächter um den Leib fasste, mit ihr forteilte, sie auf den beschriebenen Felsblock stellte und verschwand. Da stand sie nun festgebannt und konnte sich nicht von der Stelle bewegen. Statt, wie sie sich in ihrem hochmütigen Sinne vorgenommen hatte, die Erste beim Tanze zu sein, kam sie nun gar nicht dazu und hatte nur aus der Ferne das Zusehen. Was weiterhin aus ihr geworden ist, weiss niemand zu sagen. Das Andenken an ihren frevelhaften Übermut aber bleibt verewigt im Teufelstritt. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Tiful hilft

Source: Der Tiful hilft

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Es het e mal es Manli va Grächu e scharpfe Verzand uber d'Efpil bercho und duo deicht's, ich ga über an Emd ins Dörfji; da heinich niwlich en Baum mit prächtige rote Epfju g'se. Diz Manli d'Nacht z'weg bis dana uber ins Dörfji und fassut verborgu va dische Epfju, was het mögu fortbringu und giträgu. Diz Ding ist guot; z'Manli mit schiner Tregi e mab bis uf di Kalputraner-Briggu und va da bässligu derun Grächer-Berg en bruf, bis es mit de g'stohlne Epfju bis zum Chriz chon ist, wa schich t'Wega teilunt. Da het's en brin g'stellt und, wiä andri Lit d'un Bruch hent, z'Chriz g'macht und gliwwet. Und duo wiä sissmu gangu? Wil's z'Chriz g'macht hei, siss uverschamt i Reuwu g'fallu, dass di Epfju gnu hei und deiche, i träguschi zerug, sust tätismer ja mi Lebtag schwer machu. Es schlifu mit de Juogsu (Achsel) unter die Pretschole, um d'Ledi e mum uf dun Puggul z'näh uud scha e muber z'trägu. Duo sischmu so schweri cho, dass ä ra kei Bodu hei mögu g'näh. Es säge z'ihm selber, das ist nit natürli's, da hetmer z Bescha g'holfu uberhar trägu. Duo hei eimil der arum Donner ang'fangu us z'paku und prubiert, wiä vil dass er zum Mal möge fortbringu und heigi, fer schi alli im Dörfji z'erstattu, grad dri Gäng gibrucht und alli dri Mal gnoug z'trägu g'häbet. Darum segent di Tallit no jetzu: «Der Tiful hilft.» (Staldner-Dialekt, erzählt von Dekan Anthanmatten)   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Tilgerstein

Source: Der Tilgerstein

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Am Ende des fünfzehnten Jahrhunderts soll in Törbel ein Mann namens Tilger gewohnt haben. Er lebte allein unterhalb des Dorfes in den Steckenkehren. Damals wütete auch in Törbel die Pest. Niemand war mehr imstande, die Toten nach Stalden auf den Friedhof zu führen. Da anerbot er sich, diese Arbeit zu übernehmen. Die Gemeinde verschaffte ihm dazu ein altes Maultier; und darauf lud er in Robkörben die Toten. In einem Stadel nahm er ihnen dann noch die Leinentücher weg, worin sie eingewickelt waren, und am Schlusse der Pestzeit hatte er davon eine Beige bis an den First. Diese Beschäftigung verhärtete das Herz des ohnehin harten Mannes derart, dass er zum Raubmörder wurde. Er soll sogar mit dem Bösen ein Bündnis geschlossen haben. Der gab ihm ein scharfes Messer. Trug er das bei sich, war er unüberwindbar. Die Grundmauern seines Wohnhauses in den Steckenkehren sind noch zu sehen. Dort spannte Tilger in der Nacht einen Draht über den Weg, und dieser zeigte mit einem Glöcklein die Passanten an. Der Räuber überfiel sie, tötete sie und raubte ihnen, was sie bei sich führten. Den Leuten fiel das auf, aber sie fanden keine Beweise gegen Tilger. Der Räuber merkte aber wohl, dass man ihn verdächtigte und siedelte nun nach Hohstetten um, zwischen Törbel und Zeneggen. Dort hörte man von ihm eine Zeitlang nichts mehr. Ein gewisser Christian Schaller von Törbel kam einst in der Nacht aus Bürchen zurück und durchschritt in der Nacht den düstern Wald oberhalb Zeneggen. Unvermutet begegnete ihm dort Tilger, der zufällig sein Götti war. Schaller fürchtete ernstlich, sein Götti werde ihn umbringen, darum weigerte er sich hartnäckig, im Wege vorauszugehen. Aber auch Tilger wollte nicht der erste sein. So schlug Schaller vor: «Guot Frind ferggunt unand!» Und er gab ihm die Hand. Diese drückte er so sehr, dass dem Räuber das Blut unter den Fingernägeln hervorspritzte. Glücklich war er diesmal dem Tode entwichen, denn Tilger hatte das gefürchtete Messer nicht bei sich. Beim Bielti in der Nähe von Neubrück beging Tilger kurz darauf eine andere Greueltat: Er brachte dort eine ganze Familie um, ausgenommen ein Mädchen. Das stellte er so an: In der Nacht schlich er sich in den Stall und brachte dort eine Ziege zum Schreien. Wie nun eines nach dem andern im Stall nachschauen wollte, tötete er sie alle bis ans Mädchen. Das nahm er heim und liess es für sich kochen und die Hausarbeiten besorgen. Es durfte aber das Haus kaum verlassen, und nie ohne seine ausdrückliche Erlaubnis. Nur tagsüber konnte es sich mit ihm vor der Hütte sonnen. Einst war ein hohes Kirchenfest, und das Mädchen bettelte ohne Unterlass, er möge es doch einmal zur Kirche gehen lassen. Nach langem Bitten gab er nach. Es musste aber schwören, keinem einzigen Menschen etwas zu sagen. Nach der Messe ging aber das Mädchen keck in den Gemeindesaal, wo die Bürger waren. Dort erzählte es alles, was es wusste, dem Ofen in der Ecke: «Dir Ofen sage ich es, um diese und diese Zeit schläft er, dann wäre es ihm einer allein!» Die Bürger hörten das, fingen den Tilger ein und übergaben ihn der Gerichtsbehörde. Heute kennen wir noch das Tilgerhaus und den Tilgerstein, und wenn einer nicht sofort Glauben findet, sagt er oft: «Wenn du es mir nicht glaubst, sage ich es dem Ofen!» TÖRBEL Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Tobel-Geist

Source: Der Tobel-Geist

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Hart unterm Staffel in der Alp Fanin ist ein tiefes Tobel, aus welchem man Nachts zuweilen ein schreckliches Geheul und grausiges Ächzen und Stöhnen vernimmt. Endlich sieht man, wie ein Mann mit ungeheurer Mühe eine tote Kuh den steilen Abhang herauf nach sich zieht; oben am Abhange angelangt, stürzt er dieselbe wieder in den Abgrund hinunter und jauchzt und jodelt dabei, dass es in den Bergen erhallt. - Dieser Mann hü­tete einst als Hirte in der Alp Fanin das Vieh und liess, von reichen Nach­barn bestochen, deren Kühe auf einer »Grüne« weiden, wo die besten Kräuter sprossten, verwehrte aber der übrigen Habe den Zugang zu diesem Futterplatze. Eines Tages brach aber doch eine andere Kuh aus, die einer armen Witwe gehörte und die zog, der Wachsamkeit des Hirten ungeachtet, nach der verbotenen Weide. Das verdross den ungerechten Hirten, und der sann auf Abhülfe. Nachdem die Kühe der Reichen abermals auf den Futterplatz getrieben worden, legte der Hirte Rinde von einer frisch geschäl­ten Tanne auf den Pfad; die Kuh der Witwe kam richtig wieder, glitt aber auf der Rinde aus und stürzte in den Abgrund hinunter. - Nun muss der Hirte umgehen und seinen Frevel schrecklich büssen: »Ist die Kuh auf der frischen Rinde ausgeglitscht und in den Abgrund gestürzt, springt er aus dem Gebüsche hervor, schaut vom überhängenden Felsen in die gähnende Tiefe hinunter, jauchzt, dass man es über dem Berge noch hört und klatscht in die Hände - bald aber, sobald das arme Tier zerschellt in der Tiefe verendet, fängt er an zu ächzen, rauft sich die Haare und klettert die steile Felswand hinunter. Bei der Kuh angelangt, legt er ihr einen Strick um die Hörner, um sie mit unendlicher Anstrengung das Tobel heraufzuziehen. Endlich oben angelangt, lacht er dämonisch helle auf, nimmt den Strick ab und stürzt die Kuh in das Tobel hinunter, um seine Aufgabe von vorn zu lösen, und so drei Mal nach einander. - Alle zehn Jahre einmal begegnet er im Tobel einem Manne, der auf dem Rücken einen Hahn trägt und unter dessen Last gar »erbärmlich laid« tut, noch viel schrecklicher "jesmet" als der Hirte mit dem Heraufziehen seiner verwünschten Kuh. Er frägt alle Male seinen Leidensgefährten um die Ursache, warum der kleine Federmann ihn so plagen müsse, und erhält zur Antwort, dass er zur Strafe für ebenfalls ungetreue Hut eingesperrt gewesen, beim ersten Hahnenschrei den Wächter getötet und entsprungen sei. Seither habe seine Seele keine Ruhe mehr, und er müsse geisten, und das alle zehn Jahre einmal, und den Hahn tragen, von dem jede Feder sicherlich schwerer wiege als die Kuh die er (der Andere) bergauf ziehe. Jedes zehnte Jahr falle aber dem Hahn eine Feder aus, und sobald er aller Federn ledig sei, habe auch er endlich die ersehnte Ruhe erlangt.« Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Tobelbock auf Obbürgen

Source: Der Tobelbock auf Obbürgen

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Ein Wohnhaus auf Obbürgen heisst jetzt noch, „das Oberhus". Die Stelle, wo dieses Haus steht, war früher als ein für das Vieh krankheitbringender Platz abgezäunt, weil jedes Stück das ihn betrat, erkrankte und fiel. In der Folge wurde dieser Platz doch ausgewählt, um darauf ein Haus zu bauen. Als dieses vollendet und von Leuten bezogen war, wurden die Bewohner desselben, besonders die Dienstboten, beunruhigt. Es geisterte darin. Man berief einen Kapuziner um das Gespenst zu verbannen. Dieser ging nun in alle Zimmer, nachdem er mit dem Stocke ein Loch unter der Türschwelle durch gemacht hatte, endlich zu oberst in das Haus hinauf, kam mit demselben das Haus hinunter und jagte es mit wiederholter Kraftanstrengung unter der Türschwelle hinaus. Hierauf habe er dieses Gespenst in das naheliegende Tobel gebannt, wo es oft als ein grosses, kuhähnliches Tier gesehen worden sei. Man nennt es den Tobelbock.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Der Töberhund

Source: Der Töberhund

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Vom Töber bis zur Weinburg kann man nachts den Töberhund sehen, einen höchst unliebsamen Begleiter, der beständig stöhnt und knurrt und mit seinen feurigen Augen gar fürchterlich um sich blickt. Ein Thaler Bauer hatte sich bei Verwandten am Buchberg gütlich getan. Auf dem Heimwege sah er den Hund. Der Mann keuchte und konnte kaum vorwärtskommen. Zuerst drückte er sich an die Mauer der Weinburg und kratzte sich die Hände wund; dann kam er ins Bachbett und kroch auf allen vieren vorwärts. Immer begleitete ihn der Hund mit seinem Stöhnen und Knurren. Erst bei der Töberbrücke verschwand der Spuk. (Töber = toben.) S. Walt   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 41, S. 21f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Tod

Source: Der Tod

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und d'Teetälä, diä syget einisch chu bis zur Ortflüeh grad vor Stäg. Und äs Ringli Näfel syg chu' usem Bodä-n-usä, und uff das syg bald einisch 'Pescht nachächu. Frau Jauch-Epp, Amsteg Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Tod als Pate

Source: Der Tod als Pate

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Es war einmal in einem Dorf ein Mann, der hatte sehr viele Kinder. Er wusste nicht, wo er noch einen Paten finden könnte, denn die Leute vom Dorf waren alle schon drangekommen. Einmal ging er in ein anderes Dorf, um einen Paten zu suchen. Hier begegnete er einem alten Mann; der fragte ihn, wohin er gehe. «Oh, ich muss einen Paten für mein Kind suchen.» «Ich will schon Pate sein», sagte der alte Mann. Aber der Vater sagte, er sei zu alt und ging weiter. Bald darauf begegnete er einem Herrn, der war ganz in Grün gekleidet, es war der Teufel. Auch er trug sich an, Pate zu sein, doch der Mann wollte nichts von ihm wissen und ging weiter. Da begegnete er dem Tod. Der fragte ihn, wohin er gehe. Und als er geantwortet hatte, sagte der Tod, er wolle schon Pate sein. Dem Mann war dies recht. Nach der Taufe nahm der Tod den Vater des Kindes auf die Seite und sagte zu ihm: « Grosse Geschenke kann ich nicht machen, aber einen Rat will ich dir geben. Das Patenkind soll Arzt werden, und wenn jemand krank ist, so soll er auf die Wiesen gehen und Teekräuter sammeln. Sobald er ins Zimmer eines Kranken geht, wird er den Tod sehen. Steht er oben am Kopf des Kranken, so wird der sterben, steht er unten an den Füssen, so wird er gesund. Aber er soll trotzdem ein wenig Tee geben, um den Kranken zufriedenzustellen.» Der Mann befolgte den Rat und liess den Sohn Arzt werden. Der Tod hielt sein Versprechen, und sein Patensohn wusste immer, wer sterben musste und wer nicht. Er war ein sehr begehrter Arzt. Aber nach einigen Jahren wurde er selber krank, und der Tod stand oben am Kopf. Er hatte Angst, sterben zu müssen. Da rief er seine Frau und sagte, sie solle das Bett kehren. Nun war der Tod an den Füssen unten. Er wurde wieder gesund und konnte noch viele Tage und Jahre Arzt sein. Dann wurde er wieder krank, und der Tod stand oben am Kopf. Auch diesmal liess er das Bett kehren, aber es nützte nichts mehr. Der Tod sagte: «Oh, diesmal musst du sterben!» Da musste er sterben.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Tod beim Mittagessen

Source: Der Tod beim Mittagessen

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Dem alten Sigrist von Schattdorf, der spät in der Nacht den Friedhof begehen musste, geriet ein Totenschädel in den Weg; verächtlich gab er ihm einen tüchtigen Fusstritt, dass er weit davon rollte, und sprach höhnisch dazu: »Channsch de morä züe-m'r chu ds Mittag ässä.« Das Ding ist gut. Der Sigrist, der nicht weiter an seine Worte denkt, und seine Familie sitzen am magern Mittagstisch. Da klopft's an der Türe. »Nur innä,« rufen alle miteinander. Die Türe geht auf, herein tritt ein langer, spindeldürrer Mann, an dem nichts als Knochen, schreitet auf den Sigrist los und reicht ihm die Hand. Der Sigrist starrt ihn an. »Du kennst mich nicht?« fragt der Unbekannte; »ich bin's, den du letzte Nacht zum Mittagessen eingeladen. Und ich lade dich jetzt ein, mit mir zu kommen.« Da wurde der Sigrist hinter dem Tische gar bleich, und seiner Hand entsank der Löffel; er musste mit, da gab's keinen Pardon; den er zum Mittagessen geladen, es war der harte, der unerbittliche Tod. Frau Gamma-Gamma, 80 J. alt, u.a. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Tod kündet sich an

Source: Der Tod kündet sich an

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Der Tod kündet sich an Adele, ein Hausmädchen in Herschmettlen, lag auf den Tod krank im Nebenzimmer. Man hatte ihrem Bruder berichtet und erwartete ihn jeden Moment. „Mürgruedis Gritli", Frau Bohli und „Pünter-Ida" wachten bei der Kranken. Plötzlich - es ging gegen Mitternacht - klopfte es dreimal hintereinander sehr laut an das Stubenfenster. Ida nahm die Lampe und trat vor das Haus, sah aber niemanden. „Wott öpper ie? Wer isch do?“ rief sie. Kaum hatte sie das gesagt, klopfte es hart neben ihr wieder dreimal ans Fenster, aber sie sah keinen Menschen. Als sie wieder in die Kammer trat, richtete sich die Kranke auf: „Isch das en Geischt gsi, oder isch es min Brüeder gsi?“ In diesem Moment hub der Todeskampf an. „Hansruedeli-Nänne“ lag in der hinteren Kammer am Sterben. Die Mutter und „Zeche-Felixen-Esther“ sassen in der vorderen Stube und wachten. Plötzlich klopfte es dreimal an die Türe. Die Mutter öffnete, doch fand sie niemanden. Am andern Tage starb die Grossmutter. In der Sterbeminute wollte die Mutter in der anstossenden Tenne einen Unbekannten laut rufen gehört haben: „Scharlee, Scharlee!“ Es war weit und breit niemand zu sehen. Als „Zeche-Felixen-Esther“ sterbend in ihrer Kammer lag, klopfte es plötzlich laut an die Türe. Ihre Schwiegertochter öffnete, und die Sterbende fragte: „Bisch es du, Frieda?“ (eine Nachbarin). Aber niemand stand draussen. Zu gleicher Zeit soll ein unbekannter, schwarzgekleideter Mann vom Oberhof her auf das Haus zu und durch die offene Tenntüre getreten sein.Niemand war zu finden. Gleich darauf starb Esther. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Aus Jakob Zollingers Herschmettlerchronik. Manuskripte. K. W. Glaettli kann selber bestätigen, dass es diese „Kündung“ gibt. Er mochte etwa 17 Jahre alt gewesen sein. Man sass beim Abendessen, als jemand, eine Frauenstimme, im Treppenhaus laut den Namen seiner Mutter rief. Es war aber niemand dort Anderntags erhielten sie die Mitteilung, dass zu eben jenem Augenblick eine Verwandte gestorben war.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Todesengel

Source: Der Todesengel

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Eine Legende In Escholzmatt lebte einst ein reiches Ehepaar, das sein einziges Kind über alles liebte. Einst wanderte ein armer Geschirrträger durch die Gegend, zu dem sich ein Pilger gesellte. Dieser, ein frommer, viel gereister Mann, wie es schien, wusste viel Schönes und Merkwürdiges zu erzählen, so dass es der Geschirrträger nicht beachtete, dass sie ihre Schritte auf einen Seitenweg gelenkt hatten. Unter dem fesselnden Gespräch langten sie unvermerkt bei dem Bauernhofe der reichen Leute mit dem vielgeliebten Kinde an. Da die Dämmerung hereinbrach, baten sie um Herberge. Mit grosser Ehrfurcht wurde der Pilger empfangen, und seinetwegen war auch der Geschirrträger ein wohlgelittener Gast. Die Hausfrau richtete ihnen eine vorzügliche Mahlzeit her und bereitete für die beiden ein Nachtlager in der Stube. Als alle im tiefsten Schlafe lagen, weckte der Pilger seinen Begleiter und zeigte ihm das Kind des Hauses und sprach : «Ich will es töten.» Voller Entrüstung über so grausamen Dank für die freundliche Bewirtung wollte der Geschirrträger die Hausbewohner aus dem Schlafe schreien, damit dem argen Pilger sein verdienter Lohn werde. Allein die Stimme versagte ihm, und schon war die Tat vollbracht. Der Unbekannte legte das tote Kind wieder auf sein Lager, ergriff den empörten Geschirrträger und trug ihn, wie durch ein Wunder, zum Haus hinaus unter den freien Himmel. Dort zeigte er ihm, wie sich eben eine weisse Taube zum Himmel empor schwang. «Das ist des Kindleins reine Seele. Sie ist für die Ewigkeit gerettet. Infolge allzu grosser Elternliebe wäre sie samt der Seele des Vaters und der Mutter verlorengegangen. Nun aber werden die Eltern in sich gehen und durch dieses zeitliche Unglück zum ewigen Heil geführt werden.» Mit diesen Worten entschwand der Pilger, der des Kindes Engel war. Emmentaler Sagen, Hermann Wahlen, 1962 Gute Schriften Bern Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Todesengel

Source: Der Todesengel

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Bei Escholzmatt wohnte ein reiches Ehepaar, welches nur ein Kind hatte. Dasselbe war aber den Eltern so lieb, dass sie buchstäblich nichts Lieberes besassen als ihr Büblein. Kein Vaterunser konnten sie mehr recht beten, weder in der Kirche noch zu Hause, bei Gott im Himmel. Da wanderte einst in selber Gegend ein armer Glasträger, zu dem sich auf dem Wege ein Pilger gesellte. Dieser, ein frommer und vielgereister Mann, wie es schien, wusste jenem allerlei Schönes und Merkwürdiges zu erzählen und der Glasträger beachtete es nicht, dass sie auf einen Seitenweg eingelenkt hatten, statt auf der Hauptstrasse sich zu halten. Sie kamen unter dem fesselnden Gespräche zum Hause der reichen Leute mit dem allzugeliebten Kinde und da schon die Nacht hereinbrechen wollte, baten sie um Herberge. Mit grosser Ehrfurcht ward der Pilger empfangen und seinetwegen war auch der Glasträger eine angenehmere Person als sonst. Man richtete ihnen eine Mahlzeit her, so gut sie 's konnten und bereitete für die beiden eine Schlafstätte in der Stube, da gerade wegen anderem Besuche keine Kammer mehr zu vergeben war. Als alle in der tiefsten Ruhe lagen, weckte der Pilger seinen Gespanen auf und zeigte ihm das Kind des Hauses, indem er sprach, er wolle es töten. Voll Entrüstung über einen so schlechten, grausamen Dank für die freundliche Bewirtung strengte sich der Glasträger eiligst an, die Leute aus dem Schlaf zu schreien, damit doch der böse Mann, für den er den Pilger hielt, den rechten Lobn bekäme. Allein die Stimme versagte ihm und schon war die Tat geschehen. Der Unbekannte ging und legte das tote Kindlein wieder hin, wo er es genommen. Dann ergriff er eben so schnell den erstaunten und empörten Glasträger, und trug ihn, wie durch ein Wunder, zum Haus hinaus unter freien Himmel. Da zeigte er ihm, wie eben eine weisse Taube zum Himmel flog. Das sei, bedeutete der Pilger, des Kindleins reine Seele, nun sei es für ewig gerettet und selig, während es sonst auf Grund der allzu grossen Elternliebe verloren gegangen wäre, samt Vater und Mutter, die jetzt auch in sich gehen und um ihrer guten Eigenschaften willen durch dieses zeitliche Unglück zum Heile geführt würden. Nun verschwand der Pilger, es war des Knaben Engel gewesen.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Der Todesquell

Source: Der Todesquell

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Unweit der Bruderbalm am Bürgenberg (Bürgenstock) quillt in der Tiefe des Sees ein seltsamer Born. Wird ihm laut dreimal nacheinander gerufen, so entsteht von Grund auf eine grosse Bewegung, der Brunnen sprudelt und wallt über den Seespiegel herauf mit solcher Gewalt, dass eilig fliehen muss, wer ohne Gefahr und Schaden davonkommen will. Jedenfalls überlebt die rufende Person das Jahr nicht mehr. Ganz glaubwürdige Leute haben dies versichert. Der Autor ist so gefällig, „gleichwohl hierüber einem jeden seine Meinung zu lassen.“   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Der todkündende Bündner

Source: Der todkündende Bündner

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Ende des letzten Jahrhunderts lebte zu Steg ein Gastwirt namens Tschümperli. Der kaufte einst einem Bündner Schweinehändler eine Sau ab, die aber schon in der folgenden Nacht verreckte, und er sagte, das solle der Bündner auf der Höllenplatte abbüssen. Der Letztere reiste über die Furka und übernachtete in einer Alphütte, die während der Nacht verbrannte, wobei er und seine Braut und noch andere Personen ums Leben kamen. In der folgenden Nacht kam es und klopfte beim Tschümperli an die Zimmertüre. Der hatte von dem Unglück gehört und dachte sofort, das sei der Geist des Bündners, und rief: »Äs sell d'r gschänkt sy!« Mehrere Jahre später klopfte es eines Nachts bei einer Nachbarsfrau des Hoteliers an die Türe und rief: »Gang, säg am Tschimperli, är sell-si bikehrä-n- und rischtä, äs ricki mid'm.« Die Frau antwortete resolut: »Gang, säg'm's sälber!« Es aber entgegnete, es habe dreimal bei ihm ohne Erfolg angeklopft, und mehr als dreimal dürfe es nicht. Und noch dreimal rief es der Frau: »Gäll, dä säisch-em's de!« Die Frau führte seinen Auftrag aus, und Tschümperli machte seine Sache in Ordnung und starb eines christlichen Todes. Man glaubt, der Warner sei der Geist jenes Bündners gewesen, dem er die Schuld geschenkt habe. – Dië Fräuw isch my Gottä gsy und het alles sälber v'rzellt; ich ha'ss mit mynä-n-eignä-n-Ohrä gheert. Fr. Gamma-Zgraggen, 40 J. alt. Quelle:  Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der tolle Friedli und der Landvogt

Source: Der tolle Friedli und der Landvogt

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Der tolle Friedli hatte immer etwa Reibereien und kleinere Händel, weshalb er sich auf dem Schloss Waldenburg verantworten musste. Nun gehörte bei ihm auch der Landvogt zu den Leuten, auf die er einen Groll hatte. Als ihm einst zu Ohren kam, dieser habe ihn in Waldenburg im Beisein anderer einen Flegel gescholten, sagte er: «Wenn ich ein Flegel bin, so ist der Herr Landvogt ein Kornhammer», was wiederum ein Verhör nach sich zog. Der Vogt liess ihm durch den Profosen eine Tracht Prügel aufmessen. Der Weg zum Verhörzimmer führte Friedli durch die Küche, wo er im Vorbeigehen einen grossen Schinken bemerkte, den er rasch unter seinen Zwilchrock steckte, worauf er geduckt den Berg hinunter trippelte. Da rief ihm der Landvogt aus dem Fenster nach: «Gelt, Friedli, jetzt habt Ihr Euren Teil?» — «Jo, Heer Landvogt, i ha wenigschtens vierzäh Tag z ässe dra!» Lupsingen Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der tolle Friedli von Lupsingen

Source: Der tolle Friedli von Lupsingen

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Der tolle Friedli hatte immer etwa Reibereien und kleinere Händel, weshalb er sich oft auf dem Schloss Waldenburg zu verantworten hatte. Nun gehörte bei ihm auch der Landvogt zu den Leuten, auf die er einen Groll hatte. Als ihm einst zu Ohren kam, der Landvogt habe ihn in Waldenburg im Beisein anderer einen Flegel gescholten, sagte er: «Wenn ich ein Flegel bin, so ist der Herr Landvogt ein Kornhammer», was wiederum ein Verhör nach sich zog. Der Vogt liess ihm durch den Profossen eine Tracht Prügel aufmessen. Der Weg vom Verhörzimmer führte Friedli durch die Küche, wo er im Vorbeigehen einen grossen Schinken bemerkte, den er rasch unter seinen weissen Zwilchrock steckte, worauf er geduckt den Berg hinuntertrippelte. Da rief ihm der Vogt aus dem Fenster nach: «Gelt, Friedli, jetzt habt ihr euren Teil?» — «Jo, Herr Landvogt, i ha wenigschtens 14 Tag z’ässe dra.» Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Tölpel

Source: Der Tölpel

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Es waren einmal zwei Brüder, der eine war gescheit, der andere dumm. Sie hatten nur ein paar Scherben zum Teilen, bevor sie sich trennten. Der Gescheite nahm seinen Teil und schmiss ihn weg; der Tölpel aber stopfte alles in seinen Geldgurt und zog in die Fremde. Am Abend kam er in eine Wirtschaft und fragte, ob er übernachten könne, sie müssten ihm aber ein sicheres Zimmer geben, wo keine Diebe hereinkönnten, denn er trage zweitausend Gulden bei sich. Wenn er bestohlen würde, so müsse der Wirt dafür herhalten und bezahlen. Der Wirt sagte, er wolle ihm schon ein sicheres Zimmer geben, er solle nur keine Angst haben, und er führte ihn in ein Zimmer zuoberst im Haus. Der Tölpel schaute überall im Zimmer herum, ob niemand hereinkommen könne, verriegelte die Tür und ging ins Bett. Als der Wirt wieder unten war, stand der Tölpel auf und öffnete ein wenig die Tür, dann ging er ins Bett und schlief tief und fest. Am andern Morgen, als der Wirt hinaufging, um ihn zu wecken, sah er, dass die Zimmertür offen stand, da erschrak er furchtbar. Als der Tölpel aufwachte, untersuchte er zuerst seinen Geldgurt. Der war leer, weil er die Scherben herausgenommen und versteckt hatte. Da begann er, heftig auf den Wirt zu schimpfen, weil er ihm kein sicheres Zimmer gegeben habe, er solle sofort mit den zweitausend Gulden herausrücken, sonst hole er die Polizei. Der Wirt musste die zweitausend Gulden hergeben, und der Tölpel ging weiter. Er hatte aber Angst, der Wirt könne ihm auf die Schliche kommen, und er überlegte sich, was er tun solle, wenn der Wirt auftauche. Am Tag, wo er erfuhr, der Wirt sei an dem und dem Ort und suche nach ihm, kochte er einen Brei und liess eine Pfanne im Feuer glühend rot werden. Dann lehrte der Tölpel, als er den Wirt kommen sah, den Brei in die glühende Pfanne, so dass der ohne Feuer weiterkochte. Darauf setzte er sich mitten in die Stube, stellte die Pfanne auf den Boden und rührte den Brei. Als der Wirt in die Stube trat, sagte er als erstes: «Du Lump, jetzt gleich gibst du mir mein Geld zurück, das du ergaunert hast, sonst geht’s dir schlecht!» Der Tölpel sagte, oh, er solle nur Platz nehmen und ihn den Brei fertig kochen lassen. Der Wirt schaute die Pfanne sehr lange an und fragte dann: «Oh, kannst du ohne Feuer kochen?» und der Tölpel antwortete: «Jawohl, in dieser Pfanne kann ich alles ohne Feuer und Holz kochen.» Der Wirt sagte: «Wenn du mir diese Pfanne gibst, so will ich dir die zweitausend Gulden schenken.» Der Tölpel sagte: «Aber nein, ich kann diese Pfanne nicht bloss für zweitausend Gulden hergeben, denn sie erspart mir mehr Holz, doch wenn Ihr mir nochmals zweitausend gebt, so könnt Ihr sie haben.» Der Wirt besann sich kurz und sagte: «Also dann, ich gebe das Geld; es zahlt sich mir schon aus, wenn ich nie mehr Holz brauche.» Er gab die zweitausend Gulden, nahm die Pfanne und ging nach Hause. Am andern Tag hiess er seine Frau, in dieser Pfanne Fleisch aufzusetzen, doch sie solle kein Feuer machen, das Fleisch koche darin von selber. Sie tat, was der Mann ihr aufgetragen hatte, doch das Wasser wollte nicht sieden und blieb ganz kalt. Sie rief ihren Mann, sie setzten sich beide mitten in der Stube auf den Boden und fingen an, jeder mit einer Kelle in der Pfanne zu rühren. Doch es wollte und wollte nicht sieden, da begannen sie, mit den Kellen auf die Kanne einzuhauen, bis sie ganz kaputt war. Der Tölpel dachte schon, der Wirt werde morgen wieder kommen: «Jetzt muss ich mir nochmals etwas ausdenken.» Da sah er in der Nähe ein Schwein, das den Arsch voller Läuse hatte, er zupfte ein paar ab, legte sie in eine Schachtel, zündete zwei Kerzen an und stellte die Schachtel auf den Tisch. Am andern Morgen kam der Wirt wieder, und als er dies sah, war er ganz baff und fragte, was er hier mache. Der Tölpel sagte, er habe in dieser Schachtel hier Tiere, die würden Geld scheissen. Der Wirt besann sich kurz und sagte dann, wenn er ihm die gebe, so wolle er ihm alle Schulden erlassen. Der Tölpel sagte, wenn er ihm noch tausend Gulden zahle, so gebe er ihm die Geldscheisser. Der Wirt legte die tausend Gulden drauf, denn er glaubte, diese Tiere würden in einem Jahr mehr Geld scheissen, als was der Tölpel ihm abgeluchst habe. Er nahm die Schachtel und ging nach Hause. Er schaute täglich hinein, doch er fand nie Geld, bloss ein paar tote Läuse mehr. Der Tölpel hatte wieder Angst, der Wirt werde kommen, und er dachte sich nochmals etwas aus. Er legte ein paar Wespen in eine Schachtel, schickte sie dem Wirt und liess ausrichten, dies seien Tiere der Liebe. Wenn er Streit mit der Frau habe, solle er am Abend, wenn sie schlafen gingen, diese Tiere unter den Bettüchern freilassen. Eines Tages hatte der Wirt mit seiner Frau einen fürchterlichen Streit. Am Abend, als sie ins Bett gingen, öffnete der Wirt die Schachtel und liess die Wespen unter den Bettüchern heraus. Die stachen dann derart heftig, dass beide schrien. Am andern Tag ging der Wirt ganz früh fuchsteufelswild zum Tölpel und sagte: «Jetzt hast du genug ergaunert, jetzt zeig ich’s dir!» Er sperrte ihn in ein Fass, lud es auf einen Wagen und machte sich auf den Weg, um den Tölpel in den See zu werfen. Er kam an einer Kirche vorbei, wo die Leute gerade in der Messe waren. Da stellte er den Wagen mit dem Fass vor der Kirche ab und ging hinein, um die Messe zu hören. Während der Wirt in der Kirche war, kam der Teufel mit einem Mastochsen vorbei. Der Teufel öffnete das Fass und sagte zum Tölpel, er solle herauskommen und ihn einsperren. Der machte dies sofort, verschloss das Fass wieder und zog mit dem Ochsen weiter. Als der Wirt aus der Messe kam, nahm er seinen Wagen und ging weiter. Am See schmiss er das Fass hinein und sagte: «Da bleibst du, jetzt ist Schluss mit deinen Gaunereien!» Auf dem Heimweg begegnete er dem Tölpel mit dem Mastochsen und sagte: «Bist du schon wieder da, du Taugenichts, woher hast du den Ochsen?» Der Tölpel antwortete: «Den habe ich aus dem See geholt, da hat’s noch viele und allerlei Vieh drin, doch ich benötige Fleisch und habe deshalb den Ochsen genommen.» Der Wirt liess das schnell die andern Männer wissen; die beschlossen auf der Gemeindeversammlung, alle in diesen See zu tauchen und das Vieh heraufzuholen. Sie zogen das Los, wer vorangehen müsse, und es fiel auf den Landammann, er solle aber sagen, wann er drin sei. Der Landammann sprang hinein, und das Wasser machte «plumm». Da meinten die andern, er habe «kumm» gesagt, und alle sprangen in den See. Jetzt blieb von den Männern dieser Gemeinde nur der Tölpel übrig, und der heiratete die Tochter des Landammanns.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Torriglia-Stein

Source: Der Torriglia-Stein

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Nordöstlich der Kirche von St. Carlo bei Puschlav erhebt sich ein gewaltiger Felsblock, der jeden Augenblick herunter zu stürzen droht. Er wird allge­mein der Sasso delle Torriglie (Türmchen-Stein) genannt. Dieser Stein soll nicht, wie andere vereinzelte Felsblöcke, durch die dilu­viale Umgestaltung hierher versetzt worden sein, sondern man schreibt sein Dasein den Hexen zu. Nicht weit von diesen Steinblöcken lebten in der Vorzeit Feen, welche vom Volke für Hexen gehalten wurden. Sie waren keine menschenfreundliche Dialen, sondern »leidwerchige« (boshafte) Geschöpfe, wohnten aber, wie die Dialen, in Felshöhlen und Klüften. Diese Feen oder Hexen kam eines Tages die Lust an, den am Fusse lie­genden Weiler Ravisciè zu zerstören. - Was taten sie!? Sie gingen hinauf, an den Abhang des Piz Sassalbo, umschlangen mit ihren Schürzenbändern einen mächtigen Felsblock, und zogen ihn damit nach der Stelle, von welcher sie ihn auf den Weiler herunterstürzen wollten. Schon hatten sie, unter höllischem Jauchzen und unendlicher Schaden­freude, den Block auf die bestimmte Anhöhe gebracht, als plötzlich die grosse Glocke von St. Carlo sich hören liess. - Gleich einem Blitzschlag wirkte dieser Schall auf die bösen Feen, und erschreckt und bestürzt riefen sie gegenseitig sich zu: »Haltet, haltet, der grosse Bernhard (Name der grossen Glocke zu Prada) waltet.« Auf dies hin konnte der Block nicht weiter bewegt werden, und er steht heute eben da zum Wahrzeichen. - Ärgerlich darüber, dass sie in ihrem Vorhaben gestört worden waren, zerstreuten die bösen Feen sich, und zogen in ihre Höhlen sich zurück. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Torrybock

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Im Torry, zuhinterst im Plasselbschlund, arbeiteten Holzhacker. In der nahen Sennhütte wählten sie ihr Nachtlager. Öfters hörten die Männer des Abends vom nahen Wald her ein Brummen und Knurren. Es hatte Ähnlichkeit mit dem Meckern eines Geissbockes. Die Leute glaubten, es sei ein Ungeheuer, das im Walde sein Unwesen treibe. Man gab ihm den Namen «Torrybock». Wenn die Nacht hereinbrach, wagte sich keiner der Holzarbeiter zu tief ins nahe Gehölz, um nicht dem «Unküür» in die Wege zu kommen. Merkwürdig war der Umstand: Obwohl der Torrybock sein Meckern vernehmen liess, kam er doch nie bis zur Behausung der Männer. Es musste folglich kein so schlimmes Wesen sein. Zwei junge Holzarbeiter kamen daher überein, dem Torrybock nachzugehen und seinen Standort ausfindig zu machen. Behutsam schlichen sie an einem sternenhellen Abend ins Gehölz und warteten hinter einem Gebüsch, bis sie die eigentümlichen Laute wieder hören konnten. Ein Windstoss fuhr über die Tannen. Da horch! Ganz in der Nähe vernahmen die zwei Lauscher wieder das bekannte Knurren und Brummen. Wohl lief ihnen ein gelindes Gruseln über den Rücken. Einige Augenblicke warteten sie ganz still hinter ihrem Versteck. Da sie aber nichts Verdächtiges bemerkten, gingen sie vorsichtig nach der Richtung, wo das Knurren herkam. Und was für eine schauerliche Entdeckung machten sie? Sie fanden zwei junge Tannen übereinander quer verwachsen. Bei jedem Windstoss stiessen die oberen freistehenden Teile der Wipfel gegeneinander. Dieses Stossen und Reiben brachte die seltsamen Knurrtöne hervor, die von weitem wie das Meckern eines Bockes sich anhörten. Damit war das Rätsel des Torrybockes gelöst und zugleich ein «Unküür» weniger auf der Welt.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Töst am Childberg bei Brittnau

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Der höchste Hügel linkerseits des aargauischen Wiggernthales, zwischen den Dörfern Brittnau und Strengelbach gelegen, wird der Childberg genannt. Auf demselben finden sich Spuren einer alten Befestigung, nicht Gestein oder Mauerreste, sondern ein Graben von bedeutendem Durchmesser, der auch jetzt noch eine Tiefe von drei Fuss hat. Die Fläche innerhalb dieses Grabens gilt im Munde des Volkes als der Schlossplatz; einen Namen kennt das Landvolk für dieses Schloss nicht, in dem benachbarten Zofingen aber nennt man es Staremberg. Am südlichen Abhange dieses Schlosshügels steht ein Bauernhaus, Battenberg genannt, wahrscheinlich auf einen hl. Beatus oder auf einen frühern Hausbesitzer dieses Namens weisend. Dasselbe war früher so gebaut, dass seine eine Giebelfläche dem Thale, die andere dem Berge zugekehrt war. Auf der Thalseite war die Wohnung, auf der Bergseite der Scheunentheil; auf dem letzteren haftete die Servitut, dass Besitzer der umliegenden Güter mit ihrem Ackergespann und dem geladenen Wagen durch die Tenne der Scheune fahren durften, und aus diesem Grunde stand sie stets offen. Heut zu Tage fährt nun eine zweispännige Kutsche hindurch, welche vom Childberg herabkommt; namentlich im Sommer vor einem Gewitter, sagt man, sei diese Erscheinung hier wahrzunehmen. Ihren Weg nimmt die Kutsche südwestlich dem Abhange des Berges nach, fährt nach der „Fröschengüllen“ (Sauerwiesen) und über den Hemmeler wieder nach dem Berg zurück. Personen fahren mit, aber sprechen hört man sie nicht. Dazu gehört ein Reiter auf einem Schimmel, welcher denselben Weg macht; am Fusse des Berges hat er ein eigenes Brünnlein und tränkt da sein Ross. So oft man ihn sieht, folgt stets langwieriges Regenwetter. Droben am Hügel hört man zu Zeiten lebhaft jagen. Die Hunde kommen von der andern Seite des Thales herüber, springen bellend den Hang des Childberges hinauf und verlieren sich im Walde. Der Jäger, dem sie zugehören, ist im ganzen Thale unter dem Namen Töst bekannt, derselbe Name, der im benachbarten Luzernerlande Türst heisst und dorten den Anführer des Türstengjaid bezeichnet, der Wilden Jagd. Der Töst trägt einen grünen Rock und einen Hut von glänzendem Wachstuch. Vormals hörte man ihn um die Zeit, wenn die Heidelbeeren reif waren, auf dem Heidenhubel, nicht weit von Teufenthal, seinen Hunden rufen und bemerkte ihn von der Hönneten und von Liebigen aus; dann brach immer ein schrecklicher Platzregen los und acht Tage lang dauerte das Unwetter an. Dem Heidenhubel gegenüber liegt der Langnauerberg, schon zum Kant. Luzern gehörend. Er trägt eine Schlossruine, die man Teufenthal und Zwingherrenschloss nennt. Dort läuft ein Edelherr mit einem feurigen Hund umher und nimmt dem Bauern, der in den Wald fahren will, die Ochsen vom Wagen. Er macht sich oft auch nur durch ein Geräusch bemerkbar, dem ähnlich, wenn jemand in Holzschuhen über Glatteis oder hart gefrornen Schnee geht. Fluchet man, so vermehrt sich das Geräusch bis zu einem erschrecklichen Tosen; redet man aber von Gott, so wird es plötzlich stille. Auch Kettengeklirr mischt sich drein, namentlich bei einem nahen Gewitter. Am Charfreitag haben Schulbuben dorten Spielwaaren und Kinderpuppen gefunden, und was sie davon mit in der Schultasche heimbrachten, war in Geld und Gold verwandelt. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 175 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch  


by Der Tote als gerichtlicher Zeuge

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Im Feld bei Willisau wohnte ein Bauer, der als Pate dem Täufling einen Acker schenkte. Als er starb, wollten dessen Erben die Schenkung nicht anerkennen. Der Streit kam vor Gericht und die Richter verlangten vom Täufling den Beweis. Zu dieser Zeit, wo man dem Manneswort glaubte und wenig niederschrieb, konnte er keinen vorbringen und fragte bloss, ob man das Testament anerkenne, wenn er den Paten bringe und dieser bejahe. Die Richter versprachen 's. Nun ging der Täufling auf den Friedhof zu Willisau und rief den Paten dreimal auf. Beim dritten Ruf gab er Antwort. Man solle das Grab öffnen. Der Tote stand auf, war aber zum Gehen zu schwach. Der Täufling trug ihn vor Gericht, wo er das Vermächtnis bestätigte und darauf sich wieder zur Ruhe begab.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Der tote Bräutigam

Source: Der tote Bräutigam

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Es war einmal ein vornehmer junger Mann der wollte ein armes Mädchen heiraten. Aber seine Eltern erlaubten ihm dies nicht und wehrten sich mit allen Mitteln dagegen. Der junge Mann verlobte sich mit dem Mädchen, gab ihr einen Goldtaler als Brautgeschenk und sagte, er hole sie an dem und dem Tag ab und führe sie in sein Haus, um die Hochzeit zu feiern. Aber seine Eltern plagten ihren Sohn derart, dass er vor Kummer starb. Doch die Braut wusste nicht, dass er tot war. Am Abend des Verlobungstages ritt der Bräutigam in einen Mantel gehüllt vor das Haus der Braut. Er rief sie aus dem Haus und sagte, sie solle zu ihm aufs Pferd steigen. Er fragte die Braut, ob sie sich fürchte. «Ich fürchte mich nicht, wenn ich bei dir bin», antwortete sie. Dann hetzte der Bräutigam das Pferd auf den Friedhof seines Dorfes und sprang in ein offenes Grab. Er wollte das Pferd samt der Braut hinunterreissen. Doch die Braut redete mit dem Pferd und konnte es anhalten. Da läutete plötzlich die Morgenglocke, und der Bräutigam verschwand im Grab. Das Mädchen nahm das Pferd, ging zum Haus des Bräutigams und weckte dessen Eltern. Die wunderten sich sehr, und als das Mädchen erzählte, der Bräutigam habe sie geholt und mit sich ins Grab ziehen wollen, erschraken sie furchtbar. Sie gingen mit dem Mädchen zum Friedhof und fanden das Grab ihres Sohnes offen. Nachdem sie es zugedeckt hatten, liessen sie das Mädchen zu sich kommen und sagten ihr, sie könne von nun an als vornehme Dame in ihrem Haus leben. Das Mädchen blieb dort, und sie trank Wein und ass Weissbrot.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der tote Hirte und die Kuh

Source: Der tote Hirte und die Kuh

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Einst zogen drei Jäger ins Turtmanntal auf die Jagd. Als es nachtete, suchten sie einen Unterschlupf und legten sich schlafen. Bald erwachte einer weil ihn fröstelte. Da hörte er es kollern und poltern und bald darauf einen dumpfen Schlag. Er spähte scharf hinaus, vermochte aber in der Dunkelheit nichts zu unterscheiden. Weil ihm unheimlich ward, weckte er seine Kameraden. Eben brach der Mond durchs Gewölk. Da gewahrten sie auf dem andern Talhang oben über einer Felswand einen Mann, der eine große Last hinunterwarf. Sogleich stieg er eilig haldab, so dass Grus und Grien ins Rollen kamen und schleppte die Bürde auf seinem Rücken keuchend wieder bergauf. Sagte einer der Jäger: «Wir sind zu dritt und brauchen uns nicht zu fürchten. Wir wollen einmal hinübergehen und den Mann stellen und fragen, was er treibt.» Sie spürten, wie sich ihnen die Haare sträubten, als ihnen der Geist antwortete: «Ich bin vor vier Jahren Hirte gewesen oben auf der Alp und habe diese Kuh über den Felsen hinuntergestürzt, weil ich dem Sennen gram war wegen eines Mädchens. Auf dem Totenbett hab ich's der Mutter gebeichtet und sie gebeten, den Schaden wieder gutzumachen und den Sennen zu entgelten. Bis die Kuh bezahlt ist, muss ich sie Nacht für Nacht über den Felsen stürzen und wieder hinauftragen bis der Morgen graut. Ich bitt Euch, sorgt doch dafür, dass der Eigner entschädigt wird.» Die Jäger versprachen es zu tun. Als sie ins Tal kamen, suchten sie die Eltern des Verstorbenen auf und gaben Bericht. Der Vater wollte zuerst nichts damit zu tun haben, schließlich aber bezahlte er auf Bitten der Mutter dem Sennen die Kuh. Von da an war der Geist erlöst.   Quelle: Schweizer Märchen, Sagen und Fenggengeschichten, hrg. Von Curt Englert-Faye, Zbinden Verlag   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der tote Jäger

Source: Der tote Jäger

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In Ettingen wohnte vor vielen Jahren ein Jäger. Nach den einen wurde er ermordet, nach den anderen nahm er sich selbst das Leben. Derselbe hiess so, weil er sich in der Nähe des Totenweges aufhielt (alter Kirchweg von Rinolfingen nach Weisskirch). Man sah ihn gewöhnlich in dem Walde ob der Kirche, im sogenannten Schaien. Ihn wollen einige der jetzt Lebenden noch gesehen haben: es soll ein stattlicher Mann gewesen sein, angetan mit grünem Wams und begleitet von einer Schar kleiner Hündchen, und wie eine Windhose durch das Gesträuch gerauscht sein, mit dem Rufe: Hu- dädä! Ettingen Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der tote Jäger

Source: Der tote Jäger

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In Ettingen wohnte vor vielen Jahren ein Jäger. Nach den einen wurde er ermordet, nach andern nahm er sich selbst das Leben. Heute noch kann man ihn im Walde sehen. Mit Vorliebe hält er sich am Totenweglein auf, wo er aus dem Leben schied. Er ist grün gekleidet und führt eine Schar kleiner Hündlein mit sich. Gerne lässt er auch um Mitternacht sein «Hudädä» hören, womit er seine Hunde ruft. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der tote Mann im Fussweg

Source: Der tote Mann im Fussweg

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Es war die Nachmittagsstunde in der Erntezeit, und die Großmutter hatte gerade den Schnittern das Brod zum Abendtrunk in den Handkorb gepackt, als ein hausierendes Lebkuchenmädchen bei ihr eintrat, und da man ihr nichts abkaufte, um ein Nachtlager bat. Die Hausfrau schlug es ihr nicht ab, hieß sie aber mit heraus aufs Feld kommen zum Garbenlegen. So erreichten sie beide, das Mädchen und die Großmutter den schmalen, ersten Fußsteig, achtsam, kein Gräschen zu beiden Seiten niederzutreten. Die Großmutter bedächtig voran, hie und da eine Frage an das Mädchen richtend, dieses hinterher, höflich antwortend und dienstfertig den Handkorb auf dem Kopfe tragend. Nun wohin denn? dahin geht ja der Weg, sagt die Frau, als sie einmal nach dem Krämermädchen umblickt und gewahrt, wie dieses den Fußweg verlassen hat und weitab über einen Acker will. „Ach! schreit das Mädchen, habt Ihr den Mann nicht gesehen? wie habt Ihr doch über ihn hinschreiten können? Mich hat es vor Grausen auf die Seite gedrückt; dort hinter Euch im Fußwege liegt er wie tot!" Die Frau sah zurück, rief, Herr Jesus Gott! und besegnete sich, denn sie sah nun wirklich einen Mann im Steige liegen, über den sie eben wie blind hinweg geschritten war. „Den Mann da muss ich wohl kennen", sprach sie dann gefasster, „den hat mir mein Großvater oft beschrieben, und gerade so sieht der aus. Wie liegst du jetzt noch hier, du schlechter Mann! Wie er heißt, das darf man nicht aussprechen; aber dort auf dem Acker hat er seinen Nachbar mit der Spatenschaufel erschlagen und ihm das Gut gestohlen, und niemand hat nur einen Mucks tun dürfen, denn er war Meister im Dorfe. Bewahre uns der Herr vor solchem Gräuel! lass uns gehen, denn es hilft nichts, Erde auf ihn zu werfen." So erzählte dasselbe Lebkuchenmädchen nachher in der Nachbarschaft die Begebenheit weiter. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Tote mit der feurigen Marke

Source: Der Tote mit der feurigen Marke

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Jeizinen und Enggersch, das erste zu Gampel, das zweite zu Erschmatt gehörend, liegen hoch am Berge einander im Anblicke. Obschon durch eine Schlucht wohl eine halbe Stunde voneinander entfernt, kann man doch von einem Orte zum andern das Gerede der Menschen hören und manchmal gar verstehen. Vor vielen Jahren soll in gewissen Jahreszeiten oft ein Toter, mit einer feurigen Marke auf der Achsel, in den Gütern von Jeizinen herumgegangen sein und beständig gerufen haben: «Wo soll ich's tun?» — Natürlich durfte nie jemand eine Antwort geben. — Das Rufen des Geistes wurde auch in Enggersch gehört. Als dasselbe eines Abends wieder häufiger und dringender andauerte, öffnete ein Knabe von sieben Jahren in Enggersch das Fenster und schrie hinaus: «Tu's wo's g'hört.» Gleich schlug der Tote die Marke mit solcher Gewalt zur Erde, dass Feuerfunken weit umhersprühten, und fast im gleichen Augenblicke erschien vor dem Fenster, aus welchem der Knabe geantwortet hatte, ein weissgekleideter Toter, dem Kinde für seine Erlösung herzlich dankend. (erzählt von Eduard Meichtri)   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der tote Priester

Source: Der tote Priester

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In der Riederalp oben (Pfarrei Mörel), in der Kapelle, so erzählen die Leute, sei es auch ung'hür. Da haben die Hirten oft einen Herrn (Priester) im Messgewand hinterm Altar hervorkommen sehen, um die Hl. Messe zu lesen. Wie aber der Priester den Hirten mit dem Finger gewinkt hat, sie sollen kommen, da waren's furchtsame klupfige Narren und sind "was gischt was hescht" von dannen geloffen, statt dass sie jenen vielleicht hätten erlösen können. (erzählt von R. Ritz)   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der tote See

Source: Der tote See

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Im Domleschger Tale (Bünden) sieht man noch viele Trümmer alter Burgen. Um einen ruhigen, stillen See von geringem Umfange findet man hie und da Reste von alten Mauern, Höhlen und Grotten die ganz mit Schilf und Seekräutern bewachsen sind und so den Anblick eines schwarzen und gleichsam ausgestorbenen Sees noch schauerlicher machen. Hier stund, nach der Sage ein reiches Zwingherrnschloss, dessen Bewohner die Gegend umher beraubten. Einst liessen sie in den unterirdischen Gemächern einen Greis unschuldig schmachten. Dieser verfluchte die Ruchlosen, und alsbald sott das Schloss mit den Tyrannen untergegangen sein und die Stätte sich in einen See verwandelt haben. Quelle: Theodor Vernaleken, Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch


by Der tote Soldat

Source: Der tote Soldat

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Ein Gamma aus dem Meiental fand vor etwa 50 bis 60 Jahren auf der Talseite gegenüber der Schanz einen Toten sitzend, das Gewehr über die Schulter. Als er ihn berührte, zerfiel er in Staub und Asche. Sein Neffe Alois Gamma, 85 J. alt. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Tote und die beiden Sklavinnen

Source: Der Tote und die beiden Sklavinnen

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Ein reicher Kaufmann reiste oft in ferne Länder, jenseits des Meeres, kaufte ganze Schiffe voll Waren auf und kam damit nach Hause. Er hatte noch einen Bruder, der war ebenfalls sehr reich. Dessen Sohn Pieder hatte neben dem einen Ohr eine grosse Warze. Als der Bursche erwachsen war, sagte der Kaufmann zu seinem Bruder: «Du könntest Pieder mit mir in fremde Länder ziehen lassen, damit auch er lernen kann, ein guter Kaufmann zu werden.» Dem Vater des Burschen war dies recht. Er gab ihm viel Geld, und der Bursche machte sich mit seinem Onkel auf die Reise. Als sie das Meer überquert hatten, kamen sie eines Abends in ein grosses Wirtshaus, wo sie übernachteten. Während der ganzen Nacht hörte Pieder einen Mann weinen, jammern und seufzen, und er konnte nicht schlafen. Am andern Morgen fragte der Wirt Pieder, wie er geschlafen habe. Er antwortete: «Ich habe sehr schlecht geschlafen. Die ganze Nacht habe ich ein schreckliches Weinen und Seufzen gehört. Ich weiss nicht, was das gewesen ist.» Da sagte der Wirt: «Es ist ein Mann, der vor kurzer Zeit gestorben ist und durch eigene Verfehlung Schulden hinterlassen hat.» Da sagte Pieder: «Wieviel würde es kosten, ihm die Schulden abzunehmen?» «Oh, das kostet soundsoviel tausend.» Pieder bezahlte die Schulden des Toten, und man hörte den Lärm nie mehr. Als der Onkel das vernahm, schimpfte er heftig mit Pieder, dass er mir nichts, dir nichts soviel Geld unnütz ausgegeben habe. Daheim erzählte er den Fall seinem Bruder; der machte seinem Sohn auch harte Vorwürfe und sagte, wenn er nochmals solchen Mist baue, so brauche er ihm nicht mehr ins Haus zu kommen. Trotzdem beschlossen sie, es nochmals mit ihm zu versuchen. Bald darauf ging der Onkel wieder in die Fremde und nahm Pieder mit. Jenseits des Meeres übernachteten sie in einem abgelegenen Wirtshaus. Hier konnte Pieder wiederum die ganze Nacht nicht schlafen. Er hörte zwei Frauen, die ständig lärmten. Bald sangen und lachten, bald weinten und seufzten sie. Am Morgen fragte ihn der Wirt, wie er geschlafen habe. Pieder sagte: «Ich habe die ganze Nacht nicht schlafen können. Ich habe ständig zwei Frauen singen oder weinen gehört. Was kann das nur sein, was hat das zu bedeuten?» Der Wirt antwortete: «Es sind die beiden jungen Töchter des Königs von dem und dem Land, die im Krieg geraubt worden sind und sich hier als Sklavinnen befinden.» «Könnte man sie nicht loskaufen?» fragte Pieder den Wirt. «Aber sicher», antwortete dieser, «aber das wird ziemlich viel kosten.» Pieder ging zum König dieses Landes mit gerade so viel Geld, dass er die jungen Frauen loskaufen konnte. Die freuten sich sehr, dankten ihm und schworen, ihn nie zu verlassen. Als aber der Onkel dahinterkam, fuhr er allein nach Hause und liess den Burschen zurück. Der durfte nicht mehr heim zu seinem Vater. Da zog er mit den beiden Jungfrauen in ein anderes Land. Sie konnten gut sticken und verdienten dabei viel. Er arbeitete als Taglöhner, so schlugen sie sich durch. Ungefähr nach einem Jahr sagte die ältere Königstochter zu Pieder: «Da, nimm diese Schachtel, geh in das und das Land und frage nach, ob jemand das Bild auf der Schachtel kennt!» Mehr sagte sie nicht. Er nahm die Schachtel und kam in die Stadt, wo der König wohnte, und übernachtete in einem Wirtshaus. Am andern Morgen zeigte Pieder die Schachtel dem Wirt und fragte ihn, ob er das Bild auf der Schachtel kenne. Der Wirt war baff und sagte: «Aber ja, das ist das Bild unseres Königs.» Darauf verlangte Pieder eine Audienz beim König, und es wurde ihm eine Stunde zugewiesen. Als er vor den König geführt wurde, zeigte er ihm die Schachtel und fragte ihn, ob er das Bild darauf kenne. Der König wurde weiss wie ein Geist und fiel ohnmächtig zu Boden. Die Wache, die dort in der Nähe war, meinte, Pieder habe dem König etwas zu Leide getan. Sie eilten herbei, legten ihn in Ketten und warfen ins Gefängnis. Als der König wieder zu sich kam, fragte er seine Wache: «Wohin habt ihr diesen Mann gebracht?» «Den Kerl, der Ihrer Majestät etwas zu Leide getan hat, haben wir ins Gefängnis geworfen.» «Bringt ihn schnell zu mir, sonst kommt ihr ins Gefängnis. Und ihr könnt abtreten! Ich brauche keine Wache!» Als Pieder beim König war, fragte der: «Woher hast du diese Schachtel.» Pieder erzählte ihm alles, was passiert war, von Anfang bis Ende. Darauf sagte der König: «Diese beiden Jungfrauen, die du befreit hast, sind meine beiden einzigen Töchter. Sie sind mir im Krieg geraubt worden.» Da liess der König Pieder wie einen Prinzen einkleiden, gab ihm Kleidung für seine beiden Töchter, viel Geld und seinen ersten Minister als Begleiter mit und sagte zu Pieder: «Hol meine beiden Töchter und komm so schnell als möglich mit ihnen zurück! Ich zähle die Stunden bis zu ihrer Ankunft.» Pieder ging, begleitet vom ersten Minister des Königs. Als er bei den beiden Töchtern war, erzählte er ihnen alles. Die Töchter bedankten sich bei ihm, und die Ältere versprach ihm von neuem, auf ewig nur ihm, ihrem Befreier, zu gehören. Sie machten sich gemeinsam auf den Weg, aber sie mussten ein grosses Stück der Reise auf dem Meer zurücklegen. Der erste Minister hätte lieber selber die ältere Tochter des Königs gehabt, denn so wäre er später König geworden. Deshalb wurde er auf Pieder neidisch und wütend. Seine Wut war derart gross, dass er unterwegs versuchte, Pieder ins Meer zu werfen. Lange passte er vergebens eine günstige Gelegenheit ab. Aber einmal ging Pieder auf den Abtritt, ohne die Tür abzuschliessen. Dies hatte der Minister beobachtet. Er folgte Pieder und gab ihm einen Stoss, so dass er ins Meer fiel. Das Schiff fuhr weiter, und bevor die Töchter merkten, dass Pieder fehlte, waren sie schon weit von ihm weg. Jetzt suchten sie ihn überall, doch sie fanden ihn nicht. Auch der Minister tat so, als ob er ihn suche und gab sich sehr traurig. Die Töchter aber weinten und klagten um ihren Pieder, und die Freude, daheim ihren Vater zu sehen, war nur noch halb so gross. Auch der König war sehr traurig. Und wie ging es Pieder im Meer? Er fand ein Brett und konnte sich daran festhalten. Nahe bei einer Insel wurde er gleich ans Ufer gespült, müde und halbtot vor Hunger und Durst. Auf dieser Insel gab es zum Glück ein Dorf und gute Leute. Die gaben ihm zu essen und zu trinken. Am andern Tag fragte er nach Arbeit. Im Dorf hatte man viele Ziegen, und die Bewohner boten ihm an, die Ziegen zu hüten. So wurde er Ziegenhirt auf der Insel und machte diese Arbeit lange Zeit. Immer wenn er auf den Bergen oben war und aufs Meer schaute, seufzte er und sagte: «Ach, jetzt könnte ich ein grosser Herr sein und in einem grossen Schloss wohnen! Kein Schiff wird zu dieser Insel kommen, um mich zu befreien!» Eines Morgens, als er zuoberst auf den Bergen war, sah er ein Stück weiter unten einen Fuchs, der ihn mit einer Pfote zu sich winkte. Zuerst fürchtete er sich und wusste nicht, was das zu bedeuten habe. Schliesslich sagte er zu sich: «Was geht mich das Leben noch an? Es ist sowieso alles ganz verkehrt gelaufen.» Da ging er auf den Fuchs zu. Der redete und sagte zu ihm: «Ich bin die Seele, die du erlöst hast. Du hast die Schulden abgezahlt, für die ich habe büssen müssen. Heute will ich dir diesen Dienst vergelten. Heute wird dein Feind, der Minister, mit der älteren Tochter des Königs, die deine Braut werden sollte, getraut. Aber ich will dich bis vors Königsschloss tragen, und zwar noch heute. Deshalb klammere dich vertrauensvoll an meinen Schwanz und halt dich fest, ich trage dich vor das Schloss!» Pieder machte das, und in wenigen Minuten befand er sich vor der Residenz, dem Schloss des Königs. Der Fuchs nahm von ihm Abschied und sagte: «Sei nur mutig. Es kann nichts schiefgehen!» Nachdem Pieder lange nachgedacht hatte, ging er hinauf in die Küche des Schlosses und fragte, ob er nicht bei ihnen das Geschirr abwaschen könne. Gern stellte man ihn an, denn es gab viel zu tun. Ziemlich am Schluss des Mittagessens wurden Küchlein gebacken. Da ging Pieder ein Licht auf. Er hatte einen Ring bei sich, den er von der Königstochter als Geschenk erhalten hatte. Er bat, ein Küchlein backen zu dürfen, was man ihm gerne erlaubte. In dieses Küchlein legte er den Ring der Königstochter, und es wurde grösser und schöner als alle andern. Man brachte es, wie es sich gehört, der Braut. Sie fand den Ring, erkannte ihn und wurde ganz rot. Sie schickte eine Dienerin in die Küche, um herauszufinden, ob nicht ein fremder Mann beim Kochen helfe. Und die Dienerin kam herein und meldete der Braut, dass in der Küche ein sehr schöner Bursche sei, der beim Kochen helfe und der vorher nie dagewesen sei. Da sagte die Braut zu ihr: «Geh hinaus und schau, ob dieser Bursche nicht irgendwo eine Warze hat!» Die Dienerin kam zurück und meldete, der Bursche habe eine Warze neben dem einen Ohr. Jetzt wusste die Braut, dass der ihr Pieder, ihr Befreier, war. Sie winkte den König zu sich und erzählte ihm alles. Sie gingen in die Küche und fanden da Pieder. Sie freuten sich und hiessen ihn willkommen. Darauf musste Pieder alles erzählen, was passiert war. Da wurde der König fuchsteufelswild und schwor, dass der Minister seine Untat mit dem Leben bezahlen müsse. Sie führten Pieder in einen Saal, wo er wie ein Prinz eingekleidet und mit den Würdezeichen dieses Landes ausgestattet wurde. Dann begab sich der König mit seiner Tochter in den Gästesaal und ass weiter. Der König fragte nun seine Gäste, was ein Mann als Strafe verdiene, der den Befreier seiner Töchter ins Meer geworfen habe. Einer antwortete, man solle so einem den Kopf abschlagen, ein anderer meinte, man solle ihn erschiessen, und ein dritter wiederum sagte, man müsse ihn aufhängen. Schliesslich entgegnete der Bräutigam: «Nein, so einen sollen vier Pferde in Stücke reissen.» Da stand der König auf und sagte: «Du hast dir selber dein Todesurteil gesprochen. Du sollst in Stücke gerissen werden, weil du der bist, welcher den Befreier meiner Töchter ins Meer geworfen hat.» Pieder kam jetzt in die Stube und setzte sich an den Platz des Bräutigams. Der Minister aber wurde auf einen öffentlichen Platz hinausgeführt und dort von vier Pferden in Stücke gerissen. Pieder wurde mit der älteren Tochter des Königs getraut. Ich habe am Tisch aufgetragen, und man hat mir einen Tritt in den Arsch gegeben, dass ich bis hierher geflogen bin.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Totengang von Bellwald

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Es starb vor mehreren Jahren in Bellwald ein Mann, mit Namen Johann Jos. Volken, welcher seinem Tochtermann Fabian Ritz vier Mal erschien. Das erste Mal sah er ihn in der Voralpe, die Weiden hinauf gehen; das zweite Mal bei der Hofstatt in der Scheune auf dem Strohbank sitzen, als ob er das Vieh verpflegen wollte; konnte ihn aber aus Furcht nicht ansprechen, obgleich es schon heller Tag war. Einmal aber, am Hl. Abende, sagte er zu seiner Frau «ich will jetzt schlafen; wenn du wachest, so wecke mich um elf Uhr, damit ich zu der Mühle gehen kann, (welche eine Viertelstunde vom Dorfe entfernt war; man nannte das Ort "am Ried") um zu sehen, ob die Mühle gut laufe und um mehr Getreide aufzulegen.» Als er nun um elf Uhr erwachte, stand er auf, nahm die Fackel und ging der Mühle zu. Nahe an die Mühle herankommend hörte er das Klappern der Mühle nicht mehr, ging darum schneller und schaute, als er eingetreten, vor allem in den Mehlkasten. Da er sich aber umwandte, stand sein Schwärvater abermals hinter ihm, in Begleitschaft von zwei Mitgefährten, nämlich einem weiss gekleideten Jünglinge und einer schwarzen Gestalt, welche den Toten mit eisernen Ketten, um den Leib geheftet, festhielt. Aus Furcht rief der Müller: «Um Gotteswillen, was fehlt euch?» «Mir fehlen drei Dinge; ich habe in Grun ein Lagel Wein gekauft und dasselbe nicht bezahlt; einen Federtaler der Kirche, welchen ich eingezogen habe, ohne dass es sonst jemand wusste, habe ich behalten und glaubte damit mein Gewissen nicht zu belasten; dann ein Gang nach Einsiedeln. Dieses sollst Du für mich gut machen und entrichten. Der Müller sagte: «Den Federtaler will ich erstatten und das Lagel Wein wollte ich auch gerne bezahlen, weiss aber nicht wem, doch nach Einsiedeln mag ich nicht gehen, denn ich bin zu alt, aber Jemand bezahlen und für euch schicken will ich.» Der Tote antwortete: «Derjenige, von dem ich den Wein gekauft habe, ist tot, aber seine Söhne leben noch und diesen kannst du das Geld geben; aber nach Einsiedeln musst du selbst gehen, ich will dir schon helfen, dass du gehen kannst.» Als er ihm versprach, alle drei Dinge zu erfüllen, liess sein Begleiter die Ketten fallen und fuhr mit Entsetzen den Berg hinunter; der Tote sprach noch zu ihm: «Nun bin ich erlöst, leb wohl! in kurzer Zeit sehen wir uns abermals» und verschwand. Im gleichen Jahre, in der Fasten-Temperwoche, ging derselbe einmal nach «Nesselschluchten», des Abends das Vieh zu füttern. Da er etwas spät noch beim Stalle war, läutete es im Steinhaus den Englischen Gruss; er betete noch beim Stalle und ging nach Hause. Nach einer Weile sah er eine schöne Helle, die wie die klare Sonne schimmerte, und es begegnete ihm die Toten-Prozession. Der Erste trug ein weisses Kreuz, welches diesen Glanz verbreitete; nach diesem kamen zwei und zwei zur Seite und die Prozession dauerte ungefähr eine Viertelstunde. Ziemlich am Ende kam sein Schwärvater. Der Müller sagte zu ihm: «Wie? ihr kommet noch da? Ich glaubte, ihr seiet schon erlöst.» Der Tote aber antwortete: «Ich bin erlöst, muss aber noch wandern, habe weder Freud noch Leid, doch ist mir die himmlische Freude noch nicht gegönnt; aber bald werde ich dieselbe auch geniessen.» Dann sagte er ihm noch: «Du wirst hier noch mehrere kommen sehen, die du gekannt hast, und auch du wirst, bevor einige Jahre vorbei sind, diesen Weg wandeln.» Und so geschah es; der Müller erkannte von der Totenprozession noch einige, die kurz zuvor in Bellwald gestorben waren, und er starb bald nachher. Der Totengang soll in vier Teile geteilt gewesen sein und bei jeder Abteilung war ein Priester im Chorröcklein, mit Biret und Heiltumarm. Dieses ist mir erzählt worden von Joh Jos. Kräig, von einer Neptissin des gesagten Fabian Ritz und einem Jünglinge aus Bellwald. (erzählt von Moriz Walther, Lehrer)   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Totenrat

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Für die Schweiz war das 18. Jahrhundert ein Zeitalter des Aufruhrs. Vornehme Familien hielten die Zügel der Regierung in ihren Händen und suchten dem Volk ein Recht nach dem andern zu entreissen. Dem gewöhnlichen Bürger war der Aufstieg in den Rat und die Behörden verschlossen, auch wenn er die glänzendsten Eigenschaften besass. Das gab den Anlass zu zahlreichen Aufständen, die Volk und Staat zerrütteten. Um diese Zeit stand an der Spitze des freiburgischen Staates der tatkräftige Schultheiss Wilhelm von Felga. Seit 1768 bekleidete er das höchste Amt des Landes. Um das ungestüme Volk unter seine Gewalt zu bringen, erliess er strenge Massregeln. Ein junger Offizier, der mehrere Reden gegen die Regierung gehalten hatte, wurde ohne weiteres Verhör hingerichtet. Doch damit war Felga nicht beruhigt. Der Gedanke, dass dieser tapfere Soldat einen so frühen Tod nicht verdient habe, quälte das Stadtoberhaupt Tag und Nacht. Ein unsichtbarer Feind peinigte sein Gemüt und nagte an der Gesundheit des Schultheissen. Die kalte Nacht des 1. Dezember 1788 breitete ihre schwarzen Schleier über die alte Zähringerstadt. Feuchte Nebelschwaden stiegen langsam aus dem Tale der reissenden Saane herauf und drangen durch die engen Gassen. Vom Turme des St.-Nikolaus-Münsters schlug es halb zwölf. Da läutete schrill die Hausglocke. Ein Bote meldete dem siebzigjährigen Greis, er möge sofort zu einer Geheimsitzung kommen. Trotz der späten Stunde machte sich Felga gleich auf den Weg. Als er in den erleuchteten Ratssaal trat, sah er schon alle Ratsherren auf ihren Plätzen. Nur der seine war noch leer. Aber merkwürdig, es waren die nämlichen Herren, die vor zwanzig Jahren das Todesurteil über den jungen Offizier gefällt hatten! Der zweite Schultheiss übergab dem ersten ein geschwärztes, zerknittertes Papier, worauf das Siegel der Geheimsitzung vom 1. Dezember 1758 stand. Todesschrecken überfiel den Greis. Er wollte wieder weggehen. Doch er wurde zum Bleiben gezwungen. AIle Schriften über den damaligen Prozess musste er nochmals durchlesen. Nachdem er damit fertig war, wurden die Beweise für nichtig erklärt, die Anklage als falsch, die Massnahmen als ungesetzlich und zur Verurteilung ungenügend anerkannt. Einstimmig wurde das Urteil umgestossen und infolge Irrtums der Prozess als hinfällig erklärt. Darnach wurden die Akten verbrannt. Aber die Sitzung war noch nicht zu Ende. Ein mit frischer Erde bedeckter Sarg wurde in den Saal hereingetragen und der Sargdeckel entfernt. Da erblickte man darin den vor zwanzig Jahren enthaupteten Soldaten. Am Halse waren selbst die Schnittwunden sichtbar. Jetzt öffnete der Tote seinen Mund und sprach: «Warum stört ihr meine Grabesruhe? Gott allein ist Richter!» Die Richter kehrten sich zum zitternden Felga und sagten: «Liebet die Gerechtigkeit, die ihr die Erde richtet!» Der zweite Schultheiss richtete darauf folgende Worte an Wilhelm: «Schultheiss der Stadt und Republik Freiburg, Wilhelm von Felga! Danke dem Herrn für die Gnade die er dir erweist, dass er dich bei Lebzeiten an der Sühnung eines Verbrechens teilnehmen lässt, für das wir noch lange in den Flammen büssen müssen! Merke dir dieses schreckliche und unerklärliche Schauspiel. Du wirst noch so lange leben, um den Anfang des neuen Jahrhunderts zu sehen. Dann wird Blut fliessen, Schreckensgeschrei erschallen, Feuersbrünste und Kriege werden entfacht werden. Der Sohn wird sich gegen den Vater, der Diener gegen den Herrn erheben. Das Vaterland wird zusammenbrechen und unter seinen Trümmern seine Beherrscher begraben. Du wirst seinen Untergang, nicht aber seine Wiedergeburt erleben. Bewahre Stillschweigen über diese Worte bis zu deiner Todesstunde! Gehe hin im Frieden und bete für uns!» Als die Turmuhr eins schlug, erlosch plötzlich das Licht. Alle Personen waren verschwunden. Vom Sarg keine Spur mehr! Wilhelm Felga schwört in einem hinterlassenen Schriftstück, dass sein Erlebnis wahr sei. Die zitierte Rede ist eine Vorhersagung der französischen Revolution; alles ist später so eingetroffen, wir es vorausverkündet war. Felga rettete jedoch den Staat vor gänzlichem Untergang, während er selbst verarmte. Auf dem Liebfrauenplatz stand einst sein stolzes Patrizierhaus.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Totenschädel

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In Ernen auf der Egge, einer Alpe, fütterte man im Frühling und Herbst das Vieh. Vor vielen hundert Jahren trieben da junge Leute am Abendsitz ein Spiel, wobei man Pfänder geben musste, wie man das früher oft tat. Später waren diese Pfänder wieder auszulösen. Jeder, der ein Pfand herausholte, konnte bestimmen, was der Besitzer des nächsten Pfandes erfüllen solle. Da war auch eine übermütige junge Tochter. Die verlangte, dass der nächste Pfandbesitzer in Ernen aus dem Beinhause eine "Höitschila" (Totenschädel) holen müsse. Der Pfandbesitzer war ihr Bräutigam oder "Holdknab". Der wurde kreidebleich. Die andern rieten ihm ab; er aber meinte, er gehe, er wolle nicht sein Leben lang als Feigling gelten. Er zog also nach Ernen und ergriff den ersten besten Totenschädel. Als er damit durch den Ernerwald hinaufstieg, schien es ihm, als werde der Schädel immer schwerer. Schliesslich wollte der Bursche sich setzen. Aber da begann der Totenschädel zu reden, er solle jetzt machen, dass er weiterkomme, und hinauf in die Hütte gehen. Er müsse bis Betenläuten wieder in der Totenkapelle sein, sonst fehle es ihm dann gründlich. Er könne froh sein, dass er den Schädel seines Vaters erwischt habe. Der Jüngling ging bis zur Hütte, zeigte den Schädel und kehrte zurück nach Ernen. Als er dort ankam, begann es schon zu läuten. Darauf wurde der Verwegene lange Zeit schwer krank. ERNEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Totentanz

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Folgende Sage habe ich einer früheren und einer späteren Mitteilung zu verdanken, welche nicht ganz gleichlauteten; ich suchte sie so gut wie möglich zu vereinigen. Hoch oben im Natisserberge, ob Rischinen, ist noch ein isolierter Weiler, den man "auf der Eggen" nennt. Dort soll einem jungen Burschen, welcher in den Quatemberzeiten geboren und dort eben in diesen Tagen im Walde mit Holzhacken sich beschäftigte, nachstehendes Ereignis begegnet sein. Als er bei einbrechender Nacht aus dem Walde von der Arbeit in das Örtchen zurückkehrte, um dort in seiner Wohnung zu übernachten, sah er in einem Hause gegenüber, alle Fenster beleuchtet und hörte lustige, aber altväterische Tänze aufspielen. «Was ist das?» sagte er zu sich selbst, «ist dem jungen Volk nicht der Teufel im Leib, dass sie in so später Zeit und noch dazu in den Quatembertagen hier verborgen tanzen? Ich glaubte mutterseelenallein auf der Eggen zu sein und treffe dort ein verborgenes Tanzvolk an! — Ich will mir zuerst etwas z' Nachtessen bereiten, — und dann nachsehen, wer dort sich lustig mache.» Nachdem er etwas z' Nacht gegessen, schlich er ganz verborgen bis an die Hauspforte, welche halb geöffnet war; ging, um nicht gehört zu werden, leise auf den Zehen hinein bis an die Stubentüre; auch diese war etwas geöffnet. Durch diese Öffnung sah er Lichter auf dem Tische und an der Ecke desselben den Geiger und noch andere Personen; aber Alle ganz altväterisch gekleidet. Auch die Tanzenden, welche er zum Teil herumkreisen sah, waren meistens in altväterischer Tracht; dabei vernahm er ein seltsames Klingeln wie von kleinen Eisschollen. Als er nun aufmerksamer die Tanzenden betrachtete, bemerkte er zu nicht wenigem Erstaunen, dass die Manns- und Weibsbilder wie kleine Eiskerzen und Eisschollen an den Kleidern hatten und auch die Finger an den Händen wie Eiskerzen aussahen. Im gleichen Augenblicke, wo er dies wahrnahm, sah er eine junge Weibsperson, die ihm wegen ihrer Kleidung ganz bekannt vorkam: «Mein Gott!», dachte er, — «die gleicht wie ein Wassertropfen dem andern meiner unlängst verstorbenen Liebsten, meiner unvergesslichen Tänzerin; was ist das für eine Gesellschaft!» — und eben wo er dies dachte, wandte sich dieselbe um und winkte ihm mit der Hand, dass er hereinkommen solle. Jetzt erkannte er sie vollkommen: «Es war — Emma — seine verstorbene Freundin!» — Eiskalt wurde ihm vor Schrecken, als wenn man einen Zuber voll kalten Wassers über ihn geschüttet, so fröstelte es ihn und er eilte, so schnell ihn die zitternden Beine trugen, nach seiner Wohnung, schloss dieselbe gut zu und begab sich eilends zu Bette. Obwohl er sich gut in das Bettgewand eingehüllt hatte, so schüttelte ihn doch ein starker Fieberfrost und an Schlaf war nicht zu denken. In diesem Zustande mochte er ungefähr bis Mitternacht zugebracht haben, — da ging die Hauspforte auf und es klopfte schon an der Stubentüre. Er versteckte sein Haupt unter die Decke, denn es war ihm nicht darum, "Herein" zu rufen. — Da ging auch die Türe schon auf und ungeachtet der Furcht, wagte er etwas unter der Decke herauszuschauen. Es war die Gestalt einer Weibsperson, so viel er in der Dunkelheit urteilen konnte. «Emma!» dachte er mit klopfendem Herzen und verbarg sich wieder in die Bettdecken Da hörte er das Eisklingeln wie im Tanzsaale, nur dass es sich seinem Bette näherte. Jetzt stieg seine Furcht aufs höchste; der Geist stieg auf sein Bett und legte sich sogar neben ihn. — Ein schwacher Angstschrei entstieg seiner Brust: «Jesus, Maria und Joseph! Wer bist du?» — Da war es ihm als wenn ein eiskalter Schatten sich über ihn beugte und seine Lippen berührte. Der Geist war jetzt angesprochen und er hatte, laut dem Volksglauben, das Recht, von seinem Atem zu schöpfen und mit ihm zu sprechen. Aber auch die Furcht vor den Toten soll bei den Lebenden nach der ersten Anrede ganz verschwinden. Von der langen Unterredung, welche bis Morgen zu Betenläuten mit dem Geiste gepflogen wurde, soll der junge Mann nur dies geoffenbaret haben: Das erste, was der Geist ihm sagte, sei die Frage gewesen: «Kennst du mich?» Und er habe geantwortet: «Ja — du bist Emma!» — «Ja, ich bin Emma, deine ehemalige Freundin, komme aus dem Aletsch, muss mit den andern an den Quatembern hier tanzen; womit man gesündigt, wird man gestraft. — Ach wie lange hätte ich dies tun müssen, wenn du mich nicht angeredet. — Aber jetzt hoffe ich für mich und die anderen Erlösung! Willst du?» – «Ja», erwiderte ich. — «Aber es wird dir schwer ankommen!» sagte sie. «Tut nichts, ich will alles tun!» antwortete ich. — Aber was sie ihm weitergesagt und was er ihr alles versprochen, davon liess er nie ein einziges Wörtchen verlauten. — Und von diesem Augenblicke war er ganz verändert; — er blieb ledig, und ein steter Freund der armen Seelen, als wenn er eine geistige Vermählung mit Emma eingegangen hätte. Emma war sein einziger Gedanke in seinem ganzen Leben. Beim Worte: «Emma» soll noch im letzten Augenblicke sein Angesicht sich erheitert haben, als wenn er sich einer edlen Tat erinnerte und dafür eine sichere, schöne Vergeltung zu erwarten hätte.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Totentanz

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Eine Stunde über dem schönen Kirchdorf Unterbäch liegt ein klei­ner, aus schwarzen Hütten bestehender Weiler, Im Holz genannt, der nur einige Monate im Sommer bewohnt wird. Im nahen, tief verschneiten Walde neben dem Weiler war ein junger Bursche aus dem Kirchdorf mit Holzhacken beschäftigt. Er hing traurigen Gedanken nach, denn vor einem Monat erst war ihm seine Geliebte, mit der er so manchen schönen Abend durchgetanzt hatte, an einer tückischen Krankheit gestorben. Als die Nacht herein­brach, schichtete er das gefällte Holz auf, schlug die Axt in einen Fichtenstamm und machte sich langsam auf den Heimweg. Die ganze Woche schon hatte er in seiner Hütte hier oben genächtigt und jeden Abend eine warme Suppe gekocht, um sich den langen Abstieg zu dem Dorfe Unterbäch zu ersparen. Er zündete wie immer das Talglicht an und rührte über dem Feuer seine Suppe. Dann stieg er in den Keller hinunter, um Käse und Brot zu holen. Als er wieder hinaufkam, sah er das gegenüberliegende Haus hell erleuchtet. Dunkle Gestalten flogen an den Fenstern vorüber, und er hörte eine seltsame Musik. «Was ist denn das», sagte er halblaut. «Hier oben wohnt ja niemand, da haben sicher die von Unterbäch und Eischol im Ver­borgenen sich zu einem Tanze zusammengefunden. Mir werden sie nichts gesagt haben, weil ich um meine Kathrine traure, auch bin ich die ganze Woche nicht ins Dorf hinuntergestiegen!» Er trat wieder ins Haus, da ihn fror, ass die Suppe, legte den Zinnteller und den Holzlöffel beiseite, knüpfte den Rock fest zu und schlich sich zu dem Nachbarhaus hinüber, um ein wenig durchs Fenster zu gucken. Aber es war eine bitterkalte Nacht, und die Fen­ster waren von einer grauen Eisschicht verhüllt, so dass er nichts unterscheiden konnte. Doch die Haustür war offen, und so trat er ganz leise ein, um nicht gehört zu werden, und ging bis an die Stubentür, die auch nicht verschlossen war. Durch die schmale Spalte bemerkte er Lichter auf dem Tisch und in einer Ecke den Geiger, der einen wilden Tanz aufspielte, zu dem die Paare sich drehten und herumwirbelten, fest ineinander verschlungen, aber so­wohl der Geiger als die Tänzer und Tänzerinnen waren ihm un­bekannt. Das waren nicht die Unterbächer und nicht die von Ei­schol, das waren fremde Gesichter, die er noch nie gesehen hatte, und nun fiel ihm auch auf, dass die meisten altväterisch gekleidet waren, Halbschuhe trugen und Kniehosen und Schwalbenschwänze, die um die Hüften flogen. Auch hörte er kein Getrampel auf den Brettern des Fussbodens. Die Kleider der Mariner und Frauen waren mit Rauhreif bedeckt; an den Hosen und Röcken, an den Kragen und Haarspitzen hingen kleine Eiskerzen, und auch die Hände sa­hen aus, als ob die Finger lauter Eiszapfen wären. Jetzt hefteten sich seine Blicke auf eine Frau, die ihm bekannt erschien. Beinahe hätte er einen Schrei ausgestossen. «Was ist das für eine sonderbare Gesellschaft - und die da mit den langen, schwarzen Haaren und den grossen Augen, das ist - das ist meine Kathri, meine Geliebte, die unlängst gestorben und auf dem Kirchhof unten begraben ist!» Eiskalt fuhr es ihm über den Rücken, als ob er unter dem Glet­scher stände und das kalte Wasser über ihn flösse; er wandte sich ab und eilte, so schnell ihn die zitternden Beine trugen, nach seiner Hütte, schloss die Haus- und die Stubentür gut zu und legte sich flugs ins Bett. Er zog die Decke bis über den Kopf hinauf und konnte noch lange nicht warm werden. Ein starker Fieberfrost schüttelte ihn, und immer musste er an den Totentanz denken und an seine Geliebte. Da knarrte der Riegel, und leise klopfte es an die Stubentür. Er hielt den Atem an und horchte. Jetzt klopfte es stärker. Er hatte nicht den Mut, «herein» zu rufen und kroch noch tiefer unter die Decke. Nach einer Weile streckte er den Kopf hervor, um Atem zu schöpfen und nach der Tür zu sehen, die er gut verschlossen hatte. Sieh, da ging sie auf, und herein trat seine tote Geliebte, die Kathri. Die Eiskerzen an ihrem Kleide klirrten leise wie feine Glöcklein. Dem Burschen wurde entsetzlich elend zu Mute, und in der Verzweiflung rief er aus: «Jesus und Maria, wer bist du?» Da beugte sich ein eiskalter Schatten über ihn und berührte seine Lippen. Der Geist war angesprochen und hatte das Recht, von seinem Atem zu schöpfen und mit ihm zu sprechen. Da schwand seine Furcht plötz­lich, und der Bursche führte mit der Geliebten ein langes Gespräch. Zuerst fragte sie ihn: «Kennst du mich?» «Ja, du bist es, mein Herz­gespiel, meine Kathri», antwortete er. «Ja, ich bin deine ehemalige Geliebte», gab sie zur Antwort, «ich komme aus dem Aletschgletscher und muss mit andern an den Qua­tembern hier tanzen und die verbotenen Tänze abbüssen, die ich mit dir gehalten. Aber du hast mich jetzt angeredet, und ich erhoffe baldige Erlösung. - Geh morgen ins Dorf hinunter und verrichte gute Werke für meine Seele, dann wirst du meine Erlösung be­schleunigen!» Noch vieles sprach sie mit ihm, denn sie blieb in der Stube, bis die Morgenglocke vom Dorf herauf ertönte, aber der Bursche hat geschwiegen und zu keinem Menschen von dem, was er gehört und gesehen, ein Wort gesprochen. Er hat die guten Werke verrichtet, ist immer ledig geblieben, hat nie mit den Mädchen gescherzt und soll noch in späten Jahren auf dem Totenbette von seiner armen Kathri erzählt haben, die er nun in der Seligkeit wiederzusehen hoffe. Quelle: Johannes Jegerlehner: Walliser Sagen, Hans Feuz Verlag Bern, 1959 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Totenweg

Source: Der Totenweg

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Das älteste Gotteshaus des oberen Leimentales war die Martinskirche von Weisskirch (Wysschilch). Sie befand sich etwas ausserhalb Benkens, heute bereits im Gemeindebann von Leymen auf französischem Boden. Der alte Kirchweg zu den Gemeinden Bättwil, Witterswil, Ettingen und Hofstetten heisst heute noch Totenweg, obwohl seit 1819 (Abbruch der Kirche) kein Toter mehr auf diesem Wege zur letzten irdischen Ruhestätte geleitet wurde. Biel-Benken Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Totenweg

Source: Der Totenweg

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Die Toten des jetzt verschwundenen Dorfes Rinolfingen oberhalb Ettingen wurden in Weisskirch begraben. Der Weg dorthin führte an der heutigen Kirche von Ettingen vorbei über das Feld gegen Benken. Er heisst Totenweg. Wie alte Leute erzählen, war das Getreide am Totenweg immer grösser als das andere im Feld. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Totenzug der grauen Zwerge

Source: Der Totenzug der grauen Zwerge

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Im Burgerwald ob Muschels wohnte einst eine winzig kleine Art Menschen, die man die grauen Zwerge nannte, und die bald sichtbar, bald unsichtbar waren. Sie hielten sich meistenteils in den Klüften und Felsen auf, und liessen sich nur von Zeit zu Zeit sehen. Ein alter Mann, Namens Hans Aeby, bewohnte ein entferntes Haus, genannt "in der Gomma", am Saum des grossen Waldes, welcher den Bürgern von Freiburg gehört. Seine ebenfalls sehr bejahrte Frau befand sich zu jener Zeit bei ihm. Sie hatten zu ihrem Unterhalt bloss ein paar Geissen, von deren Milch sie lebten, wozu noch Käse und Brot oder Erdäpfel kamen. Es war an einem kalten, trüben Winterabende, da wurde vor dem Hause mit heller Stimme laut gerufen: "Hans Aeby, sag dem Appele, Appela sei tot." Darauf hörte der Erschrockene ein leises Geräusch in einem Winkel seiner Stube; ein unsichtbarer Geist ging durch das Zimmer, weinte und schluchzte kaum vernehmbar, und bald darauf blieb alles wieder still und ruhig. Hans Aeby, voll Kummer ob diesem Spuke, legte sich frühzeitig zu Bette. Um Mitternacht herum wachte er plötzlich auf. Die gleiche Silberstimme wie am Abend liess sich hören, und klang gar entsetzlich bis zu seinen Ohren: "Hans Aeby, sag dem Appele, d'Appela sei tot!" - Er sprang aus dem Bette und ans Fenster, das er schnell öffnete, aber er fuhr mit Entsetzen zurück, denn auf der beschneiten Wiese, welche der Mond blass beleuchtete, zogen zahlreiche Zwerge vorüber. Einige hatten kurze, schwarze Mäntel um; andere trugen Fackeln. Ihre Weiber schienen vermummt, wie die deutschen Bauersfrauen, die, wenn sie zur Leiche gehen, bis auf Nase und Augen mit weissen Tüchern nonnenartig verschleiert sind. Endlich kamen einige langsam dahin schreitend mit einem Sarge, unter dessen Last sie zu erliegen schienen. Alle erhoben ein düsteres Trauergewimmer, und dann verschwanden sie für und für im nahen Walde, in welchem die Klagetöne noch dumpf erschollen, und sich endlich ganz verloren. Die Furcht hatte Hans Aeb beinahe versteinert; da wehte ihn die kalte Nordluft an; er schauderte zusammen; wie aus einem Grabe schien ein faulender Mordgestank in seine Geruchsnerven zu dringen. Er schloss das Fenster wieder zu, kroch halb erfroren in sein Federnest, in welchem seine Frau tüchtig schnarchte. Als er am andern Morgen durch das Meckern seiner hungernden Ziegen endlich aus seinem langen Schlafe geweckt wurde, stand ein Bote draussen, der zu ihm sagte: "Gelobt sei Jesus Christus! Euer Schwager Jost, von der Gauglera, schickt mich zu Euch, und lässt Euch melden, in der letzten Nacht sei d'Appela, Eure Schwiegermutter, plötzlich an einem Schlagflusse gestorben, und morgen werde man sie zu Rechthalten begraben." Und so geschah es auch. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Toteschädel

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E junge Burscht vo Brätzbel, wo ufim e Hof gwohnt isch, wer ums Labe gärn zu de Scharfschütze. ’S het si aber sälbmol ein im Schiesse guet müese-n-uswyse chönne, wenn er het welle undere schwarzgrüene Huet mit-ere Fädere druf. Er het si us däm Grund vill güebt; er het aber e kei gueti Breichi gha. Do isch emol e Zigeunere uf dä Hof cho, vo der hei vill Lüt bhauptet, si verstönd und chönn mehr as ander Lüt. Dä Schütz het er es gklagt; si het gseit, si well ihm scho ne guete Rot ge. Derfür chönn ere Späck ge, er sell aber ’s Mässer e chly tief in d’Späcksyte yne lo goh. Er mües luege, ass er vom Totegreber e Toteschädel überchömm. Dernoh sell er dervo öppis abschabe und sell vo däm Mähl bi jeder Ladig (bi de domolige Vorderlader) zwüsche s Pulver und d’Chugele tue; er wärd's scho gseh, kei Schutz wärd ihm meh fehle. Der Totegreber het Bricht gmacht und die Stell ginau bizeichnet, wo-n-er e Schädel versteckt heig; er sell aber erst cho, wenns feischter syg. Dä Schütz het e Kamerad mitgnoh. Chum het er der Schädel in de Hände gha, het vo der Chilche här e hohli Stimm grüefe: «Lo-n-in lo sy, er isch emol myn gsi!» Do het er der Schädel vor Schrecke lo falle und er und sy Kamerad hei zäme ’s Päch gkauft über d’Ringmur übere. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Traubendieb

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Ein ungerechter Heller frisst zehn gerechte fort; so lautet ein altes Sprichwort. Dass dem so sei, kann man in der Welt oft genug wahrnehmen. Wenn alles Stand hätte, was so mancher Tag und Nacht mit allen Vieren zusammenscharrt, so würde es ihm nicht nur zu allen Fenstern heraus, selbst zum Dachgiebel herausschauen. — Dem ist aber in der Welt eben selten so; das ungerecht Gesammelte bringt gewöhnlich nur Mangel und Not ins Haus. Ein Mann in Savièse, so wird erzählt, fand es leider, wie noch viele, ordentlich kommod, auch da zu ernten, wo er nicht gepflanzt hatte. Als er eines Tages seinen Weinberg unter Chandolin abwimdete, stahl er in jeder Reihe seinem Nachbarn eine Traube und warf selbe zu den seinigen in die Brente. Zwei Kinder, die dabei waren, — das eine starb als braver Mann vor wenig Jahren — sahen aber, sobald der Übergreifer vom Weingeschirre sich abwandte, einen Unbekannten kommen und für jede gestohlene Traube, zwei schöne Trauben wieder aus der Brente nehmen und dem Nachbarn zurückstellen. — Da hatte freilich der gierige Traubendieb spottwenig gewonnen!   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Traubenhänsel

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Der Traubenhänsel Neben dem Böölimaa war früher im Weinland der Traubenhänsel eine Schreckgestalt. Wenn die Zeit der Weinlese kam, pflegte man vornehmlich den Kindern zu drohen: „Wenn d i d Räbe gooscht und Truube nimmscht so chunt der Truubehänsel mit dem Hooggen und zeert di in Boden ie!“ Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Winterthur und Weinland Vernaleken, S. 60; Corrodi im „Zürcher Bauer“, 22. 3. 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Traum eines Zermatters

Source: Der Traum eines Zermatters

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Dem Franz Biner träumte vor zwei Jahren, seine Mutter selig sei an sein Bett gekommen und habe ihm gesagt, er solle am folgenden Tage für sie einem durstigen Menschen zu trinken geben; sie wolle dann ihm im späteren Leben, auf einem hohen Berge, Hülfe leisten. Am Tage darauf kommt richtig ein sehr durstiger Mann, Peter Anton Biner, ganz im Schweiss; diesem gab er zu trinken, worauf derselbe manches Vergeltsgott sagte. Allein, wo mochte wohl der hohe Berg sein, dachte er oft, denn diesen Traum hatte er schon vor mehreren Jahren gehabt. Franz Biner machte seit einigen Jahren den Führer. Er wollte im letzten Jahre mit einigen Engländern den Monte Rosa besteigen. Es trat Föhnwetter ein und der Schnee wurde erweicht; dem Führer war, als wenn ihm jemand sagte, sie sollen nicht weiter gehen. Der vor einigen Jahren gehabte Traum trat lebendig in sein Gedächtnis. Er schilderte den Reisenden die Gefahr, man kehrte um und, kaum dass sie aus der gefährlichen Stelle waren, so stürzte eine Lawine gegen jene Richtung hinunter, wo sie, wenn sie nicht umgekehrt wären, von derselben erreicht und über einen hohen Felsen geworfen worden wären; denn mit entsetzlichem Krachen donnerte die Lawine über diesen Felsen in den Abgrund hinunter. Jeder von uns erkannte mit klopfendem Herzen die gütig rettende Hand Gottes aus dieser nahen Todesgefahr.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch  


by Der traurig erfülltee Wunsch

Source: Der traurig erfülltee Wunsch

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Oft gibt es Eltern, die mit ihren Kindern, wenn diese heiraten wollen, nicht einig gehen. Der Vater und die Mutter haben freilich mehr Erfahrung und blicken die Dinge kaltblütiger an; ihre Räte sollten darum von den Kindern nicht zu leichtfertig übersehen werden. Doch kann es auch Fälle geben, wo die Eltern zu parteiisch sind und die Sache zu weit treiben. Aus dem vorigen Jahrhunderte wird erzählt, dass ein Vater um das Heiraten seines Sohnes, der mit seinen Wünschen nicht übereinstimmte, sich gar sehr bekümmerte. In blindem Eifer sprach er oft, er wolle lieber seinen Sohn unter seinen Augen totfallen, als mit einer ihm nicht beliebigen Person heiraten sehen. Eines Tages sollte dieser Sohn seinem Vater in Felsklippen gefangene Ziegen befreien helfen. — In felsigen Weidgängen gibt es oft Stellen, wo Schafe oder Ziegen sich so versteigen, dass sie sich selbst zu retten nicht mehr im Stande sind. Am gefährlichsten sind begraste Felsenvorsprünge, in die das grassuchende Vieh hinabsteigt, aber wieder hinaufzuspringen die Kraft nicht hat. Um selbes aus solch selbstverschuldeter Gefangenschaft zu befreien, wagt sich der Mensch nicht selten in grosse Gefahr. An einem langen Seile wird gewöhnlich ein Hirtenknabe über hohe Felsen hinabgelassen, welcher dann zuerst das verstellte Vieh und zuletzt sich selbst an den Strick heftet, um so der Reihe nach wieder hinaufgezogen zu werden. Und der heiratsgrame Vater sah, wie er es oft gewünscht, unter seinen Augen den unglücklichen Sohn in schauerliche Abgründe totfallen! — Das geschah am Gallenberge in Herbriggen den 13. Heumonat 1714.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Trottengeist in Frick

Source: Der Trottengeist in Frick

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Früher getraute sich kein Bürger bei Nacht in der Fricker Gemeindstrotte Trauben zu pressen. Denn die Alten berichteten von einem hässlichen hageren Manne, der dem Arbeiter Wasser in die Mostbütten schütte, das Pressbett falsch stelle, und jeden, der ihm dies wehren wolle, ungeschaffen mache, dass man ein Aussehen bekomme, wie eine aufgeblasene Kalbshaut. Jedes Mal, wenn die Mutter von dem Ungeheuer erzählt, macht sie die Kinder auf dessen Gewalt aufmerksam, sich in alle möglichen Gestalten wandeln zu können, und ermahnt die Kleinen, wenn sie des Nachts etwa beim Krämer noch Kaffee holen, und also gerade bei jener Trotte vorbeigehen müssen, sich ja fleissig zu bekreuzen, damit ihnen der Geist kein Leid zufüge. Ich rede, spricht sie, aus einer traurigen Erfahrung! denn der Vater gieng einmal zur Nachtzeit aus dem Hause und eben auch an jenem Orte vorbei, ohne dass er sich mit Weihwasser besprengt hatte, da sah er den gefürchteten Geist in Riesengestalt herzutreten, in der Hand einen Spiess, einen Weidsack umgeschnallt und einen Dreiröhrenhut auf dem Kopfe. Der Anblick war so schreckhaft, dass der Vater in eine stundenlange Ohnmacht fiel. Als wir ihn fanden, war ihm der Kopf bis zur Grösse eines Viertels angeschwollen, die Augen feuerroth aufgetrieben, und athmen musste er, als läge der ganze Homberg auf ihm. Aber nicht nur deshalb ist der Geist gefürchtet, auch durch Stehlen setzt er die Nachbarn in Besorgnis. So nimmt er im Sommer die reifen Kirschen frech von den Bäumen, schüttelt im Herbst die Birnen und nicht selten holt er dem Büchsenschmied noch die Weihnachtsnuss aus der Obstkammer; und was er dabei nicht stiehlt, das ruiniert er doch. Er wirft die Ziegel von den Dächern, würgt die jungen Hühner vor dem Fenster ab, knickt die Pfropfschösslinge, schlägt die Scheiben ein, macht die Schweine krank, und plagt das Vieh dergestalt, dass sie in jedem Stall einen Schafbock halten müssen. Die Unterdörfer wollten einst dem Übel abhelfen und den Geist durch Kapuziner beschwören lassen. Allein dieselben konnten ihm nichts anhaben, so sehr alles betete und so gut sie ihn auch fiengen. Schon trugen ihn vier Männer auf einer Mistbahre im Kupferkessel in den Wald. Betend giengen die Kapuziner dahinterher; als einer der Träger unter der immer schwerer werdenden Last leise zu seufzen anfieng: „Dass dich der ....!“ und wie vom Sturmwind ergriffen flog der Kessel in die Höhe — wohin? weiss Niemand. Der Geist aber hatte wieder seine alte Wohnung bezogen und that nun ärger als zuvor. Auf dem Schlosse — so heisst ein Theil des Dorfes — gilt er auch als ein guter Wetterprophet, und so oft die Witterung ändern will, bläst er der Hebamme das Feuer auf dem Herd aus oder fährt brennend durch den Schornstein. Die Gestalten, in denen er sich heute noch am öftesten zeigt, sind folgende. Als rother Hund mit baumlangem Schweif kommt er mit grossem Geräusche durch den Bach herauf, hütet die Brücke und lässt niemand darüber, und verschwindet dann unter der Laube eines benachbarten Hauses, wo er überhaupt seinen Aufenthaltsort haben soll. Sein Herankommen gleicht dem von vier Pferden in der Schwemme. Ein andermal reitet im Heihalderbach ein Mann mit Degen, Dreispitzhütchen und einem langen Mantel auf einem Schimmel. Sein Weg geht immer im Bache von des Maurers Haus im Hinterdorfe bis hinab zur untern Trotte. Bei dem Hause an der Brücke reitet er dann wie ein wachhaltender Offizier auf und ab. Einst gieng ein Jagdliebhaber Morgens vor Tag auf den Anstand und kam auf seinem Wege hinter den Baumgärten des Dorfes an diese Stelle. Er schleppte ein grosses Schinkenbein hinter sich her, das er den Füchsen als Luder legen wollte. Hier stand er plötzlich vor dem Schimmelreiter, das Ross that so ungestüm und bäumte sich, als wollte es ihn in die Erde treten. Der Reiter schwenkte plötzlich, und der Jäger kam mit dem blossen Schrecken davon; aber sein Schinkenbein hatte er in der Angst verloren. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der trügerische Bannteiler in einen Hund verwünscht

Source: Der trügerische Bannteiler in einen Hund verwünscht

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Die Herren von Trostburg und Liebeck hatten zusammen den ganzen Bann des Tales zu beschreiten und neu unter das dortige Landvolk zu teilen. Statt der alten hundert Bannteile machten sie diesmal nur neunundneunzig; sie wurden dafür vom Landgerichte um beinahe zehntausend Pfund Berner Währung gebüßt. Nun zeigt man am Trostburger Schlosshof noch das sogenannte Hundsloch, eine Felsenspalte, in welcher die in der gespenstischen Schlosskutsche anfahrenden Burgherren wieder zu verschwinden pflegen. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Trunk auf der Metzgerstube

Source: Der Trunk auf der Metzgerstube

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Den 18. Augstens [1543] abends zwischen 7 und 8 fiele einer mit namen Hans Strobel, sonsten Hanselmann Schmid genannt, auf der Metzger Zunft allhie voller weise die stägen ab, also daß er folgendes tags am morgen früehe den geist aufgab. Den 20. diß machte die Stubenfraw ein Wösch und fägete die Stuben, darinnen der gefallne gestorben war. Am tag darnach, nemlich den 21. dieß, fände man in derselbigen Stuben stüel und bänk, auch zween tisch sampt den gewaschenen und aufgehenkten Leinlachen und Windlen ganz vollen bluts. Jederman liefe das wunder zusehen. Was es bedeutet, weiß Gott am besten, und kan es ein jeder wol erraten. Hans Oswald Huber’s Schaffhauser Chronik     Aus: R. Frauenfelder, Sagen und Legenden aus dem Kanton Schaffhausen, Schaffhausen 1933. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Tschärry

Source: Der Tschärry

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Einst rief man den Tschärry nach Terminen, um ein krankes Füllen zu ,doktern‘. Er goss ihm etwas ein und ging anschliessend ins Haus des Besitzers. Dort wollte man ihm mit Nidel aufwarten, aber der Tschärry hätte lieber einen Schluck Heida verkostet. Indessen schaute jemand der Hausleute im Stall nach, wie es dem Füllen jetzt gehe, und meldete zurück, es strecke alle Viere von sich und sei wie am Verenden. Der Tschärry meinte dazu trocken: «De mechtermu appa öi Nidla ischrecku wie mier!» Jetzt erst merkten sie, man hätte dem ,Dokter‘ vielleicht doch Wein anbieten sollen, und gaben ihm nun Heida. Bald nachher stand das Füllen wieder und blieb gesund. VISPERTERMINEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Turm z'Roten in Emd

Source: Der Turm z'Roten in Emd

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Nahe dem sogenannten «Dörfchen», unter der Pfarrkirche in Emd, stand auf einem Felsenrande ein grosses fest aufgemauertes, turmartiges Haus mit mehreren Zimmern, Sälen und geräumigen Wohnungen. Man nannte es «z'Roten Turmhaus». Das grosse Erdbeben von 1855 lockerte das Felsenfundament so, dass die Hälfte des Hauses abbrach und in den Abgrund stürzte. Seither fiel der Rest auch noch zusammen und auf der obern Fundamentmauer ist jetzt ein neues Wohnhaus, nach Art der übrigen Berghäuser, aufgebaut. Das alte Turmhaus war der Sitz einer Familie «z'Roten», welche in der Umgegend bedeutende Besitzungen an Zehnten, Gülten und Grundstücken hatte, sich aber später nach Raron verzweigte, wo selbe noch rühmlichst fortlebt. Das alte feste Steingebäude, wie die Sage erzählt, stand ehemals mitten in einem Dorfe, dem ein Bergsturz Grund und Boden wegriss. Am Fusse des einstürzenden Felsens lag die Gemeinde «Brunneggen», von der noch in alten Schriften zu lesen, jetzt aber vergraben liegt unter hohem Schutt, der «im Bruch» heisst. Auch hier war es ein grauser Drache, der da in den Felsen nistete, selbe unterwühlte, zernagte und zu Tal stürzen machte. Er zog die Leute mit seinem giftigen Hauche an und verödete so die Gegend; selbst die Talstrasse musste vom westlichen Vispenufer auf das östliche hinüber verlegt werden, weil der Drache seine Anziehungskraft nicht über das laufende Wasser der Vispe auszudehnen vermochte. Glücklicherweise wurde dieses Ungetier hier beim Bergsturze erschlagen; ein herabstürzendes Felsenstück zerquetschte ihm den Kopf. — Schafhirten wollen später die gewaltigen Gebeine und Knochen des verendeten Drachen gefunden haben und behaupten, sieben Schafe hätten Platz genug gefunden, in seinem Hohlgerippe bequem zu «hitzen».   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Türrlidokter

Source: Der Türrlidokter

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 war ein Wunderarzt in Unterwalden1. Zu ihm nahm einst ein Urner aus dem Isental, dem ein Dieb ein bedeutendes Quantum Fleisch gestohlen, seine Zuflucht und bat, ihm den Dieb zu zeigen. Der Doktor wollte zuerst nicht einlenken und sagte mit Lachen: »Ja, woher sollte ich denn solches können?« Aber der Isentaler bestand darauf; er wisse schon, dass er's könne. Jetzt gab der Wundermann nach und sagte: »So kommt mit mir!« Er ging in den Hausgang hinaus und zeigte dem Gwundrigen eine Stande voll Wasser; da solle er hineinschauen. Und dieser erblickte wie in einem Spiegel den Schelm unter einer Tanne im Gruowald und sah, dass er gerade von seinem Fleische frass. Er erkannte ihn sofort. Einmal war ein krankes Mädchen auf dem Wege, ihn zu besuchen, und wurde von einem gesunden begleitet. Da meinte das letztere: »Ä, was wem-mer etz zu dem Tirrlilahli gah, der cha gwiss nytt!« Aber das Kranke bestand darauf. Der Doktor nahm sie freundlich auf und sagte mit einem feinen Lächeln zu ihnen: »Ja, wiä wett äu der Tirrlilahli eppis chennä!« Er gab dem kranken Mädchen eine Medizin, aber zum gesunden sagte er: »Bis morgen abends wirst du nicht mehr über mich spotten.« Und wirklich war es da nicht mehr am Leben. Im Verein mit zwei Gespanen hatte der Türrlidokter einen Akkord gemacht mit dem Teufel. Welcher von ihnen zuletzt sterbe, der sei dem Bösen verfallen. Aber der Türrlidokter tat viel Gutes und erreichte dadurch, dass er nicht der letzte wurde. Hans Aschwanden, 50 J. alt Fußnoten 1 Kaspar Josef Christen zu Wolfenschiessen † 1857. (S. Beiträge zur Geschichte Nidwaldens, 8. Heft, S. 56. Stans 1891). Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Türst

Source: Der Türst

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  b) Dem Türst wird die Sträggele als angetraute Begleiterin gegeben und von beiden Folgendes erzählt: Ein Burgfräulein, schön und stolz, liebte sündig das Wildprät. Nun traf es sich, dass einmal ihr Namensfest auf einen Freitag in der Fastenzeit fiel. Sie gelüstete nach frisch erlegtem Wildschweinfleisch und entblödete sich nicht, ihre Sehnsucht darnach vor vielen Rittern und Vasallen zu bekennen. Doch keiner zeigte sich zur Jagd bereit, als allein ihr Buhle, der aber die Bedingung stellte, dass sie ihn auf der Jagd begleite. Trotz aller Bitten und Einreden liess das Fräulein satteln, ritt mit dem Buhlen davon, von vielen Rüden begleitet und kehrte nimmer von der wilden, bösen Jagd zurück. An Freitagen in der heiligen Zeit bloss hielten sie nächtlich den geisterhaften Rückzug in die verrufene Burg, die es sturmwindartig umbrauste.   c) Die Türstjagd hörte man im Entlebuch, Wiggertal, Schiltwald, Hundsrücken, Würzbachtobel bei Luzern, und im Meggerwald, ja fast durch das ganze Gebiet der fünf Orte schreckte der wilde Jäger in der Fasten- und Adventzeit mit seinem Gebell grosser und kleiner Hunde, mit Pferdegewieher, Schnauben, Stampfen, Grunzen, mit Hallorus, Gekreisch und sturmwindigem Heulen die Leute. In Escholzmatt gibt es eine Dürstenegg. Zu Hergiswil bei Willisau heisst ein Bach der Dürstebach, weil der Türst da vorbeijagt, in der Richtung nach dem Unterskapf hinauf, das heisst in West-Ost-Rrichtung hin. Es geht dann nicht anders her, als wenn eine grosse Schar junger Hündchen vorbeirenne. Eines geht voraus und erlässt die Warnung, drei Schritte nach rechts hin auszuweichen. Überhaupt muss, wer dem Türst oder Strassenhund begegnet, drei Schritte zur rechten Seite fliehen, sonst wird man mitgeführt oder zerrissen. Man sagt auch, der Türst jage, wenn 's anderes Wetter geben will.   d) Zu Brestenegg bei Ettiswil müssen sie beide Tennstore „speermangel" offen halten, damit der Türst ungehindert passieren kann. Schliesst man, so wird, man weiss nicht wie - und von wem, wieder geöffnet.   e) Um Hohenrain jagt der Türst als eine grunzende Sau („Moor"), die mit ihren wüst murchelnden Jungen den Hagen entlang springt und Kinder, deren sie sich bemustern kann, wegfrisst.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Der Türst

Source: Der Türst

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Einstmals, vor gar alten Zeiten, lebte im Entlibuch [Entlebuch], im Luzerner Hinterlande, eine schöne und reiche Tochter. Aber so schön und reich sie war, die Leute mochten sie doch nicht leiden, da sie ein wildes, unweibliches Leben führte. Statt wie andere Jungfrauen im Hauswesen tätig zu sein und sittsam und züchtig, wie es einem schmucken Mägdlein wohl ansteht, über Steg und Weg zu wandeln, pfiff sie durch die Finger ihrem Hund, stieß dann ins Horn und ging schon am frühen Morgen auf die Jagd in die Bergwälder. Entsetzt flohen der Hirsch und selbst der grimme Wolf vor ihr, wenn sie tobend und jauchzend mit ihrem Jagdspeer in den Wald einbrach und ihr Hund dabei kläffte, daß es allerorten ein Echo gab. Am schlimmsten aber war es, daß die wilde Maid nicht einmal den Sonntag mehr heiligte. Während andere Leute zur Kirche gingen, wenn die Glocken riefen, griff sie zum Speer und rannte mit ihrem Hund in den Wald, um die armen Tiere, die doch vom Sonntag auch einige Ruhe erwarten durften, zu Tode zu hetzen. Nie sah man sie in eine Predigt oder in eine Messe gehen. Die Leute aber schüttelten die Köpfe und sagten, das könne kein gutes Ende nehmen, denn wenn man nicht tue wie die Leute, so ergehe es einem auch nicht wie den Leuten. Gewiß hole die frevelhafte Jungfrau noch einmal der Türst, wenn er nachts im Sturmwind durchs Land jage. Eines Tages, es war gerade der Heilige Abend, klopfte es an dem großen Hause an, wo die jagdlustige Jungfer wohnte. Als man nachsah, wer denn am Heiligen Abend noch Einkehr halten wolle, stand ein junger, schlanker Ritter vor der Pforte und bat um Nachtherberge, da er morgen mit der Tochter des Hauses, die man im Tal ihrer Wildheit wegen nur die Sträggeln nannte, eine fröhliche Pirsch abhalten wolle. Die Knechte und Mägde im Hause erschraken ob diesen Worten, aber sie mußten den späten Gast einlassen, da er ein gar feiner Ritter zu sein schien. Die wilde Sträggeln aber empfing ihn mit Hallo, und als er sagte, er liebe die Jagd wie sie über alles, wurde sie gar hellauf. Also beschlossen sie, zusammen am nächsten Morgen, als am Morgen des heiligen Christfestes, eine Wolfsjagd in den nahen Bergwäldern zu unternehmen. Zwar fiel es der Jungfer doch auf, daß der schlanke Ritter nicht sagen wollte, woher er komme, aber sie dachte nicht lange darüber nach. Die Hauptsache war ihr, daß sie einen so hübschen und flinken Weidgesellen für die morgige Wolfshatz gewonnen hatte. Als nun am Morgen die Glocken im Tale das heilige Weihnachtsfest feierlich einzuläuten begannen, ging das Volk von allen Seiten her zur Kirche. Der Ritter stand am Fenster und sah es wohl. Grell auflachend sagte er zur Jungfer: "Lassen wir die Leute zur Kirche laufen. Komm, wir wollen lieber das lustige Weidwerk treiben!" Und sogleich machten sie sich polternd und lachend zum Hause hinaus, mit Speer und Bogen wohl ausgerüstet und begleitet von dem großen, kläffenden Rüden. Scheu wichen die Kirchgänger dem wilden Paare aus und schauten mit bedenklichen Augen den Frevlern nach, die, unbekümmert um den heiligen Tag der Geburt Christi, den Wäldern zutollten und bald darin verschwanden. Es dauerte gar nicht lange, so war die Sträggeln mit ihrem Genossen im dichten Bergwald. Eben wollte sie ihren Wurfspieß nach einer mit ihren Jungen aufspringenden Rehgeiß schleudern, da packte ihr seltsamer Jagdgefährte ihren erhobenen Arm und sagte mit einer todkalten Stimme und mit Augen, die wie Feuer brannten: "Mein Wild habe ich erjagt. Du hast auf das eigene Gewissen nie gehört; du hast gegen Gott gefrevelt! Nun bist du mein und sollst wie ich fürderhin der Menschen Schrecken sein." Jetzt reckte er sich empor und wuchs und wuchs zum Riesen auf, und mit Entsetzen erkannte die Jungfrau, daß sie der wilde Türst geholt hatte. Ach, wie schrie sie auf, wie gerne wäre sie jetzt zur Kirche geeilt! Doch es war zu spät. Unaufhaltsam wuchs der Jäger neben ihr, und, o Schrecken, auch ihre Glieder begannen sich zu strecken und zu recken, auch sie wuchs gespenstig empor und wuchs dem fürchterlichen Jäger nach, der schon über die Tannen hinausragte. Auch der kläffende Rüde neben ihr wuchs rasch zum Ungeheuer heran. Und auf einmal fing der wilde Türst an, über Berg und Tal wegzustürmen, daß das Wild des Waldes in Todesängsten überall aufstob. Die Sträggeln aber trieb eine unsichtbare Gewalt ihm nach, und kläffend jagte der Riesenhund hinterdrein. Also fuhren sie mit Hallo wie ein Sturmwind im Land herum. Die Leute aber, die noch Überweg waren, sahen erbleichend den Umgang der Riesengestalten, und sie sahen auch, wie sie beim ersten Hahnenschrei gegen die Gadenmatt stürmten und wie sich dort ein flammender Abgrund auftat, in dem sie spurlos versanken. Als nach dem heiligen Tag die Jungfer nicht mehr heimkehren wollte und die Kunde von dem seltsamen Umgang des wilden Türst im ganzen Lande herumging, wußten die Leute, was sie zu denken hatten: der Türst hatte die Sträggeln geholt, und nun mußte sie mit ihm nachts auf die wilde Jagd bis zum Jüngsten Tage. Noch lange nachher, wenn's in sternenhellen Winternächten ums Haus tobte, sahen sie die Riesengestalten mit ihrem Hund über die Hausdächer hinwegstürmen. Und wenn irgendwo eine Glocke ertönte, so hörten sie die Sträggeln-Jungfer stöhnen. Der Türst aber stieß dann wilder ins Horn, also daß sich die gewundrigen Leute schreckensbleich unter den Bettdecken verbargen. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Türst

Source: Der Türst

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Der Türst An der Halde des Stoffels wohnte in uralten Zeiten ein gewaltiger und wilder Jäger, den man Türst nannte. Er fürchtete weder Tiere noch Menschen noch das Wetter. Am liebsten ging er auf die Jagd, wenn der Wind recht durch die Baumgrötzen pfiff und man keinen Hund hinaus geschickt hätte. Er aber lockte dann seine Wolfshunde herbei und ritt mit seinem pfeilschnellen Pferde durch Wald und Feld, über Tobel und Berge. Die Pfeile, die er verschoss, trafen ihr Ziel immer. So regierte er am Stoffelberge herum und störte seinem Nachbarn, dem Ritter von Werdegg, die Jagd empfindlich. Die fettesten Böcke holte er ihm vor der Nase weg. Der Herr von Werdegg schaute diesem Treiben eine Weile zu, denn er kannte die Gewalt des Türst. Dann mahnte er ihn. Der Türst kehrte sich nicht daran. Der Werdegger drohte ihm. Der Türst lachte darüber. Da schaffte sich der Ritter zwölf böse, blutgierige Hunde an und gedachte, mit diesen dem Türst das Handwerk zu legen. Kurz nachher trafen sich die beiden auf der Jagd. Der Türst hatte eben dem Werdegger ein schönes Tier fast unter den Händen weggestohlen. In seiner Wut hetzte der Ritter seine zwölf Hunde gegen ihn. Diese erschraken jedoch vor dem wilden Blick des Jägers so, dass der Türst einem nach dem andern den Hals umdrehen konnte. Der unheimliche Mann warf seine Beute auf die Schulter und liess den verblüfften Burgherrn stehen. Der schäumte vor Zorn und trollte sich heim. Des andern Morgens, als der Ritter auf seiner Zinne Rachepläne ausheckte, ertönte nicht weit von der Burg des Türsts grosses Jagdhorn. Der Herr besann sich auf seine Ritterwürde und würgte die unbändige Wut hinunter. Mit Güte wollte er versuchen, den Frechling in seine Schranken zu bannen. Er rief daher den Türst herbei, bot ihm die Oberjägerstelle in seinem Burgbann an und versprach ihm guten Lohn. In ebenso freundlichem Tone erwiderte der Angeredete, das wäre ja ganz schön, aber seine Altvorderen seien freie Leute gewesen, und das wolle er bleiben. Zwar liesse sich über diesen Fall reden, wenn der Herr Ritter ihm die Tochter zur Frau gäbe. Da schoss diesem das Blut in den Kopf, und er brachte vor Wut kein Wort heraus. Der Türst aber ritt lachend von dannen. Fortan wurde das schöne Ritterfräulein Adelheid von Werdegg von Morgen bis Abend ständig von Schlossknechten bewacht. Dass in der Nacht auch etwas geschehen könnte, hatte der besorgte Vater keinen Augenblick gedacht. Auch war er in der Weiber Llsten gar wenig erfahren. So hatte er nicht die geringste Ahnung, dass seine Tochter Adelheid dem Türst schon gar manche Nacht das Hintertürchen geöffnet hatte. Himmel und Hölle hätte er zusammengeflucht, wenn er erfahren, dass die beiden einig waren, sich nimmer zu verlassen. Da er aber vom Türst selber gehört hatte, dass dieser seine Tochter Adelheid zur Frau begehre, wollte er sie möglichst schnell an einen andern Mann verheiraten, der auch um sie angehalten hatte. Dieser andere war der Ritter von Gündisau. Adelheid verriet aber dem Türst bei seinem nächsten nächtlichen Besuch des Vaters Absicht. Der Riese säumte nicht lange und entführte seine Geliebte noch in selbiger Nacht in sein festes Haus auf dem Stalden. Beim ersten Hahnenschrei des folgenden Tages stieg er zur Burg Werdegg hinab, weckte mit seinem Horn den Ritter und schrie mit Donnerstimme an sein Fenster hinauf, dass er seine Tochter als Frau begehre. Und als der Werdegger ihm höhnisch antworten wollte, erklärte der riesige Jäger frank, er hätte sie ja schon, es brauche nur noch des Vaters Segen. Auf das antwortete der wutentbrannte Burgherr, er werde ihm einen schicken, der sie dem Vater wohl wieder zurückbringen möge. Also sandte er nach Gündisau, und fuchsteufelswild galoppierte der bestohlene Liebhaber nach dem Stalden, um den Türst zum Zweikampf herauszufordern. Im Vorbeiweg riss er an der Linde im Burghofe zu Werdegg ein Zweiglein ab und steckte es auf seinen Helm. Er hatte die prahlerische Absicht, dieses Reislein dort in den Boden zu pflanzen, wo der Türst sein Leben aushauchen wurde. Der Türst liess nicht auf sich warten und erschien mit seinem gewaltigen Schwert vor seinem Hause. Adelheid lächelte ihm von der Laube herunter hold zu. Das bemerkte der Gündisauer und hieb auf seinen Widersacher ein, dass die Funken stoben. Allein der Türst blieb ihm nichts schuldig, und seine Hiebe widerhallten im Walde. Aber das war nur das Vorspiel. Als der Türst seines Gegners nicht allzugrosse Kraft erprobt hatte, zog er zu seinem gewaltigen Streiche aus und schlug dem Gündisauer den Kopf vom Rumpfe, dass der Leib zu Tale rollte. Den Kopf aber samt den Zweiglein vergrub der furchtlose Kämpe vor seinem Hause. Nach diesem grausamen Zwischenspiele gab der Ritter von Werdegg nach. Der Türst bekam Adelheid zur Frau und wurde durch sie zu einem braven Manne. Nicht weit von seiner Heimstatt bauten seine Nachfahren das Dörfchen Dürstelen. Vor seinem Hause aber wuchs des Gündisauers Zweiglein zu einer riesigen Linde heran. Jedermann in weiter Umgebung kannte die Dürsteler Linde und ihre sonderbare Geschichte. Im Jahre 1865 zündeten unvorsichtige Burschen in ihrem hohl gewordenen Stamme ein Feuer an, welches den Baum zugrunde richtete. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Heer, S. 56 Heer hatte die Sage aus dem Jahrbuch Pfäffikon Nr. 2, wo sie auf den Seiten 185 - 188 aufgezeichnet ist. Sie wurde 1881 von B. Bockhorn eingetragen. Nach einer geographisch-geschichtlichen Einführung beginnt die Sage hier so: „Vor uralter Zeit lebte an der Halde des Stoffels  ein riesengrosser und schöngestalteter Mann, der ein Abkömmlich des einstigen Riesengeschlechts war und Dürst genannt wurde. Dieser wäre eine gewandter und kühner Jäger…“ usw. Bockhorn weist darauf hin, dass die Sage als „ein uraltes  Volkslied“ überliefert sei und erzählt auch einen Teil davon in dessen hergebrachten Zweizeilern. - Die Burg gehörte lange Zeit den Rittern von Landenberg-Werdegg (vgl. H. Kläui, Zürcher Taschenbuch 1958), wechselte oft den Besitzer und wurde, als Herdegen von Hinwil sie besass, 1444 zerstört. Zwischen Werdegg und Dürstelen stand besage Linde auf einem Bergvorsprung. An Stelle des abgegangenen Baumes wurden aus Schossen des alten drei neue gepflanzt. - Vgl. Rochholz, Naturmythen, „Der wilde Jäger im Jura“, S. 34 - 73. And die „Dürsteler Linde“ knüpft sich folgender Schwank an, den Kaligraph Rüegg im Jahrbuch Pfäffikon Nr. 1, S. 62 (1877) erzählt: Ein Bewohner zwischen der „Länge“ und Pfäffikon hatte seine Auserkorene tief in einem Seitentälchen des Fischenthals und machte den Kiltgang jeden Samstagabend. Bei seinen Besuchen fand er, dass sein künftiger Schwiegervater ihm wahrscheinlich eine schöne Aussteuer geben werde, denn derselbe besass vier Ziegen, hatte bloss 15 Gulden Zins und Land, Holz und Staudenbörter fast so gross wird er Kanton Zug. Als die Braut nicht mehr länge warten wollte, machte er seinen Schwiegervater auf die Aussteuer aufmerksam. Bald darauf erhielt er einen Brief: er könne selbige abholen. Der Pfiffiger nahm seine grösste Turbenchrääze (Rückenkorb zum Torftransport) und wanderte voll freudiger Hoffnungen ins Fischenthal. - Wie es näher zugegangen weiss ich nicht mehr; nur das weiss ich noch, dass der Hochzeiter mit seiner Aussteuer in der Chrääze nach vierstündigem Marsch zum ersten Male bei der Linde zu Dürsteten geruht haben soll. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Tyfel

Source: Der Tyfel

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heigs nitt gärä gha, wo d'Lyt agfangä heiget räukä; är heig gseit: »Sy wärdet z'tryw.« D'Schnupfer und d'Räuker sind ja bikanntli diä trywäschtä Lytt. Josef Gnos, Silenen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Tyfelisieder

Source: Der Tyfelisieder

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a) Es hatte Einer immer zu wenig Geld. Da sah er einst Molche im Wasser mit den gelben Bäuchen. Da sagte er zu seiner Frau: »Du musst keine Not leiden. Ich gehe jetzt ins Meer (eine sumpfige Stelle bei Andermatt) hinaus und hole einen Haufen Molche. Die werde ich dann sieden, und dann kann ich den Goldschaum davon abschöpfen mit einer Kelle, dann können wir schon Geld daraus machen.« Jetzt war das gut, er stellte die Molche in einem Kessel über das Feuer und heizte wie ein Satan. Als nun die Wärme kam, streckten die Molche die Hörnchen heraus; er aber meinte, es seien lauter schwarze Teufelchen und wollen ihn nehmen, und lief davon. Seitdem nannte man ihn den Tyfelisieder«; und noch heute heissen seine Nachkommen im obern Reusstal »ds Tyfälisyders«. b) Einmal mästeten sie Molche mit Blut, und dann wollten sie selbe rösten, um Gold daraus zu gewinnen. Da gerieten aber die Molche an sie hin, und nur mit Hagstecken konnten sie sich ihrer noch erwehren. Da warfen sie die Tiere wieder in das Wasser. (Wassen.) c) Ein Wassner (oder Göschener) hätte gerne eine Matte gekauft, und, weil er kein Geld hatte, riet man ihm, Molche mit roten Bäuchen zu sieden, dann werde er Geld bekommen. Er machte es so und beschwerte den Kesseldeckel mit einem schweren Stein. Aber nach und nach lüpften die Tiere den Deckel und schauten heraus und streckten lange Hörner ob den Augen hervor. Da wurde dem Manne und den Leuten, die er zu Hülfe holte, angst, und sie riefen zuerst den Helfer in Wassen und dann noch den Pfarrer, und beide wurden der Tiere kaum Meister. Aber Geld schaute keines dabei heraus. Das geschah im Teiffacher zu Wassen. Fr. Regli-Baumann, 76 J. alt d) Im Rittersboden zu Wassen lebte ein armes Schuldenbäuerlein. Einst machte es sich halbverzweifelt davon. Auf der Strasse begegnete ihm ein freundlicher Herr und fragte es nach dem Grunde seiner betrübten Miene. Aufrichtig klagte ihm der Wassner seine Bedrängnis. Nun tröstete ihn der Unbekannte und sagte, er solle nur wieder heimgehen, Molche mit roten Bäuchen suchen und sie in seinem eigenen Blute sieden, dann werde er von ihnen Geld genug bekommen. Das Bäuerlein kehrte um, suchte und fand eine Anzahl solcher Molche und sott sie im Blute, das er seiner Frau und seinen eigenen Kindern entzogen hatte, bis diese so schwach geworden, dass sie nicht mehr gehen konnten. Aber er konnte sieden, solange er wollte, Gold kam keines zum Vorschein. Da wurde er bös und schüttete die Molche in das Standtal hinunter. Doch er wurde sie nicht los. Sie sammelten sich und krochen gegen ihn heran. Er floh und holte den Ortspfarrer. Aber dieser wurde ihrer nicht Meister. Es musste ein Kapuziner kommen. Erst der vermochte sie zu bannen. Aber, als er Abschied nahm, meinte er: »Macht solches nicht mehr! Ein anderes Mal könnt ihr sie dann behalten.« Josef Baumann, Miseli, 80 J. alt, Gurtnellen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der übel zugerichtete Liebhaber

Source: Der übel zugerichtete Liebhaber

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Aus Savièse wird erzählt, einst habe ein junger Bursche seiner Liebhaberin zu Nachts einen Besuch abstatten wollen. Er fand die Türe geschlossen, aber in ihrer Kammer Licht. Er schlich darum zum Fenster hinauf, um abzulauschen, was es da wohl gebe. Da sah er durch die Fensterscheiben seine Geliebte allein, angetan mit schönen Tanzkleidern sich zur Abreise rüsten. Als sie alle Vorkehrungen getroffen, nahm sie aus einem verborgenen Schranke eine Salbe hervor und bestrich sich damit leicht den Hals und die Spitzen der Finger und Füsse, sprechend: «Trage mich über Holz und Laub», und fort war sie. Unserm Liebhaber vor dem Fenster war's nicht wohl im Herzen; unwirsch stieg er in die Kammer hinein, suchte und fand die Wundersalbe und tat damit ebenso wie er es seine Liebste hatte vormachen gesehen. Leider hatte er die Worte unrecht verstanden oder schlecht ausgesprochen; er sagte: «Trag mich durch Holz und Laub.» Er wurde darum statt über Holz und Laub jämmerlich durch Bäume und Gesträuche fortgeschleppt, dass seine Kleider zerrissen und er am ganzen Leibe elend zerkratzt und verwundet wurde. Doch gelang es ihm richtig, seine Geliebte beim lustigen Tanze einer Hexensynagoge in munterer Gesellschaft wieder zu finden. Er musste aber beim Eintritt in die Gesellschaft, wie alle Übrigen, dem Tanzvorsteher den vorgeschriebenen Huldigungskuss auf den Unaussprechlichen geben, was er sehr unwillig aber doch tat. Nach nicht gar zu langem Tanzen kam es zum Abendessen. Ein Tisch voll der schmackhaftesten Speisen, mit Honig und Zucker verschwenderisch gewürzt, lud die hungrigen Gäste zum Schmause ein. Doch bevor jemand zugreifen durfte, verlangte der Vorgesetzte die Namensunterschrift mit eigenem Blute. Jeder schrieb der Reihe nach, sich den kleinen Finger ritzend, seinen Namen in ein grosses Buch und begann dann munter zu essen. Auch unserm Neulinge wurde das Buch vorgehalten und auch er sollte schreiben. Nach einigem Bedenken schrieb er, aber nicht seinen Namen sondern "Jesus, Maria, Joseph". — Ein entsetzliches Geheul erscholl ringsherum und alles entschwand in einem Augenblicke in Rauch, Flammen und Feuer. Der Arme, den es fast reute, das herrliche Essen so verschüttet zu haben, fand sich allein auf der höchsten Bergspitze sitzend, wie ein Reiter im Sattel, und die köstlichen Speisen entlarvten sich vor seinen Augen als eine stinkende Masse abgestandener Pferdeknochen.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Überfall auf Planalp

Source: Der Überfall auf Planalp

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Es gab eine Zeit, da befehdeten sich die Leute diesseits und jenseits des Brienzergrates und des Brünigs. So überfiel einmal eine Schar Unterwaldner die Älpler auf Planalp am Brienzer Rothorn. Sie ermordete die Sennen, indem sie dieselben in die siedende Molke warf. Ein Hirtenjunge, obwohl übel verwundet, entrann, lief an den Rand der Mühlbachfluh und schrie von hier aus durch den Follentrichter, durch welchen er sonst abends den Segen von Alp zu Alp zu rufen gewohnt war, gegen Brienz hinunter um Hilfe. Im Dorf kamen die Leute eben aus der Kirche. Die Geliebte des Alpsohnes erkannte dessen Stimme und feuerte daher die Bewohner an, den Gefährdeten Hilfe zu bringen. Einen anderen Hirtenknaben hatten die Unterwaldner ebenfalls am Leben gelassen, denn es war ein nebliger Tag und sie fürchteten sich zu verirren. Damit der Bub ihnen nicht entlaufen könne, banden sie ihm die Hosenbeine zu und füllten ihm dieselben mit Steinen. Er war aber listig. Auf baldige Hilfe rechnend, führte er die Feinde, um sie recht lange aufzuhalten, mit dem geraubten Vieh im Nebel durch die "lange Kehre" bergwärts und durch die "kurze Kehre" wieder zurück. Damit aber die Freunde wissen möchten, wo die Viehräuber stecken, sang er im Nebel ununterbrochen den Namen der Leitkuh: Lugga, Lugga, du gute Chue, Du muesch gan Unterwalden zue. Bei einer Stelle, die noch heute "Mordstyen" genannt wird, überraschten endlich die «Brienzer ihre Feinde, brachten denselben eine Niederlage bei und jagten sie unglimpflich zum Lande hinaus. Auf jenem Platze hat man vor nicht langer Zeit noch" Mordstyen" (alte Waffen) und ein verrostetes Schwert ausgegraben. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der überzählige Teufel

Source: Der überzählige Teufel

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a) Einige übermütige Nachtbuben verabredeten sich, das Gädemli auf dem Sädel oder, nach anderer Aussage, das Blyggerig-Gädemli in der Gemeinde Unterschächen, das am Rande eines steilen Abhanges gebaut ist, umzustürzen und den steilen Rain hinunter zu tröhlen. Nachts um 11–12 Uhr fanden sie sich am vereinbarten Platze ein und trafen da die letzten Beratungen. Zufällig schaute sich einer um, und es schien ihm, als ob ihrer mehr wären, als anfänglich zusammengekommen. Er zählte und merkte nun, dass wirklich neun statt bloss acht dastanden. Die andern, aufmerksam gemacht, zählten auch und kamen zum gleichen Ergebnis, und doch konnten sie nicht herausfinden, welcher der Überzählige sei. Das gefiel ihnen zwar nicht besonders gut, und einer meinte: »Büebä, mer wennd-is in acht nä, äs isch Einä z'vill!« Trotzdem machten sie sich auf den Weg zum Gädemli. Nahe dem Ziele schauten die vordersten, vom bösen Gewissen geplagt, nochmals zurück und zählten wieder ihrer neun statt acht, sahen aber auch, dass der letzte in der Reihe einen stattlichen Schwanz hinter sich herschleifte (oder Geissfüsse hatte). Jetzt stoben die Burschen nach allen Seiten auseinander. K. Gisler, 75 Jahre alt, und a. b) Vor einigen Jahrzehnten fassten drei berühmte Schächentaler Jäger den Entschluss, gemeinsam zur Weihnachtszeit in die entlegene Alp Fiseten auf die Jagd zu gehen. Am Abend, bevor sie die Reise antraten, gingen sie noch in das Wirtshaus und prahlten und plagierten da. Als die drei spät am Abend das Wirtshaus verliessen, schaute ihnen jemand heimlich nach und erblickte vier Männer, von denen der letzte einen mächtigen Schwanz hinter sich her zog. Die drei hatten aber kein Glück auf ihrer Jagd. Frau Arnold-Gisler c) Nachtbuben von Silenen kamen einst überein, das sogenannte Rossgädemli an der Strasse in der Schmidigen umzustürzen. Es waren ihrer acht, und sie machten sich sofort an die unheilvolle Arbeit. An der Kirchenuhr hatte es soeben die elfte Stunde geschlagen. Während sie da schafften und sperrzten, schaute zufällig einer von ihnen sich um und rief dann plötzlich: »Herrschaft hindärä, da sind ja nyn; miär sind doch blos ysertnä-n-acht gsy!« Ein zweiter zählte ebenfalls und fand auch neun Gesellen, von denen einer eine ganz besondere Kraft entwickelte. Sofort kam ihnen der ganz richtige Gedanke in den Sinn: »Da ist der lebendige Teufel bei uns«, und sie machten sich rasch und hübschli davon; jetzt waren ihrer nur mehr acht. Ambros und Zacharias Zurfluh und a. d) Zu Attinghausen in dem Mätteli ob der Burg hauste ehemals ein altes, übelmögiges Meitli mit dem Spitznamen »Chripfäli«. Sechs Nachtbuben erfrechten sich einst, nachts in sein Häuschen einzudringen und ihm die Decke, unter der es lag, wegzunehmen. Diese Decke zogen sie dann unter lautem Gelächter und Gejohle eine Zeit lang im Schmutz und Kot der Gasse herum und sangen oder lärmten dazu: Vom Pontius zum Pilatus, Bis zu d's Chripfälis Hüs. Nachdem sie ihren Mut gekühlt, warfen die tollen Burschen die Decke wieder in das Häuschen hinein, stunden aber noch eine Zeit lang lachend und prahlend beieinander. Auf einmal fragte einer: »Jä, wiä mängä sim miär susch hinecht g'sy?« – »E, weisch dü etz das nitt? Säx simmer!« – »Jä, nänäi, ich zellä da ysertnä sibä.« – Und die andern schauten sich um und zählten ebenfalls sieben, und von diesen sieben erfreute sich der eine zweier Bocksfüsse. Da stoben sie nach allen Seiten auseinander, dass an diesem Abend keiner mehr dem andern zu Gesichte kam. K. Zgraggen, 82 Jahre alt. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der ughürig Brunnä

Source: Der ughürig Brunnä

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Der St. Georgenberg bei Bärschis ist vom gegenüberstehenden Brügenkopf durch eine tiefe Einsattelung geschieden, daher seine schöne, freie, aussichtsreiche Lage. In halber Höhe zwischen dieser Einsattelung und dem Höhenstandpunkt der beiden Kapellen findet sich an ziemlich verborgener Stelle der Ostseite eine angeblich von den alten Römern tief in den Felsen eingetriebene ovalrunde Grotte. Jahraus, jahrein ist sie zur Hälfte mit Wasser angefüllt. Im Volksmund heisst sie der „ughürig Brunnä". Tief unten liegen unermessliche Schätze an Gold und anderm kostbarem Gut verborgen, und der neidische Satan hütet sie in Gestalt einer ungeheuren Schlange, die wütend sich gebärdet, und Gift und Feuer speit gegen die, so sie zu heben und die büssende Seele zu erlösen versuchen. Oft ist dies schon gewagt worden, aber immer misslungen und zwar nur, weil es an der Kenntnis der hiezu erforderlichen Gebete, besonders aber am VI. Buch Mofis fehlte, das für derartige Dinge die nötigen Sprüche an die Hand gibt. Wer dies alles besässe und die richtige Anwendung kennte! Die Schlange würde sich verkriechen; die arme Seele wäre erlöst und der Erlöser der reichste Mann der Welt. O. Giger. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 356, S. 199 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Unbekannte auf dem Hag

Source: Der Unbekannte auf dem Hag

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In der Alp Baberg ist das Hell-Loch (Hell=Hölle), das furchtbar tief in den Erdboden hineingeht und mit einem Hag umgeben ist. Eines Tages sass auf diesem Hag ein Unbekannter, der einen Salzkübel – Miätsack seit mä gwehnlich – bei sich hatte und den Kühen lockte. Und die Kühe kamen, um zu lecken. Das ersah der Senn, der soeben käsete, liess den Käse fallen, sprang eiligst vor die Hütte und rief laut: »Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt.« Jetzt purzelte der Unbekannte in das Loch hinunter. Hätte der Senn nicht so gerufen, so wäre das Vieh alles dem Loch zugerannt und darinnen zugrunde gegangen. »Das sind äso alti Sagä; jetz seitä-mä, äs syget Märi.« Josefa Imhof-Aschwanden, 85 Jahre alt, Isental Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der unbekannte Freier

Source: Der unbekannte Freier

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Im breitdachigen Bauernhaus zu Präderwan lebte vor Jahren ein schönes Mädchen. Die jungen Burschen der Umgegend bemühten sich eifrig um die Gunst der Schönen. Bald kamen Jünglinge von «ennet dem Bach», bald von Giffers oder Tentlingen, um der Holden ihre Aufwartung zu machen. Als einst in der Quatemberzeit einige Giffersen Buben sich auf den Kiltgang begaben, bemerkten sie, dass ihnen ein Unbekannter hartnäckig nachging. Er blieb ihnen stets einige Schritte zurück, verfolgte aber scheinbar das gleiche Ziel. Vor dem Bauernhause in Präderwan blieb er stehen und zeigte keine Lust hineinzutreten. Als die Freier gegen Mitternacht wieder heimzogen, waren sie sehr bestürzt, den unbekannten Freier vor dem Hause wieder anzutreffen. Wieder schien er sich ihnen anzuschliessen. Aber die Burschen wollten wissen, wer der unbekannte Schleicher sei. Deshalb gingen sie auf den sonderbaren Kiltgänger los und fragten ihn nach Name und Herkunft. Der Gefragte blieb still und gab keine Antwort. Beim hellen Mondschein konnten die jungen Leute aber eine andere Entdeckung machen: Aus den Augen des unbekannten Freiers sprühte es wie versengende Feuersglut, und unter den Kleidern guckte ein Pferdefuss heraus. Da wussten die Burschen, mit wem sie es zu tun hatten. Sie schlugen hurtig ein grosses Kreuz und flohen in wilder Hast nach Hause, denn mit dem leibhaftigen Bösen wollten sie nichts zu tun haben. Die Bewohner von Präderwan aber liessen ihr Haus vom Geistlichen aussegnen.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der unbekannte Maskierte

Source: Der unbekannte Maskierte

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Drei Bauernburschen gingen am Fasnachtsmontagabend auf die Maskerade von einem Hof zum andern. Überall löste ihr Erscheinen Lachen und Heiterkeit aus; da gab’s dann ein Gläschen Branntwein. Zogen sie von einem Haus weg, so bemerkten sie, wie ihnen jedes Mal ein vierter Unbekannter folgte. Näherten sie sich einer Wohnung, so blieb der Unbekannte in einiger Entfernung stehen und wartete, bis sie wieder weitergingen. In die Häuser ging er nie hinein. Dies sonderbare Benehmen fiel den drei Maskierten auf. Sie wollten ihn bei der nächsten Gelegenheit fragen, wer er sei. Am nächsten Bauernhaus blieb der Unbekannte wieder stehen. Da traten die Drei herzu und forderten ihn auf, die Maske zu lüften, zu sagen, wer er sei und warum er nicht mit ihnen in die beleuchtete Stube trete. Keine Antwort! Auf dem Kopfe trug er einen grünen Hut mit roter Hahnenfeder; rot gestreift war sein Gewand, ein pechschwarzer Bart verhüllte sein Gesicht, aus dem den Burschen zwei schreckliche feuerrote Augen zornig entgegenstarrten, die nichts Gutes ahnen liessen. Da erfasste die Faschingsnarren heftige Angst; sie bekreuzten sich. Darauf verschwand der Unbekannte, nur ein abscheulicher Schwefelgeruch blieb zurück. Die Drei hatten alle Lust am Scherzen verloren und kehrten schnell nach Hause zurück. Daher die Sitte, stets in gerader Anzahl auf die Maskentour zu gehen, sonst würde der Böse die ungerade ausgleichen.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der unerfüllte Traum

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Einer armen Frau von Laufenburg träumte es in drei Freitagsnächten vor dem Charfreitage, dass sie an diesem Tage Mittags 12 Uhr an einem bestimmten Platze auf der Ruine daselbst, welche Habsburg heisst und die dritte dieses Namens in der Schweiz ist, einen bedeutenden Schatz erheben könne. Was einem in solchen Nächten träumt, das erfüllt sich, behauptet der Volksglaube; und da ihr der Traum dreimal nach einander ganz gleich wieder gekommen war, so entschloss sie sich und gieng zur bestimmten Zeit hinaus an den einsamen Schlossthurm. Mit dem ersten Mittagsschlage durchbebte ein leises Schüttern den Boden unter ihren Füssen, und ganz in ihrer Nähe erblickte sie einen grossen Topf, neben dem eine schwarze Katze mit Feueraugen sass, die jetzt eben davon wich. Gleich näherte sich die Frau und nahm den Deckel davon ab, aber statt mit Gold sah sie ihn nur mit Glasscherben angefüllt. Sie gieng verdriesslich heim und erzählte das Vorgefallene einem Kapuziner. Der machte ihr ernstliche Vorwürfe und schob auf ihre Zweifelsucht allein alle Schuld, dass eine so höhnende Verwandlung mit dem Schatze vorgehen konnte. Jene schwarze Katze war der Schlossgeist gewesen; er hat noch in neuerer Zeit ein Zeichen von sich gegeben. Es ist nämlich dem Andenken der Laufenburger-Schlossherren eine Jahrzeit in der Laufenburger-Stadtkirche gestiftet, und alle Jahre soll für sie eine Seelmesse gelesen werden. Als dies nach und nach in Vergessenheit gekommen war, hörte man Nachts an der Ruine ein heftiges Schnauben und Stöhnen. Seitdem liest man die gestiftete Messe wieder, wie es sich gebührt. — Schweiz. Merkur 1835, 121. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der unerfüllte Traum

Source: Der unerfüllte Traum

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Einer armen Frau von Laufenburg träumte es in drei Freitagnächten vor dem Karfreitag, dass sie an diesem Tage Mittags 12 Uhr an einem bestimmten Platze auf der alten Burg daselbst einen bedeutenden Schatz erheben könne; der dreimalige ganz gleich wiederkehrende Traum vermochte, dass sie sich entschloss, zur bestimmten Stunde an den bezeichneten Ort hinzugehen, um das unerwartete Glück in Empfang zu nehmen. Auf dem Wege dahin hegte sie allerlei Bedenklichkeiten und Zweifel über den Erfolg ihrer Wanderung, so dass sie schon wieder umkehren wollte; allein Neugier und die Reize des Reichtums erhielten bald wieder die Oberhand und mit frischem Mute schritt sie weiter. An dem bestimmten einsamen Platze der alten Burgruine angekommen, harrte sie zwischen Hoffnung und Furcht der zwölften Stunde. Es schlug im nahen Torturme und mit dem ersten Glockenschlage durchbebte ein leises Schüttern den Boden unter ihren Füßen; unweit von ihr erblickte sie neben einem großen Topfe eine schwarze Katze mit feurigen Augen, die aber plötzlich zur Seite verschwand. Voll Freude, ihre Träume in Erfüllung gegangen zu sehen, nahte die Frau sich dem Topfe, den sie aber statt mit Gold nur von Glasscherben angefüllt fand. Verdrießlich ob solcher Täuschung ging sie nach Hause und erzählte das Vorgefallene einem Kapuziner, der ihr nicht wenig Vorwürfe machte, indem nur sie allein ihres steten Zweifelns wegen die Schuld trage, dass eine solch höhnende Verwandlung vorgefallen sei. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der unergründliche See

Source: Der unergründliche See

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Durch ein seltsames, aus seiner Tiefe kommendes Brausen erweckte er oft die Neugier der Alphirten. Sie wollten die Tiefe ergründen. Hoben die Tür der Sennhütte aus und setzten sie als Schiff in den See und schwammen auf ihr bis in die Mitte desselben, eine lange Messschnur ins Wasser hinablassend. Da wurde der See rauschend und wild. Eine furchtbare Stimme rief aus der Tiefe: «Ergründ`st du mich, verschling ich dich.» Eilig flohen die Hirten, der See blieb ungemessen. Aus: U. Brunold-Bigler, Die Sagensammlung der Nina Camenisch, Disentis 1987, mit freundlicher Genehmigung der Autorin. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der unerschrockene Bub

Source: Der unerschrockene Bub

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Ein Senn schickte seinen Buben nach der Heimfahrt auf die Alp, um den vergessenen Melkstuhl zu holen. Weil es schon spät war, musste der Knabe in der verlassenen Alphütte übernachten. Er legte sich auf die "Tril" und schlief bald ein. In der Nacht erwachte er und sah, dass in der Alphütte alles in Tätigkeit war. Volle "Milchmuttlen" wurden aus der Hinterhütte herausgetragen; der Senn nahm den Nidel ab; die Milch wurde in das grosse Kessi geschüttet und gekäset; zwei Zusennen trieben den grossen "Ankenkübel" u. s. w. Als alles fertig war, wurde das Essen bereitet; sie setzten sich zu Tisch, und der Senn rief, der auf der "Tril" solle mithalten. Der Bub stand auf und bemerkte, dass einer auf seinem Melkstuhl sass. Er riss ihm diesen ohne weiteres weg. Damit war der Zauber gebrochen. Sie waren durch seinen Mut erlöst. J. B. Stoop   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 303, S. 168f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der unerschrockene Sumvixer

Source: Der unerschrockene Sumvixer

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Ein rüstiger Sumvixer, der in der Nähe der Alp wohnte, entschloss sich einmal auf eine Alp zu gehen, die sonst sehr verrufen war. Alles hielt ihn von seinem Vorsatze ab; aber er liess sich nicht halten. Er wollte nämlich einmal wissen, wie das kam, dass man in dieser Alp alle Morgen eine Herde austreiben, diese am Abend heimkehren, vom Dache der Hütte den Rauch aufsteigen sah, aber nie weder Sennen, noch Hirten, nicht einmal einen Handbuben erblicken konnte. – Das wollte er ergründen. Ging also zur verrufenen Hütte hinauf, rief, dort angelangt, laut, jauchzte und jodelte, aber Niemand antwortete ihm, und er bekam auch Niemanden zu sehen. In der Hütte war Alles still. Festen Trittes ging er in die Küche. Auf dem Herde brannte ein Feuer, und über dem Feuer hing der Kessel, zum Käsen gerüstet. Er wartete lange, das Feuer brannte von selbst vorwärts und der Kessel brannte doch nicht an. Er trat in das Stubengemach. Auf dem Tische standen Teller, Bestecke, und Speisen aufs Beste zubereitet, aber von einem menschlichen Wesen war, »kein Bein« zu sehen. – In der Ecke war ein Mooslager. Auf das legte er sich, um abzuwarten, ob denn eigentlich Niemand kommen wolle, und hüllte sich ganz ins Moos ein. Endlich trat ein grosser, wüst aussehender Mann in die Stube, der sprach: »Noch ein Teller für den, der dort im Bette liegt, fehlt.« Obgleich der Sumvixer sich entdeckt sah, verzagte er doch nicht. Jetzt trat der Riese zu ihm her, redete ihn in freundlichem Tone an und sagte: »Fürchte dich nicht; wenn du immer das Rechte sagst, bei dem was ich dich frage und dir zeige, wirst du reich und kannst mich erlösen, denn ich muss hier umgehen, weil ich meinen Herrn erschlagen habe, und muss sein Vieh hüten und käsen, bis der Rechte kommt; bist du aber nicht der Rechte, so muss ich auch dich erwürgen.« Der Geist führte ihn an den Tisch und hiess ihn essen. »Wer das gekocht hat, soll's auch essen«, erwiderte der Sumvixer. Auf der Bank stand ein Kübel, den solle er in den Keller tragen! »Das geht mich nichts an, ich habe ihn auch nicht hergebracht.« Der Riese ging mit ihm in den Keller, grub dort Erde aus, und zeigte ihm einen Eimer mit Gold gefüllt, »den nimm heraus«. »Ich habe ihn nicht eingegraben und grabe ihn auch nicht aus«, entgegnete der Andere. Nun nahm der Geist den Eimer selber zur Hand, und legte das Gold in zwei Haufen vor den Sumvixer hin. »Nun wähle und ziehe recht; nimmst du den unrechten, sind wir Beide verloren.« Der Sumvixer, um den rechten zu bekommen, nahm beide Teile, und erlöste damit den Geist, welcher alsbald verschwand. In die Stube zurückgekehrt, fand der Unerschrockene auf dem Tische eine Quittung, dass die Hütte, die Herde und die ganze Alpe sein Eigentum seien. Von der Zeit an sah man wieder Herden aus- und eintreiben, von dem Schornsteine der Hütte Rauch aufsteigen, aber auch Sennen, Zusennen und Hirten hantieren, denn die Alpe war dem Sumvixer geworden und ist ihm geblieben.   Quelle: Jecklin, Dietrich: Volksthümliches aus Graubünden. 3 Teile, Zürich 1874, Chur 1876, Chur 1878 (Nachdruck Zürich: Olms, 1986), S. 37-38. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der ungeratene Sohn und die drei Geschenke

Source: Der ungeratene Sohn und die drei Geschenke

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Eine Frau hatte einen so ungeratenen Sohn, dass sie darob in Verzweiflung geriet. Er verübte ihr die ärgsten Streiche, und sie wusste vor Kummer und Gram nicht mehr, auf welche Art sie ihn auf den rechten Weg bringen könnte. Eines Tages geriet sie seinetwegen der-massen ausser sich, dass sie den Satan zu Hilfe rief und ihm sagte: «Schaff mir diesen Sohn aus meinen Augen, denn ich will und mag ihn nicht mehr sehen!» Der Teufel Hess sich das nicht zweimal sagen. Er nahm den Wildfang auf die Hörner und trug ihn in die Hölle. Dort befahl er ihm, ein Paar Schuhe aus Eisen aufzutrennen und nebenbei den ganzen Tag das Feuer mit Stroh zu unterhalten, bis er wieder zurückkäme. Stelle er sich gut an bei dieser Arbeit, so würde er ihm später einen Lohn dafür geben, und die Erlaubnis, wieder zu seiner Mutter heimzukehren. In der Hölle unten erblickte der Jüngling auch seine Grossmutter. Die erkannte ihn gleich und sagte zu ihm: «Höre, was ich dir sage: Heute Abend wird dein Meister mit zwei Eselchen zurückkehren. Eines davon ist für dich bestimmt. Wähle das schwarze mit einem Büschel am Schwanz. Das lässt Goldzechinen fallen.» Und so geschah es wirklich. Der Teufel war mit der Arbeit des Schlingels zufrieden und schenkte ihm den Goldesel. Überglücklich stieg der Knabe auf das Tier, um sogleich nach Hause zurückzureiten. Als er ausserhalb der Hölle ankam, fand er in der Nähe des Tores eine Wirtschaft und trat ein, denn er verspürte grossen Hunger. Er führte sein Reittier in den Stall und wollte sehen, ob es Gold gebe. Also stellt er sich hinten an den Schwanz und sagte: «Eselchen, wirf Goldstücke herab!» Und richtig fielen einige Goldzechinen auf den Boden. Oh, welch ein leicht errungenes Glück! Der Knabe fühlte sich wie im Schlaraffenland. Es hatte jedoch der Wirt im verstohlenen hinter der Stalltür gelauscht und durch ein Löchlein den Vorfall beobachtet. Voller Freude setzte sich der Jüngling ans Abendessen und ging nachher schlafen; denn er war todmüde von der Arbeit, die er im Hause des Teufels hatte besorgen müssen. Während er schlief, tauschten der Wirt und seine Frau den Goldesel gegen einen andern um. Am Morgen stand der Junge auf, bezahlte seine Rechnung, und ohne den Betrug zu merken, führte er sein Tier aus dem Stall und ritt davon. Als seine Mutter ihn zurückkehren sah, sprach sie verwundert zu ihm: «Bist du schon wieder da, du Schlingel? Ist es möglich, dass sogar der Teufel dich nicht will?» Aber der Sohn versetzte: «Schimpf nicht mit mir, denn ich habe dir das Glück ins Haus geführt.» Er hielt sich am Schwanz des Esels und sprach zu dem Tier: «Eselein, Eselein, gib Goldstücke her!» Aber so sehr sich der Esel auch streckte, es fielen keine Goldstücke zu Boden. Da ergrimmte er vor Zorn, jagte das Tier in den Stall und kehrte in die Hölle zurück, um zu erfahren, wie diese Veränderung vor sich gegangen sei. Er fand dort wieder den Teufel. Der sprach zu ihm: «Ganz recht, ich hab es wohl gewusst, dass du zurückkehren würdest. Jetzt geh nur ans Kaminfeuer und sorge dafür, dass das Wasser in jenem grossen Kessel dort den ganzen Tag ununterbrochen siedet. Stellst du es recht an, so will ich dir, wenn ich wiederkomme, ein schönes Geschenk bringen.» Und damit ging der Teufel fort. Da sprach die Grossmutter wieder zu dem Jüngling: «Der Teufel wird zwei Tischtücher mitbringen. Eines ist aus Leinen, das andere aus Baumwolle. Du musst das letztere wählen, und dieses wird dir alle Speisen verschaffen, die du gerne möchtest.» Und die Grossmutter hatte Recht, denn so geschah es auch. Der Jüngling bekam ein Tischtuch zum Geschenk und, als er zu seiner Mutter heimwanderte, kehrte er abermals in jener Wirtschaft ein und verlangte eine Kammer zum Übernachten. Dort breitete er sein Tischtuch aus und sprach: «Tischtuch, trag auf!» Und auf der Stelle war der Tisch mit Speisen jeder Art bedeckt. Die Wirtin hatte aber vor der Tür durch das Schlüsselloch der Sache zugeschaut, und während der Jüngling schlief, tauschte sie das Zaubertüchlein gegen ein gewöhnliches aus. Am andern Morgen kehrte der Jüngling voller Freude zu seiner Mutter zurück. «Ei, du Spitzbub», sagte sie zu ihm, «hat dich dein Meister von neuem fortgejagt?» Und der Sohn erwiderte: «Schweig stille, liebe Mutter, denn von heut an werden wir immer genug zu essen haben und nicht hungern müssen.» Und mit diesen Worten breitete er das Tuch vor ihr aus und sagte: «Tischtuch, Tischtuch, deck dich!» Aber so oft er auch rief, es kamen keine Speisen. Arm und verlassen wie ein, Ziegelstein kehrte er in die Hölle zurück, wo er aus einem Klumpen Silber tausend Taler schmieden musste. Auch erzählte er alles seiner Grossmutter. Diese sprach zu ihm: «Heute Abend wird dir der Teufel zwei Stöcke bringen. Du wählst den grösseren von beiden, und der wird auf deinen Befehl hin drauflos schlagen ohne Erbarmen.» Und so geschah es. Der Teufel gab ihm einen Stock, und damit ging der Jüngling aus der Hölle, kehrte wieder in jener Wirtschaft ein und sagte zum Wirt: «Führ mir jetzt auf der Stelle mein Eselchen vor!» — «Ja, was für einen Esel soll ich vorführen, du Dummkopf du?» Da langte der Junge seinen Stock hervor und sagte: «Stock, lieber Stock, schlage drauf!» Und der Stock fing an, von rechts und links auf den Wirt loszuschlagen, bis dieser ihm endlich sein Eselchen zurückgab. Jetzt erst hörte der Stock auf zu tanzen. Hernach rief der Jüngling die Wirtin herbei und sagte zu ihr: «Gib mir sogleich mein Tischtuch zurück!» — «Was für ein Tischtuch, was für ein Tischtuch soll das sein?» Und wieder sprach er: «Stock, lieber Stock, schlag drauf!» Und der Stock fing an mit trockenen und klingenden Schlägen auf ihrem Rücken herumzutanzen, bis die Frau, von den Schlägen ganz ermattet, ihm das Tischtuch herausgab. Jetzt nahm der Jüngling seinen Goldesel, das Tischtuch und den Stock und kehrte damit nach Hause zurück. Er zeigte die Geschenke seiner Mutter. Das Eselchen gab echte Goldstücke her, das Tischtuch bedeckte sich mit Speisen, und der Stock hieb kräftig drein, wenn es nötig war. Ganz ausser sich vor Erstaunen, wusste die arme Frau nicht, wie ihr geschah und sprach: «Es ist wirklich wahr, dass der Teufel seinen Leuten hilft.» Von jetzt an hatten beide genug zu leben bis an ihr Ende.   Am Kaminfeuer der Tessiner                                                               Walter Keller                                                                                           Hans Feuz Verlag Bern   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der ungeratene Waldbruder

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Einem Jüngling sei einst der Teufel in Gestalt eines Bären erschienen. Im Schrecken habe er das Gelübde getan, Waldbruder zu werden, und habe es gehalten. Aber das sei nicht gut herausgekommen. Er sei Waldbruder gewesen zu Schattdorf, aber später abgefallen und habe geheiratet. Frau Wipfli-Herger, 80 Jahre alt, Schattdorf, und a. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der ungetreue Bernläufer

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Im Dorfteil „Bort“ hinter der Kirche gerieten einmal zwei nachbarliche Wohnhäuser in Brand. Die züngelnde Glut frass das alte dürre Holzwerk mit solchem Eifer zusammen, dass das von Alt und Jung in der Kette mit Melchtern herbeigeschaffte Wasser nicht viel mehr nützte als ein Tropfen auf einen heissen Stein. Auch der um Hilfe angegangene Feuerbanner in Oberried wurde mit dem Bannspruch erst gräch, als die Dachstühle krachend eingebrochen waren. Zwei Börtler, worunter der Bernläufer der Gemeinde, waren durch die Brunst um Hab und Gut gekommen. Ihre Not zu lindern, schrieb der Pfarrherr den gnädigen Herren zu Bern, sie möchten ein Gleich tun, denen beiden Bürgern etwas an den Schaden steuern, ansonst sie gänzlich der Armut anheimfielen. Und da die Herren ein Einsehen hatten, händigten sie dem Läufer von Brienz auf einem nächsten Gang ein hübsches Sümmchen aus, mit der Weisung, es fürsorglich heimzubringen. Auf der Heimreise aber stüpfte den Mann der Teufel. Mit den blanken Talern, die er auf sich trug, würden Zweie nicht an den Stubensöller gumpen können. Überhaupt, der Nachbar ist ein Einfalt, der sich nicht von heut auf das morgen besinnt. Der dürfte den Schnabel doch nicht auftun, wenn ich seine Hälfte Batzen zu meiner Hälfte schlüge. Zusammen gäb’ es mir so viel, dass ich mich wieder kehren könnte. Gedacht, getan. Bevor gar lang verstrich, sass der Läufer in einem stattlichen Bauernhaus mit einer schönen Hofstatt nahe der Birgisgasse im Oberdorf und tat wie ein gemachter Mann, dieweil der einstige Nachbar vom Bort gedrückt und müde an seinen Fenstern vorüberging und in der Armut fast verdarb. Jahre vergingen. Aus dem Läufer wurde ein alter Mann am Stecken, mit viel Zeit, dem hinter sich gebrachten Leben nachzusinnen. Das böse Gewissen brachte es dann fertig, aus ihm einen wunderlichen Kauz zu machen, der andern Leuten aus dem Wege ging und sich schliesslich nicht mehr aus dem Hause traute. Als er endlich starb, ohne das Unrecht gut gemacht zu haben, kam seine Seele nimmer an die Ruhe. Da hockte er denn zu gewissen Zeiten des Nachts auf dem Holzbänklein vor dem Dörrofen neben dem Hause, den Kopf unter einem Arme haltend, wie die Leute sagten. Hier erschreckte er mit seiner grausigen Gestalt die Vorübergehenden. Einen jungen Burschen, der einmal beherzt auf ihn losging, packte ab dem schauerlichen Anblick das Entsetzen, und mit einem hochgeschwollenen Kopf und einer bösen Krankheit im Leibe musste er umkehren. In dem Hause aber wollte viele Jahre niemand mehr wohnen, bis einmal ein gottesfürchtiger Mann Haus und Hof erwarb, wodurch der Läufer endlich an die Ruhe kam. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der ungetreue Hirt

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In der Vättiser Alp Badiels war ein Küher (Hirt). Eine Kuh begab sich alle Nacht an eine gefährliche Stelle, wo sie leicht hätte hinunterstürzen und zu Tode fallen können. Er war daher genötigt, an der Stelle zu wachen. Dessen sei er dann endlich müde geworden. Eines Abends habe er eine nasse Rindshaut genommen und sie an der betreffenden Stelle ausgebreitet. Die Kuh sei wieder gekommen. Als sie aber auf die nasse Haut getreten, sei sie ausgeglitscht, in den Abgrund gestürzt und zerschmettert worden. Seither müsse der Küher an dieser Stelle "geisten" und jede Nacht Wache halten, daß kein Vieh in dieses unsichere Revier komme. Die Hirten dürfen nun die ganze Nacht unbekümmert schlafen. "Oberländer Anzeiger."   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 233, S. 116 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der ungetreue Hirt (Mundart)

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Dersälb Chüjer, wou uff Tamunz mit Fliß ä Höpli Veih erfallä luh hat, müeß es mit Süfzge-n-und Chichä dur ds' Boggries uffiträgä bis z' ouberst und lässes dinn miteme schudrige Glächter wider ahätroulä. Wümmenä hie und dou joulä köüri, gäbs meistens ruch Wätter. Albrecht, Erinnerungen Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 258, S. 139 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der unglückliche Alpkesseldieb

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Zu den Zauber- und Hexenkünsten gehört auch, wie das Volk allgemein glaubt, die Kunst und die Gewalt, die "Diebe zu g'stellen", d.h. selbe so lange mit der gestohlenen Ware festzuhalten, bis sie entweder vom Eigentümer oder dem G'steller selbst wieder frei gemacht werden. Dieses Gewaltmittel gegen diebische Menschen anzuwenden, glaubt aber das Volk unerlaubt, weil es eine Zauberei und für das Leben und die Seligkeit des Diebes, wenn er nicht rechtzeitig wieder erlöst würde, so gefährlich sei, wofür der Diebsg'steller verantwortlich bleibe. Hier eine traurige Sage: In der Hochalpe "Pointet", der höchsten im Sanetschtale, von der die vorige Sage soeben erzählt hat, wurde jeden Winter der grosse Alpkessel regelmässig weggestohlen. Das war für die Senntumsgeteilen zu schwerer Verlust, die darum dem neugewählten Alpenvogte befahlen, weil alle andern Vorkehrungen nichts halfen, den neu wieder angeschafften Alpkessel aus der Hütte fortzutragen und sonst irgendwo in Sicherheit zu bringen. Dem Angestellten fiel dieser Auftrag schwer; er war darum sehr zufrieden als ein alter Soldat, der weit durch die Welt gekommen, versprach, ihm ein Mittel anzugeben, das nicht nur den Alpkessel sichere, aber noch dazu ihm unfehlbar den Dieb in die Hände spielen werde. Nur müsse er fleissig nachschauen, damit der Schelm nicht gar zu lange auf ihn warten müsse. Unser Alpenvogt wandte das vorgeschriebene Mittel an und sah fleissig nach, ob's vom Diebe nicht's zu merken gebe. Lange hatten seine Nachforschungen keinen Erfolg. Da fiel auf einmal schlechtes Wetter ein und klafterhoher Schnee schnitt jeden Zutritt zur Alpe für Monate ab. Als der Schnee so weit sich zurückgezogen, dass die Ersteigung der Alpe wieder möglich wurde, eilte unser Alpenvogt auch gleich hinauf, um zu erfahren, ob der Alpkessel wieder gestohlen sei. — Und sieh! schon aus der Ferne bemerkte er die Alphüttentüre offen und mit Erstaunen gewahrte er auch bald einen Mann in derselben stehen. Er fand den Dieb wirklich mit dem Alpenkessel auf dem Rücken eben im Begriffe, über die Türschwelle hinauszutreten aber tot und halb vermodert, der gleich zu Boden sank, sobald er mit der Hand den Alpkessel anrührte Der Unglückliche hatte in der Stellung sterben müssen, weil er gebannt zu lange nicht erlöst werden konnte. Die gleiche Sage wird in deutschen Bezirken des Wallis erzählt, nur lässt man da nicht den Alpkessel, wohl aber den Älpkäs stehlen und den Todten eine schwere Bürde Käs auf dem Rücken in der Türschwelle halten.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der unglückliche Schuss

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Im letzten Franzosenkriege, an welchen jeder Patriote von Oberwallis nur mit einem Fluche denken kann wegen den Gräueln, welche in seinem Vaterlande verübt wurden, fielen auch folgende zwei tragische Ereignisse vor. Nach der Erstürmung der Schanze vom Pfin, als die Feinde schon bis Visp vorgedrungen, soll sich eine grosse Schar derselben bei der Rittikapelle versammelt haben, um auszuruhen und sich mit Wein zu stärken. — Da schoss ein erzdummer, vom Franzosenhasse wütender Bauer von Brig, über die Rhone hinüber mit einer Muskete in diesen Soldatenhaufen. Wie ein Fels, wenn er in einen ruhigen See stürzt, denselben in Aufruhr bringt, so dass seine Wogen wütend auseinander und wieder zusammenspringen, so öffnete sich diese Masse der Franzosen und schlug wieder unter furchtbarem Gebrüll zusammen. Den Sturmmarsch schlagen, die Waffen ergreifen und im vollen Lauf vorwärts stürzen, war das Werk eines Augenblickes. Das war aber ein grosses Unglück! Zahlreiche alte, ermüdete und halb- und starkblessierte Walliser befanden sich auf der Landstrasse, die dem Feinde hätten entgehen können, wenn dieser mörderische Schuss nicht geschehen wäre. So aber wurden diese alle eingeholt und fielen in die Hände eines erbarmlosen Feindes, der seinen Sturmlauf überall mit gemordeten und misshandelten Leichen bezeichnete.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch  


by Der Unglückssenn

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Rechts vom Wasserlauf, auf Wengernalp, und links, auf Bletschen, alpeten zwei Männer in den besten Jahren. Beide bliesen das grosse Alphorn meisterlich, wie man es in den Bergen weit und breit nicht zu hören bekam. Zu Brachmonat-Anfang, wenn sie noch auf den untersten einander gegenüber liegenden Stafeln Grütsch und Wykibort waren und wieder im Herbstmonat, bliesen sie, sobald der abendliche Fallwind von den Gräten zur Ruhe gekommen, des Werktages Töne erstarben, und die laue Luft ringhörig war, vor ihren Hütten einander zu. Ihre grossen mit Tannenwürzelchen fein säuberlich umwickelten Alphörner waren Meisterwerke und erzeugten Töne von hellem Wohlklang, die besonders weit über Berg und Tal reichten. Die in Innigkeit und schlichter Einfachheit herzerquickenden Klänge schwebten über die Taltiefen; in den Einsamkeiten der steinernen Steilwände rollte die Sehnsucht der letzten Töne fort. Der Bletschner blies mit Vorliebe eine seit Jahrhunderten von Geschlecht zu Geschlecht weiter gegebene Melodie. Und vom Wykibort her zitterte in verhaltenem Jubel die Antwort durch die Stille. Während eines Sommers wurde der Wengernälper von bitterem Ungemach verfolgt. Auf den Sätzen war mehr als ein Dutzend der schönsten Kühe im Eisbruch am Jungfrauberg dahergefallen. Den hangenden, starren Strom, der das Unglück gebracht, hat man seither den Kühlauigletscher benamst, und kein Vieh wurde von da an mehr hinübergetrieben. Im Herbst, als die Bauern die Molken der beiden Alpen auf den Holzschlitten sorglich zu Tale zogen, stellte es sich heraus, dass Nutz und Ware der Wengernalp, alles leiberment, keinen Vergleich aushielten mit denen von Bletschen. Milden Käse schichteten diese auf, der war gelber als das Ei. Jetzt hatte der Wengernälper bei seinen Bauern keinen Stein im Brett mehr. Er war, Gott sei es geklagt, gäh wie Feuer und Pulver. In Jähzorn und Eifersucht erschlug er den Bletschner und floh in die herbstlichen Berge. Solange sie ihn auch suchten, sie konnten seiner nirgends habhaft werden. Der Unglückssenn nächtigte in den verlassenen Hütten, lief tagsüber ruhelos Beeren und Kräutern nach. Eines Morgens, es war bereits eine herbige Kälte, hie und da tanzte schon eine wilde Flocke zum grauen Himmel heraus, tönten vom Wykibort wieder mächtig die alten Klänge des Alphorns hinüber in die Mürrenfluh. Das war so seltsam zu beginnenden Schneezeiten, dass alles erstaunt aufhorchte im Grund und auf den Höhen. Der Hirt hatte wohl gewusst, dass die Töne ihm die Freiheit kosten würden, aber Sehnsucht und das trotzige Justament hatten ihn übermannt. Die Häscher der hohen Obrigkeit fanden den ehemals steckengeraden Bläser in der Wykiborthütte — einen verwilderten, gebrochenen Mann. Das grosse Horn lehnte an der Wand. Als der Landvogt den Unglückssenn talaus führen liess, hörte man hinter ihm nicht eine einzige üble Rede; sein Anblick tat allen im Herzen weh, denn soweit man wusste in den Bergen, war bisher noch nie ein Senn an den Galgen gekommen. Quelle: Hans Michel, Ein Kratten voll Lauterbrunner Sagen. Wengen 1936. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Unglücksverkünder

Source: Der Unglücksverkünder

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Ein Mann aus Göschenen, der in der Neujahrsnacht geboren war, sah und prophezeite zukünftiges Unglück und Todesfälle. Einst sagte er, es werden in den nächsten Tagen vier Männer aus Göschenen eines gewaltsamen Todes sterben. Drei nannte er, den vierten jedoch, sagte er, kenne er nicht. Wirklich wurden schon nach drei Tagen vier Männer zu Wyggen von der Lawine getötet; es waren die drei bezeichneten Männer, und der vierte war der Prophet selber (19. Jahrhundert). Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Unheilfisch im Zugersee

Source: Der Unheilfisch im Zugersee

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Diebold Schilling berichtet in seiner Chronik über den geheimnisvollen Unglücksfisch im Zugersee: Und in diesem Jahr, am achten Tag nach dem St. Maria Magdalenentag, unter dem Papste Julius und dem römischen Kaiser Maximilian, anno 1509, wurde in der Nähe von Arth der grosse Fisch zweimal gesehen. In alten Zeiten wurde dieser sehr viel gesehen, wenn sich etwas Grosses ereignet hat, wenn Krieg, Tod oder Teuerung ins Land kamen. Der Fisch gleicht am ehesten einem Karpfen; der Grösse nach ist es aber kein Fisch, denn er ist so lang wie ein Einbaum. Dass sein Erscheinen ungewöhnliche Dinge verkündet, haben die Alten schon erzählt und diese hatten es wieder von ihren Altvordern gehört. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 45 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der unheimliche Begleiter

Source: Der unheimliche Begleiter

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Ein junger Schreiner von Münchenstein trifft abends spät von Binningen zurückkehrend beim Bruderholz einen grossen schwarzen Mann an, der ihn fragt: «Wohin?» und sich ihm zum Begleiter anbietet. Alsobald fühlt sich der Schreiner von seinem Geleitsmann in die Höhe gehoben und schwebend in der Luft gehalten. Wobei seine Glieder und Zunge gelähmt waren, obgleich ihm, wie er sagt, das Bewusstsein blieb. Solcher Zustand währte fort, bis er sich endlich abgestellt fühlt und zwar unterm Schwibbogen beim Pfarrhaus Münchenstein; es war früh um drei Uhr. Er probierte zu gehen und zu sprechen – und kann beides wieder, und so begibt er sich heim zu Bett. Hier aber bekommt er schreckliche Gliederschmerzen. Der Arzt wird gerufen. Von der Geschichte in Kenntnis gesetzt, erklärt dieser landschaftliche Doktor und Landwirt, hier könne er nicht helfen; er schickt also den Patienten zu den Kapuzinern nach Dornach. Mühsam schleppt sich der Schreiner, der unterwegs vor Schmerzen sich niederlegen musste, an die Klosterpforte und wird dort empfangen mit den Worten: «Was wollt ihr zwei miteinander?» Der Schreiner, sich allein wissend, erstaunt darob; aber noch grösser wird sein Schreck, als ihm die Kapuziner in einem vorgehaltenen Spiegel beweisen, dass sein nächtlicher Begleiter immer noch hinter ihm steht. Den Patribus von Dornach gelang es dann aber, den Rauracher Schreiner von jenem Unhold zu erlösen. Münchenstein Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der unheimliche Fuchs in Bristen

Source: Der unheimliche Fuchs in Bristen

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Mehrere Leute zu Bristen sahen – es sind wenige Jahrzehnte seither – eine Zeitlang zur Nachtzeit im Paradiesli und in der übrigen Umgebung der Kirche einen Fuchs; er kam öfters bis nach Frentschenberg hinüber. Es war aber ein ganz unheimliches Tier; wo es an einem Stalle vorbei ging, da läutete alles Vieh im Stalle mit den Schellen. Ein Jäger nahm sich trotz alles Abmahnens vonseiten seiner Freunde vor, den Fuchs zu schiessen. Aber das hatte böse Folgen. Er schoss sich nämlich dabei ein Auge aus. Wie es da zugegangen, weiss eigentlich heute noch niemand. Xaver Zgraggen, Amsteg Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der unheimliche Ochsenschlächter

Source: Der unheimliche Ochsenschlächter

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Häufig wird vom Nachtvolk erzählt, wie es in Viehställen eingekehrt sei, aus einem Hauptvieh Fleisch geschnitten und es gegessen habe, ohne dass man hernach dem Tiere etwas anmerken konnte, es wäre denn, dass ungeschickter Weise ein Beinchen verloren ging. Ein Senn in der urnerischen Jnschi-Alpe hatte oft Unruhe in seiner Hütte. Einmal sah er einen Mann zur Wohnung daher laufen und in selbe hinein gehen. Er schlich ihm nach, aber fand ihn weder im Keller noch in der Hütte. Als er in der Nacht auf seinem Lager war, kam jener Mann wieder, liess ihn aber in Ruhe. Am Morgen stand der Senn auf und ging seines Wegs; als er eine Strecke gegangen war, griff er in seinen Sack und fand, dass er das Messer, welches er brauchen sollte, in der Hütte vergessen habe, ging zurück und sah mit Schrecken, wie der Unheimliche in der Hütte eben mit dem Ausschinden eines Ochsen beschäftigt war. Aber er wollte sein Messer nicht mehr und ging fort.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Der unheimliche Rabe

Source: Der unheimliche Rabe

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Ein Schattdorfer las in einem Buch. Auf einmal kam durch das offene Fenster ein Rabe hereingeflogen, und der war gar nicht mehr zu verjagen. Der Leser musste den Pfarrer holen. Der allerdings hatte das Tier bald draussen. Zum Bub sagte er: »Hättest du nur zurückgelesen, so hätte er schon fort müssen.« Das Büchlein nahm der Pfarrer mit. Der Rabe jedoch hinterliess einen wüsten Gestank. Josef M. Baumann, 68 J. alt, von Gurtnellen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der unheimliche Reiter

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Ein Diepoldsauer Fuhrmann holte oft spät abends noch im Steinbruch am Monstein seine letzte Fuhre, Hernach setzte er sich, wie es damals üblich war, auf das Sattelpferd und fuhr über das Ried hinaus seinem Dorfe zu. Manchmal gesellte sich dann ein unheimlicher Begleiter zu ihm, setzte sich aufs Nebenroß und ritt mit. In sausenden Galopp ging es dahin, bis der Unheimliche plötzlich verschwand, wie er gekommen war. E. W. Füllemann.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 45, S. 23 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der unheimliche Ritt

Source: Der unheimliche Ritt

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Ein »Frohnfastenkind« ritt einst am späten Abende vom Dorfe Grüsch seiner Heimat Malans zu. Nahe der »dunkeln Buche«, die einsam am untern Strassenborde dicht am steinigen Ufer der schäumenden Lanquart stand, wollte der Gaul nicht vorbei. Erst nach längerem Antreiben schlich er sich ängstlich am obern Strassenborde hin, bis er an der Buche vorüber war, schlug dann plötzlich einen rasenden Galopp an, so dass der zügellos Reitende erstlich kaum des Daseins sich bewusst wurde. Doch vermochte er nach Kurzem sich zu fassen, blickte verstohlen hinter sich und gewahrte, wie ein grosser, dunkler Mann mit »feurigen Augen« von der Buche her ihm folgte und drohte. Der Gaul verharrte indes im Galoppe bis zur Mal­anser-Säge; erst dort nahm er einen gemässigten Lauf an. Aber da, wo es heisst zum »Ecken-Bovel«, verfiel er wieder in die Muckerei, wie bei der »dunkeln Buche«, bis dass er, die Stauden streifend, und kaum beim verrufenen Ort vorbei, abermals grösster Eile sich befliss. Wiederum blickte der Reiter ängstlich um sich und erkannte den nämlichen schwarzen Mann, der ihm abermals rasend schnell folgte und wieder drohte. Erst bei der» Rüfe« blieb der Unheimliche zurück, und schweisstriefend langten Ross und Reiter in Malans an. - Dieser schwarze Mann soll bei Lebzeiten zwei Morde begangen haben, den Einen bei der »dunkeln Buche«, den Andern beim »Ecken-Bovel«; er muss zur Sühne seiner Untat umgehen, und kann nur von einem Sonntags­kinde erlöst werden, das ihm ohne Zagen entgegengeht, nicht aber flieht. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der unheimliche Wandergefährte

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Als einst eine Frau nachts von Buus nach Maispach ging, gesellte sich plötzlich ein Mann zu ihr, der eine glühende Haue auf der Schulter trug und eine Strecke weit stumm neben ihr her schritt. Die Frau erkrankte nachher wegen des ausgestandenen Schreckens so heftig, dass sie längere Zeit das Bett hüten musste. Man vermutete, der geisterhafte Begleiter sei zu seinen Lebzeiten ein leidenschaftlicher Wässerer gewesen, der seinen Nachbarn das Wasser abgegraben habe; nun müsse er nach dem Tode sein Unrecht büssen. Buus Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der unheimliche Wandergefährte

Source: Der unheimliche Wandergefährte

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Als einst eine Frau nachts von Buus nach Maisprach wanderte, gesellte sich plötzlich ein Mann zu ihr, der eine glühende Haue auf der Schulter trug und eine Strecke weit stumm neben ihr her schritt. Die Frau erkrankte nachher wegen des ausgestandenen Schreckens so heftig, dass sie längere Zeit das Bett hüten musste. Es wurde vermutet, der geisterhafte Wanderer sei zu seinen Lebzeiten ein leidenschaftlicher Wässerer gewesen, der seinen Nachbarn das Wasser abgegraben habe und dafür nach dem Tode sein Unrecht büssen musste. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Unkenbrenner

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Anno 1426 kam ein Abenteurer aus fremden Landen nach Schaffhausen, der anerbot sich, Silber aus Blei zu brennen und Gold zu machen. Ob seines Tuns erstaunte jedermann, und alle glaubten ihm. Er wurde in grossen Ehren gehalten, und männiglich nannte ihn den «Unkenbrenner». Nun lebte zu jenen Zeiten in Schaffhausen ein reicher Mann, der hiess Götz und war der Schultheiss der Stadt. Diesen verleitete der Abenteurer, mit ihm gemeinsame Sache zu machen und Gold und Silber zu brennen. Sie trieben es lange so. Und die Leute hatten keine Bedenken, war doch ihr Bürgermeister dabei. Im Gegenteil, sie beeilten sich, des Abenteurers Diener und Helfer zu werden. Die Stadt hatte sogar, wie die Chronik berichtet, den Unkenbrenner «vast liep», und sie verlieh ihm grosse Freiheiten, da er versprach, sie reich zu machen. Ja, auch Vornehme und Ritter vertrauten ihm und wurden seine Begleiter und waren stets um ihn. Als aber der Unkenbrenner vernahm, dass die Bürger der Stadt Konstanz und insbesondere der Bischof seinem Handwerk keinen Glauben schenken wollten, machte er sich auf, ritt wie ein mächtiger Fürst mit hundert Pferden, begleitet von vielen Rittern und Knechten, nach Konstanz. Auch hier vollführte er seine Kunst dermassen, dass er viele Anhänger gewann: Geistliche und Laien, Männer und Frauen. Sie alle liehen ihm viel Geld, worauf er ihnen grosse Versprechungen machte. Und als des Unkenbrenners Zeit in Konstanz um war, zog er wieder nach Schaffhausen. Hier stand er in so hohem Ansehen, dass ihm ein vornehmer Ritter aus dem Hegau, Heinrich von Randegg, seine Tochter zur Frau gab. Nachdem aber der Unkenbrenner sein Abenteurerleben lange genug geführt und viel entliehenes Geld und Gut vertan hatte, wollte er entfliehen. Der Adel im Hegau wurde jedoch seiner habhaft, nahm ihn gefangen und kerkerte ihn auf der Burg Hohenkrähen ein.«... und das tett», erzählt die Chronik, «Cunrat von Fridingen und der Tettinger. Des selben koment sy in gar groß unfrüntschafft mit der statt Schaffhusen und och andren, die inn gern hettent geliebt.» Der Unkenbrenner sann auf Mittel, wie er der lästigen Burghaft ledig werden könnte. Man merkte dies und verschärfte die Bewachung. Trotzdem gelang es ihm zu entkommen und bis vor die Stadt Schaffhausen zu fliehen. Allein, der von Tettingen verfolgte den Davoneilenden mit einer Schar von Knechten, ergriff ihn vor dem Schwabentor und schlug ihn tot. Jetzt erst erfuhr man, seufzt der Chronist, «das es ain trugnust» war mit dem Unkenbrenner. Alle Leute, die ihm Geld geliehen hatten, kamen «in großen kumer und schaden».     Aus: R. Frauenfelder, Sagen und Legenden aus dem Kanton Schaffhausen, Schaffhausen 1933. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der unnatürliche Sohn

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In einem der Seitentäler des Berner Oberlandes lebte ein alter, frommer Mann, der von Gott mit Geld und Gut, aber auch mit vielen Kindern gesegnet war. Seine Gattin hatte acht Töchtern und einem Sohne das Leben gegeben. Dieser Sohn aber machte dem Alten statt Freude nur Kummer und Sorgen. Mit wilden Gesellen schweifte er Tag und Nacht umher und achtete weder der Ermahnungen des Vaters, noch der Tränen der Schwestern. Da sagte der Vater eines Tages zu seinen Töchtern: "Da aus eurem Bruder, den ich als meinen Erben einsetzen wollte und der, wenn ich einst tot, für euch sorgen sollte, ein Verschwender geworden ist, der meine ganze Hinterlassenschaft verprassen würde, muss ich auf eine andere Art für euch sorgen. Ich habe daher unter den Söhnen unserer Nachbaren mir Eidame erwählt. Ich will euch eine Aussteuer geben, damit ihr nicht leer aus dem Hause zieht. Haltet euch bereit. Morgen soll euer aller Hochzeitstag sein." Als sie nun am andern Tage mit ihren Erwählten am Hochzeitsmahle sassen, sprang plötzlich die Türe auf und der Bruder, der seit Tagen nicht mehr daheim gewesen, trat ein und rief: "Was verprasset ihr da mein Erbe?" und lästerte die Anwesenden. Seinem Vater schrie er aber zu: "Du hast mich um mein Erbe betrogen, ich bin dein Sohn nicht mehr! Hast du mich verstossen, kann ich dich auch verstossen!" und stiess mit diesen Worten den Alten zurück, dass dieser ohnmächtig zu Boden stürzte. Der unnatürliche Sohn aber floh zur Türe hinaus. Um die Mitternachtsstunde, als der totgetroffene Alte auf seinem Bette lag, ertönte plötzlich durch das Alpental ein schrecklicher Donner. Eine Lawine war vom nahen Gletscherberge gefallen Da richtete sich der sterbende Greis nochmals von seinem Lager auf und sprach: "Gott hat meinen Sohn gerichtet, sei er seiner Seele gnädig!" worauf er zurücksank und erblich. Der unnatürliche Sohn aber irrt seit jener Stunde, ein zu ewiger Busse verdammter Geist, auf den Gletschern jenes Tales umher. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der unnatürliche Sohn

Source: Der unnatürliche Sohn

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In einem der Seitentäler des Berner Oberlandes lebte ein alter frommer Mann, der von Gott mit Geld und Gut, aber auch mit vielen Kindern gesegnet war. Er hatte acht Töchter und einen Sohn. Dieser einzige Sohn aber war es, der ihm statt Freude zu bringen, nichts als Kummer und Sorgen machte. Mit wilden Gesellen schweifte er Tag und Nacht umher und achtete weder der Ermahnungen des Vaters noch der Tränen der Schwestern. Da sagte der Vater eines Tages zu seinen Töchtern: "Da aus euerm Bruder, den ich als meinen Erben einsetzen wollte und der, wenn ich einst tot, für euch sorgen sollte, ein Verschwender geworden ist, der meine ganze Hinterlassenschaft verprassen würde, muss ich auf andere Art für euch sorgen. Ich habe daher unter den Söhnen unserer Nachbarn mir Eidame (Schwiegersöhne)erwählt, und ich will euch eine Aussteuer geben, damit ihr nicht leer aus dem Hause zieht. Bereitet euch auf morgen; morgen soll euer aller Hochzeitstag sein." Als sie nun am andern Tage mit ihren Erwählten am Hochzeitmahle sassen, sprang plötzlich die Türe auf und der Bruder, der seit Tagen nicht mehr daheim gewesen, trat ein und rief: "Was verprasset ihr da mein Erbe?" und lästerte die Anwesenden. Seinem Vater aber schrie er zu: "Du hast mich um mein Erbe betrogen, ich bin dein Sohn nicht mehr, hast du mich verstossen, kann ich dich auch verstossen!" und stiess mit diesen Worten den Alten zurück, dass dieser ohnmächtig zu Boden stürzte. Der unnatürliche Sohn aber entfloh zur Türe hinaus. Da um die Mitternachtsstunde, als der totgetroffene Alte auf seinem Bette lag, ertönte plötzlich durch das Alpental ein schrecklicher Donner. Eine Lawine war vom nahen Gletscherberge gefallen. Da richtete sich der sterbende Greis nochmals von seinem Lager auf und sprach: "Gott hat meinen Sohn gerichtet, sei er seiner Seele gnädig!" worauf er zurücksank und erblich. Der unnatürliche Sohn aber irrt von jener Stunde an, ein zu ewiger Busse verdammter Geist, auf den Gletschern jenes Tales umher. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der unschuldige Geist

Source: Der unschuldige Geist

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Der unschuldige Geist In einem Hause in Closters wohnte einst ein reicher, aber geiziger Bauer, der viele Kapitalien besass. Einige Wochen nach seinem Tode hörte man in dem Zimmer wo er seine Bücher und Schriften gehabt, in der Nacht öfters ein Gekritzel, wie wenn Jemand schreibt, und Viele meinten, der Geizhals müsse auch nach seinem Tode hier sitzen und schreiben, oder Urkunden, die er gefälscht, umschreiben. Einer, den es doch Wunder nahm, wie es um dieses unheimliche Gekritzel sich verhalte, legte in diesem Zimmer sich zu Bette, und vernahm wirklich nach einiger Zeit das »Schreiben des Geistes«. Er stand auf, zündete das Licht an, sah aber Niemanden, und auch das Schreiben hatte plötzlich aufgehört. Nun suchte er Alles durch, warf Bücher und Schriften und Hausgeräte durcheinander, fand aber Nichts, was einem Geiste ähnlich sein könnte. Nachdem er vergebens sich abgemüht hatte, den Störefried zu entdecken und ärgerlich darüber, keinen Erfolg gehabt zu haben, wollte er, bevor er zum dritten Male sich lege, zum Schnapse, den er mit sich gebracht hatte, ein Stück Brod essen, das er, wie landesüblich, in der Tisch-»Trucke« (Schublade) zu finden, wähnte. Mit dem Brode zeigte aber auch zugleich der Geist sich, - eine Maus, die den Weg in die Tisch-Schublade sich gebohrt hatte, und welche das Gekritzel verursacht hatte. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Unsegen in der Butter

Source: Der Unsegen in der Butter

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In einer Alpe in Schanvigg kam einst ein Bettelmännchen, in zerlumpte Kleider gehüllt, zu einem Weibe, das eben am Buttersieden war. Das Männlein fragte in bescheidenem, flehendem Tone, ob die Butter im »Auf- oder im Ab-Gehen« sei. - Sei sie im »Auf- oder Abgehen«, ant­wortete das Weib trotzig, »Du bekommst doch nichts davon«. »Nun so soll sie für immer im »Abgehen« sein, sprach bedeutungsvoll das Männlein, welches plötzlich eine viel hehrere Gestalt annahm, und sehr prächtig gekleidet zu sein schien.« Seither ist die Butter beim Sieden für den Hausgebrauch von dem Au­genblicke an, wo der Schaum am Verschwinden ist, bis zum Punkte, wo sie genug gesotten hat, immerwährend im »Ab-Gehen« (Weniger-Werden). Des Menschen Herzenshärte, die dem Dürftigen nichts mittheilen wollte, brachte solchen Unsegen in die köstliche Gottesgabe, die Butter. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der unsichtbar machende Stein

Source: Der unsichtbar machende Stein

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Es lebte vor vielen Jahren in Sagens ein Hirtenknabe, welcher Tag für Tag mit den Geissen des Dorfes in die Berge zog. Das war eine beschwerliche Reise. – Dessen ungeachtet war der Knabe immer guter Laune, und sang, und jodelte, dass man's weit und breit im Thale hörte. Eines Tages, als er wieder einen Weideplatz erreicht hatte, bekam er Durst, und suchte eine Zeit lang vergebens auf der Weide nach einem Trunke frischen Wassers. Endlich entdeckte er unter einer hohen Tanne eine kleine Quelle. Er kniete nieder, und schlürfte begierig das willkommene Labsal in den trockenen Gaumen. Wie er nun so über die Quelle sich hingebeugt hielt, erblickte er in Derselben das Abbild der Tanne über ihm, und auf einem Aste der Tanne ein Vogelnest. Auf, und die Tanne hinan, war Eins, wie ja jedes Buben grösste Lust ist, die Eier in einem Vogelneste zu begucken.Trotz einem Eichhorn kletterte er von Ast zu Ast, bis zur Stelle, wo er das Nest zu finden hoffte. – Aber der Ast war leer, und kein Nest zu finden. Im Glauben, das Nest sei heruntergefallen, kletterte er zurück, und suchte es am Boden; – aber er fand kein Vogelnest.Nun suchte er am Rande der Quelle, und – erblickte im Wasser das Nest noch auf demselben Aste, an der gleichen Stelle, wie das erste Mal. Er merkte sich die Stelle genau, und kletterte zum zweiten Mal die Tanne hinan. Wiederum konnte er auf dem verwünschten Aste kein Nest finden. Im Glauben, Dasselbe sei nur unter einem Nadelbüschel verborgen, langte er hin, und zog ein schneeweisses Steinchen von der vertieften Stelle, wo er das Nest versteckt wähnte, hervor: und kaum hatte er dieses Steinchen in der Hand, so erblickte er auch das Nest selber. Voller Freude über das glänzende Steinchen, jodelte er fortwährend auf dem Heimwege. Wie er mittlerweile dem Dorfe sich näherte, begegneten ihm Leute, die alle wie verwundert stille standen und staunten. Der gute Bursche glaubte, Alles bewundere sein Gejodel, und je mehr die Leute verwundert gafften, umso mehr ließ er sich hören. Aber immer noch nicht merkte er, dass der kleine, glänzende Stein, den er im Vogelneste gefunden, die Eigenschaft hatte, den, der ihn bei sich trug, unsichtbar zu machen. – Die Leute, die, wie er urtheilte, sich schmeichelte, seiner schönen Stimme wegen stille standen, hörten ihn wohl jodeln und singen, konnten ihn aber nicht sehen, weil er durch das Steinchen ihnen unsichtbar geworden. Er kam nun heim, und trat singend in die Stube, wo Eltern und Geschwister ebenso erstaunt ihm schienen, als die Leute auf der Gasse. Dieses Erstaunen konnte er sich aber nicht erklären, und es fing an, ihm Angst zu werden, was das sei, und wie das Alles so gekommen, bis der Vater, der ihn wohl hörte, aber auch nicht sehen  konnte, erschreckt rief: »Um Gotteswillen, Bub, was hast Du gethan?« Nun erzählte er die Geschichte mit dem schönen Steinchen, und wurde nun inne, wie Dasselbe ihn unsichtbar gemacht. Der Vater erkannte in diesem Steinchen ein böses Zeichen, forderte es von dem erschrockenen Buben ab, und alsbald ward Derselbe sichtbar.  Das »verhexte« Steinchen (ein unsichtbar machendes Steinchen, das man nur in dem Neste eines Zeisiges findet) wurde zum Fenster hinausgeworfen, und von Stunde an blieb der Knabe sichtbar, wie zuvor. Aber zeitlebens trauerte er um sein Kleinod, und war seitdem nimmer so lustig, wie an dem Tage, wo er das Steinchen gehabt. Quelle: Jecklin, Dietrich: Volksthümliches aus Graubünden, Teil III, Chur 1878         Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der unsichtbare Säumer

Source: Der unsichtbare Säumer

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Im Berner Amte Oberhasli, zwischen Meiringen und Guttannen erhebt sich ein jäher steiler Fels, der Zuben. Auf dem schauerlichen Pfade, der neben Abgründen, in welchen die wild schäumende Aare ungeheure Felsbrocken bespült, zu seiner Höhe führt, ist es nicht geheuer. Oftmals hört man hier Peitschenknall und Töne von Glocken, als ob Säumer mit ihren Mauleseln an dieser traurigen Stätte vorüberzögen. Dies ist die unsichtbare Karawane eines Säumers aus Piemont, dessen Hohn und Spott, als er einst auf seinen Zügen nach Guttannen kam, die ehemals dort wohnenden Berggeister vertrieb; und der nun von dem Könige derselben verdammt wurde zur Strafe, jährlich einmal hierdurch zu ziehen, an dem Tage, an welchem er sich jener Schandtat erfrechte. Jedem aber, dem diese unsichtbare Säumerei begegnet, ist es geraten, auf die Seite zu treten, um die gespenstischen Reisenden betend vorüber zu lassen. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Untergang der Illalpe

Source: Der Untergang der Illalpe

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Am südlichen Abhange des Illhorns dehnte sich die grasreiche Illalpe aus. In den Sommermonaten bis in den Herbst hinein weideten dort Hunderte von Kühen. Die Alpe war weitgedehnt; sie erstreckte sich hinauf bis an die Grenzmarken der Eifischer Alpen, wo die deutschen und welschen Viehrassen im Hochsommer friedlich miteinander grasten. Die Alpe bot darum genügend Gras, bis die Tage des kühlen Herbstes selbst zur Rückfahrt mahnten. Eines Sommers aber, um die Mitte des Monats August, entlud sich ein furchtbares Ungewitter über die Gegend. Geister wühlten das weissliche Erdreich auf, und ein furchtbarer Erdrutsch begrub die schöne Alpe mit ihren Bewohnern unter Schutt und Trümmern; ja der träge dahinrollende Schlamm wälzte sich bis ins Rottenbett und überschüttete die ganze Pfinebene mit klafterhohem Geröll. Aus war es mit der Herrlichkeit der einst so schönen Alpe und die weiter hinten gelegenen Stafel, welche nicht mehr befahren werden konnten, fielen den Eifischern anheim, ohne dass eine Entschädigung dafür geboten wurde. Waren es die Geister der Verschütteten, war es die widerrechtliche Besitznahme der Alpe? Die Eifischer konnten der neuerworbenen Alpenteile nicht froh werden. Nach dem Feste Maria Himmelfahrt begannen die Alpenkühe dahinzusiechen und gaben fast keine Milch mehr. Man war daher gezwungen, jeweilen am Vorabend von Maria Himmelfahrt die Alpe zu verlassen. So war es Brauch gewesen seit vielen Jahren. Einmal wollte man es doch versuchen, das Vieh einen Monat länger als sonst auf der Alpe zu behalten, weil der Graswuchs gar so üppig war und es geradezu schade gewesen wäre, die krautreiche Alpe bei dieser Grasfülle schon so früh zu verlassen. Es war am Nachtag von Maria Himmelfahrt. Die Kühe lagen abends eingepfercht auf der Lagerstätte. Da ritten drei Reiter heran, trieben das Vieh vom Lager auf und jagten es unter klingendem Trichel-und Schellengeläute die Halden hinunter. Der Hufschlag der dahertrabenden Rosse und erst noch das Geläute der aufgeschreckten Viehherde weckten den Hirten und Sennen. Sie eilten hinaus vor die Hütte und sahen den Stafel leer; nur in der Ferne noch hörten sie die Schellen und Tricheln der Kühe allmählich verhallen. «Auf und ihnen nach!» kommandierte der Senn dem Hirten. Und dieser lief die steilen Halden hinunter so schnell, dass es ihn wundernahm, wie er eigentlich fortkam, ohne sich hundertmal zu überschlagen und zu kugeln. Erst beim Dorfe Vissoie holte er die Kühe ein. Beim Leichenhause standen sie still. Dort war eine Leiche. Es war alter Brauch, dass die Leichen der während der Woche Verstorbenen in diesem Leichenhause aufgebahrt blieben, bis sie am darauffolgenden Sonntag auf einem Saumpferde nach dem Kirchhof in Leuk überführt wurden. Vor diesem Leichenhause erklärte der erste Reiter dem Hirten: «Führe deine Herde zurück; gesühnt ist die Strafe, wenn einmal Leuk seine Entschädigung für die Alpe erhält; kein Geist wird das Alpenvieh mehr belästigen. Dann wird aber auch das andere kommen, dass die Toten auf einheimischen Friedhöfen des Eifischtales ruhen können.» Die an diesem Abend in Vissoie aufgebahrte Leiche war die letzte aus Eifisch, die in Leuk begraben wurde. Droben auf der Alpe hatte man fortan nichts mehr zu leiden, seitdem das alte Unrecht gutgemacht war. LEUK Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Untergang der Schweizergarde in Paris

Source: Der Untergang der Schweizergarde in Paris

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Nicht nur in der Schweiz, auch in allen andern Ländern Europas gab es am Ende des 18. Jahrhunderts gestrenge Herren und unterdrücktes Volk. Wohl am schlimmsten war es in Frankreich. Dort herrschte der König mit voller Willkür, ohne sich um das Wohl und Wehe seiner Untertanen zu kümmern. Ihn umgab ein hochmütiger Adel, der ein schwelgerisches Leben führte und dem Staat von seinem Reichtum keinerlei Steuern bezahlte, obwohl das Land immer tiefer in Schulden geriet. Das Volk dagegen war von Abgaben aller Art schwer bedrückt und hatte ein armseliges Dasein, besonders die Bauernschaft. Deshalb kam es im Jahre 1789 zu einem gewaltigen Aufstand. Unter der Führung leidenschaftlicher Vorkämpfer erhob sich das Pariser Volk und verlangte Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit. Und da auch jetzt die adeligen Herren nicht auf ihre Vorrechte verzichten wollten und den König davon abhielten, dem Lande eine neue Ordnung zu geben und den Frieden mit dem Volke wieder herzustellen, breitete sich der Aufstand über das ganze Land aus, und es wurde daraus eine mächtige Volksbewegung, die mehrere Jahre dauerte. Man nennt sie die große Revolution. Das Volk verlor alle Scheu und Ehrfurcht vor seinen bisherigen Herren, selbst vor der Königsfamilie. Ludwig XVI. und seine Gemahlin, die aus Österreich stammende stolze Marie Antoinette, hatten furchtbare Tage durchzumachen. Besonders verhängnisvoll wurde ihnen der 10. August 1792. Es hieß, der König unterhandle insgeheim durch geflohene französische Adelige mit den Herrschern von Österreich und Preußen und suche bei ihnen Hilfe gegen die Erhebung seines Volkes. Das erregte in Paris eine maßlose Erbitterung. In bewaffneten Haufen, darunter viel ruchloser Straßenpöbel, wälzte sich das Volk gegen den Königspalast, die Tuilerien, heran. Der König befand sich mit seiner Familie in einem anstoßenden Gebäude, wo eben die Abgeordneten der Aufständischen tagten. Da mußte er anhören, was sie mit ihm und Frankreich im Sinne hatten. Sonst waren die Tuilerien von zahlreichen Truppen bewacht. Jetzt aber hatten fast alle französischen Regimenter den König verlassen und waren zum Volke übergegangen. Den einzigen Schutz des weitläufigen Palastes bildeten etwa 950 Söldner, die alle lange rote Waffenröcke trugen. Das war die Schweizergarde. Sie blieb dem König treu in dieser Stunde der äußersten Gefahr. Da hörte man plötzlich in den Höfen der Tuilerien trommeln. Und als die Königin Marie Antoinette in die Nacht hinausschaute, sah sie unten bei Fackellicht ihre roten Schweizer kampfbereit den Ansturm der Pariser und ihrer Regimenter erwarten. Das war ihr ein rechter Trost; da war also doch noch jemand, der das Königshaus in der höchsten Not nicht im Stiche ließ. Rot ist mein Banner, rot das Kleid, Blutrot das Herz und treu dem Eid, Den es hat zugeschworen. Die Trommel wirbelte durchs Schloß: Wach auf, wach auf, o Eidgenoß, Paris steht vor den Toren. Die Königin am Fenster stand: Hab' ich denn keine Seel' im Land, Die treu zu mir wollt' stehen? Frau Königin, vielgute Nacht! Der rote Schweizer hält die Wacht, Kein Leid soll Euch geschehen! Aber da brauste der Sturm des Aufruhrs in den Hof der Tuilerien herein. Man forderte die Schweizer auf, die Waffen niederzulegen und den Aufständischen den Königspalast zu übergeben. Der Kommandant der Garde antwortete, die Schweizer seien es nicht gewohnt, von ihren Posten zu weichen, ihre Waffen aber würden sie nur mit dem Leben lassen. Jetzt ließen die Revolutionäre Geschütze auffahren und feuerten sie auf die Schweizer ab. Der Kampf begann. Nun schossen auch die Schweizer und streckten zahlreiche Angreifer nieder. Dann rückten sie in geschlossenen Reihen vor und warfen die tobenden Haufen aus dem Hofe hinaus. Ja so wuchtig war ihr Gegenstoß, daß der nachmalige berühmte Schlachtenkaiser Napoleon, der damals als junger Offizier Zeuge des Angriffs war, später schrieb, wenn die Schweizergarde eine zum äußersten entschlossene Führung gehabt hätte, so wäre sie des Aufstands Meister geworden. Es sollte nicht sein. Die Abgeordneten in der Ratsversammlung drangen in den König, Befehl zur Einstellung des Feuers zu geben. Und der eingeschüchterte, schwache König unterzeichnete einen Zettel; darauf stand geschrieben: "Der König befiehlt den Schweizern, die Waffen niederzulegen und sich in ihre Kasernen zurückzuziehen." Und unverzüglich gehorchten sie dem Gebote ihres Herrn, dem sie den Eid der Treue abgelegt hatten. Das war ihr Untergang. Denn nun stürmte das tobende Volk von neuem auf sie ein; es wollte Rache nehmen für die Gefallenen. Auf einen Schweizer kamen hundert Revolutionäre. 30 bis 40 Geschütze richteten ihr Feuer auf das Schloß. Der Übermacht mußten sie erliegen. Wohl wehrten sie sich mit Löwenmut ihres Lebens; doch ihr Häuflein wurde immer kleiner. So kam es, daß die Schweizergarde der Mordlust des rasenden Volkes zum Opfer fiel. Nur ein ganz kleiner Teil entrann dem Blutbad, und wenige fanden als Gefangene Schonung. Man kann sich denken, wie es diese Überlebenden schmerzte, daß der König die Schweizergarde von der Verteidigung seines Hauses abgehalten hatte. Nun waren die meisten dennoch gefallen, und den König und die Königin Marie Antoinette hatten sie nicht schützen können. Bald hernach wurde der König vor Gericht gestellt, zum Tode verurteilt und vermittels der Guillotine hingerichtet. Und ehe ein Jahr um war, starb auch die Königin auf dem Blutgerüst. Man konnte beiden kein todeswürdiges Verbrechen nachweisen; sie mußten büßen für die Willkürherrschaft, unter der das Volk so lange gelitten, für die Mißwirtschaft, die eingerissen hatte, und für den Eigennutz und Unverstand des französischen Adels. Rot ist mein Banner, rot mein Kleid Und rot die Wang vor Scham und Leid, Daß ich sie nit kunnt' retten. In der Stadt Luzern steht, in einen Felsen gehauen, ein Denkmal, das an den Untergang der Schweizergarde in Paris erinnert. Es stellt einen sterbenden Löwen dar. Und es mahnt die Schweizer allezeit, den Eid, den sie den Fahnen geschworen, treu zu halten bis in den Tod, doch nie mehr im Solde eines fremden Fürsten, sondern jetzt und in aller Zukunft im Dienste des Vaterlandes. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Untergang des Niederdorfes

Source: Der Untergang des Niederdorfes

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Gegen die Lenk hin weitet sich das Tal. Die Abhänge sind übersät mit trauten Hüttchen, in denen das Glück, die Freude und lustige Lieder wohnen. In der Ebene wächst hohes Gras, weiden kräftige Kühe und wenn die Heuer den Schweiss von der Stirne wischen und am Abend nach dem trauten Dörfchen heimwärts ziehen, die Sensen und Rechen auf der Schulter, bleiben sie von Zeit zu Zeit ein Weilchen still und betrachten, wie die leuchtende Glut am Wildstrubel in ein Violett übergeht, bis der weisse Riese seine kalte Pracht erhaben in die sternenhelle Nacht ragen lässt. Einst war es hier anders. Wo jetzt die Matten spriessen, stand ein prächtiges, reiches Dorf. Es bestand nur aus geräumigen Häusern, an welchen grosse, blanke Scheiben glänzten und die mit schönen Sprüchen überschrieben und mit anmutigen Bildern bemalt waren. Zerlumpte Kinder sah man hier im Niederdorf keine. Dafür prächtige Kühe und Ochsen. Aber Lieder hörte man auch keine. Nur im obersten Häuschen war ein Büblein, das jodelte! Das einzige, das im Niederdorf jodeln konnte. Nach einem langen, heissen Sommertage schwankte eines Abends eine blasse, zitternde Gestalt dem Dorfe zu. Es war ein Bettler. Seine Haare waren schneeweiss, seine Wangen hohl, seine Stirn gerunzelt. Nur die Augen funkelten gar seltsam. Beim schönsten Hause las er die Inschrift: „Ich hab gebaut nach meinem Sinn, Und es gefällt mir wohl darin. Gar mancher schaut's und tadelt dran; Er mach' es besser, wenn er kann!" Er flehte um ein Stücklein Brot und bat um ein Nachtlager. Allein die Tür wurde vor ihm zugeschmettert und hörbar verriegelt. Er ging weiter und klopfte wieder an. Allein auch hier verschloss sich ihm die Liebe. Und weiter ging er und wieder weiter - keine Brust schien im Niederdorf zu fühlen und kein Herz zu schlagen.   Nur das des Bettlers blutete. - Er liess sich auf einem Stein nieder und feuchtete den trockenen Sommerboden mit heissen Tränen. Da erblickte er das letzte Häuschen am obern Ende des Dörfchens, woraus das Jodlerbüblein jodelte. Trostlos schwankte er ihm entgegen und pochte an. Freilich ungern. Denn das Hüttlein war halb zerfallen, der Stall klein. Hier wohnten die einzigen armen Leute im Niederdorf. Doch hier fand er Aufnahme: Die Hausfrau wartete ihm mit Ziegenmilch und Schwarzbrot auf. Und das Büblein sass auf dem Ofen und band mit seinem Vater Besen aus den Ruten, die es tagsüber beim Ziegenhüten geschnitten hatte. Es trat dem Bettler sein Nachtlager ab, um auf dem Heu Unterschlupf zu finden. Es dämmerte. Die Nacht brach an. - Es war ein seltsamer Abend im Niederdorf. Die harten Herzen schlugen doch. Sie schlugen, und das Blut in ihren Adern stockte dann und wann. Es war so schwül. Und durch diese drückende Luft klangen der Jauchzer und das Gejodel des Bübleins aus dem obersten Häuslein so glücklich und so trotzig, wie sie noch nie geklungen hatten. Und die Berge standen dunkel und kalt da, wie finstere Recken. Doch um Mitternacht wurden sie fahl belichtet von fernem Wetterleuchten, und dumpfes Rollen wälzte sich über die Berge ins Tal. Der Boden fing an zu beben, und auf einmal tobte und toste, krachte und schmetterte es den Berg hinunter, wie es die Erde noch nie gehört hatte. Ein Hagel von Steinen und Felsen rollte die Abhänge hinunter, prallte an die Häuser des Niederdorfes, die krachend zusammenstürzten, und deren Balken und Bretter turmhoch in die Luft geschleudert wurden. Es war ein Schreien und Wehklagen, Brüllen und Blöken, Bellen und Jammern. Dazwischen Donnergeroll und Balkengekrach. Das ganze Niederdorf kam in jener Nacht um. Am Morgen sah man nichts mehr von den wohnlichen Häusern mit den blinkenden Scheiben, nichts mehr von den rüstigen Bauern und kräftigen Kühen, nichts mehr von saftigen Wiesen und fruchtbaren Bäumen. Alles war ein grosser, öder Trümmerhaufen. Begraben war alles, was ehedem gelebt, vernichtet, was gestern noch geprangt hatte. Und aus dem Trümmerhaufen ragte, ganz oben, ein kleines, halb zerfallenes Hüttlein heraus. Und davor stand das Besenbinder-Jodlerbüblein. Es jodelte nicht. Es war totenblass. Es hatte in der Nacht gesehen, wenn dann und wann ein Blitzstrahl durch die Dunkelheit gezuckt, dass das blasse Bettelmännlein seinen Stab vor dem Häuschen in den Boden gesteckt hatte. Da die ersten Steine niedergerollt sind, hat der Stab sie aufgehalten, und alle folgenden glitten nach beiden Seiten ab, so dass das Besenbinder-Häuslein verschont blieb. In der Nacht noch war der Bettler über die Berge verschwunden. Das Niederdorf wurde nicht mehr aufgebaut. Die Bergesabhänge sind wieder grün geworden und sind jetzt mit stattlichen lieben Häusern übersät, und auf den Ruinen des untergegangenen Dorfes spriessen die fruchtbaren Wiesen glücklicher Leute. Am Abhang steht ein altes Haus, der einzige Rest aus jener Zeit. Man nennt's: beim Niederdorf.   Quelle: Georg Küffer, Lenker Sagen. Frauenfeld 1916. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Untergang von Amsteg

Source: Der Untergang von Amsteg

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Ein kleiner, lieblicher Bergsee am Abhang des Bristenstockes, nur durch ein schmales Felsenband vom Abgrund getrennt, wird einmal ausbrechen und die Gegend überschwemmen. Das habe einst ein fremder Herr im Gasthaus zum Engel in Amsteg, als er sich vom alten Engelwirt Zgraggen überfordert glaubte, prophezeit mit den Worten: O Stägerloch, du Schinderloch! Der Bristäsee vertreit di noch. Seitdem habe der alte Engelwirt immer Angst gehabt vor dem Bristensee. Nach anderer Aussage habe ein fahrender Schüler oder auch ein »Vynediger« obigen Spruch getan, als ihn die Steger auswundern wollten. Er habe auch gesagt, im Bristenstock tropfe jedes Jahr ein Goldklumpen in der Grösse einer Kegelkugel zusammen. Maderanertal: Barbara Gnos Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Untergang von Bärswil

Source: Der Untergang von Bärswil

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Thys Gruber zu Bärswil im oberen Simmental war ein glücklicher Mann. Er besass die schönsten Alpen weitum, so dass ihn die Nachbaren mit Fug den reichen Thys nennen konnten. Er hatte auch einen trefflichen Knecht, Niggi Pfänder, der zu seinen Herden und seinem Vieh Sorge trug. Das schönste von allem aber war Grete, des Meisters Tochter. Als zu Ende des Heumonats die Sennen sich bei Niggi auf der Bunfahlweide zum fröhlichen Alpfeste einfanden, stieg auch des Meisters hold Töchterlein hinauf, denn des Vaters hübscher und fleissiger Senn war ihr nicht gleichgültig. Das Alpfest aber führte die Herzen der beiden vollends zusammen und sie verlebten von jetzt ab ein wonniges Jahr bis zum nächsten Alpsonntag. An diesem Feste ereignete sich etwas, das beiden zum grossen Herzeleid werden sollte. Es gab nämlich hohen Besuch auf der Alp, würdigte doch der Junker aus der nahen Burg die Burschen und Mägdlein mit seiner Anwesenheit. Er schien es besonders auf Grete abgesehen zu haben, denn fleissig forderte er sie zum Tanz auf. Niggi aber wurde in tiefster Seele betrübt, ahnte er doch Unheil. Zumal, als später vom Tale die Kunde heraufkam, der feine Schlossherr sei jetzt Tag und Nacht im schönsten Haus von Bärswil häufiger Gast, kannte seine Sorge keine Grenzen. Er mahnte Gret, warnte und drohte. Es war alles umsonst. Als aber die Rosen verblüht hatten und der Herbst ins Land kam, hiess es, dass der Junker in ferne Lande gezogen sei. Gretchen aber schlich traurig und blass umher. Nun sollte ihm Niggi wieder gut genug sein. Der Senn aber stiess sie voll Abscheu von sich und verfluchte ihre Untreue. Da schrie sie: "Habe ich die Treue gebrochen, so soll in der schweren Stunde dein Fluch mich und die Frucht meiner Untreue treffen! Ich will auch im Grabe keine Ruhe finden, bis ich den Neuenberg über uns ins Tal heruntergehackt habe!" Der Fluch aber erwahrte sich an der törichten Jungfrau. Bald raffte ein vorzeitiger Tod sie und ihr Kindlein dahin. auf den Tag, ja in derselben Nacht, da sie mit dem Schlossjunker die Bekanntschaft geschlossen, brach ein furchtbares Gewitter los, welches vom Neuenberg eine Schlammlawine niedersandte und das Dorf Bärswil und seine Umgebung begrub. Noch heute sieht man zu Zeiten von droben Erde und Steine herabrollen dann sagen die Leute: "Das Lauigrabenfraueli kann nicht zur Ruhe kommen. Hört ihr es hacken?" Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Der Untergang von Bärswil

Source: Der Untergang von Bärswil

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Thys Gruber zu Bärswil im oberen Simmental war ein glücklicher Mann. Er besass die schönsten Alpen weitum, so dass ihn die Nachbaren mit Fug den reichen Thys nennen konnten. Er hatte auch einen trefflichen Knecht, Niggi Pfänder, der zu seinen Herden und seinem Vieh Sorge trug. Das schönste von allem aber war Grete, des Meisters Tochter. Als zu Ende des Heumonats die Sennen sich bei Niggi auf der Bunfahlweide zum fröhlichen Alpfeste einfanden, stieg auch des Meisters hold Töchterlein hinauf, denn des Vaters hübscher und fleissiger Senn war ihr nicht gleichgültig. Das Alpfest aber führte die Herzen der beiden vollends zusammen und sie verlebten von jetzt ab ein wonniges Jahr bis zum nächsten Alpsonntag. An diesem Feste ereignete sich etwas, das beiden zum grossen Herzeleid werden sollte. Es gab nämlich hohen Besuch auf der Alp, würdigte doch der Junker aus der nahen Burg die Burschen und Mägdlein mit seiner Anwesenheit. Er schien es besonders auf Grete abgesehen zu haben, denn fleissig forderte er sie zum Tanz auf. Niggi aber wurde in tiefster Seele betrübt, ahnte er doch Unheil. Zumal, als später vom Tale die Kunde heraufkam, der feine Schlossherr sei jetzt Tag und Nacht im schönsten Haus von Bärswil häufiger Gast, kannte seine Sorge keine Grenzen. Er mahnte Gret, warnte und drohte. Es war alles umsonst. Als aber die Rosen verblüht hatten und der Herbst ins Land kam, hiess es, dass der Junker in ferne Lande gezogen sei. Gretchen aber schlich traurig und blass umher. Nun sollte ihm Niggi wieder gut genug sein. Der Senn aber stiess sie voll Abscheu von sich und verfluchte ihre Untreue. Da schrie sie: "Habe ich die Treue gebrochen, so soll in der schweren Stunde dein Fluch mich und die Frucht meiner Untreue treffen! Ich will auch im Grabe keine Ruhe finden, bis ich den Neuenberg über uns ins Tal heruntergehackt habe!" Der Fluch aber erwahrte sich an der törichten Jungfrau. Bald raffte ein vorzeitiger Tod sie und ihr Kindlein dahin. auf den Tag, ja in derselben Nacht, da sie mit dem Schlossjunker die Bekanntschaft geschlossen, brach ein furchtbares Gewitter los, welches vom Neuenberg eine Schlammlawine niedersandte und das Dorf Bärswil und seine Umgebung begrub. Noch heute sieht man zu Zeiten von droben Erde und Steine herabrollen dann sagen die Leute: "Das Lauigrabenfraueli kann nicht zur Ruhe kommen. Hört ihr es hacken?" Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Der Untergang von Bösälgäu

Source: Der Untergang von Bösälgäu

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Zwischen dem Furggengütsch (Furke, Gabel) und der steinigen Matt (Hohgant im Berner Oberlande) öffnet sich nach Südosten gegen die Alpentriften von Bösälgäu die Schlucht der Karrhohlen, deren Grund mit Steintrümmern angefüllt ist. Die Karrhohlen verdankt (vielleicht) ihren Namen der Volkssage, dass vor alten Zeiten diese Schlucht als Strasse gedient habe, wenn die Ritter von Schöritz, oder, wie andere sagen, der Teufel und sein Gefolge, mit Ross und Wagen über die Firsten des Hohgant herangefahren kamen, um die Herren von Ällgäu in ihrer wallumgürteten Stadt zu besuchen. Denn wo jetzt die ärmlichen Alphütten von Bösälgäu auf einer Bergterrasse hart am höchsten Joche des Hohgant gelagert sind, da soll vor Zeiten eine Stadt gestanden sein, und die Hirten weisen dem Fremden kleine Erderhebungen, welche ringförmig das Alpläger umgeben und in denen er die Spuren ehemaliger Stadtwälle erkennen soll. Diese Stadt soll einst unter dem besonderem Schutz und der Obhut von Bergmännchen oder Zwergen gestanden sein, welche in dem Gebirge hausten, zuweilen die Stadt besuchten, den Leuten Gutes taten und Frieden und Einigkeit unter ihnen zu befestigen trachteten. Als aber Geiz, Übermut, Zwietracht und Sittenlosigkeit überhand nahmen, da gaben die Bergmännchen die Warnung mit den Worten: D' Furggefluh ist g'spalten, Schlegel und Wegge erkalten, wer fliehen will, der lauf! Wer dieser Warnung achtete, der konnte sich noch durch schnelle Flucht retten; die übrigen Einwohner aber wurden unter den Trümmern der einstürzenden Stadt begraben, und von jener Zeit an verschwanden die Bergmännchen. Quelle: Theodor Vernaleken, Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch


by Der Untergang von Gross-Ernen

Source: Der Untergang von Gross-Ernen

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Vor vielen und vielen Jahren war Gross-Ernen ein reiches Dorf in der Gegend bei Fiesch. Die Bewohner waren lieblos, hartherzig und bös; darum wollte sie der Herrgott zum warnenden Beispiel für andere Menschen strafen. Bevor jedoch der Himmel sein Strafgericht losliess, wollte er die Bewohner des Dorfes noch einmal auf die Probe stellen. Er sandte darum zwölf Engel in Gestalt armer Leute ins Dorf, die an allen Türen vergebens um Einlass baten. Ja man beschimpfte sie sogar von den Fenstern herab und jagte sie mit Steinen aus dem Dorf. Bei einer armen Witwe ausserhalb des Dorfes fanden die Fremden aber Einlass und Nachtherberge. Da war nun freilich das Mass voll. Ein furchtbarer Sturm mit Blitz und Donner entlud sich in das Gebirge, welches, gelockert, unter schrecklichem Krachen zu Tal stürzte und Gross-Ernen mit Mann und Maus verschüttete. Das Dorf lag im sogenannten "Lauili". Nur das Haus und die Wiese der barmherzigen Witwe blieben verschont. ERNEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Untergang von Gross-Ernen

Source: Der Untergang von Gross-Ernen

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Vor vielen und vielen Jahren, so wird aus Goms erzählt, war Gross-Ernen ein stattliches Dorf in der Gegend bei Fiesch. Die Bewohner waren lieblos, hartherzig und bös; darum wollte sie der liebe Herrgott strafen zum warnenden Beispiel für andere Menschen. — Bevor jedoch der Himmel seine Strafgerichte losliess, wollte er die Bewohner des bösen Dorfes noch einmal auf die Probe stellen. Er sandte darum zwölf Engel in Gestalt armer Leute ins Dorf, die an allen Türen vergebens um Einlass baten. Ja man beschimpfte sie sogar von den Fenstern herab und jagte sie mit Steinen aus dem Dorfe. Bei einer armen Witwe aber ausserhalb des Dorfes fanden die Fremden bereitwillig Einlass und Nachtherberge. Da ward nun freilich das Mass über das böse Dorf voll. Ein furchtbarer Sturm mit Blitz und Donner entlud sich in das Gebirge, welches gelockert unter schrecklichem Krachen zu Tal stürzte und Gross-Ernen mit Mann und Maus verschüttete. Das Dorf lag im sogenannten "Lauwili". Nur das Haus und die Wiese der barmherzigen Witwe blieben verschont, wie sie noch können gesehen werden.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Untergang von Gryden

Source: Der Untergang von Gryden

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Gegenüber von Weissenbach im Simmental stand einst ein blühendes Dorf mit einem stattlichen Gasthaus. Der Sohn des Wirtes war vor Jahren nach Italien gefahren, um sein Glück zu machen. Eines Abends kehrte im Wirtshaus zu Gryden ein vornehmer Mann ein, der ein schweres Felleisen mit sich brachte. Er verlangte nach einem Nachtquartier. Es ward ihm gegeben. Der Wirt aber vermutete, dass in dem Felleisen nichts als eitel Gold zu finden sei, und da er ein habsüchtiger Mensch und von seiner Gier geblendet war, erwürgte er den Fremden um die Mitternachtsstunde und beraubte ihn seiner Habe. Als am nächsten Morgen die Leute von Boltigen kamen, nach dem Gaste zu fragen, der sich bei ihnen als der Sohn des Grydenwirtes zu erkennen gegeben hatte, wurde dieser fahl wie die Wand und ward seiner Sprache beraubt. Die Freunde aber fanden den Fremden in der guten Stube erdrosselt. In der nächsten Nacht aber, noch ehe der Missetäter der weltlichen Gerechtigkeit überantwortet war, brach ein furchtbares Gewitter los. Der Himmel öffnete seine Schleusen, als sei es zu einer zweiten Sündflut, und vom Berge herab kam ein gewaltiger Schlammstrom, der das Dorf Gryden begrub. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Der Untergang von Lötschen

Source: Der Untergang von Lötschen

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Der ewige Jude soll auf seinem ersten Gange in Lötschen den Untergang des Tales prophezeit haben. Blatten wird von den weissen Schnecken untergraben, der hangende Gletscher wird Wiler in den Bannwald schlagen, Kippel, das auf Schwarzerlen gebaut ist, wird von der Lonza fortgespült, und Ferden wird vom Golnbach in die Kreschärru hinabgeschlagen. Das Tal wird dann zur Leuker Rossalpe, bis der Lange Gletscher von der Luäglu nach Gampel schaut. LÖTSCHEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Untergang von Schillingsdorf

Source: Der Untergang von Schillingsdorf

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Da, wo jetzt im Kanton Bern Burglauinen [Burglauenen] steht, befand sich einst ein schönes Dorf, das Schillingsdorf hieß. Aber weil seine Bewohner so harte Herzen hatten, ließ es der Herr untergehen. Eines Abends nämlich, als die Leute von Schillingsdorf zu Hause hinter ihrer Mehlbrühe saßen, fing es mit einem Male von allen Seiten zu donnern an. Und als die Schillingsdorfer noch darüber werweißten und ratschlagten, ob es das Gewitter bis zu ihnen brächte oder nicht, fing es auf einmal zu krachen an, als ob eine Axt die Erde zweiteilen wollte. Und dann ging's los. Der Himmel war voller von Blitzen als eine Schmiede von Feuerfunken, und allüberall rollte und krachte der Donner von den Flühen, als täten böse Riesengeister von einer Bergwand zur andern mit Felsblöcken kegelschieben. Und jetzt kam ein ungeheurer Blast, ein Platzregen, und bald danach tobten mit Erde und Steinen die Wildwasser daher. Die wilde Lütschine brauste als ein gewaltiger, alles mit sich reißender Wildstrom daher und fuhr haltlos über Weg und Steg. Erschrocken liefen die Schillingsdorfer in ihre Holzhäuser, und das Vieh machte sich brüllend unter die Schirmdächer und in die offenen Ställe. Dazu war es finster geworden, schier wie in der Nacht. Da eilte ein kleines, uraltes Männchen das Tal hinunter und ins Dorf. Es war tropfendtriefendnaß, man hätte es auswinden können wie einen wätschnassen Aufwaschlumpen. Es schlotterte vor Kälte, und aus dem langen, grauen Bart floß der Regen wie aus einem Dachkännel. Gleichwohl guckte das Männchen mit zwei freundlichen, blauen Schalkenaugen unter seinem schwarzen Federhütlein hervor. Gleich beim ersten Haus machte es sich unters Schirmdach, schüttelte das Wasser aus Rock und Haar und schlug seine Schuhe an der Türschwelle sorglich ab. Dann klopfte es mit seinem Stecken bescheiden an die Türe. Ein Weib schaute zum Fenster heraus und fragte barsch, was er denn bei diesem Unwetter in Schillingsdorf zu tun hätte. Da sagte das Männchen, es habe sich im bösen Wetter verlaufen und möchte um Herberge angehalten haben. Doch das Weib fuhr ihn an, er solle nur machen, daß er weiterkomme, sie hätten keinen Platz für Bettelleute. Das wunderliche, alte Männchen sagte kein Wort und ging sogleich weiter bis zum nächsten Haus. Aber dort gab man ihm den gleichen unbarmherzigen Bescheid. Und nicht freundlicher erging's ihm beim dritten Hause und beim vierten und so fort, bis es am Ende des Dorfes angekommen war. Überall hatte man es hart abgewiesen. Ja, ein Bauer hatte es sogar mit Schlägen von seiner Türe weggetrieben. Das Männlein hatte sich alles gefallen lassen, ohne auch nur ein Wort zu sagen. Jetzt kehrte es aber wieder in die Mitte des Dorfes zurück, zu einem unansehnlichen Häuschen, wo es zuvor gar nicht angeklopft hatte, weil es dachte, es wohnten darin ganz arme Leute, die ihm nicht so gute Herberge bereiten könnten wie die andern Leute in den stattlichen Holzhäusern. Nun aber klopfte es an. Ein altes Mütterchen trippelte heraus. Das hieß ihn freundlich eintreten und führte ihn in die niedrige Stube. Am Stubenofen saß der alte Mann der gütigen Frau, und der hieß das kleine Männchen ebenfalls herzlich gottwillkommen. Sie gaben ihm trockenes Gewand, und sein nasses hingen sie zum Trocknen an den Ofen. Danach bewirteten sie ihn mit Milch und Käse, und die Frau buk ihm gar einen Kirchweihkuchen. Auch ein warmes Bett wurde ihm zubereitet. Das alles rührte das sonderbare alte Männchen sehr. Bevor es aber auf den Laubsack zu Bette ging, trat es auf die Schwelle der Hüttentüre hinaus und rief durchs Dorf hinauf und hinab mit durchdringender Stimme: "Die Burg* ist gespalten! Schlegel und Weggen sind khalten,** Schillingsdorf muß untergehen!" Danach trat es wieder ins Häuschen und blieb bei den guten Leuten über Nacht. Als diese am andern Morgen aufwachten, war ihr seltsamer kleiner Gast schon weg. Die ganze Nacht hatte es geregnet, was das Hüttendach hielt. Jetzt standen alle Schillingsdorfer in den Hüttentüren und sahen nach, wie es draußen wohl stehe. Da gab es auf einmal ein furchtbares Krachen und Donnern, und es war, als fange die ganze Welt zu schaukeln an. Jetzt sahen die geisterbleichen Schillingsdorfer, wie oben die Felsenwand sich ablöste und langsam sich ihrem Dorfe zu bewegte. Und nun hörten sie die Bergmännlein aus den Felswänden herab durchdringend jauchzen. Der abgestürzte Felsen aber kam als eine zerschlagene, ungeheure Steinfuhre unaufhaltsam und immer rascher, wie das Jüngste Gericht, auf Schillingsdorf zu. Mitten auf dem Geröll der nun pfeilschnell heranrückenden Erdlauine aber sahen die steif und starr dastehenden Schillingsdorfer ein altes Männlein, das auf einem ungeheuren Felsblock hockte, den es mit seinem kleinen Stock wie mit einem Ruder talwärts lenkte. Da brachen die Leute in ein entsetzliches Wehegeschrei aus und wußten nicht, wo aus, wo ein. Der Felsblock aber, worauf das Männlein saß, rollte bis hart vor das Häuschen der armen Leute, die gestern so gastfreundlich waren. Da steckte das Männlein den Stock vor den Riesenblock, und sogleich blieb er wie angewachsen stehen. Hinter ihm jedoch teilte sich die schreckliche Erdlauine und fuhr rechts und links über das ganze Dorf herein, also daß Häuser, Ställe und Menschen und Vieh für immer vom Erdboden verschwanden. Einzig die Hütte in der Mitte des Dorfes und ihre gutherzigen Bewohner blieben verschont. Seither ist Schillingsdorf vergessen, und weitum noch ist die Gegend mit Schutt und Steinen bedeckt. * Felsen, den man die Burg hieß. ** Hammer und Keil sind herausgenommen. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Untergang von Täsch

Source: Der Untergang von Täsch

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Das Dorf Täsch stand früher am Orte, wo es heute heisst "im Täschgufer". Da wohnten nicht gerade sehr viele Leute, dafür aber reiche und geizige. Einst kehrte am späten Abend ein hungriger Mann bei einer reichen Bäuerin ein und bat sie um Speise und Nachtlager. Die Frau sott eben Butter ein, wollte dem Fremden aber nichts geben. Vielmehr schrie sie ihn an, war frech mit ihm, beschimpfte ihn und jagte ihn hungrig weg. Traurig zog der Mann weiter, hinüber auf die andere Seite der Vispe, ins Schali. Da war damals auch ein Dorf. An Fronleichnam kamen dorther zwölf bemäntelte Vorsteher und zwanzig Paar Vorbräute zur Prozession, alle in weisses Landtuch gekleidet. Hier im Schali kehrte der Bettler bei einer armen Witwe ein. Sie hatte selber nichts als ein Huhn im Stall und ein bisschen Fett im Topf. Diese Frau bat er nun, ob sie ihm etwas zu essen geben könnte und ob er hier schlafen dürfte. Die Witwe schlachtete ihr letztes Huhn und briet es mit ihrem letzten Fett im Topfe. Nachher bereitete sie dem Fremden ein sauberes Nachtlager. Der arme Mann dankte herzlich und sagte vor dem Schlafengehen, wenn sie in der Nacht etwa rumpeln und krachen höre, solle sie keine Angst haben, ihr werde sicher nichts passieren. Am Morgen war der Mann weg, und das alte Täsch war unter dem Täschgufer begraben. Die Witwe fand ihr Huhn lebendig im Stall, und das Fett war wieder im Topf. So erzählte es uns der Grossvater. Im Täschgufer fliesst noch heute ein Brunnen. Da heisst es, er komme gerade da heraus, wo einst der Altar der Dorfkirche stand. TÄSCH Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Untergang von Täsch

Source: Der Untergang von Täsch

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Im Vispertal a Stund hinter Randa oder anderthalb Stund vor Zermatt, ist as Dorf das heisst Täsch. Friejer ist d's Dorf witer usa gsy. Da sy a richi Büri g'sy, di hei in-am grossu Chessi Aucho g'sottu. Da sy am Abund an arme Ma z'ihra cho, der-scha gibetot hät, schi sellti-mu doch as Bitzji Aucho zum Almuosu gä, de er hei uverschand Hunger. Aber d's gizig Wib sy mit ihm ertoubet und hei-mu g'seit: «Pack dich weg, du Fulenzer und Tagdieb du chaist drs Brod noch saift verdiene und bruchst nit ga umha z'bettlu.» «O du uverständigs Wib!» hät da der Bettler gseit; «Hättist du mir abbas z'Almuosu g'gäh, so wä in dine Spisu der Segu Gottes g'sy, dass du allzit g'nuog g'häbet hätttist; wil du aber so unbarmherzig bist, so sollst du sammt dine Spisu und dum ganzu Dorf verfluocht und vermaledit sy». — Aber bi-nam armu Volchji hei er duo z'Essun und Nachtherberg fundu. Wie er sy ga liggu, hei er ihne g'seit, «We-n ihr z'Nacht as scharpfs G'rumpol g'höret, so heit nummu kei Chlupf, euch g'scheht nix. In der Nacht hät's erschrecklich g'chracht; an ganze Berg ist abg'stürzt und hät d's ganz Dorf zerstört und vergrabu. Wemmu jez durch das Täschgufer geit, so trifft mun da a Brunno a, der grad da ussa cho soll, wa einst der Altar van der Dorfchircha soll g'standu hä. — Da na der Vispu ist e sie au es Dorf und a G'mein g'sy, di hät "Schalli" g'heisut. Da sy an unsers Hergottschtag, zwölf bimäntloti Vorsteher und zwänzg Paar Vorbrute, alli im wissu Landtuoch uffa zer Prozessio cho. So g'hört mu van alte Litu zällu.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Untergang von Täsch

Source: Der Untergang von Täsch

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Im Vispertal, zwischen Randa und dem weltberühmten Zermatt, liegt das Dörfchen Täsch. Unweit der kleinen Ortschaft führt der Weg durch eine Wildnis von grossen Blöcken, die mit Moosen, Brom­beerstauden und andern Schlingpflanzen überwuchert sind. Wer sich die Steinwildnis etwas näher besieht, merkt, dass die Massen von der Felswand über der Schräghalde heruntergestürzt sind, aber kein Mensch ahnt, dass unter diesen Trümmern das alte Dorf Täsch begraben liegt. In heiligen Zeiten hören Quatemberkinder das Glöck­lein der zertrümmerten Kirche, das gerade tönt wie das Summen eines Brummels, der über Blütensterne dahinfliegt. Zu der Zeit, als das Dörfchen noch stand, trat ein ärmlich ge­kleideter Mann mit einem schönen blonden Vollbart zu der reich­sten Bäuerin, die eben in einem grossen Kessel Kartoffeln sott. Das Hemd des Mannes war über der Brust geöffnet, und ein schwarzer Schlapphut beschattete das hagere Antlitz. Er bat die Bäuerin, sie möchte ihm von ihrem Überfluss ein Almosen geben, bei allen Häu­sern sei er abgewiesen worden, und er hätte den ganzen Tag nichts gegessen und spüre den grössten Hunger. Die Bäuerin machte ein böses Gesicht, streckte den Arm zur Abwehr aus und schüttelte die Rechte. Sie sei nicht gewohnt, Bettler und Faulenzer zu Tische zu laden, er könne arbeiten und sich sein Brot selbst verdienen. Damit schlug sie die Tür zu. Da richtete sich der Bettler auf und sagte: «O du unverständiges Weib! Hättest du mir das Almosen gewährt, so wäre in deine Speisen so viel Segen gekommen, dass du immer satt geworden wärest. Da du so geizig und hartherzig bist, so sollst du samt deinem Dorfe verflucht und vermaledeit sein!» Damit ging er weg und lenkte seine Schritte zu der letzten Hütte des Dorfes. Es war ein vor Alter schwarz geworden es Holzhaus mit zwei er­blindeten Fensterchen. Die reiche Frau sah ihm durchs Fenster nach und lachte: «Dort soll er nur anklopfen, die Witwe hat ja selbst nichts zu beissen!» Die arme Witwe aber wies den Fremden nicht ab, sondern sagte: «Ich bin arm und kann Euch nicht viel anbieten, aber wenn ihr ein wenig warten wollt, so hole ich mein Huhn, das draussen auf dem Misthaufen die Kornspreuer zusammensucht und schlachte es!« Der Fremde war damit einverstanden, nahm Platz an dem ärmlichen Tischchen, und die Frau kochte das Huhn und legte es ihm vor. Der Mann dankte sehr und wollte weiterreisen, aber die Frau bat ihn, doch da zu bleiben über die Nacht, denn es ziehe ein Unwetter herauf und bis zum nächsten Dorf sei ein weiter Weg. Wenn er mit ihrem Bette vorlieb nehmen wolle, so solle er es haben, sie finde schon noch ein Plätzchen für sich. Der Fremde dankte wiederum und sagte, er nehme das Bett gerne an, da er heute einen langen Weg zurückgelegt habe und sehr müde sei. Bevor er sich zur Ruhe legte, sagte er zu der Frau, sie werde in der Nacht einen furchtbaren Lärm, Gepolter und Getöse hören, und das Haus werde zittern wie bei einem Erdbeben, aber sie solle sich nur nicht fürchten und kein Licht machen. Und richtig, in der Nacht hörte sie ein donnerähnliches Krachen, als ob die Welt bersten müsste. Der Berg über dem Dorfe spaltete sich, stürzte nieder und begrub das Dorf mit der Kirche und all seinen Hütten. Am Morgen war keine Spur mehr davon zu sehen, kein Balken und kein Dachbrett; an Stelle der Hütten und Speicher lagen hausgrosse Felsstücke, nur das Häuschen der Witwe stand noch, und sie hörte das Huhn, das sie gestern Abend ihrem Gaste vor­gelegt hatte, auf dem Düngerhaufen gackern. Der Fremde aber war verschwunden. Quelle: Johannes Jegerlehner: Walliser Sagen, Hans Feuz Verlag Bern, 1959 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Untergang von Unterschächen

Source: Der Untergang von Unterschächen

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Ein fahrender Schüler hat geweissagt, es werde einst der »Hengst«, der felsige, steile Abhang der »Spitze« unterhalb der Alp Obsaum herabfallen und die Talenge westlich von Unterschächen ausfüllen. Dann werde man zu Unterschächen in einem Schifflein das Allerheiligste aus der Kirche holen. Karl Gisler u.a. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der untergepflügte Zwingherr

Source: Der untergepflügte Zwingherr

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Bei Wolhusen standen vor alten Zeiten zwei Burgen. Unweit von der einen ackerte ernst ein Bauer mit zwei sehr schönen Ochsen das Feld um. Da kam der Zwingherr dazu, betrachtete die Tiere wohlgefällig und befahl, sie ihm auf der Stelle zu schenken. Nur noch die Furche möchte er zu Ende bringen und sobald sie umgelegt, wolle er ausspannen, sprach in bittendem Tone der Landmann. Und er durfte zufahren, und fuhr eine tiefe, tiefe Furche um. Jetzt tat er, als sollten die Ochsen losgemacht werden, aber schau da, wie flink er schon das Sech ausgehoben, den Zwingherrn erschlagen, in die tiefe Furche vergraben und wieder mit Erde zugedeckt hat. Dann pflügte er fort, als ob weiter gar nichts geschehen wäre. „In der Gerechtigkeit" heisst ein Stück Land zwischen Wauwil und Ettiswil. Hier soll zwischen einem pflügenden Bäuerlein und dem Schlossherrn von Castelen ein Auftritt erfolgt sein wie zu Wolhusen, mit dem Zusatze, dass in der Handlung auch das Fingerabschlagen, wie in der obwaldischen Melchthalsage, vorkommt. Drittens will diese Geschichte, gerade wie in Wolhusen, sich ereignet haben zu Waldsberg bei Luthern. Endlich eignet sich Roggliswil für den Totenacker im Ölfeld die Begebenheit zu; der Vogt in Wikon begehrt von einem Bauer durch seinen Bedienten das Paar Ochsen; der Bauer sagt, der Herr möge selbst kommen sie zu holen. Das Weitere wie zu Wolhusen.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Der untreue Torkelmeister

Source: Der untreue Torkelmeister

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Im Bild steht ein Torkel, bei dem nachts ein schwarzer Hund erscheint. Es ist ein Torkelmeister, der seinen Eid nicht gehalten und sein Amt untreu verwaltet hat. J. J. Sonderegger.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 52, S. 25 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Urdensee

Source: Der Urdensee

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Vom roten Horn weg zieht sich ein enges Bergtal hinunter zur Plessur. In diesem wilden engen Tal, das im Sommer von Schafen besucht wird, liegt ein kleiner Bergsee. Wo jetzt der See ist, stund vor Zeiten eine Sennhütte und um die Hütte herum breitete sich eine schöne Alp. Dort wohnte ein böser Senn, der die Armen unerquickt des Weges ziehen liess. Einst kam ein armes, altes, schwaches Weib den Weg gezogen, müde von der weiten Reise und schmachtend vor Durst. Sie klopfte an der Sennhütte an und bat um eine Labung, aber der Senn antwortete ihr mit Scheltworten: "Mach dich fort alte Bettlerin, wenn ich allem Lumpenpack, das hier vorüberzieht, Milch geben sollte, so müsste ich selbst bald Hungers sterben." Das arme, alte Weib flehte um Gotteswillen nur um eine kleine Labung, damit sie ihren Weg fortsetzen könne. "Meine Knie brechen mir", sagte sie "und meine Zunge brennt mich wie Feuer." Der Senn aber schlug die Tür zu. Das Weib sank vor der Türe nieder und als der Senn sie wieder öffnete, und es noch dort erblickte, rief er fluchend aus: "Bist du noch da, Alte, wart ich will dir jetzt Milch geben, dass dein Durst gestillt wird." Mit diesen Worten nahm er den Eimer und molk seine grosse rote Kuh und kam dann zum Weib und gab ihm zu trinken. Die Alte trank und dankte dem Senn warm und erflehte Gottes Segen auf ihn herunter. Der Senn aber verzog seine Züge zu einem spöttischen Hohnlächeln, denn er hatte Magen (zur Gerinnung) in die Milch geworfen. Kaum hatte die Alte neu gestärkt ihren Weg eine Strecke weit fortgesetzt, als sie die fürchterlichsten Schmerzen im Leibe fühlte und wie sie sterbend hinsank, verfluchte sie den Senn und seine Alp, und in dem Augenblicke donnerte es in der Höhe, ein Blitz zuckte auf die Hütte, sie versank mit dem Senn und mit der roten Kuh und an jener Stelle quoll ein See. Noch sieht man den Weg, der zur Hütte führte, sich im See verlieren und noch sieht man deutlich denselben am jenseitigen Ufer wieder aus dem Wasser auftauchen und sich in die Höhe ziehen, denn bei der Sennhütte vorbei führte der Weg über das Gebirg nach Obervaz. Noch sieht man mitten im See einen schwarzen Flecken, das ist die Sennhütte, die dort versunken ist. Alle sieben Jahre einmal steigt bei furchtbarem Donner und Unwetter der Senn aus dem See hervor und melkt über den stürmischen Wellen des Sees seine rote Kuh und versinkt dann händeringend wieder mit fürchterlichem Geheul. Das ist die Entstehung des Urdensees. Quelle: Theodor Vernaleken, Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch


by Der Uristier an der Reuss

Source: Der Uristier an der Reuss

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Am oberen Theil des Reußlaufes trieben Hirtenknaben die Ziegen ins Gebirg. Bei Nichtsthun und Spiel kommt es ihnen in den Sinn ihren Ziegenbock zu taufen, der als besonders mächtig und groß ausgezeichnet war. Gleich darauf wird das Thier so unbändig und wild, daß er die Heerden auf den Alpen zerstreut und tödtet, die Hirten in die Flucht jagt und bis ins Thal Verderben bringt. Nun wird ihnen gerathen, einen Ochsen groß zu ziehen, und ihm von einem kleinen Mädchen täglich das Futter reichen zu lassen. Habe das Kind sein siebentes Jahr erreicht, so mäße es denselben an einem dünnen Faden auf die Alpe führen. So geschaht; ein hübsches Kind wurde wohl erzogen, ein Ochse zu einer außerordentlichen Größe und Stärke herangemästet. Alles Volk im Thal versammelte sich, als nach sieben Jahren das Kind sein erstaunliches Thier an einem Seidenfädchen zu Berg führte. Oben entbrannte nun mit dem Ziegenbock ein Kampf, in welchem beide Thiere todt blieben. Aus den Hörnern des erlegten Ochsen aber machte man Alphörner, und der deutsche Kaiser ließ sie dem Hirtenvolke mit Silber beschlagen. In mancher Schlacht wurden sic geblasen und erst gegen die Wälschen giengen sie Verloren. Das Landeswappen der Urner soll sich von jenem Kampfe herschreiben. Band 2, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau, 1856, Seite 14 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Ursprung des Hilaritages im Uhwieser Amt

Source: Der Ursprung des Hilaritages im Uhwieser Amt

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Der Ursprung des Hilaritages im Uhwieser Amt Es ist eine allbekannte Sage, dass im Schloss Laufen einst ein dort wohnendes Edelfräulein durch einen Ritter bedrängt wurde. Aber durch Männer aus Uhwiesen, Flurlingen, Feuerthalen und Langwiesen konnte es am Hilaritage befreit werden. Aus Dankbarkeit schenkte das Fräulein den vier Gemeinden ihren ganzen grossen Waldbesitz am Kohlfirst. Zum Andenken an diese Ereignisse feierten von nun an die Einwohner der genannten Orte jährlich den Hilaritag. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Winterthur und Weinland Mit einigen stilistischen Änderungen aus Stauber, Sitten und Bräuche 2, 141 (122. Jahrheft der Hülfsgesellschaft Zürich).   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Ursprung des Kuhreigens

Source: Der Ursprung des Kuhreigens

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Vor Zeiten war auf Bahlisalp im hinteren Stafel ein Hirt namens Schlupf-Menk. Als er einst um Mitternacht auf seiner Gasteren vom Schlaf erwachte, hörte er unter sich in der Küche das Feuer knistern. Aufspringen und Zusehen, was es da geben möge, war eins. Was sieht da der Senn! Stehen da drei Burschen, die eben anfangen zu käsen, um die Feuergrube. Vor Schreck vergisst der Senn die Scheltworte ganz, die ihm auf der Zunge sind, denn der erste von den Dreien, der eben Milch hereinholt, ist ein grosser Schwarzer, angetan wie ein Küher. Der zweite, der ihm die Milch abnimmt und sie übers Feuer bringt, ist klein und bleich mit schneeweissem Gesicht, fahlen Haaren und blauen Augen. Der dritte jedoch hat ein grünes Kamisol an und um seine Lenden eine Jägertasche umgegürtet. Der sitzt auf dem Dreibein, schaut ins Feuer und legt dann und wann einen Klotz Holz unter den Kessel. Wie nun der Augenblick da ist, dass die Milch gerinnen soll, zieht der Grünrock eine Flasche hervor, aus welcher er blutroten Käslab in den Kessel schüttet. Der Schwarzriese aber fängt an sie mit dem Brecher umzurühren. Da zieht der Bleiche ein gewundenes Horn hervor, schreitet damit auf die Türe zu die sich vor ihm von selber öffnet, und geht hinaus. Draussen ertönt jetzt auf einmal das Horn mit lieblichen Weisen, dass dem Horcher das Herz im Leibe lacht, und die Herde herbeiläuft, den Klängen zuzuhören. Inzwischen hat der grosse Schwarze den Käs herausgeschöpft und zum Formen in den Reif getan. Die Sirte schöpft er in drei Geschirre ab. Da verfärbt sie sich in dem einen blutrot, in dem anderen grasgrün und in dem dritten schneeweiss. In diesem Augenblick gewahrt der Schwarze den lauschenden Menk und befiehlt ihm, von der Gasteren herabzusteigen. Dem Sennen graut, derweilen aber just der Bleiche zur Tür hereinkommt und ihm einen freundlichen Blick zuwirft, fasst er ein Herz und steigt nieder. "Aus einem von diesen Geschirren musst du trinken!" herrscht ihn der Schwarze an. Willst von der Roten, so wirst du stark dein Lebtag lang, gewinnst alles mit Gewalt und niemand kann etwas gegen dich ausrichten. Darüber hinein gebe ich dir noch hundert rote Kühe." Da beginnt der zweite, der Schnauzbärtige im Grünrock. "Was willst du mit hundert Kühen, bist du nicht schon häbig genug? Trink von der Grasgrünen, dann geb ich dir noch mehr, Gold und Silber in Fülle und Überfluss, dass du der Reichste sollst sein." Mit diesen Worten schüttet er vor dem Sennen einen Sack voll Gold und Edelsteine aus. Menk aber schaut sich nach dem dritten, dem Bleichen um. Der steht bei der Feuergrube und sieht hinein, als ob er träume. Wie er des Sennen Blick fühlt, da erröten seine Wangen wie Droselblumen. Und er spricht: "Weder Kraft noch Glanz noch Reichtum kann ich dir geben. Was ich dir gebe, ist mein Horn und die Gabe des Gesanges und der Musik, die darin schlummert. Nur zu wecken brauchst du es, und dabei wird dein Herz beständig sein, du wirst stets haben was du bedarfst, aber nicht mehr. Wo du dich mit dieser Gabe hören lassen wirst, sollst du männiglich erfreuen." Da greift Menk zu. Von der weissen Sirte trinke ich und das Horn ist mein. Und wie er aus tiefem Schlafe erwacht und sein Horn ergreift, da ertönen aus demselbigen Melodien wie noch nie, dass es von Berg und Tal hallt und die Leute auf allen Sennten zusammenlaufen, den Kuhreihen zu hören, in sich aufzunehmen und den Gesang des Friedens mit in ihre Hütten zu nehmen und in ihren Herzen zu verwahren. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Ursprung von Mariastein

Source: Der Ursprung von Mariastein

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Über dem Dorf Ettingen liegen die Überreste der Burg Fürstenstein, einst der Wohnsitz der Herren von Rotberg. Einer der Tapfersten dieses Stammes war Hans von Rotberg, der im 14. Jahrhundert lebte. Als einst der Ritter in Basel bei seinen Bekannten war, lustwandelte seine Gattin mit ihrem Kinde, einem blühenden Töchterlein, in der Umgegend ihres Wohnsitzes. Das Kind suchte Blumen und Erdbeeren, die es freudig seiner Mutter brachte. Da plötzlich hörte die Mutter einen Angstruf. Sie sprang auf und eilte dem Orte zu, wo sie ihr Kind am Berghang zuletzt gesehen hatte. Ein Abgrund gähnte ihr entgegen, aber nirgends erblickte sie das Mädchen. Da stürzte sie, ihr Kind dem Schutz der Muttergottes empfehlend, auf steilem Pfad hinunter ins Tal. Aber o Wunder: Der Verzweifelten kommt das totgeglaubte Kind entgegen, trägt sein Körbchen voll Erdbeeren und erzählt, eine schöne Frau habe es mitten im Fall in die Arme geschlossen und im Tal unten sanft ins Gras gesetzt. Dort habe es Beeren gepflückt und wolle sie nun dem Vater bringen. Zum Andenken an diese wunderbare Rettung liess der Vater an jener Stelle eine Kapelle errichten, und diese gab Anlass zur Erbauung des Klosters Mariastein. Ettingen Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Ursprung von St. Margarethen

Source: Der Ursprung von St. Margarethen

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a) Nach einer verjährten Volkssage soll eine von den eilftausend von Cölln nach Rom im dritten Jahrhundert gepilgerten Jungfrauen, namens Margretha, als Klausnerin sich zuerst hier angesiedelt und gelebt haben. Zwei von ihren Gefährtinnen, Ottilia und Chrischona, hatten sich zu ihren Niederlassungen zwei andere Berghöhen jenseits des Rheines gewählt. Da nun ihre Aufenthaltsorte einander im Gesichte lagen, so sollen diese frommen Anachoretinnen (Einsiedlerinnen) täglich frühmorgens ein gewisses Zeichen ausgehangen haben, wodurch sie sich sagten, dass sie noch lebten, an einander dachten und einander Gutes wünschten. Im Geruche der Heiligkeit wären sie nach der Legende gestorben, und nach vielen Wundern, die sie gewirkt haben sollen, hat der Glaube diese drei Jungfrauen als christliche Heldinnen vergöttert. b) Auf dem Schlosse Pfeffingen hauste einst ein Ritter, der drei liebliche Schwestern hatte. Margaretha hiess die eine, Chrischona die andere und Ottilia die dritte. Nicht weit entfernt sassen auf ihrem Schlosse und Stammgut die drei Ritter Franz, Kilian und Rudolf von Tierstein. Diese waren den drei Burgfräulein in Minne ergeben und besuchten sie heimlicherweise, um ihre Gunst zu werben. Der Pfeffinger Ritter hasste aber die Tiersteiner. Einst erschien ihm auf der Jagd der Teufel in Gestalt eines Zwerges. Der Ritter überwand den Bösen und zwang denselben, ihm die Zukunft zu offenbaren. Nun weissagte der Zwerg, dass Schloss und Geschlecht derer zu Pfeffingen den Untergang erleiden sollten, während des Ritters Schwestern ewige Häuser bauen und ihre Namen sich in alle Zeiten erhalten würden. Dieser Spruch des Teufels ging dann auch in Erfüllung. Denn als der Ritter die Tiersteiner bei ihrem nächsten Besuche zu Pfeffingen gefangen nehmen und enthaupten liess, verliessen die Schwestern tief betrübt das Schloss, eine jede sich einen Ruheort für ihre Seele zu suchen. Margaretha zog auf die Höhe des Bruderholzes, während die beiden anderen Schwestern sich über den Rhein begaben, Chrischona auf den Dinkelberg, Ottilia auf die Anhöhe jenseits der Wiese. Eine jede errichtete sich an ihrem Zufluchtsorte eine Einsiedelei. «Eini cha zue der Andere seh; drum stelle si zobe, wien es dunklet, e Liecht ans Fänschter.» Während das Pfeffinger Schloss schon längst zerfallen und das Rittergeschlecht ausgestorben ist blieben die Wohnungen der drei Schwestern, wo heute Kirchen stehen, erhalten. Binningen Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Uzystein in Monbiel

Source: Der Uzystein in Monbiel

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In Monbiel hütete ebenfalls ein wildes Männlein jahrelang die Heimkühe. Man trieb sie ihm morgens hinaus bis zu einem grossen Stein, wo es die Kühe in Empfang nahm und abends brachte es sie wieder bis dorthin zurück. Zu den Wohnungen kam es niemals. Man legte ihm dann oft Geschenke auf den Stein, unter andern stellte man ihm einmal einen Schoppen Veltliner hin. Das Männlein betrachtete den Wein und besann sich lange, ob es trinken wolle, endlich setzte es ganz vorsichtig die Lippen an und da mundete ihm der Wein äusserst wohl und es trank den ganzen Schoppen. Auch Speisen legte man ihm öfters hin, welche es sich schmecken liess. Endlich kam man auf den unglücklichen Gedanken, ihm ein Paar Schuhe hinzustellen. Es währte lange, bis das Männlein begriffen hatte, wo sie hingehörten. Es entfernte sich dann aber und kehrte nicht mehr zurück. Dieses Männlein hiess Uzy und der Stein trägt noch jetzt den Namen Uzystein. Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Valeishund

Source: Der Valeishund

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In den Straßen von Mels sieht man zur Nachtzeit oftmals mit rasselndem Geräusch einen großen schwarzen Hund einherzotteln. Gewöhnlich läuft er bis vor das Rathaus, wo er heulend verschwindet. Das Gerassel rührt, wie die Einen behaupten, von einem dicken Schlüsselbund her, welchen das bei Jung und Alt unter dem Namen „Valeishund" bekannte Gespenst am Halse tragen soll, nach Anderen aber auch von einer Kette, welche, wie diese behaupten, die Bestie hinter sich nachschleppt. Dieses Gespenst, das niemals erlöst werden kann, weil es Tiergestalt hat, ist der Geist eines Mannes aus Vilters, der dieser Ortschaft in einem Streite mit Wangs durch Meineid zum Besitz der Alp beim Tobel Valeis verhalf. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Valeishund

Source: Der Valeishund

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Zwischen Vilters und Wangs hatte lange Jahre ein Markenstreit betreffend Weid und Wald im Valeistobel gewaltet. Im Jahre 1459 endlich sprachen beide Parteien den Grafen Wilhelm von Werdenberg-Sargans, ihren Landesherrn, und den Abt Friedrich von Pfäfers um Vermittlung an, welche sich dann unter Zuzug ihrer Amtleute und vieler Zeugen persönlich auf die Stösse oder streitigen Lokalitäten begaben. Die beteiligten Parteien gelobten mit Mund und Hand, den schiedsrichterlichen Spruch zu allen Treuen halten zu wollen.  Mit dem Urteilsspruche waren aber beide Parteien nicht zufrieden. Die Vilterser hatten auf dem Kamm mehr Boden angesprochen, als ihnen zuerkannt worden; die Wangser hingegen hatten behauptet, der Bach bilde die Grenze, erhielten aber durch den Richterspruch nur einen in der Höhe des Tobels liegenden Teil des Waldes auf der linken Seite des Valeisbaches, dagegen aber auch den Weideplatz auf dem Alpkamm zu Caffia oder Mugg. Diesen Weideplatz estimierten die Wangser jedoch wenig, weil dort gar spärlich Gras wächst, und sie halten denselben auch nie ernstlich als Eigentum angesprochen. Sie nennen ihn daher, wie die Vilterser, ganz offenherzig "den gestohlenen Boden". Man will wissen, dass die Vilterser in der Kuppel ihres Kirchturmes Urkunden gefunden haben, welche sie verheimlicht hätten, weil diese für sie ungünstig lauteten. Jene Person, welche das meiste zur unrichtigen Entscheidung dieses Streitfalles beigetragen habe, müsse nun in gewissen Nächten als grosser, schwarzer Hund mit einem glühenden Auge in Mitte der Stirne und mit einem Bunde Schlüssel am Halse vom Valeisloche heraus über Grünenfeld, Schrabach, Gariet, Wangs, Gaffizal, Fehrbach und Talis zum alten Rathaus und auf den Friedhof zu Mels wandeln. Viele Leute wollen den Valeishund bald an der einen, bald an der andern Stelle dieses uralten Weges gesehen haben. Nachtwächter Alexander Buel von Wangs habe dem Valeishunde öfters das Gatter geöffnet, welches auf der Rosen vor einigen Jahren noch angebracht war. Wenn aber das Gatter geschlossen war, sprang der Hund mit leichter Mühe über dasselbe hinweg. Das alte Rathaus stand südöstlich ob dein jetzigen, welches damals Markt- und Tanzlaube hiess. Die Magd eines benachbarten Herrenhauses wollte einst in später Nacht Feuer anmachen, fand aber durchaus kein Feuerzeug, Weil sie auf der Ratsstube Licht erblickte, ging sie hinüber, um sich solches zu verschaffen. Um den schwerfälligen, grossen Ratstisch sassen dort in geisterhafter Stille und Steifheit mehrere ihr völlig unbekannte Herren, von denen einer ihr winkte, das Licht anzündete und sagte: "Es ist gut, dass du nicht aus "Gwunder" hieherkamst, sonst wäre es dir schlecht ergangen." Hierauf eilte die Magd so schnell wie möglich nach Hause und vernahm dann, als sie das Erlebte erzählte, dass hier jene Richter, welche den Urteilsspruch über das Markenwesen in Valeis erlassen hatten, nach ihrem Ableben schon oft in den Stunden der Mitternacht zu Gericht gesessen seien. I. Natsch.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 194, S. 90f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Vater der seine Tochter heiraten wollte

Source: Der Vater der seine Tochter heiraten wollte

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Es waren ein Mann und eine Frau, die hatten eine Tochter. Die Frau wurde krank, und es ging ans Sterben. Bevor es so weit war, sagte sie noch zu ihrem Mann: «Wenn du nochmals heiraten willst, so heirate eine, der mein Ring passt.» Dann starb sie. Die Tochter räumte einige Jahre danach auf, oder sie stöberte in einer Truhe; dabei kam ihr ein Kästchen in die Hände. Sie hob den Deckel auf, und es lag ein Ring darin. Sie probierte ihn, und der sass gerade richtig. Als der Vater das sah, begann er zu überlegen. Seine Frau hatte gesagt, er solle eine heiraten, welcher der Ring passe. Der Vater hatte gesehen, dass der Ring am Finger der Tochter passte. Also sagte er zur Tochter: «Wir zwei wollen heiraten, die Mutter hat das und das gesagt.» Die Tochter erwiderte: «Das kann ich nicht tun.» Doch der Vater forderte und forderte, dass sie ihn heiraten müsse. Das Mädchen freilich dachte: «Wart du nur, das will ich dir schon austreiben», und sie kam auf den Gedanken, von ihm drei Kleider zu verlangen. Eines müsse so hell scheinen wie die Sonne, das andere wie der Mond und das dritte wie die Sterne; und dazu noch ein Paar goldene Pantoffeln. Und der Vater ging zum Schneider und sagte, er solle Kleider in der und der Art machen, eines so hell wie die Sonne, das andere wie der Mond, das dritte wie die Sterne, und ein Paar goldene Pantoffeln dazu. Und es gelang dem Vater, alles wie gewünscht machen zu lassen. Da sagte die Tochter, sie wolle noch ein Spinnrad, das von selbst spinne, und einen sprechenden Rocken. Sie dachte, hier müsse der Vater klein beigeben, doch es gelang ihm, auch das zu beschaffen. Da merkte sie, dass alles nichts nützte, und sie kam auf den Gedanken zu fliehen. - Eines Abends, als sie gegessen hatten und es einnachtete, stellte sie das Spinnrad und den Rocken hinter den Tisch und sagte zum Vater, sie wolle heute spinnen und ausprobieren, wie es gehe, und ein wenig dem Rocken Gesellschaft leisten. Und am Tag hatte sie ihre drei Kleider und die Pantoffeln in einen Sack gelegt und den in der Küche versteckt. Der Vater wollte nun zu Bett gehen, und sie erwiderte, sie bleibe noch ein wenig beim Rocken, er solle nur schon gehen. Und als er im Bett war, sagte sie zum Rocken: «Jetzt, wenn er ruft, so sage: », und sie nahm den Sack mit den Kleidern, ging hinaus und floh. Allmählich kam sie in einen Wald, zu einer Einsiedelei, als es schon ziemlich spät in der Nacht war. Und sie trat in diese Hütte und fragte den Mann dort, ob sie nicht ein wenig ausruhen könne. Der gute Alte sagte ja, sie solle hier nur eine Weile bleiben, und er fragte, wohin sie wolle. Da antwortete sie, sie möchte irgendwo als Magd arbeiten, und der Mann entgegnete, er habe erfahren, dass die Magd des Königs gerade weg sei, und die würden eine suchen. Dann erklärte er ihr den Weg, sie solle in der Stadt bis zu dem und dem Haus hinaufgehen, wo die wohnten. Sie verabschiedete sich und kam zu diesem Haus, wie der Alte es ihr gesagt hatte, und fragte die Meisterin, ob sie nicht eine Magd benötigten; sie möchte als Magd bei ihnen dienen. Die Meisterin antwortete, ja, sie suchten eine Magd, aber die müsse sich in der Küche ums Feuer kümmern und die Schweine füttern und dergleichen. Ja, das sei schon recht, wenn es nur Arbeit sei, sagte sie und handelte den Lohn aus. Sie trug dann nur ein Kleid, wie man es so zum Arbeiten anzieht; da begann man, ihr zu sagen. Sie verrichtete weiterhin ihre Arbeit, und die Dienstherrin war damit zufrieden. Und langsam ging es dann gegen Neujahr zu. Es gab an diesem Ort einen schönen, grossen Burschen, und der hatte noch einen Kameraden, und sie beschlossen, einen Ball zu veranstalten. Dann kam der Abend, und sie sorgten für die Musikanten, und sie war noch in der Küche. Als alle Speisen gewürzt waren, so dachte sie, wolle sie auch schauen, wie sie tanzten. Sie nahm das Sternenkleid hervor, zog es an, wusch und kämmte sich; und sie ging auch in den Saal hinauf mit dem schönen Kleid an - ein schönes Mädchen war es. Und der junge Herr sah sie und fragte sogleich, ob sie mit ihm tanzen wolle; und sie sagte ja und begann zu tanzen. Da sie damals auch eine Uhr hatte, tanzten sie zusammen, bis sie meinte, die Meisterin würde bald aufstehen. Jetzt sagte sie gleich zum Burschen, sie müsse hinausgehen, aber sie komme bald zurück. Und er liess sie gehen, und sie hinaus und ab nach Hause. Sie stieg in ihre Kammer, versteckte ihr Kleid und eilte in die Küche, um anzufeuern. Die Meisterin stand auf und kam hinunter, und das Lumpenmädchen (sie hatte eine Handvoll Asche genommen und das Gesicht damit eingestrichen) war da. - Und der andere passte ab, ob sie noch komme, doch sie kam nicht - und er seufzte tief. Unterdessen wurde es taghell, und es kam das Ende des Balles, da ging der Bursche nach Hause und erzählte seiner Mutter, es sei ein Mädchen gekommen in einem wunderschönen Kleid und habe mit ihm getanzt. Sie habe sich dann entfernt, und er wisse nicht, wohin sie gegangen sei. Und die Mutter sagte, sie wolle ihm schon einen Rat geben, wie er es anstellen solle, um sie zu kriegen, er solle nur nochmals einen Ball geben, dann werde dieses Mädchen auch wieder kommen. «Wenn du dann im Sinn hast, eine Liebschaft zu haben, so könntest du die schon heiraten, mit diesen Kleidern.» Und er machte, was seine Mutter gesagt hatte; und die Mutter gab ihm den Rat: «Nimm einen Ring mit und fang ein Gespräch an, dann gib ihr den Ring.» Er traf die Vorbereitungen, und sie gaben wieder einen Ball. Sie richtete ihr Mondkleid, und nach der Arbeit, als die anderen sich schlafen gelegt hatten und es ganz ruhig war, zog sie ihr Kleid mit dem Mondglanz und die Schuhe an und ging, - und der andere passte ab und horchte, ob sie käme. Er hatte unter der Tür gewartet und packte sie. Jetzt war er guten Mutes und dachte bei sich selbst: «Nun, heute gehst du mir nicht durch die Latten.» Sie war auch froh, sie tanzten und herzten sich, und er reichte ihr den Ring, sie nahm ihn und war ebenfalls glücklich. Als die Abschiedsstunde kam, sagte sie, sie müsse jetzt gehen. «Ich komme auch.» - «So komm.» Als sie draussen waren, sagte sie: «Ich muss dort hinter jenes Haus, ich kann dich nicht zusehen lassen, wenn ich pissen muss.» Und der andere erwiderte: «Ja, aber komm zurück», und passte ihr ab. Dann begann sie zu rennen, da war es ein wenig matschig, und ein Pantoffel fiel vom FUSS. Sie hatte keine Zeit, den Pantoffel aufzulesen; und sie rannte und kam in die Küche, bevor die Meisterin aufstand. Sie nahm eine Handvoll Asche, rieb sich damit das Gesicht und die Haare ein, zog das Kleid aus, versorgte es und machte Feuer. Unterdessen war die Alte aufgestanden, und das Lumpenmädchen war bei ihrer Arbeit. - Und der andere schaute herum, wohin sie verschwunden war, und konnte sie nicht mehr sehen. Und der Ball ging zu Ende. Danach grübelte er tagelang vor sich hin, und es kam dazu, dass er nicht mehr essen mochte. Da wurde er krank und lag im Bett, und die Gedanken wollten nicht aufhören, und er wurde immer schwächer. Eines Tages fragte ihn die Mutter, ob er ein Küchlein essen möge. «Nun, ich will mein Möglichstes tun, doch ich weiss es nicht.» Jetzt ging die Mutter hinunter und bereitete den Teig zu, um das Küchlein zu backen und goss ihn eben ins Fett, da rief er, sie solle kommen. Da sagte die Alte: «Jetzt ruft er mich, und ich sollte gerade jetzt das Küchlein kehren.» Und das Lumpenmädchen meinte, sie wolle dies schon machen, sie solle ihr die Kelle geben. -Ob ihr Sohn dies nicht merken würde? - «Ach, was weiss der?» - Und die Alte gab ihr dann die Kelle. Das Lumpenmädchen, welches das Sonnenkleid unter seinen Lumpen angezogen hatte, nahm den Ring hervor. Es gelang ihr, den Ring in das Küchlein zu stecken, und sie wendete es. Als das Küchlein gebacken war, trug es die Mutter auf einem Teller hinauf, schob es dem Sohn hin und sagte, er solle das Küchlein essen. Die Mutter ging in die Stube, der Bursche nahm das Küchlein, brach es entzwei, und der Ring fiel auf den Teller. «Ach, schau, wo mein Ring ist, Mutter!» - «Was willst du?» -«Komm herein; wer war in der Küche unten?» - «Das Lumpenmädchen, das seine Arbeit tut, sonst niemand.» - «Geh hinunter und sag, sie soll kommen und mein Zimmer putzen.» - «Aber das Lumpenmädchen kann doch nicht heraufkommen.» - «Doch, doch, lass sie nur kommen und mein Zimmer putzen.» - Und die Alte ging. - «Er will, dass du hinaufgehst und sein Zimmer putzest.» Und das Lumpenmädchen ging hinauf und begann, das Zimmer von hinten her zu fegen. Da sagte er: «Komm her und putze besser unter meinem Bett – jetzt gehst du mir nicht mehr durch die Latten. Ich will dir diesen Tick mit den Lumpenkleidern schon austreiben.» Dann rief er der Mutter, sie solle Wasser bringen, und dieses Kleid müsse sie ausziehen. Da wusch sie sich, und der Bursche wurde gesund - und dann hielten sie bald Hochzeit.   Aus: Die drei Winde Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Vater, der seine Tochter heiraten wollte

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Es waren ein Mann und eine Frau, die hatten eine Tochter. Die Frau wurde krank, und es ging ans Sterben. Bevor es so weit war, sagte sie noch zu ihrem Mann: «Wenn du nochmals heiraten willst, so heirate eine, der mein Ring passt.» Dann starb sie. Die Tochter räumte einige Jahre danach auf, oder sie stöberte in einer Truhe; dabei kam ihr ein Kästchen in die Hände. Sie hob den Deckel auf, und es lag ein Ring darin. Sie probierte ihn, und der sass gerade richtig. Als der Vater das sah, begann er zu überlegen. Seine Frau hatte gesagt, er solle eine heiraten, welcher der Ring passe. Der Vater hatte gesehen, dass der Ring am Finger der Tochter passte. Also sagte er zur Tochter: «Wir zwei wollen heiraten, die Mutter hat das und das gesagt.» Die Tochter erwiderte: «Das kann ich nicht tun.» Doch der Vater forderte und forderte, dass sie ihn heiraten müsse. Das Mädchen freilich dachte: «Wart du nur, das will ich dir schon austreiben», und sie kam auf den Gedanken, von ihm drei Kleider zu verlangen. Eines müsse so hell scheinen wie die Sonne, das andere wie der Mond und das dritte wie die Sterne; und dazu noch ein Paar goldene Pantoffeln. Und der Vater ging zum Schneider und sagte, er solle Kleider in der und der Art machen, eines so hell wie die Sonne, das andere wie der Mond, das dritte wie die Sterne, und ein Paar goldene Pantoffeln dazu. Und es gelang dem Vater, alles wie gewünscht machen zu lassen. Da sagte die Tochter, sie wolle noch ein Spinnrad, das von selbst spinne, und einen sprechenden Rocken. Sie dachte, hier müsse der Vater klein beigeben, doch es gelang ihm, auch das zu beschaffen. Da merkte sie, dass alles nichts nützte, und sie kam auf den Gedanken zu fliehen. - Eines Abends, als sie gegessen hatten und es einnachtete, stellte sie das Spinnrad und den Rocken hinter den Tisch und sagte zum Vater, sie wolle heute spinnen und ausprobieren, wie es gehe, und ein wenig dem Rocken Gesellschaft leisten. Und am Tag hatte sie ihre drei Kleider und die Pantoffeln in einen Sack gelegt und den in der Küche versteckt. Der Vater wollte nun zu Bett gehen, und sie erwiderte, sie bleibe noch ein wenig beim Rocken, er solle nur schon gehen. Und als er im Bett war, sagte sie zum Rocken: «Jetzt, wenn er ruft, so sage: "Ja, ich komme bald"», und sie nahm den Sack mit den Kleidern, ging hinaus und floh. Allmählich kam sie in einen Wald, zu einer Einsiedelei, als es schon ziemlich spät in der Nacht war. Und sie trat in diese Hütte und fragte den Mann dort, ob sie nicht ein wenig ausruhen könne. Der gute Alte sagte ja, sie solle hier nur eine Weile bleiben, und er fragte, wohin sie wolle. Da antwortete sie, sie möchte irgendwo als Magd arbeiten, und der Mann entgegnete, er habe erfahren, dass die Magd des Königs gerade weg sei, und die würden eine suchen. Dann erklärte er ihr den Weg, sie solle in der Stadt bis zu dem und dem Haus hinaufgehen, wo die wohnten. Sie verabschiedete sich und kam zu diesem Haus, wie der Alte es ihr gesagt hatte, und fragte die Meisterin, ob sie nicht eine Magd benötigten; sie möchte als Magd bei ihnen dienen. Die Meisterin antwortete, ja, sie suchten eine Magd, aber die müsse sich in der Küche ums Feuer kümmern und die Schweine füttern und dergleichen. Ja, das sei schon recht, wenn es nur Arbeit sei, sagte sie und handelte den Lohn aus. Sie trug dann nur ein Kleid, wie man es so zum Arbeiten anzieht; da begann man, ihr "das Lumpenmädchen" zu sagen. Sie verrichtete weiterhin ihre Arbeit, und die Dienstherrin war damit zufrieden. Und langsam ging es dann gegen Neujahr zu. Es gab an diesem Ort einen schönen, grossen Burschen, und der hatte noch einen Kameraden, und sie beschlossen, einen Ball zu veranstalten. Dann kam der Abend, und sie sorgten für die Musikanten, und sie war noch in der Küche. Als alle Speisen gewürzt waren, so dachte sie, wolle sie auch schauen, wie sie tanzten. Sie nahm das Sternenkleid hervor, zog es an, wusch und kämmte sich; und sie ging auch in den Saal hinauf mit dem schönen Kleid an - ein schönes Mädchen war es. Und der junge Herr sah sie und fragte sogleich, ob sie mit ihm tanzen wolle; und sie sagte ja und begann zu tanzen. Da sie damals auch eine Uhr hatte, tanzten sie zusammen, bis sie meinte, die Meisterin würde bald aufstehen. Jetzt sagte sie gleich zum Burschen, sie müsse hinausgehen, aber sie komme bald zurück. Und er liess sie gehen, und sie hinaus und ab nach Hause. Sie stieg in ihre Kammer, versteckte ihr Kleid und eilte in die Küche, um anzufeuern. Die Meisterin stand auf und kam hinunter, und das Lumpenmädchen (sie hatte eine Handvoll Asche genommen und das Gesicht damit eingestrichen) war da. - Und der andere passte ab, ob sie noch komme, doch sie kam nicht - und er seufzte tief. Unterdessen wurde es taghell, und es kam das Ende des Balles, da ging der Bursche nach Hause und erzählte seiner Mutter, es sei ein Mädchen gekommen in einem wunderschönen Kleid und habe mit ihm getanzt. Sie habe sich dann entfernt, und er wisse nicht, wohin sie gegangen sei. Und die Mutter sagte, sie wolle ihm schon einen Rat geben, wie er es anstellen solle, um sie zu kriegen, er solle nur nochmals einen Ball geben, dann werde dieses Mädchen auch wieder kommen. «Wenn du dann im Sinn hast, eine Liebschaft zu haben, so könntest du die schon heiraten, mit diesen Kleidern.» Und er machte, was seine Mutter gesagt hatte; und die Mutter gab ihm den Rat: «Nimm einen Ring mit und fang ein Gespräch an, dann gib ihr den Ring.» Er traf die Vorbereitungen und sie gaben wieder einen Ball. Sie richtete ihr Mondkleid, und nach der Arbeit, als die anderen sich schlafen gelegt hatten und es ganz ruhig war, zog sie ihr Kleid mit dem Mondglanz und die Schuhe an und ging, - und der andere passte ab und horchte, ob sie käme. Er hatte unter der Tür gewartet und packte sie. Jetzt war er guten Mutes und dachte bei sich selbst: «Nun, heute gehst du mir nicht durch die Latten.» Sie war auch froh, sie tanzten und herzten sich, und er reichte ihr den Ring, sie nahm ihn und war ebenfalls glücklich. Als die Abschiedsstunde kam, sagte sie, sie müsse jetzt gehen. «Ich komme auch.» - «So komm.» Als sie draussen waren, sagte sie: «Ich muss dort hinter jenes Haus, ich kann dich nicht zusehen lassen, wenn ich pissen muss.» Und der andere erwiderte: «Ja, aber komm zurück», und passte ihr ab. Dann begann sie zu rennen, da war es ein wenig matschig, und ein Pantoffel fiel vom Fuss. Sie hatte keine Zeit, den Pantoffel aufzulesen; und sie rannte und kam in die Küche, bevor die Meisterin aufstand. Sie nahm eine Handvoll Asche, rieb sich damit das Gesicht und die Haare ein, zog das Kleid aus, versorgte es und machte Feuer. Unterdessen war die Alte aufgestanden, und das Lumpenmädchen war bei ihrer Arbeit. - Und der andere schaute herum, wohin sie verschwunden war, und konnte sie nicht mehr sehen. Und der Ball ging zu Ende. Danach grübelte er tagelang vor sich hin, und es kam dazu, dass er nicht mehr essen mochte. Da wurde er krank und lag im Bett, und die Gedanken wollten nicht aufhören, und er wurde immer schwächer. Eines Tages fragte ihn die Mutter, ob er ein Küchlein essen möge. «Nun, ich will mein Möglichstes tun, doch ich weiss es nicht.» Jetzt ging die Mutter hinunter und bereitete den Teig zu, um das Küchlein zu backen und goss ihn eben ins Fett, da rief er, sie solle kommen. Da sagte die Alte: «Jetzt ruft er mich, und ich sollte gerade jetzt das Küchlein kehren.» Und das Lumpenmädchen meinte, sie wolle dies schon machen, sie solle ihr die Kelle geben. - Ob ihr Sohn dies nicht merken würde? - «Ach, was weiss der?» - Und die Alte gab ihr dann die Kelle. Das Lumpenmädchen, welches das Sonnenkleid unter seinen Lumpen angezogen hatte, nahm den Ring hervor. Es gelang ihr, den Ring in das Küchlein zu stecken, und sie wendete es. Als das Küchlein gebacken war, trug es die Mutter auf einem Teller hinauf, schob es dem Sohn hin und sagte, er solle das Küchlein essen. Die Mutter ging in die Stube, der Bursche nahm das Küchlein, brach es entzwei, und der Ring fiel auf den Teller. «Ach, schau, wo mein Ring ist, Mutter!» - «Was willst du?» - «Komm herein; wer war in der Küche unten?» - «Das Lumpenmädchen, das seine Arbeit tut, sonst niemand.» - «Geh hinunter und sag, sie soll kommen und mein Zimmer putzen.» - «Aber das Lumpenmädchen kann doch nicht heraufkommen.» - «Doch, doch, lass sie nur kommen und mein Zimmer putzen.» - Und die Alte ging. - «Er will, dass du hinaufgehst und sein Zimmer putzest.» Und das Lumpenmädchen ging hinauf und begann, das Zimmer von hinten her zu fegen. Da sagte er: «Komm her und putze besser unter meinem Bett – jetzt gehst du mir nicht mehr durch die Latten. Ich will dir diesen Tick mit den Lumpenkleidern schon austreiben.» Dann rief er der Mutter, sie solle Wasser bringen, und dieses Kleid müsse sie ausziehen. Da wusch sie sich und der Bursche wurde gesund - und dann hielten sie bald Hochzeit. (Schams)   Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Vatermörder

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In der Nähe des Bades Eptingen, wo heute alte Linden kühlen Schatten spenden, stand früher ein Speicher, der unsern Vorvätern von einer ruchlosen Mordtat zu erzählen wusste. An dieser Stelle wurde eines Nachts ein alter Vater von seinem Sohne mit einem «Windebrittli» erschlagen. Um den Frevel zu verdecken, schleppte der Mörder die Leiche an den nahen Dorfbach und warf sie in eine Gumpe, um sich hierauf in Sicherheit zu bringen. Aber heute noch verrät uns der Dorfbach diese schauerliche Geschichte. Gar oft hört man des Nachts ein eigentümliches Gluntschen und Platschen in jener Gumpe, und jedes Mal folgt darauf Regenwetter. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Venediger

Source: Der Venediger

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»Friähner syget deerä Venediger im Land ummäzogä; das syget aber fyni, kännbari (kundige) Mandli g'sy!« a) Zu dem Senn auf der Alp Chammli im Schächental gesellte sich einst ein kleines, unbekanntes Mandli und fragte, ob es während des Sommers bei ihm bleiben und bei ihm essen und schlafen könne. Es werde alles gehörig bezahlen und mit der gewöhnlichen Alpkost zufrieden sein. Der Senn war einverstanden. Jeden Tag ging der Gast hinaus in die Stöcke und Felsen und brachte am Abend eine Menge der verschiedensten Steine mit sich, die er sorgfältig aufbewahrte. Eines Tages traf er den Zuhirt an, der das Vieh hütete, und sah gerade, wie dieser einen Stein ergriff und nach einer Kuh schleuderte. Fest fasste der Fremdling das Wurfgeschoss ins Auge, und, als der Stein zu Boden fiel, stieg er ihm nach, zeigte ihn dem Älpler und fragte: »Glaubt ihr, dass dieses unscheinbare Steinchen mehr wert ist, als die schöne ›Trychelchüeh‹, welcher der Wurf gegolten hat?« »Ach was!« brummte der Kuhhirt, »solche Steine finde ich genug.« »Wohl kaum,« erwiderte ernst der Steinsammler. Nach und nach trat die Versuchung an den Senn heran, und er stahl von den kostbaren Steinchen ein Habersäcklein voll, die Gewissensbisse mit dem Gedanken beschwichtigend, der Fremde werde es kaum merken und genug andere finden. Der Betrogene machte am Abend keine Miene, als ob er etwas von seinem Verluste bemerken würde. Es nahte der Herbst. Der Venediger bezahlte, und zwar gut, und nahm Abschied von den Älplern. Der Senn fragte ihn nach dem Ziele seiner Reise und vernahm, dass zu Venedig seine Heimat sei. Als die schöne Alpzeit vorüber war, nahm auch der Senn seinen Habersack mit den entwendeten Steinen auf den Rücken und den Weg unter die Füsse und wanderte dem fernen Venedig zu. Die Reise war lang, und es wurde dem unerfahrenen Urner bang, er möchte mit seinem Schatz einen schlechten Profit machen. Doch endlich erreichte er die Stadt im Meere. Verlegen wanderte er in der Stadt umher. Da rief ihn auf einmal aus einem schönen Haus ein kleiner Mann freundlich an und lud ihn ein, bei ihm einzukehren. Der Urner erkannte ihn auf den ersten Blick und fuhr erschrocken zusammen. Es war sein Sommergast! Er wollte sich aus dem Staube machen. Doch der Venediger drang in ihn: »Ich weiss schon, was euch drückt,« meinte er gütig, »aber deswegen soll euch nichts geschehen. Kommt, ich werde euch in dieser Stadt von grossem Nutzen sein können.« Endlich nahm der misstrauische Sohn der Berge das Anerbieten an und betrat das gastliche Haus, wo er mit aller Zuvorkommenheit und Liebe aufgenommen wurde. »Gehet jetzt,« sagte der stadtkundige Mann zu seinem unbeholfenen Gast, »mit euern Steinen noch soviele Häuser weiter, dann werdet ihr ein Gebäude finden, über dessen Stiegen Lehnen von lauterm Golde hinaufführen. Dort kehret ein, zeiget euere Steine und saget, sie sollen euch den Wert dafür geben!« Richtig, der Senn findet den Palast. Man füllt ihm daselbst seinen Habersack mit funkelnden Goldstücken und entlässt ihn. Aber sein Lehrmeister schickt ihn nochmals zurück: »Saget ihnen, ihr habet den Wert noch nicht; sie sollen euch den gehörigen Preis auszahlen, sonst werde ein Anderer kommen und mit ihnen sprechen.« Zum zweiten Male wurde ihm der Habersack mit Gold gefüllt. Als er ihn seinem Gastgeber zeigte, meinte dieser: »Es ist zwar immer noch nicht der volle Wert, allein wir wollen jetzt zufrieden sein; für euer Leben habt ihr ja genug; kommt jetzt mit mir und nehmet euern Habersack mit!« Sie stiegen nun miteinander in einen tiefen Keller hinunter. Dem Senn wurde angst, und beklommen schaute er den Venediger an. Doch dieser sprach in herzlichem Tone: »Habet keine Angst! Ich weiss ja wohl, dass ihr die Steine mir entwendet habt, aber deswegen zürne ich euch nicht im Geringsten. In euerer Alp habe ich mehr als genug Steine gesammelt und habe ein grosses Vermögen daraus gelöst. Ihr seid immer gut und freundlich gegen mich gewesen. Aber das muss ich euch sagen: ›Tuet diese Reise nie mehr!‹ Denn ihr sollt wissen: Hättet ihr in dieser Stadt nicht an mir einen guten Freund getroffen, so wäret ihr nie mehr aus Venedig lebendig herausgekommen!« Nach diesen Worten öffnete er eine Falltüre im Boden, nahm das Geld des Urners und warf es in die dunkle Tiefe hinunter. Da drunten rauschte und brauste es, wie wenn ein grosser Bach vorüberfliessen würde. Dann nahm er seinen Gast, der nun glaubte, er habe das schöne Geld für immer verloren, an der Hand und führte ihn wieder in das Haus hinauf, indem er zu ihm sagte: »Wir wollen jetzt sehen, wo euer Geld schon ist.« Und er führte ihn zu einem grossen Spiegel und hiess ihn hineinschauen. Darin erblickte der erstaunte Älpler einen fremden Mann, der gerade seinen Habersack zu seinem, des Älplers, Häuschen trug und dann hinter der Stubentüre abstellte. Noch bewirtete ihn sein edelmütiger Freund reichlich mit Speise und Trank und schickte ihn dann auf die Heimreise, die merkwürdig rasch und leicht von statten ging. In seinem trauten Heim fand er den gut verschlossenen Habersack mit dem Gold unversehrt hinter der Stubentüre. Die Frau hatte zwar den Mann, der ihn gebracht, gesehen, aber nicht erkannt; schweigend, sagte sie, sei er sofort wieder umgekehrt. Daniel Imholz, 50 J. alt, Unterschächen b) Nach anderer Erzählart sah der Älpler im Spiegel, wie seine Frau zu Hause den Kindern die Haare kämmte und dabei weinte. – Zuletzt führte ihn der Venediger in ein kleines, finsteres Gemach und sprach zu ihm: »Lahnd-ich's nitt la grüsä, wennd's scho ä chly rumplet! Sobald d'Tirä-n-üffgaht, springet gleitig üsä!« Dann verliess er ihn. Einige Augenblicke vernahm der Älpler ein furchtbares Gepolter; plötzlich ging die Türe auf, und er sprang hinaus. Und siehe, es war die Hüttentüre, durch die er in seine Alphütte hineinsprang. Zacharias Imholz, Spiringen, 40 J. alt c) Der ihn gastierende Senn stahl ihm drei der Goldsteine, um ein Muster zu haben. Weil er sonst den Fremden gut gehalten, verzieh ihm dieser und nahm ihn gütig auf, als er hernach auch mit Goldsteinen nach Venedig kam, und beschenkte ihn reichlich. Dann musste er sich auf einen Stuhl setzen, worauf der Venediger zu haspeln und zu drehen begann, dass der Urner meinte, das Haus drehe sich mit ihm. Plötzlich sah er sich nach Hause in die Fellenenalp versetzt. (Gurtnellen.) d) Der Herr in Venedig war freundlich mit dem Senn und sagte: »Iähr sind i der Alp äu güet gäg-mer gsy. Iähr hem-mer von allem ggä, was iähr gha hennt, ohni us-em schwarzä Chibäli (Käslab) nitt.« – »Es wäre gefährlich, mit soviel Geld zufuss nach Hause zu reisen. Gehet jetzt in diese Kammer, stellet weder Stock noch Tornister ab und laufet die ganze Nacht in der Kammer herum. Wenn ihr dann denkt, es sei Morgen, leget euch ins Bett, das ihr da sehet.« Der Senn befolgte alles. Wie er sich ins Bett legte, so lag er auf einmal zu Wassen unter dem Bogen auf der Strasse. Wäre er nur noch wenige Schritte länger in jener Kammer gelaufen, so wäre er im eigenen Hause gelegen. Jos. Baumann, Gurtnellen, 68 J. alt e) Es war im obersten Bristenstäfeli beim Seeli. Der Venediger war nur so ein Zottermandli, d.h. in zerlumpter Kleidung, als er auf der Alp erschien. – In Venedig gab er dem Urner in einem Gutterli eine Flüssigkeit und sagte, wenn er müde werde und schläfrig, solle er davon einen Schluck nehmen, dann werde er wieder munter sein. Nach dem dritten Male aber solle er sich ruhig niederlegen und den Schlaf erwarten. Er tat so und erwachte zu Hause bei seiner Frau im Bette. Jos. Maria Epp, Kreuzsteinrütti f) Das Mandli kam mehrere Jahre; war klein und in zerlumpten Kleidern wie ein Fechtbruder. Der Kuhhüter begleitete ihn oft, und einmal ereignete sich auch die Szene mit dem Steinwurf. Der Senn sammelte nach und nach auch Steine. Der »Vinediger« lud ihn im letzten Jahre beim Abschied ein, mit seinen Steinen auch einmal nach »Vinedig« zu kommen usw. (fast genau wie auf Chammli). »Möchtest du sehen, was die Deinen zu Hause machen?« Der Senn musste dem Vinediger auf den linken Fuss stehen und über dessen rechte Schulter in einen Spiegel schauen. Da sah er zu Hause die Familie beim Zmorgetessen am Tisch, und die Mutter flocht einem Mädchen grad den Haarzopf. Joh. Jos. Zgraggen, 60 J. alt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Venediger (Bürchen)

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Man erzählte von einem Venediger. Der musste aus seiner Vaterstadt fliehen, weil er etwas angestellt hatte. Er verstand sich mit den Zwergen sehr gut und hauste auch mit ihnen. Den Birchnern versprach er eine Kette aus Gold, die um ganz Bürchen herumführte, wenn sie ihn als Burger annähmen. Sie waren aber nicht dazu gewillt. So musste er wegziehen. Als er unten beim Rotten war, warf er ein Fläschchen von der Brücke hinunter, und das Wasser trennte sich sogleich in zwei Teile. Jetzt hätten ihn die Birchner wieder gerne angenommen, weil sie sahen dass er mehr konnte als andere. Jetzt, ob’s stimmt? Es ist nicht gerade Heilige Schrift! BÜRCHEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Venediger im Arni-Loch

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a) Mitten in der Alp Arni ob Engelberg ist das Arniloch, eine Höhle. Schon vor Jahrhunderten sprach der Volksglaube von den reichen Goldschätzen dieses Loches und Goldgräber aus Venedig sollen oft hier ungeheuern Reichtum erlangt haben. Einst kam auch ein solcher „Venediger" in die Alphütte zu Arni und verlangte von den Älplern einen Begleiter, um ins Arniloch zu steigen. Allein dieselben weigerten sich standhaft, bis ein junger Handbube hervortritt und keck erklärt, er wolle schon mit. Der Venediger nahm ihn mit, zündete vor dem Eingang in das Loch zwei Wachskerzen an und verbot dem Burschen bei Leib und Leben, was er auch sehen möge, kein lautes Wort zu reden. Darauf nahm er ein dickes, grosses Buch und fing an darin in einer fremden Sprache allerlei zu lesen. Plötzlich entstand ein furchtbares Knistern und Donnern in der Tiefe, so dass es dem Buben zu fürchten anfing. Der Italiener las fort, da steigerte sich aber das unterirdische Getöse immer mehr, bis dem Buben ein jäher Schrei des Schreckens entschlüpfte. Augenblicklich folgte ein furchtbarer Donner, der Knabe wurde aus der Höhle geschleudert und fiel in schrecklichen Sätzen über Felsen und Bäume in die Tiefe. Die am Ausgange der Höhle harrenden Älpler hatten ihn gesehen und den Donner gehört. Sie eilten ihm nach und trugen ihn für tot in die Hütte. Der Bube erholte sich aber und konnte das Verbot des Italieners und seinen Schrei erzählen, mehr war er nicht im Stande, er blieb zeitlebens ein sogenannter „Noggel" (Blödsinniger). Von dem Venediger wurde nie mehr etwas gesehen.   b) Das Arniloch hat 1667 Loretus untersuchen wollen. Mit viel Anstrengung hatte er es eben erreicht. Doch wie er vor der Höhle steht, da hört er einen Tumult und Menschenstimmen, während doch meilenweit niemand da sein konnte. Zugleich fielen von den Felsen Eiszapfen und Schneemassen in einer Menge auf ihn herab, dass er sofort den Rückzug ergriff.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Der Venediger in Sörenberg

Source: Der Venediger in Sörenberg

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In Sörenberg, an der Quelle der Waldemme, die wie viele andere Flüsse des Emmentals Goldsand führt, erschien Jahr für Jahr ein Goldmacher aus Venedig. Die waren ja früher überall, wo es Gold zu gewinnen gab. Ganze Fuder goldhaltigen Gesteins, das nur der Kenner zu entdecken vermochte, soll er allemal mit sich über die Berge geführt haben. Beim Suchen war ihm meistens ein Sörenberger Geissbube behilflich, der Wege und Stege des Tales kannte. Auf ihren Streifzügen übernachteten beide gewöhnlich auf einem Heustock. Einst lud der Venediger seinen Gehilfen ein, mit ihm nach Venedig zu kommen. Der Knabe lehnte ab, versprach ihm aber, er werde ihn einst besuchen und eine ganze Ladung selbstgesuchter Goldsteine nach Venedig bringen. Der Goldmacher zweifelte, ob ihm eine solche Reise gelingen werde, nahm aber den Vorschlag dankend an und kehrte über die Alpen nach Italien zurück. Im Umgang mit dem Fremden hatte der Hirtenknabe auf alles wohl geachtet, und er war wirklich imstande, echte Goldsteine von unechten zu unterscheiden. Aber das Ausscheiden des edlen Metalles blieb ihm ein Geheimnis. Mit einer schönen Ladung machte er sich eines Tages auf den Weg, kam bis Venedig und dort in das Quartier der Goldmacher. Als unberufener Zeuge der geheimen Kunst wäre er aber da unfehlbar ums Leben gekommen, hätte nicht sein überraschter Freund sich seiner angenommen und ihn in sein Haus geführt. Er machte ihm klar, dass es für ihn ratsam sei, wenn er Venedig sobald wie möglich wieder verlasse und heimkehre. Am Abend bewirtete er ihn wie einen vornehmen Gast und beschenkte ihn so reichlich, dass er fortan ein wohlhabender Mann war. Auch zeigte er ihm seinen Palast. Was den Hirtenbuben weitaus am meisten fesselte, das war ein Glas, das der Goldherr Bergspiegel nannte. Als er hineinguckte, traute er seinen Augen kaum. Er sah, wie seine Leute daheim im selben Augenblick gerade beim Nachtessen sassen. Als es Zeit war, sich zur Ruhe zu begeben, führte der Venediger seinen Gast in einen Raum mit einem prunkvollen Bett. Als er sich niederlegen wollte, durfte er die Kleider nicht ausziehen. Der Goldherr befahl ihm, seine Reisetasche, worin die Geschenke sorgfältig verpackt waren, umzuhängen und den Reisestecken im Arm zu behalten. So schlief das Bürschlein ruhig ein und erwachte nicht im Palaste seines Freundes in Venedig, nein, sondern auf dem Heustock daheim in Sörenberg. Der Goldmacher hatte ihn mit geheimer Kunst während der Nacht in die Heimat gezaubert. Emmentaler Sagen, Hermann Wahlen, 1962 Gute Schriften Bern Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Venediger und die Gemsjäger

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Noch ganz wohl mag ich mich erinnern, dass im Gasthof zu Unterschächen ein Venediger sich aufgehalten hat. Während dieser Zeit geschah es, dass drei Unterschächner, der Schlätterchämpfli, der Hälferhansi und noch einer, mit der Büchse, das heisst: auf die Gemsjagd gingen. Auf ihren Streifereien stiessen sie auf eine Gand, und darinnen glitzerten und schimmerten die Steine wunderbar. »Das müssen köstliche Steine sein«, dachten sie und fingen an, ihre Säcke damit voll zu packen, bis einer sagte, sie wollten doch Gemsen schiessen und nicht Steine sammeln; die seien ihnen ja nur im Wege. Jetzt schleuderten sie die meisten wieder weg und gingen auf die Gemsen los. Sobald sie eine oder zwei geschossen, machten sie sich auf den Heimweg. Dem Venediger im Gasthofe zeigten sie die gefundenen Steine. »O, iähr torechtä Mannä!« rief dieser aus, »hättet iähr deerä Stei gsüecht, statt da Gämsehänä z'passä; rych Mannä wäred-er!« Als sie am nächsten Tage wieder auf die Suche gingen, konnten sie die Gand nicht mehr finden. Theresia Gisler, 73 Jahre alt, Spiringen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Venetianer und der Weisstanner

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In der Zeit der mailändischen Kriege bewirtete einstmals ein Venetianer einen jungen Weisstanner aufs köstlichste. Als sie mit Essen und Trinken fertig waren, fragte er seinen Gast, ob er denn das alte Kräutermännchen im grauen Rock gar nicht mehr kenne, das in seines Vaters Hause stets Nachtlager und Speise erhalten und einen braunen Krug getragen habe. Er selbst sei das Männlein gewesen. Nur noch zweimal werde er den Krug füllen und es dann nicht mehr vonnöten haben. Da nun der Venetianer merkte, dass durch diese Erinnerung an die Heimat in dem armen Jungen das Heimweh rege ward, brachte er einen Bergspiegel herbei und zeigte ihm zuguterletzt seine Eltern uud Geschwister daheim zu Weisstannen, wie sie gerade in der Stube zum "Chli z'Obet" versammelt waren. Der Anblick besänftigte gar wunderbar das Heimweh. H. Herzog, Schweizersagen Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 255, S. 134f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Venetianer und der Weisstanner

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Zur Zeit der mailändischen Kriege bewirtete einstmals ein Venetianer einen jungen Weisstanner auf das Köstlichste. Als sie mit Essen und Trinken fertig waren, fragte er seinen Gast, ob er denn das alte Chrütermandli im grauen Rock gar nicht mehr kenne, das in seines Vaters Hause stets Nachtlager und Speise erhalten und einen braunen Krug getragen habe. Das sei er gewesen. Nur noch zweimal werde er den Krug füllen und es dann nicht mehr vonnöten haben. Da nun der Venetianer merkte, dass durch diese Erinnerung an die Heimat dem armen Jungen das Heimweh rege ward, brachte er einen Bergspiegel herbei und zeigte ihm zu guter Letzt seine Eltern und Geschwister daheim zu Weisstannen, wie sie gerade in der Stube zum Chly-z-Obet (dem Abendsegen) versammelt waren. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Der verbannte Fuchs

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Bei den Leuten1 in der Lehmatt im Schächental kam »es« jede Nacht in den Hühnerkrummen. Mitten in der Nacht entstand unter dem Federvolk ein mächtiger Lärm; die Hühner gackerten und flatterten wild durcheinander, dass niemand mehr schlafen konnte. Kein Mensch wusste, was da regiere, aber mit natürlichen Dingen konnte das nicht zugehen, soviel leuchtete jedem ein. Auf den Rat eines Nachbars steckten sie endlich ein Messer, die Schneide oder die Spitze nach oben gerichtet, in den Boden des Hühnerstalls, und von dieser Zeit an hatten die gefiederten Haustiere Ruhe. Aber jetzt kam es in den Gaden unter das Rindvieh, gerade wie vorher unter die Hühner. Die geplagten Leute gingen zum Pfarrer; aber der wollte sich der Sache nichts annehmen und wies sie zu den zaubergewaltigen Kapuzinern in Altdorf. Deren frömmster kam in die Lehmatt hinauf, die zwei Stunden ob Spiringen an den Bergabhang sanft sich anlehnt; bevor er sich an Speise und Trank erlabt, rückt er dem Spuk auf den Leib; wie er unter der Gadentüre steht, da stürzt plötzlich ein wilder, brennend roter Fuchs hervor, dem Kuttenmann zwischen den Beinen hindurch und über die Wiese einem steilen Rübital zu. Dorthin bannte jetzt der Pater den Geist, oder was es war, der das Vieh beunruhigt hatte, und befahl den Leuten, daselbst ein Kreuz zu errichten. Das taten sie, und das Zeichen der Erlösung steht heute noch dort (19. Jahrhundert). Kath. Gisler-Müller, 70 J. alt, Altdorf Wenn man ein Messer mit der Schneide oder mit der Spitze nach oben gerichtet aufstellt, heisst es, das sei den Hexen gerichtet, der Teufel oder die Hexe tanze darauf; aber anderseits auch: das syg der Herrgott 'tratzet, das tue Gott leid, tue den armen Seelen weh usw. Fußnoten 1 Die Angehörigen dieser Familie wollen von der ganzen Geschichte nichts wissen. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der verbannte Geist der Frau Pfarrer

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Samuel Schmid amtete 1728-1771 als Pfarrherr in Sevelen. Ihm starb die Gattin. Was sie verbrochen hatte, weiss man nicht; aber von ihrem Tode an war es nicht mehr geheuer im Pfarrhofe; ein sonderbares Wesen trieb mit den Hausbewohnern nächtlichen Spuk. Der Geist der Frau Pfarrer ging jedenfalls herum. Da mutsste Abhilfe geschaffen werden. Ein Mann, der mehr konnte als andere Leute, verbannte den Geist in die Täscha, in ein Gut am Seveler-Berg, in prächtiger Lage, jedoch von andern Wohnstätten weit entfernt. Dort ist der Geist ruhig und unsichtbar; Menschen bemerken nichts mehr von ihm. Wenn aber ein Senne das Heu zum Drauffüttern kauft und mit einem Hunde im Futterhüsli einzieht, so bellt dieser alle Wände an und in alle Winkel hinein, so dass es einem ganz unheimlich wird. Der Besitzer des Gutes muss das Klafter Heu immer einige Franken billiger geben als andere, sonst kann er es nicht verkaufen. Heinrich Hilty. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 147, S. 70 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der verbannte Spieler

Source: Der verbannte Spieler

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In den Frau Verenenberg beim Dorfe Menzingen versetzt die Sage den unseligen Spötter und Spieler von Willisau. Es waren drei Kriegsgesellen im Luzerner Landstädtchen Willisau beisammen und spielten um ihren Solddukaten. Einer der Spieler, Hans Schröter, verlor all sein Gut und als er zum letzten Spiel ansetzte und die Würfel auf den runden Tisch warf, verlor er seinen letzten Heller. Voll Zorn stiess er gotteslästerliche Verwünschungen aus und warf seinen Kriegsdolch gegen den Himmel. Da fielen fünf rosarote Blutstropfen auf den Spieltisch. Sie flössen aus dem Leib des Herrn und die drei Spieler erbleichten ob dem göttlichen Wunder. Wie sie noch voll Schrecken auf die roten Blutstropfen starrten, schwirrte eine Teufelsgestalt durch die Luft, packte den unglückseligen Schröter, drehte ihm den Hals um und fuhr mit ihm durch die Lüfte davon. In Frau Verenenberg zu Menzingen wurde der frevle Spieler gebannt und muss nun dort seine Untat büssen. Die andern zwei Spieler bemühten sich den Tisch von den Blutspuren zu waschen, aber ihr Mühen war umsonst. Streit entstand und im Zweikampf fiel einer von ihnen tödlich nieder, der andere floh und verdarb elendiglich nach langen qualvollen Jahren. Vom verbannten Hans Schröter hörte man früher im Zugerland noch oft erzählen. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 71 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der verborgene Schatz auf Alt Schloss

Source: Der verborgene Schatz auf Alt Schloss

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Häufig wurde auch von einem Schatz gesprochen, der in einer Kiste unter dem Burghügel vergraben liege. Es sei vor vielen Jahren hier schon einmal gegraben, aber nichts gefunden worden. Spitzburg Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der verfolgte Geisterseher

Source: Der verfolgte Geisterseher

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In Grossdietwil sei ein Mann gewesen, der die Gespenster gesehen habe. - Sei er aber in der Fronfastennacht nach Betglocken vor das Haus gegangen, so haben ihn die Gespenster fortgetrieben über Stock und Stein, gewöhnlich über den Näbetsbergwald. Ohne Rast und Ruhe musste er gehen, bis er sich am Morgen gewöhnlich weit vom Hause entfernt in einem Walde losgelassen fand, und darnach mehrere Tage das Bett hüten musste.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Der vergessene Melkstuhl (Mundart)

Source: Der vergessene Melkstuhl (Mundart)

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Der Christa Chüng vu Wyßdannä ist eimol ä paar Tag nou der Abfahrt us der Alp wider uffi, na gschwing ä vergässnä Mälchstuel ge houle. Wiener der glich Oubet wider ahä will, chunt-a-fürchtigs Wätter, aßer dijoub hät müeße-n-übernachtä. Es ist alls gsieh we usgstorbä und müslistill in der Hüttä. Das Ding ist em gli z'langwilig wordä; er verrigglet d'Tür und gout dur ds' Leiterli uffi uf d' Tril ins Heulager, bättet-n-Vaterunser und schlouft denandernou i; er ist müed gsi. Gage Mitternacht köürt er nämmes in der Hütte nidä. Er schielet ahi und gsieht ä paar mächtig Manä zur Tür ihä chu. Sie schlund Für, machend Liächt, wärfend ä Hufä Holz in d' Fürgrueb, zündens a, hinggen ds' Chessi über und fangend a cheisä, wewoll, kei Tröpfli Milch mei im Chäller gsi ist. Der Christa hat kei Schnüfti tuä uf der Tril, as me nä nit merggi. Es häl aber keinä kei Bligg uffi gworfä. We si grä gsi sind mit Cheise, stellen si ä Muttlä voll Schottä-n'uffä Tisch, und eine lueget gäget Tril uffi und rüeft: "Se, chum jetz ahä, Christä, und iß mitis Schottä!" Der Christä-n-ist bachnaß gsi vu Angstschweiß und hät si nit verbräut. Duä köürt er einä dur ds' Leiterli ufächu. Där gglaret di armä Christä-n-a wenä gstochnä Bogg und seit: "Winn du vorem Ischloufe kei Vaterunser bättet hettist, bruchtist der Mälchstuel nümmä!" Uf eimoul ist Für und Liächt we usblousä. Si tappend wider ussi, we si chu sind, und der Christä-n-ist vor lutter Müedi wider igschloufä. We der Tag afout lütterlä, erwachet er, stigt ahä vu der Tril und hat kei Spürli vum ganze Spedaggel meih gsieh, kei Gneistli Für in der Grueb, kei Chessi, weder Muttlä na Schotiä und d'Tür iwindig verrigglet, wes är nächtig selber gmacht ka hät. Wiener si affä-n-ä chlei erhoult ka hät vu dem Schreggä, macht er si ufe Heiwäg mit sim Mälchstuel. Z'Wyßdannä nid hindse schiär nimmä bschinnt; si Hour sind di sälb Nacht chatzgrau wordä. Albrecht, Erinnerungen Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 259, S. 139f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der verhängnisvolle Traum

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Dem Niggi Eggel in Weingarten träumte drei Nächte nacheinander, auf der Rhonebrücke bei Sitten werde er sein Glück finden. Der Niggi lachte über den Traum und erzählte ihn seiner Frau. Diese aber sagte, es sei doch sonderbar, dass er grad dreimal nacheinander dasselbe geträumt habe, das müsse schon seine Bedeutung haben und sie rate ihm, dem Traume nachzuforschen und eine Wallfahrt zum St. Peterskirchlein zu unternehmen, unterwegs werde er über die Rhonebrücke kommen und dann sehen, ob sie recht habe oder nicht. Der Mann hatte schon lange im Sinne gehabt, eine Wallfahrt auszuführen, und so machte er sich ohne langes Besinnen auf die Reise. Vor dem Städtchen Sitten kam er ganz richtig über die Rhonebrücke, aber so sehr er auch die Augen aufsperrte, so bemerkte er doch nichts Besonderes an dem Rhoneübergang. Auf dem Rückweg besah er sich wiederum die Brücke und diesmal etwas genauer. Aber er fand wiederum nichts Apartes, es war eine Brücke aus Balken und Laden gezimmert, wie man sie im Wallis überall findet, sogar über tiefen Schluchten, wo es schauerlich hinabzusehen ist. «Träume sind halt doch nur Träume», sagte er. Da kam ein Mann von der andern Seite, der ihn fragte, ob er etwas verloren habe auf der Brücke. Niggi lachte und sagte nein, aber es habe ihm etwas ganz Dummes von dieser Brücke geträumt, nämlich, er werde hier sein Glück finden. Der andere lachte auch und sagte, er solle sich um einen solchen Traum nur nicht kümmern, ihm hätte auch geträumt, in einem alten Häuschen in Weingarten, im Keller neben dem Stutt (Stütze) liege ein Schatz begraben. Nun wisse er nicht einmal, wo dieses Weingarten liege, geschweige denn das Häuschen, und des­halb lasse er sich eines solchen Traumes wegen keine grauen Haare wachsen. Der Niggi Eggel steckte den Zeigefinger in den Mund und sagte nichts darauf; er machte ein nachdenkliches Gesicht und schritt fürbass. Er beeilte sich, nach Hause zu kommen, denn es schwebte ihm vor, der Mann auf der Rhonebrücke könnte von seinem Häus­chen geträumt haben, und in seinem Keller möchte der Schatzliegen. Zu Hause angekommen, eilte er mit einem Pickel und einer Schaufel in den Keller, bevor er nur der Frau guten Abend gewünscht hatte, und als er das Werkzeug mit allen Kräften in den Boden schlug, prallte es an einem harten Gegenstande ab. Er schaufelte die Erde weg, und nun kam eine Steinplatte zum Vorschein und darunter ein irdener Topf voll der schönsten Goldstücke. Er nahm das Gold hin­auf in die Stube, zählte es und versteckte es hinter dem Bette. Kei­nem Menschen sagte er etwas von dem herrlichen Schatze. Auf der Rhonebrücke bei Sitten hatte er wirklich sein Glück gefunden. Nun riss er sein altes baufälliges Häuschen nieder und richtete ein anderes an dessen Stelle auf, das er einen Stock höher baute, mit ausladendem Dache, damit es vor Sonnenbrand, Sturm und Regen geschützt sei. Bald aber fingen die Leute an zu munkeln und zu raten, wo der arme Niggi das Geld dazu hergenommen habe, und es hiess, das könne er nur gestohlen oder vom Teufel erhalten haben. Und eines Tages wurde er vor Gericht geladen. Die Richter erbten damals einen Teil vom Vermögen der zum Tode Verurteilten, und so lag es in ihrem Interesse, gegen den Niggi mit aller Härte vorzugehen. Der arme Mann wurde in den Turm geworfen, des Diebstahls und der Zauberei beschuldigt, und da sich ein ganzes Dutzend von Zeugen fanden, die gegen ihn auftraten - denn schlechte Leute finden sich überall - sollte er auf der Folter seine Schuld eingestehen. Er erzählte ehrlich, wie er zu dem Gelde gekommen sei, aber niemand glaubte es ihm. Zuerst wurde er nur leichten Foltern, der Daumenpresse und dem Fusseisen ausgesetzt, dann schweren und zuletzt ganz schmerzvollen Martern. Zwischen den Foltern wurde ihm Zeit gelassen, sich auf seine Missetaten zu besinnen. Diese Pausen gönnte man den Verurteilten nur, damit sie sich erholen und wieder neue schreckliche Foltern zu ertragen vermöchten. Unterdessen machte die Geschichte von dem merkwürdigen Traum und den gehobenen Schätzen die Runde durchs Land, gelangte auch nach Sitten und kam zu den Ohren des Unbekannten, der dem Niggi auf der Rhonebrücke begegnet war und ihm von seinem Traume und dem Schatze zu Weingarten erzählt hatte. Er war ein braver Mann, dem es ans Herz ging, dass ein Unschuldiger den Martertod erleiden sollte. Er reiste sofort ins Oberwallis und legte sein Zeugnis ab für den unglücklichen Niggi. Der Arme war eben wieder in die Folter­kammer geschleppt und dort schrecklich zugerichtet worden. Sofort wurde Befehl gegeben, ihn frei zu lassen, aber die Freiheit kam zu spät. Er wurde mit gebrochenen Gliedern und entstelltem Gesicht, den Todesschweiss auf der Stirne, in einer Handwanne nach Hause gebracht, wo er drei Tage später gestorben ist. Quelle: Johannes Jegerlehner: Walliser Sagen, Hans Feuz Verlag Bern, 1959 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der verhexte Kuhstall

Source: Der verhexte Kuhstall

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In Montenach (Montagny-la-Ville) hatte in den 40-er Jahren des 19. Jahrhunderts ein Bauer immer Unglück im Stall. Die Kühe gaben öfters am Morgen keine Milch oder nur verdorbene; dann wieder fand man sie in ihre Halfter zu zweit ineinander verwickelt, oder sie wollten nicht fressen. In einigen Nächten brüllten sie vor Angst auf. Der Bauer holte in Altenryf einen Pater, mit dem er verwandt war. Der betige, fromme Ordensmann hatte dem Bauern schon in manchen verzwickten Fällen geholfen. Wiederum sollte er diesmal seine Kraft bewähren. Er wurde zum Bauern eingeladen, er solle kommen und den bösen Zauber aus dem Stall entfernen. Nachdem der Pater vom Prior die nötige Erlaubnis erhalten hatte, sagte er gerne zu. Unerwartet schnell traf der Mönch in Montenach beim Verwandten ein. Er blieb einen Tag und eine Nacht im Hause und schärfte allen Hausbewohnern ein, über den Grund seines Besuches sorgsam Stillschweigen zu bewahren. Ebenso streng sollten sie bei der Beschwörung schweigen, was immer auch dabei sich ereignen sollte. Erst zur Abendzeit wollte der Pater die Beschwörung vornehmen. Die jüngeren Leute und die Kinder sollten zur Ruhe gehen und sich nicht beunruhigen lassen. Gegen elf Uhr begab sich der Geistliche, begleitet vom Eigentümer und einigen handfesten Knechten, in den Kuhstall. Nochmals gebot der Beschwörende absolute Ruhe. Sobald einer ein einziges Wörtlein rede, sei die Wirkung der Beschwörung vereitelt. Alle Anwesenden gelobten, die Anordnungen des Paters peinlichst zu befolgen. Zuerst mussten sie unter einem Kessel Feuer anzünden und das Wasser heiss machen. Der Mönch tat einige Kräuter hinein und liess sie sieden. Dann mussten die Männer ein paar Eisenstäbe im Feuer glühend machen und sie den verhexten Kühen auf den rechten Schenkel legen. Dieser sonderbare Befehl wurde auch ausgeführt, und es war gar verwunderlich! Die glühend heissen Eisenstäbe verbrannten die Haut der Tiere gar nicht. Aber während die Knechte die Anweisungen des Beschwörers ausführten, hub draussen ein Rollen und Lärmen an, wie wenn mehrere Heuwagen am Haus vorbeirollten. Eingedenk der erhaltenen Mahnung, schaute keiner der Männer hinaus, und keiner getraute sich, den andern etwas zu fragen. Zwei volle Stunden dauerte die Beschwörung. Der fromme Mönch hatte die ganze Zeit hindurch in seinem Buche eifrig gebetet, während die Knechte seine Anweisungen ausführten. Der Bann war jetzt gebrochen. Die Tiere blieben ganz ruhig. Bevor der Pater noch vor dem Anbruch des Tages wegzog, teilt er dem Bauern mit, er werde in der Frühe unter der Krippe der verhexten Kühe einige Häuflein Asche und Holzspäne vorfinden. Er solle diese Sachen einfach ins Feuer werfen. Das tat der Mann auch. Einige Tage nachher geschah es, dass ein Mann in die nahe Sandgrube hinabstürzte und tot liegen blieb. Als man den Verunglückten untersuchte, fand man auf seinem Körper die gleichen Brandmale, wie sie vorher die Knechte den Tieren aufgedrückt hatten, sogar im Gesäss fand man das Feuermal. Kein Zweifel, der Tote war der Hexenmeister gewesen, der des Bauern Stall und Vieh verhext hatte. Eilig begrub man die Leiche des Zauberkünstlers am gleichen Ort, wo sie gefunden worden war.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der verhexte Stier

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Auf einer schönen Alp am Talend draussen hatte man eines Sommers einen riesigen Stier. Er war, wie üblich, beim Stalleingang der erste in der langen Reihe des Rindviehs. Wie die meisten Alpstiere, bekam er im Alter auch seine Faxen in den harten Grind, und es wäre ihm sicher eingefallen, einen Unbefugten, der sich ihm im Stall genähert hätte, mit seinem gewaltigen Körper an der Wand zu erdrücken. Eines Abends, es war ganz hinten drin im Herbstmonat, waren der Käser und der Küher, die ein Alpzeug allein unterhänds hatten, in der Hütte. Alle Arbeit war getan. Das hohle Sausen des Bergwindes schwoll bald zu fauchenden Sturmstössen an. Das Vieh, vom Muni bis zum jüngsten Kalb, war wohl versorgt und stand in Reih und Glied angebunden an der Barni. Mit einem Mal, es finsterte schon unter Tisch und Bänken, klopfte es dreimal wuchtig an die Hüttenwand. Der Käser schaute zum Tagliecht hinaus, keine Seele weit und breit. Dann war es wieder, als klopfe einer an der Hüttenecke Schneeschollen von den Schuhen, und nun schien es, als ob jemand die Tür zöge. Aber im Stall war alles ruhig, nur das Tryssen wiederkauender Kühe hörte man ab und zu. Und jetzt — jetzt jauchzte einer in den Flühen ob der Hütte. Das war keine Täuschung, denn sie hörten es beide in einer schreckhaft stillen Atempause des Hohbergsturmes so klar wie die eigene Stimme. Es war zwar kein richtiges Jauchzen, man konnte nicht sagen, war das eine Weiber- oder Männerstimme. Ein Rechter hatte keine solchen Töne, es war schon eher ein Geräägg. Am andern Morgen war ein ordentlicher Fetzen Schnee, und im Stall fehlte der grosse Muni. Die Seilschlaufe hing vom Barniloch auf die Brügi, war aber fest zugeknotet Die Älpler suchten ihn rings um die Hütte und hörten ihn schliesslich im leeren Zustall lüejen; (zufriedenes Stiergruchsen) die Tür dazu war nagelfest geschlossen, genau wie der Käser sie auf seinem abendlichen Wachtgang angetroffen. Der grosse Muni stand allein in einer Ecke des Zustalles mitten in einem Bündel rösten Bergheus und liess es sich munden. Die Älpler zerbrachen sich über dem Geschehnis nicht die Köpfe; sie wussten, dass gestern Abend im Sturm ein Unrechter umging, der bei Lebzeiten an der Alp etwas verfehlt. Der hatte scheint’s zum rumpelsurrigen Muni hinzugehen dürfen, und nur sein Teufelswerk konnte diesen verhexen und von einem Stall in den andern rücken. An den folgenden Tagen aber nahm die leide Schneefüehri ihren Fortgang; in allen Hütten war kein Halm Heu mehr, und den Berg musste man, unter grossen Mühen, vorzeitig lösen. Die Anteilhaber kamen um zehn Tage Alpgewinn und die Älpler aller Zeuge um den fröhlichen Zittelabend. (letzter Abend auf der Alp) Quelle: Hans Michel, Ein Kratten voll Lauterbrunner Sagen. Wengen 1936. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der verhinderte Kindsmord

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Ein Verheirateter und ein Lediger gingen eines Abends in die Nachbarschaft zu einer Witwe und ihrer hübschen Tochter miteinander ga churzwylä. Sie merkten bald, dass sie nicht wert kamen, blieben aber dennoch und taten dergleichen, als ob sie schliefen. Nach einiger Zeit fragte die Tochter: »Was wollen wir heute abend machen?« Die Witwe sagte, sie wolle des Nachbars Kind töten, eben des Vaters, der jetzt bei ihr war. Die Tochter sagte auch etwas, aber ich weiss nicht was. Die beiden bestrichen aus einem Häfelein ihre Stecken, setzten sich darauf und sagten: »Üff und drüß und fort!« Und weg waren sie, zum Kamin hinaus. Der Vater erschrak und jammerte furchtbar um sein Kind. Aber der ledige Kamerad meinte, er solle es den zwei Wybervölchern nachmachen. Er folgte, bestrich seinen Stock mit Salbe aus dem Häfelein und sagte: »Üff und drüß und fort, aber vill gschwinder!« Eins, zwei, war er fort und zu Hause. »Schnell meinen Säbel her!« rief er seiner Frau, die ihn nach einiger Widerrede holte. Bald kam seine eigene Katze ans Fenster; er öffnete und hieb ihr einen Taapen ab mit dem Säbel. Am nächsten Morgen war es die Hand mit dem goldenen Fingerring der Nachbarin. Sie war jetzt als Hexe ertappt. Frau Jauch-Zgraggen, Gurtnellen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der verloren gegangene Bergbau

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Auch an mehreren Orten des Stürviser-Tales wurde vor Zeiten Bergbau versucht, aber ohne wesentlichen Erfolg. Doch erzählen die Sennen droben von einem »Venediger«, der dort grosse Schätze gegraben habe. Später einmal kam in Mailand der Venediger zu einem Sennen, in dessen Hütte er ehemals gewohnt und vertraute ihm, da er nun Gold genug hatte, zum Danke für seine freundliche Aufnahme, Fundort der Grube und Geheimnis des Goldgewinnes an. - Der Senn kehrte heim, wagte aber nicht, in die unterirdischen Räume zu dringen, und darüber ging das Ganze vergessen und verloren. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der verlorene Sohn

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Im Bergland droben wohnte ein reicher Bauer. Der hatte einen einzigen Sohn. Eines Tages kam der Herr Pfarrer ins Haus und sagte den Eltern, der Bub, der Fridel, sei ein ganz talentierter Bursche, sie sollten den studieren lassen. Es würde sicher etwas Tüchtiges aus ihm. „Ihr meint es gut, Herr Pfarrer“, entgegnete der Bauer, „aber wer soll dann einmal den Hof übernehmen, wenn der Bub ein Gelehrter wird? Ich will mir die Sache noch gründlich überlegen“. Am Abend hielten die Eltern Rat. Der Vater glaubte noch immer, es wäre das Beste, aus dem Bub einen Bauer zu machen. Aber die Mutter entgegnete: „Denk doch, wenn der Fridel Pfarrer würde - oder Dekan - oder sogar -. Nein, ich darfs nicht sagen. Aber stelle dir vor, es wäre dann einmal Chrismet in unserem Dorfe, alle Häuser mit Fahnen geziert, das ganze Volk auf dem Platz versammelt, und dann käme eine feine Kutsche, und unser Bub stiege aus, mit einem goldgestickten Chormantel angetan, die Mitra auf dem Haupte, den goldenen Krummstab in der Hand - und alles Volk kniete nieder, und er ginge segnend durch ihre Reihen, - nein, ich darf nicht weiterdenken; ich glaube, ich könnte selbst im Himmel keine grössere Freude mehr erleben.“ „So weit denke ich einstweilen noch nicht“, antwortete der Vater, “aber ich glaube selber auch, aus dem Bub könnte etwas Grosses werden. Wie wäre es, wenn wir den Versuch wagten und ihn vorerst ein Jahr auf die lateinische Schule schickten? Latein muss einer können, sonst wird er kein Gelehrter. Alles Weitere ergibt sich vielleicht ganz von selber“. Mit diesem Vorschlag war die Mutter freudig einverstanden. Sie begann alsbald dem Fridel sein Bündel zu rüsten, und eines Morgens nahm der Bub Abschied. Der Vater führte ihn mit dem Wägeli in die ferne Stadt. Dort gab er ihm eine „Blater“ voll Gold- und Silberstücke und eine noch viel grössere Menge heilsamer Ermahnungen. Dann kehrte er wieder heim. Der Sohn mietete eine billige Bude und kaufte sich eine himmelblaue, samtene Studentenmütze. Tag für Tag durchwanderte er jetzt die Stadt nach allen Richtungen und fand immer wieder neue Herrlichkeiten, die dem Bauernjungend aus dem Bergland das Herz entzückten.  Bald machte er Bekanntschaft mit andern buntbemützten Burschen. Die lehrten ihn, das Leben von der heitern Seite zu nehmen. Sie besuchten fleissig die Sehenken, leerten die Humpen, sangen allerlei Flausenlieder und brachten des Nachts den schönen Mädchen Serenaden. Dem Fridel gefiel dieses fröhliche Leben über alle Massen. Bald war er der lustigste und witzigste unter allen. Aber die Gold- und Silbervögel flogen einer nach dem andern aus der Blater, und nach einigen Wochen war diese leer. Jetzt liessen ihn die Kumpane im Stich. Fridel ging allein, hungrig und durstig durch die grosse Stadt und zerbrach sich den Kopf, was er nun tun solle. Da erinnerte er sich des verlorenen Sohnes in der Bibel und sprach zu sich selber: „Habe ich nicht gleich gehandelt wie er - mein Geld mit leichtsinnigen Kameraden verschwendet - nichts gearbeitet? Nun muss ich hungern. Soll ich jetzt auch Schweine hüten? Nein, nur das nicht! - Doch, wie geht die Geschichte weiter? Ach ja: Wie viele Knechte im Hause meines Vaters haben Brot im Überflusse; ich aber sterbe hier vor Hunger. Ich will mich aufmachen, zu meinem Vater gehen und ihm sagen: Vater, ich habe gesündigt. - Ja, ich will es auch so machen, will ins Vaterhaus zurückkehren.“ Noch am selben Tage schnürte er sein Bündel und trat die Heimreise an. Aber mit jedem Schritt, der ihn der Heimat näher brachte, entschwand ihm der Mut. Was sollte er Vater und Mutter sagen? Er habe das viele Geld verjubelt, verzecht und die Lateinschule kein einziges Mal besucht? Nein, dieses Bekenntnis brachte er nicht über die Lippen, das wusste er. Also was sagen? Da war guter Rat teuer.Müde liess er sich am Wegrande, im Schatten eines Baumes nieder und dachte nach - dachte nach. Da hörte er über sich ein Vöglein singen. Er schaute hinauf und sah einen merkwürdigen, sichelförmig gekrümmten Ast am Baume. Mitten im Bogen sass ein Fink, äugte zu ihm herunter, schüttelte das Köpflein und schmetterte aus vollem Hals ein Lied. „Das Vöglein will mir gewiss etwas sagen“, dachte Friedel, und horchte gespannt. Da war es ihm, als hörte er es also singen: „Ei, ei, ei, sei nicht so dumm und lüg doch.“ - Jetzt kam dem Bursche ein rettender Gedanke. „Finklein, du hast recht. Ich werde lügen - aber lateinisch lügen.“ Als er nach einer kleinen Weile wieder zum Baume aufblickte, da war das Vögelein fort und der krumme Ast leer. „Der krumme Ast - wie könnte man das wohl lateinisch sagen?“ dachte er. „Ich habs: Chromastus soll das Ding heissen. - Chromastus.“ Freudig erregt stand er auf, hängte sein Bündel um und wanderte weiter. Da fand er auf der staubigen Strasse einen leeren Kornsack. Er hob ihn auf und nahm ihn mit. Im nächsten Dorfe verkaufte er ihn einem Bauer für zwei Batzen. Mit diesem Gelde ging er schnurstracks in die Wirtschaft und liess sich einen Schoppen und ein Stück Brot bringen. Während er beides genoss, dachte er nach wie man dieses Ereignis lateinisch erzählen könnte. Plötzlich lachte er laut auf: „Ich mache es kurz und gut. Alter Sackfundus heisst die Geschichte.“ Neugestärkt verliess der Studios die Schenke und wanderte weiter. Der Weg schien ihm endlos lang, die Sonne brannte heiss, und kein lebendes Wesen begegnete ihm. Endlich kam er zu einem Bauernhaus. Auf der Matte nebenan weidete eine Mähre mit ihrem Fohlen. Das Bild erinnerte ihn an daheim. Er blieb stehen und schaute dem munteren Spiele der beiden Tiere zu. Da fing das „Fili“ an zu galoppieren, zuerst rund um die Mähre herum, dann immer in grösseren Kreisen und rascherem Tempo. Plötzlich stürzte es und trohlte über und über. Aber im Nu stand es wieder auf den Beinen und eilte zur Mutter, die es herzlich liebkoste und leckte. Der Wanderer zog weiter und dachte lange nach, wie er dieses Geschehnis lateinisch ausdrücken könnte. „In Matta Fili-um“, schien ihm endlich das beste zu sein. Die Strasse ging in steilen Windungen bergan. Auf der Höhe lag ein Dörfchen. Von dort nahten zwei Männer mit einem Fuder Heu. Einer lenkte an der Deichsel das Gefährt, der andere folgte hintennach und drehte die Bremse. Langsam kamen sie näher. Auf einmal ging das Fuder schneller und schneller. Der Mann an der Deichsel stemmte mit aller Kraft rückwärts und rief nach hinten: „Sperr, sperr - i mas nüme b’ha!“ Der andere antwortete: „I cha nit! D’ Mekanig ist kaput!“ Immer rascher rollte der Wagen abwärts. Jetzt kam eine Kurve. Der Mann an der Deichsel sprang auf die Seite und liess das Fuder gradaus gehen. Es schoss über den Strassenrand hinaus, überschlug sich ein halbdutzendmal und blieb unten am Hügel liegen, die Räder nach oben gekehrt. Fridel hatte aus nächster Nähe den ganzen Vorfall beobachtet. „Das gibt wie der einen lateinischen Vers“, dachte er im Weitergehen. „Spera caput - Radobus, damit ist alles gesagt.“ Ein lustiges Studentenlied singend durchwanderte er das Dorf. Wie gerne wäre er hier eingekehrt, aber er hatte kein Geld. Also weiter, immer weiter, bald an Kornfeldern vorbei, bald durch schattige Wälder, bald einem plaudernden Bach entlang, so ging der Weg aufwärts den Bergen zu. Die Sonne näherte sich schon dem Horizonte. Fridel war müde und durstig. Da erblickte er etwas abseits der Strasse einen Brunnen, über den eine mächtige Linde schützend ihre Äste streckte. An diesem schönen Plätzlein wollte er eine Weile rasten. Er setzte sich auf den Rand des Brunnens, tauchte die Hände in das kalte Nass und benetzte das erhitzte Gesicht. Dann trank er in grossen Zügen aus dem sprudelnden Quell. Eine wohlige Müdigkeit schlich ihm in die Glieder. Er streckte sich im Schatten des Baumes aus, nahm sein Bündel unter den Kopf und schlummerte ein. Jetzt kam ein hübsches, blitzsauberes Mädchen auf einem Feldwege daher, um Wasser zu holen. Es stellte den Kessel unter die Röhre, und während er sich füllte, erging es sich im Lindenschatten. Doch plötzlich erschrak es heftig. Wer lag denn da im Grase? Wohl ein müder Handwerksbursche - nein, ein Student musste das sein. Die bunte Mütze lag auf seiner Brust. Das Mägdlein trat näher und betrachtete den Schläfer. „Gott, welch ein schöner Bursche das ist, mit blonden Locken, frisch- roten Wangen und weichem Flaum um die Lippen. Atmet er noch?“ Es kniete neben ihm nieder und horchte. Da spürte es einen warmen Atem an seiner Wange. Und plötzlich - ohne dass es recht wusste, was es tat - hauchte es einen weichen Kuss auf des Burschen Mund. Jetzt schlug der Junge seine hübschen Augen auf und blickte die Maid freudig erstaunt an. Sie aber sprang mit schamroten Wangen auf, ergriff den vollen Kessel und eilte von dannen. „Wie heissest du?“ rief er ihr nach. „Regin“, tönte es leise zurück. „Donnerwetter, das ist ein nettes Meitli“, brummte Fridel und leckte sich die Lippen ab. „Die hat ein Schnäbelein, wie Honig so süss. Und Regin heisst sie? - Regina, das ist ein lateinischer Name. Wart, das gibt wieder ein feines Sprüchlein. Ich habs schon. Regina - Hung Schnaboli. Ja, grad so!“ Das reizende, kleine Erlebnis, hatte dem Wanderer alle Müdigkeit weggenommen. Bald singend, bald pfeifend ging er wieder seines Weges. Die Nacht brach herein, und das war ihm gerade recht, denn er nähert sich schon dem Heimatdorfe. Die Leute sollten seine Heimkehr noch nicht erfahren. Spät in der Nacht klopfte er am Elternhause an. Vater und Mutter waren voll Freude, als sie ihren Einzigen wieder sahen. Wie dem verlorenen Sohne, so wurde auch ihm das Beste aus Küche und Keller aufgetragen und ein Freudenmahl gehalten. Doch endlich stellte der Vater die gefürchteten Fragen, was er in der Stadt gelernt habe, und warum er so bald wieder heimgekehrt sei. Jetzt musste der Bub mit seiner Lüge heraus. „Ich habe fleissig Latein studiert und in zwei, drei Wochen gelernt, was andere in soviel Jahren nicht fertig bringen.“ - „Hm, das scheint mir doch etwas flink gegangen zu sein“ zweifelte der Vater. „Lass hören! Erzähle mir auf lateinisch irgend etwas, das du erlebt hast.“ Nun stand der Fridel auf und mit gehobener Stimme und feierlicher Geste trug er vor: “Cromastus Alter Sackfundus In Matta Filium Spera caput - Radobus Regina, Hunc Schnaboli  Oh gaudium!“ Unwillkürlich leckte er bei den letzten Worten in seliger Erinnerung wieder die Lippen. Der Vater aber durchschaute ihn und sprach: „Also ist es doch wahr, was die Leute munkeln, - du habest in der Stadt ein Vagantenleben geführt und nur die Liederlichkeit gelernt. So wie du kann ich auch lateinisch. Fridelibus, jetzt ist’s fertig mit studieribus - jetzt heisst’s wieder schaffibus - morgen schon Mist zettibus“. Das war dem Burschen gerade das Rechte. Gerührt von des Vaters Güte bekannte er: „Ja, Vater, ich habe gesündigt und deine Liebe und Güte missbraucht. Ich habe dein Geld mit liederlichen Kumpanen verjubelt und nichts gelernt. Nimm mich wieder in deinem Hause auf. Ich will schaffen wie ein Knecht und alles wieder gut machen. Ein Bauer will ich werden und kein Gelehrter.“ Jetzt umarmte ihn der Vater und sprach: „So, nun gefällst du mir wieder, Fridel. Mit der Studiererei war ich sowieso immer nur halb einverstanden. Bauern wollen wir sein und bleiben. Bauern!“ Doch über die Freude der beiden flog bald ein dunkler Schatten. Sie dachten an den morgigen Tag, an die Nachbarn und an den blöden Klatsch im Dorf. „Unbrauchbar - durchgefallen - fortgejagt - zu hoch hinaus gewollt“ - so und ähnlich werden die Schlagwörter lauten. Für Schadenfreude, Spott und Hohn brauchte man gewiss nicht zu sorgen. Lange rieten sie hin und her. Endlich fanden sie eine Lösung. Fridel sollte sich noch einige Zeit in der hintern Stube versteckt halten und niemand zeigen. So würden alle Leute glauben, er sei noch immer in der Fremde. Nach einigen Wochen gehe das Sommersemester zu Ende. Dann dürfe er das Versteck verlassen, mit Ehren unter die Mitmenschen treten und diese glauben lassen, er habe Ferien. Doch es kam anders. Am folgenden Morgen spazierte Fridel wie ein Gefangener in seiner engen Kammer herum. Da hörte er, wie draussen, just vor seinem Fenster, der Vater mit dem Nachbar in Streit geriet. Von Hühnern und zertretenem Gras handelte zuerst der heftige Disput. Dann ging er nach und nach in grobe persönliche Beschimpfung über. Endlich sagte der Vater: „Putz du vor deiner Türe - hast dort genug Dreck!“ Der Nachbar schnaubte vor Zorn und rief: „Du - du könntest noch in der Stadt Dreck putzen. Es ist einer dort, der macht nichts als saufen und den Weibern nachlaufen!“ Jetzt hielt der Vater die geballte Faust dem Nachbar unter die Nase. Der aber wich einen Schritt zurück und drohte mit der Hacke dreinzuhauen. Jetzt hielt es der Fridel nicht mehr länger in der „Fremde“ aus. Er riss das Fenster auf, satzte hinaus und hieb dem Nachbar ein paar saftige Ohrfeigen herunter. Der aber liess die Hacke fallen und floh ins Dorf. Dort erzählte er allen Leuten, der Student sei wieder daheim - vielleicht schon lange daheim - wohl fortgejagt worden - der Alte habe ihn in die hintere Stube eingesperrt. Wohl die meisten Menschen machen in ihrem Leben einmal eine Dummheit, die einen schon früh, die andern erst spät. Glücklich wer in der Jugend um diese Erfahrung reicher wird. Sie schützt ihn vor weitern Entgleisungen. Bei Fridel war es so. Als er sein Abenteuer hinter sich hatte, wurde er ein ernster Mann. Unbekümmert um Spott und Hohn und üble Nachrede, ging er seinen Weg, schaffte vom frühen Morgen bis zum späten Abend, nahm den Eltern an Arbeit ab, was er nur konnte und machte ihnen mit jedem Tag mehr Freude. Nach und nach verstummten alle Spötter, und man redete wieder mit Hochachtung von dem jungen Manne. Einmal noch griff er zum Wanderstabe und pilgerte ins Unterland. Dort fragte er in einem gewissen Dorfe vorsichtig nach einer blondzopfigen Maid, namens Regin. Er fand sie, warb um ihre Hand und führte sie als Frau nach Hause. Das ist die Geschichte vom verlorenen Sohn, der ein Pfarrer oder Bischof oder Gelehrter werden sollte und dann ein tüchtiger Bauer wurde, was auch nicht wenig ist.    Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch


by Der vermorgenbrötelte Wald

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Auf der hohen Randenburg ob Beggingen hauste ernst ein schönes Ritterfräulein, das ebenso gütig gegen seine Talleute wie fromm, tugendhaft und häuslich war. Zu seinen vielen Gütern und Besitzungen gehörte auch der holz- und wildreiche Bergwald zwischen Füezheim und Schleitheim, den beide Gemeinden gar zu gerne, jede für sich, zu Eigentum erworben hätten, da sie alle beide damals an Waldboden keinen Überfluss hatten. Das Fräulein von Randenburg aber kannte den Wunsch derer von Füezen und Schleitheim wegen jenes Waldes wohl und wusste auch, dass beide Gemeinden ihn wohl gebrauchen konnten, um ihr Bedürfnis an Brenn- und Zimmerholz besser befriedigen zu können. Sie beschloss daher, dem Wunsche derselben zu willfahren und ihnen eine Guttat zu erweisen, indem sie den Wald zu gleichen Teilen an beide Gemeinden um ein Billiges hingeben wollte. Ort, Tag und Stunde des Ausgebots waren angesetzt, und die Vertreter beider Orte machten sich zu guter Stunde auf den Weg, um frühzeitig genug am Zusammenkunftsort einzutreffen. Die Abgesandten von Schleitheim aber gedachten vor Beginn der Kaufhandlung noch ein gutes Morgenbrod einzunehmen, ließen sich Wein kommen und eine fette Dünne backen. Allein, dabei verspäteten sie sich so sehr, dass bei ihrer Ankunft der Wald bereits verkauft und denen von Füezen ganz zugeschlagen worden war, denn das edle Fräulein hatte es gar ungern gesehen, dass von Schleitheim Niemand zur anberaumten Zeit erschienen war. Also mussten die Abgesandten dieser Gemeinde unverrichteter Dinge nach Hause zurückkehren, die Füezemer erwarben den schönen, großen Bergwald allein und von denen zu Schleitheim hieß es fortan: sie hätten ihren Anteil „vermorgenbrödlet“. (Schleitheim)     Aus: R. Frauenfelder, Sagen und Legenden aus dem Kanton Schaffhausen, Schaffhausen 1933. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Verrat

Source: Der Verrat

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Die Burgherren führten einen ausschweifenden Lebenswandel. Oft begaben sie sich in den Hof mit ihren Gästen und prassten, jubelten, tobten und spielten mit ihren goldenen Kegeln. Während einer solchen Stunde gab eine Magd den empörten Untertanen ein verabredetes Zeichen. Daraufhin stürmten sie gegen das Schloss und bekamen es in ihre Gewalt. U. Adank Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 158, S. 75 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der verratene Mörder

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Handknab und Senn waren beide in ein und dasselbe schöne Mädchen verliebt. Da ging eines Sommers der eifersüchtige Senn und tötete während einer Gewitternacht den Nebenbuhler und warf den Leichnam in den reissenden Alpbach. Als die Leute kamen und nach dem Handknab fragten und suchten, da fanden sie noch einige blutige Kleiderfetzen, und der Mörder sprach keck die Vermutung aus, ein hungriger Wolf habe ihn gefressen. Es war mittlerweile der Herbst ins Land gereist, und das Dörflein am Alpbach feierte Kilbi; auch unser Senn führte die Seine zum lustigen Reigen. Im Tanzhaus gings hoch her mit Träppälä und Geuzä; der Schweiss rann den Lustigen von der Stirne, und Staubwolken hüllten sie ein. Der Senn bekam Durst und ging – die Nacht war mondhell – zum nahen Alpbach, sich am spiegelklaren Wasser zu erquicken. Wie er sich bückt und mit dem Hut das helle Labsal schöpft und zum Munde führt, schimmert ihm aus dem Sand und Gestein des Bachgrundes ein blendendweisses, zierliches Knöchelchen entgegen. Er nimmt's und steckt's als seltene Zierde auf seine Kopfbedeckung. In der Tanzlaube erspäht's auch seine Holde. »Was für ein schönes Elfenbeinchen du an deinem Hute hast!« – »Gefällt es dir, so nimm's!« spricht galant der Senn und ergreift das Beinchen, um es ihr zu reichen. Doch, wie sie's berührt, da blutet's! Vergeblich sucht ihr der totenbleiche Älpler allerlei Erklärungen einzureden; sie berichtet es den Eltern, diese den Verwandten, bald spricht alles von dem blutenden Knöchelchen. Man forscht nach, stellt den Senn zur Rede, und er sieht sich gezwungen, ein Geständnis abzulegen. Der verdienten Strafe konnte er nicht entrinnen. »Das Meitli isch halt mit dem Handchnap nu verwandt g'sy, wäg dem het das Beindli afah bliätä,« meint die Erzählerin, gebürtig von Schattdorf. Frau Wipfli-Herger Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der verräterische General

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Der verräterische General Die Franzosen und die Russen lagen einander an der Limmat gegenüber. Der französische General begab sich zum russischen nach Würenlos, um mit ihm etwas zu vereinbaren. Am Abend trat der nämliche russische General vor seine Soldaten und sprach zu ihnen: „Heute nacht und am folgenden Tage könnt ihr noch ruhig schlafen. Erst übermorgen geht es los!“ Allein der Kampf begann schon am nächsten Tage. Also hat der russische General an seinen eigenen Soldaten den Verräter gespielt, indem er sie an die Franzosen verkauft hat. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Limmattal Aus dem Heftchen „Aus schwerer Zeit, alte Erinnerungen aus dem Limmattale“ von Oskar Lüssi, Dietikon, 1915. Der Verfasser dieser Schrift ging den Spuren der Franzosenzeit nach, die in der Erinnerung alter Leute noch vorhanden waren.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der verschollene Landjäger

Source: Der verschollene Landjäger

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Es war zu Anfang des letzten Jahrhunderts. In unserem Lande regierte Napoleons Willkür. An einem Spätherbstabend wanderte ein junger Soldat in französischer Grenadieruniform der Ärgera entlang aufwärts. Er sah bleich und elend aus. Seine Kleider waren verstaubt und seine Schuhe zerfetzt. Mühsam schleppte er sich vorwärts. Endlich fand er eine Felsenhöhle. Mit Aufbietung der letzten Kräfte kletterte er die Anhöhe hinauf und machte sich in dem engen Raume ein Lager zurecht. Einige Tage hauste er hier und nährte sich von den letzten Beeren des Waldes. Aber die karge Nahrung war mit jedem Tag schwieriger aufzutreiben, und die Nächte wurden empfindlich kalt. Da verliess er in einer Nebelnacht die Höhle, um bei erbarmenden Menschen Unterkunft zu suchen. Er wanderte am Hang des Tales empor und kam zu einem Bauernhause. Auf gut Glück vertrauend klopfte er an. Der Bauer zündete mit der Laterne heraus und fragte den späten Gast nach seinem Begehr. Der sprach: „Um Gottes Willen, habt Erbarmen mit mir. Gebt mir etwas zu essen und für die Nacht ein Lager.“ Der Bauer hiess ihn in die Stube treten, und die Hausmutter trug eine dampfende Suppe auf. 0 wie erquickte sie den halbverhungerten Fremden, und eine wohlige Wärme durchrieselte seinen Leib. Nun fing er an zu erzählen: „Man hat mich gewaltsam vom Vaterhause weggenommen und nach Frankreich gebracht. Dort steckte man mich in eine Uniform, und ich wurde Soldat. Fremde Städte und Länder habe ich viele gesehen, und in mancher Schlacht bin ich dabei gewesen. Doch bald erwachte das Heimweh in mir, und mit jedem Tage wurde es mächtiger. Eines Abends bezogen wir auf einem einsamen Bauernhofe Quartier. Da hat mein sehnendes Herz den schwersten Kampf gefochten. Während meine Kameraden drinnen in der Stube spielten und tranken, sass ich vor dem Hause auf einer Bank und schaute träumend in den sinkenden Tag hinaus. Auf der Matte draussen weideten Kühe und Rinder, und ihre Glocken läuteten so schön, so hell - wie daheim. Milder Abendsonnenschein lag wie heimatlicher Friede über diesem Gefilde. Ein goldener Himmel spannte sich darüber. Helle Wölklein wanderten wie selige Geister dahin und verschwanden im Osten hinter dem fernen Bergwalde. Mir war, als wollten sie mich locken: Komm mit uns, komm! Dort drüben liegt deine Heimat  komm doch. Um der Versuchung zu widerstehen, schloss ich die Lider. Aber jetzt erstand vor meinem innern Auge ein anderes Bild. Ich sah mein Vaterhaus von der Abendsonne umstrahlt, meine Eltern und Geschwister auf der Bank davor. Unsere Kühe sah ich auf der Weide, und Geläute war es, das in meine Ohren klang und meine Seele mit den süssesten Sehnsuchtsbildern füllte. Da packte mich das Heimweh mit solcher Macht, dass ich nicht mehr Herr meiner selbst blieb, und ich fasste den Entschluss, in die Heimat zu fliehen. In derselben Nacht, als meine Kameraden vom Weine betäubt in schwerem Schlafe lagen, da stand ich leise auf und eilte von dannen. Ich ging den Weg, den mir die Abendwolken gewiesen hatten. Als der Tag anbrach, da stand ich auf der Höhe jenes fernen Bergwaldes. Dort ruhte ich in einem sichern Versteck und mit Einbruch der Nacht setzte ich meine Reise fort. So bin ich gewandert, Tage und Wochen lang. Jetzt sind meine Füsse wund und mein Körper ist von den Entbehrungen geschwächt. Darum, ihr guten Leute, behaltet mich einige Tage hier bei euch, bis ich wieder hergestellt bin. Dann werde ich weiterwandern; meine Heimat ist nicht mehr fern. Mein Vater entschädigt euch reichlich für alles, was ihr an mir aufwendet. Und erst der himmlische Vater, der wird euch tausendfach lohnen, was ihr dem armen Flüchtling Gutes getan. Aber, verratet ja keinem Menschen meinen Aufenthalt, denn ich bin ein Deserteur, und wenn ich erwischt werde, wartet mir der Tod.“ Sprach die Bäuerin: „Seid ohne Sorge. Ich will euch jetzt in der obern Stube ein Lager rüsten. Dort könnt ihr ruhig und sicher schlafen. So Gott will, werdet ihr bald wieder hergestellt sein und dann endlich den Weg in die Heimat finden.“ Eine halbe Stunde später schlief der müde Krieger sanft und selig in einem weichen, warmen Bett und träumte von Vater und Mutter und Glück in der Heimat. Mitten in der Nacht öffnete sich leise die Türe des Hauses und der Bauer trat hinaus. Seine Frau folgte ihm. Angstvoll flüsterte sie ihm zu: „Um Gottes Willen, - hab Erbarmen - gehe nicht“. Sie ergriff ihn am Rock und wollte ihn ins Haus zurückziehen. Er aber riss sich los, und eiligen Schrittes verschwand er in Nacht und Nebel. Am andern Morgen schreckte Poltern und Klopfen den Krieger aus seinem süssen Schlummer. Die Kammertüre wurde aufgerissen und herein stürzten zwei Landjäger. „So! Da haben wir den Deserteur“, schrien sie. „Steh auf, und folge uns in die Stadt. Dort werden wir dich deinem Herrn wieder ausliefern.“ Was sollte er tun? An Gegenwehr war nicht zu denken. Also machte sich der Soldat marschbereit und verliess mit seinen Wächtern das Haus. Am Tenntor lehnte der Bauer und sah dem Trauerspiele kalt und teilnahmslos zu. Da wandte sich der Krieger um und redete also zu ihm: „Du hast mich verraten. Aber ein Fluch wird deiner ruchlosen Tat folgen. Du sollst einmal ohne Heimat und Heim als Fremdling ...“ Die Landjäger liessen ihn nicht weiterreden und zogen ihn fort. Nur mühsam vermochte er ihnen zu folgen. Er wusste, wo und wie dieser Leidensweg zu Ende ging. „Ade Heimat - Vater - Mutter - ade.“ Der Fluch folgte der bösen Tat. Noch im selben Winter starb dem Bauer seine Frau. Im nächsten Sommer standen ihm die prächtigen Pferde um. Später vernichtete die Seuche seinen Viehstand. Dann musste er Bürgschaften bezahlen, und endlich brach der Geldstag über ihn herein. Haus und Hof wurden versteigert. Voll Groll und Verbitterung verliess der einst wohlhabende Bauer bettelarm Heim und Heimat und wanderte wie ein Flüchtling in die Welt hinaus. Man hat nie mehr von ihm gehört.   Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch  


by Der verschwundene Gatte

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Um die 70er Jahre des 19. Jahrhunderts lebte in der Rossmatte eine Familie Stauffacher, von den Nachbaren kurzweg «Steffis» genannt. Sie hatte einen Sohn, der bald nach seiner Heirat auf unerklärliche Weise verschwunden war. Alle Nachforschungen nach seinem Verbleib blieben erfolglos. Man wusste nicht, ob der Gatte ohne Abschied von Frau und Kind fortgereist sei oder ob er noch unter den Lebenden weile. Die Jahre vergingen über diesem schmerzlichen Schlag, ohne dass die Angehörigen irgendeine Kunde vom Vermissten erhielten. Da erschien in einer Nacht der Gatte seiner Frau; er trat aus dem Gaden in das Schlafzimmer, vor das Bett seiner Gemahlin, blieb einige Zeit davor stehen, ohne nur ein Wort zu reden; dann trat er an das Bett- lein seines Buben, küsste ihn und legte das Kind sanft wieder ins Bett, dann verschwand er lautlos, wie er gekommen war. Dieser Vorgang wiederholte sich noch einige Male. Da holte man den Geistlichen. Diesem gelang es, mit dem Verstorbenen zu reden. Was in diesem eigenartigen Gespräch verhandelt wurde, erfuhr kein Mensch. Der Geistliche tat der Familie gegenüber nur den kurzen aber vielsagenden Ausspruch: «Nun ist die Seele mein und wird sich nicht mehr melden.» Und so war es auch. In der Rossmatte hörten die nächtlichen Besuche des verblichenen Gastes auf.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der verschwundene Herzog

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Auf einem Hügel zwischen den Dörfern Grandson und Montagny, im weinreichen Waadtlande, steht inmitten ernsthafter Tannen eine alte Eiche, die von den Eidgenossen gepflanzt worden sein soll, als sie dort den Herzog von Burgund schlugen. Vor vielen, vielen Jahren ging einst ein Landmann aus Montagny namens Johannes nahe an jenem Hügel vorbei. Er war tieftraurig, denn er hatte eben bei den Eltern seiner Geliebten um die Hand ihrer Tochter angehalten. Aber sie hatten ihn abgewiesen, weil er zu arm sei. Es war bitterkalt, denn es ging auf Weihnachten zu. Die ganze Gegend war verschneit, und trübselig klagte der abgewiesene Freier vor sich hin, denn nun würde er wohl seine Margrit, die er doch so lieb hatte, nie erhalten. Es dämmerte schon, als er am Hügel vorbeischritt. Da war ihm mit einem Male, als höre er von dem Hügel herab, auf dem die alte Eiche stand, seinen Namen rufen. Wie er hinaufsah, schritt ein Mann in kostbarer Rüstung auf ihn zu und sprach: "Johannes, ich weiß wohl, was dich plagt. Sei aber getrost, es soll alles gut werden. Komme nächste Weihnachten nach der elften Nachtstunde allein auf diesen Hügel; da reicht die Zeit gerade hin, daß du mir etwas in den See tragen kannst. Und wenn du dann flink genug bist, mir bis um Mitternacht auch mein Wehrgehänge abzugürten, so sind die Schätze, die dieser Hügel birgt, dein, doch darfst du dabei kein Wort sprechen." Johannes hatte kaum Zeit, das Versprechen zu geben, da war der Ritter spurlos verschwunden. Bis Weihnachten dauerte es noch zwei Tage. Erst wurde es dem Burschen doch schwer, als er bedachte, daß er das Versprechen gerade für die Heilige Nacht gegeben habe. Doch tröstete er sich damit, daß er's ja nur aus reiner Liebe zu seiner Margrit tue, wenn er versuche, einen Schatz zu gewinnen. Eiskalt sahen ihn Himmel und Erde an, als er in der Heiligen Nacht, bebend vor Frost und heimlicher Bangnis, zu dem Eichenhügel ging. Alles war totenstill, und schon wollte er sich, von Angst erfaßt, wieder davonmachen. Da stand plötzlich der geharnischte Ritter wieder neben ihm. Lautlos winkte er ihn heran und führte ihn zur alten Eiche auf dem Hügel. An diese klopfte er mit seinem kostbaren Schwert, und sogleich versanken beide in die Erde. Als sich der junge Waadtländer von seinem Schrecken erholt hatte, sah er sich in einer von vielen Säulen getragenen erleuchteten Halle. Die Wände starrten von Waffenzierat und Wappen aller Art, und darunter standen alte, schwere Geschütze. Dazwischen aber blinkte es aus zierlichen Gefäßen von Gold und Edelsteinen und allerlei Geschmeide. Aber unversehens kam aus einem dunklen Winkel der gewaltigen Halle eine große, kohlschwarze Katze gekrochen und mit feurigen Augen auf Johannes zugelaufen. Dieser erschrak. Jedoch der Kriegsmann sagte: "Das ist meine Lieblingskatze. Nimm sie und trag sie zum Tophet. Dort schleudere sie in den See. Danach eile so rasch du kannst wieder hierher zurück. Hüte dich, eine einzige Minute zu versäumen, hüte dich, ein einzig Wörtlein zu sprechen. Es wäre dein Tod. Geh!" Johannes faßte sich ein Herz. Er hob die knurrende schwarze Katze auf, und da stand er auch gleich, er wußte nicht, wie's gekommen, auf dem Hügel. So rasch als möglich eilte er mit der unheimlichen Katze auf den Tophet, einen Felsen am Neuenburgersee. Die Katze aber kratzte ihn also, daß er schon ausrufen wollte: Ei, du Donnerskatz! Doch er verschluckte es noch rechtzeitig und warf die schwarze Katze mit einem weiten Schwung in den See hinaus. Als er aber die blutiggekratzten Hände am See wusch, fing der an zu wellen und zu kochen, also daß Johannes sich schleunigst davonmachte und in den Hügel zurücksprang, der sich von selber auftat. Darin erwartete ihn der geharnischte Ritter. "Nimm dich jetzt zusammen", redete er ihn ernst an, "denn jetzt ist noch das Schwerste zu tun. Wisse, ich bin der Herzog Karl von Burgund. Seit ich eine Anzahl Schweizer auf diesem Hügel wortbrüchig an die Bäume hängen ließ, ist das Glück von mir gewichen. Hier muß ich nun schon Jahrhunderte sitzen und harren, bis ein Mensch kommt, der den Mut hat, mich zu entwaffnen und also zu erlösen. Junge Eichen habe ich aufwachsen und zu riesenhaften Bäumen und wieder zu faulen Baumstrünken werden sehen, aber keiner eures Geschlechtes war starkherzig genug, mir das Wort zu halten, wenn er versprach, mich zu erlösen. Sei du's nun, und alle deine Wünsche werden sich erfüllen. Gürte mir nur dieses Schwert ab, aber schweig!" Johannes machte sich behend daran, aber seltsamerweise schien der Herzog auf einmal zu wachsen, denn er vermochte ihm nur mit knapper Not, auf den Zehenspitzen stehend, ans Wehrgehänge zu langen, das er ihm löste. Da glitt das schwere Schwert aus der Scheide und schnitt ihm eine Wunde. Ei, du Donnerssabel! wollte er aufschreien, aber er würgte es tapfer hinunter, und in diesem Augenblick schlugen die Turmuhren von Grandson und Yverdon zwölf. Damit war das Werk getan. Der Herzog von Burgund dankte dem jungen Waadtländer und ließ ihm die Auswahl unter den offen daliegenden Schätzen. Doch Johannes hatte nichts anderes bei sich als sein Taschentuch. Dieses füllte er rasch mit goldenen Talern an. Kaum hatte er das letzte Goldstück hineingezwängt, da ward es stockdunkel, und auf einmal stand er wieder zuoberst auf dem Hügel neben der alten Eiche. Aber das Geld im Tüchlein klirrte; es war nicht verschwunden. Anderntags trat Johannes wieder bei den Eltern seiner geliebten Margrit ein. Erst wollten sie ihn fortjagen. Aber als er sein Tüchlein voll Goldtaler vor ihren Augen auf den Tisch heraustanzen ließ, änderten sie ihre Meinung und gaben ihm ihre Tochter mit Freuden zur Frau. Nun fühlte er sich glücklich und schenkte seinen Mitbürgern von Montagny eine Summe Geldes, woraus sie eine schöne Kirche bauen mußten, was sie denn auch taten. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der verschwundene König

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Ein sehr alter König hatte einen einzigen Sohn, den er mit grösster Sorgfalt erzog. Er lehrte ihn alles, was ein Ritter seines Ranges wissen musste: reiten, jagen, und sein Schwert führen. Er lehrte ihn auch die Kunst, König zu sein, das heisst, gerecht, mutig und gut zu sein. Als der Königssohn achtzehn Jahre alt war, wurde sein Vater sehr krank. Er liess seinen Sohn rufen und erinnerte ihn an alles, was er  ihn sein Leben lang gelehrt hatte und vor allem daran, seine Untertanen immer mit Güte und Gerechtigkeit zu behandeln und nie seine Herrscherpflichten zu vernachlässigen. Der Sohn versprach es. Da schloss der alte König die Augen und starb. Alsbald bestieg der Sohn den Thron. Er regierte ohne jemals die väterlichen Lehren zu vergessen, und das Volk war sehr glücklich unter seiner Obhut. Eines Tages liess ihn seine Mutter zu sich rufen und sagte zu ihm: „Mein Sohn, es ist an der Zeit, dich zu verheiraten, denn ich bin alt, und bald werde ich deinem Vater folgen. Eine junge Frau muss das Amt der Königin im Palast und im Königreich übernehmen.“ Der junge König war sehr traurig. Noch nie war ihm eine Prinzessin begegnet, die er gern geheiratet hätte. Aber um seine Mutter und sein Volk zufriedenzustellen, zog er aus, um eine Frau zu suchen. Nachdem er lange umhergereist war, traf er eine Prinzessin, die war so schön und so gut, dass er sie bat, ihn zu heiraten. Sie willigte ein, und bald zog der junge König  mit ihr in sein Reich. Das sanfte Lächeln der Prinzessin gewann sofort alle Herzen, und die Freude des Volkes war unbeschreiblich. Sofort rüstete die Mutter mit Hilfe aller Würdenträger des Reiches die Hochzeit, die mit allem nur möglichen Prunk gefeiert werden sollte. Die Festlichkeiten währten eine ganze Woche. Alle Häuser der Hauptstadt waren beflaggt, und alle Bewohner, ob arm, ob reich, tanzten, sangen, speisten, und tranken. Da war keiner, der nicht an der allgemeinen Freude teilgenommen hätte. Am letzten Festabend fand ein grosses Feuerwerk statt, und die persönlichen Gäste des jungen Königs wohnten einem Bankett im königlichen Palast bei. Man wollte sich gerade zu Tisch begeben, als ein Bote vor dem jungen Herrscher erschien. Dieser erhob sich ohne ein Wort zu sagen, jedoch nicht ohne Sorge, denn die Stunde und die Umstände dieses Besuches zeigten deutlich, dass es sich um eine wichtige Angelegenheit handeln müsse. Aber im Bewusstsein seiner Herrscherpflicht folgte der König dem Boten. Dieser führte ihn an das Tor des Palastes, wo ein schönes weisses Pferd mit goldenem und silbernem Sattelzeug wartete. Der König wurde gebeten aufzusteigen, und der Bote schwang sich hinter ihn in den Sattel. Das weisse Ross galoppierte davon: es lief und lief, bis es schliesslich vor einem prachtvollen silbernen Tor hielt, das sich von selbst öffnete, sobald die Reiter abgestiegen waren. Der König, immer von dem Boten geführt, trat über die Schwelle und befand sich in einem Garten, so schön, wie er noch keinen gesehen hatte. Vor ihm lagen weite Blumenfelder in vielen Farben, die einen bezaubernden Duft ausströmten. Bäume mit vielfarbigen Blättern bildeten schattige Alleen, in denen Männer und Frauen in prachtvollen Gewändern auf und ab spazierten. Zuerst glaubte der König, die Bewohner einer anderen Stadt seines Königreiches, deren Dasein ihm bisher unbekannt geblieben war, wären zusammengekommen, um seine Hochzeit zu feiern. Bald aber wurde ihm klar, dass niemand sich um ihn kümmerte. Sie kamen an ein zweites Tor, dessen Pracht und Schönheit das erste noch bei weitem übertraf. Es war aus purem Gold und so kunstvoll gearbeitet, dass der König ganz geblendet war. Langsam öffnete  sich das Tor, und der König trat über die Schwelle. Er befand sich in einem zweiten Garten, noch schöner als der erste. Die Blumen waren noch farbenprächtiger, die Bäume, deren Namen der König nicht einmal kannte, waren mit Früchten bedeckt, die blitzten wie Diamanten. Bunte Vögel wiegten sich auf den Zweigen der Bäume und sangen bezaubernde Lieder. Die Sonne spiegelte sich im Wasser und Springbrunnen vollführten die schönsten Wasserspiele inmitten der Blumenbeete. Die Luft war von Duft und zarter Musik erfüllt. Beim Anblick von so viel Schönheit wurde der König von unbeschreiblicher Freude durchdrungen, und er wäre gern länger in diesem Garten geblieben, jedoch in diesem Augenblick bemerkte er eine dritte Pforte, mit Diamanten, Saphiren, Rubinen, Smaragden, Türkisen, Topasen und Amethysten geschmückt, die sich langsam öffnete, als der König näher trat. Was er hier, in diesem dritten Garten sah, übertraf alles, was man sich vorstellen kann. Der Garten war so gross, dass es schien, als hätte er kein Ende. Durch die weiten Gefilde von Blumen und Bäumen, deren Farben und Formen auf Erden unbekannt sind, führten Alleen, durch die der König wandelte, ohne die geringste Müdigkeit zu spüren. Man brauchte nur die Hand auszustrecken, um die köstlichsten Früchte zu pflücken. Kinder spielten am Ufer von Seen, von kleinen, anmutig springenden Tieren begleitet, und das Wasser der Seen war klar wie Kristall. Andere Kinder glitten in kleinen Barken schweigend auf den Wassern dahin. Die Luft war mild und voller Licht, voller Duft und Musik. Der König dachte nicht daran, diese Zaubergefilde zu verlassen, als der Bote ihn plötzlich daran erinnerte, dass es Zeit sei, in sein Schloss zurückzukehren. Er willigte ein, sofort befanden sie sich vor der Pforte des ersten Gartens, wo das weisse Pferd auf sie wartete. Der König schwang sich in den Sattel, und das Pferd galoppierte davon, bis es vor dem Portal des königlichen Palastes hielt. Der König sprang ab und rief die Torwächter, damit sie ihn einliessen. Aber zu seiner grossen Verwunderung sah er einen Wächter kommen, den er nie zuvor gesehen hatte und der ihn nach seinen Wünschen fragte. Der König gab sich zu erkennen und wünschte, schnell zu seiner Gemahlin und zu seinen Gästen geführt zu werden.  Aber der Wächter schien ihn nicht zu verstehen. Er führte ihn zu seinem Herrn, einem Greis, dessen Aussehen von grosser Weisheit zeugte. Dieser bat den König, ihm alles zu erzählen, was geschehen war. Er hörte ihm aufmerksam zu. Dann schlug der greise Gelehrte ein grosses Buch auf und forschte lange in den alten Chroniken, bis er den Bericht von dem geheimnisvollen Verschwinden eines jungen Königs fand, der am Abend seines Hochzeitstages entführt worden war. Dies war, so behauptete der Greis, vor genau dreihundert Jahren geschehen. Die Nachricht von der Rückkehr des verschwundenen Königs verbreitete sich schnell, und alle Welt versammelte sich im Palast, um das Ereignis zu feiern. Die schönsten Gerichte wurden aufgetragen, aber der junge König weigerte sich, davon zu essen. Da aber alle darauf bestanden, dass er etwas zu sich nehme, gab er nach. Kaum aber hatte seine Zunge ein Stück Brot berührt, da wurde er zusehends alt. In wenigen Augenblicken war er ein uralter Mann, und schliesslich zerfiel er zu Staub. Man begrub ihn an der Seite seiner Gemahlin.   Märchen aus der Schweiz   Aus: Märchen aus fünf Kontinenten, Mondo Verlag, geht wahrscheinlich zurück auf „Der junge Herzog“, Otto Sutermeister, Kinder- und Hausmärchen der Schweiz Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der verschwundene Schatz zu Castellum

Source: Der verschwundene Schatz zu Castellum

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Es gab eine Zeit, wo es noch Sitte war, dass die Leute am hohen Charfreitage, wie an einem Werktage, ihren Geschäften nachgingen; es wurde wohl Gottesdienst gehalten, aber nachher durfte ein Jeder wieder seine Arbeit fortsetzen. Da geschah es denn auch, dass an einem Charfreitage ein Bauer von Castiel seine Ochsen anspannte, um im Lohne die Schlossgüter bei der Kirche zu pflügen. Der Tag war schön, die Sonne schien so warm; der Frühling hatte Einzug in die Talschaft gehalten. Mit frohem Mute begann der Bauer sein Tagewerk eben, als ein armer Mann daher kam und nach dem Weg ihn fragte. Nach längerem Gespräche sagte der Mann bedeutungsvoll: »Wenn Ihr heute nicht schwört oder fluchet, so wird Euch ein grosses Glück zu Teil werden.« Der Bauer schenkte der Verheissung nur halben Glauben, und der Arme zog seines Weges weiter. - Ungefähr nach einer halben Stunde blieb sein Pflug plötzlich im Boden stecken und hemmte den Zug des Gespannes. Der Bauer zerrte umsonst am Pfluge, um ihn von einer vermeinten, hemmenden Wurzel los zu machen; es ging nicht. Umsonst trieb er die Tiere an, das Ackergeräte blieb nun einmal stecken, und kein Bemühen half weder vor- noch rückwärts. Da übernahm der Zorn ihn, er ergriff einen Stock und warf ihn fluchend auf das Gespann. Plötzlich, mit einem gewaltigen Rucke schoss der Pflug vorwärts, und zu seinem grössten Erstaunen sah er den Ring eines - Kessels - in der Furche liegen, der Kessel selbst versank in eine tiefe Grube, die schnell sich schloss; mit Unmut über das verscherzte Glück hörte er die Goldstücke an den Steinen klingen. - Noch heutigen Tages zeigt man den Kesselring und die Stelle, wo der vertrackte Kessel in die Erde versank. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der verschwundene Wald

Source: Der verschwundene Wald

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Im Thurgau, dicht an der zürcherischen Grenze, liegt der Bichelsee beim Dorfe gleichen Namens. Hier stand früher eine Burg. Über den See soll einst eine Kette bis zur Burg Haselberg gezogen gewesen sein, welche einem Eichhörnchen als Brücke diente, um in gefahrvollen Zeiten Briefe von einem Burgherrn zum andern zu tragen. An der Stelle des Bichelsees, in dessen dunkelgrüner Flut sich die nahen waldigen Hügel spiegeln, war einst ein Eichwald, der einer frommen Witwe gehörte. Aber derselbe wurde ihr von einem Nachbar entrissen und ihre Klage fand kein Gehör. Da verwünschte sie den ihr freventlich geraubten Wald. Die Erde erbebte, ein schrecklicher Sturm brach los, feurige Zeichen drohten am Himmel und als der Tag wieder anbrach, breitete sich ein See über den verschwundenen Wald aus. Lange Zeit zerrissen die Fischernetze an den aus der Tiefe hervorragenden Eichen. Das Volk glaubt, der See sei unergründlich, und stehe durch verborgene Ruinen mit weit entlegenen Gewässern in Verbindung. Quelle: Theodor Vernaleken, Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch


by Der versetzte Marchstein

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Vor alten Zeiten gehörte die schöne Lampertsch-Alp in Zervreila den Valsern, nun aber In das Gebiet von BIegno. Die Sage, wie diese Alp an letzteres kam, ist die:                   Mitte des siebzehnten Jahrhunderts hatte die Gemeinde Vals die jetzige grosse Kirche am »Platze« gebaut, welcher Bau die Einwohner in grosse Schulden brachte, wesshalb sie sich genötigt sahen, zwei Alpen nämlich Tomül und Lampertsch zu verkaufen. Letztere, die beste Alp des TaIes wurde angeblich für die geringe Summe von tausend Gulden an Blegno verkauft. Ein Advokat von Bellenz soll den Kaufbrief ausgefertigt haben mit genauer Bezeichnung der Kaufbedingungen und Angabe der Grenzen: in demselben soll ausdrücklich bemerkt worden sein, dass die Alp auf der Ostseite bis zu einem gewissen siebenkantigen Steine, wo als Marche ein steinernes Kreuz stand, herausreiche, dass sie dagegen auf der Westseite nicht weiter gehe als bis zum »Hornbache«. - Von diesem Kaufbriefe wurden zwei gleichlautende Exemplare gefertigt und jede Part erhielt eines davon. Durch Unvorsichtigkeit oder Betrug ging den Valsern ihres verloren, was denen von Blegno zu Ohren kam, und letztere nicht faul, fälschten ihr Schriftstück, indem sie in dasselbe hineinflickten, »sie gehet auf der Westseite ebenso weit als auf der Ostseite.« - Als nun die Blegner mit ihrem Vieh über den »Hornbach« rückten, übten die Valser Gegenrecht, worauf erstere behaupteten, die gekaufte Alp reiche ost- und westwärts gleich weit hin, das stehe in ihrem Kaufbriefe, am Hornbache stehe keine Marche. Die Vorsteher von Vals untersuchten die Sache und fanden auch keine Marche; diese hatte nämlich ein Blegner, nach Andern ein Misoxer. der bei einem Blegner diente, in den Bach hinunter geworfen. - Jetzt war freilich die Sache bald entschieden: Marche war keine da, und Schriften hatten die Valser keine mehr; der Prozess fiel zu Gunsten der Blegner aus. – Der Bösewicht, der die Marche beseitigt hatte, fiel bald darauf in Gletscherspalte und endete so erbärmlich sein Leben. - Lange Zeit musste er auf einem feurigen Schimmel reiten, bei allem Unwetter talaus, talein, und schreckte während der Nacht die Hirten und Herden, bis er auf den Lenta-Gletscher hinauf verbannt wurde, wo er in alle Ewigkeit sein Unwesen treiben soll. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der versteinerte Ritter

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Einst lebte ein böser Ritter namens Hans von Waldenburg. Dieser hatte eine feste Burg, die ob dem Städtlein Waldenburg im Baselgebiet stand. Obwohl er gar viel im Fenster lag, sah er doch nie einen Menschen an seinem Schlosse vorbeigehen, denn alle vermieden es mit weitem Umweg, da sie die Bosheiten des Ritters fürchteten. Aber das focht ihn nicht stark an. Es gefiel ihm, dass er so gefürchtet war und dass das ganze Land vor ihm zitterte. Auf jede Weise sog er das Land aus bis aufs Blut und behandelte die Untertanen wie wilde Tiere. Während sie sich für ihn im Schweisse ihres Angesichts abarbeiteten, hielt er mit seinen schlechten Zechgenossen lustige Tafelrunde auf der Waldenburg und liess Tag und Nacht den Becher kreisen. Am Ausgang des Städtchens, gegen Basel zu, stand ein armseliges Hüttlein, in dem ein dürftiger Taglöhner mit seiner Frau lebte. Auch er hatte eine Tafelrunde, aber es waren seine hungrigen Kinder, die um den Tisch kauerten und zusammen ein durchsichtiges Wassersüpplein auslöffelten. Denn zu weiterem langte es nicht, da der Taglöhner alles, was er verdiente, dem Zwingherrn auf der Waidenburg abliefern musste. Einmal, als sie noch halbhungrig um den Tisch sassen, trat der Fronbote ein und befahl den Hausvater auf die Burg, er müsse dort Steine tragen helfen. Da wurde der arme Mann zornig, denn er hatte schon das ganze Jahr durch für den Burgvogt fronen und sich Tag und Nacht abplagen müssen. Er hielt dem Boten die leere Suppenschüssel hin und rief: "Geh und sage deinem Herrn, er möge mir alle Tage wenigstens diese Schüssel in der Schlossküche füllen lassen, damit die Meinen nicht Hungers sterben, dann will ich für ihn arbeiten, sonst nie mehr, so wahr mir Gott helfe!" Eilig machte sich der Fronbote davon. Doch bald erschien er wieder mit einigen Schlossknechten. Diese schleppten den armen Taglöhner trotz dem Wehegeschrei seiner Familie auf die Waldenburg, wo ihn der Ritter sogleich ins tiefste Burgverlies werfen liess, in dem nichts als Kröten und Fledermäuse hausten. Lange Zeit verging. Die Frau des Taglöhners wartete und wartete, aber der Hausvater kam nicht mehr heim. Dafür aber zog die schrecklichste Not in die Hütte ein. Der Hunger schaute mit hohlen Augen aus dem Herdloch, aus den leeren Milchkrügen und Suppenschüsseln. So kann es nicht mehr weitergehen, sonst sterben mir die Kinder noch alle Hungers, dachte die arme Mutter. Und eines Tages verliess sie starken Herzens das Häuschen und zog mit ihren Kindern gegen die Waldenburg hinauf. Es lag tiefer Schnee, und mit Ach und Not arbeitete sich die Arme zum Schloss hinauf. Auf einmal ging das Burgtor auf, und der Ritter ritt mit seinem Jagdgefolge hinaus in den kalten Wintertag. Vor ihm her stürmte kläffend seine Jagdmeute. Erst traten die Armen scheu zur Seite. Wie aber der Zwingherr sich ihnen, strotzend vor Gesundheit und strahlend vor Fröhlichkeit, näherte, warf sich die arme Frau mit den Kindern vor ihn hin und bat ihn, ihren Mann doch um Gotteswillen freilassen zu wollen, denn wenn er sie nicht ernähre, kämen sie alle um. Da runzelte der Ritter von Waldenburg seine Stirne, liess die Reitpeitsche durch die Luft pfeifen und lärmte: "Weib, halte mich nicht auf! Wenn mein Weg mit heulendem Volk gepflastert ist, wer will sich da stark wundern, falls ich darüber hinwegreite wie über Kot?" Aber die Frau hob ihre Kindlein empor und rief: "Gib diesen doch wenigstens so viele Stücklein Brot als deine Jagdhunde verschmähen!" Jetzt kam ein satanisches Feuerlein in des Ritters Augen. Er winkte einen Jägerburschen zu sich heran, wies höhnisch auf die schweren Feldsteine, die aus dem Schnee guckten, und befahl, man solle sie dem Weibe überreichen. "Da habt ihr Brot, unverschämte Hungerschlucker!" rief er. "Zwar ist's hart, aber dafür hält's lange vor. Sobald ihr's zu Ende gegessen habt, will ich den Gefangenen freigeben." Da flammte es auf im bleichen Angesicht des armen Weibes. Sie stand auf, packte das Ross des Ritters am Zügel und schrie: "So mögest du selber zu Stein werden, du Unmensch!" Wütend wollte der Ritter über sie hinwegsprengen, doch die Füsse, die die Sporen trugen, wurden ihm schwer; die aufgehobene Hand mit der Reitpeitsche sank langsam herab, und das Pferd schwand unter ihm hinweg. Und jetzt war der Ritter mit einem Male fahl und grau. Seine Augen wurden gläsern, und aus der versteinerten Brust drang noch ein dumpfes, schreckliches Stöhnen, und nun stand er als steinerne Bildsäule vor seinem eigenen Schlosse. Seine Jäger und Knechte aber waren voller Entsetzen auseinandergestoben; es fürchtete jeder, er könne auch zu Stein verwandelt werden. So ward das Schloss leer. Die geknechteten Waldenburger eilten aus dem Städtchen herauf und befreiten all die Opfer, die in den Kerkern schmachteten, vor allem auch den armen Taglöhner, dem sie einen grossen Teil von der Beute übergaben, die ihnen in der Burg zufiel. Heute noch steht der steinerne Ritter am Eingang ins Schloss. Zwar ist er nicht mehr gut erkennbar, denn Wetter und Wind, die jahrhundertelang ihn umbrausten, liessen ihn arg verwittern. Aber wenn der Sturm gar wild in tiefen Winternächten um die Burg tobt, hört man vom verwunschenen Stein her ein seltsames Stöhnen. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


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Source: Der versunkene Wald

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Um den Bichelsee, der auf der Landkarte nicht gut oder auch nicht schlecht zu finden ist, weil er gar klein ist, scheint es nicht ganz geheuer zu sein. Früher befand sich dort, wo jetzt das Dorf Bichelsee reizvoll an der Thurgauer Grenze liegt, ein Schloss, und man erzählt sich, dass von seinem hochragenden Turm eine Kette über den See bis zur Burg Haselberg gespannt gewesen sei. Über diese Kette sei dann immer ein Eichhörnchen gelaufen, sicherer als die berühmten Seiltänzer aus dem Hause Karl Knie. Das habe in gefahrdrohenden Zeiten den Briefboten gespielt, indem es  über die Kette Briefschaften von einem Burgherrn zum andern getragen habe. Einst, in alten Zeiten, rauschte da, wo jetzt der liebliche See in harmloser Neckerei den Blumen seinen Gischt in die Kelche spritzt, ein gewaltiger Eichwald. Dieser Wald gehörte einer Witwe. Sie freute sich seiner sehr. Oft lag sie in seinem Schatten und sah den Sonnenkringeln zu, die im Moos und um die Baumstämme Fangmich und Versteckens spielten. Aber ein gottvergessener Nachbar, der den schönen Wald auch gerne gehabt hätte, weniger der Sonnenkringel auf dem Moos, als der dicken nutzbaren Stämme wegen, verstand es, ihn ihr zu rauben. Und da sie eine Witfrau war und sich nicht genugsam zu wehren wusste, wollte es ihr nicht gelingen, zu ihrem Rechte zu kommen. So verlor sie denn die hundertjährigen Eichen für immer. Das nahm sie sich aber so zu Herzen, dass sie sich völlig unglücklich fühlte, denn der hohe Wald war ihr Stolz und ihre Hoffnung gewesen. In ihrem Zorne verwünschte sie den ihr so schändlich abgefrevelten Wald in den Boden hinein. Jetzt ging ein grausiges, unheimliches Rollen und Schüttern durch die Erde. Sie erbebte. Wie ein feuerspeiendes Ungetüm zeigte sich plötzlich eine brandschwarze Wolke auf den Hügeln, die den Tag in Nacht verwandelte, und dann stürzte sich heulend ein Sturm auf den Wald los. Da zersplitterten die trotzigsten Eichen. Es krachte, blitzte und donnerte in einem fort, und am Himmel erschienen Feuerzeichen aller Art. Die Erde schien zu stöhnen und zu zittern wie ein gequältes Tier. Als sich die grauenvolle Finsternis wieder verzog, und als der alles reutende Sturm sich endlich legte und die schwarze Wetterwolke nur mehr von weitem knurrte, wie ein böser Hund, den man an die Kette gelegt hat, war da, wo eben noch der Eichenwald gestanden hatte, ein dunkelgrüner See, der mit vielverschweigenden Augen ins Land schaute. So hatte sich denn der Fluch erfüllt. Noch lange darnach zerrissen die Fischer ihre Netze an den entwurzelten Eichenbäumen des Sees. Die Leute aber sagen, der See sei unermesslich tief, und er stehe mit andern, weit entlegenen Gewässern in geheimer Verbindung.     Meinrad Lienert, Zürcher Sagen. Der Jugend erzählt, Zürich 1918. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Vertrag mit den Mücken

Source: Der Vertrag mit den Mücken

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Vor ungefähr 200 Jahren richtete eine besondere Art geflügeltes Ungeziefer, kurzweg »Muggen« bezeichnet, im Schanvigger-Tale an dem reifenden Korne grossen Schaden an, so dass das Meiste davon vor der Ernte wie Gras gemäht werden musste, da das Ungeziefer die schönen Ähren von den Halmen weggepflückt hatte, Diese dann abfielen, und am Boden verdarben. Da wurde bei der nächsten Landsgemeinde hin und her beraten, was dagegen zu machen sei, bis dem wohlweisen Herrn Landammann ein glücklicher Gedanke kam, und er bei der Gemeinde zu Rate gab, gegen diese »Muggen« einen Prozess anzuheben. »Richtig! das ist das Beste,« war die allgemeine Ansicht. Auf dies hin gab man den »Muggen« einen Beistand, der vor Gericht sie verteidigte. Der Prozess fiel aber zu Ungunsten der »Muggen« aus, und laut Richter­spruch wurden Diese auf die andere Seite des Tales auf Pradner oder Tschiertscher Bodenrechte in ein Wäldchen verbannt, das von da an das Muggen-Äuli genannt wurde. Und so lange kein Baum aus diesem »Muggen­Äuli« geschlagen würde, seien sie dorthin verbannt. Geschehe das aber, so hätten die »Muggen« »Fug und Recht«, alle Jahre wieder zu kommen. - Da geschah es nun, dass vor wenig Jahren zwei Bauern in diesem »Muggen-Äuli« eine Erle fällten: - und schon im folgenden Sommer waren die »Muggen« wieder da, und trieben ihren Unfug, wie ehemals ihre Alt-vordern. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der verunglückte Kreuzazfstecker in Visp

Source: Der verunglückte Kreuzazfstecker in Visp

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Die Burgschaft Visp — Vispach — Fischbach, wird in der alten und neuern Geschichte des Wallis oft erwähnt und behauptet darin eine nicht unbedeutende Stelle, bald durch männliche Freiheitskämpfe, abgehaltene Landräte und getroffene Übereinkommen, bald aber durch Rang und Adel einflussreicher Familien und Herrschaften, die daselbst, besonders in der Hübschburg ob Visp, ihren Sitz hatten. Die mächtigen Anschwellungen der Vispe haben den Boden, auf dem die untere Burgschaft gebaut ist, sehr bedeutend gehoben. Das Wirtshaus "Überbühl", jetzt im Wasser, stand einst auf einer Anhöhe, wie schon der Name sagt, und die Vispe, die jetzt durch eine hohe Sandebene dahinfliesst, hatte ihr tiefes Bett in fetten Wiesen, wo die Nussbäume der beidseitigen Ufer ihre Äste so nahe brachten, dass die muntern Eichhörnchen bei der Nachlese selbe als bequeme Brücken benutzten, den Fluss spielend zu übersetzen. Die tiefen Keller der untern Burgschaft zeigen darum noch jetzt das Holzgetäfel der alten Wohnzimmer. Als der "ewige Jude", so wird erzählt, einmal in Visp bei einer armen Witwe einkehrte und nach genommenem Nachtmahle den Tisch auf die Mitte des Zimmers schob, um, weil er nicht ruhig bleiben darf, die ganze Nacht um denselben herumzulaufen, sagte er am Morgen beim Weitergehen seiner Wirtin, als er das erste Mal da vorübergekommen sei, habe der Ort "Schönbach" geheissen, jetzt sage man "Fischbach", und wenn er nochmals komme, so werde man ihn "Leidbach" nennen. — Beim schauerlichen Erdbeben 1855, wo die Bewohner drei Wochen lang unter freiem Himmel wohnten, und noch mehr beim gewaltigen Dammbruche der Vispe 1868, hätte dieser Name mit Fug und Recht können gebraucht werden. Noch in letzter Zeit wollte man in Vispach drei kleine "Weltwunder" finden; ein Zimmer mit Fenstern in die vier Weltgegenden, ein Haus mit der Türe am Giebel und einen Turm ohne Dach. — Jetzt hat das Erdbeben dem Turm provisorische Bretter aufgesetzt; der Dachgiebel, durch den man so gemütlich zum "guten Roten" herabstieg, ist zugemauert, und wie es mit dem Zimmer stehe, in dem die am Himmel stehende Sonne immer Fenster zum Einguggen hatte, weiss ich eben nicht anzugeben. Diesen drei Weltwundern hat allerdings den schlimmsten Streich das Erdbeben gespielt; die schöne Steinbogenkrone des hohen, auf einem Felsenvorsprunge gebauten Turms fiel ein und das so kühn in schwindelnder Höhe getragene Eisenkreuz stürzte einschlagend in das Dach des alten zusammenfallenden Pfarrhofes. — So wie die Jungfrauen am Fronleichnamstage das Tragen bunter Glasperlenkränzlein nicht mehr in Mode finden, ebenso wenig ist zu erwarten, dass der einst so schöne Martinsturm die kühnen Säulen, Bögen und Kronen als Dach wieder erhalten werde. Aus der Zeit, wo dieser Turm gebaut wurde, wird noch erzählt, dass der Baumeister nicht den Mut hatte, das schwere Eisenkreuz über die hohen Gerüste und Leitern hinauf zu tragen und in das wohl bereitete Loch zu setzen. Da unternahm einer der Knechte das Wagestück. Als dieser mühsam die Spitze erreichte, schrie er herab: «Aber Meister! In welches der drei Löcher soll ich das Kreuz stecken?» — Der Schwindel machte ihn dreifach sehen. — Unwillig antwortete der Meister: «Dummkopf! Ins mittelste!» Er tat's und das Kreuz hielt fest. Aber der Unglückliche flog im gleichen Augenblicke in schauerlichem Falle hinab und hinaus tot auf's Vispensand.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der verunglückte Leichentransport

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Am 7. Juli 1911 sollte der Fuhrmann J.D. aus Nünningen im Spital Olten die Leiche der verstorbenen Frau A. H.-K. abholen. Der Leichenwagen verliess Nünningen am frühen Morgen und kehrte am Nachmittag über den Unteren Hauenstein zurück, kam aber nicht in Nünningen an. In der darauffolgenden Nacht wurde das Pferd in Bretzwil angehalten; es war leicht verletzt und trug noch Bruchstücke des Geschirrs auf sich. Schliesslich fand man das zerschellte Fuhrwerk am Steilhang unterhalb der Holzenbergstrasse und den Fuhrmann erdrückt neben dem ebenfalls beschädigten Sarg. Nach dem Unglücksfall wurde gemunkelt, die Holzenberggeiss habe durch ihr Schreien das Pferd erschreckt. Von anderen wird erzählt, ein Nunninger habe lange Zeit später auf dem Totenbett gestanden, für das Unglück verantwortlich zu sein. Er sei ein Feind des Fuhrmanns gewesen, habe ihm in jener Nacht im Holzenberg aufgelauert und das Pferd zum Scheuen gebracht. Später begann es an der Unglücksstelle zu spuken. Passanten hörten nachts ein Pferdegewieher, ohne etwas zu sehen. Es kam so weit, dass Bretzwiler Fuhrleute, die Leichen im Kantonsspital Liestal abholen mussten, auf keinen Fall nachts über den Holzenberg fahren wollten. Ziefen Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Verwalter im Schlattholze

Source: Der Verwalter im Schlattholze

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In jenem Theile des Hallwiler-Schlosses, den man den alten nennt, weil Wall und Graben verfallen ist, hört man den Geist eines ungetreuen Verwalters stöhnen. Manchmal aber verwandelt sich das Gewinsel in Rasseln, Klirren und Schellen. Das sind die Ketten, die er noch tragen muss. Im Innern dieses unbewohnten Schlosstheiles soll in einem eigenen Gewölbe ein steinernes Bette sein, zwischen dem er jetzt noch in Ketten hängt. Der Bannwart, der nun freilich auch schon todt ist, wusste wohl, auf welche Weise die Herrschaft um den schönen Wald Schlatt kam, und wie sich gleich darauf der Verwalter der Herren von Hallwil vergiftete. Er hat ihn nach seinem elenden Tode auch herumlaufen sehen, die lange Sichelfeder hinterm Ohr; wollte er aber den Schelm einmal recht ins Auge fassen, so war er wie in den Boden verschlupft. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 303 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch  


by Der verwandelte Katzenschwanz

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1. Zwei Reusstaler Ratsherren, mit dem Schwert umgürtet, kamen aus der Ratsversammlung. Da hörten sie am Wege eine Katze fürchterlich schreien. Der eine ergriff seinen Säbel und schlug dem Tier damit grad den Schwanz ab, den er zuhanden nahm und um seinen Hut band. Daheim fragte die Frau: »Was hesch etz dü da fir-nes G'schlämp uf-em Hüet?« »E! ä Chatzäschwanz,« sagte der Ratsherr, nahm den Hut ab und wollte alles erzählen. Was er jetzt aber am Hute fand, war ein Ende von einem roten Unterrock. Christina Exer, Silenen 2. Albin Gnoss von Bristen hatte schon öfters beim z'Stubätägah auf dem hölzernen Geländer der Talbrücke im Maderanertal eine schwarze Katze beobachtet, die ihn, freundlich schwänzelnd, über die Brücke geleitete. Hatte er die Brücke passiert, so machte sich das Tier davon und verschwand im nahen Kalk- oder Schmelzofen im Obermattli. Als er einst aus dem Militärdienst nach Hause zurückkehrte und nachts zwischen 11 und 12 Uhr die Brücke beging, sass die Katze wieder auf ihrem Posten. Albin ergriff gleitig das Bajonett und trennte ihr mit einem kräftigen Hiebe den Schwanz vom Rumpfe. Mit furchtbarem Jammergeheul fiel das Tier in den Bach hinunter. Der Wanderer steckte den blutenden Schwanz, der auf die Brücke herabgefallen, in den Sack. Am nächsten Morgen wollte er ihn näher besichtigen, aber da zog er statt des Katzenwedels ein Rockende von einem Weiberkleide aus dem Sack! Jä, mä seit susch: »D'r d'Nacht sind all Chatzä-n-alt Häxä!« Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der verwandelte Sattler-Franz

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Im Kanton Bern, nicht weit von der Hauptstadt, wohnte ein Sattler, der schlimme Franz oder auch wohl der Sattler-Franz genannt. Seine Schlauheit bestand im Betrügen, und darin hatte er es wirklich zu einer seltenen Meisterschaft gebracht. Wer mit ihm zu tun hatte, war, wie die Leute sagten, schon im Sacke oder er steckte ihn hinein bis über die Ohren. Am meisten trieb der Franz sein böses Spiel mittels Gewerbes und Handels. Sein Fabrikat war sehr gut verziert und in allen Farben, aber von der schlechtesten Art; das Lederzeug hielt kaum vom Morgen bis zum Abend. Das wussten die Leute, welche einmal bei ihm gekauft hatten, sehr wohl, allein die meisten waren gezwungen, wieder zu ihm zurückzukehren, weil sie ihm schuldeten. Wäre den Beteiligten bloss ein einfacher Schaden daraus erwachsen, so hätten sie diesen geduldig hinnehmen können; denn Lebenserfahrungen wollen auch bezahlt sein, allein es gab Unglück verschiedener Art und zwar bedeutendes. Zugvieh wurde verwundet, sogar getötet, weil an steilen Abhängen das Geschirr zerriss. Alles das war aber noch nichts und liess sich verschmerzen; aber da kam eines Tages des Bischofs Hofkaplan aus dem Wallis über den Grimsel geritten; Sattel und Zeug seines Maultiers hatte er ebenfalls beim Sattler-Franz gekauft. Er gelangte glücklich und wohlbehalten bis an die glatte oder sogenannte helle (schlüpfrige) Platte, da strauchelte sein Tier ein wenig, jedoch ohne zu fallen. Im nämlichen Augenblick zerrissen aber der Sattelgurt und die Steigbügelriemen; der arme geistliche Herr stürzte in die Tiefe, brach Arme, Hals und Bein, und sein Tod folgte so schnell auf den Fall, dass er nur noch Zeit hatte, seine Seele Gott zu empfehlen und den schlimmen Franz zu verwünschen. Dieser lachte, als am zweiten Tage darauf die traurige Mähre nach Bern kam und sagte, der hochwürdige Herr sei ein schlechter Reiter gewesen; er büsse nur die eigene Schuld, er hätte an der gefährlichen Stelle absteigen sollen, - und dergleichen jämmerliches Zeug mehr. — Aber schon umkreiste ihn das Strafgericht! Am dritten Tage, abends, als er aus der Schenke nach Hause ging, wehte ein furchtbarer Sturmwind. Es war ein Brausen und Zischen, ein Heulen und Brüllen, dass man hätte meinen sollen, die Hölle habe alle Furien losgelassen. Dem Franz wurde es unheimlich zu Mute; er blickte ängstlich umher und er mochte wohl eine leise Ahnung von dem, was ihm bevorstand, haben. Denn kaum war er vor seinem Hause angelangt, so fiel ihm, während er nach dem Dache hinaufblickte, ein Ziegelstück auf den Kopf, welches ihn so stark verwundete, dass er um die Mitternachtsstunde starb. Seit jener Zeit spukt er als Fuchs im Lande herum und hat seine Freude daran, die Landleute auf den entlegenen Höfen zu necken, ihnen, besonders im Winter, das Pferdegeschirr oder sonstiges Lederzeug aus den Stallungen fortzuschleppen und in den Höhlen und Schluchten der Hochwälder zu verbergen. Man sagt, der Unglückliche könne nur durch einen ganz ehrlichen Sattler erlöst werden; warum dies bisher nicht geschehen, weiss man nicht. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der verwunschene Goldbock

Source: Der verwunschene Goldbock

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Der Kugelsepp galt zu seiner Zeit als der verwegenste aller Wildschützen im Banne der Muotataler Berge. Er war Bauer und besaß im Tal ein kleines Heimwesen mit etlichen Kühen und hatte eine Frau und drei Kinder. Der Wilderer lachte nur, wenn man mit ihm über Jagdrecht und heilige Feiertage sprach. Er erzählte, es könne ihn niemand so leicht stellen. Die Kugeln lasse er vorher weihen.  Nur einen quälte das Dahinschwinden der Gemsen und Rehe. Es war der Geist auf dem Waldistock, der als Beschützer des Wildes galt. Er hatte schon oft versucht, den Frevlem Fallen zu stellen. Der Kugelsepp merkte aber sofort, wenn das Manndli Stegbretter gelockert und den Wildwechsel ungangbar gemacht hatte oder Steine herunterließ. Darüber lachte und spottete der Wilddieb nur. Eines Tages verwandelte sich der Waldigeist in einen Gemsbock mit weißem Fell und goldenen Hörnern. Er zeigte sich dem Kugelsepp bald hier, bald dort, doch immer an schwer zugänglichen Stellen und in kugelsicherem Abstand. Wie der Frevler erstmals den ‹Goldbock› gewahrte, ergriff ihn eine zügellose Gier, das Tier zu erledigen. Alle andern warnte er, das Tier vor ihm zu schießen. Man sah ihn nun täglich durchs wilde Bergland streifen. Zu Hause vernachlässigte er sein Vieh. Auch die Kartoffeln im Acker wären verfault, hätte nicht seine Frau gearbeitet.  Der in einen Gemsbock verwandelte Waldgeist neckte den Wilderer erbärmlich und lockte ihn über Schroffen und Karrenfelder bis hinauf zur Totenplangg. Daheim erkrankte Kugelsepps Frau, die Kühe im Stall begannen zu serbeln, und die Kinder verwilderten. All dies rührte den Jäger nicht. Er machte sogar Schulden, um Blei und Pulver kaufen zu können, obwohl er von seinen Jagdzügen nicht einmal mehr ein Bratwild nach Hause brachte. Der Waldigeist beschloß, dem Kugelsepp endgültig das Handwerk zu legen. Als Goldbock lockte er ihn auf die Totenplangg hinauf und stellte sich ihm auf einem Felsband. Weil der Wildschütz seiner Beute zu nahe stand, um zu schießen, wollte er ihn erstechen. In diesem Augenblick stieß ihn der Bock mit seinen goldenen Hörnern in die Tiefe. An einer Legföhre blieb er hängen. Tage später wurde er gefunden, nachdem er sich aus Angst, in der Wildnis verschmachten zu müssen, heiser geschrien hatte. Beim Sturz hatte er sich auch einen Fuß gebrochen. Er blieb zeitlebens ein Krüppel, vermochte aber sein kleines Heimwesen weiterhin zu besorgen. Mit der Jagd war es aber endgültig Schluß. Der verwunschene Goldbock, nach dem er sich immer wieder erkundigte, zeigte sich nie mehr. Der Waldigeist hatte sich wieder zurückverwandelt. Aus: J. Hess,  Die singende Quelle, Sagen aus den Schwyzerbergen, Gute Schriften, Zürich  


by Der verzauberte Krug

Source: Der verzauberte Krug

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Lucio war ein Berghirt von etwa fünfundzwanzig Jahren, immer fröhlicher Dinge und bescheiden. Er lebte mit seiner Mutter in einem kleinen Bauernhaus am Abhang des Gebirges. Jeden Morgen führte er seine «Bionda», eine prächtige Kuh, und etwa ein Dutzend Ziegen und Schafe auf die Weide. Eines Tages fand er halb im Gras versteckt eine altrömische Amphora, einen Weinkrug. Er nahm ihn in seine rauen Hände, schaute ihn von allen Seiten genau an, reinigte ihn von der Erde und sprach dann zu sich selber: «Was soll ich mit diesem Ding anfangen? Wenn es wenigstens ein Kochtopf wäre, so könnte ihn meine Mutter brauchen, um mir am Abend eine gute Reissuppe mit grossen weissen Bohnen zu kochen.» Mit diesen Worten warf er den Weinkrug verächtlich weg. «Wäre er wenigstens voll guten Weines gewesen», rief er aus und gab dem Krug noch einen letzten Blick. Der lag unbeschädigt im Gras und – welch ein Wunder! – aus der Öffnung des Gefässes ergoss sich eine rote Flüssigkeit, die das Gras und den Boden benetzte. Lucio lief hin, um genauer zu sehen. Es war Wein. Er nahm aufs Neue den Krug, führte ihn an seine Lippen und versuchte. Es war wirklich Wein, und zwar von der besten Sorte. Gierig trank er davon in grossen Zügen. In seinem Leben hatte er noch nie so ausgezeichneten Wein getrunken. «Wie konnte ich so dumm sein!», brummte er vor sich hin. «Der Krug war ja voll Wein, und ich habe es nicht einmal bemerkt.» Als die Sonne untergegangen war, kehrte er mit der Herde zu seiner Hütte zurück und brachte der Mutter den Krug mit dem Wein, so viel davon noch übriggeblieben war. Dann erzählte er ihr den Vorfall. Die Alte kostete erstaunt den guten Wein und füllte dann die Feldflasche ihres Sohnes Lucio, damit er auch etwas zu trinken habe am nächsten Tag, wenn er auf den Bergen oben wieder das Vieh hüte. Hierauf stellte sie den Krug, der noch gut bis zu einem Drittel mit dem süssen Trank gefüllt war, auf den Tisch und brachte dann als Abendessen eine gute Suppe und einen ganz zarten Salat herbei. «Mutter», rief plötzlich Lucio ihr zu, «habt ihr kein Öl in den Salat getan?» «Freilich, mein Lieber, aber es war fast keines mehr da.» «Ja», seufzte der Sohn, «dies Jahr hat das verflixte Hagelwetter uns alle Nüsse von den Bäumen geschlagen. Kein Wunder, wenn jetzt das Nussöl spärlich ist und sehr teuer. Statt einen Krug voll Wein hätte ich wohl besser getan, einen solchen mit Öl gefüllt zu finden.» Dann assen Mutter und Sohn fröhlich miteinander zu Nacht. Hernach hielt die Frau den Weinkrug an den Mund, um einen Schluck zu trinken. Aber es hätte wenig gefehlt, so hätte sie ihn auf den Küchenboden fallen lassen vor Bestürzung, denn der Krug enthielt keinen Wein mehr, sondern war stattdessen mit feinstem Öl gefüllt. «Aber, das ist doch unmöglich», rief sie aus, «der Krug ist ja verhext!» Lucio wollte sich auch vergewissern. Er goss das Öl in einen anderen Krug und sprach hierauf: «Krüglein, liebes Krüglein mein, füll’ dich wiederum mit Wein!» Und augenblicklich ging der Zauberspruch in Erfüllung. Jetzt waren Mutter und Sohn glücklich. Sie hatten nun Öl und Wein so viel sie wünschten. Aber Lucio wollte, als er wieder einmal mit seiner Kuh, den Ziegen und Schafen am Abend heimkehrte, ein anderes Wunder probieren. Er trat auf den Krug zu und sprach zu ihm: «Krüglein, liebes Krüglein mein, füll’ dich jetzt mit Goldstücklein!» Und wahrhaftig, das Ausserordentliche geschah. Lucio und seine Mutter standen mit weit aufgesperrten Augen da und betrachteten die glänzenden Geldstücke. Lucio leerte den Krug auf den Tisch aus. Hei, wie das klingelte! Und wie viele, viele Goldstücke lagen da! Er füllte damit einen kleinen Sack, der bisher als Salzsack für das Vieh auf der Weide gedient hatte. Darauf stiegen Mutter und Sohn in den Keller hinunter, wo es von gut gelagertem Käse roch und vergruben den Schatz tief in der Erde. Aber sie begruben mitsamt dem Geld auch ihre Fröhlichkeit. In jener Nacht floh der Schlaf aus der sonst ruhigen Hütte, und an seiner Stelle kamen Sorge, Verdacht und Angst zur Tür herein. Mutter und Sohn konnten nicht schlafen, sondern schauten ängstlich umher und spitzten die Ohren. Wenn der Wind draussen pfiff oder wenn eine Katze über die grossen Steine auf dem Dach hüpfte, so glaubten sie, es kämen Diebe, um ihnen den Schatz fortzutragen. Schon stand die Sonne hoch am Himmel, die Kuh brüllte, die Geissen meckerten, und die Schafe blökten kläglich im Stall drüben; aber Lucio mochte nicht aufstehen. Wozu auch? Konnte die Mutter so ganz allein tagsüber im Hause bleiben und das Gold bewachen? Er hatte keine Ruhe mehr. Was sollte er tun? Seufzend schaute die Mutter ihren Sohn an. Sie begriff und erfasste jetzt ganz, welch grosses Unglück mit jenem unerwarteten Geld in die Hütte eingezogen war. Sie stand auf, stieg mäuschenstill in den Keller hinunter, grub das Geld wieder aus, tat es in den Krug und sprach: «Krüglein, liebes Krüglein mein, füll’ dich wiederum mit Wein!» Da verschwand das Gold und der Krug war bis zum Rand voll süssen Weines. Wieder füllte sie wie jeden Morgen die Feldflasche ihres Sohnes, schnitt einen Laib Roggenbrot in zwei Teile, legte einen hübschen Ziegenkäse dazu und wickelte es in ein Papier ein. Dann ging sie in die Kammer hinüber und sprach liebreich zu ihrem Sohn: «Steh auf, lieber Lucio, steh auf! Es ist schon spät; die Blonde, die Ziegen und die Schafe sollten schon längst auf der Weide sein. Geh mit ihnen zufrieden und glücklich wie früher!» «Und das Gold und der Krug?», fragte der Sohn. «Es war nur ein Traum», beruhigte ihn die Mutter. Jetzt begriff er alles. Er küsste seine Mutter zum Abschied und ging in den Stall. Der Tag war selten schön und der Himmel tiefblau. Die Blonde, die Schafe und die Geissen waren froh, die zarten und blühenden Kräuter zu fressen. Und Lucio war es wieder wohl im Herzen. Er fing an, ein frohes Lied zu singen, da er erkannt hatte, dass Gold und Reichtum allein ihn nicht glücklich machen konnten.   Quelle: Walter Keller, Tessiner Sagen und Volksmärchen, Märchen erzählt in Campestro von Silvio Savi, 1926 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der verzauberte Wald

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Als Knecht diente Marro Peter im Hapferen bei Plaffeien. An einem Sonntagnachmittag wollte er im Oberen Hapferen einen Besuch machen. Man kann den Oberen Hof ganz gut von unten sehen über die Wiesenhänge hinauf. Rüstig stieg der Knecht die Anhöhe hinan. Plötzlich hemmte er seine Schritte und stutzte. Er kannte sich in der Umgebung nicht mehr aus, denn vor seinen Augen stand ein dichter Tannenwald wie aus dem Boden geschossen und machte die Aussicht nach dem Oberen Hapfern unmöglich. «Das kann nicht mit rechten Dingen zugehen», dachte Marro, «das ist ein Gaukelwerk des Bösen.» Oft genug hatte der Knecht diesen Weg gemacht, um sich da nicht auszukennen. Es handelte sich hier sicherlich um ein Blendwerk einer finsteren Nacht. Sollte Peter zurück? Nein, da hätte er sich als feig oder furchtsam gezeigt. Also mutig voran. Dem höllischen Spuk auf den Leib gerückt. Marro Peter schlug ein Kreuz und betete ein andächtiges Vaterunser. Dieses Mittel zeigte sich wirksam und zerstörte das Spukgebilde. Der vermeintliche Wald zog sich immer weiter zurück – es war merkwürdig, diesen Vorgang zu beobachten – immer kleiner und kleiner schrumpfte das Gebilde zusammen, bis endlich nur ein kleiner Nebelstreifen zurücklieb, in die Höhe schwebte und sich zuletzt in der Luft auflöste. Peter erreichte den Hof, aber er teilte kein Wort mit von seinem Abenteuer.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Vieh-Raub

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Im vorigen Jahrhunderte kamen zwischen den Älplern und Hirten in Alpen an der Sulzfluh und den Montavonern jenseits des Gebirgszuges öfters Neckereien dieser oder jener Art vor. Einst fasste ein Küher, der in Partnun hütete, den verwegenen Plan, al­leine an den Montavonern sich zu rächen. Von seinem Vorhaben wussten seine Kameraden nichts, sie hätten sonst von seiner bösen Absicht ihn abgehalten. So machte er einen schönen Tages sich auf, überstieg den Pass, und betrat die schönen Alpen der Widersacher. Er kehrte in einer Hütte ein, deren Bewohner ihn freundlich aufnahmen, und gastfrei hielten. Niemand ahnte seine böse Absicht. - Gerührt durch die Freundlichkeit, die ihm erwiesen wurde, kämpfte er anfangs mit seinem Innern, und war nahe daran, seinen Plan aufzugeben, und heimzukehren. - Doch der Hass gewann und behielt die Oberhand, und so schritt er zur Ausführung seines Planes. In der Nacht erhob er sich von seinem Lager, schlich sich in den Stall, und führte die zwei schönsten Kühe weg. Der Plan war ihm gelungen. Freundlich flimmerten die Sterne, als wollten sie ihn warnen, mit dem geraubten Gute umzukehren, aber er überhörte, noch mehr, er beschwich­tigte die Stimme seines Gewissens. So trieb er seinen Raub über die Passhöhe. Dem Knechte, der während seiner Abwesenheit hütete rief er zu: »Schau da die schönen Braunen an, freuen sie dich nicht?« Der Andere erschrak: »Gott, was hast Du getan, gib Acht, das kostet unsere ganze Habe; Du, und wir Alle müssen es entgelten.« Bald wurde das Vieh zum Melken »gesammelt,« und gemelkt, aber keinem von den Hirten oder Kühern wollten die »schönen Braunen« gefal­len. Zentnerschwer lastete die Angst auf ihnen. - In den Nachmittagsstunden gewahrte der Handbube einige Männer mit grossen Stöcken in den Händen, von der Passhöhe herabkommend. Es war das ein Trupp Montavoner, in ihrer Mitte der Besitzer der beiden »Brau­nen.« - Und ohne lange zu fragen, schickten diese Montavoner sich an, nicht nur die beiden Braunen, sondern auch die ganze, weidende Habe, die auf Partnun weidete, ausgenommen einen Stier, welcher hinkte, und nicht vorwärts mochte, weg zu treiben, dem Passe zu. Vor ihrem Abzuge liessen die Montavoner dem Küher zur Strafe, Diesem die Wahl, in die »heisse Milch« zu springen, oder zu Tode sich zu »bürch­len« (ins Alphorn zu blasen) bis er zerspringe (Todesstrafen bei den Älplern gebräuchlich). - Er wählte das Letztere, - nahm sein Horn, sprang auf das Hüttendach, und blies, dass es in Berg und TaI wiederhallte. Er blies ins Horn: »O! O! O! ..... Sie haben uns genommen die schwarzbraune Kuh (dies war die sog. Heer-Kuh) und Alle dazu.« - Im Tale vernahm man wohl die seltsam langgezogenen, zitternden Töne, aber Niemand verstand die Deutung als die Geliebte des Kühers, die eben am Brunnen Wasser holte. Sie horchte auf, verstand den Hülfe-Ruf, und machte die Männer bekannt mit der Gefahr, die der Habe drohe, und in grösster Eile stürmten Ihrer eine Anzahl bergan, Alpe zu. Droben lag der Küher tot auf dem Dache, neben ihm sein Horn; er hatte seine traurige Pflicht erfüllt. Die Hirten erzählten den Hergang; die Kühe waren weg, die Montavoner nicht mehr einzuholen. So hatte der Küher seine Strafe erhalten, so aber waren sie durch Densel­ben um ihre ganze Haabe gekommen. Traurig und niedergeschlagen kehrten die Talleute von der Alpe heimwärts, so auch die andern Knechte, die nunmehr in der Alpe nichts mehr zu tun hatten. - Öde Stille herrschte in den schönen, verlassenen Gründen, wo noch vor wenigen Stunden das Geläute der friedlich grasenden Herde ertönte. Aber die Leute mochten jammern wie und so lange sie wollten, das half nichts; es war nun einmal so und nicht anders, und sie wussten, dass sie ihre lieben Kühe nicht mehr sehen sollten, oder sie kauften Dieselben hoch und teuer zurück. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Viehdoktor als Zauberer

Source: Der Viehdoktor als Zauberer

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Der Viehdoktor als Zauberer Seit Jahren war Hans Ulrich Gross, der Wullweber, in Brütten elend. Da zogen seine Angehörigen, es war Anno 1778, den alten Viehdoktor Irminger in Pfaffhausen bei. Der gab ihnen den Rat, sie sollten zu den Kräutern, die er ihnen gebe, Mehl und Salz nehmen und hinter drei Türen Kot zusammenlesen, dann drei Weidenruten nehmen und mit dem allem einen Rauch unter dem Patienten machen, „da es sich dann zeigen werde“. Nachdem die Leute diesen Rauch unter dem Leidenden entfacht, soll sich der alte Kühhirte Heinrich Baltensperger gezeigt haben, womit erwiesen war, dass er und seine Frau schuld und Ursache der elenden Umstände des Wullwebers waren. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Winterthur und Weinland Gechr. Brütten 1917. Heimatkunde von Winterthur, hg. v. Lehrerverein Winterthur, Winterthur 1877 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Viehsegen

Source: Der Viehsegen

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Auf einer Alp wurde, wenn ein Gewitter drohte, das Vieh abends vor die Hüttentür getrieben und gesegnet. Der Senn hatte eine braune Kuh, die beherbergte er eigennüzig besser als die Kühe der Bauern. Sie hatte ein von den andern abgesondertes Lager. Drum wurde sie nicht bemerkt, als man die andern zum Segen holte. Und der Senn in der Gewitterangst vergass diesmal sein Lieblingstier. In der Nacht heftiger Donner, der Blitz schlug in den Viehstall, aber einzig die braune, ungesegnete Kuh wurde tödlich getroffen. Aus: U. Brunold-Bigler, Die Sagensammlung der Nina Camenisch, Disentis 1987, mit freundlicher Genehmigung der Autorin. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Viehtreiber bei Mörikon

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Sind rechte Leute einmal todt, so sind sie aller Müh' und Arbeit los. Jener Hirte aber, der auf dem Felde zwischen Mörikon und Niederlenz das Vieh getrieben hat, kann nicht ruhen; er muss auf jener gleichen Weide wandeln und wie sonst Haho! Hüo! schreien. Denn nicht bloss das Futter hat er verkauft, das er von den Leuten in Niederlenz und Mörikon bekam, damit ihre Heerden auf dem magern Flurtrieb genug hätten, sondern er schlug die armen Thiere auch noch mit scharfen Geisselhieben, wenn sie vor Mattigkeit kaum recht stehen konnten und schrie sein Haho und Hüo! bis sie über Willen und Vermögen zum Stall sprangen. Da glaubten dann die Leute, das sei der satten Thiere Wollust; aber nun wissen sie Alles, seit die Zeit gekommen ist, wo der Unbarmherzige Nachts über das leere Feld brüllt. (Aehnliches von dem Nebelmännchen auf der Stutzalp: Flugi, Volks-Sag. aus Bünden (Chur 1843) 86.) Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 117 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der vierblättrige Klee

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Einst kehrten zwei Meitli miteinander vom Felde heim, jedes mit einer Schürze voll Heu. Auf einmal zieht eines mit beiden Händen seinen Rock in die Höhe, soweit es nur darf, und macht Bewegungen, als ob es durch einen mächtigen Bach waten müsste. Alles lacht; besonders ein junger Bursche, der hinter den Mädchen hergeht, lacht sich halbtot. »Was hast du?« fragt die Begleiterin, »bist du nicht recht bei Sinnen?« »E, siehst du den Bach nicht, der da kommt?« »A pah, Dummheiten; hänge du deinen Arm in den meinen!« Sie tat es, und jetzt sah sie den Bach nicht mehr. Die andere hatte eben ein vierblättriges Kleeblatt unter ihrem Heu, und, wer ein solches bei sich trägt, dem können Zauber und Verblendung nichts antun. Der Bursche, der so lachte und hinter den zwei Mädchen herging, war jedenfalls ein Zauberer. Auch meine Erzählerin hat, als sie vor einigen Jahren in das Tellenspiel nach Altdorf ging, ein solches Kleeblatt in den Sack genommen. »Diä miäm-mi de nu nitt verbländä,« dachte sie. In den Komödien sollen nämlich oft solche Verblendereien vorkommen. Fr. Wipfli-Herger, 80 J. alt; Josefa Muoser, Bürglen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Vogel

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Ein Familienvater hatte eine grosse Kinderschar, und er ernährte diese mit Besenbinden. Eines Tages sah er einen schönen Vogel, rannte diesem nach und band deshalb nur wenig Besen. Am Abend wurde die Frau darob wütend, und vor lauter Streiten vergassen sie, dem Vogel zu fressen zu geben, und das kam ihnen erst im Bett in den Sinn. Auf Zureden des Mannes stand die Frau auf, ging hinunter und gab ihm zu fressen. Als sie die Falltüre öffnete, sah sie in der Stube eine grosse Helligkeit; der Vogel hatte ein silbernes Ei gelegt. Am andern Tag ging sie zum Goldschmied, um das Ei einzutauschen, und sie bekam viel Geld dafür. Vor lauter Freude vergass sie, dem Vogel zu trinken zu geben. Erst im Bett kam es ihr in den Sinn, und auf Drängen des Mannes stieg die Frau wieder hinunter und fand ein goldenes Ei. Nochmals wurde das Ei eingetauscht, und ob der Freude über dieses Gold vergass sie, dem Vogel zu fressen und zu trinken zu geben. Jetzt ging die Frau wieder hinunter, da hatte der Vogel ein diamantenes Ei gelegt. Der Goldschmied hatte nicht genug Geld, um dieses auszuzahlen; deshalb fragte er, woher sie diese Eier hätten. Sie hätten einen Vogel, der sie lege. Der Goldschmied kam und schaute den Vogel an. In der Familie des Besenbinders konnte man weder lesen noch schreiben; doch der Goldschmied sah, dass unter der Kehle des Vogels geschrieben stand: «Wer meinen Kopf isst, wird König werden; wer mein Herz isst, wird jede Nacht einen Beutel Geld unter dem Kissen haben.» Der Goldschmied wollte den Vogel kaufen. Doch alle sagten: «Wir verkaufen ihn nicht.» Da bot er ihnen an, sein ganzes Leben lang für sie aufzukommen und ihre Tochter zu heiraten, wenn sie ihm am Hochzeitstag den Vogel zu essen gäben. Die Tochter war einverstanden, den Goldschmied zu heiraten, denn er war sehr reich. Am Hochzeitstag wurde der Vogel zubereitet. Zwei kleine Brüder, die zu Hause geblieben waren, assen davon aus Neugier, der eine das Herz, der andere den Kopf des Vogels. Als die Mutter es merkte, begann sie zu toben; da flohen die Kleinen und getrauten sich nicht mehr nach Hause zurück. Am Abend gelangten sie in ein Wirtshaus, und der Wirt liess sie aus Mitleid übernachten. Am andern Morgen fand die Magd einen Beutel voll Geld unter dem Kissen, und auf die Buben fiel der schlimme Verdacht, das Geld gestohlen zu haben. Also stellte der Wirt die Frage: «Habt ihr hier nichts vergessen?» - «Nein», sagte der eine, «mein Sackmesser habe ich.» - «Gut, jetzt bleibt ihr da», meinte der Wirt, und er hielt sie bei sich, bis sie erwachsen waren, hielt sie recht und liess sie ausbilden. Eines Tages war der König zu wählen. Der Wirt sagte: «Geht doch auch hin!» Er gab jedem gute Kleider und ein Pferd. Nach ihrer Ankunft auf dem Platz erging der Befehl an die Menge, sich ruhig zu verhalten. Denn zu jener Zeit flog jeweils eine Taube über den Kopf jenes Mannes, der König werden sollte. Die Taube liess sich auf jenem Bruder nieder, welcher den Kopf des Vogels gegessen hatte, und er wurde König. Der andere Bruder kehrte zum Wirt zurück und erzählte alles. Der Bursche war jetzt reich genug, und der Wirt fragte, ob er nicht heiraten möchte. «Vielleicht gefällt dir eine von den drei Schwestern, die zuletzt aus der Kirche gekommen sind?» - «Jawohl!» - «Welche?» «Die Jüngste.» - «Die sollst du haben.» Und er heiratete sie. Kürzlich war die feierliche Hochzeit, und mir haben sie zur Hochzeit einen Hut geschenkt, den ich jetzt noch habe. (Oberhalbstein)   Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Vogel der die Wahrheit sagt

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Eines Morgens hat ein Müller auf dem Mühlrad eine grosse und schwere Kiste gefunden. Er hat diese Kiste schnell genommen und geöffnet und hat darin drei Kinder gefunden, wie Wein und Milch, mit einem goldenen Stern auf der Stirn, zwei Knaben und ein Mädchen. Ganz verwundert hat unser Müller die Kleinen seiner Frau gebracht, und weil sie keine Kinder hatten, haben sie diese wie eigene Kinder aufgezogen. Als die Kinder er­wachsen waren, ist der Müller mit der Wahrheit herausgerückt und hat gesagt, sie seien nicht seine Kinder und er wisse nicht, woher sie kä­men. Und nun drangen die Jungen immer wieder in den Müller, er solle sa­gen, wer ihnen wohl eröffnen könne, woher sie kämen. Nach langem Bitten sagt der Müller: „Das weiss der Vogel, der die Wahr­heit sagt und der ir­gendwo auf einem Schloss ist.“ Nun war der jüngste der Knaben nicht mehr zu Hause zu halten. Am an­dern Tag ist er auf das schwarze Pferd des Müllers gestiegen, um den Vo­gel zu suchen, der die Wahrheit sagt. Es sind indessen viele Tage verstri­chen, und der Junge kehrte nicht zurück. Im andern Frühling ist der ältere Bruder gegangen, um den Vogel, der die Wahrheit sagt, und den Bruder zu suchen. Auch er ist nicht zurückgekehrt. Da mochte die Schwester, die Amalia hiess, nicht mehr in der Mühle blei­ben. Sie hat das weisse Pferd des Müllers genommen und ist in die Welt hinaus, um den Vogel, der die Wahrheit sagt, und die beiden verlorenen Brüder zu suchen. Der Müller und die Müllerin haben geweint, so dass sie ganz rote Augen hatten, als Amalia wegging, denn sie war schön und gut, wie ein Engel. Mutig ist das Mädchen durch einen weiten dunklen Wald geritten, bis es ein altes Mütterchen getroffen hat, und das sagt zu ihm: „Ich weiss schon, du willst den Vogel, der die Wahrheit sagt, und die beiden Brüder suchen. Wenn du alles bekommen willst, dann schau bloss nie hinter dich, möge geschehen, was auch immer!“ Dankend hat das Mädchen versprochen, den Rat nicht zu vergessen und ist weitergeritten. Neben einem dun­klen und tiefen See hat sie einen hohen und steilen Berg entdeckt, auf dessen Spitze ein grosses, schönes Schloss stand. So schnell sie konnte, ist sie vom Pferd gesprungen, hat einen Stab genommen und hat begonnen, den Berg hinaufzusteigen. Immerzu hörte sie hinter sich rufen: „Amalia! Amalia!“ Und es machte einen grossen Lärm. Amalia aber schaute nie zurück und schritt frisch voran. Schliesslich ist sie zu einem schönen Schloss aus grünem Marmor gekommen, mit ho­hen Türmen und goldenen Dächern. Vor dem Tor aber war ein schreckli­cher Waldmensch mit einer Tanne in der Hand; er bewachte den Eingang und liess niemanden eintreten. Amalia aber ist, flink wie ein Wiesel, dem Waldmenschen zwischen den Beinen durchgeschlüpft und ins Schloss ge­kommen. Da waren überall Zimmer mit Gold, Silber und Edelsteinen. Im schönsten Zimmer war eine Menge Käfige mit allerlei Vögeln, roten, weis­sen, gelben, grünen, schwarzbraunen, kurz von allen Farben. Als das Mädchen in jenes Zimmer gekommen ist, rief jeder: „Ich bin der Vogel, der die Wahrheit sagt, nimm mich!“ Nur in einer Ecke sass ein kleines Vöglein, das nichts sagte. Dieses hat Amalia genommen. Der graue Vogel hat sich sehr gefreut und gesagt: „Ich durfte nicht sagen, dass ich der Vo­gel bin, der die Wahrheit sagt, aber du hast trotzdem den richtigen gefun­den! Du musst in jenen Rosengarten ge­hen und jene Rute nehmen neben der klaren Quelle inmitten des Gartens. Mit dieser Rute berührst du alle Steine, die wir sehen, wenn wir den Berg hinuntersteigen!“ Das Mädchen hat die Rute aus dem Garten genommen und hat sich mit dem Vogel auf den Weg den Berg hinunter gemacht. Jeder Stein, den sie mit der Rute berührte, verwandelte sich in einen Ritter oder in eine Jung­frau. Die beiden Brüder Amalias sind ebenfalls aus zwei Steinen hervorge­kommen und haben mit Tränen auf den Wangen die gute Schwester um­armt. Der Vogel aber hat gesungen, sie seien Königskinder, und ihr Oheim habe, während der Vater im Krieg war, sie in eine Kiste gelegt und vom Wasser forttragen lassen. Und dem König habe er gesagt, die Köni­gin habe kleine Kätzchen geboren. Voller Wut auf den bösen Onkel sind die Brüder in Begleitung vieler Ritter und Jungfrauen in die Stadt des Königs gezogen, und dort hat der Vogel dem König die Geschichte der Kinder erzählt. Närrisch vor Freude hat dieser seine Kinder umarmt und hat die Mutter aus dem Gefängnis zum Festmahl kommen lassen. Der Schurke von einem Onkel aber wurde von vier Pferden in vier Stücke gerissen. Amalia ist eine feine und zarte Köni­gin geworden, ihre Brüder mutige und gute Könige. Das ist die Geschichte vom Vogel, der die Wahrheit sagt!   Quelle: Schweizer Volksmärchen, Diederichs Verlag 1990 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Vogel Greif

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S isch einisch e Chönig gsi, woner gregiert hat und wiener gheisse hat weiß i nümme. De het kei Sohn gha, nummene einzige Tochter, die isch immer chrank gsi, und kei Dokter het se chönne heile. Do isch em Chönig profizeit worde si Tochter werd se an Öpfle gsund esse. Do lot er dur sis ganz Land bchant mache wer siner Tochter Öpfel bringe, daß se se gsund dar chönn esse, de müesse zur Frau ha und Chönig wärde. Das het au ne Pur verno, de drei Söhn gha het. Do säit er zum elste „gang ufs Gade ufe, nimm e Chratte (Handkorb) voll vo dene schöne Öpfle mit rothe Bagge und träg se a Hof; villicht cha se d’ Chönigstochter gsund dra esse und de darfsche hürothe und wirsch Chönig.“ De Kärle hets e so gmacht und der Weg under d’ Füeß gno. Woner e Zitlang gange gsi isch, begegnet em es chlis isigs Manndle, das frogt ne was er do e dem Chratte häig, do seit der Uele, denn so het er gheisse, „Fröschebäi.“ Das Manndle säit druf „no es sölle si und blibe“ und isch witer gange. Ändle chunt der Uele fürs Schloß un lot se amelde, er hob Öpfel, die d’ Tochter gsund mache, wenn se dervo ässe thue. Das het der Chönig grüsele gfreut und lot der Uele vor se cho, aber, o häie! woner ufdeckt, so heter anstatt Öpfel Fröschebäi e dem Chratte, die no zapled händ. Drob isch der Chönig bös worde, und lot ne zum Hus us jage. Woner häi cho isch, so verzelter dem Ätte wies em gange isch. Do schickt der Ätte der noelst Son, de Säme gheisse het; aber dem isch es ganz glich gange wie im Uele. Es isch em halt au es chlis isigs Manndle begegnet und das het ne gfrogt was er do e dem Chratte häig, der Säme säit „Seüborst,“ und das isigs Manndle säit „no es söll si und blibe.“ Woner do vor es Chönigsschloß cho isch, und säit er heb Öpfel, a dene se d’ Chönigstochter gsund chönn esse, so händ se ne nid welle ine lo, und händ gsäit es sig scho eine do gsi und heb se füre Nare gha. Der Säme het aber aghalte, er heb gwüß dere Öpfel, se solle ne nume ine lo. Ändle händ sem glaubt, und füre ne vor der Chönig. Aber woner er si Chratte ufdeckt, so het er halt Seüborst. Das het der Chönig gar schröckele erzürnt, so daß er der Säme us em Hus het lo peütsche. Woner häi cho isch, so het er gsäit wies em gange isch. Do chunt der jüngst Bueb, dem händse nume der dumm Hans gsäit, und frogt der Ätte ob er au mit Öpfel goh dörf. „Jo,“ säit do der Ätte, „du wärst der rächt Kerle derzue, wenn die gschite nüt usrichte, was wettest denn du usrichte.“ Der Bueb het aber nit no glo: „e woll, Ätte, i will au goh.“ „Gang mer doch ewäg, du dumme Kerle, du muest warte bis gschiter wirsch“ säit druf der Ätte und chert em der Rügge. Der Hans aber zupft ne hinde am Chittel „e woll, Ätte, i will au goh.“ „No minetwäge, so gang, de wirsch woll wieder ome cho“ gitt der Ätte zur Antwort eme nidige Ton. Der Bueb hat se aber grüsele gfreut und isch ufgumpet. „Jo, thue jetz no wiene Nar, du wirsch vo äim Tag zum andere no dümmer“ säit der Ätte wieder. Dat het aber im Hans nüt gmacht und het se e siner Freud nid lo störe. Wils aber gli Nacht gsi isch, so het er dänkt er well warte bis am Morge, er möcht hüt doch nümme na Hof gcho. z’ Nacht im Bett het er nid chönne schloffe, und wenn er au ne ihli igschlummert isch, so hets em traumt vo schöne Jumpfere, vo Schlößern, Gold und Silber und allerhand dere Sache meh. Am Morge früe macht er se up der Wäg, und gli drufe bchuntem es chlis mutzigs Manndle, eme isige Chläidle, und frogt ne was er do e dem Chratte häig. Der Hans gitt em zur Antwort er heb Öpfel, a dene d’ Chönigstochter se gsund äße sött. „No,“ säit das Manndle, „es sölle söttige (solche) si und blibe.“ Aber am Hof händ se der Hans partu nit welle ine lo, denn es sige scho zwee do gsi und hebe gsäit se bringe Öpfel und do heb äine Fröschebäi und der ander Seüborst gha. Der Hans het aber gar grüsele aghalte, er heb gwöß kene Fröschebäi, sondern von de schönste Öpfle, die im ganze Chönigreich wachse. Woner de so ordele gredt het, so dänke d’ Thörhüeter de chönn nid lüge und lönde ine, und se händ au rächt gha, denn wo der Hans si Chratte vor em Chönig abdeckt, so sind goldgäle Öpfel füre cho. De Chönig het se gfreut und lot gli der Tochter dervo bringe, und wartet jetz e banger Erwartig bis menem der Bericht bringt, was se für Würkig tho hebe. Aber nid lange Zit vergot, so bringt em öpper Bricht: aber was meineder wer isch das gsi? d’ Tochter sälber isch es gsi. So bald se vo dene Öpfle ggässe gha het, isch e gsund us em Bett gsprunge. Wie der Chönig e Freud gha het, chame nid beschribe. Aber jetz het er d’ Tochter dem Hans nid welle zur Frau ge un säit er müeß em zerst none Wäidlig (Nachen) mache, de ufem drochne Land wäidliger geu as im Wasser. Der Hans nimmt de Betingig a und got häi und verzelts wies eme gangen seig. Do schickt der Ätte der Uele is Holz um e söttige Wäidlig z’ mache. Er hat flißig gewärret (gearbeitet) und derzue gpfiffe. z’ Mittag, wo d’ Sunne am höchste gstande isch, chunt es chlis isigs Manndle und frogt was er do mach. Der Uele gitt em zur Antwort „Chelle (hölzernes Geräth).“ Das isig Männdle säit „no es sölle si und blibe.“ z’ Obe meint der Uele er heb jetz e Wäidlig gmacht, aber woner het welle isitze, so sinds alles Chelle gsi. Der anner Tag got der Säme e Wald, aber s’ isch em ganz gliche gange wie im Uele. Am dritte Tag got der dumm Hans. Er schafft rächt flißig, daß es im ganze Wald tönt vo sine chräftige Schläge, derzue singt er und pfift er rächt lustig. Da chunt wieder das chli Manndle z’ Mittag, wos am heißeste gsi isch, und frogt was er do mach. „E Wäidlig, de uf em drochne Land wäidliger got as uf em Wasser,“ un wenn er dermit fertig seig, so chom er d’ Chönigstochter zur Frau über. „No,“ säit das Manndle, „es söll e so äine ge und blibe.“ z’ Obe, wo d’ Sunne aber z’ Gold gange isch, isch der Hans au fertig gsi mit sim Wäidlig und Schiff und Gscher. Er sitzt i und ruederet der Residenz zue. Der Wäidlig isch aber so gschwind gange wie der Wind. Der Chönig hets von witen gseh, will aber im Hans si Tochter nonig ge und säit er müeß zerst no hundert Haase hüete vom Morge früeh bis z’ Obe spot, und wenn em äine furt chömm, so chömm er d’ Tochter nit über. Der Hans isch e des z’friede gsi, und gli am andere Tag got er mit siner Heerd uf d’ Wäid und paßt verwändt uf daß em keine dervo laufe. Nid mänge Stund isch vergange, so chunt e Magd vom Schloß und säit zum Hans er söll ere gschwind e Haas ge, so hebe Wisite über cho. Der Hans hett aber woll gemerkt wo das use will und säit er gäb e keine, der Chönig chön denn morn siner Wisite mit Haasepfäffer ufwarte. d’ Magd het aber nid no glo und am Änd fot so no a resniere. Do säit der Hans wenn d’ Chönigstochter selber chömm, so woll er ene Haas ge. Dat het d’ Magd im Schloß gsäit, und d’ Tochter isch sälber gange. Underdesse isch aber zum Hans das chli Manndle wieder cho und frogt der Hans was er do thüej. „He, do müeß er hundert Haase hüete, daß em käine dervo lauf, und denn dörf er d’ Chönigstochter hürothe und wäre Chönig.“ „Guet,“ säit das Manndle, „do hesch es Pfifle, und wenn der äine furtlauft, so pfif nume, denn chunt er wieder ume.“ Wo do d’ Tochter cho isch, so gitt ere der Hans e Haas is Fürtüchle. Aber wo se öppe hundert Schritt wit gsi isch, so pfift der Hans, und de Haas springt ere us em Schäubele use und, was gisch was hesch, wieder zu der Heerd. Wo’s Obe gsi isch, so pfift de Haasehirt no emol und luegt ob alle do sige und treibt se do zum Schloß. Der Chönig het se verwunderet wie au der Hans im Stand gsi seig hundert Haase z’ hüete, daß em käine dervo glofe isch; er will em aber d’ Tochter äine weg nonig ge, und säit er müß em no ne Fädere us d’ Vogelgrife Stehl bringe. Der Hans macht se grad uf der Wäg und marschiert rächt handle vorwärts. z’ Obe chunt er zu neme Schloß, do frogt er umenes Nachtlager, denn sälbesmol het me no käine Wirthshüser gha, das säit em der Herr vom Schloß mit vele Freude zue und frogt ne woner he well. Der Hans git druf zur Antwort „zum Vogelgrif.“ „So, zum Vogelgrif, me säit ame er wuß alles, und i hane Schlössel zue nere isige Gäldchiste verlore: ehr chöntet doch so guet si und ne froge woner seig.“ „Jo frile,“ säit der Hans, „das wili scho thue.“ Am Morgen früe isch er do witer gange, und chunt unterwägs zue mene andere Schloß, i dem er wieder übernacht blibt. Wo d’ Lüt drus verno händ daß er zum Vogelgrif well, so säge se es sig im Hus ne Tochter chrank, und se hebe scho alle Mittel brucht, aber es well kais aschlo, er söll doch so guet si und der Vogelgrif froge was die Tochter wieder chön gsund mache. Der Hans säit das weller gärn thue und goht witer. Do chunt er zue emne Wasser, und anstatt eme Feer isch e große große Ma do gsi, de all Lüt het müesse übere träge. De Ma het der Hans gfrogt wo si Räis ane geu. „Zum Vogelgrif“ säit der Hans. „No, wenn er zue nme chömet,“ säit do de Ma, „sö froget ne an worum i all Lüt müeß über das Wasser träge.“ Do säit der Hans „jo, min Gott jo, das wili scho thue.“ De Ma het ne do uf d’ Achsle gno und übere träit. Ändle chunt do der Hans zum Hus vom Vogelgrif, aber do isch nume d’ Frau dehäime gsi und der Vogelgrif sälber nid. Do frogt ne d’ Frau was er well. Do het ere der Hans alles verzelt, daß ere Fädere sölt ha us s’ Vogelgrife Stehl, und denn hebe se emene Schloß der Schlüssel zue nere Gäldchiste verlore, und er sött der Vogelgrif froge wo der Schlüssel seig; denn seig eme andere Schloß e Tochter chrank, und er söt wüße was die Tochter chönt gsund mache; denn seig nig wid vo do es Wasser und e Ma derbi, de d’ Lüt müeß übere träge, und er möcht au gern wüsse worum de Ma all Lüt müeß übere träge. Do säit die Frau „ja lueget, mi guete Fründ, s’ cha käi Christ mit em Vogelgrif rede, er frißt se all; wenn er aber wänd, so chön neder under sis Bett undere ligge, und z’ Nacht, wenn er rächt fest schloft, so chönneder denn use länge und em e Fädere usem Stehl riße; und wäge dene Sache, die ner wüße söttet, will i ne sälber froge. Der Hans isch e das alles z’friede gsi und lit unders Bett undere. z’ Obe chunt der Vogelgrif häi, und wiener i d’ Stube chunt, so säit er „Frau, i schmöke ne Christ.“ „Jo“ säit do d’ Frau, „s“ isch hüt äine do gsi, aber er isch wieder furt;“ und mit dem het der Vogelgrif nüt me gsäit. z’ mitzt e der Nacht, wo der Vogelgrif rächt geschnarchlet het, so längt der Hans ufe und rißt em e Fädere usem Stehl. Do isch der Vogelgrif plötzle ufgjuckt und säit „Frau, i schmöcke ne Christ, und s’ isch mer s’ heb me öpper am Stehl zehrt.“ De säit d’ Frau „de hesch gwüß traumet, und i ho der jo hüt scho gsäit, s’ isch e Christ do gsi, aber isch wieder furt. Do het mer allerhand Sache verzellt. Si hebe ime Schloß der Schlüssel zue nere Gäldchiste verlore und chönnene numme finde.“ „O di Nare,“ säit der Vogelgrif, „de Schlüssel lit im Holzhus hinder der Thör undere Holzbig.“ „Und denn het er au gsäit imene Schloß seig e Tochter chrank und se wüße kais Mittel für se gsund z’ mache.“ „O di Nare,“ säit der Vogelgrif, „under der Chällerstäge het e Chrot es Näscht gmacht von ere Hoore, und wenn se die Hoor wieder het, so wers se gsund.“ „Und denn het er au no gsäit s’ sig amene Ort es Wasser un e Ma derbi, der müeß all Lüt drüber träge.“ „O de Nar,“ säit de Vogelgrif, „täter nome emol äine z’ mitzt dri stelle, er müeßt denn käine me übere träge.“ Am Morge frue isch der Vogelgrif uf gstande und isch furt gange. Do chunt der Hans underem Bett füre und het e schöne Fädere gha; au het er ghört was der Vogelgrif gsäit het wäge dem Schlüssel und der Tochter und dem Ma. d’ Frau vom Vogelgrif het em do alles no nemol verzellt, [322] daß er nüt vergäße, und denn isch er wieder häi zue gange. Zerst chunt er zum Ma bim Wasser, de frogt ne gli was der Vogelgrif gsäit heb, do säit der Hans er söll ne zerst übere träge, es well em’s denn däne säge. Do träit ne der Ma übere. Woner däne gsi isch, so säit em der Hans er söllt nume äinisch äine z’ mitzt dri stelle, er müeß denn käine me übere träge. Do het se de Ma grüsele gfreut und säit zum Hans es well ne zum Dank none mol ume und äne trage. Do säit der Hans näi, er well em die Müeh erspare, er seig sust mit em z’friede, und isch witer gange. Do chunt er zue dem Schloß, wo die Tochter chrank gsi isch, die nimmt er do uf d’ Achsle, denn se het nit chönne laufe, und träit se d’ Chellerstäge ab und nimmt das Chrotenäst under dem underste Tritt füre und gits der Tochter i d’ Händ, und die springt em ab der Achsle abe und vor im d’ Stäge uf, und isch ganz gsund gsi. Jetz händ der Vater und d’ Mueter e grüsliche Freud gha und händ dem Hans Gschänke gmacht vo Gold und Silber: und was er nume het welle, das händ sem gge. Wo do der Hans is an der Schloß cho isch, isch er gli is Holzhus gange, und het hinder der Thör under der Holzbige de Schlüssel richtig gfunde, und het ne do dem Herr brocht. De het se au nid wenig gfreut und het dem Hans zur Belohnig vill vo dem Gold gge, das e der Chiste gsi isch, und sust no aller derhand für Sache, so Chüe und Schoof und Gäiße. Wo der Hans zum Chönig cho isch mit deme Sache alle, mit dem Gäld und dem Gold und Silber und dene Chüene, Schoofe und Gäiße, so frogt ne der Chönig, woner au das alles übercho heb. Do säit der Hans der Vogelgrif gäb äin so vill me well. Do dänkt der Chönig er chönt das au bruche und macht se au uf der Weg zum Vogelgrif, aber woner zue dem Wasser cho isch, so isch er halt der erst gsi, der sid em Hans cho isch, und de Ma stellt e z’ mitzt ab und goht furt, und der Chönig isch ertrunke. Der Hans het do d’ Tochter ghürothet und isch Chönig worde.   Märchen aus der Schweiz aus „Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm“, 1857 Ausgabe letzter Hand     Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


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Einer Bauersfrau war vor Jahren ein graues Vögelein in die Kammer geraten, das konnte wohl schön pfeifen und singen, aber kaum mehr fliegen. Das war ihre Freude geworden Tag und Nacht, und wie sie krank auf dem Lager lag und wusste, dass sie nicht mehr aufstehen werde, bat sie den Bauern, er möge um Gottes willen zu jeder Stunde auf das Vögelein aufpassen, dass ihm niemand etwas zuleide tue. Und als er ihr’s versprochen hatte, starb die Frau und ward nach Brauch und Recht begraben. Der Mann aber nahm nach geraumer Zeit ein junges Weib, das hielt ihm Haus und Hof in Ordnung und fand daran mehr Gefallen, als an ihrem eigenen Mann. Wenn er ins Holz ging oder ins Wildheu, so sah man des Öftern einen jungen Krämer aus dem Tal in weitem Bogen um das Haus schleichen, als ob er etwas verkaufen wollte; doch kam er nicht wieder heraus, bevor die Sonne unterging. Einmal nun kam der Bauer früher aus dem Holz als sonst, da verbarg das Weib den Krämer in der Nebenstube und schloss die Tür ab. Sie hatte aber nicht geachtet, dass der Vogel mit hineingeflogen war. Kam nun der Bauer und begehrte sein Essen und legte sich derweil aufs Ruhbett. Indes das Weib sein Habermus aufs Feuer stellte, fing in der Nebenstube der Vogel an zu singen und sang und sang als ob er toll wäre. «Was hat er nur?», dachte der Bauer und wollte nachsehen, fand aber die Tür verschlossen, und das deuchte ihn merkwürdig, doch sagte er nichts. Als er den ersten Löffel schöpfen wollte, hub der Vogel wieder zu singen an, und als der Bauer aufstand, sah er, dass sein Weib feuerrot geworden war. Und so sang der Vogel noch ein drittes Mal, und dann schwieg er auf einmal. Da stand der Bauer auf und sagte: «Da ist etwas nicht geheuer!» – «So hol ihn doch, den Vogel, wenn dich der Teufel plagt!», schrie das Weib und warf ihm den Schlüssel auf den Tisch, und also ging der Bauer in die Nebenstube, kam aber nimmermehr lebendig heraus. Das Weib aber und den Krämer hat kein Mensch mehr gesehen. Im Frühjahr flogen in weitem Bogen zwei Vögel um das Haus und liefen an seinen Mauern auf und ab, als ob sie Einlass begehrten. Der eine war grau, der andere trug blutigrote Flecken an seinen Flügeln, und das war niemand anders als das treulose Weib und sein Buhle.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Vogel, der die Wahrheit sagt

Source: Der Vogel, der die Wahrheit sagt

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Eines Morgens fand ein Müller auf dem Mühlrad eine grosse und schwere Kiste. Als er sie öffnete, lagen drei Kinder darin, wie Wein und Milch, mit einem goldenen Stern auf der Stirn, zwei Knaben und ein Mädchen. Ganz verwundert brachte unser Müller die Kleinen seiner Frau, und da sie keine Kinder hatten, zogen sie sie wie eigene auf. Als die Kinder erwachsen waren, rückte der Müller mit der Wahrheit heraus und sagte, sie seien nicht seine Kinder, und er wisse nicht, von wem sie abstammten. Die ganze Zeit bedrängten die Burschen den Müller, er solle ihnen jemanden sagen, der das wisse. Nach langem Bitten antwortete der Müller: «Das weiss der Vogel, der die Wahrheit sagt und irgendwo auf einem Schloss ist!» Jetzt hielt es der Jüngste nicht mehr zu Hause aus. Am andern Morgen ritt er auf dem schwarzen Pferd des Müllers weg, um den Vogel, der die Wahrheit sagt, zu suchen. Inzwischen vergingen viele Tage und der Bursche kehrte nicht zurück. Im nächsten Frühling zog der Ältere fort, um den Vogel, der die Wahrheit sagt, und seinen verlorenen Bruder zu suchen. Doch auch er kam nicht zurück. Da konnte ihre Schwester Amalia nicht länger in der Mühle bleiben. Sie nahm das weisse Pferd des Müllers und ging in die Welt hinaus, um den Vogel, der die Wahrheit sagt, und ihre beiden verlorenen Brüder zu suchen. Der Müller und die Müllerin weinten sich die Augen rot, als Amalia wegging, denn sie war schön und gut wie ein Engel. Das Mädchen ritt mutig über eine Ebene durch einen dunklen Wald, bis sie einer alten Frau begegnete, die sagte zu ihr: «Ich weiss schon, du willst den Vogel, der die Wahrheit sagt und deine beiden Brüder suchen. Wenn du die alle finden willst, so schaue bloss nie zurück, es geschehe hinter dir, was wolle.» Das Mädchen dankte für den guten Rat und versprach, ihn zu befolgen. Und sie ritt weiter. Neben einem dunklen und tiefen See sieht sie einen grossen und steilen Berg; zuoberst steht ein grosses und schönes Schloss. So schnell als möglich springt sie vom Pferd; sie nimmt einen Stecken und beginnt, den Berg hinaufzusteigen. Die ganze Zeit hört sie hinter sich rufen: «Amalia, Amalia!» Und es macht einen schrecklichen Lärm. Aber Amalia schaut nicht zurück, sondern geht tapfer vorwärts. Endlich kommt sie zu einem prächtigen Schloss aus grünem Marmor, mit hohen Türmen und goldenen Dächern. Aber vor dem Tor steht ein schrecklicher Waldmensch, mit einer Tanne in der Hand, der bewacht den Eingang und lässt niemanden hinein. Amalia aber, flink wie ein Wiesel, schlüpft dem Waldmenschen zwischen den Beinen hindurch und kommt so ins Schloss. Dort gibt es überall Zimmer mit Gold, Silber und Edelsteinen. Im schönsten Zimmer hat es eine Menge Käfige mit allerlei Vögeln: roten, weissen, gelben, grünen, schwarzen, kurz alle Farben. Als das Mädchen in jenes Zimmer geht, ruft jeder: «Ich bin der Vogel, der die Wahrheit sagt! Nimm mich!» Aber in einer Ecke steht ein Vöglein, das sagt nichts. Amalia nimmt dieses. Der graue Vogel freut sich sehr darüber und sagt: «Ich habe nicht ausbringen dürfen, dass ich der Vogel bin, der die Wahrheit sagt, aber du hast trotzdem den Richtigen getroffen! Du musst in diesen Rosengarten gehen und die Rute neben der klaren Quelle mitten im Garten holen, und mit dieser Rute schlägst du alle Steine, die wir beim Abwärtsgehen sehen!» Das Mädchen hat die Rute aus dem Garten geholt und macht sich mit dem Vogel auf den Weg nach unten. Jeder Stein, den sie mit der Rute berührt, verwandelt sich in einen Ritter oder in ein Fräulein. Die beiden Brüder von Amalia sind aus zwei Steinen herausgekommen und umarmen mit Tränen auf den Backen die gute Schwester. Der Vogel aber singt, sie seien die Kinder eines Königs. Ihr Onkel habe sie, während der Vater im Krieg gewesen sei, in eine Kiste gelegt und sie vom Wasser forttreiben lassen. Dem König habe er gesagt, die gute Königin hätte Kätzchen geboren. Voller Wut auf den schlechten Onkel gingen die Geschwister in Begleitung von vielen Rittern und Jungfrauen in die Stadt des Königs, und dort erzählte der Vogel dem König die Geschichte der Kinder. Verrückt vor Freude umarmte der König seine Söhne und liess ihre Mutter aus dem Gefängnis zum Festessen kommen. Vier Pferde rissen den Bösewicht von einem Onkel in vier Stücke. Amalia wurde Königin, eine zarte und feine, und ihre Brüder mutige und gute Könige. Dies ist die Geschichte vom Vogel, der die Wahrheit sagt.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Vogel, der goldene Eier legt

Source: Der Vogel, der goldene Eier legt

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Nicht weit weg von einer grossen Stadt lebte ein armer Mann. Der mühte sich mit Besenbinden ab und brachte so seine Familie durch. Er hatte zwei Buben, und die fanden eines Tages ein Nest mit goldenen Eiern. Und bald konnten sie auch den Vogel fangen, der goldene Eier legt. Voller Freude brachten die Burschen die goldenen Eier und den Vogel ihrem Vater. Der ging in die Stadt zu einem Goldschmied, und dieser schaute die Eier an und sagte, wenn er ihm den Vogel gebe, so wolle er ihn und seine ganze Familie ernähren; sie müssten nichts arbeiten. Da zog die ganze Familie in die Stadt, und sie hatten gute Tage beim Goldschmied. Aber eines Tages hörte der Goldschmied den Vogel singen: «Wer mich tötet und mein Hirn isst, wird König, und wer mein Herz isst, bekommt täglich hundert Dukaten!» Von der Habgier getrieben, tötete der Goldschmied den Vogel und legte ihn zum Braten in die Pfanne. Die beiden Buben des Besenbinders aber kamen dahinter und nahmen den Vogel aus der Pfanne. Der Jüngere ass das Hirn, der Ältere das Herz. Als der Goldschmied dies merkte, setzte er den Besenbinder samt seiner Familie auf die Strasse. Jetzt waren sie wieder im Elend, und die beiden Söhne mussten in die Fremde, um zu verdienen. Der Jüngere kam in eine grosse Stadt, wo der König vor ein paar Tagen gestorben war. Und König konnte der werden, welcher am nächsten Tag am schnellsten auf dem heiligen Berg oben sei. Da er ein schöner Kerl war, gaben sie ihm auch ein Pferd. Und siehe da! Am andern Morgen löste er die Aufgabe am schnellsten und war von allen Burschen zuerst auf dem grossen Berg oben. Nun setzten sie ihm eine goldene Krone auf, zogen ihm einen roten Mantel an und begleiteten ihn mit Pfeifern und Trommlern zum Schloss des Königs. Am andern Tag liess er seine Eltern kommen, und er regierte viele Tage und Jahre gut und gerecht. Der ältere Bruder aber nahm einen andern Weg. Und nachdem er am ersten Abend in einem Wirtshaus geschlafen hatte, fand er am Morgen hundert Dukaten unter dem Kissen. Da die Dukaten täglich kamen, heiratete er die reiche Wirtstochter und ging zu seinem Bruder. Der machte ihn zum General seiner Truppen.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Vogt auf Schwendi

Source: Der Vogt auf Schwendi

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Im Rachentobel, nicht weit von dem schönen Dorfe Appenzell, wohnte ein kleiner nötiger Bauer, der wohl auch mitunter den Müller spielte und seinen spärlichen Roggen selber mahlte und zu Brot buk. Dieser arme Bauer hatte sieben Kinder, die immer mit schneeweißen Zähnen dem Vater zusahen, wenn er Brot machte, also daß ihnen das Wasser im Munde zusammenlief. Der munterste unter ihnen aber war ein Knabe. Der brachte in seinem Milchtanslein fast alltäglich die Milch in eine benachbarte Sennhütte. Er mußte dann immer an der alten Burg vorbei, die unweit vom Dorfe auf einer Anhöhe stand. In dieser Burg hauste ein alter, bärbeißiger Edelmann, der die Leute gar sehr bedrückte und der keines Menschen Freund, aber der Appenzeller Hirten Feind war. Er haßte sie, da sie immer mehr nach Unabhängigkeit vom Adel trachteten. Die Appenzeller aber haßten ihn als ihren Bedrücker. Sie wagten sich gleichwohl nicht an ihn, so gerne sie's getan hätten, weil er unter den Adeligen um den Bodensee mächtige Vettern hatte. Eines Tages nun ging das Bürschlein aus dem Rachentobel auch wieder an der Burg vorbei, vor deren Tür der Edelmann wie gewöhnlich am Abend saß und sich sonnte. Wie nun der Knabe an ihm vorübergehen wollte, redete ihn der Ritter an und fragte barsch: "Was machen dein Vater und deine Mutter?" Da antwortete der Knabe: "Der Vater bäckt ehegegessenes Brot, und die Mutter macht bös auf bös." Jetzt wollte der Edelmann wissen, was diese Rede für eine Bedeutung habe. "Ei", sagte der Bub, "der Vater bäckt Brot, das wir essen, ehe es bezahlt ist, und die Mutter setzt Lappen auf unser zerrissenes Gewand." Da wollte der Edelmann wissen, warum sie das täten. "Eben darum", antwortete der Bub, "weil du uns alles Geld nimmst." Der Edelmann erboste und drohte ihm und sagte, er werde noch einmal seine Hunde, die groß wie Kälber waren und zu seinen Füßen knurrten, auf ihn loslassen, falls er nicht manierlichere Antworten zu geben wisse. Der kecke Bub ging nun doch etwas verängstigt heim, denn die beiden Hunde hatten ihm zwei Reihen gar großer und gut erhaltener Zähne gewiesen. Zu Hause erzählte er alles. Nun gab ihm sein Vater den Rat, er solle das nächstemal mit der leeren Milchtanse am Schloß vorbeigehen und dabei die Tanse verkehrt auf dem Rücken tragen, daß der Boden oben, die Öffnung unten sei. In die Tanse aber soll er eine Katze stecken. - Der Knabe machte es so und verschloß die verkehrte Milchtanse sorglich mit dem Deckel. Wie er nun an der Burg vorbeikam, stellte ihn der böse Edelmann wieder und schnauzte ihn an: "Nun hör, du Witznase, kannst du mir nun auch sagen, ob die Elstern mehr weiße oder schwarze Federn haben?" Der Bub sagte ohne weiteres: "Mehr schwarze." "Warum?" wollte der Ritter wissen. "Weil der Teufel mit den Zwingherrn mehr zu schaffen hat als die Engel", antwortete keck der Bub. Jetzt wurde der Edelmann wütend. Er ließ die Hunde ab, die gleich hinter dem flüchtenden Knaben herrasten. Rasch öffnete der Bub den Milchtansendeckel, die Katze schoß hinaus, und nun jagten die Hunde der Katze nach, also daß der auflachende Knabe weiterfliehen konnte. Doch der Zwingherr hatte, kochend vor Wut, einen Jagdspieß von der Wand gerissen und rannte nun, kreideweiß vor Ingrimm, hinter dem Knaben her. Und trotzdem der lief, was er nur konnte, holte ihn der langbeinige Ritter doch ein und warf den Spieß nach ihm, also daß das Büblein tot zusammenbrach. Als nun der Vater im Rachentobel seines Söhnchens schaurigen Tod vernahm, eilte er racheschnaubend zu seinen Nachbarn und im ganzen Lande herum. Bald wurde es dem Zwingherrn unheimlich in seinem Burgstall. Er machte sich in einer Nacht still davon und konnte dann im dämmernden Morgen, als er auf die Fehneraspitze hinaufkam, zuschauen, wie das Feuer in hellen Flammen zu seinem Schloß hinausschlug und wie es bis auf den Grund niederbrannte. Er ist auch nie wieder ins Appenzellerland zurückgekommen. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Vollenküher

Source: Der Vollenküher

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Am Fusse des Faulhorns, vom Tschingelfeldbödeli gegen das Schwabhorn, zieht sich ein langes Felsband hin, das Schweifisband genannt. An einer Stelle, ungefähr in der Hälfte, ist im Felsen eine trichterförmige Einbuchtung; sie heisst unter den Älplern die Volle, und ein etwa zweihundert Schritte höher stehender, grosser viereckiger und durch die Mitte gespaltener Stein, der Lugistein. Einst hatten Vater und Sohn, Älpler an Bättenalp, kehrweise die Hutschaft zu besorgen. Der Vater war ein arger Spieler; als sie eines schönen Tages die ganze Viehherde der Alp auf das Schweifisband getrieben hatten und dann beim grossen Stein eine „Gliwwi“ hielten, verliess er den Buben mit der Lüge, er müsse noch das und das besorgen. Er ging aber in den obersten Stafel, auf die Fangisalp, zum Kartenspiel. Am Nachmittag zogen hinter dem Schwabhorn plötzlich schwere, finstere Wolken herauf, und fliegende Schatten strichen über die Alp. Rasch überzog sich der blaue Himmel mit düsteren Nebeln, schienen Blitze, rollte der Donner und toste ein Hagelwetter daher, wie es der Bub noch nicht erlebt. Der hatte sich hinter einen Stein geduckt, darüber hinweg die Schlossen ins Gras sausten um wieder aufzugumpen. Aber das Vieh! Herrgott, das satzte ja davon, in hellem Galopp auf die Volle zu! Wohl sah der Bub die Gefahr, sprang den Tieren nach, chettete, chom, ssä-ssä, chom! Rief jedes beim Namen, sprang wieder fast die Beine aus dem Leib. Seine schwache Kraft reichte nirgends, das stürmende Wesen zu besänftigen. In wilder Flucht vor dem Wetter rannten die Tiere dahin, blindlings in die Volle, in den sicheren Tod. In heller Verzweiflung tat der Bub den Fluch, wenn alles zum Teufel müsse, dann wolle er grad auch mit, hängte sich der letzten Kuh an den Schwanz und starb den grausen Tod seiner Schutzbefohlenen. Als der Vater von dem grässlichen Unglück Kunde erhielt, verliess er auf der Stelle Spiel und Genossen; niemand hat ihn je wieder gesehn. Seit jener Zeit aber hörten die Älpler und Gemsjäger in dieser Gegend zuweilen das Brüllen von Kühen und Läuten von Glocken und den Chettruf „Chom, chom, ssä, ho, hohoho, ho!“ und auf dem Schweifisband und im Tschingelfeldbödeli das Vieh treiben. Es sind die Vollenküher, Vater und Sohn, mit der einst im Volli zugrunde gegangenen Bättenalpsennerei. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Vollenküher gibt Schlechtwetter an

Source: Der Vollenküher gibt Schlechtwetter an

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Einst sassen die Tschingelfeld-Älpler nach Feierabend vor einer Hütte im Bödeli beim räukeln und dorfen. Es war ein klarer Sommerabend und mild, wie die Abende in dieser Höhe selten sind. In der Nähe rauschte der junge Giessbach, und ab und zu bimmelte von der Weide her ein Glockenton herüber, neben dem Schwatz der Mannen die einzigen Laute im Berge ringsum. Heute rann dem ältesten Tschingelfelder, dem alten Bach, das Redebächlein wieder einmal munter aus dem chudersträhnigen Bart, gar flink sprangen seine Äuglein von einem zum andern, wenn er ein neues Zelli aufnahm, eine Behauptung wichtig mit der Einleitung begann: „Van das sägen-i …!“ und zur Bekräftigung die Hand mit gekrümmtem Zeigefinger hob. Oh, der Alte hatte weit über siebenzig Jahre auf dem Buckel und wusste Dinge zu erzählen… Da - auf einmal ging ihm jäh der Faden aus, er warf den grauen Kopf behend herum, lauschte in die Nacht hinein. Vom Schweifisband her ertönten Rufe, wie wenn jemand Vieh triebe: „Hoih, hoih, hoih!“ Und gleich darauf ein Chetten: „Chom, chom, ssä, ssä, chom!“ Und dann wieder hörte man es tönen, wie die Glocken einer daherziehenden Herde, ganz deutlich. „Ping-ping, tong-tong, päng-päng!“ Die Älpler spitzten die Ohren und horchten wie die Schärmäuse. Keiner sagte ein Wort mehr, und als die letzten Rufe verhallt waren, waren die Pfeifen erkaltet. Der erste, der den Schnabel wieder brauchen konnte, war Bach. „Van das sägen-i, das bedeutet nichts Gutes! Der Vollenküher hat sich gekündet. So wahr ich dasitz, innert drei Tagen schlägt das Wetter um, wir müssen abzügeln, weil es dann schneit wie mitten im Winter!“ „Hoh“, meinte darauf das Hubel Chrigi, ein langer, junger Sprenzel, der das erste Mal hier alpete, „was du uns angibst! Jetzt haben wir schon etliche Tag schönstes Wetter, und diesen Abend macht’s einmal noch nicht Gattig, als wenn es ändern wollte. Und Schnee? Wär das ein Wunder! Ich glaub’ nicht daran!“ Der Alte liess sich nicht beirren. „Van das sägen-i, ich habe zu viele Sommer auf Tschingelfeld gealpet, um nicht zu wissen, was die Züglete im Schweifisband bedeuten soll. Ihr müsst’s halt erst noch erleben,“ stand auf und steckelte seiner Hütte zu. Der morgige Tag war wieder glanzheiter auf gegangen wie seine Vorgänger. Die Sonne schien am Faulhorn und der Mittagswand an, als die Älpler das Vieh austrieben wie sonst. Jetzt, am lauteren Tag, kam ihnen die nächtige Erscheinung bloss noch wie ein Traum vor und die Behauptung des alten Bach als einfältiges Geschwätz. Und als der Alte gar allen Ernstes sein Weslein zur Alpabfahrt bereit machte, das Vieh zusammentrieb und kurz nach Mittag talwärts zog, begleitete ihn der Spott der Alpgenossen. Sie bereuten ihr loses Maul ehe lang verging. Am zweiten Tag gegen Abend schlug plötzlich der Wind um, über das Faulhorn heraus jagten graue Nebelfetzen. In der Nacht heulte der Sturm über die Alp, trieb in kurzer Zeit eine Watete Schnee daher, dass am Morgen kein Hälmlein mehr herauslugte. Das gab dann eine Heidenarbeit, bei der schneidenden Kälte zum Abzug zu rüsten, und erst noch, bis der Zügel durch hohen Schnee und scharfen Wind talaus in Sicherheit gebracht war. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Vollenküher gibt Schlechtwetter an

Source: Der Vollenküher gibt Schlechtwetter an

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Einst sassen die Tschingelfeld-Älpler nach Feierabend vor einer Hütte im Bödeli beim räukeln und dorfen. Es war ein klarer Sommerabend und mild, wie die Abende in dieser Höhe selten sind. In der Nähe rauschte der junge Giessbach, und ab und zu bimmelte von der Weide her ein Glockenton herüber, neben dem Schwatz der Mannen die einzigen Laute im Berge ringsum. Heute rann dem ältesten Tschingelfelder, dem alten Bach, das Redebächlein wieder einmal munter aus dem chudersträhnigen Bart, gar flink sprangen seine Äuglein von einem zum andern, wenn er ein neues Zelli aufnahm, eine Behauptung wichtig mit der Einleitung begann: „Van das sägen-i …!“ und zur Bekräftigung die Hand mit gekrümmtem Zeigefinger hob. Oh, der Alte hatte weit über siebenzig Jahre auf dem Buckel und wusste Dinge zu erzählen… Da - auf einmal ging ihm jäh der Faden aus, er warf den grauen Kopf behend herum, lauschte in die Nacht hinein. Vom Schweifisband her ertönten Rufe, wie wenn jemand Vieh triebe: „Hoih, hoih, hoih!“ Und gleich darauf ein Chetten: „Chom, chom, ssä, ssä, chom!“ Und dann wieder hörte man es tönen, wie die Glocken einer daherziehenden Herde, ganz deutlich. „Ping-ping, tong-tong, päng-päng!“ Die Älpler spitzten die Ohren und horchten wie die Schärmäuse. Keiner sagte ein Wort mehr, und als die letzten Rufe verhallt waren, waren die Pfeifen erkaltet. Der erste, der den Schnabel wieder brauchen konnte, war Bach. „Van das sägen-i, das bedeutet nichts Gutes! Der Vollenküher hat sich gekündet. So wahr ich dasitz, innert drei Tagen schlägt das Wetter um, wir müssen abzügeln, weil es dann schneit wie mitten im Winter!“ „Hoh“, meinte darauf das Hubel Chrigi, ein langer, junger Sprenzel, der das erste Mal hier alpete, „was du uns angibst! Jetzt haben wir schon etliche Tag schönstes Wetter, und diesen Abend macht’s einmal noch nicht Gattig, als wenn es ändern wollte. Und Schnee? Wär das ein Wunder! Ich glaub’ nicht daran!“ Der Alte liess sich nicht beirren. „Van das sägen-i, ich habe zu viele Sommer auf Tschingelfeld gealpet, um nicht zu wissen, was die Züglete im Schweifisband bedeuten soll. Ihr müsst’s halt erst noch erleben,“ stand auf und steckelte seiner Hütte zu. Der morgige Tag war wieder glanzheiter auf gegangen wie seine Vorgänger. Die Sonne schien am Faulhorn und der Mittagswand an, als die Älpler das Vieh austrieben wie sonst. Jetzt, am lauteren Tag, kam ihnen die nächtige Erscheinung bloss noch wie ein Traum vor und die Behauptung des alten Bach als einfältiges Geschwätz. Und als der Alte gar allen Ernstes sein Weslein zur Alpabfahrt bereit machte, das Vieh zusammentrieb und kurz nach Mittag talwärts zog, begleitete ihn der Spott der Alpgenossen. Sie bereuten ihr loses Maul ehe lang verging. Am zweiten Tag gegen Abend schlug plötzlich der Wind um, über das Faulhorn heraus jagten graue Nebelfetzen. In der Nacht heulte der Sturm über die Alp, trieb in kurzer Zeit eine Watete Schnee daher, dass am Morgen kein Hälmlein mehr herauslugte. Das gab dann eine Heidenarbeit, bei der schneidenden Kälte zum Abzug zu rüsten, und erst noch, bis der Zügel durch hohen Schnee und scharfen Wind talaus in Sicherheit gebracht war. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der vorrückende Zaun

Source: Der vorrückende Zaun

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Schon öfters hatte ein Schattdorfer zur Nachtzeit an einer bestimmten Stelle Einen angetroffen, der an einen Hag stiess und von dem er annehmen musste, es sei ein Geist. Eines Abends – är häig ä chly heech g'ha – dachte er: »Ä, dem chenntisch dü etz doch ä chly ga hälfä stossä!« Und er ging hin und stiess ebenfalls am Hag. Dieser rückte auf einmal eine ganze Strecke vor. Der Geist aber verschwand und wurde nie mehr gesehen. Joh. Jos. Zgraggen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der W. Jäger im Wiggernthale

Source: Der W. Jäger im Wiggernthale

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In der Nähe der Stadt Zofingen nennt man im Finkenhardwalde einen Hügel das Schloss Finkenstein. Ein da hervorragendes Stück Nagelfluh giebt man für den letzten Mauerrest der versunkenen Burg aus; es sei, sagt man, durch die Länge der Zeit zu dieser unsprengbaren Masse verhärtet worden. Ein ziemlich neues Häuschen steht in der Nähe, und man behauptet, der Eigenthümer habe es nur zu dem Zwecke erbaut, um hier unangefochten von der wachsamen Obrigkeit auf eigenem Grund und Boden den darinnen verborgenen Schätzen nachgraben zu können. Bei jenem Nagelfluhblock nämlich, auf der Nordostseite des Hügels, soll sich noch ein verschütteter Eingang verrathen, der im Jnnern zu einem eisernen Thore führt, und wer durch dieses einzudringen vermöchte, der würde in dem unterirdischen Gange von hier aus bis unter das Chorherrenstift in Zofingen gelangen. Die Ritterschaft von Finkenstein kommt des Nachts in zwei bis drei Kutschen vor das obere Thor von Zofingen gefahren. Wenn da ehemals die Thorwächter das Wiehern, Peitschenknallen und ein vielhufiges Herantraben hörten, sprangen sie eilig zum Thore, und hofften durch schnelles Oeffnen ein gutes Trinkgeld zu verdienen. Dann aber jagte der ganze Zug mit grausigem Geheule, statt durchs Thor, entweder um den Stadtgraben herum, oder er fuhr durch die Luft über das Thor weg und setzte erst beim Rothen Häuschen aufs Strassenpflaster auf. Von da fuhren sie hinauf zur Stadtschreiberei und zum St. Urbanshof, lauter schwarze Männer sassen drinnen, alle hauptlos. Aus dem Kopfe, den sie unter dem Arme hielten, schaute ein stechender feuriger Blick. Die Kutschenräder ächzten unter ihrer schweren Last. Eine andere Kutsche von ähnlicher Art kommt von der Ruine von Botenstein her (vergl. No. 106), ungefähr eine Stunde von Zofingen entfernt, und fährt achtspännig nach Botenwil durch den Forst zu einer anderen Burg hinüber, welche Hargart geheissen haben soll. Das Knallen der Peitschen, Bellen der Hunde, das Tosen und Rasseln der Wagenräder und das Hallogeschrei der Jäger soll in diesen Waldstrichen oft ins Furchtbare anwachsen. Rechts an der Strasse im Thal steht ein vereinzeltes zum Dorfe Botenwil gehörendes Haus. Bis auf unsere Zeit hat dasselbe niemals ein Thor an seiner Scheuer haben können, immer musste es seine Tenne offen halten. Denn gerade durch diese hindurch kommen die Jäger im schärfsten Galopp gesprengt und hinter ihnen die ganze Meute weisser Hunde. Der Jäger, der sie anführt, heisst der Landluegi, er beschaut des Nachts alle Landstriche, Wald und Feld (vgl. No. 94, der Lochluegenjäger), und wer ihm seinen Weidschrei nachzuspotten wagt, dem schleudert er einen Rossknochen ins Bett. Die Folge davon ist aber, dass man lahme Glieder bekommt. Auf jener Ruine Botenstein beschworen einst drei Männer aus Zofingen den Teufel um Geld; der eine hieng dazu eine Kuhhaut mit den Hörnern um, der andere setzte sich mitten in den Kreis auf einen Hafen, und der dritte sagte dazu das Christoffelgebet her. Sie erhielten so wirklich Geld, aber einen blossen einzigen Rappen. In dem Streite, den sie über dessen Besitz erhoben, verlautete ihr Unternehmen, sie wurden eingezogen und der Rädelsführer musste in seiner Kuhhaut nach Bern ins Schellenwerk (Zuchthaus) marschieren. Südwestlich gegen Zofingen her hört man häufig in trüben Nächten ein heftiges Kanonieren aus vielen Geschützen; dies sind die Rothenburger. Auf dem Weissenberge hört man sie förmlich exercieren, Trompete, Trommel und Kommandoruf fehlt nicht. Nach der gewöhnlichen Erklärung sind die Rothenburger Schlossherren im benachbarten Solothurnerlande gewesen, und baben zur Strafe ihrer vielen grausamen Fehden nun auch im Tode ihr rauflustiges Wesen fort zu treiben. Noch ein anderer Zug der W. Jagd ist dem Wiggernthale gleichfalls bekannt, das Gutes Heer. Dasselbe geht bis nach Niederwil an die Aare hinab. Dorten zeigen sich Ueberreste alter Erdschanzen, die vom Flusse weg über den Buchrain quer durchs Thal gereicht und es gegen einen andringenden Feind abgesperrt haben sollen. Dieser gefürchtete Feind war der Dietrich und ihm zum Hohne heisst die Hauptstelle jenes Walles im Walde Dietewart, Dietrichs Warte. Bei jeder Witterungsänderung hört man hier Trompeten und Waffengetöse. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 219 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Wald im Röhrenmoos

Source: Der Wald im Röhrenmoos

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Der Wald im Röhrenmoos Es wird erzählt, die Dietiker Gemeindegrenze im Röhrenmoos sei durch einen „lustigen“ Zufall so eigenartig geworden, dass jetzt ein großer Waldzipfel im Spreitenbachergebiet unbegreiflicherweise zu Dietikon gehöre. Nach der Franzosenzeit habe niemand mehr gewusst, welcher Gemeinde eigentlich der Wald gehöre. Die Gemeinderäte beiderseits hätten sich daher zusammengesetzt und in guter Stimmung den Wald ausgejasst. Die Dietiker sollen gewonnen haben. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Limmattal Aus den „Sagen aus dem Limmattal“. Quellen sind dort nicht angegeben. Laut Vorbemerkung wurden die Sagen durch Sekundarlehrer K. Klenk „durch Schulaufsätze“ gesammelt.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Waldbruder

Source: Der Waldbruder

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In Finnen oberhalb Eggerberg lebte vor vielen Jahren ein Waldbruder. Die Gemeinden Finnen-Eggerberg und Mund hatten sich verpflichtet, für seinen Unterhalt zu sorgen. Mit der Zeit weigerte sich die Gemeinde Finnen, der übernommenen Pflicht nachzukommen, und so zog der Waldbruder nach Gredetsch in eine Felsenhöhle. Dort, in stiller Abgeschiedenheit, nährte er sich mit Wurzeln und Heidelbeeren und diente Gott in Gebet und heiliger Betrachtung. Eines Tages wurde dem Pfarrer von Mund angezeigt, der Waldbruder sei erkrankt. Schnell begab sich der Kilchherr zu ihm, versah ihn mit den heiligen Sakramenten, tröstete ihn und beschenkte ihn reichlich mit Lebensmitteln. «Herr Pfarrer», sprach der Bruder beim Abschied, «bemüht Euch nur nicht mehr, so weit hieher zu kommen. Ich werde meinen Tod schon anzeigen.» Der Pfarrer kehrte heim. Kaum war er wieder in Mund, fingen die Glocken im Turme der Pfarrkirche von selbst zu läuten an, wie an einem Festtag mit feierlichem Klang. Abends traf auch schon der Bote ein und meldete, der Waldbruder sei gestorben. Noch jetzt heisst die Höhle in Gredetsch die Waldbruder- Schipfe. EGGERBERG Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Waldbruder im Felliberg

Source: Der Waldbruder im Felliberg

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In den Fellibergen, Gemeinde Gurtnellen, ist das Waldbruderchäppeli, daneben stand früher das Brudergädemli, an dessen Stelle meine Voreltern, die Riedmatterig, später einen grossen Gaden gebaut haben. Dort hauste vor Zeiten ein Waldbruder. Der las im Chäppeli alle Tage die heilige Messe. Es muss aber ein Geist gewesen sein, denn er war niemand sichtbar ausser seinem Altardiener. Das war der Geissbub meiner Vorfahren. Der diente ihm alle Morgen, wenn er mit den Geissen gegen Fellenen zog, zu Altar. Aber der Waldbruder verbot ihm strenge, irgend jemand etwas davon zu sagen. Da er aber alle Morgen furchtbar pressierte, fiel das den Meisterleuten auf, und endlich sagten sie ihm, wenn er das Geheimnis nicht verrate, so würden sie ihn verjagen. Er war ein armer Bub, ohne Eltern, und deshalb bekannte er. Als er am nächsten und folgenden Morgen wieder zur Kapelle kam, war der Priester verschwunden, die Kerzen waren ausgelöscht, rauchten grad noch. Der Geissbub bekam ihn nie mehr zu sehen. Joh. Jos. Walker, 72 J. alt. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Waldbruder im Mettenholz

Source: Der Waldbruder im Mettenholz

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Am Abhang des Schönenberges bei Maisprach, nahe beim Mettenholz, stand einst ein altes Gemäuer. Darin hauste vor langer Zeit ein Waldbruder, der in der Einsamkeit ein frommes Leben führte. Heute sind die Mauern längst verschwunden, und der Ort ist von grünen Matten überdeckt; aber noch vor etwa dreissig Jahren konnten Spuren davon beobachtet werden. Glück hatte eine Bäuerin, als sie hier Kartoffeln ausgrub. Während sie hackte, sah sie auf einmal einen schönen Goldring blinken, der an einem Zinken ihres Karstes hangen geblieben war. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Waldbruder und Zauberer im Getschwyler

Source: Der Waldbruder und Zauberer im Getschwyler

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Im »Espen«, einem kleinen Plätzchen Allmendwiesland bei der Kapelle Getschwyler in der Gemeinde Spiringen, lebten ehemals Waldbrüder. So gewährte die Dorfgemeinde Spiringen am 15. Mai 17491 »dem Waldbruder Platz zu einem Rütteli an sein Häusli im Espen für sein Leben oder so lang er da bleibt,« und die Auffahrtsgemeinde vom 13. Mai 17792 bewilligte »dem Eremit Elias im Getschwyler im Espen zu Spiringen ein Blätzli Land zu einem Hausgärtlein«; im letztgenannten Jahre erhält »der Bruder im Getschwyler« auch vom Staate ein Almosen3. Während uns die schriftlichen Zeugnisse solches berichten, erzählt die kundige Sage weitläufig, warum der letzte Eremit im Espen fortgewiesen wurde. 1. Dieser hielt den geweckten Kindern aus den Spiringer- und Unterschächnerbergen Schule. Aber, statt sie das Vater Unser zu lehren und in die Geheimnisse der Buchstaben und Zahlen einzuführen, betrat er mit ihnen das romantische Reich der Zauberei. Das war kurzweiliger; kein Wunder, wenn die jungen Bergleutchen mit voller Aufmerksamkeit dem seltsamen Lehrer lauschten und rasche Fortschritte machten. Schon hatten sie gelernt, Leute zu b'stellen und lebendige Mäuslein zu machen. Aber Beinchen konnten sie den armen Mäuslein nicht geben, und letztere rollten deshalb hilflos herum. Von all dem hatten die geistlichen und weltlichen Vorgesetzten der Gemeinde und die Eltern keine Kenntnis, denn die kleinen Schalke hielten auf Geheiss ihres pflichtvergessenen Lehrmeisters ihr Treiben und ihre Künste geheim. Eines Tages sahen mehrere dieser jungen Hexenmeister den Ortspfarrer, Peter Alois Arnold (Pfarrer zu Spiringen 1805–1831, † 1831), genannt der Strassmeister-Heer, bei Baldrig heraufkommen. »Wartet, dem spielen wir einen Streich, den b'stellen wir,« meinte einer von ihnen. Der Vorschlag wurde zur Tat; der Pfarrer stand plötzlich still und konnte einige Augenblicke nicht mehr vorwärts schreiten. Er war aber auch nicht von Dummbach und konnte mehr als nur Brot essen. Er vertauschte einfach die Schuhe an seinen Füssen, das heisst, den rechten zog er an den linken Fuss und den linken an den rechten Fuss (nach Andern schloff er nur aus den Schuhen), und damit war der Bann gebrochen. Weil er auf die kichernden Knaben Verdacht gefasst hatte, nahm er eine strenge Untersuchung vor, so dass die volle Schuld des heuchlerischen Waldbruders an den Tag kam. Das gläubige Volk vertrieb ihn und duldete seit jener Zeit keine Eremiten mehr im Getschwyler. Pfr. Jos. Arnold u.a. 2. Bei dem Waldbruder (bei dem fahrenden Schüler) im Espen genossen mehrere der Alltagsschule entwachsene Burschen eine Art Weiterbildung. Von ihnen werden noch mit Namen genannt der Rytti-Jaggi-Märti, der Herger Lunzi, der Fuhrliger Mariä und des Bielen-Maxis Vater, die alle den ältesten Leuten der gegenwärtig lebenden Generation persönlich bekannt waren. In Wirklichkeit lehrte sie aber der Waldbruder allerlei Zauberstücke, und die Jungen hatten es darin schon ziemlich weit gebracht. Sie konnten echte, lebende Mäuschen machen, aber noch ohne Beinchen, etwas fliegen und brachten es zustande, dass die »Streiwipinggel« durch die Lüfte vom Schattigen her hoch über das Tal zu ihnen ins Sonnige hinüber geflogen kamen. Der Lehrer konnte es ihnen ganz antun. Einmal lief ihm der Herger Lunzi davon; er rief ihm ruhig nach: »Linzäli, geh dü nur, dü kommst bald wieder,« und wirklich kehrte Linzäli sofort um. – Es war an einem Festtage, der von Volk und Geistlichkeit in der Kapelle gefeiert wurde. Nach dem Vormittagsgottesdienste begab sich der Pfarrer heim, kehrte aber nach dem Mittagessen zurück zur Vesper. Unterdessen erlustigten sich die lebensfrohen Burschen, wie es damals Brauch war, am Kegelspiel4. Rasch verfloss die Zeit, und, als der Pfarrer bei Baldrig drunten sichtbar wurde, meinte einer der Spielenden: »Der hätt etz oi bi mym Eich, noch nitt so gleitig miäßä chu!« Einer der Zauberlehrlinge, die auch dabei waren, machte den übermütigen Vorschlag: »Noch! mer wennd-ä b'stellä!« Die Idee fand Anklang, und einer b'stellte ihn. Der Pfarrer kam nichts destoweniger, scheint aber den Zauber gefühlt zu haben, – är müeß-si doch dessä g'wahr wordä sy – denn, als er an den jugendlichen Sündern vorbeischritt, schaute er sie mit ernsten Blicken an und erhob drohend den Zeigefinger. Nach Beendigung des Gottesdienstes liess er sie vor sich kommen, verwies ihnen den Fehler und sprach ihnen väterlich zu. Offenherzig bekannten sie alles und bereuten ihr Unrecht; sie hatten nicht gemeint, schwer zu fehlen. Über ihren Verführer waren sie so erbost, dass sie ihm eines Abends eine Falle vor der Türe seines Häuschens einrichteten, die ihn beim Ausgehen unfehlbar erschlagen hätte. Er aber roch Lunte und flüchtete heimlich durch das Fenster von dannen. Das war der letzte Waldbruder im Espen. Dan. Imholz 3. Einst marschierte einer dieser Zauberlehrlinge mit seinem Vater über den Urnerboden. Da sahen sie ein Vögelein an den Balken und Latten eines Hüttendaches herumturnen und bewunderten es, wie es oft nur mit einem Füsslein zunderobsi an den Balken hing. »Das kann ich auch machen,« meinte der Sohn und stieg auf das Hüttendach, turnte sich auf eine Dachlatte hinaus und hängte sich kopfunter mit einem einzigen Fuss daran. Der Vater merkte, dass solches nicht mit rechten Dingen zuging, und befragte den Bub, der bekannte, er habe das beim Waldbruder gelernt. Zacharias Imholz 4. Die Leute zu b'stellen, das ging ganz einfach; sie besassen zu diesem Zwecke ein kleines Fadenchlungeli, wenn sie daran den Faden recht straff anzogen, b'stellte es die Person, die sie im Auge hatten; wickelten sie am Faden ab, so liess es sie wieder laufen. Mäuschen formten sie aus Dreck, legten sie auf einen Tisch, sagten etwas, und dann wurden sie lebendig. Karl Gisler, 75 J. alt Den sogenannten »Spratzli« zu Unterschächen haben diese Bürschchen öfters b'stellt.  Fußnoten 1 Altes Dorfbüchlein, Dorflade Spiringen. 2 Rüttibuch, Kts.-Arch. 3 Zeitschrift f. Schweiz. Kirchengesch. 1913, S. 136. 4 Heute ist in Spiringen, wo, wie man sagt, kein ebenes Plätzchen zu finden, dass nicht die Kugel in den Schächen rollen würde, das Kegelspiel ausser Brauch gekommen. Ein Gemeindebeschluss zu Spiringen vom 24. Mai 1779 verbietet bei zwei Gulden Busse das Kegeln auf dem Tanzhaus, weil Kegel hinausgesprungen und Leute beschädigt und bei gleicher Busse das Kegeln unter dem Gottesdienst, wie auch das Metzgen, Schindlenmachen und Holzscheiten. (Altes Dorfbüchlein, Dorflade Spiringen.) Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


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Obigen Namen trägt das Stadtthier in Kaiserstuhl; es erscheint als Hund und als Schwarzwälder-Hotzenmann, das heisst in jener alterthümlich schönen Tracht der Bauern aus der benachbarten Grafschaft Hauenstein am badischen Oberrhein bei Waldshut. Übrigens gelten im ganzen Bezirk Zurzach die grossen Hunde für geistersichtig, ja für böse Geister selbst. Der Wälderma erschien sonst gewöhnlich bei der Zollstube an der Rheinbrücke, wo das alte Babeli gewohnt hat. Sie kannte ihn so gut, dass sie auf sein Anklopfen jedesmal in ihrer Stube drinnen sagte: Wozu das Klopfen, du kannst ja doch zu jedem Schlüsselloch herein. Gewöhnlich trat dann ein abgezehrter, stier blickender Mann ein, der gleich an den Ofen gieng und sich wärmte. Er antwortete nie. Im Franzosenkriege waren Appenzeller zur Deckung der Rheingrenze hier aufgestellt und ein paar Mann kamen auch zum Babeli in Einquartierung. Als nun der Rhima damals gerade auch einmal an die Thüre klopfte, schickte sie ihre Appenzeller zum Aufmachen. Aber diese entliefen mit einander, und seither war sie mit allen Soldaten verschont. Damals wagte man noch nicht, Nachts vom Rheine her Wasser ins Städtchen herauf zu tragen; heutzutage ist er ziemlich vergessen. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Waldtanz

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Ob den fruchtbaren Wiesen und Äckern des Savièserberges breitet sich ein grosser Wald aus am Berge Prabé. In diesen Wald mündet die grossartige und überaus gefährliche Wasserleite, die das Wasser der Morge aus dem langen Sanetschtale durch schneidende Felsen herausführt zum Bewässern der weit ausgedehnten Bergwiesen. Wieviel diese Wasserfuhr gekostet haben mag und wie viel Mut die guten Alten hatten, sich an solche Arbeit zu wagen, kann nur beurteilt werden, wenn man dieselbe näher ins Auge fasst. Schon viele Menschenleben hat die Erstellung und Erhaltung dieses kühnen Werkes gekostet und man begreift, dass die gläubigen Savièser die so gefährliche Wasserleitung, "torrent neuf" genannt, dem Segen des Himmels und dem Schutze der Hl. Margaretha anempfohlen, der sie am Rande derselben eine schöne Messkapelle erstellten und ihren Festtag (20. Juli) mit Einstellung aller Wasserarbeiten feiern. Nahe der Kapelle der Hl. Margaretha befindet sich eine schöne waldlose Ebene, "Plan dy danses" genannt, auf der die jungen Leute, so wird erzählt, gerne ihre verborgenen Tänze hielten. Eines Abends versammelten sich dort wieder viele und der Tanz begann lustiger als gewöhnlich; munter pfiff des Spielmann's Flöte, die Geigen zischten summend und die fröhlichen Tänzer, sich hurtig im Kreise drehend, begannen zu jodeln, zu trallen und hell aufzujauchzen. — Und sieh! es kamen neue ungekannte Tänzer, nie gesehene Tänzerinnen an und schlossen sich tanzend ihren tanzenden Reihen an. Und es kamen wieder andere und wieder andere, und zuletzt so viele, dass der grosse Tanzboden überfüllt und unsere ersten Tänzer einander kaum mehr erkannten und ein sichtbares Zeichen verabredeten, um einander nicht ganz unter der Menge zu verlieren. Das dauerte aber nicht gar lange; unserm Tänzervolk ward bange und es begann auszureissen. Sie flohen den Berg hinab und suchten eine alte Scheuer auf, in welche sie sich eilig einzuschliessen bemühten, weil eine Schar der Ungekannten ihnen auf der Ferse folgte. - Voll Angst schrien sie um Hülfe, denn die Fremden drohten Türen und Wände einzuschlagen. Einer der Tänzer wusste das Evangelium des Hl. Johannes und begann dasselbe mit lauter Stimme vorzubeten; alle stimmten fromm mit. Da wurde es stiller von aussen. Eine Stimme rief ihnen noch zum Schlüsselloch hinein: «Wenn ihr nicht dieses Gebet gebetet hättet, so würden wir euch zerhacken wie Gartengemüse.» Die Angreifer entschwanden in feurigen Flammen in den Wald zurück. Nur ein Geiger fehlte aus ihrer Gesellschaft. Der Arme war zu sehr von den Musiktönen seines Spieles hingerissen, dass er die Flucht der Seinen nicht wahrnahm und sich ihnen nicht mehr anschliessen konnte. Am folgenden Morgen kam er zerlumpt und zerrissen, nur seine Geige blieb unbeschädigt, aus dem Wald heraus; die fremden Tänzer jagten ihn die ganze Nacht so durch Stauden, Disteln und Dornen, dass kein ganzer Fetzen an seinem Leibe blieb.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Wälthund

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Wie die olte Lüt albe verzellt hei, het me früecher z Brätzbel e-n-übernatürlig grosse Hund gseh, der Wälthund hei ’s ihm gseit. Eimol syg er vom Usserländli durab cho, ’s andermol vom Niederländli duruf; gwöhnlig heig er dernoh der Wäg d’Chilchgass uf ygschlage. Mängisch heig me-n-ihn au numme gkört der Bach uf und der Bach ab watschle. Die Lüt wo-n-ihn gseh hei, heige gseit, er glych im e Hund und glych im e Chalb! Wie’s heisst, heig emol e Schnyder sy Suhn, e Tuenitguet, furt gjagt. Spöter syg der Suhn in Not und Eländ yne cho; er heig müese hungere und in Schöpfe und im Freie übernachte. Dernoh heig er im Vatter hei gschribe, er sell ihm doch Gäld schicke. Der Vatter heig ihm aber numme-n-e Hälsig gschickt. Dernoh heig der Suhn im Vatter agweuscht, er sell, wenn er gstorbe syg, müese umme-n-irre, wie er jetz und er sell für alli Zyte kei Ruehi meh ha. Und sithär ass dä Vatter gstorbe-n- isch, mües der Wälthund umme goh. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch  


by Der wandelnde Nachbar

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Der wandelnde Nachbar Eine ältere Frau in einem gewissen, nicht zu nennenden Orte, wusste von einem früh verstorbenen Nachbarn, dass er sich zuweilen zeige. Eine andere Nachbarsfamilie, die an seinem Tode schuldig sei, wage nie des Nachts beim Friedhof, der ausserhalb des Dorfes liegt, vorbeizugehen, Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Unterland Zentr.-Bibl. Zürich; nähere Angaben nicht erwünscht. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


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Im Stockwald bei Birgisch, Pfarrei Naters, wird von einem Botzen (Geist) erzählt, der oft soll gesehen und gehört worden sein. Dieser Geist ruhet nicht und wandert die gleichen Gänge immer herum. Er kommt aus dem Walde herab, nähert sich einer kleinen Brücke, die über ein Giesswasser setzt, und kehrt um und in den Wald zurück. Er zeigt vollkommene Menschengestalt und beginnt ein Rufen immer mit einem lustigen Jodeln, das in weinerlichen Jammertönen endet. — Einige beherzte Männer wollten diesen Geist einst ansprechen, getrauten sich aber nicht zu ihm über die bezeichnete Brücke hinüber. Sie winkten zwar dem Geiste, herüber zu kommen, dieser aber folgte nicht und setzte seinen Gang ruhig fort. — So die Sage. Der Schreiber dieses hat das Botzenbrüggelte und den Botzenwald auch passiert, aber vom Wanderbotzen weder etwas gesehen noch gehört. — Vermutlich ist er jetzt des langen Wanderns müde und zieht vor, nun auszuruhen.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Wanderbozen

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Im Stockwald, bei Birgisch, wurde von einem Bozen erzählt, den man dort gesehen und gehört habe. Dieser Geist ruhte nicht und wanderte die gleichen Gänge immer wieder. Er kam aus dem Wald herab, näherte sich einer kleinen Brücke, die über einen Bach gebaut war, kehrte um und ging in den Wald zurück. Er zeigte vollkommene Menschengestalt und begann sein Rufen immer mit einem lustigen Jodeln, das in weinerlichen Jammmertönen endete. Einige beherzte Männer wollten diesen Geist einmal ansprechen, getrauten sich aber nicht, zu ihm über die Brücke hinüberzugehen. Sie winkten zwar dem Geiste, herüberzukommen; aber dieser folgte nicht und setzte seinen Gang ruhig fort. BIRGISCH Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


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Zwei Wanderburschen waren schon einen ganzen Tag miteinander gelaufen und hatten noch kein Dorf erreicht; da blieb ihnen keine andere Wahl, als im Wald zu übernachten. Der eine erkletterte eine Tanne und band sich mit seinem Strumpfbändel zum Schlafe fest; der andere legte sich dahinter ins Gestäude. Um Mitternacht kam aber eine Schar Hexen zum Baum gefahren und hielten ihren Tanz. Und als sie hernach noch einen Schmaus abhielten, erzählten und schwatzten sie, wie sie die Königstochter krank gezaubert hätten, und eine sagte: »So lange man nicht den Schimmel schlachtet, an dem kein graues Haar ist, und nicht die Königstocher in die frische Rosshaut einschlägt, kann die kein Mensch mehr gesund machen.« Hierauf, als sie sich satt gegessen und geplaudert hatten, fuhren alle wieder davon. Der Bursche, der nebenan in den Stauden lag, schlief so fest, dass er von alledem nicht erweckt wurde; dagegen der auf der Tanne droben war wach und hatte sich die Worte der Hexen genau gemerkt. Als es anfing zu tagen, stieg er vom Baum herunter, weckte seinen Kameraden und forderte ihn auf, mit ihm sogleich dem Königsschlosse zuzugehen, um diese Neuigkeit dort zu melden. Dieser aber glaubte von allem nichts, lachte ihn aus und zog, als der Wald zu Ende war, allein seiner Wege. Der andere dagegen ging ins Schloss und verriet da dem König das Heilmittel für seine kranke Tochter. Man sendete hinaus auf die Weide, ließ den Schimmel einfangen und schlachten und wickelte die Prinzessin in seine frische Haut hinein; und auf die Stunde war die Prinzessin wieder genesen. Nun war alles voll Jubel; das ganze Land erzählte von der fröhlichen Begebenheit; der Handwerksbursche durfte für immer in dem Schlosse bleiben und wurde gehalten wie das Kind im Haus. Als sein Reisegefährte auf allen Straßen von dieser Geschichte reden hörte, ärgerte es ihn, dass er nicht mit auf das Königsschloss gegangen war. Aber nichts schien ihm leichter, als sogleich eine ebenso gute Nachricht zu erfahren und sie dem König zu überbringen. Er kehrte also um und suchte im Wald die Tanne, auf der sein Kamerad einst gesessen hatte; da kletterte er hinauf und erwartete die Nacht und den Hexenzug. Abermals begann der Tanz und der Schmaus unter dem Baum, und die Hexen schwatzten und erzählten sich, dass die Königstochter geheilt sei, seitdem einst ein Horcher ihre Gespräche unter diesem Baume belauscht habe; und eine rief plötzlich: »Dort sitzt ja der andere auf der Tanne!« Da kletterten die Hexen hinauf und zerrissen ihn in tausend Fetzen. Und am andern Morgen kam noch eine andere ins Schloss und verlangte mit dem jungen Menschen zu sprechen, der sich hier aufhalte; sie habe ihm eine Nachricht aus der Heimat mitzuteilen. Der König aber ließ die Hexe ergreifen und foltern, bis sie alles eingestanden hatte; und dann wurde sie eingemauert, dass sie elendiglich umkommen musste. Dem Burschen aber gab er seine Tochter zur Gemahlin.   Quelle: Sutermeister, Otto: Kinder- und Hausmärchen aus der Schweiz, Aarau, 1869, nach handschriftlicher Mitteilung von E. L. Rochholz        Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


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Einmal ging ein Wanderer an einer Kirche vorbei, als man eine alte Frau beerdigte. Alle weinten, nur der Wanderer lachte laut. Er begegnete einem armen Mann, und der fragte den Wanderer, weshalb er so laut lache. Der Wanderer antwortete: «Da oben beerdigt man eine alte Frau, und alle weinen; das ist doch zum Lachen!Der Arme sagte: «Man darf nicht lachen, sondern muss sagen: «Gott sei ihrer Seele gnädig!»  Der Wanderer ging ein Stück weiter und kam zu einer Scheune. Hier war ein Metzger, der ein Pferd schlachtete. Der Wanderer sagte zum Pferd: «Gott sei seiner Seele gnadigl- Der Metzger fragte: «Was sagst du?» Der Wanderer antwortete: «Oh, jetzt habe ich es bestimmt richtig gesagt! «Neinl- gab der Metzger zurück, «man muss sagen: «Der Abdecker mit dem Aas!" Wieder ging der Wanderer ein Stück weiter und begegnete einem Herrn und einer Dame in einer Kutsche. Der Wanderer sagte zu ihnen: «Der Abdecker mit dem Aas.» «Das darfst du nicht so sagen!"- wies ihn der Herr zurecht, «sondern du musst sagen: «Das wär auch etwas für mich!»  Ein Stück weiter kam der Wanderer zu zwei Männern, die wacker aufeinander einschlugen. Als der Wanderer das sah, rief er: «Das wär auch etwas für mich! Wütend kam da einer der Männer dahergerannt, haute ihm eine zünftige Ohrfeige herunter und sagte: «Das wär's für dich!" Aus. C. Decurtins/U. Brunold-BIgler, Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Chur 2002 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Wanderer

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Einmal ging ein Wanderer an einer Kirche vorbei, als man eine alte Frau beerdigte. Alle weinten, nur der Wanderer lachte laut. Er begegnete einem armen Mann, und der fragte den Wanderer, weshalb er so laut lache. Der Wanderer antwortete: «Da oben beerdigt man eine alte Frau, und alle weinen; das ist doch zum Lachen!» Der Arme sagte: «Man darf nicht lachen, sondern muss sagen: ‹Gott sei ihrer Seele gnädig!›» Der Wanderer ging ein Stück weiter und kam zu einer Scheune. Hier war ein Metzger, der ein Pferd schlachtete. Der Wanderer sagte zum Pferd: «Gott sei seiner Seele gnädig!» Der Metzger fragte: «Was sagst du?» Der Wanderer antwortete: «Oh, jetzt habe ich es bestimmt richtig gesagt!» «Nein!» gab der Metzger zurück, «man muss sagen: ‹Der Abdecker mit dem Aas!›» Wieder ging der Wanderer ein Stück weiter und begegnete einem Herrn und einer Dame in einer Kutsche. Der Wanderer sagte zu ihnen: «Der Abdecker mit dem Aas.» «Das darfst du nicht so sagen!», wies ihn der Herr zurecht, «sondern du musst sagen: ‹Das wär auch etwas für mich!›» Ein Stück weiter kam der Wanderer zu zwei Männern, die wacker aufeinander einschlugen. Als der Wanderer das sah, rief er: «Das wär auch etwas für mich!» Wütend kam da einer der Männer dahergerannt, haute ihm eine zünftige Ohrfeige herunter und sagte: «Das wär’s für dich!»     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der wandernde Totenschädel

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In der Kapelle zu Gerligen, einem Dörflein zwischen Ballwil und Eschenbach, werden seit alter Zeit drei Totenschädel aufbewahrt. Es seien das die Schädel dreier Mörder, die da ums Leben gekommen. Einst taglöhnte ein Arbeiter von Urswil in Gerligen. Als er am Samstag abends heim wollte, nahm er einen der Schädel in sein Schweisstuch, um ihn in der Kapelle seines Dorfes aufzustellen, da ja diese grösser und schöner sei, als die in Gerligen. Auf dem Wege kam ihm der Schädel abhanden, er wusste nicht wo und nicht wie; sein Tuch war leer, als er heimkam. Der Schädel aber lag am Morgen wieder an seiner Stelle neben den zwei andern und der Tauner hat nicht wieder versucht, einem derselben einen andern Standort zu geben.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Der Wanne-Hämmig

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Früher lief die Grenze zwischen den beiden Ständen Basel und Solothurn bei Langenbruck über die Wannenfluh zum Lochhaus hinunter. Heute ist die Höhe des Berges samt der Fluh solothurnisch. Bei dieser Änderung soll ein Senn des Alphofes Wanne beteiligt gewesen sein, indem er den Bannstein auf die Basler Seite gerückt habe. Doch blieb seine sündige Tat nicht ungerächt; denn wie andere Grenzfrevler muss der Hämmig nach dem Tode umgehen und sein Unrecht in jämmerlichen Tönen beklagen. Schaurig tönt es dann von der Wannenfluh her, dass es den Langenbruckern kalt über den Rücken läuft. Bald darauf pflegen sich gewöhnlich Regen und Unwetter einzustellen. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Wassermann

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In Obwalden lebte in der Sage ins gegenwärtige Jahrhundert hinein der Wassermann, welcher fein und geschmeidig die Kinder ans Wasser lockte. Wegen seiner Hacke, mit welcher er in sein nasses Reich die Opfer hinab zieht, heisst er auch Höggema.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Der Webstuhl

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Das war in den Kalbermatten. Der Quirin, mein Bruder Augustin und eine ganze Tanzgesellschaft wollten dort tanzen. Sie hatten schon begonnen, und es ging alles gut, aber sie merkten immer mehr, dass der Platz einfach zu klein war. Da meinte einer zum andern: «Wier tie doch d Stüedla üs!» Tatsächlich hatten sie den grossen, ungestümen Webstuhl in kurzer Zeit draussen und tanzten fröhlich die ganze Nacht. Am Morgen mussten sie den Webstuhl zurück in die Kammer tragen. Aber es war unmöglich. Sie mochten ihn drehen und lüpfen: die Türe war einfach zu klein. Es blieb ihnen nichts übrig, als ihn mühsam auseinanderzulegen; und drinnen musste sie ihn wieder aufstellen. Jetzt wussten sie, dass ihnen der Teufel geholfen hatte, den Webstuhl zu entfernen. Das geschah so um 1890 im Hause des Peter-Josef Kalbermatten. Neulich fragte ich den Quirin, der auch dabei war, ob das wirklich stimme. Er antwortete: «Ja, das stimmt, aber tüomer derfa lieber nimme redu!» SAAS-FEE Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Wechseltaler

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Ein Wechseltaler, behauptet man in unserm Kanton Bern, habe die Eigenschaft, dass er alles Geld, mit dem er in Berührung kommt, dem Eigentümer auf eine unerklärliche Weise in seine Kasse bringe. Mehrere sind bei uns schon auf diese Weise um ihr Geld gekommen. Um einen solchen Taler zu erhalten, muss man folgen des tun: Am heiligen Abend nehme man eine kohlschwarze Katze, die schon sieben Mal drei Junge geworfen hat, stecke sie in einen zwilchenen Kornsack und knüpfe denselben so fest als möglich zu. Damit gehe man in der Geisterstunde zu einer Kirche, welche drei Türen hat, klopfe bei der ersten an, worauf ein schwarzes Männlein öffnet und nach des Anklopfenden Begehren fragt, worauf dieser sagt, er bringe da dem Herrn einen Hasen. Statt dass nun das Männchen den Sack abnimmt, weist es den Bringer vor eine andere Tür. Hier geht genau das Gleiche vor. Bei der dritten Tür aber kommt der Herr Satan in eigener Person, nimmt das Geschenk ab und gibt gefällig dem Bringer einen blanken Neutaler zum Trinkgeld. Dann muss sich aber der Beschenkte so schnell als möglich entfernen, denn wenn er das Angstgeschrei der Katze auf dem Kirchhofe hört, so ist er in der Gewalt des Teufels, der ihn gleich zerreisst. Quelle: Theodor Vernaleken, Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch


by Der Weg des Napfhans, le chemin de Jean Bolieta

Source: Der Weg des Napfhans, le chemin de Jean Bolieta

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Von diesem Berggeist heisst es: So lange er die Kühe hütete, schlug er mit denselben stets den gleichen Weg ein, welchen man jetzt noch den Weg des Napfhans, le chemin de Jean Bolieta nennt, und dieser steile Pfad ist immer so reinlich und nett, dass man nie einen Stein auf demselben antrifft, obschon auf dem Berge ein ganzes Lager von Rollsteinen vorhanden ist, das oft bei Sturmwinden aufgerüttelt und erschüttert wird. Leider können die Sennen, seitdem der gute Napfhans verschwunden ist, nicht länger als bis Anfang Herbstmonats auf dem oberen Zuazo mit ihrer Herde alpen, und müssen also noch viel gutes Kraut zurücklassen, aus dem sie manchen schweren und fetten Käs hätten bereiten können. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Weg von Flims nach dem Glarnerlande

Source: Der Weg von Flims nach dem Glarnerlande

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Der Weg von Flims nach dem Glarnerland führt links am Flimserstein vorbei über den Segneserpass. Dort liegt die verschneite Alp, in alten Zeiten gesegnet und reich an saftigen Kräutern. Ein kleines Stückchen dieser Alp gehörte einer armen Witwe, der übrige Teil einem reichen, gewalttätigen Manne, welcher die Witwe um ihren Anteil beneidete und sie um denselben anfocht. Er behauptete durch einen Handel mit dem verstorbenen Manne der Witwe, Eigentümer ihres Anteils geworden zu sein. Die Witwe suchte Schutz und Hilfe vor Gericht. Ihre Klagen und Tränen rührten das harte Herz des Geizhalses nicht. Er schwur vor Gericht, dass die Sache sich also verhalte und das Besitztum der Witwe wurde ihm zugesprochen. Da rief die Witwe vor den Richtern ihm zu: "Wenn die Alp dir gehört, so wünsche ich, dass sie dir wohl diene, gehört sie dir aber nicht und hast du falsch geschworen, so wünsche ich, dass der Himmel sie zuschneie und dass sie nicht wieder abere und grün werde." Der reiche Mann lachte höhnisch, während die arme Witwe in Tränen ausbrach. Stumm sassen die Richter da und kaum hatte die Witwe ihre Worte gesprochen, so hörte man den Sturmwind brausen und der Regen schlug an die runden Fensterscheiben der Gerichtsstube. Im Gebirg fielen dichte Schneeflocken und es bewies sich, dass der reiche Mann einen Meineid geschworen hatte, denn in drei Tagen und Nächten war die Alp zugeschneit und ist seither niemals mehr vom Schnee frei geworden. Eine eisige Gletscherrinde bedeckt den verfluchten Boden, zur Warnung für alle, die Gewalt und Unrecht tun. Quelle: Theodor Vernaleken, Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch


by Der Wegzug der Dialen

Source: Der Wegzug der Dialen

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An einem Tage, es war zur Zeit der Heu-Ernte auf den Alp-Wiesen in der Cierfser-Alpe da Munt, hatten die Dialen grosse Wäsche, und ihr Weisszeug, Hemdlein, Tischtüchlein und Leintüchlein an der Sonne zum Trocknen ausgebreitet. Zwei alte, habsüchtige Mütterchen, denen die Dialen manche Wohltat erwiesen hatten, und die an diesem Tage auch des Heuens wegen, auf der Alpe da Munt sich befanden, betrachteten mit neidischen Augen die schönen Tüchlein; ihre Habgier erwachte und sie fassten den Entschluss, einen Teil davon wegzustehlen. Während die Dialen des Nachmittages auf einige Augenblicke in ihre Wohnung zurück sich begeben hatten, um sich zu erfrischen, oder um andere Geschäfte zu verrichten, entwendeten die zwei Weiber einige kostbare Stücke von der feinen Dialen- Wäsche, versteckten sie unter das Heu und nahmen sie Abends mit sich heim. Es wurde zwar keine gerichtliche Klage gegen die Diebinnen erhoben aber am andern Morgen hörte man ein Getöse und Poltern in der Gegend der Felswand nordwärts Cierfs, oberhalb welcher die Alpe da Munt liegt. Es war ein solches Krachen und Geklopfe, als ob die Felswand zusammenstürzte, und der Teil der Gemeinde, welcher an deren Fusse liegt, verschnüttet werden sollte. - Die Dialen waren aus- und weggezogen mit all' ihren unermesslichen Schätzen und Reichtümern. - Kein Mensch hat je mehr sie gesehen. Von ihrem Wegzuge geben jene schauerlichen, gefährlichen Risse in der Felswand Zeugnis genug. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Weihwasserstein

Source: Der Weihwasserstein

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Nicht weit vom hohlen Stein entfernt befindet sich auf der Emser Schafalpe ein Stein, der die Form eines Weihwasserbeckens trägt. Der Wanderer kann hier voreibeigehen, wann er will, selbst bei anhaltender Trockenheit findet er hier Wasser vorhanden. Der Grund der Benennung "Weihwasserstein" ist folgender: Ein frommer und braver Hirt hatte ein ausserordentliches Glück mit seiner Schafherde. Von den Schafen, die er Anfang des Sommers in seine Obhut nahm, fehlte im Herbst kein einziges. Als man ihn einstmals fragte was er tue, dass er solches Glück in seiner Herde habe, gab er folgende Antwort: «In der Emser Schafalpe ist eine besonders gesunde Quelle, welche die Schafe vor jeglichem Übel bewahrt.» - «Ja, dieses Wasser vermag wohl dann und wann innere Krankheiten abzuhalten, aber kann die Schafe nicht vor äussern Gefahren schützen», wendete man ein. Der gute Hirte antwortete: «Wissen Sie, dieses Wasser wird nicht innerlich, sondern äusserlich angewendet und vermag die Herde innerlich und äusserlich schützen. Nämlich morgens und abends, nachdem ich meine Andacht verrichtet habe, besprenge ich meine Herde mit diesem Wasser, und niemals habe ich Unglück.» So kommt es, dass dieser Stein seither stets Weihwasserstein genannt wurde. EMS Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Wein- Verkauf

Source: Der Wein- Verkauf

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In Zizers lebt jetzt noch ein friedliches Ehepaar, er heisst Hans, sie Uschi (Ursula), welches im Jahre 1874 den in der Bütte (Weinkufe) noch befind­lichen Wein »schon verkauft«, d.h. versprochen hatte. Der Trester (Hülsen und Gerippe der Trauben) war gefroren, als der Käufer den Wein, den er auf sechs Zuber rechnete, »abziehen« wollte. Aber als der Zapfen gezogen war, kamen - glugg - glugg - glugg – so an 10 Mass zum Vorscheine. - Die guten Eheleute hatten ihn halt öfters probiert, ob er balde helle sei, und einige Nachbarn und Weinkenner, die zuweilen auch gekommen waren, balde zum Hannas, balde zur Uschi, meinten auch, er sei bald helle, und man könne bald an's »Abziehen« denken. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Weinberg des Ritters Alfieri

Source: Der Weinberg des Ritters Alfieri

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In Losone wohnte vor alter Zeit ein Lehensherr namens Ritter Paolo Alfieri, der in San Lorenzo seinen Sitz hatte, wo noch heute ein Hof mit mehreren altertümlichen Häusern gezeigt wird. Ausser-dem besass er noch neben der Kirche von San Giorgio einen Weingarten mit Häusern und einer Mauer rings um den Besitz. Über dem Eingangstor bemerkt man ein Wappen mit einem Adler, und im Hof sind turmartige Häuser mit eisernen Gittern an den Fenstern. Dieses Landgut trägt noch heute den Namen «La vigna d\\\'Alfieri». Von diesem Lehensherrn erzählt die Sage folgendes tragische Ereignis: Ein alter Bauer, dessen verstorbene Tochter eines der Opfer des reichen Lehensherrn Alfieri geworden war, hatte die grausame Beleidigung und Schmach nicht vergessen. Eines Tages, als am Himmel ein Gewitter drohte, war dieser Bauer auf dem Felde, raffte sein Heu zusammen und beeilte sich, es auf seinen Wagen zu laden, um es nach Hause zu führen, ehe der Sturm losbräche. In diesem Augenblick kam Alfieri auf das Feld geritten und gab ihm den Befehl, auf der Stelle Sand in seinen Weinberg zu führen. Der gute Mann gab ihm zur Antwort, er wolle seinem Befehl sogleich nachkommen, sobald er sein Heu in den Stall gebracht habe. Da rief der Ritter mit Stolz und Übermut: «Ich will, dass du zuerst den Sand in meinen Weinberg schaffst!» Jetzt tat der Alte, der ein rüstiger und unerschrockener Mann war, dergleichen, wie wenn er seinem Befehl gehorchen wolle. Er nahm die Heugabel zur Hand, als ob er sein Heu vom Wagen wieder abladen wollte. Plötzlich aber wandte er sich gegen den Lehnsherrn, stiess ihm die Heugabel in die Kehle, so dass dieser vom Pferd tot zu Boden stürzte. Mittlerweile war der Himmel noch schwärzer geworden, die Blitze erhellten das traurige Schauspiel, der Donner rollte schauerlich, und dann folgte ein furchtbarer Platzregen, indessen ein kalter Wind von den Bergen her wehte und den Leichnam beinahe zum Erstarren brachte. Die unerhörte Schmach war jetzt gerächt. Entsetzt über die in einem Augenblick des Jähzorns begangene Mordtat, floh der arme Bauersmann in das Gebirge und irrte dort einsam umher, wobei die Leute aus dem Volk ihn aus Mitleid versteckt hielten und ihn lange Zeit beschützten in einem Haus, das den Namen trägt «La novella». Das Land aber war von dem bösen Ritter befreit.   Am Kaminfeuer der Tessiner                                    Walter Keller                                                          Hans Feuz Verlag Bern   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Weingraben in Oberweningen

Source: Der Weingraben in Oberweningen

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Der Weingraben in Oberweningen Am Südhang der Egg befindet sich der sogenannte „Heinimürler“, ein Rebgelände, das die Alten noch richtig als „bei den „Heidenmürli gelegen“ bezeichneten, weil hier oft heidnisches, d. h. in diesem Fall römisches Gemäuer entdeckt wurde. Als nun ums Jahr 400 herum die Alemannen vom Rheine her auch ins Wehntal kamen, ging es hier ihrem wilden Charakter entsprechend sehr stürmisch zu. Wahrscheinlich überraschten sie die Römer gerade bei der Weinlese. Sie schlugen die meisten „Wümmer“ nieder, jagten die anderen davon und machten sich dann hinter den Sauser, der hier offenbar gleich im Rebberg gepresst worden war, in grossen Tongefässen herumstand und sich gerade im rechten Stadium der Gärung befand. Das war nun ein ganz anderer Tropfen als ihr üblicher Holzapfelmost, und so tranken sie davon, bis sie toll und voll waren. In diesem Zustand sollen sie nach der Sage mutwillig alle Gefässe zerschlagen und den Rest des Rebensaftes einen Weg hinuntergeleert haben, dessen Bezeichnung „Weingraben“ darnach entstanden sei. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Unterland Gekürzt um die kommentierenden Beigaben aus Hedinger, S 14. Seine Quellen: Persönliche Mitteilung; Lienhard, Blatt 16. Diese Sage hat ihren realen Grund wahrscheinlich darin, dass hier ausserordentlich viele Scherben von Amphoren gefunden wurden. Diese Angabe nach Hedinger, S. 14. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der weisse Geist

Source: Der weisse Geist

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In den Eisten, bei Stalden, führt auf der östlichen Talseite eine mühsam und kühn angelegte Wasserleite das Vispenwasser wohl über anderthalbstund weit zur Bewässerung der Wiesen nach Staldenried. Diese Wasserfuhr durchschneidet nicht nur steile Bergabhänge, auch mittelst angebrachter Känel, unsichere Bergruffinen und hohe Felswände. An einer solch gefährlichen Stelle fiel einmal ein junger Mensch in den Abgrund. Unter herzlichem Mitleiden und allgemeiner Trauer wurde der Verunglückte tot aufgehoben und zu Grabe getragen. Doch diese Stimmung begann bald in Freude und Verwunderung umzuschlagen; denn sieh! an der Stelle, wo der Unglückliche totgefallen, sah man bald und sehr oft einen weissen Geist in Gestalt eines jungen Gitzleins (Zickelchens), munter herabfallen, wieder aufstehen und in lustigen Sprüngen davonhüpfen. Von der sonderbaren Erscheinung erzählte man bald weit umher. Eines Tages zog ein frommer Ordensmann durchs Eistertal, welchem von dem weissen Geiste und dem seligen Ende des Totgefallenen auch erzählt wurde. Der Pater wollte der Sache nicht recht trauen und verlangte zur Stelle hingeführt zu werden, wo die Erscheinung statthabe. Man tat, wie er's verlangte. Als man sich der Felswand näherte, begann es im ganzen Gebirge so unheimlich zu krachen, dass alle davon laufen wollten; nur der Pater ging um so fester voran, den freilich die Führer nicht verlassen durften. Angekommen an der bezeichneten Stelle, begann er seine Gebete; sieh! da kroch das Gitzlein erschrocken und zitternd aus einem Gebüsche hervor und musste offen bekennen, es sei der Satan und stehe in keiner Beziehung mit dem Verunglückten. Es habe den Spuk nur darum getrieben, damit die Leute ungereimt urteilen und vor einem solchen Tode nicht allzusehr sich fürchten.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der weisse Klee

Source: Der weisse Klee

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Die Bienen meiden den weissen Klee, während sie den roten lieben. Das Honigtröpfchen sitzt nämlich im weissen so tief in der engen Rühre, dass sie es mit ihrem Rüssel nicht erreichen können. Der Volksmund aber weiss es anders. Die Bienen machten ehemals keinen Unterschied und suchten beide gleich emsig ab. Da liess ihnen der liebe Gott die Wahl, entweder den weissen Klee zu meiden oder den Sonntag zu heiligen. In ihrem Schaffenseifer wählten sie das erstere.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 119, S. 57 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der weisse Leichenzug

Source: Der weisse Leichenzug

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Der Jääggel Bääben Peetsch im hintern Grund war grad kurz vor Mitti der Heilignacht geboren worden. Solche Leute sehen mehr als alle andern. Auf ihrem Wege durch das Leben gehen des öftern Geister, die gewöhnliche Leute niemals wahrnehmen, in greifbarer Nähe an ihnen vorbei, die guten wie die bösen. Der Peetsch war Säumer und Rossknecht und hatte als solcher häufig zu nächtlicher Stund noch den Weg unter den Füssen. Er war ein baumlanger Mann, es hatte ihm schon manchmal angeregnet, mancher Wind ihn angeblasen, und viele, die schon seit Jahren neben dem Kilchli ruhen, waren ihm nachts über den Weg gelaufen. Aber gefürchtet hatte er sich noch nie, mehr als einen Tod ist ja keiner schuldig. Einmal hätte es ihm doch leicht schlimm ergehen können. Es war zur Winterszeit, und er musste mit seinem Meister noch spät abends hinaus nach Interlaken fahren. Während des Rückweges wollte dieser die Zügel führen. Auf dem guten Schneeschleif am Steinschlagstutz, und dem warmen Stall zu ging das Rössli wie ein Gemschi. Die Schellen klangen hell durch den tief verschneiten Winterwald, über den der Mond zwischen Himmelsschäfchen dann und wann einen Guss fahlen Glanzes warf. Die Lütschine neben der Strasse, die hier sommerüber in gischtendem Lauf das enge Tal mit Tosen füllt, lag starr unter Schnee und Eis; nur ein paar lautlose, karge Wässerlein rannen langsam und müde dahin wie die öden Jännertage. Oben von der Isenfluh polterten plötzlich mächtige Eiszapfen schreckhaft in die schlafende Welt. Darob erwachten einzelne Bergtannen und liessen die schwere Schneelast in silbernem Sprühregen von den dicken Bogenästen fallen. Lange noch wippten diese wie winkende Arme auf und nieder. Jetzt war der Bääben Peetsch dessen sicher und gewiss — ihnen stand etwas bevor. Auf der Sausbachbrücke im Sandweidli, da fühlte der Bääbeler, dass sie ausstellen mussten und sagte zu seinem Meister: "Fahret rechts!" Der aber sah nichts und fuhr seelenruhig mitten auf dem Weg weiter. Der Peetsch wusste, dass das, was er sah und fühlte, nicht jedem gegeben ist und mahnte noch einmal eindringlich: "Du lieber Himmel, stellet aus! — Stellet aus!" Da hörten sie ein Sausen, als ob die Berge sich auftun wollten; der Heiterluft fiel eisig durch den Sausbachgraben herunter, und sie froren, dass sie schlotterten. Auf einmal schleuderte es Pferd und Schlitten mit Wucht an die Mauer, die rechts den Weg säumt. Sie glaubten, alles, Mensch und Tier und Gefährt gehe zu Hudel und zu Fetzen. Mit Ross und Mann und Schlitten an die Mauer gedrückt, sah der Säumerknecht mit Entsetzen ein langes Leichengeleit an ihnen Vorbeigehen, weiss wie frischgefallener Schnee die Träger, weiss der Sarg und in blütenreine Tücher eingehüllt der lange, stumme Zug der Leichengänger. Mehr als eine Vaterunserlänge war der grosse Rossknecht zwischen Hangen und Bangen. Der Meister erschauerte im kalten Heiterluft und nahm nur den Aufschlag an der Mauer wahr. Wie staunte er, als auf seine Frage der Knecht ihm die schauerliche Erscheinung schilderte! Die Gänsehaut rieselte ihm über Rücken und Glieder. Die rechte Schlittenkufe und die Lande waren gebrochen aber Meister und Knecht und das gute Rössli wurden – dem Himmel  sei Dank – weder krank noch bresthaft. Quelle: Hans Michel, Ein Kratten voll Lauterbrunner Sagen. Wengen 1936. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der weisse Reiter

Source: Der weisse Reiter

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Es war in grauer Vorzeit, da wollte ein mutiger Reiter vom Bernerland hinüber ins Wallis reisen. Öde und wüst lag das Alpengebirge und noch keines Menschen Fuss war in das hochgelegene Alpental hineingedrungen. So wenig war das Felsental begangen und bekannt, dass es nicht einmal einen eigenen Namen hatte. Der Reiter aber auf weissem Rosse wollte es gleichwohl wagen. Immer weiter drang er in die Schlucht; angeschwemmter Sand und Kies und Geröll der Lütschine hemmten immer mehr den Schritt. Endlich war ein Fortkommen unmöglich, von allen Felsen strömten die Bäche, knietief watete das Pferd im schlammigen Sande, Umkehr war geboten. Wie der Reiter wieder zu den Seinen kam, da ging ein Fragen unter den Leuten, was ihm begegnet sei. Ich musste umkehren, denn lauter Sand und lauter Brunnen hinderten meinen Weg. Von jener Zeit ist der Name dem Tale geblieben: Lauterbrunnen. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der weisse Schimmel ausgenommen

Source: Der weisse Schimmel ausgenommen

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Auf einer Alp bei Escholzmatt ward eines Tages ein Senn von dem Schimmel, der eben auch bei der Herde war, etwas geschlagen. Deswegen erzürnt, sprach der Senn, als er beim Abendsegen den Schutz des Himmels über Menschen und Vieh herabrief: „Den weissen Schimmel ausgenommen". Am folgenden Morgen hing das Tier hoch an einer Tanne droben tot.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Der weisse und schwarze Bock

Source: Der weisse und schwarze Bock

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a) In Nenzlingen, Gemeinde Oberkirch, ist ein altes Bauernhaus. Ein Bauer, der dort wohnte, hiess einst an einem Sonntagmorgen alle Hausbewohner in die Kirche gehen. Der Ackerbube, der merkte, dass etwas vorgehen sollte, ging nicht, sondern versteckte sich auf die Heubühne. Als alle fort waren, kam der Bauer, nahm die Steinplatte vor der Stalltüre weg, und grub ein tiefes Loch. Hierauf stellte er einen Hafen in dasselbe und holte dann in einem „Fadenschinnerli" Geld und das dreimal. Allemal, wenn er weg war, deckte der Bauer den Hafen zu, schob den Stein wieder drauf und sagte: „Nun Teufel hüte mir das Geld bis ein 14-jähriger Knabe auf einem weissen Geissbock rückwärts darüber reitet!“ - Dem Ackerbuben wurde angst und er machte sich fort. Der Bauer starb und nach seinem Tode kam der Bresten in den Stall und das Vieh fiel. Die Hausbesitzer wandten alles an, um den Geist zu bannen. Vergebens. Nach vielen Jahren kam nun der entlaufene Ackerbube als alter Mann zurück und bat um ein Nachtlager, das ihm gewährt wurde. Hier hörte er von den Unfällen im Stalle und sagte dann, er wisse, wie diesem abgeholfen werden könne und erzählte das, was er gesehen hatte. - Der Bauer holte in Sursee einen Kapuziner und suchte einen weissen Geissbock zu bekommen. Ein 14-jähriger Knabe setzte sich darauf und der Geissbock wurde rückwärts in den Stall geschoben. Sogleich erschien der Satan und zerriss das Tier in Stücke. Das Geld wurde enthoben und der Bresten wich.   b) Zu Meggen bei Luzern war ein reicher Bauer. Mit unbegreiflicher Kargheit oder Bosheit häufte er sein Geld zusammen, und schien sogar seine Kapitalien in Münzen umgewandelt zu haben. Einst kam ein Fremder und bat bei diesem Bauer um Nachtherberge, welche er ihm unbarmherzig versagte. Der Fremde wandte sich hierauf an den Sohn des Hauses; der klagte selbst über das harte und sonderbare Benehmen seines Vaters, das seit einiger Zeit sich an ihm zeigte. Er wies dem Fremden das Nachtlager im Stalle an. Als dieser sich daselbst zur Ruhe niedergelegt, hörte er jemanden unter Murren und lebhaftem Selbstgespräch in den Stall eintreten und erkannte den Bauer, der bald wieder fortging. Der Fremde stand auf und folgte unbemerkt demselben. Er sah ihn gegen das Wohnhaus schreiten und nicht lange ging `s, so kam selber wieder mit Schaufeln und Hacken, machte in der Nähe des Stalles mit aller Sorgfalt ein Loch unter einem Baume, worauf er zweimal in einem Sacke etwas aus dem Hause holte und in dieses Loch versenkte, dasselbe wieder zudeckte und zwar unter eigentümlichen Redeformeln, die der Fremde verstehen konnte. Tags darauf entfernte sich der Bettler. Nach ungefähr einem Jahr kehrte er wieder zurück und bat um Herberge. Jetzt war dieser reiche Bauer gestorben, und der Sohn beklagte sich bitter, wie sie nach des Vaters Tode nun in Armut geraten. Statt ein schönes Vermögen, wie sie geglaubt, hätten sie vom Vater nur Schulden geerbt; er begreife gar nicht, wie es so gekommen. Auf dieses hin eröffnete der Mann dem Sohne, was im vorigen Jahr hier vorgefallen und wovon er Zeuge gewesen. „Dein Vater hat unter diesem Baume dort zwei Säcke, die schwer beladen waren, in die Erde vergraben, und hierauf die verwünschenden Worte über dem zugedecktem Loche gesprochen: „Wer dieses hier verborgene Geld erhalten will, der muss auf einem kohlenschwarzen oder schneeweissen Ziegenbocke, der nur mehr drei Beine hat, dreimal um diesen Baum herumreiten“, worauf er wieder ins Haus zurückkehrte. Man ging nun ans Werk.   c) Ein reicher Älpler in der Gemeinde Marbach im Entlebuch war weit und breit wegen seines Geizes und seiner Hartherzigkeit verschrien. Alle Armen wies er mit harten Worten fort. Ein Bettlerbub, der einmal spät am Abende noch um Herberge flehte, liess sich nicht wegschicken, sondern schlich über den Einfahr hinauf in den Heuboden und legte sich zur Ruhe. Etwas vor Mitternacht wachte er durch ein Geräusch auf und sah durch das halbgeöffnete Tor, wie draussen am Einfahr der reiche Mann eine Grube austiefte, dann wegging und nach einiger Zeit mit einer schweren Geldlast wieder kam, um diese in das Loch zu legen. Dann ging er mit seinem Mäss weg, noch mehr zu holen. Der Bettlerbub nicht faul und holt von dem Haufen eine ordentliche Gauflete (Handvoll). Bald ächzte der Geizhals wieder schwerbeladen daher, stellte ab und entfernte sich wieder. Nochmals lief der Knabe schnell hinzu und sackte ein, was er konnte Er dachte, aus diesem Gelde was Rechtes zu erlernen und später das Geld, das er so nur als entlehnt und nutzbringend angelegt sich dachte, wieder zu erstatten. Jetzt erschien der Senn zum drittenmal mit Geld, vergrub und bedeckte dann alles zusammen und murmelte den Fluch: „Niemand soll den Schatz entheben können, ausser wer um diese Stunde - es war eben zwölf Uhr - auf einem weissen Geissbock rückwärts vom Heuboden aus über den Einfahr und das Loch hinweg reite.“ Das hörte der Bub, der am andern Morgen früh sich aus dem Staube machte, wirklich dann ein gutes Handwerk gründlich erlernte, in die Fremde ging, durch Fleiss und Sparsamkeit ein ordentliches Vermögen gewann und endlich nach vielen Jahren wieder nach Marbach zurückkam. Eine seiner ersten Fragen betraf die Familie des geizigen Älplers. Man erzählte ihm nur Trauriges. Der Reiche sei gestorben und seit dessen Tode herrsche nichts als Unglück dort in Haus und Stall. Aus der Bühne und am Einfahr gehe es allnächtlich gar entsetzlich her. Ein Sohn sei vom Heuboden herab zu tot gefallen. Ein zweiter aus Gram an der Auszehrung gestorben. Einzig die Tochter lebe noch und auch sie stehe aus Herzeleid dem Grabe nimmer ferne. Voll Teilnahme ging der Marbacher hinauf zur selben Alp, wo er die Tochter aufsuchte, sich von ihr die Geschichten nochmal erzählen liess und sie tröstete. Wenn sie ihn heiraten möge, wolle er dem Spuck abhelfen und einen ungemein grossen Schatz entheben. Auf ihr Jawort teilte er der Jungfrau alles mit, verschaffte sich alsdann einen weissen Geissbock und tat alles genau wie er sollte. Als er über die Stelle ritt, wo das Geld vergraben lag, öffnete sich der Boden, der blanke Reichtum lag offen da, eine weisse Taube schwang sich empor und eine Stimme liess sich vernehmen, die ihm innig dankte für die Erlösung. Von da an lebte wieder Glück und Friede in der neugegründeten Familie.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Der weisse Vogel

Source: Der weisse Vogel

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Eines Tages arbeitete eine Frau auf dem Kartoffelacker. Plötzlich beschlich sie eine Ahnung, dass daheim etwas "Unrechtes" geschehe. Sofort wendete sie sich dem Hause zu und sah eben noch, wie ein weisser Vogel zum Fenster hinausflog. Sich bekreuzend, trat die Frau in das Haus, durchsuchte alle Räume und fand endlich, dass der Pfannendeckel in der Küche Spuren der Gespensterarbeit vorwies. Dieses vorher flache und ebene Küchengerät zeigte nun einige starke Beulen. A. Sprenger Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 317, S. 178 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Welt Dank

Source: Der Welt Dank

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Die Verleumdung war zu allen Zeiten erfinderisch. Dies soll auch einst, so erzählt die Sage, ein vornehmer und reicher Herr von Brig erfahren haben. Dass dieser Herr lange Zeit das Wallis mit Salz soll versehen und damit grosse Summen gesammelt haben; dass er alle Pensionen, Fried- und Gemeingelder der Landschaft an sich gezogen und solches nach Belieben zu seinem Privatinteresse soll verwendet haben; ja dass er sogar soll heimlich Waffen zur Unterjochung des Landes, in seinem Hause angehäuft haben, und noch andere dergleichen Verdächtigungen suchten seine Feinde zu verbreiten und damit das Volk aufzureizen, welches den hohen Günstling des Glückes, den Wohltäter der Kirchen und Klöster, den Vater der Armen mit immer neidischeren und verdächtigeren Blicken betrachtete, bis endlich die harte Verfolgung, die nur Neid und Missgunst anzettelte, über ihn losbrach. Die Gewalttätigkeiten, durch welche er grösstenteils seines Vermögens und aller seiner Ämter und Habschaften beraubt wurde, waren so streng, dass er sich mit seiner Familie nach Domodossola flüchten musste. Unter anderem soll man ihn auch aufgefordert haben, all sein Geld, das er besitze, auf einem gewissen Nebenaltar in Glis aufzuhäufen und mit darüber gehaltenen Händen den Eid zu schwören, dass sein Geld alles sich da befinde. In dieser Not habe er heimlich zu einem Pater Jesuit seine Zuflucht genommen, wie er doch einen Teil seines Vermögens, ohne sein Gewissen zu verletzen, retten könnte. Dieser gab ihm den klugen Rat, er solle die Hälfte auf den Altar legen und die andere Hälfte unter denselben vergraben; dann könne er, mit darüber gehobenen Händen, mit gutem Gewissen schwören. Diese fromme List hatte ihm glücklich einen Teil seines Vermögens gerettet. Es ist in aller Welt bekannt, dass grosse Verdienste um das Vaterland oft mit Undank vergolten werden. Somit wäre dieser Freiherr nicht der Erste und nicht der Letzte, der so etwas erfahren hätte.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Werdlistein

Source: Der Werdlistein

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bei Stein am Rhein Auf der Nordseite der Insel Werd liegt im Rhein «ein großer Stein, der bei niedrigem Wasserstand über das Wasser hinausragt und weithin sichtbar ist. Von ihm sagt man in Stein am Rhein und Umgebung: „Wänn de Wärdlistei ghört elfi lüüte, dreiht er si dringelum“.»     Aus: R. Frauenfelder, Sagen und Legenden aus dem Kanton Schaffhausen, Schaffhausen 1933. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Werwolf vom Born

Source: Der Werwolf vom Born

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Eine weihnachtliche Legende In der Bodensenkung zwischen dem Annafeld in Mariastein und dem Landskronhügel – heute heisst dieser Weiler mit den paar Häusern Tannwald, der bereits zur elsässischen Gemeinde Leymen gehört – stand früher einmal ein einfaches, schlichtes Holzkreuz. Am Fuss dieses Kreuzes wuchs ein bescheidener, von vielen gar nicht beachteter Rosenstrauch. Er soll von dem Rosenstrauch abstammen, an dem Maria, die Muttergottes, auf der Flucht nach Ägypten die Windeln des Jesuskindes zum Trocknen aufgehängt hatte. Wie dieser Rosenstock allerdings dorthin gekommen ist, bleibt ein Geheimnis, das niemand kennt. Dieses Rosenbäumchen hatte eine einzige Knospe. Diese aber sei niemals verwelkt und auch nie verdorrt. Die Knospe blieb das ganze Jahr hindurch immer fest verschlossen, auch wenn die warmen Frühlingslüfte andere Rosen aufquellen liessen oder die Sonnenstrahlen im Sommer die Rosen zum Blühen brachten. Die Knospe blieb so bis gegen Ende des Jahres. In der dunkelsten Zeit des Jahres aber, kurz vor dem heiligen Christfest, wenn alles ringsum in Kälte erstarrte und Schnee gefallen war, da fing die Knospe langsam an, sich zu entfalten. In der Heiligen Nacht, wenn in Mariastein drüben die Kirchenfenster vom Licht vieler Kerzen erleuchtet waren und die Glocken das Wunder der Christnacht über das weite St. Annafeld hinweg in die dunkle Nacht hinaus kündeten, in dieser Stunde also, in der Millionen Herzen von Christen von der Hoffnung und Sehnsucht nach Erlösung ergriffen wurden, da entfaltete sich die Knospe in ihrer ganzen Pracht. Und wie sie sich dann ganz geöffnet hatte, ging von ihr ein heller Schein aus, und zugleich strömte ein wunderbarer Duft von ihr aus. Ein Rauschen und ein Leben durchzog plötzlich die erstarrte Winternatur. Vor lauter Staunen sollen sogar die dunklen Tannen ihre Wipfel herabgesenkt haben, gerade so, als wollten sie nachschauen, was denn da Wundervolles geschehe. Sogar das Moos am Fusse des Kreuzes fing an, sich zu bewegen. Und die Tiere ringsum kamen und staunten über das, was sich hier ereignete. In dem Augenblick aber, als drüben in Mariastein während der Christmette die Wandlungsglocke das Wunder der heiligen Gegenwart des Erlösers verkündete, da entfaltete sich die Rose in ihrer grössten Pracht voll Duft und Helligkeit. In die weite Umgebung ergoss sich das glänzende und geheimnisvolle Licht dieser Rose und breitete sich wie ein silberner Schimmer über die Felder und Wiesen und begründete so den Segen und die Fruchtbarkeit für das kommende Jahr. Nicht jedem Menschenkind aber ist es gegeben, das Wunder der Rose von Mariastein zu erleben. Wem es aber einmal vergönnt ist, dem sind Glück und Segen für alle Zeiten geschenkt. Quelle: Legende zum Wallfahrtsort Mariastein, Elsässer Sagen- und Legendenbuch, erz. v. Maurice Higelin, 1930 H. Ludwig Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der widerspenstige Knebel

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Der alte Uriger Hanssepp erzählt: Als er einst mit Thadee Müller sel. zu Gemsfeyer nach der Abfahrt in die Fiseten den letzten Plunder holte, versperrten sie den Nydler mit einem Knebel. Als sie weggingen, flog ihnen der Knebel nach. Der Thadee nahm ihn und warf ihn hinein, indem er sagte, ob er nicht Platz habe da drinnen. Der Knebel flog ihm zum zweiten Mal nach, und der Thadee warf ihn wieder hinein. Beim dritten Male sagte er: »Und jetz channsch nu einisch chu, und de müesch nu einisch innä!« Aber er kam nicht mehr. Schriftlich von Hh. Kaplan Truttmann Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der wiederkehrende Tote

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In Biasca war ein Mann vom Dach eines Hauses gestürzt und wurde in verzweifeltem Zustand von mitleidigen Leuten nach Hause getragen. Dort starb er nach furchtbarem Todeskampf, ohne dass er weder mit seiner Frau Magdalena noch mit seinen Kindern ein Wort mehr sprechen konnte. Er war bei vielen Unternehmungen beteiligt gewesen. Nach seinem Tode erschienen bei der Witfrau viele Gläubiger. Sie bezahlte alle. Aber sie war wenig auf dem Laufenden über die Schulden und Guthaben ihres verstorbenen Mannes, und sie wusste auch nicht, wieviel die Summen ausmachten, die sie zu zahlen hatte, weil sie nicht alle die nötigen Abrechnungen und Papiere besass. Deshalb geriet sie in Verwirrung und Aufregung. In ihrem Gebet flehte sie Tag und Nacht zum lieben Gott, dass er ihren Mann noch einmal in diese Welt zurückkehren lasse, und wäre es auch nur für wenige Stunden oder die Zeit, die dringend nötig war, um sie über die zahlreichen und wichtigen Angelegenheiten der Familie und des Geschäftes in Kenntnis zu setzen. Und diesen ihren sehnlichen Wunsch teilte sie auch dem Herrn Pfarrer im Dorf mit, der zu ihr sagte: «Bedenket wohl, Magdalena, dass die Toten höchst selten in diese Welt zurückkehren; denn sie müssen, um diese weite Reise zu unternehmen, schreckliche Qualen erdulden. Und ferner drängt es mich, euch darauf aufmerksam zu machen, dass ihr nicht den Mut hättet, mit eurem Mann zu sprechen, auch wenn er auf die Erde zurückkehren dürfte.» «Wieso», erwiderte die Witwe, «sollte ich mich nicht getrauen, mit meinem Mann zu sprechen? An Mut fehlt es mir keineswegs. Ich fürchte mich nicht im geringsten.» Und sie wiederholte ihren Wunsch im Gebet immer wieder. Eines Nachts befand sich Frau Magdalena bereits im Bett, als sie hörte, wie jemand die Haustür öffnete. Dann vernahm sie den Schritt eines Menschen, der die Treppe heraufstieg, und sie erkannte deutlich die wohlbekannte Gangart ihres seligen Mannes. In diesem Augenblick war all ihr Mut verschwunden. Sie versteckte sich unter ihre Betttücher und getraute sich kaum mehr zu atmen. Jetzt hörte sie, wie der Mann die Schlafzimmertür öffnete, wie er eintrat, sich ihrem Bett näherte und dort unbeweglich stehen blieb, in der Erwartung, dass sie mit ihm rede. Aber sie brachte kein Wort hervor, dermassen hatte die Furcht sie gepackt. Eine Weile nachher hörte sie ihn im Zimmer umhergehen, und es schien, als ob er warte, bis sie spreche. Magdalena aber presste sich das Herz zusammen, und sie hielt auch so gut als möglich ihren Atem zurück. Der Verstorbene blieb noch eine Zeitlang im Zimmer, bald auf-und niedergehend, bald vor ihrem Bette stille stehend. Endlich aber, des Wartens müde, öffnete er die Zimmertür, schloss sie mit Lärm hinter sich zu, eilte polternd die Treppe hinunter und dann zum Haus hinaus, wobei er die Haustür mit einer solchen Wucht ins Schloss warf, dass das ganze Haus erzitterte. Am andern Morgen begab sich die Witfrau, noch ganz bebend vor Aufregung, zum Pfarrer und erzählte ihm alles, was diese Nacht geschehen war. Der Geistliche tadelte sie heftig und sprach: «Hab ich es Euch nicht gesagt, dass Ihr den Mut nicht hättet, mit dem Toten zu reden. Ihr könnt Euch die furchtbaren Qualen gar nicht vorstellen, die der arme Mann erdulden musste, um wieder bis in sein Haus zu kommen. Und nun hat er Euren Wunsch gleichwohl nicht erfüllen können.» Magdalena wusste nicht, was sie darauf antworten sollte. Doch begriff sie jetzt, dass sie an ihrem seligen Mann ein grosses Unrecht begangen hatte, der ihr zuliebe zurückgekehrt war und dessen Grabesruhe sie gestört hatte. Sie bereute es tief, aber es war zu spät.   Am Kaminfeuer der Tessiner                                    Walter Keller                                                          Hans Feuz Verlag Bern     Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Wiegengeist

Source: Der Wiegengeist

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Einst gehörte die ganze Jessenen einem einzigen Besitzer. Es war das schönste Heimwesen in ganz Yberg im Kanton Schwyz und soll bis zuoberst auf die Guggernfluh hinauf gereicht haben. Auf der Guggernfluh aber, die wandgäh ins Tal abfällt, ist's ungeheurig. Dort gab es einen Geist, der den Leuten oft Hilfe leistete. Eines Nachmittags, ausgangs Heumonat, hatte der Bauer in der Jessenen viel liegend Heu gegen das Holz auf der Guggernfluh. Auf einmal fing es wie aus heiterem Himmel zu donnern an, und es dauerte nicht lange, so stiegen schwere Wolken über den Neiselerstock auf. Jetzt mußte alles ausrücken, was im Hause war, außer der Katze, die im Ofenwinkel spann, und der Frau, die Zwillinge in der Wiege hatte. Auf Tod und Leben wehrten sich die Leute aus der Jessenen, und die Frau, die sich vor dem Gewitter fürchtete, da sie allein zu Hause war, eilte vors Haus, riß die Axt aus dem Scheitstrunk und steckte sie, mit dem scharfen Teil nach oben, in den Rasen, um den Wetterhexen einen Strich durch die Rechnung zu machen, wenn sie's aufs Haus abgesehen hätten. Als sie danach ruhig bei ihren Zwillingen an der Wiege saß und sie schaukelte, kam's auf einmal brandkohlenschwarz aus dem Tobel herauf, und ohne Aufhören blitzte und donnerte es, als sollte die Welt untergehen. Jetzt trampte jemand vor dem Haus über die Steinplatten und das Stiegenbrücklein hinauf, und eine Stimme rief, sie solle rasch auf die Guggernfluh laufen und heuen helfen. Wie sie aber den Kopf durchs Fenster streckte, um nachzuschauen, wer ihr gerufen habe, sah sie niemand mehr. Doch besann sie sich nicht lange, denn ihr Mann hatte sie beizeiten ans Gehorchen gewöhnt. Sie schloß das Fenster und wollte sich aus dem Haus machen. Da erwachten die zwei Kindlein in der Wiege und fingen erbärmlich zu schreien an. Und obwohl sie sich alle erdenkliche Mühe gab, sie zu trösten, wollten die Zwillinge doch keine Ruhe geben und schrien immer mehr. Schon gedachte sie wieder zu bleiben, da hörte sie ihren Namen ein zweitesmal vom Berg herunterrufen. Nun empfahl sie ihre Zwillinge dem Schutze Gottes, rückte sie vom Fenster ab in den Ofenwinkel und machte sich dann über Kopf und Hals aus dem Hause bergan. Eben hörte sie ihren Namen zum dritten Male rufen; als sie jedoch ob sich schaute, sah sie niemand. Bald langte sie oben unter ihren Leuten an, und ohne viel Worte zu machen, werkte sie mit dem Rechen, den sie mitgenommen hatte, auf Tod und Leben drauflos. Fleißig trugen der starke Bauer, seine Söhne und Knechte die Heubürden auf einen nahen Stadel, und bald war das Heu fast alles unter Dach. Da hörte die Frau mit einem Male vom nahen Wald her ein unaufhörliches Schreien. Es war ihr gerade, als hörte sie ihre Kinder schreien. Erst beachtete sie's nicht besonders. Als es aber nicht aufhören wollte, warf sie den Rechen weg und eilte hurtig dem nahen Holz zu. Wie sie gegen die fürchterliche Fluh kam, dort, wo sie turm- und turmhoch ins Tal der stillen Wag abfällt, erblickte sie zu ihrer Verwunderung auf einem schönen, topfebenen Rasenplätzchen ein kleines, buckliges Weiblein, das auf einem Stein kauerte und in den über und über behaarten Armen etwas wiegte. Und nun erkannte sie zu ihrem Schrecken die zwei eigenen Kindlein. "Jesus Maria!" schrie sie auf und wollte auf das Buckelweiblein losstürzen. Aber da war das weg, und nur eine Nachteule humpelte mit hängenden Flügeln hart vor ihr in das Gebüsch. Und jetzt brach ein Unwetter los wie noch nie seit Menschengedenken. Eine Weile war die Frau wie vom Verstand. Sie meinte, es sei nicht richtig mit ihr, die Hitze hätte sie übernommen. Sie eilte in die Matte zurück, und da sie sah, daß all die Heuer schon abgezogen waren, machte sie sich schnell nach Hause. Als sie aber in tausend Ängsten um ihre Kinder ins Haus hinaufrumpelte und in die Stube fuhr, saßen ihr alter Vater, ihr Mann und sein Volk um den Tisch und warteten aufs Vesperbrot. Doch sie sah nicht nach ihnen und hastete in den Ofenwinkel, wo sie zu ihrer Freude die beiden Kindlein wohl und gesund in der Wiege liegen sah. Als sie genauer hinschaute, sah sie zu ihrem Erstaunen, daß ein jedes ein wohlriechendes Frauenschühlein, wie die schöne Blume benamst wird, im Händlein hatte. Jetzt wußte sie, daß ihr der gute Geist auf der Guggernfluh die Kindlein gewiegt hatte, und hätte sie's so nicht geglaubt, so wäre es ihr durch ihren Mann und sein Heuervolk klargeworden, denn sie alle sagten, sie hätten nie nach ihr gerufen. Voll Dankbarkeit trug die Frau danach, als das böse Wetter vorüber war, die zwei Frauenschühleinblumen ins Yberger Kirchlein hinauf, wo sie selbe auf den Altar legte. Der Wohlgeruch der Blumen soll darin noch monatelang zu merken gewesen sein. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Wiegengeist

Source: Der Wiegengeist

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Einst gehörte die ganze Jessenen einem einzigen Besitzer. Es war das schönste Heimwesen in ganz Yberg im Kanton Schwyz und soll bis zuoberst auf die Guggernfluh hinauf gereicht haben. Auf der Guggernfluh aber, die wandgäh ins Tal abfällt, ist's ungeheuerlich. Dort gab es einen Geist, der den Leuten oft Hilfe leistete. Eines Nachmittags, ausgangs Heumonat, hatte der Bauer in der Jessenen viel liegend Heu gegen das Holz auf der Guggernfluh. Auf einmal fing es wie aus heiterem Himmel zu donnern an, und es dauerte nicht lange, so stiegen schwere Wolken über den Neiselerstock auf. Jetzt musste alles ausrücken, was im Hause war, außer der Katze, die im Ofenwinkel spann, und der Frau, die Zwillinge in der Wiege hatte.   Auf Tod und Leben wehrten sich die Leute aus der Jessenen, und die Frau, die sich vor dem Gewitter fürchtete, da sie allein zu Hause war, eilte vors Haus, riss die Axt aus dem Scheitstrunk und steckte sie, mit dem scharfen Teil nach oben, in den Rasen, um den Wetterhexen einen Strich durch die Rechnung zu machen, wenn sie's aufs Haus abgesehen hätten. Als sie danach ruhig bei ihren Zwillingen an der Wiege saß und sie schaukelte, kam's auf einmal brandkohlenschwarz aus dem Tobel herauf, und ohne Aufhören blitzte und donnerte es, als sollte die Welt untergehen. Jetzt trampte jemand vor dem Haus über die Steinplatten und das Stiegenbrückchen hinauf, und eine Stimme rief, sie solle rasch auf die Guggernfluh laufen und heuen helfen. Wie sie aber den Kopf durchs Fenster streckte, um nachzuschauen, wer ihr gerufen habe, sah sie niemand mehr. Doch besann sie sich nicht lange, denn ihr Mann hatte sie beizeiten ans Gehorchen gewöhnt. Sie schloss das Fenster und wollte sich aus dem Haus machen. Da erwachten die zwei Kindlein in der Wiege und fingen erbärmlich zu schreien an. Und obwohl sie sich alle erdenkliche Mühe gab, sie zu trösten, wollten die Zwillinge doch keine Ruhe geben und schrien immer mehr. Schon gedachte sie wieder zu bleiben, da hörte sie ihren Namen ein zweites Mal vom Berg herunter rufen. Nun empfahl sie ihre Zwillinge dem Schutze Gottes, rückte sie vom Fenster ab in den Ofenwinkel und machte sich dann über Kopf und Hals aus dem Hause bergan. Eben hörte sie ihren Namen zum dritten Male rufen; als sie jedoch ob sich schaute, sah sie niemand. Bald langte sie oben unter ihren Leuten an, und ohne viel Worte zu machen, werkte sie mit dem Rechen, den sie mitgenommen hatte, auf Tod und Leben drauflos. Fleißig trugen der starke Bauer, seine Söhne und Knechte die Heubürden auf einen nahen Stadel, und bald war das Heu fast alles unter Dach. Da hörte die Frau mit einem Male vom nahen Wald her ein unaufhörliches Schreien. Es war ihr gerade, als hörte sie ihre Kinder schreien. Erst beachtete sie's nicht besonders. Als es aber nicht aufhören wollte, warf sie den Rechen weg und eilte hurtig dem nahen Holz zu. Wie sie gegen die fürchterliche Fluh kam, dort, wo sie turm- und turmhoch ins Tal der stillen Wag abfällt, erblickte sie zu ihrer Verwunderung auf einem schönen, topfebenen Rasenplätzchen ein kleines, buckliges Weiblein, das auf einem Stein kauerte und in den über und über behaarten Armen etwas wiegte. Und nun erkannte sie zu ihrem Schrecken die zwei eigenen Kindlein. "Jesus Maria!" schrie sie auf und wollte auf das Buckelweiblein losstürzen. Aber da war das weg, und nur eine Nachteule humpelte mit hängenden? Flügeln hart vor ihr in das Gebüsch. Und jetzt brach ein Unwetter los wie noch nie seit Menschengedenken. Eine Weile war die Frau wie vom Verstand. Sie meinte, es sei nicht richtig mit ihr, die Hitze hätte sie übernommen. Sie eilte in die Matte zurück, und da sie sah, dass all die Heuer schon abgezogen waren, machte sie sich schnell nach Hause. Als sie aber in tausend Ängsten um ihre Kinder ins Haus hinaufrumpelte und in die Stube fuhr, saßen ihr alter Vater, ihr Mann und sein Volk um den Tisch und warteten aufs Vesperbrot. Doch sie sah nicht nach ihnen und hastete in den Ofenwinkel, wo sie zu ihrer Freude die beiden Kindlein wohl und gesund in der Wiege liegen sah. Als sie genauer hinschaute, sah sie zu ihrem Erstaunen, dass ein jedes ein wohlriechendes Frauenschühlein, wie die schöne Blume benamst wird, im Händchen hatte. Jetzt wusste sie, dass ihr der gute Geist auf der Guggernfluh die Kindlein gewiegt hatte, und hätte sie's so nicht geglaubt, so wäre es ihr durch ihren Mann und sein Heuervolk klargeworden, denn sie alle sagten, sie hätten nie nach ihr gerufen. Voll Dankbarkeit trug die Frau danach, als das böse Wetter vorüber war, die zwei Frauenschühleinblumen ins Yberger Kirchlein hinauf, wo sie selbe auf den Altar legte. Der Wohlgeruch der Blumen soll darin noch monatelang zu merken gewesen sein.   Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart     Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Wilde Jäger (Arisdorf-Olsberg)

Source: Der Wilde Jäger (Arisdorf-Olsberg)

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Vom Müller ... erzählte man damals (wahrscheinlich 1871) eine wunderbare Geschichte. Er liege schwer krank im Bett, mit hochgeschwollenem Kopf, ebenso geschwollen sei der Kopf seines Pudelhundes. Mit diesem zusammen sei er spät in der Nacht über Füllinsdorf heimgekommen und habe unterwegs den Wilden Jäger angetroffen. Arisdorf-Olsberg Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der wilde Jäger (Bottmingen)

Source: Der wilde Jäger (Bottmingen)

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Vor vielen hundert Jahren lebte auf der Burg Landskron ein böser Ritter. Zu seiner Herrschaft gehörte auch Bottmingen. Er war ein leidenschaftlicher Jäger. Unter dem Rufe «Hudädä» sprengte er mit seinen Knechten und Hunden durch Wald und Feld und verschonte auch die schönsten Kornfelder nicht. Die Bauern verfluchten ihn. Nun muss er zur Strafe nach seinem Tode ewig jagen. Alte Leute erzählen, von Zeit zu Zeit höre man unter dem Boden das Stampfen der Pferde, das Heulen der Hunde und das Hudädä- Rufen. Ein alter Mann hörte als Knabe einmal an einem Sonntag, als er im Walde Pfeifenholz schnitt, den wilden Jäger heranjagen und floh entsetzt nach Hause. Bottmingen Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der wilde Jäger (Hasenflühli)

Source: Der wilde Jäger (Hasenflühli)

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Droben auf dem Hasenflühli, inmitten mächtiger Tannen und Buchen, jagte vor Zeiten ein schmächtiges, dürres Jägerlein. Seine Lust und Freude bestand darin, dass er Füchse fing, ihnen lebendig den Pelz vom Leibe zog und sie wieder laufen liess. Zur Strafe für solch frevelhaftes Tun fand er nach dem Tode keine Ruhe. Sobald sich das Wetter ändert, zeigt er sich beim Hasenflühli, wo er den Füchsen nachjagt. Im Dörflein Känerkinden hört man dann die hohe, kreischende Stimme des Jägers und das Geheul der gequälten Füchse, das einem durch Mark und Bein geht. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch  


by Der wilde Jäger auf der Scheidegg

Source: Der wilde Jäger auf der Scheidegg

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In den Bergen Grindelwald hört man oft um Mitternacht ein seltsames Rufen. Es ist das Zeichen, dass der wilde Jäger durch das Tal ziehen wird. Mehr als vierhundert Jahre sind es her, dass an der grossen Scheidegg ein Sennhirt lebte. Einst riefen ihn Geschäfte über Land. Doch ehe er von der Alp ging, wies er den Hirtenbuben an, vor dem zu Bette gehen, die beiden Melkhaustore weit offen stehen zu lassen. Als nun der Senne von ihnen gegangen war, wunderten sich die Knechte untereinander, was wohl geschehen würde, wenn sie seinen Befehl nicht befolgten. Und um die müssige Frage in der Wirklichkeit zu erproben, schlossen sie vor dem zu Bette gehen die beiden Türen zu. Als nun im Tale die elfte Stunde geschlagen hatte, erhob sich plötzlich in den Höhen des Gebirgs ein furchtbares Brausen, als bräche droben ein Gewitter mit heissem Föhne los. Gleich darnach rief es vor den Toren des Melkhauses mit mächtiger Stimme: "Macht auf die Tore, die Friesen ziehen über den Berg!" Zum zweiten und dritten Mal wiederholte sich der Ruf. Als aber die Knechte drinnen keine Antwort gaben, da fuhr ein Donnerkrachen durch die Luft. Das Dach der Hütte wurde hinweggerissen, dass man von innen die Sterne am Himmel sehen konnte. Und draussen ertönte ein schweres, dumpfes Getrab, als ritten viele Reiter ins Grindelwaldtal. Hintendrein aber folgte unter Kampfgeschrei ein ganzes Volk der Reiterschar nach. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der wilde Jäger Chiliers

Source: Der wilde Jäger Chiliers

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In dem Dorfe Grandvillars lebte einst ein leidenschaftlicher Jäger, namens Chilier, der des Sonntags oft den Gottesdienst vernachlässigte, oder ihm nur flüchtig auf dem Kirchhof beiwohnte, um ganz seiner wilden Jagdlust frönen zu können. Nach seinem Tode wollte man ihn auf dem Gottesacker der Pfarrkirche, der ehemals auf jenem Hügel stand, wo jetzt noch die Kapelle der Dauda steht, begraben; allein die Pferde konnten oder wollten seinen Leichnam nicht weiter ziehn, als bis zur Stelle, wo sich jetzt noch auf diesem Hügel ein hölzernes, altes, mit Moos bedecktes Kreuz befindet, da man ihn also begraben musste. Nach seinem Tode hat der Geist des Chilier noch lange Zeit hindurch als wilder Jäger, besonders während der Jagdzeit die Nächte vom Sonnabend zum Sonntag sein Wesen getrieben. Sobald die Betglocke geläutet hatte, hörte man in den Wäldern und jähen Halden ob Grandvillars das Schmettern der Jagdhörner, das Ho - ha -ho des Jägers und Rüdengebell. In einer dort gelegenen Voralp hielt er gewöhnlich Rast, um seine zerstreuten Hunde wieder zu sammeln und das erlegte Wild in einer Felshöhle aufzubewahren. Kaum dass die Sennen es dort aushalten konnten. Wenn sie sich nicht ganz still verhielten, verheerte er alles auf dem Vorsatz, zerschlug Dach und Zäune, gruben seine Hunde tiefe Löcher in den Boden, wurden endlich die Kühe im Stalle des Stafels auf unsichtbare Weise gequält und gepeinigt, dass sie laut brüllten und am andern Morgen nur wenige und schlechte Milch gaben. Ein junger unerfahrener Küher, der vor der Alphütte stand, als der Nachtjäger ankam, schrie ihm einst keck entgegen: "Ho, ha, ho, ha!" welches Wagnis ihm jedoch schlecht bekam. Plötzlich, obschon der wilde Jäger noch fern war, erhielt er einen so heftigen Stoss in den Rücken, wie mit einem Gewehrkolben, dass er blutrünstig gequetscht und halb ohnmächtig zu Boden sank, wo ihn die Sennen erst am folgenden Morgen vorfanden und aufheben konnten, da sie nicht gewagt hatten, während des Jagdsturms aus dem Staffel zu treten, der von den bellenden Hunden die ganze Nacht hindurch wie umlagert gewesen war. Diese hatten dem daliegenden jungen Aelpler jedoch nichts Leides getan, sondern bloss berochen und beschnüffelt, bis sie sich mit dem unruhigen Jäger wieder entfernt hatten. Gewöhnlich fand man am Morgen nach solchen Nächten ringsum Spuren von Blut, Gemsen-, Hasen-, Fuchs- und Dachshaare und Tritte von Menschen und Hunden. Von dem erlegten Wild fand sich in dem Felsenkeller jedoch niemals etwas vor. Das hatte der wilde Jäger bis auf die letzte Fuchsklaue zu sich genommen. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der wilde Jäger im Jauntal

Source: Der wilde Jäger im Jauntal

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Bei der Flüekapelle von Galmis (Charmey) hörte man einst in einer Nacht den wilden Jäger von Jaun nach Galmis ziehen, hörte Wagenrollen, Peitschenknallen, Hundegebell und Schreien.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der wilde Jäger oder der Thürst

Source: Der wilde Jäger oder der Thürst

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Ein Bauer und Müller in dortiger Nähe erlaubte einmal einem seiner Knechte, am Abend heim zu seiner Familie zu gehen. In der Nacht wird er durch den Lärm, das Gejohle und Halloh und Hussah des Thürst und seines Gefolges geweckt. Er geht an die Hausthür, um der schauerlichen Jagd, die gewöhnlich bei ihm vorbei passierte, zuzusehen. Aber schon ist der Hauptzug vorübergejagt, als er die Thüre in Hast zu öffnen vermag. Nur noch Nachzügler, die Arrieregarde des Spucks, bietet seinen Blicken sich dar; unter dieser sieht er voll Erstaunen auch seinen Knecht, dem er am Abend zuvor Urlaub gegeben, mühsam sich nachschleppen. Über die seltsame Erscheinung nachsinnend, legte er sich, nachdem die Geisterstunde und mit ihr der Spuck vorüber, wieder zur Ruhe, die arme Wittwe bedauernd, die ohne Zweifel nun ihren Mann durch die „Werbung des Thürst" verloren hatte. Wie erstaunte er aber, als er am frühen Morgen seinen verloren geglaubten Knecht wieder seinen Dienst verrichten sah! Freilich schien er nicht so frisch wie sonst und klagte sehr über Müdigkeit und furchtbare Schmerzen in allen Gliedern, die wie „zerschunden und zerschlagen" seien. Er könne sich diese Müdigkeit gar nicht erklären, sagte er, es sei gerade, als hätte er die letzte Nacht nicht bloss in furchtbar ängstlichem Traume, sondern in Wirklichkeit die wilde Jagd mitgemacht. Erstaunt erwiderte hieraus sein Meister, ihm komme die Sache ganz begreiflich vor, wenigstens habe er ihn nicht mehr zurückerwartet; denn allerdings habe er an der Jagd Theil genommen und er selber habe mit eigenen Augen gesehen, wie er, einer der Letzten, mühsam dem Gefolge nachgehumpelt sei. Der Knecht wollte jedoch von einer direkten Fahrt nichts wissen und behauptete, er habe sein Bett nie verlassen. Welcher nun recht gesehen und welcher nur geträumt, wollen wir hier nicht entscheiden. Quelle: J. J. Jakob, Heimathkunde des Amtes Schwarzenburg, Bern, 1869. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www. maerchen.ch


by Der wilde Jäger von Brunnenberg

Source: Der wilde Jäger von Brunnenberg

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In den Adventsnächten hatten früher die Kilterbuben von Tafers oder St. Antoni keine guten Zeiten. Auf dem Heimweg wurden sie gerne vom Nachtjäger oder wilden Jäger überrascht. Wenn die Nachtbuben ein lustiges Lied pfeifend oder singend vom waldumsäumten Weissenbach gegen Brunnenberg wanderten, bekamen sie unvermutet Gesellschaft. Da brauste es auf einmal vom Weissenbach her: Ein Brüllen und Hetzen, ein Bellen und Kläffen hub im Tale an, dass es schaurig war anzuhören. Der Nachtjäger war im Anzug. Durch die Lüfte sauste eine schwarze Riesengestalt, und eine ganze Meute schwarzer Hunde floh vor ihr her. Manchmal streifte das wilde Heer fast den Erdboden. Einige Burschen wollten mit eigenen Augen die schwarzen Jagdhunde erblickt haben. Glücklich der Wanderer, dem nahe, die schützende Haustür winkte. Hinter ihr war er in Sicherheit. Wer aber weiter zu gehen hatte, tat wohl daran, kein Wort zu reden und mäuschenstill das wilde Heer durch die Lüfte ziehen zu lassen, oder sich lautlos zu Boden zu werfen bis zum Verschwinden des geisterhaften Jagdzuges. Das langgedehnte «Hutätä, Hutätä» tönte schauerlich durchs Tal der Lengibitza und über die Rainwiesen der Brunnenberghügel. Über diese hinweg verschwand die Gespensterjagd im dunklen Gehänge des weiten Waldes. Blass und keuchend erreichten die Zeugen der tollen Jagd dann ihre schützenden Heimstätten.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der wilde Kegler

Source: Der wilde Kegler

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Auf des Rossbergs Alpentriften  jetzt die munt're Herde haust,  wo der Bergstrom aus den Klüften  wütend über Felsen braust. Dort auf farnbewachs'nem Hügel  oft der kecke Älpler ringt,  und mit starkem freiem Flügel  sich der Aar im Kreise schwingt. Wettergraue Tannenwipfel,  Zeugen einer alten Zeit,  rauschen von des Berges Gipfel  Sagen der Vergangenheit. So erzählt die alte Kunde  von Bannhölzlers Zauberschloss,  wie er da im Geisterbunde  herrscht und harrt auf weissem Ross. Nächtlich in der zwölften Stunde  klingt es dort wie Geisterchor,  und im steindurchfurchten Grunde  öffnet sich das Felsentor. Hat es Zwölfe erst geschlagen,  rennt er über Wald und Flur,  treibt sein Pferd in wildem Jagen  durch die stille Bergnatur. Einstens stand an Kirchweihtagen  eine Schar am Kegelspiel.  Einer könnt' es nicht ertragen,  dass ihm gar kein Kegel fiel. Fluchend warf er nochmals wieder  seine Kugel auf die Bahn -  keinen Kegel wirft er nieder,  keinen rührt die Kugel an. "Hilf Bannhölzler du mir spielen,  denn in meinem schlechten Glück  keine Kegel mir noch fielen,  wende du mein Missgeschick." Heissa! Hört ihr's wie es brauset,  seht ihr dort das Feuermeer?  Wie des Rosses Mähne sauset  durchs geheime Geisterheer. Hu, wie seine Augen sprühen,  wie die Peitsche wild erknallt  und des Pferdes Hufe glühen,  dass es durch die Lüfte hallt. Alle steh'n in grausem Schrecken  auf die Erde festgebannt,  doch Bannhölzler reisst dem Kecken  seine Kugel aus der Hand. Schwingt sie mit den Riesenhänden,  dass die weite Flur erdröhnt  und an nahen Felsenwänden  bang und düster widertönt. Aber alle Kegel fielen  und die Kugel schwang sich fort.  Keiner konnte je so zielen  aus der Schar der Spieler dort. Über Fluh und Bergeskämme  geht es fort nach Lotenbach,  dort fährt er sein Ross zur Schwemme,  und es folgt ihm willig nach. Stürzt mit ihm sich in die Fluten,  schwimmt hindurch nach Immensee,  darob zischt in Feuergluten  geisterhaft der Zugersee. Hei, wie's saust und braust und knallet  von der Woge bis zum Schlund,  wie das Wasser zischt und wallet  von dem Reiter bis zum Grund. Dann fährt er sein Ross zurücke  nach der öden Geisterkluft,  schliesst des Schlosses Zauberbrücke,  da die Morgensonne ruft. Wo des Rossbergs Gipfel ragen,  zeigt der Senne dir das Schloss  und erzählt hier aus den Sagen  vom Bannhölzler und dem Ross. A. M. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 6 Siehe auch: Der Bannhölzer Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der wilde Küher

Source: Der wilde Küher

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Ein Fänggenmannli hütete viele Sommer hintereinander zu Conters die Heimkühe, ohne je irgend eine Belohnung anzunehmen. Nun wurden einmal die Bewohner des Dorfes einig, dem wilden Hirten für seine Dienste einen schönen Anzug zu geben. - Nie trieb dieser Wilde die Kühe bis ins Dorf, sondern nur bis zu einem Stalle oberhalb desselben; von dort kehrte er stets zurück in eine Waldhöhle, seine Wohnung; jeden Morgen aber wartete er beim nämlichen Stalle, bis die Leute ihre Kühe dorthin brachten, dann zog er mit der Habe zur Weide, ins Dorf hinunter kam er niemals. - Zu diesem Stalle nun legten sie ihm eines Abends ein neues Kleid und beobachteten am folgenden Morgen im Geheimen, wie er ihr Geschenk aufnehme und wie dieses ihm anstehen würde. Er kam zur gewöhnlichen Stunde, die Kühe auf die Weide zu treiben, erblickte das Kleid, nahm dasselbe gleich zur Hand und versuchte es anzulegen. Lange Zeit konnte er mit dem neuen Staate nicht fertig werden, erst nach vielen Versuchen brachte er die Umwandlung zu Stande. Nun betrachtete er sich gefällig, hüpfte freudig in die Höhe, warf seinen Hirtenstab hoch durch die Luft von sich, nahm jauchzend bergan Reißaus und rief: »Was wett au so 'ne Weidelamâ, No mit de Chüene z'Weidela gâ.« Damit verschwand er und ward seitdem nie wieder gesehen; auch gaben von da an die Kühe nicht mehr so viel Milch, als zur Zeit da er sie gehütet. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der wilde See

Source: Der wilde See

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Oberhalb Vilters ist der wilde See. Wenn man Steine hineinwirft, fängt er an zu toben, und es entstehen Sturm und böse Gewitter. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 192, S. 89 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der wilde Stier am Schwarzsee

Source: Der wilde Stier am Schwarzsee

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Als die Wangser vor der Fahrt auf ihre Alp Gamidaur den Alpzaun ausbesserten, kam ein unbekannter, aber rüstig aussehender Mann zu ihnen und anerbot sich, für kommenden Sommer die Obliegenheiten eines Sennen unentgeltlich und klaglos zu besorgen. Sofern man mit seinen Leistungen nicht zufrieden sei, möge man ihn zu beliebiger Zeit von seiner Stelle abberufen. Die Alpgenossen nahmen dieses Anerbieten an. Der neue Senn versprach, am Tage der Alpfahrt beim Alpgatter die Ankunft der Sente abzuwarten. Er hielt dann auch sein Wort getreulich, sennete vortrefflich und lebte in bestem Frieden mit seinen Mitknechten. In seinem Benehmen war nichts Befremdliches, als dass er weder mehr noch weniger redete als nötig war und dass er jedesmal nach dem Sennen unter der Kellertüre sein Beil wetzte, ohne es je zu gebrauchen. Im Herbste, bei der Heimfahrt, begleitete er den Zug bis zum Alpgatter und verabschiedete sich dort mit der Bemerkung: "Übers Jahr werde ich wieder kommen, wenn sich meine Mitknechte auch wieder in Gamidaur einstellen." So geschah es bis in das siebente Jahr. Während dieser langen Zeit hatte es noch keiner von den Knechten gewagt, den Sennen zu befragen, was sein Beilwetzen zu bedeuten habe. Er halte ihnen über unnütze Fragen nie eine Antwort gegeben. Mit der Zahl der Jahre war aber die gegenseitige Vertraulichkeit unter ihnen grösser geworden, so dass der Zusenn mit der langverhaltenen Frage herausrückte. Der Senn zeigte sich wider Erwarten erfreut hierüber und sprach: "Auf diese Frage habe ich schon lange mit Sehnsucht gewartet, und ich werde dir auch recht gerne den gewünschten Aufschluss erteilen, wenn du mir zum Schwarzsee hinauf folgst und dort tust, was ich dich heisse." Der Zusenn erklärte sich zu allem bereit, wenn es ihm möglich sei, und alsobald zogen sie miteinander aus. Der See liegt in einem wilden Hochtälchen. Als die zwei Hirten in dessen Nähe angelangt waren, hörte man ein Tosen aus den Tiefen des Tälchens herauf, wie wenn ein Gewittersturm im Anzug wäre. Die schwarzen Wellen des Sees wuchsen von Minute zu Minute, spieen dann ihren weisslichen Gischt hoch an die Klippen des Ufers hin und warfen endlich auch einen gewaltigen Stier ans Land, der unverweilt und laut brüllend über die steile Halde gegen die Hirten heranstürmte. Jetzt überreichte der Senn seinem Begleiter das Beil und sprach: "Wenn du mir zur ewigen Seligkeit verhelfen willst, so schlage unter höchstens drei Streichen jener wütenden Bestie das vordere linke Bein ab. Es wird dir dabei kein Leid geschehen." Kaum hatte er dies gesprochen, war der Stier schon da und wollte über ihn herfallen. Dem kam aber der mutige Zusenn zuvor, indem er dem wutschnaubenden Tiere mit einem kräftigen Streiche das Bein abschlug. Der Stier kollerte zurück in den See, dessen Wogen sich dann augenblicklich legten. Hierauf sagte der Senn zu seinem Kameraden: "Wisse, mein treuer, wackerer Geselle, vor mehr als Mannesgedenken bin ich schon Senn in Gamidaur gewesen. Da wurde ein Stier auf die Alp gebracht, der so böse war, dass selbst die Alpknechte sich seiner Angriffe kaum zu erwehren vermochten. An einem drückend heissen Sommertage waren wir mit dem Vieh hierher auf diese Höhe gezogen, wo beständig ein kalter Windzug herrschte. Am Abend wollten wir eintreiben, wobei der Stier sich ungebärdig benahm. Ich hatte mein frischgeschliffenes Beil mitgenommen und tat, was du heute wiederholtest. In Folge dieser unrechten Handlung konnte ich aber nach meinem bald hernach erfolgten Ableben keine Ruhe finden, bis du mich durch deine Treue und deinen aufopfernden Mut erlöstest. Dafür wirst auch du ein Kind der Seligkeit werden." Nach diesen Worten war der Senn verschwunden. Eine weisse Taube flog über den See hin und dann gen Himmel auf. I. Natsch. Diese Sage scheint verschiedene Bestandteile aufzuweisen. Der Senne, der die unerlaubte Handlung begeht, findet auch anderorts die Ruhe nicht und büsst sein Vergehen. Der wilde Stier im Alpsee aber ist ein Ungeheuer, das schwerlich zur Herde gehört hat. Es findet sich auch in andern Bergseen, so am Pilatus.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 195, S. 92f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Wildheuer auf der Neunenenfluh

Source: Der Wildheuer auf der Neunenenfluh

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Früh, noch im Sternenschein, stieg ein Bauer hinauf zu den steilen Felsen der Neunenenfluh. Es war Zeit, das Wildheu einzubringen, eine mühsame und gefährliche Arbeit. Aber wie viele Tage würde das seine Kühe füttern! Kräftig begann er zu mähen. Er mähte und mähte, ohne sich eine Rast zu gönnen. Die Sonne stieg immer höher und brannte auf seinen Rücken. Sie dörrte ihm das Gras und schon nach Mittag konnte er die ersten schweren Bündel nach unten in den Stafel bringen. Nach und nach setzten ihm die schwere Arbeit und die Hitze zu und seine Kräfte schwanden. Das Brot hatte er den Kindern zu Hause gelassen und Wasser fand er in den steilen Hängen keines. Nirgends rieselte ein Bächlein. Mit letzter Kraft schleppte er sich in eine nahe Schlucht, wo er ein Wässerlein vermutete. Aber was war das? In der Finsternis der Felsen glänzte es wie Sternenlicht. Der helle Schein kam immer näher. Da erkannte er ein Männchen, das ein goldenes Kännchen mit Wein trug. Hinter ihm trippelte ein Fräulein mit einer silbernen Schüssel voll Kuchen in den Händen. Beide waren prächtig gekleidet. Sie stellten ihre Gaben vor ihn hin: „Unser Meister schickt uns. Iss und trink!“ Der Heuer liess sich nicht lange bitten. Er hob das Kännchen an die Lippen. Aber soviel er auch trank, es wurde nicht leer. Auch die Schale mit dem Kuchen blieb voll, soviel er auch davon ass. Die geheimnisvolle Speise brachte ihm seine Kräfte zurück. „Habt grossen Dank ihr lieben Leutchen. Nun werde ich mein Tagwerk wohl vor Sonnenuntergang beenden können.“ Darauf kletterte der Bauer zurück in die steilen Flühe. Und während er gestärkt Bündel um Bündel hinunter trug, begleitete ihn ein liebliches Singen. Leicht fiel ihm die schwere, gefährliche Arbeit. Endlich hat er sein letztes Heu in der Hütte untergebracht. Da verstummte auch die Musik. Dankbar schaute er zurück zu den Flühen. Die beiden kleinen Gestalten waren verschwunden. Der Heuer wusste, Verschwiegenheit war jetzt gefragt; denn wer nicht schweigen kann, den fliehen sie. Niemandem hat er je von seinen Erlebnissen erzählt. Noch manches Jahr traf er die beiden auf der Neunenenfluh und das gefährliche Wildheuen wurde jedes Mal zu einem Fest. Quelle: Nach einem Gedicht aus: J. J. Jakob, Heimathkunde des Amtes Schwarzenburg, Bern, 1869. Prosafassung nach einem Gedicht aus Heimathkunde des Amtes Schwarzenburg. Bearbeitet von Anna Maria Läderach. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www. maerchen.ch


by Der Wildi-Küfer in Oberflachs

Source: Der Wildi-Küfer in Oberflachs

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Vor etwa dreissig Jahren lebte in Oberflachs ein Mann, der, weil er gar gut mit dem Weine umzugehen wusste, die Aufsicht über den Zehntenkeller der Gemeinde übertragen bekam und darum Wildi-Küfer hiess. Zusehends wurde er dabei so reich, dass es den Leuten nicht mit rechten Dingen zuzugehen schien. Auch wollte ihn der Dorfwächter schon öfter gesehen haben, wie er des nachts ganze Tausen (halber Eimer) Wein aus dem Zehntenkeller in den seinigen spedierte. Da jener allein nichts gegen ihn wagen wollte, verabredete er mit einigen starken Männern, zusammen dem Gemeindedieb aufzulauern. So stellten sie sich nachts hinter das Haus, an dem er vorbei musste. Es dauerte auch gar nicht lange, so kam er richtig. Gleich traten die Männer vor, um ihm zu beweisen, dass er nun entdeckt sei. Der aber roch den Pfeffer schnell, gieng mit seiner vollen Tause am Rücken, als ob gar nichts geschehen, seinem nahen Baumgarten zu und leerte dort den Wein neben einem Baum hin, wie wenn er nur Gülle darin getragen und hier hätte düngen wollen. Dann schritt er ruhig, ohne sich weiter umzuschauen, seinem Hause zu. Unsere Bauern waren jedoch auch nicht auf den Kopf gefallen. Sie liefen, anstatt dem Küfer nach, gleich jenem Baume zu, zogen ihre Schuhe aus und schöpften damit die ausgeschüttete Flüssigkeit auf. Sie hatten ganz recht gerathen: Es war alter, trefflicher Wein. Doch was war da zu beweisen? Und so geschah dem Wildi-Küfer weiter nichts, er wurde nur noch immer reicher. Aber bei seinem Sterben schwärzte sich sein ganzer Leib, und vier Wochen nach seinem Tode sah man ihn schon durchs Dorf laufen und hörte ihn im Hause rumoren. Meine Base weiss davon auch eines zu erzählen, seit sie bei seiner Familie einmal auf dem Taglohn gewesen ist. Die bringt man nicht mehr hin. Damals war die alte Küferin eben ins Bad nach Schinznach gegangen, um sich dort wie reiche Leute wohlsein zu lassen, und niemand war sonst mehr im Hause, als ihre Tochter allein. Bei dieser nun sollte damals meine Base so lange schlafen. Dies gieng bis Mitternacht auch ganz gut. Da aber wurde sie auf einmal durch den heftigsten Lärmen geweckt. Anfangs meinte sie, der Knecht schleppe die schweren Spannketten über den Holzboden. Als nun aber auch die Küferstochter drüber erwachte und meiner Base mit verhaltener Stimme sagte: „Pst! Sei nur still, er thut dir nichts," da erinnerte sich diese auf einmal an den spukenden Küfer. Und jetzt erst wurde ihr es fürchterlich Angst. Mit dem Frühesten lief sie aus dem Hause. Noch jetzt erscheint der Wildi-Küfer dem steinalten Münz, der oben um den Zehntenkeller wohnt. Da stellt er sich ihm alle Nacht vors Bett und stösst den Daumen der rechten Hand fortwährend in die linke Faust, um mit dieser Geberde auf seinen einstigen Frevel hinzudeuten. Bisweilen steigt er in den Keller hinab und klopft fleissig an alle Fässer, damit dem Münz der Wein nicht abstehe. Das Volk hört dies und sagt dann, er kündige damit Regen an. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Wildjäger straft Rossquäler

Source: Der Wildjäger straft Rossquäler

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Wem blieb nicht der Weg im Gedächtnisse von Zurzach nach Kaiserstuhl, wie er ehemals bergauf und bergab gieng, wie vom Himmel in die Hölle; das war seit alten Zeiten die Arme Sünder-Strasse für alle Rosse und der Schrecken für alle Fuhrleute. Da hat gewisslich keiner die Strecke vergessen am Degerbache zwischen Mellikon und Rümikon und jene andere Stelle gerade über dem Dorfe, wo der Teufel hinter jedem Nussbaum stand, um die Geisselhiebe und Flüche alle aufzuschreiben in seinen Kalender. Es ist noch nicht lange her - erzählte meiner Mutter Grossvater - dass da der Rudi von Rietheim ganz blutig und zerhauen am Rümikoner Wirthshaus vom Stallknecht betroffen worden ist; sein Frachtwagen hatte schon Halt gemacht vor der Wirthsthüre, er aber stemmte noch immer die Schulter ins hintere Wagenrad und schob übermenschlich, als müsste er die Fuhre noch fortwährend weiter fortstossen. Er war ganz erstarrt und verwirrt, so zog ihn der Knecht heraus und brachte ihn herein. Als er in der Wirthsstube an der Wärme wieder zu sich gekommen war und der Stallknecht auch mit einem bedenklichen Gesichte erschien, weil ihm draussen eben eine ganz fremde Stimme „Ausspannen!“ zugedonnert habe, musste der Rudi berichten, wie es ihm heute ergangen. Nun erzählte er, dass er sich des Morgens in Zurzach zu lange aufgehalten und zu viel geladen habe; aber statt mehr zu füttern, habe er sich gedacht, wie der Haber jetzt doch gar so theuer sei und wie die Gäule nur um so besser bergauf ziehen möchten, wenn sie die Bäuche nicht zu voll hätten. Auf dem Wege habe er noch einmal eingekehrt, den Pferden aber auch nicht über vier Batzen Heu geben lassen. Zwar sei auch dort der Stallknecht mehrmals gekommen und habe gefragt, ob man nicht ein wenig ausspannen solle; allein es wäre alsdann eben allzu spät geworden und so habe er es denn bleiben lassen. Bald wollten hierauf beim Weiterfahren die Pferde nicht mehr anziehen und am Degerbache standen sie ganz still. Alles Zerren am Zaume, alles Peitschen und Anschreien half nichts; brennenden Schwamm habe er ihnen unter den Schwanz gelegt und einen Fluch fürchterlicher als den andern gethan. Nun wollt' ich doch, dass unserm Hergott im Himmel seine zwei schönsten Engel..... schrie er, und hatte noch nicht ausgeredet, da sei hinter dem Baum hervor einer gekommen, habe ihm die Peitsche aus der Hand gerissen, ihn in die Speichen des Hinterrades gedrückt und geschrieen: „Wart', du Mordiofuhrmann, dir will ich fahren!“ Hinten am Wagen ins Rad geflochten, habe er jetzt mitstossen müssen bergan, dass er meinte, das Herz wolle ihm aus dem Leibe brechen, und gieng's nicht gleichmässig im Augenblick voran, so seien Peitschenhiebe hergeflogen, als würden ihm Hosen und Kittel mit einem Scheermesser zerschnitten. Als der Rudi das erzählte, schlotterte er und die Zähne klapperten ihm wie ein Storchenschnabel. Am andern Morgen beim Weiterfahren lief er wie auf Eiern; dem Knecht befahl er, recht gut und langsam zu füttern, einen Theil der gestrigen Last lud er selbst ab, und für die Pferde nahm er noch ein Extrabrod mit auf den Weg. Dann führte er ein Ross ums andere aus dem Stalle wie Prinzessinnen, und als sie nun anziehen sollten, sagte er ganz sanft und hübschlich: Hü, in Gottes Namen. Von der Zeit gieng's auf dieser Teufelsstrasse ein wenig manierlicher her; sogar ein Kreuz setzten die Leute hin, das ist zwar nun wieder weggekommen, seit die Strasse neu gemacht und die Brücke dorten gebaut worden ist; aber die Geschichte von dem Basler Kaufmann, der hier begraben liegt, weiss noch Jedes. Es war in der Zeit des dreissigjährigen Krieges. Er ritt von der Zurzacher Messe heim, eine schwere Geldkatze um den Leib geschnallt. Hier wurde er von einem abgedankten Soldaten erstochen und ausgeraubt. Doch das ledige Ross verfolgte den entfliehenden Mörder so lange, bis es ihn mit seinen Hufen zerstampft hatte. Seitdem soll man um die Herbstzeit ein feuriges Ross einen Mann durch diese Wälder verfolgen sehen. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 180 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Wildmandli-Stein

Source: Der Wildmandli-Stein

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in der Blewi zu Schattdorf, nicht weit von der Pfarrkirche, habe seinen Namen daher, weil unter ihm vor Zeiten zwei wilde Mandli gehaust haben, oder nach andern, weil auf diesem Stein jeweilen an den Fastnachtstagen die als »Wild- oder Grissmandli« vermummten Masken, deren sich noch alte Leute erinnern, sich angezogen haben. Grissmandli wurden sie geheissen, weil sie mit Tannkriss bekleidet waren. Johann Josef und Josef Zgraggen, und a. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Wischbergjoggeli

Source: Der Wischbergjoggeli

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Ein Mann und eine Frau kehrten einst von Gelterkinden heim nach Wegenstetten. Als sie den Wischberg hinanstiegen, rief die Frau immer: «Wischbergjoggeli, komm! Wischbergjoggeli, komm!» Plötzlich konnte sie nicht mehr gehen. Der Mann wollte schon um Hilfe rufen. Die Frau mahnte und bat um ein wenig Brot; sie wusste, dass sie ihm daheim beim Fortgehen Agathabrot in die Tasche gesteckt hatte. Sie ass davon, und siehe, sie konnte wieder gehen. Den Wischbergjoggeli hat sie aber nicht mehr gerufen. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Wiselijeger

Source: Der Wiselijeger

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Dr alt Wiseli-Balz hät nüd ugääre vu der Jagd erzellt, er isch gar mängs eebigsmal obsi. Und emal hät er is erzellt, wes em mit de Wiselene ggange isch, mit dene chliine, flingge Tierlene, si gsähnd fast us we Eichöre, aber sie läbed under de Steine und öppen i nere Muur oder sust amene Ort, wo se si guet chänd verbärge. «Me sött ja derigs hüttigstags gar nüd erzelle», seit er. «Teil Lüüt glaubet’s ja gliich nüd und händ höchstens nuch ds Gspött über ne alte Jeger, wen ich eine bi. Aber wahr isch gad gliich sust – wüsst is ja nüd, oder hä?» «My Vatter isch e Jeger gsi, gnau wen ich eine bi, und wän er im Herbst echle obsi isch, ids Chrauchtel oder uff Gheist oder gar e Schilt übere, so isch er sicher nüd mängsmal uhni öppis heichu, und wänn’s nu ä Graagg (Krähe) gsi isch. Aber z’meist hät er e Bogg kha oder e Mungg oder mindestens äs Häsli. Mir händ der Winter duur eister echle Fleisch uffem Tisch kha, und de nüd nu vumene alte Fuchs! Aber eis Tierli, das hät er is schu as Schuelerbuebe gseit, eis Tierli törfed er nie auf ds Chore nih! Wolverstande, Buebe! Wiseli wärded nüd gschosse! E sones Wiseli isch sofort vergelsteret, wä mes nüd i eim Hau trifft, und derna ch der Jeger luege, we’s em gaht! Emal ich wett dä nüd der gsi si! Verstande Buebe!» Jetz emal, der Vatter isch schu lang uffem Matter Friethof gläge, emal bin ich also ä wider obsi, äm Gulderstogg zue, und ha tänggt, es wärd mer de wol öppen öppis vor d’Büchs chu. Aber woll ha gmeint! Kä Schwanz hät si luege luh. Wäme nuch gmeint hät, woll jetz git’s es, so isch es e verlüffni Geiss gsi oder es Schaaf, und dä hät me de lieb Not kha, bis mes nu wider ab kha hät. Im Namittag inne bini do eso underere Wand ghogget und ha i Frybärg dure gspärberet – ja dett änne hett’s schu Tier –, aber ebe! Alls isch müüselistille gsi und d Luft spiegelluuter we nu im Herbst. Jez, was gisch, was häsch – chunnt zeismal es Wiseli underere Blatte vüre z’schüüsse! E schüü grosses Wiseli, und glänzt hät’s i der Sunne we ggöölet. Öppe zwänzg Schueh vumer ewägg hät’s ds Manndli gmacht, bolzseitegrad isch es dagstande und hat d’Tääpli zämeghebet, as we wänn’s wett säge, gält tuesch mer nüt? Wüsst nüd was! Wäget emene Wiseli isch e si nüd derwärt ds Gwehr z’lüpfe, es isch ja doch nüt an’ne, as das Pelzli und wäget dem älei – we gseit! Drüberabe isch es wider under der Blatte verschwunde und nach emene Wiili wider vürechu und so än eim fort de lengst Zyt. Jetz nach und naach hät’s mi do doch gränglet, wo’s mer afed bald uf der Nase ummetanzet isch. Ich ha tänggt, es Wiseli isch besser as gar nüt, und wo’s wider chu isch und ds Manndli gmacht hät, so bini parad gsi – und vürechu und klepft isch eis gsi. Aber weiss der Tüüfel worum – d’Chugle hät ds Rohr gjagt und mir hät’s eis i d Achsle klepft, ich ha gmeint, ich gsäch ds Füür i Hooland! Und im gliiche Augebligg hät’s ringsumme nu eso kraslet vu Wiselene, bi Totzete und Totzete sind under allne Steine vüre z’schüüsse chu und händ pfiffe und Wiichs abluh we de Näärsche und tue, äs we wänn’s mi frässe wetted. Ich ha bimeid gnueg zwehre kha! Und wänn is uf der einte Syte vertscheucht ha, so sind uff der andere we buchs gad nuch emal sövel ummi umme gsi. Me glaubtis gar nüd aber so wiit es me zringelsum gsieh hät – nüt as Wiseli und Wiseli! Und ich bi zmitzt inne ghogget mit emene kaputte Gwehr! Aber uff eimal isch nüd eis mih umme gsi, nümme eis sägi! Es isch gsi we Müli und Bach abgschlage. Und überem Schilt hät’s afuh tundere, as we wänns’ mit Gelte wett chu, und zeismal isch fast chöligi Nacht gsi. Ich will nüd säge, de Sach sig mer uheimli vorchuu – das nüd. Aber der Gschiider git nah, hani tänggt und bi nidsi. Der Vatter sälig wird gwüsst ha, worum äs er is gseit hät, me söll nüd uf Wisli schüüsse!»   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Wittnauer Hans

Source: Der Wittnauer Hans

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Der Wittnauer Hans war noch ganz klein, als sein Vater in einem Steinbruch zu Tode fiel; und nicht lange danach starb auch seine arme Mutter, die ihr liebes Leben lang sich mit Spinnen abgearbeitet hatte. Sie hatte aber dem Hans noch einen guten Rat gegeben, bevor sie die Augen schloss, und den führte er auch gleich an dem nämlichen Tag noch aus, da sie die Mutter beerdigt hatten. Er machte sich auf den Weg und ging zu einem reichen Vetter, der droben auf dem Berg ein grosses Bauerngut besass. Aber da kam er zuerst übel an. Denn der Vetter war ein alter, mürrischer Kauz und der grösste Geizhals weit und breit. Weil jedoch Hans nicht nachliess mit Bitten und Beten, dass er ihn doch in seinen Dienst nehmen möchte, da er nun so ein armes Waislein sei, der auf der Welt nichts habe, so sagte der Alte endlich brummend: »He so nu so denn! Wenn du mir den Herbst über das Vieh hüten und dich gut halten willst, so kann man's ja mit dir probieren. « So war der Hans ausser Sorgen. Alle Morgen in der Frühe, Sonn- und Werktage, fuhr er mit den acht Kühen und zwei Kälbern des Vetters auf die Weide den Berg hinan und hatte jedes Mal seine grösste Freude, wenn er drunten im Tal den Rauch aus seinem alten Heimatort aufsteigen sah oder die Kirchenglocken von dort heraufschallten. Mit der Zeit aber wurde ihm schwer ums Herz, so oft er dort hinunterblickte, und es war ihm, als sei er schon eine Ewigkeit fort, und hatte keine Ruhe mehr, bis er endlich wieder einmal heim durfte. Er gab also eines Tages seine Herde dem Schäfer in die Hut, der neben ihm auf dem Berge die Schafe hütete, und ging hinab nach der Kirche, wo sein Vater und seine Mutter begraben waren und feierte andächtig den Gottesdienst der Gemeinde mit. Und dies wiederholte er noch mehrmals. Aber als er einmal am Sonntagabend des Vetters Herde nach Hause trieb, und der Vetter schon von der Haustüre aus zu seinem Schrecken sah, dass dem Hans nur neun Stücke zur Hand waren und das schöne rote Kalb fehlte, da ging ein anderes Wetter übers Land. Grimmig fuhr der Vetter auf Hans los; der aber merkte, wie viel Uhr es geschlagen, und nahm einen Satz auf die Seite nach dem Stall zu, wo gerade der Knecht einen grossen Haufen Heu aufgeworfen hatte; da hinein bohrte er sich mit dem Kopf, dass alsbald nur noch die Füsse herausguckten. Da packte der Vetter in der Wut die Heugabel und stach hinein; aber Hans war mittlerweile vollends hineingekrochen und die Gabel kitzelte ihn nur hinten an der Ferse, dass kaum ein Tropfen Blut daran hängen blieb. Als nun der Vetter das Blut sah, da vermeinte er aber nichts anderes, als dass er den Hans erstochen hätte. Er entsetzte sich, warf das Mordwerkzeug weg und lief heulend zum Tor hinaus und ins Weite. Als Hans merkte, dass der Vetter fort war, besann er sich nicht länger, kroch hervor und rannte gleichfalls so schnell davon, dass in dem Schrecken um den Meister niemand auf dem Hof ihm nachsah. Spornstreichs lief er zu dem Schäfer auf den Berg und fragte ihn nach dem verlorenen Kalb. Allein der hatte nichts von dem Tier gesehen und gehört; doch erzählte er ihm, wie heute ein Trupp Diebsgesindel gerade da, wo Hans sonst weidete, sich zu einem leckeren Mahl gelagert habe; wer weiss, ob es nicht just das Kälblein zum Schmaus gestohlen hat. Das leuchtete dem Hans ein; er liess sich von dem Schäfer die Richtung zeigen, welche die Diebe genommen hatten und setzte ihnen unverzüglich nach. Bald sah er auch hellen Feuerschein durch die Tannen schimmern; vorsichtig schlich er näher, und richtig: da lagerte die Räuberbande zechend um ein grosses Feuer, und an einem Baume in der Nähe hing das rote Kalbfell. Da ging dem Hans ein Stich durchs Herz, denn das Kälblein war sein Liebling gewesen; und leise wollte er zurück schleichen; da knackte ein dürrer Ast unter seinem Fuss; die Räuber sprangen auf und ergriffen ihn; und ohne weiteres wurde er in ein leeres Fass gesteckt und da lag der arme Hans und hörte nur noch, wie die Gesellen ein Hohngelächter verführten und den Deckel zuschlugen. Jetzt war guter Rat teuer; hätten die Räuber nicht bereits den Spunten aus dem Fass geschlagen gehabt, so hätte Hans ersticken müssen. Unterdessen hatte sich aber ein schweres Gewitter am Himmel zusammengezogen; der Wind pfiff durch die Tannen, und durch die Schluchten rollte der Donner; und Hans merkte, dass nach und nach das Knattern des Kochfeuers aufhörte und das Gespräch und der Lärm der Räuber verstummte. Diese hatten sich davon gemacht und ein Obdach unter den Heuscheuern der untern Bergmatten gesucht. Eben als Hans aus dem Fass kriechen wollte, kam jedoch einer von ihnen wieder hastig heraufgerannt, um das Kalbfell zu holen, das sie richtig vergessen hatten. Schon hatte er die Hand danach ausgestreckt, da kamen ein Blitz und ein Schlag, dass der ganze Baum in Flammen zu stehen schien. Der Räuber war zu Boden gefallen, Hans hörte ihn keuchen und sah zum Spuntloch hinaus, wie er sich aufsammelte und verblendet gegen das Fass taumelte – krach! Fing das Fass an zu rollen und rollte ohne Aufhören bergunter von Satz zu Satz, die Reifen fuhren ab, die Dauben platzten, und Hans war befreit. Unten in der Tiefe sprangen die Trümmer klingend an eine Felswand; aber Hans blieb sitzen, gerade hinter der letzten Sturzklippe. Das Sausen und Dröhnen im Kopf vertoste, der Schmerz in den zerschlagenen Gliedern gab allmählich nach; aber jetzt war erst guter Rat teuer! Ringsum die rabenschwarze Nacht, auf schwindligen, unwegsamen Felsen, in der Nähe das gefährliche Gesindel und daheim der wütende Meister! Um sich wenigstens vor den Räubern zu retten, kletterte Hans endlich durch die scharfen Felsenrunsen und über die Bergwasser hinunter, bis er den Boden eines engen Waldtals unter den Füssen hatte. Da sah er von fern ein Licht schimmern; darauf ging er los; denn das war der Waldhof, an dem er öfters seine Herde vorbeigetrieben hatte; und da das Unwetter eben noch einmal losbrach, so machte er keine Umstände, sondern schlich hinter dem Haus in die Obertenne, um sich da ins Stroh zu verkriechen; aber kaum hatte er angefangen, einige Garben zum Nachtlager auszubreiten, so drang durch den schlecht gebretterten Boden wieder ein Lichtschimmer zu ihm herauf; und da sah er mit Schrecken die Räuber alle wieder beisammen, die zechten und lärmten da von Neuem, und es schien Hans, als hielten sie erst jetzt die eigentliche Mahlzeit von seinem armen roten Kälblein; er hörte so was von Tellerklappern und Gabelstochern. Das musst' er doch wissen; also kroch er behutsam zu dem Garbenloche und wollte sich da zum Zusehen bequem auf ein Strohbündel der Länge nach hinstrecken – rutsch! rutsch! Da ging's plötzlich kopfüber und Hans schoss pfeilschnell aus dem Garbenloch mitten unter das Diebsgesindel hinab, wie das Brot in den Ofen. Eine mächtige Garbenmasse stürzte hinter ihm drein und eine mitfahrende Staubwolke verhüllte den Hans und die Garben dazu; und der Luftstoss hatte das Feuer ausgelöscht. Voll Schrecken stoben die Räuber auseinander, und da war Hans wieder allein und fühlte sich die Knochen, die zum Glück alle ganz und heil geblieben waren. Rasch blies er das Feuer wieder an; da sah er nun auch, wie die wilden Gesellen gewirtschaftet hatten. So eine Mahlzeit hatte er noch nie mitgehalten: Braten und Wein die Hülle und Fülle. Hei, das liess er sich schmecken. Tapfer griff er's an und hörte nicht auf, bis er draussen die Räuber zurückkommen hörte, die sich allmählich von ihrem blinden Schrecken erholt hatten. Eilig schlüpfte er zur Hintertüre hinaus und versteckte sich in einen leeren Bienenkorb, den er in dem Bienenstand hinten im Baumgarten fand. Mittlerweile waren die Räuber ihrerseits wieder über den Braten und Wein hergefallen. Nachdem sie sich aber gesättigt hatten, lüsterte ihnen nach einem süssen Nachtisch. »Zu diesen Ankenschnitten hier«, rief einer, »gehört auch Honig; kommt, wir wollen Honig holen! « Alsbald gingen ihrer zwei hinaus in den Garten zum Bienenhaus, und lüpften Korb um Korb, um den schwersten und ausgiebigsten herauszusuchen; und da griffen sie natürlich bald denjenigen an, in welchem der arme Hans sass. Der eine trug hinten, der andere vorne am Brette, worauf der Korb stand. Aber der eine behauptete, links gehe der Rückweg zur Scheune; der andere dagegen meinte, rechts müsse man sich halten, um nicht finsterlings im Baumgarten anzurennen und den vollen süssen Korb auszuschütten. Dem Hans schien dieser Streit ganz ergötzlich; und dieweil es stockende Finsternis um sie herum war, so konnte er nicht anders, es juckte ihm in der Hand, er langte also oben zum Schlupfloch heraus und stupfte den Vordermann heimlich in den Rücken. »Setz ab«, sagte der zum Hintermann, »was hast du mich zu stupfen? « Während der noch redete, zupfte Hans den Hintermann am Bart. »Und was hast du mich zu zupfen? « schnauzte dieser entgegen. Nun war das Wort wieder am andern; aber der liess jetzt das Brett fallen und ging auf den Kameraden los und die Ohrfeigen flogen nach allen Seiten. Während sich die beiden aus Leibeskräften zerwalkten, nahm Hans seine günstige Stunde wahr, hob den Korb über sich ab und sprang unbemerkt davon. Er lief und lief, und da nach solchen Abenteuern die Furcht vor dem Meister viel kleiner geworden war, so lief er gradaus nach dem Hof des Vetters. Als er nahe herzu kam, nahm es ihn Wunder, warum alles so früh auf sei; die Weiber rannten hin und her, und die Knechte lärmten; die Hoftüre stand offen und alles Gesinde feierte. Ein Knecht sah ihn zuerst und rief: »Herr Gott, bist du's, Hans? wir alle glaubten, der Meister habe dich erstochen und verscharrt. Ihn selber haben die Schulkinder im Wald erhängt gefunden, er hat sich selbst gerichtet, der Schinder und Schaber. « So wurde Hans aus einem armen Küherbuben ein reicher Bauer; denn er war der einzige Erbe des geizigen Vetters; und er lebte lange und glücklich, und die Armen waren's wohl zufrieden.   Quelle: Sutermeister, Otto: Kinder- und Hausmärchen aus der Schweiz, Aarau:1869                                                          Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Wolf auf der Lenzer-Haide

Source: Der Wolf auf der Lenzer-Haide

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Ein Mann zog Abends die Strasse von Lenz über die Haide und führte an einem Seile eine Geiss mit sich. Als er bei der St. Cassians-Kapelle angekommen war, befiel ihn ein Bedürfniss, welches ihn veranlasste, von der Strasse sich zu entfernen; er band derweilen die Geiss an die damals offen stehende Türe der Kapelle an. Wenige Augenblicke darauf kam ein Wolf aus dem Walde und auf die Geiss zugelaufen. Diese flüchtete in ihrem Schrecken in das Innere der Kapelle, sprang dann aber, als sie auch dorthin verfolgt sich sah, in hohem Satze über den Rücken ihres Widersachers wieder heraus, um in\'s Freie sich zu retten. Hier hielt nun zwar das Seil, an das sie gebunden war, die Flüchtige zurück, aber auch der Wolf konnte seine Verfolgung nicht weiter fortsetzen, weil durch das Anziehen des Seiles die nach Innen aufgehende Türe zugezogen, und der Verfolger auf diese Weise eingeschlossen ward. Der Bauer kam bald zurück. In der zugeschlagenen Türe, in dem ängstlichen Trappeln seines Schmalviehes, mehr aber in dem Erscheinen eines unheimlich glänzenden Augenpaares durch das Gitter, erkannte er bald, dass hier ein ernsthafter Angriff auf seine Begleiterin stattgefunden hatte; er sah sich den Gefangenen an, doch nicht lange. Nicht säumend, die Türe wohl zu verschliessen, liess er die angebundene Geiss Geiss sein und eilte nach Lenz zurück, von wo er bald mit hinlänglicher Hülfe zurückkehrte, um des Gefangenen sich zu bemächtigen. - Überall gab er nun die vermeinte List seines Tieres zum Besten, und verkaufte sie nicht mehr, wie er damals eben beabsichtigt hatte. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Wolf in der Grieskummen

Source: Der Wolf in der Grieskummen

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(Zermatt) Die Grieskumme ist eine Hochalpe, welche im Sommer die galten Rinder und im Herbst eine Menge Schafe ernähren kann. Vor Jahrhunderten, wo die reitzenden Tiere keine Seltenheit und die Hexenprozesse an der Tagesordnung waren, hiess es auf einmal, der Wolf sei in der Grieskumme unter den Schafen aufgetreten und hause erbärmlich. Sogleich veranstaltete man eine grosse Treibjagd. Wirklich fanden die Jäger mitten unter den Schafen den Wolf, dem sie den Tod schwuren und sich auf seinen Pelz schon innig freuten. Vorsichtig umschlossen die zahlreichen Jäger in weiten Kreisen das Raubtier und stürmten ringsherum auf dasselbe los. Doch der Wolf war entschwunden und keine Spur von ihm zu entdecken. Unwillig und achselzuckend kehrten die Jäger mit ihren Sensen, Gabeln, Äxten und allerhand Mordinstrumenten heim. Nur einer blieb zurück, der sich auf einen Baumstock setzte und aus seinem Zehrsack das Abendbrot hervorsuchte. Während dem Essen spielte er mit seinem Sackmesser am Stocke herum und hämmerte mit dessen Spitze zum Zeitvertreib auf denselben. Endlich packte er auch zusammen und ging nach Hause. Nach wenig Jahren wurde einer Hexe der Prozess gemacht. Als man sie eben auf den Scheiterhaufen werfen wollte, erzählte sie lachend, wie sie einst die Zermatter in der Grieskummen zum Besten gehabt habe. Als Wolf habe sie wirklich die Schafe gestört, aber sich dann bei der Treibjagd in den Stock verwandelt, auf dem der Letzte das Abendbrot genommen und sie mit dem Sackmesser so übel traktiert habe.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Wolf von Obervaz

Source: Der Wolf von Obervaz

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Es ging einmal um Obervaz herum ein grosser Wolf, der den Bauern täglich ein Schaf zerriss. Trotz seiner Wildheit lief er dann nach der Mahlzeit zum Brunnen und »lappte« Wasser vom Rohre weg. - Zum Öfteren verfolgten die Bauern das Untier, aber keine ihrer Flinten wollte je losgehen. Da kam nun einmal ein Tyroler, Meister Paulus genannt, seines Zeichens Scheerenschleifer. in\'s Dorf und vernahm die Plage mit dem Wolfe. - Er lächelte aber nur und sagte, er wolle ihnen schon vom Wolfe helfen, wenn sie ihn machen liessen! Hierauf grub er von einem angefaulten Sarge ein Brett aus der Erde im Gottesacker, in welchem Brette er ein Astloch erweiterte, dass ein Flintenrohr durchgehen konnte, ladete selbst die Flinte und gab sie Einem mit der Weisung, wenn der Wolf wieder zum Brunnen komme, gut zu zielen und zu schiessen. Das befolgte der Mann. Mit fürchterlichem Knalle ging der Schuss los, und - der Wolf war getroffen. - Es fiel aber kein Wolf, sondern der Pfarrer einer benachbarten Gemeinde; der lag tot neben dem Brunnenstocke, wo er als Wolf Wasser »gelappt« hatte. Der Meister Paulus aber nahm sich diesmal nicht lange Zeit die Schuhe zu binden. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Wolfgrabengeist zu Leidikon

Source: Der Wolfgrabengeist zu Leidikon

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Leidikon ist ein kleines Dörfchen, welches zur Fricktaler Gemeinde Sulz gehört. In der dortigen Mühle diente ein Sohn armer Leute und hielt sich anfangs so fleißig, dass man ihm nach und nach das ganze Hauswesen anvertraute. Darüber erwachte seine Habsucht und aus dem treuen Knechte ward ein gefährlicher Dieb. Er verkaufte heimlich vom Werkgeräte, stahl dem Meister die Frucht, vergipste den Kunden das Mehl und brachte das Geschäft in Misskredit. Der Müller kam in Schulden und wurde endlich um Hab und Gut gepfändet. Nun aber übernahm der Knecht das Anwesen; den einen Teil des Kaufschillings erlegte er aus seinen Ersparnissen, und den Rest hoffte er aus dem Vermögen eines Mädchens nachzuzahlen, um das er gerade freite. So wie er das begehrte Weib bekommen hatte, sann er auf alle möglichen Streiche und Plagen, um ihr das Leben zu verleiden. Sogar ins Bett streute er ihr Erbsen, wenn sie gerade in den Wochen lag, und Erbsen auf die Stiege, wenn sie wieder aus dem Wochenbette war, damit sie sich totstürze. Je eher sie gestorben wäre, um so schneller wäre ihm der Alleinbesitz ihres Weibergutes zugefallen, das jetzt noch hinter ihrer Verwandtschaft lag. Gleichwohl überlebte sie ihn. Denn da er auch jetzt seine frühern Betrügereien forttrieb und allen Kunden das Mahlkorn veruntreute, so erging es ihm wie einst seinem Meister, und in kurzer Zeit war die Mühle wieder völlig gemieden. Der Verdruss darüber brachte ihn um. Die Familie meinte mit seinem Tode alles Unfriedens los zu sein und suchte durch Redlichkeit und Fleiß das gesunkene Vertrauen wieder zu gewinnen. Zwei rüstige Söhne übernahmen das Geschäft. Aber auch hierin sah man sich arg getäuscht. Denn schon in der zweiten Nacht nach des Müllers Tode gewahrte der eine Sohn den Verstorbenen, wie derselbe in einer erschrecklichen Gestalt zwischen den Mahlgängen hin und her schwankte. Aber damit war es noch nicht genug. Der Unhold störte und hemmte alle Arbeit durch die boshaftesten Streiche. Manchmal leitete er das Wasser vom Mühlenkennel so schlau und verborgen ab, dass es nicht geringer Zeit und Mühe bedurfte, um es wieder zu fassen und das stockende Werk neu in Gang zu bringen. Nun ging mit Zustimmung der Familie der eine Sohn nach Muri und holte aus dortigem Stifte einen Benediktiner herbei, der den gefährlichen Geist hinwegschwören sollte. Dieser aber wich nicht, sondern erhob im Gegenteil gegen den bannenden Mönch die beschämendsten Vorwürfe. Man rief daher noch einen zweiten Banner herbei aus dem Kapuzinerkloster zu Laufenburg. Als der Geist vermerkte, dass diesem wirklich Gewalt und Recht zustehe, ihn auszujagen, so begann er eine Unterhandlung. Er versprach zu weichen, dagegen aber verlangte er die Gewähr, seinem Hause alljährlich um einen Mannsschritt sich wieder nähern zu dürfen. Der Kapuziner fand dies nicht ganz verwerflich, beschrankte es aber doch auf einen jährlichen Hahnenschritt. Hierauf wurde er in ein Schoppenglas hineingeschworen, und sein Sohn trug dasselbe in den Wald hinaus; doch fand er es von so besonders großem Gewichte, dass er auf der kurzen Wegstrecke wiederholt niedersitzen und ausruhen musste. Zwischen der Mühle und der Rheinstraße liegt, von beiden eine gute Viertelstunde ab, der Wolfesgraben mit einer tiefen Höhle, die nur einen ganz kleinen und verborgenen Zugang hat. Dort hinein versenkte man das Gefäß und verschloss das Höhlenloch mit einer Glasscheibe. Man sagt, von da an habe man in der Höhle bei Tage eine Kerze brennen, den Geist aber in Gestalt einer großen Kröte neben der Öffnung sitzen sehen. Ein rüstiger Bursche, der in der Nähe des Wolfesgrabens oft das Vieh hütete, glaubte nicht an die bösen Streiche des Unholdes und erkühnte sich, denselben herauszufordern; er trat an die Höhle hin und rief: „G'hörst du do inne, wenn du öppis chaist (kannst), so chumm usse! Ich nimm's mit dir uf." Es erschien zwar nichts und nur ein Aechzen und Stöhnen ließ sich drunten vernehmen; aber der Bursche kam mit einem geschwollenen Kopfe heim und die eklige Verunstaltung ist ihm auch verblieben. Ein alter Mann weiß noch, wie sein eigner Vater einst nachts beim Mondschein in der Nähe der Höhle pflügte, und wie da der Geist, ein hagerer, schwarz gekleideter Mann, herbeikam und ein paar Furchen weit hinter dem Pfluge drein lief. Zuletzt als er beim Kehren der Pflugochsen stehen blieb und diese gar mit der Hand über den Rücken hinab streichelte, bekam der Vater Angst für seine Tiere und er begann: „Bist e Guete, so red; bist e böse, so schwîg!“ Statt der Antwort erhielt er hierauf eine solche Ohrfeige, dass er seine Kappe am Boden suchen musste. Darüber war der Geist verschwunden. Nach der Meinung älterer Leute in Leidikon ist er nun dem Dorfe wieder ziemlich nahe gekommen. Die jetzige Magd in der Mühle behauptet, sie habe ihn schon etliche Male um Mitternacht in Gestalt eines großen schwarzen Hundes im Dorfbache laufen sehen. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Wuhrenläufer von der Horia

Source: Der Wuhrenläufer von der Horia

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Horia heissen die Matten am Düdingerbach unterhalb Jetschwil. Sie waren früher eine Allmend, gemeinsamer Besitz der Jetschwiler, den sie in viereckigen parallelen Stücken unter die jeweiligen Grundbesitzer des Weilers Jetschwil - Horia verteilten. Horia soll von Horror (= Schrecken) kommen. Die Matten müssen zur Zeit der Römer, da dieser Name entstanden ist, sehr sumpfig gewesen sein, ein Schrecken für jeden, der in diese morastigen Gebiete hineingeriet. Nachdem man aber den Wasserzufluss von oben reguliert hatte, wurden die Horiamatten zu den ergiebigsten Feldern. Um aber den Ertrag noch zu steigern und im Frühjahr rasch zu Grünfutter zu kommen, leitete man den Bach von Oberjetschwil in einem künstlichen Graben oben an den Allmendmatten durch und setzte fest, dass jeder Besitzer zu einer bestimmten Stunde des Tages oder der Nacht das Wasser zum Berieseln seines Grundstückes benützen dürfe. Nun lebte aber damals ein etwas habsüchtiger Jetschwiler, welcher mit der Bewässerungszeit, die ihm zugeteilt wurde, nicht zufrieden war. In der Nacht, wenn es niemand sah, öffnete er die Zuleitung zu seiner Matte und stahl so den Nachbarn ihr Wasser. Es kam der Tag, wo er sterben musste, wie es Schicksal des Menschen ist. Von all dem errafften Hab und Gut blieb ihm nichts als das Totenkleid mit einem vergessenen alten Kreuzer in der Tasche, sechs Bretter einer rotfaulen Tanne und eine Grube, sechs Fuss lang, zwei breit und vier tief. Seine Seele aber konnte keine Ruhe finden. Der Mann musste jede Nacht auf die Stätte seiner bösen Tat zurückkehren. Da musste er in schnellem Lauf ruhelos den Wuhrengräben entlang wandern. War die Runde beendet, begann sie gleich wieder von vorne. So ging es die ganze Nacht hin und her und her und hin, bis der Morgen graute. Viele Leute wollen ihn gesehen haben. Doch niemand getraute sich, den Wuhrenläufer, wie er im Volksmund genannt wurde, zu stellen und anzureden. Endlich aber fand sich doch einer, der das Fürchten nicht gelernt hatte. Dieser nahm sich ein Herz, stellte sich dem Wuhrenläufer in den Weg und redete ihn also an: „Im Namen der allerheiligsten Dreifaltigkeit sage mir, wer du bist und was dir fehlt.“ Die arme Seele antwortet: „Ich bin Josi, dein einstiger Nachbar. Ich kann die ewige Ruhe nicht finden, muss allnächtlich hier umgehen und wegen des gestohlenen Wassers büssen, bis einer von den Verwandten, die den Nutzen des Diebstahls erbten, für mich zu Fuss eine Wallfahrt nach Einsiedeln macht.“ So berichtete der Wuhrenläufer. Der Mann aber, der das Fürchten nicht gelernt hatte, brachte die Botschaft den Verwandten des Verstorbenen. Diese schickten sofort einen der Ihrigen nach Einsiedeln und liessen dort für den Dahingeschiedenen beten. Von da ab ward der Wuhrenläufer nicht mehr gesehen. Leonhard Thürler   Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch


by Der wunderbare Schnee

Source: Der wunderbare Schnee

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Die Leute zu Adelboden hatten sich zuerst im Boden, jenseits des heutigen Dorfes angesiedelt. Sie besassen aber kein Gotteshaus, sondern mussten zu Frutigen zur Kirche gehen. Der Weg aber war weit und zur Winterszeit eine grosse Mühseligkeit. Kranken und Sterbenden mangelte oft die geistliche Tröstung. Es beschlossen daher die Talleute, ein eigenes Gotteshaus zu bauen und fingen dafür im Boden an zu graben und Mauern aufzurichten. Allein es fiel jeweilen des Nachts dasjenige wieder in Trümmer, was tagsüber geschaffen worden war. Die Bauleute aber waren darüber so bestürzt, dass sie die Arbeit einstellten. Die ganze Gemeinde flehte daher den Lenker der Geschicke darum an, ihnen zu offenbaren, was geschehen solle. In der diesem Landesgebet folgenden Nacht sei nun im Kirchschwand, wo noch heutigen Tages die Kirche steht, ein Schnee gefallen, der aber nur so weit gereicht habe, dass man auf dem bedeckten Platz hätte eine Kirche erstellen können. Dieses merkwürdige Zeichen legten die Talleute als Erhörung ihres Gebets aus und beschlossen, den Bau im Boden aufzugeben und die Kirche auf die jenseitige Seite des Tales zu stellen. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der wunderbare Spiegel

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Ein armer Holzhauer, der unweit der Burgruine Bischofsstein arbeitete, sah einst zwischen dem alten Gemäuer etwas funkeln und leuchten wie Gold oder Silber oder köstliches Gestein. In der freudigen Hoffnung, vielleicht dort einen Schatz zu entdecken, der ihn für sein ganzes Leben lang zu einem reichen Mann machen könnte, eilte er näher. Was er aber fand, war weder Gold noch Silber noch Edelstein, sondern ein großer Spiegel, der glitzernd und blendend die Strahlen der Morgensonne zurückwarf. Neugierig blickte der Getäuschte hinein, statt aber sich selbst zu erblicken, glotzten ihm die Augen eines kleinen seltsamen Männchens entgegen, das grün gekleidet war und ihm drohende Blicke zuwarf. Darob erschrak der arme Teufel so sehr, dass er spornstreichs davoneilte und fernere Enthüllungen, die der Spiegel vielleicht noch gemacht, nicht mehr begehrte. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Wunderbrunnen im Vierwaldstättersee

Source: Der Wunderbrunnen im Vierwaldstättersee

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In der Tiefe des Vierwaldstättersees in der Nähe der Bruderbalm soll ein Brunnen sein, der die Eigenschaft hat, dass er, wenn man ihn dreimal hintereinander ruft, mit großer Bewegung von Grund auf sichtbarlich über das Seewasser hervorwalle, und dies mit einer solchen Gewalt, dass man eilends davon fliehen müsse. Die Person aber, welche ihn also gerufen, überlebe das Jahr nimmer. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Wunderdoktor

Source: Der Wunderdoktor

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Bei Grindelwald wohnte ein Männchen, das seiner Künste wegen bei den Talleuten nur der Wunderdoktor hiess. Bei seinen Zaubergeschäften schloss es sich stets in eine Kammer ein. Des Doktors Knecht, längst neugierig geworden, welcher Art die Künste seines Meisters seien, hatte durch die hölzerne Stubenwand ein Loch gebohrt, um diesen belauschen zu können. Eines Tages sah nun der Knecht, wie der Doktor eine weissköpfige Schlange mit der Hand fasste und in einen Kessel warf, dessen Wasser zu sieden anfing. Bald stieg ein weisser Schaum vom Rande auf und ballte sich zu einer schneeigen Masse. Als aber der Doktor während seiner Arbeit einmal schnell in die Küche nebenan ging, ohne die Türe hinter sich abzuschliessen schlüpfte der Knecht flugs in die Kammer. Hier strich er den Schaum, den er für wallende Milch hielt, leckte ihn fingerweise vom Rande hinab, schlürfte ihn hastig hinein und lief, als ob nichts geschehen wäre, hinaus auf die Matt, um dort zu mähen. Aber da sah er, wie jeder Halm und jedes Mattenblümlein sich draussen vor ihm bückte. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Der Wunsch des Hirten

Source: Der Wunsch des Hirten

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Ein Hirt, welcher seine Herde trieb, kam in einer Waldschlucht an einen Bach. Er wünschte, dass der Teufel ihm eine Brücke schlage. Wirklich erschien jemand, der das Anerbieten dazu unter der Bedingung machte, dass er in Besitz nehme, was zuerst über die Brücke gehe. Es ging aber eine Ziege voran. Man glaubt, die Ziegenfüsse seien des Teufels, und sie werden darum an den meisten Orten in Appenzell nicht gegessen. Quelle: Theodor Vernaleken, Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch


by Der Wurm bei Lunnern

Source: Der Wurm bei Lunnern

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Der Wurm bei Lunnern In der Gegend von Lunnern, in der Wangeren, hauste in alten Zeiten ein Ungeheuer, ein junger Drache, der den Bauern viel Schaden anrichtete, indem er die Feldfrüchte ausriss, wo er des Weges kam. Mit der Zeit bekamen die Ämtler genug von diesem Wurm, und sie konnten ihn vertreiben. Das Ungetüm rettete sich über die Reuss und begann die Felder der Merenschwander zu verheeren. Es hielt sich in einem Wäldchen auf, das es nur nachts verliess. Als der Wurm einst durch einen Feldhag schlüpfte, konnte ihm ein Bauer, der auf der Lauer stand, mit dem Beil den Kopf abschlagen. Das Tier führte aber noch mit seinem Schwanze einen Schlag über die Hecke und traf den Bauern, der tot niedersank. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Knonauer Amt Nach Rochholz, Sagen 2, Nr 235.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Wurm bei Meerenschwanden

Source: Der Wurm bei Meerenschwanden

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Ein Wurm, welcher ein junger Drache gewesen ist, verheerte die Gegend um Meerenschwanden, indem er die Feldfrüchte alle ausriss, wo er des Weges kam. Er hielt sich in einem Wäldchen auf, das er nur des Nachts verliess. Als er einst durch einen Feldhag durchschlüpfte, hatte sich ein Bauer zur Lauer über die Lücke des Zaunes hinaufgestellt und hieb dem Wurm mit einem Beile den Kopf ab. Das getötete Tier führte aber noch mit seinem Schwänze über die Hecke herauf einen solchen Schlag, dass der Bauer davon erschlagen wurde. Jenseits der Reuss am zürcherischen Ufer heisst eine beträchtliche Landstrecke die Wangeren. Hieher versetzt das Volk noch frühere gegen das Ungeheuer versuchte Kämpfe. Band 2, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau, 1856, Seite 2 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Wybertröster

Source: Der Wybertröster

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Im Banne Wittinsburg liegt ein Acker, welcher «Wybertröster» heisst. Nach einer mündlichen Überlieferung wollte sich einmal eine Frau von ihrem Manne, eben dem Besitzer dieses Ackers, scheiden lassen. Aus welcher Ursache, ist nicht mehr bekannt. Da beschlossen die beiden Eheleute, vor der Scheidung nochmals miteinander diesen Acker zu besichtigen. Sie fanden die Anpflanzungen darauf aber so schön, dass die Frau reuig wurde und mit ihrem Manne weiter haushielt. Seitdem trägt nun der genannte Acker den Namen «Wybertröster». Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Zauberfelsen

Source: Der Zauberfelsen

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Drei Stunden oberhalb Spitzegg ragt ein kahler Felskopf aus dem Braun der Alpwiesen. Das ist der Klammsprung, von dem die Leute sagen, dass er sich am Weihnachtstage beim Glockenschlag der Mitternachtsstunde spalte und demjenigen, der eintrete, die herrlichsten Schätze zeige, die er sich nur wünschen möge. Doch müsse man sich wohl merken, beim letzten Glockenschlag wieder draussen zu sein, um nicht vom Fels, der sich sofort wieder schliesse, zerdrückt zu werden. Der Spitzegger Klaus hatte schon in seiner Jugendzeit von diesem Felsen gehört, aber wenn er sich recht erinnerte, waren alle, die es versucht hatten hineinzukommen, auf sonderbare Weise dabei ums Leben gekommen. Klaus hatte diesen Felsen nie aus den Augen gelassen, und da sein ganzes Sinnen und Trachten darauf ausging, möglichst rasch reich zu werden, nahm er sich vor, bei der nächsten Christmesse sein Glück zu versuchen. Als Weihnachten heranrückte, lag der Schnee haushoch in den Gründen. Klaus holte den Bergstock und die Steigeisen hervor, machte sich am heiligen Abend bei Einbruch der Dunkelheit auf und stieg durch den hartgefrorenen Schnee empor. «Man muss nur danach trachten, rechtzeitig wieder herauszukommen, mit dem letzten Glockenschlag», murmelte er für sich, «da will ich doch sehen, was denn da Schwieriges dabei sein sollte!» Kurz vor Mitternacht erreichte er über der Waldgrenze den sonderbaren, aus grauem Kalk sich aufbauenden Felskopf, der im Sommer von den Hirten gemieden wird, weil jede Kuh, die dort weidet, stirbt. Auch wächst in den Runsen und Spalten die seltene weisse Alpenrose in unzähligen Exemplaren, die aber niemand zu pflücken wagt, aus Furcht, in kurzer Frist sterben zu müssen. Die Turmglocke im Dörfchen unten schlug zwölf Uhr. Hell klangen die vier Vorschläge durch die stille Winternacht, und ein heimliches Bangen beschlich den frierenden Mann. Sollte er nicht lieber umkehren! Aber da rauschte es schon über seinem Kopf wie vom mächtigen Flügelschlag eines Geiers, und ein unterirdisches Beben und Krachen setzte den Boden unter seinen Füssen ins Schwanken. Seine Haare sträubten sich und durch den Leib lief ein leises Zittern. Doch sieh da! Der Berg hatte sich gespalten, weit geöffnet, und ein heller Schein leuchtete ihm entgegen. Da lagen vor ihm ausgebreitet die schönsten Schätze, wie sie nur ein Herz wünschen kann. Hohe Stösse seidener Hals- und Schnupftücher in prächtigen Farben fielen ihm besonders in die Augen. Er stürzte sich darauf und hatte im Nu die Taschen der Rockschösse gefüllt, und als er verschnaufen wollte, bemerkte er nebenan aufgetürmtes Silbergeschirr. Wie zu Hause die Holzscheiter, lagen hier durcheinander silberne Messer, Gabeln und Löffel, Schaumkellen zum Abrahmen der Milch, Teller und Kannen, Hämmer und Nägel. Schnell leerte er die vollen Taschen und schob das klirrende Werkzeug hinein. Es war doch gut, dass er den Sonntagsrock mit den lang herabhängenden Schössen angezogen hatte, in die er recht viel hineinstopfen konnte. Ihm schwindelte fast ob all dem Glanz und dem Reichtum. Der reichste Fürst Europas hätte sich hier als Bettler gefühlt. Plötzlich sah er aber einen goldenen Schimmer, der ihm das Blut in die Schläfen jagte. An den Silberberg reihte sich ein Goldberg, so gross wie sein Haus im Dorf, der aus lauter funkelnden Goldstücken bestand. Blitzschnell fuhren seine Hände hinein, wühlten drin herum und fuhren ebenso schnell zu den Taschen, aber da war kein Platz mehr. Keuchend vor Hast schleuderte er die silbernen Löffel und Gabeln weg und füllte die leer gewordenen Taschen mit Goldvögelchen. Die Schwere des Rockes zog ihn hinunter, und er musste eilen, denn schon vernahm er ein fürchterliches Krachen. Rasch noch eine Hand voll und noch eine, dann warf er sich gegen den Ausgang und schnellte mit einem Sprung, der seine Kräfte fast überstieg, in den Schnee hinaus. Es war die höchste Zeit gewesen. Der Fels war mit Donnerknall hinter ihm zugeklappt und hatte die im Sprung nach hinten geschlenkerten Rockflügel mit dem köstlichen Inhalt erfasst und klapp, wie mit einer Schere, weggeschnitten. Drei entsetzliche Schläge, dann war es totenstill. Der Fels starrte kalt und stumm wie vorher gegen den Nachthimmel, und keine Spur deutete auf die sonderbare Höhle. Wie Glühaugen leuchteten die Fenster der Dorfkirche herauf, in der jetzt die Mitternachtsmesse gelesen wurde. Klaus wischte sich den Angstschweiss von der Stirne und trabte, wie von Gespenstern verfolgt, in rasendem Laufe bergab nach Hause. Mit zerschlagenen Gliedern sank er ins Bett und fieberte die ganze Nacht hindurch. Am Morgen waren seine Haare gebleicht, die Wangen totenblass und der Atem ging schwer. Am Abend war er eine Leiche. Quelle: Johannes Jegerlehner: Walliser Sagen, Hans Feuz Verlag Bern, 1959 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Zauberhaspel

Source: Der Zauberhaspel

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1. Vielleicht ein halbes Jahrhundert ist verflossen, seitdem ein Berner Oberländer zu Leweren im Meiental Enzenschnaps brannte. Auf rätselhafte Weise wurden ihm aber von Zeit zu Zeit bedeutende Mengen des köstlichen Saftes entwendet. Das konnte nur mit Zauber zugehen. Er hatte einen Haspel, und eines Tages sagte er zu seinem Gehilfen, dem Gehren-Mariä: »Nummä geng, tryb m'r ä chly a dem Haspel!« Der Mariä fing an zu treiben, immer schneller, bis der Berner sagte: »Nummä geng, tryb nid äso raas, susch tüet si-si verderbä.« Da trieb er langsamer, und bald kam keuchend, fast erstickend, mit Schweiss bedeckt, ein Weibervolk gelaufen mit dem noch übrigen Enzenwasser. Es war das sogenannte Golzner Loch aus dem Dörfli, gebürtig ab Golzer im Maderanertal, die Mutter des »Teufel« und des »Satan«. Das soll wahr sein. Ich habe es zuerst nicht glauben wollen, aber der Gehren-Mariä hat es mir für eine gewisse Wahrheit erzählt. Ja, das hat man immer gesagt, die Berner können mehr als andere, bestellen, zurücktreiben, Menschen und Vieh Krankheiten und den Tod anwünschen. Das Golzner Loch starb später eines schrecklichen Todes. Jos. Baumann, 55 J. alt, Meien 2. Als sie in der Gegend von Intschi an der Erbauung der Gotthardstrasse arbeiteten, war ein Vorarbeiter dabei, der die Werkzeuge über Nacht im Freien liess. Die Kameraden warnten ihn vor Dieben. Er aber meinte, die fürchte er nicht. Es solle ihm nur einer etwas stehlen; er wolle es schon zurücktreiben. Richtig kam bald darauf ein Hebeisen abhanden. Da gab er einem Freunde einen Haspel in die Hände, mit der Weisung, ihn umzudrehen, während er selber in einem Büchlein las. Noch hatte der Gespane nicht lange an seinem Haspel getrieben, so kam schon der Dieb mit dem gestohlenen Hebeisen in rasendem Laufe durch die Raine herunter gesprungen und warf es atemlos und erschöpft dem Bestohlenen zu. Jos. M. Baumann, 68 J. alt, Gurtnellen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Zauberhut

Source: Der Zauberhut

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Ein junger Bauer, namens Ambrogione, hatte sein stilles Dorf in den Tessiner Bergen verlassen und führte zwei seiner schönsten Kühe auf den Markt von Varese, wo er sie für zweitausend Franken verkaufte. Diese Summe, bestehend aus zwanzig Banknoten zu hundert Franken, verwahrte er in einem Geldbeutel aus Katzenfell, den er in einer Tasche auf der Innenseite seines Kittels vorsorglich versteckte. Überdies besass er noch etwa fünfzig bis sechzig Franken in Kleingeld. Und weil er schon so nahe bei Mailand war, wollte er sich diese grosse Stadt anschauen, die er noch nie in seinem Leben gesehen und von der er doch so vieles schon gehört hatte. Aber so tüchtig er in seinem Beruf als Landwirt war, so unerfahren und hilflos erwies er sich im grossen Stadtgetriebe. Wie er nun in die Stadt Mailand gelangte und all die prächtigen Läden, die wundervollen Häuser und den grossen Verkehr sah, da machte die Hauptstadt der Lombardei auf Ambrogione einen so tiefen Eindruck wie kaum je etwas in seinem ganzen Leben. Und als er dann gar auf den Domplatz geriet und die herrliche Kathedrale erblickte, blieb er mit offenem Mund vor dieser Kirche stehen und konnte das prächtige Bauwerk mit seinen vielen Türmchen und Marmorstatuen nicht genug bewundern, insbesondere, wenn er in Gedanken sein bescheidenes Dörfchen damit verglich. Wie er so ins Schauen versunken dastand, kam ein Unbekannter, der ihn beobachtet hatte, auf ihn zu. Es war ein hübscher Mann von etwa vierzig Jahren, elegant gekleidet und von» freundlicher Erscheinung. «Guten Tag, junger Herr», redete ihn der Fremde an, «nicht wahr, dieser Dom ist schön mit allen seinen Türmen und der Madonnastatue!» «Sehr schön, in der Tat», erwiderte der Bauer und fügte naiv hinzu: «Nur schade, dass ich mich in Mailand gar nicht auskenne; denn es ist das erste Mal, dass ich hierher komme.» «So, so, seid ihr hier in Mailand nicht bekannt? Nun gut, dann will ich als Führer dienen durch die Stadt.» Gesagt, getan. Ambrogione und sein Begleiter durchwanderten zu Fuss die Strassen der Stadt, um alle Sehenswürdigkeiten zu besichtigen. Unser Bergbewohner kam nicht aus dem Staunen heraus, als er die vielen vornehmen Paläste und Häuser sah, von denen das kleinste ihm grösser zu sein schien als das ansehnlichste seines Dorfes. Nachdem sie so einige Stunden durch Mailand gezogen waren, sagte der Führer: «Lieber Freund, ich habe Durst, wollt ihr mit mir ein Gläschen Aperitif nehmen da in diesem Kaffeehaus?» «Gern», gab Ambrogione zur Antwort. Also traten sie ein. Während unser Tessiner mit verwunderten, beinahe kindlichen Augen den grossen Saal, die mit Goldrähmen eingefassten Spiegel und die schön gekleideten Herren und Frauen betrachtete, bezahlte sein Begleiter unbemerkt das Getränk einem Kellner. Dann standen die beiden auf, um die Gaststätte zu verlassen. I( «Ich will die Sache bezahlen», sagte Ambrogione entschlossen, indem er aus der inneren Tasche seines Kittels die wohlgespickte Börse aus Katzenfell hervorzog. «Die Sache ist schon bezahlt», entgegnete der Unbekannte, «schaut nur, wie ich es mache. He, Kellner!» rief er, indem er seinen schönen Hut mit beiden Händen auf dem Kopf herumdrehte, «es ist schon alles bezahlt, nicht wahr?» «Jawohl, mein Herr», versicherte dieser. Und damit gingen die beiden hinaus. Kaum waren sie auf der Strasse, so sagte der Führer: «Habt ihr\'s gesehen, lieber Mann, wie ich es mache, wenn ich bezahlen will? Ich drehe einfach meinen Hut herum, zuerst so und dann so, und das genügt.» «Ei, potz tausend, was ist das für ein wunderbarer Hut! Wer weiss, was ein solcher kosten mag?» «Allerdings, der kostet freilich seinen Teil», erwiderte der andere verschmitzt. Mittlerweile hatten die Glocken am Dom zwölf Uhr geläutet, und jedermann eilte zum Essen. «Ich habe Hunger wie ein Wolf», meinte der Mailänder. «Und ich auch», entgegnete Ambrogione. Sie traten in ein prunkvolles Gasthaus ein, und der Führer bestellte ein Mittagessen für beide. Während Ambrogione hungrig die kräftigen Speisen verzehrte, die ihm gewaltig schmeckten, da er noch nie solche gekostet hatte, so dass er die Augen nur auf seinen Teller gerichtet hielt, ohne sich umzusehen, war der Fremde unbemerkt zum Schanktisch gegangen und hatte dem Wirt die Rechnung bezahlt, wobei er auch das Trinkgeld für den Kellner nicht vergass. Sobald sie mit dem Essen fertig waren, standen sie auf, um wegzugehen. «Jetzt, junger Mann, achtet wohl darauf, wie ich es anstelle, so werdet ihr\'s selber schon können.» «Nicht wahr, Herr Wirt», sagte der Begleiter, indem er den Hut umdrehte, «es ist alles bezahlt.» — «Jawohl, mein Herr, es ist alles bezahlt.» Nun fiel Ambrogione neuerdings von einem Erstaunen ins andere, und er sagte für sich: «Was ist denn das für ein Hut, der solche Wunder wirkt? Was für ein Zauberhut!1 Oh, wenn ich nur diesen hätte!» Dann besichtigten sie wiederum die Stadt. Nach etwa zwei Stunden betraten sie ein modernes Herrenkleidergeschäft. Der Führer liess sich verschiedene sehr elegante schwarze Anzüge anziehen, bis ihm einer passte. Der wurde sorgfältig verpackt, und er bezahlte die Rechnung, ohne dass der Tessiner es bemerken konnte. Als dann der Mailänder das grosse Paket unter dem Arm hielt, drehte er mit der andern Hand seinen Hut von links und nach rechts und sprach: «So, Herr Schneider, es ist alles bezahlt, nicht wahr?» « Jawohl, mein Herr, und auf Wiedersehen.» Aufs neue geriet Ambrogione in Verwunderung. Dann verabschiedeten sich die beiden, die in wenigen Stunden gute Freunde geworden waren, indem sie sich herzlich grüssten und einander versprachen, sich am nächsten Morgen wieder auf dem Domplatz zu treffen. Hierauf begab sich der Führer in eines der vornehmsten Hotels der Stadt und bestellte für den nächsten Tag ein grossartiges Mittagessen für beide. Auch bezahlte er die Rechnung im Voraus, ohne im geringsten über den hohen Preis zu markten. Unterdessen aber ging Ambrogione in eine bescheidene Herberge zum Übernachten. Er hatte die schönsten Träume. Es war ihm, als sähe er vor seinen Augen die Wunderwerke von Mailand. Dann träumte ihm, er hätte den Zauberhut des Unbekannten auf dem Kopf, wodurch er ein steinreicher Mann geworden und sogar in einem Automobil in sein einfaches Bergdorf zurückgekehrt sei. Wie war er glücklich! Am andern Morgen trafen sich die beiden Männer auf dem Domplatz. «Guten Tag, mein Lieber», redete ihn der Fremde schmeichelhaft an. «Guten Tag», sagte der Tessiner trocken. «Also wollen wir uns wieder auf den Weg machen, mein hübscher, junger Mann. Heute sollt ihr alle Wunderdinge von Mailand sehen und anstaunen. Kein einziges wollen wir übersehen.» Sie wanderten also wieder durch die Strassen und kamen bald da, bald dorthin. Ambrogione war überglücklich vor Zufriedenheit und rief alle Augenblicke aus: «O wie schön und gross ist diese Stadt Mailand!» Als die Glocken wieder zwölf Uhr läuteten, begaben sie sich in ein prächtiges Hotel zum Essen. Sie redeten nicht viel, denn Ambrogione war ganz ins Essen und Trinken vertieft. Noch nie hatte er so viele feine Dinge gesehen, noch nie solch auserlesene Speisen gegessen. Vor Eifer glühte er im Gesicht wie eine rote Rose, und er fühlte ein seltsames Summen in den Ohren. Der Wein hatte ihm bereits ordentlich zugesetzt, ja, er wollte sogar einmal eine Zigarette versuchen. Als sie mit dem Essen fertig waren, stand der Begleiter auf, drehte seinen Hut, wandte sich an den Kellner und sagte laut: «Herr Kellner, nicht wahr, es ist alles bezahlt.» «Jawohl, mein Herr, es ist alles in Ordnung.» Und damit gingen sie hinaus. Ambrogione wusste nicht mehr recht, in welcher Welt er lebe. «Was für einen sonderbaren Hut habt ihr nur! Wollt ihr mir ihn nicht verkaufen?» «Ei, bewahre, junger Mann, der kostet so viel Geld.» — «So sagt doch, was verlangt ihr dafür?» «Zweitausend Franken», gab der andere zur Antwort. Ohne lange zu feilschen, zog der Tessiner in der Meinung, ein glänzendes Geschäft zu machen, seinen Geldbeutel aus der Innern Rocktasche, nahm die zwanzig Banknoten zu je hundert Franken heraus und überreichte sie dem Mailänder, der ihm dafür den wunderwirkenden Hut gab. Glückstrahlend warf Ambrogione seinen eigenen Hut weg und zog den neuen an. Hernach trennten sie sich für diesmal und versprachen, einander morgen wieder zu treffen. Als es Abend wurde, ging der Tessiner in ein Gasthaus, das ihm sein Freund empfohlen hatte. Dort ass er reichlich zu Nacht und schlief in einem hübschen Zimmer, wobei er wieder viele schöne Dinge träumte. Am andern Morgen gönnte er sich ein feines Frühstück, und als er sich gesättigt hatte, wandte er sich an den Wirt, indem er seinen Hut auf dem Kopf drehte: «Herr Wirt, es ist schon alles bezahlt, nicht wahr?» «Ja freilich, mein Herr», entgegnete der Besitzer. Ambrogione wusste aber nicht, dass der Fremde bereits alles im Voraus bezahlt hatte. Und während er das Gasthaus verliess, geriet er vor Freude beinahe ausser sich, so dass er zu sich sprach: «Welch ein Glück habe ich gefunden! Was ist das für ein Zauberhut, was für ein köstlich Wunderding! Ich brauch ihn nur umzudrehen und kann kaufen, was ich will. Wer weiss, vielleicht kann ich sogar zur Bank gehen und grosse Summen Geldes abheben! Wie sehr bin ich meinem wackeren Mailänder Führer zu Dank verpflichtet!» Hierauf machte er einen Rundgang durch die Stadt und trat um Mittag in ein Gasthaus ein. Dort bestellte er ein glänzendes Mittagessen, denn er dachte bei sich selbst: «Es ist ja gleich, ob es viel oder wenig kostet. Ich brauche nur meinen Hut zu drehen, so ist alles bezahlt.» Also ass und trank er für zwei. Und wie er damit fertig war, rief er den Hotelbesitzer herbei, drehte seinen Zauberhut und sprach: «Es ist alles bezahlt, nicht wahr, Herr Wirt.» «O nein, junger Mann, ihr seid im Irrtum. Ich habe für das Essen und Trinken noch nichts erhalten.» — «Wieso», dachte Ambrogione erschrocken, «versteht er denn das Zeichen mit dem Hut nicht?» Und damit begann er von neuem seinen Hut von\' links nach rechts auf seinem Kopf zu drehen. Alle andern Gäste schauten dieser wahrhaft komischen Szene lachend zu. Sie glaubten, es mit einem Verrückten zu tun zu haben. Schliesslich sollte der geprellte Bauer das grossartige Essen mit dreissig Franken bezahlen. Er hatte aber in seiner früher so wohlgespickten Börse nur noch zwanzig Franken. Jetzt erst merkte der einfältige Ambrogione, dass er schmählich betrogen war. Er erzählte dem Wirt sein Erlebnis, und dieser erliess ihm aus Mitleid die noch schuldigen zehn Franken. Dann lief der arme Betrogene schnurstracks zum Domplatz und durch alle möglichen Strassen der Stadt, um den durchtriebenen Gauner wieder zu finden. Dieser jedoch war und blieb verschwunden. So musste der gute Ambrogione ärmer als zuvor in sein Heimatort zurückkehren. Lebt wohl, ihr schönen Träume, lebe wohl du feines Automobil!     Am Kaminfeuer der Tessiner                                    Walter Keller                                                          Hans Feuz Verlag Bern     Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Zauberhut

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Ein junger Bauer, namens Ambrogione, hatte sein stilles Dorf in den Tessiner Bergen verlassen und führte zwei seiner schönsten Kühe auf den Markt von Varese, wo er sie für zweitausend Franken verkaufte. Diese Summe, bestehend aus zwanzig Banknoten zu hundert Franken, verwahrte er in einem Geldbeutel aus Katzenfell, den er in einer Tasche auf der Innenseite seines Kittels vorsorglich versteckte. Überdies besass er noch etwa fünfzig bis sechzig Franken in Kleingeld. Und weil er schon so nahe bei Mailand war, wollte er sich diese grosse Stadt anschauen, die er noch nie in seinem Leben gesehen und von der er doch so vieles schon gehört hatte. Aber so tüchtig er in seinem Beruf als Landwirt war, so unerfahren und hilflos erwies er sich im grossen Stadtgetriebe. Wie er nun in die Stadt Mailand gelangte und all die prächtigen Läden, die wundervollen Häuser und den grossen Verkehr sah, da machte die Hauptstadt der Lombardei auf Ambrogione einen so tiefen Eindruck wie kaum je etwas in seinem ganzen Leben. Und als er dann gar auf den Domplatz geriet und die herrliche Kathedrale erblickte, blieb er mit offenem Mund vor dieser Kirche stehen und konnte das prächtige Bauwerk mit seinen vielen Türmchen und Mamorstatuen nicht genug bewundern, insbesondere, wenn er in Gedanken sein bescheidenes Dörfchen damit verglich. Wie er so ins Schauen versunken dastand, kam ein Unbekannter, der ihn beobachtet hatte, auf ihn zu. Es war ein hübscher Mann von etwa vierzig Jahren, elegant gekleidet und von freundlicher Erscheinung. «Guten Tag, junger Herr», redete ihn der Fremde an, «nicht wahr, dieser Dom ist schön mit allen seinen Türmen und der Madonna Statue!» «Sehr schön, in der Tat», erwiderte der Bauer und fügte naiv hinzu: «Nur schade, dass ich mich in Mailand gar nicht auskenne; denn es ist das erste Mal, dass ich hierher komme.» «So, so, seid ihr hier in Mailand nicht bekannt? Nun gut, dann will ich als Führer dienen durch die Stadt.» Gesagt, getan. Ambrogione und sein Begleiter durchwanderten zu Fuss die Strassen der Stadt, um alle Sehenswürdigkeiten zu besichtigen. Unser Bergbewohner kam nicht aus dem Staunen heraus, als er die vielen vornehmen Paläste und Häuser sah, von denen das kleinste ihm grösser zu sein schien als das ansehnlichste seines Dorfes. Nachdem sie so einige Stunden durch Mailand gezogen waren, sagte der Führer: «Lieber Freund, ich habe Durst, wollt ihr mit mir ein Gläschen Aperitif nehmen da in diesem Kaffeehaus?» «Gern», gab Ambrogione zur Antwort. Also traten sie ein. Während unser Tessiner mit verwunderten, beinahe kindlichen Augen den grossen Saal, die mit Goldrahmen eingefassten Spiegel und die schön gekleideten Herren und Frauen betrachtete, bezahlte sein Begleiter unbemerkt das Getränk einem Kellner. Dann standen die beiden auf, um die Gaststätte zu verlassen. «Ich will die Sache bezahlen», sagte Ambrogione entschlossen, indem er aus der inneren Tasche seines Kittels die wohlgespickte Börse aus Katzenfell hervorzog. «Die Sache ist schon bezahlt», entgegnete der Unbekannte, «schaut nur, wie ich es mache. He, Kellner!» rief er, indem er seinen schönen Hut mit beiden Händen auf dem Kopf herumdrehte, «es ist schon alles bezahlt, nicht wahr?» «Jawohl, mein Herr», versicherte dieser. Und damit gingen die beiden hinaus. Kaum waren sie auf der Strasse, so sagte der Führer: «Habt ihr\'s gesehen, lieber Mann, wie ich es mache, wenn ich bezahlen will? Ich drehe einfach meinen Hut herum, zuerst so und dann so, und das genügt.» «Ei, potz tausend, was ist das für ein wunderbarer Hut! Wer weiss, was ein solcher kosten mag?» «Allerdings, der kostet freilich seinen Teil», erwiderte der andere verschmitzt. Mittlerweile hatten die Glocken am Dom zwölf Uhr geläutet, und jedermann eilte zum Essen. «Ich habe Hunger wie ein Wolf», meinte der Mailänder. «Und ich auch», entgegnete Ambrogione. Sie traten in ein prunkvolles Gasthaus ein, und der Führer bestellte ein Mittagessen für beide. Während Ambrogione hungrig die kräftigen Speisen verzehrte, die ihm gewaltig schmeckten, da er noch nie solche gekostet hatte, so dass er die Augen nur auf seinen Teller gerichtet hielt, ohne sich umzusehen, war der Fremde unbemerkt zum Schanktisch gegangen und hatte dem Wirt die Rechnung bezahlt, wobei er auch das Trinkgeld für den Kellner nicht vergass. Sobald sie mit dem Essen fertig waren, standen \'sie auf, um wegzugehen. «Jetzt, junger Mann, achtet wohl darauf, wie ich es anstelle, so werdet ihr\'s selber schon können.» «Nicht wahr, Herr Wirt», sagte der Begleiter, indem er den Hut umdrehte, «es ist alles bezahlt.» — «Jawohl, mein Herr, es ist alles bezahlt.» Nun fiel Ambrogione neuerdings von einem Erstaunen ins andere, und er sagte für sich: «Was ist denn das für ein Hut, der solche Wunder wirkt? Was für ein Zauberhut! Oh, wenn ich nur diesen hätte!» Dann besichtigten sie wiederum die Stadt. Nach etwa zwei Stunden betraten sie ein modernes Herrenkleidergeschäft. Der Führer Hess sich verschiedene sehr elegante schwarze Anzüge anziehen, bis ihm einer passte. Der wurde sorgfältig verpackt, und er bezahlte die Rechnung, ohne dass der Tessiner es bemerken konnte. Als dann der Mailänder das grosse Paket unter dem Arm hielt, drehte er mit der andern Hand seinen Hut von links und nach rechts und sprach: «So, Herr Schneider, es ist alles bezahlt, nicht wahr?» «Jawohl, mein Herr, und auf Wiedersehen.» Aufs Neue geriet Ambrogione in Verwunderung. Dann verabschiedeten sich die beiden, die in wenigen Stunden gute Freunde geworden waren, indem sie sich herzlich grüssten und einander versprachen, sich am nächsten Morgen wieder auf dem Domplatz zu treffen. Hierauf begab sich der Führer in eines der vornehmsten Hotels der Stadt und bestellte für den nächsten Tag ein grossartiges Mittagessen für beide. Auch bezahlte er die Rechnung im Voraus, ohne im Geringsten über den hohen Preis zu markten. Unterdessen aber ging Ambrogione in eine bescheidene Herberge zum Übernachten. Er hatte die schönsten Träume. Es war ihm, als sähe er vor seinen Augen die Wunderwerke von Mailand. Dann träumte ihm, er hätte den Zauberhut des Unbekannten auf dem Kopf, wodurch er ein steinreicher Mann geworden und sogar in einem Automobil in sein einfaches Bergdorf zurückgekehrt sei. Wie war er glücklich! Am andern Morgen trafen sich die beiden Männer auf dem Domplatz. «Guten Tag, mein Lieber», redete ihn der Fremde schmeichelhaft an. «Guten Tag», sagte der Tessiner trocken. «Also wollen wir uns wieder auf den Weg machen, mein hübscher, junger Mann. Heute sollt ihr alle Wunderdinge von Mailand sehen und anstaunen. Kein einziges wollen wir übersehen.» Sie wanderten also wieder durch die Strassen und kamen bald da, bald dorthin. Ambrogione war überglücklich vor Zufriedenheit und rief alle Augenblicke aus: «O wie schön und gross ist diese Stadt Mailand!» Als die Glocken wieder zwölf Uhr läuteten, begaben sie sich in ein prächtiges Hotel zum Essen. Sie redeten nicht viel, denn Ambrogione war ganz ins Essen und Trinken vertieft. Noch nie hatte er so viele feine Dinge gesehen, noch nie solch auserlesene Speisen gegessen. Vor Eifer glühte er im Gesicht wie eine rote Rose, und er fühlte ein seltsames Summen in den Ohren. Der Wein hatte ihm bereits ordentlich zugesetzt, ja, er wollte sogar einmal eine Zigarette versuchen. Als sie mit dem Essen fertig waren, stand der Begleiter auf, drehte seinen Hut, wandte sich an den Kellner und sagte laut: «Herr Kellner, nicht wahr, es ist alles bezahlt.» «Jawohl, mein Herr, es ist alles in Ordnung.» Und damit gingen sie hinaus. Ambrogione wusste nicht mehr recht, in welcher Welt er lebe. «Was für einen sonderbaren Hut habt ihr nur! Wollt ihr mir ihn nicht verkaufen?» «Ei, bewahre, junger Mann, der kostet so viel Geld.» — «So sagt doch, was verlangt ihr dafür?» «Zweitausend Franken», gab der andere zur Antwort. Ohne lange zu feilschen, zog der Tessiner in der Meinung, ein glänzendes Geschäft zu machen, seinen Geldbeutel aus der inneren Rocktasche, nahm die zwanzig Banknoten zu je hundert Franken heraus und überreichte sie dem Mailänder, der ihm dafür den wunderwirkenden Hut gab. Glückstrahlend warf Ambrogione seinen eigenen Hut weg und zog den neuen an. Hernach trennten sie sich für diesmal und versprachen, einander morgen wieder zu treffen. Als es Abend wurde, ging der Tessiner in ein Gasthaus, das ihm sein Freund empfohlen hatte. Dort ass er reichlich zu Nacht und schlief in einem hübschen Zimmer, wobei er wieder viele schöne Dinge träumte. Am andern Morgen gönnte er sich ein feines Frühstück, und als er sich gesättigt hatte, wandte er sich an den Wirt, indem er seinen Hut auf dem Kopf drehte: «Herr Wirt, es ist schon alles bezahlt, nicht wahr?» . «Ja freilich, mein Herr», entgegnete der Besitzer. Ambrogione wusste aber nicht, dass der Fremde bereits alles im Voraus bezahlt hatte. Und während er das Gasthaus verliess, geriet er vor Freude beinahe ausser sich, so dass er zu sich sprach: «Welch ein Glück habe ich gefunden! Was ist das für ein Zauberhut, was für ein köstlich Wunderding! Ich brauch ihn nur umzudrehen und kann kaufen, was ich will. Wer weiss, vielleicht kann ich sogar zur Bank gehen und grosse Summen Geldes abheben! Wie sehr bin ich meinem wackern Mailänder Führer zu Dank verpflichtet!» Hierauf machte er einen Rundgang durch die Stadt und trat um Mittag in ein Gasthaus ein. Dort bestellte er ein glänzendes Mittagessen, denn er dachte bei sich selbst: «Es ist ja gleich, ob es viel oder wenig kostet. Ich brauche nur meinen Hut zu drehen, so ist alles bezahlt.» Also ass und trank er für zwei. Und wie er damit fertig war, rief er den Hotelbesitzer herbei, drehte seinen Zauberhut und sprach: «Es ist alles bezahlt, nicht wahr, Herr Wirt.» «O nein, junger Mann, ihr seid im Irrtum. Ich habe für das Essen und Trinken noch nichts erhalten.» — «Wieso», dachte Ambrogione erschrocken, «versteht er denn das Zeichen mit dem Hut nicht?» Und damit begann er von neuem seinen Hut von links nach rechts auf seinem Kopf zu drehen. Alle andern Gäste schauten dieser wahrhaft komischen Szene lachend zu. Sie glaubten, es mit einem Verrückten zu tun zu haben. Schliesslich sollte der geprellte Bauer das grossartige Essen mit dreissig Franken bezahlen. Er hatte aber in seiner früher so wohlgespickten Börse nur noch zwanzig Franken. Jetzt erst merkte der einfältige Ambrogione, dass er schmählich betrogen war. Er erzählte dem Wirt sein Erlebnis, und dieser erliess ihm aus Mitleid die noch schuldigen zehn Franken. Dann lief der arme Betrogene schnurstracks zum Domplatz und durch alle möglichen Strassen der Stadt, um den durchtriebenen Gauner wieder zu finden. Dieser jedoch war und blieb verschwunden. So musste der gute Ambrogione ärmer als zuvor in sein Heimatdorf zurückkehren. Lebt wohl, ihr schönen Träume, lebe wohl du feines Automobil!   Am Kaminfeuer der Tessiner                                                               Walter Keller                                                                                           Hans Feuz Verlag Bern   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Zauberjäger von Thorberg

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Ein alter Thorberger Ritter besass die geheimnisvolle Kraft, die Tiere des Waldes mit seinem zauberhaften Lockruf bis vor das Tor seiner Burg heranzulocken, wo er sie jeweils erlegte. Bis auf den heutigen Tag findet er keine Ruhe und muss für seine Sünde büssen. Wenn das Wetter ändern will, fährt er zur Mitternachtsstunde mit seiner kläffenden Meute im wilden Sturm über das Land. Untermischt mit dem Heulen des Windes hört man die langgezogenen Töne seines Jagdhorns gellen, und grausig ertönen die seltsamen zauberischen Lockrufe U-dä-dä-dä-dää ! U-dä-dä-dä-dää ! Die alten Leute des Tales pflegen dann zu sagen : «Der alt Thorbärger chünntet si.» Wehe dem, der das Unglück hat, ihm zu dieser Stunde zu begegnen. Er kriegt einen verschwollenen Kopf, wie ein altes «Bärnmäss» so dick! Emmentaler Sagen, Hermann Wahlen, 1962 Gute Schriften Bern Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Zauberknecht

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1. Im Getschwyler zu Spiringen machen sich die Heuer daran, das gedörrte Futter zu rechen und einzutragen. Einer der Arbeiter jammert: »Ach, wenn doch nur das chogä Heiw scho dinnä wär!« Ein anderer erwidert: »E, das isch ä liächti Arbet; wennd iähr andärä midänand ds Heiw im Obergadä wennt verwärfä, fir ds Innäbringä wil ich scho sorgä, lahnd iähr mich nur la machä.« Gesagt, getan. Der Hexenkünstler nimmt einen Weisshaselzweig, geht zu oberst in die Wiese und klopft mit seinem sonderbaren Rütchen nur so auf das liegende dürre Heu, indem er, rückwärts gehend, langsam die Wiese hinunter schreitet. Das Heu fliegt jetzt wie ein Wirbelwind durch das offene Heutor, durch alle Ritzen und Löcher in den Obergaden hinein, dass die Arbeiter da drinnen erstickt wären, hätten sie nicht ihre Köpfe durch Lücken hinausstrecken können. Pfr. Jos. Arnold Nach anderer Darstellung: In der Hirmi zu Unterschächen. Der Knecht wischte mit einem kleinen Besen ein wenig im Heu. Karl Gisler, 75 J. alt, Unterschächen, u.a. 2. Der Bauer im Berg Grossobermatt zu Spiringen schickte seinen Knecht, ein wildes Mandli, nachmittags zu mähen. Als er am Abend heimkam, war zu seinem grössten Erstaunen das ganze Gut gemäht. Ob er denn nicht furchtbar müde zu sei, fragte er den Knecht. »Nei, kei Leechä!« war die Antwort. »Nu, das wär ja scho rächt,« meinte der Bauer, »aber wiä i'trägä morä? säg dü miär das!« »Das lahnd iähr nur mich la machä!« beruhigt ihn der Knecht. Am folgenden Nachmittag liess der letztere seinen Meister in den Obergaden gehen, um dort zu verwerfen; er selber nahm einen Haselzwick in die Hand, ging zuoberst in die Bergwiese und begann, mit dem Zwick in dem liegenden Heu zu rühren. Das sauste nun wie eine Lawine durch alle Löcher und Gwätti in den Gaden hinein, dass der Bauer dort bald erstickt wäre. Aber im folgenden Sommer »heiged-em 'Kiäh all süber verchalberet«. Josef M. Herger, 72 J. alt, Grossobermatt 3. Folgende Sage wird in Altdorf, Schattdorf und Umgebung erzählt. – Ein Bauer hatte einen Knecht, der mehr zu leistete als mehrere andere zusammen, und doch sah man ihn nie viel arbeiten. Dem Meister kam die Sache merkwürdig vor, und er beschloss, den Burschen beim Heuen heimlich zu beobachten. Da sah er, dass sich der Heuer, statt zu arbeiten, gemütlich ins Heu legte und ruhig schlief, bis die Sonne am Untergehen war. Auf einmal erhob er sich, nahm eine Haselrute und begann damit zu unterst (zu oberst) im Heu zu rühren. Im Nu flog das Heu in den Gaden hinein, so raas, dass der Meister, der im Obergaden zuschaute, schleunigst die Flucht ergriff. Der Meister klopfte dem Gesellen auf die Schulter und sagte zu ihm: »Dü bisch ä güetä gsy und ä flinggä, das isch wahr, aber gah channsch etz, i will-di nimmä!« Statt des Knechtes wird auch ein Heidenmüetterli genannt und statt der Haselrute ein Tannenzweig. A. Stadler 4. a) Jakobä-Tonis zu Ruoppelingen1 (18./19. Jahrhundert) auf Gurtnellen besassen auch den hochgelegenen Graggerberg (in alten Gült- und Kaufbriefen Mysiberg genannt). Eines Tages hatten sie in beiden Gütern eine Masse dürres Heu liegen, und es drohte schlechtes Wetter. Der Knecht sah ihre Verlegenheit und sagte: »Wenn ihr andern zu Ruoppelingen das Heu eintraget, so nehme ich den Berg schon auf mich.« Sie wollten das nicht glauben, aber, weil nichts anderes zu machen, überliessen sie es ihm, den Graggerberg zu besorgen. Der Knecht machte sich auf den Marsch, und sie begannen zu wenden und einzutragen. Sobald sie ihre Aufgabe vollendet, stieg der Meister noch in das Berggut hinauf, um allenfalls dem Knecht noch ein wenig zu helfen. Die Sonne senkte sich schon hinter die höhern Berggipfel, und die Schatten näherten sich mit bedenklich raschen Schritten dem Graggerberg, als er zu unterst in der Wiese ankam und da zu seinem allergrössten Erstaunen den Knecht schlafend im Heu liegen sah. Er weckte ihn und machte ihm heftige Vorwürfe. Doch dieser meinte: »Seid ohne Angst! es ist noch Zeit genug. Gehet ihr nur in den Obergaden, ihr werdet dann schon sehen!« Der Meister dachte: »Da witt etz doch lüegä!« stieg hinauf in den Obergaden und schaute durch eine Lücke dem Grossprecher heimlich zu. Dieser griff zu einer Haselgerte und klopfte damit, von unten anfangend, auf das liegende dürre Heu, das jetzt »wiä-nn-ä Gux« durch das Heutor und zu allen Schwemmungen in den Gaden herein geflogen kam, dass der Jakobä-Toni erstickt wäre, hätte er nicht seine Nase durch die Lücke hinaus gestreckt. Aber diesen Knecht wollte er nicht mehr, er entliess ihn. Hans Tresch, 72 J. alt, Gurtnellen b) Er nahm ein Haselrütchen und schlug damit in jede der vier Ecken der Wiese einen Streich; alsbald flog das Heu wie z'schnyädä durch alle Schwemmungen in den Gaden, und kein Halm ging daneben. Josef M. Baumann, Rütti, 68 J. alt 5. In einer Wiese zu Schattdorf waren die Leute mit Eintragen des Heues beschäftigt, als ein fahrender Schüler des Weges kam, sie anredete und einen baldigen Regen prophezeite. Sie lachten ihn aus, denn der Himmel war glanzheiter. Der Fremde aber meinte, er müsse oder wolle ihnen doch helfen, nahm einen Haselzwick und begann damit im Heu zu rühren, so wie man etwa eine Nidel schwingt, worauf das Heu durch alle Öffnungen und Spalten wie rasend in den Gaden fuhr. Kaum war es geborgen, entlud sich ein furchtbares Hagelwetter. Fr. Wipfli-Herger, 80 J. alt Fußnoten 1 Der Ort heisst im 1. Viertel des 16. Jahrhunderts Ruoppeldingen (Jahrzeitbuch Silenen) und grenzt nach unten an Richelingen und Hottingen, jetzt Fottigen. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Zauberknecht (Nachtrag)

Source: Der Zauberknecht (Nachtrag)

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Schon öfters war im Getschwyler ein Bettler eingekehrt und freundlich beherbergt worden. Bei einer solchen Gelegenheit geschah es, dass des Abends eine Katze vor's Fenster kam und ihn fragte: »Hesch nytt chennä verdiänä?«, worauf er entgegnete: »Nei, aber morä gitt's-es de; morä gitt's de-n-i'z'trägä.« Am nächsten Tage stellten ihn die Leute trotz Warnung eines alten Knechtes an, weil viel Heu einzutragen war und das Wetter drohend ausschaute. Usw. Theresia Gisler, 73 Jahre alt, Spiringen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Zaubernagel

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Feld-Baschis in Gurtnellen hatten »ä scheeni Ribi« Rauchfleisch im Kamin hangen, als ein Zigeunerweib ins Haus kam, es betrachtete und rühmte. »Ja, aber die Würmer sind darin,« sagte Baschi. »Dem kann man schon abhelfen,« meinte die Zigeunerin und gab ihm einige Nägel, mit der Weisung, sie in die Fleischstücke zu stecken. Als es fort war, steckte Baschi einen der Nägel in einen Holztotz vor dem Hause. Der fing sogleich an, sich zu bewegen, als ob er der Zigeunerin nachlaufen wollte. Allein dazu war er zu schwer. Die Zigeunerin hatte es aufs Fleisch abgesehen. Josef M. Baumann, 68 J. alt, Rütti Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Zauberritt

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Ein Oberländer stand als Schildwache vor dem königlichen Schlosse zu Paris. Er ging auf und ab und dachte an die Seinigen zu Hause und an das heimatliche Kirchweihfest (perdonanza), das an eben diesem Tage gefeiert wurde. Da kam ein altes Weib des Weges und fragte ihn, ob er nicht ein Weilchen daheim sein möchte? Er bejahte die Antwort, worauf das Weib ihm riet, auf das erste beste Schwein sich zu setzen, das ihm begegnen werde. Der gute Mann tat wie ihm geraten wurde, und befand sich im Umsehen in seinem Heimatsdorfe, wo er eine gute Zeit ass, trank und tanzte, dann aber auf die Uhr sehend, seinem Reitpferd gebot, ihn wieder nach Paris zurück zu bringen, wo er eben recht zur Ablösung kam. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Zauberschulmeister zu Spiringen

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Die alten Brückerig zu Spiringen haben erzählt, sie seien in ihrer Jugend unter einem Schulmeister gestanden, der sie allerlei Zaubereien gelehrt habe. Sie konnten schon lebende Mäuschen machen, bestellen, ein Fuder Griss aus einem Tobel heraufzaubern, die Leute, die an der Südseite des Tales von Obsaum herabkamen und Heubürden auf dem Kopfe trugen, von ferne zwingen, dass sie die Bürden ablegten. Einst bstellten sie den Pfarrer; aber jetzt kams aus, und der Schulmeister wurde entlassen. Eines Tages sassen in einem Hause zu Spiringen Vater und Mutter plaudernd am Tisch, und so ein Schulmeitli sass bei ihnen oben auf dem Tische, die Füsse auf der Bank, und spielte mit einem Scherchen, das die Schneiderin, die bei ihnen auf der Stör war, auf dem Tische liegen hatte. Das Kind drehte die Schere so herum und sagte laut zu sich selber: »Wen-i jetz das Schärli zweimal so umträjä und diä Wort ... dazüe sägä, sä wird ysärä Bliämel chrank und wen-i nu einisch umträjä und diä viär Wort ... dazüe sägä, sä mües-er-ä metzgä.« Bliämel aber war die geblümte Kuh, die der Vater am Morgen verkauft hatte. Der horchte bei den Worten des Mädchens auf und fragte: »Jä, Chind, isch das wahr?« – »Ja, Vatter.« – »Sä machs.« Und das Kind machte es so, wie es gesagt. Der Vater stand sogleich auf, legte die Sonntagskleider an, nahm das Geld, das er für die Kuh gelöst hatte, und suchte sofort den Käufer auf. Und richtig hing Bliämel tot da! Der Bauer zahlte dem Käufer den Bliämel, weil er ehrlich sein wollte und selber schuld war, dass er musste gemetzget werden. Das Mädchen fragte er, wo es solches gelernt, und es sagte: »Beim Schulmeister.« Das ist eine wahre Geschichte, der Brücker ist selber noch mit dem Mädchen in die Schule gegangen. Jos. Betschard-Brand, 66 Jahre alt, Muotatal Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Zauberstein am Flühlenstalden

Source: Der Zauberstein am Flühlenstalden

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Am Flühlenstalden stand hart an der Strasse, die von Lützelflüh nach Sumiswald führt, gleich einem Gespenst aus grauer Vorzeit ein Markstein, der hier in alter Zeit die drei Ämter Sumiswald, Trachselwald und Brandis voneinander schied. Die Zahl drei verlieh ihm eine wunderbare Kraft. Ein Stücklein davon im Sack getragen, war gut gegen alle Weh. Heute steht der Stein nicht mehr. Man hat ihn vor Jahrzehnten an Ort und Stelle im Boden versenkt. Emmentaler Sagen, Hermann Wahlen, 1962 Gute Schriften Bern Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Zauberwolf

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In Obervaz tat ein Wolf lange Zeit grossen Schaden unter den Schafen. Man machte oft Jagd auf ihn, aber es gelang nie, ihn zu erlegen. Dabei war der Wolf gar nicht so scheu wie andere Wölfe, sondern näherte sich ohne Furcht und kam sogar öfters bis in das Dorf an die Brunnen und lappte Wasser und merkwürdigerweise nicht aus dem Brunnentrog, sondern vom Rohr weg. Die besten Jäger versuchten hier ihre Kunst umsonst. Da kam ein Tiroler-Schleifer in das Dorf, dem klagte man die Not und er sagte, er wolle ihnen ein Mittel angeben, den Wolf zu erlegen. Sie sollen ein Brett von einem halbverfaulten Totensarg nehmen, in welchem ein Loch von einem Aste sei und sollen durch dieses Loch auf den Wolf schiessen. Man befolgte den Rat und als der Wolf wieder zum Brunnen kam um Wasser zu lappen, schoss man auf solche Weise nach ihm und der Wolf fiel tot nieder, aber siehe da, es war kein Wolf mehr, sondern einer der Kapuziner des Dorfes in seiner Kutte mit seinem schwarzen Barte. Quelle: Theodor Vernaleken, Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch


by Der Zaunstab

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Auf einer kleinen Anhöhe, eine halbe Viertelstunde westwärts von Wilägeri ist ein Stück Ackerland, die Bogenmatte. Dort soll vor Zeiten ein Frauenklösterlein gestanden haben. Wirklich wurden in den letzten Jahren beim Umpflügen Spuren von Fundamentmauern entdeckt. Von daher mag auch der Name Bogenmattpfründe in Oberägeri stammen. Die Sage geht: Die dortigen Schwestern pflegten alljährlich nach Einsiedeln zu wallfahrten und hatten in diesem Falle die besondere Vergünstigung, ohne Schiff trockenen Fusses über den See hin- und herzugehen. Einst nahm eine der Schwestern auf dem Heimwege, auf dem Sankt Jost, aus Müdigkeit einen Hagstecken mit; darauf wollte der See sie nicht mehr tragen, bis sie den Stock wieder an seinen früher Ort zurückgebracht hatte. Der Zaunstab repräsentierte das umhegte Eigentum und seine Verletzung öffnete weitern Schädigungen Tür und Tor. Daher die heilige Scheu vor ihm, als Rechtsschutz, ernst eingeprägt wurde.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Der Zaunstab

Source: Der Zaunstab

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Im 13. Jahrhundert schon wurden sogenannte Schwesternhäuser auf dem Gebiete von Ägeri erwähnt. Eines von ihnen stund auf der Bogenmatt in Unterägeri. Vor mehr als hundert Jahren habe man beim Ackern dort kleine Reste der Fundamentmauern gefunden. Die Sage erzählt nun: Die frommen Frauen aus dem dortigen Schwesternhaus pilgerten alljährlich nach dem Heiligtum Unserer Lieben Frau im Finstern Walde. Eine besondere Vergünstigung war den wallfahrenden Frauen gewährt, denn sie konnten jedesmal trockenen Fusses, ohne Schiff, über den See pilgern. Als sie einstens müde von der Pilgerfahrt auf St. Jost ankamen, riss eine der Schwestern einen Hagstecken am Wege aus und stützte sich während dem Heimweg auf ihn. Als sie nun aber an den See kamen, wollte das Wasser die müden Schwestern nicht mehr tragen. Die Schwester, welche den Hagstecken ausgerissen hatte, kehrte zurück und brachte den Zaunstab wieder an seine Stelle. Als sie dann wieder zu ihren Begleiterinnen kam, wagten die Frauen den gewohnten Seeweg und siehe, das Wasser trug sie wieder. Der Zaunstab war in alten Zeiten in heiliger Scheu gehalten, denn er repräsentierte das umhegte Privateigentum. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 56 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Zauntpfahl

Source: Der Zauntpfahl

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Von zwei guten Kameraden in Geschenen starb der eine eines frühen Todes; aber wie wunderlich es oft zugeht! jeden Abend kam er, der Tote, zu seinem noch lebenden Gespanen ins Bett und schlief bei ihm. Das war aber gar nicht gemütlich für den Geschener, und endlich fragte er um Rat und erhielt den Bescheid, er solle den Toten anreden und zwar in den drei höchsten Namen. Die Geister muss man überhaupt so anreden: »Ich rede dich an in den drei höchsten Namen und behalte mir das erste und das letzte Wort vor.« Das tat er, und der Geist eröffnete: »Wie du dich vielleicht erinnerst, haben wir einmal in der Breiti aus Mutwillen einen Hagstecken ausgerissen; den müssen wir wieder in das gleiche Loch stecken.« In der nächsten Nacht führten sie das miteinander aus, und jetzt stand der Geist ganz im Weissen da und war erlöst. Peter Walker, 68 J. alt, Wassen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Zeitmacher von Elm

Source: Der Zeitmacher von Elm

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Die Uhr auf dem Kirchturm zu Elm mag seit Jahrhunderten schon ihren Dienst tun. Einmal aber, so erzählen die Alten, soll sie mitten im Sommer, als alles auf dem Feld war und wissen musste, wenn’s Vesperzeit war und Zeit zum Melken, einfach stillgestanden sein, und kein Mensch habe sie wieder in Gang bringen können. Da sei ein «Allerweltsfisigugg» des Weges gekommen, der in allen Künsten wohl erfahren gewesen sei, dem habe man die Sache vorgetragen. Beim Hinterbächli nun habe er das grösste Sennenkessi, das in der Gemeinde zu finden war, aufgestellt und ein mächtiges Feuer darunter entfacht. Wie das Wasser zu sieden angefangen habe und immer weiter brodelte, so habe er unter seltsamen Sprüchen, die kein Mensch verstand, das ganze Uhrwerk in das Kessi gelegt und über eine Stunde lang gesotten. Alsdann hätte er Stück für Stück getrocknet und geglänzt und in den Turm hinaufgetragen. Zuletzt aber sei ihm ein einziges Rädlein noch übriggeblieben; doch habe das Kirchenzeit wieder zu laufen begonnen und laufe heute noch und schneller als je zuvor.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Ziegenhirt und das Weinfass auf der Alp

Source: Der Ziegenhirt und das Weinfass auf der Alp

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Über dem hängenden Wald türmen sich die Felsen, und glitzern am Mittag wie silberne Ketten die Schneebäche, die niederschäumen und in waghalsigen Sprüngen immer tapferer und beherzter in die Gruseltiefe stürzen. In einer Mulde schimmert noch Schnee, den nur die Augustsonne schmilzt. Der schöne Kummen heisst sie, und jedes Kind weiss von dem Dörfchen Helminen zu berichten, das in alter Zeit dort oben klebte. Vor einigen Jahren haben Strahler in der schönen Kummen einen Mühlstein, Fensterrahmen und Spuren einer gepflasterten Strasse entdeckt, und Ahasver soll auf seiner Irrfahrt durch die Schweiz in Helminen den besten Rotspon getrunken haben. Reben säumten es, und in den Obstmatten hingen die saftigsten Früchte. Auf hilbe Winter folgten Fröste, nasskalte Sommer, Reben und Obstgärten erfroren, das Korn reifte nicht mehr, die Bewohner verliessen Haus und Hof und siedelten sich in der Tiefe an. In den Fluren von Helminen sömmerten sie noch das Vieh, und das war immer noch eine schöne Zeit, im Herbst vor allem, wenn Käse und Butter in hohen Beigen an die Geteiler abgezählt wurden und man immerzu neue Stadel bauen musste, um den Alpsegen aufzuspeichern. Man molk die Kühe dreimal im Tag, die Sennen prahlten und prunkten, erlustigten sich bei Tanz und Kegelspiel und liefen, voll Galle gegen den Herrgott, von Suff und Spiel weg zu den Ställen, um das Vieh zu melken und zu hirten. Einstmals bewirteten sie einen fahrenden Schüler mit Rahm, Butter und wildem Honig und schimpften über die Fruchtbarkeit, den Überfluss und die bittere Arbeit, die ihnen das Vergnügen schmälerten. Noch nie hätten sie sich so recht weidlich satt tanzen und austoben können. Mitten im schönsten Trubel müssten sie auf und davon und unter die Kühe hocken. «Welches sind die besten Milchkräuter? Schenkt mir einen Käse, und ich breche die Ketten, die euch bedrücken. Ihr sollt tanzen und der Kurzweil frönen, meinethalb bis zum jüngsten Tag.» So hoch und dick wie ein Mühlstein rollten sie einen Käse herbei, und der Schüler satzte auf einen Felsblock, hielt die hohlen Hände vor den Mund und rief: «Verwünscht sei Mutrina und Hahnenfuss, weil ich dreimal zum Melken muss.» Von dem Tag an frass das Vieh nicht mehr wie sonst, verschmähte die verfluchten Kräuter, zehrte ab und geizte mit der Milch, das Weidegras welkte im Sonnenbrand, die steinige Erdrinde trat zutage, die Alp verwilderte und konnte nicht mehr bestossen werden. Auf der schönen Kummen treichelten keine Kuhglocken mehr, Rosenbüsche wucherten, Steine klotzten im Boden, die Asung war spärlich, grad noch gut genug für die leckermäuligen Ziegen. Nun geschah etwas Merkwürdiges. Wie nur alle hundert Jahre einmal, ein richtiges Märchenwunder. Mit den eigensinnigen Meckergesellen war Alefons den Berg emporgehoppelt, durch Mattland, Gehölz und Krüppelföhren. Auf der schönen Kummen liess er die Ziegen schmausen, schnitzelte ein Schiffchen, rammte den Mast hinein und machte es flott im Bache, der eben überlief und das Spielzeug schaukelte. In seiner Phantasie vergrösserte sich das Wässerchen zum Fluss, die Baumrinde zum Meerschiff. Er musste seinem Fahrzeug eine Zuflucht schaffen, rundete das Ufer zu einer Bucht und knüpfte das Ankertau um einen Pflock. Er musste es beladen und regelrecht mit einem Steuer und Kaufmannsware ausstatten. Ein Hammer war bald gestielt, bunte Steine glitzerten in den Fluhbändern. Mit dem Klopfer brach er einige hübsche Kristalldrusen aus dem Fels und befrachtete das Schiff. Jetzt vorwärts und Heil zur guten Fahrt! Eine Weile trottete er dem Boote nach, und als es in einer Stromschnelle kreiste und mit Mann und Maus unterging, war ihm das Schifflein verleidet. Er klomm auf einen einsamen Steinknutsch, der ihm seiner ovalen Form wegen schon gestern aufgefallen war und legte sich platt auf den Rücken. Sanft fielen die Lider auf seine blauen Augensterne und ihm träumte, er sei Matrose, Kapitän, alles in einer Person, auf einem schlanken Dreimaster. Er landete in einem verlassenen Hafen, musste selber den Anker bedienen, das Schiff ans Land ziehen, die Waren löschen und in die Stadt buckeln. Komisch, diese Stadt. überall sind Aufschriften angebracht: Zum Gemsbock - Gemeindeschreiberei von Helminen - Herberge zu den 127 Ziegen. Das schönste weitum aber waren die Reben, die gegen Mittag über die Hänge sich spannen, an die Häuser in den ersten Stock hinaufrankten und mit dunkelblutigen Trauben behangen waren. Als er eine pflücken wollte, erwachte er, hörte den friedlichen Singsang der Ziegenschellen, setzte sich rittlings auf den Block, und mit dem Hammer spielend, wob er den Traum weiter. Ärgerlich, dass er zerronnen und überall die rauhen Felsgrinde ihn unstarrten, klopfte er wuchtig in den Stein, und der Duft von rotem Wein stieg ihm in die Nase. War der rundliche Block am Ende ein Gebinde, ein Weinfass aus Helminen? Flugs drehte er sich auf den Bauch und spähte durch die Öffnung, leckte mit der Zunge, tauchte den Schaft hinunter und zog ihn nass und tropfendrot wieder heraus. Kein Zweifel, die Kufe ist im Laufe der Jahre zu Stein erhärtet und hat den Inhalt aufbewahrt. Wunderbar, ganz wunderbar! In grösster Aufregung ragelte er die Halde hinab, schnitt im Wald ein Röhrchen, keuchte zum Fass zurück, sog und schlürfte von dem köstlichen Saft und überlegte, ob er seine Entdeckung verraten, ob er den Wein verkaufen - den Mund halten wolle, sonst kappt man ihm den Lohn, der ohnehin mager genug ist Zu Käse und Brot schmeckte der Wein ausgezeichnet. Oder ist es vielleicht ein Teufelsscherz und nur noch  lauteres Wasser in der Tonne? Er schob das Rohr wieder in das Loch, sog und schluckte, Sapristi - Wie der Himmel sich drehte, die Berge komische Fratzen machen und die Abendsonne ihre Backen aufbläst, genau wie die Pfarreresköchin, wenn sie die Wäsche trocknet. Dann sah er nichts mehr und fiel wie ein wurmstichiger Apfel ins Gras. In der Nacht wollte er die Decke an den Hals hinaufziehen, weil ihn fröstelte. Er riss und zerrte und sperrte die Augen auf. Glühwürmchen zwinkerten an der Decke und wurden gross wie Sterne. Er stützte sich auf, hörte den Wildbach rauschen und sah den Himmel über sich gespannt. Jemine, er war noch oben in der schönen Kummen, einsam und verlassen, die Ziegen waren ohne Führer nach Hause getrippelt, als es Zeit war. Er stieg in den Wald hinunter und rollte sich in die Nische eines Baumstumpfes. Am Morgen lief er in die Sonne und erwartete den Kameraden, der an seiner Statt die Ziegen auftrieb. Er habe den Fuss verstaucht und vorgezogen, in der Höhe zu bleiben, flunkerte er dem Gefährten und hinkte zum Schein. «Halt dich still und schone deinen Fuss, ich geh gleich wieder ins Dorf zurück, und beruhige deine Mutter, die dich suchen liess.» Alefons warf sich in den Rasen, streckte die Glieder aus, so wirr und blöde war ihm noch und gelobte, dem Wein und seinem höllischen Wiriwäri zu entsagen. Bevor es dunkelte, trieb er die Herde ins Dorf hinab, und nach einer gesunden Nacht auf dem heimischen Strohsack fühlte er sich wieder munter. Aus Grossvaters langer Pfeife schraubte er das Rohr und barg es unter dem Kittel. «Hüho, ihr gefrässigen Nascher!» Er schwang die Rute und stieg mit dem bimmelnden Rudel durch Wald und Flur hinauf zur schönen Kummen. Am Ziel angelangt, hüpfte er auf das Fass, steckte das Pfeifenrohr ins Loch sog und spuckte das Gemisch von Wein und Tabakssaft aus dem Munde, warf die Pfeife weg und holte sich ein anderes Saugrohr im Walde. Jetzt konnte er trinken wie am Bergquell. Das muss aber gesagt sein er verzehrte sein Mittagessen dazu, den harten Käse und die Krume Schwarzbrot, und erst beim Zunachten, bevor er zum Rückzug pfiff, ging er noch einmal aufs Fass und trank sich einen Rausch an. So geschah es, dass er jeden Abend angesäuselt nach Hause taumelte, irre Reden führte und beim Ziegenstall die Weiber anschrie, wann die Aufschrift angebracht werde: Herberge zu den 127 Geissen. Was für ein böser Geist in den Hirten gefahren, man konnte es einfach nicht fassen. Im Krämerladen, am Brunnen, allüberall war ein eifriges Raten, Werweisen, Verhecheln. Niemand wollte ihm Wein oder Gebranntes verabreicht haben, und doch war der Strick regelrecht betrunken und plapperte in seinem Dusel unaufhörlich von einem Weinfass, das ihm der Herrgott in Helminen beschert und dem roten Saft, der von aller Pracht und Herrlichkeit übriggeblieben sei. Man schüttelte den Kopf ob dem wirren Gestackel und hob die Stirne zu der schönen Kummen hinauf; kein Mensch glaubte eine Silbe von dem albernen Gestammel, und doch musste etwas Wahres an der Sache sein, denn Abend für Abend war Alefons bezecht. Am Sonntag trieben ihrer zwei die Ziegen, Alefons und der Dorfpräsident. Wohl oder übel musste er ihn zu dem Weinfass führen. «Da, hier war es», sagte der Ziegenhirt und griff an die Stirne. «Ich bin doch stocknüchtern und täusche mich nicht.» Er schaute ringsum und wieder auf den graslosen Fleck am Boden. «Hier war das Gebinde, und nun ist es weg, ei, wie merkwürdig!» «Sei froh», sagte der Präsident, «sonst wärst du ein Säufer oder ein Nichtsnutz geworden.» Quelle: Johannes Jegerlehner: Walliser Sagen, Hans Feuz Verlag Bern, 1959   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Ziegenhirte von Bettelried

Source: Der Ziegenhirte von Bettelried

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Links an der Strasse, die von Zweisimmen nach dem Gesundbrunnen von Lenk führt, liegt das Dorf Bettelried. Hier lebte einst ein Ziegenhirt, der das kleine Hornvieh des ganzen Dorfes zur Weide treiben musste. Bis in die höchsten und gefährlichsten Flühe musste er Tag um Tag mit seinen Kletterern ziehen. Dafür war abends oft nur ein spärliches Stücklein Brot sein Lohn. Als der Geissbub nun eines Tages zwischen Miesch- und Brun- nenfluh auf dem Heueggli sass, kam ein Zwerg daher, setzte sich neben ihn und gab ihm im Verlauf des Gespräches ein ganz kleines Gemskäslein, indem es sagte: "Iss alltag, iss gnug - Iss nie auf, sonst bist unklug." Damit verschwand das Männlein hinter einer Felswand. Eine Weile hatte die Not des Hirtenknaben ein Ende. Ob er nun drunten im Tal viel oder wenig erhielt, immer kam ihm das wunderbare Gemskäslein zustatten. Ass er es auch abends bis auf den kleinsten Rest, am nächsten Morgen fand er’s in seiner Tasche, stets wieder voll und rund. Jahrelang befolgte der Geisshirt den Rat des Zwergleins, bis er eines Tags aus übermässigem Hunger auch den letzten Rest des Käsleins verzehrte. Wie erschrak er aber, als er des andern Morgens seine Tasche leer fand. Die bittere Reue war umsonst, es war nichts übrig geblieben, das nachwachsen konnte.     Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Der Ziegler im Grindel

Source: Der Ziegler im Grindel

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In dem grossen Eichwalde Grindel haust der gespenstische Ziegler. Sein Haus sei eine Ziegelhütte gewesen am Ende des Waldes, wo die Strasse des Surenthales sich mit der Luzerner Grenze kreuzt. Dort will man unter den Eichen noch Backsteine und Ziegelstücke finden. Er aber schreckt die Holzfrevler, wenn er in grünem Frack und rother Weste plötzlich daher kommt und eine gewaltige Ofenkrücke mit sich trägt. Eilig entlaufen dann die Diebe, aber stets bringen sie einen aufgeschwollenen Kopf mit heim. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 178 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Ziprion

Source: Der Ziprion

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Beschienen bald vom Sonnenglanz, Von Wolken dann umstürmt, Hoch die Galanda aus dem Kranz Der Alpen auf sich türmt; Der Wälder Grün, der Täler Pracht Sie huldigen des Herrschers Macht; Der Rhein, der kecke, junge, Er stürzt heran, im Sprunge, Er stürzt heran in mutgem Fluss Und küsset rauschend seinen Fuss.   Dort hört man auf der steilen Höh Die Heerdenglocken klingen, Fast bis hinauf zum ewgen Schnee Die grünen Alpen dringen; Die besten Kräuter blühend stehn, Die Kühe weidend drüber gehn, Die Bächlein sich ergiessen, Von Milch die Euter fliessen. Doch sagt man sich aus alter Zeit Von gar viel andrer Herrlichkeit. –   Da war, so weit der Himmel blau Kein schönrer Alpensitz, Da grünte ein noch besser Kraut Als Mutternen und Ritz, Drob waren gross und fett die Küh, Dreimal des Tages molk man sie, Es wären, milchgedrungen, Die Euter sonst zersprungen. Und dieses Himmelskraut, davon Die Milch so floss, hiess Ziprion.   Wo weit und breit vom ewgen Schnee Die Massen sich ergiessen, Die Wildbäch jetzt von nackter Höh Zerstörend niederfliessen, Dort lief der Stier im weichen Grün Bei seinen Kühen brummend hin, Und wo die Schlucht, zerrissen Von wilden Wassergüssen Sich senket, lag, von dichtem Klee Umgrünet rings, ein blauer See. –   Es waren auch an Sennes Stell Gar schöne Jungfraun hie, Die Arme weiss, die Aeuglein hell, Die Wangen rosenglüh, Die gingen oft, im Haar den Kranz, Aufs Grün hinaus, zum Ringeltanz Und glitten auf dem Plane Des Sees in leichtem Kahne, Geschaukelt von der blauen Flut Umher in keckem Uebermut. –   Einst aber war an diesem Ort Ein böser Geist erwacht, Die Sennerinnen zogen fort In finstrer Mitternacht Zu einem Platz, dem Volk bekannt, Der Hexenboden nur benannt; Dort flogen sie in Kreisen Nach schauerlichen Weisen: Die sind noch jetzt vom Höllentanz Mit schwarzem Gras bezeichnet ganz.   Da kam durch stille Lüfte her Geflogen aller Orten Der bösen Hexen furchtbar Heer, Und sammelte sich dorten; Es kamen aus dem Tale viel Geritten auf dem Besenstiel. Die Alten und die Jungen, Die tanzten, summten, sprungen, Und bei dem ersten Morgenstrahl Gings wieder fort, zu Tal, zu Tal. –   Ein Jäger, frisch und flink und jung, Hatt einstens sich verirrt, Es hatte in verwegnem Sprung Die Gemse ihn entführt; Verdunkelt war der Sterne Schein; Er irrte in die Nacht hinein, Da rauscht auf schroffen Wegen Ihm Sang und Tanz entgegen. Und wie er bog urns Felsenstück Lags schauerlich vor seinem Blick. Schnell kam die jüngste Sennerin Zum Jägersmann gegangen, Ihr Herze brannte längst für ihn In liebendem Verlangen; Sie trat zu ihm mit keckem Mut, Die Wangen flammten rot in Glut, Der Atem hob so schnelle Des Busens weisse Welle, Es wehte lüstern ihr Gewand, Sie bot ihm lächelnd ihre Hand.   Da fasst ihn helle Sinnenglut, Er schlang um sie den Arm, In Flammen kochte auf sein Blut, Bei ihrem Kuss so warm; Sie wogten schnell in Reihn dahin, Dann sassen sie ins weiche Grün Und küssten, kosten lange, Gelehnet Wang an Wange; Am Himmel fuhr der erste Strahl: »Ihr Schwestern auf! zu Thal! zu Thal!«   Die Sennrin sass noch immer dort, Schon glänzten rings die Flühe: »Komrn, Schwester, komm zum Melken fort, Es warten schon die Kühe!« »Ach, melken, melken immerfort! O, wärt ihr Kräuter längst verdorrt, Die überall ihr spriesset, Von Milch so überfliesset, Verflucht sei Ziprion, Muttern und Ritz, Vom Rhein bis auf die höchste Spitz!«   Der grause Fluch erscholl mit Macht Und weithin wiederklang, Da ist der Jäger schnell erwacht, Behende auf er sprang: »Behüt mir Gott Muttern und Ritz Vom Rhein bis auf die höchste Spitz!« Und wie er aufgesprungen, Und wie das Wort verklungen, Der Sennerinnen arge Schaar Mit Blitzeseil zerstoben war.   Doch weil der Jäger in der Hast Den Ziprion vergessen, Sind jene Weiden all verblasst, Vom bösen Geist besessen, Wo einst gegrünet dieses Kraut; Mit brüllend dumpfem Schmerzenslaut, Das Haupt gesenkt zur Erden, Auf totem Gras die Heerden Irrten umher; es brüllt entsetzt Zur Stund des Fluchs das Vieh noch jetzt.   Noch sieht auf mancher Alpe dort, Ein falbes Kraut man stehn, Als wärs vorn Winterfrost gedorrt lsts aussen anzusehn: Doch strömet, wenn entzwei mans bricht, Hervor die Milch, ganz weiss und dicht, Die still und heimlich drinnen In dürrer Hüll muss rinnen, Und keine Kuh frisst je davon: Und dieses Kraut heisst Ziprion.   Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Zössler (Ganterschwil, SG)

Source: Der Zössler (Ganterschwil, SG)

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Im Felde gab es früher viele "Zössler"; sie bildeten ganze Ketten und sprangen einander nach. Dr. Henne-Am Rhyn, Deutsche Volkssage. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 464, S. 278 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der zu frühe Tod

Source: Der zu frühe Tod

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Es ist ein allgemeiner Volksglaube, dass jeder Mensch seine verordnete Sterbestunde habe. Über diese hinaus bringt wohl kein Mensch sein Leben; strenge aber muss er es aber im Jenseits büssen, wenn ihn der Tod aus seiner Schuld früher erreicht. Zur Bekräftigung dieses Glaubens wird manches erzählt. Einmal zogen z. B. mehrere Menschen gemächlich miteinander durch eine Talstrasse. Auf einmal wurde ein Mann unter ihnen unruhig und so beängstigt, dass er anfing den Übrigen voranzugehen. Auf die Frage, was er wolle und was ihm fehle, antwortete er vorauseilend, seine Stunde sei soeben gekommen. Und sieh; ein Stein fiel vom Berge ab und schlug ihn tot. Im Jahre 1785, den 10. August, wurde ein Mädchen aus Emd, Maria Lorenz, im Theelizug in St. Niklaus tot aufgefunden. Sie wurde von ihren Eltern, um das Brod zu verdienen, angehalten, die Ziegen zu hüten und fiel dabei im Distelbrand unglücklicherweise über schroffe Felsen herab. Dreissig Jahre lang soll man diese Verunglückte am Orte ihres Todes oft seufzen und jammern gehört haben. Ihrem Vater in Emd soll sie erschienen sein und geoffenbart haben, sie müsse so lange da, wo sie gestorben, büssen, bis die Tage ihres verordneten Lebens erfüllt seien.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der zu Stein erstarrte Riese

Source: Der zu Stein erstarrte Riese

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In der Nähe der Bründlenalp ist die Dominikhöhle. Vor ihrem Eingange sitzt eine riesenhafte, steinerne Figur, welcher die Natur das Gebild eines Menschen gegeben hat. Unter dem Namen „der Riese des Berges" erzählt sich das Volk von ihr: diese kalte Masse sei einst Fleisch gewesen, und Blut habe ihre Adern durchströmt. Wenn ein fremder Feind in das Land gebrochen, sei sie aus ihrer Wohnung, der Höhle, hervorgekommen, um das Volk auf zur Wehr zu rufen und an seiner Spitze den Feind aus dem Lande zu schlagen. Einst aber habe im Schweizerlande selbst der Funke der Zwietracht geglommen und derselbe sei zum Hader einer blutigen Schlacht ausgebrochen, in welcher viele tausend Schweizer gefallen seien. Als da der Riese sich von seinem Lager erhoben und aus seiner Höhle hervorgetreten, um zu schauen, was im Lande vorgehe, sei er über den Anblick dieses Bruderkampfes vor Schrecken dergestalt erstarrt, dass seine Glieder sofort zu der kalten Steinmasse geworden wären, welche man noch heutigen Tages an jenem Orte sehen kann. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Zu-Senne auf der Taminser-Alpe

Source: Der Zu-Senne auf der Taminser-Alpe

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Vor Jahren hielten auf der Taminser-Grossalpe ein Senne, ein Zu-Senne und der Schreiber sich auf. Sie hatten eine grosse Herde zu besorgen. Unter den Kühen war Eine, die kehrte nie mit den Übrigen heim, und jeden Abend musste der Zu-Senne ihr nach und sie, oft bei Sturm und Wetter, in der ganzen Alpe suchen. Dieser immerwiederkehrenden Mühe endlich überdrüssig, folgte der Zu-Senne einmal dem Tiere, als es sich wieder von der Herde entfernte. Dort, wo der Weg an einem Abgrunde vorbei führte, legte er nasse Tannenrinde, und als die zurückkehrende Kuh darauf trat, glitschte sie aus und stürzte in den Abgrund. Der Erboste blickte lachend hinunter, wo die Kuh zerschmettert lag und rief: »Nun darf ich dich nicht mehr suchen!« Die böse That blieb geheim. - Der Täter fand aber selbst nach dem Tode keine Ruhe. Nachts, wenn die Herde sich gelagert und Alles still war, hörte man ihn wild heulen und jammern, er machte sich auf, die Kuh unten im Abgrunde aufzuheben und hinauf zu tragen. Oben entfiel ihm die Last und rollte in den Abgrund hinunter; er aber schaute hohnlachend in die grause Tiefe. So drei Male nacheinander. - Endlich bezahlte sein Vater die Kuh, und der Unselige ward erlöst. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der zukünftige See in St. Niklaus

Source: Der zukünftige See in St. Niklaus

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So wie es der Sagen viele gibt, welche von alten Bergstürzen erzählen, so leben im Munde des Volkes auch Weissagungen, die durch Abfallen und Niederstürzen hoher Berge grosse Seebildungen über schönen Fluren und auf bewohnten Dörfern in traurige Aussicht stellen. Ich führe hier nur eine Prophezeiung über das Nikolaital an. Ein frommer Pater soll einst von Törbel aus, das Tal betrachtend, ausgerufen haben: «O armes Tal! Ein Bergsturz wird die Vispe so aufstauen, dass der Hahn auf dem Glockenturm in St. Niklaus Wasser trinken wird!» — Die Erfüllung dieser Prophezeiung wird kaum möglich geglaubt, auch wenn der schlüpfrige Kipferwald samt dem schönen Bergflecken Grächen ins Tal hinabrutschen sollte. — Das Erdbeben von 1855 hat zwar gezeigt, welchen Massstab der Bergrutsch annehmen könnte. Eine Erdsenkung von ungefähr anderthalb Schuh durchzieht den Wald ob Grächen und zeigt ringsum die Grenzen des sinkenden Bodens. — Der Schreiber dieses überschritt den Erdriss an mehreren Stellen, wünschte darum eben nicht, die grossartige Schlittenfahrt in die Kipfen hinab mitzumachen! Hoffentlich wird dieser etwas lose Bergkegel vor der neuen projektierten Fahrstrasse Respekt haben und der traurigen Prophezeiung des frommen Paters in Törbel noch lange spotten.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Züriheiri von Zurzach

Source: Der Züriheiri von Zurzach

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Vor manchem Jahrhundert kam einmal ein armer Knabe aus dem Zürcherlande her nach Zurzach gelaufen und bettelte vor dem Wirtshause zum Ochsen. Dem Wirt gefiel der Knabe und er nahm ihn probeweise als Stallbuben an. Da nannte man ihn den Züriheiri, wie man auswärts jeden Zürichbieter schlechtweg zu nennen pflegt. Er ließ sich gut an, wurde allmählich Hausknecht, verdiente sich bei der großen Einkehr, welche die Zurzacher Messen damals mit sich brachten, viel Geld und konnte sich endlich aus seinem Ersparten ein Haus kaufen und die Handelschaft beginnen. Allein von nun an verschlang die Habsucht in ihm alle sonstigen Neigungen, mit Ausnahme einer einzigen; diese bestand in der getreuen Freundschaft zum Sohne des Ochsenwirtes, mit dem er aufgewachsen war. Und auch dann noch, als dieser endlich Bürgermeister im Orte geworden war, hörte dieses Bündnis nicht auf; aber es sollte bald auf eine sehr harte Probe gesetzt werden. Der Züriheiri, der nicht bloss in Handel und Wandel seiner Habsucht nachlebte, sondern auch in seinem häuslichen Wesen aufs allergeizigste sparte, sah mit tiefem Ärger, wie alljährlich jedem geringsten Ortsbürger Zurzachs das Gabenholz unentgeltlich aus den Gemeindewaldungen verabreicht wurde und wie nur er, der Ortsfremde und Ausbürger, leer dabei ausgehen musste. Schon aus Trotz mochte er dann dem Nachbar das Holz nicht abkaufen. Er stahl sich's also bei Nacht und schlug es herkömmlich in jenem Teile des Zurzacherbannes, welcher Grüt heißt. Der Schaden war schon lange bemerkt worden, der Bannwart wurde zu schärferer Aufsicht angehalten. Allein die faulen Wächter mochten nicht Nächte lang im Walde lauern; da sie aber an jener Stelle des Grüt, wo der Züriheiri seine Stauden zu hauen fortfuhr, ein beständiges Knistern und Brechen der Zweige hörten, so war es ihnen sehr bequem das Märchen zu ersinnen und selbst dran zu glauben, es hause hier im Grüt ein Geist. Wenn dann der Holzfrevler mit seiner Last Reiswellen schnaufend und keuchend auf dem nächtlichen Schlichwege an ihnen vorbeikam, konnten ihn die lahmen Leute freilich nicht sehen, aber je deutlicher sie ihn schnaufen hörten, um so mehr verbreitete sich diese Spukgeschichte. Da hatte nun einmal der Bürgermeister, jener Sohn des alten Ochsenwirtes, spät nachts vom Dorfe Tegerfelden nach Zurzach heimzugehen, und sein Weg führte ihn durchs Grüt. Hier war der Holzfrevler wiederum daran, beim hellen Mondschein seine Reiswellen zu hauen und zu binden; aber sein Schnaufen und Husten, das Knicken und Knistern der Äste hielt den Bürgermeister nicht zurück, er trat ins Dickicht hinein und erkannte auf den ersten Blick seinen Freund. „Wart, Züriheiri“, sprach er entrüstet, „der Rat wird dich lehren!“, und damit wollte er seines Weges weiter. Aber der Ertappte griff blindlings nach seinem Hag-Gertel (Faschinenmesser), rannte dem Bürgermeister nach und hieb ihm die krumme Spitze ins Genick. Der Getroffene konnte nur noch sagen, „o wie übel hast du getan, ich hätte dich nicht verzeigt!“ dann starb er. Darüber erwachte im Mörder alle Liebe plötzlich wieder; er warf den blutigen Gertel weit weg, stürzte sich heulend nieder, wälzte sich auf der Erde und wollte verzweifeln. Dann aber kam die Angst über ihn, er zog die Leiche ins Gebüsch und vergrub sie unter dem Laub, dann entfloh er. Auf Umwegen erreichte er noch bei Nacht sein Haus und hielt sich seitdem eingeschlossen. Allein die Leiche war bald aufgefundcn nebst dem blutigen Gertel in ihrer Nähe, und diesen erkannten Alle sogleich als den des Züriheiri. Vergebens waren nun alle Schwüre und Eide, zu denen der Angeschuldigte sich vor dem Blutgerichte erbot; der Richter zog eine schwarze Decke von der Tafel und befahl ihm seine drei Schwörfinger in die Wunde des Leichnams zu legen, der hier plötzlich enthüllt war. Mit wankenden Knieen versuchte es der Angeschuldigte, da sprang ihm aus der Leiche ein Blutstrahl ins Gesicht und bedeckte ihn so lange, bis man ihn von dem Ermordeten hinweggebracht hatte. „Der Allwissende hat gerichtet!“, riefen die Richter, und der Ueberwiesene sprach, „ja, das hat er.“ Auf derselben Stelle des Grüt, wo die Tat geschah, erlitt er dann den Tod und wurde verscharrt. Noch jetzt sehn ihn dort die Holzhauer auf Reiswellen reiten. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Züsler (Benken, SG)

Source: Der Züsler (Benken, SG)

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Der alte Spörri, gestorben im Anfang des 19. Jahrhunderts, hatte einen Reckzug, fünf Pferde zum Hinaufschleppen der Schiffe aus dem Zürichsee durch die Linth in den Wallenstadtersee, und konnte daher seine Pferde erst in der Nacht füttern. Sie waren in Baschelis Weid untergebracht, wo er bei seiner Beschäftigung oft einen Züsler sah. Einmal etwas betrunken, rief er ihm zu: "Jetzt, Züsler, komm, mir zu zünden; ich habe es notwendig!" Der Züsler kam. Gefragt, was ihm fehle, antwortete er: "Ich habe einmal einen Stein aus dem Walde in deine Weid hinuntergelassen und kann nicht zur Ruhe kommen, bis er wieder an seinem frühern Platze ist." Der alte Spörri aber sagte: "Ich will dir alles verziehen haben und den Stein wieder an seinen frühern Platz bringen," worauf ihm der Züsler die Hand bieten wollte. Der alte Sporn streckte ihm aber statt der Hand eine Schindel entgegen, und als er diese nachher betrachtete, waren die Abzeichen von Fingern eingebrannt. Der Stein wurde an den Ort gebracht, und der Züsler kam nie mehr zum Vorschein.                      Dr. J. K. Wilhelm. (Bei Natsch.) Es lässt sich nicht mehr sicher feststellen, welcher Gemeinde des Linthgebietes diese Sage zuzuteilen ist. Doch war Benken und ist noch der eigentliche Sitz der Reckerei. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 387, S. 223  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Züsler (Kappel, SG)

Source: Der Züsler (Kappel, SG)

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Den Weg über die Bendelhöhe machte früher ein Züsler unsicher. Mit seinem Zauberlichte führte er die Wanderer irre, so dass sie sich erst im Morgengrauen wieder zurechtfinden konnten. Manch einem sprang er auch auf den Rücken und ritt ihn halb zu Tode. So ging's, bis endlich einer den unheimlichen Reiter unter eine Dachtraufe trug und ihn dadurch erlöste.                                   N. Tobler. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 435, S. 257 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Züsler (Rieden, SG)

Source: Der Züsler (Rieden, SG)

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In einem tiefen Tobel bei Rieden büsst ein Holzfrevler seine Missetaten als Züsler. Er wandert mit einer brennenden Laterne. Andere wollen an derselben Stelle leibhaftigen Menschen begegnet sein, die — zum ungewohnten Gang genötigt — ein Licht bei sich getragen haben, um nicht irre zu gehen.                                Chr. Lügstenmann. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 392, S. 226  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Zweikampf

Source: Der Zweikampf

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Einem bösen Stiere auf freiem Felde begegnen ist kein Spass; da hilft weder sich postieren noch Fersengeld zahlen. Ebenso unheimlich ist's auf Hochalpen für Menschen und Vieh, wenn da etwa der Bär auf seiner Rundreise eintrifft. Was jener niederstösst und mit seinen Hörnern anspiesst, das zerfleischt und zerreisst dieser mit seinen gewaltig einschlagenden Hacken. Was würde es aber absetzen, wenn zwei solche Gegner einander an die Haut geraten sollten? — Das erzählt eine Sage: Auf der Hanigalp ob Grächen, wo ein trotziger Stier mit der Herde herumgraste, hielt ein Bär seine Umschau. Mit Entsetzen liefen Hirten und Vieh davon; nur der Stier war dess nicht gewohnt. Schnurrend senkte er gleich sein Haupt und schob die siegesgewohnten Hörner voran, gemessen und kraftvoll auf den Feind zuschreitend. Aber auch der Bär nahm's ernst und der Zusammenstoss liess nicht auf sich warten. Kämpfend verloren sich die Gegner bald im nahen Walde und die erschrockenen Hirten hatten den Mut nicht, ihnen zu folgen. Folgenden Tags fand man beide als Leichen. An einer Felsenwand hatte der Stier den Bären zu Tod erdrückt; weil aber die Leiche desselben, bei jedem Loslassen des Stier's immer in dessen Hörner zurück sich neigte, glaubte dieser den Feind noch immer lebendig: stiess darum mit voller Kraft so lange an, bis auch er vor Wut und Entkräftung den Geist aufgab.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Zwerg als Retter

Source: Der Zwerg als Retter

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Es mag so vor einem Menschenalter gewesen sein, als vier Männer von «Zurschür» in den Burgerwald hinaufstiegen. Sie wollten dort Holz rüsten für die Gemeinde Balsingen (das heutige St. Silvester). Am Abhang der Gipsfluh standen die schönsten Tannen, prächtige, schlankgewachsene Bergriesen: Wie die zierlichen Säulen eines hohen Domes streckten sie ihre zapfenbehangenen Wipfel zum blauen Himmel empor. Wohl hundertmal hatten sie den rauen Winter gesehen und den blumigen Lenz begrüsst. Die fein gerundeten Stämme versprachen gute Ausbeute an Brennholz und Trämel (Balken). Am Fuss der Gipsfluh angelangt, legten die Holzer ihre Sägen und Äxte beiseite und hielten kurze Rast. Aus ihren Habersäcken holten sie eine «Wentele» (Flasche) Gebranntes hervor und nahmen eine kleine «Herzstärkung». Dazu assen sie Schwarzbrot und Käse oder etwa ein Stück Wurst oder Speck, wie’s halt jeder daheim gewohnt war. Der Pintenwirt, ein rüstiger Sechziger, würzte das Mahl mit seinen witzigen Erzählungen und Spässen, die von den drei Zuhörern mit lautem Gelächter belohnt wurden. Darauf begannen die Holzfäller ihre mühsame Arbeit, die nicht ungefährlich war. Mit hellem Klang fuhren die Äxte und Beile in die braungerundeten Tannenleiber. Das helle Echo antwortete auf all die Axthiebe getreulich, so dass der stille Wald in einem fort von Widerhall belebt wurde. Tanne um Tanne fiel mit ächzendem Wehlaut sterbend zu Boden und liess eine traurige Blösse zurück. Schon lag eine Anzahl der Bergriesen kreuz und quer auf dem weichen Teppich der grünen Moosdecke wie gefallene Krieger gebettet, da ertönte auf einmal ein krächzendes Schreien: «Gf-a-ar! Gfa-a-ar! Gfa-a-ar! Gfa-a-ar!» schallte es von der Nagelfluh herab. Erstaunt blickten die Holzer hinauf, aber kein Mensch war dort oben zu sehen. Der Pintenwirt stellte sofort seine Arbeit ein: «Habt ihr’s gehört, ihr Mannen?», rief er seinen Gefährten zu, «Gefahr ist im Verzug; wir wollen den Platz räumen.» Aber die ungläubigen Kameraden verlachten den Mahner: «Du hast bei hellem Tag geträumt, Pintenwirt», neckten sie. «Du hast den Schrei einer Bergkrähe gehört und nicht eine Menschenstimme», meinte der Krachen Jäggel (Jakob) und emsig zimmerten und sägten sie weiter im Gehölz. Der kluge Pintenwirt schüttelte unzufrieden seinen weissen Schopf und behielt seine Meinung für sich. Da, nach einer Weile klang es wieder schauerlich: «Gfaar! Gfaar! Gfaar!» Die Holzer hörten es wohl, dennoch liessen sie sich nicht weiter aufhalten, denn schon sank die blasse Herbstsonne hinterm blauen Bergwall des Jura hinunter. Nur den bedächtigen Wirt packte eine quälende Unruhe; die Freude am Holzrüsten war ihm vergangen. Fast schämte er sich seiner geheimen Angst. Er redete kein Wort mehr, umso schärfer liess es seine grauen Augen in der Umgebung herumschweifen. Doch den Warner entdeckte er nicht. «Ich bin ein Angsthase», schalt sich der Wirt und suchte seine innere Unruhe abzuschütteln. In sein Sinnieren schnitt zum dritten Mal der unheimliche Ruf: «Gfaar! Gfaar! Gfaar!» Diesmal klang die Warnung des Unsichtbaren noch eindringlicher. «Jetzt bleib ich aber keinen Augenblick mehr hier», rief der erschrockene Pintenwirt seinen Genossen zu, packte eilig Axt und Säge und lief weg. Nach einigem Zögern folgten ihm die drei Holzer langsam nach: noch beim Fortgehen belächelten sie die übergrosse Ängstlichkeit ihres Meisters. Kaum hatten sie ihren Arbeitsplatz verlassen, krachte es droben an der Gipsfluh. Mit donnerndem Getöse rollten Steine, Land und Schutt den Felshang herunter und verwüsteten den Arbeitsplatz der Holzarbeiter. Staub und Sand wirbelten durch die Luft, einige Steinblöcke rollten weit in die Viehweiden hinunter. Mit leichenblassen Gesichtern starrten die geretteten Holzer auf die verschüttete Arbeitsstätte. Das gefällte Holz steckte fast gänzlich in der schmutziggelben Schuttmasse. Erst beim Anbild der Verwüstung erkannten die Männer die Grösse der Gefahr, die über ihren ahnungslosen Häuptern geschwebt hatte. Voll Dank gedachten sie des gutherzigen Zwergleins, das sie mit seinem dreimaligen Warnruf vor einem grausigen Tode errettet hatte. Dem Pintenwirt baten sie ihr Spötteln ab. Schweigend stiegen die Holzfäller talwärts, noch ganz befangen vom Drucke des entronnenen Unheils. Die Lust am weiteren Reden war ihnen vergangen. Mit festem Händedruck trennten sie sich als Genossen gemeinsam durchlebter Gefahr. Ihren Lebtag vergassen sie nicht das seltsame Erlebnis am Abhang der Gipsfluh. Und ihre Kindeskinder haben die Erzählung getreulich festgehalten in der verschlossenen Kammer ihres Gedächtnisses.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Zwerg am Berg

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Vor langer, langer Zeit, lebte in einem Dorf eine arme Witwe, die ganz allein für ihre hungrigen Kinder aufkommen musste. Einmal, es war kurz bevor der Schnee kam, nahm sie einen grossen Sack und ging in den Wald um Tannenzapfen zu sammeln, als sie von einem heftigen Gewitter überrascht wurde. Dunkle Wolken zogen auf, der Wind blies immer heftiger und erste Schneeflocken fielen vom Himmel. Bald war die Frau ganz durchfroren und weiss vor Schnee und Kälte. Sie stapfte zu einem Felsen hin und suchte Unterschlupf in einer Höhle. Doch wie staunte sie, als sie sah, dass in der Höhle ein Feuer brannte. Ein kleines Männlein sass dort, wärmte sich und sprach: «Seid gegrüsst, gute Frau! Ist es nicht ein schreckliches Wetter heute?» Die Frau grüsste ebenfalls und antwortete: «Was macht schon das nasse Wetter! Der Schnee vertreibt die Feldmäuse und schützt unsere Wintersaat, und die Zapfen, die werde ich zu Hause trocknen.» «Kommt näher und wärmt euch. Findet ihr denn auch, dass der Winter eine schlimme Zeit ist?» «Aber nein! Ich finde den Winter schön und die Kinder lieben weisse Weihnachten. Jetzt muss ich aber nach Hause.» Die Frau stand auf und wollte den schweren nassen Sack heben, da sprach das Männlein: «Ich werde euch helfen, der Sack ist gar schwer.» Er schulterte den Sack und ging der Frau hinterher bis zum Dorf. Vor der Tür zu ihrem Haus sprach es: «Hört, gute Frau, geht ins Haus, schliesst alle Türen und Fenster und öffnet erst dann den Sack.» Mit diesen Worten verschwand das Männlein. Die Frau aber tat wie ihr geheissen und welch Wunder: Im Sack waren lauter Goldtaler! Von da an ging es der Familie gut. Sie konnten sich warme Sachen kaufen, mussten nicht mehr Hunger leiden und hatten genug, um an Weihnachten Geschenke an die Armen zu verteilen. Nun wohnte aber neben der Familie eine Frau, die wunderte sich sehr über den plötzlichen Geldsegen. Sie ging hin und fragte und fragte, und als sie alles wusste, nahm sie einen riesigen Sack und zog zu den Felsen hoch. Sie sammelte ein paar Zapfen, schaute zum Himmel hinauf und tatsächlich fielen ein paar Schneeflocken. Schnell ging sie auf die Höhle zu und sah dort schon das Männlein am Feuer sitzen. «Seid gegrüsst!», rief das Männlein. «Schlimmes Wetter heute.» «Ja, ihr habt recht», sagte die Frau. «Der Winter ist eine schlechte Zeit. Man friert, die Welt sieht aus wie ein Friedhof und das Leben ist eine Plage! Doch jetzt muss ich nach Hause!» Sie hob den Sack und schon sprang das Männlein auf, schulterte den Sack und trug ihn durch den Schnee bis zu ihrem Haus. Dann sprach es: «Hört gut zu: Geht ins Haus, schliesst alle Türen und Fenster und öffnet erst dann den Sack.» Die Frau eilte ins Haus, verschloss Türen und Fenster und öffnete den Sack, doch was kam heraus? Lauter Ameisen! Und die zwickten und zwackten sie, dass sie wahrhaft etwas zu schimpfen hatte. Das Männlein aber, hat man seit diesem Tag nicht mehr gesehen.  Quelle:Fassung Djamila Jaenike, nach der gleichnamigen Erzählung aus dem Jura von Edit Montelle.         Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Zwerg auf Kastelenalp

Source: Der Zwerg auf Kastelenalp

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J. Martin Usteri von Zürich erzählt in seinen Dichtungen (Ausgabe von D. Hess, 1831. 3 Thle.): In Kriens lag eine Wittwe gichtkrank; ihr Töchterlein Magdalena entschloss sich daher zum reichen Vetter auf die Kastelenalp hinauf zu gehen und von diesem eine Unterstützung für die verdienstlose Frau zu erbitten. Er empfieng sie mit grobem Hohn und jagte sie, trotz des furchtbaren Gewitters, das gerade am Himmel stand, zur Thüre hinaus. Im Unwetter erreichte sie weiter unten am Berge die Hütte des armen Aloys, den sie schon lange herzlich liebte. Er nahm sie auf, tröstete sie und liess sie, als der Regen vorüber war, nicht ohne das einzige Käslein fortgehen, das er noch besass. Auf dem nassen Alpengrase glitschte Magdalena aus, und das Käslein, das sie ihrer Mutter mitbringen wollte, fuhr in hohen Sprüngen von Wand zu Wand unaufhaltsam in die Tiefe. Während sie es wieder suchen will, wird es drüber Abend und Nacht. Da fühlt sie sich im Dunkel zu nicht geringem Schrecken an der Hand gefaßt, und wie sie umsieht, steht vor ihr ein Zwerglein, grau und winzig klein, das auf der Schulter ein Stück vom verlornen Käse und in der Hand Kräuter trägt. Fürchte dich nicht, sprach es, ich habe wohl gesehen, wie du heute beim Aloys geweint hast. Diese Kräuter werden deine Mutter heilen, und hier ist ein Stück von deinem Käse wieder; geh achtsam heim und meide die Sprünge. Magdalena kam glücklich heim, die Mutter wurde gesund, das Stückchen Käse aber war zu Gold geworden. Jetzt kaufte sie ihrem Aloys die Bründleralp und wurde seine glückliche Frau. Die Kastelenalp aber war im Ungewitter jenes Tages von einem Felsenrutsch verschüttet worden, der reiche Vetter zog mit einem zerschlagenen Fusse bettelnd im Lande umher. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 327 Zwergensagen aus anderen Schweizerkantonen Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Der Zwerg in den Hürlenen

Source: Der Zwerg in den Hürlenen

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Ein Plaffeier hirtete einst in den «Hurleni». Als er an einem Spätherbst Nachmittag nach der Gypsera hinabstieg, um Lebensmittel einzukaufen, brach unerwartet ein heftiges Gewitter los. Der Regen strömte in dicken Strähnen aus den Wolken. Dichte Nebelschwaden krochen aus den Schluchten und Gräben und machten es dem Bergler schwer, den richtigen Pfad zu finden. Aus dem stockdicken Nebel heraus rief ihm eine Stimme: «Hier! Hier!» Bald hörte er den unsichtbaren Rufer rechts, bald links, immer wechselte er den Standort. Es war ein Wichtelmann, der den Sennen zum Besten hielt. Darum beschloss der Hirt, in der nahen Alphütte «Galuzzi» einzukehren und dort zu nächtigen. Am andern Morgen wollte er seine Fahrt fortsetzen. Im dichten Bergheu fand der Mann ein warmes Nachtlager. Fast die ganze Nacht dauerte der Regen. Wie gross war das Erstaunen des Hirten, als er am folgenden Morgen beim Verlassen seines Nachtquartiers draussen die Bergweiden mit einer dicken Schneedecke überzogen fand. Eine Seltenheit, im Oktober schon so starken Schneefall zu erleben! Mühsam stampfte der Senne durch die Schneemassen seinem Ziele zu. Er deutete jetzt das Rufen des Bergmännleins als Vorboten des bevorstehenden Wettersturzes.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Zwerg in der Stampfe

Source: Der Zwerg in der Stampfe

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In Bettelried im Simmental war einst eine Stampfe wohin die Leute kamen um ihre Gerste zu Grütze stampfen zu lassen. In diesem Haus erschien nun eines Tages ein Zwerg und bat den Meister, ihn seinen Vorrat für den Winter einstampfen zu lassen. Da er sehr ärmlich gekleidet war, hatte die Hausfrau Mitleid mit dem Männlein und schlug ihrem Manne vor, demselben ein Wams aus ungebleichtem Zwillich zu machen. Des war der Mann gerne einverstanden. Als nun der Zwerg das nächste Mal wieder erschien, machte ihm die gutherzige Stampfmüllerin das Kleid zum Geschenk. Freudig nahm das Männlein dasselbe entgegen und zog es hurtig an. Dann beguckte es sich von oben bis unten und war der Freuden voll, dankte schön und ging mit seiner Gerste von dannen. Von der Stunde an ruhte ein besonderer Segen auf der Stampfmühle. Weder Kuh, noch Schaf, noch Geiss verirrten ihnen hinfort mehr. Ein anderer Mann im Simmental besass ebenfalls eine Stampfe, die er, da sie nichts mehr eintrug, abgehen lassen wollte, zumal ihm das Putzen wegen der vielen Scherereien entleidet war. Als er eines Tages heimkam, da war aller Vorrat schon gestampft und auch alles im Werk gleich gefegt dazu. Dies wiederholte sich nun verschiedene Male, ohne dass der Stampfmüller eine Spur des gutmütigen Täters hätte finden können. Die Neugierde plagte ihn lange darüber. Am nächsten Samstag kroch er daher in den Estrich über der Stampfe und guckte durch eine Ritze hinab. Es ging nicht lange, so hob sich plötzlich ein Laden des Fussbodens drunten. Ein Spitzkopf guckte wie eine Maus herauf, nieste, dann kam’s völlig herauf - ein drei Fuss hohes Männchen. Erst tänzelte es herum, dann machte es sich hurtig an die Arbeit, die rasch vonstatten ging. Nachher fegte es die Stampfe, ölte die Räder und stellte das Wasser wieder ab. Sich von oben bis unten beguckend, wie zerlumpt es aussah, jammerte es recht erbärmlich über seinen Zustand, ehe es verschwand. Der Müller bestellte dankbar Kleidchen, Schuhe und ein Filzhütchen und legte alles bereit. Nächsten Sonnabend gewahrte Fegmännchen die Bescherung, tat einen Freudensprung, kleidete sich an, trippelte herum und verschwand mit dem Spruche: "lg nit meh stampfe mah, lg schön Chleideli ha. Ig jitz tanze gah." Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Zwerg und der Kirschbaum

Source: Der Zwerg und der Kirschbaum

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Zur Zeit, da das wilde Völklein in den Flühen und auf den Alpen Burgfeld und Gemmenalp noch sesshaft war, stand in einer Matte im Spirenwald ein alter, grosser Kirschbaum. Dieser war ausserordentlich fruchtbar und trug alle Jahre, selbst in Fehljahren, die schönsten Kirschen. Man nannte ihn nur den Zwergenbaum, denn wie es heisst, war ein Bergmännlein mit der Bauernfamilie, der der Baum gehörte, eng befreundet und kam oft von den Bergen herunter zu ihr «z’Aabesitz». Am häufigsten fand es sich ein, wenn die Kirschen reif waren. Da ging es allemal nach dem Abendsitz zu jenem Kirschbaum, setzte sich auf den untersten Ast – immer auf den gleichen – ass da nach Herzenslust und trug alle an dem Aste noch übrigen Kirschen heim ins Gebirge. Merkwürdigerweise war der Ast jeden Morgen wieder «trübelt voll». Die Leute, zu denen das Bergmännlein kam, wunderten sich, warum es nie etwas von seinem Kirschengewinnen sage. Eines Abends durchsägte der Eigentümer des Baumes teilweise den Ast. Und richtig, in derselben Nacht stürzte der Zwerg mit dem Ast zu Boden. Darauf trat das Bergmännlein vor das Fenster des Hauses besagter Familie und rief: «Heute hier und nimmermehr da!» Von da an habe es sich nie wieder sehen lassen. Auch sei der Baum noch lange Zeit hernach gestanden, aber habe fortan keine einzige Kirsche mehr getragen.   Sage vom Beatenberg, Quelle unbekannt Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Zwerg von Itramen

Source: Der Zwerg von Itramen

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Hinter Itramen bei Grindelwald war ein Mann am Heuen. Als er sich just einmal umschaut wie das Wetter werden will, steht ein Zwerglein in langer Zottelmütze neben ihm und bittet ihn um eine Handvoll Heu. Der Bauer sieht den Knirps verwundert an und da dieser nicht grösser ist als ein achtjähriges Büblein erwidert er ihm lachend: "Was du in einer Bürde fortzuschaffen vermagst, kannst du haben!" Der Zwerg schien mit diesem Bescheid sehr zufrieden, machte sich in die Scheune und bald fing es an, aus dem Giebel heraus Heu zu regnen. Es hörte auch nicht eher auf, bis die letzte Gabel voll draussen lag. Das Bäuerlein aber kam vor lauter Staunen kaum zu sich; es traute seinen Augen nicht, als es sah, wie der Zwerg alles Heu in eine Bürde zusammenband und sich anschickte, dieselbe davon zu tragen. "Halt, du Schelm!" rief jetzt der Heuer, "so war die Sache nicht gemeint. Wenn es nach deinem Sinne geht, wirds um mich und mein Vieh im Winter schlecht bestellt sein." Das Zwerglein jedoch antwortete: "Lass nur gut sein, ist all dein Heu verbraucht, so lass mich’s merken." Damit verschwand der Knirps schon hinter dem nächsten Wald. Es kam ein langer Winter ins Land und schon lange vor den ersten Frühlingszeichen war das Heu bis auf den letzten Vorrat aufgebraucht. Der Bauer wusste sich kaum mehr zu helfen. Wie er nun eines Tages verzweifelt auf dem Heuboden hin- und her geht und in seiner Not nicht Rat weiss, erscheint im Balkenwerk plötzlich der Zwerg und sagt: "Vertraue dein Vieh nur mir an, du aber gehe alle Tage in den Stall und verrichte dein Tagwerk als ob nichts geschehen wäre und deine Tiere im Stall ständen. Nur musst du versprechen, die ganze Zeit kein Fluch- oder Lästerwort zu gebrauchen." Der Mann erklärte sich nach langem Bedenken mit dem Vorschlag einverstanden. Das Zwerglein hatte inzwischen die Herde auf und davon getrieben. Der Bauer sah den Davonziehenden mit langen Blicken nach. Er tat jedoch hernach, wie er geheissen worden war. Freilich konnte er bei dem Füttern und Melken im leeren Stall den Frühling kaum erwarten. Eines Tages wurde er über der törichten Arbeit verdriesslich und fing laut zu fluchen an. Kaum waren die Worte seinen Lippen entschlüpft, war ihm, als höre er die grosse Glocke seiner Leitkuh. Schnell sprang er zum Giebelboden und spähte durch die Luke hinaus. Der Glockenton schien ganz nahe vom Fuss des Eigers her zu kommen, dann hörte man das Geläute der ganzen Sennerei noch näher und jetzt kam richtig seine Herde am nahen Waldrand zum Vorschein, rund und fett, und neben jeder Kuh gleich ein Kälbchen. Auf der hintersten Kuh aber sass der Zwerg. Wie nun der Zug am Stalle eintraf, sprang der kleine Reiter zu Boden, drohte dem Bauer mit dem Finger und rief: "Hätt’st dein Versprechen gehalten, hätt ich das Vieh auch länger behalten." Damit war er verschwunden. Als aber der Senn die letzte Kuh besah, hatte sie nur noch drei Zitzen und er erinnerte sich jetzt, dass er im leeren Stand gerade dieser Kuh in die Luft hineingemolken hatte, als er den Fluch tat. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Zwergenkönig

Source: Der Zwergenkönig

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An einem kalten Wintertag, da Stein und Bein gefroren war, stieg ein junger Bursche aus Guttannen, haldan dem Walde zu, um Holz zu fällen. Dieser Bursche, Hans geheißen, war ein kühner Gemsjäger, ein tüchtiger Älpler und geschickter Bildschnitzer, aber so arm, dass ihm nicht mehr gehörte als das Hemd, das er auf dem Leibe trug, und sein Arbeitsgerät. Und dabei war er dem Mareili höldig, dem anmutigsten Mädchen des Dorfes, und auch sie hing von ganzem Herzen an ihrem Hans. Aber ihrem Vater, dem hablichsten Bauer der ganzen Talschaft, einem argen Cholderer, war ein solcher Schwiegersohn ganz und gar nicht willkommen, denn, wem der Geldsäckel dicket, dem trübet der Geiz und blühet der Hochmut. Bei Mareilis Vater galt allemal bei allem, was er tat und ließ der Spruch: «Hast du Geld, so tritt herfür, hast du keins, blyb hinter der Tür!» «Hans», sagte er zu ihm, als er gekommen war, um anzuhalten um die Hand der Tochter, «daraus wird nichts. Merk dir ein für allemal: Du bekommst das Mareili nur, wenn du gleich viel Geld blank und bar auf die Tischplatte zählen kannst, als sie aus meiner Truhe mit in die Ehe bekommt. Und überdies: vom Frühling ab muss das Geschleik ein Ende nehmen. Also mach voran!» Hans merkte wohl, dass der Alte ihn mit diesem Bescheid überhaupt abschlüsseln wollte, denn, wie hätte er bis zur Schneeschmelze sich eine so große Summe sollen redlich erwerben können, wo er alle Mühe hatte, als Holzfäller ein notdürftiges Auskommen zu verdienen. Aber so leer sein Beutel war, so voll war sein Herz. Geld tut viel, aber Liebe tut mehr. Und wer die Liebe verbieten will, der gürtet ihr erst rechte Sporen an. Auch weiß Liebe verborgene Wege und zwingt alles. So konnte es denn nicht fehlen, dass Hans und Mareili nur noch häufiger und inniger zusammen kamen als vorher. Aber wie eine finstere Wolke eine sonnige Matte, so verschattete der Abschlag des hartherzigen Vaters ihr Glück. Missmutig stapfte Hans durch den tiefen Schnee. Nur die dunklen Tannen ragten aus der weißen Decke hervor." Firste und Giebel der Häuser waren eingeebnet, und die Aare gluckste und gurgelte wie ein zahmes Bächlein unter der dicken Brücke von Eis und Schnee. Wie Hans an den Waldrand kam, hörte er miteins ein wehes Wimmern wie von einem Kinde, und ein unheimliches Fauchen und Zischen, ein Rauschen, Rascheln und Knistern, so dass ihm ganz angst ward. Jetzt, hörte er es wieder, ganz nah: ja, es war ein menschlicher Laut, ganz deutlich die Stimme eines Kindes! Er sprang mit einem Satz auf die Stelle zu woher die Stimme kam. Unter einer alten Wettertanne, deren dicht verschränkte Zweige den Schnee abgehalten hatten, erblickte er am Boden zwischen den Wurzeln eine gräuliche Schlange, einen Stollen wurm. Mit seinem Schweife hielt er ein winzig kleines bärtiges Mandli umschlungen, das hatte ein zündfeuerrotes Gewändlein an und ein goldenes Krönlein auf dem Haupt. Der Zwerg wimmerte nur noch schwach und röchelte schon. - Huissst - sauste Hansens Axt durch die Luft und spaltete dem Untier den Kopf, so dass die pfeilförmige Zunge ellenlang ihm zum Maule heraus lampte. Ein zweiter Streich trennte den Ringelschwanz vom Rumpf ab. Dann nahm er den Bold behutsam auf und rieb ihm die Schläfen mit Schnee. Alsbald schlug er die Äuglein auf und - wipps - sprang er auf seine Füßlein. «Hans», rief er, «du kamst eben noch recht, sonst war's um mich geschehen! Der Wurm da hat mich angefallen, als ich eben auf dem Wege war zu meiner Braut, die dort drüben unter jener Balm wohnt. Hans, ich schulde dir mein Leben und mein Glück, und zu seiner Zeit soll dir auch mein Dank zuteil werden. Fürs erste lade ich dich samt dem Mareili zu meiner Hochzeit ein in acht Tagen von heute ab auf dem Räterichsboden. Willkommen, willkommen! Es soll dein Glück sein Hans!» Und damit war das Mandli verschwunden, als wie ins Meer versunken. Lange stand der Hans mit offenem Mund da. Vor Staunen war ihm gar die Axt entfallen. Wäre nicht der tote Wurm vor ihm am Boden gelegen, er hätte fast geglaubt, alles wäre bloß ein Traum. Zwar hatten ihm als Kind die Alten daheim und im Dorf oftmals von kleinen Leuten erzählt, die da in den Klüften und Schlüften der Berge hausten, sich aber nur mehr ganz selten sehen ließen. Aber er und seine Gespanen hatten dergleichen immer nur für eitles Märchen gehalten. - Und dann, woher kannte ihn der Wicht so gut, dass er ihn bei Namen nannte, und wie konnte er gar vom Mareili wissen! - Ob wohl Mareili mit ihm kommen würde den weiten Weg mitten im Winter auf den Räterichsboden zur Hochzeit des Zwerges? «Nun, ich werde auf alle Fälle gehen und sehen, wie sich's damit verhält. Ob's Wahrheit ist oder Blendwerk», dachte der Hans, und machte sich frisch an die Arbeit. Am anderen Tag schon sah er das Mareili. «Weißt du was, Hans», sagte es gleich, «ich hab einen kuriosen Traum gehabt: es deuchte mich, es sei Sommer, und überall blühten die Blumen, aber viel, viel schönere als sonst. Auf einer grünen Matte, die sah ganz dem Räterichsboden gleich, begegnete ich einem winzigkleinen bärtigen Mandli, in zündfeuerrotem Gewändlein, ein goldenes Krönlein auf dem Haupt. Der grüßte gar manierlich und reichte mir einen prächtigen Maien, einen so schönen habe ich meiner Lebtag noch nie gesehen. , sprach es, mit einem silberfeinen Stimmlein, Und ehe ich ein Wort sagen konnte, war das Mandli verschwunden. Ich habe den Traum der alten Lina erzählt. Der wurde katzbang! Wem der Zwerg erscheine, dem tue er Böses! Aber das glaube ich nicht, denn das Mandli hat's sicher nur gut mit mir gemeint. Und überdies: alles war ja nur ein Traum!» Jetzt war die Reihe an Hans, zu erzählen, und er berichtete dem Mareili, was er unter den Wettertannen erlebt, von Anfang bis zu Ende. Sie wurden rätig, miteinander an die Hochzeit zu gehen. Aber keinem Menschen wollten sie ein Sterbenswörtlein davon sagen. Am achten Tage erwachten die Leute von Guttannen früher als sonst, denn bald nach Mitternacht war der Föhn eingebrochen und chutete von der Grimsel herab. Miteins war aller Schnee verschwunden. Matten und Weiden lagen aper bis hoch hinauf. Der Himmel war blau wie mitten im Sommer. Die Luft wehte warm und gegen den Räterichsboden zu schien es, als blühten die Alpenrosen an Gand und Wand. Die Aare rauschte und toste im vollen Schwall, und von der Handeck her toste dumpf der Sturz der Fälle. Die Leute staunten ob dem Wunder und werweißten hin und her, wie das auch so habe kommen können. Hans und Mareili aber stiegen unbemerkt selbander zu Berg. Ein bunter Regenbogen wölbte sich über der schäumenden Gischt der Schlucht, durch die die Aare brauste. Hell schimmerten im Widerschein der Sonne die Scheiben der Sennte, die ob der Schlucht unter den alten Tannen stand. Wie sie nahten, öffnete die Türe sich, und über die Schwelle trat ein Zug von kleinen Männlein in braunen goldbestickten Gewändlein, und ein jedes führte ein festlich geputztes eben so winziges Fraueli an der Hand, in schneeweißen Kleidlein, geschmückt mit wasserhellen Kristallen, die wie Tautropfen in der Sonne glänzten. Der Anführer der Schar, der die Schwungfeder eines Schneehuhns an der Kappe trug, blieb vor Hans und Mareili stehen, verbeugte sich ehrerbietig zum Gruß und sprach: «Unser König schickt uns zu eurem Empfang. Wir werden euch zum Festplatz geleiten, und, damit wir mit euch gleichen Schritt halten mögen, so erlaubt uns, unsere Pferde zu besteigen.» Sprach's und winkte, da kamen kleine flinke Knechtlein hurtig mit zierlich aufgezäumten Gamsen herbei, das Geschirr über und über mit silbernen Glöcklein behangen. Und Männlein und Weiblein schwangen sich in den Sattel, und, Hans und Mareili in die Mitte nehmend, zog das kleine Volk unter hellen Jubelrufen bergan. Allenthalben von Nossen und Tossen herab tönte das Spiel von kleinen Musikanten - es war, als sängen die Engel im Himmel - und aus allen Büschen und Bäumen, Felsen und Flühen kamen neue Scharen festlich gewandeter Wichte auf Gamsen und auf Murmeltieren geritten, oder auf Schneehühnern und Bergdohlen von Zinnen und Zacken geflogen und mehrten den Zug. Auf dem Räterichsboden blühten die Alpenrosen und allenthalben leuchteten blaue Enziane und der würzige Duft der Bränderli erfüllte rings die Luft. Weit und breit standen zierliche Laubhütten und Zelte. Dazwischen schmurzelte und briet es lustig an den kleinen Feuerlein. An langen Tischen schmauste zahllos das kleine Volk. In der Mitte ragte das königliche Zelt empor, aus seidenweißem Asbest gewoben, mit der goldenen Krone auf der Spitze. In einem prächtigen Gefährt, von stolzen Steinböcken gezogen, kam das königliche Paar den Gästen entgegen gefahren. Es war der Zwerg, den Hans aus dem Rachen des Stollenwurms gerettet hatte. «Willkommen zum Fest!» sprach der König, «schau hier, das ist meine Braut! Und es freut mich, auch deine Verlobte kennen zu lernen.» «Oh, so weit ist's mit uns noch nicht», antwortete Hans. «Ja, ich weiß schon, weiß schon», sagte das Mandli wieder, «aber, ehe der Monat um ist, werdet ihr Eheleute sein! - Doch nun kommt und seit unsere Gäste für die Dauer des Festes!» Drei Tage lang schien in Guttannen die Sonne warm wie im Sommer. Hans und Mareili waren ausgeblieben seit jenem ersten Tag, und die Dörfler vermuteten schon, sie hätten sich aus Kummer ein Leid getan; denn alle wussten, wie es um sie bestellt war. Mareilis Vater war trostlos. Jetzt reute ihn, dass er so hart gegen sein eigen Kind gewesen und er schwur hoch und heilig, wenn die beiden noch am Leben wären, wolle er alles wieder gutmachen. Man fragte, man werweißte, man suchte. Aber niemand wusste Auskunft. Hans und Mareili hatten sich derweil an dem Fest nach Herzenslust vertan. Tanz, Spiel und Schmaus drängten einander, und unversehens waren ihnen die Tage vergangen, grad als wären's bloß ebenso viele Stunden. Am Abend des dritten Tages geleiteten der König und die Königin sie durch das Gewimmel des feiernden Völkleins, und unvermerkt kamen sie an das Brücklein, welches den Räterichsboden von dem wüsten Geröllfeld trennt, das zwischen dieser Stelle und der Handeck sich erstreckt. «Unsere Lustbarkeit ist zu Ende», sprach da der König. «Wir müssen für diesmal scheiden. Ich muss zurück in mein Reich unter der Erde und das Feuer schüren, das in Ustagen die Blumen und Blätter allenthalben aus dem Boden treibt, und mein Fraueli, das sorgt für die Quellen und Bäche, so dass sie springen und sprudeln und alles tränken, was da sprießt und sprosst. - So lebt denn wohl! Und vergesst nicht, uns dann auch rechtzeitig zu eurer Hochzeit zu laden. Hier», sagte er zu Hans gewandt, indem er drei runde glänzende Quarzkiesel vom Boden aufhob, «hier nimm diese Steine und hab Sorg dazu. Bedarfst du meiner, so wirf nur immer einen dieser Steine in die Aare und nenne Tag und Stunde und die Sache, der es gilt, und ich werde pünktlich erscheinen.» Die kleine Königin aber löste den Maien von Enzianen und Alpenrosen, den sie an der Brust trug, und reichte ihn Mareili. «Nimm diese Blumen zum Angedenken», sagte das allerliebste Wesen, «sie verwelken nie, und sollte einst eines deiner Kinder erkranken, so lege ein Blättlein aus dem Strauß in die Wiege, und es wird alsbald genesen.» Noch ehe Hans und Mareili recht wussten, was ihnen geschah, war aufs Mal alles verschwunden: Blust und Wust, der König mitsamt dem unzähligen Völklein. Die Sonne ging eben zu Gold, als Hans und Mareili ins Dorf zurückkamen. Niemand wollte ihnen glauben, als sie ihre Erlebnisse erzählten. Mareilis Vater, den die Angst um sein Kind zuvor weich und gefügig gemacht hatte, tobte, fluchte und schalt, dass schier die Sterne vom Himmel fielen, und verbot der Tochter jeden weiteren Umgang mit Hans, dem er als einem Lotterbuben das Haus verbot. Voller Zorn und Verzweiflung irrte Hans nun in den verschneiten Fluren umher. Denn mit dem vierten Tage war der Zaubersommer zerronnen, so wie er gekommen, und tiefer Schnee deckte wieder Berg und Tal. Und zu Eis erstarrt waren die Aare und alle Bäche. Trübsinnig stand der Hans unvermerkt wieder unter der alten Wettertanne, wo er den Stollenwurm erschlagen hatte. Da zupfte ihn plötzlich etwas am Rock. Es war das Zwergenmandli. «Nun, Hans, dein Schwiegervater will scheint’s hart gegerbt sein, ehe er die Haare lässt. Doch sei guten Mutes! Es soll dir noch alles nach Wunsch gehen.» «Ach», antwortete Hans missmutig, «ich weiß nicht, wie das zugehen sollte. Gerne möchte ich ja euerm Worte glauben. Aber vielleicht kommt alles nur noch ärger durch eure Dazwischenkunft. Denn seit dem Besuche bei euch, darf ich Mareili nicht einmal mehr sehen.» «Ach was, Hans, sei nicht so stiegelsinnig! Geh jetzt heim und leg dich beizeiten auf den Laubsack, sonst möchtest du heute Nacht vielleicht nicht erwachen.» Sprach's und war verschwunden. Der Hans ging kopfschüttelnd heim, wenig fehlte, er hätte mit sich selber geredet, und tat, wie er geheißen war. Um Mitternacht weckte ihn plötzlich ein greller Schein, der die Nacht taghell erheiterte. Mareilis Haus stand in lichter Lohe. Geschwind wie der Wind rannte Hans hinzu. Das ganze Dorf lag im tiefen Schlaf, und auch in dem brennenden Haus regte sich niemand. Schon schlugen die Flammen an den Dachsparren hinauf. Durchs Feuer sprangen Zwerge und warfen Pechkränze in die Glut. Hans rief, so laut er vermochte, fürio! um die Dörfler zu wecken. Da verschwanden die Zwerge. Am Fenster aber zeigte sich Mareili, die Hände ringend. Die Balken barsten, die Treppe stürzte ein. Hans schlug eine Leiter an und kletterte hinauf, so geschwind, wie ein Eichhorn an einer Tanne hinauffährt. Er sprang durchs Fenster in die brennende Kammer. Die Flammen schienen vor ihm zu weichen. Aber da war er schon wieder und stieg behend die Leiter herunter, Mareili ohnmächtig auf den Armen tragend. Er setzte sie ab und schon war er wieder die Stiegen hinauf und brachte auch ihren Vater glücklich aus dem brennenden Haus heraus. «Hans», sagte der Alte, ganz verstört, «Hans, jetzt sind wir gleich reich, du und ich.» «Ja», erwiderte Hans, «jetzt gilt der Spruch: «D's Harzemachers Tochter und d's Hungerlyders Suh, die beiden händ enander einewäg gnuh.» Und er umarmte das Mareili und küßte es vor allen Leuten mitten auf den Mund. Und am anderen Tage schon warf er einen der Kiesel in die Aare, um den Zwergenkönig samt seiner Gemahlin zur Hochzeit zu laden. Als man die Brandstätte aufräumte und die Trümmer des Hauses durchsuchte, fand man den Maien, den das Zwergenweiblein Mareili geschenkt hatte, frisch und unversehrt unter der rauchenden Asche. Er war wie durch ein Wunder erhalten, denn die Lade, in der er gelegen, war verbrannt. Mareili trug ihn beim Kirchgang als ihren schönsten Schmuck an der Brust. Lange hatte das Hochzeitpaar auf den Zwergenkönig gewartet. Vergeblich, er blieb aus. Als man nun aber nach der Trauung zu Tische ging und die Suppenschüssel abdeckte, siehe, da war die Suppe verschwunden, die Schüssel aber bis zum Rande mit Goldstücken gefüllt. Das Haus wurde stattlicher und schöner wieder aufgebaut. Und Hans, der nun der reichste Mann im Dorfe war, lebte fortan glücklich mit Mareili. Die verbliebenen Kiesel aber trug er eines Tages auf den Räterichsboden hinauf und legte sie dort nieder, damit niemand in Zukunft sie sollte missbrauchen können, indem er dem guten Zwerg innig Dank sagte. Mareilis Maien aber bewährte im Laufe der Jahre, die da gingen und kamen, häufig seine heilende Kraft. Ihre Kinder wuchsen und gediehen. Und in hohem Alter beschloss ein sanfter Tod ihr glückliches Leben an ein und demselben Tage.   Quelle: Schweizer Märchen, Sagen und Fenggengeschichten, hrg. von Curt Englert-Faye, Zbinden Verlag        Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Zwingherr

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In jenen trüben Zeiten, als sich auch in der Schweiz noch einzelne Leute die unbeschränkte Herrschaft über Leib und Seele ihrer Mitmenschen anmaßten, lebte in der Gegend bei Wald ein „Hagheer“, oder Zwingherr. Dieser trieb’s gar bunt. Er begnügte sich nicht damit, dass ihm das Volk Zehnten und Abgaben aller Art zutragen und in aller Rechtlosigkeit dahinleben musste, er bedrückte es auf jede ersinnbare Weise. Um aber seine Untertanen so recht fest in seiner Eisenfaust zu haben, auf dass sie auch bei den unerhörtesten Härten nicht gegen sein selbstherrliches Regiment aufmucken dürften, beschloss er, auf dem „Farner“, einer Anhöhe, eine gar stolze uneinnehmbare Zwingburg zu erbauen. Und zwar sollte ihm sein leibeigenes Volk die Steine und das Holz zu dieser Burg ziehen, durch die er doch seine Befreiung für alle Zeiten verunmöglichen wollte. Vorher aber sollten die mächtigen Eichenstämme und Buchen, die man für die Burg hatte fällen müssen, sorglich hergerichtet werden. Hiefür hatte der Hagheer den geschicktesten Zimmermeister der ganzen Landschaft herbefohlen. Unter seiner Anweisung sollten die geplagten Bauern das Holz regelrecht behauen lernen. Am Tage, an dem der Zimmermeister mit seiner Arbeit beginnen wollte, stellte sich auch der Tyrann der Talschaft auf dem Platz ein. Überall lag das Holz in gewaltigen Trämeln herum. Neugierig und mit grimmigem Angesicht trat der Hagheer zu dem auserlesenen Zimmermann, um ihm zuzusehen und sein Werk zu überwachen. Dieser schärfte eben seine Axt mit einem Wetzstein, also dass sie glänzte wie das Wetterleuchten. Wie nun der Hagheer bei ihm stand, entfiel ihm der Wetzstein. Rasch wollte er sich darnach bücken, aber stöhnend fuhr er wieder auf, blieb kerzengrad stehen und sagte wehleidig, es sei ihm auf einmal so in den Rücken geschossen, er habe gewiss den Hexenschuss bekommen, weil er sich gar zu rasch hätte bücken wollen. Und dann bat er den Hagheern bescheidentlich und mit den hochachtungsvollsten Augen der Welt, er möchte doch so gut sein und ihm den Wetzstein aufheben, damit er mit seiner Arbeit gleich beginnen könnte; die Bauern lernten sonst die Langhölzer nie richtig abschwarten. Also bückte sich der Zwingherr, der das sonst keineswegs gewohnt war, brummelnd nach dem Wetzstein. Da ließ der handfeste Zimmermeister seine Axt gar gewaltig auf seinen Nacken niedersausen, also dass der Kopf einen Luftsprung tat und darnach zwischen die Baumstämme rollte. Jetzt erhob sich aus dem etwas abseits stehenden Volke ein Berg und Tal ausfüllendes Aufjauchzen und Frohlocken, und hoch priesen alle den schlauen und schlagfertigen Zimmerer, der das Land für immer von der angedrohten Hagheernburg, aber auch von aller Zwingherrschaft erlöst hatte.     Meinrad Lienert, Zürcher Sagen. Der Jugend erzählt, Zürich 1918. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.    


by Der Zwingherr auf Grafenbühl

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Aus dem Tal des rauschenden Kiesenbaches führt von Oberdiessbach eine gut gebaute Strasse hinauf ins hochgelegene Tal von Linden und hinüber nach Röthenbach. Auf der Wasserscheide liegt der Grafenbühl. Hier soll, wie uns die Sage berichtet, auf hohem Felsen ein festes Schloss mit dicken Mauern, mächtigen Türmen und tiefen Gräben gestanden haben. Finster schauten die Türme ins Land, noch finsterer aus den engen Mauerlöchern der Zwingherr, der auf dem Schloss hauste. Er soll ein harter, ungerechter Mann gewesen sein, der die Kaufleute auf dem Wege überfiel, ihnen ihre Habe wegnahm und sie umbrachte oder ins dunkle Burgverlies steckte, wenn sie wagten, sich zur Wehr zu setzen. Nicht weit vom Schlosse lebte ein biederer Landmann mit seinem Weibe. Ihre Freude und ihr Stolz waren zwei brave Kinder, ein fleissiger Sohn und eine blühende Tochter. Die hiess Berta. Ihre Wangen blühten wie die Hagröslein am Waldsaum, die Augen leuchteten wie der Enzian im Wiesengrund, und golden wallte ihr Haar um Schultern und Wangen. Einmal geschah es, dass der Zwingherr die Jungfrau bei der Arbeit erblickte. Sie gefiel ihm so sehr, dass er sie durch seine Reisigen gefangen ins Schloss führen liess. Sie sollte seine Frau werden. Das Mädchen wehrte sich aber, das Weib eines Räubers zu werden und weinte bitterlich hinter den hohen Mauern und starken Eisengittern. Auch im Hause des Bauern herrschte Trauer. Mit tiefem Weh im Herzen gingen Vater, Mutter und Sohn der Arbeit nach. Der Sohn schwur dem Burgherrn bittere Rache. Nicht eher wollte er ruhen, als bis er die Schwester befreit und das finstere Schloss mit Hilfe seiner Freunde in Trümmer gelegt hatte. Eines Tages pflügte der Bauer mit seinem Sohn einen Acker. Da kam der Tyrann hohnlachend dahergeschritten. «Deine Zeit ist um!» schrie der Jüngling, erhob mit kräftigem Schwung seine Hacke und liess sie auf das Haupt des Zwingherrn niedersausen. Der Getroffene stürzte entseelt zur Erde und wurde an der nämlichen Stelle verscharrt. Darauf riefen die beiden die Talleute zusammen, sie erstürmten das Schloss und warfen den Feuerbrand hinein, so dass keine Spur von der stolzen Feste übrig blieb. Kein Buch nennt die Namen der mutigen Talleute, nur auf der Ofenbank erzählt noch heute der Grossvater seinen Enkeln die Geschichte von dem wüsten Zwingherrn auf dem Grafenbühl. Emmentaler Sagen, Hermann Wahlen, 1962 Gute Schriften Bern Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Zwingherr von Wartenstein im Emmental

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Aus den meisten Burgen des Kantons Bern sollen Zwing- oder Twingherren gehauset haben. Auch auf Wartenstein im Emmentale lebte ein solcher. Seiner Bedrückung müde, beschlossen die Talbewohner, ihn zu vertreiben. Man setzte ihm lange vergebens nach, denn wenn er ausritt, hatte er ein Pferd, dem die Hufeisen verkehrt aufgeschlagen waren. Endlich hat er sein Geld und sich selbst in einen Sodbrunnen gestürzt. Der Schatz kann nur gehoben werden mit Hilfe eines schwarzen Ziegenbockes und eines unschuldigen Knaben, der seinen Vater nie gesehen hat. Quelle: Theodor Vernaleken, Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch


by Der Zwingherr von Wolhusen und die drei Rosse

Source: Der Zwingherr von Wolhusen und die drei Rosse

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In Wolhusen war einst eine Zwingburg. Eines Tages ritt der Herr bei einem Bauernhause vorüber und sah daselbst einen prächtigen Baumstrunk liegen. Barsch befahl er dem Bauern, dass er bis längstens zur Mittagszeit des andern Tages ihm das schöne Bauholz vor das Schloss hinauf gebracht haben müsse. Spricht 's und sprengt davon. Dem Manne aber war es nicht nur leid um den schönen Stamm, es war ihm auch bange, wie er mit seinem schwachen Gespann das schwere Stück den steilen Schlossweg hinaufzubringen vermöge. Da klagte er dem Nachbarn seine Not. „Las es nur gut sein und betrübe dich nicht; will dir schon helfen, es soll nicht fehlen." Richtig, um die bestimmte Stunde, als mein Bauer sich ans Werk machen will, da steht der Nachbar schon auf dem Platz, hat drei Pferde angespannt und ist zum Abfahren bereit. Aber welch' stolze, mutige Rosse waren das, alle so schwarzglänzend! Im Nu waren sie droben vor dem Schlosse. Der Zwingherr freute sich und erstaunte ob dem muntern, sondergleichen Gespann. „Die sind mein!" herrschte er heraus. „Ja wohl, sind sie dein. Siehe da! Das ist dein Vater, das dein Grossvater und dein Ahnenvater das - und wenn du so fortfährst im sündigen und ungerechten Tun, wirst du auch was sie - dann sind 's zwei Paare!" Und die Tiere bezeugten das; jedes gefragt, nickte mit dem Kopfe. Der Schlossherr erblasste. Weiss nicht, ob er sich gebessert hat.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Der Zwingnagel

Source: Der Zwingnagel

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Man war in der Flumser Alp "Fursch" eines Nachmittags mit dem Vieh und den Sennereigerätschaften aus dem obern auf den untern Säss herabgezogen. Der rohe Senn hatte absichtlich seinen Melkstuhl oben zurückgelassen, um den gutmütigen, aber furchtsamen "Baschi" oder Küherbuben damit zu ärgern und zu ängstigen. Gegen Zunachten befahl er diesem, den Melkstuhl sogleich zu holen. Ohne Widerrede, aber mit bangem Herzen machte sich "Baschi" auf den Weg und kam in dunkler Nacht zur Sennhütte des obern Sässes, in welcher er sich auf die "Tril" oder auf die Schlafstätte der Alpknechte zur Ruhe legte, weil er es weder für notwendig noch für ratsam hielt, sogleich zurückzukehren. Es war totenstill in und um die öde, verlassene Hütte. Da plötzlich vernimmt er eine lustige Musik im Freien und ein Geräusch und Getrampel wie von einem ländlichen Tanze. Hierauf pochte es heftig an die Hüttentüre, und gleichzeitig traten mehrere unheimliche Gestalten, von denen einige noch Geigen in der Hand hielten, in die Hütte herein und trafen Vorkehrungen, als ob sie sennen wollten. Bald aber rief einer dieser gespenstigen Sennen: "Es ist nit suber in dr Hüttä; i gschmöggä Minschäbluot!" Der "Baschi" hatte sich schon vorher im Bettheu versteckt; er zitterte wie ein Espenlaub und schwitzte vor Angst, blieb aber unterdessen mäuschenstill. Der Geist hob nochmals an: "Där, wo uf der Tril lit, söll ahä chu und mit Wohrheit sägä, was er do ztuä heb; es ward em dinn nüt Leids gschieh!" Nun erhob sich der "Baschi" von seinem Lager und stotterte heraus.- "Ich bi nu an armä Zwingnagel, und üsärä Senn hat mi gnötiget, no in dr Nacht vu do si Mälchstuohl z' holä." Hierauf sagte der Geist ganz freundlich zu ihm, weil er die Wahrheit gesprochen habe, so könne er nun eine Kunst lernen, welche er sich nur wünsche. Ermutigt gab der "Baschi" den Wunsch zu erkennen, so schön geigen zu lernen, wie er es soeben gehört habe. Alsobald erhielt er eine prächtige, neue Geige, auf welcher er unter Anleitung und Begleitung der andern Spielleute bis nach Mitternacht sich so hurtig üben musste, daß ihm dabei fast schwindlig wurde. Da hiess es plötzlich: "Halt!" Und der ganze Spuk war verschwunden. Der "Baschi" befand sich wieder allein; aber die Geige war ihm geblieben. In der Frühe des Morgens nahm er sie unter den Arm, hängte den Melkstuhl an die Schulter und kam dann gerade zum "Stofel" zurück, als die Alpknechte mit Melken beginnen wollten. Der Senn rief ihm entgegen: "Chunnst indli ämol, du glampätä Hösi!" Um diesen zu befänftigen, fing der "Baschi" zu geigen an. Das setzte aber keinen geringen Spektakel ab. Kühe und Kälber, Schafe und Schweine, alles, was Leben hatte, begann zu tanzen wie rasend und tanzte fort, solange die Geige ertönte. Erst als der Senn kaum mehr zu schnaufen vermochte und mit dringendem Bitten Ruhe verlangte, hörte der "Baschi" auf und eröffnete, wie er diese Kunst übernacht von einigen Männern in der Obersässhütle erlernt und die Geige als Geschenk erhalten habe. In der Meinung, gewiss auch noch etwas Rechtes erlernen und erwerben zu können, eilte dann der Senn am nächsten Abend ebenfalls in die Obersässhütte hinauf, kehrte aber nimmer zurück, und als man ihn aufsuchte, fand man dessen Körper in viele Stücke zerrissen und an den "Gepsenlatten" aufgehängt. J. Natsch. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 312, S. 175f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Zwingvogt auf der Burg Stadion

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Es mag vor bald sechshundert Jahren gewesen sein, da lebte auf der Burg Stadion, mitten im Dorfe Näfels, ein Zwingvogt, Walter geheissen; der war ein gar strenger Herr und liess die Bauern nach seiner Pfeife tanzen. Wer’s aber nicht tun wollte oder wer gar laut oder leise über ihn zu schimpfen versuchte, dem liess er zur Strafe das erstbeste Haupt Vieh, und nicht das schlechteste, aus dem Stall holen. Wehrte sich der Bauer gar, so standen eines Nachts unversehens die Burgknechte vor seiner Türe, und er verschwand auf Nimmerwiedersehen. Nicht viel besser erging es auch jenen, die um Martini nicht zu zinsen vermochten oder sonstwie mit dem Vogt hintereinander gerieten. So war es denn nicht zu verwundern, dass die Bauern von Jahr zu Jahr unzufriedener wurden und heimlich auf Änderung sannen. In dunklen Nächten standen sie zusammen und berieten, was gegen den Vogt unternommen werden könnte. Da sie auch unter den Burgknechten mehr als einen kannten, der ihnen wohl mochte und des Vogtes überdrüssig war, ihnen auch heimliche Hilfe versprach, so fingen sie an, scharfe Sensen zu schmieden, und nebenbei auch für Speer und Spiess zu sorgen. Wie sie alles bereit haben, so schiesst einer der Knechte, es war der redlichste von allen und hiess Arnold, einen Pfeil mit einem Zettel über die Mauern zum Heerweg hinauf. Darauf stand geschrieben «Heute Nacht, wenn der Wächter zum dritten Mal ruft!» Wie aber der Pfeil vom Bogen saust, so kommt eben der Vogt zum Tor hineingeritten und fragt den Knecht mit böser Stimme, was er über die Mauern zu schiessen habe? «Gnädiger Herr Landvogt», sagt der Knecht, «ein Bauernhund ist durch unsere Felder gelaufen; der läuft jetzt nicht mehr – wozu brauchen die Bauern Hunde zu haben?» Der Vogt war’s zufrieden. In der Nacht nun sammelten sich die Bauern in vielen kleinen Haufen. Mit Leitern und Spiessen und Sensen bewaffnet, schlichen sie der Burg zu, und als der Wächter die dritte Stunde gerufen, so kletterten sie behende über die Mauern, wo sie am tiefsten waren, liessen die Zugbrücke hinunter, stiegen durch Fenster und schlugen die Türen ein und überrumpelten so den Vogt und sein Gesinde, bevor er auch nur Gelegenheit hatte, Helm und Panzer überzuziehen. Eine Stunde später schon leuchtete der Himmel über dem Glarnerland blutrot, und das war nicht das Morgenrot, sondern des Vogtes Zwingburg, die samt allen Türmen und Stuben und Kammern zu Schutt und Asche verbrannte. Des Vogtes Blut aber begehrten die Bauern nicht. Sie liessen ihn laufen, so weit ihn seine Füsse trugen.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Der Zwischenfall auf Laubegg

Source: Der Zwischenfall auf Laubegg

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Der Zwischenfall auf Laubegg 1799 wurde auf Laubegg - andere meinen in Samstagern - vor dem Hause des Bauern Bär ein österreichischer Soldat erschossen. Bärs Knecht nahm dem Krieger die Waffen ab und versorgte sie  im Hause. Die Nachbarn schoben die Mordtat auf Bär hinaus und verklagten ihn bei den Österreichern. Diese durchsuchten das Haus und fanden die Waffen des Kameraden. Bär beteuerte seine Unschuld, wurde aber gleichwohl abgeführt. Geknebelt banden sie ihn zwischen zwei Rosse und schleppten ihn nach Bäch ins Lager. Das Militärgericht sprach das Todesurteil aus. Am folgenden Morgen sollte es bereits vollstreckt werden. Von diesem hatte mittlerweile auch Dr. Landis vernommen. Er war Bärs Freund. Er vermutete, dass Bär unschuldig sei. Sofort schickte er Boten an General Hotze nach Zürich. Unterdessen untersuchte man Bärs Haus nochmals und fand im Keller einen Franzosen, welcher den Österreicher erschossen hatte. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Schriftliche Mitteilung von Peter Ziegler, Wädenswil, der die Sage von Landwirt Albert Haab im Steinacher, gest. 1955, erzählen hörte.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Zwölfistein

Source: Der Zwölfistein

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Der Zwölfistein Wenn man vom Dorfe Hinwil aus auf der Sonnenseite der Allmannkette gegen den Bachtelberg emporsteigt, bemerkt man hart an der Strasse, etwa fünf Minuten oberhalb Wernetshausen, einen Findling aus Speernagelfuh. Das ist der Zwölfistein. Dieser dreht sich, wenn es am Basler Münster (nach andern an der Hinwiler Kirche) Mitternacht schlägt, bei jedem Schlag einmal herum. Es sind zwar schon viele um Mitternacht auf dem Bänklein davor gesessen, besonders im Sommer, aber sie haben vor lauter anderem den Stein nicht sich drehen gesehen. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Überlieferung in der Gegend von Hinwil. Es ist nicht abgeklärt, ob der Stein etwas mit der Zeitbestimmung zu tun hat. In neuerer Zeit sind weder Schattenwurf noch Stellung zur Sonne kontrolliert worden. Etwa 400 m südlich davon befindet sich die Balm. Vielleicht hat der Stein in keltischer oder alemannischer Zeit ein Rolle gespielt. Das Haus zur Palm oder Balm wurde 1782 gebaut .An seiner Stelle stand vorher eine private Sternwarte der Gebrüder Rüegg im Neubrunnen-Wernetshausen. Sie bestand aus einer einfachen Steinhütte mit einem Fernrohr darin.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Zwyer

Source: Der Zwyer

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Vor dem uralten Haus in der Zwyer-Matte in der Gemeinde Altdorf, das im 17. Jahrhundert dem Landammann und General Sebastian Peregrin Zwyer von Evibach gehört hat, stand bis vor etwa einem Jahrzehnt eine steinerne Landsknechtenfigur mit nur einem Arm. Das Volk nannte sie nur den »Steinmann« und behauptete, sie stelle den Zwyer selber dar und besitze deshalb nur einen Arm, weil auch der Zwyer einen Arm verloren habe. Es ging die Sage, dass die Besitzer des Hofes den Steinmann nicht ungestraft entfernen dürften. Man habe ihn einigemal in den Keller hinuntergestellt, aber dann hätten sie im Hause keine Ruhe gehabt, und im Keller hätten zwei Soldaten in der Tracht des Steinbildes miteinander gekriegt. Die Kinder, die im Hause in der Zeit zur Welt gekommen, da der Steinmann im Keller gewesen, hätten nur einen Arm gehabt. Jetzt befindet sich der ehemalige Unruhestifter im kantonalen historischen Museum in Altdorf, aber mit gefälschtem Haupt; das echte hatten ihm übermütige Nachtbuben geraubt. Eduard Kempf und a. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Der Zyland

Source: Der Zyland

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Vor alten Zeiten kam einmal zu den Leuten in Obegg bei Zweisimmen um die Zeit der Heuernte ein junges Zwerglein, setzte sich neben die Heuer und blickte ihrer emsigen Arbeit zu, als ob es dieselbe ebenfalls erlernen wollte. Die Leute hatten ihre helle Freude an dem winzigen Beobachter. Da sie ihn aber über die Zukunft ausfragen wollten, haschten sie nach ihm und fingen ihn. Jetzt erschien am Waldrande der alte Zwerg und schrie: Sie mögen dich ertränken, Sie mögen dich erhenken, Sie mögen dich erstechen, Dir Arm und Beine brechen: Fürcht’ weder ihre Macht noch List, Doch sag’ nicht, wofür der Zyland* ist. *Seidelbast, der zum Öffnen geheimer Schatzgewölbe dienen soll. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Des "wilden Mannlis" Dankbarkeit

Source: Des "wilden Mannlis" Dankbarkeit

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Aus der Feuscha, einem Berggute zuvorderst auf der wohl 500 Meter hohen Krachenwand, in deren Mitte sich eine unzugängliche, grosse Höhle befindet, lebte vor Zeiten ein Familienpaar, das von den "wilden Mannli", welche in obgenannter Höhle wohnten, häufig besucht wurde. Die Wilden wussten zu ihrer Höhle einen geheimen Weg, Sie waren schwindelfrei; denn die Kinder bekamen in den ersten Jahren als Nahrung nur Gemsenmilch, welche das beste Mittel gegen Schwindel ist. In einer stürmischen Herbstnacht wurde an der Haustüre geklopft. Ein "wildes Mannli" begehrte für seine Frau Hilfe, die ihm auch gewährt wurde. Auf einem gänzlich unbekannten Pfade gelangten sie nach kurzer Zeit in die Höhle. Mit Tagesanbruch verabschiedete sich die Frau und erhielt als Belohnung eine Schürze voll Kohlen, die sie unwillig annahm, Anf dem Wege warf sie das wertlose Geschenk weg; nur ein einziges Stück nahm sie mit. Jetzt hörte sie in der Ferne rufen: "Je mehr du verwirfst, je minder du hast!" Sie drehte sich um und sah das "Mannli", das den Zeigefinger erhoben hatte und ihr einen seltsamen Blick zuwarf. Als sie zu Hause angekommen war, hatte sich die vermeintliche Kohle in ein Goldstück verwandelt. Schnell machten sich beide auf, um den weggeworfenen Schatz zu suchen. Sie kamen aber zu spät; denn das "wilde Mannli" war ihnen zuvorgekommen und hatte die Kohlen aufgelesen und wieder in seine Höhle mitgenommen. Die beiden Gatten sahen den ehemaligen Gast noch oft bei ihrem Hause vorbeigehen. Eingekehrt ist er dort niemals wieder. L. Jäger.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 210, S. 102 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Des Beatus Wundermantel

Source: Des Beatus Wundermantel

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Beatus zog einst von seiner Felsenwohnung, vor welcher er um Heil der Bewohner eine Kapelle errichtete, zu den Leuten im Üchtland, am andern Ufer des Thunersees. Da er aber kein Schifflein besass, um hinüberzukommen, verlieh ihm Gott die Wundergabe, auf seinem Mantel über den See zu fahren. Einst aber wollte der Heilige wie gewohnt auf seinem, von Engeln gewirkten Zaubermantel über den See fahren. Doch kaum war er einige Klafter weit vom Lande entfernt, so versagte der Mantel den Dienst, drehte sich ringsum, schwankte bedenklich auf die Seite und fing sogar an rückwärts zu treiben. Vergeblich war Beatens Rudern. Solches war ihm nie zuvor begegnet. Er dachte nach und plötzlich schlug ihm das Gewissen. Er hatte im Heruntersteigen in der Gegend von Merligen einen Zaunstecken ausgerissen um ihn als Stütze zum Wandern und zugleich als Ruder bei der Seefahrt zu brauchen. Das war ein Unrecht; er hatte fremdes Gut entwendet. Sofort kehrt Beatus um und bringt den mitgenommenen Stecken zurück an seinen Platz. Jetzt gelingt die Mantelfahrt wieder. Einem schwimmenden Schwane gleich erreicht er das jenseitige Ufer. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Des Erdmännchens Geschenk

Source: Des Erdmännchens Geschenk

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In jener Zeit, als die Zwerge noch zu den Menschen kamen und ihnen Gutes taten, lebte einmal weit hinten in einem Tal im Jura ein reicher, geiziger Müller. Seine Frau war schon seit vielen Jahren krank und niemand konnte ihr helfen. Sein Sohn aber freundlich und gut und half allen, so gut er konnte.  Einmal kamen schwere Jahre ins Land. Es gab nur wenig Korn und deshalb hatten die Menschen kein Brot mehr und je kälter es wurde, umso mehr mussten sie hungern.  Einmal, als hoher Schnee lag, kam ein Zwergenmännlein an die Tür der Mühle und bat um ein wenig Mehl. «Fort mit dir, du Zwergenvolk!», rief der Müller, «mit dir teile ich nicht.» Dem Jungen aber tat das Zwerglein leid. Heimlich schlich er zum vollen Mehlkasten und füllte ein Säckchen mit feinstem Mehl. Er sprang dem Zwerglein hinterher und sagte: «Hier nimm! Das ist für dich.»  Als endlich der Frühling kam, trieb der Junge die Kühe des Vaters auf die Weide. Da stand auf einmal das Zwerglein vor ihm und sagte: «Komm mit! Wir feiern heute das Fest der Zwerge.» Das Zwerglein führte den jungen durch einen hohlen Baum in eine Höhle. Je weiter sie gingen, umso grösser und schöner wurde es, bis sie schliesslich auf einer Wiese standen, dort wuchsen Hunderte von Apfelbäumen. Alle Zwerge waren hier versammelt. Sie sassen an Tischen und assen und tranken nach Herzenslust. Als das Fest zu Ende ging, gab das Zwerglein dem Jungen einen Apfel und sprach: «Der ist für deine Mutter. Wenn sie ihn isst, wird sie wieder gesund.» Dann nahm er eine Nuss und sagte:" «Diese ist für das Mehl, das du aus dem Kasten genommen hast und diese Kette ist für dich, damit du uns nicht vergisst.» Dann führte er den Jungen wieder durch die Höhle bis zum hohlen Baum auf das Feld, wo die Kühe standen uns sprach: «Ruhe dich aus, denn du hast eine weite Reise gemacht ins Zwergenreich.» Schon war der Zwerg verschwunden. Der Junge aber fühlte sich auf einmal so müde, dass er sich unter den Baum legte und sogleich in einen schweren Schlaf fiel. Zu Hause machten sich die Eltern Sorgen, denn gegen Abend, waren die Kühe allein nach Haus gekommen. Es war schon Nacht, als der Junge endlich zum Haus kam. Er gab der Mutter den Apfel. Sie ass ihn auf und wurde auf der Stelle gesund. Dann öffnete er die Nuss und heraus fielen zwei leuchtende Edelsteine. «Das ist für dich», sagte der Junge zum Vater, «weil ich das Mehl genommen habe für die Zwerge». Da schämte sich der Vater, dass er damals so geizig gewesen war. Der Junge aber behielt die schöne Kette und immer wenn er sie ansah, erinnerte er sich an seine Reise ins Zwergenreich. Fassung Djamila Jaenike, nach: A.Büchli, Schweizer Sagen Band1, Aarau, o. J. Dort wiederum: J. Beuret, Les plus belles Légendes du Jura, Lausanne 1927. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Des Erdmännchens Geschenk

Source: Des Erdmännchens Geschenk

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In einem Tale hinten im Jura lebte einmal ein wohlhabender Müller mit seiner Frau. Die lag schon viele Jahre krank und war so siech, dass kein Doktor ihr mehr helfen konnte. Sie hatten einen Knaben, der ebenso freundlich und gutherzig war als der Vater habgierig und hart. In der Gegend hausten an den Halden und Hängen der Berge noch viele Zwerglein, die oft zu Tal ka­men und den Leuten allerlei Gutes taten. Sie halfen schaffen in Haus und Hof und griffen zu im Stall und auf dem Feld oder hüteten das Vieh. Einmal, als böse Teuerung übers Land kam und aller Orten bittere Not an Brot war, kam eines Tages ein Zwergenmännlein vor die Talmühle und be­gehrte ein wenig Mehl. Der Müller aber wies es barsch zurück und schickte es ohne Gabe fort. Das jammerte den Buben. Heimlich schlich er zum vollen Kasten, füllte des Männleins Säcklein mit dem feinsten Semmelmehl und steckte es ihm ungesehen durch die Gartenhecke zu. Als im Frühjahr der Knabe des Vaters Herde auf die Weide trieb, da stand auf einmal das Zwerglein vor ihm, dem er das Mehl gegeben, und lud ihn zu einem Fest der Zwerge in den Berg. Der Knabe ging mit. Durch einen hohlen Baum schlüpften sie in die Höhle, und je weiter sie gingen, desto größer und schöner wurde es. Zuletzt kamen sie auf ein weites, ebenes Feld, darauf eine Menge Fruchtbäume standen. Hier war alles Gezwerg des Landes zu Schmaus und Kurzweil versammelt. Es wimmelte und wuselte allerorten von dem Völklein. Das Zwerglein, das den Knaben hergebracht, bat ihn zu Tische. Sie aßen und tranken nach Herzensbegehr und hatten es ein Weil­chen lustig. Bald aber verschwanden die andern Erdleutchen, und der Knabe und das Männlein waren allein. Da brach der Zwerg von einem der Bäume einen prächtigen Apfel, goldgelb mit roten Backen. » Der ist für deine Mutter«, sprach er, »sie soll ihn alsbald essen. « Dann nahm er von einem ändern Baum eine große, schöne Nuss. »Die ist für deinen Vater«, sagte er, » denn es war ja doch sein Mehl, das du mir dazumal gabst, als ich Not litt. « Und zuletzt löste der Wicht eine Schnur von schimmernden Perlen von sei­nem Halse, hing sie dem Buben um und sagte: »Und hier ist ein kleines Andenken für dich, zum Dank, das du mir in meiner Bedrängnis geholfen hast. Aber hör jetzt, was ich dir sage, und tue also: Wenn du wieder hinauf an den Tag kommst, so lege dich nieder und ruhe aus; denn du hast eine weite Reise gemacht, viel weiter, als du wohl denken magst. « Kaum gesagt, so stand der Knabe schon oben vor dem hohlen Baum, und so müde und matt war er in allen Gliedern, dass er sich ins Gras legte und lange tief und fest schlief. Als er endlich heimkam, da waren seine Eltern in großer Angst, denn die Herde war ohne ihn nach Hause gekommen, und er war volle sieben Tage ausgeblieben. Jetzt teilte der Knabe die Geschenke des Zwerges aus. Die Mutter aß den Apfel und war vom Tage an gesund. Und als der Vater die Nuss auftat, fielen statt der Kerne zwei leuchtende Edelsteine heraus.   Quelle: Eis Boekelaar / Ineke Verschuren; "Hinter den sieben Bergen - Zwergengeschichten", Urachhaus Stuttgart, 2000, 4. Auflage, S. 105-106 Quellennachweis im oben genannten Buch S. 206: Curt Englert-Faye aus: Vo chlyne Lüte, Zbinden Verlag 1988, vorher:Arnold Büchli, Schweizer Sagen Band1, Aarau, o. J. (Frakturschrift). Dort wiederum: J. Beuret, Les plus belles Légendes du Jura, Lausanne 1927. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Des Geistes Brandspuren

Source: Des Geistes Brandspuren

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In einem andern Haus der nämlichen Ortschaft hat einmal ein Mann einen Geist angeredet und ihm beim Abschied statt der Hand eine Schindel hingehalten. Nachher waren alle fünf Finger der Geisterhand in der Schindel eingebrannt. Diese wurde an einer Stelle im Hausdach untergebracht. Man hat sie öfters mit einer andern umgetauscht, aber jedesmal trug auch die neue wieder das Brandmal. Man kann sie heute noch sehen. J. Aschwanden, Seelisberg Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Des Herrgotts Lohn

Source: Des Herrgotts Lohn

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Es war einmal in einem Dorf ein gutmütiger Kerl.  Der hackte für alle Leute Holz, und wohin er ging, überall sagten sie ihm, der Herrgott werde ihm schon den Lohn dafür geben. Wie dem auch sei, solange er vom Eigenen leben konnte, war er zufrieden, aber das dauerte nicht so lange, und er wollte des Herrgotts Lohn einmal einziehen. Vor dem Weggehen ging er noch zum Priester, um Abschied zu nehmen. Der sagte dann zu ihm: «Wenn du zum Herrgott kommst, so frage, wie viele gute Messen ich gelesen habe.. - «Das will ich schon tun», antwortete der arglose Kerl und machte sich auf den Weg.  Auf der Reise kam er in ein Kloster. Die Klosterbrüder fragten ihn, wohin er gehe. Er antwortete: «Zum Herrgott». - «Wenn du zum Herrgott kommst», sagten die Klosterbrüder, «so frage, weshalb wir keinen Frieden haben.» Nach einer langen Reise kam der gute Kerl auf einen Hügel. Dort sah er den Heiland am Kreuz und forderte von ihm seinen Lohn. Der Heiland am Kreuz antwortete: «Für heute geh nach Hause, deinen Lohn bekommst du morgen.» Danach stellte der gute Kerl noch die Fragen für den Priester und die Patres. Der Heiland am Kreuz antwortete: «Dem Priester kannst du sagen, er solle in den Garten gehen und schauen, wie viele Rosen aufgegangen seien; so viele gute Messen habe er gelesen. Den Patres kannst du sagen, sie sollen den und den Pater dazu bringen, das Kloster zu verlassen; der sei ein Hexenmeister; dann werden sie Frieden haben.»  Zu Hause überbrachte er die Antwort des Heilands dem Priester. Der ging in den Garten und sah nur eine blühende Rose, denn nur seine erste Messe war dem Herrgott gefällig gewesen. Und als er mit der Nachricht ins Kloster zurückkam, gaben sie ihm einen grossen Lohn, und damit konnte er von nun an gut vom Eigenen leben. (Oberhalbstein)   Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Des Jauners Sonntagsfeier

Source: Des Jauners Sonntagsfeier

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Die ersten Bewohner des Jauntales sollen sich der Überlieferung nach auf den sonnigen Höhen angesiedelt haben, wo sich gegenwärtig die Alpweiden des Kleinrüggli hinstrecken. So behaupten wenigstens die alten Jauner. Damals gab es im ganzen Jauntal weder Kirche noch Kapelle. Jaun gehörte seelsorglich zur drei Stunden entfernten Pfarrei Broc. Die Gläubigen mussten daher eine kleine Tagesreise zurücklegen, wenn sie am Sonntag ihre Christenpflicht erfüllen wollten. War es demnach verwunderlich, wenn die Jauner nicht jeden Sonntag diesen weiten Kirchweg antreten konnten? Unter den Jaunern lebte ein alter Sonderling, der war an keinem einzigen Sonntag in der Pfarrkirche in Broc zu sehen. Das kam dem Pfarrer zu Ohren. Er liess das säumige Schäflein also zu sich bescheiden, um es ob seiner Saumseligkeit zu tadeln. Der bärtige Senne kam der Aufforderung nach und ging zu dem gestrengen Seelsorger, ihm Rede und Antwort zu stehen. Als Grund seines andauernden Fernbleibens vom Pfarrgottesdienst gab er eine merkwürdige Entschuldigung an. Für den ausgefallenen Kirchgang springe er jeden Sonntag sechsmal über einen breiten Graben, das sei seine Busse. Zum Beweis seiner Glaubensfestigkeit hing er seinen verwetterten Berglerhut nicht etwa an einen Nagel oder Haken, sondern an einen goldenen Sonnenstrahl, der eben durchs Fenster huschte. Nun war der Geistliche von der Frömmigkeit seines Pfarrkindes überzeugt und entliess den sonderbaren Kauz in Frieden.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Des Meiers Begräbnis

Source: Des Meiers Begräbnis

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Man erzählt, in Unterbäch habe einst ein Meier gelebt. Im Unterwallis drunten soll er seines Amtes gewaltet haben, und zwar wie ein richtiger Vogt und Zwingherrr. Eines Tages starb der Meier, und an einem wüsten, stürmischen Wintertage war sein Begräbnis. Trotz Sturm und Wetter stand aber ein Hahn auf dem Hausdache und krähte und lärmte, ganz besonders als die Prozession kam, um die Leiche höchst feierlich abzuholen. Niemand konnte das fremde, unheimliche Tier zum Schweigen bringen oder verscheuchen. Wie die Träger den Sarg vor dem Hause auf die Schultern nehmen wollten, da ging plötzlich das Fenster neben der Haustüre auf, und gackernd und schreiend sei da eine Henne heraus auf die Bahre geflogen. Sie habe noch eine Strecke des Weges auf der Leiche gescharrt und gewütet, bis man plötzlich wieder nichts mehr gesehen habe. Nur am erwähnten Fenster, auf dem Hausdache oder sonst in der Nähe des meierschen Hauses habe man die fremde, unheimliche Henne noch oft bemerken können. Das Volk sah in diesen auffälligen Geschehnissen Strafgerichte Gottes für die Grausamkeiten des Meiers. Während seiner Amtszeit im Unterwallis soll ihm ein junger Bursche, den er auf frischer Tat ertappte, Eier gestohlen haben. In seiner Wut soll der Gestrenge den Jungen in seine Stube geschleppt haben, wo er ihm die rechte Hand mit einem schweren, breiten Eisenhammer auf dem niedern Kachelofen zerquetschte, so dass sie verdorrte und unbrauchbar wurde. Wie der Arme da heulte und jammerte, so schrie und tat die Henne auf des Meiers Sarg. UNTERBÄCH Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Des Pfarrers Jagd

Source: Des Pfarrers Jagd

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Die Unterländer legen dem wilden Jäger oder Nachtjäger folgende Sage zugrunde: Vor mehr als hundert Jahren soll in Düdingen ein Pfarrherr gelebt haben, der mehr der Jagd und dem Fischfang als dem Seelenfang nachging. Im edlen Waidwerk war er Meister wie kein zweiter.  Aber da war auch ein merkwürdiger Hase, der von des Geistlichen Jagdflinte keine Furcht kannte. Ja, er suchte sogar den Kurgarten heim (Kur = in Freiburg: Pfarrhaus) und tat sich dort am süssen Kohl gütlich oder kostete vom saftigen Salat; was Wunder, wenn darob die robuste Pfarrköchin ganz ausser Rand und Band geriet. So oftmals auch der Pfarrer dem Hasen mit schussfertigem Gewehr auflauerte, nie bekam er den frechen Dieb vors Rohr, oder er war beim Auftauchen des Geistlichen schon ausser Schussweite hinter dem Hag verschwunden. Diese Manöver trieb der schwarze Hase schon längere Zeit hindurch und verursachte dem Pfarrer und der dicken Kathri bittere Stunden des Verdrusses und Ärgers. An einem Sommersonntag kleidete sich der Pfarrer eben zum Amte an. Gerade hatte er das Messgewand angezogen und die Hand an den goldenen Griff des Kelches gelegt, da stürmte die Köchin fast rasend vor Zorn zur Sakristeitüre herein. Mit feuerrotem Kopf schrie sie: «Herr Pfarrer! kommen Sie schnell, der Hase ist mitten im Kohl.» Nur eine Sekundenlänge besinnt sich der Priester, dann zieht er schnell die heiligen Gewänder aus und folgt der Haushälterin nach. Diese stand schon vor der Haustür und gab dem Herrn das geladene Gewehr in die Hand. Sie zeigte ihm, wo der Hase sich gelagert hatte. Der Geistliche war diesmal fest entschlossen, den ewigen Plackereien des boshaften Hasen ein Ende zu machen. Er eilte dem Flüchtling nach, über Stock und Stein, durch Wiesen und Äcker. Ganz vergass der Pfarrer seine Pflicht, der Seelenhirte seine Schäflein, die indessen teils in der Kirche, teils im Pfarrhaus die Rückkehr des Geistlichen abwarteten, um ihrer Sonntagspflicht zu genügen. Sie warteten vergeblich. Der pflichtvergessene Seelsorger kehrte an dem Tag nicht mehr zurück, auch nicht am folgenden. Er kam nie mehr in sein Dorf. Er blieb verschollen. Niemand erfuhr je eine Kunde von ihm. Er soll auf jener verhängnisvollen Jagd ums Leben gekommen sein. Wegen seiner Jagdleidenschaft muss er als Geist durch die Lüfte jagen. Bald als grüner Jäger, bald als schwarze Schreckgestalt soll er zuweilen sichtbar gewesen sein. Ruhelos muss der verstorbene Pfarrer durch die Lande streifen und so seine Leidenschaft sühnen. Ruhelos muss er jagen bis zum Jüngsten Tag. Auch der schwarze Hase ist im Pfarrgarten nie mehr erschienen seit jenem denkwürdigen Sonntag.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Des Pfarrers Köchin

Source: Des Pfarrers Köchin

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Fast jeden Abend kam in einem Hause zu Schattdorf, wenn sie den Abendrosenkranz beteten, eine unbekannte Katze ins Haus; ä wiättägä Pattsch! Sie wussten gar nicht, wie sie hereinkam. Regelmässig sprang sie zu einem hübschen Burschen auf das Ofenbänkli und setzte sich zu ihm. Dass das keine urchige Katze sei, war ihnen klar. Eines Abends versetzte ihr der so begünstigte Jüngling einen Streich an ein Bein. Nichtsdestoweniger stellte sie sich am folgenden Abend hinkend wieder ein. Erbost nahm der Bursche ein Gewehr, schoss nach ihr und traf wieder ein Bein. Die zudringliche Miez aber sprang zum Fenster hinaus und rief noch: »Dü Limel! da hesch-es etz; ich bi ja d's Pfaars Chechänä.« – Das hed alligs dr Grossvatter verzellt. Ja, der het Gschichtäli gwisst. Z'ganzä Nächtä hätt der chennä v'rzellä! Fr. Nussbaumer-Zgraggen, 27 Jahre alt, Schattdorf Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Des Scharfrichters Speise

Source: Des Scharfrichters Speise

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Des Scharfrichters Speise Als Becken Rägelis Grossmutter (Siehe: Die Zauberspeise) nicht mehr Kindermädchen gewesen sei, kam sie in Dienst zum Scharfrichter in Zürich. Sie habe aber lange nicht gewusst, dass ihr Herr ein Scharfrichter sei, bis sie ihm eines Tages einen weiss und blauen Mantel und eine blutrote Weste habe abbürsten müssen. Währenddessen habe der Dienstherr zwei grosse, breite Schwerter geschliffen und gewetzt. Da sei ihr zum Sterben angst geworden, und erst da, als ihr die Frau gesagt habe, morgen müsse ihr Herr ein junges Meitli köpfen, es sei erst siebzehn Jahre alt und schön wie ein Engel, erst da habe sie gewusst, wessen Handwerks der Mann sei. Das Meitli habe gestern, erzählte die Frau weiter, vor ihm angehalten, er solle es doch nicht hinrichten. Nun mache es dem Scharfrichter schwer zu schaffen. Jetzt sei aber noch der Scharfrichter von Bern. Der sei ihrem Mann feindlich gesinnt und könnte ihm wohl einen Possen spielen. Ihr Mann habe vor einigen Wochen auch einen dreizehnjährigen Buben hinrichten müssen; da sei es ihm auch so schwer gewesen. Es sei ihm aber noch gut gegangen; er habe den Buben in einem Streiche getroffen. Am andern Morgen habe der Scharfrichter der Magd ein Beckeli voll Suppendünkli in die Küche gebracht und gesagt, sie solle ihm Fleischbrühe dranschütten, aber bei Leib und Leben nicht davon essen. Leider habe sie nicht anders können und habe nur ein wenig davon versucht. Da sei sie bald nachher halb wütend geworden und hätte immer jemanden den Kopf abschlagen sollen. Der Scharfrichter habe dann gesehen, dass es gefehlt habe. Hurtig sei er gegangen, habe einen Güggel geholt, den habe sie müssen köpfen und da hab’s im Augenblick gebessert. Aber da habe ihr der Scharfrichter gottsjämmerlich den Marsch gemacht. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Wörtlich aus Stutz, S. 75.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Des Teufels Alter

Source: Des Teufels Alter

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a) Urispiegel hätte des Teufels Alter erraten sollen. Da war er übelfeil; endlich kam ihm eine List in den Sinn. Er ging und wälzte sich im »Chriäsimües«, bis er über und über damit bedeckt war, und hernach in einem Haufen Federn. Dann bestieg er einen Baum, wo der Teufel, wie er wusste, oft vorbeiging. Als er ihn kommen sah, machte er auf dem Baum allerlei Manöver, er krähte, pfiff, sang und schrie auf alle Art und Weise. Der Teufel wurde aufmerksam, schaute in den Baum hinauf, betrachtete eine Zeitlang das seltene Wesen da droben, hed ä Tschollä-n-üsäglachet und het griäft: »Jetz bini scho tüsig Jahr Tyfel, aber äsonnä Vogel hani doch nu niä gseh!« Jetzt wusste der Urispiegel genug, und als der Teufel kam und höhnisch fragte: »So jetz, wiä altä bini?«, hielt er ihm prompt die Antwort entgegen: »Tüsig Jahr!« So hatte es der Teufel verspielt. Fr. Walker-Furger, 85 Jahre alt, Maderanertal b) Eine Königstochter hatte einen ansehnlichen Kropf. Dennoch hätte sie ein Jüngling einzig um des Geldes willen gerne gehabt und liess sich zu diesem Zwecke sogar mit dem Teufel ein. Der sagte, wenn er ihm innerhalb einer gewissen Frist sagen könne, wie alt er sei, wolle er sie ihm verschaffen. Der Bursche verfiel nun auf eine eigenartige Idee. Er wälzte sich nackt zuerst im Honig, dann in Vogelfedern herum und bestieg abends eine Tanne, unter welcher der Teufel, wie er wusste, an bestimmten Abenden ein Feuer anmachte. Als der da war und feuerte, fing der Bursche im Baum oben zu pfeifen an etc . .... Der Teufel musste ihm die Königstochter verschaffen. Wie er das anstellte, weiss ich nicht. Fr. Gisler-Bissig, 65 Jahre alt, Unterschächen c) Ein Mann hatte einen Akkord mit dem Teufel, er hatte sich ihm verschrieben. Als die Zeit herannahte, wo der Teufel ihn holen konnte, wurde ihm heiss und angst, und er klagte seinen Kummer der Frau. Diese machte ihm leicht, indem sie sagte: »Ä pa! man sagt nicht umsonst dummer Teufel. Lass nur mich machen; wenn er sich einstellt, werde ich schon mit ihm markten.« Der Schwarze kam, und die Frau redete ihn an, und er liess sich mit ihr ins Markten ein. Er schenkte dem Manne noch ein Jahr und versprach, ihn gänzlich zu entlassen, wenn ihm die Frau übers Jahr sagen könne, wie lange er schon Teufel sei. Als die gesetzte Frist ihrem Ende nahte, zog sie den Gatten splitternackt aus, wälzte ihn im Honig umher und dann in einem Sack voll Hühnerfedern. In diesem Zustand hiess sie ihn einen Baum besteigen, an dem der Teufel von Zeit zu Zeit vorüberging. Als er kam, begann der Mann im Baume droben zu pfeifen, und der Hörelimann wurde aufmerksam und schaute hinauf. Lange, lange beguckte er das Ungeheuer da oben, bis er endlich rief: »Jetz bini tüsig Jahr Tyfel, aber ä sonnä gspässigä Vogel hani doch nu niä gseh!« Das schlaue Weib hörte das, und als der Teufel kam, den Gatten zu holen, konnte sie ihm sagen, wie lange er Teufel sei. Da war er gefangen. Hans Aschwanden, 50 Jahre alt, Isental Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Des Teufels Brand

Source: Des Teufels Brand

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Es liegt ein Städtlein im Schweizerland mit Namen Schiltach, welches im Jahr 1533 am 10. April plötzlich in den Grund abgebrannt ist. Man sagt, daß dieser Brand folgenderweise, wie die Bürger des Orts vor der Obrigkeit zu Freiburg angezeigt, entstanden sei: Es hat sich in einem Hause oben hören lassen, als ob jemand mit linder, lispelnder Stimme einem andern zuriefe und winkete, er solle schweigen. Der Hausherr meint, es habe sich ein Dieb verborgen, geht hinauf, findet aber niemand. Darauf hat er es wiederum von einem höheren Gemach her vernommen, er geht auch dahin und vermeint den Dieb zu greifen. Wie aber niemand vorhanden ist, hört er endlich die Stimme im Schornstein. Da denkt er, es müsse ein Teufelsgespenst sein, und spricht den Seinigen, die sich fürchten, zu, sie sollten getrost und unverzagt sein, Gott werde sie beschirmen. Darauf bat er zwei Priester zu kommen, damit sie den Geist beschwüren. Als diese nun fragten, wer er sei, antwortete er: »Der Teufel.« Als sie weiterfragten, was sein Beginnen sei, antwortete er: »Ich will die Stadt in Grund verderben!« Da bedräuen sie ihn, aber der Teufel spricht: »Euere Drohworte gehen mich nichts an, einer von euch ist ein liederlicher Bube, alle beide aber seid ihr Diebe.« Bald darauf hat er ein Weib, mit welchem jener Geistliche vierzehn Jahre zusammen gelebt, hinauf in die Luft geführt, oben auf den Schornstein gesetzt, ihr einen Kessel gegeben und sie geheißen, ihn umkehren und ausschütten. Wie sie das getan, ist der ganze Flecken vom Feuer ergriffen worden und in einer Stunde abgebrannt. Kommentar: Erasm. Rotterodam.: Epist. fam., lib. 27, c. 20. Nic. Remigii Daemonolatria, p. 335, 336. Quelle: Deutsche Sagen, Jacob Grimm, Wilhelm Grimm (Brüder Grimm), Kassel 1816/18 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Des Teufels Entschuldigung

Source: Des Teufels Entschuldigung

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In Törbel lebte einst ein Mann, der in einem Volkstheater den Teufel gespielt hatte. Diese Rolle gab ihm einen Übernamen, so dass er später nur mehr der ,Tifol‘ oder ,ds Tifolsch‘ genannt wurde. Im Sommer diente dieser Mann, der ehrlich und rechtschaffen war und dem Namen keinerlei Ehre erwies, in Zermatt bei Seilers als Knecht. Als er einmal in einem kleinen Räuschlein die Arbeit vernachlässigte, machte ihm der Meister, Herr Nationalrat Alexander Seiler, deswegen Vorwürfe. Der Tifol nahm die Rüge geduldig hin und fügte dann bei: «Uf discher Ärdu befählet iehr, aber im Jensits befihlu denn ich!» TÖRBEL Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Des Teufels Erbsmus

Source: Des Teufels Erbsmus

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Ein armer Bauer kam im Schneegestöber heim und setzte sich auf die Bank am Ofen. Wie ist es dir in der Stadt ergangen, fragte ihn die Frau, dass du so dreinschaust? Schlecht, sagte der Mann, ich will es dir erzählen, nur muss ich mich zuerst noch etwas wärmen; ich bin halb erfroren. Nach einer Weile begann er: Bei Wind und Wetter komme ich in die Stadt und zu unserm Herrn. Ich sage ihm, es sei uns unmöglich, bis zum Sonntag die dreihundert Franken aufzubringen. Ich habe ihn gebittelt und gebettelt, er möge mir doch bis zum Sommer Zeit geben; bis dann würden mir die Leute meine Schmiedearbeiten wohl bezahlen. Er sagte aber, er könne keine Minute länger warten als bis zum Sonntag, und wenn ich bis dann das Geld nicht bringe, lasse er mir Heim und Haus samt meiner kleinen Schmiede am Montag verkaufen und mich und dich und unsere Kinder zum Haus hinausjagen. Nun, was meinst du, Frau? Es ist einfach unmöglich, dass wir bis übermorgen dreihundert Franken zusammenbringen. Zwar hat mir der Nachbar sechzig gegeben, aber es bleiben immer noch die ändern zweihundertvierzig. Wenn mir zuletzt doch nur der Teufel das Geld ins Haus bringen würde! Wenn ich ihm auch ein paar Jahre dienen müsste, so wäre ich doch unsern Herrn los: der Teufel in der Hölle kann nicht ärger sein als jener in der Stadt! Kaum hatte der Mann das gesagt, begann es draußen zu brausen und zu stürmen, dass es dem armen Bauern fast das Häuslein umwarf, und der Wind pfiff und fuhr durch die Stube, es war ein Graus. Nach ein paar Minuten wurde es still, und der Bauer und seine Frau hörten jemand an die Tür klopfen. Der Bauer erhob sich und öffnete. Da stand ein schwarzer Mann in einem roten Mantel vor der Tür und sagte: »Bauer, du hast gewünscht, dass der Teufel das Geld bringe. Schau her, da sind die zweihundertvierzig Franken; es fehlt kein Rappen, zähl's nach! Aber halt! eh ich dir's gebe, musst du mir versprechen, sechs Jahre in der Hölle zu dienen. Frau und Kinder sollen unterdessen keinen Mangel haben.« Der Bauer erschrak, aber weil ihn die Not dazu zwang, sagte er ja, hieß den Teufel hereinkommen und sich am Ofen wärmen, bis er seine paar Hemden zusammengepackt habe; dann werde er mit ihm in die Hölle gehen. Plötzlich entdeckte der Bauer aber, dass der Teufel an seinem Rossfuss das Eisen verloren hatte und sagte: »Guter Freund, schau einmal dein Fußwerk an, du hast wohl auf dem Weg das Eisen verloren. Komm doch mit mir in die Schmiede; ich will dir ein neues aufmachen.« Der Teufel kannte den Mann schon lange als guten Hufschmied und ging mit ihm und zog sogar selber den Blasbalg. Als das Eisen bereit war, sagte der Bauer: »Halte nun den Fuß her, da in die Klemme hinein, damit ich das Eisen gut aufmachen kann, denn ich weiß, rechte Leute müssen gut bedient sein.« Der Teufel dachte nichts Böses und hielt den Fuß in die Klemme. Und der Bauer schraubte ihn fest und nahm dann den Schraubenschlüssel in den Sack und sagte: »So, nun wollen wir zuerst einmal schauen, wie lange ich dir für die zweihundertvierzig Franken dienen will.« Das machte den Teufel bös, und er tat wie wild, aber zuletzt gab er nach und kam mit dem Bauern überein, er müsse ihm nur drei Jahre dienen. Und sobald der Bauer den Teufel wieder losgeschraubt hatte, musste er mit ihm in die Hölle. Als sie dort hinkamen, stellte der Teufel den Bauern als Feuerschürer an. Und schon am zweiten Tag ging der Teufel mit der Ellermutter fort und sagte zu ihm: »Wenn du essen und trinken willst, oder wenn du etwas Geld brauchst für einen armen Mann, der dich darum bittet, so geh nur zu diesem Kistchen und sage: Kistlein, Kistlein mein, gib mir Brot und Wein, auf des Teufels Geheiß. In der Höll ist's heiß. Und was dein Herz nur wünscht, soll dir alsbald auf goldenen Platten und in goldenen Flaschen zu Füßen stehen.« Als der Teufel fort war, war der Bauer allein in der Hölle und dachte: Jetzt will ich einmal schauen, was in den großen Kesseln ist, unter denen ich zu feuern habe. Beim letzten, den er aufdeckte, sah er einen Gläubiger, der ihn vor ein paar Jahren gedrückt und gedrängt hatte, und voll Zorn legte er noch sechs Scheiter an und sagte: »Wart, dir will ich jetzt das Bad schon heiß machen; du hast mich auch zum Schwitzen gebracht!« Am dritten Tag kam der Teufel wieder heim. Da sagte der Bauer zu ihm: »Hör, mein lieber Teufel, in deiner Burg raucht es, es ist ein Graus; ich habe den ganzen Tag die Augen voll Wasser; ich sollte gewiss noch einmal nach Hause und mein Taschentuch holen, damit ich mir die Augen auswischen kann, wenn's gar so beißend raucht.« Da runzelte der Teufel die Stirn und sagte: »Ich kenne dich, du bist ein Schlaumeier; ich kann dich nicht allein nach Hause gehen lassen, sonst kommst du mir vielleicht nicht mehr zurück. Allerdings, ein Taschentuch solltest du haben, das sehe ich ein, sonst könntest du mir noch blind werden. Deshalb ist es am besten, wir gehen zu zweit.« Nach ein paar Stunden kam der Bauer mit dem Teufel zu seinem alten Häuschen zurück, wo Frau und Kinder um ihn trauerten. Der lange Weg und der schnelle Lauf hatten den Bauern und den Teufel hungrig gemacht. Darum sagte der Teufel: »Heiß deine Frau für uns ein Erbsmus kochen, aber nur von schwarzen Erbsen!« Das tat der Bauer, aber er fügte hinzu: »Frau, nimm doch auch noch ein paar von jenen weißen Erbsen, die dort oben auf dem Himmelbett liegen; sie sind in ein Papier gewickelt. Du weißt doch noch: Die hat mir jemand in der Nacht zu Frauenfasten aufs Bett geworfen und dazu gerufen: Da hast du einen Notpfennig!« Als das Erbsmus gekocht war, setzten sich die beiden an den Tisch, und der Bauer schöpfte dem Teufel und gab ihm auch eine weiße Erbse auf den Teller. Sobald der Teufel die weiße Erbse sah, begann er schrecklich zu fluchen. Doch, was geschah: Die weiße Erbse wurde größer und größer und zersprang, und viele weiße Erbsen, die mit silbrigen Dornen besetzt waren, fuhren heraus und dem Teufel ins Gesicht und zerstachen ihn jämmerlich, dass er laut aufschrie. Da besann sich der Bauer nicht lange und sagte: »Wenn du mir die drei Jahre erlässt und mir das Wunschkistlein herzauberst und versprichst, mir und den Meinen niemals etwas anzutun, will ich dich erlösen.« Weil ihn die Not dazu zwang, sagte der Teufel ja. Und als das Kistlein auf dem Tisch stand, sagte der Bauer: „Erbslein, Erbslein groß und klein, lasst das Stechen nunmehr sein. Der Teufel will uns nicht mehr sehen; also lassen wir ihn gehen.“ Und als die Erbslein wieder in ihrer Hülse beisammen waren, sprang der Teufel zum Fenster hinaus und hat sich seither wohl gehütet, vor jenes Haus zu kommen.   Otto Sutermeister: Kinder und Hausmärchen aus der Schweiz, Aarau 1837   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Des Teufels Füsse

Source: Des Teufels Füsse

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Der Teufel hat einen Geiss- und einen Kuhfuss. Auf dem Wege zur Wallfahrtskapelle im Riedertal sieht man vor dem zweiten Stationenbild den Geiss- und an einer andern Stelle den Kuhfuss in der B'setzi eingedrückt. Josef Maria Gisler, Bürglen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Des Teufels Hausbau

Source: Des Teufels Hausbau

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Der Teufel versprach einem armen Bäuerlein, bis Mitternacht ein Häuschen zu erstellen; dafür musste ihm dieser seine Seele verschreiben. Im Akkord machte aber der Bauer die Bedingung: »Wenn der Bau vollendet ist, werde ich einen unparteiischen Augenschein machen lassen. Und findet der einen Mangel, so hast du verspielt.« Der Teufel ging auf diese Bedingung ein. Um Mitternacht stand das Häuschen fix und fertig da; der Augenschein kam und erklärte, es habe einen grossen Mangel, es sollte auf Rädern stehen, damit man es hin und her rollen könnte. Der Teufel hatte es verspielt. Man fragte ihn noch, wieviele daran gearbeitet hätten, und er gab zur Antwort: »Vill z'vill, mer sind änand nur im Wäg g'sy.« Michael Walker, Altdorf, 60 Jahre alt. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Des Teufels Hausbau und der Hahnenschrei

Source: Des Teufels Hausbau und der Hahnenschrei

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Ein Bauer sollte ein neues Haus bauen, aber so schnell damit fertig sein, dass es fast menschenunmöglich war. Während er verlegen darüber nachsann, trat ein Mann zu ihm, dessen Nähe freilich ein etwas unheimeliges Gefühl erweckte. Von ihm gefragt, gestand das Bäuerlein seine Not, worauf der Fremde sich erbat, den Neubau in Verding zu nehmen und bis zur fatalen Frist damit fertig zu werden, wenn der andere ihm alsdann mit Leib und Seele zu eigen wolle verfallen sein. Ich weiss nicht was der Bauer dachte, - er ging wenigstens den Vertrag so ein, dass schon bis am nächsten Morgen, wenn der Hahn krähe, das Haus vollendet dastehen müsse. Nun ging`s an die Arbeit, an welcher eine Menge sonderbarer Kerle sich beteiligten. Fuhrleute waren dabei, deren Rosse hie und da Feuer sprühten. Unter schauderhaftem Gepolter und Lärmen zimmerten, sägten, hieben und meisselten diese unheimlichen Gesellen blitzschnell darauf los und der Bau stieg so rasch empor, dass dem Bauer in selbiger Nacht aller Zweifel am Zustandekommen des Werkes bis zum bestimmten Hahnenschrei zerfloss, was ihm Angst genug einjagte. Qualvoll wälzte er sich auf seinem Lager hin und her und zitterte und bebte wie Espenlaub, also, dass seine Frau erwachte und ernstlich in ihn drang, ihr die Ursache dieser Pein zu eröffnen. Wie sie alles wusste, tröstete sie den armen Mann. Und weil just keine Zeit mehr zu verlieren war, stand sie hurtig auf, um auf dem Herd Feuer anzufachen, „Denn was gilts", sprach sie, „der Hahn wird alsbald krähen, noch bevor jene mit dem Bau ganz zu Ende sind." Gesagt, getan. Das Feuer lodert auf, der Hahn erwacht, kräht seinen Gruss und der Bauer hat gelernt, dass die Weiberlist, die ihm schon manchmal unbequem war, unter Umständen doch noch zu etwas taugen könne. Denn Meister Satan musste mit langer Nase abziehen und dem Mann, auf dessen Seele er sich schon gefreut, ein fast ausgebautes neues Haus hinterlassen.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Bei dieser Sage gibt es keine genaue Zuordnung zu einem der fünf Kantone.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Des Teufels Karrweg

Source: Des Teufels Karrweg

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Auf einem Berg unweit des Thunersees aufwärts nach Därligen findet man eine seltsame quer hinan laufende Felsenschicht mit zwei tiefen Einschnitten gleich Radgeleisen. Diese Radgeleise rühren von der Kutsche her, in welcher der Teufel die Pfaffen und Nonnen von Jnterlaken, seine guten Freunde und Freundinnen, auf die Spitze des Berges oder auf die Sulegg zu seinen Tänzen und Festen fuhr; daher auch diese Felsenschicht des Teufels Fahr- oder Karrweg genannt wird. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Des Teufels Karrweg

Source: Des Teufels Karrweg

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Über dem linken Ufer des Thunersees, zwischen Därligen und der Bödeliebene, erblickt man eine wunderlich querhinanlaufende Felsenschicht mit zwei tiefen Einschnitten, gleich Radgeleisen, die den Namen des "Teufels Karrweg" tragen. Der Teufel, mit Pfaffen und Nonnen zu Inderlaken im freundlichsten Vernehmen, hatte die einen und die andern oft in der Kutsche hier hinauf über den Grat auf den Gipfel der hohen Sulegg geführt und droben blocksbergische Tänze und ausgelassene Feste gehalten. Quelle: Hans Michel, Ein Kratten voll Lauterbrunner Sagen. Wengen 1936. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Des Teufels Karrweg

Source: Des Teufels Karrweg

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Etwas über dem linken Ufer des Thunersees, zwischen den stillen Fischerdörflein Därligen und der Ebene von Interlaken, wo der steile Berg mit genauer Not am Ufer Raum für die Landstrasse lässt, erblickt man eine wunderlich quer hinanlaufende Felsenschicht mit zwei tiefen Einschnitten, gleich Radgeleisen die den Namen des Teufels Karrweg tragen. Der Teufel, meldet die Sage, mit Pfaffen und Nonnen zu Interlaken im freundlichsten Vernehmen, habe die einen und die andern oft in der Kutsche hier durch den Gipfel des Berges oder auf die Suleck geführt und droben mit ihnen Tänze und ausgelassene Feste gehalten. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Des Teufels Schatten

Source: Des Teufels Schatten

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Des Teufels Schatten Wenn man einst den Weg an der Kirchhofmauer beim alten Bethaus in Wiedikon vorbeiging, sah man in Mondscheinnächten zwischen zwölf und ein Uhr an der Kirchhofmauer neben seinem eigenen Schatten noch einen zweiten, ebenso tiefen, nebenhergehn. Es war der Schatten des Bösen. Nur wenn man vor dem Betreten des Weges ein Stück weiches Brot in die Tasche nahm, konnte man diesen zweiten Schatten bannen. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Escher, W. und A.‚ S. 124.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Des Teufels Schwager

Source: Des Teufels Schwager

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Mal einst war einer in Verzweiflung. Da kam der Teufel zu ihm und versprach ihm Geld genug, wenn er sieben Jahre tue, was er begehre. Der Mann willigte ein, und der Horämelki verbot ihm, während der sieben Jahre Nägel, Haar oder Bart zu schneiden oder sich zu waschen. Als die sieben Jahre ihrem Ende zu rückten, ging der Mann, der anfangs sicher nicht mehr schön aussah, in eine Wirtschaft, wo drei verdammt schöne Meitli zu Hause waren und fragte diese an, welches von ihnen ihn heiraten wolle. Es müsse es schön haben, Geld und Gut habe er vollauf. Zwei wollten nichts von dem Dreckbartli wissen, das dritte hingegen war willig, ihn zu heiraten. Da ging er heim, kam aber nach einiger Zeit, fein geschwaschen und aufgeputzt, wieder zurück. Jetzt war er ein feiner Bursche. Bald wurde die Hochzeit gehalten. Am Hochzeitstage verschwanden die zwei andern Meitli. Gegen Abend kam ein unbekannter Mann und gab dem Hochzeiter die Hand mit den Worten: »So, Schwager, güetä-n-Abed, dü hesch eini und ich ha zwo.« Das kam ihnen so kurios vor, und sie suchten die zwei vermissten Schwestern und fanden sie nach langem erhängt auf dem Estrich. Peter Tresch, Maderanertal Karl Gisler, 75 Jahre alt, Schächental Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Des Teufels Taschentuch

Source: Des Teufels Taschentuch

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Im grossen Forstwald, der bei Gümmenen seinen Anfang nimmt, befindet sich der sogenannte «Unghürhubel». Es ist ein Hügel von etwa 30 m Höhe. Die alten Leute behaupten, an dem Ort sei es nicht geheuer; finstere Mächte trieben da ihren Unfug. Bisweilen an schönen Nachmittagen sei der Leibhaftige auf dem Hügel zu sehen. In Jägergestalt erscheint er, mit einer Hahnenfeder am Hut. Vor sich auf dem Boden breitet er bei strahlendem Sonnenschein ein weites Tuch ans, das sogenannte «Taschentuch». Um die Leute zu fangen, erfand der Böse ein eigenartiges Spiel; er zaubert auf das bleiche Taschentuch funkelnde Goldstücke. Weithin strahlt das Teufelsgold mit seinem verführerischen Feuerglanz. Wer dann gierig hinrennt, um das köstliche Gold zu erraffen, dem widerfährt eine schlimme Täuschung. Sobald der habsüchtige Goldsucher schwitzend und keuchend die Hand nach dem glitzernden Metall ausstreckt, greift er ins Leere. Im Nu ist das Gold in nichts zerronnen. Nachher hört man wohl im dunklen Forst ein unheimlich klingendes Gelächter der Schadenfreude. Satan freut sich, wenn er wieder einmal ein harmloses Menschenkind zum Besten gehalten hat. Den Goldsucher packt eisiges Grauen. Mit flinken Beinen sucht er das Weite und meidet fortan den verwunschenen Hügel. Gar manchem Habgierigen hat des Teufels Taschentuch so eine boshafte Nase gedreht.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Des Teufels Wette

Source: Des Teufels Wette

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Auf dem Weissenburgberg lebte einmal ein Bäuerlein. Zu dem kam an einem bitterkalten Wintertag, da Stein und Bein fror, der Teufel in Gestalt eines Jägerburschen. Wie er merkte, dass der Stubenofen voll Hitze fast springen wollte, sagte er zum Bäuerlein: "Dein Ofen ist kalt wie Eis. Kein Vaterunser lang kann’s da einer darauf aushalten. Gilt’s einen Taler, ich halte es länger aus auf der Ofenplatte zu sitzen als du?" Um einen blanken Taler kann ich mir schon ein Loch in die Hosen brennen lassen, dachte der Bauer, und warf zu dem Geld, das der Teufel auf den Tisch getan, den seinen. Nun setzte sich der Teufel auf den Ofen und blieb eine halbe Stunde lang auf dem gleichen Platze, ohne auch nur eine Miene zu verziehen. Als das Bäuerlein an die Reihe kam, empfand es so heftige Schmerzen, dass es kaum eine Minute auf der gleichen Stelle ruhig zu bleiben vermochte "Brennt’s dich schon?" rief der Teufel schadenfroh, weil er wohl meinte, die Wette sei gewonnen. "O nein", antwortete der Bauer, "ich suche nur immer noch ein wärmeres Plätzchen." "Das gäbe mir einen Heizer für die Hölle", dachte der Teufel, liess den Taler auf dem Tische und rannte zornig zur Türe hinaus. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Des Vaters Geist

Source: Des Vaters Geist

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Ein Bauer im Fäsch bekam von seinem Bruder aus Amerika Geld, um damit den alten Vater zu unterstüzen. Er behielt es für sich und überliess den Vater der Armenbehörde. Als der Bauer jung starb, zeigten die kleinen Kinder an den Samstagabenden auf eine dunkle Stelle unter der Kammerstiege und sagten: „Mutter, lug, dort ist der Vater." Das wiederholte sich einige Zeit. Die Frau sah nichts, fürchtete sich aber doch und liess einen Kapuziner von Mels kommen, der dann den nähern Sachverhalt erfuhr und entschied, dass begangene Unrecht müsse gut gemacht werden. Geld war keines mehr vorhanden. Die Witfrau musste an die Gemeindeversammlung die Bitte stellen, die Schuld möchte ihr nachgelassen werden. Auf das Gutachten des Verwaltungsrates wurde dies einstimmig beschlossen laut Verhandlungsprotokoll. Von da an hatte die arme Seele des abgeschiedenen Vaters Ruhe und erschien nie mehr. J. B. Stoop Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 324, S. 181 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Des Zwergleins Hochzeitsgabe

Source: Des Zwergleins Hochzeitsgabe

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Vor Zeiten lebte zu Escholzmatt im Entlebuch ein Erdmännlein, das den Kindern des Dorfes viel Gutes erwies. Ganz besonders wohl mochte es ein armes, braves Mädchen leiden. Als es gross geworden war, warb ein Bursche der Gegend um seine Hand. Das Zwerglein, das wünschte, das Mädchen einmal wahrhaft glücklich zu sehen, war aber darüber wenig erfreut. «Dieser junge Mann wird dich nie glücklich machen», sprach es zu ihm. «Ihm kann ich die Hochzeitsgabe nicht anvertrauen, die ich für deinen Geliebten schon lange bereit halte.» Das Mädchen war darüber sehr betrübt, sah aber bald ein, wie gut es das Erdmännlein mit ihm meinte. Später heiratete es einen Jüngling, zu dem auch das Zwerglein volles Zutrauen haben konnte. Und was schenkte nun das Männlein dem Bräutigam? Etwa einen Sack voll Gold oder Edelsteine? Ach nein, nur ein Feuerzeug, wie man es zu jener Zeit brauchte, um Feuer zu schlagen. Was sollte er mit dem Stahl, dem Feuerstein und dem Zunder sonst anfangen? Er hatte doch zumindest gehofft, durch des Zwergleins Hochzeitsgabe mit einem Schlag ein reicher Mann zu werden. Das Männlein, das die Enttäuschung bemerkt hatte, beschwichtigte den Mann : «Schau, das ist kein gewöhnliches Feuerzeug, trage Sorge dazu wie zum allergrössten Schatz und brauche es nur in der allerhöchsten Not. Dann aber, wenn du Feuer schlägst, wird augenblicklich jemand hinter deinem Rücken stehen und nach deinem Wunsche fragen. Antworte ihm, ohne dich dabei umzuschauen, und dein Wunsch wird erfüllt werden. Deiner Frau aber darfst du von dem sonderbaren Geschenk nichts sagen.» Damit verschwand der Zwerg. Im kommenden Sommer stieg der junge Ehemann, ein gewandter Bergsteiger, in die Felsen hinauf. Da erspähte er auf einem Fluhsatz die Prächtigsten Flühblumen. Die wollte er seiner lieben Frau zum Grusse heimbringen. Der vorsichtige Kletterer erstieg die gefährliche Stelle und pflückte das Sträusschen. Aber da löste sich das Felsstück, auf dem er stand und sauste polternd zu Tal. Nur ein schmales Grasband bot seiner Hand noch geringen Halt und bewahrte ihn vor dem augenblicklichen Sturz in die grausige Tiefe. In diesem Augenblick der Todesgefahr erinnerte er sich des Feuerzeuges. Mit Mühe und Not und unter ständiger Lebensgefahr vermag er eine Hand frei zu bekommen. Darauf zieht er das Wunderding aus der Tasche, schiebt den Feuerstein und den Zunder zwischen zwei Finger der Hand, mit der er sich am Grasband festklammert und schlägt mit der andern Feuer. Kaum ist das geschehen, fragt jemand hinter seinem Rücken nach seinem Begehr, und kaum ist  der Wunsch ausgesprochen, ist er auch schon erfüllt. Der Mann ist augenblicklich aus seiner gefahrvollen Lage befreit. Nun ruhte das wundertätige Feuerzeug wieder lange und geriet halb in Vergessenheit. Einmal erkrankte die Frau. Da kam das Zwerglein und brachte Arzneien. Doch der Mann hielt die Mittel für wertlos und gab sie seiner Frau nicht. Darum wurde es mit ihrer Krankheit stündlich schlimmer. Schon lag sie in den letzten Zügen. Der Mann war untröstlich und schluchzte : «Ist denn auf Gottes Erdboden kein Kraut gewachsen, das hilft? Narr, dein Feuerzeug! Warum konnte ich doch nicht früher schon daran denken ?» Er greift in die Trasche, aber, o weh, kein Feuerzeug ist mehr da! Erst jetzt fällt ihm ein, er möchte das Erdmännlein mit seinem Misstrauen erzürnt haben. «Nur noch dieses eine Mal», flehte er zum unsichtbaren, beleidigten Freund. Der Zwerg ist gerührt und gibt ihm das Feuerzeug zurück. Eiligst schlägt er Feuer, spricht seinen Wunsch aus, und schon ist die rettende Arznei da. Augenblicklich  geht es seiner Frau besser. Nach Jahr und Tag kam eine bittere Geldnot über das Ehepaar. Lange litten sich beide. Der Trübsinn trieb den Mann soweit, dass er sein Schicksal verwünschte. Ei, das Feuerzeug! Hättest sehen sollen, wie seine Hand fieberhaft in die Tasche fuhr. Aber so rasch, wie ein Blitz durch die dunkle Nacht zuckt, so rasch wechselten in des Mannes Gesicht aufleuchtende Freude mit dem Ausdruck des grössten Schmerzes. Das Feuerzeug ist, wie schon einmal, verschwunden, und all sein Bitten ist diesmal vergeblich. Vielleicht lässt das Erdmännlein sich durch das Flehen seiner Frau erweichen. Der Mann vertraut ihr das Geheimnis an. Und wahrhaftig, ihren rührenden Bitten konnte das Männlein nicht widerstehen. Das Feuerzeug kehrte unsichtbar wieder in des Mannes Tasche zurück. Vor dem Gebrauch hatte er der Frau eingeschärft, sich ja nicht umzuschauen, wenn sie die geheimnisvolle Stimme hinter ihr vernehme, sonst sei alles verloren. Aber wie es darauf ankam, hatte sie es vergessen, oder sie konnte ihre Neugierde nicht meistern. Der Mann, der das bemerkte, fasste rasch ihren Kopf und hielt ihn so lange fest, bis sie ihren Wunsch ausgesprochen hatten. Der unsichtbare Helfer in der Not liess nicht lange auf sich warten und stellte den Eheleuten ein grosses silbernes Becken voll Kronentaler hin. Damit konnten sie nicht bloss ihre Schulden bezahlen, sondern waren mit einem Schlag reiche Leute und lebten noch manches Jahr glücklich zusammen. Emmentaler Sagen, Hermann Wahlen, 1962 Gute Schriften Bern Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Des »Fürsten« Alpe

Source: Des »Fürsten« Alpe

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Ein Geist in der »Fürstenalpe« oberhalb Trimis, die seit alter Zeit dem Bi­schof von Chur angehört, hatte den jeweiligen Sennen zu Gebote gelegt, allabendlich vor dem Schlafengehen in den »drei höchsten Namen« einen Spruch über die ihnen anvertrauten Herden zu sagen, sonst sollte es ihnen übel gehen; jeder der Alpknechte kam dem Gebote getreulich nach. - Nun kam aber einst ein Senn auf den Gedanken, das fromme Herkömmliche seiner Vorgänger zu umgehen, indem er diesem Aberglauben Trotz bieten wollte: er unterließ am ersten Abende nach der Alpfahrt den Spruch. Auch seine Genossen hielten Part; nur der »Bazger« nicht, der sagte seinen Spruch her. - In der Nacht kamen nun die unsichtbaren Alpgeister, warfen Alles drunter und drüber und erschlugen alle Alpknechte auf die grässlichste Weise. Der »Bazger« wurde geschont, dem Sennen aber freigestellt, am Morgen in Schmalz gesotten zu werden, oder sich tot zu »büchlen« (mit dem Alphorn sich die Lunge zu sprengen). Er wählte letzteres, wahrschein­lich in der Hoffnung, gehört und errettet zu werden. Er stellte sich mit seinem Alphorne auf einen Felsenkopf und blies mit aller Kraft. Lange vernahm Niemand seinen Ruf, bis endlich seine Liebste, der bei den schauerlichen, rasch sich folgenden Tonstössen unheimlich zu Mute wurde. Sie erkannte Gefahr und schickte Hülfe in die Alpe. Aber die kam zu spät, das Alphorn war bereits verstummt. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Di Bärufrässini

Source: Di Bärufrässini

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Die Münstiger nennt man die "Bärufrässini". Es soll folgende Bewandtnis damit haben: In den Wäldern von Goms hauste ein Bär. Der biss bald hier ein Schaf an, bald dort ein Rind oder ein anderes Stück Vieh, so dass die Klagen des Volkes sich mehrten. So kam der Zendenrat zusammen. Der bestand aus einem Regierungsvertreter, dem Präfekten, und allen Gemeindepräsidenten. Hier machten sie ab, alle Gemeinden an dieser Bärenjagd zu beteiligen. Sie bildeten mit diesem Kontingent einen Kreis um den Wichelwald, um den Bären dort einzuengen. Von einem Mann zum andern war nur ein kleiner Zwischenraum, so dass der Bär nicht entwischen konnte. Schliesslich befand er sich so eng im geschlossenen Kreis, dass es kein Entweichen mehr gab. Er versuchte trotzdem auszubrechen aber ein beherzter Gommer hat ihn dann erschossen, nachdem einige Angst bekommen hatten und der Kreis wieder geöffnet worden war. Der Schütze war nicht ein Münstiger. Weil aber Münster die grösste Ortschaft war, führte man den toten Bären dorthin. Da er allen Beteiligten gehört hätte, ihn aber die Münstiger allein assen, erhielten sie den Übernamen "di Bärufrässini". MÜNSTER Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Di Bettler drölunt aber Spis

Source: Di Bettler drölunt aber Spis

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An einige Ortu, gehört mu zituwis, bevor es leid's Wetter chunt oder oi nah an am grossu Lindwetter, in-ne stotzundu Chrachchu, oder Chi, oder Lauwi-zügu d'Steischläg ga old horlowwinu. Alti Lüt hei dem Steidrölu — a manche Ortu fiemals g'seit: «Di Bettler drölunt aber Spis!» und we mu g'frägt hät, warum'sch dem a so säge, so heintsch eim zer Antwort gigä: «Das chomme daher, — vili Betler sammle meh Spis, Almuosu, als schi nötig hei, und lä scha ergrawu und g'chije scha den a weg. Ja es gebe so uverschämmti Betler, dene d's Almuosu, wasch berchomunt viel z'schlecht sy, und di Brod old Chässtücklini a weg werfunt. Das lat aber Gott nit ung'straft, wil manchi Husarmi, sottige Betleru Almuosu gänt, dasch ab ihrum Mul ersparunt, und sus selber höchst notwendig hätti. Darum miesse sottige undankbari Betler, di di Gottesgabe so missbrucht und verachtet heint, nach dum Tod, alli di weg'gworfunu Stickli sammlu, die aber so schwer, wie grossi Steina sye, und schi uf di hochu Gibirgi trägu, und wesch darmit fast umbruf sind, drole ne di ganz schwer Bettulspis wieder du Berg ab, bis in-nu Grund — und das werde so oft g'sche, und miesesch so oft um muf trägu, als Brosme in dem verachtotu Almuosu g'sy sye: darum säge mu — we die Steischläg cho sy old es in-ne Chrachu g'horlowinot hät: «Di Betler drölunt aber Spis oder heint du Spissack aber usg'löscht.»   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch  


by Diä alt Wuchä

Source: Diä alt Wuchä

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heisst in Erstfeld die letzte Woche des Jahres. »Ar isch z'altä Wuchä wordä.« »Diä, wo z'altä Wuchä wärdet, gsehnt meh weder ander.« Frau Wipfli-Furger, 46 Jahre alt. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Diä gross Gloggä zallt's de

Source: Diä gross Gloggä zallt's de

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Mit diesen Worten pflegte ein leichtsinniger Schuldenmacher im Isental seine Gläubiger zu trösten und jene, die ihm etwa zusprechen wollten, abzuspeisen. Er starb, und man wollte ihm nach altem Brauch und Herkommen mit allen Glocken läuten. Da geschah es aber, dass die grosse Glocke nicht tönen wollte; da nützte alles Ziehen nichts. Hans Aschwanden Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die "Fährlisau" mit ihren Jungen beim Kropfenbrünneli

Source: Die "Fährlisau" mit ihren Jungen beim Kropfenbrünneli

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Bevor man von Oberschan aus über Malierfi Gretschins erreicht, kommt man zum Kropfenbrünneli. Es ist dies eine ganz verrufene Stelle. Als ein Mann in der Neujahrsnacht dort vorbeiging, vernahm er das Quieken junger Schweine. Er lief diesen Tönen nach und fand im Gebüsch eine "Fährlisau" mit ihren Jungen. Der Körper derselben dehnte sich aus; bald hatte er die Grösse eines Ochsen erreicht. Auch die jungen "Fährli" vermehrten sich zusehends, so dass in kurzer Zeit eine unzählbare Menge solcher Tierchen ihn umschwärmte. Dass der Mann mit schnellen Schritten sich entfernte, ist selbstverständlich. Auch andere sind schon durch die gleiche Erscheinung in Schrecken geraten. Heinrich Hilty.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 166, S. 78f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die "gstellten" Ziegen

Source: Die "gstellten" Ziegen

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Als der vor vielen Jahren verstorbene Mühli-Leart (Mühle-Leonhard) noch jung war und nach Knabenart im Hause herumschnüffelte, fand er auf der "Oberdiele" in einem alten Troge ein von Würmern durchlöchertes Buch. Da waren sonderbare Zeichen und Wörter drin. Diese erschienen ihm so lustig. Im Lesen war er zwar kein Meister; doch mit Geduld überwindet man Speck und Sauerkraut. Gar nicht lange hatte er daran herumbuchstabiert, so wurde er in seinem Vergnügen gestört. "Oh Jesis, oh Jesis Gott!" hörte er seine Mutter jammern, "d'r ganz Geissfasel ist gstellt; er floht ob üsaram Huis, in da Mühlihöpp, cha weder fürschi nu Hinnerschi, un üseri zwoa Geiss sin o dabei. Wer stegget echt du drhinner; weli Häx oder wela Häxameister het üs alla das atoa? Ma chunnt gär nit druis!" In den "Mühlihöpp" standen wirklich sämtliche Ziegen des Dorfes dem Wege entlang ganz unbeweglich, von einer Menge weinender Frauen und fluchender Männer umgeben. Der Mühli-Leart dachte gleich, er könnte das Unheil angerichtet haben. Zitternd vor Furcht gestand er seine Schuld. Jetzt wusste man wenigstens, wie Abhilfe zu schaffen sei. Jene Worte, welche der junge Mühli-Leart gelesen, mussten wieder "hinderschi" gelesen werden. Das aber konnte nur einer im ganzen Dorfe. Es war Simon Tischhauser, welcher in Frankreich dem Bäckerberufe obgelegen hatte, und der daher kurzweg Simmabegg genannt wurde, Dieser war aber gerade abwesend. Wenn der Zauber nicht vor Sonnenuntergang gehoben werden konnte, waren die Ziegen unrettbar verloren. Nach manchen bangen Stunden wurde Simmabegg glücklicherweise gefunden, und bald war den Ziegen wieder Leben und Beweglichkeit gegeben. Der Mühli-Leart hat für sein Leben lang die Kunst im Lesen nicht mehr versucht, und Simmabegg fand bei den Geihbauern wenig Dankbarkeit; denn lange Zeit bewohnte er in grösster Armut eine Höhle beim Glatthaldensteinbruche und starb hochbetagt im Armenhause. Heinrich Hilty. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 144, S. 68f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Abplanalp

Source: Die Abplanalp

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Vor Zeiten stürzte von den Höhen des Brienzergrates über die Planalp her dem "Planalpgraben" folgend eine Grundlawine über die Planalpgüter, nahm hier noch zu Erde, Wald und Gestein ein auf der "Husstatt" stehendes Dorf mit, wälzte sich mit ihrem Raub weiter über die 1000 Fuss hohe Planalpfluh hinunter und weiter bis in den Brienzersee fort. Erst nach zwei Tagen fand man auf den auf dem See schwimmenden Lawinentrümmern den einzig noch geretteten Dorfbewohner - ein Knäblein in einer trogartigen Wiege. Von nun an nannte man den auf so wunderbare Weise von Planalp in das Tal Geführten den "ab Planalp" (Abplanalp) und sieht in ihm den Stammvater des heutigen Geschlechts der Abplanalp. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Abplanalp

Source: Die Abplanalp

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In Austagen, die auf einen schneereichen Winter folgen, steckt das Hochtal der Planalp voller Lawinengefahr. Denn die Grathänge am Rothorn sind steil, die Last des frühlingsfeuchten Schnees drückt sie glatt und glitschig - ein gäher Riss in die weisse Fläche - und holter-di-polter brechen Schnee und Erde los und rumpeln in langem Zuge unheimlich rasch von den Gräten hinunter in den Planalpbach. Zu solchen Zeiten wagt sich niemand gerne in das Tal. Erst wenn Sonne und Föhn die Halden ordentlich ausgeapert haben, steigt der eine oder andere Älpler hinauf, zu gwundern, wie die Lawinen gehaust. Und gar zu oft sieht er dann von den Alphütten nichts mehr als Stücke von Schindeldächern, gebrochene Sparren und andere armselige Reste, Hunderte von Schritten von ihrem ursprünglichen Standort weg, aus schmutzigen Schneehaufen ragen. Vor alten Zeiten war der unterste und zahmste Teil der Planalp bewohnt. Ein sonniges Dörfchen, die Husstatt, lehnte am Hang. Die Bewohner gingen wohl dem Viehgewerb nach, jagten wilde Tiere und bebauten krapfengrosse Äckerlein. Da brach einmal hoch am Berg eine gewaltige Grundlawine los. Die schoss, vermischt mit Erde, umgeworfenen Waldbäumen und losgerissenen Steinen, dem Dorf in den Rücken, zerdrückte die Häuser und fegte ihre Reste in den Bach hinunter und weiter über die tausend Fuss hohe Mühlebachfluh in den Brienzersee. So gründlich besorgten die Naturgewalten das Zerstörungswerk, dass kein Haus verschont, kein Holz und kein Stein auf dem andern blieb, und alles Lebendige, Menschen und Vieh, ein unerwartetes schreckliches Sterben erlitt. In den trüben Fluten, die der Planalpbach noch wochenlang in den See ergoss, flössten etliche Bewohner von Brienz nach Holz. Am zweiten Tage nach dem Unglück hakte einer der Männer seinen Flosshaken in einen ausgehöhlten kurzen Baumstrunk und zog die Last an Land. Das vermeintliche Stück Holz war aber kein rauher Stamm, sondern eine einfache Trogliwiege, und darin lag ein schlafendes Knäblein, das die Augen munter aufschlug als man die Wiege ganz auf das Ufer zog. Es war der einzig übrig gebliebene Bewohner der Husstatt auf der Planalp. Ins Dorf verbracht, erwies es sich, dass er die sonderbare Fahrt vom Berge herunter ohne Schaden überstanden hatte. Er wuchs gesund mit geraden Gliedern heran. Da seinen rechten Namen niemand wusste, nannten ihn die Leute „dän ab der Planalp“ und später einfach Abplanalp, als welcher er der Stammvater des heute noch bekannten Geschlechtes geworden ist. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Abschaffung der Folter

Source: Die Abschaffung der Folter

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Wie anderwärts wandte man auch im Wallis in alten Zeiten die Folter an, um von den Angeklagten das gewünschte Geständnis zu erpressen. Der Grosse Stockalper war aber schon längst zur Einsicht gekommen, dass die Folter ein gar unrichtiges Mittel sei, die Wahrheit zu erfahren. Denn viele gestanden in den fürchterlichen Qualen allerlei, was sie sicher nie getan hatten, nur um den weiteren Schmerzen zu entgehen. Aber wie das Volk hievon überzeugen. Endlich fand er folgenden Ausweg: Eines Tages klagte Stockalper seinen Knecht an, er habe ihm einen Sattel gestohlen. Der Angeklagte wurde sofort eingezogen und vor den Kastlan geführt, leugnete aber hartnäckig die ihm zur Last gelegte Tat. Der Kastlan liess ihn daher auf die "Gichti" (Folterbank) bringen und begann mit der Marter. Bald gestand nun der Knecht, er habe wirklich den Sattel gestohlen. In diesem Augenblick brachte Stockalper den Sattel herbei, den er selbst verborgen hatte, und mit ernsten Worten wies er an diesem Beispiele den Richtern die Nichtigkeit der Geständnisse nach, die auf der Folter gemacht werden. Und so wurde denn die Folter abgeschafft. BRIG Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Adlerbraut

Source: Die Adlerbraut

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In einer großen Stadt lebte ein armes Ehepaar, welches lang kinderlos blieb. Als ihnen der Herrgott ein Knäblein bescherte, sagte die Wehmutter, die gar gescheit war, man solle zum Paten für das Kindlein den ersten besten Reiter nehmen, der des Weges komme. Der Vater ging auf die Straße, wartete den ersten Reiter ab und bat dann diesen zu Gevatter. Der Mann sagte zu, hob das Knäblein aus der Taufe und gab sich als König eines großen Inselreiches zu erkennen. Das Knäblein aber gefiel dem Herrn so gut, dass er einen großen Haufen Goldes zurückließ mit dem Befehle, für das Kind gehörig zu sorgen, und wenn es achtzehn Jahre alt sei, es ihm zu Hofe zu schicken, wo es dann sein eigenes Töchterlein zur Frau erhalten solle. Die Eltern taten, wie ihnen geheißen, und als der Knabe achtzehn Jahre alt wurde, sandte ihn sein Vater zum königlichen Paten im großen Inselreiche. An einer Quelle traf er mit einem hässlichen Zwerge zusammen, der den Jüngling mit dem Tode bedrohte, wenn er nicht tue, was er wolle. Das Patenkind des Königs musste sich fügen und das Versprechen ablegen, den Zwerg als den künftigen Gemahl der Inselprinzessin gelten zu lassen und sich selbst als Diener zu betrachten. So gelangten die zwei in das Inselreich, und der König war nicht wenig erstaunt, als er sein vermeintliches Patenkind sah mit dem wackeligen unförmlichen Kopf und den dünnen, schiefen Beinen. Auch der Königstochter gefiel der krummbeinige Bräutigam gar nicht gut, und sie hielt sich lieber an seinen schlanken und schönen Diener. Darob wurde der Zwerg eifersüchtig und verwünschte die Königstochter nach der Insel im Meere, wo ewiges Dunkel herrscht. Und dabei war er so boshaft, den Diener als den Zauberer zu bezeichnen, so dass dieser auf Befehl des Königs ins Gefängnis geworfen und zum Rade verurteilt werden sollte. Da erschien in der Nacht vor der Hinrichtung des unglücklichen Jünglings ein ehrwürdiger Greis und gab ihm den Rath, als letzte Gnade drei mit Fleisch beladene Schiffe zu verlangen, womit er in die See stechen und die Königstochter suchen müsse. Das tat der Jüngling und schwur bei dem Höchsten nicht zu rasten und nicht zu ruhen, bis er die Königstochter gefunden. Der fürstliche Vater gewährte ihm die Bitte. Und der Jüngling fuhr hinaus in die wogende See und kam zuerst zur Insel der Bären, welchen er auf Verlangen eine Schiffsladung voll Fleisch gab. Den Bärenkönig aber fragte er nach der Insel ohne Licht; der konnte ihm aber keinen Bescheid geben, versicherte ihn indessen seiner Hülfe auf den ersten Pfiff hin. Auf der Insel der Leoparden hatte der Jüngling das gleiche Abenteuer, gab die zweite Schiffsladung, erhielt zwar keine Auskunft über die gesuchte Insel, wohl aber freudige Zusicherung der schnellsten Hülfe für den Notfall. Auf der Insel der Adler erging es ihm besser. Der Adlerkönig, dem er die dritte Schiffsladung mit Fleisch überreichte, war darüber hoch erfreut und verlieh dem Jüngling die Gabe, sich nach Belieben in einen Adler verwandeln zu dürfen, und was die Insel ohne Licht anbelangt, so erfuhr das Patenkind des Königs durch einen alten Adler, der dort einmal gewesen war, das Nähere; ja der wackere Vogel bot sich ihm zum Begleiter an, was unser Freund gerne annahm. So fuhren sie zusammen in die See hinaus und kamen zur lichtlosen Insel, wo sie landeten. Das erste, worauf sie stießen, war eine alte Frau, die sieben weiße Mäuse um sich hatte. Diese fragte der alte Adler nach dem Schlosse, wo die fremde verzauberte Fürstin weile, und das Weib gab bereitwillig Auskunft und sagte, sie wolle ihnen ihre Mäuse als Führerinnen mitgeben. Der alte Adler aber, der an Sonne gewöhnt, in dieser lichtlosen Luft nicht leben konnte, breitete die Fittiche aus und flog südwärts seiner glühenden Heimat entgegen. Die Mäuslein aber führten den Jüngling zu einer auf steilen Felsen liegenden Burg mit einem einzigen Fenster hoch oben unter dem Dache, aus welchem ein blasses, edles Antlitz hinaussah in die ewig dunkle Nacht. Der Jüngling verwandelte sich in einen Adler, flog hinauf in die Dachkammer und nahm zum Entzücken seiner schönen Freundin wieder seine Gestalt an. Und die Königstochter sagte ihm, er müsse noch, ehe er sie befreien könne, den Drachen töten, der sie bewache, der horste aber im dunkelsten Teile der Burg, zu dem viele, viele Stufen hinabführten. Der junge Mann zögerte nicht lange und stieg hinab, das gezückte Schwert in der Hand, bis zur Drachenhöhle, aus der das Scheusal kampfbereit hervorblickte. Der Jüngling führte sofort einen mächtigen Hieb mit seinem Schwert nach dem Drachen; aber am Schuppenpanzer des Lindwurms brach die Klinge, wie ein leichter Stab, und unser Freund wäre verloren gewesen, hätte er sich nicht im entscheidenden Augenblick der versprochenen Hülfe erinnert und den fernen Freunden gepfiffen. Und kaum war der Schall verhallt, dass es von allen Seiten von Bären, Leoparden und Adlern lebendig wurde und der Drache nach verzweifelter Gegenwehr den vereinten Kräften der starken Tiere erlag. Im Jubel wurde nun die Königstochter auf die Schiffe gebracht, der Drache aber verbrannt und die Asche ins Meer geworfen. Und siehe, im nämlichen Augenblicke sah sich das Patenkind des Königs von einem zahlreichen und glänzenden Gefolge umringt – es waren die Bären, Leoparden und Adler, die durch das Verbrennen des Drachen wieder ihre Menschengestalt erhalten hatten. Auf der Insel wurde es hell, und die Burg sank in Trümmer. Des Königs Patenkind und die Königstochter und all die befreiten Ritter und Edlen schifften südwärts nach dem großen Inselreiche, wo sie jubelnd empfangen wurden. Den betrügerischen Zwerg aber erreichte die schwere Hand des Königs, und er starb auf dem Rad.   Quelle: Jecklin, Dietrich: Volkstümliches aus Graubünden. 3 Teile, Zürich 1874, n St. Benedetg bei Somvix erzählt.       Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Advokaten in der Ewigkeit

Source: Die Advokaten in der Ewigkeit

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Um die Advokaten zu necken, erzählte man sich früher in Saas folgende Geschichte: Zwei Advokaten, die im Leben manchen Prozess geführt hatten, versprachen einander, nach dem Tode ein Zeichen zu geben und mitzuteilen, wie es im Jenseits aussehe. Als einer gestorben war, erschien er auch bald darauf seinem Kollegen, aber er sagte nur: «Da wird kein Wort mehr gesprochen!» SAASTAL Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch  


by Die Agatha schreit

Source: Die Agatha schreit

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Zwei (nach andern: drei) Hexen auf der Vierschröt wollten ein Stück des Felsens losbrechen und damit die Kapelle im Riedertal zertrümmern. Da läutete es. Sogleich hörte man eine Stimme: »Noch, Lunnä, stosset!« und eine andere antwortete: »Ich mag nimmä, d'Agäthä schrytt.« Frau Arnold-Gisler, 50 J. alt, von Spiringen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Alerune

Source: Die Alerune

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(Geldbrütendes Tier) Es hät emol en Oberhallauer rischte [Riste = Flachsbündel] kauft, wo me im merkwürdig wolfe[i]l atrat hät. Woneren aber hambrocht hat, do hät er e chistli drin g’funde und i dem chistli e chrotte und en brief debi, drin ischt g’stande, da sei en alerune, die mües me alli tag strele und mit wi wäsche; dänn chönd mere gelt underlege und findi dänn am andere tag vil meh weder da, wo me underglat hei; drümol chönd me si verchoufe, dänn numme, und da sei iezed es dritt mol. – Do hät de vater zo sine lüte gsat: mit dem wemmier nüt z’thond ha, mier wend nit üse seel und seligkeit verlüre. Do hat er si furttrat und in e wasser ie gworfe, aber wo ner ha cho isch, do ischi scho vor ehm wider do gsi und so hät er möge astelle waner hät welle, er hät si halt nid eweg brocht. Do isch er go Stüehlinge dure zon Kapuzinere und häts um roth g’froget; do handsen z’erste gfroget, ob er gelt underglat hei und woner g’antwortet hät: o nei, kan chrüzer und kan heller!, do hand si g’sat dänn sey no z’helfid; sus wär er verlore gsi; iez söll er dänn z'nacht em älfi vo Oberhallau ufbreche und da chistli mit der allerune uf de rugge neh und zor Huete (Wuthach) dure träge; schlags zwölfi söl er uf d’brugg stoh und da hindersi id Huete abewörfe und dänn hagoh und jo nie zruck schaue. – Do hät er's dänn ase g'macht und woner wider ha ischt, do hät hinder im de wald g'chesslet und g'rasslet wie vo hunderttusig rütere, er aber hät nid umeg'lueget und isch g'loffe, so g'schwind er hät chöne, daner scho em halbi as wider z' Oberhallau g'si ischt. Woner zor stube ie cho ischt, hät er g'rüeft: Gottlob und dank! dann isch er umg’sunke und g’storbe; d alerune aber isch nie me is hus cho. (Oberhallau)     Übersetzung: Es hat einmal ein Oberhallauer Flachsbündel gekauft, die man ihm merkwürdig günstig angeboten hatte. Als er sie heimbrachte, fand er darin eine kleine Kiste und in dem Kistlein eine Kröte und einen Brief dabei, in dem stand, das sei eine Alerune, die man alle Tage kämmen und mit Wein waschen müsse; dann könne man ihr Geld unterlegen und finde am nächsten Tag viel mehr, als man untergelegt habe; dreimal könne man sie verkaufen, dann nicht mehr, und das sei jetzt das dritte Mal. – Da sagte der Vater zu seinen Leuten: Damit wollen wir nichts zu tun haben, wir wollen nicht unsere Seele und Seligkeit verlieren. Da trug er sie fort und warf sie ins Wasser, aber als er nach Hause kam, da war sie schon vor ihm wieder dort und er mochte anstellen mit ihr, was er wollte, er brachte sie nie weg. Da ging er nach Stühlingen hinüber zu den Kapuzinern und fragte sie um Rat; sie fragten ihn als erstes, ob er Geld untergelegt habe und als er antwortete: o nein, keinen Kreuzer und keinen Heller!, da sagten sie, dass ihm noch zu helfen sei; sonst wäre er verloren gewesen; jetzt solle er dann nachts um elf Uhr von Oberhallau aufbrechen und das Kistlein mit der Alerune auf den Rücken nehmen und zur Wuthach hinüber tragen; punkt zwölf Uhr solle er sich auf die Brücke stellen und es rückwärts in die Wuthach hinunter werfen und dann heimgehen und auf keinen Fall zurückschauen. – Das machte er dann so und als er wieder heimging, klirrte und rasselte es hinter ihm im Wald, wie von hunderttausend Reitern, aber er schaute sich nicht um und lief, so schnell er konnte, so dass er schon um halb eins wieder in Oberhallau war. Als er in die Stube trat, rief er: Gottlob und Dank!, dann sank er um und starb; die Alerune aber ist nie mehr ins Haus gekommen.     Aus: R. Frauenfelder, Sagen und Legenden aus dem Kanton Schaffhausen, Schaffhausen 1933. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Alpe zum Erb auf Davos.

Source: Die Alpe zum Erb auf Davos.

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Hört, was Geschichten Uns noch berichten Vom »Erb« auf den Höhn: So nennen heute Es noch die Leute Von dem, was geschehn.   Dort hat sich Sterben, Dort hat sich Erben Traun, geltend gemacht: Denn siebenmal sterben Die neuen Erben In einer Nacht.   Binnen zwölf Stunden Hat sich befunden In siebenter Hand Die Alp, durch erben Bei »grossem« Sterben, »Erb« fürder genannt.   Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Alpmuetter

Source: Die Alpmuetter

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Ein Jäger ging im Spätherbste an einer Hütte der Alpe Drusen im Prätigau vorbei und hörte in derselben ein ganz sonderbares Geräusch und Getümmel, wie wenn es noch Hochsommer und die Sennen vollauf beschäftigt wären. - Die Neugierde lockte den Waidmann, und er ging und guckte durch ein Astloch in die Alphütte hinein; er gewahrte in derselben die leibhaftige Alpmuetter. Sie war ein altes, buckliges Weiblein, das, am Herde stehend, eifrig mit Kochen beschäftigt war. Rings um den Herd und die bucklige Köchin herum tanzte eine Schaar kleiner Tiere, das Eine ein Salzbüchschen, das Andere eine Kochkelle, das Dritte einen Seihwisch, Alle etwelches Küchengeräte in den Vorderpfoten haltend, ausgenommen Eines, das leer tanzte und nichts in den Pfoten trug. Zu diesem kleinen Taugenichtse wandte sich plötzlich das Weibchen und knurrte: »Du Hanschäsperle, choz\' mer Schmalz!« und siehe da, Hanschäsperle erbrach Schmalz in Hülle und Fülle. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Alpspende

Source: Die Alpspende

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«Kennt Ihr die Geschichte von der Alpspende, Herr?» « Nein, die weiss ich nicht.» «So geht zu Hänselpeter im Ried! So wie der sie erzählt, verstand es nur noch die selige Katrin. Das war seine Muhme, und für einen Schluck Muskateller fabelt er, so lange Ihr wollt.» Die herzensgute Kaplansköchin packte mir das Frühstück und eine Flasche wohl verspündeten Weisswein in den Rucksack, und da grad die Ziegen ausrückten, so marschierte ich mit dem Hirten und seinem Rudel in bester Gesellschaft nach Ried. Er wohne eine Stunde weiter oben in Weissenried, hiess es, einem Weiler auf luftiger Terrasse, zu dem ich ungesäumt emporklomm, während die niedern Vierbeiner über das Bachbrücklein wuselten und schattenhalb in den stotzigen Gefilden dem Futter nachgingen. Vor einem mit Kohl und Schotenerbsen bepflanzten Gärtchen las ich auf dem Giebel gross angemalt seinen Namen. Er war aber nicht daheim, sondern im Heumahd, nochmals eine Stunde bergauf, und so bog ich um die Ecke und grüsste eine Frau, die auf der Treppe kauerte und am braunen Wollstrumpf arbeitete. Bei meinem Anblick schrak sie zusammen und barg die Hand flink unter der Schürze. «Guten Tag, Grossmutter.» «Gott dank Euch.» Sie sah mich von unten herauf an, wie einen, dem man nichts Gutes zutraut. «Meinetwegen raucht nur weiter», beruhigte ich, zog meinen Beutel aus der Tasche und bot ihr Tabak. «Das Rauchen vertreibt die Grillen.» «Die Pfeife ist mir grad erloschen», sagte sie verlegen und strich mit der Hand über den zahnlosen Mund. Sie nahm die kurze Gipspfeife unter der Schürze hervor, stopfte und blies den Rauch mit Wohlbehagen. «Der Tabak raubt mir das Kopfweh und ist überhaupt eine gute Sache.» «Könnt Ihr mir sagen, wo ich den Hänselpeter antreffe?» «Droben im Netzbord beim Heuen.» «Wie alt ist er denn?» «Vier Jahre älter als ich, und ich gehe im Achtundsiebzigsten.» «Und er schwingt noch die Sense?» «Er ist immer noch dabei und hilft mit den Augen.» Über kurzgeschorene Matten holperte der fussbreite Pfad hangauf, erlistete in frechen Sprüngen die Höhe. Von Heuschrecken umschwärmt, erreichte ich ein Gehölz, rastete und stieg weiter zu den Heuern und einem alten Mann, der abseits kauerte und zuschaute. Froh, ihn endlich gefunden zu haben, grüsste ich und setzte mich an seine Seite. «Der Hänselpeter bin ich nicht», sagte der Greis, «der ist eine Stunde weiter oben im Netzbord, wo Wiesland und Kuhweide Anstösser sind.» Also gut, höher hinauf! Die Gletscher silberten, die Felsen sprühten, und der Wind, trunken von dem berauschenden Heuduft, blies bald von Ost, bald von West. Endlich war ich bei Hänsel und diesmal ganz gewiss. Er kauerte am Wegrand, den formlosen Wetterhut in die Stirne gezogen. Scheu glommen seine feuerroten Äuglein aus dem bärtigen Gesicht, das erdwärts hing, seine Hände zitterten. Ich überbrachte ihm einen Gruss vom Herrn Kaplan in Kippel und steckte die Pfeife in den Mund. Seine buschigen Brauen wippten auf und nieder, er sagte kein Wort darauf. «Ihr macht gutes Heu dieses Jahr», begann ich. «Es ist doch eine mühsame Beschäftigung und eine Hatz, will man alles trocken einbringen.» Er bog den Kopf tiefer gegen die Knie und schwieg. Vielleicht ist er übelhörig, da muss ich mich kurz fassen. Ich berührte seine Schulter und schrie ihm zu: «Man vernimmt nichts mehr von bösen Geistern, nicht wahr? Von Unwesen und Gespenstern, die das Vieh verhexen und aus dem Stafel jagen. Das war früher anders.» Bedächtig drehte er den Kopf und glotzte mich an. «Ich sammle nämlich Sagen, Geister- und Hexengeschichten und die» - Wie ein Junger schoss er auf, raffte die Sense und wackelte fluchend und schimpfend den abschüssigen Weg hinunter. Ich blieb allein im Kraut, grübelte über sein sonderbares Benehmen und ging langsam der Sennhütte zu, um den brennenden Durst zu löschen. Die Sennerin führte mich ins Gemach zu ihrer Schwester und bewirtete mich mit Brot und Käse und aufgewärmter Milch. Der alte Kauz sei zuweilen nicht gut im Kopf, sagten sie und hasse die Fremden. Die Geschichte von der Alpspende aber könnten sie mir auch erzählen, so gut wie Hänselpeter, und so zog ich den Kalender aus der Tasche und spitzte den Blei. Für das gesellige Stündlein und die Sage mich bedankend, nahm ich Abschied und wählte den Pfad schräg ab, der kurzweg auf Kippe! steuert. Bei dem ersten Haus und Brunnen unter dem Waldsaum erinnerte ich mich der Weinflasche, die ich noch im Sacke trug und kühlte sie unter der Röhre. Nicht lange, so kam einer heraus, justament Hänselpeter, der mit den Händen Mücken fing und etwas brummelte, das ich nicht verstand. «Ein Schluck gefällig?» - rief ich. «Es ist Muskateller, aus den Kaplaneireben.» «Lieber fechten», raunzte er und humpelte wieder ins Haus. Ich lachte des Narren, entkorkte die Flasche und machte es mir auf einer Sitzvorrichtung bequem. Es war dämmrig geworden, die Abendlichter auf den Zacken des Torrenthornes verglühten, und ich hatte versprochen, mit militärischer Pünktlichkeit zum Essen mich einzufinden. Zum zweitenmal erschien Hänsel, ein Glas zitterte in seiner Hand. Ich goss ein und hielt ihm das volle Glas entgegen. Hastig leerte er es, ging nochmals ins Haus und brachte Käse und Brot. Ich war gewitzigt und pochte nicht mehr an das Schatzkämmerkämmerchen seiner Erinnerungen. Wie von selber ging es auf, und bald sprudelte es von Hänsels feuchten Lippen, klar und jugendfrisch wie aus der Brunnenröhre, und das Schönste von allem war die Sage von der Alpspende. Er redete nicht, wie es hier im Buche steht, viel besser und kurzweiliger, wie nur die Alten, die aus dem Bilderbuch der Natur ihre Kenntnisse schöpften, noch erzählen konnten. In alter Zeit waren die Alpen Faldum, Resti und Kummen die fettesten Weiden des Lötschentales, bis ins Gefelse hinauf in Saft und Üppigkeit. Dreimal des Tages musste gemolken werden. Die Sennen freuten sich nicht mehr ihres Wohlstandes, wie es heute üblich wäre, und beteten nicht mehr zu Gott, sie nahmen den Überfluss wie Regen und Schnee, prahlten und brüsteten sich mit den schweren Käslaiben und Butterstollen und verlästerten Himmel und Erde. Der schlimmste von allen war der Gewalthaber, der seinem Gesinde auch am Herrgottstage keine Musse gönnte, die Gemeinde um ihre Gelder betrog und durch List und Falschheit den besten Teil der Alp an sich riss. Nach seinem Tode entdeckte man den Betrug, und da seine Angehörigen ausser Stande waren, den Schaden gut zu machen, musste der Verstorbene umgehen. - Um die Sommerwende erschien er als böser Geist in den Ställen von Resti, Faldum und Kummen, schreckte das Vieh ins Freie, mit Haiho über Berg und Tal und kam erst nach drei Tagen auf die Alp zurück. In den Klauen der Rinder hatten sich Weinlaub und Weizenähren gefangen, so tief hinunter war er mit der Herde gefahren. Die Grasnarbe verkümmerte, das Futter wurde spärlicher und sauer, die Reichtümer schwanden, und niemand wusste Rat, wie man den Kobold vertreiben könnte. Da war ein verwegener Senne, Namens Pauli, der weder den Tod noch den Teufel fürchtete, sowenig als Hagel und Sturm. Er erbot sich, dem Geist aufzupassen und in den drei heiligen Namen ihn zu stellen. Als der längste Tag erschien, legte Pauli sich auf die Lauer, und zumal die beiden ersten Nächte ohne Störung verliefen, schlief er einige Stunden am Tage, um Kräfte zu sammeln für die dritte Nacht, denn nun musste der Geist sich offenbaren. Es war eine von den windklaren, stillen Nächten, die die Auen segnen und den Blumen und Halmen silberne Häubchen weben. Nichts regte sich um die Hütten. Im Grunde blitzte der Schaum des Wildbaches, der sein Wanderlied murmelte. Pauli überlegte: Wenn der Geist auftaucht, so schlage ich dreimal das Kreuz und rufe ihn im Namen Gottes an. Mitternacht war vorbei, und ihn schläferte. Um nicht einzunicken, zählte er die Sterne, die sich stetig mehrten und jedesmal eine andere Summe ergaben. Wirr und dumm wurde ihm zumute, er schloss die Augen und schlummerte ein. Jählings fuhr er zusammen. Ketten klirrten, Hufe stampften. Er stützte sich auf, wischte den Schlaf aus den Wimpern und sah eine fahle Gestalt, die blitzgeschwind von Stall zu Stall huschte. Er wollte aufspringen, seine Knöchel versagten. Er wollte sich bekreuzen, da stand der Senn vor ihm, ein unheimliches Wesen mit hohlen Augen und bartloser, erloschener Miene und wischte ihm eine Salbe über die Schläfen. Er hörte seine scherbende Stimme: «Hei lobe bruni Chueh, lauf em Mutzlihore (Mutthorn) zue.» Bis zu den hintersten Ställen dringt der dumpfe, gläserne Ruf. Die Tiere quetschen sich aus den Stadeln, brüllen in die Nacht hinaus, ringeln die Schweife, raufen und bocken und setzen über Balken und Steine. Pauli will besänftigen, seine Kehle ist verriegelt. Schon ist der Trupp bei der obersten Hütte versammelt und rennt, mit dem Gesellen an der Spitze, den Berg hinauf, wie vom Teufel gepeitscht, dem Mutthorn zu. Vom Sturmwind mitgerissen, fliegt Pauli der Herde nach, am Mutthorn vorbei, in rasender Geschwindigkeit über die flachen Eisfelder des Gletschers, über stürzendes Geröll, hinunter zum Steinbett der Kander, an glatten Steilwänden wieder empor, ohne Rast, ohne Weile. Tannadeln kitzeln seine nackten Sohlen, Weiden und Gehöfte weichen in grausige Tiefen zurück. Im Bogen saust die wilde Jagd über den Bergsattel, über Triften und Matten, dunkle Wälder, Dächer und Friedhöfe, reifende Rebstöcke, Korn- und Rübenäcker, den ziehenden Fluss, wiederum über Weizen und Reben, Dörfer und Weiler und schwebend empor zu den Gräten und Felsköpfen, zwei Tage und drei Nächte zwischen Himmel und Erde, ohne Halt und Pause. Am dritten Tag lagen die Tiere Haupt an Haupt vor den Ställen, mit hängender Zunge, bachnass, dampfend und zitternd, und Pauli war es, als ob er drei Wochen im Fegefeuer gelitten hätte. Die Kleider fetzten, die Glieder, zu bleierner Schwere erstarrt, rüttelte das Fieber. Die Sennen betteten ihn auf Stroh und lasen die Ähren und das Weinlaub aus den Klauen der Kühe, die drei Tage lang keinen Halm anrührten und nicht einen Tropfen oder nur rote Milch in den Kübel spritzten. Dem Tode näher als dem Leben, wurde Pauli im Herbst ins Tal getragen und bei dem ersten Winterschnee der Erde übergeben. Entschlossen, alles zu versuchen, was den Unhold vertreiben könnte, sandte der Rat zu den Kapuzinern, die ein weisses Pulver gaben, das man vor die Ställe hinstreute. Siehe, auch im nächsten Sommer war der spukende Senn wieder da und raste mit der Herde davon, doch nur eine Nacht und einen Tag. Das Pulver war offenbar gut, aber nicht kräftig genug. Was endlich Erlösung brachte, war die Alpspende, die man zum Wohle der Armen bestimmte, indem jedes Jahr einmal der Ertrag eines Tages, zu Käse und Butter gemodelt, im Dorfe Ferden ausgeteilt wurde. Der böse Geist war gebannt, das Volk atmete auf. «Das ist keine Sage, bare Wahrheit», schloss Hänselpeter die Erzählung. «Heute noch ist die Alpspende im Schwang, und es erhält jeder, der dazu berechtigt ist, am Ostermontag Käse und Butter und als Zugabe ein Weissbrot samt einer Kanne roten Weines zum Gedächtnis an die Weizenähren und die rote Milch. Meine Grossmuhme hat den Pauli gekannt, und jetzt geh ich den Morgen suchen. Behüt Gott wohl, Herr!» Quelle: Johannes Jegerlehner: Walliser Sagen, Hans Feuz Verlag Bern, 1959 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Alraune

Source: Die Alraune

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Einst bot man einem Oberhallauer ein Bündel Flachs zum Kauf an, das billig war. Er kaufte es und trug es nach Hause. Als er das Bündel auftat fand er ein kleines Kistchen darin und in dem Kistchen eine häßliche Kröte und einen Brief. Im Brief stand geschrieben, daß die Kröte eine Alraune sei, die man jeden Tag kämmen und mit Wein Waschen müsse. Dieser Kröte könne man Münzen unter den Leib schieben, und anderen Tags hätten sich die Münzen verdoppelt. Doch könne man die Alraune nur dreimal verkaufen und dies sei jetzt das dritte und letzte Mal gewesen. Da erschrak der Oberhallauer und sagte zu seinen Leuten: «Mit dieser Krott will ich nichts zu tun haben. Ich will meine Seele und mein Seelenheil nicht verlieren.» Er packte die Kröte wieder in das Kistchen, ging hinaus und warf es in einen tiefen Tümpel.  Doch als er nach Hause kam, stand das Kistchen mit der Alraune bereits wieder in der Stube. Was immer auch der Mann versuchte, immer kam die Alraune auf geheimnisvolle Weise zurück.  Da ging er endlich zu einem Kapuziner und bat ihn um Rat. Der fragte ihn, ob er der Kröte bereits Geld unterlegt habe.  Doch der Oberhallauer beschwor, daß er weder Kreuzer noch Heller unterlegt habe. Da sei ihm noch zu helfen, meinte der Kapuziner. Hätte er es getan, dann wäre er mit Leib und Seele verloren.  Dann gab ihm der Kapuziner folgenden Rat: Er solle nachts elf Uhr von Oberhallau aufbrechen und die Alraune mit dem Kistchen zur Wutach tragen. Schlag zwölf Uhr solle er dann von der Brücke das Kistchen in den Fluss werfen und zwar rücklings und nach Hause eilen. Er dürfe s'ich aber um Gottes’Willen nicht umdrehen. So machte es der Oberhallauer. Als er sich auf dem Heimweg befand, hörte er hinter sich im Wald ein Lärmen und Rasseln als seien hunderttausend Reiter hinter ihm her. Zu Tode erschrocken rannte er davon, hütete sich aber einen Blick zurück zu werfen, bis er in Oberhallau ankam. Als er dann in seiner Stube stand, rief er «Gottlob und Dank!», fiel um und war tot.  Die Alraune ist aber nie mehr in das Haus zurückgekommen.  AUs: P. Keckes, Sagen der Schweiz, Schaffhausen/Thurgau, Zürich,1988, dort nach Frauenfelder/Wipf, S.26, Mundartfassung Schaffhausen Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Alraune

Source: Die Alraune

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Es war ein warmer Sommer, die Trauben reiften gut und als sie geerntet wurden, brachten die Männer sie in die Weinpresse, die Trotte, zum Pressen. Alle freuten sich auf den guten Traubensaft, aber man musste warten und das dauerte. So sassen einige Männer zusammen und einer begann zu erzählen: «Wusstet ihr, dass sich die Zauberwurzel, die Alraune, in eine Kröte verwandeln kann?» «Ja», sagten die anderen «das haben wir schon gehört. Aber so eine Alraunenkröte ist gefährlich.» «Ja, genau! Hört gut zu, was ich gehört habe: Ein Mann ging einmal auf den Markt und kaufte ein schönes Bündel Flachs zu einem günstigen Preis. Als er aber zu Hause ankam, war in dem Bündel ein Kistchen und in dem Kistchen eine hässliche Kröte und ein Brief. In dem Brief stand. ‹Diese Kröte ist in Wahrheit eine verzauberte Alraune. Man muss sie jeden Tag kämmen und mit Wein waschen. Wer eine Münze unter die Kröte legt, findet am nächsten Tag zwei Münzen und wird reich›.  Der Mann wäre gerne reich geworden, aber die Sache war ihm unheimlich.  Deshalb packte er den Brief wieder in die Kiste und brachte sie mitsamt der Kröte zu einem Tümpel, dort warf er sie ins Wasser. Zufrieden ging er nach Hause, doch was sah er: Wie durch Zauberhand stand die Kiste wieder in seinem Haus. Schnell packte er die Kiste, trug sie auf einen Hügel und warf sie von dort hinunter. Aber als er heimkehrte, stand die Kiste wieder in seinem Haus. Was auch immer er versuchte, er wurde die Kiste nicht los.  Da ging er endlich in ein Kloster und bat einen Mönch um Rat. Dieser sprach: ‹Geh morgen nachts mit der Kiste zum Fluss und wirf sie um Punkt Mitternacht ins Wasser der Wutach. Dann gehst du schnell nach Hause, aber sieh dich nicht um, sonst bist du verloren›. Der Mann bedankte sich und machte alles so, wie es ihm gesagt worden war. Kaum hatte er die Kiste in den Fluss geworfen, rannte er nach Hause, doch hinter ihm rumpelte, rasselte und lärmte es ganz schrecklich. Als er nach Hause kam, schaute er sich überall um, aber die Kiste kam nicht mehr in sein Haus. Manche aber sagen, er wäre vor Schreck kurz darauf gestorben.» «Das glaube ich nicht», rief einer der anderen Männer, «ich denke, er hat die Kiste einem anderen verkauft.» «Ja genau! Hast du sie vielleicht gekauft?», wollte ein anderer vom Erzähler wissen. In diesem Augenblick aber waren die Trauben fertig gepresst und die Männer konnten ihren Saft abholen.  Aber sagt: Hättet ihr die unheimliche Kiste haben wollen? Neu erzählt nach:  R. Frauenfelder, Sagen und Legenden aus dem Kanton Schaffhausen, Schaffhausen 1933 ©Mutabor Märchenstiftung


by Die Alraune des Schächentalers

Source: Die Alraune des Schächentalers

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Ein Schächentaler, dessen Name genannt wird und der sich vom armen, gänzlich mittellosen Hüterbub zum hortreichen Bauer emporgeschwungen hatte, soll eine »Allarünä« oder einen »Gäldschyßer« besessen haben. Darüber hört man allerlei Vermutungen und Ansichten. Die einen sagen, er habe sie droben in der Alp Wannelen gehabt, 11/2 Stunden ob Unterschächen, und sei alle Tage, auch bei Sturm und Schneegestöber, von Unterschächen hinaufgestiegen, um ihr zu »putzen und zu schoren« wie einem Kind. Die andern wieder behaupten, er habe sie in seinem Hause im Stübli untergebracht. Ein Schuhmacher, der einst dort auf der Stör war, will in einem unbewachten Augenblicke daselbst eine Kröte gesehen haben, die auf einem Haufen Geld hockte. Es gibt auch solche, die behaupten, der »Gäldschyßer« sei eine Wurzel gewesen, die exakt einem ganz kleinen Mandli geglichen habe, oder auch ein wirkliches, lebendes, munzigkleines Mandli. Es sei schwierig, ihn wieder loszuwerden, und wenn er in die dritte Hand komme, sei der Besitzer ohne Pardon dem Teufel verfallen. Jeden Tag müsse man ihm ein Geldstück unterlegen, dann lege er das Doppelte dazu. Karl Gisler; Johanna Brücker-Arnold, 70 J. alt u.a.m. Wenn jemand mühelos zu reichlichen Geldmitteln kommt, sagt man; »Der het, mein-i, ä Gäldschyßer,« von einem Verschwender: »Der sett ä Gäldschyßer ha, la chu, vo Paris la chu,« oder man nimmt sich vor: »Jetz lahn-i de ä Gäldschyßer (vo Paris) la chu.« Und wenn man viel Geld brauchen sollte, klagt man: »Da mangtä-mä-n-ä Gäldschyßer z'ha.« Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Alrune

Source: Die Alrune

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«Zu Buckten in Baselland wohnte ein Ehepaar, das nur zum Schein posamentierte, denn diese Leute konnten ganz aus ihren angelegten Kapitalien leben. Gleichwohl begriff niemand, wodurch sie so reich geworden waren, und man erzählte sich, der Mann müsse eine Alrune besitzen, die ihm alle Tage einen Taler lege. Deswegen habe er wohl seinen früheren Wohnort zu Rümligen verlassen, um sich von dem verfluchten Tiere dorten loszumachen, nachdem er reich genug geworden war. Als er aber das erste Mal in seinem neugekauften Haus zu Buckten schlief, da sei ein starkes Sausen durch das Tal gegangen und ein Mann habe gesehen, wie die Alrune zu einem Mauerloch in die frischbezogene Stube hineingeflogen sei. Ein Vogel sei’s gewesen mit grünen ins Goldgelbe spielenden Flügeln; aber über den Augen sei ein blutroter Kamm gesessen. Als der Mann starb, soll er besonders schlechtes Wetter zur Reise in die andere Welt gehabt haben, und sein Weib haben die Läuse gefressen.» Buckten Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Alrune und der Schneider

Source: Die Alrune und der Schneider

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Die Alrune, so sprach der Rheinfeldener-Kapuziner zu einem armen Schneider, ist ein wunderliches Thier, das Nachts mit Rollaugen umläuft. Wenn du dir aber meine Vorschriften merkst, so kannst du es leicht fangen und brauchst dann weder am Tage Hosen zu bletzen, noch Abends erst Mist zu stehlen, um deinen kleinen Acker düngen zu können. Aber ihr selbst musst du hübsche Kleider machen und alle Tage frisch anlegen. Dies liess sich der Schneider nicht zweimal sagen, und lauerte gleich in der ersten Nacht bis zwölf Uhr auf dem Kreuzweg. Das Thier erschien. Zwar passte es nicht genau zur Beschreibung des Kapuziners und glich, wenn man die funkelnden Augen des unbegreiflichen Kopfes übersah, nur einem mittlern Haushund. Um so geschwinder gieng der Schneider auf das Glücksthier los, packte es in seine Hutte und warf es daheim in den Geissenstall; aber ehe er wieder zuschloss, legte er ihm den einzigen Sparthaler sorgfältig unter den Bauch. Er konnte den Morgen nicht recht erwarten, und war kaum wieder in den Stall getreten, als er statt des einen nun hundert neue Thaler auf der Streue fand, dem gestrigen ersten haargleich. Schnell raffte er die Thaler alle zusammen, kaufte den an sein Rübenfeld stossenden Acker des Nachbars um hundert und einen Thaler, und morgen, dachte er sich, wenn ich den Stall wieder aufgemacht habe, zahle ich ihm die daran grenzende Wiese dazu. Der Morgen kam, der Alraun lag geduldig auf der Streu, aber nicht ein einziger Thaler dabei, kein Rappen war zu sehen. Der Schneider hatte den erst gelegten Thaler zu behalten vergessen, nun war dieser ausgegeben und die Zauberkraft des Thieres mit versiegt. Was war zu thun? Er holte seine Hutte, trug das Thier in den Wald zurück und sprang heim, um sein neues Feld schnell wieder zu verkaufen. Allein nun schwanden nicht bloss die hundert Thaler, sondern der Schneider wurde noch viel ärmer, als zuvor, und seit man ihn bei der letzten Hungersnoth begraben, sieht man auch den Alraun stets bei seinem Todtenkreuze liegen. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Alrune zu Buckten

Source: Die Alrune zu Buckten

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Zu Buckten in Baselland wohnte ein Ehepaar, das nur zum Schein posamentirte, denn diese Leute konnten ganz aus ihren angelegten Kapitalien leben. Gleichwohl begriff niemand, wodurch sie so reich geworden waren, und man erzählte sich, der Mann müsse eine Alrune besitzen, die ihm alle Tage einen Thaler lege. Deswegen habe er wohl seinen frühern Wohnort zu Rümlingen verlassen, um sich von dem verfluchten Thiere dorten loszumachen, nachdem er reich genug geworden war. Als er aber das erste Mal in seinem neugekauften Haus zu Bückten schlief, da sei ein starkes Sausen durch das Thal gegangen, und ein alter Mann habe gesehen, wie die Alrune zu einem Mauerloch in die frischbezogene Stube hinein geflogen sei. Ein Vogel sei's gewesen mit grünen ins Goldgelbe spielenden Flügeln; aber über den Augen sei ein blutrother Kamm gesessen. Als der Mann starb, soll er besonders schlechtes Wetter zur Reise in die andere Welt gehabt haben, und sein Weib haben die Läuse gefressen. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die alte Hellebarde

Source: Die alte Hellebarde

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Auf dem Estrich der Ziefner Kirche wurde lange Zeit eine alte Hellebarde aufbewahrt. Diese stammte nach der Sage aus der Schlacht von St. Jakob an der Birs. Einer aus dem Geschlechte der Spiess diente damals bei Henmann Sevogel als Knappe. Während zehn andere Ziefner und ein Arboldswiler tot auf dem Schlachtfelde verblieben, kehrte Spiess wieder heim. Als Anerkennung für seine Dienste wurde er nachher mit dem Amte des Sigrists betraut. — Die Hellebarde aber wurde von einem unrühmlichen Nachfahren von Spiess vor ein paar Jahrzehnten um weniges Geld einem Trödler verkauft. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Die alte Hellebarde

Source: Die alte Hellebarde

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Auf dem Estrich der Ziefner Kirche wurde lange Zeit eine alte Hellebarde aufbewahrt. Diese stammte nach der Überlieferung aus der Schlacht bei St Jakob an der Birs. Einer aus dem Geschlechte der Spiess diente damals bei Henman Sevogel als Knappe. Während zehn andere Ziefner und ein Arboldswiler tot auf dem Schlachtfeld blieben, kehrte Spiess wieder heim. Als Anerkennung für seine Dienste wurde er nachher mit dem Amte des Sigrists betraut. Die Hellebarde aber wurde von einem unrühmlichen Nachfahren vor einem Jahrhundert um wenig Geld einem Trödler verkauft. Ziefen Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Die alte Schmidja

Source: Die alte Schmidja

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Nah am Aletschgletscher soll einst ein vom Alter schwarzes Holzhäuschen gestanden haben. Dort lebte die alte Schmidja. Sie betete viel für die armen Seelen im Aletschgletscher, die dort auf Erlösung warten. Besonders in den langen Winternächten sass sie im Kerzenlicht fleissig am Spinnrad und betete. Wenn sie dann zu Bett ging, öffnete sie das Fenster und erlaubte den armen Seelen, sich in ihrer Stube zu wärmen: «Jetzt  – aber ohne mir zu schaden!», sagte sie, liess noch einen Kerzenrest brennen und legte sich schlafen.  Nicht lange, da trippelten und trappelten unzählige, kaum hörbare Schritte, als wenn sich viele Menschen in die Stube und um den warmen Ofen drängten. Nach dem Läuten der Betzeitglocken hörte sie das gleiche Trippeln wieder, bis es endlich still war. Einmal aber blieb die alte Schmidja länger als sonst wach. Draussen war es bitterkalt. Da hörte sie vor dem Fenster Stimmen: «Schoch, die alte Schmidja, spinnt noch.» «Ich will nur noch dieses Löckchen Werg fertigspinnen», rief die alte Schmidja. Aber es dauerte nicht lange, da rief es von Draussen aus der Kälte noch stärker: «Schoch, die alte Schmidja spinnt noch!» Da wurde sie ungeduldig: «Wenn ihr nicht warten könnt, bis ich fertig bin, so kommt halt jetzt.» Sie vergass aber zu sagen: «Ohne mir zu schaden!» Die Haustür öffnete sich wie durch einen Windstoss, man hörte Tritte von vielen, vielen Füssen und dazu ein Rauschen, aber sehen konnte man niemanden. Da wurde es der alten Schmidja unheimlich und eng um die Brust mit den vielen verstorbenen Seelen in der Stube und sie dachte: «In Zukunft will ich schneller fertig spinnen und früher ins Bett gehen, so dass die armen Seelen nicht mehr so lange in der Kälte warten müssen.» Und so machte sie es auch, bis zum letzten Tag ihres Lebens. Da lag sie auf dem Bett und von draussen hörte man die Stimmen der armen Seelen, die riefen: «Schoch, die alte Schmidja, lebt noch!» Die Alte öffnete noch einmal die Augen und sah vor ihrem Fenster viele Lichter, von ihrem Haus bis zum Gletscher. Es waren die Lichter, die sie ihren Lebtag für die Armen Seelen hatte brennen lassen. Da huschte ein Lächeln über das Gesicht der Alten und sie tat ihren letzten Atemzug. Nun leuchteten die armen Seelen der alten Schmidja den Weg, hinüber auf die andere Seite.   Neu erzählt nach M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, Sitten 1872


by Die alte Spinnerin

Source: Die alte Spinnerin

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Im Aletschtal nahe beim Gletscher stand einst ein heimeliges Holzhäuschen, das Sonne und Regenwetter ganz schwarz gebeizt hatten. Eine fromme, alte Witwe wohnte viele Jahre darin. Die sorgte sich sehr um die armen Seelen, die zahllos wie unabsehbare Heerscharen im Aletsch-Eis büssen, und die bei Tage nur die Köpfe mit den blaugefrorenen Wangen aus den Gletscherspalten strecken dürfen.             Wenn die Greisin an den langen Winterabenden beim Schein ihres Öllämpchens emsig spann, betete sie fast beständig für die Verstorbenen. Und währen sie ihr Spinnrad näher zum warmen Ofen rückte, wie dauerten sie dann die Ärmsten, die draussen schlotternd in Frost und Finsternis stehen mussten! Darum liess sie nachts die Haustüre immer nur angelehnt, damit die frierenden Seelen in die geheizte Stube kommen und sich wärmen konnten. Ihnen zuliebe mochte sie mit dem Holz nicht sparen. Doch durften sie erst eintreten, wenn das Mütterchen die Erlaubnis gab und sie dazu aufforderte. Und das tat sie, sobald sie selber zu Bett ging. Dann öffnete sie ein Fensterflügelchen und rief leise hinaus: „Jetzt - aber meines Friedens unbeschadet!“ Bevor sie sich zur Ruhe begab, zupfte sie aber noch den Docht des Lichtes sorglich in die Höhe und liess ein Stümpchen brennen, die Seelen sollten doch nicht im Dunkeln bleiben. Und bald ging die Haus-, dann die Zimmertür von einem kühlen Luftzug sachte auf. Unzählige Tritte blosser Füsse kamen, aber kaum vernehmbar, das Haus herauf. Das trippelte und trippelte unaufhörlich herein, als wenn viel Volk sich in die Stube um den warmen Ofen drängte. Die gastfreundliche Witwe nebenan in der Kammer lächelte befriedigt unter ihrer Decke: Nun mochten sie für ein paar Stunden wieder warm werden, die Durchfrorenen! Gegen Morgen um die Zeit des Betläutens pflegte sie aufzuwachen, wenn das gleich Geräusch drüben hinauszog.             Einmal geschah es, dass die Witwe - Altschmidja wurde sie von den Leuten genannt - länger als gewöhnlich aufblieb und noch eifrig spann, als das Licht schon tief heruntergebrannt war Es war eine schaurig kalte Januarnacht. Da pochten leise Finger ans Fenster und es rief draussen, die Frau höret es ganz deutlich „Hui, wie kalt! D Altschmidja spinnt noch!“ - „Ja, ich weiss wohl, dass ihr wartet“, gab sie zur Antwort, „ich will nur dies Löckchen Werg noch abspinnen.“ Aber es dauerte nicht lange, so klirrten die Scheiben ordentlich, als ob ganze Schwärme von Faltern dagegen bumsten, und das Rufen wurde lauter: „Hui, wie kalt! D Altschmidja spinnt noch!“ Da wurde sie aber fast böse und erwiderte ungeduldig: „Wenn ihr’s denn nicht erleiden könnt, bis ich fertig bin, so kommt herein!“ Sie vergass diesmal jedoch beizufügen: „Ohne mich zu belästigen!“             Jetzt sprangen Haus- und Stubentüren beinah miteinander wie von einem starken Windstoss auf, ein eiliges Wallen und Wogen von unsichtbaren Abendsitzern erfüllte das Haus, und das Herumrauschen in Gang und Gemach wollte kein Ende nehmen. Dem Mütterchen wurde nagst und bang. Sie meinte vor Hitze und Gepresstheit zu ersticken, und doch konnte sie keinen Schritt vom Rocken wegrücken, so gedrängt voll war der Raum von armen Seelen. Das war nun ihre Strafe, dachte sie. Warum hatte sie die Frierenden so lang draussen in der Kälte warten lassen! Künftig wollt sie gewiss barmherziger und vorsichtiger sein.             Als nach Jahr und Tag die mitleidige alte Schmidja eines Winterabends in den letzten Zügen lag und die beiden Krankenpfleger einander halblaut fragten: „Was werden die armen Seelen sagen, wenn ihre Freundin nicht mehr da ist?“ da rief es aus der nächtlichen Stille vor dem Fenster vernehmlich: „Hui, wie kalt! D Altschmidja lebt noch!“ Die Sterbende machte noch ein Zeichen, dass sie sich über diese Stimmen freue, liess dann die Hand auf die Decke fallen und tat den letzten Seufzer.             Im gleiche Augenblick drang von draussen eines starke Helle herein, und als die zwei Wärter an die Scheiben traten, sahen sie eine lange Prozession brennender Lichtlein, die vom Hause weg bis zum Gletscher hinüber flackerten und dort eins nach dem andern, wie von einem eisigen Wind ausgeblasen, erloschen. „Das sind die armen Seelen“, flüsterten die beiden zueinander, mit all den Nachtlichtern, welche die Verstobene für sie hat brennen lassen. Jetzt haben sie ihre Freundin auf ihrem Bussgang zum Gletscher begleitet. Ja, d Altschmidja war gut.“   Schweizer Sagen von Arnold Büchli Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die alte Stadt

Source: Die alte Stadt

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Jetzt noch geht die Sage unter den Bürgern Wils, ihre Stadt habe sich einst von der jetzigen Wasenmeisterswiese bis zur Thuraustrasse befunden und erstreckt; jetzt noch heissen einige Güter dort „in der alten Stadt", Chroniken aus dem Jahr 1650 führen obige Sage als zu ihren Zeiten bestehend und als alte Sage auf; Rechnungen aus dem Jahre 1600 benennen die dortigen Güter ebenfalls mit dem Namen „der alten Stadt" und legen einem Wege daselbst die Benennung "Leichengasse" zu. Von jener Stelle soll Wil dann auf den nahen Reckholderhügel, wo es jetzt steht, versetzt worden sein. Aber keine Sage und keine Urkunde bezeichnet näher die Zeit und die Ursache einer solchen bedeutenden Veränderung. C. G. I. Sailer, Chronik. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 484, S. 284 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die alte Stadt

Source: Die alte Stadt

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Leuk soll einmal im Pfinwald gestanden sein, und zwar westlich des Illgrabens, am Orte, wo man heute sagt: "In der Abschlacht". Diese Stadt wurde durch einen Bergsturz begraben. Geisshirten wollten da noch Glockengeläute gehört haben, und wenn sie an einem bestimmten Orte Steine hinunterwarfen, vernahmen sie wie die Glocken zu läuten begannen. Wenn da ein Hahn einen Tag lang am richtigen Ort wühlte, käme er gerade auf die Kirchturmspitze. LEUK Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Altels

Source: Die Altels

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Altels, ein Berg des Berner-Oberlandes, soll früher zu den schönsten und fruchtbarsten Kuhbergen gezählt worden sein. Dieser Berg gehörte einer blinden Witwe, die alle Sommer daselbst mit ihren Kindern ihr Vieh weidete. Die Kinder, darunter mehrere Erwachsene, übten nicht selten Bosheit aus an ihrer blinden Mutter. Oft legten sie ihr sogar unreine Speisen vor. Die Mutter merkte es, und voll Gram über solche Behandlung von Seiten ihrer eigenen Kinder, verwünschte sie den Berg auf ewige Zeiten. Wenige Jahre nach ihrem Tode ging ihr Fluch, den sie über diesen Berg ausgesprochen hatte, wirklich in Erfüllung: Der Berg ward mit ewigem Schnee bedeckt. Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die alten Palfrieser

Source: Die alten Palfrieser

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Palfries war einst von den freien Walsern bewohnt. Am Eingang der Alp hatte der "Kammjos" sein Heimwesen. Eines Morgens kam dessen Tochter aus der Küche in die Stube hereingesprungen und rief mit dem Ausdruck grosser Verwunderung: "Du, Vater, d's Wasser hat gnidlet!" Es hatte nämlich eine Eiskruste bekommen. Der Vater wurde darob recht ernsthaft und erwiderte: "Soa, soa, jetz chunn die böasa Joahr; jetz müessen mer wicha!" Und so verliessen sie ihre Berge und zogen ins Tal herunter. Länger hielten sich ihre Verwandten am Walserberg. Noch in den dreissiger Jahren des letzten Jahrhunderts wurde im "Wieslihaus" Schule gehalten. Heute aber wohnt auch dort für das ganze Jahr keine Seele mehr. U. Adank * Hier wohnten auch die Schuhmacher, die sich später in Sargans niedergelassen haben. Eine Frau aus diesem Geschlechte habe einst einen Lägel Wein von Sargans durch die Spina nach Palfries hinaufgetragen, ohne unterwegs auszuruhen. J. Ch. Berger. * Ein alter Palfrieser war so stark, daß er alles Holz zu seinem Hausbau allein auf den Schultern aus dem Wald herbeitrug. Bei der nächsten Hütte hatte sich ein fremder Hirt niedergelassen, dessen Stier oft in den Hof des Palfriesers einbrach. Der Palfrieser sagte dem Hirten, er solle seinen Stier besser hüten. Der andere aber höhnte ihn nur und erfrechte sich sogar, ihm den Hut vom Kopf zu schlagen. Da nahm ihn der Palfrieser unter den Arm, trug ihn zum Hute hin und befahl ihm, diesen aufzulesen. Der Hirt aber tat keinen Schnauf mehr; der Starke hatte ihn erdrückt. J. B. Stoop * Der Stärkste dieser Starken war der Benedikt. Einst trug er ein gewöhnliches Fass Salz vom Tale aus, ohne auszuruhen, auf dem Rücken nach Palfries (3 Stunden). Noch grösser war aber seine Leistung beim Bau des grossen Hauses. Da trug er das dicke, 50 Fuss lange "Hauptträml" der Stuben- und Küchendiele allein auf dem Rücken aus dem Walde zur Baustelle - eine Last, an der jetzt vier baumstarke Männer verzweifeln würden. Alpenpost, 1871.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 154, S. 73 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Altstadtmadonna

Source: Die Altstadtmadonna

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Eine uralte Tradition erzählt uns von der kostbaren holzgeschnitzten Madonnastatue in der Altstadtkapelle zu Zug interessante Legenden. Einstens stund das alte Städtchen Zug in höchster Gefahr, eine Beute grimmiger Feinde zu werden. Rings um die festen Ringmauern lagerten die Feinde und lauerten wie gierige Wölfe auf den Fall der Stadt. Aber die Altstadtmadonna schützte Zug. Während einer finstern Nacht erschien die Muttergottes auf den Stadtmauern und vertrieb die Feinde. Nachher begab sich die hohe Frau wieder in die Kapelle. Des andern Morgens fand man am untersten Rocksaum der Madonnastatue einige kotige Spuren, die vom Wandel auf den Stadtzinnen zeugten. Es war in der Nacht vom 23./24. Weinmonat des Jahres 1531. Die kleine Streiterschar aus Ägeri und Menzingen war auf den Gubel gezogen, um die protestantischen Soldaten, die ins katholische Land eingedrungen waren, zu bekämpfen. In der Stadt Zug war man ob dem Feind, der in aller Nähe weilte, sehr beunruhigt. Dem Nachtwächter wurde besonders gut Wacht aufgetragen. Als er um die späte Nachtstunde vom Zytturm her gegen die Linden am Graben schritt, bemerkte er eine dunkle Gestalt am Boden; es war eine Frauensperson. Mit groben Worten fuhr er sie an: "Stand uf, du Flungg". Da erhob sich die dunkle Frauensgestalt vom Boden, und plötzlich ging ein tagheller Lichtstrahl von ihrer Gestalt aus. Der Nachtwächter brach erschrocken zusammen. Die Madonna aus der Altstadtkapelle stand vor ihm in lichtem Strahlenkleide. Sie kündete dem zitternden Wächter, dass justament um diese Stunde die katholischen Mannen auf dem Gubel einen herrlichen Sieg errungen hätten. Der Wächter fürchtete eine Strafpredigt wegen seiner unschicklichen Worte, aber die Madonna machte ihm keine Vorwürfe. Voll Ehrfurcht begleitete er die strahlende Muttergottes zur Kapelle. Voll Staunen sah er sie durch den Kirchenraum schweben, und auf dem Hochaltar stand wieder die wohlbekannte hölzerne Statue der wundertätigen Altstadtmadonna. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 16 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Ameisen, die Bienen und die Enten

Source: Die Ameisen, die Bienen und die Enten

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Ein armer Mann hatte drei grosse und gesunde Burschen. Der Älteste sagte dem Vater, er wolle in die Fremde, um Geld zu verdienen. Bevor er abreiste, versprach er, nach einem Jahr zu schreiben, wie es ihm gegangen sei. Aber nach einem Jahr kam kein Brief, und von dem Burschen hörte man nichts. Dann bat der mittlere Bruder den Vater, ihn sein Glück versuchen zu lassen, er werde den Älteren schon finden. Doch auch vom Mittleren kam nie eine Nachricht. Schliesslich bat der Jüngste den Vater, ihn gehen zu lassen. Ungern gab der Vater auf das Drängen und Bitten seines Sohnes hin die Erlaubnis. Unterwegs begegnete er am Wegrand vor einem Wald zwei Bettlern. Sie waren ganz zerlumpt, aber der Jüngste merkte sogleich, dass es seine beiden Brüder waren. Sie bettelten um etwas zu essen. «Ich habe nichts bei mir», sagte der Jüngste, «aber kommt mit bis zur nächsten Wirtschaft, dort will ich euch zu essen geben!» Da gingen sie zu dritt in den Wald. Sogleich kamen sie zu einem Ameisenhaufen. Die zwei Struppigen wollten ihn zerstören, weil sie glaubten, unten am Boden sei noch etwas zum Essen da. «Das lasse ich nicht zu», sagte der Jüngste, «in diesem Ameisenhaufen hat es nichts Rechtes zum Essen, und was die Ameisen gesammelt haben, brauchen sie für den Winter!» Tief im Wald sahen sie in einer Tanne einen riesigen Bienenschwarm. Da wollten die beiden Hungrigen die Waben mit dem Honig herausnehmen. «Lasst die armen Bienen in Ruhe und plagt sie nicht!» bat der Jüngste. Nicht lange danach kamen sie zu einem Teich, darauf schwammen Enten. Jetzt wollten die beiden Hungrigen die Enten töten und sie zu Mittag essen. «Was nützt euch dieses Entenfleisch», sagte der Jüngste, «ohne Feuer müsst ihr es roh essen. Jetzt kommt bald eine Wirtschaft, lasst die Vögel leben!» Am Ende des Waldes fanden sie ein grosses und schönes Schloss. Sie traten näher, da sahen sie, dass alles eingewachsen war. Durch Dornengestrüpp kamen sie zu einer lotterigen Türe, die brachen sie auf. Über viele Treppenstufen gelangten sie in eine grosse Stube. Plötzlich kam ein alter Mann herein, den baten sie um Speise und Trank. Aber er gab keine Antwort, sondern schrieb mit Kreide auf den Tisch, was sie denn hier wollten. «Zu essen und zu trinken», schrieben sie darunter, und er tischte ihnen gut und reichlich auf. Nachdem sie genug gegessen und getrunken hatten, wollten sie gehen, aber der alte Mann schrieb auf den Tisch, er lasse sie nicht gehen, bevor sie nicht die zehn Scheffel Korn aufgelesen hätten, welche er am Morgen früh auf den Boden leere. Am andern Tag, als die Sonne aufging, schüttete der Alte zehn Scheffel Korn auf den Boden und befahl dem Ältesten, sie bis zum Sonnenuntergang aufzulesen. Dieser fing an zu suchen und strengte sich an, so gut er konnte, aber das nützte alles nichts. Der Abend kam, und es wurden immer mehr Körner. Nach Sonnenuntergang wurde der Älteste in eine Steinsäule verwandelt. Am andern Morgen musste der mittlere Bruder die Körner auflesen, aber es ging ihm gleich wie seinem Bruder. Am dritten Tag schien auch der Jüngste die Arbeit nicht bewältigen zu können, auch bei ihm gab es immer mehr Körner. In seiner höchsten Not kamen ihm die Ameisen in den Sinn, und er rief: «Oh ihr guten Ameisen, denen ich das Leben gerettet habe, so helft mir doch!» In dem Augenblick kriecht die ganze Ameisenschar in die Stube, und im Hui sind die Körner aufgelesen. Vor Sonnenuntergang bringt der Jüngste voller Freude dem Alten die Körner, und der freut sich sehr darüber. Es sei noch eine andere Aufgabe zu lösen, schreibt er auf den Tisch. Der Bursche müsse ihm sagen, auf welche dieser Steinsäulen unten im Hof ein Bienenschwarm hingehöre. Als der Bursche hinuntergeht und die Säulen anschaut, da merkt er so richtig, wie schwierig diese Aufgabe ist. Jetzt fallen ihm seine Bienen ein, und er ruft: «Oh gute Bienen, vergesst nicht, dass ich euren Schwarm beschützt habe. Kommt und zeigt mir, auf welche Säule ihr gehört!» Sogleich kommt der Schwarm, den er beschützt hat, aus dem Wald herbeigeflogen, setzt sich auf eine Säule und macht sich wieder davon! Jetzt weiss der Bursche, welche Säule den Bienen gehört, und er zeigt sie dem Alten. Der freut sich sehr darüber und schreibt die dritte und letzte Aufgabe für den Burschen auf: Er müsse aus dem See den goldenen Schlüssel holen, der zum Zimmer führe, worin die Prinzessin schlafe. Finde er den Schlüssel und öffne er das Zimmer, so erhalte er die Prinzessin zur Frau. Aber als der Bursche den tiefen, ganz mit Algen bedeckten See sieht, da verliert er die Hoffnung, den Schlüssel zu finden. Als er sich darüber den Kopf zerbricht, was er tun soll, fallen ihm die Enten ein, die er beschützt hat. Während er sie zu Hilfe ruft, sieht er, dass eine Ente herbeifliegt, in den See taucht und mit einem goldenen Schlüssel im Schnabel zurückkehrt. Der Bursche nimmt den goldenen Schlüssel, geht mit ihm ins Schloss hinauf, öffnet das Zimmer, welches der Alte ihm gezeigt hat, und findet darin eine wunderschöne, schlafende Prinzessin. Als er ins Zimmer kam, erwachte sie und umarmte ihren Erlöser. Der alte Mann gab dem Burschen eine Rute und sagte, er solle damit auf die Steinsäulen schlagen, die im Hof seien. Der Bursche tat dies, und jede Steinsäule verwandelte sich in einen Menschen. Es war die Dienerschaft des Schlosses: Köchinnen, Musikanten, Sänger, kurzum alle möglichen Leute. Auch seine beiden Brüder bekam er wieder, und alle gingen in die Schlosskapelle. Dort feierten die beiden Glücklichen Hochzeit. Aber am Abend gingen sie auf die Wiese vor dem Schloss und machten bei Mondschein Musik und tanzten. Später liess der Bursche auch Vater und Mutter zu sich kommen, und sie hatten es gut.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Ammannsmatte in Würenlingen

Source: Die Ammannsmatte in Würenlingen

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Im Dorfe Würenlingen, unfern Baden, sass ein Ammann, dessen lange Geschäftserfahrung sich der Gemeinde immer wieder nöthig machte, wenn auch seine wucherische Habsucht nicht minder bekannt und längst allgemein verabscheut war. Im Geschäftchen mit einer Wiese trieb er es aber zuletzt auf die Spitze. Da war nämlich eine Wittwe gestorben und hatte mehrere unerzogene Kinder hinterlassen. Unter ihrer Habe bot man nun eine schöne, fette Wiese zum besondern Verkauf aus, weil man hoffte, aus deren nicht geringem Anschlagspreise die Waisen erziehen lassen zu können. Allein des Ammanns Ränke wussten es durchzusetzen, dass man das Landstück ganz niedrig abschätzte und dann ihm zuschlug. Er zog auch noch manches Jahr grossen Nutzen daraus. Doch schon einige Wochen nach seinem Tode wollten die Würenlinger ihren verstorbenen Gemeindevorstand in der Mitternachtsstunde auf jener Matte wieder gesehen haben. Aus einer kleinen Vertiefung mitten im Grundstücke sei er emporgestiegen, mit gebeugtem Haupte, dann wie tiefsinnig um die Stelle herum gegangen und nach kurzem immer wieder verschwunden. Das Gerücht davon kam nun auch seinen zwei reichen Söhnen und der ganzen stolzen Verwandtschaft zu Ohren. Alle beschlossen, nächste Nacht zusammen dahin zu gehen, den Verstorbenen zu sehen und wo möglich anzureden. Um Mitternacht standen sie an der verrufenen Grube, und nach wenig Augenblicken stieg des Vaters Gestalt an ihnen auf. Als er seine zwei Söhne erblickte, wartete er nicht ihre Anrede ab, sondern begann sogleich selbst und bat sie mit bebender, flehentlicher Stimme, die auf so sündige Weise erstandene Wiese den rechtmässigen Besitzern zurückzugeben. Würden diese ihren Lebensunterhalt haben, so könne er erst seine Grabesruhe finden. Die Verwandten, die mit zuhörten, waren aufs Tiefste gerührt, nicht so die zwei Söhne, die in der Zucht des Ammanns gross geworden waren. Verhärtet suchten sie nun den Vater mit folgendem, gleissnerischen Trostspruche zu entfernen: „Lide, lide Aetti, S’ist gar e schön Mättli!“ Sogleich versank die Gestalt. Seither will auch keines den Ammann weiter gesehen haben. Das Landstück blieb in den Händen der Söhne. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die an einen Faden gebundene Katze

Source: Die an einen Faden gebundene Katze

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Auf einer Alp im Kanton Uri fielen sehr viele Rinder - man sagt hier zu Lande „wurden geschlagen" - und niemand konnte den Grund hievon enträtseln, jedoch dachten die Leute an bösen Spuk. Hierüber wurde ein Geistlicher berichtet, welcher den Leuten die Zusicherung gab, dass er auf Abhülfe denken wolle. Darauf hin hörte die Rinderkrankheit auf, es wurde kein Rind mehr „geschlagen". Als nachher ein Mann auf diese Alp ging, traf er eine Katze an, welche an einen Faden gebunden war und bei seinem Erscheinen sich sehr schmeichelnd gebärdete und mit dem Schwanze recht freundlich tat. Dieser erbarmte sich des angebundenen Tierchens und liess es los, welches zu seinem Erstaunen auf der Stelle verschwand. Die vorige Krankheit trat wieder ein. In der Folge reiste derselbe nach Mailand, und als er dort durch die Stadt ging, rief jemand aus dem Fenster eines Hauses ihn hinauf. Er folgt dem Rufe und findet da eine Frau, welche ihm reichlich zu essen und trinken gab. Dann sagte sie zu ihm: „Ich war die Katze, die ihr auf jener Alp in Uri losgelassen habet."   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Die an einen Faden gebundene Katze

Source: Die an einen Faden gebundene Katze

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Auf einer Alp im Kanton Uri fielen sehr viele Rinder, – man sagt hier zu Lande »wurden geschlagen« – und niemand konnte den Grund hievon enträtseln, jedoch dachten die Leute an bösen Spuk. Hierüber wurde ein Geistlicher berichtet, welcher den Leuten die Zusicherung gab, dass er auf Abhilfe denken wolle. Darauf hin hörte die Rinderkrankheit auf, und es wurde kein Rind mehr geschlagen. Als nachher ein Mann auf diese Alp ging, traf er eine Katze an, welche an einen Faden gebunden war und bei seinem Erscheinen sich sehr schmeichelnd geberdete und mit dem Schwanze recht freundlich tat. Dieser erbarmte sich des angebundenen Tierchens und liess es los, welches zu seinem Erstaunen auf der Stelle verschwand. Die vorige Krankheit trat wieder ein. In der Folge reiste derselbe nach Mailand, und als er dort durch die Stadt ging, rief jemand aus dem Fenster eines Hauses ihm hinauf. Er folgt dem Rufe und findet da eine Frau, welche ihm reichlich zu essen und zu trinken gab. Dann sagte sie zu ihm: »Ich war die Katze, die ihr auf jener Alp in Uri losgelassen habt.« Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Anfänge des Kapellenfonds ennet der Märcht

Source: Die Anfänge des Kapellenfonds ennet der Märcht

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Einst blieb im Herbst ein weisses Rösschen des Landammann Megnet oder des Azarias Püntener von Altdorf in der Alp Fiseten zurück und wurde nicht mehr gefunden. Da sagte der Besitzer, er schenke es dem St. Anton, wenn es wieder zum Vorschein komme. Und wirklich im nächsten Frühling wurde es wieder gesehen, und als sie zu Gemsfeyer auffuhren, stellte sich das Rösschen ein. Der Besitzer hielt Wort und überliess es der Kapelle ennet der Märcht. Das war der erste Anfang zu einem Fundum dieses Gotteshauses. Der zweite Baustein dazu bestand in einem ledernen Krontaler, den ein Mann aus dem Schächentaler Geschlechte der Brand schenkte. Karl Gisler Ein Herr hatte ein weisses Rösslein in der Fiseter-Hirte. Als er selbes am Herbst abholte, war es so mager, dass er es im Zorn in den Gemsfeyerwald hinunter trieb und da zurückliess. Im Winter fand es ein Jäger unter einer alten Hideltanne samt dem Fili, das es inzwischen geworfen hatte. Im Frühling schenkte man das Rösslein samt dem Jungen der Kapelle ennet der Märcht. Das war ihr erster Fond. Der ursprüngliche Besitzer aber wurde als Tierquäler bestraft. Alois Imholz, Unterschächen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die angeschossene Fuchshexe

Source: Die angeschossene Fuchshexe

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1. Schon öfters war einem Jäger auf der Fuxätüssi das nämliche Füchslein vors Gewehr gekommen; jedesmal schoss er nach ihm, aber treffen konnte er's nie. Das gefiel ihm nicht; er dachte, da sei Hexen- oder Blendwerk dahinter, ging zu einem Kapuziner und erzählte ihm die ganze Geschichte. »Das nächste Mal,« riet ihm dieser, »mische Gesegnetes, wenn möglich Osterkohlen, unter das Pulver; dann aber ziele nicht etwa auf das Tier selber, sondern auf seinen Schatten.« Der Jäger handelte nach diesem weisen Ratschlage. Als in der nächsten Nacht das schlaue Füchslein wieder in Schussnähe kam, legte er an und zielte auf dessen Schatten. Der Schuss krachte. Da ging so ein »g'hewsches« Geschrei auf. Das Füchslein war verschwunden. Der Jäger schüttelte den Kopf und ging sinnend nach Hause. Er diente als Knecht bei einem Bauer, und am nächsten Morgen vernahm er, dass seines Meisters Tochter krank zu Bette liege. Es war ihr über Nacht eine Hand abgeschossen worden. Jetzt lag es sonnenklar am Tage, dass sie eine alte Hexe war und als Fuchs ihn genarrt hatte. Hätte der Jäger statt auf den Schatten auf das Wild selber gezielt, so hätte er die Tochter tötlich getroffen. Daniel Imholz, Unterschächen Ein anderer Gewährsmann erzählt, er habe sie tatsächlich getötet, obwohl auch er auf den Schatten zielen lässt. 2. Einmal sei Einer auf die Fuchsjagd gegangen. Es begegnete ihm jede Nacht ein grosser Fuchs und trug ein rotes Kopftuch. Da schoss er einmal, (nachdem er Gesegnetes unter das Pulver gemischt), auf den Fuchs und traf ihn am Fuss. An jenem Abend fing er ihn aber nicht ein. Am nächsten Abend ging er der Blutspur nach. Da kam er bis vor ein Haus und fragte ein Kind, ob niemand da sei. Da sagt das Kind, doch, die Mutter sei da, aber sie sei im Bett. Was sie habe? Sie habe es am Fuss. Die Frau war nämlich eine alte Hexe. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Ankenballenfluh

Source: Die Ankenballenfluh

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In der Gegend des Kilchzimmers bei Langenbruck wohnte vor Zeiten ein wohlhabender Senn. Auf seinen fetten Alpen weideten stattliche Viehherden und gross war der Ertrag an Butter und Käse. Doch war der Senn vom Geizteufel besessen und während einer grossen Teuerung rahmte er die Milch ab, bevor er Käse bereitete. Den Magerkäse verkaufte er zu hohen Preisen, während er die Butter aufspeicherte, bis sie noch höher im Preise stünde. Doch dem Jahre der Teuerung und Hungersnot folgten gute Jahre und der habgierige Senn war um seinen Gewinn betrogen; denn niemand wollte ihm seinen Anken abkaufen. So blieben die Stöcke und versteinerten im Laufe der Jahre zu der «Ankenballenfluh». Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Die Ankenhex

Source: Die Ankenhex

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Auf dem Neuschels droben stand vor uralten Zeiten ein baufälliges Hüttlein. Drinnen wohnte ein steinaltes, wunderliches Fraueli. Das ging trotz seiner Jahre noch jede Woche zwei bis drei Mal mit der Hutte schwer beladen ins Tal hinunter. Die Hirten meinten, das Weiblein trage Kräuter, Pilze oder Beeren in seinem Korbe. Aber wie erstaunten sie, als sie einst vernahmen, die Alte verkaufe Anken. „Anken? Wo, zum Gugger, nimmt denn diese auch den Anken her? Bei uns kauft sie keinen mehr. Früher wohl, aber jetzt seit vielen Jahren nicht mehr. Selber anknen kann sie auch nicht; wo wollte sie die Nidel hernehmen, sie hat ja nur eine alte Geiss. Das ist doch merkwürdig.“ So sprachen die Hirten und beschlossen, das Rätsel zu lösen. Als die Alte wieder ins Tal hinunterstieg, untersuchten sie ihr Häuschen. In der Küche fanden sie ein mächtiges Butterfass und daneben einige leere Milchgebsen. Sonst war nichts Verdächtiges zu entdecken. Die Alte jedoch hatte gemerkt, dass man ihr misstraute. Sie ging darum nicht mehr ins Tal hinab, sondern nahm den Weg über den Schwyberg und verkaufte fortan ihre Butter in Plasselb und St. Silvester. Frühmorgens zog sie aus und kehrte erst spät in der Nacht wieder zurück. Man verwunderte sich, wie sie trotz ihres hohen Alters noch so oft diesen weiten Weg machen konnte. Eines Abends versteckte sich ein Hirte nahe beim Hüttchen der alten Frau hinter einer Wettertanne. Der Hirt wartete und wartete. Endlich kam die Alte heim. Er sah, wie sie einen prüfenden Gang um das Häuschen machte. Dann hörte er, wie die Türe und die Fensterladen von innen fest verriegelt wurden. Nun schlich er leise, ganz leise ans Hüttlein heran. Durch einen kleinen Spalt in der Türe konnte er sehen, was drinnen vor sich ging. Ein trübes Talglicht erhellte den Raum. Das Weib rückte das grosse Butterfass in die Mitte der Küche und stellte einen Stuhl davor. Dann ging es zu seinem Lager, hob den Strohsack in die Höhe und zog unter demselben eine Rute hervor. Nun setzte es sich an den Ankenkübel, schlug mit der Rute daran und murmelte dazu: „Von jeder Kuh einen Löffel voll!“ Ein dumpfes Rauschen erfolgte darauf. Die Frau fing vergnügt an, das Butterfass zu drehen. Nicht lange ging es, und sie konnte die Milchgebsen mit frischer, goldgelber Butter füllen. Geräuschlos schlich der Hirt von der Hütte weg. Er fand aber in selbiger Nacht keine Ruhe. Noch ehe der Morgen graute, stand er wieder hinter der Wettertanne, den Blick auf die Hütte gerichtet. Bald knarrte die Türe, und mit einer Hutte voll frischer Butter auf dem Rücken trat die Alte heraus. Als sie ausser Sehweite war, drang der Hirte in ihre Hütte ein, holte die Rute unter dem Strohsack hervor, schlug damit ans Butterfass und sprach: „Von jeder Kuh - drei Löffel voll!“ Da fing es an zu rauschen, als stürzte ein Bergbach über die Felsen. Der Ankenkübel füllte sich rasch mit Nidel. Schon war er voll bis an den Rand, und immer noch rauschte es. Jetzt floss er über, und die weisse Flut ergoss sich über den Küchenboden. Bis an die Knöchel stand der Hirt in der süssen Nidel drinnen, und immer noch rauschte es. Jetzt rann sie über die Türschwelle, dann über die Steintreppe hinunter und den Bergweg hinab. Endlich hörte es auf zu rauschen. Graune erfasste den Hirten, und er floh eiligst von diesem höllischen Orte. Als er kurz darauf daheim die Milch nideln wollte, siehe, da fand sich in den Gebsen nur magere, „blaue“ Milch, und kein Löffel voll Nidle war darauf. Da sprang der Nachbar aufgeregt herbei und meldete, bei ihm sei die Milch genidlet worden. Von allen Stafeln im ganzen Umkreis, ja sogar von der Riggisalp, vom Kühboden und vom Breggaschlund her eilten die Sennen zusammen und meldeten alle dasselbe: Die Milch sei genidlet worden. Jetzt ging dem Hirten ein Licht auf. Er führte die Sennen zum Häuschen der Alten, zeigte ihnen die Nidelflut und erzählte alles, was er hier gesehen und erlebt. Nun war das Rätsel gelöst. Alle waren davon überzeugt, die Alte sei eine Hexe und habe durch Teufelskunst die Nidel „gezogen“. Noch am selben Tage ging das Hexennest samt Zauberrute und Ankenkübel in Flammen auf. Und die alte Hexe? Hat sie wohl den Rauch aufsteigen sehen? Sie kehrte nicht mehr zurück. Alle Nachforschungen waren umsonst. Sie blieb verschollen. Kein Mensch hat sie je wieder gesehen.    Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch  


by Die Apfelprobe

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Ein Oberländer kehrte einst nach langem Kriegsdienst in der Fremde in seine Heimat in den Bergen zurück. Den Vater fand er begraben, die Mutter alt und krank, aber glücklich, den Einzigen an ihrem Lebensabend um sich zu haben. Einst sprach sie zu ihm: "Meine Tage sind gezählt. Jeder nächste kann mich von deiner Seite rufen. Es ist Zeit, dass du dir eine Stütze ins Haus nimmst. Auf heute Abend habe ich drei Mädchen zum Imbiss ins Haus geladen, die du alle wohl leiden magst. Wenn sie gegessen und getrunken haben, dann setze ihnen diesen Teller voll Äpfel vor, achte dann genau auf ihr Beginnen und sage mir alles was du siehst. Es handelt sich um deine Braut!" Der Sohn tat wie er geheissen war. Als aber die drei Mädchen mit einem lachenden schönen guten Abend von ihm gegangen waren, trat er zur Mutter in die Kammer und fragte, wo nun seine Braut sei. "Sage mir erst," versetzte die Gute hinwiederum, "wie die drei sich gehalten haben, als du ihnen die Äpfel botest." Da begann der Sohn: "Trudchen, voll Schmuck und Flitter, schälte so hastig, dass die Hälfte des Fleisches an der Schale blieb. Margret dagegen, die im Kleide der Urahne wenig geputzt war, schlang alles in Hast hinab, ohne zu schälen und zu wählen. Else, im bescheidenen Kleid, griff züchtig zu, schälte artig, was man in Ehren abschneiden mag, weder zu viel noch zu wenig. Mich dünkte, sie hielt in allem trefflich die Mitte." "Wohl", sprach da die Mutter, es ist gegangen, gerade wie ich mir`s dachte. Geh’ und frage den Vater Elsens und wenn es kein Nein ist, dann biete dem Kinde die Hand an. Mit ihr wirst du glücklich sein. Gott sei mit dir, mein Bub." Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die arige Mushüfe

Source: Die arige Mushüfe

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Zwe Brätzbeler Bürger sy mitenander ufs Galm, in der Nöchi vom Ramschte. Uf ere Matte hei si gspässigi Mushüfe gseh. Der Grund isch nit gsi wie süscht; die Hüfe hei ganz us runde Schyble bstande. So öppis heige si jetz noh nie gseh, hei si zäme gseit und hei die Hüfe noh e Rüngli agluegt. Ein het e Hampfle vo dene Schyble in d’Chütteltäsche to; er well se doch deheim au zeige. Wo-n-er deheim in d’Chütteltäsche längt, isch er verschrocke; die Schybli sy ganz hert und schwer gsi. Er nimmt se vüre und luegt se-n-a; es sy jetz alles glänzigi, nygelnagelneui Guldstück gsi. Gschwind goht er’s im andere go säge; bed renne mitenander, was gisch was hesch wieder ufs Galm ufe, für die Schybli alli hei z’neh. Wo si ufe cho sy, het’s aber numme noh ganz gwöhnligi Mushüfe gha. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Die arme Gräfin

Source: Die arme Gräfin

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Auf seinem Schloss hoch in den Felsen stand der betagte Graf mit seinem Sohn und schaute vom Balkon über das Land. «Nach meinem Tode werden Berg und Tal, soweit die Augen schweifen, dein rechtmässiges Erbe sein. Triff die Wahl, lieber Berchtold, und vermähle dich, damit unser Geschlecht weiterblüht und das Burgrecht in der Familie bleibt.» «Ich bin dazu bereit, mein Vater, mag aber keine von unserer Sippe freien. Die adeligen Damen sind herrschelig und anspruchsvoll, lieber eine aus dem Volk, die meinem Willen sich fügt, als eine Hochmütige, der ich die Hände unter die Füsse legen muss.» «Auch unter unseresgleichen triffst du Edelfräulein, die deinem Wesen sich anschmiegen, überleg es dir gut; du führst Wappen und Siegel, und der Damen sind viele auf unsern Schlössern, die dich bezaubern und beglücken werden.» Nach dem baldigen Ableben des alten Grafen ging Berchtold auf die Freite von Burg zu Burg, überallhin, wo heiratslustige Patrizierinnen nach einem Bräutigam sich sehnten, und übertrug ihnen die letzten Grüsse seines Vaters. Nirgends sah er eine, mit der er das Brot hätte brechen mögen. Dumm die eine, gefallsüchtig die andere, die dritte herzlos, die vierte ohne Zucht und Scham, waren sie alle erpicht auf Reichtum und Besitz, putzsüchtig, flatterhaft, mit allen Schlichen bestrebt, ihre Fehler klein zu machen und zu verbergen. Berchtold Iiess sich nicht blenden. Er kannte diese Frauenseelen, die wie Katzen schmeicheln, und, Frau Gräfin geworden, das wahre Gesicht und die Krallen herauskehren und das heisse Blut in abenteuerlichen Ausschweifungen kühlen. Durch üble Erfahrungen in seiner Abneigung gegen die Ritterfräulein bestärkt, trabte er heimzu. Beim nächsten Brunnen tränkte er sein Pferd. Er stieg aus dem Bügel, um an der Röhre zu nippen, und da hob die Wäscherin das Antlitz, eilte hurtig ins Haus und bot ihm den frischen Trunk aus dem Becher. Dieses Apfelblütengesicht, der Schmelz, die einfache Natürlichkeit und Demut, die Vogelstimme. Sein trunkenes Auge hing an der schönen Erscheinung. Als er von dannen ritt, winkte er zurück und wusste, dass diese es sein wird oder keine. Auf der Burg angekommen, liess er die Schneiderin rufen und einer Magd, die an Wuchs und Grösse dem Dorfmädchen ähnelte, ein seidenes Kleid anfertigen. Mit dem Gewand ritt er ab, sah nicht mehr zu den stolzen Edelsitzen hinauf, nur immer geradeaus und mit klaren Sinnen in die schmucken Dörfer hinein, die ihm auf einmal so gut gefielen, dass er sich einen Toren schalt, sich solange besonnen zu haben. Ihm brannte das Herz vor Sehnsucht nach dem Mädchen, und noch nie waren ihm die Pappelreihen an der Strasse so langweilig vorgekommen. Am Dorfplatz plätscherte der Brunnen. Auf der Röhre schnäbelte eine Taube. Er schwang sich aus dem Sattel, übergab dem Knecht die Zügel und nahm den Flug die Treppe hinauf. In die niedere Stube sich bückend, begrüsste er Mutter und Tochter und sagte, er sei Graf Berchtold von Asperlingen und werbe um die Hand des Mädchens.Ganz bestürzt erwiderte die Mutter: «Ist es ein Scherz, Herr Graf, so verzeih Euch Gott, ist es Ernst, so bedenkt unsern Stand! Wir besitzen nichts als das Haus und unsere Ehre.» Als der Freier in heiligem Ernst seine Liebe beteuerte, gab die Mutter nach. «Ist es Euer Wille und könnt Ihr mein Kind glücklich machen, so nehmt sie, und der Herr segne Euch!» «Versprich mir nur das eine», wandte er sich zum Mädchen, «mir in allen Dingen gehorsam zu sein!» Wie gerne gelobte sie das! Da rief er dem Knecht und überreichte ihr das Kleid. Freudig huschte sie in die Nebenkammer, tauschte das Gewand, und der Graf zog sie fort, hob sie zu sich aufs Pferd und sprengte davon. Der jungen Frau Gräfin fiel es nicht schwer, sich in die neue Welt und die neue Aufgabe hineinzuleben. Sie vergass ihre geringe Herkunft nicht und teilte mit vollen Händen aus. Nach zwei Jahren glücklicher Ehe gebar sie ein Mädchen, das sie hätschelte und selber pflegte und hegte. Als es zwei Jahre alt war, sagte Berchtold: «Du hast mir versprochen, in allen Dingen gehorsam zu sein. Das Volk murrt, weil das Erstgeborne ein Mädchen ist. Das Kind muss Vater und Mutter verlassen, frage nicht, warum und wohin.» Schreckensblass stammelte sie: «Was ich gelobt, ist mir heilig. Tu, was du nicht lassen kannst! » Weinend riss sie sich von der Kleinen los. Wiederum nach zwei Jahren gebar sie einen Sohn, dem sie ihre mütterliche Liebe schenkte. Nach einiger Zeit sagte der Graf: «Du hast mir einen Stammhalter gegeben, und jetzt murrt das Volk über die Mutter, weil sie niederen Standes ist. Es ist besser, wir geben auch den Knaben in fremde Hände.» «Tu, was du verantworten kannst, mein lieber Gemahl.» Schluchzend küsste sie das Söhnchen und brach ohnmächtig zusammen. Die Tage vergingen in stummer Qual. Sie sah die Sonne nicht mehr, die Sterne in der Nacht, lächelte mit dem Mund, wenn Berchtold sie begrüsste, und weinte mit den Augen. Still wurde es um sie, einsam und tot auch in ihrem Herzen. Und doch sollten die Tage noch trüber, die Nächte noch länger werden. «Das Volk murrt gegen mich», sagte der Graf einige Jahre später, «weil ich ein Mädchen aus der Bauernhütte gefreit habe. Ich will Frieden haben, wir müssen uns trennen. Geh zu deiner Mutter zurück, leb wohl, und zürne mir nicht.» «Du brichst mir das Herz, allein ich gehorche, ade.» Wie eine Magd gekleidet, betrat sie die Kutsche und liess sich zu ihrer Mutter führen. Die Jahre flossen dahin, und eines Tages hielt der gräfliche Wagen vor ihrem Haus, und ein Bote lud die Verstossene ein, sich ins Schloss zu begeben. Der Herr Graf gedenke wieder zu heiraten und bitte sie, ihm die Gemächer herzurichten. Stumm und blass stieg sie in den Wagen und erfüllte auf der Burg des Grafen Wunsch und Geheiss. Sie schmückte die ihr so wohlvertrauten Räume zum Hochzeitsfeste, zierte die Tafel mit Fliederbüschen und stand hinter dem Sessel ihres Gebieters als Dienerin, genau wie er es angeordnet hatte. Wie sie strahlte, die blutjunge, schöne Braut, die der Grausame jetzt zur Tafel geleitete! Neben der Braut sass ihr jüngerer Bruder, ein blondgelockter, bescheidener Jüngling. In den Anblick versunken, schrak sie leise zusammen, als der Graf zu ihr sich kehrte und fragte, wie ihr seine Braut gefalle. «Mag sie Euch so gut gefallen wie mir, und nie so hart abgewiesen werden wie ich!» Ihre Knie bebten, sie wankte und fiel Berchtold, der sie rasch umfing, in die Arme. «Du bist ja mein liebes, liebes Weib, meine einzig Geliebte, und die junge Braut, so jung und hold, ist unsere Tochter, die ich von dir genommen und erziehen liess. Der Jüngling ist unser Sohn. Staune nur und blühe wieder auf, und freue dich mit uns! Kein Wenn und Aber soll uns mehr scheiden. Das Volk verlangt weder fürstlich Geblüt, noch Titel und Krone; in harter Probe hast du deine Treue bewiesen, es verehrt dich als seine Wohltäterin und Landesmutter. Nun halten wir fest zusammen auf immer und alldar!» Quelle: Johannes Jegerlehner: Walliser Sagen, Hans Feuz Verlag Bern, 1959   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die arme Prinzessin

Source: Die arme Prinzessin

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Es war einmal ein Prinz, der auf die Brautschau ging. Nachdem er an verschiedenen Höfen Umschau gehalten, bewarb er sich um die Tochter des Königs, denn sie allein hatte ihm ins tiefste Herzkämmerlein hineingezündet. Demütig bat er um ihre Hand. Die Prinzessin drehte sich dreimal auf den Stöckelschuhen und tirilierte wie eine Lerche: «Einen Prinzen begehr ich nicht zum Gemahl, es sind eitle, verwöhnte Herrensöhne, ich bin noch jung, kann warten, und kommt der Rechte nicht auf dem Pferd, so erwähle ich mir einen ohne Pferd, einen Habenichts, der sein Brot redlich verdient.» Der abgewiesene Freier liess sich nicht aus dem Geleise bringen. Diese Sprache, die ungeschminkte Offenheit, das war nicht mehr das ewige Knixen und Augenfächeln und In-Seide-Rauschen der hohen Edeldamen. Er liebte die Prinzessin mehr denn je und meldete sich im groben Bürgerkittel beim Hofgärtner. «Kannst du Kaiserkronen züchten und die Königin der Nacht zum Blühen treiben?» fragte er den Burschen, der ihm nicht übel gefiel. «Das kann ich alles nicht, ich bin ein schlichter Anfänger und verlange dementsprechend wenig Lohn.» «Schade, die Prinzessin liebt die seltsamen Blumen, und ich hätte ihr gern etwas Neues gezeigt. Item, du kannst eintreten und dich beim Gemüsegärtner nach deinen Pflichten erkundigen.» In der Nähe der Geliebten zu sein, war alles, was er begehrte. Er grub Krautbeete um, säte Spinat und Frühsalat, steckte Zwiebeln und Bohnen und rückte nach einem Jahr zum Blumengärtner vor. Das war nun seine Lust und Freude. Des Morgens spazierte die Prinzessin im Rosenhain, las Raupen ab, trank den Duft der Blüten, die wie Purpur und Alpenschnee in den schönsten Lichtem und Farben leuchteten, und dann säuberte sie die Beete, band junge Stämmchen auf und knipste mit der Schere die falschen Triebe. Gerne unterhielt sie sich mit dem Gärtnerburschen über Gemüsebau und Rosenzucht und über andere Dinge, die sie bewegten. Er durfte ihr den Blumenstrauss ins Haus tragen und eigenhändig eine neue Sorte Hängenelken aufs Gesimse pflanzen. Bald ging das Gerücht, er sei der auserkorene Liebling und Verlobte der Prinzessin. Als der König besonders guter Laune war, pochte sie an sein Zimmer und sagte: «Lieber Vater, ich habe meinen Bräutigam gewählt. Er hat weder Krone noch Wappen, Schloss noch Stammbaum, ist sonder Gut und Habe, verdient jedoch sein Brot selber und gefällt mir.» Das lange Gesicht des Königs wurde noch einmal so lang, er hob den Arm und liess ihn kraftlos auf die Lehne sinken. «Kein anderer soll mein Gemahl werden als der Gärtnergehilfe. Sei nicht böse, Väterchen, und lass mir den Willen!» Jetzt endlich begriff der König den Sinn ihrer sträflichen Rede. Sein Bart erzitterte, und wie Schollen rollten ihm die Worte von den Lippen: «Verwag es noch einmal, so lästerlich vor deinem Herrn und Meister aufzutreten, und du ziehst in die Verbannung, fort aus deinem Heim und Erbe!» «Geld und Gut, Hof und Erbe, ich schlage alles in den Wind», erwiderte sie trotzig, «und zieh mit dem Geliebten freiwillig in die Verbannung.»   In einer Waldkapelle wurden sie getraut und im Einspännerwägelchen ins nächste Städtchen geführt. «Meine Börse ist leer», sagt er zu ihr, «mein Herz ist warm und reich, und wir können beide arbeiten und unser Brot verdienen. Ich weiss ein Häuschen vor der Stadt, ich habe es schon gemietet. Eine Aufschrift, eine Fahne aufs Dach, die lustig flattert und knattert, Tische und Stühle in die Geissblattlaube, und wir haben unser täglich Brot und Auskommen.» In der Tat, die Wirtschaft lief, die Kunden mehrten sich von einem Sonntag auf den andern. Fuhrleute und Spaziergänger kehrten ein und tranken bei der jungholden Wirtin ihren Schoppen. «Ich habe Geschäfte zu besorgen», sagte er zu seiner Frau, «sei guten Muts, und lass dich nicht verdriessen, ich bin am Abend wieder zurück!» Er reiste in sein Schloss und erschien als Prinz mit grossem Gefolge in der Gartenwirtschaft seiner Frau, die ihn nicht kannte und keine Zeit erübrigte, den hohen Besuch anzusehen; denn zumal ihr Mann abwesend war, hatte sie genug zu schaffen in Keller und Küche. Die Gäste liessen sich die besten Flaschen, Fisch und Braten auftragen, prassten und becherten. Schmunzelnd überflog sie die Rechnung und freute sich auf den runden Gewinn des heutigen Tages. Auf einmal Lärm und Gepolter im Garten, Gläser und Tellerscherben, Stühle und Tische krachen, und ohne einen Heller zurückzulassen, machten sich die Schlemmer aus dem Staube. Der Prinz zog wieder seine Alltagskleider an und kehrte spät zu seiner Frau zurück, die untröstlich bei der Lampe sass und auf die Trümmer der Verwüstung starrte. «Nur nicht verzagen, Liebste!» sagte er mit erkünsteltem Gleichmut und küsste sie auf die Stirne. «Das Wirten geht mir gegen den Strich. Dieses Bücken und Scharwenzeln vor hoch und niedrig passt nicht für deinen Charakter. Ein Althändler, der auswandern will, hat mir sein Porzellan vermacht. Er bringt es morgen auf den Markt, richtet dir den Stand ein, und du verkaufst die Ware. Was wir heute verloren, bringst du doppelt und dreifach wieder ein. Nur nicht die Flügel hängen lassen, jede Wolke hat ihren goldenen Saum!» Sie schüttelte die blanke Schürze und presste ihren Mann stürmisch an die Brust. In aller Frühe war sie auf dem Platze, band die Geldtasche an die Hüften und trippelte hinter dem Stand auf und ab, es fror sie an die Füsse. Die Stadtweiber musterten neugierig die feingeblümten Kacheln, Teller, Tassen, Töpfe, fragten nach dem Preis, feilschten, handelten, und bald schloss sich ein Ring von Käufern und Liebhabern um die hübsche, flinke Händlerin. Sie zählte das Geld ab und liess es in die Tasche gleiten, die sich bauschte. Federleicht ward ihr ums Herz, musste sie doch an ihren Mann denken, für den sie Kreuz und Leid tragen wollte. Gegen Mittag war der Vorrat ausverkauft, strahlend überschlug sie den Erlös und winkte dem Trödler, der mit seinem hochbeladenen Karren daherschnaufte, sich zu beeilen. Neue Beigen von Kachelzeug türmten sich auf der Lade. Plötzlich ein Geisselknallen und Hufgeklapper. Der Fuhrmann lacht und johlt wie ein Betrunkener, rasselt mit seinem Zweispänner direkt auf ihren Stand. Sie ringt die Hände und schreit, die Käufer stieben davon. Jetzt, jetzt klirrt und dröhnt es unter den Eisen der Pferde und den Wagenrädern von brechendem Geschirr. Die Porzellansäulen stürzen, bersten und splittern weit in den Platz hinaus. Nicht ein Töpflein, das ganz geblieben wäre! Als ihr Mann nach Hause kam und sich nach ihrem Befinden erkundigte, rannen ihr die Tränen über die Wangen, und sie berichtete, wie das Volk sich um die Waren gestritten und das Geschäft flott gegangen, wie dann der Flegel mit Ross und Rad in den Geschirrstand lenkte und bauz und benz das feine Porzellan zertrümmerte. Er machte zum Schein ein trübes Gesicht, ringelte den Daumen und sagte: «Schon wieder so ein Pech, was wollen wir jetzt anfangen? Richtig, da fällt mir eben ein, morgen wird im Hotel zum «König der Radamanten» ein Fest abgehalten. Der Wirt sucht Kellner und Aufwärterinnen, willst du ihm nicht deine treue Hilfe anbieten, du mit deinen blauen ehrlichen Augen? Von den Speisen sammelst du dir einige Reste, verbirgst sie unter der Schürze, und wir haben für einige Tage ein gutes, billiges Essen. Mittlerweile such' ich mir einen einträglichen Posten, und aus ist aller Tage Elend.»   Im «König der Radamanten» tafelte eine erlesene Gesellschaft von Damen und Herren. Blumen dufteten, Reden stiegen, das Orchester musizierte, und bald wogten und drehten sich die Paare auf dem glänzenden Parkett. Bei all dem Prunk und Rauschen ward ihr weh und bange, und sie konnte ihre demütige Rolle als Dienerin nicht verwinden, sie musste an ihre goldene Jugend, an den Hof denken. «Warum räumen Sie den Tisch nicht ab?» zirpte der Oberkellner und zeigte mit der Hand nach der Ecke. Mit einem Seufzer ging sie hin und ergriff eine Platte. Soll ich sie heimlich wegschaffen? Ist es nicht Diebstahl? Es roch so herrlich nach Wildbret, und das war die Lieblingsspeise ihres Mannes. «Was sind Sie für ein faules Ding!» grollte' der Ober. «Fort mit dem Zeug!» Mitten im Saal verneigt sich ein Herr vor ihr. «Darf ich um ein Tänzchen bitten?» Sie weicht ihm aus, er versperrt ihr den Schritt und schwingt sie in seinen Armen. Das Geschirr entgleitet ihrer Hand; mit ihrer letzten Kraft ringt sie sich los und huscht, von Scham übergossen, davon. Schnurstracks läuft sie heim, wirft sich hin und wünscht nichts anderes mehr als den Tod. Eine Weile, und es tritt der Herr herein, der sie umschlungen hatte. An der Stimme aber erkennt sie ihren Mann. «Was, du warst es! Warum hast du mir das angetan?» «Ich habe noch ganz andere Streiche verübt.» Er fasste ihre Hände. «Ich war der schlemmende Grobian im Wirtshausgarten, der die Flaschen und Möbel zerbrach, ich war der Fuhrmann, der dein Porzellan zuschanden ritt, und ich bin der Prinz, der dich im Saal herumwirbelte.» Das Herz versagte ihr, als sie das alles hörte, Sie focht gegen die Tränen, sie focht gegen den Zorn und rief: «Warum das alles, wozu?» «Weil du den Prinzen, der um dich freite, abgewiesen und den Gärtner geheiratet hast. Um dich fühlen zu lassen, wie bitter die Armut schmeckt.»   Quelle: Johannes Jegerlehner: Walliser Sagen, Hans Feuz Verlag Bern, 1959   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


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In Jeizinen wurde Kalk gebrannt. Die Männer standen um den Ofen und schürten das Feuer. Da rief einer: «Seht, wer dort kommt!» Sie schauten alle den Graben hinauf und sahen eine Frau im kleinen Wollhütchen und in uralter Tracht herabsteigen; keiner von ihnen kannte sie. Sie schritt, ohne aufzublicken, zwischen den Männern durch und stürzte sich ins Feuer, das hoch aufloderte und dann beinahe auszulöschen drohte. Die Männer schrien auf und wussten nicht, ob es ein Geist oder eine Hexe gewesen sei. Auf einmal flog eine weisse Taube aus der glühenden Asche und verschwand in den Lüften; und nun wussten sie auch, dass eine arme Seele hier in Feuer des Kalkofens ihr Letztes abgebüsst hatte. Das Feuer brannte wieder ruhig und schön wie vorher. BRATSCH Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die armen Seelen am Tisch

Source: Die armen Seelen am Tisch

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Zu der braven Familie im Breitacher auf Seelisberg kam eines Morgens in aller Frühe, als sie beim Frühstück sassen, der Pfarrer des Ortes, Peter Anton Furrer und sagte, er habe ihnen eine grosse Freude zu verkünden. Diese Nacht sei ihre Grossmutter erlöst worden und zu Himmel gefahren. »Aber euer Vater und Grossvater müssen noch leiden und wandlen, und sie sitzen täglich, ohne dass ihr sie sehet an euerm Tisch; der eine in der »Herrgotts-schroten«, der andere zu seiner Seite.« Maria Ziegler Anmerkung: Angehörige von dieser Familie wollen nichts von dieser Geschichte wissen. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die armen Seelen auf dem Firn

Source: Die armen Seelen auf dem Firn

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Als ich mich in meiner Jugend in der Gossalp im Isental aufhielt, hörte ich es im Firn auf dem Roten fast jeden Tag so rumpeln und krachen, und ich fragte die alte Frau, was das sei. Sie gab zur Antwort: »Ja, ja auf dem Firn, da müssen die Bauer und Isentaler nach ihrem Tode wandlen und leiden, wenn sie nicht sündenrein gestorben sind.« Maria Ziegler, Bauen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die armen Seelen aus den Niederlanden

Source: Die armen Seelen aus den Niederlanden

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Vor vielen, vielen Jahren, als das Maderanertal der grossen Welt noch unbekannt war, kamen bei der G'hirmi beim St. Antoni-Kapellchen am Eingang des Tales zwei sehr vornehm gekleidete fremde Damen in aller Eile daher und wanderten taleinwärts. – »Pressiert's?« riefen ihnen einige Holzarbeiter zu, welche da Rast hielten. »Ja«, erhielten sie zur Antwort, »wir kommen aus den Niederlanden und müssen auf den Hüfigletscher, um dort Hitze und Kälte kennen zu lernen, denn diese zwei Dinge haben wir im Leben nicht ertragen wollen. Wir müssen uns beeilen, damit wir noch Platz bekommen.« Sie eilten davon und entschwanden rasch den Augen der Neugierigen. In anderer Fassung lautet die Sage: »Bei der Kreuzbuche, auch die »Dimmer Büechä« genannt, in der Mitte des sogenannten »neuen Weges« zwischen Amsteg und Bristen, begegnete eine sehr vornehme Dame einigen Landleuten von Bristen. Diese fragten sie nach dem Woher und Wohin und erhielten zur Auskunft: »Ich komme aus dem Niederland, wo mein toter Leib noch warm und in Sammet und Seide gekleidet auf dem Totenbette liegt. Ich habe in meinem irdischen Leben Hitz und Kälte nicht ertragen wollen und muss jetzt auf den Hüfifirn, um diese zwei Dinge noch durchzumachen.« – Ja, vom Niederland hent diä Altä vill zellt, wie das wyt fort syg. Friedrich und Franz Epp und a. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die armen Seelen im Aletschgletscher

Source: Die armen Seelen im Aletschgletscher

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Vor alten Zeiten ging einmal ein frommer Pater, der Professor war, mit seinen jungen Schülern in das Aletschtal spazieren, um den gewaltigen, ausgedehnten Gletscher zu bewundern. Kaum hatten sie ihn betreten, machte der Pater halt und wollte auch den Studenten nicht erlauben, weiter vorwärts zu gehen. Als er um die Ursache gefragt wurde, soll er ihnen gesagt haben: «Wenn ihr wüsstet, was ich weiss, und sehen könntet, was ich sehe, so würdet ihr gewiss keinen Schritt mehr vorwärts tun.» Die Schüler, noch neugieriger, fragten ihn wieder, was er denn sehe. Und er legte einen Finger auf den Mund, als wollte er ihnen Stillschweigen gebieten, und sagte mit halblauter Stimme: «Weil der Aletschgletscher voll armer Seelen ist.» Da aber einige Schüler darüber ungläubig den Kopf schüttelten, sagte er einem: «Komm hinter meinen Rücken, stelle deinen rechten Fuss auf meinen linken und schaue über meine Achsel auf den Gletscher hinüber!» Da sah dieser voll Entsetzen aus den blauen Gletscherspalten so viele Köpfe von armen Seelen emportauchen, dass man keinen Fuss hätte dazwischen setzen können. NATERS Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die armen Seelen im Aletschgletscher

Source: Die armen Seelen im Aletschgletscher

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Vor alten Zeiten ging einmal ein frommer Pater, der Professor war, mit seinen jungen Schülern in das Aletschtal spazieren, um dessen grossen Gletscher zu sehen. Er betrat mit ihnen denselben; aber kaum, dass sie ihn erstiegen hatten, so machte der Pater Halt und wollte auch den Studenten weiter vorwärts zu gehen nicht erlauben. Als er um die Ursache gefragt wurde, soll er ihnen geantwortet haben: «Wenn ihr wüsstet was ich weiss und sehen könntet was ich sehe, so würdet ihr gewiss keinen Schritt mehr vorwärts tun.» Die Schüler noch neugieriger, fragten ihn wieder, was er denn sehe? Und er legte einen Finger auf den Mund, als wollte er ihnen Stillschweigen gebieten und sagte mit halblauter Stimme: «Weil der Aletschgletscher voll armer Seelen ist.» Da aber einige Schüler darüber ungläubig den Kopf schüttelten, sagte er einem derselben: «Komm hinter meinen Rücken, stelle deinen rechten Fuss auf meinen linken und schaue über meine Achsel auf den Gletscher hinüber!» Da erblickte er voll Entsetzen aus den blauen Gletscherspalten so viele Köpfe armer Seelen emportauchen, dass man keinen Fuss hätte dazwischensetzen können. «Es ist doch wahr, was meine Eltern mir ehemals sagten», rief er aus; «Wenn ich sie fragte, woher die kleinen Kinder kommen, gaben sie mir zur Antwort: «Der Waldbruder holt sie aus dem Aletschgletscher.»   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die armen Seelen im Feuer

Source: Die armen Seelen im Feuer

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Als sie die Kirche zu Gurtnellen bauten, haben sie den Kalk in der Intschialp gebrannt. In der Nähe des Ofens stand eine Bretterhütte für die Arbeiter. Eines Tages sahen sie »Einen« im Türg'richt der Bretterhütte stehen. Da sagte der Meister: »Ohä, jetzt haben wir noch zu wenig; wir müssen noch einen Kalk brennen.« Und so stellte es sich heraus. Der Unbekannte im Türg'richt war eine arme Seele, die schon »g'rächet« war für den folgenden Kalk. Der Erzähler dieser Sage und mehrere ältere Personen von Gurtnellen fügen hinzu: »Früher haben sie auch bei uns zu gewissen Zeiten auf den Anhöhen Feuer gemacht wie jetzt am 1. August, und zwar so, dass man von einem Feuer zum andern gesehen hat. Dabei haben sie auch gebetet, und es habe sich oft dabei etwas merken lassen, haben die Alten gesagt. Jedenfalls haben sich arme Seelen dem Gibätt nahg'ha. Der Brauch ist jetzt noch in Unterwalden, und dort beten sie auch bei diesen Feuern.« Ein Silener sagte mir, er habe noch zwei alte Männer gekannt, die behaupteten, sie hätten in jungen Jahren am ersten Fastensonntag auf dem Belmeten ein Feuer angezündet. Albin Baumann, 75 Jahre alt, Gurtnellen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die armen Seelen im Gletscher

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Es ging ein Bursche auf die Jagd, hoch und höher ins Gefelse empor. Der Tag neigte sich, und er hatte nicht einen Schuss abgefeuert. Missmutig machte er sich auf den Heimweg und schritt über den Gletscher, der so stark zerklüftet war, dass er alle Vorsicht walten liess und sich nicht beeilte. Noch immer brannte die Sonne und schmolz das Firneis, lustig glitten die Bächlein kreuz und quer durch die Rinnen und Furchen, bis eine offene Spalte sie verschluckte. Mitten auf dem Gletscher hielt er an, schien ihm doch, er höre singen. Unsinn, wer wird um diese Zeit sich auf dem Gletscher tummeln! Nirgendwo ein menschliches Wesen, und doch klang es wie Gesang, immer näher, deutlicher. Er schwenkt um einen Eisturm, und sieh, er hat den Sänger vor sich, der bis an die Schultern vom Eis eingeschlossen, in einem Taumel von Lust und Seligkeit sein Lied schmettert. Welch ein merkwürdiger Anblick! Nicht weit daneben ragt ein anderer steil empor, der laut auf jammert, und doch sind ihm nur die Füsse bis an die Knöchel eingefroren. Zwei arme Seelen, die im Gletscher ihre Sünden abbüssen. Der Jäger fasste Mut und rief: «Warum singst du, arme Seele, und warum jammerst du, Leidensgenosse? Kann ich etwas tun für euch?» «Du kannst uns nicht helfen, barmherziger Jüngling, wir müssen die Zeit abwarten, bis Gott uns erlöst. Mein Kamerad bricht in Wehklagen aus, weil seine Marter erst beginnt, ich singe und jubiliere, weil die Befreiung aus dem Purgatorium mir winkt. Soeben keimte ein Arvenkorn, daraus wird ein Baum, aus diesem eine Wiege, und darein werden sie ein Kindlein betten, das, zum Priester geworden, für mich beten wird.» Der Jäger zog den Hut, schlug das Kreuz und schritt eilig davon. Froh, dem schauerlichen Purgatorium entronnen zu sein, erklomm er die Seitenmoräne und schaute zurück. Wie es wimmelte von armen Seelen in den Spalten und im Geklüfte! Wie war er nur über den Gletscher gekommen, ohne den Büssern auf die Arme und Beine zu treten? Der Nebel dünstete und verschleierte ihm den Blick. Traurig folgte er der Wegspur, und bald lag der Firn weit hinter ihm. Auf einmal blieb er stehen. Kommt da nicht eine Frau, schneeweiss, die goldnen Locken auf den Schultern? Das ist keine arme Seele, auch nicht eine Älplerin, nein, eine Dame aus der Stadt. Warum aber geht sie barfuss und ohne Hut? Die nackten Füsse bluten, am Rock, der mehr nur ein Hemd, klirren die Eiskerzen. Den weissen Hals umschlingt eine goldne Kette, an ihren klammen Fingern glitzern Diamanten. Des rauhen Weges nicht gewohnt, zuckt sie bei jedem Schritt zusammen. «Guten Abend, Frau Gräfin, oder wer Ihr seid. Warum irrt Ihr in dieser Wildnis herum und noch allein dazu und ohne Schuhe?» Ein Blick wie aus Bitten und Beten traf ihn und eine Stimme, die erschütterte: «Ich habe mich nicht verirrt und bin gewiss auf dem richtigen Pfade. Ich bin ein Edelfräulein und komme von Paris, - wo mein Leib noch warm auf der Bahre liegt. Im Sterbezimmer trauern meine Eltern und Verwandten. Als einzig Kind, von Pracht und Glanz geblendet, plätscherte ich in den Genüssen des irdischen Wohlbehagens, quälte durch meine Launen die Dienstboten, schwamm im Überfluss und verschloss der Armut mein Haus und meine Seele. O, könnte ich wieder gut machen, wär ich nur einmal barmherzig gewesen! Nun muss ich im Gletscher sühnen und meine Seele läutern.» «Fräulein - Fräulein - wo seid Ihr?» Weg war sie, seine Rufe verhallten im Nebelgewoge. Er konnte sie nicht vergessen. Eine heisse Sehnsucht kochte in seiner Brust. Der erste Sonnenstrahl trieb ihn hinauf zur schönen Büsserin. Am Rande des Firnes strich er stunden- und tagelang auf und nieder und rief: «Hoiho, schöne Frau - edle Pariserin - hoiho!» Im Sommer schloss er Spind und Haus und verschwand spurlos. Man will ihn noch auf dem Wege gesehen haben, der zum Gletscher führt - zum letztenmal.   Quelle: Johannes Jegerlehner: Walliser Sagen, Hans Feuz Verlag Bern, 1959 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die armen Seelen und die Feuerbrände

Source: Die armen Seelen und die Feuerbrände

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In einer Alp des Reusstales waren sie am Abfahren. Da sagten jene, die mit den Kühen davon gingen, zum Senn, der noch zum letzten Mal erwellte, er solle dann zuletzt nicht alle Scheiter ablöschen, sondern noch einige Brände für die armen Seelen übriglassen. Das tat er denn auch. Einige Zeit nachher stiegen sie nochmals zur Alp hinauf, um den Mist anzulegen. Als sie zur Hüttentüre hineinschauten, bemerkten sie eine Anzahl arme Seelen, die um das Feuerloch herumsassen, worinnen die Feuerbrände noch schwach glimmten. – Das het alligs diä alt Karlinä, my Schwigermüetter, erzellt. Frau Baumann-Gisler, Gurtnellen, 62 Jahre alt. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die ausgeliehene Kuh

Source: Die ausgeliehene Kuh

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Es war im Spätherbst, wo die Bauern mit dem Heufüttern beginnen. Da kam an einem Nachmittag zu einem Plasselber Bäuerlein ein kleines Männchen. Es bat den Bauern, ihm eine Kuh zum Überwintern zu überlassen. Misstrauisch betrachtete der Gefragte den unscheinbaren Bittsteller. Der winzige Knirps sah nicht darnach aus, dass er eine Kuh gut verpflegen könne. Er wollte sich vom Unbekannten nicht übers Ohr hauen lassen. Die Bitte abschlagen wollte der Bauer auch nicht, wer weiss wie sich der Kleine dafür rächen würde. Nach einigem Überlegen gab er dem Zwerg die magerste von seinen drei Kühlein, denn er dachte, wenn dieses Tier verloren ginge, wäre der Schaden doch nicht so gross. Mit herzlichem Dank und der Versicherung, dass er im Frühjahr dem Bauern das Heu bezahlen werde, zog das Männchen mit der mageren Simmentaler Kuh von dannen. Von weitem folgte der Bauer dem kleinen Sennen nach, um zu erfahren, welche Richtung jener einschlagen werde. Der Unbekannte schwenkte mit dem Tier nach dem nahen Plasselbwald ein. Plötzlich verschwanden Mensch und Tier hinter einer Felswand durch eine Steinhöhle. «Jetzt hast du deine Kuh zum letzten Mal gesehen», sagte sich bitter der Bauer. Brummig und unzufrieden wegen seiner Leichtgläubigkeit kehrte er heim und schalt sich selber einen Narren ob seiner Nachgiebigkeit. Wochen und Monate vergingen, der Frühling zog ins Land. Fast hatte unser Bäuerlein den Verlust seiner ausgeliehenen Kuh vergessen, da erschien eines Morgens eine untersetzte Gestalt vor dem Bauernhaus: der Zwerg; aber er war nicht allein. Er führte am Seil eine dickleibige, wohlgenährte Milchkuh mit. Daneben trippelte munter ein buntscheckiges Kälblein daher. Da blieben dem guten Plasselber Mund und Augen offen vor freudigem Staunen. Wider Erwarten erhielt er sein Horntier gesund und munter, dazu noch ein willkommener Zuwachs. Noch war er nicht am Ende seines Staunens, denn der kleine Senn zog aus seiner Rocktasche eine Geldrolle hervor und gab sie dem sprachlosen Bauern als Zins und Pachtgeld für die ausgeliehene Kuh und zog schnell von dannen. Der so reich beschenkte Bauer war nun zeitlebens von aller Not befreit. Die so glücklich überwinterte Kuh erhielt im Stall den besten Platz und das schmackhafteste Futter; denn sie war für den Plasselber Bauern eine Glückskuh geworden.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Auskunft nach dem Tode

Source: Die Auskunft nach dem Tode

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Vor ungefähr 150 Jahren wurde ein Jüngling von Obwalden als Dieb im „Galgen-Mätteli" gehangen. Der damalige Pfarrer von Sarnen war sein Pate. „Wenn du nach deinem Tode noch etwas zu deiner Seelenruhe notwendig hast und mir erscheinen kannst, so tue es und sage mir, was dir mangelt.“ Er wollte ihm wenn möglich helfen, der treue, liebreiche Mann. Der Übeltäter versprach zu kommen. Am Abend nach der Hinrichtung wartete der Seelsorger lange vergeblich. Endlich um zwei Uhr erst in der Nacht kam der Geist und der Pfarrer sprach: „Götti, du kommst spät, wo bist so lange gewesen?“ - „Verzeiht Herr,“ antwortete der Gestorbene, „man kann am Galgen oft noch lange leben. Eben erst bin gestorben, ich hörte es in der Sarnerkirch noch halb 2 Uhr schlagen."   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Die Bäche dürfen nicht verunreinigt werden

Source: Die Bäche dürfen nicht verunreinigt werden

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Die Bäche dürfen nicht verunreinigt werden, weil an vielen Orten die Bewohner ganzer Dorfteile das nötige Wasser aus solchen, von sogenannten Brunnenbächen schöpfen. Wenn ein Knabe den Bach verunreinigte, wurde er von den andern Knaben angehalten, drei Unservater herzusagen; befolgte er es nicht, so erhielt er von allen Schläge. Heinrich Hilty. * Das Wasser war unsern Vorvätern heilig; denn es spiegelt den Himmel wider, es ist sein Ebenbild, ein zweiter, unterer Himmel, der Aufenthalt himmlischer Wesen. Wer in das Wasser spuckt, spuckt unserm Herrgott in die Augen. Dr. Henne-Am Rhyn.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 124, S. 60 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Bäckerin

Source: Die Bäckerin

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Ein alter Mann erzählte aus dem Munde seiner Schwiegermutter, als deren Eltern noch in Schwarzenbach wohnten, buken sie, wie die meisten Bauersleute, selbst. Wenn sie dann abends das Mehl u. a. auf den kommenden Morgen in Bereitschaft gestellt, sei jedesmal nachts ein Erdfräuli gekommen und habe ihnen alles so nett und säuberlich zugerüstet, wie sie es nicht so hätten können. Als sie ihm einst zuschauen konnten und wahrnahmen, dass es ein sehr zerrissenes Röcklein anhatte, hängten sie ihm ein ganzes an das Ofenstänglein. Als das Erdfräuli dies sah, rief es: "Sötti denn wo wäch (schön geputzt) sy, so wötti lieber nüme cho go bacha!" Und von da an erschien es nie mehr. Dr. Henne-Am Rhyn, Deutsche Volkssage. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 467, S. 278 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Bälzerin

Source: Die Bälzerin

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Die Bälzerin Der Sonnenwiesbauer holzte einst im Tössstocktobel hinten. Da sein Arbeitsplatz ziemlich weit von zu Hause weg war, liess er sich durch seinen Buben das Mittagessen bringen. Am Wege zu diesem Tobel stand zu jener Zeit eine Hütte, in welcher ein altes Weib hauste‚ das man die Bälzerin nannte. Sie war als Hexe verschrien und gefürchtet. „Wohin willst du?“ fragte die Hexe das Büblein. „Ihr seht es ja!“ gab es zur Antwort und dachte, es gehe die Alte nichts an. Diese nicht gerade höfliche Antwort ärgerte die Hexe, und sie wollte dafür dem Kerlchen eins auswischen. Als es in das einsame Tösstobel kam, so überraschte es ein starker Regenguss, obschon kein Wölklein den Himmel trübte. Bald darauf erreichte das Bürschchen tropfnass den Vater, der sich erst die Augen ausreiben musste, um recht zu sehen. Über den Umstand befragt, erzählte das Söhnchen, wie die Bälzerin es ausgefragt, und was es geantwortet habe. „Ach so!“ sagte der Vater, „aber wart nur, wir wollen der Hexe dafür tun!“ Er hiess das Knäblein in der Pooalp oben eine Mass Milch zu holen. Unterdessen schnitt er drei gleichlange und gleichdicke Haselstecken. Er setzte die Milch über das Feuer und rührte mit den drei Stecken drin herum, solange, bis die Milch anfing anzubrennen. Auf einmal kam durch das Holz die Bälzerin dahergeschnauft und flehte den Vater Oberholzer in den höchsten Tönen an, mit Rühren aufzuhören, da sie sonst elend umkommen müsse. Dieser lächelte zuerst ein wenig, denn er hatte im Umgang mit Venedigern und andern Schwarzkünstlern allerlei erfahren und gelernt. Er rührte, um der Hexe zu zeigen, wer der stärkere sei, noch ein paarmal in der Pfanne herum, dass es der Alten wind und weh wurde und ihr der Angstschweiss in erbsengroßen Tropfen am Leib herunterlief. „Gelt, du alte Hexe!“, sagte er dann zornig, „dich hab ich erwischt! Du brauchst nicht anderen Leuten zuleidwerken. Und dass du daran denkst, musst du jetzt noch einen rechten Stüber haben!» Sprachs und salbte ihr den Buckel mit den drei Haselstecken. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland A. Oberholzer im St.-G. T., 1905. Wetterhexengeschichten erzählte man sich bis weit ins 19. Jh. hinein. Die Bälzerin, die und der Einsamkeit des Tössberglandes haust, hat noch etwas vom Geruch der „Zaunreiterin“, des Dämonischen, an sich. Id.4, 1222, s. v. balzen: einen handgreiflich plagen, im Scherze herumzerren. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die bannte Buebe

Source: Die bannte Buebe

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Die Junge glaube hüttigstags nüt meh. Aber es git halt doch noh Lüt, wo meh chönne weder numme Brot ässe! Loset umme: Drei Oltiger Buebe sy emol znacht a d’Pflume. Wo der erseht gnue gha het und abe will goh, gseht er e-n-olte Ma mit ganz oltmödische Chleidere underim Baum stoh. Dä Bueb goht wieder ue und seit nüt zu de-n-andere. Im zweute gohts ganz glych und ebeso im dritte. All drei sy z’letschtemänd wieder i de oberschte Neschte ghocket, aber Pflume hei si keini meh gässe. Ändlig, ändlig gohts gege Morge und es tuet Bättzyt lüte, do isch die Gstalt underim Baum plötzlig verschwunde. Jetz hei die Nachtbuebe wieder e chly Harz übercho und der eint het’s gwogt und isch süferlig abe, fascht hat er noh d’Hose verrisse, öppe-n-i Chnühöchi sy drei Rossnegel i Baumstamm ynegschlage gsi! Vom Grossätti noche het er gwüsst, was das bedütet: die Rossnegel het dä Bur düngglet gha im Weihwasser und het se-n-ynegschlage in de drei höchschte Name für d’Schelme z’banne. Die drei sy ihrer Läbtig nimme-n-an d’Pflume, si hei deismol gnueg verwütscht. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Die Bärenkapelle

Source: Die Bärenkapelle

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Auf der Bemmernalp, Gemeinde Schwarzenberg, ist eine von jenen vielen Kapellen, die man „Schimmelkirchen" genannt hat, weil sich daran gewöhnlich die Sage knüpft, ein Ross (Schimmel) habe sich - etwa bei einem Ungewitter - hineingeflüchtet und ungeschickterweise die Türe zugemacht, so dass ihm in der einsamen, sparsam besuchten Kapelle der Hungertod ein Ende machte. In Folge solchen Ereignisses sei die Bärenkapelle entweiht und dem Verfalle preisgegeben worden.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Die Bareto-Balma

Source: Die Bareto-Balma

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Vor langer Zeit kam ferne her ein Fremder von ritterlichem Anstande und geheimnisvollem Wesen, Namens Bareto. Verbannt von der Heimat, suchte er eine Zuflucht in der stillen Alpenwelt und wohnte sich in einer Höhle ein, welche in der Nähe der jetzigen Stutz-Alpe liegt und noch heutzutage »Bareto-Balma« genannt wird. Ihn begleiteten Selvretta und Vereina, seine beiden Töchter. Das Volk erkannte bald in Bareto einen Zauberer und fürchtete seinen düstern Blick und seine geheimen Künste. Die beiden schönen Jungfrauen wurden von Allen verehrt und geliebt, und ihr Erscheinen brachte überallhin Glück und Segen. So ging es lange; endlich starb Bareto. Seine Töchter gruben in der Höhle, in der sie wohnten, ein Grab, betteten den Vater in frisch gepflückte Blumen und begruben ihn dort. Dann kehrte Selvretta über die Gebirge in ihre Heimat zurück; Vereina blieb noch kurze Zelt, geheimnisvoll Berge und Täler durchstreifend. - Zuletzt ward sie gesehen, wie sie auf einer Felsenspitze stand, von der aus man weit hinabsieht in\'s Prätigau; sie streckte segnend ihre Hände gegen die Täler und rief: »Glückliches Volk, ich schenke dir das zum ewigen freien Eigentum.« Dann verschwand sie und folgte ihrer Schwester. Ihr nach werden die Alpen genannt, über welche sie der südlichen Heimat zueilte; ihr Name lebt fort in den Alpen des obern Tales der Lanquart und in dem des hohen Gebirgsstockes, dessen schneeglänzende Firnen mit in das Tal herabschauen, rein wie die Jungfrau, deren Namen sie tragen. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Baretto-Balma

Source: Die Baretto-Balma

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Eine geräumige, helle Felsenhöhle im inneren Prättigau. Ein seinem Vaterlande entflohener Italiener Baretto, soll jahrelang hier gewohnt haben. Ein düsterer Mann, tief eingeweiht in die Geheimnisse der Natur, die Landleute hielten ihn für einen Zauberer und sahen lieber seine beiden schönen Töchter. Aber auch um diese wehte etwas Fremdartiges, Übermenschliches. Als der Vater starb, verliess die eine auf immer die Höhle; auf dem Berg sah man sie noch stillstehen und zurückschauen. Ihr zu Ehren wurde der Berg Selveretta genannt. Die andre blieb so lange in der Höhle bei des Vaters Leiche, als es ihr möglich war dort allein auszuhalten. Endlich ging auch sie. Auf einer schönen Alp blieb sie stehen und schaute zurück. Das schöne TaI lächelte sie an, alle seine Dörfer, ausgenommen Fidris, konnte man sehen. Die scheidende Jungfrau grüsste Tal und Dörfer und vermachte den leztern die Alp, auf welcher sie stand, ihr zu Ehren Vereina-Alp genannt, an welche alle Prättigauer Dörfer Anteil haben, Fidris ausgenommen. Barettos Geist soll noch zuweilen im Nebel um die Höhle schweben. Aus: U. Brunold-Bigler, Die Sagensammlung der Nina Camenisch, Disentis 1987, mit freundlicher Genehmigung der Autorin. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Bauern von Niederernen

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Niederernen zählte vor der grossen Pest eine ganze Anzahl reicher Bauern., die sich auch etwas auf ihren Reichtum und ihre Macht einbildeten. Sie kamen am Sonntag hoch zu Ross nach Ernen zur Messe. Der Sigrist in Ernen musste ihretwegen eine Stunde vor dem Gottesdienst zum ersten Mal läuten. Das zweite Mal aber erst, wenn er die Niedererner Bauern auf dem Kirchbiel "d Schüfle" heraufkommen sah. ERNEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Bauersfrau als Hexe

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Ein Bauer zu Trons, der das mitten im Walde liegende Mayensäss, »la Ca­vrida« genannt, besass, liess das Vieh dort durch einen Knecht besorgen, der ging zu diesem Zwecke jeden Abend hin und kam jeden Morgen wieder heim ins Dorf. Nun kam dieser Knecht eines Morgens nicht mehr zurück, wesshalb der Bauer einen zweiten hinauf sandte, zu schauen, wo er geblieben sei, ob vielleicht ihm etwas fehle. Der zweite kam auch nicht zurück und so wurde dem Bauer die Sache unheimlich. Selbst hinauf zu gehen wagte er nicht, er war ein Hasenfuss, und lange Stunden vergingen, bis Jemand sich fand, der nach Cavrida sich wagen durfte, bis endlich am Abend ein alter Soldat durch schönes Geld bewogen wurde, den Weg zu machen, nachzusehen, wo die zwei Knechte seien, und droben das Vieh zu besorgen; aber einen Säbel nahm er doch mit, das ist Soldatenbrauch. Er kam also nach Cavrida, suchte die zwei Vermissten, die er im Stalle erwürgt fand, fütterte, melkte und tränkte am Abend das Vieh. Wie er aber noch einen Wisch Heu holen wollte, sprang aus der »Fenile« eine riesige schwarze Katze gerade auf ihn zu, kletterte an ihm herauf, der Gurgel zu. Es war ihr aber nicht bekannt, dass ein Soldat den Säbel immer bei sich tragen muss. Der Sohn des Vaterlandes zog nun, als er so unvermutet sich gewürgt sah, so gut es in der Bestürzung ging, die Waffe, erwischte die Schwarze bei einer Hinterpfote, und es gelang ihm, diese zwar nicht abzuschlagen, doch arg zu beschädigen, und siehe da, handkehrum war das Ungetüm nicht mehr zu sehen, auch nirgends zu finden. Von da an blieb er unge­schoren. Wie am Abend, so verrichtete er auch am Morgen sein Geschäft, und kehrte nach dem Dorfe zurück. Zu Hause erzählte er das Erlebte, und vernahm dagegen, dass inzwischen die Hausfrau stark gefallen sei und den einen Fuss gebrochen habe. Jetzt wusste der Soldat mehr als sein Meister, schwieg aber, der Frau lieb. Die ward ihm dadurch so gewogen, dass sie ihn im Alter mütterlich besorgte, und auch der Bauer war ihm dankbar, dass er ihm einen so grossen Dienst erwiesen hatte, und liess ihm derohalben manch gutes Bröcklein zukommen.   Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Befreiung der drei Länder

Source: Die Befreiung der drei Länder

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Als die Landvögte der drei Länder Uri, Schwyz und Unterwalden den Tod Gesslers durch den Schützen Tell vernahmen, erschraken sie. Es wurde ihnen unheimlich in dem Lande, dessen Volk sie so lange auf jede Weise erniedrigt, geplündert und geknechtet hatten. Vergeblich suchten sie Wilhelm Tell überall; er war nicht aufzufinden. Statt nun gerechter zu herrschen, glaubten sie die unbotmäßigen Hirten erst recht mit unerbittlicher Strenge niederzwingen zu müssen. Also trieben sie's ärger als zuvor. Doch ihre Zeit war gekommen. Am Morgen des Neujahrstages 1308 erhoben sich auf einmal die Talleute von Schwyz und zogen mit ihrem blutroten Fähnlein unter Werner Stauffacher und den Führern des Volkes über den kleinen See von Lowerz [Lauerz] auf die Felseninsel Schwanau los, denn der See war fest zugefroren. Der Untervogt von Schwanau, ein Vetter des von Tell erschossenen Landvogtes Gessler, versuchte vergeblich, die Stürme der wütend anrennenden Schwyzer abzuschlagen. Die Burg wurde erstiegen, und dann ergriffen die eindringenden Hirten den Untervogt, der so lange das Land bedrückt und die Leute in seinen tiefen Schloßkerkern hatte verhungern lassen, und stürzten ihn zum gleichen Fenster hinaus in den See, durch das sich einst die geraubte Gemma von Arth gestürzt hatte. Das Eis brach unter seiner Last, und nie mehr tauchte er aus der grünen Flut auf. Aber noch lange danach sah man ihn als ein Gespenst rings um die Burgmauer laufen, verfolgt von einer weißgekleideten Jungfrau, die eine brennende Fackel trug. Auch der Roggenberg, wie die Burg zu Küßnacht genannt wurde, fiel, und ebenso die Burg zu Brunnen. Beide wurden niedergerissen. Ein kleiner Burgstall bei Schwyz zu Perfiden sank ebenfalls in Trümmer. Aber eine treue Dienerin trug den Burgvogt, in einem Tragkorb verborgen, aus dem brennenden Bau und rettete also ihrem Herrn das Leben. Auch die Urner standen wider die Tyrannei auf wie ein Mann. Auf einmal tauchte der lange umsonst von den Vögten gesuchte Schütze Tell mit seiner Armbrust mitten auf dem Hauptplatze zu Altdorf auf, und mit ihm erschien der Heerhornträger von Uri und blies mit Macht den Uristier. Das Volk rottete sich zusammen, und bald danach fiel das stolze, aber noch unvollendete Schloß Zwing-Uri und wurde dem Erdboden gleichgemacht. An demselben Neujahrsmorgen unternahmen es auch die Leute von Unterwalden, der Vögte Joch abzuschütteln. Aber sie hatten es schwerer als ihre Bundesgenossen in den andern zwei Ländern. Denn auf der Burg zu Sarnen hauste der Landvogt Landenberg, ein mächtiger Herr, dem mit Gewalt nicht beizukommen war. Da versuchten es die Bauern von Obwalden mit List. Alle Neujahrstage mußten sie ihm Geschenke auf seine Burg zutragen. Diesen ihnen aufgezwungenen Brauch benutzten sie. Als der Vogt mit seinen Gewaffneten auf seinem rabenschwarzen Pferde zur Frühmesse von seiner Burg herab ins Dorf ritt, begegneten ihm zwanzig Männer, die Kälber, Ziegen, Schafe, Wildbret mancher Art und fette Käse den Burgrain hinauftrugen und -schleppten. Der Landvogt war freudig überrascht über die diesmal so überreichen Gaben. Er sagte zu den Bauern, sie sollten nur hinaufgehen auf sein Schloß und dort auf ihn warten, bis er aus dem Gottesdienst käme. Warum auch sollte er diese Leute nicht in seine Burg hinaufgehen lassen? Sie sahen ja alle so harmlos aus und trugen nichts als lange Stöcke bei sich, mit denen sie ihre Kälber und Ziegen antrieben. So ritt er getrost fürbaß. Aber als sich die Hirten des Schloßtores versichert hatten, nahmen sie unversehens Spieße aus ihren Hirtenhemden und Wämsern hervor und steckten sie auf ihre Stöcke. Gleichzeitig stieß einer in ein Horn, das die Kuh von Unterwalden hieß. Jetzt brachen aus einem neben der Burg stehenden Erlenholze dreißig weitere Talmänner hervor, die alle Hellebarden und Knüttel trugen, und eilten schnurstracks dem Burgtor zu. Wohl liefen nun die Schloßknechte und das Gesinde herbei, doch sie wurden mit leichter Mühe unschädlich gemacht. Eben trat der Landenberg aus der Dorfkirche zu Sarnen. Da sah er aus dem Dache seiner Burg eine Flamme aufzüngeln. Und als er nun erschrocken, eine Feuersbrunst befürchtend, mit seinen Leuten hinaufreiten wollte, wurde er von dem zusammenströmenden Landvolke gefangen. Erst wollte man ihn erschlagen. Aber da er zitternd schwor und auf den Knien versicherte, daß er das Land nie wieder betreten wolle, ließen ihn die Hirten mit seinem schwarzen Roß davonreiten, was er also eilig tat, daß die Weiber von Sarnen nachher erzählten, er sei auf einem vierbeinigen Teufel durch die Luft geritten. Die Burg aber verbrannte und wurde gebrochen. Auf der Burg Rotzberg nid dem Wald, wo ein Untervogt hauste anstatt des Ritters Wolfenschießen, den ein Mann in Altzellen mit der Axt seiner Untaten wegen erschlagen hatte, lebte eine schöne Dienstmagd. Diese war in einen Unterwaldner Burschen verliebt, der auf dem Rütli den Bund mitgeschworen hatte. Als nun die Neujahrsnacht anbrach, versteckte er sich mit zwanzig flinken und unerschrockenen Freunden beim Schloß Rotzberg. Er hatte mit der schönen Magd eine Abrede getroffen, daß er immer unter ihr hochgelegenes Fensterlein kommen wolle, wenn der Abendstern über den Bergen aufgehe. Dann ließ sie allemal eine lange Strickleiter hinunter, und daran kletterte er zu ihr hinauf und unterhielt sich mit ihr. Wie nun der Abendstern über den Schneebergen auftauchte, ging eben in der Burg ein Fensterlädlein auf, und langsam, wie eine Schlange, kam die Strickleiter von der hohen Burgmauer heruntergeglitten. - Flink kletterte der Bursche hinauf. Als er nun oben war und der schönen Magd in ihrem Kämmerlein anfing ein glückhaftiges Neujahr zu wünschen, stiegen auch seine unten harrenden Freunde die Strickleiter hinauf, und ehe die Magd recht wußte, was denn werden solle, standen einundzwanzig kühne Unterwaldner Burschen in ihrem Kämmerlein. Doch merkte sie bald, was es geschlagen. Bevor sie um Hilfe rufen konnte, waren sie und das ganze Burgvolk samt dem Untervogt gebunden. Nicht lange nachher loderten die Flammen aus der Burg auf, und für immer sank sie zusammen. Aber in der nächstfolgenden Nacht gingen überall in den drei Ländern Uri, Schwyz und Unterwalden gewaltige Höhenfeuer auf und verkündeten allerwärts mit ihrem roten Schein den wiederanbrechenden Tag der Freiheit und den Sturz der frechen Landvögte. Jedes Jahr in der Nacht des 1. August, als dem Ausgang des Tages, da der Eidgenossen erster Bundesbrief besiegelt wurde, und als Andenken an den Bundesschwur im Rütli, flammen heute noch auf den Bergen des ganzen Schweizerlandes die Freudenfeuer himmelan, läuten alle Glocken und frohlocken alle Herzen. Sag, Vater, was läuten die Glocken heut nacht? Daß nimmer der Stolze den Stillen verlacht. Sag, Vater, was gehen die Jauchzer durchs Land? Weil immer ein Held noch den Drachen bestand. Sag, Vater, was lodert am Berge im Wind? Das heilige Feuer der Freiheit, mein Kind. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Begegnung im Äschäwald

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Drei Wassener Burschen nahmen vor etwa 5 Jahren an einem Ski-Abend in Wyler Anteil. – Das ist denn aber eine wahre Geschichte! – So um Mitternacht machten sie sich auf den Heimweg. Zwei gingen selbander voraus, einer folgte. Im Äschäwald begegneten den Ersteren zwei Personen, eine Frau und ein Mann; aber an keinem der beiden war ein Kopf zu sehen. Sie gingen an einander vorbei, die zwei Wassener und die zwei Geister. Bald begegneten die zwei Kopflosen auch dem allein wandernden Gespanen und marschierten an ihm vorüber. Nach einiger Zeit aber merkte er, dass sie ihm folgten. Im Äschäwald b'stellte es ihn plötzlich. Eine ganze Länge konnte er nicht mehr weiter; rings um ihn polterte und rumpelte es entsetzlich. Endlich liess es ihn los. Als er in Wassen ankam, war er durch und durch in Schweiss gebadet. Emil Baumann-Muther, 35 J. alt, Wassen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Begegnung in den Langen Matten

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Mein Mann hat das folgende für eine Wahrheit erzählt. Als er noch ledig war, ging er eines Nachts von Erstfeld her durch die Langen Matten hinunter, und da kam ihm etwas Rundliches entgegen und schritt im Bogen an ihm vorüber. Es sah fast wie ein Kapuziner aus und knisterte. Neugierig schaute ihm nach einer Weile der Hansi nach, und da wurde er inne, dass es keinen Kopf hatte, und er erschmyete und fing an zu frieren, natürlich vor Schreck. Als er heimkam, wurde er krank und hatte mehrere Tage einen geschwollenen Kopf. Sie sagten ihm, er hätte nicht zurückschauen sollen. Fr. Ziegler-Zieri, 60 Jahre alt. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Begegnung mit dem Toten

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Ein alter Mann aus Lax, "Ds Chüochu Josy" erzählte mir, er sei einmal mit andern zusammen auf der Alpe gewesen, um die Milch zu messen. Am anderen Tage seien sie heruntergestiegen und waren bereits in der "Scheenu Biinu". Und da begegnete ihnen ein Mann mit dem Wässerbeil auf der Achsel. Man musste nämlich bis hinein in den Graben, um das Wasser herzuleiten. Sie kannten ihn alle und fragten, was er denn um diese Zeit schon wollte, es war noch ziemlich früh am Morgen. Er wolle das Wasser wenden, sagte er, und ging weiter. Die Männer stiegen gegen Lax hinunter und hörten, dass es jemand zum Ende läutete. Sie fragten, wer es sei, und hielten zur Antwort, das sei der N. N. Sie erstaunten sehr, denn ihm waren sie soeben in der "Scheenu Biinu"begegnet. Das ist eine Tatsache, das haben mehrere erlebt. LAX Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die begrabene Seuche

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Zweimal herrschte auf dem Berg Ällgäu über Habkeren im Amt Interlaken eine verheerende Seuche. Das erste Mal wütete dieselbe so arg, dass man eines Morgens neun Kühe beieinander tot fand. Man rief einen Kapuziner aus dem Luzernerbiet herbei, um das Übel zu bannen. Er kam und bannte es unter den Boden in eine Grube und verschloss die Öffnung mit einem Stück Holz. Er befahl auch, dass man künftig alljährlich in der Sankt Johannisnacht den Ertrag eines halben Tages von den eben auf den Alpen Bohl und Ällgäu sommernden Kühen in Käse und Zieger unter den Armen der Gegend verteilen sollte und verhiess diesen Alpen auf so lange, als man dem Gebot getreulich nachkomme und als jenes Loch verschlossen bleibe, Schonung von der Viehseuche. Daher rührt die noch bestehende Sitte, dass auf diesen Alpen alles, was man am 4. Juli morgens melkt, für die Armen des Tales zu Käse und Zieger verarbeitet wird. Am 5. Juli wird der ungesalzene Käse und Zieger in den Twirrispeicher hinausgetragen und dort unter die Armen verteilt. Man nennt dies St. Johannsen, weil es am St. Johannistag alten Stils geschieht. Nach anderen hat der oberländische Wunderdoktor Brühlfritzli die Pest in einen wachsenden Baum eingelegt. Aber das geheimnisvolle Holz wurde später gefällt, da kam sie wieder. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die behende Frau

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Einst lebten die Zürcher mit ihren Eidgenossen in böser Fehde. Nämlich, sie hatten sich mit ihnen, mit den Schwyzern vorab, einer großen Erbschaft wegen völlig entzweit. Beide beanspruchten die Länderherrlichkeit des verstorbenen Grafen von Toggenburg, des letzten seines Stammes. Und weil es eine draufgängerische Zeit war, gedachten sie den Streithandel gleich mit dem Schwerte auszutragen. Und da die Zürcher inne wurden, dass die übrigen eidgenössischen Orte eher Schwyz recht gaben, verbündeten sie sich mit dem Herzog von Österreich zu Schutz und Trutz, und also war der Krieg gemacht. Obwohl sich nun die Zürcher gar tapfer hielten, wollte es ihnen doch nicht gelingen, zu einem siegreichen Ende zu kommen; umso weniger, als ihnen Österreich nur wenig Beistand leistete, So hatten sie sich denn der ergrimmten Eidgenossen ziemlich allein zu erwehren. Also kam es, dass diese eines Tages gegen die wohlbefestigte Stadt Zürich heranzogen. Die Zürcher aber fürchteten sich nicht. Sie rückten, ohne die österreichischen Ritter, die sie in ihren Mauern hatten, um Hilfe anzugehen, todesmutig vor ihren Stadtring, um die Hirten der Bergstände im Freien zu erwarten. Sie lagerten sich jenseits der Sihl, und da es eben ein heißer Tag war, ließen sie sich aus der Stadt in Gelten und Weintansen den jungen wohlgeratenen Wein zutragen und sprachen ihm so fleißig zu, dass sie gar guter Dinge wurden und zu singen und lärmen anhuben. Da brachen auf einmal die Schwyzer und Glarner mit „Haarus!“ durch den Grünhag und fuhren also auf die übel überraschten Zürcher los, dass diese in arge Verwirrung gerieten. Zwar stellten sie sich mannhaft, doch vermochten sie dem ungestümen Anlauf der Bergler nicht standzuhalten, um so weniger, als die übrigen Eidgenossen aus den Ländern mit Wucht nachdrückten. Jetzt erinnerten sie sich wieder ihrer sichern Mauern und liefen wie Hirsche über den Sihlsteg dem Rennwegtor zu. Aber ein Mann, dem es zunächst an Ehre und Ansehen ging, Bürgermeister Stüssi, ein riesiger Krieger, stellte sich auf den Steg und hämmerte den anstürmenden Schwyzern und ihren Helfern also auf de Blechhauben, dass sie ihn für einen Grobschmied nahmen, denn es war ihnen nicht anders, als ihre Köpfe hätten sich in Ambosse verwandelt. So groß war das Heldentum dieses Mannes, dass auch nicht ein Schuh über den Steg kam. So ermöglichte er’s dem Gewalthaufen der Zürcher, sich rechtzeitig in die Stadt zu retten. Jedoch, ein Habicht unter hundert Krähen ist nicht wohl aufgehoben. Es gelang den wilden Burschen aus den Bergen, den Riesen vom Steg ins Flüsslein zu reißen, wo er in Ehren seinen Tod fand. Jetzt aber fegte der Sturm wieder hinter den Zürchern her und zwar so, dass die vordersten der feindlichen Krieger noch mit den fliehenden durchs Stadttor kamen. Das Tor stand sperrangelweit offen, niemand hätte es mehr zu schließen vermocht. Noch ein kurzer Anlauf, und die Stadt wäre dem wie ein Rudel Wölfe heranstürmenden Hirtenvolk geworden und in Schande untergegangen. Aber als nun alles hulterpulter ging, und alle Mannsleute der Stadt den Kopf verloren zu haben schienen, da gewahrte eine mutige Frau, namens Anna Ziegler, den drohenden Jammer. Mit Mannskraft und behender als ein Schlänglein, wusste sie sich durch den flüchtenden Haufen zum Tor zu helfen. Und ebenso behend und flinker als ein Hühnchen vor einem Fuchse, machte sie sich die Stiege hinauf in des Torwarts Kammer und ließ: rätsch, tätsch! den schweren eichenpfähligen Fallgatter niederrasseln, also dass die wütend anstürzenden Feinde ihre Blechhüte und Köpfe daran zerbeulten. Wie sie auch auf den dicken Gatter loshieben und lospütschten, nicht einer kam mehr in die Stadt. Als nun die erschrockenen Zürcher inne wurden, dass ihre Feinde nicht mehr nachdrängen konnten, ermannten sie sich. Sie hasteten zurück und auf die Wälle, von wo sie mit Schießen und Werfen die Hirten vertrieben. Andere eilten ans Tor, bei dem sie die wenigen eingedrungenen Feinde erschlugen. Einer von diesen, Landschreiber Küng von Glarus, hatte, sobald er den Gatter fallen sah, ein erobertes Fähnlein zwischen den Pfählen des Gatters hindurch, seinen Freunden zugesteckt und war dann als ein aufrechter Sohn der Berge gefallen. Nun tummelten sich die Zürcher gar sehr und bald hatten sie den Feind völlig von den Stadtmauern weggebracht, der nun in ohnmächtiger Wut draußen brannte und schließlich abzog. Also hatte die Geistesgegenwart und die rasche Hand einer tüchtigen Frau die Stadt von Unehre und Jammer behütet. Darnach sind die Zürcher mit ihren Eidgenossen bald wieder eins geworden, und sie sind dann in gar mancher Schlacht durch das Blut ihrer gemeinsamen Feinde zusammengeschweißt worden, fester als je. Dass es so bleibe, das walte Gott!     Meinrad Lienert, Zürcher Sagen. Der Jugend erzählt, Zürich 1918. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.    


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Die beide Brüeder Uf der Altburg hei einisch zwe Brüeder gläbt, wo nid guet zsämen uscho si, eso wie’s ire Hushaltig geiht, wo eis „hüscht“ u ’s anger „hott“ zieht. Kei Tag isch verbi gange, wo sie nid zsäme gstriglet u zangget hei. Demo isch eine vo deheime furt u het ’s Schlössli lo baue. Aber dr alt Chib u dr Verbauscht hei ne ke Ruehw glo, u sie si bilängerschi meh usenangere cho. Einisch het dr Her im Schlössli gäge dr Altburg düre gluegt. Är het mögen erchenne, wie dr Brueder im offene Pfäischter isch gstange u gäge ’s Schlössli luegt. Im Hui isch ume ’s Füür im Dach gsi, rot vor Täubi het er dr Armerischt vo dr Wang gschrisse u dr Brueder erschosse. Die Sage von den streitenden Brüdern kehrt an vielen Orten wieder; sie wird fast überall da erzählt, wo zwei Burgen einander gegenüber stehen. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die beiden Brüder

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Zwei Brüder, ein gescheiter und ein dummer, gingen die Geissen hüten. Der Dumme kochte einen grossen Teller voll Spätzli zum Mittagessen. Auf dem Weg musste er über die Brücke, worüber auch die Geissen liefen. Die Brücke hatte Löcher, da gerieten die Geissen mit den Füssen hinein. «Dem wollen wir schon ein Ende machen», dachte er und verstopfte kurzerhand die Löcher mit den Spätzli. Als er ohne Mittagessen zum Bruder kam, war der wütend und schrie: «Dich kann ich nicht mehr unser Mittagessen kochen lassen, morgen mach ich das». Am nächsten Tg kochte der ein ganz feines Mus. Als er auf die Weide kam, fand er den Bruder ganz allein. «Wo hast du denn die Geissen?» - «Dort sind sie», antwortete der Bruder und zeigte auf einen Sumpf. Der andere schaute hin und sah nur noch die Schwänze der Geissen, der Rest war schon weg. Da schmiss er in der Wut das Mus ins Moor und schrie: «Hol doch der Teufel grad alles!» (Schams)   Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


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In einem kleinen Dorf wohnten ein Mann und eine Frau, die hatten zwei Söhne, Giachem und Gian. Giachem war ein guter Kerl, aber eher ein wenig dumm, während Gian gescheiter, aber auch schlechter war. Die Eltern besassen ein schönes Gut und hatten zwölf Kühe im Stall. Nach dem Tod der Eltern kamen die Brüder nicht gut miteinander aus. Gian war habsüchtig und wollte alles für sich haben; er gönnte Giachem nichts und verlangte sogar, dass dieser alle groben Arbeiten ganz allein machte. Nun baute Gian einen neuen Stall, und als es darum ging, die zwölf Kühe zu teilen und Gian sich nicht mit der Hälfte zufrieden geben wollte, sagte er zu Giachem: «Hör zu, ich will dir einen Vorschlag machen. Wir wollen heute die zwölf Kühe allein zum Brunnen gehen lassen, und wenn sie zurückkommen, öffnen wir die Tore des alten und des neuen Stalles. Die, welche in den alten Stall gehen, werden dir gehören, und jene, welche in den neuen gehen, mir. Bist du damit einverstanden?» Gian dachte bei sich: «Ganz gewiss gehen alle in meinen schönen neuen Stall.» Giachem war einverstanden und - tatsächlich - an jenem Tag gingen die Kühe allein zum Brunnen. Gian stand am Fenster und schaute mit einem boshaften Lächeln auf die Kühe hinunter. Aber schon bald lachte er nicht mehr - denn die Kühe kehrten, eine nach der andern, in den alten Stall zurück - nur eine einzige, neugierige alte wandte sich dem neuen Stall zu und ging da hinein. So musste sich der gescheite und schlaue Gian mit einer hässlichen und alten Kuh begnügen, während Giachem die elf andern erhielt. Gian hatte eine schreckliche Wut auf seinen Bruder, aber er konnte nichts machen, denn er selbst hatte es gewollt, dass die Kühe auf diese Weise geteilt würden. Eines schönen Tages nun machte Giachem Hausmetzg und schlachtete eine Kuh. Die Haut breitete er auf dem Dachboden zum Trocknen aus. Als sie trocken war, nahm Giachem die Kuhhaut und brach auf, um sie in der Stadt zu verkaufen. Gegen Abend kam er in einen dichten Wald, und da es bereits zu dunkeln begann, kletterte er auf einen Baum, um die Nacht dort oben zu verbringen. Da sah Giachem auf einmal eine Bande bewaffneter Männer mit Laternen durch den Wald hinunter schleichen. Sie kamen bis zu seinem Baum, und gerade darunter setzten sie sich und begannen, ihre Goldstücke zu zählen. Giachem merkte sogleich, dass es eine Räuberbande war. Vor Angst begann er zu zittern wie Espenlaub, so dass er fast nicht mehr im Stande war, die Kuhhaut zu halten. Und - tatsächlich - auf einmal liess er sie fahren, und mit einem schrecklichen Getöse fiel die dürre Haut vom Baum. Als die Räuber dieses Riesending herabfliegen sahen, sprangen sie alle auf, und mit dem Schrei: «Flieht, flieht, das ist der Teufel!» rannten sie davon, ohne an ihre Goldstücke zu denken die sie unter dem Baum ausgelegt hatten. Sobald Giachem sah, dass alle weg waren, kletterte er vom Baum und stopfte sich die Hosentaschen mit Goldstücken voll. Doch dann liess er unter den Füssen kein Gras wachsen und kehrte so rasch als möglich nach Hause zurück. Am nächsten Tag lieh er sich von Gian eine Waage, um das Geld zu wägen. Als Giachem sie zurückgab, fand Gian auf der Waagschale eine Goldmünze. «Sackerment», dachte er, «dieser Trottel hat Goldstücke gewogen! Wer weiss, wo er die her hat?» Am Nachmittag ging er hinüber in Giachems Stube, um herumzuschnüffeln. Giachem erzählte ihm alles offen, und Gian dachte: «Wenn es diesem Einfaltspinsel so gut gegangen ist, so wird es mir noch besser gehen.» Und - tatsächlich - am andern Tag schlachtete er seine Kuh; aber die Habsucht war so gross, dass er nicht warten konnte, bis die Haut dürr war. Schon am nächsten Morgen nahm er die Kuhhaut und ging in den Wald. Giachem hatte ihm genau erklärt, wohin die Räuber gehen würden. Und sie sind wirklich gekommen. Als Gian all die schönen Goldstücke sah, welche die Räuber unter dem Baum ausbreiteten, begannen seine Augen vor Gier zu glänzen, und ganz sacht nahm er seine Kuhhaut und warf sie hinunter auf die Räuber. Er glaubte ohne weiteres, die Räuber würden wieder fliehen, aber diesmal kam es anders. Da die Kuhhaut nicht dürr war, fiel sie nur langsam und geräuschlos zu Boden, und so jagte sie den Räubern keine Furcht ein. Die sprangen auf, und als sie Gian auf dem Baum sahen, schrien sie: «Aha, jetzt haben wir den Schuft, der unser Geld geklaut hat. Mach, dass du sofort herunterkommst!» Aber Gian rührte sich nicht da oben. «Wenn du nicht subito parierst, so feuern wir ein paar Schüsse nach oben, dass du sicher herunterkommst, wenn nicht lebendig, dann tot!» - Nun konnte er nicht anders, als herunterzusteigen. Kaum stand er auf dem Boden, so packten ihn die Räuber und verprügelten ihn schrecklich. Dann jagten sie ihn zum Wald hinaus. Halb tot gelangte Gian nach Hause, und da er einsah, dass er mit seiner ganzen List nie so viel ausrichten konnte wie Giachem, schloss er Frieden mit ihm, und von da an vertrugen sie sich immer gut - und das Märchen ist zu Ende.  (Oberengadin)   Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


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Es waren einmal zwei Brüder, die bebauten zusammen im Sommer ihr Land. Als es Zeit zum Alpabzug war, wollten sie ihr Vieh teilen. Auf einem Maiensäss hatten sie einen neuen und einen alten Stall. Jetzt wurden sie sich einig, dass der ältere Bruder die Kühe bekomme, welche am Abend neben dem alten Stall ständen, und die neben dem neuen würden dem jüngeren gehören. Dies wollte der ältere Bruder so, denn er glaubte, die acht Kühe seien mehr den alten Stall gewohnt als den neuen und gingen darum sicher zum alten. Am Abend auf dem Maiensäss stand nur die älteste und hässlichste Kuh neben dem alten Stall. Die anderen sieben warteten neben dem neuen, so dass der ältere Bruder nur eine Kuh hatte und der jüngere sieben. So wie die Teilung des Viehs ausgefallen war, musste das Futter für den Winter aufgeteilt werden. Der ältere Bruder meinte, es lohne sich nicht, während des ganzen Winters nur eine Kuh zu füttern, es sei besser, sie zu schlachten. Seiner Frau war dies recht. Jetzt ging er auf den nächsten Markt und bot die Kuhhaut zum Verkauf an. Aber niemand kaufte sie. Am Abend ging er durch einen etwas dunklen Wald zurück und verirrte sich. Dann stieg er auf eine Tanne, um nach einem Licht Ausschau zu halten. Da kam eine Zigeunerbande unter diese Tanne, machte ein Feuer, setzte den Kessel auf und kochte Fleisch. Dann musste er auf der Tanne oben Wasser lassen, und dieses traf genau in den Kessel. Voll Freude riefen die Zigeuner: «Ach, wie Gott unsere Butter vermehrt!» Jetzt breitete er seine Haut mit den riesigen Hörnern dran aus und liess sie von der Tanne herunterbaumeln. Als die Zigeuner das sahen, glaubten sie, es sei der Teufel und flohen. Jetzt stieg er herunter, nahm unter den Wurzeln der Tanne einen zünftigen Haufen Geld hervor, den die Zigeuner zurückgelassen hatten, liess die Haut dort liegen und ging nach Hause.  Eines Tages kam dann sein Bruder zu ihm, sah den Geldhaufen und fragte ihn, woher er den habe. Er antwortete, er habe die Haut seiner alten Kuh für einen Rappen pro Haar verkauft, deshalb habe er so viel Geld. Dann ging der Bruder zu seiner Frau und wurde mit ihr einig, die sieben Kühe zu schlachten und ihre Häute zu verkaufen. Wenn sein Bruder nur aus einer Haut einen solchen Haufen Geld gezogen habe, was für einen erst müsste er für die Häute von sieben Kühen bekommen! Gut, sie schlachten ihre sieben Kühe, dann geht er mit den sieben Häuten auf den Markt und bietet sie zum Verkauf an. Aber es geht ihm wie seinem Bruder, er kann sie nicht verkaufen. Am Abend, ziemlich spät, macht er sich auf den Weg nach Hause und kommt in den gleichen Wald wie sein Bruder. Zu seinem Pech steigt er auf die gleiche Tanne, um ein Licht zu suchen. Da kommen die Zigeuner wieder mit ihrem Kessel unter die Tanne und kochen Fleisch. Auch er lässt sein Wasser in den Kessel hinunter. Doch diesmal sind die Zigeuner nicht so dumm, und statt zu sagen: «Ah, wie Gott unsere Butter vermehrt!» schreien sie: «Aha! bist du wieder hier oben, du Gauner? Aus dir wollen wir diesmal Hackfleisch machen!» Er musste herunterkommen, und die Zigeuner zeigten es ihm; sie richteten ihn mies zu. Endlich kam er spät nach Hause und platzte schier vor Wut, dass sein Bruder ihn so verarscht hatte. Eines Tages ist er also zu ihm hinunter, um ihn zu töten. Da hat dieser mitten in der Stube einen Kessel stehen mit siedend heissem Wasser drin, welches er heimlich aus der Küche geholt hat, und schlägt mit einer Rute unter dem Kessel hin und her. «Was machst du denn hier, du Trottel?» sagt der Bruder zum andern. «Ja, ich bringe dieses Wasser zum Sieden. Jetzt braucht meine Frau nicht mehr in der Küche anzufeuern; mit dieser Rute hier kann man in der Stube kochen, was man will. Schau nur, wie das Wasser siedet!» «Eine von diesen Ruten möchte ich auch für meine Frau!» sagt der andere. Kurz und gut, er kauft die Rute für teures Geld ab, geht zu seiner Frau und lässt einen Kessel mit kaltem Wasser in die Stube bringen. Er erklärt dann des langen und breiten, welche Kraft diese Rute habe. Dann fängt er an, damit unter dem Kessel hin und her zu hantieren, so fest und so lang, bis die Rute futsch ist. Aber das Wasser wird deswegen nicht heisser. Jetzt merkt er, dass er von seinem Bruder wiederum hinters Licht geführt worden ist, und er nimmt sich endgültig vor, ihn zu erledigen. Er ging also zu ihm hinunter. Der Bruder hatte gerade mit seiner Frau einen heftigen Streit. Er schaute ein wenig zu, wie sie stritten und sagte nichts. Die Frau stand dem Mann in nichts nach; dieser drohte, sie zu töten, wenn sie nicht schweige. Aber sie gab nicht nach. Jetzt nahm der Mann sein Messer und stiess es in die Brust seiner Frau, so dass das Blut geradeaus spritzte und die Frau tot zu Boden fiel. Da sagte der Bruder zum Mörder, dies sei etwas Furchtbares, er werde ins Gefängnis kommen, weil er seine Frau ermordet habe. Doch der andere lachte und sagte: «Oh, ich habe keine Angst; wenn es Zeit ist, das Essen zu kochen, so will ich sie schon wach kriegen!» und er liess sie ein wenig so liegen, einer Weile nahm er eine Pfeife aus dem Sack und «Fi! Fi! Fi!» und beim dritten Mal stand die Frau auf. Das war nämlich alles so zwischen den beiden abgemacht. Sie hatten am gleichen Tag das Schwein geschlachtet und das Blut in die Blase getan, unter die Jacke der Frau. Dann stiess der Mann das Messer in die Blase, und die Frau gab vor, tot zu sein, und auf den dritten Pfiff hin wachte sie wieder auf. Diese Pfeife stach dem Bruder ins Auge. Er hatte auch manchmal Streit mit seiner Alten, und die kuschte auch nicht gern. Gut, er kaufte ihm die Pfeife für teures Geld ab und ging zu seiner Frau, sagte ihr aber gar nichts davon. Es ging dann auch nicht lange, dass sie miteinander stritten. Da stiess der Mann das Messer in die Brust seiner Frau, so dass das Blut geradeaus spritzte und die Frau zu Boden fiel. Jetzt dachte er, sie ein wenig so liegen zu lassen und sie dann zur Essenszeit mit der Pfeife aufzuwecken. Er beginnt auf Teufel komm raus zu pfeifen, aber seine Frau gibt keinen Ton mehr von sich. Endlich merkt er, dass sein Bruder ihn wieder angeschmiert hat. Jetzt schwört er, seinen Bruder um die Ecke zu bringen und geht schnell zu ihm ins Haus. Dieser hat sich tot gestellt, er liegt stocksteif auf der Bank, und seine Frau hat ihn mit einem Leintuch zudecken müssen. «Wo hast du deinen Mann?», schreit er, als er zur Tür hereinkommt. «Oh, der ist tot, schau dort auf der Bank unters Tuch!» «Ah, dem muss ich noch nach dem Tod ins Maul scheissen!», erwidert der Bruder, hockt sich auf ihn, um sein Geschäft zu machen, aber in dem Augenblick verpasst ihm der Tote einen derartigen Biss, dass der andere aufschreit und brüllt, mit Toten wolle er nichts zu tun haben; und er rannte in sein Haus hinauf. Und wenn er nicht gestorben ist, so lebt er heute noch.   Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die beiden Brüder und die Räuber

Source: Die beiden Brüder und die Räuber

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Es waren einmal zwei Brüder. Einer war verheiratet und hatte sieben Kinder, der andere jedoch keine; einer war reich und der andere arm. Eines Tages ging der Arme weit in den Wald hinein und sammelte Holz. Er hörte es jauchzen und singen und schaute um sich. Er sah dreiunddreissig Männer zu Pferd, die verschwanden alle in einem Felsen und kamen eine Weile später wieder heraus. Da ging er hin und sagte zum Felsen: «Felsen, öffne dich.» Drinnen nahm er eine kleine Blache voll Geld und ging nach Hause. Daheim schickte er die Kinder zu Bett und zeigte das Geld der Frau. Doch die konnte es nicht zählen. Sie ging zu ihrer reichen Schwägerin und lieh sich die Quartane aus. Als sie das Gefäss zurückgab, war eine Goldmünze darin liegen geblieben. Die Schwägerin fragte, ob sie Goldmünzen zu messen hatte. Da erzählte die dumme Frau ihr alles. Eines Tages wollte der reiche Bruder auch beim Felsen Goldmünzen holen gehen. Doch die Räuber ergriffen ihn und zerschnetzelten ihn so, dass die Hühner ihn auffressen konnten. (Oberhalbstein)   Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die beiden Brüder, die Händler waren

Source: Die beiden Brüder, die Händler waren

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Es waren einmal zwei Brüder, die waren Händler. Einer davon hatte einen Sohn. Als der Sohn erwachsen war, hiess der Vater ihn, mit seinem Onkel nach England zu gehen, um Waren aufzukaufen. Nach ihrer Ankunft in England kehrten sie in einer Wirtschaft ein, wohl um einen Schnaps zu trinken, dann gingen sie durch die Stadt und verloren einander. Der Bursche ging eine Strasse hinauf und sah, wie man einen Toten da hinunterschleifte. Er schaute zu, ging daran vorbei und kam von einer anderen Seite wieder dazu. Er schaute wieder hin, liess sie nochmals vorbeiziehen, ging anderswo hin und kam wieder dazu, zum dritten Mal. Da fragte er, warum sie diesen Menschen durch die Strasse schleiften. Sie antworteten, er habe Schulden. Er fragte, wie viele Schulden dieser Mann habe, und die andern sagten es ihm. Da fragte er, ob sich das nicht begleichen liesse. Doch, das gehe schon, antworteten die andern. Da nahm er das Geld hervor und bezahlte die Schulden des Toten, darauf begruben sie ihn. Bald einmal fand er seinen Onkel wieder und erzählte ihm alles. Da schalt der Onkel ihn einen Trottel, aber jetzt war bezahlt und fertig, und er musste ohne Waren nach Hause zurück. Dort haben sie wohl andere Waren kommen lassen und ihm Vorwürfe gemacht, aber er konnte trotzdem weiter im Laden bleiben. Als der Vater wieder alle Waren verkauft hatte, liess er ihn nochmals mit dem Onkel gehen und schärfte ihm ein, er solle ja nicht wieder solche Dummheiten anstellen wie letztes Mal; er solle die Waren kaufen und mit dem Onkel zurückkommen. Sie reisten wieder ab und gelangten ins Land, wo Waren zu kaufen waren, und sie trennten sich wiederum. Der Bursche kam in eine riesig grosse Unterkunft (in ein Hotel, oder wie du sagst). Dort hörte er zwei schöne Stimmen singen, ging hinauf und lauschte. Es waren zwei Mädchen, die sangen, und die waren hierher entführt worden. Der Bursche fragte, ob sie diese Mädchen nicht verkauften, darauf antworteten sie, ja, sie wollten sie verkaufen. Er kaufte sie, alle beide, und nahm sie mit. Als er den Onkel fand, sagte er ihm, er habe diese Mädchen gekauft. Der Onkel wusch ihm den Kopf, doch er konnte weiter nichts tun. Er nahm die Mädchen und kehrte mit dem Onkel nach Hause zurück. Daheim tobte sein Vater und wusste nicht, was anstellen mit solcher Ware. Es waren schöne Mädchen. Und sie kamen dann ordentlich miteinander aus, auch mit dem Vater. Da verliebte sich der Bursche in eine der beiden. Dabei traf es gerade die Rechte, die Gute; und es ging so weit, dass sie heirateten. Dann sagte er, jetzt gehe er noch Waren aufkaufen. Die Frau freute sich und sagte, sie wolle ihm eine Fahne herrichten. Sie verstand es, ordentlich zu sticken und stickte dann ihren Namen mit Buchstaben, die ein wenig glänzten auf die Fahne. Dann sagte sie, wenn sie ein Stück weit gereist seien, so dass er den Turm sehen könne, solle er die Fahne entrollen. Da machte er, was sie gesagt hatte. Sie wusste, dass ihr Vater mit seinem Fernrohr aus diesem Turm schauen würde. Der Vater war ein König, was ich noch sagen muss. Es kam so, der König hielt Ausschau, sah die Fahne und las darauf den Namen seiner Tochter. Da liess er eine kleine Abteilung Militär aufstellen, um das Schiff mit allen Ehren zu empfangen. Sie trugen ihre Gewehre und schossen. Und er liess sich davon einen Schrecken einjagen (das kannst du verbessern, du bist gescheiter als ich). Die Soldaten empfingen ihn, als er an Land kam, mit Ehren, und sie führten ihn zum König, und der empfing ihn auch mit Ehren. Und wohin er gehe und was und wie, und der Bursche sagte, er gehe Waren aufkaufen, doch der König liess ihn nicht gehen, er sagte, er wolle schon Waren aufkaufen, und er kaufte fast ein Schiff voll. Dann machte der Bursche sich auf die Rückfahrt, und der König befahl ihm, mit seiner Tochter und mit der andern Frau, welche die Kammerjungfer sei, zurückzukommen. Und er kehrte froh heim, und der König schickte eine Ordonnanz mit, um sein Leben auf dem Hin- und Rückweg zu sichern. Es ging alles so, wie es sein musste, und er wurde von der Frau empfangen. Die wusste schon, dass er zurückkehren würde, wie es sich gehört. Diesmal war dann der Vater zufrieden und wusch ihm nicht mehr den Kopf. Und sie machten sich bereit, auch die Frau, so rasch sie konnten, um wieder ins Land des Königs zu reisen. Und sie brachen auf und schifften sich ein. Unter den Soldaten war einer, der auch gern die Königstochter gehabt hätte. Es war ein Offizier. Sie gelangten ein Stück aufs Meer hinaus, dann kam der Drang zu pissen - der Bursche und jener Offizier befanden sich ganz allein auf Deck, und der stiess ihn ins Meer. Im Meer schwamm ein Fisch daher, der verschlang den Burschen und brachte ihn in eine Wüste, und er wusste nicht, was tun. Er war eine Zeitlang da, lebte von allerlei Früchten und machte sich viele Gedanken. Eines Tages, als es schön warm war und er seine Preiselbeeren ass, hörte er eine Stimme, die ihn beim Namen, Michel, rief. Und er schaute um sich und sah nichts; er blieb noch ein wenig, da rief jene Stimme von neuem, da sah er immer noch nichts. Zum dritten Mal kam es wieder und rief seinen Namen, da sah er einen Fuchs, und er fragte: «Ja, rufst du, Fuchs?» und der antwortete: «Ja». Der Fuchs rief ihn zu sich. Er ging dann zu ihm, und sie kamen ins Gespräch. Der Fuchs fragte: «Würdest du gerne nach Hause gehen?» und er sagte «ja». Da fuhr der Fuchs fort: «Morgen hält deine Frau Hochzeit.» Der andere habe früher Hochzeit halten wollen, doch die Frau habe nicht gewollt, sie habe ein Jahr lang um ihren Mann trauern wollen. Damit sei der andere einverstanden gewesen. Der Fuchs stellte die Bedingung, wenn der Bursche das teilen wolle, was er in einem Jahr zusammengebracht habe, so wolle er ihn nach Hause bringen. Der Mann willigte ein. Dann sagte der Fuchs, er solle sich auf seinen Rücken setzen wie auf ein Pferd; dann lief er in Sprüngen davon und gelangte vor den Königspalast, wo die Hochzeit für den folgenden Tag vorbereitet wurde. Nun sagte der Fuchs zu ihm: «Jetzt gehst du hinein und sagst, sie sollten dir irgendeine Arbeit geben, wie Holz oder Wasser in die Küche hinauftragen, dann lässt du dir etwas zu essen geben.» Und er machte das. Er trug ein bisschen Holz und Wasser hinauf, und die Frauen gaben ihm ein wenig zu essen. Die Braut ging manchmal in die Küche hinüber. Sie hatten vor, Rahm zu schlagen (stehend, mit einem Stab zum Schlagen des Rahms). Doch dies bereitete ihm Mühe. Da sagte dieser Nichtsnutz, sie sollten ihn das Butterfass schwingen lassen. Also liessen sie ihn buttern. Da begann er zu schwitzen, und er hob so eine Hand und fuhr mit einem Tüchlein durchs Haar. Und die Braut war gerade in der Küche, und sie sah an ihm das Mal, wie es ihr Michel hatte; da rannte sie rasch zum Vater und rief: «Vater, das ist mein Michel.» Und der Vater kam und fragte, wie er heisse, und sie merkten, dass es stimmte. Der König ging ins Zimmer, wo sie versammelt waren und sagte dann, sie müssten helfen und ihn beraten, er habe ein Urteil zu fällen. Es sei auf dem Meer ein Schiff gefahren, da habe einer einen andern ins Wasser gestossen, um ein Schaf zu bekommen, und er allein wisse kaum, wie er den verurteilen solle. Jetzt meinte der Bräutigam, da wolle man schon helfen. Der verdiene es, dass man ihn mit Pferden in vier Stücke reissen lasse. Da sagte der König: «Nun denn, das bist du; du hast den Mann meiner Tochter ins Wasser geschubst, um sie zu bekommen, und jetzt hast du dich selber verurteilt.» Und er liess gleich vier Pferde holen, um ihn in Stücke zu reissen. Dies geschah, und die Hochzeit ging von neuem weiter mit unserm Michel, und das Fest nahm einen flotten Verlauf. Unterdessen kam der Tag, wo mit dem Fuchs zu teilen war. Inzwischen hatten sie ein Büblein bekommen. Da hörte er es an die Tür klopfen, gerade als er mit dem Kind in der Kammer auf dem Sofa lag. Er sagte: «Herein.» Da stand der Fuchs und befahl, heute wolle er teilen, und der Mann stand auf, kam mit einem schönen Haufen Geld zurück und legte es auf den Tisch, doch der Fuchs erwiderte, das sei keineswegs alles, was es zu teilen gebe. Der Mann holte noch ein wenig Geld, doch wieder sagte der Fuchs, das sei nicht alles, was sie zusammengebracht hätten. Er zeigte auf die Wiege und sagte, auch das hätten sie zusammengebracht. Und der Mann hob den Buben aus dem Bett, breitete das Deckbett über den Tisch, legte ihn rücklings auf das Deckbett, ergriff das Schwert und sagte zum Fuchs, er solle kommen, dann teile er. «Schneide das Kind nicht entzwei, ich will keine Teilung, ich bin jener Tote, und du hast mich schon in England ausgezahlt, und du warst tief in der Wüste drin und kamst nicht weg, und ich habe das gesehen, und ich habe dir geholfen, und du hast mir damals geholfen, so dass sie meinen Leib ruhen lassen mussten. Wir wollen das eine für das andere gelten lassen, und ich sage dir lebe wohl», und ging fort. (Schams)   Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die beiden Freunde

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Es war einmal ein König, der hatte zwei schöne und feine Töchter. Er wollte, dass sie Jungfrauen blieben. Deshalb liess er ein schreckliches Schloss bauen, mitten in einem dunklen See. Dann liess er den See mit sehr hohen Mauern umgeben, damit niemand zu seinen Töchtern könne. Aber einmal kam im Dunkeln ein ganz schöner Mann aus dem See und blieb über Nacht im Schloss. Nach neun Monaten bekamen beide Prinzessinnen ein Kind. Die beiden Kinder aber glichen sich so, dass niemand sie auseinanderhalten konnte. Ihre Mütter baten die Frau, die sie mit Essen versah, mehr zu bringen, denn sie hatten grossen Hunger. Als die Buben acht Jahre alt waren, liessen die Prinzessinnen ihren Vater um grünes Tuch und um zwei Bogen mit goldenen Pfeilen bitten. Sie wollten auf die Jagd gehen und kleine Vögel schiessen. Der Vater schickte dann wunderschönen grünen Stoff und einen Bogen für die Vogeljagd. Bei Mondschein lehrten die Mütter ihre Buben, die Vögel, die so schön singen, zu schiessen und über den See zu schwimmen. Auch machten sie jedem aus dem grünen Stoff ein Kleid. Als sie schwimmen gelernt hatten, sagten die Mütter ihren Söhnen, nun müssten sie in die Welt hinaus, aber den Namen ihrer Mütter dürften sie niemandem verraten. Und zum Andenken gaben sie jedem ein goldenes Schwert.  In einer schönen Sommernacht nahmen die Burschen Abschied vom Schloss, sie schwammen über den See und kletterten über die Mauer. Arm in Arm gingen sie durch die kurze Nacht, bis sie in einen dunklen Wald kamen, wo der Weg sich verzweigte. Neben einer alten Eiche stiessen sie, bevor sie auseinander gingen, ein goldenes Schwert in den Boden und versprachen einander, in einem Jahr wieder hierher zu kommen. Und wenn das Schwert auf der einen Seite rostig sei, so sei dem, welcher nach dieser Seite gegangen sei, etwas zugestossen, und der andere müsse ihm zu Hilfe eilen. Dann nahmen sie mit Tränen in den Augen voneinander Abschied, und der eine bog nach rechts, der andere nach links ab. Der, welcher nach rechts ging, kam bald in eine wunderschöne Stadt, wo die Leute in Trauer waren und weinten. Er fragte, was denn los sei, dass alle so fest weinten. Der Drache habe die Königstochter genommen, antwortete man ihm, und niemand wage es, ihn zu töten, obwohl der König die Tochter und die Krone dem versprochen habe, welcher den Drachen töte. Das konnte der junge Ritter nicht verstehen, und ohne Furcht nahm er sein Schwert, setzte sich aufs Pferd und liess sich die Höhle des Drachen zeigen. Als er auf die Höhle zukommt, fliegt der Drache heraus und will sich auf ihn stürzen, aber mit seinem goldenen Schwert trifft er das Ungeheuer mitten ins Herz. Ausser sich vor Freude umarmt die Prinzessin ihren Befreier, und die beiden ziehen mit grossem Geleit in die Stadt, wo er bald König wird. Eines schönen Tages ging der König trotz des Jammerns und Klagens seiner Frau mit seinem goldenen Bogen in den verwunschenen Wald, um die Vögel, die so schön singen, zu schiessen. Im Dickicht sah er plötzlich ein Weiblein, die tat so, als suche sie etwas. Als er die Alte fragte, was sie verloren habe, sagte sie: «Meinen Goldring!» Dienstfertig wie der König war, wollte er ihr beim Suchen helfen. Als er sich aber hinunterbeugte, um den Ring zu suchen, strich die alte Hexe mit einer Rute über sein goldenes Haar und verzauberte ihn in einen Marmorstein. Nach einem Jahr ging der, welcher nach links abgebogen war, zur Eiche zurück, und da sah er, dass das Schwert auf der rechten Seite ganz rostig war. «Meinem Bruder ist etwas zugestossen», sagte er und machte sich darauf auf die Suche. Als er in der Stadt war, wo sein Bruder regierte, kamen ihm alle entgegen. Die Königin umarmte ihn, und in der Meinung, er sei ihr Mann, führte sie ihn ins Schloss. Aber in der Nacht legte der Ritter sein goldenes Schwert zwischen sich und die Königin. Doch die Königin weinte und klagte umsonst. Am andern Morgen ging er in den Wald hinaus. Da wollte die alte Hexe auch ihn verzaubern, aber der Ritter merkte gleich, was es geschlagen hatte. «Sag, wie ich meinen Freund erlösen kann», sagte er zur Hexe, «oder ich hau dir den Kopf ab!» Die Alte gab ihm zitternd eine Rute und sagte, er müsse damit nur auf die Marmorsteine schlagen, und machte er. Alle Steine verwandelten sich wieder in Ritter und Edelfräulein. Auch sein Freund kam aus einem Stein heraus und sie umarmten sich voller Freude. Am Abend zogen sie jubelnd in die Stadt, und der mutige Gefährte wurde General des königlichen Heeres.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die beiden Gefährten, die nach Einsiedeln pilgerten

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Es war einmal ein mächtiger Herr, der wurde immer geholt, wenn es Händel gab. Man achtete ihn allgemein sehr, weil er immer darauf aus war, Frieden zu stiften. Dieser Herr wurde einmal krank, und er gelobte, nach Einsiedeln zu wallfahren, wenn der Herrgott ihm die Gesundheit zurückgäbe. Als er wieder gesund war, riefen die Leute ihn mehr denn je dahin und dorthin, so dass er immer beschäftigt war. Aber er dachte die ganze Zeit: «Jetzt will ich doch nach Einsiedeln gehen», aber wegen seiner Geschäfte kam er nicht von heute auf morgen dazu. Und er wurde wieder krank, ohne in Einsiedeln gewesen zu sein. Das ganze Volk jammerte und dachte, diesmal werde er gewiss sterben. Er gelobte wiederum inständiger denn je, nach Einsiedeln zu wallfahren, und der Herrgott schenkte ihm die Gesundheit nochmals. Aber kaum war er gesund, kamen sie wieder von allen Seiten, um Rat zu holen, und er hatte täglich Händel zu schlichten. Deshalb verschob er die Wallfahrt nach Einsiedeln von einem Tag auf den andern, bis er zum dritten Mal krank wurde. Diesmal starb er. Das ganze Volk trauerte, und viele Leute gingen am Abend hin, um beim Toten den Rosenkranz zu beten. Während des Gebetes ging sein Sohn hinaus, und im Kerzenschein, der durch die Tür drang, sah er den toten Vater auf der Zimmertreppe. Da erschrak er fürchterlich, und er kehrte gleich in die Stube zurück. Weil er ganz bleich war, fragte ihn die Mutter, was er habe. «Der Vater steht draussen auf der Zimmertreppe», antwortete der Sohn. «Dann geh wieder hinaus, das sag ich dir! Er wird einen Grund haben, warum er erscheint!», befahl die Mutter. «Ich kann nicht hinausgehen, Mutter!» «Doch, geh hinaus; er tut dir nichts, bestimmt nicht! Als erstes sollst du sagen: ‹Alle guten Geister loben Gott.›» Der Sohn gehorchte der Mutter und ging hinaus. Als er den Vater sah, sagte er: «Alle guten Geister loben Gott.» Der Vater erwiderte: «Amen!» Darauf fragte der Sohn, was ihm fehle und warum er hier sei. Der Vater antwortete, er wisse sicher, dass er zweimal versprochen habe, nach Einsiedeln zu wallfahren. Doch weil er sein Gelöbnis nicht gehalten habe, müsse er im Fegefeuer Qualen leiden. Da fragte der Sohn, ob er ihm nicht helfen könne. Darauf antwortete der Vater, doch, wenn er an seiner Stelle nach Einsiedeln wallfahre, werde er aus dem Fegefeuer erlöst. Der Sohn entgegnete, er werde sogleich gehen, denn er hatte ein so gutes Herz wie sein Vater. So heisst es denn auch: «Der Span ist so wie das Holz, von dem er kommt.» Dann sagte der Vater: «Jetzt gehst du hinein und sagst der Mutter, sie solle drei rote Äpfel besorgen, und die steckst du in die Tasche und legst das Nastuch oben drauf, und machst dich auf den Weg nach Einsiedeln! Unterwegs wirst du auf einen Gefährten stossen, und du wirst ihm ‹Guten Tag› wünschen und er dir ‹Gutes Jahr›, wie es üblich ist. Dann wird dieser Gefährte dich fragen, wohin die Reise gehe, und du wirst sagen: ‹nach Einsiedeln›. Der Gefährte wird wahrscheinlich antworten, das sei gerade auch sein Ziel, und deshalb könntet ihr euch Gesellschaft leisten. Wenn du ein Stück weit gegangen bist, so nimm einen von den Äpfeln aus der Tasche und lass ihn auf den Boden fallen. Wenn der Gefährte so tut, als habe er nichts gemerkt, und weitergeht, stell dich so an, dass du ihn nicht mehr begleiten musst! Liest er den Apfel auf, dann kannst du ihm trauen. Du sollst den Apfel halbieren und ihn mit dem Gefährten zusammen essen. Und du sollst den als Gefährten nach Einsiedeln nehmen!» Dann verschwand der Vater. Der Sohn ging zur Mutter und erzählte ihr alles. Die Mutter gab ihm drei Äpfel und einen Beutel voll Goldtaler, und der Sohn machte sich noch in derselben Nacht auf den Weg nach Einsiedeln. Am andern Tag begegnete er unterwegs einem grossen, stattlichen Herrn, der sehr schön gekleidet war. Er wünschte ihm ‹Guten Tag› und der andere ihm ‹Gutes Jahr›. Der Herr fragte ihn, wohin er gehe, und als er hörte, er gehe nach Einsiedeln, sagte er, er wolle ihm Gesellschaft leisten. Als sie ein Stück weit gegangen waren, nahm der Bursche einen roten Apfel aus der Tasche und liess ihn fallen. Der Herr ging weiter und tat so, als habe er nichts gesehen. Darauf suchte der Bursche eine Ausrede und liess den Herrn allein ziehen. Bald darauf begegnete er einem zweiten Herrn, dem wünschte er ‹Guten Tag›, und der schloss sich dem Burschen an, als er von ihm vernahm, er gehe nach Einsiedeln. Nachdem sie ein Stück weit gegangen waren, nahm der Bursche den zweiten roten Apfel aus der Tasche und liess ihn fallen. Als er sah, dass der Herr den Apfel überhaupt nicht beachtete, blieb der Bursche zurück und liess den Herrn seines Weges ziehen. Jetzt hatte er nur noch einen Apfel, und es wurde schon Abend. Aber er ging trotzdem weiter, und bald sah er unterhalb der Landstrasse einen elenden Alten, mit grauem Bart und grauem Haar, der seufzte und weinte bitterlich. Der Bursche hatte Erbarmen mit dem armen Mann, er stieg zu ihm hinunter und fragte ihn ganz höflich: «Was hast du, mein Guter?» Der alte Mann, der voller Wunden war, erzählte, er sei ohnmächtig geworden und über den Strassenrand hinuntergestürzt. Der alte Mann fragte den Burschen, wohin er gehe, und als der Bursche sagte, nach Einsiedeln, entgegnen der Alte, er sei auch auf dem Weg dorthin, doch schwach und krank wie er sei, habe er kaum Hoffnung, je nach Einsiedeln zu gelangen. Als der Bursche dies hörte, da sagte er, sie wollten zusammen reisen. «Oh, das darf ich nicht verlangen. Ihr seid jung und stark und könnt rasch gehen, und ich bin krank!», erwiderte der alte Mann. Aber der Bursche nahm ihn am Arm und führte ihn auf die Landstrasse, dann gingen sie zusammen weiter. Da nahm er den letzten Apfel heraus und liess ihn fallen. Der alte Mann bückte sich, las den Apfel auf und sagte: «Oh, guter Freund! Hier ist Euch ein Apfel aus der Tasche gefallen!» Der Bursche halbierte den Apfel, dann ass jeder eine Hälfte. Nachher gab der alte Mann dem Burschen die Hand und sagte: «So wie wir von diesem Ort weggehen, wollen wir wieder hierher zurückkehren und einander helfen, Tag und Nacht, geschehe, was wolle!» Als es Nacht wurde, gelangten sie zu einem Wirtshaus. Sie klopften an, und der Wirt schaute durch den Fensterladen. Wer da draussen sei, fragte der Wirt. «Zwei Wanderer, die ein Nachtlager suchen», antworteten sie. Der Bursche könne hereinkommen, sagte der Wirt, der Alte solle gehen, wohin er wolle. Sie würden sich nicht trennen, erwiderte der Bursche, und das Geld des Alten sei gleich viel wert wie seines. Das Geld tat es dem Wirt an, und da erlaubte er ihnen einzutreten und zu essen. Nach dem Nachtessen schickte der Wirt den alten Mann in den Stall, er solle in einer Krippe schlafen; dem Burschen gab er ein sehr schönes Zimmer und ein sehr gutes Bett. Am andern Morgen, als es dämmerte, stand der Alte auf und ging zum Wirtshaus, wo der Wirt schon Licht hatte. Der alte Mann musste lange anklopfen, und der Wirt kam nicht einmal heraus, sondern öffnete nur den Fensterladen und fragte, wer er sei. Er komme, um den Burschen abzuholen, antwortete der Alte. Der sei schon auf und davon, sagte der Wirt. Diesmal habe der eine gute Gelegenheit gehabt, so einen alten hässlichen Gefährten wie ihn loszuwerden. Aber der alte Mann beharrte darauf, er solle aufmachen; er wisse, dass der Bursche nicht ohne ihn weggegangen sei, und öffne er nicht, so lasse er jemand anders kommen, um das Haus zu durchsuchen. Da kam der Wirt, öffnete die Türe und liess ihn herein. Der Alte fragte den Wirt, ob er ihm das Zimmer zeige, wo der Bursche geschlafen habe, doch der Wirt tat dies ungern. Im Zimmer fand der Alte den armen Burschen enthauptet im Bett. Der alte Mann nahm den Körper auf die Schulter und den Kopf unter den Arm und ging so nach Einsiedeln. In der Kirche legte er den Körper auf den Altar der Muttergottes und setzte den Kopf darauf. Dann betete er ganz lange, und auf einmal wuchs der Kopf wieder am Körper an, und der Bursche stand auf, so gesund und kräftig wie vorher. Nach dem Gebet in Einsiedeln gingen beide wieder zurück. Als sie an jenen Ort kamen, wo sie einander versprochen hatten, zusammenzubleiben, sagte der alte Mann, jetzt müssten sie sich trennen. Da dankte der Bursche dem Alten heiss und versprach, ihm in jeder Not zu helfen, wenn er ihn brauche, sei es mit Blut oder Gut. Der Bursche kam gut nach Hause, und später, nachdem er geheiratet hatte, segnete ihn Gott mit zwei kräftigen Buben. Eines Tages kam der alte Mann, der mit ihm nach Einsiedeln gepilgert war, in sein Haus und bettelte. Die Frau gab ihm ein Almosen, und der Alte zog weiter. Als der Mann nach Hause kam, erzählte die Frau, was für ein armer Kerl da gewesen sei, und da merkte er, dass es sein Gefährte von Einsiedeln war.  Er rannte dem Alten nach und holte ihn bald einmal ein. «Oh, guter Freund, kehrt mit mir zurück!», sagte er zum Alten und bedrängte ihn, in sein Haus zurückzukehren. Sie tischten ihm an diesem Tag vom Besten auf, das sie hatten. Am andern Morgen wollte sich der Alte nach dem Essen wieder auf den Weg machen, aber sie liessen ihn um keinen Preis weggehen. Am dritten Tag bevor er wegging, dankte der Alte und sagte, sie hätten es mehr als gut mit ihm gemeint, doch er habe noch eine grosse Bitte an sie, die ihm schwer falle. Sie sähen, dass er voller Wunden sei. Es gäbe für ihn nur ein Heilmittel: das sei im Blut unschuldiger Kinder zu baden. Deshalb bitte er sie, ihre beiden schönen und rotbackigen Kinder zu nehmen und ihr Blut in eine Badewanne laufen zu lassen. Mit Grauen vernahmen der Vater und die Mutter diese Bitte. Doch der Vater hatte damals dem Alten versprochen, mit Gut und Blut zu helfen, und sie nahmen die beiden Buben und liessen ihr Blut in eine Badewanne laufen. Als das Blut draussen war, waren die beiden Buben tot. Der alte Mann sagte zur Frau, sie solle die beiden Kinderleichen ins Bett legen. Aber sie sagte: «Ach, ich weiss schon, was zu tun ist, sie sind tot und bleiben tot!» Der Alte wiederholte seinen Befehl, und da legte die Mutter die Leichen ins Bett. Inzwischen nahm der Mann sein Bad, und er stieg gesund und kräftig heraus, ohne eine einzige Wunde. Dann sagte er zur Mutter, sie solle im Zimmer ihre Buben holen. Im Zimmer oben fand sie die beiden gesund und munter vor, wie eh und je. Sie spielten im Bett, und jeder ass einen halben roten Apfel.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die beiden Hirten

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Es waren einmal zwei Hirten, die trieben ihre Herden auf ungleiche Weiden. Der eine ließ sein Vieh nur auf steinigem, unfruchtbarem Boden grasen, damit es nicht im Überfluss mutwillig werde und ihm das Hüten erschwere. Das ertrugen aber die armen Tiere nicht lange; sie magerten und schwachten so ab, daß sie ihm endlich einmal auf dem Flecke liegen blieben. Dafür wurde der Hirte zur Strafe in einen Wiedehopf verwandelt, der muss nun in einem fort hüp! hüp! schreien, um sie wieder heim zu bringen. Der andere Hirte dagegen trieb sein Vieh auf lauter fette Weide, denn er wollte es vor der Zeit fett haben. Davon wurden aber die Tiere wild und übermütig und sprangen rechts und links aus; und nun warf er ihnen Steine und Stöcke nach, wie's ihm eben in die Hand fiel, und warf manche von ihnen krank und lahm. Da wurde er zur Strafe in eine Rohrdommel verwandelt, die ruft nun unaufhörlich Oha! um die Davongelaufenen zum Stehen zu bringen. Wer Ohren hat, der hört's.   Quelle: Sutermeister, Otto: Kinder- und Hausmärchen aus der Schweiz, Aarau:1869 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die beiden Könige

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Ein alter König wohnte mit drei Töchtern in einem grossen und schönen Schloss, gerade neben einem jungen König, der auch ein schönes Schloss hatte. Aber der war noch ledig. Der alte König dachte, der junge werde ganz sicher eine seiner Töchter zur Frau nehmen, und er hätte ihm auch sehr gerne eine gegeben. Aber der junge König heiratete eine sehr arme, doch sehr schöne junge Frau; die gefiel ihm besser als eine der Prinzessinnen. Der alte König wurde darüber sehr wütend. Eines Tages sagte er auf einem Spaziergang mit dem andern König: «Aber warum nur hast du diese Bettlerin, die keinen roten Rappen hat, geheiratet?» Der junge König antwortete: «Sie hat mir am besten gefallen, und Vermögen habe ich genug für sie.» Da sagte der alte König: «Ja, wenn sie bloss arm wäre, doch sie ist untreu dazu.» Der König entgegnete: «Das glaube ich nicht.» Da sagte der andere: «Ich will mit dir wetten, um wieviel du willst » Und der junge König sagte: «Lass uns um unsere Schlösser wetten», und sie machten dies. Dann verreiste der junge König für acht Tage. Der alte König überlegte sich Tag und Nacht, wie er den jungen hintergehen könne, und er war ganz durcheinander, denn er hatte Angst, er müsse ihm sein Schloss überlassen. Eines Tages kam eine Alte zum alten König und fragte ihn, weshalb er sich derart hintersinne. Der König sagte, er müsse sich wegen etwas ganz Wichtigem den Kopf zerbrechen. Die Alte fragte, was das denn so Wichtiges sei, doch der König entgegnete, er verrate nichts. Da sagte die Alte, er solle es ihr erzählen, sie könne ihm vielleicht helfen. Jetzt erzählte der König der Alten alles, und die sagte, er solle sie nur machen lassen, sie wolle ihm schon helfen. Eines Abends kam dann die Alte vor das Zimmer der Königin und fing an, sich auf dem Boden zu wälzen und schrecklich zu schreien, sie habe Schmerzen, sie solle sie um Gotteswillen über Nacht in ihr Zimmer lassen. Die Königin, die ein gutes Herz hatte, liess die Alte herein. Dann ging die Alte ins Bett und schaute zu, wie die Königin sich auszog. Sie sah, dass sie die Ringe und die kostbaren Halsbänder auf den Tisch legte, dann sah die Alte auch, dass sie ein schwarzes Mal auf der Brust hatte. Als die Königin tief und fest schlief, sackte die Alte den Schmuck ein und haute damit ab. Am andern Tag brachte sie alles dem alten König und sagte, im Fall, dass der junge König immer noch nicht glauben wolle, seine Frau sei untreu, solle er nur sagen, sie habe ein schwarzes Mal auf der Brust. Als der junge König zurück war, zeigte der andere ihm die von der Alten gestohlenen Dinge: «Da schau, ob deine Frau nicht untreu ist, ich habe hier alle Schmuckstücke, die sie auf sich getragen hat.» Doch der junge König sagte: «Wer den Schmuck meiner Frau gemacht hat, der ist auch im Stand, diesen da zu machen.» Und er glaubte überhaupt nichts. Da sagte der alte König: «Ich habe sogar gesehen, dass deine Frau ein schwarzes Mal auf der Brust hat.» Da liess der junge König gleich den Kopf hängen und war wie betäubt. Er ging nach Hause und befahl seiner Frau, ihr schönstes Kleid anzuziehen. Dann gingen sie ein Stück weit zusammen, bis der Weg sich verzweigte. Dann sagte der König: «Jetzt nimmst du diesen Weg und ich jenen.» Jeder ging also allein weiter, ohne dass die Frau wusste, was das Ganze zu bedeuten habe. Da begegnete sie einem Soldaten und sagte ihm, er solle mit ihr die Kleider tauschen, was er auch tat. In der Soldatenkleidung zog sie weiter. Dann kam sie in eine Stadt und diente beim Militär mehrere Jahre, bis sie einen hohen Grad erlangte und dazu ein hübsches Vermögen. Dann kaufte sie eine Kutsche und ein Pferd und machte sich als tapferer Soldat auf den Weg. Sie wollte schauen, wie es mit ihrem Schloss stehe. Unterwegs kam sie zu einer Schmiede, sie stieg aus der Kutsche, um ihr Pferd beschlagen zu lassen. Während derMeister das Pferd beschlug, ging sie in die Werkstatt und sah drinnen ihren König, der arbeitete da als Schmied. Doch der junge Schmied erkannte den Soldaten nicht. Da fragte der Soldat den Meister, was für einen Burschen er in der Werkstatt habe. Der Schmied antwortete, der sei ein flotter Kerl, er arbeite fleissig, doch er sei immer traurig. Darauf fragte der Soldat den Meister, ob der Bursche nicht mit ihm ein Stück weit in der Kutsche fahren dürfe, er müsse aber die Kleider nicht wechseln, sondern grad so schwarz, wie er sei, mitkommen. Der Meister erlaubte dies, und der junge Schmied stieg zum Soldaten in die Kutsche. Unterwegs konnte dann der Soldat aus dem Schmied alles herauskriegen, was geschehen war, nämlich wie der alte König ihren Mann hintergangen hatte. Aber der Schmied erkannte den Soldaten überhaupt nicht. Dann ging der Soldat in die Stadt, wo der alte König wohnte und erzählte alles den Richtern. Darauf liess der Soldat in seinem Schloss ein Festessen zubereiten und bezahlte alles im voraus. Dann lud er den alten König mit seiner Familie und auch die Richter mit vielen vornehmen Herren ein; denen hatte der Soldat vorher alles erzählt, wie es ihr und ihrem König gegangen war. Auch der Schmied, der ganz russig war, musste zum Festessen kommen. Doch er wusste noch nicht, wer der Soldat war. Bei Tisch erzählten die vornehmen Herren alles, was der alte König mit dem jungen gemacht hatte, und der konnte kein Wort herausbringen. Auf der Stelle musste der alte König das Schloss mit allen Reichtümern zurückgeben, und er selber wurde zum Tod verurteilt. Dann konnte der Schmied wieder als König in seinem Schloss wohnen, und der Soldat blieb auch bei ihm. Doch jetzt kam ihm seine Frau in den Sinn, und er weinte Tag und Nacht. Da sagte der Soldat: «Jetzt hör auf um deine Frau zu weinen, ich bin’s!» Sie legte dann die Soldatenkluft ab und zog ihre schönen Kleider von früher an. Und sie lebten dann noch viele schöne Tage und Jahre glücklich zusammen.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die beiden Lebenslichter

Source: Die beiden Lebenslichter

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In der Stadt Laufenburg lag eine alte Frau im Sterben. Als ihr Ende kam, sah man auf ihrem Nachttischchen plötzlich zwei schöne Lichtlein leuchten, von denen das eine etwas früher erlosch als das andere, und in demselben Momente that dann auch die Frau ihre Augen auf immer zu. Als man nun ihre im Schwabenlande wohnende Schwester zur Seelenmesse abholen wollte, kam man eben zu ihrem eigenen Leichenbegängniss, und die beiderseitigen Trauerboten hatten sich unterwegs getroffen. (A. Birrcher in Laufenburg.) Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 37 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die beiden Schwestern

Source: Die beiden Schwestern

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Es war einmal ein Bäcker, der wohnte mitten in einem Wald, ein Stündlein vom nächsten Ort entfernt. Nach dem Tod seiner ersten Frau heiratete er zum zweiten Mal. Die Tochter der ersten Frau hiess Maria, jene der zweiten Nina. Die ersten Jahre behandelte die Stiefmutter Maria gut und anständig, aber nachdem jene herangewachsen war, hatte sie wenig schöne Tage. Sie musste von morgens bis abends arbeiten, ohne dass die Stiefmutter ihr dafür gedankt hätte. Nina jedoch hatte ihre Halbschwester fest lieb gewonnen, und sie half ihr, wo sie nur konnte. Eines schönen Tages wurde der Bäcker schwer krank, und als er spürte, dass die Kräfte ihn allmählich verliessen, versammelte er seine Familie ums Bett und teilte ihr seinen letzten Willen mit. Mit Maria hatte er schon vorher gesprochen und ihr einen Glücksbringer mit dem Bild seiner ersten Frau gegeben; es hatte die Kraft, Trauer und Leid in Fröhlichkeit und Freude zu verwandeln. Nachdem er über sein Erbe verfügt hatte, starb er und liess die Seinen, und vor allem Maria, in grosser Trauer zurück. Und die wusste sehr wohl warum. Nach dem Tod des Vaters nahm die Stiefmutter keinerlei Rücksichten mehr; die Bosheiten der Alten waren für die arme Maria kaum mehr zu ertragen. Sie war immer traurig, und alle guten Worte, die Nina ihr gab, konnten sie nicht trösten. Unterdessen vergingen wiederum ein paar Monate, da war eines schönen Tages die Stiefmutter so gemein zu Maria, dass diese den festen Entschluss fasste, ihr Bündel zu packen und eine Stelle zu suchen. Obwohl Nina sie überreden wollte, zuhause zu bleiben, beharrte Maria auf ihrer Absicht, auch wenn der Abschied von der geliebten Schwester ihr nicht leicht fiel. Nach einem fürchterlichen Streit mit der Stiefmutter, den Nina vergeblich auf alle Arten zu schlichten versucht hatte, machte sich Maria eines schönes Tages auf den Weg. Als Verpflegung hatte ihr die Stiefmutter nichts weiter als ein kleines Stück hartes Brot und ein wenig Wasser mitgegeben, doch Nina hatte ihr hinter dem Rücken ihrer Mutter einen Salsiz, Bündner Fleisch, frisches Brot und ein Fässlein mit altem Wein gebracht. Dann begleitete Nina sie noch ein gutes Stück. Tieftraurig ging Maria allein weiter, während Nina mit nassen Augen nach Hause zurückkehrte. Die Mutter empfing sie nicht gerade freundlich. «Ich schätze es ja», sagte sie, «dass du trotz allem zurückkommst und sogar deine dumme Maria allein ziehen lässt!» Jetzt schoss Nina das Blut in den Kopf, und sie antwortete: «Pass auf, was du sagst, Mutter, ich bin jetzt auch so weit, dass ich weiss, was recht ist. Wenn du nicht willst, dass ich es eines schönen Tages so wie Maria mache, so rate ich dir, mich gut und anständig zu behandeln, wie es sich für eine Mutter gehört!» Darauf sagte die Bäckerin nicht viel; sie begnügte sich an jenem Tag damit, die Türen zuzuschlagen. Schauen wir nun, was mit Maria geschah. Nachdem Nina sie verlassen hatte, ging sie langsam weiter, bis sie gegen Abend vor der Tür eines schönen Häuschens mitten im Wald stand. Müde von der Reise klopfte sie leise an. Ein alter Einsiedler öffnete und lud sie ein, einzutreten und bei ihm zu übernachten. Maria war sehr froh, ein wenig ausruhen zu können. Nun brachte der Einsiedler ihr eine Schale Milch und ein grosses Stück Roggenbrot, und Maria begann zu essen und zu trinken, während der Einsiedler das Bett für sie richtete. Als er jedoch sah, dass das Mädchen fast nichts ass und sich ab und zu die Augen trocknete, fragte er, warum sie so traurig sei. Da fasste Maria Mut, erzählte ihm alles und sagte, sie sei unterwegs, um eine Stelle als Magd, oder was es sei, zu suchen. Jetzt meinte der Einsiedler: «Armes Mädchen, du bist allerdings zu bedauern. Wenn es jedoch nichts weiter ist, eine Stelle könnte ich dir wohl besorgen, und eine gute dazu, wenn du dich bemühst, es deinen Meistern immer recht zu machen, auch wenn das dir manchmal unmöglich scheint; auch ich stehe nämlich in deren Dienst, und wehe mir, wenn ich nicht ständig tue, was sie wünschen! Hier unweit von meiner Hütte kommst du in einem guten Stündchen auf eine schöne, grosse Wiese, und von dort in einen prächtigen Garten, wo sich mitten in den Bäumen ein See befindet. Dort wirst du eine Menge Gondeln sehen, die sind dazu da, um mit den Gästen des Drachen - denn ein solcher wird dein Meister sein - auf dem See zu rudern. Aber pass gut auf, dass du ihm nicht zu nahe kommst oder Steine ins Wasser wirfst, denn dann geht es dir schlecht. Du musst nämlich wissen, dass der Drache in jenem Wasser wohnt. All jene Mädchen, die hier vor dir arbeiteten, hörten nicht auf meinen Rat, und jede, die sich in den Pausen einen Spass daraus machte, Steine ins Wasser zu werfen, wurde vom Drachen gepackt und gefressen. Im Übrigen geht es dir in jenem schönen Palast gut, wenn du nur immer ordentlich und klaglos deine Pflicht tust.» Maria war nun froh, dass sie nicht weitergehen musste und dankte dem Alten für seine guten Ratschläge. Am andern Tag machte sie sich auf den Weg. Als sie auf ihr Ziel zuwanderte und zwischendurch ein wenig von ihrem Essen nahm, sah sie auf einmal einen schönen Vogel herbeifliegen, der setzte sich auf ihre Schulter und sagte. «Schönes Mädchen, gib mir etwas von deinem Essen und sag mir, wohin du gehst!» Maria erschrak zuerst, als sie den Vogel reden hörte, aber sie staunte auch über die schönen Federn, die in allen Farben glänzten.  Es war nämlich ein Papagei, der soeben aus dem vom Einsiedler erwähnten Park herbeigeflogen war, wo sich noch unzählige andere und noch viel schönere befanden. Maria erzählte nun dem Papagei, nachdem sie ihr Essen mit ihm geteilt hatte, warum sie eine Stelle suchte und was ihr bisher begegnet war. Der Papagei sagte darauf: «Ich sehe, dass du ein gutes und braves Mädchen bist, und darum will ich dir weiterhelfen. Komm jetzt nur mit mir, wir sind nicht weit vom Palast. Ich werde voraus fliegen, damit du den Weg findest, und am Seeufer treffen wir uns dann. Dort werde ich dir weiter sagen, wie du dich verhalten musst.» Mit diesen Worten erhob sich der Papagei in die Luft und flog vor Maria her, aber nur langsam, damit sie ihm folgen konnte. So gelangten sie vor ein grosses, schönes Tor aus schwarzem, teilweise vergoldetem Eisen, und der Papagei klopfte dreimal mit seinem Schnabel daran. Das Tor öffnete sich mit einem Knall. Sie kamen in einen wunderbaren Garten mit gepflegten Wegen und Rasen, da und dort standen Marmorbrunnen und Gartenhäuschen, mit Reben bewachsen und von prächtigen Blumenhecken umgeben. Sie dachte: «Hier ist gut sein, wenn nur meine liebe Schwester diese Schönheiten auch sehen könnte!» Der Papagei setzte sich für einen Augenblick auf einen Baum, um ein wenig auszuruhen; nun flog er wieder weiter, bis er an den See gelangte. Als auch Maria dort war, sagte der Vogel: «Alles, was du hier siehst, gehört einem mächtigen und bösen Drachen, und wir alle sind verzaubert und seine Diener. Auch wir waren einmal glückliche Menschen, bevor wir uns in diese verzauberte Gegend verirrt hatten. Der Einsiedler wird dir erzählt haben, was mit jenen geschah, die hier vor dir gearbeitet hatten? Wenn du nicht die gleichen Fehler wie sie machst und immer ordentlich deine Pflicht tust, wirst du glücklich sein. Der Drache hat einen Wächter, der die Aufsicht über das ganze Gelände wie auch über alle Arbeiter hat. Tagsüber ist dieser Wächter ein Mensch wie jeder andere, aber gegen Abend verwandelt er sich in eine lange Schlange, welche ihr Gift jedoch nur so lang verspritzt, bis die armen Tröpfe nach dem Gutdünken des Schlangen-Wächters genug für ihre Verfehlungen gebüsst haben. Doch gehen wir jetzt weiter!» Mit diesen Worten machte sich der Vogel, von Maria begleitet, wieder auf den Weg. So gelangten sie schliesslich vor einen grossen und schönen Palast. Auf der breiten Treppe aus weissem Marmor mit Goldverzierungen standen Palmen als Schmuck. Nachdem der Papagei wieder mit einem kleinen Goldstab dreimal ans Tor geklopft hatte, öffnete sich dieses mit grossem Lärm, und sie traten ein. Maria staunte über die Schönheiten, die sich vor ihren Augen auftaten. Sie durchschritten einen langen und schönen Gang, mit Räumen rechts und links, und kamen auf einen Platz mit Marmorboden und buntem Edelsteinmosaik; in der Mitte sahen sie einen von prächtigen Laubbäumen umgebenen goldenen Brunnen. Sein Wasser funkelte in allen möglichen Farben im Sonnenschein. Kurz darauf gelangten sie in den prachtvollen Raum des Wächters. Die Tapeten bestanden aus himmelblauem Damast, und mit dem gleichen goldbestickten Stoff waren die Stühle aus weissem Alabaster bezogen. Jetzt öffnete sich eine Tür zur Linken, und der Palastwächter erschien. Nachdem er Maria bedeutet hatte, sich zu setzen, liess er sich vom Papagei erzählen, weshalb sie hierher gekommen war. Als der Papagei seinen Bericht beendet hatte, fütterte ihn der Wächter des Drachen zuerst mit Süssigkeiten, dann wandte er sich zu Maria und sagte: «Du suchst also eine Stelle? Du kannst eine bei mir haben, wenn du dich bemühst, es mir und dem Drachen immer gleich recht zu machen. Wenn du einmal etwas für die Arbeit brauchst, so komm mir nur nicht gegen Abend mit deinen Wünschen, denn dann muss ich mich in eine Schlange verwandeln. Was du zu tun hast, wird dir ein Pudel zeigen, der sprechen kann.» Nach diesen Worten pfiff der Wächter auf einer kleinen goldenen Pfeife und öffnete die Tür, um ein schönes weiss- schwarz-gelbes Hündchen hereinzulassen. Nachdem der Wächter dem Hund befohlen hatte, Maria etwas zum Abendessen zu bringen, schickte er seine Gäste weg. Jetzt führte der Pudel Maria in ein Zimmer in einem andern Teil des Palasts. Hier waren Tapeten und Möbel aus gelbem Damast, und deren Holz war schwarz gestrichen. An der Decke hingen prächtige Lampen, deren helles Licht durchs ganze Zimmer strahlte. Es war schon für zwei Personen gedeckt, und nachdem sie Platz genommen hatten, erschien auf den Schlag mit einem Elfenbeinstab ein ganz feines Abendessen. Während sie mit gesundem Appetit assen, wies der Pudel Maria an, welche Arbeiten sie machen musste, und sie erzählte ihm, warum sie ihr Haus verlassen hatte. Dann führte das Hündlein sie überall im Haus herum. Die Schönheiten und Reichtümer, die sie sah, beeindruckten sie so sehr, dass sie sagte: «Wo sich so schön und gut weilen lässt, da kann es niemandem schlecht gehen!» Das Hündchen erwiderte: «Glaub nicht, dass hier nur Rosen wachsen. Das ist keineswegs der Fall; wie überall gibt es auch hier Schlechtigkeit und Hinterhältigkeit. Wenn es das eine oder andere Mal auch dich treffen sollte, so verliere auf keinen Fall den Mut und vertraue auf deinen Glücksbringer. Der wird dir am besten helfen, und überdies gebe ich dir hier diese kleine goldene Trillerpfeife. Wenn du damit pfeifst, wird ein grosser Frosch herbeikommen, der dir das Notwendige für deine Arbeit bringen wird.» Mit diesen Worten brachte der Pudel sie nebenan in ein schönes Schlafzimmer. Hier war alles goldrot, und das Licht der Lampe, die mitten im Zimmer hing, leuchtete in der gleichen Farbe. Maria war müde von der Reise; so ging sie ziemlich früh schlafen. Nun wollen wir dies beiseite lassen und schauen, was mit Nina und ihrer Mutter geschah. Seit Maria im Haus fehlte, kamen Mutter und Tochter schlecht miteinander aus. Es schien gerade, als ob mit Maria der gute Geist aus dem Haus gezogen wäre. Nina war nun erwachsen und hatte die ganze schwere Arbeit in der Bäckerei übernommen. Aber wie viel sie auch schuftete, sie war nie zufrieden und glücklich, denn Tag für Tag dachte sie an ihre Schwester, die nichts von sich hatte hören lassen. Das arme Mädchen konnte dies nicht verstehen und wurde immer trauriger. So verging eine längere Zeit, bis eines schönen Tages Mutter und Tochter sich derart in die Haare gerieten, dass Nina sich ebenfalls entschloss, das Haus zu verlassen und Maria suchen zu gehen.  Am nächsten Tag in der Früh, als die Bäckerin wie auch ihre Arbeiter noch in den Federn lagen, machte sie sich aus dem Staub. Sie wanderte tagelang mit traurigem Herzen, bis sie eines Tages gegen Abend in einen dichten und dunkeln Wald gelangte. Müde von der Reise suchte sie einen Stein, um ein wenig auszuruhen und zu essen. Auf einmal hörte sie eine kleine Glocke klingeln, sie drehte sich um und sah mit Schrecken eine lange Schlange, die gerade aus jenem Stein herauskam, auf dem Nina sass. Das arme Mädchen erschrak und wollte fliehen, aber die Schlange kroch neben sie her und sagte: «Hab keine Angst vor mir, ich tu dir nichts, das Gift wurde mir genommen, und wenn du mir einen Bissen zu essen gibst und mir den Grund deiner Reise erzählst, will ich dir weiterhelfen!» Auf diese Worte beruhigte sich Nina wieder ein wenig, sie teilte ihr Essen mit der Schlange und erzählte ihr, was uns bekannt ist. Da sagte die Schlange: «Ich sehe, dass du ein gutes Mädchen bist, das mit den Tieren Mitleid hat. Ich will dir deshalb eine gute Stelle besorgen, wenn auch in einer verzauberten Gegend; doch jenen, welche sich recht verhalten, auch wenn die Arbeit noch so schwer und mühsam ist, geht es hier gut.» Nun begann die Schlange vorwärts zu kriechen, bis sie ein schönes blaues Seidenbändchen im Gras fand. Sie zog es hoch, und dadurch hob sich eine kleine Falltür, und Nina sah eine breite, schwarze Marmortreppe, die zu einem prächtigen Palast hinabführte, der war derart beleuchtet, dass es wie helllichter Tag schien. Auch dieser Palast gehörte einem Drachen. Als Wächterin hatte er eine hässliche, grauenhafte Fee mit langen Zähnen und roten Augen. Nina wurde bei ihr als Dienerin angestellt, und da sie willig und fleissig war, ging es ihr nicht schlecht. So verflossen Wochen und Monate, ohne dass die zwei Schwestern etwas voneinander gehört hätten. Nach Ninas Weggang war die Bäckerin noch viel schlechter und böser geworden, so dass sie weder Arbeiter noch Dienstmädchen mehr halten konnte. Da verschloss sie eines schönen Tages das Haus und ging fort. Ihren Töchtern fragte sie nicht nach. Nina und Maria waren unterdessen gut zehn Jahre von daheim weg und fühlten sich immer wohl in ihrem Dienst. Sie konnten es, die eine wie die andere, ihren Meistern stets recht machen und waren bei allen im Haus beliebt. Doch etwas quälte sie, und das war das Heimweh. So verging die Zeit, da erhielt Nina eines schönen Tages einen Brief von einem Onkel, der in der Jugend nach Amerika gegangen war und von sich kein Lebenszeichen mehr gegeben hatte. Es war ein Bruder der Bäckerin, der in jenem Land sein Glück gemacht hatte und jetzt nach Hause kam, um seine Nichten mitzunehmen. Der meldete Nina, er sei auf dem Weg nach Hause, im Glauben, seine Nichten seien noch dort. Nina schrieb ihm, sie sei seit langem von zuhause fort, er solle gar nicht dorthin gehen; das Haus sei verschlossen und die Bäckerin verschwunden. Sie hatte zudem den Onkel gebeten, er solle kommen und sie aus den Händen des Drachen befreien. Nachdem dieser Brief weg war, dauerte es wieder eine gute Weile, bis Nina eines schönen Tages die Antwort in der Hand hielt. In diesem Brief versprach der Onkel seine Hilfe. Nina, die bei allen im Haus des Drachen und sogar bei der Riesenfee beliebt war, hatte von ihr eines Tages den Befehl erhalten, dem Wächter eines andern Drachen, der in nächster Nähe wohnte, etwas zu bringen. Das war gerade Marias Dienstherr. Diese hatte zufällig gehört, dass Nina wie sie selbst Dienerin eines Drachen war. So wartete sie immer auf den Tag, wo sie ihre Schwester wieder sähe. Und tatsächlich, es geschah! Nachdem Nina den Auftrag der Fee ausgeführt hatte, streifte sie ein wenig durch die Gegend, und auf einmal sah sie ihre Schwester zwischen vielen Lehrtöchtern, die um einen riesengrossen Ofen herum beschäftigt waren. Mit einem Überraschungs- und Freudenschrei stürzte sich Maria in Ninas Arme und küsste sie unter Freudentränen. Nina und Maria erzählten sich nun, was bis da alles geschehen war, und Maria freute sich riesig, als sie die gute Nachricht vom Onkel aus Amerika erfuhr, nämlich dass der kommen sollte, um sie aus den Händen der Drachen zu befreien. Nachdem sie noch eine gute Weile bei Maria gewesen war, machte sich Nina auf den Weg nach Hause. Da wurde sie von der Fee ungnädig empfangen, die machte ihr wegen ihrer langen Abwesenheit Vorwürfe, und sie musste an jenem Tag bis in die Nacht hinein schuften. Dasselbe geschah mit Maria. Unter jenen Bäckerinnen, die Nina beim Ofen angetroffen hatte, befand sich eine, die wollte Maria schlecht; die ging, während die zwei Schwestern zusammen waren, zum Wächter des Drachen und erzählte ihm, was sie gesehen hatte. Dieser wurde grün und gelb vor Ärger und dachte sich eine schreckliche Strafe für Maria aus. Als Nina gegangen war, liess er Maria rufen und gab ihr ein paar Edelsteine, die wie lauteres Gold und Silber glänzten. Er befahl ihr, diese zwischen Tag und Nacht in den See im Park zu werfen, und er hoffte, dass darauf der Drache heraufkäme und sie frässe. Doch Maria liess sich nicht einschüchtern; sie wusste ganz genau, was geschehen wäre, wenn sie die Edelsteine in den See geworfen hätte. So behielt sie diese für sich, legte sie in eine Schublade und ging wie gewöhnlich an ihre Arbeit. Unterdessen war recht viel Zeit verstrichen. Der Onkel der Mädchen war aus Amerika zurückgekehrt und hatte sich sofort auf den Weg gemacht, um seine Nichten zu befreien. In der Fremde war er ein reicher Mann geworden und besass prächtige Villen und Paläste. Da er ohne Nachkommen war, wollte er sein grosses Vermögen Nina und Maria vererben, und er war nur zurückgekehrt, um sie dorthin mitzunehmen, wo er sein Glück gemacht hatte. Auf der Suche nach seinen Nichten wanderte er tagelang, bis er im Sommer eines Abends vor das Gatter eines kleinen Gartens gelangte, dahinter stand am Anfang eines dunklen Waldes ein Holzhäuschen. Um unerkannt zu bleiben, hatte unser Wanderer sich wie ein einfacher Bauer gekleidet. Er musste mehrmals anklopfen, bevor die Tür aufging; da kam ein grundhässliches wildes Männlein heraus, das ihn grimmig fragte, was er wolle. Unser Amerikaner jedoch beachtete die abweisende Miene des Kleinen nicht und antwortete ebenfalls in einem schroffen und strengen Ton. Nachdem er eingetreten war, liess er sich zu essen und zu trinken geben und bat um Unterkunft für die Nacht. Murrend gab der Besitzer der Hütte dem Gast etwas zu essen heraus, aber auf das Gespräch, das dieser mit ihm beginnen wollte, mochte sich das alte Männlein kaum einlassen. Erst als der Wanderer ihm sagte, er sei unterwegs, um seine Nichten aus den Händen der Drachen zu befreien, und damit auch ihn und die andern Verzauberten, setzte der Zauberer - denn ein solcher war das alte Männlein - auf einmal eine andere Miene auf und bot sich an, ihm zu helfen. Zuerst sagte er seinem Gast, wo die Nichten sich befanden und brachte ihm mehrere für die Befreiung nötige Gegenstände. Um zuerst Maria zu befreien, gab er ihm eine ebenso kleine goldene Trillerpfeife wie Maria vom Hündlein erhalten hatte. Auf deren Pfiff hatte das Hündlein zu erscheinen und den Wanderer in das Gelände des Drachen zu führen. Weiter überreichte das Männlein ihm eine Glasflasche, die der Onkel der Mädchen in die Tasche steckte. In der Flasche war ein Gift, das hatte die Kraft, den Wächter wieder in einen Menschen wie alle andern zu verwandeln, doch dabei sollte es ihm schreckliche Schmerzen zufügen als Strafe für all die Übeltaten, die er auf seinem Gewissen hatte. Um die Papageien vom Zauber zu erlösen, erhielt er vom Alten zwei Säcklein Zucker, da war das gleiche Gift wie in der Flasche drin, doch mit dem Unterschied, dass dieses die Vögel schmerzlos verwandeln sollte. Dazu bekam der Befreier der Mädchen noch ein Säcklein Salz, das in den See im Park von Marias Gut geworfen werden musste. Um zu Nina zu kommen, gab das Männlein dem Wanderer eine kleine silberne Glocke mit, eine ähnliche wie die Schlange um den Hals trug. Mit ihrem Klang konnte er die Schlange herbeirufen, die ihn zu Ninas Dienstherren führen musste. Nun brachte ihm der Hexenmeister einen Korb voll schöner Äpfel, welche er die Fee essen lassen musste. Diese Früchte waren mit einem starken Gift getränkt worden, welches schlechte und gute Menschen vom Zauber der Fee erlöste. Schliesslich brachte er seinem Gast eine Glaskugel, die dieser auf ein Blumenbeet in Ninas Garten werfen musste. Nun brach der Amerikaner auf, um zuerst Maria zu befreien; das Wildmännlein hatte ihm den richtigen Weg angegeben. Er wanderte einen Tag und eine Nacht und gelangte gegen Abend an den Ort, wo Maria war. Auf den Pfiff der kleinen Pfeife erschien ein kleiner weiss-schwarz-gelber Pudel und führte ihn, wie es seinerzeit der Papagei mit Maria gemacht hatte, vor das Tor, das den Park des Drachen verschloss. Der Vogel, der das Tor bewachte, flog auf den Ruf des Hundes herbei und öffnete es wie beim ersten Mal. So gelangten sie bis zum Haus und vor den Raum des Wächters. Sie gingen hinein, und der Amerikaner fragte den Wächter, wie dieser mit Maria zufrieden sei. Der Wächter lobte sie zuerst, dann beklagte er sich. Jetzt nahm der Amerikaner unvermittelt die Flasche heraus und strich mit dem Gift die ganze Haut des Wächters ein, obwohl der sich mit Händen und Füssen dagegen wehrte. Der Wächter begann bald einmal, sich vor Schmerzen zu winden und Arme und Beine zu verrenken. Dies dauerte gut zwei Stunden. Inzwischen verwandelte er sich langsam in einen Menschen aus Fleisch und Blut; bis jetzt hatte er eine Schlangenhaut gehabt, die sich täglich gegen Abend auch über das Gesicht ausdehnte. Nun war aus dem Wächter ein schöner und frischer Bursche geworden. Der ging jetzt Maria rufen und diese rannte schnell herbei und umarmte voller Freude ihren Onkel. Der Bursche hatte sich auf den ersten Blick in sie verliebt, und auch sie hatte gerade an ihm Gefallen gefunden und sogleich verlobten sie sich. Sie gingen alle drei in den Park hinaus und hier bis ans Ufer des Sees. Jetzt warf der Onkel das Salzsäcklein hinein. In dem Augenblick vernahmen sie ein fürchterliches Getöse, und es schien so, als ob der See über die Ufer treten wollte. Doch als sich das Wasser beruhigt hatte, war das ganze Gelände vom Zauber des bösen und harten Drachen befreit. Die Papageien und die andern Vögel, die der Amerikaner mit dem Zucker des Hexenmeisters gefüttert hatte, hatten sich unterdessen ebenfalls in glückliche Menschen verwandelt, die kamen ihnen nun entgegen und dankten ihrem Erlöser. Der stellte sie als Marias Diener ein, und alle warn zufrieden und vergnügt. Am nächsten Tag machten sie sich schon früh auf den Weg, um Nina zu befreien. Nach langer und anstrengender Reise gelangten sie dann gegen Mittag in den verwunschenen Wald, wo Nina vom Drachen eingesperrt worden war. Müde von der Reise und halbtot vor Hitze setzten sie sich auf einen Stein und nahmen ihr Essen hervor. Nun begann der Amerikaner die Glocke zu läuten, und jetzt sahen sie eine lange Schlange herbeikriechen, und die führte sie bis ins Zimmer der Riesenfee. Der Amerikaner erschien mit dem Korb voller Äpfel und bot sie der Fee an. Die nahm sofort mehrere davon, und einen Apfel ass sie vor den Augen der Gäste. Doch das Gift begann bald zu wirken, und die Fee tat wie eine Verrückte und stiess Schmerzensschreie aus. Das dauerte eine gute Stunde, die Schmerzen wuchsen ständig und erreichten dann den Höhepunkt. Denn so viele Übeltaten und Schlechtigkeiten die Fee sich vorwerfen lassen musste, so viele Schmerzen hatte sie nun zu erleiden. Indessen war die Schlange mit Nina zurückgekehrt und die Freude über das Wiedersehen mit dem Onkel, vor allem aber mit der geliebten Schwester, lässt sich nicht beschreiben. Inzwischen war die Fee ruhiger geworden, und sie verwandelte sich mit der Zeit in ein wunderschönes Mädchen. Sie machte grossen Eindruck auf den Amerikaner, der ein Mann in den besten Jahren und noch gut erhalten war. Nun gingen sie alle zusammen in den Park hinaus, und der Onkel warf, wie der Hexenmeister es geraten hatte, seine Glaskugel auf das Beet. Nachdem das Mittel aus der Kugel in die Erde gesickert war, dauerte es eine gute Weile, bis es am richtigen Ort war. Doch plötzlich vernahmen unsere Freunde ein solches Getöse unter der Erde, dass sie fast den Verstand verloren, und es schien ihnen, als ob die Welt unterginge. Der Drache wohnte nämlich dort unter der Erde, und jenes Mittel aus der Glaskugel hatte ihn für immer erledigt. Als unsere Leute sich vom Schrecken erholt hatten, sahen sie einen wunderschönen Burschen vor sich, der warf liebevolle Blicke auf Nina, was die sich recht gern gefallen liess. Der Bursche war nämlich die Schlange gewesen und hatte sie hierher geführt. Nun gingen sie wieder in den Palast, wo viele Leute auf sie warteten. Diese waren alle vom bösen Drachen verzaubert gewesen und dankten nun dem Amerikaner für ihre Erlösung. Die Erlösten blieben als Diener im Haus, welches nun, wie das ganze Gut, Ninas Besitz war. Nachdem sie herzhaft gegessen und getrunken hatten, ging unsere Gesellschaft überall umher und schaute die Schönheiten und Reichtümer an. Ein paar Wochen später hielten sie eine wunderschöne dreifache Hochzeit. Der Onkel schiffte sich mit seiner Frau nach Amerika ein, während Nina und Maria auf ihren Ländereien blieben, wohin sie auch das alte Männlein und den Einsiedler auf Lebenszeit nachkommen liessen, und sie sind noch immer dort, und das Märchen ist zu Ende. (Oberengadin)   Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die beiden Wartburger

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Die beiden Wartburgen im Aargau liegen in der Nähe des Städtchens Aarburg auf zwei benachbarten zierlichen Bergspitzen und sind weithin durch das Winen- und Aarthal sichtbar. Das eine noch wohlerhaltene Schloss wird Sälischloss, das andere, gänzlich zerstörte, die Wartburg genannt. Beide gehörten zwei Brüdern, die zusammen um eine Enkelin ihres Vaters freiten. Sie hiess Bertha; und da sie dann dem jüngeren Bruder ihre Hand reichte, erbaute ihnen der Vater auf dem gegenüber liegenden Hügel das neue Schloss. Als beide Eheleute eines Tages zusammen draussen auf der Brüstung sitzen, erscheint der ältere Bruder jenseits auf seiner Burg, stellt eine Scheibe auf die Mauer und ruft dem Gemahle Berthas zu, ein Gleiches zu thun, um jetzt zusammen ein Wettschiessen abzuhalten. Es geschah. Und nun flogen die Pfeile beider Schützen herüber und hinüber kunstgemäss ins Schwarze. „Jetzt gilt's den Meisterschuss!“ rief zuletzt der Ältere, „aber stelle mir deine Scheibe noch besser ins Licht!“ Der Jüngere thut's; und in demselben Augenblick hat auch der jenseits abgedrückt. Statt in der Scheibe sitzt der Pfeil mitten im Herzen des jüngeren. Da ergreift Bertha die Armbrust ihres sinkenden Gemahls, zielt, und ehe noch der drüben die Mauer verlassen kann, muss auch er sich in seinem Blute wälzen. Dann eilt sie in ihr Schloss hinein, zündet es an und lässt sich unter seinen Trümmern begraben. Die Leute des nahe gelegenen Dörfleins Oftringen wollen sie jetzt noch auf dem Felsen oben erblicken, wie sie weinend und händeringend über der Leiche eines Mannes sitzt. Auch zeigt man nach einer anderen Erzählung unten an der Burg ein Stück unfruchtbaren Landes, auf welchem mitten unter schönem Weideland kein Gras mehr wächst. Dies, sagt man, sei die Stelle, wo der Bruder vom älteren erschossen wurde. Man hat schon öfter, aber vergebens, den Versuch gemacht, den kahlen Fleck anzubauen. Wenn es nun ein Landesunglück geben soll, so sieht man droben zwei feurige Männer, die so lange mit Schwertern fechten, bis einer verschwunden ist, oder der Tag anbricht. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Bekehrung

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Im Val d'Illiez lebte eine arme Familie, die nichts ihr eigen nannte als eine schwarze, baufällige Hütte, durch die der Wind pfiff, und ein Wiesenstück davor, wo eine kleine Bergkuh und zwei Ziegen ihr knappes Futter fanden. Der Vater ging während der grossen Arbeiten zu den hablichern Bauern der Talschaft und verdiente sich das Geld für den Unterhalt der Familie. Als er einst spät abends nach Hause kam, lag die Kuh tot im Stall. Da rang er die Hände und wusste sich nicht mehr zu helfen. Mit verbittertem Gesicht ging er am nächsten Tag von Hause fort. Da begegnete er mitten im Walde einem grün gekleideten Herrn, der einen grossen Sack unter dem Arm trug, in dem es klirrte, als ob lauter Goldstücke drin wären. Auf seinem langen, spitzen Kopf sass ein kleines Hütchen, von einem breiten, dunkelgrünen Band umschlungen, in dem eine Rabenfeder steckte. Der Grüne fasste ihn scharf ins Auge und fragte, warum er so sauer in die Welt blicke. Der Angeredete stand still und sagte: «Ich bin ein armer Teufel; gestern ist mir die Kuh umgestanden und das Geld zu einer andern fehlt mir!» Der Grüne lächelte und hob den Geldsack in die Höhe: «Sieh, da drinnen liegen einige Hundert der schönsten Golddukaten; der ganze Schatz gehört dir, wenn du mir das gibst, was zu Hause hinter dem Ofen liegt!» Das Bäuerlein dachte: «Was wird zu Hause hinter dem Ofen liegen - die Katze - die ist alt und fängt keine Mäuse mehr, die mag er haben!» Und patsch, schlug er ein. Der Grüne übergab ihm den Sack, und als er ihn öffnete, fand er so viel Goldstücke drin, dass er nicht imstande war, alle zu zählen. Er wollte dem Fremden danken, aber der war verschwunden. Voll Freude eilte er nach Hause, um die Frau mit der glücklichen Botschaft zu überraschen. Als er die Stubentür öffnete und den Geldsack schwenkte, hörte er etwas wimmern, und als er sich umsah, Jesus Maria, lag hinter dem Giltsteinofen ein Knäblein, das seine Frau soeben zur Welt gebracht hatte. Da warf er den Geldsack auf den Boden, dass die Goldstücke heraussprangen, fing an zu jammern und gestand der Frau, dass er für das Geld dem Teufel vor einer Stunde das Kind hinter dem Ofen verkauft habe. Da war nichts mehr zu ändern, der Handel war abgeschlossen. Das Kind wuchs auf, ohne eine Ahnung zu haben, wer ihm einst zu Gevatter gestanden. Jedesmal, wenn die Eltern es speisten und ihm Käse und Brot vorsetzten, weinten sie. Da fragte der Knabe öfters, warum sie immer schluchzten, wenn sie ihm zu essen gäben. Die Eltern trockneten die Tränen und gaben ausweichende Antworten. Als der Knabe grösser war, verlangte er die Ursache des Kummers zu wissen, und wenn er noch so Schreckliches hören sollte. Da erzählte ihm der Vater, wie er vor Jahren in grosser Armut, ohne zu wissen, was er tue, des Knaben Seele an des Teufels Geldsack umgetauscht habe. Der Knabe erschrak, fasste sich aber gleich und bat die Eltern, nicht mehr zu weinen, er gehe zum Pfarrer, der werde ihm schon helfen, und wenn der es nicht könne, so ziehe er bergauf und bergab, bis er jemand finde, der seine Seele dem Teufel entreisse. Er begab sich zum Pfarrer und erzählte ihm, was er von seinem Vater vernommen hatte und bat herzlich, er möchte ihn aus den Klauen des Teufels befreien. Der Pfarrer sagte, mit Teufeln befasse er sich nicht, er solle auf die andere Bergseite gehen zum Amtsbruder, der banne Hexen und Stridel, der werde ihm schon raten und beistehen. Der Bub verliess das Pfarrhaus, schritt wacker fürbass und suchte den andern Pfarrer auf. Dieser gab ihm dieselbe Antwort. «Was geht mich der Teufel an, ich kann dir nicht helfen, aber am Fuss der Dent du Midi lebt ein Eremit, der ist so fromm, dass ihm jeden Tag das Brot des Himmels zugetragen wird, der wird dir schon helfen!» Der Knabe setzte den Weg weiter und gelangte nach langem Herumirren zu der Klause des Waldbruders, der sich eben das Abendmahl bereitete. Er grüsste und erzählte ihm sein Leid. Der Waldbruder zuckte die Achseln und sagte: «Helfen kann ich dir nicht, aber vielleicht mein Bruder. Siehst du hinter dem Wald den schäumenden Wasserfall? Dort im Schatten der Felsen ist seine Hütte, aber wenn du hingehst, so wagst du das Leben, denn er ist ein grosser Mörder!» Der Knabe erwiderte: «Des Teufels bin ich ohnehin, und ob ich ein paar Jahre früher oder später zur Hölle fahre, das kommt nicht in Betracht; ich will auch das noch versuchen!» Der Eremite wollte ihn zurückhalten, da es stark eindunkelte, aber der Knabe rückte sein Käpplein und zog weiter. Die Sterne flimmerten und die Mondsichel löste sich von den Zacken der Dent du Midi und schwamm im lichten Ätherneer. Er eilte durch den Wald, stolperte mehrmals über allerlei Wurzelwerk und erreichte schweissbedeckt die Hütte des Mörders. Jetzt wurde ihm doch bänglich zu Mute. Er pochte schüchtern an die Tür. Nur die Frau war zu Hause, da sich der Mörder noch im Walde herumtrieb. Als sie die Tür öffnete und das blutjunge Bürschchen erblickte, fing sie an zu wehklagen. «Du armes Kind, mit deinem Leben ist es aus, mein Mann mordet alles, was sich hier herumtreibt! Aber du dauerst mich, ich will dich im Keller verstecken, damit er dich nicht sofort erwischt, wenn er heimkommt, und in der ersten Gier tötet!» Sie führte ihn in den dunklen Keller und versteckte ihn hinter einem grossen Fass. Als der Räuber nach Hause kam, schnupperte er um das Haus herum und wetterte: «Hier ist Christenblut, heraus damit!» Die Frau stellte es in Abrede, aber da wurde er wütend, ballte die Faust und packte sie am Arm. «Heraus damit, oder ich schlage zu!» Da stieg sie zitternd in den Keller und hohe den Knaben herauf. Der Mörder zog sein grosses, blank geschliffenes Messer. Der Knabe fiel auf die Knie und flehte, er möchte, bevor er ihn töte, nur einen Augenblick zuhören. Der Räuber schnaubte: «Tritt ein in die Stube, dort wollen wir hören, was du zu erzählen hast!» Der Knabe erzählte von seinem Vater und dem Teufel, der seine Seele gefangen halte, auch dass er bei den Pfarrherren und bei dem Eremiten abgewiesen wurde, und wie er nun von ihm allein noch Rettung erhoffe. Der Räuber besänftigte seinen Zorn, seine rauhen Gesichtszüge glätteten sich, je länger der Knabe erzählte, und als dieser fertig war, sagte er: «Ich werde dir helfen. Geh jetzt ins Bett und fürchte dich nicht, es soll dir kein Haar gekrümmt werden!» Der Knabe fühlte, dass der Mörder die Wahrheit redete und liess sich in die Kammer führen. Der Räuber blieb noch eine Weile an seinem Platz in tiefes Sinnen versunken, dann speiste er zu Abend, hiess die Frau Käse und Brot in die Kammer des Knaben tragen und ging zu Bette, fand aber den Schlaf nicht. Des Knaben Unschuld und der ungestüme Drang nach Befreiung seiner Seele hatte Saiten in dem alten Sünder erweckt, die seit seiner Jugend nicht mehr erklungen hatten. Die Gier nach Menschenblut war auf einmal von ihm gewichen. Am nächsten Morgen überreichte er dem Knaben eine geweihte Kerze und ein Kreuz und wanderte mit ihm zum Höllentor. Dort gebot er ihm, das Kreuz fest ans Tor zu schlagen, damit es kleben bleibe und niemand weder heraus noch hinein gehen könne. Kaum war das gemacht, so entstand im Berg drin ein entsetzlicher Lärm, ein Gepolter und ein Geschrei, und auf einmal rief eine Stimme ganz dicht hinter der Tür: «Tut mir das Wiriwäri weg!» Der Knabe rief: «Nicht eher, als bis ihr mich und den grossen Mörder loslasst!» Das Geschrei legte sich wie auf ein Zeichen, man hörte nur noch dumpfes Gemurmel, und nach einer Pause tönte es dicht hinter der Pforte: «Wir wollen von dir und dem grossen Mörder nichts mehr wissenl» Da flog ein seliges Lächeln über die Züge des Mörders; er entfernte das Kreuz und vergrub es in seiner Tasche. Dann führte er den Buben an der Hand denselben Weg zurück zu seiner Hütte. Auf dem ganzen Weg sprach er kein Wort; seine Brust hob und senkte sich, und er atmete tief und schwer, legte sich zu Hause auf eine Bank wandte den Blick hilfesuchend nach oben und starb. Er hatte so schwere Reue über seine Missetaten empfunden, dass ihm das Herz in drei Stücke zersprungen war. An diesem Tage wartete der Waldbruder umsonst auf das Himmelsbrot. Als der Himmelsbote es am nächsten Tage wieder brachte, fragte er ihn, warum es gestern ausgeblieben sei. Da sagte der Engel: «Gestern ist deinem Bruder, dem grossen Mörder, vor Reue das Herz gesprungen, und darüber war solche Freude im Himmel, dass wir ihn alle hinaufbegleitet haben!» Da machte der Waldbruder ein saures Gesicht. «So, alle! Wie viele Engel werden dann mich hinaufgeleiten?» Der Engel lächelte und sagte: «Vielleicht werden es drei, vielleicht auch weniger sein!» Da schlug der Eremit auf den Tisch und rief in heller Empörung: «So, ich lebe als frommer Eremit in strengster Zurückgezogenheit und werde einmal nur drei Engel zur Begleitung erhalten, und mein Bruder, der lasterhafte Mensch und grosse Mörder ist von dem ganzen Engelschor umringt worden. Da will ich lieber mit drei Teufeln in die Hölle fahren, als mit drei Engeln in den Himmel!» Da verschwand der Himmelsbote, ein Blitzen und Krachen erfolgte, die Erde öffnete sich und verschlang den Waldbruder samt seiner Klause. Der Knabe aber hat die Botschaft von seiner Erlösung nach Hause gebracht, wo man dankte und jubelte und sich vor Freude lange nicht zu fassen vermochte. Quelle: Johannes Jegerlehner: Walliser Sagen, Hans Feuz Verlag Bern, 1959 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Belagerung der Burg Niedergesteln

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Freiherr Anton von Turn liess 1375 den Bischof Tavelli vom Schloss Seta hinunterwerfen. Darum erhoben sich die Oberwalliser, die treu zu ihrem Bischof hielten, gegen ihn und belagerten seine Burg in Niedergesteln. Sie leistete aber jahrelang den hartnäckigsten Widerstand. Aus dieser langen Belagerung erzählen die Leute noch als Sage, dass die Oberwalliser, als sie mit Gewalt nichts ausrichten konnten, sich entschlossen, die feindliche Burg ringsum gut abzuschliessen und ihre Besatzung durch Hunger zu bezwingen. Achtzehn Monate lang waren bereits alle Zugänge zum Schloss auf das genaueste bewacht, und niemand erhielt Erlaubnis weder zum Ein- noch zum Ausgehen. Schon lange erwartete man die Übergabe der Festung, weil man die Besatzung bereits in den ersten Monaten magerer und elender wollte gesehen haben. Da blickten eines Morgens, als die aufgehende Sonne die Burg so freundlich beschien, wieder aller Augen erwartungs- und hoffnungsvoll zu ihr empor, und eine Reihe der schönsten und frischesten Hammen hingen da vor den Fenstern, und mit hellklarem Weine trank man spöttisch auf die Gesundheit der erstaunten Belagerer. Da ward der Mut der Oberwalliser auf eine harte Probe gestellt. Doch sie verloren ihn nicht, verdoppelten ihre Wachsamkeit und spürten aufs Neue nach verborgenen Zugängen. Und sie fanden einen, der durch den Berg ins Lötschental führte; dorther war die Besatzung reichlich mit Nahrungsmitteln versorgt worden. Das ergrimmte die Oberwalliser derart, dass sie die Leute von Lötschen den obern Zenden untertan machten. Von dieser Knechtschaft kauften sich die braven Talbewohner, die gegen ihren rechtmässigen Herrn nur ihre Pflicht erfüllt hatten, erst kurz vor der Französischen Revolution mit schwerem Gelde los. NIEDERGESTELN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die belehrende Feuersbrunst

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In früheren Zeiten, so wird erzählt, standen in Kalpetran, einem Weiler im Talesgrunde zwischen Stalden und St. Niklaus, wie noch jetzt, zwei Häuser in einiger Entfernung voneinander. Das eine Haus stand allein, das andere aber mit einigen Gebäulichkeiten in einem kleinen Dörfchen. Die Bewohner dieser Häuser hatten oft miteinander unerquicklichen Nachbarstreit. Eines Abends entbrannte der Zank wieder; man stritt lange heftig und machte einander die kränkendsten Vorwürfe. Die Hausbewohner im Dörflein hielten den andern mit Nachdruck vor, sie wären eben keine Bettler und hätten nicht nötig vor anderer Türen zu klopfen; — das werden sie nie tun, u.s.w. Nachdem die Zänker ausgetobt und einander hinreichend berichtet glaubten, kehrten sie heim und suchten im Schlafe die überbleibende Glut des Grolles noch besser verdampfen zu lassen. — Und sieh! — Um die Mitternachtsstunde brach im Hause, das im Dörflein stand, Feuer aus und griff so schnell um sich, dass der Hausvater und seine Gattin in der Eile nur noch in der Nachtkleidung sich durch's Fenster retten konnten. Diese vor wenig Stunden noch so wohl geborgt sich rühmenden Leute standen nun hilflos, nur mit dem nackten Leben auf der Gasse. Sie waren gezwungen zu dem wenig entfernten Hause zu gehen, die Leute vom Schlafe aufzuwecken und um Aufnahme zu bitten. — Zwei Kinder, welche die fliehenden Eltern zu retten nicht mehr Zeit fanden, starben in den Flammen. Unter vielen Tränen und mit gebrochenem Herzen suchten die unglücklichen Eltern deren Gebeine in der Asche auf, um selbe nach Stalden auf den Gottesacker zu tragen.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die beleidigten Totenschädel

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Nicht wenig empfindlich scheinen die im Beinhaus zu Andermatt aufgebeigten Totenschädel zu sein. Das beweisen mehrere auffallende Begebenheiten. 1. Schuhmacher Wolleb wollte einmal in der genannten Kapelle übernachten. Er war nicht etwa angeheitert, ä b'hiët-is nei! Im nächtlichen Dunkel betrat er den geheiligten Raum, zündete ein Schwefelhölzchen an, leuchtete damit an die Schädel hinauf und rief: »So, so! iëhr altä Tschiddlä-n-iëhr, hinecht tüe-n-ich au einisch bi eich ubernachtä; werdet wohl nyt d'rgeget hä? Wennd's eich eppä nit passet, sä cheemet nur appä, i flrchte-n-eich nitt.« Aber da ergriff es ihn mit unsichtbaren Händen und trug ihn durch die Lüfte bis zum Rathaus. Nur zwei einzige Male kam er auf dieser schauerlichen Fahrt auf den Boden. Er verlor beide Beine. 2. Der Schmied Kaspar Christen, der jedoch ein kleines Fähnchen schwang, eilte mit einem Hammer aus dem Wirtshaus ins Beinhaus und verspottete die »Tschiddlä«. Allein hoch durch die Lüfte entfuhr es mit ihm in rasender Eile ins Dorf zurück. Wie er wieder zu Boden gekommen, wusste er nicht. Fragte man ihn später, wie es ihm ergangen, pflegte er tiefernst zu sagen: »Was ich da alles gesehen und erlebt habe, wird erst am jüngsten Tage offenbar werden!« Der Verlust eines Armes war die Folge seines Abenteuers. Mich. und J.J. Simmen u.a. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die beraubte Schlange zu Veltheim

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Die Schlangen haben ihr eignes Reich und Recht; beleidigt man eine, so pfeift sie, und gleich kommt ihr ein ganzes Rudel zu Hilfe; ihre Königin hütet Schätze und ist meistens ein verwünschtes Fräulein. Wenn sie badet, legt sie vorher ihr Königskrönlein im Grase ab; kann man dies erwischen, so gedeiht einem alles. Die übrigen Schlangen schütten, ehe sie ins Wasser gehen, ihr Gift auf einem Ufersteine aus; nimmt man diesen der Weile weg, so müßen sie sterben. So sah es der Schloßbauer auf Castelen. Er heuete mit seinen Knechten bei Veltheim auf der am Thalbache gelegenen Wiese, welcher von der Ruine herabkommt. Die     Leute bemerkten, wie da            eine Schlange eben ihr Gift auf einem Steine ablegte und dann ins Wasser kroch um zu baden. Heimlich schlich sich ein Knecht zu, nahm den Stein mit dem Gifte und goß es in die mitgebrachte Trinkflasche. Nicht lange gieng's, so hatte die Schlange ausgebadet und suchte nun am Ufer nach   dem Gifte. Da sie es nicht mehr fand, sprang sie mehrmals hoch auf, plätscherte im Wasser umher und wurde kurz darauf todt mit hinabgeführt. Band 2, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau, 1856, Seite 6 Kanton: Aargau Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Berggeister im Trub

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Zuhinterst im Trub liegt, an die steilen Flanken des Napf gelehnt, die Mettlenalp. Einst bemerkte ein Hirt im mitternächtlichen Mondlicht am Fusse einer hohen Felswand eine Schar Kobolde, die sich wider die neue Zeit, die sich anschickte, auch im Emmental Eisenbahnlinien anzulegen, verschworen hatte. In ihrer Empörung beschlossen sie, die Alpen und mit ihnen das Vieh zu vernichten. Mit Eifer setzten sie sich an die Arbeit, dem Emmental und dem Entlebuch das Leichentuch zu weben. Eines Nachts gedachten sie, ihren boshaften Zerstörungsplan auszuführen. Ein furchtbarer Lärm von zu Tal stürzenden Baumstämmen und Steinblöcken durchbrach die mitternächtliche Stille. Die Kühe wurden scheu, und mehr als eine stürzte in den Abgrund. Am Morgen fand man auch den Küherbub drunten in der Trub liegen. Emmentaler Sagen, Hermann Wahlen, 1962 Gute Schriften Bern Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Bergleutlein als Knechte

Source: Die Bergleutlein als Knechte

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Zu Freudigen in der Gemeinde Oberburg lebte einst ein Bauer, dem die Bergleutlein besonders gewogen waren. Wenn er am Morgen den Stall betrat, waren die Pferde gefüttert, gestriegelt und gebürstet. Nicht selten liess sich einer von den Kleinen bei seiner Arbeit erblicken. Aber jedesmal jammerte es den Bauer, wenn er ihn in seinen dünnen und zerrissenen Höschen sah. Als einmal der Schneider im Hause auf der Stör weilte, liess der Bauer dem kleinen Wicht zum Dank ein Paar Zwilchhöslein anfertigen. Am Abend, bevor er sich zur Ruhe begab, hängte er sie an der Stalltüre auf, und am Morgen waren die Höslein verschwunden. Aber seither zeigten sich die Zwerglein im Rossstall des Bauern zu Freudigen nie mehr. Emmentaler Sagen, Hermann Wahlen, 1962 Gute Schriften Bern Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Bergli-Nattern

Source: Die Bergli-Nattern

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Es kam einmal ein fahrender Schüler ins Bergli hinaufgekommen und in eine Hütte gegangen. Es wird wohl kein reicher gewesen sein (sie können nur andere Leute reich machen), darum bat er den Sennen um etwas zu essen, um Gottes Willen. Aber der Senn war ein harter Kerl und sagte: „Chum mer ad Chilbi, du Strolch!“ (D.h. er wollte nichts von Bettlern wissen.) Daraufhin ging der Schüler hinüber nach Chrauchtal und denkt sich: „Die werden mir wohl auch nichts geben.“ Aber die in Chrauchtal haben ihm so viel gegeben, wie er wollte, Molke und Ziger und vom übriggebliebenen Fänz (einer Speise aus Mehl und Butter) und fragten ihn, ob er über Nacht bleiben wolle. Nach dem Nachtessen sitzen der Senn und der Zusenn und die Knechte mit dem Schüler beim Feuer und haben Kurzweil. Der Schüler sagt: „Eine schönere Alp als Chrauchtal gibt’s weit herum nicht.“ „Das finden wir auch,“ meint der Senn, „Wenn wir nur nicht von diesen Nattern geplagt würden. Die beissen das Vieh in die Beine und saugen den Kühen die Milch aus dem Euter. Das Eigenartigste ist, dass sie im Bergli drüben keine haben.“ „So? Die haben keine dort drüben?“, fragte der Schüler. Sonst sagte er nichts. Aber am anderen Morgen stellte er sich auf eine Erhöhung und machte allerhand Faxen, schlug Ringe und bannte die Nattern von Chrauchtal ins Bergli hinüber, so dass man jetzt in Chrauchtal keine mehr sieht und alle drüben sind. aus Kleintaler Mundart übersetzt   Original: Die Bergli-Ateren Es ischt e Mal e fährede Schueler i Bergli ufe chu und ine Hütte g'gange. Es wird schätz kei ryche gsi si (sie chänd nu ander Lüt rych mache), drum het er dem Sänn etis z'Esse gheuschet, der Gottswille. Aber der Senn ischt e herte Dingeler gsi und het gseit: „Chum mer a d'Chilbi, du Strolch.“ Uf das gat der Schueler i Chrauchtel übere-n-und tänkt: „Sine gänds mer da au nüt?“ Aber die i Chrauchtel heid em g'gi so viel er het möge, Schotte-n-und Ziger und vum überbliebne Fänz und heidne gefraget, eb er well übernacht si. Abem z'Nacht sitzet der Sänn und der Zusänn und d'Chnecht mit dem Schueler um d's Für umme und heid Churzwyl. Der Schueler seit: „E schüneri Alp gits doch wyt umme keim as Chrauchtel.“ „Mer meinteds au“, seit der Sänn, „wämmer nu nüd mit dene Tunstigsatere plaget wäred. Die Chöge byssed d's Veh id Bei und suged de Chüene d'Milch ussem Uter use. Das ertigist ist, dass die i Bergli kei heid.“ „So? Heid sie kei dänne?“, fraget der Schueler. Süsst seit er nüt. Aber am Morged ist er uf-ne Büchel ufe gstande und het allerhand Faxe g'macht und Ring g'schlage und d'Atere us Chrauchtel i Bergli übere b'bannt, as me-n-jez i Chrauchtel kei meh gseht und all überänne sind. (Kleintaler Mundart) Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Bergmännchen am Pfaffenloch

Source: Die Bergmännchen am Pfaffenloch

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Im Pfaffenloch unweit Gutbrunnen, eine Viertelstunde von dem Schlosse Rümligen, waren vor Alters zahlreiche Bergmännchen zu Hause und vielmal kamen sie des Abends zu den Menschen in die benachbarten Wohnungen und halfen emsig Hanf bereiten. Wenn sie dann heim wollten, so warfen sie risch (schnell) einen großen Knäuel aus dem Fenster und ritten fröhlich von dannen. Einmal kamen ein paar Zwerglein eilig her und riefen eine Frau des Hauses zu Hilfe bei der Geburt eines Kindes in dem Berge drin. Und als dies vorüber war, gaben sie der Frau zum Lohne eine große Schürze voll schwarzer Kohlen. Ärgerlich ging das Weib nach Hause und ließ zu Boden fallen, so viel nur wollte, denn lieber hätte es alles weggeworfen, wenn es nicht ein wenig sich gefürchtet hätte. Die Zwerglein aber riefen hinter ihr nach: „Je mehr du zerstreuest, je mehr du bereuest!“ Da kam die Frau nach Hause, und warf den Rest von ihrer Bürde zornig auf den Küchentisch. Doch sieh! Es war lauter blankes Gold. Sie lief mit Hast um das Verlorne wieder aufzuheben, aber da war nichts mehr am Boden aufzufinden. Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Bergmännlein

Source: Die Bergmännlein

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Im Bergwerk von Davos hörte ich oft ein wunderliches Klopfen im Felsen. Bald schiens, es werde auf Stein geklopft, bald auf Holz. Es sollten die Bergmannli sein, kleine Geschöpfe mit langen, grauen Bärten. Wurde auf Stein geklopft, so war das ein gutes Zeichen, es gab dann gut aus bei der Arbeit. Tönte es wie Klopfen auf Holz, so waren die Geistlein erzürnt und die Arbeiter hatten vergebne Müh. Einmal arbeitete ich allein in einem Schacht und hörte über mir ein gelles Pfeifen. Es war so ein Bergmannli, das pfiff, und auf mich schaute ganz kurios, und mir winkte. Erschrocken lief ich fort. Kaum war das getan, so fiel ein schweres Felsstück auf die Stelle, wo ich gearbeitet. Das Berggeistlein hatte mich vor Gefahr warnen wollen. Aus: U. Brunold-Bigler, Die Sagensammlung der Nina Camenisch, Disentis 1987, mit freundlicher Genehmigung der Autorin. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Bergwasser

Source: Die Bergwasser

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Die Berge sahen, dass die Menschen drunten im Tal unbeweglich und träg waren und das Land nicht wässerten, so dass alles von Dürre umkommen wollte. Da weinten die Berge, einige milde, andere so zornig, dass die Tränen sich zum Fluss vereinten und brausend in die Tiefe stürzten, umso brausender, je grösser der Zorn war, den der Berg über die trägen Menschen hatte. Aus: U. Brunold-Bigler, Die Sagensammlung der Nina Camenisch, Disentis 1987, mit freundlicher Genehmigung der Autorin. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die beschneite Frau

Source: Die beschneite Frau

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Zuhinterst im Talgrunde Frutigen, zwischen Oeschinen und dem Breithorn, erhebt sich die über elftausend Fuss hohe Frau, deren Gipfel mit einem Mantel von ewigem Schnee bedeckt sind. In Frutigen geht die Sage, dass dieser mächtige Koloss einst eine grasreiche Weide gewesen sei. Muttern und noch andere vortreffliche Alpenkräuter sollen aus diesem Berge in Menge gewachsen sein. Die Kühe mussten sogar drei Mal des Tages gemolken werden. Der Berg soll einer blinden Frau gehört haben, die mit dem Sohne, dem Gesinde und der Herde jeden Frühling aufs Neue die Alpe bezog. Der Sohn lebte in Unmässigkeit, und in verbotenem Umgange mit einer Jungfrau; er achtete nicht der mütterlichen Verweise, vielmehr misshandelte er die blinde Mutter. Deshalb sprach sie den Fluch aus: der Berg solle mit Eis bedeckt werden; die beste Kuh und der Sohn sollen ewig hierher verbannt sein. Beides erfolgte und noch oft hört man das Gebrülle der Kuh, und ein trübes Johlen des Sohnes. Wenn jemand so glücklich ist, die Kuh an einem Karfreitag vor Sonnenaufgang auszumelken, so soll die vorige Schönheit des Berges sich wieder einstellen. Noch ist es niemandem gänzlich gelungen, weil die Sonne immer eher herausstieg, als man mit Melken fertig war. Jeder, welcher bisher dieses Wagestück unternahm, aber nicht beendigen konnte, ward die Beute eines Ungeheuers. Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Beschwörung des Fieschergletschers

Source: Die Beschwörung des Fieschergletschers

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Im Erner-Wasen stand ein Christkind-Mirakelbild; dies nahm ein heiligmässiger Erner Pfarrer zu Hilfe, um dem starken Zunehmen des Gletschers Einhalt zu tun. Erst nach dreistündigem Beten, Segnen und Beschwören kam er ganz schweisstriefend aus den Schlünden. Zum Gelingen mussten die Fieschertaler drei Dinge auf ewige Zeiten versprechen: erstens, jährlich am 31. Juli eine Prozession in den Ernerwald zu machen, zweitens, nie mehr verborgene Tänze zu veranstalten oder zu gestatten, drittens, Frauen und Töchter keine roten Schürzen mehr tragen zu lassen. Die Prozession wird noch heute abgehalten. FIESCHERTAL Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Beschwörung des Fieschergletschers

Source: Die Beschwörung des Fieschergletschers

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Im Erner-Wasen stand ein Christkind-Mirakelbild; dies nahm ein heiligmässiger Erner Pfarrer zu Hilfe, um dem starken Zunehmen des Gletschers Einhalt zu tun. Erst nach dreistündigem Beten, Segnen und Beschwören kam er ganz schweisstriefend aus den Schlünden. Zum Gelingen mussten die Fieschertaler drei Dinge auf ewige Zeiten versprechen: erstens, jährlich am 31. Juli eine Prozession in den Ernerwald zu machen, zweitens, nie mehr verborgene Tänze zu veranstalten oder zu gestatten, drittens, Frauen und Töchter keine roten Schürzen mehr tragen zu lassen. Die Prozession wird noch heute abgehalten. FIESCHERTAL Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die bestrafte Hexe

Source: Die bestrafte Hexe

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1. Ein Wybervölchli von Attinghausen pflegte, in der Sennerei im Zwyerhause, Gemeinde Altdorf, die Milch zu holen. Es war in der Fremde gewesen bei den Freimaurern und redete etwas fremdländisch. Darum plagten es eines Abends die anwesenden Mannenvölker und ahmten lachend seine Sprache nach. Jetzt wurde es aber böse und schoss zur Türe und zum Hause hinaus und die Gasse hinauf bis vor Schipfigers Gaden. Dort stand es eine Zeitlang still. Am nächsten Morgen fanden Schipfigers eine Sau im Gaden tot am Boden liegen. Solche Sachen hatte die Hexe bei den Freimaurern gelernt, denen sie verschrieben war. (19. Jahrh. Es handelt sich um die irrsinnige Vinzenzia Megnet.) Kath. Müller, 75 J. alt 2. Von Bauen her kam ein fremdes, unbekanntes Weibervolk auf die Bärchi hinauf, kehrte bei Salome-Josten ein und bettelte etwas zu essen und um Obdach für die anbrechende Nacht. Das Weibervolk, gefiel den Leuten nicht. Dennoch sott ihm das Salome-Nänni Milch, tat aber ein klein wenig Weihwasser hinein, brachte sie in die Stube und stellte sie vor das Weibervolk auf den Tisch, mit dem Bedeuten, es solle zulangen. Dieses schaute so kurios auf die Milch, liess sie unberührt stehen und sagte giftig: »Hättisch-mer-si nitt 'prücht z'versywä (versauen)!« Ohne Z'nacht bezog es ein Nachtlager im Stalle, den das Nänni sorgfältig von aussen verriegelte. Als Nänni am nächsten Morgen öffnete, war die Fremde fort und lag die einzige Kuh im Stalle tot am Boden. Das hat sich vor wenigen Jahrzehnten ereignet. Johann Bissig, Isental, 67 J. alt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die bestrafte Hexe

Source: Die bestrafte Hexe

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Es gingen zwei Jäger in den Wald und schossen einen mächtigen Fuchs, an dem sie Beide genug heimwärts zu schleppen hatten. Ihre Beute wurde aber immer schwerer und schwerer, und endlich mussten sie dieselbe fallen lassen, die rollend in den Abgrund stürzte. - Als die beiden Jäger leer nach Hause zurückgekehrt, fand der Eine seine Ehehälfte tot in der Stube liegen; eine Kugel hatte ihre Brust durchbohrt, und diese Kugel erkannte er als die seine. Die Frau war eine Hexe gewesen, hatte sich in einen Fuchs verwandelt und den Tod aus ihres Mannes Hand erhalten. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die bestrafte Hexe

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Ein Schmiedgeselle wurde, ohne eigentlich krank zu sein, alle Tage bleicher und schwächlicher. Endlich klagte er seinem stark und munter gebliebenen Mitgesellen, in mancher Nacht, wann er zu Bette gegangen und eingeschlafen sei, komme jemand, werfe ihm eine Halfter über, verwandle ihn in ein Ross, führe ihn so ins Freie hinaus und reite dann auf ihm bis zu anbrechendem Morgen über Stock und Stein in der Welt herum. - Er müsse fort von hier, wenn er nicht zu Grunde gehen wolle. Sein Kamerad aber beredete ihn, noch einige Zeit auszuharren, und heckte dann mit ihm einen Plan aus, dieser Plackerei abzuhelfen. Der Geselle blieb in einer bestimmten Nacht so lange auf seinem Bette wach, bis sein Quälgeist wieder kam, warf diesem dann sofort die Halfter selber um den Hals, und schon war dieser glücklich in ein Ross verwandelt. Voller Freude führte er hierauf das Ross zur Schmiede hinab, wo schon der andere seiner harrte. Nun wurde der Gaul mit Eisen beschlagen, hernach von beiden Gesellen bestiegen und fast totgeritten. Am kommenden Morgen lag die Meistersfrau schwer erkrankt im Bette, wollte aber nicht kundgeben, was ihr fehle. Der herbeigerufene Arzt konnte dies selbst nicht finden; wohl aber sah er, dass sie an Händen und Füssen mit Hufeisen beschlagen war. J. Natsch   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 281, S. 153f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die bestrafte Hexe

Source: Die bestrafte Hexe

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Eine alte Frau, die man für eine Hexe hielt, sagte einst zu meinem Urgrossvater, sie werde ihn verhexen. Daraufhin legte er ein Messer auf die Türschwelle, en anderes steckte er in die Türe. Als er am anderen Morgen die alte Frau wiedersah, hatte sie den Kopf verbunden und hinkte auf einem Bein. Reinach Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die bestrafte Verwegenheit

Source: Die bestrafte Verwegenheit

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Ein Mädchen, welches in einer Abendsitzstube, wo eifrig die Spindel gedreht und viel von Totenerscheinungen, Bozen und Kobolden erzählt wurde, sich mit seiner Furchtlosigkeit brüstete, ging in seiner Verwegenheit soweit, dass es vor der ganzen Gesellschaft sich anerbot wenn's ein ordentliches Wett gelte, wolle es in dieser finstern Nacht auf den Kirchhof gehen und es wagen, seine Spindel in den Grabhügel der letztverstorbenen Person zu stecken. Gesagt getan; das angebotene Wett wurde angenommen. Da sie aber lange nicht zurückkehren wollte, so wurde der Gesellschaft Angst, es möchte ihr etwas begegnet sein. Es machten sich also einige auf, um nachzusehen, warum sie so lange nicht zurückkehren wolle. Da fanden sie dieselbe, als sie auf den Friedhof kamen, tot auf dem Grabe liegen. Sie hatte sich ohne Zweifel, als sie die Spindel in das frische Grab steckte, ihre Schürze in der Übereilung damit angeheftet und, weil sie bei der finstern Nacht dies nicht wahrnehmen konnte, so glaubte sie, der Tod habe sie erfasst und wollte sie nicht mehr loslassen; — darum hatte sie, vor grossem Schrecken, ein tödlicher Herzschlag getroffen.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die bestraften Bergleute

Source: Die bestraften Bergleute

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Eine Stunde ob Amsteg, wo die Reuß in ein weites Tal eintritt, sieht man zwischen den kleinen Dörfern Intschi und Drachental, auf beiden Seiten des Stromes die Bergabhänge ganz mit Schutt von Felsen und Steinen bedeckt, woraus nur einzelne Bäume und Sträucher kümmerlich hervordringen. Vor nicht hundert Jahren befanden sich an dieser Stelle zwei Goldbergwerke; einige Männer aus der Umgegend hatten sie entdeckt und mit gutem Erfolg bearbeitet. Das viele Gold aber war kein Glück für sie, denn sie fingen ein wüstes Leben an, und was in der Woche gewonnen ward, fraß der Sonntag. Eines Mals fanden sie einen reichen Fund, da gingen sie mitten in der Woche nach Amsteg ins Wirtshaus, machten am hellen Tag Türen und Läden zu und steckten Kerzen an. „Wir Berglüt“, sagten sie, „bruchet unsers Herrgotts Licht niememe!“ Dann aßen, tranken und spielten sie Tag und Nacht. Kaum aber waren sie wieder daheim im Bergwerk, so zitterten in derselben Woche plötzlich die Berge, und beide Gruben stürzten über den Gottlosen ein. Keiner von ihnen kam mehr zu Tage, und so brauchten sie freilich unsers Herrgotts Licht nimmermehr. Die Gruben aber liegen seitdem verschüttet und die Bauern scheuen sich wieder nach Gold zu graben. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die bestraften Spötter (I)

Source: Die bestraften Spötter (I)

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Der Zeiger der Weltuhr wies das Jahr 1346. In Freiburg, der Zähringerstadt am blauen Saanestrand, ging es recht lustig zu, denn ein Schützenfest wurde gefeiert, wozu sich alle Schützen von Stadt und Umgebung einfanden: adelige, stolze Herren und gemeines Kriegsvolk. Bis spät in die Nacht hinein dauerte der Trubel der festlichen Veranstaltungen. Drunten in der Unterstadt stand ein Wirtshaus in der Nähe des Bernertores. Drinnen in der qualmenden Wirtsstube war eine Menge Jungvolk bei Wein und Schnaps beisammen; halbwüchsige Burschen, denen kaum der Flaum unter den Lippen spross, freche Mädchen, die eigentlich schon daheim unter strenge elterliche Obhut gehört hätten; sie tanzten wilde Reigen und sangen rohe Gassenhauer. Je eifriger sie dem Alkohol zusprachen, um so lauter und ausgelassener wurde ihr Treiben. Vom St.-Nikolaus-Turm hatte die Betglocke schon eine Stunde geklungen. Aber im Vergnügen und Taumel des Genusses war ihre warnende Stimme nicht beachtet worden. Da, als sich der Lärm der Nachtbuben für einige Minuten gelegt hatte, tönte das silberne Klingeln eines Glöckleins mitten in die Schar der Zecher hinein; ein Priester trug den Herrn in Brotsgestalt zu einem Kranken, der eben in den letzten Zügen lag. Der Küster ging mit entblösstem Haupte voran; um den Leuten ein Zeichen zu geben, vom Tanze aufzuhören, gab er ein kräftiges Glockenzeichen. Aber die tollen Tanzpaare hörten nicht darauf; alsobald ging das Drehen und Wirbeln wieder an. Ein übermütiger Jüngling, der gerne das grosse Wort führte, verstieg sich sogar zum gotteslästerlichen Ausspruch: «Meines Vaters Schweine daheim haben auch solche Glöcklein anhängen». Diese Lästerung wurde von den Umstehenden mit frechem Lachen und lautem Beifall aufgenommen. In der Wirtsstube war nicht eine Zunge, welche den Spötter zurechtgewiesen hätte. Aber Gott lässt seines Eingebornen nicht spotten. Während die liederliche Gesellschaft weiter tanzte, ballte sich über der Stadt ein schweres Unwetter zusammen. Vom Jura her zogen rotgelbe Wetterwolken herauf. Über der festmüden Stadt schütteten die Wolken ihre Wasserströme aus. Blitze flammten grell auf, der Donner krachte. In Gedankenschnelle schwoll die Saane an, und durch die Unterstadt ergossen sich die reissenden Fluten. Das Gewitter entlud sich so schnell, dass niemand in der Umgebung der Saane sich retten konnte. Alle Menschen, alles Vieh wurde von den gierigen Wellen mitgerissen und fand im schmutzig gelben Fluss einen traurigen Tod. Auch das Wirtshaus beim Bernertor wurde samt seinen übermütigen Insassen eine Beute der tobenden Saane. Kein einziger Teilnehmer der Tanzgesellschaft konnte sich retten. Von den Toten wurde keiner gefunden; nur einige wachsbleiche Kinderleichen liess der gefrässige Fluss zurück; diese lagen in ihren Wiegen, die am Geäste der Bäume hängen geblieben waren.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die bestraften Spötter (II)

Source: Die bestraften Spötter (II)

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An der Wegkreuzung zwischen Weissenbach und St. Antoni steht auf einem schmalen Wiesenfleck ein kleines, weissgetünchtes Kapellchen. Es ist seit alters her dem heiligen Märtyrer Sebastian geweiht, den man in früheren Zeiten der Seuche oder Pest besonders als Schutzpatron verehrte. Hier sollen während des grossen Sterbens im 16. Jahrhundert drei Wagen voller Leichen zusammengetroffen sein. Alljährlich besuchen die eifrigen Gläubigen von St. Antoni an einem der grossen Bitttage das kleine Heiligtum, um sich und Haus und Hof unter den mächtigen Schutz des kriegerischen Heiligen zu stellen. Und kein frommer Christ geht am Behäuschen vorbei, ohne ein Kreuzlein zu ziehen und den moosgrünen Filzhut grüssend vor dem hilfreichen Beschützer abzunehmen. Vor dem Zeitalter des blitzschnellen Autos oder benzinduftenden Motors kamen früher die Fuhrleute mit ihren hochbeladenen Holzfuhren vom Grossholz vorbei. Es gab unter ihnen manch losen Vogel, dem Spott und Übermut näher lagen als ein andächtiges Stossgebet. Besonders zwei junge Knechte aus dem Seeligraben konnten es nicht lassen, beim Vorbeifahren einen Spottvers auf den stillen Heiligen im Kapellchen anzubringen: «Bastian häb’s!» riefen sie im Vorbeiziehen aus und begleiteten ihre sinnlosen Spottreden noch mit einem mutwilligen Gelächter. Die braven Anwohner ärgerten sich über solch unehrerbietige Auslassungen der jungen Gecken und verwiesen es ihnen öfters. Doch all die gutgemeinten Mahnungen prallten wirkungslos ab von den Ohren der ausgelassenen Burschen, die sich weiser und gescheiter dünkten als die biederen Ahnen. Da musste schon ein Höherer kräftig dreinreden! An einem bitterkalten Wintermorgen nahten sich die mit Trämeln hochbeladenen Wagen der zwei losen Burschen vom Seeligraben her der Hauptstrasse. Ihrer schlimmen Gewohnheit gemäss wiederholten sie bei der Kapelle ihren Spottgruss: «Bastian häb’s!» und wollten weiterfahren. Aber diesmal hatten sie falsch gerechnet. Sankt Sebastian nahm die leichtfertigen Spötter beim Wort und hielt Pferde und Wagen fest am Platze! Da rissen die Verwegenen Augen und Ohren auf. Alles Hüst und Hott, all das lärmende Knallen der geknoteten Lederpeitschen half nichts. Keinen Zoll breit rührten sich Pferd und Wagen. Wie angefroren blieben sie auf dem gleichen Platze bocksteif und unbeweglich. Alles Zerren und Schieben war umsonst. Nun ging den jungen Spöttern ein Licht auf. Sie erkannten des Himmels Strafe für ihre Spöttereien. Schamrot bekannten sie den vorbeiziehenden Leuten ihr Unrecht und baten demütig um Hilfe. Aber keinem der Anwesenden gelang es, den unsichtbaren Bann zu brechen. Endlich holte man aus der Stadt Freiburg einen alten frommen Ordensmann. Dessen inständigem Beten und kraftvollen Beschwörungen gelang es dann endlich, den Bann zu brechen und den erzürnten Heiligen zu versöhnen. Auf den Knien baten die zerknirschten Sünder den beleidigten Patron um Gnade und Verzeihung. Mit einem eindringlichen Verweis des ehrwürdigen Mönches, nie mehr mit heiligen Sachen ihren feilen Spott zu treiben, konnten die gebesserten Übeltäter ihre so merkwürdig unterbrochene Fahrt wieder aufnehmen und unbehindert ihren Bestimmungsort erreichen. Fortan verstummten die respektlosen Zoten, und aus den leichtfertigen Spassvögeln wurden tüchtige und gesetzte Hausväter. Des Heiligen herben Verweis haben sie ihr Lebtag nie mehr vergessen.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Bestrafung des Tierquälers

Source: Die Bestrafung des Tierquälers

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Die Gemeinde Unterkulm wies das Brennholz, das sie alljährlich ihren Bürgern verteilt, im Herbste des Jahres 1841 auf der Höhe jener Felsen an, welche droben den Hochwald säumen. Sie sind äußerst steil und glatt und waren bei dem damals andauernden Regenwetter um so schlüpfriger und gefährlicher. Eine Haushaltung hatte die ihr zukommende Holzgabe gegen Nacht fertig geladen, der Wagen stand an einem mit Buschwerk dicht bewachsenen Kreuzweg, in welchem die Kuh graste, die das Fuhrwerk herauf gezogen hatte. Da kam ein nackter Mann mit einem Lichte aus dem Hohlweg herauf gesprungen und verschwand unter lautem Geschrei wieder im Busche, sein Licht erlosch. So nahmen die Leute dies für ein sehr böses Zeichen; gleichwohl holten sie den Stier nicht, sondern spannten die eine Kuh wieder ein. Beim Heimfahren rissen die Stricke und die Überlast schlug dem Tiere ein Bein ab. Damit war’s noch nicht genug; als Tags darauf der Sohn die Äpfel vom Baume abnehmen wollte, stürzte er gleichfalls herunter und beschädigte sich übel. Quelle: E. L. Rochholz, Naturmythen. Neue Schweizer Sagen, Leipzig  1862. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch    


by Die Beter in der Heilig-Kreuz-Kapelle

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Marjosa Fryand, genannt ,Hasufluggji‘, hielt vor Zeiten immer die Totenwache. Als Lohn erhielt sie Kleider, die ,Gottwar‘. Diese wurden gewogen, und so viele Kilo die Kleider wogen, so viele Rosenkränze musste sie für die Verstorbenen beten. Einmal war sie bei der Rosenkranzandacht in der Pfarrkirche. Nach der Andacht ging sie noch zur Heilig-Kreuz-Kapelle, um noch einen Rosenkranz zu beten. Als sie in die Nähe der Kapelle kam, sah sie dieselbe angefüllt mit Leuten. Sie hörte auch das Murmeln der Beter und konnte diese durch das Fenster sehen. Sie dachte noch bei sich: «Warum sind die nicht zur Rosenkranzandacht in die Kirche gekommen?» Als sie die Kapellentüre öffnete, um hineinzugehen, fand sie die Kapelle leer. Die Marjosa hat diese Geschichte mehrmals erzählt, und sie war nicht eine, die die Unwahrheit sagte oder sich fürchtete. GAMPEL Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die betrügerischen Alpler in der Röti

Source: Die betrügerischen Alpler in der Röti

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In der Röti, Göschener Alp, hatten Senn und Hirt die böse Gewohnheit, die Morgenmilch im Wellchessi mit einem gewärmten Deckel zu decken. Auf diese Art gab es beim abendlichen Erwellen Vorbruch, und diesen schickten sie den Ihrigen nach Hause, und die Alpgenossen kamen zu Schaden. So hatten sie schon viele Jahre die Bauern betrogen, bis sie einmal den Chessideckel nicht mehr zu entfernen vermochten. Es sass ein furchtbares Gewicht darauf oder nach andern eine schwarze Katze, die zwei Hörner streckte, sich aufblähte und zur Wehr setzte, wenn man sie angreifen wollte. Sie mussten einen Geistlichen holen lassen, der den Bösen, der unsichtbar oder in Gestalt der Katze auf dem Deckel hockte, vertrieb und den Deckel ablüpfte. Josef M. Tresch, Heinrich Walker Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Betschwandener Glocke

Source: Die Betschwandener Glocke

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Zu Betschwanden hingen vor Zeiten vier Glocken im Turm. Heute aber sind es nur noch drei, und das kam so: Wenn am Sonntag der Sigrist samt den Läuterbuben am Seil zogen, so dass die Buben oft bis an die Tili hinaufschossen und wieder herunterkamen, und alle Leute rühmten, was für ein schönes Geläute das Dorf habe, dann begann der alte Turm zu wackeln, und das war weniger schön. So wurde denn zum Maurer geschickt, und er wurde gefragt, ob die Leute, die bei der Kirche zu Hause wären, in Gefahr kämen. Der Maurer besah sich Turm und Mauern von allen Seiten, meinte, es sei nicht eben schlimm, kam aber doch mit zwei andern und mauerte nach Leibeskräften die Sprünge zu, mochten sie noch so gering sein. Darüber kam einmal teure Zeit, in der alles verdorrte und vertrocknete und kein Regen vom Himmel fiel, das liebe Vieh zu tränken, und viele gerieten damit in grosse Not. Da sagte des Maurers Frau, als sie zu Bette gingen, zu ihrem Mann: «Ruedi, wir haben unsere sieben Kinder und nichts zu essen, und so kann’s nicht mehr weitergehen. Schau zu, dass Geld in die Gemeinde kommt, auf dass wir Brot reichen und ein Habersüpplein kochen können.» Als nun am Sonntag der Sigrist zu läuten begann, erhob er auf einmal ein Geschrei, die Sprünge gingen wieder auf, und er sei für immer Sigrist gewesen, wenn er so sein Leben aufs Spiel setzen müsste. Am besten wäre es, wenn die Betschwandener die Glocke verkauften, bevor ein Unglück geschehe; sie hätten ja immer noch ihrer drei, und bei einer so kleinen Gemeinde werde der Liebe Gott in derlei harten Zeiten wohl ein Einsehen haben. So kamen sie überein, die Glocke zu verkaufen um so viel Silberlinge, als darinnen bis zum Streichmass Platz hätten. Mit dem Geld aber kauften sie Brot, Salz und Korn, und der Maurer bekam auch seinen Teil und dazu noch einen Löffel voll mehr um seines guten Rates willen.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Die Bettler von La Punt

Source: Die Bettler von La Punt

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Es waren einmal ein Mann und eine Frau, die wohnten in La Punt unten und wurden die Adamins genannt. Sie hatten zwei Söhne: Gian und Giachem. Gian, der jüngere, war ein schöner Bursche und gescheit, Giachem dagegen eher ein Dummkopf und ein Faulpelz, der nur arbeitete, was er gerade musste. Gian konnte mit seinen Händen alles Mögliche machen, etwa Kellen, Fallen, Gussformen für Blutzger und solche Sachen. Kurz nachdem die Burschen erwachsen waren, starb zuerst der Vater an Lungenentzündung, darauf plötzlich die Mutter. Nach der Beerdigung sagte Gian zu Giachem: «Was wollen wir jetzt tun? Wir stecken bis zum Hals in den Schulden; ich für meinen Teil denke, das Beste wäre, wenn der eine das Tal hinauf, der andere hinunter ginge, um als Knechte zu arbeiten. Denn so geht es nicht weiter.» Giachem sagte: «Ich für meinen Teil plage mich nicht lange ab, finde ich keine Arbeit, so bettle ich von Haus zu Haus.» Am andern Tag brachen beide Brüder auf: Giachem ging aufwärts und Gian abwärts. Und dies ein paar Tage lang. Gian nahm seine Kellen und Schöpfer unter den Arm, die Dinge eben, die er gemacht hatte, und verkaufte jeden Tag etwas. Wenn sie abends nach Hause kamen, hatte Gian immer ziemlich viel Geld, Giachem jedoch nur ein paar zusammengebettelte Blutzger. Eines Tages sagte Gian: «Es ist mir verleidet, jeden Tag abwärts zu gehen, wir wollen wechseln; ich gehe jetzt talaufwärts, wahrscheinlich bis ins Bergell hinüber.» Tags darauf machte sich Gian frühmorgens auf den Weg, das Engadin hinauf bis nach Silvaplana, und am andern Tag gelangte er über den Maloja ins Bergell. Er ging immer weiter, und in Chiavenna kam er in ein Wirtshaus und verlangte zu essen und zu trinken. Der Wirt fragte ihn, ob er noch weiter ziehen wolle, und Gian sagte: «Ja, ich hätte Lust, Unteritalien zu sehen, ich habe schon so viel von diesem Land gehört.» Der Wirt meinte: «Ja, ja, das Land ist sicher schön, doch nehmt Euch nur vor den Leuten in Acht; Mörder hat’s wie Fliegen, und man hört fast jeden Tag von Raub und Mord; wenn ich Euch raten kann, so reist nachts nicht allein!» Wie auch immer, anderntags brach Gian schon am Morgen auf, er ging den ganzen Tag und gelangte beim Einnachten in einen dichten Wald. Da begann es ihm ein wenig bang zu werden, als er daran dachte, wilde Tiere könnten kommen und ihn zerfleischen, oder er könnte gar verwunschenes Land betreten. Er ging weiter und kam zu einer Lichtung mitten im Wald, und mittendrin stand ein grosser Baum mit einer Bank rundherum. Todmüde, wie er war, legte sich der arme Gian auf die Bank, um einen Augenblick auszuruhen, doch es fiel ihm ein, dass sich da Gesindel herumtreiben könnte, und er beschloss, zuoberst auf den Baum zu klettern. Der Mond schien, es war taghell, und so sah er ein wenig weiter drüben ein Haus mit einer Mauer darum. Vor dem Tor war eine Bank, und es hatte einen grossen Hof mit einem Brunnen mittendrin. Gian bekam nun Lust nachzuschauen, ob das vielleicht ein Wirtshaus sei. Auf einmal sah er zwölf Männer aus dem Tor kommen, einer nach dem andern, und es schien ihm, dass alle Waffen trugen. «Oh, helf mir Gott!» seufzte er, «das hier sind ganz sicher Räuber, und vielleicht noch die, von denen der Wirt erzählt hat.» Jetzt sah er die Männer immer näher kommen; da konnte er sich vor Angst kaum mehr auf dem Baum halten. Auf einmal standen alle zwölf unter dem Baum und setzten sich auf die Bank. «Nun», begann der Hauptmann, «los, kommt her und berichtet, was ihr in diesen zwei Wochen gedeichselt habt, während wir durchs Land gezogen sind.» Da erzählten sie einer nach dem andern, was sie getan hatten. Einer sagte, er habe ein Haus in Brand gesteckt und alles gestohlen, was drin war; ein anderer sagte, er habe eine Frau ermordet und viele Goldstücke erwischt; ein anderer hatte ein Pferd gestohlen. Der Hauptmann meinte: «Das ist alles schön und gut, aber was ich getan habe, hat keiner von euch fertig gebracht: In Mantua haben die Bewohner seit zehn Tagen keinen einzigen Tropfen Wasser mehr. Der König schickt ganze Kompanien aus, um die Wasserquelle zu finden, aber alles vergeblich! Die Leute springen herum wie die Verrückten, und das Vieh brüllt, es ist ein richtiges Durcheinander. Jetzt hat der König verkünden lassen, wer das Wasser wieder zum Fliessen bringe, erhalte entweder seine Tochter zur Frau oder die Hälfte seines Vermögens. Aber das Wasser kann niemand ausser mir wieder zum Fliessen bringen! Denn hört zu, was ich gemacht habe: Wenn man von hier dem Weg rechts entlang geht, so kommt man in einen dichten Wald; ein wenig weiter einwärts ist wieder ein schmaler Weg zur Linken, folgt man dem ein Stück, so sieht man einen grossen Baumstrunk. Unweit davon steht die Hütte eines Einsiedlers, der ist als halber Zauberer bekannt. Zu diesem Einsiedler bin ich gegangen. Er hackte eben Holz vor seiner Tür. Als er mich sah, wollte er sich aus dem Staub machen, aber ich ging hin und fragte ihn, wie man es anstellen müsse, damit das Wasser von Mantua wieder fliesse. Da der Alte nichts sagen wollte, nahm ich ihm die Axt aus der Hand, und als er sah, dass ich sie hob, bettelte er: «Lasst mich doch am Leben, lasst mich doch am Leben, dann will ich es sagen. Es braucht dazu nämlich diesen goldenen Stab. Ihr müsst jenen grossen Strunk aufheben, und darunter liegt eine Platte, und wenn ihr dreimal mit dem Stab darauf schlägt, so stellt sie sich auf, und das Wasser fliesst wieder.» Doch ich liess ihn nicht einfach so laufen, denn dieser alte Fuchs wusste noch mehr. Also sagte ich zu ihm: «Jetzt musst du mir noch erzählen, wo sich der Baum mit den grössten Äpfeln befindet, die dem, der sie isst, die Nase wachsen lassen, und wie man es anstellen muss, damit die Nase wieder klein wird!» - «O Erbarmen, Erbarmen», schrie der Alte, «wenn ich auch das noch ausbringen muss, so bin ich ein armer verzauberter Mann!» Jetzt packte ich ihn an seinem langen Bart und legte seinen Kopf auf den Scheitstock, da winselte er: «Wenn Ihr mich freilässt, so will ich es verraten.» Er zeigte mir den Baum und sagte. «Diese Äpfel lassen die Nase wachsen, und damit sie wieder kurz wird, muss man nach Wien in den Garten des Königs gehen: Unter der Säule des Brunnens wird man eine alte Schildkröte finden. Ihr Schild muss zu Pulver zerstossen und dann auf die Nase des Königs gestrichen werden.» Als der Einsiedler in seine Hütte wollte, versetzte ich ihm mit der Axt einen Schlag auf den Kopf, so dass er tot hinfiel. Jetzt nahm ich die Äpfel vom Baum, dann hob ich den Strunk auf und legte den goldenen Stab darunter. Nachdem ich mich noch einmal gut umgeschaut hatte, brach ich auf. Ich wanderte Tag und Nacht, bis ich nach Wien gelangte. Dort verkleidete ich mich als Bauer, nahm den Korb mit den Äpfeln und ging zum Palast hinauf. Die Soldaten wollten mich nicht eintreten lassen, aber ich zeigte ihnen die Äpfel, da riefen sie den Diener des Königs, und der ging sogleich mit den Äpfeln, um sie dem König zu zeigen. Der Diener kam bald mit dem leeren Korb zurück, zahlte mir alles, was ich verlangte und befahl, davon noch mehr zu bringen. Ich machte mich augenblicklich aus dem Staub, zog mich um und noch am selben Tag nichts wie los. Ein paar Tage nach der Ankunft in Mantua wurde herumerzählt, der König von Österreich habe nach dem Genuss von Äpfeln eine ellenlange Nase bekommen, und der Palast sei voll von Doktoren, aber keiner wisse weiter, und jetzt habe der König verkünden lassen, er gebe jenem, der ihm helfen könne, seine Tochter zur Frau oder die Hälfte seines Vermögens! Nun, was meint ihr jetzt? Bin ich nicht der Grösste von euch allen? Jetzt ist es aber Zeit für das Abendessen. Schaut ganz gut herum, ob nicht etwa einer hier in der Nähe ist, der uns zugehört hat.» Dem armen Gian brach jetzt der kalte Schweiss aus; er konnte sich kaum mehr auf dem Baum halten, die Mörder sahen sich nämlich überall um, nur zum Baum hinaufzuschauen fiel ihnen nicht ein. Der Hauptmann marschierte jetzt der ganzen Bande voraus, und schon bald sah Gian sie in ihr Haus verschwinden. Der Mond schien nämlich so hell, dass er alles erkennen konnte. Jetzt stieg er vom Baum, und als er um sich blickte, sah er auf dem Boden etwas glänzen. «Oh, was habe ich für ein Glück», sagte er und hob ein Goldstück auf, das einer der Räuber verloren hatte. Unser Gian liess jetzt kein Gras unter den Füssen wachsen und stieg so rasch, als die Beine ihn trugen, den Weg hinauf, von dem der Hauptmann gesprochen hatte, und bald einmal sah er einen gewaltigen Baumstrunk. Langsam hob er ihn auf und fand darunter den goldenen Stab. Rasch steckte er ihn in die Tasche und ging die Hütte des armen Einsiedlers suchen. Der Alte lag tot davor, und er begrub ihn. Danach aber machte er sich auf die Socken! Er wanderte die ganze Nacht, und als der Morgen graute, sah er einen grossen Kirchturm und grosse Gebäude wie Paläste. Nach und nach kamen Bauern aufs Feld, und er begann mit einem zu reden und fragte ihn: «Sagt mir, guter Freund, wie heisst dieser Ort?» Der Mann antwortete ganz höflich auf Italienisch: «Das ist Mantua, die unglückliche Stadt.» - «Wenn ich nicht zu neugierig bin: Was ist denn dort passiert?» fragte jetzt Gian. «Gewiss etwas ganz Schlimmes! Sie haben dort seit zehn Tagen keinen einzigen Tropfen Wasser mehr, so dass Menschen und Tiere vor Durst schier umkommen.» Gian ging weiter, und in der Stadt ging er ins erste Wirtshaus neben der Strasse, und im Gespräch mit dem Wirt erkundigte er sich, wo er einen Stoffladen und eine gute Apotheke finden könne. Er kaufte sich zuerst von Kopf bis Fuss schöne Kleider, dann ging er in die Apotheke und liess sich ein schönes Kästchen für Kampfer, Öle, Riechfläschchen und solche Dinge geben. Als er wieder im Wirtshaus war, fragte er den Wirt, wie weit man reisen müsse, um von Mantua nach Wien zu gelangen. Der Wirt meinte, er werde ungefähr einen Tag und eine Nacht brauchen; da sagte Gian, er habe vor, sogleich morgen bei Tagesanbruch wegzugehen. Dem Wirt gefiel dieser Jüngling; er bat ihn zu warten, bis seine Stammgäste kämen. Gian blieb noch dort, um mit diesen Männern Bekanntschaft zu schliessen, denn er meinte, von ihnen vielleicht wichtige Dinge erfahren zu können. Aber das Gespräch des ganzen Abends drehte sich nur um die Wassernot, und alle sagten, dass die Quelle verzaubert war. Tags darauf machte sich Gian auf den Weg. Müde und zerschlagen von der langen Reise kam er in Wien an. Im Wirtshaus, wo er abstieg, gab er sich als einen Doktor der Medizin aus, und der Wirt sagte, als er das hörte, leise zu seiner Frau: «Hier ist wieder ein Quacksalber, der damit aufschneidet, die Nase des Königs kürzer machen zu können.» Und - tatsächlich - noch an jenem Abend ging Gian zum Königspalast. Vor dem Tor fragte ihn ein Diener: «Was wollt Ihr?» Gian antwortete: «Ich bin hier, um die lange Nase des Königs kürzer zu machen.» Da wurde der Diener wütend und schrie: «Nein, und abermals nein, solche Doktoren sind täglich hier, und nicht einer hat den König heilen können, und jetzt hat er den strikten Befehl erteilt, niemanden hereinzulassen, sonst werde es den Kopf kosten!» - «Nun gut», meinte Gian, «wenn mein Mittel nicht hilft, gebe ich meinen Kopf als Pfand; es ist eine einfache Arznei, eine Salbe, die ich vor den Augen des Königs anrühre und dann auf seine lange Nase streiche.» Nachdem er eine Weile nachgedacht hatte, sagte der Diener: «Also gut, ich will den Schreiber rufen», und als der hörte, der König müsse keine Arzneien schlucken, sagte er: «Kommt mit mir!» Im Zimmer des Königs befanden sich auch die alte Frau Königin und ihre Tochter, eine überaus schöne Prinzessin. Der König schien schlechter Laune zu sein, er schaute Gian kaum an; erst als der auf seine Frage antwortete, er müsse keine Arzneien schlucken, sagte der König: «Nun gut, ich werde noch diesen letzten Versuch machen.» Da bat Gian, in den Garten gehen zu dürfen, denn darin befinde sich ein Brunnen mit einer Säule, darunter müsse eine alte Schildkröte sein, die wolle er ausgraben. Den König wunderte dies sehr, und so gab er den Stallknechten sofort den Befehl, die Säule hochzuheben. Der Schreiber und der Diener standen daneben, unter der Säule lag tatsächlich die Schildkröte. Gian, glücklich und zufrieden, nahm die Schildkröte auf den Arm und brachte sie in die Vorratskammer des Königs. Dort in Anwesenheit des Königs, der Königin, der Prinzessin und der ganzen Dienerschaft zerstiess er den Schild des Tieres und vermischte das Pulver mit feinen Ölen, Kampfer, Kölnisch Wasser und andern guten Düften. Dann verlangte er ein feines Leinentüchlein, und das Fräulein Prinzessin brachte das Gewünschte. Gian strich die Salbe auf das Tüchlein und legte den Verband auf die Nase des Königs. Dann hiess er ihn ins Bett gehen, verlangte eine alte Elle und mass in Anwesenheit der Königin und der Prinzessin seine Nase, die eine gute Elle lang war. Gian wachte selbst neben dem König, der die ganze Nacht wie ein Murmeltier schlief. Am Morgen liess Gian, sobald der König aufgewacht war, die alte Königin und die Prinzessin rufen, und vor denen löste er den Verband. Sogleich sahen sie, dass die Nase des Königs kürzer geworden war, und als sie diese massen, war sie nur noch eine halbe Elle lang. Jetzt gab der König Gian die Hand und sagte: «Ihr seid ein Doktor mit grossen Fähigkeiten, und Ihr, ja, seid es würdig, die Hälfte meines Vermögens zu bekommen.» Da warf Gian einen verliebten Blick auf die Königstochter, und die senkte die Augen. Als der König Gian fragte, ob er glaube, dass er bis morgen früh seine grosse Nase los sei, antwortete Gian, so rasch könne das nicht geschehen, da er die Salbe nicht jeden Abend auftragen könne, aber er gebe ihm sein Ehrenwort, dass er in kurzer Zeit dieses Übel los sein werde. «Es tut mir sehr leid», sagte jetzt Gian, «dass ich noch heute abreisen muss; ganz wichtige Geschäfte rufen mich nach Mantua, doch spätestens in zwei Tagen werde ich wieder zurück sein.» - «Los», sagte jetzt der König zum Schreiber, «schaut, dass die doppelspännige Kutsche parat steht und der Doktor nach Mantua geführt wird.» Als sich Gian vom König verabschiedete, gab der ihm eine Börse voll Geld. Die Königin und die Prinzessin begleiteten ihn bis zum Tor und baten ihn, sobald als möglich zurückzukommen. Nach der Ankunft in Mantua steckte Gian dem Kutscher ein schönes Trinkgeld zu und liess ihn zurückkehren. In der Herberge, wo er einkehrte, waren viele Leute, und es herrschte ein grosses Durcheinander und Geschrei. Alles klagte über den Wassermangel, und man ratschlagte hin und her, was zu tun wäre, um diese Not zu beenden. Gian beteiligte sich auch an diesem Gespräch, ging aber bald auf sein Zimmer, um zu schlafen. Tags darauf begab er sich zum Königspalast, einem grossen, schönen Gebäude, aber es war ringsherum von Wachen umstellt. Gian fragte einen, ob es möglich wäre, mit dem König zu sprechen. Da riefen alle diese Männer zusammen: «Aha! Hier ist wieder einer von denen, der das Wasser zum Fliessen bringen und den König betrügen will!» Aber unser Gian liess sich nicht einschüchtern und sagte: «Ich will zum König, und wenn ihr mich nicht hineinlässt, so schlage ich Krach!» Jetzt kam der Schreiber und fragte, was jener Mann wolle und warum er so laut schreie. Gian ging zu ihm hin und sagte: «Herr Schreiber: reden ist erlaubt, und antworten ist höflich. Ich bin’s, der das Wasser zum Fliessen bringen kann.» - «Also gut», meinte der Schreiber, «so kommt mit mir.» Da gingen sie hin. Als der König merkte, dass dieser Bursche sich wie ein Edelmann benahm und grosse Kräfte zu haben schien, versprach er ihm auf dessen Wunsch schriftlich die Hälfte seines Vermögens, wenn er das Wasser zum Fliessen bringen könne. Gian hätte die Tochter des Königs auf keinen Fall genommen, vor allem, weil sie auf einem Auge schielte und älter als dreissig schien. Gian war mit dem Schreiben des Königs zufrieden, da bat er ihn um eine Kompanie Soldaten und versprach ihm noch vor dem Abmarsch, die Räuberbande, die sein ganzes Land unsicher machte, festzunehmen. «Dann», sagte der König, «wenn du diese Schufte erwischt hast, verspreche ich dir noch eine zweispännige Kutsche, zusätzlich zum andern Lohn.» Jetzt machte sich Gian mit den Soldaten auf den Weg Er kannte die Gegend noch gut; doch als sie in jenes Tal gingen, murrten ein paar und sagten: «Der lässt uns für nichts und wieder nichts herumrennen.» Doch Gian gab keine Antwort und drang immer weiter in den Wald vor bis dort, wo er am dichtesten war. Da sieht er den Strunk, im Handumdrehen steht er daneben und klopft dreimal mit dem goldenen Stab auf die Platte, so dass die sich geradeauf stellt. In dem Augenblick gab es eine solche Erschütterung, dass das ganze Tal erbebte, und die Soldaten mussten sich beeilen, um rechtzeitig davonzukommen. Denn das Wasser donnerte mit schrecklicher Wucht herunter, und auf ein Mal schoss es in die Stadt, so dass viele Frauen, die neben dem Fluss auf das Wasser warteten, ertranken. In der Zeit, während die Leute und das Vieh Wasser tranken, war Gian schon oben auf der Ebene beim Baum der Räuber, wo er die schrecklichste Nacht seines Lebens verbracht hatte. Er stieg auf den Baum und sah, dass ein paar Männer unten vor der Tür des Räuberhauses sassen. Sofort brach er mit den Soldaten auf, und als sie vor dem Haus standen, liess er dieses mit der einen Hälfte der Truppe umstellen; die andern gingen hinein und nahmen die ganze Bande fest. Gian gab Weisung, dort zu bleiben, und wenn sich der eine oder der andere rühren sollte, ihn einfach zu erschiessen. Noch in jener Nacht machte sich Gian auf den Weg und marschierte die ganze Nacht hindurch, so dass er mehr tot als lebendig in Mantua ankam. Da gab es ein grosses Freudenfest, und der König und die Prinzessin waren ganz freundlich und freigebig zu ihm und wollten, dass er noch ein paar Tage bleibe. Doch Gian sagte, er müsse noch heute abreisen. Als der König erfuhr, dass die Räuberbande in Haft war, da war er mehr als zufrieden, und auf seine Frage, was Gian lieber wolle, die Hälfte des Vermögens oder die Tochter, bat Gian ihn um das Vermögen. Nachdem ihm das Geld vom Schreiber ausbezahlt worden war, gab ihm der König eine schöne Kutsche und liess die Pferde anschirren. Dann reiste Gian ab. Jetzt lassen wir das beiseite und kehren nach Wien zum König mit der langen Nase zurück. Die drei Tage waren nun vorbei, doch der Doktor noch nicht zurück. Der König wurde von Tag zu Tag unwilliger, er plagte Tag und Nacht die alte Königin und die Prinzessin und murrte: «Ihr werdet sehen: dieser Arzt ist ein Quacksalber genau wie alle andern; dieser Lump hat mein Geld genommen und lässt mich mit der langen Nase zurück!» Der Tochter gab dies einen Stich ins Herz, und sie ging schier drauf vor Angst, Gian werde nicht zurückkommen. Da, eines Tages, als die Königin und die Prinzessin am Fenster standen, sahen sie eine schöne zweispännige Kutsche heranfahren und neben dem Palast halten; und dann sprang ein schöner als Edelmann gekleideter Herr heraus. Die Prinzessin erkannte Gian sofort und eilte ihm entgegen, und alle freuten sich sehr. Gian verlangte nun, in die Vorratskammer zu gehen, um die Salbe für den König anzurühren. Nachdem die Salbe auf der Nase war, schlief der König die ganze Nacht. Am Morgen beim Aufwachen war die Salbe weg und die Nase so gross wie früher. Jetzt fragte der König den Gian, welchen Lohn er wünsche, und Gian sagte, er empfinde echte Liebe für das Fräulein Tochter, und Vermögen besitze er genug, um eine Frau zu ernähren. Er begann nun, seine ganze Lebensgeschichte zu erzählen und sagte auch, sein Bruder sei noch in La Punt. Jetzt wandte sich Gian der schönen Prinzessin zu und fragte sie, ob sie sich entschliessen könne, ihm ihre Hand zu reichen und seine Frau zu werden. Die Prinzessin warf sich dem König in die Arme, und der legte den beiden die Hände zusammen und segnete sie. Gian bat nun um Erlaubnis, ins Engadin zu reisen, um seinen Bruder zu sehen, und er versprach, so rasch als möglich zurückzukommen. So verreiste er wenige Tage später, und diesmal war seine Reise kürzer, denn er fuhr im Wagen. Er kam an einem Freitagnachmittag in La Punt an, als eben alle Kirchenglocken zusammen läuteten. Jetzt fragte er eine Frau, was das für eine Beerdigung sei, und sie sagte: «Das ist nur Giachem Adamin, der trank so viel Schnaps, dass er verbrennen musste.» Gian blieb über Nacht in La Punt und zahlte dem Wirt alle Kosten für die Beerdigung sowie die Schulden seines Bruders. In wenigen Tagen war er wieder in Wien. Dort gab es ein Festessen nach dem anderen, und kurze Zeit später eine prächtige Hochzeit. Die Bewohner wurden eingeladen, aus jedem Haus einer, und sie hatten ein wunderschönes Leben und sind noch dort. Und das Märchen ist zu Ende. (Oberengadin) Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die bezahlte Ohrfeige

Source: Die bezahlte Ohrfeige

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Von Heini Wirz, dem Rössliwirt zu Thürnen, erzählt der Volksmund eine lustige Anekdote. Derselbe gab nämlich einst einem seiner Gäste eine Ohrfeige. Dieser nicht faul, geht hin und verklagt den dort schon übel angeschriebenen Heini beim Obervogt auf Homburg. Der ladet ihn vor und diktiert ihm eine Busse von 12 Pfund. Während nun der Bestrafte das Geld vorzählte, fragte er den Vogt beiläufig, was es kosten würde, wenn er noch jemand eine Ohrfeige gebe. «Ebenfalls 12 Pfund», erklärte der Vogt. Auch diese weitern 12 Pfund zählt Heini ruhig hin, gibt dann aber, als dies geschehen, dem Obervogt einen so zügigen Watsch an den Kopf, dass es ihn überschlägt und macht sich dann lachend davon. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Die Biene

Source: Die Biene

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Eine Gesellschaft von Jünglingen, die sich um die Mitternachtsstunde aus der Gemeinde Klein-Ftan in die von Groß-Ftan begaben, sahen, vom Mondscheine begünstigt, auf einer unweit der Straße gelegenen Wiese einen menschlichen Körper auf dem Boden liegen. Nachdem sie sich demselben genähert und ihn umgewandt hatten – denn das Gesicht lag gegen die Erde – erkannten sie in ihm ein armes altes Weib aus der Gemeinde Klein-Ftan. Da sie dasselbe für tot hielten, trugen sie es in eines der nahe gelegenen Häuser, und legten es in ein Zimmer, in welchem schnell Licht gemacht wurde. Ganz betroffen über diesen unerwarteten Fund, sahen sie sich gegenseitig stillschweigend an, als sie in der ärmlichen Stube eine herumfliegende Biene wahrnahmen. Sie näherte sich der Leiche und flog in den offenen Mund derselben. Kaum war sie hineingeflogen, so schlossen sich die bleichen Lippen und die Alte richtete sich auf und mahnte die betroffenen Jünglinge, ihren Körper künftighin in Ruhe zu lassen, wenn ein ähnliches Ereignis zum zweiten Male mit demselben stattfinden sollte. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Binersage

Source: Die Binersage

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Nicht immer war das Geschlecht der Biner in Zermatt so stark vertreten wie heute. Es gab eine Zeit, da nur ein einziger Sprosse dieser alten Zermatter Familie mehr lebte. Dies war ein schon bejahrter Junggeselle Peter. Von ihm wird folgende Sage erzählt: Einst bestellte Peter auf den Äckern Aroleid ein grosses Roggenfeld. Er befand sich damals in seinem zweiundsiebzigsten Lebensjahre und war noch ledig. Obschon ein so hohes Alter auf seinem Rücken lastete, schwang er noch rüstig die Haue. Als es Abend wurde und die Sonne immer schneller dem Bergesrücken zueilte, sah er etwas an der Spitze seiner Haue glänzen. Er hielt inne, forschte nach und sah, dass ein wunderschöner Goldring an seiner Haue hing. Er glänzte hell in den Strahlen der untergehenden Sonne. Verwundert betrachtete Peter das seltsame Ding, setzte sich nieder und fing an nachzudenken, was wohl der glänzende Ring an seiner Haue bedeuten möchte. Bald fand er heraus, dies sei ein Wink von oben, dass er sein Geschlecht weiterpflanzen sollte. Er sagte zu sich selber: «Nun gut, so gehe ich zum Vreni auf den Staffeln im äussern Mutt, das wird mir nicht nein sagen.» Er legte sein Arbeitszeug weg, zog die bessere Hose an und ging noch am selben Abend zum Vreni. Genau drei Wochen nach diesem Ereignis feierte Peter Biner mit dem Vreni auf den Staffeln lustige Hochzeit. Der Ehe entsprossen zwei kräftige Buben, und noch heute lebt das Geschlecht Biner in Zermatt weiter. Die Geschichte ihres Stammhalters Peter aber bleibt bei allen in froher Erinnerung. ZERMATT Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Bitte der Hausgeister

Source: Die Bitte der Hausgeister

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a) Zu Intschi legten sie ein altes Haus nieder. Als sie bis auf die Stockmauer abgeschlissen hatten, hörten sie jämmerlich flennen. Sie dachten sogleich, das seien arme Seelen und holten einen Geistlichen. Dieser redete sie in den drei höchsten Namen an. Sie baten flehentlich, man möchte sie wenigstens unter Dach lassen. »Wemmer nur derfet under Dach sy, und nit a Wind und Wätter üsä miänt!« sagten sie. Die gutherzigen Leute erhörten ihre Bitte und erlaubten ihnen, auch im neuen Hause zu wohnen, doch niemandem zu schaden. Als der Geistliche das neue Haus einsegnete, sah er sieben arme Seelen darin einziehen. Christina Exer b) Gurtnellen. Man räumte ihnen eine Stunde nach Betenläuten ein zum Umzug. Und siehe! Einer, der mehr sah als andere, sah die ganze Stunde hindurch arme Seelen, eine nach der andern, aus dem alten in das neue Haus einziehen! Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die blonden Mädchen im Rottal

Source: Die blonden Mädchen im Rottal

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Die blonden Mädchen im Rottal gelten als Wetterzeichen. Es haben sie zwei Hexenmeister, der Mühle- Seiler aus dem Emmental und der Gunten-Joosi aus dem Saanenland auf ewig in die Gletscheröden zwischen Jungfrau und Ebnefluh hineingeführt. Wenn nun im Gebirg sich Gewitter entladen, und der Sturzbach des Geltenschusses, der wie ein Silberband über die Flühe des Saanenlandes niedergeht, von Tonerde gerötet heranbraust, sagt man im Lauenental: „Die blonden Mädchen im Rottal rühren sich wieder, sie flechten ihre langen, falben Zöpfe." Es ist noch nicht so lange her, da rief man im Saanenlande den lärmenden und ungehorsamen Kindern zu: "Du wirst ins Rottal wollen zu den falbhaarigen Mädchen", oder man sagte: "Der Gunten- Joosi muss dich ins Rottal führen!" Quelle: Hans Michel, Ein Kratten voll Lauterbrunner Sagen. Wengen 1936. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Blüemlisalp (Turtmann)

Source: Die Blüemlisalp (Turtmann)

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Wo jetzt der Turtmanngletschce das Tal nach Süden abschliesst, war einst die blütenreiche Blüemlisalp, die schönste des ganzen Tales. Dort führte ein Senn mit einer Tochter namens Kathrin ein sündhaftes Leben. Der alte, blinde Vater wurde abscheulich behandelt; man strich ihm sogar Kuhmist statt Butter aufs Brot. In einer fürchterlichen Gewitternacht befahl der Senn dem armen Vater, das entfernte Vieh einzutreiben Der Vater gehorchte; aber ohne es zu wollen, kam er immer weiter von der Alpe weg, und die ganze Herde folgte ihm nach. Dann stürzten ungeheure Eismassen über die Alpen herab und begruben sie samt dem bösen Sennen, der Tochter Kathrin und dem kleinen, schwarzen Hunde des Sennen. Später sah man, wenn der Turtmannbach gross wurde, den kleinen, schwarzen Hund längs des Wassers hin und her laufen, und aus dem Gletscher hörte man rufen: «Ich und min Kathrin Müssen immer und ewig auf der Blüemlisalp sin!» TURTMANN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Blume des Dornachtals

Source: Die Blume des Dornachtals

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Der Sigrist der Kirche zu Arlesheim hatte eine liebliche Tochter Maria, genannt die Blume des Dornachtals. Der Burgvogt auf Schloss Birseck, Ritter Bodo von Ramstein, verliebte sich in sie, aber Maria, die den Bauernsohn Beno liebte, entzog sich ihm. Da besuchte Maria mit ihrer Mutter in Münchenstein deren erkrankte Freundin. Auf dem späten Heimweg überfielen wilde Gesellen die beiden auf Befehl des Vogtes, und die halbtote Maria wurde auf das Schloss gebracht. Dort bedrängte sie Bodo, aber vergeblich, und liess sie darauf ins Burgverlies werfen. Durch einen Hirtenknaben benachrichtigte sie ihren Verlobten, und dieser konnte bei Nacht ein Loch in die Mauer brechen und die Verlorengeglaubte befreien. Bodo aber wurde auf Birseck bei der Besichtigung des Schadens von einem herabstürzenden Stein zerschmettert. Als Beno mit seiner eben angetrauten Maria aus der Kirche trat, begegnete ihnen ein Trupp Reisiger, welche die schwarze Bahre mit dem toten Ritter nach seiner Stammburg Ramstein geleiteten. Reichenstein und Birseck Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Blümlisalp des Lötschentales

Source: Die Blümlisalp des Lötschentales

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Das weite Schneefeld hinter dem Dembachhorn war in alter Zeit eine prächtige fruchtbare Alp, die dem reichsten Bauern des Tales gehörte. Dieser hatte einen einzigen Sohn, und der war der Stolz der Familie. Als der Vater sich alt fühlte und der Sohn gross und stark geworden war, sandte er ihn hinauf auf die Alp und gab ihm Knechte und Mägde mit. Zum Abschied reichte er ihm die Hand und sprach ihm zu: «Sei willig zur Arbeit und hüte dich, das, was dir der Himmel schickt, mit vollen Händen wieder auszuwerfen!» Der Sohn gelobte es und reiste ab. Viele Jahre waren seitdem verstrichen; der Vater war alt und lebensmüde geworden und hegte den Wunsch, vor seinem Tode noch einmal auf die Alp hinaufzusteigen und zu sehen, wie die Wirtschaft geführt werde. Die Nachbarn hatten schon lange allerlei gemunkelt, wie man dort oben Verschwendung und lasterhaften Luxus treibe, aber der Bauer hatte den üblen Reden kein Gehör geschenkt, und sein Vertrauen auf den Sohn war fest wie zuvor. Mühsam und keuchend stieg er bergan, ruhte öfters aus, und als er die Hütten erblickte, da war er durstig und matt und froh, bald am Ziele zu sein. Die Alp strotzte von Fruchtbarkeit und das freute ihn; als er aber zu den Hütten kam, glaubte er seinen Augen nicht trauen zu dürfen. Die Treppen der Sennerei waren aus gelben Käslaiben gebildet; rings um die Hütten war der Boden mit Butter und Ziegerballen gepflastert; die Dächer waren statt mit Steinen mit Käsen beschwert, der Pferch mit mannshohen Zieger-stollen umzäunt und, o Graus! er sah die Sennen, wie sie mit schweren Butterballen nach Kegeln warfen und sich damit belustigten. Der Sohn hatte ihn seit geraumer Zeit erblickt und zeigte sich sehr unwillig über den Besuch. Erst nachdem der Vater mit dem Stock zweimal angeklopft hatte, kam er langsam heran, warf ihm einen bösen Blick zu und fragte trotzig, was ihn heraufführe. Der Vater sagte: «Nun, weiter nichts, aber jetzt gib mir zu trinken, denn ich habe Durst!» Da füllte der Sohn eine Schale mit Magermilch, streute Sand hinein und setzte sie dem Vater vor. Dieser setzte die Schale an, trank sie aber nicht aus. Er wischte den Mund mit dem Rockärmel‚ erhob sich, schritt wankend zur Tür hinaus und sagte in einem Tone, der aus gepresster Kehle stieg, er sei zum letzten Mal hier oben gewesen und werde ihn nicht mehr belästigen. Dann stapfte er eine Strecke weit bis ans Ende der Alp, kehrte sich um, ballte die Faust und rief mit einer Stimme, die durch die Felsen hallte: «Ihr Hügel und Berge, fallet nieder und decket meinen Sohn, seine Gefährten, die ganze Viehherde und alles, alles zu!» Da ging ein Ton durch die Lüfte, wie ein Stöhnen und Ächzen. Der Himmel verfinsterte sich, der Boden zitterte, Blitz folgte auf Blitz, Schlag auf Schlag. Ein dumpfes Sausen und Brausen näherte sich, schwoll an zu einem orkanartigen Sturm, und nun senkte sich die Spitze des Dembachhornes, zerschellte im Aufschlagen in tausend und abertausend grosse und kleine Blöcke, eine gewaltige Steinlawine rasselte nieder und begrub die blühende Alp unter Schutt und Trümmern. Die Hütten und die Herden samt den fetten Alpwiesen, der undankbare Sohn, die Knechte und Mägde, alles, alles war spurlos verschwunden, untergegangen im Trümmermeer. Der Vater stand da, in schauerliche Lust versunken, doch als er die Verwüstung sah, zitterte ihm das Herz in der Brust, und er trat betrübt den Heimweg an. Er konnte nie mehr froh werden, sein Fluch gereute ihn, und er ist bald darauf vor Jammer und Herzeleid gestorben. Quelle: Johannes Jegerlehner: Walliser Sagen, Hans Feuz Verlag Bern, 1959   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Blümlisalp des Turtmanntales

Source: Die Blümlisalp des Turtmanntales

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Wo der Turtmanngletscher an sonnigen Tagen blinkt und gleisst, als ob er pures Silber wäre, stand früher die schönste und grösste Alp des Hochtales, die Blümlisalp. In der Hütte lebte ein glückliches Sennenpaar mit seinem Töchterlein, das in aller Sorgfalt erzogen wurde. Die Tochter tat den Eltern zu Gefallen, was sie nur konnte, und als sie gross geworden, gedachte sie zu heiraten, damit die Eltern an ihrem Schwiegersohne eine wackere Stütze bekämen. Da die Eltern sehr vermöglich waren, fehlte es der Tochter nicht an Werbern. Sie wählte sich den flottesten der jungen Männer aus, ohne darauf zu sehen, ob er auch zu ihr passe und sie glücklich machen könne. Das junge Paar bezog eine Hütte, die der Vater eigens gezimmert hatte, und nun lebten sie einige Jahre im schönsten Frieden. Bald aber kamen die Jahre, von denen man wünscht, dass sie nie kommen möchten. Die Mutter starb, und der Vater war alt, gebrechlich und blind geworden. Der Schwiegersohn hatte kein Herz für den alten Mann, schob ihn überall bei Seite, gab ihm nur knapp zu essen und wünschte ihn unter den Boden. Da liess der Vater aus dem Rhonetal eine junge, kräftige Magd kommen, namens Kathrin, zog sich in seine Hütte zurück und lebte nun ganz für sich. Aber da wurde es erst recht schlimm. Der junge Ehemann bekam bald mehr Gefallen an der Magd, als an seiner Frau, die immer treu zum Vater hielt, ihn in Schutz nahm und ihm heimlich manchen guten Bissen zusteckte. Er behandelte die Kathrin mit der ausgesuchtesten Zärtlichkeit, wurde immer höflicher mit ihr, und mit seiner Frau immer gröber und unfreundlicher. Der Magd stieg die Bevorzugung durch den Sennen zu Kopf; sie behandelte den alten Vater wie ein Tier, strich ihm Kuhmist statt Butter aufs Brot und drohte ihm mit Stockschlägen, wenn er sich bei der Tochter beklage. Der Hund Rein, den sie mit heraufgebracht hatte, erhielt bessere Kost und Pflege, als der blinde Vater. Dieser wollte die Magd fortjagen und ihr den Lohn entziehen, aber sie lachte ihn nur aus und blieb, da der Schwiegersohn sie entschädigte und es ihr an nichts fehlen liess. Eines Tages verabredeten der Senne und die Magd Kathrin, den alten Nichtsnutz, wie sie ihn nannten, um jeden Preis los zu werden. In einer schrecklichen Gewitternacht ging der Senne in die Hütte des Vaters, weckte ihn und befahl ihm, hinauszugehen und das Vieh einzutreiben. Er dachte, der Vater werde im Sturmwetter irgendwo zu Tode stürzen oder liegen bleiben und erfrieren. Der blinde Mann gehorchte, griff zum Stabe und tappte in die stürmische Nacht hinaus. Die Tochter aber erbarmte sich ihres Vaters, verliess das Haus und ihren Mann und begleitete den wankenden Greis. Sie erreichten bald die Herde, die unter den Tannen und Felsblöcken Schutz gesucht hatte, konnten aber im Sturme den Weg zu den Hütten nicht mehr zurückfinden. Sie liefen immer zu, getrieben vom Unwetter, die Herde folgte ihnen, und sie entfernten sich immer mehr von der Blümlisalp. Die Alp haben sie nie mehr gesehen, weder die Hütten, noch den Sennen, noch die Magd Kathrin und den Hund. In derselben Nacht ist alles unter den herunterstürzenden Eismassen begraben worden. Wenn im Frühjahr die Bäche schwellen und die Turtmännin wild daherbraust, sieht man den Hund an den Ufern unstät hin und her laufen, und aus den Eisspalten des Turtmanngletschers, der die Blümlisalp zugedeckt hat, tönt es bald kläglich, bald wimmernd und heulend: «Ich, min Hund Ryn und min Buhl Kathrin', Müssen ewig und ewig z’Blu"mlisalpen syn!» Quelle: Johannes Jegerlehner: Walliser Sagen, Hans Feuz Verlag Bern, 1959   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Blümlisalpsage

Source: Die Blümlisalpsage

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a) Die Klaridensage wiederholt sich mit geringen Änderungen auf der urnerischen Blümlisalp, einem muldenförmigen, mit Schnee und Eis erfüllten Tale auf dem Uri-Rotstock. Der gegen seine Mutter hartherzige, gegen die Liebste aber verschwenderische Senn habe sogar seine schönste, nämlich die Treichlenkuh, christlich getauft und sie Bäbi genannt. Sogleich wurde die ganze schöne Alp in einen traurigen Firn verwandelt und die Kuh gab seither ganz »schwarz-zäggeti« Milch. Noch soll sie wandeln auf dem Firn und von Geistern gemolken werden. Am Karfreitag, während in der nächsten Kirche Passion gelesen werde, lasse sie, ganz zahm auf dem Firn dahergehend, sich sehen. Würde sie um diese Zeit gemolken, bis sie weisse Milch gäbe, so wäre sie erlöst, der Firn ginge weg, und die Alp stünde wieder grasund blumenreich da. Ein entschlossener Bauer habe das einst probiert und sei mit einem grossen Eimer, Melkstuhl und Melckschmutz an die Kuh hin, die sich friedlich dazu gestellt habe. Das Euter war warm, die Milch schwarz und »zäggät«; bald wurde das Euter wärmer, die Milch braunrot, dann jenes heiss, diese rot. Endlich erreichte das Euter die Glühhitze, und schon spielte die Farbe der Milch ins Rosenrot hinüber, der Melkschmutz war ihm aller zerronnen. Nur noch ein wenig ausgeharrt, mein Senn! Doch leider, die Hitze war ihm zu gross, er sprang fort. Das arme Tier, der Erlösung so nahe, fiel um und sprang wieder auf, brüllte und heulte verzweiflungsvoll. b) Die Liebste hiess Margryth; sie wohnte im Boden und besuchte fleissig den Senn auf der Blümlisalp. Auch des Senns Mutter kam einmal mit dem Handbräntli, um Milch zu heischen. Aber der ungeratene Sohn gab ihr keine. Eines Tages unterliess Margryth den versprochenen Besuch; da wurde der Senn vom Zorne übermannt und schrie: »Verflüechti Hüer Margryth!« In diesem Augenblick ging die Alp mitsamt Senn, Kuh und allem Vieh zugrunde. Von der verwünschten Alp her hört man zu gewissen Zeiten eine Stimme rufen: Ich und my Hund Parys und my Chüeh Brändi und my Liäbsti Margryth Miänt immer und ewig i Bliämlisalp sy. Marie Ziegler c) Dem Küher wurde geoffenbart, er solle mit dem Sennten fliehen, ausgenommen die Kuh Brändi, denn die Alp werde untergehen. – Als es so furchtbar schneite und tat, nahm der Senn mit der Liebsten Kathry das Chessi über sich, und sie wollten fliehen. Aber es gelang ihnen nicht. »Der Sänn und sy Kathry miänt etz immer und ewig z'Bliämlisalp underem Chessi sy.« – Die Geisterkuh hat dornige Strichen und gibt sieben Melchteren voll Milch. Alljährlich am Karfreitag während der Passion oder am Christfest in der Heiligen Nacht während des Gottesdienstes erscheint sie, und wenn sie einer, ohne ein Wort dabei zu sagen, sauber ausmelken würde, so würde der Senn erlöst und die Alp in ihrer alten Herrlichkeit erstehen. Einer probierte es. Bei der siebenten Melchteren kam ein schwarzes Hündlein und wollte von der Milch lappen. »Hüss!« sagte der Melker, und die Kuh war fort. Mich. Imhof d) Der Melker, über die Menge der Milch verwundert, sagte: »E, wevel Milch!« e) Am Karfrytig underem Passion gäbs de da neiwä-n-äs abers Plätzli, und da chennt mä de diä Chüeh mälchä. Anton Huber f) Wenn einer die Kuh milkt, ohne an etwas anderes als an das Melken zu denken . .... Hätte der Melker den Hund saufen lassen, bis er geborsten wäre, so hätte er den Senn erlöst. Frz. Jos. Zwyssig g) Die Mutter wurde vom Senn mit saurer Schotte und »Mürägsims« (Kalk und allerlei Dreck von einer Mauer) bewirtet und verwünschte ihn deshalb, und als sie die Alp verliess, folgte ihr das ganze Alpsennten mit Ausnahme einer einzigen Kuh, Bliämi genannt. (Nichts von der Taufe.) Die Alp mit dem Senn, seiner Liebsten und der weiss und rot gefleckten Kuh Bliämi wurde eingeschneit. Der Senn mit der Liebsten und dem Bliämi müssen auf dem Firn wandlen. All z'alten Mittwoch kommt der Senn mit dem Bliämi zum Vorschein und ruft: »Wenn einer neun Melchteren vom Bliämi melken kann, ohne etwas dabei zu denken, so bin ich und meine Hur Anna-Kathry erlöst.« Aber das Bliämi ist nicht gut melken, denn es hat dornige Strichen von Holz. Einer probierte es; aber bei der neunten Melchteren dachte er: »E, diä Chüeh gitt neiwä vill Milch!« und alles war verschwunden. Hans Aschwanden h) Bliämlisalp ufem Uri-Rotstock, das isch än Alp gsy, wiämmä niänä-n-ä keini meh findet, vo Bliämlänä, diä sind leetigs Milch gsy. Drymal im Tag hennt s' miässä mälchä. Und darnah hennt sy mit Chäs und Ankä g'stäget. Und uff das het's afah schnyä. Und der Sänn het wellä fliäh und het miässä midem Chessi under der Hittätirä blybä. Ä Chuäh isch au neiwä dertä gsy; diä heig Bliämli gheissä; aber was mit deerä gsy isch, weiss ich nit, bastä, sy het au miässä underem Firä blybä. M. Josefa Aschwanden, Sisikon Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Blut-Buchen

Source: Die Blut-Buchen

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In Val Castiel bei Untervatz, an dem Felsgelände, stehen zwei alte, dicke, hochstämmige Buchen, ganz nahe beieinander. Ihre Blätter sind rot, wie Blut, und am Fusse einer jeden sitzt eine riesige Kröte. - Diese scheusslichen Amphibien mit ihrem platten, runzligen Rücken, aufgeblasenen Seiten und »Tatsch«-Füssen glotzen einander an. Sie strengen sich an, sich zu nähern; ihr Bemühen ist aber vergeblich, sie können nicht vom Flecke weg; wie angenagelt müssen sie auf ihrer Stelle bleiben. - Nähert ein menschlicher Fuss sich ihnen, so dehnen sie furchtbar sich aus, schwellen zu hässlichen, schauererregenden Klumpen an, und schreien dabei ihr scheussliches »Uo, Us«. Von diesen zwei Kröten und den Buchen geht folgende Sage: Einige hundert Schritte weiter, gegen das Tobel hin, sieht man Spuren ehemaliger Köhlerhaufen. Dort wohnte vor langer, langer Zeit ein Köhler mit seiner jungen, engelschönen Frau. Diese anmutige Evas- Tochter hatte den schwarzen, plumpen Holzbrenner desshalb zur Ehe nehmen müssen, weil sie, als Tochter des Abdeckers, keinen ehrbaren Liebhaber bekommen hätte, indem das Vorurteil gegen ihre Abstammung jeden ordentlichen Freier abhielt, um sie zu werben. Dort, wo nun die beiden Buchen und Kröten sind, stand zur Zeit des Köhlers ein schmuckes, gut eingerichtetes Häuschen. Darin wohnte ein schöner, schlank gewachsener Mann, der seine fünfunddreissig Lenze zählen mochte; klangvoll war seine Stimme, und einnehmend sein ganzes Wesen.- Man wusste nicht, woher er gekommen, und was er trieb. Dem Köhler war nun die Nachbarschaft dieses Fremden nicht wohl ge­legen, indem er zu seinem Leidwesen inne wurde, dass Derselbe nur desshalb in der Nähe seiner russigen Hütte heimisch sich niedergelassen habe, um sein schönes Weib in Fallstricke zu ziehen, - und, - lange ging es nicht - fand er seinen Argwohn nur zu sehr bestätigt. Doch liess er seinen Ingrimm darüber nicht merken. Die Axt in der russigen Faust schlich er sich in die Wohnung seines Nebenbuhlers, als seine Frau einstens wieder nach dem Dorfe hinunter gegangen war, um Lebensmittel zu holen, und auf dem Rückwege dem Fremden, ihrem Nachbarn, den gewohnten Besuch abzustatten, - und zerschmetterte, Angesichts der Untreue seines Weibes, dem Fremdlinge den Kopf, dann erschlug er auch sie selber. Die Stätte des Fluches brannte er nieder, und warf am Fusse zweier ganz jungen Buchen Gräber auf, in welche er, in das Eine den erschlagenen Fremdling, in das Andere sein, von ihm selbst gemordetes Weib verscharrte; dann stampfte er die, auf den Gräbern aufgehäufte Erde mit dem Fusse fest. - Von dieser Zeit an färbten sich die Blätter der bei den Buchen blutrot, und zwei ungeheure Kröten legten sich am Fusse ihrer schlanken Stämme breit. - Nachdem aber in der Folge weder der Fremdling noch die schöne Köh­lerin mehr im Dorfe gesehen wurden, zudem auch des Fremden Wohnung abgebrannt war, schöpfte man Verdacht gegen den Köhler. Der wurde eingezogen, und gestand im peinlichen Verhöre Alles, was der Fremdling, sein Weib, und er selber getan. - Das Urteil ward schnell gefallt, er aufs Rad geflochten, sein zerquetschter Leib in Asche verwandelt, und Diese nach den vier Winden ausgesäet. - Wenn nun in grauser Nacht das schauerliche »Uo, Us« der beiden Kröten und aus einer Höhle in den Felswänden das geisterartige, erschreckende »Hui, Hu« eines riesigen Uhu\'s ertönt, dann sagt und weiss Jedermann: »Das sind die beiden Unglücklichen und der »Kohlen-Joggeli..« Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Blutbuche bei Buch am Irchel

Source: Die Blutbuche bei Buch am Irchel

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Die Blutbuche bei Buch am Irchel Im Gebiet der Gemeinde Buch am Irchel befindet sich auf dem niederen Stammberge eine stattliche Blutbuche, die zu den interessantesten Baumgestalten Europas gehört. Ihre Eigenart liegt darin, dass im Frühling, zur Zeit des Himmelfahrtstages, das zarte Grün der Blätter in eine leuchtendes Rot übergeht, das dem Baume ein auffallendes, fast magisches Aussehen verleiht. Um Pfingsten färbten sich die Blätter neuerdings grün, und von nun an heben sich diese vom Buchenwald der der Umgebung nur noch unmerklich dunkler ab. Von dieser Buche erzählt man sich folgende Begebenheit: In einer schweren Hungerszeit starb alles weit und breit bis auf drei Brüder. Die nährten sich kümmerlich von Wurzeln. An einem Frühlingstage erhaschten sie eine Maus, die sie zu verzehren gedachten. Nach langem Streite einigten sie sich, dass der jüngste der Maus das Blut aussaugen, die beiden andern das Fleisch geniessen durften. Aber der erste fuhr mit der Maus so hastig an den Mund, dass sie ihm die Halsröhre hinabrutschte. Er starb daran. Der Hunger riss die andern hin, den Leichnam zu verzehren. Einige Tropfen des noch warmen Blutes besprengte dabei die Blätter einer jungen Buche. Bald hernach bereuten die Brüder ihre Tat, so dass sie an derselben Stelle zu sterben beschlossen Ein Jäger fand sie und erfuhr aus ihren letzten Worten ihr Schicksal. Man bestattete sie rund um den Buchensprössling, an welchem die Bluttropfen klebten. Im Frühjahr sprossen noch zwei weitere Buchen an diesem Orte auf, und sie brachten ebenfalls Blätter mit roter Farbe hervor. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Winterthur und Weinland 1. Abschnitt wörtlich aus Stauber, S.73; das Übrige leicht gekürzt aus Herzog I, Nr.226. Weitere Quellen: Meyer v. K., S. 14; Reithard, S. 149, mit der Variante: Der eine Bruder tötet den andern aus Zorn, dass dieser die Maus allein gegessen. Der Mörder flieht, doch überall hört er rufen „Kain, Kain!“. In der Verzweiflung stürzt er sich in die Töss. An der Stelle des Hüttleins der Brüder wuchs eine Buche, die allemal am Todestage der Brüder rotes Laub bekommt. Kohlrusch, S. 298 (nach Rueb mitgeteilt). „Die älteste geschichtliche Nachricht vom Bestehen dieser Blutbuche“ - so schreibt E. Stauber S. 73 - „geht ins Jahr 1680 zurück, da der Stadtarzt Wagner in einem Werke von drei Buchen mit roten Blättern berichtet. Noch um die Mitte des 18. Jahrhunderts standen diese drei seltsamen Bäume; später aber gingen zwei ab.“ Auch dem Naturforscher J. J. Scheuchzer waren die drei Blutbuchen bekannt. Er, der an der „Entzauberung der Welt“ massgeblich beteiligt war, erwähnt sie in seinen „Naturgeschichten des Schweizerlandes“, 1706, Bd. 1, S. 2, und betrachtet die daran gebundene Sage kritisch: „In grössere Verwunderung aber sol uns setzen, was die Beywohnere über eine so ungewohnte Sach vernünftelen. Sie geben vor, dass vor Zeiten fünf, andere vier, Brüder sich unter einander auf eben diesem Platz ermördet, und seyen auss gerechter Verhängnuss Gottes fünf solche mit Blutstropfen besprengte Buchbäume allda aufgewachsen, zu einem währenden Gedenkzeichen einer so greulichen That. Hierinn bestehet der Bauren ganze Philosophey, die zum öfteren nicht zu verwerffen. Diess Ohrts aber fehlet ihnen und uns an genugsamer Zeugnuss, diesere Geschicht beglaubt zu machen. Es weisst niemand etwas von der Zeit, wann sich dise Mordgeschicht solle zugetragen haben, oder von den Thäteren selbs, oder von anderen zur Wahrheit einer Histori nöthigen Umständen. Gleichwohl ist diss gewiss, dass die jetzt lebenden Bauren solche Fabel nicht ersinnet haben, sondern von ihren Voreltern als eine Tradition ererbet haben.“ Schon zu Scheuchzers Zeiten führte Buch die rote Buche im Wappen, und der Gelehrte meint dazu, man könne auf den Gedanken kommen, dass dieser Ort seinen Namen von den roten Buchen herhabe. Behandlung der botanischen und historischen Aspekte von J. Jäggi, Die Blutbuche zu Buch am Irchel (Neujahrsblatt der Naturforschenden Gesellschaft 1894). Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die blutenden Knochen

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Auf dem Rodontboden am Gotthard hat einst ein Säumer aus dem Kanton Tessin seinen Kameraden erschlagen und verlochet. Es sind aber eine Masse Jahre seither. Später passierte der Tessiner mit seinem Schlitten wieder einmal die Stelle der Mordtat und dachte, er wolle die Gebeine des Erschlagenen doch auf geweihte Erde verbringen. Er grub ihn also aus, tat ihn in einen Sack und lud ihn auf den Rücken. Aber wie er ihn auf den Rücken nahm, fing es an, aus dem Sack zu bluten, und es blutete auch noch, als er im Dorfe Eriels anlangte. Wie es weiter gegangen, weiss ich nicht mehr. Marianna Schmid, 77 Jahre alt, Hospental Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die blutenden Knochen (Nachtrag)

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Auf dem Rodontboden am Gotthard hat einst ein Säumer aus dem Kanton Tessin seinen Kameraden erschlagen und verlochet. Es sind aber eine Masse Jahre seither. Später passierte der Tessiner mit seinem Schlitten wieder einmal die Stelle der Mordtat und dachte, er wolle die Gebeine des Erschlagenen doch auf geweihte Erde verbringen. Er grub ihn also aus, tat ihn in einen Sack und lud ihn auf den Rücken. Aber wie er ihn auf den Rücken nahm, fing es an, aus dem Sack zu bluten, und es blutete auch noch, als er im Dorfe Eriels anlangte. Wie es weiter gegangen, weiss ich nicht mehr. Marianna Schmid, 77 Jahre alt, Hospental Mit einem Axthieb auf den Kopf erschlug ein Schattdorfer Bursche seinen Nebenbuhler und flüchtete sich in die Fremde. Den gespaltenen Schädel bewahrte man in einer Mauernische ob dem Kirchenportal auf. Nach vielen Jahren kehrte der Mörder in sein Heimatdorf zurück. Niemand kannte ihn mehr. Als er zur Kirche ging, fiel der verhängnisvolle Schädel aus der Nische herunter, rollte ihm an sein Schienbein und fing nach dem Anpralle sogleich an zu bluten. Das erschütterte den Missetäter dermassen, dass er hinging und sich selbst dem Gerichte stellte. Fr. Zgraggen-Scheiber, 76 Jahre alt, Spillmatt   Lustig vor sich herpfeifend marschierte ein Alpler von Rindermatt her durch die Alp Wyssenboden, um nach Bürglen an die Kilbe zu gehen. Mit seinem Gstiftsstecken stupfte er von Zeit zu Zeit in den Boden, bis einmal zu seinem nicht geringen Erstaunen am Stift ein Totenschädel hängen blieb, den er nicht mehr los werden sollte, bis er zu Bürglen beim Gasthaus zum Tellen noch einmal einen Versuch machte, ihn wegzuschleudern. Und jetzt auf einmal gelang es, und der Schädel rollte gerade an die Füsse eines fremden Herrn, der die Gasse heraufkam, und fing nun sofort an zu bluten. Diese Erscheinung erregte Aufsehen, der Herr wurde angehalten und gestand, der N.N. von Bürglen zu sein, der in seinen jungen Jahren einen ermordet und im Wyssenboden verlochet habe, dann in die Fremde geflüchtet und jetzt nach 30 Jahren wieder zurückgekehrt sei. Seiner Strafe entging er nicht. – »Nach 30 Jahren kommt jedes Verbrechen an den Tag«, sagen die Alten. Jos. Gisler, 61 Jahre alt, Altdorf Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Blutstreifen

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Wenn man aus dem Domleschger Tale gegen Reichenau wandert, wo die beiden jungen Rheine sich vereinigen, und hinüberblickt an die Gebirgskette, welche die Scheidewand zwischen Graubünden und den Kantonen Glarus und St. Gallen bildet, so fällt der Blick auf einen gewaltigen Stein, der über den zu Flims gehörigen Höhen Fidaz hervorragt und sich an die dahinter liegenden höhern Bergrücken anlehnt. Dies ist der Flimserstein, auf welchem drei Alpen liegen und wo an 200 Kühe jährlich übersommert und gemolken werden. Auf drei Seiten hat der Stein unzugängliche schroffe Wände. In der Mitte der vordern dem Tale zugewandten Seite sieht man aus viele Stunden weit rote Streifen sich über die senkrechte, mehrere hundert Schuh hohe Wand herunterziehen. Der Wanderer fragt verwundert nach dem Ursprünge dieser Streifen an der grauen Kalkfelswand. Wer nicht genauer unterrichtet ist, wird glauben, es sei ein rötlicher, eisenhaltiger Niederschlag eines Wassers, das unter der Erdrinde auf der Krone des Steines hervorquillt und über die Felswand herunterrinnt. Die Sage gibt aber andern Aufschluss. In alten Zeiten führten die Bewohner des bündnerischen Oberlandes und die Glarner öfters Fehde gegen einander. Da begab es sich einmal, dass die Glarner über das Gebirg hereinzogen, die Alpsennen und Hirten auf dem Flimserstein überfielen und ihre schönen Kühe als Beute forttrieben. Einer der Sennen eilte hinaus auf den Rand des Steines und blies in das Alphorn um Hülfe, so heftig, dass ihm seine Brust zersprang und er sterbend niedersank. Das Blut, das aus seiner Brust quoll, rieselte über die Felswand herab und färbte sie rot, und weder Regen noch Sonnenschein können diese Blutstreifen bleichen und verwischen. Sie sollen und müssen rot bleiben zum ewigen Andenken an den treuen Senn, der es sich so sehr angelegen sein liess, die Eigentümer der Kühe im Tal von der Gefahr und dem Raube zu benachrichtigen. Sein Hülferuf war vernommen worden. Einige rüstige Männer machten sich alsbald auf und setzten den Räubern nach. Diese taten sich im glarnerischen Dorfe Elm gütlich und liessen unterdessen die geraubten Kühe auf einer Wiese weiden. Die Bündner näherten sich in der Dunkelheit der Nacht und nahmen, während die Räuber zechten, den Kühen die Schellen ab, hängten sie alle der Heerkuh an und trieben dann im Stillen die ganze übrige Herde wieder zurück über das Gebirg. Die Räuber, welche alle Schellen fortwährend tönen hörten, glaubten alle Kühe seien beisammen und erst bei Tagesanbruch gewahrten sie zu spät ihren Irrtum und sahen zu ihrem grossen Ärger eine einzige Kuh über und über mit Schellen behängt auf dem grünen Wiesenplan weiden. Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Bluttat von Greifensee

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Die Bluttat von Greifensee Nach der Einnahme der Burg Greifensee im alten Zürichkrieg durch die Eidgenossen wurde die Besatzung durch die Kriegsgemeinde zum Tode verurteilt und alsbald auf eine Matte bei Nänikon geführt. Umsonst hatte sich ein Teil der Eidgenossen für die Gefangenen gewehrt, umsonst auch flehten die Angehörigen um Gnade. Als erster empfing Hauptmann Wildhans von Breitenlandenberg den Todesstreich. Nach der Erzählung des Chronisten Gerold Edlibach kam alsbald „ein wundersamer, schneeweisser Vogel gleich einer schönen Taube“ geflogen, nach der folgenden Hinrichtung ein zweiter Vogel; die flogen ob der Walstatt hin und her. So ging es bei jeder weiteren Enthauptung; die Vögel flogen um die Leichen. Man stellte die Häupter in einen Kreis zusammen; an der Stelle wuchs von nun an kein Gras mehr. Nach der grausigen Tat holten Leute von Uster die Toten in Bännen und Karren zur Bestattung ab, wobei die Tauben im Fluge den Zug begleiteten. Von nun an soll alle Jahre am Tage der Bluttat auf dem Platze der Hinrichtung nachts ein geisterhafter Zug gesehen worden sein, welcher, den grausamen Ital Reding in der Mitte, dreimal den Platz umschwebte und dann mit einem schaurigen Schrei verschwand. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Wörtlich aus Stauber, S. 54. Seine Quelle: Gerold Edibach; Mem. Tig. 1742, S. 191; Herzog I, Nr. 231; Reithard, S. 156, hat folgende Ausschmückung des Motivs der Seelentauben: Die Toten stehen auf und umringen Reding, indem sie den Kreis, wo die Köpfe der Enthaupteten lagen, dreimal umwandeln. In starren Händen halten sie ihm ihre Köpfe entgehen, derweil das vergossene Blut in Flammen auflodert. Dann wandeln sie ins Schloss zurück; dieses versinkt. Der Flammenkreis verengt sich um Reding, welcher vom Feuer verzehrt wird. Während der ungerechte Ritter verbrennt, dröhnt eine schauerliche Stimme über das Ried, die Ital Reling grausam verflucht.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Böcke

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Die Böcke Im Kriege gegen die Eidgenossen taten sich in der Stadt Zürich etliche frische und redliche Kriegsknechte hervor. Die nannte man die Böcke. Die waren selten daheim, sondern sie trieben sich die meiste Zeit in den Gebieten der Eidgenossen herum, die die Stadt belagerten, und fügten Ihnen mehr Schaden zu als die ganze Kriegsmacht, die in der Stadt lag, indem sie raubten, brannten und Leute gefangen nahmen. Einmal zogen ihrer sechzehn aus, und als sie nach Altstetten kamen, begegneten sie sieben Mann, die drei Wagenladungen Wein führten, der für das Berner Lager bestimmt war. Sie fingen die sieben Fuhrleute und führten den Wein samt den Gefangenen durch die Lager der Eidgenossen hindurch in die Stadt, ohne dass ihnen etwas geschehen wäre. Sie liessen den Wein ausrufen und schenkten ihn auf der niederen Brücke beim Rathaus aus. Er schmeckte jedermann wohl, denn er war recht gut. Nicht lange drauf fingen die Eidgenossen drei redliche Zürcher; die tauschte man gegen die Weinführer aus. Einmal zogen die Böcke und mit ihnen einige mutwillige Gesellen über den Albis ins eidgenössische Gebiet hinein und stahlen da mehr als vierzig Stück Hornvieh. Sie trieben es . . .  durch das Lager der Feinde in die Stadt, und es geschah ihnen kein Leid. Im Konstanzer Frieden wollten die Eidgenossen die sechzehn Böcke vom Friedensvertrag ausschliessen. Sie verlangten auch von der Zürchern, dass sie ihnen die Heimkehr nicht gestatteten und ihnen auf keine Art helfen durften. Das lag nun den Zürchern schwer auf, dass sie jene, die der Stadt so viel Gutes getan und sich so ehrlich gehalten hatten, im Stiche lassen mussten. Die Böcke aber sprachen . . .: „Lasst es euch nicht dauern . . . Wir wollen uns selbst wieder helfen. Wir kennen so viele Wege und Stege, Schliche und Ränke gegen die Eidgenossen, dass wir sie noch dazu bringen, dass sie nach Frieden schreien müssen und nicht wir.“ Sie nahmen Schlossrecht auf Hohen Krähen. Landammann Fries von Uri hätte den Gesellen gern geholfen. Sie kamen zu ihm und baten um seinen Rat. Der sprach: „Liebe Gesellen, ist wegen euch manches versucht worden; es will alles nichts helfen. Ich weiss euch nichts besseres zu raten, als dass ihr schaut, einen bekannten und geachteten Eidgenossen zu fangen und auf Hohen Krähen zu führen. So wird man von eurer Sache wieder reden müssen!“ Die Gesellen bedankten sich für den guten Rat . . . Einige Zeit darauf kundschafteten die Böcke aus, dass eben jener Ammann von Uri nach Zürich auf den Markt wollte und mit dem Pfäffiker Nauen nebst andern Marktleuten den See hinab fuhr. Bei Meilen hielten sie, wohl bewehrt und bewaffnet, mit zwei starken Weidlingen das Marktschifff an. Mit gespannter Armbrust befahlen sie, still zu halten, es sei ein Mann auf dem Schiff, den sollten sie herausgeben oder sie müssten alle sterben Da merkte der Ammann von Uri wohl, dass es um ihn zu tun war und sprach: „O, ihr Gesellen, euch ist gut geraten; aber ich meinte nicht, ihr müsstet es an mir versuchen!“ Er stieg zu ihnen ins Schiff und sie führten ihn auf die Hohen Krähen. Dort schrieb er denen von Uri und den anderen Eidgenossen, sie sollten ihn befreien Der Landammann wurde wirklich befreit, und die sechzehn durften auch heimkehren. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Nach Brennwald, ins Neuhochdeutsche übertragen, mit Kürzungen.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Böcke von Hohenkrähen

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Zur Zeit des alten Zürichkrieges, den die unternehmungslustigen Zürcher mit den Schwyzern und ihren Eidgenossen um die Erbschaft des Grafen von Toggenburg führten, tat sich auch eine Gesellschaft in der arg bedrängten Stadt zusammen, die ihr eine gute Wehr und Ehr und dem Feinde ein großes Ärgernis war. Diese Gesellschaft, die sich aus den sogenannten Schildnern zum Schneggen zusammentat, nannte man außerhalb die Böcke. Diese Böcke nun, die lauter junges Mannsvolk waren, wussten ihrer Streitfreudigkeit und Lust zu gewagten Streichen kaum genug zu tun. Die Hirten der Bergländer, die mit der Stadt im Kriege lagen, hassten sie denn auch inbrünstig. Niemand hatte ihnen hinterrücks so manche Fuhre essbarer, guter Sachen und freudenspendender Weine weggeschnappt, wie diese geschwinden Böcke. Und niemand nahm ihnen mit List und guter Art oder mit bissigem Schwert so manchen fetten Fang Vieh und dergleichen wieder ab, wie diese anschlägigen Jungburschen. Als es daher zwischen Zürich und den übrigen Eidgenossen endlich zu einem festen Frieden kam, wollten die Eidgenossen die Böcke, durch die sie so viel Spott, Unbill und Abbruch erlitten hatten, nicht mit in das endgültige Verkommnis aufnehmen. Was auch die Räte von Zürich redeten, und wie ihnen auch etliche der ihrigen zusprachen, die Bergländer, und vor allem das eigenköpfische, eiserne Volk der Schwyzer, wollten sich mit den Böcken niemals versöhnen. Also mussten die Räte und Regenten von Zürich, gern oder ungern, wollten sie den ersehnten Frieden haben, ihre lieben und besten Söhne, die Böcke, hievon ausnehmen. Es blieb ihnen kein anderer Ausweg, als sie bis auf bessere Zeiten zu verbannen. Doch die lebensfreudigen Böcke beschlossen, sich mit Anstand in die Sache zu finden und auf Gott und ihren Witz zu vertrauen, der sie schon wieder aus der Klemme bringen würde. So kauften sie denn, da sie lauter hablicher Leute Söhne waren, die luftig gelegene Burg Hohenkrähen im Schwabenlande, unweit des Rheins. Dort richteten sie sich häuslich ein und vertrieben sich die Zeit mit all den Dingen und Einfällen, die einer gesunden und sorglosen Jugend eigen sind. Trotzdem sie nun so ziemlich alles hatten, was man zu einem behaglichen Leben braucht, und wovon wohl das Jungsein das köstlichste ist, wurde ihnen nach und nach die Zeit lang. Und je leichtlebiger sie den Tag vertaten, desto mehr begann er sich zu strecken, und desto öfters fingen sie an, verstohlenerweise, aneinander vorbei, nach den heimatlichen Höhen und Bergen sehnliche Ausschau zu halten. Schließlich übernahm sie alle ein mächtiges Heimweh, was sie sich denn auch offen eingestanden. Und als sie nun einmal so weit waren, verleidete ihnen ihr fester Guckaus, so hoch und weit er in die Lande schaute, immer mehr, und zuletzt vermeinten sie’s außerhalb ihrer heimatlichen Stadtmauern nicht eine Stunde länger aushalten zu können. Aber was sie auch erdachten, alles wollte auf kein gedeihliches Ende zielen. Aus der Stadt Zürich aber, wohin sie sich immer wieder wandten, wusste man ihnen auch keinen bessern Trost zukommen zu lassen, als die Mahnung, sie sollten sich in Gottesnamen schicken, bis ihre Feinde in den Bergtälern den Hass und Widerwillen gegen sie vergäßen. Da hätten sie aber lange warten können, denn was einmal sich in diesen Bauernköpfen drin festgesetzt hatte, blieb auch sitzen, und ließen sich also die feindseligen Gedanken weniger draus vertreiben als eine in Eisen starrende Kriegerschar aus den vier Mauern einer Bergfeste. Alle gütlichen Vorstellungen, die ihnen die Böcke machten, waren für die Katz. Obwohl die Böcke nun keine Furcht kannten und sich wohl in ihre Stadt heimzukehren getraut hätten, ließen sie’s doch bleiben, weil sie ihr Wort gegeben hatten. Das aber band sie an ihr Schloss, das ihnen mit jedem Tag zuwiderer wurde, also dass sie zuletzt weder im Becherlupf, noch Weidwerk oder sonstigem Betrieb sich zu erheitern vermochten. Eines Tages aber machten sich etliche aus dieser verbannten Schar auf. Sie setzten über den Rhein und ritten talauf, talab durch die vorösterreichischen und schweizerischen Lande, bis sie an den See der vier Waldstätte kamen. Von dort ließen sie sich in einem schweren Nauen von Brunnen nach Flüelen bringen. Und als sie nun in Altdorf, dem schönen urnerischen Hauptorte, unter den gähen Abstürzen des Bannwaldes anlangten, besuchten sie den Landammann Fries, der ihnen als ein biderber, hochverständiger Eidgenosse bekannt war. Der alte Landammann empfing sie denn auch freundlich, und trotz dem Unwillen der andern Hirtenkönige im Dorf wagte er’s, sie wahrhaft gastfreundlich zu bewirten. Bevor sie aber von ihm schieden, berieten sie ihn und fragten, was er wohl meine, was sie tun sollten, um wieder mit Glimpf und Ehre in ihre Stadt Zürich heimzukommen, da sie lieber sterben als ihr zeitlebens fern sein möchten. Der alte Kriegsmann sann eine Weile nach, alsdann riet er ihnen, sie sollten einen besonders angesehenen Eidgenossen aus den Bergtälern auf irgend eine Weise zu fangen suchen, ihn auf ihren Stein nach Hohenkrähen führen und ihn nicht losgeben, bis man ihnen die Heimkehr in ihre geliebte Vaterstadt erlauben würde. Die Böcke bedankten sich herzlich für seinen Rat und seine mutige Gastlichkeit und verritten wieder und ritten, bis sie auf ihrem Schloss im Schwäbischen ankamen. An einem schönen Sommernachmittag war’s. Da fuhr das große Marktschiff von Wädenswil mit vielen Leuten gen Zürich, um dort seine Waren zu Kauf zu bringen. Wie das Schiff nun unterhalb des lieblichen Uferdorfes Männedorf mit guten Winden dahinsegelte, stießen auf einmal zwei schlanke Weidlinge vom Strande ab und hielten, flink wie die Drachen, auf das langsame Marktschiff zu. Wie machten aber die Marktleute von Wädenswil, Richterswil und der Enden Augen, als sie die zwei schnellen Fahrzeuge voll von bewaffneten Jungburschen erblickten! Bevor sie jedoch aus der Verwunderung zu kommen vermochten, waren die Weidlinge schon am Marktschiff. Ein klirrendes Trüpplein sprang hinein und stellte sich gar artig vor einen aufrechten graubärtigen Herrn, der mitten im Schiffe saß, und den die Marktleute in Richterswil hatten einsteigen sehen. „Grüß Gott, Herr Landammann!“, sagten sie. „Wir haben Euern guten Rat nicht vergessen und möchten Euch nun höflich einladen, mit uns auf Hohenkrähen zu kommen und uns dort mit Eurer lieben Gesellschaft zu erfreuen.“ Der aber vor ihnen im Schiffe stand, war niemand anders als der Landamman Fries von Uri, der nach Zürich hatte fahren wollen, und die ihn nun umringten, waren wieder niemand anders als ein behendes Schärlein Böcke von Hohenkrähen. Da strich sich der alte Urner Landammann schmunzelnd den Bart, lachte ein wenig und sagte: „Ei, der Tausend, ihr Schalke, euch ist gut raten.“ Ohne Widerrede und viel Wesens, ergab er sich in den Willen der Böcke, ließ sich von ihnen in einen Weidling nehmen, und also schossen die zwei Fahrzeuge vor den Augen des verdutzten Marktvolkes wieder ans Ufer. Dort standen Pferde bereit, und also ging’s wieder hinaus ins Schwabenland auf den hochragenden Burgstein von Hohenkrähen. Bald kam die Kunde von diesem Überfall und Raub ihres hochgeachteten Hauptes ins Land Uri und in alle Bergtäler der Waldstätte. Und es erschienen nun auf Hohenkrähen Boten aus diesen Ländern, die unter furchtbaren Drohungen die Freilassung des wohlverwahrten Landammanns verlangten. Aber man mochte den Böcken Ratsläufer in allen Farben schicken, sie schwuren, den Landammann nicht herauszugeben, bis man ihnen die Heimkehr erlaube. Einen neuen Krieg mochten aber die Bergbauern der meisterlosen Burschen wegen nicht anfangen, und aber auch den ihnen allen teuern Landesgenossen wollten sie nicht preisgeben. Also machten sie ihre grimmigen Gesichter hinterrücks und zeigten von vorne endlich ein freundliches Eingehen auf den Wunsch der Böcke, indem sie ihnen die Rückkehr in ihre Vaterstadt erlaubten. Eines schönen Abends zogen denn auch die Böcke, lauter weidliche und herzhafte Burschen, unter dem Frohlocken des ganzen Volkes in die Limmatstadt ein. In ihrer Mitte aber führten sie den freundlich lächelnden Landammann Fries von Uri, dem es unter ihnen gar wohlgefallen hatte.     Meinrad Lienert, Zürcher Sagen. Der Jugend erzählt, Zürich 1918. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.    


by Die Böcktener verlieren eine schöne Waldung

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Die schöne ebene Waldung zwischen Böckten und Sissach auf der «Riesiebene» hat früher den Böcktern gehört. Die Sissacher haben sie aber ganz billig gekauft nämlich um einen Doppelliter Kirschwasser, das die Böcktener Gemeinderäte für sich gefordert hatten. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Die Böckter verlieren schönes Waldland

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Die schöne Waldung auf der Isletenebeni zwischen Böckten und Sissach gehörte einst zu Böckten. Die Sissacher sollen sie früher einmal ganz billig gekauft haben, nämlich um einen Doppelliter Kirschwasser, den die Böckter Gemeinderäte für sich gefordert hatten. Böckten Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Bohne und die Wespe

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Eine Bohne und eine Wespe spazierten eines Tages über eine Ebene und kamen zu einem Bächlein, aber keine wollte durchs Wasser. Da holte die Wespe einen Strohhalm, um eine Brücke zu machen. Sie legte den Strohhalm über den Bach und sagte zur Bohne: «Geh du!» Die Bohne wollte das nicht. Aber die Wespe bestand darauf, dass die Bohne zuerst gehe. Sie, die Wespe, könnte hinunterfallen und sich die Beine brechen. Aber die Bohne liess sich nicht überreden und sagte: «Geh du voran! Du kannst fliegen, wenn du hinunterfällst.» Schliesslich ging die Wespe. Als sie mitten auf der Brücke stand, fiel sie ins Wasser. Die Bohne musste darüber so fest lachen, dass sie sich den Arsch aufriss, und sie musste sich einen Flick aufnähen lassen, den sieht man heute noch.   Thompson Motiv A 2741.1 (Bohne lacht, bis sie platzt; Grund für schwarzen Fleck)   Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die böse Mutter

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Ein Mann von Matt im Sernfttal hatte von seiner ersten Frau zwei Knaben, die nach dem Tod ihrer Mutter eine gottlose Stiefmutter bekamen. Als der Vater eines Tages über Feld gegangen war, geriet das Haus unversehens in Brand, und da das Feuer sehr schnell um sich griff, konnte man nicht daran denken, sehr viel zu retten. Die Frau nahm also mit Hülfe der Nachbarn von ihrem Hab und Gut das Beste fort, die Kinder ließ sie verbrennen. Der Mann, der bald darauf zurück kam, empfand zwar über den Verlust seiner Wohnung große Betrübnis, aber untröstlich ward er, als er erfuhr, dass sein Weib beim Retten die Knaben für geringer geachtet hatte, als Betten und Vieh. Er ließ sie heftig darüber an, sie aber suchte sich durch falsche Vorwände herauszuhelfen, und als er ihr nicht glaubte, beteuerte sie, wenn sie lüge, wolle sie zeitlich verrinnen und ewig verbrinnen. Da musste er freilich schweigen. Nicht lange hernach starb das Weib und ward auf den Kirchhof des Dorfes begraben, der um die Kirche her auf einem sanften grünen Hügel liegt. Gras und Blumen wuchsen auf ihrem Grab, wie auf anderen, und unten rauschte der Sernft vorüber. Man hatte des Brandes schon vergessen, da kam in einer Nacht der Föhn, der wehte so heiß um die Eisfelder des Bündnerbergs und des Hausstocks, dass alle Bächlein wie Waldströme von den hohen Felsen in die Wiesentäler herabstürzten und der Sernft als ein tobender Strom Tannen und Felsblöcke dahinführte. Der Hügel, auf dem das Pfarrhaus und die Kirche von Matt noch liegen, erstreckte sich damals bis an das Ufer des Bachs und war mit seinen Nuss- und Ahornbäumen lieblich anzuschauen, jetzt stürmte das Wasser so gewaltig gegen ihn, dass ein Stück nach dem andern losging und in den Wellen verschwand. Die Särge der Toten wurden aus ihrer Ruhe gerissen, und man befürchtete schon den Einsturz der Kirche; aber ehe es so weit kam, hatte die Flut das Grab des bösen Weibes gefunden, der Sarg schwebte eine Zeit lang auf den Wellen, ging dann in Stücken und zerrann mit Allem, was darin war. Da war der göttliche Wille erfüllt, und die Wasser verliefen sich so schnell, als sie gekommen waren; aber noch zeugt die öde, steinbedeckte Fläche zwischen Hügel und Bach von der Strafe des Meineids. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die böse Nachbarin

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Die alte Dorothea Hofmänner hörte einst vor dem Einschlafen etwas vor dem Fenster rascheln und sah einen Pudelhund durch eine zerbrochene Scheibe hereinschlüpfen und sich ihr auf die Brust setzen. Sie vermochte weder zu rufen noch sich zu regen, bis der Unhold auf dem gleichen Wege wieder fortschlich, wo sie ihm nachrief: "Gang ins Drei-Tüfels Name!" Darauf vernahm sie ein heiseres Gelächter und kannte die Stimme einer Nachbarin. Diese getraute sich später kaum mehr, sie anzuschauen. Dr. Henne-Am Rhyn, Deutsche Vollssage.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 103, S. 50f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die böse Prinzessin

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Ein König gab einem Prinzen, der seine Tochter zur Braut wollte, zu bedenken: «Ich war nicht im Stande, ihre Bosheit zu meistern. Dir wird es gleich gehen.» Der Prinz wollte sie trotzdem, und sie war froh, dass er sie nahm. Am Hochzeitstag stand nach dem Verlassen der Kirche eine Kutsche mit fünf Pferden bereit, eines davon war so lebhaft und wild, dass es die andern nicht in Ruhe liess und nicht einmal angeschirrt werden konnte. Die Braut stieg heftig zitternd auf die Kutsche, und der Prinz versuchte noch selbst, diesen Schimmel gefügig zu machen. Je härter der Prinz vorging, desto höher bäumte der Schimmel sich auf; er drohte alles über den Haufen zu werfen. Da stiess der Prinz ihm kurz entschlossen sein Schwert in die Brust und sagte zu seiner Braut: «So mach ich's, wenn mir jemand widerspricht!» Er hatte zeitlebens eine ganz unterwürfige Frau. (Oberhalbstein)   Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die böse Spinne

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Die böse Spinne Vor etlichen hundert Jahren lag an der Kempt, nahe beim Weiler Grafstall, ein einsames Wirtshaus. Das Gebäude sah mit seinen altersgrauen Mauern, dem zerfallenen Dache und den engen Fensteröffnungen wenig einladend aus, und es kam nur selten vor, dass ein Wanderer durch den dichten Wald den Weg dazu fand; noch seltener aber sah man einen solchen wieder aus der Herberge treten; wundersame, schauerliche Sagen gingen in der Umgegend über die böse Spinne von Mund zu Munde. Das Haus führte nämlich dieses wenig beliebte Tier im Schilde, das in einem riesigen Gewebe von Eisendraht über dem Eingang schwebte und mit roten, fast glühenden Augen an dem pechschwarzen Leibe die Gäste anglotzte. Da trat einst spät abends, als ein heftiges Gewitter am Himmel drohte und der Sturm bereits die alten Eichen erschütterte, ein rüstiger Wandersmann, schwer mit Gepäck beladen, in das alte Haus, Schutz vor dem Unwetter und ein gutes Nachtlager begehrend. Der Mann war fremd; die zunehmende Dämmerung verhüllte ihm das Unheimliche des Ortes. Wenn er auch den üblen Ruf seiner Herberge gekannt hätte, wäre er kaum vorbei gegangen; denn er trug das Herz auf dem rechten Fleck und war müde und traurig. Das gute Essen schmeckte ihm daher gar wohl; doch wollten ihm die geschwätzige  Wirtin und ihr wortkarger, mürrische Mann wenig behagen, und es entging ihm nicht, wie die beiden heimlich Blicke und Worte wechselten und wie der Wirt einen argen Fluch nicht unterdrücken konnte, als er den ihm angepriesenen Nachttrunk verweigerte. Auch stand das Zimmer, das ihm nun zur Ruhe angewiesen wurde, mit der sonstigen Armseligkeit des Hauses in zu grossem Gegensatz, dass es ihm nicht hätte auffallen sollen. Nicht nur mochte es das einzige im Haus sein, das durch ein hohes, helles Fenster der freien Luft Zugang liess; auch die ganze Ausschmückung gehörte eher einem alten, reiche Edelhause als dieser verfallenden Herberge an; namentlich machte das grosse Bett mit seinen schweren, seidenen Vorhängen und dem mit Federn und Troddeln geschmückten Himmel einen seltsamen Eindruck auf ihn, so das er beschloss, sich nicht zu entkleiden und womöglich wach zu bleiben, um jedem Angriff schlagfertig zu begegnen. Nach kurzem Gebete warf er sich auf das Lager; aber eine unerklärliche Unruhe verfolgte ihn, und rasch sprang er auf, als er ein unheimliches Knistern in den Vorhängen vernahm. Ein Todesschreck ergriff ihn, als blitzesschnell, aber mit der lautlosen Sicherheit, womit die Spinne ihr Opfer umstrickt, der schwere Betthimmel sich auf die Stelle senkte, die er vor einem Augenblick noch eigenommen. Wie mancher arglose Schläfer hatte wohl schon unter dieser Wucht den letzten Seufzer getan; denn die ganze Kraft unseres Wanderers reichte nicht hin, die ungeheure Last nur zu bewegen; doch ihm blieb, das sah er wohl ein, keine Zeit zu Betrachtungen, und rasch das Fenster öffnend erspähte er eine Gelegenheit zur Rettung. Glücklicherweise streckte ein alter Birnbaum seine starken Äste bis nahe an des Fenster, und es gelang ihm in kühnem Sprunge, einen derselben zu erreichen. Kaum fühlte er den sichern Boden unter seinen Füssen, als er durch Busch und Wald unaufhaltsam vorwärtsdrang und sich nicht eher Ruhe gönnte, bis er an den Saum des Waldes gelangte. Das Gewitter hatte sich verzogen, die Nacht war mild und erquickend, und das süsse Gefühl des geretteten Daseins und heisser Dank gegen Gott, der ihn so augenscheinlich beschützt hatte, hoben seine Brust. Die aufgehende Sonne fand ihn vor den Toren Zürichs, wo er sogleich Anzeige vom Geschehenen machte. Ein starker bewaffneter Haufe wurde alsbald ausgeschickt, das Raubnest zu zerstören und die arglistigen Wirtsleute gefangen zu nehmen. Im Keller fanden sich die mannigfachsten, im Laufe der Zeit geraubten Gegenstände; man stiess aber auch auf die verscharrten Leichen ihrer Besitzer. Das Haus wurde dem Boden gleichgemacht, allein die Erinnerung an die Untaten lebte im Volke fort und die Geschichte von der bösen Spinne verkürzte bis in die neueste Zeit hinein den Spinnerinnen der Umgebung manchen langen Winterabend. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Wörtlich aus Stauber, S. 65; Meyer v. K., S. 13: bei Peterhans, Ins Zürcher Oberland, heisst das Wirtshaus „Die goldenen Spinne“. HwbdA.7, 265 - 282 s. v. Spinne (Riegler)   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die böse Stiefmutter

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Es war einst eine Stiefmutter, die hatte zwei Töchter. Davon war die eine schön und gut, die andere aber hässlich und schlecht. Die schöne und gute hiess Truda, war aber nicht ihr eigenes Kind; die andere dagegen, namens Fiorina, die hässliche, galt bei der Mutter alles und war ihr Liebling. Eines Tages sagte die Stiefmutter zu Truda: «Geh heute mit den Kühen hinauf auf die Weide, und während sie grasen, musst du mir diese Seide spinnen.» Das Mädchen gehorchte. Während es mit den Kühen fortzog, sagte es jedoch zu sich selbst: «Wie soll ich es anfangen, so viel Seide zu spinnen?» Am Mittag erschien ein altes Mütterchen. Das war eine Fee und fragte sie, ob sie ihr das Haar kämmen wolle. Und Truda gab zur Antwort: «Ich würde dich gern kämmen, aber ich darf nicht aufhören zu arbeiten, schau, ich muss all diese Seide noch fertigspinnen.» Die Fee antwortete: «Winde die Seide auf die Hörner der Kuh, sie wird es dir spinnen!» Also kämmte das schöne Mädchen die Fee und fand auf ihrem Kopf Gold und Diamanten, welche es von ihr als Geschenk erhielt. Dann sprach die Fee: «Sobald du mit dem Kämmen in der Mitte des Scheitels bist, so kehre dich nach rückwärts.» Truda tat wie geheissen, wandte sich zurück, und da fiel ihr ein goldener Stern mitten auf die Stirn. Die Fee aber war plötzlich verschwunden, und die Kuh spann ihr die ganze Seide fertig. Die Stiefmutter hatte schon einen Stock bereitgelegt, um das Mädchen zu schlagen, denn sie glaubte,, es hätte die Arbeit nicht fertiggebracht. Jetzt sah sie zu ihrem Erstaunen, dass alle Seide bereits gesponnen war. Noch mehr verwunderte sie sich über den schönen Stern, den das Mädchen auf der Stirne trug, und das Gold und die Diamanten, die es nach Hause brachte. Dann erzählte Truda, wie sie zu diesen Kostbarkeiten gekommen war. Jetzt schickte die Stiefmutter ihre eigene Tochter, die hässliche Fiorina, auf die Weide, damit sie ebenfalls die Kühe hüte, und diese ihr die Seide spinnen sollten. Kaum war Fiorina auf dem Anger angelangt, so band sie die Seide den Kühen auf die Hörner. Die Tiere aber, zerstampften die Seide und streuten sie überall umher, statt sie zu spinnen. Gegen Mittag erschien ein alter hässlicher Mann. Das war der Teufel. Der sagte zu dem Mädchen, sie solle ihn kämmen. Sie tat es, aber statt Gold und Edelsteine fand sie bloss Skorpione und Läuse auf seinem Kopf. «Sobald du mit Kämmen in der Mitte des Scheitels bist, so musst du dich nach rückwärts kehren», sprach der Alte. Sie tat, wie ihr geheissen, aber statt eines goldenen Sternes fiel ihr ein Kuhfladen auf die Stirn. Voller Entrüstung kehrte die hässliche Tochter ohne die Seide nach Hause zurück. Als die Mutter sie in solchem Zustand heimkommen sah, machte sie sich schnell ans Werk, das Mädchen zu waschen. Aber sie konnte ihr Gesicht auf keine Weise sauber bringen. Einige Tage später schickte die Stiefmutter die schöne Truda an den Ziehbrunnen, um mit einem Eimer aus Blech Wasser zu schöpfen. Als sie jedoch den Eimer aus der Zisterne heraufziehen wollte, fiel er ihr wieder ins Wasser hinunter. Da stieg sie selbst hinab in die Tiefe, um ihn zu holen. Sie begegnete dort unten zwei Kätzlein und sagte freundlich zu ihnen: Kätzlein, hübsche Kätzchen mein, Wo ist, wo liegt mein Eimerlein? Und sie gaben zur Antwort: «Steig noch ein wenig tiefer hinunter, dann wirst du den Eimer finden.» Also stieg sie noch weiter hinab und fand da wieder zwei Kätzchen, denen sie die gleiche Frage stellte. Und sie gaben zur Antwort: Wir haben gefunden dein Eimerlein, Sieh her, es ist aus Gold gar fein. Mit diesen Worten übergaben sie ihr einen schönen Eimer aus reinem Gold. Ganz zufrieden stieg Truda aus dem Brunnen heraus, kehrte sogleich nach Hause zurück und berichtete ihrer Stiefmutter alles. Diese schickte sogleich ihre eigene Tochter auch hinaus an den Brunnen, um Wasser zu schöpfen. Fiorina gehorchte. Sie Hess absichtlich den goldenen Eimer in die Tiefe fallen und stieg dann selbst hinab, um ihn zu holen. Die Kätzchen schickten sie aber immer weiter hinunter, immer tiefer hinab in den Brunnen. Schliesslich fielen sie über das Mädchen her, zerkratzten es im Gesicht und am Hals, nahmen ihm den goldenen Eimer weg und gaben ihm denjenigen aus Blech zurück. Als die Stiefmutter ihr eigenes Kind in solch erbärmlichem Zustand zurückkommen sah, überhäufte sie die schöne Truda mit Schimpf- und Schmähworten. Dann Schloss sie diese in ein Kämmerchen ein mit der Absicht, sie dort Hungers sterben zu lassen. Bevor aber die schöne Truda hineinging, steckte sie heimlich einen Apfel, den ihr die Kätzchen geschenkt hatten, in den Grund des Gartens. Aus diesem wuchs in wenigen Tagen ein Apfelbaum voll prächtiger Früchte, dessen Äste bis an das Fenster ihres Kämmerleins reichten. Und wenn sie Hunger hatte, pflückte sie die Äpfel und ass davon. Um diese Zeit ging der Königssohn am Hause vorüber. Er sah die schönen Äpfel mitten im Winter und wünschte einen davon zu haben. Aber niemand konnte auf den Baum steigen. Da sprach die Stiefmutter zum Baum: Bäumchen, Bäumchen, Neige dich! Doch der Apfelbaum neigte sich nicht. Dann rief sie ihre Tochter Fiorina herbei. Auch diese wiederholte den Spruch, allein es war vergebliche Mühe. Der Apfelbaum neigte sich nicht. Jetzt rief sie die schöne Truda ans Fenster, und kaum hatte das Mädchen die Worte ausgesprochen, so neigte sich der Baum gegen ihr Fenster. Sie pflückte einen Apfel und überreichte ihn dem Königssohn. Dieser nahm das Geschenk an, gewann das wunderschöne Mädchen lieb und sprach: «In einer Woche komme ich in meiner Kutsche, um dich heimzuführen.» Und als die acht Tage vorüber waren, kam die königliche Karosse in der Tat vor das bescheidene Häuschen der Stiefmutter gefahren. Diese hätte gar zu gern den Prinzen hintergangen und ihm statt der schönen die hässliche Tochter zur Frau gegeben. Aber der Königssohn merkte ihre Absicht. Truda trat ans Fenster und Hess sich an dem Apfelbaum hinuntergleiten. Der Fürst fing sie auf in seine Arme und trug sie glückstrahlend in seine Karosse. Dann fuhr er mit ihr in sein Schloss, während die böse Stiefmutter vor Gift und Neid beinahe verging und die hässliche Fiorina umsonst über ihr Unglück jammerte.   Am Kaminfeuer der Tessiner                                                               Walter Keller                                                                                           Hans Feuz Verlag Bern   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die bösen Fänggen

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Einst wollte ein Mann von Peist im Winter ein Rind schlachten und hatte zu diesem Behufe alles vorbereitet bis auf den »Aufzug«, an dem man die geschlachteten Tiere aufhängt - den hatte er im Frühjahr im Mayensäss vergessen, wo er ein Tier hatte metzgen müssen. Er ging lange vor Tag hinauf, den Aufzug zu holen und bemerkte von Weitem, dass in der Hütte Licht war. Das nahm ihn nun Wunder, wer zu der Zeit droben sein möge, schlich zur Hütte hin und blickte durch die Fensterscheiben in die Stube. - Da sah er am Tische zwei Fänggen sitzen, welche einander die Haare flechteten. Um den Aufzug nun zu haben, brauchte er nicht in die Hütte zu treten, sondern denselben nur unter dem Dache hervorzuziehen. Kaum hatte er seinen Aufzug auf dem Rücken, hörte er einen der beiden Fänggen sagen: »I schmeck Menschenfleisch« - »und i Christeblut« erwiderte der Andere. Der Mann machte sich aus dem Staube, die Fänggen ihm nach und hatten ihn beinahe eingeholt, als die Morgenglocke ertönte, worauf die Fänggen stille standen und Einer dem Manne zurief: »Hätt's nit grad' glüt, hätten mer di zerrissen, wie d's Gstüpp an der Sunn.« Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die boshafte weiße Frau

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Die boshafte weisse Frau. Anweit des Dorfes Präz findet sich eine weite, schöne Halde, eine von der Dorfjugend zum »Schlittlen« im Winter bevorzugte Örtlichkeit. Vor alten Zeiten geschah es einmal an einem schönen Winterabende, dass die liebe Jugend wie gewohnt hinausging, um im Schlittlen sich lustig zu machen, und es war mehr als eigentümlich, dass an diesem Abende die Jungen wie Abschied nahmen von ihren Eltern. Sie wären gerne diesmal geblieben, und doch zog's sie nach der Schlittbahn hin. So rutschten sie mehrmals in langem Zuge die Halde hinunter, waren seelenvergnügt und dachten an kein Heimgehen, und schon nahte Mitternacht. Plötzlich erschien wie aus einer Wolke tretend, eine schneeweiss gekleidete Frau mit einem grossen, breiten und langen Schlitten und ladete die Jungen ein, auf ihren Schlitten zu sitzen, auf diesem gehe es viel schöner. Die Kinder glaubten ihren schmeichelnden Worten und setzten sich Alle arglos auf den Schlitten der weissen Frau; die Fahrt begann. Doch nur zu balde wurden die armen Kleinen in ihrem Vertrauen getäuscht; der Freudenzug sollte sich in einen Trauerzug verwandeln und Keines von ihnen seine Eltern wiedersehen. In rasender Eile lief der Schlitten, jämmerlich schrien die armen Verlorenen und wollten vom Schlitten weg, aber sie waren gebannt; die böse Frau lachte grässlich in ihrer Schadenfreude, als sie ihr Werk gelingen, ihre Tat gekrönt sah – jeden Schritt verlor eines der Kinder den Kopf, einen Arm oder ein Bein – unten am Ende der Schlittbahn war nichts mehr auf dem Schlitten zu finden; er stand allein am Saum des finstern Waldes. Die böse, weisse Frau war verschwunden und totenstille Alles ringsum. Wie nun die Kleinen so gar nicht heimkommen wollten, gingen die beängstigten Eltern nach der Schlittbahn hin und gewahrten nur zu balde zu ihrem Schrecken das Geschehene, konnten aber von dem Ereignis keinen klaren Begriff sich machen, bis ein taubes Mädchen, das von den lieblichen Worten der bösen Frau nichts verstehen konnte und bei einer Staude stehend zurückgeblieben war, erzählte, wie sich Alle auf den Schlitten der weissen Frau gesetzt hätten, aber nicht mehr zurückgekommen seien. Die betrübten Eltern sammelten die Glieder ihrer geliebten Kinder, die zerstreut lagen der Bahnlänge nach. – Das war ein trauriges Begräbnis! Quelle: Jecklin, Dietrich, Volkstümliches aus Graubünden. Teil 1, Zürich 1874     Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Brandstifterin

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Im Unterwaldnerland erlitt die bekannte Lisi Bossi aus Zug den Feuertod, da man ihr den Klosterbrand von Engelberg zuschrieb. Man erzählte damals: Klosterschüler spielten mit Feuerraketen. Unglücklicherweise fuhren solche in das Klostergebäude und steckten es in Brand. Beim ersten Wahrnehmen des Brandes eilte man zu den Glocken hin, aber die Glockenstränge zogen nicht an, sie fielen halbversengt den Turm herab. Nur die grosse Glocke konnte geläutet werden. Doch diese allein machte kein Sturmgeläute aus und die Bewohner der Engelberger Talschaft erkannten die furchtbare Gefahr viel zu spät. An diesem Unglück soll, wie an vielen andern, die Zugerin Lisi Bossi schuld gewesen sein. Sie sei um den Weg gewesen und habe mit ihrer Schwarzkunst den Raketen die unheilvolle Richtung gegeben, den Brand angeregt und die Glocken stumm gemacht, nur auf die grosse Glocke habe sie keine Gewalt gehabt. Weiter wird von dieser Hexe aus Zug erzählt: Unmittelbar vor dem Anrichten der Speisen sei sie als kleines Vögelein zum Schornstein hinausgeflogen und habe im Elsass drunten Schnittlauch geholt, ohne dass die auf dem Feuer stehende Fleischsuppe überkocht sei. Die Zwiebeln holte sie in Basel, wenn schon die Butter in der Pfanne war. Gewöhnlich ritt sie auf einem Stecklein in die Rheinstadt. Einst galoppierte sie auf einem Besen zum Luzerner Markt und fuhr in einer Nussschale auf dem Zugersee gemütlich hin und her. Einmal wollte sie den Rigiberg zum Bersten bringen. In stockdunkler Nacht ging sie bei Arth an den Berg hinan und steckte Stecknadeln in die Felsen, welche darob barsten. Ob dem Getöse der stürzenden Felsen erwachten die Leute in Arth und eilten zur Kirche, um zu stürmen. Der Ton der geweihten Glocken zwang die Zugerin, die Gegend eilends zu verlassen und der Rigiberg blieb so stehen und das Dorf Arth wurde verschont. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 109 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Brautschau

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Es war ein junger Hirt, der wollte gern heiraten und kannte drei Schwestern, davon war eine so schön wie die andere, daß ihm die Wahl schwer wurde und er sich nicht entschließen konnte, einer davon den Vorzug zu geben. Da fragte er seine Mutter um Rat, die sprach: »Lad alle drei ein und setz ihnen Käs vor, und hab acht, wie sie ihn anschneiden.« Das tat der Jüngling, die erste aber verschlang den Käs mit der Rinde: die zweite schnitt in der Hast die Rinde vom Käs ab, weil sie aber so hastig war, ließ sie noch viel Gutes daran und warf das mit weg: die dritte schälte ordentlich die Rinde ab, nicht zu viel und nicht zu wenig. Der Hirt erzählte das alles seiner Mutter, da sprach sie: »Nimm die dritte zu deiner Frau.« Das tat er und lebte zufrieden und glücklich mit ihr. Märchen aus der Schweiz in den «Kinder- und Hausmärchen» der Brüder Grimm (KHM 155)   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die brennende Frau auf dem Brücklein

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Die brennende Frau auf dem Brücklein Zu Zürich starb im Jahre 1404 Tuchscherer Brennwalds Frau. Kurz darauf wurde sie von ein Frau Lanzenrein und ihrer Tochter im Ehgraben und auf dem Brücklein gesehen, wie sie dort als brennende Gestalt wandelte. Von dieser Begegnung erzählten sie ihren Bekannten, worauf der Helfer am Grossmünster und Herr Jakob Stupli zwei Nächte auf die arme Seele warteten, um sie zu bannen oder ihr zu helfen. Die beiden konnten aber nichts ausrichten, denn die Büsserin hatte der Familie Lanzenrein zu ihren Lebzeiten nie etwas „unbeschissen“ zukommen lassen. Die Betrogenen hatten der betrügerischen Tuchschererin im Leben nicht verziehen und taten es auch nach dem Tode nicht, obschon die arme Seele die beiden Männer hinschickte, um für ihre Sünden Vergebung zu erlangen. Weil sie keine Abbitte leisten könne, müsse sie brennend wandeln, bekannte sie selber dem Geistlichen. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Nach Richtebuch 1404, Staats Archiv Zürich, ins Neuhochdeutsche übertragen und umstilisiert.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die brennende Kirche

Source: Die brennende Kirche

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Es war Anno 1701 oder im folgenden Jahre, jedenfalls in der Zeit, da das Grosstal kurz nacheinander von etwa vierzig Erdbeben berührt wurde, als ein ehrlicher Bürger von Linthal um Mitternacht erwachte, weil er jemand hatte rufen hören. Erst glaubte er, geträumt zu haben. Doch kaum hatte er sich umgedreht, um wieder unter den Laubsack zu schlüpfen, da vernahm er den Ruf zum zweiten Male. Es war eine unbekannte Stimme, die deutlich wie ein Wächter seinen Namen rief. Rasch sprang der Linthaler aus seinem Bettkasten, eilte ans Fenster und stiess die «Brittli» auf. Von einem grellen Feuerschein geblendet, prallte der gute Mann zurück. Vor seinem Hause schritt einer vorbei – war es ein Mensch oder ein Geist? –, der trug ein grosses flackerndes Licht und strebte damit der Kirche zu, um im nächsten Augenblick darin zu verschwinden. Gleich darauf stand das Gotteshaus in vollen Flammen, so dass das ganze Dorf in schauriger Brandröte aufleuchtete. Kaum hatte sich der Linthaler von seinem ersten Schrecken erholt und eben um Hilfe rufen wollte, da erlosch der Spuk. Sonderbarerweise entdeckte man am folgenden Tage an der Kirche nicht die geringsten Brandspuren. Nicht lange darauf wanderten sechs junge Burschen nachts an der Kirche vorbei. Sie waren in guter Stimmung bei einer «Spinnstubete» gewesen und wollten heim zu. Plötzlich bemerkten sie, dass der Kirchturm schwankte. In den Gebälken des Schiffes krachte es, und man hörte ein Gepolter, als ob die ganze Kirche einstürze. Das war auch für die sonst unerschrockenen Linthaler Burschen zu viel. Sie flüchteten so schnell als möglich von der unheimlichen Stelle. Anderntags stand die Kirche unversehrt wie immer. Allgemein erblickte man in den seltsamen Geschehnissen Wunderzeichen, die nichts Gutes verhiessen.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Die brennenden Fingerknochen

Source: Die brennenden Fingerknochen

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Weit und breit der reichste Bauer im Lande Entlebuch war vor vielen hundert Jahren der Herr und Meister im Kreienmoos nahe bei Escholzmatt. Derjenige, von dem hier die Rede ist, war gar nicht geizig und habsüchtig, sondern er hatte ein mildreiches Herz gegen Arme und Reisende. Damals zogen Land auf und ab mit schweren Kreuzen auf dem Rücken viele Männer und Frauen, die aus tiefester Reue über eigene und fremde Sünden sich blutig mit Geisseln und Ruten kasteiten. Man hiess sie deshalb die Geissler. Solch' ein Mann mit recht schwerem Kreuze betrat eines Abends die Hausflur im Krähenmoos und flehte um ein Nachtlager. Einen so eifrigen Büsser unter Dach und Fach zu wissen und ihm Wohltaten spenden zu können, betrachteten die reichen Bauernleute für ein wahres Glück und Zeichen der himmlischen Gunst. Sie boten ihm daher alle guten Sachen an, die sie eben im Vorrat hatten. Doch er schlug die bessern Speisen aus und verlangte demütig und zur grossen Erbauung der Umstehenden nur die geringste Kost und nur ein schlechtes Lager. Für ihn sei alles gut genug. Das Bett bereitete man ihm im obern Stocke des Hauses. Dahinauf schleppte er auch sein schweres Kreuz. Nach und nach ward im Hause alles still und sank in tiefen Schlaf. Nur einzig zwei Seelen wachten. Es wachte, obschon er ungewöhnliche Schlafsucht empfand, der treue, redliche Hausknecht, der mit eigentümlichem feinem Kennerblicke dem Fremden tief in Aug und Herz geschaut hatte. Gegen Mitternacht stand er auf und schlich leise an die Schlafkammer des Pilgers, um ihn zu belauschen. Durch das Schlüsselloch schimmerte von innen heraus ein matter Lichtstrahl, hell genug, um dem spähenden Knechte eine schauerliche Szene zu verra- ten. Er sah, wie gerade das heilige Zeichen der Erlösung missbraucht war, um einem verruchten Menschen als Bergemittel seiner Diebs- und Mordinstrumente zu dienen. Eben war der Schurke daran, um auf zauberischem Wege zu machen, dass alle Hausbewohner in tiefen Schlaf fielen und unerwecklich blieben. So viele Personen, so viele Fingerknochen von kleinen Kindern stellte er vor sich hin und zündete sie an. Alle brannten bis auf eines. Der Mörder erriet gleich, wer noch wachen möchte und nicht schlafen wolle, denn auch er hatte bemerkt, wie das Auge des Knechtes nicht freundlich und arglos ihm begegnet sei, sondern mit Verdacht und Abneigung. „Dem werd' ich schon Meister, den will ich von allen zuerst kalt machen", sprach der Mörder und ergriff eine Waffe. Aber der Knecht draussen, dessen Aug' und Ohren scharf genug waren, hatte auch flinke Arme und Beine und war im Nu die Stiege hinab und hinaus geflogen, um die Nachbaren im Schwandacher zur Hilfe zu rufen, da er wusste, dass die zum Schlafen verzauberten Hausleute einstweilen nicht zu wecken wären. In Todesangst rief er auch den Himmel um Hilfe an. Im gleichen Moment gewahrte er ein kleines Männchen neben sich, das ihn an der Hand nahm. Und nun ging es wunderbar schnell vorwärts zu den Nachbarn, unverweilt folgten diese dem Hilferuf; doch dem Knechte war alles Eilen nicht eilig genug. Er fürchtete, der Schreckliche möchte in seinem blutigen Vorhaben schon vorgeschritten sein. Der Knecht flog auf dem Rückwege an der Hand des seltsamen Kleinen gedankenschnell voraus, und wenn er die Begleiter, die hintendrein kamen, zum raschern Springen aufmuntern wollte, mahnte ihn der Kleine immer nur mit einem sonderbaren „Pst!“ davon ab. Sie gelangten so schnell ans Haus, dass der Mörder erst noch oben auf der Stiege stand, um unten in die Gemächer zu eilen und zu töten. Wie derselbe nun die Herbeieilenden an der Treppe unten erblickte, warf er, doch ohne Erfolg, ein Geschoss auf den Knechten. Jetzt sprangen die Männer auf den Mörder los, packten und töteten ihn. Nun wollte man den Hausbewohnern melden, welch' grossem Unheil sie entgangen seien, aber sie schliefen und waren nicht zu wecken. Endlich kam dem treuen Diener die Ursache in Sinn. Er ging hinauf, wo die Fingerknochen noch brannten, löschte sie und im Augenblick war der Zauber zu Ende und wachten alle auf.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Die brennenden Fingerknochen

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Weit und breit der reichste Bauer im Entlebuch war vor vielen hundert Jahren der Krähenmoosbauer in Escholzmatt. Er war weder geizig noch habsüchtig und hatte ein mildes Herz gegen die Armen und Durchreisenden. Zu jener Zeit zogen landauf und -ab mit schweren Kreuzen auf dem Rücken viele Männer und Frauen, die in tiefer Reue über ihre eigenen und fremde Sünden sich mit Ruten und Geiseln blutig peinigten. Man nannte sie die Geissler. Ein solcher Geissler betrat, mit einem schweren Kreuze beladen, eines Abends das Haus im Krähenmoos und bat um ein Nachtlager. Einen so eifrigen Büsser unter ihrem Dache zu wissen und ihm wohlzutun, betrachteten die reichen Bauersleute als ein Glück und besonderes Zeichen der himmlischen Gunst. Was Küche und Keller zu bieten vermochten, setzten sie ihm vor. Doch schlug der Fremdling zum Erstaunen der Hausbewohner die leckern Speisen aus und verlangte demütig die bescheidenste Kost und ein schlechtes Nachtlager. Das Bett bereitete man ihm im obern Stock des Hauses. Da hinauf schleppte er auch sein schweres Kreuz. Nach und nach wurde im Haus alles still und sank in tiefen Schlaf. Nur zwei Menschen wachten. Es wachte, obschon müde von des Tages Arbeit, der treue Hausknecht, der mit feinem Kennerblick dem Fremdling tief ins arge Herz geschaut hatte. Gegen Mitternacht erhob er sich und schlich an die Schlafkammer des Pilgers heran, um ihn zu belauschen. Durch das Schlüsselloch schimmerte ein matter Lichtstrahl, hell genug, um dem spähenden Knecht eine schauerliche Szene zu verraten. Er sah, wie das Kreuz, das Zeichen der Erlösung, dem verruchten Menschen als Bergemittel seiner Diebs- und Mordinstrumente dienen musste. Eben war der Schurke daran, auf zauberische Weise die Hausbewohner in einen tiefen Schlaf zu senken. So viele Menschen im Hause lebten, so viele Fingerknochen von kleinen Kindern stellte er vor sich hin und zündete sie an. Alle brannten bis auf einen. Der Mörder erriet sogleich, wer noch wachen möchte; denn auch ihm war nicht entgangen, wie das Auge des Knechts ihm unfreundlich, voller Verdacht und Abneigung begegnet war. «Dem werd' ich's eintreiben, den will ich zuerst niedermachen», sprach der Mörder und ergriff eine Waffe. Der Knecht draussen, der scharf beobachtete, hatte flinke Beine, und im Nu war er die Treppe hinunter. Er eilte hinüber ins Nachbarhaus und rief um Hilfe; denn er wusste, dass die in Schlaf gezauberten Hausbewohner einstweilen nicht zu wecken waren. Unterwegs begegnete ihm ein winziges Männchen, das ihn an der Hand fasste. Dann ging's wunderbar rasch hinüber zu den Nachbaren, die ihm auf seine Hilferufe unverweilt folgten. Dem Knecht war die grösste Eile nicht eilig genug. Er fürchtete, der Schreckliche möchte sein blutiges Handwerk bereits begonnen haben. An der Hand des seltsamen Kleinen flog er den andern gedankenschnell voran. Wenn er sie zur Eile aufmuntern wollte, mahnte ihn der Kleine immer wieder mit einem sonderbaren «Pst ! » davon ab. So schnell gelangten sie an das Haus, dass der Mörder noch oben auf der Treppe stand, um unten in die Stuben zu dringen und zu töten. Wie er nun die Herbeieilenden unten an der Treppe erblickte, warf er, doch ohne Erfolg, seine Waffe gegen den Knecht. Darauf stürzten sich die Männer auf den Mörder los und töteten ihn. Als man den Hausbewohnern mitteilen wollte, welch grossem Unheil sie entgangen, schliefen sie alle und waren nicht zu wecken. Endlich kam dem Knecht in den Sinn, die brennenden Fingerknochen zu löschen. Damit war der Zauber zu Ende, und alle wachten auf. Emmentaler Sagen, Hermann Wahlen, 1962 Gute Schriften Bern Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Brosamen auf dem Tisch

Source: Die Brosamen auf dem Tisch

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Der Güggel het einisch zue sine Hüendlene gseit „chömmet weidli i d'Stuben ufe goh Brotbrösmele zämmebicke ufem Tisch: euse Frau isch ußgange goh ne Visite mache.“ Do säge do d'Hüendli „nei nei, mer chömme nit: weist d'Frau balget amme mit is.“ Do seit der Güggel „se weiß jo nüt dervo, chömmet er numme: se git is doch au nie nit guets.“ Do säge d'Hüendli wider „nei nei, sisch uß und verby, mer gönd nit ufe.“ Aber der Güggel het ene kei ruei glo, bis se endlig gange sind und ufe Tisch, und do Brotbrösmeli zämme gläse hend in aller Strenge. Do chunt justement d'Frau derzue und nimmt gschwind e Stäcke und steubt se abe und regiert gar grüseli mit ene. Und wo se do vor em hus unde gsi sind, so säge do d'Hüendli zum Güggel „gse gse gse gse gse gse gsehst aber?“ Do het der Güggel glachet und numme gseit „ha ha han is nit gwüßt?“ do händ se chönne goh. Märchen aus der Schweiz aus „Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm“, 1857 Ausgabe letzter Hand    Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Brücke zwischen Ernen und Fiesch

Source: Die Brücke zwischen Ernen und Fiesch

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Wenn man von Ernen nach Fiesch will, muss man sich fragen, warum man denn einen so grossen Umweg mache und nicht mehr wie früher die viel kürzere gerade Strecke, die alte Fieschgasse, benütze. Das hat nun folgenden Grund. Als man noch den alten Weg ging, spukte es unten auf der Brücke ganz gewaltig. Personen, die von Ernen nach Fiesch wollten und umgekehrt, verschwanden oft auf der Brücke auf unerklärliche Weise, und niemals fand man mehr eine Spur von ihnen. Einst wollte man auch ein Kind von Fiesch nach Ernen zur Taufe bringen. Dieses Kind verlor man nun wieder samt Paten und zwei weitern Begleitern auf unerklärliche Weise bei dieser berüchtigten Brücke. Alles Suchen war umsonst, die fünf Personen blieben verschollen. Deshalb verbrannte man die Brücke, warf die Reste ins Wasser, damit das Brückenholz von niemand benützt werden könne, und baute dann weiter unten die neue Brücke, die noch jetzt Ernen mit Fiesch verbindet. ERNEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Brüder und die Räuber

Source: Die Brüder und die Räuber

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Es waren einmal drei Brüder, die mussten fort, um zu verdienen. Der Älteste ging als erster weg und gelangte in eine grosse Höhle unter dem Boden. Dort waren zwei kochende Kessel, in einem war der Teufel selber drin, im andern aber seine Grossmutter. Er ging weiter durch eine Eisentüre, und hier gab es lauter Leichen und aufgehängte Köpfe. Da ging er weiter durch eine andere Türe, und er kam in eine Stube voll mit Räuberwerkzeug. Schliesslich trat er durch die dritte Tür und gelangte in ein Zimmer voll mit Geld und kostbaren Schätzen. Dies gefiel ihm, und weil niemand da war, nahm er eine rechte Ladung Geld und Schätze mit nach Hause. «Da du so viel in so kurzer Zeit verdient hast, gehe ich auch dorthin, wo du gewesen bist», sagte der mittlere Bruder zum Ältesten. Der hatte nämlich alles erzählt, was passiert war. Gut, der mittlere Bruder ging in die gleiche Höhle hinunter. Er findet die beiden kochenden Kessel mit dem Bösen und seiner Grossmutter drin, das Räuberwerkzeug, die Leichen der Ermordeten und die Schätze. Davon nimmt er einen schönen Sack voll und geht nach Hause. Da hatte auch der jüngste Bruder Lust auf viel Geld. Aber ihm ging es schlechter. Die Diebe und Räuber, die in dieser Höhle wohnten, merkten, dass Schätze weggekommen waren und liessen zwei als Wachen zurück. Als er Jüngste durch die Eisentür kam, um zu stehlen, gingen die Räuber auf ihn los, töteten ihn und hängten seinen Kopf neben die andern.      Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Buche im Sennweidwald

Source: Die Buche im Sennweidwald

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Dieser Wald steht am Lindenberg, Gemeinde Hohenrain. Von der Buche herunter fiel einst ein Religionsspötter. Wo er auffiel, gab 's fünf Löcher und nie ist wieder Gras auf denselben gewachsen. „Meine Mutter hat die „blutten" Stellen selbst noch gesehen", fügte der Erzähler hinzu.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Die Buhlerin auf Manegg

Source: Die Buhlerin auf Manegg

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Die Buhlerin auf Manegg Um 1350 hauste auf der Manegg ein Ritter, der im Alter noch eine ganz junge Frau nahm. Aber das Weib wurde des alten Herrn überdrüssig. Man weiss ja, wie das in solchen Fällen meistens geht. Die Frau wäre ihn gern losgewesen. Sie foppte ihn wegen mangelnder Tatkraft und stichelte so lange, bis er an der Verschwörung gegen Brun teilnahm. Bald war die Manegg der geheime Versammlungsort der Verschworenen. Aber oft ritt der Burgherr auch in die Stadt hinab, um sich mit den Feinden des Bürgermeisters zu besprechen. Diese Abwesenheit von zu Hause nutzte der Leibknapppe des Ritter wacker aus, um der Herrin die Zeit zu vertreiben Heinrich von Busenhard, der Knappe, war es denn auch, der den Ritter von Manegg in der Mordnacht von Zürich als ersten umbrachte. Während aus der Stadt herauf die Sturmglocken schrien und heulten, heuchelte die falsche Burgeherrin vor ihrem Gesinde: „Ach, nun ist es um meinen Herrn und Gemahl geschehen!“ Bald erschien auch schon der ungetreue Knappe und erzählte vor Knechten und Mägden eine erfundenen Geschichte über den Tod seines Herrn. Dann geleitete er seine trauernde Herrin auf ihre Stube und tröstete sie nach Kräften. Allein zwei Tage nach der bösen Nacht erschienenen die Zürcher vor der Manegg und verbrannten sie. Das aufgescheuchte Paar wollte aus dem Schlafgemache fliehen, allein unter der Türe stand bleichen Antlitzes der ermordete Ritter, und eine blutige Hand stiess die beiden ins Gemach zurück, wo sie elend verbrennenn mussten. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Stilistisch vereinfacht und gekürzt aus „Republikaner Kalender“ 1892, S. 34   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Burg Weingarten in Naters

Source: Die Burg Weingarten in Naters

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Es finden sich von dieser alten Burg nur noch wenige Überreste vor, welche die ehemalige Zerstörung übrigliess. Sie stand im Nordosten des Natisserfeldes, an einer schönen, sonnigen Lage, am Fusse eines sanft ansteigenden Hügels, vor Zeiten ohne Zweifel ein Weinberg. Hier hausten die Zwingherrn und Ritter von Weingarten, ungefähr von 1234 bis 1348. Das tragische Ende der Gräfin von Blandra und ihres Sohnes Anton, welche um das Jahr 1368 bei der Natisserbrücke auf Anstiften der gewaltigen Herren von Gestelnburg ermordet wurden, ist aus der Geschichte hinlänglich bekannt.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Burggeister auf Mannenberg

Source: Die Burggeister auf Mannenberg

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In den Ruinen der beiden im Jahr 1350 durch die Berner, Thuner und Frutiger auf ihrem Streifzug ins obere Simmental, nebst Laubegg, niedergebrannten Burgen Mannenberg, liegen grosse Schätze verborgen, welche durch die Burggeister so lange gehütet werden, bis jemand zu guter Stunde kommt und ein Unterpfand liefert, das aber niemand kennt, so dass ungeachtet mancher Versuche der Schatz nicht gehoben werden konnte, den doch die in grosser Pein schmachtenden Geister der Burgherren gern abgeben möchten. Ein alter wohlberichteter Schulmeister kam eines Abends, in der Mitternachtsstunde, in Begleitung eines Geisterbeschwörers zur unteren Burg Mannenberg. Der Wundermann begann zwei Mal vergebens seine Beschwörung, erst beim dritten vernahm man aus der Tiefe des Burgverliesses eine dumpf tönende Stimme. "Wie heissest du?" war die Frage des Beschwörers. "Hans von Schlenggwyl, edlen Stammes aus Oesterreich." "Hast du Geld, so du hütest?" "Ja, aber nicht für dich!" "Wem gehört denn dieses Geld?" "Dem Haus Oesterreich." "Was ist für ein Unterpfand oder Lösemittel? Ist es eine Katze, ein Bock?" "Du weisst nun, was nötig ist, lass mich in Ruh!" Damit nicht zufrieden, fing der Beschwörer seine Arbeit aufs neue an, indem er auf der Mauer des Burgverliesses auf der Seite des Felsens gegen der in tiefem Grunde fliessenden Simme neben dem Schulmeister stand. Aber statt Antwort erdröhnte die Burg, und mit Gerassel und fürchterlichem Geheul stieg aus der Tiefe des Verlieses ein schrecklich gestaltetes Ungetüm und packte den Beschwörer und schleuderte ihn weit über die Felswand hinaus in den schauerlichen Abgrund - sein weißer Leinwandkittel bezeichnete als ein langer Strich durch die Luft seine Abfahrt. Er verlor sich in der Tiefe - niemand hat nachher etwas von ihm weder gehört noch gesehen. Der Schulmeister fand seinem Heil angemessen, auf einer anderen Seite die Flucht zu ergreifen, und nachher an keine ferneren Versuche zur Schatzhebung zu denken, so lockend auch manchmal noch der Geistergesang auf Mannenberg durch die Lüfte säuselte, wie ihn die Landleute der Umgebung oft vernommen haben wollen. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Burghündlein

Source: Die Burghündlein

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    Kanton: Basel-Land   Von den Ruinen der Burg Bischofsstein herab hörte man früher oft Hundegebell. Da sagten dann die Bewohner der Umgegend jedesmal: „Horch, wie die Burghündlein bellen!“ Mit diesem Redebrauch hängt die Sage zusammen, dass die einstigen Besitzer von Bischofsstein so übermütig und gottlos waren, selbst den Sonntag nicht zu heiligen und statt in die Kirche zu gehen, mit ihren Rüden den ganzen Tag den Wald nach Wild durchstreiften, wozu sie nun zur Strafe auch nach ihrem Tode verdammt sind. Einer, der an alle die Rederei nicht glaubte, war einst in der Nähe von Bischofsstein mit Kräutersammeln beschäftigt, da hörte er auch das Hundegebell; ungestört davon fuhr er in seiner Arbeit fort, je mehr er aber von den Kräutern pflückte, desto näher kam das Gebelle und desto stärker ward es, endlich aber ward es so heftig, dass den bisher ungläubigen Sammler ein Grausen befiel und er eiligst die Flucht ergriff. Das Alles half ihm aber nicht, denn die Burghündlein verfolgten ihn so lange, bis er Kräuter und Blumen auf den Boden warf. Da endlich hatte er Ruhe, nie aber ist er wieder in die Nähe von Bischofsstein Kräutersammeln gegangen.     C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Burgunder-Linde

Source: Die Burgunder-Linde

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Die Burgunder-Linde Als nach dem glücklichen Ausgang der Schlacht bei Murten das Grüniger Fähnchen sich zum Abmarsch in die Heimat anschickte, riss ein Kriegsmann von Dürstelen von einer Linde in Murten ein Zweiglein ab, das er auf seinen Eisenhut steckte. Als er zu Hause seinen Helm ablegte, bemerkte er zu seinem Erstaunen, dass das Reis noch grün war. Er pflanzte es ein, und das Pflänzlein wuchs zu einem grossen und schönen Baume. Die Dürsteler nannten ihn Murtener- oder Burgunderlinde. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Fr. 12. 7. 1924   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Büssende im Juden-Wegli

Source: Die Büssende im Juden-Wegli

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Das »Juden-Wegli« unterhalb Maladers ist bekannt genug, sonderlich da­durch, weil's dort öfters nicht richtig ist. Wie noch jetzt auf dem Lande den Schweinen nur zu viel Freiheit gege­ben wird, und Dieselben ortsweise ganze Reviere oder Gassen durchstreifen, ohne dass man in der Lebensweise dieser Tiere etwas Besonderes ver­mutet, hat vor vielen Jahren eine »Färli-Müetter« (Mutterschwein) mit ihren Jungen Baumgärten, Äcker und Wiesen unterhalb Maladers durch­strichen, teils um Feldfrüchte zu suchen, teils auch der Leibesbewegung halber. Diese Färlimüetter durchzog vorzugsweise das erwähnte Juden-­Wegli, ihre Jungen immer hinter sich, Eines nach dem Andern, und das so lange, bis die guten Tiere das Schicksal anderer Schweine teilten, d.h. die »Färli« (Ferkel) gross geworden, und die »Müetter« geschlachtet wurde. Es war nun zu der Zeit in Maladers eine »Ledige«, die bekam ein »Klei­nes.« Und die ging hin, und vergrub Dasselbe im Juden-Wegli drunten. Das wiederkehrende Mutterschwein stöberte die kleine Leiche auf, und sie und ihre Jungen verzehrten das vergrabene Kind. Nun kam die Tat balde aus; die »Ledige« wurde zu St. Peter geköpft. Waren nun die Färli-Müetter und ihre Jungen längst nicht mehr, so musste an deren Stelle die Kindsmörderin den gleichen »Strich« gehen, wo Dieselben gegangen. - In eine Färli-Müetter verwandelt, musste diese Ledige das Juden-Wegli besonders, aber auch durch die andern Feldwege streichen, ihr Opfer, in Gestalt eines Ferkels hinter sich. So streifte sie über hundert Jahre lang Nachts öfters, laut heulend, von Vielen gesehen, die dort vorbeigingen, - bis durch die neue Strasse ein Teil vom Juden-Wegli durchschnitten wurde. Dadurch hat sie Ruhe be­kommen. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die büssenden Geister auf dem Hüfifirn

Source: Die büssenden Geister auf dem Hüfifirn

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Ein Jäger aus dem Maderanertal beging den Hüfifirn. Da traf er eine weibliche Menschengestalt, die bis an den Hals im Eise eingefroren war und trotzdem herrlich sang. Sinnend schritt er weiter und stiess wieder auf eine Frauengestalt, die mit den Füssen eingefroren war und bitterlich weinte. Da nahm sich der Jäger ein Herz und fragte: »Warum weinst du, während jene dadrüben, die doch bis zum Halse im Firn eingeschlossen ist, fröhlich singt?« »Ich weine«, erhielt er zur Auskunft, »weil mein Leiden erst beginnt, während jene andere ihrer baldigen Erlösung entgegengeht. Ich muss noch ganz im Eise versinken, bevor ich erlöst werde.« Peter Walker Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die büssenden Jungfern

Source: Die büssenden Jungfern

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Wenige Mädchen sterben im Berner Oberlande als alte Jungfern. Bald findet eine jede unter den jungen Burschen einen, mit dem sie als zärtliche und sorgsame Hausfrau und liebevolle Mutter die Freuden und Leiden des Lebens teilen kann. Dies kommt aber daher, weil erstens die Oberländer Mädchen alle liebebedürftigen Herzens sind und zweitens, weil sie auch ein wenig die Strafe fürchten, welche solche, die als alte Jungfern sterben, nach ihrem Tode zu erwarten haben; denn alle, deren Herz im Leben kalt gegen das Gefühl der Liebe blieb, oder die gar, die Ehe verwerfend, in unsittlicher Leidenschaft entbrannten, sind verdammt, ihre Schuld in dem Schnee und Eis des Rottalgletschers für ewig zu büssen. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die büssenden Seelen im Rhonegletscher

Source: Die büssenden Seelen im Rhonegletscher

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Die Einwohner von Oberwald erklären jenes schreckliche Donnern und Krachen, welches oft im benachbarten Rhonegletscher vernommen wird, folgendermassen. Es trägt sich wie sie behaupten, dieses Tosen allemal zu, wenn Menschen, die in zügelloser Üppigkeit ihre Tage verlebt haben, endlich bei ihrem Tode verdammt werden, hier in der frostigen Behausung des Eispalastes ihre Sünden abzuverdienen. Einem frommen Geistlichen ist auf seiner einsamen Wanderung zu dem Gletscher eine solche Seele unter der Gestalt eines reizenden Weibes erschienen, und hat sich als eine Marquisin zu erkennen gegeben, welche 3000 Jahre lang unter einer Eiskuppe ihre Wohnung haben müsse. Nachdem die arme Büsserin dies kund getan, verschwand sie, mit fürchterlichem Gekrach, in dem Gletscher. Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Büsserin

Source: Die Büsserin

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Der Gemsjäger Thomas jagte einmal in der Gegend der Kaiseregg. Am Fusse einer steilen Felswand setzte er sich nieder und hielt Mahlzeit. Da erblickte er in einiger Entfernung eine schöne, junge Dame. Sie war ganz weiss gekleidet, und dunkle Locken fielen ihr über die Schultern. Wie eine Traumwandlerin kam sie langsam über das schmale Grasband - immer näher. Über ihr ragte turmhoch der Fels empor, unter ihr gähnte der Abgrund. Sie ging am Jäger vorbei, so nahe, dass ihr Gewand ihn streifte. Auf seinen Gruss antwortete sie nur mit einem stummen Neigen des Kopfes. Er schaute ihr nach, bis sie um die Felsenecke bog und seinen Blicken entschwand. Thomas staunte und konnte sich nicht erklären, woher die Jungfrau komme, was sie hier in dieser gefährlichen Gegend suche und wohin sie gehe. Er machte sich auf und ging bis an den Rand des Felsens, um ihr nachzuschauen. Aber er konnte sie nirgends mehr erblicken, nicht in der Höhe, nicht in der Tiefe - sie war verschwunden. Den ganzen Tag kletterte er nun in den Felsen herum, dachte immer an das seltsame, schöne Mädchen, vergass darüber die Gemsen und kehrte spätabends ohne Beute heim. Selbst im Schlummer noch liess ihm das Erlebnis keine Ruhe, und im Traume schaute er ihr liebliches Bild. Am andern Morgen trieb es Thomas wieder in die Flühe hinauf. Er wanderte auf steilen Wegen, kroch an Abgründen vorbei, sprang über Klüfte, kletterte an Felswänden empor, bis er wieder zur Stelle gelangte, wo er sie gestern gesehen. Sie war nicht da und nirgends eine Spur von ihr zu erkennen. Er setzte sich nieder und wartete. Stunde um Stunde verrann. Sie kam nicht. „Ich bin ein Narr“, dachte der Jäger. „Sie wird doch nicht alle Tage hier heraufsteigen. Sie wird nie mehr kommen.“ Er stand auf, und ohne zu wissen, wohin er wollte, ging er planlos bergab, kletterte über Felsgräte, rutschte über Schutthalden und gelangte endlich an den Abhang des Berges. Es war ein heisser Tag. Im Schatten eines riesigen Steinblockes liess er sich ins Gras nieder. Nach einer Weile sah er jemand den Hang herunterkommen. Es war ein alter Mann mit weissem Bart. Er schien kein geübter Bergsteiger zu sein. Bald schlittelte er auf dem Hintern, bald kroch er auf allen Vieren rückwärts herunter. Er hatte einen vollen Sack bei sich, den trug er bald auf der Schulter, bald stiess er ihn vor sich her oder zog ihn nach. So kam er unter vielen Mühen und Anstrengungen keuchend näher. Er schien den Jäger nicht zu sehen. Nur wenige Schritte von ihm entfernt, liess er sich erschöpft ins Gras fallen. Dann zog er ein Stück hartes Brot aus der Tasche und hielt Mahlzeit. Thomas, der ihm mitleidig zuschaute, erinnerte sich jetzt, dass er seit der Morgenfrühe nichts mehr gegessen hatte, und dass es Zeit wäre, Mittag zu machen. Einer plötzlichen Eingebung folgend, ergriff er seinen Rucksack, setzte sich neben den Alten und fragte: „Wo kommt ihr her?“ „Aus der Stadt.“ „Was macht ihr da droben?“ „Kräuter sammeln.“ „Welcherlei?“ „Nünhälmlera, Gärisch, Silbermänteli und Arnika.“ „Habt ihr Hunger?“ „0 ja, auf den Bergen bekommt man schon Appetit.“ „Wenn ihr wollt, so könnt ihr mir gerade helfen, den Rucksack leichter machen, er drückt mich schon lange.“ „Vergeltsgott, Vergeltsgott - da helfe ich gerne.“ Thomas packte aus: Weissbrot, Speck, Wurst, geräuchertes Schweinszüngli und gebratene Rippenstücke. Dann knallte er eine Flasche auf und schenkte ein. Sie hielten fröhlichen Schmaus, erzählten, lachten, scherzten und tranken, bis der Alte erklärte, er sei kugelrund und bringe nichts mehr hinunter. So ein Kilbiessen habe er viele, viele Jahre nie mehr gehabt. Mit Tränen in den Augen dankte er dem Jäger für seine Güte, wünschte ihm reichen Gottessegen und verabschiedete sich. Thomas stieg wieder bergauf. Er war gestern und heute noch nicht zum Schuss gekommen und wollte nicht mit leeren Händen heimkehren. Wie er so langsam emporstieg, schwand auf einmal das freudige Erlebnis mit dem alten Kräutermannli aus seinen Gedanken, und aus der Tiefe des Bewusstseins tauchte plötzlich die Erinnerung an jene schöne Jungfrau auf. Unwillkürlich lenkte er seine Schritte wieder zu dem schmalen Rasenband hin, wo er sie gestern gesehen hatte. Dort setzte er sich nieder. Tief unter ihm lagen die Bergstafeln, und die Herdenglocken läuteten leise in seine Einsamkeit herauf. Die Sonne brannte heiss an die Felsen, und kein Windhauch regte sich. Thomas blickte träumend in die weite Ferne und dachte an sie. Da - auf einmal stand sie vor ihm. Von der Sonne beschienen, glänzte ihr Gewand wie Schnee. Sie war unbeschreiblich schön. Ihr Anblick schmerzte fast die Augen. So schön konnte nur ein himmlisches Wesen sein. Sie lächelte mild wie ein Engel und sprach: „Thomas, ich danke dir - du hast mich erlöst.“ Der Jäger rieb sich die Augen und wollte fragen: „Wie ist das möglich?“ Aber er brachte kein Wort hervor. Da erzählte sie: „Ich war das einzige Kind einer vornehmen Familie. Wir wohnten in der Stadt. Meine Eltern schenkten mir Liebe und Güte in überreichem Masse. Wie schützende Engel wussten sie alle Leiden und Gefahren des Leibes und der Seele von mir abzuwenden und fernzuhalten. Ich habe in meinem Leben nie Hunger und nie Durst empfunden, habe nie Hitze und nie Kälte gespürt. Mitten in des Lebens Frühlingstagen, da rief mich der Herr zu sich. Ich wurde zwar nicht verworfen, konnte aber nicht sofort in die ewige Seligkeit eingehen, weil ich auf der Erde nicht gelitten und keine Werke der Nächstenliebe getan hatte. Ich musste erst hier in den Bergen herumwandeln und solange Hunger und Durst, Hitze und Kälte erdulden, bis ich Zeuge einer guten Tat wurde. Monatelang habe ich in dieser Wildnis die Leiden geduldig ertragen und auf das erlösende Werk gewartet. Ach, es hatte sich so manches Mal Gelegenheit geboten, einem Durstigen einen Trunk zu geben, einem Hungrigen ein Stück Brot zu reichen, einem Müden seine Last abzunehmen, einem Verirrten den Weg zu weisen. Aber die Menschen gehen an der Not des Mitmenschen vorbei und denken nur an sich. - Als du heute mit dem armen Kräutersammler mitleidig dein Mahl teiltest, da stand ich unsichtbar hinter dir, und meine Seele frohlockte, als sie Zeugin deiner Nächstenliebe wurde. Nun hat mein Leiden ein Ende. Noch in dieser Stunde werde ich in die himmlischen Gefilde eingehen. Habe Dank für deine Hilfe. Von der Himmelshöhe aus werde ich über dich wachen und Glück und Segen dir erflehen.“ - Dann verschwand sie. Thomas ging wie ein Trunkener nach Hause. Die schöne Jungfrau blieb lebenslang seine einzige Liebe. Er wurde ein glücklicher Träumer und starb im hohen Alter eines sanften, seligen Todes.    Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch


by Die Büsserin zu Langnau

Source: Die Büsserin zu Langnau

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Wehe dem, der sich zu seinen Lebzeiten ungerecht fremdes Gut aneignet! Er findet im Grabe keine Ruhe und muss so lange umgehen, bis er seine Übeltaten gesühnt und dem rechtmässigen Eigentümer zurückgegeben hat, was er ihm gestohlen. Vor vielen, vielen Jahren, so berichten alte Leute, lebte im obern Emmental eine Frau. So oft in Langnau Markt war, erschien sie mit ihrem Marktkorb am Arm im Dorfe, nicht etwa um Einkäufe zu besorgen oder etwas auf den Markt zu tragen. In unbewachten Augenblicken entwendete sie im Gedränge der Marktleute bald hier ein Stück Tuch oder eine Schürze, bald dort ein Paar Schuhe oder sonst etwas Brauchbares und trug es unbemerkt mit sich heim. Im Laufe der Jahre eignete sie sich im Stehlen eine derartige Geschicklichkeit an, dass es den Marktträgern nie gelang, ihr das unsaubere Handwerk zu legen. Zur Strafe für ihre Verfehlungen erscheint sie nun zuweilen in der alten Kramlaube zu Langnau in der nämlichen altertümlichen Tracht, die sie zu ihren Lebzeiten trug, mit dem Marktkorb am Arm. Was sie einst versündigt, das muss sie wieder gutmachen. Sie findet aber so lange keine Ruhe im Grab, bis «Chumis» Matte dreimal mit Hochwald bewachsen ist. Zweimal schon war die Matte mit prächtigem Wald bedeckt. Geschieht es zum drittenmal, so schlägt für die Büsserin die Stunde der Erlösung. Emmentaler Sagen, Hermann Wahlen, 1962 Gute Schriften Bern Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Chrezenchuchi und der goldene Sattel

Source: Die Chrezenchuchi und der goldene Sattel

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Auf Schwalmis, einer Alp in Beggenried, findet sich eine Höhle oder Balm, die „Chrezenchuchi" genannt. Hier sind grosse Schätze an Gold, Silber und Edelsteinen, welche sich vorzüglich am Vorabend der Fronfastenmittwoche zeigten und gesehen wurden. Auf diese Zeit wollten früher einmal zwei Männer hingehen, um da diese Schätze abzufassen. Wie sie dieser kostbaren Stelle nahten und die Schätze ihnen prächtig entgegen schimmerten, dachte der eine von ihnen in seinem neidischen Herzen: „O, wenn ich diese Schätze doch nur allein hätte!" Und wie er diesen neidischen Gedanken bei sich hatte, verschwanden die Schätze unter windsbrautähnlichem Brausen und von da an zeigten sich diese keinem Mcenschenauge mehr.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Die Chriesischelmen

Source: Die Chriesischelmen

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Einmal sah Menk vom Fenster aus, wie sich auf seinem Nasengut auf der andern Seite des Sees ein paar Bürschli in den Kirschen gütlich taten. Er ging hinunter zum See und band das Schiffli los, um hinüber zu fahren, den Schelmen die Leviten zu lesen. Die Nachbarn lachten ihn schier aus: „Bis du drüben bist, haben dich die Buben längst daherflotschen sehen und sind abgehaset!“ Menk aber sagte darauf nur: „Die werden mir schon warten!“ Er stiess mit einem Fuss das Schiffli vollends ins Wasser und ruderte gemächlich und schnurgerade auf das Nasengut zu. Als die Bürschlein im Kirschbaum den Schiffer herannahen sahen, bekamen sie es mit der Angst des Ertappten zu tun und wollten abkratzen. Aber, ohä! Keiner kam mehr vom Fleck, Beine und Arme blieben an den Ästen haften wie angeleimt, bis Menk unter den Baum getreten war, den Schelmen den Marsch zu machen. Und erst als das gründlich besorgt war, löste er den Bann, indem er sie hiess, nun herunterzukommen. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Christnacht

Source: Die Christnacht

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Im Fricktal und dem hauensteinischen Schwarzwald herrscht noch heute der Glaube, dass man in der Christnacht, wohl auch in der Andreasnacht, einen Blick in die Zukunft tun kann. Dieser Glaube hat hauptsächlich unter dem weiblichen Geschlecht seine Anhänger, das dabei folgende Vorschrift befolgt: Vor Mitternacht wird der Tisch in die Mitte der Stube gerückt, auf denselben an die Ecke ein Glas mit Wasser gestellt, auf die andere quer gegenüber ein Brod gelegt, in die dritte ein Kranz von Efeu, und auf die vierte kommt ein Ring zu liegen. Mit dem zwölften Stundenschlage verbindet sich dasjenige Mädchen, welches zuerst sein Glück versuchen will, die Augen, und während sie einige Male in der Stube herumgeführt wird, gibt man dem Tische eine andere Richtung, führt sie an denselben hin und lässt sie, sich selbst überlassen, wählen. Wer das Wasser ergreift, wird arm, das Brod, reich, wer den Kranz ertappt, wird eine Braut des Himmels, sowie der Ring Hoffnung für eine der Erde gibt. Als einst eine Gesellschaft junger Mädchen beisammen saß und diesen Gebrauch übte, da soll es aber unter dem Tische, auf welchem sich das Glas, das Brod, Kranz und Ring befanden, so rumort und gepoltert haben, dass den Mädchen gegrauset und diese Sitte unter ihnen seither mehr abgekommen ist. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Claridenalp

Source: Die Claridenalp

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Unter den zahlreichen Gletschern, welche die höchsten Gebirge der Kantone Glarus und Uri zieren, ist der Clariden auf der Grenze beider Kantone unstreitig einer der grossartigsten. Eisfelder bedecken in weitem Umfange die luftigen Höhen, wo nur kühne Gemsen und scheue Schneehühner die erhabene Bergesstille beleben. Das war nicht immer so. Nach der Volkssage war der Gletscher einst eine der schönsten Alpen der Innerschweiz. Das freundliche Grün, von buntfarbigen Alpenblumen durchwirkt, tränkte ein kleiner Bach, vom nahen winzigen Gletscher gespeist. Muntere Kühe weideten im saftigen Grase, und eine malerische Alphütte beherbergte Senn und Gehilfen. Ein Senn, im sorgenfreien Alpenleben übermütig geworden, vergass seine armen Eltern im Tale, vergass die kindliche Pflicht und wandte der Tugend den Rücken. All sein Sinnen und Trachten galt einem lebenslustigen Mädchen, das in jugendlicher Schönheit sein Herz bestrickte und im Tale gar häufig Geschenke und Grüsse erhielt. Doch die Trennung wurde dem Hirten zu lange; die Geliebte sollte in blumiger Alp die Sommertage bei ihm verleben. Der ersehnte Tag kam, und eine weite Strecke des Weges belegte der übermütige Senn mit seinen Käsen, schmückte die Kühe mit bunten Bändern und eilte in festlichem Gewand dem Mädchen entgegen. Schlickernd durchwandelten sie die Alptriften; was der Segen des Himmels dem Hirten Gutes gespendet, wurde vergeudet. Die Glut zur Bereitung der Speisen wurde mit Butter genährt, selbst «Brändi», die Lieblingskuh, und «Paris», der Hund, wurden mit Leckereien gefüttert. Drunten im Tale aber darbten die Eltern in Krankheit und Not. So reihte sich Tag an Tag auf der Alp in sündhafter Freude, im Tale unten die drückende Armut. Da brach das Herz des Vaters in schlafloser Mitternachtsstunde in einen schrecklichen Fluch aus über den hartherzigen Sohn und – o Entsetzen! – es kracht und donnert hoch oben am Berge, es zittern die Felsen, und im hundertfältigen Echo hallt die Gebirgswelt der Eislawinen Getöse schauerlich zu Tale. Der frühe Sonnenstrahl des folgenden Tages sucht umsonst nach den blumigen Triften der Claridenalp; Tod und Erstarrung ringsum, nichts als Eis und Eis deckt weit umher die Gefilde. Verschwunden sind Alp und Hütte. Der Herr hat gerichtet. Wer in der Mitternachtsstunde dort vorüberkommt, vernimmt oft durch die Stille ein leises Weinen und Klagen, und in wildem Lauf eilt «Brändi» über das Eisfeld. Wäre nun ein Hirte da, der diese Kuh auffinge und lautlos ihr ehernes Euter melken wurde, so könnte der Senn und seine Geliebte erlöst werden, und zurückweichen würde das Eisfeld in seine alten Schranken. Allein, wer wagt es? so klagten die Leute. «Ich will es wagen», dachte ein mutiger Hirte, und hinauf zog er auf unwegsamen Pfaden in schweigender Nacht. Die Stunde war da, und in wildem Laufe sauste «Brändi» daher. Der Hirt hielt die geisterhafte Kuh an und setzte sich hin, das stachlige Euter zu melken. Schon floss Blut aus seinen Händen, still hatte er geduldet, doch heftiger wird der Schmerz und «Ach, du lieber Gott!» seufzte er. Wie der Seufzer entflohen, riss die gespenstige Kuh sich los und sauste von dannen. Seither wagte keiner mehr die Rettung. Jahrhunderte schon eilten vorüber, nicht bewegte sich das Eismeer, und die Decke der starren Eiswüste kann kein Sonnenstrahl erweichen.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Die Cordeyena

Source: Die Cordeyena

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Auf der Sonnenseite des Schwarzseetales liegt die Alp Cordey. Vor langer, langer Zeit soll dort eine Frau aus Verzweiflung sich schwer vergangen haben. Man weiss nicht mehr genau, worin ihr Verbrechen bestand. Die einen behaupten, sie habe sich selber das Leben genommen, andere meinen, sie habe ihr Kind getötet, und die dritten endlich glauben, sie habe beides getan. Sicher ist, dass sie darum nicht selig werden konnte. Ihr Geist musste an den Ort des Verbrechens zurückkehren und da umgehen und sühnen. Wie lange wohl? Soviel Jahre und Tage, als sie vom Leben, das ihr und ihrem Kinde vom Schöpfer bestimmt gewesen, mit frevler Hand abgeschnitten hatte. Unsichtbar ging sie jetzt im Hause um. Bald hier, bald dort hörte man sie stöhnen und bitterlich weinen. Manchmal tat sie sich durch Poltern und Klopfen kund. In mondhellen Nächten aber wandelte sie in ihrer menschlichen Gestalt jauchzend und singend um die Hütte herum. Wie kam es nur, dass dieser Geist eines Tages in Heitenried auftauchte? Hat man je gehört, dass Geister auswandern, in fremde Gegend zu fremden Menschen ziehn? Und doch ist es geschehen. Eine Kette von Ereignissen war daran schuld. Ein nasser Sommer verursachte eine magere Heuernte. Ein langer, strenger Winter erzeugte darauf eine böse Futternot. Und als die Bauern schon sehnsüchtig nach dem ersten Grün Ausschau hielten, da setzten neue Schneestürme ein. In den Ställen brüllte das Vieh vor Hunger. Jetzt machte sich ein Bauer aus Heitenried mit Ross und Wagen auf den Weg, um in den Bergen Heu zu suchen. Er kam ins Schwarzseetal. ging von Haus zu Haus und hielt Nachfrage. Endlich gelang es ihm, auf der Alp Cordey ein Heustöcklein zu erstehen. Und nun nahte das Unheil. Als der Wagen schon geladen und zur Abfahrt bereit stand, ergriff der Bauer noch einen Besen und wischte auf der Bühne und vor dem Hause alle verzatterten Halme zusammen. Das gab wieder eine Gabel voll. Es durfte in dieser Notzeit nichts von dem kostbaren Gute zurückgelassen werden. Und noch einmal entdeckte sein spähendes Auge ein paar vergessene Blättchen und Stengelchen. Auch die mussten her. Er las sie mit den Händen auf und stopfte sie sorgfältig ins Fuder. Ach, hätte er doch diesen letzten Halm liegen gelassen, denn in ihm verbarg sich der Geist jenes unglücklichen Weibes. Zu spät! Das Unheil war geschehen. Ein schweres Heufuder rollte auf holperigem Wege von der Alp Cordey ins Tal hinunter. Spät in der Nacht näherte es sich dem Weiler Lettiswil. Der Mond schien hell. Da - auf einmal gewahrte der Bauer mit Entsetzen, wie oben auf dem Fuder ein Weib aus dem Heu kroch, sich auf die Füsse stellte, die Arme an die Hüfte stemmte und mit heller Stimme zu singen und zu jodeln begann. Schauder packte ihn, und es ward ihm sofort klar, dass dieses Wesen ein Geist sein müsse. Er peitschte und jagte die Pferde. Im Galopp ging es weiter. Das Weib aber spazierte gemächlich auf dem Fuder hin und her und sang und jodelte weiter. Ob dem Hofe Schwellibach streifte das Fuder einen Kirschbaum und stürzte um. Jetzt verschwand das Gespenst. Der Bauer spannte die Pferde aus und floh nach Hause. Am andern Tage lud er das Heu wieder auf und führte es heim. Doch diesmal nahm er sich nicht Zeit, alle Hähnchen aufzulesen. So blieb der Geist an der Unfallstelle zurück. Er irrte zuerst eine Zeitlang hier umher, dann zog er den Hang hinab, dorthin, wo die dunklen Wasser des Schwellibaches träge durch Erlen- und Weidengebüsche fliessen. In dem engen Tälchen steht heute noch im Waldesschatten ein altes Hüttlein, das ehedem als Knochenstampfe diente. Hier nahm der Geist, den man fortan nur noch die Cordeyena nannte, seinen Wohnsitz. Von hier aus machte sie in mondhellen Nächten ihre Wanderungen. Anfänglich stieg sie immer wieder singend und jodelnd den Hang empor bis zur Stelle, wo sie vom Fuder gefallen war. Als man aber an jenem Kirschbaume ein Bild der Mutter Gottes befestigte, blieb sie aus. Sie wanderte jetzt entweder bachaufwärts gegen Mellisried oder bachabwärts bis nach Lehwil. Unzählige nächtliche Wanderer wollten die Cordeyena gesehen haben. Die einen erklärten, sie habe ein schwarzes Hüeti getragen, andere sagten, sie habe immer einen roten Kopflumpen angehabt und am Arme ein Körblein getragen. Ja, es gab sogar Leute, welche fest und steif behaupteten, die Cordeyena habe gar keinen Kopf; was manche für einen roten Lumpen hielten, sei nichts anderes als der blutige Stummel des Halses, der aus dem dunklen Kleid herausrage. Ein Mann aus Winterlingen ging einst zur Nachtzeit dem Schwellibach entlang heimwärts. Als er an der Stampfe vorbeikam, erinnerte er sich der Cordeyena. Er hatte sie zwar noch nie gesehen, hätte aber doch gerne gewusst, ob dieses Gespenst wirklich umgehe oder ob alles Gerede nur Erfindung sei. Darum machte er gleich die Probe. Er blieb stehen und rief in die Nacht hinaus: „Cordeyena, wenn du um den Weg bist, so tue ein Zeichen!“ Da rauschte es oben im Wald; mit fürchterlichem Gekreisch hob sich ein gewaltiger Krähenschwarm in die Luft, senkte sich im Gleitflug hernieder, sauste dem Manne so nahe am Kopfe vorbei, dass der Wind des Flügelschlages ihm den Hut vom Kopfe riss und verschwand wieder im Walde. Das war ein deutlicher Bescheid. Obwohl die Cordeyena niemand etwas zuleide tat, fürchteten sich doch viele Leute vor ihr und getrauten sich nachts nicht mehr hinaus. Wem wäre nicht das kalte Grausen über den Rücken gekrochen, wenn er die schwarze Frauengestalt im Mondenschein langsam den Bach entlang wandeln sah, oder wenn sie plötzlich neben ihm aus dem dunklen Gebüsch trat? Wem wären nicht die Haare zu Berge gestanden, wenn ihr schauerlicher Gesang durch die Stille der Nacht tönte und ständig näher kam, oder wenn die Unheimliche gar neben der Strasse auf einem Steine sass, als warte sie auf ihn? So wurde die Cordeyena zum Schreckgespenst der Gegend. Des Abends erzählte man beim Lampenschein im Familienkreis von ihren Taten, man redete am Wirtshaustisch von ihr, auf allen Strassen und Wegen hörte man ihren Namen. Viele Jahre ging sie in Heitenried um. Niemand konnte sie bannen, niemand ihr Erlösung und Ruhe verschaffen. Endlich wusste jemand Rat. Wie der Geist dahergekommen, so könne er auch wieder fortgebracht werden. Man müsse drei Gabeln voll Heu in die Stampfe legen, einige Zeit warten, bis sich der Geist darin eingenistet habe, dann am hellen Tage das Heu auf einen Wagen laden und es auf die Alp Cordey hinaufführen. So werde man die Cordeyena an den Ort zurückbringen, von dem sie ausgegangen. Es sei aber peinlich darauf zu achten, dass kein Blättchen oder Stengelchen Heu in der Stampfe zurückbleibe; denn gerade im letzten Hälmchen verberge sich gewöhnlich der Geist.  Dieser Rat wurde befolgt. Und wirklich - von dem Tage an hat sich die Cordeyena in Heitenried nicht mehr sehen und hören lassen. Sie wird den Rest ihrer Schuld dort abgebüsst haben, wo sie gesündigt hatte. Einmal aber muss auch ihr die Stunde der Erlösung geschlagen haben, denn auf der schönen Alp Cordey geht längst kein böser Geist mehr um.    Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch  


by Die Dachsbergritter

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Die Dachsbergritter Eine aus Limberg stammende Frau erzählte dem jetzt verstorbenen Lehrer R. Egli in Herrliberg vor 1936: Die Ritter auf der Burg Dachsberg hätten im Brauch gehabt, ihre weissen Rosse im Brunnen in Limberg zu tränken. Im Tassberg soll eine Hexe haust haben. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee P. Corrodi, im JZ 1936, S. 123.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die dankbare Zigeunerin

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In Titterten übernachtete einst eine Zigeunerbande. Die Leute hatten schon in Arboldswil um ein Nachtlager gefragt, waren aber dort mit Schimpf und Spott fortgejagt worden. In Titterten war man mitleidiger und überliess den Zigeunern eine Scheune als Nachtquartier. Am folgenden Morgen nahm eine alte Zigeunerfrau drei Strohwellen, legte sie kreuzweise übereinander und zündete sie an. Dazu murmelte sie noch einen geheimnisvollen Spruch, dass das Dorf von Brandfällen in Zukunft verschont bleibe. Seither sind in Titterten keine grossen Brände mehr ausgebrochen. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Die dankbaren Toten öffnen den Weg

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Von allen Seiten tosten die Lawinen zu Tale, als ein kecker Säumer mit seinem Ochsengespann durch die Schöllenen hinan stieg. Bei der Sprenggi wurde er gänzlich von den Schneemassen umringt. Eine Lawine verwehrte ihm das Weiterkommen, eine andere sauste hinter ihm in den Abgrund und versperrte ihm den Rückzug. Verlegen schaute er nach allen Seiten nach Hilfe sich um. Da auf einmal erschienen 4 starke Männer mit Schneeschaufeln und öffneten den Weg. So rasch und wacker arbeiteten sie darauf los, dass der Säumer nicht imstande war, sie einzuholen, obschon es sein sehnlichster Wunsch war. Gerne hätte er ihnen gedankt und sie zu einem Imbiss und zu einem Glas Wein eingeladen. In der Nähe des ehemaligen Pfarrhofs bei der alten St. Kolumbanskirche hörte er sie noch den Schnee von ihren Schuhen und Schaufeln abklopfen, und dann hörte und sah er nichts mehr von ihnen. Jedenfalls sind diese Helfer in der Not arme Seelen gewesen; denn der brave Säumer unterliess es nie, die verlassenen armen Seelen zu trösten und für sie zu beten, wenn er am ehemaligen Friedhof bei der alten Kirche vorbeiging. »Jä, die Gschicht soll denn aber wahr sy; das syg alles innärä Schrift z'läsä, wo si im Turmchnopf z'An dermatt gfundä hend. Der alt Lehrer Kolumban Russi het si sälber nu i der Hand g'ha.« Frau Bonetti-Regli, Andermatt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die dankbaren Toten schützen einen Kiltgänger

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Wo es war, weiss ich nicht, aber basta, an einem Ort in Uri kam ein Lediger aus einer Nachbargemeinde zum brävsten und reichsten Mädchen des Ortes z'Liecht. Es war ein rechtschaffener sittsamer Bursche, und während er über den Kirchhof schritt, wo ihn der Weg führte, pfiff er jedesmal das Armseelengebet vor sich hin. Die Burschen des Ortes waren ihm neidisch und beschlossen einmütig, ihn eines Abends zu überfallen und zu »trogen«, d.h. in einen Trog Wasser zu werfen. Aber da sind sie nicht gut angekommen. Wohl kam der Jüngling, wenn sie ihm aufpassten, jedesmal zur gewohnten Stunde daher, aber mit ihm noch eine ganze Schar Männer, deren Anzahl diejenige der Aufpasser immer weit übertraf. Das gefiel ihnen nicht, und sie gaben die Verfolgung auf. So hatten die armen Seelen ihrem Fürbitter gelohnt. Frau Wipfli-Herger Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die dankbaren Toten schützen vor Räubern

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Vor Jahren zogen drei Männer, schwer mit Geld beladen, durch den finstern Wassnerwald. Sie wussten wohl, dass diese Gegend durch Räuber gefährdet war, nahmen deshalb ihr Bätti zur Hand und beteten einen Psalter für die armen Seelen. Die Räuber waren, wie sie später vor Gericht bekannten, wirklich auch an jenem Abend auf der Lauer, beobachteten die drei betenden Wanderer, sahen aber auch, dass bewaffnete Reiter vor und hinter ihnen herritten. Das gefiel ihnen nicht, und sie unterliessen einen Angriff. Michael Walker, Josefa Imhof-Aschwanden Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die dankbaren Toten vertreiben Obstdiebe

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G'schändige Nachtbuben plünderten einem Bauer nicht selten die Kirschbäume. Solches verdross ihn, das kann man sich ja denken. Statt aber den Schelmen zu fluchen, liess er für die armen Seelen eine heilige Messe lesen. Da sich die Diebe eines Nachts wieder über die leckern Früchte hermachen wollten, erblickten sie auf dem Baume ein Lichtlein, und sie wagten es nicht, den beabsichtigten Besuch abzustatten. Den Bauer fragten sie eines Tages, warum er seine Bäume beleuchte. Dieser wusste sofort, mit wem er es zu tun habe, und meldete ihnen, er habe Soldaten angestellt, um die Kirschendiebe zu vertreiben. Frau Wipfli-Herger, Schattdorf; Zäzilia Gisler-Walker Josefa Imhof-Aschwanden Der Chronik des Frauenklosters in Altdorf entnehmen wir die folgende Sage: Es hat sich in unserm Hof zu Ettighausen, allwo das alte Kloster gestanden, zugetragen, dass drei Männer über die Mauer gestiegen Willens Biren zu schütteln. Da der einte schon auf dem Baum und die andern auflasen, da kommen zwei oder drei Klosterfrauen aus dem alten Klostergemäuer herfür, mit unserm Habit und Weiller1 bekleidet, welche sich eben unter diesen Baum verfügen und in ihre Fürtüecher das Obst auflesen, ob welchem diese drei Männer heftig erschrocken. Die zwei, so auflesen, springen in Eil wieder über die Mauer hinüber, der dritte in vollem Schrecken ab dem Baum herab und alle drei machen sich eilfertig in die Flucht. Der einte, so auf dem Baum gewesen, ist darauf tötlich erkrankt (18. Jahrhundert).  Fussnoten 1 Schleier Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die dankbaren Toten zu Baar

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An der Friedhofkapelle zu Baar findet man ein farbiges Bild von der Geschichte der dankbaren Toten. Auch in der Grabkapelle zu Zug war ehedem eine solche Darstellung. Es lebte einst ein gar frommer Reitersmann. Dieser musste sehr oft über den Kirchhof gehen und bei jedem dieser Gänge betete er in barmherzigem Sinne ein kleines Gebetlein für die Armen Seelen auf dem Friedhof. Eines Tages musste er ausreiten. Drei düstere Wegelagerer lauerten dem einsamen Reitersmann auf. Er floh, die berittenen Reiter ihm nach. In dieser grossen Not wandte der Flüchtling sich nach dem Friedhof, sprang vom Pferd und wollte sich vor seinen Feinden, die gar Arges im Schilde führten, im Beinhaus verbergen. Das Beinhaus aber war verschlossen. Die bösen Drei banden ihre wilden Rosse vor der Kirchhofmauer an und wollten durch das Portal eindringen. Da erhoben sich aus den Gräbern furchtbare Totengerippe, die mit drohender Gebärde allerlei Handwerkzeuge, wie Sense, Pickel, Schaufel, Hammer, Zange, Haue und Dreschpflegel schwangen. Aus der Beinhaustüre trat eine gewaltige Schar Knochenmänner, unter der Führung eines Bäckermeisters mit einer langen Schubstange. Voll Schrecken ergriffen die Verfolger die Flucht, und der Reitersmann war gerettet durch die dankbaren Toten, denen er so oft ein heilsames Gebet gewidmet hatte. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 18 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die dankbaren Toten zu Ingenbohl

Source: Die dankbaren Toten zu Ingenbohl

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Die dankbaren Toten haben in der Sagenforschung eine eigene Aufmerksamkeit erregt. Wiederholt kommt es vor, dass einem, der ihnen mit Gebet und sonstwie Gutes erwies, die armen Seelen es vergelten und in der Not mit einer dem Feind überlegenen Anzahl sichtbar zu Hilfe eilen. Es sind diese Überlieferungen von den dankbaren Toten nicht immer frei von entschieden mythischen Beimischungen geblieben. Die folgende Erzählung, für welche es auch in den Niederlanden Geschwister gibt, sei hier als kleiner Beitrag für diese teilweise noch der Untersuchung angehörenden Frage eingereiht. Einen Kiltgänger in Ingenbohl führte sein Weg jeden Abend, da er seine Besuche machte, über den Gottesacker. Er hatte ein fröhliches Gemüt, wie überhaupt eine edle, teilnahmsvolle Seele, und er brachte es nicht übers Herz unter den Gräbern zu wandeln, ohne ein paar Vater unser gutmütig für die „lieben Seelen" verrichtet zu haben. Besonders gedachte er aber der „schamroten Seelen", will sagen der armen Hingerichteten. Wenn er so gebetet hatte, stand er auf und ging laut jauchzend seines Weges. Der dortige Pfarrer hörte mit Unwillen das ruhestörende Jauchzen dieses Jünglings so nahe an heiliger Stätte und bestellte den Küster, der nächsten Abend Wache halten und diesem „Nachtbuben", wenn er komme, das Lärmen verleiden sollte. Er kam zur gewohnten Stunde wieder unter der gewöhnlichen Kundgebung daher. Als ihm der Aufpasser beikommen wollte, sah er zwei Männer von riesenhafter Grösse neben demselben gehen, so dass er nichts zu unternehmen wagte. Zum zweiten Male hielt der Küster mit vier andern Wache. Der junge Mann näherte sich abermals jauchzend, diesmal von sechs grossen starken Gestalten behütet, indem drei vorausgingen und drei folgten. Alle hatten rote Streifen um den Hals. Ein drittes Mal versucht es der Sigrist und geht auf die Lauer. Diesmal nahm er acht Männer mit sich und hoffte nun unfehlbar des jungen Schreiers Meister zu werden. Aber, welch' ein Schrecken ergriff alle. Dieser fröhliche Jauchzer kam nun um neun Uhr, welches die gewohnte Stunde war, umgeben von einer grossen Schar Männer, die abgeschlagene Häupter in den Händen trugen. Der Küster eilte zum Pfarrer und erzählte ihm, was sich zugetragen. Dieser liess am nächsten Morgen den Burschen rufen und fragte ihn, wer ihm denn alle Abende das Geleit gebe. Verwundert erwiderte der Gefragte, dass er niemals einen Menschen bei sich gehabt habe, dass er aber, wenn er am Abend nach Hause gehe, jedesmal ein kurzes Gebet spreche, und dann wohlgemut vorwärts schreite. Mit dieser Erzählung war der Pfarrer zufrieden; segnend legte derselbe dem Jauchzer die Hand auf das Haupt und sprach: „Stets wachse in dir des Herrn Schutz gegen alle Feinde; fahre fort auf deiner heitern Lebensbahn zu wandeln, dann wirst du zeitlich und ewig glücklich sein."   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Die Diale von Guarda

Source: Die Diale von Guarda

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In Guarda lebte ein Mann mit seiner Frau in Unfrieden und als er auf seiner Bergwiese sein Heu aufladen sollte, um es nach Hause zu führen, hatte er niemand, der ihm dabei Hülfe leistete, denn seine zänkische Frau wollte ihm nicht. Da erschien eine Diale und half ihm sein Fuder laden. Er hielt sie für ein gewöhnliches Weib. Als sie aber auf dem Fuder stand, bemerkte er ihre Ziegenfüsse und dachte bei sich selbst, nun sei er übel daran, der Teufel stehe auf seinem Fuder. Die Diale fragte ihn nach seinem Namen; er dachte, dem Teufel wolle er seinen Namen nicht sagen und antwortete: Ich heisse „ich selbst". Und als das Fuder geladen war, stach der Mann der Diale die eiserne Heugabel durch den Leib, in der Meinung, es sei der Teufel, und fuhr dann rasch davon. Die Diale liess einen durchdringenden Schmerzenston hören und bald sammelte sich eine grosse, unabsehbare Menge Dialen um sie herum und fragten: „Wer hat das getan?“ Sie gab sterbend zur Antwort: „Ich selbst". Da sagten die andern: „Was man selbst tut, geniesst man selbst." Seit dieser Zeit aber wurden in Wald und Feld keine Dialen mehr gesehen und nunmehr sind sie längst spurlos verschwunden. Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Dialen

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Im Unterengadin und im Münstertal erschienen vormals gewisse feenhafte weibliche Wesen, wie die Sage auch in andern Tälern Graubündens noch von solchen unter dem Namen „Waldfänken" erzählt. Es sind nicht die nämlichen, wie die „wilden Männlein und Weiblein". Es kamen stets nur weibliche Wesen vor. Im Unterengadin und Münstertal hiessen sie „Dialas". Es waren weibliche Wesen von leidlicher Schönheit, sehr freundlich und gutherzig. Ein Umstand aber entstellte sie in den Augen mancher Leute, sie hatten Ziegenfüsse. Sie erschienen öfters den Hilfsbedürftigen, geleiteten verirrte Wanderer auf den rechten Weg und bewirteten hungrige und durstige. Armen Leuten, die im Schweisse ihres Angesichtes arbeiteten und nach einer Labung lechzten, erschienen sie hin und wieder, breiteten ein weisses Tuch vor ihnen aus und trugen auf blendend weissem silbernen Geschirr Speise und Trank auf. Es fürchtete sich auch niemand vor ihnen, denn man kannte ihre gute Gemütsart. Einmal ging eine arme Frau durch einen Wald. Müde setzte sie sich einige Augenblicke auf einen Stein; sie befand sich in gesegneten Umständen und war lüstern nach einem Stückchen neugebackenen Brotes. In ihrer Heimat, wo man nur einigemal im Jahr backt und darum das Brot gewöhnlich sehr hart isst, gehörte, wie auch noch heutzutage, neugebackenes Brot zu den Leckerbissen. Sei es nun, dass sie ihre Lüsternheit laut werden liess, sei es dass eine Diale ihre Gedanken belauschte, als sie sich aufrichtete um weiter zu gehen, duftete ihr der Geruch von neugebackenem Brot entgegen und sie erblickte ein solches noch dampfend neben sich im Moose liegen. In neueren Zeiten sieht man keine Dialen mehr. Die böse Welt hat sie verscheucht. Einst arbeitete eine Familie auf dem Felde und nachdem sie recht fleissig gewesen war, erblickte sie plötzlich ein Tuch ausgebreitet und silberne Gefässe mit Speise und Trank darauf. Die Dialen hatten es aufgedeckt und hiessen die Arbeiter sich lagern und essen und trinken, mit ihrem gewöhnlichen Ausdrucke: „iss und lass" das wollte soviel sagen, als man solle sich gütlich tun, das Silbergeschirr aber nicht antasten. Der Knecht der Familie aber war ein böser Mann, der steckte den silbernen Löffel in die Tasche. Sogleich verschwand das Gedeck, der Löffel ward zu Feuer und seither erschienen in jener Gegend die Dialen nicht mehr. Die Dialen pflegten in Grotten zu wohnen, die sie schön ausschmückten. Auch hatten sie weiche, reinliche Lagerstätten von Moos. Einst kam ein Mann zu einer solchen Grotte, sah sie leer, trat ein und legte sich verwegen auf eine Lagerstätte. Als die Dialen kamen und ihn erblickten, entfernten sie sich eiligst und wurden dort seitdem nicht mehr gesehen. Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Dialen im Bündner-Münsterthal

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Im bündnerischen Prättigäu nennt man die Bergmännchen Geissler, Gaisser, Küher, Wilde Leute und Waldfänken; im romanischredenden Münsterthale heisst man sie Dialen und denkt sich darunter kleine Männchen, welche scharlachrothe Kleidlein, mit Gold und Spitzen geschmückt, tragen und sie an die Sonne und frische Luft zu hängen pflegen. Diesen Reichthum der Dialen erklärt man sich aus den mancherlei Schmelzöfen und Grubenwerken der Gegend, die jetzt verlassen stehen, ehemals aber auf Gold und Silber gebaut wurden. So nennt man im Münsterthale einen Ofenberg, wo Zwerge wohnen, und zeigt in der Nähe der Cierfer-Alp die Dialenlöcher, las foras dal las Dialas. Von ihrer Gesinnung gegen die Menschen wird nur Gutes gemeldet, und ergötzlich ist die Meinung, dass sie die Gamsthiere melken und Käse zu machen wissen, welche so lange wieder wachsen und ganz werden, als man sie nicht auf den letzten Bissen aufisst. Ein fünfjähriges Kind war, während seine Eltern droben in den Bergmatten Heu machten, den Erdbeeren nachgegangen und war des Abends nicht mehr aufzufinden. Erst am andern Abend kam es ins Thal heim und erzählte den Seinigen wohlgemuth: Ein Kind in wundersamen Kleidern setzte sich zu mir aufs Moos und gab mir gute Sachen zu essen. Plötzlich war es dann wieder verschwunden. Ich wartete die Nacht und den ganzen folgenden Tag auf seine Wiederkehr, und so lange es auch gieng, so empfand ich doch weder Hunger noch Durst. Als es im Walde zum zweitenmal dunkel zu werden anfieng, kam das Wunderkind wieder, speiste mich, nahm mich bei der Hand und führte mich vorsichtig herunter vom Gebirge zwischen Stock und Stein bis auf die ersten Matten, wo man die Kirche des Dorfes wieder sieht. Es mahnte mich hier, hübsch heim zu gehen, und war nun zum zweitenmale verschwunden. Auch Bäcker sind die Dialen und helfen den armen Leuten mit Brod aus. Die Münsterthaler-Hausfrauen kaufen Etschroggen und wissen daraus ein sehr schmackhaftes Brod zu machen; allein man backt in jener Gegend höchstens alle Monat nur einmal, und das neubackene Brod mit seinem angenehmen Dufte ist daher ein bekannter Gegenstand der Frauengelüste. Nun gieng ein armes Weib, das noch dazu schwanger war, hungrig und müde durch den Wald zwischen Fuldera und Valcava. Erschöpft liess sie sich auf einen Fels nieder. Plötzlich stieg ihr ein prächtiger Backgeruch in die Nase, aber unmöglich konnte er von Etschroggenbrod herrühren, denn es roch allzulieblich, und weit und breit war hier rings keine menschliche Wohnung zu vermuthen. Das arme Weib, das jenes Tages gewiss weder Alt- noch Neubackenes gekostet hatte, dachte, wie köstlich solch ein Brod erst schmecken müsste, dessen Duft schon so lockend roch; und da sie sich drüber wieder vom Steine erhob, siehe, da lag neben ihr der schönste Roggenkuchen und dampfte noch. G. Leonhardi, Rhätische Sitten und Gebräuche. St. Gallen 1844 S. 40. Auszug. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 317 Zwergensagen aus anderen Schweizerkantonen Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Diebstud

Source: Die Diebstud

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Auf dem untern Dorfplatz in Kippel stand früher die Diebstud, der Schandpfahl. Nach dem Gottesdienst wurden dort die Diebe und Verbrecher angebunden, damit sie von allen Leuten gesehen würden. Ältere Leute sahen noch das Holz dieser Stud und wollten sogar wissen, welche Lötscher an der Stud gestanden seien.  LÖTSCHEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die dienstfertige Katze

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Mal einer wollte sich in der Verzweiflung erhängen. Mit seinem Strick ging er auf die Ruossdiele und wollte ihn über einen Dillbaum hinüber werfen. Aber auf dem Dillbaum hockte eine Katze, die den Strick mit den Pfoten ergriff und schön hinüberzog. So erregte sie jedoch des armen Mannes Misstrauen, und er gab wirklich sein Vorhaben auf. Am nächsten Morgen erzählte er alles seinem Pfarrer. Dieser dankte Gott und schenkte dem Armen eine schöne Summe Geld und empfahl ihn der Mildtätigkeit der Leute, die ihm jetzt ebenfalls nachhalfen, so dass er aus der Armut herauskam. Katharina Kempf, 90 Jahre alt, Schächental Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Domherren als Jäger

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Die Herren des Domkapitels zu Arlesheim hielten einmal in Ettingen eine Treibjagd ab. Die jungen Männer der Gegend mussten dabei als Treiber behilflich sein Da geschah es, dass einer der adeligen Herren sich etwas ungnädig gegen die Treiber benahm. Dafür rächten sich diese dadurch, dass sie dem Herrn beim Mittagessen einen verfänglichen Sitz bereiteten und zwar an einem Abhange. Als nun der beleibte Herr sich darauf nieder- liess, brach der Sitz zusammen und jener kollerte den Abhang hinunter zum grossen Gaudium der übrigen Domherren, denen sein barsches Benehmen ebenfalls missfallen hatte. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Die Donna di Valnüglia

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In dem waldigen Hochtale Buffalora (im Münstertale) wohnten einst gütige Feen, und ein schönes, grünes Alpental breitete dort sich aus. Aber durch den Vorwitz der Bewohner wurden die Geister veranlasst, die Gegend zu verlassen, die seitdem verödete. An die Stelle der holden Feen ist später ein seltsames Gespenst getreten, die Donna di Vanüglia, eine weisse Frauengestalt, die aus dem Tale Nüglia herauskommt, und bei Tag und Nacht dort umgeht. Diese interessante Persönlichkeit war einstens Schaffnerin im Schlosse zu Zernetz und veruntreute viel Gut. Nach ihrem Tode ging sie, mit ihrem mächtigen Schlüsselbunde rasselnd, im Schlosse um, bis die Schlossherrschaft durch einen geschickten Geisterbeschwörer in das öde Tälchen Nüglia sie bannen ließ. Dort geht sie nun oft um, den Schlüsselbund am Arme; und was ihre Erscheinung noch grauenhafter macht, ist, dass sie keine Nase hat. Mit Vorliebe schreckt sie die Reisenden, die über den Ofenpass gehen, und hat gar Manchem schon durch ihr Schlüsselgerassel bös Wetter vorausgesagt. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Drachen

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Bewohnt waren zuerst die Abhänge längs der Talsohlen. Später mögen die Ansiedelungen sich nach oben und unten hin fast gleichzeitig ausgebreitet haben. Nach oben mussten die Menschen ihre Wohnsitze den wilden Bewohnern des Waldes, nach unten dem Gewürme der Sümpfe abringen. Das Vorhandensein dieser Sümpfe und ihrer längst untergegangenen Bewohner ist vielleicht der historische Kern jener zahlreichen Volkssagen von Lindwürmern, Drachen und dergleichen Ungetümen, wofern man in diesen Sagen nicht etwa dichterische Darstellung der verpestenden Ausdünstungen jener Sümpfe erblicken will.                                                                         H. Seifert. (Geschichte der evang. Gemeinde Ebnat, Herisau, Meisel, 1863.) Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 430, S. 255 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Drachen und der Holzfäller

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Es war einmal ein armer Holzfäller, der hatte einen Sohn und eine Tochter namens Göri und Celestina. Er brachte sich mit seinem knappen Lohn durch, wie es sich gehört, und er hatte zugleich noch das Geschick, seine beiden Kinder zu ernähren und zu schulen. Die Frau war bei Celestinas Geburt gestorben, und er heiratete nachher nicht mehr, da der Knabe und das Mädchen inzwischen 10 und 15 Jahre alt geworden waren und sich auch ohne Mutter zu helfen wussten. So verging eine gute Weile; da sprach eines schönen Tages Celestina zu ihrem Bruder: «Weisst du Göri, jetzt scheint es mir doch an der Zeit zu sein, dass wir ein wenig dem Vater helfen, der ist alt und plagt sich ständig ab, damit wir Kleider sowie zu essen und zu trinken haben. Gehen also auch wir verdienen, jeder seines Weges.» Göri war einverstanden, doch der Vater wollte zuerst nichts davon wissen, da er sich nicht gern von den Kindern trennte. Aber es half nichts; die liessen sich ihren Gedanken nicht aus dem Kopf schlagen. Nachdem sie sich reichliches und gutes Essen, Brote, usw., wie auch das nötige Geld verschafft hatten, machten sie sich auf den Weg. Ein Stück gingen sie noch zusammen, bis zu einer Stelle, wo der Weg sich teilte. Hier trennten sie sich nach schwerem Abschied, um ihr Glück zu suchen. Schauen wir nun zuerst, wie es Celestina ging. Die nahm den rechten Weg, während Göri, der ältere der zwei Geschwister, den linken gewählt hatte. Celestina war noch ganz traurig, so allein zu sein, und sie kam nur ganz langsam vorwärts. Um in jene Stadt zu gelangen, in der sie vorhatte, eine Stelle zu suchen, musste sie durch einen dichten Wald. Als das arme Mädchen sah, dass es langsam immer dunkler wurde, bekam sie Angst und getraute sich kaum, weiterzugehen. Deshalb setzte sie sich auf einen Stein, um zu essen. Sie faltete also ihr Bündel auseinander, um wenigstens einen Bissen zu nehmen. Plötzlich sah sie ein kleines weisses Mäuslein mit roten Augen, das kam zu ihr her und sagte: «Schönes Mädchen, warum weinst du? Gib mir etwas von deinem Essen – ich habe Hunger – und erzähl mir, warum du so traurig bist.» Celestina reichte ihm sogleich Brot und Wurst hin und sagte: «O armes Tierchen, hier hast du`s. Komm nur her und iss mit, es ist wirklich nichts Rechtes, doch es ist genug da für beide!» Während sie zusammen assen, erzählte Celestina dem Mäuslein das, was uns bekannt ist. Dieses entgegnete darauf: «Ich sehe, dass du ein braves Mädchen bist, das mit den Tieren Erbarmen hat; du hast mich gut behandelt, deswegen will ich dir helfen. Wie du erzählt hast, suchst du eine Stelle als Dienerin oder Magd. Also, eine solche Stelle, und zwar eine gute, kann ich dir besorgen, wenn du nur jeden Tag ordentlich deine Pflicht tust!» Celestina war überglücklich, wickelte ihr Essen ein und ging mit dem Mäuslein bis vor ein riesiges und schweres Tor, das eine Felsenhöhle verschloss. Nun begann das Mäuslein, auf einer kleinen Goldpfeife zu spielen, und plötzlich öffnete sich das Tor mit einem Knall. Sie traten ein, und danach schloss das Tor wieder auf die gleiche Weise. Sie stiegen eine breite, vergoldete Marmortreppe hinunter; Celestina zitterte noch ganz vor Furcht. Nun gingen sie und gingen und gingen durch wunderschöne Säle, bis sie in einen grossen Gang gelangten. Hier hielt das Mäuslein an und sprach zu seiner Gefährtin: «Jetzt sind wir da, hör jetzt, was ich dir sage und befolge meinen Rat. Du befindest dich hier bei einer Fee, die dich schuften lassen wird und auch nicht so gut zu dir ist. Aber fürchte dich nicht, tu nur ordentlich deine Pflicht, und wenn sie einmal allzu böse zu dir sein sollte, so ruf mich nur. Hier hast du einen kleinen Stab; damit klopfst du nur dreimal an den Tisch in deinem Zimmer, und ich werde kommen. Die Fee hat einen Haufen Diener, die Zwerge sind; die halten zu ihr, wenn jemand seine Pflicht nicht tut. Aber jene, die gut und anständig mit ihnen sind, haben gute Tage, auch wenn sie fast über ihre Kräfte arbeiten müssen. Die Fee wird von einem grossen Drachen bewacht, den musst du aber nicht fürchten. Der zeigt sich nie; aber all jene Mädchen, die bis jetzt hier gearbeitet haben, hat er eine nach der andern gefressen, weil sie es ihrer Meisterin nicht recht gemacht haben. Er würde auch dich fressen, wenn dir eines schönen Tages die Arbeit verleiden würde und du deine Pflicht nicht mehr tätest. Wenn du also mit den Zwergen umgehen kannst, wird es dir gut gehen. Nun komm, damit ich dich zur Fee führen kann, wie ich es jedes Mal tun muss, wenn ich mit einer neuen Magd hierher komme. Hier in deinem Bündel findest du statt des Essens deine Arbeitskleider!» Nachdem das Mäuslein ihr einen kleinen Silberstab gegeben und sie zur Fee geführt hatte, verschwand es. Celestina musste sich nun, sobald sie zu Abend gegessen hatte, an die Arbeit machen. Sie ging folglich in eine schöne Schlafkammer, um sich umzukleiden. Wie das Mäuslein ihr gesagt hatte, fand sie in ihrem Bündel die nötigen Kleider, aber dazwischen auch noch andere, viel schönere, mit allem, was dazu gehört. Die versteckte sie in ihrem Kleiderschrank, bevor sie das Zimmer verliess, um arbeiten zu gehen. Es war sehr schön in jener Felsenhöhle; das könnt ihr ruhig glauben, alles glänzte dort von Gold und Silber, und überall war es hell wie am helllichten Tag, obwohl es unterirdisch war. Celestina, die anfänglich wohl ein wenig Heimweh nach Vater und Mutter hatte, war immer freundlich zu den Dienern der Fee. Die Zwerge fanden so auch von Tag zu Tag mehr Gefallen an dem Mädchen und versuchten, zusammen mit dem Mäuslein, ihr ihre harte Arbeit zu erleichtern. Den Stab hatte sie noch kein einziges Mal gebraucht, obwohl die Riesenfee sehr böse zu ihr war. Lassen wir dies nun beiseite und schauen wir, was aus Göri wurde. Der fand eine Stelle als Knecht in der nächsten Stadt. Aber er hielt es dort nicht lange aus, denn der Meister war ein böser Mann, und unser Göri auch ein wenig zu bequem und faul zum Arbeiten. So ging er eines schönen Tages fort, um eine andere Stelle zu suchen. Er reiste mehrere Tage lang, bis er gegen Abend in einen dichten Wald kam, wo es schon dunkel war. Müde und halbtot vor Hunger kletterte er auf einen Baum, um dort oben zu schlafen. Als er genauer hinsah, merkte er, dass der Baum, der für jene Nacht seine Schlafkammer sein sollte, voll mit Nüssen behangen war. Beim Gedanken: «Wie seltsam, dass hier dieser Nussbaum allein zwischen lauter Fichten steht», sah er plötzlich von nah ein Licht durch die Bäume scheinen. Die Neugier war jetzt doch grösser als die Müdigkeit. Darum kletterte er wieder vom Baum, den er vor dem Weggehen zuerst mit einem Zeichen versah, um ihn im Fall einer Rückkehr wieder zu finden, und ging dem Licht nach. Hätte sich Göri beim Verfolgen des Lichtes nur einmal zum Nussbaum umgedreht, so hätte er sehen können, dass jener mit zwei Riesenaugen, glühenden Kohlen gleich, schaute, wohin er ging! Nun - er ging weiter und gelangte nach kurzer Zeit vor ein grosses, schönes Haus, das von einem prächtigen Garten umgeben war. Er klopfte dreimal ans Tor, das sich beim dritten Mal mit lautem Getöse öffnete, und er trat ein, ohne dass sich eine Menschenseele gezeigt hätte. So ging er weiter durch wunderschöne Zimmer bis in den Speiseseal. Hier fand er den Tisch schon für eine Person gedeckt. Da sich niemand zeigte, setzte er sich an den Tisch. Kaum hatte er Platz genommen, gab es wieder ein schreckliches Beben, und plötzlich hatte Göri ein ganz feines Abendessen vor sich stehen. Da langte er wacker zu, und während er mit vollem Munde ass, hörte er plötzlich an der Tür ein leichtes Kratzen. Göri öffnete und sah ein schönes schwarzweisses Hündchen, das kam in die Stube und sagte zu ihm: «Ah, guten Abend, Göri, dürfte ich nicht von deinem Abendessen haben?» Göri war froh, wenigstens ein Wesen aus Fleisch und Blut um sich zu haben und sagte: «Doch, komm nur her und nimm, was du magst, hier gibt’s genug für uns beide!» Das Hündchen sprang herbei, und nachdem beide genug gegessen hatten, blieben sie noch ein wenig am Tisch, von wo die Speisen verschwanden, wie sie gekommen waren. Nun sagte das Hündchen: «Ich sehe, dass du ein Bursche mit einem guten Herz bist, erzähl mir jetzt, was dich in diese verzauberte Gegend geführt hat, und wenn es in meinen Kräften steht, will ich dir weiterhelfen.» Göri berichtete also dem Hündchen, was wir wissen, und dass er mit seiner Schwester von zuhause weggegangen sei, um eine Stelle zu suchen. So hätten sie ihrem Vater helfen wollen. Das Hündchen antwortete: «Wenn es weiter nichts ist, so kannst du hier eine Stelle haben, auch jeden Tag dein gutes Essen wie das von heute Abend, wenn du deine Pflicht zur Zufriedenheit deiner Meister tust. Dieses Haus wird mit allem, was dazugehört, von einem gefährlichen Drachen und seinem Aufseher bewacht, einem furchtbaren Riesenpferd, das jeden Arbeiter nach seinem Verdienst behandelt. Jener Drache hat uns alle, die wir auch einmal glückliche Menschen waren, verzaubert. All die Burschen, welche hier vor dir gearbeitet hatten, konnten es dem Aufseher des Drachen, der wie gesagt, ein Tier ist wie alle im Haus, nichts recht machen. Jene Unglücklichen, die nicht zur Zufriedenheit des Drachen und seines Dieners arbeiteten, wurden einer nach dem andern bei Wasser und Brot in einen schauderhaften, dunklen Raum gesperrt, wo sie sich noch heutzutage befinden, wenn sie inzwischen nicht etwa vor Hunger, Durst und Kummer gestorben sind. So würde es auch dir ergehen, wenn du deine Pflicht nicht tust.» Das Hündlein führte ihn jetzt im ganzen Haus herum, und Göri sah überall lauter Tiere, keine Menschen. «Deine Arbeit hier», sagte das Hündchen, «ist es, das ganze Vieh des Drachen in Ordnung zu halten. Überdies musst du täglich einen Haufen Holz spalten, da wir Rösterei, Metzgerei und Bäckerei im Haus haben, und das braucht natürlich Holz. Wenn du diese Arbeit jeden Tag ordentlich verrichtest, wird es dir gut gehen. Nur das muss ich dir noch sagen, wenn du ein Werkzeug zum Holzhacken brauchst, so gehe nicht zum Pferd, denn dieses gibt dir gar keines. Hier hast du jedoch eine kleine Trillerpfeife; damit rufst du mich, wenn du etwas brauchst. Ich werde dir das Gewünschte bringen; aber achte gut darauf, mich nicht unnötigerweise zu rufen, denn dann wäre es vorbei mit meinem Wohlwollen!» Nachdem es Göri ein schönes goldenes Pfeifchen gegeben und ihm ein schönes Schlafzimmer zugewiesen hatte, verschwand das Hündlein. Göri war müde und ging schlafen. Am nächsten Tag war er schon früh auf und machte sich an seine Stallarbeit, nachdem er ein ganz feines Morgenessen bekommen hatte. Diesmal war damit ein schönes Kätzlein in Dienstmädchentracht gekommen, das liebevolle Blicke auf ihn warf. Göri hatte grosse Freude daran, in einem so schönen und so gut eingerichteten Stall mit einem Boden aus Mosaikplatten arbeiten zu können. So machte er sich mit Lust und Eifer an die schöne Arbeit und beendete sie lange vor Mittag. Das Pferd, das zuweilen einen Blick auf die Arbeiter warf, war zufrieden mit Göri; es fand ihn schon beizeiten beim Holzhacken, und da sagte es zu ihm: «So ist es in Ordnung. Wenn du so mit der Arbeit weitermachst, wird es dir gut gehen.» Wieder bekam Göri ein ganz feines Mittagessen, und er war daher vergnügt und zufrieden. Unterdessen verging die Zeit, und der arme Vater von Göri und Celestina wusste noch nichts davon, wo sie sich befanden. Denn beide hatten bisher kein Lebenszeichen von sich gegeben. Der arme Alte machte sich Vorwürfe, dass er sie fortgelassen hatte und wollte vor Kummer halb verrückt werden. So entschloss er sich eines schönen Tages, sie zu suchen. Er nahm ein wenig zu essen mit und machte sich auf den Weg. Nachdem er mehrere Tage gegangen war, gelangte er gegen Abend zu einer Hütte mitten im Wald, wo eine Alte wohnte. Die konnte wahrsagen und Kräuter sammeln, um Arzneien zu machen. Unser Holzfäller, der weder zu essen noch zu trinken noch eine Bleibe über Nacht hatte, beschloss, hier zu rasten und bat die Hexe - denn eine solche war es - nur um eine Schale Milch und ein Stücklein Brot. Die brachte ihm das Gewünschte, wenn auch murrend. Als sie aber sah, wie dankbar der arme Alte für sein einfaches Essen war, bekam sie Erbarmen mit ihm und wurde allmählich freundlicher. Der Holzfäller erzählte, weshalb er in diesen Wald gekommen war, und die Hexe sagte: «Ihr tut mir leid, und da ich sehe, dass Ihr alt seid und Hilfe nötig habt, will ich Euch sagen, wo Eure Kinder sind. Wenn Ihr ganz genau tut, was ich Euch sage und Euch vor nichts fürchtet, so werdet Ihr Eure Kinder finden. Ihr dürft nur mit keinem Menschen sprechen; ein einziges Wort aus Eurem Mund wäre Euer aller Verderben. Einzig zu Tieren dürft Ihr sprechen. Wartet einen Augenblick, ich will Euch alles geben, was nötig ist, um die Drachen zu vernichten, die Eure Kinder geraubt haben.» Die Hexe ging hinüber ins Stübchen, und nach kurzer Zeit kehrte sie mit einem Stab, einem Säcklein Salz, einer Nuss, einem goldenen Trillerpfeifchen, einem eiförmigen Fläschlein und einem Korb mit Schlangen zurück. Dann gab sie ihm Anweisungen, was er mit diesen Dingen zu tun habe. Der Holzfäller dankte nun der Hexe, und am andern Tag brach er von neuem auf mit all dem, was sie ihm gegeben hatte, sowie mit gutem Essen für unterwegs. Die Hexe hatte ihm seinen Weg beschrieben, und der Holzfäller fand ihn auch recht bald. Unterdessen wurde das Verlangen, seine lieben Kinder zu sehen, immer grösser. So nahm er den Stab hervor und klopfte dreimal auf einen Stein. Auf den dritten Schlag gab es einen Knall, dass die Erde bebte, und der Alte sah ein schönes weisses Mäuslein mit roten Augen; das kam zu ihm her und sagte: «Ah, Ihr seid doch Celestinas Vater. Kommt nur mit mir; ich will Euch zeigen, wo Eure Tochter ist. Seid nur ein wenig freundlich zur Fee und ihren Dienern; im übrigen wisst Ihr, was Ihr zu tun habt!» Der Holzfäller nahm zuerst sein Essen und lud das Mäuslein dazu ein. Dann machten sie sich auf den Weg und gelangten bald zur Felsenhöhle. Nachdem sie drin waren, schloss sich das Tor wie beim ersten Mal. Das Mäuslein geleitete jetzt seinen Gefährten in eine Stube und bat ihn, ganz still hier zu bleiben, bis es Celestina benachrichtigt habe und mit ihr zurückkehre. Nun nahm der Alte, nachdem er die Tür verriegelt hatte, nochmals all die Dinge der Hexe hervor und überlegte, was er zu tun hatte. So verging eine gute Weile, bis er Stimmen hörte. Die Tür öffnete sich, und er sah eine wunderschöne Jungfrau, die er sogleich als seine Celestina erkannte. Die rannte sofort herbei und umarmte ihn. Der Alte erzählte ihr nun, wie es ihm gegangen war und dass er gekommen sei, sie vom Drachen und seiner Sippschaft zu befreien. Um die Fee aus dem Weg zu räumen, hatte ihm die Hexe ein Fläschlein in der Form eines gläsernen Eis gegeben. Dieses enthielt etwas Gelbes, das wie eine Salbe aussah. Nun sagte das Mäuslein zum Alten, die Fee wünsche ihn zu sehen. Der dachte: «Jetzt ist der richtige Augenblick da», nahm die Flasche und versteckte sie unter seinem Rock. Das Zimmer der Fee war fast noch schöner als die Herrin selbst. Wenig freundlich liess sie den Holzfäller Platz nehmen und begann, Celestina ein bisschen zu loben. Wenigstens sagte sie, von all den Aschenputteln, die sie bis jetzt gehabt habe, sei sie die beste gewesen; aber die Arbeit, die sie mache, genüge ihr noch lange nicht, sie wolle das Mädchen noch einmal so viel arbeiten lassen, und es sei ihr ganz gleich, wenn sie eines Tages vor Erschöpfung draufgehen sollte! Der Holzfäller wurde darauf grün und gelb vor Wut und schrie sie an: «Wohl, meine Liebe, wenn das so ist, wirst du sehen, was geschieht!» Mit diesen Worten nahm er die Flasche aus der Tasche und warf sie vor den Füssen der Fee zu Boden. Augenblicklich bildete sich ein tiefer See im Zimmer, darin verschwand die Riesenfee auf immer und ewig. Celestina war nun froh, dieses böse Weib los zu sein und dankte dem Vater für ihre Befreiung. Während Celestina sich umkleidete, sagte der Alte zu sich selbst: «Jetzt gilt es noch, den Drachen zu töten, damit auch die andern armen Teufel in diesem Haus wieder Freude am Leben haben können!» Dann nahm er das Säcklein Salz, ging hinaus zum Brunnen, wo Celestina Tag für Tag Tücher hatte waschen müssen, und warf das Säcklein ins Wasser. In dem Augenblick gab es einen so fürchterlichen Knall, dass der Alte umfiel und erst nach einer guten Weile zu sich kam. Das erste, was er sah, war eine wunderschöne Jungfrau - das weisse Mäuslein - die Arm in Arm mit Celestina auf ihn zukam, um ihm für ihre Erlösung zu danken. Als sie nun zum Haus zurückkehrten, sahen sie, dass die Felsenhöhle verschwunden war. Jetzt stand ein schönes Schloss da, wo alles von Gold und Silber glänzte, und viele Leute liefen ihnen entgegen. Das waren jene, welche die Zwerge und Diener des Drachen gewesen waren und die sich nun anboten, in den Dienst ihres Erlösers zu treten. Nachdem sie im ganzen Schloss umher gegangen waren und gut gegessen und getrunken hatten, machten sie sich wieder auf den Weg, um Göri zu suchen. Der Holzfäller, Celestina und ihre Freundin reisten tagelang, bis sie eines Abends in den verzauberten Wald gelangten, worin Göri war. Recht bald fanden sie auch den Nussbaum, und der Alte kletterte hinauf, wie es ihm die Hexe gesagt hatte. Sie suchten jenes Licht, das Göri gesehen hatte. Da folgten sie dem Licht, der Alte pfiff das schwarzweisse Hündlein mit der Trillerpfeife herbei, und wie es die Hexe ihnen angegeben hatte, kamen sie nach kurzer Zeit zu dem Haus, wo Göri war. Der Holzfäller klopfte dreimal ans Tor, das sich wie das erste Mal bei Göri mit einem Knall öffnete. Da sich bei ihrem Eintritt ins Haus niemand zeigte, gingen sie weiter durch wunderschöne Zimmer und Gänge, bis sie ins Esszimmer kamen, wo für drei Personen gedeckt war. Kaum waren sie abgesessen, gab es einen Knall, und in dem Augenblick stand ein ganz feines Abendessen vor ihnen, bei dem sie wacker zulangten. Während sie assen, begann es an der Tür zu kratzen, und als sie öffneten, kam wieder das Hündlein herein, dem sie auf seinen Wunsch von ihrem Essen gaben. Nachdem es satt war, sagte es zu unsern Reisenden: «Wie ihr mir erzählt habt, seid ihr gekommen, um Göri aus den Händen seiner Meister zu befreien. Dieser arme Kerl befindet sich schon recht lange hier und muss mehr als genug schuften. Zuerst arbeitete er mit Lust und Eifer, da es ihm hier gefiel, aber unterdessen kam ihm sein Werkzeug abhanden, ohne dass er verstehen konnte, wie das geschah, und das ärgert ihn. Überdies denkt er viel an Vater und Schwester und ist unzufrieden und unglücklich.» Unsere drei Reisenden antworteten: «So ist es nun an der Zeit, dass das ein Ende nimmt!» Das Hündlein verschwand, um bald darauf in Begleitung Göris wieder zurückzukommen. Der hatte bei der Nachricht von der Ankunft von Vater und Schwester seine Arbeit hingeschmissen und einen Freudensprung gemacht. In der Stube umarmte er beide und verneigte sich respektvoll vor der Gefährtin der Schwester. Die Schönheit wie auch Freundlichkeit Inglinas hatten sein Herz vom ersten Augenblick an gefangen genommen, so dass er grosse und tiefe Liebe für sie empfand. Aber auch Inglina blieb nicht gleichgültig gegenüber dem schönen und guten Burschen. Müde von der Reise, legten sie sich bald in prächtigen Zimmern schlafen. Göri war jedoch froh und glücklich wie nie. Am nächsten Tag gingen sie schon früh daran, sowohl dem Drachen wie seinem Wächter, dem Pferd, den Garaus zu machen. Zuerst nahmen sie sich das Pferd vor. Der Holzfäller nahm den Korb mit Schlangen und stellte ihn auf jene Wiese, wo das Pferd gewöhnlich weidete. Die Schlangen wurden mit würzigen Kräutern zugedeckt; und in dem Augenblick, als das Pferd Lust bekam, das Gras zu fressen, schnellten die Schlangen hoch und bissen es gerade in die Nase. Es gab ein fürchterliches Beben, und das Riesenpferd war verschwunden. Nun rückten sie dem Drachen zu Leibe, der wie jener Celestinas immer unsichtbar war. Der Holzfäller ging also, begleitet von der ganzen Schar, in den Wald bis zu jenem Nussbaum. Hier nahm er seine Nuss hervor, sagte den Zauberspruch, den die Hexe ihn gelehrt hatte, und liess die Nuss am Fuss des Baums, worin der Drache sich aufhielt, zu Boden fallen. Nach einer Weile begann die Erde zu beben, und plötzlich fing der Baum mit einem fürchterlichen Krachen Feuer und spaltete sich von zuoberst bis zuunterst; dabei brannte er weiter, doch ohne die andern zu treffen. Dadurch war der Drache erledigt. Nachdem sie sich von ihrer Angst erholt hatten, machten sich unsere Leute auf den Weg zum Haus des Drachen, um auch jene armen Teufel zu befreien, die von ihm eingesperrt worden waren. Aus dem schönen Hündchen war, durch das Beben des Baums, ein schöner Bursche mit schwarzem Kraushaar und blauen Augen geworden, der sofort Celestina umwarb, was jene sich sehr gern gefallen liess. Bevor sie durch das Haus zogen, um die Schönheiten und Reichtümer anzuschauen, die nun ihnen gehörten, öffneten sie die Kammer mit den armen Teufeln drin, und auch die waren überglücklich und langten bei dem, was ihnen ihre Retter auftischten, zünftig zu. Und sie blieben bei ihnen im Dienst. Bald danach gab es eine wunderschöne Doppelhochzeit. Celestina mit dem schönen Burschen, der sich Ambrosi nannte, und Göri mit der schönen Inglina. Die Hochzeitsreise machten sie zu Celestinas Schloss, wo sie ein prächtiges Leben hatten, und dort werden sie noch sein, und das Märchen ist zu Ende. (Oberengadin)   Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Drachenhöhle am Bristenstock

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Ein Älpler am Bristenstock hatte schon mehrere Male den höllischen Drachen (der hellisch Track) gesehen, wie er vom. Westen, vom Grossgander, her dahergeschossen kam und in einem Felsenspalt im Bristenstock verschwand. Denkt er endlich: »Jetz gasch äu i diä Gäged und machisch-di parat, und wenn er de chunnt, sä gahsch äu innä.« Als er dachte, die Zeit sei wieder da, dass der Drache komme, stellte er sich in jener Gegend auf. Richtig, bald kam das Tier dahergeschossen, der Fels öffnete sich, und der Drache wischte hinein. Der Älpler flugs ihm nach. Aber jetzt schloss sich das Gebirge, und er war gefangen. Fast ein Jahr musste er drinnen bleiben und wie der Drache von dem Golde lecken, das die Wände heruntertropfte. Hunger hatte er nicht. Endlich öffnete sich wieder die Felsenspalte, der Drache warf einen Blick auf den gefangenen Kameraden und flog davon. Dieser zauderte nicht lange und verliess schleunigst sein Gefängnis, das sich darauf wieder schloss. Daheim mochte er die Kost nicht mehr ertragen, und er starb bald. Auf seine Anordnung öffneten sie seiner Leiche den Magen, und da kam ä ganzä Chneippis Gold zum Vorschein. Joh. Jos. Walker, Meitschligen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Drahtzugmüllerin

Source: Die Drahtzugmüllerin

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a) «Ums Jahr 1840 hat sich in der Drahtzugmühle eine schreckliche Familientragödie abgespielt. Die Mühle gehörte einer Familie Buser. Die Müllerin, eine stattliche Frau und eifrige Kirchgängerin, vergiftete ihren Mann, um einen jungen Mahlknecht, nach anderen Aussagen einen reichen Witwer, freien zu können. Zugleich starb auch eine Tochter an den Folgen der Vergiftung, und ein Sohn nahm sich der Schande wegen, das Leben. Die Giftmischerin wurde zur Strafe in Liestal enthauptet. In seidenem Gewande soll sie hoffärtig das Schafott betreten und, ohne Reue zu zeigen, den verdienten Lohn empfangen haben. Bis zur letzten Minute habe sie allerdings auf Begnadigung gerechnet. Lange Zeit war es in der Mühle nicht geheuer, indem nachts die Drahtzugmüllerin umging.» b) Mein Vater schaute bei der Hinrichtung der Drohtzugmüllere zu. Sie hatte mit einem Müllerknecht ein Verhältnis gehabt und ihren Mann vergiftet. Sie hatte ihm Grünspan in das Essen geschabt, so dass er serbelte und starb. Als ihr das Todesurteil verkündet wurde, brach der Richter den Stab über ihr. In einer Kutsche wurde sie durch das Städtchen zum Blutgerüst auf dem Gstadig gefahren. Sie hatte ein schönes schwarzes Seidenkleid angezogen und strich es sorgfältig glatt, bevor sie sich auf das Stühlchen setzte. Dann schnitt ihr der Scharfrichter Mengis hinten die Haare ab und verband ihr die Augen. Sie glaubte bis zuletzt, sie werde begnadigt und der Scharfrichter werde nur das Schwert über ihrem Kopf schwingen. Als der Kopf gefallen war, kamen einige herbei und fingen in Gläsern Blut auf; sie tranken es, weil sie glaubten es helfe vom fallenden Weh. In der Drahtzugmühle ist es seither «unghüürig» Füllinsdorf Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die drei armen Seelen im Schnee

Source: Die drei armen Seelen im Schnee

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Es arbeiteten einst zwei Männer im Walde am Holz. Gegen Abend ging der eine heim, um das Vieh zu hirten, und der andere blieb allein zurück. Da hörte dieser aus einem nahen Lawinental singen, beten und weinen. Lange hörte er erstaunt zu, dann ermannte er sich und ging auf das Schneefeld los. Von weitem meinte er zwei Frauenspersonen zu sehen; als er den Schnee erreichte, waren es drei, von denen die eine bis an den Hals, die andere bis in die Leibesmitte und die letzte kaum über die Füsse im harten Schnee versunken und eingefroren war. Die erste sang fröhlich, die zweite betete, und die dritte weinte bitterlich. Das setzte den Holzarbeiter in Staunen. Er fragte die singende Person, warum sie singe, da sie doch sicher am meisten friere und am meisten Ursache zu weinen hätte. »Mein Leiden geht bald zu Ende; bin ich ganz eingesunken, so ist die Stunde der Erlösung angebrochen, darum habe ich alle Ursache mich zu freuen, während jene dort mit gutem Grunde weint, da ihr Fegfeuer erst beginnt.« »Nicht der Frost, nicht die Schmerzen«, sagte jetzt auch die Weinende, »sind es, die mir die meisten Tränen entlocken, sondern der Gedanke, dass ich allein da zurückbleiben muss, wenn die andern zwei erlöst sein werden.« »Und ich«, er klärte die Betende auf des Holzers Frage, »freue mich, wenn ich bedenke, wie viel ich schon gesühnt, und Trauer überfällt mich, wenn ich an die lange Zeit denke, die ich noch zu verbüssen habe. Darum bitte ich Gott um seinen Trost.« Ernst gestimmt, in tiefem Sinnen verliess der Arbeiter den Platz im Walde und kehrte heim und erzählte seiner Frau und seinen Kindern, was er in jenem Lawinental gesehen und gehört. Frau Arnold-Gisler, Bürglen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die drei blutte Buebe

Source: Die drei blutte Buebe

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Nit vill Lüt wüsse, worum ass me der Stell unde-n- am Wasserfälleli im Flüegrabe «die drei blutte Buebe» seit. Das isch eso: Vor ville Johre, wo Titterte noh katholisch gsi isch, het me-n-emol dort unde drei Buebe gfunde. Die heinüt agha as ’s Hemmli. Si sy im Chloschter Dornech z’mitts in der Nacht furtgloffe gsi. Die Titterter, wo se gfunde hei, hei se mit hei gnoh und ene Chleider ge. Noh ne paar Tage hei si se wieder ins Chloschter Dornech zrugg to. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch  


by Die drei bösen Feen

Source: Die drei bösen Feen

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In einem Dörfchen lebten einmal ein Mann und eine Frau, die hatten eine Tochter namens Maria. Eines Tages nun bei schönem Wetter nahm Maria ihren Korb und ging in den Wald, um Himbeeren zu suchen. Nachdem sie ihren Korb gefüllt hatte, sah sie auf einmal ein rotes Seidenband am Boden. Voller Freude bückte sie sich, um es aufzuheben, doch als sie es nehmen wollte, hob sie eine Falltür auf. Von dieser führte eine kleine, schmale Marmortreppe abwärts. Sie stieg ein paar Stufen hinunter, aber unversehens senkte sich die Falltür, und sie konnte nicht mehr hinauf. Da blieb ihr nichts anderes übrig, als abwärts zu gehen, und sie gelangte in eine grosse, schöne Stube. Als sie da so allein war, begann sie zu weinen und an ihre Mutter zu denken und wie die um sie klagen werde. Auf einmal hört sie es gegen die Falltür poltern, auch Frauenstimmen hört sie. Im nächsten Augenblick öffnet sich die Falltür mit einem lauten Krach, und herunter kommen drei böse Feen mit schrecklich langen Zähnen. Die älteste hiess Elisabet Travers, die zweite Elisabet und die dritte Elisa. Das böseste Gesicht hatte Elisabet Travers. Die warf von der Seite her einen so wütenden Blick auf die arme Maria, dass die sich nicht getraute, die Augen aufzuheben und eine solche Angst hatte, dass sie zitterte. Nun sagte Elisabet Travers: «Weil du so neugierig warst, hier herunterzukommen, so bleibst du gleich da. Am Morgen machst du den Kaffee und putzest die Zimmer, nach dem Mittagessen wäschst du die Teller ab; dann musst du die beiden Kühe füttern und im Nebenstall draussen das Schwein und die Hennen, und pass gut auf, dass du mir jeden Tag den Käfig ausputzest, ich will diese verfluchten Federn nicht im ganzen Stall herumliegen sehen. Aber dann, dass du es weisst, am Tisch will ich dich nicht mit den Stallkleidern. Schlafen kannst du hier in der Nebenkammer, und morgens um sechs hat der Kaffee auf dem Tisch zu stehen. Schau, schau gut, dass du tust, was ich dir befehle, sonst wirst du gefressen!» Zwei Tage vergingen so, und Maria machte immer alles, wie sie es ihr befohlen hatten; doch vor allem Elisabet Travers sah sie überhaupt nicht freundlich an. Die war die Hässlichste; sie war spindeldürr und hatte grüne Augen wie eine Katze; die Zähne standen ihr geradeaus zum Maul heraus, so dass es Maria jedes Mal, wenn sie sie anschaute, kalt den Rücken herunterlief. Ein paar Mal versuchte sie, als die bösen Feen nicht in der Stube waren, die Falltür aufzureissen, aber das war vergebens. So musste sie sich halt mit ihrem Schicksal abfinden. Eines Tages nun, als sie eben zu Mittag assen, sagte Elisabet Travers: «Wir gehen heute mit unserer Strickarbeit zur Sechs-Wunder-Tante hinüber auf Besuch, und vorher verstreuen wir den Reis in den vier Säcken im Gang draussen im ganzen Haus herum. Du, Maria, musst den Reis zusammenlesen und ihn wieder in die vier Säcke tun. Aber dass du es weisst: Wenn wir ein einziges Reiskorn in einer Ecke finden sollten oder wenn der Reis nicht mehr so sauber ist wie jetzt, so wirst du noch heute Abend gefressen. Hast du verstanden?» Um ein Uhr nachmittags verreisten sie, und sobald Maria den Knall der Falltür hörte, begann sie, den Reis aufzulesen; aber sie kam furchtbar langsam voran, und bis sie nur eine Faust voll beisammen hatte, verging schon eine gute Weile, denn der Reis lag überall verstreut herum, unter Tischen, Bettgestellen, Kommoden und Kästen. Ziemlich rasch sah sie ein, dass es unmöglich war, alles bis um vier Uhr, der Rückkehr der bösen Feen, aufzulesen. Ihre Angst wurde immer grösser, als sie es drei Uhr schlagen hörte, und sie begann heftig zu weinen. Plötzlich hört sie jemanden die Falltür öffnen, und sie sagt: «O Schreck, o Schreck, jetzt sind sie da.» In ihrer Angst hat sie nicht gesehen, dass neben ihr ein schöner Bursche steht. Der war verzaubert und hiess Georg. Und er fragte sie: «Schönes Mädchen, was fehlt dir? Warum weinst du so? Haben dir etwa die bösen Feen befohlen, diesen Reis aufzulesen? Ich kenne diese Teufelsweiber ganz genau. Weine nun nicht mehr, ich bin hier, um dir zu helfen. Fürchte dich nicht: Obwohl ich verzaubert bin, werde ich dir nichts Böses tun.» Maria war sehr froh und erzählte, dass die bösen Feen sie fressen wollten, wenn sie nicht allen Reis aufgelesen habe. Da sagte Georg: «Wenn du mir einen Kuss gibst, so will ich dir sofort helfen.» Sie gab ihm einen Kuss, und dann hiess er sie: «Geh jetzt schnell hinaus und bring mir eine Schale Kaffee.» Sie ging, und kurze Zeit später kam sie zurück mit der Schale Kaffee und zwei Eierbrötchen auf einem Teller. Als er gegessen und getrunken hatte, nahm er aus seiner Jacke einen goldenen Stab, schlug damit dreimal auf einen runden Tisch, und in dem Augenblick sah man kein einziges Reiskörnchen mehr in der Stube, und alle vier Säcke standen gefüllt und zusammengebunden im Gang draussen wie vorher. Maria freute sich sehr und dankte Georg, weil er ihr so gut geholfen hatte. Der blickte jetzt auf die Uhr und sah, dass nur noch eine Viertelstunde bis vier Uhr blieb. Er stieg auf den Ofen, und auf seinen Pfiff öffnete sich die Falltür, und er - auf und davon. Sobald Georg fort war, machte Maria rasch den Kaffee für die bösen Feen, und um sie in gute Laune zu versetzen, stellte sie Eierbrötchen und Blätterkuchen auf den Tisch. Gerade als sie den Kaffee auftischt, öffnet sich die Falltür, und herunter steigen nacheinander alle drei bösen Feen, Elisabet Travers voraus. Und die fragte: «Hast du alle Reiskörner aufgelesen?» Maria antwortete: «Ich glaube, Ihr findet keines mehr.» Wie sie herumschaute und keinen Reis mehr sah, meinte sie: «Hm, da wirst du wohl Hilfe gehabt haben; wie auch immer. Sobald wir den Kaffee getrunken haben, wollen wir noch im ganzen Haus suchen, und wehe dir, wenn wir eines finden!» Und tatsächlich, kaum hatten sie den Kaffee ausgetrunken, so gingen sie im Gänsemarsch herum und schauten unter Tischen und Schränken, hinter dem Ofen, in Schuhen und Pantoffeln und in allen Löchern nach - aber sie fanden nicht ein einziges Körnchen. Am andern Tag, nach dem Mittagessen, sagte Elisabet Travers: «Heute gehen wir wieder zur Sechs- Wunder-Tante, und du spülst unterdessen die Lauge aus allen Tüchern, die in der Küche draussen im grossen Zuber liegen. Danach trocknest und bügelst du sie, und ich will, dass ich bei unserer Rückkehr die ganze Wäsche zusammengelegt in der grossen Kammer draussen vorfinde.» Jetzt begann die arme Maria zu weinen und zu jammern: «Aber wie ist es möglich, dass ich Wäsche trocknen und bügeln kann, wenn es wie aus Kübeln giesst?» - «Genug», sagte Elisabet Travers, «das geht mich nichts an; schau du nur, dass diese Arbeit gemacht wird, sonst wirst du gefressen!» Um ein Uhr nahmen sie ihre Körbe mit dem Strickzeug unter den Arm und gingen zur Sechs-Wunder-Tante hinüber. Maria stellte nun den grossen Brühkessel aufs Feuer, schleppte einen Eimer Wasser um den andern herein, bis der Kessel voll war, und legte die Schafmistplatten, Holz- und Rindenstücke ins Feuer. Allmählich erhitzte sich das Wasser, so dass sie beginnen konnte, die Lauge aus den Tüchern zu spülen. Doch das war eine schreckliche Arbeit. Als sie zwei Eimer Wäsche gespült hatte, stieg sie auf den Dachboden, um sie aufzuhängen, aber es regnete schon durchs löchrige Dach hindurch. Nun ging sie wieder hinunter, und mit einem Blick aus der Küchentür sah sie, dass der Himmel noch dunkler war als zuvor; es donnerte und blitzte fürchterlich. Halb verzweifelt setzte sie sich auf den Scheitstock in der Küche und begann zu weinen. Doch plötzlich stand sie auf und ging in die Stube, um auf die Uhr zu schauen, und voller Angst sah sie, dass es schon etwas nach drei Uhr war. Da öffnet sich in dem Augenblick die Falltür, und Georg steigt herunter und fragt, was ihr fehle. «Oh, ich Arme muss heute bei diesem Hudelwetter waschen, die Lauge ausspülen und die ganze Wäsche bügeln, die im grossen Zuber in der Küche draussen liegt, und wenn ich bis um vier Uhr nicht fertig bin, so wollen mich die bösen Feen fressen.» Georg ging nun mit ihr in die Küche und sagte: «Wenn du mir einen Kuss gibst, so wird die Wäsche augenblicklich an ihrem Ort sein.» Da küsste Maria ihn, er nahm den Zauberstab hervor, gab drei Schläge, und damit war der Zuber verschwunden, und die ganze Wäsche lag gewaschen und gebügelt in der grossen Kammer draussen auf dem Tisch. Nachdem Maria ihm seine Tasse Kaffee gegeben hatte, sagte Georg: «Jetzt pass auf; morgen Nachmittag wird dich die alte böse Fee zur Sechs-Wunder-Tante schicken, um die Sechs-Wunder-Schachtel zu holen. Doch fürchte dich nicht, auch wenn du ihre Riesenzähne siehst, die sind noch ein Stück grösser als jene von Elisabet Travers. Sie wird dir noch und noch Komplimente machen. Wenn sie in den Keller steigt, um einen Apfel für dich zu holen, so öffnest du in dem Augenblick die Stubentür, nimmst die Sechs-Wunder-Schachtel vom Bücherbrettchen in der rechten Ecke herunter und läufst rasch zur Tür hinaus. Wenn die Alte dir nachrennt und daran ist, dich zu erwischen, so nimmst du dieses Ei, das ich hier in der Tasche habe, und wirfst es zu Boden. Aber pass gut auf, damit du nicht vergisst, was ich dir sage, sonst bist du verloren.» Jetzt stieg Georg durch die Falltür hinauf, und kurze Zeit später kamen die bösen Feen. Maria hatte den Kaffee fertig auf dem Tisch, und sie mussten sich nur hinsetzen, um ihn zu trinken. An jenem Abend sagte Elisabet Travers kein einziges Wort. Aber am andern Tag meinte sie zu den beiden andern: «Jetzt wollen wir doch sehen, ob wir sie heute aus dem Weg räumen können. Ich trage ihr auf, zur Sechs-Wunder-Tante zu gehen. Dann sind wir sie los.» Am Nachmittag befahl sie Maria: «Du gehst zur Tante hinüber und sagst, dass wir ihr einen guten Abend wünschen und um die Sechs-Wunder-Schachtel bitten.» Maria ging aus der Stube, aber vor dem Aufbruch steckte sie in der Nebenkammer das Ei, das Georg ihr gegeben hatte, in die Rocktasche. Dann machte sie sich auf den Weg. Unweit vom Haus der Tante wohnten der Metzger mit seiner Familie und seinen Arbeitern und daneben die Bäckerin. Als sie Maria vorbeigehen sahen, fragten sie: «Wohin des Weges, wohin des Weges?» Maria antwortete: «Ich muss zur Tante von Elisabet Travers hinüber und die Sechs-Wunder-Schachtel holen.» Da sagten sie: «O du Arme, o du Arme, dich werden wir nicht mehr sehen!» Maria meinte: »Macht euch nicht so viele Sorgen um mich! Doch wenn ihr merkt, dass ich in Gefahr bin, so kommt mir zu Hilfe, dann werde ich euch auch helfen.» An der Tür der Tante liess sie den Klopfer fallen, und einen Augenblick später kam die böse Fee in den Gang heraus und öffnete. Mit Angst und Schrecken sah die arme Maria die schrecklichen Zähne der Alten. Aber kaum hatte die Alte sie erblickt sagte sie: «Guten Abend, guten Abend, meine liebe Maria, was machst du? Geht es dir gut? Komm ein wenig in die Stube!» Jetzt erwiderte Maria: «Nein danke, ich hab’s eilig und muss sofort gehen.» - «Was hättest du denn gern, meine liebe Maria?» - «Ich hätte gern die Sechs-Wunder-Schachtel.» - «Ah, wenn es nur das ist, so warte doch einen Augenblick: Ich gehe nur in den Keller und hole einen Apfel für dich, ich bin sogleich wieder da.» Aber statt im Keller einen Apfel zu holen, geht die Alte hinunter zum Scheitstock, um sich ihre Riesenzähne zu wetzen. Kaum hat die Alte ein paar Stufen hinter sich, so springt Maria in die Stube, nimmt die Sechs-Wunder-Schachtel vom Bücherbrett - und auf und davon. Die Alte, welche die Treppe hinaufkommt und Maria zur Tür hinausrennen sieht, schreit: «Warte, warte, Maria, ich habe hier einen schönen Apfel für dich.» Aber Maria achtete nicht darauf und rannte, wie sie nur konnte. Doch die Alte war ihr in wenigen Augenblicken auf den Fersen und wollte sie am Rock packen. In dem Augenblick warf Maria das Ei zu Boden. Es gab ein Beben, und aus dem Ei floss ein so grosser See, dass die böse Fee zu Boden fiel. Als der Metzger und die Bäckerin das sahen, warfen sie Scheitstöcke, Brotbretter und Blechplatten hinterher, um ihr schneller den Garaus zu machen. Inzwischen waren die drei bösen Feen auf die Laube hinausgegangen und warteten auf die Nachricht der Tante, dass Maria gefressen worden sei. Während dieser Zeit stand Georg unter der Laube und sägte an einem Pfosten, und es fehlte nur eine Handbreit, bis der Pfosten durch war, und die Laube begann schon zu wanken. Die Säge war aus Gold, und er konnte sägen wie der Teufel - niemand hörte den Lärm. - In dem Augenblick, als die Sechs-Wunder-Tante zu schwimmen begann, krachte der Pfosten zusammen, und plumps, waren die drei Elisabeten auch im Wasser drin. Wenn die eine oder die andere den Kopf hob, so warfen Georg und Maria grosse Steine und allerlei Abfälle, welche sie gerade am Wegrand fanden, hinterher. - Jetzt gab es ein so fürchterliches Beben, dass das ganze Tal davon widerhallte - und das Volk war befreit von diesen Teufelsweibern. Nun dankte Maria ganz lieb dem Georg und auch dem Metzger und der Bäckerin. Alle sagten zu ihm: «Vergelts Gott, und er segne Euch, dass Ihr uns befreit habt.» Georg und Maria gingen ins Haus; sie waren glücklich und zufrieden, dass all die schönen Sachen darin ihnen gehörten. Sie hatten eine wunderschöne Hochzeit und luden viele, viele Leute ein, und auch mich, und gaben mir reichlich zu essen und zu trinken, und zuletzt gaben sie mir einen Tritt in den Arsch und sagten: «Geh jetzt und erzähle dieses Märchen weiter.» Und dies habe ich jetzt getan. (Oberengadin)   Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die drei bösen Stunden

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Über die glückliche Geburt eines schönen, gesunden Knäbleins freute sich ein liebendes Elternpaar. Da kam ein fremder Bettler in das gastliche Haus und betrachtete das liebliche Kind in der Wiege mit Aufmerksamkeit. Da flog ein Zug der Trauer über sein Antlitz, und den fragenden Eltern sagte er: »Dieses Kind ist in einer unglückhaften Stunde geboren, und drei böse Stunden warten seiner im Leben. In der ersten wird es sich erhängen wollen, in der zweiten, falls es die Stunde der Versuchung überstehen sollte, wird es der Blitz bedrohen (die dritte Gefahr konnte mein Gewährsmann leider nicht mehr angeben). Aber wenn ihr meinen wohlmeinenden Rat befolget, so wollen wir hoffen, dass es alle drei Stunden glücklich bestehen werde. Lehret und übet das Kind von frühester Jugend an, zu allem, was es unternimmt und tut, zu sagen: In Gottes Namen. Ebenso soll es gelehrt werden, in allen Gefahren sein ganzes Vertrauen auf die göttliche Vorsehung zu setzen und zu sprechen: Wo mich Gott behütet, da bin ich behütet.« Die besorgten Eltern befolgten treu den weisen Rat. Wenn die Mutter des Morgens das Kind aus dem Bettchen nahm, sprach sie dabei: »In Gottes Namen«; wenn sie es kleidete, betete sie laut: »In Gottes Namen«; kurz, zu allem was sie dem Liebling tat, sagte sie: »In Gottes Namen.« Und später, als das Kind reden konnte, sprach auch es bei all' seinen Verrichtungen: »In Gottes Namen.« Und wo immer eine Gefahr drohte, da sprachen die Eltern und lehrten es auch das Kind: »Wo mich Gott behütet, da bin ich behütet.« Die Worte mit dem bedeutungsvollen Inhalt drangen tief in die Seele des Kindes ein und wurden ihm zur zweiten Natur. Als es siebenjährig war, nahm es einen Strick und eilte damit unter einen Baum, um sich zu erhängen. Es wollte den Strick über einen Ast werfen. Oben auf dem Aste aber lauerte eine brandschwarze Katze und streckte funkelnden Auges ihre Pfote aus, um den Strick zu ergreifen und über den Ast hinüber zu ziehen. »Die häig scho äs Paar Aïgä g'macht!« Das Kind warf den Strick in die Höhe und sagte: »So nimm ihn in Gottes Namen!« Sowie aber der Name Gottes über seine Lippen kam, liess die Katze den Strick, den sie schon gepackt, wieder fahren. Das gefährliche Spiel wiederholte sich, bis die unglückhafte Stunde verflossen war. Da verschwand die Katze, das Kind ging heim und sagte: »Ich ha nit chennä.« Die erste böse Stunde war glücklich überstanden. (Statt des Baumes wird auch ein Dillbaum im Stalle genannt oder ein Balken auf der Ruossdiele). Das Kind wuchs zu einem kräftigen Jüngling heran. Als dieser eines Sommertages auf dem freien Felde mit mehreren Gespanen arbeitete, brach ein schreckliches Gewitter herein. Ungezählte Blitze erleuchteten die Dunkelheit, schlugen ein, entzündeten Bauerngehöfte, und der Donner rollte ohne Unterbruch. Die sämtlichen Gespanen flohen einer nahen Felsenhöhle zu, um dort sichern Schutz zu finden. Unser Jüngling aber meinte: »Wo mich Gott behütet, da bin ich behütet,« und harrte auf seinem Posten aus. Da, ein fürchterliches Krachen, dass die Erde bebt! Der Blitz hat in die Felsenhöhle eingeschlagen, hat alle darinnen getötet, der tapfere Jüngling aber steht unversehrt auf seinem Posten. Die zweite böse Stunde ist überstanden. – Wer weiss die dritte? Zacharias Imholz, Spiringen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die drei Brüder

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Ein sehr mächtiger König hatte drei Söhne. Zwei waren sehr hell und listig, der Jüngste schien eher schwer von Begriff zu sein. Der Vater, der sie dank der besten Hauslehrer und seines eigenen Vorbilds sehr gut erzogen hatte, regierte nur über zwei grosse Reiche; deshalb wusste er nicht, wie er sein Erbe aufteilen sollte. Er überlegte und überlegte nächtelang, denn das Alter rückte immer näher. Da beschloss er, seinen Söhnen drei Aufgaben zu stellen und die Reiche jenen beiden zu überlassen, mit denen er am zufriedensten war. Eines schönen Morgens lässt er sie also rufen und sagt kurz: «Ich will, dass jeder von euch unverzüglich in die weite Welt hinausgeht und versucht, anständig sein Brot zu verdienen. Nach einem Jahr kehrt ihr alle drei zu mir zurück, damit ich feststellen kann, welcher von euch am meisten Geld gespart hat.» - Die Söhne reisten ab und kamen unterwegs zu einem Wirtshaus, in dessen Nähe die Wege sich kreuzten. Sie liessen sich dort zu essen und zu trinken geben und versprachen einander, sich nach Ablauf des Jahres da zu treffen, bevor sie vor den Vater treten würden. Dann nahm jeder von ihnen einen andern Weg, um Arbeit und Verdienst zu suchen. Der Älteste kam zu einem Müller, der gerade einen Gehilfen benötigte, und er verdingte sich bei dem für ein Jahr um einen schönen Lohn. Der Mittlere erhielt Arbeit und gutes Entgelt bei einem reichen Bauern, und der Jüngste, der nicht eben schlau war, gelangte auf eine weite Ebene und fand dort ein einsames Häuschen, in welchem nichts anderes war als eine schwarze Katze. Die war jedoch freundlich zu ihm, und er entdeckte mit grösster Verwunderung, dass sie sprechen konnte wie ein Mensch. Nun erzählte er ihr, sobald seine Aufregung und Angst sich ein wenig gelegt hatten, er gehe für die Dauer eines Jahres auf Arbeitssuche. Da machte die Katze ihm das Angebot, ihn als Pfleger ihrer zwei Pferde anzustellen; eines von ihnen hinke und erfordere besonders gute Behandlung. Sie sagte, er habe nichts weiter zu tun, als die beiden Pferde zu füttern, zu striegeln, zu tränken und den Stall zu reinigen, und sie gebe ihm dann nach Ablauf des Jahres, wenn sie mit seinem Dienst zufrieden sei, einen schönen Lohn. Unser unerfahrener Bursche war mit diesen Bedingungen einverstanden, ohne einen Vertrag auszuhandeln noch vorher den Lohn abzumachen, wie es die Brüder bei ihren Meistern getan hatten. Sie dienten alle drei fleissig und gewissenhaft und erhielten gute Zeugnisse zum Abschied. Nur der Jüngste trug seinen Lohn in einem Paket, und er musste versprechen, es erst in Gegenwart des Vaters zu öffnen, und für seine Leistungen hatte er kein Zeugnis erhalten. Im Wirtshaus der drei Wege erzählten sich die Brüder nach Ablauf des Jahres ihre Erfahrungen, und dann traten alle zusammen vor den Vater, der sie mit grosser Freude empfing. Von den zwei älteren Brüdern hatte jeder einen prallvollen Beutel mit gespartem Geld gebracht; der Jüngste, der nicht zu erzählen wagte, bei was für einer Sorte Meisterin er gewesen war, übergab schweigend sein Paket. Und siehe da! Dieses enthielt eine Menge Goldmünzen, deren Wert den Lohn der andern Brüder um das Doppelte übertraf. Der Vater war mit der Lösung dieser ersten Aufgabe sehr zufrieden, und noch mehr freute es ihn, dass seine tüchtigen Söhne alle gesund und munter zurückgekehrt waren. Nach einiger Zeit befahl er ihnen: «Ihr müsst alle drei wieder verreisen; ich will sehen, wer von euch mir nach einem Jahr als Lohn für seine Arbeit das beste Pferd bringen kann!» Und sie gehorchten und verliessen einander wieder beim Wirtshaus der drei Richtungen, wobei jeder die gleiche einschlug wie das letzte Mal. Bei ihren alten Meistern war jeder willkommen, und es war ihr Ziel, sich durch gewissenhafte Arbeit eines der schönsten Tiere im Stall zu erwerben. Die Hoffnungen der Brüder erfüllten sich nur teilweise. Nach dem zweiten Jahr machten sich die beiden Älteren mit edlen Pferden auf den Heimweg. Der Jüngste jedoch hatte von der Katze nur jenes hinkende Pferd erhalten, das ihm so viel Mühe bereitet hatte. Und dazu hatte sie erst noch die Bedingung gestellt, dass es nicht im gleichen Stall mit den andern gehalten werden dürfe, bevor es dem Vater vorgeführt worden sei. Bei ihrem ersten Wiedersehen in der alten Wirtschaft blickten die Besitzer der edlen Pferde nicht ohne Mitleid auf den hinkenden Gaul ihres jüngeren Bruders. Und auch beim Stallmeister des Vaters löste der Gaul der Katze keine Begeisterung aus. Deshalb wurde er auf Befehl des Stallmeisters, damit die andern Pferde nicht Reissaus nähmen, in einen anderen Stall gestellt. Doch am nächsten Morgen, als die Pferdekenner des Königs die drei Tiere auf den Platz kommen liessen, hinkte das Pferd nicht mehr und war auch in Sachen Schönheit und Klugheit den andern um vieles überlegen. Also hatte der Jüngste wieder den Wettstreit gewonnen, obwohl seine Brüder unter sich behaupteten, seine Teilnahme sei nicht ganz redlich. Der König hatte jedoch eine Riesenfreude an den vorzüglichen Pferden und an seinen Kindern, die er noch mehr liebte und schätzte. Es fiel ihm sehr schwer, dass er sich von diesen nochmals für ein langes Jahr trennen musste. Doch er hatte es so entschieden und wollte von seinem Entschluss nicht abweichen. Zum dritten Mal verliessen die Brüder das väterliche Haus mit der Aufgabe, im Verlauf eines dritten Jahres durch treue Arbeit eine tugendhafte und schöne Braut heimzubringen. Zum dritten Mal nahmen die Brüder in der alten Wirtschaft bewegt Abschied, und für ein drittes Jahr verdingten sich alle drei bald darauf an den alten Dienstorten. Den zwei gewandten Brüdern gelang es leicht, sich die Liebe der Töchter ihrer Meister zu erwerben. Der weniger helle Jüngste gestand seiner Meisterin den Wunsch des Vaters im Voraus und bekam zur Antwort: «Wenn du genau das tust, was ich dich heisse, so werde ich dir auch diesmal helfen.» Er vertraute wieder auf das Wort der Katze und arbeitete mit allem Eifer während der vereinbarten Zeit. Da sagte die Katze am Jahresende: «Diese Nacht nun werde ich bei dir schlafen; du wirst schreckliche Geräusche hören; Gespenster und Unholde aller Art werden erscheinen; ich werde dich kratzen und in der Stube herumschleifen müssen; doch du darfst kein einziges Wort sagen und nicht den geringsten Widerstand leisten, wenn du willst, dass es dir nicht schlecht geht; morgen dann werden wir beide glücklich sein.» Unser guter Kerl von einem Diener erlitt geduldig alle Qualen. Er hörte Schrecken einjagende Stimmen, ergreifendes Wehklagen und Furcht erregende Schreie, Kettengerassel, das Dröhnen von Hafen und Kesseln, und ein Lärm, stärker als der Donner im Himmel, erschütterte das ganze abgelegene Gebäude. Böse Geister, absonderliche und entsetzliche Gestalten mit feurigen Augen, sprangen um ihr Bett herum und darüber hinweg; die Katze schien wie von Sinnen und zerkratzte ihn mit ihren fürchterlichen, spitzen Krallen, so dass sein Blut in Strömen floss und sie ihm fast unerträgliche Schmerzen zufügte; sie zerrte ihn sogar im Hemd mit übernatürlicher Kraft aus dem Bett, warf Tisch und Hocker durcheinander und verstärkte durch ihr durchdringendes Miauen den teuflischen Lärm. Doch der treue Diener machte keinen Mucks und wehrte sich nicht im Geringsten, als ob er ein Stück Holz wäre. Bei Tagesanbruch verschwanden die Gespenster, es beruhigte sich das ganze Haus, und unvermittelt endeten seine Leiden. Er schlief dann ein und erwachte erst, als die Sonne zum Fenster herein auf sein blutverschmiertes Gesicht schien. Da stand er auf, zog sich an, betrachtete sich mit ungeheurem Schrecken im Spiegel und dachte, in diesem kläglichen Zustand könne er gar nicht nach Hause gehen. - Die Tür ging nun langsam auf, und siehe da! An Stelle der schwarzen Katze brachte ihm ein liebliches Mädchen das Wasser, um sich zu waschen. Seine Verwunderung war noch viel grösser, als sie ihm mit bewegten Worten für seine Ausdauer dankte, mit der er die Misshandlungen während der vergangenen Nacht ertragen hatte. Und sie erklärte ihm, sie sei dank ihm aus der schweren und langen Verzauberung erlöst worden, durch die sie schwere Tage in Gestalt einer Katze hatte verbringen müssen. «Schau», fügte sie bei und zeigte aus dem Fenster «welch schöne Gegend mir gehört.» Und die leere und unheimliche Gegend, wo er die letzten drei Jahre gelebt hatte, hatte sich tatsächlich in ein gepflegtes Land verwandelt, mit Strassen und Flüssen sowie Wäldern und Gärten, und auf den Hügeln standen Dörfer und Schlösser: das Reich des schönen, durch ihn in diesem Augenblick erlösten Mädchens. Seine Freude war grenzenlos. Sie wusch ihm die Wunden mit Zauberwasser, das von der Verzauberung absichtlich übrig gelassen worden war, und die Wunden verschwanden zusehends. Nun konnte er sich nicht mehr halten, er umarmte und küsste sie, bat sie um ihr Herz und ihre Hand, und sie gab sie ihrem guten Erlöser gern. Am nächsten Tag machten dann auch sie zwei sich auf den Weg zum Schloss des Vaters. In der einsamen Wirtschaft bei der Wegkreuzung kamen die zwei Brüder mit ihren ebenfalls jungen und schönen Bräuten dazu. Doch die dritte, die zuerst angekommen war, hatte ihr Gesicht mit einem undurchsichtigen Schleier bedeckt, den sie erst in Gegenwart des Vaters abnehmen wollte. Dieser war jetzt im siebten Himmel, als er seine tüchtigen Söhne und die künftigen Schwiegertöchter willkommen hiess. Er musste den Sieg wieder jenem Sohn zugestehen, dem er einen solchen Erfolg am allerwenigsten zugetraut hätte. Nachdem sie sich erfrischt und gegenseitig ihre Abenteuer erzählt hatten, gab ihnen der Fürst zuerst den Sinn der gestellten Aufgaben bekannt und wollte den Jüngsten zwischen den zwei Reichen seines Erbes wählen lassen. Doch der sagte: «Meine beiden Brüder verdienen in allem und überall gerade so viel Ehre wie ich. Wenn meine Leistungen grösser als die ihrigen sind, so weil ich mehr Glück als Verstand hatte. Die zwei Reiche, die Ihr besitzt, sollen bei Eurem Tod daher ihnen zufallen. Ich habe genug am schönen Gut meiner Braut und künftigen Frau.» Da umarmte der Vater mit doppelter Freude seinen edlen Sohn und merkte erst jetzt, dass der dank seinem guten Herz allen überlegen war und er ihn wegen seines Aussehens bis jetzt falsch beurteilt hatte. Bald wurde die Hochzeit der drei Brüder gefeiert, und diese und ihre Nachkommenschaft waren gar glücklich. (Unterengadin)   Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


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In Kandersteg gab es ein Elternpaar mit drei Buben. Der jüngste hieß Hans. Den mochten die andern zwei nicht leiden, weil er ein bisschen dumm war. Da die Eltern nur ein kleines Gütchen besaßen, dachten sie, es lohne sich nicht, drei Teile daraus zu machen, und da ihnen alle drei Kinder gleich lieb waren, wussten sie nicht, wem sie einmal das Gütchen übergeben sollten. Da sagte der Vater zu ihnen: "Es wäre jetzt Zeit für euch, zu heiraten, aber alle drei könnt ihr nicht hier bleiben, einer muss das Haus haben und was dazugehört, und die andern müssen fort. Aber wem soll das Haus gehören?" Die Mutter dachte, sie wisse schon, wie sie es anstellen werde. Sie holte drei Büschel Flachs und gab einem jeden ein Büschel in die Hand. "So, geht jetzt damit zu euren Schätzen und lasst den Büschel spinnen. Wer mir das schönste Garn zurückbringt, der soll heiraten und das Gut erhalten." Die beiden älteren Brüder dachten: ‚Meine ist sicher im Spinnen!' Der Hansel aber hatte keinen Schatz und wusste nicht, wohin er gehen sollte. Er steckte den Flachsbüschel in den Sack und spazierte durch das moosige Gras. Da hörte er eine Stimme, die ihm zurief: "Hans, wo willst du hin?" Er schaute sich um, sah aber niemanden. Da rief es zum zweiten Mal: "Hans, wo willst du hin?" Da er aber niemanden sah, dachte er: ‚Schrei du nur zu', und lief fort. Als es aber zum dritten Mal rief, ging er einige Schritte zurück und sah nun eine Kröte, die in den Halmen drinsaß und ihn fragte, wohin er wolle. Er sagte: "Die Mutter gab mir diesen Büschel Flachs, und jetzt suche ich eine Spinnerin, aber ich werde wohl keine finden!" Da rief die Kröte: "Gib mir den Flachs!" Er sagte: "Nun, was willst du damit anfangen?" Die Kröte versetzte: "Doch, gib her, ich will ihn dir spinnen, und am Tag, an dem deine Brüder ihr Gespinst abholen, kannst du auch kommen!" Da sagte er: "Ich weiß doch keine Spinnerin, so nimm den Büschel", und er warf ihn ins Wasser, und die Kröte schwamm damit fort. Keinem Menschen sagte er, was ihm begegnet war. Am Tage, an dem das Garn abgeholt werden sollte, liefen die älteren Brüder fort, beide siegesgewiss. Hans dachte, er wolle auch hingehen und nachsehen, und da hing das Garn an der Staude im Wasser, wo die Kröte gesessen hatte. Er nahm es, und nun schwamm die Kröte heran und sagte: "Bring das Garn deiner Mutter, das Haus wirst du bekommen und das Vermögen auch; dann geh zum Pfarrer und las dich mit mir auskünden, und wenn der Pfarrer nicht will, so bestehe darauf. Kauf für dich und mich das Hochzeitskleid, häng das meine in der Sakristei auf und bestimme den Hochzeitstag. Und wenn ich nicht komme, so werde nur nicht ungeduldig; wenn du ausharrst, so werde ich schon zur rechten Zeit erscheinen!" Hans brachte das Garn seiner Mutter. Diese prüfte es und verglich es mit den beiden andern Bündeln und sagte: "Hansel, das deine ist das schönste, du bekommst das Haus und das Feld, und die andern zwei müssen ausziehen, und nun las dich mit deinem Schatz verkünden!" Hansel ging zum Pfarrer und bat ihn, auf der Kanzel die Verkündung anzuzeigen. Aber der Pfarrer sagte, er sei ein dummer Kerl, das solle wohl ein Scherz sein, dass er eine Kröte heiraten wolle, aber Hansel bestand darauf, und der Pfarrer musste nachgeben. Die Leute schauten den Hansel noch für einen größeren Narren an als bisher, als sie hörten, was er vorhatte. Hans ließ sich aber nicht stören. Er ließ das Kleid anfertigen und bestimmte den Hochzeitstag. Die Kirche war gesteckt voll, das Hochzeitskleid seiner Braut hing in der Sakristei, und Hansel saß im Stuhl. Die Leute und der Pfarrer dachten, das sei nur Spaß. Als Hansel vor dem Altar stand, kam eine Kröte durch den Chor dahergehüpft. Sie hüpfte ins Kleid hinauf, das am Nagel hing, und da stand auf einmal ein schönes Fräulein neben Hansel vor dem Altar. Die andern machten große Augen und beneideten ihn. Der Pfarrer gab sie zusammen, und sie lebten in gutem Frieden.   Quelle: Johannes Jegerlehner, Sagen aus dem Oberwallis, Basel 1913. Nr. 17, S. 153 - 155.? (Kanton Wallis, Ferden im Lötschental). AaTh 402.            Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


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Es war einmal ein König, drunten, in einer grossen Ebene, dessen Reich erstreckte sich bis ans Meer. Aber er war alt und konnte nicht mehr regieren. Deshalb liess er seine drei Söhne kommen und sagte zu ihnen: «Wer mir in drei Tagen den schönsten Wagen bringt, der wird mein Nachfolger!» Von den drei Söhnen galt der Jüngste als einfältig. Die beiden Älteren, die nichts mit diesem Dummkopf zu tun haben wollten, gingen ohne ihn weg. Langsam ging der Dummkopf in den Wald hinaus, und bald wurde er müde. Da er Hunger hatte, nahm er Brot und Käse hervor und begann zu essen. Da kam ein armer alter Mann mit einem grauen Hut und einem weiten Mantel zu ihm und bettelte um etwas zu essen. Gutherzig gab der Bursche ihm von seinem Brot und seinem Käse. Der alte Mann ass und sagte: «Ich weiss schon, was du dem Vater bringen musst, schlaf du nur hier, bis ich dich rufe, deinen Wagen will ich dir inzwischen besorgen!» Der Prinz hat ganz lange geschlafen, und als er aufwacht, steht ein Prachtswagen neben ihm. Voller Freude ist er mit dem Wagen zu seinem Vater. Aber die andern zwei haben nicht einmal die Räder an ihren Wagen fertiggebracht. Jetzt will der Vater das Königreich seinem jüngsten Sohn übergeben, aber die andern zwei weinen und betteln, bis der Vater ihnen eine zweite Aufgabe stellt. Er gibt jedem Sohn eine Strähne Flachs und verspricht dem das Königreich, der ihn am besten verspinne. Diesmal geht jeder Bruder seinen eigenen Weg. Der Jüngste ist in den Wald hinaus; dort setzt er sich mit seinem Flachs an einen Teich und fängt an zu weinen. Plötzlich schaut ein Frosch aus dem Wasser und fragt: «Was weinst du, du armer Tropf?» Der Prinz erzählt seine Geschichte, und der Frosch antwortet: «Das will ich schon in Ordnung bringen, mach dir keine Sorgen und wirf den Flachs in den Teich!» Das hat der Bursche getan, und als er sich wieder hinlegt, schläft er ein. Bald wirft das Wasser Wellen, und als er aufwacht, findet er neben sich das schönste Goldgarn. Glücklich und fröhlich geht der Bursche schnurstracks nach Hause. Sein Garn ist weitaus schöner als das seiner Brüder. Nach langem Betteln und Drängen der zwei andern Brüder erhalten sie eine dritte Aufgabe. Der König schwört, dass der, welcher die schönste Frau bekomme, sein Nachfolger sein soll Diesmal geht der Bursche, ohne viel nachzudenken, in den Wald und setzt sich an den Teich. Als der Frosch aus dem Wasser kommt, fragt er den Burschen, was er habe. Doch jetzt glaubt der Bursche, dass der gute Frosch ihm nicht helfen könne, und er will nichts sagen. Endlich erzählt er die Sache dem Frosch. «Du musst mir nur einen Kuss geben», sagt da der Frosch, «das andere kommt von allein!» Das macht er, und der Frosch verwandelt sich in das schönste Mädchen, das man sich vorstellen kann. Ganz verrückt vor Freude ging er mit seinem Schatz zum König, und der gab ihm die Krone. Und sie lebten fröhlich und vergnügt viele Tage und Jahre, bis sie in den heiligen Himmel kamen.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


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Source: Die drei Buchen am Uetliberg

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Die drei Buchen am Uetliberg Der Burgplatz der Manegg, wo die Manesse hausten und ihre Minnelieder ertönen liessen, ist eine vielbesuchte Stätte geblieben, wo das Auge sich an der herrlichen Aussicht auf Stadt, See und Gebirge erfreut. Dabei denken manche an die Zeiten, da die Burg noch zu Tal grüsste; wenigen aber ist es bekannt, wie einer ihrer Besitzer in der Nähe von drei Buchen, die noch vor wenigen Jahrzehnten gezeigt wurden, eine schwere Schuld sich auflud, deren ihn noch lange das arme Opfer anklagte. Wenn ein Gewitter am Himmel stand und der Donner rollte, schlug bei den Buchen - auch bei Regen - ein helles Feuer empor, und beim Leuchten der Blitze sah der Wanderer eine weisse Gestalt, die mit aufgelöstem Haar verzweifelt sich in die Brust schlug, die Hände rang, dabei die starren Blicke auf die Manegg gerichtet. Es soll dieses ruhelose Wesen der Geist eines schönen, unschuldigen Mädchens gewesen sein, das, in einem nahen Bauernhause wohnend, auf seinen Gängen nach der Stadt dem jagenden Schlossherrn oft begegnet und von ihm mit liebkosenden Worten betört worden sei. Bei den drei Buchen fand die Arglose den Verführer wieder und beim süssen Minnespiel wurde die Arme um ihre Ehre betrogen. Mit eisiger Kälte wich er ihr von nun an aus, und heiligen Schwüre von Treue und Ehe, mit der er ihre Sittsamkeit eingeschläfert, hatte der Wind zerstreut. Da wagte sie einst in namenloser Angst sich vor das Tor der Burg zu setzen, hoffend, durch den Anblick ihres Leidens einen Funken von Liebe und Mitleid in der Brust des Frevlers zu erwecken. Aber mit höhnischem Gelächter hetzten rohe Knechte die Hunde auf das unglückliche Mädchen, das wie ein gescheuchtes Wild zu den Buchen eilte, die stummen Zeugen ihres Glücks und seiner Schwüre verwünschend. Dort wich ihr guter Geist von ihr, so dass sie in wilder Verzweiflung Hand ans eigene Leben legte, und in ungeweihter Erde fand sie daselbst ein frühes Grab, aus dem sie erstehen musste, so oft die Donner des Himmels, die Vorboten des Weltgerichtes, in ihre Ruhestätte drangen. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Stauber, S.44, wörtlich; Meyer v. K., S. 6; Baur, Nr. 1.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die drei Burschen

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Ja, früher hat man oft allerlei erzählt. Manches mag ja wahr sein, aber nicht alles. Vieles war nur Einbildung. Wäre man der Sache gehörig auf die Spur gegangen, so wäre manches Rätsel gelöst worden. Aber das ist schon wahr; das hat mein Vater selber erzählt. Da erblickte eines Abends seine Schwester vor ihrer Hütte ennet der Märcht ganz deutlich drei Burschen. Sie meinte, sie wollten ihr einen Besuch abstatten und rief ihnen ganz resolut zu: »Ja, ja, mal heute Abend müsst ihr nicht kommen!« Ging und verriegelte von innen die Hüttentüre. Als sie dann schon im Bette lag, da ging auf einmal die Hüttentüre auf. Die Schwester ging schauen, fand niemand und verriegelte wieder. So zum zweiten und dritten Mal. Am nächsten Morgen hatte sie den Kopf geschwollen und ganz dicht mit Bläschen bedeckt. Xaver Imholz, 1922, 40 Jahre alt, Schächental Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die drei Drachen

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Vor vielen Jahren lebte in einer grossen und schönen Stadt ein König, der hatte drei sehr schöne Töchter. Aber damit sie nicht in schlechte Gesellschaft kämen, liess er die Mädchen nie aus dem Haus. Doch an einem schönen Sommertag bettelten die Töchter den Vater so lange an, bis er ihnen erlaubte, einen Spaziergang im Garten zu machen. Zur Beaufsichtigung der Mädchen gab er einen alten und treuen Diener mit. Aber es war an diesem Tag sehr heiss, und der gute Diener bekam einen schrecklichen Durst. Deshalb fragte er die Königstöchter, ob er nicht für einen Augenblick in ein Wirtshaus gehen dürfe, um etwas zu trinken. Die Mädchen erlaubten ihm das und versprachen, vor dem Wirtshaus auf ihn zu warten. Aber als der Diener aus dem Wirtshaus kam, waren die Mädchen weg und nicht mehr zu finden. Ganz schnell gab da der Diener dem Vater Bescheid. Der erteilte seinen Rittern den Befehl, die Töchter überall zu suchen, doch vergebens. Als der Vater eingesehen hatte, dass nichts zu machen war, liess er verkünden, die Männer, welche seine Töchter fänden, dürften sie heiraten. Das hörten auch drei arme, aber wackere Burschen, und sie machten sich auf den Weg zum König. Sie boten sich an, die Töchter zu suchen. Auf ihr Versprechen hin alles zu tun, um die Prinzessinnen zu finden, gab der König ihnen ein schönes Reisegeld mit, und sie machten sich auf den Weg. Sie gingen, bis sie in ein wildes Gebirge kamen, voll Wald und Gestrüpp. Spät am Abend gelangten sie zu einem grossen und alten Schloss. Sie gingen mutig durch das grosse Tor, dann die Treppe hinauf zu den oberen Stuben und Zimmern. Aber sie sahen und hörten niemanden. Am Abend assen sie aus ihrer Tasche und legten sich in die drei seidenen Betten, die in einem Saal standen. Am andern Morgen schauten sie sich im Schloss genauer um, und dann machten sie ab, der Älteste solle zu Hause bleiben und das Nachtessen kochen. Die beiden andern müssten die Königstöchter suchen gehen. Dies geschah auch so. Aber als der Älteste gegen Abend kochte, kam ein alter Mann mit weissem Haar und einem weissen Bart zur Tür herein und fragte ihn: «Was machst du da?» Der Bursche, der nicht wusste, was antworten, fiel vor lauter Angst in Ohnmacht. Als die beiden andern am Abend zurückkehrten, war nichts gekocht, und sie mussten Brot und Käse essen. Der Koch entschuldigte sich, er habe Herzschmerzen gehabt und deshalb kein Nachtessen kochen können. Am nächsten Tag traf es den Mittleren zum Küchendienst, aber auch zu ihm kam der alte Mann mit dem weissen Haar, und der fragte ihn nicht gerade freundlich: «Was machst du da?» Er erschrak derart, dass es ihm schwarz vor den Augen wurde, und er sank neben dem Herd zu Boden. Am Abend, als die andern zurückkamen, war wieder kein Nachtessen da, und dem Mittleren war es auch schlecht geworden. Am dritten Tag war der Jüngste als Koch an der Reihe. Als die andern fort waren, ging er im ganzen Schloss herum. Zuoberst unter dem Dach fand er in einem Kämmerlein ein grosses Schwert aufgehängt, das aber zuckte wie ein Blitz hin und her. «Das ist eine Waffe für mich!» dachte der Bursche, holte das Schwert herunter und schnallte es um. Später ging er dann in die Küche, um seinen Freunden etwas zu kochen. Er stand nicht lange am Herd, da kam der alte Mann und schrie: «Was machst du da?» «Aha! Jetzt weiss ich, weshalb es meinen Freunden schlecht geworden ist», sagte der Jüngste, «mach, dass du fortkommst, wenn du mein Schwert nicht spüren willst!» Der Alte machte nicht einmal eine unfreundliche Miene und ging. Als die beiden Freunde am Abend zurück waren, stand ein gutes Nachtessen auf dem Tisch, und sie hatten es lustig miteinander. An diesem Tag hatten die beiden ein schreckliches Loch gesehen, welches tief in den Boden hinunterführte und kein Ende zu haben schien. Deshalb gingen sie am nächsten Tag alle zusammen hin und nahmen eine Menge Seile mit. Jetzt aber stellte sich die Frage, wer als erster in die Höhle steige. Da der Jüngste auf sein gutes Schwert vertraute, bot er sich dazu an, und die andern beiden versprachen, ihn heraufzuziehen, wenn er ein Zeichen gebe. Der Jüngste seilte sich an, und die andern liessen ihn hinunter. Nach langer Zeit spürte er Boden unter den Füssen, und er machte sich vom Seil los. Nachdem er ein wenig herumgegangen war, gelangte er durch einen Gang zu einer weiten, weiten Ebene, wo er ein prächtiges Schloss sah. Ganz hell war es dort unten noch nicht, doch auch nicht dunkel. Als er um das Schloss herumging, schaute ein Mädchen aus dem Fenster und sagte: «Pass auf, mein Guter, der Drache mit den drei Köpfen kommt bald, und du bist verloren, wenn er dich erwischt!» Auf die Frage des Burschen, wer sie sei, antwortete das Mädchen, sie sei eine Königstochter, und zwei Drachen hätten noch zwei Schwestern geraubt. Jetzt war der Bursche sicher, die drei Mädchen gefunden zu haben. «Lass mich zu dir hinein!» bat er das Mädchen, da öffnete sie das Tor. Kaum war er oben im Zimmer bei der Prinzessin, so kam der Drache mit den drei Köpfen zur Tür herein. Aber der Bursche fürchtete sich überhaupt nicht vor ihm. Mit zwei Schwerthieben haute er die Köpfe des Drachen ab. Voller Freude umarmte ihn das Mädchen und dankte ihm. «Meine beiden Schwestern sind auch in diesem Schloss, die Mittlere wird von einem Drachen mit fünf,  die Jüngste von einem mit sieben Köpfen bewacht!» Bald schaute eine andere Prinzessin aus dem Fenster, und als sie vom Burschen hörte, warum er hier sei, liess sie ihn herein. Sie wurde von einem Drachen mit fünf Köpfen bewacht, und der flog gleich herbei. Der Bursche musste wacker kämpfen, aber mit jedem Streich kostete es dem Drachen einen Kopf, und schliesslich verlor er alle. Die Prinzessin dankte weinend ihrem Befreier und erzählte ihm, in einem Nebenzimmer werde die jüngste Schwester von einem Drachen mit sieben Köpfen bewacht. Ohne lange zu zögern, trat der Bursche ins Zimmer, welches die Prinzessin ihm zeigte. Kaum aber öffnete er die Tür, kam ihm ein Ungeheuer von einem Drachen entgegen. Sieben Köpfe hatte das Biest! Der Bursche hatte grosse Mühe, aber sein gutes Schwert half ihm, und schliesslich wurde auch dieser Drache besiegt. Die jüngste Prinzessin, so schön wie die Sonne und so weiss wie Schnee, umarmte ihn und schenkte ihm einen Ring. Dann ging der Bursche mit den drei Königstöchtern zu den Seilen, band sie daran fest und gab das Zeichen zum Hinaufziehen. Als die oben die schönen Mädchen, vor allem die Jüngste, sahen, wurden sie auf ihren Gefährten schrecklich neidisch. Und sie zwangen die Mädchen zu schwören, sie müssten dem König sagen, sie hätten sie befreit. Dann gingen sie mit den Prinzessinnen zum König. Den richtigen Befreier aber liessen sie in der Höhle unten. Als der plötzlich sah, dass sie alle Seile in die Höhle hinunterwarfen, durchschaute er ihre böse Absicht ganz genau, und er ging zum Schloss der Drachen zurück. Ganz traurig schnitt er die Zungen aus den Köpfen der Ungeheuer und steckte sie in seine Tasche. Während er vor sich hin grübelte, kam der Alte vom ersten Schloss zu ihm und fragte, wie es ihm gehe. Der Bursche war verblüfft über diesen Besuch, und er erzählte ihm die Geschichte. «Nimm das nicht so schwer», sagte der Alte und führte den Burschen auf einer schönen und breiten Treppe zum ersten Schloss. Dort oben zeigte er dem erstaunten Burschen den Weg zur Stadt des Königs. An diesem Tag da sang und tanzte alles. Als der Bursche fragte, was das zu bedeuten habe, gab man ihm zur Antwort: «Die Königstöchter heiraten heute ihre Befreier.» Sobald der Bursche das hörte, ging er zum Koch des Königs und sagte, er sei ein ausgezeichneter Koch, und er würde gern bei der Zubereitung des Festessens helfen. An diesem Tag hatte der Koch des Königs viel zu tun, und er erlaubte dem Burschen gern, dass er ihm half, denn er hielt ihn für einen Koch. Es musste ein Küchlein für die jüngste Braut gebacken werden, und die befahl dem Burschen, dass er es tue. Und es gelang ihm auch, ein gelbes und schönes Küchlein zu backen, so schön wie nie eines zuvor. Aber während der Koch in der Stube war, steckte der Bursche den Ring der jüngsten Königstochter in das Küchlein und befahl dem Diener, der es auftrug, das Küchlein entzweizuschneiden. Als der Diener dies am Mittagessen machte, spürte er etwas Hartes unter dem Messer und fand beim Nachschauen den Ring. Als die Königstochter den Ring sah, war sie ganz ausser sich vor Freude. Sie rannte in die Küche und umarmte den Burschen. Nachher erzählte sie dem König, der Königin und allen Gästen die Geschichte ihrer Befreiung und was die beiden falschen Gefährten getan hatten. Am gleichen Tag hielt die jüngste Prinzessin mit ihrem Retter Hochzeit und die beiden falschen Freunde mussten ihre Köpfe lassen.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die drei Drachen in Saas

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Der Drache — fliegende Schlange, haust nach dem Volksglauben in schroffen und unzugänglichen Gebirgen unsichtbar; — natürlich weiss keiner zu erzählen, je einen gesehen zu haben. (Letzter Jahre will man zwar einen solchen in der Gegend von Mörel gesehen haben.) Dieses Ungeheuer zernagt und zerfrisst die Goldadern der Berge, die dadurch locker werden und zu Tale stürzen. Der Drache ist also ein sehr schädliches Tier. — So glauben die Leute. Dem Drachen wird auch nachgerühmt, er besitze die Wunderkraft, bei seinen, jedoch seltenen Ausflügen, Menschen und Tiere aus weiter Ferne mit seinem giftigen Anhauchen an sich ziehen zu können. Seine auserkorenen Opfer fliegen ihm lebendig in den grausig offenen Rachen hinein und in den hungrigen Magen hinab. Auch grössere Schlangen sollen kleine Vögel aus der Luft anziehen können. Man will schon armen Vögelchen, die von Ast zu Ast, von Hag zu Hag immer dem Boden sich klagend näherten, das Leben gerettet haben, indem man so glücklich war, eine mit offenem Munde gähnende Schlange auf dem Boden zu entdecken und dieselbe zu verscheuchen. Im Saastale zeugen Ruinen und im Talgrunde aufgehäufte Felsblöcke, das "Moosguffer" — gleich wie im Zermattertale das "Täschguffer" — unzweifelhaft und sicher von einem grossen Bergsturze aus alter Zeit. — In Saas, so erzählt man, waren es drei grausige Drachen, welche den Berg zerfrassen und zu Tale stürzen machten. Leider wurden die garstigen Bergfresser nicht mit in den Schutt hinabgezogen und erdrückt; alle drei retteten sich glücklich. Der erste dieser fliegenden Drachen zog talhinüber in das nahe Mittaghorn; zwei flogen talauswärts, wovon der eine im Schilthorn bei Balen einkehrte der andere aber die Luftreise nach unbekannter Gegend fortsetzte. Und der Drache im Mittaghorn und der Drache im Schilt leben noch und nagen fort und fort in den Adern dieser Berge; — müssen einst auch zu Tale stürzen. So fürchten die Bewohner der Talebene. Der Schreiber dieser Sage hat die Bergschründe gesehen, sowohl auf der Blattje im Mittaghorn als auf dem Schilt. Der letztere Bergspalt scheint wirklich Gefahr zu bieten, nur mit fast unwillkürlichem Grausen setzt der Besucher seinen Fuss auf die tief losgerissenen Felsen. Dass die armen Talbewohner nur mit Schrecken an diese Bergstürze, wenn sie wirklich statthaben sollten, denken können, ist selbstverständlich. Bergstürze sind immer schauderhafte Naturereignisse; spielen darum gern in das Gebiet der Weissagungen hinüber. In Saas ist prophezeit, bei der St. Antoni-Kapelle werde ein Bergrutsch die Vispe so zurückschwellen, dass der Kirchturm in Saas-Dorf im Wasser stehen werde. Kann durch Ablagerungen des Biderbaches leicht geschehen; ja es kann gesagt werden, diese Prophezeiung sei schon in Erfüllung gegangen, weil der gesagte Bach da schon viel Schaden gebracht und das Vispenbett so erhöhte, dass bei grössern Wasseraufläufen die tiefliegende Kirche und der Glockenturm schon manchmal im Wasser standen.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die drei Füchse

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  Im Källi hinten hatte ein Bauer geschlachtet und die Eingeweide auf den Mist geworfen. Der alte Jaggi, sein Nachbar, ein buckliger Kauz, in dessen Benehmen etwas listig Verdrücktes lag, das ihm von den Bauern übel gedeutet wurde, hatte ihm beim Wurstmachen geholfen, und nun schlich er Abend um Abend bis zur Haselhecke und spähte zwischen den zitternden Blättlein hervor. Wenn alles still geworden und die Laterne aus dem Stall, dem Misthaufen entlang, hinter der Küchentür verschwunden war, nahten behutsam drei Füchse, den Schweif vorsichtig gegen die Erde gepresst. Der alte Jaggi legte an, prüfte die Flinte, legte wieder an: aber kein Schuss wollte losgehen. Er holte sich andere Patronen und passte wieder. So manchen Abend nacheinander; aber die Flinte konnte nicht zum Feuern gebracht werden. Nun wohnte im Oberried ein schlaues Männlein: der berühmte Doktor Dubi. Er kannte die winzigsten Kräutlein auf allen Bergen, und sein Ruf war sogar bis weit ins Wallis gedrungen. Jaggi war sein bester Freund. Dieser wollte eines Tages bei ihm im Tale unten Rat holen. Unterwegs kam er bei einer alten, windschiefen Hütte mit halb zerfallenem Kamin vorbei. Davor hüpften drei alte Weiber und kreischten ein wackeres Jägerlied.  Doktor Dubi prüfte lange Jaggis Flinte, schob dann einen Zettel in den Lauf, reichte sie seinem Kameraden mit einem verschmitzten Lächeln und zwinkerte dabei bedeutungsvoll mit seinen schlauen stechenden Äuglein.  Am folgenden Abend passte Jaggi wieder hinter der Haselhecke. Langsam schlichen die drei Füchse herbei. Er legt an. Der Schuss knallt! Dabei wird sein Gewehr weit auf die Seite geschleudert. Die Füchse sind verschwunden. Doch findet Jaggi eine feine Blutspur, die immer grössere Tropfen aufweist. Er verfolgt sie, und sie führt ihn nach der Hütte der drei Weiber. Jaggi klopft an die Türe und tritt endlich ein. Er findet die Alten alle im Bett. Doch zwei sind tot, und die dritte deutet mit kläglichem Blick auf ihren Arm. Jaggi holt Doktor Dubi herbei, der aus dem Arm vier Schrotkörnlein entfernt und dem Weib ein Kräuterflöschlein überreicht. Die Alte kam davon; aber Fuchs sah man keinen mehr aus ihrer Hütte schleichen.   Quelle: Georg Küffer, Lenker Sagen. Frauenfeld 1916. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch  


by Die drei Geister

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Wir gingen damals – etwa vor 30 bis 40 Jahren – zum Pfarrhelfer von Erstfeld in die Schule und wussten, dass in den Dachraum seines Hauses drei arme Seelen gebannt waren. Darum baten wir ihn eines Tages, er möchte sie uns zeigen, und er willfahrte unserer Bitte und führte uns hinauf, sagte aber, wer furchtsam sei, solle nicht kommen. Ich gehörte zu den tapferen, die standhielten. Droben nahm der Pfarrhelfer ein Buch zur Hand und fing an, darin zu lesen. Bald tat sich ein Wandschrank von selbst auf und zwar von innen, dann ein zweiter daneben und noch ein dritter. In jedem stand ein grosser, schwerer Mann. Nach einiger Zeit, während der Pfarrhelfer weiter las, schlossen sich die drei Schränke wieder. – (Es kommt oft vor, dass die Leute Gelesenes oder Gehörtes als eigenes Erlebnis auftischen.) Josef Dittli, Erstfeld Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die drei Geister am Riedberg

Source: Die drei Geister am Riedberg

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Zermatt Der Berg Ried soll vormals der Aufenthaltsort mehrerer Geister gewesen sein, welche die dasigen Bewohner und überhaupt die Leute von Zermatt vielfach beunruhigten und zum Untergange des ganzen Tales sich verschworen hatten. Ihrer Quälereien müde und zudem grosses Unglück befürchtend, liess man aus der Abtei von St. Moriz (Unterwallis) einige fromme Ordensmänner, worunter den Abt selbst kommen, um diese Geister zu bannen. Die Mönche begaben sich nach der unheimlichen Gegend und beschworen die Geister, sich zu zeigen. Es erschienen drei, von denen einer stumm war und in seinem Leben nie ein Wort gesprochen; dieser war der Wütendste. Über ihr Vorhaben befragt, sagte einer der Geister zum Beschwörer: «Ich bin dir keine Antwort schuldig, weil du selbst ein Dieb bist.» — Der Pater hatte nämlich beim Hinaufgehen ein wenig Gras aus einer Wiese in seinen Schuh, der ihn drückte, geschoben. — Nachdem er sein Gewissen wieder gereinigt hatte, stellte er den Geist nochmals zur Rede, und dieser offenbarte ihm dann: «Es sei ihr Vorhaben, durch eine grosse Rufine die Vispe so anzuschwellen, dass Zermatt hoch über den Kirchturm hinaus unter Wasser liege; dann den Damm plötzlich zu durchbrechen und so auch das äussere Tal zu Grunde zu richten.» Hierauf benahm der Beschwörer den Geistern die Macht zu schaden und verbannte sie nach verschiedenen Orten. Den einen in die äussern Berge; den andern zum Taugwald zuunterst am Riedberge; den dritten in die Messweiden, wo derselbe seither noch hin und wieder von den Viehhirten oder den Vorübergehenden verspürt wurde. Über diesen Geisterprozess sollen authentische Urkunden verfasst worden sein.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die drei Geldhaufen

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Drei Reisende fragten über Nacht. Die Leute sagten: »Mit dem besten Willen können wir euch nicht beherbergen. In dem Hause, das wir selber bewohnen, haben wir zu wenig Platz, und im andern duldet es niemand.« Die Fremdlinge liessen sich nicht abschrecken; sie sagten, sie fürchteten sich nicht, sie wollten es schon wagen, das gespensterhafte Haus zu beziehen. »Ja nun, wenn ihr es wagen wollt, uns kanns gleichgültig sein«, sagten die Leute, und die drei Wanderer betraten das gefürchtete Haus und legten sich furchtlos schlafen. Bis 11 Uhr war alles ruhig, aber dann entstand ein grausiges Gepolter. Die Türe ging auf, ohne dass die Falle gelüpft wurde. Gespenster kommen überhaupt zur Türe hinein ohne die Falle zu lüpfen. Ein schwarzes Gespenst trat an den Tisch heran, und auf dem Tisch lagen auf einmal drei Haufen Geld. Das Gespenst redete den einen der drei an und sagte: »Wähle dir einen Haufen aus!« Dieser antwortete: »Das Geld geht mich nichts an.« Er lud den andern ein, zu wählen, und erhielt die nämliche Antwort. Der dritte hingegen wählte und umfasste alle drei Haufen. Da schwebte der Geist ganz im Weissen davon. Er war erlöst. Das Haus war von da an wieder bewohnbar. Das hed alligs der Vatter verzellt. Maria Ziegler Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die drei Gletscherjungfrauen

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Droben in einem kleinen Tal unseres Landes lebte eine arme Familie. Es waren Vater, Mutter, viele Kinder und wenig zum Essen und zum Kleiden. Ganz zornig stand eines Abends die Frau vor der Haustüre und blickte neidisch auf das Haus ihres wohlhabenden Nachbarn. Da kommt ein Herr im grünen Kleid auf sie zu und sagt: »Wenn Ihr mir das geben wollt, was Ihr in Eurem Schoß tragt, will ich Euch so viel Geld herbeischaffen, als Ihr wollt.« Die dumme Frau dachte, der Herr in Grün wolle die Holzkohle, die sie in der Schürze trug, und hat es ihm versprochen. Später hat sie alles ihrem Mann erzählt, und auch dieser musste lachen ob des Herrn im grünen Gewand. Nach einiger Zeit hat die Frau einen hübschen Knaben geboren, und sie haben als Paten einen alten Einsiedler und als Patin die Frau eines Schlosses in der Nachbarschaft. Am Abend jenes Tages ist der Herr in Grün gekommen und hat eine Börse voll Gold auf den Tisch gelegt und zum Vater gesagt, in sieben Jahren werde er kommen, um den Jungen zu nehmen, den ihm die Frau versprochen habe. Erst jetzt haben die guten Leute erkannt, wer der Herr im grünen Gewand war und was er gemeint hatte, als er von der Frau das erbeten habe, was sie in ihrem Schoß habe. Ganz betrübt haben sie sich bei ihrem Gevatter, dem frommen Einsiedler, beklagt und haben gejammert. Dieser aber hat sie getröstet und gesagt, sie sollen den Jungen nur gut erziehen, wie es sich gehöre, und ihn, wenn er fünfjährig geworden sei, zum Paten schicken. Gesagt, getan; nach fünf Jahren haben die Eltern das Patenkind zum Paten geschickt. Mit großem Eifer hat der gute Einsiedler den Knaben gelehrt, aus alten Büchern und in fremden Sprachen zu lesen, und später, als die sieben Jahre vorüber waren, hat er dem Patenkind befohlen, hinaufzugehen, dorthin, wo zwei Wege sich kreuzten, und dort in einem alten Buch, das er ihm gab, zu lesen, aber nie aus dem Buch aufzuschauen, geschehe was auch immer geschehen möge. Dann hat er ihm ein Buch, so alt wie Methusalem gegeben, das in Pergament gebunden war, und hat ihn dorthin geführt, wo sich zwei Straßen kreuzten. Dort hat der Junge zu lesen begonnen und hat gelesen und gelesen, lang und ausdauernd. Unterdessen aber hörte er singen und spielen und tanzen, als zöge der Hexensabbat vorbei. Da schaute er vom Buch auf, und im gleichen Augenblick hat ihn ein Adler mit seinen Krallen gepackt. Zum Glück aber hatte der Junge das Buch mit sich nehmen können und las darin immerzu. Darum hat ihn der Vogel aus dem Schnabel fallen lassem müssen, und er ist, ohne zu wissen, wie ihm geschah, auf den Julierberg gefallen. Dort auf dem Julierberg waren drei Gletscherjungfrauen, die ein prächtiges Schloss hatten. Sie haben den Kleinen gefunden und haben ihn in ihren Glaspalast geführt. Mit diesen drei gütigen Gletscherjungfrauen hat er schöne Tage verlebt, und als ihm der Bart wuchs, hat er sich in die jüngste und schönste der drei Gletscherjungfrauen verliebt. Dieser hat der schöne Jüngling auch gefallen, und bald sollten sie Hochzeit halten. Vorher wollte der junge Mann aber nochmals die guten alten Eltern und seinen Paten und die Patin besuchen. Mit Tränen auf den Wangen hat er Abschied genommen von seiner Braut, die ihm einen Ring mit einem kostbaren Stein gegeben und gesagt hat: »Wenn du diesen Stein in der Richtung drehst, in der ich wohne, muss ich erscheinen, dreh ihn aber um Gottes willen nicht aus Übermut!« Indem er dankte, hat er versprochen, das Geschenk nicht zu missbrauchen, und ohne dass er wusste, wie ihm geschah, ist er zu Hause bei den Seinen und bei seiner Patin gewesen. Diese hatte große Freude an ihrem Patenkind, das ein prächtiger Jüngling geworden war, und hat ihm ihre feine Tochter als Braut angeboten. Er aber hat über dieses Geschenk nur gelacht und hat gesagt, er habe eine viel schönere Braut. Ohne zu überlegen, hat er den Ring gedreht, und schon ist die Gletscherjungfrau, seine Braut, gekommen, weiß wie eine Lilie, aber erzürnt und mit drohender Gebärde. Dann haben sich die beiden auf den Weg gemacht, um wieder zum Julierberg zurückzukehren. Am Abend haben sie in einem Hospiz Quartier bezogen, und nachts hat die böse Gletscherjungfrau dem Bräutigam den Ring vom Finger gezogen und ist verschwunden. Verärgert und traurig fand sich der Bräutigam am ändern Morgen ohne Ring und ohne Braut. Mutig wie er war, hat er sich aber auf den Weg gemacht, um den Julierberg zu suchen. Alle Leute, denen er begegnete und die er nach dem Julierberg fragte, lachten ihm aber ins Gesicht und sagten, sie hätten nie von einem solchen Berg gehört. Eines Abends spät ist der Jüngling in einen dunklen Wald gekommen, und müde wie er war, hat er sich auf einen Baumstrunk gesetzt und hat geweint. Da kommt ein Mann, so alt wie Brot und Brei und mit einem langen weißen Bart, zu ihm und sagt: »Warum weinst du, mein Junge?« »Ach, ich suche den Julierberg, die drei Mädchen, so weiß wie Lilien, und den Kristallpalast!« »Das ist weit weg«, antwortet der Alte, »aber da hast du einen Schuh, und mit jedem Schritt, den du in diesem Schuh machst, gehst du drei Stunden weit. Ich bin der Nordwind.« Daraufhin hat der Nordwind geblasen und hat den Jüngling drei Stunden weit in den Wald hineingetragen. Dort stand neben einer Höhle ein Mann, alt wie die Steine, mit grauem Haar und weißem Bart. »Ich bin der Westwind«, hat der gesagt, »und ich weiß schon, warum du gekommen bist, und bin bereit, dir zu helfen. Da hast du einen Hut, der dich unsichtbar macht!« Mit heißem Dank hat der Jüngling das kostbare Geschenk entgegengenommen, und der Alte hat geblasen, so dass der Westwind den Jüngling drei Stunden weiter in den Wald hineingetragen hat. Vor dem Jüngling stand dort ein Mann mit zerzaustem Bart und verwittertem Haar, aber sonst noch rüstig. »Was du suchst, ist dort oben, über dieser Felsenwand«, hat der Mann gesagt, »und dort hinauf vermögen dich weder der Nordwind noch der Westwind zu tragen. Ich aber bin der Föhn und habe in den Bergen alle Macht. Nimm diesen Stab, und wenn du ihn drehst, bist du droben über der Felswand!« Der Jüngling hat dem Stab eine feste Drehung gegeben, und im gleichen Augenblick hat ihn der Föhn über die Felswand geschleudert. Aus dem Schloss der Gletscherjungfrauen, das nicht weit weg war, hörte man Musik und Tanz. Schnell hat der Jüngling den Hut des Westwindes aufgesetzt und ist in den Kristallpalast hineingegangen. Dort hat er seine Braut gesehen, wie sie, bereit, Hochzeit zu feiern, mit einem ändern zu Tische saß. Rasch entschlossen hat der Jüngling sich angeschickt, alles wegzuessen, was auf den Teller der Braut kam. Darob ist diese sehr erschrocken und ist auf ihr Zimmer geeilt. Der Jüngling hinter ihr her. Im Zimmer aber hat er den Hut vom Kopf genommen, und da hat ihn die Braut gesehen. Die alte Liebe hat gesiegt, und als sie hinuntergingen zu den Dienern, hat die Gletscherjungfrau ihnen folgende Frage gestellt: »Wenn einer einen Schlüssel verloren habe, einen neuen habe machen lassen, den alten aber wieder finde, welchen er wohl benutzen werde?« »Den alten!« haben die Diener einstimmig erklärt. Darauf hat sie erzählt, wie es mit ihr ergangen war, und am gleichen Tag wurde die Hochzeit mit dem ersten Bräutigam gefeiert. Ich habe beim Hochzeitsessen die Suppe aufgetragen, und da haben sie mir einen Tritt in den Hintern gegeben, dass ich bis daher geflogen bin.   Quelle: Götz E. Hübner und Sigrid Früh, Von Gletscherjungfrauen und Erdmännlein, Fischer TB, nach Caspar Decurtius, Märchen aus dem Oberlande(Graubünden),  Zürich 1874    Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die drei Glocken in Seedorf

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a) Sogar den massigen Gitschenstock wollten drei Hexen von seinem Felsgestell auf das unschuldige Seedorf hinabstürzen. Schon wankte er ganz bedenklich vornüber. Da läuteten aber die Seedorfer mit allen drei Glocken ihrer Pfarrkirche und vereitelten so das böse Unternehmen. Ihrem Unwillen machten die Hexen mit den Worten Luft: »Wennd der Üeli brummlet und ds Maryli schrytt und ds Vreni äu nu briälet, so isch doch nymeh z'machä!« Anmerkung: St. Ulrich, St. Verena und St. Maria sind die Patrone der drei Altäre in der genannten Kirche, die zwei erstern auch Patrone der Kirche und der Pfarrgemeinde. Die Bilder Mariens, des hl. Ulrich und der hl. Verena schmücken auch die grosse Glocke von 1602; die zwei kleinen Glocken sind älter und beide, wie es scheint, der Mutter Gottes geweiht. b) Nach anderer Erzählart läutete das kleinste Glöcklein allein; eine der Hexen rief: »Ds Vrenäli schrytt, miär miänt heerä!« c) Oder: »Ds Sywli gysset, m'r chennet nytt machä!« David Imhof; K. Tresch-Gisler u.a. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die drei goldenen Äpfel

Source: Die drei goldenen Äpfel

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Vor vielen, vielen Jahren lebte in einem Land am Meer ein König, der war seit vielen Jahren krank, und niemand konnte ihm helfen. Eines Tages kam ein Bäuerlein vors Königsschloss und begehrte Einlass, er wisse ein Heilmittel für den König. Sie hiessen ihn herein, und als er beim König war, erklärte er, nichts könne dem Kranken helfen ausser drei Äpfeln aus dem verwunschenen Garten. Da liess der König seine drei Söhne zu sich kommen und befahl, sie müssten den verwunschenen Garten mit den drei Äpfeln suchen. Der älteste Prinz ging zuerst in die Welt hinaus, um die drei Äpfel im verwunschenen Garten zu suchen. Eines Abends kam er in einen Wald, und da bettelte ein armer alter Mann ihn um ein Almosen an. Aber er gab nichts und ritt bis zu einem Wirtshaus am Ende des Waldes. Dort lockte das Luder von einer Wirtin ihn herein und hielt ihn so lange auf, bis er sein ganzes Geld verpulvert hatte. Da der Älteste nicht zurückkehrte, ging der mittlere Bruder die Äpfel des verwunschenen Gartens suchen. Auch der gab dem armen Mann nichts, und auch der Mittlere brachte sein ganzes Geld im Wirtshaus am Waldrand durch, und wie sein älterer Bruder wurde er, als er nicht mehr bezahlen konnte, ins Gefängnis geworfen. Nach einem Jahr setzte sich der jüngste Bruder aufs Pferd, um die Äpfel zu holen. Im Wald begegnete ihm der arme alte Mann, aber er ritt nicht höhnisch an ihm vorbei, sondern gab ihm ein Almosen. Da sagte der arme Mann: «Ihr seid ein guter Bursche, und Ihr bekommt die Äpfel. Geht gegen Osten am Ende des Waldes am Wirtshaus vorbei, bleibt ja nicht dort! Dann geht alles gut. Bevor Ihr den verwunschenen Garten erreicht, kommt Ihr in das Land der Löwen, Bären und Affen. Seid aber recht zu diesen Tieren. Es sind alles verzauberte Menschen, die man erlösen kann.» Zuversichtlich ritt der Prinz weiter und kam zum Reich der Löwen; die führten ihn vor ihren König. Dem sagte er, was er suche, und der König der Löwen riet ihm, mittags punkt zwölf in den verwunschenen Garten zu gehen und den eine Stunde später zu verlassen, denn um ein Uhr schlössen sich die Eisentore, dann könne niemand mehr sie öffnen. Er solle auch an ihn denken und ihm einen goldenen Apfel bringen. Die gleichen Ratschläge gaben auch die Könige der Bären und der Affen, und auch sie empfahlen sich für zwei Äpfel. Nach einer langen Reise fand er den verwunschenen Garten. Er wartete bis um zwölf Uhr, und dann, als die Eisentore sich öffneten, trat er ein. Da sah er an einer Quelle ein wunderschönes Mädchen, hell wie die Sonne. Sie nahm ihn in ihre Arme, so weiss wie Schnee, und er erzählte ihr, weshalb er in den Garten gekommen sei. Da sagte die Jungfrau: «Suche nur die Äpfel und achte nicht auf den lieblichen Gesang der Vögel, die auf den grünen Zweigen singen! Wenn du dem Gesang zuhörst, wirst du dich vergessen und nicht vor ein Uhr aus dem Garten gehen, und dann sind wir beide verloren. Ich warte hier auf dich, denn du kannst mich befreien, wenn du mich aus dem Garten führst!» Der Prinz verstopfte sich die Ohren mit Laub und suchte zwölf goldene Äpfel, drei für den Vater, drei für den König der Löwen, drei für den König der Bären und drei für den König der Affen. Dann nahm er die Jungfrau in den Arm, und kaum waren die beiden aus dem Garten, schlossen sich die Eisentore. Wie versprochen gab der Prinz drei Äpfel dem König der Affen und je drei den beiden ändern Königen. Alle Löwen, Bären und Affen erhielten, nachdem sie die Äpfel gegessen hatten, wieder ihre menschliche Gestalt zurück. Die drei Könige begleiteten mit ihren Rittern den Bräutigam und die Braut nach Hause. Sie kamen in dem Augenblick zum Wirtshaus am Waldrand, als die beiden Brüder des Prinzen hingerichtet werden sollten, weil sie ihre Saufereien nicht hatten bezahlen können. Aber der Prinz befreite seine beiden Brüder, und das Luder von einer Wirtin wurde aufgehängt. In festlicher Pracht gingen alle zum König, und der wurde nach dem ersten Bissen des Apfels gesund. Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins, Ursula Brunold-Bigler (Hg), Desertina Verlag Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


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Ein Königssohn hatte sich vorgenommen, die Fee der drei goldenen Äpfel heimzuführen. Er bat seinen Vater um die Erlaubnis dazu und machte sich auf den Weg, sie zu suchen. Auf seiner Wanderschaft traf er eine alte Frau an und fragte sie, wo die Fee mit den drei goldenen Äpfeln sich aufhalte. Sie gab zur Antwort: «Das weiß ich nicht, mir ist nur so viel bekannt, dass man, um sie zu finden, einen Sack voll Hirse, einen Sack voll Brot, einen starken Baumast, einen Besen und ein Seil braucht.» Der Prinz verschaffte sich alle diese Dinge und machte sich auf die Reise. Unterwegs flogen einige Adler auf ihn herab, die wollten ihn zerreißen. Er warf ihnen den Sack voll Hirsekörner hin und zog weiter. Dann kamen ihm Hunde entgegen, die zeigten ihm hungrig die Zähne. Er warf ihnen Brotstücke hin und zog seine Straße vorwärts. Alsdann begegnete er einigen Männern, welche mit ihren Schultern schwere Steine emporzuheben suchten. Er schenkte ihnen den Baumstamm, zeigte ihnen, wie sie ihn als Hebebaum benützen könnten und zog weiter. Hierauf traf er einen Bäcker, der den Backofen mit seinen Händen wischte. Er gab ihm den Besen und wanderte weiter. Dann fand er eine Frau, die den Wassereimer mit der bloßen Hand aus seinem Ziehbrunnen zog. Ihr schenkte er das Seil und zeigte ihr, wie sie es bequemer haben könnte. Endlich gelangte er an ein Haus und trat ein. Es war jedoch niemand zu sehen. In einer Kammer lagen drei Äpfel aus reinem Gold. Er nahm sie weg und machte sich eiligst davon. Das hatte jedoch eine alte Frau bemerkt, und lief ihm nach wie der Wind, um ihn zu fassen. Auf seiner Flucht war er bereits zum Ziehbrunnen gekommen, wo die Frau den Wassereimer mit dem Seil herauszog. Die Hexe schrie ihr schon von weitem entgegen: «Halt ihn fest!» Aber die Frau antwortete: «Nein, nein, dieser hat mir das Seil geschenkt.» Dann kam er zum Bäcker gelaufen und die Alte rief wieder: «Halt ihn fest!» Der Bäcker aber erwiderte: «Nein, denn er hat mir den Besen gegeben» Und so konnte er sich vor den Steinhauern, vor den Hunden und den Adlern retten, bis er an einen Ort gelangte, wo er vor allen Gefahren sicher war. Müde geworden, setzte er sich unter einen Baum und öffnete einen der goldenen Äpfel. Es kam ein sehr schönes Mädchen heraus und sagte zu ihm: «Gib mir zu trinken!» Und der Königssohn antwortete: «Ach wie schade, ich habe kein Wasser», worauf sie sprach: «Nun gut, dann muss ich sterben.» Und damit verschwand sie. Hernach gelangte er an ein Waldbächlein. Er setzte sich nieder und öffnete den zweiten Goldapfel. Aber während er dies tat, versiegte der Bach und kein Wasser war mehr zu finden. Wieder stieg ein bildschönes Mädchen aus dem Apfel hervor und wünschte zu trinken. Zu seinem Schmerz konnte er auch ihr kein Wasser reichen, und sie verschwand. Schliesslich kam er zu einem stark sprudelnden Brunnen. Dort setzte er sich wieder nieder und öffnete den letzten Apfel. Und siehe, diesmal kam ein Mädchen heraus, das wunderlieblich und weit schöner war als die zwei andern. Auch es begehrte zu trinken. Er reichte ihm einen Becher voll frischen, herrlichen Wassers und sie trank. Dann sprach der Fürst ganz glücklich zu ihr: «Bleib hier. Ich will schnell zu meinem Palast zurückkehren, der nicht weit von hier entfernt ist und eine schöne Kutsche, Pferde und Dienerschaft herbeiholen. Dann werde ich dich in aller Pracht in mein Haus führen.» Sie blieb am Brunnen sitzen und der Prinz eilte glückstrahlend nach Hause. Während er jedoch weggegangen war, kam eine alte Hexe an den Brunnen, Wasser zu schöpfen. Sie war neidisch auf das schöne Mädchen und wollte es kämmen. Und während sie ihre wundervollen langen Haare kämmte, steckte sie ihr eine grosse, verzauberte Nadel ins Haar. Da wurde das reizende Mädchen zu einer Taube verwandelt und flog fort. Die Alte aber setzte sich an ihrer Stelle an den Brunnen und wartete auf den Königssohn. Dieser kam bald darauf mit einer goldenen Kutsche, mit Pferden und Dienerschaft zurück, und als er sah, wie hässlich sie war, fragte er sie, woher das komme. Und sie erwiderte: «Weil ich großen Hunger habe.» Da führte sie der Prinz in seiner prächtigen Karosse nach Hause und befahl, dass man ihr sogleich ein glänzendes Mittagessen bereitete. Die Taube aber war ihnen nachgeflogen, und während der Koch den Braten schmoren liess, sang die Taube: Koch, schöner Koch, schlaf fröhlich ein, So wird dein Braten angebrannt sein! Darauf versank der Koch in tiefen Schlaf und der Braten brannte an. Und so geschah es zweimal nacheinander. Unterdessen verging die hässliche Alte beinahe vor Hunger und Wut. Das dritte Mal endlich gelang es dem Koch, den Braten richtig zuzubereiten; aber die Taube flog immer über den Speisen her, so dass niemand recht essen noch sie fangen konnte. Da streckte der Prinz seine Hand aus, und die Taube flog herbei. Er nahm das Tierchen vorsichtig auf seine Hand, liebkoste es und bemerkte dabei eine lange Nadel in ihrem Gefieder. Er zog sie ihr sachte heraus, und alsbald verwandelte sich die Taube wieder in das wunderschöne Mädchen, das er am Brunnen hatte warten lassen. Als die abscheuliche Hexe sah, dass ihr Betrug nunmehr entdeckt war und ihr Spiel ein böses Ende nehmen könnte, machte sie sich heimlich aus dem Festsaal und kam nicht wieder. So gewann der Königssohn das schöne Mädchen mit den drei goldenen Äpfeln und lebte mit ihr in großem Glück.   Quelle: Walter Keller, Tessiner Sagen und Volksmärchen, Märchen erzählt in Rovio von Luigia Carloni-Groppi, 1923   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


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Holzhackersleute waren reich mit Kindern gesegnet. Schon waren es ihrer acht, die aus der Zinnschüssel löffelten, und als ein neues Jahr um war, traf pünktlich wie der Steuervogt auch das neunte Kind ein. Sie versuchten, den stärksten Esser loszuwerden und ihren Knaben Fridolin, der im Tag ein halbes Brot verzehrte, bei den Verwandten unterzubringen. Die Verwandten hatten genug an ihren eigenen Kindern und begehrten ihn nicht. Als Fridolin den Haferbrei, der bis Mittwoch langen sollte, schon am Dienstag aufgegessen hatte, beschlossen die Eltern, sich des Nimmersattes zu entledigen. Sie nahmen ihn mit in den Wald, sammelten dürres Holz, liessen den Jungen im Stich und kehrten auf Umwegen heim. Im Gehölz umherirrend, rief Fridolin nach Vater und Mutter. Wölfe heulten, Raben krächzten, es nachtete langsam. Er setzte sich auf einen Stein und weinte bitterlich. Da rollte eine prächtige Vierschimmelkutsche daher, hielt an, und die weisse Dame im Wagen fragte ihn, warum er greine. Der Diener öffnete den Schlag, die Frau zog ihn an ihre Seite, und hüopp trabten die Pferde davon. Über Busch und Stein, durch dick und dünn ging es sanft wie auf moosigem Grund. Vor einem Palast mit goldigen Türmen blieben die Pferde stehen, die Flügeltüren sprangen auf, ein Lakai öffnete den Schlag und brachte Fridolin in sein Schlafgemach, wo er im feinsten Bette sich kugelte und in den Schlummer sank. Nun war das Haus der weissen Frau seine Heimat, und er gefiel sich wohl darin. Gekleidet wie ein Prinz, wurde er an die Tafel geleitet und mit Spielsachen reich beschenkt. Er durfte im Wildpark sich tummeln, die Marmortreppen auf und ab rutschen, durch alle Säle und Gänge spazieren. Ein einziges Zimmer war ihm untersagt. Er begehrte nicht mehr nach Hause zurück, auf den Strohschaub im Ziegenstall und an den magern Tisch. Ihm war wie dem Hasen im Klee. Nur eines konnte er nicht begreifen, die verbotene Tür mit der goldenen Klinke. Er konnte ja doch nicht anders, er musste davor stehen bleiben und ein bisschen durchs Schlüsselloch gucken. Aus Furcht vor Strafe hielt er sich im Zaum, sprang hinaus in den Garten, fütterte die Gänse und die Enten und stand wieder vor der verbotenen Pforte. Der Schlüssel steckte, im Flur war es still, leise öffnete er und trat ein. Huh, wie er da zusammenfuhr! Stockfinster war es und ein Geruch wie von Toten. Flugs wandte er sich zur Umkehr. Zu spät, die Tür war eingeschnappt und verschlossen. Er zappelte und schrie, da ging sie wieder auf, und es erschien die weisse Frau und schüttelte ihn derb am Kragen. Hätte er nicht um Gnade und Verzeihung gebeten, wer weiss, was aus ihm geworden wäre! Die Jahre schwanden, hoch und schlank spazierte der Jüngling neben der weissen Frau, die ihn wie einen Sohn betreute und bemutterte. Nichts ging ihm ab, und doch sehnte er sich nach der Freundschaft mit Kameraden seines Alters. Und eine heisse Neugier lockte ihn unwiderstehlich zu der verbotenen Tür. Als sie den Wagen bestieg und eine Spazierfahrt unternahm, schlich er, mit einem Scheit unter dem Wams, zur Pforte, schloss auf und klemmte das Holz in die Spalte. Kaum hatte er die Klinke losgelassen, schletzte die Tür, das Sperrholz knackend, ins Schloss. Gefangen war er und durfte auf keine Gnade mehr hoffen. In Todesängsten tastete er nach einem zweiten Ausgang, verlor die Richtung und kam wie von ungefähr in einen schmalen Seitengang, an dessen Ende die Helle schimmerte. Unversehens befand er sich in einem Stall, in dem drei Tiere an der Barre haferten, die er noch nie gesehen, Pferd, Maultier und Esel, alle drei spiegelglatt und wohlgenährt. «Helft mir aus meiner Not!» flehte er, Hals und Mähne streichelnd. «Bist du ein schönes Pferd - bist du ein starker Maul - was für ein strammes Eselein!» Das Pferd wieherte: «Du hast uns gelobt und gehätschelt, wir werden dir beistehen. Wisse, dass du im Marfelhaus des Teufels bist, die weisse Frau der Satan selbst. Reiss mir drei Haare aus der Mähne und sagst du: ,Im Namen der drei Haar meines Pferdes Bayard', kannst du dir wünschen, was du willst, es wird erfüllt.» «Nimm auch den breiten Strohhut in der Krippe», plärrte der Maul, «und stülp ihn auf dein Lockenhaupt!» «Das Scheit, den Eimer und die Bürste dazu, und du kannst dir ein Liedlein pfeifen», näselte das Eselchen. «Jetzt aber spute dich, der Teufel wird dir nachstellen!» Fridolin presste den Hut auf seinen goldenen Scheitel, ergriff das Werkzeug und verliess dankend den Stall. Gemächlich schlenderte er des Weges dahin, als Pferdegetrampel sich näherte. Die weissen Schimmel und der Wagen, ihm wohlbekannt, sie sausten daher, im Polster lehnte die weisse Dame und schwenkte das Tuch. Holt sie mich ein, so bin ich des Todes. Jetzt zeigt eure Kraft, ihr Zaubergaben! Das Scheit zu Boden schmetternd, rief er:  «Im Namen der drei Haar' meines Pferdes Bayard,  soll mich im Nu vom Bösen ein steiles Gebirge erlösen!» Wie das blitzte und krachte, die Erde klaffte und ein hohes Gebirge zum Himmel wuchtete! Nichts mehr von der Kutsche, nichts mehr von den Rossen. Lebt wohl auf Nimmerwiedersehen! Kaum war es Mittag, klappert und stäubt es von neuem auf der Strasse. Der Teufelswagen, der mit dem Winde fuhr, er hatte den Berg überwunden. Mit aller Kraft warf Fridolin den Eimer zur Erde und rief:  «Im Namen der drei Haar' meines Pferdes Bayard,  ein breites, tiefes Meer, und kein Wagen und Teufel rnehr!» Bleigrau und uferlos rollte die See, Sturmvögel schwebten darüber hin. Er setzte sich an den Strand und verspeiste gemütlich sein Mittagessen, schritt fürbass und hoffte, noch vor dem Einnachten die Stadt zu erreichen. Ist's möglich, schon wieder der Wagen, trotz Meer und Riesengebirge! Dir will ich jetzt eine Sperre aufrichten, an der du zerschellst. Er warf die Bürste zu Boden und sprach:  «Im Namen der drei Haar' meines Pferdes Bayard,  steh auf, Kapelle, klinge, von Gott und Himmel singe!» In seinem Busen erlosch die Angst wie die Abendröte am Horizont. Während die Kapellenglocke läutete, schritt er wohlgemut durch die stillen Fluren, erreichte das Stadttor, bevor der Wächter schloss und fand eine Gärtnerstelle in der königlichen Pfalz. «In drei Tagen vermählt sich die älteste Prinzessin», sagte der Obergärtner. «Bist du der Mann, den Park nach dem Geschmack seiner Majestät einzurichten - wohlan, so bist du geborgen! Der Kies muss geharkt, der Rasen gemäht, das Gehege gestutzt, der Forellenteich gesäubert und frisch zugefüllt. das Figurenwerk von Moos und Staub gereinigt werden, das übrige besorge ich. Nun frisch ans Werk!» Fridolin beeilte sich nicht. Zu lange war er müssig und tatenlos gewesen. Die Arbeit verdross ihn, und er vertraute auf die Zauberkraft seines Spruches. Zwei Tage bummelte er im Park herum, roch an den Blumen und streute den Vögeln Hanfsamen. Der Meister schimpfte und drohte mit Entlassung. «Sei ohne Sorgen», beschwichtigte Fridolin, «morgen abend steht der Garten in Glanz und Freude.» Am dritten Tag traf ihn der Meister schlafend auf der Bank. Unsanft rüttelte er ihn auf. «Du Erzfaulenzer und Tagedieb, mach dich aus dem Staube!» «Gemach, gemach», sagte Fridolin, dem die Reisemüdigkeit noch die Glieder steifte, «man soll den Tag nicht vor dem Abend schelten!» Kurz vor Sonnenuntergang erschien der König mit seiner Gemahlin und dem Rat der Minister. Verstört, wie vor die Brust geschlagen, husterte der Gärtnermeister im Park herum. Nichts war gemacht, nichts vorbereitet, das Wegnetz voller Gejät - auf einmal blieb er stehen und rieb sich die Augen, taumelte auf eine Bank. «Ist's menschenmöglich, war ich blind?» Wie Schnee erschimmerten der Kies, die Marmorbüsten, kein welkes Blatt im frischgeschorenen Rasen, kein falsches Kraut in den Beeten, ein Duft von' Rosen, Malven, Lilien, der Brunnen stieg und sang nicht wie eine gewöhnliche Wasserkunst, wie aus hundert tiefen und hohen Orgelpfeifen klang das Gebrause. Feierlich schritt der König mit seinem Gefolge, lächelte beglückt und heftete dem Obergärtner einen Orden an die Brust. Nachdem zwei Prinzessinnen standesgemäss sich verehelicht hatten, sollte auch die Jüngste einen Gemahl aus fürstlichem Haus und Geblüt sich erwählen. Sie aber hatte den Gärtnerburschen mit dem breiten Strohhut und dem Lockengold ins Herz geschlossen und schlug alle Freier ab. Nicht erbaut ob dem Geschmack seiner Tochter, nahm der Vater sie auf eine Reise mit, und nach der Heimkehr lief der Trotzkopf in den Garten und verlobte sich mit Fridolin. Als Schwiegersohn des Königs blieb er einfach und bescheiden und achtete nicht auf das vornehme Gespreiz und Geräusper der Prinzen, die bergehoch auf ihn niederschauten. Es kam der Tag, an dem der König die Schwiegersöhne besammelte und drei goldene Apfel austeilte. Demjenigen von ihnen werde er einmal Krone und Zepter abtreten, der den Apfel in Ehr und Würde halte. Das Reich verwickelte sich mit dem Nachbarstaat in eine Fehde. Zu alt, den Strauss selber auszufechten, übergab der König den Oberbefehl seinen Schwiegersöhnen. Die zwei Prinzen bestiegen feurige Renner, Fridolin eine Stute, die das Gnadenbrot genoss. Klipp und klapp träbelte er gemütlich hinter dem Gefolge der Prinzen, die bald Vorsprung gewannen. Auf dem Kriegsschauplatz erwartete er das Zeichen zum Angriff und sagte sein Sprüchlein:  «Im Namen der drei Haar' meines Pferdes Bayard  ein Stoss - Flucht dort und Schande die Feinde rings umbrande!» Er riss das Schwert aus der Scheide und versuchte ein Galöpplein anzuschlagen. Der Dampf verkräuselte, kein Feind mehr weit und breit. In stolzem Zuge ritten die Prinzen nach Hause und prahlten dem Vater von ihrem grossen Siege. Der König glaubte ihnen aufs Wort. Wie hätte er, ahnen sollen, dass Fridolin mit seinem Holdri-Poldrigaul auch nur ein Schimmerchen zum Glanz des heutigen Tages beigetragen hätte! Der König erkrankte an einem Leberleiden, und der Hofarzt erklärte, für ein solches Übel sei kein Kraut gewachsen. Allerdings gebe es ein Mittel, das aber schwierig zu beschaffen sei. Hm - hm - er hob den Silberknopf seines Stockes an die Stirne. Wenn es möglich wäre, die Riesenschlange im Drachengraben zu erlegen, so würde er ihm ein Schlangensüpplein brauen, das ihn wieder auf die Füsse stellte. Die Prinzen schwangen sich auf ihre Renner und brachen auf zum Drachengraben. Auf seiner Rappenstute vermochte Fridolin nicht zu folgen. Das Rösslein schonend, begnügte er sich mit kleinen Tagereisen. Im Drachengraben sagte er seinen Spruch: «Im Namen der drei Haar' meines Pferdes Bayard, heran, du Schlangenuntier, und augenblicks verende hier!» Die Prinzen, die in der Nähe vorüberritten, vernahmen von seinem Erfolge. Sie kamen herbei, banden die Schlange auf den Hals eines Pferdes und wollten abreiten. «Haltl» donnerte Fridolin, «nicht ihr, sondern ich habe das Tier getötet, ich lasse den Vater grüssen und gute Gesundheit wünschen.» - Sie versprachen ihm ihre goldenen Äpfel, wenn er schweige, tauschten sie gegen die Beute und trabten davon. Zu Hause sah und hörte er, wie der König die prahlenden Schwiegersöhne belobte und das Volk ihnen zujubelte. An der Tranksame, die der Arzt aus dem Schlangenfett und einigen Latwergen mischte, genas der König von seiner Krankheit, litt aber noch an einer offenen Wunde, die sich nicht schliessen wollte. Der Doktor verordnete ihm das Herz des Lämmergeiers im Hohlichtwalde. Abermals zogen die Schwiegersöhne aus, und die Jagd verlief wie das letztemal. Mit Hilfe seines Zauberspruches erlegte Fridolin den Geier, und die Prinzen trugen ihn nach Hause. Bevor er ihnen den Raubvogel übergab, mussten sie vor ihm niederknien und den Rücken entblössen. Mit einer angeglühten Pfeilspitze brannte er ihnen einen Stempel auf, der sie noch lange schmerzte. Hocherfreut über die Tapferkeit seiner Schwiegersöhne und aus Dank für die neue Gesundheit entschloss sich der König zum Rücktritt. Vor dem versammelten Hofstaat wurden alle drei aufgefordert, ihre goldenen Äpfel vorzuweisen. Die beiden Prinzen hatten sich andere Äpfel gekauft, die sie mit klopfendem Gewissen aus der Tasche grübelten. Als Fridolin um seinen Apfel gebeten wurde, legte er deren drei auf den Tisch, die der König an einem geheimen Zeichen und dem besonderen Glanz als die echten erkannte. Über die betrügerischen Prinzen empört, verlangte er Auskunft und Aufklärung. Ohne Umschweife schilderte Fridolin, wie er die Schlange und den Adler erbeutet und zu den Äpfeln gekommen sei. Vor allen Anwesenden mussten die Schwindler den Rücken enthüllen, von einem zum andern gehend, das Brandmal zeigen und mit Schande und Spott den Saal verlassen. In feierlicher Ansprache ernannte der König seinen Nachfolger, entblösste das Haupt und schritt auf Fridolin zu. «Weg mit dem Strohhut, mach Platz für die Krone!» Verwirrt stand Fridolin im Saal; wie durch einen goldenen Nebel sah er das strahlende Gesicht seiner Frau, die, auf ihn zueilend, ihm den Hut vom Haupte nahm und seine weichen Locken küsste. «Trefflich hast du gewählt, mein Kind», rief der König, und seine Stimme hebend: «Es lebe Fridolin der Erste, es lebe die schöne Königin!»   Quelle: Johannes Jegerlehner: Walliser Sagen, Hans Feuz Verlag Bern, 1959   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


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Vor vielen, vielen Jahren lebte in einem Land am Meer ein König, der war seit vielen Jahren krank, und niemand konnte ihm helfen. Eines Tages kam ein Bäuerlein vors Königsschloss und begehrte Einlass, er wisse ein Heilmittel für den König. Sie liessen ihn herein, und als er beim König war, erklärte er, nichts könne dem Kranken helfen ausser drei Äpfeln aus dem verwunschenen Garten. Da liess der König seine drei Söhne zu sich kommen und befahl, sie müssten den verwunschenen Garten mit den drei Äpfeln suchen. Der älteste Prinz ging zuerst in die Welt hinaus, um die drei Äpfel im verwunschenen Garten zu suchen. Eines Abends kam er in einen Wald, und da bettelte ein armer alter Mann ihn um ein Almosen an. Aber er gab nichts und ritt bis zu einem Wirtshaus am Ende des Waldes. Dort lockte das Luder von einer Wirtin ihn herein und hielt ihn so lange auf, bis er sein ganzes Geld verpulvert hatte. Da der Älteste nicht zurückkehrte, ging der mittlere Bruder die Äpfel des verwunschenen Gartens suchen. Auch der gab dem armen Mann nichts, und auch der Mittlere brachte sein ganzes Geld im Wirtshaus am Waldrand durch, und wie sein älterer Bruder wurde er, als er nicht mehr bezahlen konnte, ins Gefängnis geworfen. Nach einem Jahr setzte sich der jüngste Bruder aufs Pferd, um die Äpfel zu holen. Im Wald begegnete ihm er arme alte Mann, aber er ritt nicht höhnisch an ihm vorbei, sondern gab ihm ein Almosen. Da sagte der arme Mann: «Ihr seid ein guter Bursche, und Ihr bekommt die Äpfel. Geht gegen Osten am Ende des Waldes am Wirtshaus vorbei, bleibt ja nicht dort! Dann geht alles gut. Bevor Ihr den verwunschenen Garten erreicht, kommt ihr in das Land der Löwen, Bären und Affen. Seid aber recht zu diesen Tieren.      Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


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Drei arme Brüder gingen in die Welt hinaus, um zu verdienen. Vor den Toren der Stadt trennten sie sich. Der Älteste gelangte in ein Gebirge. Dort hatte eine Fee ein schönes Marmorschloss auf einem Felsen. Diese Fee, eine gütige Frau, nahm ihn in ihren Dienst, und er hatte es gut und bekam, was er wollte. Nach einem Jahr sagte die Fee, sie müsse verreisen und gebe ihm die goldenen Schlüssel zu drei Zimmern. «Öffne nur die Zimmer auf der rechten und linken Seite, doch das in der Mitte, wo sich die ganze Pracht der Welt befindet, darfst du nicht öffnen, wenn dir dein Leben lieb ist!», sagte sie noch zuletzt, und dann verschwand sie. Verdutzt stand der Bursche da. Er dachte lang darüber nach, was die Fee gesagt hatte, und dann öffnete er langsam die rechte Türe. War das ein Glanz, alles war aus Gold oder Silber! Später ging er ins Zimmer auf der linken Seite, dort gab es nur Smaragde und Rubine. Lange stand er vor der Türe in der Mitte, bald wollte er öffnen, bald der Fee gehorchen. Während er hin und her schwankte, packte ihn plötzlich die Gier, und er hatte die Frechheit, die Tür zu öffnen. Auf einmal sah er alles, was schön ist, aber in dem Augenblick wurde er in einen Marmorblock verwandelt. Nach vielen Tagen und Jahren kam der andere Bruder zur Fee und trat in ihren Dienst. Auch ihm gab sie die drei Schlüssel und sagte das gleiche wie seinem älteren Bruder. Aber auch er wurde wegen seiner Neugier in einen Marmorblock verwandelt. Zuletzt kam der Jüngste zum Schloss der Fee, und sie stellte ihn ein. Dieser Bursche aber wusste, was sich gehört, und er gehorchte der Fee, nachdem er die Schlüssel erhalten hatte. Als die Fee erschien, öffnete sie selber das Zimmer in der Mitte. Mit einer Rute schlug sie auf die Marmorblöcke, und in dem Augenblick wurden die Brüder wieder lebendig. Die Fee gab allen dreien als Lohn so viele Kostbarkeiten mit, wie sie tragen konnten. Die drei Glücklichen segneten die Fee und verliessen dankbar das Schloss. Aber als sie zurückschauten, da sahen sie nur einen grossen wüsten Felsen. Das Schloss samt den riesigen Reichtümern war verschwunden.   Thompson Motiv C 611 (Das verbotene Zimmer)   Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


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Source: Die drei goldenen Schlüssel. Las treis clavs dad aur

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Drei arme Brüder gingen in die Welt hinaus, um zu verdienen. Vor den Toren der Stadt trennten sie sich. Der Älteste gelangte in ein Gebirge. Dort hatte eine Fee ein schönes Marmorschloss auf einem Felsen. Diese Fee, eine gütige Frau, nahm ihn in ihren Dienst, und er hatte es gut und bekam, was er wollte. Nach einem Jahr sagte die Fee, sie müsse verreisen und gebe ihm die goldenen Schlüssel zu drei Zimmern. «Öffne nur die Zimmer auf der rechten und linken Seite, doch das in der Mitte, wo sich die ganze Pracht der Welt befindet, darfst du nicht öffnen, wenn dir dein Leben lieb ist!», sagte sie noch zuletzt, und dann verschwand sie. Verdutzt stand der Bursche da. Er dachte lang darüber nach, was die Fee gesagt hatte, und dann öffnete er langsam die rechte Türe. War das ein Glanz, alles war aus Gold oder Silber! Später ging er ins Zimmer auf der linken Seite, dort gab es nur Smaragde und Rubine. Lange stand er vor der Türe in der Mitte, bald wollte er öffnen, bald der Fee gehorchen. Während er hin und her schwankte, packte ihn plötzlich die Gier, und er hatte die Frechheit, die Tür zu öffnen. Auf einmal sah er alles, was schön ist, aber in dem Augenblick wurde er in einen Marmorblock verwandelt. Nach vielen Tagen und Jahren kam der andere Bruder zur Fee und trat in ihren Dienst. Auch ihm gab sie die drei Schlüssel und sagte das Gleiche wie seinem älteren Bruder. Aber auch er wurde wegen seiner Neugier in einen Marmorblock verwandelt. Zuletzt kam der Jüngste zum Schloss der Fee, und sie stellte ihn ein. Dieser Bursche aber wusste, was sich gehört, und er gehorchte der Fee, nachdem er die Schlüssel erhalten hatte. Als die Fee erschien, öffnete sie selber das Zimmer in der Mitte. Mit einer Rute schlug sie auf die Marmorblöcke, und in dem Augenblick wurden die Brüder wieder lebendig. Die Fee gab allen dreien als Lohn so viele Kostbarkeiten mit, wie sie tragen konnten. Die drei Glücklichen segneten die Fee und verliessen dankbar das Schloss. Aber als sie zurückschauten, da sahen sie nur einen grossen wüsten Felsen. Das Schloss samt den riesigen Reichtümern war verschwunden. Quelle: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, gesammelt von Caspar Decurtins, Ursula Brunold-Bigler (Übers. und Hrsg), Desertina Verlag, erzählt in Surrein bei Sumvig Las treis clavs dad aur Treis paupers frars han bandunau lur marcau per ir viado el mund a fadigiar. Avon la porta sura han els priu cumiau. „Tgau ensemen!“ „Sin seveser!“ „Stei bein!“Il pli vegl ei vegnius ellas muntognas selvadias. Cheu steva ina biala diala en in casti da marmel sin in grep da granit. La buna diala ha priu il buob en survetsch. Suenter in onn ha la diala detg: „Teidla, jeu vai dad ir naven per in temps. Tochen ch’jeu tuornel anavos, eis ti il survegilader da miu casti. Mira, jeu dundel a ti las treis clavs dad aur dallas treis combras.La dretga e la seniastra astgas ti arver, mo la combra enamiez astgas mai mai arver.“ „Daco, tgei eis ei en leu?“ „L’entira bellezia dil mund.“Il buob ha ditg patertgau suenter. Lu ha el aviert igl esch dretg. Mett’avon: La combra era plein talers dad aur. Allura ha el aviert igl esch seniester. Tgei tarlischur da diamants e marenghins! „Duess jeu arver la combra enamiez?“ Il buob ha ponderau ditg e liung. El veva denton aschi ina stoda marveglia, ch’el ha priu la clav dad aur ed ha aviert igl esch. Ed el ha viu l’entira bellezia dil mund. Mo tuttenina eis el vegnius tut freids. El saveva buc pli se muentar ed ei vegnius striunaus en in crap da granit ner.  Suenter biars onns ei il secund frar vegnius en survetsch tier la diala. El ha è survegniu las treis clavs. Mo era el haveva tontas marveglias, ch’el ha aviert la combra scumandada ed ei vegnius striunaus en in crap da granit verd. Finalmein ei il frar giuven arrivaus el casti. El ha denton fatg per camond alla diala. „La combra enamiez vegnel jeu mai ad arver.“ En quei mument ei la diala cumparida. Ella ha mez il maun sil tgau dil buob ed el ha viu l’entira bellezia dil mund.  Silsuenter ha la diala spluntau cun ina torta sil crap da granit ner e sil crap verd. E tgei ei schabegiau? Ils dus frars ein puspei vegni en veta. La diala ha schenghegiau als frars ina massa custeivladads. Ils buobs han priu cumiau e detg: „Engraziel fetg buna diala.“ Els ein i giuado tras la porta dil casti ed han mirau anavos. „Mirei!“ Il casti marveglius era svanius. Ins veseva mo pli in grond grep ner. Fassung Sandra Greta Blum, © Mutabor Märchenstiftung   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die drei grossen Männer

Source: Die drei grossen Männer

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Ein Schattdorfer ging nach Bürglen z'Stubeten. Als er auf dem Heimweg zu Baumann Sepp's kam, standen da ihrer drei Mannen, einer grösser als der andere, und spreizten die Beine. Da wusste er nichts anderes zu tun, als ihnen zwischen den Beinen hindurch zu gehen. Aber jetzt erfasste ihn der Schrecken; sprungs heim, die Türe eingerannt! Geschwollener Kopf. Meinte, er müsse sterben. Schriftlich von HH. Kaplan Truttmann Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die drei Hühnchen

Source: Die drei Hühnchen

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Es waren einmal drei Hühnchen. Die Mutter hiess die Weisse, ihre Kinder das Graue und das Schwarze. Die waren noch junge Hennen. Eines Tages sagte die Mutter zur Grauen: «Geh in den Wald und sammle mir ein wenig Streue, damit wir uns hineinlegen können, wenn es anfängt kalt zu werden!» Die Graue gehorchte. Sie machte sich auf in den Wald, und kaum hatte sie die Wiese mit den vielen Blumen hinter sich und war ein Stück weit im Wald drin, da begegnete ihr ein Papiermüller. Der sprach zu ihr: «Kehr sofort zurück, denn nicht weit von hier ist ein böser gefrässiger Wolf, der würde dich sicher zerreissen.» Und das Hühnchen bat: «Ach, so mach mir doch ums Himmelswillen ein Häuschen aus Karton, damit ich mich, sobald ich den Wolf kommen sehe, darin verstecken kann. Alsdann bin ich gerettet.» Der Papiermüller baute ihr willfährig ein Hüttchen aus Karton und Papier. Eben war die Graue im Begriffe, ein paar dürre Blätter, die sie gesammelt hatte, auf ein Häuflein zu bringen, als sie ein grimmiges Gesicht zwischen den Baumstämmen hervorlauern sah, mit offenem Rachen, worin Zähne waren, Gott, was für furchtbare Zähne! Flugs versteckte sich das graue Hühnchen in seinem Häuschen aus Karton und Papier; aber der Wolf stürzte mit zwei Pfotenschlägen jene schwachen Mauern zu Boden, packte das arme Hühnchen beim Schopf und verschlang es in einem Bissen. Unterdessen warteten die Mutter und die Schwester voller Sorge auf die Rückkehr; aber es dauerte immer länger, und das graue Hühnchen kam nicht wieder: «Nun gut», sagte die Schwarze, «jetzt will ich in den Wald gehen und schauen, was meinem Schwesterlein zugestossen ist.» Also machte sie sich auf den Weg, spazierte an vielen Wiesenblumen vorüber und kam in den Wald. Dort begegnete sie einem Mann, das war ein Schreiner. Der sprach zu ihr: «Kehr zurück, aber schnell! Nicht weit von hier ist nämlich ein böser Wolf, und du gäbest wahrhaftig einen guten Leckerbissen für ihn.» — «Ach», sprach das Hühnchen, «mach mir doch schnell eine Hütte aus Holz, damit ich mich in der Not darin verstecken kann! Ich habe meine Schwester hier im Wald verloren und ich mag nicht von hier fortgehen, bis ich sie wiedergefunden habe.» Der Schreiner zeigte sich gefällig und baute ihr ein starkes Hüttchen aus Holz. Unterdessen pickte und scharrte die Henne ein wenig auf dem Moosboden des Waldes. Da fand sie zu ihrem grossen Schmerz eine Feder von ihrer Schwester; aber im selben Augenblick sah sie in der Ferne zwei feurige Augen aufleuchten und darunter einen grässlichen Rachen, ganz mit Schaum bedeckt. Zitternd vor Angst flüchtete sie in ihre Hütte; der Wolf aber schlug mit seinen Pfoten, dem Maul und dem Schwanz auf das Haustein los, bis er es umgeworfen hatte, und so wurde auch die unglückliche Schwarze seine Beute, die er mit einem Bissen verschlang. Inzwischen wurde die Mutter zu Hause immer mehr um ihre Kinder besorgt und sie dachte: «Was ist wohl aus meinen Kindern geworden? Sind sie etwa beide umgekommen? Oh, wie konnte ich so töricht sein und sie ganz allein in den Wald hinausschicken, wo so viele Gefahren auf sie lauern! Ich hätte sie doch begleiten sollen. Es wäre besser gewesen, wenn ich mit ihnen zugrunde gegangen wäre, als jetzt so allein in Angst und Kummer zu leben.» Also machte sie sich auf die Suche nach ihren Kindern, und wie sie in das Waldesgrün eintrat, begegnete sie einem Mann. Das war ein Schmied. Der sprach zu ihr: «Um Gottes willen, kehr sofort um; denn hier im Wald haust ein grimmiger Wolf, der streift überall umher und will alles verzehren.» — «Ach, so mach mir doch schnell ein Hüttchen aus Eisen, worin ich mich verbergen kann. Ich habe in diesem Wald meine beiden Kinder verloren und gehe nicht fort, bis ich sie wieder gefunden habe.» Der Schmied tat ihr den Gefallen und baute ihr ein Häuslein von Eisen. Mittlerweile spazierte die Henne auf dem Grasteppich des Waldes umher und siehe, da lagen richtig auf dem Moos einige graue und schwarze Federn von ihren lieben Kindern. Bald darauf sah sie zu ihrem Entsetzen in der Ferne ein dunkles braunes Tier auftauchen, mit funkelnden Augen, grimmigem Blick und zwei hoch aufgerichteten Ohren. Beinahe vom Schlag getroffen, flüchtete sie in die eiserne Hütte. Der Wolf kam herangesprungen und versuchte, das Häuslein niederzureissen, aber wahrhaftig, diesmal war es haltbar gebaut und mit vorstehenden Nägeln und Eisenspitzen versehen. Er versuchte es mit dem Maul, mit dem Rücken und mit den Pfoten; jedoch vergeblich. Statt die Henne zu erreichen, zerkratzte er sich den ganzen Leib und blutete aus vielen Wunden. Voller Ingrimm nahm er einen Sprung gegen die eiserne Hütte, erhielt aber dabei eine tiefe Wunde von einem Nagel und Hess, nun vom Angriff ab. Halb tot legte er sich etwas abseits auf den Waldboden an die Sonne und spähte dort, ob die Henne aus dem Haus herauskäme, damit er sie packen könnte. Trotz seinen Schmerzen überfiel ihn jedoch der Schlaf, so dass er bald schnarchend dalag. Als die Henne das bemerkte, rannte sie auf ihn los, pickte ihm mit dem Schnabel den Leib auf und zerstückelte ihm mit scharfen Hieben das Herz, bis der Wolf tot war. Alsdann fand sie in seinem Bauch noch ihre beiden Kinder lebendig. Da war die Freude des Wiedersehens gross. Sie kehrten alle drei froh nach Hause zurück und dachten ihr Lebtag daran, nicht mehr so unvorsichtig zu sein. Aber ehe sie in ihren Hühnerstall zurückkehrten, sagten sie noch dem guten Schmied, der sie gerettet hatte, schönen Dank.   Am Kaminfeuer der Tessiner                                    Walter Keller                                                          Hans Feuz Verlag Bern Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die drei Hunde

Source: Die drei Hunde

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Es war einmal ein schwerkranker Mann. Als er den Tod nahen fühlte, rief er seine drei Söhne, Gian, Giachem und Andrea zu sich. Er sprach zu ihnen: «Wisst, meine lieben Buben, ich glaube, mit mir ist es bald zu Ende. Ich habe euch rufen lassen, um nach meinem Tod Streit zwischen euch zu verhindern. Wie auch ihr wisst, sind wir arm, und alles, was wir besitzen, sind das Haus, die Möbel, die drei Hunde und jene paar Gulden, die ich zusammengespart habe. Nun denn: Du, Andrea, kannst als der Älteste das Haus nehmen, Giachem als der Zweitälteste bekommt die Möbel, und du Gian nimmst die drei Hunde, den Eisenfetzer, den Lumpenfetzer und den Lumpenreisser sowie das bisschen Geld, das ich unter meinem Kissen habe.» Kurz darauf starb der Vater. Die Burschen waren zufrieden mit ihrer Erbschaft, aber alle Leute begannen zu schwatzen und sagten: «Giachem und Andrea haben noch ein gutes Los gezogen, doch dieser arme Gian mit seinen drei Hunden, was soll der bloss tun ausser betteln?» Gian jedoch grübelte nicht lange; zwei Tage nach dem Begräbnis des Vaters nahm er seine Gulden und die drei Hunde, und nachdem er allen drei reichlich zu fressen gegeben hatte, machte er sich auf den Weg und sagte, er wolle sein Glück in der Ferne suchen. Er wanderte den ganzen Tag und die ganze Nacht, und am Morgen gelangte er in eine schöne Gegend und sah auf dem Feld Bauern, die schon arbeiteten. Er ging zu einem jener Männer hinüber und fragte ihn: «O sagt, lieber Freund, wie heisst diese Gegend?» Der Bauer antwortete: «Wir sind von Florenz» - und mit dem Finger ein Stück weiter zeigend: «Seht dort, den Kirchturm von Florenz, und seht jenes Haus daneben mit den grünen Läden. Da geschieht Schreckliches, und eben noch heute Nacht ist ein hübscher frischer Bursche ums Leben gekommen.» Gian fragte nun den Mann, was für schreckliche Dinge denn in jenem Haus geschehen seien, und der Bauer antwortete: «Der siebenköpfige Drache wohnt darin, und wer sich hineinwagt, um ihn zu töten, kommt nicht mehr lebendig heraus; alle zusammen bringt er um. Die armen Teufel gehen hinein und setzen ihr Leben aufs Spiel, weil in jenem Haus eine Schrift aufbewahrt sein soll, worin steht, jenem, dem es gelinge, den Drachen umzubringen, gehöre das Haus mit allem, was drin sei, und es soll sogar in einem Keller ein Topf mit Gold und Silbergeschirr vergraben sein. Erst gestern war hier Markt, und ein Bursche, der sich wieder in jenes Haus wagte, ist bis jetzt noch nicht herausgekommen, der ist bestimmt schon mausetot.» Gian dankte dem Mann für seine Auskünfte, rief seine drei Hunde und ging weiter mit dem Gedanken: «Wer weiss, ob ich hier nicht ein gutes Geschäft machen könnte!» In der Stadt musste er an einem Brunnen vorbei. Die Frauen, die drum herum standen und wuschen, redeten laut, und Gian konnte ganz gut verstehen, dass sie von jenem Burschen sprachen, der ins Drachenhaus gegangen war. Jetzt sah er ein kleines Wirtshaus, wo ein Schild mit einem Ochsenkopf hervorragte, und er dachte: «Das hier könnte jetzt vielleicht ein recht gutes Wirtshaus sein.» Er trat ein und wurde vom Wirt freundlich willkommen geheissen. Auch die alte Wirtin begann mit ihm zu plaudern, und die Tochter, ein schönes Mädchen, warf sogleich ein Auge auf diesen stattlichen Burschen. Gian begann nun, die Rede auf den Markt vom Vortag zu bringen und erwähnte, ein Bauer habe ihm vom Unglück, das in der Nacht zuvor geschehen sei, erzählt. «Ja, ja, das ist wohl eine schauderhafte Sache, dass so viele Männer ihr Leben gewagt haben und nie mehr aus jenem Haus zurückgekommen sind», sagte die Wirtin. Nun entgegnete Gian: «Also gut, wenn so viele ihr Leben aufs Spiel gesetzt haben, so will ich das auch, ich gehe noch heute Nacht mit meinen drei Hunden in jenes Haus.» Da erwiderte der Wirt: «Ihr werdet doch nicht etwa verrückt geworden sein, Ihr werdet doch nicht auch ums Leben kommen wollen, und dass ihr es verlieren werdet, ist so gut wie sicher.» Auch alles Bitten der Mutter und der Tochter half nichts. Als es einzunachten begann, verlangte Gian Brot und Milch für seine Hunde, und als sie nach dem Fressen satt und friedlich waren, liess er sich auch das Futter bringen, das er seinen Hunden nachts geben wollte. Dann verabschiedete er sich von seinen Wirtsleuten mit den Worten: «Passt morgen auf, wenn ihr um fünf drüben im Drachenhaus die Fensterläden offen seht, so kommt nur sogleich zum Haus, denn so zeige ich, dass ich am Leben bin.» Als Gian dem Wirt adieu sagte, sprach der zu ihm: «Ich wünsche Euch viel Glück, und wenn Ihr es fertig bringt, den Drachen aus dem Weg zu räumen, so seid ihr ein gemachter Mann, denn dann gehört das Haus Euch mit allem, was drin ist.» Sobald Gian im Haus war, liefen die drei Hunde schnüffelnd im Gang herum. Gian liess sie in die Stube und befahl ihnen: «Eisenfetzer, du legst dich unter den Tisch, Lumpenfetzer, du bleibst hier mitten in der Stube, und du, Lumpenreisser, legst dich neben die Tür, die zum Zimmer über dem Ofen führt, aber seid ruhig und rührt euch nicht, bis ich euch rufe.» Gian hatte jetzt Zeit, sich in der Stube umzusehen. War das eine Pracht! Der Diwan und die Sessel mit Seide bezogen, und auf dem Gestell standen prächtige Bücher. Gian nahm ein paar davon, setzte sich an den Tisch und begann zu lesen und die Bilder anzuschauen. Er wurde dabei überhaupt nicht gestört; das Haus schien wie ausgestorben. Ein anderes Geräusch als das Schnarchen der Hunde war nicht zu hören, und Gian war so in die Bücher vertieft, dass er die Kirchturmuhr nicht einmal beachtete. Erst als die grosse Glocke elf schlug, legte er die Bücher wieder aufs Gestell zurück, und er spitzte die Ohren, ob etwa Lärm zu hören sei, doch es war ganz ruhig. Als er auf das Schrankbrett schaute, stand da eine schöne Korbflasche Wein und daneben lagen ein Salsiz und ein Brot. «Sapperlot, das da ist wie extra für mich gemacht», dachte er, «jetzt wollen wir recht essen.» Er öffnete den Schrank und nahm ein schönes Glas hervor, schenkte Wein ein und begann zu essen und zu trinken; dann nahm er das Brot und schnetzelte für seine Hunde Brocken in eine grosse Schale Milch. Als die fertig gefressen hatten, hiess Gian jeden an seinen Platz zurückgehen und dachte, dass der Drache sich bald bemerkbar machen könnte. Und - tatsächlich! Kurze Zeit später schien es, als hörte man in der Kammer über der Stube schwere Schritte, und die kamen immer näher zur Falltür; dann schien es, als würden schwere Ketten in der Stube herumgeschleift, und auf einmal gab es oben ein schreckliches Gerumpel. Die Hunde spitzten die Ohren und wollten aufstehen, aber Gian befahl ihnen sitzen zu bleiben. In dem Augenblick schlägt es auf dem Kirchturm Mitternacht, und beim letzten Schlag öffnet sich die Falltür mit einem fürchterlichen Lärm, und eine schauderhafte, tiefe Stimme brüllt: «Ich werfe!» - «Wirf du nur», rief Gian. «Ich werfe!» ruft es abermals, und Gian entgegnet: «Wirf du nur!» Und zum dritten Mal brüllt es durch die Falltür nach unten: «Ich werfe!» und Gian schreit hinauf: «Wirf du nur!» und in dem Augenblick - pflatsch - plumpst der siebenköpfige Drache auf den Boden. Jetzt befahl Gian: «Lumpenreisser, tu deine Pflicht!» Da stand der Drache auf und wollte zu Gian hinüber, um ihn aufzufressen. Aber der Lumpenreisser riss an den Lumpen herum, die der Drache auf sich hatte. Doch jetzt, als Gian sah, dass der Drache den Lumpenreisser biss, rief er: «Lumpenfetzer, tu deine Pflicht!» Und der fetzte vom Drachen die Lumpen Stück um Stück weg. Als Gian merkte, dass der Drache schwer zu kämpfen hatte, rief er: «Jetzt ist die Stunde da, wo, du verfluchter Schuft, deine Tage zu Ende sind. Zuerst aber wirst du mir den Schlüssel zum Keller zeigen müssen, wo der Topf mit dem Schmuck vergraben liegt.» Der Drache begann zu brüllen und zu schreien: «Nie soll es geschehen, dass du den Schlüssel kriegst!» - «Eisenfetzer, tu deine Pflicht!» rief Gian; aber kaum hatte jener den Drachen am Hals gepackt, so schrie dieser: «Lasst mich am Leben, lasst mich am Leben, der Schlüssel liegt auf dem Schrankbrett.» Gian nahm nun den Schlüssel, öffnete die Stubentür und befahl dem Drachen hinauszugehen, aber der wollte ihn angreifen, und auf einen Schrei Gians packten die Hunde den Drachen so fest, dass er jetzt die Treppe hinunter stieg. Gian öffnete den Keller, und der von den Hunden blutig gebissene und vorwärts geschleifte Drache musste auch hinein. Jetzt befahl Gian dem Drachen, die Stelle zu zeigen, wo der Topf vergraben lag. Aber erst nachdem die Hunde ihm den Bart ausgerissen hatten, zeigte der Drache, wo der Topf war. Der kam nach wenigen Schaufelstichen zum Vorschein, und Gian konnte ihn mit Mühe und Not aufheben. Er wandte sich jetzt zum Drachen und sagte: «Hier kannst du nun den Schatz sehen, wegen dem so viele Leute ums Leben gekommen sind - jetzt gehört das alles mir!» Der Drache erhob sich brüllend und wollte Gian am Hals packen, aber in dem Augenblick verpasste ihm der Eisenfetzer einen solchen Schlag, dass er betäubt und der ganzen Länge nach mitten im Keller lag. Wenig später war es aus mit ihm. Jetzt nahm Gian die drei Hunde, stieg mit ihnen die Treppe hoch und sagte: «Ihr habt eure Pflicht getan und sollt dafür belohnt werden, aber jetzt begleitet ihr mich bis unters Dach; ich will im ganzen Haus die Läden öffnen.» Was Gian für Augen machte, als er all jene schönen Zimmer und all die schönen Sachen darin sah, könnt ihr euch vorstellen! Vor Freude verlor er fast den Verstand. Als er im ersten Stock unten war, da schlug es auf dem Turm schon vier. Jetzt ging er in die Küche und von da in die Vorratskammer. Das war ein grosser Raum mit einem schönen Tisch, darauf standen ein Dutzend Kaffeetassen und daneben Teller mit Blätterkuchen, einem Stollen, Mailänderli und Brot. «Sapperlot, welche Pracht! Gewaltig! Jetzt fehlt nur noch der Kaffee, und den kann ich auch machen, wenn ich ihn finde», dachte Gian. Und tatsächlich, in der Küche fand er alles: Kaffee, Milch, Brot und Käse, Zunder und Feuerzeug, und in ungefähr einer halben Stunde war der Kaffee schon in den Kannen. Nun trug Gian die Tassen und die Esswaren in die Stube und stellte alles ordentlich auf den Tisch; dann ging er in den Gang und schob den Riegel des Tors zurück, weil er dachte, dass der Wirt mit Frau und Tochter kommen könnte, um nach ihm zu sehen. Nun lassen wir das beiseite und schauen, wie es den Wirtsleuten geht. Die Frau Wirtin und die Tochter verbrachten eine schlimme Nacht; beide standen ein paar Mal auf und liefen ans Fenster, um nachzuschauen, ob die Läden vielleicht offen ständen. Sogar der Wirt erwachte einmal und sagte: «Was wird bloss jener arme Bursche drüben machen, der wird wohl schon mausetot sein.» Schlag fünf sprang die Tochter aus dem Bett, rannte ans Fenster, und mit einem Freudenjauchzer rief sie: «Vater, Mutter, steht augenblicklich auf - die Läden sind offen, und es ist Licht im Drachenhaus drüben.» Alle drei zogen sich in Windeseile an, und nach kurzer Zeit standen sie vor der Haustür. Gian ging rasch hinaus, als er Schritte hörte, öffnete die Tür und hiess sie willkommen. Die Wirtsleute wollten nicht mehr aufhören, Gian zu fragen, wie es ihm gegangen sei und was er gemacht habe, um den Drachen aus dem Weg zu räumen. Gian berichtete nur in Eile und sprach: «Nachher könnt ihr alle den mausetoten Drachen im Keller unten anschauen, jetzt kommt ihr zuerst in die Stube und trinkt den Kaffee mit mir.» Und das war eine Überraschung für die Wirtsleute! «Eine solche Stube», sagte die alte Wirtin, «habe ich noch nie gesehen; sogar Sessel mit Brokatdecken hat's, und dieser Schreibtisch und dieser Spiegel, mein Gott, was für prächtige Sachen!» - «Nun, nun», sagte Gian, «Frau Wirtin, seid so gut, kommt an den Tisch und trinkt den Kaffee, den ich ganz allein gemacht habe, der ist bestimmt ganz gut.» Und Recht hatte er; ausgezeichnet war der Kaffee, die Blätterkuchen und alles zusammen. Sobald sie den Kaffee getrunken hatten, rief Gian die drei Hunde, gab ihnen Brocken und Milch und sogar ein paar Blätterkuchen und Mailänderli, und unterdessen räumte das Fräulein Wirtin alle Sachen vom Tisch und brachte sie in die Küche. Als sie in die Stube zurückkam, ging Gian zum Tischchen hinüber, nahm jenen Topf mit dem Schmuck und sagte: «Jetzt wollen wir diesen Topf ein wenig genauer anschauen.» Er begann allerlei Schmuck herauszuholen, Halsketten, Ohrringe, Fingerringe und sogar Golduhren. Den schönsten Goldring gab er der Wirtstochter mit den Worten: «Diesen Ring gebe ich Euch, wenn Ihr mir versprecht, meine Braut zu sein, denn ich fühle grosse Liebe zu Euch.» Und das Mädchen war einverstanden und sagte, dass auch sie ihn auf den ersten Blick geliebt habe. Gian teilte nun noch schöne Geschenke an den Wirt und an die Wirtin aus, und als jene das Haus verlassen wollten, so war vor dem Tor viel Volk versammelt, und alle wollten den Drachen sehen. Der Drache wurde in den Gang geschleift, so dass alle ihn anschauen konnten, und Kinder und Erwachsene jubelten vor Freude, dass er tot war. Wenige Tage später feierten sie Hochzeit und luden aus jedem Haus einen ein und hatten ein wunderschönes Leben - und das Märchen ist zu Ende. (Oberengadin)   Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die drei Jäger am Bristen

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a) Das het diä alt Treschänä v'rzellt, z'Geschänä, diä isch etz achtzgjährigi. Ihret-nä dry syget ammänä hochä Tagg ga jeegärä. Und d'rnah syg-nä-n-äs alts Müetterli v'rku und häig gsäit, sy miässät ä Straf ert'ha. Aber sy chennet üssläsä. – Jä nu, sä sell-s'-es uff dry Steck v'rbanndisiärä, häiget-s gsäit, und da syget-s' jetz nu. Alli Jahr tiäget-s änand hornä-n-a dem Tagg, und äinä riäffi: »Wiä lang simmer etz scho da?« D'r ander: »Wiä lang miäm-mer etz nu da sy?«, und d'r dritt antworti: »Bis am Jingstä Tagg; und de wisse-m'r de nu nitt, wiä-ss-is gaht.« – Diä alt Treschänä het-s nu gheert hornä, aber jetz gheert-me-s nymeh. Peter Ant. Gamma, 50 Jahre alt, Alpknecht, von Göscheneralp b) Sie verwandelte die Jäger in Steinmandli und verbannte sie auf drei hohe Berge. Einer davon ist der Mäntli oder Mäntliser, der davon seinen Namen hat. c) Weil sie an Werktagen nie etwas erlegt hatten, gingen sie endlich am Feiertag zu Mitte August. Eine Gemse, die sie antrafen, konnten sie einfach nicht treffen. Da erblickten sie auf einmal am Boden eine weisse Vogelfeder. Diä heig da äso g'weiggelet. Einer der Jäger nahm sie in seine Hand. Da fing sie an zu reden und ihnen Vorwürfe zu machen, dass sie an einem so hohen Feiertag auf die Jagd gegangen. Strafe etc. wie oben. – So hets alligs ysiri Müetter verzellt; äs isch de scho migli, das-es ander andrisch verzellet. Dominik Tresch, Golzer Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die drei Kartenspieler im Schalikin

Source: Die drei Kartenspieler im Schalikin

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Das erzählte der alte Bärtscho oft als eine Wahrheit. Einst war er am Morgen früh auf Schalenäbi und wollte auf Gemsjagd. Wie er zu den Messweiden kam, sah er im Schalikin eine grosse Helligkeit wie von einem Sankt- Johannes-Feuer. Es wunderte ihn, was das für ein Feuer sein könnte, und er ging an den Rand des Felsens und schaute hinunter. Zuunterst im Kin erblickte er drei altväterisch gekleidete Männer, die an einem grossen, runden Steintisch Karten spielten. Er sah kein Feuer, aber es war alles so hell, dass er von oben die einzelnen Karten erkennen konnte. Jedes Mal, wenn einer eine Karte auf den Tisch spielte, feuerte es zu allen Seiten unter der Hand aus, als ob sie Feuer schlügen. Es blendete ihn richtig. Eine Weile schaute der Bärtscho zu; dann wurde es ihm unheimlich, und er dachte: «Spielt nur so lang ihr wollt, ich gehe jetzt!» Noch lange Jahre später passte er auf, um diese Helligkeit wieder zu sehen, aber er bemerkte nie mehr etwas. TÄSCH Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die drei Köhler

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Drei Köhler, die verdienen gingen, gelangten eines Nachts zu einem Wirtshaus, wo drei Wege zusammenkamen. Und als sie da übernachteten, hatte jeder von ihnen einen ganz besonderen Traum. Der erste sagte, er habe geträumt, er finde jeden Tag sieben Goldtaler unter dem Kopfkissen. Und als er unter dem Kopfkissen nachschaute, fand er wirklich sieben Goldtaler, und die sieben Goldtaler waren jeden Tag wieder da. «Ich habe geträumt, ich hätte eine Goldkette, die man dreimal um den Hals des Königs wickeln könne», erzählte der zweite. Und als er etwas in seiner Tasche suchte, fand er tatsächlich die Goldkette. Der dritte sagte, er habe geträumt, er bekomme einen Sohn mit einem goldenen Stern auf der Stirne. Da gingen sie mit der schönen Kette zum König und schenkten sie ihm. Als der König von ihren Träumen erfuhr, gab er dem, welcher ein Kind mit einem goldenen Stern bekommen sollte, seine Tochter zur Frau. Der Köhler machte mit dem Fräulein Prinzessin fröhlich Hochzeit, und er und seine Brüder waren jetzt grosse Herren. Nachdem die Königstochter einen schönen Buben mit einem goldenen Stern auf der Stirne geboren hatte, legte die böse Königin das Kind in einen Koffer und schmiss den ins Wasser. Dem König aber sagte sie, die Tochter habe ein Hündlein geboren. Wütend befahl der König, die drei Köhler lebendig einzumauern, und so geschah es auch. Die Prinzessin aber starb vor Kummer. Der Fluss worin die neidische Grossmutter den Enkel geworfen hatte, trieb den Koffer zu einem Mühlrad, und der Müller fand den Koffer mit dem Kind. Er und die Müllerin hatten ein sehr gutes Herz, und sie zogen den Kleinen zusammen mit ihren eigenen Kindern auf. Der Kleine aber wuchs zu einem wunderschönen Burschen heran, eine Gesichtsfarbe wie Wein und Milch hatte er und Haare so blond wie Gold. Aber damit er nicht stolz werde, band ihm die Müllerin immer ein weisses Tüchlein um die Stirne, worauf der Stern war. Eines Tages ging der Bursche auf die Jagd, einer Gemse nachstieg, verirrte er sich in die Felsen. Auf einmal aber tat sich vor seinen Augen eine schöne Ebene auf, und als er hinunterstieg, kam ihm eine junge Dame, ganz in Weiss, entgegen. Die sagte, sie sei seine Mutter und erzählte ihm, was ihr und seinem Vater passiert war. Darauf nahm sie dem Burschen das Tuch weg und befahl ihm, er solle zum König gehen und erzählen, was sie gesagt habe. Dann führte sie ihn bis zur Stadt, wo sie verschwand. Als der Bursche zum Schloss des Königs kam, liessen die Wächter ihn durch. Ohne Furcht ging er zum König und erzählte ihm, was die tote Mutter gesagt hatte. Mit Freudentränen küsste der König seinen Enkel und sagte, er solle in einem Zimmer warten, bis er ihn rufe. Dann liess der König ein herrliches Festessen zubereiten. Alle Vornehmen und Rechtsgelehrten liess er einladen, auch die Königin war anwesend. Nach dem Essen stellte er den Gästen die Frage, was sie mit einer Frau machen würden, die das Kind ihrer Tochter ins Wasser geworfen und gesagt habe, die Tochter habe ein Hündlein geboren. Der eine schlug diese Strafe vor, der andere jene. Aber die Königin sagte, man müsse so einer Frau ein Paar eiserne Pantoffeln machen und die so aufheizen, bis sie vor Hitze ganz weiss glühten. Darin müsse man dann die Grossmutter zum Tanzen zwingen, bis sie tot umfalle. Da befahl der König, den Burschen zu rufen. Und als er in die Stube kam, leuchtete sein Stern wie die Sonne, und auf einmal trat auch die tote Prinzessin zur Tür herein, und sie erzählte den Versammelten die ganze Geschichte von der bösen Grossmutter. Dann verschwand sie. Die böse Grossmutter aber bekam die Strafe, welche sie selber vorgeschlagen hatte. Der Prinz blieb im Schloss, und er liess auch den guten Müller und seine Frau samt den Kindern kommen. Aber die machten noch lange die schwarzen Samtsessel mit ihren mehligen Kleidern schmutzig.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die drei Kreuze

Source: Die drei Kreuze

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Vor vielen, vielen Jahren waren einst drei Gesellen aus ihrem schönen Heimatstädtlein Rapperswil im Kanton St. Gallen am Zürichsee in die weite Welt hinausgezogen, um sich in ihrem Handwerk weiter auszubilden. Lange Zeit blieben sie in der Fremde. Endlich übernahm alle drei das Heimweh. Sie konnten es im fremden Lande nicht länger mehr aushalten, denn Tag und Nacht träumten sie von der Schweiz und sehnten sich danach, heimzukommen in ihre Berge, an ihren blauen See. So taten sie sich eines Tages wieder zusammen und beschlossen heimzuziehen. Aber es ward eine gar weite Reise, die sie vorhatten. Als sie nun Tag und Nacht gelaufen waren, gelangten sie in den Böhmerwald, wo viele Räuber und sonstige sonderbare Menschen hausten. Und da sie todmüde waren und sich nur noch mit Not auf ihren wunden, brennenden Füßen zu schleppen vermochten, atmeten sie erleichtert auf, als sie im Wald ein Lichtlein schimmern sahen. Sie hielten tapfer drauf zu. Und so langsam sie auch vorwärts kamen, vergrößerte sich das Lichtlein doch und ward nach und nach zum hell erleuchteten Fensterscheiblein, das ihnen freundlich zuzuwinken schien. Aber es dauerte noch lange, bis sie endlich ein kleines Häuschen zu erkennen vermochten. Nach langem erreichten sie das Häuschen. Es war eine kleine Wirtschaft. Also wurden sie getroster, denn obwohl sie nicht viel Barschaft hatten, besaßen sie doch genug, um sich in der Waldherberge eine rechte Unterkunft zu schaffen. Sie klopften höflich an, und als die Türe wie von selber aufging, erblickten sie eine kleine Wirtsstube. Darin saß am großen grünen Kachelofen ein altes, staudendürres Mütterchen und sah sie mit forschenden Augen an. "Guten Abend, Großmutter!" wünschten die Gesellen, traten ein und ließen sich, langaufatmend, am Tische nieder. Dann baten sie um Nachtherberge und um einen rechten Trost für den Magen. Das alte Mütterchen erhob sich, und die Gesellen mußten sich baß verwundern, wie schnell die Alte durch die Stube fuhr, als ginge sie auf Schlittschuhen. Sie verschwand in der Küche, aus der der Rauch hereinqualmte. So legten sie denn ihre Säcke ab und begannen wieder nach der Heimat zu seufzen. "Ach", sagte einer, "ich wollte, ich wäre schon zu Hause! Es ist morgen dort Kirchweih, und da backen sie Küchlein und Kräpflein, die ich über alles in der Welt liebe." Der zweite seufzte gar sehr und sagte: "Oh, wie ist der Weg noch so weit! Es dauert noch Monate, bis ich zu Hause bei der Mutter sein kann, und sie ist alt, und ich weiß nicht, ob ich noch früh genug komme, sie noch einmal zu sehen." Der dritte der Gesellen aber stöhnte schwer. "Ach", machte er halblaut, "es dauert noch eine ganze Ewigkeit, bis wir zu Hause sind und ich mein Schätzlein ans Herz nehmen kann. Und Rapperswil hat gar viele Dächer, und es gibt dort viele hübsche Burschen. Oh, oh, wäre ich doch zu Hause!" Das hörte die alte Wirtin, das staudendürre Mütterchen, das eben mit einem guten Abendbrot in die Stube rutschte. Sie stellte die Schüssel auf den Tisch, und dann sagte sie mit seltsamem Lächeln, wobei sie die letzten Zähne sehen ließ: "Da könnte wohl Rat werden, ihr lieben Gesellen, daß ihr bald zu Hause wäret." Die Gesellen mußten über die Rede der Alten laut auflachen. Aber sie schien es ihnen nicht zu verübeln, da sie sich sonst gar manierlich und freundlich gegen sie benahmen. Sie fuhr wieder aus der Stube, und sie hörten wohl, wie sie in den Keller hinunterrumpelte. "Die wird uns wohl einen sauren Wein auftischen", sagte einer der Gesellen. Doch da stand die Alte schon wieder in der Stube und stellte einen großen Krug auf den Tisch. Gelüstig griffen sie danach. Da fanden sie im Krug einen gar süßduftenden, wohlbekömmlichen Wein. Sie tranken alle davon ein paar wackere Schlucke. Da wurde ihnen aber ganz wunderlich zumute. Ob sie wollten oder nicht, die Augen fielen ihnen zu, die Köpfe begannen auf den Tisch zu nicken, und bald schliefen sie ein. Es mochte eine schöne Weile vergangen sein, da erwachte einer. Es fing eben zu tagen an, und irgendwo klang ein Glöcklein. "Ei", rief er verwundert, "wären wir nicht gar so viele Meilen von der Heimat entfernt, so wollte ich wetten, ich höre das Kapuzinerglöcklein unseres Heimatstädtchens Rapperswil zur Mette läuten." Jetzt erwachten auch die andern. "Der Tausend", sagte der zweite, "sind denn das nicht die Schneeberge, die auf uns herabschauen, und ist denn das nicht der Zürcher Obersee, der da so schön aus dem Morgennebel auftaucht?" - "Ja", rief der dritte, "liegt denn dort nicht die grüne Insel Ufenau?" Und auf einmal schrien sie wie aus einem Munde: "Und dort, dort über dem See das hochstehende Schloß und die alte Kirche, ist das nicht unser liebes Heimatstädtchen Rapperswil?" Sie fuhren auf, und nun sahen sie zu ihrer großen Freude und Glückseligkeit, daß sie bei dem Dörflein Hurden im freien Felde standen und daß von drüben das Rosenstädtlein Rapperswil mit freundlichen, sonnenbeglänzten Augen nach ihnen schaute. Da taten sie einen Luftsprung, dankten dem alten zauberkundigen Mütterchen im Böhmerwald im Herzen und liefen dann, was gibst was hast, als hätten sie ein Wettlaufen, über den langen Seesteg ihrem Heimatstädtlein zu. An der Stelle aber, wo sie so unverhofft erwacht waren, ließen die Gesellen drei Kreuze aufstellen, die man heute noch sehen kann. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die drei Kreuze auf dem Hurdenfelde

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Einst waren drei Burschen von Rapperswil in weiter Ferne und kehrten abends bei einem alten Mütterchen am Wege ein. Überm Essen redeten sie vom lieben Schweizerlande und der freundlichen Halbinselstadt, wo sie geboren, und äusserten von Herzen den Wunsch, dort zu sein und die monatlange Reise ersparen zu können, um die alten Eltern schneller zu grüssen. Die Wirtin meinte, da könnte wohl Rat werden und zauberte die drei Jungen in einen Schlaf. Als sie aus selbigem erwachten, wollte eben der Tag aufgehen, und sie hörten ein Glöcklein klingen. "Ei", rief der eine verwundert aus, "wär's nicht so viele Meilen, wie wollt ich wetten, das sei das Kapuzinerglöckchen zu Rapperswil, und es läute zur Morgenmette!" Kaum hatte er's gesagt, so fanden sie, dass sie sich auf freiem Felde befanden und zwar bei Hürden, einem Dörfchen im Kanton Schwiz, und sahen Rapperswil drüben am See. Erstaunt bekreuzten sie sich, dankten Gott, kehrten zu den Ihrigen und errichteten dann an dem Orte, wo sie erwacht, drei hölzerne Kreuze, die heute noch stehen.                   H. Herzog, Schweizersagen. *** Drei Handwerksgesellen, alle aus Rapperswil gebürtig, hatten sich zusammen im Böhmerwalde verirrt und flehten in grosser Angst die Mutter Gottes um Rettung an. Darauf legten sie sich wunderbar getrost unter einen gewaltigen Baum und fielen bald in den gesundesten und tiefsten Schlaf, aus dem sie auch nicht erwachten, als die Mutter Gottes, ihr brünstig Gebet erhörend, alle drei in raschem Fluge gen Hürden trug, wo sie sich bei der aufgehenden Sonne befanden. Sie trauten natürlich ihren Augen kaum. Das Wunder war indessen geschehen, und dankbar pflanzte jeder der Geretteten zum Gedächtnis desselben ein hölzernes Kreuz auf den Hügel, der ihnen als Lagerstätte gedient hatte.                                Reithard. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 408, S. 236 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die drei Kreuze auf dem Hurderfelde

Source: Die drei Kreuze auf dem Hurderfelde

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Wenn man aus Rapperswil über die berühmte Brücke in das Schwyzer Dörfchen Hurden, und aus demselben auf das Feld tritt, stehen einsam drei hölzerne Kreuze am Wege. Gewöhnlich sind sie Zeichen, dass man dort in alter Zeit einen die Schweiz besuchenden römischen Kaiser von Obrigkeits wegen bewillkommte. Von diesen will es jedoch die Sage, die bekanntlich ihre eigenen Quellen hat, und die pergamentenen nicht sehr achtet, weil sie jeden Augenblick ihr räuberisch ins uralte Gebiet einfallen, besser wissen. Nach ihr waren einst drei rapperswiler Burschen in weiter Ferne und kehrten eines Abends bei einem alten Mütterchen am Wege ein. Über'm Essen redeten sie vom lieben Schweizerland und der freundlichen Halbinselstadt, die sie geboren, und äußerten von Herzen den Wunsch, dort zu sein und die monatelange Reise ersparen zu können, um die alten Eltern schneller zu grüßen. Die Wirtin meinte, da könnte wohl Rat werden, und zauberte die drei Jungen in einen Schlaf. Als sie aus selbem erwachten, wollte eben der Tag aufgehen und sie hörten ein Glöcklein klingen. Ei, rief der Eine verwundert aus, wär's nicht so viele Meilen, wie wollt' ich wetten, das sei das Kapuzinerglöckchen und läute zur Morgenmette! – Kaum gesagt, so fanden sie, dass sie sich auf freiem Felde befanden, und sahen die alterdunkeln Türme des Grafenschlosses über'n See herüberschauen. Erstaunt kreuzten sie sich, dankten Gott, kehrten zu den Ihrigen und pflanzten am Orte, wo sie erwacht, die drei Kreuze. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die drei Kreuze auf Vasecla

Source: Die drei Kreuze auf Vasecla

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Auf der Vasecla, einer hohen Bergspitze auf den Grauen Hörnern, stehen drei Kreuze, nämlich zwei eiserne und eines von Eibenholz. An letzterem befindet sich ein kleines, eisernes Kästchen mit einem Flügeltürchen, in welchem wahrscheinlich früher die Ursache der Stiftung dieser Kreuze zu lesen stand. Nachher wurde es als Opferkästchen benutzt. Während den Sommermonaten pilgern Leute dahin, besonders aus dem Bündnerlande, um hier die Abwendung der Ungewitter von Gott zu erbitten, die sonst vom Westen her über dieses Gebirge nach dem Bündnerlande ziehen. Man hat bei Mannsdenken noch von solchen Pilgern herrührende Opfergaben, bestehend aus ganzen und halben Batzen und aus Bündnerblutzgern, in besagtem Kästchen gefunden. J. Natsch Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 256, S. 135 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die drei Landsmarcher

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Pfarrer Alois Regli von Wassen († 1879), so erzählen die Leute, kehrte eines Abends spät aus Meien heim. Wie er einmal rückwärts blickte, sah er, dass drei Männer ihm folgten. Da beflügelte er seine Schritte, aber auch die Männer taten das. Dann nahm er wieder seinen gewohnten Schritt an; jetzt gingen auch jene langsamer. Endlich blieb er stehen und wartete auf sie; denn er wollte wissen, mit wem er es zu tun habe, weil sie immer von Grenzen und Marchen miteinander sprachen. Er redete sie an, und jetzt gaben sie sich als ehemalige Landsmarcher zu erkennen und bekannten, in ihrem Leben die Marchen zu Gunsten ihrer Anverwandten gefälscht zu haben. Auch baten sie ihn flehentlich, die Sache in Ordnung zu bringen. Der Pfarrer versprach es ihnen. Es scheint, dass er es ein wenig auf die lange Bank hinausschob, aber er hatte keine Ruhe im Hause, es lärmte und polterte, – äs isch äs G'schytter g'sy – bis er ernstlich daran ging, sein gegebenes Versprechen auszuführen. Er begab sich zu den Verwandten der drei Marcher und redete ihnen zu, das unrecht erworbene Gut zurückzugeben. Aber diese wollten ihm zuerst nicht glauben. Da besuchte er sie nochmals und sagte ihnen, es lasse ihm keine Ruhe. Nun entschlossen sie sich endlich, die Sache in Ordnung zu bringen. Jetzt fand auch der Pfarrer wieder seine Ruhe. Franziska Kruog Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die drei Marcher

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1. An der Grenze zwischen Seelisberg und Emmetten zeigten sich oft drei Männer in altertümlicher Tracht, in roten Westen, kurzen Hosen, Schnallenschuhen und Dreispitzhüten. Einer hinter dem andern schritten sie in gemessener, feierlicher Gangart der March entlang; der erste trug ein Beil in der rechten Hand, der zweite ein grosses offenes Buch auf dem gebeugten Rücken, und der letzte hintendrein zeigte auf dieses Buch, oder wie andere sagen, schrieb er hinein. Es waren Weltsmannen; der Franz Truttmann hat sie gesehen und versichert, er hätte ihnen ganz gut, ohne sich zu ducken, zwischen den Beinen hindurch gehen können, und er gehörte doch nicht zu den Kleinen. Pfarrer Furrer († 1883) hat sie gebannt; als er sie ansprach, hat er sich das erste und letzte Wort vorbehalten, sonst hätten sie ihn zu Tode geredet. Aber auch so kostete es ihn viele Schweisstropfen, denn die Toten reden mit dem Atem des Lebenden; er hatte mehrere Stunden mit ihnen zu disputieren und war zuletzt ganz erschöpft. Aber blicken liessen sie sich seither nicht mehr. Karl Zgraggen; Jos. M. Aschwanden u.a.m. 2. »Mein Vater ging mit seinem Vater auf den Stanser Markt. Es gab noch kein Schiff. Sie kamen nachts um zwei durch den Lauiwald. Es war noch keine Strasse. Als sie durch's Gatter gingen, sahen sie zwei Männer, die marcheten. Einer sah dem andern über den Rücken, und einer war wie ein Laubsack. Mein Grossvater ist daran gestorben. Mein Vater hat es selber erzählt.« Mich. Truttmann Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die drei Mareien

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In früherer Zeit standen die Heilquellen Badens unter dem Schutze und der Aufsicht drei weißer Frauen. Wo sie eigentlich wohnten oder zu Hause waren, wusste man nicht, doch sagt man, dass das alte Schloss, ehemals zum Stein genannt, ihr Wohnsitz gewesen sein soll. Selten nur sah man sie von Angesicht zu Angesicht, obschon sie, besonders während der Badezeit, fast immer in Baden anwesend waren, wo sie dann eine strenge Aufsicht über die Bäder führten. Wo sie eine Unreinlichkeit sahen, oder sonst etwas nicht in der gehörigen Ordnung war, blieb auf ihren Befehl das Wasser sofort aus und fing erst dann wieder an zu fließen, wenn der Schmutz entfernt oder der Schaden wieder hergestellt war. Ihre größte Aufmerksamkeit widmeten sie jedoch dem Verenenbad, das von der heiligen Verena, die hier badete, seinen Namen hat, das man aber früherhin nur schlechtweg das Verenenloch nannte. Dort ließen sie so heilkräftiges und starkes Wasser zufließen, dass schwangere Weiber oder solche, die ein Kindlein begehrten, wenn sie dort badeten, bald eines solchen genasen. Auch Kinder, welche krank waren, machte das Wasser dort bald gesund. Wem sie aber die Huld ihres Anblickes schenkten, der ward in seinem Leben nie wieder krank. Diese drei weißen Frauen, welche überaus schön waren, nannte man die drei Mareien. Ihr Andenken lebt in folgendem Kinderreim noch heute unter dem Volke: Rite, rite Rößli, Z’ Bade stoht e Schlößli, Z’ Bade stoht e güldigs Hus, Es lueged drei Mareie drus. Die eint spinnt Side, Die andere schnitzelt Chride, Die dritt schnit Haberstrau, B'hüet mir Gott das Chindle au! C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die drei Raben

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Es war einmal ein Mädchen, das hatte seinen Vater, solang es denken mochte, immer nur traurig gesehen. Endlich konnte es nicht mehr anders und fragte ihn nach der Ursache seiner Traurigkeit. Da vernahm es, dass es drei Brüder gehabt, die der Vater einst im bösen Zorn zu Raben verwünscht hatte. Von dem Augenblick an fand es daheim keine Ruhe mehr, und sobald es unbemerkt davongehen konnte, machte es sich auf den Weg, um seine Brüder aufzusuchen. Am Abend kam es in einen Wald, da wohnte eine Fee, welche dem Mädchen schon lange gewogen war; die behielt es in ihrer Laubhütte über Nacht, und am andern Morgen, als das Mädchen ihr sein Anliegen erzählt hatte, führte sie es bis an den Rand des Waldes und sagte da zu ihm: "Gradaus über Feld und mitten im Feld? Da stehen die drei schönsten Linden auf der Welt", und dann ließ sie's allein weitergehen. Und nachdem es noch einen halben Tag gegangen war, sah es mitten auf einem weiten Feld drei alte Linden, und auf einer jeden saß ein Rabe. Als es aber näher hinzukam, flogen die Raben von den Linden herunter, setzten sich ihm auf Schulter und Hand und fingen an zu sprechen: "Ei, sieh doch, unser herzliebes Schwesterchen kommt und will uns erlösen." "Ach Gott", sagte das Mädchen, "was ist es ein Glück, dass ich euch gefunden habe. Sagt mir doch nur, wie ich es anstellen soll, damit ihr erlöst werdet." "Freilich ist es ein schweres Stück", antworteten die Raben, "drei Jahre lang darfst du kein Menschenwort reden, und versiehst du's nur ein einziges Mal, so müssen wir eben Raben bleiben unser Leben lang. Auch darfst du uns nicht mehr hier besuchen." "Das will ich euch schon zuliebe tun", sagte das Mädchen und begab sich sogleich auf den Heimweg. Es kam wieder in den Wald, wo die Fee wohnte. Allein da stand heute an der Stelle der Laubhütte, wo es über Nacht gewesen war, ein stattliches Schloss, aus dem sprengte eben ein Zug von Jägern, und einer blies das Jagdhorn, dass der Wald davon erschallte. An der Spitze ritt aber der Herr Graf, dem das Schloss und der Wald und das ganze Land herum gehörte. Als der das wandernde Mädchen erblickte, ritt er heran und fragte: "Woher des Landes, und was willst du hier?" Allein das Mädchen gab keine Antwort, sondern verneigte sich bloß mit Anmut, und der Graf wurde nicht satt, ihre liebliche Gestalt zu betrachten. "Nun, wenn dir Gott die Rede versagt hat", sprach er, "so hast du doch holde Zucht und Sitte, und wenn du mit mir auf das Schloss kommen willst, so soll es dich darum nicht reuen." Mit stummer Gebärde willigte das Mädchen ein, und der Graf brachte es sofort zu seiner Mutter ins Schloss. Vor dieser verneigte es sich wieder, sprach aber nicht ein Wort dazu. "Wo bringst du die Dirne her?" fragte die alte Gräfin. "Es scheint, sie hat eine schwere Zunge, was soll sie im Schloss?" "Sie soll meine Gemahlin werden", sagte der Graf, "seht nur hin, ist sie nicht anmutig? Und wenn sie auch nicht spricht, so hat sie doch sonst kein Fehl." Darauf schwieg die alte Gräfin, aber sie behielt einen heimlichen Groll im Herzen. Am andern Tage feierte der Graf mit hohen Freuden sein Hochzeitsfest. Aber die Hochzeit war kaum vorüber, so kam ein Gesandter von dem Kaiser, der ließ alle seine Untertanen zu einem großen Kriegszug aufbieten, und auch der Graf musste ohne Verzug Abschied nehmen von seiner jungen Gemahlin. Zuvor bestellte er indessen einen Diener und empfahl ihm, dass er für die junge Frau Sorge tragen sollte wie für seinen Augapfel. Der Graf war jedoch kaum fort, so begann die alte Gräfin ihre verborgene Tücke auszulassen. Sie bestach den Diener, und als die junge Gräfin nach Jahresfrist einen wunderlieblichen Knaben gebar, nahm ihn der Diener auf der Alten Geheiß weg und trug ihn in den Wald hinaus, damit ihn die wilden Tiere auffräßen. Bald darauf kam der Graf auf Urlaub nach Hause. Da sagte die Alte zu ihm: "Dein stummes Weib ist ein Zauberweib, sie hat ein totes Kind geboren." Und der Diener, der herbeigerufen wurde, sagte: "Ja, Herr Graf, draußen im Wald liegt's, da habe ich's begraben." Wieder verging ein Jahr, da kam der Graf zum zweiten Mal auf Urlaub. Da hatte unterdessen seine Gemahlin einen zweiten Knaben geboren, den hatte der Diener wieder hinausgetragen, und die Alte sagte: "Dein stummes Weib ist des Teufels, das zweite Kind war gar kein Kind, sondern ein behaartes Tier." Und der Diener sagte: "Ja, Herr Graf, es war ein schwarzer Hund, draußen im Wald habe ich ihn verscharrt." Nun wurde der Graf zornig und befahl, dass seine Gemahlin gleich der untersten Magd im Schlosse dienen solle. Wieder nach einem Jahr war der Kriegszug des Kaisers beendigt, und der Graf kehrte als Sieger nach seinem Schlosse zurück. Unterdessen hatte seine Gemahlin ihren dritten Knaben geboren, den hatte der Diener wieder in den Wald hinausgetragen, und die Alte sagte: "Dein stummes Weib hat den Tod verdient, das dritte Kind war ein garstiges Ungetüm." Und der Diener sagte: "Ja, Herr Graf, es ist gleich durch das Fenster nach dem Wald hingeflogen." Nun ließ der Graf seine Gemahlin in den Turm werfen, denn er wollte sie am folgenden Tag bei lebendigem Leib verbrennen. Und als der Holzstoß im Schlosshof errichtet war, auf welchem sie verbrannt werden sollte, ließ er sie hinaufführen, und das ganze Gericht musste herum stehen. Dann trat der Herold hervor, verkündigte der jungen Gräfin den Tod und fragte das Gericht, ob jemand da sei, der die Angeklagte zu verteidigen wüsste. Aber alles schwieg, und man hörte keinen Atem; nur die arme Gräfin seufzte leise. Da erschallte plötzlich aus der Ferne ein Horn, und wie ein Sturmwind jagten alsbald drei Ritter in silberblanker Rüstung auf schneeweißen Rossen in den Schlosshof herein. Sie trugen alle drei einen Raben im Schild, und jeder hielt im Arm einen wunderlieblichen Knaben. Und ehe der falsche Diener, der gerade neben dem Holzstoß stand und schon eine Fackel zum Anzünden bereithielt, sich dessen versah, hatte ihn einer mit seiner Lanze durchspießt, und alle drei riefen: "Da sind wir ja, liebe Schwester! Heute sind die drei Jahre um, und da hast du auch deine Kinder wieder; die hat dir die Fee im Walde aufgezogen!" Da war eine Freude und ein Jubel, ihr könnt euch denken wie! Die alte Gräfin lief vor Verdruss in die weite Welt hinaus, und der Graf lebte mit seiner Gemahlin in lauterer Liebe bis ans Ende. Quelle: Otto Sutermeister, Kinder- und Hausmärchen aus der Schweiz. Aarau 1873. Nr. 6.?(St. Gallen). AaTh 451. St. Gallen. (Nach A. Hennes Gedicht „Schön Frida" in: Lieder und Sagen aus der Schweiz 1827, S. 103.) Mit         Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die drei Ratschläge

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Es war ein Mann, der hatte eine grosse Familie. Eines Tages denkt er, er gehe als Knecht und lasse die Frau seine Kinder aufziehen. Er geht weg und gibt seiner Familie jahrelang keine Nachricht. Da schon sehr viele Jahre vergangen waren, wollte er zurückkehren und schauen, wie es um die Familie stehe. Eines Tages sagte er dies seinem Meister. Der fragte ihn, was er lieber habe, drei gute Ratschläge oder den Lohn. Der Mann dachte nach und sagte, er wolle die drei guten Ratschläge. Da riet ihm der Meister, er solle immer der Strasse nach gehen, nie auf Pfaden, zweitens nie die Nase in die Angelegenheiten der andern stecken, drittens den Zorn erst auf den andern Morgen verschieben. Der Mann denkt, diese Ratschläge sind besser als der Lohn. Der Meister gibt ihm etwas Reisegeld und ein Brot und befiehlt: «Schneide dieses Brot nicht an, bevor du zuhause bist.» Jetzt macht sich der Mann auf die Reise und begegnet gleich einem Wanderer. Sie gehen ein grosses Stück Weg zusammen, bis zu einem Pfad. Der Wanderer meint: «Ich nehme den Pfad.» Der Mann erwidert: «Ich gehe der Strasse nach.» Jetzt gelangt der Mann zu einem grossen Wirtshaus. Er klopft an. Das Tor öffnet sich; ein Mann kommt heraus und fragt, was er wolle. Er antwortet: «Schauen, ob Ihr mich übernachten lässt.» Dann geht er hinein und verlangt, dass man das Abendessen bringt. Man legt für ihn sorgfältig einen Teller und einen Holzlöffel auf den Tisch. Der Mann setzt sich an den Tisch. Der Wirt öffnet einen Schrank und lässt eine Alte herauskommen. Den Mann wundert es, was für eine Alte das ist. Doch er erinnert sich an die drei guten Ratschläge und geht zu Bett. Am Morgen steht er auf, und es geschieht das gleiche wie am Abend. Dann steigt der Wirt mit dem Mann in den Keller und lässt ihn den Wein probieren. Der Wirt zieht eine Falltür hoch und sagt: «Schau, da unten. Dieser Kopf ist der deines Kameraden. Wenn du dem Pfad gefolgt wärst und gefragt hättest, was für eine Alte das sei, so läge dein Kopf auch da unten.» Der Mann zieht wieder weiter und kommt in sein Dorf. Er geht in ein Wirtshaus und lässt sich zu essen geben. Danach steigt er auf eine Laube, um das Dorf anzuschauen. Er sieht gerade seine Frau im Garten, wie sie Gemüse holt. Da kommt ein schöner Bursche in den Garten und küsst seine Frau. Jetzt wird er wütend, denn er meint, seine Frau habe einen andern. Er nimmt das Gewehr, das dort ist, und will die Frau und den Burschen erschiessen. Aber nein, die drei guten Ratschläge fallen ihm ein, und er schiesst nicht. Am Abend fragt er nach seiner Familie. Sie antworten: «Der Vater ist weggegangen und hat sich nie mehr gemeldet. Die Mutter hat die Kinder aufgezogen, und morgen feiert der älteste Sohn die Primiz.» Jetzt wird ihm bewusst: «Wenn du geschossen hättest, so hättest du deine Frau und dein Kind erschossen.» Die drei Ratschläge waren sehr gut gewesen. Am andern Tag ging er hin und gab sich zu erkennen. Was für eine Freude sie da hatten, dass der Vater genau zur Primiz seines ältesten Sohnes eingetroffen war! Zum Mittagessen wurden allerlei Gerichte aufgetragen, zuletzt kam auf einem Teller das Brot des Meisters. Jetzt schnitt der Vater das Brot an, und heraus fiel sein ganzer Lohn, viele Dublonen. Der Vater hatte also seinen reichlichen Lohn und die drei guten Ratschläge. Ohne die wäre er nicht nach Hause gelangt. (Oberhalbstein)   Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die drei Rätsel

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Zur Zeit der Vögte wohnte einer in der Nähe eines Klosters, und der dachte sich alle möglichen Gemeinheiten aus, um es zugrunde zu richten. Eines Tages ging er zum Kloster und begegnete dem Abt, der unterhalb des Klosters spazieren ging. Da sagte der Vogt zum Abt, wenn er nach drei Tagen die drei Rätsel, die er ihm aufgebe, nicht lösen könne, so jage er ihn und alle Mönche aus dem Kloster. Er müsse raten können, wie viele Blätter auf der grossen Esche neben dem Kloster seien, wie tief der See von Laus sei und wie viele Sterne es am Himmel habe. Darauf ging der Vogt fluchend und polternd weg, und der Abt kehrte ganz traurig ins Kloster zurück. Dann erzählte der Abt den Mönchen alles, und die waren traurig, weil niemand eine Antwort wusste. Der Schweinehirt merkte, dass alle ganz geknickt waren, und er fragte den Abt, was geschehen sei, dass sie den Kopf hängenliessen und so wenig redeten. Der Abt antwortete, dies gehe ihn nichts an, er könne ihnen sowieso nicht helfen. Aber der Schweinehirt gab nicht nach; er könne vielleicht doch einen guten Rat geben und ihm helfen. Da erzählte der Abt dem Schweinehirten die Sache des langen und breiten. Wenn es nur das sei, darauf könne er schon antworten, meinte der Schweinehirt. Doch der Abt müsse ihm sein Kleid geben, damit er mit dem Vogt sprechen könne. Der Abt war darüber sehr froh, und er und die Mönche waren einverstanden, dass der Schweinehirt das Kleid des Abtes anzog. Am dritten Tag kam der Vogt, und der Schweinehirt ging ihm im Kleid des Abtes entgegen. Ruppig fragte ihn der Vogt, ob er seine Rätsel lösen wolle und der andere sagte mutig: «Ja!» Dann fragte der Vogt: «Wie viele Blätter hat diese Esche dort oben?» «Gerade so viele wie Stiele», antwortete der Schweinehirt. «Und wie tief ist der See von Laus?», fragte Tyrann. «Gerade so tief, dass ein Stein auf den Grund fallen kann», war die Antwort. «Und wie viele Sterne gibt’s am Himmel?», fragte der Tyrann zuletzt. «So viele wie Sand im Rhein», antwortete der Schweinehirt. «Gut», sagte der Vogt, der gemerkt hatte, dass nicht der Abt vor ihm stand, «du hast richtig geraten, und deshalb sollst du von nun an Abt sein.»     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


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Source: Die drei Rätsel von den Knochen

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Es war einmal ein Jäger, der ging auf die Gemsenjagd. Aber an diesem Tag hatte es Nebel, und der Jäger erschoss einen andern, den er für eine Gemse hielt. Dem Jäger tat dies furchtbar leid, doch geschehen ist geschehen, und er konnte nichts mehr ändern. In diesem Land regierte eine Königin, und die war eine Hexe. Die Königin liess aus dem Kopf des erschossenen Jägers einen Nachttopf, aus den Beinen einen Sessel und aus dem Hintern einen Spiegel machen. Dann befahl die Königin dem Jäger, der den andern ohne böse Absicht erschossen hatte, zu kommen und setzte ihm den Nachttopf, den Sessel und den Spiegel vor. «In einem Jahr und einem Tag musst du wissen, woraus dieser Nachttopf, dieser Sessel und dieser Spiegel gemacht worden sind», sagte die Königin zum Jäger. «Kannst du es nicht erraten, so lasse ich dich aufhängen. Kannst du es erraten, so komme ich an den Galgen.» Der Jäger schaute den Nachttopf, den Sessel und den Spiegel lange an. Aber es half nichts, er kam nicht darauf. Ganz traurig nahm der Mann Stock und Bündel und machte sich auf den Weg. Er musste jemanden finden, der wusste, woraus der Nachttopf, der Sessel und der Spiegel sei. Der Mann zog lange in der Welt herum, aber weder Geistliche noch Herren konnten ihm helfen, und das Jahr und ein Tag waren bald vorbei. Als er einmal durch einen Wald ging, sah er eine riesige Höhle. Und da es leides Wetter war, trat er ein, um unterzustehen. Er stieg ein Stück weit im Dunkeln hinunter, bis er zu einem grossen Holztor kam. Davor lag ein schwarzer Hund und schlief. Der Mann öffnete das Tor, und dann war die Dunkelheit vorbei, und er stand im Halbdunkeln. Die Tür fiel mit einem Knall hinter seinen Fersen zu. Aber der Jäger fürchtete sich nicht und ging ein gutes Stück weiter. Dann kam er zu einer riesigen Eisentüre. Davor lag ein schwarzer Hund und schlief. Der Jäger öffnete den Riegel des Eisentors und kam in die Helligkeit. Das Tor fiel wiederum mit einem Knall hinter seinen Fersen zu. Aber der Jäger war dies jetzt gewohnt, und er zog sicheren Schrittes los. Nachdem er eine grosse Strecke zurückgelegt hatte, kam er zu einem prachtvollen Goldtor. Davor lag ein grosser Hund und schlief. Er öffnete das Tor und trat in den helllichten Tag. Auch das Goldtor fiel mit einem Knall hinter seinen Fersen zu. Der Jäger kam in einen grossen schönen Saal, und dort war eine uralte Frau. Die Alte sagte: «Ich weiss schon, was du von mir wissen willst. Du musst ja bloss erraten, dass man aus dem Kopf des Mannes, den du erschossen hast, einen Nachttopf, aus den Beinen einen Sessel und aus dem Hintern einen Spiegel gemacht hat.» Da bedankte sich der Jäger heiss bei der Alten, und sie sagte: «Ich muss dich schnell zurückführen, denn jetzt sind meine drei Hunde wach, und sie würden dich fressen, wenn ich nicht bei dir wäre.» Die Alte ging mit ihm zurück, und sobald sie das Goldtor öffnete, wachte der schwarze Hund auf und verzog grimmig das Maul, als ob er beissen wolle. Aber die Alte besänftigte den Hund, und er liess sie durch. Auch die beiden andern Hunde waren keine harmlosen Kerle, aber die Alte besänftigte sie, und sie taten dem Mann nichts. Der Jäger bedankte sich nochmals sehr bei der Alten, und dann ging er schnell nach Hause. Er kam gerade dann zurück, als das Jahr und ein Tag vorbei waren. Die Königin und viel Volk standen auf dem Platz, wo sie einen neuen Galgen bereitgestellt hatte, um den Jäger aufzuhängen. Die Königin setzte dem Jäger Nachttopf, den Sessel und fragte ihn, woraus diese Sachen gemacht worden seien. Der Mann antwortete: «Der Nachttopf wurde aus dem Kopf, der Sessel aus den Beinen und der Spiegel aus dem Hintern des Mannes gemacht, den ich ohne böse Absicht erschossen habe.» Die Königin musste zugeben, dass er richtig geraten hatte. Und dann hängten sie die Königin an dem Galgen auf, den sie für den Mann errichtet hatte.   Thompson Motiv H 805 (Rätsel des getöteten Liebhabers)   Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die drei Riesen von Iseltwald

Source: Die drei Riesen von Iseltwald

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Bei Iseltwald am Brienzersee wohnten vor Alters drei Riesen, die gewaltig stark waren und sich in Wolfs- und Bärenhäute kleideten. Einst entbot ein deutscher Kaiser dem Volke des Oberlandes auf einen Kriegszug zu seinem Heere zu stossen. Es wurden ihm bloss die drei Riesen gesandt, und als er darob zornig ward, versprachen sie aufs teuerste, kaiserlicher Majestät genug zu tun und zu leisten, was ein zahlreiches Volk sonst nicht im Stande sei. Alsobald begaben sie sich zum nahegelegenen Buchenholz und schnitten sich drei schenkeldicke Stämme ab, säuberten sie von allen Ästen und stellten sich mit solcher Wehr in Reih und Glied zu den kaiserlichen Scharen. In der Schlacht bewährten sie sogleich, was sie vermochten; denn ihre Riesenkeulen, furchtbar alles niederschlagend, erkämpften schnell den erwünschten Sieg. Da sprach der Kaiser huldreich: "Wählet euch zum Lohne, was ihr möget; es soll mein Dank für eure Dienste sein." Sie erwiderten: "Kaiserliche Majestät möge uns vergönnen, Ihren Adler auf unserm Banner zu führen, wenn unsere Gemeinde dereinst zu hundert Mann in das Feld zu rücken vermag; auch erlaube uns kaiserliche Majestät, wenn wir zu Land an unserm See des Sommers durstig hinunter wandeln, in den Pflanzplätzen bei Bönigen, auf Reiches Boden, drei Rüben auszuziehen, und eine mit der Hand, zwo im Gürtel davon zu tragen." Der Kaiser gewährte gnädiglich diese Bitten, und oft am Wege zwischen Iseltwald und Bönigen, wo jetzt der Platz "am Stadel" heisst, versahen sich die Riesen mit den ausgerissenen Rüben und erquickten sich daran; aber niemals ist ihr angehörendes Völklein von Iseltwald in den Stand gekommen, mit hundert streitbaren Männern zu Felde zu ziehen. Reisende haben in einem Hause des Dorfes Matten, noch sehr alte, gemalte Fensterscheiben gefunden, auf deren einer ein Bär vorgestellt war, der ein Paar Rüben in seinem Gürtel trug. Quelle: Theodor Vernaleken, Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch


by Die drei Rosse

Source: Die drei Rosse

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Etwas Seltsames trug sich einst zu Wolhusen im Luzerner Gebiet zu. Dort stand vor Zeiten eine Burg, in der ein bösartiger Zwingherr hauste. Dieser bedrückte die Leute gar sehr und quälte sie auf jede Weise. Einst ritt dieser Zwingherr an einem ärmlichen Bauernhause vorüber, vor dem er einen großen, wohlgeformten Baumstamm liegen sah. Er rief den Bauern heraus, und als der zitternd vor ihm stand, befahl er ihm, er solle sogleich den gewaltigen Baumstamm aufladen und ihn ins Schloß heraufbringen. Der arme Bauer erschrak und sagte, daß er ja kein genügendes Gespann habe, das schwere Holz den Schloßberg hinaufzubringen, er solle ihm's doch um Gottes willen lassen. Da wurde der Zwingherr zornig und schrie, wenn er ihm den Stamm nicht bis um Mittag des kommenden Tages in den Schloßhof gebracht habe, sei er dann alt genug. Danach sprengte der Zwingherr davon. Dem nötigen Bäuerlein ward's nun gar schwer, denn er hätte das schöne Brennholz zu gerne behalten und selber verwendet. Zudem machte ihm die Drohung des Zwingherrn bange und gab ihm viel zu denken. Wie sollte er den schweren Holzstamm mit seinem Ziehrind zur Burg hinaufschaffen können? Da ging er in seiner Not zum Nachbarn, der ein gar ausgedachter Kopf war und mehr wußte als dieser und jener. Viele sagten gar, er könne hexen. Diesem nun klagte er seine Not. Doch der tröstete ihn und sagte: "Laß mich nur machen und betrübe dich nicht. Es soll alles recht herauskommen." Am andern Tag gegen Mittag, als der arme Bauer trübselig bei dem Holzstamm vor seinem Häuschen stand, hörte er auf einmal ein Peitschenknallen, und alsobald fuhren der Nachbar und sein Knecht heran. Vor dem Häuschen machten sie Halt mit ihrem Wagen, vor dem drei scharrende und wiehernde Rosse mit schwarzglänzenden Fellen standen. Nun wurde der schwere Stamm so rasch als möglich aufgeladen. Danach griffen die Rosse kräftig aus, angefeuert von der immerfort knallenden Peitsche des Nachbarn. Also ging's mit Hüh und Hott den Schlossberg hinauf, und als es in Wolhusen Mittag läutete, standen die prächtigen schwarzen Rosse mit ihrer schweren Last schon, schwitzend und dampfend und die Köpfe hängen lassend, im Schloßhof. Gutgelaunt trat jetzt der Zwingherr aus der Burg in den Hof und freute sich des gewaltigen Stammes, der nun schon dalag. Die starken schwarzen Rosse aber tätschelte er wohlgefällig auf den Hals und Rücken und beschaute sie mit habgierigen Kennerblicken. Auf einmal rief er gebieterisch aus: "Die sind mein!" Aber der Nachbar des armen Bauern, der bei den Pferden stand, blieb ruhig und sagte bloß, ernsthaft dreinschauend: "Jawohl, die Rosse sind dein, das ist wahr, denn siehe, dieses vorderste Roß ist dein verstorbener Vater, dieses hintere dein Großvater und das daneben dein Urgroßvater." Und damit wies er auf die drei rabenschwarzen Rosse, und, o Wunder! diese nickten mit den Köpfen. Und nun rief der Fuhrmann mit lauter Stimme: "Und wenn du, o Zwingherr, so fortfährst in deinem frevelhaften Tun, wirst du auch werden, was sie jetzt sind, und dann sind's zwei Paare." Der Zwingherr erbleichte und ließ den Fuhrmann mit seinem unheimlichen Gespann kleinlaut und ruhig wieder aus dem Burghof heimzu fahren. Die armen Leute aber ließ er von da an in Ruhe. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die drei schlafenden Befreier

Source: Die drei schlafenden Befreier

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Auf der Alp Niederbauen bei Emmetten im Unterwalden sind die Höllenlöcher, zwei tief in den Berg hinein sich verlierende Schlünde, die bis in die Unterwelt hinab reichen sollen. Gar zu gerne hätte man gewusst, was die Untiefe berge. Darum wurde einem zum Tod Verurteilten der Vorschlag gemacht, wenn er hinabsteige und Bericht aus dem geheimnissvollen Schoss bringe, sei er der Strafe ledig. Der Übeltäter bestand das Wagnis. An einem Seile glitt er weit hinunter, bis endlich ein grosses weites Feld vor ihm da lag. Lange durchwanderte er die Aue ohne Wohnung und Nahrung zu finden, also, dass er seine Schuhe völlig aufass bis auf die Sohlen. Endlich erspähte er ein Haus und betrat es. Schau, an einem Tische sassen drei schlafende Männer. Einer von ihnen hob nun das Haupt empor und fragte den Ankömmling: „Welche Zeit zählt man jetzt?" Dieser sagte es ihm. Hierauf führte der Unterirdische den Missetäter an ein Fenster hin und sprach: „Siehst dort jene Leute?" Dieser bejahte. Er sah eine grosse Schar Soldaten, welche alle auf dem Bauch mit kreuzweis unter die Stirne gebreiteten Armen auf dem Boden ruhig lagen. Sie trugen Unterwaldner Landestracht und Farbe. Jetzt richtete der Unterirdische eine verhängnissvolle Frage an denjenigen aus der Oberwelt, sie lautete einfach: „Kennst du welche von diesen Kriegern?" - „Nein!" war die Antwort, worauf entgegnet ward: „So werden wir hier zu verbleiben haben bis 1800 und nu meh, nu meh! Alsdann werden wir zuerst beim roten Turm (Kanton Schwyz) sichtbar werden, mit dem Feinde kämpfen und ihn drängen bis Emmenfeld bei Luzern, von da gegen den Hauenstein bis auf Sankt Jakobsplatz. Und hiemit werden wir die Freiheit bringen."   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Die drei schlafenden Tellen

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a) Eines Tages war dem Geissbub auf Seelisberg eine Geiss entlaufen, die er eifrig suchte. Da erblickte er eine bisher nie bemerkte Felsenspalte und kroch hinein. Sie führte ihn in eine nur spärlich erleuchtete Höhle, in welcher die drei Tellen schliefen. Da erhob sich Walther Fürst mit seinem langen, langen Bart und fragte den Kleinen, welches Jahr man zähle. Er sagte es. Da sprach der Greis: »Unsere Zeit ist noch nicht gekommen.« Des andern Tages hat der Geissbub die Felsenspalte und Höhle wieder aufgesucht. Er hat sie aber nicht mehr gefunden. b) Eine Erzählerin von Ursern, Frau Bonetti-Regli, weiss zu ergänzen, die Bärte der drei Schläfer seien um den Tisch herumgewachsen, und ein Seelisberger, Martin Zwyssig, Regenlöchler, ca. 65 Jahre alt, will als Kind jenen Geissbub als alten Mann noch so dunkel gekannt haben. Der Schläfer fragte, wiä spat dass' syg, und der Ziegenhirte nannte Jahr und Tag, worauf jener sagte: »Äs isch noch ä chlei z'fruoh.« c) »Ja, an der Rütlisage von den drei Tellen in einer Felsenhöhle ob dem Rütli ist schon etwas. Ein Tisch ist dort gewesen. Ich war auch schon dort. Ein Seelisberger, er ist etwas über 100 Jahre alt geworden, hat viel dort gewohnt, gegessen und geschlafen. Die Wildheuer sind auch dorthin gegangen.« Michael Truttmann, 1918 d) Einige erzählen, der Geissbub habe es dem Ortspfarrer erzählt, und der habe erklärt, diese Männer können niemand anders sein als die drei Eidgenossen, die erwachen und wieder kriegen werden, wenn die Eidgenossenschaft in Nöten sei. Frz. Aschwanden Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die drei schönsten Lauterbrunnerinnen

Source: Die drei schönsten Lauterbrunnerinnen

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In Lauterbrunnen lebten einst drei wunderhübsche Schwestern. Sie waren die schönsten Mädchen im ganzen Tal. Die jungen Burschen reckten die Hälse, wenn die drei durch die Dorfgasse gingen. Da schwoll diesen der Kamm, und sie meinten, es gebe in dem vollen Dutzend der grossen und kleinen Talschaften des Berner Oberlandes nicht ihresgleichen. Bald verschämten sie sich all der einfachen Talgenossen. Über die Kleinbäuerinnenarbeit rümpften sie die Nase und werkten im Haushalt keinen Streich. Wenn die drei am Sonntag talein stolzierten, öffneten sich hinter ihnen leise die Fenster, und manch verdutztes Frauenantlitz staunte ihnen nach. Und wie es so der Lauf der Welt ist, tuschelte man bald hinter den Aparten her: Das Wybevolch, das prangt in Samt und Syda, Un G’sichter heis, schneewyss wie Chryda! Das war zu einer Zeit, als alles, was im Tale lange Haare trug, am Sonntag nie anders einherging als in der Halbleinkutte, dem Halbleinwessli, der Spitzlikappe und dem hänfenen Wärchhemd, vom Samenkorn bis zum fertigen Ärmel selbst gezogen, selbst gewoben und selbst gemacht. Die drei schönsten Lauterbrunnerinnen wurden uneins mit der ganzen Talschaft, und was sie früher bloss dachten und nicht sagten, das sprang ihnen jetzt auf die lose Zunge. Kein einziger von den heiratsfähigen Burschen hatte je im Sinn, um eine von den zimpferen Jungfern zu freien, weil Herrenfrauen im Bergtal wenig taugen. Nur die kaum den Kinderschuhen entwachsenen Lauser scharwenzten ihnen im geheimen, und deshalb tönte es bald da, bald dort von einer Abendsitzbank her: Meitschi, wett hyraten woscht, Su nim en scheena Junga. Un wenn er no nid trochna ischt, Su stell nen no an d’Sunna. Wenn dann die Närrinnen den Abendsitzern alle Lasterwörter sagten, dann lachten die, weil sie sahen, dass ihre Rede eingeschlagen. Es kam dann so weit, dass die Schönen im Grund unten auf dem Tanzboden überhaupt keinen Schries mehr hatten. Mitnichten aber liessen sie von der Hoffart. An einem lauen, heiterklaren Maiensonntag, als es in allen Tanzstuben wieder geigte, gingen sie über das Zwirgi nach Wengen. Aber hier hinauf war die Kunde von ihrem talfremden Tun auch gestiegen, und schon nach der zweiten Polka wurden sie gehänselt. Als dann wieder nur die krautjungen Gnageni sie zum Tanze aufforderten, ungelenk mit ihnen durch die Stube stolperten, und die Sticheleien nicht aufhörten, entschlossen sie sich zum Aufbruch. Es ist wohl begreiflich, dass sie nicht umhin konnten, als vorher noch rasch anzustimmen: Säx Epfel am Schnierli, dry suur un dry siess, Un die Meitscheni vo Wengen, hein alli chrumm Fiess! An diesem Abend kamen die drei Zimpferen überein, in Sichellauinen sich weissagen zu lassen von einem katzgrauen Froueli, das reden konnte wie ein Bettelmensch, und von dem man sagte, es sehe fern in die Zukunft und kenne die Geheimnisse der schwarzen Künste. Am nächsten Sonntag rauschten die Schwestern der Lütschine entlang talein. Bei der alten Kräuterhexe liessen sie ihren spitzen Zungen wieder freien Lauf, taten ausgelassen wie nie zuvor und verlangten schnippisch, dass sie ihnen wahrsage und das geheime Rezept offenbare, um unfehlbare Liebe einzuflössen. Die Alte gab ihnen zuerst einen Verweis wegen ihrem Nichtstun, ihrer Hoffart und ihrer Klatschsucht. Schliesslich machte sie den Zauberkreis und murmelte die Formeln von den dreizehn Stengeln des Krautes Campanula und dem feingestossenen, grauen Amber, die vonnöten sind, um treue Liebe zu gewinnen. Die Töchter kicherten und trieben hinter dem Rücken der Alten eitel Spott und Schabernack. Wie die dessen inne wurde, kehrte sie sich jäh um und zetterte: "Die Dummheit und der Stolz Wachsen am gleichen Holz"! "Ihr verdammten Dinger, euch will ich jetzt lehren, das Alter ehren, dass ihr zu Zicklein werdet, auf der Stell!" Im Schwick standen, statt der drei Jungfern, drei meckernde Gitzeni da. Damit sein frevles Hexenwerk nicht ans Taglicht komme, versprach das Weiblein einem vorbeigehenden Nichtstuer einen schönen Batzen, wenn er die einfalten Jungtiere auf die Seite schaffe und alsogleich ins rote Tal hinauf auf die Sommergletscherweide treibe. Gegen so hohen Entgelt besann er sich nicht lange und trieb die drei hoch hinauf und tief hinein ins hinterste Rottal. Dort fielen die verwunschenen Zicklein, als sie unbedacht kapriolten, in einen der grossen Gletscherschründe, und auf seinem finstergrünen, tiefen Grunde, da harren sie auf den jüngsten aller Tage. Quelle: Hans Michel, Ein Kratten voll Lauterbrunner Sagen. Wengen 1936. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die drei Schwestern

Source: Die drei Schwestern

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                                                         Auf den Fideriser Heubergen stand ein kleines Häuschen, in welchem drei Schwestern wohnten. Eine von ihnen war schneeweiss, schön und gut; die andere eine böse schwarze Hexe; die dritte halb weiss und halb schwarz, halb gut und halb bös. Wenn die Hexe den Leuten im Tal Unheil anrichten wollte, und die Gute es durch Rat und Warnung zu verhindern suchte, dann trat allemal die Mittlere zwischen sie und bewirkte, dass die Hälfte des Unheils zugelassen und die andere Hälfte abgewendet wurde.   Einst machten die Fideriser Burschen und Mädchen eine Bergpartie und wurden in der Nähe des Häuschens der drei Schwestern vom Regen überfallen. Die Gute erbarmte sich der jungen Gesellschaft und lud die Durchnässten in die Stube. Sie wollte ihnen Küchlein backen; aber die Hexe stieß sie aus der Küche und buk der Gesellschaft selber Küchlein, die von außen schön goldgelb wurden, inwendig aber giftig waren. Das verdross die Gute und sie weinte. Die Mittlere kam dazu, buk aus grobem Hausmehl grobe braune Küchlein und sagte zur Guten: »Wir stellen beide, die goldgelben und die braunen, den Gästen vor; die Eigennützigen werden die schönen giftigen essen und sterben; die Bescheidenen hingegen die braunen, und ihnen wird nichts geschehen; so geht es halb und halb wie immer.« Die Hälfte der Gesellschaft, die von den goldgelben aß, starb; die bessere Hälfte kehrte von der Guten reich beschenkt nach Hause.   Quelle: Sutermeister, Otto: Kinder- und Hausmärchen aus der Schweiz, Aarau:1869   Graubünden. (Nach Vonbun: Beiträge zur deutschen Mythologie, gesammelt in Churhätien 1861, S. 34.)     Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die drei Schwestern im Eithale

Source: Die drei Schwestern im Eithale

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Von Tecknau aus, einem Weiler im obern Baselland, bis Aarau führt ein doppelter Fussweg über den Aargauer-Jura. Der kürzere geht eine enge und tiefe Schlucht bergauf, voll sonderbarer Felsenformen zu beiden Seiten. Sacht steigt aber der andere Weg zwischen großen Buchenwäldern durch zusammenhängende Wiesengründe empor; dies ist das Eithal. Die Luft ist thaufrisch und der Rasen bleibt grün das ganze Jahr hindurch; ein Bach mit kieselloser Welle kommt herabgeflossen, und hundertfacher Amselschlag schallt aus dem Laubdickicht. Hie und da liegen im Verstecke des Waldsaumes winzige Heuhäuschen, die einzige Spur, dass man den Menschen nicht allzuferne ist. Doch so lange das Gras nicht ausreift, tönt hier keine Sense, keine Heerdenglocke. Der Weih im Blauen, die Forelle im Bach, oder ein wackelnder Erdsalamander im Dampfe einer feuchten Lehmlage sind die einzigen Zeugen dieser reizenden Abgeschiedenheit. Die Wände des Gebirges rücken nun enger zusammen, der Wald wird steiler, einzelne Felsenzacken zielen aus ihm hervor frischgeschnitten, sonniggelb, da weht ein plötzliches Brausen um die Bergecke herum. Die Ergolz geht hier von einer querüber liegenden Felswand der obern Hochebene in unser ruhiges Thal nieder. In einem zierlichen Bogenstrahl springt der Bach mit einem Satze aus seiner Baumgruppe auf die Wiese herab und hat sich unten ein Becken so zirkelrund ausgewaschen, als ob es vom Steinmetzen zurecht gehauen wäre. Man nennt diesen Platz den Giessen. Was man in das Becken wirft, wird augenblicklich wieder ausgestossen. Eine arme Frau suchte hier umsonst das Ende ihres Kummers. Kaum hatte sie sich mit dem Wasserstrahle hinabgestürzt, so fand sie sich drunten unverletzt ins weiche Gras hinausgehoben. Solche Wunder schreibt man der Milde dreier Schwestern zu, die hier gewohnt haben. Auf beiden Thalseitcn erheben sich nackte Wände, der alte Sturz und Schutt ihrer eingesunkenen Felsenhäupter gleicht den Trümmern vielfacher Burgen. Eine Gruppe nennt man die Oedenburg, die andere heisst beim Volke Scheideck. Der Schlossherr dieser letztern soll noch jetzt mit seinem Rappen heulend durch die Nacht reiten. Auch der Scheidecker Schlosshund hat noch vor kurzen Jahren regelmässig den Witterungswechsel durch sein Bellen angezeigt. Auf die gegenüber liegende Oedenburg versetzt der Glaube drei schöne Schwestern, und man weiss noch, dass die Jüngste Gräfin Bertha geheissen habe, andere sagen Helena. Diese entführte der Scheidecker. Da man hierauf sein Schloss stürmte, rissen sich alle Felsen der Gegend los und begruben den Raubritter und die Stürmenden zugleich. Hierauf liess der Kaiser beide Burgen schleifen. Noch immer baden jene drei Schwestern hier im Giessen; und die Mähder sind froh, davon zu hören, weil dann ihr Heu bis auf den letzten Wagen jedesmal sicher und ungenässt unter Schirm und Dach kommen wird. Kinder, die hier Schafe hüteten, sahen zwei glänzend gerüstete Reiter auf Schimmeln aus dem Walde herunter kommen, ihnen voraus ritt der Jägerknecht mit der Koppel Hunde. Unbefangen sprangen ihnen die Kinder entgegen und verlangten ein Almosen. Die Männer warfen eine Hand voll silberner Rappen (Heller) unter sie aus. Lange staunten die Kinder den schimmernden Reitern nach, dann suchten sie ihre Geldstücke im Grase; aber nicht eines war mehr aufzufinden. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 2 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die drei Schwörfinger

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einer Männerhand sind in der Rubi zu Emmeten in einer Fensterscheibe eingebrannt. Die sind nicht auszutilgen; setzt man eine neue Scheibe ein, so erscheinen sie auch wieder in dieser. Ein Sterbender, der einmal einen Meineid geschworen, habe bei seinem Tode noch mit den drei Fingern in diese Scheibe gelangt, und so habe sich ihr Eindruck festgehalten. Fr. Huser-Näpfli; Fr. Truttmann, Seelisberg, und a. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die drei Soldaten

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Drei Soldaten hatten einem König viele Jahre lang gedient. Am Ende des Dienstes nahmen sie ihren Abschied und machten sich auf den Heimweg. Sie kamen in eine grosse Stadt und blieben einige Tage dort. Sie zogen von einem Wirtshaus zum andern und hatten es lustig. Eines Tages gingen sie ausserhalb der Stadt spazieren und besprachen miteinander, was sie anfangen sollten. «Geld, um die grossen Herren zu spielen, haben wir nicht, und als Bauern ins Dorf zurück wollen wir nicht.» Da begegneten sie einem Herrn. Der fragte, was sie da miteinander zu verhandeln hätten. Einer der Soldaten erzählte sogleich, worüber sie gesprochen hatten. Darauf sagte der Herr: «Gut, wenn ihr mit mir einen Vertrag abschliessen wollt, will ich euch einen vollen Geldbeutel geben. Ihr könnt darum nehmen sovieI ihr wollt; er wird nie leer. Aber dafür werde ich euch drei Rätsel aufgeben. Wenn ihr sie heute in einem Jahr nicht lösen könnt, dann gehört einer von euch mir!» Den Soldaten war dies recht. Der Herr setzte den Vertrag auf und liess die Soldaten unterschreiben. Dann übergab er ihnen den Geldbeutel. Man kann sich denken, wie fidel die Soldaten in die Stadt zurückgingen und dass sie das Wirtshausleben in vollen Zügen genossen wie noch nie. Das Jahr war fast vorbei, da begann einer der Soldaten traurig zu werden. Oft fragte er sich: «Wer weiss, was dieser Herr uns wohl zum Raten aufgibt?» Die andern beiden dachten nicht mehr an die Rätsel. Eines Tages fragten sie ihren Kameraden, weshalb er nie mehr mit ihnen spazieren gehe. Er antwortete, es wäre besser, auch sie beide würden zu Hause bleiben und an die Rätsel denken. Aber sie achteten nicht gross auf seine Worte. Eines Tages ging er dorthin, wo der Vertrag abgeschlossen wurde, und da begegnete er einer alten Frau. Die fragte ihn, weshalb er so traurig sei, so ein tapferer und schöner Soldat wie er solle doch nicht den Kopf hängen lassen. Der Soldat wurde darob wütend und sagte, es gehe sie nichts an, weshalb er traurig sei, sie könne ihm ja doch nicht helfen. Aber sie sagte, er solle ihr nur den Grund seiner Traurigkeit sagen, eine alte Frau wisse immer einen guten Rat. Da erzählte er ihr seine ganze Geschichte. Als er fertig war, sagte die Frau: «Wenn du tust, was ich dir sage, wird dir geholfen. Geh morgen um zehn Uhr abends zu dieser Eiche dort oben. Sie ist hohl, und du kannst bequem drin bleiben. Um elf oder zwölf werden sich da alle Hexenmeister und Teufel versammeln. Auch dieser Herr, mit dem ihr den Vertrag abgeschlossen habt, wird da sein. Pass gut auf und behalte, was sie sagen. Der Herr wird seinen Kumpanen erzählen, was er euch zum Raten aufgeben will.» Der Soldat macht, was die alte Frau ihm gesagt hat und versteckt sich in der Eiche. Um elf Uhr versammelt sich eine grosse Menge Leute. Mittendrin steht der Herr, und nach einem Weilchen sagt er zu den andern: «Morgen Abend muss ich einen von diesen Soldatenkerlen holen; ich werde ihnen etwas aufgeben, was sie nie, aber auch gar nie raten können. Ich nehme ein Stück von einem wertlosen Pferdehuf und lass ihn wie eine schöne Sackuhr aussehen, diesen Dornbusch dort lasse ich als einen Spazierstock scheinen. Und dort oben in einem Stall liegt eine Kamelhaut, sie wird wie ein schöner Mantel aus blauem Tuch aussehen. Diese Dinge können sie bestimmt nicht herausfinden.» Der Soldat hörte alles, und jetzt ging er mit neuem Mut nach Hause. Aber seine Kameraden waren umso trauriger. Sie fürchteten den Tag, an dem sich ihr Schicksal entscheiden sollte. Am andern Tag, gegen Abend, erschien der Herr, legte ihnen den Vertrag vor und sagte: Jetzt kommen die Rätsel, könnt ihr sie nicht lösen, so gehört einer von euch mir!» Dann holte er aus seinem Sack eine prächtige Golduhr hervor und sagte: «Woraus ist die gemacht?» Der Soldat, der alles wusste, antwortete schnell: «Du Trottel, du hast ein Stück von einem wertlosen Pferdehuf genommen und lässt es als schöne Sackuhr scheinen.» «Du hast richtig geraten!», sagte der Herr. Dieser Herr war nämlich der Teufel. «Aber jetzt muss einer von den anderen zwei da raten!» «Nein, nein!», sagte der Soldat, «Es steht nichts davon im Vertrag, wer raten soll, ich will alle Rätsel lösen!» Dann nahm der Teufel den Spazierstock und fragte, woraus der gemacht sei. «Das weiss ich ganz genau», antwortete der Soldat. «Du hast einen Dornbusch genommen und lässt ihn wie einen Spazierstock aussehen.» «Erraten», sagte der Teufel, «aber jetzt habe ich noch ein Rätsel. Sag, woraus ist dieser Mantel gemacht?» Der Soldat antwortete: «Du hast eine Kamelhaut genommen und willst uns damit einen schönen Mantel vortäuschen.» Jetzt wurde der Herr wütend, und er wollte wissen, wer ihm die Lösung der Rätsel verraten hatte. Aber der Soldat antwortete, das gehe ihn nichts an. So wurde der Teufel angeschmiert. Die drei Soldaten aber waren frei und reich genug.   Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die drei Spinnerinnen

Source: Die drei Spinnerinnen

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In einem sonnigen Seitentälchen des schwyzerischen Sihltales liegt das Dörflein Euthal. Dort saß einst der alte Dolmetscher in der Kirche. Während der Predigt schaute er einmal auf die Weiberseite hinüber. Da sah er drüben eine Frau sitzen, die man für eine Hexe hielt, die ihn eben mit großen Augen unverwandt ansah. Aber auf einmal war sie verschwunden, und ihr Platz war leer, ohne daß es die zwei Weiber, die neben ihr saßen, zu bemerken schienen. Zuletzt meinte er, er müsse sich getäuscht haben, die Frau sei wohl gar nicht in der Kirche gewesen. Und nun sah er nicht mehr hin und hörte andächtig der Predigt zu. Als aber die Messe gelesen wurde, schaute er nochmals nach der Weiberseite, und nun erblickte er die Hexe wieder an ihrem Platze, so ruhig, als ob sie keinen Augenblick weg gewesen wäre. Wie die Kirche aus war, drängte sich der Dolmetscher rascher als sonst hinaus, also daß er mit der Frau am Weihbrunn zusammentraf. Doch als er ihr mit seinem Daumen, den er immer aufstreckte, das Weihwasser abnehmen wollte, lief eine grüne Spinne von ihrem Finger über seine Hand. Aber wie er sie voll Ekel abschütteln wollte, fiel bloß ein Tröpflein Wasser auf den Boden. Als er nun mit dem verschrienen Weibe unter das Vorzeichen der Kirche trat, nahm er sie beiseite und erzählte ihr mit ernsten Augen, was er in der Kirche gesehen. Zugleich aber wollte er wissen, was das zu bedeuten hätte. Da wollte sie erst allerlei Ausreden brauchen. Schließlich aber sagte sie, wenn er ihr bei der Seligkeit seiner Mutter verspreche, es keinem Menschen zu sagen, bevor drei Jahre um seien, so wolle sie's ihm wohl zu wissen tun. Und als er's angelobt hatte, erzählte sie ihm flüsternd das Folgende: "Als du zum erstenmal zu mir herüberschautest, sah ich, wie der Teufel hinter dir stand und lachte. Im nämlichen Augenblick ging ein Windstoß um die Kirche, und der packte mich und trug mich übers Tal hinweg, also daß mir Hören und Sehen verging. Auf einmal stand ich mutterseelenallein in der Ahornweid, wo's ungeheurig ist, mitten im Herbstnebel. Wie sich der Nebel etwas verzog, sah ich hart hinter mir einen großen, breitästigen Ahorn stehen. Darunter saßen drei alte Frauen und spannen. Es war sonderbar, sie spannen alle drei an einem Faden, der rings um den Baum lief. Als aber das Glöcklein im Euthal zur Wandlung läutete, schlossen die drei Frauen die Augen und schliefen ein. Da löste ich ein Fädelein vom Rocken der mittleren Spinnerin und warf es in die Luft. Und siehe da, es ging übers Tal hinüber bis zur Turmspitze des Euthaler Kirchleins. Rasch verwandelte ich mich in eine Spinne und lief pfeilgeschwind über den dünnen Faden nach der Kirche hinüber. Eben als ich wieder darin abgesessen war und die Messe zu Ende ging, sahst du zum zweitenmal zu mir hinüber. Da sah ich zwei Teufel hinter dir, die aus dem Fädelein, das vom Dach durch ein Fenster in die Kirche hinunterhing, einen Strick zu drehen begannen und dazu tanzten. Aber da war die Kirche aus, und du sahst zu deinem Glück nicht mehr zu mir herüber auf die Weiberseite. Hättest du's noch ein drittesmal getan, so hätten dich drei Teufel mit dem Fädelein erwürgt, daß du von der Bank gefallen wärest." Der Dolmetscher erschrak und sah mit ängstlichen Augen zum Kirchendache empor, von dem weg ein Fädelein übers Tal nach der Ahornweid zu laufen schien. Von da ab wohnte er der Predigt und der Messe andächtiger bei. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


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Einmal schimpfte eine Mutter mit ihrer Tochter, weil sie nicht spinnen konnte. Ein Herr, der vorbeiging, hörte den Lärm und ging hinauf, um zu fragen, was es zu schimpfen gebe. «Oh, das Mädchen will das Moos aus den Wänden verspinnen«, antwortete die Mutter. Das gefiel dem Herrn, der viel zu spinnen hatte. Er stellte das Mädchen als Magd ein und gab der Mutter einen schönen Beutel Geld. Die ersten Tage, als sie bei ihm war, brachte der Herr ihr eine grosse Menge Wolle und befahl, alles zu spinnen. Da sie dies nicht konnte, begann sie, als der Herr fort war, zu weinen, und flehte ihre Grossmutter um Hilfe an. Im nächsten Augenblick kommt die Grossmutter, die schon lange gestorben ist, zur Tür herein. Es ist eine kleine Alte, die stark hinkt. Aber sie treibt das Rad an, dass es eine Freude ist, und in kurzer Zeit ist alles gesponnen. Am andern Tag gibt ihr der Herr eine noch grössere Menge Wolle zum Spinnen. Diesmal ruft die Ärmste ihre Urgrossmutter zu Hilfe, und gleich kommt die Urgrossmutter, eine Alte mit einer fürchterlich grossen Nase, zur Tür herein und spinnt die Wolle im Hui. Als der Herr merkt, was für eine hervorragende Spinnerin seine Magd ist, gibt er ihr das dritte Mal noch viel mehr Wolle zum Spinnen. Voll Angst und Sorge ruft das Mädchen diesmal ihre Ururgrossmutter zu Hilfe, und die hat sich nicht zweimal bitten lassen. Bevor das Mädchen die blinde Ururgrossmutter richtig sieht, hat diese alles fertig gesponnen. Da der Herr sich über das flinke Spinnen freute, nahm er seine Magd zur Frau. Am Hochzeitstag, während des Mittagessens, erschienen plötzlich die drei toten Spinnerinnen: die Grossmutter, die Urgrossmutter und die Ururgrossmutter. Die erste sagte zum Bräutigam: «Schaut, mein Bein ist lahm geworden vom Rad antreiben!» Die Urgrossmutter sagte: «Vom Fadennetzen habe ich eine so grosse Nase bekommen!» - «Vom dauernden Auf-den-Faden-Schauen bin ich blind geworden», sagte zuletzt die Ururgrossmutter, «und deshalb darfst du die Braut nicht spinnen lassen, wenn du nicht willst, dass sie hässlich wird!» Von nun an liess der Herr seine Frau nie mehr spinnen, und sie dankte immer wieder ihren toten Grossmüttern.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


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In der Schweiz lebte einmal ein alter Graf; der hatte nur einen einzigen Sohn, aber er war dumm und konnte nichts lernen. Da sprach der Vater: »Höre, mein Sohn, ich bringe nichts in deinen Kopf, ich mag es anfangen wie ich will. Du musst fort von hier; ich will dich einem berühmten Meister übergeben, der soll es mit dir versuchen.« Der Junge wurde in eine fremde Stadt geschickt und blieb bei dem Meister ein ganzes Jahr. Nach Verlauf dieser Zeit kam er wieder heim, und der Vater fragte: »Nun, mein Sohn, was hast du gelernt?« »Vater, ich habe gelernt, was die Hunde bellen«, antwortete er. »Dass Gott erbarm!« rief der Vater, »ist das alles, was du gelernt hast? Ich will dich in eine andere Stadt zu einem andern Meister tun.« Der Junge wurde hingebracht und blieb bei diesem Meister auch ein Jahr. Als er zurückkam, fragte der Vater wiederum: »Mein Sohn, was hast du gelernt?« Er antwortete: »Vater, ich habe gelernt, was die Vögel sprechen.« Da geriet der Vater in Zorn und sprach: »O du verlorener Mensch, hast die kostbare Zeit hingebracht und nichts gelernt, und schämst dich nicht, mir unter die Augen zu treten? Ich will dich zu einem dritten Meister schicken; aber lernst du auch diesmal nichts, so will ich dein Vater nicht mehr sein.« Der Sohn blieb bei dem dritten Meister ebenfalls ein ganzes Jahr, und als er wieder nach Haus kam und der Vater fragte: »Mein Sohn, was hast du gelernt?« so antwortete er: »Lieber Vater, ich habe dieses Jahr gelernt, was die Frösche quaken.« Da geriet der Vater in den höchsten Zorn, sprang auf, rief seine Leute herbei und sprach: »Dieser Mensch ist mein Sohn nicht mehr; ich stoße ihn aus und gebiete euch, dass ihr ihn hinaus in den Wald führt und ihm das Leben nehmt.« Sie führten ihn hinaus; aber als sie ihn töten sollten, konnten sie nicht vor Mitleid und ließen ihn gehen. Sie schnitten einem Reh Augen und Zunge aus, damit sie dem Alten die Wahrzeichen bringen konnten. Der Jüngling wanderte fort und kam nach einiger Zeit zu einer Burg, wo er um Nachtherberge bat. »Ja«, sagte der Burgherr, »wenn du da unten in dem alten Turm übernachten willst, so gehe hin; aber ich warne dich, es ist lebensgefährlich; denn er ist voll wilder Hunde, die bellen und heulen in einem fort, und zu gewissen Stunden müssen sie einen Menschen ausgeliefert haben, den sie auch gleich verzehren.« Die ganze Gegend war darüber in Trauer und Leid, und konnte doch niemand helfen. Der Jüngling aber war ohne Furcht und sprach: »Lasst mich nur hinab zu den bellenden Hunden, und gebt mir etwas, das ich ihnen vorwerfen kann; mir sollen sie nichts tun.« Weil er nun selber nicht anders wollte, so gaben sie ihm etwas Essen für die wilden Tiere und brachten ihn hinab zu dem Turm. Als er eintrat, bellten ihn die Hunde nicht an, wedelten mit den Schwänzen ganz freundlich um ihn herum, fraßen, was er ihnen hinsetzte, und krümmten ihm kein Härchen. Am andern Morgen kam er zu jedermanns Erstaunen gesund und unversehrt wieder zum Vorschein und sagte zu dem Burgherrn: »Die Hunde haben mir in ihrer Sprache offenbart, warum sie da hausen und dem Lande Schaden bringen. Sie sind verwünscht und müssen einen großen Schatz hüten, der unten im Turme liegt, und kommen nicht eher zur Ruhe, als bis er gehoben ist; und wie dies geschehen muss, das habe ich ebenfalls aus ihren Reden vernommen.« Da freuten sich alle, die das hörten; und der Burgherr sagte, er wollte ihn an Sohnes statt annehmen, wenn er es glücklich vollbrächte. Er stieg wieder hinab, und weil er wusste, was er zu tun hatte, so vollführte er es und brachte eine mit Gold gefüllte Truhe herauf. Das Geheul der wilden Hunde wurde von nun an nicht mehr gehört; sie waren verschwunden, und das Land war von der Plage befreit. Über eine Zeit kam es ihm in den Sinn, er wollte nach Rom fahren. Auf dem Weg kam er an einem Sumpf vorbei, in welchem Frösche saßen und quakten. Er horchte auf; und als er vernahm, was sie sprachen, war er ganz nachdenklich und traurig. Endlich langte er in Rom an; da war gerade der Papst gestorben und unter den Kardinälen großer Zweifel, wen sie zum Nachfolger bestimmen sollten. Sie wurden zuletzt einig, derjenige sollte zum Papst erwählt werden, an dem sich ein göttliches Wunderzeichen offenbaren würde. Und als das eben beschlossen war, in demselben Augenblick trat der junge Graf in die Kirche, und plötzlich flogen zwei schneeweiße Tauben auf seine beiden Schultern und blieben da sitzen. Die Geistlichkeit erkannte darin das Zeichen Gottes und fragte ihn auf der Stelle, ob er Papst werden wolle. Er war unschlüssig und wusste nicht, ob er dessen würdig wäre; aber die Tauben redeten ihm zu, dass er es tun möchte; und endlich sagte er Ja. Da wurde er gesalbt und geweiht, und damit war eingetroffen, was er von den Fröschen unterwegs gehört, und was ihn so bestürzt gemacht hatte, dass er der heilige Papst werden sollte. Darauf musste er eine Messe singen und wusste kein Wort davon; aber die zwei Tauben saßen stets auf seinen Schultern und sagten ihm alles ins Ohr.   Quelle: Sutermeister, Otto: Kinder- und Hausmärchen aus der Schweiz, Aarau: H.R. Sauerländer, 1869, S. 24-29 Oberwallis. (Brüder Grimm: Kinder» und Hausmärchen Nr. 33.)   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


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In der Schweiz lebte einmal ein alter Graf, der hatte nur einen einzigen Sohn, aber er war dumm und konnte nichts lernen. Da sprach der Vater: «Höre, mein Sohn, ich bringe nichts in deinen Kopf, ich mag es anfangen, wie ich will. Du mußt fort von hier, ich will dich einem berühmten Meister übergeben, der soll es mit dir versuchen.» Der Junge ward in eine fremde Stadt geschickt und blieb bei dem Meister ein ganzes Jahr. Nach Verlauf dieser Zeit kam er wieder heim, und der Vater fragte «Nun mein Sohn, was hast du gelernt?» «Vater, ich habe gelernt, was die Hunde bellen,» antwortete er. «Daß Gott erbarm,» rief der Vater aus, «ist das alles, was du gelernt hast? Ich will dich in eine andere Stadt zu einem andern Meister tun.» Der Junge ward hingebracht, und blieb bei diesem Meister auch ein Jahr. Als er zurückkam, fragte der Vater wiederum: «Mein Sohn, was hast du gelernt?» Er antwortete: «Vater, ich habe gelernt, was die Vögli sprechen.» Da geriet der Vater in Zorn und sprach: «O du verlorner Mensch, hast die kostbare Zeit hingebracht und nichts gelernt, und schämst dich nicht, mir unter die Augen zu treten? Ich will dich zu einem dritten Meister schicken, aber lernst du auch diesmal nichts, so will ich dein Vater nicht mehr sein.» Der Sohn blieb bei dem dritten Meister ebenfalls ein ganzes Jahr, und als er wieder nach Haus kam und der Vater fragte: «Mein Sohn, was hast du gelernt?» so antwortete er: «Lieber Vater, ich habe dieses Jahr gelernt, was die Frösche quaken.» Da geriet der Vater in den höchsten Zorn, sprang auf, rief seine Leute herbei und sprach: «Dieser Mensch ist mein Sohn nicht mehr, ich stoße ihn aus und gebiete euch, daß ihr ihn hinaus in den Wald führt und ihm das Leben nehmt.» Sie führten ihn hinaus, aber als sie ihn töten sollten, konnten sie nicht vor Mitleiden und ließen ihn gehen. Sie schnitten einem Reh Augen und Zunge aus, damit sie dem Alten die Wahrzeichen bringen konnten.   Der Jüngling wanderte fort und kam nach einiger Zeit zu einer Burg, wo er um Nachtherberge bat. «Ja,» sagte der Burgherr, «wenn du da unten in dem alten Turm übernachten willst, so gehe hin, aber ich warne dich, es ist lebensgefährlich, denn er ist voll wilder Hunde, die bellen und heulen in einem fort, und zu gewissen Stunden müssen sie einen Menschen ausgeliefert haben, den sie auch gleich verzehren.» Die ganze Gegend war darüber in Trauer und Leid, und konnte doch niemand helfen. Der Jüngling aber war ohne Furcht und sprach: «Laßt mich nur hinab zu den bellenden Hunden, und gebt mir etwas, das ich ihnen vorwerfen kann; mir sollen sie nichts tun.» Weil er nun selber nicht anders wollte, so gaben sie ihm etwas Essen für die wilden Tiere und brachten ihn hinab zu dem Turm. Als er hineintrat, bellten ihn die Hunde nicht an, wedelten mit den Schwänzen ganz freundlich um ihn herum, fraßen, was er ihnen hinsetzte, und krümmten ihm kein Härchen. Am andern Morgen kam er zu jedermanns Erstaunen gesund und unversehrt wieder zum Vorschein und sagte zu dem Burgherrn: «Die Hunde haben mir in ihrer Sprache offenbart, warum sie da hausen und dem Lande Schaden bringen. Sie sind verwünscht und müssen einen großen Schatz hüten, der unten im Turme liegt, und kommen nicht eher zur Ruhe, als bis er gehoben ist, und wie dies geschehen muß, das habe ich ebenfalls aus ihren Reden vernommen.» Da freuten sich alle, die das hörten, und der Burgherr sagte, er wollte ihn an Sohnes Statt annehmen, wenn er es glücklich vollbrächte. Er stieg wieder hinab, und weil er wußte, was er zu tun hatte, so vollführte er es und brachte eine mit Gold gefüllte Truhe herauf. Das Geheul der wilden Hunde ward von nun an nicht mehr gehört, sie waren verschwunden, und das Land war von der Plage befreit.   Über eine Zeit kam es ihm in den Sinn, er wolle nach Rom fahren. Auf dem Weg kam er an einem Sumpf vorbei, in welchem Frösche saßen und quakten. Er horchte auf, und als er vernahm, was sie sprachen, ward er ganz nachdenklich und traurig. Endlich langte er in Rom an, da war gerade der Papst gestorben, und unter den Kardinälen großer Zweifel, wen sie zum Nachfolger bestimmen sollten. Sie wurden zuletzt einig, derjenige sollte zum Papst erwählt werden, an dem sich ein göttliches Wunderzeichen offenbaren würde. Und als das eben beschlossen war, in demselben Augenblick trat der junge Graf in die Kirche, und plötzlich flogen zwei schneeweiße Tauben auf seine beiden Schultern und blieben da sitzen. Die Geistlichkeit erkannte darin das Zeichen Gottes und fragte ihn auf der Stelle, ob er Papst werden wolle. Er war unschlüssig und wußte nicht, ob er dessen würdig wäre, aber die Tauben redeten ihm zu, daß er es tun möchte, und endlich sagte er «ja.» Da wurde er gesalbt und geweiht, und damit war eingetroffen, was er von den Fröschen unterwegs gehört und was ihn so bestürzt gemacht hatte, daß er der heilige Papst werden sollte. Darauf mußte er eine Messe singen und wußte kein Wort davon, aber die zwei Tauben saßen stets auf seinen Schultern und sagten ihm alles ins Ohr. Märchen aus der Schweiz Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die drei starken Brüder

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a) Drei sehr starke Brüder, genannt die Portnerbuben, wohnten vor Zeiten im Fuhrport1 zu Spiringen. Sie waren keine Riesen, nicht viel über Mittelgrösse, aber ihre Brustkörbe hättet ihr sehen sollen! und ihre sehnigen Arme! Nerven hatten sie wie die Rosse! Bis zum 20. Altersjahre mussten sie keinen Werkstreich schaffen. Nackt streckten sie sich vor ihrem Hause im Sonnenschein auf der faulen Haut aus, und wenn die Mutter Anken einsott, tranken sie von dem frischgesottenen Anken und salbten und rieben auch Rücken und Arme damit ein. Einst kam ein furchtbarer Riese über den See nach Altdorf und entbot die Urner zu einem »freundlichen Schwinget«. Niemand wagte es, mit ihm anzubinden. Der Vater der drei Brüder weilte gerade in Altdorf, und der Landammann von Uri liess durch ihn den dreien erbieten, ob sie nicht des Landes Ehre retten wollten. Lange haben sie mit einander »g'stucket«, welcher von ihnen dem Aufgebot folgen solle; der älteste und stärkste hiess den zweiten gehen und dieser den jüngsten und schwächsten. Nicht etwa, weil sie sich fürchteten, sondern weil sie glaubten, der jüngste sei noch lange stark genug. Endlich entschied die Mutter den Streit; sie hiess den mittleren gehen, weil er jeweilen den gesottenen Anken im Chessi um zwei Fingerbreiten tiefer hinab getrunken habe. Doch begleitete ihn der älteste. Sie trugen kurze Kittel und weisse Zipfelkappen. Der Landammann lud ihn zum Mittagessen ein, aber er sagte, er wolle es zuerst verdienen. Als er auf dem »Platz« anlangte, kam gerade der fremde Riese, brüllend wie ein Stier, auf allen Vieren durch das Dorf hinauf, riss Bsetzisteine aus der Strasse und warf sie wild um sich. Der Schächentaler, nicht faul, machte ihm dieses Kunststück nach. Als sie beim Löwen auf einander stiessen, da war es dem Riesen zu wenig, mit dem verhältnismässig kleinen Gegner nur einen »freundlichen« Schwinget auszumachen, und er forderte ihn zu einem Schwinget auf Tod und Leben heraus. Furchtlos ging der Schächentaler darauf ein. Mit einem kühnen, raschen Griff packte er den Riesen unter der Achsel, dass dieser aufbrüllte, drückte ihm die Brust zusammen wie einen Korb und schleuderte ihn rücklings über den Kopf hinweg über den Dorfbach hinüber auf das Strassenpflaster, dass er die Kopfschale zerbrach und tot liegen blieb. Jetzt ging der tapfere Bursche mit dem Landammann zum Essen, schlug jedoch eine angebotene Belohnung aus. Erst auf erneutes Drängen meinte er, man könne ihm ja etwas Salz geben. Man liess ihm ein ganzes »Röhrli« herausholen, und der wackere Kämpe nahm es auf die Achsel und wanderte dem Schächentale zu. Bei Trudelingen hüpfte er mit samt seiner siebenzentnerigen Last in die Höhe und schüttelte mit einer Hand von den herabhängenden Ästen eines Baumes Nüsse herab. Die Brüder hatten in Altdorf und Bürglen viele Feinde. Der weniger starke wurde einst zu Bürglen im Wirtshaus bei einer Tanzbelustigung angegriffen und zutode traktiert, aber von dem ältesten blutig gerächt. Daniel Imholz, Schächental; Heinrich Baumann, Attinghausen b) Die Brüder nötigten einander. Da sagte die Mutter: »Der jüngste, der Karli, soll gehen; er hat allemal ein Beckli voll Anken mehr getrunken als die andern«. Josef Gisler, Getschwyler c) Als der Riese den verhältnismässig schmächtigen Schächentaler erblickte, sagte er höhnisch: »Iähr chennetmer ä Hand a ds Fiddlä hindärä bindä; i nihmes glych nu midem üff.« Der Schächentaler aber entgegnete: »Dä chenntischi noch brüchä!«, packte den Riesen mit beiden Händen bi der Tinni, hob ihn hoch und zerschlug ihm an der Oberdiele die Hirnschale. Jos. M. Herger, Grossobermatt d) Dass ehemals die Burschen bis zum 20. Altersjahr nichts gearbeitet und deshalb so stark geworden, hört man nicht selten behaupten. Auch der 92-jährige Berger-Jaggli, den ältere Leute noch gekannt haben, und der in dem uralten grossen Hause neben der Sust im Dörfli zu Silenen wohnte, die alte Tracht, nämlich kurze Hosen, weisse Strümpfe und Schnabelschuhe, trug und in seinem hohen Alter den härtesten Käse mit seinen gesunden Zähnen ohne Schwierigkeit biss und verspeiste, habe bekannt, er und seine Geschwister hätten vor dem 28. Altersjahr »kei Wärchstreich g'schaffet.« e) Auch von den starken Brüdern Stiger ab Morschach erzählt uns ein Seelisberger, der Augenzeuge zu sein behauptet, sie hätten sich im Freien halbnackt den Sonnenstrahlen ausgesetzt, gefaulenzt und Brust und Arme mit frischer Butter gesalbt. Martin Zwyssig Fußnoten 1 Jahrhunderte hindurch waren Fuhr und Fuhrport im Besitze von Personen aus dem Geschlechte Gisler. Die Sage aber behauptet nicht, dass die drei Brüder Gisler gewesen. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die drei Stummen von Issert

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Das Dorf Issert ist seinerzeit einem grässlichen Unglück entgangen. Oberhalb des Dorfes zieht sich gegen die Dranse hinunter ein Bachbett, dessen Wasser zu regnerischen Zeiten gewaltig anschwoll, enorme Massen Schlamm mitriss, grosse Blöcke fortrollte, über die Ufer trat und die Hütten bedrohte, die in der Nähe standen. Die darob in Schrecken gejagten Uferbewohner rissen ihre Hütten nieder und bauten sie anderswo auf, wo sie von dem gefährlichen Gesellen nichts mehr zu fürchten hatten. Einst, als der Wildbach während eines Gewitters furchtbar toste, schäumte und grosse Wellen warf, kletterten ein paar junge Leute den Hang hinauf bis in die Nähe seiner Quelle. Bald darauf sah man sie in solcher Eile den Abhang hinunterstürmen, dass man glaubte, alle Teufel jagten hinten drein. Blass, zitternd und atemlos langten sie im Dorfe an. Da musste etwas Übernatürliches vorgefallen sein, und das war auch so. Die Flüchtlinge erzählten, dass sie weit oben, nahe bei der Quelle des Flusses, zu einem grossen Felsblock gekommen seien, von dem ein schrecklicher Lärm ausgegangen sei. Da hätten sie Stimmen vernommen, die wild durcheinander schrien und doch niemand gesehen. Nach ihrer Meinung arbeiteten dort schlimme Geister oder Seelen aus dem Fegefeuer daran, das Felsstück in Bewegung zu setzen und den Hang hinunterzurollen, damit es mit aller Wucht in das Dorf Issert hineinfahre und alles zerschmettere. Die armen Bewohner von Issert gerieten in grosse Aufregung. Was sollten sie tun zur Besänftigung der bösen Geister, die ihren Untergang herbeiführen wollten! Nach langem Hin- und Herraten entschied man sich, während neun Tagen zu fasten; man versammelte sich jeden Tag zweimal auf dem Dorfplatze und betete laut, liess Messen lesen für die Verstorbenen, machte feierliche Prozessionen mit Kreuz und Fahne, und endlich glaubte man der Gefahr glücklich entronnen zu sein. Der Regen hatte aufgehört, die Wasser des Wildbaches sanken, und nur ein kleiner dünner Silberfaden rauschte ganz leise im aufgewühlten Bette. Da bekamen die Dörfler ihre Ruhe wieder. Doch bald fing es wiederum an zu regnen, und der Regen hielt während vielen Tagen und Nächten ununterbrochen an. Im Bachbett begann es zu murren, zu stöhnen, zu tosen und zu wühlen. Die Wasser des zum Fluss gewordenen Wildbaches stürzten in wildem Schwalle nieder, wirbelten Schaumwolken auf, rissen Steine und Erde mit, sprengten Felsstücke los, entwurzelten Tannen und vernichteten alles, was im Wege stand. Das Brausen verstärkte sich zum Höllenlärm, und weithin tönte der Donnerhall der grollenden Wasser. Jetzt wagte es niemand, hinauf zu gehen zu dem einsamen Felsblock und zu horchen. Die Ortsvorsteher wurden beauftragt, in das benachbarte Orsières hinunterzusteigen und den Pfarrer zu holen, damit er den Berg segne und die gefährlichen Bewohner verbanne. Der Pfarrer sagte, die Sache sei zu gefährlich, als dass er sich da hineinmischen möchte und nannte ihnen einen Kapuziner, der bekannt war als Hexen- und Teufelsbeschwörer. Der Kapuziner war bereit, das schwierige Werk an die Hand zu nehmen. Er stieg mit ihnen nach Issert hinauf, wo der Bergbach unterdessen so hoch gestiegen war, dass die Bevölkerung in hellem Schrecken, nur mit dem Allernotwendigsten bepackt, das Dorf verliess und es vorzog, am andern Ufer der Dranse im freien Felde zu leben, wo sie vor weiteren Gefahren gesichert, die Verwüstungen des Bergwassers vor Augen hatten. Der Kapuziner sprach ihnen Mut zu und riet, ihm in einer Prozession zu folgen. Er schwang das Rauchfass, stieg langsam die Berglehne hinan und schlug den Weg ein zu dem Teufelsblock. Hinter ihm folgte ein langer Zug weissgekleideter und eifrig betender Männer und Frauen, Kinder und Greise. Beim Block angekommen, redete der Mönch in lateinischer Sprache zu den Geistern und streute rings um den Fels einige Hände voll geweihten Staubes, den er aus trockenen Pflanzen hergestellt hatte. Die Worte verhallten im Brausen des Baches. Aus dem Bette tönte Gemurmel, unterbrochen von wildem Geschrei, aus dem niemand klug werden konnte. Als der Kapuziner den gesegneten Pflanzenstaub ausgestreut und die Taschen geleert hatte, verstummte nach und nach das Gemurmel im Bache, und zuletzt war nicht das leiseste Flüstern mehr vernehmbar. Die bösen Geister hatten offenbar die Teufelsarbeit eingestellt. Während kein einziger der Anwesenden nur das geringste bemerken konnte, erklärte der Kapuziner, dass er die Geister alle sehe und dass er sie ihnen auch sichtbar machen könnte. Sie brauchten sich nur hinter ihn zu stellen, mit ihren Füssen seine Sandalen zu berühren und ihm über die Achseln zu gucken, dann würden sie genau dasselbe sehen wie er; doch riet er ihnen davon ab, denn der eine würde unter den Geistern die Seele seines Vaters oder seiner Mutter, der andere die eines seiner Geschwister oder eines Freundes erblicken. Als alle noch starr in das Flussbett hinunterschauten, liessen sich die Geisterstimmen wieder hören und diesmal so, dass alle sie verstehen konnten. «Stemme, Nikolas, und schieb», rief eine Stimme. «Wie soll ich schieben», antwortete eine andere Stimme, «der ganze Fels ist mit Gesegnetem bestreut!» «Das Dorf Issert verdient eine Züchtigung», fuhr die erste Stimme fort, «denn die Leute führen sich schlecht auf. Heute ist doch Sonntag, und da hat man in drei Familien Brot gebacken, und in andern drei Familien haben sie Wäsche gehalten!» «Das ist schon wahr», sagte die andere Stimme wieder, «doch haben die Dörfler zu ihrem Schutze drei Stumme, die sind die Unschuld selber! Wehe dem Dorfe, wenn es einmal weniger als drei Stumme haben sollte!» Die Leute, die das alles hörten, versprachen dem Kapuziner in tiefer Inbrunst, den Sonntag fürderhin zu heiligen, dann stiegen sie in Prozession wieder ins Dorf hinunter. Von nun an hörten die schrecklichen Verwüstungen des Bergbaches auf. Das Flussbett blieb fast das ganze Jahr durch trocken. Immerhin hütete man sich, die Hütten an dem Ufer wieder aufzubauen. Und sonderbar: Sobald einer der drei Stummen, die man als Schutzengel des Dorfes hoch in Ehren hielt, starb, wurde ein anderer geboren, so dass man bis in die jüngste Zeit hinein im Dorfe immer drei Stumme zählte, nicht einen weniger und nicht einen mehr, während in den Nachbardörfern die Stummen zur Seltenheit geworden sind. Neulich ist wieder einer der drei Stummen gestorben, und die Leute von Issert glauben, es werde bald wieder einer geboren werden. Sie glauben es nicht nur, sie sind dessen ganz sicher; der dritte Stumme muss ersetzt werden, sonst wird der Wildbach wieder anschwellen, und die Geister werden Macht über ihn gewinnen und dann wehe dem Dorfe! Quelle: Johannes Jegerlehner: Walliser Sagen, Hans Feuz Verlag Bern, 1959 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die drei Telle

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In einer wilden Berggegend der Schweiz, um den Vierwaldstättersee, ist nach dem Volksglauben eine Felskluft, worin die drei Befreier des Landes, die drei Telle genannt, schlafen. Sie sind in ihrer uralten Kleidung angetan, und werden wieder auferstehen und rettend hervorgehen, wenn die Zeit der Not für das Vaterland kommt. Aber der Zugang der Höhle ist nur für den glücklichen Finder. Ein Hirtenjunge erzählte Folgendes einem Reisenden: Sein Vater sei, eine verlaufene Ziege in den Felsenschluchten suchend, in diese Höhle gekommen, und gleich, wie er gemerkt, dass die drei darin schlafenden Männer die drei Telle seien, habe auf einmal der alte eigentliche Tell sich aufgerichtet und gefragt: „Welche Zeit ist's auf der Welt?", und auf des Hirten Antwort: „Es ist hoch am Mittag", gesprochen: „Es ist noch nicht Zeit, dass wir kommen", und sei darauf wieder eingeschlafen. Der Vater, als er mit seinen Gesellen, die Telle für die Not des Vaterlandes zu wecken, nachher oft die Stelle gesucht, habe sie doch nicht wieder finden können. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die drei Tellen

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Unfern von Flüelen, am Südende des Waldstättersees geschah ‘s, dass einst ein junger Ziegenhirt unter einer Balm sass und seine Blicke seitwärts an einen Felsen richtete. In diesem nahm er zum erstenmal eine Türe wahr, lief darauf zu, steckte seinen Stock in den daselbst vorhandenen Letten, öffnete und ging hinein. Besser vorwärts sah er eine zweite Porte. Die tat er wieder auf und - schaute drei schlafende Männer. Einer von diesen richtete sein Haupt empor, hob die Augenlider und fragte barsch: „Welche Zeit zählt man?“ Der Jüngling sagte es und vernahm die Antwort: „ Es ist jetzt noch viel zu früh.“ Gleich schlief der seltsame Mann wieder ein. Zu Hause erzählte der rasch dahin geeilte Hirt das Vorgefallene. Er sollte darauf den Leuten die Türe zeigen und führte sie an Ort und Stelle, wo noch der vergessene Stock im Lehm stand und die Spuren vor dem Felsen zu sehen waren, allein die Porte blieb unsichtbar. Vor geistlichen und weltlichen Oberen soll der Geissbub dieses Gesicht beteuert haben.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Die drei Tellen und der Riese im Dominiloch

Source: Die drei Tellen und der Riese im Dominiloch

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Nach einer Obwaldner Sage sollen im Dominiloch am Pilatus die drei Tellen ihren Schlaf halten. - Von anderer Seite wird erzählt, es habe einst in der guten, einträchtigen und starken Zeit des Schweizervolks ein Riese in dieser Höhle gewohnt, ein treuer Wächter über Land und Leute. Einmal, als er schlief, standen Schweizer wider Schweizer auf und als er, aufwachend, sie in blutigem Handgemenge fand, erstarrte sein Leib vor Entsetzen und versteinerte. Wenn einst der rechte Brudersinn wiederkehrt, wacht auch der Riese zu neuem Leben auf. „Es wallt hoch ob dem Schweizerland Ein stiller Riesengeist: Sein Aug' zu dem emporgewandt, Der Sonnen kreisen heisst."   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Die drei Teufelspratzen

Source: Die drei Teufelspratzen

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Ja, ja! in einem Haus im Isental, im Schipfi, sind drei Teufelspratzen im Getäfer einer Zimmerwand abgedrückt. Das ist denn schon wahr: »ich habe sie selber gesehen; man erkennt sie ganz gut; es sind drei Hundepratzen, und die sind nicht auszutilgen. Man hat schon das Getäfer herausgerissen und ein neues hineingetan, aber es hat nichts genützt; man sieht sie im neuen auch wieder.« – Dort waren einmal zwei Brüder, reich aber geizig. Einmal bekam der eine von ihnen ein Kind und bat den andern, Götti zu sein. Aber der Geizkragen wollte nicht; das koste ihn zu viel, meinte er. Deshalb verzögerte sich die Taufe und das Kind starb ungetauft. Aber jetzt erschien der Teufel dem Geizhals in Hundegestalt und hinterliess dabei die genannten Spuren. In derselben Nacht noch kam der Geizer in das Haus gelaufen, wo das Kind gestorben, und schrie und brüllte: »Taufet, taufet, ich will Götti sein!« Es nützte nichts mehr, das Kind war tot. – Das war manchem eine Warnung. Es gibt nämlich kein besseres Werk, als einem Kinde zur Taufe, also zu einer christlichen Seele zu verhelfen. Frau Gisler-Zwyssig, 68 Jahre alt, und a. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die drei Töchter

Source: Die drei Töchter

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En Bur het drei Töchtere gha, die sy eppis yfältig, ugschicht gsy u mit dem Sack gschlage. Für e Bur wär es schier en Ehr gsy , wenn siner Töchtere alli hätte chönne hürathe. Aer het ne darvoa gsyt ; da ist ne grüseli angst woarde un si hei du welle hürathe; är seit ne aber darby, är well ne e Dorfet areise un de well är ne\'s de abringe u für si rede, numme sölle si de d\'s Mul halte. Un du gly druf het är ne es Paar Buabe zummene Mähli iglade, d\'s Flysch het me überthoa un d\'s Mähli akommedirt u gsotte. Darmit het är ne welle zeige, daß är e ryche Bur sigi. Die Töchtere het\'s afange blanget und sy usi ga achte, ob\'s nit gly rücki ; es het si darby aber Wunder gnoa, wie de das Züg ablauft; und eini chunnt du zur Tür inhi zspringe u syt: „Att du, d\'s Flysch ist schottets." Die Zweiti louft ere nah u syt: „Waßt du nüt, daß me nüt zäge scholl?" Die Dritti het du Fröud gha und seit du noa: „Guot, ih nüt zyt ha, ih de Ma chumm e ! " Es het du aber Kene glustet, wo si du ghört hei wie si rede, und us der Hürath het\'s du nüt gä.   Quelle: Sutermeister, Otto: Kinder- und Hausmärchen aus der Schweiz   Bern, Die Schweiz 1859, S. 232 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die drei Töchter der Hexe Catillon

Source: Die drei Töchter der Hexe Catillon

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Einer andern Sage nach hatte Catillon drei hübsche Töchter, die an jedem Wochenmarkte zu Boll oder Freiburg einen grossen Korb voll Eier feilboten. Den Schönen fehlte es an Freiern nicht. Bei einem Abendsitze fand einer der Kiltgänger einen Krug in einem Winkel. Unbemerkt untersuchte er seinen Inhalt, den er aber nicht erforschen konnte. Jedoch gewahrte er bald, wie jedes der lieblichen Mädchen verstohlenerweise den Krug hervornahm und von dem darin befindlichen Fette begierig ein Stückchen um das andere hinunterschluckte. Als man trank, sang und süsse Küsschen stahl, die um so wonniglicher mundeten, ging abermals jener Kilter, ohne dass man es gewahrte, zu dem Kruge, und ass die angenehm riechende Fettigkeit auf. Bei der Heimkehr spürte er Bauchgrimmen, und nach einer kurzen Weile legte er einen ganzen Kratten voll der schönsten Eier. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die drei ungleichen Schwestern

Source: Die drei ungleichen Schwestern

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Auf den Fidriser Heubergen stand ein kleines Häuschen, in welchem drei Schwestern wohnten. Eine von ihnen war schneeweiss, schön und gut, die Andre eine böse, schwarze Hexe, die Dritte halb weiss und halb schwarz, halb gut und halb bös. – Wenn nun die Hexe den Leuten Unheil anrichten wollte und die Gute durch Rat und Warnung dies verhinderte, dann trat die Dritte vermittelnd zwischen sie, so dass die Hälfte des Unheils zugelassen, die andere Hälfte abgewendet wurde. – Einst machten die Fidriser Burschen und Mädchen eine Bergpartie und wurden in der Nähe des Häuschens vom Regen überfallen. Die Gute erbarmte sich der fröhlichen Gesellschaft und lud die Durchnässten in die Stube ein; sie wollte ihnen Kuchen backen, aber die Hexe stiess sie aus der Küche und backte der Gesellschaft selber Kuchen, die von Aussen schön und gelb wurden, inwendig aber vergiftet waren. Das verdross die Gute, und sie weinte. Die Mittlere kam dazu, backte aus grobem Hausmehl grobe, braune Küchlein und sagte zur Guten: »Wir stellen von beiden, die gelben und die braunen den Gästen vor; die Eigennützigen werden die schönen, vergifteten essen und sterben, die Bescheidenen hingegen die braunen, und ihnen wird nichts geschehen; so geht es, halb und halb, wie immer!« – Diejenigen der Gesellschaft, die die goldgelben Küchlein assen, starben; die Bescheidenen hingegen, die mit den braunen vorlieb genommen, kehrten, von der Guten reich beschenkt, nach Hause. Quelle: Jecklin, Dietrich, Volkstümliches aus Graubünden. Teil 1, Zürich 1874 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die drei Winde

Source: Die drei Winde

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Oben in einem kleinen Tal unseres Landes lebte eine arme Familie. Es waren Vater, Mutter und viele Kinder, doch sie hatten wenig zum Beissen und Anziehen. Eines Abends stand die Frau ganz verärgert vor der Haustüre und blickte neidisch auf das Haus ihres reichen Nachbarn. Da kam ein Herr in grünem Frack daher und sagte zu ihr: «Wenn Ihr mir geben wollt, was Ihr unter Eurer Schürze trägt, will ich Euch so viel Geld verschaffen, wie Ihr wollt.» Das Dummerchen meinte, der Herr in Grün wolle die Kohle, die sie in der Schürze habe, und sie versprach es ihm. Später erzählte sie alles ihrem Mann, auch er musste über den Herrn in Grün lachen. Nach einiger Zeit gebar die Frau einen schönen Buben. Und sie nahmen als Paten einen alten Einsiedler und als Patin die Herrin eines Schlosses in der Nachbarschaft. Am gleichen Abend kam der Herr in Grün, legte einen Beutel voll Goldstücke auf den Tisch und sagte dem Vater, in sieben Jahren hole er den Buben, den die Mutter ihm versprochen habe. Erst jetzt merkten die guten Eltern, wer der Herr in Grün war, und was er damit meinte, was die Frau unter der Schürze trage. Völlig niedergeschlagen klagten und jammerten sie beim Paten des Kindes, dem frommen Einsiedler. Der aber tröstete sie und sagte, sie sollten das Kind nur gut erziehen, wie es sich gehöre, und wenn es fünf Jahre hinter sich habe, zu ihm schicken. Gesagt - getan. Nach fünf Jahren schickten die Eltern ihren Sohn zum Paten. Der gute Einsiedler lehrte mit vollem Eifer sein Patenkind das Lesen aus alten Büchern und in fremden Sprachen. Und nach sieben Jahren befahl er ihm, dorthin zu gehen, wo zwei Wege sich kreuzten und da in diesem alten Buch, welches er ihm mitgebe, zu lesen. Er dürfe aber nie aus dem Buch aufschauen, geschehe, was wolle. Dann gab er ihm ein Buch mit, so alt wie Methusalem und in Pergament gebunden und führte ihn an einen Ort, wo zwei Wege sich kreuzten. Dort fing der Bursche an zu lesen und zu lesen, und er las in einem fort. Aber immer wieder hörte er singen, spielen und tanzen, als zöge eine Hexengesellschaft vorbei. Er schaute vom Buch auf, und dem Augenblick packte ihn ein Adler mit seinen Krallen. Aber zum Glück konnte unser Bursche noch das alte Buch mit sich nehmen, und las immerzu darin. Deshalb musste der Vogel ihn loslassen, und der Bursche fiel, ohne zu wissen wie, auf den Berg Julier. Dort auf dem Berg Julier waren drei Feen in einem prächtigen Schloss. Die fanden den Kleinen und führten ihn zu ihrem Palast aus Kristall. Mit diesen drei gütigen Feen hatte er schöne Tage, und als ihm der erste Bart wuchs, verliebte er sich in die jüngste und schönste der drei Feen. Ihr gefiel der schöne Bursche auch, und bald sollten sie Hochzeit feiern. Aber vorher wollte der Bursche noch seine guten Eltern sowie den Paten und die Patin besuchen. Mit Tränen auf den Backen verabschiedete er sich von seiner Braut. Sie gab ihm einen Ring mit einem kostbaren Stein und sagte: «Wenn du diesen Stein in meine Richtung drehst, muss ich erscheinen, aber tu das um Gotteswillen nur, wenn du in Not bist.» Er dankte ihr und versprach, das Geschenk nicht zu missbrauchen. Und ohne zu wissen wie, war er bei seinen Leuten zu Hause und im Schloss seiner guten Patin. Die hatte grosse Freude an ihrem Patensohn, der ein ganz schöner Bursche geworden war, und sie machte ihm das Angebot, ihre feine Tochter zu heiraten. Doch er lachte nur über dieses Neujahrsgeschenk und sagte, er habe eine viel schönere Braut. Ohne an sein Versprechen zu denken, drehte er den Ring. Da erschien die Fee, seine Braut, weiss wie eine Lilie, aber sie war ganz zornig und drohte ihm mit dem Finger. Dann machten sie sich zusammen auf den Heimweg zum Berg Julier. Am Abend übernachteten sie in einem Gasthaus, und in der Nacht zog die schlaue Fee ihrem Bräutigam den Ring vom Finger und verschwand. Am andern Morgen war der Bräutigam ganz traurig und verzagt, da er weder die Braut noch den Ring finden konnte. Mutig wie er war, machte er sich trotzdem auf den Weg, um den Berg Julier zu suchen. Alle Leute, die er nach dem Berg Julier fragte, lachten ihm ins Gesicht und sagten, sie wüssten nichts von diesem Berg. Spät an einem Abend kommt der Bursche in einen dunklen Wald, und müde wie er ist, setzt er sich auf einen Baumstrunk und weint. Da kommt ein Mann, so alt wie Brot und Brei und einem weissen Bart zu ihm her und fragt: «Was weinst du, mein Bursche?» - «Oh, ich suche den Berg Julier, die drei Mädchen so weiss wie Lilien und das Kristallschloss.» - «Das ist weit weg», entgegnet der alte Mann, «doch hier hast du einen Pantoffel, und mit jedem Schritt, den du damit machst, bist du drei Stunden weiter. Ich bin der Nordwind.» Dann bläst er, und der Nordwind trägt den Burschen drei Stunden weiter in den Wald hinein. Dort steht neben einer Höhle ein Mann, so alt wie die Steine und mit grauen Haaren und einem grauen Bart. «Ich bin der Südwind», sagt der, «und ich weiss schon, warum du hier bist, und ich will dir auch helfen. Hier hast du einen Hut, der macht dich unsichtbar!» Mit heissem Dank nimmt der Bursche den Zauberhut in Empfang, und der Alte bläst, so dass der Südwind ihn drei Stunden weiter durch den Wald trägt. Hier steht vor dem Burschen ein Mann mit ganz zerzaustem Haar und struppigem Bart, doch sonst noch rüstig und ein kräftiger Kerl. «Das, was du suchst, ist dort oben, oberhalb dieser Felswand», sagt der Mann, «und dort hinauf können dich weder der Südwind noch der Nordwind blasen; ich aber bin der Föhn, mir gehört alle Macht in den Bergen. Nimm diesen Stab, und wenn du ihn drehst, bist du oberhalb der Felswand!» Der Bursche schwingt tüchtig den Stab, den der Alte ihm geschenkt hat, und im gleichen Augenblick weht der Föhn ihn hinauf und über die Felswand. Aus dem Schloss der Feen, welches nicht weit weg war, hörte man Musik und Tanz. Sogleich setzte der Bursche den Hut des Südwinds auf und ging ins Kristallschloss. Dort sah er seine Braut, die für die Hochzeit zurechtgemacht war, mit einem andern am Tisch sitzen. Stinkfrech machte sich der Bursche daran, alles wegzuessen, was auf den Teller seiner Braut kam. Da kriegte sie grosse Angst und rannte hinauf in ihr Zimmer, und der Bursche hinterher. Aber im Zimmer nahm er seinen Hut ab, und da erkannte ihn die Braut. Die alte Liebe siegte, und als sie zu den Hochzeitsgästen hinuntergingen, stellte die Fee ihnen folgende Frage: «Wenn jemand einen Schlüssel verloren und einen neuen hat machen lassen, doch den alten wieder findet, welchen braucht er nun?» «Den alten», erklärten die Hochzeitsgäste einstimmig. Dann erzählte sie, wie es ihr gegangen war, und noch am gleichen Tag wurde sie mit dem alten Bräutigam getraut. Ich habe die Suppe aufgetragen, und da haben sie mir einen Tritt in den Arsch gegeben, so dass ich bis hierher geflogen bin.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler. sowie: "Die drei Hunde", Rätoromanische Märchen aus dem Ober- und Unterengadin, Schams und Oberhalbstein, Caspar Decurtins, Ursula Brunold-Bigler (Hg.), Kuno Widmer (Übers.), Desertina Verlag   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die drei Wünsche

Source: Die drei Wünsche

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Der Heiland und Petrus gelangten einmal Abend zu einem Schuster und baten, bei ihm übemachten zu können. Der liess sie übernachten und gab ihnen noch abends und morgens zu essen. Am andern Tag vor dem Aufbruch sagte der Heiland zum Schuster, er könne als Lohn drei Dinge wünschen, nach freier Wahl. Da wünschte der Schuster zum ersten, immer beim Kartenspielen zu gewinnen. Petrus ermahnte ihn, er solle das Paradies wünschen. Der Schuster aber wünschte zum zweiten, wer sich auf seinen Stuhl setze, der müsse dort bleiben, bis er ihn aufstehen heisse. Petrus sagte wieder: «Wünsch dir das Paradies.» Aber der Schuster wünschte zum dritten, wer auf seinem Pflaumenbaum sitze, der müsse dort oben bleiben, bis er ihm erlaube herunterzusteigen. Petrus meinte, das seien keine rechten Wünsche. Jetzt wurde der Schuster wütend und brüllte Petrus an: «Halt’s Maul, du Dummkopf, ich weiss doch, was ich zu wünschen habe.» Der Heiland und Petrus reisten weiter. Von nun an gewann der Schuster immer, wenn er Karten spielte. Das, was er selbst nicht brauchte, gab er den Armen. Als der Schuster alt war, kam der Tod und wollte ihn holen. Der Schuster sagte zum Tod: «Setz dich auf diesen Stuhl, während ich mich parat mache.» Der Tod nahm Platz und wollte aufstehen, doch als der Schuster kam, konnte er nicht. Der Tod musste lange betteln, bis er wieder aufstehen durfte; zuerst hatte er dem Schuster versprechen müssen, 25 Jahre zu warten. Nach dieser Frist kam der Tod zurück, als gerade die Pflaumen reif waren. Der Schuster sagte zum Tod, er esse gewiss gern ein paar Pflaumen vor dem Weggehen. Der Tod stieg auf den Pflaumenbaum und konnte nicht mehr herunter. Diesmal liess der Schuster ihn versprechen, ihn in 50 Jahren abzuholen; dafür durfte er herunterkommen. Als die Zeit vorbei war, kam der Tod wieder, und diesmal musste der Schuster mit. Als sie vor den Toren des Paradieses standen, sagte Petrus zum Schuster: «Spieler dürfen da nicht herein, und du hast mir erst noch "Dummkopf" angehängt.» Der Tod brachte ihn vor die Tore des Fegefeuers, doch dort wollten sie den Schuster auch nicht. Danach ging der Tod mit ihm hinunter in die Hölle. «Ich hab’s mir doch gedacht, dass ich den doch noch erwische», sagte der Teufel, «der hat immer Karten gespielt.» Da stellte sich der Tod auf die Seite des Schusters und sagte, der habe doch nie unredlich gehandelt. Der Schuster fragte, ob sie auch Karten in der Hölle unten hätten. «Ja, ja, mehr als genug», antwortete der Teufel. Nun sagte der Schuster zum Teufel, sie wollten um seine Seele spielen. Sie spielten, und der Schuster gewann. Da brachte der Tod den Schuster noch einmal vor die Tore des Paradieses. Der Herrgott sagte, sie sollten den Schuster einlassen; der habe nie unredlich gehandelt. (Oberhalbstein)   Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die dreifache Not

Source: Die dreifache Not

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In einem Taldorfe des Oberwallis waren die Leute bös und streitsüchtig. In den Familien zankten sich nicht nur die Geschwister beständig untereinander; sie stritten selbst mit ihren alten Eltern fort und fort und von Geschlecht zu Geschlecht, weil der alte Vater immer abzubüssen hatte, was er selbst in der Jugend an dem seinigen verbrochen. Einst hielten da die jungen Leute im Gemeinhaus Fassnachtstanz, mochte auch draussen der Schnee stürmen, der Pfarrer mahnen, der Vater zürnen, die Mutter jammern. Bei schällender Musik kreisten die lustigen Paare in der grossen Stube und in der Küche wurde ein munteres Feuer angeschürt zum Kochen und Braten. — Aber sieh! Auf einmal lösten sich grosse Schneemassen oben vom Berge und stürzten ins Dorf, viele Gebäude fortreissend. Dem Talbache verrammelte die Lauwine das Bett und trieb das Wasser ins Dorf — und das Feuer der Tanzgesellschaft, in der Verwirrung nicht beaufsichtigt, griff um sich und loderte bald hoch zum Dach hinaus. — So hatte das arme Dorf Feuer-, Wasser- und- Schneelawinennot auf einmal. — Aber die jungen Leute tanzten fort.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die dreiköpfige Hexe

Source: Die dreiköpfige Hexe

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Es wird in Puschlav von einer ganz besonders berüchtigten Hexe erzählt, welche, bald in eine Katze, bald in eine Ziege, bald in einen Bären verwan­delt, viel Unheil stiftete. So erschien sie oft in Gestalt eines Bären am linken Ufer des Poschiavino. Die Jäger eilten herbei, den vermeintlichen Feind ihrer Herden zu erlegen. Ihre sonst bewährten Büchsen versagten jedoch immer, dann richtete sich der unheimliche Bär auf den Hinterfüssen empor und verspottete die unge­schickten Schützen durch allerlei drollige Gebärden. Endlich fand sich aber ein Jäger, der im Rufe stand, etwas mehr zu wis­sen, als alle übrigen Menschenkinder. Dieser legte mit geheimnissvoller Miene einige »Brodbrosmen« auf die Zündpfanne. - Der Schuss ging los, und der Bär zog sich, Blutspuren hinter sich lassend, hinkend in den Wald zurück. Da die Hexe nach diesem Vorgange längere Zeit ihr Haus nicht verliess, wussten die Jäger und viele Andere, was sie von diesem Bären zu denken hatten. Als das Übermass ihrer Übeltaten voll war, geriet diese Hexe in die Hände des Richters. Es wurden viele schwere Anklagen gegen sie vorge­bracht; allein der »Bollo« (Teufelsmal), womit der Satan die in seinen Dienst Getretenen bezeichnete, konnte nirgends an ihrem Leibe entdeckt werden. - Da versteckte sich der Gerichtsdiener in die Nähe der finstern Hexenkam­mer, wartete bis dass die aus dem Verhöre zurückkehrende Hexe in Dieselbe zurückgeführt wurde, dann gab er sich mit verstellter, hohler Stimme für den Bösen selbst aus, versprach der Gefangenen seinen Beistand, und sagte ihr im Laufe des Gespräches, er erinnere sich nicht mehr recht, wo er sie gezeichnet habe. - Die arme Hexe liess sich täuschen, und gab an, wo der »Bollo« sich befinde. Der Gerichtsdiener eilte mit der Kunde »brühwarrn. in den Gerichtssaal. - Der »Bollo« fand sich vor, war aber kaum mehr sichtbar. - Nun war der Prozess spruchreif: die Hexe wurde Zum Tod verurteilt. Auf dem Richtplatze erschienen zum Entsetzen der Zuschauer neben dem Kopfe der Hexe plötzlich noch zwei andere, gleiche Köpfe, einer auf der rechten, der andere auf der linken Seite. Der verblüffte Scharfrichter, der sein Schwert bereits gezogen, wendete sich mit der Frage, welchen von den drei Köpfen er abschlagen solle, an den Podesta. Der fragte den anwesenden Geistlichen, und dieser Letztere gab den Rat: »den mittelsten« vom Rumpfe zu trennen. - So geschah es. - Was aus den zwei andern Köpfen geworden ist, meldet die Sage nicht. - Als Tatsache wird jedoch erzählt, das Haus, welches die Hexe bewohnt hatte, sei drei Male abgebrannt. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Drohung

Source: Die Drohung

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Ä Gurtnäller häig wellä ga hirtä. Äs syg Karfryttig gsy, und wo-nn-er zum Gadä chu syg, häig »äis« zum-nä Tohli üssglüegt und häig Fläisch g'gässä. »Nu!« häig der Gurtnäller züe-n'm gsäit, »dü hesch etz Rächt, hittä-n-isch etz brezys d'r rächt Tagg fir zum Fläisch frässä!« Dises häig-ä-n-äso gschäuwet, und d'rnah häig's ä Stäi üffgläsä und häig-ä mit dä läärä Händä z'Mähl gmacht, und häig gsäit, wennd'r gwisst hätt, was äs wär (d.h. dass es ein Geist sei), sä hätt's-em's brezys äso gmacht wiä dem Stäi. Peter Ant. Gamma, 50 Jahre alt, Alpknecht, von Göscheneralp Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die dumme Grethe

Source: Die dumme Grethe

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Die dumme Grethe hat mit ihrem Mann in einem einsamen Häuschen vor dem Dorf gewohnt und ist wenig unter die Leute gekommen. Eines Tages kam ein hungriger Kerl zu ihr, als eben ihr Mann auf dem Felde war, und bat sie, ihn« etwas an die Gabel zu geben, dieweil er den ganzen Tag nüchtern gelaufen sei; wenn\'s nur ein Stück Fleisch war\', sagte er, oder ein halbes. Da ihr Mann eben gestern ein Schwein geschlachtet hatte, ging sie in die Kammer und holte das halbe Schwein heraus. Ja, damit woll\' er heut alleweil haushalten, sagte der Hungrige, lud die Last auf die Schulter und gieng davon. Als der Grethe ihr Mann heimkam und vernahm, was feine Frau gethan hatte, raufte er sich die Haare und sagte: „Grethe, meine Grethe, wann wirst Du gescheid ! Warum hast Du dem Kerl nicht eine Schwarte abgehauen?" „Ach lieber Mann," sagte die Grethe, „Du weißt ja, ich kann kein Blut vergießen, wie hätt\' ich dem armen Menschen eine Schwarte abhauen können?" Sagte der Mann: „Grethe, meine Grethe, jetzt wirst Du nimmer gescheid! Jetzt geh ich in die Stadt, und wenn ich dort Eine finde, die noch dümmer ist als Du, dann ist Dir Dein Leben geschenkt, sonst geht\'s Dir an den Hals." Er ging also in die Stadt, und da war eben der Markt angegangen ; und als er zu einer Eierfrau kam, stolperte er in Gedanken über ihren Korb hinein, daß die Eier vor Schrecken platzten und der Boden alsobald aussah, wie wenn er mit lauter ungeschmalzten Pfannkuchen gepflastert wäre. „Hui," sprang die Eierfrau auf, „was ist das ein Lümmel!" „Oho," rief der Mann, „spuck aus und sprich anders ! Wer kann so eine armselige Eierkrabbe sehn, wenn er grad herab vom Himmel fällt?" „Ja du mein lieber Gott, vom Himmel kommt Ihr?" rief die Frau, „wie hätt\' ich das denken können! Sagt, habt Jhr meinen seligen Mann, den Christen, nicht gesehn? Er muß nun, wenn\'Gotts Will ist, zu Ostern schon ein Jahr dort sein." „Das will ich meinen, hab ich ihn gesehn," antwor tete der Mann ; „noch gestern Abend sind wir beisammen gesessen. Er ist der beste Kumpan, den ich im ganzen Himmel hab, und wenn ich hinauf komme, so such ich ihn zuerst wie der auf. Nur ein bischen schmal hat er\'s bei dem Sternenputzen; jeden geschlagenen Abend die Sterne abrußen und nur Einen Kittel auf dem Leib haben Sonntag und Werktag, ist kein Spaß." „Ja du mein lieber Gott," rief die Frau, „so schmal hat er\'s, mein armer Christian? Da könntet Jhr Euch doch einen rechten Gotteslohn verdienen, wenn ihr ihm das Stück Tuch bringen wolltet, das ich grad noch für ihn gekauft Hab, eh er mir zu Tod gestorben ist; es ist so gut wie neu." „Wenn\'s nicht zu schwer ist, so will ich\'s probieren," sagte der Mann und ging mit der Frau in ihr Haus, und da gab sie ihm das Tuch und ließ nicht nach, bis sie ihm noch dazu einen Korb voll Eier für ihren Christian aufgeschwatzt hatte. Damit machte er sich auf den Heimweg. Als er nach Haus kam, erschrack die Grethe, denn sie meinte nicht anders, als daß jetzt ihr letztes Stündlein geschlagen habe. Doch der Mann hatte ihr schon von weitem gewinkt und rief: „Grethe, meine Grethe; die dümmste bist Du doch nicht!" Erzählte ihr dann den Handel mit der Eierfrau und hatte seine helle Freude an dem neuen Tuch und den geschenkten Eiern, und der Grethe war auch ein Stein ab dem Herzen, daß es ihr diesmal doch nicht an den Hals gegangen war.   Quelle: Sutermeister, Otto: Kinder- und Hausmärchen aus der Schweiz, Aargau. (Mündliche Ueberlieferung.)   Aargau. (Mündliche Ueberlieferung.) Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Duonna di Valnüglia

Source: Die Duonna di Valnüglia

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Im Schlosse zu Cernez war vor Zeiten eine Schaffnerin, welche das volle Vertrauen der ritterlichen Herrschaft genoss. Sie war mit der Aufsicht über das ganze Hauswesen betraut, ihr waren die Schlüssel über alle Gemächer übergeben, sie befehligte sämtliches Gesinde, und verwaltete den Einkauf und Verbrauch der Lebensmittel. Aber sie missbrauchte das von der Herrschaft ihr geschenkte Zutrauen. Mit List und Gewandtheit wusste sie ihre Vergehen zu decken, und jeden Verdacht ferne zu halten. - Es kam ihr nichts aus. Nach Jahr und Tag rückte der Knochenmann, der Niemand eine Aus­nahme gestattet, auch an die Verwalterin heran, und sie ging mit ihm den Weg des Fleisches. - Dem Anscheine nach war ihr Wandel unsträflich ge­wesen, und sie wurde in Ehren begraben. Aber bald nach ihrem Tode sollen die Mägde im Schlosse nächtlicher Weile ein seltsames Geklirre und geisterhaftes Poltern gehört haben, und Eine nach der Andern erzählte das der Herrschaft. Diese bestellte Wächter, aufzupassen und zu untersuchen, was an der Sache sei, und wie gross war ihr Erstaunen, als man ihr des andern Tages meldete, die Verwalterin selber, die vor Kurzem gestorben, sei erschienen, mit einem Bunde Schlüssel in der Hand, und habe dann im ganzen Schlosse ihr Unwesen getrieben. Erst jetzt erkannte man, dass die Verwalterin untreu gewesen, und dass sie das ihr geschenkte Zutrauen höchlich missbraucht haben müsse. Nun ward Rat gehalten, auf welche Weise man des leidigen Gastes, und der Störerin der nächtlichen Ruhe sich entledigen könne; und es wurde schliesslich ein Geisterbanner herbeigerufen, welcher dann die arme Ungetreue vom Schlosse entfernte, und weit weg, in das einsame Tälchen Nüglia bannte. Es ist dies eine kleine Schafalpe, der Gemeinde Valcava gehörig, und liegt hoch oben auf dem Gebirge des wilden Buffalora. Dort treibt seit langen Jahren jene Unglückselige ihr Wesen bei Nacht, zuweilen auch bei Tage, bei eintretender Witterungsänderung, rasselt mit dem Bunde Schlüssel, den sie beständig in der Hand hält, und bringt oft Furcht und Schrecken über die Schafherden, noch weit öfter über die Hirten. Auch erlaubt sie sich zuweilen einen Spaziergang bis auf die Strasse hinunter, die über den Ofenpass nach dem Münstertale führt, zeigt sich hie und da dem einsamen Wanderer, weist ihm den Bund Schlüssel, und deutet auf diese Weise ihm an, dass sie ungetreu verwaltet habe, nun aber dafür büssen müsse. Noch vor wenig Jahren will ein junger Mann, und zwar bei Tage, sogar in der Nähe des Wirtshauses auf dem Passe sie gesehen haben. Der Sage nach, ist ihr Aussehen menschlich, blos fehlt ihrem fahlen, geisterhaften Gesichte die Nase. - Wenn sie auch nur wenigen, und meistens nur Hirten oder einsam Wandernden das nicht gerade beneidenswerte Vergnügen ihrer Begegnung verschafft, so ist sie doch bei Jedem, der in der Nähe des Buffalora sich aufhält, im Münstertale sowohl, als auch im Engadine ihrem beigelegten Namen nach bekannt: »la Duonna di Valnüglia.« Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die durstigen Eidgenossen

Source: Die durstigen Eidgenossen

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Oben am Zürichsee, da wo eine Brücke über das blaue Wasser geht, liegt, den kleinen, reizenden Inseln Ufenau und Lützelau fast gegenüber, das alte Städtlein Rapperswil. Es schmiegt sich eng an einen Hügel, von dem das alte Grafenschloß weit in die Lande und nach den Schneebergen Auslug hält. Obwohl nun die Stadt klein ist und ihre Gärten und Gärtlein, in denen die wundervollsten Rosen blühen, gar ein trauliches Gesicht machen, hat sie doch viele böse Zeiten durchkämpfen müssen und manchen harten Sturm in alter Zeit zu bestehen gehabt. Einst, als sich die Glarner in der Schlacht bei Näfels mit wilder Tapferkeit für immer von den Herzögen von Österreich freimachten, wurde die kleine österreichische Stadt, die treu zu ihrem Herzog hielt, von den Eidgenossen belagert. Und zwar wehten um das Seestädtchen Rapperswil die Panner von Uri, Schwyz, Unterwalden, Zürich, Glarus, Zug und Luzern; waren auch Kriegsleute von Solothurn da. Aber trotz dieser ansehnlichen Macht, die ihr gar sehr zusetzte, wollte sich die kleine Stadt nicht übergeben, denn in ihren Mauern hatte sich eine schöne Anzahl von Verteidigern zusammengezogen. Zu den tapferen Bürgern der Stadt hatten sich noch viele Ritter mit ihren Knechten und eine große Schar Genueserschützen und Lamparter (Lombarden) gesellt. Bald verleidete aber den Eidgenossen das Warten, und da sie sahen, daß das Städtlein nicht auszuhungern war, weil der See ihm reiche Fischnahrung gab, gingen sie am ersten Maitag des Jahres 1388 zum allgemeinen Sturm über. Es war ein wundervoller Tag, aber brennend heiß wie sonst nur etwa im Heumonat. Da setzten die Eidgenossen der kleinen Stadt mit ihren Büchsen, Blyden, Tummlern, Katzen, Steigleitern, Handwerken und Schirmen gar arg zu. Sie ließen auch mit Harz und Pech bestrichene Schiffe anzünden und an die Stadt laufen. Aber die Besatzung in ihrem Ring wehrte sich mannlich. Sie warf gewaltige Steine auf die Schiffe, löschte mit Wasser und warf, schleuderte und schoß, was und wie sie konnte, wobei die Rapperswiler Frauen die vordersten waren. Aber auch vom Land her stürmten die Eidgenossen. Und nach langem Mühen gelang es einem Haufen, bei einem Abwasserauslauf ein rechtschaffenes Loch in die Mauer zu treiben. Also gelangten die schweißbedeckten Kriegsmannen auf einmal aus der brennenden Hitze in den kühlen Weinkeller eines Hauses im Mauerring, ohne daß die in der Stadt es bemerkten. Da hätten sie nun gut stürmen gehabt. Sie hätten nur um Nachzug und Hilfe schicken sollen und derweilen allesamt die Kellerstiege hinauf in die offenen Gassen hineinlaufen müssen, so wäre ihnen das Städtlein gar bald geworden. Doch sie taten weder das eine noch das andere. Meine stürmenden Eidgenossen witterten sogleich die duftige Tranksame, die in einer ansehnlichen Reihe Fässern an den Wänden lagerte. Und da sie gar sehr von der großen Hitze und der harten Stürmerei dursteten, nahmen sie gemächlich die verbeulten Blechhüte und Sturmhauben ab und ließen den roten, wohlbekömmlichen Wein dareinlaufen. Und da er ihnen wohl mundete und sie vermeinten, noch nie einen besseren Tropfen getrunken zu haben, so vermochten sie sich von diesen roten, kurzweiligen Brünnlein nicht zu trennen. Sie ließen also die Sache gehen, tranken den schönen Wein eimerweise und sturmhaubenvoll und wurden guter Dinge. "Die Stadt ist ja jetzt doch unser", sagten sie sich, "wir müssen ja nur noch die Kellerstiege hinauf, so stehen wir mitten drin." Sie trieben es zuletzt so unbedacht, daß sie zu jodeln anfingen und den Wein in ihren Blechhüten vor die Mauern hinaus den Streitgenossen zutrugen. Aber unterdessen hatten die merkigen Frauen des Städtleins das Unheil gewittert und herausgefunden, wo der Eimer rinnt. Sie taten sich blitzgeschwind zusammen, verrammelten die Kellertüre gar gewaltig und rissen den Estrich auf. Und auf einmal kam über die zechenden Eidgenossen ein siedendheißer Regen und verdünnte ihnen die schöne Tranksame unverschämt und gottlos. Und als sie sich nun aufrafften und den Kelleraufstieg doch noch erzwingen wollten, ward der Regen zum siedendheißen Wolkenbruch, also daß sie sich wie die Ratten im Kellerloch schleunigst wieder zum Auslauf in der Mauer hinausmachten, durch den sie so weidlich und getrosten Mutes hineingekrochen waren. Jetzt brachen gar die wohlbewehrten Verteidiger des Städtleins in den Keller hinunter und erstachen und erschlugen noch die paar alten Eidgenossen, die sich an dem schönen roten Brünnlein so stark angefüllt hatten, daß sie's nicht mehr zum Loch hinausbrachten. Danach füllten die erschrockenen Rapperswiler den gefährlichen Keller mit Steinen und Holzwerk rasch aus, also daß dort an ein Eindringen nicht mehr zu denken war. Obwohl nun die Eidgenossen währenddessen und nachher bis zum Vesperläuten auf die Mauern von allen Seiten mit ihrem Zeug losgingen, gewannen sie das Städtlein doch nicht, das sie so leicht hätten einnehmen können, wären sie nicht gar so durstig, der Keller nicht zuvorderst und der kühle Wein nicht gar so gut gewesen. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die edelmütigen Nidwaldner

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Einst hatten die Bürger der guten Stadt Luzern mit den Landleuten der Täler von Unterwalden nid dem Kernwald einen bösen Streit um eine Rechtsame am hochragenden Bürgenberg. Sie kamen immer mehr auseinander, also daß sie sich manches zuleid werkten, was unter getreuen, lieben Eidgenossen nie hätte geschehen sollen. Es kam so weit, daß sie tätlich aneinander gerieten, wo immer sie sich antrafen, und es war zu fürchten, daß zwischen den Luzernern und Nidwaldnern noch ein Krieg ausbrechen werde, was aber die andern Eidgenossen mit Schmerzen erfüllt hätte. Da brach eines Tages im Jahre 1340 in der Stadt Luzern eine fürchterliche Feuersbrunst aus. Weithin rötete sich der Himmel, und der See hatte davon einen Widerschein wie eine feurige Platte. Erst nahmen es die Hirten von Nidwalden für ein außergewöhnlich schönes Alpenglühen, da eben die Sonne im Niedergang war. Doch als es nicht verschwinden wollte, meinten sie, es sei ein Zeichen vom Himmel und die Welt gehe nun unter. Doch bald vernahmen sie von ihren eilig an die heimatlichen Gestade fahrenden Fischern, daß die Stadt Luzern lichterloh brenne, daß alles ein Feuer sei. Rasch taten sich die Nidwaldner zusammen, dann bestiegen sie ihre Nauen und fuhren, wohlgewaffnet, an die Stadt, über der ein gewaltiger Rauch stand. Voll Entsetzen gewahrten die Luzerner im vergehenden Tag die eilig im vollen Waffenrust anrückenden Nidwaldner. Sie schlossen geschwind die Stadttore der brennenden Stadt und setzten alles wehrfähige Volk daran, das nicht mit dem Kampf gegen das Feuer zu tun hatte. Aber da erhob sich der Landammann der Nidwaldner in seinem Schiffe und rief den wachhaltenden Luzernern zu: "Liebe, getreue Eidgenossen! Euer Leid ist unser Leid. Wir sind hier, daß wir, soviel wir vermögen, euer Leib und Gut, Weib und Kind retten und euch eure brennenden Häuser löschen helfen, als wären sie die unsrigen." Da gingen die Tore weit auf, und mit Freuden ließ man die hilfsbereiten Nidwaldner in die arg bedrohte Stadt. Den vereinigten Anstrengungen der zwei Nachbarvölker gelang es auch bald, die gewaltige Feuersbrunst zu löschen. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die edle Frau von Rudenz

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Vor alten Zeiten, so erzählten mir mehrere alte und jüngere Personen aus dem Volke, unter andern ein 90-jähriger Mann, eine Person von der mittlern Planzern und eine vom Rütteli, wohnte im Rütteli grad unter der Planzern eine sehr vornehme Frau, eine Gräfin, die der Kirche in Altdorf die Wysiglocke und der Gemeinde Altdorf eine Wiese, heute die »einbeschlossene Allmend« geheissen, schenkte. Man durfte in Altdorf nicht zum Gottesdienst läuten, bevor man sie kommen sah. Sie ritt ein weisses Rösslein und kam vom Moosbad her dem Walde entlang über die Rübi, das Schybenplätzli und das Vogelgsang, wo vor Zeiten die Landstrasse ging. Unter dem Rütteli hatte sie ein Kapellchen, von dem beim G'hirmistein, hart ob dem Weg noch kleine Reste stehen. Ysiri Müetter hed ys Chindä das Plätzli mängisch 'zeigt und het g'seit, alt Lyt heiget ihrä g'seit, vor 100 Jahrä syg das Chappäli nu g'standä.« Ant. Gisler ab der Planzern, 37 J.; seine Mutter † 76 J. Tatsächlich erspäht man, wenn man die Stelle kennt, etwas Gemäuer, das als Ruine einer kleinen, gemauerten Gebetsnische gedeutet werden kann. Ein älterer Mann von Flüelen will sie als Kind noch gut erkannt haben. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die edle Mailänderin

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So um Mitternacht wanderte ein Schächentaler von Unterschächen her talauswärts. Beim hintern Mühlebach begegnete ihm eiligen Schrittes ein Wybervölchli. »Wohin so in aller Eile?« fragt der Schächentaler. »Auf Chammli«, antwortet es, »da wartet meiner unter dem Firn das Fegfeuer. Ich komme von Mailand, wo mein junger toter Leib noch warm in Seide und Sammet auf dem Sterbebette ruht. Ich war ein vornehmes Fräulein, reicher Leute verwöhntes Töchterchen, habe nie erfahren, was Hitz und Kälte sind, und einmal einen armen, von Frost zitternden Mann seines Frierens wegen ausgelacht.« Frau Arnold-Gisler, Bürglen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die edle Mailänderin

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Auf der Törbjeralpe, nahe der Grimsel, begegnete ein Hirt, welcher ein verlorenes Rind aufsuchte, in der wildesten Gegend, wo nur Gletscher und kahle Felsen zu sehen, bei finsterem Regenwetter zu seinem grossen Erstaunen einer vornehmen Dame, die gegen den Gletscher wanderte. Er verdoppelte seine Schritte, um derselben seine Dienste anzubieten, falls sie sich verirrt hätte. Bei seiner Annäherung bemerkte er, dass sie keine Kopfbedeckung hatte und barfuss einherging. Aus ihren prächtigen Haaren, welche in reichen Locken auf ihre Schultern herabfielen, tröpfelte der Regen, an ihrem Lilienhalse hing eine Goldkette; ihre schlanken Lenden umgab ein kostbarer Gürtel und ihre Arme waren gleichfalls mit goldenen Reifen geschmückt. An den Fingern ihrer kleinen schneeweissen Hände glänzten Ringe, mit Diamanten besetzt. Ihre blossen Füsse, welche von der Kälte und Nässe gerötet waren, schienen so zart zu sein, dass jedes Steinchen dieselben hätte verwunden müssen. Mit einer Hand hielt sie züchtig die seidene Schürze empor, um sich den Gang durch die rauhe Gegend zu erleichtern, in der andern führte sie einen langen Reisestock. Sie trat mit ihren zarten Füssen auf die harten, kalten und nassen Steine so behutsam, dass man sah, jeder Tritt mache ihr Mühe und verursache ihr Schmerzen. Ihr holdseliges Angesicht trug die Spuren von vielem Weinen; in ihren grossen und sanften Augen schimmerten noch frische Tränen und ihre feinen Lippen öffneten sich zu leisen Seufzern und Gebeten. Voll Verwunderung über diese seltsame Erscheinung und von tiefem Mitleiden gerührt fragte der Hirt sie aus. Da sprach sie: "Soeben verliess ich eine grosse Stadt und einen glänzenden Palast. Noch warm auf dem Totenbette in Mailand liegt mein Leib, um welchen meine Eltern als um ihre einzige Tochter, bitterlich weinen und ihn mit ihren Tränen benetzen. Ich bin von Gott verurteilt worden, in diesem Gletscher abzubüssen weil ich zu Lebzeiten fast auf keine Erde getreten, indem ich immer in der Kutsche fuhr, niemals in eine Traufe kam, nie ohne stattliche Begleitung mich vom Hause entfernte, nie einem kalten Lüftchen mich aussetzte, keine anständige Freude mir versagen wollte, mich vor aller Anstrengung und Mühe fürchtete: darum bin ich zur Strafe für meine Verzärtlichung verurteilt, in dieser rauhen Wildnis barfuss  in Regen, Kälte und Ungewitter zu wandeln und in diesem Gletscher abzubüssen." Bei diesen letzten Worten kam plötzlich ein finsterer, dichter Nebel und kalter Regenschauer daher welche ihm die liebliche Gestalt aus den Augen nahmen. Als nach wenigen Augenblicken das Unwetter vorüber war und die Gegend sich wieder etwas aufheiterte, da war keine Spur von der schönen Frau mehr zu erblicken. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


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Auf der Aare, Törbjeralpe nahe der Grimsel, begegnete ein Hirt, der ein verlorenes Rind aufsuchte, in der wildesten Gegend, wo nur Gletscher und kahle Felsen zu sehen, bei finsterem Regenwetter zu seinem grossen Erstaunen einer vornehmen Dame, welche gegen den Gletscher wanderte. Er verdoppelte seine Schritte, um derselben seine Dienste anzubieten, falls sie sich verirrt hätte. Bei seiner Annäherung bemerkte er, dass sie schön, jung und vornehm war, aber was ihm am meisten auffiel, dass sie keine Kopfbedeckung hatte und barfuss einherging. Aus ihren prächtigen Haaren, welche in reichen Locken auf ihre Schultern herabfielen, tröpfelte der Regen, an ihrem Lilienhalse hing eine Goldkette, ihre schlanken Lenden umgab ein kostbarer Gürtel und ihre Arme waren gleichfalls mit goldenen Brasseln geschmückt. An den Fingern ihrer kleinen schneeweissen Hände glänzten Ringe mit Diamanten besetzt. Ihre blossen Füsse, welche von der Kälte und Nässe gerötet waren, schienen so zart zu sein, dass jedes Steinchen selbe hätte verwunden müssen. Mit einer Hand hielt sie züchtig die seidene Schürze empor, um sich den Gang zu erleichtern durch die raue Gegend, in der andern führte sie einen langen Reisestock. Sie trat mit ihren delikaten Füssen auf die harten, kalten und nassen Steine so behutsam, dass man sah, jeder Tritt mache ihr Mühe und verursache ihr Schmerzen. Ihr holdseliges Angesicht trug die Spuren von vielem Weinen, in ihren grossen und sanften Augen schimmerten noch frische Tränen und ihre feinen Lippen öffneten sich zu leisen Seufzern und Gebeten. Voll Verwunderung über diese seltsame Erscheinung und von tiefem Mittleiden gerührt, fragte er: «Aber um Gotteswillen, meine schöne gute Frau, wo wollet ihr hin bei so harter Witterung und in einer so wilden Gegend? Ihr müsst euch ganz verirrt haben? Ach dass Gott erbarm! Ihr geht da barfuss, ohne Hut und Regenschirm, gewiss seid Ihr verunglückt? Oder wo sind denn Eure Bedienten? Habet Ihr keinen Führer mitgenommen? Ihr seid doch nicht zu Fuss bis hier gekommen? Ohne Zweifel seid Ihr nicht ferne von hier vom Pferde gestiegen und habet allein Euch zu weit von Eurer Begleitschaft entfernt und verirrt?» — «Nein, mein guter Junge», erwiderte die Dame mit einer lieblichen Stimme, «ich habe mich nicht verirrt; ich komme wirklich hierher ohne Begleitschaft, ohne Pferd, ohne Diener, ohne Hut, Schuhe und Regenschirm. Soeben komme ich von einer grossen Stadt und glänzendem Palaste. Mein Leib liegt noch warm in Mailand auf dem Totenbette, um welchen meine lieben Eltern als um ihre einzige Tochter bitterlich weinen und ihn mit ihren Tränen benetzen. Ich bin von Gott verurteilt worden, dass ich in diesem Gletscher abbüssen muss, weil ich bei Lebzeiten fast auf keine Erde getreten, weil ich immer in der Kutsche fuhr, niemals in eine Traufe kam, nie ohne stattliche Begleitung mich vom Hause entfernte, nie einem kalten Lüftchen mich aussetzte, keine anständige Freude mir versagen durfte, mich vor aller Anstrengung und Mühe fürchtete, darum bin ich zur Strafe meiner Verzärtlichung verurteilt, in dieser rauen Wildnis barfuss, in Regen, Kälte, und Ungewitter zu wandeln und in diesem Gletscher abzubüssen — dies ist mein Fegfeuer — denn ausser dieser Verzärtlichung habe ich keine Sünde begangen.» — Bei diesen letzten Worten kam plötzlich ein dichter finstrer Nebel und kalter Regenschauer daher, welche ihm die liebliche Gestalt aus den Augen nahmen. Als nach wenigen Augenblicken der Regenschauer mit dem dichten Nebel vorüber war und die Gegend wieder etwas sich aufheiterte — da war keine Spur von der schönen Frau mehr zu erblicken. Augenblicklich, aber leider zu spät, fiel ihm ein, Gott habe nicht umsonst es zugelassen, dass sie ihm in so schöner Gestalt erscheinen durfte. Gewiss habe ihr zur völligen Erlösung nur wenig gefehlt; ach, statt der unnützen Fragen, hätte er ihr seine Hülfe anbieten sollen, womit er sie erlösen könnte. So laut er vermochte, rief er jetzt in die Gegend, wo sie verschwunden: «Schöne Frau, so saget mir doch, womit kann ich Euch erlösen?» Aber statt einer Antwort kam jedes Mal ihm nur ein schwacher Widerhall von seinen letzten Worten zurück; melancholisch rauschte der Bach; dumpf donnerte der Gletscher, bleiche Nebelgestalten stiegen aus den Gletscherspalten auf und nieder — aber von ihr sah und hörte er nichts mehr. — Und so oft ihn später eine wunderbare Sehnsucht bei Nebel und Regen in diese wilde Gegend hinführte und er sich an die nämliche Stelle setzte, wo die zarten Füsse der herrlichen Frau gestanden, sein Angesicht nach der Gegend wandte, wo sie verschwunden und die ehemalige liebliche Erscheinung sich recht lebhaft zurückträumte und oft mit lauter Stimme rief: «Schöne Frau, kann ich noch etwas tun, um Euch zu erlösen!» — so kam immer der gleiche schwache Widerhall von den Felsen zurück, wie ehemals. Oft kamen auch jetzt dichte finstere Nebel mit kaltem Regenschauer an ihm vorüber wie damals; der Talbach rauschte ebenso melancholisch und der Gletscher liess auch jetzt ein dumpfes Donnern hören wie damals; die ganze Gegend war auch jetzt ebenso wüst und aus den Gletscherspalten tauchten auch bleiche und seltsame Nebelgestalten auf und nieder wie damals — aber die holde und schöne Frau sah und hörte er zu seinem grössten Leidwesen niemals wieder.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


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Die Eglisauer Hirschsage Im kalten Winter 1523 liess sich in der Nähe von Eglisau oft ein Hirschpaar bIicken. Die stattlichen Tiere kamen häufig zutraulich bis an den Totenacker, wo sie dann besonders von der Jugend gefüttert wurden. Im folgenden Frühjahr fand man die Hirschkuh tot am Buchberg. Fast täglich erschien der Hirsch an einem kleinen Wasserlauf, der viel mineralisches Salz enthielt und dem Wild recht bekömmlich war. Da der Hirsch aber immer aus dem gleichen Quell sich labte, wurden allmählich die Bewohner der Umgegend aufmerksam; sie kosteten das Wasser auch und fanden es derart angenehm und ihrer Gesundheit zuträglich, dass nach und nach das vortreffliche Wasser von der ganzen Bevölkerung genossen wurde, nicht nur um den Durst zu löschen, sondern auch gegen allerlei Krankheiten. Nun blieb aber der Hirsch eines Tages aus und liess sich nicht mehr sehen. Zum Danke dafür, dass er den kostbaren Quell entdeckt hatte, bezeichneten ihn die Eglisauer als Wappentier, und noch heute führt ihn die Gemeinde im Wappen. Allmählich kam die Benützung der Quelle in Abgang, und erst 1822 ward durch Zufall das heilkräftige Wasser wieder aufgedeckt. Seither dient es Gesunden und Kranken zur Labung. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Unterland Stauber, S.65, ohne Quellenangabe. Die Überprüfung dieser „Sage“ brachte einen gossen Schwindel an den Tag. Wenn K. W. Glaettli das Stück so stehen lässt, so als Mahnung an alle Sagenforscher. Die Berichtigungen verdankt er den Herren Dr. Heinrich Hedinger in Regensberg und Pfarrer Brassel in Eglisau. Letzterem fiel schon 1928 bei der Lektüre von Staubers Sagen auf, dass er die Geschichte im gleichen Wortlaute in einem Inserat der „Mineralquelle Eglisau AG“ gelesen hatte. Er begab sich dann zu Notar Haller, damaligem Mitbesitzer der Quelle und befragte ihn nach der Herkunft der „Sage“. Dieser rief in Anwesenheit Brassels seinen früheren Reklamefachmann telefonisch an, der prompt erklärte, die Geschichte sei von a bis z erfunden! - Die Quelle wurde 1822 in einer Tiefe von 240 m erbohrt und konnte nicht dreihundert Jahre früher an der Oberfläche erscheinen. Pfarrer Brassel erkundigte sich hierauf bei Dr. Stauber, woher er die Sage bezogen habe und dieser berichtete, er habe sie aus dem „Freisinnigen“ (Vorgänger des Zürcher Oberländers, Wetzikon) ausgeschnitten. Ob sie dort als Inserat oder schon als „Sage“ deklariert im Textteil erschien, war nicht mehr zu ermitteln. Mitteilung von Pfarrer Brassel, 16. 01. 1959. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die eigene Frau als Hexe

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Einem Manne gelang es, den Schrättlig zu fangen. Er füllte nämlich am Morgen ein Fläschchen mit dem Inhalte seines Nachttopfes und verschloss es recht fest. Dann ging er nach der Alp und trug das Fläschchen bei sich. Am Mittag kam die eigene Frau und ließ nicht nach mit Bitten und Flehen, bis er den Pfropf öffnete und das Wasser ausgoss. Sie war nämlich selber in grosser Not, solange der Bann nicht gelöst wurde. A. Sprenger Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 316, S. 178 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die eingemauerten Geister

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Meine Geschwister und ich mussten als Kinder Zeitungen vertragen Auch im Haus im Oberdorf, dem unseren schräg gegenüber. Und dort hatten wir immer furchtbar Angst. Es war dort ein langer, finsterer Gang, und man erzählte uns, dort seien Geister. Die Leute hatten darum Kapuziner aus dem Solothurnischen kommen lassen, und dann seien die Geister eingemauert worden, damit sie nicht mehr schaden konnten. Wir aber gingen immer mit Furcht und Zittern dort vorbei, warfen die Zeitung in den Gang und riefen: «Zytig!» Muttenz Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Einladung

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Ein anderer hörte dreimal seinen Namen rufen und trat vor die Hütte. Da hörte er den gleichen Ruf, aber aus weiter Entfernung. Er ging dem Rufe nach und kam auf den ebenen Boden des Hexenbühels. Heller Lichterglanz leuchtete in die Nacht hinaus; bei wunderschöner Musik schwangen sich auf dem Rasen wilde Gestalten in vollem Tanze, und an einem langen, reichbesetzten Tische sieht er eine Reihe schwarzgekleideter Gestalten mit bleichen Gesichtern sitzen, die ihn wiederholt zum Essen einladen. "Vor dem Essen", denkt er, "muss man beten," und er tut es. Dann will er sich an die Tafel setzen und sagt zu dem Nächsten: "Gott gsegn' es!" Da starren ihn die bleichen Gesichter an, und verschwunden ist alles. Durch die finstere Nacht kehrt der Jäger wieder zur Hütte zurück. F. W. Sprecher, Jahrbuch d. Schw. Alpenklub. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 226, S. 112 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die eiserne Jungfrau auf der Kyburg

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Die eiserne Jungfrau auf der Kyburg Schon allein das graue Gemäuer des Schlosses machte auf die Untertanen einen unheimlich Eindruck, aber nicht das war es, was sie erzittern liess, wenn sie von dieser Hagheerenburg redeten, sondern die Marterinstrumente, mit denen man hartnäckige Sünder plagte oder vom Leben zum Tode brachte. So meldet die Sage, dass auf Schloss Kyburg die eiserne Jungfrau im spitzen Winkel, welchen die Ostseite des Bägglerturms mit der nördlichen Umfassungsmauer bildet, aufgestellt gewesen sei. Durch eine Falltüre soll sie mit einer senkrecht darunter befindlichen, jetzt ausgefüllten, gemauerten Grube in Verbindung gestanden haben. Der zum Jungfernkuss verurteilte Delinquent habe sich der mit offenen Armen ihn erwartenden Statue nähern müssen, worauf dieselbe dann bei Berührung einer gewissen Stelle im Fussboden ihre Arme geschlossen, ihn mit verborgen gehaltenen Dolchen zerfetzt und den Leichnam durch die Falltüre in die Tiefe habe fallen lassen. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Sonntagsblatt des „Bund“, 15. 10. 1876, S 332/33. Im neuesten Führer durch die Kyburg vermerkte Staatsarchivar Prof. Largiadèr, dass der Inhalt der Folterkammer nicht aus der Burg selbst stamme. Es ist auch zu sagen, dass die jetzt in der Kyburg verwahrte Eiserne Jungfrau ganz anders gestaltet ist, als die in der Sage beschriebene.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die elf Wirte

Source: Die elf Wirte

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Einer hatte ein Hotel, worin es aber alle verderbte, die darin übernachteten. Ein Handwerksbursche, der kein Obdach fand, übernachtete trotz der Warnung des Hoteliers darin. Als er am nächsten Morgen gesund und heil wieder erschien, wünschte er, eine zweite Nacht darin zu verbringen, ebenso eine dritte. Er begehrte vom Hotelier nur ein Licht, ein Gebetbuch und ein Kruzifix. Am dritten Morgen erzählte er: »Ich fand im Saale einen Tisch und um ihn herum dreizehn Sessel. In einen von ihnen setzte ich mich und las und betete und liess das Licht brennen neben dem Kreuz, das ich auf den Tisch gestellt hatte. Um Mitternacht kamen elf Männer herein, einer älter als der andere, und liessen sich stumm auf elf Sesseln nieder; am Morgen gingen sie wieder, wie sie gekommen. In der dritten Nacht redete ich sie an und fragte, warum sie mich nicht auch verderbten wie meine Vorgänger. Da ergriff einer das Wort, der älteste, und sagte: »Deine Vorgänger haben uns das Recht bestritten, hier zu sitzen, sie haben sich gegen uns aufgelehnt, haben geflucht und uns hinauswerfen wollen. So haben wir Gewalt über sie bekommen, nicht aber über dich, weil du gebetet und dich ruhig auf deinem Sessel verhalten hast. Und nun vernimm! Ich bin einst auf unrechte Weise in den Besitz dieses Hotels gekommen und es hat sich auf meine Söhne und ihre Nachkommen – du siehst sie hier alle beisammen – vererbt. Und wenn der jetzige Nachkomme, der darauf sitzt, es nicht an die rechtmässigen Inhaber zurückgibt, so ist der zwölfte Sessel für ihn hier bereit! Sage es ihm!« Dann verschwanden die elf Geister.« Der Hotelier hatte genug gehört. Er beeilte sich, den Wink seines Vorfahren zu befolgen. Peter Anton Gamma, 50 Jahre alt, Alpknecht, von Göscheneralp Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Elfen im Burgacher zu Lützelflüh

Source: Die Elfen im Burgacher zu Lützelflüh

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Wer um die Mitternachtsstunde den alten Schlossweg von der Kirche zu Lützelflüh nach der Anhöhe des Schlossplatzes wandert, wo vor 1798 das Schloss Brandis gestanden, der sieht unter einer breitastigen Tanne sieben niedliche, in duftiges Weiss gekleidete Kinder. Sie spielen und tummeln sich geräuschlos auf einem reinen weissen Tuch. Kaum haben sie den neugierigen Beobachter bemerkt, verschwinden sie laut- und spurlos im Wurzelwerk des Waldbodens. Emmentaler Sagen, Hermann Wahlen, 1962 Gute Schriften Bern Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Elfisteine von Meilen

Source: Die Elfisteine von Meilen

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Die Elfisteine von Meilen Ein Elfistein lag früher am Waldrand links an der Strasse, die von der Warzhalde nach dem Herrenweg führt, da, wo sich jetzt ein Schacht der Wasserversorgung befindet. Er hatte die Grösse eines Bergscheuerchens. Seine letzten Reste wurden vor Jahren gesprengt und zum Bau eines Strässchens verwendet. Von ihm wurde gesagt, „wenn er ghöri elfi lüüte, so spring er elfmal zringelum“, und daher hatte er den Namen. Oftmals sassen die Buben vom Pfannenstiel und der Umgebung auf diesem grossmächtigen Felsen, um das Elfuhrgeläute vom Dorf her zu erwarten und alsdann  die Richtigkeit der alten Überlieferung zu prüfen. Ein zweiter Stein, ebenfalls Elfistein genannt, liegt am Weg auf den Pfannenstiel, wenig oberhalb der Abzweigung der Strasse nach der Anstalt Hohenegg, rechter Hand, da, wo ein Fussweg ins Tobel hinunterführt. Es ist ein zur Hauptsache im Boden verborgener, nur etwa ein Meter über der Erdoberfläche sich erhebender Nagelfluhblock. Auch von diesem heisst es, er drehe sich elfmal zringelum, wenn es elf Uhr läute (oder wenn er höre elf Uhr läuten). Eine dritte Beschreibung bezieht sich auf die grossen Findlinge, die man vom Weg auf den Pfannenstiel so malerisch in der sumpfigen Matte unterhalb des Hofes Rohren liegen sieht und die vor Jahren von der Mittwochgesellschaft Meilen erworben wurden, um sie vor der Zerstörung zu bewahren. Von ihnen heisst es: Die trähed sich, wänns elfi lüütet. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Wörtlich aus P. Corrodi, JZ 1951/52, S. 328. Eine ähnliche scherzhafte Wendung ist jene, die behauptet, wenn Karl der Grosse am Karlsburg des Grossmünsters höre elf Uhr läuten, so werfe er Weggli hinunter.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Engelmesse

Source: Die Engelmesse

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Vor vielen, vielen Jahren war Aletsch noch kein Gletschermeer, sondern nur eine wilde Alpe, in welcher sich bis in den Winter einzelne Hirten aufhielten. Weil nun das Aletschtal beinahe vier Stunden von der Pfarrkirche lag, so mochten diese Nachhirten, wie man sie nannte, eben nicht die fleissigsten Besucher des Gottesdienstes sein und von einem derselben ist folgende Sage zu uns gekommen: Einer dieser Nachhirten kam beinahe ganze Jahre niemals aus dieser Wildnis hervor; ja, er trieb das Einsiedlerleben so weit, dass er weder am Sonntag, noch an gebotenen Feiertagen in die Pfarrkirche nach Naters zum Gottesdienste herunterkam. Er wurde deswegen beim Pfarrer angeklagt und musste auf Befehl desselben vor ihm erscheinen. Als er sich zur Verantwortung stellte und gefragt wurde, ob er nicht wisse, was das zweite Kirchengebot verordne und warum er weder Messe anhöre noch die Hl. Kommunion empfange, gab er zur Antwort, weil er das nicht für nötig halte; denn er gehe alle Tage zu einem gewissen Felsen, dort verrichte ein Engel das Hl. Messopfer, dem diene er und erhalte von ihm die Hl. Kommunion. Natürlich konnte der Pfarrer das nicht glauben und zweifelte nicht, dass er vor ihm nur den Heuchler spiele. Er liess ihn also während der Messe und Predigt, wie er sich während der Zeit betrage, strenge überwachen. Nun sagte der Pfarrer nach dem Amt: «Wie hat sich unser Aletschmann während dem Gottesdienste aufgeführt?» «Ohne Tadel», antwortete der Aufseher, «nur sahen wir, dass er einmal weinte und einmal lachte.» Hierüber zur Antwort gestellt, sagte er: «Ich weinte, weil ich sah, dass unter der Predigt zwei Weibsbilder so viel schwätzten, dass der Teufel, der alles hinter ihnen aufschrieb, schon eine ganze Kuhhaut überschrieben hatte. Über diese vielen Sünden weinte ich. Da ich aber sah, als der Teufel die Kuhhaut mit den Zähnen auseinanderziehen wollte, um sie zu verlängern und mehr Platz zu gewinnen darauf zu schreiben, dass die Haut vor lauter Ziehen auf einmal zerriss und der Teufel den Kopf heftig rückwärts an die Mauer geschlagen hatte, da konnte ich mich freilich des Lachens nicht enthalten.» — Voll Erstaunen, dass dieser Hirt so etwas sah, was nur ein Heiliger beobachten konnte, entliess ihn der Pfarrer mit aller Hochachtung in seine HI. Einsamkeit zurück — und niemals wurde er ferner verklagt oder mehr zur Verantwortung aufgefordert. Andere erzählen, der Pfarrer sei selbst nach Aletsch gegangen und habe den Hirten gefunden, als er eben in der Messe war. Dieser habe ihn angewiesen, den rechten Fuss über seinen linken zu setzen und ihm über die Achsel zu schauen, worauf der Pfarrer den Engel am Altare auch gesehen habe. Der Felsen, an dem der Engel soll Messe gelesen haben, heisst noch jetzt die "Messfluo". Der Pfarrer habe dann den sonderbaren Mann eingeladen, auch einmal nach Naters zum Gottesdienste zu kommen, wo er ihn überwachen liess.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die entdeckte Hexe

Source: Die entdeckte Hexe

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Ein Knabe auf Obersaxen pflegte alle Tage sein Mädchen zu besuchen, den Donnerstag ausgenommen, an welchem Abend die Dirne seinen Besuch sich verbeten hatte. Die Neugierde plagte aber den Jüngling und liess ihm weder Ruh\' noch Rast, bis er hinter das Geheimnis kam. Durch eine Ritze der geschlossenen Fensterladen beobachtete er am verhängnissvollen Donnerstag Abend seinen »Schatz« und sah denselben in der Küche emsig spinnend, auf der Bank sitzen. So wie sie die Spule voll hatte, stand sie auf, bestrich mit einer Salbe einen Besenstiel, murmelte einige unverständliche Worte und fuhr plötzlich durch den Rauchfang dem nächsten Hügel zu, wo viele andere Hexen ihrer warteten. - Von diesem Augenblicke an wollte er mit seiner Holden nichts mehr zu schaffen haben. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die entführte Nonne

Source: Die entführte Nonne

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Eine schöne und reiche Müllerstochter liebte einen braven, aber armen Burschen des Dorfes Muttenz. Die Eltern widersetzten sich der Heirat, und als die Tochter nicht nachgab, sperrten sie diese ins Kloster Engental. Der Jüngling wusste lange nicht, wo die Geliebte weilte. Endlich erfuhr er durch eine alte Klosterfrau, die in Jugendtagen auch einer Liebe hatte entsagen müssen, dass die Braut im nahen Kloster lebte und seiner noch immer in Sehnsucht gedachte. Auf Verabredung stellte die junge Nonne eines Nachts eine Kerze ins Fenster ihrer Zelle. Als der Jüngling draussen erschien und ihr ein Zeichen gab, liess sie sich an zusammengeknüpften Leintüchern, zu denen ihr die alte Klosterfrau verholfen hatte, hinab. Die Liebenden entflohen noch in der Nacht in die Fremde, und keine Kunde über ihr ferneres Schicksal ist mehr ins Dorf gedrungen. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Die entführte Nonne vom Engental

Source: Die entführte Nonne vom Engental

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Eine schöne und reiche Müllerstochter liebte einen braven, aber armen Burschen des Dorfes. Die Eltern widersetzten sich der Heirat. Als die Tochter nicht nachgab, sperrten sie diese ins Kloster Engental. Der Jüngling wusste lange nicht, wo die Geliebte weilte. Endlich erfuhr er durch eine alte Klosterfrau, die in Jugendtagen auch einer grossen Liebe hatte entsagen müssen, dass die Braut im nahen Kloster lebe und seiner immer in Sehnsucht gedenke. Auf Verabredung stellt die junge Nonne eines Nachts eine Kerze ins Fenster ihrer Zelle. Als der Jüngling draussen erschien und ihr ein Zeichen gab, liess sie sich an zusammengeknüpften Leintüchern, zu denen ihr die alte Klosterfrau verholfen hatte, hinab. Die Liebenden flohen noch in der Nacht in die Fremde, und keine Kunde über ihr ferneres Schicksal ist mehr ins Dorf gedrungen. Muttenz Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die entlarvte Grabbeterin

Source: Die entlarvte Grabbeterin

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Es war einmal eine Frau, die auf Bestellung der Leute bei den Gräbern der Verstorbenen auf dem Friedhof Gebete verrichtete und im Rufe der Frömmigkeit stand. Man hielt grosse Stücke auf ihr, denn sie mumpfelte und murmelte, als müsste sie allein alles erbeten. Nun betete eines Tages eine Witwe, deren Mann kurz vorher gestorben, ebenfalls am Grabe ihres Seligen und hatte ein etwa fünfjähriges Töchterchen bei sich. Das unschuldige Kind hörte der bestellten Grabbeterin, die ihre Gebetsformeln halblaut leierte, aufmerksam zu und schaute unablässig auf ihre arbeitenden Lippen. Und jetzt verstand es, dass sie das folgende famose Gebet haspelte: »Stägäli, Stägäli, üff und abb, Tyfel nimä-n-usem Grabb.« »Loss Müetter,« lispelt jetzt das Mädchen, »loss, wiä diä bättet!« Und nach langem Nöten gab die Mutter nach, spitzte auch ihre Ohren und vernahm den nämlichen Vers. Aber jetzt musste die Hexe nicht mehr über die Gräber beten! Zäzilia Gisler-Walker. 70 J. alt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die entlarvte Sennerin

Source: Die entlarvte Sennerin

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In einer Sennhütte auf dem Schwyberg erschien den Hirten beim Käsen öfters ein winziges Weiblein. Ohne Scheu spazierte es über den Feuerbalken, an welchem das Chäskessi über dem Feuer hing. Dabei trieb es gerne seinen Mutwillen mit den Hirten und hielt sie oft zum Narren. Meist nahmen die Männer die Spässe und Neckereien des Zwergenfräuleins nicht bös auf. Aber einst trieb es die Fopperei mit einem hitzigen Welschen zu weit. Der Senn geriet in heftigen Zorn, packte ohne langes Besinnen das nebenan liegende Holzbeil und hieb dem Zwerglein die rechte Hand glatt ab. Schreiend und wehklagend verschwand die Verwundete. Am folgenden Tag stellte sich heraus, dass das Zwergenweiblein niemand anders als die Frau des Alpbesitzers war. Sie besass die Fähigkeit, mit geheimen Mitteln sich in eine andere Gestalt zu verwandeln. Jetzt lag sie schwer krank zu Bette. Die rechte Hand war mit Tüchern verbunden. Nur mit List gelang es dem Gatten, die Verwandlungskünste seiner Frau zu entdecken. Im Übermass ihrer Schmerzen gestand sie ihre Zauberkünste ein. Sie hatte diese von einer alten Hexe erlernt. Da kannte der Mann kein Erbarmen. Er zeigte die Sache beim Rat von Freiburg an. Dieser liess die entlarvte Zauberin gefangen nehmen und nach Freiburg führen vor die Richter. Nach der verderblichen Anschauung des Jahrhunderts wurde die Angeklagte der Hexenkunst für schuldig befunden und zum Tode verurteilt; die Todesstrafe auf Hexerei aber lautete auf lebendiges Verbrennen auf dem Scheiterhaufen. Dieses harte Los traf auch die verratene Sennerin.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die entlarvte Wetterhex

Source: Die entlarvte Wetterhex

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Auf Golzer lebte eine Mutter mit drei Töchtern; sie alle waren Hexen. Im Stübli hatten sie eine dürre Kuhhaut samt Euter und Strichen aufgehängt. Wenn sie an diesen Strichen zogen, konnten sie jedem beliebigen Bauer auf Golzer die Kühe melken. Man munkelte auch, sie können Wetter machen. Endlich wurde der Ortspfarrer in Silenen unterrichtet, und dieser besuchte sie und stellte die Mutter auf die Probe. Es war ein glanzheiterer Tag, und die Bristner trugen dürres Heu ein. Lachend sagte der Pfarrer zu dem Wybervölchli: »Lüegä mecht-i, wiä diä Pürli zwägzapplä tätet, wenn äso ä Sprutz Rägä chämt!« »Das cha scho gscheh,« versetzte es rasch und gab dem Pfarrer ein Häfeli voll Wasser, auf dessen Grund einige Böhnchen lagen, mit der Weisung, ein wenig im. Wasser zu rühren, wenn sie oben in der Kammer rumple. Aber ja das Häfeli nicht umschütten! Sie wolle dann oben das Sprüchlein dazu schon selber sagen. Der Pfarrer jedoch war neugierig, wollte der Sache auf den Grund kommen und schüttete das Häfeli aus, als sie oben rumpelte. Da brach aber ein furchtbares Hagelwetter los, und die Mutter kam aus der Kammer herabgelaufen und jammerte, jetzt müsse ganz Bristen untergehen. Nun, entlarvt war sie jetzt, und das Handwerk wurde ihr gelegt. Andreas Fedier, 45 J. alt, u.a., Maderanertal Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Entstehung der Alpenrose

Source: Die Entstehung der Alpenrose

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Elsi war das schönste Mädchen im Dorfe Sigriswil - schön über alle Massen. Wer sie nur ansah, musste sie lieben. Kein Wunder daher, dass, als sie in die Jahre kam, es ihr an Liebhabern nicht fehlte. Die Knaben des ganzen Dorfes waren in sie verliebt und jeder meinte, nur ihm könne es gelingen, das schöne Kind fürs Leben zu gewinnen. Unter ihnen war einer, Hans mit Namen, Elsi in stiller, sinniger Liebe zugetan. Er machte kein Wesen aus seiner Verehrung, aber wo es galt, die Stimme seines Herzens reden zu lassen, da legte er sich keinen Zwang an. Elsi aber war durch die vielen Zeichen der Verehrung, die ihr entgegengebracht wurden, verwöhnt und wählerisch geworden. Sie tat mit jedem ein wenig schön, aber keinem versprach sie das, was er wünschte. Vielleicht dachte sie in ihrem Innern, der Herrgott müsse für sie etwas ganz Besonderes haben wachsen lassen, das sie nur bis zum heutigen Tage nicht kenne – etwas viel Besseres als nur die Sigriswiler Knaben. Am ersten Maisonntag aber war Tanz. Auf diesen Tag setzte jeder im Stillen seine Hoffnung. Auch Hans erschien mit den anderen auf dem Dorfplatze. Da nahte sich manch einer der stolzen Schönen in der Absicht, um mehr als nur um einen leidigen kurzen Tanz anzuhalten. Hans aber wagte nur in Blicken zu sagen, was sein Inneres bewegte. Als er aber später am Nachmittage wieder eines Tanzes gewürdigt wurde, vermochte er nicht länger mit seinem Wunsche zurückzuhalten. "Wer wird der Glückliche sein", sagte er plötzlich, "der diese Hand auf immer behalten darf?" "Derjenige", antwortete Elsi kurz, "der noch heute Nacht Flühblumen von der spitzen Fluh herunterholt und sie mir, ehe die Sonne aufgeht, vors Fenster stellt." Die spitze Fluh aber ist jener gefürchtete Felsenzahn, der dräuend und gefährlich über die Alpen von Sigriswil emporsteigt. Mit einbrechender Dunkelheit war Hans vom Tanzplatze verschwunden. Elsi aber hatte ihre Worte längst vergessen und gab sich bis spät in die Nacht hinein dem Vergnügen hin. In der Morgenfrühe aber führte sie ein Auftrag ihres Vaters über die Bergweiden, welche sich um den Fuss des Sigriswiler Rothorns ausbreiten. Plötzlich entringt sich ein Schrei des Entsetzens ihrer Kehle. Ihr Fuss ist an einem dunklen Gegenstand gestrauchelt, und wie sie niederblickt, erkennt sie den leblosen Leib dessen, den ihre Forderung tags zuvor ins unzugängliche Gebirg getrieben. Noch hält die starre Hand des Toten einen Strauss Flühblumen fest, die oben an den gefährlichen Stellen gepflückt, dem Sammler den Untergang gebracht hatten. Schreck und Reue brechen jetzt auch des Mädchens Herz und leblos sinkt sie neben der Leiche Hansens zur Erde. Drei Tage darauf schliesst sich über den beiden das gleiche Grab. Dort aber, wo das Blut des Gestürzten den Rasen gefärbt, wächst bald darauf ein Busch empor, der mit seinen Purpurblüten hinfort an das traurige Ende zweier Menschenherzen erinnert, die nicht verstanden haben, wie Liebe zu geben und wie sie zu nehmen. Die Blume aber, die aus dem Blute empor gewachsen war, nannten die Leue Alpenrose. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Entstehung der Kapelle zu den hohen Flühen

Source: Die Entstehung der Kapelle zu den hohen Flühen

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Die Binna trug einst ein aus Holz geschnitztes Bild der schmerzhaften Mutter mit ihrem göttlichen Kinde in den Rotten. Dieses Bild blieb nun an der Stelle, wo jetzt die Kapelle steht, mehrere Tage mitten in der reissenden Strömung auf der Oberfläche liegen. Die Leute schlossen daraus, es möchte nach Gottes unerforschlichen Absichten zu etwas Ausserordentlichem bestimmt sein. Sie hoben es aus dem Wasser, und die Bewohner von Bitsch entschlossen sich, am gleichen Ort der schmerzhaften Mutter eine Kapelle zu erbauen. Peter Walker von Bitsch, Meier von Mörel, förderte das Unternehmen. Er fand einen eifrigen Mithelfer an seinem Bruder Christian. Die Bewohner halfen mit, und bald stand der Bau vollendet da. Und es geschah ein neues Wunder: Sie stellten das Bild auf den Choraltar, allein es wurde von unsichtbarer Hand bald da, bald dorthin versetzt. Man entschloss sich endlich, das Bild auf der Vorderseite des Kapellendaches anzubringen. Der erwähnte Peter Walker aus Bitsch hatte sehr viel für diese Kapelle aufgebracht. So viel, dass ihn die Leute neckten, jetzt gehe es mit den Schinken und Käsen in seinem Keller wohl bald zu Ende, trotz seines Reichtums. Als die Bitscher am folgenden Sonntag nach Mörel zur Messe zogen, staunten sie sehr, denn Peter Walker hatte an jedem Fenster seines dreistöckigen Hauses eine Hamme und einen Käse zur Schau gestellt. Im Alter erblindete Peter Walker und beklagte bitter sein Los, denn allzu gerne hätte er sein Werk, die Kapelle, noch einmal bewundert. Man führte ihn auf seinen Wunsch in die Kapelle. Wie er das Gotteshaus betreten hatte, da wurde es hell vor seinen Augen, und er sah wieder wie früher. Beim Verlassen der Kapelle entschwand aber sein Augenlicht und kehrte nicht mehr zurück. II Die Herren von Urnavas und Mangepan waren miteinander verwandt und verübten auch die gleichen Greueltaten. Ein Bote des Bischofs, ein Ritter, sollte einst eine Botschaft nach Mörel bringen. Die Herren von Urnavas aber verfolgten ihn und benachrichtigten auch die Freunde von Mangepan. So sah sich der Ritter plötzlich, von zwei Seiten angegriffen, hoch oben über den steilen Flühen. Ein Entrinnen war nur mehr über die Felsen möglich und das bedeutete den sichern Tod. Trotzdem gab er dem Pferd die Sporen und setzte mutig in den Abgrund. Der Mutter von den sieben Schmerzen versprach er, eine Kapelle zu bauen, wenn er mit dem Leben davon komme. Und siehe! Reiter und Ross kamen heil davon und entrannen dem grausigen Tode und den Häschern. Der Ritter hielt sein Versprechen und baute die Kapelle zu den hohen Flühen. MÖREL Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Entstehung der Martinskapelle zu Titterten

Source: Die Entstehung der Martinskapelle zu Titterten

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In längst entschwundener Zeit, als das Reifensteinschloss noch bewohnt war, ritt einmal einer der Schlossherren durch das Dörflein Titterten. Unglücklicherweise wurde ein am Wege spielendes Kind durch Unachtsamkeit des Reiters von einem Hufe des Pferdes getroffen und starb nach kurzer Zeit an der erlittenen Verletzung. Der Ritter aber liess zur Sühne für seine Tat an jener Stelle ein Kirchlein erbauen, welches er nach seinem Namen Martinskirchlein hiess. Die zwei goldenen Sterne auf dem Turmhelm, die man heute noch sehen kann, sind die Sporen des Ritters. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Die Entstehung der Thelkapelle

Source: Die Entstehung der Thelkapelle

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Ehemals besass die Bürgschaft Leuk als Burgergüter das gesamte Gebiet in einem weiten Umkreise von Leuk. Auch war die Art der Güterverteilung anders als heute. So besass der nördliche Teil der Ortschaft Leuk, Tschablü genannt, als Burgergut Thel; dem östlichen Teil der Ortschaft, Loji genannt, war Rotafu zugesprochen, und der westliche Teil der Ortschaft, die Galdinu, hatte als Besitz das Gebiet Pfin. Jeder Drittel verlehnte nach Belieben und Gutdünken seine Güter. So hatte der Drittel Tschablü einen Teil seiner Güter im Thel rund um die alte Kapelle an einen Peter Wicki aus dem Entlebuch verlehnt. Wicki, ein frommer, christlicher Mann, wollte in der Nähe seiner Wohnung eine kleine Kapelle erbauen und begann daher mit den Abräumungsarbeiten dort, wo heute noch östlich der Kapelle die zerfallene Hofstatt steht. Doch während jeder Mittagsrast trug eine unsichtbare Hand die Instrumente an einen andern Ort. Und dieser Vorgang wiederholte sich immer und immer wieder. Wie nun Wicki in einer Nacht auf seinem Gute wässerte, da erschien ihm zwischen elf und zwölf Uhr eine weissgekleidete Gestalt, die in geringer Entfernung stillstand und ihm schweigend zu folgen winkte. Dem Wässernden wurde es unheimlich zumute, und es sträubte sich etwas in ihm so, dass er auf dem Flecken wie angenagelt stille stand. Die Gestalt winkte ein zweites und drittes Mal und verschwand. Dem Wicki aber flog gleichzeitig ein so heftiger Schmerz ins rechte Knie, dass er sich nur mit grösster Mühe bis in seine Behausung zu schleppen vermochte. Ein volles Jahr lang war er des freien Gebrauches seiner Glieder beraubt. Und wie er oft tagelang einsam in seinem Bette lag, kam ihm ständig wieder die geheimnisvolle Erscheinung und die rätselhafte Verschleppung der Instrumente in den Sinn. Am Jahrestage seiner Erkrankung, als ihm die Schmerzen heftiger als je zusetzten, gelobte er die Erbauung einer Kapelle an jenem Platze, wo das Werkzeug von unsichtbarer Hand hingelegt worden war. Und wie ihm vor Jahresfrist die Schmerzen angeflogen waren, so verschwanden sie jetzt, und der freie Gebrauch der Glieder stellte sich rasch wieder ein. Am Nachmittag machte sich Wicki auf den Weg nach Varen, um sich bei einem Freunde das nötige Geld für den Bau zu verschaffen. Wie er auf dem Wege zwischen Rumeling und Varen an die Stelle kam, wo heute die Muttergottesstatue in einer Felsennische steht, sah er ein altes, graues Männchen auf einem Steine sitzen; das schien auf ihn zu warten, grüsste bei seinem Herannahen freundlich und redete ihn an: «Wohin des Weges, Wicki?» - «Nach Varen, um mir Geld für den versprochenen Kapellenbau im Thel zu verschaffen.» Das Männchen entgegnete mit vielsagendem Blicke: «Du tust gut daran, deinem Versprechen eiligst nachzukommen, grabe aber das Fundament, wo das Bildstöcklein steht und die Gestalt im Bildstöcklein mit der rechten Hand hinweist. Bete für meine Seele bei deiner Heimkehr in der alten Thelkapelle ein Vaterunser, ich werde heute Abend auf dem Ritzingerfeld für dich beten.» Dies sprach das Männchen, grüsste freundlich und verschwand hinter der nächsten Biegung des Weges. Wicki aber legte mit heimlichem Grauen den Rest seines Weges zurück, besorgte in Varen sein Anleihen und kehrte heim, allwo er für den seltsamen Unbekannten fünf Vaterunser betete. Am folgenden Tag begann er an der bezeichneten Stelle zu graben und stiess auf einen eisernen, verschlossenen Kessel. Nur mit der grössten Anstrengung gelang es ihm, das Gefäss von gewöhnlicher Grösse zu heben, wie wenn das schwerste Metall darin läge. Erwartungsvoll riss er den Deckel weg, doch ein Schrei der Enttäuschung entschlüpfte seinem Munde: «Es sind lauter gebrannte Kohlen.» In grosser Bestürzung eilte er zu seiner Frau. Wie sie sich beide dem Platze näherten, da flimmerte und glitzerte es im Hafen. Die Kohlen hatten sich in blankes Gold verwandelt. Wicki betreib nun eifrig den Bau der Kapelle, die die anno 1777 ihre glückliche Vollendung erreichte. Der Ort, wo Wicki den Kessel gefunden hat, soll bei der Seitentüre sein, die gegen Leuk schaut, und viele Leute wollen bemerkt haben, dass sich an jener Stelle fortwährend das Mauerpflaster loslöst. LEUK Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Entstehung des Geschlechts der Hermann

Source: Die Entstehung des Geschlechts der Hermann

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Als die Unterwaldner ehedem dem Papste zu Hilfe zogen, befand sich unter denselben ein gar starker und rüstiger Mann, der voll Eifer für die Sache des heiligen Vaters war und sehnlichst wünschte, dem Feinde unter die Augen zu treten. Wie aber der Kampf nicht beginnen wollte, ging ihm die Geduld aus und er machte seiner Kampfeslust dadurch Luft, dass er sogar gegen seine eigenen Leute zu wüten und zu schlagen begann. Man rief diesem zu: „Hör Ma!" d. h. höre auf zu schlagen und zu wüten. Und seitdem hört man von dem Geschlechte: „Hermann"; derselbe soll Stammvater des in Unterwalden bestehenden Geschlechtes Hermann geworden sein.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Die Entstehung des Geschlechts der Mettler

Source: Die Entstehung des Geschlechts der Mettler

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Dieses Geschlecht befindet sich im Kanton Schwyz, vorzüglich in Arth. Dessen Ursprung soll daher rühren: In der Mettlen in Wolfenschiessen, Kanton Nidwalden, lebte ein anerkannt guter und weit berühmter Vieharzt. Als ehevor in Arth ein heftiger Viehpresten grassierte und die dasigen Viehärzte dem Uebel nicht abhelfen konnten, begab sich der Bewohner der Mettlen dorthin, sott in einem grossen Käskessel Kräuter für die Heilung des kranken Viehs, worauf die Pest zu schwinden begann und der aus der Mettlen in nicht geringes Ansehen bei den Arthnern kam. Er wurde sogleich unter dem Namen „Mettler" bekannt, und von ihm rührt das Geschlecht gleichen Namens her; er wurde auch zum Kantonsbürger aufgenommen und ihm das unter und ober Almigrecht erteilt. In Nidwalden ist das Geschlecht ausgestorben.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Die Entstehung des Kuhreihens

Source: Die Entstehung des Kuhreihens

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In den Alpen und Tälern in der Schweiz ist das Jauchzen heimisch; Denn wenn der einsame Senn auf seiner Alp zu jauchzen beginnt, ist er auf einmal nicht mehr allein. Soweit seine Rufe klingen mögen, kommt ihm von allen Flühen ein fröhliches Echo zurück. Es ist gerade so als antworteten ihm von überall her aus Schlucht und Wand die Stimmen der unsichtbaren Berggeister. Es gibt aber in einigen Bergkantonen einen besonderen Jauchzergesang, der nur in jenen Gegenden üblich ist und der schöner tönt als alle andern. Das ist der Kuhreihen. Wer durch die Berge des Berner Oberlandes, des Luzerner Entlebuchs und durch andere Alpentäler steigt, wird diese seltsamen Jodelgesänge gelegentlich noch heute vernehmen. Einer der schönsten Kuhreihen ist der Kuhreihen der Welsch Freiburger, der Ranz des Vaches, mit seinem schwermütigen Lockruf: „Lioba, Lioba!“ Vor langer Zeit wusste man auf den Schweizer Alpen noch nichts von Kuhreihen. Damals sömmerte ein Berner Senn namens Res sein Vieh auf der Balisalp am Hasliberg. Als er nun eines Abends seine Kühe gemolken hatte und sie wieder auf die Weiden hinaus ziehen liess, schaute er noch eine Weile, den überschäumenden Milcheimer in der Hand, in die Schneeberge, die eben das Alpenglühen mit rosafarbenen Schleiern überzog. Dann rief er seiner Liebsten auf der Seealp den Alpsegen zu, ging in die Hütte, und trank im Milchkämmerlein noch einen Becher Milch und stieg dann auf den Heuboden, wo er sich ins Wildheu legte und sogleich einschlief. Aber mitten in der Nacht weckten ihn das Aufschlagen der Hüttentür und ein seltsames knistern und Knattern im Herd. Verwundert richtete er sich auf seinem Heulager auf, und nun sah er zu seinem Erstaunen unten in der Hütte drei fremde Männer die eben den grossen Kessel zum Käsen über das aufflackernde Feuer rückten. Erst wollte er auffahren und fragen, was denn da mitten in der Nacht los sei. Als er jedoch den riesenhaften Mann, der am Herd stand, um den Kessel zu richten, näher betrachtete, verhielt er sich lieber mäuschenstill. Jetzt trug der zweite der unheimlichen Gesellen in runden Holzgefässen Milch herbei, auf denen eine dicke Schicht Nidel lag, und leerte sie in den Kessel. Es war ein blasser Jüngling mit goldhellen Locken. Beim Feuer aber hockte ein grüngekleideter Jäger, der finster in die Glut starrte und ab und zu ein Holzscheitlein ins Feuer schob. Erschrocken schaute Res von seinem Heulager dem Tun und Treiben der nächtlichen Gäste zu. Jetzt zog der Grüne aus seiner Jagdtasche ein Fläschlein und  goss blutrotes Lab in die Milch, um sie zu scheiden. Dann setzte sich der Erste, wie der Senn, auf den Herd  zum Kessel, nahm den Brecher , einen geästelten Stab, und begann ruhig, die Milch umzurühren. Der junge, blasse Knecht mit dem flachsfarbenen Schopf ergriff ein gewundenes Horn und schritt der Hüttentür zu, die von selber aufging. Und nun hörte der aufmerksam lauschende Res wunderbare Töne, wie er sie bisher noch nie weder gehört noch geträumt hatte. Ein grenzenloser Jubel, eine über alle Berge hinausjauzende Lerchenseligkeit war vor der Hütte in diesem wunderbaren Lied. Und dann wieder hallte daraus eine bodenlose Schwermut voller Heimweh. Es war ein unsäglich schöner Gesang. Oder waren es lauter Alphornklänge? Res wusste es nicht, das Herz verging ihm schier vor Freude. Deutlich hörte er, wie seine Herde, von den zauberhaften Klängen angezogen, sich der Sennhütte näherte. Und nun bemerkte er auch, wie das helle Klingen der Schellen und das dumpfe Läuten der grossen Treicheln seltsam hineinstimmten in das schöne Lied. Es war ihm, als höre er seine Herde in Reihen um den Sänger herumgehen. Und dann ergriff der blasse Jüngling sein Alphorn nochmals und liess es draussen in die schöne, hochsommerliche Bergnacht hinausklingen, nur langsamer, gezogener als vorher. Da schien alles in Berg und Tal aufzuleben. Die Berggeister gaben den Gesang aus allen Flühen und Tobeln zurück. Es war, als wären Himmel und Erde davon erfüllt. Still ging der junge goldlockige Knecht wieder in die Hütte hinein. Unterdessen hatte der riesenhafte Senn am Herd seine  Verrichtung beendet. Er schöpfte die Schotte in drei bereit stehende Gepsen hinein. Aber seltsam, in der einen Gepse erschien die Milch blutrot, in der zweiten grasgrün und in der dritten schneeweiss. Mit klopfendem Herzen verfolgte Res das Geschehen. Plötzlich schrak er zusammen, denn der riesige Senn rief mit fürchterlicher Stimme zu ihm herauf:  „Steig jetzt herunter, Menschlein, du sollst dir eine Gabe wählen!“ Zitternd, aber gehorsam stieg Res hinunter, denn er blasse Jüngling hatte ihm freundlich zugenickt. Als er das Leiterchen hinab war, führten ihn die Männer vor die drei Gepsen. Und dann sprach der riesenhafte Senn: „Sieh, aus einer dieser drei Gepsen musst du trinken. Du hast die Wahl, aber überleg es dir wohl, ich rate es dir. Die rote Gepse ist meine Gabe. Trinkst du daraus, wirst du stark und gewaltig wie ein Riese und so mutig, dass dir kein Mensch auf Erden wird widerstehen können. Zudem gebe ich dir noch hundert schöne rote Kühe, die schon morgen früh auf deiner Alp grasen sollen. Greif zu, Bürschlein!“ Darauf sagte der Grüne: „Trink lieber aus der grünen Gepse! Ich schenke dir hundert Taler und klingendes Gold. Hör, wie es lieblich klingelt!“ Unversehens schüttelte er einen ganzen Haufen Silbertaler und Goldstücke dem Hirten vor die Füsse, dem die Augen vor ihrem Glanz fast übergingen. Der blasse, goldlockige Jüngling aber stand ruhig, auf sein Alphorn gestützt da und sagte dann mit weicher Stimme: „Trink aus der weissen Gepse, so wirst du schon am kommenden Morgen singen und jodeln und Alphorn blasen können, so schön, wie du`s eben von mir gehört hast.“ Da rief Res sich zusammenreissend: „So will ich lieber die Riesenkraft und die goldenen Schätze nicht, ich wähle dein Lied und dein Alphorn und trinke aus der weissen Gepse!“ Damit hob er die Gepse an den Mund und trank. Es war nichts anderes als frische würzige Milch in dem Gefäss, mit einem seidenzarten Rahmschäumlein drauf. „Du hast gut gewählt“, sagte der Goldlockige. „Hättest du anders gewählt, so wärst du ein Kind des Todes gewesen, und viele hundert Jahre wären vergangen, bis ich mein Geschenk den Menschen wieder hätte anbieten dürfen. Nimm also das Alphorn, und morgen wirst du singen, jodeln und blasen können wie ich.“ Plötzlich waren die drei unheimlichen Gesellen verschwunden; das Feuer erlosch, und Res fühlte sich von unsichtbaren Händen auf sein Wildheulager emporgehoben. Als er am Morgen erwachte, wollte er erst alles für einen Traum nehmen. Aber neben ihm lag das Alphorn. Und als er nun vor die Hütte hinaus trat, begann er das Horn zu blasen und zu singen und zu jodeln. Das klang so schön, dass es schien, als beeile sich die Sonne, die eben hinter dem Grat herauf stieg, noch schneller als sonst über die Schneeberge hinweg auf die Alp herunterzuschauen. Mit Verwunderung und grosser Freude aber lauschten die Hirten auf den Alpen dem wunderbaren Gesang. Und nicht lange dauerte es, so antwortete die Liebste dem Res von der Seealp in den gleichen Tönen, wenn das Alpenglühen auf allen Bergen lag. Und so hat sich der Kuhreihen in den Alpenländern der Schweiz von einer Generation auf die nächste vererbt bis auf den heutigen Tag.   Quelle: Meinrad Lienert, Sagen und Legenden der Schweiz, herausgegeben von Stefan Ineichen. Jutz emau   Zum jutze muesch eleini si. Im Lerchewäudli Geisse hüete. Ufere Fore sta und d`Sägesse wetze Oder ufeme Grat obenabe is Tau luege Wo dini Liebschti verhürotet isch.   Zum jutze muesch deheime Heimweh ha. Muesch gschpüre, we der Wind dir d`Seele useschrisst und über aui Bärge furt zum Himmu treit.   Du muesch gschpaute si, aus gäbs di nümme me und aus häts di au nie gä. Aber jutze muesch Was de usebringsch!   Chum, jutz emau!   Nach Hannes Tagwalder übersetzt in Bärnluzerndütsche.     Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Entstehung des Kuhreihens

Source: Die Entstehung des Kuhreihens

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In den Alpentälern der Schweiz ist das Jauchzen heimisch; denn wenn der einsame Senn auf seiner Alp zu jauchzen anhebt, ist er auf einmal nicht mehr allein. Soweit seine Jodler hingelangen mögen, kommt ihm von allen Flühen ein fröhliches Echo. Es ist gerade, als antworteten ihm allüberall aus Schlucht und Band die Stimmen der unsichtbaren Berggeister. Es gibt aber in einigen Bergkantonen einen besonderen Jauchzergesang, der nur jenen Gegenden eigentümlich ist und der vor allem schön tönt. Das ist der Kuhreihen. Wer durch die himmelanstrebenden Berge des Berner Oberlandes und des Luzerner Entlibuchs [Entlebuch] und durch andere Alpentäler steigt, wird diese seltsamen Jodelgesänge mit Freuden vernehmen. Einer der schönsten Kuhreihen aber ist der Kuhreihen der Welschfreiburger, der "Ranz des Vaches", mit seinem schwermütigen Lockruf: Lioba, Lioba! Einst wußte man auf den Schweizer Alpen nichts von Kuhreihen. Da sömmerte denn einmal ein Berner Senn namens Res sein Vieh auf der Bahlisalm im Hasli. Als er nun eines Abends seine Kühe gemolken hatte und sie wieder in die Weiden hinausziehen ließ, schaute er noch eine Weile, den überschäumenden Milcheimer in der Hand, nach den Schneebergen, die eben das Alpenglühen mit rosafarbenen Schleiern überzog. Dann rief er seiner Liebsten nach der Seealp den Alpsegen zu, schritt in die Hütte, trank im Milchkämmerlein noch ein Näpflein Milch und stieg danach auf die offenen Nistern, wo er sich ins Wildheu legte und sogleich einschlief. Aber mitten in der Nacht weckte ihn das Aufschlagen der Hüttentüre und ein seltsames Knistern und Knattern im Herd. Verwundert richtete er sich auf seinem Heulager auf, und nun sah er zu seinem Erstaunen unten in der Hütte drei fremde Männer, die eben den großen Kessel zum Käsen über das aufflackernde Feuerlein der Wellgrub rückten. Erst wollte er auffahren und fragen, was es denn da mitten in der Nacht gebe. Als er jedoch den riesenmäßigen Mann, der am Herd stand, um den Kessel zu richten, näher betrachtete, verhielt er sich mäuschenstill. Jetzt trug der zweite der unheimlichen Gesellen die Mutteli (rundes Holzgefäß) voll Milch herbei, auf denen eine zolldicke Nidel (Rahm) lag, und leerte sie in den Kessel. Es war ein blasser Jüngling mit einem goldhellen Haargelock. An der Feuerplatte aber hockte ein grüngekleideter Jäger, der finster in die Glut starrte und ab und zu ein Holzscheitlein ins Feuer schob. Erschrocken schaute der Senn Res von seinem Heulager dem Tun und Treiben der nächtlichen Gäste zu. Jetzt zog der Grüne aus seiner Jagdtasche ein Fläschlein und goß blutrotes Lab in die Milch, um sie zu scheiden. Dann setzte sich der erste, als der Senn, auf den Herd zum Kessel, nahm den Brecher, einen geästelten Stab, zu Händen und begann ruhig die Milch umzurühren. Der junge, blasse Knecht aber mit dem flachsfarbenen Schopf ergriff ein gewundenes Horn und schritt der Türe der Hütte zu, die von selber aufging. Und nun hörte der aufmerksam lauschende Res wundersame Töne, wie er sie bisher noch nie weder gehört noch geträumt hatte. Ein grenzenloser Jubel, eine über alle Berge hinausjauchzende Lerchenseligkeit war vor der Hütte in dem wundersamen Lied. Und dann wieder hallte daraus eine heimweherische, bodenlose Schwermut. Es war ein unsäglich schöner Gesang. Oder waren es lauter Alphornklänge? Res wußte es nicht, das Herz verging ihm schier vor Lust. Deutlich hörte er, wie seine Herde, von den zauberhaften Klängen angezogen, sich der Sennhütte näherte. Und nun bemerkte er auch, wie das helle Klingen der Schellen und das dumpfe Läuten der großen Senntentreichle gar seltsam hineinstimmten in das schöne Lied. Es war ihm, als höre er seine Herde in stillem Reihen um den Sänger herumgehen. Und dann ergriff der blasse Jüngling sein Horn nochmals und ließ es draußen in die schöne, hochsommerliche Bergnacht hinausklingen, nur langsamer, gezogener als vorher. Da schien alles zu Berg und Tal aufzuleben. Die Berggeister gaben den Gesang aus allen Flühen und Tobeln zurück. Es war, als wären Himmel und Erde davon erfüllt. Still ging der junge, goldlockige Knecht wieder in die Hütte hinein. - Unterdessen hatte der riesenhafte Senn am Herd seine Verrichtung beendet. Er schöpfte die Schotte in drei bereitstehende Gepsen hinein. Aber seltsam, in der einen Gepse erschien die Milch blutrot, in der zweiten grasgrün und in der dritten schneeweiß. Mit hochklopfendem Herzen mußte der Res nur immer so zuschauen. Aber plötzlich schrak er zusammen, denn der riesige Senn rief mit fürchterlicher Stimme zu ihm hinauf: "Steig jetzt herunter, Menschlein, du sollst dir eine Gabe wählen!" Zitternd, aber gehorsam stieg der Res von den Nistern, denn der blasse Jüngling hatte ihm freundlich zugenickt. Als er das Leiterchen hinab war, führten ihn die Männer vor die drei Gepsen. Und dann sprach der riesenhafte Senn: "Sieh, aus einer dieser drei Gepsen mußt du trinken. Du hast die Wahl, aber überlege dir's wohl, ich rate dir's. Die rote Gepse ist meine Gabe. Trinkst du daraus, so wirst du stark und gewaltig wie ein Riese und also mutig, daß dir kein Mensch auf Erden wird widerstehen können. Zudem gebe ich dir noch hundert schöne rote Kühe, die schon morgen früh auf deiner Alp grasen sollen. Greif zu, Bürschlein!" Darauf sagte der Grüne: "Trink lieber aus der grünen Gepse! Ich schenke dir hundert Taler und klingendes Gold. Hör, wie es lieblich klingelt!" Unversehens schüttelte er einen ganzen Haufen Silbertaler und Goldstücke dem Hirten vor die Füße, dem die Augen vor ihrem Glanze fast übergingen. Der blasse, goldlockige Jüngling aber stand ruhig, auf sein Alphorn gestützt, da und sagte dann weichen Tones: "Trink aus der weißen Gepse, so wirst du schon am kommenden Morgen singen und jodeln und dies Alphorn blasen können, so schön, wie du's eben von mir gehört hast." Da rief der Res, sich zusammennehmend: "So will ich lieber die Riesenkraft und die goldenen Schätze nicht, ich wähle dein Lied und dein Alphorn und trinke aus der weißen Gepse!" Damit hob er das Mutteli an den Mund und trank. Es war nichts anderes als frische, würzige Milch in dem Gefäß, mit einem seidenzarten Rahmschäumlein darauf. "Du hast gut gewählt", sagte der Goldlockige. "Hättest du anders gewählt, so wärst du ein Kind des Todes gewesen, und viele hundert Jahre wären vergangen, bis ich mein Geschenk den Menschen wieder hätte anbieten dürfen. Nimm also das Alphorn, und morgen wirst du singen, jodeln und blasen können wie ich." Plötzlich waren die drei unheimlichen Gesellen verschwunden; das Feuer in der Wellgrub erlosch, und Res fühlte sich von unsichtbaren Händen auf sein Wildheulager emporgehoben. Als er am Morgen erwachte, wollte er erst alles für einen Traum nehmen. Aber neben ihm lag das Alphorn. Und als er nun vor die Hütte hinaustrat, begann er das Horn zu blasen und zu singen und zu jodeln. Das klang so schön, daß es schien, als beeile sich die Sonne, die eben hinter dem Grat heraufstieg, noch schneller als sonst über die Schneeberge hinweg auf die Alp herunterzuschauen. Mit Verwunderung und großer Freude aber lauschten die Hirten auf den Alpen dem wunderbaren Gesang. Und nicht lange dauerte es, so antwortete die Liebste des Res ihm von der Seealp in den gleichen Tönen, wenn das Alpenglühen auf allen Bergen lag wie das Röslein auf der Wange eines schlummernden Kindchens. Und also hat sich der Kuhreihen vererbt von Geschlecht zu Geschlecht in den Alpenländern der Schweiz bis auf den heutigen Tag. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Entstehung des Türlersees

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Auf der südlichen Seite des Albis liegt der Türlersee. Nicht immer sollen seine Fluten den Fuß des Albis bespült haben. Trockenen Weges schritt man einst dort in einem lieblichen Tal zwischen grasreichen Wiesen und fruchtbaren Feldern einher. Dieses Tal gehörte zu dem Besitze der Freiherren von Schnabelburg, deren Schloss hoch oben auf einer Spitze des Albis stand, und Felder und Wiesen darin wurden von einem der Pächter dieser Edelleute, welche eine alte Chronik Grafen nennt, verwaltet und bewirtschaftet. Einer dieser Pächter, so erzählt nun die Sage, soll seine Tochter, deren Schönheit die Aufmerksamkeit des Burgherrn auf sich gezogen hatte, diesem gegen den Besitz jener Felder und Wiesen verschachert und die im Geleite des Vaters sich ungefährdet wähnende Tochter dem Grafen auf dem Schlosse selbst zugeführt haben, wo ihm das auf so schändliche Art erworbene Besitztum schriftlich und urkundlich zugesichert worden sei. Kaum aber sei er, diese Urkunde in den Händen, zu dem neuen Eigentum heimgekehrt, so habe sich ein fürchterlicher Orkan erhoben, Berge seien geborsten und hätten die Zugänge des Tales ausgefüllt, welches Wasserströme vom Himmel, den unnatürlichen Vater samt seinem neuen Besitz für immer von der Erde vertilgend, von da an in den See umgewandelt hätten, welcher es jetzt ist. Der Graf aber habe reuevoll die Tochter freigegeben, welche den Schleier genommen und als Nonne gestorben sei. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Entstehung von Münchenstein

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Hinter den Weihern beim Schloss Birseck stand einst ein Kloster, woran heute noch der Name «Mönchsgraben» erinnert. Bei einem furchtbaren Wolkenbruch wurde das Kloster weggeschwemmt, und alle Mönche fanden dabei den Tod bis auf einen. Dieser wurde von den Fluten dem Tale zugetrieben und konnte sich an einen schwimmenden Balken anklammern. Beim heutigen Münchenstein gelang es ihm, sich auf einen Felsen, der aus dem Wasser ragte, zu retten. Nachdem das Wasser sich verlaufen hatte, gründete der Mönch an dieser Stelle ein Kloster, woran sich später ein Dorf anschloss. Daher heisst dieses heute noch Münchenstein und führt einen Mönch im Wappen. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Die Entstehung von St. Margarethen bei Binningen

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Auf dem Schlosse Pfeffingen hat einst ein Ritter gehaust, der drei gar liebliche Schwestern hatte. Margaretha hiess die eine, Chrischona die andere und Ottilia die dritte. Nicht weit davon entfernt sassen auf ihrem Schlosse und Stammgut die drei Ritter Franz, Kilian und Rudolf von Thierstein. Diese waren den drei Burgfräulein in Minne ergeben und besuchten sie heimlicherweise, um ihre Gunst zu erwerben. Der Pfeffinger Ritter hasste aber die Thiersteiner. Einst auf der Jagd erschien ihm der Teufel in Gestalt eines Zwerges. Der Ritter überwand den Bösen und zwang denselben, ihm die Zukunft zu offenbaren. Nun weissagte der Zwerg, dass Schloss und Geschlecht derer zu Pfeffingen den Untergang erleiden sollten, während des Ritters Schwestern ewige Häuser bauen und ihre Namen sich in alle Zeiten erhalten würden. Dieser Spruch des Teufels ging dann auch in Erfüllung. Denn als der Ritter die Thiersteiner bei ihrem nächsten Besuche zu Pfeffingen gefangen nehmen und enthaupten liess, verliessen die Schwestern in tiefer Betrübnis das Schloss, eine jede sich einen Ruheort für ihre Seele zu suchen. Margaretha zog auf die Höhe des Bruderholzes, während die beiden andern sich über den Rhein begaben, Chrischona auf den Dinkelberg, Ottilia auf die Anhöhe jenseits der Wiese. Eine jede errichtete sich an ihrem Zufluchtsorte eine Klause, Stätten der Andacht, die heute noch bestehen, während das Pfeffinger Schloss schon längst zerfallen und das Geschlecht der Ritter ausgestorben ist. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Die Entzauberung

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Einst fand ein Mann, der im Steigwald Holz fällen wollte, an einer Buche mit einem Stricke gebunden einen jungen, schönen Fuchs, welcher, als er ihn mit der Axt erschlagen wollte, mit so schönen Augen ihn bittend anblickte, dass er, von Mitleid ergriffen, den Strick entzwei hieb, und das niedliche Geschöpf laufen liess. Nach einigen Jahren kam er auf einer Rückreise von Italien, wohin er mit Vieh zu Markte gegangen war, in ein abgelegenes italienisches Wirtshaus, um zu übernachten. Die junge Wirtin betrachtete ihn mit ihren blauen Augen aufmerksam, jedoch freundlich, und tischte ihm sodann alles Mögliche auf. Zwar sagte er ihr, er begehre nicht so viel und sei mit wenigem zufrieden. Allein sie antwortete, er solle sich durchaus nicht darum bekümmern, und es sich nur recht gut schmecken lassen. Am andern Morgen, als er nach reichlich genossenem Frühstück seine Zeche zahlen wollte, wollte ihm die Wirtin durchaus nichts abnehmen; sie sei ihm so viel Dank schuldig, dass sie es ihm wohl niemals werde vergelten können. Als er erstaunt fragen wollte, wie das möglich sei, da er sie nie zuvor gesehen, sagte sie: "Seid Ihr es nicht, der vor zwei Jahren im Maienfelder Steigwald einen angebundenen Fuchs befreit hat?" Als er dies bejahte, fuhr sie fort, sie selber sei es gewesen, die in Gestalt eines Fuchses verzaubert, durch seine Befreiung dem Tode entgangen, und später des unglücklichen Zaubers entledigt worden sei. Quelle: Theodor Vernaleken, Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch


by Die Erbauung der Kirche zu Montagny

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Geht man von Grandson nach dem Dorfe Montagny, so fällt auf jener ausgedehnten Ebene ein nicht gerade bedeutender Hügel ins Auge, welcher einige hundert Schritte von der Bandstraße ab in den Gütern liegt. Dort soll Karl der Kühne von Burgund einst sein Kriegszelt aufgeschlagen haben, da er zur Besiegung der Schweiz ins Land eingebrochen war und Grandson belagerte. Eine Eiche, von einem Kranz starker Tannen umgeben, steht auf der Spitze des Hügels; sie soll von den Überwindern Karls gepflanzt worden und gleich alt sein mit derjenigen, welche in der Nähe des Grandsoner Schlosses steht. Ein bejahrter Waatländer Bauer, dessen Äcker bei diesem Eichenhügel liegen, ist der Erzähler nachfolgender altertümlich lautender Sage.   Vor mehr als hundert Jahren ging einst der junge Johannes dieses Weges. Er war im Herzen tief betrübt, denn er kam eben von den Leuten her, welche ihm seine Armut vorgehalten und damit die Hand ihrer Tochter, um welche er warb, abgeschlagen hatten. Es ging auf die heilige Zeit, das Land lag voll Schnee, keine Seele war mehr auf dem kalten Wege, er überließ sich den trübsten Vorstellungen und in abgerissenen einzelnen Worten sprach er sich selber sein Herzeleid vor. Es dämmerte stark, da er hier vorüber den sogenannten Tuilerien zuging. Da hörte er vom Eichenhügel herab unvermutet sich mit Namen nennen, ein Mann in sehr kostbarer Rüstung stand vor ihm und sprach begütigend: „Johannes, ich weiß wohl, was dich quält, faß' indeß nur guten Mut, bald soll Alles anders werden. Komm nächste Weihnachten nach elf Uhr allein auf diesen Hügel, da reicht gerade die Zeit hin, mir etwas in den See zu tragen; und wenn du dann anstellig genug bist, mir bis zwölf Uhr auch mein altes Wehrgehänge abzugürten und damit in aller Stille fertig werden kannst, so sind die Schätze zusammen dein, die in diesem Hügel stecken.“ Johann hatte kaum Zeit, dieses zu versprechen, so war der Geist verschwunden und Alles wieder wie vorher. Es waren noch zwei Tage bis Weihnachten. Johannes besann sich wohl, ob er nicht etwa eine Sünde begehe, wenn er die heilige Nacht zum Schätzeheben verwende. Doch er konnte sich aufrichtig gestehen, daß er es in keiner habsüchtigen Begierde unternahm, sondern in reinster Liebe zu seiner Margarethe. Er wußte, daß das treue Mädchen keinem andern als ihm die Hand geben werde, er erlöste und befreite also vielmehr sie, als nur den Geist eines mutmaßlichen Ritters; um diesen Schatz also war es ihm zu tun, und er konnte diesen ja aufs glücklichste heben, wenn er die in jenem Hügel verborgenen Reichtümer erwerben und damit zum einbedungenen Heiratsvermögen gelangen würde. So ging er denn auf die bestimmte Frist zum Hügel hin und traf da den Gerüsteten. Dieser klopfte an die Eiche, und sogleich versanken sie beide zusammen in die Erde hinab. Hier fanden sie sich in einem von vielen Pfeilern getragenen Gewölbe. Es war kerzenhelle. An den Wänden umher hingen Banner und Waffen. Ringsum an den Mauern standen Kriegswerkzeuge aller Art, selbst Geschütze und Kugelpyramiden. Dazwischen aber waren eben so viele Gefäße offen hingestellt, die einen schimmernd von Gold, die andern blitzend von Geschmeide. Jedoch da war keine Zeit, sich lange umzuschauen; denn alsbald kam aus der Weite der Halle ein dickes, kohlschwarzes Ungetüm auf allen Vieren daher, und der Gerüstete sprach zu Johannes: „Hier ist meine Lieblingskatze. Diese wirf mir sogleich vom Tophet hinunter in den See, als dann komme so schnell du vermagst wieder hierher. Hüte dich, eine einzige Minute zu versäumen, hüte dich, ein einziges Wörtchen zu sprechen, es wäre dein Tod. Nun geh! Johannes tat unverweilt, was ihm geheißen worden war. Halb atemlos kam er mit der mächtigen Katze auf den Tophet hingerannt. Dies ist ein Felsen des Neuenburger See's, zu welchem eine aus Kieseln bestehende, aber von den Wellen längst wieder überspülte alte Straße geführt hat, ein sogenannter Heidenweg, auf welchem einst die Heidenpriester nach einem Tempel des Seegottes hinaus zum Opfer gezogen waren. Während er die Katze hier ins Wasser hinabwarf, kratzte ihn das sich sträubende Untier noch so heftig, daß er schon ein Bonnerre äe eünt! im Munde hatte; aber der Warnung wohl eingedenk, die ihm der Geharnischte gegeben, verbiß er schweigend seinen Schmerz. Nun mußte er sich seine blutenden Hände schnell abwaschen, und auch dieses war aufs schleunigste abgemacht; denn kaum berührte er das Wasser, so wogte und stürmte der bis jetzt so zahme See in solcher erschreckender Höhe daher, daß Johannes aufs eiligste entsprang und in den Hügel zurückfloh. „Jetzt nimm dich zusammen,“ begann der Ritter, „nun mehr ist das Schwerste zu tun. Wisse, ich bin der Herzog Karl von Burgund. Seitdem ich vor jenem Schlosse dort mein Wort den Schweizern brach, war das Glück von mir gewichen. Hier sitz ich in diesem Hügel geharnischt und bewehrt, bis sich ein Mensch finden läßt, der kühnlich mich entwappnet. Junge Eichen sind seitdem über meinem Haupte ausgewachsen und wieder zusammengefault; Tannen haben dann statt ihrer hier Wurzeln geschlagen; aber keiner eures Geschlechtes ist starkherzig genug gewesen, mir sein Wort zu geben und es bis zum Ende zu halten. Sei du es, und alle deine eigenen Wünsche werden zugleich damit erfüllt. Hier dieses Schwert gürte mir ab. Aber schweigend wie das erste mußt du auch dieses tun!“ Johannes machte sich daran. Der Mann schien neben seiner Hand emporzuwachsen, auf den Zehenspitzen stehend reichte er hinauf an das Wehrgehänge und knüpfte die gestickten Riemen auseinander. Da glitt das schwere Schwert aus der Scheide und schlug ihm eine tiefe Wunde. Ladre du eiel... wollte er schreien, aber zu rechter Zeit noch bemeisterte er sich, und da gerade schlugen die Turmuhren zu Grandson und zu Yverdon auf einen Streich Zwölfe. Somit war das Werk geschehen. Herzlich dankend überließ es der Geist dem beharrlichen Johannes aus den offen daliegenden Reichtümern nach seiner Wahl sich heraus zu nehmen. Johannes hatte nichts anderes bei sich, als sein Taschentuch. Dieses füllte er mit goldnen Talern, so viel ihrer bis zum letzten Knopfe hineingingen. Beim letzten Goldstück sah er sich wieder droben unter der Eiche. Alles Übrige war verschwunden, sogar die frische Wunde, nur das Geld im Tüchlein nicht. Bald hernach heiratete Johannes seine treue Margarethe. Sein Eheglück war ein so dauerhaftes, daß er in seinen alten Tagen noch beschloß, dem lieben Gott dafür ein Zeichen schuldiger Dankbarkeit zu hinterlassen. Er vergabte daher an seine Mitbürger zu Montagny eine große Summe mit der Bedingung, daß man daraus eine eigne Ortskirche baue. So geschah es. Das Dorf hat es also diesem Abenteuer zu verdanken, daß es seither weder in die Stadt Grandson, noch in die Stadt Yverdon, zwischen denen es gerade in der Mitte liegt, in die Kirche gehen muß. Am eignen Altäre traut es seine Hochzeitspaare und lange noch nannte es jeden glücklichen Ehemann einen Johannes. Die Fundstelle der mitgeteilten Sage heißt die Tuilerien (Zieglerei), und damit wird in jener Gegend der Standort des einen der zwei römischen Amphitheater bezeichnet, welche zum römischen Aventicum gehört haben. Meyer v. Knonau Quelle: E. L. Rochholz, Naturmythen. Neue Schweizer Sagen, Leipzig  1862. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch    


by Die Erbauung des Schlosses zu Wil

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Nachdem die Römerherrschaft in unserem Lande ein jähes Ende gefunden, nahmen es germanische Stämme in Besitz. Damals soll ein lieblicher See den nördlichen Fuss des Ballenbühl umspült haben. Einem germanischen Kriegshelden, der sich an seinen Ufern niedergelassen, erschien eines Nachts der Teufel in der Gestalt eines kleinen grüngekleideten Männchens, eine Feder auf dem Hut und den blanken Dolch im Gürtel. Aus seinem Wams zog er ein Pergament mit dem Plan eines Schlosses, wie es sich der Kriegsmann längst erträumt hatte. Immer aber fehlten ihm die Mittel, es auszuführen. «Dieses Schloss will ich diese Nacht vor dem ersten Hahnenschrei vollenden», sprach das Männchen, «wenn du mir mit deinem Blut deinen Namen in dieses Büchlein schreibst.» Nach langem, bangem Zögern unterschreibt er. Im Nu stehen tausend fleissige Riesenhände an der Arbeit. Die Mauern des Turmes wachsen zu schwindelnder Höhe empor. Gemach um Gemach reiht sich daran. Immer deutlicher nimmt der Bau die erträumte Form an. Dem Kriegsmann graust es ob dem tollen Spuk. Am liebsten wüsste der stolze Alemanne nichts von der geheimnisvollen Abmachung. Trude, seine Gemahlin, sucht ihn zu beschwichtigen und seine Seelenpein zu lindern. Wenige Steine fehlen, und die Burg ist vollendet. Da durchbricht der erste Hahnenschrei die bange nächtliche Stille. Rasch, wie sie gekommen, verschwinden die geheimnisvollen Bauleute mit markdurchdringendem Geheul, ohne den stolzen Bau vollenden zu können. Der Grüne ist um seinen Lohn geprellt. Heimlicherweise hat Frau Trude den Hahn noch rechtzeitig geweckt und dadurch des Teufels Absicht zunichte gemacht. Emmentaler Sagen, Hermann Wahlen, 1962 Gute Schriften Bern Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Erdgalle

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Vor langer Zeit lebte auf einem Schlosse ein reicher Edelmann. Den liebten alle Leute, denn er war freundlich und gut mit ihnen, half, wo er helfen konnte und nannte die Armen und Kranken seine Freunde. Eine kleine menschliche Schwäche besass er allerdings auch: Die Gaumenlust. Gut und reichlich essen bereitete ihm Wonne. Seine Gastmähler waren im ganzen Lande berühmt. Als er die Lebensmitte überschritten hatte, stellten sich für und für die Beschwerden des Alters ein. Es haperte bald hier, bald dort, und wenn ein Schmerz verschwand, so tauchte an einer andern Stelle wieder ein neuer auf. Reiten und Jagen, seine liebsten Vergnügen, musste er aufgeben. Schliesslich kamen noch die Ärzte und verboten ihm alle fetten Speisen und geistigen Getränke. Also keine Gastmähler mehr. Was bot ihm jetzt das Leben noch? Der Frohsinn schwand und machte einer tiefen Niedergeschlagenheit und Mutlosigkeit Platz. In einer Nacht konnte der Schlossherr nicht schlafen. Schmerzen zwickten ihn hier, zwackten ihn dort, und er dachte lange und ernstlich über seinen Zustand nach. Dann faltete er die Hände und sprach: „Ich habe mein Mögliches getan. Menschen können mir nicht helfen. Vater im Himmel, so hilf DU mir, ich bitte Dich. Ich will mich dankbar zeigen. Hie Hälfte meines Vermögens teile ich den Armen aus.“ Endlich schlief er ein und hatte einen sonderbaren Traum. Es kam eine Frauengestalt auf ihn zu. Sie trug ein wallendes, weisses Gewand und erinnerte ihn lebhaft an seine Mutter, die er als Kind schon verloren Sie blickte ihn gütig an und sagte: „Sei nur frohen Mutes, und es wird dir wieder besser gehen. Deine Galle ist zwar gänzlich erschöpft, aber wenn du Erdgalle als Ersatz nimmst, dann wirst du gesunden.“ Er fragte: „Erdgalle? Ich habe dieses Wort noch nie gehört. Was ist das für ein Ding?“ Sie antwortete: „Das ist eine Pflanze. Komm, ich will sie dir zeigen.“ Sie nahm ihn bei der Hand, und dann ging es wie im Fluge auf einem schmalen Pfade einen felsigen Hang entlang. In der Tiefe rauschte ein Fluss. Schliesslich gelangten sie auf eine steil ansteigende Weide, die rundum von Wald umgeben war. Inmitten dieser Lichtung stand eine Gruppe von drei Tannen. Ah! Jetzt kannte er das Gelände. Als Knabe war er oft hier gewesen und hatte mit Kameraden Jäger und Hase gespielt. Die weisse Gestalt führte ihn nahe an die drei Tannen heran. Dort blieb sie stehen, bückte sich und pflückte eine seltsame, schöne Blume. Die hatte einen dünnen, viereckigen Stengel, feine, zartgrüne Blätterpaare und oben eine Krone von rosaroten Blüten, in deren Mitte goldene Sternlein leuchteten. Die Frau sprach: „Das ist jetzt die Erdgalle. Sieh, der ganze Hang leuchtet rot von der Menge der Blumen. Pflücke davon, mache fleissigen Gebrauch, und du wirst das Wunder der Gesundung erleben.“ Die himmlische Gestalt verschwand, und an der Stelle, wo sie gestanden, blühte eine Erdgalle, die hatte nicht rote, sondern blendendweisse Blüten. Das war der Traum. Am folgenden Morgen stand der Schlossherr schon früh auf und machte sich auf den Weg, den er im Traume gegangen. Er fand den Felsenpfad, den Wald und den Rain mit den drei Tannen. Der magere trockene Hang leuchtete rot von Erdgalle, und inmitten all der Blumen stand eine einzige weisse. Alles war genauso wie im Traum. Er pflückte einen ganzen Arm voll dieser kostbaren Blüten, trug sie nach Hause und begann die Kur. Langsam aber stetig nahmen Beschwerden und Schmerzen ab und verschwanden zuletzt gänzlich. Die Gesundheit war wiedergewonnen. Wie versprochen teilte er die Hälfte seines Vermögens - 100 000 Gulden sollen es gewesen sein - den Armen aus. Die Heilkraft der Erdgalle wurde mehr und mehr bekannt und berühmt, und man nannte die Pflanze von da an nur noch das „Hundertusigguldechrut“. Unzähligen Menschen, die an den Gebresten des Alters litten, hat sie Erleichterung und Heilung gebracht. Sie sei das „vürnämste Chrütli“, das Gott in seiner Güte und Weisheit in den Erdengarten gepflanzt habe, sagten unsere Vorfahren. Und dennoch hat diese Wunderblume wie keine andere die Unbeständigkeit und Wandelbarkeit der Werte erfahren. Unsere Ahnen nannten sie ehrfurchtsvoll: „Hunderttausendguldenkraut“. Für unsere Eltern war sie schon etwas wohlfeiler geworden. Sie schätzten sie immerhin noch als „Tausendgüldenkraut“. Die heutige Generation hat sie rabiat auf „Guldenkraut“ abgewertet. Unsere Kinder werden ein Gleiches tun und sie etwa noch als „Kraut“ bezeichnen. Und dann --- dann bleibt vom grossen Namen nichts mehr übrig. Ruhm vergeht - und Wohltaten sind bald vergessen.   Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch


by Die Erdleute bei Oberhof

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Hinter der Rams- und Wasserfluh liegen im Frickthaler-Jura zwei zierlich aufstrebende waldige Berggipfel, die beiden Strîchen; nach ihren zwei zunächst gelegenen Dörfern unterscheidet man sie in in den Asper- und den Oberhofner-Strîchen. An den letzten, dessen Höhe 2872 Fuss beträgt, knüpft sich folgende Erzählung, die aus dem Munde eines dort wohnenden Bauern stammt. Zwei Schnittermädchen waren in der Aernte zusammen in den Oberhofner-Feldern. Plötzlich schrie das eine: Ursi (Ursula), schau diese mächtig grosse Kröte! soll ich ihr eins mit der Sichel geben? Nein, Bürgi (Walburg), rief die andere Schnitterin, bei Leib nicht! Schau nur diese Dicke und Gedunsenheit; merkst du doch selbst, wie es mit dem Wust da steht, er wird uns zu Gevatter bitten wollen. Inzwischen schien die Kröte weggekrochen zu sein und die beiden Mädchen schnitten weiter. Als sie Abends heim kamen und davon erzählten, meinte die Mutter: Ursi, da hast du wieder einmal dein Maul gebraucht und weisst nicht, gegen wen. Hüte dich, es setzt leicht Böses ab; denn schon oft hab ich gehört, auch der Teufel könne sich in Kröten verwandeln. Diese Warnung war indess schon zu spät gekommen. Noch in derselben Nacht, als beide Mädchen ruhig schliefen, klopfte es an ihr Fenster, und eine Stimme sprach: Ursi, denk an dein gestriges Versprechen, steh auf und komm schnell mit! Ursula hatte auf den ersten Ruf noch geantwortet und war nach der Thüre gegangen in der Meinung, ihr Liebhaber aus dem Dorfe warte drunten. Als sie aber sich an ihr gegebenes Wort mahnen und vom Fortgehen hörte, erschrak sie überaus, doch in Angst und Ratlosigkeit öffnete sie. Hier stand ein Erdmännchen und bat sie dringend, mit ihm zu gehen. Das Mädchen folgte ihm. Die ganze Gegend, durch welche sie nun kamen, war ihr wohlbekannt. Am Strîchen aber stiegen sie in eine Tiefe hinunter, die Ursi vorher noch nie bemerkt gehabt hatte, und hier öffnete sich ein unterirdischer Gang. Da hindurch mussten sie. Zuletzt gelangten sie auf eine weite helle Wiesen-Ebene, auf der eine ganze Menge überaus zierlicher Häuser stand. Ein jedes schien ganz aus Glas, denn von einer Hauswand zur andern war alles durchsichtig, und die Lichtlein, die drinnen brannten, leuchteten selbst durch das Dach heraus. In ein solches Häuschen führte sie der Begleiter. Hier lag ein sehr blasses Erdweibchen im Bett und hatte neben sich ein neugeborenes Kind. Dieses gab man dem Bauernmädchen auf den Arm und sie musste es einem langen Zuge von lauter Erdmännchen voran auf der Stelle aus dem Hause tragen. Statt auf den Arm nahm sie das daumengrosse Kindlein in die hohle Hand. Ihr früherer Führer wies sie in eine eben so glänzend erhellte Kristallkirche hinein, um hier Kindstaufe zu halten. Sie weigerte sich nicht und verrichtete nach katholischem Brauche die Nothtaufe an dem Zwergenkinde. Nachdem alles beendigt und das Kleine wieder zur Wöchnerin zurückgebracht war, zog diese fünf Strohhalme aus ihrem Strohsacke heraus, und bot sie ihrer neuen Gevatterin zum Andenken; für die Schwester Bürgi jedoch übergab sie ihr zugleich einen kostbaren Gürtel. Dieser Gürtel, sagte sie, gehört für deine Schwester; aber dass ja niemals weder sie noch ein anderes ihn umgürtet, bis ich es Euch einmal werde wissen lassen! Bald war Ursula wieder von dem Bergmännchen durch den unterirdischen Gang zurückgeführt. So wie sie unter den freien Himmel gekommen waren, zeigte er ihr auf den Birnbaum hinunter, der die Grenze ihres väterlichen Gutes ausmachte, und den sie im vollen Mondschein wohl erkannte, dann verliess sie der Kleine. Als sie ihrer Befangenheit los geworden, fieng sie an über das elende Geschenk zu zürnen, das man ihr bestimmt hatte, und warf sogleich viere von ihren fünf Strohhalmen aus dem Jüppensack. Aber da sie nun zum Birnbaum kam, fiel es ihr plötzlich ein, gleich hier jene besondere Wirkung des Gürtels zu erproben, den man ihr für die Schwester und unter der seltsamen Weisung mitgegeben hatte, ihn ja niemals vor der erhaltenen Erlaubniss zu tragen. Kaum hatte sie nun den Gürtel um den Stamm gespannt, so zerspaltete der ganze Birnbaum in tausend Splitter und war augenblicklich zu einem Häufchen blosser Asche zusammen gesunken. Tief erschüttert dachte jetzt das gute Mädchen an die Schwester, und wie es dieser hätte ergehen müssen, wenn ihr das verwünschte Zaubergeschenk jemals zugekommen wäre. Eilig rannte sie davon, um daheim die überstandene Gefahr zu erzählen. Aber zu Hause wollte nun niemand, nicht einmal Bürgi ihr glauben. Vergebens berief sie sich auf den Gürtel; dieser war ja mit dem eingeäscherten Birnbaum verschwunden, und ihre paar elenden Strohhalme hatte sie auch schon weggeworfen. Jetzt suchte sie nach dem letzten übrigen im Sacke und zog vor aller Augen statt seiner einen goldnen Schauthaler heraus. So wie der Tag anbrach, suchte man am ganzen Strîchen nach den vier andern Halmen; weder sie, noch Goldthaler, noch den Gürtel fand man mehr. Das letzte Ueberbleibsel der Zwergenwirthschaft in dieser Gegend ist das Heidenbrünnlein, ein hübscher Bergquell, von dem es heisst, er laufe alle Freitage trübe. Eine benachbarte Quelle an der Bergstrasse der Staffel-Egg ist von allen Wanderern besucht, und heisst das Schellenbrünneli. Obige Sage wird auch vom Schümberge, dem höchsten des Frickthaler Jura erzählt; der erwähnte Birnbaum steht dorten auf der Lenzimatte bei Wölfliswil. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 268 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch  


by Die Erdmännchen (Zug)

Source: Die Erdmännchen (Zug)

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Die Erdmännchen lebten in früheren Zeiten gerne in Felshöhlen. Von Erdmanndlisteinen und Erdmanndlihöhlen erzählt der Volksmund fast an allen Ecken und Enden des Zugerlandes die wunderlichsten Dinge. Besonders sollen auf der Baarburg solche kleine Gesellen gewohnt haben. In das Felsgestein hätten sie überaus gern ganz geheimnisvolle Buchstaben und Zeichen gemeisselt. In den Gestrüppen und Felslöchern der Walchwilerallmend, zumal gegen die Gniepenfluh, hausten die Erdmännchen. Sie waren klein von Gestalt und hatten ein nussbraunes Aussehen. Pfeilschnell vermochten sie auf Bäume zu klettern und wieselflink in die wohnlichen Höhlen zu schlüpfen. In mannigfachen Künsten waren sie sehr erfahren. Auf Heu und Stroh konnten sie ihre Speisen kochen, ohne dass die Unterlage Feuer fing. In Menzingen verbrannten sie oft die "Wied" an der Strohwelle, ohne dass das Stroh entzündet wurde. In ihren weitverzweigten Höhlen bewahrten sie sorgsam riesige Schätze von Gold und Silber und eine Unmenge glitzernder Edelsteine auf. Oft gaben sie Armen, bedürftigen Leuten von ihrem unermesslichen Reichtum. Andere Erdmännchen aber hüteten geizig ihre Güter und wachten arglistig darüber und scheuchten fremde, neugierige Besucher mit grossem Schrecken davon. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 125 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Erdmännchen am Wallhalb

Source: Die Erdmännchen am Wallhalb

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Ein Guggisberger Bäuerlein kam einst spät im Herbst, als schon alles Vieh wieder im Thal war, mit einem im Simmenthal gekauften Rind den nächsten Weg über die Berge herüber. Auf der „Egg" ereilte ihn Nacht und Nebel und er sah sich gezwungen, im Wallhalb zu übernachten. Er stellte das Rind in den Stall, suchte sich im Feuerhause das verlassene Küherlager auf und schlief bald wie ein Prinz. In der Nacht kamen aber die Erdmännchen, nahmen das Rind aus dem Stalle, schlachteten es und kochten dann das Fleisch im Käskessi vor den Augen des erschrockenen Bäuerleins, das, ob dem Lärm erwacht, das alles mit ansehen musste. Sie richteten nun ein Mahl zu und lebten herrlich und in Freuden. Auch dem unfreiwilligen Zuschauer boten sie freundlich an; er nahm aber nur ein ganz kleines Stück Fleisch und hätte statt des Dankes den Geber lieber in 's Pfefferland gewünscht. Nachdem die Mahlzeit geendet war, entfernten sich die Zwerge, die Überbleibsel mit sich nehmend. Als der Bauer am Morgen aufstand und nun missmuthig und traurig den Heimweg ohne Rind antreten wollte, war er verwundert, vor der Hütte keine Blutspuren zu finden. Er trat in den Stall, um zu sehen, ob das Rind etwa dort geschlachtet worden sei. Wie erstaunte er aber, dasselbe unversehrt am Barren zu finden! Nur an einem Hinterbacken fehlte ein kleines Stücklein Fleisch, gerade so viel als er selbst in der Nacht verzehrt hatte. Quelle: J. J. Jakob, Heimathkunde des Amtes Schwarzenburg, Bern, 1869. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www. maerchen.ch


by Die Erdmännchen bei den Bauern

Source: Die Erdmännchen bei den Bauern

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In der Liebe und im Hass kannten die Erdmännchen gar keine Grenzen. Einst bettelten einige Zwerge bei einem wohlhabenden Bauern auf dem Zugerberg um Speise, da der Hunger sie schrecklich quälte. Der Bauer hätte die Erdmännchen wohl gerne als fleissige Arbeiter auf seinem Hofe gesehen, aber nicht als heischende, lästige Bettler. Der Geizkragen setzte ihnen daher nur wenig Speisen vor. Ohne ein Dankeswort schieden die Erdmännchen mit noch hungrigem Magen von hinnen, aber wie staunte der Bauer, als ihm in der nächsten Nacht der rote Hahn aufs Dach gesetzt wurde. Die rauchenden Trümmer des Bauernhofes waren der Dank der Erdmännchen für das geizige, harte Gebahren des Zugerbergbauern. Schweinefleisch war eine äusserst begehrte Lieblingsspeise der Erdmännchen. Kehrten sie bei einem Bauern ein, dann war meistens grosse Freude ins Haus eingekehrt, denn die kleinen Gäste brachten Segen mit sich. Für ihre Arbeiten in Haus und Hof nahmen sie nie Geschenke an. Gab man ihnen doch ein Geschenk neben dem wohlverdienten Lohn, so waren die Männchen beleidigt und kehrten nie wieder. Im Sommer galt es unter den Bauern als grösstes Glück, wenn die Erdmännchen zum Heuen kamen, denn dann war dem Bauernhof reicher Heusegen beschieden. Da viele Menschen aber das Glück nicht zu schätzen wussten und die kleinen Wichte verfolgten und plagten, zogen sich die hilfsbereiten Wesen auf immer zurück. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 126 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Erdmännchen im Bachsertal

Source: Die Erdmännchen im Bachsertal

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Die Erdmännchen im Bachsertal Ja, das waren gute, alte Zeiten, als im „Erdmännliloch“ bei der Hochfluh am Sanzenberg oben noch wohltätige Heinzelmännchen hausten! Von diesen erzählten die Alten, sie hätten den Leuten gar manche am Abend noch unvollendete Arbeit während der Nacht fertig gemacht, also z.B. gemäht, gepflügt, Korn geschnitten oder Vieh geputzt. Ihrer ganz besonderen Hilfe soll sich der Talmüller erfreut haben, ohne sich aber dafür dankbar zu erweisen. Im Gegenteil soll er sie oft verspottet und ihnen einmal einen argen Streich gespielt haben, indem er ums Haus herum Mehl gestreut habe, um die Spuren ihrer Füsse zu entdecken. Noch in dieser Nacht aber seien die darüber verärgerten Kobolde aus der Gegend weggezogen, wie einst die Zwerge aus dem Haslital. Über diese hilfreichen „Lampohren“, wie die Erdmännchen wegen ihren grossen Ohren auch etwa genannt wurden, berichtet eine andere Sage, sie hätten vom Talmüller gelegentlich ein Säcklein Mehl erhalten und daraus für sich und arme Leute Kuchen gebacken. Das habe der Geizhals ihnen aber abgewöhnen wollen und deshalb eines Tages das Mehl mit viel Gips vermischt, welche Spende die erzürnten Zwerge sogleich in den Mühlebach geworfen hätten. Als man darin am andern Morgen das Vieh getränkt habe, sei es zugrunde gegangen. Der ehemals sehr reiche Müller sei verarmt, habe die Erdmännchen mit seinem letzten Sack Mehl wieder versöhnen wollen, sie aber nicht mehr gefunden und sei bei ihrer Höhle zu Tode gestürzt. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Unterland Wörtlich aus Hedinger, S. 5. Seine Quellen: Persönliche Mitteilung; Rochholz, Naturmythen, S. 106; Bolleter, S. 230; P. Corrodi, im „Tagesanzeiger“, 28. 10. 1955, und im „Zürichbieter“, 5. 11. 1955. Bei verschiedenen Grabungen entdeckte man in diesem Erdmännliloch eine Kohlenschicht, Tierknochen, Topfscherben, sehr alte Ofenkacheln und Mauerreste, weshalb angenommen wird, es hätten hier nach den erwähnten Steinzeitmenschen vielleicht fromme Einsiedler, vertriebene Wiedertäufer oder bei den sogenannten Bettlerjagden verfolgte Heimatlose gewohnt. - Die erwähnte Talmühle stand wirklich schon in ganz frühen Zeiten und wurde 1954 im Sinne des Heimatschutzes prächtig renoviert. Diese Angaben nach Hedinger, S. 13. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Erdmännchen im Wilental

Source: Die Erdmännchen im Wilental

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Die Erdmännchen im Wilental In alten Zeiten war da Limmattal auch von dienstbaren Zwergen und Erdmännchen bewohnt. Die blieben aber stets unsichtbar, obwohl sie den Menschen viel Gutes taten. Man hatte ihnen die Gegend um den einsamen Fischweiher im Wilental zur Behausung eingeräumt. Solange sie dort ungestört blieben, behüteten sie Mensch und Vieh vor Unglück und Not und bewiesen damit den Menschen ihre Dankbarkeit. Friedliche Leute, die feierabends das Wilental betraten, duldeten sie wohl. Fischfrevler und lärmende Trunkenbolde führten sie jämmerlich in die Irre und ergötzten sich an ihrer Angst. Als 1798 die Franzosen einrückten, war’s mit der Stille des Wilentales vorbei. Die Welschen holzten den schönsten Baumbestand ab und verbrannten das Holz an ihren Lagerfeuern. Die erzürnten Erdmännchen rächten sich. Mehrmals verschwanden nächtlicherweise Wachtsoldaten, wenn sie durch das Wilental ihre Runde machten. Doch daran kehrte sich niemand. Mit viel Lärm und wüstem Gefluch wurden die Rosse im Seelein getränkt und in dessen Ausfluss geschwemmt. Den heissgeschossenen Lauf der grossen Kanone kühlten die wilden Gesellen im frischen Wasser. Die Fische hatten auch ihre schönsten Zeiten gehabt. Eines Tages, als der „Spatz“ der französischen Feldküche ausgeblieben war, gruben die Soldaten kurzerhand den Ausfluss des Seeleins ab, dass der Spiegel sich langsam senkte und die Fische sich in einer schlammigen Ecke zusammendrängten. Die Franzosen hofften, ihrer hier leicht habhaft zu werden, staunten aber nicht wenig, als plötzlich zwei der wildesten Krieger im Schlamm versanken und nicht mehr gefunden werden konnten. Das war die Rache der Erdmännchen, die nicht zuschauen konnten, wie die gesättigten Soldaten sich im Übermut die Fische an den Kopf warfen. Dieses Unrecht verleidete dem kleinen Volke den Aufenthalt am Wilerseelein. Rache schwörend verliessen sie die Gegend und kamen nicht wieder. In mondhellen Nächten aber geistern noch heute die verirrten und versunkenen Franzosen im Wilental. Es behauptete mehr als einer, schaurige Schreie im Wald gehört zu haben. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Limmattal Aus den „Sagen aus dem Limmattal“. Quellen sind dort nicht angegeben. Laut Vorbemerkung wurden die Sagen durch Sekundarlehrer K. Klenk „durch Schulaufsätze“ gesammelt.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Erdmännchen und die Hebamme

Source: Die Erdmännchen und die Hebamme

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Es war eine stockdunkle Nacht, als einstens ein Erdmännchen in Walchwil die Hebamme holen kam, damit sie seinem Weibchen in der schweren Stunde Hilfe brächte. Die weise Frau folgte dem kleinen Rufer. In einem waldigen Tobel führte das Erdmännchen die Walchwilerin durch einen engen, dunklen Felsspalt in eine weite, geräumige Höhle. Hier waltete die helfende Walchwilerin ihres Amtes. Als Lohn für ihre Mühen schüttete das Erdmännchen ihr eine Menge schwarzer Kohlen in die aufgehobene Schürze. Die Walchwilerin war aber ob des geringen Lohnes nicht wenig unwillig. Auf dem Heimweg durch die Nacht verstreute sie hin und wieder einige der unwillkommenen Kohlen, bis endlich ein ernstes Mahnwort an ihr Ohr klang, dass sie auf die kostbaren Kohlen besser aufpassen möge. Als sie daheim ankam, schüttete sie die noch übrigen Kohlen ins Feuer und siehe, es waren glänzende, kostbare Diamanten. Vergebens suchte die Hebamme die auf ihrem Heimweg verlorenen und weggeworfenen Kohlenstücklein wieder aufzufinden, sie musste sich mit dem kleinen Reste, den sie nach Hause getragen, zufrieden geben. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 127 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Erdmännchen und Wildleutchen

Source: Die Erdmännchen und Wildleutchen

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a) Die vorzüglichste Heimat der Erdmännchen und Wildleutchen war der sagenreiche Pilatusberg, wo sie Berglütli oder Härdmannli genannt wurden. „Es möchte von Vilen für ein gedicht, fabel gehalten werden, wie es dann zwar an jene selbs etwas zwyffelhafft sich sehen lasst das man derglychen geschöpf oder Lütt finden solle besonders by uns, davon die Allten und fürnemlich die heidnischen Historici vil geschrieben. Jch ouch selbs glych in miner Jugent solcher sachen so wytt sich min gedenken erstreckt dieser Zytt über die 46. Jar hinuff von alten Lütten gar vil und offt hab hören. In unsern Bergen umb Lucern, besonders uff der Rigi und dem Pylatiberg sind solche Herdmännlin männlichs und wyblichs geschlechts gar offt und vil nit allein gesehen worden, sondern ouch sich so vil zu andern Menschen sonderlich aber den vychhirten sennen und andern so in bergen wonend und husent beheimscht und sich so zam erzeigt das si etwann mit jnen geredt, jnen etwa vererte oder dargelegte spys abzenommen, ja ouch underwylen gar zu den Hüsern und gsellschafften zu liechtstubeten gewandlet vnd derglychen, mit den Menschen kurtzwylige gespräch gehallten und etwann mancherlei künste von Arznyen vnd derglychen ouch etwan lang vergangne vnd künfftige Ding geoffenbart, derwegen ouch sy in gutem ansehen vnd schirm gehallten worden, das aber sy ein Zytt har so selten meer gespürt oder gesehen worden hab ich allzytt und noch jetzt die Allten hören fürwenden, das solche herdmännlin sich erklagt haben sollen ab der Bosheit der wellt, das dieselbe nit mer in der frommen einfaltigleit der allten wandle, jtem das man etwan zus fürwitz jnen vil und mancherlei fragen uffgeben, ja auch etwan nach jnen gegryffen und solche Ding mit gewalt us jnen ze bringen understanden. So ist es ouch ein gmeiner hallt von disen herdmännlinen dass sy die wilden thier senderlich die Gembsen in den Bergen in ihrer Hut glych als ein heimsch vych haltend, etwan die Jeger verwarntend, vnd jnen Übels gethröwet wann sy jnen mit dem fachen vnd schiessen diser thiere ze uberlegen syn wöllen, ja ouch etwan mit jnen pactirt vnd eine gewisse anzal jne bestimpt und erloupt und wo sy gevolget jnen dieselbigen ouch an gewüssen orten zum schütz ze wäg gestellt, wann aber sy darüber gefaren, sy schwärlich geschediget und etwa über die felsen herabgeworfen, wöllichs dann ouch etwan den Jungen frechen Sennen widerfaren, wann sy jnen etwas verbotten, sy aber irer kleinen gstalt halb sy veracht vnd solches nütt gescheht: Jch hab selbs in minen Jungen tagen einen alten Herrn, Heinrich Omlin genampt, so by Leben Landammann zu Underwalden und in synen jungen tagen ein vernampter Jeger gewesen, von dem hab ich erzälen hören, dass jm solches von einem Herdmännlein, da er uff ein Zytt im gepirg daselbs den Gembsen nachgangen, ettliche zu erpirsen, auch begegnet, wöllichs als es jne dessen gestrafft und geboten nit wytters ze faren. Er aber jne verächtlich zugsprochen vnd siner kleine halb siner nüt geacht, jne, der doch ein starker Mann gewesen, erwüscht, und über einen felsen herab geworffen alda er ettliche stund halb tod gelegen bis er von den sinen funden, erquickt und heimgetragen; Sy söllent ouch etwann den Jungen kindern nachgestellt und ouch etwan dieselbigen verstolen haben. 1595 den 20ten Tag Juli erzält Balthasar Buchelin von Malters, ein frommer warhaffter Mann, mir und andern Eren Personen, geistlichen und weltlichen Stands, das noch by unsern Zyten in der Höhe des Pilatus derglychen Herdmännlin gesehen worden, etwan unversehenlich und bald daruff verschwunden. Jhr gstalt sye gewesen wie ein allter wyssgrawer Mann mit Langen har und bart, doch gar kurz und klein anzesehen alls ein knablin von 6 oder 7 Jaren, ettwan haben sy sich sehen lassen in wysser kleidung. Jm Jar 1592 hat es sich ergeben, dass Hans Bucher von Malters, ein frommer stiller Mann, der sich in sinen Tagen mit Jagen und Fischen in der Wildi am Pylatus vil geübt, all Zytt begierd gehept solche herdmännlin ouch ze sehen; als er sich nun im 1592 Jar, da er sonst Lybs halb noch zimlich stark und vermöglich, gegen der fracmont an einem ort genannt im Graben begeben und angehept in dem Bach Rimule oder Rimmlig genannt zu den formen Zefischen nach siner gewonheit. Sye in söllichen unversehenlich und gähling by heiterem tag jme ein solch Härdmännlin hinderwerz vff den hals geryttlingen gesprungen, jnne vor nider in den Bach getruckt mit söllicher kraft das er sich gar nahem sines Lebens verwegen und also angeredt mit harten und zornigen Worten, du bist ouch der gsellen einer, so mir offtermalen mine thierlin und vych geplaget und zerströwen halffen, will derhalben dir jez ein straff geben und hab dir dis zum Wortzeichen, du wirst mich und mine thierlin fürhin an disem Ort nit meer beunruhigen und sye damit verschwunden. Alls er heim kommenn sye allere schwach und übel zugericht sye er an der einen sytten erlamet allso das er sich der wilde synhar wol enthalten und des Huses goumen müssen. Söllichs habe er ouch dem Herrn Pfarrherr zu Lucern by siner gwüssen und höchsten pflicht erzellt, warhafft als ergangen sye. Was nun die gstalt, Person vnd Handlung diser Herdmännlin belangt, wollen wir den Theologen bevelchen. Allein ist Lycht abzenemmen, das solches keine natürliche rechte Menschen sonder geister und (wie ettlich meinen wöllen uss diser geschopffde oder geistern selbs eigner bekanntnuss gegen ettliche Menschen geoffenbaret) us der Zal deren so mit Lucifero vom Himmel verstossen syent."   b) Nicht bloss als gutmütig und hilfreich hielt man die Zwerge am Pilatus, sondern auch als dämonische, schadenfrohe Wesen. Unterliessen es die Sennen, den Alpsegen und das Ave Maria am Abend auszurufen, so kam hernach ein Gespenst daher wie ein langgebarteter Zwerg mit einer Salz- oder Lecktasche über die Achsel und einer Rute in der Hand. Fort, durch die Lüfte trieb es das Vieh dahin, wie Leute es gesehen haben wollen im Momente des Erhebens. Erst am dritten Tage kamen die Tiere wieder zurück, mager, elend und gar „ergaltet", zum grossen Schaden der Älpler. Auch bei Tage haben Jäger an den Wänden, Bändern und Riseten der hohen Felsen Zwerge mit den Gemsen wandeln sehen, gleich als hüteten sie dieselben.   c) Der Doggelistein zu Gibelflüh. Gibelflüh heisst ein Weiler in der Gemeinde Ballwil. Unweit davon trifft man in schöner Lage auf einem Rasenhügel eine freundliche Kapelle, wo bisweilen Messe gelesen wird. Daneben ist ein Bauerngut, genannt „im Loch". Auf dessen Grund und Boden lag früher an ebener Fläche isoliert ein mächtiger Felsblock, wohl ein erratisches Gestein, als „Doggelistei" vom Volke bezeichnet. Unten hatte derselbe eine Höhlung, eine wahre Doggelistube. Denn darin wohnten einst kleine, kleine Leutchen von sehr gutmütiger Art. Kam der Samstag, wo im Hause drinnen und draussen auf der Flur und in der Scheune auf den Tag des Herrn fein sauber aufgeräumt, gereinigt und gefegt werden sollte, so brauchten des Gibelflühlers desshalb keine Hand zu rühren. Müde vom Schaffen die ganze lange Woche hindurch konnten sie frühzeitig zur Ruhe sich legen; denn - sieh‘! - während sie schliefen, kamen vom grossen Stein herauf die Doggeli und brachten alles gar nett und hübsch ins Reine. Niemand hätte es so sauber machen können wie sie. Doch wollten sie ganz und gar unbelauscht und ungesehen sein. Einmal aber blieb ein Knecht auf in der Stube bis in die tiefe Nacht, schlief nicht, sondern lauerte den Leutchen ab. Sie fanden sich ein, bemerkten den Burschen und huschten auf und davon, um für immer zu verschwinden. Gelt, da hast 's, du fürwitziger Junge! Nimm jetzt selber den Besen in die Hand. - Der Doggelistein wurde vor einigen Jahren mit Pulver gesprengt und zum Bauen verwendet.   d) Die Magd und die Erdleutchen. Es lebte einmal eine fromme, gute, arbeitsame Magd. Wenn sie einen Dienst dingte, behielt sie sich für alle Abende eine Schüssel voll guter Milch vor und nahm dafür weniger Lohn.Im Garten hatte sie an einer Ecke eine gewisse Stelle, wo sie alltäglich hinging und die Milch abstellte. Dann kamen während der Nacht die Erdleutchen und nahmen selbe in Empfang. Es war ein Pärchen. Mittlerweile wurde das Weibchen Wöchnerin und die Magd Patin des Kindes. Als sie von der Taufe heimgehen wollte, erhielt sie zum Dank eine Schürze voll Laub, mit dem Verdeuten, Sorgfalt dafür zu haben und es nach Hause zu tragen. Auf dem Wege aber kam ihr in den Sinn, wie man sie auslachen werde, wenn sie mit dem Laube dahertrete und leerte die Schürze; nur einige Blätter blieben daran hängen. Zu Hause - sonderbar! - waren diese in in blankes Gold verwandelt! Jetzt bereute sie, das übrige ausgeschüttet zu haben, ging wieder zurück und nahm 's wieder auf, doch diese Blätter waren und blieben blosses Laub. Nach wie vor stellte sie die Milch immer an den gewohnten Platz. Endlich wollte der Bauer das nicht mehr dulden und jagte die Magd fort, und fort mit ihr auch das Glück des Hauses.   e) Der Fusthansli. Von ihm war vor 50 Jahren noch, als die Frau, die mir das erzählte, in die Schule ging, die Rede zu Hergiswil bei Willisau. „Fust“ heisst mundartlich so viel als Faust, den Hansli war nur faustgross, aber ein äusserst witzig und rühriger Gesell, von dem allerlei Spässe bekannt waren, die jetzt vergessen sind. Oft hatte er seine Wohnung unter einem „Ditteblakenblatt“. Unter einem solchen wäre er einmal beinahe von einer Kuh zertreten worden.   f) Das Lauiloch. Bei Ried, einem Weiler des Kirchsprengels Muotatal, ist ein unterirdischer Gang, das Lauiloch. Ob dem Walde zieht sich, wie gewölbt, diese Höhle tief in die Felsen hinein. Niemand konnte bis jetzt erfahren, wie tief sie sei. Denn nachdem man einige Klafter vorwärts gekommen, führt eine 20 Sprossen hohe Leiter an einer Felswand hinauf in eine andere Kluft, in welcher man zu einem Wasser gelangt, über welches ein gezimmerter Balken weiter schreiten lässt. Das haben schon öfters Waghälse versucht. Sie gingen noch eine gute Strecke tiefer, ohne ein Ende zu finden. Vielmehr taten sich mehrere Löcher auf, so dass sie lieber diesen den Rücken kehrten und das Tageslicht suchten, als was dahinten sei. Einst haben drei Tiroler Maurer mit Fackeln und Leitfäden über dreiviertel Stunden weit sich hineingewagt. Aber dem Licht und der Leitschnur ging es zu lang und die Burschenkehrten um. Wo sollten noch Bergmännlein wohnen, wenn  nicht hier? Wirklich war vor Zeiten hier von ihnen gar viel die Rede. Sie kommen da aus dieser Höhle heraus und pflegen mit den Talleuten Umgang.   g) Die Hohlfluh, unweit dem Ächerli zu Ennetbürgen, einer Filiale von Buochs, ist eine lange Kluft im Berge. Dort werden unermessliche Schätze von Geistern bewacht.   h) Die Waldisbalm. Vor zweihundert jahren wussten die Leute von Weggis, Vitznau und am Rigi unglaublich viel zu erzählen von der Höhle Waldisbalm bei Vitznau. Die Länge und Tiefe, sagten sie unter anderem, sei unbekannt. An ihrem Ende befinde sich ein eisernes Tor; klopfte man daran, so kämen Erdmännchen und anderer Spuck zum Vorschein. Auch lägen da viele grosse Schätze verborgen und sähe man anderswo nie geschaute Fussstapfen daselbst.   i) Am Sankt Gotthardgebirge waren die Höhlen von einem Völklein bewohnt, das den Nachbarn Schafe und Geissen entführte und eifersüchtig die Kristalle bewachte.   k) Auf Hohfarni zu Romoos fand man versengte Kreise im Rasen, die den Erdmännchen zugeschrieben wurden.   l) Auf Barburg im Kanton Zug wohnten Bergmännchen und war das Herdmanndliloch.   m) Ein Erdmännchen wohnte ferner zu Seburg bei Luzern. In den Hundstagen ging es aus der Höhle und spreitete auf dem Grase ein grünes Röcklein hin.   n) Wildmännchen und sein Weibchen wurden an der „Älplerchilbi“ in Stans beim Festzuge aufgeführt, die mit grösster Anstrengung einen zwei Pfund schweren Käse daherschleppten.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Bei Teilen dieser Sage gibt es keine genaue Zuordnung zu einem der fünf Kantone.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Die Erdmännchen vom Pfaffenloch

Source: Die Erdmännchen vom Pfaffenloch

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In der Gutbrünnenfluh bei Gutbrunnen ist eine Höhle, das sogenannte Pfaffenloch. Der Eingang zu dieser Höhle ist sehr eng, ihr Inneres aber sehr geräumig. In neun Abteilungen läuft sie unter dem Längenberg bis nach Rüeggisberg hin. Ehedem hausten hier Erdmännchen ganz absonderlicher Art. Bekanntlich war die Kost dieser merkwürdigen Wesen sehr einfach und bestand aus Milch, Honig, Früchten, Weissbrot und andern leichten Speisen; die Erdmännchen im Pfaffenloch aber führten ausser derartigen Vorräten noch eine grosse feiste Kuh in ihrem Hausstall, aus deren Hüften sie sich täglich so viel Fleisch ausschnitten, als zu einem Braten für sie alle hinreichend war. Da aber die Zahl der im Pfaffenloch wohnenden Erdmännchen nicht unbedeutend war, kann sich ein jeder leicht denken, dass diese Braten nicht zu den kleinsten gehört haben mögen. Das Merkwürdigste war jedoch dabei, dass über Nacht der Kuh das ausgeschnittene Fleisch stets wieder nachwuchs, was, da das Tier nicht den geringsten Schaden dadurch erlitt, den Erdmännchen in ihrer Wirtschaft sehr zu statten kam. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Erdmännchen von der Furrenfluh

Source: Die Erdmännchen von der Furrenfluh

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Die Erdmännchen sind nicht alle einer Art. Es gibt auch böse, welche mehr Unheil als Gutes stiften. Solche wohnten ehedem in der Furrenfluh bei Guttannen an der Grimselstrasse. Sie stahlen Kinder, stellten schönen Mädchen nach und schlossen sie in ihre Höhlen ein, dass sie nimmer zu den Ihrigen zurückkonnten. Einmal bekam dies aber einem Erdmännchen schlecht. Auf der Verfolgung eines Mädchens aus Guttannen begriffen, wurde dasselbe von dem herbeieilenden Liebhaber derb gezüchtigt, und als es jammernd um Schonung schrie, mit dem dort einheimischen Sprichworte: "Selbhan, Selbhan", spöttisch abgefertigt. Von jener Zeit an blieb diesem Erdmännchen der Spottname "Prinz Selbhan". Vermutlich waren aber die Erdmännchen in jener Gegend von Anfang an nicht so bös, sie müssen es erst später geworden sein; denn heute noch erzählt man, dass sie wie anderswo, früher auch dort die Ernährung von Kühen übernahmen, welche sie im Frühling wohl genährt und mit Kränzen geschmückt unter Absingung von gereimten Versen den Eigentümern zurückbrachten. Ein solcher Reim ist dort heutigen Tages noch jedem Kinde bekannt. Er heisst: "Guter Hans von Weissenfluh, Nimm da wieder deine Kuh Und ihr fettes Kalb dazu!"   C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Erdmännlein

Source: Die Erdmännlein

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Vor grauen Zeiten war auch im Emmental ein liebliches Zwergenvölklein heimisch. Tief unter der Erde, wo keine Sonne leuchtet, kein frischer Wind Kühlung spendet, noch der Mond durch den blauen Nachthimmel seine Bahn zieht, hausten sie in ihren prunkvollen Gemächern und geheimnisvollen Kammern. Auf heimliche Weise bereiteten sie Edelsteine und Diamanten, sonderten sorgfältig die edlen Metalle, wirkten den bunten Teppich der Blumen und bereiteten den himmlischen Tau. König und Königin dieser guten Erdleutchen, die den Frieden über alles liebten, und alles, was schön und gut ist, förderten, trugen Krönlein mit Karfunkeln und Diamanten. Ihre Hausgeräte verfertigten sie aus Edelmetallen und schmückten sie mit Edelsteinen, und alles glänzte wie die Sonne. In lauen Sommernächten kamen sie in ungezählten Scharen aus ihrem Versteck an die Erdoberfläche hervor, dahin, wo die Blumen lieblich duften und die Quelle am reinsten rieselt. Am Waldsaum schlangen sie ihre nächtlichen Reigen und tanzten bis der Hahn krähte. Im Winter, wenn die Erde weiss und die Luft kalt ist, feierten sie ihre Feste in reinlichen Häusern frommer Menschen, die sie zuvor zum süssen Schlaf anhauchten. Wenn der erste Tagesschimmer die Luft durchzitterte, verschwanden sie lautlos und liessen ihren Segen und reiche Geschenke zum Dank zurück. Ihre besondere Aufgabe war, die guten Menschen vor Unglück zu bewahren und zu beglücken. Die Häuser der Bösen und Gottlosen aber mieden sie. Kein Wunder, wenn da, wo sie nicht die Wache hielten, Unglück über Unglück einkehrte. Emmentaler Sagen, Hermann Wahlen, 1962 Gute Schriften Bern Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Erdmännlein auf der Stolten bei Leerau

Source: Die Erdmännlein auf der Stolten bei Leerau

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Die Stolten ist ein Steinbruch beim Dorfe Kirchleerau. Der verstorbene Besitzer desselben stand im Bunde mit den Erdmännchen, die hier ihre Wohnung hatten. Sie thaten ihm allerlei Dienste, sammelten ihm Heilkräuter und gaben ihm in zweifelhaften Fällen guten Rath. Es wollte ihm einmal beim Steinsprengen nicht recht gelingen, verdriesslich liess er die Arbeit liegen und gieng fort. Da flüstert's ihm daheim im Stalle aus einer Ecke zu: „Nimm numme es Tötzi Spinnhoppe und stoss sie is Loch.“ Der Mann klaubt wirklich gleich Spinneweben fünffingervoll im Stall zusammen, geht damit wieder ans Werk, stösst sie in das vorige Bohrloch, und siehe, diesmal gelingt der Schuss nach Wunsch; das schönste Quaderstück der Steinwand lag im Bruche abgelöst. Ein andermal wollte er einigen Freunden den Gefallen thun und ihnen alle seine Erdmännlein zeigen. Ein ganzer Zug possierlicher Gestalten marschierte durch die Stube, jedoch keinem sichtbar als dem Hausherrn. Wie der letzte und lustigste von allen an ihm vorbeizog, warf er ihm eine ganze Hand voll Sand in die Augen, und der Bauer hatte lange daran zu arznen und zu salben. Von da an hatte er auch die Männlein nimmer in seinem Zwang. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 287 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Erdmännlein und der geizige Bauer

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Im Emmental herrscht unter den Bauern seit alten Zeiten die schöne Sitte, dass nach der Getreideernte den Armen erlaubt wird, die abgefallenen Ähren auf den Äckern zu sammeln. Einmal nun hatte das nasse Wetter die Ernte um ein paar Tage verzögert. Als nun die Sonne heiss herniederbrannte, wurde das Korn rasch überreif, und viele Ähren fielen ab. Ganz gegen Brauch und alte Gewohnheit schickten der Erlenhofbauer und seine habsüchtige Frau ihre Knechte und Mägde auf das abgeerntete Kornfeld mit dem Befehl, die Ähren zu sammeln. Mit groben Scheltworten vertrieben sie die Armen, die sich auf dem Acker eingefunden hatten. Aber mit den Armen verjagten sie auch die Erdmännlein, die auf dem Erlenhof heimisch waren, und mit den Erdmännlein wich auch das Glück. Der geizige Bauer musste es in seinen alten Tagen noch erleben, dass er nach zahlreichen Unglücksfällen in wenigen Jahren um Hab und Gut kam und sein Hof in fremde Hände überging. Emmentaler Sagen, Hermann Wahlen, 1962 Gute Schriften Bern   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Erdmännlein und der geizige Bauer

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Im Emmental herrscht unter den Bauern seit alten Zeiten die schöne Sitte, dass nach der Getreideernte den Armen erlaubt wird, die abgefallenen Ähren auf den Äckern zu sammeln. Einmal nun hatte das nasse Wetter die Ernte um ein paar Tage verzögert. Als nun die Sonne heiss herniederbrannte, wurde das Korn rasch überreif, und viele Ähren fielen ab. Ganz gegen Brauch und alte Gewohnheit schickten der Erlenhofbauer und seine habsüchtige Frau ihre Knechte und Mägde auf das abgeerntete Kornfeld mit dem Befehl, die Ähren zu sammeln. Mit groben Scheltworten vertrieben sie die Armen, die sich auf dem Acker eingefunden hatten. Aber mit den Armen verjagten sie auch die Erdmännlein, die auf dem Erlenhof heimisch waren, und mit den Erdmännlein wich auch das Glück. Der geizige Bauer musste es in seinen alten Tagen noch erleben, dass er nach zahlreichen Unglücksfällen in wenigen Jahren um Hab und Gut kam und sein Hof in fremde Hände überging. Emmentaler Sagen, Hermann Wahlen, 1962 Gute Schriften Bern Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Erdmännlein zu Leuggern

Source: Die Erdmännlein zu Leuggern

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Bei Leuggern, einem Dorfe das nahe dem Ausflusse der Aare in den Rhein gelegen ist, findet sich in den Waldungen zwischen Fehrenthal und der Mooshalde in einer Bergwand eine runde Höhle, in deren Innerem viele geheime Gänge in Windungen und Zickzack laufen. Hier haben Erdmännlein gewohnt, die von Gestalt zierlich und niedlich gebaut, etwa drei Fuss hoch waren, blass aussahen, wolliges Haar hatten, im Uebrigen aber gewöhnlichen Menschen glichen, nur dass man keine Füsse an ihnen bemerken konnte. Nachts kamen sie häufig in die Wohnungen und verrichteten bei den Bauern allerlei Geschäfte, fütterten das Vieh und halfen sogar mitwaschen. Gleich nach dem Läuten der Betglocke erschienen sie und schafften oft die ganze Nacht hindurch; läutete aber die Morgenglocke, so verschwanden sie plötzlich mitten unter der halbgemachten Arbeit. Der grösste Glanz verbreitete sich, so lange sie da waren, und im nächsten Augenblicke schon waren sie nicht mehr zu sehen. Auch brachten sie schön gebackene Kuchen mit, und meiner Grossmutter Brudersohn erinnert sich noch, in seiner Jugend selber davon gegessen zu haben. Einst an einem langen Sommertage läutete der Sigrist schon um sieben Uhr den Abend ein und meinte, nun würden sie sich beim Tageslicht ganz und gar betrachten lassen; allein er täuschte sich doch, denn sie kamen zwar augenblicklich droben aus dem Gebüschen hervor, wendeten sich aber eben so eilig aus der Tageshelle wieder in ihre Höhlen zurück. Diese Tücke musste sie erzürnt haben, denn von da an waren sie manches Jahr lang nicht zur geringsten Arbeit mehr zu brauchen. Da beredete einmal ein Bursche des Dorfes seine Kameraden, ihn an einem Seile von der Höhe der Bergwand bis an jene Höhle herunter zu lassen; man könnte dann von oben her beobachten, wie es sich drinnen verhalte, und ob da wirkliche Erdgeister mit Ziegenfüssen, oder nur eine Art verwilderter Menschen wohnten. Dies geschah. Das festeste Seil und von solcher Dicke, dass es unmöglich reissen konnte, ward um seinen Leib gebunden und ihm noch ein anderes dazu in die Hände gegeben, mit dem er den oben Stehenden das Zeichen geben sollte, ihn nach seinem Willen wieder empor zu ziehen. Als nun das Tragseil schon lange abgerollt war und am andern immer noch kein Zeichen zum Aufziehen geschah, geriethen die Kameraden in Angst; und wie erschraken sie, als beim raschen Aufwinden statt ihres Gesellen der leere Strick zum Vorschein kam, dessen Schlingen und Knoten alle rein aufgelöst waren und nur noch die Haare und die Schuhe des Verlorenen zurückbrachten. Jn Schrecken und Graus stoben sie auseinander. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 279 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Erdweibchen in Effingen

Source: Die Erdweibchen in Effingen

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Wenn man vom Frickthaler-Dorfe Zeihen nach der Sägemühle zu geht, so hat man links einen schönen Tannenwald, rechts Weinberge; oberhalb der Thalmatten bildet dann der Bach, der das Thälchen durchfliesst, einen Wasserfall, die Jmberger-Wag geheissen. Das Rauschen des fallenden Wassers, die senkrechten Felswände, hohe Steinblöcke auf der andern Seite, die augenblicklichen Sturz zu drohen scheinen - dies alles macht einen überraschenden Eindruck. Aber die Dorfbewohner sehen noch allerlei anderes und geheimnissvolles in diesen Dingen. Sie wissen, dass ein heiliger Waldbruder vor Alters hier sich aufgehalten hat; sie malen sich in den Felstrümmern die Trümmer eines Raubschlosses aus, das da sein Schatzgewölbe hatte, wo jetzt die Höhle ist im Weinberge zu Effingen, und endlich wissen sie, dass diese Höhle auch die Wohnung jener Erdweibchen gewesen sei, die sich hier lange Zeit hindurch eingewohnt hatten. Und in der That weist das Innere der Höhle halb und halb auf einen niedlichen Haushalt hin. An der einen Wand sind mancherlei muldenförmige Vertiefungen zu sehen; das ist der Backtrog und andere kleine Gelasse; an der nördlichen Seite scheint eine Felsplatte zum Tische verebnet zu sein; hinten stehen Trümmer, die einem Steinofen ähneln, vorne sprudelt sogar ein nettes Brünnlein auf. Das alles sollen die Erdweibchen mit unbedingtem Gehorsam, wie es ihnen ihre Meisterin gebot, aus dem Felsen gegraben haben, nachdem sie von den hartherzigen Menschen aufs Feld gejagt und mit dem Tode bedroht worden waren, soferne sie sich je wieder im Dorfe blicken lassen würden. Und doch war die Furcht der Effinger eine so thörichte. Denn die Weibchen thaten jedem Armen Gutes, wo und wie sie nur konnten; jedem Holzhacker im Walde halfen sie seine Reisswelle zusammen klauben, den Mädchen, die Erdbeeren suchten, pflückten sie die Körbchen voll. Nach und nach wurde man wohl wieder ein wenig duldsamer gegen sie und es verschloss sich nicht jede Thüre mehr vor ihnen; aber immer noch war eine Scheu vorherrschend, wenn man ihre dicken kraushaarigen Köpfe betrachtete und das thierisch gestaltete Ohr. Man wollte aber der Sache ganz auf den Grund kommen, und namentlich auch ihre Füsse einmal genauer kennen lernen, die sie in langgefalteten Röcken vorsichtig verbargen. Also streute man neben dem Rebberge Asche in den Fussweg, und bald darauf sah man dorten nichts anderes als lauter Gänsefüsse eingedrückt. Nun war's aus bei den Bauern und bei den Erdweibchen. Diese flüchteten sich in die Jmberger-Wag hinauf, und als das Volk mit Prügeln und Heugabeln heraufzog, um sie wie Hexen auszutreiben, verschwanden sie auch da. Nun sieht man sie nur noch an der heiligen Weihnacht; processionsweise kommen sie in schimmernden Kleidern von der Höhle nach jenem Wasserfall gegangen, jede mit einem kleinen Kinde auf dem Arm. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 272 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Erdweiblein in Gelterkinden

Source: Die Erdweiblein in Gelterkinden

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Im Bettenberg hausten in alten Zeiten Erdweiblein. Sie taten den Leuten viel Gutes und Liebes, mähten ihnen die Matten und pflegten Kranke. In der untern Mühle pflegten sie Mehl zu holen. Sie gingen immer einher in langen Röcken. Da stach der Wunderfitz die Müllerin. Als sie wieder einmal für die Kleinen Mehl bereit gestellt hatte, streute sie auch noch solches auf den Fussboden ringsum um darin die Fussspuren der Zwergweiblein zu entdecken. Am nächsten Morgen konnte sie dann unschwer Gänsefüsschenabdrücke erkennen. Die Erdweiblein erschienen aber nie, nie wieder. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Die Erdwybli im Marmilchloch

Source: Die Erdwybli im Marmilchloch

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Landauf, landab kennen die Buben — und teilweise auch die Mädchen — das Erdwybli- oder Marmilchloch, eine Höhle in der Thürner Fluh. Sie wissen, dass in der engen Klamm vor Zeiten Erdwybli hausten, kleine, freundliche Wesen, die gegen die Menschen hilfreich waren. Kecke Burschen wagen sich nicht selten in die ehemalige Wohnung des heimlichen Volkes hinein. Durch einen schrägen Gang gelangen sie zunächst in die «Küche», die sie an dem «Herd», einem runden, senkrechten Loch im Felsen, erkennen. Von hier aus steigen sie noch in die «Stube», einen hohen, domartigen Raum, empor oder kriechen unter der «Speckseite» hindurch in den hintersten Teil der Höhle. Es heisst, dass ein Gang bis nach Gelterkinden oder noch weiter führe. Doch ist dies nicht sicher; denn niemand kann sich erinnern, diesen unterirdischen Weg gegangen zu sein. Die Erdwybli waren nicht besonders scheu. Am helllichten Tage gingen sie unter die Menschen und arbeiteten für sie. Nur in Bezug auf ihre Füsse waren sie merkwürdig schamhaft. Immer hatten sie dieselben mit Lappen umhüllt oder hielten sie unter ihren langen Röcken verborgen. Einmal arbeiteten sie in der Gelterkinder Mühle. Die Müllerin, ein sehr neugieriges Weib, beschloss, das Geheimnis ihrer Füsse zu lüften. Sie streute deshalb Mehl auf eine Treppe, wo die Erdwybli hinaufsteigen mussten. In kurzer Zeit entdeckte sie denn auch überall weisse Fussabdrücke. Diese verrieten ihr, dass die Zwergweibchen — Entenfüsse hatten. Die kleinen Geister hatten aber die List der Müllersfrau wohl gemerkt und kamen nicht wieder, ja, sie verschwanden ganz aus unserer Gegend. Nach einer andern Überlieferung hat die böse Müllerin rings um das Haus überall heisse Asche gestreut. Darin verbrannten sich die Zwerglein ihre nackten Füsslein; denn sie trugen keine Schuhe. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Die Erdwybli im Marmilchloch

Source: Die Erdwybli im Marmilchloch

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  Bei der Thürner Fluh gibt es eine Höhle. Sie ist bekannt als Erdwybli- oder Marmilchloch. Früher wohnten dort kleine, freundliche Erdwybli, Es heisst, dass sie mehrere Räume hatten im Fels und einen geheimen Gang, der bis nach Gelterkinden führte. Aber kein Mensch hat den Gang jemals gefunden.  Oft kamen sie von der Fluh herunter und halfen den Menschen bei der Arbeit. Das Seltsame aber war, dass sie ihre Füsse versteckten. Sie trugen so lange Röcke, dass die Füsse darunter verborgen waren. Einmal halfen sie bei der Müllerin in Gelterkinden. Diese war gar neugierig und hätte gerne gewusst, warum die Erdwybli ihre Füsse nie zeigten. Einmal streute sie deshalb Mehl auf die Treppe bei der Mühle. Kaum waren die Erdwybli darüber gelaufen, ging die Müllerin hin, und was sah sie? Überall kleine Fussabdrücke, aber nicht etwa menschliche Füsse, nein, die Erdwybli hatten Entenfüsse. Die kleinen Erdwybli aber hatten gemerkt, dass die Müllerin sie überlistet hatte. Von dem Tag an kamen sie nicht mehr und es heisst, sie wären in eine andere Gegend gezogen. Quelle: G. Müller, P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1938, Fassung: Djamila Jaenike


by Die erfrorenen Hexen

Source: Die erfrorenen Hexen

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1. a) Von einer gemütlichen Stubeten kehrten zwei ledige Schattdorfer nach Hause zurück. In einem einsamen Häuschen erblickten sie noch Licht, und g'wundrig, wie die Nachtbuben sind, stiegen sie vors Fenster hinauf und guckten heimlich in das erleuchtete Stübchen hinein. Drinnen rührten zwei Meitli wacker in einem Häfelein und »pfitzerten« (kicherten) dazu mächtig. »I weiss nitt,« sagte die eine zur andern, »wem-mer de das vor ds Pfeischter üsästellet, vercheemet's de bi Zittä dirr's Obst hyr, d'Lytt.« Es waren die Bäume gerade im schönsten Blühet. Die Burschen hatten genug gehört, stiegen herab und versteckten sich hinter einer Holzbeige. Bald öffnete sich das Fensterchen, und eine Hand stellte das Häfelein auf das Gesimse. Ähä! Jetzt noch gewartet, bis die Meitli schlafen. Dann stieg einer der Burschen wieder hinauf, schob sachte das Fensterchen zur Seite, stellte das Gefäss mit dem famosen Inhalt auf die Fensterbank und zog das Fenster wieder zurück. Am nächsten Morgen waren statt der Baumblüten die zwei Hexen erfroren und wurden erstarrt und zusammengefroren in ihrem Bett aufgefunden. Frau Wipfli-Herger, 80 J. alt, u.a. b) Die Sage ist auch zu Obrieden »bim schwärä Tirrli« in Bürglen lokalisiert. Das eine Meitli war das »Susanneli.« Jos. Gisler, Balm-Sepp 2. a) Ein Bursche ging in einem Hause bei drei Mädchen z'Stubeten. Sie taten so sonderbar, und er fasste den Verdacht, sie seien alte Hexen. Er beschloss, sie auf die Probe zu nehmen, und eines Abends stellte er sich, als ob er sehr schläfrig wäre. »Gang doch uff ds Ofäbänkli ga liggä!« rieten sie ihm, und er befolgte ihren Rat und begann bald zu schnarchen. Nach einer Weile kam eine und fragte ihn leise: »Schlafisch?« Aber er tat nicht mutz. Und so mehrere Male. Endlich fragte eines der drei Meitli die andern: »Was wem-mer hinecht g'schändä?« Sie wurden eins, die Nüsse der Gegend durch Frost zu verderben, nahmen ein Glas Wasser, rührten es um und stellten es vors Fenster. Hierauf gingen sie ins Stübli und legten sich schlafen. Eine Zeitlang wartete der Bursche, dann stand er auf, nahm das Glas Wasser hinein, stellte es leise ins Stübli und schloss die Stüblitüre. Am folgenden Morgen waren die drei Hexen erfroren. Aus dem Isental b) Nach einer Erzählart von Bürglen und Schächental war es ein Knecht, der den drei alten Meitlenen, bei denen er diente, aufpasste etc. c) Spielart von Attinghausen und Ursern: Mutter und Tochter, bei welch letzterer ein Bursche z'Stubeten kam. Eines Abends sagte sie, er solle morgen nicht kommen. Er ging doch, Wunders wegen. Als er in die Nähe des Hauses kam, war eine furchtbare Kälte, obwohl mitten im Sommer. Er überwand sich und ging zum Hause und fand vor dem Fenster ein Häfelein und darinnen eine Flüssigkeit oder Salbe mit einer Kelle. Er stellte alles in die Stube hinein. Am Morgen waren Mutter und Tochter erfroren. Barbara Gisler, 80 J. alt; M.A. Schmid, 75 J. alt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die erfüllte Weissagung

Source: Die erfüllte Weissagung

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Ein junger Mann in Savièse, so wird erzählt, liebte das Jagen sehr und verlebte manch schönen Tag in den Hochgebirgen. Bald liess er sich aber als Soldat nach Neapel anwerben und bekam da auch Gelegenheit, von den lieben Flinten Gebrauch zu machen, zwar nicht gegen Gemsen, aber gegen Menschen. Er musste nämlich einmal einen Feldzug mitmachen, wo eines Tages Freunde und Feinde massenhaft niedergeschossen wurden und auch er, zwar unverletzt, den Boden suchte, um sich hinter den Lerchen zu verbergen und vor feindlichen Kugeln zu schützen. Da hörte er einen Toten, neben dem er lag, deutlich zu ihm sagen, er habe gar nicht nötig sich zu verstecken, weil er nicht hier, sondern in den Felsklüften hinter dem Prabé-Berge in Savièse sterben werde. — Wirklich entkam unser furchtsamer Soldat mit heiler Haut und kehrte nach erfüllter Dienstzeit in sein Vaterort zurück. Hier vergass er nun allerdings die Weissagung nicht, die er so sonderbarerweise auf dem Schlachtfelde in Neapel vernommen hatte; nahm sich darum vor, obschon er die Jagd noch immer sehr liebte, ferners nie mehr in die bezeichneten Felsklüfte sich hin zu wagen. Unser Jäger blieb lange beim guten Vorsatze und er wurde ziemlich alt. Eines Tages jedoch, weil ihm die Witterung so günstig und einladend vorkam, ergriff ihn eine grosse Jagdlust; er warf seine Büchse über den Rücken und zog, fast willenslos den Berg hinauf. Bald ist die Kante des Berges Prabé — und weiter wollte er nicht — erreicht. Doch ein schöner Gemsbock fällt ihm im jenseitigen Gebirge in die Augen, dem er fast auf Schussweite nahe ist. Ohne zu überlegen ging er freudig auf das schöne Tier los, das eben nur in dem Masse voraneilte, als er nachzufolgen im Stande war. Es lockte ihn so unvermerkt in die Felsklippen hinein, wo er leider den Tod fand, der ihm war vorgesagt worden.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Erklärung der Ortsnamen Therwil, Oberwil und Witterswil

Source: Die Erklärung der Ortsnamen Therwil, Oberwil und Witterswil

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Anfänglich gehörten die drei Weiler Therwil, Oberwil und Witterswil einem einzigen Eigentümer. Der hatte drei Söhne. Als er ihnen vor seinem Tode seine Güter verteilte, liess er sie in der Reihenfolge ihres Alters auswählen. Da sprach der älteste: «Der will i!», der zweite: «Der ober will i!» und der dritte: «Das isch mer grad rächt, der wyter will i!» So erklärt sich das Volk auf scherzhafte Weise die Herkunft der Ortsnamen der drei benachbarten Leimentaler Dörfer. Therwil Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Erlösung

Source: Die Erlösung

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  Ein Jäger schritt durch einen dunkeln Wald und geriet unversehens so tief in das Dickicht hinein, dass er nicht mehr wusste, ob es Tag- oder Nachtzeit war. Da sah er eine bleiche Nebelgestalt daher kommen, die winkte ihm und streckte ihm ihre weisse Hand entgegen. Erst war der Jäger erschrocken und meinte nichts anderes, als dass es ihm an das Leben gehen müsste. Aber bald fasste er wieder Mut, und es war ihm, als dürfe er die dargebotene Hand nicht zurückweisen. Wie er also keck die zarte Hand ergriff, war es wie wenn er lauter Eiszapfen anrührte, und im gleichen Augenblick standen die Bäume ringsumher in Feuer; Schlangen zischten auf, und das Geheul der Wölfe und anderer reissender Tiere erschallte ganz in der Nähe. Aber der Jäger hielt nur umso kräftiger die kalte Hand fest und wankte um keinen Schritt von der Stelle. Bald war es auch wieder stille und dunkel wie vorher. Da kam ein graues Männlein und winkte dem Jäger auf die Seite; es trug an seinem Arm ein Körbchen, das von hellem Diamant und bis zu oberst mit glitzerndem Gold angefüllt war; das gab zusammen einen so hellen Schein wie die Sonne. Aber der Jäger hielt noch immer die Hand fest und blieb unbeweglich stehen. Da sprang plötzlich ein Wolf vorbei, der hatte ein Kind im Rachen, das der Jäger mit Schrecken als seins erkannte. Aber er lief ihm nicht nach, denn es war ihm, als täte er eine rechte Sünde, wenn er die Hand fahren liesse. Als nun der Wolf verschwunden war, da wurde die kalte Hand mit einemmal warm und lebendig und in der bleichen Gestalt erblickte der Jäger eine liebliche Jungfrau. Die lächelte ihn an und sprach: »Du hast mich aus einem schweren Bann erlöst, und weil du so treulich hast ausgehalten, so sollst du belohnt werden.« Sie reichte ihm ein Körbchen, und das war das Nämliche, womit ihn das graue Männchen hatte verführen wollen. Das leuchtete dem Jäger aus dem finstern Wald heraus, und von da an war er ein reicher Mann und lebte glücklich und vergnügt bis an sein Ende.     Quelle: Sutermeister, Otto: Kinder- und Hausmärchen aus der Schweiz, Aarau:1869 Graubünden. (Nach Flugis Gedicht: Volkssagen S. 56.) S. Märchenforum Nr. 72  Weitere Informationen zu dieser Sage          Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Erlösung einer Hexe durch ihren Taufpaten

Source: Die Erlösung einer Hexe durch ihren Taufpaten

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Hexen konnten sich erlösen, wenn sie unter eine Brücke standen, sobald ein Täufling über diese getragen wurde. Aus dem Kinde wurde nach 14 Jahren entweder eine Hexe oder ein Hexenmeister; sie selber war erlöst, musste aber noch mit dem Teufel auf dem letztbesuchten Tanzboden eine Zusammenkunft halten. Einer ehrsamen Jungfrau von Vättis war von einem alten Weibe die Hexe "angeworfen" worden. Niemand wusste dieses. Sie wurde gebeten, Patin zu sein. Mit Freuden sagte sie zu; denn sie wusste, dass sie gerettet werden konnte, wenn der Täufling sechs Jahre alt war und er ihr 14 Minuten, zu Ehren der 14 Nothelfer, unbedingten Gehorsam leiste. Sie trat bei den Klostermönchen als Köchin ein und versah diese Stelle im Hof Ragaz. Hier war sie vor den Nachstellungen des Teufels sicher. Als der Knabe herauwuchs, wandelte er oft nach Ragaz hinaus, um Mehl und dergleichen zu holen. Jedesmal kehrte er bei seiner Patin ein, die immer einen guten Bissen für ihn bereit hatte. Nachher begleitete sie ihn eine kleine Strecke, und beim Abschiede sagte sie dann: "Gelt, Götti, wenn ich dich einmal etwas heisse, so tust du es mir zuliebe, nicht wahr?" "Ja, ja", antwortete er. Als der Knabe sechs Jahre alt geworden, sagte sie zu ihm: "Ich werde dich, bevor du auf dem Vättnerberge bist, einholen." Als er auf dem "Küherbödeli" (in der Alp Findels) rastete, sah er seine "Gotta" drei Viertelstunden unter sich über das sogenannte "Ruchbödeli" heraufkommen. In einer kurzen Zeit war sie bei ihn. Sie sagte: "Wenn du nicht Wort hältst, geschieht ein grosses Unglück; mich und dich betrifft es. Du musst tun, was ich dir sage." Dann stellte sie ihn auf einen ebenen Platz am Wege, zog drei Kreise um ihn und begann wieder: "Ich bin verwünscht und kann nicht selig werden ohne deine Hilfe. Du musst 14 Minuten in diesen Kreisen stehen. Nach dieser Zeit wirst du eine weisse Taube über dich hin dem Vättnerberge zufliegen sehen. Das bin ich. Verlass aber während dieser Zeit die Ringe nicht, was auch kommen mag. Wehre dich mit deinem Stocke. Es werden wilde Tiere jeglicher Art gegen dich heranstürzen; aber keines wird die Kreise überschreiten. Es werden die Vättnerberger kommen und dich aus den Kreisen herauslocken wollen; folge ihnen nicht! Endlich werden deine Eltern erscheinen und dich bitten, mit ihnen zu kommen; gehorche ihnen nicht, was sie auch sagen mögen; es wäre zu unserm Schaden. Jetzt harre aus!" Die Patin verschwand. Ein Rabe flog in nächster Nähe auf. Da gab es Leben im nahen Gehölze. Mit fletschenden Zähnen sprangen wilde Tiere aller Art auf den Knaben los; doch er wehrte sich mit seinem Stocke. Bis an den äußersten Ring kamen sie heran, kehrten aber knurrend wieder zurück. Einen Augenblick blieb alles still. Dann kamen die Vättnerberger daher mit ihren Bündeln; sie erklärten, sämtliche Gebäude seien verbrannt. Man habe beschlossen, auszuziehen; seine Eltern warten auf ihn eine kleine Strecke weiter oben. Er weigerte sich, ihnen Folge zu leisten. Mühsam und schwerbeladen kamen in kurzer Zeit auch die Seinen und baten ihn, Hilfe zu leisten. Allein er blieb seinem Versprechen treu. Jetzt flog die Taube vorbei, und damit war das Werk vollbracht. L. Jäger.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 243, S. 120ff Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Erlösung von den Giftschlangen

Source: Die Erlösung von den Giftschlangen

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Ein aus Osterreich geflohener Jude kam mit seinen fünf Kindern zu dem Riesengeschlechte nach Kalkeisen und bat um Schutz. Eine sofort einberufene Gemeindeversammlung wies den Flüchtlingen ausserhalb des Kirchleins einen Wohnsitz an. Dieser wird heute noch "Judenhüttle" genannt. Bald hernach aber zeigten sich die giftigen Kreuzottern in solcher Masse, dass das Tal förmlich davon wimmelte. Selbst in die Wohnungen, ja sogar in die Schlafstätten folgten sie den Bewohnern. An einer Gemeindeversammlung auf dem Rathausboden wurde beschlossen, man wolle auswandern. Da trat das fremde Männlein vor und sprach: "Ich werde euch meinen schuldigen Dank dadurch zeigen, dass ich euch von der Plage erlöse. Es kann mein Leben kosten; aber ich hoffe, ihr werdet nach meinem Tode für meine Kinder sorgen." Diesem Begehren wurde mit Einmut entsprochen. Nun fragte das Männlein, ob eine weisse Schlange mit einer Krone auf dem Kopfe gesehen worden sei; das wurde allseitig verneint. Daraufhin machte der Jude ein grosses Feuer an, hiess sämtliche Anwesende hinter seinen Rücken stehen, warf verschiedene unbekannte Dinge in das Feuer, murmelte unverständliche Beschwörungen vor sich hin und harrte mit Gleichmut der Dinge, die da kommen sollten. War wirklich keine weisse Schlange da, so war das Schlangenreich der Königin beraubt und damit jede Gefahr ausgeschlossen. Von allen Seiten schössen sie herbei, die furchtbaren Würmer, zu Hunderten und zu Tausenden, und stürzten sich unter grauenerregendem Zischen und Pfeifen in das Feuer. Nach einer kleinen halben Stunde waren die Plagegeister des Tales nur mehr ein Häufchen Asche. Schon atmeten die Talbewohner erleichtert auf, als ein Seufzen des Männleins alle neu erbeben machte. In der Ferne vernahm man ein furchtbares Zischen. Von den Felsen der Kratzere schoss pfeilschnell ein weisses Band dem Feuer zu. Wie glitzerte auf dem Haupte der Königin der Schlangen die goldene Krone! Beim Feuer angekommen, stutzte das so schöne und doch so grauenvolle Tier einen Augenblick, bäumte sich in die Höhe, stürzte sich auf den Zauberer, versetzte ihm einen tödlichen Biss in das Herz und fiel dann gleich den Schwestern dem Feuer zum Opfer. Der Wackere fiel rücklings zu Boden und war eine Leiche. Knieend, mit zum Himmel gehobenen Händen dankten die Anwesenden dem Herrn. Die Asche wurde weggeräumt und nach der wundervollen Krone gesucht; diese war geschmolzen. Aus ihr waren kleine, eckige Goldkörner entstanden, das Schwefelkies. L. Jäger. *** Es ist nicht zufällig, dass diese uralte Sage den Zauber von einem Juden ausgehen lässt; die Juden waren als böse Zauberer verschrieen. Musste z. B. vor Gerichtsschranken der Zweikampf entscheiden, der als Gottesurteil beliebt war, so durften keine Priester, Weiber und Juden zugegen sein, damit nicht der Segen des Priesters, der Schrei des Mitleids aus dem Munde des Weibes und der Zauber des Juden auf den Kampf Einfluß gewinne. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 244, S. 122f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Ernerwaldkapelle

Source: Die Ernerwaldkapelle

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Die Muttergotteskapelle im Ernerwald, ein viel besuchter Wallfahrtsort, wurde gebaut in den Jahren 1683 bis 1709. Zu diesem Baue soll Anlass gegeben haben ein Traum. — Ein von Arbeit müder Mann legte sich in diesem Walde unter einem Baume nieder, schlief gleich ein und es träumte ihm, er sehe eine schöne, glänzende Kristallhöhle und darin ein wunderliebes Marienbild, das ihn freundlich anblickte. Er sah da alles so lebhaft und deutlich, dass er nicht zögerte den Traum als eine Weisung von Oben zu deuten; machte darum das Gelübde, dort zur Ehre der Muttergottes eine schöne Kapelle zu bauen, wenn er so glücklich wäre, die schöne Kristallhöhle zu entdecken. Er begann nachzusuchen und fand bald eine reiche Fundgrube kostbarer Steine, die er verwertete und den Erlös gewissenhaft für den Kapellenbau verwendete.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Eroberung der Uetliburg

Source: Die Eroberung der Uetliburg

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Die Eroberung der Uetliburg Die Uetliburg war das stärkste und beste Schloss, das zu jener Zeit stand. Darauf setzte der von Regensberg all seine Hoffnung, denn es war nicht wohl möglich, dass es erobert werden konnte. Die Burg stand so, dass er von da aus die ganze Stadt Zürich zu übersehen vermochte. Es konnte niemand ein- und ausgehen. ohne dass er es bemerkte. Deshalb sass er fast während der ganzen Zeit des Handels hier. Die Besetzung wer gerüstet mit zwölf weissen Pferden. Der Regensberger selber und seine Diener waren weiss gekleidet. Zwölf weisse Windspiele gehörten zum Gefolge. Das merkten sich die Zürcher und beschafften sich heimlich gleiche Pferde, Kleider und Hunde. Als einmal der Burgherr ausgeritten war, kamen die Zürcher mit ihren zwölf weissen Rosen und in weisser Kleidung, als ob es der Herr von Regensberg und sein Gefolge wäre, auf die Burg zugesprengt, verfolgt von Reitern und Fussknechten, die taten, als ob sie die Herren jagten. Der Wächter sah das und öffnete schnell das Tor, dass sein Herr in die Burg entrinnen möchte. Auf diese Art fiel Graf Rudolf in die Burg ein und behielt das Tor offen, bis die Fussknechte nachgekommen waren. Sie erstachen, was sie von der Besatzung vorfanden und gaben ein Zeichen nach Zürich hinunter. Jetzt zogen die Zürcher mit ihrem Stadtbanner und ihrer ganzen Macht hinauf, zündeten die Feste an und zerstörten sie bis auf den Boden. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Nach Brennwald I, 134, ins Neuhochdeutsche übertragen, sonst unverändert   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Erscheinung nach dem Tode

Source: Die Erscheinung nach dem Tode

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Etwa eine Viertelstunde unter Glis, zu den breiten Wegen genannt, stand ehemals eine Kapelle und hinter derselben gegen Abend, etwas mehr als Steinwurfsweite auf einem Hügel, das Hochgericht oder der Galgen. Dort hatte vor vielen Jahren ein Kaplan von Glis zwei arme Übeltäter, welche sollten hingerichtet werden, zum Tode vorbereitet und zum Hochgericht begleitet. Beiden nahm er das Versprechen ab, sie sollten ihm, wenn er morgens in der Breitenweg-Kapelle zu ihrem Troste die Hl. Messe lese, ein klares Zeichen geben, ob es ihnen gut in der Ewigkeit ergangen sei. Beide versprachen es, wenn es je möglich sei. Als er am Tage nach ihrer Hinrichtung in dieser Kapelle für die Seele desjenigen, der zuerst hingerichtet worden, die Messe zu lesen im Begriffe war, — siehe, da stellte eine unsichtbare Hand das Kruzifix neben den Kelch auf den Altar herunter, — eben als er das Staffelgebet verrichten wollte. «Gott sei Dank», dachte er bei sich selbst, «du bist gewiss gut gestorben!» Als er für den Zweiten tags darauf dort die Andacht verrichten wollte und eben am Portale der Kapelle anlangte — da sass auf dem untern Gesimse einer Säule — eine grosse fürchterliche Kröte, die sich gegen ihn wandte. Und wie näher er ihr kam, desto mehr blähte sie sich auf, desto grösser wurde sie. «Ach armer, unglückseliger Mensch», rief der Priester aus! «Ist dies das Zeichen, so du mir geben kannst?» Die Kröte glotzte ihn wehmütig an und wurde immer grösser. — «Ach, armer Mensch,» rief der Geistliche händeringend der schrecklichen Gestalt zu, «kann ich dir gar nicht helfen? Ich beschwöre dich im Namen Gottes, sage mir doch, kann ich dir gar nicht mehr helfen?» — Da sprang die Kröte mit einem fürchterlichen Satze (Sprung) in die nahe gelegene, schmutzige Pfütze, so dass das Wasser plätschernd über ihr zusammenschlug und verschwand aus seinen Augen.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die erste Messe, 1466

Source: Die erste Messe, 1466

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Kunigunde, die Schenkin von Landegg, war mit dem Ritter Ulrich Muntprat verlobt; der Ritter aber liess sie treulos sitzen. Sie stiftete nun in Wil eine Kaplanei und weihte ihren Sohn, der sich dem geistlichen Stande widmete, zum ersten Priester derselben. Als dieser im St. Peter die erste Messe las, bat er Gott, dass mit diesem Tage der Mutter Leid in Freude verwandelt und ihrer Frauenehre Genüge getan werden möchte. Plötzlich erdröhnte die Erde wie von einem furchtbaren Beben. An der Gruft, wo Ulrich Muntprat begraben lag, wurde der grosse Stein weggehoben, und der Ritter trat heraus und reichte seiner ehemaligen Braut die versprochene Hand. Die beiden traten zum jungen Priester hin und wünschten, dass ihr Ehebund eingesegnet werde. Dann führte Muntprat die Angetraute an ihren Platz zurück und stieg wieder in die Gruft hinunter, die sich aber nicht wieder schloss. Die heilige Handlung nahm ihren Fortgang. Als sie zu Ende war, da sass Kunigunde entseelt, aber im Glück verklärt in ihrem Stuhle. Sie wurde zum Ritter in die Gruft gebettet, und nun legte sich der Stein auch wieder von selbst vor deren Eingang. Vor wenigen Jahren noch war der Gedenkstein Muntprats in der Peterskirche zu Wil zu sehen; als diese dann aber erweitert und verschönert wurde, schaffte man den Stein mit andern weg. C. G. I. Sailer, Chronik. *** Der feinsinnige Staatsmann, der im ganzen Lande noch in frischester Erinnerung ist, hat diese Sagen mit epischer Breite in temperamentvollen Versen erzählt. Er sagt im Nachwort (Ausgewählte Werke, S. 420): "Sagen enthalten gewöhnlich mehr moralische als geschichtliche Wahrheiten. In diesem Sinne müssen sie nicht verworfen, sondern gehörig erfasst werden. Die eine wie die andere Sage wollte eigentlich durch das geschilderte Wunder dem Volke nur in starken Zügen die schöne und tröstliche Wahrheit malen, dass begangenes Unrecht gesühnt werde und das gekränkte Recht endlich über Grab und Tod hinaus zum Siege gelangen müsse." Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 487, S. 286 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die ersten Bewohner

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Es lebten einst zwei adelige Brüder, die beide die gleiche Prinzessin Blanka von Mans liebten, weil sie so bildhübsch war. Jeder wollte sie zur Frau nehmen, und deswegen gab es Streit. Rudolf von Asperling tötete so seinen Bruder und musste dann fliehen. Mit Blanka zog er ins wilde, damals unbewohnte Tal von Leukerbad. Es standen nur zwei, drei Ställe da, die Leuker oder Siderser Herren gehörten. Hier bauten sie sich ein Haus. Eines Tages verliess Rudolf die Hütte und ging auf die Jagd. Als er sich am Abend verspätete, fürchtete Blanka für ihn und rief ihn, laut schluchzend. In ihrem Kummer liess sie sich an einer Quelle nieder und schenkte hier im dunklen Wald einem muntern Knaben das Leben. Rudolf war inzwischen zurückgekehrt und fand sie mit ihrem Kinde. Die Quelle ihr zur Seite floss jetzt heiss, erwärmt durch Blankas Schmerz und ihre Tränen. Rudolf taufte damit voll Freude seinen Sohn auf den Namen Lorenz. Daher soll auch der Name St.-Lorenz-Quelle stammen. LEUKERBAD Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die ersten Eiszapfen

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Römerstalden, ein abgelegenes Bergdörfchen im Bezirke von Schwyz, das jetzt kaum 123 Einwohner hat, soll früher viel volkreicher gewesen sein und mit viel milderem Klima begabt als gegenwärtig. Ganz plötzlich sei einst die Luft rauh und kalt geworden, so dass das Wasser gefror. Als dies die Leute sahen, sagten sie zu einander: „Hier können wir nicht mehr weilen, das Wasser ist uns dick geworden." Gesagt, getan.  Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Die ersten Käse auf Seelisberg

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Der Erdleutchen Kunst und Gunst war nicht gering. Ein Hirt auf Seelisberg lebte mit den Herdmännchen auf bestem Fusse. Sie schauten fleissig zu seinen Sachen und er vergalt es mit mancherlei Spenden an Lebensmitteln oder andern Dingen. Einst musste er in Geschäften fort und hatte gerade niemand, der ihm in seiner Abwesenheit das Vieh besorgte. Darum sprach er zu den Leutchen: „Habe euch schon so manches geschenkt, ihr könntet mir jetzt wohl einmal den Gefallen erweisen und bis ich wiederkomme Futter und Trank meinen Kühen reichen und sie hüten. Sie waren herzlich bereit, wenn nur der bös Wind nicht komme. Damit meinten sie den Föhn. Aber leider, der böse Wind kam und hielt drei bis vier Tage an. Der Bauer war am andern Seeufer und niemand konnte und wollte wegen dem Sturm ihn ans heimatliche Gestade führen; die Herdmännchen waren im Loch und durften nicht heraus, das Vieh war im Stall und hatte seit langem keine Nahrung mehr erhalten, so dass es zum grossen Teil verhungerte. Das war ein vernichtender Anblick für den Mann, als er endlich bei Haus anlangte. Ach, Bruni, die schönste Kuh, war fertig und Laubi schaute noch gebrochenen Auges und mit barmherzigem Blick den Herrn an und verschied. So gutmüthig er sonst war, diesmal entrannen ihm harte Worte gegen seine kleinen Freunde. Allein sie nahmen `s ihm nicht so bös auf und suchten ihn zu trösten. „Bisher ist dir auch viel Milch zu Grunde gegangen, weil du sie nicht zu benützen verstandest. Jetzt wollen wir dich eine Kunst lehren, welche dir den Schaden reich ersetzt, den du wegen dem bösen Wind erlitten hast." Und sie hiessen ihn 's Giebeli, die Geiss, töten. Dann zeigten sie ihm, wie er mit dem Magen derselben Lup und dann Käse bereiten könne. Denn bis jetzt hatte man auf Seelisberg nichts vom Käsen verstanden.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Die ersten Kirchen in den Waldstätten

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Vor uralten Zeiten, als im Lande noch mehr Heiden als Christen waren und letztere, die in Schwyz und Unterwalden wohnten, nur einen Priester hatten, mussten die Gläubigen aus Ennetmoos, in Unterwalden, das einemal nach Jberg im jetzigen Kanton Schwyz zum sonntäglichen Gottesdienste viele Stunden weit über See und Land und das anderemal umgekehrt die Jberger nach Ennetmoos pilgern. Darum behauptet der Kirchgang Jberg immer bei allen feierlichen Kreuzfahrten unter den umliegenden Kirchgemeinden mit seiner Fahne den Vorrang. In den Revolutionsjahren 1800—1803 wollte man diesen den Jbergern entziehen. Da sind sie mit ihrer Fahne zu Haus geblieben, lieber, als dass sie dieses ehrwürdige Vorrecht aufgegeben hätten. Seit 1811 wurde ihnen auf Kommissar Fassbinds Verwenden der Vorrang wieder gestattet. Sie pflegen auch das Kreuz und die Fahne mit einem Kranz von Fluhblumen zu schmucken, zum Zeichen und Andenken, dass diese Christengemeinde anfangs in den hohen Bergen und wildesten Alpen bestanden habe. Zu der Entstehung der Kirche in Jberg soll der heilige Apostelschüler Beatus das Meiste beigetragen haben, wie seine Legende sagt. Die erste Kirche sei auf jener Stelle der Gemeinde Jberg erbaut worden, die jetzt Mürlen oder Mujolon genannt wird und wo man auch Reste alter Wohnungen gesehen haben will und Spuren eines alten Saumweges ins Klöntal, von Einsiedlen über die Silalp her, nachweisbar sind. Reiche Flüchtlinge sollen ihre Kostbarkeiten und Gold auf Maultieren in die Mürlen gebracht haben. - Als wieder ruhigere Zeiten erfolgten, wurde dieser wilde Ort „ob dem Holz“ verlassen. Zu jener Zeit soll auf dem Föhnenberg bei Gersau ein Küfer gewohnt haben, der jeden andern Sonntag in einer dazu gemachten Stande von Gersau nach Beckenried hinüberfuhr und von da noch 3 Stunden weit bis zu Sankt Jakob zur Kirche ging.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Die ersten Raucher

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Den ersten Tabak brachten Soldaten aus fremden Diensten zurück. Alte Lötscher wussten noch zu erzählen, wie diese ersten Raucher hiessen. Schwierigkeiten hatten sie mit dem Feuer. Oft konnten sie erst rauchen, wenn sie mit Stein und Schwamm Feuer geschlagen hatten. Als Schwamm diente auch Birkenrinde. Das Feuer war so kostbar, dass die Hirter in den Obern Matten das Butterlicht im Stall nicht auslöschen liessen, um jederzeit die Pfeife anzuzünden. Am Gemeindetrunk mussten die Raucher hinter dem Ofen in einer Ecke zusammensitzen. Es gab noch zu Beginn dieses Jahrhunderts Lötscher, die sich rühmen konnten, ihre Vorfahren hätten nie geraucht. LÖTSCHEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die erzürnten Dialen

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Einst arbeitete eine Familie auf dem Felde, und nachdem Alle recht fleissig gewesen waren, erblickten sie plötzlich ein Tuch auf dem Erdboden ausgebreitet und silberne Geschirre mit Speise und Trank. Die Dialen hatten das Mahl gedeckt und hiessen die Arbeiter sich lagern und essen und trinken, mit ihrem gewöhnlichen Ausdrucke: »Iss und lass«; das wollte so viel sagen, als man solle sich gütlich tun, das Silbergeschirr aber nicht antasten. Der Knecht der Familie aber, ein böser Mann, entwendete einen silbernen Löffel. Sogleich verschwand das Gedeck, der Löffel ward zu Feuer, und seither erscheinen in jener Gegend die Dialen nicht mehr. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Eselsmaske

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Unter verschiedenen Fasnachtsmasken erregte einst eine besonderes Aufsehen – eine Eselsmaske –, die auf allen Vieren daher trottete und sich an einem Strick führen liess. Überall erntete der «arme Esel» schallendes Gelächter und witzigen Spott. Am Aschermittwoch war aus dem vermummten Esel wieder ein nüchterner Arbeiter geworden. Er machte sich daran, Brennholz zu spalten. Doch heute wollte die Arbeit nicht recht vor sich gehen. Der Holzhacker schien seine gewohnte Fertigkeit verloren zu haben; jedes Mal, wenn er mit gutgezieltem Axthieb das Stück Holz spalten wollte, verfehlte der Hieb sein Ziel, immer fiel er daneben und drohte seine Füsse zu spalten. Nun kam dem Mann die Erkenntnis. Er merkte die Lehre, die ihm der Schöpfer geben wollte: der vernünftige Mensch, das Ebenbild Gottes, soll sich auch im Scherze nicht zum Tier erniedrigen.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Eule

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Überall ein gespenstiges Tier, macht sie in unsern Gegenden von der Regel keine Ausnahme. Es habe den Vortritt der Schlierehüwel:   Hüwel nennt man in Obwalden und sonst Nachteule, Kauz, Hauri, (Huri, Berner-Dialekt). Der Waldbach Schliera ob Alpnach barg früher in seinen Tannen und Gesträuchen einen schrecklichen „Hüwel". Es war ein verwunschener Mensch. Wenn Jäger nach ihm zielten, so gebärdete er sich so fürchterlich, dass sie nicht schiessen durften. Mehrere junge Jäger mischten sogar unter die scharfe Ladung Malefitzpulver, aber auch dann durften sie nicht losdrücken, oder Hahn und Feuerstein versagten, oder die Kugel verfehlte ihr Ziel, oder das Rohr war krumm, oder zu viel Wind. Kurz, immer und immer Zauberei. Es gingen sogar Priester mit Jägern hin zum Schlierehüwel, um ihn zu beschwören, aber er gab keine Antwort und so konnten sie ihn nicht erlösen. - Endlich um das Jahr 1620 schoss N. Jmfeld, ihn tot. Ich selbst habe ihn damals gesehen. Er hing mehrere Tage mit ausgedehnten Flügeln am alten Steinstocke. Dieser Hüwel war sehr gross, aber rötlich, nicht grau. - Nachteulen können alt werden, dieses machte bei den abergläubischen Bauern den Schlierehüwel berühmt.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Die ewige Predigt

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Zu Gsteig im Berner Oberland hält ein verstorbener Pfarrer den Toten seiner Gemeinde eine ewige Predigt. Sowie auf den Klang der Glocken die Lebendigen ankommen, schwinden die gespenstigen Zuhörer wieder in ihre Gräber hinab. Wer ein Totenbein auf die Achsel nimmt und rückwärts in die Kirche geht, kann diese wahrnehmen. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die fahrenden Heiden

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An der Straße von Niederbipp nach Bannwil im nördlichen Teil des Kantons Bern, liegt ein kleiner Buchenwald. Da wo jetzt dieses Wäldchen steht, soll zur Zeit der Heiden eine kleine Stadt nebst einer festen Burg gestanden sein, wovon aber gegenwärtig keine Spur mehr vorhanden ist. In dieser Burg sollen wilde Ritter ihr Unwesen getrieben und das Volk in der Umgegend geplagt haben. Sie sollen deshalb zu gewissen Zeiten im Jahr erscheinen, besonders, wenn es bald regnen will. So erzählen mehrere Männer, sie hätten einst am hellen Tage, als sie auf dem Felde gewesen, von dem Wäldchen her ein furchtbares Gerassel gehört und auf einmal mehrere prächtige Wagen aus demselben daher fahren sehen. In dem Wagen seien reich gekleidete Herren und Frauen gesessen, die durch ihr Rufen die Pferde zu schnellem Lauf ermuntert haben. Plötzlich sei alles verschwunden. So sollen die Heiden, denn so nennt das Volk diese rätselhaften Wesen, auch des Nachts in der Geisterstunde in ihrem Gebiete umherfahren und den nächtlichen Wanderer erschrecken. Quelle: Theodor Vernaleken, Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch


by Die fahrenden Schüler

Source: Die fahrenden Schüler

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erkannte man daran, dass sie, wenn sie auf der Strasse einhergingen, ihren Hakenstock in der rechten Hand vor sich beständig im Kreise herum drehten. Wer sie erkannte und anredete, dem mussten sie jeden Wunsch erfüllen. Auch über ihren aparten Studiengang existierte eine Sage, die verloren ist. A. Fedier  Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die fahrenden Schüler auf »Pa d'aur«

Source: Die fahrenden Schüler auf »Pa d'aur«

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Wie die Venediger oder die fahrenden Schüler die meisten Alpen durchstreiften und vermöge ihrer Kunst Schätze fanden und sammelten, was den Landesbewohnern unbekannt war, entdeckten sie auch im Gebirge oberhalb Trimmis eine Quelle flüssigen Goldes, setzten eine neue zweimässige »Quartkanne« so in den Boden ein, dass alle Stunden nur einige Tropfen Gold in dieselbe fielen, und deckten diese Kanne mit Erde zu. - Nach einem Jahre kamen sie wieder und fanden die Kanne »eben voll«. Natürlich behielten sie Fundort und Geheimnis für sich und verwendeten das Gold zu ihren Studien. Als die, welche nun von diesem Golde geschöpft hatten, ihre Studien fertig hatten und sonst reich genug waren, entdeckten sie einem armen Manne in Trimmis die Goldquelle unter den Bedingungen, dass er mit dem Golde, das er finde, auch arme fahrende Schüler unterstütze, und bei seinem Sterben erst die Quelle einem Einzigen, und auch dem nur unter gleichen Bedingungen bekannt mache. Allein der Mann wurde seinem Versprechen untreu, indem er nach kurzer Zeit schon die Quelle einem Andern zeigte. Letzterer ging heim, um eine neue Quartkanne zu holen und sie nach der Weisung einzugraben, aber die Quelle war nicht mehr zu finden. Der schöne Bergkegel, an dessen Seite die Goldquelle geflossen, heisst heute noch »Pa d'aur«, d.h. der Gold-Erzeugende. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Fährentaler-Brüder bei Leuggern

Source: Die Fährentaler-Brüder bei Leuggern

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Das Fährenthal bei Leuggern war vormals ein einziger Bauernhof, dessen Landbesitz von Mandach und Hettenschwil bis Leuggern und da weg der Straße nach bis Böttstein reichte. Ein reicher Bauer hinterließ dieses große Gut seinen beiden Söhnen. Da aber diese sich nicht mochten, so teilten sie; der eine übernahm den Oberhof, den man jetzt Schlatt heißt, und der andere den Unterhof, der seitdem, dass die Aare dort ihren Lauf geändert und Ackerland angeschwemmt hat, wo sonst die Schiffer (Fehren) wohnten und die Leute über den Strom zu setzen hatten, den Namen Fährenthal bekommen hat. Aber auch dies hob den Zwist der Brüder nicht. Der Ältere, dessen neidisches Herz es nicht ertrug, dass seine Äcker an des Bruders Land stießen, betraf ihn einstens an der Gutsgrenze beim Hardwalde, erschlug ihn und verscharrte ihn im Gehölze, da wo jetzt das Hinterbänkli liegt. Die Gegend war damals noch gering bevölkert, so erfuhr denn niemand das Schicksal des armen Bruders, und der ältere war nun Alleinbesitzer. Er verheiratete sich und lebte bis in seine alten Tage, wie es schien, ziemlich glücklich. Da pflügt er einmal mit seinem Knechte in der Nähe jenes Platzes, und beide sitzen eben am Pfluge, um zu ruhen und ihr Morgenbrod zu verzehren, als der Haushund aus dem Walde gesprungen kommt, einen Totenschädel geschleppt bringt und den dem Bauern in die Schoß fallen lässt. Dieser stieß den Schädel von sich, doch augenblicklich war nun seine Hand ganz mit Blut überspritzt. Erschrocken und zitternd an allen Gliedern wusste er sich nicht mehr zu fassen, er gestand dem Knechte seine Untat, zeigte ihm den Ort, wo der Bruder verscharrt lag, und bat, dass er die Leiche ausgraben und in der Stille nach Leuggern auf den Kirchhof schaffen möchte. Der Knecht gelobte ihm Stillschweigen und beerdigte dann die Reste des Leichnams versprochener Maßen nach christlicher Weise. So lange nun der Übeltäter schon gestorben ist, so hat er doch noch keine Ruhe. Man zeigt in Fährenthal ein altes baufälliges Haus, das sein Wohnsitz gewesen ist, und das er als schwarze Gestalt noch immer umwandeln muss. Bei mondhellen Nächten geht er dann mit einer Hacke hinaus auf die berüchtigte Wiese — sie ist kennbar an ihrem breiten Graben und liegt an der Straße nach Leuggern zu. Hier gräbt er stöhnend ein Loch auf, fällt hinein und dann deckt die Erde sich über ihn her. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Familie La-Beaume

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Ob Les-Arses ( ein Weiler unweit des Bergdorfs Charmey) gewahrt man eine grosse Felsenmasse, "la Pierre de la Beaume" genannt, auf der man sich noch am Ende des vorigen Jahrhunderts einige Mauerwerke, die Ueberbleibsel eines Schlosses der Familie La-Beaume zeigte. Die edle Familie La-Beaume stammte aus Savoyen, man weiß aber nicht, wie sie ins Alpengelände von Charmey kam. Als sie aus dem Balmistale zog, verkaufte sie der reichen Familie Remy ihre Güter, die sehr beträchtlich waren, da sie sich bis zum Praz de l'Essert oder der Riedmatte erstreckten. Ein solcher Reichtum konnte jedoch nur durch Zauberkünste und mit Hülfe des Fürsten der Finsternis erworben worden sein, weswegen die Käufer einen sehr kostspieligen Prozess aushalten mussten, der sie fast an den Bettelstab brachte; aber dafür erhielten sie am 5. November 1652, als Ersatz, vom Schultheiss und Rat zu Freiburg ein Ehrenzeugnis, "dass sie weder Hexenmeister noch Zauberer seien." C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Fänggin Madrisa

Source: Die Fänggin Madrisa

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Wie die starken, wilden Mädchen nicht ungerne die Gesellschaft schöner, junger Sennen in den Alpen aufsuchten und ihre Herden pflegten, sehen wir aus folgender Sage: Ein Jüngling von Saas fütterte eines Winters im Berge oberhalb des Dorfes seines Vaters Viehhabe. Der Sohn liess lange Zeit nichts von sich hören, wesshalb der Vater, um nachzusehen, ob vielleicht ihm Etwas zugestossen und wie es mit dem Futtervorrat stehe, sich aufmachte und nach der Alp ging. Er fand den Sohn in der Sennerei beschäftigt und war erstaunt über den reichen Vorrat an Milch, Butter und Käse; auch gewahrte er das schöne Aussehen des Viehes und zudem war der Futtervorrat weit grösser, als er ihn erwartet hatte. Sein Blick fragte den Sohn um die Lösung des Rätsels. »Sieh\', Vater, das hat meine Madrisa getan: die hat mir geholfen die Habe füttern, sie hat Wurzeln und Kräuter gesammelt und die unter das Futter gestreut; darum ist das Vieh so schön der Molken so viel.« Dies sagend, deutete er schweigend auf sein in der Ecke aufgerichtetes Lager, auf dem ein schönes, wildes Mädchen schlief dessen lange, goldgelbe Haarflechten über die Lade heraushingen. - Ob dem Gespräche erwachte das Mädchen, erhob sich vom Lager und sprach zum Vater: »Ach, dass du kommen musstest! wäre ich unerkannt geblieben, dein Sohn und ich hätten das Vieh hier gefüttert bis zum Frühlinge, da es auf die Weide geht, so aber kann ich da nicht länger bleiben; ungerne gehe ich zurück in Wald und Felsen, aber nun muss es sein; leb\' wohl, mein Job.« - Und leichten Schrittes schwebte sie über den Schnee, den Felsenhörnern zu, die ihren Namen tragen, den der junge Senne vergeblich rief, als er im nächsten Sommer die Herden in die Berge trieb. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Fänggin Ruchrinden

Source: Die Fänggin Ruchrinden

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In Luzein steht heute noch ein Stall, dessen gewaltige, hölzerne Balken der »Urähni« des jetzigen Besitzers mit Hülfe seiner Magd, eines Waldfänggenmädchens, an Ort und Stelle geschleppt und zusammengefügt hat. - Diese Fänggin sei in der Familie ihres Brotherren sehr beliebt gewesen und der Verdruss um sie gross, als sie plötzlich schied. Ihr Dienstgeber berichtete einst beim Nachtessen, als er aus dem Berge zurückgekehrt war und ein Joch auf der Achsel trug, eine Stimme habe ihm zugerufen: »Jochträger, sag' der »Ruchrinden«, Gicki Gäcki uf Hurgerhorn sei tot!« - Bei diesen Worten habe die Fänggin weinend den Löffel weggeworfen und gejammert, ihr Vater sei gestorben; von da an sei sie für immer verschwunden. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Fänggin Selbthan

Source: Die Fänggin Selbthan

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In der Alpe Tschuggen oberhalb Langwies spaltete ein Mann Latten zu ei­nem Zaune, und wie er denn so emsig arbeitete, wurde er auf einmal von einer unheimlich aussehenden Figur angeredet. Es überfiel ihn die Furcht, und doch durfte er nicht fliehen, denn das hatte sein »Hinter-Ehni« (Ur­Grossvater) schon erzählet, dass, wenn so Was Einem »komme«, es das Beste sei, zu bleiben, und dass durch einen »Pfiff« (List) alleine man sich retten könne. So blieb er, und dachte im Arbeiten nach, wie er das böse Ding wohl los werden könne. Nach einer Weile fragte er die Wald-Fänggin (denn das war eine Solche), wie sie heisse. Aber die Fänggin oder die Wald-Mutter (wie man diese Wald-Weiblein auch benamset) meinte listig zu sein, indem sie ihren rechten Namen ver­schwieg, und lächelnd einen Andern, »Selbthan« angab. Wie der Mann eine neue Latte zur Hand nahm, fragte er die Wilde, ob sie ihm helfen wolle. Richtig war sie dazu bereit und hielt ihm die Latte auseinander. Nicht faul zog der Mann die »Wegge« (Bisse, Keil) heraus, und die Fänggin war eingeklemmt. Der Mann flüchtete eilends, rief aber spottend noch zurück: »Selbthan, Selbthan.« Balde aber hörte er viele Fänggen dem heulenden Weiblein zu Hilfe kommen, und die setzten ihm unverweilt  nach. - Hätte er nicht eben den Waldessaum hinter sich gehabt, wäre er in deren Gewalt gefallen, und sie hätten ihn »z'Huderen« (Fetzen) zerrissen. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Farnsamen

Source: Die Farnsamen

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Auf der rechten Seite des Plasselbschlundes liegen die Tatüren. Das waren einst drei schöne Bergweiden mit Alphütten. Heute sind sie mit Wald bepflanzt. Sie gehörten vor langer Zeit einem Herrn aus der Stadt. Er war ein bißchen Sonderling. Die Leute nannten ihn den « Doktor », weil er während seines Sommeraufenthaltes in den Tatüren beständig Heilpflanzen sammelte und daraus Tränklein und Salben bereitete, womit er alles Bresthafte an Menschen und Tieren kurierte. Ein alter Hirt machte ihn einst mit der Wunderkraft des Farns bekannt. Er erzählte ihm folgendes: « Am Santihanstag, gen au um Mitternacht, da blüht und verblüht der Farn. Der Samen, der sich bildet, ist winzig fein wie Stäubchen und fällt sogleich zur Erde. Das ist jammerschade, denn er besitzt eine wundersame, geheime Kraft. Wer ihn besitzt, der versteht die Sprache der Tiere, liest die Gedanken der Menschen, heilt jede Krankheit, schlägt aus Steinen Gold, weiß alles und kann alles. Leider ist es ungemein schwer, diesen Samen zu bekommen, denn wer seine Wunderkraft kennt, der kann ihn nicht gewinnen. Der neidische Teufel, der den Menschen jedes Glück mißgönnt, hütet das Farnfeld. Nur der Ahnungslose und Unwissende kann in seinen Besitz gelangen. Als der Doktor das hörte, beschloß er, die Probe zu machen. In der nächsten Johannisnacht begab er sich an den nahen Wald, wo sich ein weites Farnfeld ausdehnte. Es war eine helle, klare Mondnacht, und kein Wölklein stand am Himmel. Der Doktor hatte Tücher mitgenommen. Er legte sie sorgfältig unter die Farnstauden, damit der Samen darauf falle. Nun war es Mitternacht. Da erhob sich urplötzlich ein furchtbares Gewitter. Es blitzte und donnerte unaufhörlich. Regen und Hagel prasselten hernieder. Der Sturmwind ergriff die Tücher und blies sie weit fort über den Wald hinüber. Ein Blitz spaltete den nächsten Baum und schlug den Doktor zu Boden, wo er besinnungslos liegen blieb. Als er erwachte, blickte ein freundlich blauer Himmel auf ihn hernieder, und die letzten Sterne erloschen eben im rosigen Dämmer des Morgens. Hatte er geträumt? Ach nein! Da lag ja der zersplitterte Baum neben ihm und zeugte von Wirklichkeit. Doch der Doktor ließ sich nicht entmutigen. Im folgenden Jahre unternahm er einen neuen Versuch. Auch dieser mißlang. Die Elemente tobten noch ärger als das erste Mal. Und noch ein drittes Mal zog der Mann in der Johannisnacht ins Farnfeld. Aber er hätte sein Wagnis bald mit dem Leben bezahlen müssen, denn es raste ein Sturm, und Blitze zuckten, als ob es Feuer regnete. Jetzt sah der Doktor ein, daß es dem Wissenden wirklich nicht möglich sei, den Farnsamen zu gewinnen. Also mußte er einem Unwissenden diese Aufgabe übertragen. Das machte er so : In der nächsten Johannisnacht weckte er eine halbe Stunde vor Mitternacht den Knecht und sprach zu ihm: « Mathis, hole in der obern Hütte droben den Muni. Er ist heute verkauft worden und soll morgen früh in die Stadt geführt werden. » Der Herr wußte, daß der Knecht gewöhnlich seinen Weg durch das Farnfeld nahm. Er hoffte, es würde dem Ahnungslosen Farnsamen in die Schuhe fallen, und er könnte dann dieses kostbare Gut mühelos bekommen. Mathis tat wie ihm befohlen. Mutterseelenallein wanderte er in dunkler Nacht zum obern Stafel hinauf, band den Stier los und führte ihn behutsam bergab. Als er durch den hohen Farn schritt, schlug es irgendwo ganz in weiter Ferne die Mitternachtsstunde. Da fühlte er auf einmal einen heftigen, stechenden Schmerz am Fuße. Er blieb stehen und horchte in die Nacht hinaus. Der Hund bei der oberen Hütte bellte, und der bei der untern gab ihm Bescheid. Aber sie bellten nicht wie sonst. Der Knecht lauschte gespannt. Nein, wirklich, sie bellten nicht, - sie redeten miteinander. Ganz deutlich verstand er jetzt ihr Zwiegespräch:  « Du, du», - rief der Hund im oberen Stafel. « Was, was ? » - antwortete der im unteren.  « Du muescht guet hüete. »  « Worum, worum ? »  « As chäme jetz de Schelme. »  « Das isch mier glich, - i hüete nüt. » « Worum de nit ?»  « Ebe los: D'Herrschaft het hüt Chnuttelini z'Nacht ghäbe, - un üs hi si a kiner ggä. »  « So, so - isch das wahr ? » «Woleppa! »  « Ebe guet, de hüeten i egschpräss o nüt. »  Das Hundegebell verstummte. Mathis war sonderbar zu Mute. So etwas hatte er noch nie erlebt. Grausen packte ihn, und er suchte so schnell als möglich die Hütte zu erreichen. Doch kaum war er einige Schritte weitergegangen, da wurde der Schmerz im Fuße immer heftiger und unerträglicher. Es war ihm, als steckten feurige Nadeln im Schuh. Mit Aufbietung aller Kräfte schleppte er sich bis zum nächsten Zaun und band den Stier fest. Dann warf er sich zur Erde, zog den Schuh ab, klopfte ihn an einem Zaun stocke aus und legte ihn wieder an. Jetzt war der Schmerz verschwunden. Er setzte den Weg fort, kam bald darauf bei der untern Hütte an, band den Muni in den Stall und legte sich zur Ruhe. Am andern Morgen weckte der Herr seinen Knecht schon früh und fragte ihn, ob er mit dem Stier gut heruntergekommen, und ob ihm nichts widerfahren sei, denn in der Johannisnacht sei es nicht geheuer. Da begann Mathis sein Abenteuer zu erzählen. Als er aber sagte, er habe den Schuh an einem Zaunpfahl ausgeklopft, da sprang der Doktor auf und rief: « ° weh, 0 weh! Mathis, was hast du getan. Unser beider Glück hast du verscherzt. Die reichsten Männer der Welt wären wir geworden und hätten nicht mehr arbeiten müssen. 0, wie schade, wie schade. » Der gute Knecht stand sprachlos und mit offenem Munde da und wußte nicht, was das bedeuten sollte. Jetzt eilte noch die Magd herbei und meldete voll Aufregung, es seien in der Nacht Schelme dagewesen. Die Gadentüre sei aufgebrochen und der Anken gestohlen worden. « Ich habs gewußt, daß Diebe kommen », stotterte der Knecht, « die Hunde habens ja einander zugerufen». « Wer? - die Hunde?» rief die Magd, schüttelte den Kopf und konnte nicht verstehen. Flugs zeichnete sie ein Ringlein auf die Stirne, als hätte der arme Mathis ein Rädchen zuviel im Kopfe. Doch der Doktor ließ seinen braven Knecht nicht beschimpfen. Er  verriet ihm vorerst die Geheimnisse des Farnsamens und fuhr dann fort: « Diesen Zaubersamen, der so unendlich schwer zu erringen ist, den hattest du in deinem Schuh und hast ihn wieder hinausgeklopft. Nun bist du wissend geworden und kannst ihn nie mehr gewinnen. Nun ist es aus mit dem mühelosen Reichwerden. Nun müssen wir beide wieder arbeiten wie zuvor. Doch, das soll uns nicht betrüben. Ich bin überzeugt, es ist sogar besser für uns. Nach ewigem, göttlichem Gesetz ist der Mensch zur Arbeit geschaffen wie der Vogel zum Fluge. Die Arbeit hält uns ern Körper gesund und unsern Geist frisch. Sie gibt unserem Leben Ziel und Inhalt. Sie schenkt uns immer wieder neue Fr,euden. Darum komm, Mathis, laß uns wieder an die Arbeit gehen, - du zu deinen Kühen, - ich zu meinen Kräutern. - Den Farnsamen lassen wir für immer und ewig bleiben, wo er ist.»  Quelle: German Kolly, Sagen und Märchen aus dem Senseland, Freiburg 1965


by Die Feder des Vogels Greif

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Ein König war schon seit Jahren krank. Kein Arzt wusste ein Mittel zu finden, um ihn zu heilen. Da hörte er von einem weisen Mann, der als Einsiedler in einem Walde wohne und für jegliche Krankheit ein Heilmittel wisse. Der Eremit wurde gerufen. Er kam an den Hof, untersuchte den König und erklärte, um ihn wieder gesund zu machen, brauche man die Feder des Vogels Greif. Diese müsse man im Zauberwald suchen. Nun hatte der König drei Söhne, und er versprach demjenigen die Nachfolge in der Regierung, der ihm die Feder des Vogels Greif bringen könne. Alle drei machten sich auf den Weg, um dieses Wunderding zu erlangen. Sie kamen in eine Stadt, wo die zwei altern Brüder sich für einige Zeit ausruhen und bei allerlei Spiel und Tanz sich belustigen wollten, indessen der jüngste ohne Rast weiterzog. Ihm war es nicht darum zu tun, der Nachfolger auf dem Königsthron zu werden. Er hatte kein anderes Bestreben, als dem Vater so schnell wie möglich Heilung zu bringen. Wo er am Wege ein armes oder leidendes Wesen fand, tat er ihm Gutes, gab ihm von seinem Essen oder verband ihm seine Wunde. Schliesslich gelangte er nach langer, mühseliger Reise in die Nähe des Zauberwaldes und sah dort viele Leute versammelt. Er fragte einen Hirten, was es hier neues gäbe, und dieser antwortete: «Wisst ihr es nicht, dass heute der Vogel Greif in diesen Wald geflogen kommt? Er hat Federn in allen Farben des Regenbogens. Und denkt euch, er kommt nur alle hundert Jahre. Von seinen Federn gibt er aber bloss eine her, und die schenkt er nur einer Person, die er sich selber aus der Menge aussucht. Jene Feder besitzt die Zauberkraft, jegliches Ungemach zu heilen.» Der Königssohn dankte dem Hirten für die Auskunft und schloss sich der Schar der Leute an, die durch den Wald zogen und sich auf einer Waldwiese versammelten. Bald darauf kam auch richtig ein grosser Vogel mit Schwingen, mächtig wie ein Adler, dahergeflogen, dessen Gefieder in allen Farben wunderbar glänzte. Der Vogel kreiste eine Zeitlang über der Menge und flog zuletzt auf die Schultern des Jünglings, öffnete seinen Schnabel und sang die Worte: Ich bin der Vogel Greif genannt,  Nach dem der König dich gesandt, Nimm hier die Feder aus meinem Flügel, Die Heilung bringt in Not und Übel! Der Königssohn nahm die Feder in Empfang, worauf sich der Vogel wieder in die Lüfte schwang und den Blicken aller Zuschauer entschwand. Hierauf kehrte der Jüngling mit seiner Zauberfeder so schnell als möglich nach Hause zurück, um seinem Vater rasch Heilung zu bringen. Sein Weg führte jedoch über weite Gebirge und durch tiefe Täler. Als er schon bald wieder zu Hause war, traf er unterwegs seine beiden Brüder an, die darüber ärgerlich waren, die Feder nicht gefunden zu haben. Voller Freude zeigte er ihnen sein Kleinod. Da wurden sie neidisch und eifersüchtig auf ihn und beratschlagten heimlich, wie sie ihn umbringen und ihn seiner Feder berauben könnten. Auf ihrer Rückkehr mussten sie durch einen dunkeln, einsamen Pinienwald, Scivola genannt. Plötzlich gaben sich die beiden altern ein Zeichen, fielen über ihren jüngsten Bruder her, durchbohrten ihn mit ihrem Degen und brachten ihn ums Leben. Darauf nahmen sie ihm die Zauberfeder weg, legten seinen Leichnam auf den Waldboden, deckten ihn mit Laub zu und ergriffen die Flucht. Zu Hause angelangt, heilten sie ihren Vater mit der Feder des Vogels Greif. Kaum aber war der König wieder hergestellt, so fragte er: «Wo bleibt nur mein jüngster Sohn, euer Bruder, der mich so von ganzem Herzen lieb hatte?» Und sie entgegneten: «Wir wissen es nicht. Er wollte allein des Weges ziehen; wir haben ihn sechs Tage und sechs Nächte gesucht und nirgends gefunden. Vielleicht ist er beim Durchwaten eines Flusses ertrunken, oder er hat sich verirrt. Dann wird er sicher bald wieder zurückkommen.» Eines Tages aber geschah es, dass ein kleiner Hirtenknabe, welcher die Schafe und Ziegen hütete, in jenen Wald von Scivola geriet, wo der Königssohn umgekommen war. Er sah einen Haufen Laub und dazwischen versteckt bemerkte er einen Zweig. Er schnitt davon eine Rute ab, schälte die Rinde weg und machte sich eine Hirtenpfeife daraus. Dann hub er an zu pfeifen, und es ertönte folgendes Lied: Mein Freund, mein Freund, ein Leid mir geschah; Es war im Walde von Scivola. Ein Bösewicht mich dort erschlug, Weil ich die Greifen Feder trug. Mit dieser seltsamen Hirtenpfeife rief er seine Schafe und Ziegen herbei und kehrte alsdann vergnügt nach Hause. Dort pfiff er allen auf seiner Flöte vor und Hess das Liedchen hören. Da meinten die Leute: «Geh hin an den Hof und spiele es dem König vor. Wer weiss, was für ein Geschenk er dir geben wird!» Also begab sich der Hirtenknabe zum Königspalast. Der König hörte das Lied und fragte erstaunt: «Aber sag doch, bist du es, oder ist es die Pfeife, welche so singt?» Und der Knabe entgegnete: «Es ist meine Hirtenpfeife. Ich habe sie selber geschnitzt aus einem Zweig, den ich im Wald gefunden. Wenn es Euch unglaublich scheint, mein Herr und König, so versucht es selbst, darauf zu spielen.» Der König nahm die Hirtenflöte und hub an zu pfeifen. Und siehe, diesmal ertönte folgendes Liedchen: Mein Vater, mein Vater, ein Leid mir geschah; Es war im Walde von Scivola. Ein Bösewicht mich dort erschlug, Weil ich die Greifen Feder trug. Darauf rief der König seinen ältesten Sohn herbei und hiess ihn spielen. Jetzt liess die Flöte folgendes hören: Mein Bruder, mein Bruder, ein Leid mir geschah; Es war im Walde von Scivola. Du warst es selbst, der mich erschlug, Weil ich die Greifen Feder trug. Als der älteste Sohn diese Worte hörte, sank er vor Schrecken wie tot zu Boden. Bald darnach kam auch der zweite Sohn. Auch er musste spielen und bekam die gleichen Worte zu hören. Da wurde er grün im Angesicht vor Reue und Scham. Jetzt erkannte der Vater das Verbrechen, das sie an seinem jüngsten Sohn begangen hatten. Im ersten Zorn hätte er seine beiden treulosen Söhne beinahe zum Tode verurteilt. Doch liess er Gnade walten und sprach: «Vor kurzem ist auf meinem Landgut Saliceto der Pächter gestorben. Es ist das unfruchtbarste Gut unter meinen Besitzungen. Zieht sofort eure schönen Gewänder aus, legt Bauernkleider an, nehmt eine Hacke und geht auf dieses Landgut, um die Kühe und Schafe zu hüten, das Gras zu mähen, die Erde umzuhacken und sie mit dem Schweiss eures Angesichts zu netzen!» Also mussten die beiden Brüder ihr väterliches Schloss verlassen und schwere Arbeit verrichten, um ihre Schuld zu sühnen. Mit der Zeit wurde es ihnen klar, dass kein Verbrechen sich auf die Dauer verbergen lässt, sondern dass es früher oder später ans Tageslicht kommt und gesühnt werden muss. Aus: Walter Keller, Am Kaminfeuer der Tessiner, Sagen und Volksmärchen, Zürich o.J.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Feengrotte

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In der alten Zeit gab es in der Schweiz viele verwunschene Frauen, die es mit dem Volke gar gut meinten und ihm oft in teuren und bösen Zeiten halfen. Vor allem war die gute Königin Berta bekannt, die dem Land viel Guttaten erwies. Besonders gern umschwebte sie den Turm von Gourze im Waadtlande. Jeden Winter soll sie dort jetzt noch in weißem, leuchtendem Gewande erscheinen und aus voller Futterschwinge die Saat über Berg und Tal ausstreuen. Zur Weihnachtszeit soll sie als eine Jägerin, mit einem Zauberstab in der Hand, begleitet von vielen Geistern, einen Umgang um die Häuser tun, um nachzuschauen, wo Fleiß und Ordnung herrschen. Aber die gute Königin Berta war nicht die einzige wohltätige Frau. In den steilen Abstürzen des Jura bei Vallorbe befindet sich eine große Höhle. Dort drin hausten vor Zeiten gütige und schöne Feen, die jedoch niemanden ungestraft in ihre unterirdischen Wohnungen eindringen ließen. Doch konnte man sie wohl gewahren. Eine ließ sich jeden Palmsonntag von weitem sehen. Sie führte ein weißes Lamm an einer Schnur hinter sich her, wenn es ein fruchtbares Jahr gab, aber eine rabenschwarze Ziege, wenn schlechte Zeiten oder gar Hungersnöte kamen. Eine andere Fee badete sich um Mitternacht in dem blauen Becken der Orbequelle. Zwei mächtige Wölfe umkreisten immer das Becken, um die Menschen fernzuhalten. Wenn es aber im Winter einschneite und kalt wurde, kamen die Feen wohl auch ins Dorf und traten in die verlassene Schmiede ein, sobald die Schmiedgesellen weg waren. Dort wärmten sie sich an der Esse, und ein Hahn kündigte ihnen mit lautem Krähen die Zeit an, zu der die Schmiedsleute wieder herankamen. Dann verschwanden die Feen aus der Werkstatt. Im ganzen Lande aber war die Erscheinung der Feen wohlbekannt. Jedes Hirtenbüblein wußte, daß sie große und schöne Frauen in weißen Kleidern waren, die bis auf den Boden gingen und ihnen sorglich die Füße bedeckten. Auch konnten die Feen wundervoll singen. Das feinste aber war ihr reicher Haarwuchs, denn ihre Haare gingen wie ein goldener Mantel rund um die Schulter. Damals befand sich zu Vallorbe in einer Schmiede ein Jüngling von achtzehn Jahren, der Donat hieß. Er war ein geschickter und hübscher Bursche und wegen seiner Tollkühnheit bekannt. Aber trotzdem war er bei seinen Mitgesellen nicht besonders wohlgelitten, da er sehr prahlerisch, frech und ein Schwätzer war, der nie ein Geheimnis behalten konnte. Dieser Donat hatte viel von den Feen der Höhle ob Vallorbe gehört. Deshalb beschloß er, in deren verborgene Wohnung einzudringen. Aber keinem Menschen sagte er etwas von seinem Vorhaben. An einem Sonntagmorgen, als zu Vallorbe die Glocken zur Kirche riefen, kletterte der verwegene Bursche an den Felsen hinauf, brach durch die dichten Brombeergesträuche und durchs wilde Staudengerank, und da stand er auch schon vor der Höhle, die ihn finster anstarrte. Er schlich sich aber furchtlos hinein, und nach einigem Herumtasten gelangte er in ein zweites Stockwerk. Dort stieß er auf ein schlichtes Bett von Moos und Farnkraut. Ermüdet und enttäuscht warf er sich auf das einfache Lager und schlief sogleich ein. Aber nach einer Weile erwachte er plötzlich. Da stand vor ihm eine schöne, weiße Frau, der die goldenen Haare wie ein Bach um den Hals gingen. Zwei zierliche Windhunde schmiegten sich an ihr weißes Gewand an. Verwundert staunte sie der Geselle an. Aber die Fee bot ihm freundlich die Hand und sagte mit sanfter Stimme: "Donat, du gefällst mir. Willst du bei mir bleiben? Ich will dich ein Jahrhundert lang glücklich machen; ich will dich köstliche Metalle, gesunde Kräuter und allerlei Geheimnisse kennen lehren. Du wirst in die Gesellschaft meiner Schwestern in die Grotten von Montcherand aufgenommen werden. Sie werden die Sorge um dich mit mir teilen, um dich zu unterrichten und zu unterhalten und für alles zu entschädigen, was du auf Erden zurücklassen mußt." Freudestrahlend willigte der Schmiedgeselle ein. Doch da sagte die Fee: "Aber daß du's gleich weißt, ich stelle die Bedingung, daß du mich nur dann sehen darfst, wenn's mir beliebt, vor dir zu erscheinen. Ziehe ich mich aber in ein anderes Gemach zurück, so versuche ja nicht, dort einzudringen. Tust du's dennoch, so muß ich dich für immer fortschicken, und dein ganzes Leben lang würdest du's wohl bitter bereuen. Siehe, da hast du nun zwei Geldsäckel. Jeden Tag, an dem ich mit dir zufrieden bin, lege ich dir in den einen ein Goldstück, in den andern aber eine Perle." Donat war überglücklich, denn nun lebte er herrlich und in Freuden. Sobald die Mittagsglocke von Vallorbe erklang, ging plötzlich eine kleine, verschlossene Gruft auf. Dort hinein durfte der Schmiedgeselle gehen und mit der schönen weißen Frau speisen. Und die Fee bediente ihn selber, nie sah er jemand anders. Und doch war der Tisch immer überreich bedeckt mit Forellen aus der Orbe, mit Rehen aus dem Jura, mit Wildbret von Petra-Felix, mit geschwungener Nidel von der Dent de Vaulion, mit Honig aus dem Jouxtale, mit Arboiswein und mit Früchten von Berg und Tal. Nichts fehlte, was gut schmeckte. Seine schöne Gesellschafterin aber erzählte ihm wunderbare Geschichten. Oft auch sang sie ihm eine Ballade vor im schönen Dialekt von Vallorbe und Romainmotier. Gegen Ende der Mahlzeit aber ward sie still und zog sich auf einmal durch eine im Winkel des Eßsaales angebrachte Türe zurück, durch die er ihr aber nie folgen durfte. Trotzdem es der Schmiedgeselle nun so schön hatte, langweilte er sich nach und nach doch. Solange die Fee bei ihm war, vergingen ihm die Stunden wie Sekunden, aber wenn er allein war, wurde es ihm schwer, und er begann darüber nachzugrübeln, wohin wohl die schöne Frau sich zurückziehe. Er bildete sich allmählich ein, die Gemächer, in die seine Wohltäterin sich nach der Mahlzeit begebe, müßten noch ganz andere Wunder bergen als die Räume, in denen er verweilen durfte. Er dachte darüber so lange nach, bis er vor Neugierde fast umkam, und so beschloß er denn, bei Gelegenheit der Fee einmal nachzuschleichen. Am sechzehnten Tage, als die gute Fee mit ihm gegessen hatte und freundlicher und zutraulicher als jemals zu ihm gewesen war und als sie wieder durch die geheimnisvolle Türe verschwand, schlich er ihr nach. Er sah, daß die Fee die Türe wie absichtlich ein bißchen offen gelassen hatte. Eine Weile stand er davor, dann aber stieß er sie sachte auf und guckte in ein hohes Gemach. Und nun sah er auf einem Bett von hochrotem Samt die schöne Frau ruhig schlummern. Ihr langes, weißes Kleid war ein wenig verschoben, und mit Erstaunen gewahrte er, daß ihr Fuß keine Ferse hatte, gerade so wie der Fuß einer Gans. Erschrocken wollte er sich ganz leise wieder zurückziehen. Da fing eines der zierlichen Windspiele, die unter dem Bett verborgen gewesen sein mußten, zu bellen an. Jetzt erwachte die Frau, und wie sie Donat erblickte, rief sie zum Tode betrübt aus: "Halt, Unglücklicher! Bis jetzt war ich so zufrieden mit dir. Hättest du dich während dieses ganzen Monats, in dem ich dich prüfen wollte, standhaft gezeigt, so würde ich dich zu meinem Gemahl gemacht haben, und alle meine Macht, meine Geheimnisse und meine Reichtümer hätte ich mit dir geteilt. Nun aber hebe dich weg von hier und kehre zum Schweiße deiner Schmiede zurück! Doch will ich nicht zurücknehmen, was ich dir gab. So behalte diese zwei Säckel! Vergiß aber alles, was du in dieser Grotte gesehen und gehört hast. Solltest du's gleichwohl irgendeinem Menschen offenbaren, so wird die Strafe gewiß nicht ausbleiben." Die Fee verschwand, die Lichter erloschen. Donat, der Schmiedgeselle, tastete sich lange in der Finsternis umher. Endlich fand er die enge Spalte, durch die er vom ersten Gewölbe ins zweite heraufgestiegen war. Als er nun die in den Felsen gehauene Säulenhalle des ersten Gewölbes hinausschritt, rief ihm eine Stimme zu: "Donat, Verschwiegenheit oder Strafe!" Wie er nun wieder in die Schmiede zu Vallorbe eintrat, wunderten sich die Mitgesellen über seine lange Abwesenheit und fingen an, ihn darüber auszufragen. Und statt nun zu schweigen, erzählte er sogleich alle seine Erlebnisse in der Feengrotte, prahlte von den Schätzen der weißen Frau und von ihrer Liebe zu ihm und machte sich zuletzt gar über ihre Gänsefüße lustig. Ja, er log noch allerlei dazu. Jedoch die Schmiedgesellen lachten ihn aus. Die einen nannten ihn einen Geisterseher, und die andern hielten ihn für einen Aufschneider und Schwindler und verlangten, daß er ihnen Beweise gebe. Da ward er zornig und schrie: "Nun gut denn, ich will euch die Beweise sogleich geben!" Er riß seine beiden Säckel, den mit den Goldstücken und den mit den Perlen, heraus und öffnete sie vor ihren Augen. Aber was machte er für ein Gesicht, als sich in dem Säckel, der sonst immer voll Goldstücke war, Eisbeerblätter, und in jenem, der sonst lauter Perlen enthielt, bloße Wocholderbeeren vorfanden. Jetzt verging Donat fast vor Scham und Verzweiflung. Er verließ das Land, und nie mehr hörte man in der Schmiede zu Vallorbe etwas von ihm. Die Feengrotte aber soll seit jenem Tage von den weißen Frauen für immer und ewig verlassen worden sein. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Fehrenlinde bei Aarau

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Halbwegs zwischen Aarau und der Brücke des Dorfes Rohr findet sich auf derjenigen Strassenseite, welche jäh in die Sümpfe des Rohrer-Schachen absinkt, ein mit Moos überwachsener Baumstrunk, den mehrere behauene Steine einfrieden, die selbst umgestürzt daliegen. Es ist der Ueberrest einer stolzen Linde, welche weithin in der Gegend sichtbar gewesen und vor einigen Jahrzehnten umgehauen worden ist; sie heisst Fehrenlinde. Denn wie nun die Aare an der jenseitigen Jurawand nach Biberstein hinab fliesst, so hatte sie ehemals ihren Lauf auf der entgegen gesetzten Seite hier unten in den Wiesen, und dieser hohe Strassenrand war sonst des Stromes altes Ufer. Hier beim Lindenbaum stieg man in die Fähre; und wo nun Fabriken spinnen und das Weberschiffchen schiesst, da haben vormals Schiffe gerudert. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 83 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Felsenjungfrau im Simmental

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Ein Berner-Oberländer hatte all zu früh schon sich um sein Lieseli umgeschaut, konnte sie nicht gleich zum Weibe bekommen und tat nun sterbensverliebt und todesbetrübt. Um sich ein wenig zu zerstreuen, lief er zu Berg nach den Kühen auf der Weide. Als er bis zum Brunnen auf der untern Staffel gestiegen war, sah er neben der Fluh einen altrostigen Schlüssel liegen. Im Felsen gewahrt er auch bald ein Schlüsselloch, steckt an und dreht, die Wand öffnet sich und läßt ihn durch den Felsgang der Reihe nach in zwei große Gemächer. Im zweiten versperrt ein herabhängender Stein den Weg, doch mit Not kann man drunter wegkriechen. Da dies getan ist, erhebt sich eine Stimme: „Unglückseeliger, vollende dein Vorhaben, geh auch ins dritte Gemach!" Er tut's und schreitet in einen neuen Saal hinein. Hier sitzt eine Jungfrau, altertümlich gekleidet, einen Hafen voll Gold zu Füßen, neben sich an der Wand eine goldene Glocke. Sie sei hier auf so lange verwünscht, sagt sie ihm, bis ein Erlöser komme, nun habe er die freie Wahl zwischen drei Gaben. Entweder könne er diese Glocke, oder diesen Goldhasen mit sich nehmen, wähle er aber sie selbst, so bekomme er die zwei andern Schätze mit drein. Der Bursche denkt einen Augenblick an sein Lieseli und schwankt, zuletzt nimmt er die goldene Glocke von der Wand. Während ihn die Jungfrau mit Klagen überhäufen will, entflieht er durch die Gänge, und hinter ihm wirft sich die Türe wieder zu, daß die Bergwand bebt. Jetzt steigt er nicht mehr weiter bergauf zu den Weidkühen, sondern hinunter ins Tal zum Lieseli; wenn er ihr die Goldglocke bringt, eine goldene Glocke zur Alpfahrt, so wird sie ihn ohne Umstände heiraten. Aber da er zur Liebsten kommt, hat die ihn längst vergessen, hat längst einen andern lieb gewonnen, hat den geheiratet und hat schon manches Kind von ihm.  Was soll der Bursche nun machen? Ruhelos geht er weiter, denkt an die ihn mit dem ersten Worte schon gefallen hatte, und nun erst möchte er Schlüssel und Schlüsselloch an der Bergwand wieder finden, um es diesmal gescheiter zu machen. Er steigt mit seiner Goldglocke zur Alp und läutet auf allen Matten und Staffeln. Dies ist aber alles vergebens, er kommt darüber nur immer tiefer in die allerwildesten Berge hinein. Endlich erreicht er einmal Abends wieder eine Alphütte, vor der Türe spaltet ein steingrauer Mann eben Holz. Hier möchte er übernachten, er bittet ihn flehentlich darum und erzählt sein betrübtes Schicksal. Aber dieser Alte ist nichts weniger als gerührt, kaum hat er den Hergang zu Ende gehört, so jagt er den Burschen auf der Stelle davon. „Die Felsenjungfrau“, ruft er erzürnt, „ist meine eigne Tochter, nun muß sie wiederum ihre langen Fristen auf den Erlöser warten!“ (Sam. Beetschen aus Ringoldingen im Simmental.)  Quelle: E. L. Rochholz, Naturmythen. Neue Schweizer Sagen, Leipzig  1862. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch    


by Die Felsenkapelle bei Galmis (Charmey)

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An der Bergstrasse, die von Galmis nach Jaun führt, steht, von einer Fluh überdacht, eine geräumige Kapelle, die sogenannte Felsenkapelle (Notre Dame du Pont-du-Roc). Über deren Entstehung berichtet die Legende folgendes: Ein vornehmer Ritter von Galmis unternahm einst einen Spazierritt nach dem malerischen Jauntal. Währenddessen entlud sich in den Bergen ein schweres Gewitter. Als der Edelmann gegen Abend heimkehren wollte, fand er den Jaunbach hoch angeschwollen; das Wasser war schon über die Ufer getreten. Die reissenden Fluten ergossen sich über die ganze Talbreite und barsten gurgelnd an der Felsenwand. Der Ritter jedoch liess sich darob nicht abschrecken und trieb übermütig sein Ross durch die schmutzig gelben Wogen. Er meinte, der Durchgang sei leicht zu erzwingen. Bald musste er aber die Unmöglichkeit seines tollen Unternehmens einsehen. Er geriet in die gefährliche Strömung, die alle Gegenstände, die in ihren Bereich kamen, dem Felsen entgegentrieb, wo sie unfehlbar zerschmettert wurden. Die Nacht brach herein. Der tapfere Ritter kämpft verbissen gegen den drohenden Tod. Ein nasses Grab öffnet sich ihm. Schon versinkt sein braves Streitross in den gurgelnden Wassern. Die wilden Wogen reissen den Reiter widerstandslos fort. Schreckliche Angst bemächtigt sich des sonst tapferen Recken. Er glaubt sich unrettbar verloren. Vor seinen schwindenden Sinnen steigt das liebliche Bild der Himmelskönigin auf. Mit letzter Kraft ringt es sich inbrünstig von des Versinkenden Lippen: «Hilfe der Christen, Meeresstern, du kannst und wirst mir helfen». Dort an der schirmenden Felsenwand gelobt der Ertrinkende der Gebenedeiten ein Heiligtum zu errichten, wenn sie ihm aus der Todesgefahr hilft. Nur sekundenlang hat das Stossgebet des Bedrängten gedauert, denn mit Blitzesschnelle werfen ihn die kalten Fluten gegen den Felsen hin. «Dort wird mein Kopf zerschmettert werden», denkt der Unglückliche schaudernd. Dann sinkt er im Strudel unter. Mit seinem Leben scheint es zu Ende zu gehen. Doch nein! Eine heraufbrausende Welle packt den Ertrinkenden und mit neuem heftigem Stoss umgeht sie die gefährliche Stelle und fährt ihn bis zu einer langästigen Weide. Wie rettende Arme streckt ihm der Baum seine Äste entgegen. So gelingt es dem Erschöpften, wieder das sichere Land zu gewinnen. Ganz ermattet, aber dennoch glücklich über die erlangte Rettung, sinkt der Edelmann zu Boden und dankt seiner mächtigen Helferin. Schon nach zwei Wochen kamen Maurer und Zimmerleute und errichteten im Schutze des Felsens ein bescheidenes Kapellchen. Darin wurde ein Muttergottesbild mit schwarzem Antlitz aufgestellt, zu welchem die Talbevölkerung eifrig ihre Zuflucht nahm. Nach einem halben Jahrhundert war das kleine Heiligtum baufällig geworden. Niemand wollte sich indessen zu seiner Instandsetzung finden, bis eines Nachts ein herabfallender Felsblock das Bethäuschen zertrümmerte. Erst jetzt fanden sich hilfsbereite Hände zum Aufbau ein. Unter der Mithilfe des Pfarrers von Galmis entstand eine neue und grössere Kapelle. Noch heute erfreut sie mit ihrem zierlichen Türmchen das Gemüt des gläubigen Wanderers wie des frommen Hirtenvolkes. Und wenn in heissen Sommertagen dicht besetzte Verkehrsautos am Kapellchen vorbeiflitzen in die erhabene Bergesstille, grüsst wohl unbemerkt ein christliches Herz die schirmende Madonna in ihrem weissen Gehäuse als Schutzherrin gegen drohende Naturgewalten.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Feuerhexe zu Hinwil

Source: Die Feuerhexe zu Hinwil

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Die Feuerhexe zu Hinwil Am Nachmittag des 12. Oktober 1955 schnaaggete einem Bauern oberhalb Hinwil unweit seines Hauses eine fremde Frau über die Wiese. Sie trug ein Kleid älterer Tracht mit langem, bis zu den Füssen reichendem grauem Rock und eine Schürze darüber. Das Gesicht verdeckte ein grosses Kopftuch Bei jedem Schritt vertat das Weib, welches eher gross als klein war, das Gras mit einem Apfelhaken‚ einem naturgewachsenen Stock, wie ihn der Bauer braucht, um Äste an sich heranzuziehen, wenn er das Obst pflückt, und tat, als ob es etwas suche. Doch gab es zu jener Zeit keine Pilze. Auch bückte sich die Fremde nie, um etwas aufzulesen. Der Bauer versuchte, den Weg der fremden Person zu kreuzen, da er eben im Begriffe stand, im Berg oben ein Gerät zu holen. Doch wie er diese Absicht ausführen wollte, schossen plötzlich aus der Brust des Weibes in kurzem Abstand zwei gelblichweisse Strahlen, wohl so lang wie ein Arm. Darauf schnaaggete die Frau an dem Bauern vorbei, schaute weder rechts noch links und vertat mit ihrem Apfel- oder Chriesihaken weiter das Gras. Der Mann wagte nicht, das seltsame Wesen anzureden und ging schliesslich seines Weges. Etwas später wurde die Fremde auch von der Frau des Bauern in der Wiese bemerkt, aber auch nicht angesprochen. Am selben Abend suchte ein bedauerlicher Unglücksfall diese Familie heim Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Mündlich aus Hinwil, Nov. 1955. Beispiel eines Memorates, eines Erlebnisses aus erster Hand. Wenn es an Gläubigen fehlt, wird es nicht weiter erzählt und kann sich nicht zur Sage entwickeln. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Feuerreiter

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Es war in der grauen Vorzeit, als dort, wo die Gletscherlawinen jetzt donnern, sich grüne Alpen dehnten, und zu hinterst in den hohen Alpentälern noch Dörfer und Weiler standen, wo feines Obst gedieh, die Reben grünten und einen köstlichen Wein spendeten. Im hinteren Talgrund des Turtmanntales sollen in alter Zeit die Dörfer Gruben, Mieden und Blumatt gestanden haben, grad dort, wo heut die Herden in den besten Sommermonaten das Alpkraut weiden. Die Präsidenten der drei Dörfer waren Spitzbuben, die die Leute bestahlen, das Geld heimlich in Fässern sammelten und die Schätze unten im Pfaffenholz vergruben. Die Dörfler merkten nicht, dass das Geld, das sie in guten Treuen an die Gemeinde bezahlten, in die Taschen der betrügerischen Präsidenten floss, und wenn dieser oder jener etwas munkelte, der Präsident sollte einmal Rechenschaft ablegen, fuhren ihm die andern übers Maul, schrien, er sei ein frecher Gesell und solle lieber schweigen. So blieb es beim alten, und der Betrug wurde erst entdeckt als alle drei Betrüger schon unter der Erde lagen. Darnach hiess es, im Pfaffenholz sei es nicht geheuer. Man habe dort die drei Präsidenten gesehen, die zur Strafe für den unerhörten Betrug geistern müssten und nur alle hundert Jahre einmal erscheinen und sich offenbaren dürften. Viele hundert Jahre waren seitdem verflossen. Das Klima war rauher geworden, grosse Gletscher hatten sich gebildet und waren vorgerückt über die kahlen schroffen Wände hinaus und hatten die hintersten Tälchen ausgefüllt. Die drei Dörfer waren verschwunden und hatten grossen, schönen Alpen Platz gemacht. Ab und zu stiessen die Hirten auf Spuren gepflasterter Dorfstrassen, und hier und dort fand man Hufeisen, Fensterrahmen und Mauersteine. Da wanderte einst ein Senne von der Meidenalp spät abends taleinwärts. Er hatte im Rhonetal unten für eine kranke Kuh Arznei geholt. In langen Schritten eilte er dem brausenden Talwasser entlang, und als er ins Pfaffenholz kam, mochte es gegen Mittemacht rücken. Die strenge Wanderung hatte seinen Gaumen getrocknet, und so bückte er sich zum nächsten Bächlein, das durch eine Runse floss und löschte den Durst. Als er sich wieder erhob, stand ein Mann vor ihm in altväterischer Kleidung, in Kniehosen und dem Dreispitz auf dem Kopf und redete ihn an: «Ich bin einer der drei Dorfpräsidenten‚ die vor vielen hundert Jahren die Gemeinden im Tale betrogen haben. Wir haben die Strafe dafür erhalten und müssen umgehen bis wir erlöst werden. Heute sind abermals hundert Jahre verflossen und daher darf ich mich offenbaren. Sei doch so gut und erlöse uns!» Der Senne hörte atemlos zu, und da er ein gutes Herz hatte, sagte er, er sei bereit, sie zu erlösen. Was er tun solle. «Komm morgen um Mitternacht und in den zwei folgenden Nächten ebenfalls zur Vollenbrücke und warte auf uns. Dreimal nacheinander, immer um dieselbe Zeit, werden wir dir erscheinen, und wenn du stand hältst und keinen Schritt zurückweichst, so wirst du uns erlösen, und wir werden dir den Schatz zeigen, den wir gestohlen haben. Im Pfaffenholz liegen drei Fässer mit Gold vergraben; das erste und grösste Fass darfst du behalten, das zweite wirst du der Kirche geben und den Inhalt des dritten an die Armen austeilen!» Nach diesen Worten verschwand der Geist. Der Senne setzte den Heimweg fort, und fast gereute es ihn, sein Wort verpfändet zu haben. Doch als er am Morgen erwachte und sich ankleidete, musste er an die Goldschätze denken, die ihm der Geist versprochen hatte. Bald darauf wurde ihm gemeldet, dass seine beiden Schafe in einer Steinlawine umgekommen seien. Nun konnte er das Geld doppelt gut gebrauchen, und so nahm er sich vor, zur verabredeten Stunde an dem bezeichneten Orte zu erscheinen und den Preis zu verdienen. Mit dem vielen Geld konnte er die Alp kaufen samt dem ganzen Viehstand, und dann musste er auch Präsident werden. Als es gegen Mitternacht rückte, machte er sich auf den Weg und langte kurz vor der bezeichneten Zeit bei der Vollenbrücke an. Unter ihm rauschte und gurgelte das Wasser; er glaubte das Rollen der Steine im Flussbett noch nie so deutlich gehört zu haben. Der Himmel war mit Wolken verhängt, und hier und dort blitzte ein Sternchen durch die finstere Wolkenwand. Er brauchte nicht lange zu warten. Plötzlich flammte es im Walde auf. Unter schrecklichem Gepolter erschienen drei kohlschwarze Pferde, von armsdicken Schlangen umwickelt, die Gift und Galle spien, und die Tiere bäumten sich und schnoben Feuer. Der Senne klammerte sich an der Brückenlatte fest und hielt stand, obschon ihm das Herz vor Angst pochte. Er fürchtete, von den Pferden zertreten und von den Schlangen getötet zu werden, aber drei Schritte vor ihm bäumten sich die Pferde, schwenkten ab und verschwanden. Der Senne konnte sich lange nicht erholen, so grossen Eindruck hatte ihm die Erscheinung gemacht. Er steckte die Hände in die Hosentaschen und ging nach Hause. In der zweiten Nacht war er wieder bei der Brücke. Diesmal hatte er schon weniger Furcht, denn er wusste, dass ihm kein Leid geschehen konnte, wenn er nur recht standhaft blieb. Auf einmal dröhnte der Boden, und wieder kamen die Rappen dahergesaust. Statt der Schlangen ritten drei Bären auf den Pferden, die den Rachen aufsperrten, nach ihm fletschten und mit den Klauen dräuten. Der Senne zitterte an Armen und Beinen, und seine Haare sträubten sich, aber er wich keinen Zoll breit zurück, und als die Geister wie gestern Nacht zur Seite abbogen, atmete er auf und trat den Heimweg an. Jetzt noch eine Nacht und er war der reichste Mann der ganzen Talschaft und bald auch Präsident. Um sich ja nicht zu verspäten, ging er schon früh zu der Brücke. Am Himmel zogen schwarze Wolken herauf, Blitze zuckten, und ein Gewitter rückte näher und näher. Ein kalter Wind setzte ein und ihn schauerte. Schon glaubte er, die Geister kämen nicht, als auf einmal der Blitz dicht neben ihm einschlug und ein heftiger Donnerknall ertönte, der ihn ganz betäubte. Im gleichen Moment erbebte der Boden, als ob eine Schwadron auf ihn angeritten käme. In sausendem Galopp und mit gezückten Flammenschwertern fuhren drei pechschwarze Reiter auf ihn los. Sie schwangen die Schwerter und stachen gegen ihn. Da liess er die Latte fahren und lief taleinwärts‚ so schnell ihn die Füsse trugen. Ganz dicht hinter ihm folgten die feurigen Reiter. Da verging ihm der Atem, und bei der nächsten Wegbiegung fiel er ohnmächtig zu Boden. Er hörte den Fluch nicht, den die Reiter ausstiessen. Als er am Morgen erwachte, lag er auf dem Düngerhaufen neben seiner Hütte. Ja neben seiner Hütte! Die stand nicht mehr. Er sah nur schwelende Trümmer. Der Blitz hatte in der Nacht sein Haus entzündet und ihm seine zwei Kühe erschlagen. Er war auf einmal ein bettelarmer Mensch geworden. Da war für ihn im Tale kein Bleiben mehr. Er schämte und grämte sich, so feige davongelaufen zu sein, grad in dem Moment, wo er ein steinreicher Mann hätte werden können. Er verliess die Gegend und verschwand spurlos. Quelle: Johannes Jegerlehner: Walliser Sagen, Hans Feuz Verlag Bern, 1959   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die feuerspeiende Schlange

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Ein edler Ritter ging auf die Jagd. Mutterseelenallein kam er in einen dunklen Wald. Da begegnete er einem armen alten Mann, der bettelte um ein Almosen. Barmherzig wie der Ritter war, schenkte er dem Armen ein Goldstück. Der alte Mann bedankte sich und sagte: «Jetzt gebe ich dir dafür einen Fuchs.» Er pfiff, und in dem Augenblick kam ein grosser grauer Fuchs aus dem Wald, und der näherte sich zutraulich dem Ritter. Der hob das gute Tier auf sein Pferd und wollte davon reiten. Aber kaum war er ein bisschen weiter geritten, da rief der alte Mann ihn zurück und sagte: «Dieser Fuchs, den ich dir gegeben habe, wird dich aus vielen Gefahren retten, pass gut auf ihn auf!» Ganz glücklich ritt der Jüngling weiter, und beim Einnachten kam er zu einer schrecklichen, wüsten und grossen Höhle. Er sprang vom Pferd und band es an eine Tanne, um zu schauen, was es mit der Höhle auf sich habe. Kaum aber hatte der Ritter sein Pferd angebunden, sah er eine riesige feuerspeiende Schlange auf sich zukommen. Sie war grösser und fürchterlicher als sämtliche Drachen. Ohne sich lange zu besinnen, schleuderte er seinen Speer ins Maul der Schlange, aber der zersplitterte wie ein Hanfstengel. Nun ringelte sich die Schlange auf, um ihn anzuspringen. In dieser schrecklichen Gefahr liess der Ritter den Fuchs unter seinem Arm los. Einen Augenblick lang starrte die Schlange auf den Fuchs, da packte der Ritter die Gelegenheit am Schopf und rammte der Schlange sein Schwert in den Leib, so dass sie auf der Stelle tot war. Der Fuchs kehrte bald aus der Höhle zurück und meldete dem Ritter, drinnen sei die Königstochter mit 99 Jungfrauen, die Schlange habe die fressen wollen. Da er sich am Schwanz des Fuchses festhielt, gelang es dem Ritter, durch viele Winkel und Gänge der Höhle bis zum Kristallsaal vorzudringen. Dort waren die Jungfrauen und bereiteten sich auf den Tod vor. Als sie den Ritter sahen, freuten sich alle riesig, und er heiratete später die Königstochter und lebte glücklich mit ihr. Wenn er nicht gestorben ist, so lebt er heute noch. Sieben Buben verirrten sich beim Erdbeerensuchen im Wald. Lange gingen sie im Wald herum, bis sie von weitem ein Lichtlein sahen. Sie folgten ihm und kamen zu einem Haus, so gross wie eine Kirche. Darin war niemand, ausser einer grossen Frau die Hanf spann. Die bekam schreckliche Angst, als sie die Kinder sah. Sie gab ihnen geschwind zu essen und sagte: «Jetzt versteckt euch rasch hinter dem Ofen, bevor der Menschenfresser kommt!» Sogleich versteckten sich die Kleinen hinter dem Specksteinofen. Da kreuzte der Menschenfresser auf mit schrecklichem Gepolter und Lärm und einer Tanne in der Faust. Als er die Tür öffnete, brüllte er: «Hier riecht es nach Menschenfleisch!» «Das ist Saudreck, du Dummkopf!» sagte die Frau. Alles wäre gut gegangen, wenn nicht eines dieser Würmlein unter dem Ofen hervorgeguckt hätte. Der Menschenfresser sah es und würgte es mit Haut und Haar hinunter, alles auf einmal. Alle Buben sperrte er hinter ein Hühnergatter unter der Ofenbank, um sie noch ein wenig zu mästen. Am andern Morgen stand der Menschenfresser spät auf, öffnete das Gatter und brüllte: «Kann jemand Läuse ablesen?» Der älteste Bub kam heraus und fing an, Läuse abzulesen. Aber der war ein schlauer Kerl; er kratzte den Menschenfresser so lange und suchte ihn nach Läusen ab, bis der einschlief.Dann nahm der Bub das Schwert und schlug dem Menschenfresser mit einem Streich den Kopf ab. Darauf befreite der Bub seine Kameraden aus dem Hühnergehege, und sie wurden dank der Schätze des Menschenfressers ganz schön reich.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die feurige Hand

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Um Mitternacht wanderte ein Frenkendörfer von Augst heimwärts. Bei der Hulftenbrücke vernahm er hinter sich Tritte. Er wandte sich um erblickte in der Dunkelheit aber niemand. Auf einmal hört er niesen. Wie landesüblich, wünschte er «Gesundheit», ebenso ein zweites Mal. Beim dritten Niesen sagte der erschrockene Frenkendörfer: «So helfe dir Gott in den Himmel, wenn es nicht anders sein kann!» Plötzlich spürte er eine Hand auf der Schulter, und eine Stimme sprach: «Du hast mich erlöst!» Unbehelligt kam der Mann zu Hause an. Am anderen Morgen sah er ein handgrosses versengtes Loch in seinem Kittel, an der Stelle, wo ihn der Fremde berührt hatte. Frenkendorf Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die feurige Hand

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Um Mitternacht wanderte ein Frenkendörfer von Augst heimwärts. Bei der Hülftenbrücke vernahm er Schritte hinter sich. Er wandte sich um, erblickte in der Dunkelheit aber niemanden. Auf einmal hörte er niesen. Landesüblich wünschte er «Gesundheit», ebenso ein zweites Mal. Beim dritten Niesen sagte der erschrockene Frenkendörfer: «So helfe dir Gott in den Himmel, wenn es nicht anders sein kann!» Plötzlich spürte er eine Hand auf der Schulter und eine Stimme sprach: «Du hast mich erlöst!» Unbehelligt kam der Frenkendörfer zu Hause an. Am andern Morgen sah er mit Entsetzen ein handgrosses versengtes Loch in seinem Kittel, an der Stelle, wo ihn der Fremde berührt hatte. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Die feurigen Drachen

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Der Volksmund sagt: «Jäger werden selten reich.» Einmal ist einer reich geworden; der Jäger Heymen von Eisten. Dieser blieb wochenlang in den Bergen, schlief in Felsenhöhlen, ass hartes Roggenbrot und würzigen Geisskäs und stillte den Durst wo die Vögel trinken. Nach der Jagdzeit brachte er seine Beute heim an Fleisch und Fellen, seine Vorräte für den Winter. Es war eben noch die Zeit, wo alle Berge voll Wild waren, die Gemsen in Herden herumgingen und die Murmeltiere bis zu den Wohnungen der Menschen herabstiegen. Einmal kam der Jäger früher als gewöhnlich heim, hängte die Büchse an die Wand und sagte zu ihr: «Diesmal kannst du länger schlafen als die Murmeltiere.» Der Jäger Heymen ist von diesem Tage an nie mehr auf die Jagd gegangen. Er hat ein schönes Gut gekauft und ist der reichste Mann im Tal geworden. Er konnte sieben frühe und sieben späte Kühe wintern und hatte für diese Bergrechte auf den Alpen. Reichtum bringt auch zu Ehren. Der frühere Jäger wurde Meier der Talschaft Lötschen. Viele hätten gerne den Grund seines Reichtums wissen mögen. Lächelnd sagte er ihnen: «Macht es wie ich, und ihr könnt auch reich werden.» Endlich hat er einem Freund das Geheimnis verraten. Er sagte ihm: «Gewöhnlich bin ich aufgestanden, wenn noch die Sterne am Himmel funkelten. Einmal, als ich bei Sonnenaufgang auf den Grat kam, flogen zwei feurige Drachen vom Elwerück gegen die Rothörner, wo sie an goldenen Felsen leckten. Ich habe mir den Ort gemerkt, wo die Drachen aufgeflogen sind und dort das Drachennest gefunden. In diesem lagen goldene Kugeln. Die hab ich mitgenommen und bin so reich geworden.» Mancher Jäger hat seither das Drachennest gesucht, aber keiner hat es je gefunden. Wer früh genug auf den Grat steige, sehe noch immer die feurigen Drachen an goldenen Felsen lecken. Quelle: J. Siegen, Sagen aus dem Lötschental, Erweiterte Ausgabe der Gletschermärchen (1905), Lausanne 1979. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die feurigen Männer

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Einst saß ein alter Fährmann zu Hauenstein in seinem Fischerkahn, und da es immer dunkler ward, schlief er ein. Auf einmal schrak er auf, denn vom schweizerischen Rheinufer her rief's: "Hol über, hol über!" Flink löste er das Schiffchen und ruderte nach dem andern Ufer hinüber. Aber wie er sich auch umschaute, kein Mensch war zu sehen. Er glaubte falsch gehört zu haben und fuhr wieder ans andere Bord zurück. Kaum legte er dort an, rief's wieder, und nun hörte er's ganz deutlich: "Hol über, hol über!" Behenden Armes trieb er seinen Kahn wieder durch die munter ziehenden Rheinwellen. Doch da war wiederum niemand. Nun dachte er, böse Nachtbuben hätten ihn gefoppt. Brummend fuhr er wieder zurück, und eben wollte er das Schiffchen verlassen, um heimzugehen, da schallte es gebieterisch über den Rhein: "Hol über, hol über!" Obwohl ihn die zweimalige Enttäuschung arg verdrossen hatte, machte sich der brave Fährmann doch nochmals über den Strom. Als er aber am Schweizer Ufer ankam, rief er laut: "Also denn, wenn etwas von Gott da ist, so soll's jetzt kommen, denn ist's auch diesmal umsonst, daß ich da bin, so komme ich diese Nacht nicht wieder!" Kaum hatte er's gerufen, so rollte ein derber Stock ins Schiffchen und blieb ruhig drin liegen. Verwundert stieß der Fährmann ab, und nach und nach wurde ihm unheimlich zumute, denn der Stock kam ihm nicht geheuer vor. Wie der Alte aber am deutschen Ufer landete, erhob sich der Stock wie von selber, und eine Stimme sagte: "Dreimal sah ich diese Gegend verwildern, und hättest du nicht dreimal dein Schifflein über den Rhein gerudert, so hätte ich wieder bei einer Eiche harren müssen, bis eine Eichel davon abgefallen wäre, aus der der Baum herausgewachsen wäre, aus dessen Holz man eine Wiege hätte zimmern können, in der man das Kind hätte schaukeln müssen, das einst mein Erlöser hätte werden dürfen. Jetzt aber gib mir die Hand, denn auch du wirst bald, wie ich, ein Kind der Seligkeit!" Vorsichtig streckte der alte Fährmann dem unsichtbaren Fahrgast das Steuerende entgegen, in das sich sogleich fünf Finger tief einbrannten. Dann ward es stille. Gleichwohl starb der Fährmann bald hernach. Eine andere Geschichte erlebten zwei Schiffer an der Aare bei Klingnau. Einst saßen die beiden Fährmänner zu Machenau in ihrer Hütte ruhig beisammen an der Aare, die mit leisem Rauschen und Quirlen dahinfloß. Es war Heiliger Abend, und sie gedachten zusammen den Abend in trautsamem Geplauder zu verbringen. Es mochte gegen acht Uhr gehen, da pochte es laut an die Hüttentüre. Rasch öffneten sie, in der Meinung, ein verspäteter Wanderer wolle über den Fluß ins Kirchspieler Feld übergesetzt werden. Wie fuhren sie aber zusammen, da sie einen feurigen Mann vor sich sahen, der von ihnen gebieterisch verlangte, daß sie ihn über die Aare brächten. Erst schauten sie sich zitternd an, sich bekreuzend, dann aber, als das feurige Gespenst immer ungestümer tat, gingen sie mit in die Nacht hinaus, lösten den Weidling, ließen den Zündler einsteigen und stießen ab. Doch sie brauchten fast gar nicht zu rudern. Der Weidling schoß wie der Wind über den Fluß, und kaum waren sie abgefahren, so stieß das Schiff schon am andern Ufer an, und der feurige Fahrgast stand auf dem Bord und rief ihnen zu: "Wir alle drei sind verloren, wenn ihr nicht Schlag acht Uhr wieder hier seid, um mich wieder hinüberzuholen." Dann verschwand er im Hardwalde. Den Schiffern war es unheimlich bei der Sache, und sie rieten hin und her. Aber Schlag acht Uhr waren sie doch wieder an der Stelle, wo das Gespenst ausgestiegen war, und harrten seiner. Und ehe sie's dachten, stand der feurige Mann schon wieder im Weidling und gebot: "Fahrt zu!" Wie sie nun auf der Machenauer Seite glücklich anlangten, dankte er ihnen und bot ihnen die Hand zum Abschied. Ein Schiffer wagte es nicht, ihm die Hand zu drücken, der andere aber reichte ihm den doppelgriffigen Stiel seiner Schalte hin. Der feurige Mann faßte sie einen Augenblick an, und da war sie auch schon bis zuunterst weißglühend. Rasch löschte sie der erschrockene Fährmann im Fluß. Der brennende Mann aber stieg aus und flackerte schon dem öden Giritzer Ried zu. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die feurigen Reiter

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Der Berg Prabé in Savièse, von Sitten aus im Auge, wird von vielem unheimlichem Spuke voll geglaubt. Unter anderem, wovon einiges in diesen Sagen erzählt wird, heisst es, man sehe oft in stockfinsterer Nacht von der höchsten Bergesspitze herab einen mächtigen Feuerklumpen herunterrollen. Schnellen Flugs durchstreift er den Wald und langt in die obersten Kornfelder des Savièseberges, wo er still steht; sich aber bald in kleine Feuerhäuflein auflöst, welche die deutliche Gestalt von Pferden und Reitern annehmen. In Reihe und Glied aufgestellt galoppiert diese feurige Reiterei in bester Ordnung wieder den Berg hinauf und verliert sich erst auf der obersten Spitze, von der das Feuer zuerst hervorgebrochen.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Fidriser-Hexe in Paris

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Ein Jüngling von Fidris zog einst in die Fremde. Auf seiner Wanderschaft kam er auch nach Paris, und kaufte dort auf dem Marktplatze von einer Frau Kirschen. Diese fragte ihn, wo er her sei, und als er ihr darüber Bericht gegeben, sagte sie, dass sie in Fidris auch bekannt sei, und noch gestern Abend auf dem sog. Schwein-Boden oberhalb des Dorfes getanzt habe. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Finsternis

Source: Die Finsternis

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Die Mutter erzählte oft von einem Geistlichen, der mehr konnte als andere. Zwei junge Burschenwollten eines Abends in die Bachalpe zum Weibervolk. Essen und Trinken nahmen sie mit, damit es auch lustig zugehen könne. Auf dem Wege hatten sie aber plötzlich eine solche Finsternis vor sich, dass sie keinen Schritt weit vor sich sahen. Vorerst probierten sie trotzdem, vorwärts zu kommen. Aber bald kamen sie zur Einsicht: «Wir gehen zurück!»         So zogen sie nach Erschmatt und assen dort als Trost ihr Speise und tranken, was sie mitgenommen hatten. Am andern Morgen traf der eine diesen Pfarrer. Der empfing ihn mit den Worten: «So, Bürschchen, gestern war es wohl besser, ihr seid zurückgekommen. Gestern Nacht musste ich euch finster machen!» ERSCHMATT Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Fischbank bei Othmarsingen

Source: Die Fischbank bei Othmarsingen

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Wenn man auf der Strasse zwischen den Städten Lenzburg und Baden gegen das kleine Dorf Mägenweil kommt, so sieht man zu beiden Seiten des Weges grosse Granitblöcke in Menge weit in die Felder hinein liegen. Eine viel grössere Zahl ist seit einem Menschenalter aus dem fruchtbaren Kornlande herausgeschafft, zerschlagen oder gesprengt worden. Manch freundliches Wohnhaus in der Nachbarschaft ist daraus gebaut. Das Volk sagt von diesen Felsenmassen, es sei hier einst ein Steinregen nieder gegangen. Die Dorfchroniken hingegen erzählen, dass schon die Römer mit diesen Blöcken die Militärstrassen und Wasserleitungen aufgeführt haben, die hier herum nach Windisch und nach Baden hin gehen. Noch ist ein besonders grosser Granitkegel links im Felde drinnen, der über seine nächsten Kirschenbäume hinaussieht; derselbe soll einst noch viel gewaltiger gewesen sein, so dass man ihn nicht aus dem Wege zu schaffen wusste. Die Römer, die ihre Strassen schnurgerade zu machen pflegten, mussten ihn deshalb zerklüften, um an ihm vorbei zu kommen, und was heute noch von ihm übrig ist, war ihnen dann nur der Weisstein. Ein solcher Block liegt auch im Walde Linth, zwischen dem Dorfe Othmarsingen und Lenzburg. Der spitz zulaufende Fels ist gegen 30 bis 40 Ellen lang und bei 15 Ellen hoch und breit; seine noch beträchtlichere Masse scheint er in den Boden zu versenken. Die mächtigen Stämme der Eichen und Buchen, die ihn umstehen, auf Tagereisen weit die edelstgewachsenen Bäume, geben ihm ein gar stattliches Aussehen. Man nennt ihn die Fischbank; er soll zur Heidenzeit den Mittelpunkt des Marktplatzes von Lenzburg ausgemacht und auf ihm sollen die Fischweiber ihre lebendige Waare feilgeboten haben. Aehnliche Felsenlasten, wie dieser, krönen den Scheitel des Berges, auf welchem das ausgedehnte Schloss von Lenzburg liegt; auch sie sollen von den Heiden dort hinauf getragen worden sein. Am Othmarsinger Wegrain stösst man des Nachts öfters auf einen unbekannten Mann, der neben der dortigen Ruhebank im Grase liegt, oder den Leuten aus dem Walde heraus entgegen tritt. Er trägt seinen Kopf unterm Arm. Um Fraufasten und wenn der Mond neu wird, geht er gegen das Dorf hin bis zum sogen. Galgenrain. Dann ist es Zeit ihm auszuweichen, sonst schwillt man an, als ob man in einen bösen Wind gekommen wäre. Der Mann, sagt man, umgeht die Römerstadt Namens Lenz, die einstens hier gewesen, und zwar von diesem Platze aus, wo der Heidengalgen war. Hier fährt auch eine Geisterkutsche. Vor einigen Jahren aber ist sie von ihrem gewöhnlichen Wege abgewichen und im Lenzhard gesehen worden, einer näher bei Lenzburg gelegenen Waldung, in welcher das Volk eine Schatzgrube vermuthet. Die Kutsche ist im Rococogeschmack gebaut und wird von vier Rappen gezogen. Drinnen sitzt ein Herr mit zwei schwarz gekleideten Damen in Reifröcken und hoher Frisur. Vorn und hinten auf stehen Bediente. Sie fährt durch die dichtesten Gebüsche und ohne Hinderniss die steilen Abhänge auf und ab. Geleise läßt sie nicht zurück. Zwei Männer, die des Geldes sehr benöthigt waren, hatten sich hieher begeben, um den berufenen Schatz zu heben. Sie waren entschlossen, kein Wort zu reden und keinen Mucks zu machen, wenn nun auch die seltsamsten Erscheinungen kommen sollten. Alsbald zogen elf Männer der Reihe nach bei ihnen vorbei; jeder trieb sein eigenes Handwerk und führte es in Kürze auf; sie zimmerten, schmiedeten, pflasterten, metzten. Unbeirrt sahen die beiden Schatzgräber allem zu und warteten nur, ob der Schatz bald empor steigen werde. Nun trat der Zwölfte auf, einer vom Handwerke der Schleifer. Dieser hob ein steinaltes Weib aus seinem Tragkorbe heraus und setzte es mit dem Rücken an sein Drehrad, um ihr nun aufs Umständlichste den Allerwerthesten zu schleifen. „Wär' doch ämel au das Donners-Füdli-Schlîfe verbî“ rief in seiner Ungeduld endlich der eine Kamerad, und augenblicklich war Alles ringsum zerstoben. Die Beiden sollen räudig heimgekommen sein. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 107 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die fleissige Gesellschafterin

Source: Die fleissige Gesellschafterin

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Eine schöne, goldgelbgefärbte Katze, mit zierlich zurückgestrichenen Schnauzen und sauber geglätteten Haaren, pflegte in einer Küche, wenn die Hausleute in trautem Kreise beisammen waren, oft auf Besuch zu kommen. In gemessenen Schritten kam sie zur Tür herein, ging bedächtlich auf die Treche (Herd) los und machte sich's bequem in der warmen Asche, von wo aus sie dann die Leute freundlich und teilnehmend anzublicken geruhte. Das ging so eine Zeit lang fort und der gelbe Pelz ward bald als einheimisch im Hause gerne gesehen und wohl geduldet. Eines Abends erzählten die Hausleute einander, wie wohl gewöhnlich, die Dorfneuigkeiten des Tages. Es wurde berichtet, der Johannes N. sei gestorben. Schnell sprang die Katze aus der Asche hervor, ganz deutlich schreiend: «Was? der Johannes!», rannte in mächtigen Sätzen davon und kam nie wieder. — Da merkten die verblüfften Leute ziemlich klar, wer ihnen seit einiger Zeit die Familiengeheimnisse verraten und so fleissig auf die Gasse gebracht habe.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die fliegende Herde

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In Boganggen, dem höchsten und rauhesten Stafel der Sefinenalp, hatte man früher keine Stallungen, weder für das Rindvieh, noch für die Fohlen, die ehemals auch hier gesommert wurden. Zur Melkzeit und bei heftigen Wetterumschlägen wurden die Herden in Värriche getrieben, was sich besonders die Pferde nicht gerne gefallen liessen; denn sonst wäre kaum das Sprüchlein von Mund zu Mund gegangen: In Sefinen hinder em Horen, Wan die Resseli seilen gähn, Da heig si der Hirt verschworen, Aer meg si da nymeh b'han! Es verwundert sich kein Mensch, dass hier oben, wo Kälte und Unwetter daheim sind, selbst zu Mittsommer die Schneeflocken zu den grauen Wolken heraustanzen können wie zur tiefsten Winterszeit. Einmal, es war mitten in den Hundstagen, peitschte ein jäher Hagelschmeiss die Alp, und in der Nacht fiel der Schnee wie eine Staublawine. Am Morgen lag er anderthalb Ellstab hoch; das Kaltwetter hielt den ganzen Tag über an, das Viehgewerb stampfte und brüllte vor Hunger und Kälte, dass es oben in den Wänden widerhallte. Alle Älpler, vom Sennen bis zum Hüterbuben, was Stecken und Stab brauchen konnte, musste wehren, dass das Vieh nicht hagbrüchig wurde und über die verschneiten Felsen ins Verderben glitt. Nach einer schrecklichen Nacht wollte die Wetterstrenge noch immer nicht weichen, und alles glaubte das ganze Senntum verloren. Am frühen Morgen aber — o Wunder — da sass ein Zwerglein auf der obersten Legilatte! Sein Haar schimmerte weiss wie Birkenrinde, in der Rechten hielt es eine neue Kuhseili, in der Linken Salz. Es fing an zu locken und zu hojen: "Choom — ssä — ssä — ssä — choom — Plösch choom!" Der Leitkuh band es den Strick um den Hals — und — jaa — dann was? — Huiii — das ging auf und davon wie der Föhn mit der buchenen Streue — in die Luft und die ganze Herde hinten nach! In einem wilden, brausenden Flug rauschte es hinaus in eine fette Emdgraswiese neben dem Mürrenbach, hart vor dem Dorfe. Am folgenden Tag, als es endlich mit der Sonne nicht mehr sparte, und der unzeitige Schnee im Handumdrehen zerrann, gingen die erschreckten Sefinenälpler auf die Suche. Sie fanden die ganze Herde vollzählig und wohlbehalten, wiederkauend draussen neben dem Mürrenbach. Der Zwerg, der Gute, war verschwunden. Auf der Wiese hielten die Sefiner lange Rat, auf welchem Wege wohl die verängstigten Tiere am besten und ohne Missgeschick wieder in das ungastliche Boganggenläger zu zügeln seien, ob über Schilt und die Wasenegg oder unten durch über Fürten. Das saftgrüne Wiesland am hintern Dorfend von Mürren heisst seither "der Rad". Quelle: Hans Michel, Ein Kratten voll Lauterbrunner Sagen. Wengen 1936 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die fliegende Viper

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In den kleinen grünen Bergseen von Lona, von Larduzan und Esserce im Kanton Wallis haust ein Drache, der La Vuivra genannt wird. Seine Flügel sind ganz feurig. Auf dem Kopfe aber trägt er ein Krönlein von eitel spiegellautern Diamanten. Im Winter frieren diese kleinen Seen fest zu. Aber wenn es gegen den Frühling geht, hört man im Eise ein fürchterliches Dröhnen und Krachen. Das kommt vom Drachen Vuivra her, der dann das dicke Eis zu durchbrechen versucht. Dann fährt er plötzlich heraus und schießt mit feurigen Flügeln von einem See zum andern. Seine Nahrung besteht aus Goldsand, der den Grund dieser Seen bedecken soll. In Vouvry aber gibt es ein anderes drachenartiges Ungetüm, das aber mehr einer fliegenden Viper gleichen soll. Es hat einen feurigen Schwanz, und in der Stirn steckt ein großer Diamant, der als Auge dient und den man weithin leuchten sieht, wenn es fliegt. Oft badet sich diese fliegende Viper in den Bächen und Weihern. Aber jedesmal, bevor sie ins Wasser schlüpft, legt sie ihr diamantenes Auge am Ufer nieder. Schon viele Leute versuchten, den Diamanten zu erwischen, da er einen ungeheuren Wert haben soll, doch es gelang nie. Denn eifersüchtig wachte die Schlange über ihren Schatz und erdrückte jeden, der sich ihr zu nahen wagte. Aber dann gelang es doch einem kühnen Mann von Vouvry, das Auge der Schlange, den großen Diamanten, zu gewinnen. Nämlich, als er die feuergeflügelte Viper wieder einmal durch die Luft fliegen sah, versteckte er sich im Gebüsch in der Nähe der Stelle, an der die Viper meistens zu baden pflegte. Auf einmal schoß sie brausend heran, ließ den Diamanten ins Ufergras fallen und schlüpfte sorglos ins Wasser. Jetzt schlich sich der Mann durchs Gebüsch und kroch auf Hand und Fuß der Stelle zu, wo er den Diamant gar hell im Grase funkeln sah. Er mußte sich aber sachte vorwärts schleichen, denn immer wieder tauchte die Viper aus dem Wasser auf und schlug also vergnügt mit ihren Feuerflügeln, daß das ganze Tal aufleuchtete. Immer näher und näher kam er dem kostbaren Steine. Einmal hob die Schlange wie lauschend den Kopf, aber dann tauchte sie tief ins Wasser hinunter. In diesem Augenblick streckte der Mann die Hand flink aus dem Busch, packte den Diamanten und wollte sich sachte, sachte wieder davonmachen. Ein Stück weit hatte er's schon gebracht, da hörte die Schlange ein dürres Ästlein knacken. Sie fuhr auf und hob den Kopf hoch empor. Und nun hörte sie deutlich das Knacken im Gestäude und merkte, daß ihr Auge, der unschätzbare Edelstein, nicht mehr im Grase liege. Zischend schoß sie aus dem Wasser und der Richtung zu, wo sie nun eilige Schritte durchs Unterholz brechen hörte. Denn nun hatte der kühne Mann von Vouvry gesehen, daß ihn die Schlange bemerkt habe und daß er sich mit noch so leisem Kriechen nicht mehr retten könne. Zum Glück hatte er das alles vorausgesehen und vorsorglich vorher ein leeres Faß in der Nähe der Badestelle ins Gebüsch gestellt. Das Faß aber hatte er rundum dicht mit spitzen Nägeln beschlagen. Behend hielt er auf das Faß zu. Aber schon hörte er die grause Schlange dicht hinter sich durchs Gebüsch rascheln, und weithin sah er den Schein ihrer aufleuchtenden Flügel. Nun sah er sie gar in die Luft steigen. Aber da war er auch beim Fasse. Es war die allerhöchste Zeit, denn kaum war er hineingeschlüpft und hatte den Deckel über sich fest zugezogen, so fuhr auch die Viper durch die Luft heran und versuchte das Faß durch Hin- und Herrollen umzustürzen. Als ihr dies nicht gelang, wurde sie wütend. Und da sie ohne ihr Auge, den kostbaren Diamanten, nichts sah, schlang sie sich blitzgeschwind um das Faß, um es zu erdrücken. Aber nun drangen ihr all die hundert spitzen Nägel in den Leib, und da mußte sie elend verenden. Lange getraute sich der Mann von Vouvry nicht aus dem Faß. Als er aber doch hinauskroch und die tote Schlange sah, tat er einen lauten Jubelschrei und sprang hocherfreut nach Hause. Was er dann mit dem großen Diamanten anfing, hat man bis auf den heutigen Tag nicht vernehmen können. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die fliegenden Drachen

Source: Die fliegenden Drachen

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Van-ne altu Litu hät mu frühjer viel va g'firige, fleigendu Drachu g'hört, die van eim Berg zum andru g'flogu sy. We mu so eine im Flug g'seh hei, so sy in der Luft vora a grusige schwarze Chnubul oder Chnollo erschinu, der a länge g'fürige Schwanz nachgizogu hei. We schich so a grusige Dracho an am Gebirg g'nächrot hei, so miesse schich der Berg, wegu dum schrecklich Gift so er usdunste und vor schich blase, wo er ihn mit selbum anspeije, öffnu, damit er in deschi Abgründu die Goldadre und Goldbrunne ufsuochu, und durch Lecku an denselbu schich ernähru chönne; denn sottigi Drache lebe nur va Goldadru; und we der Goldbrunnu vom Dracho ufg'leckote sy, so miesse schich d's Gibirg vor der Gewalt ihres Giftes wieder öffnu; schi spanne de ihri schreckliche Fecka uf und fleige us den Abgründu umbruf, wieder zuo andre Gebirgu. — Jez seit mu gläub ich dische Drachu grössere oder chleinere g'firigi Meteoren.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch  


by Die flinke Hexe

Source: Die flinke Hexe

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Meines Vaters Bruder zu Wattingen – das isch nu käi Hüffä Jahr sitter – stand vor seinem Hause, als er von Wassen her ein Weibervolk daher kommen sah, das er an den Kleidern sofort als eine alte Hexe erkannte. Es hatte keinen Tschoopen, sondern nur äss Gstältli an und war in weissen Hemdsärmeln, der Kopf mit einem grossen Schinhut bedeckt. »Das erschiässisch, wennd's daa isch!« sagte er zu sich und lief gleitig über die Stiege hinauf ins Haus und holte sein Gewehr. Doch als er wieder vor's Haus kam und um die Hausecke nach der Hexe spähte, war sie schon ä grysslichi Feeri wytt über Wattingen hinaus; sie schaute nach ihm zurück und winkte ihm höhnisch mit dem Schinhut. Eine viertelstündige Strecke hatte sie in kaum drei Minuten zurückgelegt. Kath. Gamma, 50 Jahre alt, Wassen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die flinken Heuerlein

Source: Die flinken Heuerlein

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In Laupers Schwand war Heuet. Dicke Schwaden des gedörrten Grases warteten auf das Verladen in die «Schnäggen», wie man im Oberland die schlittenförmigen, zweirädrigen Heuwagen nennt (vorne haben sie statt der Räder zwei Schlittenkufen und hinten zwei Räder). Auf den abschüssigen Hängen und buckligen Hügeln tut dieses Fahrzeug sehr gute Dienste. Ein Heuwagen würde auf dem unebenen, abfallenden Gelände glatt umstürzen. Die Zeit drängte zum Einbringen des Heus, denn ein Gewitter war im Anzug. Schon ballten sich über den breitgeschweiften Rücken des Schwy- und Käsenberges schwere Gewitterwolken zusammen. In der Ferne rollte schon der Donner. Da ist's schwierig, mit wenig Arbeitskräften das gut gedörrte Heu in kurzer Zeit unter Dach zu bringen. Das sah an jenem schwülen Sommertag auch der «Schwanjesel» ein. Verlegen kraute er seinen Patriarchenbart und brummte zu seinem Weib, dem emsigen Annemäi: «Wenn wir jetzt nur ein halbes Dutzend Leute zum Heuen hätten bräuchten wir zwei uns nicht so hart zu schinden und zu plagen; da wäre die Wiese bald abgeheuet.» Der Bauer hatte das letzte Wort kaum gesprochen, da raschelte es hinter dem nahen Haselwald her, und husch husch, wimmelte ein ganzes Völklein kleiner Leute über die Matte. Es waren Zwerge vom Käsenberg und Burgerwald, die gekommen waren, um den bedrängten Hirten zu helfen. Flink packte jedes Zwerglein ein Büschel Heu, so viel es mit den kurzen Ärmchen fassen konnte, und rannte damit auf den Heuboden des Stalles. Hu, war das ein Treiben und Rennen! Das flitzte und schnellte nur so dahin, als ob die Zwerglein Flügel gehabt hätten. Das wimmelte bunt durcheinander, wie in einem Ameisenhaufen. In einigen Augenblicken war die ganze Bergwiese geräumt und das Heu lag ordentlich geschichtet auf der Heubühne (Soller). Es war höchste Zeit gewesen. Schon klatschten schwer die ersten Regentropfen auf das graue Schindeldach, grelle Blitze durchschnitten die Luft. Als «Schwanjesel» den dienstfertigen Heuern seinen Dank abstatten wollte, waren sie schon wieder hinter Busch und Hag verschwunden. Dafür bewahrte ihnen der Hirt seiner Lebtag ein dankbares Andenken.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Folter

Source: Die Folter

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Ob Naters liegt an der Furkastrasse das Fleckchen Weingarten (in vineis). Dieser Ort ist in der Walliser-Geschichte nicht unbekannt, weil da Landsgemeinden und Ratsversammlungen abgehalten wurden; war auch der Stammsitz einer in der Geschichte gemeldeten Familie de Vineis oder Weingartner. Der Name bürgt dafür, dass dort einst Rebgelände angelegt waren. Spuren der Kulturabnahme, namentlich beim Weinbau, findet man im Wallis häufig; mag veranlasst worden sein durch die raue und kalte Witterung, die, laut Chroniken, am Ende des 16. Jahrhunderts vorherrschend geworden. Einige glauben auch, zur Zeit der Reformation sei die Ausfuhr der Weinprodukte gegen Waadtland abgeschnitten worden, was die armen Walliser zur Verminderung und Vernachlässigung der Weinkultur zwang. — Jetzt hätten sich diese Übelstände gebessert; guter Wein wäre vielerorts auch im Oberwallis zu erzielen, wenn man den Mut hätte, selben wieder anzupflanzen. Doch ich will vom Dörfchen Weingarten erzählen. Da lebte einst, der Sage gemäss, ein Mann «Niggi (Niklaus) Eggel» mit seiner Familie, arm in einem kleinen Häuschen. Diesem träumte drei Nächte nacheinander, in Uri auf der Brücke werde er sein Glück finden. Ob das die «Teufelsbrücke» ob Göschinen — Eingangsort des künftigen Gotthards-Tunnel — gewesen, oder eine andere, weiss ich nicht. — Ein Seitenstück zu diesem Traume erzählt auch nächstfolgende Sage. Unser Niggi Eggel lachte des Traumes; doch erzählte er selben seiner Gattin. Diese hatte mehr Vertrauen zu dem sonderbaren Traume und riet ihrem Manne, nach Einsiedeln eine Wahlfahrt zu machen; er werde da Gelegenheit haben, die Brücke in Uri zu sehen, und so sei seine Reise jedenfalls nicht ganz verloren. Der Mann folgte und kam nach Einsiedeln ohne bei der bezeichneten Brücke etwas Ausserordentliches zu treffen. Auf der Heimreise fand er die Brücke wieder leer, wie bei der Hinreise; doch hielt er jetzt, etwas missgestimmt, darauf still und begann dieselbe der Länge und Breite nach näher anzuschauen. Da kam ein Mann zu ihm und fragte, ob er etwas verloren habe und suche. «Nein», antwortete unser Niggi, «es hat mir etwas Dummes von dieser Brücke geträumt, dem ich zwar nicht glaube; doch kann ich bei dieser Gelegenheit nicht unterlassen hier nach der Erfüllung des Traumes mich umzusehen.» Der Unbekannte lachte und sagte, er solle sich doch um Träume nicht abkümmern; auch ihm hätte geträumt, zu Weingarten in einem alten Häuschen sei im Keller neben der Stutt (Stütze) ein Hafen voll Geld vergraben. Er wisse nun weder Weingarten noch das Häuschen, wo die in der Welt seien; mache aber nichts, er kehre sich an solche Träume nicht. Unser Niggi Eggel wurde nachdenkend; verabschiedete sich scheinbar gleichgültig vom Fremden und, zu Hause angekommen, fand er schon am ersten Abend im Keller bei der Stutt unter einer Steinplatte den verborgenen Schatz. Er erhob das Geld froh in aller Stille und sprach davon keiner lebenden Seele auch nur ein Sterbenswörtchen. Der glückliche Finder wandte das Geld gut an. Erst riss er sein altes, schadhaftes Häuschen ein und führte ein neues auf, das noch stehen soll. Dann erweiterte er seine Liegenschaften durch verschiedene Ankäufe und jedermann meinte, dass unser armer Niggi Eggel ein wohlhabender Mann geworden. Das Reichwerden eines armen Mannes schien aber der damaligen Obrigkeit verdächtig: sie vermutete bei unserm Niggi Eggel entweder Diebstahl oder Zauberei. Beide Verbrechen wurden damals mit dem Tode bestraft, und das um so viel leichter, wenn der Angeschuldigte reich war. Nach damaligem Rechte erbten die Richter zum Teil das Vermögen der Verurteilten. Reichtum empfahl sie demnach eben nicht der Gnade der Richter, wie man der traurigen Beispiele noch viele erzählt. — Heute ist's gerade umgekehrt; die Reichen können mehr nützen im Leben als nach dem Tode. — Unser Niggi Eggel wurde eingezogen und dem Richter der Hexenkünste oder des Diebstahls angeschuldigt. In einer Schrift soll noch zu lesen sein, dass dreissig beeidete Zeugen gegen ihn im Gerichte ausgeführt wurden. Natürlich konnte der Unschuldige diese Verbrechen nicht eingestehen. Er erzählte nun freilich, wie er zum Vermögen gekommen; allein die Richter glaubten nicht und wollten ihn durchaus verurteilen, darum ihn durch Folter und Tortur zum Geständnisse der Verbrechen zwingen. — Das Gesetz ordnete den Gang dieser peinlichen Verhandlung. Erst wurden leichtere, dann immer schwerere und zuletzt fast unerträgliche Qualen angewandt. Zwischen diesen Torturen wurde den Angeschuldigten Zeit gelassen sich eines Bessern zu besinnen; hatten auch gewöhnlich nötig, neue Körperkräfte zu sammeln, um den folgenden sich unterziehen zu können. — Es ist klar und geschichtlich wahr, dass viele Unschuldige für Verbrechen gestraft wurden, die sie nie begangen hatten. Mancher wollte lieber sich schuldig erklären, als den grausamen Folterqualen sich unterwerfen; oder bekannte auf der Folter, woran er sonst nie gedacht. Leider galt nur das als Wahrheit, was sein Mund, von Schmerzen übermannt, oft ohne alle Geistesgegenwart hervorstöhnte. Während nun unser Delinquent in gemessenen Zeiträumen laut Gesetz gefoltert wurde, machte die Geschichte vom sonderbaren Traume und dem gefundenen Schatze die Runde weit im Lande herum. Sie wurde auch in Uri bekannt, vielleicht aus Absicht, und kam glücklicherweise auch zu den Ohren des Unbekannten, der dem Niggi Eggel auf der Brücke bei Uri seinen Traum vom Schatze im Keller kundgegeben. Dieser hatte nun nichts Eiligeres zu tun, als nach Wallis zu gehen und der Unschuld des Verfolgten Zeugnis zu geben. Und er hatte hohe Zeit; er traf den armen Mann eben halb verschmachtend auf der Folter an. Gleich wurde dieser nun losgelassen und vom Gerichte jeden Verbrechens frei gesprochen. — Leider half das dem Niggi Eggel wenig mehr. — Er wurde verrenkt und zerknickt in einer "Handwanne" nach Hause getragen, wo er nach drei Tagen — starb.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Franzosen (Albinen)

Source: Die Franzosen (Albinen)

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Als die Franzosen im Pfinkrieg gewonnen hatten, erhielten sie drei Tage frei zum Plündern. In der Nacht mussten sie aber immer in die Suste zurück ins Lager. Eines Tages kamen sie auch nach Albinen und wollten alles rauben. Die Behörde und der Pfarrer baten sie aber, das Dorf nicht zu verbrennen. Die Franzosen sagten nur: «Bezahlen Sie!» So musste man im Gemeindehaus auch alle silbernen Becher und Kannen ausliefern. Vor der Revolution hatte nämlich jeder Albiner im Gemeindetrunk einen silbernen Becher besessen. An diesen Plündertagen blieben die ältern Leute jeweils im Dorf, die jungen Burschen hingegen nahmen am Morgen die Lagel Wein und den besten Käse und versteckten sich damit in den Wäldern. Am Abend kehrten sie zurück. Die Franzosen hatten es natürlich auch auf die Frauen und Töchter abgesehen. In der Kapelle Tschingeren hing noch lange nachher ein Votivbild, worauf eine Tochter auf der Flucht vor einem Franzosen dargestellt war. Dann hörte man auch erzählen, die Franzosen seien von Varen her über die Dala nach Albinen gekommen. Die Brücke hatten die Albiner aber abgerissen, nur eine Latte überspannte noch die Schlucht. Ein waghalsiger Franzose wollte aber auch so hinüber. Diesseits waren Albiner versteckt und schossen auf ihn, trafen ihn aber nicht. Dann kam einem in den Sinn, gesegnete Heublumen in den Lader zu legen: Im ersten Schuss war der freche Franzose abgeschossen. ALBINEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Franzosen (Grengilos)

Source: Die Franzosen (Grengilos)

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Zur Franzosenzeit ging es im Wallis fürchterlich zu. Davon wussten die alten Leute viel zu berichten. So erzählte mir meine Grossmutter sehr oft, was ihre Mutter, also meine Urgrossmutter, damals erlebt hatte. Als die Franzosen Grengiols besetzten und plünderten, war meine Urgrossmutter als ungefähr zwölfjähriges Mädchen mit ihren Eltern in den Hockmatten. Weil sie wahrscheinlich auch nichts mehr zu essen hatten, schickten sie das Mädchen nach Fiesch, um Brot zu kaufen. Natürlich waren die Franzosen auch schon da. Wie es nun mit dem Brot unterhalb Fiesch gegen die Brücke zwischen Ernen und Fiesch an den Rotten kam, verfolgten es zwei Franzosen. Und das Mädchen, auch nicht linkisch, lief über die Brücke und liess sich an einem Brückenpfosten hinunter und versteckte sich unter der Brücke. Zwei Tage und zwei Nächte wartete es da im Versteck, bis es sich hervorwagte. Nanu, wenigstens hatte es Brot bei sich. Als es schliesslich bis in die Hockmatten zurückgekehrt war musste es das Schlimmste erst erleben: Vater und Mutter lagen tot im eigenen Blute. Alles lag drüber und drunter; alle Betten waren auseinandergerissen, weil die Franzosen wahrscheinlich hofften, da sei Geld versteckt. Das erzählte die Grossmutter oft. GRENGIOLS Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Franzosen (Inden)

Source: Die Franzosen (Inden)

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Zur Zeit der Franzosen existierte die Strasse über Rumeling noch nicht, darum meinten die Franzosen, zwischen Rotten und Leukerbad führe keine Brücke über die Dala. Sie fanden wirklich keine. Drum fühlten sie sich in Varen sicher. Die Walliser kannten aber einen Übergang und überfielen die Eroberer in Varen. Aus Rache zündeten diese dann das Dorf an und rückten gegen Inden. Dort trafen sie einen alten Mann, den sie fragten, wo die Walliser herübergekommen seien. Der Mann blieb aber standhaft und verriet nichts. Er wisse nichts. Darum schunden sie ihn bei lebendigem Leibe. Man habe ihn vor Schmerzen bis ins Dorf Albinen schreien hören. INDEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Franzosen (Ried-Mörel)

Source: Die Franzosen (Ried-Mörel)

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Im Franzosenkrieg war einer aus Ried-Mörel ein aussergewöhnlich guter Schütze, der an der Massa viele Franzosen erschossen hatte. Darum verfolgten ihn die erbitterten Feinde. Er floh in den Riederwald. Da war im Berg eine Höhle mit einem sehr kleinen Eingang. Er schlich hinein und verhielt sich mäuschenstill. An der Öffnung begann eine Spinne sogleich ihr Spinnweb über den Eingang zu ziehen. Wie ein Franzose vorbeikam und den Eingang sah, meinte er: «Da kann niemand drin sein, da ist ja schon lange ein Spinnweb dran!» So rettete eine Spinne dem Rieder das Leben! RIED-MÖREL Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Franzosen als Schlangenesser

Source: Die Franzosen als Schlangenesser

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Karl Josef Infanger von Isental, Sohn des Sagers, erzählte (19. Jahrhundert): »Als die Franzosen in Isental waren, musste ich als kleines Büebli ihnen zeigen, wo es Schlangen gebe. Ich führte sie auf den 'Saum'. Dort nahmen sie ein Pfeiflein aus der Tasche und pfiffen, und die Schlangen kamen sehr zahlreich herbei. Sie töteten die Tiere, indem sie ihnen eine Ader auf dem Rücken durchschnitten, strichen sie wie Butter auf das Brot und verzehrten sie mit grossem Appetit. Ich musste mit grosser Mühe mein Grausen verbergen, sonst hätten sie mir ebenfalls von diesem Ungeziefer in den Mund gestopft.« Mich. Imhof, 80 Jahre alt; Hans Aschwanden, 50 Jahre alt. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Franzosen auf dem „Chotten"

Source: Die Franzosen auf dem „Chotten"

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Die Franzosen auf dem „Chotten" Zwei Burschen hielten an einem Sonntag auf dem „Chotten“ Ausschau. Da sahen sie plötzlich vom „Strasshaus“ her eine Schwadron französischer Husaren anmarschieren. Sie nahmen an, die Feinde könnten am „Chotten“ vorbeikommen. Sie fassten daher den Entschluss, das Hornissennest in einer hohlen Esche im „Chottenhölzli“ zu stören, um die Husaren dadurch an der Durchreise zu hindern. Mit Steinen wurden die Hornissen bombardiert. Dann zogen sich die Täter auf den Heustock in der Scheune zurück. Durch die Spalten der „Bschlächti“ wurde der Weg kontrolliert, und die Burschen konnten sehen, wie die Hornissen die Pferde und die Husaren angriffen. Die Pferde bäumten sich hoch auf vor Schmerz und versuchten durchzubrennen. Die hintersten der Husarentruppe wollten das Chottenhölzli umreiten. Der Kommandant gab die Erlaubnis aber nicht. Alle mussten am Hornissennest vorbeireiten. Dann schwärmten die Husaren aus und suchten die Missetäter, fanden sie aber nicht. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Schriftliche Mitteilung von Peter Ziegler, Wädenswil, der die Sage von Landwirt Albert Haab im Steinacher, gest. 1955, erzählen hörte.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Franzosen im „Chruzelenmoos“

Source: Die Franzosen im „Chruzelenmoos“

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Die Franzosen im „Chruzelenmoos“ Eine Abteilung französischer Husaren, welche die Aufgabe hatte, das Gebiet von Hirzel zu rekognoszieren, kam eines nachts zum Strasshaus. Die Fremden zwangen einen Bewohner, ihnen den Weg nach Hirzel zu zeigen. Im Schein einer Laterne gings voran Richtung „Kräh“, „Enderholz“, „Morgental“. Beim „Chruzelenmoos“ bemerkte der Wädenswiler, dass er in die Feuerlinie der in jener Gegend liegenden Österreicher gekommen war. Als Laternenträger war er in grosser Gefahr. Blitzschnell warf er das Licht in die Stauden und rannte ins Moos hinaus. Hier konnte er von den Berittenen nicht mehr verfolgt werden. Er hörte die Franzosen, die bereits im Moor eingesunken waren, fluchen und lästern. Seine Verfolgung konnten sie aber nicht mehr aufnehmen. Erst nach zwei Tagen soll sich der arme Mann wieder heim getraut haben. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Schriftliche Mitteilung von Peter Ziegler, Wädenswil, der die Sage von Landwirt Albert Haab im Steinacher, gest. 1955, erzählen hörte.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Franzosen in Visp

Source: Die Franzosen in Visp

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Die letzten Tage des Maimonats 1799 waren für die guten Oberwalliser sehr traurige Tage. Die Franzosen überrumpelten ihre lange mutig und glücklich verteidigten Schanzen im Pfynwald und zogen raubend, brennend und mordend in ihre heimatlichen Dörfer ein. Da war der Jammer gross und des Elendes kein Ende. Der jetzt lebenden Generation erzählten es die Väter, wie sie gegen die Franzosen gekämpft, und die Mütter, wie die Feinde im Lande gehaust, was sie verdorben, geraubt und für Unheil überall, wo ihr Fuss hingekommen, angerichtet haben. — Darüber ist aber schon viel erzählt, geschrieben und selbst gedruckt worden. — Ich will hier nicht wiederholen und nur einen Zug berühren. Als die Franzosen mit List und Gewalt im Dunkel der Morgendämmerung den Pfynwald durchbrochen und die überraschten Oberwalliser wie eine zersplitterte Herde vor sich hin jagten, leisteten diese zuerst wieder Widerstand bei der Brücke — Landbrücke — in Visp. — Es waren das allerdings nicht wohlberechnete aber nur verzweifelte Widersetzlichkeiten; sie geben mehr Zeugnis von Mut und Entschlossenheit als von Klugheit bei Männern, die für ihre Freiheit Gut und Leben so mutvoll einsetzten. Die frei geborenen und frei sich fühlenden Oberwalliser eines Klügern zu bereden, war unmöglich; mancher büsste da für gutgemeinte Räte. Ein Vorsteher in Saas (Zurbriggen), der seine Bedenklichkeiten äusserte, gegen die Macht der Franzosen feindlich aufzutreten, wurde mit Stricken gebunden nach Visp geführt. Ein anderer Vorsteher (Summermatter) wollte in der versammelten Gemeinde zu Törbel Klugheit anraten, gegen einen Feind noch länger zu kämpfen, dessen siegreiche Waffen das kleine Wallis schon ganz umschliessen; und sogleich sprangen viele schreiend auf die Füsse: «Schweig, Franzos! du bist um den Kopf zu gross!» Um den Kampf mit den Franzosen wieder aufzunehmen, wurde die Landbrücke bei Visp gesperrt und an dem Ufer der Vispe stellten sich die Oberwalliser zur Gegenwehr auf. Die Position war gut gewählt und den Franzosen der gewöhnliche Zugang abgeschnitten. Aber diese wählten einen anderen Weg; sie setzten zuoberst der Grossen Eie mit ihrer Reiterei über die Vispe und griffen die Verteidiger von der Seite und im Rücken an. Der Mehrzahl der Feinde mussten diese bald weichen. — Hier war es, wo der mutige Kommandant aus Goms, Walther, den Heldentod für's Vaterland starb. Sein Pferd hatte die Kraft nicht, über einen Graben zu setzen; er fiel hinein und ein französischer Reiter spaltete ihm den Kopf. In Vispbach schlugen die Franzosen Quartier. Ein Teil der Armee wurde landaufwärts gesandt, der andere aber verwendet, um ins Vispertal einzuschwenken. Sie begannen mit der Besetzung der anliegenden Berggemeinden, um nicht Feinde im Rücken zu lassen. In den wohlbesetzten Kellern von Visperterminen liessen es sich die Franzosen trefflich schmecken; was sie nicht verschmausen konnten, richteten sie sonst zu Grunde; — leer musste alles werden. Weniger glücklich waren die Franzosen in Zeneggen. Sie suchten den Weg dahin, indem sie einigen heimkehrenden Soldaten auf der Ferse folgten. Angekommen in die wenig an- mutige Gegend beim Kalkofen, wo steile Bergabhänge die Strasse gefährlich machen und hohe Felsen sie von oben abschliessen, war es ein einziger Mann, der den Franzosen Halt gebot. Er stieg auf die Felsen herauf, wo er vor dem Feinde sicher war, und fing zu schreien und zu lärmen an, als wenn er eine halbe Armee kommandierte. — Der Mut oder die neckische Kühnheit dieses Einzigen rettete Zeneggen vor Plünderung und Raub. — Die Franzosen getrauten sich nicht weiter und kehrten eilig nach Visp zurück, um dem Kriegsrat zu hinterbringen, der Berg da oben sei uneinnehmbar. Die Aussicht von Vispbach aus bestätigte die Botschaft. Man wusste keinen Rat. — Endlich erfuhren sie am dritten Tage, es gebe über Bürchen hinauf einen Zugang, den keine Felsen verschanzen. Gleich ward Befehl erteilt, diesen Weg einzuschlagen. In Zeneggen hatte man sich indessen auch eines Besseren beraten. Der Rat und an dessen Spitze der Pfarrer selbst, der etwas französisch sprach, zog dem Feinde in die "Hölelen" entgegen. Auch die Franzosen wurden menschlicher; liessen sich von der Gemeinde zwar wohl bewirten, aber verdarben und stahlen nicht mehr, wie sie es im ersten Anstürmen sonst überall taten. Von Zeneggen weg zogen die Franzosen nach Törbel und von da nach Stalden herab, um ins Saastal einzulenken zur Verfolgung einiger kaiserlichen Truppen, die über den Monte-Moro zogen — es war der 11. Brachmonat. — Ins grössere Vispertal zogen diesmal die Franzosen nicht. Lasst uns die Taten unserer Väter und ihre schweren Leiden nicht vergessen und fleissig erzählen.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Franzosen zaubern

Source: Die Franzosen zaubern

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Vor den Händen der Franzosen war bekanntlich nichts sicher. Selbst das Geld, das man in der Erde eingegraben hatte, wussten sie zu finden. Sie hatten verzauberte Kugeln, die sie über den Boden hinrollten; diese zeigten die Stellen an, wo die Schätze lagen. Sicher war einzig, was man in einem "Futterfass" verwahrte, welches an der Türe angehängt wurde.  A. Sprenger. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 287, S. 159 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Frau am Sägistalsee

Source: Die Frau am Sägistalsee

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Im leisen Vernachten eines Sommersonntages gingen zwei Brienzer, vom Faulhorn her kommend, am Sägistalsee vorbei, den Alphütten zu, wo sie zu übernachten gedachten. Am See sahen sie von weitem eine grosse, wohlgebaute Frau stehen, die unverwandt auf die vom Winde leicht gekräuselte Wasserfläche hinausblickte. Die beiden Mannen machten sich weiter nichts aus dem Gesehenen. Als sie zu den Hütten kamen und bei einem bekannten Älpler im Chucheli vorsprachen, wollten sie diesen foppen, „die Älpler, gäben es geschwollen, sie hätten sogar Weibervolch um den Weg“. Der Älpler redete das aber aus, „es sei doch gewiss kein Bein dieser Art da, er selber wenigstens wüsste nichts davon. Wo sie denn solches etwa gesehen hätten?“ „He,“ rückte dann einer der Brienzer mit der Sprache heraus, „dort, am Seeli ist vorhin einmal eine gestanden, und dem Anschein nach nicht eine von den Leidsten.“ „Soo?“ machte der Älpler daraufhin schier erschrocken, „das hat jetzt grad gefehlt, dass die sich zeigt. Jetzt können wir unser Pünteli packen. Eh drei Tage um sind, wird hier oben der Winter guxen wie drunten im tiefsten Jänner, beim Sackerli wird’s das!“ Und er behielt Recht. Bereits am Tage darauf kündete sich der Gux mit einem anderen Winde an. In der Eile wurde die Alp entladen, und bald lag sie unter einer hohen Schneedecke begraben und verödet. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Frau des Teufels

Source: Die Frau des Teufels

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Einmal ging eine Magd in den Garten, um Kräuter zu holen. Unter den Brennesseln sah sie auf einmal ein schreckliches Ungeheuer von einer Kröte. «Dich möcht ich doch sehen, wenn du ins Wochenbett kommst!» sagte sie zu sich selber, als sie den unheimlich grossen Bauch der Kröte sah. Nach ein paar Monaten hielt abends spät eine Kutsche vor dem Schloss. Ein vornehmer Herr stieg aus, ging zur Magd hinauf und sagte, sie habe ja zusehen wollen, wenn seine Frau ins Wochenbett komme, jetzt müsse sie mit. Die Magd sagte, sie kenne seine Frau nicht, und sie wollte nicht gehen. «Erinnerst du dich nicht an jene Kröte im Garten und an das, was du gesagt hast?» entgegnete der Herr. Da packte er sie am Arm, zog sie in die Kutsche und jagte im Galopp auf und davon. Jetzt wusste die Magd, dass die Kröte die Frau dieses Herrn war, und als sie dessen Ziegenbeine sah, da merkte sie, dass es der Teufel war. Als der Teufel mit dem Mädchen in der Hölle ankam, zeigte er ihr das Zimmer, wo seine Frau drin lag. Sieben Jahre dauerte das Wochenbett, und während dieser Zeit diente das Mädchen der Wöchnerin. Dann bezahlte der Teufel dem Mädchen einen schönen Lohn und sagte, sie könne nach Hause. Sie dürfe jedoch nicht zurückschauen, bis sie zu Hause sei, sonst gehe es ihr schlecht. Als das Mädchen aus der Hölle kam, hörte sie hinter sich ein Miauen, Winseln und Schreien, aber sie schaute nicht zurück. Im Schloss freute sich ihre Herrschaft sehr, dass sie wieder bei ihnen war, und sie fragten sie, wo sie gewesen sei. Da erzählte sie alles. Da sagte ihr Herr: «O, du Dumme, du hättest vom Teufel eine schriftliche Bestätigung verlangen sollen, dass du jetzt frei bist, sonst kommt er eines schönen Tages wieder und holt dich!» Als die Magd das hörte, fing sie an zu weinen und wollte verzweifeln. Aber der Herr schickte sie zu einem Bischof Und der gab ihr eine Rute und befahl ihr, damit in die Hölle zu gehen. Und sollte dann der Teufel keine schriftliche Bestätigung geben wollen, so müsse sie ihn mit der Rute tüchtig verhauen. In der Hölle unten fragte der Teufel, was sie wolle. «Die schriftliche Bestätigung, dass ich ganz frei von Euch bin!» Aber der Böse wollte damit nicht herausrücken und hatte tausend Ausreden. Doch als das Mädchen anfing, es ihm mit der Rute zu zeigen, da brüllte er wie ein Ochse, und er gab der Magd sofort die schriftliche Bestätigung, dass sie ganz frei von ihm war. Damit ging das Mädchen zufrieden zu seiner Herrschaft zurück.   Thompson Motiv F 372.1 (menschliche Hebamme wird von Feen zur Feengeburt gerufen)   Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Frau im Äsch

Source: Die Frau im Äsch

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Als die schwarze Pest im Zugerland wütete und unzählige Opfer ins frühe Grab zwang, läutete im Walchwilerdorf alltäglich die Totenglocke und verkündete das Hinscheiden eines Dorfgenossen. Es gab Häuser, aus denen man sogar fünf Opfer der furchtbaren Landesplage zum stillen Kirchhof tragen musste. Die Leute wagten sich fast nicht mehr aus den Häusern und mieden scheu jeglichen Verkehr mit den Nachbarn. Auf einem der ältesten Walchwiler Heimwesen, im Äsch, war der Tod auch eingekehrt und hatte alle Bewohner mit seiner kalten Knochenhand niedergezwungen. Nur eine alte, gebrechliche Frau wurde verschont. Diese hatte eine heillose Angst vor dem schrecklichen Totengast und schloss sich in ihrem Hause in einer dunklen Kammer ein. Sie gelobte, diese Kammer nicht mehr zu verlassen, bis das grosse Elendsterben aufhören werde und nahm zu sich als Gast einen großen Ziegenbock. Die landläufige Meinung ging im Volke umher, dass der Gestank des Bockes die giftigen Pestschwaden, die durch die Lüfte ziehen sollten, abwehren und vernichten könne. So behielt die Frau ihren schützenden Bock in der Kammer und wenn von der Dorfkirche die Totenglocke klang, bekreuzte sich die Frau und murmelte: "Wenns jetzo nur schiebte!" Sie wünschte sich, dass das Elend der Pestilenz doch verschwinden möchte. Und siehe da, nach einigen Tagen hörte man nichts mehr, die Totenglocke blieb stumm und die Frau wagte sich mit ihrem stinkenden Gesellen wieder ausser Haus. In Ruhe und Frieden lebte die Frau noch manches Jahr im Äsch und glaubte fest, dass der Ziegenbock sie vor dem schwarzen Tod errettet habe. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 90 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Frau im rauschenden Kleide

Source: Die Frau im rauschenden Kleide

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a) In den engen Gässchen im Vogelgsang in Altdorf wandelte öfters eine Frau in seidenem Gewande, die, mit dem Kleide rauschend, späte Wanderer eine Strecke weit begleitete. (Aus Gisler S. 82, No. 3.) b) Ein älterer Mann erzählt: »Den Stelzenmann habe ich nie gesehen und nie gefürchtet. Aber eines Abends ging ich an Dr. Jauchen Haus im Vogelgsang vorbei. Beim Tore zu meiner Rechten stand eine grosse, schwarze Frau. Kopf habe ich keinen an ihr gesehen. Sie huschte hinter meinem Rücken durch, gesellte sich zu mir, ging an meiner linken Seite dicht hinter mir einher und begleitete mich bis auf das Schybäplätzli, wo ich damals zu Hause war. Ihr seidenes Kleid rauschte am Boden wie ein Sack voll dürres Laub, den man auf dem Boden einherschleppt. Meine Kopfhaare bewegte es nach hinten, wie wenn ein Wind ginge.« Ein anderer sagt, es sei eine weissliche Dame gewesen mit einem langen, bis auf den Boden wallenden Schleier. Es rauschte und knisterte wie Seide. Einer, der sich spottend über sie äusserte und mit seiner Furchtlosigkeit prahlte, musste es erfahren; mit einem Kopf, der angeschwollen war wie ein Bienenkorb, kam er eines Abends heim und musste mehrere Tage das Bett hüten. Joh. Aschwanden Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Frau im wilden Heere: Allerlei von der Streggelen

Source: Die Frau im wilden Heere: Allerlei von der Streggelen

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Auf dem Galgenbächlein zwischen Sarnen und Sachseln reitet über Stock und Stein die wilde Geisterfrau auf „höllischem Ungethüm" und schreit dazu, dass man 's Stunden weit hört. Dasselbe tut sie im Bachtobel nördlich von Meggen, im Tobel des Dorf- und Sekibachs zu Walchwil und im Schwarzenbach zu Allenwinden. An letzterm Orte hörte man ein furchtbares Geheul von mannigfaltigen Tierstimmen, als ob Schweine, Hunde und Katzen bei dem Heere wären oder einander verfolgten. Zwei Männer haben das Ding in Gestalt einer grossen schwarzen Heuburde, die sich abwärts bewegte, geschaut. Andere wollen das Gespenst als ein grosses Mutterschwein gesehen haben, das mit neun bis zwölf grunzenden Jungen den Schwarzenbach abzieht. Unter der Hülle einer Mohre (Sau) erscheint das Wesen auf dem Steinerbach zu Steinen bei Schwyz. Gewöhnlich falle auf sein Erscheinen schlechtes Wetter ein. Bei Altdorf im Kanton Uri rauscht nachts die „Grosskellerin" durch's Birebäumlital und wütet auf dem nahen Sisigenbach vom Berg herunter und in den Waldstättersee hinein. Sogar droben im Bergdorfe Gurtnellen, abseits der Gotthardsstrasse erzählt man von ihr. Es laufen ihr, der Alten, „junge Gespenster" nach, denen sie lockt mit dem Rufe: „Su, su!" Also ist es wiederum die Schweinsgestalt, unter welcher man sie sich denkt. Dem Zuge immer voran, nahm die Alte den Weg über den Gurtnellerberg in das Tobel Eulensaul, von dort bis in's Jnschitobel, dann durch das Schwaudental bis auf die Höhe des Nonnenstockes. Wenn sie wanderte, gab es sehr schlecht Wetter. Einmal begegnete ihr auf diesem Zuge ein Nachtbub. Der hatte einen tüchtigen, unten mit Stift versehenen Stock in der Hand und war so frech, denselben dem Gespenste nachzuwerfen. Als er am folgenden Morgen seinen Stock wieder suchte, fand er ihn lange nicht und entdeckte ihn endlich im Eulentobel auf einem hohen Lindenbaume, zu oberst auf dem Wipfel eingesteckt. Und wiederum geschah, dass sie bei einem Gaden vorbeijagte und ein Knabe sie erblickte. Er sagte es seinem Vater, der ihm hurtig herein zu kommen befahl. Doch blieb der Kleine so unter der Türe stehen, dass eines seiner Beine noch ins Freie hinaus ragte. Daran ward er „furchtbar" krank.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Bei dieser Sage gibt es keine genaue Zuordnung zu einem der fünf Kantone. Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Die Frau im wilden Heere: Das Schöpferschmied-Anneli

Source: Die Frau im wilden Heere: Das Schöpferschmied-Anneli

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Auf dem Hostris, will sagen Hochgesträss, weil hier die uralte Strasse längs der Wigger vorbeiführte, liegen einige Jucharten Ackerland, die Holderacker geheissen. Darauf steht ein dem heiligen Eulogius, Patron der Schmiede, gewidmetes Kappelchen, für dessen Erhaltung laut Kaufbriefen der Schmied im uralten Dorfe Schötz zu sorgen hatte, obwohl er nicht Besitzer des Grundstückes war. Der Grund davon ist dieser. Einem Schötzer Schmied sein Töchterlein Anneli trieb Unholderei. Ihr Buhle, ein grün gekleidetes Männchen mit rotem Bart und schwankendem Strauss auf dem Barett habe bei einem Zusammentreffen aus grüner Wiese dieselbe in einen Grauschimmel verwandelt, sei so mit ihr auf die Schmiedbrücke zu Schötz gefahren, habe daselbst den Schimmel frisch beschlagen lassen, was durch Annelis Vater selber geschehen sei. Wie er fertig war, gab sich der Schimmel redend dem Vater zu erkennen, worauf der Reiter über Stock und Stein mit dem Schimmel fortgejagt bis auf die Stelle, wo. jetzt jenes Käppeli steht. Da habe sich der Boden geöffnet und seien Reuter und Schimmel verschwunden.     Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Die Frau im wilden Heere: Der Wagen

Source: Die Frau im wilden Heere: Der Wagen

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Zu Ennetmoos bei Stans hört man oft am Pfaffenkellergraben auf und ab „ein furchtbares und erbärmliches Geschrei“. Es war der Fall, dass Leute, die in unmittelbarer Nähe desselben sich befanden, doch nichts anderes sahen, als einen Laub- oder Strohsack sich daher wälzen. Nachtbuben wollen auch unter fürchterlichem Rasseln und Getöse Ross und Wagen den Berg und Graben herabfahren gesehen haben, ohne am darauf folgenden Morgen beim Untersuche eine Spur davon auf dem Boden wahrnehmen zu können. In der Nähe des Grabens unterhielten sich einst zwei Knaben zur Kurzweil mit Lettknetten (Lehm kneten?). Auf einmal erblickten sie eine Weibsperson, gekleidet wie eine Luzernerbieterin, welche ohne etwas zu sagen, nächst ihnen eine Erdscholle aus dem Boden riss und wieder plötzlich verschwand.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Die Frau im wilden Heere: Der Ziegenbock

Source: Die Frau im wilden Heere: Der Ziegenbock

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Im Schwarzenberg zu Schorried bei Alpnach wissen sie, dass da ein überaus grosser Ziegenbock erscheine, dem zwischen den Hörnern ein katzenähnliches Tier sitzt. Alan bezieht dieses Wesen auf die Frau im wilden Heere und schreibt ihm Mark und Bein durchdringendes Heulen zu, welches etwa laute: „O weh!" und die Antwort darauf: „Wohl geht 's," oder „wo geht ’s?“   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Die Frau im wilden Heere: Die gefangene Streggelen

Source: Die Frau im wilden Heere: Die gefangene Streggelen

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In der Streggelnnacht zogen Trienger ins Oelerhölzli (Buchwald ob dem Dorf), um die Streggeln zu jagen und zu fangen. Einer, Ruckli mit Namen, gab den Sack dazu und denselben offen haltend durchzogen sie die Strassen bis in den Wald, indem zwei den Sack hinhielten und andere die Jäger machten. Der Abrede gemäss sollte einer von ihnen im Walde warten und als Streggelen in den Sack springen. Dieser aber kam zu spät, da schon vorher der Sack voll wurde. Nun ging 's bergab dem Dorfe zu, wo sie schweisstriefend mit ihrem Fange ankamen und denselben hinter den Ofen stellten. Sie trieben jetzt Spott mit der Streggelen und riefen: „Ragöri, wo bist?" Wie wurden sie totenbleich, als eine fremde Stimme unheimelig aus dem Sacke antwortete: „Hinter Öf; hier hinten ins Rucklis Sack." Eben trat der, welcher in den Sack springen sollte, nun auch in die Stube und jetzt wurde offenbar, dass sie für ihre Frechheit bestraft wurden und die wirkliche Streggelen in den Sack bekamen. Nur in Begleit mit Kreuz und Fahne konnte dieses Unding wieder in den Wald zurück gebracht werden. Andere erzählen, dass dann aus dem Sacke ein katzenartiges Tier gesprungen sei und durch die verschlossene Türe sich auf und davon gemacht habe. In der Türe aber sei das Loch geblieben und habe nicht mehr vermacht werden können. Der Stregglenträger sei bald nachher gestorben aus Schrecken und Überanstrengung seiner Kräfte, da der Sack eine übernatürliche Schwere hatte. Das Gleiche soll auch in Sempach vorgefallen sein.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Die Frau im wilden Heere: Die Schlittenfahrt

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Sehr oft hat in der wilden Götterjagd eine Frau teils mitanführenden oder dominierenden Rang, teils leidenden Anteil. Ihr Name lautet Streggelen, Grosskellerin, Pfaffengälere. Beim Streggelenjagen war immer einer mehr, als man anfänglich in der Gesellschaft Personen gezählt hatte, auch wenn wirklich niemand hinzugekommen. Sie mochten zählen wie sie wollten, es war einer mehr und doch konnte man nicht sagen, welcher. Es war im Winter, um jene Zeit, da sie im Entlebuch die Streggelen jagten. Da machten sieben Buben am Schüpferberg mit einander aus, selbe Nacht im Namen des Türsts und der Streggelen auf einem Schlitten bergab zu fahren. Kaum setzten sie ihr Fuhrwerk in Bewegung, als die Sieben mit Schrecken acht Schatten bemerkten und unter diesen einen riesengrossen. Auch schien der Schlitten mehr zu fliegen als zu gleitten und es war ihnen, als ging es gar weit und hoch. Voll Todesangst taten sie endlich das Gelübde, daheimen ein Kapellchen zu stiften, wenn Gott sie aus dieser Not erlöse. Darüber ging ihnen alle Besinnung aus und wie sie wieder zu sich kamen, fanden sie sich irgendwo am Boden liegend und den Schlitten umgestürzt bei ihnen. Allmählig erkannten sie die Gegend, sie waren unten am Berge, aus dem oben ihre Heimwesen standen. Glücklich heimgekehrt, machten sie sich daran, ihr Versprechen Gott zu lösen. Und wie sie anfingen, das Fundament zu graben, da stiessen sie auf einen grossen Schatz alter Berner Neutaler, die sie alle für die Kapelle verwendeten, so dass diese jetzt viel grösser und reicher dotiert ausgeführt werden konnte, als es sonst der Fall gewesen wäre. So entstand die Sankt Josephskapelle am Schüpferberg.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Die Frau in der goldigen Höhle

Source: Die Frau in der goldigen Höhle

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Am Beibrächitschuggo vorbei führt der uralte Kirchweg der Gemeinde Eischoll zur frühern Mutterpfarrei Niedergesteln. Ein armes Büblein hütete einst in der Nähe des Felsens etliche Ziegen. Es sass am Wege und blies einfache Weisen auf seiner Holzpfeife. Da hörte es plötzlich ein gar liebliches Singen und Klingen vom Felsen heraus, dass es seine Pfeife zu Boden fallen liess und zum Felsen emporstaunte. Und der Fels öffnete sich und weitete sich zur mächtigen Halle, und darin funkelte und blitzte es von Gold und allerlei Kostbarkeiten, dass dem armen Büblein vor lauter Schauen die Augen übergingen. Aus der Halle hervor aber schritt in rauschendem Seidengewande eine Frau von strahlender Schönheit und Anmut. Bittend sprach sie zum Büblein: «All dieser Reichtum sei dein; aber wirf mir mit deiner reinen Hand, an der noch kein ungerechtes Gut klebt, etwas an, was du hast.» Rasch glitt die Hand des Bübleins in die zerrissene Hosentasche. Aber die war leer. Es besass nur die Holzpfeife. «Frau», sprach das Büblein, «ich habe nur meine Pfeife, und die gebe ich euch nicht, sonst könnte ich ja nicht mehr pfeifen.» Ein geller Wehruf, ein Krachen - und verschwunden war die edle Frau, und verschwunden die Halle und alle Kostbarkeiten. Gar manches Ziegenhirtlein schaute seither sehnsüchtig zum Beibrächitschuggo empor. Doch nimmer erschien die Frau. Aus dem Felsen heraus aber klang es oft wie verhaltenes Weinen und Seufzen - Weinen und Seufzen jener unglücklichen Frau, die der hartherzige Bub in seiner Selbstsucht nicht erlöst hatte. EISCHOLL Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Frau Müllerin

Source: Die Frau Müllerin

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Zu Brisecken in der Mühle kam immer ein Mahlknecht um den andern nachts auf geheimnisvolle Weise weg, so dass der Platz verrufen wurde und keiner mehr hin wollte. Endlich stellte sich einer, der Herz genug hatte und Abenteuer liebte. Die erste Nacht, als er Wache hielt, schlichen, ich weiss nicht ob eine oder drei, Katzen daher und bedrohten ihn. Er aber rasch mit dem Mühlebeil drauf los und haut einer die rechte Pfote ab. Am Morgen kam es aus, dass die Frau Müllerin ihre rechte Hand verloren habe und damit ist klar, wer jene mörderische Katze gewesen. Sie fand den Hexentod.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Die Frau Ratsherrin

Source: Die Frau Ratsherrin

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Auf Gurtnellen im Gute Grossprachtigen an der Reuss wohnte ein Ratsherr, dessen Frau mit zwei Schwestern, deren jede einen Ratsherrn heiratete, über den Waldstättersee her- eingekommen war. Der Grossprächtiger hatte ob Gurtnellen ein Maiensäss, „Berg" genannt. Auf diesem Berg musste er schrecklich leiden. Alle Knechte, die er dahin tat, starben in kurzer Zeit und so geschah es, dass gar keiner mehr sich herbeiliess und auch das Gut nicht verkauft werden konnte. Da herrschte grosse Verlegenheit. Endlich kamen zwei Walliser, junge Burschen, mutvoll und kräftig, welche nicht wussten, was fürchten sei und wünschten beim Rathsherrn Anstellung. Die Leute sagten ihnen, da würden sie bald tot sein und der Meister selbst gestand den Knechten, es sei halt gefährlich auf diesem Berge und mehrere seien dort einem Gespenst unterlegen. Die rüstigen Walliser liessen sich 's nicht verleiden und meinten, das Gespenst wollten sie schon „jaiken" (jagen). Frohen Mutes gingen sie auf den Berg. Am dritten Abend, als der einte kochte, warf ‘s ihm Russ durch das Kamin herab. Er lief mit der Pfanne in die Stube und fragte seinen Kameraden, ob sie zuerst essen oder das Gespenst jaiken wollten. Sie wurden einig erst zu jaiken und dann zu essen. Da ergriff der eine einen Knebel (Stock) und der andere einen Säbel aus heidnischer Zeit. Ersterer begab sich auf die Russdiele, um das Gespenst hinunter zu jagen und als er herauf kam, auf den obern Gang, wo man zur Diele gelangt, da riss ihn das Unding bei den Haaren. „Zieh nur hinauf,“ sagte er, „bin ich droben, so will ich dich schon hinabtreiben". Und kaum ist er oben, so treibt er das Gespenst vor sich her an das einzige Loch hin, welches von der Russdiele hinaus führte. Aber eben an dieser gefährlichen Stelle passte entschlossen der mit dem Säbel. In Gestalt einer schwarzen Katze springt das Ungeheuer durch diesen Engpass und im Nu holt der Tapfere einen furchtbaren Streich aus, welcher der Katze den rechten vordern Fuss abschlug. Wie sie ihn aber näher betrachteten, war es eine Menschenhand, an deren einem Finger noch ein Ring steckte. Doch fürchteten sie sich nicht. Am vierten Tage kam der Ratsherr um zu sehen, ob die Knechte noch am Leben seien. Sie erzählten ihm, was vorgefallen und zeigten ihm die Hand, die sie aufbewahrt hatten. Er erkannte den Ring als denjenigen seiner Frau, die seit gestern daheim krank im Bette lag und immer den rechten Arm verborgen und verbunden unter der Decke hielt. Es tauchte in ihm eine furchtbare Ahnung auf, die leider sich bestätigte, als er nachher zu Hause die Untersuchung machte. Die Frau Ratsherrin wurde als Hexe verbrannt.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Die Frau Ratsherrin

Source: Die Frau Ratsherrin

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1. a) Zu Gurtnellen im Gute Grossprächtigen an der Reuss wohnte ein Ratsherr, dessen Frau mit zwei Schwestern, deren jede einen Ratsherrn heiratete, über den Waldstätter-see hereingekommen war. Der Grossprächtiger hatte ob Gurtnellen ein Berggut. Auf diesem Berg musste er schrecklich leiden. Alle Knechte, die er dahin tat, starben in kurzer Zeit, und so geschah es, dass gar keiner mehr sich herbeiliess, und auch das Gut nicht verkauft werden konnte. Da herrschte grosse Verlegenheit. Endlich kamen zwei Walliser, junge Burschen, mutvoll und kräftig, welche nicht wussten, was fürchten sei, und wünschten beim Ratsherrn Anstellung. Die Leute sagten ihnen, da würden sie bald tot sein, und der Meister selbst gestand den Knechten, es sei halt gefährlich auf diesem Berge, und mehrere seien dort einem Gespenst unterlegen. Die rüstigen Walliser liessen sich's nicht verleiden und meinten, das Gespenst wollten sie schon jaiken. Frohen Mutes gingen sie auf den Berg. Am dritten Abend, als der einte kochte, warf's ihm Russ durch das Kamin herab. Er lief mit der Pfanne in die Stube und fragte seinen Kameraden, ob sie zuerst essen oder das Gespenst jaiken wollten. Sie wurden einig, erst zu jaiken und dann zu essen. Da ergriff der eine einen Knebel und der andere einen Säbel aus heidnischer Zeit. Ersterer begab sich auf die Russdiele, um das Gespenst hinunter zu jagen, und als er herauf kam auf den obern Gang, wo man zur Diele gelangt, da riss ihn das Unding bei den Haaren hinauf. »Zieh nur hinauf!« sagte er, »bin ich droben, so will ich dich schon hinabtreiben.« Und kaum ist er oben, so treibt er das Gespenst vor sich her an das einzige Loch hin, welches von der Russdiele hinaus führte. Aber eben an dieser gefährlichen Stelle passte entschlossen der mit dem Säbel. In Gestalt einer schwarzen Katze springt das Ungeheuer durch diesen Engpass, und im Nu holt der Tapfere einen furchtbaren Streich aus, welcher der Katze den rechten vordern Fuss abschlug. Wie sie ihn aber näher betrachteten, war es eine Menschenhand, an deren einem Finger noch ein Ring steckte. Doch fürchteten sie sich nicht. Am vierten Tage kam der Ratsherr, um zu sehen, ob die Knechte noch am Leben seien. Sie erzählten ihm, was vorgefallen, und zeigten ihm die Hand, die sie aufbewahrt hatten. Er erkannte den Ring als denjenigen seiner Frau, die seit gestern daheim krank im Bette lag und immer den rechten Arm verborgen und verbunden unter der Decke hielt. Es tauchte in ihm eine furchtbare Ahnung auf, die leider sich bestätigte, als er nachher zu Hause die Untersuchung machte. Die Frau Ratsherrin wurde als Hexe verbrannt. b) Der Bauer wohnte in den Rainen hinter Intschi. Berg auf Arni. Russ ins Milchreis. Die zwei Walliser Burschen bereiteten zwei tannene Knebel, die sie zuspitzten, und bohrten unter der Haustürschwelle ein Loch, durch das der eine die zweiKatzen hinaustrieb. Pfote der einen und Schwanz der andern abgeschlagen. Meisterin und Tochter. Hand mit Ring der Mutter und Haarzopf der Tochter. Hans Zurfluh, Amsteg, alter Senn 2. Damals lebten in Uri drei Ratsherrenfrauen, die alle Hexen waren, nämlich eine zu Flüelen am Urnersee, eine in der Blüemlismatt an der Reuss gegenüber Silenen und die dritte zu Göschenen. Der Ratsherr in der Blüemlismatt hatte einen Berg auf Arni, heute ds Melkä Bärg genannt. Auf diesem Berg tohlete es ihm gar keinen Knecht, bis er wieder einmal zwei Walliser Burschen einstellen und hinaufschicken konnte. Als deren einer am zweiten Abend ihres Bergaufenthaltes das Milchreis kochte, schleuderte es einen Weltshaufen Russ ab der Russdiele herab grad in den prächtigen Brei. Mit dem Pfännchen in den Händen lief er in die Stube und fragte den Mitlandsmann, ob sie's zuerst wollen staiken oder zuerst manschen. Der entschied sich für's Erste, um nachher Ruhe zu haben. Der eine ergriff einen Knebel, der andere ein altes Schwert, auf dem das St. Johannes-Evangelium eingegraben war. Der mit dem Knebel eilte auf die Russdiele hinauf und trieb die Katze, die er dort antraf, über die Kammerstiege hinab und durch eine zufällige, heute noch sichtbare Öffnung unter der Haustürschwelle zum Hause hinaus; dort passte der andere und schlug mit seinem Schwert dem Flüchtling den einen Fuss ab, der sich am folgenden Morgen als Weiberhand mit Fingerring entpuppte. Am nächsten Sonntag erkannte sie der Ratsherr als die Hand seiner Gattin, die so entlarvt war und dem Feuertod überliefert wurde. Auf dem Holzstoss bekannte sie, das tue ihr am wirschesten, dass sie ein Fässlein Flöhe hinterlasse, die noch nicht gebeindelt seien; die wären für die Urner gerüstet gewesen. Auch die zwei andern Hexen, von denen jene zu Flüelen Wetter machte und jene zu Gösehenen beim Ankeneinsieden den Böllen zu Mailand holte, wurden verbrannt. Die zu Göschenen sah man nie zur Haustüre aus- und eingehen; selbe verkehrte nur durch das Kamin mit der Aussenwelt, sie setzte sich jeweilen rittlings auf einen Besenstecken und sprach: »Chämi üff und drüß und fort und niänä-n-a!« Franz Josef Zurfluh, Intschi, 75 J. alt 3. a) »Bei den Häusern« in Silenen wohnte ein angesehener Ratsherr mit seiner Frau und einem Töchterlein. Auf Vorder-Arni besass er einen schönen Berg, der ihm aber keine Freude bereitete. Er liess ihn durch Knechte bearbeiten, und jedes Mal, wenn diese ihr Milchreis bereiteten, warf es ihnen Russ hinein. Das verleidete ihnen, und es kam so weit, dass der Meister keine Knechte mehr auftreiben konnte und den Berg musste verwildern lassen. Nach mehreren Jahren kamen zwei Walliser Burschen und suchten Arbeit. Der Ratsherr erklärte ihnen, er hätte Arbeit genug in seinem Berggut, aber es sei eben ein Gespenst dort, das die Knechte belästige und verdränge. Sie meinten, das fürchten sie nicht, sie werden's schon jaiken, wenn eines sei. Und sie nahmen den Platz an und stiegen in den Berg hinauf. Am ersten Abend liess sich nichts merken. Am zweiten Abend hingegen, als der eine bei dem Kupferchessli sass und den Reisbrei kochte, warf es ab der Russdiele herab einen millionischen Haufen Russ in das köstliche Gericht. Schnell packte er das Chessli, lief damit in die Stube und zeigte das verunreinigte Reis dem andern Knecht, indem er fragte: »Aschischi, nuschischi! wem-mer-sch z'erscht jäikischi uder wem-mer z'erscht manschischi!« Schnell entschlossen, entschied dieser: »Z'erscht wem-mersch jäikischi, de chenne-mer nachhär mit Rüehwä manschischi!« Der eine ergriff einen Knebel und lief damit auf die Russdiele, wo er zwei Katzen, eine alte und eine jüngere, traf, die er über die Kammerstiege hinabstaikte; unten passte der andere Knecht mit einem Schwert, auf dem das St. Johannes-Evangelium eingeritzt war, und schlug tapfer drein; der ältern Katze hieb er die rechte Vorderpfote und der jüngern den Schwanz ab. Als sie diese Dinge am folgenden Tage sich näher ansahen, hatte sich die Pfote in eine Weiberhand mit Ehering und der Schwanz in einen blutigen Mädchenzopf verwandelt. Sie konnten sich das nicht erklären, und einer stieg sogleich zu Tal und zeigte alles dem Meister. Der erkannte sofort die Hand und den Ring seiner Frau, die seit dem letzten Abend krank im Bette lag und den rechten Arm unter der Decke verborgen hielt. Auch die Tochter lief ohne ihren Zopf herum. Da ging der Ratsherr sofort ins Stübli; die Frau musste ihren Arm zeigen, und jetzt kam es aus, dass die rechte Hand fehlte, und dass die Mutter und die Tochter Hexen waren. Jos. Maria Zberg, 75 J. alt b) Der Meister war ein Ratsherr Walker, Fottigers, und der Berg lag auf Schwandi. Die Knechte kochten eine Schweizebrühe. Es ist bald von zwei, bald einer Hexe (der Frau) die Rede und nur von einem gewöhnlichen Schwert. Joh. Wipfli, Chucheler, Erstfeld, u.a. c) Der Meister wohnte auf dem Halbenstein, die Knechte arbeiteten im Fygstuehl oder in den Siessbergen, kochten ein Milchreis. Bald heisst es, sie seien von einem Gespenst getötet, bald, sie seien nur durch die Verunreinigung der Kost oder Belästigung bei der Arbeit verdrängt worden. Es ist von einem gewöhnlichen Schwert oder Säbel, seltener von einem Beil (Breitbiäl) oder Gertel die Rede. Statt »manschischi« lautet hier das Wort »äschischi«, statt »jäikischi« hört man auch »stäikischi«. Frau Gamma-Gamma; Heinrich Zgraggen, Schattdorf d) Der Meister war ein Herr Schmid von Altdorf, der in Bürglen viele Güter besass, unter andern auch den Berg Schindlern, auf dem die Geschichte sich ereignet haben soll. Die Knechte kochten Milchreis. Zwei Hexen. Am Sonntag gingen die Knechte nach Altdorf. Herr Schmid war nicht fröhlich etc. Zäzilia Gisler-Walker e) Der Meister wohnte im Bürgler Boden. Berggut auf den Schattdorfer Bergen. Die Knechte kochten sich weissen Milchbrei. Russ. Zwei Katzen. Mit einem Scheit jagten sie die Katzen durch ein Loch unter der Haustürschwelle hinaus, nachdem sie vorher alle andern Löcher verstopft hatten. Mutter und Tochter. Hand mit Fingerring und Haarzopf. Xaver Marty, Bürglen, u.a. f) In Bürglen, Schattdorf und im Schächental waren der Spruch: »Asisi, nusisi, wem-mers z'erscht jäikä uder wem-mer z'erscht ässä?« und die Antwort darauf geradezu sprichwörtlich, man brauchte sie scherzweise hauptsächlich vor dem Essen. »Äs müess also doch eppis a der Sach sy!« schliessen daraus soviele Leute. Nach der Erzählart im Schächental verletzte der Knecht die Katze mit einer Mistgabel und hatte die kranke Meisterin die Wunde, die der Knecht der Katze beigebracht hatte. Rosa Brand, 20 J. alt, u.a. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Frau vom Schafloch

Source: Die Frau vom Schafloch

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Auf einer der Alpen am Sigriswiler Rothorn schlief einst ein blühender Knabe bei seiner Herde. Da träumte ihm, er vernehme ein fernes Klingen und silbernen Glockenton. Wie er sich umsah, gewahrte er eine schöne Frau, die seinem weissen Leithammel eine Schelle umhängte. Dann neigte sie sich zu ihm selber hinab, indem sie ein Lied sang, darob er gar nicht erwachen konnte. Da winkte sie ihm. Er musste aufspringen und ihr folgen. An der Felswand ging es auf handbreitem Pfade entlang bis sich der Fels wie in einem Torbogen öffnete. Tief hinein drangen sie ins Dunkle. Nur die Augen der Frau funkelten mit einem wunderbaren Edelstein, den sie auf dem Haupte trug um die Wette. Zuletzt musste der Hirtenbub sich an ihrem goldenen Gürtel halten, der ihr weites weisses Faltenkleid zusammenhielt. Bald fröstelte es ihn, da der unterirdische Pfad über Gletscher führte, bald lief es ihm heiss den Rücken hinauf. Jetzt schimmerte es aus einer neuen Höhle so hell, dass seine Augen vom Glanze geblendet wurden. Ihm schien, als möchte er sich schlafen legen, waren doch seine Glieder wie Blei. Da reichte ihm seine Begleiterin einen goldenen Becher dar, und als er in vollen Zügen daraus trank, ging es wie ein Feuerstrom durch seinen Leib. Doch die Sehnsucht nach der Aussenwelt war in ihm nicht erloschen. Er dachte an sein Mütterlein und musste fast weinen. Da sprach die schöne Frau: "Denke nicht an die Welt. Du darfst nur mir gehören!" Und sie reichte ihm einen neuen Becher dar, der hiess "Vergessen". Lange lebte er so im Traume dahin. Da war ihm einst, als wehe eine kalte Luft um ihn her, als seien seine Füsse eiskalt. Nur über sein Gesicht strich ein warmer Odem, auf seine Hände drückten sich feuchte Lippen und eine Stimme sprach vernehmlich seinen Namen. Da griff er nach dem andern Becher von welchem die schöne Frau gesagt hatte, dass er "Wiedererinnern" enthalte. Plötzlich vernahm er jetzt einen heftigen Schrei. Er öffnete die Augen - dunkel war s um ihn her. Nur ein schwaches, rotes Fackellicht erleuchtete den Felsenraum. Er lag auf einer Bahre. Neben ihm kniete sein Mütterlein auf dem Eise und zu seinen Füssen winselte sein treuer Hund. Männer trugen ihn dann hinaus aus der Gletscherhöhle, hinab in das stille Häuslein seiner Mutter. Und er selbst wurde ein stiller Mensch. Er ging zu den Kranken, gab ihnen gute Arznei und linderte ihre Schmerzen so viel er vermochte. Wenn aber die Anverwandten in Kummer und Ängsten um die Kranken trauerten, dann beugte er sich lächelnd über diese und sprach leise jene Worte vom Vergessen welche er einst bei der Frau im Felsengelasse gelehrt. Und siehe, der Schmerz war wie weggewischt. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Frau von der Zuger Burg

Source: Die Frau von der Zuger Burg

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  Einst herrschte auf der Burg in Zug eine adelige Frau, die grosse, ihr zinspflichtige Güter besass. Sie hatte viel Korn und Wein, Rebgüter am Zürichsee, auch Hafer, Gerste und andere Feldfrüchte aus dem Freiamt bei Maschwanden und der Umgegend. Auf einen bestimmten Jahrestag hin mussten die Bauern der Herrin Zins oder Zehnten bringen und kamen zu Pferd auf die Zuger Burg. Es waren soviele, dass von der Burg bis zur Niklausen-Kapelle Ross an Ross dastand. Dieses Weib war hochmütig, unersättlich und wollüstig, lebte in Saus und Braus, üppiger Hoffart und Völlerei. Gut essen und trinken ging ihr über alles, und an anderes dachte sie nicht. Doch aus dem See ass sie keine Fische, es sei denn die Leber der Trüschen. Sie zog köstliches Wildbret, Geflügel, Spezereien und kostbare Weine vor. Ihren eigenen Landwein nannte sie Rossseich. Sie lebte in solchem Übermut, dass sie Zinsen und Güter verprasste und vertat und schliesslich in Armut geriet. Zuletzt wandte sie sich an die Herren von Zürich und bat um eine Pfründe in einem Spital. Doch man meinte dort, man solle ihr diese Bitte abschlagen, ihres tyrannischen Wesens, ihrer Unersättlichkeit und Üppigkeit wegen. So war diese Frau zuletzt von aller Welt verspottet und verschmäht, besass weder Trost noch Hilfe, kam nach langer Armut ins Alter, verachtet, hungerleidend und zuletzt von Unrat, Läusen und Hunger verdorben. Quelle: Suter, Kaspar, Kasper Suters Chronik 1541. Zug 1964, S.45 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Frau von Roseneck

Source: Die Frau von Roseneck

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Im Schwabenkriege belagerten die Eidgenossen das Städtchen Blumenfeld, in dem das Schloss der Herren von Roseneck stand. Doch wurden sie von seinen Mauern immer wieder abgetrieben, denn die paar hundert Mann Besatzung verteidigten sich aufs hartnäckigste. Endlich konnte sich das Städtchen nicht mehr halten, und die Eidgenossen, welche die tapfern Verteidiger achteten, erlaubten ihnen und den Bewohnern freien Abzug. Diese durften sogar alle Habe mit sich nehmen, die sie zu tragen vermochten. Das übrige jedoch müsse für die Eidgenossen drin bleiben; ebenso habe der Herr des Städtleins, der Ritter von Roseneck, drin zu bleiben, da sie ihm seiner Spöttereien wegen den Kopf abschlagen wollten. Aber als nun die Eidgenossen dem Auszug der Verteidiger und der Bewohner des Städtleins stumm zusahen, erschien auch, schwer schnaufend, die edle Frau von Roseneck. Sie hatte einen Korb auf ihrem schwachen Rücken, und aus diesem sah der Kopf des Ritters von Roseneck heraus. Das bedünkte die Eidgenossen also lustig, dass sie in ein schallendes Gelächter ausbrachen und die geängstigte Frau mit ihrem zitternden todbleichen Herrn willig durchliessen. Nur hie und da machte sich einer den Spass und schwang drohend das Schwert oder die Halparte über des Ritters Kopf, worauf der immer blitzgeschwind im Korb untertauchte, wie der Teufel in der Spielschachtel, was die Eidgenossen so festlich stimmte, dass sie aus dem Lachen gar nicht herauskamen. Dann aber hob einer der Hauptleute der Frau den Korb vom Rücken und liess ihren Herrn herausrutschen. Zugleich fiel auch eine ansehnliche Menge Schmucksachen heraus. Ein Schweizer Kriegsknecht griff danach und steckte ein Kleinod ins Wams. Doch wurde er sogleich niedergeworfen; man entriss ihm den Schmuck, gab ihn der Roseneckerin zurück, und nur mit Not und auf kniefälliges Bitten entging der Schelm dem Strick. Der Ritter wurde nach der Herkunft seiner Gattin gefragt. «Ich habe sie aus Glarus heimgeführt», sagte der Rosenecker. Gerührt von ihrer ehelichen Liebe, liessen die Eidgenossen die treue Edelfrau mit ihrem Ritter abziehen.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Die Frau, die ein Rätsel aufgab

Source: Die Frau, die ein Rätsel aufgab

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Es war einmal eine Frau, die hatte einen Mann, der sollte um einen Kopf kürzer gemacht werden. Die Frau ging zum Richter und flehte ihn an, ihrem Mann das Leben zu schenken. Aber der Richter sagte, er würde erst dann dem Mann das Leben schenken, wenn sie ihm ein Rätsel aufgäbe, welches er nicht raten könne. Die Frau ging nach Hause und zerbrach sich Tag und Nacht den Kopf, was sie dem Richter zum Rätseln aufgeben solle. Denn es dauerte noch drei Tage, dann würde ihr Mann hingerichtet. Als sie unterwegs darüber grübelte und grübelte, kam sie zu einem Beinhaus. Da fand sie zwei Spatzen mit fünf Jungen, die in einem Schädel nisteten. Die Alten flogen weg, und die fünf Jungen blieben zurück. Als die Frau dies sah, wusste sie: «Jetzt habe ich das Rätsel für den Richter.» Sie ging zum Richter und sagte zu ihm: «Jetzt kann ich ein Rätsel aufgeben: Es waren sieben in einem Totenhaus, zwei flogen weg, und fünf blieben dort.» Der Richter dachte lange nach, aber er konnte das Rätsel nicht raten. Da erklärte es die Frau: «In einem Schädel waren sieben Vögel; die beiden Alten flogen weg, und die fünf Jungen blieben zurück.» Weil er das Rätsel nicht lösen konnte, musste der Richter dem Mann das Leben schenken. Der ging fröhlich mit seiner gescheiten Frau nach Hause, und wenn sie nicht gestorben sind, so leben sie heute noch.   Thompson Motiv H 793 (Rätsel: sieben Zungen in einem Kopf)   Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die freien Walser

Source: Die freien Walser

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Die freien Walser besassen in Weisstannen sehr wahrscheinlich auch einige Ansiedelungen, so die Alpen Laui und Valtona. An beiden Orten finden sich jetzt noch Reste alter Hofstätten und zwar in der Laui auf dem Plattenboden oder Stierenlager das sogenannte "Heidenstöfeli", in Valtona die Mauerreste unter dem Schönmahd. Noch existiert eine Blechbüchse, welche die Ortsbezeichnung "Valtona" und eine Jahreszahl aus dem 12. Jahrhundert trägt. Sie soll Eigentum der letzten Bewohner von Valtona gewesen sein, welche dann nach Weisstannen heruntergezogen seien. Nach der Volkssage habe Valtona einen eigenen Ammann, ja sogar Stock und Galgen besessen. Die Weisstanner behaupten, dass die Küng und Mooser, wahrscheinlich auch die Pfiffner und Albrecht von Laui und Valtona herstammen. Diesen vier Geschlechtern wurde als den ältesten des Weisstannentales laut gerichtlichem Urteil das Doppelbürgerrecht von Mels und Weisstannen zuerkannt. Für das Vorhandensein der Walser spricht übrigens auch der Umstand, dass ein Weideplatz hinten an der Weisstanner Klosteralp heute noch den Namen Walserweide trägt.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 248, S. 126f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Freiheiten um die Homburg

Source: Die Freiheiten um die Homburg

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Nordwestlich vom Dorfe Oberfrick liegen sich der Homberg und der Thiersteinberg gegenüber. Ihre Rücken verlängern sich dann zu einem Bogen, an dessen schmaler Thalsohle die Sesseln liegt, ein Ackerland, dessen Besitzer bis heute noch besondere Vorrechte geniessen. Der Ursprung dieser Sonderrechte wird also erzählt: Jeder der beiden Berge, jetzt mit Hochwald bewachsen, trug früher ein gewaltiges Schloss. Von dem auf dem Homberge ist noch der breite Wallgraben nebst vielen mächtig auf einander gesetzten Felsblöcken übrig. Zur Verbindung beider Burgen diente eine lederne Brücke. Hier wohnte der Graf von Thierstein. Seine gleich mächtigen Nachbarn waren Hans von Rechberg, der bei dem Dorfe Wittnau auf dem Reichstem sass, und Thomas von Falkenstein mit seinen mehrfachen Schlössern in den Bergpässen des Jura. Die Macht dieser Herren war weithin gefürchtet, ihre zahlreichen Vasallen schienen unbesiegbar, die Mauern ihrer Festen unerschütterlich. Dazu lachte dem Thiersteiner Grafen das Glück im eignen Hause. Seine Frau war fromm und mild und hatte ihm eben ein Töchterlein geboren. Da brach jenes berüchtigte Erdbeben los, welches im Jahr 1356 neben vielen Burgen des Jura auch die Stadt Basel verschüttete. Als die Homburg zu beben begann, riss jener Theil des Schlosses zuerst los, in welchem eben die Gräfin mit ihrem neugebornen Kinde im Wochenbette lag. Aber der Zufall wollte, dass der Burgthurm für sich über die Felsen hinabschoss, während Mutter und Kind zusammen in ihrem Rollbette unbeschädigt den Abhang des Berges hinunterglitten und eine beträchtliche Strecke weit in die Kornfelder des Dorfes Oberfrick hingeschoben wurden. Aus Dankbarkeit für diese wunderbare Erhaltung machte die Gräfin alles Land, so weit das Rollbette gekommen war, auf ewig zehnten- und bodenzinsfrei. Und diese Strecke vom Scheitel des Berges bis ins Thal hinab, die solches Recht erhalten hat, ist die Sesseln. Auch wird erzählt, die Gräfin von Thierstein habe sich eben zur Zeit, da das Basler-Erdbeben 1356 diese Stadt und die meisten Burgen der Umgegend zerstörte, auf ihrem Schlosse zu Pfeffingen aufgehalten. Da habe ein Erdstoss die Schlossmauern umgeworfen. Die Gräfin sei in die Tiefe des wilden Tobels hinuntergestürzt, aber unbeschädigt wieder gefunden worden, und mit ihr zugleich ihr Säugling in der Wiege. In der Chronik heisst es: Des Kindes Götti war der Bischof von Basel. Der kam morndrigs reiten und wollt gen Basel. Da fragt er, ob sein Gotten wär umkommen. Da sprachen sie, nein. Da hiess er das Kind suchen in der Halden. Da ward es fanden zwischen zwei grossen Steinen, und weinet in der Wagen. Das ward ein Weib und gewann viele Kinder. Nachmals traten die Ritter von Aristorf und Bärenfels mit dem Thiersteiner Landgrafen in ein Bündnis. Sie versammelten sich samt all ihren Edelknechten und Reisigen feierlich auf einer Bergwiese in jenem Frickthalerwalde, den man seither das Junkernholz nennt. Als sie sich hier die Versöhnungshand boten, jauchzte das zahlreich zuschauende Landvolk. Dann setzten die drei Ritter einen Stein auf jener Stelle der Erfenmatte, welcher heute noch gekannt ist. Er bezeichnet auf der Spitze des Berges den Platz, welcher herrenloser Boden ist, weil da die drei Grenzen der Kantone Baselland, Solothurn und Aargau in einem Dreieck zusammenstossen. Er gilt für eine Freiung und wird von den Heimatlosen oft ausgesucht, weil den Landjägern da keine Macht über sie gegeben ist. E. L. Rochholz,Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Freunde

Source: Die Freunde

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  In hellen Sommernächten, wenn das Herdengeläut auf all den Alpen rings umher mit den Jodlern der Sennen an den Felsen des Ammertenhornes verklungen hatte und kein Laut das Heilige der Nacht zu stören wagte als die junge Simme, die sich in ihrer trotzigen Freiheitssehnsucht aus dem eingeklemmten Schaumbett in das Tal hinunterwindet — kamen die jungen Burschen der Umgegend bald auf diesem, bald auf jenem Berge zusammen. Wenn dann beim Monden- und Sternenschein die Schneegipfel in den Himmel ragten, als ob sie mit Silber beschlagen seien, trat oft ein grün gekleideter, hinkender Herr mit spitzem Bart und flinken Äuglein in die Mitte der Gesellen, lüftete leicht den Hut und sprach ein verzwicktes Sprüchlein zum Gruss. Das war der Teufel, der sie allerlei Kunststücke lehrte, wofür sie ihm ihre Seelen verschreiben mussten. Er lehrte sie Kugeln giessen, die unfehlbar die flüchtigen Gemsen erlegen würden, lehrte sie tückische Handgriffe beim Kegel- und Kartenspiel, sang ihnen schlimme Liedlein vor, war dem einen oder andern beim Goldmachen behülflich und zeigte ihnen manch anderes zweideutige Zauberstücklein, um derentwillen sie sich dann an Tanzsonntagen bewundern liessen. Da lebten einst zwei Freunde, die auch recht gerne hingegangen wären; nur wagten sie nicht recht, dem Teufel das verlangte Entgelt einzuwilligen; denn der eine von ihnen war fromm und mahnte immer wieder zur Umkehr, obwohl sie sich schon oft zusammen auf den Weg gemacht hatten. Als sie einst in einer geheimnisvollen Nacht mit zagendem Herzen nach dem Berge unterwegs waren, wo sie die andern Burschen versammelt wussten, war ihnen, als schliche ein Schatten um ihre Füße. Der fromme äusserte wieder Bedenken; aber da rief der andere plötzlich mutwillig aus, nun! er gehe. Der Teufel möge ihn holen... Da war er verschwunden, und ein Rabe flog krächzend in die Nacht. Von nun an strich der einsame Freund alle Nächte in den Bergen herum, beschwor den Teufel, bis er schliesslich erschien und bat und flehte ihn um den verschwundenen Freund. Der Teufel antwortete stets nur durch ein überlegenes Grinsen, obwohl es von Zeit zu Zeit heiser durch die Nacht krächzte, und wollte auch ihn für sich zu gewinnen suchen. Nichts half. Da ersann er eine List und eröffnete dem Bittenden folgenden Vorschlag: am nächsten Tage solle er zur Mittagszeit auf der Rohrbrücke eintreffen. Auf dem Geländer werde eine ganze Reihe Krähen sitzen, worunter sich auch der verschwundene Freund befinde. Wenn er ihn bis um ein Uhr erkenne, werde er sich wieder in einen Menschen verwandeln; andernfalls müsse auch er, der Zurückgebliebene, ein Rabe werden. Freudig willigte er ein. Am andern Morgen stand er schon früh bei der Rohrbrücke. Um zwölf Uhr krächzte ein Schwarm Raben daher und setzte sich auf das Geländer. Er prüfte sorgfältig einen nach dem andern. Doch alle sahen ganz genau gleich aus und bei keinem liess sich ein kleines Erkennungszeichen bemerken. Er wagte nicht, einen zu bezeichnen und doch rückte schon ein Uhr heran. Da begann im Turm die Uhr zu schlagen; einige Krähen erhoben sich und kreisten in die Höhe - vom Burgbühlhügel her schritt hastig und hinkend ein grün gekleideter Herr gegen die Brücke. - Voll Verzweiflung wollte er noch schnell auf den ersten besten hinweisen — da sah er aus den Augen eines Raben schwere Tränen hinunterrollen. „Dieser ist's!" rief er aus. Mit trübem Krächzen flogen die andern davon.   Quelle: Georg Küffer, Lenker Sagen. Frauenfeld 1916. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Die fromme Klausnerin von Schönbrunn

Source: Die fromme Klausnerin von Schönbrunn

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Um die Wende des 12. und 13. Jahrhunderts waren auf der Höhe von Schönbrunn fromme Frauen. Auf dem "Chilebode" unterhalb der heutigen Kapelle soll nach der Volksmeinung eines der Schwesternhäuser gestanden haben. Über diese Klausnerinnen geht die Sage: In irdenem Gefässe liegt tief unter der Erde ein grosser Schatz. Der wird von einer frommen Frau behütet und bewacht. Im Verlaufe eines Jahrhunderts rückt nun der reiche Schatz immer weiter und weiter hinauf und durchbricht dann endlich die Erde, um an das Tageslicht zu gelangen. Nun kann dieser Schatz leicht gehoben werden. Doch bei der Arbeit darf kein Sterbenswörtchen gesprochen werden. Einst war nun wiederum der Zeitpunkt angebrochen, in welchem der Schatz sichtbar wurde. Zwei Männer aus der Gegend gingen daran, den Schatz zu heben. Da sah plötzlich einer der Schatzheber aus der Richtung der Kapelle eine Prozession frommer Schwestern nahen und verwundert stiess er seinen Helfer in die Seite und sagte: "Du, sieh dort!" Im gleichen Augenblick versank aber der Schatz im Erdboden und die schatzhütende Klausnerin seufzte bang, dass sie nun endlich erlöst worden wäre, wenn sie beide geschwiegen hätten. Nun aber müsse sie wiederum weitere hundert Jahre den Schatz hüten und warten, bis einer komme und den köstlichen Fund unter strengem Stillschweigen berge. Mit dem Schatz und der hütenden Schwester war auch die lange Prozession der betenden Frauen verschwunden und die zwei Schatzsucher standen mit leeren Händen da. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 55 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die fromme List

Source: Die fromme List

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Kaspar von Stockalper wurde durch seine Neider von allen Seiten bedrängt. Sie zwangen ihn auch, all sein Geld und die Wertsachen vorzulegen. In dieser Not besprach er sich heimlich mit einem Pater Jesuiten, wie er einen Teil seines Vermögens retten könnte, ohne durch einen Meineid sein Gewissen zu beflecken. Dieser gab ihm den klugen Rat, die Hälfte auf den Altar der Schlosskapelle zu legen, die andere Hälfte aber in und unter den Altar zu verstecken. Das tat er so. So konnte er mit gutem Gewissen seine Hände über den Altar ausbreiten und schwören, all sein Geld befinde sich unter seinen Armen. Die beiden Vertreter der neidischen Regierung ahnten nichts davon. Diese List rettete von Stockalper einen Teil des Vermögens. BRIG Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Froschkönigin

Source: Die Froschkönigin

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Es war einmal eine arme Frau, die hatte einen Sohn. Obwohl er sehr klug war, ging er nicht zur Schule, denn er sammelte von früh bis spät Holz und fischte im nahen Bächlein, damit sie über die Runden kamen. Eines Tages sah er ein zierliches Fröschlein mit einem roten Halsband. Es blickte ihn lange an, machte ihm schöne Augen und hüpfte um ihn herum. Ja, von da an begleitete es ihn täglich. Eines Morgens hörte er ein klägliches Quaken. Ein Storch hatte das Fröschlein im Schnabel! Der Junge entriss es ihm, nahm es schützend unter sein Hemd und trug es heim. Die Mutter schalt ihn, aber als sie hörte, was geschehen war, liess sie das Fröschlein bei ihnen wohnen. Kurz darauf fand sie in ihrer Truhe eine Börse voller Silbertaler. Verwundert freute sie sich, denn jetzt konnte ihr Sohn in Frankreich die Schule besuchen. Beim Abschied versprach sie, gut auf das Fröschlein acht zu geben und bald schon sass es beim Essen neben ihr auf einem Stuhl. Als die Taler aufgebraucht waren, kam der Sohn wieder nach Hause und das Fröschlein hüpfte vor lauter Freude. Da erhielten sie Nachricht von einer unverhofften Erbschaft. Die Mutter rief: „Dieses kleine Fröschlein bringt uns wahrlich Glück!“ Und noch einmal verliess der Sohn die Heimat, diesmal um die deutsche Sprache zu erlernen. Als er nach einigen Jahren heimkehrte, sprach er: „Liebe Mutter, jetzt kann ich mit meinen Kenntnissen gut für dich sorgen und muss nicht mehr weggehen.“ Wie eine Närrin sprang das Fröschlein auf und ab. Und als sie bei Tisch sassen, wie wunderten sie sich da, als plötzlich anstelle des Fröschleins ein wunderschönes Mädchen auf dem Stuhle sass. Es sprach zum jungen Mann: „Ich war die Königin der Frösche. Ich habe wohl bemerkt, wie gut du immer zu deiner Mutter warst. Willst du mich heiraten?“ Natürlich wollte er das, doch wovon sollte er den Hausstand bezahlen? Das schöne Mädchen erriet seine Sorgen. „Wenn es nur das ist, ich bin reich genug!“ Und wahrlich, als sie nach der Hochzeit aus der Kirche kamen, da stand statt der armseligen Hütte ein prächtiges Schloss mit Dienern, die emsig die Hochzeitstafel auftrugen, und das ganze Dorf kam zur Feier. Bearbeitet von Andrea Hofman, Original: "Das Fröschlein mit dem roten Halsband" von Arthur Rossat Les „fôles“, contes fantastiques patois recueillis dans le Jura bernois. Schweizerisches Archiv für Volkskunde, Band 18 (1914) Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Froschtochter

Source: Die Froschtochter

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Zur Zeit als die Kinder in Tiere verwandelt wurden, wenn die Eltern sie dazu verwünschten, lebte einmal eine Mutter mit ihrer unfolgsamen Tochter. Fuchsteufelswild über die Streiche der Tochter schrie die Mutter: «Ich möchte, du wärest ein Frosch!» und sofort war das Mädchen ein Frosch. Die Mutter hatte nur diese Tochter, und sie war untröstlich, dass das Mädchen ein Frosch war. Sie suchte überall Rat, bei Geistlichen und Herren. Schliesslich ging sie zu einem Kapuziner, und der sagte, wenn sie den Frosch zum Altar bringe, während er die Messe lese, so werde er ihn wieder in einen Menschen verwandeln. Die Mutter tat alles, um den Frosch zum Altar zu bringen, während der Kapuziner die Messe las, und in dem Augenblick, als er damit zu Ende war, wurde der Frosch wieder in ein Mädchen verwandelt. Und wenn es nicht gestorben ist, so lebt es heute noch.   Thompson Motiv D 195 (Verwandlung eines Menschen in einen Frosch)   Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Füchse

Source: Die Füchse

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Martin Schnider von Mädris war eines Abends in seinem Berggute Pasatti als Jäger auf der Lauer. Es ging nicht lange, so kam ein Fuchs, welchen er schoss und auf "das Tenn" warf. Als er wieder geladen hatte, kam schon ein zweiter, den das gleiche Los traf. So ging es noch eine Weile fort. Bei Tagesanbruch wollte sich kein Gewild mehr zeigen, und Schnider sann darauf, seine ausserordentlich reiche Beute nach Hause zu bringen. Als er aber auf die Tenne trat, gewahrte er zu seinem Schrecken, dass seine Beute nicht aus Füchsen, sondern aus lauter abgenutzten Besen bestand. Ein andermal hatte Martin Schnider wieder einen Fuchs erlegt, als gute Beute nach Hause genommen und übernacht an die Ofensäule gehängt. Am Morgen fand er dann ein Stubenfenster offenstehend und den Fuchs an der Ofensäule mit einem Mädchenrock vertauscht. Zwei Bauern, F. G. und Ch. B., hatten auf Gabreiten vor einem Stalle den Füchsen einen Köder gelegt und sich dann während der Nacht im Stalle auf den Anstand begeben. Gar bald hatte ein Fuchs die Lockspeise gewittert und sich zu ihr herangeschlichen, B. begrüsste ihn durch eine Lücke hinaus mit einem tüchtigen Schrotschusse. Der Fuchs aber rannte spornstreichs auf den Stall zu, streckte den Hintern zur Lücke herein und wedelte mit dem Schwanze. Die zwei Jagdgefährten aber machten sich eiligst auf und davon und gelobten, nie mehr auf die Fuchsjagd zu gehen. J. Natsch   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 280, S. 153 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Fuchsenjagd

Source: Die Fuchsenjagd

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Vor einigen Jahren ging ein Jäger von Villasur eines Abends hinunter an die Albula auf die Fuchsenjagd. Lange wollte kein Fuchs kommen. Endlich, um Mitternacht, kam eine ganze Schaar Füchse, und er wollte schiessen. Das Gewehr ging aber nie los, so oft er auch neues Pulver aufschütten mochte; das ärgerte ihn, mehr aber noch der Umstand, dass die Bestien das Aas rein wegfrassen und zuletzt beim Weggehen ganz gemütlich mit der rechten Tatze die Schnauze säuberten und Einer nach dem Andern hart an ihm vorbei in bedächtigstem Schritte wegging. Der Ärger des Jägers war zu mächtig, als dass er dem Pfarrer, seinem Busenfreunde, nicht sein Ungemach mittheilte. Der Pfarrer aber wusste Rat und versprach, in dieser Sache ihm zu helfen. Am folgenden Abende gingen sie Beide auf den Anstand. Punkt die Zwölfe kam ein Fuchs, gleich darauf ein Zweiter, dann ein Dritter, so fort, bis dass deren etwa 30 beisammen waren, die nun am Aase sich gütlich taten. »Diesmal will ich schiessen«, bat der Pfarrer den Jäger, und schoss mitten in die Schaar hinein. - Wie wenn Nichts umher gewesen, waren plötzlich alle Füchse »verstoben«. und anscheinend keine Beute gemacht worden. - Pfarrer und Jäger gingen hin zur Stelle, wo sie die Füchse gesehen, fanden aber weder Haare noch »Schweiss«. Das nahm sie gross Wunder, und doch war die Flinte so »schön« losgegangen. - Sie zogen heimwärts. Am Morgen schon in der Frühe kam ein armes Knäblein zum Pfarrer und bat Denselben um ein Brod, die Mutter sei »bös« krank, sie sei Mitte der Nacht in das Kellerloch hinunter gefallen und auf einen Stein, der ihr ein Loch in den Kopf geschlagen habe. Der Pfarrer wusste nun, wo er mit der Fuchsenjagd und mit der Frau d\\\'ran war, die längst schon weit und breit für eine Hexe gegolten, und lä­chelte; gab aber doch dem Knaben das Brod. - Nach einigen Stunden starb die arme Frau und nun musste der Pfarrer einer Hexe die Grabrede »tun«, die er selber erschossen hatte. - Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Fuchshexe und der Kummetbach

Source: Die Fuchshexe und der Kummetbach

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Die Bittmändi-Buben in Attinghausen schauten eines Tages einem Füchslein zu, das durch das Kummettal hinaufschlich, sich dann gegen den Regliberg wandte und droben auf Sewli sich als die Katharina Wyrsch entpuppte, die schon lange im Verdachte der Hexerei gestanden. Nicht lange nachher schwellte ein Gewitter den Kummetbach furchtbar an und bedrohte ganz Attinghausen. Jos. Ant. Imhof, 70 J. alt, Fischer Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Fuchsjagd

Source: Die Fuchsjagd

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Sehr beliebt sind im Jauntal die Fuchsjagden, die man dort «Beizen» heisst (Beizen = durch ein Fleischstück das Wild anlocken). In den hellen Winternächten hört man zeitweilig einen Schuss knallen, der dem überlistigen Schlaumeier den Garaus macht. Doch einmal scheiterte alle Beize an der List Meister Reineckes. Selbst die erprobtesten Jäger konnten nichts ausrichten. Jeder Schuss schien am Fell des Fuchses wie an einem Eisenpanzer abzuprallen. Nach viel verschossenem Pulver kam ein pfiffiger Jäger auf den klugen Einfall, sein Schiesspulver weihen zu lassen. Gedacht, getan! An einem mondhellen Winterabend lauerte der Jäger wieder auf den Fuchs. Diesmal sollte er ihm nicht entrinnen. Nach langem Warten kam endlich das Tier zum Vorschein. Vorsichtig zielte der Jäger auf sein Wild. Als es in Schussweite war, pfefferte er ihm die ganze Ladung hinter die Ohren. Diesmal verfehlte der gutgezielte Schuss seine Wirkung nicht. In wilden Schmerzen wälzte sich das getroffene Tier einige Male auf dem körnigen Schnee, um dann jaulend zu flüchten. Siegesbewusst schlich der Jäger dem Fuchse nach, der sich doch nicht so weit wegschleppen konnte. Doch er fand nichts als eine blutgerötete Schneemulde. Anderntags aber kam die Nachricht, dass im Nachbardorf Galmis eine alte Frau an einer Schusswunde gestorben sei. Sie war als Hexe bekannt. Weil von der Zeit an der nächtliche Spaziergang des Fuchses ausblieb, glaubten die Jauner, die übelbeleumdete Alte sei, in einen Fuchs verwandelt, vom Jäger tödlich getroffen worden.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Fülimähre im Kuhmahd Altläger

Source: Die Fülimähre im Kuhmahd Altläger

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Als die Älpler an der Axalp ihre Lebendware des Nachts noch in die Pferche trieben, weil in den nahen Wäldern der Bär brummte und sich seine Beute nicht ungern unter den Jungtieren der Herde auslas, machte einst eine Fülimähre den Steckkopf und liess sich selbst mit Teufelsgewalt nicht zum Gatter hineinbringen. Da es ein arger Schläger war, sahen es etliche gar nicht ungern, wenn der Unruhestifter draussen blieb, und die Übelmögendsten hofften, Meister Petz werde ihm die Fugen schon austreiben. Wie grosse Augen aber machte männiglich am nächsten Morgen, als man in der Nähe des Pferches einen toten Bären fand, dessen Kopf ganz bös zerschlagen war, während das Füli frisch und munter weiter seine Sprünge machte. Von diesem Tage an versuchte niemand mehr, den Feuerteufel am Abend einzutreiben; wenn er mit dem Bären fertig wurde, war das allen recht; ja, mehr als recht! Was von dieser Sorte ins Gras beissen musste, liess fürderhin die Kälber und Maischen sein. Die Fülimähre schlug dann noch drei Bären. Um ihr die Arbeit mit den Hinterhufen durch ein besseres Träf zu erleichtern, liessen die Älpler sie mit Eisen beschlagen. Die ungewohnte Machenschaft wurde dem braven Tiere aber zum Verhängnis; im nächsten Kampfe blieb es mit einem Eisen zwischen dem Wurzelwerk des Waldes hängen, und der Bär schlug ihm die scharfen Fänge tödlich ins Genick. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Gabe der Musik

Source: Die Gabe der Musik

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Das erzählte man aus Obergesteln. Der Vater des Musikers Imahorn hatte eine Tante. Diese hörte einst in der Nacht den Gratzug vorbeiziehen. Sie stellte sich ans Fenster und schaute diesen wandelnden armen Seelen zu. Am Schlusse kam eine, die keine Kleider anhatte. Von Mitleid ergriffen, nahm die Frau schnell eines ihrer Hemden aus dem Schrank und gab es dieser armen Seele. Aus Dankbarkeit schenkte diese der Familie Imahorn und ihren Nachkommen die Sanges- und Musikgabe. OBERGESTELN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Gallislochquelle bei Oltingen

Source: Die Gallislochquelle bei Oltingen

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Die gewaltigen Tuffsteinquader, aus denen in Oltingen ein paar grössere Häuser erbaut sind, ja ein Teil derer, welcher in vergangenen Jahrhunderten die festen Mauern der Farnsburg bilden halfen, sie alle sind an dem Hügel «Büel» am oberen Dorfende neben der Schafmattstrasse gebrochen worden. Jene mächtige Tuffsteinschicht ist in fernen Zeiten von der wasserreichen Gallilochquelle abgelagert worden. Diese Quelle versieht nicht nur ganz Oltingen, sondern auch teilweise Wenslingen mit köstlich frischem Trinkwasser, überdies leiht das junge Wässerlein zwei Mühlen und einer Säge seine Kraft, indem es Schaufel um Schaufel ihrer hohen Wasserräder füllt und wieder verlässt. Der grosse Wasserreichtum der Gallislochquelle brachte früher die Leute auf den Glauben, das ganze Berginnere der Winterhalde sei von einem grossen See ausgefüllt. Darum haben früher die Elsässer Wallfahrer, wenn sie über die Schafmatt nach dem wundertätigen Muttergottesbilde in Maria Einsiedeln pilgerten, immer am Fusse der Winterhalde gebetet, Gott möge doch den grossen See im Berginnern nicht auf einmal ausbrechen lassen, auf dass nicht die Leute des Tieflands in den Fluten eines jämmerlichen Todes sterben müssten. Ja sogar die Obsthändler, die in guten Jahren mit ihren Hauderwagen aus dem Elsass in das stille Bergdorf hinauffuhren, um den Bauern einen Teil ihres Obstsegens abzukaufen, liessen eine kleine Weile ihren Erwerbssinn ruhen. Auch sie stiegen den steilen Hang hinan hinter das Dorf und sprachen dort ihr Gebet um Bewahrung vor der gefürchteten Wasserflut. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Die Gamaschen

Source: Die Gamaschen

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Eine alte Frau, die vor vielen Jahren auf der «Platte» ob Näfels Holz sammelte, vernahm auf einmal hinter sich ein eigentümliches Rascheln. Als sie sich umwandte, sah sie einen schlanken, schönen Mann aus einem Gebüsch hervortreten. Es musste wohl ein Fremder sein, denn er trug hohe, gelbe Gamaschen, wie sie hierzulande nicht gebräuchlich waren. Der Unbekannte schritt auf das Mütterchen zu und verlangte von ihm den Holzerstrick, den es sich um die Hüfte geschlungen hatte. Verblüfft gab ihn die Alte her, worauf der Mann einen kleinen Steinwurf weit ins Gehölz zurückging und sich an einem Baum erhängte. Erschrocken floh die Frau heimwärts. Es verfloss keine halbe Stunde, so kam ein anderer Mann des Weges. Es war der Besitzer des kleinen Häuschens in der Nähe des Fahrtsplatzes, das man «Schlössli» nennt, obwohl es gar kein fürstliches Gepräge hat. Der Schlössler betrachtete sinnend den Erhängten und erblickte die schönen Gamaschen. «Der kann auch ohne diese hübschen Dinger baumeln», sprach er zu sich selbst, guckte vorsorglich umher, ob ihn niemand sähe, und zog dem Leichnam die Gamaschen aus. Als er sie zu Hause beim Nachtessen zeigte und das feine Leder rühmte entstand ein grässliches Rumpeln und Poltern im Haus, als ob das «Schlössli» voll wilder Hengste wäre, so dass das Häuschen vom Kellerloch bis zum Firstbalken zitterte. Der Schlössler ahnte sofort, woher der Spuk rührte. Er riss den Fensterflügel auf und warf die Gamaschen ins Dunkel hinaus — und siehe: der Lärm verstummte augenblicklich. Die Sache wurde aber ruchbar, und es hiess, im «Schlössli» rumorten Gespenster. Der Schlössler musste sein Haus verlassen. Es wurde zugemauert. Erst nach langer Zeit, als anzunehmen war, dass sich die unliebsamen Hausgeister beruhigt oder davongemacht hätten, gestatteten die Ratsherren einer armen Familie, dort einzuziehen. Die Geister zeigten sich wirklich nicht mehr.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Die Gangbach- und die Schächenhexe in Schattdorf

Source: Die Gangbach- und die Schächenhexe in Schattdorf

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1. a) Wenn der Gangbach bei Schattdorf verheerend niederstürzte, sah man wiederholt eine Hexe auf einem Trähm1 bachab reiten. b) Früher hat man erzählt, es sei vor alten Zeiten hie und da eine alte Hexe auf einem Holztitschi durch den Gangbach herunter gefahren gekommen (z'fahrädä chu). Dann sei aber das Wetter nicht am besten gewesen. Zäzilia Gisler-Walker, 70 J. alt, u.a. 2. Mein Vater hat manchmal, wenn der Schächenbach recht gross daher kam, auf ihm ein Wybervölchli gesehen, das auf den Wellen sitzend abwärts fuhr. Es trug ein rotes Röcklein, wie das früher die Mode gewesen, und auf dem Kopf einen grossen Hudelstrohhut, in der rechten Hand hielt es eine Gatzä, mit der es Wasser aus dem Bache schöpfte und in die Lüfte hinauf schleuderte. Einmal bewarf er das Wybervölchli mit einem Stein, aber das schaute nur so herum und setzte unbekümmert seine Fahrt fort. Franz Gisler, 60 J. alt, Fuhrmann und durstiger Trompeter Fußnoten 1 Nicht Trumm, wie Lütolf schreibt. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die ganz besondere Schule der Fahrenden

Source: Die ganz besondere Schule der Fahrenden

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bestand darin, dass sich jeweilen ihrer zwölf zusammentun, auf einer Kreuzstrasse zu einer gewissen Zeit sich einfinden und da eine Stunde lang ausharren mussten. Einer von ihnen aber wurde zuletzt vom Teufel gepackt; welcher, das mussten sie eben erwarten, keiner war sicher. Aber während der Stunde unterrichtete sie der Teufel in allerlei Künsten. Theresia Gisler, 73 Jahre alt, Spiringen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Garmina-Hexen

Source: Die Garmina-Hexen

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Von Vättis nach Untervatz führt ein Fussweg über die Alpen Owaggis und Salatz. An diesem Wege, auf dem Oute Garmina, lebten vorzeiten drei Hexen. Ein junger Mann von Vättis jagte oft im Calandagebiete und kam auf seinen Wanderungen mehrmals zu diesen Schwestern. Er trug aber "saubere Schuhe"; sie konnten ihm nichts anhaben. Darum verwandelten sie sich in Gemsen, um ihn über eine Felswand hinunterzustürzen. Als er wieder einmal durch die Alp Gwaggis ging, gewahrte er auf einem Rasenbande drei Gemsen, die ganz gemütlich weideten. Er legte auf sie an; aber die Kugel verfehlte immer ihr Ziel. Dann sprangen die Gemsen auf ihn los; er aber legte sich so auf die Erde, dass ihm nichts geschehen konnte. Ein altes Männlein von Vatz teilte ihm mit, daß die vermeintlichen Gemsen Hexen seien. Es belehrte ihn, wie man ihnen beikommen könne. Er mischte Dreifaltigkeitssalz zum Pulver und lud eine geweihte, silberne Kugel. So fehlte er beim nächsten Schuss das Ziel nicht. Tödlich getroffen kollerte ein Tier die Felswand hinunter. Er begab sich sogleich nach Garmina, wo er eine der Hexen mit durchschossenem Kopfe liegen sah. L. Jäger. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 238, S. 119 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die gebannten Räube

Source: Die gebannten Räube

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Der alte Baldriger Ratsherr, zwei weitere Unterschächner und ein gewisser Vögeli aus den Auen zu Linthal hatten den Markt zu Altdorf besucht, und die drei Schächentaler meinten am Abend, sie wollten in Altdorf übernachten, denn sie fürchteten Räuber. Aber Vögeli versicherte, sie brauchten keine Angst zu haben, mit den Räubern wolle er's allein ausmachen. So ritten sie alle miteinander davon. Sobald sie eine einsame Stelle hinter dem Schachen unter dem Glattenried, wo damals die Gasse ging, erreichten, merkte der vorausreitende Vögeli, dass sein Pferd mit dem Fuss an ein Seil gestossen. Und sofort hörten sie klingeln im Walde, und polternd und in den Baumästen krachend, kamen die Räuber den Bergabhang heruntergestürmt. »Ja, ja, chemet nur! mer heind Geld,« rief ihnen der Glarner. Aber, wie sie nahe waren, blieben sie plötzlich wie angewurzelt stehen, und Vögeli ermunterte seine Gespanen: »So jetz, g'schauwet-s' nur!« Aber sie hatten zu grosse Angst und liefen davon. In Spiringen fragte sie Vögeli: »So jetz sim-mer i der Sicheri, sol-i-s' loslah?« – »Ja, was hesch dü de gmacht?« – »I ha-s' b'stellt; diä miänt dert stah und wartä, bis es ich loslah.« – »Jä nu, sä lach-s' dü jetz la gah,« sagten die Schächentaler, und jetzt löste Vögeli den Bann. Jos. Maria Arnold, Unterschächen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die gedingte Kuh

Source: Die gedingte Kuh

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  Ein Zwerglein klopfte einst bei einem Bauern an und wollte eine Kuh dingen. Aber weil es so schelmisch lächelte und so blau in die Welt hinausguckte, traute ihm der Bauer nicht ganz, erwog aber zugleich, er könnte leicht sein Glück verschütten, falls er ihm nur kurz und grob die Türe weise. So kratzte er sich ein wenig in den Haaren, brummte etwas in den Bart, stapfte schwerfällig gegen den Stall, suchte das schlechteste und magerste Kuhlein aus und übergab es dem Zwerge. Lange, lange schaute er ihm nach. Das Zwerglein band die Kuh an einen Faden, schritt rüstig gegen das Iffigen, und noch am selbigen Tage wurde es von den Lenkern gesehen, wie es mitten durch senkrechte Flühe seinem magern Kühlein wacker voranging. Da der Bauer von seiner Kuh lange nichts mehr sah und nichts mehr vernahm, glaubte er sie verloren und tröstete sich damit, die schlechteste ausgelesen zu haben. Allein wie wurde er freudig überrascht, als man an einem schönen Herbsttage im Dörflein die Nachricht verbreitete, mitten durch senkrechte Flühe habe man vom Iffigen ein Zwerglein herunterkommen sehen — und richtig: am Abend klopfte es bei dem Bauern an. „Zwischen den Klauen findet ihr den Lohn!" rief das Zwerglein und verschwand. Der Bauer beschaute seine alte Kuh von allen Seiten, und mit einem zufriedenen Lächeln wurde er gewahr, wie brav sie gewachsen, wie prächtig nun ihr Bau entwickelt war und wie das Euter voll herunterhing. Allein, da er untersuchte und zwischen den Klauen nur je ein Gerstenkorn fand, schob er seine Unterlippe nach vorn und zog die Mundwinkel etwas nach unten. Trotzdem wagte er nicht, sichtlich unzufrieden zu sein, aus Besorgnis, seinen Glücksbecher zu verschütten, und so legte er die Gerstenkörner sorgfältig beiseite. Und nach geraumer Zeit, als er einmal wieder an seine gedingte Kuh dachte und den Lohn hervorklaubte, strahlte sein volles Gesicht in Glückseligkeit: jedes Gerstenkorn hatte sich in ein Goldstück verwandelt!   Quelle: Georg Küffer, Lenker Sagen. Frauenfeld 1916. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch  


by Die gefährliche Bäckerei

Source: Die gefährliche Bäckerei

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Als die Zwingherren der Burg der Grausamkeiten und Schandtaten eine an die andere reihten, zettelten die Untertanen eine Verschwörung an. Eine auf dem Schlosse weilende Magd, eine Tochter von Oberschan, wurde ins Geheimnis gezogen. Es gelang ihr nun, beim Backen unbemerkt den Torschlüssel in ein Birnbrot zu drücken. Sie liess das Gebäck einem Bekannten zukommen, woraufhin die Verbündeten einen passenden Schlüssel verfertigten. Damit öffneten sie zu gelegener Zeit das Tor, nahmen die Zwingherren gefangen und zerstörten die Burg. U. Adank Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 159, S. 75 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die gefangene Pest

Source: Die gefangene Pest

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Zur Pestzeit lebten in Fanas zwei Brüder. Diese bohrten in einen Tramen ihrer Stube ein Loch und sperrten da ihren Antheil Pest hinein, schlugen dann einen hölzernen Nagel in das Loch und begaben sich ins Ausland, bis die Pest vorüber und Alles wieder ruhig geworden war. Als sie nach Langem wieder heimgekehrt, zogen sie aus Mutwillen den Nagel aus der Wand, um das Wesen der toten Pest sich näher zu besehen; da kroch aber die lebend gebliebene Pest schnell heraus und tötete Beide auf der Stelle. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Gefrierhexen

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Früher hatten die Talleute von Lötschen viel Rebland in dem Gebiet zwischen Varen und Siders. Noch heute gibt es Lötscher Familien, die in Miège Weinberge ihr Eigen nennen und selbst bebauen. In Clarey bei Siders heisst heute noch ein Haus «das Lötscher Gemeindehaus», das früher den Weinbauern aus dem Lötschental gehörte. Es ist ein altes Holzhaus mit einem Steinturm. In der geräumigen Küche haben die Winzer Käs gebraten und den neuen Wein getrunken. Der Wein ist aber nicht alle Jahre geraten. Wer hatte die Schuld daran? Ein alter Weinbauerwusste Aufschluss zu geben. In Gorin, etwa eine Stunde unterhalb Siders, lebten zwei alte Schwestern. Sie waren etwas misstrauisch und wechselten oft ihre Dienstleute. Einmal stellten sie einen Knecht aus dem Oberwallis an, den sie für einfältig hielten, der sich aber als gescheit genug erweisen sollte. Dem Dienstboten fiel auf, dass die zwei Meisterinnen am Abend solange aufblieben. Es wunderte ihn, was sie zu tun hätten. Eines Abends lauschte er an ihrer Türe. Da hörte er, wie eine zur andern sagte: «Wollen wir heute Nacht das Ober- oder das Unterwallis gefrieren lassen?» Sie entschieden sich für das Oberwallis und stellten einen Holzkübel voll Wasser vor die Türe gegen Aufgang. Das gefiel dem Knecht nicht, denn er war ja auch ein Oberwalliser und schüttete den Wein nicht in die Schuhe. Sobald er nichts mehr hörte, schlich der Knecht barfuss hinaus, nahm den Holzkübel, öffnete leise die Türe und stellte das Wasser unter das Bett seiner Meisterinnen. Am andern Morgen wollten sich diese nicht rühren. Sorgfältig öffnete er die Stubentüre, und was sah er? Aus dem Kübel stieg ein mächtiger Eisklotz, der das Bett bis an die Decke gehoben hatte, wo die zwei Hexen steinhart angefroren waren. Quelle: J. Siegen, Sagen aus dem Lötschental, Erweiterte Ausgabe der Gletschermärchen (1905), Lausanne 1979. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Gefrierhexen

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Früher hatten die Talleute von Lötschen viel Rebland im Gebiet zwischen Varen und Siders. Noch heute gibt es Lötscher Familien, die in Miège Weinberge ihr eigen nennen und selbst bebauen. In Clarey bei Siders heisst ein Haus das "Lötscher Gemeindehaus" das früher den Weinbauern aus dem Lötschental gehörte. Es ist ein altes Holzhaus mit einem Steinturm. In Gorin, etwa eine Stunde unterhalb Siders, lebten zwei alte Schwestern. Sie waren etwas misstrauisch und wechselten oft ihre Dienstleute. Einmal stellten sie einen Knecht aus dem Oberwallis an, den sie für einfältig hielten der sich aber als gescheit genug erweisen sollte. Dem Dienstboten fiel auf, dass die zwei Meisterinnen am Abend lange aufblieben. Es wunderte ihn, was sie zu tun hätten Eines Abends lauschte er an ihrer Türe. Da hörte er wie eine zur andern sagte: «Wollen wir heute Nacht das Ober- oder das Unterwallis gefrieren lassen?» Sie entschieden sich für das Oberwallis und stellten einen Holzkübel voll Wasser vor die Türe gegen Osten. Das gefiel dem Knecht nicht, denn er war ja ein Oberwalliser und schüttete den Wein auch nicht in die Schuhe. Sobald er nichts mehr hörte, schlich der Knecht barfuss hinaus, nahm den Holzkübel, öffnete leise die Türe und stellte das Wasser unter das Bett seiner Meisterinnen. Am andern Morgen wollten sich diese nicht rühren. Sorgfältig öffnete er die Stubentüre, und was sah er? Aus dem Kübel stieg ein mächtiger Eisklotz, der das Bett bis an die Decke gehoben hatte, wo die zwei Hexen steinhart angefroren waren. LÖTSCHEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die geharnischten Frauen

Source: Die geharnischten Frauen

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Die geharnischten Frauen Im Jahre 1299 beklagte sich die Stadt Winterthur bei König Albrecht höchlich über die Zürcher, diese hätten sich unterstanden. sie mutwillig mit Krieg zu überziehen . . . , und da es ihnen misslungen sei, fügten sie Winterthur täglich Schaden zu . . . Auf diese Anklage hin . . . besammelte der König sofort den Adel und anderes Volk zu Ross und zu Fuss und legte sich vor Zürich. Er belagerte die Stadt mit Macht, denn er meinte, hier keinen Widerstand zu finden, da der grösste Teil des zürcherischen Kriegsvolkes in der vorausgegangenen Schlacht bei Winterthur erschlagen worden war. Der König lag mit seinem besten Volke am Zürichberg beim Kratten, wo der Adel und die Reisigen viele Spiegelfechtereien anwandten. Darob erschraken die Städter, berieten, was zu tun wäre und kamen überein, Knaben und Töchter, die gross genug schienen, zu bewaffnen. Sie zogen mit Pfeifen und Trommeln in der Stadt herum, zuletzt auf den Lindenhof hinauf, dass der Feind sie sehen sollte. Als der König und die Seinen das erblickten, schätzten sie den Auflauf für ein Kriegsheer. Sie besorgten, dass sie den Zürchern keinen Widerstand entgegensetzen könnten, wenn sie aus der Stadt einen Ausbruch wagten. Damit aber der König nicht abziehen müsste, ohne etwas erreicht zu haben, liess er in die Stadt den Bericht bringen: Wenn die Zürcher Frieden begehrten und ihm als römischen Kaiser huldjgten; wenn sie kämen und ihm den Handel mit Winterthur vorlegten, so wolle er sie gnädig anhören und die Sache abtun. Dieses Vorschlages waren die von Zürich recht froh . . . ‚ und der König machte Frieden. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Nach Brennwald I, 149, ins Neuhochdeutsche übertragen, sonst unverändert Die Belagerung von Zürich fand 1292 statt.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die geheimnissvolle Hand

Source: Die geheimnissvolle Hand

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Die ältern Leute von St. Carlo (Puschlav) erzählen folgende sonderbare Erscheinung, die sie wiederholt beobachtet haben wollen. In Curvera, einem Hofe oberhalb St. Carlo, steht ein einfaches Häuschen, mit hölzerner Treppe davor. - An gewissen Tagen des Jahres, in der Abenddämmerung, werde eine grosse, magere Hand bemerkt, welche langsam die Treppe hinauf sich bewege. - Wenige Augenblicke hernach erscheine im kleinen Fenster des Stübchens ein alter Mann mit weissem, dichtem Haare und Barte; dann strecke auch die Hand zum Fenster sich hinaus. Wieder nach einigen Augenblicken verschwinden Mann und Hand. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die geheimnisvolle Schlafgängerin

Source: Die geheimnisvolle Schlafgängerin

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Der Schulmeister von Wassen übernachtete einst in einem Hause in Altdorf. Bevor er einschlief, kam ein Weibervolk zu ihm ins Bett, das einen Lumpen um den Kopf gebunden hatte, und legte sich in den Kleidern zu ihm, so nahe, dass es nicht näher hätte können. Der Mann stand eine heillose Angst aus; jedes seiner Haare bekam einen Schweisstropfen. Erst am Morgen, als es anfing beten zu läuten, ging das unheimliche Weibervolk weg. Frau Regli-Baumann, Wassen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die geheimnisvolle Ziege

Source: Die geheimnisvolle Ziege

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Gegen Mitternacht kehrte ein kräftiger und kluger Liedertswiler vom vordern Frenkental heim. Er war guter Dinge und rauchte seinen Stumpen. Als er dem Eichhübel zuschritt, trat der Mond aus dem unruhigen Gewölk hervor, und da erschrak unser grosser Heinrich ganz gehörig. Was sah er? Eine mächtige Ziege, wie sie im ganzen Dörflein keiner besass, stand rechts oben auf dem Strassenbord und sprang mit einem gewaltigen Satz dicht an Heinrich vorbei über das Strässchen hinweg auf den untern Hang und lief zum Weigischbächlein hinab, wo sie in der Richtung des Ludiwaldes verschwand. Heini blieb lange wie verdonnert stehen und konnte sich die Erscheinung gar nicht erklären. «Ich bin keineswegs abergläubisch,» sagte er, als er sein Erlebnis erzählte, «aber diese Ziege, die hab’ ich mit eigenen Augen gesehen und da gibt es nichts zu deuteln und zu zweifeln.» Man fragte ihn, ob er die Farbe der Ziege noch im Gedächtnis habe. «Sie war weiss und schwarz gefleckt.» Ob sie Hörner gehabt, wusste er nicht. Heinrich glaubte im übrigen keineswegs an Spuk und war ein aufgeklärter Mann. Daher mass er der Erscheinung auch keine Bedeutung bei. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Die Geister am Riedberg

Source: Die Geister am Riedberg

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Der Berg Ried soll einstmals der Aufenthaltsort dreier Geister gewesen sein, welche die Bewohner von Zermatt vielfach belästigten; ja man wollte gehört haben, dass sie sich zum Untergange des ganzen Tales verschworen hätten. Diesem Unglücke zuvorzukommen und endlich der immerwährenden Neckereien los zu werden, liessen die Zermatter aus der Abtei St. Moritz den Abt mit einigen Ordensmännern kommen, um die Geister zu bannen. Mönche begaben sich auf den Riedberg und beschworen die Geister, sich zu zeigen. Es erschienen die Geister, auch der stumme, den man bisher noch nie ein Wort hatte sprechen hören. Diesmal war er nicht mehr stumm, er war der wütendste und gesprächigste. Als einer der Patres den Überlauten zur Rede stellte, sprach er: «Ich bin dir keine Antwort schuldig, weil du ein Dieb bist.» Der Pater hatte nämlich beim Hinaufgehen ein wenig Gras aus einer Wiese in seine Schuhe gestopft, weil sie ihn drückten. Nachdem er sein Gewissen wieder gereinigt hatte, stellte er den Geist nochmals zur Rede, und dieser gestand ihm dann, er und seine Gehilfen hätten sich vorgenommen, durch einen grossen Felssturz die Vispe so anzuschwellen, dass Zermatt hoch über den Kirchturm hinaus unter Wasser liegen würde; sodann wollten sie plötzlich den Damm durchbrechen und auch das äussere Tal zugrunde richten. Hierauf nahm der Beschwörer den Geistern die Macht zu schaden und verbannte sie nach verschiedenen Orten, den einen in die äussern Berge, den andern nach Zumtaugwald, den dritten in die Messweiden. ZERMATT Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Geister an der Ehrlenmauer

Source: Die Geister an der Ehrlenmauer

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Die so enannte Ehrlenmauer zog sich vom östlichen Fusse des Stanserhorns gegen die Engelberger Aa hin, quer über die Oberdörferallmend. Sie ist längst abgetragen und ihre Reste dienen jetzt mit Erde bedeckt als Wall gegen allfällige Überschwemmungen der Aa. Früher war sie der beständige Sammelplatz der Geister. Wer nach Bettglockenläuten dort vorbeiging, soll oft feurige Männchen oder Kinder im weissen Kleid mit brennenden Kerzen über sie wandeln gesehen haben. Da wo die Strasse nach Engelberg die Mauer durchschnitten hatte, stand ein „Helgenstöcklein“. Die Leute beteten beim Vorbeigehen hier einen englischen Gruss. Einst vergass ein Mann von Stans das Gebet und verlor deswegen den Weg. Er wollte nach dem kaum zwei Minuten entfernten Dörfchen Büren hingehen, kam aber fünfmal immer im Kreise herum und wieder zum Helgenstöcklein zurück. Als er dann den englischen Gruss betete, fand er den Weg sogleich. Ähnliche Geschichten erzählt der Volksmund noch aus jüngsten Jahren. Es sollen Leute die ganze Nacht bis Morgen früh dort herumgeirrt sein und erst durch die Bettglocke von Stans vom Banne befreit worden und auf den rechten Weg gekommen sein. Leute, die nachts von Thalwil nach Stans gingen, wollen hoch am Walde vom Stanserhorn ein „weheliches" Geschrei gehört haben. Es sollen die Seelen von Holzdieben sein, die da wandeln müssen.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Die Geister auf dem Rathaus

Source: Die Geister auf dem Rathaus

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Als eines Morgens früh der Abwart des Rathauses in Andermatt den Ratsaal betrat, siehe! da waren die Ratsherren alle beieinander. Es waren aber nur ihre Geister. In der Mitte stand »Einer«, man glaubt, der Teufel, und sagte: »Dur dass Barmäloch durä miënt all!« Mich. Simmen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Geister auf der Alpe

Source: Die Geister auf der Alpe

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Auf der Riederalpe ereigneten sich früher oft merkwürdige Dinge, so dass es keinen Sommer ohne grossen Schaden am Vieh abging. Um von dieser Plage frei zu werden, musste man dem "Toten" drei Dinge versprechen: Erstens im Riederwald ein Bildhäuschen errichten, zweitens auf der Moosfluh ein Kreuz aufstellen und drittens nie an einem Mittwoch die Alpe bestossen. Von da an hatten die Geister Ruhe. RIED-MÖREL Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Geister auf der Jungfrau

Source: Die Geister auf der Jungfrau

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Wenn die Alpen unter der Last des Winterschnees begraben liegen, Menschen und Vieh zu Tal gezogen sind, und in den zugeschneiten Hütten die Männer beim flackernden Kienspan Holzwaren schnitzeln, und die Weiber an der Spindel zupfen, beginnt die Herrschaft der Berggeister. Dann steigen sie s aus ihren Sommerpalästen, den Höhen des Finsteraarhorns, der Jungfrau und ihrer Nachbarn, tiefer herab in die niederen Gegenden, sammeln sich in den Schlünden und Tobeln der Felsen, scherzen mit der Wut der Elemente, heulen grausame Zaubergesänge, zu welchen der Sturm die Begleitung pfeift. Oft stellen sie sich auf die vereisten Firsten, necken sich und werfen einander Schneelasten, ungeheure Lawinen zu. Da sie alles hassen, was Leben zeigt, üben sie auch gern und häufig die Jagd. Mit lautem Hallo jagen sie dann pfeifend, klappernd und rasselnd hinter den schönen Gemsen her. Ihr grösster Hass trifft aber die Menschen. Wehe daher dem Wanderer, der zu solcher Zeit sich in ihren Bereich wagt oder dem Jäger, der ihr Revier durchstreift, dem Strahler, der ihre Wohnungen, das Bergesinnere, ihres schönsten Schmuckes, der Strahlen oder Kristalle zu berauben trachtet! Ihnen allen droht der sichere Tod. Quelle: Hans Michel, Ein Kratten voll Lauterbrunner Sagen. Wengen 1936. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Geister auf der Jungfrau

Source: Die Geister auf der Jungfrau

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Wenn die Alpen unter der Last des Winterschnees begraben liegen, Menschen und Vieh zu Tal gezogen sind und in den zugeschneiten Hütten die Männer beim flackernden Kienspan Holzwaren schnitzeln und die Weiber an der altmodischen Spindel zupfen, beginnt die Herrschaft der Berggeister. Dann steigen sie aus ihren Sommerpalästen, den unzugänglichen Höhen des Finsteraarhorns, der Jungfrau und ihrer Nachbarn, tiefer herab in die niederen Gegenden, sammeln sich in den Schlünden und Tobeln der Felsen, scherzen mit der Wut der Elemente, heulen grausame Zaubergesänge, zu welchen der Sturm die Begleitung pfeift. Oft stellen sie sich auf die vereisten Firsten und fordern einander höhnend heraus, necken sich in lächerlichen Entgegnungen und werfen einander Schneelasten, ungeheure Lawinen zu. Da sie alles hassen, was Leben zeigt, üben sie auch gern und häufig die Jagd. Mit lautem Halloh jagen sie dann pfeifend, klappernd und rasselnd hinter den schönen Gemsen drein. Ihr grösster Hass trifft aber die Menschen. Wehe daher dem Wanderer, der zu solcher Zeit sich in ihren Bereich wagt oder dem Jäger, der ihr Revier durchstreift, dem Strahler, der ihre Wohnungen, das Bergesinnere, ihres schönsten Schmuckes, der Strahlen oder Kristalle zu berauben trachtet. Ihnen allen droht der sichere Tod.    Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Geister der Jungfrau

Source: Die Geister der Jungfrau

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  Wenn die Alpen unter der Last des Winterschnees begraben liegen, Menschen und Vieh zu Tal gezogen sind und in den zugeschneiten Hütten die Männer beim flackernden Kienspan Holzwaren schnitzeln und die Weiber an der altmodischen Spindel zupfen, beginnt die Herrschaft der Berggeister. Dann steigen sie aus ihren Sommerpalästen, den unzugänglichen Höhen des Finsteraarhorns, der Jungfrau und ihrer Nachbarn, tiefer herab in die niedrigen Gegenden, sammeln sich in den Schlünden und Tobeln der Felsen, scherzen mit der Wut der Elemente, heulen grausame Zaubergesänge, zu welcher der Sturm die Begleitung pfeift. Oft stellen sie sich auf die vereisten Firsten und fordern einander höhnend heraus, necken sich in lächerlichen Entgegnungen und werfen einander Schneelasten, ungeheure Lawinen zu. Da sie alles hassen, was Leben zeigt, üben sie auch gern und häufig die Jagd. Mit lautem Hallo jagen sie dann pfeifend, klappernd und rasselnd hinter den schönen Gemsen drein. Ihr grösster Hass trifft aber die Menschen. Wehe daher dem Wanderer, der zu solcher Zeit sich in ihren Bereich wagt oder dem Jäger, der ihr Revier durchstreift, dem Strahler, der ihre Wohnungen, das Bergesinnere, ihres schönsten Schmuckes, der Strahlen oder Kristalle zu berauben trachtet! Ihnen allen droht der sichere Tod.   Quelle: Sagen aus dem Berner Oberland von Hermann Hartmann     Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Geister im brennenden Hause

Source: Die Geister im brennenden Hause

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a) Bejahrte Leute, die das alte Haus in der Hofstatt (ehemals Helgossingen) ob der Kirche zu Spiringen abbrennen sahen, behaupten, sie hätten dabei einen geheimnisvollen, unbekannten Mann beobachtet, der mitten im Feuer stand und mit dem Oberleib beständig Verbeugungen machte oder, nach andern, mit kreuzweise übereinander gelegten Händen im Feuer herumspazierte. Sepp-Chaspis Anni schaute auch dem Brande zu, hielt ein unschuldiges Kind auf seinen Armen, guckte diesem über die rechte Schulter und sah eine ganze Menge armer Seelen in dem brennenden Gebäude. Lange bevor das Haus abbrannte, hatten die Insassen öfters »Einen« gesehen zu einem Fenster hereinschauen. Diese Seitenwand des Hauses blieb beim Brande verschont. In den Flammen kamen zwei kleine Kinder und ein älteres Toggeli (schwachsinniges Mädchen) um, und man vernimmt nicht selten etwa folgenden Ausspruch: »Das het feerm miässä sy, dass das Hüs värbrunnä isch, da hend armi Seelä uf die zwei Chind blanget«, und »Das wett ich noch gloibä«, bestätigt etwa der ein oder andere Zuhörer. – Später sah man oft die zwei Kinder, schön weiss gekleidet, mit dem Toggeli fröhlich lachend und spielend um die Brandruinen herum springen und laufen. Johanna Aufdermauer-Arnold, 78 Jahre alt Josef Ziegler, Altdorf und a. b) Als vor einigen Jahrzehnten das Haus im Spiss abbrannte, sah man eine weisse Taube in den Flammen herumfliegen. Franz Gisler c) Mitten in den Flammen eines brennenden Hauses zu Schattdorf – es ist noch nicht so lange her – sah man das Chropfteeni, ein Weibervölkli, das schon lange tot war und von dem man wusste, dass es als Geist im Hause umging, weil es im Leben viel ungerechtes Gut an sich gebracht hatte. Frau Inderkum d) Auch der Manschettler, ein wandelnder Geist in Isental, wurde zum letzten Male in den Flammen eines abbrennenden Hauses gesehen. Josef Imholz, Spiringen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Geister im Scalära-Tobel

Source: Die Geister im Scalära-Tobel

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Wer nicht an Geister glauben will, Soll nach Sealära gehen; Dort hat der Teufel oft sein Spiel, Dort kann er Geister sehen. Gespenstige Gestalten In diesem Tobel walten. –   Hu! Hu! Wie weht's so schauerlich Im öden Steingeklüfte! Zerriss'ne Felsen heben sich Dort ringsum in die Lüfte, Und düst're, schwarze Tannen An Felsen einsam hangen. –   Man hört im toten Felsgestein Nur Wasser tobend brausen, Der scheuen Eule nächtlich Schrei'n, Der Winde stöhnend Sausen, Der Steine donnernd Fallen In dumpfem Wiederhallen.   Ja wahrlich, wer den Schauder liebt, Kann dort noch bessern finden, Als je es in Romanen gibt, Und gratis ihn empfinden; Dort kann man deutlich sehen Die Haar' zu Berge stehen.   Denn liebe Leut', noch oben d'rein Ist's dorten nicht geheuer; Nach alten Sagen soll dort sein Das Curer Fegefeuer. Wer Recht nicht tut im Leben, Muss sich dorthin begeben.   Kaum liegt dann so ein armer Thor Im Grabe tot, so bannen Zwei Kapuziner ihn hervor Und führen ihn von dannen. Dem Geist zu beiden Seiten Sie nach dem Tobel schreiten.   Von jeder Zunft, von jedem Amt', Wie sie auch Namen führen, Sind Einige dorthin verdammt, Die sie repräsentieren. Ja, leise darf man sagen, Man sah auch Pfarrerskragen.   Nun sieht man oft im Mondenschein Sie an den Felsenwänden, Der Eine hält, ein Freund vom Wein, Ein leeres Glas in Händen; Tut traurig es begucken, Weil nichts mehr d'rinn zu schlucken.   Man sah auch Herr'n der Obrigkeit Sich ab die Finger beissen, Weil sie gebrochen ihren Eid, Und stückweis' weg sie schmeissen; Doch kann ich Nichts beweisen, Weiss nicht, wie sie geheissen.   Ein And'rer an den Fingern zählt, Und trägt auf seinem Rücken Den Armen abgepresstes Geld, Es will ihn fast erdrücken. Ein Schneider, unverholen, Schleppt Tuch, das er gestohlen.   Ein Bäcker wiegt beständig Brod, Er wollt' zuviel einst sparen, Jetzt fehlet immer ihm ein Loth, D'rurn kratzt er in den Haaren. Ein Müller sitzt auf Säcken Und möchte sie verstecken.   Ein Anderer muss blätterweis' Ein Kartenspiel verzehren. Man sieht ihn an der magern Speis' Die Augen stark verkehren, Denn sein verwöhnter Magen Kann sie nicht gut vertragen.   Dann sieht man auch, man glaubt es blos, Dort alte Advokaten Auf einem hohen Aktenstoss Die eig'nen Zungen braten, Die sie sich ausgeschnitten, Weil sie zu viel gestritten.   Ein Gerber hat erschrecklich heiss, Er muss bedeutend schwitzen; Um dann mit seinem sauren Schweiss Das Leder anzuspritzen. Die Lederhändler müssen Ihm helfen, es begiessen.   »Hilf mir, o heiliger Martin!« Hört einen Wirt man schreien; »Ich kam zu oft einst zu dir hin, Das muss ich jetzt bereuen. Hilf mir das Wasser saufen, Das ich gebraucht zum Taufen.«   Ein Metzger muss zu seinem Fluch Mit sich die Waage führen, Statt Ochsenfleisch im Metzgerbuch Oft Kuhfleisch korrigieren. - Nun aber sind auch Frauen An diesem Ort zu schauen.   Man sah vor wenig Wochen blos, Dass Frauen auf den Tannen, Geschmückt, ein Hündchen auf dem Schooss, Mit grossem Eifer spannen, Weil sie sich nicht im Leben Mit Spinnen abgegeben.   Und And're reinigen vom Schlamm Das Tobel mit dem Besen; Und And're auf bemoostem Stamm Romanenbücher lesen; Und Andere berichten Verläumdende Geschichten.   Wie schon gesagt, hält jeder Stand Sich dort Repräsentanten; Besonders sind dann noch bekannt: Goldschmiede, Negotianten, Viel Wirte, Schuster, Färber Und arge Frauensperber. –   Zuweilen kommt die Geisterschar Um Mittnernach zusammen, Und zieh’n zu Rosse, Paar an Paar, (Die Rosse schnauben Flammen) Zum Rheine, in die Fluten Zu löschen ihre Gluten.   Der Letzte von der Reiterei Ein ledig Pferdchen führet, Und frägt man ihn, wozu es sei, So spricht er: »Es verlieret Bald Der und Der das Leben, Dem wird es dann gegeben.«   Wann in der Nacht des Sankt Crispin So würzig sind die Lüfte, Dann zieh'n sie auch zum Rheine hin Und saugen ein die Düfte, Die bis zu ihnen dringen, Und lassen Gläser klingen.   Sie denken an die alte Zeit, Die, ach, für sie verloren, Und klagen sich ihr Herzeleid, Und geben dann die Sporen, Und, hurra, hopp geht's weiter, Und Funken sprüh'n die Reiter.   Mitunter gibt's auch einen Ball  Im Winter auf dem Eise, Sie tanzen ohne Klang und Schall, Man sieht sie still und leise Im Menuett sich drehen, Den Walzer sie verschmähen.   Geschmolz'ner« Schwefel wird serviert, Die Sterne sind die Lichter, Der Schwarze selber dirigirt. – Die bleichen Grabgesichter Der Männer und der Frauen Sind grausenhaft zu schauen.   Wer etwa das nicht glauben will, Was eben ich berichte, Und sagt, es sei ein leeres Spiel, Erlogen die Geschichte, Soll die von Trimis fragen, Die können es ihm sagen.   Die werden im Nachhausegeh'n Oft durch den Spuck gestöret. Sie hören, was kein Aug' geseh'n Seh'n, was kein Ohr gehöret! - Was in kein Herz gekommen, Das haben sie vernommen. –   Was aber mich am meisten quält Bei diesen Geistersachen, Ist, dass auf jene Tobelwelt Auch Beisäss Anspruch machen, Das ist zu unbescheiden, Kein Bürger darf das leiden.   Die schlechten Beisäss kommen all' Direkte in die Hölle, Es wäre ein zu grosser Schwall Für jene kleine Stelle. Nur Curer sind so nobel Zu kommen in das Tobel.   Es ist ihr Privilegium, Das G'meingut ihrer Geister, Nur sie rumoren dort herum, Dort spielen sie die Meister . Und diesen alten Glauben Soll mir kein Beisäss rauben.   Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Geister in der Kirche

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Eines Abends holten zwei Mädchen nach dem Betzeitläuten Kränze vom Grabe ihres Grossvaters. Als sie an der offenen Kirchentüre vorbeigingen, sahen sie im Chor eine grosse weisse Gestalt mit ausgebreiteten Armen und vor ihr in den Kirchenbänken eine zahlreiche Versammlung von Geistern. Die beiden Mädchen wagten nicht, längere Zeit hinzusehen, sondern liefen angstvoll nach Hause. Buus Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Geister in der Tschafelalpe

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Die Tschafelalpe, zwei Stunden von Ems entfernt, liegt jenseits des Turtmannbaches in einer sonnigen, angenehmen Lage eine hübsche, kleine Kapelle. Wohnungen und Ställe bilden ein kleines Alpdörfchen; darin trug sich vor Jahren folgende Begebenheit zu: Zwei Jäger, einer von Stalden, der andere unbekannten Wohnortes, hatten sich das Wort gegeben, zwei Tage vor Weihnachten sich an diesem Orte einzufinden, um von dort aus auf die Jagd zu gehen. Der Jäger von Stalden traf am bestimmten Tage ein, nicht aber der andere. Der Jäger war nun gezwungen, allein die Nacht in einer Wohnung zuzubringen. Um die Mitternachtszeit hörte er einen grossen Lärm und ein starkes Geräusch. Schellengeläute Jauchzen und Rufen der Hirten wurden nach und nach hörbar. Endlich öffnete sich die Türe, die Geister in Älplertracht traten ein, holten sich die Melkeimer und gingen ans Melken. Nach dieser Arbeit wurde das Käsen besorgt. Sobald es fertig war, ging der Senne hinaus, um die Schweine zu füttern, und lockte sie durch Gepfiff und Rufen herbei. Sie kamen aber unter solchem Lärm und Geschrei, dass dem Jäger weh und angst wurde. In dieser Not versprach er, jährlich eine Wallfahrt nach Glis zu machen, wenn er glücklich diese unheimliche Gesellschaft los würde. Da verschwanden die Geister. Am nächsten Tage, als sich der Jäger vom Schrecken erholt hatte, ging er nach Hause zurück und hielt sein Versprechen. EMS Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Geister von Greifensee

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Im sogenannten alten Zürichkrieg im Jahr 1444 erlag das Städtchen Greifensee der Belagerung der sieben Orte der Eidgenossenschaft, nachdem seiner Besatzung, die aus 61 redlichen Männern bestand, an deren Spitze der tapfere Hans von Breiten-Landenberg, von dem Anführer  der Eidgenossen, dem Ital Reding von Schwyz, freier Abzug versprochen worden war. Dieses Versprechen wurde treulos gebrochen; unfern dem Dorfe Nänikon auf einer großen Wiese wurden sämtliche 61 Mann schmählich enthauptet. An der Stelle auf der Wiese, wo dies geschah, wächst seit jener Zeit kein Gras, auch soll alle Jahre am Jahrestag dieser Schandtat dort in der Nacht ein geisterhafter Zug gesehen werden, welcher, den treulosen Ital Reding in der Mitte, dreimal diesen Platz umschwebt und dann mit einem herzzerreissenden Schrei verschwindet. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Geister von Gsteig

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Hinter Gsteig im Saanenlande ist eine wüste, mit zahllosen Felsblöcken wirr besäte Stätte, "in den grossen Steinen" benannt. Hier hausten vor Zeiten böse Geister. Lange trieben sie ihr Unwesen, da kam endlich ein Kapuziner in jene Gegend, der zu Salamanca das Geisterbannen gelernt hatte. Flehentlich baten ihn die Bewohner von Gsteig, dass er sie von der gefährlichen und unheimlichen Nachbarschaft befreie. Nach langem Zögern willigte der fremde Kapuziner in das Wagestück und begab sich nach der Stätte, von welcher er die Geister auf ewig bannen sollte. Von einem Kalkfelsen herab begann er seine Bannsprüche, heilige Worte und heilige Zeichen, den Geistern entgegen zu schleudern. Der satanischen Macht gegenüber aber waren dieselben nicht kräftig genug. Wild stürmten die Geister gegen den Felsen an, auf welchem der Beschwörer stand und suchten mit aller Kraft, ihm denselben unter den Füssen hinweg zu reissen. Kaum, dass der fromme Vater diesem Kampf standzuhalten vermochte; aber immer fester trat sein Fuss auf, tief in den Felsen sich bohrend, der unter ihm schon zu wanken begann. - Da, noch ein Bannspruch, der kräftigste von allen! Und siehe da, die Geister wichen für ewig. Der Fusseindruck des Paters aber ist noch heute auf jenem Felsen zu sehen. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Geister von Radegg

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Die Geister von Radegg In Rüdlingen wird erzählt: In tiefer, dunkler Nacht kam ein Mann zu Fuss auf der Strasse um den Irchel. Als er bei der BurgsteIle Radegg vorbeikam, sah er einen hellen Schein, und wie er näher zuschaute, sah er die Ritter, wie sie ein Gelage abhielten. Es war dem Manne sehr ungemütlich, die verstorbenen Ritter zu sehen, und er rief aus: „Alle guten Geister loben Gott den Herrn!“ Im Augenblick war alles verschwunden, und es stieg nur noch Nebeldampf auf. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Unterland Gchr. Flach, 1931   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Geister zu Maur

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Die Geister zu Maur In der Burg Maur soll noch im 19. Jahrhundert „etwas“ umgegangen zu sein. Die bösen Geister, die dort überall rumorten, wurden einst in ein Zimmer gebannt, wo sie aber nur kurze Zeit verharrten. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Gchr. Maur 1917; Stauber, S. 17   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Geister zu Niederweningen

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Die Geister zu Niederweningen In einem Hause zu Niederweningen zeigten sich vor vielen Jahren unheimliche Erscheinungen. Es geistete. Oft fuhr es durchs Haus wie der Blitz. Da riet jemand dem Eigentümer, er solle nachts zwölf Uhr an einem Kreuzweg ein Katzenherz vergraben, und zwar müsse es während des Glockenschlages geschehen. Der Mann führte den Rat aus, und von Stund an hatte er Ruhe. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Unterland Nach Stauber, S. 17, leicht umstilisiert.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Geister-Predigt

Source: Die Geister-Predigt

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Es war zur Zeit, da der Freiherr J.J. Rost auf dem bischöflichen Stuhle von Cur sass, also zwischen 1728 und 1754, ein gewisser Tappeiner von Schlanders damals Hofmeister, ein gar gestrenger Herr. In der heil. Osterzeit (während dieses Zeitraumes) eines Morgens früh, da es noch dunkel war, wackelte der alte Messmer mit seiner Laterne über den Hof, um zur Frühmesse zu läuten. Beim Eingange in die Kirche (denn damals noch musste man durch die Kirche gehen, um in den Turm zu gelangen, indem die jetzige Eingangs­türe in Denselben erst später erstellt wurde) huschte eine dunkle Gestalt an ihm vorüber. Wie er die Kirchen-Türe öffnete, eintrat, und aufschaute, sah er von einer Menge schattenartiger Gestalten sich umgeben, unter denen er meh­rere erst jüngst Begrabene erkannte. Entsetzt liess er seine Laterne fallen, und entwich zurück, in sein Käm­merlein. – Bei Anbruch des Tages entbietet ihn der Hofmeister, der ohnehin Groll gegen den Messmer hatte, zum Bischofe, der ihn erzürnt fragte, warum er nicht zur Frühmesse geläutet habe. Der Alte erzählte ihm von der Erschei­nung, doch der Bischof gab ihm kein Gehör, wohl aber einen strengen Verweis, und bedrohte ihn mit schwerer Strafe, wenn er das Läuten je wieder versäumen sollte. In der zweiten Nacht ging der beängstigte Messmer denselben Weg, schaute diesmal weder rechts, noch links, obgleich gar Manches ihm ver­dächtig erschien. An allen Gliedern zitternd, tritt er in den Dom ein. Dort schaut er auf, und findet die Kirche »g'steckt voll« (angefüllt mit) Leute, eine gespenstige Gemeinde. Auf der Kanzel aber steht ein schlotterndes Gerippe, das ihm (dem Messmer) die dürren Knochenhände entgegenstreckt. Der Messmer lässt Alles sein, wie es sein will, denn mit Geistern ist nicht gut verkehren, das hat er oft erzählen und sagen gehört. Er stürzt aus der Kirche, und - die Domherren hören abermals kein Läuten zur Frühmesse. Der Bischof lässt beim Anbruch der dritten Nacht den »Geisterseher« (den Messmer) samt seinem Bette in die Sakristei sperren, damit er ja nicht das Läuten versäume, und auch nicht durch die Kirche gehen müsse. Sollte er aber auch das dritte Mal das Läuten versäumen, werde er ohne Gnade vom Posten gejagt, das wird ihm versichert. – Aber es hat auch in der dritten Nacht nicht geläutet, und – der Messmer war und blieb verschwunden. Keine Spur war von ihm übrig, nur in der Cripta, unter dem Chorbogen, fanden sich seine Schuhe. – Was er nun in dieser dritten Nacht gesehen oder erlebt, oder was ihm begegnet ist, weiss Niemand.   Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Geister-Sau

Source: Die Geister-Sau

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Die Gegend, wo heute (1878) die Mühle und die Säge in Räzüns stehen, heisst Giu Morè (beim Gottesacker drunten). Dort begrub man vor Zeiten die an der Pest Verstorbenen. Und eben im Giu More sieht man dann und wann eine riesige Sau mit fünf Jungen, und zwar zwischen Nacht und Tages-Anbruch. Diese gespenstigen Tiere haben feurige, furchtbar grosse Augen, die Sau so gross wie Wagenräder, die Jungen aber nur wie Pflugsräder. Nicht jedermann kann sie sehen, sondern nur solche, die zu gewissen Stunden das Licht der Welt erblickt haben, wie z.B. die Rosa Maron, die einmal vor Tagesanbruch dorthin sich begeben hatte, um beim Morgen­grauen die, über Nacht gefallenen Birnen aufzulesen. - Sie sagte, lange hätten die bösen Tiere sie herumgejagt, und sie habe immer in einem gewissen Kreise herumlaufen müssen, bis der Messmer in St. Paul den Tag angeläutet habe. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die geisterhaften Sennen

Source: Die geisterhaften Sennen

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In den Closterser-Alpen gehen immer noch Sennen um, die, wegen ihrer Vergehen bei Lebzeiten, keine Ruhe finden können; sie zeigen sich vor­nehmlich beim Wetter-Wechsel. - So hat die »Mönch-Alpe« ihren Namen von einem Geiste, der in Mönchsgestalt dort umgeht. Der war auch Senne, welcher aber durch Be­trügerei, die er verübt, um die Seligkeit gekommen ist. - In der »Stutz-Alpe« regiert das »Stutz-Mannli«, der Geist eines graubär­tigen Hirten, der als ungerechter Hüter das ihm anvertraute Salz nicht gleichmässig unter alle Kühe verteilte. Zeitweise jauchzt und jodelt er; oft aber vernimmt man auch sein Geheul und Gejammer. - Bei Nebel- oder Regenwetter bekommt man ihn zuweilen, doch immer ungeahnt, zu sehen. - Will man es aber darauf anlegen, auf unberufene Art und Weise den Geist zu schauen, wird man nichts Anderes, als eine dichte, milchweisse Nebel­wolke zu Gesichte bekommen; dafür trägt man ein furchtbar geschwollenes Gesicht davon, mit vielen Blattern. - In den »Kuh-Alpen« hauset, wenn das Vieh im Herbste längst schon talwärts gezogen ist, der »Geister-Senne«. Der hat bei Lebzeiten im »Molchen« (Alp-Erzeugnisse) Untreue geübt, und kann nach dem Tode nun und nimmer so vielen Ersatz »zusammenkäsen« aus den Milchtropfen, die Sommers über verschüttet wurden, oder verloren gingen, - als er ver­untreut hat. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Geisterküche

Source: Die Geisterküche

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Ein Sigrist hatte einen Sohn, der war so wild und unbändig, dass der Vater mit sich zu Rate ging, wie er seinen Übermut dämmen könnte. Fürs erste stellte er einen Strohmann in den Kirchturm und schickte dann den Knaben bei Nacht in den Turm hinauf, noch die Uhr aufzuziehen. Aber der Junge schlug einfach den Popanz über die Stiege hinunter und brachte ihn lachend in die Stube hereingehuckelt. Da merkte der Vater, hier müsse man etwas Klügeres tun, und ließ ihn das Schneiderhandwerk lernen, um ihn in die Fremde zu schicken, damit er sich hier die Hörner abstoße. Der Junge blieb aber der gleiche. Auf seiner Wanderschaft wollte er einst mitten im Walde in einem einsam liegenden Häuschen übernachten, aber niemand öffnete, und er erbrach zuletzt die Türe. Kein Mensch war drinnen, doch brannte auf dem Tisch ein Licht. Während er sich's darin bequem machen wollte, kamen zwei Männer in die Stube getreten, die ihn einige Zeit anstutzten, dann aber nach kurzem Gespräche ihm gestanden, das Haus habe gar keinen Herrn mehr, denn es sei gespenstisch. Ihnen aber diene dies dazu, ihre Diebereien hier verbergen zu können. Als der Geselle um das Nähere fragte, vernahm er, eine weiße Frau hüte hier einen Schatz und erscheine regelmäßig um die Geisterstunde. Nun verbündeten sie sich zu dritt, heute diesen Schatz zu heben. Bis Mitternacht war es aber noch lange, der Hunger war nicht gering, und weil die Diebe Mehl und Schmalz im Hause hatten, suchte der Geselle ein Mahl zu rüsten, machte in der Küche ein Feuer, und in kurzer Zeit küchelte er schon am Herde. Da hörte er, noch ehe die Mitternachtsstunde da war, aus dem Schlot herunter eine Stimme rufen: "Flieh, oder ich falle!" "Nur zugefallen!" antwortete er unbesorgt, und gleich fiel ein Schenkel durch den Kamin herab auf den Herd. Er schleuderte denselben in einen Winkel der Küche, tat die Pfanne wieder übers Feuer und röstete weiter an den Schmalzküchlein. Bald hörte er die Stimme aus dem Schlote abermals, und er gab abermals dieselbe Antwort; da lag der andere Schenkel vor ihm am Herde. Er warf ihn zum ersten, und so ging es fort, bis zuletzt alle Glieder und Stücke eines Menschenkörpers da waren. Sobald er auch den Kopf zu den übrigen Teilen geworfen hatte, fügte sich alles zusammen, ein großer Mann richtete sich hinten in der Küchenecke auf und trat zu ihm heran. Der Bursche fragte ihn höhnisch, wo er denn sein Weib habe. "Sie wird nachkommen", antwortete der Mann. "Um so besser", sagte der Geselle, "setze dich also derweilen dort in jene Ecke." Der Mann gehorchte, und der Geselle trug nun sein fertiges Gebäck auf. Als er mit der Schüssel über den Hausgang in die Stube gehen wollte, kam ihm eine schneeweiße Frau entgegen. "Aha", sagte er, "das ist wohl diejenige, welche hier den Schatz hütet. Nun ja, so mag sie vorderhand zu Tisch kommen und ihren Mann, der dort im Winkel sitzt, mit hereinbringen." So ging er mit der Schüssel voran in die Stube, und das Paar folgte ihm. Alle saßen zu Tisch, jedoch wollten die Geister nichts genießen. Nach dem Essen forderte der Geselle die Frau auf, ihm die Mittel anzugeben, wie sie erlöst werden könne, und versprach ihr, standhaft und beherzt zu bleiben. Nun leuchtete sie ihm bis zu einem altertümlichen Bette voran, in welchem ein gewichtiger Schlüssel lag. Dieser passte im Hauskeller zu einer Eisentüre, und nach dreimaligem Umdrehen ging das Schloss auf. Die Frau trat mit dem Licht hinein. Da erblickten sie im Gewölbe einen Hahn mit feurigem Kamm, der sich auf dem Rücken eines gewaltigen Zottelhundes ausspreizte. Der Hund aber kauerte knurrend auf einer großen Kiste, während der Hahn dazu krähte, dass er sich selber fast überpurzelte. Der Schneider ließ sich von allem nicht dumm machen. Aller Grimassen ungeachtet, verscheuchte er erst die Ungetüme und schloss, sobald sie zum Keller draußen waren, die Türe zu. Dann legte er wohl besonnen sein Schurzfell ab. Mit dem zweiten Schlüssel, den ihm nun die weiße Frau einhändigte, öffnete er die Kiste, und sie lag bis oben voll Gold. Sogleich aber warf der Geselle sein Schurzfell darüber, weil er wusste, dass man jedem Geisterschatze, der nicht mehr entweichen soll, etwas von unsern eigenen Sachen beilegen muss. Kaum war dies geglückt, so sagte er der weißen Frau und ihrem Manne: "Jetzt könnt ihr gehen", und augenblicklich waren beide verschwunden. Nachher haben sich die drei, der Schneider und die Diebe, in die Schätze friedfertig geteilt, und der alte Sigrist sah seinen Sohn als reichen Mann wiederkehren.   Quelle: Otto Sutermeister, Kinder- und Hausmärchen aus der Schweiz. Aarau 1873. Nr. 3.?(Aargau). AaTh 401. Aargau. (Nach E. L. Rochholz : Schweizersagen aus dem Aargau I, S. 166.)        Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Geisterküche

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Der muthige Sigristensohn im Dorfe Kulm war ein Jugendgespiele jetzt bejahrter Männer des Kulmerthales. Sein Vater wusste den wilden Buben nicht zu bändigen und meinte seinen Uebermuth durch allerlei Schreckmittel dämmen zu sollen. So stellte er einmal einen Strohmann in den Kirchthurm und schickte dann den Knaben bei Nacht in den Thurm hinauf, dorten noch die Uhr aufzuziehen. Der schlägt aber einfach den Popanz über die Stiege hinunter und bringt ihn dann lachend in die Stube herein gehuckelt. Der Vater merkt endlich, hier müsse man etwas Klügeres beginnen und lässt ihn das Schneiderhandwerk lernen, um ihn in die Fremde zu schicken, in der er sich die Hörner abstossen soll. Der Sohn blieb aber der Gleiche. Auf seiner Wanderschaft wollte er einst mitten im Walde in einem einsam liegenden Häuschen übernachten; aber Niemand öffnet und er erbricht zuletzt die Thüre. Kein Mensch ist drinnen, doch brennt auf dem Tische ein Licht. Während er sich's dabei bequem machen will, kommen zwei Männer in die Stube getreten, die ihn einige Zeit anstutzen, dann aber nach kurzem Gespräche ihm gestehen, das Haus habe gar keinen Herrn mehr, denn es sei gespenstisch, ihnen aber diene dieser Umstand dazu, ihre Diebereien hier verbergen zu können. Der Geselle, der um das Nähere fragt, vernimmt, eine weisse Frau hüte hier einen Schatz und erscheine regelmässig um die Geisterstunde; und so verbünden sie sich zu Dritt, heute diesen Schatz zu erheben. Aber bis Mitternacht ist's noch lange, der Hunger ist nicht gering, die Diebe haben Mehl und Schmalz im Hause; also sucht der Geselle ein Mahl zu rüsten, macht in der Küche ein Feuer auf und in kurzer Zeit küchelt er schon am Herde. Da hört er, noch ehe die anberaumte Mitternachtsstunde da ist, aus dem Schlot herunter eine Stimme rufen: Flieh, oder ich falle! - Nur zugefallen! antwortet er unbesorgt, und gleich fällt ein Schenkel durch den Kamin herab auf den Herd. Er schleudert denselben in einen Winkel der Küche, thut die Pfanne wieder übers Feuer und röstet weiter an den Schmalzküchlein. Bald hört er die Stimme aus dem Schlote abermals und giebt abermals dieselbe Antwort, da liegt der andere Schenkel vor ihm am Herde. Er wirft ihn zum ersten hinter, und so geht es fort, bis zuletzt alle Glieder und Stücke eines Menschenkörpers da sind. Sobald er auch den Kopf zu den übrigen Theilen hinter geworfen hat, fügt sich Alles zusammen, ein grosser Mann richtet sich hinten in der Küchenecke auf und tritt zu ihm heran. Der Bursche fragt ihn höhnisch, wo er denn sein Weib habe? Sie wird nachkommen, ist die Antwort. Um so besser, sagt der Geselle, setz dich also derweilen dorten in jene Ecke. Der Mann gehorcht und der Geselle trägt nun sein fertiges Gebäcke auf. Als er mit der Schüssel über den Hausgang in die Stube gehen will, kommt ihm eine schneeweisse Frau entgegen. Aha, sagt er, das ist wohl diejenige, welche hier den Schatz hütet. Nun ja, so mag sie vor der Hand zu Tisch kommen und ihren Mann, der dorten im Winkel sitzt, mit herbei bringen! So geht er mit der Schüssel voran in die Stube und das Paar folgt ihm. Alle sitzen zu Tisch, jedoch wollen die zwei Geister nichts geniessen. Nach dem Essen fordert der Geselle die Frau auf, ihm die Mittel anzugeben, wie sie erlöst werden könne und verspricht ihr, standhaft und beherzt bleiben zu wollen. Nun zündet sie ihm bis zu einem alterthümlichen Bette voran, in welchem ein gewichtiger Schlüssel liegt; dieser passt im Hauskeller zu einer Eisenthüre und nach dreimaligem Umdrehen geht das Schloss auf. Die Frau tritt mit dem Licht hinein. Da erblicken sie im Gewölbe einen Hahn mit feurigem Kamm, der sich auf dem Rücken eines gewaltigen Zottelhundes ausspreizt. Der Hund aber kauert knurrend auf einer grossen Kiste, während der Hahn dazu kräht, dass er sich selber fast überpurzelt. Der Schneider lässt sich von Allem nicht dumm machen. Aller Grimassen ungeachtet verscheucht er erst die Ungethüme und schliesst, sobald sie zum Keller draussen sind, die Thüre zu. Dann legt er wohlbesonnen sein Schurzfell ab. Mit dem zweiten Schlüssel, den ihm nun die weisse Frau einhändigt, öffnet er die Kiste und sie liegt bis oben voll Gold. Sogleich aber wirft der Geselle sein Schurzfell darüber, weil man jedem Geisterschatze, der nicht mehr entweichen soll, etwas von unsern eigenen Sachen beilegen muss. Kaum ist dies geglückt, so sagt er der weissen Frau und ihrem Manne, jetzt könnt ihr gehen, und augenblicklich sind beide verschwunden. Nachher haben sich die Drei, der Schneider und die Diebe, in die Schätze friedfertig getheilt, und der alte Sigrist von Kulm sah seinen Sohn als reichen Mann wiederkehren. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 166 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Die Geisterkutsche

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Mitten in der Nacht beginnt in der Ferne ein dumpfes Rollen, das immer lauter und lauter wird und wie ein Gewitter rasch sich nähert. Deckt euch zu bis über die Ohren, ihr Schläfer, damit ihr nichts höret und sehet, sonst bekommt ihr geschwollene Köpfe. Näher und näher rückt das unheimliche Tosen heran. Deutlich hört man nun, dass es Räder sind, die über die steinige Strasse rollen. Und jetzt ist es da. Donnernd schiesst aus dem Hohlweg eine grosse, schwarze Kutsche hervor. Es sind keine Pferde davor gespannt. Sie hat nicht einmal eine Deichsel. Sie bewegt sich von selbst. Oder sind es Geisterhände, die ziehen und stossen? Innen ist sie hell beleuchtet. Vornehm gekleidete Damen und Herren sitzen bleich und steif wie Marmorbilder auf den Bänken. Niemand kennt sie. Es sollen längst Verstorbene sein. Noch ehe man die Erscheinung recht ins Auge fassen kann, flitzt sie schon vorüber und verschwindet um die nächste Wegbiegung. Die Kutsche fährt so schnell, dass sich die Spillen der Achsen erhitzen und Rauch und Feuer aus den Naben qualmen. Noch lange hört man hügelauf und hügelab das Rumpeln und Rollen durch die Nacht gehen, bis es schwächer und schwächer wird und endlich in weiter Ferne verstummt. Wehe dem Wanderer, der sich jetzt noch auf der Strasse befindet. Aus der Kutsche ruft ihm schon von weitem eine zornige Stimme entgegen: “Flieh! Geh aus dem Weg!“ Da macht der Mann das Kreuzzeichen und flieht entsetzt über Hecken und Zäune in die Matten hinaus. Kann er aber nicht mehr entweichen, so wirft er sich am Strassenrand auf den Bauch und legt die Arme kreuzweise über den Kopf. Erst wenn der Spuk vorüber ist, darf er wieder aufstehen. Wäre er stehen geblieben, dann hätte ihn der Wagen weit in die Wiese hinausgeschleudert, und er wäre mit gebrochenen Gliedern liegen geblieben. Man hat jedoch nie gehört, dass jemand getötet wurde. Die Geisterkutsche machte ihre Fahrten nur in hellen Mondnächten. Sie begann damit in der Gegend von Tentlingen, ging der alten Strasse nach über Giffers, Flachsnera, Eichholz und weiter gegen das Oberland hinauf. Unsere Vorfahren hatten für diese sonderbare Erscheinung verschiedene Namen. Manche Leute nannten sie die „feurige Kutsche“, andere die „Mondnachtkutsche“ und einige sogar die „Montenachkutsche“. In ferner heidnischer Zeit mag sie wohl „der Götterwagen“ geheissen haben. Eine spätere Sage sucht uns diesen nächtlichen Spuk zu erklären. In einem Schlosse der Umgegend wohnte vor langer Zeit ein nobler Herr. Seine Untertanen liebten ihn nicht, denn er war hart und grausam und liess sich oft im Jähzorn zu Gewalttaten hinreissen. Dies gereichte ihm schliesslich zum Verderben. Eines Abends hatte er mehrere Damen und Herren zu Tische geladen. Es ging recht laut und fröhlich zu, und allmählich rötete der Wein die Gesichter. Da stand der Hausherr auf, trat ans offene Fenster und wehte sich Kühlung zu. Doch plötzlich sprang er zurück, riss ein Gewehr von der Wand, eilte damit wieder zum Fenster, zielte und feuerte einen Schuss in die mondhelle Nacht hinaus. Ein gellender Schrei tönte als Echo zurück. Die erschrockenen Gäste fragten, was los sei. Da sprach der Hausherr: „Freches Gesindel wagt sich in meinen Garten. Wo ist da der Respekt vor uns?“ Da riefen alle Anwesenden: „Herr, da haben Sie recht getan. Distanz muss sein zwischen uns und denen da unten!“ Und das Fest ging weiter, als ob nichts geschehen wäre. Am Morgen fand man im Schlossgarten die Leiche einer älteren, alleinstehenden Frau. Sie musste sich auf dem Heimwege durch das offene Tor da hinein verirrt haben. Vor dem irdischen Richter kam der Schlossherr gnädig weg. Da redete man von Provokation, von Eindringen in fremdes Eigentum, von verbrecherischer Absicht wie Diebstahl oder Brandstiftung. Die Tote konnte sich nicht mehr wehren. So wurde ihr alle Schuld aufgebunden und der noble Herr freigesprochen. Als aber seine Lebenstage abgelaufen waren, da musste er vor dem ewigen Richter erscheinen, und der fällte ein anderes Urteil: „Des Mordes schuldig.“ Gottes Strafe traf nicht nur den Mörder, sondern auch alle jene, die seiner grausigen Tat Beifall gespendet hatten. Sie mussten als ruhelose Geister in mondhellen Nächten umgehen, und zwar in einer Kutsche, damit alle Menschen erkennen, dass diese Verworfenen einst vornehme Leute waren. Seit jener Zeit rumpelte und rasselte die Geisterkutsche nächtens über die holperigen Strassen des Oberlandes - stutzauf - stutzab - ohne Rast - ohne Ruh - und verbreitete Angst, Schrecken und Grausen. Ob sie heute noch fährt  0 nein! - längst nicht mehr, und über die alte, steinige Gasse ist Gras gewachsen. Eine neue Strasse durchzieht das Land. Darauf fahren jetzt andere Kutschen. Die haben auch keine Deichsel und keine Pferde und fahren noch schneller als die Geisterkutsche. In ihren Polstern sitzen nicht bleiche Gespenster, sondern heitere, frohe Menschen. Niemand braucht zu rufen: „Flieh! Geh aus dem Weg!“ Fast so sicher wie die Sterne auf ihrer Bahn fahren sie dahin. So hat sich das uralte, düstere Schreckgespenst der Geisterkutsche zu einer beglückenden, schönen Wirklichkeit gewandelt.    Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch    


by Die Geistermahlzeit

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Ein Jüngling wollte sich einst die Welt ansehen. Er bat deshalb seinen Dienstherrn um Urlaub. Gerne erhielt der fleissige Bursche denselben. Vor der Abreise gab ihm sein Herr den merkwürdigen Rat: «Bleibe auf deiner Wanderung immer auf der Strasse, schlage keine Seitenwege ein und vermeide vor allem Fusswege.» Willig versprach der Jüngling, den merkwürdigen Rat zu beherzigen; dann zog er frohgemut in die weite Welt hinaus. Anfänglich hielt er sich genau an die Worte des Herrn. Nach einiger Zeit plagte ihn aber die Neugierde, zu erfahren, was es denn mit den Nebenwegen für eine Bewandtnis habe. Allzu gerne hätte er den Grund des seltsamen Wegverbotes erfahren.Bei der nächsten Wegkreuzung vergass der Wanderer die erhaltene Warnung. Die Neugier siegte über alle Bedenken. Keck schlug er den Seitenweg ein und marschierte mutig dahin, bis die Nacht hereinbrach. Da tauchte vor dem müden Burschen ein hell erleuchtetes Schloss auf. Der Unerfahrene hoffte, dort Erfrischung und Unterkunft für die Nacht zu bekommen. Entschlossen schritt er über den ungepflegten Gartenweg und klingelte an der Pforte. Ein goldbetresster Lakai öffnete und führte den Fremden ohne ein Wort zu sprechen in einen grossen hellen Saal. An reichbesetzter Tafel sassen festlich geputzte Herren und Damen in fremden Trachten und assen und tranken nach Herzenslust. Dazwischen führten sie in fremder Sprache eine lebhafte Unterhaltung miteinander. Die Gesellschaft kehrte sich gar nicht an den neuen Ankömmling. Gerne hätte er einige Fragen gestellt, nach der Herkunft der noblen Gesellschaft oder nach dem Namen des Schlosses. Aber der Diener gab ihm den strengen Befehl, kein Wort und keine Frage zu stellen, wenn auch Manches ihm rätselhaft vorkomme, sonst würde es ihm schlecht ergehen. Eingedenk dieser Mahnung setzte sich der Bursche an den Tisch, an einen leeren Platz und begann gierig zu kosten was ihm auf silbernen Platten dargeboten wurde: Braten, Geflügel, dazu schmackhafte Zutaten. Den Durst stillte er mit perlendem Wein. Aber der Becher hatte gleich den übrigen Gefässen die Form eines Totenschädels. Der Jüngling überwand ein aufsteigendes Grausen und tat den Tischgästen stumm Bescheid. Als eine Standuhr die Mitternachtsstunde schlug, erlosch mit einem Mal Licht, Gesellschaft und Schloss; alles schien wie vom Erdboden verschlungen. Keine Spur blieb mehr übrig vom festlichen Mahl. Der junge Wanderer stand ganz allein in finsterer Nacht mitten im unheimlich stillen Wald und hielt in seiner Hand statt des Bechers einen grinsenden Totenschädel. Schleunigst suchte der erschrockene Jüngling das Weite und mied fortan die gefährlichen Seitenwege die ihm solche unliebsamen Überraschungen brachten.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Geistermesse zu St. Niklausen

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1. St. Niklausen (Samiklausen) im Geschenertal ist das älteste Gotteshaus im Kanton Uri, behauptet hartnäckig die Sage im obern Reusstal. Hier, wo zuerst in der Gegend das Christentum wurzelte, sollen mit einem Priester Waldbrüder gehaust haben. Nun, zu St. Niklausen liegt, wie das Volk behauptet, ein heiliger Leib begraben. Es soll noch nicht viel über hundert Jahre sein, dass eines Morgens früh ein braver Hirtenknabe das Gotteshaus betrat. Ein Priester kam und forderte ihn zum Messdienen auf. Der Knabe tat es mit Freuden. Nach der Messe lud ihn der Geistliche ein, alle Morgen sich zum Messdienen einzufinden, verbot ihm jedoch aufs strengste, jemanden etwas davon zu sagen, worauf er verschwand. Der Hirtenknabe hielt Wort und war auch sehr verschwiegen. So bediente er längere Zeit den Priestergeist bei dem heiligen Opfer. Endlich fiel es der Mutter auf, dass ihr Sohn immer zur bestimmten Zeit sich fortbegab und im Zögerungsfalle sehr pressierlich tat. Sie ahnte ein Geheimnis und drang in ihn, aber lange umsonst. Mutterzärtlichkeit löste indessen doch die Zunge. Nun hiess sie den Knaben selber wieder hingehen und messdienen; allein, wie er in die Kapelle kam, war alles schon vorüber, der Priester war verschwunden, die Lichter waren ausgelöscht. Er versuchte es wieder und ging des andern Tages früher hin und noch früher, allein immer, wenn er kam, war die Messe vorbei; er sah allemal nur noch die rauchenden Kerzen als Beweis des Geschehenen. Der Hirtenknabe, nachdem er geplaudert, war nicht mehr fähig, dem Geiste zur Messe zu dienen. 2. In St. Niklausen lebte vor Zeiten ein Einsiedler, der jeden Tag in der Kapelle die heilige Messe las. Ein Ziegenhirt von Abfrutt war sein Ministrant. Der Einsiedler wollte unbekannt bleiben und gebot dem Knaben strengstes Schweigen. Als Lohn wollte er ihm eine Stelle zeigen, wo ein reicher Schatz verborgen liege. Dass der Hirtenknabe immer so früh und auf die Minute mit seiner Herde ausfuhr, fiel den Leuten bald auf; früher war er nichts weniger als prompt gewesen, und die Mutter hatte oft ein Kreuz gehabt, ihn morgens zu wecken. Mit aller List hat man versucht, auf das Geheimnis zu kommen. Der Knabe ist schliesslich schwach geworden und hat das Geheimnis seiner Mutter anvertraut, und die sagte es allen Leuten. Des andern Morgens machte sich alles nach St. Niklausen auf, um der hl. Messe beizuwohnen und mehr noch, um den geheimnisvollen Einsiedler zu sehen. Wie man aber in die Kapelle kam, waren auf dem Altare die Kerzen ausgelöscht, der Docht rauchte noch, aber den Einsiedler sah man nicht. Auch der Hirtenknabe hat ihn nie wieder gesehen, und die Mutter hatte von nun an das alte Kreuz, am Morgen den Knaben zu wecken. 3. In Wiggen lebte eine zahlreiche Familie. Der jüngste Knabe war ein Ziegenhirt. Mit seiner Schar, die er jeden Morgen in den Lochstafel hinauf trieb, kam er auch an der St. Niklausenkapelle vorbei; da war ein Priester, ein Mönch, und bat ihn zum Messedienen, was der Knabe willig tat. Der Priester befahl ihm, nun jeden Morgen zur bestimmten Stunde sich zum Messedienen einzufinden, aber er dürfe daheim nie etwas sagen oder merken lassen. Lange Zeit tat er das. Eines Tages hätte er sich bald verschlafen; schnell sprang er auf vom Bette und forderte energisch das Frühstück. Diese Eile fiel den Eltern auf, und sie befragten ihn. Aber er wich aus. Als man aber mit dem Essen keine Eile zeigte, da forderte er immer lauter, denn er müsse gehen, sonst werde der Pater schon angefangen haben. Nun ahnten die Eltern etwas, liessen es aber nicht merken. Der Knabe bemerkte jetzt, dass er sein Geheimnis verraten, und ging eilends zur Kapelle hinauf. Aber der Priester war fort; es rauchten nur noch die Kerzen, zum Zeichen, dass die Messe eben beendigt sei. Seitdem könne nun dieser Priester nicht mehr Messe lesen; sein Leib ruhe da unweit der Kapelle unter dem Stein, wo heute eine köstliche, kristallhelle Quelle hervorsprudelt, die auch im grössten Winter nie zugefriert. Wenn nun in Wiggen wieder eine Familie Regli Eigentümerin dieses Landgutes wird, wenn sie sechs Söhne und keine Töchter dazwischen hat, so wird der Priester sich wieder dem jüngsten zeigen und von da an wieder seine Messe lesen. Schriftl. v.R.D. Kapl. Gisler, Gescheneralp; mündl. v. Heinrich Gamma, Gescheneralp Statt der Gebeine des Waldbruders verstehen einige unter dem »heiligen Leib« eine heilige konsekrierte Hostie. Ein Erzähler nannte statt des heiligen Leibes einen Schatz, den aber bekomme nicht jeder. Wer ihn haben wolle, der miëss denn ämal afigs, mein-i, ganz Hosä-n-a'ha' und miëss midärä silbrigä Schüflä-n- und mid-ämä silbrigä Bickel grabä. Nach anderer Fassung waren die Leute zu Abfrutt, wo der Ziegenhirt daheim war, und in der Umgegend noch Heiden. Doch stimmt sie mit Spielart 2 überein. Der hl. Leib des Einsiedlers soll irgendwo im St. Niklausenwalde begraben sein. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Geisterpferde

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Auf Fürstenstein hauste einst ein grausamer Ritter, der seine Freude daran hatte, die Leute zu plagen. Eines Tages ritt er an einem Haus vorbei, vor dem ein armer Bauer auf einem eichenen Baumstamme sass. Der Ritter hielt an und sagte zum Bauern: «Bis heute Mittag musst du diesen Baumstamm auf meine Burg bringen, sonst - !» Mit höhnischem Lachen ritt er davon. Der Bauer klagte seine Not einem Nachbarn. Dieser sagte, er solle sich trösten, er werde ihm schon helfen. Kaum war der Bauer zu Hause, als der Nachbar mit drei schönen schwarzen Pferden heransprengte. In kurzer Zeit war angespannt, und im Nu waren alle, die beiden Bauern, die Pferde und der riesige Baumstamm droben auf der Burg. Der Ritter war höchst erstaunt und fragte, wie das möglich gewesen sei und was das für schöne Pferde seien. «Das sind», antwortete der Bauer, «Euer Urgrossvater, Euer Grossvater und Euer Vater.» Auf diese Worte fiel der Ritter bewusstlos zu Boden. Von nun an war er besser gegen seine Untertanen. Fürstenstein Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Geisterpferde

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Auf Fürstenstein hauste einst ein grausamer Ritter, der seine Freude daran hatte, die Leute zu plagen. Eines Tages ritt er an einem Hause vorbei, vor dem ein armer Bauer auf einem eichenen Baumstamme sass. Der Ritter hielt an und befahl dem Bauern: «Bis heute mittag müsst ihr diesen Baumstamm auf meine Burg bringen, sonst —!» Mit höhnischem Lachen ritt er davon. Der Bauer klagte seine Not einem Nachbarn. Dieser sagte, er solle sich trösten, er werde ihm schon helfen. Kaum war der Bauer zu Hause, als der Nachbar mit drei schönen schwarzen Pferden heransprengte. In kurzer Zeit war angespannt und im Nu waren alle, Bauern, Pferde und der riesige Baumstamm, oben auf der Burg. Der Ritter war höchst erstaunt und fragte, wie das möglich sei und was das für schöne Rappen seien. «Das sind», antwortete der Bauer, «euer Urgrossvater, euer Grossvater und euer Vater.» Auf diese Worte hin fiel der Ritter bewusstlos zu Boden. Von nun an war er besser gegen seine Untertanen. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Die Geisterprozession

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Das Nesslerental ist noch ein stiller, unberührter Fleck der schönen Gotteswelt. Da gibt es dunklen Wald, sonnige Hänge, braune Holzhäuser und einen rauschenden Bach, der sein frisches Bergwasser talab wälzt. An seinem Ufer stand vor etwa fünfzig Jahren noch eine Säge. Da stürzten sich die wilden Wassermassen schäumend über ein Schaufelrad und brachten es in raschen Lauf. Die Bewegung übertrug sich auf eine Gattersäge. Risch-rasch, risch-rasch bahnte sich diese einen Weg durch die langen Baumstämme, und feinkörniges, duftendes Sägemehl rieselte links und rechts zur Erde nieder. Der Murejosi, des Sägers Gehilfe, stand daneben und überwachte die Arbeit. Noch als weisshaariger Greis schilderte er einen sonderbaren Vorfall, den er in seinen jungen Jahren in der Nesslerasäge erlebt hatte. Einst, als die Bestellungen sich gehäuft hatten, liess der Sägereibesitzer das Werk die ganze Nacht laufen. Denn haushoch lagen die eingelieferten Trämel auf dem Platze. Die Nacht war milde, ein sanfter Frühlingswind säuselte im Geäste der knospenden Obstbäume. Dazu goss der wachsende Mond seine Lichtfülle über das schlummernde Land. Alle Lichter, in den Wohnungen rings herum, waren schon gelöscht, und wohltuender Nachtfriede senkte sich über das Tal. Nur in der Sägerei brannte noch eine Laterne, bei deren schwachem Schein Murejosi die Nachtschicht führte. Durch die Stille der Frühlingsnacht schnitt im rhythmischen Takt das Knirschen der nimmermüden Säge. Gegen Mitternacht spitzte der Knecht auf einmal die Ohren. In das eintönige Geräusch der Säge mischte sich ein fremder Ton. Stärker, immer deutlicher liess sich ein fernes Murmeln und Brummen wie von vielen Stimmen vernehmen. Näher, immer näher tönte das Gemurmel. „Wer mag jetzt so spät noch auf dem Heimweg sein?“ sinnierte Murejosi, „vielleicht einige Kiltbuben, die vom Besuch ihrer Liebsten heim kommen.“ Vorsichtig spähte er durch eine Luke auf den Weg hinaus. Sein Ohr unterschied ganz deutlich viele Menschenstimmen, junge und alte. Gleich musste er die Sprechenden zu Gesichte bekommen. Er verstand jetzt deutlich ihre Worte. „Gegrüsst seist du Maria“, beteten die Bassstimmen der Männer. „Heilige Maria, Mutter Gottes, bitt für uns arme Sünder“, antworteten die hellen Stimmen der Frauen und Kinder. Aber welch ergreifender Klang wohnte in diesem Gebet! Wie Flehen und Stöhnen aus schmerzdurchwühlter Menschenbrust flossen die Worte von den Lippen der nächtlichen Beter. So inbrünstig und andächtig hatte Murejosi seiner Lebtag nie beten hören, nicht einmal auf der Wallfahrt nach Einsiedeln, die er schon fünfmal mitgemacht hatte. „Das sind jetzt andächtige Pilger“, brummte er gerührt vor sich hin. „Woher kommen sie wohl? Etwa aus dem Unterland?“ Plötzlich erblickte Murejosi die Beter. In langer Prozession schritten sie daher in Zweierreihen, - lauter fremde Gesichter. Ein Gruseln stieg dem Lauscher den Rücken herauf. Diese Beter sahen so geisterhaft bleich aus. In ihren Augen spiegelte sich eine geheimnisvolle Ewigkeit. Alle Menschenalter waren in der eigenartigen Prozession vertreten: Kinder, Jünglinge, Jungfrauen, Männer und Greise. Alle trugen die Kleidertracht vergangener Zeiten. Andächtig folgten sie dem Kreuzträger, ohne nur einen einzigen Blick um sich zu werfen. So leise und geräuschlos traten die Leute auf, dass kein Steinchen auf dem Wege klirrte. Die Beter schienen den Boden gar nicht zu berühren. Langsam zogen sie durch das schlafende Dörfchen. Josi schaute ihnen nach, bis sie in einen Hohlweg einbogen und seinen Blicken entschwanden. Dem braven Knecht war nicht geheuer. Er schlug ein grosses Kreuz und begann in seiner Angst, die seligste Jungfrau und seinen Schutzpatron anzurufen. Er konnte sich diese Erscheinung nicht erklären. Doch plötzlich kam die Erleuchtung: Diese seltsamen Wallfahrer waren Geister, - waren arme Seelen, die für ihre ungesühnten Sünden noch büssen mussten. Möge der barmherzige Gott ihnen bald die ewige Ruhe schenken. P. N. Bonard   Die Geisterprozession, auch Totenzug oder Totenvolk genannt, wurde im Senseland noch an mehreren andern Orten gesehen. Manchmal glich die Erscheinung einem nächtlichen Leichenzug. Voran trugen sechs Männer einen schwarzen Sarg, dann folgte das Geistervolk, Männer, Frauen und Kinder in langen Scharen, betend und singend, mit Lichtern in den Händen. Wer dem Totenvolk begegnete, der musste eiligst ab dem Wege geben, sich zu Boden werfen, das Gesicht auf die Erde drücken und warten bis der Zug vorbei war. Tat er das nicht, so musste er bald darauf sterben. Man erzählt noch folgende Geschichte: Ein nächtlicher Wanderer begegnete einst dem Totenvolk. Er stellte sich an den Wegrand und liess die Geisterschar an sich vorbeiziehen. Zuletzt hinkte in einiger Entfernung noch ein alter, gebeugter Mann daher. Er vermochte dem Zuge kaum zu folgen. Der Wanderer trat an ihn heran und fragte: „Wa wiiter hii?“ Der Greis blickte ihn todestraurig an und antwortete: „Uf Santivaschtels wui ga bätte.“ Dann schüttelte er den Kopf und fügte noch bei: „Arma Tropf! Du hettisch nit sele frage.“ Der neugierige Wandersmann starb drei Tage später.    Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch


by Die Geisterschale

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In Giebenach steht an der Landstrasse neben einem Bauernhaus ein Dorfbrunnen. Oft kommt nachts um zwölf Uhr eine grosse Schar Schafe hinten vom Walde her. Es sind grosse und kleine, die sich da zum Brunnen drängen und Wasser trinken. Nachher kehren sie wieder um und verschwinden in diesem Augenblicke. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Die Geisterschlacht

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Der Herr auf der Wildenburg war ein gar streitsüchtiger Ritter. Einst führte er mit dem benachbarten Freiherrn von Wädenswil einen harten Streit. Der Wildenburger war mit seinen Mannen ausgezogen und lagerte im Winzwilerholz. Der schlaue Feind hatte aber diesen Lagerplatz ausgekundschaftet und umging den Wildenburger. Als sich die Mannschaft der Wildenburg so getäuscht sah, wollte sie rasch nach Hause entkommen, um die bedrohte Burg zu schützen. An einem Bach entspann sich ein böser Kampf. Die Wildenburgerknechte wurden hart bedrängt, viele von ihnen wurden in den nahen Egelsee gestossen. Weil der Bach vom Kriegerblut ganz rot gefärbt wurde, nannte man ihn den "Roten Bach". Nach diesem furchtbaren Streit hörte man am Egelsee des Nachts hin und wieder einen furchtbaren Lärm. Gespenster auf wilden Rossen ritten durch die Lüfte und stiessen grausiges Kuhgebrüll aus. Das waren die gefallenen Knechte des wilden Wildenburgers. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 27 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Geisterversammlung

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Der Sigrist Hänsli lag eines Abends längst auf dem Laubsack, konnte aber nicht einschlafen. Durch das Chämetenfensterlein schien ihm der volle Mond ins Gesicht und breitete einen fahlen Schein aus über die rot und weiss gehäuselte Bettdecke. Wenn Hänsli sich auf die linke Seite drehte, konnte er durch das Fensterlein hinüber an den Kirchturm sehen, der, ebenfalls ins Mondlicht getaucht, sich hell aus den dunklen Tannen des Kirchhügels heraushob. Dem Hänsli war, als hätte er heute eine Pflicht versäumt, nur wusste er nicht welche. Während des Feierabendläutens wohl, da entsann er sich ihrer noch; da war aber am Glockenseil ein Trom gerissen, und diesen Schaden galt es vorweg auszubessern. Und dann kam ihm das andere aus dem Sinn, er wusst’ nicht wie. Als pflichtbewussten Mann warfen ihn die Zweifel im Bette hin und her, her und hin, bis es ihm den Schweiss austrieb. Dann aber dröhlte er sich ab dem Laubsack, zog sich an und stieg zur Kirche hinauf. Soeben schlug es vom Turme die zwölfte Stunde. Wimmernd flohen die Töne über das nachtschlafende Dorf. Auf dem nahen See lag ein leises, bleiches Schimmern. Drüberhin stand der Aenderberg schwarz und schweigend im eigenen Schatten, während das Faulhorn mit der Mittagswand hoch und fern wieder im fahlen Mondlicht leuchtete. An Gräberreihen vorbei erreichte Hänsli die Kirchentüre. War es nicht, als brümmelte jemand in der Nähe? Schnell reckte er nach der Falle, zog die Tür und wollte eintreten, als er zum Spalt hinein zu seinem Schrecken die Kirche bis auf das letzte Plätzchen mit geisterhaften Gestalten besetzt sah. Der Hänsli war aber kein beherzter Mann, der es gewagt hätte, an der Versammlung der Geister seinen Gwunder zu stillen. Bleich und krank vor Angst stürfelte er den Kirchhügel hinunter, heimzu, und legte sich schlotternd wieder auf den Laubsack, von dem er dann wochenlang nicht mehr losgekommen ist. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die gekrönte Schlange zu Niederlenz

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Südwestlich vom Dorfe Niederlenz liegt im ebenen Fruchtfelde ein anmutiger Hügel, mit hohem Grase reich überwachsen und mit vielen Kirsch-und Apfelbäumen bepflanzt. Eine einzelne Vertiefung auf seiner Höhe, aus welcher man allerlei Scherben-und Ziegeltrümmer ausgegraben hat, soll den Standort eines verschwundenen Schlosses angeben und zugleich den glücklichen Finder zu ganz außerordentlichen Reichtümern führen. So hat es die Prinzessin erklärt, als sie einst an diesem Hügel vorüber fuhr und die hier liegenden Schätze in ihrem Bergspiegel erblickte. Ein Bauer war der Sache bereits auf der Spur, er hatte hier einen ehernen Hafen voll viereckiger Goldmünzen ausgegraben. Aber der Berner Landvogt, der damals auf dem Schloß Lenzburg regierte, nahm ihn dem Manne weg unter dem Vorgeben, es sei die Schatzgräberei verboten, und so ging alles wieder verloren. Noch jetzt läßt sich hier zur Zeit der Tag-und Nachtgleiche eine weiße Schlange blicken, die Weihnachtsschlange. Sie ist gekrönt und trägt einen goldenen Schlüsselbund mit sich zu den Kisten und Kasten im Hügel.  (Seminarist Kult v. Niederlenz.) Quelle: E. L. Rochholz, Naturmythen. Neue Schweizer Sagen, Leipzig  1862. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch  


by Die Geldkammer des Königs

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Es war einmal ein König, der hatte so viel Geld, dass er hat nicht wusste wohin damit. Dieser König ging zu einem Zimmermann und beauftragte ihn, eine Geldkammer mit versteckter Türe zu bauen, von der niemand etwas wusste ausser ihm und dem Zimmermann. Wenn der König Geld brauchte, ging er es dort holen. Einmal merkte der König, dass jemand in der Kammer gewesen war, denn jemand hatte den Geldhaufen durchwühlt, aber er wusste nicht wer. Um dies herauszufinden, schickte er seine Tochter in die Kammer und liess bekannt machen, wer eine Nacht mit seiner Tochter schlafe, werde sie samt der Geldkammer bekommen. Eines Nachts kam der Zimmermann in die Kammer und schlief mit der Tochter. Die zeichnete ihm in der Nacht einen roten Strich auf die Stirne, doch der Zimmermann stand frühmorgens auf, während die Königstochter noch schlief. Er fand den Farbtopf und allen, die ihm begegneten, zeichnete er einen Strich auf die Stirne. Am andern Tag sah der König viele Leute mit einem Farbstrich, so wusste er nicht, wer der Dieb war. Der König wollte einen zweiten Versuch machen, und er liess dasselbe nochmals verkünden. Eines Nachts wollte der Zimmermann wieder durch die versteckte Tür gehen. Aber als er davor stand, fiel er in eine Grube, die der König hatte graben lassen. Darin war auch ein wenig Stroh, und der Zimmermann zündete dies an, so dass es einen schrecklichen Rauch gab und die, welche angerannt kamen, auch in die Grube fielen. Am andern Morgen, als der König den Dieb ausfindig machen wollte, fand er in der Grube einen Haufen Leute. Er konnte nichts machen und musste sie ziehen lassen. Dann liess der König wiederum ausrufen, wer in die Geldkammer komme und mit seiner Tochter schlafe, kriege sie und dazu die Kammer samt dem Geld. Eines Nachts ging der Zimmermann mit seinem Bruder in die Kammer, doch der König hatte vor der Türe eine Falle aufgestellt. Der Bruder des Zimmermanns geriet hinein und blieb darin gefangen. Als der Zimmermann sah, dass sein Bruder nicht mehr herauskonnte, haute er ihm den Kopf ab und zog seine Kleider aus. Den Kopf und die Kleider warf er ins Wasser. Am andern Morgen fand der König die Leiche ohne Kopf und Kleider in der Falle, doch niemand kannte den Toten. Da lud der König die Leiche auf einen Karren und liess sie im Dorf herumführen. Seinen Knechten befahl er, allen den Kopf abzuhauen, die bei ihrem Anblick weinten. In dem Augenblick, als sie mit der Leiche am Haus des Zimmermanns vorbeizogen, bekam er Tränen in den Augen. Um den wahren Grund zu vertuschen, schnitt er sich selber einen Arm ab. Als die Knechte des Königs, welche den Wagen führten, hereinkamen und fragten, weshalb er Tränen in den Augen habe, zeigte der Zimmermann auf seinen abgeschnittenen Arm. Da verstanden sie, weshalb er weinte, und weil sie niemand anders fanden, der auch weinte, konnten sie nichts machen und sie mussten die Leiche wegschmeissen.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Geldkiste auf Schloss Freudenberg

Source: Die Geldkiste auf Schloss Freudenberg

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Ein junger Ziegenhirte erspähte einmal, durch eine weite Spalte der Turmmauer hineinschauend, die Geldkiste des Freiherrn. Ein gellender Pfiff vom Walde her ermahnte ihn aber, schnell zu seiner Herde zurückzukehren, die vielleicht von der Allmend ins Privatgut eingebrochen war. Er fand jedoch alles in Ordnung und beeilte sich nun, die entdeckte Kiste näher zu besichtigen, suchte aber vergebens nach ihr; alles war und blieb verschwunden. Später trieb er seine Ziegen wieder einmal durch den Schlossweg hinauf dem Walde zu. Da erschien ihm beim Gatter, am Seitenpfad, der zum Schlosse führt, eine wunderbare Jungfrau, welche sprach: "Ich bin auf das Schloss gebannt und bitte dich, dass du mich erlösest. Ich werde morgen, wenn du die Ziegen hier vorbeitreibst, in der Gestalt einer Schlange vom Schlosse herabkommen zum Gatter, wo du mich dann küssen sollst. Damit du weniger erschrickst, werde ich dir für einen Augenblick zuerst als Jungfrau erscheinen. Führst du herzhaft meinen Auftrag aus, so wirst du mich erlösen, und es wird dir nicht nur kein Leid geschehen, sondern du wirst dann den Geldschatz erwerben, der in der grossen Kiste verborgen liegt." Der Knabe versprach, diesfalls sein Möglichstes zu tun und kam auch des andern Morgens rechtzeitig mit seiner Herde zum Gatter des Burgweges. Schon erschien auch die Jungfrau, zuerst in ihrer menschlichen Gestalt und dann als Schlange. Jetzt kroch sie gross und missfarbig oben am verfallenen Gemäuer der Burg her und kam unter schnellem Winden und Krümmen bald zum Eingang. Da sollte er sie küssen, die sich hoch aufrichtete und ihn unter fortwährendem Zischen und Züngeln anstierte mit ihren diabolisch leuchtenden Augen. Aber der Knabe blieb regungslos stehen vor Schrecken und konnte die Schlange nicht küssen. Da stand die Jungfrau wieder und sprach voll Wehmut: "Länger als die Dauer eines Menschenlebens wird es nun gehen, bis wieder eine Zeit kommt, in der ich erlöst werden kann, und meine Hoffnung stützt sich nur einzig auf das Menschenkind, das einst aus jenem Birnbaum eine Schlafstätte erhält, welchen jüngst ein sorgsamer Mann am Stutz von Ragaz gepflanzt hat." Nachdem der Knabe dies vernommen, sah er weder Jungfrau noch Schlange mehr, und er eilte zu den entflohenen Ziegen. I. Natsch.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 198, S. 96f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Geliebte als Hexe

Source: Die Geliebte als Hexe

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In Räzüns lebten vor nicht gar langer Zeit drei Schwestern, von denen die Eine, Nonna (Anna), einen gar ordentlichen Burschen zum »Schatze« (Geliebten) hatte. Dieser Schatz durfte alle Abende mit noch andern Kameraden oder auch alleine zu den drei Schwestern kommen, wie es so bei dem »Jung-Volke« auf dem Lande Sitte und Gebrauch ist, von Alters her. - Nur jeden Don­nerstags-Abend durften die Burschen nicht kommen, »da hätten sie zu schaffen,« wehrten die drei Mädchen. Und an jedem Donnerstag-Abende wurden Türen und Fenster mit den Laden verschlossen, und keine von den drei Mädchen kam zum Vorscheine, bis am andern Morgen. Den Geliebten der Nonna nahm endlich doch Wunder, was die Drei immer nur am Donnerstag-Abende so grosse und besondere Arbeit zu verrichten hätten. Er legte zum Zwecke seiner Forschung an einem Donnerstag-Abende eine Leiter an, schaute durch eine Ritze im Laden vor dem Küchenfenster hinein, und sah, wie die drei Schwestern eben zu Nacht assen. – Er wartete, und vernahm dann, wie Eine sagte: »Jetzt müssen wir gehen.« Auf diese Mahnung hin standen sie auf. Die Eine hob eine Steinplatte vor dem Herde auf, langte ein Fläschlein hervor, goss einige Tropfen des flüssigen Inhaltes in die Handhöhle, und bestrich damit den Besenstiel; ein Gleiches taten die zwei Andern. Nachdem das Fläschlein wieder »versorgt« (an den Ort, wo es aufbewahrt wurde) war, setzten die Drei sich auf Besenstiele, und sprachen: »Jetzt fort.« Im Nu waren sie nicht mehr zu sehen, und der Bursche wusste nun, woran er mit seiner geliebten Nonna und ihren Schwestern war, dass sie nämlich alle drei Hexen seien. Lange besann er sich nicht, machte sich Luft, ins Haus zu schlüpfen, hob in der Küche die Stein platte auf, nahm das Fläschchen heraus, machte Alles genau so, wie die drei Schwestern es gemacht, und sprach dann zuletzt auch: »Jetzt fort.« Gleich den drei Mädchen, flog er durch das Kamin hinauf, hinaus in die Nacht, ohne zu wissen, wohin, bis er endlich vor einem schönen Hause anlangte, in welchem er Lichtschein bemerkte. Da aber dieses Hauses Türe geschlossen war, klopfte er, worauf eine Frau, zum Fenster herausschauend, nach seinem Begehren fragte. - »Ich will ins Haus,« erwiderte er. Die Frau trat zurück, und beredete sich mit den im Hause Versammelten, kam dann herunter und öffnete ihm. Was er nun zu sehen bekam, war eine grosse Versammlung von lauter Weibsbildern, darunter auch die drei Schwestern, die ihn aber ganz ver­wundert anschauten, als wollten sie ihn fragen, wie er auch hierher komme. Ohne Säumen wurde nun der Tanz begonnen, und der Bursche machte sich weidlich lustig. Nach einer Weile wurde Nonna's Schatz gefragt, ob die Gesellschaft ihm gefalle. »Ja, warum nicht, ich bin ledig, und da muss es mir wohl gefallen.« »Wenn Du bei uns bleiben willst, musst Du Deinen Namen in dieses Buch einschreiben lassen.« »Ich kann selber schreiben,« entgegnete er. - Aber statt seines Namens schrieb er die Worte: Jesus Christus. So wie er aber diese Worte geschrieben hatte, stob Alles auseinander, mit der Mahnung: »Sage es keinem Menschen«; und er sah sich plötzlich ganz alleine, und zwar an einem wildfremden Orte, auf einer hohen, steilen Bergkuppe. Neben ihm lag das Buch, in welches er soeben erst den Namen Jesus Christus eingeschrieben hatte. Aber auch viele, viele andere Namen standen in dem Buche verzeichnet, lauter Namen von Weibsbildern, worunter auch die der drei Schwestern. Mit grösster Mühe und Lebensgefahr gelang es ihm, von seinem schwindligen Sitze herunter zu klettern; das Buch nahm er mit sich. - Er kam nun in ein ihm ganz unbekanntes TaI. Die Leute, die er antraf, redeten eine gar sonderbare Sprache, von welcher er kein Sterbenswörtchen zu verstehen vermochte. - Indessen wurde er aber zu Hause vermisst, und da er immer und immer nicht heimkehrte, für tot gehalten; auch die drei Schwestern wollten nichts von ihm wissen, und so blieb er verschollen, bis er nach - zwei Jahren in der Heimat wieder anlangte. Von dem Erlebten erzählte er Niemandem etwas, als nur dem Herrn Pfarrer, dem er auch das böse, unheilvolle Buch übergab. Der nahm das Buch, und warf es in den Ofen, mit den Worten: »Das habe ich schon lange gewusst; sage es aber fünfzig Jahre lang keinem Menschen.« Von der Zeit an ging er nie wieder zu den drei Schwestern, und liess seinen Schatz einem Andern. Von der Geschichte, die ihm begegnet, sagte er bis zu seinem Tode aber auch Niemandem Etwas. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Gemeindegrenze im Bätental

Source: Die Gemeindegrenze im Bätental

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Die Gemeindegrenze im Bätental Gegen Ende des 18. Jahrhunderts, berichtet die Sage, lagen die Gemeinden Altstetten und Schlieren im Streit über die Gemeindegrenze im Bätental, einem Waldstück zwischen beiden Dörfern. Die Sache kam vors Gericht, und dieses liess es auf einen Eid der beidseitigen Zeugen ankommen. Die Verhandlung fand auf dem strittigen Platze statt. Da trat ein Altstetter, einer der ältesten Bürger, vor, steckte eine Stange in die Erde und schwur: „So wahr ein Schöpfer und Richter über mir ist, geht die March hier durch!“ Gestützt auf diese eidliche Beteuerung fiel der Urteilsspruch zugunsten der Altstetter aus. Der Altstetter aber hatte einen Schöpflöffel und einen Kamm unter seinem Hut verborgen gehabt und also einen falschen Eid geschworen. Die Strafe blieb nicht aus. Der Mann starb kurz darauf, und nach seinem Tode hörte man an jener Stelle im Bätental rufen: „Graad, graad!“ Dieser Ruf war jahrzehntelang hörbar. - Der Geist wollte mit diesem Ruf andeuten, dass die Grenze von Rechts wegen gerade verlaufen sollte. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Limmattal P(aul) C(orrodi) in NZZ Nr. 1433 (1916) mit dem Titel „Eine Sage aus Schlieren“. - Schmid‚ Chronik der Gemeinde Altstetten, S. 69ff.‚ führt einen Urteilsspruch (1559) und zwei Schiedssprüche von 1709 und 1755 wegen Weidgangsstreitigkeiten auf, welche die Möglichkeit der Sagenbildung zuliessen   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Gemse und die Alpenrose

Source: Die Gemse und die Alpenrose

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Eine Gemse lag todwund auf grünen Alpenpflanzen, ihr Blut färbte diese rot. Da klagte sie: «Ach, ich hab niemand etwas zu Leid getan und muss doch so bluten. Da sagte der Berggeist: «Eben weil du niemand etwas zu Leid getan hast ist dein Blut so schön, dass es die Blumen färbt. Eine weisse Alpenblume blieb von da an auf immer die schöne rote Alpenrose. Aus: U. Brunold-Bigler, Die Sagensammlung der Nina Camenisch, Disentis 1987, mit freundlicher Genehmigung der Autorin. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Gemsenkäslein

Source: Die Gemsenkäslein

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Ein Fänggenmannli hauste in der Trockenhöhle oberhalb Camana in Savien, wo es eine recht hübsche Gemsenkäserei sich eingerichtet hatte. Er besass zweihundert der schönsten Grattiere, die er selbst gezähmt, so dass sie Morgens und Abends von selbsten in die Höhle kamen und sich melken liessen. - Ein armes, einäugiges Knäblein des Tales, das die Ziegen hütete, fand in der Höhle bei schlechtem Wetter Zuflucht und Speise. Die Gemskäslein seien so süss, dass sie Einem im Munde zergehen, sagte es einmal seinem Bruder. Dieser fragte, wie diese dann bereitet würden; dies sei das Geheimnis des wilden Mannli's, antwortete das Kind; es müsse immer, wenn das Käsen angehe, unter einen Haufen Haidekraut sich verkriechen, dann singe das Mannli: »Einäugelein, schlaf ein;« wache es wieder auf, so sei das Käslein jedesmal fertig. Als der hinterlistige Bruder dies vernahm, zwang er das Knäblein, mit ihm die Kleider zu tauschen; darauf ging er in den Kleidern seines Bruders selbst in des wilden Mannli\'s Höhle und setzte sich aufs Haidekraut. - In der Höhle sah es recht sauber aus, grünes Haidekraut lag auf dem Boden ausgebreitet, ringsum auf einem Steingesimse standen kleine Gebsen aus Tannenholz, die mit Gemsenmilch angefüllt waren; Kessel und Herd waren nirgends zu sehen. - Das wilde Mannli hielt den Buben für sein Einäugelein, liess ihn unter das Haidekraut, auf dem er im Winkel sass, kriechen und sang: »Einäugelein, schlaf ein.« Der schalkhafte Bube schloss das eine Auge zu und guckte mit dem andern unter dem Haidekraut hervor. Als aber das Mannli das mutwillige offene Auge gewahr wurde, geriet es in Zorn und warf die Gebsen und deren Inhalt dem Buben an den Kopf. Hierauf verlies es mit seinen Gemsen die Höhle auf immer.   Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die geraubte Schlangenkrone

Source: Die geraubte Schlangenkrone

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a) Ob Frentschenberg in Bristen hatten früher viele Allmendnussbäume gestanden. Dort war auch ein Wässerlein und dabei ein Trog. Zu diesem Trog kam öfters ein grosser Wurä mit einer gelben Krone auf dem Kopfe, die so gross war wie ein Suppenteller und wie das reinste Gold glänzte. Er legte sie auf den Trogkopf, kletterte auf den nächsten Nussbaum und schaute sich von dort aus die Umgebung an. Hatte er seine Rundschau beendet, setzte er sich die Krone wieder auf den Kopf und schlich davon. Einst lauerten ihm einige Burschen auf, die es nach dem Golde gelüstete. Als das Tier auf dem Baume war, packten sie die Krone und liefen eiligst davon. Sobald es die Krone nicht mehr sah, schoss es wütend herunter und zerschellte auf dem Trogkopf. Die Burschen besassen jetzt einen ganzen Pattsch des klarsten, reinsten Goldes. Fr. Walker-Furger, 85 Jahre alt, Amsteg b) Ein Geissbub pflegte sein Essen mit einer Schlange zu teilen, die eine goldene Krone auf dem Kopfe trug. Nach der Mahlzeit löschte er seinen Durst im nahen Bache, und auch die Schlange kroch dahin, legte die Krone auf einen Stein und soff aus dem Bache. Nach und nach gelüstete es den Knaben nach dem kostbaren Golde; wahrscheinlich hatte ihn jemand unterrichtet. Das nächste Mal blieb er etwas hinter der Schlange zurück und schoss, als diese anfing zu saufen, pfeilgeschwind auf die Krone los, packte sie und flüchtete sich mit ihr flink wie eine Katze auf einen nahen, hohen Erlenbaum. Als die Schlange sich umkehrte, war ihr Kopfschmuck schon verschwunden. Sie raste auf die Erle los und schaute und züngelte da hinauf und probierte hinaufzuklettern. Aber es ging nicht. Da begann sie zu wüten und zerschlug zuletzt in blinder, ohnmächtiger Wut ihren Kopf an den Erlen, bis sie verdarb. Josefa Walker, Amsteg c) Zu Häggrigen hauste noch zu Menschengedenken unter einem Stein am Bach ein Wurä mit einer fingerringgrossen goldenen Krone. Jeden Frühling in einer bestimmten Woche wusch er sich im Bache. Das wussten die drei Buben zu Häggrigen; sie passten dem Wurä ab und wollten ihm die Krone rauben, die er auf einem Stein liegen hatte, während er badete. Aber das liessen sie hübsch bleiben! Sobald sie Miene machten, die Krone zu packen, pfiff das Tier auf merkwürdige Weise, und von allen Seiten kamen die Würm zu Hilfe. Die Buben konnten sich nur dadurch retten, dass sie wie rasend den Rain aufwärts liefen. Abwärts schiessen die Würm durch die Luft, aufwärts aber können sie nicht kriechen. Die Würm haben in der Mitte des Leibes zwei fingergrosse Beine. Fr. Baumann-Dubacher Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Gerechten auf dem Friedhof zu Silenen

Source: Die Gerechten auf dem Friedhof zu Silenen

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In frühern Zeiten hatten die Erstfelder und Silener Nachtbuben furchtbare Kämpfe miteinander. Einst riefen die Erstfelder, die sich bei der sogenannten »Chlappertihli« (eine hölzerne Halle, wo etwa Versammlungen stattfanden) neben dem Friedhof in Silenen zusammengerottet hatten, denen von Silenen zu: »Wenn d'Silener nu ä Grächtä-n-uf'm Friedhof hennt, sä sell-er chu!« Da erstand auf einmal ein entsetzlicher Haufen Menschen aus den Gräbern, dass es brandschwarz war. Die Erstfelder nahmen Fersengeld. »Aber düä häiget-s' Päch g'gä, d'Erschfälder!« J.M. Zberg Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die geschenkte Schuld

Source: Die geschenkte Schuld

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Wenn allemal ein gewisser Spiringer Bursche beim Z'stubätägah einem »Gädeli« zu Kipfen sich näherte, sah er an einem Gaden-Egg einen Mann stehen, der dann bei seiner Annäherung ums Gädeli herumging und sich durch die Türe in das Innere begab. Der Bursche wagte es nicht, ihm nachzugehen und dachte zuletzt, da miäss Rat här, und ging zu einem Geistlichen, dem er das Versprechen ablegte, das nächste Mal dem Unbekannten ins Gädeli hinein nachzufolgen und ihn anzureden. Bei Ausführung dieses Versprechens gestand ihm der an der Rischi stehende Geist: »Vor vielen Jahren bin auch ich einmal zu diesem Gädäli gekommen, und da habe ich gehört, wie drinnen das Vieh brüllte vor Hunger, und habe auch gewusst, dass der Besitzer sein Vieh aus lauter Geiz hungern liess. Ich habe Mitleid gehabt, bin hineingegangen und habe Heu aus der Rischi genommen und es dem Vieh zu fressen gegeben. Wie es scheint, hat ein Haupt zu viel bekommen und hat deshalb am folgenden Morgen zuviel gesoffen, woran es zu Grunde gegangen ist. Deshalb muss ich hier wandlen. Würde mir aber der Besitzer die Schuld schenken, so wäre das meine Erlösung!« Der Bursche gelobte ihm, den Bauer, von dem er wusste, dass er auf den Tod krank sei, aufzusuchen und mit ihm zu reden. Aber das heig »Hitz« gha! Der heigs gar nit wellä schenkä. Endlich aber gelang es doch dem Zureden des Geistlichen, ihn zu bewegen, diese Schuld zu schenken. Theresia Gisler, 73 Jahre alt, Spiringen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Geschichte der Glühwürmchen

Source: Die Geschichte der Glühwürmchen

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Einmal, vor sehr langer Zeit, trugen die Glühwürmchen oben und unten an ihrem Körper ein Licht. Da mussten eines Tages ein paar Schneiderinnen das Hochzeitskleid für die Gräfin fertigmachen. Sie nähten beim Schein einer Öllampe. Aber das Öl ging langsam aus. Da kam eine Fee vorbei und sagte: «Braucht ihr Hilfe?» «Ja, ja, ja.» «Gut, dann will ich alle meine Töchter rufen, damit sie euch helfen!» Da kamen Tausende von Glühwürmchen. Die Schneiderinnen hängten sie an der Mauer auf. So hatten sie genug Licht, um das Kleid der Gräfin fertigzustellen. Und die Fee traf mit den Schneiderinnen eine Abmachung. Sie sagte: «Ich habe euch meine Glühwürmchen zur Verfügung gestellt. Dafür müsst ihr uns zum Hochzeitsfest einladen, und meine Glühwürmchen werden um die Krone und den Schleier der Braut einen Kranz bilden.» Als die Glühwürmchen sich auf den Schleier der Braut setzten, sagte die glücklich: «Ja, ja, kommt nur!» Der Bräutigam wollte aber nichts davon wissen und jagte die Glühwürmchen weg. Da rächte sich die Fee und sagte: «Diesmal kann ich euch nicht verzeihen!» Und von dem Tag an trugen die Glühwürmchen das Licht nicht mehr wie früher. Sie lassen ihr Lämpchen nur noch ab und zu aufleuchten, sodass die armen Schneiderinnen nichts mehr zustande bringen.   Aus: Märchen aus dem Tessin, herausgegeben und übersetzt von Pia Todorovic Redaelli, Zürich 2006, erzählt von Jolanda Bianchi-Poli aus Brusino Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Geschichte des dreizehnten Sohnes

Source: Die Geschichte des dreizehnten Sohnes

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Es war einmal ein Vater, der besass dreizehn Söhne. Er war arm und hatte daher die grösste Mühe, sie alle zu ernähren. Den jüngsten, namens Tredicino, hätte er sogar nicht ungern verlieren mögen. Deshalb rief er ihn zu sich und sprach zu ihm: «Tredicino, wärest du imstande, zum Zauberer zu gehen und ihm die Reliquien zu rauben, womit man Sturm und Unwetter zum Aufhören bringen kann?» Tredicino gab zur Antwort:  «Ja freilich kann ich das.» Er nahm einen Sack, füllte ihn mit Steinen und machte sich auf den Wog zu dem Hause des Magiers. Endlich langte er bei dunkler Nacht dort an. Der Zauberer und seine Frau waren schon zu Bett gegangen. Da stieg Tredicino auf das Dach und fing an, Steine dar über hinunterrollen zu lassen; Es war stockfinster, ein Gewitter zog heran und es donnerte. Da meinte die Zauberin, es hagle und stellte eiligst die Reliquien vor das Haus, um das Unwetter zum Stillschweigen zu bringen. Jetzt kletterte Tredicino vom Dach herunter, nahm schnell die Reliquien und trug sie fort nach Hause. Der Vater glaubte schon, sein Sohn sei umgekommen. Als er ihn aber mit den Reliquien zurückkehren sah, war er ziemlich missvergnügt und konnte sich damit nicht zufrieden geben. Er rief ihn zu sich und sagte: «Tredicino, bist du imstande, dem Magier die Bettdecke zu stehlen, obgleich, wie du weisst, dass Glöcklein daran hängen?» Tredicino dachte ein wenig nach und sagte dann: «Vater, gib mir einen Sack voll Baumwolle, damit ich die Glöcklein der Decke einwickeln kann.» Der Vater verschaffte ihm die gewünschte Baumwolle. Dann nahm der Sohn den Sack auf den Rücken und ging fort. Es war schon dunkle Nacht, als er beim Haus des Magiers anlangte. Dieser schlief bei offenem Fenster. Tredicino kletterte leise aufs Fenstergesimse, trat in das Schlafzimmer, versteckte sich unter dem Bett und fing an, ein Glöcklein nach dem andern mit Baum-wolle einzuwickeln. Dann begann er plötzlich an der Decke zu zupfen. Der Magier meinte, es sei seine Frau und rief ihr zu: «Heda, lass doch meine Decke in Ruhe!» Und sie: «Ich rühre sie ja gar nicht an!» Tredicino wartete ein Weilchen. Dann fing er wieder an zu zerren. Zornig schoss jetzt der Zauberer in die Höhe und wollte seine Frau schlagen; aber sie lag schnarchend neben ihm. Nach einer Weile begann Tredicino noch stärker zu zupfen. Da sprach der Magier zu seiner Frau: «So nimm doch die Decke ganz, wenn du sie willst», und liess sie los. Die Decke fiel auf den Boden. Flink hob Tredicino sie auf, schlich damit, so still er konnte, zum Fenster hinaus und brachte sie seinem Vater nach Hause. Als dieser sah, wie sein Sohn wirklich mit der Bettdecke des Zauberers dahergelaufen kam, blieb er zunächst vor Erstaunen wie versteinert und wusste nicht was sagen. Eine Weile später fragte er ihn: «Tredicino, bist du wohl auch imstande, dem Zauberer den Papagei zu stehlen?» «O ja, das wird mir nicht schwer fallen», versetzte der Sohn bereitwillig. Er liess sich ein Säcklein voll Bonbons und verzuckerter Früchte geben und machte sich damit auf nach der Wohnung des Zauberers. Dort trat er in die Schlafkammer, hielt dem Papagei die Zuckersachen hin und streckte dann die Hand aus, um ihn zu fassen. Der Vogel aber schrie sogleich: «Mein Herr und Meister, Tredicino will mich nehmen!» Schnell versteckte sich der Knabe hinter dem Vorhang. Der Magier kam sogleich dahergelaufen, sah aber niemand im Zimmer und glaubte, der Papagei halte ihn wie schon öfters zum Narren. Eine Weile darauf nahm Tredicino den Papagei und brachte ihn nach Hause. «Ach, du Tausendskerl von einem Dieb!», sprach der Vater zu ihm, als er ihn wieder daherkommen sah, «ist es möglich, dass der Zauberer dich gar nicht behalten will?» Er nahm den Papagei in Empfang und fügte dann hinzu: «Jetzt musst du hingehen und mir den Zauberer selbst samt seiner Frau herbringen!» Tredicino dachte ein wenig darüber nach, wie er dies anstellen könnte. Dann verschaffte er sich eine Perücke und einen falschen Bart, verkleidete sich bis zur Unkenntlichkeit, liess einen grossen Sarg machen, trug diesen auf seinen Schultern unter das Fenster des Magiers und fing daselbst an zu rufen: «Wer will diesen Totenschein kaufen?» Die Zauberin lehnte sich zum Fenster hinaus, um nachzuschauen, und sagte dann zu ihrem Mann: «Wir könnten doch den Sarg kaufen, dann ist er, falls wir sterben, schon fix und fertig bereit.» Der Zauberer rief Tredicino zu sich und sprach zu ihm: «Ich würde diesen Sarg wohl kaufen, nur möchte ich vorher noch prüfen, ob er gross genug ist für mich.» «Oh, er dürfte gerade passen in der Grösse», gab Tredicino zur Antwort. Da legte sich der Zauberer seiner ganzen Länge nach hinein, und der Sarg passte ausgezeichnet in der Grösse. Darauf stieg die Zauberin ebenfalls hinein, und auch sie hatte neben ihrem Manne ganz bequem Platz. Nun wollte Tredicino auch prüfen, ob der Deckel immer noch passe, und sobald er ihn richtig hingelegt hatte, setzte er sich oben drauf, nagelte den Totenschrein zu, und die beiden Ungeheuer waren schön in die Falle gegangen. Hernach lud er den Sarg auf seinen Rücken und brachte ihn zum König, der demjenigen eine grosse Belohnung versprochen hatte, der ihm die Bösewichter tot oder lebendig überbrächte. Der König schenkte ihm auch in der Tat einen Sack Gold, und Tredicino brachte den Reichtum seinem Vater nach Hause. Jetzt umarmte ihn dieser voller Freude und sah wohl ein, dass Tredicino, obwohl der jüngste und kleinste, soviel wert war wie alle andern zwölf Söhne zusammen und noch einen Soldo dazu.   Am Kaminfeuer der Tessiner                                    Walter Keller                                                          Hans Feuz Verlag Bern   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Geschichte eines Zauberers

Source: Die Geschichte eines Zauberers

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Ein Vater hatte zwei Söhne. Eines Tages sagte er zum ältern, der Giovannino hieß, er solle in die Stadt gehen, Käschen zu kaufen, damit man sie zur Polenta essen könne. Der Knabe machte sich also auf den Weg. Aber auf der Straße blieb er bald da, bald dort stehen und vertrödelte die Zeit. Bald wurde es Nacht, und er verirrte sich im Walde. Da sah er in der Ferne etwas Helles schimmern. Er ging darauf zu. Es war aber das Haus eines Zauberers. Er klopfte an die Tür. Da schaute die Frau des Magiers zum Fenster hinaus und sprach zu ihm: «Nun, wenn du hier bleiben willst, so verstecke dich in dem Backofen, sonst, wenn der Zauberer heimkommt, isst er dich auf in einem Bissen» Giovannino war zufrieden, im Backofen übernachten zu können. Nicht lange darnach kam der Zauberer heim. Er ging herum und schnüffelte mit seiner Nase. wobei er sprach: Musi, musi, pumpelusi, Hier riecht's nach Menschenfleisch. Dann schritt er auf den Backofen zu und zog den Buben heraus. Der arme Knabe fiel in seinem furchtbaren Schrecken dem bösen Manne vor die Füße nieder und bat, ihn nicht zu fressen. Und dieser antwortete: « Wenn du das tun willst, was ich dir sage, so will ich dich am Leben lassen. Du musst mir den Ziehbrunnen ausfegen, den wir seit hundert Jahren und einem Tag nicht mehr geputzt haben.» «Gerne will ich es tun», antwortete Giovannino. Also ließ er sich in den tiefen Ziehbrunnen hinab gleiten und fing an, Boden und Wände zu fegen. Der Zauberer hatte jedoch einigen Männern befohlen, Steine und Erde hinunter zuschaufeln, um ihn damit zu erdrücken. Sie glaubten schon längst, der Kleine sei tot, und der Zauberer dachte bereits daran, ihn herauszuholen und aus ihm ein Essen zu bereiten, als er bemerkte, wie Giovannino den Kopf zur Zisterne hinausstreckte. Und während der Knabe ganz hinauskletterte. sagte er: «Was ist dir in den Sinn gekommen, die Hühner hinunterzulassen, damit sie dort scharren konnten!» «Gut», sagte der Zauberer, «morgen wollen wir in den Wald hinaufgehen, um einen Baumstamm zu spalten. Du musst mir alle großen Keile hintragen.» «Wie viele sind's?» «Hundertundeiner.» Als sie im Wald oben angelangt waren, machten sie sich an die Arbeit, den gewaltigen Baumstamm zu spalten, aber es fehlten gerade noch die zwei Keile, die Giovannino absichtlich zu Hause vergessen hatte. Da brummte der Zauberer: «Warum hast du sie nicht mitgebracht?» Der Knabe antwortete: «Eure Frau hat mich geheißen, zwei davon daheim zu lassen», worauf der Zauberer sagte: «So spring schnell hinunter und lass sie dir geben!» Giovannino rannte hinab zur Zauberin und sprach zu ihr: «Der Zauberer hat befohlen, ihr sollt mir alles Geld geben, das ihr im Hause habt!» Die Frau aber wollte es nicht recht glauben; sie stellte sich ans Fenster, hielt beide Hände an den Mund wie ein Sprachrohr, damit man sie weithin höre, und rief in den Wald hinauf: «Soll ich ihm wirklich alles geben?» Und der Magier schrie zurück: «Alles, ich hab es dir ja gesagt!» Darauf gab die Zauberin ihm alles Geld mit, und der Schelm machte sich damit davon. Da begegnete er einem Schäfer mit seiner Herde, bei welchem er ein Lamm kaufte und zu ihm sagte: «Nun will ich mir den Bauch öffnen und meine Eingeweide mit denen des Schäfleins tauschen. Dann kann ich schneller laufen und der Zauberer erwischt mich nicht mehr.» Das sagte er aber nur, um den Magier zu täuschen. Inzwischen wartete der Zauberer immer noch auf seine Rückkehr. Als er merkte, dass der Knabe sich nicht mehr blicken ließ, eilte er ihm nach und traf unterwegs auf den Hirten, der ihm alles erzählte. Sogleich kaufte der Zauberer ihm auch ein Schaf ab, tötete es, schnitt ihm den Bauch auf und nahm die Eingeweide heraus. Dann wollte er das gleiche an sich tun, starb aber dabei. So kehrte der listige Giovannino zwar ohne Käslein, aber mit einem Sack Geld nach Hause zurück und hatte die Welt von dem Zauberer befreit. Quelle: Walter Keller, Tessiner Sagen und Volksmärchen, Märchen erzählt in Rovio von Luigia Carloni-Groppi, 1911           Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Geschichte vom Herrgott

Source: Die Geschichte vom Herrgott

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Es war einmal ein armer Mann, der sass an einem Sonntag in der Kirche. Der Pfarrer predigte über das Almosen und sagte unter anderem, wenn man Almosen gebe, so zahle der Herrgott einem das Hundertfache zurück. Ganz aufgeregt ging der arme Mann nach Hause und erzählte seiner Frau von der Predigt. Dann berieten sie zusammen, was sie als Almosen verschenken könnten, um auch das Hundertfache zurückzubekommen. Der Frau fiel dann ein Stück Tuch ein, welches sie gewebt hatte. Sie verteilten es an die Armen und glaubten, dafür hundert Tücher zu erhalten. Jeden Tag warteten sie auf die Tücher, aber vergebens. Da ging der Mann selber zum Pfarrer und sagte ihm, er habe Lügen erzählt, sonst müssten die Tücher jetzt gekommen sein. Der Pfarrer tröstete den armen Mann und versicherte ihm, das Hundertfache komme bestimmt, er wisse nur nicht gerade wann. Damit war der Mann nicht zufrieden, und er brach auf, um zu einem Wegkreuz zu gehen. Er wollte den Herrgott selber fragen, wie es mit dem Hundertfachen seines Stoffes stehe. Unterwegs kam er am Haus eines Herrn vorbei. Der ging gerade spazieren und fragte den Mann, wohin er gehe. «Ich werde mit dem Herrgott reden», sagte er. Da beauftragte der Herr ihn, den Herrgott zu fragen, weshalb seine Obstbäume keine Früchte mehr wie früher trügen. Das wolle er schon machen, gab er zur Antwort und ging weiter. Als er an einem Haus vorbei wollte, kam eine Frau weinend heraus. Die fragte den Mann, wohin er gehe, und er antwortete: «Zum Herrgott.» Da bat die Frau den Mann, doch den Herrgott zu fragen, weshalb er ihr die einzige Tochter weggenommen habe. Er sagte, das wolle er schon machen und ging weiter, an einem Kloster vorbei. An einem offenen Fenster sass der Abt, um frische Luft zu schöpfen, und auch der fragte den Mann, wohin er gehe. «Mit dem Herrgott reden», antwortete er. «Dann», sagte der Abt «frage ihn, weshalb in meinem Kloster so ein Unfrieden herrscht.» «Das will ich schon machen», versprach der Mann. Als er das Kreuz erreichte, verbeugte er sich tief, nahm die Mütze ab und sagte zum Herrgott: «Guten Tag! Guten Tag!» Doch der Herrgott antwortete nicht. Jetzt schrie der Mann wütend: «Guten Tag!» und fügte hinzu: «Du, stell dich bloss nicht taub!» Als der Herrgott diesen grossen Glauben sah, da fragte er ihn schliesslich, was er wolle. Der Mann antwortete: «Das Hundertfache für meinen Stoff!» Der Herrgott meinte: «Wenn es nur das ist, so gehe du ruhig nach Hause! Dann wirst du alles bekommen.» Jetzt sagte der Mann, er müsse ihn noch fragen, weshalb die Bäume jenes Herrn keine Früchte trügen. Der Herrgott antwortete: «Geh und sage dem Herrn, dass er seinen bösen Hund wegtun müsse, der lasse keine armen Leute zum Betteln ans Haus heran, dann werde es schon besser!» «Behüt dich Gott!», sagte jetzt der Mann und drehte sich um. Doch jetzt kam ihm die Frau in den Sinn, er ging schnell wieder zum Herrgott zurück und erzählte, was die Frau ihm aufgetragen hatte. Der Herrgott antwortete: «Geh und sage, dass ich die Tochter genommen habe, solange sie noch mein war!» «Behüt dich Gott!», sagte jetzt der Mann und wollte gehen. Doch jetzt fiel ihm der Abt ein, und er sagte zum Herrgott, der Abt lasse fragen, weshalb seine Mönche zerstritten seien. Der Herrgott antwortete: «Geh und sage dem Abt, er solle den und den Mönch aus dem Kloster jagen, der sei ein Hexenmeister, dann werde es schon besser!» Der Mann ging zum Kloster und sagte dies dem Abt, und der gab ihm einen Beutel voll Geld. Ganz vergnügt, weil das Hundertfache langsam kam, ging er zur Frau und richtete seine Nachricht aus. Auch die Frau gab ihm ein Geschenk. Als er beim Herrn war, machte der ihm ein noch grösseres Geschenk als die ersten beiden, so dass der Mann das Hundertfache für den Stoff zusammenkriegte, bevor er nach Hause kam.      Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Geschichte vom König

Source: Die Geschichte vom König

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Es war einmal ein König, der hatte eine Tochter, die war so traurig, dass sie niemals lachte. Darüber war der König sehr betrübt. So liess er eines Tages ausrufen: «Wer meine Tochter zum Lachen bringen kann darf sie heiraten.» Davon hörte auch der Sohn von armen Leuten und er bat seinen Vater so lange, bis er ihn ziehen liess. Da lief nun der junge Mann in die Welt hinaus und begegnete einem alten Mütterchen, das fragte: «Wohin des Weges, junger Mann?» «Ich will zum Schloss ziehen und die Königstochter zum Lachen bringen!», sagt der Jüngling. «Da du so ehrlich zu mir gewesen bist, will ich dir einen Rat geben!», sagt die Alte. «Wenn du noch ein Stück weitergehst, so wird ein schöner Vogel auf deine linke Schulter fliegen. Behalte ihn immer bei dir, so wird er dir helfen!» Der junge Mann bedankte sich für den Rat, bei sich jedoch dachte er: ‹Ach was die Alten immer so schwatzen, das kann nicht alles wahr sein.› Doch nicht lange darauf flog auf einmal ein grosser, wunderschöner Vogel auf und setzte sich auf seine linke Schulter. Der junge Mann geht nun weiter und kommt zu einer Wirtschaft. Die Gäste staunen, als sie den prächtigen Vogel sehen. «Was willst du für den Vogel haben?», fragen sie. Doch der Junge schüttelt nur den Kopf. Da bietet einer hundert Franken, einer zweihundert und schliesslich sogar einer dreihundert Franken, aber er gibt den Vogel nicht her. Er geht mit ihm in eine Wirtschaft. Dort sind einige Gäste, und die wollen ihm den Vogel abkaufen. Da zwinkert der Wirt seinen Gästen zu und sagt leise: «Wartet nur, wenn er den Vogel für dieses Geld nicht geben will, so stehle ich ihn heute Nacht und verkaufe ihn euch morgen.» Der Bursche geht in sein Zimmer, legt sich ins Bett und nimmt den Vogel zu sich. Um Mitternacht schleicht sich tatsächlich der Wirt in den Unterhosen ins Zimmer und will den Vogel nehmen. Doch kaum hat er den Flügel des Vogels berührt, da bleibt er an ihm hängen. Die Wirtin wundert sich, warum ihr Mann gar nicht zurück ins Bett kommt. Nur mit Nachthemd und Betthaube bekleidet schleicht sie ins Zimmer, um nach dem Rechten zu sehen und will ihren Mann von dem Vogel wegziehen. Aber oje! Jetzt bleibt sie auch noch hängen! Vor Schreck schreit sie auf, und die Magd, die gleich nebenan schläft, steht auf und geht ebenfalls ins Zimmer von dem Jungen. Aber kaum will sie die Wirtin wegziehen, bleibt auch sie hängen. Alles Jammern hilft nichts und so stehen sie die ganze Nacht da, und als der Junge am nächsten Morgen aufsteht und seinen Vogel auf die Schultern setzt, müssen die drei, die an ihm hängen, mit ihm gehen. Wie sie durch das Dorf gehen, schaut soeben der Pfarrer aus dem Fenster. Als er diesen seltsamen Zug in Unterhosen und Nachthemd sieht, da springt er aus dem Haus, um die drei zurückzuhalten, doch auch er bleibt kleben. Sie kommen am Backhaus vorbei und die Bäckerin ist dabei das Brot aus dem Ofen zu ziehen. Sie will den Pfarrer am Ärmel festhalten; doch was geschieht: Auch sie bleibt hängen! So kommen sie zum Schloss und der König führt sie schnurstracks ins Zimmer seiner Tochter. Als die Prinzessin diesen seltsamen Zug sieht, da beginnt sie zu lachen. Sie lacht und lacht und kann kaum noch aufhören. So bekam der junge Bursche die Königstochter zur Frau. Alle aber, die an dem Vogel hingen, konnten wieder nach Hause gehen, der Bursche aber wurde später ein guter und gerechter König.   Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, gesammelt von Caspar Decurtins, Ursula Brunold-Bigler (Übers. und Hg), Desertina Verlag, bearbeitet von Djamila Jaenike Audioversion in Berner Mundart, erzählt von der Märchenerzählerin Helene Pulfer Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Geschichte vom König

Source: Die Geschichte vom König

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Es war einmal ein König, der hatte eine so griesgrämige Tochter, dass sie nie lachte. Er liess in der Zeitung ausschreiben, wer seine Tochter zum Lachen bringe, dürfe sie heiraten. Da bat ein Sohn armer Leute seinen Vater so lange um Reisegeld, bis er es ihm schliesslich gab. Unterwegs begegnet er einer alten Frau. Die fragt ihn, wohin er gehe. Er sagt, er gehe zur Königstochter, er wolle versuchen, sie zum Lachen zu bringen. «Da du so offen zu mir gewesen bist, will ich dir einen Rat geben!» sagt die Alte. «Wenn du noch ein Stück weitergehst, so wird ein schöner Vogel auf deine linke Schulter fliegen. Gib den ja nicht weg! Der wird dir helfen!» «Ach Quatsch, diese alten Weiber muss man schwatzen lassen, sie haben immer das Maul auf», denkt der Bursche und geht weiter. Richtig, als er ein bisschen weiter ist, fliegt ein riesiger schöner Vogel auf seine linke Schulter. Er geht mit ihm in eine Wirtschaft. Dort sind einige Gäste, und die wollen ihm den Vogel abkaufen. Einer bietet dafür hundert, ein anderer zweihundert und ein dritter sogar dreihundert Franken. Aber er gibt den Vogel nicht her. Da zwinkert der Wirt seinen Gästen zu und sagt leise: «Oh, ihr Dummköpfe, wenn er den Vogel für dieses Geld nicht geben will, so stehle ich ihn heute Nacht und gebe ihn euch morgen.» Der Bursche ist ins Bett und nimmt den Vogel zu sich. Um Mitternacht kommt der Wirt in den Unterhosen ins Zimmer, steigt auf eine Truhe und hascht nach dem Vogel. Doch jetzt bleibt er am Vogel hängen. Nach einer Weile kommt die Wirtin im Hemd ins Zimmer, um nachzusehen, ob ihrem Mann etwas passiert sei. Sie will den Mann vom Vogel wegziehen, bleibt aber an ihm hängen.  Da niemand kommt, geht auch die Magd, nur im Hemd, ins Zimmer. Aber als sie die Meisterin wegziehen will, bleibt sie an ihr hängen. Am andern Morgen ist der Bursche früh auf, nimmt seinen Vogel, und was daran hängt, und geht durchs Dorf. Der Pfarrer steht gerade am offenen Fenster. Als er den Zug sieht, fängt er an über den unerhörten Auftritt zu wettern. Er geht hinaus und will der Magd eine kleben, aber er kann seine Hand nicht mehr wegziehen und muss selber mit. Sie kommen an einem Backhaus vorbei, dort nimmt die Bäckerin das Brot heraus. Sie will den Pfarrer wegziehen und bleibt an ihm hängen. So langten sie beim König an. Der führte sie ins Zimmer seiner Tochter. Als die Prinzessin den Zug sah, da musste sie schrecklich lachen, und dann wurde sie die Frau des Burschen. Der Zug konnte dann wieder an seinen alten Ort zurück.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Geschichte vom Menschenfresser

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Sieben Knaben hatten sich im Walde verirrt und erblickten am Abend ein Lichtlein, auf welches sie zuschritten. Das Lichtlein schimmerte aus den Fenstern eines großen Hauses, in welches sie traten. In der Stube saß eine Frau und spann. Diese nahm die Kinder liebreich auf, gab ihnen zu Essen und zu trinken und versteckte sie hinter dem mächtigen Ofen von Lavetschstein. – Nach einer Stunde wurde die Türe aufgerissen und herein kam schnaubend ein Riese mit einem fürchterlichen Rachen, tappte in der Stube umher und rief, dass die Fenster zitterten: »Ich rieche Menschenfleisch.« Die Frau wollte nichts davon wissen und alles wäre gut gegangen, wenn nicht einer der Knaben unvorsichtiger Weise seinen Kopf hervorgestreckt hätte, dass ihn der böse Menschenfresser erblickte, und ihn in einem Augenblicke aufzehrte. Damit war aber der Hunger des Riesen nicht befriedigt. Er fraß noch einen Knaben und dann seine eigene Frau zur Strafe für ihre Lüge. Die andern Kinder sperrte er in einen Hühnerstall unter dem Ofen ein, damit sie fett würden, und legte sich schlafen. Am andern Tag erwachte der Menschenfresser nicht gar frühe, öffnete gähnend den Hühnerstall, nahm den ältesten der Knaben und fragte ihn, ob er auch Läuse suchen könne. Dieser bejahte die Frage und der Riese setzte sich hin, beugte den Kopf auf die Knie und ließ den Knaben in seinen Haaren hantieren. Der Knabe war aber klugen Sinnes und kitzelte und kratzte so lange, bis der hässliche Menschenfresser in einen tiefen Schlaf verfiel. Dann langte das Kind ein breites Schwert von der Wand, hieb dem Riesen den Kopf ab, nahm alle Schätze, welche im Hause aufgehäuft waren und befreite seine Brüder. Quelle: Jecklin, Dietrich: Volkstümliches aus Graubünden. 3 Teile, Zürich 1874, in Comadè bei Trons erzählt.        Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Geschichte vom Ritter Molina

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Am 11. Januar 1828 ist zu Mayenfeld der alte Moser begraben worden, der »Eichhölzler«, wie man ihn gewöhnlich nannte. Dieser Eichhölzler war ein Vagabund von Profession; seinen Namen hatte er vom Eichholze,einem, zwischen Mayenfeld und Jenins liegenden Gute. Des Eichhölzlers Urgrossvater hatte nun dem Ritter Molina einen schul­digen Kapitalzins in das Herrschaftshaus Salenegg in Mayenfeld gebracht, war zufälligerweise Zeuge vorn unerwarteten Hinschiede des Ritters, und erzählt die darauf folgenden Begebenheiten, die er erlebt haben will. Mein »Hinter-Ehni«, der Johannes Maser, gewöhnlich aber der »Geiger­Hans« genannt (es spielte nämlich Keiner, von Ilanz bis Davos, die Geige so schön wie er), wanderte also Salenegg zu, um dem gestrengen Herrn Ritter das Geld zu bringen. Der alte Caleb, des Ritters Kellermeister, führte ihn in seines Herrn Wohnstube. Dort sass der Ritter in seiner gewohnten Einsamkeit, seitdem er am Podagra litt und nicht mehr den Degen schwingen konnte, wie vordem. Neben ihm sass ein grosser, hässlicher Affe; das war der »Tristram«, eine böse Bestie, die alle Leute plagte. Mein Hinter-Ehni legte den Geldbeutel auf den Tisch, mit den Worten: »Ihr werdet Alles in Ordnung finden, Herr Ritter.« »Caleb, nimm den Geigerhans mit hinab, und gib ihm ein Glas Wein, dieweil ich das Geld zähle, und die Quittung schreibe.« Kaum aber hatte der Ehni und der Caleb das Zimmer verlassen, vernah­men sie einen gellenden Schrei, der die Mauern des Hauses erzittern machte. Das war des Ritters Stimme. Caleb lief zurück, der Ehni folgte ihm, und die Bedienten stürzten herbei, währenddes der Ritter ein Mal über's And're schrie: »Hölle, Hölle, Hölle und ihre Flammen!«, und es entstand ein schreckliches Durcheinander. Meinem Ehni schwindelte der Kopf; er vergass Geld und Quittung, und flüchtete die Treppe hinab und fort. Wie er so fort rannte, verstummte auch der Lärm allmälig, und bald hiess es, der Ritter Molina sei tot. Der arme Caleb, der seine Kammer neben dem Saale hatte, wo des Ritters Leiche lag, ging den alten Marugg an, dass er mit ihm die letzte Nacht bei dem Herrn wache, denn seitdem der tot liege, ertöne jede Nacht das sil­berne Pfeifchen, das Zeichen, dass er im Bette umgewendet sein wolle, wegen dem Podagra. Er fürchte sich allein zum toten Herrn zu gehen, und ihn umzukehren, wie wohl er »gut tot« sei. - So setzten sich die Zwei in Ca­leb's Kammer, und tranken Wein, und wachten, nach Sitte und Gebrauch. Um Mitternacht ertönte richtig das silberne Pfeifchen, so scharf und so schneidig, dass es ihnen durch Mark und Bein ging. Die beiden alten Diener, der Caleb und der Marugg, machten sich auf, und nahten sich, zitternd, dem Saale. Marugg sah auf den ersten Blick schon genug: Kerzen brannten im Saale, der tote Herr sass aufrecht im Sarge, der Affe hockte neben dem Sarge. Marugg fiel ohnmächtig um, und war keiner Bewegung und keines Lautes mehr mächtig. Es war ihm, als höre er draussen vor dem Hause eine Kutsche heranrollen, das Haustor sich öffnen, und schwere, langsame Tritte die Treppe heraufkommen, näher und immer näher, den Gang her, bis an die Saaltüre, an welcher er ein Pochen vernahm. Dann sah er, wie der Ritter aus dem Sarge sich erhob, und einen tiefen, grauenhaften Seufzer ausstossend, nach der Türe schritt, neben ihm weg, und - verschwand. Erst als am Morgen das trübe Zwielicht durch die Bogenfenster blickte, vermochte Marugg aufzustehen, und - wahrhaftig - der Sarg war - leer. Dafür aber lag, zwei Schritte vom Sarge entfernt, die Leiche des armen Caleb. Man suchte nun zwar, so gut es ging, die böse Sache zu »vertuschen«, aber was geschah? Als der Leichenzug eben zum Schlosstore heraustrat, öffnete sich oben plötzlich ein Fenster, und heraus beugte sich das gespenstige Totengesicht des Ritters, der mit heiserer Stimme die Träger fragte, ob sie schwer hät­ten? - Nun war es freilich zu Ende mit dem »Vertuschen«, denn über hundert Leute hatten den Spuck gesehen; und diese Geschichte machte grossen Rumor im Lande herum. Nach diesem merkwürdigen Ereignisse mit dem Ritter Molina, betrat Hector, dessen Sohn, die Erbschaft, und beschied, rückständige Zinsen einziehend, auch meinen Ehni. Es half aber nichts, dass Derselbe beteuerte, das, Geld abgegeben zu haben, der Caleb habe es ja noch gesehen, - und Quittung zu fertigen, daran hätte der Tod den Ritter verhindert. Der Junker Hector und der Ehni kamen bald in Streit miteinander. »Wo glaubt Ihr denn, Geigerhans! dass das Geld sei!?« »In der Hölle, bei Eurem Vater und seinem silbernen Pfeifchen,« wütete der Ehni, und - zur Türe hinaus, und fort, indess der Junker nach Ammann und Weibel schrie. Der Ehni kehrte im Zorn im Wirtshäuslein der Stini Fausch in der Clus ein, liess sich ein Glas Brantwein kommen, trank Denselben in zwei Zügen, und brachte dabei den Wunsch und Trinkspruch: »dass der Molina im Grabe keine Ruhe finden solle, bis der Geigerhans sein Recht habe, und - auf die Gesundheit des bösen Geistes, wenn Selbiger ihm zum Gelde oder zur Quittung verhelfe,« und ritt fort, heimwärts auf das Zinsgut, das er von Molina hatte. Bald gesellte sich ein fremd aussehender Mann zu Pferde zu ihm, mit dem er sich ins Gespräche einliess, und dem er den ganzen Handel mit dem Ritter und dem Junker erzählte. Währendem der Ehni meinte, es gehe bald aufwärts, Seewis zu, hatte er es im eifrigen Gespräche und betäubt von Branntwein, nicht bemerkt, dass sie bei der »dunklen Buche« Kehrt gemacht hatten, den gleichen Weg wieder zurückkamen, und längst schon Malans und Jenins hinter sich hatten. »Den Molina kenne ich ganz gut!« lachte der Fremde hellauf, »der ist jetzt mein Diener und ich sein Herr; kommt mit, er soll Euch die Quittung geben.« »Ich habe Mut, wegen der Quittung bis an die Pforten der Hölle und noch einen Schritt darüber - zu gehen,« rief der Ehni. Wiederum lachte der Fremde, fort gings durch die finstere Nacht, bis die Pferde am Tore eines grossen Hauses stehen blieben. Hätte mein Ehni nicht gewusst, dass es nicht sein konnte, so würde er sicher geglaubt haben, das sei Salenegg. - Sie ritten in den Hof. Die Vorder­seite des Hauses war hell erleuchtet, - da ertönten Trompeten und Geigen, da wurde getanzt und jubiliert, wie dann und wann zu des Ritters Lebzeiten es geschehen war. Sie stiegen ab, und mein Ehni band, wie es ihm schien, sein Ross an denselben Ring, an den er es schon mehr angebunden hatte, wenn er mit dem Zinse nach Salenegg kam. »Gott«, dachte der Ehni, »wenn der Tod des Ritters nur ein Traum wäre.« Er sah sich nach dem Fremden um, der und dessen Ross waren aber spurlos verschwunden. Der Ehni klopfte an das Haustor, und siehe da - wie gewöhnlich, öff­nete sein alter Bekannter, der Caleb, ihm, und redete ihn an: »Seid Ihr auch da, Geigerhans? Der Herr hat soeben nach Euch gefragt«. Der Ehni glaubte, zu träumen, ermannte sich aber, und fragte: »He, Caleb, lebet Ihr denn auch noch, ich dachte, Ihr wäret gestorben«, »Küm­mert Euch nicht um mich«, erwiderte Caleb, »sondern habet für Euch Sorge, nehmet von Niemanden Etwas an, weder Essen, noch Trinken, noch Geld, einzig Eure Quittung, die dürfet ihr nehmen.« Mit diesen Worten führte Caleb den Ehni über Treppen und Gang in das, ihm wohlbekannte, mit Eichenholz getäfelte Wohnzimmer. Dort ging es toll her, wie es bei des Ritters Lebzeiten oft der Brauch gewesen, und von den, um den Tisch herumsitzenden Gestalten erkannte der Ehni manchen alten Bekannten. Dort sassen der alte Schauensteiner, der sparsame Brügger, auch Baldiron, genannt der »neue Holofernes«, mit seinem langen Barte, der wilde Robustelli, mit blutbefleckten Händen, Hans Peter Guler, der Georg Jenatsch in seinem roten Rocke und Spitzenkragen, und noch andere mehr. - Auch von Denen, die nicht am Tische sassen, sondern standen, kannte der Ehni welche, so den berüchtigten Bosca, den Übeltäter, und den Gerichtswelbal von Tusis, den man den »Teufelsranzen« nannte; sogar unter den Dienern sah er wohlbekannte Gestalten, die kamen und gingen, und verrichteten ihre Geschäfte, als lebten sie noch. Mitten im furchtbaren Tumulte gebot plötzlich der alte Molina mit Donnerstimme dem Geigerhans, zu ihm zu kommen. Da sass der Ritten also, die Füsse ausgestreckt, mit Flanelle umbunden, die Halfter-Pistole neben ihm, das grosse Schlachtschwert am Stuhle angelehnt, - just Alles wie ehedem. - Aber der Tristram war nicht da, nur das leere Kissen, auf dem er sonst gehockt; wahrscheinlich war seine Zeit noch nicht gekommen, denn als der Ehni dem Ritter sich näherte, hörte er Einen fragen: »ist der Tristram noch nicht da?« Ein Anderer antwortete: »Der Affe wird kommen, wenn der Tag anbricht.« »Nun«, sprach der Ritter zum Ehni, »hast Du mit meinem Sohne wegen dem Pachtzinse abgerechnet?« Mit grosser Mühe brachte der Ehni die Worte hervor, »der Junker wolle ohne die Quittung sich nicht zufrieden geben.« »Nun, spiele uns auf: »zwischen Cur und Mayenfeld«, aber schön! dann sollst Du die Quittung haben«, erwiderte der Ritter, »und Du Caleb, Du Teufelsblut, bringe dem Hans die Geige, die ich für ihn aufbewahrt habe.« Caleb brachte eine Geige, aber der Ehni bemerkte gleich, dass der Hals derselben von Stahl und glühend war. Er nahm die Geige nicht, und gab zur Ausrede, er sei zu sehr erschrocken. »Nun so müsset Ihr doch essen und trinken wie wir, denn es ist nicht immer gut, nüchtern zu sein.« »Er sei nicht gekommen, um zu essen und zu trinken, noch um aufzu­spielen, sondern um die Quittung zu haben, und die solle er ihm jetzt geben,« forderte der Ehni. Der Ritter fletschte die Zähne, und schrie: »Da ist Deine Quittung, Du erbärmlicher Wicht, und das Geld liegt im »Katzenwinkel«.« Der Ehni bedankte sich beim Ritter, und wünschte, in Gottes Namen, seiner Seele Ruhe und Frieden; und kaum hatte er das Wort »Gottes« aus­gesprochen, ward es plötzlich ganz finster, und er fiel mit einem heftigen Schlage zu Boden, dass er Atem und Bewusstsein verlor. Wie er aber nach einiger Zeit wieder zu sich kam, schaute er um sich; da lag er auf dem Friedhofe von Mayenfeld, neben ihm stand das Grabmal des Ritters Molina, und ruhig weidete sein Pferd neben den beiden Kühen des Pfarrers. Der Ehni hätte Alles für einen Traum gehalten, aber er hielt die Quittung in der Hand, schön geschrieben und vom Ritter selber unter, zeichnet. Innerlich von heftiger Unruhe bewegt, verliess der Ehni den schaurigen Ort, schritt im Morgennebel Salenegg zu, und ging zum Junker. »Nun, rief Dieser ihm entgegen, bringt Ihr mir den Zins, Geigerhans?« »Das nicht, aber Eures Vaters Quittung darüber; seid so gut, und sehet nach, ob sie richtig ist.« »Was? meines Vaters Quittung, Elender, Du wirst nicht deswegen in der Hölle gewesen sein?« fragte erstaunt der Junker. »Mach's kurz, oder ich klage Dich beim Gerichte an!« Doch fasste sich der Junker bald, und nun erzählte der Ehni die ganze Geschichte, Wort für Wort. Am Ende sagte dann der Junker ganz ruhig: »Höret, Hans, ist Eure Geschichte wahr, so wird auch das Geld sich finden im »Katzenwinkel«, aber wo ist denn Der? Findet sich das Geld, dann wohl und gut, sonst aber geht's Euch böse, weil die Geschichte viele adelige Fa­milien im Lande betrifft, und dann über Euern schlechten Spass übel geur­teilt werden dürfte.« Der Ehni sagte, wir wollen den alten Marugg fragen, er kennt jeden alten Winkel im Schlosse, sicherlich auch den »Katzenwinkel«. Man fragte nun den alten Marugg darum, und der sagte, dass man von jeher den obersten Teil des Turmgebäudes den »Katzenwinkel« genannt habe; schon längst sei der Platz ganz unbrauchbar, nur eine Leiter führe vom Turrn-Estriche hinauf. »Da will ich den Augenblick hin,« rief der Junker, ergriff - wozu das?, weiss der Himmel - eine von den Pistolen seines Vaters, und eilte nach dem Turme. - Obgleich die Leiter schlecht war, und einige Sprossen fehlten, stieg der Junker hinauf, und betrat den finstern Verschlag. Da fuhr Etwas wütend auf ihn zu, und stürzte ihn fast rücklings hinab. - Die Pi­stole ging los, und Marugg und mein Ehni, die unten standen, und die Leiter hielten, damit der Bunker nicht falle, vernahmen ein gellendes Ge­schrei. Eine Minute darauf warf der Junker ihnen den Körper des Tristram herab, und rief, auch das Geld habe sich gefunden. Der Junker brachte den inhaltsschweren Geldbeutel herab. Es war also der Affe gewesen, der das Geld »verrobet« hatte; nun war seine Zeit da, nun durfte er zu seinem Herrn, und an dessen Seite den alten Platz auf seinem Kissen wieder einnehmen. Der Junker führte den Ehni ins Wohnzimmer, und redete ihm zu, und versprach ihm, weil seine Unschuld nun bewiesen sei, ein gütiger Herr gegen ihn sein zu wollen, trug die Quittung ins Zinsbuch ein, und erliess dem Ehni sogar einen Teil vom jährlichen Zinse. Auch gab er dem Ehni eine neue Quittung, indes er die, welche der alte Ritter ausgestellt hatte, mit der Zustimmung des Ehni in's Feuer warf. Diese Quittung verbrannte nicht, sondern flog weg, durch den Schornstein hinauf, Funken sprühend und zischend, wie eine losgelassene Rakete. Von der Zeit an nahm der Ehni ein ganzes Jahr lang keine Geige mehr in die Hand. und schütte auch nicht mehr so eine Halbe nach der Andern durch die Gurgel, denn er musste immer an den Ritter Molina denken. Nachschrift. Erscheint nun in dieser Sage der Ritter Anton Molina in keinem günstigen Lichte, wird er anderseits in einer Biografie bündnerischer Helden und hervorragender Männer des 17ten Jahrh. als ein edler Mann und Vaterlandsfreund geschildert, der eben eher für des Vaterlands Sache gekämpft, und ihm treue Dienste erwiesen hat. - Schlimmstenfalls war er weder besser noch schlechter, als die damaligen Staatsmänner es gewesen; doch waren ihrer Wenige, die den echten, rechtschaffenen Ritter-Adel besassen. - Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Geschichte vom Waldbruder

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Es war einmal ein Mann und eine Frau, die hatten keine Kinder, doch mit der Zeit, nach langem Bitten, schenkte der Herrgott ihnen eines. Die Frau wurde schwanger. Und als es Zeit für die Geburt war, holte sie die Hebamme, und als das Kind auf der Welt war, war es ein Bär. Sie mussten sich damit abfinden und sie hielten dieses Tier, wie es sich gehört. Es wuchs und wurde älter, so um die 15 oder 16 Jahre. Unterdessen hatte die Königstochter dieses Tier, das ihnen nachlief, gesehen. Da kam sie auf den Gedanken, es bei sich zu haben. Sie wollte dieses Tier auch nachts mit auf ihr Zimmer nehmen, und sie liessen es gehen. Und sie nahm das Tier und richtete ihm ein Lager unter ihrem Bett. Das Tier legte sich in der ersten Nacht hinein, und von 11 bis 12 Uhr verwandelte es sich in einen Mann. Und der kam vor das Bett, begann zu reden und sagte, er sei nur für eine Weile da, dann müsse er wieder ein Bär werden. Jemand hatte ihn dann in der einen oder andern Nacht gehört, deswegen musste er wieder ein Bär werden. Er stiess einen Schrei aus und ging weg. Er kam in eine Stadt zu einer gewissen alten Frau. Die nahm ihn auf und brachte ihn in einem Keller unter. Die Königstochter stand auf und war sehr betrübt, und als es Tag war, ging sie ihren Bären suchen. Sie gelangte mit der Zeit in einen Wald zu einem alten Mann, der musste an die hundert Jahre alt sein. Es war Abend, und sie bat darum, über Nacht bleiben zu dürfen, und der Mann liess sie übernachten. Sie kamen dann ins Gespräch, und die Frau erzählte, wie es stehe, und sie sei unterwegs auf der Suche nach diesem Bären. Da erklärte er, wo der Bär zu finden sei. Sie müsse über eine Brücke gehen, darauf sei ein Drache, und der lasse nicht alle durch. Nun denn, er wolle ein paar Worte für den Drachen auf ein Stück Rinde schreiben, und er sagte, wenn sie den Drachen sehe, solle sie ihm diese Rinde entgegenwerfen, und wenn er lächle, solle sie weitergehen, doch wenn dies nicht der Fall sei, so solle sie nicht weitergehen, sonst zerfleische er sie. Und sie nahm, als es Tag war, jenen Weg, und als sie den Drachen sah, warf sie die Rinde. Der Drache hob sie auf, las die Worte darauf und lächelte. Als sie hinzutrat, sagte er, sie könne durchgehen, und sie werde zu einer alten Frau kommen. Sie solle die fragen, ob sie bei ihr im Dienst bleiben könne. Die Alte werde ihr auftragen, die Schafe zu hüten. Wenn sie mit den Schafen auf der Weide draussen sei, würden sich die Schafe in Hasen verwandeln. Dann gab ihr der Drache eine Pfeife, und sie solle bis zum Abend die Hasen laufen lassen, wohin sie wollten, dann solle sie mit dieser Pfeife pfeifen, dann kämen die Schafe zum Vorschein, so wie jeweils am Morgen. Der Bär sei im Keller unten, und wenn sie eine Anzahl Tage bei der Alten verbracht habe, so solle sie fragen, ob sie dem Bären das Wasser bringen könne. Dann solle sie versuchen, ihm heisses Wasser zu geben, und wenn er das heisse Wasser schlucke, werde er ein gewaltiges Gebrüll ausstossen und die Ketten zerreissen. Da die Alte vorher kommen und das Wasser prüfen werde, müsse sie ihr kaltes Wasser hinhalten und heimlich dem Bären heisses bringen. Die Königstochter gelangte zur alten Frau, und die trug ihr jene Arbeit auf, wie es der Drache gesagt hatte. Die Königstochter wünschte nach ein paar Tagen, dem Bären das Wasser bringen zu dürfen. Die Alte erlaubte dies, denn sie war mit der Magd zufrieden. Etwa acht Tage lang richtete die Magd das Wasser und liess die Alte prüfen, ob es recht sei, und das war immer der Fall gewesen. Die Alte hatte sie auch damit beauftragt, den Kaffee für sie beide zu kochen. Eines Morgens hatte die Königstochter das Wasser heiss gemacht, dann aber nahm sie kaltes Wasser und rief der Alten, sie solle kommen, und die prüfte das Wasser und sagte, sie solle nur in den Keller gehen, wenn sie könne. Da liess sie das kalte Wasser stehen, rannte in den Keller hinunter und gab das heisse. Der Bär nahm ein Maul voll und schluckte es, darauf brüllte er, und sie dachte dann rasch auch an den Drachen, denn der hatte ihr aufgetragen, sie solle dann auch an ihn denken, dann werde auch er kommen. Alle beide wollten die Alte dann schon in den Senkel stellen. Und der Drache erschien, und beide nahmen sich die Alte vor und straften sie gehörig, und sie straften sie, bis sie die Erlösung aller zuliess, die sie verzaubert hatte. Sie nahm dann drei Flaschen Wasser, und daraus musste sie einen Tropfen vor den andern fallen lassen, in allen Gassen der Stadt herum, und sie zog los mit diesen Flaschen, und dann verwandelten sich die vielen Schafe in dieser Stadt in Leute, und alles war zufrieden mit der Königstochter. Auch der Bär wurde wieder ein Mann, und der Drache auch, und die Königstochter ging dann mit ihrem Mann nach Hause und hielt Hochzeit. (Schams)   Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Geschichte von dem weissen Buebli

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 Zu Spiringen bekam ein Weibervolk ein unehrliches Kind, ein schneeweisses Buebli mit schneeweissen Haaren. An seiner rechten Seite war ein weisses, lebendes Bänzli mit grossem Euter angewachsen. Die Mutter schämte sich dieser Missgeburt und hielt sie heimlich; nur ein schlaues Weibervolk in Unterschächen vernahm davon und sagte: »Gib's dü miär!« Und die Mutter überliess ihm das Buebli; es wuchs auf und sog an dem Euter des Schäfchens, das immer grösser wurde. Die Pflegemutter brauchte dem Buebli keine Nahrung zu geben. Als es grösser wurde, stellte sie's vor das Haus, und alle Leute bewunderten es, gaben ihm reichlich Geschenke und fragten, was das sei. Die Pflegemutter sagte, das sei der gute Hirt, und wurde reich von den Geschenken. Als solches die rechte Mutter sah, wurde sie neidisch, sagte aus, es sei ihr Knabe, und forderte ihn zurück. Die Unterschächnerin sagte: »Gut, so nimm ihn!«, und er zog mit ihr nach Spiringen. Aber am nächsten Abend war er wieder bei der Pflegmutter zu Unterschächen. Und so geschah es noch einigemal. Wenn ihn am Morgen die Mutter nahm, war er jeweilen am Abend wieder in Unterschächen. Da warf sie ihn zuletzt in den Schächen. Aber es nützte nichts; noch am gleichen Abend fand er seine Pflegmutter. Da wurde die unehrliche Mutter zornig, streute aus, der Bub sei ihr gestohlen worden, und forderte ihn auf, mit ihr nach Spiringen zurückzukehren. Aber er wollte nicht. »Ihr habt mich ja verkauft«, sagte er. Bei diesen Worten fiel die unehrliche Mutter um und war tot. Wie es weiter gegangen, weiss ich nicht. Karl Gisler, 72 Jahre alt Anmerkung: Nach längerem Verkehr mit meinem Erzähler habe ich erfahren, dass er diese Geschichte etwa im Alter von 15 Jahren in einem Buche gelesen, wie auch andere Märchen, die ich aber nicht in diese Sammlung aufgenommen. Er behauptet, es sei wirklich von Spiringen und Unterschächen die Rede, was doch wohl nicht der Fall ist. Den Ausgangspunkt zum Erzählen der Geschichte bildete die Behauptung, die Unterschächner seien »mehr g'vörtelet« als die Spiringer. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Geschichte von der Laterne

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Es war einmal eine Witwe. Die hatte einen fünfzehnjährigen Sohn, der hütete die Ziegen. Auf der Suche nach ihnen geriet er zu später Stunde in einen Wald und gelangte zu einer Hütte. Da lebte ein alter Mann. Er trat ein und fragte, ob er nicht hier in der Nähe ein paar Ziegen gesehen oder gehört habe. Nein, er habe nichts gesehen und wisse von nichts, sagte der Alte. Es begann immer stärker zu dunkeln, und der Bursche hätte noch ein rechtes Stück Weg gehabt, um nach Hause zu kommen. Doch der Alte sagte: «Da es so spät ist, bleibst du gleich hier.» Der andere blieb. Am Morgen fragte der Alte, ob er ihm nicht einen Gefallen täte. Wenn er könne, wolle er es gerne tun, antwortete der kleine Geisshirt. Der Alte sagte: «Nun, draussen vor der Hütte ist ein grosses Loch, und meine Laterne ist da hinuntergefallen, ich kann sie nicht heraufholen.» Ah, er wolle das schon machen, erwiderte der Bursche, er solle ihm ein Lederseil geben. Sie gingen dann zum Loch; der Geisshirt band sich das Seil um, und der Alte liess ihn hinunter. Als der Geisshirt unten war, meinte der Alte, er solle vorläufig die Laterne am Seil festbinden, er wolle diese zuerst heraufziehen. Darauf kamen dem Burschen gewisse Zweifel, und er rief hinauf, er solle nur ziehen, er könne ihn samt der Laterne heraufziehen. Aber der Alte wollte dies nicht tun und ging wieder in die Hütte zurück. Der Bursche bereute es, dass er sich in dieses Loch heruntergelassen hatte und begann bitterlich zu weinen. Mit der Zeit hörte er damit auf; er nahm die Laterne und betrachtete sie von allen Seiten. Da bemerkte er, dass ein Glas ein wenig schmutzig war; er benetzte zwei Finger und rieb den Schmutz ab. Gleich darauf erschienen drei Geister und fragten, was er wolle. Er wünschte, er wäre bei seiner Mutter, und kaum hatte er das gesagt, war er wieder bei ihr daheim. Als der Alte nachschaute, war der Geisshirt fort, mit der Laterne und allem. Der Alte ärgerte sich natürlich und dachte Tag und Nacht darüber nach, wie er die Laterne zurückbekomme. Eines Tages nahm er ein paar neue Laternen, ging ins Dorf und rief aus: «Wer will alte Laternen gegen neue tauschen? » Da eilten viele herbei, denn das war ein guter Tausch. Unter ihnen war auch die Mutter unseres Geisshirten; die kam mit der alten Laterne, um sie einzutauschen. Als der Alte seine Laterne wieder hatte, war er zufrieden, begab sich nach Hause und stellte sie an ihren Ort unter dem Bett. Abends, als der kleine Geisshirt nach Hause kam und sah, dass die Laterne weg war, raufte er sich die Haare und machte seiner Mutter Vorwürfe, denn sie hätte die Laterne nicht weggeben dürfen. Der Bursche war ganz verzweifelt und hirnte und hirnte, wie er die Laterne wieder bekommen könnte. Er ging in den Wald und kam zur Hütte des Alten. Der war nicht da. Er suchte und suchte nach der Laterne und wollte eben die Stube verlassen. Da warf er noch einen Blick unter das Bett, sah etwas glänzen, und das war die Laterne. Er nahm sie und machte sich auf den Heimweg. Zu Hause ermahnte er seine Mutter, auf die Laterne aufzupassen und sie nicht wegzugeben. Als er älter war, bat er eines Tages seine Mutter, sie solle zum König gehen und ihn um seine Tochter bitten. Die Mutter lachte nur und sagte, was er sich auch denke, er und die Königstochter! Doch der Bursche gab nicht nach. Die Mutter ging zum König, doch der lachte nur und rief, sie solle sich fortscheren. Der Busche erwiderte: «Ah, die Tochter will ich unbedingt, geh du hinauf, Mutter, und sag ihm, wenn er sie nicht freiwillig gibt, so brauch ich Gewalt und erkläre ihm den Krieg.» Der König lachte bloss wieder und meinte, er solle nur kommen. Der Bursche rief seine Geister, indem er am Glas der Laterne rieb, und die kamen und fragten, was er wünsche. Er wolle ein Heer Soldaten, und er möchte der beste General auf dem schönsten Pferd sein. Sein Wunsch ging in Erfüllung. Da belagerte er am gleichen Tag den König. Der hatte keine Soldaten zusammengezogen, keinen einzigen, und er sagte, folglich wolle er ihm die Tochter geben. Darauf zog der Bursche seine Soldaten zurück. Und die Tochter musste ihn heiraten. Sie hielten Hochzeit. In der ersten Nacht liess er ein Schloss gegenüber jenem des Königs errichten und wünschte weiter, dass er und seine Frau dort im Bett lägen. Am Morgen, als der König aufstand und aus dem Fenster blickte, wunderte der sich nicht wenig und fragte sich, wie dieses Schloss über Nacht hierher gekommen sei und wem es gehöre. Jetzt, eines Tages ging der Alte aus dem Wald am neuen Schloss vorbei und sogleich überlegte er sich, wie er die Laterne wieder bekommen könnte. Und auf die eine oder andere Weise bekam er sie wieder und er liess das Schloss wegtragen, und am Morgen lag das Paar splitternackt am Boden und schlief. Als der König aus dem Fenster blickte, war das Schloss weg, und die andern dort lagen splitternackt auf dem Boden. Er nahm sie dann in sein Haus. Der junge Mann bekam die Laterne dann irgendwie wieder und liess das Schloss nochmals aufstellen, aber viel schöner als zuvor. Der König sah das, rief ihn aufs Schloss und fragte, wie das zu und her gehe. Der andere erklärte ihm dann alles, und der König sagte, er solle jetzt noch einen Haufen Geld kommen lassen, und er wolle dann die Laterne so versorgen, dass sie keiner mehr finde. Sein Schwiegersohn tat das und gab die Laterne dem König. Der befestigte daran einen grossen Stein und liess sie im Meer versenken. Und das junge Paar konnte von da an ungestört in seinem Schloss leben. (Schams)   Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Geschichte von einem, der nicht gern arbeitete

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Es war einmal ein Bursche, der arbeitete nicht gern, er war ein wenig ein Fauler. Da fiel es ihm ein, sich beim Militär anwerben zu lassen. Er ging in eine Stadt und kam in das Heer des Königs. Im Militär machte er sich gut und kam voran. Besonders am Schiessen hatte er Gefallen und schoss auch sehr gut. Er stand vier Jahre im Dienst des Königs, dann beschloss er heimzugehen, sich einen Stutzer zu kaufen und Jäger zu werden. Es war ein schöner Tag, die Sonne brannte, und er musste lange reisen, bis er zu Hause war.  Er kam in einen Wald, wollte ein wenig ausruhen und legte sich hin. Es ging nicht lange, so kam ein Herr zu ihm, und sie begrüssten sich. Der Herr fragte ihn, ob er ein guter Jäger sei, ob er einen Bären schiessen könne. Der andere bejahte dies. Bald darauf trabte ein gewaltiger Bär daher. Der Jäger nahm sein Gewehr, zielte, schoss und traf den Bären genau in den Kopf, so dass der sich nicht mehr regte. Da sagte der andere, wenn er das tun wolle, was er sage, dann habe er Geld genug. Der Jäger fragte: «Nun denn, worum geht's? Wenn es mir möglich ist, so will ich's tun.» - «Du darfst den Bart nicht abhauen, die Haare nicht schneiden und die Kleider nicht wechseln, und ganze sieben Jahre lang musst du auf dem Fell dieses Bären schlafen. Wenn du das kannst, wird es dir nachher gut gehen.» Der andere erwiderte, das wolle er tun. Der Herr gab ihm einen Beutel voll Geld und sagte: «Hier kannst du fortwährend herausnehmen, der Beutel ist immer voll.»  Als der Herr ihn in das Bärenfell gehüllt hatte, trennten sie sich. Er ging weiter und kam zu einer Wirtschaft, wo drei Mädchen waren. Die musterten ihn und sagten heimlich zueinander: «Das ist jetzt ein hässlicher Kerl.»  Als er mit dem Abendessen fertig war, sagte er, er möchte jetzt schlafen gehen. Die Mädchen sagten, er könne im Zimmer neben der Stube schlafen. Er trat ein, breitete sogleich das Bärenfell aus und legte sich darauf Er schlief sogleich ein. Aber langsam erwachte er wieder, denn in der Stube hörte er ein Stöhnen und Seufzen. Er stand auf und ging hinaus; es war der Wirt, völlig verzweifelt. Er klagte, er habe ein ziemlich grosses Vermögen gehabt und habe davon auf gute Worte hin einem Mann geliehen und geliehen, und jetzt sehe er, dass er nichts mehr zurückerhalte. Er besitze nichts mehr und müsse Schulden machen. Das sei das Wenigste, meinte der andere, wenn es nur das sei, dem könne er schon abhelfen. Wie viel er brauche. Der Wirt antwortete so und so viel. Sie begaben sich hinter den Schanktisch, und dort zahlte der mit dem Bärenfell dem Wirt alles aus. Dann legten sie sich wieder schlafen. Der Wirt schlief gut hinterher, die schwere Sorge war er los. Am Morgen dankte der Wirt seinem Wohltäter und sagte, er wolle ihm auch einen Gefallen erweisen und fragte, was er ihm geben könne. Der andere erwiderte, er möchte dafür eine seiner Töchter zur Frau, dann brauche er dieses Geld nicht mehr zurückzugeben. Der Wirt antwortete, er wolle die Töchter rufen und sie fragen. Zuerst rief er die Älteste. Die wollte nichts von dem mit dem Bärenfell wissen, und die Mittlere auch nicht. Dann kam die Jüngste, und sie warf einen Blick auf den Vater und danach auf den Gast und antwortete: «Da du ein Herz für meinem Vater hattest, habe ich auch ein Herz, dich zu heiraten.» Darauf nahm er einen Goldring hervor, brach ihn entzwei, gab die eine Hälfte dem Mädchen und sagte: «Ich gehe jetzt für sieben Jahre weg, dann komme ich zurück, und wir halten Hochzeit»  Dann brach er auf. Manchmal schrieben sie sich ein Brieflein, und die älteren Schwestern ärgerten die Jüngste und machten sich lustig über ihren Bräutigam. Sie habe da einen «Schönen», an dem könne sie grosse Freude haben. Das Mädchen war zufrieden, obwohl sie diese Reden schmerzten, denn sie hatte ihn im Herzen nicht ungern, sie liebte ihn. Die Ärmste musste sieben Jahre lang immer die Vorwürfe und den Spott der Schwestern mit anhören, und am Schluss verleidete es ihr, so dass sie sich in ihr Zimmer zurückzog und sich nur noch wenig zeigte. Die letzten Jahre schrieb der Bräutigam seltener, und dann sagten die andern Schwestern: «Jetzt schreibt er dir nicht einmal mehr, dieser ‹Schöne›.» Sie schwieg immer still.  Die sieben Jahre waren um. Am Tag danach ging der Bräutigam wieder dorthin, wo er den Bären geschossen hatte. Dann kam der Mann. Sie begrüssten sich, und jener Mann sagte: «Jetzt hast du die sieben Jahre hinter dich gebracht, jetzt kannst du machen, was du willst, denn du hast alle meine Bedingungen erfüllt» Nun wollte der Mann ihn verlassen, doch der andere schrie ihn an: «Nein, nein, so geht das nicht, jetzt musst du mich herausputzen.» Der Mann kehrte um, oder jener Herr, nahm den andern her, wusch ihn und putzte ihn heraus und kleidete ihn ordentlich, und aus unserm armen Schmutzfink wurde ein schöner Herr. Dann trennten sie sich.  Er machte sich auf den Weg zu seiner Braut, um sie zu heiraten. Er ging in die Wirtschaft, und als die Älteste diesen schönen Burschen sah, begann sie Komplimente zu machen und wusste nicht, was alles auftragen, damit der Mann ein Auge auf sie werfe; und die zweite kam auch herbei und tat dasselbe, und jede dachte, sie bekomme ihn. Da fragte er den Wirt, ob er nicht noch eine Tochter habe. «Doch, doch», antwortete der Wirt, «aber die ist im Zimmer oben, die ist am liebsten allein und grübelt vor sich hin, die hat mit Männern nichts am Hut.. Doch der Gast hiess den Wirt, seine Tochter zu rufen. Sie riefen sie, und sie kam, und er sagte, sie sollten ihr einen Sessel hinstellen und ein leeres Weinglas reichen. Sie gaben es ihr, und er sagte zum Mädchen, sie wollten zusammen aus einem Glas trinken. Er schenkte dann den Wein ein, doch dabei liess er seinen halben Goldring unbemerkt ins Glas fallen, woraus sie dann zusammen tranken. Mit der Zeit entdeckte sie etwas im Glas drin. Sie nahm ein Messer und holte damit den halben Ring heraus. Da rief sie, sie habe auch einen halben Ring und glaube, dass diese zwei Hälften zusammenpassten. Sie rannte ins Zimmer hinauf, holte ihre Hälfte, setzte beide zusammen, und sie passten genau. Da sagte sie: «Du bist gewiss mein Bräutigam»; er lächelte und sagte ja. Er sei gekommen, um Hochzeit zu halten. Und als die andern zwei das hörten, gerieten sie sich in die Haare und gingen mit beiden Fäusten aufeinander los, stürzten zur Tür hinaus, nahmen beide einen Strick, rannten bis zuoberst, öffneten ein Fenster, und alle beide erhängten sich. Und ein anderer Herr, welcher der Teufel und als Gast in jenem Haus war, öffnete ein Fenster und sagte: «Ich habe zwei und du nur eine.» Und die andern beiden hielten Hochzeit und hatten es recht miteinander. (Schams)   Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


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Vor vielen und vielen Jahren, da waren in Ozen, dem Mittelläger der Alp Sefinen, nur kleine Hütten mit einem einzigen Raum zur Zubereitung des Käses und unter dem Dach die Gasterra für die Sennen. Das Vieh nächtigte im Värrich neben der Hütte. Seit Menschengedenken war es hier oben gang und gäb, dass man die oberste Legilatte (Latte eines Pfercheinganges) nicht schloss, warum, das kann man noch zur jetzigen Stund nicht sagen, es war Brauch und damit basta! Da geschah es nun einmal, dass ein junger Schlingel, der noch kaum wusste, wie das Wasser macht, wenn es kocht, an einem Abend mit Fleiss die oberste Legilatte schloss und sie mit Steinen verkeilte. Alle Mahnungen des alten Käsers schlug der junge Älpler lachend in den Wind: "Und wenn der Teufel rittlings drauf sässe, den obersten Legisparren stoss ich ins Loch von jetzt an, grad zum Trotz!" Als sie nach des Tages hartem Werk oben auf der Gasterren die müden Leiber im Bergheu streckten, da fiel der Schlaf über sie. Aber, als die erste Stunde des neuen Tages begann, da klopfte es heftig an die Dachrafen, und eine Stimme rief wie zu einer tiefen Höhle heraus: "Tiöt d’Legi uf — ooh — tiöt d’Legi uf!" Der Käser drauf: "So, du Spritzlig, dass du mir auf der Stell gehst und dich nicht zum Lügner machen lassest, der Böse wird jetzt wohl etwa rittlings auf der Latte sitzen." Der Junge aber schenkte dem Alten nicht Ohr und tat, als ob ihn das nichts anginge. Da aber klopfte es zum zweiten Mal, dass die Hütte zitterte. Es lüpfte den Gasterrenboden unter ihnen, Schindeln flogen wie Streueblätter, die blinkenden Sterne schauten auf das Gelieger nieder, und es war doch so windstill, dass keine Flaumfeder eine Elle weit geflogen wär. Für den Jungen war jetzt das letzte Bott (Aufgebot) erlassen, er auf und hinunter. Grad wie er den Sparren aus den Stangen riss da fuhr — tschiii — eine feurige Zyssa (Strahl) links an ihm vorbei, und ein weisser Esel sprang über die andern Sparren und fort. Auf dieser Seite war es ihm, als hätte er einen Misstritt getan; er ging wochenlang stocklahm, und am Morgen hatte er einen geschwollenen Kopf, der war so gross und prall wie ein reifer Kürbis. Seit dieser Nacht blieb die oberste Legilatte im Värrich des Ozenlägers immer offen. Quelle: Hans Michel, Ein Kratten voll Lauterbrunner Sagen. Wengen 1936. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


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Es war ein heisser Sommernachmittag, als der Metzger Schluepp auf dem Heimweg Richtung Gänsbrunnen war. Er wanderte munter pfeifend über die Berge, als er nach Chaluats kam. Da verging ihm die gute Laune, denn es hiess, dass dort eine Hexe wohnte. Richtig Angst bekam er, als er ihre Hütte sah und tatsächlich: Da kam sie ihm schon entgegen, eine lange, hagere Gestalt. Sie lächelte ihn freundlich an und fragte: „Wie geht es, Schluepp?“ Der Metzger lüpfte den Hut zum Gruss und sagte: „Ganz gut! Aber ich habe noch einen weiten Weg vor mir. Wenn ich doch wenigstens schon in Gänsbrunnen wäre!“ „Das kann schnell gehen“, erwiderte da die Alte und klopfte dem Mann auf die Schulter. Da ging ein Zucken durch den Metzger, dass die Beine und Arme wild in der Luft ruderten, er fiel zu Boden und rollte wie eine Kugel die ganze Weide hinab und blieb erst ganz unten liegen. Schimpfend stand der Metzger auf, klopfte sich den Kuhmist aus den Kleidern und Haaren, da hörte er von oben ein Lachen, das hörte sich an wie das Krähen einer Elster. Und wirklich: Oben auf einer Tanne, sah er eine Elster sitzen und sich hin und her wiegen, als könnte sie nicht stillhalten vor Lachen. Der Metzger fluchte laut, da begann es zu Donnern, es regnete, blitzte, hagelte und der Metzger rannte so schnell er konnte, bis er die ersten Häuser von Gänsbrunnen sah. Dort blieb er die Nacht über und erholte sich von dem Abenteuer. Aber eine schnellere Wanderung hat er seither nicht mehr erlebt.   Fassung D. Jaenike, nach: R. M. Kully, H. Rindlisbacher, Die älteste Solothurner Sagensammlung, 1986   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Gespenster in Meilen

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Die Gespenster in Meilen Zwei achtjährige Knaben gingen an einem heissen Sommertag von Meilen die Pfannenstielstrasse hinauf. Als sie in die Gegend von Zumpernell kamen, sahen sie plötzlich einen grossen Mann quer über das Feld eilen, der mit lauter, schrecklicher Stimme etwas rief. Die Angst jagte die Bürschlein heim, wo sie erschöpft anlangten. * Im Hause eines Mannes, der auf nicht ganz christliche Weise zu Reichtum gekommen war, ging es nach seinem Tode um. Bei Nacht haben „ihn“ Leute von der Seestrasse aus gesehen. * Die Seele eines Mannes, der sich im oberen Weiher ertränkt hatte, fand keine Ruhe, bis sie von den Kapuzinern ins Wasser zurückgebannt wurde. * Im Horn bannte die Kapuziner einen Leuteschinder, der nachts umging, in ein „Viertel“. * Im „Löli“ ging lange Zeit die Seele eines ermordeten Mannes als „Zeusler“ um (irrlichterte). Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Nach Gchr. Meilen 1918. Viertel = Getreidemass aus Holz. 1 Viertel Zürcher Mass = ca. 21 Liter   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die gespenstige Katze in Linthal

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Jä, vonn-ärä Chatz chennt ich scho äu ä Gschicht verzellä. Das isch i Linthel änä'passiärt im Kanton Glaris. Da sind einisch amm-änä-n-Abed ä Tschuppel Meitli und Büebä midänand i d'Mäijänandacht ggangä. Und darnah gsehnt-si uf-ärä Mürä-n-obä-n-ä Chatz grüppä, und einä vo denä Büebä het-si wellä-n-appäjagä. »Ä pa!« hennd diä andärä gseit, »lach dü diä Chatz dobä!« Wo-ssi vo Chilä chu sind, isch diä Chatz immer nu am glychä Postä gsy und am andärä-n-Abed äu wieder. Und darnah het doch afigs einä-n-ä Stei gnu und hed-ä dem Tiär da agriährt und hed-em grad ä Taapä 'troffä. Am andärä Tag het düe äs Meitli i der Fabrik gfählt, und wo's speeter wider i d'Fabrik chu isch, hets zwee Finger abgha. Düe hennt-s' de gwißt; was das fir-ni Chatz gsy isch! Frau Wipfli-Herger, 78 J. alt, Schattdorf Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die gespenstigen Reiter in Seedorf

Source: Die gespenstigen Reiter in Seedorf

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Über sie entnehme ich der alten (Cysat'schen?) Klosterchronik, die in einer Abschrift des Gemeindeschreibers Franz Josef Zgraggen von Attinghausen vom Jahre 1826 in einem Bauernhof zu Attinghausen vorhanden ist, das Folgende: Es ware zur selbigen Zeit in des Gottshaus Güttern in der Weithe und Nähe schier niemand sicher, sonderlich nächtlicher Weil, zu wandlen und zu reisen. So hatte man auch etliche verstorbene Vögt des Gottshauses und andere unterschiedliche gekennt, die auf feurigen Rossen mit laufenden schwartzen Hunden in den Güttern hin- und hergeritten, gar erschröklich, wie es auch Herrn Landvogt Jakob Buglin († 1619), da er aus dem Güttschen Thall heim wollen, sich vor Müde ein wenig niedergesezt zu ruhen, wiederfahren. Dann als er also sase, seiend sieben erschrökliche Männer auf feurigen Rossen für ihne grausamlich rauschend geritten, auf welches er aus grossem Schröken lang krank gelegen, welches er vor vielen Ehrenleuten selbsten bekennt. Fähndrich Melkior Lusser hat auch bekennt, dass er auf eine Zeit mit einem seiner guten Gespanen in der Reüss ein Rüschen, die er gesehen, wollen ausnehmen, seind viel feurige Männer auf feurigen Rossen von dem Balanggen herab kommen mit viel grossen und schwartzen Hunden, darunter habe er zwei, die auf feurigen Rossen sasen, wohl gekennt, welche unlängst vorher gestorben. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die gespenstigen Sennen

Source: Die gespenstigen Sennen

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Vor vielen Jahren lebte zu Iseltwald ein leidenschaftlicher Gemsjäger namens Peter Abegglen. Einst strich er spät im Herbst auf den Höhen der Tschingelfeldalp den Gemsen nach. Da das Glück ihm am ersten Tage nicht günstig war blieb er oben, kehrte am späten Abend auf Tschingelfeldboden in die verlassene Sennhütte ein, verzehrte sein Abendbrot und stieg hinauf in die "Gasteren", sein Nachtlager aufzusuchen. Ehe er einschlief, hörte er aus weiter Ferne herkommend das Geläute einer Herde, welche sich der Hütte zu nähern schien. Vor ihrer Ankunft sprang er hinab, holte seine Büchse von der Bank und legte sie neben sich. Kaum war er zurückgekehrt, so trieben fremde Hirten die Kühe schon in den Stall. Aus ihrem Gespräche merkte er bald, dass es Vater und Sohn war. Sie machten sogleich Feuer und legten das Sennereigeschirr in der Hütte zurecht, molken nachher die Kühe und fingen an zu käsen. Als die Molke gekocht war, sprach der Sohn: "Vater, wir sollten dem Jäger droben auch Milch geben." Darauf antwortete der Vater: "So rufe ihn." Alsbald stieg der Sohn hinauf und sprach: "Jäger, komme und labe dich mit frischer Milch." Ohne ein Wort zu sagen, begab sich der Jäger mit schwerem Herzen in die Hütte hinunter und setzte sich hinten auf die Turnerbank, wo ihm der Sohn stumm einen "Gohn" voll Milch und einen Löffel überreichte. Als der Jäger die Milch geniessen wollte, stiess jener ein Messer neben des Weidmanns linker Seite in die Wand; der Stich verursachte diesem einen so heftigen Schmerz in dieser Seite, dass er die Milch ohne ein Wort zu sagen auf die Bank stellte und sich wieder hin auf sein Lager begab. Nachdem die Sennen mit dem Käsen fertig waren, rafften sie alles mitgebrachte Geschirr zusammen und zogen mit dem Vieh und allem wieder denselben Weg zurück, den sie dahergekommen, und der Jäger hörte sie noch lange in weiter Ferne. Der Jäger konnte nun nicht mehr einschlafen. Er stand auf, nahm seinen Stutzer und machte sich auf den Heimweg. Lange noch fühlte er in der linken Seite heftige Schmerzen. Von der Zeit an hat er das Wildern in den Flühen aufgegeben. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die gespenstischen Schweine

Source: Die gespenstischen Schweine

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Wenn man nachts durch einen Wald geht, besonders junge Leute, vor allem Mädchen, wird man von Tieren verfolgt, die anfangs gewöhnliche, zahme Schweine scheinen aber immer wilder und böser, zuletzt schreckliche Ungeheuer werden. Sie zerreissen alle diejenigen, denen nicht das heilige Lichtlein winkt, das heisst: Eine Person, welche den Verfolgten mit gutem Herzen und aufrichtig liebt, muss entgegenkommen mit einem Licht, dann verschwinden die Tiere. Ein Mädchen wollte trotz den Bitten der Mutter durch den Wald zu einer nächtlichen Lustbarkeit, wurde also verfolgt und konnte nur dadurch gerettet werden, dass die Mutter mühsam aufs Hausdach stieg, ein Licht ansteckte und es die stürmische Nacht hindurch vor dem Erlöschen schützte. Aus: U. Brunold-Bigler, Die Sagensammlung der Nina Camenisch, Disentis 1987, mit freundlicher Genehmigung der Autorin. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die gesperrte Strasse

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a) Beim Weissbrunnen, in der Talenge oberhalb Ziefen, soll es früher nicht geheuer gewesen sein. Das erfuhren zwei Reigoldswiler Burschen, die in später Nacht von einem Tanzanlasse heimkehrten. Als die beiden an dieser Stelle vorbeikamen, konnten sie plötzlich nicht weitergehen. Obwohl auf der Strasse anscheinend kein Hindernis vorhanden war, waren sie wie gelähmt. Zu Tode erschrocken, versuchten sie rückwärts gegen Ziefen zu gehen, und das gelang ihnen schliesslich auch. Im Dorfe krochen sie in einen offenstehenden Schopf und verbrachten dort die Nacht, bis der Morgen graute. Nun machten sie sich von neuem auf den Heimweg. Und wirklich, jetzt konnten sie die unheimliche Stelle unbehelligt passieren. b) Wo der Stockjokeb einisch znacht der Holzebärg ab heicho isch, isch über d Stross e Chettene gspannt gsi. Er het welle dure und het eifach nit chönne. Derno isch er is Tal uf d Landstross gange und het dört probiert; aber es isch au nit gange. Schliesslig isch er zrugg, der Holzebärg uf, der Rain ab, übere Bach, in d Cholmatt hindere und underem Fuchs dure äntlig hei. c) Eine Schar Mädchen, die am Abend spazierten, konnten oberhalb der Lienibrugg plötzlich nicht mehr weiter. Desgleichen wurde an der Holzenbergstrasse eine Reihe Burschen durch eine unsichtbare Mauer im Weitergehen gehindert. Ziefen Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die gesperrte Strasse

Source: Die gesperrte Strasse

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Beim Weissbrunnen oberhalb Ziefen soll es früher nicht ganz geheuer gewesen sein. Das erfuhren zwei Reigoldswiler Burschen, die in später Nacht von einem Tanzanlasse heimkehrten. Wie die beiden an dieser Örtlichkeit vorbeikamen, konnten sie plötzlich nicht mehr weiter gehen. Trotzdem auf der Strasse anscheinend kein Hindernis vorhanden war, waren sie wie gelähmt, eine unsichtbare Macht hielt sie fest. Zu Tode erschrocken, versuchten sie rückwärts gegen Ziefen sich zu bewegen, was ihnen auch gelang. Im Dorfe Ziefen krochen sie in einen offen stehenden Schopf und verbrachten dort die Nacht, bis der Morgen graute. Nun machten sie sich von Neuem auf den Heimweg. Und wirklich, jetzt konnten sie die unheimliche Stelle passieren, ohne im Geringsten behelligt zu werden. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Die gestörte Leiche

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In der Stube eines niedrigen Hauses auf der »Höhe« unter Wassen lag die Leiche einer Frau auf der Bank nahe beim Fenster und die Wacherinnen waren bei ihrem eintönigen Gebet eingeschlafen. Das merkte ein frecher Gurtneller, der soeben nachts da vorbeigehen wollte; er nahm seinen Stock, steckte ihn durch das offene Fenster hinein und versuchte, die Leiche auf den Stubenboden hinaus zu stürzen. Doch gelang es ihm nicht. Auf der Pfaffensprungbrücke begegnete ihm das Weibervolk und sagte zu ihm: »Hättisch dü mich dobä-n-appägstitzt, sä hätt-ich Gwalt, dich hiä i ds Tobel appä z'stitzä!« Peter Anton und Jos. Gamma Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die gestörte Seligkeit

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Vor vielen Jahren lag im Walliser Dorf Ernen ein siebenjähriges Büblein, das Joseli hieß, im Sterben. Als der Arzt sah, daß man's nicht mehr am Leben erhalten konnte, kamen die Eltern und Geschwister und auch der alte Großvater und waren alle gar lieb mit dem todkranken Büblein und baten es um Verzeihung, wenn sie ihm im Leben etwa weh getan hätten. Da sagte das sterbende Kind verdrossen: "Ja, ich will allen verzeihen, aber dem Großvater nicht, weil er mir einmal kein Brot geben wollte, als ich hungrig war." Da mußten die Eltern und Geschwister doch noch fast lachen, obwohl ihnen traurig genug zumute war, denn sie erinnerten sich, daß der Kleine etwas gar zu oft über die Brotschublade gegangen war. Aber dann starb Joseli, und alle beweinten und betrauerten das Knäblein gar sehr und freuten sich, daß es nun bei den Engeln im Himmel die ewige Freude habe. In der folgenden Nacht nun, nachdem das Büblein gestorben war, konnte der alte Großvater nicht schlafen. Da war ihm mit einem Male, er höre die Stimme seines verstorbenen Enkelchens rufen. Er hielt die Hand ans Ohr und horchte genauer. Richtig, da rief es wieder. Es mußte die Stimme seines verstorbenen Joseli sein. Was kann doch das Büblein nur von mir wollen? dachte er. Es wird ihm doch nichts mehr fehlen, jetzt, wo's bei den Engeln im Himmel ist? Aber jetzt rief des toten Bübleins Stimme zum drittenmal ganz deutlich: "Ach, Großvaterli, hörst du mich denn gar nicht? Warum gibst du mir denn keine Antwort?" Ganz erschrocken richtete sich der alte Großvater im Bette auf und fragte: "Wie, bist du's, Joseli? Bist du denn noch nicht im Himmel?" - "Ach nein", antwortete die Stimme, "weißt halt, ich habe dir nicht verzeihen wollen, weil du mir einmal kein Brot gegeben hast, und deshalb darf ich nun nicht in den Himmel, bis du mir auch verziehen hast." - "Oh, ist's nur das, Joseli", rief der Großvater, "dann geh nur gleich in den Himmel, ich verzeihe dir von Herzen gern." Da ward es totenstill in der Kammer. Aber auf einmal hörte der alte Großvater eine überaus liebliche Musik, und daraus hervor hallte der Jubel seines verstorbenen Enkelchens, das nun geradeswegs in den Himmel hinauf schwebte. * In Reiden im Luzernerland lebten einmal ein Mann und eine Frau. Die hatten zwei Kinder, ein Büblein und ein Mägdlein. Den ganzen Tag spielten sie zusammen vor dem Hause und auf der Öle des Vaters, wo er Öl zu bereiten pflegte. Aber oft mußte die Mutter von Hause weg, denn sie hatte manchmal anderen Frauen, denen man plötzlich ein Wickelkindlein ins Haus brachte, zu helfen. Eines Tages nun mußte sie auch wieder fortgehen, und auch ihr Töchterchen hatte irgendwie zu tun und konnte deshalb nicht nach ihrem kleinen Brüderchen schauen. Da übergab die Mutter das Büblein dem Vater, daß er's auf die nahe Öle mitnehme, und gar sehr legte sie ihm's ans Herz, daß er ja auf den Kleinen recht achtgeben solle. Dann ging sie eilig weg. Nun begab sich der Vater mit seinem Knaben vom Hause weg in die nebenanstehende Öle, wo er arbeitete. Wie er aber mitten in der Arbeit steckte, vergaß er für eine kurze Zeit, nach seinem Knaben zu schauen, doch dachte er, er werde ja wohl vor der Öle spielen. Jedoch das Büblein, das noch keinen Verstand hatte und gar so klein war, ging von der Öle weg zu einem nahen Weiher. Dort begann es zu spielen und Steine ins Wasser zu werfen. Als es aber Blumen am Bord pflücken wollte, stürzte es kopfüber ins Wasser und ertrank. Bald nachher vermißte der Vater sein Söhnchen und ging voll Angst auf die Suche, und jetzt zog er das tote Knäblein aus dem Weiher. Inzwischen war die Mutter wieder nach Hause zurückgekehrt und wunderte sich, daß ihr Kleiner noch nicht da war. Da rumpelte es die Stiege herauf, die Türe ging auf, und nun brachte ihr der niedergeschlagene Vater das tote Büblein in die Stube. Die Mutter konnte es erst gar nicht glauben, daß ihr Liebling tot sei, und als sie's doch glauben mußte, da kam sie schier um den Verstand und weinte Tag und Nacht. Und obwohl sich der Vater nach und nach tröstete und sagte, das Kind sei ja im Himmel, wo man's so viel tausendmal besser habe als auf der traurigen Erde, wollte sich die Mutter doch nie trösten lassen. Und als sie nicht mehr weinen konnte, wurde sie noch trübseliger und schlich herum wie der Schatten an der Wand. Aber eines Nachts, als sie zum Tode betrübt in ihrem Laubbette lag und vor Heimweh nach ihrem ertrunkenen Söhnchen keinen Augenblick schlafen konnte, vernahm sie mit einem Male eine wunderbare Musik, die vor dem Hause zu sein schien. Es wunderte sie, was da draußen in der finstern Nacht wohl los sein könnte, und sie huschte ans Fenster. Leise öffnete sie's, und nun erblickte sie um den Weiher, der nahebei zwischen dem Häuschen und der Öle lag, in einem taghellen Schein eine große Schar Engel, wovon gar viele auf goldenen Harfen spielten. Und da sah sie, wie sich alle freuten und wie sie leuchteten vor Seligkeit. Das machte sie noch trauriger, denn nun fiel ihr erst recht wieder ihr ertrunkenes Söhnchen ein. Aber als sie genauer nach den musizierenden Engeln sah, erkannte sie plötzlich ihr eigenes Büblein, das in seinem weißen Totenhemdchen traurig unter den Engeln stand und nichts von der Musik zu hören schien. Sie erschrak und weinte bitterlich. Da sah sie, wie ihr Söhnchen nach ihr hin blickte. Sie nahm sich zusammen und fragte in die Nacht hinaus: "Büblein, warum bist du so traurig, da du doch in der Seligkeit bist?" - Jetzt rief ein leises Stimmlein vom Weiher her: "Mutter, wie sollte ich denn nicht traurig sein, wenn du immer darüber weinst, daß ich in der ewigen Seligkeit bin." Das gab der Mutter einen Stich ins Herz. Sie trocknete erschrocken die Tränen und gelobte sich im Innersten, nie mehr zu weinen, sondern sich der Seligkeit ihres Kindes zu freuen und es also in treuem Andenken zu bewahren. Als sie wieder aufschaute, sah sie die Engel mit ihren goldenen Harfen himmelauf fahren, und darunter meinte sie auch ihr Büblein zu sehen, das nun jubelnd in schneeweißem Kleidchen gen Himmel schwebte. Dann ward es auf einmal stockdunkle Nacht. Sie schloß das Fenster, aber noch lange hörte sie eine ferne himmlische Musik und war von da ab getröstet. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die gewonnene Alpe

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Die gewonnene Alpe   AIs einst die Dörfer Untervatz Und Haldenstein wegen Solatz. Der schönen Alp, im Streite lagen Und täten drob sich hart verklagen, Da lebt in Untervatz ein Mann, Zu dem kam Meister Urian, Und plagt ihn ohne Unterlass, Und schwatzt ihm dies und schwatzt ihm das, Und wie er gern die Richter bestäche, Und wie er ihm eine Formel spräche Am rechten Ort, zu rechter Stund, Und tat darauf ihm Alles kund, Wie er es sollt anstelln und machen, Damit nach Wunsche gehn die Sachen. Dem guten Mann scheints all so leicht, Dass endlich er dem Bösen weicht. Er steht in schwarzer Mitternacht Vom Bette auf ganz leis und sacht, Füllt halb mit Erde seine Schuh, Nimmt seinen Löffel aus der Truh Und steckt ihn oben auf den Hut, Befolgt den Rat des Bösen gut; Und wie er Alles hat getan, Klimmt er den Weg zur Alp hinan, Die Wolken schwarz am Himmel zogen, Es rauschten fern des Stromes Wogen, Durch dürre Bäume strich der Wind Und trieb das Laub vom Ast geschwind – Dem Bauern wards so bang, so schwer, Als kämen geschlichen hinten her Gespenster luftig wunderlich, Drum eilt er sehr und sputet sich, Bis dass er kam zum rechten Ort, Und lauten Munds sprach er das Wort: »So wahr ich steh und rede hier Auf meinem eignen Grund, und mir Mein Schöpfer rühret an das Haupt, Sei niemals uns die Alp geraubt.« Das hallte dann so hohl, so kalt Lang durch den dunkeln, stummen Wald, Das Echo sprach es dumpfig fort - Es schreckte ihn das eigne Wort, Zu Berge standen ihm die Haar, Er fiel zur Erd, so lang er war, Und Blitze zeigten blutigrot Sein Angesicht, entstellt und tot. – Die Alp gehöret Vatz jetzt zu, Doch hat der Bauer keine Ruh: Er stehet oft noch auf zu Nacht, Und stampft den Boden, dass es kracht, Und schaut umher, als ob er träum, Und heult und singt den Höllenreim: »So wahr ich steh und rede hier Auf meinem eignen Grund, und mir Mein Schöpfer rühret an mein Haupt, Sei niemals uns die Alp geraubt.«     Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Gleichaufshöhle bei Maisprach

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Oberhalb dem Fricktaler Dorfe Maisprach kommt man durch die Waldung des Jura zu einem wenig bekannten Bade; noch einige Gänge höher zu Berge, und man steht vor dem Herrlichkeitsstein und seiner großen Höhle, die über fünfzig Schritte weit und so hoch im Felsen fortführt, dass ein Mann aufrecht darin umhergehen kann. Hier grenzt das Baselland an den Aargau, darum halten sich auch die Heimatlosen häufig hier auf, wo sie leicht der einen Kantonspolizei entgehen, wenn sie der andern nicht mehr ausweichen können. Zehn Jahre lang soll eine ganze Schaar unentdeckt hier gewohnt haben; als sie der Bannwart vor zwei Jahren antraf, hatte er sich mit seinem Knotenstock gegen ihre Messer lange zu wehren, so sehr fürchteten sie, durch ihn den Landjägern verraten zu werden. Neben dieser Höhle zieht sich noch eine zweite schief in den Berg hinab, welche man erst einige hundert Fuß weit untersucht hat. Diese ist noch verrufener; sie heißt von dem Betrüger her, dessen Geist nun in ihr hausen soll, die Gleichaufshöhle. Er war Klosterverwalter des Stiftes Olsberg und geriet über den Besitz eines Waldes mit der Gemeinde Magden in Streit. Vor Gericht erklärte er den Bauern: „Es geht alles gleich auf; was Ihr da auf einer Seite zu wenig habt, kommt uns auf der andern zu gut; es geht also alles gleich auf!“ Er bestach auch die Richter, bestritt die Aussage der gegnerischen Zeugen, und so verloren die Magdener den ganzen Waldberg, der dann dem Klosterstifte zugesprochen wurde. Sie nannten seitdem den Verwalter nur den Gleichauf. Es half ihm aber nicht lange. Das Stift wurde aufgehoben, und der Wald gehört heutzutage zum Hofe Iglingen. Was aus dem Gleichauf geworden ist, das hat der Mähder einst gesehen, der nachts in hellem Mondschein von seiner Wiese nach Iglingen heimging. Oben vom Herrlichkeitsstein her kam unter starkem Lärm ein doppelter Fuchs den Wald herab. Mit feurigen Augen lief er heulend allen Marken und Rainen nach von einem Grenzstein zum andern und strich im Dampfe wieder seiner Höhle zu. Das ist der diebische Klosterschaffner, und so muss er jede Mitternacht seinen Grenzfrevel ablaufen. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Gletscherdame

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a) Es war sehr früh am Morgen, und der Mond leuchtete noch am Himmel, als dem Ratsherr Fedier aus dem Maderanertal, der nach Altdorf in den Rat wollte, beim St. Antoni zuäusserst auf Bristen eine vornehme Dame begegnete. Die rauschte in den Kleidern! Är hed-ärä dz Zyt agwyscht, aber si hed ems nit abgnu. Das tüed ä kei Geist, dz Zyt abnäh. Hierauf fragte er die Dame, woher sie komme und wohin sie wolle. Sie antwortete: »Ich komme von Mailand; vor fünf Minuten bin ich daselbst gestorben, und mein Leib liegt dort noch warm auf dem Totenbett. Ich habe in meinem Leben weder Hunger noch Durst, weder Hitze noch Kälte ertragen wollen, und jetzt muss ich auf den Hüfigletscher, um dort Busse zu tun.« Peter Walker, Wassen b) Spielart von Ursern: Jäger trifft in einsamer, wilder Gegend vornehm gekleidete Dame, die auf einem Steine sitzt. »Ich komme aus Ängäland und muss auf den Firn, weil es mir im Leben nirgends recht, da zu kalt und dort zu heiss war.« M.A. Schmied, Hospental c) Spielart vom Urnerboden: Älpler begegnet in der Schlieren-Teiffi, einer steinigen, unwirtlichen Gegend am Ostabstieg des Klausen, einer vornehmen Dame. »Ich komme aus dem Elsass, wo ich vor einer Minute gestorben. Muss hier wandlen, weil ich Hitz und Kälte nicht habe ertragen wollen.« Franz Müller d) Spielart von Hospental: Zu Wassen war eine Frau gestorben. Auf der Brücke begegnete sie dem dortigen Pfarrer und sagte, sie müsse auf den St. Annafirn gehen, um dort zu büssen. Äs syg-ärä-n-im Läbä niänä rächt gsy; syg ä bitzli chalt gsy, sä syg-ärä z'chalt gsy, und syg ä bitzli heiss gsy, sä syg-ärä scho wider z'heiss gsy. Ihrä Lyb ufem Totäbett syg nunitt erchaltet. Anna Maria Müller, 76 Jahre alt, Hospental Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Glocke spricht und schwitzt Blut

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Die grosse Glocke zu Grossdietwil heisst die Muttergottesglocke. Früher sei noch eine grössere an deren Stelle gewesen. Im alten Religionskriege bei der ersten Villmergerschlacht seien die meisten männlichen Bewohner von Dietwil fort im Kriege gewesen. Da kamen die benachbarten reformierten Madiswiler, lösten die grosse Glocke ab und nahmen sie fort. Sie haben auch die Muttergottesglocke nehmen wollen, diese aber habe zu bluten angefangen und gesagt: „Soll ich auch lutherisch werden?" worauf sie die Berner ruhig gelassen haben. Noch jetzt sieht man die Blutstropfen. – Bei klarem Wetter hört man in Dietwil die Glocke in Madiswil tönen, und alte Leute glauben, sie zeige damit ihr Heimweh an.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Die Glocke von Glarus

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Es mag bald an die fünfhundert Jahre her sein, da war die grosse Glocke zu Glarus alt geworden und schepperte und klang nicht mehr so, wie die Glarner sie eben gerne gehört hätten. So beschlossen sie denn, es sollte eine neue Glocke gegossen werden. Der Ammann und alle, die um die Kirche wohnten, sinnierten, wie sie es wohl fertigbrächten, der neuen Glocke einen ganz besonders feierlichen und vollen Ton zu geben, denn sie hatten sich über die alte Glocke oft genug geärgert. Schliesslich kamen sie zu einem Beschluss, und daraufhin ging die Frau Amtsmännin eines Tages zu ihren Basen und Verwandten und guten Nachbarn, um sie zu bitten, am Tage des Glockengusses auf dem «Spielhof» zu erscheinen und so viel an Silber und Gold zum Guss zu schenken, als einer jeden möglich sei. So kamen denn am besagten Tag, da der Glockenguss auf dem «Spielhof» vor sich gehen sollte, an die zwei Dutzend ehrbare Frauen und brachten, was sie entbehren konnten an silbernen Ketten und Kettchen, an goldenem Schmuck, an Halsreifchen und Armbändern, und manch eins war dabei, das der Ahne vor Zeiten aus fernen Ländern und Kriegszügen heimgebracht hatte, auch Taler mit Adlern und Leuen darauf. Das alles wurde in die Glockenspeise geworfen, so dass man bald nicht mehr unterscheiden konnte, was Kupfer und Zinn oder aber Gold und Silber gewesen war. Und so ward die Glocke gegossen im Jahre 1478 und ward zum ersten Mal geläutet an einem Sonntag. Jedermann verwunderte sich in Freuden über den schönen Ton, der klang wie Gold und Silber und war dunkel und hell in einem, so dass jedermann, der in den Flecken kam, sich höchlich daran erbaute. Das sprach sich bald im Land herum, so dass mancherorts im Heimlichen gewünscht wurde, die eigenen Glocken möchten auch einen Sprung bekommen, auf dass man sich neue anschaffen könnte. Es konnte nicht fehlen, dass die Sache auch den Zürchern, die alleweil gute Ohren haben, in die Nase stach, und so schickten sie nach kurzem Beschluss zwei gescheite Kilchherren und einen Weibel zu den Glarnern, sie möchten ihnen die Glocke verkaufen. Die Glarner aber dachten keineswegs daran, und so gingen die Zürcher Herren mit leeren Händen heimwärts. Im nächsten Jahr aber erschienen sie wieder mit einem grossen Angebot, nach welchem sie versprachen, die Glocke zu überstürben und sie sodann mit guten Zürcher Schillingen zu füllen, und das sollte der Kaufpreis sein. Doch wurden sie nach kurzem Besinnen abermals heimgeschickt und ihnen bedeutet, die Glarner hätten genug eigene Schillinge. Als sie aber zum dritten Mal kamen und die Glocke nun gar mit Silberschillingen füllen wollten, sie überdies aussen herum mit Silbertalern zu belegen versprachen, da überlegte sich der Rat den Handel, und weil er zu keinem Schluss kommen konnte, wurde eine grosse Gemeinde einberufen und dringlich darüber verhandelt. Der Ammann und die, die bei der Kirche wohnten, waren nicht einverstanden, und als gar die Frauen, die Goldenes und Silbernes geschenkt und geopfert hatten, sich dagegen zu wehren wussten, da wurden die Herren von Zürich zwar herrlich bewirtet und mit aller Höflichkeit behandelt, mussten aber zum dritten Mal ohne grosse Glocke heimwärts ziehen. Die Glocke aber läutete noch viele, viele Jahre zur Freude aller, die sie hörten.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Die Glocke von Hombrechtikon

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Die Glocke von Hombrechtikon Die Kirchgenossen von Hombrechtikon besassen eine Glocke - sie meinen, es sei die mittlere gewesen - von der sie sagten, in ihr sei von der gleichen Glockenspeise enthalten, wie in der Glocke, die der Teufel dem heiligen Theodul von Rom nach dem Wallis tragen musste. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Vögeli, „Glockenbuch“, Ms. J 432, Z.-Bibl. Zürich. Die betr. Wallisersage bei Lienert, Schweizersagen und Heldengeschichten, S. 83: Der hl. Theodul, auch St. Joder genannt (1. bekannter Bischof von Octodurum, Landespatron des Wallis, lebte im 4. Jh.), träumte einst, der Papst sei in Gefahr. Ein Teufel, der in der Nähe war, trug ihn mit der Schnelligkeit eines Weibergedankens nach Rom. Zum Dank schenkte der Papst dem hl. Th. eine Glocke, die der Teufel samt Bischof heimtrug. - Der St. Joderkult ist in unserer Gegend nicht bekannt.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Glocke von Neftenbach

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Die Glocke von Neftenbach Die zweitkleinste, ganz glatte, d. h. unverzierte Glocke soll aus einem dortigen Weinberge, genannt „Altkilchör“, ausgegraben worden sein. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Winterthur und Weinland A. Nüscheler in SAVk 3, 179.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Glocke von Scruengo und Quito

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Von einer Glocke der Pfarrkirche von Quinto im oberen Livinental wird folgendes erzählt: Eine dieser Glocken wurde der Kirche von den Frauen von Scruengo geschenkt. Dieser Ort besteht heutzutage aus einer Gruppe von Ställen in der Nähe von Piotta, unter denen man Trümmer früherer Bauten bemerken kann, nicht weit vom Wasserfall des Ritomsees. Vor Zeiten stand dort ein Dorf. Dies ist durch Urkunden belegt. Dann aber erzählt die Sage, die immer reich und poetisch ist, von einem Schloss, von einem Turm, der als Gefängnis diente, und von einer Kirche, deren Glocken einen ganz besonders schönen Klang hatten. Dorf, Turm und Kirche sind heute gänzlich zerfallen. War ein Bergsturz, eine Lawine oder eine Überschwemmung die Ursache? All dies ist in diesem Hochtal möglich, aber nichts ist sicher überliefert. Drei gute Frauen von Scruengo sammelten in einer armseligen Hütte die Überreste des ehemaligen Dorfes. Sie lebten unter den Ruinen und suchten den noch am Leben gebliebenen Bewohnern mit allerhand Wohltaten und fürsorglichen Werken zu helfen. Eine der Glocken der Kirche von Scruengo wurde aus den Trümmern wieder gefunden. Die drei mildtätigen Frauen schickten die Glocke nach der Glockengiesserei von Sesto Calende am Südende des Langensees, damit sie dort auf ihre Kosten von neuem gegossen und geweiht würde. Dort unten also wurde die Glocke umgegossen. Die Männer der Glockengiesserei sagten zu denen, die sie auf einen Wagen luden und an den See schafften: «Bevor ihr sie auf eine Barke umladet, lasst sie aufs neue segnen.» Am Hafenplatz angelangt, sprachen die Wagenführer zu den Rudersleuten: «Bevor ihr vom Ufer wegfahrt, lasst die Glocke weihen.» Dieser Befehl ging von einem zum andern, ohne dass er jedoch ausgeführt wurde. Schliesslich war die Glocke schon auf dem Schiff. Dieses fuhr zuerst auf ruhigen Wellen seeaufwärts gegen Luino und Locarno. Da plötzlich begann sich das Wasser zu erregen, am Himmel erschienen immer grössere und dunklere Wolken. Endlich brach ein furchtbarer Sturm los und erfüllte alle mit Entsetzen. Steuermann, Ruderer und Reisende gerieten in Verzweiflung. Unter den Mitfahrenden war auch ein Priester, der sie zu beruhigen suchte und ihnen empfahl, zu beten. Er selber half mit kräftigen Armen mitzurudern. Da schrie einer im Schiff: «Ich bin an allem Unglück schuld, ich habe versprochen, die Glocke aufs neue zu weihen und habe es unterlassen!» Darauf segnete der Priester die Glocke. Nicht lange nachher Hess der Wind nach, der Sturm legte sich und die Wasser beruhigten sich. So brachten sie die Glocke glücklich ans andere Ende des Sees bei Magadino, von wo aus sie das Tessintal aufwärts mit unsäglicher Mühe bis Quinto geführt wurde. Die Bürger von Quinto zeigten sich dankbar für die gestiftete Glocke. Sie gaben mit ihrem Glockengeläute das Zeichen zur sonn-täglichen Messe erst dann, wenn sie die drei Frauen von Scruengo in der Nähe der Brücke von Morenchia am Tessin auftauchen sahen.   Am Kaminfeuer der Tessiner                                    Walter Keller                                                          Hans Feuz Verlag Bern Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Glocke von Wiler vor Holz

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Das sonnige Freiburger Dörflein Wiler vor Holz besitzt eine geräumige, altersgraue Kapelle. Schon im 14. Jahrhundert wird sie in amtlichen Schriftstücken erwähnt. Sie diente einst als Pfarrkirche, bis Heitenried ein eigenes Gotteshaus erhielt. Die Hauptzierde des Kirchleins bildet der Hochaltar mit dem Bilde der seligsten Jungfrau, des heiligen Mauritius und Antonius des Einsiedlers. Früher wallfahrteten die Leute des untern Sensebezirkes am 17. Jänner nach Wiler zum heiligen Antonius und opferten daselbst hölzerne Kühe, Pferde, Schafe, Ziegen oder Hühner oder Schweinchen um ihre Viehhabe vor ansteckenden Krankheiten zu bewahren. Diese Figürchen werden nebst einer Opfergabe vor dem Bilde des Heiligen geopfert. Sind alle Sachen geopfert, holt sie der Sigrist, und andere Gläubige opfern sie wieder für ihre Anliegen. Heute ist in Wiler dieser Brauch ziemlich verschwunden. Volkspoesie haftet auch an diesem Kirchlein. Die Heitenrieder hatten eine neue und grössere Kirche gebaut. Nun wollten sie die grössere Glocke der Wilerkapelle für das neue Gotteshaus verwenden. Also nahm man die Glocke vom Turm und lud sie auf einen festlich gezierten Brückenwagen, vor dem zwei Pferde angespannt waren. Lustig knallte der Fuhrmann mit der Peitsche und trieb die Tiere zum Ziehen an. Stramm zogen die Rosse an; doch sie vermochten den Wagen nicht einen Zoll weiterzubringen. Es war, als ob die Räder am Boden festgefroren wären; man holte noch zwei weitere Pferde als Vorspann. Aber auch vier Rosse brachten den Wagen nicht weiter. Unruhig stampften die Tiere mit den eisenbeschlagenen Hufen den Boden; ihre Nüstern dampften vor Anstrengung. Die Fuhrleute schlugen mit ihren Geiseln auf die Pferde ein um sie zu grösserer Kraftanstrengung anzufeuern. Doch vergebliche Mühe! Ratlos standen die Männer herum. «Hier steht eine höhere Macht im Spiel», sprachen ältere, erfahrene Männer. Man berichtete dem Herrn Pfarrer den seltsamen Vorgang. Dieser dachte einige Augenblicke nach, dann ging ein freudiges Aufleuchten über sein Antlitz: «Ich weiss jetzt, warum ihr die Glocke nicht wegbringen könnt», rief er aus. «Ihr wolltet sie ohne Erlaubnis des Bischofs entfernen.» Sogleich reiste der entschlossene Pfarrherr nach Freiburg, um persönlich die Erlaubnis zur Übertragung der Glocke einzuholen. Gerne gab der Oberhirte die erforderliche Genehmigung. Und siehe da! Kaum war die Erlaubnis erteilt, konnte die wundersame Glocke leicht mit einem Einspänner nach Heitenried gebracht werden, begleitet von einer Riesenmenge Volkes, das in Scharen herbeigeeilt war, um Zeuge des merkwürdigen Vorganges zu sein. Heute noch hängt die wunderbare Glocke im Turm der neuen, anfangs des 20. Jahrhunderts erbauten schönen, neugotischen Pfarrkirche. Ihre eherne Stimme verkündet es den Lebenden jedes Mal, wenn ein müder Erdenpilger die brechenden Augen geschlossen hat. Schon längst hat sie denen ihr letztes Lebewohl zugerufen, die sie ehedem aus der verlassenen Wilerkapelle weggeholt haben. Die anmutige Legende von der Überführung der Wilerglocke nach Heitenried hat sich aber in der Überlieferung der Nachkommen bis zum heutigen Tage frisch erhalten.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Glocke von Wiler vor Holz

Source: Die Glocke von Wiler vor Holz

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Das sonnige Freiburgerdorf Wiler vor Holz besitzt eine geräumige, altersgraue Kapelle. Schon im 14. Jahrhundert wird sie in amtlichen Schriftstücken erwähnt. Die Kapelle diente einst als Pfarrkirche, bis in Heitenried ein eigenes Gotteshaus errichtet wurde. Dem Besucher des Heiligtums fällt der kunstvoll geschnitzte Hochaltar auf, in dessen Mitte die Muttergottes thront, umgeben von den Heiligen Mauritius und Antonius dem Einsiedler. Am 17. Januar pilgerten früher die Bewohner des unteren Sensebezirkes nach Wiler und riefen den Einsiedler als Schutzpatron gegen die ansteckenden Viehkrankheiten an. Je nach Gattung der Haustiere opferten die Landwirte dabei hölzerne Pferde, Kühe, Ferkel, Schafe, Ziegen, Hühner. Die Holzfiguren wurden nebst einer Opfermünze vor dem Bilde des Heiligen auf einen Tisch gelegt. Die Volkspoesie hat auch das Dorfkirchlein in ihren Bann gezogen. Die Heitenrieder hatten eine grössere Kirche gebaut und wollten die grössere Glocke der Wilerkapelle für die neue Pfarrkirche verwenden. Also nahm man die Glocke vom Turm und setzte sie auf einen festlich geschmückten, mit zwei feurigen Rappen bespannten Brückenwagen. Lustig knallte der Fuhrmann mit der Peitsche und gab den Pferden das Zeichen zum Aufbruch. Stramm zogen die Rosse an, doch sie vermochten den Wagen nicht um einen Zoll vom Platze zu entfernen. Es schien, als ob die Räder am Boden festgefroren wären. Die Männer holten noch zwei weitere Pferde als Vorspann. Aber auch vier Rosse konnten den Wagen nicht von der Stelle bringen. Unruhig stampften die Tiere, und ihre Nüstern dampften vor Anstrengung. Die Fuhrleute hieben mit ihren Peitschen auf die Pferde, um sie zu grösserer Kraft anzufeuern. Vergebliche Mühe. Ratlos standen die Bauern herum. „Hier waltet eine höhere Macht“, sagten die verdutzten Männer von Heitenried. „Da muss der Herr Pfarrer helfen.“ Gesagt, getan. Die Sache ward dem Geistlichen vorgebracht. Der fromme Seelsorger sank einige Augenblicke in tiefes Sinnen. „Ich weiss, warum ihr die Glocke nicht wegführen könnt“, rief er aus, „ihr wolltet sie ohne Erlaubnis des Bischofs entfernen“. Sofort machte sich der entschlossene Pfarrherr reisefertig und ging nach Freiburg, um vom Oberhirten die erforderliche Genehmigung zur Überführung der merkwürdigen Glocke einzuholen. Kaum war die bischöfliche Erlaubnis erteilt, so konnte die Glocke leicht mit einem Einspänner nach Heitenried gebracht werden, begleitet von einer Riesenmenge, die der einzigartige Vorfall herbeigelockt hatte. Heute noch hängt sie im Turme der anfangs des 20. Jahrhunderts erbauten schönen, gotischen Pfarrkirche. Ihre ernste Stimme verkündet jedes Mal den Lebenden das Scheiden eines müden Erdenpilgers. Vielen läutete sie schon zum letzten Stündlein, auch denen, die sie weggeholt haben. P. Nikolaus Bongard   Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch  


by Die Glocken

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Unsere Kirchenglocken kommen von Konstanz her. Als man sie auf Schiffen über den Bodensee führte, erhob sich ein Sturm, wobei die grösste versank. Sie liegt noch auf dem Seegrund. Die zweitgrösste wanderte nach Herisau, weil die Schall-Löcher des Gossauer Kirchturmes für sie zu klein waren. Nur die vier kleineren blieben bei uns. Was hätte das ein prächtiges Geläute werden müssen, wenn uns alle sechs erhalten geblieben wären!                A. Steiner. Wie gerne der Volksmund fabuliert! Die beiden grössten Glocken wurden im Jahre 1732 gegossen und in den neuen Glockenturm gebrach! Die Herisauer bekamen ihr Geläute — natürlich ebenfalls kaufsweise — im Jahre 1807 aus dem Kloster Salmansweiler. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 496, S. 294 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die glückbringende Farnstaude

Source: Die glückbringende Farnstaude

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Es gibt eine Farnstaude, die jedes Jahr nur eine Stunde lang blüht. Wer das Glück hat, gerade zu dieser Zeit an einer solchen Staude vorbeizugehen, so dass ihm deren «Samen» auf die Schuhe fallen, der wird reich. Dieses Glück war dem Grossvater eines Taglöhners aus Lauwil zu Teil geworden. Doch ging der ganze Reichtum später «z’nüt». Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch  


by Die glühende Kuhkette

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Einem Bauer in Bristen wollte es schon einige Zeit den Anken gar nicht geben. Da sagte ihm ein Freund, daran sei die Hexe schuld. Er solle eine Kuhkette glühend machen und sie dann ins Chessi in die Milch hinuntertauchen, aber dabei etwas sachte zuwerke gehen, die Kette nicht etwa fallen lassen. Der Bauer befolgte den Rat. Er liess aber die glühende Kette etwas rasch mit einem Puff tauchen. Das werde doch nichts machen, dachte er. Als er die Milch aus dem Chessi schüttete, fand er darinnen die Hexe erschlagen vor. Frau Jauch-Zgraggen, Gurtnellen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Glunggeri

Source: Die Glunggeri

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Oberhalb des Dorfes Waltenschwil im Freiamt befindet sich ein Badeplatz, der Hexengumpen genannt. Darinnen soll eine Hexe wohnen, welche die Badenden unwiderstehlich in die Tiefe zieht. Es heißt, das Wassergespenst Chlungge sei rothaarig, trage eine Weiberhaube und ein Kleid aus zahllosen Flecken zusammengebletzt; auch wohne es im Walensee, stelle den Kindern nach, hebe ihnen das Deckbette weg und fitze sie mit Ruten. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Godwerdjini im Naters-Berg

Source: Die Godwerdjini im Naters-Berg

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Von den Godwerdjinen (Zwergen) wird, wie überall, auch in Naters noch viel erzählt. Zur Geissbalme soll eines einst versprochen haben, das Vieh zu füttern, wenn das Wetter nicht schlecht sei. Als trockenes aber windiges Wetter eintraf, glaubte der Vieheigentümer, das Wetter sei nicht bös, und traute dem Versprechen. Aber das Vieh bekam nichts, nagte heulend am Krippenholze und verhungerte fast. Als das Godwerdji darüber zur Rede gestellt wurde, sagte es bedeutend: «Alle Wetter wären zähm, Wenn der Wind nid chäm!» Traurig ging das Godwerdji, mühsam durch grossen Schnee watend, die Halde hinauf in den Wald und wurde von dem Tage an nie wieder gesehen.   In Rischinen hielten die Godwerdjini ihre Tänze, bei denen sie gestohlene Schweine miteinander verschmausten. Auch Bergbewohner nahmen nach und nach daran Teil und sollen so das sog. "Schafessen" gelernt haben. Bei einem solchen Godwerdji-Tanz soll man einst eine ungeladene und unbeliebige Person damit entfernt haben, dass man selbe auf eine leicht verdeckte "Werch-Hechel" niedersetzen machte: «Setz di nummu nid so tscheb — Bis der d'Hechja am Hindru chlebt!» und dann mit Hohnlachen davonjagte: «Selb ta, selb hab, Blas der selber du Schadu ab!»   Auf der Egge machte einst ein Godwerdji einem Müller lange Zeit die besten Dienste in der Mühle. Dieser wollte sich dankbar zeigen und verabredete mit seiner Gattin, dem so dienstbaren Zwerge auf Neujahr eine schöne, nagelneue Müller-Kleidung zu schenken. Als das Godwerdji die Kleider angezogen, betrachtete es sich selbst sehr verwundert und sprach: «Jetzt bin ich e rechte Ma, Der selber schaffe cha!» Es ging davon und kam nie mehr zum Vorschein.   Einst besuchte ein Godwerdji regelmässig das Weib eines Bergmannes während derselbe das Vieh fütterte. Das wollte aber der Mann nicht länger dulden und glaubte wenig, als das Weib entschuldigend sagte, das Godwerdji verhindere ihr Spinnen gar nicht; es setze sich nur daneben auf den Stuhl und kratze ihr freundlich den Rücken. Da schickte der Mann seine Gattin zum Viehfüttern aus, zog deren Kleider an und setzte sich emsig an's Spinnrad. Das Godwerdji kam: blickte aber schon unter der Stubentüre die Spinnerin ernstlich an. Es entfernte sich gleich wieder und kam nie mehr, indem es sprach: «Deine Finger sind krumm. Deine Augen ganz stumm! Du bist der Mann, Mit Dir mag ich nix han! Ade!»   Mit dem ersten Jesuiten in Brig verschwindet das letzte Godwerdji im Naters-Berge. So versicherte mich die Sagen-Erzählerin Anna Maria Bamatter im Hegdorn — beim Hl. Wendelinus. — Nicht nur aufgeklärte Geister, auch alte Weiber wissen den Jesuiten noch was nachzurühmen.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Godwerji-Hausfrau

Source: Die Godwerji-Hausfrau

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Ein Zermatter soll sich einst in ein Godwerji-Mädchen verliebt und selbes zu seiner Lebensgefährtin gewählt haben. Die Ehe soll nicht übel ausgefallen und sogar mit mehreren Kindern gesegnet worden sein. Nur hatte sich die Braut noch vor der Trauung ausbedungen, dass der Mann ihr etliche Schimpfnamen nie sagen dürfe. Unter diesen Namen weiss man nur noch das Wort "Holzmuoterli" zu nennen; die übrigen sind vergessen. Einst erntete das Weib schon frühzeitig bei schönem Wetter den Weizen, als er noch unreif war. Hierüber wurde der Mann böse und sagte zum Weibe einen der ausbedungenen Schimpfnamen. Die Frau verliess auf der Stelle das Haus und kam nie mehr zum Vorschein. — Der nun verlassene Mann bereute später seine Übereilung sehr, und das um so mehr, weil er seiner Gattin einen unverdienten Verweis gegeben hatte, denn nach wenigen Tagen kam böses Wetter; es fiel Schnee und ein starker Frost verdarb alle noch nicht gesammelten Feldfrüchte vollständig. (erzählt von Herrn Kaplan Mooser)   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Gogwärgi-Hausfrau

Source: Die Gogwärgi-Hausfrau

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Ein Zermatter soll sich einst in ein Gogwärgimädchen verliebt und es zu seiner Lebensgefährtin gewählt haben. Die Ehe soll nicht übel ausgefallen und sogar mit mehreren Kindern gesegnet worden sein. Nur hatte sich die Braut noch vor der Trauung ausbedungen, dass der Mann ihr einige Schimpfnamen nie sagen dürfe. Unter diesen Namen weiss man nur noch das Wort "Holzmuotterli" zu nennen; die übrigen sind vergessen. Einst schnitt das Weib schon frühzeitig bei schönem Wetter den Weizen, als er noch unreif war. Hierüber wurde der Mann böse und sagte dem Weibe einen der ausbedungenen Schimpfnamen. Die Frau verliess auf der Stelle das Haus und kam nie mehr zum Vorschein. Der nun verlassene Mann bereute später seine Übereilung sehr, und das um so mehr, weil nun auch die Strafe auf dem Fusse folgte. Nach wenigen Tagen kam böses Wetter, es fiel Schnee, und ein starker Frost verdarb alle noch nicht gesammelten Feldfrüchte vollständig. ZERMATT Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Gogwärgini als Metzger

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Die Gogwärgini im Blaswald hatten einen unterirdischen Gang, der unten im Weiler Loch bei Ulrichen endete. Einmal war im Loch Tanz. Neben Leuten aus Ulrichen waren auch Gogwärgini anwesend, und sie tanzten lustig mit. Für kleinere Diebereien sollen diese aber immer gut gewesen sein. So stahlen einige während des Tanzes den Ulrichern ihre Schweine und wollten sie sofort schlachten. Sie wussten aber nicht wie. Darum kamen einige bis in die Tanzstube und fragten: «Diridäri, Diridäri, bei dem Tanz, Wo ischt ds Därisch Anifang?» «Bei dem Magen, bei dem Magen, tanzet auch, ihr lustigen Knaben!» so antwortete schlagfertig der Tanzmeister. Diese Zwerge verschwanden wieder und schlachteten am gleichen Abend die gestohlenen Schweine der Ulricher. ULRICHEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Gold-Ader in Langwies

Source: Die Gold-Ader in Langwies

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In den Küpfen oberhalb Langwies hatte ein Langwieser, ein armer Mann, eine Bergwiese, und wollte dort ein Haus bauen . Wie er nun mit seinen Söhnen an der Arbeit war, das Fundament zu graben, kam ein »fahrender Schüler« zu ihnen heran, und sprach zum Vater, er solle den Jüngern seiner beiden Söhne beim Graben in die Mitte stellen, es werde ihn nicht gereuen. Der Vater folgte der Weisung, und es war noch nicht Abend, als sie auf eine Gold-Ader stiessen. Waren sie nun durch das Gold, dem sie nachgrabten, und ausbeuteten, aller Armut fürderhin enthoben, bauten sie doch ihr Haus fertig. - Jetzt (1878) gehört dieses Haus einem Manne, Namens Peter Heim. - Mag man zu diesem Hause hingehen, zu welcher Zeit es ist, so findet man an einer Stelle, wo die Mauer auf der Gold-Ader ruht, immer nassen, warmen Grund, im Sommer besonders. Im Winter steigt dort meistens aus dem Schnee ein blaues Räuchlein empor; im Frühjahre ist es dort am ehesten »aaber« (schneefrei), im Herbste am längsten grün. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Goldader in der Chorbalmhöhle

Source: Die Goldader in der Chorbalmhöhle

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Als der Eisstrom vor tausend und abertausend Jahren den Taltrog von Lauterbrunnen hobelte, da wurde auch die Chorbalm aus dem harten Kalk gewaschen und gescheuert. Hinten in der finstern Höhle führen enge Windungen steil nach oben in den geheimnisvollen Leib des Berges, es weiss niemand wie weit. Aber viele wissen, dass tief im Innern eine Ader aus glänzendem Golde sein soll. Ein Mann aus dem vordem Grund wollte die reiche Ader ausgraben, bohrte und sprengte, tage- und wochenlang, aber fand nicht soviel, was Schwarzes unter dem Nagel. Jeder Eckensteher wollte ihn darum narren. Man hielt ihm vor, was er da finde, das könne man füglich die Lütschine hinaus in den See schicken. Pootz — Million — da biss er ihnen in den Stecken, denn er hoffte seit Jahren ohn Unterlass im Geheimen auf ein grosses Glück. Von ennet dem Brünig liess er einen Goldschmecker kommen und befragte ihn, wie weit im Berge drinnen die Ader liege. Der Schmecker kam mit einer Gabelrute von einem wilden Haselstrauch, einem glatten Jahresschössling bei Vollmond geschnitten und die Spitzen mit Eisen beschlagen, denn zur Auffindung von Gold ist das unerlässlich. Er nahm die beiden Zinken der Gabel in Kammgriff lose in die Hände. Die Spitze der Goldwünschelrute waagrecht bergwärts gerichtet, schritt er bedächtig und langsam mit dem Lauterbrunner in die Chorbalm ein. Am hintern Ende sahen sie im Schein des Öltägels, (Öllicht) dass die Spitze der Rute nicht nach unten wippte, wohl aber nach dem Innern des Berges. Der Rutengänger machte ein Gesicht, als ob er Essig schlucke, und als der Schatzgräber ihn fragte, wie weit drinnen das lautere Gold wohl noch liege, da schüttelte er im Dämmerschein des Öllichtes den Kopf, hielt die rechte Hand ans Ohr und sagte ernst: "Jetzt zieht der Sigrist weit drüben in Habkern am Strang der Totenglocke, sie tragen eben wieder einen durch das Dorf. So wenig, so wenig der Teufel ein Kreuzträger ist, findest du hier Gold; das ist so weit im finstern Schoss des Berges drin, so weit der Habkernsigrist zu dieser Stund von uns!" Der Goldgräber liess vor Schreck den flackernden Tägel fallen, und wie sie wieder draussen vor der Balm standen, da giftelte er ihn an: "Du Hexentopfgucker— du mit allen Wassern gewaschener Besserwisser, das glaub ich dir beim Kreuzerhagel nicht! Wenn du durch alle Wände gucken kannst, so sage mir, was macht meine Alte daheim — just zur Stund?" A.. aber — den Goldschmecker, den bekam er nicht ins Garn. Der besann sich nicht eines Augenblickes Länge: "Euer Eheweib, das zieht jetzt grad ein frisches Hemd an." Darauf ging der Mann nach Hause zu seinem Weib, um dem Fremden darzutun, dass Lügen kurze Beine haben. Wie staunte er aber, als es ihm bestätigte, dass es zur besagten Zeit wirklich sein Hemd gewechselt habe! Nach diesem bösen Bericht ging der enttäuschte Goldsucher flugs wieder hinein in die Höhle, holte all sein Werkzeug, gab sein nutzloses Tun auf und zahlte die Kosten. Heute steckt die funkelnde Ader noch immer drinnen, weit hinter der hintersten Wand der Chorbalm, mitten im Herzen der Berge. Quelle: Hans Michel, Ein Kratten voll Lauterbrunner Sagen. Wengen 1936. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die goldene Kette

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Es war einmal zu Irgenhausen, in einem Weiler am Pfäffikonersee, ein Bauersmann. Der besaß ein kleines Heimwesen, das an den schweigsamen blauen See ging. So schön dieses Gütlein nun war, hatte er doch keine rechte Freude dran, da es ihn kaum zu ernähren vermochte. Was ihn aber am meisten verdross, war eine eigentümliche, weitumgehende Mauerruine, die auf einem schönen Hügel unmittelbar am See lag, und von der die Leute sagten , sie sei in grauen Vorzeiten eine römische Burg gewesen. Jedesmal, wenn er das merkwürdige Gemäuer ansah, ärgerte er sich, dass dieser unnütze Steinhaufen, wie er sagte, grad den besten Platz in seinem bescheidenen Gute einnahm. Aber eines Nachts, als er zufällig durch ein Fenster seines Holzhäuschens schaute, sah er auf dem nahen Hügel, auf dem das römische Kastell stehen musste, ein blaues Flämmchen flackern. Ein Weilchen schaute er dem Spiel des seltsamen Lichtleins zu, dann begab er sich zu Bett und vergaß das Flämmchen. Als er jedoch am andern Abend mit der Tanse auf dem Rücken heimzu trampte, glaubte er, in der Ruine am See das blaue Lichtlein wieder zu sehen. Doch ging er in seinen Weiler hinein und machte sich, nachdenklich geworden, auf den Laubsack zum Schlafen. Aber er konnte nicht schlafen. Immer wieder gaukelte das wunderliche Flämmchen in seine Träume hinein und weckte ihn. Endlich erhob er sich, trat ans Fenster und schaute forschend in die sternenklare Nacht hinaus. Da lief es ihm kalt über den Rücken, denn nun sah er deutlich die Umrisse der römischen Burgmauern und das immer an der gleichen Stelle geisternde blaue Lichtlein. Und da er hatte sagen hören, dass da, wo sich dergleichen Lichterscheinungen zeigen, immer ein Schatz vergraben sei, zog er sich an, und darauf machte er sich in die Nacht hinaus. Alles war totenstill, als er ins Freie trat. Aus tausend und abertausend Augen schaute ihn der nächtliche Himmel an. Aber er sah all die goldene Sternenherrlichkeit nicht; seine Augen suchten das schatzverheißende blaue Flämmchen. Und richtig, dort flimmerte es durch die Obstbäume. Er sah sich um. Niemand war überwegs. Schier unhörbaren Schrittes ging er aus seinem Dörflein, übersprang einen Graben, und bald hatte er die zerfallene Mauer ob dem See hart vor sich. Immer zögernd schritt er vorwärts. Zuletzt blieb er immer wieder stehen, denn die Mauern, die ihm tags so vertraut waren, machten jetzt ein so fremdes, geheimnisvolles Gesicht. Es ward ihm gruselig zu Mut, und schon war er drauf und dran, schleunigst wieder davon und heim zu laufen, da zuckte das blaue Flämmchen über die Mauer empor und tanzte immer auf und ab, dann verschwand es wieder. Jetzt riss ihn eine wilde Gier nach einem allfälligen verborgenen Schatze fort. Er überkletterte die niedrige Mauer, und kaum stand er im Kastell, sah er hart vor sich, alleweil auf der gleichen Stelle, das blaue Lichtlein stehen. Darunter im Gestein spielte sein Widerschein. Nun machte er sich keck aufs Licht zu. Als es aber auf- und abzusteigen begann, immer schneller und schneller, wie das Glaskügelchen im Springbrunnen, packte ihn die Furcht, und im Hui war er wieder über die Mauer und jagte ins Dörflein zurück. Kaum befand er sich zu Hause, reute es ihn gewaltig, dass er sich so hatte verängstigen lassen. Erst wollte er wieder zurück, aber als er sich der Ruine zögernd zu nähern anfing, schlug es irgendwo die erste Stunde nach Mitternacht. Da versank das Lichtlein hinter dem Gemäuer und zeigte sich nicht mehr. Missmutig ging er heim. Aber in der folgenden Nacht, als er das eigenfärbige Flämmchen zum dritten Male auf dem Hügel am See auf- und absteigen sah, schritt er entschlossen, einen Karst auf dem Rücken, aus dem schlafenden Weiler und seewärts. Mutig überstieg er die Mauer, und siehe, da stieg das blaue Lichtlein wieder in einem fort, auf dem gleichen Fleck wie in der vorigen Nacht, auf und ab. Obwohl ihn einen Augenblick die Furcht wieder überkommen wollte, nahm er sich doch zusammen und stampfte darauf zu. Kaum hatte er seinen Fuß auf die Stelle gesetzt, ob der das blaue Flämmchen zitternd stand, begann es ihn immer zu umkreisen. Er beachtete jedoch sein Spiel nicht weiter. Aus Leibeskräften hub er mit seinem Karst zu graben an, und bald hatte er ein ziemliches Loch vor sich. Aber nichts zeigte sich. Schon wollte er sich enttäuscht abwenden, da meinte er, im Loch etwas glitzern zu sehen. Er stocherte mit seiner Hacke nochmals drin herum. Jetzt flimmerte und funkelte es drin, dass es ihn fast blendete. Er zog den Karst heraus, und siehe, es hing daran etwas zappeliges, goldiges. „Potztausend“, lärmte er auf, „eine goldene Kette!“ Kaum hatte er’s ausgerufen, so war zu seinen Füßen ein Schleifen und Rasseln, und nun sah er zu seinem Schrecken eine goldene Kette, wie eine Schlange, von ihm weg, wieder ins Loch hineinschlüpfen und verschwinden; nur das letzte dicke Kettenglied blieb am Zinken seines Karstes hängen. Eine Weile war er wie gelähmt. Dann schoss er auf den hängengebliebenen glänzenden Ring der verschwundenen Kette los und versorgte ihn im Wams. Drauf hieb und grub er wieder im Loch herum, bis er vor Hitze rauchte, aber ganz umsonst, die verschwundene Goldkette wollte sich nimmer zeigen. Und als irgend ein Hahn den werdenden Tag ankündigte, ging er kleinlaut nach Hause. Wohl schaute er noch lange Zeit nachts zu dem geheimnisträchtigen Gemäuer hinüber, aber das blaue Flämmchen ließ sich nie wieder sehen. Nun gefiel’s ihm nicht mehr in der Gegend. Er verkaufte sein Gütlein und auch das sorgsam gehütete Glied der verzauberten Kette. Das aber trug ihm zu seinem Erstaunen so viel ein, dass er sich davon in einer andern Gegend ein stattliches und ertragreiches Heimwesen erwerben konnte. Wer aber an den freundlichen Pfäffikonersee kommt, kann jenes merkwürdige Gemäuer aus der grauen Heidenzeit heute noch sehen, und wenn’s grad Mai ist, weht ein lauer Seewind wohl einen Jauchzer und rotweißes Apfelblust drüber hin.     Meinrad Lienert, Zürcher Sagen. Der Jugend erzählt, Zürich 1918. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.    


by Die goldene Kette

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Einst lebte in Oberdiessbach ein ehrbarer Nagelschmied. Der war arm und konnte sich und seine Familie mit seiner Hände Arbeit nur kümmerlich ernähren. Schon in früher Morgenstunde liess er seinen Amboss erklingen, und unter seinen kräftigen Streichen sprühten die Funken durch die Schmiede, bis die Sonne ihren Lauf vollendet hatte. Dann zog er seinen Lederschurz aus, freute sich der geleisteten Arbeit und war glücklich und zufrieden mit seinem Schicksal. Eines Morgens trat ein armes verhutzeltes Weiblein in die Schmiede und wollte ein paar Nägel kaufen. Und weil der Schmied ein gutes Herz hatte, schenkte er ihr die Nägel und lud die Frau ein, mit seiner Familie das Morgenbrot zu teilen. Das Weiblein dankte höflich und bemerkte im Fortgehen: «Jede Guttat trägt Zinsen. Sie sollen dir nicht ausbleiben. In der Sankt Andreasnacht, wenn die Glocke die elfte Stunde geschlagen hat, gehe hinauf zum Schlosshügel mit den drei Kastanienbäumen. Dort, wo der Mondschatten hinfällt, liegen zwei schwere goldene Ketten vergraben. Die eine gehört dir, die andere verkaufe und gib den Erlös den Armen.» Bei diesen Worten verschwand das Weiblein. Der Schmied traute der Sache nur halb, tat aber doch, wie ihn die Alte geheissen, ging zur bestimmten Stunde hinauf zum Schlosshügel, grub nach und fand richtig die beiden goldenen Ketten. Er wurde ein reicher Mann. Aus dem Geld, das er aus der einen löste, unterstützt man noch heute arme, tüchtige Jünglinge, die ein Handwerk erlernen wollen. Emmentaler Sagen, Hermann Wahlen, 1962 Gute Schriften Bern Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die goldene Kette zu Irgenhausen

Source: Die goldene Kette zu Irgenhausen

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Die goldene Kette zu Irgenhausen Beim Dorfe Irgenhausen am Pfäffikersee erhebt sich ein kleiner Hügel, die Bürglen, auf welcher vor gar langer Zeit eine Römerburg stand. Bevor die Antiquarische Gesellschaft in Zürich die Grundmauern dieses Kastells restaurierte, geschah dort allerlei Geheimnisvolles. Davon wusste ein Bauer, dem der Hügel in den siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts gehörte, eine Geschichte zu erzählen. Der frühere Besitzer dieses Platzes sah an manchen Abenden ein blaues Flämmchen innerhalb der alten Umwallung spielen. Weil dieses stets ein Zeichen ist von unterirdisch verborgenen Schätzen, die sich auf solche Weise anmelden, begann er darnach zu graben. Lange arbeitete er vergeblich. Auf einmal fing es an im Loche zu blinken und zu funkeln. „Potz tausend, eine goldene Kette!“ rief er und schlug mit seinem Karste hastig drauf los. In diesem Augenblick setzte sich die goldene Kette in Bewegung und schlüpfte wie ein Wurm wieder in das Loch zurück. Nichts war ihm davon geblieben als das letzte Kettenglied, das an einer Zinke seines Karstes hing. Der Bauer machte sich in aller Stille davon, bot sein Gütchen feil und kaufte sich in einer anderen Gegend ein nicht verzaubertes Heimwesen. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Peterhans, S. 148; Herzog 1, 224; Rochholz, Natormythen, S. 163 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die goldene Kugel auf dem Kirchhof zu Cheseaux

Source: Die goldene Kugel auf dem Kirchhof zu Cheseaux

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Im Kreise Romanel zu Cheseaux zeigt sich dann und wann eine wunderbare Erscheinung. Eine große goldene Kugel, einer Weltkugel gleich, wälzt sich langsam und feierlich um den äußern Ring des Kirchhofs. Dies geschieht dreimal, dann verschwindet sie. Schon Viele haben das Wunder gesehen, was es aber bedeutet, weiß Keiner. Auch noch von anderen Dingen erzählt man zu Cheseaux. So geht im dortigen Schlosse ein alter Herr um. Er trägt einen rotsamten Rock, weißseidene Strümpfe und Schuhe mit breiten glänzenden Schnallen und eine Lockenperücke, und auf den Feldern, Wiesen und in den Weinbergen spukt der Kobold von Belair. Dieser zeigt sich bald als Schimmel ohne Kopf, bald als Irrwisch, bald als ungeschwänzter Hund und bald als Ziege. In letzterer Zeit ist er jedoch nicht mehr erblickt worden und es scheint als ob er mit den früheren Besitzern des Schlosses verschwunden sei. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die goldene Lampe

Source: Die goldene Lampe

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Ein Müller hatte drei Töchter. Die beiden Älteren waren stolz und böse, die Jüngste aber gut und lieb. Als der Müller eines Tages auf den Markt ging, verlangten die Älteren von ihm, dass er ein schönes neues Kleid kaufe, und die Jüngste bat ihn um einen frischen Blumenstrauss. Der Vater ging auf den Markt und kaufte die Kleider, doch einen frischen Strauss bekam er nicht, denn es war gerade strengster Winter. Auf dem Heimweg kam er zu einem Schloss, dessen Tore sich von selbst öffneten. Er trat ein, da schlossen sich die Tore. Doch überall herrschte grosse Ruhe; das Schloss schien unbewohnt. Nachdem er eine Treppe hinaufgestiegen war, kam er in eine Küche, wo ein grosses Feuer brannte. Auf der Herdplatte stand eine grosse Katze, die mahlte Kaffee und schaute ihn freundlich an. Nachdem sie den Kaffee zubereitet hatte, begann die Katze zu miauen, worauf eine ganze Schar Katzen herbeisprang. Auch der Müller musste sich zu ihnen setzen. Der Kaffee wurde in feinen Tassen aufgetischt, und dazu gab es die feinsten Sachen. Nach dem Nachtessen führte die grosse Katze den Mann in ein wunderschönes Zimmer, wo er die ganze Nacht ruhig schlief. Am Morgen ging er in den Garten, wo neben dem Brunnen ein Rosenstrauch stand. Zuoberst blühte eine prächtige Rose. Er war so glücklich, seiner Tochter den gewünschten Strauss bringen zu können, er brach die Rose ab, doch in dem Augenblick hörte er eine Stimme rufen. «Lass das bleiben!» Und eine schreckliche Schlange kroch aus dem Brunnen hervor, richtete sich gegen ihn auf und sagte zu ihm: «Weil du mir diese Rose gestohlen hast, musst du mir deine Tochter zur Frau geben, tust du dies nicht, so musst du sterben!» Ganz traurig kam der Müller nach Hause. Er überreichte dem Mädchen die Rose und sagte: «Liebe Tochter, das ist eine teure Rose gewesen; ich habe dich dafür einer schrecklichen Schlange versprechen müssen, doch lieber will ich sterben, als mein Versprechen nicht halten!» Die beiden älteren Schwestern schimpften mit der Jüngsten und sagten, es sei recht, dass sie bestraft werde, sie habe immer etwas Ausgefallenes haben wollen; hätte sie wie sie beide ein Kleid gewünscht, so hätte sie dem Vater den Kummer erspart. Die Jüngste tröstete den Vater und sagte, sie gehe sehr gern ins Schloss, die grässliche Schlange werde ihr bestimmt nichts zuleide tun! Sie ging hin und wurde im Schloss von den Katzen höflich empfangen, und sie führten sie nach dem Nachtessen in ein wundervolles Zimmer. Nachts hört sie, dass etwas auf ihr Bett zukommt, doch sie getraut sich nicht, Licht zu machen. Das gleiche geschieht in der zweiten Nacht. In der dritten Nacht macht sie Licht, da sieht sie einen schönen Burschen neben sich. Es ist ein Prinz, den eine böse Hexe in eine Schlange verwandelt hat, doch jetzt ist er erlöst. Aber das Mädchen hat beim Anzünden der Lampe einen Tropfen Öl auf den Kopf des Prinzen verschüttet, so dass die Macht der Hexe über ihn nicht ganz gebrochen ist. Der Prinz nahm das Mädchen zur Braut, dann aber sagte er, jetzt müsse er in der weiten Welt herumziehen, und bevor sie nicht ein Paar eiserne Schuhe durchgelaufen habe, werde sie ihn nicht bekommen. Er verschwand, und an Stelle des Schlosses war nichts mehr ausser einem Dornbusch und einem Paar eisernen Schuhen. Das Mädchen zog die eisernen Schuhe an, und während sie traurig weiterging, begegnete sie einer alten Frau, die wollte wissen, weshalb sie eiserne Schuhe trage, und die Alte gab ihr den Rat, diese in einen warmen Kuhfladen zu stellen, dann seien sie bald kaputt. Das Mädchen machte es so, und die Schuhe waren in einigen Monaten abgetragen. Als sie in eine Stadt kam, ging sie zum Palast des Königs und bat, über Nacht bleiben zu dürfen. Die Königin, eine gütige Frau, erlaubte dies gerne. In der Nacht brachte das Mädchen einen Buben zur Welt, und im gleichen Augenblick hörte man eine Stimme sagen: «Die goldene Lampe und der silberne Stöpsel! Wenn deine Grossmutter das wüsste, in goldene Windeln würde sie dich wickeln. Wenn die Hähne nicht krähten und die Glocken nicht läuteten, bliebe ich bis zum Morgengrauen!» Am Abend darauf befahl die Königin zwei Dienerinnen, bei der jungen Mutter und dem Kind zu wachen. Um Mitternacht hörten sie die Stimme und die gleichen Worte. Und da die Königin sehr neugierig war, wer das sein könnte, liess sie alle Hähne der Stadt töten und alle Glocken festbinden und wachte selbst. Und als die Stimme sagte. «Wenn die Hähne nicht krähten und die Glocken nicht läuteten, bliebe ich bis zum Morgengrauen.» - erwiderte sie: «Die Hähne krähen nicht, und die Glocken läuten nicht, also bleibe bis zum Morgengrauen!» - und herein kam ihr eigener Sohn. Es war der, welcher in eine Schlange verwandelt und durch das Mädchen erlöst worden war. Er heiratete sie dann.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


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Die goldene Stadt Bei Dinhard ist ein Wald, und wenn man dort drin wandert, so wird es einem ganz sonderbar zumute. In diesem Walde war nicht immer gut jagen. Es gab gewisse Tage, an welchem sich erfahrene Jäger nie auf die östliche Seite wagten, weil dort eine goldene Stadt sei, in deren Weichbild jeder Uneingeweihte unfehlbar von Schwindel und Ohnmacht befallen werde. Es war schon zu spät, wenn man die prächtigen Häuser durch die Baumstämme leuchten sah, Der Jäger Hans Hug, der, ein Reh verfolgend, in diese Gegend geraten war, sah noch eben, wie das Tier sich in eine schöne Jungfrau verwandelte. Es fing ihm an zu schwindeln, und als noch ein kleiner, hässlicher Zwerg von einem Obstbaume herniedersprang und ihn mit einem Stocke schlug, fiel er vollends in Ohnmacht. Als er wieder erwachte, war die Sonne verschwunden. über ihm rauschte der dunkle Wald, Er selbst lag in einem tiefen, schmutzigen Graben, und als er sich aufrichtete, sprang eine Ratte über ihn hinweg, welche ein „Nadelhölzchen“ in der Schnauze trug. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Winterthur und Weinland Stilistisch vereinfacht aus „Schweizerblätter“ 1832, XlI, S 46 ohne Autor: Lienert S, 114; Corrodi, Sagen Winterthur, 1916, Nr. 13; Corrodi, Zürcher Bauer, 23. 3. 1938. Vgl. Abteilung V, Kloten, verwünschte Stadt. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


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Bei Dinhard ist ein Wald, in dem’s ein frohes Wandern ist. Auch liegt sich’s dort so lauschig herum, und es wird einem so märchenhaft zu Mut. Es ist einem, hinter jedem Baum stecke irgend ein elbisches Wesen, so dass man unwillkürlich zusammenschrickt, wenn ein Eichkätzchen blitzgeschwind und vor Angst selber einen Schrei herauskollernd, an einem Stamm hinaufschnellt. Das alles mag daher kommen, weil dort die eine Waldseite von jeher als verrufenes Gebiet galt. Die Jäger, die sonst auf fröhlicher Pirsch keineswegs so scheu zu sein pflegen, sollen es früher nie gewagt haben, den verrufenen Teil des Dinharder Waldes zu betreten. Taten sie’s doch, so wurde es ihnen wirblig im Kopf, sie fielen bewusstlos ins Moos, und nachher, wenn sie doch wieder erwachten und glücklich davon kamen, erzählten sie, sie hätten durch die Stämme eine goldene Stadt erblickt, aber im selben Augenblicke seien sie auch ohnmächtig hingefallen. Eines Tages nun ging ein leidenschaftlicher Weidmann, namens Hans Hug, im Wald von Dinhard wieder einmal auf die Jagd. Lange wollte ihm nichts vor die Flinte kommen. Da, als er schon ärgerlich werden wollte, sprang mit einem Male ein Reh vor ihm auf. Eifrig verfolgte er’s. Aber es schien keine besondere Eile zu haben. Immer jedoch, wenn er drauf anlegte, verschwand es hinter einem Baumstamme, so dass er nie zum Schuss kam. Das brachte ihn so auf, dass er wie toll hinter dem Reh her lief, aber obschon es geradezu auf ihn zu warten schien, vermochte er’s doch nie zur Strecke zu bringen. Das machte ihn so alles vergessen, dass er die Grenzen des verschrienen Waldes außer acht ließ. Und nun meinte er, das flüchtige Reh sogar mit der Hand packen zu können. Da musste er plötzlich anhalten, denn vor ihm war ein Aufleuchten, das ihn fast blendete. Und jetzt stand vor ihm, statt des Rehes, eine bildschöne Jungfrau, und hinter ihr glaubte er, durch die Baumstämme eine goldene Stadt zu sehen. Aber da fing vor seinen Augen ein sinnberückender Strahlentanz an, also dass ihm alles um und um ging, und unversehens sprang von einem Obstbaum, der sich in voller Blustherrlichkeit über der schönen Jungfrau wölbte, ein hässlicher kleiner Zwerg, und der schlug ihn mit einem Stock grinsend auf den Kopf. Die Sinne schwanden ihm, er plumpste ins Farnkraut. Er wusste nicht, wie lange er gelegen hatte, als er endlich wieder aus seiner Betäubung erwachte. Mit scheuen, schier furchtsamen Augen schaute er sich um, aber die goldene Stadt, Jungfrau und Zwerg, waren spurlos verschwunden. Nichts als ein dichter Hochwald war um ihn, der gar geheimnisvoll rauschte. Da erhob er sich. Doch schrak er schier zusammen, als eine große Ratte, die ein Nadelhölzchen im Spitzmäulchen trug, über ihn hinwegsprang. Und erst jetzt gewahrte er, dass er in einem ekelhaften Kotgraben gelegen hatte. Flink machte er sich heraus und lief dann, so rasch er’s vermochte, aus dem spukenden Walde heimzu.     Meinrad Lienert, Zürcher Sagen. Der Jugend erzählt, Zürich 1918. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die goldenen Fräuli

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Meine Base war auch ein Fronfastenkind. Oft ging sie an Sommerabenden hinter das Haus an die Halde. Wir fragten sie einmal, was sie dort auch mache. Da sagte sie: «Dort spielen am Abend immer zwei Fräuli in goldenen Kleidern. Wenn sie mich sehen, purzeln sie den Abhang hinunter.»   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Die goldenen Kegel

Source: Die goldenen Kegel

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In früheren Zeiten spielten die Burgherren und Vögte auf dem vorderen Wartenberg öfters mit goldenen Kegeln. War das Spiel zu Ende, so versteckten sie die Kegel in einem unterirdischen Gang, der von der Burg bis ins Dorf Muttenz hinunterführte. Einige mutige Burschen aus dem Dorf, die es auf die goldenen Kegel abgesehen hatten, kundschafteten die Örtlichkeiten aus und drangen in einer finsteren Nacht in den Gang ein. Was sie dort sahen und erlebten, weiss man nicht, denn sie kehrten nicht mehr zurück. Und da nur sie wussten, wo der Gang zu finden war, konnte niemand nach den Verschollenen suchen. Wartenberg Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die goldenen Kohlen (Ernst L. Rochholz)

Source: Die goldenen Kohlen (Ernst L. Rochholz)

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Dem Altmüller war eine Base gestorben und zwar eine hochbetagte und geizige, daß er seine Betrübnis; wohl mäßigen konnte, zumal morgen schon der Tag für ihn da war, ihre ziemlich beträchtliche Erbschaft in Empfang zu nehmen. Er hieß also den Knecht Wägelein und Geschirr für morgen herrichten, und befahl der Magd, das Frühstück auf Schlag fünf fertig zu haben. Letztere nahm sich des Meisters Befehl so zu Herzen, daß sie vor aller Zeit schon erwachte, den hellen Mondschein für die Morgenhelle hielt, und in die Küche hinab sprang, um Feuer zu schlagen. Allein der Zunder war feucht und sie brachte kein Licht zusammen. Darüber schaute sie noch einmal nach dem Tag zum Küchengucker hinaus und gewahrte draußen ein Feuerchen, nur zwanzig Schritte entfernt brannte es hübsch ruhig auf der Hauswiese. Sie lief drum schnell mit dem Kohlenbecken hinaus, um sich die Gluten für des Herren Frühstück herbei zu holen. Dort angelangt findet sie drei Männer, in weiße Tücher eingehüllt, um das Feuer sitzen. Bescheiden fragt sie, ob sie sich ein paar Kohlen nehmen dürfe und bringt alles mit in Verbindung, der Base Tod, des Müllers Erbschaft und die Morgensuppe. Als die Männer gänzlich stumm blieben, nahm sich Katharine etliche Kohlen, dankte hübsch und ordentlich dafür und machte sich ins Haus. Aber da sie die Kohlen auf den Herd schüttet, sind sie schon erloschen. Sie macht also wiederum den Gang zu den Männern am Feuer, grüßt, nimmt und dankt abermals und bringt das zweite Becken voll in die Küche zurück; doch auch diesmal ohne andern Erfolg, die Kohlen sind tot. Ihre Angst, der Müller werde erwachen, treibt sie zum drittenmale hin, wo die drei Männer noch immer sitzen. Als sie das frisch gefüllte Becken aufnimmt, sagt der älteste warnend, „nun komm nicht wieder!“ Erschrocken kam das Mädchen in die Küche zurück und leerte die Kohlen aus, sie waren und blieben erloschen. Da schlug es plötzlich drüben im Dorfe Mitternacht und um das Haus krachte es laut auf. Feuer und Männer draußen, alles war wie weggeblasen. Katharine kroch zu tiefst unter die Bettdecke. Jetzt aber verschlief sie wirklich. Es war schon sechs Uhr, da der Müller in die Stube herüber kam, und keine Schüssel und keine Katherine fand. Als er sie draußen in der Küche suchte, sah er den Herd mit Gold überschüttet, in dreifachen Haufen lagen die Zutaten über einander, eine weit größere Summe als er heute ans dem Erbe bekommen sollte. Solch er war mit dem Seinigen zufrieden und ließ dem Mädchen, als sich nun Alles aufklärte, rechtschaffen das Ihrige. (aus Zofingen) Quelle: E. L. Rochholz, Naturmythen. Neue Schweizer Sagen, Leipzig  1862. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch         Ähnliche Geschichte: von Zurzach, Kanton Aargau Die Magd, die im Bären zu Zurzach diente, war vor Tage aufgestanden, um zu backen. Da sie Feuer anmachen wollte, ging der Zunder nicht; sie entschloß sich, geschwinde ins Rathaus hinüber zu gehen, wo sie Licht sah. Als sie da eintrat, hielten die Ratsherren noch Sitzung. Ohne ein Wort zu sagen, saßen sie zu Zwölft auf ihren Stühlen da. Die Magd bat um Erlaubnis; ihr Licht anzünden zu dürfen und ging. Unter der Haustüre aber erlosch ihr das Licht wieder und sie geht nochmals in das Ratszimmer zurück. Diesmal bringt sie ihre Kerze brennend nach Hause; aber darauf hin ist sie bald gestorben.  


by Die goldenen Kohlen (M. Linert)

Source: Die goldenen Kohlen (M. Linert)

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Dem Altmüller bei der kleinen Stadt Zofingen im Kanton Aargau war eine alte Base gestorben. Als er die Nachricht hievon vernahm, erschrak er gar nicht so besonders. Die Base war gar geizig gewesen und hatte ihm bei Lebzeiten wenig Freundschaft bewiesen. Nun sie tot war, durfte er eine große Erbschaft von ihr erwarten. Daher wollte er nicht versäumen, sich so rasch als tunlich bei der Base und ihrem schönen Gut einzufinden. Er beauftragte also den Knecht, Bernerwägelein und Geschirr für die Frühe des andern Tages zu rüsten. Der Kathrine, seiner jungen Magd, befahl er zeitig aufzustehen, denn Schlag fünf Uhr morgens müsse der Milchkaffee auf dem Tische dampfen. Sobald die junge Magd in der Küche aufgeräumt hatte und das Feuer im Herde erloschen war, machte sie sich zu Bette, um ja früh genug am kommenden Morgen aufstehen und das Frühstück bereiten zu können. Mitten in der Nacht erwachte Kathrine und sprang aus ihrem Laubbett, denn die Kammer war schon halbwegs hell, und sie glaubte den Tag dämmern zu sehen. Es war aber der Vollmond, der die Kammer mit einer heimeligen Dämmerung erfüllte. Sie war jedoch voll Feuereifer, ihrem Meister das Frühstück zu rüsten, und merkte es daher nicht. Leise machte sie sich in die schwach erhellte Küche hinunter. Dort eilte sie an den Herd, griff zum Feuerstein und fing auf Tod und Leben an Feuer zu schlagen. Doch der Zunder war feucht und wollte einfach nicht zu glimmen anfangen. Darüber verlor sie den Kopf ganz. Rasch tat sie noch einen Blick durchs Küchenscheiblein, um zu sehen, ob der Tag denn nicht bald die Sonne über die Berge schicken wolle. Da gewahrte sie draußen vor dem Hause, kaum zwanzig Schritte von der Hausmauer weg, ein Feuerchen, das ruhig auf der Hausmatte brannte. Sie dachte, man werde dort gestern Stauden verbrannt haben, und nun sei das Feuer noch nicht völlig erloschen. Also griff sie schnell nach dem Kohlenbecken und eilte hinaus, um sich vom Feuer einige glühende Kohlen für ihren Herd zu holen. Als sie vors Haus in die Matte kam, erblickte sie zu ihrer Verwunderung drei Männer, die in weiße Tücher eingehüllt stumm um das Feuer kauerten. Sie dachte, es werden wandernde Leute sein. Geschwind machte sie sich zu ihnen heran und fragte schüchtern, ob sie nicht ein paar glimmende Kohlen für ihren Herd nehmen könnte. Die Männer sagten kein Wort und starrten nur vor sich hin in die Glut. Da meinte Kathrine, die Männer seien auch der verstorbenen Base wegen da und warteten auf den Altmüller. Daher langte sie sich bescheidentlich ein paar rote Kohlen aus dem Feuer und lief damit, so hurtig sie konnte, in die Küche zurück. Aber wie sie die Kohlen auf den Herd ausschüttete, waren sie schon erloschen. Die Magd ließ sich das aber nicht verdrießen, und da sie dachte, der Meister werde bald aus seiner Kammer herabrumpeln und frühstücken wollen, um mit den draußen harrenden Männern zu gehen, verließ sie mit dem Kohlenbecken die Küche nochmals. Sie eilte wieder zu den drei weißen Gestalten hinaus, die immer noch unbeweglich ums Feuerlein saßen. Sie grüßte wiederum freundlich, nahm sich rasch ein Becken voll Glut, dankte höflich und jagte damit, flink wie ein Wiesel, in die Küche zurück. Doch kaum berührten die Kohlen den Herd, so erloschen sie auch diesmal. Jetzt war es der jungen Magd übel zumute. Sie hörte irgendwo im Hause etwas knacken und meinte, der Altmüller sei schon im Anzuge. Deshalb packte sie das Kohlenbecken und eilte über Kopf und Hals hinaus zu den drei Männern. Und da sie weder auf ihren wiederholten Gruß noch auf ihre Frage nach Kohlen etwas antworteten, schürte sie ihr Becken nochmals mit Kohlen voll, wobei sie die glühendsten nahm, die sie zu erhaschen vermochte. Als sie aber das Kohlenbecken aufnahm, erhob der älteste der drei Männer das Haupt und sagte mit einer tiefen Stimme: "Nun komm aber nie wieder!" Kathrine erschrak, als sie sein leichenblasses, mürrisches Gesicht sah; es ward ihr mit einem Male unheimlich, und in wilden Sprüngen stürmte sie mit ihrem frisch gefüllten Kohlenbecken ins Haus. Jetzt mußte es höchste Zeit sein, gewiß war der Meister schon in der Stube. Sie leerte die Kohlen auf den Herd, aber zu ihrem Schrecken waren auch diese wieder ausgelöscht. Ratlos stand sie da, denn sie getraute sich nicht mehr hinaus, doch wollte sie nachsehen, ob die unheimlichen Männer noch ums Feuerlein kauerten. Wie sie ans Fensterscheiblein trat, schlug es plötzlich in einem nahen Dorfe die Mitternachtsstunde. Laut krachte es ums Haus, Feuer und Männer waren spurlos verschwunden, und mit Grausen sah sie just, daß eben der Mond hinter den Waldhöhen unterging. Pfeilschnell huschte die Magd aus der Küche, jagte die Stiegen hinauf in ihr Guckauskämmerlein und schlüpfte unter die schweren Decken ihres Laubbettes. Sie wagte kaum zu atmen vor Furcht, und also schlief sie nach langem endlich ein, und zwar so fest, daß sie die festgesetzte Stunde, in der sie das Frühstück hätte herrichten sollen, wirklich verschlief. Es war sechs Uhr, als der Altmüller in die Stube herabkam und zu seinem Verdruß weder das Frühstück noch die Kathrine vorfand. Wie er aber in der Küche nachsah, ob etwa die Milch doch auf dem Herd schon koche, sah er zu seinem Erstaunen die Herdkunst mit Gold vollgeschüttet. In drei Häuflein lagen die Golddukaten übereinander, eine weit größere Summe als die war, die er von seiner Base zu erben hatte. Er rief dröhnend nach der Magd und brachte damit das ganze Haus in Aufruhr. Jetzt hastete Kathrine die Stiegen herunter, und als sie die in eitel glitzerndes Gold verwandelten Kohlen sah, machte auch sie große Augen. Dann aber erzählte sie den Hergang, und alle schlugen mit geheimem Grauen die Hände über dem Kopf zusammen. Kathrine aber, der der Altmüller redlich das Gold ließ, das ihr die drei unheimlichen Männer gespendet hatten, war ein reiches Mädchen, dem es seiner Lebtag gut ging. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Goldgräber am Schnebelhorn

Source: Die Goldgräber am Schnebelhorn

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Vor vielen hundert Jahren kamen die "Vineder" ans Schnebelhorn, um Gold zu suchen. Das waren kleine Männchen, die stammten aus Venedig. Das Golderz verpackten sie in Sacke und brachten es nach Italien, wo dann das lautere, glänzende Metall daraus geschmolzen wurde. Den Eingang zum Bergwerk wusste niemand als die Goldgräber selbst; denn sie hielten ihn streng geheim und streuten allerlei böse Gerüchte aus von Ungeheuern, welche da oben ihr Wesen treiben. Diese "Vineder-Manuli" waren Heiden. Wenn eines von ihnen starb, wurde ein tiefes Grab gemacht. Der Verstorbene kam aufrecht in die Grube zu stehen. Sie glaubten, der Tote müsse ins Jenseits eine grosse Reise über einen sehr breiten Fluss antreten. Daher legten sie dem Dahingeschiedenen eine Münze auf die Zunge. Diese war für den Fährmann bestimmt, der ihn in einem Schiffchen in das Land der Toten fahren müsse. In die rechte Hand erhielt er ein Stück Brot, damit er auf der langen Reise nicht Hunger leide. Die Mannli sind verschwunden; aber das Goldloch ist noch zu sehen. Die neugierigen Menschen haben es längst entdeckt. Von der Schnebelhornspitze gelangt man in südlicher Richtung auf schmalem Pfade dahin. Der Eingang ist im Gebüsch versteckt. Er ist beinahe mannshoch und durch eine eiserne Türe abgeschlossen. Diese trägt die Aufschrift S. A. C. 1890. Wer Lust hat, in das Loch hinunterzusteigen, der geht zum Schnebelhornwirt. Der freundliche Mann holt bereitwilligst den Schlüssel und begleitet uns. Der Riegel knarrt, die Türe springt auf, und mit der brennenden Kerze oder mit der Laterne in der Hand geht es hinunter in die Unterwelt. Die erste eiserne Leiter hat 44 Sprossen und führt uns durch einen senkrechten Schacht. Hierauf folgt in westlicher Richtung ein Stollen von etwa 10 Meter Länge und dann wieder ein Schacht, in welchen eine Leiter mit 18 Sprossen hinabführt. Dort unten ist Wasser von beträchtlicher Tiefe. Da soll früher ein Ungeheuer gehaust haben. Dieses löschte dem Verwegenen, der da hinabstieg, das Licht aus. Jetzt ist es gebannt, vielleicht gar tot oder verschwunden; ohne alle Gefährde steigen wir in die Tiefe und wieder herauf ans Tageslicht. Siehe Das Goldloch C. Huber. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 452, S. 267 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Goldkette zu Jachenhausen

Source: Die Goldkette zu Jachenhausen

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Beim Züricher Dorfe Jachenhausen am Pfäffikersee zeigen sich die wohl erhaltenen Erdwerke eines römischen Castells. Ein Bauer daselbst hat jüngst hin folgendes erzählt. Der frühere Besitzer dieses Platzes sah an manchen Abenden ein blaues Flämmchen innerhalb der alten Umwallung spielen. Weil dies stets ein Zeichen ist von unterirdisch verborgen liegenden Schätzen, die sich auf solche Weise anmelden, so begann er darnach zu graben und hatte lange, aber vergeblich gearbeitet. Auf einmal jedoch fing es an im Loche zu blinken und zu funkeln. „Potz Dünner-Hagel, e goldige Chetti!" rief er, und schlug mit seinem Karst hastig drauf los. In diesem Augenblicke setzte sich die goldene Kette, denn eine solche hatte er seiner Meinung nach wirklich hervor gegraben, in Bewegung und schlüpfte wie ein Wurm wieder in das Loch zurück. Nichts war ihm davon geblieben, als das letzte Kettenglied, das an der einen Zinke seines Karstes hing. Der Bauer machte sich in alter Stille davon, bot sein Gütchen feil und kaufte sich bald möglichst in einer andern Gegend ein nicht verzaubertes Heimwesen. Eine wunderliche Behauptung hört man um Trüllikon und Andelfingen. Dort liegt das Dörfchen Wildensbuch, und dieses glaubt seit Menschengedenken bis heute in allem Ernste, es sei der Mittelpunkt der Welt. (Mitteil. v. Or. Fero. Keller in Zürich.) Quelle: E. L. Rochholz, Naturmythen. Neue Schweizer Sagen, Leipzig  1862. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch    


by Die Goldschlange

Source: Die Goldschlange

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In der unentweihten Zauberwelt der Berge gibt es noch viel Sonderbares. In Felsenklüften und Mauerritzen haben die Schlangen ihren Schlupfwinkel. Eine Königin gebietet über sie. Sie trägt ein goldfarbenes Kleid, während ihre Untertanen in gelben, grauen oder schwarzen Farbenkleidern dahinhuschen. Auf dem Haupte der Schlangenkönigin prangt eine diamantene Krone im reichsten Glanz der Regenbogenfarben. Wer diese Krone gewinnen könnte, wäre reich genug für sein ganzes Leben. Aber nur selten kommt es vor, dass die Schlangenkönigin ihr kostbares Geschmeide ablegt. Die Sage berichtet darüber einiges, so z.B. jene Begebenheit vom Schönberg, wo die Schlange zu Füssen eines Taglöhners ihre Krone ablegte; oder von einem Berner Mädchen, dem ein gleiches Glück widerfuhr. Sonst kann kein Sterblicher seine Hand nach diesem Schatz ausstrecken. Nur einem unschuldigen Kinde gelang dies. Es fütterte die Schlange mit frischer Milch, ohne zu ahnen, wie gefährlich das Tier sei, das es pflegte. Dafür kam die Goldschlange eines Tages mit einer Krone aus purem Gold und beschenkte die kleine Wohltäterin damit. Hier finden wir einen der seltenen Züge edler Dankbarkeit dieses Reptils gegen seinen WohItäter.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Goldstitze

Source: Die Goldstitze

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Ein Venedigermannli erschien plötzlich ob Valens an den Grauen Hörnern, wo es unter eine goldtropfende Quelle eine "Stitze" hinstellte, die es im folgenden Jahr voll abholte. Als es das letzte Mal kam, hiess es "ob dem Brudermatt", bei Vadura, wo es einzukehren und zu übernachten pflegte, einen mitkommen. Es ging die schroffen Wände hinauf, wo man sonst keinen Fuss absetzen konnte; das Mannli zeigte dem Begleiter die Goldstelle, verbot ihm aber beim Weggehen das Zurückblicken. Der Mann fand das sonderbar und schaute zurück; darum konnte er trotz alles Suchens später die Quelle nicht mehr auffinden. Dr. Henne Am Rhyn, Deutsche Volkssage.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 222, S. 109f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Goldtropfe

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Ein Jäger aus Ferden begegnete einst im Rotgebirge dem Berggeist. Dieser zeigte ihm in einem Felsen einen Spalt, in dem eine "Goldtropfe" war. Da durfte er jedes Jahr ein Krüglein hinstellen und es jedes Jahr voll wegnehmen. Der Jäger war dessen zufrieden, holte Jahr für Jahr das Krüglein GoId, kaufte damit ein Gut, arbeitete darauf und liess das Jagen bleiben. Einst wollte er aber schon mitten im Jahr nachschauen, wieviel Gold bereits drin sei. Er fand weder Spalt noch Krüglein noch "Goldtropfe" mehr. LÖTSCHEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch  


by Die Gotte als Hexe

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Die Gotte als Hexe Eines Abends ging ein Jäger von Peist hinauf oberhalb das Dorf, um den Füchsen zu »passen«. Es war natürlich Winter und sehr kalt, weshalb er beschloss, das Aas vor seinen Stall droben zu legen; von einem Fensterlein im »Gmach« schaute er hinaus und harrte des Wildes. Endlich kam ein Fuchs geschlichen; der machte sich an die Mahlzeit. Der Jäger legte an, um zu schiessen; der Schuss versagte; er zog wieder auf, das Pulver zündete abermals nicht, und so ging\'s noch mehrere Male nach einander. Endlich kam dem Manne, der von der »schwarzen Kunst« doch Etwas verstand, ein »Pfiff« in den Sinn: er zog das Schrot heraus, schüttete einige »Brodbros'men«, die er in der Tasche hatte, in den Lauf, und das Schrot wieder darauf, zielte nochmals und der Schuss fiel. Er ging hinaus und hob zu seinem Erstaunen - einen Weiberzopf auf, den er voll Unwillen am Morgen mit sich nach Hause nahm. Als er in's Dorf kam, vernahm er bald, dass seine eigene »Gotte« (Patin) in der vergangenen Nacht den Zopf verloren habe, aber Niemand wisse, auf welche Weise. - Bald darauf starb die Gotte, und nun erzählte der Jäger, wie er zu deren Zopf gelangt sei. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Gottwergini von Oberems

Source: Die Gottwergini von Oberems

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Im dichten Tannen- und Föhrenwald von Oberems hatte sich ein zahlreiches Zwergenvolk, die Gottwergini, eingenistet, von dem gute und schlimme Dinge erzählt wurden. Wenn die Dörfler sich bei einem Feste belustigten, suchten die Zwerge sie zu überlisten. Zur Fasnachtszeit veranstaltete die Jungmannschaft des Dorfes ein gros­ses Tanzfest. Die Zwerge wollten diese gute Gelegenheit nicht vorübergehen lassen, ohne diesem oder jenem einen Streich zu spielen. Der Gewalthaber hatte ein fettes Schwein im Stalle, das am näch­sten Tag geschlachtet werden sollte. Auf dieses Schwein hatten die Zwerge es abgesehen. Sie sandten drei ihrer Genossen mit dem Auf­trag ins Dorf, sich bei der lustigen Tanzgesellschaft einzuschleichen und bei günstiger Gelegenheit den guten Fang zu tun. Die jungen Dörfler, die sich im Tanze belustigten, liessen die Zwerge gewähren und hatten ihre Freude an den kleinen Waldbewohnern, die wie toll unter den Tanzenden herumhüpften. Nach einer Weile, als die Fröhlichkeit den Höhepunkt erreicht und der Wein die Köpfe er­hitzt hatte, schlich sich der eine der kleinen Tänzer fort und brachte das Schwein in Sicherheit. Dann kehrte er zu dem Tanzlokal zurück, öffnete die Tür und rief hinein: «Monifang, wo hat der Darm sin Anfang?» Die zwei Kameraden, die sich hüpfend im Kreise bewegten, ant­worteten lachend: «Magen, Magen» und verschwanden eiligst. Als am nächsten Tag der Gewalthaber das Schwein schlachten wollte, hatten die Zwerge es schon verzehrt.   Einer der Zwerge stieg eines Tages nach Ems hinunter, um die Kräuterfrau zu seinem kranken Weibe zu holen. Sie begleitete das Männchen hinauf zu der Höhle, wo das kranke Weiblein auf einem Bündel Stroh und Tannenreisig lag. Als sie ihre Arbeit verrichtet hatte, schüttete ihr der Zwerg zur Belohnung ein Häuflein Kohlen in die Schürze, indem er sagte, sie solle Sorge dazu tragen und unter­wegs nichts davon verlieren. Dann begleitete er sie noch ein Stück weit abwärts. Die Kräuterfrau fand den Lohn sehr gering, und als der Zwerg zurückblieb, hielt sie die Schürze nur noch lose an den Zip­feln und liess die Kohlen nach und nach hinausfallen. Da hörte sie hinter sich die Stimme des Männchens: «Wie mehr du zatt (streust), Je weniger du hatt!» «Der soll nur schreien, der Filz», dachte sie und liess wieder einige Kohlen fallen. Zu Hause angekommen, warf sie das letzte Stück, das ihr noch geblieben war, auf den Herd. Aber das glänzte wie Gold. Schnell griff sie danach, und die kleine Kohle war wirk­lich pures Gold geworden. Ohne langes Besinnen lief die Frau zu­rück um die verstreuten Kohlen wieder aufzulesen, aber sie fand kein einziges Stück mehr.   Ein Bauer, dessen Hütte hinter dem Emserwald am Fuss starr aufragender Flühe lag, hatte ein kleines Kind erhalten. Er war in grosser Sorge, wen er zum Paten nehmen solle. Verwandte hatte er keine, und da er noch nicht lange hier oben wohnte, besass er auch keine Freunde über dem Walde. Da ging er eines Sonntags hinauf in den Wald, wo die Zwerge hausten und bat einen derselben, dem Kinde Pate zu sein. Der Zwerg war hoch erfreut ob der Ehre, be­dauerte aber, dem Kinde kein Geschenk geben zu können, da er arm sei. Er besitze freilich etwas, das ihm einst nützlich werden könnte. Er verschwand in der Höhle, brachte eine kohlschwarze Wurzel heraus und sagte: «Wenn dir einmal die Ernte missrät, so wirf dem Vieh im Stall gehörig Futter in die Barre, verteile die Wurzel unter deine Familie, damit jedes ein Stücklein davon isst, grabt euch im Heustock ein tiefes Loch, kriecht hinein und deckt euch recht warm zu. Aber ihr werdet über meine Rede doch nur lachen!» Der Zwerg band die Wurzel sorgsam mit dürrem Laub ein, als ob sie Gold wäre und machte ein gar ernsthaftes Gesicht dazu. Der Bauer lachte wirklich über die drollige Rede des Zwerges, und als er zu Hause die Wurzel aus dem Laube herausschälte und wieder­holte, was der Zwerg gesprochen, lachte die Familie mit. Jahre verstrichen, und die Wurzel fiel in Vergessenheit. Da gab es einen schlechten Sommer. Das Korn missriet, eine schreckliche Dürre herrschte bis in den Herbst hinein, für die Schweine gab es keine Futterabfälle, für das Vieh fast kein Heu, und die Schafe hatte eine Lawine verschüttet. Die Familie war in grosser Not und gedachte mit Schrecken des langen Winters und ihrer Mittellosigkeit. Da erinnerte sich der Bauer des Patengeschenks des Zwerges. Er dachte, versuchen könne man es immerhin mit der Wurzel, giftig werde sie nicht sein, und wenn sie nicht helfe, so schade sie auch nicht. Er holte die Wurzel, die dürr und hart wie Leder geworden war, aus dem Schränklein, zerteilte sie und gab einem jeden ein Stück­lein zu essen. Hierauf warf er den Tieren die Barre voll, so viel er nur hineinstopfen konnte, ging zum Heustock, grub für sich, seine Frau und die Kinder ein grosses Loch, deckte alle warm zu und sich ebenfalls, so dass der Kopf nur von der Nase aufwärts frei war, dann wurde es still, und alle schliefen ein. Es war im Spätjahr. Als sie erwachten und durch die Balken des Scheuerleins hin­durchguckten, grünten draussen die Wiesen. Sie erhoben sich und gingen hinaus. Der Schnee hatte sich schon auf die Berge zurück­gezogen, das braune dürre Laub der Buchen war verschwunden, und ein helles Grün leuchtete aus den dunklen Tannen. Sie hatten wahr­haftig den ganzen Winter hindurch geschlafen. Der Zwerg hatte ih­nen ein Patengeschenk gemacht, für das sie ihm grossen Dank schul­dig waren. Der Bauer ging auch schon am nächsten Tage hinauf in den Wald, aber die Höhle war leer; die Zwerge waren alle fort­gezogen.   Nach Jahren kehrte bei einem Bauersmann in Ems wieder ein Zwerg ein, der um Arbeit anhielt. Es war zur tiefsten Winterszeit, wo man das Vieh in die Voralpen hinauftrieb, um das dort gesam­melte Heu zu füttern. Der Zwerg bat, ihm diese Arbeit zu übergeben und gelobte, die Herde um geringen Lohn stets getreulich besorgen zu wollen, nur bei schlechtem Wetter nicht. Der Bauer stellte ihn ein, und der Zwerg verrichtete die Arbeit zur vollen Zufriedenheit seines Meisters. Wenn es schneite und stürmte und der Regen peitschte, stieg der Bauer in den Sass, um den Zwerg abzulösen, denn bei schlechtem Wetter wollte dieser nicht arbeiten, das hatte er ja ein­bedungen, aber da fand er jedesmal das kleine Männchen pfeifend und singend bei der Arbeit; da ging der Meister denn wieder weg, und dachte, der Zwerg hätte es nur zum Spass gesagt. Im März erhob sich ein starker Föhn, der die Schneemassen gierig aufsog. Da grub der Zwerg schnell ein tiefes Loch in den Heustock, schlüpfte hinein und hielt sich drei Tage lang still, Als der Bauer zufällig bei der Hütte vorbeistrich und einen Blick in den Stall warf, fand er das Vieh halb verhungert, und vom Hirten zeigte sich keine Spur. Nach langem Suchen entdeckte er ihn im Heu. Er zog ihn am Kragen heraus und fuhr ihn an, warum er das Vieh im Stich gelassen habe, das Wetter sei doch nicht schlecht. Da jam­merte der Zwerg und sagte: «Alles Wätter wäre zähm, Wenn der Wind nit chäm!» Der Bauer solle nur einen Kübel voll Wasser aufs Feld stellen, dann werde er sehen, wie schnell der Wind das Wasser aufsauge, und so trockne er ihm das Blut in den Adern und das Mark im Gebein.   In der Roggenmühle zu Ems hielt einst auch ein Zwerg um Arbeit an. Der Müller sagte, wenn er ihm die Mühle gut besorgen wolle, so könne er ihm schon Arbeit geben. Der Gottwerg versprach um ge­ringen Lohn gut und brav zu dienen, und da stellte ihn der Müller an. Der Zwerg hielt getreulich Wort. Vom ersten Hahnenschrei bis zum späten Abend schaffte er in der Mühle, stand noch des Nachts auf, um das Klapperwerk nachzusehen, und die Mühle klapperte und verrichtete das Doppelte der Arbeit. Als das Jahr um war, dachte der Müller, er wolle dem Zwerg ein schönes Geschenk machen, damit er auch sehe, wie sehr ihn seine Arbeit befriedige und wie hoch er ihn zu schätzen wisse. Da der Zwerg in Lumpen gekleidet war, liess er ein schönes mehl­farbenes Kleid aus bester Schafwolle anfertigen und gab es dem Zwerg, der vor Freude hüpfte und schnell in der Mühle verschwand. Dort zog er die Lumpen aus, schleuderte sie in den Mühlebach, zog das neue Kleid an, betrachtete sich wohlgefällig und sagte: «Jetzt bin ich ein schöner Mann, Dass ich nicht mehr mahlen kann!» Es gefiel ihm auf einmal nicht mehr in der staubigen Mühle und ohne vom Meister Abschied zu nehmen, reiste er fort in die weite Welt. Der Müller eilte ihm nach, konnte ihn aber nirgends mehr finden.   Ein Oberemser Bursche hatte die Tochter eines Zwerges, namens Türliwirli, geheiratet. Vor der Hochzeit bat ihn die Tochter, sie nie beim Namen zu nennen, was der Bursche auch gelobte. Sie bekamen zwei Kinder und lebten glücklich miteinander. Als die Kinder sechs­- und siebenjährig waren, ging der Mann anfangs Juni ins Alpwerk. Wie er bei seinem Ackerlein vorbeiging und das Korn so schön stand, rechnete er im stillen den Ertrag der Ernte zusammen. Als er zu später Abendstunde nach Hause zurückkehrte, sagte die Frau, heute hätte sie böse Zeit gehabt; diese Nacht werde es gefrieren, und da habe sie das grüne Korn geschnitten und zwischen Tannenreiser gelegt. Der Mann fuhr auf und rief in hellem Zorne: «Du vermaledeites Türliwirli!» Er wollte noch mehr sagen, da war sie schon zur Tür hinaus und verschwunden. Am Morgen aber lag ein dicker Reif auf den Fluren, und die Saaten der Nachbarsleute gingen alle zugrunde; der Bauers­mann aber konnte sein Korn dem Vieh als Futter vorwerfen, das doppelte Milch erzeugte. Da bereute er sein rasches Wort und hätte seine Frau gerne um Verzeihung gebeten, aber sie war weg. Er ging jeden Tag ins Tal hinunter zur Arbeit und kam gegen Abend wieder nach Hause. Die Kinder liess er daheim. Da trat, wenn er fort war, die Mutter schnell zur Tür hinein, wusch und kämmte die Kinder und räumte die Stube auf. Als der Vater heimkam, erzählten ihm die Kinder, dass die Mutter da gewesen sei. Er gebot ihnen, sie zu bitten, sie möchte doch wieder zurückkommen. Die Kinder richteten die Bitte aus, aber die Mutter wollte nichts davon wissen. Da beauf­tragte der Mann einen Freund, die Tür abzuschliessen, sobald die Mutter hineingeschlüpft sei und ihn zu rufen. Der Freund führte den Auftrag aus und rief den Mann, der in der Nähe gewartet hatte. Dieser schloss das Haus auf, flehte seine Frau um Verzeihung und bat sie, ihn nicht mehr zu verlassen. Die Frau blieb nun im Hause und lebte noch lange Jahre glücklich mit ihrem Manne. Quelle: Johannes Jegerlehner: Walliser Sagen, Hans Feuz Verlag Bern, 1959 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Gräfin am Schwarzsee

Source: Die Gräfin am Schwarzsee

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In alter Zeit führte eine Strasse von Mailand nach Brig, dann über den Beichtgrat ins Lötschental, und von hier über den Lötschenpass, wo noch Pflasterungen zu sehen sind, nach Kandersteg. Die grossen Gletscherfelder von Aletsch und Lötschen waren schöne Alpen und gehörten einer jungen Gräfin, die in einem stolzen Schlosse am Schwarzsee wohnte und mehr Gold, Edelsteine und Juwelen besass, als der reichste Fürst im Niederlande draussen. Die biitzblanken Fenster des marmomen Schlosses spiegelten sich in den Fluten des Sees, und wenn der Bergwind die Oberfläche kräuselte, bespülten die Wellen die schneeweissen Söller und die Gräfin hörte in ihren Gemächern das leise Anrauschen des Wassers. Hinter dem Schlosse dehnten sich Gärten mit Blumen, Büschen und Sträuchern, aus denen die herrlichsten Düfte stiegen. Auf der Passtrasse verkehrten Leute aller Stände, Händler, Reisende, Säumer und vornehme Ritter mit ihrem Gefolge. Die junge Gräfin hatte Rehaugen, Wangen so rot wie Alprosenblüten und lange braune Haare, die im Nacken in einen dicken Knoten geschürzt waren. Mancher vornehme Herr hatte schon um ihre Hand angehalen, aber ohne Erfolg. Sie zeigte keine Lust zu heiraten und schlug alle Bewerbungen in den Wind. Um Ruhe zu bekommen vor den Freiern, liess sie alle Türen zum Schloss bewachen und verlangte von jedem Freier, dass er eine von den Nelken pflücke, die vor ihrem Fenster gross wie Rosen und in allen Farben blühten. Viele brave Edelleute versuchten in ihrem Wagemut die Mauer zu erklimmen und zu den Nelkenstöcken zu gelangen, aber alle glitschten an den glatten Quadern aus und fielen hinunter in den See, der keinen wiedergab. Einst kehrte in dem Wirtshause neben dem Schlosse auch ein Venediker, d. h. ein Edelmann aus Venedig, mit seinem Sohne ein. Der Sohn war gross und stark, lauter Kraft und Kühnheit, und ihm gefiel das Schlossfräulein so gut, als er sie am Fenster erblickte, dass er beschloss, um sie zu werben. Der Türhüter teilte ihm die Bedingung mit, die zu erfüllen war, aber die reizte ihn nur noch mehr. Er hätte sich durch nichts abschrecken lassen, denn der Preis, der ihm winkte, war zu verlockend. Der Vater, der von dem gefährlichen Vorhaben seines Sohnes nichts wusste, setzte in den nächsten Tagen seine Reise fort, und da beschloss der Jüngling, unverzüglich ans Werk zu gehen. Einen ganzen Tag lang übte er sich im Steigen und Klettern an den senkrechten Felsen und Türmen der Umgebung, dann suchte er an der Fassade des Palastes die Stelle auf, wo er am leichtesten hinaufzukommen hoffte. Mit Schwung und Sprung und sicheren Griffen arbeitete er sich aufwärts, und das Glück schien ihn zu begünstigen. Er schaute nicht zurück, sondern immer nach seinen Händen, die fest zugriffen und den Nelkensträussen immer näher rückten. Schon hatte er zwei Stockwerke erklettert, und nur noch eine kleine Spanne trennte ihn von den Blumen, die verlockend über seinem Haupte hingen und sich im Winde wiegten. Er schmiegte sich fest an die glatte Mauer, schöpfte von neuem Luft, hielt den Atem an und schwang sich mit einem kräftigen Ruck hinauf. Seine Hand erwischte eine blutrote Nelke, und nun sah er die Geliebte im weisseidenen Kleide hinter den Stöcken. In ihren Haaren schimmerte köstliches Geschmeide, und ihre Augen funkelten wie zwei Sterne am Himmel. Da ergriff ihn ein Schwindel, er zitterte am ganzen Leibe, die Finger liessen los, und er stürzte hinab. Das Wasser klatschte und spritzte bis zum Dach hinauf, dann verschlang ihn die Flut. Als der Vater zurückkehrte und das Unglück vernahm, stiess er einen schrecklichen Fluch aus. Ein Wirbelsturm fegte von den Bergen her, Steinlawinen prasselten unter furchtbarem Krachen und Tosen hernieder, verschütteten das Schloss, der See wütete, und die Wasser gingen berghoch und verschlangen alle die kostbaren Schätze. Die schönen Blumengärten wurden in Steinhalden verwandelt, die Alpen mit Gletscherfeldern überzogen, und das Silber- und Goldgerät der Gräfin löste sich auf im Wasser und färbte den Grund des Sees schwarz. Diese Farbe hat ihm den Namen gegeben. Nach Jahren sahen die Hirten und Sennen, die ihre Herden an den Schwarzsee hinauftrieben, eine weisse Schlange am Ufer herumkriechen, mit einer goldenen Krone auf dem Kopf, in der eine blutrote Nelke steckte. Viele Jahre später wagte es ein Bursche, nach der seltenen Schlange Jagd zu machen. Da hielt sie still und sagte: «Ich bin die verwünschte Gräfin, die so viele Edelleute zu Grunde gerichtet hat; meine Untaten muss ich im Schwarzsee abbüssen und darf nur alle zehn Jahre einmal zum Vorschein kommen. Erlösen wird mich nur ein Edelmann, der mich dreimal auf den Mund küsst!» Nach diesen Worten verschwand sie im Wasser des Sees. Die Strasse über den Beichtgrat ist seitdem verödet und von Schnee und Eis langsam überzogen worden. Es ziehen keine Edelleute mehr diesen Weg, und die weisse Schlange wartet noch heute auf ihre Erlösungsstunde. Quelle: Johannes Jegerlehner: Walliser Sagen, Hans Feuz Verlag Bern, 1959   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Gräfin auf der Lusgen

Source: Die Gräfin auf der Lusgen

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Auf dem Gletscherbord des obern Aletschgletschers liegt die Alp Lusgen. Geht man zu den obersten Alphütten, wo das Vieh erst anfangs August hinaufgetrieben wird, und steigt hinunter zu den blau und grün schimmernden Gletscherbändern, so gelangt man an eine Stelle, wo der Fels infolge der Verwitterung in hundert und tausend einzelne Blöcke und Tafeln zerfallen ist. Man nennt einen solchen Ort der Zerstörung ein Felsenmeer. Die Blöcke liegen kreuz und quer durcheinander. Bald sind es grosse Würfel, bald Pyramiden und Platten, bald stehen sie aufrecht, bald liegen sie waagrecht wie steinerne Tische, und das ist das häufigste, weshalb der Ort auch «zen Tischen» genannt wird. Hier liegt seit uralter Zeit ein grosser Schatz verborgen. Alte Sennen behaupten keck, ihn schon gesehen zu haben, besonders zur Zeit des Sonnenunterganges. Das Silber, das auf diesen Platten glänzte und gleisste, hätte sie schon gelüstet, aber eine vornehme Frau in schneeweissen Kleidern, die dabei sass, und die nur ein böser Geist sein könne, hätte sie immer abgeschreckt. Einst zog ein armer Senne, ein Quatemberkind, der von diesen Schätzen und der weissen Frau nichts wusste, bei den Platten vor­bei, um einem verlorenen Schaf nachzusteigen. Da flog unweit von ihm ein Schmetterling auf mit grossen, goldenen Flügeln. Er haschte danach und glaubte ihn schon in der Hand zu halten, als er ihm wieder entwischte und eilig davon flatterte. Er jagte ihm nach, da verschwand der Schmetterling in einer Spalte zwischen den Tischen. Der Senne vergass plötzlich den Schmetterling, denn er sah, dass die Steinplatten mit schimmernder Leinwand bedeckt waren, wor­auf Silberschätze lagen, so viel sich ein Herz nur wünschen mochte. Der Glanz dieser Kostbarkeiten blendete sein Auge so sehr, dass er die Hand davorhalten musste, und jetzt, wie erschrak er! Ganz nahe neben ihm sass eine schöne Frau auf einem Tische. Ihr zur Linken lag ein Haufen Goldes, zur Rechten ein Haufen Silberlinge; sie tischte das Gold nach rechts, das Silber nach links und war so ver­tieft in das Hin- und Herlegen, dass sie seiner nicht zu achten schien. Das dunkle, schwere Haar war in einen Knoten gebunden, und ihre Kleider, aus feinster Seide gesponnen, glänzten wie Mond­schein. Um den Hals trug sie eine goldene Kette, die blitzte wie Tautropfen im Strahl der Morgensonne. Jetzt öffnete sie die schwar­zen Augen, richtete sie auf ihn und winkte ihm, näher zu kommen; doch es schauderte ihn ob der fremden, blendend weissen Marmor­gestalt. Er schlug sich mit der Faust vor den Kopf, um zu sehen, ob er wache oder träume: «Fliehen darf ich doch nicht vor einer Frau, das wäre zu schämig.» So trat er näher und grüsste freundlich. Nun sah er erst, dass ihr Kleid mit Diamanten übersät war, die wie Eiskristalle glitzerten und in allen Farben des Gletschers und des Regenbogens funkelten. Etwas so Vornehmes und Schönes hatte er auch im Traume noch nie gesehen. Der kalte Zug im Gesicht der Frau verschwand; ein freundliches Lächeln überflog ihr Gesicht, und ihre Augen glänzten wie die Sterne in tiefer Nacht. Er wollte die Frage stellen: «Frau Gräfin, was wünscht Ihr von mir, ich bin ein armer Senne», ... schau, da richtete sie sich auf. Sein Herz klopfte vor Angst, dass er zitterte wie Rispengras im Windeshauch, und die Worte blieben ihm in der Kehle stecken. Eine fürchterliche Angst überfiel ihn, er ergriff die Flucht und flog nur so über die Platten weg der Alp zu. Er ver­nahm ein Donnern und Krachen hinter sich, als ob der ganze Berg zusammenstürzte, und als das schreckliche Getöse verhallte, hörte er ganz dicht hinter sich seufzen, allein er wagte sich nicht umzusehen, bis er die Hütte erreicht hatte. Die ganze Nacht konnte er kein Auge schliessen, immer sah er das schöne weisse Gesicht der Gräfin und die unermesslichen Silberschätze. und er sagte sich, er habe das alles durch seine kindische Furcht verscherzt. Die Gräfin hätte ihm gewiss nichts zuleide getan. Er wurde zornig auf sich selbst und nannte sich einen Narren und Feigling. Des Morgens in aller Frühe wollte er wieder aufbrechen, gegen die Platten hinaufsteigen, sich vor der Frau niederwerfen und sich reuig und demütig zeigen. Kaum brach der junge Tag an, so wanderte er bergauf und über­legte sich, was er der Frau mit den Silberschätzen alles sagen wollte. In Gedanken sah er sich schon als reichen Mann. Die schöne Alp wollte er an sich bringen, dann ins Eringertal reisen, dort die schön­ste Herde kaufen und an den grossen Frühjahrs- und Herbstmärkten mit einem schweren Geldsack auf den Brigermarkt ziehen. Als er die Platten erreichte, war es noch nicht Mittag, und er musste warten, bis die Abendsonne den Westen rötete. Er entfernte sich wiederum von dem seltsamen Orte, schritt über die Alpweiden und gedachte erst am Abend zurückzukehren; da würde dann die Gräfin schon auf den Tischen sitzen und ihn vielleicht erwarten. Als die Sonne sank, kehrte er um und sprang über die Felsentrümmer bis zu der Stelle, wo er gestern die vornehme Frau gesehen hatte. Dies­mal wollte er standhaft sein. Aber die Platten waren leer, nichts sah er, als die mit grauem Moos überzogenen Felsenwürfel, die wohl schon eine Ewigkeit hier herumlagen. In der Tiefe hörte er das Herdengeläute der weidenden Tiere, hier oben aber regte sich nichts, die Sonne versank hinter den Bergen, und die Nacht stieg herauf aus dem Rhonetal. Wie schwarze Tücher glitten die Schatten den Wänden und Halden entlang aufwärts, deckten weit unten die Alphütten zu und rückten immer näher, so dass er kaum mehr die einzelnen Blöcke unterscheiden konnte. Da nützte es nichts mehr, länger hier oben zu verweilen. Traurig wanderte er wieder haldab, und jetzt gelobte er, keinem Menschen ein Wörtchen davon zu sagen. Jede Woche stieg er noch einmal hinauf zu den Tischen, bis der Herbstwind über die Weiden strich und das Vieh von der Alp getrie­ben wurde. Die Gräfin sah er nie mehr, und doch hat er sie nicht vergessen können. Er ist ein Sonderling geworden und einer geblie­ben sein Leben lang, hat seine Kameraden gemieden, sich stets ein­sam auf der Alp herumgetrieben und nach etwas gesucht, kein Mensch wusste wonach, und dann ist er früh gestorben. Quelle: Johannes Jegerlehner: Walliser Sagen, Hans Feuz Verlag Bern, 1959 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Gräfin Ida von Toggenburg

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Oberhalb Gähwil findet man die Trümmer der alten Toggenburg. Der Volksmund erzählt von einem Grafen Heinrich, der im 12. Jahrhundert hier gelebt haben soll. Dieser war ein finsterer, jähzorniger Mann. Seine Gemahlin aber, die Gräfin Ida, war eine herzensgute Frau, von allem Volke geliebt. Eines Tages legte sie ihre Schmucksachen am Fenster in die Sonne. Da kam ein Rabe hergeflogen und entwendete ihr den schönsten Ring, den ihr der Graf einst geschenkt hatte. Ein Jäger jagte zur gleichen Stunde im Dickicht des Waldes, sah den Raben herbeifliegen, kletterte nach dessen Nest und fand darin den Ring, ohne ihn zu erkennen.  Törichterweise steckte er ihn als einen rechtmässigen Fund an seinen eigenen Finger und erregte damit die Aufmerksamkeit der Dienerschaft im Schloss. Bald ging das Gerücht, die Gräfin sei ihrem Gatten untreu; sie habe den Ring dem Jägerburschen geschenkt. Als der Graf dieses hörte, ward er ausser sich vor Zorn, eilte auf das Zimmer der Frau und warf sie durch das offene Fenster in den grausigen Abgrund hinunter. Auch der Jäger beteuerte seine Unschuld umsonst; Heinrich liess ihn dem wildesten Rosse an den Schweif binden und zu Tode schleifen. Ein guter Engel hielt die Gräfin im Sturze auf, so dass sie keinen Schaden nahm. Sie suchte sich im Walde ein stilles Versteck und lebte da viele Jahre lang, bis sie endlich durch einen Knecht ihres Gemahls entdeckt wurde. Der Graf eilte herbei, hörte von der Unschuld seiner Gattin, bat sie kniefällig um Verzeihung und lud sie ein, mit aufs Schloss zu kommen. Die fromme Frau verzieh ihm zwar, erklärte aber, dass sie den Wald nicht mehr verlasse, in dem Gott ihr sichtbarlich nahe gewesen sei. In einer kleinen Hütte verbrachte sie die übrige Zeit ihres Lebens im Gebet. Auch besuchte sie täglich den Gottesdienst in Fischingen, wohin ein zahmer Hirsch sie begleitete. In der dortigen Klosterkirche wird ihr steinernes Grabmal noch heute gezeigt.                             Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 457, S. 269 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Gräfin und der Wirt

Source: Die Gräfin und der Wirt

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Es waren einmal alte Eltern, die hatten als einziges Kind ein Mädchen. Sie waren arm, aber gut und fromm, und sie schickten ihre Tochter jeden Tag in die Messe. Sie ging als Taglöhnerin in die Stadt und verdiente so viel, dass sie für ihre Eltern, die nicht mehr viel arbeiten konnten, aufkam. Bald starben die Eltern nacheinander, und die Tochter verdiente weiterhin in der Stadt ihr Brot. Eines Tages ging sie sehr früh an einer Kirche vorbei zur Arbeit in die Stadt, als es gerade zur Messe läutete. Sie sagte zu sich: «Meine Eltern haben mich geheissen, wenn immer möglich, in die Kirche zu gehen und ich habe noch genug Zeit, um Arbeit zu finden!» Sie ging zur heiligen Messe, und dann rannte sie, so schnell sie konnte, in die Stadt. Aber sie kam zu spät. Alle Arbeiter waren schon verdingt. Da weinte und klagte sie, weil sie weder Arbeit und noch Brot hatte. Sie stand vor einem grossen Wirtshaus und weinte laut. Da kam der Wirt heraus und fragte, weshalb sie weine. Sie antwortete: «Ich bin in die Messe gegangen und zu spät gekommen, und jetzt habe ich keine Arbeit und nichts zu essen.» Weil das Mädchen dem Wirt sehr gut gefiel, sagte er zu ihr, sie solle ein wenig warten. Er ging hinein und sagte zu seiner Frau: «Da draussen steht ein armes Mädchen, das weder Arbeit noch Brot hat. Sie scheint aber ordentlich zu sein. Wir haben keine Kinder und könnten sie als unser Kind annehmen, wir haben ja genug Geld!» Seiner Frau war dies recht, und sie nahmen das Mädchen auf. Sie liessen einen Vertrag aufsetzen, worin das Mädchen versprach, für immer bei ihnen zu bleiben, dafür solle es die Erbin ihres grossen Vermögens werden. Sie schickten das Mädchen mit dem Namen Maria zur Schule, und sie wuchs zu einer grossen, schönen und sehr gescheiten jungen Frau heran, zu ihrer Freude und ihrem Trost. Eine Viertelstunde von dieser Stadt entfernt stand ein grosses und schönes Schloss. Da wohnte eine Gräfin mit ihrem einzigen Sohn, einem jungen und rechtschaffenen Grafen. Die Gräfin hatte schon viele Male ihren Sohn ermahnt zu heiraten doch der hatte es damit nicht eilig. Jeden Tag besuchte der junge Graf das Wirtshaus, wo Maria war. Allmählich fing er für die junge Maria Feuer, und er beschloss, sie zu fragen, ob sie seine Frau werden wolle. Eines Tages ging er in die Küche zu Maria und fragte sie, ob sie ihn heiraten wolle. Sie aber antwortete: «Warum machen Sie sich lustig über mich? Ich weiss doch, dass ich, ein armes Mädchen, nicht die Frau eines Grafen werden kann!» Aber er erwiderte, es sei ihm ernst, und er habe sich entschlossen, sie zur Frau zu nehmen. Da erklärte sie dem Grafen, sie sei zwar nicht abgeneigt, seine Frau zu werden; das könne aber nicht gleich geschehen, da sie dem Wirt und seiner Frau schriftlich versprochen habe, bis zu deren Tod zu bleiben. Seien die aber einverstanden, so wolle sie herzlich gern seine Frau werden. Sie ging zum Wirt und seiner Frau und erzählte, was geschehen war. Die waren damit ganz einverstanden und sagten: «Du hast zwar versprochen, für immer bei uns zu bleiben, aber solch einem Glück wollen wir nicht im Wege stehen, und wir geben unser Einverständnis.» Voller Freude überbrachte Maria dem jungen Grafen die Antwort des Wirts. Darauf übergab ihr der Graf zur Hochzeit seine eigene Goldkette und den Ring, den er am Finger trug, und sagte: «Von diesen beiden Dingen darfst du dich nie trennen, bewahr sie immer als deinen grössten Schatz auf!» Bald darauf wurde eine prächtige Hochzeit gefeiert. Maria zog sich ins Schloss ihres Mannes zurück und lebte mit ihm völlig glücklich. Der Graf besuchte weiterhin täglich das Wirtshaus von Marias Wohltätern. Die fragten oft wie es gehe, und der Graf gab immer die gleiche tröstliche Antwort: Es gehe blendend, und Maria sei eine ausgezeichnete Frau. Das Glück der Eheleute entfachte schliesslich im Herzen des Wirts Wut und Neid, und er fing an zum Grafen zu sagen: «Täusche dich nicht, Graf, denn Maria ist nicht so aufrichtig, wie du meinst! Sie ist falsch und betrügt dich.» Der Graf aber wollte das nicht glauben und beteuerte, niemand habe eine rechtschaffenere und treuere Frau als er, und dafür wette er seinen Kopf. Die Verleumdung des Wirts weckte dennoch im Herzen des Grafen Misstrauen gegen seine junge Frau. Oft stritten der Graf und der Wirt sich darüber, und letztlich kam es so weit, dass sie eine Wette auf die Treue der Gräfin um jeweils das ganze Vermögen abschlossen. Der Wirt sagte zum Grafen: «Du musst für einen Monat wegbleiben! In dieser Zeit werde ich die Goldkette und den Ring, den du ihr zur Hochzeit geschenkt hast, bekommen.» Wenn der Wirt Kette und Ring erhalte, so wäre das ganze Vermögen des Grafen sein, würde es ihm nicht gelingen, so wäre der Wirt ein armer Mann. Dieser Vertrag wurde aufgesetzt und unterschrieben. Gutwillig wie immer kam der junge Graf zu seiner Frau nach Hause und sagte zu ihr: «Morgen früh gehe ich weg, ich muss wegen Geschäften einen ganzen Monat in der Fremde bleiben. Pass während meiner Abwesenheit gut auf, dass du niemanden ins Schloss lässt, und schau früh am Abend, dass alle Tore geschlossen sind, im übrigen sei rechtschaffen wie immer!» Am andern Tag reiste der Graf ab. Der Wirt versuchte jetzt mit allen möglichen Schlichen, in den Besitz der beiden Schmuckstücke zu gelangen; doch vergeblich, es waren schon drei Wochen vorbei. Er bekam grosse Angst, sein Vermögen zu verlieren. Endlich flüsterte der Teufel dem Wirt einen fiesen Gedanken ein. Er ging zu den beiden Mägden Marias und versprach ihnen einen grossen Geldbetrag und jeder ein schönes seidenes Kleid, wenn sie ihn heimlich ins Schloss liessen und ihn in einem Kasten im Zimmer der Gräfin versteckten. Die Mägde waren sofort dafür zu haben, und er versteckte sich im Kasten, ohne dass die Gräfin etwas merkte. Zur üblichen Stunde legte sie sich schlafen, in ihrem Zimmer betete sie innig, nahm die Kette vom Hals und den Ring vom Finger, legte sie auf den Tisch und ging gleich zu Bett. In wenigen Minuten schlief sie tief und fest. Da schlich der Wirt sich aus dem Kasten, nahm die Kette und den Ring und ging, ohne dass die Gräfin etwas merkte, aus dem Zimmer und nach Hause. Am Morgen stand die Gräfin wie gewohnt auf. Nachdem sie sich angezogen hatte, wollte sie den Ring und die Kette nehmen, aber die waren verschwunden. Da erschrak sie fürchterlich. Alle Leute vom Schloss mussten bei der Suche der beiden Schmuckstücke helfen. Doch niemand fand sie oder wusste etwas davon, und die Gräfin war traurig und erwartete voller Angst die Ankunft ihres Mannes.  Als der Monat vorbei war, kam der Mann nach Hause. Er begab sich als erstes zum Wirt und sagte: «Nicht wahr du hast die Wette verloren, weil du von meiner Frau die Kette und den Ring nicht erhalten hast?» «Freue dich nicht zu früh!», entgegnete der Wirt, «Schau hier die Kette und den Ring; die habe ich von deiner Frau bekommen!« Der Graf wurde totenbleich und konnte kein Wort herausbringen. Er hatte alles verloren. Wortlos begab er sich auf sein Schloss und sagte zu seiner Frau mit fürchterlicher Stimme: «Zieh dein schönstes Kleid an, das du hast, und komm mit!» Die Gräfin wunderte sich, als sie ihren Mann so sprechen hörte, denn mit ihr hatte er immer sanft und lieb wie ein Lamm geredet. Sie gehorchte und folgte ihm. Sie gingen stundenlang zusammen, ohne ein Wort zu reden, er voraus und sie ihm weinend hintennach. Weit weg, mitten in einem Wald, drehte sich der Graf um und brüllte mit schrecklicher Stimme: «Du untreues Weib! Du bist der Grund meines Unglücks! Komm mir nicht mehr vor die Augen! Ins Schloss kannst du nie mehr zurück, denn wir sind daraus vertrieben worden.» Er nahm einen Geldbeutel mit einigen Münzen drin aus dem Sack, warf ihn seiner Frau vor die Füsse und sagte: «Das ist alles, was ich habe; das will ich dir noch geben.» Die Gräfin fiel ohnmächtig zu Boden, und der Graf ging weg und überliess seine Frau ihrem Schicksal. Langsam kam sie zu sich und hob das Geld auf. Sie machte sich ganz traurig auf den Weg und kam in eine Stadt. Sie hatte gerade noch so viel Geld, dass sie sich Männerkleider kaufen konnte. Dann liess sie sich die Haare schneiden und verdingte sich als Soldat. Dank ihrer Schönheit und Milde war sie bald bei der ganzen Mannschaft beliebt. Sie kam vorwärts, wurde Korporal, Wachtmeister, Fourier und bald Hauptmann. Da sie sich dank ihrer Tapferkeit in einer Schlacht auszeichnete, wurde sie Major und bald darauf Oberst. Eines Tages sass sie mit mehreren Offizieren in einem Wirtshaus bei einem Schoppen. Da schaute sie aus dem Fenster und sah ihren Mann, den Grafen, als einfachen Soldaten Wache stehen. Sie befahl einem andern Soldaten, diesen Wachmann abzulösen und zu ihr kommen zu lassen. Der kam voller Angst zum Oberst und dachte, er habe vielleicht im Dienst etwas falsch gemacht. Der Oberst aber zeigte sich mild und gnädig und fragte, ob er nicht sein Diener sein wolle. Der antwortete: «Aber ja! Wenn ich Euch erwünscht bin!» Denn er merkte nicht, dass der Oberst seine Frau war. Er diente ein paar Jahre lang beim Oberst, ass an seinem Tisch und wurde nicht wie ein Diener behandelt, wohl aber wie ein Bruder und Freund. Eines Tages sagte der Oberst zu seinem Diener: «Ich beabsichtige, eine Reise in die und die Stadt zu tun, wo das Schloss des Grafen steht. Willst du nicht auch mitkommen?» Der Diener wurde totenbleich und antwortete: «Ich gehe, wohin Ihr befehlt!» Sie kamen in diese Stadt und richteten sich in der Herberge jenes Wirts ein, der sie betrogen hatte, und liessen sich ein rechtes Mittagessen auftischen. Während des Essens sagte der Oberst zum Wirt: «Ihr habt da ein schönes Wirtshaus.» Der erwiderte: «Ja, mein Verdienst ist ausgezeichnet.» Als er aus dem Fenster schaute, fragte der Oberst: «Wem gehört dieses Schloss da drüben?» Der Wirt antwortete: «Dieses Schloss hat dem und dem Grafen gehört, jetzt ist es mir.» Der Oberst fragte: «Habt Ihr es wohl gekauft?» «Nein», antwortete der Wirt und erzählte dem Oberst, wie er in Besitz des Schlosses gekommen sei. Der Oberst tat so, als sei er mit dieser Geschichte gänzlich einverstanden und sagte: «Ihr seid ein schlauer Fuchs, so einen gerissenen Kerl findet man nirgends! Richtet für morgen ein rechtes Mittagessen! Ich komme mit anderen Offizieren, dann müsst Ihr Eure schlauen Machenschaften zum Besten geben; auch sie werden ihren Spass daran haben.» Am Abend begab sich der Oberst zum Gericht und erzählte den Fall. Am andern Tag kam das ganze Gericht, etwa 40 Personen, in Offizierskleidung ins Wirtshaus zum Mittagessen. Der Wirt tischte recht auf. Alle waren bester Laune, ausgenommen der Diener des Obersts. Nach dem Essen sagte der Oberst zum Wirt: «Jetzt musst du den Herren deine schlauen Machenschaften zum Besten geben, erzähl, wie du so reich geworden bist!» Mit Vergnügen erzählte der Wirt alles: wie er zuerst Maria bei sich aufgenommen habe, wie sie die Frau des jungen Grafen dieses Schlosses geworden sei, wie er Misstrauen in das Herz des jungen Mannes gesät habe und wie er schliesslich durch Lug und Trug in den Besitz des prächtigen Schlosses gekommen sei. Alle Anwesenden klatschten ihm zu. Der Diener stand totenbleich da, denn erst jetzt kam er drauf, wie die Sache gelaufen war. Auch der Oberst wusste erst jetzt alles. Auf sein Zeichen hin füllte sich der Saal mit Soldaten; die verhafteten den Wirt und legten ihn in Ketten. Da stand der Oberst auf und sagte: «Mein Diener hier ist der Graf; ich bin die Gräfin, seine Frau». Und sie bewies auch, dass sie eine Frau und zugleich die Ehefrau ihres Dieners war; der war darob sehr erstaunt. Alle Anwesenden waren verblüfft. Als der König die Geschichte erfuhr, staunte er ebenfalls darüber, dass eine Frau es so weit hatte bringen können und so grosse Taten vollbracht hatte. Er schickte der Frau, dem angeblichen Oberst, grosse Geldbeträge und kostbare Geschenke. Der Wirt und seine Frau kamen an den Galgen. Der Graf und die Gräfin erhielten ihr Schloss und ihr ganzes Vermögen zurück. Von nun an lebten sie glücklich und hatten zahlreiche und schöne Kinder.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Gräfin zu den Tischen

Source: Die Gräfin zu den Tischen

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Hoch oben in der Natisser-Alpe, Lusgen genannt, auf der Grenze des Aletschtales, findet man einen stark zerklüfteten Felsen, der zum Teil in grosse Blatten zerspalten ist. Einige von diesen liegen ziemlich eben und horizontal auf, weswegen man diesen Ort «"Z'en- Tischen" genannt hat. Dort soll, laut einer alten Sage, ein grosser Schatz verborgen gewesen sein. Oft solle man, vor untergehender Sonne, auf diesen Blatten aufgehäuftes Silbergeräte schimmern und eine vornehme Frau dabeisitzen gesehen haben; doch niemand wagte es, dieser Erscheinung nahe zu treten. Einst aber ereignete es sich, dass ein armer Hirte bei Sonnenuntergang nahe an diesem Orte vorüberging, da sah er die grauen Blatten Z'en-Tischen mit schneeweissen Tüchern bedeckt, auf welchen es von aufgehäuften Silbergerätschaften hell schimmerte. Zur Seite erblickte er eine vornehme junge Frauensperson in alter Tracht, welche regungslos, wie ein Leichenstein, neben diesen Kostbarkeiten sass. Ihr Haupt war auf einen Arm gestützt und ihr Angesicht verhüllte sie mit einem weissen Tüchlein, so sie in der Hand hielt. Sie winkte ihm mit der andern Hand, näher zu kommen. Obwohl ihn ein unwillkürliches Grauen überfiel, so folgte er doch langsam ihrem Winke. Er war ihr schon so nahe, dass er an ihren Fingern, Hals und Brust zahlreiche Edelsteine, in blauem, bald rotem, bald gelbem Lichte, wie Tautropfen auf Blumen an der Morgensonne blitzen und schimmern sah. Aber wie schöner ihm die Gräfin in ihrer reichen alten Tracht vorkam, wie glänzender die Kostbarkeiten ihm entgegen leuchteten, desto mehr fürchtete ihm; und als er schon so nahe war, dass er die Frage an sie stellen wollte: «Gnädige Gräfin, was ist euer Begehren», da fing sein Herz vor Bangigkeit so heftig zu schlagen an, dass ihm die Worte auf den Rippen erstarben; er wandte sich um und nahm eiligst die Flucht. — Eben ging die Sonne unter — da donnerte und krachte es hinter ihm als wenn ein Berg einstürzte. — So sehr trieb ihn die Furcht, dass er nicht einmal wagte zurückzuschauen. Aber dieser kindischen Furcht folgte auch bald die Reue nach. «Törichter Narr», schlug er sich unmutig an die Stirne, «du hast vor deinem eigenen Glücke die Flucht ergriffen». So machte er sich die bittersten Vorwürfe und brachte eine schlaflose Nacht zu. «Morgen will ich», so sprach er über seine kindische Furcht verdriesslich, «meinen Fehler gut machen.» Wirklich machte er sich auf, malte sich auf seinem Gang dorthin in seiner Phantasie die gehabte Erscheinung im rosigsten Lichte und wie er demütig der edlen Frau abbitten wolle, wegen seiner Flucht und Undankbarkeit, wenn sie ihm wieder zuwinke; kurz, er glaubte schon die Gräfin werde ihn zum Erben ihrer Reichtümer einsetzen. Unter diesem Selbstgespräch neigte sich, wie gestern, die Sonne zum Untergang und er stand schon nahe am Ort, wo er gestern eine so herrliche Erscheinung gehabt hatte. Heute aber war es anders; er sah nur die zerklüfteten grauen Felsen. Umsonst blieb er einige Zeit, wie im Traume versunken unbeweglich stehen, als wartete er, dass die Gräfin mit ihren Reichtümern ihm erscheinen sollte. — Alles um ihn war mäuschenstill. — Immer nur die zerspaltenen grauen Blatten und keine Erscheinung mehr. — Da schwärmte in den warmen Strahlen der untergehenden Sonne plötzlich ein herrlicher Schmetterling um die Felsentrümmer herum und auf ihn zu. Er wollte ihn fangen; schon glaubte er ihn erhascht zu haben. — Da entschlüpfte er ihm aus der Hand, flog gegen die Felsenspalten zu und verschwand zwischen denselben - eben als die Sonne untersank. Es wehte ihn ein warmer Luftzug an und es war ihm, als wenn ihm jemand in die Ohren flüsterte: «Du hieltest das Glück schon in der Hand, warum hast ihm den Rücken zugewandt?» Wie oft versuchte er später noch, seinen Fehler gut zu machen, sich mit der Zürnenden auszusöhnen und ihr kniefällig Abbitte zu tun. Aber der ehemalige Günstling war zu sehr in Ungnade bei der edlen Frau gefallen; — weder Gräfin, noch ihre Schätze konnte er jemals wieder sehen.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die graue Frau und das Bildstöcklein

Source: Die graue Frau und das Bildstöcklein

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a) Wenn man von Seelisberg her gegen Bauen kam, so folgte einem über das Schwändlental, das hier die Grenze zwischen Bauen und Seelisberg bildet und wo sich dann und wann Erdschlipfe loslösen, eine graugekleidete Frau bis zum Chripfeli, das auf der Nordseite der Gasse an einer Tanne hängt; weiters zu gehen, hatte sie nicht das Recht. »Wenn wir Kinder«, so fügt die Erzählerin bei, »von Wyssig oder Seelisberg her heimkamen, fragten sie uns zu Hause: »Hesch d'Fraiw g'seh nachächu im Schwändlätall?«« b) Auf der Südseite des genannten Tälchens quillt zeitweise ein geringes Brünnelein; daneben ist eine kleine G'hirmi und da sah man hie und da »Eines« sitzen, das aber kein gewöhnlicher, lebender Mensch war. c) Das Chripfeli liess einmal der alte Franz-Sepp Truttmann im Rütli von der Esche, an welcher es ehemals gehangen, abnehmen und an eine Tanne auf der Südseite der Gasse in seinem Gut Heimigen aufhängen. Die alte, morsche Esche fällte er. Da wurde er krank und musste einen ganzen Winter das Bett hüten; ja, er kam so weit zurück, dass man ihn mit den Sterbesakramenten versah. Aber kein Doktor konnte die Krankheit erkennen. Als er aber im Frühling das Chripfeli wieder auf der andern Seite des Gässchens an einem Tännchen anbringen liess, da wurde er fast plötzlich gesund. »Jä, das isch de wahr, da mag ich mi de ganz güet b'sinnä«, versichert meine Erzählerin. Maria Ziegler Auch die Pfaffenkellerin fuhr oft mit furchtbarem Oweh-Geschrei durch das Schwändlental hinunter. Johann Aschwanden Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die graue Katze

Source: Die graue Katze

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Ein Knecht von Wassen ging jeden Abend ins Meiental, um dort zu hirten, und jeden Abend traf er am gleichen Fleck auf der Schanz ein graues Kätzchen, das sich zu ihm gesellte und ihn eine Strecke weit, immer bis zum nämlichen Punkt, begleitete und dann verschwand. Endlich teilte er dies dem Pfarrer von Wassen mit und fragte ihn um Rat. Der sagte ihm, es sei eine arme Seele, die auf Erlösung blange, und er könne sie erlösen. Er solle sich nach Betenläuten auf den Weg machen, zu bestimmter Zeit an jener Stelle sich einfinden, die Katze auf seine Schulter springen lassen, sie bis zum andern Punkt tragen und dort bleiben, bis es am Morgen Ave läute. Aber vorher müsse er beichten und kommunizieren, sich von seinen Sünden reinigen und zum Sterben bereit halten. Der Knecht willigte ein, und eines Abends nach Betenläuten machte er sich auf den Weg, in der festen Absicht, die arme Seele zu erlösen. Aber an einem fort begegneten ihm Leute, gute Freunde, Bekannte, und alle nötigten ihn, mit ihnen zurückzukehren. Aber standhaft wies er sie ab und eilte vorwärts. Wie er der Schanz sich näherte, da kamen Steine durch den Wald herunter gerollt und sausten dicht vor seiner Nase und hinter seinem Rücken ins Tobel hinunter oder sperrten ihm den Weg. Doch der Wackere hastete vorwärts. Die Eulen und Füchse gaben ein garstiges Konzert, und Schlangen kreuzten zischend den Pfad. Aber zur rechten Zeit erreichte der Wassner sein Ziel, die bekannte Stelle, wo das graue Kätzchen seiner harrte. Es sprang ihm auf die rechte Schulter, und so trug er es bis zu jenem Punkte, wo es jeweilen verschwunden war, und blieb da stehen mit seiner Last die ganze Nacht hindurch. Als am Morgen der erste Klang der Betglocke zu Wassen sich in die frischen Lüfte schwang, flog von der rechten Schulter des tapfern Knechtes eine weisse Taube gegen Himmel. Aber der Erlöser war in jener Nacht ergraut und wurde in kurzer Zeit eine Beute des Todes. Jos. Gamma Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Grenze zwischen Ziefen und Seewen

Source: Die Grenze zwischen Ziefen und Seewen

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Die Grenze am Gauset zwischen Ziefen und Seewen war umstritten. Die Vertreter der beiden Gemeinden traten zu Unterhandlungen zusammen und einigten sich über die Standorte der zu setzenden Steine. Diese wurden an Ort und Stelle verbracht. Nach diesem gütlichen Vergleich luden die Seewener die Ziefner zu einem gemeinsamen Trunke in einem Seewener Gasthause ein. Während nun dort die Grenzbereinigung gebührend gefeiert und dabei tapfer gezecht wurde, schafften einige Seewener die Steine von den vereinbarten Plätzen weg und verrückten dadurch die Grenze gegen die Ziefenerseite, allwo die Steine nachher gesetzt wurden. Zu spät merkten die Ziefener, dass sie bei diesem Handel übervorteilt und betrogen worden waren. Ihre nachträglichen Beschwerden hatten keinen Erfolg mehr. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Die Grenzmarke

Source: Die Grenzmarke

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Als zur Zeit der Reformation in vielen Kantonen die Regierungen der katholischen Kirche untreu wurden und das Volk zum Abfall vom alten Glauben zwangen, herrschten in der Schweiz viele Unruhen, viel Hader und Zank, viel Jammer und Elend. Das war auch der Fall bei unseren Nachbarn im Kanton Bern, wo die guten Bauern nichts weniger verlangten als den Glauben ihrer Väter zu verlassen. Ein frommer Kapuziner in Sitten, so wird erzählt, hatte mit diesen guten Bergleuten im Kanton Bern Mitleiden und wollte ihnen zu Hülfe kommen mit heilsamen Worten, Gebet und gutem Beispiele. Darum schnallte er sein Reisebündelein auf den Rücken, schnürte seine Sandalen fester an die Füsse und zog zum Sanetschpasse hin, um in den Kanton Bern zu gelangen. Die Passhöhe ward glücklich überschritten und dem frommen Wanderer fehlten kaum fünf Minuten, um die Grenzen des Kantons Bern zu erreichen. — (Auch auf dem Sanetsch überschreiten die Wallisergrenzen bedeutend die Bergwasserscheide.) — Sieh! da stellte sich ihm Satan in den Weg, der eben auch nach Wallis wollte, um da die gleichen Spektakel wie in Bern hervorzurufen. Die beiden Wanderer erkannten sich auf den ersten Blick und keinem blieb das Reiseziel seines Gegners verborgen. Darum entstand zwischen ihnen heftiger Streit. Lange scharmützten sie miteinander, aber ohne Erfolg. Endlich, des nutzlosen Zankes müde, kamen die Gegner überein, jeder solle zu den Seinen zurückkehren, für selbe allein sorgen und sich in die Angelegenheiten des andern nicht ferners mischen. Am Wege lag eben ein grosser platter Stein, der sollte als Grenzmarke zwischen dem Wirkungskreise der zwei eroberungssüchtigen Kämpfern auf fernere Zeiten bezeichnet werden. Beide stellten sich demnach auf den platten Stein, — auf der Walliserseite der Kapuziner, auf der andern sein Gegner — und drückten demselben die Male ihres Fusses ein. Und dieser Stein und die Fussmale darauf sind noch zu sehen. Die Sandale des Kapuziners hat den Stein um etwa drei Linien von der übrigen Oberfläche erhoben, so weit derselbe mag berührt worden sein; Satan aber hat seine Klauen tief in den Stein eingedrückt. Zum Andenken heisst dieser Stein jetzt "Pierre bénite", d.h. gesegneter Stein, den jeder Reisende über den Sanetsch betrachten kann.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Grindelwaldzwerge

Source: Die Grindelwaldzwerge

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  Vor vielen Jahren stand hinten am Mühlenbach bei Grindelwald das einsame Häuschen einer Frau, deren Mann beim Bergheuen ums Leben gekommen war. Gar oft leuchtete bis spät abends ein schwaches Licht aus ihrem Dachstübchen, dann saß die gute Frau vor ihrem Webstuhl und webte. Eines Abends, wie sie wieder so fleißig am Werke war, hörte sie draußen vor der Haustüre ein Geräusch. Sie legte das Weberschiffchen in den Schoß und lauschte. War das eine Katze, eine Maus oder gar ein Mensch? Plötzlich, da klopfte es an die Haustüre. Der Frau kam das seltsam vor. Wer wollte zu solch später Stunde noch etwas von ihr? Sie blieb einen Augenblick still sitzen und beruhigte sich dann damit, dass es doch wohl nur der Gletscherwind gewesen sei, der an ihrem Häuschen gerüttelt habe. Da...tock...tock…tock… hub das Klopfen von vorne an. »Es will jemand zu mir,» murmelte sie. Eine leise Angst huschte über ihr Herz. Sie ergriff das brennende Öllicht und stieg damit von der Dachkammer hinunter in die Küche. Bevor sie den Riegel der Haustür zur Seite schob, rief sie: »Wer ist draußen?» Da ließ sich eine krächzende Stimme vernehmen: »Kommt uns helfen, liebe Frau! Ich bin ein Zwerg vom Wetterhorn!» Jetzt schob die Frau vorsichtig den Riegel zurück, und leuchtete mit dem Licht vor die Türschwelle. Richtig, da stand scheu und zusammengeduckt ein Bergmännchen und flehte: «Kommt mit mir hinüber zum Wetterhorn! Unsere Zwergenkönigin hat ein Kind geboren, und wir wissen uns nicht recht zu helfen.» «Ja, ich komme!» antwortete die Weberin, denn sie war auch weit und breit im Tal als gute Kindsfrau bekannt. Geschwind tat sie in einen Korb ein paar Sachen und legte oben auf noch ein selber gewebtes weißes Stück Linnen. Dann lief sie dem Bergmännchen nach, dem Wetterhorn zu. Halber Mond stand am Himmel. Der Weg war weit und beschwerlich. Endlich gelangten sie zu einer Felsenspalte. Die Frau musste sich bücken. Der Höhleneingang führte immer tiefer in den Berg hinein. Weit hinten strahlte ein blauer Lichtstrahl auf. Nach und nach wurde der Gang breiter und höher und die Menschenfrau konnte sich wieder aufrichten. Der Felsengang endete in einem weiten Felsensaal. Es schien der Frau, dass eine ganze Dorfkirche darinnen Platz hätte. Wie glitzerten von allen Wänden wunderbare Bergkristalle! Im bläulichen Lichte gewahrte sie überall ein Gewusel von Bergmännchen, die behend zur Seite sprangen, um der großen Menschenfrau Platz zu machen. Sie wurde seitab in ein Kristallgemach geführte, und konnte endlich der Zwergenkönigin und ihrem Neugeborenen helfen. Der kleinen Zwergenprinzessin schenkte sie das selber fein gewobene Stück Linnen. Die Bergleute zeigten sich überaus freudig und dankbar.. Als die Mühlenbachfrau nun die Zwergenmutter und das Kind gehegt und gepflegt hatte, wollte sie wieder heimkehren. Eine dankbare Schar von Zwergen begleitete sie dem Ausgang der Höhle zu. Beim Hinausgehen bemerkte die Frau, dass ihr ab und zu ein Männchen etwas in den Korb warf, den sie am Arm trug, so dass er immer schwerer an ihrem Arm hing. Es sah aus wie Steine oder Kohlen. Als ein solches Stück aus dem Korbe heraus fiel, stürzten gleich mehrere Männchen herbei und legten es wieder hinein. Eines rief: «Je mehr du verzettest, je weniger du hättest!» So kamen sie vor den Höhleneingang. Die Bergmännchen dankten noch einmal und nahmen Abschied von der Mühlenbachfrau. Im Weiterlaufen wurde ihr der Korb am Arm immer schwerer und lästiger. Als sie einmal über einen Stein stolperte und fast alle Brocken heraus fielen, bückte sie sich nicht danach sie wieder einzusammeln. Zu Hause schüttelte sie den kleinen Rest auf die Feuerplatte des Herdes. Sie begab sich in ihre Kammer um sich schlafen zu legen, sie war sehr müde. Am anderen Morgen, als sie im Kochherd Feuer anfachen wollte, ihre Milch zu wärmen, was sah sie da auf der Herdplatte? Ein Häufchen goldglänzender Steine lachte sie an. Sie nahm einige Stückchen auf die Hand. Es war pures, schweres Gold! Ihr kam in den Sinn, wie sie auf dem nächtlichen Heimweg etliche der Brocken verschüttet hatte, lief den Weg noch einmal zurück um nach den Kohlen zu suchen. Doch wie sie auch herum späte auf den steinigen Halden, sie fand keine mehr, und auch der Felseingang war verschwunden. Nun, die Mühlenbachfrau konnte von den ihr übriggebliebenen Goldklümpchen ihr windschiefes Häuschen wieder aufrichten lassen und das Dach bekam ganz neue Schindeln. In mancher Nacht, wenn die Weberin wieder vor dem Webstuhl saß und webte, stand sie auf, trat ans Fenster und schaute hinüber zum Wetterhorn, wo der Gletscherbach in die Nacht rauscht, und dachte: Ob wohl jemals wieder ein Bergmännchen kommt und mich holt? Doch es kam keines mehr; denn eine Zwergenprinzessin wird wohl nur alle hundert Jahre einmal geboren.   Aus: Jacob Streit, Von Zwergen und Wildmannli, Schweizer Jugendschriftwerk, Fassung, Urla Hagedorn  Märchenforum Nr. 49   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die grosse Glocke zu Sarn

Source: Die grosse Glocke zu Sarn

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Die grosse Glocke im Kirchturme zu Sarn gehörte ehemals der Gemeinde Tschappina, und diese Gemeinde verkaufte sie den Bürgern von Purtein. Sarn machte dann auch Ansprüche auf die Glocke, und so gerieten Purtein und Sarn in Zwistigkeiten dieser Glocke wegen. Von beiden Seiten wurde Rat gepflogen, wie man wohl in den Besitz der Glocke kommen oder bleiben könne. Die Bürger von Sarn wurden nun einig, mehrere Männer um Mitternacht nach Purtein zu schicken; Die sollten die Glocke vom Turme daselbst herunternehmen und sie nach Sarn bringen. Die dazu bestimmten Männer gingen nach Purtein, und es gelang ihnen wirklich, die Glocke, ohne von Jemandem gespürt zu werden, unbeschädigt vom Turme herunter zu lassen. Sie legten die Glocke auf eine »Schleife« und zogen sie Sarn zu. Mit der Glocke am Purteiner-Tobel angelangt, erschien ihnen eine riesige, feuerrote Katze. Die suchte ihnen immer vorzukommen. Sie ahnten Gefahr, weil sie in dieser Katze eine Hexe vermuteten. Einer von ihnen suchte sogleich einen tüchtigen Prügel, um die Katze hinter sich zu halten. Wenn sie darnach trachtete, ihnen zuvor zu kommen, so drohte er, mit seiner Waffe sie zu töten; ihr einen Streich zu versetzen, wagte er doch nicht. So kamen sie glücklich mit der Glocke in Sarn an. Noch in derselben Nacht wurde sie in den Glockenturm hinaufgezogen und für den andern Tag zum Läuten vorbereitet. Während der ganzen Arbeit war die Katze immer bei ihnen, verschwand aber, sobald sie fortgingen. Kaum hatten sich jene Männer zur Ruhe gelegt, als diese Glocke gewaltig geläutet wurde. Einige Burschen liefen mit den Männern, die die Glocke geraubt, herbei, um den Ruhestörer zu fangen. Im Turme fanden sie aber Niemand mehr. Sogleich eilten sie durch das Feld gegen Purtein hin. Da erblickten sie ein altes Weib, in vollem Laufe vor ihnen her fliehend. Sie kehrten darauf zurück. Am Morgen wurden dann weitere Untersuchungen angestellt, und es fand sich, dass die Glocke mit einem Faden umwunden war, an dem sie geläutet wurde. Die Glocke wurde von ihnen wiederholt geläutet, aber sie hatte ihren schönen Klang verloren. Sogleich liess die Gemeinde die Glocke in gleich grosse Form und Verzierungen umgiessen. Seither soll sie aber nicht einen so schönen hellen und weithin vernehmbaren Klang haben. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die grosse Katze

Source: Die grosse Katze

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Ein Schustergeselle hörte von einem Spuk, der nahe beim Gebetshäuschen im Vorderried bei Plaffeien sein Unwesen treib. An einem Samstagabend des Spätherbstes kehrte er mit seinem Meister von einer Stör nach Hause. Als sie am Kapellchen vorbeikamen, hielt der etwas angeheiterte Bursche den Schritt an und forderte das geheimnisvolle Spukwesen heraus: «Wenn ein Ungeheuer hier ist oder ein Geist, so soll er sich sofort zeigen!» Diese Herausforderung wiederholte er mehrere Male. Sein Meister verwies ihm die Kühnheit und warnte: «Ungestraft lässt sich der Geist nicht verspotten.» Aber der lose Bursche schlug die gutgemeinte Warnung in den Wind und fuhr mit seinem Gespött fort. Und siehe! Mehrere schwarze Katzen sprangen aus der Kapelle hervor und kletterten heulend auf die umstehenden Bäume hinauf. Der verwegene Jüngling bewarf nun die Tiere mit Steinen, was ihr grässliches Miauen nur noch steigerte. Als Meister und Gesell gegen Tschüpleren stiegen, stand plötzlich wie aus der Erde gewachsen eine riesige schwarze Katze, so gross wie ein Jagdhund, vor ihnen und versperrte den Männern den Weg. Die roten Augen des Tieres sprühten zornige Blitze und aus dem aufgerissenen Rachen flammte eine feurige Zunge drohend dem Ruhestörer entgegen. Der erschrockene Geselle fühlte einen übelriechenden Atem im Gesicht. Einige Augenblicke starrte die unheimliche Katze den Jungen an, der Meister schlug ein grosses Kreuz, worauf die grosse Katze mit einem Sprung verschwand. Dem Gesellen lief das Gesicht geschwollen an, und drei volle Tage musste er für seine verwegene Tat das Bett hüten.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die grosse Neugierde

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Vor Zeiten wurde ein Ausserberger von seiner Gemeinde nach Sitten zu einem fahrenden Schüler geschickt, um von ihm eine Quelle oder einen Brunnen zu kaufen; denn sie hatte auf ihrem Berg grosse Wassernot. Der Schwarzkünstler gab ihm eine wohlgeschlossene Schachtel mit dem strengen Verbot, das er ja nicht darüber gehen solle bis an dem Ort, wo man die Quelle haben wolle. Wie er nun bis zur Lenker Brücke gekommen war, da wandelte ihn eine solche Neugierde an, die Schachtel zu öffnen, dass er endlich das strenge Verbot vergass und hineinguckte. Aber kaum hatte er geöffnet, da flog ein grosser "Brummel" heraus, verschwand nicht weit davon in der Erde, und eine prächtige Quelle rauschte aus dem steinigen Erdreich hervor. Sie stürzte aber in kurzem Laufe, ohne jemand etwas zu nützen, in den Rotten. Wie mancher wünschte schon, wenn er diese herrliche Quelle aus den Felswänden oberhalb der Leuker Brücke an einem so nutzlosen Orte sah: Ach, hätten wir doch diesen Brunnen auf unserm dürren Berge! AUSSERBERG Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die grosse Schlacht

Source: Die grosse Schlacht

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Auf dem Breitfelde (Straubenzell, SG) sollen nach einer in früheren Zeiten dort abgehaltenen Schlacht mehrere eiserne Stangen und ein grünes Bäumchen in die Erde vergraben worden sein. Letzteres habe zwar bald wieder ausgeschlagen und immer neue Schösslinge getrieben, obwohl diese stets wieder abgehauen wurden. Wenn ein solcher aber einmal die Grösse erreichen werde, dass ein Offizier unter ihm aufrecht stehen könne, und wenn auch jene eisernen Stangen durch die Pflugschar ans Tageslicht kommen werden, was zu gleicher Zeit geschehen soll, so werde auf jener Fläche abermals eine Schlacht geschlagen, aber diesmal eine so blutige, dass der Müller in der nahen Kräzern-Mühle seinen Weizen werde mit Blut mahlen können. Während der Schlacht wird ein bei dem oben genannten Gefecht entstandener Riss in der Mauer der nahen Kapelle im Bild von selbst sich wieder schliessen und das über der Sitter halb in der Luft hängende Häuschen zum Drachenloch bei St. Josephen in die Fluten niederstürzen. Dies alles wird ein Zeichen der beginnenden letzten Zeiten, sowie des Kommens des Antichrists sein, bei dessen Geburt alle Blumen Blut schwitzen werden. Dr. Henne-Am Rhyn, Deutsche Volkssage. Auf dem Breitfeld geht heute kein Pflug mehr; also dürfen diese schrecklichen Dinge noch recht lange auf sich warten lassen. Mögen dem Kanton St. Gallen unterdessen noch recht viele glückliche Jahrhunderte beschieden werden! Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 506, S. 297 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die grossi Chatz

Source: Die grossi Chatz

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Der Heggedannehans und i sy emol z’nacht vo Seebe hei zue, go Brätzbel. Uf im steinige Wehrgländer vo der Strickbrugg hei mer e-n-übernatürlig grossi Chatz gseh hocke; si het si nit verrüehrt und is numme mit de glüehige Auge-n-abolet. Do ha-n-i im Spass zum Hans gseit: «Das isch e schöns Büsi; was meinsch, wei mer’s ächt hei neh?» Der Hans het mer mit der Fuscht e Stopf in d’Rippi ge: «Wit ächt still sy!» Mer hei numme noh-n-e ganz churzi Strecki chönne goh, dernoh hets afo schütte was obenabe het möge. Jetz fot der Hans mir afo Vorwürf mache: «Nei, eso öppis z’säge», me gseih jo die Chatz scho mäng Johr und jedesmol chömm’s drüber abe cho usleere. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch Die grossi Chatz Der Heggedannehans und i sy emol z’nacht vo Seebe hei zue, go Brätzbel. Uf im steinige Wehrgländer vo der Strickbrugg hei mer e-n-übernatürlig grossi Chatz gseh hocke; si het si nit verrüehrt und is numme mit de glüehige Auge-n-abolet. Do ha-n-i im Spass zum Hans gseit: «Das isch e schöns Büsi; was meinsch, wei mer’s ächt hei neh?» Der Hans het mer mit der Fuscht e Stopf in d’Rippi ge: «Wit ächt still sy!» Mer hei numme noh-n-e ganz churzi Strecki chönne goh, dernoh hets afo schütte was obenabe het möge. Jetz fot der Hans mir afo Vorwürf mache: «Nei, eso öppis z’säge», me gseih jo die Chatz scho mäng Johr und jedesmol chömm’s drüber abe cho usleere.   Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch  


by Die grossi Chatz

Source: Die grossi Chatz

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Der Heggedannehans und i sy emol z’nacht vo Seebe hei zue, go Brätzbel. Uf im steinige Wehrgländer vo der Strickbrugg hei mer e-n-übernatürlig grossi Chatz gseh hocke; si het si nit verrüehrt und is numme mit de glüehige Auge-n-abolet. Do ha-n-i im Spass zum Hans gseit: «Das isch e schöns Büsi; was meinsch, wei mer’s ächt hei neh?» Der Hans het mer mit der Fuscht e Stopf in d’Rippi ge: «Wit ächt still sy!» Mer hei numme noh-n-e ganz churzi Strecki chönne goh, dernoh hets afo schütte was obenabe het möge. Jetz fot der Hans mir afo Vorwürf mache: «Nei, eso öppis z’säge», me gseih jo die Chatz scho mäng Johr und jedesmol chömm’s drüber abe cho usleere. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch  


by Die Grundoldinger in der Kriegszeit

Source: Die Grundoldinger in der Kriegszeit

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Gundoldingen, ein Weiler in der luzernischen Pfarre Rain, soll im Sempacherkriege von den Oesterreichischen niedergebrannt worden sein. Die Gundoldinger selbst hatten sich in den Wald geflüchtet und nach Abzug der Feinde auf dem nahen Hügel eine Warte erbaut. War nun von da aus kein Feind in Sicht, so verliessen die Einwohner den Wald und gingen bewaffnet ihrer Feldarbeit nach. Sobald aber die Wächter oben vom Wartturm einen Feind erblickten, gaben sie ein Zeichen mit dem Horne und riefen die Gundoldinger zum Kampf zusammen.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Die Gründung des Klosters (Pfäfers, SG)

Source: Die Gründung des Klosters (Pfäfers, SG)

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Der heilige Priminius, ein Stifter vieler Klöster, kam nach Rätien. Bei Marschlins sollte ein neues Gotteshaus errichtet werden. Als man das Holz dazu zimmerte, verwundete sich ein Arbeiter, und sein Blut benetzte die Holzspäne. Da erschien eine weisse Taube, nahm einen blutigen Span in den Schnabel und flog auf eine waldige Anhöhe ob Ragaz. Diesem Zeichen folgte Pirmin, und wo die Taube den Span fallen liess, da ward das Kloster gebaut und Pfäfers geheissen. Daher führte dieses Kloster in seinem Wappen eine fliegende weisse Taube mit einem roten Span. H. Herzog, Schweizersagen.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 206, S. 100 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Gründung des Klosters Kappel

Source: Die Gründung des Klosters Kappel

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Die Gründung des Klosters Kappel Es geht die Sage, dass am Orte, wo jetzt die Kirche des heiligen Markus steht, eine uralte Kapelle gestanden habe. Dort wohnten einst Einsiedler. Sie konnten durch einen unterirdischen Gang bis an den Ort gelangen, der später zum Weinkeller des Klosters wurde. Diese Höhle diente jenen Leuten als Wohnung, wovon noch Überreste eines Kamins und andere Dinge zeugen. Als nun die Herren von Eschenbach von den Höhlenmenschen erfuhren und auch von der Schnabelburg herunter die Lichter sahen, welche zu ihnen herauf leuchteten, begannen sie an jener Stelle eine Kirche zu bauen, welcher sie ein Kloster anfügten. Sie nannten es Kappel, weil dort schon eine Kappelle gestanden. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Knonauer Amt Leicht gekürzt aus Heinrich Bullingers Beschreibung des Klosters Kappel (Mitt. der Ant. Ges. in Zürich, Bd. 23, S. 224)   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Gründung des Klosters Rheinau

Source: Die Gründung des Klosters Rheinau

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Die Gründung des Klosters Rheinau Als einst auf dem Platze wo jetzt Schaffhausen liegt, nur ein Kloster und eine Schifflände waren, fischte dort im Rhein ein reicher, vornehmer Edelmann. Darüber schläfrig geworden, lenkte er den Nachen, worin er allein war, in eine Bucht, legte sich nieder und schlummerte ein. Während er so im Schlafe lag, wurde der unbefestigte Kahn von den Wellen allmählich in die Strömung des Flusses gespült, und nun ging es mit ihm schneller und schneller dem Rheinfalle zu. Der Edelmann schlief noch immer und erwachte selbst dann nicht, als er mit dem Nachen den grässlichen Fall hinabgerissen wurde. Als er die Augen aufschlug, lag der Kahn. unbeschädigt wie er, eine Stunde unterhalb des Rheinfalles an einsamem Ufer. Da erkannte der Edelmann, was mit ihm geschehen, und wie er wunderbar von Gott am Leben erhalten worden war. Zum Danke hiefür stiftete er an diesem Orte ein reiches Kloster: die Benediktinerabtei Rheinau. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Winterthur und Weinland Wörtlich aus Herzog I, Nr. 233. Historisches zur Gründung der Abtei Rheinau siehe G. Meyer v. K., Die Anfänge Klosters Rheinau (Neues Archiv für ältere deutsche Geschichtskunde, Bd. 10) und die neuesten Untersuchungsergebnisse von Karl Schmid, Studien und Vorarbeiten zur Geschichte des grossfränkischen und frühdeutschen Adels, S. 252ff. (Forschungen zur Oberrheinischen Landesgesch. IV, Freiburg i. Br. 1957). Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Gründung des Klosters Rheinau

Source: Die Gründung des Klosters Rheinau

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Es war einmal ein vornehmer Edelmann. Der hatte gar oft lange Zeit, denn er war alt und konnte weder im Turnier, noch bei den Damen oder bei sonstigem ritterlichen Zeitvertreib mehr glänzen. Die Jagd aber war ihm auch zu mühselig geworden und zu gefährlich, denn Hirsch und Wolf machten sich nicht mehr viel aus ihm. Als er aber vor lauter Langeweile umkommen wollte, verfiel er aufs Fischen. Also machte er sich an den klingenden blauen Rhein, an dem er, just da wo heute die schöne Erkerstadt Schaffhausen liegt, bei einer Klosterfähre eine Fischenz besaß. Da setzte er sich nun alltäglich in einen Nachen, hielt die Fischrute über die hurtig ziehenden Wasser, badete seine daran hängenden Lockwürmer und suchte also Stunde an Stunde nach bestem Vermögen abzutun. Eines Tages, als er wieder im Schifflein saß und es ihn bedünken wollte, die Minuten haben Krebsscheren an den Füßen und gehen hinter sich, wollte ihn der Schlaf übernehmen. Weil es ihm aber nicht geraten schien, sein Mittagsschläfchen im offenen Rhein abzuhalten, und da er auch nicht, wie ein Hase, mit offenen Augen zu schlafen vermochte, lenkte er, schlafschwer, seinen Nachen in eine wohlgeschützte Bucht, legte sich nieder und nickte alsbald ein. Er mochte noch nicht lange im Schlummer gelegen sein, so überkam ihn ein eigenartiger Traum. Es war ihm, sein Schifflein fange an, aus der ruhsamen Bucht hinaus zu treiben, es schwimme mitten in den breiten Rhein hinaus. Und dann war es ihm, als ob die hurtigen Wogen sich in Schultern verwandelten, die seinen leichten Fischernachen gar behend davontrügen. Auch schien es ihm, sie wachsen immer höher an und schwingen ihre Schaumkrönlein über sein Gesicht. Und jetzt meinte er, irgend eine Domglocke läuten zu hören. Aber es ward daraus ein Rauschen und ein Brausen wie der Föhn im Bergwald. Und nun wollte es ihn bedünken, sein Nachen habe Flügel bekommen, denn er begann zu fliegen. Und jetzt war ihm, er höre donnern und sehe von allen Seiten Lawinen zu Tal fahren und sein Schifflein hebe auf einmal ein fröhliches Hüpfen an, wie ein vierzehntägiges Zicklein. Nun schieße es gar davon; ein brodelnder Hexenkessel tue sich auf, über den es wie ein Steinbock hinwegspringe, und jetzt packe es ein toller Schneewirbel. Fuhr er denn da nicht mitten durch eine brausende Orgel? Und nun gar unter einem dreifachen zerstäubenden Regenbogen durch? Doch auf einmal war ihm, es werde alles still und sein Nachen gehe ruhig und herrlich über die Wasser, wie das goldene Schühlein eines Königskindes über einen blausamtenen Teppich. Jetzt stieß er irgendwo an, und der Edelmann erwachte. „Ei“, sagte er, „wie habe ich denn so fest geschlafen und so gespässig geträumt!“ Da sah er sich um und sank totenbleich in den Nachen zurück. Er fand sich nicht mehr in der stillen Bucht, in die er sein Fahrzeug doch selber gelenkt hatte, sondern an einem andern Ufergelände, weit unterhalb des Rheinfalls. Er meinte, vor Entsetzen umzukommen. Also war er im Schlafe aus seiner ruhigen Bucht gerissen und über den donnernden und blitzenden Wasserfall hinunter getrieben worden. Und die wilden Fluten hatten ihn nicht verschlungen, und die versteckten und offenen Riffe hatten ihn nicht zerschmettert, und die tückischen Nixen hatten ihn nicht in ihre Höllentiefen zu reißen vermocht! Da gingen ja die Wogen des Rheinstromes ruhig und kraftbewusst, wie ein mächtiges Kriegsvolk, ihren stolzen ewigen Gang. Von Entsetzen gepackt, sprang er ans Bord und ließ den Nachen Nachen sein. Voll Dankes gegen den Gott, der ihn und sein schwaches Boot durch all das Grausen fest in der Hand behalten hatte, warf er sich auf die Knie, pries laut des Herrn Güte und gelobte feierlich, an der Stelle, an der er gelandet, ein Kloster zu gründen. So erstund denn an jenem herrlichen Rheinufer ein großes, schönes Kloster, die Benediktinerabtei Rheinau, deren Bogenfenster sich heute noch im Rheinstrom spiegeln.     Meinrad Lienert, Zürcher Sagen. Der Jugend erzählt, Zürich 1918. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Gründung des Klosters Wurmsbach

Source: Die Gründung des Klosters Wurmsbach

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Graf Rudolf von Rapperswil ritt eines Morgens auf die Wolfsjagd nach dem obern Zürichsee. Unversehens sah er sich in seinem Eifer plötzlich von seinen Gefährten getrennt, als ein grosser Wolf auf ihn zueilte, den aber ein wohlgezielter Pfeil glücklich niederstreckte. Nun sprang die Wölfin mit zwei Jungen herbei, den Tod ihres Genossen zu rächen. Ein hitziger Kampf entspann sich, in welchem der Graf unterlegen wäre, wenn nicht der Himmel selbst rasche Hilfe geschickt hätte; ein mächtiges Gewitter trat ein, der Blitz schlug in den nächsten Baum und warf ihn zersplittert zu Boden, womit die Tiere in die Flucht geschlagen wurden. Aber auch der Graf war bewusstlos niedergesunken. Als er sich wieder erholte, hatte er kaum noch so viel Kraft, sein Pferd zu besteigen; nun war auch die dunkle Nacht hereingebrochen. Kein Pfad war zu finden, kein Licht zu sehen; aber aus den Wäldern her ertönte schauerlich das Geheul der Wölfe. Der Graf sprach ein brünstiges Gebet und gelobte, an der Stelle ein Kloster zu bauen, wenn ihm aus dieser Not geholfen werde. Nun hörte er das Rieseln eines Bächleins, ritt dem Tone nach und kam an die Seebucht, wo einige Fischerkahne lagen. Dort fand er freundliche Leute, die ihn bewirteten und schützten, bis der Morgen kam. Der Graf war gerettet und hat hernach, seinem Versprechen gemäss, das Kloster gegründet, das im Laufe der vielen Jahrhunderte reichlichen Segen gestiftet.                                                       P. Guler. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 410, S. 237 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Gründung des Lazariterhauses Gfenn

Source: Die Gründung des Lazariterhauses Gfenn

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Die Gründung des Lazariterhauses Gfenn Balduin, König von Jerusalem‚ selbst mit Aussatz behaftet, gründete im Heiligen Lande den St.-Lazarusorden, dessen Aufgabe es war, den ärmsten unter den Kranken zu helfen. Eines Nachts träumte der König, der hl. Lazarus führe ihn durchs Gebirge zu einer neuen Kirche, wo er durch das Gebet der Klausnerinnen geheilt wurde. Balduin erzählte seinen Traum der Ritterschaft, und bald stellte sich ein Edelmann ein, der aus dem Urnerland gekommen war; dieser beteuerte dem Herrscher, nachdem er den ganzen Traum vernommen hatte, dass das geschaute Klösterchen das Stift Seedorf sei. Der König machte sich ungesäumt auf den Weg und traf richtig in Seedorf ein. Daselbst wurde er von seiner schrecklichen Krankheit befreit. Er beschenkte das Kloster reich, und bat, dass die Frauen den Orden des hl. Lazarus annähmen. Er stiftete in Seedorf ein Haus für Lazariter-Ritter und ein Spital. Darauf fuhr er zu Kaiser Heinrich, um die Rechte seiner Stiftung bestätigen zu lassen. Auf dieser Fahrt kam Balduin nach Zürich. Unweit der Stadt, „nid wyt von Dübendorf, daselbst stund sin Ross still und konnt man das nit wyters bringen weder mit Lieb noch mit Leid, das hielt der König für ein Merkzeichen dz er daselbst auch ein Kloster erbuwen sollt und traf dessen ein Anordnung, schickt auch einen Botten nach Seedorf dz zwey Klosterfrowen kommen sölltind, die by diesem Buw ein Ufsicht hieltend. Und hiess die eine von diesen Frowen Martha von Hertenstein, und ward dieselb vom Künig Balduin zur ersten Meisterinn über das nüwe Klösterlin gesatzt‚ welliches er dem alten Kloster unterwarf.“ Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland A. Nüscheler: Die Lazariterhäuser im Gfenn bei Dübendorf und Schlatt (gekürzt). (Mitteilungen der Antiqu. Ges. in Zürich, Bd. 9, S. 103   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Gründung der Grasburg

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Nach einer alten Sage soll in den Zeiten, als die Römer in unserm Lande anfingen sich auszubreiten und bereits in dem alten Helikon sich niedergelassen hatten, ein Vornehmer dieses Volkes sich auf der Jagd in der hitzigen Verfolgung eines schönen Edelhirsches in den Schluchten der Sense von seinem Gefolge getrennt haben. Auf einmal stand er vor einem gewaltigen Sandfelsen, der damals im Bett der wilden Sense eine Insel bildete . Auf der Höhe desselben stand aber, gleichsam herausfordernd und wie ihm zum Hohne, der Gegenstand seiner Verfolgung. Schnell spornte er sein edles Pferd durch den Flussarm und suchte einen Zugang zum Felsen. Bald fand er einen Wechsel des Wildes, auf dem es zur Tränke zu gehen pflegte. Diesem folgend, fing er an, den Koloss zu erklettern. Noch war er nicht in halber Höhe, als ein gewaltiger Lindwurm aus einer Höhle auf ihn zustürzte. Aber mit kräftigem Arme stiess er dem Ungethüm den Jagdspeer in den Rachen und trennte darauf mit einem gewaltigen Hieb seines wuchtigen Schwertes den scheusslichen Kopf vom zuckenden Rumpfe. Hierauf erstieg er vollends die Felsinsel, um nach seiner eigentlichen Jagdbeute zu spähen. Zu seinem Erstaunen kam ihm aber der Hirsch selber entgegen, legte sich ihm zu Füssen und sah mit flehendem und zugleich dankbarem Auge zu ihm auf, als wolle er ihm für die Erlegung seines scheusslichen Nachbars danken und ihn zugleich um Schonung für sein Leben bitten. Der edle Ritter verstand den stummen und doch beredten Blick des Thieres, ließ sich rühren und schenkte ihm das Leben. Nun stand der Hirsch froh auf, ging dem Jäger voran und während er beständig zurücksah, ob sein Retter ihm folgte, führte er ihn auf dem ganzen Felsen herum. Der Römer nahm dieses als eine Einladung an, von diesem Felsen Besitz zu nehmen, und da ihm die romantische Lage desselben ausnehmend wohl gefiel, beschloss er, auf ihm ein Jagdschloss zu erbauen. Als er bald darauf nach Aventikum ging und dem dortigen Befehlhaber sein Abenteuer und seinen Entschluss mittheilte und zugleich die Bemerkung fallen liess, der Fels eigne sich vortrefflich zu einem Flusscastell, gab ihm jener sogleich Arbeiter mit und in kurzer Zeit war der Fels mit einem stattlichen Schloss gekrönt. Bald wurde auch der Weg, der Helikon mit Aventikum verbinden sollte, hier vorbeigeführt und beim Schlosse eine Brücke über die Sense gebaut, von der man jenseits noch jetzt die Reste des Satzes sieht. Das Schloss wurde nach seinem Gründer Crassusburg genannt. Eine kleine Besatzung hatte die Bestimmung, die vorbeiführende Strasse zu beschützen und in der schönen Jahreszeit diente die Burg des Crassus ihm als Jagdschloss, von der aus er seine Jagdausflüge in die wildreiche Umgebung machen konnte. Diese Sage bezieht sich nur auf den westlichen, grössern Theil des Schlosses; der östliche mit dem Thurm ist offenbar jüngern Datums, Bauart und Mauerwerk sprechen dafür. Von seiner Entstehung meldet die Tradition, es sei dieser Theil von einem welschen Raubritter erbaut worden, der, seiner Grausamkeit halber, aus seinem Heimatlande vertrieben, sich in diese einsame Gegend geflüchtet und da ein neues Raubnest habe gründen wollen. Zuerst habe er die alte, verfallene Römerburg durch fremde Baumeister und mit Hülfe hiesiger Handlanger und Arbeiter restaurieren lassen. Im Anfang habe er diese gut bezahlt und sich überhaupt in der Umgegend beliebt zu machen gewusst, weshalb man sich gern in seinen Schutz begeben. Aber kaum habe er einige Rechte auf die Bauern gehabt, sei seine Rohheit und Grausamkeit hervorgebrochen. Diese habe sich namentlich bei der Ausführung des zweiten Baues gezeigt. Die armen Landleute mussten die schweren Steine zu dem zweiten Gebäude auf ihren blutenden Schultern herbeitragen und wer Miene machte, sich zu widersetzen, der sei stracks erschlagen und sein Blut mit dem Mörtel der Maurer vermengt worden; daher seien die Mauern so fest. Quelle: J. J. Jakob, Heimathkunde des Amtes Schwarzenburg, Bern, 1869. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www. maerchen.ch


by Die güldene Kuhschelle

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Die grössten sechs vom vollen Dutzend Alpen der Talschaft kennzeichnen die Bergbauern: Suis die höchst’, Saus die grösst’, Bletschen die wermst’, Winteregg die geltst', Sefena die mälchst’, Wengrenalp die kältst’! Auf der höchsten, der Sulsalp, fand einst ein Hirt einen kunstreich geformten Schlüssel, der ihm die Türe zu einer früher nie gesehenen Höhle des Berges öffnete. Im Innern blendete ihn der Glanz der kostbarsten Steine, und eine Jungfrau, die seit mehr als hundert Jahren hier ihrer Erlösung geharret, bot ihm drei Gaben zur Auswahl an: Einen Topf voll Geld, eine güldene Kuhschelle oder sich selbst nebst allem Übrigen. Da kam ihm sein Bethli in den Sinn, und er wählte die zweite Gabe. Ergrimmt darüber kündigte ihm die Jungfrau Fluch und Schande an. Unter dem Krachen der Gewölbe ward er von unsichtbarer Macht hinausgeworfen, und draussen auf dem Rasen fand er die güldene Schelle neben sich liegen. Ruhelos wanderte er in die weite Welt. Da kam er einst zu einer einsamen Hütte, vor welcher ein altes Männchen Holz spaltete. Als ihm von dessen Vater die Nachtherberge gewährt wurde, trat er in Hütte. In dieser traf er ein steinaltes, gekrümmtes Männchen, hinter dem Tische sitzend an. Diesem musste er sein Schicksal erzählen, und als er geendet hatte, erhob sich der Steinalte und sagte zu ihm: „Gastfreundschaft halte ich heilig, das ist dein Glück! Ich beherberge dich diese Nacht, aber morgen in aller Frühe packe dich wieder fort! Dir ward Gelegenheit geboten, der Retter meiner Tochter zu werden, und du hast sie, vielleicht auf ewig, unglücklich gemacht." Quelle: Hans Michel, Ein Kratten voll Lauterbrunner Sagen. Wengen 1936. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die güldene Kuhschelle

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Im Berner Simmental, wo die saubersten und hübschesten Holzhäuschen der Welt stehen, lebte vor Zeiten ein junger Bauernbursch. Der war todunglücklich, denn er hatte sich in ein Mägdlein namens Lieseli verliebt. Tag und Nacht lief er hinter ihr her, also daß die Leute lachten und sagten, sie ziehe ihn allweg an einer unsichtbaren Schnur nach. Aber sie wollte nichts von ihm wissen, denn sie war in einen andern verliebt. Eines Tages stieg der Bursche trübselig zur Alp, um ein bißchen die Bergwelt auszulaufen und seinen Liebeskummer zu vergessen. Aber wie er auch überall in den Weiden und Karrenfeldern herumlief, er konnte nicht ein Stäubchen davon vergessen. Als er nun zu einem Brunnen auf der neunten Staffel kam, sah er neben der überhängenden Fluh einen verrosteten Schlüssel liegen. Und nun gewahrte er zu seiner Verwunderung in der Felswand ein Löchlein, das aussah wie ein Schlüsselloch. Jetzt steckte er neugierig den Schlüssel hinein. Da öffnete sich die Wand, und ein dunkler Gang starrte ihm entgegen. Er trat mutig ein und gelangte nach kurzer Zeit in zwei große Gemächer. Im zweiten versperrte ihm ein tief herabhängender Felszacken den Weg, aber er kroch unten durch. Kaum hatte er das getan, rief eine Stimme: "Unglücklicher, vollende dein Vorhaben und geh auch ins dritte Gemach!" Er tat's und kam nun in einen neuen Saal hinein. Darin aber saß eine Jungfrau, altmodisch gekleidet. Zu ihren Füßen aber stand ein Hafen voll Goldmünzen, neben ihr an der Wand jedoch hing eine feine, goldene Kuhschelle. Erstaunt betrachtete der junge Simmentaler alles. Da hub die Jungfrau zu sprechen an und tat ihm zu wissen, daß sie für so lange in dieser Felsenkammer verwünscht sei, bis ihr ein freiwilliger Erlöser komme. Nun solle er klug wählen. Er könne entweder die güldene Kuhschelle oder den Goldhafen nehmen. Wenn er aber sie selber wähle, so fallen ihm die andern zwei Schätze mit ihr auch noch zu. Der Bursche dachte aber immer ans schöne Lieseli im sonnigen Simmental und sah nicht, daß die Jungfrau schöner war als eine Weide voll Alpenrosen. Er wollte nur sein Lieseli haben. Daher ließ er den Goldhafen samt der verwunschenen Jungfrau sitzen, nahm die güldene Glocke von der Wand und lief den Gang zurück. Noch lange hallte ihm die Klage der verschmähten und unerlösten Jungfrau nach. Kaum trat er aus dem finstern Gang in den heiteren Tag hinaus und auf die Alp, schloß sich hinter ihm der Felsen wieder. Er aber tat einen überlustigen Jauchzer, steckte ein wohlriechendes Runskölbchen hinters Ohr und eilte mit der güldenen Kuhschelle in tollen Sprüngen talabwärts. Nun konnte es ihm ja nicht mehr fehlen, nun mußte ihn das Lieseli lieben und heiraten, wenn er für ihre Leitkuh eine gülden funkelnde Schelle bringen würde. Mit welchem Stolz wird sie da im nächsten Frühling zur Alp fahren mit ihren großen, goldgelben Simmentaler Kühen. Aber wie erschrak er, als er zum Hause seiner Liebsten kam. Die saß eben am Mittagstisch und neben ihr ein fester Mann. Und als er nun eintrat und ihr sein Erlebnis erzählte und die güldene Kuhschelle vorwies, sah sie nach dem Mann oben am Tisch und sagte: "Ich bin schon seit langem verheiratet, du kommst zu spät!" Da wurde es dem Burschen sterbensübel und so schwer, als trüge er den eisbedeckten Wildstrubel auf dem Rücken. Er verließ das Haus und ging davon. Und wie er so todtraurig dahinging, fiel ihm auf einmal die Felsenjungfrau ein, die so schön und so unglücklich war und die er so leicht hätte erlösen und gewinnen können. Rasch stieg er wieder auf die Alp und ging zur Felswand, wo der Brunnen stand. Aber wie er auch suchte, er fand weder den rostigen Schlüssel wieder, noch sah er das Schlüsselloch in der Felswand. Traurig irrte er nun Tag und Nacht im Gefelse und auf den Alpenweiden herum, und dabei läutete er in einem fort seine güldene Kuhschelle, die lieblicher tönte als das Lachen eines siebzehnjährigen Mägdleins. Doch er konnte läuten, soviel er mochte, die Felsenjungfrau zeigte sich nirgends. Endlich verwilderte er ganz, und eines Tages kam er in eine abgelegene Alp, die er vordem noch nie gesehen hatte. Dort sah er eine Sennhütte, vor der ein steinalter Mann Holz spaltete. Er ging todmüde hin und fragte den graubärtigen Alten, ob er wohl bei ihm in der Hütte nächtigen dürfte. Dabei erzählte er ihm sein unglückliches Schicksal. Doch mit einem Male erhob der Alte, der ihm bisher ruhig zugehört hatte, grimmig die Axt und rief finsteren Angesichts: "So bist du der Frevler mit dem feigen Herzen! Wisse, daß die Felsenjungfrau meine eigene Tochter ist, die nun lange, lange ihres Erlösers harren muß." Schreckensbleich machte sich der Simmentaler Bursche davon. Aber von der Zeit an sah man ihn weder im Simmental noch auf der Alp jemals wieder. Nur in stillen, sternenhellen Nächten hören die Jungfrauen, die einen leisen Schlaf haben, seine güldene Kuhschelle allüberall läuten. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die güldene Schelle

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Am Abhange des Höhengrates der Suleck im Berner Oberlande liegen mehrere Alpen, die ein altes Lied so charakterisiert: Suls, die höchst', Saus, die gröst', Bellen, die wild'st', Nessleren, die wärmst', Inder (inner) Berg, die kältst', Ausser Berg, die ungefällst'. Die Volkssage erzählt von einem Hirten der Sulsalp, welcher einst einen kunstreich geformten Schlüssel fand, der ihm die Türe zu einer früher nie gesehenen Höhle des Berges öffnete. Im Innern blendete ihn der Glanz der kostbarsten Steine, und eine Jungfrau, die seit mehr als hundert Jahren hier ihrer Erlösung harret, bot ihm drei Gaben zur Auswahl an: einen Hafen (Topf) voll Geld, eine güldene Kuhschelle oder sich selbst nebst allem Übrigen. Da kam ihm sein Bethli in den Sinn, und er wählte die zweite Gabe. Ergrimmt hierüber kündigte ihm die Jungfrau Fluch und Schande an. Unter dem Krachen der Gewölbe ward er von unsichtbarer Macht hinausgeworfen, und draussen auf dem Rasen fand er die güldene Schelle neben sich liegen. Ruhelos wanderte er in die weite Welt. Da kam er einst zu einer einsamen Hütte, vor welcher ein altes Männchen Holz spaltete. Als ihm von dessen Vater die Nachtherberge gewährt worden, ist er in die Hütte getreten. In derselben traf er ein steinaltes, gekrümmtes Männchen hinter dem Tische sitzend an. Diesem musste er seine Schicksale erzählen, und als er geendet hatte, erhub sich der Alte und sagte zu ihm: Gastfreundschaft halte ich heilig, das ist dein Glück. Ich beherberge dich diese Nacht, aber morgen in aller Frühe packe dich wieder fort. Es ward dir die Gelegenheit vergönnt, der Retter meiner Tochter zu werden, und du hast sie, vielleicht auf ewig, unglücklich gemacht. Quelle: Theodor Vernaleken, Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch


by Die Güsler aus dem Fanoischi

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In der guten alten Zeit war es nicht Sitte, dass die Knechte und Mägde ebenso lange schliefen wie die gestrengen Herrschaften. Auch hielt man nicht eine Magd für das Hauswesen und eine zweite für die Verpflegung des Viehstandes. Diese mannigfaltige und schwere Arbeit wurde von einer und derselben Person besorgt. So wurde es auch in einer Ratsherrenfamilie von Leuk gehalten. Die Magd führte das Hauswesen, und dazu ging sie jeden Morgen beim ersten Hahnenschrei nach der Suste, um dort das Vieh ihres Herrn zu besorgen. Lange Zeit wanderte die treue Magd von Leuk nach der Suste, ohne etwas Ungewöhnliches zu bemerken. Wie sie aber an einem Quatembertage beim Morgengrauen auf die damals gedeckte Rottenbrücke kam, schlug vom Fanoischi her ein unerwartetes Getöse wie Hufschlag und das Wiehern von Pferden an ihr Ohr. Und wie sie in der höchsten Verwunderung in die angegebene Richtung schaute, da schien ihr der unheimliche Lärm durch den Ilgraben daherzurasen. Einen Augenblick verstummte er, dann aber scholl das Sporenklirren und das Rasseln der Säbel heftiger, und nun entstiegen dem Bette des Ill schwarze Hengste mit fliegenden Mähnen und feurigen Hufen. Auf ihrem Rücken sassen schwarzgekleidete Herren mit weisser Krause und Dreispitzhut. An ihrer Seite hingen silberne Säbel, und die Sporen glänzten wie Gold. Und wie der wilde Tross daherraste und über die Brücke flog, da glühte der Boden unter den Hufen der Rosse. Feuergarben entquollen den geblähten Nüstern, und es entstand ein solcher Luftzug, dass sich die Magd an der Brückenlehne festklammern musste, um nicht weggeschleudert zu werden. So jagte der geheimnisvolle Tross über die Brücke, nahm die alte Strasse und verschwand hinter den Krümmungen, Felsen und Sträuchern des Feldwegs. Das letzte Pferd aber, eine blendendweisse Stute, blieb einen Augenblick bei der Magd stehen, und diese erkannte in tödlichem Schreck das Reitross ihres Herrn. Aber mit keinem Sterbenswörtchen verriet die Magd, was sie gesehen und erlebt hatte, da sie den Spott ihrer Meisterleute fürchtete. Am folgenden Morgen um dieselbe Zeit wiederholte sich der seltsame Ritt, und die Magd fasste mit Aufwendung ihrer ganzen Willenskraft den letzten Reiter, der wiederum neben ihr hielt, fest ins Auge und erkannte in ihm ihren Gebieter. Nach ihrer Heimkehr in Leuk trat sie entschlossen vor den Herrn hin und fragte: «Herr, wo habt Ihr Euch heute in der Frühe aufgehalten? Ihr seid mir auf der Rottenbrücke begegnet.» Dieser lachte hell auf und erwiderte: «Um diese Stunde lag ich noch ruhig im Bett.» Da erzählte die Magd alles haarklein und beschrieb aufs genaueste den Mantel und die Kleider des letzten Ritters, die auch ihr Meister an hohen Tagen zu tragen pflegte. Diesen fasste ob der Erzählung ein geheimes Grausen, und er sprach lächelnd zur Magd, teils um seine Furcht zu verbergen, teils um sich von der Richtigkeit des Erzählten zu überzeugen: «Nimm morgen eine Schere mit und schneide dem letzten Reiter einen viereckigen Lappen aus dem linken Mantelende, wickle ihn fest um die Schere und bringe ihn mir her!» Am dritten Morgen geschah wieder, was sich schon zweimal ereignet hatte, und wie das letzte Pferd neben der Magd anhielt, da zog sie rasch die Schere hervor, schnitt einen viereckigen Lappen aus dem linken Mantelende, steckte ihn sorglich in die Tasche und kehrte eilig heim, ohne das Vieh besorgt zu haben. Ihr Meister aber erwartete sie schon ungeduldig und rief ihr zu: «Sind sie wieder erschienen?» Sie aber reichte ihm statt aller Antwort den ausgeschnittenen Lappen hin. Er begab sich damit wankenden Schrittes zur Kleiderkammer, wo der Ratsherrenmantel aufgehoben war, und kehrte nach kurzer Zeit weiss wie ein Leichentuch mit ergrauten Haaren aus der Kammer zurück. Noch am selben Tage legte er sein Amt als Ratsherr nieder. LEUK Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Güsler im Rathause

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In Leuk war eine Tochter aus armer Familie bei einer Herrschaft angestellt. In aller Herrgottsfrühe musste sie am Morgen hinunter in den Grund zum Hirten. Auf dem Wege löschte ihr einst der Wind ihr winziges Lämpchen aus. Ohne Licht konnte sie aber nicht arbeiten im Stall und zur Herrschaft zurückkehren durfte sie nicht, weil die Patrons so streng waren. Im Rathause erblickte sie aber Licht. «Dann gehe ich also dorthin, die geben mir schon Feuer», dachte sie sich und klopfte an. Es öffnete ein Herr in altmodischer Tracht und mit einem schwarzen Pudelhund. Er fragte, was sie wolle. Hinter ihm sass eine ganze Reihe Ratsherren an einem Tisch und schrieb da. Auch ihr Herr war unter ihnen. Der Mann an der Türe gab der Jungfrau Feuer und entliess sie mit den Worten: «Wenn du nicht das Mädchen einer armen Familie wärest und schwarzes Brot verdienen müsstest, dann hätten sie dich heute zu Staub und Mehl zerrieben, dass die Hühner es hätten aufpicken können!» LEUK Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die guten Nachbarn

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Zwei Nachbarn gerieten wegen eines Stücks Wiesland in einen Streit, der aber nicht zu den erbitterten gehörte. Als nun dem Volk nach alter Sitte öffentlich angekündigt worden war, dass sich am nächsten Tag das Siebnergericht zu Schwyz zum letzten Mal für jenen Sommer versammeln werde, kam Franz zu seinem Nachbarn Caspar und sagte ihm, dass er morgen nach Schwyz gehen und seine Angelegenheit dem Richter vortragen werde.             Caspar entgegnete, es sei ihm unmöglich nach Schwyz zu kommen, denn morgen müsse er seine ganze Heuernte einbringen. Morgen sei aber der letzte Gerichtstag in Schwyz, nachher werde keine Entscheidung in dem Streitfall mehr möglich sein und die Wiese müsse doch besorgt werden, meinte Franz. Da schlug Caspar vor: «Nun, so gehe du doch allein nach Schwyz und trage dem Richter deine und meine Gründe vor.»             «Wenn du mir die Sache anvertrauen willst, dann werde ich sie für dich wie für mich vortragen.»             Caspar blieb also zu Hause, brachte sein Heu ein, und Franz ging nach Schwyz, trug dem Richter die Gründe einfach und redlich vor und eilte, nachdem er den Richterspruch gehörte hatte, zu seinem Nachbarn zurück. «Ich wünsche dir Glück, Nachbar, du hast den Handel gewonnen, und die Wiese ist nun dein Eigentum!» Und die durch den Streit nie unterbrochene Freundschaft wurde durch diesen Urteilsspruch noch mehr gefestigt.   Quelle: Gemälde der Schweiz, Band 5: Der Kanton Schwyz. (Bern und St. Gallen 1835), Besprechung in Märchenforum Nr. 73 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die guten Zwerge

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Zwischen Schuoppis und Vögeliberg stand vor alter Zeit ein Schloss; jetzt findet man nur noch spärliche Überreste, Wälle, Mauern, Höhlungen. Man sagt, es habe durch unterirdische Gänge mit Ramswag in Verbindung gestanden und sei von reichen Zwergmännchen bewohnt gewesen. Diese haben gegen hundert Jahre hindurch den Bauersleuten in Schuoppis, wenn sie in der Nähe ackerten, am Vor- und Nachmittage Kuchen u. a, gebracht und zwar auf silbernen Tellern; auch das Besteck war schwer Silber. Die Zwerge sprachen nie, sondern legten die Speisen, wenn die Bauern gegen Schuoppis zufuhren, einfach auf die „Furrenen" und holten später das Geschirr wieder ab. Sie seien von der Grösse eines fünfjährigen Kindes gewesen und sehr zahlreich. Zu leide taten sie niemand etwas. Einmal waren die Bauern so unartig, die auf den Acker gebrachten Teller, Löffel und Gabeln zu behalten, worauf die Kleinen nie mehr was brachten und sich auf Schuoppis auch nie mehr sehen liessen. Im Buchholz sah man sie noch einige Zeit, aber dann auch nicht mehr. Weiter wird erzählt, die Zwerge haben nach ihrem Verschwinden den Schatz dadurch kundgegeben, dass sie ihn im Buchholze im Freien sonneten, aber nur in der Gestalt glänzender, buntfarbiger Glas-und Porzellanscherben. Gewann man diese, so waren sie Gold. Einst gingen zwei Männer in die dortige Ruine und erblickten Haufen Geldes. Eine unsichtbare Stimme erlaubte ihnen, so viel mitzunehmen, als jeder forttragen könne; aber sie dürfen weder ein Wort reden, noch einander dabei helfen. Die Männer füllten zwei Säcke, und als der eine den seinigen nicht zu heben vermochte, winkte er dem andern, worauf sogleich alles zu Scherben wurde, die sie nun unbedacht wegwarfen. Das Schatzsonnen will man noch in der neuesten Zeit bemerkt haben, jedoch nur, wenn Personen vorbeigingen, denen der Sachverhalt unbekannt war, die dann von den Massen glänzender Scherben erzählten. Kehrten solche zurück, so war nie mehr was zu sehen.                        Dr. Henne-Am Rhyn, Deutsche Volkssage. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 500, S. 295 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die hagbrüchige, schwarzplöschete Kuh

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D’r Steinbärg und das Ammertental, die sygen des Predikanten, Aer schläd uf d’s Britt, äs syg eso äs gäb mu z’wenig Anken! Zur Zeit, als dieser hinterste Winkel des Tales, wo man wirklich seine liebe Mühe hat, einen Sommernutzen herauszuwirtschaften, dem Predikanten gehörte, bereitete einmal eine schwarzplöschete, eigensinnige Kuh den beiden Älplern eitel Verdruss und Ärgernis. Den Raubauz hatte ein Schuldenbäuerlein zur Sömmerung gegeben. Gegen alle andern Kühe war sie unverträglich, und zum Melken kam es öfters vor, dass sie ausschlug wie ein störrischer Esel; auf der Weide sonderte sie sich von der Herde ab, stiefelte wie die Geissen, dass sie oft aus Fluhbändern heruntergeholt werden musste, chetten (heran locken) und hojen waren umsonst. Wo sich irgendwie Gelegenheit bot, kehrte sie das Lätze nach aussen. Sie war hagbrüchig und eine Gefahr für die Herde. Das hätte den Sennen niemand ausgeredet, dass der leibhaftige Satan in der Schwarzplöscheten stecke. Als sie eines Sommers zum erstenmal zu Tagweid fuhren, da nahm die Kuh auf einer Fluh den Schreithag auf und warf Stecken und Schiji (Staketen) in hohem Bogen hinaus. Die beiden Sennen waren wütend über das verfluchte Ruossgaden, das ihnen die schwere Arbeit auf der Alp noch schwerer machte. Und als sie nach langem Umweg in sauren Bürden Stecken und Schiji wieder herauftrugen, wurden sie einig, die schwarze Brente, wenn sie noch einmal hagbrüchig werde, auf die Seite zu schaffen. He — der machte man es denk etwa wie den Bären in den schmalen Fluhwechseln! Die beiden stellten den Wildhag auf dem Fluhrand wieder auf und legten ausserhalb und innerhalb saftige Tannenrinde mit der Innenseite nach oben. Als sie wieder hinaus zu Tagweid fuhren, ging die Schwarze mit gesenkten Hörnern noch einmal auf den Hag los, aber — oohä — auf der glatten Rinde glitschten ihre Klauen — und dann hat es sie hinausgeputzt über die Fluh. Weder Haut noch Fleisch waren verwertbar, und das Bäuerlein im Tale unten kam mit seinen Schulden noch ärger in die Klamm. Aber — schon im Winter drauf wurde der, der die böse Tat ersonnen, krank und bresthaft, und der Tod streckte ihn noch vor der nächsten Alpauffahrt. Des andern Haar war taubweiss geworden, und als zu Mittsommer zum erstenmal die Herde in Ammerten zu Weid getrieben wurde, da sah er am heiterhellen Tag den verstorbenen Sennen. Der trug, keuchend unter der schweren Last, eine Hälfte der dahergefallenen Kuh herauf. Dem grossen Sennen, dem war noch nie ein so eiskalter Schauer durch den Leib gefahren, und der hatte sich noch nie so gefürchtet, als jetzt, da der Mann mit der unheimlichen Tregi ihm zurief: "Um des Herrgotts Willen, entlast deine Seel bei Lebzeiten, tu was recht und ersetz dem armen Bauern den Schaden, die andere Hälfte der Schwarzplöscheten, die wartet drunten auf dich!" Quelle: Hans Michel, Ein Kratten voll Lauterbrunner Sagen. Wengen 1936. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Haldensau

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Im Oberried hinten, wo der Weltenherrgott sein allerschönstes Erdenflecklein geschaffen hat, da wird dem armen Menschenherzen oft gar zaghaft und eng zumute. Im Frühling, wenn des Tags Lawinen niederstäuben und zur Dämmerstunde Amseln all ihr Glück in die Welt hinaussingen, hört man des Nachts im Haldenwalde unheimliches Springen und Rumoren und Kläffen. In heiligen Winternächten, wenn die weissbedeckte Erde schlummert und die Silbersternlein klar herniederfunkeln, da vernimmt man von den Abhängen des Metsch-berges grelle Pfiffe, und wenn am Morgen Jäger oder Heuer durch den Wald streichen, um von den Bergen das Heu herabzuschlitteln, entdecken sie im Schnee ganz frische Spuren, und von den Blättern und Zweigen der Gebüsche sind die weissen Krönlein verschwunden. Die Haldensau haust dort auf solche Weise. Unermüdlich jagt sie kreuz und quer den Abhang auf und ab, grunzt, pfeift, lamentiert, stampft alles nieder, lauscht ein Augenblicklein in die stille Nacht hinaus und jagt aufs Neue. Und das kam so: Jesus ging einst bei einem Stalle vorbei. Er hörte drinnen Lärm und Geschrei, als ob es von jungen Schweinchen herrührte. Doch wie war er erstaunt, als er öffnete und darin eine ganze Anzahl kleiner Kinder herumspringen und spielen und schreien sah! Er ging weiter, und vor dem Hause wusch eine Frau auf der Laube ihre Windeln. Jesus trat zu ihr, redete sie an und fragte sie, für wen sie denn hier grosse Wäsche halte und wem die Windeln alle angehörten. Die Frau entgegnete barsch, ohne aufzublicken und indem sie rüstig weiterrieb: „Für die kleinen Säulein im Stall." Christus wieder: „Schweine sollen Schweine bleiben." Und da sprang die Frau, die plötzlich verwandelt worden war, in den Wald, und aus dem Stall folgte ihr ein Rudel schreiender und aufgeschreckter Schweinchen. Nun irrt die Haldensau im Wald umher, wild und scheu, ohne Ruhe, ohne Rast, ohne Wohnung. So jagt sie bis ans Ende der Tage. Kein Jäger wird sie jemals sehen und erlegen können. Nur in stillen Winternächten hört man sie rumoren und lamentieren, und am Morgen sieht man, wie sie gejagt und alles niedergestampft hat.   Quelle: Georg Küffer, Lenker Sagen. Frauenfeld 1916. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Die Halfter

Source: Die Halfter

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Es war einmal ein Vater mit drei Söhnen. Der eine war sehr hell, der andere etwas weniger gescheit, und der dritte war ein Dummkopf, der immer hinter dem Ofen hockte und sich den Kopf mit einer Speckschwarte einschmierte. Bevor der Vater starb, befahl er seinen Söhnen, sie müssten drei Nächte auf dem Friedhof an seinem Grab wachen. Zuerst traf es den Gescheiten. Der machte mit dem Dummkopf ab, wenn er für ihn auf dem Friedhof wache, so gebe er ihm dafür zehntausend Goldtaler. Der Dummkopf sagte, das wolle er schon machen. Er ging also auf den Friedhof und wartete bis gegen elf Uhr in der Nacht. Da kamen allerlei Gespenster zum Vorschein, aber der Dummkopf fürchtete sich nicht. Um zwölf erschien plötzlich sein Vater auf einem Pferd mit einem silbernen Sattel und einer silbernen Halfter. Und der Vater gab die Halfter dem Sohn. In der nächsten Nacht traf es den mit Wachen, welcher etwas weniger gescheit war. Auch er gab dem Dummkopf zehntausend Goldtaler, damit der an seiner Stelle gehe. In der zweiten Nacht ging es dem Dummkopfbis um elf Uhr gleich wie in der ersten. Dann aber gab es noch viel mehr Unheimliches als in der Nacht zuvor, und um Mitternacht erschien sein Vater wieder auf einem Pferd. Das Pferd trug einen goldenen Sattel und eine goldene Halfter. Und der Vater gab die goldene Halfter dem Sohn. Nachher ging der Dummkopf nach Hause. In der dritten Nacht war das Wachen an ihm selber. Als er auf dem Friedhof war und dort das Tor öffnete, hörte er einen Pfiff, und ein Hund sprang neben ihm hervor wie ein Blitz. Dieser Hund hatte auf dem Rücken sieben Farben. Nun wartete der Dummkopf bis Mitternacht. Dann gab es nochmals einen Pfiff, aber einen stärkeren, und einen Knall. Auf einmal war sein Vater da auf einem schwarzen Pferd. Das trug einen Sattel und eine Halfter aus Messing. Der Vater gab die Halfter aus Messing dem Sohn und sagte, jetzt habe er ihn aus dem Fegefeuer erlöst. Dann wies er ihn noch an, er solle die drei Halfter gut aufbewahren und vor seinen Brüdern verstecken. Der Dummkopf machte dies so, dann hockte er wieder hinter den Ofen und schmierte sich den Kopf mit Kümmelöl ein.   Nicht lange danach liess der König ausschreiben, wer seine Tochter heiraten wolle, müsse mit dem Pferd durch einen Reifen springen. Die beiden schlauen Brü­ der putzten sich flott heraus, gingen in den Stall, holten die schönsten Pferde hervor und ritten Richtung Königsschloss. Der Dummkopf dachte: «Geht nur, ich werde dann schon langsam hinterher kommen.» Er zog sich schön an und nahm die goldene Halfter. Sobald er sie in der Hand hielt, stand neben ihm ein schwarzes Pferd mit Sattel und allem. Der Dummkopf setzte sich darauf und ritt fort.   Beim Königsschloss sah er, dass viele Ritter gegen den Reifen hoch sprangen, und alle fielen auf den Rük­ ken. Da gab der Dummkopf seinem Pferd die Sporen und jagte wie ein Pfeil durch den Reifen. Zu Hause setzte er sich wieder hinter den Ofen und rieb den Kopf mit Lorbeeröl ein. Seine Brüder, die später heimkamen, wussten aber nicht, dass er auch dabei gewesen war. Der Dummkopf erzählte ihnen nichts, und er fragte sie, wie es ihnen gegangen sei. Die Brüder sagten, dass sie gegen den Reifen gesprungen und hinuntergefallen seien, dann sei einer auf einem schwarzen Pferd gekommen, der sei wie ein Pfeil hindurch. Beim zweiten Mal war der König schlauer, und er sagte, er wolle den Vogel da schon fangen. Er hängte den Reifen viel höher und errichtete daneben ein Ge­ rüst mit Sitzreihen. Seine Tochter musste da Platz neh­ men, und er befahl ihr, dem Ritter, der durch den Reifen gesprungen sei, einen Schnitt zu versetzen. Da machten sich die Brüder wieder auf den Weg, um das Kunststück zu versuchen, später ging der Dummkopf langsam hinterher. Diesmal nahm er die silberne Halfter, und plötzlich stand wieder ein Pferd daneben. Da ritt er zum Königsschloss. Hier sprangen viele Ritter gegen den Rei­ fen hoch, doch sie kehrten alle um, weil sie nicht hin­ durch konnten. Der Dummkopf gab dem Pferd wieder die Sporen und schoss durch den Ring. Doch die Kö­ nigstochter konnte ihm mit der Schere ins Ohr schnei­ den. Darauf ging er nach Hause. Nachdem seine Brüder zurück waren, fragte er sie, wie es diesmal gelaufen sei. Sie antworteten: «Nur einer ist hindurch gesprungen, und dem hat die Königstoch­ ter einen Schnitt ins Ohr verpasst» Der Dummkopf sass unterdessen hinter dem Ofen, schmierte seine Ohren mit einer Speckschwarte ein und machte Umschläge mit Schöllkraut. Der König schickte Polizisten aus, um den Ritter mit dem Schnitt im Ohr zu suchen. Denn der war als einziger durch den Reifen gesprungen. Die Polizisten kamen ins Haus der drei Brüder. Sie sahen schon, dass die bei­ den gescheiten Brüder ohne Kennzeichen waren, aber sie fragten die bei den, ob sie nicht noch einen Bruder hät­ ten. Sie antworteten, doch, aber der sei nicht dort gewe­ sen, der habe genug damit zu tun, seinen Kopf mit Fisch­ tran einzuschmieren. Sie müssten ihnen diesen Bruder zeigen, befahlen die Polizisten. Als sie den Dummkopf sahen, packten sie ihn und rissen ihm den Verband ab. Sogleich merkten die Polizisten, dass er der Richtige war und schrien: «Der da ist esl- Die beiden Brüder befahlen dem Dummkopf, sich zu waschen und sich wie einen Prinzen zu kleiden. Dann gingen sie mit ihm zum König, wo er mit der Prinzessin Hochzeit machte. Dort haben die Brautführer eine Abendgesellschaft gegeben. Ich habe zum Nachtessen die Suppe aufgetischt, dann hat man mir einen solchen Tritt in den Arsch gegeben, dass ich bis hierher geflogen bin.     35. DIE SPINNERIN Ein armes Mädchen musste täglich spinnen bis zum Geht-nicht-mehr, sonst kriegte sie am Abend von ihrer Stiefmutter mehr Schläge als Brot. Eines Tages, als das Mädchen von der Stiefmutter nichts als Drohungen zu hören bekam, ging sie in den Wald, um noch mehr spinnen zu können. Dort spann sie, bis sie den Faden kaum mehr halten konnte. Jetzt begann das Mädchen vor Schmerz heftig zu weinen und zu klagen. Da kam ein schäbiges altes Männlein daher und fragte, was ihr fehle. Das Mädchen sagte ihm, wie es war. Der Alte tröstete die Spinnerin und sagte, sie müsse ihm nur eine Weile die Läuse ablesen, dann wolle er schon dafür sorgen, dass ihr Garn gesponnen sei. Er be­ fahl ihr, die Läuse, die sie finde, in eine Dose zu legen und sie erst zu Hause zu töten. Das Mädchen suchte den Alten nach Läusen ab, und als sie viele gefunden hatte, pfiff der Alte durch die Finger. In dem Augenblick waren eine Menge Leute mit ihren Spinnrädern da und span­ nen für das Mädchen. Ganz getröstet nahm sie das Garn, denn so viel und so schön hatte sie noch an keinem ein­ zigen Tag spinnen können, und sie ging nach Hause. Als sie der Stiefmutter das Garn zeigte, war es Gold. In der Kammer oben wollte das Mädchen die Läuse töten, aber die hatten sich in kostbare Edelsteine verwandelt. Und das Mädchen war von nun an reich genug.   Quelle: Die drei Winde. Rätoromanische Märchen aus der Surselva, gesammelt von Caspar Decurtins, Ursula Brunold-Bigler (Übers. und Hrsg.), Desertina Verlag, Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


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Source: Die Halfter

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Es war einmal ein Vater mit drei Söhnen. Der eine war sehr hell, der andere etwas weniger gescheit, und der dritte war ein Dummkopf, der immer hinter dem Ofen hockte und sich den Kopf mit einer Speckschwarte einschmierte. Bevor der Vater starb, befahl er seinen Söhnen, sie müssten drei Nächte auf dem Friedhof an seinem Grab wachen. Zuerst traf es den Gescheiten. Der machte mit dem Dummkopf ab, wenn er für ihn auf dem Friedhof wache, so gebe er ihm dafür zehntausend Goldtaler. Der Dummkopf sagte, das wolle er schon machen. Er ging also auf den Friedhof und wartete bis gegen elf Uhr in der Nacht. Da kamen allerlei Gespenster zum Vorschein, aber der Dummkopf fürchtete sich nicht. Um zwölf erschien plötzlich sein Vater auf einem Pferd mit einem silbernen Sattel und einer silbernen Halfter. Und der Vater gab die Halfter dem Sohn. In der nächsten Nacht traf es den mit Wachen, welcher etwas weniger gescheit war. Auch er gab dem Dummkopf zehntausend Goldtaler, damit der an seiner Stelle gehe. In der zweiten Nacht ging es dem Dummkopfbis um elf Uhr gleich wie in der ersten. Dann aber gab es noch viel mehr Unheimliches als in der Nacht zuvor, und um Mitternacht erschien sein Vater wieder auf einem Pferd. Das Pferd trug einen goldenen Sattel und eine goldene Halfter. Und der Vater gab die goldene Halfter dem Sohn. Nachher ging der Dummkopf nach Hause. In der dritten Nacht war das Wachen an ihm selber. Als er auf dem Friedhof war und dort das Tor öffnete, hörte er einen Pfiff, und ein Hund sprang neben ihm hervor wie ein Blitz. Dieser Hund hatte auf dem Rücken sieben Farben. Nun wartete der Dummkopf bis Mitternacht. Dann gab es nochmals einen Pfiff, aber einen stärkeren, und einen Knall. Auf einmal war sein Vater da auf einem schwarzen Pferd. Das trug einen Sattel und eine Halfter aus Messing. Der Vater gab die Halfter aus Messing dem Sohn und sagte, jetzt habe er ihn aus dem Fegefeuer erlöst. Dann wies er ihn noch an, er solle die drei Halfter gut aufbewahren und vor seinen Brüdern verstecken. Der Dummkopf machte dies so, dann hockte er wieder hinter den Ofen und schmierte sich den Kopf mit Kümmelöl ein.   Nicht lange danach liess der König ausschreiben, wer seine Tochter heiraten wolle, müsse mit dem Pferd durch einen Reifen springen. Die beiden schlauen Brü­ der putzten sich flott heraus, gingen in den Stall, holten die schönsten Pferde hervor und ritten Richtung Königsschloss. Der Dummkopf dachte: «Geht nur, ich werde dann schon langsam hinterher kommen.» Er zog sich schön an und nahm die goldene Halfter. Sobald er sie in der Hand hielt, stand neben ihm ein schwarzes Pferd mit Sattel und allem. Der Dummkopf setzte sich darauf und ritt fort.   Beim Königsschloss sah er, dass viele Ritter gegen den Reifen hoch sprangen, und alle fielen auf den Rük­ ken. Da gab der Dummkopf seinem Pferd die Sporen und jagte wie ein Pfeil durch den Reifen. Zu Hause setzte er sich wieder hinter den Ofen und rieb den Kopf mit Lorbeeröl ein. Seine Brüder, die später heimkamen, wussten aber nicht, dass er auch dabei gewesen war. Der Dummkopf erzählte ihnen nichts, und er fragte sie, wie es ihnen gegangen sei. Die Brüder sagten, dass sie gegen den Reifen gesprungen und hinuntergefallen seien, dann sei einer auf einem schwarzen Pferd gekommen, der sei wie ein Pfeil hindurch. Beim zweiten Mal war der König schlauer, und er sagte, er wolle den Vogel da schon fangen. Er hängte den Reifen viel höher und errichtete daneben ein Ge­ rüst mit Sitzreihen. Seine Tochter musste da Platz neh­ men, und er befahl ihr, dem Ritter, der durch den Reifen gesprungen sei, einen Schnitt zu versetzen. Da machten sich die Brüder wieder auf den Weg, um das Kunststück zu versuchen, später ging der Dummkopf langsam hinterher. Diesmal nahm er die silberne Halfter, und plötzlich stand wieder ein Pferd daneben. Da ritt er zum Königsschloss. Hier sprangen viele Ritter gegen den Rei­ fen hoch, doch sie kehrten alle um, weil sie nicht hin­ durch konnten. Der Dummkopf gab dem Pferd wieder die Sporen und schoss durch den Ring. Doch die Kö­ nigstochter konnte ihm mit der Schere ins Ohr schnei­ den. Darauf ging er nach Hause. Nachdem seine Brüder zurück waren, fragte er sie, wie es diesmal gelaufen sei. Sie antworteten: «Nur einer ist hindurch gesprungen, und dem hat die Königstoch­ ter einen Schnitt ins Ohr verpasst» Der Dummkopf sass unterdessen hinter dem Ofen, schmierte seine Ohren mit einer Speckschwarte ein und machte Umschläge mit Schöllkraut. Der König schickte Polizisten aus, um den Ritter mit dem Schnitt im Ohr zu suchen. Denn der war als einziger durch den Reifen gesprungen. Die Polizisten kamen ins Haus der drei Brüder. Sie sahen schon, dass die bei­ den gescheiten Brüder ohne Kennzeichen waren, aber sie fragten die bei den, ob sie nicht noch einen Bruder hät­ ten. Sie antworteten, doch, aber der sei nicht dort gewe­ sen, der habe genug damit zu tun, seinen Kopf mit Fisch­ tran einzuschmieren. Sie müssten ihnen diesen Bruder zeigen, befahlen die Polizisten. Als sie den Dummkopf sahen, packten sie ihn und rissen ihm den Verband ab. Sogleich merkten die Polizisten, dass er der Richtige war und schrien: «Der da ist esl- Die beiden Brüder befahlen dem Dummkopf, sich zu waschen und sich wie einen Prinzen zu kleiden. Dann gingen sie mit ihm zum König, wo er mit der Prinzessin Hochzeit machte. Dort haben die Brautführer eine Abendgesellschaft gegeben. Ich habe zum Nachtessen die Suppe aufgetischt, dann hat man mir einen solchen Tritt in den Arsch gegeben, dass ich bis hierher geflogen bin.     Quelle: Die drei Winde. Rätoromanische Märchen aus der Surselva, gesammelt von Caspar Decurtins, Ursula Brunold-Bigler (Übers. und Hrsg.), Desertina Verlag, Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


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Es war einmal ein Vater mit drei Söhnen. Der eine war sehr hell, der andere etwas weniger gescheit, und der dritte war ein Dummkopf, der immer hinter dem Ofen hockte und sich den Kopf mit einer Speckschwarte einschmierte. Bevor der Vater starb, befahl er seinen Söhnen, sie müssten drei Nächte auf dem Friedhof an seinem Grab wachen. Zuerst traf es den Gescheiten. Der machte mit dem Dummkopf ab, wenn er für ihn auf dem Friedhof wache, so gebe er ihm dafür zehntausend Goldtaler. Der Dummkopf sagte, das wolle er schon machen. Er ging also auf den Friedhof und wartete bis gegen elf Uhr in der Nacht. Da kamen allerlei Gespenster zum Vorschein, aber der Dummkopf fürchtete sich nicht. Um zwölf erschien plötzlich sein Vater auf einem Pferd mit einem silbernen Sattel und einer silbernen Halfter. Und der Vater gab die Halfter dem Sohn. In der nächsten Nacht traf es den mit Wachen, welcher etwas weniger gescheit war. Auch er gab dem Dummkopf zehntausend Goldtaler, damit der an seiner Stelle gehe. In der zweiten Nacht ging es dem Dummkopf bis um elf Uhr gleich wie in der ersten. Dann aber gab es noch viel mehr Unheimliches als in der Nacht zuvor, und um Mitternacht erschien sein Vater wieder auf einem Pferd. Das Pferd trug einen goldenen Sattel und eine goldene Halfter. Und der Vater gab die goldene Halfter dem Sohn. Nachher ging der Dummkopf nach Hause. In der dritten Nacht war das Wachen an ihm selber. Als er auf dem Friedhof war und dort das Tor öffnete, hörte er einen Pfiff, und ein Hund sprang neben ihm hervor wie ein Blitz. Dieser Hund hatte auf dem Rücken sieben Farben. Nun wartete der Dummkopf bis Mitternacht. Dann gab es nochmals einen Pfiff, aber einen stärkeren, und einen Knall. Auf einmal war sein Vater da auf einem schwarzen Pferd. Das trug einen Sattel und eine Halfter aus Messing. Der Vater gab die Halfter aus Messing dem Sohn und sagte, jetzt habe er ihn aus dem Fegefeuer erlöst. Dann wies er ihn noch an, er solle die drei Halfter gut aufbewahren und vor seinen Brüdern verstecken. Der Dummkopf machte dies so, dann hockte er wieder hinter den Ofen und schmierte sich den Kopf mit Kümmelöl ein. Nicht lange danach liess der König ausschreiben, wer seine Tochter heiraten wolle, müsse mit dem Pferd durch einen Reifen springen. Die beiden schlauen Brüder putzten sich flott heraus, gingen in den Stall, holten die schönsten Pferde hervor und ritten Richtung Königsschloss. Der Dummkopf dachte: «Geht nur, ich werde dann schon langsam hinterher kommen.» Er zog sich schön an und nahm die goldene Halfter. Sobald er sie in der Hand hielt, stand neben ihm ein schwarzes Pferd mit Sattel und allem. Der Dummkopf setzte sich darauf und ritt fort. Beim Königsschloss sah er, dass viele Ritter gegen den Reifen hoch sprangen, und alle fielen auf den Rücken. Da gab der Dummkopf seinem Pferd die Sporen und jagte wie ein Pfeil durch den Reifen. Zu Hause setzte er sich wieder hinter den Ofen und rieb den Kopf mit Lorbeeröl ein. Seine Brüder, die später heimkamen, wussten aber nicht, dass er auch dabei gewesen war. Der Dummkopf erzählte ihnen nichts, und er fragte sie, wie es ihnen gegangen sei. Die Brüder sagten, dass sie gegen den Reifen gesprungen und hinuntergefallen seien, dann sei einer auf einem schwarzen Pferd gekommen, der sei wie ein Pfeil hindurch. Beim zweiten Mal war der König schlauer, und er sagte, er wolle den Vogel da schon fangen. Er hängte den Reifen viel höher und errichtete daneben ein Gerüst mit Sitzreihen. Seine Tochter musste da Platz nehmen, und er befahl ihr, dem Ritter, der durch den Reifen gesprungen sei, einen Schnitt zu versetzen. Da machten Sich die Brüder wieder auf den Weg, um das Kunststück zu versuchen, später ging der Dummkopf langsam hinterher. Diesmal nahm er die silberne Halfter, und plötzlich stand wieder ein Pferd daneben. Da ritt er zum Königsschloss. Hier sprangen viele Ritter gegen den Reifen hoch, doch sie kehrten alle um, weil sie nicht hindurch konnten. Der Dummkopf gab dem Pferd wieder die Sporen und schoss durch den Ring. Doch die Königstochter konnte ihm mit der Schere ins Ohr schneiden. Darauf ging er nach Hause. Nachdem seine Brüder zurück waren, fragte er sie, wie es diesmal gelaufen sei. Sie antworteten: «Nur einer ist hindurch gesprungen, und dem hat die Königstochter einen Schnitt ins Ohr verpasst.» Der Dummkopf sass unterdessen hinter dem Ofen, schmierte seine Ohren mit einer Speckschwarte ein und machte Umschläge mit Schöllkraut. Der König schickte Polizisten aus, um den Ritter mit dem Schnitt im Ohr zu suchen. Denn der war als einziger durch den Reifen gesprungen. Die Polizisten kamen ins Haus der drei Brüder. Sie sahen schon, dass die beiden gescheiten Brüder ohne Kennzeichen waren, aber sie fragten die beiden, ob sie nicht noch einen Bruder hätten. Sie antworteten, doch, aber der sei nicht dort gewesen, der habe genug damit zu tun, seinen Kopf mit Fischtran einzuschmieren. Sie müssten ihnen diesen Bruder zeigen, befahlen die Polizisten. Als sie den Dummkopf sahen, packten sie ihn und rissen ihm den Verband ab. Sogleich merkten die Polizisten, dass er der Richtige war und schrien: «Der da ist es!» Die beiden Brüder befahlen dem Dummkopf, sich zu waschen und sich wie einen Prinzen zu kleiden. Dann gingen sie mit ihm zum König, wo er mit der Prinzessin Hochzeit machte. Dort haben die Brautführer eine Abendgesellschaft gegeben. Ich habe zum Nachtessen die Suppe aufgetischt, dann hat man mir einen solchen Tritt in den Arsch gegeben, dass ich bis hierher geflogen bin.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Hallauer verlieren mit «Vermorgenbröteln» Gebiet

Source: Die Hallauer verlieren mit «Vermorgenbröteln» Gebiet

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Bei einem Marchenstreit sollten die Abgeordneten der Gemeinden Hallau und Wilchingen an einem bestimmten Ort zusammentreffen, um den langwierigen Handel zu schlichten. Die Hallauer machten sich siegesgewiss auf den Weg. Da sie bald Durst bekamen, kehrten sie bei einer schönen, aber schlauen Wilchingerin ein. Hier gefiel es ihnen so gut, dass sie den abgemachten Zeitpunkt vorübergehen Hessen, weshalb sie das strittige Gebiet verloren.     Aus: R. Frauenfelder, Sagen und Legenden aus dem Kanton Schaffhausen, Schaffhausen 1933. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Halteli-Zwerge

Source: Die Halteli-Zwerge

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In alten, grauen Zeiten lebten beim Halteli zu Mürren Zwerglein. Diese Leutlein, so klein sie auch waren, fürchteten weder Blitz noch Laui und Steinschlag. Über alles liebten sie die Arbeit und waren auf dem Felde nie müssig. Wenn ein Gewitter drohte, halfen die Männlein, bis der letzte Halm unter Dach war, oder wenn das Futter noch nicht genügend Sonne gehabt, rieten sie: "Schochliheu ist das beste Heu!" und halfen wacker mit, saubere Schochen aufzuschichten. Schlug das Schönwetter um, legten sie die Hände nicht in den Schoss. Sie schleppten duftende Heilkräuter herbei und bereiteten daraus Arznei. Zum Dank stellten ihnen die Bergleute in einem Napf Rahm oder Milch auf ein Hüttendach hinaus. Doch auch damals schon war die Saat der Lausbuben und Bösewichte aufgegangen. Eines Tages warf ihnen einer Kuhmist in den Milchnapf. Als sie auf das Hüttendach kletterten, um ihr gewohntes, wohlverdientes Mahl einzunehmen, da würgte sie der Ekel in der Kehle, und sie riefen: "Ihr habt uns versetzt in Zorn, Jetzt geh’n wir fort, schon morn!" Und als der nächste Tag dämmerte, da zogen die Halteli-Zwerge herunter und durchs Gässli in Mürren hinab. Unten erstellten sie sich noch einmal, schauten zurück und riefen mit bösem Blick: "Einmal hierher und nimmermehr!" Quelle: Hans Michel, Ein Kratten voll Lauterbrunner Sagen. Wengen 1936. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Hand im Stein zu Olsberg

Source: Die Hand im Stein zu Olsberg

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Die Gräfin Bertha von Thierstein, welche eine Äbtissin war des Klosters Olsberg, hatte einen Hofmeister oder Kastenvogt, welcher gegen die armen Leute rauh und unmild war. Auf eine Zeit da kam ein Mann, der klopfte an dem Tor des Klosters an und begehrte etwas um Gottes Willen. Der Torwächter aber wies ihn ab und sagte, das Kloster hätte viel durch Brand gelitten und man hätte nichts auszugeben. Der Mann aber wollte sich nicht abweisen lassen. Da ward es dem Hofmeister angezeigt, der ging stracks heraus, den Armen unwirsch zu behandeln. Wie er aber unter das Tor kam, da sagte der Arme: „Date et dabitur vobis“, und mit den Worten verschwand er. Der Hofmeister erschrak sehr und erzählte es alsbald der Äbtissin, die ihn schon oft seiner Rauheit willen mit ernsten Worten gestraft; da befahl sie, man solle künftig Niemanden mehr mit leerer Hand gehen lassen, der ein Almosen begehre. Als aber der Arme jene Worte: Date u.s.w. sprach, drückte er seine offene Hand in einen Stein, der bei dem Tor war, und es blieb die ganze Form der Hand in dem Steine, wie wenn sie in Wachs gedrückt wäre. In dem Bauernkriege hat man den Stein hinweggeführt, er ist aber noch in einem Dorfe vorhanden. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Hand, die aus dem Grabe wächst

Source: Die Hand, die aus dem Grabe wächst

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Schon mehrere Abende hatte der brave Sigrist von Sisikon, wenn er zur Kirche ging, die Betglocke zu läuten, eine Kinderhand aus einem Grabe emporragen gesehen. Sorgsam schob er dieselbe jeweilen in die Erde zurück, aber am nächsten Abend war sie wieder emporgestreckt. Endlich setzte er besorgt den damaligen Ortspfarrer Imhof (gest. 1798, Pfarrer seit 1765), der im Rufe grosser Gelehrtheit und Frömmigkeit stand, in Kenntnis. Nachdem dieser die Eltern des Kindes in Erfahrung gebracht, liess er die Mutter zu sich berufen und teilte ihr alles mit. Diese wurde darüber sehr traurig, und da sie sich nicht zu helfen wusste, fragte sie den beliebten Seelsorger um guten Rat. Dieser fragte, ob sie nicht etwa das Kind straflos habe ausgehen lassen, wo es Strafe verdient hätte. »Ich erinnere mich nur, dass es einmal mit der Hand nach mir geschlagen hat; da es aber kaum über zwei Jahre alt war, liess ich den Fehler ungeahndet«, bekannte die Mutter. »So gehet nun«, belehrte sie der Geistliche, »nehmet eine Rute und schlaget damit einigemal die emporgestreckte Hand, dann wollen wir hoffen, dass das arme Kind im Grabe die ersehnte Ruhe finde.« Schweren Herzens ging die Mutter und handelte nach dem weisen Ratschlag des eifrigen Priesters. Von dieser Zeit an liess sich die Hand nicht mehr blicken. Die gleiche Geschichte wird auch im Schächental erzählt, wo noch zu Menschengedenken das Grab des Kindes gezeigt worden. Die Mutter musste so lange auf die Hand schlagen, bis sich diese von selber in das Grab zurückzog. Es habe eine hübsche Anzahl Streiche erfordert. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Hardmännchen auf der Ramsflue

Source: Die Hardmännchen auf der Ramsflue

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Die Härdmändlene uf der Ramsflue Hinder der ärlisbacher Egg, zwischenem Dörfle Hard und dem alte Lorenzekapällele, stoht im ene Täle so ganz eleigge e grüsle vertraite Flue. Se sägere d' Ramsflue. Uf der hindere Site isch se hohl, und d'Höhle het numme e chline Igang. Do sind denn emol, me weiß nid exakt in wele Johrgänge, so rarige Mändle gsi, die sind i die Höhle us und i gange, händ ganz e so es eiges Läbe gfüehrt, und en apartige Hushaltig, und sind ganz bsunderig derhär cho, so wirklich gstaltet, und mit eim Wort, es isch halt kei Mönsch usene cho, wer se denn au seige, woher se cho seige und was se tribe. Ämel gkochet händ se nüd, und Wurzle und Beeri ggässe. Unde a der Flue vorbi lauft es Bächle, und i dem Bächle händ die Mändle im Summer badet, wie Tüble, aber eis vonene het immer Wacht gha, und het pfiffe, wenn öpper derhär cho isch, uf em Fueßweg; denn sind sie ame gsprunge, was gisch was häsch, der Bärg uf, daß ene kei Haas noh cho wär, und wie der Schwick in ehre Höhle gschloffe. Dernäbe händ se kem Mönsch nüt z' Leid to, im Gägeteil, Gfelligkaite, wenn se händ chönne. Einisch het der Hardpur es Füederli Riswälle glade, und wil er elei gsi isch, het ers au fast nid möge. E sones Mändle gsehts vo der Flue oben-abe und chunt der durab zhöpperle über Driese, und hilft dem Pur, was es het möge. Wo se do der Bindbaum wänd ufe tue, so isch das Mändle ufem Wage gsi und het grichtet, und der Pur het überunde azoge a de Bindchneble. Do het das Mändle s' Seil nid recht ume gliret, und wo der Pur azieht, schnellt der Baum los und trifft s' Mändle ane Finger und hets wüest blessirt; do foht der Pur a jommere und seit: „O heie, o heie, wenn's numenau mir begegnet wär!" Do seit das Mändle: „Abba, das macht nüt, sälben to, sälben gha!" Mit dene Worte springts vom Wage-n-abe, het es Chrütle abbroche, hets verschaffet und uf das bluetig Fingerle gleit, und das hät alles wägputzt. Mängisch, wenn rächtschaffne Lüt dure Tag gheuet oder bunde händ und se sind nid fertig worde bis z'Obe, und s'het öppe welle cho rägne, so sind die Härdmändle cho und händ gschaffet und gwärnet druf ine, bis alles im Schärme gsi isch. Oder wenns dur d'Nacht isch cho wettere, händ se s'Heu und s'Chorn, wo dusse gläge isch, de Lüte zum Tenn zue trait, und am Morge het alles große Auge gmacht, und se händ nid gwüßt, wers to hät. Denn händ erst no die Mändle kei Dank begehrt, numenau, daß me se gern hät. Ame-n-im Winter, wenn alles Stei und Bei gfrore gsi isch, sind die Mändle is oberst Hus cho z'Aerlisbach; se händs halt gar guet chönne mit dene Lüte, wo dert gwohnt händ, und sind ame durd d'Nacht ufem Ofe gläge, und am Morge vor Tag händ se se wieder drus gmacht. Was aber gspässig gsi isch, si händ ehre Füeßli nie vüre glo, händ es scharlachrots Mänteli trait, vom Hals bis ufe Bode-n-abe. Jetzt hets im Dorf so gwunderige Meitle und Buebe gha, die sind einisch z'Nacht vor das go gen Aesche streue, dass se gsäche, was die Härdmändle für Füeßle hebe. Und was händ se gfunde? S'isch frile wunderli: Aente- und Geißfüeß sind in der Aesche abdrückt gsi. Aber vo selber Stund a isch keis Mändle meh cho, und se sind au nümme uf der Ramsflue bliebe, i d'Kräche händ se se verschlosse, tief i d'Geißflue hintere, und händ keis Zeiche meh von ene ge und chöme nümme, so lang d'Lüt so boshaft sind. (Originaltext)   Die Hardmännchen auf der Ramsflue Hinter der Erlinsbacher Egg, zwischen dem Dörflein Hard und dem alten Lorenzenkapellchen, steht in einem Tale ganz alleine eine grauslich verdrehte Fluh. Sie wird Ramsflue genannt. Auf der hinteren Seite ist sie hohl, und die Höhle hat nur einen kleinen Eingang. Da waren einmal, man weiß nicht genau in welchen Jahren, so eigenartige Männlein, die in dieser Höhle ein- und ausgingen und ein ganz eigenes Leben geführt haben. Sie hatten eine aparte Haushaltung und kamen ganz besonders daher, so wirklich gestaltet, mit einem Wort, es konnte kein Mensch erraten, wer sie waren und woher sie kamen und was sie trieben. Jedenfalls kochten sie nicht und aßen Wurzeln und Beeren. Unter der Fluh fließt ein Bächlein vorbei, in dem die Männchen im Sommer badeten wie die Täubchen. Aber eines von ihnen hielt immer Wache und pfiff, wenn jemand daher kam auf dem Fußweg; dann liefen sie geschwind weg, den Berg hinauf, so schnell, dass ihnen kein Hase hätte folgen können, und schlüpfen wie der Blitz in ihre Höhle. Daneben haben sie keinem Menschen etwas zu Leide getan, im Gegenteil, Gefälligkeiten, wann immer sie konnten. Einmal hatte der Hardbauer ein kleines Fuder Reiswellen geladen, und weil er alleine war, konnte er es fast nicht machen. So ein Männchen sah das von der Fluh aus und hüpfte schnell herzu und half dem Bauer, was es konnte. Als sie den Bindbaum oben drauf tun wollten, war das Männlein auf dem Wagen und richtete ihn und der Bauer zog unten an den Bindknebeln an. Aber das Männlein hatte das Seil nicht richtig um den Baum gewunden, und als der Bauer es anzog, schnellte der Baum lose und traf das Männlein an einem Finger und verletze es wüst. Da fing der Bauer an zu jammern und sagte: „O heie, o heie, wenn das doch nur mir geschehen wäre!“ Da sagt das Männlein: „A bah, das macht nichts; selber getan, selber gehabt!“ Mit diesen Worten springt es vom Wagen herunter, brach ein Kräutlein, verschaffte es und legte es auf den blutigen Finger, und alles war weggeputzt. Manchmal, wenn rechtschaffene Leute den Tag hindurch geheut oder gebunden hatten und damit bis zum Abend nicht fertig wurden und es regnen wollte, so kamen die Hardmännlein und schafften und werkten, bis alles im Trockenen war. Oder wenn es in der Nacht ein Wetter gab, trugen sie das Heu und Korn, das draussen lag, der Tenne zu und am Morgen machten alle große Augen und wussten nicht, wer’s getan hatte. Dann begehrten die Männlein aber erst noch keinen Dank, nur, dass man sie gerne hatte. Im Winter jeweils, wenn alles Stein und Bein gefroren war, kamen die Männlein ins oberste Haus in Erlinsbach; sie konnten es gut mit den Leuten, die dort wohnten. Sie lagen nachts auf dem Ofen und am Morgen vor Tag machten sie sich wieder davon. Was aber komisch war, dass sie ihre Füßlein nie zeigten. Sie trugen ein scharlachrotes Mäntelein, vom Hals bis zum Boden hinunter. Im Dorf waren aber neugierige Mädchen und Buben, die eines Nachts hingingen und Asche streuten, damit sie sähen, was die Hardmännlein für Füßlein haben. Und was fanden sie? Zu ihrem Verwundern waren Enten- und Geißfüßchen in der Asche abgedrückt. Aber von selber Stund an kam kein Männlein mehr, und sie blieben auch nicht auf der Ramsfluh, sondern verschlossen sich in den Tobeln der Geißfluh, gaben kein Zeichen mehr von sich und kehren nie mehr zurück, so lange die Leute so boshaft sind. (Übersetzung) C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Härdwybli bei Waldenburg und bei Bennwil

Source: Die Härdwybli bei Waldenburg und bei Bennwil

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Der «Werstelhaas», ein alter Waldenburger, sah früher die Härdwybli in ihren weissen, langen Hemdlein «difig» das «grienige Los» (Holzschleife) gegen die Richtifluh hinauf klettern, worauf sie in einer Felsspalte, dem Härdwybliloch, verschwanden. In Bennwil wird eine Höhle an der Harzfluh «Härdwyblistube» genannt und eine kaminartige Vertiefung ausserhalb derselben als Küche bezeichnet. Die dort wohnenden Härdwybli sollen den Bennwilern viele Arbeiten abgenommen haben, ohne dafür Entgelt zu verlangen. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Die Härmleni kommen

Source: Die Härmleni kommen

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Gut halben Weges zwischen Brienz und Ebligen liegt obenher dem See ein Streifen Wiesland, steil, steinig und mager und an den Längsseiten von Tannenwald gezäunt. Die Gegend heisst „im Dorni“. An einem warmen Tag im frühen Frühling war Gygers Peetsch hier am Räumen. Die Steine, die er vom Boden las, warf er nebenher auf eine mit Gestrüpp überwachsene Golete. Einmal, da wieder einer hinüberflog, schlüpfte ein Härmli aus dem Haufen. Ohne eigentlich zu wollen, zielte Peetsch mit dem nächsten Stein auf das Tierlein. Und schon bereute er den Wurf. Obwohl er das Härmli nicht traf, fing dieses laut und durchdringend zu pfeifen an. Im Nu kamen aus allen Steinhaufen ringsum Härmleni gehuscht, eins am andern, flink, so flink! Im Schwick war es eine grosse Schar, und immer kamen noch mehr dazu. Das zwispelte und zwaspelte im jungen Gras, schoss durcheinander wie eine Glismete. Und jetzt, potz Donner, hatten sich alle plötzlich in einer Richtung in Bewegung gesetzt, auf Peetschen zu! Rasch, unheimlich rasch kamen sie näher. Schon bogen die Vordersten, kaum zwanzig Schritte weg, um einen Steinhaufen - da besann sich Peetsch nicht mehr, sprang rechterhand in den Wald hinein und fort was die Beine hergaben. Es war höchste Zeit gewesen; die Härmleni hätten ihn sonst zu Hudel und Fetzen zerrissen. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Hasenfrau in Fahr

Source: Die Hasenfrau in Fahr

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Die Hasenfrau in Fahr Der Abt von Einsiedeln war im Kloster Fahr erschienen, das seiner Aufsicht unterstand. Über Tisch erzählte ihm der Klosterbeichtvater von einem Hasen, der allen Jägern in der Umgegend in den Schuss laufe und gleichwohl noch nie getroffen haben werden können. Der Abt entschloss sich alsbald zu einem Jagdgang, aber als ein gelehrter Mann lud er die Flinte vorher mit etwas Gesegnetem. Auch wenn der Jäger Osterkohlen vom Osterfeuer, am Karsamstag am Kirchhof angezündet, im Flintenkolben mit sich trägt, so kann ihm die Begegnung mit der „Hasenfrau“ keinen Schaden tun. Draussen am Stand erschien ein übergrosser Hase, neckte und hänselte. Ein Schuss - und er lag tot. Da die Jagdgesellschaft heimkam, war im ersten Hause beim Kloster grosser Lärm. In dem Augenblicke, da der Schuss gefallen war, war hier eine Frau tot umgesunken‚ die bei den Leuten die Hasenfrau geheissen hatte. Man hatte grosse Mühe, dem Abt den Unfall zu verbergen. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Limmattal Rochholz, Naturmythen, S 259. Siehe daselbst seine Darstellung „Die Hasenfrauen“, S. 258—284‚ mit interessanten Hinweisen auf andere Hasensagen. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Hausschlange im Emmental

Source: Die Hausschlange im Emmental

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Auf einer Emmentaler-Bergheimat hatte ein Dienstmädchen die Kühe ihres Meisters zu melken, als darüber eines Abends eine große Schlange mit einer goldenen Krone auf dem Kopfe durch die offene Stalltüre zu ihr herein kam. Das Mädchen geriet beim Anblick des Tieres in Bestürzung, aber sie erinnerte sich, schon gehört zu haben, daß die Schlangen besonders gern Milch tranken. So faßte sie sich nun, machte behende ein Grübchen in den Boden, und schüttete Milch hinein. Der unbequeme Gast kroch herzu, trank behaglich und verschwand. Am andern Tage aber stellte er sich wieder um die Melkzeit ein. Da merkte das Mädchen, daß es sich nicht zu fürchten brauche, und gab dem Thier fortan die Milch aus einem eignen Schüsselchen. Weil sie sonst ein heitres und frisches Mädchen gewesen war, seither aber manchmal in sich gekehrt schien, dachte endlich der Meister, sie nehme etwa von einem Sennen der Nachbarschaft Besuche an. Als sie ihm aber nach langem Sträuben ihr Erlebniss anvertraut hatte, schärfte ihr dieser ein, es ja recht geheim zu halten, fleißig zu beten und den Verlauf der Sache unter Gottes Schutz abzuwarten. Die Schlange kam noch immer, wurde täglich zutraulicher und schlief endlich beim Mädchen im Bette, und so blieb es bis auf die Zeit, da ein braver und hübscher Jüngling offen um die Magd freite. Als der Abend vor der Hochzeit da war, kam die Schlange wie sonst in des Mädchens Schlafkammer und nahm den gewohnten Platz ein. Morgens beim Erwachen war das Thier schon verschwunden, aber seine Krone hatte es diesmal in des Mädchens Schoß liegen lassen. Nie kam es wieder. Das Mädchen ward ein glückliches Eheweib; die Schlangenkrone hinterblieb als Hausschatz ihren wohlgeratenen Kindern. Quelle: E. L. Rochholz, Naturmythen. Neue Schweizer Sagen, Leipzig  1862. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch 


by Die Heiden (Flums, SG)

Source: Die Heiden (Flums, SG)

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Vor Jahren kamen oft ganz fremde Leute auf die entlegenen Bauernhöfe und halfen den Bewohnern arbeiten. Sie verlangten dafür nur Speis und Trank, aber keinen Lohn. Woher sie kamen, konnte niemand sagen; welchen Glauben sie bekannten, wusste man auch nicht. Man nannte sie deshalb nur Heiden. Sie hatten eigentümliche Gebräuche. Ihre Lagerstätten wählten sie am liebsten auf den Heustöcken. Ihnen war es möglich, auf solchen Feuer zu unterhalten, ohne dass das Heu sich entzündete. Holz, welches sie verarbeiteten, war unzerbrennlich. Das habe man beim Holzwerk des alten Rathauses in Flums erfahren können, da dieses Gebäude nach dem Volksglauben aus der Zeit der Heiden herstammte. Ferd. Stoop *** Das alte Flumser Rathaus wurde allgemein als ein "Heidenbau" betrachtet. Jetzt würde man es nicht mehr abbrechen. Jammerschade! J. B. Stoop *** Vom 10. bis 12. Jahrhundert liess sich ein zahlreicher deutscher Adel im Sarganserland nieder, und das deutsche Element verdrängte nach und nach das romanische. Möglich, dass unter den "Heiden" die Reste der Romanen zu verstehen sind.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 288, S. 159f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Heiden (Zug, ZG)

Source: Die Heiden (Zug, ZG)

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Vor altersgrauen Jahrhunderten lebten auf unsern heimatlichen Gefilden wilde, unbändige Heidenvölker. Von diesen ersten Bewohnern wissen wir nichts genaues mehr, nur noch einige alte, halbvergessene Namen künden von ihrem früheren Dasein und geheimnisvollem Wirken. Wo die alte Pfarrkirche in Cham, gegen den See hin, gestanden, sei früher ein Heidentempel gewesen, wo die Bewohner ihre Opfer darbrachten. Zu Baar gibt es eine Heidengasse und auf dem Platze, wo heute die Kapelle von Schönbrunn steht, war zu heidnischer Zeit ein Speicher. Das muss vor vielen, vielen Jahrhunderten gewesen sein. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 48 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Heiden am Stockhorn

Source: Die Heiden am Stockhorn

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Am nördlichen Abhang des Stockhorngebirges befindet sich eine einsame, ringsum von Wald umgebene Stelle. Hier soll vor undenkbarer Zeit eine von Ästen und Moos erbaute Hütte gestanden haben, welche von zwei Heiden bewohnt wurde. Diese besassen die Macht, das Wetter zu lenken. An einem schwülen Nachmittage, als die Umwohner gerade damit beschäftigt waren, ihr Heu zusammenzubringen, liessen sich die Heiden wieder auf der Anhöhe sehen. Sie hoben ihre weisse Wetterfahne hoch empor. Da sagten die Leute unwillig: "Der Stockhorner kommt. Das wird schlimm gehen!" Und richtig zog ein heftiges Unwetter mit fürchterlichem Sturm herauf, dass sie ihr Heu im Stiche lassen und in die Häuser flüchten mussten. Da ergrimmten sie über die bösen Heiden und machten sich auf, an ihnen Rache zu nehmen. Diese flüchteten sich aber den Berg hinauf und als sie die Höhe erreicht hatten, rief eine donnernde Stimme: "Ihr habt uns vertrieben! Damit wir aber bei euch im Andenken bleiben, soll so lange kein Haus verbrennen, als von euren steinernen Häusern noch eines steht, deren Mauern von unsern Händen aufgeführt worden sind." Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Heidenleute und die Käsebereitung

Source: Die Heidenleute und die Käsebereitung

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Im Heidenwäldchen zwischen Mysburg und Mettenen ob den Frytterbergen und in der Alp Heidmenegg wohnten auch Heidenleute. Es steht im Heidenwäldchen noch halbzerfallenes, viereckiges Gemäuer eines ehemaligen kleinen Gebäudes, das die Leute das Heidenhüttlein nennen und von Heiden erbaut sein lassen. Das Gemäuer soll von ausserordentlicher Festigkeit und fast unzerstörbar sein. Die Heidenkinder aus dem Heidenwäldchen gesellten sich nicht selten zu den Kindern der christlichen Bergbewohner der Umgebung und machten vor deren Augen aus Erde und ähnlichen Stoffen wirkliche geniessbare Käslein. Mitgeteilt von Pfarrer J. Arnold Die Heidenmännchen kannten überhaupt den Käslab und verstanden es, Käse zu bereiten, als unsern Bauern diese Kunst noch unbekannt war. Ein Schächentaler konnte es gegen eine Belohnung von einem Heidenmandli lernen, mittelst des Käslabs den Käse herzustellen. Daniel Imholz Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Heidenleute und die Pest

Source: Die Heidenleute und die Pest

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Einst hauste im Schächental ein schrecklicher Sterbet, der Beulentod, der die Grosszahl der Menschen dahinraffte. Da kam ein Heidenmütterchen in das Dorf und rief: »Ässet (wyssi) Änzä, Stränzä und (wildi) Bibernällä, so stärbet-er nit ällä«. Wer die Lehre befolgte, blieb von der Pest verschont. Der Spruch lautet auch: »Ässet Änzä, Stränzä, Bibernäll und beijets Brot, So stärbed-er nit am Byletod.« Oder nach einer alten Fassung von Isental: »Ässet Änzä, Stränzä-n- und Bibernällä, So wird der Tod abgällä.« Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Heidenmännchen in Ryken

Source: Die Heidenmännchen in Ryken

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In der grauen Heidenzeit war in Ryken, zwischen dem Zofinger Boowald und der Aare (genauer wird die Lokalität nicht bezeichnet) eine Salzquelle. Diese Quelle war der Wohnsitz von Zwergen, die man „Heidemanndli“ nannte. Es war ein gutes Volk, das Niemandem etwas zu Leide that; man mochte sie in der ganzen Gegend gar wohl und hatte sie gern, denn sie halfen den Leuten viel in Rath und That. Wenn der Bauer Garben band, so kamen des Nachts die Heidenmannli und trugen sie ihm in die Scheune. So brachten sie Heu und Feldfrüchte ebenfalls ein. Auch wussten sie viel zu rathen, was und wo man pflanzen solle, wann ein gutes Zeichen sei, Flachs und Kraut zu säen, wann man Jauche führen und das Land beschütten müsse u. dgl. So traf einmal ein solches Heidemannli einen Bauern an, der mit seinen Feldarbeiten noch sehr im Rückstand war. „gang numme, liebe Gvatter!" sagte es zu ihm, „und säj hüt rüebsôme, 's zeichen ist guet, es wird scho öbbis gä!“ Der Bauer kannte das Heidemannli wohl, gieng schnell heim und besäte einen grossen Acker mit Rübsamen. Es war schon spät im Herbst und die Leute lachten ihn aus. Allein obgleich nur noch fünf Wochen Zeit für Feld- und Wieswachs war, gedieh der Samen doch, und der Bauer bekam diesmal die schönsten Rüben in der Umgegend. Daneben verstanden diese Heidemannli viele Hexenkünste. So konnten sie in einer Strohwelle ein Feuer anzünden und darinn kochen. Des Nachts giengen sie dann schaarenweise in die Häuser, und da brauchten sie nur mit einem Hammer dreimal an die Thüren oder Schlösser zu klopfen, und diese sprangen alle auf. Dann giengen sie in die Küche und fiengen an zu kochen und zu braten. Was sie verbrauchten und assen, war am Morgen nur um so reichlicher da. Mit dem Fleisch machten sie's ebenso; sie giengen nur in den Stall, stachen den Kühen und Ochsen ein schönes Stück heraus und kochten und assen es. Am Morgen war Alles wieder verwachsen und solche Kühe wurden die fettesten und schönsten im ganzen Lande. So nahmen sie Alles, was sie brauchten, nur das Salz brachten sie aus ihrer Quelle mit. Die Bauern wussten zwar wohl um diese nächtlichen Besuche, allein sie konnten ihnen nur lieb sein, da ja in solchen Häusern immer Glück und Wohlstand herrscht, wo diese Erdmannli hinkommen. Einmal waren sie auch in später Nacht in einem Bauernhause, kochten und brieten und liessen sich's wohl sein. Da kam der Stallknecht, welcher zufällig fort gewesen war, heim, er riecht die aus der Küche herziehenden Bratendämpfe, geht hinein und betrachtet eine Weile das Treiben der fremden Gäste. Dann wässert ihm das Maul nach diesen Speisen und gierig nimmt er ein grosses Stück Fleisch vom Feuer weg. Die Heidenmanndli bitten und warnen, sie drohen und eifern, aber vergebens, er lässt sich nicht wehren, und verschlingt's. Nun verschwinden nicht nur die Männlein plötzlich, sondern es fehlt am Morgen Alles, was sie in der Nacht angebraucht hatten; in der Küche das Schmalz, im Schrank Brot und Mehl, im Stalle sogar der schönsten Kuh hinten ein grosses Stück Fleisch, gerade ein solches Stück, wie das, welches der gierige Knecht gestern hinabgegessen hat. Seitdem war aus dem ganzen Hause Glück und Segen gewichen, und die Männlein erschienen nicht mehr. Sogar die Salzquelle, die sonst ihren Ausfluss in der Aare hatte, war von nun an versiegt. Die Bauern hatten nun weder für sich, noch für ihr Vieh mehr Salz und mussten es bei der Obrigkeit in Bern um theures Geld kaufen. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 315 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Heidenplatte

Source: Die Heidenplatte

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Etwa eine halbe Stunde nördlich vom Weiler Zmutt, an den sogenannten Hubelwängen ist noch jetzt eine flache Steinplatte von ziemlichem Umfange zu sehen, auf welcher man mehrere Aushöhlungen und Eindrücke deutlich wahrnimmt, in welche kleinere und grössere Fersen von Menschenfüssen ganz gut hineinpassen. Mancher Reisende steht nachdenkend still, wie doch die Natur solche Erscheinungen zu Tage fördern könne? — Da will nun eine Sage Aufschluss geben. Vor vielen Jahrhunderten lebten in diesen Gegenden wilde Heiden, die auf dieser Platte ihre Versammlungen gehalten haben sollen. Man sagt von ihnen, sie wären auf ihren Fussfersen gestanden und gegangen; hätten darum dieser Platte, jetzt "Heidenplatte" geheissen, solche Merkmale eingedrückt. (erzählt von Herrn Kaplan Mooser)   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Heidenstube bei Glattfelden

Source: Die Heidenstube bei Glattfelden

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Die Heidenstube bei Glattfelden Wer von Glattfelden auf den Laubberg spaziert und sich oben bei den Häusern nach Westen wendet, gelangt von dort aus in einer Viertelstunde zum sogenannten Paradiesgärtchen, einem idyllisch im Wald gelegenen Ruheplatz. In jener Gegend ist am steilen Schotterhang eine Höhle, von der es früher hiess, es hätten darin heidnische Alemannen gehaust, die sich nicht hätten bekehren lassen. Eine ganze Haushaltung habe sich hieher geflüchtet, aber ein Kindlein nach dem andern sei die Wand hinunter gefallen, und zuletzt habe das gleiche Schicksal auch die fast verhungerten Eltern heimgesucht. Gewissermassen zur Strafe für ihre religiöse Widerspenstigkeit. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Unterland Wörtlich nach Hedinger, S. 7. Seine Quellen: persönliche Mitteilung; Gottfried Keller, der grüne Heinrich, 2. Teil, 3. Kapitel. Daselbst wörtlich: „Aus der gegenüberliegenden Seite des Wassers, nur 20 Schritte von uns, stieg eine Felswand empor, beinahe senkrecht und nur mit wenigem Gesträuch behangen. Ihre Steile verkündete, wie tief hier das kleine Gewässer sein müsse, und ihre Höhe betrug diejenige einer grossen Kirche. An der Mitte derselben war eine Vertiefung sichtbar, die in den Stein hineinhing, und zu welcher man durchaus keinen Zugang entdeckte Es sah aus wie ein recht breites Fenster an einem Turme. Anna erzählte dass diese Höhle die Heidenstube genannt würde. „Als das Christentum in das Land drang“, sagte sie, „da mussten sich die Heiden verbergen, welche nicht getauft sein wollten. Eine ganze Haushaltung mit vielen Kindern flüchtete sich in das Loch dort oben, man weiss gar nicht auf welche Weise. Und man konnte nicht zu ihnen gelangen, aber sie fanden den Weg auch nicht mehr heraus. Sie hausten und kochten eine Zeitlang und ein Kindlein nach dem anderen fiel über die Wand herunter ins Wasser hier und ertrank. Zuletzt waren nur noch Vater und Mutter übrig und hatten nichts mehr zu essen und nichts mehr zu trinken, und zeigten sich als zwei Jammergerippe am Eingange und starrten auf das Grab ihrer Kinder, zuletzt fielen sie vor Schwäche auch herunter, und die ganze Familie liegt in diesem tiefen, tiefen Wasser; denn hier geht es so weit hinunter, als der Stein hoch ist! Wir schauten, im Schatten sitzend, in die Höhe, wo der obere Teil des grauen Felsens im Sonnenscheine glänzte und die seltsame Vertiefung erhellt war. Wie wir so hinschauten, sahen wir einen blauen, glänzenden Rauch aus der Heidenstube dringen und längs der Wand hinabsteigen, und wie wir länger hinstarrten, sahen wir ein fremdartiges Weib, lang und hager, in den webenden Rauchwolken stehen, herabblicken aus hohlen Augen und wieder verschwinden. Sprachlos sahen wir hin, Anna schmiegte sich dicht an mich und ich legte meine Arm um sie; wir waren erschreckt und doch glücklich, und das Bild der Höhle schwamm verwirrt und verwischt vor unseren emporgerichteten Augen, und als es wieder klar wurde, standen ein Mann und ein Weib in der Höhe und schauten auf uns herab. Eine ganze Reihe von Knaben und Mädchen, halb oder ganz nackt, sass unter dem Loche und hing die Beine über die Wände herunter. Alle Augen starrten nach uns, sie lächelten schmerzlich und streckten die Hände nach uns aus, wie wenn sie um etwas flehten. Es ward uns angst und bange, wir standen eilig auf, Anna flüsterte, indem sie perlende Tränen vergoss: ‚O, die armen, armen Heidenleute!’ denn sie glaubte fest, die Geister derselben zu sehen, besonders da manche glaubten, dass kein Weg zu jener Stelle führe. ‚Wir wollen ihnen etwas opfern‘, sagte das Mädchen leise zu mir, ‚damit sie unser Mitleid gewahr werden!‘ Sie zog eine Münze aus ihrem Beutelchen, ich ahmte ihr nach, und wir legten unsere Spende auf einen Stein, der am Ufer lag. Noch einmal sahen wir hinauf, wo diese seltsame Erscheinung uns fortwährend beobachtete und mit dankenden Gebärden nachschaute. Als wir im Dorfe anlangten, hiess es, man habe ein Bande Heimatloser in der Gegend gesehen, und man würde dieselben nächster Tage aufsuchen, um sie über die Grenze zu bringen. Anna und ich konnten uns nun die Erscheinung erklären…“   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Heidenwege

Source: Die Heidenwege

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Die Heidenwege Westlich vom Dorfe Hinwil steht der Bauernhof „im Moos“. Etwa zweihundert Schritte davon stossen sichtbar einige Grundwasseradern aus dem Boden. Von dort ziehen sich nach dem Grundstück „Liberach" und in Richtung Hinwil seltsame Streifen. Man kann sie nur in den dürrsten Sommern erkennen, weil hier wie in einer Strasse oder einem Feldweg das Gras abstirbt, während es zu beiden Seiten noch grünt. Im „Liberach“ enden sie bei kreisrunden, ebenso dürren Plätzen. Einer der Streifen zeigt genau nach der Kirche Hinwil. Diese Streifen nennt man die Heidenwege. Die einen meinen, sie haben den Namen von Zigeunern oder Kelsselflickern, die dort früher gehaust haben, die andern sagen, die Heidenwege haben etwas mit den Römern zu tun, die, wie man doch wisse, eine Strasse gehabt hätten durch das Oberland. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Mündlich vom verst. Heinrich König zur Weinhalde-Hinwil, 1947, als man bei der grossen Trockenheit die Streifen genau beobachten konnte. Ich habe sie damals in einen Plan eingetragen. Eine weitere Untersuchung fand nicht statt. Liberach dürfte eine römische Bezeichnung sein, entstanden aus Liberiacum (Hof des Freien). Die Grundwasseraufstösse sind seit der Errichtung des Grundwasserpumpwerkes abgestanden. Das Problem der Heidenwege hat der Verfasser 1969 in einem Bericht an die Denkmalpflege des Kantons Zürich behandelt: Zur Frage der Römerstrasse im Zürcher Oberland. (Manuskript)   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die heilig Tannen

Source: Die heilig Tannen

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Auf dem Kreuzhubel bei Dagmersellen, in dessen Gemarkung, im Lutherthal, man ein Jesusbildchen gefunden, steht ein weitum sichtbares Kreuz am Waldsaum und nahe dabei war „die heilig Tannen", in welcher ein von vielen Votivhänden, Füssen und solchen Sachen umgebenes Marienbildnis zu sehen gewesen ist. Ausser für allerlei Gebresten „versprechen" besonders Frauen dahin, welche entweder den Ehesegen noch nie gehabt oder dann nur „ungefreute", will sagen vor der Taufe verstorbene Kinder bekommen haben.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Die heilige Barbara

Source: Die heilige Barbara

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Die Varner verehrten die heilige Barbara besonders eifrig und arbeiteten an ihrem Festtage nicht. Ein Pfarrer wollte diesen Feiertag abschaffen. Zum Demonstrieren, dass an St. Barbara jetzt gearbeitet werde, liess er ein Maultier aus Albinen kommen, um Mist auf sein Gütlein zu tragen. Aus Ärger packten die Varner dieses Maultier und warfen es samt Last aus dem Weg über eine Mauer.        In der folgenden Nacht brach eine Feuersbrunst aus. Als der Pfarrer beim Feuerlöschen helfen wollte, riet ihm ein wohlmeinender Mann, er solle besser heimgehen. Die Leute sahen nämlich in der Feuersbrunst eine Strafe der heiligen Barbara. VAREN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die heilige Buche bei Meggen

Source: Die heilige Buche bei Meggen

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Klein und Gross, wer in und um Luzern wohnt, kennt die „heilig Buch" (Kreuzbuche) an der Meggenstrasse, unweit der Seeburg. Man hat sie mit Unrecht in die Zerstörungsgeschichte von Neuhabsburg am See bei Meggen verflochten, die echte Volkstradition unterscheidet zwei Begebenheiten. Es ist wahr, die heilig Buch ist ein prächtiger Baum, die mit ihren kräftigen Ästen ein uraltes Bild von Mariä Mitleiden bedacht. Vor der jetzigen, allbereits hochbejahrten Buche stand eine frühere, die vor Alter zusammenbrach. Von selber hat das heilige Bild, das weither besucht wird, schon Schutz und Schirm empfangen. Seinen Anfang hat es wegen eines Pilgers nach Maria Einsiedeln genommen. Er ist unterwegs in dieser Gegend, ich weiss nicht verirrt oder verunglückt, kurzum, er war in der Not und tat das Gelöbnis, wenn ihm Hilfe werde, zu Ehren Marias eine Gedenktafel an dieser Stelle zu verordnen. So kam das Bild an die heilige Buche. Nach Luzern in die Stiftskirche soll er eine heilige Messe gestiftet haben. Wie gesagt, unabhängig von diesem, ist folgendes Ereignis: Als die Luzerner die Burg Neuhabsburg auf der Ramenfluh am Waldstättersee genommen hatten, erhielt die Frau Schlossvogtin von den Siegern freien Abzug samt der Gnade, ihre liebste Habe aufzuladen. Sie tat, was die Weiber von Weinsberg, oder die Burgfrau zu Tengen, und rettete so ihren Gatten. Allein er schämte sich, dass ein Weib ihn mit List gerettet und davon getragen habe und gab der edlen, treuen Gemahlin auf der Meggeralmend den Tod. Das mordbefleckte Gewissen quälte ihn aber unausstehlich. Als der Ritter einige Zeit umhergeirrt, gelangte er wieder zur Stätte seiner ruchlosen Handlung und machte allda seinem Leben ein böses Ende. Dieses geschah einige Minuten entfernt von der Heiligbuche, da wo jetzt an der alten Meggenstrasse das Käpeli des heiligen Onophrio steht, wohin die Megger alljährlich wegen dem Ungeziefer, besonders der Engerlinge, einen Bittgang mit Kreuz verrichten.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Die heilige Verena in Stäfa

Source: Die heilige Verena in Stäfa

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Die heilige Verena in Stäfa In der Wannen bei Uelikon oberhalb Stäfa fließt das Wannenbrünneli, das wegen seines vortrefflichen Wassers gerühmt wird. Nahe am Ursprung dieser Quelle soll die heilige Verena als Wohltäterin Armer und Kranker in einer Badeeinrichtung gewirkt haben. Es stand auch eine Kapelle dort. Noch heute erzählt man, die heilige Verena habe dort arme Kinder gestrählt und gespiesen. Am Lattenberg‚ ebenfalls in der Gemeinde Stäfa, soll auch eine der heiligen Verena geweihte Kapelle gestanden haben. Als Rest früherer Wallfahren dorthin betrachtete man die alte Sitte, zu Ostern und Pfingsten Spaziergänge an diesen Ort zu unternehmen. Bad und Kapellen sind längst zerfallen und verschwunden. Name und Bild der Patronin aber haben sich der Nachwelt dadurch erhalten, dass die Gemeinde Stäfa sie in ihr Wappen aufgenommen hat. Ausserdem findet sich ihr Relief auf der Südseite des ersten Schulhauses auf Kirchbühl. Es trägt die Jahrzahl 1721. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Nach Attenhofer, Das Büchlein der heiligen Verena, S. 65 und 99. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die heilige Verena in Zurzach

Source: Die heilige Verena in Zurzach

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So lange die heil. Verena noch zu Solothurn wohnte, konnte sie dorten beim heidnischen Stadtvolke wenig Gutes ausrichten; man liess sie in ihrer Einsiedelei draussen im Jura hinter Fels und Wald an ihrer kalten Quelle sitzen, und hörte nicht auf sie. Als sie aber einmal bei einer Hungersnoth vierzig Säcke Mehl um ihre Klause stellen liess und Krapfen buck, war den Stadtkindern der Weg bald nicht mehr zu weit, sie kamen zahlreich gelaufen und wollten Wecken essen. Jedem schenkte sie einen und sagte ihm dabei den Glauben vor; das Mehl gieng ihr nicht aus, und das Brod wuchs den Kindern unter den Zähnen, bald war die erste Kleinkinderschule fertig. Aber der neidische Teufel will überall seinen Stein darin haben. Ihm war's nicht recht, dass die Jungen anders werden sollten als ihre Alten; er riss also an der Jurawand ein Felsenstück los und schleuderte es gegen die Zelle hinunter. Es blieb jedoch noch gerade oberhalb dem Dache liegen; da ist der schwarze Steinblock heute noch zu sehen mit eben so viel Löchern als der eifersüchtige Teufel damals Krallen hineindrückte. Nun hatte die Heilige hier ihres Bleibens nicht mehr. Sie nahm sich einen Mühlstein, der an der Solothurner Aare zum Verladen lag, und schwamm auf diesem den Fluss ins Aargau hinunter. Als sie am Städtchen Klingnau vorüber kam, fiengen drinnen alle Glocken an von selber zu läuten. Die Klingnauer aber hatten dazumal noch ihre Häuser so gebaut, dass deren Fenster alle ins Städtchen hinein, keine aber auf den Fluss herausschauten; man konnte also die Heilige nicht vorbei fahren sehen und noch weniger sich das Geläute erklären, zu dem nicht die besondere Erlaubniss eingeholt worden war. Sie sprangen zum Stadt-Sigrist und lasen ihm sogleich tüchtig den Kavelantes (Keifen und tafeln, cavillari. Kavelantis, ein derber Verweis), sie brachen die Thurmthüren auf, um die bösen Buben abzustrafen, die hier muthmasslich eingestiegen waren; aber sie erstaunten nicht wenig, als sie die Glockenstränge von unsichtbarer Hand gezogen hinauf und herab schwingen sahen. Jetzt merkte man ein Wunder, bald entdeckte man auch oben vom Thurme aus die Heilige, die draussen im Strome eben an der weiten Landzunge der Insel Au herunter fuhr. Während man nun eine breite rathsherrliche Berathung eröffnete und eine Reihe von Vorschlägen brachte, unter welcherlei ausgesuchten Ehrenbezeugungen die Verena durch Deputationen begrüsst und ins Städtchen herein geleitet werden sollte, war sie bereits weit entfernt in dem öden Giritz ausgestiegen, einer Aarniederung, die damals nur von giftigen Sumpfthieren eingenommen war. Hier hob Verena drei Finger zum Himmel empor und steckte sie in den Sand des Uferlandes. Sogleich entsprang hier das Verenabrünnlein, dessen stets klares Wasser auch jetzt noch für heilkräftig gilt. Nachdem sie selber davon getrunken, liess sie den Kleinstädtern Klingnau's das Nachsehen, und fuhr hinab bis zur Mündung der Aare in den Rhein. Hier liegt am linken Flussufer das arme Schifferdorf Koblenz. Die Bevölkerung, die ihre Blicke stets auf dem Strome hat, aus welchem sie ihre Nahrung zieht, war der Heiligen sogleich ansichtig geworden, fuhr ihr auf allen Weidlingen entgegen und bemühte sich, sie sammt ihrem Mühlsteine ans Land zu rudern. Dann gestanden sie ihr die üble Lage, in der man sich hier gerade befand. Hier hatten nämlich die Juden von ganz Deutschland auf der letzten Grenzscheide des Reiches ihren Begräbnissplatz angewiesen erhalten. Er lag auf einer Stromödung, welche die Judeninsel heisst und die heute noch immer alljährlich von der Judenschaft zu Lengnau und Endingen feierlich besucht werden muss. Allein die Leichen waren so übel bestattet und nur so leicht im Flusssande verscharrt, dass die Luft davon verpestet worden war und eine Seuche ringsum in der Gegend wüthete. Diese Krankheit wich alsbald beim Erscheinen Verenas. Nun beeiferte sich auch das benachbarte Chorherrenstift im Markte Zurzach, hier zu erscheinen, und führte die fromme Frau mit Kreuz und Fahnen in allen Ehren heim in eine ihr mehr gebürende Wohnung. Auch den Mühlstein, auf welchem sie hergeschwommen, wollte man nicht zurücklassen. Man lud ihn auf einen Wagen und hatte ihn bis zum sogenannten Koblenzer-Kreuz gebracht. Hier aber blieben alle Rosse, so viel man deren Vorspannen mochte, unbeweglich stehen, und man war nicht im Stande, Wagen oder Stein vorwärts zu schaffen. Aber zurück nach Koblenz liess er sich mühelos bringen, und hier ist er noch. Neben der Kirchthüre sieht man da in der Mauer eine Einsenkung, hinter deren Vergitterung der Stein nebst der Heiligen Bildniss verwahrt ist. Man traut ihm übernatürliche Kraft zu. Auch ist das Gewölbe, das ihn verwahrt, ganz allein unversehrt geblieben, als eine Feuersbrunst Dorf und Kirche einäscherte; es hängt voll wächserner Füsschen und Aermchen, welche die Leute opfern, wenn einem ihrer Kinder ein Schaden heilen soll. Ueber dem Stein sind die Worte zu lesen: Auf diesem Stein hier auf der Aaren Die heilig Verena ist gefahren, Ohne Ruder, Schiff und Schalten, Wie solches geglaubt die frommen Alten. In der Krypta des Zurzacher Kirchenchors liegt die Heilige bestattet. Auf ihrem steinernen Grabmal ist sie abgebildet mit fliegenden Haaren; mit der Rechten hält sie einen Wasserkessel am eisernen Tragringe, mit der Linken einen zweireihigen Kamm: Kannten und Strähl, wie man beides nennt. Ihre heilkräftige rechte Hand, in einer Silberkapsel verwahrt, wird jährlich am Osterdienstag in Prozession nach der Kapelle auf der sogenannten Burg getragen; denn hier, wo die Ueberreste und Mauern eines römischen Vorwerkes lagen, das einst den Rheinübergang zu decken hatte, und wo zugleich die älteste Jochbrücke dieser Gegend durch den Strom gieng, soll die Jungfrau ihre Wohnung gehabt haben; hier ist auch dem hl. Mauritius, dem Obersten der Thebaischen Legion, ein Kirchlein errichtet. Ein Stück vom Verenenkrüglein hat der Fürstabt von St. Blasien im Schwarzwalde angekauft und den Zehnten im ganzen Amte Waldshut dafür an das Zurzacher-Stift abgetreten. Darum erhebt dasselbe jetzt noch in den acht badischen Nachbargemeinden den Zehnten: in Kadelburg, Aettwil, Gortwil, Thiengen, Nheinheim, Küssennacht, Dangstetten und Dechtisbohl. Der Gürtel der Heiligen wird im schwäbischen Kloster Roth verwahrt; er bringt Gebärenden Hilfe; er soll den Burgunderkönig Konrad und den Schwabenherzog Burkhard mit Nachkommen gesegnet haben, die sich beide vorher über ihre kinderlose Ehe betrübten. Das steinerne Verenenkrüglein war lange verloren gewesen, bis es Hirten am Rheinufer wieder auffanden; seitdem ist es heilkräftig und segensreich gewesen. Für den Frommen ist es voll süssen Heiltrankes, für den Bösen schwimmen nur Kohlen darin. Als eine Wittwe in Kummerthränen erblindet war, die sie ihrem verstorbenen Gatten nachweinte, gaben ihr die Waschungen aus diesem Gefässe das verlorne Augenlicht wieder. Als ein Rosshirt von seinem unbarmherzigen Dienstherrn geblendet worden war, gewährte es ihm die gleiche Hilfe. Alljährlich am Tage der Heiligen versammelt jede Hausmutter im Badener-Gebiete (Grafschaft) ihre Kinder, und wäscht ihnen der Reihe nach die Köpfe. Dies schützt sie gegen alle spätern Krankheiten des Hauptes. Warzen vertreibt man, indem man darüber haucht und dazu spricht: Frene, Frene, dorra weg! An der linken Mauer der Zurzacher Kirche ist ebenfalls ein eigener Verenenbrunnen, und sein Wasser ist beim Volke so geschätzt wie Weihwasser. Eine Bergquelle gleichen Namens sprudelt auf dem benachbarten Achenberge; hierher gieng der Lieblingsweg der Heiligen. Sie ist eine Patronin aller Fischer, Schiffer und Müller. Als in dem Hause, wo sie als Magd diente, ein edler Ring verloren gieng, liess sie bei Zurzach einen grossen Rheinsalmen fangen und zur Küche bringen, der jenen Goldring im Leibe hatte. Noch tragen die alten Mühlen und Banngemarkungen im Surbenthale die Wahrzeichen der Heiligen, Krüglein und Kamm. Wenn daher habsüchtige Müller das Wasser, das Andern dienen soll, ihren eigenen Rädern zuleiten, so zerreisst es ihnen mit grossem Schaden die Wuhren und geht dann seinem vorigen Laufe nach. Und wenn eine Schnittermagd vom Garbenbinden her über den Rhein heimkehrt und einmal bei der Ueberfahrt mit dem Weidling umschlägt, so hält ihr die Jungfrau mit der einen Hand den Mund zu, dass sie nicht ertrinke, und führt sie mit der andern ans Gestade. Auch als Wetterheilige gilt sie; daher heisst die Kalenderregel für den ersten des Herbstmonats: Wenns Vreneli brünnlet, gits en schlächte Herbst. Regnet's an Verena, so gibtts trockne Saatzeit. Wäscht Verena am Vormittag ihren Rock und trocknet ihn Nachmittags wieder, so gibt's guten Herbst. St. Verena sott z'Morndes 'sChrüegli lösen, z'Mittag 'sChitteli tröchne. Wenn's den ganzen Verenatag regnet, darf der Ackerer zum z'Obig (Abendbrod) nicht mehr absitzen (sitzend verzehren). Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 11 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die heiligen Drillingsbrüder

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Vor uralter Zeit, so wird in Vesch (Vex) erzählt, kamen ins Land Wallis drei Hl. Männer, Germanus, Romanus und Sylvius. Sie nannten sich Drillingsbrüder. Mit kräftigem Arm rissen sie Gesträuche und Bäume aus, bebauten das so gewonnene Feld und erlegten die wilden Tiere, die sich ihren Pflanzungen nahten. Um sich in der wilden Gegend nicht etwa zu verlieren und einander, wenn Not, Hülfe zu bringen, wählten sie drei Wohnplätze, die einander im Angesichte und unter Augen lagen. Da bauten sie sich Hütten und Bethäuslein in einem grossen Dreiecke zum Andenken an ihre heilige Drillingsbruderschaft; Sylvius in Vesch, Romanus in Ayent und Germanus in Savièse. - Das ist der Ursprung der drei alten Pfarrdörfer in der Umgegend von Sitten. Gegenwärtig hat Ayent eine neue, sehr schöne Kirche, Vesch baut eben eine solche — freilich auf neugewählter Stätte — und Savièse wird auch noch folgen.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Heiligen Lucius und Emerita

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Lucius, König von Britannien, verliess Scepter und Krone und Vaterland, um, dem innern Drange folgend, den Heiden auf dem Festlande das Evangelium zu predigen. Er kam nach Langem in die alte Stadt Augsburg, wo er aber um Christi Willen grossen Lebensgefahren sich aussetzte; er musste flüchten und nahm von dort aus den Weg nach Oberrätien. So gelangte er nach vielen Mühsalen und Verfolgungen über die bekannte Luzien-Steig oberhalb der ehemaligen römischen Station »Majae-villa« (Mayenfeld), in unserm heutigen Bünden an. Im Steigwalde traf er eine arme Frau, die keuchend ein mit Holz beladenes Wägelchen bergan zog. Der fromme Mann erbarmte sich ihrer und spannte einen stets ihn begleitenden Bären vor das Wägelein. Das Ziel seiner weiten und mühevollen Reise erkannte er in der Nähe der alten Curia Raetorum. Am Abhange des Mittenberges, unweit des römischen Castrums, fand der bejahrte Pilger eine kleine, etwas entlegene, aber geschützte Ruhestätte unter einem überhängenden Felsen, in einer Grotte im Waldesdunkel, welche seither unter dem Namen St. Luzi us Löchlein bekannt ist. - Von dort aus unternahm der Heilige seine Missionsgänge, predigte den Heiden in der Umgegend, taufte und bekehrte sie. - (Jetzt steht in der Felsenhöhle eine ihm geweihte Kapelle.) Emerita, seine königliche Schwester, vom gleichen Geiste beseelt und geleitet, ergriff ebenfalls den Wanderstab, um ihren Bruder Lucius aufzusuchen und in seinem Missionswerke ihn zu unterstützen. - Zu Curia trafen sich die Geschwister, predigten und bekehrten gemeinsam oder einzeln. Bei einer solchen Mission wurde sie zu Trimons (Trimmis) von den Heiden ergriffen und zum Feuertode verurteilt. - Solche, die sie bekehrt hatte, sammelten die Asche der Glaubensheldin. - Auf dem Platze, wo sie den Märtyrertod erlitten, wurde späterhin zu ihrem Andenken die Pfarrkirche von Trimmis erbaut. - Ihr Bruder Lucius überlebte sie. »Dieser führte einst«, so sagt die Legende weiter, »auf einem mit einem Ochsen und einem Bären bespannten Wagen auf Trimmiser Gebiet Holz. Die Heiden blieben nicht dabei stehen, ihn zu höhnen, sondern warfen ihn, als er das Christentum verkündigte, wilden Tieren in einer Grube vor, nachdem seine Schwester Emerita bereits auf ähnliche Weise ihren Tod gefunden hatte. Aber die wilden Tiere schonten Seiner, worauf eine schöne Anzahl Heiden, göttliche Vorsehung gewahrend, sich taufen liessen. Der heilige Lucius aber bat den Herrn der Heerschaaren um der Heiden Erleuchtung, wünschte ihnen aber doch zugleich bei dieser Gelegenheit als stete Warnung und gleichsam als Andenken an ihre Verstocktheit die in der Gegend einheimisch gewesenen Kröpfe an den Hals. Der Glaubensbote Lucius erlitt den Märtyrertod auf dem Turme Marsöl zu Chur, und zwar auf Befehl des Appius Claudius Lateranus, damals regierenden (um 187-193) Statthalters in Oberrätien. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die heiligen Quellen auf Rütli

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Als Walther Fürst, Stauffacher und Melchthal, die Gründer der schweizerischen Freiheit, in jener Nacht, in der sie auf dem Rütli zusammen kamen, die Ausführung des großen Befreiungswerkes sich gegenseitig gelobten, sprang in dem Augenblick, in welchem sie die Hände zum Schwur emporhoben, zu den Füßen eines jeden ein Quell klarsten Wassers aus der Erde hervor. Ein Zeichen der Freiheit, die noch heute schützend und segnend ihren Arm über das schweizerische Volk ausstreckt, fließen noch heute jene drei Quellen, Labsal und Erquickung den Dürstenden bietend. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Heiligen unter dem Galgen

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Bis auf den heutigen Tag hört man davon reden, die Luzerner hätten einmal beim Papst zu Rom um einen heiligen Leib angehalten, aber zur Antwort bekommen: „Ihr habt daheim heilige Leiber unter dem Galgen, zieht vorerst diese zu Ehren.“ Wer diese heiligen Leiber seien, weiss das Volk ebenfalls zu deuten. Es sind Männer, die beim grossen Bauernkrieg von 1653 an der Spitze standen und deshalb hingerichtet wurden Sie waren von den einen ebenso verabscheut als von den andern gehoben. (Beispiele: Steiner, Ruodi Stürmli, Fridli Bucher, Krummenacher, Oberst Amstein, Gundeldinger und viele andere. Hier zwei Geschichten von „heiligen Leibern“. Anm. der Red.) Ist es ein Nachhall von dem Luzerner Fridli, was man sich in Uri von einem gewissen Fridlich berichtet? Dieser, in den Rat nach Uri gewählt, sah einigen Kollegen bei einer Abstimmung das Feuer zum Mund aus flammen. Er verheimlichte dieses nicht und die beleidigten Miträte führten Klage. Da er nicht freiwillig sich vor Rat stellen wollte, liess man ihn auf seiner Alpe fangen. Nachdem er diejenigen bewirtet, welche diesen Auftrag zu erfüllen hatten, ging er willig mit. Statt seine Worte zu widerrufen, beteuerte er sie standhaft und wurde deshalb hingerichtet. Als sie ihn aus dem Kerker führten, läuteten die Glocken von selbst. Das Volk betrachtete ihn als einen Heiligen. Roni Sattel von Mosen (Kts. Luzern) heiratete ein Edelfräulein. Er wurde deshalb, weil nur gemeinen Blutes, eingezogen und sollte entsagen. Das wollte oder konnte er nicht und erlitt den Feuertod. Auf der Heide, wo der Holzstoss errichtet war, sah Roni drei Blümlein blühen. Das Volkslied sagt, dass er sie gepflückt und mit ins Feuer getragen habe. Die rechte Hand samt den Blumen blieb unversehrt und drei weisse Tauben begleiteten Ronis Seele zum Himmel. Die sieben Ratsherren hingegen fuhren auf sieben kohlschwarzen Rappen in die Hölle. Ronis Gebeine seien unter dem Galgen bei Luzern begraben worden und galten beim Volk als heilig.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Die Heiligen unter dem Galgen

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Bis auf den heutigen Tag hört man davon reden, die Luzerner hätten einmal beim Papst zu Rom um einen heiligen Leib angehalten, aber zur Antwort bekommen: „Ihr habt daheim heilige Leiber unter dem Galgen, zieht vorerst diese zu Ehren.“ Wer diese heiligen Leiber seien, weiss das Volk ebenfalls zu deuten. Es sind Männer, die beim grossen Bauernkrieg von 1653 an der Spitze standen und deshalb hingerichtet wurden Sie waren von den einen ebenso verabscheut als von den andern gehoben. (Beispiele: Steiner, Ruodi Stürmli, Fridli Bucher, Krummenacher, Oberst Amstein, Gundeldinger und viele andere. Hier zwei Geschichten von „heiligen Leibern“. Anm. der Red.) Ist es ein Nachhall von dem Luzerner Fridli, was man sich in Uri von einem gewissen Fridlich berichtet? Dieser, in den Rat nach Uri gewählt, sah einigen Kollegen bei einer Abstimmung das Feuer zum Mund aus flammen. Er verheimlichte dieses nicht und die beleidigten Miträte führten Klage. Da er nicht freiwillig sich vor Rat stellen wollte, liess man ihn auf seiner Alpe fangen. Nachdem er diejenigen bewirtet, welche diesen Auftrag zu erfüllen hatten, ging er willig mit. Statt seine Worte zu widerrufen, beteuerte er sie standhaft und wurde deshalb hingerichtet. Als sie ihn aus dem Kerker führten, läuteten die Glocken von selbst. Das Volk betrachtete ihn als einen Heiligen. Roni Sattel von Mosen (Kts. Luzern) heiratete ein Edelfräulein. Er wurde deshalb, weil nur gemeinen Blutes, eingezogen und sollte entsagen. Das wollte oder konnte er nicht und erlitt den Feuertod. Auf der Heide, wo der Holzstoss errichtet war, sah Roni drei Blümlein blühen. Das Volkslied sagt, dass er sie gepflückt und mit ins Feuer getragen habe. Die rechte Hand samt den Blumen blieb unversehrt und drei weisse Tauben begleiteten Ronis Seele zum Himmel. Die sieben Ratsherren hingegen fuhren auf sieben kohlschwarzen Rappen in die Hölle. Ronis Gebeine seien unter dem Galgen bei Luzern begraben worden und galten beim Volk als heilig.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Die Heiligföhre bei Wegenstetten

Source: Die Heiligföhre bei Wegenstetten

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Auf dem Fusswege von Wegenstetten nach Wittnau, zweien Frickthalerdörfern, stand oben am Berge sonst eine vereinzelte alte Föhre, an deren Stamm ein kleines Muttergottesbild unter einem Dächlein hieng. Ein Kind, das öfters dieses Weges geschickt wurde, gieng nie an dem Baume vorüber ohne nieder zu knieen und sein Gebet herzusagen, wie man es ihm daheim eingeprägt hatte, und immer fand es alsdann einige kleine Silbermünzen am Stamme liegen. Je mit den Altersjahren des Kindes stieg auch der Werth der Münzen, die es da im Grase fand, nach und nach wurden es statt Kreuzer Groschen und Sechskreuzerstücke. Einmal, da es sich dem Baume wieder näherte, traf es eine fremdartige alte Frau dorten. Sie trug eine weisse Haube übers Haar, einen rothen Heidenschopen, der weit über die Hüfte herabreicht, wie ihn ehemals ältere Frauen im Schwarzwalde noch trugen, auch ihr Rock und ihre Strümpfe waren gleichmäßig roth. In der Hand hielt sie ein Reise- oder Marktsäckchen an den Schnüren, viereckig geschnitten und an den untern Zipfeln mit wollenen kleinen Troddeln besetzt. Auch dieses Säckchen war roth. Sie bot es dem Kinde schweigend hin. Das Kleine merkte am Gewichte, dass es mit Geld gefüllt sein müsse, nahm's also und machte sich damit schnell davon. Als es schon eine Strecke weit entfernt war, hielt es wieder an und blickte nach dem Baum zurück. Dort stand noch immer jene Frau. Nun kam sie ihm aber gar seltsam und so ausgealtert vor, dass es plötzlich erschrak, das Säckchen von sich warf und entlief. Von da an hat man die Frau nicht wieder gesehen, das Kind hat aber auch keine Münzen mehr gefunden, und die Föhre ward endlich umgehauen. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 85 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Heilkröte

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Ein Obwaldner hatte einst ein „böses" Bein. Täglich nahmen Übel und Schmerzen zu, ungeachtet aller angewandten Mittel. Bisweilen sass der Mann auf die Bank vor dem Hause draussen, wo er die Wunde losband, reinigte und mit frischer Salbe belegte. Eines Tages kroch eine Kröte aus dem nahen Grase heran und krabelte der eben entblössten Wunde zu, was aber der Patient nicht freundlich aufnahm. Gleichwohl kam das Tierchen wieder und wieder. Verwundert erzählte der Kranke es dem Arzte, welcher ihn auswies, die Kröte nur auf den offenen Schaden sitzen zu lassen. Er folgte dem Rate und sie saugte aus der Wunde das Gift weg, schwoll aber dabei so sehr an, dass sie zerplatzte. Der Mann erfreute sich bald hernach vollkommener Genesung.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Die Heilkröte

Source: Die Heilkröte

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1. Eine mächtige Kröte, so gross wie der wollene Handschuh eines Holzarbeiters (eini wiä-nn-ä Händschä), hatte sich schon viele Jahre im Keller eines herrschaftlichen Hauses aufgehalten, und der Herr hatte seinen Dienstboten streng verboten, sie zu belästigen, und die Fehlbaren mit Entlassung bedroht. Da wurde dieser Herr auf den Tod krank. Jetzt kroch die Kröte aus ihrem Winkel hervor bis zur Türe bei der Treppe, und jedermann merkte, dass sie hinauszukriechen begehre. Auf Befehl des Herrn liess man ihr die Türe offen, und sie kam nun bis zur Haustüre, die ihr ebenfalls geöffnet wurde, Das gleiche Manöver wiederholte sich an der Krankenzimmertüre. Vor dem Bette des Kranken angekommen, wurde ihr ein Laden bereitgestellt, auf dem sie sich aufwärts bewegte, und droben legte sie sich gerade auf das Herz des Patienten. Binnen einer halben Stunde schwoll sie so gewaltig an, dass sie aussah wie ein kleines Muttli. Hierauf zog sie sich zurück, und draussen vor dem Hause barst sie entzwei. »Der Herr aber isch vo Stund a z'wägchu wiä-nn-es Liächtli.« Die Kröte hatte alles Gift und alle Krankheitsstoffe, die sich auf dem Herzen angesammelt hatten, an sich gezogen. »Das het-mä-n-eißter g'seit, 'Krottä tiäget ds Gift a'ziäh.« Daniel Imholz, 50 J. alt, Unterschächen 2. Ein Kind hatte die Gewohnheit, mit seiner Milchsuppe auf die Hausstiege zu gehen und sie dort mit einer Kröte zu teilen. Jedesmal, wenn es selber einen Brotbrocken gegessen, ergriff es mit den Fingern einen zweiten und gab ihn der Kröte ins Maul, indem es dazu sagte: »Ich eis – – dü eis; ich eis – – dü eis!« Später wurde das Kind krank. Da kam die Kröte ins Krankenzimmer, und man liess sie über einen Laden zu dem Kinde ins Gütschli hinaufsteigen. Sie legte sich ihm grad auf's Herz und schwoll alsbald gewaltig an. Nach einiger Zeit verliess sie das Zimmer. Das Kind wurde schnell gesund, aber die Kröte wurde nie mehr gesehen. »Diä Chrottä isch niämmer meh z'gseh chu.« Paulina Tresch, 24 J. alt, Maderanertal 3. Einem Fuhrmann begegnete auf der Landstrasse eine Kröte. Mildherzig wich er ihr mit seinem Fuhrwerk aus. Nach einiger Zeit bekam er ein krankes, geschwollenes Bein, und es kam die Kröte etc. Frz. Zgraggen, 20 J. alt, Schuster, Gurtnellen 4. Im Hause in der Muren zu Gurtnellen in einem Loch der Herdstattmauer hauste noch zu Menschengedenken eine mächtige Kröte, die sich am Tage ruhig verhielt, bei Regenwetter hingegen nachts auf Nahrung ausging. Solange die alten Leute lebten, liess man das Tier ruhig gewähren; als diese gestorben, töteten es die jungen Hausbesitzer. Da bekamen sie auf einmal fast alle – es waren ihrer zwölf – das Nervenfieber, und der Arzt sagte, sie seien selber schuld; hätten sie die Kröte leben lassen, so hätte diese das Gift angezogen und sie wären gesund geblieben. Frau Baumann-Dubacher, 85 J. alt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Heilquelle im Heustrich

Source: Die Heilquelle im Heustrich

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Da, wo der Niesen das Wolkenmeer zerzaust, stand vor alten Zeiten ein kleines Häuschen, worin ein braves Ehepaar lebte. Der Mann war ein guter schlichter Bauer, dabei vergnügt und fröhlich, dass kaum ein Tag verging, da er nicht bei Sonnenaufgang sich jauchzend und singend an die Arbeit machte. Eines Morgens aber war sein Jodel verstummt. Trübe schlich er daher und sein Gesicht zeigte eine befremdliche Blässe. Krankheit hatte ihn übernommen und Kummer kehrte jetzt in das freundliche Häuschen ein. Eines Morgens, wie ihn die wackere Hausfrau wiederum mit fahlen Wangen an die Felswand gelehnt findet, will ihr fast das Herz brechen über dem Anblick. Um ihren Schmerz zu verbergen, eilt sie in den Wald hinaus. Dort fällt sie auf die Knie, um ein inbrünstiges Gebet zum Himmel empor zu senden. Kaum hat sie geendet, sieht sie plötzlich in einem überirdischen Scheine einen Zwerg vor sich stehen. Er trug eine Krone auf dem Haupte und ein Szepter in der Hand. "Ich bin der Zwergkönig des Niesens", sprach er. "Erschrick nicht gute Frau, ich bringe dir nur Gutes. Siehst du dort oben jenes Gebüsch? Dort fliesst seit Jahrhunderten eine Quelle. Aber sie blieb bis heute den Menschen verborgen. Steige hinauf, schöpfe aus dem Quell und gib deinem Manne zu trinken. Er wird dir gesunden." Damit war der Zwerg verschwunden. Die Frau aber erhob sich getrösteten Herzens. Sie tat, wie sie geheissen ward und gab dem Kranken fleissig aus dem Quell zu trinken. Wie durch ein Wunder genas er und das Glück kehrte wieder in dem Häuslein am Fusse des Niesen zurück. Seither ist der Brunnen im Heustrich am Niesenberg als Heilquelle bekannt. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die heilsame Ohrfeige

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1. Ein Bauer beklagte sich bei seinem Knecht, wie es in seinem Berggut so furchtbar ung'hyrig sei. Da sagte der Knecht: »So lasset mich einmal hinaufgehen!« Und er ging. Als er zur Haustüre hineintrat, kam auch im nämlichen Augenblick auf der anderen Seite des Hausganges Einer herein, ein brandschwarzer Mann. Der Knecht liess sich nicht stören. Als Abendessen bereitete er sich einen währschaften Fänz, stellte ihn auf den Tisch und liess sich's wohlschmecken. Der Schwarze setzte sich stumm an die andere Seite des Tisches und schaute ebenso stumm zu. Der Knecht fragte, ob er auch mithalten wolle, aber der Schwarze antwortete mit keiner Silbe. Darauf holte der Knecht einen Teller und einen Löffel und schöpfte dem unbekannten Tischgenossen eine tüchtige Portion zu. Dieser fuhr mit seinen schwarzen Händen in den köstlichen fetten Brei und salbte ihn im Gesicht herum. Der Knecht schaute ihn zornig an und drohte: »Wenn nyt anders chasch! – i will di scho leernä! Mit d'r Gab Gottes gaht mä nid äso um!« Aber der Schwarze fuhr fort mit seinem unappetitlichen Manöver. Endlich stund der Knecht auf und verabreichte dem Schmierfink eine schallende Ohrfeige. Aber jetzt kam er zur Sprache und rief ganz fröhlich: »Das isch etz rächt! Uff dass han-i scho lang 'blanget; jetz bin-i erleest.« Und da war er verschwunden, und das Berggut hatte seine Ruhe. Frau Zurfluh-Loretz, Amsteg, 70 J. alt. 2. Einem Älpler warf es beim Essen immer Russ in den Milchreis hinunter. Endlich rief er ihm und lud es ein, zu kommen und mitzuhalten. Es kam wirklich und ass mit ihm, aber versudelte die kostbare Speise. Da schlug er ihm tadelnd auf die Finger. Jetzt fing es an zu reden und sagte, er habe es erlöst; es sei im Leben mit Speis und Trank nicht sorgfältig umgegangen und dafür nicht bestraft worden. Frau Mattli-Bissig, Bürglen, 80 J. alt. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Helvetier und die Römer

Source: Die Helvetier und die Römer

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Einst lebte in der Schweiz ein großes keltisches Volk, die Helvetier. Ihre Städte und Dörfer standen vorab im mittleren und westlichen Schweizerland. Sie trieben Ackerbau und Viehzucht und waren glücklich dabei. Unter ihnen aber lebte ein mächtiger Fürst namens Orgetorix. Der war sehr ruhmsüchtig. Es gefiel ihm nicht, bloß ein Fürst in den Gauen Helvetiens zu sein. Er wollte nach Gallien ziehen, wo heute Frankreich liegt, und dann die Römer angreifen und Rom erobern. Von dort aus wollte er die Welt beherrschen. Er begann die Hirten in allen Gauen heimlich aufzuhetzen und ließ ihnen sagen: "Warum wollt ihr denn in einem so kleinen und dürftigen Lande bleiben und zeitlebens arme Hirten sein? Laßt uns aufbrechen und das Land der Gallier erobern, wo der gute Feuerwein wächst. Niemand wird eurer Tapferkeit widerstehen können." Nach und nach stimmte ihm in geheimen Versammlungen fast alles Volk zu, und sie beschlossen, zusammen mit Weib und Kind zur Eroberung Galliens auszuziehen. Aber endlich vernahmen die höchsten Fürsten des Landes doch des Orgetorix Anschläge und luden ihn vor Gericht, damit er sich verantworte, denn sie bedrohten ihn als einen Landesverräter mit dem Feuertode. Jedoch Orgetorix kam zum öffentlichen Gerichtstage nicht allein, ihn begleiteten zehntausend Männer seines Gaues, die ihn vor seinen Feinden beschützen sollten. Doch da strömte das ganze helvetische Volk herbei, und es drohte ein furchtbarer Bruderkrieg auszubrechen. Da stürzte sich Orgetorix ins eigene Schwert und starb. Nach seinem Tode vergaßen aber die Helvetier seine großen Pläne nicht mehr. Sie blieben unzufrieden in ihrem schönen Berglande. Und eines Tages beschlossen sie dennoch, in Gallien einzubrechen, um das fruchtbare Land zu gewinnen. Sie rüsteten also für drei Monate Lebensmittel. Darnach steckten sie ihre zwölf Städte und vierhundert Dörfer in Brand, denn nie mehr wollten sie nach Helvetien zurückkehren. Sieg oder Tod war ihr Losungswort. Mit Frauen und Kindern, die sie in Wagenburgen mitschleppten, zogen sie am großen Lemansee entlang gegen Genf, ihrer über zweimalhundertfünfzigtausend Menschen. Ihr oberster Anführer war der alte, schneeweiße Held Diviko, der einst als junger Mann die Römer zurückgeschlagen hatte. Aber die Römer hatten den Anzug der Helvetier schon vernommen. In Eilmärschen rückte ihnen ihr berühmtester Feldherr, Julius Cäsar, entgegen und schlug sie in einer furchtbaren Schlacht bei Bibracte [Montmort beim heutigen Autun], nicht mit überlegener Tapferkeit, aber mit besseren Waffen und größerer Kriegskunst. Über hunderttausend Helvetier bedeckten das Schlachtfeld. Die Überlebenden zwang der römische Feldherr, wieder in ihr eben verlassenes Land zurückzukehren, wo sie ihre Städte und Dörfer wieder aufbauen mußten. Aber Kraft und Mut des helvetischen Volkes war für immer gebrochen. Bald rückten römische Besatzungen und Heere ins Land, die auch die tapferen Walliser und die wilden Rhätier im heutigen Graubündnerland unterwarfen. Diese gingen nach und nach in ihnen auf und nahmen sogar ihre Sprache an, die die Rhätier der wundervollen Bündner Bergtäler heute noch sprechen. Große Städte entstanden, wovon Vindonissa [Windisch] im Aargau und Aventicum [Avenches] im Waadtland die größten waren. Durch das ganze Land hinauf vom Lemansee bis zum Bodensee und bis ins Hochgebirge des Oberrheins gingen die römischen Türme. Wenn nun die wilden deutschen Stämme jenseits des Rheins, die Alemannen und die Sueben, ins Land der Helvetier einzubrechen drohten, flammte auf dem nächsten römischen Wachtturm am Rhein ein Feuer auf und dann auf dem etwas weiter ab liegenden und dann auf dem noch weiter entfernten. Und so gingen nach und nach die Alarmfeuer von einem Wachtturm zum andern himmelan bis zu den Hauptlagern der römischen Soldaten, aus denen diese, sobald sie die Gefahr erkannten, mit Macht auszogen und zum bedrohten Rhein eilten, um die deutschen Völker von dem Fluß, der überall feste Grenzhäge hatte, abzuhalten. Mehr als zweihundert Jahre beherrschten also die Römer das Land Helvetien, bis eines Tages die Alemannen und Sueben wie ein lang gestauter Bergstrom über den Rhein hereinbrachen, alles vor sich niederwarfen und das schöne Land in Besitz nahmen. Die römischen und helvetischen Männer, ihre Frauen und Kinder machten sie zu ihren Sklaven, und heute noch kann man manch einem träumerischen, hellen Kinderäuglein ansehen, daß sein Urahne einstmals zu jenem seltsam verschollenen Volke gehörte, das einst aus Helvetien auszog, den sonnigen Süden zu erobern. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Hennenkrippe

Source: Die Hennenkrippe

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Ein Büble und ein Mädchen, die, um Erdbeeren zu pflücken, ausgegangen waren, verirrten sich im Walde. Es fiel die Nacht ein und die zwei armen Geschöpfe wussten nun gar nicht mehr, wo aus und wo ein. Plötzlich schimmerte ihnen ein Licht entgegen, und sie liefen eilends über Stock und Stein auf dasselbe zu und kamen in die Hütte der Waldfänkin. Sie klagten der Wilden Frau, dass sie sich beim Erdbeerpflücken im Walde verirrt hätten und in der dunkeln Nacht weder Weg noch Steg heim zur Mutter wüssten. Die Waldfänkin, die aufmerksam zugehorcht hatte, erfasste die beiden Kleinen und sperrte sie in die Hennenkrippe. Nach einer Weile kam der Wilde Mann, der Gemahl der Waldfänkin, in die Hütte und schnupperte aus weit geöffneten Nasenlöchern, sein unförmliches, breites Gesicht gegen die Hennenkrippe gewendet: »I schmeck, i schmeck Menschenfleisch«, grinste er. »Du Narr!« entgegnete die Waldfänkin, »du schmeckst nu Hennadreck.« Der Wilde gab sich zufrieden und trottete brummend aus der Hütte. Darauf öffnete die Waldfänkin die Hennenkrippe, ließ die Kinder aus und führte sie zum Walde hinaus bis auf den Weg, der sie schnurstracks heim zur Mutter führte. Könnt ihr euch denken, wie viel das Büble und das Mädchen von dem finstern Walde, dem Wilden Manne und der Waldfänkin, durch deren List sie gerettet wurden, der Mutter zu erzählen hatten! Quelle: Sutermeister, Otto: Kinder- und Hausmärchen aus der Schweiz, Aarau:1869 Graubünden. (Nach Vonbuu Bei träge S. 48.)        Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Herdmandli um Walchwil

Source: Die Herdmandli um Walchwil

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In den Gestrüppen und Felsenlöchern der Walchwiler Allmend, zumal gegen die Gnippenflue, hausten die „Bergmandli", Schutz- oder Plagegeister der Bergbewohner, je nachdem sie ihr Wohlwollen oder ihren Hass verdienten. Klein von Statur, schwarzbraun, stark, pfeilschnell Bäume zu erklettern oder in die Abgründe ihrer Wohnungen zu steigen als wären sie verschwunden, in sonderbaren Künsten erfahren, Herrn über Geld und Gold, ohne selbst davon Gebrauch zu machen, in der Liebe wie in der Rache ohne Mass, waren sie eben so sehr verehrt als gefürchtet. Wo sie zusprachen Speisen zu begehren (sie liebten Schweinfleisch), war das Haus des Segen Gottes sicher, und wem sie im Sommer heueten, was sie gern und wohl taten, der galt für den glücklichsten. Mit ihrer Flucht, auf Verfolgungen und Kränkungen mancherlei Art, gingen auch die goldenen, vergeblich zurückgewünschtcn Zeiten.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Die Herdmanndli am Pilatusberge

Source: Die Herdmanndli am Pilatusberge

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Die Erdmännchen auf dem Pilatus haben so viele Histörchen als Leute über sie erzählen. Der alte Hansmarti-Jakob am Löchenrain bei Eschenbach behauptet, sie hätten im Eschenbacher-Felsabhange gewohnt, dann bei den Dorfleuten Abends die Milch aufgesucht, die ihnen die Bauernmagd nach dem Melken beiseite stellen musste, und dafür am Morgen regelmässig das Vieh gemolken, damit die faule Lene eine Stunde länger schlafen konnte. Aber geredet hätten sie niemals ein Wörtchen, obschon sie das Luzerner-Deutsch gut verstanden haben. Der alte Luzerner-Stadtschreiber Joh. Leop. Cysat hat in seiner Beschreibung des Vierwaldstätter-Sees mehr das Sonderbare, als das Landesübliche von diesen „Berglütlenen des Pilatus“ zu erzählen gesucht. Er schildert sie in allerlei Jagdabenteuern als die Herren und Hüter der Gemsen. Kam ein gerühmter Schütze den Berg herauf, so liessen sie sich mit ihm in einen Accord ein und stellten ihm für eine gewisse Zeit oder eine Anzahl Jahre regelmässig ein Gemslein schussgerecht zuwege; dafür musste aber der Schütze geloben, die andern Thiere eben so lange in Ruhe zu lassen. So hat der alte Landammann Heinrich Jmmlin von Obwalden unserm Cysat selbst erzählt, wie er einmal am Pilatus den Gemsen nachgegangen und ein Bergmanndli dahergekommen sei, das ihm verboten habe, weiter herauf zu steigen. Er habe als starker Mann dieser Warnung spotten wollen, da sei aber das Manndli auf ihn losgesprungen und habe ihn mit grosser Gewalt die Felsen hinunter geworfen. Drunten lag er viele Stunden halbtodt, bis ihn die Seinigen fanden, erquickten und heimtrugen. Auch dem Untervogt von Malters, Hans Bucher, ist es nicht viel besser ergangen, er hat es selber dem Stadtpfarrer von Luzern i. J.1592 auf sein Gewissen als wahr erzählt. Bucher, ein braver und frommer Mann, war ein eifriger Fischer und Jäger und hatte sich oft geäussert, er möchte doch auch einmal so ein Herdmanndli sehen. Eines Tages nun, als er droben auf dem Pilatus im Rümlig nach schmackhaften Forellen fischte, sprang ihm ein solches rücklings auf den Hals und drückte ihn mit solcher Macht in den Bach nieder, dass er meinte, es sei sein Letztes. Du bist auch einer von denen, sagte es, die mir meine Thierlein schon viel geplagt und zerstreut haben! dann verschwand's und liess ihn liegen. Der Untervogt kam schwach und elend heim und fühlte sich auf einer Seite lahm: „also dass er fürder der Wildi (des Weidwerks) sich enthalten und nun das Haus vergaumen (hüten) rnüssen“. Das ist der sogenannte Hexenschuss und Zwergenschlag, mit dem sie den strafen, der ihrer Warnung nicht folgt. Die Sennen schildern sie als zwei Fuss hohe Männchen in grünen oder grauen Röcklein. Ihr Bart ist grau und wallend, ihre Locken fallen ihnen auf die Schulter. Sie trugen rothe Käpplein und hatten Gänsefüsse. In den Berghöhlen hüteten sie Schätze. Pfeilgeschwind kamen sie aus ihren unterirdischen Gängen hervor, erkletterten Bäume und Klippen und waren eben so schnell wieder verschwunden. Wo sie im Hause zusprachen, da war der Segen Gottes in Allem; wem sie im Sommer heueten, der war mit seinem Viehbestand ein Glückskind. Aber wer sie durch Rohheit erzürnte, der hatte eben so sicher ihre Rache zu fürchten. Bei den Hirten waren sie ganz einheimisch, und so gerne assen sie das ihnen vorgesetzte Schweinefleisch, dass sie dafür aus Karten und Händen weissagten und mancherlei ärztliche Kunst offenbarten. Bisweilen kamen sie im Hirtenhemde daher, das Lecktäschli mit Viehsalz gefüllt über der Achsel, im Händchen eine lange Gerte. So lockten sie Abends um die Betglockcnzeit den Kühen und fuhren dann allmählich mit ihnen durch die Luft davon. Kamen dann nach drei Tagen die Thiere wieder auf die Alpwcide zurück, so waren sie ausgemolken und vor Ermüdung halb todt. Bei einer solchen Begebenheit konnte sich der Senn nicht anders schützen, als dass er schnell den Alpsegen sang; damit brachte er die Kühe, wenn sie schon hoch in den Lüften waren, wieder zurück und ganz sanft liessen sie sich auf die Weide herab. Wenn nun heute die Glocken der vielen Ortschaften um den Pilatusberg zum Abendgebete läuten, so vergisst auch der Senne auf der Alp droben nicht, einen kräftigen Abendruf oder Alpsegen mit zu sprechen. Auf Bründlenalp, auf der Frostaffel erheben sich die hohen Felsen des Widderfeldes mit der Höhle des Tomili, auch Dummlin genannt. Der hl. Dominicus soll versteinert in ihr sitzen; auch könne man, heisst es, darinn so weit vordringen, dass man endlich das Geschelle der Weidkühe höre, die auf der entgegengesetzten Seite des Pilatusberges auf der Unterwaldner-Brünnlenalp gehen. Dorten liegt auch das grosse Mondmilch-Loch und nicht entfernt davon der berüchtigte Pilatus-See. Hier singt der Senne auf Bründlenhütten seinen Kühen den Abendsegen durch die Volle, den Milchtrichter, zu und erhält dafür von Gemeinde oder Weidherrn den eigens bestimmten Rufkäse. Dieser Abendruf, zu dessen Schluss auch die Anfangsverse aus dem Evangelium Johannis gesprochen werden, lautet also: Ho-ho, hoö-hoh, hoh-lowe Amen! Nehmet alle Tritt in Gottes Namen! Ho-lowe, Jesu Christi Blut, Bhüt Aller Leib, Seel, Ehr und Gut, Was in die AIp ghören thut. Das walt Gott uns unsre herzliebsti Frau, Das walt der heilig Sant Wendel auch, 's walt Gott und der heilig Sant Antoni, 's walt Gott und der heilig Sant Loy. Aus Rennwart Cysats Handschriften in Luzern, ausgeschrieben durch Joh. Leop. Cysat: Beschreibung des Vierwaldstätten-Sees. 1659. - Capeller, hist. mont. Pilati 1767, pag. 178 ff. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 325 Zwergensagen aus anderen Schweizerkantonen Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Herkunft der Altstetter

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Die Herkunft der Altstetter Die Alten berichteten, dass zur Römerzeit an der Strasse Zürich-Baden eine kleine Zitadelle stand, deren Aufgabe es war, diesen Militär- und Handelsweg zu bewachen. Ständig war die Festung von fünfzehn Legionären besetzt. Als dann die Alemannen ins Land einrückten, sollen diese Soldaten die Zitadelle verlassen und sich in der Umgebung angesiedelt haben. Sie bauten sich Hütten in den späteren Han?ändern unterhalb der Stelle, wo heute die alle Kirche steht. Indem sie sich mit dem Alemannenvolke vermischten, wurden sie zu Stammvätern der Altstetter. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Schmid, Altstetten, S.19 umstilisiert, jedoch ohne Motivverlust.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Herkunft der Erdmännlein

Source: Die Herkunft der Erdmännlein

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Nicht alle Engel, die dem Luzifer anhingen und deshalb zur Strafe vom Himmel gestürzt wurden, sind zur Hölle gefahren. Gott hatte ihnen eine Frist gesetzt, innerhalb derer alle dort unten angelangt sein sollten. Es waren aber so viele an der Zahl, dass es dichte Haufen vom Himmel schneite. So kam es, dass einige schneller und früher, andere langsamer und später am Boden auffielen. Diejenigen unter den Engeln, die sich nur hatten überreden lassen und nicht eigentlich böse waren, blieben im Sturz an Bergen und Bäumen hängen. Aus diesen sind nun nicht Teufel geworden, sondern eben Erdmännlein. Darum machte Gott die Zwerge gar listig und weise, dass sie Bös und Gut wohl erkannten und auch wussten, wozu alle Dinge gut wären. Sie kannten auch die Kraft und Tugend der Gesteine. Und so müssen sie dann bis zum Jüngsten Tage auf der Erde bleiben und wohnen in Erdlöchern und hohlen Bäumen. Manche Leute sagen, dass viele Zwerge deshalb so tückisch sind, weil sie es mit Luzifer gehalten haben und die Menschen um ihr Heil beneiden. So hauste vor Zeiten überall im Lande an Halden und Hängen das Volk der Zwerge. Tagtäglich kamen sie in die Dörfer und Höfe herab und westen und wirkten, wo Menschen weilten. Sie halfen bei aller Arbeit in Haus und Hof, in Stall und Stadel, auf Anger und Acker, in Weide und Wald, in Hurst und Holz; hüteten Kinder, hirteten das Vieh, schafften und werkten in jedem Gewerbe. Was sie taten und was sie rieten, brachte allerwegen Glück und Segen. Endlich aber verscherzten die Menschen durch ihren Frevelsinn Kunst und Gunst der Zwerge. Die Ursache aber war diese: Sie taten das alles sehr lange, so lange, bis im Dorf die erste ABC-Schule errichtet wurde. Da haben die bösen Schulbuben bald mit Steinen nach ihnen geworfen. Und da sprachen die Erdmännlein: „Uf und us der Erde, d'Lüt wei spitzfindig werde!“ Die Tränen traten ihnen in die Augen, und sie wanderten aus und zogen weit nach Norden in eine neue Heimat. Kaum aber hatten die Zwerge das Land verlassen, so zerfielen ihre Höhlen, Felsen stürzten zu Tal und Erdrutsche verschütteten Weide und Wald, Matten und Äcker mit Geröll.   Mündlich überliefert aus Graubünden Quelle: Götz E. Hübner und Sigrid Früh, Von Gletscherjungfrauen und Erdmännlein, Fischer TB, nach Caspar Decurtius, Märchen aus dem Oberlande, Zürich 1874     Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Herkunft der Fürsten von Schwarzenberg

Source: Die Herkunft der Fürsten von Schwarzenberg

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Die Herkunft der Fürsten von Schwarzenberg Das Schloss der Freiherren von Schnabelburg, später Besitztum der Herren von Eschenbach und Schwarzenberg, wurde im Jahre 1309 von den Söhnen Kaiser Albrechts mit Hilfe des Abtes von St. Gallen wegen Teilnahme seines Besitzers am Königsmord zerstört. Bei dieser Gelegenheit soll die ganze Besatzung ums Leben gekommen sein. Ein einziger Knabe nur entrann dem Blutbade, weil sein unschuldiges Lächeln selbst die den Tod ihres Vaters rächende Königstochter rührte. Dieser Knabe soll der Stammherr der Fürsten von Schwarzenberg geworden sein. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Knonauer Amt Nach Kohlrusch, S. 293, Anmerkung. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Herkunft der Schwyzer

Source: Die Herkunft der Schwyzer

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Vor alter Zeit begab sich im Lande der Schweden im kalten Norden eine große Teurung, und erwuchs daraus eine greuliche Hungersnot, so daß die Leute gar übel daran waren. Sie wußten sich nicht mehr anders zu helfen, als dass sie einen kleinen Teil des Volkes durch den Beschluß der Landsgemeinde zwangen, das Heimatland zu verlassen. So zogen ihrer an die fünftausend mit Weib und Kind aus dem mitternächtigen Lande und gelobten sich im Namen Gottes, daß sie sich nie verlassen wollten im Leben und Sterben. Sie gedachten durch alle Länder bis nach Rom zu ziehen, denn sie hatten vernommen, daß dort die Sonne beständig am Himmel stehe und daß es statt der eisigen Schneekörner den Leuten süße Früchte auf die Kappen schneie. Ihre Anführer aber waren zwei Brüder, die Swyt und Schej hießen. Also zogen sie durch ganz Deutschland und raubten und nahmen alles mit sich, was sie bekommen konnten. Zwar stellten sich ihnen viele Fürsten mit ihren Kriegsleuten entgegen, allein das wandernde Volk hielt sich männlich und schlug so unbändig drein, daß ihm überall der Weg freigegeben werden mußte. Bei diesen schweren Kämpfen verloren aber auch die Stämme Swyts und Schejs gar viel Volk. So kam es, daß sie überall, wo sie hinkamen, offene Pfade fanden, denn die Menschen in den Ländern, die sie durchzogen, hatten allenthalben von ihrer wilden Tapferkeit gehört und blieben vorsorglich in ihren wohlbefestigten Städten und Burgen. Diese aber ließ das Wandervolk in Ruhe. Sie wollten nur ihren Weg nach Rom offen haben. Sie kamen durch viele hundert deutsche Gaue bis an den großen Bodensee, wo vor ihnen auf einmal die hohen Alpen und Schneeberge aufstiegen, die ihnen wie eine ungeheure Mauer den Weg zu versperren schienen. Doch sie ließen sich nicht aufhalten, umgingen den See, wateten und schwammen durch den Rhein und trieben sich durch rauhe Wälder und über Alpenweiden und blaue Seen, bis sie endlich dahin gelangten, wo heute nahebei, im Tale der Alp, das Salveglöcklein Unserer Lieben Frau zu Einsiedeln ertönt. Unerschrocken brachen sie in die dunklen Urwälder ein, bis auf einmal Swyt, der Anführer, mit seinem Haufen aus einem mächtigen Tannenwald heraustrat. Da sah er über sich zwei gewaltige, turmartige Berge stehen, und unter sich erblickte er einen ungeheuren Nebelsee, über den das Schneegebirge herschimmerte. Und nun begann es im Nebel zu wallen und zu wogen. Er fing an, aus der Tiefe heraufzusteigen und sich aufzulösen, und siehe, da zeigte sich tief unten ein weites, grünes Tal, und darin lagen ein kleiner, blauer Bergsee und ein großer, grüner, um den die Schneeberge standen. Jetzt stieß Swyt in sein Horn, bis auch sein Bruder Schej mit seinem Volk herbeieilte. Alsbald stiegen sie mit all ihren Herden ins Tal hinab und streiften bis an den grünen Bergsee, an dem ein einsamer Mann die Fähre hütete, von der aus man über den See und das Schneegebirge nach Rom gelangen konnte. Obwohl das wandernde Volk nun selber vorgehabt hatte, nach Rom zu ziehen, besann es sich jetzt doch eines andern. Die Anführer schauten nochmals zu den zwei Hakenbergen hinauf, die heute Mythen heißen, und dann kehrten sie mit allem Volk zu den grünen Weiden unter die beiden Berge zurück. Und als sie am Fuße der beiden Riesentürme anlangten, trieben sie die Speere in den Boden und riefen: "Hier wollen wir wohnen in alle Ewigkeit!" Also ließen sich Swyt und Schej im Tal nieder mit all ihren Leuten. Aber als sie dem Lande einen Namen geben sollten, gerieten die beiden Brüder in Streit, da jeder das Tal nach seinem Namen nennen wollte. Und sie sagten sich voneinander los, und wie sie sich früher geliebt hatten, so haßten sie sich jetzt. Eines Abends, als das Alpenglühen auf den Schneebergen lag, fielen sie mit den Schwertern übereinander her und kämpften so lange miteinander, bis endlich Schej tot hinsank. Darnach wurde das ganze Tal nach dem siegreichen Anführer Swyt das Land Schwyz genannt, wovon dann in späterer Zeit die ganze Schweiz ihren Namen erhielt. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Herkunft des Namens Aesch

Source: Die Herkunft des Namens Aesch

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Als die Rauracher im Jahre 58 v. Chr. die Heimat verliessen, um im südwestlichen Gallien neue Wohnsitze zu suchen, zündeten sie ihre Dörfer an. So blieb auch von dem Ort, wo heute Aesch steht, nichts übrig als ein grosser Aschenhaufen. Zur Erinnerung daran nannten die neuen Ansiedler ihr Dorf Aesch. Aesch Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Herkunft des Namens Aesch

Source: Die Herkunft des Namens Aesch

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Als die Rauracher im Jahre 58 v. Chr. die Heimat verliessen, um im südwestlichen Gallien neue Wohnsitze zu suchen, zündeten sie ihre Dörfer an. So blieb auch von dem Ort, wo heute Aesch steht, nichts übrig als ein grosser Aschenhaufen. Zur Erinnerung daran nannten die neuen Ansiedler ihr Dorf Aesch. Aesch Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Herkunft des Ortsnamens

Source: Die Herkunft des Ortsnamens

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Vor vielen Jahren lebte an der Birsmündung eine arme Fischerfamilie mit vielen Kindern. Oft fehlte es ihnen an Nahrung und Kleidung; dennoch wurden die Söhne gross und stark. Als der Älteste eine Frau nehmen wollte, sprach der Vater: «Häns, es reicht kaum für uns. Aber du verstehst etwas von der Jagd. Vielleicht kannst du dich und deine Frau davon ernähren. Zieh fort in den grossen Wald, der weiter oben liegt.» Häns und seine Frau bauten sich eine Hütte, wo der Muttenzerbach heute aus den Bergen in die Ebene hinaus fliesst. Oft aber konnte Häns mit seinen schlechten Waffen tagelang kein Wild erlegen. Dann suchte er mit seiner Frau den alten Vater auf und klagte ihm seine Not. Dieser redete ihm zu: «Es wird schon wieder besser kommen, nur Mut, Häns!» Getröstet zogen die beiden wieder heim zu. Allemal, wenn Häns später die Sorgen drückten, munterte ihn seine Frau mit den gleichen Worten auf. Sie blieben da mit ihren Söhnen und Töchtern und nannten die neue Siedlung Muthens. Muttenz Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Herkunft des Ortsnamens Anwil

Source: Die Herkunft des Ortsnamens Anwil

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Als der liebe Gott die Welt geschaffen hatte, betrachtete er mit Wohlgefallen das fertige Werk. Von seiner Arbeit befriedigt, machte er sich daran, die Hände zu reinigen. Mit einem Seufzer der Erleichterung: «Do bisch ämmel», schlenkerte er seine Hand, dass die noch daran haftende Erde davon spritzte. Da aber, wo dieser letzte Lehmklumpen hinklatschte, da liegt heute Ammel (Anwil). Anwil Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Herren von Ägeri

Source: Die Herren von Ägeri

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Wo heute zu Oberägeri der schöne Hof Griesgruben steht, war vor uralter Zeit die stattliche Burg der Herren von Ägeri. Als die tapfern Gründer unserer Heimat die fremden Vögte geschlagen und aus dem Lande gejagt hatten, mussten auch die Ritter aus der Burg zu Ägeri fliehen. Der feste Platz wurde von den freiheitsdurstigen Bergbauern dem Erdboden gleichgemacht. Die Burg befand sich etwa fünfhundert Schritt nördlich der Pfarrkirche zu Oberägeri, der damaligen Hauptkirche des ganzen Tales. Nach der Zerstörung sah man hie und da in der heiligen Fronfastenzeit ganz kleine, bläuliche Lichtlein hin- und herschweben. Doch dauerte diese Erscheinung nur ganz kurze Zeit. Als dann der bekannte Seelensonntag in der Kirche eingeführt wurde und für die armen, unerlösten Seelen fleissig gebetet wurde, erhielten auch die bösen Ritter von Ägeri ihre sehnlichst gesuchte Erlösung und wurden von der Strafe ihrer rabenschwarzen Untaten befreit. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 30 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Herren von Rotental

Source: Die Herren von Rotental

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An der Südwestseite der Jungfrau, hoch über ihrem Fusse, liegt ein furchtbar vergletschertes Tal, das Rotental oder Rottal. Ehemals war hier eine der fruchtbarsten Alpen, die Blüemlisalp und vor noch nicht zu langer Zeit führte von hier aus ein Pass, wenn auch nicht ohne Gefahr, nach dem jenseits gelegenen Wallis. Glücklich wäre das Los der Bewohner dieses Teiles des Landes gewesen, hätte nicht zu jener Zeit die Willkürherrschaft grausamer Herren auf ihnen gelastet. Keiner war seines Eigentums sicher und selbst die Frauen und Jungfrauen des Tales entgingen nicht den Verfolgungen dieser Wütriche. Ihr gottloses Treiben konnte jedoch nicht ungestraft bleiben. Der Zorn des Himmels erwachte und als einstmals einer von ihnen, der böseste von allen, unter denen das Land seither geschmachtet hatte, mit seinem wilden Gelüste ein junges Hirtenmädchen verfolgte, kam plötzlich im jähen Sprunge ein grosser schwarzer Bock, welcher noch niemals vorher auf der Alp erblickt worden war, der fliehenden Jungfrau zu Hülfe und stürzte den Verfolger mit kräftigem Stosse von der steilen Felsenwand hinab in den Abgrund. Gleichzeitig aber erzitterten ringsum die Firnen der Eisberge und unter herabrollenden Felsstücken und Eismassen verwandelte sich das einst so blühende und fruchtbare Thal in die traurige Gletschereinöde die es heute ist, und die von jenem Augenblick an, nur selten von den Menschen betreten, der Aufenthaltsort aller jener Bösewichter ward, welche einst hier herrschend, ihre Macht zur Unterdrückung ihrer Nächsten und zur Befriedigung ihrer verabscheuungswürdigen Leidenschaften missbrauchten. Zu ewiger Busse verdammt, ziehen sie jetzt, ihr Schicksal in dumpfen eigentümlichen Tönen beklagend, von hier aus oftmals durch das Land. So oft aber diese Töne gehört werden, kann man sicher sein, dass trübes regnerisches Wetter im Anzug ist und im Volke heisst es dann: "Die grauen Talherren kommen!" was eben so viel bedeutet, als es wird schlecht Wetter werden. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Herrenkutsche bei Wittnau

Source: Die Herrenkutsche bei Wittnau

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Westlich vom Rechberg bei Wittnau liegt der Buschberg. Auf seine Höhe, die einst ein Schloß getragen haben soll, führt der Weg schräg über eine jähe Halde zu einem Wallfahrtskreuz, das von den Bewohnern der umliegenden Ortschaften sehr zahlreich und sogar von den jenseits des Rheines gelegenen Dörfern des Schwarzwaldes als ein wundertätiges besucht wird. Neben daran geht ein Fahrweg von dem Buschberge zum Lindberge hin, und ehemals als dieser Weg noch nicht bestand, führte vom Lindberg aus. eine lederne Brücke auf den Rechberg hinüber.  Tritt nun Regenwetter ein, so beginnt vom Buschberge her Musik und bald darauf erscheint die Herrenkutsche, in welcher die Schloßherren zum Besuch auf den Rechberg fahren. Ein Wittnauer Bauer, der im Jahre 1854 gestorben, erzählte mir darüberfolgendes Selbsterlebnis. Vor etwa 70 Jahren, da auf diesen Fricktalerbergen noch der Weidgang üblich war, hüteten wir Hirtenknaben unser Vieh auf dem Buschberge. Da ließ sich am hellen Mittage Musik hören und gleich hernach kam eine Kutsche gegen unser Heuhaus heran. Die Bespannung waren 4 prächtige Schimmel, auf dem Bocke saß ein Postillon in blutroter Uniform, alle Rockknöpfe glühten; wer aber innen in der Kutsche saß, konnte man bei ihrem schnellen Fahren nicht sehen. So fuhr sie gegen das Holzgatter des Hages hin, der unsere Weide einschloß. Dienstfertig sprang einer von uns zum Gatter voraus, um der Kutsche den Weg zu öffnen. Er meinte, für diesen Dienst ein Trinkgeld verdient zu haben, und klammerte sich sofort hinten an der Kutsche fest, um das Geschenk an der nächsten Felswand, wo man halten würde, in Empfang zu nehmen. Es wurde endlich Abend, und noch war der dienstfertige Kamerad nicht zu uns zurückgekehrt. Besorgt suchten wir ihn ringsum auf dem ganzen Berge; zuletzt entdeckten wir ihn, er hing über unfern Häuptern hoch auf dem Gipfel einer alten Eiche, mit den Füßen in deren Äste verwickelt. Er wurde halbtot heimgetragen und starb nach kurzer Zeit in heftigen Fieberanfällen.  Besser kam ein anderer Wittnauerbursche weg. Er war eben im Begriffe, einigen Schnittermägden entgegen zu gehen, welche die Woche über hinten in den Bergen im Lohn hatten ernten helfen und nun am Samstagsabend in ihr Dorf heimkehrten. Da sah er querüber eine Kutsche fahren und beeilte sich sie einzuholen. Trotz seines Rennens konnte er sie doch nicht ganz mehr erlaufen; gerade streifte er das hintere Wagenrad mit seinem Hemdärmel, da stieg sie über die Gipfel des Eichen- und Tannenwaldes empor, und er hatte das Nachschauen. Am andern Morgen stand er mit einem sehr geschwollenen Kopfe aus dem Bette auf.  (Th. Studer von Wittnau.)  Sage aus Wittnau Band 3.1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962 7. Kapitel, S. 60 - 61 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Herrin Madrisa

Source: Die Herrin Madrisa

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Es war einmal ein junger Jäger, der verirrte sich eines Tages auf der Jagd in einem dichten Wald, und er konnte nicht mehr heimkehren. Während er den richtigen Weg bald auf der einen, bald auf der andern Seite suchte, wurde es Nacht, und der Bursche sah durch die Bäume hindurch von weitem ein Licht schimmern. Er näherte sich diesem vorsichtig und entdeckte eine schöne Lichtung mitten im Wald und ein Haus, an welches er sich nicht erinnerte, es je in seinem Leben gesehen zu haben. «Wie auch immer», dachte er, «wenn du nur für diese Nacht ein Dach über dem Kopf hast, so werden dir die Bewohner morgen den Heimweg wohl zeigen können.» Und er trat ein und fand hier ein Mädchen, das er um Unterkunft bat. Dieses zeigte sich ein wenig überrascht über sein Kommen und antwortete ihm, sie hätten es nicht gerade sehr bequem, doch wenn er damit zufrieden sei, so könne er wohl hier übernachten, und sie versprach ihm auf seinen Wunsch, am Morgen den Weg aus dem Dickicht zu zeigen. Nach dem Abendessen gab ihm das Mädchen ein Licht und führte ihn in ein kleines Zimmer mit einem Bett. Sobald er allein war, schaute er sich vor dem Einschlafen genauer um und entdeckte zu seinem riesigen Erstaunen ein nur durch einen einfachen Vorhang getrenntes zweites Zimmerchen, darin schlief ein schönes Mädchen tief und fest. Ihre goldblonden Haare hingen wie Seide offen neben der Bettstatt herunter. Er konnte nicht anders, als ihre Haare aufheben, und er weckte so ungewollt das schöne Mädchen. Der Bursche entschuldigte sich und beruhigte sie, indem er ihr seine Abenteuer vom vergangenen Tag erzählte, und sie sagte ihm, sie sei sehr müde von einer langen Reise gewesen und habe einen Augenblick ausruhen wollen. «Seid Ihr denn nicht hier zu Hause?» fragte der Jäger. «Nein», antwortete das Mädchen, «ich stehe im Dienst meiner Herrin Madrisa, die ist sehr streng und lässt mich jede Nacht herumstreifen, von abends in der Dämmerung bis zum Tagesanbruch.» Ein Wort gab das andere, und ihre Unterhaltung wurde immer vertraulicher. Der junge Jäger verstand es, in kurzer Zeit das Herz des schönen blonden Mädchens zu gewinnen, und sie verlobten sich. Erst dann vertraute ihm das Mädchen an, sie sei die Tochter eines Fürsten, eine böse Person habe sie vor zwei Jahren verzaubert, und sie müsse drei Jahre lang der Herrin Madrisa dienen. Weiterhin erfuhr der erstaunte Bräutigam, dass sie seither die Ihren nie habe sehen können, und dass diese sie gewiss für verirrt oder geraubt hielten, doch am Ende des dritten Jahres ihrer Sklaverei könne sie zu ihrem Vater zurück. Plaudernd und herzend verbrachten die jungen Verliebten die wenigen Stunden, und ehe es tagte, musste das Mädchen rasch und unerwartet aufbrechen, so dass der Herr Bräutigam nicht einmal Gelegenheit hatte, sich über den Aufenthaltsort ihrer strengen Herrin zu erkundigen. Am Morgen fand er dank der Wirtin glücklich wieder den rechten Weg und gelangte nach Hause. Doch Ruhe hatte er keine mehr. Sein Gewissen plagte ihn. All seine Nachforschungen blieben erfolglos. Monate vergingen. Aus dem jungen, schönen Jäger war ein armer Griesgram geworden, unzufrieden mit der Welt und mit sich selbst. Da schickten ihn am Ende die Seinen in die Welt hinaus auf die Suche nach der Herrin Madrisa, um ihn vor dem Untergang zu retten. Nun reiste er Wochen und Wochen im ganzen Land herum, doch niemand wollte etwas von einer Herrin Madrisa wissen. Als er eines Abends müde an einen einsamen Ort gelangt war, kehrte er in einer Herberge bei drei Mädchen ein. Von diesen erfuhr er endlich, dass die Herrin Madrisa auf einem Berg in der Nähe zu Hause sei. Welche Erleichterung für den guten Jäger! Auf seine Fragen vernahm er weiter, dass das Mädchen mit den blonden Haaren jetzt bald von seinem schweren Dienst frei sei und dass sie am nächsten Morgen sicher für einen Augenblick zu ihnen auf Besuch kommen werde. Was für ein Trost endlich! Gutgelaunt ging unser Jäger an jenem Abend schlafen und war am Morgen bei Tagesanbruch auf den Beinen. Er konnte seine grosse Freude schlecht verbergen, was denn auch schwere Folgen für ihn hatte. Der junge Wanderer, der sich seit seiner Ankunft so vorteilhaft verändert hatte, beeindruckte die drei jungen Wirtinnen stark. Sie boten ihm nach dem Morgenessen ein Gläschen Anislikör an, das er gerne annahm. Der Ärmste! Dem Anislikör hatten sie nämlich tüchtig Schlafmittel beigemischt, so dass er bald am Tisch fest einschlief. Nun kam seine Braut und fand ihn in diesem Zustand. Sie war nicht im Stand, ihn aufzuwecken und band unzufrieden ein seidenes Taschentuch um seine rechte Hand. Welche Verzweiflung, als er zu sich kam, das Taschentuch erkannte und das Vorgefallene erfuhr! All sein Weinen und Klagen half nichts. Die Wirtinnen jedoch waren befriedigt und trösteten ihn damit, dass das Mädchen am nächsten Tag wieder kommen werde. So wartete er in grosser Aufregung. Der Tag war lang, und noch länger schien ihm die Nacht. Wieder boten ihm die drei schlechten Weiber am andern Tag einige gute Liköre zum Morgenessen an. Und wieder schlief er wie am Vortag ein, und beim Erwachen fand er am Mittelfinger seiner linken Hand einen schönen Goldring seiner Braut. Neue Verzweiflung und neue bittere Selbstvorwürfe konnten an seiner Lage nichts ändern. Die drei schlauen Weiber teilten ihm mit, das von ihm so sehr geliebte Mädchen werde auch noch am Morgen des dritten Tages zu ihnen auf Besuch kommen, was ihn erneut hoffen liess. Doch am dritten Tag ging es ihm nicht besser als zuvor. Auf den Butterkuchen, seine Lieblingsspeise, hatten sie Schlafmittel gestreut! Dieses Mal hinterliess ihm die Braut eine Haarlocke, die sie zur Erinnerung um seinen linken Arm band. Nun war sie verschwunden und kam nicht mehr; da ihre Dienstzeit abgelaufen war, war sie auf das Schloss ihres Vaters gegangen. Während sich dieser mächtig freute, wusste der arme Bursche nicht, was anfangen, so fürchterlich verzweifelt war er. Nichts vermochte ihn mehr zu trösten, so dass die drei Betrügerinnen von ihrem Neid und ihrer Eifersucht nichts hatten. Traurig und verzagt setzte unser Jäger seine Wanderschaft fort und entschloss sich bald einmal, seine Suche völlig aufzugeben, sich an einen unbekannten Ort zurückzuziehen und seine Tage als Einsiedler zu verbringen. Nach langem Suchen fand er einen völlig abgeschiedenen Ort mitten in einem riesigen Wald, baute sich dort eine Hütte, lebte monatelang von Wild und kleidete sich mit den Fellen seiner Beute. Der Zufall wollte es, dass ihn eines schönen Tages gerade die Jäger jenes Königs entdeckten, welcher der Vater seiner Braut war. Da sie ihn für einen Wilden hielten, packten sie den Mann und führten ihn aufs Schloss, um ihn ihren Gefährten und ihrem Herrn zu zeigen. Der Bursche leistete keinen Widerstand und schämte sich nicht, zum Gespött der Gäste des Königs geworden zu sein. Es vergingen wiederum Wochen, wo er zwar recht behandelt wurde, doch man liess ihn so verwildert, wie er gefunden worden war, dies zur Belustigung der zahlreichen Schlossbesucher. Alles ging ihn in seinem Verschlag ansehen. Nur die Tochter des Königs, die seit ihrer Rückkehr immer traurig war, wollte auch von diesem Vergnügen nichts wissen. Eines Tages jedoch, als sie allein an der Hütte vorbeiging, wo der seltsame Einsiedler sich befand, guckte sie durchs Tor und tat einen wahrhaften Satz, als sie ihren Ring am Finger des Wilden bemerkte. Da ging sie zu ihm hinein und gab sich zu erkennen. Da umarmten und küssten sich die Liebenden nach so vielen harten Qualen, und zum Glück sah sie niemand. - Ihr Gemüt heiterte sich wieder auf, ihre Traurigkeit verging, und dies fiel sogleich auch dem König auf, denn er hatte nichts mehr tun können, um die Tochter aufzumuntern. Auch er war glücklich, als er das Mädchen wie eine Rose aufblühen sah und ihr Lachen und Singen hörte. Das ganze Schloss schien wie neu geworden zu sein und sich mit der Tochter des Herrn zu freuen. Unter solchen Umständen wunderte sich niemand, wenn sie oft längere Zeit lachend beim Einsiedler verbrachte, welcher in jenen Augenblicken ihr sicher auch erzählte, wie die drei Wirtinnen ihn übertölpelt hatten, und seine Braut wird ihm den Rat gegeben haben: «Von Frauen, die du nicht kennst, darfst du nie Geschenke annehmen!» Vorläufig blieb der Einsiedler das, was er war und vertraute auf die List seiner Braut. Es ging nicht lange, bis der König gegenüber seiner einzigen Tochter den Wunsch äusserte, sie solle sich nun bald, um ihr Glück voll zu machen, einen Mann aussuchen. Da antwortete die Tochter: «Wenn mir einer kommt, der mir drei Geschenke anbietet, die mir gefallen, und er dazu nett aussieht, dem soll meine Hand gehören.» Der Vater zögerte nicht, den Entschluss seiner Tochter bekannt zu machen, und er setzte den Tag an, an dem die Geschenke von den Bewerbern selber überreicht werden konnten. Das war ein grosser Festtag im Schloss und im Park. Auf einem Balkon über dem Tor hatte sich die Tochter vor ihrem Tisch aufgestellt. Daneben sass der König, und ihr gegenüber die jungen Bewerber; einer nach dem andern wurden sie eingeladen, sich zu setzen und ihre Gaben zu zeigen. Viele waren schon erhobenen Hauptes die Treppe hochgegangen und ganz kleinlaut zurückgekommen, und die Diener und Freunde des Königs machten dazu über jeden ihre nicht immer schmeichelhaften Bemerkungen. - Da kommt der Einsiedler aus seiner Höhle, in seine zerrissenen Felle gehüllt, und geht zur allgemeinen Überraschung auch Richtung Schlosstor. Er erscheint auf dem Balkon und setzt sich, und ein gewaltiges Hallo schallt durch den Garten. Der König, dem das übermütige Spiel der Tochter mit den Söhnen der vornehmsten Edelleute schon viel zu denken gegeben hat, lächelt ebenfalls beim Erscheinen seines Wilden, denn auch er hält dies für einen von seiner Tochter ersonnenen Scherz. Doch der Einsiedler macht heute eine ernste Miene; er breitet seine Geschenke aus: ein seidenes Taschentuch, einen Goldring und eine goldene Haarlocke. Das Mädchen schaut sie tatsächlich an und übergibt sie zur genaueren Prüfung ihrem Vater. Dann erklärt sie mit fester Stimme, diese Geschenke seien die einzigen, die ihr gefielen, denn der Ring und das Taschentuch trügen ihren Namen und die Locke stamme von ihrem Haar. Allgemeine Überraschung; der Vater macht grosse Augen und versteht nicht, wie der Einsiedler in den Besitz dieser wertvollen Gegenstände gekommen ist. Doch die Tochter reisst jetzt plötzlich dem Wilden die Lumpen weg, und siehe da! Der schönste, wie ein Prinz gekleidete junge Mann kommt daraus hervor, reicht ihr die Hand und umarmt und küsst sie als seine Braut. Da verwandelt sich die allgemeine Verwunderung in Freude und Beifall. Die Brautleute und der Vater ziehen sich vom Balkon ins Schloss zurück; dort werden sie dem Alten all ihre Abenteuer erzählt haben; das herbeigeströmte Volk wird mit Speise und Trank bewirtet, und alles feiert. Am nächsten Tag wird mit noch grösserer Pracht Hochzeit gemacht, und die neuen Eheleute nehmen vom ganzen Königsgut Besitz und leben glücklich, und wenn sie nicht gestorben sind, so leben sie sicher heute noch. (Unterengadin)   Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Herrmännlein an der Fullhalde

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Von dem Rheinufer beim aargauer Dorfe Koblenz hinweg bis hinab gegen das badische Städtchen Waldshut läuft auf der linken Flussseite eine mit Nadelholz bewaldete Anhöhe, die neu gebaute Rheinstrasse zieht an ihrem Fusse hin. Dies ist die Fullhalde. Hier haben Zwerge gewohnt. Ihre Gestalt mass nicht zwei Fuss, ein paar hellleuchtende Augen steckten in den kleinen schwarzhaarigen Köpfen. Sie giengen stets barhaupt und barfuss, ein blaues Hemde mit einem schwarzen Gurt zusammengehalten, war ihr einziges Kleid. Im Benehmen mit den Landleuten waren sie besonders friedfertig und zuvorkommend, und wenn die Bauern aus dem Dörfchen Full sich recht müd im Felde gearbeitet hatten, kamen des Abends noch die kleinen Leute zu ihnen her und brachten ihnen Brod und Kuchen zur Erquickung. Fragte man dabei ihrem Herkommen oder ihrem Wohnorte nach, so deuteten sie nur auf ihre Höhle in der Fullhalde hin, denn reden mochten sie nicht, auch giengen sie niemals mit ins Dorf herein. So brachten sie einst ihren Kuchen auch einem jungen Bauern an den Pflug hin. Dem war das Stück allzugross, um es auf einmal hin zu nehmen, er suchte deswegen in der Tasche nach seinem Messer herum, ohne es jedoch finden zu können. Da zog der Zwerg sein silbernes hervor und gab es ihm. Der Bauer zerschnitt damit den Kuchen, anstatt es aber gebürlich abzuwischen und rein zurückzugeben, steckte er es mit aufgelegter Bosheit ohne weiteres in einen daliegenden Kuhfladen. Einmal Beschmutztes rührt kein Geist mehr an; also verblieb das silberne Messer dem habsüchtigen Bauernburschen. So war's seine Absicht. Darüber erzürnte der Zwerg und klagte bitter auf das sündhafte junge Geschlecht. Als seine Gefährten sein Jammern hörten, verschwuren sie's, je wieder an das Tageslicht zu kommen. Sie eilten zusammen querfeldein dem Walde zu und schlüpften in ihre Höhle hinab; im gleichen Augenblicke aber wurde ein so furchtbarer Knall in der Gegend gehört, als ob der ganze Berg zerborsten wäre. Seitdem sind sie hier verschwunden; nur ihre Höhle ist zu sehen, aus der manchmal noch Rauch aufsteigt. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 282 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Heuschrecke und die Ameise

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Die Heuschrecke und die Ameise wollten heiraten. Als sie zum Altar gingen, fiel die Heuschrecke rückwärts und brach sich die Knochen. Die Ameise ging eine Salbe für sie holen. Sie brach an Ostern auf und kam an Weihnachten zurück. Bei ihrer Rückkehr war die Heuschrecke tot. Die Ameise ging aufs Grab und weinte, bis auch sie tot war.   Thompson Motiv B 285.1 (Ameisenhochzeit)   Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Heuschrecken auf dem Gletscher

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Was die Plage der Heuschrecken sei, oder vielmehr, was diese winzigen Tiere für Schaden anrichten können, weiss man nun im Oberwallis, besonders in der Gegend von Visp, leider aus Erfahrung. Vor dem Jahre 1838 schüttelte mancher ungläubig den Kopf, wenn von den Verheerungen der Heuschrecken, in der Volkssprache "Straffeln", die Rede gewesen. Die grosse Rhoneüberschwemmung vom Jahre 1834 scheint den Boden des Vispergrundes zur Niederlage, Erhaltung und Ausbrütung der Heuschrecken-Eier wohl geeignet gemacht und entsprechende Witterung das ihrige nicht versäumt zu haben, denn nach drei Wintern entstiegen die jungen Heuschrecken dem Boden wie Ameisen ihren gestörten Nestern. Die Leute erschraken nicht, sondern spotteten gutmütig des "lebendig gewordenen" Bodens auf den dürren Sandufern der Rhone. Als aber diese "hüpfenden Flöhe" täglich grösser wurden, immer weiter und weiter nach Nahrung haschten und in schnell erweiterten Umkreisen alles Grün bis zur schwarzen Erde wegschnappten, da gingen den guten Landanbauern die Augen auf und erkannten mit Schrecken die Gefahr für ihre fruchttragenden Wiesen und Äcker. Man befahl nun freilich die Straffel fischelweise im Tau einzufangen und zu vernichten, aber es war zu spät; verloren war alles, was der Schnitter nicht in der Eile ihrem zernagenden Zahne noch entzog. Nach vollendeter Verwüstung erhoben sich diese Tiere massenhaft in die Luft und zogen in dichten Wolken, welche die Sonne verfinsterten, landaufwärts in die Getreidefelder von Gamsen und Glis. Die Leute, die diese hungrigen Einwanderer aus Sagen von Visp bereits kannten, wollten ihre besseren Felder und Äcker gegen diese ungeladenen Anstürmer mit Waffen schützen, d.h. hielten die Feinde mit langen Ruten und Wasserpumpen in geziemender Ferne. Sie kämpften eine Zeit lang nicht ohne Erfolg; doch genügte ein unbewachter Augenblick und der erwachende oder zurückkehrende Verteidiger fand sein schönes Weizenfeld schwarz mit Heuschrecken besetzt, welche die Halme unter der unreifen Ähre durchbissen und diese schonungslos zu Boden stürzen machten. Aus dem Saastale erzählt eine alte Sage, — freilich lange ungläubigen Ohren — es habe da einmal eine fürchterliche Menge Straffel gegeben, die alles Grün in Matten, Feldern und Äckern wegfrassen. Hatte jemand die Unvorsichtigkeit seinen Rücktschiffer mit Lederriemen (Bretschellen) oder etwa gar seine Lederschuhe auf dem Felde stehen zu lassen, so seien diese Ledergegenstände von den Strafflen rein zernagt worden. — Die geplagten Leute nahmen damals, wie das letzthin auch nicht unterlassen wurde, ihre Zuflucht zum Gebete. In grosser andächtiger Prozession zog alles Volk zur Hl. Anna in der Alpenkapelle im "Lerch" beim Allaleingletscher und — die Plage hörte auf; alles Ungeziefer folgte dem frommen Pilgerzuge zum genannten Gletscher, warf sich auf denselben und erfror. Zum Andenken setzte die Pfarrei Saas diese St. Anna-Prozession bis auf die neuesten Zeiten gläubig fort. Auch die Heuschrecken von 1838 verloren sich nach durchlebter Periodezeit fast plötzlich und Tatsache ist es, dass Leichen verendeter Heuschrecken auf hohen Gebirgsgletschern gefunden wurden.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Hexe (Oberuzwil, SG)

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In einem Hause in Oberuzwil war es, dass, so oft Milch gesotten wurde, sie sich "schied". Da riet jemand, sowie man wieder Milch siede und diese aufgehen wolle, soll man mit einer Birkenrute darin rühren, bis sie sich wieder setze. Der Mann tat es, sah aber sogleich ein Weib hereintreten, welches ihn angelegentlich bat, er möge doch die Milch "anrichten". Er blieb aber taub und rührte fort, bis alles ganz eingesotten war, und das Weib starb sogleich. Dr. Henne-Am Rhyn, Deutsche Volkssage. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 472, S. 280 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Hexe (Waldkirch, SG)

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Im Haslenholze, gegen Lehn zu, neckte ein Weibsbild, in lumpige Kleider gehüllt, Vorübergehende, namentlich Frauenspersonen, sprang um sie herum, holte sie grosse Strecken weit auf dem Wege ab und begleitete sie bis zu einem Riegel bei Haslenholz, bis zum „Bösgatter", wo es unter gewaltigem Lärmen und Krachen verschwand. Dr. Henne-Am Rhyn, Deutsche Volkssage. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 501, S. 296 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Hexe als Fliege

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Ein junger Mann von Grabs verliess seine Geliebte und nahm Handgeld für holländische Dienste. Er zog also weg und ward Soldat. Da stach ihn eines Tages eine Fliege. Davon starb der Mann; denn jede ärztliche Hilfe war umsonst. Es stellte sich heraus, dass die verlassene Geliebte des Mannes eine Hexe gewesen; sie hatte sich in eine Fliege verwandelt und den tödlichen Stich getan, um sich zu rächen. Nach N. Senn, Chronik.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 105, S. 51 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Hexe als Ziege

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Ein frommer Mann aus einem unserer Dörfer ging nachts aus seinem Bergstall nach Hause, um Arznei für eine plötzlich erkrankte Kuh zu holen. Er kam an einem andern, einsam im Wald stehenden Stalle vorüber, sah dort Licht und ging neugierig hinein. Es war niemand da; ein seltsames Etwas wehte den Eintretenden an, so dass er auf den Einfall kam, sich zu verstecken, um zu sehen, was das Licht zu bedeuten habe. Bald kam ein Wesen, das einem grossen, in dunkle Felle gehüllten Manne glich, Ziegenbockhörner auf dem Kopf und die Augen durchdringend, grimmig und boshaft. Das Gesicht schwarz und behaart, ihm nach eine Herde Ziegen, nun gabs Tanz und wüste Auftritte, die dem verborgenen Zuhörer Ekel und Schauder einflössten. Nach einer Weile kam noch eine Ziege demütig zum Stalle herein. «Warum kommst du so spät?», fragte mit wüster Stimme der schwarze Mann. Die Ziege zitterte heftig. «Ich strafe dich!», brüllte der Schwarze, band ihr Stricke um die Füsse, und hängte sie in dieser Weise an die Stalldiele auf. Darauf entfernte er sich mit den anderen Ziegen. Der versteckte Zuhörer kam nun hervor, hatte Erbarmen mit der Angst der hängenden Ziege, trat zu ihr und schaute mit Befremden in die ihm so bekannt scheinenden, klagenden Augen des Tieres. Er löste die festgeschnürten Stricke. Die Ziege floh. Der Mann ging ins Dorf und in sein Haus. Der Herbstmorgen war schon hell und seine sonst so fleissige Frau noch im Bett. Er trat in ihre Kammer mit der Frage: «Bist du krank?» «Ja», sagte sie leise, da nahm er ihre Hand, die sie ihm nicht gern liess und sah den Einschnitt eines Strickes. Die Tiefbeschämte gestand ihm ihre Schuld und dass sie nun durch ihn von den Banden des Teufels erlöst sei und willig die Strafe der weltlichen Obrigkeit erdulden wolle. Aus: U. Brunold-Bigler, Die Sagensammlung der Nina Camenisch, Disentis 1987, mit freundlicher Genehmigung der Autorin. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Hexe am Fenster

Source: Die Hexe am Fenster

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Ein junger Mann erzählte mir, dass er durchaus nicht abergläubisch sei, dass er aber doch einst in später Nacht etwas gesehen habe, das ihm sonderbar vorgekommen sei. Eine Katze sei vor einem Bauernhaus auf der Fensterbank gewesen und habe mit dem Schwanz die Fenster der ganzen Reihe geputzt. Der junge Mann wird von Furcht befangen gewesen sein, sonst hätte er wahrscheinlich eine wirkliche Katze gesehen, die einen Eingang ins Haus suchte. Heinrich Hilty. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 149, S. 71 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Hexe am Stafel

Source: Die Hexe am Stafel

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Zur Zeit, als von Hexen und Strideln und deren Unfug noch viel die Rede war, hielt, die Zermattergemeinde einen Gemeintrunk. — Da sitzen Männer und Jünglinge gemütlich zusammen im Gemeindehause und verleben einen frohen Abend; unlieb ist es darum allemal, wenn ein solch Zusammenleben irgendwie gestört wird. — Kaum war aber diesmal die Gesellschaft beisammen und die ersten Becher eingeschenkt, hiess es mit Schrecken, am Stafel sei ein Untier sichtbar geworden und man dürfe die Schafe nicht ohne Aufsicht lassen, wenn man nicht Schaden haben wolle. Weil niemand gerne das Gemeindehaus verliess, erboten sich die ledigen Töchter, für die Nacht Wache zu halten. Damit waren alle wohl zufrieden und eine Schar mutiger Mädchen stieg in die Alpe hinauf. Diese fanden aber gar nichts Feindseliges; bezogen darum, weil es eine kalte Herbstnacht war, eine alte Hütte, um gemütlich einander in allerhand Jugendspielen den Abendsitz abzukürzen. Alles ging nach Wunsch; sie blieben ohne Störung. Doch kaum brach Mitternacht an, da erhob sich ein furchtbarer Sturm, die Erde erbebte, die alte Hütte zitterte, der Wald krachte, die Schafe sprangen blökend umher und die erschrockenen Wächterinnen krochen in die ersten besten Schlupfwinkel, wo sie laut zu beten anfingen. Zum Glück dauerte der Spektakel nicht lange; alles ward wieder still und ruhig. Die guten Mädchen verlebten nun eine schlaflose Nacht und kehrten am Morgen, noch ganz bleich vor Schrecken, nach Hause zurück. Nach etwelchen Jahren bekannte eine Hexe noch auf dem Scheiterhaufen seelenfroh, wie sie einst im Stafel eine muntere Mädchengesellschaft geschreckt und in Todesangst gejagt habe. Sie sei gerade ob der Hütte gestanden und habe, indem sie ihre Schürze schüttelte, den furchtbaren Sturm hervorgerufen. (erzählt von Herrn Kaplan Mooser)   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Hexe auf dem Totenbett

Source: Die Hexe auf dem Totenbett

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Da war eine Hexe, die Hagelwetter machte. Als sie dem Tode nahe war, befahl sie ihrem Manne, er solle das Häfeli, das auf dem Troge (Kasten) stehe, gegen das Luzernerbiet ausleeren. Der Mann getraute sich nicht und machte ein Feuerchen an und leerte dann den Inhalt des Häfeleins ins Feuer. Sogleich entstand ein heftiges Donner- und Hagelwetter um dasselbe.  Der „verplüfte" Mann war froh, dass die Frau tot war.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Die Hexe auf der First

Source: Die Hexe auf der First

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Auf der First in Sapün (Langwies) wohnte eine Hexe, die konnte in allerlei Gestalten sich verwandeln.   Einmal hatte sie Schmalz in die Pfanne getan, um eine Mehlsuppe zu machen, und holte, während das Schmalz vergehen sollte, Mehl aus dem, zwei Stunden weit jenseits dem Berge liegenden Davos, verderbte im Vor­beigehen am Schatz-Berge eine Kuh in einem Stalle, und langte auf der First wieder an, ehe das Schmalz heiss war. - Ein andermal kam sie nach der Eggen herab, und wollte dort einem Manne Vieh verderben. Allein es hing ein »Marrschloss« (Vorhängschloss) an der Stalltüre, das sie nicht zu öffnen vermochte. Doch wiederholte sie den Versuch in der gleichen Nacht mehrere Male, aber es ward ihr unmöglich, das Schloss zu öffnen oder zu beseitigen, da der Mann, dem das Vieh gehörte, in den drei höchsten Namen die Stalltüre geschlossen und das Schloss angehängt hatte. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Hexe auf der Lawine

Source: Die Hexe auf der Lawine

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Oft sahen die Leute von Erstfeld eine Weibsperson vom Bürtschen her durch die Ortschaft bis nach Wyler wandern. Sie trug ganz schwarzes Gewand, auf dem Kopf ein altmodisches schwarzes Häubchen, am rechten Arm ein Körbchen. Woher und wer sie eigentlich war, wusste niemand. Man munkelte allerlei von ihr, so z.B., dass sie nachts den Leuten das Vieh von den Ketten löse. Als einst die Lawine durch das Wylertal hinunter kam, da war bei Gott! die Hexe vor darauf, sass an einem Spinnrad und spann. Das schlug aber dem Fass den Boden aus. Vier Männer packten sie, als sie einst wieder im Lande war, und in einer Gand im Wylerwald wurde sie auf einen Scheiterhaufen geworfen und verbrannt. So haben es die Alten erzählt, ich selber habe sie nie gesehen. Zacharias Indergand, 40 J. alt, Fabrikarbeiter Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Hexe auf der Oplilaue

Source: Die Hexe auf der Oplilaue

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Es war eine leide Winternacht. Im Boden regnete und in den Höhen schneite es. Die Leute zu Männigen, Buchen und Blümlismatt wachten. Da um Mitternacht hörten sie's jauchzen oben im Oplital und dann rief's: »Jetz chum-i-n-i de!« Ein furchtbarer Krach, und die Lawine brüllte durchs Oplital hinunter fast bis in die Reuss. Die Leute beteten. Als sie am folgenden Morgen die Lawine und den Schutt betrachteten, fanden sie ein altes rauchgeschwärztes Spinnrad, ein Ries Spielkarten, einen Kamm, Häftli, Knöpfe, Finken und eine Schrift, worin die Hexe, der diese Gegenstände angehört hatten, bekannte, sie sei durch das Gebet der Leute verscheucht und verhindert worden, noch mehr zu schaden. Heinrich Walker Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Hexe bei Strahlegg

Source: Die Hexe bei Strahlegg

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Um Mitternacht ging ein Bursche aus Jenatz nach Strahlegg »z\'hengert.« Oberhalb dem Schlosse steht ein Heustall, wo der Bursche noch vorbeigehen musste, um an Ort und Stelle seines Wanderzieles zu gelangen. Er hörte eine Stimme, die ihn lockend auf den Heuboden rief. Er begab sich dorthin, fand und sah aber nichts, und doch erscholl bald aus dieser, bald aus jener Ecke ein helles Gelächter, worauf er endlich voll Zorn mit seinem Stocke in eine Ecke schlug, wo er die Hexe vermutete; aber gleich darauf ertönte das Gelächter aus einer andern Ecke. Lange Zeit schlug er so herum, bis ihm der Gedanke kam, mit dem Stocke in eine Ecke zu schlagen, wo er das Gespenst nicht zu treffen glaubte. Wirklich traf er dasselbe, das dann einen lauten Schrei vernehmen liess, und gleich darauf trat eine Jungfrau vor ihn mit erhobener Hand, drohend zu ihm sprechend: »Hättest du mich in Zeit von einer Stunde nicht getroffen, hätte ich dich in tausend Stücke zerrissen.« Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Hexe Catherine Repond oder Catillon la Toascha

Source: Die Hexe Catherine Repond oder Catillon la Toascha

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Diese Hexe, welche eigentlich Catherine Repond hiess, die man aber auch, wenn man sie aufbringen wollte, Catillon la Toascha, die Buckelkäthe, nannte, hatte, wie sie auf der Folter selbst gestand, mit dem Fürsten der Finsternis ein Bündnis geschlossen, das ihr drei Taler gekostet. Für dieses Geld hatte sie ausser anderem eine Salbe erhalten, womit sie sich die Fersen schmierte, um auf einem Besen durch die Luft zum Hexentanz fliegen zu können. Ihre nächtlichen Zusammenkünfte mit dem Bösen, durch dessen Umarmung sie beehrt und gar hoch erfreut wurde, hielt sie auf dem Moléson. Dort brütete sie auch Pläne zum Verderbnis der Menschen. So hatte sie einst den grässlichen Entschluss gefasst, die Dörfer La Tour, Epagey und Pringy durch Wasser zu verheeren, und Broc in einen Aschenhaufen zu verwandeln. Am Tage, den sie zur Ausführung ihres höllischen Vorhabens bestimmt hatte, ritt sie mit einem Besen von Villllars-volard aus durch die Luft auf den Kulm des Moléson. Kaum war sie dort angelangt, so erhob sich ein fürchterliches Gewitter mit Donner und Blitz, und es fiel ein solcher Regenstrom, wie wenn sich die Schleusen des Himmels geöffnet hätten. Auch traten allenthalben die Bergbäche aus und drohten, die nahen Weiler und Dörfer wegzureissen, besonders der Erbivuebach, der am Fusse des Berges entspringt, und der schon zu Pringy zwei Häuser zerstört hatte. Zugleich brach in Broc in mehreren Wohnungen Feuer aus. Aber zur glücklichen Stunde noch zog man in der Schlosskapelle des heiligen Johann zu Greyers die wundersame Glocke und in kurzer Zeit war alle Gefahr verschwunden. Noch jetzt indessen findet man Spuren von der drohenden Verwüstung, und unter andern auf der Alp Mongeron einen ungeheuer grossen Felsblock, den Catillon durch den Erbivuetobel herabgerollt hatte, vermutlich um das Bett des Gietzbachs zu verrammeln, wodurch die Ueberschwemmung vermehrt worden wäre. An diesem Felsblock werden noch heutzutage Spuren von Händen, Pferdehufen, Stollen (Absätzen) von Weiberschuhen und dergleichen bemerkt. Oftmals will man auch die Catillon bald als grunzendes Schwein, bald als schnellfüssigen Hasen, den kein Jäger treffen konnte, über Felder und Wiesen laufen gesehen haben, und noch kurz vor ihrem Tode, als sie im Kerker sass, sollen die Frau Landvögtin von Greyers und noch andere Frauen, die bei ihrem Gefängnis vorübergingen, von ihrem blossen Anblick dergestalt behext worden sein, dass sie heftige Flüsse bekamen. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Hexe hinter dem Ofen

Source: Die Hexe hinter dem Ofen

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In Oberwil lebte einmal eine Hexe, die viel Unheil über das Dorf brachte. Man wollte sie töten. Als man sie aber an einen Baum binden wollte, hatte man statt der Frau nur einen Besenstiel in Händen. Die Leute glaubten, die Hexe stecke im Besenstiel, und wollten ihn verbrennen. Ein Kapuziner aber wehrte es ihnen und sagte, sie sei entwichen. Er ging ins Haus der Hexe und fand sie hinter dem Ofen. Dem Kapuziner gelang es auch, sie zu binden, und sie wurde dem Gericht übergeben. Oberwil Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Hexe hinter dem Ofen

Source: Die Hexe hinter dem Ofen

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In Oberwil lebte vor Jahren eine Hexe, die viel Unheil über das Dorf brachte. Man wollte sie töten. Als man sie aber an einen Baum binden wollte, hatte man statt der Frau nur einen Besenstiel in Händen. Die Leute glaubten, die Hexe stecke im Besenstiel und wollten ihn verbrennen. Ein Kapuziner aber wehrte es ihnen und sagte, die Hexe sei entwichen. Er ging ins Haus der Hexe und fand sie hinter dem Ofen. Dem Kapuziner gelang es auch, sie zu binden, und sie wurde dem Gerichte übergeben. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Die Hexe im Hegdorn

Source: Die Hexe im Hegdorn

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Im Hegdorn, Natersberge, lebte einst, so wird erzählt, eine Hexe, die mit einem braven Manne verheiratet war. Ihr Haus stand gerade in der Grenzlinie zwischen der Kompart (Gemeinde) Naters und Rischinon. Vor alter Zeit war der Berg Naters in Verwaltungssachen und in Benützung der Wälder und Weidgänge in zwei Komparten geteilt. Die Hexe konnte sich darum in der gleichen Stube auf beliebiges Territorium hinstellen, was den Behörden Unbeliebigkeiten verursachte. Zu Zeiten wohnte die Hexe auch in Aletsch. Sie pflegte vertrautere Bekanntschaft mit einem Stridel, der in Brigisch zu Hause war. Wenn sich nun diese Verliebten Besuche machen wollten, so nahmen sie die Gestalt von schwarzen Raben an und flogen so zusammen. Diese Raben sah man darum oft auf- und abfliegen, wie noch in heutigen Tagen, nur mit dem Unterschiede, dass damals solche Raben Hexen und Stridel waren, jetzt aber nur noch gewöhnliche Vögel. Unsere Hexe hasste unter solchen Umständen ihren frommen Mann sehr; konnte ihm aber nie etwas Leides zufügen. Da geschah es, dass die Hexe in Aletsch sich Suppe kochen wollte. Sie setzte Pfanne und Butter aufs Feuer und erinnerte sich, eben, dass sie noch keinen Knoblauch zur Hand hätte. Schnell eilte sie nach Naters hinab, und holte sich das nötige Kraut in einem Garten. Als sie auf der Rückreise nach Blatten kam, sah sie ihren verhassten Mann eben auf einem Baume schwarze Kirschen lesen. Als Rabe flog sie gleich auf die Spitze des Kirschbaumes und sandte ihrem aufblickenden Manne — er hatte zum Unglück eben unterlassen zu Mittag den englischen Gruss zu beten — Kot in die Augen herab, dass er blind vom Baume stürzte und starb. Die Hexe aber ging nach Aletsch zurück und kochte ihre Suppe ruhig fort. Da ging dann doch der wohlweisen Obrigkeit die Geduld aus. Die Hexe wurde eingefangen und angeklagt wegen des häufigen Rabenfluges und des Mordes an ihrem Manne in Blatten, während sie in Aletsch Suppe kochte. Vermutlich hat sie auf der Folter alle diese Verbrechen eingestanden, denn der Richter verurteilte sie nach damaligem Strafrechte zum Scheiterhaufen. Die Sünderin wurde im Hegdorn verbrannt, wo man die Richtstätte noch jetzt "Hagsch-Schädji" heisst. Arme Hexe; wenn du wirklich eine wärest und das leisten konntest, weswegen man dich verbrannte, warum stiegst du nicht wieder als Rabe auf und spottetest der Weisheit damaliger Gerechtigkeitspflege?   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Hexe im Loris-Boden

Source: Die Hexe im Loris-Boden

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Nicht weit vom Mayerhof in Obersaxen ist eine Wiesengegend, der »Lorisboden« genannt, auf dem mehrere Ställe stehen, in deren einem schon seit Jahrhunderten eine Hexe sich aufhält. Diese Hexe beginnt ihr Treiben bei Anbruch der Nacht, und erscheint in Gestalt einer Katze mit grossen, feurigen Augen. Furchtbar klopft sie an allen Wänden des Stalles, rasselt mit den Kuhketten und jagt das Vieh in eine solche Angst, dass es nicht fressen mag, und das zu Zeiten, wenn man sie am wenigsten zu fürchten glaubt. Manchmal reisst sie auch ganze Stücke aus der Wand, dass es fürchterlich kracht, - doch am Morgen drauf ist die Wand wieder ganz und Alles ruhig. Weithin wird ihr Toben vernommen, und höchst ungerne geht Jemand bei diesem Stalle vorbei. Auch hat sich diese Katze mehrmals in den Halsring einer Kuh so eingezwängt, dass die Kuh zu ersticken drohte; kam aber der Bauer hinzu, dem der Stall gehörte, husch war sie fort und nicht mehr zu sehen. Der Bauer passte ihr etliche Mal auf, erwischte sie aber nie, bis einmal, als sie vom übermässigen Rumoren und Toben müde war, und sich wieder in die Halskette einer Kuh legte. Ihre Mattigkeit liess sie aber den im Verstecke lauernden Bauern nicht gewahren. Dieser kam nun leise heran und schlug der Hexe den Unterkiefer mit einem Handbeile weg; sie liess einen leisen Schrei, taumelte aber nicht lange und ward schnell unsichtbar. - Am andern Tage, als der Mann in den Mayerhof ging, vernahm er das Unglück, das über ein altes Weib gekommen, das in seiner Nähe wohnte, aber von Niemand gerne gesehen war; die sei, sagte man ihm, gestern von unbekannter Hand so arg geschlagen worden, und am gleichen Tage gestorben. Seit dieser Zeit hatte aber der Bauer auch Ruhe vor der wilden Katze auf Lorisboden. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Hexe im Loris-Boden

Source: Die Hexe im Loris-Boden

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Nicht weit vom Mayerhof in Obersaxen ist eine Wiesengegend, der »Lorisboden« genannt, auf dem mehrere Ställe stehen, in deren einem schon seit Jahrhunderten eine Hexe sich aufhält. Diese Hexe beginnt ihr Treiben bei Anbruch der Nacht, und erscheint in Gestalt einer Katze mit grossen, feurigen Augen. Furchtbar klopft sie an allen Wänden des Stalles, rasselt mit den Kuhketten und jagt das Vieh in eine solche Angst, dass es nicht fressen mag, und das zu Zeiten, wenn man sie am wenigsten zu fürchten glaubt. Manchmal reisst sie auch ganze Stücke aus der Wand, dass es fürchterlich kracht, - doch am Morgen drauf ist die Wand wieder ganz und Alles ruhig. Weithin wird ihr Toben vernommen, und höchst ungerne geht Jemand bei diesem Stalle vorbei. Auch hat sich diese Katze mehrmals in den Halsring einer Kuh so eingezwängt, dass die Kuh zu ersticken drohte; kam aber der Bauer hinzu, dem der Stall gehörte, husch war sie fort und nicht mehr zu sehen. Der Bauer passte ihr etliche Mal auf, erwischte sie aber nie, bis einmal, als sie vom übermässigen Rumoren und Toben müde war, und sich wieder in die Halskette einer Kuh legte. Ihre Mattigkeit liess sie aber den im Verstecke lauernden Bauern nicht gewahren. Dieser kam nun leise heran und schlug der Hexe den Unterkiefer mit einem Handbeile weg; sie liess einen leisen Schrei, taumelte aber nicht lange und ward schnell unsichtbar. - Am andern Tage, als der Mann in den Mayerhof ging, vernahm er das Unglück, das über ein altes Weib gekommen, das in seiner Nähe wohnte, aber von Niemand gerne gesehen war; die sei, sagte man ihm, gestern von unbekannter Hand so arg geschlagen worden, und am gleichen Tage gestorben. Seit dieser Zeit hatte aber der Bauer auch Ruhe vor der wilden Katze auf Lorisboden. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Hexe im Riedertal

Source: Die Hexe im Riedertal

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1. Im Riedertal wohnte vor Zeiten eine alte Hexe; sie hasste die liebliche Muttergotteskapelle im Grunde des Tales, wo viel gebetet wurde, und wollte sie vernichten. Einen grossen Stein hatte sie losgelöst und mit vieler Mühe und Anstrengung durch das Chapälätal bis nahe ob die Kapelle gewälzt. »Diä heig da scho g'sperzt und äs Boorzi g'macht, ä b'hiät-is!« Die Leute schauten ihr zu. Auf einmal hörte sie auf zu stossen und stellte die Arbeit ein. Befragt, warum sie den Stein nicht weiter bringe, gab sie zur Antwort: »Das schwarz Maryli het-mer ergäget.« Josefa Zwyssig, 80 J. alt (1904), von Seelisberg 2. Etwas anders lautet die Sage im 18. Historischen Neujahrsblatt von Uri (S. 26): Im Riblital, das von jeher ein böser Nachbar der Kapelle war, hauste vor Zeiten eine alte Hexe. Mehrmals wollte sie die Kapelle zerstören, aber es ist ihr nie gelungen. Einmal soll sie an einem Bindfaden einen gewaltigen Felsblock herangeschleppt haben, um ihn gegen das Gotteshaus herabzustürzen. In diesem Augenblick läutete das Wetterglöcklein der Kapelle. Zornig soll die Hexe gerufen haben: »Ds Maryli tschängget wider, ich cha nytt machä!« Ein anderes Mal rief sie: »Ds Sant Jo hanns-Sywli (oder: ds Johannis-Sywli) gysset wider, äs isch nytt z'machä.« Die Glocke wurde wohl deswegen St. Johannes-Sywli genannt, weil der Wettersegen mit dem Evangelium des hl. Johannes beginnt und die alten Leute beim Herannahen eines Gewitters das nämliche Evangelium zu beten pflegten. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Hexe im Schlossweiher von Sulzberg

Source: Die Hexe im Schlossweiher von Sulzberg

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In dem Schlossweiher des Schlosses von Sulzberg lebte eine Hexe in der Gestalt einer Kröte, welcher, so weit die Grenzen der Besitzungen des genannten Schlosses gingen, Macht verliehen war, allen möglichen Unfug anzurichten. Dies tat sie auch weidlich; des Nachts, wenn es recht stürmisch und regnerisch war, hüpfte sie aus dem Weiher heraus, nahm ihre wahre Gestalt an und suchte jene Gegend mit Überschwemmungen und Hagelwetter heim. Nie aber erstreckte sich der angerichtete Schaden über die Grenzen der Besitzungen des Schlosses Rorschach, dessen Hauspatronin die heilige Anna war. Diese war einstmals dort aus dem Kerker gerettet worden und dankbar schützte sie die Felder und Wohnungen des Landmanns und trieb jene Unholdin von diesen in ihre nasse Wohnung zurück. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Hexe im Schraubstock

Source: Die Hexe im Schraubstock

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An mehreren aufeinander folgenden Morgen bemerkte ein Bauer, dass der Schweif seines Pferdes geflochten war. Er wollte der Ursache nachgehen und wachte deshalb im Stalle. Da bemerkte er ein Gespenst, klein wie ein Strohhalm. Er fasste es und spannte es in einen Schraubstock. Als er am Morgen nachsah, befand sich eine Frau im Schraubstock eingeklemmt. Ettingen Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Hexe im Seelisberger Seeli

Source: Die Hexe im Seelisberger Seeli

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Eine alte Hexe auf der Kulm hat einen grossen Stein hinuntergetröhlt. Unten am Seeli ist ein Bub gestanden und hat zugeschaut, und der hat immer gebetet: »Vatter vergib!« und »d'Häx sell appächu!« Da hat die Hexe kommen müssen, und sie ist dem »Biäbel« auf den Kopf gesprungen. Der hat aber gleitig das Kreuz gemacht, und da ist die Hexe vor Chlupf in das Seeli g'gumpet, und da ist sie heute noch. Das hem-miär alligs als Chind verzellt. Alois Truttmann, 16 J. alt, Student Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Hexe in Attinghausen

Source: Die Hexe in Attinghausen

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Eine alte Hexe lebte in Attinghausen. Sie wollte nie zur Kirche gehen und schnitt aus den Büchern die heiligen Namen und Bilder heraus. Ein Schweineverschneider, dessen Namen genannt wird, brachte sie einmal zwangsweise in die hinterste Bank der Kirche, wo sie ihm aber entschlüpfte. »Wart nur«, soll sie zornig ihm nachgerufen haben, »jetzt sollst du beim Schweineverschneiden auch kein Glück mehr haben.« Von da an seien ihm alle Schweine, die er verschnitt, verdorben, bis er das Messer segnen liess. Man habe die Hexe ergriffen und über den Klausen geführt, und dort soll sie verbrannt worden sein! (Es handelt sich um die irrsinige Vinzenzia Megnet, die vor kaum einem halben Jahrhundert noch lebte und auf ihrem Wanderleben in einem Berggut zu Spiringen starb.) Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Hexe in den Bächen

Source: Die Hexe in den Bächen

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Von sogenannten Hexen und Strideln werden noch manche drolligen Sagen erzählt, wie sie z. B. den Menschen geschadet und denselben auf mancherlei Weise zum Besten gehabt hätten; diese Schelmenstreiche so lange fortsetzten, bis sie endlich dieselbe auf dem Scheiterhaufen zahlen mussten. Hier werden noch in der Mitte von schönen Wiesen zwei ungeheure Felsblöcke gezeigt, die eine Hexe auf dem Kopfe dahin soll getragen haben, obgleich sie wegen dem ungeheuren Gewichte ihren schlanken und aufrechten Gang nicht im mindesten veränderte; ja sogar darunter noch emsig soll gestrickt haben. Eine eigentümliche Sage knüpft sich der in den Bächen am Fusse des Riffelberges wohnenden Hexe an. Diese hauste in der nun sehr bekannten Riffelgegend ziemlich arg. Mit einer weissen Schürze (Vorschoss) soll sie hoch oben auf dem Riffelberg auf den Boden geschlagen und damit auch im Sommer verschiedene Lawinen in Bewegung gesetzt haben, die dann donnernd von den Bergen hinabstürzten, in der Ebene alles verwüsteten und so dem Landmanne manchen Kummer verursachten und viele Tränen entlockten. Dieses unheimlichen Treibens überdrüssig, machte man Anstalt, die Hexe einzufangen. Man dachte einen Zeitpunkt aus, wo die Hexe gänzliche Sicherheit hoffen konnte. Sie muss jedoch von einer ihr drohenden Gefahr etwas gemerkt haben; allein zu spät, denn sie hatte nicht mehr Zeit, sich aus dem Hause zu flüchten. Was tat selbe? Ein fein ausgedachter Betrug sollte sie noch retten. Sie zog den Rosenkranz hervor und fing hinter dem Ofen laut an zu beten. In dieser Stellung traf man sie an; sie rief den Eintretenden die Worte zu: «Ihr findet mich an einem guten Werke!» Nichts desto weniger wurde sie ergriffen, auf einen Schlitten festgebunden und ins Dorf hinabgeschleppt, um der Obrigkeit ausgeliefert zu werden. Unterwegs bat sie die Häscher, man möchte ihr erlauben, die Schuhriemen wieder festzubinden, so sich aufgelöst hatten. Zum Glück verweigerte man ihr dies, denn man hätte es teuer bezahlen müssen. Die Hexe bekannte vor dem Feuertode, wäre ihr dies erlaubt worden und hätte sie mit ihren Füssen die Erde nochmal berühren können, so hätte sie Kraft bekommen, ihren Händen zu entwischen; ja sie hätte mit ihren scharfbenagelten Schuhen ihnen nicht nur die Zähne eingeschlagen aber die Schädel zerschmettert. (erzählt von Herrn Kaplan Mooser)   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Hexe in den Tiejen

Source: Die Hexe in den Tiejen

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Vor gar langer Zeit lebte in den Tiejen, einer Alpe oberhalb Langwies. ein altes Männlein, Ciprian genannt. Einsam und einfach war dort oben sein Haushalt, und er kannte nicht grosse Bedürfnisse. Eines Abends fütterte Ciprian, wie gewohnt, seine Geissen, und Walli, sein grosser Hund, war stets an seiner Seite. Da trat ein grosses Weibsbild zu ihm in den Stall, erschrak aber, als sie Walli erblickte. Sie bedeutete dem Ciprian, dass sie ihm etwas Wichtiges zu sagen habe, er müsse aber zuerst den Hund anbinden, und zwar mit drei Haaren, die sie aus ihrem Zopfe zog und ihm reichte. Ciprian tat, als binde er den Walli an, und die Hexe, welche nun glaubte, der Hund sei angebunden, fiel über den Mann her und wollte ihn töten. Aber Walli war nicht angebunden, denn Ciprian hatte wohlweislich die drei Haare der Hexe in die Krippe niedergelegt. Die Hexe nahm nun die Flucht, und Walli ihr nach. Er kam erst am dritten Tage wieder, hielt aber Kleider und Hautfetzen der Hexe, die er verfolgte und nach hartem Kampfe zerrissen, in der blutigen Schnauze. Statt der drei Haare, die die Hexe ihm gegeben, den Walli damit anzu­binden, fand er in der Krippe drei starke Kuhketten. Ciprian machte daheim sein Abenteuer mit dem bösen Weibe bekannt. Man suchte lange nach ihr, bis Ciprian dem Walli die Kleiderfetzen der Hexe zeigte, und Walli, den Wink verstehend, seinem Herrn kund tat, er solle ihm folgen. Walli vor, Ciprian nach, und - erst auf Sträla, dort, beim »Hexen-Tanze«, an einer Stelle, wo das Gras einen grossen Kreis bildet, und viel üppiger spriesset, als sonst weit ringsum, wurde die vom tapfern Walli zerissene Hexe gefunden. Da nun Niemand Lust hatte, sie zu »heimschen« (anzuerkennen, heim­zunehmen), liess man sie liegen, wo sie lag. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Hexe in der Blüemlismatt

Source: Die Hexe in der Blüemlismatt

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 a) Gegenüber Silenen, in dem uralten Tatschihaus in der Blüemlismatt wohnte eine alte Hexe. Man hatte sie im Verdacht, sie könne Wetter machen. Einst an einem herrlichen Sommertage, da viel liegendes Heu des Eintragens harrte und die fleissigen Hausfrauen die Bettdecken zu den Fenstern hinaushängten und sonnten, unterrichteten die Silener ein argloses Büebli, es solle zur Hexe gehen und sie probieren und sagen, es möchte doch wissen, was jetzt die Leute tun würden, wenn ein plötzliches Wetter hereinbräche, ob sie zuerst die Federdecken oder zuerst das Heu unter Dach bringen würden. Das Büebli tat so, und die Hexe fragte: »So, so, hättisch de Freid?« und das Büebli meinte, es hätte eine grosse Freude. Da gab sie ihm ein Häfelein mit Wasser und Böhnchen in die Hand und sagte: »Ich gehe jetzt unter das Dach hinauf, du musst im Häfelein rühren und, wenn es dann blitzt, einige Böhnchen und Wasser ausschütten.« Die Hexe ging; es kam bald ein Regen, als der Knabe im Häfelein rührte; sobald es aber blitzte, erschrak das Büblein und warf im Schrecken das Häfelein mit samt allem in die Luft. Da hagelte es furchtbar, und die Hexe lief eilends herbei und schalt das Büebli, es habe es zu grob gemacht. Wenn allemal die Reuss recht hoch angeschwollen war, kam diese Hexe nachts auf zwei aneinandergeklammerten Holzstücken die Reuss hinunter bis nach Erstfeld. Sie ruderte mit einer Latte. Frau Gerig-Münsch, 91 J. alt b) Ein Bube beobachtete, wie sie allemal ein Brett bestrich, zum Kamin hinausfuhr, mit den Worten: »Chämi üff und niänä-n-a!« und bald wieder mit Böllen zum Drüberbrennen, den sie in Mailand geholt, zurückkehrte. Er wollte es ihr nachmachen und sagte: »Chämi üff, z'allä-n-Ortä-n-a!« kam aber nicht zum Kamin aus. Ant. Zgraggen Die Hexen unserer Nr. 150, 162, 178 sind wohl eine und dieselbe, da sie in der nämlichen Gegend hausen. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Hexe in der verbrannten Juppe

Source: Die Hexe in der verbrannten Juppe

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Eine Hausfrau in Montbiel hatte eine Schaar Hennen, die täglich Eier legten und ihr dadurch grosse Freude machten. Auf einmal geschah es aber, dass die Hausmutter keines einzigen Eies mehr ansichtig werden konnte, und doch mussten sie schön gelegt haben, weil sie täglich »gatzgeten.« In bitterm Verdrusse ergriff dann einmal die gute Frau eine Henne, die eben »gatzgete« und warf sie in den Ofen hinein. Kaum hatte sie das getan, so stand »a Wibli in 'r'a verbrennta Juppa« neben ihr in der Küche, das sich dann eilig davon machte. - Das Wibli war eine Hexe, und von der Zeit an haben die Hennen der Frau nicht mehr »verlegt.« Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Hexe in Gulatsch

Source: Die Hexe in Gulatsch

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Die Hexe in Gulatsch Acht Jahre sind es nun, dass hinter dem Dorfe Ruis im Walde, neben dem Schmuor (dem Wasser, das vom Panixer-Berge kommt), eine grosse, dürre Tanne stand, am Wege, der nach Andest führt. - Auf dieser Tanne soll eine Hexe gewohnt haben, und ihre Kleidung war ein langes, grünes Kleid, zu­dem trug sie einen grossen gelben Strohhut. Diese Hexe war vor Zeiten nicht da auf der Tanne, sie kam erst durch eine sonderbare Begebenheit auf Dieselbe. Es war nämlich in Ruis ein Bürger, Namens Thomas Tschuor, ein reicher Bauer, der aber eine böse Frau hatte, die ihn immer prügelte. Endlich hatte er doch genug davon, und eines Morgens ging er von ihr weg, nach seinem Berggute Valsins, wo er Vieh hatte, um auf Demselben einige Wochen lange zu bleiben. Er hatte seinen Knecht mit sich genommen, der ihm nun füttern half. Eines Nachts machte der Bauer vom Lager sich auf, und ging fort, ohne dass der Knecht es bemerkte. Zur Fütterungszeit suchte der Knecht seinen Meister; der war nun aber nirgends zu finden, weshalb er sich entschloss nach getaner Arbeit im Stalle, ihn zu suchen. Er ging nach Ruis; der Bauer war auch dort nicht. Nun nahm er einige Nachbarn mit sich, und nach langem Suchen fanden sie den im Schneegestöber Umgekommenen unter einem Felsenvorsprunge auf der Wiese »l'acla Hans«, die am Wege nach Panix liegt. - Vom Todestage des Bauern an war aber die böse Frau Desselben ver­schwunden; sie sei, hiess es, nur ausgegangen, jedoch konnte sie nirgends mehr aufgefunden werden. - Aber seitdem soll eben auf der grossen dürren Tanne in »Gulatsch« eine Hexe gehauset und zur Winterszeit viele Füchse bei dieser Tanne sich versammelt haben, dass gar Mancher, der von Panix herabkam, kaum durchkommen konnte. - Zudem habe die Hexe immer grüne Tannzapfen heruntergeworfen oder sonstwie die Leute erschreckt. In Folge eines heftigen Windes fiel die »wetterdürre- Tanne um, und ihr Fall hatte auch das Verschwinden von Hexe und Füchsen zur Folge. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Hexe in Langwies

Source: Die Hexe in Langwies

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In der »Bizirüti« bei Langwies stand früher ein Haus, in welchem ein Mann und eine Frau wohnte. War der Mann durch seine Tugend und Leutseligkeit bei allen Nachbarn beliebt, hielt man die Frau dagegen für Eine, die mehr konnte, als Strümpfe »lismen«, man hielt sie für eine Hexe. Das tat dem Manne leid, dass man seine Ehewirtin für das hielt, wollte es aber nicht glauben, ohne davon überzeugt zu sein. Nun geschah es, dass die Frau ein Kleines bekam und die Magd derweilen das Hauswesen besorgte. Zu der kam, als sie in der Küche der Frau das Abendessen bereitete, eine grosse, schwarze Katze, die sie grässlich anglotzte, dann auf den Herd sprang und in die Pfanne guckte. Die Magd wollte die Katze vertreiben, aber die ging nicht, bis sie ihr Eins mit einem brennenden Scheite versetzte, und so das Ungetüm aus der Küche brachte, das nun schrecklich schreiend davon lief. Als die Magd mit dem Essen in die Stube trat, sah sie das Gesicht der Frau ganz »beruost« und verbrannt, und fragte sie, warum sie so schwarz und bös aussehe? »Das geht dich nichts an«, erwiderte die Frau. - Die Magd, welche bei der Frau nichts als schlechte Tage gehabt hatte, wusste nun, woran sie mit ihr war, und erklärte dem Hausherrn das neue Wunder; dem gingen nun endlich auch die Augen auf, und er beschloss, seine werte Ehehälfte selbst auf die Probe zu stellen: Eines Tages sagte der Mann zur Frau: »Bringe mir schnell die Sonntagskleider, denn ich will in die Welt hinaus, um das Hexenwerk zu erlernen, und komme erst wieder heim, wenn ich es kann.« Die Frau nahm das für Spass und gab ihm keine Antwort. Der Mann entfernte sich von Hause, um sie wegen der Hexerei beim Amte zu Langwies zu verklagen. Nun rief die Frau ihn zurück und sagte ihm, dass sie ihn das Hexenwerk lehren wolle, er brauche nicht weg. Damit war der Mann einverstanden. Die Frau führte ihn in den Hof und sagte ihm, er solle ihr auf den Rossmist folgen und das nachsagen, was sie ihm vorsage. Sie sprach hierauf die Worte: »I stan da ufam Rossmist und verleugna min Her Jesu Christ.« - Der Mann sagte anders: »I stan da ufam Rossmist und weiss, dass du a Häx bist.« Mit diesen Worten schlug er sie zu Boden, liess sie liegen, verklagte sie als Hexe, und es ging nicht lange, so wurde sie verbrannt. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Hexe in Rickenbach

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Die Hexe in Rickenbach In Rickenbach hielt man eine Frau, „Fösterli Heiris", für eine Hexe. Man glaubte, wenn man ihr kuhwarme Milch gebe, ohne Salz beizumischen, so werde die betreffende Kuh, von der die Milch stamme, rote, d. h. blutige Milch geben. Man redete ihr nach, sie verzaubere das Vieh. Man will gesehen haben, wie sie in einer gewissen Nacht an den Wänden herumkroch. Sie hatte viel Sonderbares in ihrem Benehmen; nie ging sie mit anderen zu gleicher Zeit an die Arbeit. Gern trug sie Nastücher um den Kopf. Hatte sie viele umgebunden, so blieb, wie man glaubte, das Wetter schön; hatte sie keine, so rechnete man mit Regen. Man sagte, sie könne nicht sterben, bis ihr ihre Tochter das Hexenamt abnehme. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Winterthur und Weinland Aus Vernaleken, S. 204; Corrodi im Zürcher Bauer, 22. 3. 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Hexe in Sapün

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Durch Sapün-Dörfli oberhalb Langwies ging einst ein Mann mit einem der schönsten seiner Rinder bergan, als ein altes Weiblein zu ihm her trippelte, das Rind anschaute, und demselben mit den Worten: »Das ist doch en' hübschi Mähni« mit der rechten Hand über den Rücken strich. - Dann ging sie schnellen Schrittes weg. Als der Mann bei den Unter-Gädinen das Rind in den Stall tat, bemerkte er, dass Dasselbe krank war. Da nun in der Gegend schon mehr Derartiges ihm oder Andern begegnet war, erkannte er sogleich, dass das arme Rind verhext sei, und das einzig und allein durch das Weiblein. Er holte vom »Gemach« (Dachraum, Dachkammer) ofengedörrtes Reckholder- (Wachholder-) Holz, und eine Handvoll Allermannsharnisch­-Wurzeln, machte dann unter dem Bauche des Rindes ein Feuer an, dass die Flammen rechts und links emporschlugen, streute das Reckholder-Holz und die Wurzeln ins Feuer, - kaum hatte er Das getan, so trat das gleiche alte Weiblein unter die Stalltüre, und bat gar erbärmlich, dem armen Tiere nicht solche Qualen anzutun, das helfe Demselben doch nicht. Der Mann aber machte noch mehr Feuer, bis dass er sah, dass das Weiblein die grösste Qual litt, während das Rind vom Feuer gar nichts spürte. Die Hexe (eine Solche war nämlich das Weiblein) bekannte nun dem Mann Vieles, das sie »angestellt« (verübt) hatte. Er aber übte für dieses Mal Gnade; bevor er jedoch sie losliess, musste sie das Rind wieder gesund ma­chen. Sie tat dies, indem sie mit der linken Hand den Rücken des Tieres »widerhaar« (dem Kopfe zu) strich. - Zudem musste sie ihm versprechen, ihn und sein Vieh künftig in Ruhe zu lassen. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Hexe in Scheid

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Ein alter, aber sehr gewandter Jäger in Scheid erzählte, dass er in seiner Jugend einst winterszeit im Stalle seines etwas abgelegenen Maiensässes das Vieh zu besorgen hatte. - Eines Abends bei schönem Mondscheine schaute er durch‘s Fenster, und erblickte nahe beim Stalle einen prächtigen Fuchs, der auf dem Schnee herumtanzte, und dabei abscheuliche, heisere Töne ausstiess, und das die ganze Nacht hindurch. Am folgenden Abende legte er Aas, und der Fuchs kam richtig wieder, liess, wie am vorigen Abende, ganz sonderbare Töne vernehmen, die mit­unter mit hellem Lachen zu vergleichen waren, tanzte auch wieder gar wunderlich auf dem harten Schnee umher, ohne um das Aas im Geringsten sich zu bekümmern. Der Jäger nahm sein Gewehr zur Hand, zielte mehrere Male, aber immer wollte der Fuchs nicht stille halten, sondern tanzte immer fort zu, bis er endlich doch, vom Tanzen müde und schwindlig geworden, einen Augen­blick ausruhen musste. Diesen Augenblick benutzte der Jäger wohl, zielte abermals, und drückte los. Das Pulver flog aber durch die Zündpfanne heraus, und ihm ins Ge­sicht, indes der Fuchs gegen ihn sich drehte, und ihn auslachte. Ehe er von seinem Schrecken sich erholte, war aber der Fuchs verschwun­den. Nun merkte der Jäger, dass er es hier mit einer Hexe zu tun habe. Indem er aber nach einigen Tagen der Kniffe und Kunstgriffe, die er von einem Tyroler Jäger erlernt, sich erinnerte, zweifelte er nicht, mit einem dieser Mittel der Hexe doch noch Meister zu werden. Er schabte zu diesem Zwecke etwas Silber ab einem alten, guten Kronentaler, ladete sein Gewehr mit »Fuchsposten« (sehr grobem Schrote), legte nebst dem Pulver auch von diesem geschabten Silber auf die Zünd­pfanne, und legte abermals sich auf die Lauer. Der Fuchs kam, wie gewohnt, machte seine Sprünge, und lachte und spottete noch ärger. Der Jäger legte an, und schoss, und diesmal liess der Fuchs einen erbärmlichen Schrei hören, und machte hinkend sich davon. Am frühen Morgen verfolgte der Jäger die deutliche Spur im Schnee. Diese Fährte geleitete ihn bis ins Dorf, und zwar zu einem berüchtigten Hause, wo ein altes Weib wohnte, das man längst schon für eine Hexe gehalten. Wie er in die Stube trat, fand er das alte Weib, auf der Ofenbank liegend, stark blutend, in Kopf und Hals eine ganze Ladung Schrot. Kaum erblickte sie den Jäger, schrie sie helle auf, und an dieser erschrecklichen, durchdringenden Stimme erkannte  er seinen Fuchs. – Das Weib zuckte einige Male zusammen, fiel von der Bank, und war tot. Von wem diese Hexe die tödliche Schrotladung bekommen hatte, kam nicht eher aus, als bis der Jäger selber den Hergang erzählte. Und man war im ganzen Dorfe froh, das üble Weib los zu sein. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Hexe in Uster

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Die Hexe in Uster Ein Bauer wirft eine „Hexe“ die Treppe hinab. Die ruft ihm zu: „Was han ich dir taa? Han ich dich grupft, truckt oder gschrädlet?“ Am andern Morgen waren den Pferden des Bauern die Schwänze gezopft. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Gchr. Uster 1902.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Hexe in Wolfsgestalt

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In der Gegend von Luzein schreckte einmal ein Wolf Herde und Hirten und vexirte die Landleute auf mancherlei Weise. Er fürchtete nicht nur die Verfolgung der Jäger nicht, gegenheils schien er sie noch mehr dazu anzu­feuern, wohl wissend, dass sie ihm nichts anhaben konnten. Waren die Jäger ihm nahe gekommen und im Begriffe Feuer zu geben, kehrte er sich nur um und schaute ganz ruhig zu, wie das Pulver auf der Zündpfanne verpuffte; kein Schuss für ihn bestimmt, wollte losgehen, und lange dauerte die vergebliche Jagd auf den Wolf. - Da kam ein Tyroler; ihm zeigte ein Mann der dem Wolfe oft vergebens nachgestellt hatte, sein Gewehr, klagte ihm das Ärgernis und war der Meinung, seine Flinte tauge nichts. Der Tyroler, ein Meister im »Verstellen«, »Nestelknüpfen« und Anderm mehr, besichtigte das Geschoss, »der Flinte fehlt nix, nur der Schuss ist verstellt,« zog den alten Schuss aus, liess sich drei Gerstenkörner geben, lud dieselben mit dem Pulver und ermahnte den Jäger, wenn er den Wolf wiedersehe, möglichst gut zu zielen, dann aber beim Losdrücken die Flinte nicht zu nahe an den Leib zu halten, denn der Schuss werde diesmal stark losgehen. - Richtig kam der Wolf wieder, der Jäger legte an und drückte los. Das Feuer war von so starker Wirkung, dass es dem guten Mann doch eine »grausame Täsche« gab und das Flintenschloss wegsprengte. Am Morgen darauf ging er hin, wo der Wolf gestanden hatte, und fand im Schnee einen Büschel Menschenhaare und etliche Tropfen Blut, auch die Wolfsspuren, die er dann bis nach Pany hinauf verfolgte. Dort war seit längerer Zeit ein altes Weib ansässig, die im Ansehen einer Hexe stand; die suchte er auf und fand sie krank im Bette, mit verbundenem Gesichte. Wie sie ihn kommen sah, verführte sie solchen Lärm und Gejammer, dass dem Jäger »wind und weh« wurde und er froh war, aus ihrer Nähe wieder wegzukommen; aber seit der Zeit ist auch der Wolf nicht mehr erschienen. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Hexe mit den roten Halbstrümpfen

Source: Die Hexe mit den roten Halbstrümpfen

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 »Mein Grossvater,« so erzählt eine 70jährige aus Meien gebürtige Frau, »war in seiner Jugend Geissbub in Wassen. Eines Morgens, als er seine Geissen gegen das Rohrtal hinauftrieb, begegnete ihm ein Weibervolk in kurzem Röcklein, mit roten Halbstrümpfen und sagte zu ihm: »Büebli, magschdi de hittä-n-ä chly wehrä mit dynä Geissä, äs chunnt de nu bi Zyttä chu rägnä.« Es war aber spiegelheiterer Himmel. Gegen Abend begann er frühzeitig, die Geissen zusammenzutreiben, denn die roten Halbstrümpfe des Weibervölkleins hatten ihm nicht gefallen. Aber die Tiere wollten nicht folgen, und er hatte sie noch lange nicht alle beisammen, als ein furchtbares Wetter losbrach. – »Jäh, das isch de-n-ä gwissni Wahrheit, das het de der Grossvatter sälber verzellt. Friähner het das Bees halt äbä vill meh G'walt g'ha weder jetzä.« Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Hexe und der Felsblock in Isental

Source: Die Hexe und der Felsblock in Isental

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Isental hiess vor Zeiten Wiesental, hat allemal das alte Furggälä-Vreni gesagt, die Tobel und Rübitäler auf der Nordseite des Tales bestanden damals noch nicht. Da hagelte es eines Nachmittags von 3–6 Uhr und verwüstete das Tal. Es entstanden die grausigen Rübitäler. Dörflein und hölzernes Kirchlein lagen ehemals etwas westwärts des »tosenden Steines«, wurden aber durch eine Rübi zerstört. Darauf baute man die Kirche im Gute Luss und später im Gummen, wo sie jetzt noch steht. Ihr Patron ist von jeher der hl. Bischof Joder oder Theodul. a) Einmal brachte eine Hexe in ihrer Fürscheibe einen fürchterlichen Stein von der Babergerschooss her bis ob das Gut Weid. Dort stellte sie ihn nieder, band ihn an einen Faden und zog an ihm, so viel sie mochte, und eine andere Hexe stiess hinten am Stein; sie fuhren mit ihm abwärts gegen das hölzerne Kirchlein, das damals noch einige Schritte westlich des »tosenden Steines« gestanden haben soll. Aber die Leute erblickten sie, liefen zur Kirche und läuteten. Da rief die Hexe, die am Felsblock zog: »Lunni stoss!« und die andere entgegnete: »Ich mag nimmä g'stossä, ds Sywli gysset.« Und beide verschwanden, aber der Felsblock blieb in der Weid liegen, wo er heute noch liegt. Man sieht Eindrücke von den Krallen der Hexe in der Steinmasse zur Stunde noch. b) Ein anderes Mal schüttete eine Hexe Wasser an den Stein, und es gab eine Rübi, worauf Hexe und Stein abwärts fuhren gegen Kirche und Dorf. Aber nicht weit. Denn der wachsame Sigrist läutete die grosse St. Jodersglocke, und da hielt die Rübi in ihrem Laufe inne, und die Hexe schrie zornig: »Ich 'kumä nimmä wytters, der Joderli tschängget.« c) Hexen brachten den Stein vom Baberg her ... Geläute mit allen Glocken. Eine Hexe sagte: »Loset! wiä gysset d'Sywli!« Michael Imhof, 80 J. alt; Josef Imholz, 20 J. alt, u.a.m. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Hexe und der Kornacker

Source: Die Hexe und der Kornacker

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Ein Bauer schickte seinen Knecht einige Stunden weit in Geschäften fort. Auf dem Heimwege überfiel diesen gegen Abend ein schreckliches Unwetter, so dass er an einer einsamen Scheune unterstand und bei stark anhaltendem Platzregen hier auf dem Heu zu übernachten sich entschloss. Tief in der Nacht weckte ihn ein Geräusch. Da sah er vor sich eine frohe, vornehme Gesellschaft. Es war das - Gott „b'hüt' uns davor" - der Böse mit einer Anzahl Hexen. Nach dem Gastmahle kam eine um die andere, um von ihrem höllischen Meister sich Fragen und Schwierigkeiten lösen zu lassen. Jetzt erschien eine Fragestellerin, die der Knecht, welcher unbemerkt blieb, ganz gut erkannte, es war seines Meisters Frau. Die Ohren werden begreiflich nun scharf gespitzt und er hört, wie sie klagt: Ihr Mann habe einen seiner fruchtbarsten Äcker für den Kornbau bestimmt. Die Hexe aber ist Feindin vom Brot. Sie fragt daher, was sie machen müsse, dass der Acker nichts als Halmen und leere Spreu hervorbringe. Und der Teufel antwortet: wenn man auf jenes Feld den Dünger ausführen werde, so solle sie als eine Kröte hinten im Wagen im Mist drinnen sich hinbringen und abladen lassen. Vermöge sie das, so würden die Ähren alle taub. Das Weib ging vergnügt hinweg, aber auch der Knecht merkte sich dieses. Am frühen Morgen verliess er in Hast den unheimlichen Ort und eilte heim, aber schwieg von allem, was er gesehen und vernommen hatte. Als gedüngt werden sollte, wusste er's zu fügen, dass ihm diese Arbeit übertragen wurde. Es entging seinem Scharfblicke nicht, in welcher Scholle etwa und an welchem Platze hinten im Wagen die Kröte stecke; ergriff dann während der Hinfahrt seinen Karst, holte aus und schwang ihn tüchtig durch und durch in der bewussten Richtung hinab. Er hatte gut getroffen, denn keuchend sprang alsbald sein Meister herbei und befahl angstvoll dem treuen Knechte, ohne Verzug zum Arzte zu eilen, die Frau sei am Sterben. Nun enthüllte er das Geheimnis und lud den Bauer ein zu untersuchen. Und siehe, das elende Weib hatte im Bein wirklich eine Wunde wie von einem Karstzinken, an der man sie „aufgeisten" liess.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Die Hexe und die Süffi

Source: Die Hexe und die Süffi

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Auf Obsaum kam eines Tages eine unbekannte Bettlerin in die Alphütte und heischte Süffi; und zwar hielt sie ihre Fürscheibe hin und wünschte, dass man ihr die Süffi da hinein schütte. Kopfschüttelnd tat man das, und die Bettlerin verliess mit der Flüssigkeit in der Schürze die Alp, ohne dass auch nur ein Tropfen ausgeronnen wäre. Sobald sie jedoch auf die »Herti« hinaus kam, leerte sie die Süffi auf den Erdboden aus. Aber, ach! wiä syg das dersälb Abed chu haglä! »Aber das säg-i-n-i scho, ich hätt dem Wybervelchli kei Süffi ggä, das hätt miär z'wenig güet gfallä.« Theresia Gisler, 73 Jahre alt, Spiringen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Hexe von Dallenwil

Source: Die Hexe von Dallenwil

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Die Hexe von Dallenwil gab sich mit Wettermachen ab. Einmal kam sie auf einem Baumstamme dahergeritten und riss eine sogenannte Ribe mit sich fort. Da läutete auf einmal das Wetterglöcklein in Dallenwil ob Stans. Die Hexe hörte es und sprach: „Ich kann nicht weiter, das Steinibach-Hundli bellt." Und wirklich, die Ribe riss nicht weiter. Das Wetterglöcklein ist vor circa 10 Jahren wegen eines Risses an ein neues vertauscht worden.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Die Hexe von Lauterbrunnen

Source: Die Hexe von Lauterbrunnen

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Vor vielen Jahren stand eine Frau zu Lauterbrunnen im Geruche der Hexerei. Der Schuhmacher unternahm es, sie darüber auszukundschaften. Es wunderte die Leute vor allem, wie die Frau, die nur eine Kuh besass, immer so viel Butter machen könne. Eines Tages liess sich nun der Schuhmacher, als sie eben wieder am Butterfass stand, mit ihr ins Gespräch ein. Nach Verabredung kam gerade jetzt eine Nachbarin, um die Hexe auf einige Augenblicke vor das Haus zu rufen. Schnell öffnete der Schuhmacher das Butterfass und als er darin einen zusammengerollten Zettel bemerkte, zog er denselben hinaus und steckte ihn in die Rocktasche. Als die Hexe nun wieder hereintrat und fortfuhr, den Rahm in ihrem Kübel zu stossen, mehrte sich auch die an dem Zettel hängengebliebene Niedel in des Schuhmachers Tasche so sehr, dass sie daraus hervorquoll und auf den Boden troff. Ergrimmt über diese List des Nachbarn, verwünschte ihn die Hexe, und es ging nicht lange, erkrankte der Neugierige so sehr, dass er nicht mehr auf seinem Einbein zu sitzen vermochte. Der Mann der Hexe war über der üblen Nachrede seiner Frau ihrer überdrüssig geworden. "Wenn mir jemand die schwarze Kunst lehren wollte", sagte er einmal zu ihr, "wollt ich`s gerne erlernen." "Ich will dir`s schon beibringen", sagte sie darauf schnell, nahm ihn in der folgenden Nacht um zwölf Uhr auf den Hof, stellte ihn hinter sich auf den Dunghaufen und befahl ihm, ihr alles genau nachzusprechen, was sie ihm vorsagen werde. Dann begann sie: "Hier stehen wir auf unserm Mist." Der Mann sagte das laut und vernehmlich nach und die Frau fuhr fort: "Und verleugnen unsern Herrn Jesum Christ!" Da aber rief der Mann: "Ich schlage nieder, was hinter und vor mir ist." Bei diesen Worten traf er die Hexe so heftig auf den Kopf dass sie sogleich tot zu seinen Füssen fiel. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Hexe zu Andermatt

Source: Die Hexe zu Andermatt

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Noch in den fünfziger Jahren des letztverflossenen Jahrhunderts lebte zu Andermatt eine alte Hexe. Ihr Wohnsitz war eigenartig genug. »Auf dem Wäsemli« hinter dem Grand Hotel hatte sich nämlich aus Regenwasser, aus der zusammenfliessenden Jauche der umliegenden Ställe usw. ein Weiher gebildet, aus dessen Mitte ein Inselchen hervorragte, auf dem die Hexe aus Stauden ein Baracklein sich gebaut hatte. Mit einem einzigen Sprunge erreichte sie jeweilen ihren Wohnsitz, während andere Leute ein Brücklein herrichten mussten, wenn sie das gleiche Ziel erreichen wollten. Eines Tages kam sie mit Polenta daher und tat sie in die Pfanne und sagte zu einigen Leuten, die grad bei ihr waren: »Jetzt hole ich in Mailand den Böllen, und wenn ich nicht zur rechten Zeit zurückkomme, so komme ich überhaupt nicht mehr, und ihr sollt mir nicht nachfragen und mich nicht suchen; kehre ich zurück, so könnt ihr mich verbrennen.« Die Leute lachten, und die Hexe ging zur Hütte hinaus. Als die Polenta in der Pfanne anfing zu »pfützä«, kam sie wieder und brennte drüber. Die Leute gingen weg. Bald darauf trug die Hexe dürres Holz und Stauden zusammen, füllte damit ihre Hütte und umhüllte sie, zündete alles an und verbrannte sich selber. Balthasar Gamma, Andermatt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Hexe zu Fetan

Source: Die Hexe zu Fetan

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Einige Burschen, die in der Mitternachtsstunde von Klein-Fetan nach Gross-Fetan sich begaben, sahen, vom Mondschein begünstigt, auf einer Wiese an der Strasse einen menschlichen Körper am Boden liegen. Sie gingen hin, wendeten den Körper um, denn dessen Gesicht war der Erde zugewandt, erkannten sogleich ein armes, altes Weib aus Klein-Fetan und hielten die Arme für tot. Darauf trugen sie sie in ein nahestehendes Haus, legten sie in ein Zimmer, machten schnell Licht und sahen sich, ganz betroffen über diesen Fund, gegenseitig stillschweigend an, als sie in der Stube eine umfliegende Biene gewahrten, die der Leiche sich näherte, und endlich in den offenen Mund derselben schlüpfte. Kaum war das Insekt verschwunden, schlossen sich die bleichen Lippen, und die gute Alte richtete sich auf und blickte erstaunt umher und mahnte die verdutzten Jünglinge künftig in Ruhe zu lassen, wenn sie sie wieder einmal irgendwo liegend fänden, damit die Biene zu ihr gelangen könne, das sei ihre Seele. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Hexe zu Trans

Source: Die Hexe zu Trans

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Des verstorbenen Pfarrers zu Trans schöne Tochter verbarg in einer, dem Dorfe nahen Waldhöhle einen verfolgten Fremden. Es war eine Mondnacht des Hexenzeitalters. Die Gestalt des hochgewachsenen Mädchens war dem ganzen Dorfe bekannt. Der Fremde, nicht gekleidet wie die Dorfleute, wurde für den Teufel angesehen. Das Mädchen wurde gerichtlich gefangen gesetzt, als Hexe verhört und gefoltert. Nie verriet es den Zufluchtsort des Fremden, damit er nicht in den Hexenprozess verwickelt würde. Endlich hörte dieser von der Geschichte, verliess, nun kühn geworden, sein Versteck, rettete die Unglückliche aus dem schlecht bewachten Dorfgefängnis und entkam mit ihr nach Chur, wo ihm Freunde weiterhalfen. Er war ein Deutscher, bekannt mit dem berühmten Thomasius, feuerte diesen Freund noch mehr an, der Hexenverfolgung entgegenzutreten, als das unglückliche Mädchen, das er liebgewonnen, bald in Folge der Folter starb. Aus: U. Brunold-Bigler, Die Sagensammlung der Nina Camenisch, Disentis 1987, mit freundlicher Genehmigung der Autorin. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Hexen auf der Rübi zu Silenen

Source: Die Hexen auf der Rübi zu Silenen

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a) Als einmal das angsterfüllte Volk von Silenen der mit unheimlicher Macht aus dem steilen Kilchtal hervorbrechenden, Tod und Verderben drohenden Rübi wehrlos zuschaute, erblickte es zuvorderst auf ihr ein Weibervolk, eine Hexe mit einem Spinnrad, an dem sie eifrig spann, hinter ihr eine zweite, die mächtig an der Rübi stiess. Nun lief der Sigrist zur Pfarrkirche St. Albin und läutete über Wetter. Hell klang das Glöcklein der hl. Verena in den Sturm hinaus und übertönte sogar das Tosen der Rübi. Im Augenblick beruhigten sich die verheerenden Elemente, und die Geröllmasse kam zum Stillstand. »Stoss, stoss!« rief noch die Spinnerin ihrer arbeitsamen Gehilfin zu. »I cha nimmä,« gibt diese zurück, »ds Vreni briälet vill z'fast.« Auf einmal waren die Hexen verschwunden. Jos. Maria Zberg, 75 J. alt b) Die Antwort lautete: »I cha nimmä, ds Vreni het vill z'friäh afah schryä!« c) Die Spinnerin schrie der andern zu: »Stoss! stoss!«, die letztere gleichzeitig der erstern: »Zich! zich!« und diese: »Ich mag nimmä, ds Vreni schrytt vill z'lütt.« d) Es waren mehrere Hexen, die an der Rübi stiessen und Steine tröhlten. Beim Klang der Glocke rief ihnen die Spinnerin zu: »Heeret üff trehlä, ds Vreni riäft vill z'lütt.« e) Es ist nur von einer einzigen Hexe die Rede, sie wühlte in den Stein- und Schlammassen und musste aufhören, sobald die Glocke erklang. Später äusserte sie sich bei den Leuten: »Ja, ja, dassälb Mal, wenn ds Vreni nitt so gschrüwä hätt, hätt-i de am St. Albin sy Gartä (d.h. Friedhof) scho wellä undermachä.« Oder: »Dassälb Mal, wenn ds Vreni nitt so b'briälät hätt, wär's de andrisch üsächu!« f) Zwei Hexen. Die eine rief: »Schab', schab'!« Die andere: »Ich mag nimmä g'schabä, ds Vrenäli riäft scho.« Fr. Gerig-Münsch, 91 J. alt, u.a.m. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Hexen auf der Vierschröt

Source: Die Hexen auf der Vierschröt

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a) Die Vierschröt, einen gewaltigen, fast vollkommen rechteckigen, schiefgelagerten Felsen, der den schmalen Eingang zu dem an Mythen und Legenden so reichen Riedertal bewacht, wollten einst zwei neidische Hexen aus dem Berg herausreissen und auf Bürglen herunterstürzen. Die Menschen wurden dieses Vorhabens rechtzeitig gewahr, und, während die beiden Unholden am Felsen zerrten und stiessen, fing in der Loretokapelle bei Brügg das Glöcklein mit hellem Klang zu läuten an. »Gregeeri, stoss brav! ds Vreni schrytt,« rief die eine, aber es war zu spät, ihre Macht war gebrochen. »Wenn ds Sywli gysset, nitzt's nymeh z'stossä,« schnerzte noch die andere, und dann verschwanden beide. Ein schönes Stück hatten sie schon losgesprengt, man sieht das, wenn man von oben herabschaut, ganz deutlich. Josefa Muoser b) Nach anderer Erzählart war es eine einzige Hexe; als das Glöcklein der Loretokapelle ertönte, gab sie ihr Vorhaben auf und sagte: »I b'bringi-si nitt virä, ds St. Peters-Sywli gysset.« – Das Glöcklein soll St. Peter heissen. c) Auf der Vierschröt sei auch inmitten des Waldes ein kleiner »Hexenplatz«, auf dem keine Bäume und Kräuter wachsen. Auf einem Stein, der dort aus dem Erdboden herausragt, sehe man menschliche Fusspuren. Eine schöne, weisse Frau soll einmal ein kleines, stummes Kind von Bürglen da hinauf gelockt und mehrere Tage bei sich behalten haben. Jak. Hartmann, 80 J Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Hexen auf Urden

Source: Die Hexen auf Urden

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Es war in einem Herbste, als die Maladerser ihre Alpe unterhalb Urden wegen schlechtem Wetter früh verlassen hatten. Das »Molchen« (der Molken, Alpnutzen) konnte auf den darauf folgenden Tag (Sonntag) nicht »z'Tal« geführt werden, wesshalb der Senn mit dem »Zu-Sennen« droben blieben, um am Montag die Ladung zu bewerkstelligen. So blieben sie also am Sonntag Abend in der Alpe, hatten bereits das einfache Nachtessen verzehrt, auf die »Pritsche« sich gelegt und ein »Davoser-Pfifli« angefüllt, als auf einmal die lieblichen Töne einer Geige sich vernehmen liessen. Diese Töne kamen näher und näher, und lange ging es nicht, so klopfte es an der Türe. Der Zu-Senn erwiderte: »nu ine«, und Beide wunderten sich nicht wenig, als eine ganze Tanzgesellschaft herein kam, dem Geiger nach. »Isch erlaubt?« fragte Eins von der Gesellschaft; der Senn antworte: »Jo frîli.« Und nun ging\'s an ein Tanzen, und die Beiden sahen zu, wie die Hexen, denn es waren Alles solche, so schön tanzten, wie der Geiger, der der Teufel selber war, auf einer Geige ihnen vorspielte. Das ging nun ganz ordentlich, bis der Senn näher aufschaute und bemerkte, dass der Musikant keine rechte Geige hatte, sondern ein Totenbein war seine Geige und der Zopf von einem Weibe war der Geigenbogen. Auch konnte er, was er anfänglich nicht gesehen, unterscheiden, dass der eine Fuss des Musikanten ein Rossfuss war. Er zeigte das dem Zu-Sennen, worauf sie sich bekreuzten. Kaum hatten sie das getan, verstummte die schöne Musik; Alles stürzte in grösster Eile und mit furchtbarem Lärmen zur Hüttenthre hinaus - Am Morgen lag hoher Schnee auf der Alpe. Hätten sie aber die Gesellschaft austanzen lassen, wäre das Wetter gut geblieben. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Hexen des Beverin

Source: Die Hexen des Beverin

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Dort sollen sich die Hexen, nicht nur umliegender Landschaften, sondern weiten Kreises auf Besenstielen hinaufreitend, versammeln. Dort ihre Tänze halten und all die unsinnigen Sachen tun, die man aus Hexenprozessen genug kennt. Auch sollen sie dort Gletscher hacken (dieses wird besonders bemerkt) und in die Lüfte streuen mit einem bösen Fluch. Dann hagle es in den Tälern und die Landstriche (aus welchen am meisten über ihre Nachbarn erboste Hexen seien) würden am schwersten vom Hagel getroffen. Aus: U. Brunold-Bigler, Die Sagensammlung der Nina Camenisch, Disentis 1987, mit freundlicher Genehmigung der Autorin. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Hexen im Foferenwalde

Source: Die Hexen im Foferenwalde

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Nicht weit vom Dorfe Tschugg am südlichen Abhange des Jolimont liegt ein Wald, der Foferenwald. In diesem Walde ist es nicht geheuer und ereignen sich darin gar wunderbare Dinge. Geht man durch ihn hindurch, so fällt es einem oft bleischwer auf die Glieder, dass man weder vor- noch rückwärts schreiten kann und die Füsse minutenlang an eine Stelle gefesselt sind. Ist dann die Angst auf das höchste gestiegen, erschallt plötzlich ein Gelächter, das durch alle Tonarten höhnisch von Baum zu Baum wiederhallt. Dies soll von den Hexen herrühren, die in den vielen Eichen, welche dort herumstehen, wohnen und auf diese und noch andere Art ihr schadenfrohes und boshaftes Wesen kundgeben. Oftmals hört man auch, wie von diesem Walde ein wilder Lärm das Tal herab tönt und sich dann durch die Lüfte nach dem Jolimont hinauf, nach der Nordseite hinzieht, wo der sogenannte Heidenstein liegt. Rüdengebell und Peitschenknall, das man ganz deutlich aus dem sonst verworrenen Geräusch heraus vernehmen kann, lassen ausser Zweifel, dass dies die wütende Jagd ist. Auch liegen dort viele Heiden begraben, welche an diesem Geisterspuk auch mit schuld sein mögen. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Hexen in den Krinnen

Source: Die Hexen in den Krinnen

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In den »Krinnen«, einem Heuberge in Sapün oberhalb Langwies, war ein Versammlungsort von Hexen, und das »Hexen-Bödeli«, wo das war, wird noch heutzutage gezeigt. Besonders gerne tanzten die Hexen dort, wie auch anderorts, am liebsten, so lange das Gras noch jung war. Es waren nun die Weiden in den Krinnen so absonderlich gut, dass man des Tages dreimal melken musste, und die Hexen gar oft gestört wurden, wenn die Sennerinnen mit den Eimern kamen und gingen. So wurde eine der Hexen eines Tages unwillig, und rief: »Ich wünsche, dass Ciprian und Muttern dürre werden.« Eine andere aber setzte hinzu: -Mutternen nit, aber Ciprian soll dürre stah'n, bis drei Tage vor dem jüngsten Tage.« - Und von dieser Zeit an ist der Ciprian dürre geworden, und geblieben. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Hexen in Pardenn

Source: Die Hexen in Pardenn

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Vor vielen Jahren hörte man in der Alpe Pardenn (Closters) während der Nacht öfters die Kühe herumrennen. Am Morgen dann, wenn Dieselben zum Melken zusammengetrieben wurden, bemerkten die Hirten, dass be­sonders die zwei stärksten Kühe von weissem Schaume bedeckt, und zudem Eindrücke auf dem Rücken der Tiere zu sehen waren wie von einem aufgelegt gewesenen Sattel. Jedes Mal, wenn dieses geschah, gewahrte man in der Abenddämmerung einige Elstern auf der Holderstaude bei der untern Hütte hocken, welche merkwürdige Gebärden machten. - Das waren, wie es sich herausstellte, Hexen in Elsterngestalt, die den Kühen auf den Rücken sich setzten, und die ganze Nacht durch, Dieselben in der Alpe herumjagten. Nun kam einmal ein armer Mann in diese Alpe, und Dem erzählten die Alpknechte den Vorfall. Der Mann gab den Hirten den Rat, sie sollen, wenn sie die Elstern wieder sehen, ihre Stöcke nehmen, dann hinab in den Weg eilen, welcher durch die Alpe führt. Beim Heraufkommen des Viehes zum Melken sollen sie Stück für Stück mit ihren Stöcken tüchtig auf den Rücken klopfen. Den Kühen tue das nicht wehe, wohl aber den Hexen, die, ihnen aber nicht sichtbar, den Tieren auf dem Rücken sässen. Die Hirten machten es so, und von da an hatten sie und ihre Herde Ruhe. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Hexen von Pardenn

Source: Die Hexen von Pardenn

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Hinter dem zu Klosters gehörigen Hofe Monbiel, zuhinterst im Prättigau, liegt die schöne Alp Pardenn. Daselbst ist eine Stelle, wo die Hexen ihre Tänze hielten. Die meisten im Lande gerichteten Hexen haben bekannt, daselbst Hexentänzen beigewohnt zu haben. Ein Prättigauer, der in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts viele Jahre in Paris als Militärschneider diente, wurde einmal von einer Pariser Dame, die erfuhr, dass er aus dem Prättigau sei, nach verschiedenen Weibern in seiner Heimat gefragt und auch nach der Alp Pardenn. Sie kannte mehrere Weiber und sagte, sie sei schon öfters in Pardenn gewesen. Ähnlich ging es einem Prättigauer Soldaten in Holland, wo eine vornehme Frau, bei welcher er einquartiert wurde, die nämlichen Fragen an ihn stellte und nach den nämlichen Weibern sich erkundigte. Quelle: Theodor Vernaleken, Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch


by Die Hexen von Rafz

Source: Die Hexen von Rafz

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Die Hexen von Rafz Oben im Rafzerwald ist eine kleine Mulde, die man die Teufelsküche heisst. Dieses sei die Stelle gewesen, sagt man, wo allemal die Hexen zusammen kamen. Noch um die Jahrhundertwende wusste man von Hexen dies und Jenes. Man verdächtigte noch Leute der Hexerei. So behauptete jemand: „Die und die darf mir nicht in die Augen schauen, seit mein Kind krank war. Als es in Krämpfen und Gichtern lag, gab es einen furchtbaren Klapf im Haus und etwas ist oben aus dem Dach gefahren. Da wurde das Kind ruhig, und von Stund an genas es.“ Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Unterland Nach Gchr. Rafz 1902. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Hexen von Trins

Source: Die Hexen von Trins

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Der Fuhrmann Wellinger von Schleuis war einmal mit einer Ladung am »Stutze« vor dem Dorfe Trins angekommen, als auf einmal ein Vorderrad vom Wagen wegflog, wie fortgeblasen. Dem guten Mann kam das kurios vor, indessen steckte er das Rad wieder an, und wollte weiter fahren. Kaum war er einige Schritte weiter, fiel das andere Vorderrad ab. Diesmal fing Wellinger an zu wettern, und nachdem er auch dieses Rad an Ort und Stelle gebracht, fuhr er weiter. Doch nach wenigen Sekunden löste sich das eine Hinterrad. Nun ging's aber los mit Schimpfen und Toben, beim guten Mann. Doch auch das dritte Rad fand seine Achse wieder. Wie er abermals sein Pferd antrieb, flog das vierte Rad ab, und rollte den Weg hinunter. Unter grässlichem Fluchen rannte Wellinger dem Rade nach, und ereilte Dasselbe erst bei einer starken Biegung der Strasse. Nachdem er mit dem Rade beim Wagen angelangt war, und Dasselbe an die Achse befestigt hatte, liess er seinem Zorn freien Lauf: »qu'igl diavel prend las strias da Trin«. (Der Teufel hole die Hexen von Trins.) Kaum hatte er diese Worte ausgesprochen, so bemerkte er vier Elstern, die vom Wagen wegflogen, Trins zu. Das waren Hexen gewesen, welche die vier Räder losgepickt hatten.   In Trins angelangt, fand WeIlinger statt der vier »Lohner« (Schliessen an den Wagenrädern) vier Elsternfedern in den Wagenrädern stecken, die er zum Andenken mit heim nahm. Nunmehr musste er lachen über sein Abenteuer und seine Eroberung. Wer diese vier Hexen waren, konnte man ihm aber nicht deuten, es waren Deren damals noch mehrere im Dorfe. - Mit vier entlehnten »Lohnern« fuhr Wellinger heim zu. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Hexen-Tanzplätze in Tumleschg

Source: Die Hexen-Tanzplätze in Tumleschg

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Auf der rechten Seite des Almenser- Tobels ist eine magere Wiese in der Nähe einer Mühle. Auf dieser muldenförmigen Wiese, die eben ihrer schüsselförmigen Aushöhlung die nähere Bezeichnung Pro (Prau, Pratum) da Scadella (Schüssel-Wiese) verdankt, sollen die Hexen vom Vorder­-Tumleschge sich versammeln, und sie sind Schuld daran, dass der Tomilser­-Bach zuweilen so böse ist. - Die Hexe von Almens, Pradwall (wahrscheinlich auch Rodels), Fürstenau, Brugg und Scharans fliegen hinauf auf den Cuolm Higli, einem abgelegenen, steilen Maiensässe oberhalb Almens, und verursachen durch ihre Werke und ihre Zusammenkünfte die öftern Ausbrüche der Rüfen von Almens und Scharans. Bündner-Soldaten, die vormals in Holland gedient, erzählten, von dorti­gen, vornehmen Damen oft sprechen gehört zu haben, wie diese auf Cuolm Higli so schön getanzt hätten, dann aber in einer Nacht durch die Luft wieder nach Holland zurückgeflogen seien. - Die alten, gebrechlichen Hexen der genannten Orte in Hinter- Tumleschg, die den Weg nach Cuolm Higli hinauf zu beschwerlich finden, haben ihre Zusammenkünfte auf Prau da Barlotts, einer Wiese in der Nähe vom Dorfe Scharans, am Wege, der nach Rietberg führt. Ihnen misst man die Schuld zu, dass sie in den Haushaltungen Rumor »anzetteln« (stiften), und in den Ställen oft Verkehrtes anrichten, im ganzen Tale. Aber mit dem Loslassen der Rüfenen und dem Verderben der Feldfrüchte oder gar mit dem Hagel- und Unwetter-Machen befassen sie sich nicht mehr, das ist für sie zu strenge; sie haben in Haus und Stall genug zu tun, finden aber auch immer viel Arbeit zu verrichten. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Hexenfahrt

Source: Die Hexenfahrt

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Ein Mädchen diente als Magd bei einem Bauern zu Fanas und bemerkte, dass ihre Meisterin am Abende oft von Hause sich entfernte, und zwar auf eine unerklärliche Weise aus der Küche verschwindend. Einmal verbarg sich die Magd im Kellergange und beobachtete, wie die Hausfrau leise in die Küche schlich, aus einem »Schgäfflein« eine kleine Büchse hervorholte und diese letztere öffnete, wie sie dann eine rote Salbe aus dem Büchslein nahm, davon an den Besenstiel strich, das Büchslein wieder schloss und schnell an Ort und Stelle legte, sich hurtig auf den Besenstiel setzte und mit den Worten: »Zum Chämi us und niena-n-â« durchs Kamin zum Dache hinausflog. Die Magd wartete und wartete, bis am Morgen vor Tag ­die Frau den gleichen Weg durchs Kamin herab wohlbehalten wieder anlangte, den Besen in den Winkel stellte und in ihre Kammer ging. - »Wenn dô nit öppis derhinder steckt, so weiss i nüt meh, das muess i erdüüsla,« dachte die Magd und begab sich nun auch zur Ruhe. - In einer Nacht, wo die Frau unwohl war und die Magd freie Hand hatte, holte auch sie das Büchslein hervor, öffnete es, nahm von der Salbe und machte Alles akurat so, wie die Meisterin es getan, ausser dass sie rief: »Zum Chämi us und überall â,« und so geschah es denn auch; sie flog zwar auch durch den Kamin, aber überall an, so dass sie die Wände desselben überall rein fegte. Der Besen führte sie auf den Hexentanz auf Sträla. Gegen Tagesanbruch stob dann Alles wieder auseinander, und auch sie ritt wieder heim durchs Kamin herab, aber »überall â.« - Eine gute Zeit war sie dann unwohl und gestand der Meisterin ihre Neugierde. Diese befragte sie weiters, worauf die Magd erzählte, wie es sonst so schön gewesen sei auf Sträla, nur das Kaminfliegen habe ihr nicht gut getan. - Von nun an teilten sich Frau und Magd schwesterlich in den Gebrauch der Salbe im Büchslein. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Hexenfamilie

Source: Die Hexenfamilie

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Die Hexenfamilie Der Grossvater des Jakob Senn im Leimenacher im Fischenthal hatte sein Stammhaus mehrere Jahrzehnte einer Familie vermietet, von der man sagte, sie könne mehr als Brot essen. Man hiess sie geradezu die Hexenfamilie. Sie bestand aus Vater, Mutter und vier wunderhübschen Töchtern. Hans Senn, ein Onkel des besagten Jakob Senn, verliebte sich in Margritli, eine der Hexen. Die Eltern aber verboten dem Hans den Verkehr mit den Hexenleuten und das Betreten jenes Hauses und begründeten dies mit den Worten: Die Hexen sind nach Männern höchst begierig, weil sie nur dann selig sterben können, wenn sie im Ehestand Mutter geworden sind, und wenn sie womöglich ihren letzten Atemzug in des Mannes Mund aushauchen können. Hans aber konnte nicht aufhören, die Hexe zu lieben, und weil er sie nicht gern haben durfte vor den Eltern, so tat er’s heimlich. Aber er kriegte den Lohn für seinen Ungehorsam. Er bekam die Schwindsucht und starb. Der obgenannte Grossvater hätte gerne die Hexenfamilie aus seinem Hause gehabt, wagte es aber nicht, sie zu vertreiben. Er versprach aber einem jungen, kräftigen Nachbarn, das Haus ein Jahr lang zinslos bewohnen zu dürfen, wenn er das Hexenvolk aus dem Hause brächte. Der Nachbar säuberte richtig das Haus, aber die älteste Hexenjungfrau, welche er gewaltsam hinausstiess, sagte ihm lächelnd unter der Türe: „Kaspar, es kann dir im weiten Haus noch zu eng werden!“ Tatsächlich starb dieser Kaspar einige Jahre darauf an Engbrüstigkeit. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Senn Jakob, Ein Kind des Volkes, hg. von Otto Sutermeister, Bern 1888, S. 10-12. Es ist in der Erzählung nicht ausgedrückt, aber wohl gemeint, dass die Hexe den Burschen mit Liebeszauber an sich gekettet habe. Senn ist in seinen Formulierungen sehr vorsichtig, wenn es um Aberglauben oder um für ihn unwahrscheinliche Begebenheiten geht.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Hexenhalfter

Source: Die Hexenhalfter

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1. Ein Knecht hatte nachts nie Ruhe, und, obwohl er mit Arbeit nicht gar zu sehr beladen und die Kost gut war, magerte er doch zusehends ab, – hed eißter gschlächtet. Es kam jede Nacht eine Hexe, lüpfte neben seinem Bett in der Diele einen Laden und warf ihm eine Pferdehalfter an; dann war er ein Ross, und die Hexe ritt auf ihm auf und davon. An einem bestimmten Ort stieg sie allemal ab, band den Gaul an einen Hag und verliess ihn. Vor Betenläuten kam sie wieder zurück und fuhr auf ihm nach Hause. Einst aber, als der Gaul wieder am Hag stand, kam es ihm in den Sinn, die Halfter abzuziehen; es scheint, dass im Rosskopf doch noch ein Menschengehirn arbeitete. Da war er wieder Mensch. Sobald er der Hexe ansichtig wurde, warf er ihr blitzschnell die Halfter an; jetzt war sie Gaul, und der Knecht ritt auf ihm nach Hause, stellte ihn in den Stall, holte den Meister herbei und zeigte ihm das seltene Rösschen, indem er dabei sagte: »Lüeget da, Meister, weeli scheeni Mäni ha-n-ich da 'käuft!« »Ja, worum nitt gar!« machte dieser. Darauf zog der Knecht die Halfter ab, und da stand auf einmal die nackte Meisterin vor ihnen. – Sie wurde verbrannt. Zäzilia Gisler-Walker, 70 J. alt 2. Zwei Knechte durften nicht im nämlichen Zimmer schlafen. Einer wurde immer magerer. Der andere fragte: »Was isch äu mit diär?« »Ja, ja, wennd dü diä ganz Nacht miäßtisch schaffä wiä-n-ich! Um Mitternacht chunnt am Meister sy Tochter und leit miär ä Rosshalftärä-n-a und spannt mich a-n-i Scheesä und darnah bin ich äs Ross und müess sy i der ganzä Stadt ummäfiährä!« »So will ich hinecht i dym Zimmer liggä.« Als die Tochter kam und ihm die Halfter anlegen wollte, gelang es ihm, diese zu ergreifen und sie der Tochter anzulegen. Jetzt war sie das Ross, und er spannte sie an die Schaise und sprengte sie die ganze Nacht in der Stadt herum. Beim ersten Klang der Betglocke war es wieder ein Weibervolk. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Hexenhaufen am Diedenberg

Source: Die Hexenhaufen am Diedenberg

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1. Hoch am Diedenberg, am Fusse des Schyssplanggästockes, gegenüber Wassen findet man viele Geröllhaufen, turmartige Erhebungen am Fusse von Schuttmoränen oder Abstürzen, die den Eindruck erwecken, als ob sie von Menschenhänden hier aufgehäuft worden. Das Volk in Wassen nennt sie »Häxähyffä« und sagt, drei alte Hexen in rot und weiss geringelten Strümpfen hätten sie zusammengetragen und aufgerichtet, um sie einmal in das Tal hinabzustürzen und das Dörflein Wassen zu zerstören. Josefa Muther u.a. 2. Es lebten vor Zeiten da oben viele Hexen. Man hat sie abends von Wassen aus feuern gesehen. Einem Jäger begegnete eine und sagte, sie wolle gehen und Regen machen, es sei zu trockenes Wetter. Der Jäger riet ab, aber sie ging doch, schüttete einen Kübel voll Wasser um, und da wetterte es ganz gewaltig. Frau Baumann-Dubacher, 85 J. alt, u.a. 3. Eine Hexe lebte noch zu Menschengedenken im Unterfeld in Meien, die kannte das Hexenwerk wie Brot essen; eine andere wurde ob Realp beim Lipfer- oder Schlipferstein gesehen, von wo schon viele Rufenen zutal gefahren. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Hexenjungfern von Habkeren

Source: Die Hexenjungfern von Habkeren

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Zwei Knaben von Habkeren besuchten vor langer Zeit, man weiss nicht wie lange es her ist, zwei Jungfern, von welchen die Leute nicht sagen konnten, wer sie waren und woher sie in das Bergtal gekommen seien. Die Jungfern gestatteten den beiden, täglich bei ihnen beim Abendsitz zu sein, nur nicht des Freitags oder Samstags. Die Neugierde der beiden über dieses Verbot war so gross, dass sie es nicht überwinden konnten, einst an einem Freitag an das Haus der beiden heranzuschleichen und verstohlen durchs Fenster zu gucken. Da sahen sie, wie die eine der Jungfern aus einem Tiegel heraus ein Brettchen mit einer Salbe bestrich und sprach: "Zum Kamin hinaus und nirgends an!" Fort war sie. Die zweite tat desgleichen und verschwand nach der ersten. Kaum waren die Jungfern verschwunden, machten sich die beiden Burschen in das Haus, über den Zaubertiegel und taten den Spruch. Da wurden sie von unsichtbaren Händen durchs Kamin fortgetragen bis nach dem Seefeld hinter Beatenberg. Dort stand ein herrlicher Palast, der mit Leuten angefüllt war. Viele Musikanten sassen da in der Reihe. Darunter befand sich auch die Katze der Sennen, die nun erkannten, warum das Tier immer des Tages so schläfrig sei. Bald ging der Tanz los. Hernach wurde Speis’ und Trank aufgetragen, aber kein Brot. Endlich brachten die Gäste den Burschen ein Buch, in welches sie ihre Namen einschreiben sollten. Beherzt ergriff da der eine der Brüder den dargereichten Gänsekiel und schrieb mit grossen deutlichen Zügen auf die Mitte des Blattes den Namen "Jesus Christus". Plötzlich war’s mit der Herrlichkeit vorbei, der Palast zerfiel und die ganze Strüdelgesellschaft stob auseinander. Die Brüder aber fanden sich einsam auf der Seefeldalp wieder und wussten nicht, wohin sie sich wenden sollten. Da erschien ihnen der grosse Heini und sagte ihnen wo sie seien und welchen Weg sie nach der Heimat einzuschlagen hätten. Das Zauberbuch aber war in ihren Händen geblieben. Sie brachten es dem Landvogt von Interlaken, der’s in den brennenden Ofen werfen liess. Doch es verbrannte nicht, bis er’s an eine Heugabel steckte und fest über das Feuer hängte. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Die Hexenmatte

Source: Die Hexenmatte

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a) Dorothe Bartin aus Reinach bekennt 1577: Sie sei mehrmals «auf Brattelen matten» gewesen, ebenso der Süry, «der habe uff ein Theller zu Danz gemacht, und der böss (Böse) uff eine Sackpfifen. Sie haben pfiffen und trumet, und allerley for Kleider gehapt, Plaw (blau) und Roth. Item ettwa wenn sie gefarrn, hab si den besen oder gablen mit schlangen krut bestrichen, in Teufels Namen.» Jakob Süry seinerseits gesteht: «Er sei mangmal auf Brattelen matten gesin, da sey ein dürrer baum und ein Ring darumb . .. Dann hab er win gholet im Dorf Brattelen. Da si denn um den Baum danzet und allerlei gut leben ghan. Sy seyen auch eine Jede mit Jrem Puben schlafen gangen, und er mit seiner Müffin unter ein Paum.» Er fuhr auf einem Besen heim, wobei der Böse vor ihm sass, und war eher daheim, «denn einer möchte ein Ey essen». b) Die Prattelenmatte wurde von weither von Hexen und Hexern besucht. Eine von Brittnau, die auf einem mit «Arbonen salb« gesalbten Stuhl hingefahren war, gesteht ihren Luzerner Richtern (1549), es seien wohl hundert dort beieinander gewesen, etliche aus dem Zürich- und Bernbiet, aus dem Willisauer Amt und dem Entlebuch. Andere fuhren auf Kunkeln hin, andere auf Besenstielen. Ein bernischer Landstreicher ist zusammen mit einem Geiger und einem Sackpfeifer auf Anstiften von drei Hexen hingekommen; dort seien «by 50 Manns- 200 Wybspersonen» gewesen. c) «Die grosse Linde zu Pratteln wird in den alten Brieffschaften sehr oft angezogen. Sie wäre nicht weit von dem Schlosse entfernet, und stuhnde entweders auf demjenigen Platze, wo nunmalen auch ein solcher Baum bey dem Wachthause stehet; oder aber weiter hinunter auf demjenigen Platze, wo die Wege gegen Basel und Muttenz sich scheiden, und dismalen einige Nussbäume stehen. An diesem letztem Orte pflegten die alten Einwohner von Prattelen, so oft die Pestseuche bey ihnen regierte, sich zu versammeln, und die Furcht des bevorstehenden Todes mit öffentlichen Dänzen und Reihen zu vertreiben. Man mag dessen noch einige Spuren bey der heutiges Tages zu Prattelen fortdaurnden Gewohnheit anmerken, da die Knaben und Töchtern an den Sonn- und Festtägen auf den Abend bey der Linden zusamen kommen, und allda einige Stunden mit Psalmen und Liedersingen zubringen. Sonsten wäre in den abergläubischen Zeiten diejenige Matte, so unten an dem Dorfe gegen die Hard ligt, wegen dem Hexendanz sehr bekannt, als auf welcher annoch in dem Jahre 1678. derjenige abgebrannte Krais gezeiget wurde, auf welchem dise Nachtgespenster ihre Zusamenkunften sollen gehalten haben. Dise Gegend wird noch heute die Hexenmatte genannt.» d) «Auf der Hexenwiese zu Pratteln, Kanton Baselland, zeigt sich eine schwarze Kutsche, die gewöhnlich als Vorbote eines Todesfalls erscheint; hört man aber nur ihr Gerassel, so bedeutet`s schlechtes Wetter.» e) Vor Zeiten kamen auf der Hexenwiese die Hexen von nah und fern zusammen, selbst aus dem Schwarzwald und aus Frankreich Von den Tänzen waren Kreise verdorrten Grases zu sehen, das unter den Tritten der Hexen versengt und verbrannt war. Der Teufel, der an diesen Festlichkeiten ebenfalls teilnahm, kam gewöhnlich in einer schwarzen Kutsche angefahren. f) Auf der Trockenlegung der Wiesen mag es beruhen, «dass die vor einigen Jahrzehnten noch in der fast baumlosen Hexmatt auffallenden Hexenringe verschwunden sind. Es waren dies durch einen Bodenpilz bedingte ringförmige Verfärbungen des Rasens, für deren Entstehung man in der Gegend die Schwarzwaldhexen verantwortlich macht, die über den Rhein kamen, um auf der Pratteler Matten ihre Tänze abzuhalten». Pratteln Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Hexenplatte

Source: Die Hexenplatte

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In der Alp Bäschnaten, der Ortsgemeinde Dorf gehörend, zeigt die Terrainformation gegen den Kuhmeltler hin eine ziemlich steile Halde, die ihr Entstehen vermutlich einem einst von den obern Partieen niedergegangenen grossen Erdschlipf verdankt. Der Scheitel eingangs erwähnter Halde bildet ein Plateau, auf dem sich bis vor wenigen Jahren eine zirka fünf Quadratmeter Grundfläche haltende schwarze Sandsteinplatte befand. Die Platte, sowie der Ort selbst, wird von den Bewohnern dieser Gegend Hexenplatte genannt. Eine Sage, die heute noch im Volke lebt, gibt uns über die Entstehung der eigentümlichen Benennung dieses Platzes folgende Kunde: Vor alter Zeit soll eine Hexe in dieser Gegend allerhand Unheil gestiftet haben. So soll sie dann auch dem Dörfchen Ruft und seinen Bewohnern den Untergang geschworen haben. Mit Hilfe der bösen Geister der Unterwelt rief sie zu diesem Zwecke ein furchtbares Unwetter herbei, das sich drohend vom Kuhmettler gegen Ruft hinabzog. Die Hexe selbst soll sich dann zwischen Kuhmettler und Federi auf eine Steinplatte gesetzt haben, und auf ihr böses Zauberwort löste sich eine gewaltige Erd- und Trümmermasse ab und fuhr, die Hexe auf ihrem Rücken tragend, gegen Ruft, um dieses zu bedecken. Da fing plötzlich in den grauenvollen Schrecknissen des furchtbaren Unwetters das Glöcklein in der St. Leonhardskapelle von selbst zu läuten an, und ebenso plötzlich war die Kraft des höllischen Wetters gebrochen; die Wolken zerteilten sich, und der Erdschlipf stand still. Die Hexe selbst entfernte sich mit dem Wehrufe: „Das Rufner Hündli fängt an zu bellen!" Die Hexenplatte wurde leider vor einigen Jahren anlässlich der Vornahme von Meliorationsarbeiten gesprengt und beseitigt.  A. Seliner Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 381, S. 217f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Hexensteine

Source: Die Hexensteine

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Als in früherer Zeit die Hexen noch ihre regelmässigen Zusammenkünfte hatten, bezeichneten sie die Orte, wo solche stattgefunden, mit seltsamen Zeichen. Am Hexentanz in Niederrickenbach sind es zwei rote Ringe in der Erde, die seltsam vom grünen Grase abstechen. Im Kernwalde bei Ennetmoos findet sich ein grosser Hexenstein. Er ist viereckig, oben flach und ist ganz mit Abdrücken von Bocks- und Kuhfüssen bedeckt.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Die hilfreichen Seelen

Source: Die hilfreichen Seelen

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Ein Bursche ab dem Kallenbüel zu Schattdorf ging fleissig zu einem Mädchen in der Wyergass z'Stubeten, und zwar benutzte er dabei den kürzeren Weg, der ihn über den Friedhof führte. Auf dem Friedhof sprach er allemal: »Ufä Frytthof tritte-n-i, und fir die armä Seelä bittä-n-i«, kniete nieder und betete ein Vaterunser. Er hatte aber einen Nebenbuhler, und der passte ihm eines Abends auf dem Friedhof auf, um ihn zu prügeln. Der sah ihn aber mit einem Begleiter daherkommen, so dass er ihn nicht anzugreifen wagte. Er nahm daher das nächste mal einen Gehilfen mit, und siehe! der Verhasste brachte zwei Begleiter! So ging es, bis der Nebenbuhler 5 Begleiter mitnahm, und es mit 7 Gegnern zu tun hatte, weshalb er nie anzugreifen wagte. Franz Inderkum, Schattdorf Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die hinkende Kostkuh

Source: Die hinkende Kostkuh

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So oft ein Emmenthaler-Senne im Herbste von seiner Alpe zog und heimfahren wollte, musste er eine Kostkuh droben im Stalle stehen lassen; anders konnte er niemals glücklich das Thal wieder erreichen. Die Kostkuh ist jenes Thier eines ganzen Stosses, das dem Sennen zu seiner eigenen täglichen Nahrung zusteht, so lange er auf der Alp käset, das also am meisten um ihn ist und besonders vertraut und lieb wird. Von jener preisgegebenen Kuh aber fand man dann im kommenden Jahre, wenn man wieder den Berg befuhr, nichts mehr im Stalle, als das am Baren stehende Gerippe. Nun war der Senne eben wieder heimgekehrt, und wie üblich war auch diesmal das bestimmte Stück, die hübsche Kuh, droben allein zurück geblieben. Aber diesmal konnte sie der Sennknecht nicht vergessen und verschmerzen; sie reute ihn zu sehr. Er liess mit Bitten nicht ab, bis ihm zuletzt der Meister erlaubte, sie nachholen zu dürfen. Also nimmt er eine Kienfackel, ein Stück Brod und den grossen Hund mit auf den Weg, und erreicht spät am Abende die verlassene Hütte. Sogleich schaut er in den Stall. Da steht denn die arme Blumi noch und brüllt ihm freundlich zum Melken entgegen. Ehe er dies thut, will er erst sein Herdfeuer anmachen, damit er sich die frischgemolkene Milch sieden kann; denn draussen bläst der Schneewind und er selber ist tüchtig zusammengefroren. Auch wäre es unmöglich, den weiten Weg bei eintretender Finsterniss und mit dem Thiere heute noch zurück zu machen; also richtet er sich gleich aufs Uebernachten ein. Sein Feuer löscht ihm aber trotz aller Bemühung immer von Neuem aus, das Holz fährt zischend und knallend vom Herde, obschon die Fichtenwedel nicht grün oder nass sind. Aergerlich darüber, dass ihm Alles missräth, lässt er endlich das Feuer unangemacht, die Kuh ungemolken und also auch die Milch ungetrunken; aus Eigensinn mag er nicht einmal sein Stück Brod aus dem Sacke ziehen, sondern nüchtern steigt er hinauf übers Heu und legt sich in sein Gaster (Kammer) zum Schlafen. Aber auch zum Einschlafen soll's nicht kommen. Denn alsbald entsteht unter ihm in der Hütte ein grosses Gepolter. Er hört alle Vorkehrungen machen zum Milchsieden und Käsen. Der Wellkessel mit dem grossen Eisenring wird klirrend an den Turner gehangen, dann wird dieser wagrechte Balken über den Herd hergedreht, dass man ihn laut knirschen hört; nun spratzelt auch vernehmlich drunter die Flamme schon. Alsbald kommt Jemand über den Melkgang hergeschritten und herauf zum Sennen; eine unkenntliche Gestalt ist's, die ins Gaster hereintritt und ihn essen und trinken heisst, was sie ihm darreicht. Es ist Alles stockfinster und dem Knechte will's grausen; endlich nach längerem Weigern trinkt er doch und merkt, es ist frische, kuhwarme, herrlichgute Milch. Nun soll er auch essen, was Jener ihm ins Gesicht schiebt. Beim ersten Versuch beisst er auf Fleisch. Aber nun weigert er sich hartnäckig, mehr zu nehmen, und ist schon entschlossen, sich mit Gewalt zu widersetzen. Hierauf verschwindet die Gestalt und drunten scheint es still zu werden. Beim frühesten Morgen steigt der Knecht hinunter, findet das Herdfeuer noch glimmend, zündet daran seine Fackel an und geht mit seinem Hunde in den Stall. Die Kuh ist noch lebendig. Sogleich nimmt er sie am Strick heraus, geht ihr mit der Fackel voran und der Hund muss hart hinterdrein laufen. So kann ihm der Schwarze nichts anhaben, der nun mit entsetzlichem Getöse hervor aus der Hütte bricht und die Dreie über die Alpe bis zur ersten Staffel (oberster Weidezaun) hinunter verfolgt. Glücklich langen sie zu Hause an. Da steht schon der Meister mit Weib und Kind und schaut ihnen entgegen; alle sehen zugleich, dass die Kuh hinkt. Man untersucht sie, aber nichts fehlt ihr als oben am Hinterfuss ein schon vernarbtes Stücklein, gerade so gross wie jener Bissen Fleisch, den der Knecht in voriger Nacht im Gaster hat essen müssen. (Mündlich von einem jungen Mann aus dem Bernerlande.) Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 321 Zwergensagen aus anderen Schweizerkantonen Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Hirten von Ormond in der Waadt

Source: Die Hirten von Ormond in der Waadt

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Einst waren die Kühe von ungeheurer Grösse, und hatten solch einen Überfluss von Milch, dass man sie in gegrabene Teiche melken musste, die sehr bald angefüllt wurden. Zu Schiff fuhr man aus, um den Rahm von dieser Milch abzunehmen. Eines Morgens aber, als ein schöner junger Hirt dies Geschäft verrichtete, warf ein Windstoss seinen Nachen um und er ertrank. Die Jünglinge und Mädchen des Tales trauerten um ihn, und suchten lange seine Leiche, um sie zu begraben; allein vergebens. Erst nach einigen Tagen, als man buttern wollte, fand sie sich mitten im schäumenden und aufschmellenden Rahm eines Butterfasses, das so hoch war wie ein Turm. Da bestattete man ihn in einer weiten Höhle, welche von den Bienen mit Honigscheiben, gross wie Stadttore, war angefüllt worden. Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Hirten von Ormont

Source: Die Hirten von Ormont

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Einst waren die Kühe von ungeheurer Größe und hatten solch einen Überfluß an Milch, daß man sie in gegrabene Teiche melken mußte, die sehr bald angefüllt waren. Zu Schiff fuhr man aus, um den Rahm von der Milch abzunehmen. Eines Morgens aber, als ein schöner junger Hirt dies Geschäft verrichtete, warf ein Windstoß seinen Nachen um und er ertrank. Die Jünglinge und Mädchen des Tales trauerten um ihn und suchten lange seine Leiche, um sie zu begraben; jedoch vergebens. Erst nach einigen Tagen, als man buttern wollte, fand sie sich mitten im schäumenden und aufschwellenden Rahm des Butterfasses, das so hoch war wie ein Turm. Da bestattete man ihn in einer weiten Höhle, die von den Bienen mit Honigscheiben, so groß wie Stadttore angefüllt worden war.   Aus: O. Vernaleken, Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Hobelgeiss in Büsingen

Source: Die Hobelgeiss in Büsingen

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Sie wird geschildert als ein Tier mit drei Beinen, mit funkelnden tellergrossen Augen und bis an den Boden reichenden Zotte n. Mit diesem Schreckgespenst flösste man zur Dämmerstunde den Kindern Furcht ein. Der «Hobelwald» in dem das Tier spukte, ist ein auf Büsinger Gemarkung liegender Hügel, welcher der Stadt Schaffhausen gehört. (Im Rheinhard und im Herblingertal)     Aus: R. Frauenfelder, Sagen und Legenden aus dem Kanton Schaffhausen, Schaffhausen 1933. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die hochmütige Prinzessin

Source: Die hochmütige Prinzessin

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Ein König hatte eine sehr hochmütige Tochter. Da kam ein Prinz und hielt um ihre Hand an. Sie antwortete spöttisch, er sei es nicht wert, ihr die Schuhbändel zu lösen, geschweige denn, sie zur Frau zu nehmen. Da eben der Hofnarr gestorben war, wurde der Prinz mit seinem Vater einig, den Hofnarren zu spielen. Er kaufte drei Goldkugeln und tat dergleichen, als würde er im Keller unten nach Schätzen graben. Die Prinzessin wollte eine dieser Kugeln. Er sagte: «Ich gebe sie dir, wenn ich eine Nacht mit dir schlafen kann.» Ohne weiter nachzudenken, willigte sie ein. Nach einiger Zeit befand sie sich in andern Umständen, was damals mit dem Tod bestraft wurde. Da sagte sie zum Hofnarr: «Lieber will ich dich heiraten, als das Leben verlieren. Nimm alle Wertsachen mit, die du hast, und lass uns fliehen.» Er nahm einen grossen, sehr schweren Sack. Als sie über eine Brücke gingen, liess er diesen hinunterfallen, und der Sack schwamm mit dem Wasser davon. Sie weinte. «Mach dir keine Sorgen; wir wollen eine Wirtschaft aufmachen und Getränke ausschenken», sagte er. Er hiess sie darauf, an der Strasse zu stehen und Getränke zu verkaufen. Zuerst ging es gut. Dann kamen die Soldaten und tranken, ohne zu bezahlen. Am Abend fragte er, wie es gegangen sei. Sie zeigte sich ganz verzagt und war wütend auf die Soldaten des Königs, die sie um den ganzen Gewinn gebracht hatten. Er sagte. «Zu einem Geschirrstand werden die nicht kommen. Du kannst Schüsseln verkaufen. Das kommt an.» Zuerst ging es gut. Der Prinz hatte jedoch die Kavallerie angewiesen, gegen Abend mit den Pferden diesen Stand umzuwerfen und alles in Scherben zu schlagen. Die Frau war deswegen halb verzweifelt. Jetzt sagte der Mann: «Es ist besser, bei jemandem als Magd zu dienen.» Sie trat am andern Tag eine solche Stelle an und versprach, dem Mann täglich heimlich vom Mittagessen zu bringen. Er arbeitete am selben Ort als Maurer. Eines Tages, als sie sich unter der Schürze einen Krug mit Suppe und Fleisch umgebunden hatte, um es dem Mann zu bringen, trat der Prinz in die Küche und forderte sie zum Tanz auf. Sie widersetzte sich vergebens. «Nur wenigstens die Kleider wechseln», bat sie. «Nichts da!» befahl er. Sie tanzte, er schnitt rasch die Schnur am Krug durch, der rollte durch den Saal, und da fiel das Essen heraus, zur grossen Belustigung aller und zur Schande der armen Köchin. Die fiel beinahe tot um. Der König sagte: «Sohn, jetzt reicht’s, gib dich zu erkennen.» Daher sagt man: «Frau, du fällst in das, was du verspottest.» - «Man weiss, was man ist, nicht, was man werden muss.» (Oberhalbstein)   Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Hochzeit von Gevatter Heuschrecke und Gevatterin Schnecke

Source: Die Hochzeit von Gevatter Heuschrecke und Gevatterin Schnecke

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Gevatter Heuschrecke und Gevatterin Schnecke wollten heiraten. Da war fast die ganze Gemeinde Celerina und Crasta eingeladen worden, und man glaubte, niemanden vergessen und beleidigt zu haben. Unterdessen war der Tag der grossen Hochzeit in Sur Punt gekommen. Erst mitten im Essen bemerkte man, dass Gevatterin Schnecke fehlte. Und alles begann zu sagen: «Bewahre und behüte uns Gott, wo ist sie? Wir werden doch nicht vergessen haben, sie einzuladen? Die kriecht uns auf den Berg hinauf und kommt nicht mehr herunter.» Und alles wandte sich zum Gevatter Hahn, der eine finstere Miene aufgesetzt hatte, und einer gab die Schuld dem andern. Schliesslich wurde beschlossen, nach Crasta hinüberzugehen und sie zu holen. Um klar und deutlich zu zeigen, dass sie nicht die geringste Lust hatte, sich den andern anzuschliessen, war Gevatterin Schnecke auf die Ofentreppe gekrochen und machte ein schrecklich beleidigtes Gesicht, und niemandem gelang es, sie zum Mitkommen zu überreden. Jetzt am Abend, als es dunkelte und sie dachte, dass der Tanz begonnen habe, so nahm es sie doch wunder, mit wem Gevatter Hahn den Ball eröffnete. Um von den Hochzeitsgästen nicht gesehen zu werden, war sie langsam bis hinter den Ofen gekrochen und hatte sich im Rock von Gevatter Hahn versteckt. Doch jetzt, mitten in einem Hopser von Nuottun streckte unsere gute Gevatterin Schnecke, damit ihr nichts entging, den Kopf zu sehr hervor, und - mag es so oder anders gegangen sein - auf einmal lag sie vor den Füssen von Gevatter Hahn. Was für ein Auflachen und was für ein Gelächter! Alle begannen zu rufen: «Bravo, bravo Gevatterin Schnecke! Oh, wussten wir doch, dass du irgendwann kommen würdest. Los, los, komm jetzt nur her und setz dich an den Tisch!» Sie liessen sofort Essensreste von der Hochzeit herein bringen und die Schnecke tat nicht mehr lange geziert, sie setzte sich hin und griff ebenso tüchtig zu wie die andern, und die ganze Gesellschaft war froh und guter Laune. - Mich hatten sie nicht eingeladen, aber sie schickten mir etwas Wein in einem Sieb und ein wenig Brot in einem Fässlein. (Oberengadin)   Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die hoffärtige Frau

Source: Die hoffärtige Frau

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Das soll im Planier vorgekommen sein. Am Sonntag wenn die Erwachsenen herunter in die Pfarrkirche zur Messe kamen, betrat eine unbekannte Frau immer ein Wohnhaus im Planier. Sie stellte sich da vor den Spiegel und kämmte sich die Haare, bis die Bewohner von der Sonntagsmesse zurück kamen. Dann zog sie aus und verschwand. Sie tat aber niemandem etwas zuleide und belästigte auch die spielenden Kinder im Hause nicht. Man glaubte allgemein, das sei eine Frau, die früher die Messe oft verspätete, weil sie sich zu lange "aufputzte". Jetzt müsse sie für ihre Hoffart büssen. RIED-MÖREL Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Hohbachspinnerin

Source: Die Hohbachspinnerin

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Die "Spinnerin in Hohbach" liegt zu Reckingen, Goms, in aller Mund. — Wenn Kinder unartig tun, so lässt das Kindermädchen gewiss die böse Spinnerin im Dorfe herumziehen und ins Haus kommen, um den schlimmen, schreienden, unfolgsamen Kleinen entweder eins mit ihrer langen Kunkel zu stecken oder sie gar in ihrer Schürze mit nach ihrer Berghöhle fortzutragen, wo sie selben Mäuseaugen zu essen und Guggermilch zu trinken gibt, so viel sie nur verdauen können. — So weit lässt es aber selbstverständlich kein Kind kommen. — Hat ein Mädchen zu lange das Werg an der Kunkel ohne abzuspinnen, oder macht sonst jemand seine Geschäfte saumselig, so folgt der Spottname einer "Hohbachspinnerin" zuverlässig. Trotzdem weiss doch kaum jemand etwas Näheres von dieser so viel genannten Spinnerin zu erzählen. Hohbach (Hochbach) ist eine fette Sommeralpe in den südöstlichen Gebirgen zu Reckingen. Wie gewöhnlich die Hochalpen, wird auch diese von Spukgeistern nicht frei geglaubt. — Ein Jäger, der im Spätherbst da allein übernachten wollte, hörte mitten in der Nacht alle Verrichtungen der Sennerei vornehmen, zuletzt noch gar ein störrisches Schwein mit dem Fusse schlagen und in den nahen Bach hinabschleppen. In dieser Alpe ist's, wo die vielgenannte Spinnerin zum Vorschein kommen soll und von der sie den Namen hat. Sie trägt einen kleinen wollenen Hut und eine weisse Spitzenhaube; ihr Busen ist mit Gellert und Vorpletz altmodisch eingeschnürt, an der mit einem messingenem Ringe die Kunkel voll Werg befestigt ist; mit der linken Hand treibt sie spielend die Spindel. Man will sie bald bei der Alphütte, bald aber auf der einen oder andern Egge der Alpe spinnen gesehen haben. Neben ihr hockt eine kleine schwarze Katze im Grase, die sehr böse ist und viel Schaden bringt, indem sie dem Vieh auf's Kreuz oder die Kruppe springt und mit ihren Griffen tot hackt oder mit den Zähnen augenblicklich tot beisst. — Es gibt freilich Fälle, wo das Vieh, wie vom Schlage gerührt, plötzlich verendet, was gewöhnlich bösen Geistern zugeschrieben wird. Um diese Katze der Hohbachspinnerin unschädlich zu machen, wurde den Leuten von einem frommen Pater angeraten, auf den vier Enden der Alpe Holzkreuze zu errichten, die einander in die Gesichtslinie fallen. Auch wurden gesegnete Eisenkreuze neben jenen von Holz in die Erde eingegraben, und von der Zeit an hat die böse Katze kein Vieh mehr totgebissen.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Höhle der Fee

Source: Die Höhle der Fee

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Es war einmal ein armer Bub, der hütete Schweine. Während er eines Tages seine Schweine hütete, kam eine Frau zu ihm und sagte, er solle mit ihr kommen. Der Schweinehirt redete sich zuerst heraus, dass er nicht weg könne, doch die Fee bestand so sehr darauf, dass ihm nichts anderes übrig blieb, als mitzugehen. Sie führte den Buben in eine Höhle, wo noch andere Feen waren und auch ein Trog voll Geld. Die Feen zeigten dem Buben den Trog und sagten, er solle Geld in den Sack stecken, doch nicht zuviel und nicht zuwenig. Der Bub stopfte seine Hosensäcke mit Geld voll und machte sich davon. Die Magd des Meisters, wo der Bub verdingt war, wusch und flickte seine Wäsche um Gotteslohn. Nachdem er Geld hatte, fing der Bub an frech zu werden und er Magd nicht mehr zu gehorchen. Deshalb wollte sie seine Wäsche nicht mehr waschen, doch da bezahlte er Bub die Magd dafür. Weil es die Magd wunderte, dass er Geld hatte, befahl sie einem Knecht, er solle herausfinden, woher der Schweinehirt das Geld habe. Das machte der Knecht, und der Schweinehirt erzählte ihm, wie er in eine Feenhöhle geraten sei, und er könne sooft er wolle dorthin, um Geld zu holen. So etwas gefiel auch dem Knecht, und er nahm einen grossen Sack und ging mit dem Buben in die Höhle. Die Feen führten auch den Knecht zum Trog, und er stopfte seinen Sack voll. Aber auf dem Rückweg aus der Höhle liess der Knecht den Sack fallen, und in dem Augenblick stürzte die Höhle ein. Der Bub, der vorausging, konnte sich retten, doch der Knecht wurde flach gedrückt wie eine Wähe. Aber danach sah der Schweinehirt nie mehr etwas von den Feen und oder vom Geld.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Höhlen am Hohen Weg

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und das Hohlloch in Attinghausen sind, wie ein fahrender Schüler geoffenbart haben soll, mit armen Seelen angefüllt. Mathilde Rämi Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die höllischen Spielleute

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Die höllischen Spielleute Am Abend vor dem Palmsonntag 1575 redete man im Gasthaus „zum Schwert“ in Zürich vom Tanzen, aber es waren keine Spielleute aufzutreiben. Die Wirtin beklagte sich aus Unwillen über den Teufel, dass er ihr keine Musikanten herbeischaffe. Da traten unversehens zwei Spielleute ein und huben an aufzuspielen, dass es eine Art hatte, und die Wirtin konnte des Tanzens nicht satt werden. Während sie sich im hellsten Vergnügen der Leidenschaft hingab, erblickte sie zu ihrem masslosen Schrecken ganz von ungefähr, dass der eine der Spielleute gräuliche, schwarze Ziegenfüsse hatte. Sie liess ihren Tänzer fahren und verliess mit Windeseile die Tanzdiele. Aber eine ganze Zeit hernach blieb sie von Sinnen. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Nach Cysat zitiert, Id.9, 2190. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Holzmietterren

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Die Holzmietterren ist ein krummes, graues Weiblein, das an einem Stecken geht. Sie kommt, wenn kleine Buben und Mädelchen böse sind und nicht folgen wollen, aus dem Wangwald ob dem Dorfe herunter gehumpelt und macht dann Ordnung. Besonders gleitig aber ist sie da, wenn ein Mädelchen sich von der Mutter nicht strählen lassen will und lieber ungestrählt im „Strudel“ als „Stridel“ auf die Gasse geht. Aber wohl, der Holzmietterren entwischt so ein Mädelchen nicht. Sie packt es an den unordentlichen Haaren, wo sie so guten Griff hat, und fährt mit einem eisernen Strähl darein und strählt so hart und fest, dass es dem unfolgsamen Ding heftig weh tut und ihm das Augenwasser nur so über die Backen läuft. Jetzt erscheint die Holzmietterren nicht mehr. Vor vielen Jahren ist sie gestorben und ihr Grab ist in dem stotzigen Rain ob dem Dorfe, „in den Talen“ sagt man dem Ort. Auch in Schwanden war eine Holzmietterren. Die wohnte aber nicht in einem Walde, sondern in einer Felsenhöhle, Fohndloch geheissen, in der Fluh neben dem Schwandenbach. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Homburger Schloßmusik

Source: Die Homburger Schloßmusik

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Zwischen Baselland und dem aargauischen Fricktal läuft die First des Homberges stundenlang hin. Auf seinen bewaldeten Höhengipfeln aber stehen noch die Ruinen zweier alter Ritterburgen, der Homburg und des Rechberges, die einst gar stolz gegeneinander schauten. Das ist aber schon lange, lange her. Einst, in einer mondhellen Nacht, kam ein verspäteter Wanderer, namens Joseph Hochreuter von Wittnau, von Baselland her über den Berg gestiegen. Wie er nun den Homberg hinunterschritt, fand er die ganze weite Ebene gesperrt. Eine doppelte, lebendige Hecke war in halber Mannshöhe durchs ganze Land gezogen, und zwischen diesem Grünhag lief eine saitengerade, breite Heerstraße. Lange staunte der Nachtwanderer den seltsamen Grünhag an. Schon wollte er versuchen, darüber hinwegzukommen, da trug ihm der Nachtwind eine ferne, rauschende Musik zu. Nach und nach ward sie deutlicher, und er hörte, daß es ein Marsch war. Verwundert blieb Joseph Hochreuter stehen und schaute voll Erwartung die breite Heerstraße hinauf. Bald kam ein gewaltiger Zug angerückt. Zuvorderst gingen kleine Knaben, denen größere folgten und diesen wieder größere. Und so kamen immer größere, wie bei einer Stiege die Tritte. Paarweise schritten sie einher. Jedes Paar ging, die Straße zwischen sich offen lassend, in gleichen Abständen voneinander, hart am doppelten Grünhag entlang. Diese Jungen waren wie Pagen gekleidet, aber alle trugen gleiche weiße und schwarze Röcklein. Nach ihnen kam eine Schar Männer, ganz schwarz gekleidet, und gleich hinter ihr marschierte eine Musikbande daher, im Vorüberziehen gar mächtig ihre Hörner, Posaunen und Trompeten blasend. Danach aber kam in schönem Abstande eine feine Herrenkutsche, die sechs brandschwarze Rappen zogen. Sie war geschlossen. Trotzdem war eine Anzahl Herren und Damen darin sichtbar. Der Kutsche folgte eine Schar winziger Mägdlein, und dann größere und wieder größere bis zu den erwachsenen Jungfrauen. Sie alle trugen schneeweiße Kleider und gingen ebenfalls paarweise an der Hecke entlang. Eine Schar Frauen, die alle mit schwarzen Mänteln bekleidet waren, schloß den Zug. Alles das aber kam so zierlich und fein daher, daß auch nicht ein Laut zu hören war, außer der Musik, nach deren Ton alles marschierte. Nicht ein Stäubchen ging auf der Straße auf. Es war, als liefe der ganze seltsame Zug über Schnee. Auch schien es, als habe ein leiser Nachtwind den Zug hergebracht und wehe ihn jetzt vorüber. Wie staunte aber der mit großen Augen zuschauende Mann, als er bei näherem Zusehen wahrnahm, daß die Heerstraße statt mit dem Berg zu fallen und zu steigen, schnurgerade durch die Luft unten vom Schloß Homburg aus nach dem Schloß Rechberg hinüber weiterging. Rasch lief der Hochreuter gegen die First des Berges hinauf, um von da aus noch besser sehen zu können, wo wohl das Ende des Zuges hingehen werde. Aber auf einmal ging der Mond unter. Alles wurde stockfinster, und die Hecken, die Heerstraße und der geheimnisvolle Zug waren verschwunden. Statt der rauschenden Musik aber donnerte es unversehens auf allen Seiten. Ein fürchterliches Gewitter brach los, also daß der einsame Wanderer die liebe Not hatte, sich vom Berg ins Tal hinabzufinden. Die Homburger Schloßmusik läßt sich immer noch vernehmen, wenn im Hochsommer ein schweres Gewitter dräut. Sie tönt mit solcher Macht, daß man sie stundenweit, ja bis zu den Wölfliswyler Feldern deutlich vernehmen kann. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die hundert Felder

Source: Die hundert Felder

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Jenseits des Langensees, gerade gegenüber von Ronco, bei einem anmutigen Bergdörflein, befinden sich die hundert Felder, so genannt, weil in dem Vertrag, der mit dem Teufel abgeschlossen wurde, es genau hundert sein mussten. Sie wurden zurechtgemacht in einer einzigen Nacht, und zwar vom Satan selbst in eigener Person. Ich will euch erzählen wie: Es lebte einmal ein wackerer Mann, welcher Sigrist oder Kirchendiener seines Dörfleins war, einem Dörflein, das graziös und niedlich wie ein hübsches Mädchen sich im See spiegelte, so oft der Wind nicht etwa neidisch dessen Oberfläche trübte. Dieser Mesner besass wie die andern Dorfbewohner eine kleine Wiese und ein Ställchen gerade dort, wo sich jetzt die hundert Felder befinden. Er war so schön, dieser Ort. Gross und geräumig dehnte er sich auf einer Fläche aus, die gerade so lang als breit war, an einer Stelle aber sanft anstieg. Leider aber war dieser Boden so überwuchert von Wald und dichtem Gestrüpp, dass weder Mensch noch Vieh ihn betreten konnten. Dafür bot er allen möglichen Tieren eine weitläufige Sicherheit und geheimnisvolle Unterkunft, wie Füchsen und Dachsen, Hasen, Haselmäusen, hübschen Eichhörnchen, trägen Schlangen und den grünschillernden Eidechsen, abgesehen von den zahlreichen Waldvögeln, die dort ihre Nester bauten und im Frühling zwitscherten, dass einem Hören und Sehen vergingen. Diese Tiere lebten in diesem Waldrevier wie in einer kleinen Republik oder einem Paradies. Nun war aber jener Mesner ein Mann von weitem Blick, der sich bei ihm besonders entwickelt hatte, weil er so viele Zeit auf dem Glockenturm verbrachte. Er trug in seinem Herzen einen sehnlichen Wunsch, der freilich ausserordentlich und beinahe unausführbar schien. Er hätte so gern jenes ganze unfruchtbare Gelände in einen schönen und ergiebigen Ackerboden umgestaltet, um dort etwas Währschaftes ansäen zu können. Wie oft war er auf einen Hügel gestiegen, von wo aus man die ganze Gegend überschauen konnte, und hatte bei sich selbst gesagt: «Welche Pracht, wenn man dieses weite Gebiet urbar machen könnte. Dann hätte unser Dorf Weizen genug, so dass man keine noch so arge Missernte befürchten müsste. Ja, man könnte sogar den Nachbardörfern noch abgeben, wodurch unsere Hilfsquellen vermehrt würden. Und so würden Wohlstand und ein bescheidener Überfluss bei uns einkehren.» Und immer wieder machte sein Geist solch kühne Gedankenflüge. Freilich erhob ihn sein Amt als Glöckner ohnehin etwas über seine Landsleute. Dieser Beruf war nämlich nach seiner Ansicht nicht bloss ein Handwerk, sondern eine Kunst, eine Mission. «Sicherlich», sprach er zu sich selbst, «bin ich es, der das ganze Volk im Dorf herbeiruft und versammelt. Ich taufe sie, ich verheirate sie, und ich beklage sie, wenn sie sterben, nachdem ich mich mit ihnen gefreut habe bei allen glücklichen Ereignissen ihres Lebens. Ich bin\\\'s, der sie zusammenruft bei drohender Gefahr. Ich erinnere sie mit dem Glockenzeichen daran, wenn\\\'s Zeit ist, sich nach gehabter Mühe wieder zu stärken. Ich wecke sie am Morgen aus ihrem Schlaf und lade sie am Abend nach langer mühseliger Arbeit wieder zur Ruhe. Gibt es ein Fest, dem lieben Gott, der heiligen Jungfrau oder einem wundertätigen Heiligen zu Ehren, so bin ich es, der sie mit dem lauten Klang meiner Glocken daran erinnert, und alle machen sich sonntäglich gekleidet auf den Weg, wohin ich sie rufe. Kurzum, ich bin doch sozusagen der Herr des Dorfes.» Bei dieser Meinung seiner Überlegenheit war es wohl begreiflich, dass ihm noch andere Gedanken in den Kopf stiegen, unter denen der grösste, der hartnäckigste und schliesslich der einzige, der am wenigsten ausgeführt werden konnte, eben derjenige war, jenes weit ausgedehnte Gebiet des waldigen Berghangs in fruchtbares Land um-zuwandeln. Nun sagt man ja seit alters her, dass der Teufel immer die schönsten Seelen anzulocken suche. Deshalb stiess er bei seinen häufigen Beutezügen eines Tages auf den Sakristan, gerade in dem Augenblick, da dieser ganz in seinen Lieblingsgedanken versunken war, wie man den Wald urbar machen könnte. Der Böse bewirkte, dass der Mesner sich gegen seinen Willen dazu hinreissen Hess, die Worte zu murmeln: «Ich würde meine Seele dem Teufel verschreiben, wenn dieser meinen  Traum,  meinen  einzigen  Wunsch  erfüllen könnte.» Jetzt war der günstige Augenblick gekommen, wo Beelzebub sein Opfer fangen konnte. Er erschien plötzlich vor dem Sakristan und sprach: «Topp, ich nehme den Pakt an. Du verschreibst mir deine Seele und sollst als Entgelt dafür die hundert Felder fix und fertig zum Anpflanzen und Ansäen bekommen.» Da könnt ihr euch vorstellen, wie verblüfft der arme Mesner bei dieser Erscheinung und bei diesen Worten war! Aber nun konnte man den Vertrag, wenngleich er ohne Stempelpapier und ohne Vermittlung eines erfahrenen Notars gemacht worden war, nicht mehr ändern; denn man weiss ja längst, dass sich mit dem Teufel nicht spassen lässt. Deshalb blieb nichts anderes übrig, als die Punkte genauer festzulegen, und die beiden kamen zu folgender Abmachung: Der Satan musste in einer einzigen Nacht das ganze Gebiet von Wald und Gestrüppe säubern. Dann musste er es pflügen und in hundert Felder einteilen, die durch besondere, tiefe Gräben voneinander abgetrennt waren. Diese Arbeit sollte getan werden zwischen den beiden Ave-Maria- oder Engelsläuten, die der Küster zur gewohnten Zeit zu läuten pflegte, nämlich das eine abends um sechs Uhr, das andere morgens um sechs Uhr. Nach dem letzten Schlag am Morgen musste der Sakristan sein irdisches Bündelchen packen und dem Beelzebub Folge leisten in den tiefen Abgrund der Hölle, wie so viele andere Sterbliche, deren unbändiger Ehrgeiz sie ins Verderben geführt. Mittlerweile wurde es dunkel, und der Küster stieg beinahe im Sturmschritt die Strasse hinunter, die ihn zum Dorf und zu seiner Pflicht als Glöckner führte. Als er in die Kirche trat, bekreuzte er sich mit zitternder Hand, denn er kam sich bereits als verlorener Mann vor. Kalter Schweiss rann ihm von der Stirn herab und durchfurchte sie ihm ganz. Jetzt beugte er seine Knie vor dem Altar, verehrte zum letzten Mal seinen Herrn, trat in den Glockenturm, ergriff die Seile und läutete das Ave-Maria, aber diesmal so stürmisch, dass alle Bewohner des Dorfes zum Kirchturm emporschauten und einer den andern fragte: «Was hat wohl der Sakristan, dass er so kräftig läutet, wie wenn morgen Festtag wäre? Wahrscheinlich hat er ein Gläslein mehr getrunken als gewöhnlich.» Jetzt machte sich der Teufel auf der Stelle an das harte Werk. Er koppelte zwei Höllenpferde zusammen und spannte sie vor seinen glühenden Pflug, der ihm jedes Gestrüpp, jeden noch so alten und gewaltig hohen Baum niederlegte und auf die Seite warf. Und als der Wald umgehauen war, wühlte er mit seinem Pflug die Erde auf und machte die Felder zum Anpflügen fertig. Auf diese Weise pflügte das Gespann vorwärts und zurück, unaufhörlich. Die Rosse schnoben Feuer aus ihren Nüstern und dem Maul. Funken sprühten aus ihren Augen, Blitze aus ihren Füssen und aus dem Pflug. Sie fügten Furche an Furche, Felder an Felder und zerstörten so den alten Freistaat, das Paradies der Tiere, das seit Jahrhunderten, beinahe seit einer Ewigkeit auf jenem Berghang bestanden hatte, so dass die Waldtiere erschreckt von dannen flohen. Und der Küster, was machte der unterdessen? Er hatte sich auf dem Glockengebälk des Kirchturms niedergekauert und verbrachte dort seine letzte Nacht als Sakristan. Er schaute zu, wie der höllische Pflug nach jeder gezogenen Furche umkehrte, was er von seiner Höhe aus ganz genau zählen konnte, denn wenn eine Furche fertig war, konnte er selber wohl beobachten, wie der Teufel mit seinen Pferden und dem Pflug umkehrte, um eine weitere Furche zu beginnen. Der Ärmste sagte mittlerweile zu sich selbst: «Jetzt fehlen nur noch fünfzig, jetzt noch neunundvierzig . . . Wer weiss, ob er damit fertig wird, bevor ich zur Frühmesse das Ave-Maria läute.» Es war seine einzige Hoffnung, dass jener nicht fertig werde. Aber freilich, der Teufel verspürte weder Müdigkeit noch Angst. Der Pakt war regelrecht gemacht, und morgen wollte er den Mesner auf die Schultern nehmen und mit ihm zur Hölle, diesmal mit einer prachtvollen Beute, man denke sich, einen Kirchendiener, einen Sakristan! Jetzt sind es schon neunzig .. . jetzt einundneunzig . .. jetzt fünfundneunzig Faider. Nun fehlen bloss noch fünf. «Jesus und Maria, kommt mir zu Hilfe!» rief der Glöckner von Zeit zu Zeit mit erstickter Stimme. Noch vier, noch drei, noch zwei, noch ein Feld fehlt. Bim, bam; bim, bam; bim, bam, läuteten jetzt die Glocken, so stark sie nur konnten. Kaum hatte nämlich der Glöckner gemerkt, dass nur noch ein einziges fehlte, so erwachte er wie aus einem Traum, erinnerte sich, dass er ja im Kirchturm, im Glockenturm oben war, dass er ja die Glocken ganz nahe hatte und es keine grosse Sünde sei, dem Satan das Wort nicht ganz zu halten. So packte er denn das Seil der nächsten Glocke, das ihm gerade in die Hände kam, und wie von einem guten Geist geleitet, fing er an zu läuten, so stark er nur konnte, halb aus Verzweiflung zunächst und aus Hoffnung nachher. Das war ein Ave-Maria der Erlösung, der Befreiung, mit so viel Feuereifer geläutet, dass der ganze Kirchturm mitsamt der Kirche erzitterte.   Auf das hin musste der Teufel seine Arbeit sofort unterbrechen. Er war überlistet worden gerade in dem Augenblick, da er sein Ziel schon fast erreicht zu haben glaubte und den Lohn für seine teuflische Arbeit empfangen durfte. In jener Furche, die an den Rand eines Tälchens grenzte, versank er geradewegs bis in die Hölle und Hess einen schwarzen Abgrund hinter sich, aus dem lange Feuerzungen emporloderten und ein solcher Gestank von Schwefel und verbranntem Pech heraufstieg, dass viele Jahre später sich keift Mensch mehr an jenen unheilvollen Ort getraute. Die hundert Felder sind noch zu sehen, und noch erzählt man dort diese Sage, wie sie mir von alten Leuten des Dorfes berichtet wurde. Der Sakristan hatte seine Seele gerettet und war dem Teufel entronnen. Aber zur Strafe für seinen Ehrgeiz wurde sein Name vergessen.   Am Kaminfeuer der Tessiner                                    Walter Keller                                                          Hans Feuz Verlag Bern     Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Hungersnot

Source: Die Hungersnot

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Die Jahre 1816 und1817 waren harte Hungerjahre. Im Jahre 1817 gab es zwar wieder etwas Korn, aber es war so teuer, dass man es lieber verkaufte, um zu etwas Geld zu kommen. Zu jener Zeit säumte man das Korn besonders nach Simplon, weil man von dorther auch das Salz über die Bistinen einführte. Oft konnte man nicht Maultiere genug auftreiben, um Korn hinüber- und Salz zurückzuführen. Der Wein gefror ebenfalls 1817 und wurde so selten und teuer, dass mehrere alte Männer, aus Mangel an diesem stärkenden Getränk, nacheinander gestorben sein sollen, der höchste Weinertrag einer Haushaltung war ein Lagel. Der Wein war aber derart gefroren und unreif, dass man ihn über einem Feuer zum Sieden bringen musste. Die meisten Haushaltungen landauf und landab litten grossen Hunger. Es war die Zeit, wo die Erdäpfel erst recht zu Ehren kamen. Bis dahin hielt man sie eher als Nahrungsmittel für die Schweine, und es musste sich einer schämen, Erdäpfel auf den Tisch zu setzen. Wer mehr als einen Tragkorb voll einsammelte, erregte allgemeines Gespötte. In den genannten zwei Jahren war auf einmal jeder froh, wenn er auch nur mit Erdäpfeln seinen Hunger stillen konnte. VISPERTERMINEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Hüntwanger Linde

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Die Hüntwanger Linde Unter den Bewohnern des Rafzerfeldes ist eine Weissagung bekannt, nach welcher dann, wenn an einer gewissen Linde der Stamm so dick sei wie ein Maltersack, im Rafzerfeld die letzte Völkerschlacht geschlagen werde. Dabei würden die Krieger bis zu den Knöcheln im Blute waten und nur noch so viele übrig bleiben, als unter einer Wanne Platz hätten. Diese paar Soldaten würden dann ihre Waffen an den Lindenästen aufhängen, und nachher schliesse man einen ewigen Frieden. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Unterland Gekürzt aus Hedinger, S. 8; dieser nach persönlichen Mitteilungen an ihn selbst, die auch Binder, S. 28, verwendete. Als diesbezügliche Linde wird diejenige beim Dorfeingang von Hüntwangen bezeichnet. - Ein Maltersack fasste rund 220 kg. Die Wanne ist ein geflochtene, flaches Gerät von etwa 1 m Durchmesser, das man zum Aufschütten von Getreide und vielen anderen Arbeiten brauchte. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die in Gold verwandelten Kohlen

Source: Die in Gold verwandelten Kohlen

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Ein Fänggenmannli, das zuhinterst in Savien auf Valätscher-Alpe in einer »Balma« hauste, kam einmal Nachts auf den Hof Bühel, klopfte leise an die Haustüre und bat die zum »Läufer« herausschauende Hausfrau inständig, sie möchte seinem Weiblein auf Valätscha in seinen Kindsnöten beistehen. Die gute Frau willfahrte der Bitte und folgte dem wilden Mannli bis in seine Höhle, leistete dort dem Fänggenweiblein Beistand, und hatte die Freude, alsbald allerliebste Zwillinge in Empfang nehmen zu können. Die zwei Neugebornen waren schon gleich nach der Geburt ungemein lebendig und rührig, zappelten mit Händen und Füßen und begannen am Boden herumzukriechen. Als die »Büchel-Frau« wieder sich entfernen wollte, hiess das Mannli vorerst noch ihre Schürze mit Kohlen sich füllen und diese dann daheim auf den Feuerherd legen. Die Frau tat es auf wiederholtes Zureden, ließ aber dann aus der nachlässig aufgeknüpften Schürze unterwegs fast alle Kohlen herausfallen. Das Mannli, welches ihre Unachtsamkeit bemerkt hatte, rief ihr nach: »Je mehr zerzass't (zerstreust), je minder d'hast.« Als dann die Frau zu Hause die wenigen in der Schürze gebliebenen Kohlen nach der Weisung des Mannli auf den Feuerherd legte, so waren diese zu purem Golde geworden. Eilig lief sie den Weg zurück, um die verlornen zu suchen, fand aber keine mehr.   Quelle: Jecklin, Dietrich: Volkstümliches aus Graubünden. 3 Teile, Zürich 1874, Chur 1876, Chur 1878 (Nachdruck Zürich: Olms, 1986), S. 20-21.        Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die jassenden Zwerge

Source: Die jassenden Zwerge

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In einer Alphütte des Käsenberges hatten Bergmännlein sich niedergelassen. Zur Nachtzeit vergnügten sie sich mit allerhand Spässen, oft spielten sie sogar Karten. Die Sennen der Nachbarschaft wussten vom Treiben der Zwerge. Keiner getraute sich indessen, mit ihnen Verkehr anzufangen. Da wetteten einige lustige Burschen von Treffels. Wer es wagte, zur Nachtzeit die merkwürdigen Spieler aufzusuchen, der sollte von seinen Kameraden zwei Liter Neuenburger erhalten. Verlor er hingegen unterwegs den Mut, die Zwerge zu besuchen, dann sollte er den Daheimgebliebenen denselben Preis stiften. Ein beherzter Jüngling nahm die Wette an. Einerseits reizte ihn das ungewöhnliche Abenteuer, anderseits war ein gute Flasche Neuenburger auch nicht zu verachten. Eines Abends machte er sich auf, um die Wette zu beginnen. Vor der Sennhütte angekommen, schaute er vorerst zum Fenster hinein. Wirklich fand er da vier Wichtelchen, die in der Küche ein Jassspiel machten. Als Tisch diente ihnen ein Käsebrett. Der Bursche bekreuzte sich vorerst, dann trat er mutig in die Küche zu den spielenden Zwergen. Auf deren erstaunte Frage, was er bei ihnen wolle, entgegnete der Kühne: «Ich will bloss mit euch ein Spielchen machen.» Darauf zog er schnell ein Fläschchen mit Weihwasser aus der Tasche und besprengte damit die Zwerge. Das hatte eine ungeahnte Wirkung. Schreiend und schimpfend huschten die Zwerge fort. Blitzschnell waren sie verschwunden. Das Licht erlosch. Nie mehr kamen die Gnomen zum Vorschein. Der Bursche hatte die Wette gewonnen.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Jauchzerin

Source: Die Jauchzerin

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Im Natisserberg, unter dem schönen St. Antoniwald, ist ein Weiler, im Hasli genannt. Ob demselben soll abends spät aus dem Mattuchin eine Person im weissen Kleide hervorgekommen sein, bis auf einen Bergrücken, und dort soll sie mehrere Male im hohen Tone gejauchzt (g'juzot) haben; — dann wieder ins "Chi" zurückgekehrt sein. Diese Erscheinung zeigte sich aber nur an den Quatembertagen. Auch in dem grausigen Bruchigraben soll man Ähnliches gehört und gesehen haben.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Juden auf der Baarburg

Source: Die Juden auf der Baarburg

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Eine alte Chronik erzählt von einer mühsamen Pilgerreise nach den geheiligten Stätten im fernen Morgenlande. Es war um das Jahr 1517, als eine Gesellschaft von Zuger und Baarer Bürgern nach Palästina wallfahrten. Einige Namen dieser Heiliglandfahrer sind uns überliefert worden. Es waren Ritter Thomas Stocker, Hans Stocker, Hans Brandenberg, Priester Werner Steiner und Sigmund Schwarzmurer. Schwarzmurer litt an einem überaus schweren Fussleiden. Alle ärztlichen Künste waren vergebens gewesen, das Fussleiden verschlimmerte sich immer mehr. An den heiligen Gnadenstätten des Orients wollte nun Schwarzmurer Genesung vom bösen Leiden erflehen. In Jerusalem kam Sigmund Schwarzmurer mit einem alten Juden ins Gespräch. Dieser frug ihn nach seiner Herkunft und dem Zweck seiner weiten Pilgerfahrt. Der Zuger erzählte dem Hebräer von den lieblichen Gestaden des Zugersees und den Reizen seiner schönen Heimat. Plötzlich frug der Jude, ob sich nicht in der Nähe von Zug die Baarburg befände. Auf die bejahende Antwort holte der Hebräer aus seiner Hütte eine etwa fünfzig Ellen lange und eine halbe Elle breite Papierrolle, welche mit geheimnisvollen hebräischen Schriftzeichen bedeckt war. Aus dieser Schriftrolle las nun der Alte vor und teilte dem staunenden Zuger mit, dass seine Vorfahren im Zugerland auf der Baarburg gelebt hätten. Daselbst seien zwei Quellen, die warme fliesse gegen Westen, die kalte aber gegen Osten. Diese Quellen seien von den dort wohnenden Juden als Heilbäder benützt worden und sie hätten auch nach dem Goldberge gegraben, über welches das heilkräftige Wasser floss. Später aber seien die Erdmännchen ins Land gekommen und die sich stets vermehrende Bevölkerung hätte seine Ahnen aus den Behausungen getrieben. Sigmund Schwarzmurer frug nun nach der Beschaffenheit der Heilquellen und der Jude riet ihm: "Gegen Sonnenaufgang liegt an der Baarburg ein Brunnen. Da wasche und bade dich. Es wird dir wohl tun und du wirst genesen von deinem Leiden." Nach seiner Rückkehr aus dem Heiligen Land befolgte Schwarzmurer den Rat des Juden, und kaum hatte er seinen kranken Fuss im heilsamen Wasser gebadet, als er von seinem langwierigen Leiden geheilt wurde. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 45 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die jungen Schatzgräber

Source: Die jungen Schatzgräber

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Zwei Knaben sprachen mit einander über Schatzgraben: «D'Schätz hed der Tifel im G'walt.» — «Dee muoss der isch Geld bringe.» — «Ja aber dem d's Jaggi muoss Geld bringe, darf nid gar braf sin.» — «Gott sy g'lobt, das wär' ich.» (erzählt von Professor Henzen)   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Jungfer am Neuacher Feuerweiher

Source: Die Jungfer am Neuacher Feuerweiher

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Ein Mann aus dem Hohlenweg bei Reinach sammelte spät am Abend im Walde Reiser in jener Gegend, wo der sogenannte Feuerweier liegt. Eine schöne Jungfer gesellte sich da zu ihm. Sie war schneeweiß gekleidet, nur über die Schulter trug sie ein schwarz seidenes Halbmäntelchen. Sie tat freundlich und brachte das Gespräch auf die Frage, ob er sich wohl auch fürchte. Vor niemandem in der Welt, sagte beherzt der Mann. „Nun denn, wenn dem so ist,“ sagte die Jungfrau, „so kannst du schnell ein reicher Mann sein. Komm nur in der heutigen Mitternacht wieder auf diese Stelle, ich werde dann auch da sein; zwar nicht in der Gestalt, wie jetzt, sondern als wilder Eber, allein der Eber mag grunzen und anlaufen, wie er will, es geschieht dir kein Leid. Such ihm nur den Schlüssel zu entreißen, damit kannst du die verborgene Türe, die ich dir zeige, öffnen und einen unermesslichen Schatz erheben. Der Spruch, den du nicht vergessen darfst, lautet: Eiserne Tür, öffne dich zu Kisten und Kasten, So kann die arme Seele rasten!“ Der Mann versprach’s, ging heim, sagte Niemandem ein Wort über den Vorfall und stand zur rechten Zeit wieder am bestimmten Ort. Nicht lange so kam ein Eber in gewaltigen Sprüngen und trug wirklich einen Schlüssel im Rüssel. Aber der Mann merkte bald, wie unmöglich es sei, den Schlüssel zu erhaschen, und je mehr er darüber in Befangenheit geriet, um so ungestümer und wütender tat der Eber. Der Mann wagte nicht länger auszuhalten und lief dem Hohlenweg zu. Nun aber eilte ihm das Tier nach, und die Stimme der Jungfrau schrie unaufhörlich: „Hundert Jahr, Hundert Jahr muß ich wieder wandeln!“ Darüber befiel den Mann ein solches Grauen, dass er erkrankte und bald darauf starb. (Salomon Eichenberger von Reinach.) Quelle: E. L. Rochholz, Naturmythen. Neue Schweizer Sagen, Leipzig  1862. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch  


by Die Jungfrau am St. Margarethen Brünnlein

Source: Die Jungfrau am St. Margarethen Brünnlein

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Als das Brünnlein zu Sankt-Margarethen unterhalb Bischofstein noch nicht die Brunnstube einer privaten Wasserleitung zu speisen hatte, war es eine schöne, kristallklare Quelle, die, von alten Waldbäumen halb versteckt, unter Moos und Steinen hervorbrach und in silberhellem Faden Wald und grüne Matten durchrieselte, um sich im Tal drunten in die Ergolz zu ergiessen. Viel Schönes weiss der Volksmund von diesem einstigen, heimlichen Quellengrunde zu erzählen. Dessen Wasser soll das beste und gesündeste der ganzen Umgegend gewesen sein. Wer davon am heiligen Pfingsttage bei Sonnenaufgang drei Schlücke trank, der wurde durch die Zauberkraft der Quellengeister ein Jahr lang vor jeglicher Krankheit gefeit. An dieser Quelle tönte auch zu gewissen Zeiten gar wundersamer Sang, der tief an die Seele griff und den eifrigen Holzsammler, den einsamen Wanderer auf- lauschen und ihn mit magischem Zwange der Stätte nähertreten liess, von der das glockenreine Klingen kam. Dort sass dann auf moosigem Steine das liebliche Töchterchen eines einstigen Bewohners der nahen Veste, Margaretha von Bischofstein, die ihren jugendfrischen Leib mit den kühlen Quellwassern wusch, sich das reiche, bis in die Kniekehlen herabfallende Haar kämmte und mit ihrem melodischen Gesang den staunenden Lauscher an Ort und Stelle bannte und ihn Raum und Zeit vergessen machte, bis ihn der in nichts zerfliessende Spuk endlich wieder frei gab. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Die Jungfrau auf dem Laubsberg bei Seon

Source: Die Jungfrau auf dem Laubsberg bei Seon

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Der Laubsberg liegt nördlich vom Dorfe Seon im Hallwiler Seetale. Einige kaum noch bemerkbare Trümmer einer zerstörten Burg stehen im Buschwerke umher, im Innern des Berges aber ist viel Geld verborgen, das alle hundert Jahre einmal von einer Jungfrau auf weißen Tüchern gesonnt wird. Könnte Jemand sie zu dieser Frist erlösen, so wäre alles Geld sein. Ein armer Mann ging einst an der Stelle vorbei und erblickte die Jungfrau, wie sie wirklich neben dem blanken Gelde in der Sonne saß. Er lief hinzu und bat sie zutraulich um ein paar Rappen. Ihre Antwort war: Gehe auf die Straße drüben zurück, lauf dann so schnell als möglich bergauf bis zu diesem Baum, verwende aber im Hin-und Herlaufen kein Auge von mir, und wenn du dies vollbringst, so bin ich erlöst und all das Geld ist dein! Der Mann tat also, behielt die Jungfrau fest im Auge, lief rückwärts bergab bis an den Weg hinüber, streckte noch einmal treulich den Hals nach ihr empor, da trat er falsch und lag rückwärts im Graben. Als er sich wieder aufgerichtet hatte, war sein erster Blick nach der Höhe, aber Jungfrau, Tücher und Geld waren zusammen verschwunden. Seitdem haust sie zwar noch dort, läßt sich aber nicht mehr blicken, sondern gibt sich nur bisweilen durch ein Klopfen und Poltern im Innern des Berges kund. (Seminarist Joh. R. Suter v. Seon.) Quelle: E. L. Rochholz, Naturmythen. Neue Schweizer Sagen, Leipzig  1862. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch    


by Die Jungfrau auf Greifenberg

Source: Die Jungfrau auf Greifenberg

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Die Jungfrau auf Greifenberg Hoch über das Dorf Bäretswil erhebt sich ein steiler Hügel, der Stollen genannt. Auf diesem Berg stand einst die gewaltige Feste Greifenberg. Am Anfang des 16. Jahrhunderts zerfiel die Burg. Bewohner des greifenbergischen Burgbannes wollen wissen, dass eine weisse Jungfrau in den Ruinen umging. Ein grosser Schatz soll im Burgkeller vergraben liegen. Den musste die Jungfrau hüten. Aber es war nicht leicht, zu der Schatzhüterin zu gelangen weil ein feuriger Drache sie beschützte. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Carl Biedermann, Erzellige us Stadt und Land, Winterthur 1932, Bd. 3, S. 132   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Jungfrau im Schilztobel

Source: Die Jungfrau im Schilztobel

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In frühern Zeilen versammelten sich auf einem ebenen Platze oberhalb des Dörfchens Portels die jungen Leute an den Sonntagnachmittagen, um da zu tanzen und zu spielen. Noch jetzt heisst dieser Ort „Tanzplatz". Noch sieht man den Stein mit dem eingegrabenen Sitze, auf welchem der Geiger seinen Platz hatte. An einem Sonntagnachmittage war das junge Volk eben wieder an seiner lustigen Arbeit, als aus dem nahen Schilztobel eine Jungfrau in weissen Kleidern erschien, die sich den Tanzenden beigesellte. Ein junger Bursche hatte den Mut, sie zum Tanze aufzufordern, und bald flog das Paar im Kreise herum zum Erstaunen aller Zuschauer. Die Jungfrau dankte dem Jüngling und sprach: „Ich bin ein verzaubertes Mädchen und wäre nun erlöst, wenn du mir noch eine Bitte erfüllen könntest." „Und die wäre?" fragte der Bursche. „Komm mit nach dem Tobel," sagte sie. Damit wendete sie sich, und er folgte ihr. Vor einer Höhle hielten beide, und bald erschien eine Schlange. Von dieser sollte sich nun der Bursche umhalsen lassen, ohne dabei einen Seufzer hören zu lassen, wie stark ihn auch das Tier drücken würde. Sein Lohn sollte in einer Kiste Geldes bestehen. Der Jüngling glaubte, die Probe bestehen zu können, und bald kroch die Otter an ihm herauf und wand sich um seinen Hals. Ihren ersten Druck überwand er geduldig; auch den zweiten verschmerzte er. Als ihm aber endlich unter Aufbietung aller Kräfte die Schlange die Kehle zusammenzuschnüren schien, öffnete er den Mund und seufzte. Sofort löste sich das Tier von seinem Nacken, und weinend verschwand die Jungfrau, den erschrockenen Burschen stehen lassend. Noch ist sie verzaubert und wird es noch über hundert Jahre bleiben. Erst wenn das Kirschbäumchen in der Nähe des Tobels ein solches Alter erreicht hat, dass es als Baum gefällt werden kann, wird wieder die Gelegenheit zur Erlösung da sein. Das Menschenkind, das sein erstes Dasein in der aus dem Holze des gefällten Kirschbaumes gefertigten Wiege fristet, wird allein die Jungfrau erlösen können. J. B. Stoop Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 332, S. 184f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Jungfrau mit dem Golde

Source: Die Jungfrau mit dem Golde

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Auf der hohen Alp Russein hantierte wacker ein Senne mit seinen Gehilfen. An einem schönen Sommermorgen öffnete sich plötzlich die Türe, und herein trat eine fremdartige und doch Vertrauen erweckende Gestalt; in reichen Wellen fielen ihre goldenen Flechten über die blendenden Schultern herab, in ihren zarten Händen trug sie ein Gefäß, und im Gefässe funkelte flüssiges Gold. »Jeder Hirte solle davon erhalten so viel ihm beliebe, hüte sich aber, auch nur einen Tropfen zu verschütten«, mahnte die Fee. Zwei der Sennen waren genügsam, als sie ihr Gefäß ein Mal gefüllt hatten; der dritte aber, ein geiziger, habsüchtiger Mann, wollte immer mehr, stolperte und verschüttete ein wenig vom Golde, und – Gold und die segenspendende Erscheinung entschwanden den Blicken der Hirten. Quelle: Jecklin, Dietrich: Volkstümliches aus Graubünden. 3 Teile, Zürich 1874, Chur 1876, Chur 1878 (Nachdruck Zürich: Olms, 1986), S. 6-7.        Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Jungfrau vom Morteratsch

Source: Die Jungfrau vom Morteratsch

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Zwischen den zerklüfteten Eismassen des Pers- und des Morteratschgletschers ragt ein einsames Elfeneiland Isla persa, die verlorene Insel genannt. Hier leuchten Sommers Alpenrosen und Disteln aus dem Silbergrün des Zwergwachholders. Zu beiden Seiten treten Tannen und stolze Arvengruppen dicht an den Morteratschfirn heran. Viel schöner Wald muss unter ihm begraben sein, und nicht umsonst erzählt das Volk allerlei von seinem Vorrücken. Die Urkunden melden auch, dass da, wo jetzt die Eisgräte und Schründe des Gletschers starren, noch vor dreihundert Jahren saftige Weidenflächen sich dehnten bis gegen den Munt pers hinan. Da hatten die Pontresiner eine Alp. Einst sömmerte dort, so geht unten im Dorf die Sage, ein junger Senn aus dem Vorderrheintal die Herden. Aratsch soll er geheissen haben, und ein hübscher Bursch muss er gewesen sein. Er gewann die Liebe einer reichen Bauerntochter von Pontresina. Schon damals war es Sitte, dass die Eigentümer der Viehhabe sich zu einem Fest auf der Alp versammelten, wenn die Milch jeder Kuh gemessen wurde, um danach den Ertrag des Sennentums zu verteilen. Bei dieser Gelegenheit hatten die beiden sich kennengelernt. Doch die Eltern des Mädchens, geldstolze Leute, kamen dahinter und wollten nichts von der Verbindung wissen. Ihre Annetta brauche keinen armen Sennen zu heiraten, erklärten sie bündig. Wenn es ihm aber gelinge, setzten sie höflich hinzu, bald ein hablicher Mann zu werden, wohl, dann sollte er ihre Tochter und einzige Erbin zur Frau bekommen. Dabei blieb es. Noch mehr; der Vater setzte sogar durch, dass der Oberländer für den nächsten Sommer nicht mehr als Hirt auf dieser Alp angestellt wurde. Traurig nahmen im Herbst die Liebenden von einander Abschied. Annetta gelobte dem Jüngling unter Tränen, sie werde nie einem anderem ihre Hand reichen, sondern auf ihn warten, bis er zurückkommen könne. Aratsch aber ging in die Fremde und wurde Soldat. In ausländischen Kriegsdiensten war schon mancher Bündner zu Ansehen und Vermögen gekommen. Auch Aratsch hielt sich wacker und brachte es in kurzer Seit zum Hauptmann. Unterdessen härmte sich daheim seine Verlobte, ohne Nachricht gelassen, um ihn und verzehrte sich von Tag zu Tag mehr in geheimer Sehnsucht. Jetzt hätten die Eltern gerne in die Heirat gewilligt. Doch vergebens forschten sie nach dem Jüngling. Er blieb verschollen, und Annetta starb vor Kummer und Herzeleid. Gerade jetzt geschah es, dass Aratsch nach jahrelangem Fernbleiben als Offizier zurückkehrte. Er ritt, ohne dass er sich jemand zu erkennen gab, alsbald hinauf ins Engadin. Spät am Abend trat er in Annettas Elternhaus. Da lag die Geliebte im Totenbaum, nach Landessitte unter dem Spiegel aufgebahrt und ganz mit Edelweiss und Enzianen zugedeckt. Er war zu spät gekommen. Stumm schaute er auf das schöne, bleiche Gesicht, stürmte dann hinaus, schwang sich in den Sattel und sprengte nach der Alp, wo er einst gehütet, und weiter bis zum Gletscher, der dahinter lag. Dort spornte er seinen Falben zu einem entsetzlichen Sprung, und Mann und Ross verschwanden im eisigen Schlund. Niemand hat den Verzweifelten je wieder gesehen. Der unglücklichen Braut aber liess ihr Treueschwur keine Ruhe auf dem Friedhof zu Pontresina. Es trieb sie immer wieder, die teuren Stätten aufzusuchen, wo sie glückliche Stunden verlebt hatte, und Nacht für Nacht hörten die Sennen und Hirten droben in der Alphütte ein seltsames Hantieren. Es war, als ob jemand in den Milchkeller trete, dort von einer Gebse zur andern gehe und den Rahm koste, um nachzusehen, ob alles treulich besorgt sei. Dazwischen liess sich eine weibliche Stimme vernehmen, die in einem fort den kläglichen Seufzer ausstiess: „Mort Aratsch! Mort Aratsch!" So grämte sich Annettas Geist auch im Tode noch um den Geliebten. Auf dem Berg sennte damals ein bejahrter Mann, kurzweg Barba Gian genannt. Der liess die rätselhafte Erscheinung gewähren und sah sie endlich sogar gern. Denn er bemerkte, dass die Alp, seitdem jene sich zeigte, besser geworden war. Die Kühe gaben mehr Milch, und der Rahm wurde fetter als vordem. Auch verunglückte jetzt selten mehr ein Stück Vieh. Als Gian in hohem Alter das Sennentum aufgab, weihte er seinen Nachfolger in das Geheimnis ein und ermahnte ihn, die wunderbare Jungfrau zu achten und beileibe nie zu stören; es werde sein Vorteil sein. Doch der junge Senn war rohen und hartherzigen Sinnes, wollte von allem nichts wissen und meinte kurz, er müsse erst selber untersuchen, was an der Sache sei. Mit dem Einbruch der ersten Nacht, die er in der Alp zubrachte, erschien die Gestalt wie immer. Leise ging ihr der misstrauische Geselle in den Milchkeller nach und liess sie erst ruhig machen. Als sie aber einen Löffel vom Gesims herab nahm und seufzend im Rahm zu rühren begann, fuhr er sie mit rauer Stimme an und befahl ihr, das zu lassen. Er leide nicht, dass jemand in seiner Milch sudle. Und er tat einen Fluch und wies die arme Seele für immer aus der Hütte. Die Jungfrau warf ihm einen traurigen Blick zu und entfernte sich weinend. Aber plötzlich krachte ein Donnerschlag, und ein furchtbares Gewitter entlud sich unvermutet über der Gegend. Und durch das Getöse hörte der Senn aus der Höhe ihre Stimme, die zürnend ausrief: «Schmaladida saja quaist' alp e sia pas-chüra!» (Was soviel heisst: Verflucht sei diese Alp samt ihren Weiden!) Von dem Tage an wurden die Weiden immer magerer und dürrer, der Segen der Alp war dahin. Sie verfiel und musste nach kurzer Zeit verlassen werden. Der Gletscher rückte aus der Schlucht dahinter zusehends vor und bedeckte die Alp, die Hütte und dazu das ganze Seitental weit gegen den Berg hinauf, der seitdem Munt pers, der verlorene Berg, heisst. Nur die Bovalhütte hoch oben am Gletscher und die Isla persa mitten in Eis und Schnee erinnern noch an die herrlichen Weiden der alten Alp. In stillen Nächten vernimmt man bisweilen noch tief unten herauf das Läuten von Herdenglocken und den Jammerruf der Jungfrau. Viele wollen sie an trüben Tagen oder wenn ein Wetter im Anzug war, wieder gesehen haben, wie sie mit aufgelöstem Haar auf dem Gletscher umherirrte, als ob sie etwas suche. Noch lange aber erhielt sich im Munde der Pontresiner die Sage von der Signura da Morteratsch, deren Klage um den toten Geliebten dem grössten Bündner Gletscher den Namen gegeben hat.  Aus: Ernst Lechner,  Piz Languard und die Berninagruppe, Leipzig 1865     Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Jungfrau zu Birr

Source: Die Jungfrau zu Birr

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Beim Pfarrhause zu Birr am Birrfelde ist früher hin öfters eine weiße Jungfrau gesehen worden, die bei einem Kessel voll Gold stand. Als Schatzgräber herbei kamen, diesen zu heben, stand sie unvermutet unter ihnen und forderte sie auf, ihr die Hand darzureichen. Der eine streckte ihr den Schaufelstiel entgegen, der, als sie ihn berührte, in hellen Flammen aufloderte. Kessel und Jungfrau sind seitdem verschwunden, aber ein Roß mit glühenden Hufeisen rennt in gewissen Nächten noch durchs Dorf. Quelle: E. L. Rochholz, Naturmythen. Neue Schweizer Sagen, Leipzig  1862. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch    


by Die Jungfrau, so weiss wie der Schnee und so rot wie das Blut

Source: Die Jungfrau, so weiss wie der Schnee und so rot wie das Blut

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Eine Königin sass am Fenster und war mit Nähen beschäftigt. An jenem Tag schneite es heftig, und während sie dem Schneetreiben zuschaute, stach sie sich in einen Finger, so dass es blutete, und sie liess das Blut in den Schnee auf dem Fenstersims tropfen. Wie sie dieses Blut im Schnee sah, kam ihr der Gedanke: «Wenn ich jetzt das Glück hätte, ein Kind zu bekommen, so weiss wie der Schnee, mit Wangen so rot wie dieses Blut im Schnee und mit Augen und Brauen so braun wie dieser Fenstersims, so wäre ich zufrieden.» Kurze Zeit später starb die Königin, und sie liess ihr Mädchen als Waise zurück. Der König, der jetzt Witwer war, wollte nochmals heiraten, und er heiratete eine der schönsten Frauen seines Königreichs. Sie war aber ohne Mitleid und stolz darauf, die Schönste im Königreich zu sein. Das Mädchen wuchs heran und wurde eine schöne Jungfrau. Ihre Stiefmutter sah mit Neid, dass dieses Mädchen schöner als sie wurde, und sie begann sie schlecht zu behandeln. Die Königin hatte einen Spiegel, und der gab Antwort, wenn sie etwas fragte. Eines Tages fragte sie den Spiegel, ob sie noch immer die Schönste in ihrem Königreich sei. Der Spiegel antwortete: «Schneewittchen ist schöner als du.» Da geriet sie in grosse Wut. Eine Weile später erklärte dieses Reich einem andern den Krieg; also zog der König in den Krieg. Da blieb die Stiefmutter allein mit dem Mädchen zurück. Sie begann es so schlecht zu behandeln, dass sie so weit kam, einer Wache den Befehl zu geben, er solle Schneewittchen nehmen, weit in den Wald hineingehen, sie töten und mit ihren Augen zurückkehren. Der Soldat musste Gehorsam leisten, ging mit dem Mädchen fort, weit in den Wald hinein, und sagte dort zu ihr: «Jetzt muss ich dich auf Befehl deiner Stiefmutter töten und ihr deine Augen mitbringen als Beweis, dass ich dich getötet habe.» Das Mädchen flehte, er möge doch gnädig sein und sie am Leben lassen; sie wolle weit weg gehen und nie mehr zurückkehren. Aber der Mann sagte. «Das kann ich nicht machen, denn ich muss deine Augen als Beweis, dass ich dich getötet habe, mitbringen.» Da flog ein grosser Vogel herbei, und jetzt sagte der Mann: «Ich will diesen Vogel schiessen.» Er nahm schnell sein Gewehr und schoss ihn herunter. Das Mädchen versprach, keiner solle wissen, dass sie noch auf der Welt sei, sie wolle weit, weit weg von hier gehen. «So will ich nun diesem Vogel die Augen herausschneiden und sagen: "Hier sind die Augen."» Das Mädchen kniete nieder und bedankte sich fest dafür, dass er sie am Leben gelassen hatte. Er ging mit den Augen zur Stiefmutter zurück und sagte: «Hier habt Ihr die Augen Eures Mädchens.» Sie war schlechter Laune, packte darum diese Augen und warf sie zu Boden, worauf ein grosser Hund, den sie dort hatte, alles aufs Mal verschlang. So kam sie nicht darauf, dass es die Augen eines Vogels und nicht jene Schneewittchens waren. Da stand nun Schneewittchen ganz allein mitten im Wald, müde, hungrig und ohne zu wissen, wohin sie gehen sollte. Nachdem sie ein wenig gerastet und genug geweint hatte, fasste sie Mut und ging zwei Stunden weit tiefer in den Wald hinein. Da stand ein Häuschen. «Hier will ich anklopfen und um Essen bitten.» Denn sie konnte nicht mehr weiter. Sie rief, niemand gab Antwort. Da versuchte sie, das Haus zu öffnen, und dieses war offen. Jetzt dachte sie: «Ich will ins Haus hinein.» Da rief und klopfte sie; niemand gibt Antwort. Nun öffnete sie eine Tür. Hier war der Tisch für sieben Personen gedeckt, und sieben Betten standen im gleichen Zimmer. Sie kam auf den Gedanken, zu essen, was auf dem Tisch lag, denn sie hatte derart Hunger, dass sie nicht mehr weiter konnte, und niemand war da. Nachdem sie nun ihre kleine Mahlzeit genommen hatte, wurde sie müde von ihrer langen Reise, und sie dachte: «Ich will mich in eines dieser Betten legen», und fiel in einen tiefen Schlaf. Hier in diesem Haus wohnten sieben Brüder. Die gingen im Wald arbeiten. Wie sie abends heimkamen, fanden sie die Haustür einen Spalt weit offen. Einer sagte: «Wer weiss, wer im Haus drin war, die Tür ist offen, da muss jemand drin gewesen sein. Lasst uns schauen, ob etwas geschehen ist.» Jetzt setzten sie sich an den Tisch, um zu essen, denn sie legten schon am Morgen auf dem Tisch alles bereit. Da rief einer: «Jemand hat mein Messer benutzt», der andere sagte: «Und jemand hat meine Gabel benutzt», der Dritte rief: «Jemand hat aus meinem Glas getrunken», der Vierte sagte: «Jemand hat meinen Teller benutzt.» Nach dem Essen wollten sie zu Bett gehen. Da rief einer: «Hier liegt jemand in meinem Bett.» Alle sprangen hin und sahen ganz überrascht, dass es ein schönes Mädchen war, das fest schlief. Da sagten sie zueinander: «Oh, was für ein schöner Engel, lassen wir sie heute in Ruhe schlafen. Komm her in mein Bett.» Am Morgen standen sie auf, und als das Mädchen wach war, fragten sie, wie sie hierher gekommen sei. Sie erzählte alles, was geschehen war, dass sie hungrig, durstig und müde hier angelangt war und dass sie ihr vergeben und nichts Böses tun sollten. Die sieben Brüder waren zufrieden und sagten, wenn es ihr gefalle, könne sie hier bei ihnen bleiben, so lang sie wolle, und sie war froh und glücklich darüber. Sie hatte das Essen zu richten und die Betten zu machen. Eine Zeitlang später fragte die Stiefmutter den Spiegel wieder, ob sie noch immer die Schönste in ihrem Königreich sei. Der Spiegel antwortete, dass Schneewittchen hundert Mal schöner sei als sie. Jetzt war sie ganz erstaunt und fragte, ob Schneewittchen noch lebe und wo es sei. In dem und dem Wald, im Haus jener sieben Brüder. Da kam sie auf den Gedanken, hinzugehen und zu versuchen, Schneewittchen um die Ecke zu bringen. Sie verkleidete sich als alte Krämersfrau, ging mit Kopf- und Halstüchern weg und gelangte zum Häuschen der sieben Brüder. Diese hatten befohlen, das Haus verschlossen zu lassen, wenn sie weg seien und nicht zu öffnen, wenn jemand komme. Da klopfte es an die Tür. Das Mädchen lief ans Fenster und fragte, wer klopfe. Es sei eine Krämerin, die Kopf- und Halstücher habe; sie solle öffnen und sie hereinlassen. Das Mädchen öffnete die Tür und liess sie herein, um ihren Kram anzuschauen. «Dieses Halstuch kostet nichts und passt zu einem schönen Mädchen.» Dann legte sie es ihr um den Hals, macht eine Schlinge und zog daran, um sie zu erwürgen, bis das Mädchen hinfiel. Jetzt glaubte die Krämerin, das Mädchen sei erwürgt, sie floh und liess das Haus offen. Am Abend kehrten die sieben Brüder zurück, und sie erzählte, was ihr heute geschehen war. Es sei eine Krämerin da gewesen, die habe versucht, sie zu erwürgen, aber sie habe aufstehen und die Schlinge lösen können. Sie sagen ihr, sie solle nicht ein weiteres Mal öffnen, wenn sie nicht da seien. Die Stiefmutter fragte wiederum den Spiegel, jetzt sei doch sie die Schönste in ihrem Königreich. Der Spiegel antwortete: «Schneewittchen ist tausendmal schöner als du.» Jetzt wollte sie sich wieder als Alte verkleiden und Äpfel verkaufen. Sie nahm einen Apfel und halbierte ihn, tat Gift hinein, kehrte zum Haus der sieben Brüder zurück und rief, ob sie nicht Äpfel kaufen wolle. Doch diesmal öffnete das Mädchen nicht. Als sie ans Fenster kam, sagte die Stiefmutter, sie solle schauen, was für schöne Äpfel sie habe, sie brauche nicht zu öffnen, sie wolle sie durchs Fenster hineinreichen. Sie kaufe nicht. Sie solle davon versuchen, wenn sie versuche, so kaufe sie. Sie täuschte vor, den Apfel zu halbieren, und jene Hälfte mit dem Gift reichte sie dem Mädchen hinauf, und die andere ass sie. Sie solle essen, es koste nichts, sie wisse, dass sie kaufe. Aber sobald das Mädchen den Apfel zum Mund geführt hatte, fiel sie rücklings um. Da glaubte die Alte, es sei aus mit ihr, und sie machte sich schnell davon. Als die sieben Brüder abends zurückamen, fanden sie das Haus verschlossen, und sie riefen nach dem Mädchen. Keine Antwort. Sie stiegen durchs Fenster, das offen war, und fanden das Mädchen am Boden. Da hoben sie sie auf, legten sie auf ein Bett und riefen ihren Namen. Aber keine Antwort. Sie war so schön, als ob sie schliefe, und sie sagten: «Ah, was für ein schöner Engel!» Da die sieben Brüder sie für tot hielten, liessen sie einen gläsernen Sarg machen, legten sie hinein und trugen sie hinaus auf eine Brücke, um sie dort achtundvierzig Stunden lang aufgebahrt zu lassen. Sie wollten, dass man sie sehen konnte, denn sie war so schön, als ob sie schliefe. Die Stiefmutter kehrte sofort zurück und fragte den Spiegel: «Jetzt bin ich doch die Schönste in meinem Königreich?» und der gab zur Antwort: «Ja, jetzt wohl!» Dort in der Nähe, wo das geschehen war, ging ein Prinz auf eine grosse Jagd. Die Hunde trieben die Hirsche und Rehe. Als der Prinz auf jene Brücke kam, sah er den gläsernen Sarg mit dem schönen Mädchen drin. Einer der sieben Brüder wachte am Sarg, und der Prinz bat, ihm das Mädchen zu überlassen, er werde sie auf sein Schloss bringen, und das wurde gewährt. Da blies der Prinz sogleich in sein Horn, rief seine Diener herbei und gab den Befehl, jenen Sarg unverzüglich auf sein Schloss zu bringen, auch er werde folgen. Beim Tragen des Sarges löste sich das Apfelstück im Hals, und das Mädchen begann, die Augen zu verdrehen. Rasch wurde der Sarg geöffnet, durch die Erschütterung fiel das Apfelstück aus dem Mund, und Schneewittchen kam wieder zu sich. Als sie wieder hergestellt war, fragte der Prinz das Mädchen aus, und sie erzählte ihr ganzes Leben und sagte, sie sei die Tochter jenes Königs und was ihre Stiefmutter mit ihr gemacht habe. «Also, du musst meine Braut werden», sagte der Prinz. Die Stiefmutter wurde krank und bekam die Pocken, so dass sie scheckig wurde wie eine Kröte. Und dann stand sie vor den Spiegel und fragte: «Bin ich jetzt nicht mehr die Schönste in meinem Königreich?» - «Du bist die Hässlichste», antwortete der Spiegel, «die Schönste ist Schneewittchen.» Und auf das ergriff sie eine Flasche Gift und trank sie aus, so dass es mit ihr fertig und aus war. Da kam der König aus dem Krieg zurück und hatte Frau und Tochter verloren. Er war unglücklich, niemanden mehr zu haben. Eines Tages, als er dachte, wenn er seine Tochter wieder hätte, würde er ihr das ganze Königreich geben, kam einer seiner Diener und meldete, dass der und der Prinz mit seiner Prinzessin ihm einen Besuch machen möchte, und der König befahl, er solle sie vortreten lassen. Da war er sehr überrascht, als er sah, dass es seine Tochter mit jenem Prinzen war. Könnt ihr denken, wie der König seine Tochter mit grosser Freude in seine Arme geschlossen hat! Nachdem sie alles, was geschehen war, erzählt hatten, dankte er dem Prinzen. «So übergebe ich dir jetzt meinen Thron zu deinem und trete als König zurück.» (Oberhalbstein)   Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Käferbeschwörung

Source: Die Käferbeschwörung

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a) Vor etwa sechzig Jahren, so erzählte mir die achtzigjährige Mutter Südang (Sudan), herrschte im Sensebezirk eine schlimme Käferplage, ähnlich wie 1924. Das Ungeziefer frass alles Grüne der Wiesen, so dass diese ganz rot wurden. Besonders das Gebiet der Lengibitza, zwischen Tafers und St. Antoni, litt arg unter der Plage. Ja, selbst die Obstbäume suchten die gefrässigen Tiere heim und frassen alles Laub weg, so dass die beraubten Bäume kahl wie ein Besenstiel dastanden und gar traurig anzusehen waren. In dieser Not machten die Taferser eine Wallfahrt zur seligsten Jungfrau von Obermonten. In grossen Scharen nahmen die Bewohner der umliegenden Gehöfte und Weiler an der Prozession teil. Im kleinen Kirchlein las der Kaplan von Tafers, ein heiligmässiger und erfahrener Priester, die heilige Messe. Nach derselben trat er hinaus vor die Kapelle und sprach zu den Leuten: «Die Tierlein (Käfer) erwischen wir schon, denen wollen wir Beine machen.» Dann sprach er eine Beschwörungsformel. Als er sein Gebet beendigt hatte, befahl er dem Sigrist, eine Hacke zu holen und damit ein Stück Rasen aufzudecken. Verwundert kam der Sigrist der Weisung nach. Doch sieh, welch ein Anblick! Nach Freilegung des Rasenstückes wimmelte es von Tausenden verheerender Käfer. Ganz braun war der Boden von der Menge Insekten. Schnell wurden diese von kräftigen Bauernhänden mit Hacke und Stecken vernichtet. Von dem Tag an hörte die Käferplage auf und weit und breit war mehrere Jahre hindurch dieses Ungeziefer nicht mehr bemerkt. b) Eine ähnliche Sage knüpft sich an die Kapelle von Obermettlen, Pfarrei Überstorf, an. Als in einem heissen Sommer Raupen und Käfer grossen Schaden an Wiesen und Äckern anrichteten, beteten die Bewohner zum heiligen Magnus. Ausserdem liessen sie einen frommen Kapuziner kommen, dem es gelang, das schädliche Ungeziefer zu bannen unter Anrufung der heiligen Patrone der Kapelle (Garinus, Magnus, Ulrich). Noch jetzt ist diese Begebenheit im sogenannten «Käferfreitag» erhalten geblieben.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die kalte Hand

Source: Die kalte Hand

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Z`r Tärrun heisst ein Berggut zwischen Weissenried und Wiler im Lötschental. Das Gut hat früher dem Michel von Ried gehört, der ein vermöglicher Bauer war. Auf dem abgelegenen Berggut hat Michel jeden Winter das erste Heu geetzt (verfüttert). Einmal, als bei ihm der Waldbruder eingekehrt war, hat sein Nachbar Nazhans für ihn gehirtet (das Vieh besorgt). In dem engen Stübchen mit den drei Fensterlein ist er über Nacht geblieben. Nicht alle hätten auf dem einsamen Berggut mutterseelallein übernachten dürfen. Aber Nazhans war ein grosser, starker Mann, der sich weder vor Lebenden noch vor Toten fürchten konnte. Schon manche Nacht hatte er als Jäger unter Felsschipfen (-Vorsprüngen) und sogar am Rande der Gletscher, in denen die armen Seelen zu Pein geschlagen leiden übernachtet. An keinem Ort ist ihm jemals begegnet, was sich ihm diese Nacht zutragen sollte. Nazhans hat, wie es im Tale Brauch ist, vor Schlafen gehen noch auf den Knien auf den Ahorntisch gestützt den Rosenkranz gebetet. Zuletzt hat er den armen Seelen Weihwasser gegeben und mit lauter, starker Stimme die ewige Ruhe gewünscht. Ohne Furcht hat er das Licht ausgeblasen und sich zur Ruhe begeben. In der Nacht ist Nazhans erwacht. Hat es nicht an die östliche Wand geklopft? Bevor der Hirte etwas Gutes oder Böses denken konnte, sind schon Haustüre und Stubentüre aufgegangen. Wie zur Abwehr streckte der Hirte den rechten Arm aus. Da ward ihm, als drücke auf seine Rechte eine andere, eiskalte Hand, noch eine, noch eine, mehr als zwanzig, mehr als hundert Hände, ohne dass er sich wehren oder in der Dunkelheit jemand unterscheiden konnte. Als endlich die Türen wieder zufielen, und Nazhans den Arm wieder zurückziehen konnte unter die Bettdecke, war seine eigene Hand gletscherkalt geworden. Am andern Morgen suchte er im frischgefallenen Schnee vergeblich die Spuren der nächtlichen Besucher. Soviel stand nun bei ihm fest: «Hier werde ich nie mehr übernachten.» Daheim sagte Nazhans vorwurfsvoll zum Nachbarn Michel: «Du hättest mir sagen dürfen, dass das Haus z`r Tärrun nicht dir allein gehört.» «Ja wahrhaftig, ich teile es manche Nacht mit den armen Seelen. Ich reiche ihnen meine Hand, damit sie daran wenigsten für einige Augenblicke ihre frierenden Hände erwärmen können. Es darf dich nicht betrüben, dass du den armen Seelen auch diesen Liebesdienst erwiesen hast. Die armen Seelen vergessen nichts. Sie werden dir auch einmal die Hand reichen». Nazhans hat nicht mehr an die kalte Hand gedacht Einige Jahre später ist Nazhans einmal im Mittliwald durch den breiten Graben des Mühlebachs gegangen Es war im Hornung, wo die Tage schon länger werden und die Sonnenstrahlen den harten Schnee erweichen. Wie er mitten in die Halde kam, die von Fluhmatten gegen den Mühlebach abfällt, hörte er über sich einen Chlapf (Knall) und gewahrte zu seinem Schrecken hoch oben in der Halde einen mannhohen, breiten Bruch in der weissen Schneedecke. Eine Gwächte hatte sich eben gelöst, fuhr nun zischend auf ihn los, nahm ihm beide Beine und stürzte mit ihm über Flühe und Hänge donnernd und krachend, Steine und Stämme mitreissend in rasenden Sprüngen dem Talgrund zu. Wiederholt wälzten sich schwere Schneemengen auf den wehrlosen Mann, der nur die rechte Hand ausstrecken konnte. Jedesmal, wenn er zu ersticken drohte, zog ihn eine kalte Hand empor und setzte ihn wieder auf die rollende Lawine. Erst in den Binden oberhalb Wiler breiteten sich die Schneemassen aus und blieben stehen. Einmal dem weissen Grab entronnen, erinnert sich der frühere Hirte z’r Tärrun an die Weissagung vom Nachbarn Michel: «Die armen Seelen werden dir auch einmal die Hand reichen.» Heute steht neben dem Bergstübchen z’r Tärrun ein freundliches Bethäuschen zu Ehren des heiligen Joseph. Hinter dem Eisengitter brennt manche Nacht ein Lichtlein zum Troste der armen Seelen. Quelle: J. Siegen, Sagen aus dem Lötschental, Erweiterte Ausgabe der Gletschermärchen (1905), Lausanne 1979. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die kalte Hand

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Als unser Vater eines Abends – er war damals in Ursern in einem Platz – die Kühe hirtete, fühlte er auf der rechten Achsel in dem Augenblicke, da er durch die Rischi hinaufsteigen wollte, eine kalte Hand, die ihn zurückstiess. Der Vater aber sagte laut: »Und da hinauf will ich, ich habe das Recht; wenn jemand hier ist und meiner Hilfe bedarf, so soll er sich zeigen und reden.« Nun stand auf einmal eine Mannsgestalt dicht vor ihm; er erkannte sie; es war sein Freund, der im verflossenen Sommer in eine Gletscherspalte zu Tode gefallen war. Der sagte zum Vater: »Ich bin dein Freund, der in einer Gletscherspalte liegt; lasse die heilige Messe für mich lesen, die mir noch mangelt, so werde ich erlöst sein.« Das hat der Vater versprochen und gehalten. Frau Imhof-Tresch, 52 Jahre alt, Maderanertal Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Kameraden

Source: Die Kameraden

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Ein Mann hatte einen Esel, der ihm während vielen Jahren fleissig und treu gedient hatte. Doch jetzt war er alt, hatte seine Kraft verloren und war für die Arbeit nichts mehr wert. Deshalb war es dem Meister verleidet, einen unnützen Fresser durchzufuttern, und er wollte den Esel töten. Doch der merkte dies und haute ab. Als er ein Stück gegangen war, da begegnete er einem Hund, der hechelte, als ob er zehn Stunden gelaufen wäre, und dazu liess er noch die Ohren jämmerlich hängen. «Was keuchst du so?» fragte der Esel. «Ach», antwortete der Hund, «weil ich alt und schwach bin und nicht mehr hinter den Geissen her rennen mag, hat mich mein Meister totschlagen wollen. Doch ich habe mich rechtzeitig retten können. Aber jetzt weiss ich nicht, wie ich mich durchbringen kann.» «Komm mit mir», sagte der Esel, «wir werden schon irgendwo eine Arbeit finden!» Kurz danach begegneten sie einer Katze, die mutlos am Weg sass und eine traurige Miene machte. «Warum schaust du so finster drein?» fragte der Esel. Die Katze antwortete. «Wie kann man fröhlich sein, wenn man weiss, dass es mit einem auf dieser Welt zu Ende geht? Da meine Zähne abgewetzt sind, sitze ich, jetzt alt, lieber hinter dem Ofen und schlafe, als den Mäusen nachzuspringen. Deshalb hat meine Meisterin mich ertränken wollen.» Da erzählten der Esel und der Hund auch ihre Geschichte, sie trösteten die Katze und ermunterten sie, mit ihnen zu kommen. Der Katze, die nicht wusste, was anfangen, war dies ganz recht, und sie schloss sich ihnen an. Nach einer Weile kamen sie zu einem Hof. Da war ein Hahn, der krähte aus vollem Hals. «Was, gibt es heute schönes Wetter, dass du so früh und so laut krähst?» fragte der Esel. Der Hahn schaute den Esel traurig an und sagte: «Ach, heute krähe ich wahrscheinlich zum letzten Mal. Vor zwei Tagen hat der Habicht eine Henne geholt, und jetzt hat die Meisterin das Vertrauen in mich verloren. Grad heute habe ich gehört, dass sie zur Köchin gesagt hat: ‹Morgen ist Kirchweih, und ich habe gedacht, dass unser alter Hahn an diesem Tag eine gute Suppe abgibt, du kannst ihm heute Abend den Kopf abhauen. Ich will dann einen jüngeren und wachsameren kaufen.›» «Du armer Kerl», sagte der Esel, «komm mit uns, wir wollen schon schauen, dass wir über die Runden kommen!» Dem Hahn war dies recht, und er ging mit ihnen weg. Unterwegs beschlossen sie, als Musikanten in eine Stadt zu ziehen. Gegen Abend kamen sie in einen Wald. Sie wollten hier über Nacht bleiben. Der Esel und der Hund legten sich unter einen Baum. Die Katze kletterte auf den Ast einer Tanne, und der Hahn flog zuoberst auf eine Baumspitze. Vor dem Schlafen schaute der Hahn noch herum, ob alles in Ordnung sei. Und da sah er von weitem ein Licht. Er sagte dies seinen Gefährten, und sie beschlossen gleich, sich dorthin zu begeben, vielleicht bekämen sie ein besseres Nachtlager. Sie brauchten nicht lange zu gehen, so wurde das Licht grösser und grösser, und auf einmal standen sie vor einer Räuberhöhle. Der Esel schaute zum Fenster hinein und sah, dass die Räuber am Tisch sassen und alles Mögliche assen und tranken. «Das würde uns auch guttun», sagte die Katze, «wenn wir nur wüssten, wie wir diese Fresser davon jagen könnten!» Schliesslich beschlossen sie, den Räubern einen zünftigen Schrecken einzujagen. Der Esel stellte sich mit seinen Vorderbeinen auf das Fenstersims, der Hund stieg auf den Esel, die Katze auf den Hund, und der Hahn flog auf den Kopf der Katze. Dann fing der Esel an zu schreien, der Hund zu bellen, die Katze zu miauen, und der Hahn krähte ‹kikerikiki!›. Dann brachen sie durchs Fenster ein und stürzten in die Höhle. Die Räuber erschraken derart, dass sie sich aus dem Staub machten. Die vier Kameraden aber setzten sich an den Tisch und liessen sich die Braten und die Torten schmecken. Als sie genug gegessen und getrunken hatten, legten sie sich aufs Ohr. Die Katze ging auf die Herdplatte, der Hund legte sich neben die Haustüre, der Esel wollte sich auch in der Nähe hinlegen, und der Hahn flog aufs Dach. Den Räuberhauptmann aber reute es, so schnell davongelaufen zu sein, und er befahl einem seiner Kumpane, er solle nachschauen, was in der Höhle los sei. Der Räuber wollte zuerst in die Küche, um das Licht anzuzünden. Doch weil er die Augen der Katze für Glut hielt, stach er ihr mit einem Zündholz ins Auge. Da sprang die Katze ihm ins Gesicht und zerkratzte ihn zünftig. Der Räuber wollte hinausrennen, doch dann biss der Hund ihn tüchtig in die Waden, und als er am Esel vorbei wollte, schlug der hinten aus, so dass er fast umgefallen wäre, und der Hahn krähte aus vollem Hals ‹kikerikiki!›. Der Dieb rannte, was er konnte, zu den andern und erzählte, in der Küche sei eine Hexe, die ihn zerkratzt habe, neben der Türe sei ein Mann, der ihn mit einem Messer in die Beine gestochen habe, ein anderer habe ihn mit einem Prügel verhauen, und auf dem Dach sei eine andere Hexe, die geschrien habe: «Fangt den Halunken dort drüben!» Die Räuber trauten sich nie mehr in die Höhle zurück, und die vier Kameraden konnten lange und gut von den Vorräten darin leben.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die kämpfenden Weiber

Source: Die kämpfenden Weiber

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Die Weiber haben einmal einen Krieg gewonnen, darum dürfen sie jetzt vorbeten und beim Opfergang vorausgehen. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Kapelle an den Wandflühen

Source: Die Kapelle an den Wandflühen

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An den steilen Felsenwänden unterhalb Bürchen wurde oft von Raron aus an den Vorabenden der Marienfeste ein Lichtlein gesehen. Einst litt ein Mann von Raron an heftigen Zahnschmerzen. Der Schmerz trieb ihn während der Nacht ins Freie hinaus, und er sah auf der Wandfluh das bekannte Lichtlein flimmern. Sogleich machte er das Versprechen, daselbst zu Ehren der schmerzensreichen Mutter ein Bildstöcklein zu errichten. Er fand Erhörung, hielt sein Versprechen und errichtete das noch jetzt bestehende Bildstöcklein, welches später durch die geräumige Wallfahrtskapelle eine schöne Umrahmung erhielt. BÜRCHEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Kapelle auf Jberg und der Schimmelreiter

Source: Die Kapelle auf Jberg und der Schimmelreiter

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Landammann und Pannerherr Wolf Dietrich Reding, der auf Jberg bei Schwyz den ganzen Loterbach, Ebnet, Zimmerstalden und viel andere Güter daherum besessen und sehr reich war, verlangte von den Genossen von Jberg gewisse Rechtsame wegen Wasser, Wasserleiter und Fahrwegen, mit dem Anbieten, dass er seinerseits ihnen Platz zu einer Kapelle geben, ja den Bau derselbern bewerkstelligen werde, so dass sie nur das Material herbeizuschaffen hätten. Er gab auch etwas Kapitals zum Unterhalt dieser Kapelle. Da die Bauernsame ihrerseits die Bedingnisse alle erfüllt hatte, Herr Landammann aber die Sache immer verzögerte und ehe er sein Versprechen erfüllt hatte, starb, trugen sich dort alsbald seltsame Dinge zu. Mehrere ehrliche Männer bezeugten, Herrn Landammann Reding auf einem weissen Pferde hin und her reiten gesehen zu haben. Dieses half. Die Erben erbauten die Kappelle auf Jberg im Jahre 1650. Sie wurde aber erst 1734 vom konstanzischen Weihbischof Ferdinand Geist zu Ehren der göttlichen Mutter, des heiligen Bischofs Conrad, Georgius des Märyrers, Rochus des Beichtigers und der heiligen Jungfrauen Barbara und Catharina eingeweiht. Pfarrer und bischöflicher Kommissar Fassbind der uns dieses erzählt hat, fügt über die Gemeinde auf Jiberg noch hinzu: Dass sie, die doch in 28 Häusern und 144 Personen bestehe, im schönsten Frieden lebe. Dass hier zwar keine reichen Leute seien, aber auch keine Müssiggänger noch Bettler. Dass die Häuser weder bei Tag noch bie Nacht verschlossen würden.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Die Kapelle im Breitlohn

Source: Die Kapelle im Breitlohn

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 zu Altdorf sei eine Schlachtkapelle, habe ich oft gehört sagen; da habe man sich einmal geschlagen. Frau Wipfli-Arnold Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Kapelle im Turtmanntale

Source: Die Kapelle im Turtmanntale

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Im Turtmanntale, wo man noch Spuren der alten Strasse finden will, die über das Augstbort ins Vispertal führte und früher oft war benutzt worden, sollen "Meiden" und "Gruben" Dörfer gewesen sein. Man will noch Anzeichen einer alten Hammerschmiede entdeckt haben. Jetzt haben die Gletscher, Lawinen und tobende Bäche dieselbe zu Alpstaffeln gemacht. In Gruben steht indes wieder ein Hotel für die Reisenden. Zum Baue der Kapelle soll ein seltsamer Vorfall Anlass gegeben haben. Da fiel einmal im Winter ein grosser Kalk- oder Kreidenstein vom Berge ab und blieb mitten im Talwasser, "Turtmänna" stehen. Das sahen im Frühjahr die Alpengemeinwerker und sprachen während dem Abendbrote zueinander: «Schade, dass der Stein im Wasser liegt; wäre er im Trockenen, so könnten wir ihn benutzen um hier eine Kapelle zu bauen». — Und siehe! in nächstfolgender Nacht nahm der Fluss eine andere Richtung und liess den Stein auf trockenem Boden. Die Leute glaubten in dem Vorfall eine Weisung von Oben zu erkennen und bauten mit Freude eine schöne Kapelle. Der Altar trägt die Jahreszahl 1708.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Kapelle in Duferswil (Mundart)

Source: Die Kapelle in Duferswil (Mundart)

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I wäße nüme recht, wänn's gse ist — ämol scho erba lang — do hät en Duferswiler Bur onderem Dörfli zua wella eere (pflügen). Aber es mueß näbis Orichtigs omme gsi si. Die Stier sind äsmols dem Männbueb us de Hände cho und sind mitsamt dem Schaller ond Pflueg gegen Felsig abe gsprunge. De Bur hät d' Gäze (Pfluggeiß) nöd aloh und grüeft, so lut er hät chönne; aber es hät alls nüt gnützt. D' Stier sind wie närrsch über's Bort use und de Felsig ab. Jetzt loht de Bur erst a, rißt im Schrecke dem Bueb de Gäßlestäcke noch us dr Hand, wirft en de Stiere noha ond sät:  "He nu, ä Gotts Name!" Das hät's Oglück verhüet. De Felsig ist zwor meh daß zwe Chirchtürn hoch; aber es ist alls ufrecht abecho, ond d' Stier händ im Necker une gwartet, bis de Bur cho ist, ond der hat s' wider mitem hä gno, ond st sind em nohaglaufe, wie wenn nüt passiert war. De Bur hät do uf sini ägeni Rechnig ds Duferswiler Chappeli baue, ond das stoht hüt noch,  wo er's hegstellt hat. *** Die Sage von der Humplattenwand wird auch einfach so erzählt, dass ein Senn nachts zwei Stiere oben am Rand vorbeitreiben wollte. Da begegnete ihm ein böser Geist, der die Tiere in den Abgrund trieb. Der Senn warf ihnen den Stecken nach und sprach: "Das walle Gott!" Der Böse verschwand, und als der Mann nach seinen Stieren sah, fand er beide unverletzt am Fusse des Felsens und den Stock daneben angelehnt. Das eine Ende desselben war angebrannt.                                                       Diese Fassung ist wohl die ältere.                     Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 450, S. 264 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Kapelle in Kühmatt

Source: Die Kapelle in Kühmatt

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Fromme Herren erbauten in Kühmatt ein einfaches Bethaus. Als sie wie üblich in stiller Abendstunde den heiligen Rosenkranz beteten, erblickten sie im Kühmattwald ein hellschimmerndes Licht, das seinen Glanz auf eine verwittere Marienstatue warf. Sie holten diese und bargen sie einstweilen in ihrer Hütte, bis sie nach Jahr und Tag ein Kapellchen erbauten, in welchem sie die Statue aufstellten. An den Vorabenden der Marienfeste versammelten sich die Hirten stets wieder um die Statue und sahen beim Hinausgehen bisweilen hellbrennende Lichtlein. Wer sie beobachtete, sah sie hell und lieblich bis vor Tagesanbruch glänzen und dann plötzlich erlöschen. Das Vertrauen wuchs. Das Kapellchen wurde vergrössert. Aus dem Kapellchen wurde mit der Bewilligung des Oberhirten Bischof Jordan 1555 eine für den öffentlichen Gottesdienst bestimmte Kapelle. Die heutige Kapelle stammt aus dem Jahre 1654. Beim Bau einer dieser Kapellen soll ein Arbeiter über die Felsen hinab in die Lonza gestürzt sein. Die andern hoben ihn auf in der Meinung, er sei tot, trugen ihn dann in die Kapelle und legten ihn auf den Altar. Nach einer Zeitlang sei der Verunfallte aufgestanden und dankte der Muttergottes, denn ihr schrieb er seine Rettung zu. Auch totgeborene Kinder brachte man früher nach Kühmatt. Zweimal sollen dabei währen der heiligen Wandlung die Kindlein die Augen geöffnet haben, so dass sie der Prior taufen konnte. Auf der rechten Seite des Chorbogens steht ein Seitenaltar, dem heiligen Antonius von Padua geweiht. Der Altar ist einheitlich im Barockstil gebaut, wenn auch einfacher und weniger reich als der Hauptaltar. Der obere Teil zeigt ein Gemälde: Die Muttergottes mit dem Jesuskinde erscheint in den Wolken, unten kniet ein Geistlicher. Nach der Überlieferung soll das Gemälde ein Bilddokument aus den Religionswirren im Tale sein. Eine kleine Anzahl wollte zur neuen Lehre übertreten. Auch der damalige Prior von Kippel zählt dazu. Über den Petersgrat wollte er sich nach dem Oberland begeben. In Kühmatt jedoch erschien ihm die Gottesmutter mit dem göttlichen Kinde. Er kehrte zur Herde zurück und blieb dem Glauben seiner Väter treu. LÖTSCHEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Kapelle in Meiden

Source: Die Kapelle in Meiden

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Nach altem Brauch gingen die Alpgenossen einige Tage vor der Alpfahrt nach Meiden, um Steg und Weg herzustellen und die Güter abzuräumen. Bei dieser Gelegenheit ereignete es sich, dass zufällig ein seltener Kreideblock vom Wasser ganz umflossen, im Turtmannbache gesehen wurde. Als die Geteilen diesen Block sahen, meinten sie: «Schade, dass dieser Kreidestein im Wasser liegt und nicht auf trockenem Boden; sonst könnten wir ihn zu einem Kapellenbau benützen.» Am nächsten Morgen befand sich der Kreidestein wirklich diesseits des Baches auf trockenem Boden. Der Kapellenbau wurde sogleich begonnen, und so entstand der Wallfahrtsort von Meiden. TURTMANN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Kapelle Sankt Michaels

Source: Die Kapelle Sankt Michaels

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Auf Strättlingen wohnten Herr Berchtold und Frau Aureliana. Sie hatten ein einzig Kind, das lag krank. Da bat Herr Berchtold den heiligen Michael, er möchte seinen Sohn gesund machen. Als aber die Gebete nichts halfen ward er zornig und liess jedermann aufgreifen der die Strasse zog und beraubte sie. Es fingen seine Knechte aber einst einen gelehrten Mann. Dem klagte Herr Berchtold seine Not. Der Fremde sprach: "Ruf dein Hausgesinde zusammen!" Als das geschehen war, befand sich darunter einer, der des Ritters besonderes Vertrauen genoss und welchen er zum Kämmerer erhoben hatte. Als der Fremde diesen ansah, verdrehte der Diener Augen und Haupt und schrie wie unsinnig. Da fragte ihn der fremde Priester eindringlich wer er sei und beschwor ihn. Der Kämmerer aber bekannte dass er kein Mensch, sondern der leibhaftige Teufel sei. Er sei gekommen, den Jüngling zu verfolgen. Es beschwor ihn daher der Fromme, hinwegzufahren an einen Ort, da der heilige Michael nicht geehrt würde. Von der Stunde an war der Knabe gesund. Der Ritter aber war durch den Priester zum vollen Glauben gebracht. Er liess daher in seinem Schloss einen Altar bauen zu Ehren des Erzengels Michael und bat den Priester, bei ihm zu bleiben und das Wort Gottes zu verkündigen. Er nahm denselbigen auch an seinen Tisch, und setzte ihn an die Seite seiner Gemahlin. Die Kapelle, worinnen der Altar stand, wurde Sankt Michael geweiht. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Kapelle unter dem Boden

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1. Zu Äsch sei schon vor Zeiten eine Kapelle gestanden. Da habe einmal ein Bergsturz das Dörflein mit samt der Kapelle unter gemacht. Die Kapelle stehe noch unter dem Erdboden, habe ein fahrender Schüler gesagt, und würde ein Hahn an der richtigen Stelle tüchtig scharren, so würde er grad auf die Spitze des Kapellentürmleins kommen. Josef Maria Müller 2. Eine Kapelle, sagte ein fahrender Schüler, liege im hintern Äschboden im Schächental unversehrt unter dem Erdboden, deren Turmspitze ein scharrender Hahn leicht frei legen könnte, wenn er den richtigen Punkt treffen würde. Von dieser Kapelle bis zur Jägerbalm ennet der Märcht sei eine durchgehende Höhle durch das Gebirge. Franz Müller, Altdorf; Karl Brücker, Bürglen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Kapelle von Schwarzsee

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Einmal kamen zwei Zermatter mit schweren Bürden beladen von Aosta her. Auf dem Theodulpass überrascht sie dichter Nebel mit Wind, von Regen und Schneegestöber begleitet. Die Wanderer verloren den Pfad, wussten nicht mehr wo ein und wo aus und gingen einem unvermeidlichen Tode in der Öde entgegen. In dieser verzweifelten Lage nahmen sie ihre Zuflucht zur Fürbitte der Muttergottes, an welche sie ein Standbild bei Schwarzsee so oft erinnert hatte. Sie gelobten zugleich, im Falle der Rettung dort eine Kapelle zu Ehren der Himmelskönigin zu erbauen. Nach diesem Versprechen schritten sie abermals voran, und Maria leuchtete ihnen auf der gefährlichen Bahn und geleitete sie gerade zu dem Bildständchen, von wo aus sie den Pfad, kannten. Nach fünf Stunden erreichten sie Zermatt. So ist die Kapelle von Schwarzsee entstanden. ZERMATT Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Kapelle von St. Wolfgang

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Zwei ehrbare Männer von Düdingen begaben sich in die Stadt Freiburg. In St. Wolfgang standen neben der alten Kapelle einige schöne Buchen. Daher hiess die Kapelle «Zur schönen Buchen». Als die Männer daselbst vorbeigehen wollten, hielten sie den Schritt an. Ein hübsches Bild erblickten ihre Augen in einer Buche. In Holz geschnitzt sahen sie das Bild des heiligen Wolfgang, das sie vorher nie gesehen hatten. Ein dritter Mann kam bald nachher vorbei; auch er konnte das Bild wahrnehmen und teilte dies den zwei anderen Männern mit. Als alle drei zusammen zur Kapelle eilten, war das Bild verschwunden. Erst nach einem Jahr, auf denselben Tag, erblickte der Bewohner aus Düdingen wieder das wunderbare Bild. Diesmal war es auf Papier dargestellt und auf einer hölzernen Tafel angebracht. Drei Mal im gleichen Jahr erblickten die erwähnten Männer das Bild des wunderbaren Heiligen. Da gingen die drei Männer zum Pfarrer von Düdingen und teilten ihm die merkwürdige Erscheinung mit. Der Pfarrer berief eine Versammlung der Pfarrgenossen ein. An derselben erzählten die drei Männer neuerdings ihr Erlebnis. Man beschloss, am Ort der Erscheinung eine neue, grössere Kapelle zu Ehren des heiligen Wolfgang zu errichten. Der Bau geschah 1491 und war 1492 beendigt. Bald strömten die Gläubigen zahlreich herbei und acht wunderbare Gebetserhörungen ereigneten sich in der Kapelle «Zur schönen Buchen». Das erste Wunder war die Heilung einer kranken Hand. Eine Frau war in Geburtsnöten und stand in Todesgefahr. Sieben Frauen wallfahrteten barfuss zum Heiligtum, und die Kranke wurde geheilt, das Kind getauft.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Kapelle von Ziteigl

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Wo frisch des Himmels Odem weht Auf Bergen grün und wild, Einsam in der Kapelle steht Ein Muttergottesbild: Die Farben sind zerfahren, Verschwunden der Email; Doch manche Pilgerschaaren Zieh'n noch zur wunderbaren Kapelle von Ziteigl. –   Wo jetzt des Bildes Heiligtum Umschliesst der Kirche Raum, Da lag einst unter Gras und Blum' Ein Hirt' in süssem Traum: Er sah den Himmel offen In vollem Glanze steh'n; Die hellen Lichter trofen So süss wie Liebeshoffen, So licht wie Wiederseh'n.   Aus offner Himmelspforte ging Maria, himmlisch-mild; Ein Sonnenstrahlenschein umfing Ihr jungfräuliches Bild; Die Engelsstimmen sangen In leiser Melodie, Die Lichter blitzend sprangen, Die Wohlgerüche drangen Ohn' Unterlass um sie. –   Wie weiss bewölktes Himmelsblau Umfloss sie ihr Gewand, So blau, wie ihrer Augen Blau, So weiss, wie ihre Hand; Die lichten Locken quollen Umreift vom Blumenkranz Um\'s Haupt der Wundervollen In duftumhauchten Rollen, Gleich einer Glorie Glanz. –   An einem Halm der Lilien drei Hält sie in ihrer Hand; Die and're streckt sie weiss und frei Hin über all' das Land: Drei helle Tropfen flossen, Drei Tropfen, rot und rein, Wie Rosen, gluterschlossen; Sie haben sich ergossen Auf einen Marmelstein. –   Wo frisch des Himmels Odem weht Auf Bergen grün und wild, Einsam in der Kapelle steht Ein Muttergottesbild; - Dort haben sich ergossen Drei Tropfen, rot und rein; Dorthin sind sie geflossen, Wie Rosen, gluterschlossen, Auf einen Marmelstein. –   Dort zeigt, verborgen in dem Schrein In sorgsam frommer Hut, Noch jetzt den Pilgern man den Stein, D\'rauf floss der Reinen Blut; Die Tropfen sind verschwunden, Zum Himmel stiegen sie; Doch manche Herzenswunden, Die konnten dort gesunden Ave Ave Marie! –   (Die Wallfahrtskirche, »Unserer lieben Frau« geweiht, hoch oben im Gebir­ge, gehört zur Pfarrei Salux. Diese schöne, ziemlich grosse Kirche schliesst in sich das wundertätige Bild (Statue) der heiligen Maria von Ziteigl. - Aus vielen Tälern Bündens, aus Italien und Vorarlberg pilgern grosse Züge gläubiger Christen nach diesem berühmten Wallfahrtsorte hin. In der Nähe dieser Kirche erschien im Jahre 1580 die Gebenedeite dem J.D. von Marmels, einem Hirten von Salux, durch denselben die Bewohner des Tales zum Baue eines Heiligtums aufzufordern. Zum Beweise ihres körperlichen Daseins liess sie auf einem Stein drei Blutstropfen zurück. - Als man nun an der bezeichneten Stelle den Bau eines Gotteshauses begin­nen wollte, fanden die Bauleute Steine und Material höher auf den Berg gerückt und dieser Deutung Folge leistend, errichteten sie dort ein der »heiligen Maria« geweihtes Andachtsgebäude. Mehrmals wurde nun das Gotteshaus umgebaut und vergrössert und vielfach ausgeschmückt, auch an den schönen Bau ein Kapuzinerhospiz angebaut. - Dieser wundertätigen heiligen Maria auf »Ziteigl« verdanken Viele, die zu ihr hin wallfahrteten, ihre Genesung von Krankheiten.) Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Kapelle von Ziteil

Source: Die Kapelle von Ziteil

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Ein Hirtenknabe, ungewöhnlich fromm und gut, hatte seine Herde so zahm gemacht, dass er ruhig unter ihr einschlummern konnte, und sie sich doch nie verlor. Einst überfiel ihn auch der Schlaf und ein schöner Traum. Er sah die Mutter Gottes in himmlischer Schönheit, die Hand ausgestreckt, wie das Land segnend. Drei Blutstropfen entfielen der Hand nieder auf die Erde. Der Hirt erwachte und erzählte seinen Traum dem Volk. Eine Kapelle wurde dort erbaut, ein Muttergottesbild hierin gebracht, das als wundertätig lange Scharen von Wallfahrern zu sich zog. Aus: U. Brunold-Bigler, Die Sagensammlung der Nina Camenisch, Disentis 1987, mit freundlicher Genehmigung der Autorin. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Kapelle zu Allenwinden

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Einst war der Weg von dem sonnigen Allenwinden in die Stadt Zug recht beschwerlich. Ein kleiner, schmaler Pfad führte vom Grüth gegen den Talboden und dieser einsame Pfad ging durch einen dichten Bergwald. Man ging des Nachts nie gerne auf diesem Weg. Ein Bauersmann hatte sich wegen dringender Geschäfte etwas lange in der Stadt aufgehalten und als er den Heimweg antrat, schloss bereits der Stadtwächter hinter ihm mit vielem Lärm das massive Stadttor. Vom See trieb ein dicker Nebel gegen den Zugerberg. Wacker schritt der Bauer aus und dachte an seine warme Stube und an das willkommene Nachtmahl. Wie er einige Minuten durch den Wald ging, merkte er plötzlich zu seinem grossen Schrecken, dass er ab dem Wege geirrt sich mitten im wildesten Dickicht befinde. Er wanderte nach rechts, er wanderte nach links, kein Weg wollte sich öffnen. Sein Irren und Suchen fand keinen Ausweg. In dieser großen Herzensnot sank er auf die Knie und flehte zum Himmel. Er versprach unter heissen Bitten auf der Höhe von Allenwinden zu Ehren der schmerzhaften Mutter und des heiligen Bauernpatrons Wendel eine Kapelle zu bauen, so er heil aus dem verwirrbaren Wald komme. Wie er dies Gelübde getan, leuchtete es hell durch die Waldgipfel, ein Stern blinzelte hervor und das wirre Gestrüpp gab den Weg frei. Mit einigen Schritten war der nächtliche Wanderer am Waldrand und bald daheim. Im frommen Sinn erfüllte er sein Versprechen und so wurde die kleine Kapelle zu Allenwinden gebaut. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 20 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Kapelle zu Brunnen

Source: Die Kapelle zu Brunnen

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im Kanton Schwyz sei zwischen Rom und Einsiedeln das gnadenreichste Gotteshaus. M. Josefa Aschwanden, Sisikon Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Kapellen im Senseland

Source: Die Kapellen im Senseland

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    Unser Ländchen ist noch reich an alten, schönen Kapellen. Die einen grüssen von luftigen Höhen hernieder, die andern stehen wohlbehütet inmitten der Gehöfte, die dritten erheben sich an Strassen und laden den Wanderer zu kurzer Rast und Besinnung ein. Sie alle erzählen uns vom frommen Sinn der Väter, von Not und Leid, von Kummer und Sorge, aber auch von wunderbarer Hilfe, von Trost und reichbelohntem Gottvertrauen.   1. Buche Krieg war ausgebrochen. Die Glocken riefen es ins Land hinaus, und von den Höhen verkündeten es am Abend die Feuer. In der Frühe des folgenden Morgens ritt ein Krieger aus dem obern Senseland in Wehr und Waffen gegen das Oberholz hinauf. Auf der Höhe des Waldes machte er unter einer mächtigen Buche einen kurzen Halt. Eben ging die Sonne auf und goss ihren ganzen Zauberglanz auf das herrliche Land. Der Krieger war ergriffen von all der Pracht. So schön hatte er die Heimat noch nie gesehen. Rings um ihn sangen die Amseln und Drosseln. Aus den reifenden Kornfeldern stiegen die Lerchen jubelnd in die Luft. Zu seinen Füssen lagen grüne Matten und dunkle Wälder, dazwischen hingestreut die freundlichen Dörfer des Senselandes. Von nah und fern tönte der Klang der Morgenglocken herauf. Die Luft war so klar und rein, dass der Blick bis an die fernen, blauen Jurahöhen reichte. Über all der Pracht herrschte ein tiefer, seliger Friede. Und doch, - dort irgendwo in weiter Ferne, zogen des Feindes wilde Horden heran gegen dieses wundervolle Land, um die freundlichen Dörfer in Schutt und Asche zu legen, die Kornfelder zu verwüsten, Tod und Elend zu bringen. Nein, das durfte nicht geschehen. Ein tiefer Kummer füllte die Brust des Kriegers, und in seinem Innern machte er das feierliche Gelöbnis: „Vater im Himmel, schütze unsere liebe Heimat und halte jeden Feind von ihr ab. Wenn ich heute als Sieger heimkehren darf, so will ich mich dankbar zeigen. Hier, auf diesem schönen Erdenfleck der Heimat will ich dir ein Heiligtum bauen.“ Der Krieger ritt weiter. Er trieb sein Pferd zu schnellem Laufe an. Ihm war, als könnte er zu spät kommen. Wie er weiter ins Flachland hinunter gelangte, holte er bald da, bald dort, Gruppen bewaffneter Landsleute ein. Von allen Weilern und Dörfern kamen immer neue Scharen mit Hellebarden und Spiessen und bunten Fähnlein. Und wie nach einem heftigen Regen die Wässerlein über Stock und Stein eilig zu Tal fliessen und erst einen Bach, dann einen Fluss bilden und endlich zu einem wilden Strom werden, der Brücken und Häuser fortreisst, so vereinigten sich alle die Trüpplein und Truppen zu einem grossen, mächtigen Kriegsheere, das, unaufhaltsam vordringend, die feindlichen Scharen im Sturme niederrang und vernichtete. „Sieg, Sieg!“ kündeten die Glocken im ganzen Lande. Die Heimat war gerettet. Am späten Abend desselben Tages ritt jener Krieger voll seliger Siegesfreude eilig wieder ins Oberland zurück, um den Seinigen die frohe Botschaft zu bringen. Was er am Morgen gelobt, das hielt er getreulich. Als der Jahrestag des Sieges gefeiert wurde, da brannte an jenem Abend auf der Höhe bei der Buche ein mächtiges Freudenfeuer. Sein Flammenschein aber beleuchtete eine schlichte Kapelle, und eines Glöckleins silberheller Ton klang durch den Sommerabend, als wollte es den Leuten da drunten in den Dörfern zurufen: Unser Vaterland ruht in Gottes Hand.   2. Neuhaus Erzittre, Welt, ich bin die Pest! Ich bin der grosse Völkertod, Ich bin das grosse Sterben. Vom 14. bis zum 17. Jahrhundert ging zu verschiedenen Malen eine Pest durchs Schweizerland. Man nannte sie der „schwarze Tod“. Die Menschen wurden von einem heftigen Fieber befallen, der Schlund trocknete ihnen aus, die Zunge wurde schwarz und am Leibe bildeten sich eiterige Beulen. Die Krankheit führte rasch zur Bewusstlosigkeit und oft schon nach wenigen Stunden zum Tode. Das war eine schreckliche Zeit. Alle Bande der Familie und der Gesellschaft lösten sich. Ganze Dörfer, ja, ganze Gegenden wurden menschenleer. So sollen Mertenlach, Neuhaus und Alterswil damals Nachbarn gewesen sein. In Giffers, Rechthalten und St. Silvester gab es keine Einwohner mehr. Mit Ausnahme derjenigen, die sich in die Berge geflüchtet, hatte der schwarze Tod alle gefordert. In Plasselb lebte einzig noch eine Mutter mit ihrem Söhnchen. Auch sie wurde von der Pest befallen. Als die ersten Anzeichen der Krankheit sich einstellten, da sann die Mutterliebe nur noch auf die Rettung ihres Kindes. Sie bettete es sorgsam in einen Korb und trug es nach Neuhaus hinauf. Dort legte sie es in der Nähe eines Hauses nieder und rief den Leuten zu, sie möchten sich um Gotteslohn des Kindes erbarmen. Dann eilte sie ins Dorf zurück und legte sich zum Sterben hin. Die Neuhauser aber zogen den Knaben auf. Er wurde der Stammvater des Geschlechtes der Käpfer. Beim Ausbruche der Pest machten die Bewohner von Neuhaus das feierliche Gelübde, der Gottesmutter eine Kapelle zu bauen, wenn sie von der Krankheit verschont blieben. Und siehe, während in allen Dörfern des Senselandes der Würgengel umging und Hunderte und Tausende von Menschen unbarmherzig ins Grab warf, blieb einzig Neuhaus von ihm verschont. Kein einziges Opfer hatte die Ortschaft zu beklagen. Dankerfüllten Herzens erbauten die Neuhauser inmitten der behäbigen Bauernhäuser eine schmucke Kapelle und weihten sie Maria, der Helferin der Christen, der Muttergottes mit dem Schutzmantel. Sie hielten ihr Heiligtum allzeit hoch in Ehren. Als in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts die Blatern ausbrachen, da erinnerte sich das Senslervolk des Gnadenortes. Aus allen Dörfern zogen Wallfahrer nach Neuhaus, um hier die Helferin der Christen um Schutz anzuflehen.    3. Weissenbach Ich bin der schnelle, schwarze Tod. Ich überhol das schnelle Boot Und auch den schnellsten Reiter. (H. Lingg) Pest, - Schrecken der Völker, - Zuchtrute Gottes. Im 14. Jahrhundert raffte sie in Europa 25 Millionen Menschen weg. Im 15. und 16. Jahrhundert trat sie wieder zu verschiedenen Malen auf. Alte Chroniken erzählen uns, wie sie die Stadt Freiburg heimsuchte. 1540-41 starben da 3000 Menschen, 1548 abermals 600. 1565 forderte sie innert 2 Monaten neuerdings 3000 Todesopfer. Im gleichen Jahre starben in der Pfarrei Tafers 700 Menschen, - in Düdingen ebenso viele. Auch im 17. Jahrhundert gingen mehrere Pestwellen über unsere Heimat, so in den Jahren 1612, 1639, 1646-47, 1652-53 und zum letzten mal 1663-70. 1653 schrieb der Pfarrer von Tafers ins Sterbebuch: „Das Jahr beginnt gut. Die nicht 1652 gestorben, sterben dieses Jahr.“ Die Pfarrei Tafers umfasste damals das Gebiet der heutigen Gemeinden Tafers, St. Antoni, Alterswil und St. Ursen. In all diesen Dörfern ging der schwarze Tod um, riss hier den Vater, da die Mutter, dort die Kinder aus der Familie, leerte die Häuser und entvölkerte die ganze Gegend. Weinen und Wehklagen ging auf allen Wegen. Immer neue Gräberreihen vergrösserten den Friedhof von Tafers. Wie die Sage meldet, trafen eines Tages bei der Strassenkreuzung in Weissenbach fünf Fuhrwerke zusammen. Sie alle wollten Tote zur Beerdigung nach Tafers bringen. Da wurde den Leuten, die in den Leichenzügen gingen, so recht bewusst, welch schreckliches Unglück das Land heimsuche. Erschüttert standen sie da, blickten auf die Menge der Toten und weinten. Dann erhoben sich ihre Herzen im Gebete zu Gott und flehten, er möge doch diese schwere Prüfung von Land und Volk abwenden. Zum Danke wollten sie hier auf diesem Platze eine Kapelle bauen. Der Himmel hatte Erbarmen und erhörte das Gebet. Die Pest erlosch innert kurzer Zeit. An der denkwürdigen Stätte wurde eine Kapelle gebaut und dem heiligen Märtyrer Sebastian geweiht.   4. Winterlingen Es war in jenen bangen Tagen, wo das Burgunderheer Murten belagerte. Durch Sturmgeläute und Höhenfeuer wurden im Freiburgerlande alle kriegstüchtigen Männer zu den Waffen gerufen. Vor dem behäbigen Bauernhause der Familie Zosso in Winterlingen nahmen drei stämmige Söhne von ihren betagten Eltern Abschied. Sie schulterten ihre Hellebarden und marschierten zum Sammelplatz des Heitenriederfähnleins. Von da ging es im Eilmarsch Murten zu. Zwei Tage später kam es zur Schlacht. Um die Mittagsstunde ertönte Kanonendonner. Ganz deutlich hörte man ihn von Winterlingen aus. Die Eltern Zosso stiegen auf eine kleine Anhöhe, wo sie freien Ausblick genossen. Da sahen sie hinter den fernen, blauen Wäldern den weissen Rauch der Geschütze aufsteigen. Ihre Augen hingen an diesen Wolkenballen, ihre Ohren lauschten dem dumpfen Rollen. Ihre Gedanken aber waren bei den Söhnen, die jetzt in heisser Schlacht mit dem Feinde rangen. Ihre Herzen bangten und zitterten um das Leben der Teuren: „Werden sie wiederkommen?“ Wenn sie nicht mehr heimkehrten, dann wäre der Sonnenschein aus dem Hause, die Freude, das Glück dahin, ihr Schaffen und Hausen umsonst gewesen, - einsam, freudlos und traurig ihre alten Tage. Und wie diese wackern Bauersleute in guten Tagen immer ein Herz und eine Seele gewesen, so waren sie es auch in dieser bittern, bangen Stunde. Sie falteten ihre zitternden Hände, hoben ihre Blicke empor und machten das Gelöbnis: „Vater im Himmel, wenn unsere Söhne heil zurückkehren, dann bauen wir zum Danke hier ein Heiligtum.“ - Jetzt ward es auf einmal ruhig in ihren Herzen. Der Kanonendonner in der Ferne verstummte. Am andern Tage kehrten Zossos Buben alle drei singend und jauchzend als Sieger nach Winterlingen zurück. Die Eltern erfüllten dankbar und freudig ihr Versprechen, bauten eine Kapelle und weihten sie der heiligen Märtyrin Apollonia.   5. Elswil Das Landgut Elswil gehörte vor langer Zeit der noblen Familie von Diesbach. Einer dieser Herren machte einst eine Wallfahrt nach Palästina und besuchte dort die heiligen Stätten von Bethlehem, Nazareth, Jerusalem und Kapharnaum. Auf der Heimreise wurde er von Türken überfallen. Sie schleppten ihn als Gefangenen von Ort zu Ort, durch Wüsten und Gebirge. Unsägliches musste der Pilger erdulden: Hitze und Kälte, Hunger und Durst, Misshandlung und Verspottung. Aber das Schrecklichste drohte ihm erst noch. Diesbach sollte auf dem Sklavenmarkt verkauft werden. 0, welch ein trauriges Los! In seiner entsetzlichen Not wandte sich der Unglückliche an die Schmerzensmutter, bat sie inständig um Hilfe und machte ihr das Versprechen, eine Kapelle zu bauen. Sein Vertrauen wurde nicht zu Schanden. Diesbach erlangte die Freiheit und kehrte in die Heimat zurück. Er hielt sein Versprechen und baute zu Ehren der schmerzhaften Gottesmutter in Elswil eine Kapelle.    6. Niedermuhren Eine ähnliche Sage rankt sich um die Kapelle von Niedermuhren. In früheren Zeiten pilgerten Freiburger öfters nach Compostella im fernen Spanien, um dort am Grabe des heiligen Apostels Jakobus zu beten. Das war eine lange und mühevolle Reise. Sie dauerte gewöhnlich 4 bis 5 Monate. Zudem drohte den Wallfahrern manche Gefahr: Erschöpfung, Überfall, Plünderung und Gefangenschaft. Nicht alle, welche die Reise unternahmen, kehrten wieder heim. Einst wanderte auch eine Pilgergruppe aus Niedermuhren nach San Jago de Compostella. Sie bestand aus Angehörigen dreier Familien. Glücklich erreichten sie ihr Ziel. Aber auf der Rückreise wurden sie von einer Räuberbande überfallen, ausgeraubt und in Gefangenschaft geführt. Unbeschreibliche Leiden und Entbehrungen mussten sie erdulden. In ihrer Not riefen sie den Heiligen, zu dessen Grab sie gepilgert waren, vertrauensvoll um Hilfe an. Auf wunderbare Weise erhielten sie die Freiheit und gelangten glücklich wieder in die Heimat. Zum Danke für ihre Errettung bauten sie in Niedermuhren eine Kapelle und weihten sie demjenigen, der ihr mächtiger Fürbitter gewesen.   7. Menziswil Menziswil gehörte in alter Zeit den Herren Velga. Schon damals hing über dem stattlichen Bauernhof ein düsteres Verhängnis. Es schien, als hätte das Unglück für alle Zeit hier seinen Wohnsitz aufgeschlagen. Es schlich durch die Stuben und Schlafkammern und machte die Menschen bresthaft. Es ging wie ein Dieb durch die Ställe und raubte, was ihm gefiel, einmal eine Kuh, ein andermal ein Kalb, ein Pferd, ein Schaf, ein Schwein, ein Huhn, eine Gans. Keine Woche verging, ohne dass es ein Opfer forderte. Oft kam es vor, dass mitten in der Nacht die Tiere aufgeschreckt wurden und zu schreien begannen. Dann eilte der Bauer mit Licht hinaus. Er fand die Kühe an den Ketten reissend und zitternd vor Angst, da und dort zwei in die gleiche Hälsig gebunden. Die Pferde hatten die Schwänze und das Kammhaar getrütschelt und waren bachnass vom Schwitzen. Aber vom Unhold, der all das angerichtet, war keine Spur zu finden. Oft machte der Meister in später Nachtstunde noch einen Gang durch die Ställe und überzeugte sich dabei, dass alle Tiere gesund und ruhig waren. Aber am Morgen lag wieder ein Stück verendet am Boden. Erwürgt? - Vergiftet? - Von wem? In der nahen Galternschlucht sind heute noch einige Felsenhöhlen zu sehen. Sie werden „Fantomenlöcher“ genannt. In diesen Verstecken sollen damals höllische Geister gehaust haben. Als räudige Kröten, giftige Schlangen und schuppengepanzerte Stollenwürmer schlichen sie zur Nachtzeit herum, zu suchen, wen sie verderben könnten. Man glaubte, dass diese Dämonen aus Bosheit und Neid in Menziswil all die Schäden anrichteten, dass sie das Vieh erwürgten und ihm das Blut aussaugten, oder es mit ihrem blossen Gifthauch töteten. Doch wie sollte man diesem Höllengezücht beikommen? Da nützten weder Speer noch Pfeil, weder List noch Kraft. Ritter Velga erkannte, dass nur übernatürliche Hilfe von dieser Plage befreien konnte. Er liess darum in Menziswil eine kleine Kapelle bauen und sie der Muttergottes weihen. Auch verordnete er, dass der jeweilige Pächter an jedem Sonnabend im Heiligtum eine Kerze opfere und diese vor dem Bilde der Gottesmutter anzünde. Das half. Von dem Tage an floh das Unheil den Bauernhof. Nur einmal noch kehrte es zurück. Das war damals, als der Bauer eines Samstags spät aus der Stadt heimkehrte, die Kerze zu opfern vergass und dann am andern Morgen das schönste Rind tot auf dem Lager fand. Von da weg wurde das Opfer nie mehr unterlassen. Der fromme Brauch hat sich durch alle Zeiten bis auf den heutigen Tag erhalten.    Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch  


by Die Kapellen von Sisikon

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und Ennetmoos in Nidwalden hatten nach der Sage vor alten Zeiten einen Priester miteinander gemein. Derselbe hielt an diesen zwei Orten abwechslungsweise Gottesdienst. Die älteste Kapelle zu Sisikon sei aus Holz gebaut gewesen und habe sich einwenig oberhalb des heutigen Pfarrhofes befunden, während das »Eggelihaus« auf der andern Seite des Baches der Pfarrhof gewesen sei. J.J. Huber u.a. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Kapellenglocke

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In Perfetschied befand sich früher eine Kapelle zu Ehren des heiligen Mauritius (1207 erwähnt). In den Bittgängen zogen verschiedene benachbarte Pfarreien dorthin. Mit der Zeit wurde der Bauernhof, zu dem die Kapelle gehörte, verkauft und kam in protestantische Hände. Das Gebetshaus wurde profaniert. Der neue Besitzer verwandelte es in einen Schuppen, worin noch ein Schweinestall untergebracht wurde. Das Kapellenglöcklein, das so oftmals mit seinem ehernen Mund den Engel des Herrn verkündet hatte, wurde vom Türmchen herabgenommen und das Türmchen selber abgebrochen. Der Bauer betrachtete das Glöcklein eine Weile. Was soll er damit anfangen? Es verkaufen? Es umschmelzen? Da kam ihm ein guter Einfall, wie er meinte. Das Glöcklein gibt eine wohltönende Kuhschelle, dachte er. Gesagt, getan! Als er im Herbst die Viehherde auf die Wiese trieb, nahm er das profanierte Glöcklein, tat einen Riemen dran und befestigte das Geläute seiner schönsten Kuh um den Hals. Lustig schüttelte das Tier die neue Schelle. Als aber die Kuh aus dem Stall trabte, blieb sie plötzlich wie erstarrt stehen, dann fiel sie wie vom Blitz getroffen zu Boden und war tot. Auch im Schweinestall, der in einem Teil der Kapelle errichtet wurde, hatte der Bauer kein Glück. Die jungen Ferkel gingen ein, und das Zuchtschwein verwarf oft. Als die Statue des Heiligen vom Altare weggenommen und fortgetragen werden sollte, stolperte deren Träger, fiel zu Boden und brach sich beide Beine. Es soll sich um eine Marienstatue gehandelt haben.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Kappe

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Es war einmal in einem Dörflein eine Witwe. Die hatte nur einen Sohn, und der war ein Dummkopf. Sie waren sehr arm, hatten kaum zu essen und zu trinken und nur eine einzige Kuh. Eines Tages sagte die Mutter zu ihrem Sohn: «Du könntest morgen in die Stadt gehen und die Kuh verkaufen, damit wir Geld haben, um Essen zu kaufen.» Drei Nachbarn hörten das, da beschlossen sie, dem Tölpel die Kuh abzuluchsen. Am andern Tag ging der Bub der Witwe sehr früh mit der Kuh in die Stadt. Nach einer Weile begegnete er einem von diesen Nachbarn, und der fragte ihn, wohin er mit dieser Geiss gehe. Der Bursche antwortete: «Das ist keine Geiss, das ist eine Kuh, und ich gehe in die Stadt, um sie zu verkaufen.» Der Nachbar sagte noch einmal: «Das ist nur eine Geiss.» Da wurde der Bursche wütend und ging weiter, ohne etwas zu sagen. Bald begegnete er dem zweiten Nachbarn, und der fragte dasselbe: «Wohin gehst du mit dieser Geiss?» Der Bursche schrie ganz wütend: «Das ist keine Geiss, das ist eine Kuh.» Doch der Mann behauptete. «Aber nein du, das ist doch nur eine Geiss, dass du das nicht siehst.» Der Bursche schaute bald die Kuh, bald den Mann an und wusste nicht, was sagen. Er wurde immer wütender und ging weiter. Wenig später begegnete er dem dritten Nachbarn, und auch der fragte ihn: «Wohin gehst du mit dieser Geiss?» Jetzt spie der Bursche Gift und Galle und zweifelte ein wenig, ob es doch nur eine Geiss sei. Der Nachbar sagte zu ihm: «Ich werde dir deine Geiss abkaufen, wenn du willst.» Der Bursche wurde so wütend, dass er die Kuh, die er jetzt für eine Geiss hielt, gerne dem gab. Der aber bezahlte nur etwa soviel wie für eine Geiss. Dann kehrte der Tölpel zu seiner Mutter zurück. Die Mutter fragte dann: «Wo hast du die Kuh, hast du sie verkauft?» Der Bursche antwortete: «Ja, ich habe sie verkauft, aber es ist nur eine Geiss gewesen.» Da gab die Mutter zurück: «Was musst du für ein Dummkopf sein, dass dich wieder jemand angeschmiert hat!» Da sagte der Bursche: «O Mutter, lasst mich nur machen. Was die mir eingebrockt haben, das müssen die mir schon noch auslöffeln!» Er machte eine Kappe aus allerlei Farben, ging in eine Wirtschaft und gab dem Wirt den Auftrag, er solle auf den nächsten Tag für vier Leute ein Mittagessen zubereiten, und er bezahlte den Wirt schon zum voraus. Am andern Tag ging er zu diesen drei Nachbarn und sagte, er wolle ihnen jetzt auch einen Gefallen tun, weil sie für seine Geiss recht bezahlt hätten, sie sollten heute mit ihm in die und die Wirtschaft zum Mittagessen kommen. Die Männer nahmen seine Einladung gleich an. In der Wirtschaft assen und tranken sie, was das Zeug hielt. Nach dem Essen stand der Dummkopf auf, nahm seine farbenprächtige Kappe, verbeugte sich vor dem Wirt und sagte: «Herr Wirt, ist die Rechnung bezahlt und beglichen?» Der Wirt antwortete: «Ja!» Am andern Tag ging der Dummkopf in eine andere Wirtschaft, er bestellte das Mittagessen, bezahlte im voraus und lud wieder die Nachbarn ein. Die kamen auch wieder, und nach dem Essen nahm der Bursche nochmals seine Kappe hervor, machte eine Verbeugung und sagte: «Herr Wirt, ist alles bezahlt und beglichen?» Und der Wirt antwortete: «Jawohl!» Da die Männer nicht wussten, dass der Bursche das Essen jedesmal im voraus bezahlt hatte, meinten sie, er verdanke es nur seiner Kappe, dass mit einer Verbeugung alles bezahlt sei. Da wollten sie die Kappe haben. Sie fragten den Burschen, ob er ihnen die Kappe nicht überlasse. Der Bursche antwortete, er könne sie nicht hergeben, diese Kappe sei äusserst wertvoll, doch wenn sie sie mit Geld füllten, so wolle er sie geben. Nach langem Hin und Her wurden die drei Männer sich einig, das Geld zu zahlen. Denn sie meinten, es lohne sich schon, immer kostenlos essen und trinken zu können. Jeder trug seinen Teil dazu bei, bis die Kappe voll war, und sie gaben das Geld dann dem Burschen für die Kappe. Die drei Männer freuten sich, täglich in der Wirtschaft essen und trinken zu können, denn sie hatten die Sache nicht durchschaut. Sie gingen schon andern Tags in die Wirtschaft, gaben ihre Bestellung auf und kamen dann zu dritt zum Mittagessen. Als sie lange und ausgiebig gegessen hatten, erhob sich der, welcher die Kappe aufgesetzt hatte, nahm sie ab, verbeugte sich vor dem Wirt und sagte: «Herr Wirt, ist die Rechnung bezahlt und beglichen?» Und der Wirt antwortete: «Nein!» und wurde wütend. Da setzte der zweite die Kappe auf und sagte: «Du weisst nicht wie das geht, ich kann es besser.» Jetzt nahm auch er die Kappe ab, machte eine noch viel tiefere Verbeugung und sagte: «Herr Wirt, ist alles bezahlt und beglichen?» Doch der Wirt wurde immer wütender. Dann packte der dritte die Kappe sagte: «Ihr wisst beide nichts, ich weiss, wie es geht!» Er nahm die Kappe ab und verbeugte sich bis zum Boden. Der Wirt tobte vor Wut und brüllte: «Wenn ihr das Mittagessen nicht zahlt, so jage ich euch davon!» Sie bezahlten nicht, und da nahm der Wirt einen Stock und prügelte sie aus dem Haus. Jetzt merkten sie, dass der Tölpel sie angeschmiert hatte.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Kappeler Milchsuppe

Source: Die Kappeler Milchsuppe

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Es war einmal, vor vielen Jahrhunderten, eine gar böse Zeit. In jenen unglückseligen Tagen der Religionskriege hatten sich die Eidgenossen ganz entzweit. Es war auch zwischen ihnen ein Glaubensstreit ausgebrochen. Also kamen sie auseinander. Und statt dass sie sich, wie es treuen, lieben Eidgenossen wohl angestanden wäre, trotz allen religiösen Meinungsverschiedenheiten der Köpfe, wieder mit den Herzen zu finden gesucht hätten, befehdeten sie sich auf alle Weise. Es ward also ein schlimmer Krieg, der besonders zwischen den alten zähen Bergvölkern und dem allzeit regsamen und draufgängerischen Stand Zürich manchen argen Hau brachte. Da war es denn wahrhaft wunderbar, zu sehen, wie in diesem gemeinschädlichen und das gemeinsame Vaterland zerklüftenden Ringen sich die alteidgenössische Freundschaft doch hie und da, wie ein wohltuender Sonnenblick an Regentagen, offenbarte. Nämlich, als nun die reformierten Zürcher den katholischen Ständen der fünf Orte Uri, Schwyz, Unterwalden, Luzern und Zug gegenüber zu Felde lagen, hatten die katholischen Schwyzer großen Mangel an Brot und an all den essbaren Dingen, die ihre Bergländer nicht, oder doch viel zu spärlich, hervorzubringen vermochten. Vor allem aber waren die Hirten der Bergtäler nach Brot gelüstig, wovon sie schon lange kein Krümchen mehr geschmeckt hatten. Und obwohl sie alles taten, um Brotfrucht ins Land zu bekommen, wollte ihnen das doch nicht gelingen, da die Reformierten ihnen alle Zufuhr abzusperren wussten. Das plagte die Katholischen nicht wenig. Als nun eines Tages die zwei Widersacher einander unfern der Grenze gegenüber lagen, erschien auf einmal ein Trüpplein aus den Bergländern, lauter stämmige Männer, in Hirthemd und Blechhut, an der Landesmark, und mit Verwunderung sahen die im Busch versteckten Zürcher, wie sie ein Gefäß, eine umfangreiche Milchmutte, auf die Grenze abstellten. Und jetzt sahen sie, wie ihnen die Hirten zuwinkten und riefen, sie möchten ihnen doch etliche gute Brotbrocken in ihr schönes Milchlein einbrocken. Ohne langes Besinnen, und ohne an eine Falle zu denken, sprangen die herzhaften Zürcher sogleich auf, griffen ihre Schnappsäcke und rückten unverzagt auf ihre Feinde zu, die sie ebenso getrosten Mutes erwarteten. Wie sie nun an der Landesmark zusammenkamen, warfen sich alle ins Gras. Die Hirten rückten ihre Mutte genau auf die Grenzscheide, und sogleich begannen die Zürcher, dicke Brocken eines schmackhaften und ergiebigen Eigenbrotes in die Milchgumpe, auf der ein goldgelber Rahm lag, zu schneiden. Die Katholischen aber teilten jetzt ihre runden Löffel aus, und alsobald begann man von beiden Seiten nach den Brocken zu fischen, die, dick und voll wie Schwämme, in der Milch lagen. Und da die Löffel keineswegs für Säuglingsmäulchen, sondern vielmehr für Ofenrohre schienen geschnitzt zu sein, so trachteten alle darnach, eine nachhaltige Ladung unter Dach zu bringen. Besonders die brotgierigen Hirten packten ein, als ständen sie vor den vierzigtägigen Fasten. Dabei kam es alle Augenblicke vor, dass bald von einem katholischen und bald von einem reformierten Löffel die Grenzlinie außeracht gelassen wurde und dass er auf feindlichem Gebiet nach saftigen Brocken fischte. Also begannen die Löffel lebhaft zu werden und Sprünge zu machen. Ehe sich’s einer versah, bekam er eins über die Finger, sobald er über die Grenze langte. Und dann wieder ein anderer, und jetzt dieser, und jetzt der. Die Löffel klatschten nur so. Dadurch gab’s eine große Kurzweil: „Blyb uf dym Erdrych!“, rief’s bald da, bald dort und tätsch! hatte wieder einer eins auf den übermarchenden Fingern. Man wurde immer fröhlicher, sah sich wieder freundlich und freundeidgenössisch an und löffelte die Milchmutte so einträchtiglich aus, als wäre man zusammen an einer Mutter Schoß aufgewachsen. Und mit tiefem Gram im Herzen, dass man sich nun wieder Leides statt Liebes antun sollte, ging man auseinander. In dieser Zeit war ein angesehener Herr aus der den Zürchern befreundeten Stadt Straßburg am See. Als man ihm nun dieses Stücklein erzählte, rief er lachend aus: „Ihr Eidgenossen seid doch wunderliche Leute. Wenn ihr schon in Feindschaft lebt, so seid ihr doch unversehens wieder eins und vergesst der alten Freundschaft nicht.“ Das gebe Gott, dass es immer so bleibe!     Meinrad Lienert, Zürcher Sagen. Der Jugend erzählt, Zürich 1918. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.    


by Die Kapuziner in Rapperswil wissen Rat

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Die Kapuziner in Rapperswil wissen Rat Als „Bachme-Wild“ in der Fuchsrüti einmal die Schweine vergiftet wurden, wandte er sich an die Kapuziner. Die sagten ihm, der Täter werd an drei aufeinanderfolgenden Tagen in seinem Hause erscheinen. Und wirklich, er erschien: Es war ein Nachbar. Pfister in der Fuchsrüti wurden einmal von unbekannter Hand alle Reben abgeschnitten. Ein Freund riet ihm , sich an die Kapuziner zu wenden. Deren einer liess sich den Sachverhaltsalt erklären und sagte Hilfe zu unter der Bedingung, dass der Geschädigte die Täter weder hassen noch verfolgen wolle. Nachdem er dieses Versprechen erhalten hatte, führte der Mönch die beiden Freunde vor einen Umhang, zog diesen auf - und da standen die beiden Täter in Lebensgrösse. Pfisters Freund fiel in Ohnmacht. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Aus Jakob Zollingers „Herschmettlerchronik“. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Käseprobe

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Ein junger Hirt bekam Lust zu heiraten. Nun kannte er drei Schwestern, die waren alle gleich schön und waren ihm auch alle gleich gewogen, so dass er nicht mit sich einig werden konnte, welche unter ihnen er zu seiner Braut erwählen sollte. Das bemerkte endlich seine Mutter. »Soll ich dir gut zu Rat sein«, sagte sie zu ihm, »so lade alle drei Schwestern miteinander zu dir und stelle ihnen Käse auf und gib acht, wie sie damit umgehen.« Der Sohn folgte diesem Rat; er lud die Jungfrauen zu sich und setzte ihnen den Käse vor. Da verschlang die erste gierig ihr Stück samt der Rinde, dass keine Spur übrig blieb. Die zweite im Gegenteil schnitt die Rinde so dick ab, dass sie noch viel Gutes mit wegwarf. Die dritte aber schälte die Rinde sauber, grad wie sich's gehört. Und als nun der Hirt seiner Mutter erzählte, wie es bei dem Käse hergegangen, da sagte die Mutter: »Die dritte nimm, sie wird dir Glück bringen.« Das tat er, und es hat ihn sein Lebtag nie gereut, dass er der Mutter gefolgt hat.   Quelle: Sutermeister, Otto: Kinder- und Hausmärchen aus der Schweiz, Aarau: 1869  Bern.         Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Käseverteilung an die Armen

Source: Die Käseverteilung an die Armen

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Es war einmal eine Zeit, als das Turtmanntal von Schlangen geradezu überfüllt war. Hinter Stock und Stein schlichen sie hervor; Tiere und Menschen waren den gefährlichen Schlangenbissen ausgesetzt. In dieser Not gelobten die Alpgeteilten, jährlich am Vortag von Maria Himmelfahrt den Käs eines Tages an die Armen der Umgebung zu verteilen, was noch heutzutage alljährlich geschieht, sofern es Arme gibt, welche die Spende noch begehren. Seither haben die Schlangen abgenommen, und diese unliebsame Plage hat aufgehört. TURTMANN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Kastenvögtin

Source: Die Kastenvögtin

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vom Muotatal hatte sich einst in einen Ronen verwandelt, um einigen Holzarbeitern ungestört zuzuschauen. Beim Zabig lagerten sich nun letztere um den Strunk herum, steckten ihre Messer hinein und legten Brot darauf. Als man später die Hexe verbrannte, legte sie das Geständnis ab, dasselbe Mal habe sie in der grössten Lebensgefahr geschwebt; die Messer seien ihr fast ins Herz gedrungen, und wegen des Brotes habe sie sich nicht entfernen und nicht zurückverwandeln können. Martin Planzer, 36 Jahre alt, Unterschächen, und a. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Katharinahöhle bei Zuzgen

Source: Die Katharinahöhle bei Zuzgen

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Auf dem linken Ufer des Talbaches, zwischen Helikon und Zuzgen, erhebt sich der „Häutig," ein Berg, dessen obere Höhe ein hübsches Fruchtfeld ist. Sein nördlicher, oft sehr steiler Abhang ist ein Buchenwald von vielen Kalksteinklüften und Höhlen durchzogen, die man für Wohnungen der Erdmännchen hält; die Sage weiss nichts als Gutes von diesen Dingerchen zu erzählen. Sie waren äusserst dienstfertig, treu, den Menschen sehr gewogen, arbeitsam bei Tag und Nacht, so dass die Bauersleute am Morgen, wenn sie das Feld wieder besuchten, die reife Ernte geschnitten und die Äcker gepflügt fanden. Ja sie sollen den Landleuten oft sogar Kuchen an den Weg oder auf die Äcker gebracht haben. Nur musste man die äusserst zierlich gemachten Messerchen und Gabeln, sowie die reinlichen Schüsseln bei Seite stellen, damit sie dieselben wieder behändigen konnten. Diese Sage war so tief in viele Gemüter gedrungen, dass vor etlichen Jahrzehnten noch eine wohlhabende Bauersfrau von Helikon, Namens Katharina, auf die Idee geraten war, in den Höhlen und unterirdischen Wohnungen der Erdmännlein müsse eine Art von Seligkeit und himmlischer Wonne herrschen. Eines Abends war die Frau verschwunden: Niemand konnte sich ihr Ausbleiben erklären. Es wurden vergebens Boten nach allen Richtungen ausgeschickt. Des andern Tags kam ein Bannwart oder Waldhüter und meldete, dass er in der Buchhalde in einer der Höhlen eine menschliche Stimme gehört zu haben glaube. Jetzt erinnerte man sich, dass die verschwundene Frau oft mit grosser Vorliebe von jenen Höhlen erzählt hatte und wie es dort wunderschön zu wohnen sein müsse. Auf jener Stelle angekommen, hörte man nach langem Rufen ein klägliches Stöhnen aus der Tiefe, und man erkannte die Stimme der Frau. Eine Menge herbeigeeilter Menschen von Helikon und Zuzgen mit Schaufeln und Pickeln fingen nun mit grosser Vorsicht zu graben an, denn man konnte ihr nur mit Hinwegräumung des Schuttes von oben beikommen. Grosse Vorsicht war nötig, um die unten Harrende nicht durch hinabrollendes Gestein vollends zu töten. Ein grosser Stein hatte sich unmittelbar über ihrem Kopfe verkeilt. In einer Tiefe von 30 Fuss traf man die Beklagenswerte; auf dem Schosse trug sie noch Feuerzeug und Lichtstock, die sie von Hause mitgenommen hatte. Sorgfältig wurde sie herausgehoben. In der Dunkelheit der Nacht war sie hier durch eine Felsenspalte vorgedrungen, bis der Boden unter ihren Füssen wich und sie in die Schlucht hinunterrutschte. Sie war äusserst leidend und schwach und musste auf einer Bahre nach Hause getragen werden, wo sie fünf Tage nachher den Geist aufgab. Seither ist dieser Ort die Katharinenhöhle genannt worden. (Jgn. Waldmeyer in Waldbach.)  Sage aus dem Juratal, bei Zuzgen Band 3.2, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962      Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Katze

Source: Die Katze

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a) Die Katze als Schemen für Hexen haben wir kennen gelernt,   b) Ursprung der Wildkatze. Lassen die Sennen auf der Alpe eine Katze zurück, so fährt dann ein Gespenst in sie und macht sie zur Wildkatze. So der Volksglaube in Unterwalden.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Bei dieser Sage gibt es keine genaue Zuordnung zu einem der fünf Kantone. Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Die Katze

Source: Die Katze

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Unweit des Dorfes Linthal ragt heute der graue Turm einer uralten Kirche aus dem Schutt der Runsen, die vom Kilchenstock herunterrieseln und -rutschen. Zu der Zeit, da noch ein Priester dort predigte, gingen eines Abends junge Burschen und Mädchen zur Maiandacht und kamen auf ihrem Weg auch an einem Mäuerchen vorbei. Darauf hockte ein weisses Kätzchen, das putzte sich und schleckte sich und war so hübsch und sauber, dass es aussah, als ob es den Sonntag kaum erwarten könnte. «Abe Chatz!» rief einer der Burschen im Vorbeigehen und versuchte, das Tier zu verscheuchen. Doch hielt ihn sein Kamerad zurück: «Man soll doch dem Tierchen seine Freude lassen, und schliesslich tut es niemandem etwas zuleid. Wozu auch sollte ein so hübsches Zimuggerli in seiner Eitelkeit gestört werden?» Als sie nach einer Stunde des Weges wieder zurückkamen, sass die Katze immer noch auf der Mauer und schaute mit funkelnden Augen zu den Burschen hinunter. «Vielleicht hat sie eine Abrede mit unserm Kater?» lachte einer, und sie gingen weiter, indes die Katze sich weiter putzte und schleckte, mit den Pfoten hinter die Ohren fuhr, und so ging das nun Abend für Abend bis der Maien vorbei war. Bis einer am letzten Maienabend ihr noch einen Stein an die rechte Pfote wirft und sie mit jämmerlichem Geschrei davonhinken muss. Anderntags aber tuschelt man im Dorf, das schönste Meitli weit und breit habe seit dem Morgen seine rechte Hand verbunden, und wenn man es frage, was Wunders es denn angestellt habe, so werde es feuerzündelrot und finde keine rechte Ausrede. Da hat man auf einmal gewusst, wer die hübsche Katz war, die jeden lauen Abend auf die jungen Burschen wartete und sich putzte und striegelte und ihnen mit funkelnden Augen nachschaute.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Die Katze beim Lomattobel

Source: Die Katze beim Lomattobel

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Die Katze beim Lomattobel Vor etwa tausend Jahren wohnte im Lomatthaus bei Stallikon ein Weib, das in der schwarzen Kunst wohl erfahren war. Schwarz wie ihre Kunst waren auch Leib und Seele. Einzig die Haare standen ihr rot um ihr hässliches Gesicht, in welchem zwei funkelnde Triefaugen standen. Zur Nachtzeit fuhr sie mit dem Teufel auf den Hexentanzplatz und half ihm dort bei jedem Firlefanz. Dafür tat ihr der schwarze Höllengeist zuliebe‚ was sie nur wollte. Doch zur bestimmten Zeit lief der Vertrag mit dem Bösen ab. Sie stand just hinter dem Haus beim Brunnen, als er heranfuhr, sie beim Schopfe nahm und ihr das Genick umdrehte. Seit da muss sie als Katze beim Lomattobel umgehen, sobald es dort abends zu dunkeln anfängt. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Knonauer Amt Nach Baur, Nr. 6, Stauber, S. 53. Lomatt ist ein Hof zwischen Sellenbüren und Stallikon.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Katze in der bösen Stund

Source: Die Katze in der bösen Stund

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Einem König gebar seine Gemahlin ein Kind, dem sogleich die „Planeten gelesen" wurden. Die Planeten gaben traurigen Bescheid. Das Kind, verkündeten sie, wird im siebten Jahre in seiner bösen Stund sich erhängen. Darob verfielen die königlichen Ellern in tiefe Trauer. Das hörte eine alte Frau, kam und liess melden: sie wisse guten Rat. Vorgelassen sagte sie: „Wenn ihr dem Kinde morgens die Kleider anzieht, so sprecht dazu: In Gottes Namen. Und alles, was es immer verrichten mag, dazu soll das Kind sprechen: In Gottes Namen. Gelingt es, ihm diese Gewohnheit zur andern Natur zu machen, so ist es gerettet.“ Sie taten so und bestellten die Alte zur Lehrmeisterin. Als das Kind nun siebenjährig war, begehrte es einen Strick. Die Frau wusste, dass das leider sein müsse und gab ihm einen, aber sagte dabei: „In Gottes Namen.“ Das Kind ging nun auf den Estrich und wollte, wie ein unwiderstehlicher Drang es hiess, den Strick über einen Balken werfen. Oben auf demselben sass eine Katze, bereit den Strick hinüberzuziehen. Wie jedoch das Kind seiner Gewohnheit gemäss sein „in Gottes Namen" sprach, konnte die Katze den Strick nicht hinüberziehen und das Kind sich nicht erhängen. Nun ging es wieder hinab in die Stube und sagte: „Ich hab `s nicht können." Damit war die böse Stunde vorüber und glücklich vereitelt.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Bei dieser Sage gibt es keine genaue Zuordnung zu einem der fünf Kantone. Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Die Katze mit der Schelle

Source: Die Katze mit der Schelle

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Eine Frau aus dem Städtchen Glarus, wo ich lange gedient, erzählte mir für eine gewisse Wahrheit: »Als ich ein junges Mädchen war, ging mir auf meinen Spaziergängen gewöhnlich eine grosse schwarze Katze voraus, die am Halse eine kleine Schelle trug. Wenn ich sie wegjagte, ging sie hinter mir her, dagegen nützte alles nichts. Nachts kam sie dann allemal zum Fenster herein in mein Schlafgemach; ich sah sie zum Bette kommen, hörte sie auf die Decke hinauf springen und spürte sie über die Decke daher trippeln. Dann kam sie mir aufs Herz und drückte und quälte mich furchtbar.« Josef Baumann, Meien, 50 J. alt  Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Katze und die Maus

Source: Die Katze und die Maus

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Die Katze und die Maus hatten eine Brücke aus Stroh über einen Bach gebaut. Als die Katze darüber ging, brach die Brücke zusammen, und die Katze fiel ins Wasser. Die Maus lachte, dass ihr der Arsch platzte. Sie ging zum Schuster und sagte: «Schuster, flick mir den Arsch!» Schuster: «Dafür brauch ich Borsten.» Die Maus ging zum Schwein: «Schwein, gib mir Borsten, der Schuster flickt mir den Arsch!» Schwein: «Dafür brauch ich Mehl.» Die Maus ging zum Müller: «Müller, ich brauche Mehl.» Müller: «Dafür brauch ich Korn.» Die Maus ging zum Acker: «Acker, gib mir Korn, ich muss es dem Müller geben.» Acker: «Dafür brauch ich Mist.» Kuh: «Dafür brauch ich Heu.» Die Maus ging zur Wiese: «Wiese, gib mir Heu» usw. Wiese: «Dafür brauch ich Regen.» Die Maus rief zum Regen: «Regen, gib mir Wasser» usw. (Schams)   Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Katze und die Maus

Source: Die Katze und die Maus

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Einmal sind eine Katze und eine Maus zu einem Steg gekommen. Die Katze sagt zur Maus: «Geh du voran!» Die Maus entgegnet: «Nein, ich gehe nicht, sonst beisst du mir den Schwanz ab!» Jetzt verspricht die Katze der Maus, ihren Schwanz in Ruhe zu lassen, wenn sie vorangehe. Gut, die Maus geht darauf ein und steigt zuerst auf den Steg. Schnell springt die Katze hinterher und beisst der Maus den Schwanz ab. Als sie beide drüben sind, verlangt die Maus von der Katze den Schwanz zurück. Doch die befiehlt: «Gib mir Brot, so gebe ich dir deinen Schwanz zurück!» Jetzt geht die Maus zur Bäckerin und sagt: «Gib der Katze Brot, so gibt die Katze der Maus den Schwanz!» Die Bäckerin antwortet: «So bring mir Mehl!» Darauf geht die Maus zum Müller und sagt: «Gib der Bäckerin Mehl, so gibt die Bäckerin der Katze Brot, und die Katze gibt der Maus den Schwanz!» Der Müller gibt zur Antwort: «So gib mir Milch!» Jetzt geht die Maus zur Kuh und sagt: «Gib dem Müller Milch, so gibt der Müller der Bäckerin Mehl, die Bäckerin gibt der Katze Brot, und die Katze gibt der Maus den Schwanz!» Die Kuh antwortet: «So gib mir Heu!» Jetzt geht die Maus hinauf zu einer Wiese, wo eine Frau am Zetten ist, und sagt zu ihr: «Gib der Kuh Heu, so gibt die Kuh dem Müller Milch, der Müller gibt der Bäckerin Mehl, die Bäckerin gibt der Katze Brot, und die Katze gibt der Maus den Schwanz.» «So gib mir ein Paar Schuhe!» ist die Antwort der Zetterin. Jetzt geht die Maus zu einem Schuhmacher und sagt zu ihm: «Gib der Zetterin ein Paar Schuhe, so gibt die Zetterin der Kuh Heu, die Kuh gibt dem Müller Milch, der Müller gibt der Bäckerin Mehl, die Bäckerin gibt der Katze Brot, und die Katze gibt der Maus den Schwanz!» «So gib mir Küchlein!» sagt darauf der Schuhmacher. Jetzt geht die Maus zu einer Frau, die Küchlein bäckt und sagt: «Gib dem Schuhmacher Küchlein, und der Schuhmacher gibt der Zetterin Schuhe, und die Zetterin gibt der Kuh Heu, und die Kuh gibt dem Müller Milch, und der Müller gibt der Bäckerin Mehl, und die Bäckerin gibt der Katze Brot, und die Katze gibt der Maus den Schwanz!» Die Frau, die Küchlein bäckt, erwidert: «Geh selber in die Pfanne und hol dir ein paar Küchlein!» Die Maus klettert an der Pfanne hoch, fällt wegen der Hitze ins heisse Fett und verendet.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Katzen beim Tanzhaus in Schattdorf

Source: Die Katzen beim Tanzhaus in Schattdorf

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Jugendlicher Übermut mag bei den oft tollen Erlustigungen im Tanzhaus zu Schattdorf gar manches Mal über die Schnur gehauen haben, und wir brauchen uns nicht zu verwundern, wenn die gesprächige und strenge Richterin Sage mit ernster Miene und drohend erhobenem Zeigefinger warnend erzählt, dass man dort noch heute an Samstagabenden tanzä, bödälä, träppälä, geuzä-n- und johlä hört und Katzen ums Gebäude herumstreichen und den Leuten, die hier vorbeigehen, vor die Füsse sich legen, dass sie aus Angst nicht mehr weiter zu gehen wagen. Pfr. Ferdinand Ziegler Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Katzen in der Mühle

Source: Die Katzen in der Mühle

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Hoch auf einem Hügel stand ein Schloss. Darin wohnte der alte Zwingherr. Er hatte eine junge, schöne Frau. Die war sein böser Geist. Wenn der Zwingherr seine Untertanen mit Härte und Grausamkeit behandelte, dann war es sicher die Frau, die ihm dazu geraten hatte. Unten am Hügel floss ein Bach das Tal hinaus. Daran stand eine alte Mühle. Sie war schon halb zerfallen. Niemand wollte mehr darin wohnen. Nur arme Handwerksburschen, Scherenschleifer, Hausierer und Chacheliringger suchten gelegentlich dort Unterschlupf für die Nacht. Manche von ihnen kamen nicht mehr lebendig heraus. Man fand noch ihre abgenagten Gebeine. Gruselige Geschichten erzählte das Volk darüber. Eines Abends kam ein junger Soldat ins nahe Dorf und kehrte im Wirtshaus ein. Dort hörte er, was man von der alten Mühle berichtete. Da fasste er plötzlich einen kühnen Entschluss und rief: „Ich will diese Nacht in der verrufenen Mühle zubringen und sehen, was dort vor sich geht!“ – „Um Gottes willen, nein“, sagte der erschrockene Wirt, „tut das nicht, ihr kommt nicht mehr lebendig heraus. Ihr werdet von bösen Geistern mit Haut und Haar lebendig aufgefressen. Ein Häuflein abgenagter Knochen, das ist alles, was man morgen von euch noch finden wird.“ Doch der Soldat war von seinem Vorhaben nicht abzubringen. Er liess sich einen Schemel und eine Kerze geben und zog zur Mühle. Dort fand er ein grosses Zimmer, das noch recht gut erhalten war. Inmitten desselben zog er mit seinem Schwerte einen Kreis, stellte den Schemel hinein und setzte sich darauf. Die brennende Kerze nahm er zur Linken und das Schwert steckte er zur Rechten in den Boden. So wartete er der Dinge, die da kommen sollten. Noch blieb alles still, nur das Licht flackerte unruhig, als ob es fast nicht warten möchte auf das kommende Ereignis. Da - gegen Mitternacht näherte sich ein seltsames Geräusch dem Hause. Es brummte, heulte und schrie. Immer näher und näher kam es. Jetzt stieg es die Treppe herauf. Plötzlich flog die Türe auf, und herein stürmte ein ganzes Heer von kohlschwarzen Katzen. Die rissen die Mäuler schrecklich weit auf, bleckten ihre Raubtierzähne, fauchten und zischten und zeigten die Krallen. Hundert Augen glühten wie grüne Phosphorlichter, hundert Schwänze peitschten zornig die Luft. Sie kamen bis an den Kreis, und als sie nicht mehr weiter konnten, stiessen sie ein schauriges Wutgeheul aus. Der Soldat erhob sich und nahm das Schwert zur Hand. Inmitten der Katzen war eine, die nicht auf allen Vieren ging, sondern auf den Hinterbeinen stehend sich hoch aufrichtete und so herumstolzierte. Das musste die Anführerin oder die Königin sein. Sie trat an den Kreis heran und zischte gegen die Kerze, um sie zu löschen. Es gelang ihr nicht. Da beugte sie sich weit über den Kreis hinein und wollte mit der Pfote auf die Kerze schlagen. In diesem Augenblick blitzte das Schwert und hieb ihr das freche Tälpli ab. Ein ohrenbetäubendes Geschrei hallte durch den Raum, und dann floh das ganze Katzenheer in wildem Durcheinander zur Türe hinaus, die Stiege hinab und verschwand im Dunkel der Nacht. Der Soldat wollte die abgeschnittene Pfote aufheben. - Da lag an deren Stelle eine feine, gepflegte Frauenhand mit zarten, schlanken Fingern. An einem derselben glänzte ein breiter, goldener Ring mit einem funkelnden Edelsteine. Wem mochte wohl diese Hand gehören? Am andern Morgen kehrte der Krieger in die Wirtschaft zurück, erzählte dem Wirt sein nächtliches Erlebnis in der Mühle und zeigte ihm die abgeschnittene Hand. Da rief dieser: „Das ist der Zwingherrin Hand, ich kenne sie am Ring. Eine Hexe ist sie also, das ist jetzt klar erwiesen. Wehe dem Scheusal, wehe! Doch euch droht schwere Gefahr. Wenn der Zwingherr die Sache erfährt, wird er euch suchen, festnehmen und in den tiefsten Turm werfen. Dann werdet ihr die Sonne nie mehr sehen. Flieht - flieht!“ Der Soldat floh nicht. Er ging ins Gerichtshaus, erzählte dort die ganze Begebenheit noch einmal und legte die tote Hand auf den Tisch. Der Richter betrachtete sie eine Weile und sprach dann: „Das ist der Zwingherrin Hand, ich kenne sie am Ring.“ - Noch zur gleichen Stunde schickte er eine Schar Bewaffneter in die Burg, um die vornehme Verbrecherin zu holen. Im Verhör musste sie alle ihre Untaten bekennen, und noch am gleichen Tage endete die junge, schöne Hexe auf dem Scheiterhaufen.    Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch    


by Die Katzen und die Nachtbuben

Source: Die Katzen und die Nachtbuben

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Früher hatten es die lebensfrohen Riedertaler Jungen nicht so leicht, z'Stubeten zu gehen. Fast auf jedem Hagstoss trafen sie eine Katze, die dann herabsprang und den Nachtbuben dicht vor den Füssen vorausging. Wenn allemal die Gammerschwandbuben von ihren Stubeten heimkehrten und die Maria Hilf geweihte Schrannenkapelle, von welcher an noch etwa eine Viertelstunde zu steigen ist bis in den Gammerschwand, hinter sich hatten, dann legten sich ganze Haufen solcher gespenstiger Katzen ihnen vor die Füsse und liefen dicht vor ihnen her; mochten sie dieselben noch so oft mit ihren Stöcken wegstossen und wegstupfen, so waren sie doch immer wieder da, ja sie gewannen nach und nach die Grösse von ansehnlichen Bettsäcken. So wurde aus dem viertelstündigen Weg ein ganzstündiger, und die abgemüdeten Burschen waren bei ihrer Ankunft zu Hause in Schweiss gebadet. Trotzdem kam »dz'Stubätägah und dz Dorfä« nicht aus der Mode, auch nicht im weltverlorenen Riedertal. Josefa Planzer-Murfer Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Katzentaufe und die Maurer

Source: Die Katzentaufe und die Maurer

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Drei Maurer, man wusste nicht zu sagen wo, trugen eine Katze auf einen Kirchturm um sie droben zu taufen. Doch entwischte dieselbe; sie aber, die Frevler, fielen zu Tod.   Die Katzentaufe kehrt ferner wieder zu Göbrichen, wo in einer Spinnstube junge Leute es tun. Der Taufende wird von unbekannter Stimme dreimal herausgerufen. Ermuntert geht er - tut einen Schrei und ist tot. Drei Blutstropfen bezeugen.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Bei dieser Sage gibt es keine genaue Zuordnung zu einem der fünf Kantone. Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Die Kellerlochschlange

Source: Die Kellerlochschlange

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Früher säumte den Fahrweg von Buus nach Zuzgen ein tiefer Wassergraben. Er war von Gebüsch und Bäumen eng umschlossen und hiess das Kellerloch. Dort soll zu Zeiten eine Schlange gehaust haben, welche die Grösse eines Bindbaumes hatte und Kellerlochschlange hiess. Vor einigen Jahren ist das Bächlein eingedolt und das Kellerloch fast ganz aufgefüllt worden. Bald wird auch der Name verschwunden und vergessen sein. Eine Frau will in der Nähe des Kellerloches eine Schlange mit Füssen gesehen haben. Buus Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Kellerlochschlange

Source: Die Kellerlochschlange

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Früher säumte die Strasse von Buus nach Zuzgen ein tiefer Wassergraben. Er war mit Gebüsch und Bäumen umgeben und hiess das Kellerloch. In diesem Loch soll zu Zeiten eine Schlange gehaust haben, welche die Grösse eines Bindbaumes hatte, und Kellerlochschlange hiess. Vor einigen Jahren ist das betreffende Bächlein abgeleitet und das Kellerloch fast ganz ausgefüllt worden. Bald wird auch der Name Kellerloch verschwunden und vergessen sein. Eine Frau will in der Nähe des Kellerloches eine Schlange mit Füssen gesehen haben. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Die Kemletzen Kapelle

Source: Die Kemletzen Kapelle

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ob Sisikon sei vor alten Zeiten die Pfarrkirche für Römerstalden, Morschach und Sisikon gewesen, nach andern aber von einem Schwyzer, der in französischem Söldnerdienst gestanden, infolge eines Gelübdes etwa 18.-19. Jahrhundert gestiftet worden. J.J. Huber; K. Zwyssig Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Kerze

Source: Die Kerze

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Es war einmal eine blinde Alte, die frass Menschen. Sie sperrte einen Buben in einen Geissenstall und wollte ihn mästen, bis er fett sei. Jeden Morgen, wenn sie die Geissen herausliess, tastete sie ihnen den Rücken ab, damit der Bub nicht auf dem Rücken einer Geiss fliehe. Der Bub überlegte sich lange, wie er abhauen könne, und eines Morgens legte er sich unter den Bauch der grossen Geiss und hielt sich an ihrem langen Fell fest. Die blinde Alte konnte so lange über den Rücken der grossen Geiss streichen, wie sie wollte; sie bemerkte den Buben nicht, und sie liess die Geiss hinaus. Die grosse Geiss rannte in den Wald hinein, dort liess der Bub sie los und flüchtete in den Wald. Er ging lange im Wald herum, bis es Abend wurde und er müde war und Hunger hatte. Da sah er von weitem ein schönes helles Licht, und er ging darauf zu. Da fand der ein riesiges Haus und darin drei alte Frauen; die waren alle gleich gekleidet. Der Bub bat die drei alten Frauen, ihn in ihren Dienst zu nehmen und sie stellten ihn ein. Die Frauen hielten ihn gut, und er blieb dort mehrere Jahre, bis er zu einem schönen Burschen herangewachsen war. Die drei Alten, die alle im gleichen Bett schliefen und aus der gleichen Schüssel assen, gingen jede Nacht in einen grossen Keller hinunter, wo lauter Kerzen brannten. Die Alten löschten sie und zündeten sie wieder an. Der Bursche, der Zündhölzer hinunterbringen musste, sackte einmal einen Kerzenstummel ein. In seiner Kammer oben nahm er die Kerze heraus und zündete sie an, da fragte die Kerze: «Was willst du von mir?» «Ich möchte, dass du mich in die Stadt in ein gutes Wirtshaus bringst und dass du mir Geld in den Sack steckst!» Ruckzuck war der Bursche in einem ganz schönen Wirtshaus in der Stadt, und er hatte die Säcke voll Geld. Wieder nahm er die Kerze hervor und zündete sie an. Die Kerze fragte: «Was willst du?» «Mach, dass die Königstochter heute Nacht zu mir kommt!» antwortete der Bursche. Und die Kerze machte, dass die Königstochter in der Nacht zu ihm kam. Als der König hörte, seine Tochter sei nachts draussen gewesen, liess viele Fadenknäuel um sie wickeln. Er wollte herausfinden, wohin sie nachts gehe. Am Abend nahm der Bursche die Kerze, zündete sie an und sagte: «Lass heute Nacht die Königstochter zu mir kommen und mach, dass die Fadenknäuel die ganze Stadt überziehen.» Die Kerze machte, was der Bursche wollte, die Königstochter kam in der Nacht zu ihm und am andern Morgen war die Stadt ganz mit Faden überzogen, so dass der König nicht weiterwusste. Wütend, weil er nicht darauf kam, wohin seine Tochter ging, liess der König alle Leute in der Stadt versammeln. Denn seine Tochter sollte den Kerl herausfinden, zu dem sie nachts gehen musste. Der Bursche ging nicht zu dieser Versammlung, und nachdem die Tochter sich fleissig umgeschaut hatte, sagte sie ihrem Vater, sie habe den Burschen, zu dem sie nachts gehen müsse, nicht erkannt. Darauf liess der König ausrufen, ob alle da seien. Auf diese Aufforderung hin trat der Wirt, bei dem der Bursche im Dienst stand, vor und sagte: «Ich habe einen Gast, aber der geht nie nach draussen, der kann es nicht sein, den Ihr sucht.» Der König befahl dem Wirt, seinen Gast mitzubringen, und der Bursche musste mit dem Wirt zur Versammlung gehen. Sobald die Königstochter ihn sah, rief sie: «Genau den suchen wir!» Gift und Galle speiend liess der König den Burschen ins Gefängnis werfen und an einen Eisenring binden. Doch kaum war er im Gefängnis und am Ring, zündete er seine Kerze an, und sie fragte ihn: «Was willst du?» Der Bursche sagte: «Ich möchte den Ring loswerden und aus dem Gefängnis kommen, und ich möchte, dass der König in so enge Fesseln gelegt wird, dass niemand sie lösen kann.» Da löste sich der Ring und die Gefängnistüre öffnete sich, und der Bursche ging ins Wirtshaus zurück. Der König aber war so eng gefesselt, dass er kaum atmen konnte. Sobald der König hörte, der Bursche sei aus dem Gefängnis befreit und wieder in der Wirtschaft, liess er ihn rufen und sagte zu ihm: «Du kannst mehr als Brot essen, wenn du mich von meinen Fesseln löst, so gebe ich dir meine Tochter zur Frau.» Der Bursche antwortete, er wolle dies tun, und er ging ins Wirtshaus zurück. Dort zündete er die Kerze an und sagte: «Mach, dass der König von seinen Fesseln befreit wird und dass ich seine Tochter heirate.» Sofort war der König frei, und in wenigen Tagen machte der Bursche mit der Königstochter fröhlich Hochzeit. In der Hochzeitsnacht zündete er die Kerze an. Sie fragte: «Was willst du?» «Sag uns, ob wir glücklich werden?» fragte er die Kerze. «Nein, das werdet ihr nicht,» antwortete die Kerze, «denn heute Nacht liegen die Schwiegereltern unter dem Bett und wollen euch töten.» Jetzt schaute der Bräutigam unter das Bett und sah dort den König und die Königin. Er nahm schnell das Schwert auf dem Tisch und haute beiden den Kopf ab. Dann fragte er die Kerze wieder: «Werden wir glücklich sein, ich und die Braut?», und die Kerze antwortete: «Ja! Aber jetzt kannst du mich endlich abbrennen lassen, ich habe dir ja das Leben gerettet.» Da liess der Bräutigam in der Nacht die Kerze abbrennen.   Thompson Motiv K 603: (Flucht unter dem Bauch des Ziegenbocks)   Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Kette um den Berg

Source: Die Kette um den Berg

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Der Bürgenberg (Bürgenstock) am Waldstättersee bei Luzern ist gespalten und deshalb mit einer goldenen Kette verbunden, nach andern mit einer Eisenstange zusammengehalten. Wenn mal das Stück in den See falle, werde die Stadt Luzern untergehen. Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Die Kienberger-Kette, 1688

Source: Die Kienberger-Kette, 1688

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Hauptmann Kienberg zog nach Venedig und leistete der Lagunenstadt treffliche Dienste im Kriege gegen die Türken. Als er dann nach Jahren seinen Abschied nahm, um in seine Heimat zurückzukehren beschenkte ihn der Rat mit einer goldenen Kette. Die Wiler waren nicht wenig stolz auf ihren Mitbürger, der mit einer solchen Auszeichnung in ihrer Mitte erschien, und veranstalteten ihm zu Ehren ein Festmahl. Da wurde die goldene Kette herumgereicht. Plötzlich erhob sich ein Streit unter den beiden Brüdern des Gefeierten. Der ältere behauptete, sie werde einst ihm als Erbteil zufallen; der jüngere aber meinte, nach einem alten Recht müsste er Schild und Speer bekommen, also auch die militärischen Ehrenzeichen. Hauptmann Kienberg liess sich die Kette zurückgeben und sprach: "Keiner von beiden soll sie haben; ich selbst verzichte in diesem Augenblick auf meinen Besitz; die Kette soll Gott geweiht sein, in dessen Diensten ich sie mit meinem guten Schwerte erworben." Also trug er sie zur Kirche, und dort schmückt sie bis auf den heutigen Tag die goldene Monstranz.                                             Nach C. G. I. Sailer. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 488, S. 287 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Kinder der Hexe

Source: Die Kinder der Hexe

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Eine Hexe hatte vier Kinder; zwei davon gingen zur Schule. Während des Unterrichts nahmen sie einmal »ganzi Hämpfäli« Sandkörnchen aus dem Sack, und die Sandkörnchen verwandelten sich sofort in Mäuse und liefen auf allen Bänken und in der ganzen Diele herum. Aber jetzt kam's aus, was sie war, und sie wurde gepackt und verbrannt. Michael Imhof, Hinki-Michi, 80 J. alt, Isental Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Kindsbetterfluh

Source: Die Kindsbetterfluh

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Im Strahlwald oberhalb St.German am Pfade nach der Leiggernalp liegt ein gewaltiger Stein, der im Volksmund die Kindsbetterfluh heisst. Diese sonderbare Benennung soll folgender Begebenheit ihren Ursprung verdanken: Vor alter Zeit wollte eine Frau, die auf der Alpe oben eines Kindleins genesen war, ohne Begleitperson nach St.German hinuntersteigen, um sich in der dortigen Kirche aussegnen zu lassen. Sie gelangte bis zum genannten Stein; weiter konnte sie aber nicht. Ein Bozen, der, weil die Wöchnerin ohne Begleitung sich zur Kirche begab, Gewalt über sie hatte, soll mit ihr auf und davon gefahren sein. Die Sage meldet ferner, dass man in einer Aushöhlung jener Fluh nur eine Haarflechte der Unglücklichen und ein Körbchen mit Zehrung gefunden habe, sie selbst aber niemals mehr gesehen worden sei. ST. GERMAN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Kindsmörderin

Source: Die Kindsmörderin

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In der Nähe des Hofes Thalhaus zwischen Bubendorf und Ramlinsburg in unmittelbarer Nähe der Frenkenbrücke befindet sich eine Quelle, welche aus dem Berginnern hervorquillt. Die Sage erzählt, dass man dort ab und zu eine Frau erblicke, welche Windeln wasche. Vor Zeiten habe eine Korbmacherfamilie mit ihrem Wagen dort gehaust. Bei der Geburt eines Kindes habe die Mutter böse Gedanken bekommen und das Kleine getötet. Seit dieser Zeit müsse sie an jener Quelle die Windeln waschen, wie wenn ihr Kind noch am Leben wäre. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Die Kindsmörderin (Bubendorf)

Source: Die Kindsmörderin (Bubendorf)

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In der Nähe des Hofes Unter Talhus entspringt bei der Frenkenbrücke eine starke Quelle. Die alten Leute erzählen, man sehe dort ab und zu eine Frau, welche Windeln wasche. Vor Zeiten habe eine Korbmacherfamilie mit ihrem Wagen dort gehaust. Bei der Geburt eines Kindes habe die Mutter böse Gedanken bekommen und das Kleine getötet. Zur Strafe müsse sie nach ihrem Tode an jener Quelle die Windeln waschen, wie wenn ihr Kind noch am Leben wäre. Bubendorf Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Kindsmörderin zu Thun

Source: Die Kindsmörderin zu Thun

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Dies lässt sich erweisen. Eine Frauengestalt steigt vom Kirchhofe zu Thun, der hoch oben bei der Bergkirche liegt mit seiner weltberühmten Aussicht, die langen Kirchentreppen herab in die Stadt, geht die Stadtlauben rechts hinab bis zum Kronenwirtshaus im Untergässli und verschwindet am Mühlibach. Hart daran ist der See. Ihr fortdauerndes „Geheul" weckt die Leute aus dem Schlafe. Man hält sie für den Geist einer Kindsmörderin, (Frau Roth-Gaffner aus Thun). Band 3.2, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962, Kapitel: Das Heumütterli bei Niederwil, S. 135 - 137 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Kirche

Source: Die Kirche

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Es mag seltsam scheinen, dem heiligen Niklaus an einem ziemlich gefährlichen Orte eine Kirche aufzubauen. Die Kirche von St. Niklaus steht unter einem zerklüfteten und sehr lockeren Berghügel, Dorftossen genannt, und im Bereiche eines grossen und gefährlichen Lawinensturzes. Sie wurde von der Lawine oft gefährdet und geschädigt. Ja 1749 sogar bis auf den Turm und das Chor fortgerissen. Das geschah gerade, während der Sigrist am Morgen im Turm Beten läutete. Er glaubte nur einen grossen Windstoss gehört zu haben und erstaunte nicht wenig, aus dem Glockenturm statt in die Kirche unter freien Himmel herauszukommen. Einst fassten die Leute den Entschluss, dem heiligen Niklaus die Kirche im schönen und sichern Felde auf dem jenseitigen Ufer der Vispe wieder aufzubauen; aber jeden Morgen fanden sie die Bauwerkzeuge immer wieder unter dem gefährlichen Sparrenzuge. Eines Abends erzählten auch zwei Hirtenknaben, sie hätten im Dorftossen zwei Berggeister gesehen und gehört, wie sie miteinander den Anschlag machten, den Dorftossen herunterzuwerfen und den Talgrund zu verschütten. Sie entwarfen den Plan, der eine solle unten die Stützen des Berges losgraben und der andere oben den Berg hinausstossen. Beide machten sich gleich an die Arbeit. Aber es ging nicht, und kein Hälmchen bückte sich. Der untere schalt erzürnt seinen Gehilfen oben einen Taugenichts. «O weh!» heulte dieser herab, «ds Glasi laat nit!» Weil der heilige Niklaus den Berg nicht herabstürzen liess, bauten nun die Bewohner diesem Heiligen die Kirche freudig wieder an der alten Stelle. ST.NIKLAUS Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Kirche

Source: Die Kirche

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In Mörschwil soll nach einer alten Überlieferung eine Bruderkapelle gestanden haben. Im Jahre 1494 wurden dort in einer von altem Mauerwerk umschlossenen Stätte etliche Totengerippe gefunden. Der Ort bekam einen Bildstock, zu dem man wallfahrtete, hierauf eine Kapelle, dann die Kirche. U. Näf, Chronik Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 16, S. 12 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Kirche der Gogwärgini

Source: Die Kirche der Gogwärgini

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In Eischoll hat es früher geheissen, die Gogwärgini hätten im Chummuloch gewohnt. Dort soll auch ihre Kirche gestanden sein. Ein Mann aus Eischoll hieb dort einmal seinen Acker um. Mit seinem Werkzeug lüpfte er dabei eine Platte, die ein Loch zudeckte. Dann suchte er eine Zaunlatte und versuchte, damit zu messen, wie tief es sei. Die Latte entwischte ihm und fiel in die Tiefe. Als sie unten ankam, habe es getönt, wie wenn sie in eine hohle Domkirche gefallen wäre. Das war die verschüttete Kirche der Gogwärgini. Am gleichen Ort fand man auch ein Gefäss, das dann lange in der Kirche als Weihwasserbecken gebraucht wurde. Auch die Schellen eines Seitenaltares seien aus der gleichen Gegend gekommen. So erzählte man es wenigstens. EISCHOLL Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Kirche im Aletschji

Source: Die Kirche im Aletschji

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Ganz früher, als im Rottentale ein See war und niemand da wohnen konnte, stand die Kirche von Naters im Aletschji. Zu Zeiten unserer Väter sah man dort die früheren Hofstätten. Und am alten Mundweg, oberhalb der Kapelle Maria-Hilf, sahen bejahrte Natischer noch die Ringe im Felsen, wo man die Kähne damals angebunden hatte. NATERS Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Kirche in St. Niklaus

Source: Die Kirche in St. Niklaus

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De Hl. Bischof Nikolaus hat seinen Namen dem Dorfe und der Gegend gegeben, wo er in einem schönen Gotteshause gegenwärtig verehrt wird; vorher mag der Ort "Gasen" (Chauson) geheissen haben. Es ist das der sicherste Beleg, dass die frommen Gläubigen aus der Umgegend häufig zu diesem Heiligen wallten, in seinem Gotteshause ihre Andacht machten und Votivtafeln aufhängten, deren noch einige vorhanden sind. Der jetzigen Weltanschauung mag es seltsam scheinen, dem Hl. Nikolaus an einem ziemlich gefährlichen Orte eine Kirche aufzubauen. Diese steht unter einem zerklüfteten und sehr lockern Berghügel, "Dorftossen" genannt, und im Bereiche eines grossen und gefährlichen Lawinensturzes. — Dieser Zug, an gefährlichen und schauerlichen Stellen Bethäuser zu errichten, war bei den Alten vorherrschend; sei es, dass sich da des Menschen Gemüt besser vom Irdischen lostrennen und im Gebete leichter himmelwärts richten konnte, oder dass man da vom Himmel die Abwendung schwerer Unglücksfälle erflehen wollte. — Die Kirche in St. Niklaus wurde von der Lawine oft gefährdet und geschädigt, ja 1749 sogar bis auf den Turm und das Chor ganz fortgerissen. Das geschah gerade während der Sigrist am Morgen im Turm betenläutete. Er glaubte nur einen grossen Windstoss gehört zu haben und erstaunte darum nicht wenig, aus dem Glockenturme statt in die Kirche unter freien Himmel heraus zu kommen. Einst fassten die Leute den Entschluss, dem Hl. Nikolaus die Kirche wieder aufzubauen im schönen und sichern "Felde" auf dem jenseitigen Vispenufer; aber jeden Morgen fanden sie die Bauinstrumente immer wieder unter dem gefährlichen "Sparrenzuge". Eines Abends erzählten auch zwei Hirtenknaben, sie hätten im Dorftossen zwei Kobolde — Berggeister — gesehen und gehört, wie sie miteinander den Anschlag machten, den Dorftossen herunterzuwerfen und den Talgrund zu verschütten. Die Kobolde entwarfen den Plan, der eine solle unten die Stützen des Berges losgraben und der andere oben den Berg hinausstossen. Beide machten sich gleich an die Arbeit. Aber es ging nicht und kein Hälmchen bückte sich. Der untere Kobold schalt erzürnt seinen Gehülfen oben einen Taugenichts. «O weh!» heulte dieser herab, «D's Glasi lat nit!» Weil der Hl. Nikolaus den Berg nicht herabstürzen lässt, bauten nun die Bewohner diesem Heiligen den Tempel freudig wieder an der alten Stelle.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Kirche von Blumenstein und der ewige Jud

Source: Die Kirche von Blumenstein und der ewige Jud

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Das Kirchlein von Blumenstein ist vom Dorfe entfernt. Vor alten Zeiten waren unsere Berge bewohnt; die tieferen Gegenden der Gürbe nach bis Seelhofen waren ein See. Besonders bevölkert war der Berg Langeneck; an der Sonnseite dieses Berges war ein schöner Rebberg gepflanzt und auf der Schattenseite im Buchschwand war eine Stadt, und von dieser Stadt ist unten am See das Kirchlein von Blumenstein angelegt worden. Jeweilen den zweiten Sonntag musste ein Prediger von der Stadt hinunter an den See, um den Leuten dort das Evangelium zu verkündigen. Da zum ersten Mal der ewige Jud diese Gegenden bereiste, ward sie gesegnet. Das zweite Mal aber verwünschte er sie wegen Sittenlosigkeit der Bewohner zu einer unfruchtbaren Winde, und wenn er das dritte Mal kommen soll, wird diese Gegend zu Gletscher werden. Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Kirche von Isérables

Source: Die Kirche von Isérables

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Die Bewohner der Gemeinde Isérables sollen in früherer Zeit recht einfältige Leute gewesen sein, und man erzählt sich von ihnen die lustigen Schildbürgerstücklein. Sie hatten mitten im Dorfe eine schöne Kirche gebaut mit einem viereckigen, oben in einen spitzen Helm auslaufenden Turm. Jedermann, vorn Präsidenten bis hinunter zum armen Hirtlein war ausser sich vor Freude, als die Kirche zur Ehre und Zierde des kleinen Bergdorfes fertig da stand, und ein Fest nach dem andern wurde gefeiert. Der Kuhhirt war so stolz auf den Neubau, dass er seine Herde nicht mehr den alten Wiesenweg führte, sondern mitten durchs Dorf an der Kirche vorbei. Da geschah das Unglück. Eine alte Kuh, eben just aus dieser Herde, zeigte eines Tages so wenig Respekt vor dem Gotteshaus, dass sie hart bei der schönen, weiss getünchten Seitenmauer stehen blieb und etwas fallen liess, das eher in den Stall hinein gehörte, als neben die neue, prächtige Kirche. Die Dörfler konnten sich kaum fassen, als sie vernahmen, was für ein Unglück geschehen war, und sie liessen alles im Stich, kamen in vollen Scharen daher und schauten mit entsetzten Augen auf den runden, schwarzbraunen Kuchen, der das neue Gebäude verunstaltete. Hätte man den Hirten grad zur Hand gehabt, er wäre zum mindesten gesteinigt worden. Nun beriet man, was zu machen sei, denn eine solche Entheiligung des Allerheiligsten konnte nicht geduldet werden. Der Präsident hielt diese Angelegenheit für wichtig genug, die Gemeinde zu besammeln, und als die Stimmfähigen alle im Schulhaus waren, hielt er die längste Rede, die man je von ihm gehört hatte. Er führte aus, dass man nicht länger mehr sehen könne, wie das Gotteshaus neben einem solchen Unrat stehen müsse und dadurch verunreinigt werde. Er möchte darüber ihre Meinung vernehmen, darum habe er sie zusammenberufen. Der Fall schien allen sehr verwickelt, und man stritt sich lange hin und her, was da wohl zu tun sei. Die Weinkannen, die fleissig die Runde machten, lösten die Zungen wohl, aber niemand konnte einen Vorschlag machen, der zu einer glücklichen Lösung geführt hätte. Da erhob sich einer der Schlausten aus dem Dorfe, der bis dahin geschwiegen hatte, und sagte: «Nach langem Grübeln ist mir wie eine Eingebung von oben ein Mittel in den Sinn gekommen, das schlage ich euch vor, denn es ist sehr einfach und wird zum Ziele führen. Also hört: Wir stellen die Kirche zehn bis zwanzig Meter weiter rückwärts, dort wird ihr der Kuhplatsch nichts mehr schaden. Das ist keine grosse Aufgabe für eine Gemeinde wie Isérables. Wir verschaffen uns einen langen, starken Strick, schlingen ihn dem Turm, der ja an die Kirche gebaut ist - ihr seht, wie weise wir da gehandelt haben - also wir schlingen ihn dem Turm um den Leib. Die vom Unterdorf ziehen an dem einen, die vom Oberdorf an dem andern Ende, und in einer Stunde ist die Kirche zurückgestellt!» Die Gemeinde horchten atemlos zu und stimmten diesem köstlichen Einfall durch Nicken und Gemurmel bei: «Ja, ja, der Aloys ist halt doch der Gescheiteste unter uns; das ist die kürzeste und einfachste Art der Lösung, so geht’s gut, so geht’s gut!» Ein schwerer Stein war jedem vom Herzen gefallen, und hier und dort vernahm man das Wort, bei der Neuwahl des Gewalthabers brauche man dann seinen Mann nicht lange zu suchen. Die Sitzung wurde aufgehoben, und nun handelte es sich zunächst darum, das grosse Seil herzustellen. Der Präsident übernahm den Auftrag und befahl jedem Hausvater, ihm bis zum nächsten Morgen zehn Pfund der besten Schaf-wolle zu liefern. Als die Wolle beisammen war, liess er sie spinnen und winden, und nach einigen Tagen war das Sefl fertig. Es war von Armsdicke und reichte von einem Ende des Dorfes bis zum nächsten. Als die Gemeinder wieder besammelt waren, schlang man das Seil dem Turm um den Leib, und nun stellte sich die eine Dorfhälfte an das linke, die andere an das rechte Seil. Der Präsident postierte sich auf einen benachbarten Hügel und gab von dort aus mit einem Kuhhorn das Signal zum Anspannen und Ziehen. Beim ersten Zeichen zog jeder aus Leibeskräften. Das Seil gab einen surrenden Ton und riss beim ersten Ruck. Die beiden Spielhälften rollten gleich wilden Schlangen fort, und die Menschen, die dran hingen, purzelten übereinander, kollerten den Berg hinunter und ballten sich zusammen zu einem Menschenknäuel, der erst unten in der Schlucht zum Stillstand kam. Die meisten waren in das Seil verwickelt, Arme und Beine lagen durcheinander und es ging an ein Zappeln und Schreien, dass sich ein Stein hätte erbarmen müssen. Der Knäuel schob sich immer dichter zusammen, da die untern sich an den Kleidern und Gliedern der oberen anklammerten und nicht  losliessen. Sobald der Präsident auf dem Hügel sich von dem Schreck erholt hatte, sprang er mit seinem grossen Stock den Berg hinunter, hieb nach links und rechts und zwang die, welche die andern zurückhielten, ihre Hände loszulassen. Als der Knäuel sich löste, lagen mehrere Tote und Verwundete herum. Langsam stiegen die Gemeinder den Berg hinauf und beschlossen, die Kirche dort zu lassen, wo sie stehe, da es wohl göttlicher Wille sei, dass sie an ihrem Platze bleibe; doch sollte der Unglückskuchen wenigstens mit Weihwasser bespritzt werden, damit er die Kirche nicht gefährde. Als der Sigrist eben das Weihwasserbecken brachte, öffnete sich der Kreis, und der Hirte kam im schnellsten Bergschritt dahermarschiert. Er hatte von der ganzen Geschichte nichts gewusst, denn morgens früh zog er stets mit der Herde davon, kehrte erst abends spät nach Hause und legte sich nach dem Essen sofort ins Bett. Seine blöden Wasseraugen und der grosse braune Kropf am Hals deuteten darauf, dass er nicht recht gescheit sein musste. Der Ton des Kuhhorns war hinauf zu seinen Weiden gedrungen und hatte in ihm die Meinung erweckt, es sei ein grosses Unglück geschehen. Da verliess er ohne Zaudern die Herde und lief dem Dorfe zu, um zu helfen. Als er sah, wie alle auf das schwarze Unding deuteten, griff er mit beiden Händen zu und entfernte den dürr gewordenen Sonnenkuchen von dem heiligen Gebäude. Dann scharrte er etwas Erde über den dunklen Flecken am Boden und ging, als ob nichts geschehen wäre, mit Lallen und Grinsen davon. Die Gemeinder blieben wie angewurzelt auf demselben Fleck, mit schlaff herabhängenden Armen und offenen Mäulern, und es hatte den Anschein, als ob sie auf einmal die Sprache verloren hätten. Quelle: Johannes Jegerlehner: Walliser Sagen, Hans Feuz Verlag Bern, 1959     Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Kirche von Schwerzenbach

Source: Die Kirche von Schwerzenbach

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Die Kirche von Schwerzenbach a) Ein reicher, frommer Mann aus Hegnau besuchte allsonntäglich die Kirche von Uster, wobei ihm stets ein Hündlein voranlief. Sobald man in Uster des Hündchens ansichtig wurde, stellte man das Läuten ein, weil man wusste, dass auch der entfernteste Kirchgenosse nahe. Dieser Fromme verordnete sterbend, dass da, wo ein Schimmel mit seinem Leichenwagen Halt mache, eine Kirche gebaut werden solle. Das geschah so. An jener Stelle, wo der Schimmel hielt, entstand die Kirche Schwerzenbach. b) In Schwerzenbach ist einmal ein Hagheer gewesen Der hat ein Gespann mit vier Schimmeln von Hegnau aus führerlos in die Welt hinausgejagt. Dort, wo die Schimmel halten würden, wollte er eine Kirche bauen lassen. Als das Gespann in Schwerzenbach stillstand, hielt der Hagheer dies für ein göttliches Zeichen und liess an jenem Platze das versprochene Gotteshaus erstellen. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland a) Peterhans, Ins Zürcher Oberland, S. 77; b) Nach Gchr. Uster 1902   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Kirche zu Grabs

Source: Die Kirche zu Grabs

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Die Kirche zu Grabs gehört zu den ältesten des Landes. Sie bestand schon im Jahre 614, wurde aber wohl noch früher gebaut. Hier lebte zu Gallus' Zeit der Diakon Johannes, zu dem Gallus Zuflucht nahm, als er zu Herzog Gunzo nach Überlingen an das Krankenbett der Tochter Frideburg gerufen wurde. Nach der Sage war ursprünglich eine andere Baustelle ausersehen, nämlich diejenige auf dem Sand, wo der über Hugenbühl oder Hugobühl führende alte Römerweg ins Oberdorf Grabs einmündet. Aber das Baumaterial, das an dieser Stelle niedergelegt wurde, lag am Morgen auf der Stätte, wo die Kirche jetzt steht, und so geschah es in drei aufeinanderfolgenden Nächten. Diesem Zeichen von Gott wollten die Grabser nicht widersprechen, sondern alle Beachtung schenken, wie sich's gebührte. Heinrich Hilty Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 93, S. 44 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Kirche zu Reichenbach

Source: Die Kirche zu Reichenbach

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Die ersten Christen, die sich an der Kien und Kander angesiedelt hatten, wünschten ein Gotteshaus zu bauen. Es waren dazu die Gornerweiden im angrenzenden Kiental am Fusse der Blümlisalp als Stätte gewählt. Schon hob das Mauerwerk sich aus dem Boden, da machten sich feindliche Mächte bemerkbar. Was die wackern Männer am Tage aufgerichtet, das zerstörte in der Nacht der Böse. Es half kein Beten und kein Kämpfen. So riet man hin und riet man her und konnte keinen Ausweg finden. Endlich aber kamen die Bauleute überein, ein Joch Ochsen frei gehen zu lassen. Wo sie sich nieder liessen, da sollte die Kirche stehen. Die Ochsen liefen das Tal hinaus und im Erlengebüsch am Reichenbach blieben sie stille stehen. Die Leute frohlockten und priesen das Wunder. Das Kirchlein ward dahin gebaut, wo es am allerwenigsten stehen sollte, in einer Vertiefung, neben und über ihr die Landstrasse mit ihrem Lärm, neben und ebenfalls höher gelegen der Reichenbach mit seinem Rauschen. Oft hat er sie und die ringsum in stillen Gräbern schlafen, zu einem guten Teile eingedeckt. Bald kam die Torheit zutage. Kaum ein halbes Jahrhundert später kam eine Schuttlawine zu Tal und grub den unteren Teil des Gotteshauses ein. Allein die Leute wussten sich zu helfen, sie hoben jedesmal das Dach der Kirche und was an Mauer unter dem Geschiebe zugedeckt, das mauerten sie oben wieder auf. Der Turm aber blieb und ist darum so niedrig, dass ehemals der alte Postillon mit seiner Geissel beinahe die Zeiger der Uhr nach der richtigen Zeit stellen konnte. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Kirche zu St. Wolfgang

Source: Die Kirche zu St. Wolfgang

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Auf der Totenhalde, wo einst die Zuger in ein verlustreiches Treffen verwickelt wurden, steht heute die schöne Wallfahrtskirche zu Ehren des grossen Heiligen St. Wolfgang. Die Legende erzählt, dass der Heilige vom Kloster Maria Einsiedeln aus, wo er einige Zeit gelebt hatte, ins Zugerland gekommen sei und da viele Wunder gewirkt habe. Über den Bau der Kapelle wird aber berichtet: Einst zog ein frommer Pilger durch diese Gegend. Er hatte gehört, dass vor vielen Jahren der heilige Bischof Wolfgang auch hier geweilt habe, und da er ein Bild des Bischofs bei sich trug, habe er das Bildnis an eine Tanne geheftet. Zu diesem Bild seien dann immer mehr Leute gekommen und hätten hier durch die gute Fürbitte des Heiligen Erhörung in allerlei Nöten und Anliegen erhalten. Dieses Plätzchen wurde zu einer richtigen Wallfahrtsstätte und darum baute man die kleine Kirche. Heute noch sieht man auf der alten Wolfgangsglocke den frommen Wanderer, wie er vor dem Bilde am Tannenbaum kniet und betet. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 14 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Kirche zu Wila

Source: Die Kirche zu Wila

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Im schönen Tößtal steht auf einem Hügel im Dorf Wila die alte gute Kirche. Sie hätte nicht hübscher placiert werden können. Bevor man sie aber auf diese prächtige Anhöhe stellte, befand sich drauf ein allerliebster kleiner Garten, der so voll war von den auserlesensten Blumen, dass man ihn durchs ganze Tal zu riechen meinte. Etwas unterhalb des Hügels aber stand ein bescheidenes Schlösschen, in dem der jüngere Bruder aus dem alten Geschlecht der Herren von Breitenlandenberg lebte. Während nun dieser jüngere Breitenlandenberg ein gar verständiger und gutgesinnter Herr war, der seinen Untertanen nach Kräften beistand und ihr Wohlergehen zu fördern trachtete, war sein älterer Bruder, der die Stammburg des Geschlechts bewohnte, ein wilder, roher Geselle, der niemandem zulieb, aber allen, wie und wo er konnte, zuleid lebte. Das hatte den jüngern Bruder so sehr geplagt, dass er seinen bösen Bruder nicht nur vor Gottes Strafgericht warnte, sondern dass er sogar tiefbetrübt das väterliche Schloss verlassen und also das Burglein im Dorfe Wila bezogen hatte. Da befand er sich nun recht wohl, mitten unter seinen ihm treu ergebenen Bauersleuten. Und statt dass er, wie sein Bruder, tagaus tagein irgend einem unguten Zeitvertreib und einer tollen Jagd frönte, liebte er’s, beim Klange der Feierabendglocke, die gar traulich von Turbental herkam, sein reizvolles Gärtlein auf dem Schlosshügel zu begehen und zu pflegen. Er ließ es auch mit einem Mäuerlein umgeben, das nach und nach ein duftiges Laubgerank umspann. So hätte sich denn der jüngere Herr unter seinen Getreuen von Herzen freuen können, wäre da nicht sein älterer Bruder gewesen. Dieser aber hasste ihn und versuchte ihn auf jede Weise zu ärgern und gegen sich aufzureizen. Aber obschon er ihm oft übel mitspielte, vermochte das den jungen Edelmann nicht aus seiner bedachtsamen Ruhe herauszubringen, da er sein Blut und jegliche lauernde Leidenschaft heldenmäßig zu meistern wusste. So blieb er seinem Bruder gegenüber Sieger, obschon er ihm nie Böses mit Bösem vergalt. Dadurch gewann er bei den Talleuten immer größeres Ansehen. Er kam ihnen vor wie ein Fels, auf den sie lieber bauen und vertrauen wollten als auf den unbändigen Sturmwind im alten Schloss Breitenlandenberg. Das vertiefte aber den Hass des ältern Bruders gegen seinen jüngern noch mehr, und zuletzt ward er ihm so spinnefeind, dass er ihm blutige Rache schwur. Als nun eines Tages ihr junger Herr nicht aus dem Walde heimkehrte, suchten ihn die Leute von Wila, und da fanden sie ihn denn, in seinem Blute liegend, im Gehölz. Er war schon kalt und tot und sein Herz von so vielen Dolchstichen zerrissen. Traurig trugen sie ihn heim, allwo sie ihn auf dem Burghügel mitten in seinem Gärtlein begruben. Der ältere Schlossherr ließ sich weder beim Begräbnis noch sonst jemals mehr in Wila blicken. Auch tat er keinen Schritt und rührte keinen Finger, den oder die Mörder seine Bruders ausfindig zu machen. Das Volk aber machte sich hiezu seinen eigenen Vers und glaubte, wohl zu wissen, wo der Mörder ihres gütigen Herrn allenfalls zu finden wäre. Nun wurde das Testament des jüngern Breitenlandenberg eröffnet. Daraus erfuhr man, dass er den Bau einer Kirche für Wila angeordnet hatte, denn bis anhin waren die Leute von Wila in Turbental kirchengenössig gewesen. Das freute das ganze Tal. Allsogleich gingen die Wilaer dran, ihres lieben Herrn letzten Willen zu erfüllen. Sie gedachten, die Kirche auf einem andern Hügel, auf der Großackerhöhe, zu erbauen und bestimmten hiefür Frontage an. Wie nun der Frühling seine Schneeglöcklein an die Ufer der weidlich durchs Tal wandernden Töß setzte, begannen sie an den ersten schönen Tagen Steine und Holz auf die Großackerhöhe hinaufzuziehen. Aber wie erstaunten sie, als am andern Morgen Bauholz und Bausteine im Schlossgärtlein um das Grab des edlen Breitenlandenbergers lagen! Das konnte doch wohl nicht mit rechten Dingen zugehen. Gleichwohl schafften die zähen Bauern den ganzen Tag darnach wieder Bauzeug auf die Großackerhöhe. Aber am andern Morgen lagen all das Steinwerk und die schweren Trämel, die sie unter Schwitzen und Dämpfen auf die Großackerhöhe gebracht hatten, wieder auf dem andern Hügel, im mauerumfriedeten Schlossgärtlein. Jetzt trauten die Wilaer der Geschichte gar nicht mehr. Sie blieben jedoch still, und mit Ach und Krach führten und schleiften sie wieder gewaltige Steinblöcke und Bäume auf die Großackerhöhe. Als es nun einnachtete, kehrten sie wieder in ihre Hütten zurück. Einige Bauern aber blieben, geheimer Abrede gemäß, beim Hügel zurück, um zu erfahren, wer denn eigentlich ihre Mühsal immer wieder zuschanden mache. Nicht ohne heimliches Bangen lagen sie in ihrem Versteck im Unterholz. Aber alles blieb ruhig, und das Rauschen der ewig wachen Töß begann, sie einzuschläfern. Gegen Mitternacht mochte es sein, da sahen sie auf einmal im Mondschein kaum sichtbare Taunebelchen aus dem Fluss steigen, und plötzlich gewahrten sie, wie sich diese zu wunderlichen und ungeheuerlichen Gespenstern auswuchsen, und wie sie gegen die Großackerhöhe heraufschwebten. Wie wurde ihnen aber erst, als sie sehen mussten, wie diese Nebelgeister sich hinter Bauholz und Steine, die sie eben erst hinaufgezogen hatten, machten, und wie sie die umfänglichsten Steinblöcke und die schwersten und längsten Hölzer aufhoben und in ihren wehenden Nebelschürzen geradewegs durch die Luft ins Schlossgärtlein hinüber trugen, als wären es Zwetschgensteine und Tannzapfen. Sie wagten kaum zu atmen. Wie aber alles hinüber geschafft war, stiegen die Nebelgespenster himmelan. Sie ballten sich unversehens zu Wolken, die im Hui den Mond verschlangen. Jetzt machten sich die Bauern schleunigst nach Hause. Als nun am andern Morgen das Bauzeug wieder wirklich im Schlossgärtlein lag, ward es ihnen himmelklar und föhnlauter, dass der nächtliche Spuk wohl nach des ermordeten Burgherrn Willen getan hatte, und dass ihr Junker sein Grab im Gärtlein auf dem Hügel haben wollte. Sie taten also darnach und begannen mit allem Ernst und Eifer, das Haus Gottes im Schlossgärtlein aufzubauen, von wo es heute noch gar freundlich in die heimelige Talschaft hinab schaut. Der darum liegende Kirchhof aber ist heute noch erfüllt vom Wohlgeruche der Rosen.     Meinrad Lienert, Zürcher Sagen. Der Jugend erzählt, Zürich 1918. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.    


by Die Kirchen-Jungfrau zu Castiel

Source: Die Kirchen-Jungfrau zu Castiel

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Oftmals sieht man von den sog. Pfaffen-Ställen, welche ungefähr in der Mitte der Castieler-Felder liegen, eine weissgekleidete Gestalt, mit schwarzer Schürze, der Kirche zusteigen. Einige wollen wissen, das sei der Geist eines, in Nonnenkleidern wan­dernden Mönches, der bei den genannten Ställen einen Schatz hüte, und dann immer wieder zur Kirche hinauf gehen müsse, um dort für seine endliche Erlösung zu flehen. Allgemein hält man diese Gestalt aber doch für eine Nonne, die umgehen muss. Dass sie noch eine schwarze Schürze trägt, lasst erkennen, dass sie noch eine gute Weile zu geistern hat. Ist aber auch die Schürze weiss gewor­den, so ist ihre Erlösung nahe. Zwei Burschen waren eines Abends zwischen 9-10 Uhr auf dem Wege, der von den Pfaffenställen an heraufführt, begriffen, und plauderten. Sie vernahmen Etwas hinter ihnen, drehten sich um, und gewahrten, wie die Kirchenjungfrau den gleichen Weg heraufkam. Schnell liefen sie in ein nahe stehendes Haus, in welchem der »Hengert« (Gesellschaft der Ledigen) beisammen war. Dort meldeten sie, die Kirchenjungfrau komme den Weg durch die Güter herauf. Alle stürzten an die Fenster, und Jedes sah nun selber die Wandernde, welche der Kirche zuschwebte. Dann erblickten sie erstlich in der Kirche, und eine Weile darauf im Beinhause Licht. - Einer von der Gesellschaft wollte hin, um zu sehen, was der Geist mache, aber die Andern liessen ihn nicht gehen. Ein andermal sah ein Mann, der etwa um 4 Uhr früh Morgens neben der Kirche vorbeiging, um sein Vieh zu füttern, Jemanden mit einem Lichte in die Kirche gehen. Er glaubte, es sei die Messmerin, die, wie gewohnt, um diese Zeit »z'Tag lüten« (den Tag anläuten) wolle. Wie er nun aber keinen Glockenton vernahm, war er fest überzeugt, dass dies das »Kilcha-Wibli«, wie die Kirchenjungfrau auch genannt wird, gewesen sei. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Kirschendiebe

Source: Die Kirschendiebe

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Ein Geizhals besass viele Kirschen, gönnte aber niemand davon. Es solle nur einer es wagen und ihm Kirschen stehlen, den wolle er dann weichklopfen. Ein paar junge Burschen, die dennoch gerne Kirschen gegessen hätten, besuchten diese Bäume trotzdem, aber erst um Mitternacht. Sie hofften, der Geizhals sei dann sicher im Bett. Sie waren schon am Kirschenessen, als der Besitzer mit einem Lichtlein, mit einer Haue und andern Instrumenten ankam. Die Burschen erschraken: «Oha, das wohl, heute erwischt er uns!» Drausspringen wollten sie aber nicht und verhielten sich lange still. Der Mann begann am Baumstamme zu graben, und die Kirschendiebe bekamen Angst, er grabe den Baum samt ihnen um. Sie blieben trotzdem noch still und dachten: «Wenn der Baum dann fällt, springen wir aus den Ästen.» Der Baum fiel aber nicht. Der Geizhals grub nur ein Loch, brachte einen Hafen, legte ihn hinein und deckte wieder zu. Dabei sprach er aus: «Diesen Schatz soll kein Mensch finden, ausser einer, der auf einem brandschwarzen Gitzbock, welcher kein einziges weisses Haar hat, sieben Male drüberfährt, in der einen Hand ein Küchlein, in der andern einen Säbel haltend. Erst dann bekommt er das Geld.» Die Burschen merkten sich alles sehr genau, aber es dauerte lange Jahre, bis sie das Gitzböcklein ohne weisses Haar gefunden hatten. BÜRCHEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die klappernde Münze

Source: Die klappernde Münze

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Vor etlichen Jahrzehnten lebte im Oberland ein frommes altes Weiblein. Sein Leben lang besass es eine warme Zuneigung zu den armen Leuten. Ihnen schenkte es alles, was es besass. Kein Bettler und kein Darbender ging unbeschenkt von der Türe der wohltätigen Frau. Für sich selber behielt sie nicht einmal den letzten roten Heller. Was sie durch ihrer Hände Fleiss verdiente, ging den Weg des Guten. Wohin die Gute ihre Schritte lenkte, da wichen Not und Elend, und Freude und Glück zogen ein. Unter lauter Wohltun und Trösten wurde die Frau alt und grau. Das Sterbestündlein nahte. Nichts besass die Wohltäterin der Armen mehr, als das Allernotwendigste. Der Geldschrank war leer, alle entbehrlichen Sachen waren in die Hände der Armen gewandert, keine lachenden Erben konnten sich auf einen Gold- oder Silberschatz Hoffnung machen. Als die Greisin in den letzten Zügen lag, liess sich irgendwo ein helles Klappern und Klirren vernehmen, wie wenn ein Geldstück auf den Boden fiel. Man suchte die Münze aufzuheben, doch sie lag nicht auf dem Boden. Unruhig blickte die Sterbende umher. Immer lauter klapperte es. Das Geräusch kam vom Kleiderschrank. Als man ihn durchsuchte, entdeckte man in einer Rocktasche ein vergessenes Fünfzigrappenstück. Das allein war vom Vermögen der freigiebigen Frau noch übriggeblieben und aus Versehen in der Tasche zurückgelassen worden. Nach dem Willen der Sterbenden wurde auch diese Münze noch weggegeben. Erst jetzt konnte die mildtätige Greisin ruhig ihre Augen schliessen.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Klariden

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Die Klariden im Glarnerlande und mehrere Blümelisalpen im Berner Oberlande sind ein Hauptsitz dieser Sage. Im verbotenen Umgange mit einer sittenlosen Dirne lebend, geudete ein Hirt verschwenderisch mit den Milchspeisen und Käsen einer schön beblümten und fruchtbaren Alpe; er trieb grausamen Spott gegen seine Mutter, als diese ihn einst freundlich besuchte. Eine Treppe von Käse erbaute er für seine Buhle und für seine Lieblingskuh. Da verwünschte die Mutter den ganzen Berg, und alsobald brachen Felsen und Gletscher herein, die alles verwüsteten und den Hirten samt seiner Kuh zum Gespenst machten. Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Klaridenalp

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a) Um aus dem glarnischen Linthtal die Ufer der Reuss drüben im Urnerländchen zu beziehen, hat der Wanderer einen der schönsten Alpenpfade über die Marchalp, wo der Grenzstreit gewesen und den wilden Klausenpass mit dem malerischen Stäubibach zu begehen. Dort stehen ihm zur Linken stolz und jäh die Klariden mit ihren Schutthalden und Wüstungen nah vor Augen. Da war einst ein Alpenparadies, so schön wie nur eines. Da grünte ein Pflanzenteppich voll der würzigsten Kräuter, dass die Milch in Strömen floss, indem jede Kuh dreimal täglich konnte gemolken werden und jedes Mal zwei Eimer von zweieinhalb Massen füllte. Hier wohnte einst ein Senn voll jugendlichen Übermutes. Wir könnten ihn Otmar, zum einigen, Jörg, zum anderen nennen. Sein Hündchen hiess Paris, seine werteste Kuh Brändi. Sie hatten es gut um ihn. Aber seine Holde, die Kathri (auch Nidelgret genannt), überschüttete er vollends mit Liebesbeweisen. Von ihrer Sennhütte bis auf seinen Stafel und von da bis zur Kapelle in der Mitte des lieblichen Hochtales liess der Senn den Steig mit lauter der besten Käse besetzen und mit Butter bestreichen. Nicht also verschwenderisch war er gegen seine Mutter, nicht einmal in vernünftiger Weise freigebig, sondern karg bis zum Frevel. Als ihn die Arme einst besuchte, da wartete ihr der missratene Sohn zwar mit Speisen auf, aber nur mit geringer, abgängiger Milchkost und dieses Schlechte mischte er noch mit Pferdeh ... nein, ich mag's nicht sagen. Das bedauerliche Weib fühlte diese Misshandlung in der tiefsten Seele und sie rief, im Übermass des Schmerzens, ihren Mutterfluch. Der Himmel hörte ihn. Er hiess die Erde ihren Schoss auftun und den unnatürlichen Bösewicht samt seiner Buhle verschlingen. Die obern Firnen und Felsen stürzten zusammen, als wäre der jüngste Tag angebrochen und die herrliche Weide verwandelte sich in ein schauriges, ödes Steinfeld. Hat man nachher dem Geist des Sünders auf dieser wüsten Stätte gerufen so geriet die Erde in Erschütterung und von der Höhe warf er Steine herab. - Wie etliche sagen, hat der Übermütige auch den Sonntag entheiligt und hat ihn die Strafe wie seiner Mutter Tod am Tage seiner Hochzeit getroffen. Bisweilen höre man ihn jammern, dass er nun ewig in diesem wüsten Steinmeere mit Kathri, Paris und Brändi weilen müsse. Manchmal gibt auch letztere mit schaurigem Brüllen kund. Fände sich ein Mensch von gutem, reinen Herzen, der mutig die flüchtig schnelle Kuh erhaschen und trotz der Dornenzizzen ihres Euters sie schweigend melken würde, so müsste das Eis und aller Schrecken schwinden, der Zauberbann wäre gehoben, die Armen wären erlöst. Einst fing die Zauberkuh bei stiller Nacht ein junger Hirt. Er molk das volle Euter, da empfand er so schmerzlich die stechenden Dornen, dass er „oh wehe!“ seufzte und - Brändi war entflohen. Seitdem hat es niemand wieder gewagt.   b) Die Klaridensage wiederholt sich mit geringen Änderungen auf der urnerischen Blümlisalp, einem muldenförmigen mit Schnee und Firn erfüllten Tale auf dem Rotstock. Der gegen seine Mutter hartherzige, gegen die Liebste aber verschwenderische Senn habe sogar seine schönste, nämlich die Treichlenkuh christlich getauft und sie Bäbi genannt. Sogleich wurde die ganze schöne Alp in einen traurigen Firn verwandelt und die Kuh gab seither ganz „schwarz zäggeti" Milch. Noch soll sie wandeln auf der Firn, und von Geistern gemolken werden. Am Karfreitag, während in der nächsten Kirche Passion gelesen werde, lasse sie, ganz zahm aus dem Firn dahergehend, sich sehen. Würde sie um diese Zeit gemolken bis sie weisse Milch gäbe, so wäre sie erlöst, der Firn ginge weg und die Alp stünde wieder gras- und blumenreich da. Ein entschlossener Bauer habe das einst probiert und sei mit einem grossen Eimer, Melkstuhl und Melkschmutz an die Kuh hin, die sich friedlich dazu gestellt habe. Das Euter war warm, die Milch schwarz und „zäggät"; bald wurde das Euter wärmer, die Milch braunrot, dann jenes heiss, diese rot. Endlich erreichte das Euter die Glühhitze und schon spielte die Farbe, der Milch in Rosenrot hinüber, der Melkschmutz war ihm aller zerronnen. Nur noch ein wenig ausgeharrt, mein Senn! Doch leider, die Hitze war ihm zu gross, er sprang fort. Das arme Tier, der Erlösung so nah, fiel um und sprang wieder auf, brüllte und heulte verzweiflungsvoll.   c) In Unterwalden ist die Blümlisalpsage in dieser Erinnerung. Die Alp war herrlich und milchreich wie kaum eine andere und üppig an Gras und Kräutern. Mit Käse besetzte man die Wege, mit Butter pflasterte man. Aber die Leute dort ergaben sich widernatürlichen Lastern bis der Zorn Gottes hereinbrach und ewiger Schnee und Eis das Gelände bedeckte. Sogar das sogenannte „Milchkraut" oder „verfluchte Kraut", das einen weissen Saft hat, soll auf dieser Alp vorhin eine gesegnete Pflanze gewesen, aber wegen dem Sündenleben der Bewohner verflucht worden sein und daher den Namen erhalten haben. Häufig ruft der gebannte und bestrafte Alpknecht: „Ich und d'Kuoh Brändi und d'r Hund Ringgi und 's huore Kathri miend immer und ewig uf Blümlisalp si.“ Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Die Klaridensage

Source: Die Klaridensage

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1. In seiner Naturgeschichte des Schweizerlandes Band II S. 83 f. (Zürich 1746) erzählt der Gelehrte Johann Jakob Scheuchzer die folgende Sage, die er im August 1705 auf seiner vierten Bergreise vernommen. In den Klarider Alpen erzählen die Anwohner eine seltsame Geschichte, welche der geehrte Leser nach seinem Gefallen unter die wahrhaften Begegnissen oder in den Rodel der Mährlein einschreiben kann. Es soll daselbst vor Zeiten ein Senn eine leichtfertige Hur unterhalten und in so hohen Ehren gehalten haben, dass er ihr von der Wohn- oder Sennhütte bis zum Käsgaden den sonst kotichten, unflätigen Weg mit Käsen bespreitet, damit sie ihre Schuhe oder Füsse nicht besudelte. Auf eine Zeit sei seine arme Mutter zu ihm gekommen, um ihren hungrigen Bauch mit Milch und Suffy zu füllen, der gottlose Sohn aber habe ihr Pferdeharn unter die Milchspeisen gemischt und mit so schlimmem Traktament wiederum abgefertigt. Worauf dieses arme Weib ihrem verschwenderischen und verruchten Sohn alles Unglück über den Hals gewünscht und Gott gebeten, an ihm seine gerechte Rachhand zu zeigen, welches auch geschehen, also dass die Erde ihren Mund aufgetan und diesen unnützen Erdenlast mit seiner leichtfertigen Dirne verschlungen, zugleich aber auch seien die obern Firn und Felsen eingefallen und die vorher grasreichen, fetten Alpen damit überleget, dass sie nun seit der Zeit ganz unfruchtbar seien und nichts tragen. Ob nun diese Geschichte sich in der Tat zugetragen habe oder dieselbe von der frommen Klerisei ersonnen worden, um das gemeine Volk, absonderlich die Sennen, von dem Laster der Hurerei und des Ungehorsams gegen den Eltern abzuhalten, will ich nicht erörtern. Einmal die Anwohner sind von der Wahrheit dieses Exempels so versichert, dass einer nicht wohl würde ankommen, der sie in Zweifel ziehen würde. Man gibt auch vor, dass dieser Böswicht, wenn man ihn rufe oder herausfordere, sich merken lasse. Und erzählet uns selbst ein gelehrter und ehrwürdiger Priester, Karl Joseph Arnold, Pfarrer in Unterschächen, dass er auf eine Zeit in seinen jungen Jahren sich in diese Klarider Alpen verfüget und an dem Ort, wo die Sennhütte gestanden, den mit Leib und Seel verschlungenen Senn kühnerweise aufgefordert, worauf die Erde in eine Erschütterung geraten und die Felsensteine von der Höhe mit grossem Geräusche und zu seinem grossen Schrecken heruntergefallen, dass er sich mit der Flucht salviert und Gott gedanket, dass er mit dem Leben davongekommen. 2. a) Die Klaridenalp gehörte einem reichen Bauer. Der hatte ein Söhnchen bekommen von seiner Frau, nachdem die Ehe lange Zeit unfruchtbar gewesen, und dieses Büblein zog er aus blinder Liebe in Übermut und Überfluss auf, und die Mutter war um kein Haar vernünftiger als der Mann. Denkt euch! nicht etwa in der Schotten, sondern in der puren ganzen Milch badeten und wuschen sie den Dreckbub! Dieser Bub wuchs heran, und gar bald kosteten die blinden Eltern die Früchte ihrer Erziehung. Kummer und Gram brachten den Vater frühzeitig ins Grab, die Mutter aber sollte das Kreuz noch länger tragen. Zach. Imholz (Diese Einleitung von einem einzigen, dem unterschriebenen Erzähler.) b) Der Sohn tat eine Magd zu, Kathry mit Namen, und mit dieser konnte er's gut, gab ihr das Beste zu essen und zu trinken; ihr zuliebe legte er von der Sennhütte zum Käsgaden einen Weg aus Käs und Anken an; nicht so, lange nicht so hielt er seine betagte Mutter, die im Sommer auch bei ihnen auf der Alp lebte. Sie musste sich mit saurer Süffi begnügen, und aus dieser nahm der Unmensch noch den Zieger heraus und tat statt dessen Rossbollen hinein. Seinen Hund Parysi hielt er besser als die arme Mutter. Im Übermut taufte er seine schöne Trychelkuh im Bache und gab ihr den Namen Brändi. Da die Mutter merkte, dass sie den beiden Verliebten im Wege sei, verliess sie unter Verwünschungen die Alp. Da fing es über Nacht an zu schneien, und es schneite und schneite wie eine Lawine und schneite die Alp mit Senn und allem ein nnd hörte nicht auf, bis die Alp hoch mit Schnee und Eis bedeckt war. c) Alle Karfreitage unter der Passion hört man von Klariden her eine Stimme rufen: Ich und Hüer Kathry und Trychelchüeh Brändi und Hund Parysi Miänt immer und ewig i Klarydä sy. Zacharias Imholz Oder: Ich und my liäbi Kathry miänt ewig i Klarydä sy. Karl Gisler Oder: Ich Sänn Hans, Chüeh Brändi, Hund Parysi und Hüer Kathry Miänt ewig i Klarydä sy. Ambros Gisler Oder: Sänn Mathys, Hund Parys, Trychelchüeh Brändi und Hüer Kathry Miänt immer und ewig i Klarydä verbannt sy. Fr. Wälti-Gisler Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Klausnerin von Wallenstadt

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Auf dem hohen Felsen, der die sehr sonderbare, wahrscheinlich auf den Ruinen einer Römerburg erbaute Wallfahrtskapelle St. Georg bei Bärschis trägt, hausten einst Klausnerinnen, Waldschwestern oder Beguinen, für welche später eine Klausur an die Pfarrkirche in Wallenstadt angebaut wurde. Nach einer Urkunde von 1319 hatte diese Klause etwelchen Besitz an Boden und Einkünften und lebten dazumal die Klausnerinnen Anna und Elisabetha. Nach einer andern Urkunde von 1451 war die Klause zu Wallenstadt von dem Predigerkloster zu St. Nikolaus bei Chur abhängig, kam dann aber schon vor der Reformation in Abgang. Seither wandelt zu gewissen Zeiten nächtlicher Weile mit goldenen Schüsseln in der Hand eine weissgekleidete Jungfrau auf jene Stätte. Wer den Bann lösen würde, welcher diese längst hingeschiedene Jungfrau immer noch auf der Erde herumzuwandeln zwingt, wäre reich genug für sein ganzes Leben. Allein dieses Erlösungswerk ist ebenso schwierig als gefährlich, und schon ist einer an den Folgen eines missglückten Versuchs gestorben.  J. Natsch Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 359, S. 200f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die kleine Glocke und die Rübi

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An einem Ort fuhr eine Rübi zutal und schadete. Der Sigrist läutete aus allen Kräften über Wetter, doch umsonst; der Pfarrer betete und segnete, aber es fruchtete nichts. Da riet ein Fremder, mit dem kleinen Glöcklein zu läuten, das den unschuldigen Kindern ins End läutete. Aber der Sigrist wollte das nicht tun ohne die Erlaubnis des Pfarrers. Auf Bitten des Volkes erlaubte es dieser, und, sobald das kleine Glöcklein tönte, legte sich das Unwetter und hörte die Rübi auf zu schaden. Ambros Zurfluh, 75 J. alt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die klugen Dorfleute

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Die Filisurer im Graubündnerland konnten es nicht begreifen, daß der Herrgott gerade ihnen einen so hohen Berg vor die Sonne gestellt hatte. Sie mochten im Winter heizen, wie sie wollten, sie froren immer auf jener Seite, die nicht gerade am Ofen klebte. Und im Sommer mußten sie mit schwerem Herzen zuschauen, wie ihre Nachbargemeinden das Heu so schön dürr einbrachten, während das ihrige im Herbst noch auf die Sonne wartete. Zudem plagte es sie gar sehr, daß sie am hellen Tag immer im Schatten sitzen und Trübsal blasen sollten. Da fiel es einem besonders schlauen Gemeindebürger ein, sie könnten das Licht der Sonne auf künstliche Weise ins Dorf bringen. Lange studierten sie den Vorschlag und saßen sich in den langen Sitzungen fast die Beine vom Rumpf weg. Dann aber gingen sie an die Ausführung des großartigen Projekts. Sie bestiegen mit Ach und Krach den schattenspendenden Berg und brachten auf dessen Gipfel einen gewaltigen Trichter an. In diesem wurde nun der Sonnenschein aufgefangen, und dann leiteten sie ihn durch einen ewiglangen Holzdünchel ins Dorf Filisur hinunter, ganz so wie andere Leute das Wasser. Dadurch wurde es ihnen ermöglicht, am Brunnen Sonnenschein, den Quadratfuß zu sechs Gulden achtundvierzig Kreuzer alter Bündner Währung, an die Kauflustigen abzugeben. Ob er jetzt billiger geworden ist, müßte man dort erst nachfragen. - Im gleichen lieben Bündnerlande, im grünen St.-Antönier-Tale im Prätigau, wollte einmal der Barthli Flütsch am frühen Morgen auf die Bergwiese, um das Heu zu mähen. Bevor er sich aufs Laublager streckte, befahl er noch seiner Frau, sie möchte ihn dann am Morgen um vier Uhr ja aufwecken und bis dahin auch das Morgenessen bereithalten. Die Frau versprach es. Als sie jedoch die Uhr aufziehen wollte, um ja den angesetzten Zeitpunkt nicht zu verfehlen, merkte sie mit Verdruß, daß sie nicht mehr gehen wollte. Nun war die gute Frau gar übel in der Klemme. Der Mann schimpfte und wollte die widerspenstige alte Uhr gleich zusammenschlagen. Aber da lächelte die Frau gar schlau und sagte: "Geh, lege dich nur schlafen, ich wecke dich sicher und heilig." "Ja, wie willst du mich denn genau um vier Uhr wecken", brummte er ungläubig, "da doch die Uhr nicht geht?" "Laß mich nur machen", antwortete sie und schob ihn ohne weiteres in die Schlafkammer, wo er sogleich einschlief und schnarchte wie eine alte Schlegelsäge. Uschi aber, seine Frau, machte erst Docht und Unschlitt bereit, um Licht zu haben; dann setzte sie sich auf die Ofenbank neben das bis auf den Boden gehende Wanduhrgehäuse und trieb den Perpendikel die ganze Nacht hindurch hin und her. Schlag vier Uhr wurde Barthli Flutsch geweckt, aber obschon er sich freute, daß ihn seine Frau so pünktlich aufgeweckt hatte, ärgerte er sich nun doch, daß das Morgenessen nicht bereitstand. Er fuhr deswegen seine Frau barsch an: "Jetzt hast du mir ja das Morgenessen doch nicht bereitet!" "Ei", antwortete die Frau, "wer hätte denn derweil den Perpendikel getrieben?" Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Klungerin

Source: Die Klungerin

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Die Klungerin Am Zürichsee, namentlich am linken Ufer, und im Oberland, geht ein altes, gespenstisches Weib um; es hat zwei Höcker, einen auf der Brust und einen auf dem Rücken und an den Händen lange, scharfe Nägel. Sie ist hauptsächlich den Kindern feind, denen man mit ihrem Erscheinen droht, wenn sie nicht einschlafen wollen. Aber auch Erwachsene quält und peinigt sie, indem sie ihnen des Nachts als böser Alp zusammengekauert auf die Brust hockt und mit ihren langen Nägeln die Hälse zuschnürt, so dass sie am anderen Morgen ganz elend anzusehen sind. Sie soll sich in einer schwer zugänglichen Höhle im Sihlsprung‚ im „Chrungelichaste“, aufhalten. Diese Unholdin gab Anlass zur Veranstaltung der „Chrungelinacht“ an einem Abend zu Ende des Jahres, da vermummte Leute in die Häuser eindrangen und mit den Spinnerinnen allerlei Schabernack trieben und den Kindern bange machten Ähnliche Gespenster, die umgingen, waren der „Böölimaa“, dem am Uetliberg eine Wohnung angewiesen ist, und der „Haaggemaa“, ein bösartiger Wassergeist, der in den Gewässern lauernd, seine Opfer mit einem langen Haken zu sich herab in die Tiefe zieht. Noch heute nennt man die dichten Schlingpflanzen am Seeufer „Haaggemanne“ Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Wörtlich aus Stauber, S. 46. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Kohlen

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Wie es scheint, waren doch die Erdmännchen auch nicht in allen Künsten und Wissenschaften erfahren, sondern in einzelnen Sachen bedurften sie die Hülfe der Menschen. Dieses war namentlich mit der Geburtshülfe der Fall. So wurde auch ein Mal eine in diesem Fache berühmte Frau, ihres Zeichens also eine Hebamme, zu der Frau eines Erdmännchens berufen, um ihr Hülfe zu leisten. Nach glücklich vollbrachtem Werke gab ihr der glückliche Gatte ihre Schürze voll Kohlen, mit dem Bedeuten, diese sorgfältig heimzutragen. Die „weise Frau" mochte wohl für ihre wichtige Hülfe eine bessere Belohnung erwartet haben als nur Kohlen, deren sie ja täglich genug selbst fabrizierte, und warf beim Heimgehen dieselben Hand voll um Hand voll geringschätzig weg, ohne auf das feine warnende Stimmchen zu hören, das ihr bei jeder Hand voll zurief: „Je mehr ass de zattest (zerstreust) je weniger de hattest!" Als sie unwillig heim kam und ihre Schürze ablegen wollte, fiel ein helltönender Gegenstand auf den Boden. Verwundert hob sie ihn auf und siehe, ein blinkendes Goldstück lachte ihr entgegen. Jetzt, freilich zu spät, glaubte sie die Warnung des Erdmännchens zu verstehen. Sie hatte leichtsinnig die allbekannte Regel vergessen , dass man auch die geringste Gabe der Erdmännchen nicht verschmähen dürfe. In strafbarem Unmuthe hatte sie die reiche Gabe der guten Leutchen weggeworfen und sich selber grausam bestraft. Freilich ging sie schnell den gleichen Weg zurück, um die verachtete, nun so werthe Gabe zu suchen. Allein ihre Bemühungen waren vergebens, es waren weder Kohlen noch Goldstücke zu finden. Merke: „Wer Geringes nicht schätzt, ist Vieles nicht werth." Quelle: J. J. Jakob, Heimathkunde des Amtes Schwarzenburg, Bern, 1869. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www. maerchen.ch


by Die Kohlen und die Goldstücke

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In Domo bei Betten sollen Gogwärgini gewohnt haben. In einem Haus unter der Trächa begann dort der unterirdische Gang, der bis hinunter in den Rotten führte. Meine Brüder sind als Hirten noch in diesen Gängen umhergeschliffen. Einmal erwartete auch eine Gogwärgifrau in Domo ein Kind. Da ging ihr Mann nach Martisberg und bat die Hebamme, sie möge doch seiner Frau beistehen. Die Hebamme machte das, und als die Geburt glücklich vorüber war, füllte das Gogwärgi der Hebamme ihre Schürze mit Kohlen. Sie war überrascht und schätzte die Belohnung nicht gerade sehr hoch; Holzkohlen habe sie zu Hause schliesslich auch genug. Auf dem Heimwege liess sie eine Kohle nach der andern aus der Schürze fallen. Hinter ihr lief das Gogwärgi her, las die Kohlen wieder auf und warnte sie:                   «Wie meh dass zattscht Wie weniger dass d hascht!» Zu Hause angelangt, warf sie die letzten Kohlen unwillig auf die Trächa. Jetzt war jede Kohle ein Goldstück. Sofort machte sie kehrt und suchte auf dem Weg nach den weggeworfenen Kohlen, fand aber keine mehr. BETTEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Komödie

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Einmal musste ein Bauer am Sonntag das Haus hüten, während die andern in der Messe waren. Er nahm seine Pfeife und ging vor das Haus, um auszuruhen. Da sah er drei Studenten daherkommen. Der Mann rief sie herbei und sagte, sie sollten in der Stube ein wenig Platz nehmen. Alle drei gingen, ohne sich lange bitten zu lassen, in die Stube, sie nahmen ihre Pfeifen hervor und rauchten ebenfalls. Bald ging einer der Studenten in die Küche, um seine Pfeife anzuzünden. Als er zurück war, fragte der Hausherr, was sie sonst noch arbeiten würden. Sie antworteten, sie seien Schauspieler. Der Bauer sagte: «O dann könntet ihr eine Komödie aufführen und mich zuschauen lassen; dies habe ich noch nie gesehen und würde sehr gern dabeisein.» Die Studenten sagten, sie würden das schon machen, doch er müsse mithelfen, sonst könnten sie es nicht. Dem Bauern war das sehr recht. Da sagten sie, er müsse einige alte Kleider bringen. Auf der Stelle war der Mann mit einem grossen Haufen Lumpen da. Die Studenten steckten den Bauern in diese Lumpen, setzten ihm einen Dreispitz aufund hiessen ihn, in einen Sessel auf dem Tisch zu sitzen. Dann verboten sie ihm zu sprechen, bis sie kämen, sonst sei die Komödie aus, sie müssten auch noch in ein anderes Haus wegen der Kleider, die sie dort in einer Kiste gelassen hätten. Nun gingen die Studenten in die Küche, holten den Speck aus dem Kamin herunter und flohen so schnell sie konnten. Der Bauer sass lange auf dem Tisch und wunderte sich, dass sie so lange wegblieben. Jetzt kam die Köchin aus der Messe zurück, um das Mittagessen zu kochen. Sie erschrak furchtbar, als sie den Meister in diesem Zustand sah. Sie fragte ihn, was er habe, doch er gab keine Antwort. Sie fragte nochmals, was ihm fehle, da erhob er seine Hand und machte ein finsteres Gesicht. Jetzt kam einer nach dem andern nach Hause. Niemand wusste, wie sie den Hausvater zum Sprechen bringen könnten. Da sagte einer von seinen Leuten: «Wir müssen den Kaplan holen und ihn aus dem Gebetbuch lesen lassen, so wird es vielleicht besser.» Sie holten den Kaplan, der las und las, doch der Hausvater sagte gar nichts und deutete mit der Hand, sie sollten ihn in Ruhe lassen. Der Kaplan sagte, da könne er nicht helfen; sie müssten den Pfarrer holen. Einer von den Hausleuten rannte schnell zum Pfarrer und der kam sogleich. Er fing an zu lesen und las und las, doch der Mann sagte immer noch nichts und machte ein finsteres Gesicht. Da sagte seine Frau zur Köchin, sie solle in die Küche gehen und dem Pfarrer ein wenig Suppe bringen. Die Magd ging hinaus, und als sie die Suppe aus dem Hafen schöpfen wollte, da sah sie, dass alles Fleisch weg war. Sie liess die Suppe, wo sie war, rannte in die Stube und rief: «Der ganze Speck ist weg!» Als der auf dem Tisch das hörte, sprang er herunter und sagte: «Jetzt ist die Komödie aus!»     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Königin der Katzen

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Diese Geschichte spielte auf einer schwyzerischen Wäggitaler Alpe und ist mit der vorigen verwandt. Jedes Jahr, das Gott gab, musste ein Herr für das Vieh auf der Alpe einen Knecht dingen. Denn immer am Vorabend vor der Heimfahrt war bisher der Alpknecht in der Hütte auf geheimnisvolle Weise umgekommen. Für den verrufenen und gemiedenen Dienst meldete sich endlich ein stämmiger Tiroler. Er kannte die Gefahr und scheute sie nicht. Lustig zog er mit dem lieben Vieh auf die Alp, wo er den Sommer ungestört verlebte. Der Tag zur Abfahrt nahte und damit der verhängnisvolle Vorabend. Nun ging der Senn und sammelte Holderknebel, füllte damit ein grosses Kessi an und sott sie darin. Auch legte er sich nicht zur Ruhe, sondern blieb auf und in der Nähe der Knebel. Um Mitternacht schritten augenblicklich von allen Seiten herein viele Katzen, dass dem Knechte fast kein Platz übrig blieb. Unter diesen schlimmen Tieren erblickte er eine sehr grosse, die Königin aller Katzen. Sie stand eben unter dem Dache und drohte dem Tiroler sofort, ins Gesicht zu springen. Er, nicht faul, nimmt schnell einen Holderknebel aus dem Kessi und wirft die grosse Katze so geschickt damit ans Pfötchen, dass es hinunterfiel. Plötzlich stoben alle Katzen auseinander und als er das Abgeschlagene aufhob, da erblickte er mit Schrecken eine Hand und einen Finger derselben zierte ein goldener Ring. Er erkannte Ring und Hand seiner Meistersfrau, machte selbe gut ein und trug sie nach Hause. Kaum war er zum Erstaunen des Herrn hier angelangt, als ihm gesagt ward, die Meisterin liege krank im Bette und trage sehnliches Verlangen nach ihm. Er ging zu ihr hinein und das erste Wort, das sie sprach, war: „Ich gebe dir so viel Geld du willst für das, was du im Tüchlein hast." Aber der Knecht gab die Hand um keinen Preis, sondern zeigte sie dem Meister, dessen Frau, die Hexenkönigin, bald darauf im Feuer den Lohn holte.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.      


by Die Königstochter

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Es war einmal ein König, der hatte eine einzige Tochter. Als sie erwachsen war, war sie eine grosse und schöne junge Frau. Aber sie wusste dies auch. Einmal fragte der König, ob keiner der Prinzen, die sie schon gesehen habe, ihr gefalle. Und sie sagte: «Nein!» Da liess der König ausschreiben, die Prinzen, die seine Tochter heiraten wollten, müssten ihm ihre Bilder schicken. Gut, davon traf eines Tages ein ganzer Haufen ein. Der König und seine Tochter sahen alles durch, ohne ein Wort miteinander zu reden. Dann fragte der König die Prinzessin, ob ihr einer von diesen Prinzen gefalle. Sie antwortete: «Nein! Ein wirklich schöner ist nicht dabei.» Aber dieser oder jener sei nicht so übel, erwiderte der König. - Ja der, sagte die Tochter, habe ihr auch am besten gefallen. Aber vergleiche sie sich mit ihm, so sei auch der es nicht wert, ihr die Schuhbändel zu binden. Jetzt mussten sie jedem eine Antwort geben und die Bilder zurückschicken. Sie hatten eine Menge zu schreiben. Dem Prinzen, der ihnen am besten gefiel, schrieben sie, er sei zwar von recht hübscher Statur, aber trotzdem sei er es kaum wert, die Schuhbändel der Prinzessin zu binden. Als der Vater jenes Prinzen dies las, geriet er derart in Wut, dass er dem Vater der Prinzessin gleich den Krieg erklären wollte. Doch der Sohn meinte, er könne dem König und der Prinzessin eine grössere Schande antun, als Krieg zu führen. Der Vater sagte darauf, das nötige Geld wolle er ihm schon geben, und die Zeit dazu solle er sich nehmen. Jetzt ging der Prinz in die Stadt und kaufte von jedem Stoff einen Fetzen. Daraus liess er sich ein Narrenkleid machen. Dann nahm er seine Klarinette, zog das Lappengewand an, steckte sodann drei ganz schöne Edelsteine in die Tasche und ging zum Schloss der Prinzessin. Am Abend kam er dort an und fragte den König, ob er ihn nicht als Hofnarren nehmen wolle. Der König sagte, er solle über Nacht bleiben, dann könnten sie am andern Tag schauen, was für Spässe er mache. Wenn die seiner Tochter gefielen, so könne er dableiben, weil der alte Hofnarr davongelaufen sei. Also blieb er über Nacht. Am andern Morgen ging er auf den Hof und führte seine Stücklein und Spässe vor. Die gefielen der Prinzessin sehr gut, so dass er als Hofnarr bleiben konnte. Das Schlafzimmer der Prinzessin lag neben dem des Hofnarren, so dass sie mit ihren beiden Kammerjungfern jeden Abend da vorbei musste. Eines Abends legte er einen seiner Edelsteine auf den Tisch, und der verbreitete im ganzen Zimmer einen herrlichen Glanz. Der Hofnarr sass daneben und spielte meisterhaft auf seiner Klarinette. Jetzt ging die Prinzessin mit ihren beiden Kammerjungfern vorbei. Als sie spielen hörten, blieben sie stehen und hörten zu. Jetzt bemerkten sie den Glanz im Zimmer, und sie konnten nicht begreifen, woher der komme. Lange guckten sie durchs Schlüsselloch. Schliesslich beschlossen sie zu klopfen und einzutreten. Eine Kammerjungfer klopfte an die Tür, da rief der Narr: «Herein!» und alle drei traten ein. Sie konnten sich nicht genug an dem schönen Edelstein auf dem Tisch satt sehen, und die Prinzessin wollte ihn abkaufen. Doch der Hofnarr sagte, er habe genug Geld für seine Bedürfnisse und verkaufe ihn nicht. Wenn aber eine von ihnen die Nacht mit ihm verbringen wolle, so könne sie am Morgen den Stein haben. Eine Kammerjungfer liess sich darauf ein und blieb über Nacht bei ihm. Am andern Morgen bekam sie den Stein. Schnell ging sie zu den andern beiden, und die wollten unbedingt wissen, wie es ihr in der Nacht gegangen sei. Da lobte sie den Hofnarren in den höchsten Tönen, der sei ein so netter Kerl. Am folgenden Abend legte der Hofnarr den zweiten Stein auf den Tisch. Der war noch schöner und strahlender als der vom Vorabend. Wieder nahm er seine Klarinette hervor und spielte fröhlich darauf. Nach einer Weile kam die Prinzessin mit ihren Kammerjungfern vorbei, sie hörten wieder die Musik und sahen durchs Schlüsselloch einen herrlichen Glanz. Sie klopften an die Tür, und der Hofnarr sagte: «Herein!» Alle drei traten ein und konnten nicht genug den schönen Edelstein auf dem Tisch bestaunen. Die Prinzessin wollte ihn abkaufen. Doch der Hofnarr sagte, für Geld sei der nicht zu haben, wenn sie aber diese Nacht mit ihm schlafen wolle, so kriege sie am andern Morgen den Edelstein. Da die eine Kammerjungfer wegen der mit ihr verbrachten Nacht den Hofnarren gelobt hatte, liess die andere sich sogleich darauf ein, bei ihm zu bleiben. Die beiden gingen also miteinander ins Bett. Am andern Morgen gab der Hofnarr ihr den Edelstein, und sie ging schnell zu den andern und erzählte, sie sei mit ihm sehr zufrieden. Der Hofnarr ahnte nun, die Prinzessin werde am dritten Abend wegen des letzten Edelsteins selber kommen und bei ihm bleiben. Deshalb ging er an diesem Tag in die Stadt, kaufte alle möglichen Gewürze zusammen, schluckte sie hinunter um in der Nacht eine tüchtige Furzerei loszulassen. Am Abend legte er den dritten und schönsten Edelstein auf den Tisch; der liess das ganze Zimmer aufs Hellste erstrahlen. Wieder spielte er wacker auf seiner Klarinette. Die Prinzessin und ihre Kammerjungfern kamen an seinem Zimmer vorbei, hörten wieder spielen und sahen einen blendenden Glanz im Zimmer. Sie klopften, und als der Prinz «Herein!» sagte, gingen sie alle drei hinein. Dieser Edelstein war derart schön, dass die Prinzessin ihn abkaufen wollte. Aber der Hofnarr sagte, er gebe ihn nicht um Geld, wenn aber die Prinzessin heute Nacht mit ihm ins Bette gehen wolle, so gehöre der Edelstein ihr. Weil es in den vergangenen Nächten den Kammerjungfern gefallen hatte, war die Prinzessin einverstanden, mit dem Hofnarren zu schlafen. Aber ihr ging es schlechter. Am andern Morgen rief sie sehr früh die Kammerjungfern: Sie müssten sie aus diesem scheusslichen Gestank wegtragen und in ihr Zimmer bringen. Sie sei krank und könne nicht aufstehen. Dies tat man, und sie blieb an diesem Tag im Bett. Nach einiger Zeit sagte dann die Prinzessin dem Hofnarren, es gehe ihr nicht gut, es sei so und so, und sie dürfe es ihrem Vater nicht sagen. Darauf sagte der Hofnarr, er wolle sie schon ernähren, er sei ein Maler. Ob sie mit ihm in eine andere Stadt fliehen wolle? Der Prinzessin war dies sehr recht, und beide flohen ganz heimlich in die Stadt, woher der Hofnarr gekommen war. Er mietete ein Haus und liess die Prinzessin dort. Er tat so, als ob er arbeiten würde, doch er ging jeden Tag zu seinem Vater ins Schloss und am Abend zu seiner Frau. So vergingen einige Tage. Eines Abends beklagte sich die Prinzessin, sie langweile sich schrecklich, sie könne so nicht leben; wenn sie nur etwas zu tun hätte, so würde es ihr besser gehen. «Gut!» sagte der Mann, «ich will einen Brotladen aufmachen, dann kannst du Brot verkaufen und ein paar Rappen verdienen!» - «Das will ich machen!» sagte darauf die Frau. Sogleich war der Brotladen da; sie verbrachte die Zeit mit Brot verkaufen und langweilte sich nicht mehr. Eines Tages befahl der Prinz seinen Soldaten, sie müssten zu dem und dem Brotladen gehen und alles Brot abräumen, aber sie sollten nicht bezahlen. So machten sie es, und die Frau war sehr froh, alles verkauft zu haben. Am Abend, als der Mann nach Hause kam, sagte sie, heute sei es prächtig gelaufen. Die Soldaten des Königs hätten alles Brot bei ihr gekauft, sie habe kein einziges mehr. «Haben sie denn bezahlt?» fragte der Mann. «Nein!» antwortete sie, «aber bei meinem Vater haben sie auch nur gelegentlich bezahlt. Sie werden später bezahlen.» «Oh, das hast du jetzt gut gemacht; glaub ja nicht, dass du von denen je einen Rappen kriegst!» sagte darauf der Mann. Jetzt begann sie zu jammern und wollte kein Brot mehr verkaufen. Sie wolle etwas anderes machen. «Also denn! Wie du meinst!» sagte der Mann, «so will ich dir einen Geschirrladen aufmachen mit Porzellan-, Majolika- und Tonwaren!» «Das würde ich lieber tun als Brot verkaufen», antwortete die Frau. Sogleich war der Geschirrladen aufgestellt, und sie verkaufte täglich ihre Ware. Eines Abends sagte ihr der Mann, anderntags sei Markt, sie solle zwei bis drei Tische voll Geschirr vor die Türe stellen um es zu verkaufen. Am Tag darauf machte sie dies. Jetzt befahl der Prinz seinen Soldaten, die enge Gasse hinunterzulaufen und die Tische umzuwerfen. Sogleich zogen sie los. Die Frau sah die Soldaten kommen, doch sie marschierten so schnell, dass sie das Geschirr nicht mehr wegräumen konnte. Ja, sie konnte sich selber knapp hinter die Türe retten. Jetzt warfen die Soldaten die Tische um, und alles Geschirr ging in Scherben. Am Abend fragte der Mann, wie es mit dem Stand gegangen sei. Sie sagte, es sei schlecht gegangen, die Soldaten des Königs seien so schneidig die Gasse heruntergelaufen, dass sie das Geschirr nicht mehr habe wegräumen können, und alles sei zerbrochen. Lieber als weiterhin Waren zu verkaufen, wolle sie als Magd gehen und die schmutzigsten Arbeiten besorgen. «Gut! Wenn du Lust hast, in jemandes Dienst zu treten, so will ich morgen sehen, ob du eine Stelle im Schloss bekommst!» antwortete der Mann. Natürlich stellte der König sie ohne Umstände als Küchenmagd für den Abwasch ein. Eines Abends gaben die Offiziere im Schloss einen Ball. Da befahl der Prinz einem Leutnant, er solle in die Küche gehen und die Magd, die abwasche, zum Tanzen hereinholen. Die trage ein Säcklein auf sich mit allen möglichen Resten drin, die sie von den Tellern aufgelesen habe. Wenn er dreimal mit ihr getanzt habe, solle er es so einrichten, dass das Säcklein zu Boden plumpse, die Reste herausfielen und sie sich schämen müsse. Gesagt - getan. Der Leutnant ging an jenem Abend vom Ball weg in die Küche und lud die Magd, die abwusch, zu einem Tanz ein. Aber die wehrte sich und wollte nicht hinein. Aber der Leutnant liess nicht locker und zerrte sie in den Saal. Bevor der Tanz fertig war, stellte er es so an, dass das Säcklein mit den Resten sich loslöste und zu Boden fiel. Ein Stück Wurst rollte dahin, ein anderes dorthin, überall lagen Reste herum. Die Magd schämte sich schrecklich und ging nach Hause, während die andern Tänzerinnen vor Lachen schier platzten. Am Abend fragte der Mann, wie es ihr heute gegangen sei. Sie sagte ganz traurig, so miserabel wie heute sei es ihr noch nie gegangen. Der und der Leutnant habe sie auf den Ball geschleift, und dort habe sich dann ihr Säcklein mit den Resten losgelöst, so dass ein Stück dahin und ein anderes dorthin gerollt sei, und es habe ein schreckliches Gelächter gegeben. Sie wolle arbeiten, was es auch sei, aber ins Schloss gehe sie nicht mehr. «Also denn, wie du meinst, so will ich Bürsten und Wichse kaufen, und du kannst zur Kaserne gehen und den Soldaten die Schuhe putzen! Mit dieser Arbeit verdienst du einige Rappen», sagte der Mann. Der Frau war dies ganz recht. Sogleich war Schuhputzzeug vorhanden, und sie ging jeden Tag weg und musste jedem, der wollte, die Schuhe wichsen. Bald darauf stand ein Fest vor der Türe. Auf diesen Tag hielt ihr bald der eine, bald der andere die Schuhe zum Putzen hin. Aber alle hatten aufgelöste Bändel und wiesen sie an, die auch gleich zu binden. Sie konnte nichts anderes tun, als die Schuhe zu binden. Da kam auch ihr Mann in Prinzenkleidung zu ihr, mit aufgelösten Bändeln, um die Schuhe putzen und binden zu lassen. Das tat sie, ohne aufzublicken, wen sie bediente. Jetzt sagte der Prinz: «Schau ein wenig zu mir herauf! Schau, wer ich bin!» Jetzt erkannte sie ihn. «Weisst du noch», sagte der Prinz, «dass du mir geschrieben hast, ich sei nicht würdig, dir die Schuhbändel zu binden?! Wegen dieser Beleidigung hast du auf meinen Befehl mir und andern die Schuhbändel binden müssen. Komm jetzt mit mir ins Schloss! Von nun an sollst du ein anderes Leben führen!» Jetzt machten sie eine prächtige Hochzeit und wohnten seither im Schloss.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Königstöchter und der Hirsch

Source: Die Königstöchter und der Hirsch

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Einst lebten in den Mauern der guten Stadt Zürich zwei Königstöchter, namens Hildegard und Berta. Sie waren vom Hoflager ihres Vaters, König Ludwigs des Deutschen, in die Stadt an der Limmat gekommen, um hier in Ruhe den Bedürfnissen ihrer Seele und ihres Herzens, dem Gebet und gottgefälligen Werken, zu leben. Obwohl es ihnen zwar in der schön gelegenen Stadt gar wohl gefiel, wurde es ihnen nach und nach auch hier zu unruhig, und sie beschlossen, sich völlig in die Einsamkeit zu begeben. Also nahmen sie ihren Aufenthalt in der nicht allzuweit entfernten Burg Baldern, die hoch auf dem Grat des Albisberges thronte. Hier endlich war von ihnen aller Weltlärm abgetan und nur die Vöglein des Waldes erfüllten ihr Gebet mit süßer Melodie. Da saßen sie denn, Gott im Herzen, und schauten über den blauen See hinweg nach den schimmernden Schneebergen. Und wenn die Sonne aufging, kamen sie ihnen vor wie die alabasterne Treppe vor der goldenen Himmelspforte. Eines Sonnabends aber, als ein lauer Wind das erste Kirschenblust und die traulichen Glockenklänge der Dörfer um den See zu ihrem Hochsitz trug, überfiel sie ein großes Verlangen, sich ein wenig im Wald zu ergehen. Sie machten sich also aus ihrem alten Gemäuer. Obwohl sie sich nun fest vorgenommen hatten, beim Vergehen der letzten Vogelstimme wieder geschwind in ihren sicheren Burgstein zurückzukehren, gefiel es ihnen im singenden und rauschenden Hochwald auf dem Grat so wohl, dass sie sich von der Nacht gefangen nehmen ließen. Da irrten sie nun im Holz herum, schlugen an Steinblöcken und Baumstämmen an, und wenn sie meinten, ein Sternlein zu sehen und ihm nachhielten, fanden sie sich unversehens an einem gähen Absturze, der sie zurückschreckte. So kam es, dass sie sich zuletzt weder vorwärts noch rückwärts getrauten und hilflos stehen blieben. Es übernahm sie die Angst, sie möchten von wilden Tieren überfallen werden. Und wahrhaftig, sie fuhren zusammen, umarmten sich und empfahlen sich Gott, – irgendwo im Walde regte es sich. Dürres Geäste brach, und jetzt glaubten sie ein leises Treten zu hören. Alle Augenblicke erwarteten sie, die Augen eines Bären oder Wolfes vor sich glühen zu sehen. Da ward’s auf einmal seltsam hell vor ihnen, und jetzt schritt unter den Tannen hervor ein großer, weißer Hirsch, und wie sie ihm furchtsam entgegenstarrten, erblickten sie zu ihrem Erstaunen auf seinem gewaltigen Geweih zwei brennende Kerzen. Er kam ganz nahe zu den noch mehr verwunderten als erschrockenen Schwestern. Dann wandte er sich, sah sich um und ging wieder langsam davon. Aber immer wieder blieb er stehen, als warte er auf die Königstöchter. Als sie jedoch keine Miene machten, ihm zu folgen, verschwand er wieder unter den Tannen, und die Nacht umfing sie aufs neue. Noch in tiefes Nachdenken versunken über die seltsame Erscheinung, rafften sie sich auf, und siehe, da fanden sie sich nach einigen Schritten vor ihrem Burgtor, das sie doch vorher vergeblich so eifrig gesucht hatten. Sie gingen hinein und begaben sich ganz still zur Ruhe Am Abend des nachherigen Tages stunden sie wieder im Walde, denn es war ihnen über Nacht in den Sinn gekommen, der Hirsch mit dem leuchtenden Geweih möchte eine Bedeutung für sie haben und ihnen von Gott geschickt worden sein. Und richtig, kaum waren sie wieder im Dickicht, zeigte sich das vornehme Tier wieder, und es war den beiden Königstöchtern, es wolle sie veranlassen, ihm zu folgen. Immer lief es vor ihnen her und sah sich um, ob sie ihm auch nachkämen. Wohl folgten sie ihm ein Stück Wegs, dann aber wurden sie wieder ängstlich und wandten sich zu ihrer Burg zurück, worauf der Hirsch verschwand. Nun aber wurde es ihnen schwer. Sie fanden in ihrem hochgelegenen Burgstall keine Ruhe mehr und beschlossen endlich, dem Hirsch zu folgen, gehe es wohin es wolle, falls er sich nochmals zeigen sollte. Und als sie sich mit der ersten Vogelstimme in aller Morgenfrühe erhoben und in den noch ganz dunklen Wald hinaustraten, kam ihnen auch schon der Hirsch entgegen. Die zwei Lichter auf seinem Geweih schienen dasmal doppelt so stark zu leuchten wie sonst, und gar hoch und ruhig trug er sein prächtiges Gehörn, als er sah, dass ihm die zwei Königstöchter immerzu folgten. So wanderten sie denn zusammen im Wald über den Berggrat, Und als sie daraus hervortraten, stieg aus der vergehenden Nacht das ferne Schneegebirge, und irgendwo unten geisterte eine Glockenstimme. Und als sie tiefer kamen, öffnete sich allmählich das Tal. Es zeigte sich in einem silbergesponnenen Nebelschleier der See. Und nun nahm die Dämmerung aus ihrem blauen Schoß ein Dörflein ums andere und stellte sie gar zierlich um den See auf. Und als sie völlig in die Tiefe kamen, warf der nahende Tag seine Purpurdecke übers Hochgebirge, um der königlichen Sonne den Einzug zu bereiten. Doch die zwei Königstöchter Hildegard und Berta gewahrten nichts als den weißen Hirsch, dem sie im Namen Gottes und betend immer durch die erwachenden Auen, dem See entlang, folgten. Also kamen sie, sie wussten kaum wie, auf einmal in die Stadt Zürich hinein, und obwohl der junge Morgen mit strahlendem Besen eben die letzten Schatten der Nacht auch aus dem verborgensten Winkelgässchen hinauswischte, ging der Hirsch immer noch vor ihnen her, und sein Geweih leuchtete so herrlich wie in der tiefsten Nacht. Aber als er an die mitten durch die Stadt fließende Limmat kam, blieb er dem großen Münster gegenüber stehen und tat keinen Schritt mehr. Das wunderte die adeligen Schwestern gar sehr, und nachdem sie im großen Münster die Frühmesse angehört, kehrten sie gedankenvoll wieder nach ihrem Bergschloss heim. Von da an führte sie der Hirsch noch zweimal an die gleiche Stelle in der Stadt der Heiligen Felix und Regula. Und nun erkannten sie, dass die göttliche Vorsehung von ihnen hier den Bau eines gottgeweihten Hauses, eines Klosters, begehre. Sie wandten sich darum an ihren Herrn Vater, den deutschen König Ludwig, der ihnen das Bauwerk ausführen half. Und als nun dem Karlsturm des großen Münsters gegenüber auch das neue Münster Unserer Lieben Frauen fix und fertig dastand, nahm Hildegard Abschied von ihrer Schwester und bewohnte von da an als erste Äbtissin das Kloster, das an das schöne Münster angebaut worden war. Und als sie nach einem gottgefälligen Leben zu einem seligen Ende kam, verließ auch ihre Schwester Berta die einsame Baldernburg und ward also des Fraumünsters zweite Äbtissin. Ob die Hauptpforte ihrer Kirche aber ließ sie, zu ewigem Angedenken, den merkwürdigen Hirsch einmeißeln, der ihr und ihrer heilgmäßigen Schwester einst so getreulich Gottes Wille und Weg gewiesen hatte.     Meinrad Lienert, Zürcher Sagen. Der Jugend erzählt, Zürich 1918. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die kopflose Reiterei

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Die Fussstrasse, welche von Pélier aus nach St. Germain in Savièse hinanführt, ward immer etwas unheimlich geglaubt. Eine grosse Reiterei, mit kopflosen Pferden und Reitern, ebenfalls ohne Kopf, wollte man da nicht selten unter hellem Geklapper der Hufeisen auf- und abfahren gesehen und gehört haben. Ängstlich wichen die Leute von der Strasse ab und sprangen mit Schrecken durch begraste Wiesen und angebaute Felder nach allen Richtungen davon, zum Schaden der Grundeigentümer. Dem wollte ein wackerer Feldhüter, der für sein Amt lebte, wenn möglich abhelfen. Als er eines Abends die spukhafte Reiterei auch daher traben hörte, sperrte er voll Eifer mit seinem klafterlangen, mit Eisen wohl beschlagenen Amtsstabe die Strasse ab. Die anrennenden kopflosen Pferde bäumten sich vor der vorgeschobenen Sperre hoch auf und kehrten unwillig um. Einer der Reiter aber sprach zum Feldhüter: «Wenn du nicht der Amtsmann wärest, so würden wir dich hacken wie Kraut und zu Brühe zerstampfen.» Von der Zeit an liessen die Reiter nichts mehr von sich hören. Und wer das zuletzt erzählt hat, der trinkt noch jetzt statt Wasser lieber Wein.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Kornengel

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Früher zur Zeit, als die Menschen noch gläubig und fromm waren, ließen sich im Kanton Aargau, wenn das Korn auf dem Felde in Blüte trat, oftmals zwei liebliche Kindergestalten, ein Knabe und ein Mädchen, erblicken. Lange blonde Locken rollten über ihr leuchtendes Gewand und blaue Augen strahlten aus ihrem verklärten Antlitz. So schwebten sie, kaum die Halme der Flur berührend, ihre Hände wie zum Segen erhoben, in leichtem Schritte dahin und verschwanden, lange noch einen hellen lichten Schein hinterlassend. Dem Erscheinen dieser Kinder aber, welche man die Kornengel nannte und von dem die Sage ging, dass sie die Geister zweier im Korn verirrter Geschwister, die so ihren Tod fanden, gewesen, folgte regelmäßig ein außerordentlich fruchtbar Jahr. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Kraftwurzel

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In der Gemeinde Entlebuch an der Risetenfluh hatte ein Lustenberger eine Alp. Auf diese kam ein fahrender Schüler und fragte, ob er etwa 14 Tage da aus- und eingehen könne? Ja. Der Fahrende ging den Flühen nach uns las besondere Steine und Kräuter auf. Nach 14 Tagen wollte er bezahlen und gehen. Der gastfreundliche Senn nahm nichts an, er habe ja auch kurze Zeit bei ihm gehabt. Nun wollte der Fremdling seinem Wirte doch etwas geben, das ihm vielleicht nützlich sein könne, entweder Aufspielen, dass ihn niemand übertreffe, oder Spielen (Neesen), dass er immer gewinne, oder Kraft genug. Zum Aufspielen, dachte er, habe ich nicht Zeit, ich müsste ja fort; beim Spielen müsste ich andere ums Geld bringen, ich wähle Kraft genug. Nun schenkte ihm der fahrende Schüler ein Würzelchen, in welches er vor Sonnenaufgang dreimal beissen musste, um für den Tag Kraft genug zu haben. Nach einigen Tagen wollte der Senn probieren, ob auch etwas an der Sache sei, biss vor Sonnenaufgang in die Wurzel und versuchte nun die Grundschwelle der Hütte zu heben. Er vermochte es mit Leichtigkeit. Obgleich er ein kleiner Bursche war, probierte er seine Kraft an den besten Schwingern; er schwang sie alle oben aus, nur einen liess er absichtlich unbesiegt. Hieraus galt's für die Entlebucher mit den kräftigen starken Berner-Oberländer Schwingern sich zu messen. Alle Entlebucher wurden geworfen, nur der kleine starke Sohn Lustenberger hatte noch nicht geschwungen. Die Entlebucher sagten, sie halten sich noch nicht für besiegt; sie hätten noch einen Geissbuben bei sich. Erst wenn dieser überwunden werde, so geben sie es auf. Die Oberländer lachten und spotteten über den Kleinen, sie wollten ihn ja erdrücken, meinten sie. Die Entlebncher bestanden darauf und der anderbeste der Berner musste an ihn hin. Lustenberger brauchte nicht seine ganze Kraft und zog den Oberländer so lange her und hin, bis er Blut spie und sagte, nun sollte es der Beste probieren; der habe eine unbändige Kraft. Der Beste wurde von ihm nun wie spielend mit Leichtigkeit auf den Boden geworfen. Zu Hause wollten sie bauen und eine schwere Schwelle führen. Zwei Pferde mochten sie kaum. Unter dem Mittagessen nahm der Junge sie auf die Schulter und trug sie vor das Haus. In einem Loch lagen mehrere Saghölzer, auch diese trug er hinauf. Als der Vater diese Wunderdinge sah, sagte er: „Das geht nicht mit rechten Dingen zu, Bub, du musst mir zum Herrn Pfarrer." Er wollte lange nicht, endlich ging er mit dem Vater. Der Pfarrer meinte, das sei nicht Recht, er könnte ihn nicht recht absolvieren, wenn er die Wurzel nicht zurückgäbe oder wegwärfe. Nun tat er sie von sich und verbarg sie und als er sie später wieder suchte, fand er sie nicht mehr.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Die Kraftwurzel

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Im Luzerner Entlibuch an der Risetenfluh, hatte ein Senn namens Lustenberger eine Alp, auf der sein Bub die Ziegen hütete. Auf diese Alp kam einst ein Fahrender Schüler, und der fragte den Sennen, ob er etwa vierzehn Tage in seiner Sennhütte aus- und eingehen könnte. Der Senn bewilligte es ihm gastfreundlich. Nun stieg der Fahrende den ganzen Tag in den Flühen herum, las besondere Steine auf und sammelte allerlei heilsame Kräuter. Als die vierzehn Tage um waren, nahm er seinen Sack auf den Rücken und machte sich zum Fortgehen bereit. Er verabschiedete sich vom gastlichen Senn und fragte ihn, was er ihm schuldig sei, er wolle jetzt bezahlen. Doch der Senn nahm nichts an und sagte, er sei ihm nichts schuldig, auch dürfe er wiederkommen, wenn es ihn gelüste. Er habe ihnen doch auch viel Kurzweil gemacht, womit sie sich bezahlt genug erachten. Diese Gastfreundlichkeit freute den Fahrenden Schüler. Er dankte dem Sennen. Zu seinem Sohne aber, dem Geißbuben, der ihn ein Stück Wegs begleitete, sagte er, er wolle ihm doch etwas geben. Und er sprach: "Entweder sollst du Musik machen können wie weit und breit kein Mensch im Land, oder du sollst also spielen können, daß du immer gewinnst, oder du sollst Kraft genug bekommen. Nun wähle!" Der Geißbub besann sich nicht lange. Er sagte: "Zum Musikmachen habe ich keine Zeit, beim Spielen müßte ich andere Leute um ihr Geld bringen, so wähle ich Kraft." Jetzt überreichte ihm der Fahrende Schüler ein Würzlein und sagte zu ihm: "Wenn du jeweilen vor Sonnenaufgang dreimal ins Würzlein beißest, hast du für den ganzen Tag Kraft genug." Dann nahm er Abschied und ging bergabwärts. Nach einigen Tagen wollte der Geißbub probieren, ob auch etwas Wahres an der Sache sei. Bevor die Sonne um die Bergnasen zu gucken vermochte, biß er dreimal in das seltsame Würzlein. Darauf machte er sich hinaus und versuchte, die Grundschwelle der Sennhütte zu heben. Und siehe, es ging ganz leicht. Das freute ihn unbändig, denn nun sollte ihm einer kommen. Bald versuchte er's mit Schwingen. Er schwang bald alle die gerühmtesten Schwinger im ganzen Entlibuch obenaus und warf sie also, daß sie auf dem Rücken lagen wie im Grab. Nach kurzer Zeit galt er für den Schwingerkönig von Entlibuch. Da hielten die Entlibucher eine große Älplerkirchweih ab, bei der es ein großes Schwingen gab. Zu diesem Alpfeste stellten sich auch die bärenmäßigen, stiernackigen Sennen des Berner Oberlandes ein. Wie wacker sich die Entlibucher auch hielten, den vierschrötigen Riesen des Berner Oberlandes waren sie nicht gewachsen. Alle Schwinger des Entlibuchs, auch die besten, wurden geworfen, daß sie dalagen wie das Zicklein in der Pfanne. Die Berner Oberländer fingen schon zu jauchzen an und meinten, sie hätten's gewonnen. Doch die Entlibucher gaben es noch nicht verloren. Sie sagten, sie hätten noch einen Geißbuben; erst wenn dieser auch gebodigt sei und auf dem Rücken liege, gäben sie's auf. Nun mußte der Geißbub, der kleine Lustenberger, in den Kreis treten. Wie ihn die Oberländer Sennen sahen, lachten sie laut auf und sagten, sie wollten den Kleinen gleich erdrücken. Doch die Entlibucher bestanden auf dem Kampf, und so mußte der zweitbeste Oberländer mit ihm den Hosenlupf probieren. Jetzt ging's los. Sie packten einander gut an, und der Oberländer dachte schon, er hätte gewonnenes Spiel, denn der Geißbub kam ihm gar leicht vor. Aber nun langte der kräftig zu und zog den Oberländer so lange hin und her, bis er Blut spie und sagte, er gebe es auf, der Beste müßte mit ihm schwingen, da er wirklich eine unbändige Kraft habe. Nun trottete der bäumigste Berner Senn auf den Geißbuben zu. Er drückte ihm wie üblich erst die Hand, und danach nahmen sie einander an den Hosen und schwangen eins zusammen, daß der Rasen aufgerissen wurde. Aber unversehens lag der schwere Oberländer wie ein abgeasteter Baumstamm im Weidgras. Von da an galt der Geißbub als der Stärkste im Land. Das kam seinem Vater gar dienlich, als er baute. Er wollte eine schwere Schwelle zum Hause führen lassen, die zwei Pferde nicht zu ziehen vermochten. Dann nahm sie der Bub auf die Schultern und trug sie ohne weiteres nach Haus. Auch ein paar Baumstämme, die in einem Graben lagen, trug er mir nichts dir nichts zum Hause. Als nun sein Vater all diese Wunderdinge sah, stand ihm der Verstand schier still. Er schüttelte den Kopf und sagte endlich: "Bub, das geht nicht mit rechten Dingen zu; du mußt mit mir zum Pfarrer." Davon wollte aber der Geißbub nichts wissen, und lange gelang es ihm, sich auszureden. Als es jedoch dem Vater immer unheimlicher wurde und er immer stärker in den Sohn drang, er möchte doch mit ihm zum Pfarrer kommen, da er ja gewiß verhext sei, ging er mit ihm eines Abends ins Pfarrhaus. Wie er nun beim Pfarrherrn war und dieser ihm das Geheimnis von der Kraftwurzel herausgelockt hatte, sagte er, er könne ihn nicht absolvieren in der Beichte, wenn er die Kraftwurzel nicht zurückgebe oder wegwerfe. Dann ging der Geißbub mit seinem Vater betrübt heimzu. Zu Hause aber verbarg er die Kraftwurzel. Doch als er sie einige Zeit danach wieder an der Stelle holen wollte, wo er sie verborgen hatte, fand er sie nicht mehr. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, 16. Auflage, Stuttgart ca. 1920     Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die kranken Ziegen

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Ein armes Geissbäuerlein im Maderanertal hatte die Geissgelti im Stall. Es fragte endlich bei einem erfahrenen Alten um Rat. Der sagte: »Nimm nächste Nacht die elendeste – die fyltscht – von allen kranken Ziegen, wirf sie lebend in's Feuer und verbrenne sie. Aber schliesse dabei die Haustüre und lasse unter keinen Umständen jemand in's Haus, auch nicht den besten Freund; er mag bitten, wie er will, sei unbarmherzig! Der Mann wollte den Ratschlag befolgen. Während der Nacht zündete er in der Küche ein Feuer an und hielt die arme Ziege bereit. Da klopft's an der Haustüre. »Dü channsch etz nu wartä, dier tüeni etz ämal nid üff«, denkt der Bauer und greift nach der Ziege, um sie in die Flammen zu werfen. Wieder doppelet's, viel stürmischer als das erstemal, und ruft: »Lachmi doch innä!« Er erkennt die Stimme; es ist die des Sigristen, seines besten Freundes. »Jäh, bisch-es dü! Magsch mer värzieh, aber ich cha-di jetz nid innä lah!«, ruft er ihm. »E, worum ai nit, mer hend doch änand nie nyt z'Leid ta!« versetzt jener vor der Türe. Da stellt der Bauer die Ziege noch einmal auf den Boden, geht, öffnet die Türe, lässt den vermeintlichen Freund eintreten und bewillkommt ihn. Dann ergreift er wieder das Tier, um es dem Feuertode zu überliefern, aber da fällt ihm der Gast in den Arm und fragt: »Was wid-etz mit dem armä Tierli da machä?« »Värbrennä wil-i's! Ich ha g'Geissgelti im Gadä, und da het mier einä, wo meh värstaht als mier zwee, das g'ratä.« – »Äh, bis doch kei Narr und glaib ai nit deerä Dummheiten! Das isch nur Aberglaibä. Nä nei, tüe dü das arm Tierli nid äso martärä!« Da gibt der Bauer nach, lässt das Geissli am Leben und löscht das Feuer. Die beiden plaudern noch etwas miteinander, dann nimmt der Sigrist Abschied. Nach einiger Zeit trifft der geplagte Bauer seinen Ratgeber wieder an und stellt ihn zur Rede. Der aber versichert ihn, das sei gewiss nicht der Sigrist gewesen, er solle ihn nur fragen. Sofort läuft er hin und erkundigt sich; der hingegen will von allem zusammen nichts wissen. Die Geissgelti aber wurde jener den ganzen Sommer hindurch nicht los. Mein Gewährsmann fügt noch hinzu: »Das syg friehner gägä g'Geissgelti vill agratä wordä, aber das heigets alligs nu byg'fiegt, Wybervolch derfets keis i der Alp tohlä.« Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Kränzleinjungfer bei Oberhof

Source: Die Kränzleinjungfer bei Oberhof

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Auf dem Wege von Oberhof nach Wölfliswil kommt man in die Hohle Gasse, der Fusssteig daneben ist der Alte Kirchweg geheissen. Derselbe führt zu einer nahen Bergquelle. Dorten am sogenannten Stegli liess sich die Kränzleinjungfer sehen, ein freundlicher Geist, der ein Flitterkrönlein aus Glasperlen und Goldschnürchen im Haare trug, wie es sonst bei den Frickthaler-Mädchen allgemein Mode war. Im Arme hatte sie einen grossen Wasserkrug, der mit Gold angefüllt war. Sie hat ihn öfters den Vorübergehenden angeboten, ist aber immer abgewiesen worden, weil man wohl wusste, dass man sich alsdann mit ihrer Erlösung beladen müsste. Dann erhob sie im Weggehen stets ein gar jammerhaftes Wehgeschrei. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 147 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Die Kreuzfluh

Source: Die Kreuzfluh

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a) Von dem bösen Ende eines Entlebuchers erklärt man sich am Hohgant im Kanton Bern den Namen der Kreuzfluh zwischen dem Furgengütsch und der Gäbelisfluh. Felsenriffe an jener Wand haben nämlich die Gestalt eines aufrecht stehenden Kreuzes. Der Entlebucher stand in frechem Übermute spottend am äussersten Rande des Felsens, als er von einem schwarzen Ziegenbock hinaus in den entsetzlichen Abgrund gestossen wurde. „Potz Chrüz!" rief er im Sturze und wirklich entstand an der Fluh das Kreuz. Wo über demselben zwei Streifen sichtbar sind, hat der Unglückliche im Falle umsonst versucht sich festzustemmen. So die Erzählung im Kanton Bern.   b) Aber etwas anders lautet sie im Entlebuch. Die Leute behaupten, dass ein katholischer Jüngling aus dem Entlebuch dort oben hoch auf dem Felsgrat mit einem Reformierten aus dem Bernbiet geschwungen habe und vom Gegner über die Fluh in die Schründe derselben geworfen worden sei, wo sein Körper zerschmettert lag. Die Reformierten spotteten: „Dort oben dem Verstorbenen ein Kreuz zu stecken, werden jetzt die Katholischen wohl bleiben lassen." Sie wussten wohl, dass dort kein Mensch lebendig hingelangen könne. Drauf in folgender Nacht hörte man von jenem Felsen her lange Zeit hämmern und meisseln und am Morgen war an der Fluh jenes Kreuz zu sehen, an einer Stelle, wo es rein unmöglich gewesen, dass Menschen hätten dahin kommen und arbeiten können.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Die Kreuztanne

Source: Die Kreuztanne

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Eine Viertelstunde von Russwil entfernt, im Schächenbühlwald auf einer Anhöhe, steht gross und üppig eine Tanne mit einem heiligen Kreuzbilde daran. Darum der Name. Es ist nicht richtig auf dem Platze. Mehrere Jahre nach einander haben Jäger aus der Gegend hier einen grossen schönen Hasen erblickt und darnach geschossen; allein immer fehl und immer machte dann der Hase ihrer spottend schön das „Männchen".   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Die Kristallgräber

Source: Die Kristallgräber

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Die geschicktesten Kristallgräber waren die Väter Kapuziner. Einstmals hatten sie am Eigen bei dem Rotstock durch magische Künste ein Kristallgewölbe entdeckt, das viele, viele Klaftern tief im Berge drin war. Sofort begannen sie nach der Richtung hin, wo das Kristallgewölbe lag, einen Stollen zu graben. Kaum aber in seine Nähe gelangt, erhob sich ein Rumoren und Poltern in dem Berg, das sich keiner zu erklären wusste. Als aber das Gewölbe zu Tag lag, ward es ihnen klar. Kein einziger Kristall fand sich in ihm vor. Die Erdmännchen hatten sie alle weggeräumt und sich mit ihnen tiefer in den Berg hineingeflüchtet. Daher jener Höllenlärm entstanden war. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Kristallhöhle

Source: Die Kristallhöhle

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Die Kristallhöhle in Kobelwies muss einen verborgenen Ausgang haben. Ein Fuchs lief vorn hinein und kam dann bei Freienbach wieder zum Vorschein. Mündlich Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 78, S. 36 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Kristallhöhle im Hinterbirg

Source: Die Kristallhöhle im Hinterbirg

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Vor langer Zeit suchte einst ein Hirte auf Alp Tschingelfeld am Faulhorn des Abends weitab von der Hütte seine verlaufenen Ziegen zusammen. Als die scheidende Sonne noch eben die obersten Gipfel der Schneeberge mit goldner Pracht beschien, gelangte er nach dem Hinterbirg, einer unheimlichen Wildnis. Wie nun der Hirte an den Rand eines silberweiss dahinschäumenden Baches trat, öffnete sich plötzlich vor ihm gegen den Fels zu eine grosse Kristallhöhle. Entzückt über diese unerwartete feenhafte Erscheinung stand er vor der Öffnung. Von den Wänden des Gewölbes ragten lange Kristallzacken und warfen in buntem Gold- und Silberschein einen majestätischen Farbenglanz. Anfänglich lockte die Wunderpracht den Älpler, völlig hineinzugehen. Als er jedoch mit seinem Alpenstock an die vorderste Zacke schlug, wurde ein hallendes, beinahe überirdisches Echo im Innern hörbar. Grausend wandte er sich hinweg und zog in seine Hütte. Am andern Tage zog es ihn wiederum nach der geheimnisvollen Stätte hin, aber das Tor des unterirdischen Zaubergemaches öffnete sich ihm nicht wieder. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Kristallhöhle im Hinterbirg

Source: Die Kristallhöhle im Hinterbirg

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Eines Herbstes, etliche Tage vor dem Abzügeln, stieg der Tschingelfelder Glauses Jaggelli den Schafen nach, um diese dann bei der Hand zu haben, wenn es galt, mit der grossen Ware talaus zu ziehen. Jetzt, wo es schon merklich kühle Nächte gab, bekamen die Bänzen Lust, sich immer höher in die Gräte zu verlieren, und da war es ratsam, die Unsteten rechtzeitig zusammenzuhalten. Im Hinterbirg, einem kleinen Tälchen am Rande der Alp gegen die Grindelwaldseite hin, verschlug es Jaggellin an ein munter dahergischtendes Bächlein, dessen Lauf er schon oft gefolgt war und auch jetzt wieder folgte. Noch hatte er von den Schafen keine Scheiche erlickt, er mochte sein „Bänz, häl-häl-häl!“ den Hals voll rufen, der kühle Wind trug ihm immer nur den Widerhall aus den hohen grauen Flühen und den mit Schneepietschen behafteten Hängen zu. Ausgiebig schritt er aus, die Tage kürzten, und wenn die Bänzen an Tschingelfeld auf‘s Ausziehen versessen waren, hatte man die Zeit zwischen den Sternenscheinen zu nutzen. Auf einmal, der Schreck warf Jaggellin fast hintenüber, ging vor ihm der Felsen auseinander, und er sah in eine grosse Höhle. Sturm und stur blieb er vor dem Mordsloch stehen. Da drinnen glänzte und gleisste es wie aus tausend Spiegeln, in die die Sonne scheint. In allen Farben ragten von den Höhlenwänden prächtige Kristalle, kleine und grosse, und ihr strahlendes Leuchten mischte sich zum feenhaften Zauberglanz. Vergessen waren die Schafe, vergessen die kürzer gewordenen Tage. Mund und Augen sperrangel offen, im schitteren Küherbart ein lebhaftes Zucken, staunte der Älpler in die nie gesehene Pracht. Als er sich endlich, endlich selber wieder spürte, fasste er sich ein Herz, die Höhle zu betreten, schlug aber vorsichtshalber mit dem Bergstecken an die vordersten Kristalle. Da dröhnte in der Höhle drinnen ein mächtiges helles Echo, als klirrten alle Fensterscheiben der Welt. Der Mann rannte davon - und konnte sich doch nicht von dem Anblicke trennen. Aus der Entfernung merkte er sich die Umgebung der Höhle, im Bächlein nicht weit davon lag ein grosser gelber Stein, ein sicherer Anhaltspunkt. Man konnte nicht wissen! Wenn ihm nur bald die donners Bänzen über den Weg laufen würden, die mussten ihm zuerst in Sicherheit, dann liess sich weiter schauen. Bis zum Abend hatte der Älpler die Schafe gefunden. Am nächsten Tag machte er sich neuerdings nach dem Hinterbirg auf, kam an das Bächlein und zu dem gelben Stein, die Höhle fand er nicht wieder. Und so oft er auch in späteren Jahren auf die Suche ging, der Felsen tat sich nie mehr auf. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Kronschlange

Source: Die Kronschlange

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Ein Mädchen ging jeden Nachmittag mit seinem Schüsselchen warmer Milch und Brot darin hinter das Elternhaus und wollte nur da essen. Auf dieses wurden endlich die Eltern aufmerksam und der Vater verbarg sich einmal an der Ecke des Hauses, um, ungesehen von dem Kinde, doch zu erfahren, warum es jedesmal dort hinausgehe. Als nun der Vater so auf der Lauer stand, hörte er, wie sein Kind zu jemanden sagte: „Ach! Du trinkst und nimmst mir ja alle Milch, friss Brocken auch!" - Die Rede vewunderte den Vater, er bog sich um die Ecke und da sah er mit Entsetzen, wie ein Wurm Milch trank aus dem Schüsselchen seines Kindes. Was er seinem Töchterchen sagte und wie er die Schlange entfernte, ob das Kind später noch Sehnsucht nach der Schlange, oder die Schlange Sehnsucht nach Milch hatte, weiss ich nicht mehr genau. Einige wollen behaupten, das Mädchen habe mit Einwilligung des Vaters fortgefahren und habe täglich ihr Milchbrot mit der Schlange geteilt, und sie habe dieses selbst noch als Jungfrau getan und endlich bei ihrem Hochzeitmale sei die Schlange auch in den Speisesaal hereingekommen, und habe ein goldenes Krönchen in den Schoss der Braut gelegt. Unsere alten Obwaldner fabelten sonst noch sehr viel von Schlangen mit goldenen Krönchen auf ihrem Haupte.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Die Kröte (Sargans, SG)

Source: Die Kröte (Sargans, SG)

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Unter der Kirche ruht auf einem unergründlich tiefen Wasser eine riesig grosse Kröte. Wenn diese sich einmal umdreht, wird die Kirche zusammenstürzen. Dr. Henne-Am Rhyn, Deutsche Volkssage. Wohl die ursprünglichste Erklärung für ein Erdbeben. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 173, S. 82 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Kröte im Grabe

Source: Die Kröte im Grabe

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Ein Geizkragen befahl, ihm sein zusammengerackertes Geld nach dem Tode in den Sarg zu geben, was auch geschah. Der Sigrist, der davon vernommen hatte, dachte, das sei unvernünftig, ging nachts, öffnete das Grab, um sich des Geldes zu bemächtigen. Doch war sein Erstaunen gross, als er auf dem Leichnam eine mächtige Kröte fand, die das Geld in den Rachen des Toten stopfte, der es hinunterwürgte. Fr. Gisler-Zwyssig, 68 J. alt, Isental Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Kröten (Rorschach, SG)

Source: Die Kröten (Rorschach, SG)

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Kröten, die am Tag ruhig in einem Teiche beisammen sitzen, treiben nachts als Unholdinnen ihr Unwesen; sie erzeugen Donner und Blitz, Sturm und Regen und richten Verheerungen an. Die heilige Patronin des Ortes kann sie zurücktreiben und so ihre Flur beschützen. Dr. Henne-Am Rhyn. (Die deutsche Volkssage. Wien, Pest. Leipzig. A. Hartleben, 1879.)   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 37, S. 20 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Kröten als verwünschte Menschen

Source: Die Kröten als verwünschte Menschen

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Gemäss dem Volksglauben in Obwalden waren Kröten verwünschte Menschen. Desshalb hatten viele sehr grosse Furcht vor dem Tiere. Andere, um die verwünschte Seele zu erlösen, werfen die Kröten aufs Hausdach, damit sie dort verdorren und aus der Hülle die gefangene Seele frei werde.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Die Krötenthaler zu Veltheim

Source: Die Krötenthaler zu Veltheim

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Eine junge Frau von Veltheim fand bei einem Wassergraben einen ganzen Haufen Thaler. Schnell, wiewohl nicht ohne Befremden und Furcht, las sie dieselben in ihre Schürze, trug sie heim und leerte sie vor ihren Verwandten aus, die bei diesem Anblick heftig erschraken. „Jesus Maria — sagte die Mutter — was bringst du uns da!" Ich habe es ja alles gefunden, sagte tröstend dagegen die junge Frau. Ihr Mann wollte eben anfangen, die Thaler zu zählen, da verwandelten sie sich alle in lauter hässliche Kröten, und bis heute hat man diese nicht mehr aus dem Hause bringen können. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Küchlein

Source: Die Küchlein

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Es waren drei Schwestern. Die eine schneeweiss schön und gut, die zweite kohlschwarz und boshaft, die dritte halb gut und halb bös, halb schön und halb hässlich. Einmal hatte die schöne, gute die Knaben und Mädchen des Tales eingeladen, um ihnen eine Freude zu machen. Sie buk ihnen Küchlein aus schneeweissem Mehl. Da kam die böse, schwarze, vergiftete die Küchlein und wollte sie den jungen Leuten vorsetzen. Die gute weinte sehr und bewog dadurch die dritte Schwester zum Mitleid. Die buk braune Küchlein aus gewöhnlichem Brotmehl und setzte die weissen vergifteten und die braunen gesunden Küchlein den Gästen vor. Die Eigennützigen und Naschhaften nahmen die weissen und starben. Die Bescheidenen nahmen die gesunden braunen. Aus: U. Brunold-Bigler, Die Sagensammlung der Nina Camenisch, Disentis 1987, mit freundlicher Genehmigung der Autorin. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Kuh auf dem Stein

Source: Die Kuh auf dem Stein

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Neben einer Hütte in der Alp Blacken zu Surenen ragt so ein Gupfstein in die Höhe, fast unersteiglich. Eines Morgens stand aber eine Kuh aus der Alp oben auf diesem Stein. Man wusste nicht, wie diese Kuh wieder zu holen wäre. Da fragten sie einen fahrenden Schüler um Rat. Der sagte ihnen, sie sollen ein Feuer um diesen Stein herum anmachen und den ersten Besten, der von der Eggen her dazu komme, lebend in das Feuer stürzen und verbrennen. Das Feuer machten sie an. Da auf einmal hörten sie auf der Surener-Egg Einen so »hohl« jützlä. Er kam näher, und sie erkannten ihn; es war ein guter Freund, namens Brand, von Seedorf, der ein Ross in der Alp hatte. Darum erschraken die Älpler furchtbar. Als er bei ihnen ankam, stellte er sich ans Feuer, und sie schauten einander übelfeil an. In der Hand trug er die Halfter. Nach einer Weile fragte er: »Was wollt ihr mit diesem Feuer machen?«, und im Jux entgegnete einer: »Diese Kuh auf dem Stein einräuchern.« Und ein anderer fragte: »Was würdest du machen, wenn wir dich hineinwerfen würden?« Da lachte Brand hellauf, und bald hernach ging er weg. Einige Schritte entfernt, rief er höhnisch: »Ihr habt ihn gehabt, hättet ihr ihn gepackt!« Sie schauten ihm nach, und da kam sein Schwanz zum Vorschein, und sie sahen, dass es der Teufel gewesen. Josef Walker, Flüelen, 18 Jahre alt. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Kuh-Lene

Source: Die Kuh-Lene

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Vor langer Zeit, als die Hexen noch am »Iieben Vieh« und am Hausrate ihre Tücke ausübten, gab es auch in St. Peter eine Hexe, ein altes Weib, die sogenannte »Kuh-Lene«. Man erzählt von ihr Folgendes: Einmal musste ein Knecht über Nacht im Stalle bleiben, da eine Kuh schien kalbern zu wollen. Er ordnete das in solchem Falle Nötige an, und legte sich dann auf die Streue. Schlafen wollte er nicht und dachte in seiner einsamen Lage an alles Mögliche in der Welt, auch an die »Kuh-Lene«, und das so lebhaft, als wünschte er Dieselbe herbei. - Plötzlich wurde an der Stalltüre »g'rodlet und g'rupft«, gleich darnach die Türe selbst geöffnet, und - die Lene trat wirklich ein, eine eigentürn­lieh aussehende Laterne in der Hand. Sie stellte, ohne den Knecht zu be­merken, die Laterne ab, kettete die schönste Kuh los, und führte Dieselbe in den Stallgang. - Auf der Stelle fiel die Kuh zu Boden. Wie ein Metzger von Geschäft, der ein Rind zerlegt, so zerteilte auch Lene die Kuh ordnungsgemäss in unzählige Stücke, dann nahm sie ein Stücklein von den Eingeweiden und steckte es zu sich. Hierauf legte sie die Stücke wieder so zusammen, wie sie zusammen gehörten, nähte die Haut darüber, und lange ging es nicht, so stand die schöne Kuh da, wie zuvor, nur blickte sie traurig umher. - Die Lene aber sagte, indem sie zur Türe hinaus ging: »Nie würd die Chua wieder besser, as wä ma ra n'a Stranga Stuppa, wo es siebejährigs Maitji g'spunna hät, um d'Hora umzwingt.« - Der Knecht merkte sich diese Worte, und holte, da die Kuh am Morgen gar nicht aufstehen und nicht fressen wollte, Dasjenige, was die Lene als Heilmittel ausgeplaudert hatte, und am Abend war die Kuh völlig munter und so gesund wie vorher. Der Bauer aber war so böse auf die Lene, dass Die von da an schlecht leben hatte. Schon Vielen hatte sie etwas Leides getan. Einem holte sie, er wusste nicht wie, die Eier unter der Henne weg, einem Andern verderbte sie ein Kalb, einem Dritten verhexte sie den Hund, und es kamen viele Klagen gegen sie ein, - so dass die Obrigkeit es für gut fand, sie fangen und in's Gefängnis »werfen« zu lassen. Oben im Ratshause war eine »Rumpelkammer«, in die kam die Lene. Um der Hexe die Macht zu nehmen, verklebte man das Schlüsselloch mit weichem Brode. - Sie wurde nun »schmal« gehalten und torquirirt, wollte aber Nichts be­kennen, bis der Richter auf eine List verfiel, ihr das Gedächtniss zu »stär­ken«. - Er liess nämlich den Landweibel als »Teufel« verkleiden, und Der musste zur Geisterstunde über eine Leiter hinauf vor das Fenster der Lene. - Die arme Hexe, welche die zottige Gestalt mit den Ziegenbockshörnern erblickte, die grusig »laid« tat und sie aufforderte, zu bekennen, sonst müsse sie beim nächsten Mondwechsel mit ihm zur Hölle, mochte die Macht des Bösen zu wohl kennen, - am Morgen bekannte sie Alles und Jedes, auch, dass sie sich verwandeln könne, und erzählte unter Anderm: Als Katze sei sie einmal von einigen Schützen gefangen worden, die sie in einen Sack gebunden hätten, um sie zu erschiessen; in der Gestalt einer Maus habe sie aber den Sack durchbissen und sei entflohen; die Jäger hätten nunmehr in den leeren Sack geschossen, was ihr, zuzusehen, grossen Spass gemacht. - So sehr hatte der Lene der Besuch und die Drohung des vermeinten Teufels zugesetzt, dass sie auch bekannte, welcherweise ihr alle und jede Macht könne genommen werden; sie sagte mehr aus, als der Richter nur verlangte. - Sie soll die letzte Hexe in Schanvigg gewesen sein! Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Kuhhaut

Source: Die Kuhhaut

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Einmal verlor in einem Dörflein ein armer Mann seine einzige Kuh. Er nahm die Haut und ging in die Stadt, um sie zu verkaufen. Es war aber schon spät am Abend, und er musste im Wald unter einer Tanne übernachten. Um Mitternacht hörte er von weitem einen Lärm, da kletterte er ganz leise mit der Kuhhaut und allem auf die Tanne. Kaum war er zuoberst, so kam eine ganze Bande von Dieben. Die machten unter der Tanne ein grosses Feuer und fingen an, auf einem Tischlein daneben Geld zu zählen. Der Mann auf der Tanne oben zitterte furchtbar vor Angst. Da musste er plötzlich die Kuhhaut fallen lassen. Die Diebe erschraken schauderhaft, denn die dürre Kuhhaut krachte laut zu Boden. Die Diebe liessen das Geld dort, wo es war, und flohen weit in den Wald hinein. Da machte der Mann sich schnell auf die Socken und stieg von der Tanne herunter und nahm so viel, wie er tragen konnte. Er liess die Kuhhaut, wo sie war, und rannte nach Hause. Am andern Tag schickte er seine Frau zum Nachbarn, sie solle einen Scheffel holen, um das Geld zu messen. Denn es war so viel, dass er es nicht zählen konnte. Die Nachbarin nahm es wunder, was denn dieses Bettlerpack mit dem Scheffel zu messen hätte, sie getraute sich aber nicht zu fragen. Doch sie bestrich den Scheffel mit Pech, damit das, was sie messen würden, daran hängenbleibe und sie so draufkäme. Als die Frau den Scheffel zurückbrachte, klebte ein Goldstück daran. Da ging der Nachbar schnell zum armen Mann und fragte, ob sie den Scheffel vielleicht zum Geldmessen gebraucht hätten, und woher sie so viel Geld hätten. Der Mann erzählte des langen und breiten, wie es ihm gegangen war. Da schlachtete der Nachbar am andern Morgen früh seine zwei schönsten Ochsen und häutete sie ab. Er nahm die Häute, ging in den gleichen Wald, kletterte auf die gleiche Tanne, und um Mitternacht kamen die Diebe wieder darunter zusammen, machten ein Feuer und fingen an, Geld zu zählen. Nach einer Weile liess der Mann die beiden Häute fallen, doch diesmal erschraken die Diebe nicht, sondern brüllten gleich: «Komm nur herunter, jetzt bist du dran!» Sie zerrten den Mann von der Tanne herunter und brachten ihn um.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die kuhmelkende Schlange

Source: Die kuhmelkende Schlange

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Vor vielen Jahren hatte der Herr von Grassburg unter seinen vielen Knechten auch einen, der ein ausgezeichneter Schütze war und manch Rehböcklein und Häslein erlag seiner nie fehlenden Armbrust. Dieser gewaltige Nimrod war aber auch ein intimer Freund des Bachus und es wurde daher ein schöner Theil seiner Jagdbeute auf dem Altare dieses heidnischen Gottes geopfert. Damals waren nämlich die Jagdgesetze noch nicht so streng und er brauchte nicht jeden „Lampe" in die herrschaftliche Küche zu liefern. Eigentlich war aber dies gar nicht sein Beruf, sondern er war nur wohlbestellter Kuhhirt und pirschte nur so nebenbei. Es war einmal eben im Mai, als er bemerkte, dass eine seiner schönsten Kühe regelmässig am Abend viel weniger Milch gab als am Morgen; sie brachte das Euter fast leer von der reichen Weide heim, die sie in dieser Zeit in der Nähe des Schlosses täglich mit ihrer gehörnten Gesellschaft bezog. Zuerst hegte der Knecht Verdacht gegen die Holzhacker und Kohlenbrenner, die unweit ihr Wesen trieben. Da aber auch nach ihrem Weggang die Sache sich nicht besserte, so beschloss er, dem unberufenen Melker aufzupassen. Da bemerkte er denn schon am ersten Abend, dass die Kuh, als die Zeit zur Heimfahrt nahte, sich stets in der Nähe eines grossen Felsens aufhielt und oft im Fressen innehielt, als ob sie jemand erwarte. Leise schlich er herbei und verbarg sich ganz in der Nähe hinter einer Schermtanne. Plötzlich sah er eine grosse schöne Schlange in majestätischen Ringeln sich vom Felsen herwinden. Er wusste nicht, ob sie unter dem Felsen hervor oder gar aus einer Ritze desselben heraus gekommen. Starr vor Erstaunen sah er, wie sie sich an das strotzende Euter hing und mit sichtlichem Wohlbehagen die süsse Flüssigkeit sich schmecken liess. Erst jetzt bemerkte er auch, dass eine glänzende, goldene, mit blitzenden Steinen geschmückt Krone das Haupt der sonderbaren Melkerin schmückte. Immer dicker und voller rundete sich der schlanke Körper des gleissenden Reptils und ohne die geringste Bewegung zu machen, schaute die Kuh mit scheinbarem Wohlgefallen den Bewegungen des geschmeidigen Thieres zu. Als das Euter bald geleert, schlich die Schlange auf einige Augenblicke weg. Die Kuh rührte sich aber nicht von der Stelle; sie schien noch etwas zu erwarten. Und richtig, bald kehrte die Schlange wieder und trug in weit geöffnetem Rachen einen gewaltigen Büschel ihm unbekannter, saftiger Kräuter und hielt diese dann ihrer Milchspenderin zum Frase hin. Mit sichtlichem Wohlbehagen empfing diese die Labung, und sie schien ihr ausnehmend wohl zu schmecken. Nachdem die letzte Spur des, freilich wohlverdienten, Leckerbissens verschwunden, kroch die Schlange wieder in ihren Schlupfwinkel und die Kuh schickte sich an, den andern auf dem Heimwege zu folgen. Auch der Hirt schickte sich zur Heimkehr an. Ihm war jetzt auf einmal ganz eigenthümlich zu Muthe, die gleissende Schlange mit ihrer kostbaren Krone flimmerte ihm fortwährend vor den Augen. Aber noch ein anderes Räthsel war ihm jetzt zum Theil gelöst; das nämlich, warum seine braune schöne Liesel trotz des Milchsegens immer glatter, schöner und fetter wurde, während doch die Weide bei der fortwährenden Trockenheit stets abnahm, was auch das Aussehen der anderen Kühe aufs sprechendste bekundete. Die von der Schlange bescherten Kräutlein waren's, die diese wunderbar nährende und erhaltende Kraft besassen. Es leuchtete ihm ein, dass die Kenntnis derselben ihn zum reichen Manne machen müsste. Die ganze Nacht träumte er von goldenen Kronen, glänzenden Schlangen, die sich in prachtvolle Kühe verwandelten und dann von seltenen, ihm bisher unbekannten Kräutern sich nährten, von geheimnisvollen Gängen und Höhlen im Schlossfelsen, die angefüllt waren mit Kostbarkeiten aller Art. Als er am Morgen erwachte, stand der Entschluss fest: Die goldene Krone und die Kenntnis der wunderbaren Kräutlein müsse sein werden, es möge kosten, was es wolle. Kaum mochte er in fieberischer Ungeduld den Abend erwarten. In der ersehnten Stunde schlich er mit seinem Schiesszeug klopfenden Herzens hinunter in die nächste Nähe des eigenthümlichen Rendez –vous und verbarg sich wieder hinter der alten Schermtanne. Schon grasete seine braune, glatte Liesel ahnungslos in der Nähe des Felsens und nicht lange ging' s, so hing ihre seltsame Freundin wieder an dem süssen Quell. Da es dem Laurer nicht bloss um das kostbare Juwel, sondern auch um die geheinmisvollen Kräuter zu thun war, so wollte er nicht grausam ihren letzten Genuss stören. Er wollte den Moment abwarten, in dem die dankbare Melkerin ihrer Nährerin die kräftige Gabe darreichte; so hoffte er, beide Schätze auf einmal zu erhaschen; denn er zweifelte nicht daran, dass in der Nähe solche Kräuter wachsen. Wenn er nur einmal sie recht sehen könne, er werde sie dann zu finden und zu mehren im Stande sein, meinte er. Endlich war das Reptil zum letzten Mal gesättigt und schlich weg, um seiner Verpflichtung nachzukommen; aber vergebens strengte der Hirte seine Augen an, um zu sehen, wo es sich hinwende, er konnte es nirgends sammeln sehen . Entfernen durfte er sich nicht; denn jetzt war der Moment da, wo seine Kunst sich bewähren und ihn zum glücklichsten Schützen machen sollte. In banger Erwartung und fieberhafter Hast spannte er den Bogen, legte den flüchtigen Pfeil auf und hob das Mordgewehr zum Anschlage; denn eben kam sein herrliches Ziel schöner als je hinter dem bergenden Felsen hervor. Eben wollte die Lieset schmatzend nach den duftenden Kräutern die Zunge ausrecken, als der zischende Pfeil der holden Geberin das blitzende Auge durchbohrte. Mit einem furchtbaren Satze und hochgehobenem Schwanze entfloh die Liesel der grausigen Stätte. Aber warum rührte sich Hans, der glückliche Schütze, nicht von der Stelle, um seine kostbare Beute einzusacken? Das hatte seinen guten Grund. Eben als er den verhängnisvollen Schuss losgedrückt, hatte ein Felsstück, das in gewaltigen Sätzen von oben herabgerollt kam, ihm das rechte Bein zerschmettert. Nur mit der grössten Mühe und unter furchtbaren Schmerzen konnte er sich zu der Stelle hinschleppen, wo die Schlange, seiner Meinung nach, liegen sollte. Aber er konnte weder Schlange, noch Krone, noch Kräuter finden. Alles Suchen war umsonst. Das schien ihm nicht mit rechten Dingen zuzugehen. Jetzt wurde ihm auch klar, warum gerade in jenem Augenblick ein Stein sich über ihm lösen und gerade sein Bein zerschmettern musste. Offenbar hatte er es da mit anderen Mächten zu thun, und er schätzte sich bei seinem Unfall noch glücklich, dass er seine Tollkühnheit nur mit einem Beinbruche bezahlen musste. Wie leicht hätte der Stein ihm statt des Beines den Kopf zerschmettern können! Kaum war er nun mit seinen Betrachtungen auf dem Punkte angelangt, seine Lage als eine wohlverdiente und verhältnismässig gnädige Strafe anzusehen, so hörte er Tritte nahen und bald schaute das Gesicht Hubert's, des Schlossjägers, durch der Zweige Grün. Da dieser Hansen's Freund war, weil sie oft zusammen auf der Pirsch waren, so hoffte er mit Recht, dieser werde Hilfe holen, um ihn heimzutransportieren. Schnell waren auch, durch Hubert herzugerufen, zwei Schlossknechte da, die, unterstützt durch Hubert's Rat und That, ihn in seine Kammer trugen. Die Fragen nach den Ursachen seines Unfalls befriedigte er durch die Auskunft, es habe ihm auf seiner Suche nach einem verlorenen Rind ein, wahrscheinlich durch den Tritt eines Thieres losgemachter, Stein das Bein zerschmettert. Bald war der Schlossphysikus zur Stelle, der mit Hülfe der drei das Bein regelrecht verband, und so hoffte unser Abenteurer mit dieser Strafe davon zu kommen. Allein sein Unterfangen hatte noch andere Folgen. Zwar konnte er durch seinen Buben sein Schiesszeug noch an demselben Abend holen lassen; allein das Schicksal seiner Liesel, der Lieblingskuh, beunruhigte ihn die ganze Nacht und er durfte, ohne Verdacht zu erregen, nicht einmal nach ihr fragen. Aber das war auch nicht nöthig; denn am folgenden Morgen kam schon sein Stellvertreter mit der Schreckenskunde, die Lieset sei wahrscheinlich krank, sie wolle nicht fressen und gebe keinen Tropfen Milch. In der That verweigerte das schöne Thier jede Nahrung und starb nach wenig Tagen. Den Grund kannte niemand als Hans; aber er hütete natürlich seine Lippen. Der Verlust seiner Liesel ging ihm so zu Herzen, dass er sich gelobte, in Zukunft gänzlich der Jagd zu entsagen und durch Treue in seinem Hirtenamte seinen letzten Jagdfrevel zu sühnen. Ob er's gethan, darüber schweigt die Geschichte. Quelle: J. J. Jakob, Heimathkunde des Amtes Schwarzenburg, Bern, 1869. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www. maerchen.ch


by Die Kunde von der Ewigkeit wird nicht verraten

Source: Die Kunde von der Ewigkeit wird nicht verraten

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 Im Gut Leggistein bei dem Dorf Wassen lebten einst zwei fromme Geschwister beisammen, ein Bruder und eine Schwester. In ihren alten Tagen verabredeten sie sich und versprachen sich gegenseitig, dass jenes, welches zuerst vom Tode abgeholt werde, dem andern erscheinen und ihm berichten solle, wie es in der Ewigkeit aussieht. Zuerst musste die Schwester dem unerbittlichen Sensenmann folgen. Bald nachher erschien sie dem Bruder, und eine volle, glockenganze Stunde redete sie mit ihm von der unergründlichen Ewigkeit. Der Bruder sass dabei am einen, die Schwester am andern Tischeck. Zuletzt fügte sie ihren Worten noch hinzu: »Was miër da g'red't hennt, müess wider under d'Ärdä.« Seitdem mochte sich der Bruder nie mehr erlachen. Wohl erzählte er, dass ihm seine Schwester selig erschienen sei, aber nie wollte er den Inhalt ihrer Rede mitteilen. »Das trägä-n-ich under d'Ärdä, was sy miër da g'offäbaret het.« Franziska Kruog, 70 J. alt. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Kunst aus Schotte Gold zu machen

Source: Die Kunst aus Schotte Gold zu machen

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In einer Alp im Prättigau lebte einmal ein Fänggenmannli mit dem Senn auf sehr vertrautem Fusse und empfing von demselben gar mancherlei Geschenke und Gaben. Um dem Sennen für die empfangenen Wohltaten dankbar sich zu erzeigen, sagte es einmal zu ihm: Heute soll er es käsen lassen und soll ihm zuschauen, aber dabei kein Wort sprechen, bis es fertig sei. Der Senn ging auf den Vorschlag ein, setzte sich auf einen Melkstuhl und schaute dem Mannli zu. Dieses machte alles in der Ordnung und zuletzt, als es nach der Meinung des Sennen fertig war, stellte es den Kessel mit der Schotte wieder über das Feuer und schickte sich an, von Neuem zu manipulieren. Nun aber fing der Senne überlaut an zu lachen und über das Mannli zu spotten, dass es aus der Schotte noch einmal käsen wolle. Da legte das Mannli die Kelle bei Seite und sagte: »Wenn d'nüt weisst so seist« – und eilte fort und ließ sich nicht wieder sehen. Hätte der Senne geschwiegen, wie er versprochen, so hätte er sehen und lernen können, wie das Mannli aus der Schotte eitel Gold bereitete.   Quelle: Jecklin, Dietrich: Volkstümliches aus Graubünden. 3 Teile, Zürich 1874, Chur 1876, Chur 1878 (Nachdruck Zürich: Olms, 1986), S. 21.        Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Landvögtin

Source: Die Landvögtin

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Ums Jahr 1570 herum lebte zu Matt im Sernftal ein Landvogt, der hiess Giesing. Der hatte, als ihm seine erste Frau von drei Knäblein hinweggestorben war, wieder geheiratet, und die Stiefmutter war den Knaben nicht eben zugetan, denn sie waren alle drei taubstumm und konnten weder reden, noch hören. Als der Vogt nun ins Welschland ziehen musste und Abschied nahm, da trug er der Frau auf, ja zu allem Sorge zu tragen, am allermeisten aber zu den drei armen Knäblein, und sie versprach es ihm. In einer Nacht aber fing das Haus an zu brennen und brannte bis auf den Grund nieder, und als der Morgen aufging, da hatte die Landvögtin wohl alle ihre Kisten und Kasten gerettet, an die Knäblein aber hatte sie nicht gedacht, und so waren sie jämmerlich verbrannt. Als der Vogt des Herbsts wieder ins Sernftal geritten kam und sein Haus nicht mehr fand und seine drei Knäblein nicht, da machte er der Frau schwere Vorwürfe und klagte gegen sie. Sie aber schwört bei allen Heiligen, dass sie am Tode der drei Knäblein unschuldig sei, und wenn das nicht die lautere Wahrheit sei, «so will ich zytli verrünne und ewig verbrünne!» Bald darauf starb sie und war kaum im Grab, so schwoll der Sernft in einer Wetternacht an, trat über alle Ufer und riss und riss an der Friedhofmauer, und wich nicht eher zurück, als bis er den Totenbaum der Landvögtin in seine Fluten aufgenommen hatte, die ihn ohne Gnade dem höllischen Feuer zuführten.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Die lange Brücke

Source: Die lange Brücke

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Unweit vom Kloster Magdenau stand auf einem „Gütsch" das Schloss Allenschwanden, und über dem Tal, ebenfalls auf einem Bergrücken, stand auch ein Schloss. Diese eine Viertelstunde auseinanderliegenden Schlösser verband eine hoch über das Tal hinführende Brücke. Auch ein Flaschenzug, die Briefe hin- und herzuliefern, war vorhanden.    Senn, Tagebuch. Auch vom Schwänberg nach dem Rosenberg hinüber (Herisau) soll eine lederne Brücke geführt haben mit einem unterirdischen Gang. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 482, S. 282 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Laubegg bei Rafz

Source: Die Laubegg bei Rafz

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Die Laubegg bei Rafz Nördlich von Rafz bildet der Kaltwang einen kleinen Vorsprung ins Rafzerfeld hinaus. Hier stand einst die Burg Laubegg. Ihr letzter Bewohner war „Graf Lambert“, ein Raubritter, wie er im Buche steht. Er war jung war jung und stark und begehrte das Freifräulein Rosa von Nellenberg zur Frau. Diese aber mochte ihn nicht, so viel er ihr auch den Hof machte und sie besuchte. Eines Nachts, als er von einem Besuch bei seiner Angebeteten heimkehrte, wäre Lambert beinahe in einem Morast ertrunken, hätte ihn nicht der junge Graf von Sulz, Reinhard, der zufällig durch die Gegend ritt, gerettet. Die beiden wurden Freunde und beschlossen, zusammen am Turnier zu Schaffhausen teilzunehmen. Beim Eintritt in die Stadt erblickten sie das Fräulein von Nellenberg, das ihnen zuwinkte. Der Graf von Sulz verliebte sich alsobald in das liebliche Geschöpf und weckte die Eifersucht des Laubeggers, der es aber nur auf die Güter der Schönen abgesehen hatte. Als der Graf von Sulz gar seinen Turniergegner Lambert aus dem Sattel hob, loderte des letztern Leidenschaft in blutigem Hass auf. Vier Wochen nach dem Turnier sollte die Verlobung des Reinhard von Sulz mit Rosa von Nellenburg stattfinden, wozu auch Graf Lambert eingeladen wurde. Doch seine Missgunst verleitete den Laubegger, den ehemaligen Freund und Retter auf dem Wege zur Braut zu ermorden. Der Bruder des Ermordeten brachte aber an den Tag, wer der Mörder gewesen und sagte ihm die Fehde an. Die Rafzerfelder verbanden sich mit ihm und vereint zerstörten sie die Laubegg. Dabei fand ihr Besitzer den Tod. Seither sah man einen schwarzen Hund mit funkelnden Augen die Schätze des letzten Laubeggers bewachen. Sollte es jemand wagen, diese Schätze zu heben, würde das Untier den Schatzgräber in einen gähnenden schwarzen Abgrund stürzen. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Unterland Gekürzt aus „Hausfreund“ 1854, „Eine Volkssage“. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Lawine

Source: Die Lawine

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Einst, es muss am Ende des letzten Jahrhunderts gewesen sein, verwüstete eine Lawine in Grengiols einige Häuser. Auch Menschen blieben im kalten Grab. Der Pfarrer Bittel wirkte damals als Geistlicher in Binn. Ohne dass ihm jemand etwas gemeldet hätte, kam er in der Nacht auf die Unglücksstätte, und am Morgen um ein Uhr stand er auf der Lawine. Da war noch ein Kind verschüttet. Er zeigte den Leuten eine Stelle auf dem Schnee und befahl, dort zu graben, da sei das Kind, es lebe noch. Tatsächlich fand man es bald darauf noch ganz gesund. Ich kannte später diese Frau, die da als Kind aus dieser Lawine befreit worden war. GRENGIOLS Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Lawine im Rohrtal

Source: Die Lawine im Rohrtal

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1. Durch das Rohrtal hinunter fuhr die Lawine oder die Rübi. Vorn und hinten auf ihr sass oder stand je eine Hexe. Da läutete es in der dem hl. Gallus geweihten Pfarrkirche zu Wassen mit der grossen Glocke über Wetter, und die Lawine oder Rübi kam zum Stillstand. »Stoss hinnä!« schrie die vordere Hexe, »zich, zich!« die hintere. »Ich mag nimmä ziäh, der Galli briälet z'fast,« oder »Diä gross Vrenä briälet,« schnerzt noch die erstere, und beide verschwinden. Josefa Baumann, 76 J. alt 2. Einst kam die Lawine ganz besonders gross, so dass der besorgte Sigrist der St. Josefs-Kapelle daselbst eiligst lief und aus allen Kräften das St. Verena-Glöcklein läutete. Jetzt hielten plötzlich die erschreckenden Schneemassen in ihrem tollen Sturze inne, die Lawine stand still, und eine Stimme oben im Rohrtal rief: »Ds Vreni hed üff, m'r 'keemet nimmä wytters.« An jenem Abend fanden die Leute eines Hauses zu Wattingen, dass im Giessfass am Buffet der Hahnen verschwunden war, statt dessen ein Tannenzweiglein darinnen steckte. Frau Regli-Baumann, 76 J. alt, u.a. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Lawinenglocken

Source: Die Lawinenglocken

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Bachtälla und Blötza heissen zwei der gefürchtesten Lawinen im Lötschental. Sie haben eine gemeinsame Anbruchstelle an einer glatten Felsplatte des Tennbachhorns und teilen sich über dem Weissenriedban (Bannwald) in zwei Arme, die rechts und links an den Dörfern Weissenried und Ried vorbeidonnernd ins Tal stürzen. Ein Mauerkeil über dem Bannwald, die Lange Mauer geheissen, besorgt die Verteilung der Schneemassen. Ohne diesen Mauerschutz wären beide Dörfer längst verloren. Einmal im Hochwinter waren zwei Jäger von Weissenried auf Schneeschuhen bis zur Langen Mauer gekommen. Da sahen sie mit Schrecken, wie oben in der Lawinenplatte ein Lauwitier Schnee zusammentrug. Ein wilder Mann, es konnte nur der Böse sein, war ihm dabei behilflich. Plötzlich ging die Lawine los, der Bock war vorgespannt und der Wilde sass auf dem Schnee wie ein Fuhrmann. Die Leute im Tale mussten die Gefahr geahnt haben. Auf einmal fingen die Glocken von Ried und Weissenried an zu läuten. Die Jäger hörten noch, wie der Fuhrmann dem Bocke rief: «Gschwind rit! Gschwind rit! Leits uf bedi Riädli!» Darauf sagte der Bock unwirsch: «Mag nit; mag nit; die Gloggä singt äs anders Liädli.» Die Lawine teilte sich, wie immer, an der Langen Mauer, und die Dörfer blieben verschont. Quelle: J. Siegen, Sagen aus dem Lötschental, Erweiterte Ausgabe der Gletschermärchen (1905), Lausanne 1979. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die lebendig gewordene Puppe

Source: Die lebendig gewordene Puppe

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Auf der Alp Valésa in Somvix machten einst die übermütigen Hirten eine Puppe aus Käsmasse und behandelten und hätschelten dieselbe wie ein lebendes Kind. – Als nun die Alpentladung kam und der Tag der Abfahrt ins Thal da war, richtete sich die Puppe plötzlich auf und rief mit unheimlich drohender, befehlender Stimme den erschrockenen Hirten und Sennen zu: »Einer von Euch muss bei mir bleiben, wo nicht, geht's Euch Allen übel.« Begreiflich wollte aber Keiner der Auserkorene sein, und das Loos musste entscheiden. – Der Zurückbleibende nahm schweren Mutes Abschied von seinen Genossen und sah sie mit schrecklicher Ahnung talabwärts ziehen; mit furchtbarem Beben sah er die Puppe an, die ihn, grässlich grinsend, anglotzte und mit den Zähnen fletschte. Die Sennen waren bereits eine Strecke weit heimwärts gegangen, als der Zusenne bemerkte, dass er sein Taschenmesser in der Alphütte vergessen hatte. Er kehrte zurück, um dasselbe zu holen und ging durch eine Nebentüre in die Hütte, fand aber weder Senne noch Puppe in derselben und wollte durch die vordere Türe wieder den Heimweg antreten. Als er noch einmal umschaute, sah er plötzlich die Puppe, die zu einem Ungeheuer, mit weißer Kappe angetan, herangewachsen war, beschäftigt, die frische Haut des zurückgebliebenen Sennen auf das Hüttendach auszulegen und zu schaben; am Boden lagen große blutige Stücke Fleisch. Er war zum Opfer geworden für die Missetat seiner Genossen an den Gottesgaben. – Der Zusenne mochte aber dem Geschäfte des Ungetüms nicht lange zusehen; er kam schweisstriefend bei den Kameraden an und erzählte das Geschehene. Kaum heimgekehrt, packte ihn ein heftiges Fieber, an dem er lange Zeit krank lag, stets wähnend, die Puppe komme, um auch ihn zu holen.   Quelle: Jecklin, Dietrich, Volkstümliches aus Graubünden. Teil 1, Zürich 1874 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die lederne Brücke und die Burg Silenen

Source: Die lederne Brücke und die Burg Silenen

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Der Zwingherrenturm im Dörfli zu Silenen und der Turm auf dem Flüeli bei Amsteg seien vor Zeiten durch eine lederne Brücke miteinander in Verbindung gestanden; die Brücke sei von Zeit zu Zeit angespannt und von jenen Personen benutzt worden, welche die Gefangenen zu bewachen hatten, oder nach anderen spazierten da die Herren dieser Burgen hin und her. – So hörten wir von mehreren bejahrten Personen, von denen die einen auf die alten Leute, die andern auf eine alte Sage – äs Sägi – sich beriefen. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die letzten Heiden

Source: Die letzten Heiden

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Die letzten Heiden welche im Oberland lebten, verbargen sich in einer Höhle am Allmann. Sie waren von den Christen verjagt worden. In ihrer Verzweiflung stürzten sie sich über die Felswand hinunter, wo sie, Vater, Mutter und Kind, zerschmettert liegen blieben. Die  Christen fanden sie und dankten Gott, dass er die verstockten Heiden gestraft hatte. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Peterhans, Ins Zürcher Oberland, S. 169. HwbdA. 3, 1639 - 1653, s. v. Heiden (Winkler). Vgl. Heidenstube bei Glattfelden. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die letzten Herren von Facklastein

Source: Die letzten Herren von Facklastein

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In der Mitte zwischen Facklastein und dem Schlosse Marschlins liegen viele schöne Güter, u.A. auch eine Wiese, in welcher in der Richtung von einem Schlosse zum andern im Boden in fortlaufender Reihe Versenkungen sich weisen, welche die Existenz eines geheimen Ganges zwischen beiden Schlössern anzeigen sollen. Der Volkssage nach sollen die letzten Zwingherren auf Facklastein, zwei Brüder, Tyrannen gewesen sein, von denen der Eine, als er in einer Tenne des Dorfes Igis das ihm zu liefernde Korn untersuchen wollte, von den ergrimmten Bauern mit den Dreschflegeln erschlagen wurde. Der andere Bruder wurde verfolgt, flüchtete in den geheimen Gang und soll, in Denselben eingeschlossen, ein jämmerliches Ende gefunden haben. Jetzt noch will man in finstern Nächten die Seelen des Brüderpaares als kleine Lichtlein leuchtend, vom Dorfe herauf in den Ruinen erblicken. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die letzten Iffigenzwerge

Source: Die letzten Iffigenzwerge

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  Im Iffigen wohnte ein Bauer; der hatte drei kleine Knaben. Die Mutter war krank. Es war mitten im Sommer, und so musste der Vater in aller Herrgottsfrühe auf den Berg, um Heu zu mähen, und liess seine Kleinen im Bett. Allein, kaum hatte er die Türe hinter sich geschlossen, ging sie wieder auf, und nun trippelten drei Zwerglein herein, die in der Stube herumzutänzeln begannen. Sie gedachten, die Arbeit der kranken Mutter zu verrichten und deswegen war ihnen so froh zu mute. Doch die Kinder bekamen Angst, weil sie noch nie einen solchen Aufzug erlebt hatten. Eines fing an zu heulen; die andern setzten nach dem zweiten und dritten Takt auch ein und machten Begleitung, so dass alle miteinander ein Heidengebrüll losliessen. Und dabei tänzelten die Zwerge gar so possierlich. Sie zwirbelten nun ins Milchgaden, und diesen Augenblick benutzten die Kleinen, um aus der Stube zu kommen. Sie liefen dem Vater nach, schrien mordio, so dass das halbe Iffigen mit Äxten und Gabeln und Sensen in das Haus stürzte. Da purzelten die Zwerge aus der Türe, schauten sich noch einmal um und lächelten gar verschmitzt. Sie kamen seither nie mehr ins Iffigen.   Quelle: Georg Küffer, Lenker Sagen. Frauenfeld 1916. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Die letzten Lenkerzwerge

Source: Die letzten Lenkerzwerge

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  Die letzten Lenkerzwerge wohnten in den Staldenschöpfen. Es waren zwei ergraute Kameraden. Alljährlich kamen die Adelbodner und die Lenker einmal auf dem Hahnenmoos zusammen, um zu johlen, zu tanzen und einander zum Abschiede die Köpfe einzuschlagen. An diesem Feste wollten nun die beiden Zwerge auch ihren Teil haben, stapften brüderlich gegen das Hahnenmoos, hockten hinter Haselstauden und schauten ganz gemütlich dem Vergnügen zu. Die Mädchen sahen die beiden hinter dem Gebüsche kauern und kicherten vor Freude, und die Burschen wollten sich das Vergnügen leisten, sie einzufangen, damit die Mädchen sie in allernächster Nähe sähen und betasten dürften. Sie schlichen heran, packten eins am Bein; das andere konnte entwischen. Das fliehende Zwerglein rief dem andern zu: „Sie möge mit dr fürnäh, was sie wei, Verrat nit, was d'Reckholderstude z'bedüte hei!" Am Abend entliessen die Tanzgesellen zufrieden das gefangene Zwerglein wieder. Doch seither sah man keines mehr in der Lenk. Später entdeckte man, dass die Wachholderstauden den Eingang zu den Wohnungen der Zwerge verdeckten. Und wer heute nach den Staldenschöpfen klettert, kann ihre Höhlen noch sehen. Vor einer steht noch ein guterhaltener steinerner Tisch mit halbzerfallener Bank.   Quelle: Georg Küffer, Lenker Sagen. Frauenfeld 1916. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Die letzten Mönche zu Rüti

Source: Die letzten Mönche zu Rüti

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Die letzten Mönche zu Rüti Im Kloster Rüti hausten nach der Reformation nur noch drei Mönche. Der erste von ihnen, Rudolf Spon, der auch der jüngste war, hatte eines Metzgers Frau in einem benachbarten Orte mit Liebestrank also eingenommen, dass sie sich in Abwesenheit des Mannes in einer Nacht im Kloster beherbergen liess, obwohl sie daheim kleine Kinder zu hüten gehabt hätte. Da aber der Mann wider die Vermutung der Frau nach Hause kam, traf er die Kinder allein und vernahm, dass die Mutter im Kloster wäre. Der Mann nahm das Schwert, welches sein Vater im Schwabenkrieg geführt, wetzte es und ging zum Kloster, wo er der Frau bei der kleinen Pforte auflauerte. Morgens um vier Uhr öffnete der Mönch leise das Tor und entliess die Frau unter Liebkosungen. Der Metzger aber hieb „mit dem Sabul“ dem Mönch auf den Kopf, dass er tot niedersank. Die Frau konnte sich in der Finsternis in ein Haus flüchten, wo sie der dortigen Frau ihre Not erklärte: „Soll ich dir nicht vor Jammer sagen, unser sind drei Eheweiber beieinander gewesen, und mir allein ist ein solcher Jammer widerfahren!“ * Nächst dem Kloster ist der Rütiwald. In der Nähe stand ein Lehenshof, den ein junger Mann namens Isler bewirtschaftete. Der hatte ein junges, schönes, aber unzüchtiges Weib. Dieses hielt mit dem zweiten Mönch, Wolfgang Huber, im Walde geheime Zusammenkünfte ab, bis es der Mann endlich merkte. Er ging der Frau in den Wald nach, wo er sie „beim Waldmeister- und Enziansuchen“ fand. Isler machte der Frau bittere Vorwürfe, worüber der Mönch so erboste‚ „dass er ein aufgezogenes, geladenes Geschoss, so eine Art Pistolle“ dem Isler auf die Brust setzte und ihn zwang, einen Eid zu schwören, dass er zu keiner Zeit die Tat weder an ihm noch an seiner Frau rächen wolle, auch niemandem von diesem Vorfalle etwas offenbaren wolle. In Reue, Angst und Kummer erzählte er aber die Geschichte noch am gleichen Tag. Die Sache wurde ruchbar, und der Mönch floh ins Fischenthal, wo er mit Hilfe einiger Bauern am 7. Mai 1532 beim Steg mit dem Spiess einen Bären erlegte. * Der dritte, Sebastian Hegner floh mit Urkunden des Klosters nach Rapperswil und führte mit der Zürcher Regierung einen langen Prozess. Aber er verfiel eines Tagen in eine solche Raserei, dass er sich den Strick, den er sonst um die Kutte trug, um den Hals legte und sich erhängte. Als seine Konkubine, die just dazwischentrat, ihn mit dem Messer befreien wollte, fuhr ihm dasselbe in den Hals, „und so starb der Mönch halben gehenkt und halben geköpft“. Um die Tat im Verborgenen zu halten, wurde der Körper in die Ziegelhütte gebracht, daselbst in den feurigen Ofen geworfen und zu Asche verbrannt. „Solches geschah im Jahr 1555.“ Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Jahrbuch Pfäffikon Nr. 5, S. 161 Die Erzählung eignet sich des absonderlichen Stils und der Orthographie wegen nicht zur unveränderten Wiedergabe. - Zur Geschichte der letzten Mönche in Rüti vgl. K. W. Glaettli, Hinwil zur Zeit der Reformation mit Hinweisen auf die anderen Gemeinden des Bezirks Hinwil (Jahrheft der Antiquarischen Gesellschaft Hinwil 1950/51).   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Lichter in der Hanneggscheune

Source: Die Lichter in der Hanneggscheune

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Oberhalb Wengen liegt die Hannegg, eine grosse Vorsassweide mit einer wohlgehaltenen Scheune. Wenn der Bauer das Heu aufgeazt hatte und mit dem Vieh in ein anderes Gehalt zog, öffnete er, wie üblich, den Fellbalkenladen ob der Stalltüre und die zwei seitlichen Luftlöcher, damit der scharfe Durchzug die Feuchtigkeit auf der Brügi, (Stallboden) an Wänden und Diele trockne. In finsteren Gewitternächten sah man nun durch die drei Löcher öfters übernatürlich grelles Licht zünden. Als es seinen hellen Schein wieder einmal nach allen Seiten warf, gingen zwei Vetter aus dem Dorfe, die selbst den Teufel auf Stelzen nicht fürchteten, frohelli hinauf zur Hannegg-Scheune Nachschau halten. Als sie dort ankamen, war der Vogel schon ausgeflogen; wie sie auch das Unterste zuoberst kehrten, die ganze Scheune war leer wie ein Räucherkamin zur Sommerzeit. In einer andern, tönenden Gewitternacht, da funkelte das geheimnisvolle Licht wieder. Jetzt gingen die zwei Vetter noch einmal hinauf und wähnten, dass ihnen zu der Stund, wo ein Tag den andern ablöst, die Maus wohl leicht eingehen könnte. So leise wie ein Hauch machten sie die Stalltüre auf. An einer Wand hing ein helles Licht. Es füllte den niederen Stall mit Glanz. Ein schwarzes Männlein, wesenlos wie ein Schatten im flackernden Scheine, stand mitten auf der Kalberbrügi. Es hatte drei von den schweren Brügiladen gehoben. Darunter war ein mächtiggrosses Loch, und das war bis an den Rand gefüllt mit schönen, gelben, duftenden Bergkäsen. Der Schwarze bot ihnen Tabak, entzündete ihn mit Schwamm und Feuerschlagenmesser und sagte mit einer Stimme, die klang wie aus einer anderen Welt: "Wenn man lebte, wie man sollte, wäre das Sterben eine Freude. Ich habe mich am Alpnutzen vergriffen vor längst entschwundenen Tagen, und mein Lebtag sprang mir jedes vertraulich gehörte Wort bald über die Zunge. Jetzt büsse ich hier, und es können mich nur zwei erlösen, die das gleiche Geheimnis wohl bewahren während sieben langen Jahren. Könnt ihr so lange verschweigen, was unter den Brügiladen verborgen, soll die ganze Hannegg euer sein!" Die beiden wussten, dass solch eine Gabe nicht an allen Hagstecken hängt. Sie gingen still und verschwiegen nach Hause und hielten reinen Mund während all der Zeit. Im achten Jahr, da ging abermals der schwarze Tod durch das Tal, und noch ehe die Sonne ihren Lauf wieder wendete, hatte die Hanneggweide schon fünfmal Hand geändert, fiel schliesslich den verschwiegenen Vettern von Wengen zu, und die Lichtlein zündeten nie mehr aus dem leeren Stall nach Wengen herunter. Quelle: Hans Michel, Ein Kratten voll Lauterbrunner Sagen. Wengen 1936. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Lilien

Source: Die Lilien

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Ihrer zwei, die sich drunten im Tale nicht vertragen wollten, konnten dies auch droben nicht in der Alp, wo sie einmal unverhofft einander trafen. Auch da gab's Händel, und der eine erschlug den andern und verbarg die Leiche so, dass er hoffen konnte, sie wäre nicht gar aufzufinden. Bald machte er sich auf den Heimweg, Auf einem Felsband, nahe am Wege, sah er einen Busch prächtiger „Ilgen" (Berglilien). Er brach eine und steckte sie auf seinen Hut. Im Dorfe traf er mit Bekannten zusammen. Die fragten ihn, wie er zu der sonderbaren Hutverzierung gekommen sei. Er besah den Hut und statt der Blumen fand er dort eine Menschenhand. Sprachlos und leichenblass stand er da. Man nahm ihn fest. Er bekannte und gab die Stelle an, wo die Leiche zu finden sei. Der Täter wurde zum Tode verurteilt und mit dem Schwerte hingerichtet. O. Giger. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 357, S. 200  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Linde und der Müllerknecht

Source: Die Linde und der Müllerknecht

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Bei der vordern Mühle zu Hergiswil stand vor Zeiten eine mächtig hohe Linde. Dahin pflegte einst ein stiller andächtiger Müllerknecht des Tages häufig zu gehen, um zu beten. Das verleidete dem Meister und er liess die Linde fällen. Von da an war er unglücklich mit dem Vieh bis er am Mühlerain ein Heilighäuschen erbaute, wo noch jetzt alle Nacht ein Licht brennt, den armen Seelen. Im Hause war es nichtsdestoweniger zu Zeiten ungeheuer. Endlich taten sie das Gelübde, an den Heiligtagen kein Fleisch zu essen. So lastete dieses Versprechen lange als eine Art Servitut auf dem Hause. Als dann später die Familie Z. der Mühle loswerden wollte, stellte der Käufer die Bedingung, dass jene Last ihm nicht mehr überbunden, sondern auf den Hof der Z. gelegt werde. Seither ist der Spuck aus der Mühle verschwunden, aber im Hause der Z. gehe er bisweilen los.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Die lindi Holla

Source: Die lindi Holla

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Buren sind ze obrost uf am Chyn gstannu und heind ze undrost scheene wiße Nebol gsehn. Duo heind schi gmeint, es sigi wißi Wolla. Duo hets Eine gwagt, ambryn z'springun, denn er het gseit: „Es cha mer nyt Leids gschehn, d'Wolla ist ja lindi, da spring ich dry wie in as weichs Bett." Da er ambryn gsyn ist, het er gibrochni Tschebini ghan und us dum Nebol ambruf griefun : „O wie blind !" D'Obru heind derstannu: „O wie lind!" Da heind'sch mu d'Wolla nit wellu alleinig la und sind alli nah gsprungu.   Quelle: Sutermeister, Otto: Kinder- und Hausmärchen aus der Schweiz Wallis. (Handschriftlich von P. Furrer, durch Fritz Staub.) Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die listigen Wildleutchen

Source: Die listigen Wildleutchen

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Im Dorfe Tenna, im Graubündnerland, da wo die merkwürdigen Bluter wohnen, lebte vor Zeiten einmal der Geschworene Valentin Suter. Dieser fing in seinem Garten ein seltsames Tier, wie er noch nie eines gesehen hatte. Er brachte es schnell ins Haus und tat es in seiner Frau Haubenschachtel, damit es ja recht weich und warm gebettet sei. Dann trug er's zum Pfarrer nach Versam. Obwohl nun der Geistliche ein gewaltiger Gelehrter war und eine ganze Bibliothek in der Kammer und eine im Kopf hatte, war doch auch er hochverwundert über das sonderbare Geschöpf in der Haubenschachtel, denn er konnte sich nicht erinnern, jemals in seinen gelehrten Büchern von einem solchen wunderlichen Tier etwas gelesen zu haben. Deshalb bezweifelte er überhaupt, ob das Tier ein wirkliches sei, denn etwas, das nicht in seinen Büchern gedruckt stand, konnte doch unmöglich existieren. Er gab jedoch dem Geschworenen den Rat, er solle schleunigst den Gemeinderat zusammenkommen lassen, damit dieser in seinen Sitzungen erörtere, was es wohl für ein Wesen sein könne und was man damit anfangen wolle. Daß es etwas Unerhörtes, noch nie Dagewesenes sei, sah man ja an seinem feinen, samtartigen Fell, an den breiten Füßen, die aussahen wie Hände, an der spitzen Schnauze und an den kleinen, listig zugekniffenen Augen. Gewiß sei dies Tier gefährlicher als ein Basilisk. Wenn das einmal wüst zu tun anfange, geschehe etwas Gräßliches. Jetzt überkam den Geschworenen eine große Angst. Er lief mit dem Tier in der Haubenschachtel behend nach Tenna zurück und ließ den löblichen Gemeinderat zu einer Sitzung einberufen. Rasch versammelte sich der Gemeinderat, und als nun die Ratsherren das merkwürdige Geschöpf sahen, entsetzten sie sich, und dann berieten, beredeten und erwogen sie die heikle und schwierige Angelegenheit. Aber obwohl sie ihre ganze Weisheit auskramten, kamen sie doch so wenig zu einem Ende als eine Strumpfkugel. Ratlos sahen sie einander an, wurden jedoch dadurch nicht gescheiter. Da beschlossen sie endlich, das Volk der ganzen Gemeinde zusammenzurufen. Der Gemeindeweibel mußte alle stimmfähigen Gemeindegenossen von Tenna, Versam und den Höfen auf den kommenden Vormittag ins Rathaus zu Tenna zusammentrommeln. Als nun alles Volk der Gemeinde beisammen war, wurde ihm der höchst eigentümliche Fall vorgetragen und das seltsame Wesen gezeigt, worüber sich alles entsetzte. Sie rieten hin und her, was das nun wohl für eine neue Landplage bedeuten könnte. Keiner der Gemeindegenossen erinnerte sich, jemals ein derartiges Tier gesehen zu haben. Ja selbst ein uralter Mann, der noch Bärenfleisch gegessen hatte und sich fast bis an die Arche Noah zurückzuerinnern vermochte, versagte. Endlich, nach langem, fruchtlosem Hin- und Herraten, entschloß sich die versammelte Gemeinde auf den Antrag des Gemeinderatsmitgliedes, das den dicksten Kopf hatte, das unheimliche Tier umzubringen. Als man nun glücklich so weit war, erhob sich die Frage, wie man das schwarzsamtene Untier mit dem spitzen Rüssel hinrichten wolle. Verschiedene Anträge wurden gestellt, einer auf Kopfabschlagen, einer auf Ersäufen, aber keiner schien der Versammlung annehmbar, denn das rätselvolle Ungeheuer schien ihnen eine noch viel schmerzvollere Todesart verdient zu haben. Da ging die Türe auf, und ein Wildmännlein, das in den Bergen das Vieh hütete, trat in die Gemeindeversammlung ein. Da die Gemeinde sich über die Todesart des gefangenen Tieres nicht schlüssig zu werden vermochte, fragte man nun auch das Wildmännlein um seinen Rat. Das Wildmännlein ließ sich das Geschöpf in der Haubenschachtel zeigen, und gleich erkannte es, daß das gefürchtete Tier nur ein armseliger Maulwurf sei. Es lächelte schalkhaft und riet der versammelten Gemeinde, man solle das wunderliche Tier lebendig begraben. Lange, wie erlöst, atmeten die Gemeindegenossen auf. Ja, das war ein Spruch und Urteil nach ihrem Herzen, und dazu kostete er nicht viel. Sofort grub man vor dem Hause des Geschworenen ein Loch. Alsdann brachte man das Tier lebend hinein und deckte es rasch wieder zu. Das Wildmännlein aber lachte auf den Backenzähnen und ging fürbaß. Der Maulwurf aber freute sich des guten Ausgangs seines Abenteuers und grub sich unter der Erde, wo es ihm so wohl war wie dem Vogel in der Luft, eine Wohnung mit vielen, vielen Gängen. - Im Graubündnerland lebten damals viele Wildleutchen. Doch selten zeigte sich eins, sie hatten gar nichts mehr mit den Menschen zu tun, seit sie von ihnen für ihre guten Dienste nur Undankbarkeit geerntet hatten. Scheu wie die Gemsen machten sie sich über Berg und Tal davon, wenn sie etwas Menschliches um den Weg merkten. Aber einmal gelang es den Burschen von Conters doch, sich eines Wildmännleins durch List zu bemächtigen. Vor dem Dorfe standen nämlich zwei Brunnentröge. Nun wußten sie, daß ein Wildmännlein oft zu Tal kam, um aus dem Brunnen zu trinken, da in den Felsen des Hochgebirges bei dem heißen Sommer das Wasser auszutrocknen begann. Sie ließen also die Brunnentröge auslaufen und füllten den einen Trog mit lauterem Branntwein, den andern mit Rotwein. Danach legten sie sich ins Haselgebüsch auf die Lauer. Gegen Abend kam das wilde Männchen scheu dahergegangen. Als es aber niemand um den Weg sah, machte es sich flink zu den zwei Brunnentrögen. Doch kaum hatte es die Tröge angeschaut, so vermutete es eine List. Es beschaute mit bedenklichen Augen den Trog mit dem blutroten Wein und dann den andern mit der weißen Flüssigkeit. Dann lachte es auf und sagte zum Trog, in dem Rotwein war: "Röteli, du verführst mich nicht!" Danach bückte es sich über den Trog, in dem der Branntwein schwappelte und den es für spiegellauteres Wasser hielt, und trank in gierigen Zügen. So gelang es den Burschen, das betrunkene Wildmännlein zu überlisten und zu fangen. Man band es. Und als es wieder nüchtern war und flehentlich anhielt, man möchte es wieder freilassen, versprach man ihm die Freiheit, wenn es den Burschen einen Rat gebe, der ihnen durchs ganze Leben wohlbekäme. Das Wildmännlein versprach's feierlich. Sie banden es los, und da gab es den aufmerksam Aufhorchenden folgenden Rat: "Ist's Wetter gut, so nimm die Jacke mit! Ist's aber schlecht, so kannst du tun, wie d'witt!" Kaum hatte es das Sprüchlein gesagt, so sprang es über ihre Köpfe und Kappen hinweg und wie eine Gemse über Stock und Stein und ward nie mehr gesehen. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Lochbachjungfer

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Die Lochbachjungfer Auf zähem Felsen stand vor vielen Jahrhunderten über dem Tösstale die Burg Hohen-Landenberg, im Volksmunde das Eichschloss genannt. Ein Ritterfräulein von Hohen-Landenberg sollte einst einen Ritter heiraten, zu dem es gar keine Zuneigung empfand. Sie suchte die Heirat so lange als möglich hinauszuschieben, weil sie dachte, der ungeliebte Mann würde sich eines Bessern besinnen oder im Kriege umkommen. Der eigentliche Grund, warum sie von einer Verbindung mit dem fremden Ritter nichts wissen wollte, war, dass sie ein heimliches Verhältnis zu einem Jagdgehilfen des Landenbergers pflegte. Tief unter der Erde führte von der Burg aus ein unterirdischer Gang gegen das Lochbachtobel hin. In diesem Gang fanden sie sich jeweils zusammen und klagten über ihre unglückliche Liebe. Aber nach einiger Zeit wusste die Jungfrau, dass sie Mutter werden sollte. Der schwere Tag rückte näher und näher. Es war für das Mädchen gut, dass der rauhbauzige und gestrenge Ritter zu jener Zeit auf einer Kriegsfahrt war, sonst wäre es ihm übel ergangen. Eine alte Magd des Schlosses, der die Ritterstochter alles anvertraut hatte, half dem armen Geschöpf in den schweren Stunden, und das Kind kam auf die Welt, ohne dass auf der Burg jemand davon wusste. Der heftigen Liebe der jungen Leute war ein gesundes Kind entsprungen, das die Welt mit kräftigem Geschrei begrüsste. Das Kindergeschrei erschreckte aber die Mutter dermassen, dass sie dem Schreihals schnell mit der Hand den Mund zudrückte. Angstvoll horchte sie, ob wohl niemand das Kind gehört hätte. Als sie ihre Hand endlich wieder vom Gesichte des Kleinen wegnahm, war dieses erstickt. Das doppelte Leid und die doppelte Sünde weckten eine ungeheure Angst in ihr, und diese Angst gab ihr die Kraft der Verzweiflung. Sie wickelte das Kind in einige Tücher ein und trug es in den unterirdischen Gang hinab. Aber lange durfte dieses Bündel auch nicht dort bleiben, es hätte ja entdeckt werden können. Ein paar Tage später, als die Jungfer Landenberg wieder etwas bei Kräften war, stieg sie in die Höhle hinunter, um die Spuren ihrer Tat zu verwischen. Es stürmte und war ein grausames Unwetter, als sie das Windelbündelein aus dem Versteck an den Röisligiessen trug. Dieses ist ein turmhoher Wasserfall im Lochbachtobel. Dort warf sie ihr Kind vom Felsen hinunter in die Tiefe, wo es zerschellte und das Wasser mit seinem Blute rotfärbte. Bestürzt darüber, dass die Untat nicht so leicht zu verheimlichen war, wollte die irregewordene Mutter in die Schlucht hinuntersteigen, um wenigstens die blutigen Windeln weisszuwaschen. Aber an dem steilen Bord rutschte sie aus und stürzte in die Tiefe, wo sie neben dem getöteten Kindlein zerschmetterten Hauptes liegen blieb. So fand man sie beide unselig gestorben, und so wurden sie auch ohne den Segen der Kirche im Walde draussen verscharrt. Aber die Seele der Jungfer Landenberg fand im Grabe keine Ruhe. Zur Strafe für ihre Tat muss sie Tag für Tag, Sommer und Winter im Röisligiessen hinten die blutigen Windeln waschen. Und heute noch hört man etwa noch von älteren Leuten fragen, wenn man am Giessen vorbeikommt: „Ghöred er d Lochbachjumpfer flotsche?“ Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Mündl. Überlieferung in der Gegend um Hohenlandenberg: Blitterswil, Undalen, Saland, Kohltobel. Stutz, S. 150   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Lötscher Glocke

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Die älteste Glocke im Kirchturm von Lauterbrunnen  heisst "Lötscher Glocke". Sie ist auf den Namen Maria getauft und kommt aus der katholischen Zeit von Lauterbrunnen. Die Lauterbrunner sagen, sie hätten die Glocke aus dem Lötschental gebracht. Im Kirchturm von Lauterbrunnen will man noch heute das Gerüst zeigen, worauf die Glocke über den Petersgrat ins Lauterbrunnental gekommen sei. Im Lötschental hat sich die Sage von einer geraubten Glocke erhalten. Die Lötscher sagen, die Lauterbrunner seien im Sommer während des Bergheuets, als die Dörfer verlassen waren und die Leute auf den Alpwiesen arbeiteten, unbemerkt ins Lötschental gekommen, hätten die Glocke geraubt und über die Berge getragen. Die Bewohner des Lauterbrunnentales stammen zum grossen Teil von den im dreizehnten Jahrhundert von den Freiherren von Turn ins Lauterbrunnental verpflanzten Lötschern. Als die Lauterbrunner eine Kirche bauten - früher waren sie nach Gsteig bei Wilderswil pfarrgenössig -, haben viele Lötscher an die neue Kirche gesteuert. Wahrscheinlich haben sie die Marienglocke von Lauterbrunnen bezahlt, darum heisst sie die Lötscher Glocke. LÖTSCHEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Lötscherglocke

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In frühen Zeiten waren Fehden zwischen den Einwohnern zweier Talschaften gang und gäb. Manchmal zogen die einen in Wehr und Waffen zum Nachbarn und nahmen mit, was an sie lief, Vieh oder andere Fahrnis, und gar oft floss viel Blut. Es kam den Lauterbrunnern nicht darauf an, über die hohen Grenzberge hinüber die Walliser heimzusuchen. Als sie ihre Kirche fertig hatten, da fehlten die Glocken, die sie nicht selber machen konnten, und die am meisten von den raren Batzen gekostet haben würden. Zu dieser Zeit war die Wetterlücke, der weite Sattel zwischen Breit- und Tschingelhorn, noch nicht vergletschert wie heutzutage. Die Talleute standen damals schon lange mit den Lötschern in Fehde, und da zogen vieldutzend Kernenfester von der Bernerseite hinüber und schlugen die Lötscher in ihrem Tal ans Schwert. Auf dem Heimweg über das hohe Gebirge nahmen die Lauterbrunner auf Gerüsten zwei Lötscherglocken mit. Sie trugen die beiden hinauf auf die Wetterlücke. Es war schon weit hinten im Herbst; sie glaubten, sie hätten es gewonnen. Da machte aber der Föhn auf einmal, dass sie in engen Schuhen waren. Der orgelte in den Flühen und peitschte ihnen den Wetterschmeiss dermassen um die Ohren, dass sie eine Tregi oben lassen mussten. Die grössere Glocke aber, die brachten sie glücklich ins Tal. Ein herber Winter stieg mit ihnen nieder in den Grund. In den Ustagen und selbst im Sommer drauf wurde die Wetterlücke nicht mehr schneefrei und ist es seither nie mehr geworden. Die zweite Glocke blieb oben, ist nun tief im Gletschereis vergraben. Die grössere hängt noch heute im Turm der Talkirche von Lauterbrunnen und heisst die Lötscherglocke. Viel später wollten die Walliser sie im Rückkauf mit Geld aufwägen, aber die Lauterbrunner waren nicht gewillt, auf die von ihren Vorvätern so seltsam erworbene Glocke zu verzichten. Quelle: Hans Michel, Ein Kratten voll Lauterbrunner Sagen. Wengen 1936. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die lrrlichter auf dem Heuried

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Die lrrlichter auf dem Heuried Der Chronist von Wiedikon berichtet, dass früher auf dem “Heuriet“, die Irrlichter eine grosse Rolle gespielt haben. „In schwülen Sommernächten begab sich gewöhnlich ein Häuflein „Abergläubiger“ auf die Höhe des sogenannten „Unteren Wyls“. Die Kühneren wagten sich vor bis nahe an den Rand des ‚Heuriets‘. Sobald lrrlichter sichtbar wurden, bezeichnete man sie mit den Namen der jüngst verstorbenen Gemeindeglieder, als seien sie bestimmt, umherzuirren, wie Geister, welche die Ruhe nicht finden können. Nahm dann, vom Luftzug getrieben, ein Irrlicht seinen Weg in der Richtung gegen die Beobachter, so rannte alles in wilder Flucht dem Dorfe zu.“ Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Escher, W. und A.‚ S. 123.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Luft ist voll Geister

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Des Kurzen Jiellis Bäben, die sechs Tage in der Woche hart zu arbeiten hatte und den siebenten feierte wie es geschrieben steht, sagte das immer: „Ja, ja, ihr da! Zwischen dem Himmel und der Erde spielt sich mehr ab als ihr Spötter glaubt! Die Luft ist voller Geister. Wir können sie nur nicht sehen, weil der Liebgott das nicht gewollt hat, dass wir Menschen zu unseren irdischen Sorgen auch noch an den Sorgen der uns umgebenden Geister mittragen müssen.“ Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Macht des Gewissens

Source: Die Macht des Gewissens

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Vor mehr als 200 Jahren kehrte zu Silenen im Lande Uri ein über den Gotthard kommender Strolch beim wohlbetagten damaligen Wirte ein. Nachdem der Reisende gegessen und getrunken, frug er, was er schuldig sei. Derselbe fand nun die Rechnung um drei Pfennige zu hoch und schwur daher dem Greis blutige Rache. Gleichzeitig mit ihm war ein Krämer eingekehrt, der über den Berg wollte. Der Strolch eilte diesem nach, schlug ihn tot und raubte ihm Ware und Geld. Der Mörder wurde bald ergriffen und wegen Leugnen auf die Folter gespannt. Nun bekannte er den Mord, sagte aber zugleich, der alte Wirt in Silenen habe ihn zur Tat aufgestiftet. Auf diese Aussage hin wurde der Greis eingezogen. Derselbe beteuerte seine Unschuld, wurde aber nach damaligem grausamen Verfahren trotz seines hohen Alters doch auf die Folter gespannt. Von den schrecklichen Marterqualen überwältigt, bekannte dann der Unglückliche, was man von ihm wollte. Er wurde dann ebenfalls zum Tode verurteilt. Schon lag der Mörder auf dem Rade und der Henker war eben im Begriff, ihm die Glieder abzustossen, da erwachte in ihm plötzlich das Gewissen. Er bekannte daher seine Freveltat, dass er den alten Mann unschuldig angeklagt habe, weil er geglaubt, derselbe habe bei der Zeche ihn um drei Pfennige übernommen. Daraufhin wurde freilich der gefolterte Greis freigelassen, das Urteil aber an dem Bösewicht vollzogen. (Aus Vierwaldstätter Volkskalender 1884, S. 19.) Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Magd von Ehrenfels

Source: Die Magd von Ehrenfels

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Ein junger Ritter dieses Schlosses schützte ein armes Kind vor Misshandlung, nahm es dann in die Dienste seiner Mutter, später in die seiner Gemahlin. Einmal waren die junge Burgfrau, ihr Kind und oberwähnte Magd auf waldiger Anhöhe, fern dem Schloss. Ein Bär überfiel sie, die Magd warf sich dem Tier entgegen, um der Frau und dem Kind Zeit zur Flucht zu geben, was ihnen auch gelang. Die Magd wurde getötet. Aus: U. Brunold-Bigler, Die Sagensammlung der Nina Camenisch, Disentis 1987, mit freundlicher Genehmigung der Autorin. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Mahnung

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In dem untern Teile der Alp Malun breitet sich der schöne Dreierwald aus. Dieser wird nicht selten, namentlich gegen die Zeit hin, wo man anfängt, von Alpentladung zu sprechen, von einem unheimlichen, schrillen Pfeifen durchtobt, aber nur nachts. Dies bringt immer bös Wetter. Eines Abends, die „Vonalpfahrt" sollte in nächster Zeit stattfinden, wurde das Gepfeife wieder und zwar in ganz scharfer Weise wahrgenommen. Das Vieh wurde unruhig, und der Senn sagte: „Es wäre gut, wenn es daheim in den warmen Ställen seine Ruhe fände." Aber es war da weiter nichts zu machen, und Senn und Knechte begaben sich zur Ruhe. In der gleichen Nacht, kurz nach Mitternacht, weckte der Nachtwächter im tief unten liegenden Bärschis die Bauern. Bald streckten diese die Köpfe zu den Fenstern heraus, und auf ihr Fragen: „Was gibt's?" antwortete jener: „Ich höre unser bekanntes Kuhglockengeläute weit droben auf Hinterschindeln und fürchte, unser Vieh ist ausgebrochen aus der Alp und befindet sich auf dem Heimweg," Die Bauern spitzten die Ohren und vernahmen gleichfalls das Schellengekling. Bald ging es aufwärts gegen die Alp hin. Bei „Zerfinen-platte" auf Schuhegg angelangt, liess sich das Geschelle und Gemuhe schon vom Rossmen und Gafortsch her in ohrenzerreissendem Konzert vernehmen. Auf Forkels trafen Vieh und Eigner zusammen, und nun ging's bei strömendem, kaltem Regen dem Dorfe zu. Anderntags trafen der Senn und die Knechte mit den Kuhketten und andern Gerätschaften ebenfalls ein. Solches veranlagte der Dreierwald mit seinem nächtlichen Pfeifen. O. Giger. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 351, S. 197f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Mahnung des Schwertes

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Von Unterschächen ging ein Mann aus dem Geschlechte Kempf in den Krieg und wurde ein ausgezeichneter Fechtmeister. Einst, da ihnen nach einer gelieferten Schlacht zu plündern erlaubt war, trafen er und ein Kamerad in einem Hause, das die flüchtigen Bewohner verlassen hatten, ein Kind in der Wiege, und Kempf kehrte diese mitsamt dem Kinde um und hieb sie mit seinem Schwerte entzwei. Als er wieder daheim und alt und am Sterben war, hatte er einen furchtbar schweren Tod. Auch hielt sich sein Säbel, den er an der Zimmerwand hängen hatte, nicht ruhig, pendelte hin und her und heig eisster 'klotteret. Dem Geistlichen, der bei ihm war, erzählte und bekannte er seine Untat und sagte, sie sei die Ursache, dass der Säbel so tue. Auch die Brüder Brand im »Tal« zu Spiringen waren ausgezeichnete Fechtmeister; Äpfel, Rüben usw. konnte man ihnen nach Belieben zuwerfen, sie hieben alle in der Mitte durch. Theresia Gisler, 73 Jahre alt, Spiringen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Mannenmittwoche in Visp

Source: Die Mannenmittwoche in Visp

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Im Jahre 1388, den 23. Christmonat, erlitt der Graf von Savoyen eine bedeutende Niederlage in Visp; viertausend Feinde unserer Freiheit verloren da das Leben. Über diesen Sieg wird im Vispertal noch Folgendes erzählt: Graf Amadäus von Savoyen kam mit viel Kriegsvolk das Land hinauf bis vor Visp. Er verlangte, man solle ihn einlassen in die Burg, sich ergeben und ihm Gehorsam geloben; sonst werde er alles verbrennen und niedermachen. Die guten Leute erschraken sehr, denn sie waren zum Krieg schlecht bereit und schlecht gerüstet. Ziemlich unerwartet kamen so viele Feinde ihnen vor die Türen. Sie begehrten darum in der Angst drei Tage Bedenkzeit, nicht als wollten sie sich freiwillig übergeben, aber um so viel Zeit zu gewinnen. Und sie Savoyer gaben ihnen die verlangte Bedenkzeit, machten Quartier an der Vispe und warteten auf Antwort. — Die Visper entboten eilig um Hülfe ins Tal hinein und nach Goms und Brig; verhielten sich sonst mäusestill, damit die Feinde nicht etwas merken. Als aber die dritte Nacht kam, mit der die Bedenkzeit ausging, ist in der Bürgschaft alles lebendig geworden. Die gerufene Hülfe kam an; — nur die Briger verspäteten sich und kamen erst als der Handel fertig war. In die Bürgschaft wurde Wasser eingeschlagen, das in der grossen Winterkälte zu Eis gefror und Wege und Stege ungangbar machte. In den Werkstätten und in mancher Küche schmiedete man emsig spitze Fusseisen und Schuhnägel, um auf dem Eise sichern Stand zu bekommen. Man bereitete grosse Holzklötze und mit Steinen schwer beladene Wagen, an die man noch schneidende Instrumente befestigte, um selbe über das Eis in die feindlichen Scharen herabrollen zu machen. Selbst die Weiber waren nicht müssig und hatten vollauf zu tun; sie trieben den Schmieden eifrig die Windbälge, brachten Kohlen und Eisen herbei, verteilten die gespitzten Eisen und Schuhnägel unter die Krieger und halfen geschäftig alles rüsten und zum Angriff vorbereiten. Sie trugen auf dem Rücken noch Wasser um Eis zu machen an Stellen, wo selbes durch Leitungen nicht konnte hingeführt werden. Man arbeitete mit solchem Eifer und solcher Hast, dass sieben Männer den Anstrengungen erlagen. Als der Tag anbrach war alles schlagfertig. Da wollte man, wie man versprochen, den feindlichen Offizieren, die wegen Kälte in einem Stadel logierten, Antwort bringen. Man nahm ein Lamm; dem band man die vier Füsse zusammen; öffnete behutsam die Stadeltüre, warf dasselbe hinein zum Morgengruss und mit solcher Hast und Eile wurde die Türe wieder mit einem Reisteisen verrammelt, dass einer dem andern den Daumen von der Hand abgestossen. Darauf gab man dem Stadel das Feuer und die Flammen stiegen hoch auf. Noch zu den Dachlatten heraus schrien die Offiziere um Gnade; aber es ward keine gegeben. Armdick rann das geschmolzene Gold und Silber aus dem Stadel zur Erde herab. Unterdessen griffen auch die übrigen wohlgerüsteten Krieger, sicher auf dem Eise einher marschierend, das feindliche Kriegsheer an und sandten auf dem glatten Boden grosse Stücke Holz und schneidende schwer beladene Wagen in die Feinde hinein. Auf dem schlüpfrigen Eise hatten die Feinde keinen Halt und purzelten zu Boden, wo sie mit den Beinen in der Luft entweder erschlagen wurden oder hinab in die Vispe glitschten. Der Sieg war vollständig. Zum Andenken an diese Schlacht setzte man im Zehnden Visp die Mittwoche vor Weihnachten, "Mannenmittwoche" genannt, als Festtag ein und hielt denselben bis auf den heutigen Tag.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Männer mit Dreispitzhüten

Source: Die Männer mit Dreispitzhüten

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Dem alten Butzerratsherr in Gurtnellen konnte man die schauerlichsten Gespenstergeschichten erzählen, er fürchtete sich nicht; und wenn sie auch noch so glaubwürdig erschienen, er glaubte sie doch nicht und machte nur seine Witze darüber. Aber eines Abends kam er doch auch totaschenbleich in die Alphütte zu Gornern gerannt und konnte eine ganze Weile kein lautes Wort reden vor Chlupf und Schrecken. Erst als ihm der Senn ein Gläsli Enzianis zur Stärkung hinstellte, erlangte er wieder die Sprache und erzählte den Neugierigen, er habe in der Gruoba drei unbekannte Männer gesehen mit altertümlichen dreispitzigen Hüten und langen Fräcken (19. Jahrhundert). Johann Tresch, Präzis Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Männlein mit den schwarzen Mänteln

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Es war einmal einer von Ramosch, der ging nach Tarasp hinüber, um Honig zu verkaufen. Er trug den Honig in einem grossen Kessel auf seiner Krätze. Es war Sommer und heiss, und er hatte im Aufstieg von Gurlaina sein Unterhemd ausgezogen und es über den Kessel gelegt. Oberhalb Vulpera wollte er eine Pause machen. Da kam ein Haufen Männlein mit schwarzen Mänteln herbei, die liessen sich auf dem Rand des Kessels und sogar auf dem Honig nieder und begannen mit aller Lust davon zu essen. «Aber, könnt ihr denn auch zahlen, wie es sich gehört?» fragte unser Mann aus Ramosch sofort. Und alle antworteten: «ssssss ...» - «Ah, dann esst nur, bis ihr genug habt! So brauche ich den Honig nicht nach Tarasp hinaufzutragen, und die dort oben sind sowieso schlechte Zahler. Ja, ja, esst nur, so viel ihr wollt, meine Männlein!» Und er machte noch länger Pause und war ganz froh, dass der Honig abnahm. Gegen den Nachmittag war alles weg; die Männlein hatten den Honig bis auf den Boden des Kessels vertilgt. Bevor der Mann aus Ramosch sich auf den Heimweg machte, wandte er sich nochmals zu seinen Gästen und sagte: «Nun wisst, am Sonntag komme ich hierher und ziehe ein! Schaut, dass ihr das Geld bereit habt! Es macht im Ganzen 5 Rheinische Gulden und 26 Kreuzer!» Und alle Männlein antworteten einstimmig: «ssssss ...» - «Gut, gut», meinte der von Ramosch und ging weiter. Am Sonntag danach geht er wieder Richtung Tarasp. Wenig über Vulpera sieht er seine Männlein mit den schwarzen Mänteln und sagt: «Jetzt bin ich da wegen der Bezahlung des Honigs.» - «ssssss...» antworten alle, doch keiner kommt mit Geld. «Aber nur mit "schi, schi" ist’s nicht getan, ich will mein Geld, wie ihr versprochen habt!» beginnt der aus Ramosch zu murren. Aber alles Schimpfen, ja wütende Fluchen half nichts. Die Männlein machten immer nur «ssssss ...», doch sie taten mit Bezahlen nicht dergleichen. Schliesslich verlor der Mann aus Ramosch die Geduld und drohte, sofort zum Landammann nach Tarasp hinauf zu gehen. Und als er sah, dass auch diese Drohung nichts nützte, wurde er so wütend, dass er schnurstracks zum Landammann lief. Er fand jenen zum Glück zu Hause und klagte, dass jene Männlein mit den schwarzen Mänteln seinen Honig gegessen hätten, und als er gefragt habe, ob sie ihn bezahlen würden, so hätten alle ja gesagt. Wie mit ihnen abgemacht, sei er dann heute hergekommen und habe das Geld einkassieren wollen. Aber alle hätten nur immer «schi, schi!» gesagt, bezahlt habe nicht einer auch nur einen Kreuzer. Da fragte der Landammann nach dem Namen jener Männlein. Doch der von Ramosch antwortete, er wisse keinen einzigen Namen. «Das ist eine verteufelte Geschichte», erwiderte der Landammann, «für diesen Fall muss ich sofort das Gericht einberufen und dieses entscheiden lassen.» Das tat er auch sogleich, und in kurzer Zeit war das Urteil gefällt. Der von Ramosch wurde in die Stube gerufen, und der Landammann teilte ihm auf der Stelle den Gerichtsentscheid mit: Da der Mann von Ramosch die Namen jener Männlein, die seinen Honig gekauft und ihn nicht hatten bezahlen wollen, nicht kenne, hätten die Richter beschlossen, wenn er eines von ihnen sehe, so dürfe er es töten. Gerade in diesem Augenblick setzt sich eines von diesen Männlein mit den schwarzen Mänteln auf des Landammanns Nase. Unser Mann aus Ramosch hebt sofort den Stuhl vor ihm auf und wirft ihn auf die Fliege. Beide, Fliege und Landammann, fallen auf der Stelle tot zu Boden. (Unterengadin)   Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die March des Laueli

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In dem an die Alp Bolgen angrenzenden Berggut Laueli waren zwei Knechte damit beschäftigt, den Hag aufzurichten; doch war ihre Arbeit vergeblich, denn am folgenden Morgen lag er jeweilen ein schönes Stück weiter unten am Boden im Berggut. Endlich berichteten sie das ihrem Meister, da es ihnen verleidete, solch nutzlose Mühe zu verschwenden. Er liess nun die alten Marchbriefe hervorsuchen und nachlesen, und da ergab es sich, dass der Hag früher tiefer gestanden, dass also ein Stück Allmend zu Eigentum eingeschlagen worden. Jetzt liess er am richtigen Ort hagen, und nunmehr liess es sie machen. Marie Ziegler Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Marchsteine

Source: Die Marchsteine

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Bei den Wüstenmatten waren einstmals zwei Männer wegen der Marchen uneins. Sie stritten sich schon lange um den Besitz einer kleinen Ecke ihres Gütleins. Hatte der eine eines Nachts die Marchen wieder zu seinen Gunsten verrückt, so setzte der andere in der folgenden Nacht sie wieder zurück in das Gut seines Widerparts. Oft schon waren sie handgemein geworden und hatten blutige Köpfe und hasszerrissene Herzen davongetragen. Verwandte und Behörden suchten zu vermitteln und die entzweiten Nachbarn zu versöhnen, aber es gelang ihnen nur halb. Ganz erlöste sie nur der Tod von ihrem Hader. Doch hatten sie vor ihrem Ende einander noch die Hand der Versöhnung gereiht. Die Strafe blieb ihnen aber doch nicht erspart. In den beiden Wiesen sah man oft des Nachts zwei Männer, welche fortwährend Flammen aussprühten. Keuchend und stöhnend trugen sie schwere Marchsteine die Halde hinauf. Oben angekommen, schlugen sie die Steine mit aller Kraft in die Grenzscheide der beiden Wiesen hinein. Das wiederholte sich allnächtlich, bis die Strafe gesühnt, der Frevel gebüsst war. LÖTSCHEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Marchsteine auf Hutt-Egg

Source: Die Marchsteine auf Hutt-Egg

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Auf Hutt-Egg in Bauen hatte es schon öfters nachts die Marchsteine unter dem Wald ausgerissen und ein Stück weiter nach unten ins Eigen hineingetragen. Es nützte rein nichts, sie an gewohnter Stelle wieder aufzurichten. Endlich liess sich der Eigentümer die alten Kauf- und Marchbriefe vorlesen und musste daraus erkennen, dass einer seiner Vorfahren auf Hutt-Egg die Grenzen des Gutes gegen den Wald hinauf erweitert und ein Stück Allmend zu Eigen eingeschlagen hatte. Nachdem er die Marchsteine am gehörigen Ort eingeschlagen, liess es sie in Ruhe. Marie Ziegler, 60 J. alt. Wie oft belehrte mich, den Sammler dieser Sagen, der alte Tablet-Jost in Bauen: »Das lüegä-n-ich fir dië greescht Sind a, wennd epper Allmeini zu Eigä-n-ischlaht. Der v'r-fählt sich am Allg'meinä, und d'r Schadä waxt eißter vo Jahr zu Jahr.« Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Marchversetzer zu Reinach

Source: Die Marchversetzer zu Reinach

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Einisch het z Rinach bi dr Burg obe e Chnächt mit sim Meister z Acher tribe. Do chömme zwe der Berg ab, und me het ene alles gseh, weder dr Chopf nit. Wo se do noch bi de Marchsteine gstande sind, sind die zweu vordere Ross vor umme gange. Do het der Chnächt zum Meister gseit: “Meiste, i fahre nümme.“ – „He, worum nit?“ – „He, gsesch denne zwe dert obenabe cho?“ – „Abba! I gseh nüt! Fahr zue!“ – „I fahre miner Seel nit zue. Chum, trib du. I will hinde ha. Gseschst, d Ross wänd au numme fürse!“ Ja, do chömme die zwe und spanne d Schnuer über all drei Marchstei hindere. Und bim letste händ se enand g`ge und ufgleit mit de Hoggene, dass es bi miner wohre Seel gstobe het. Und de sind se wieder gange und furt gsi, und verschwunde. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Markenrücker (Jonschwil, SG)

Source: Die Markenrücker (Jonschwil, SG)

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In der heiligen Nacht gingen Schwarzenbacher über die Brücke beim Töbeli und sahen zwei Männer, die keinen Kopf hatten und aussahen wie Fenersäulen; auch ein grosser, schwarzer Hund mit einem feurigen Auge war da. Die Kirchgänger schwitzten vor Angst und fragten den Kapuziner um Rat. Dieser sagte, was zu tun sei, wenn man die Armen erlösen wolle. Als die zwei Kopflosen wieder zum Vorschein kamen, befolgte man des Kapuziners Rat. Dankbar wollten sie den Kirchgängern die Hand reichen; diese boten statt der Hand ein Scheit, welches sofort brannte. Jene sprachen dann: "Wir waren Markenrücker; ihr habt uns nun erlöst." Darauf verschwanden sie und wurden nie wieder gesehen.                             N. Senn, Tagebuch. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 468, S. 279 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Mattmarkhexe

Source: Die Mattmarkhexe

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Früher brach der Mattmarksee von Zeit zu Zeit aus und richtete im ganzen Tale grossen Schaden an. Das letzte Mal wurde allen in Zen Meiggern sieben Scheunen voll Heu vom Wasser weggeführt. Es stand eine Hexe im Verdacht, den See ausgelassen zu haben. Einige starke Männer gingen in ihr Haus, um sie zur Rede zu stellen. Man überraschte sie beim Rosenkranzgebet. Jedesmal wenn sie ein Körnlein durch die Finger gleiten liess, sagte sie: «Tschappla, schy leentmi scho la gah!» Die Männer packten sie jetzt: «Du bist eine heitere Beterin, diesmal musst du mitkommen!» Vor Gericht gestand sie: «Ich habe den Mattmarksee ausgelassen und im Lötschental den grössten Schaden angefacht: die grosse Tämbachlawine gebrochen! Es war zwar schön, darauf bergab zu fahren, aber am schönsten war es, auf einem Besenstiel mit dem Wasser vom Mattmarksee bis in den Genfersee zu reiten!» Auf dem Wege zum Richtplatz in Visp musste man sie rücklings aufs Pferd setzen. Sonst hätte man sie bei Eisten nicht durchs Tal gebracht, und sie hätte die Gegend verhext. SAAS-ALMAGELL Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Mäuse von Güttingen

Source: Die Mäuse von Güttingen

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Sagenumwoben sind vor allem die vielen Burgen und Schlösser. Vor mehr als hundert Jahren konnte man bei niedrigem Wasserstand im Grunde des Bodensees bei Güttingen Mauerreste sehen. Hier ist einst im See die Wasserburg der Freiherren von Güttingen gestanden, die drei Burgen ihr eigen nannten. Als einst eine grosse Teuerung in das Land hereinbrach, da gehörten die Herren von Güttingen zu jenen Unbarmherzigen, die sich trotz gefüllter Speicher ihrer hungernden Leute nicht erbarmten, während sie selbst in Saus und Braus lebten. Als die Not immer grösser wurde, scharte sich das Volk plötzlich zusammen und bat gemeinsam die Herren um Brot. Diese aber lockten die Bittenden in eine alte Scheune, liessen dieselbe durch ihre Knechte schliessen und anzünden. Während die Unglücklichen laut wehklagten und um Erbarmen flehten, höhnte einer der Freiherren verächtlich: „Hört, wie die Mäuse pfeifen!" Die Leute in der Scheune sind alle verbrannt. Aber sie wurden von den Mäusen, die der Freiherr rief, gerächt. Denn in den Burgen der Herren von Güttingen wimmelte es auf einmal von Mäusen, welche die Burgbesitzer belästigten und sie zwangen, auf ihre Wasserburg im See zu flüchten. Aber auch auf diese folgten ihnen die Mäusescharen nach und frassen die Freiherren schliesslich bei lebendigem Leibe auf. Nicht lange nach ihrem Tode zerfiel die Wasserburg und versank im Bodensee.   Quelle: Ferdinand Bolt, Die Sagenwelt am Bodensee, Appenzeller Kalender 1956 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Meerenschwander-Dorfloos

Source: Die Meerenschwander-Dorfloos

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Das Nachtgespenst des Freienämter-Dorfes Meerenschwanden ist ein Schwein, das zwar die Dorfloos heisst, im Allgemeinen aber eben so häufig Dorfhund genannt wird, weil dieser letztere Name der landesübliche für jedes allbekannte Gespenst ist. Ein Reisender, der auf dem Wege nach Zug begriffen, Abends durch Meerenschwanden kam, stolperte über dieses in der Gasse umlaufende Schwein und meldete den Leuten im nächsten Hause, sie möchten das losgekommene Thier wieder in den Stall thun. Man erwiederte aber kurz, er und jeder andere solle jene Loos nur sein lassen. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 99 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Meerfräulein

Source: Die Meerfräulein

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Im Wintersberg steht heute noch ein Häuschen, da wollten drei Männer einen Schatz gewinnen. Drei Meerfräulein sollten ihnen denselben bringen, wenn sie drei Nächte hindurch wachten, jeder in einem besondern Raum. Keiner durfte ein Wörtlein reden, keiner ein Licht brennen. Das Essen musste ihnen durchs Fenster gereicht werden; aber kein Krümlein durfte vom Tische fallen. Die erste und zweite Nacht waren glücklich vorübergegangen. In der dritten kamen die Fräulein schon zur "Spinni" und liessen ganze Haufen des Goldes blicken, das nun bald in den Besitz der glücklichen Männer übergehen sollte. Da tat einer vor Erstaunen den Mund auf — und fort war alles.                                N. Tobler. Das Toggenburg darf stolz drauf sein, im Wintersberg einen Meerhafen besessen zu haben.                    Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 436, S. 257 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Meistersfrau als Hexe

Source: Die Meistersfrau als Hexe

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Ein Knabe von Bonaduz, aus dem Schwabenlande zurückgekehrt, sagte u.A. zu seinen Eltern, er könne auf einem Faden tanzen. - Alles lachte ihn aus.  Er aber verlangte einen langen Faden und zwei Nägel, spannte den Faden von einer Wand zur andern, stieg dann auf einen Stuhl, und von Diesem auf den Faden, und tanzte auf Demselben hin und her, dass es eine Freude war, zuzusehen. Hierauf wurde er gefragt, wer diese Kunst ihn gelehrt habe. »Meine Meistersfrau in Reutlingen,« antwortete er. Auf dieses Bekenntnis hin berieten sich die Eltern, denen der behexte Bube angehörte, mit einem Geistlichen, damit der Junge von dem Einflusse der bösen Mächte befreiet würde. Aber zum Zwecke des Gelingens musste die Meistersfrau von Reutlingen persönlich nach Bonaduz kommen. Sie kam wirklich, und nachdem der Knabe wieder »in der Ordnung« war, verbot der Geistliche ihr, nie wieder einen Bonaduzer das Hexenwerk zu lehren. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Melkfassalpe

Source: Die Melkfassalpe

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Wo jetzt der grosse Ferpekle-Gletscher haust, waren einst schöne Wiesen und Dörfer. Der König — Re Borah — und seine schöne Tochter wohnten daselbst. Weil die Zeiten rauer zu werden drohten, befahl der königliche Vater seiner Tochter, sie solle ihn warnen, sobald das Wasser sich mit Eis zu bedecken anfange. Die Tochter vergass diesen Auftrag, oder vielmehr, wollte demselben nicht nachkommen, um den guten Vater nicht zu beunruhigen; auch liebte sie diesen heimatlichen Boden gar sehr und mochte sich um keinen Preis von demselben trennen. Da geschah es, als das Wasser schon eine Zeit lang Eis gezeigt, dass ein furchtbares Sturmwetter hereinbrach und die Gegend samt Einwohnern mit ewigem Schnee und Eise bedeckte. — Der erzürnte Vater, als er sich von seiner Tochter so betrogen sah, verfluchte dieselbe in den See "Lona", wo sie, bis zu ihrer Erlösung, nun büssen muss.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Menzinger Hexe

Source: Die Menzinger Hexe

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Im Gschwend bei Menzingen soll vor vielen Jahren eine Hexe gewohnt haben. Sie lehrte ihre Kinder Mäuse machen und ähnliche Hexenkünste. Eines Tages ging ein Zuger, der sich von diesen schwarzen Künsten überzeugen wollte, zu der Unholdin ins Haus. Er wünschte, sie möchte einen Donner mit einem grellen Blitz hervorhexen. Sie war gerne bereit und versprach sogar, es werde ein feiner Regen dabei auf die Erde fallen. Der gwundrige Bauer müsse aber auch ein wenig Handlangerdienste leisten; das er auch gerne versprach. Die Hexe gab ihm einen Krug in die Hand und füllte ihn mit klarem Wasser. "Ich gehe nun zuoberst ins Haus und du musst dann ein paar Tröpflein Wasser aus dem Fenster leeren", lauteten die Weisungen der Hexe. Der Bauer wollte nun dem Regen etwas nachhelfen und leerte ohne langes Besinnen den ganzen Krug Wasser zum Hausfenster hinaus, und siehe da, ein gewaltiger Wolkenbruch ergoss sich auf die Erde. Ein andermal nahm die Hexe eine Bauerntochter mit sich auf den Hexensabbat. Mit einer duftenden Salbe bestrich sie ein Hölzlein und mit dem so präparierten Stäblein flogen beide an den stillen Ort der Hexenzusammenkunft. Dort sollte das Menzinger Mägdlein sein geweihtes Skapulier ablegen. "Jesses, nei", war der erschrockene Ruf der Bauerntochter und im wilden Hui war der ganze Hexenzauber verschwunden. Die Jungfer fand man nackt auf dem hölzernen Brückendach der alten Lorzentobelbrücke wieder. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 107 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Messe im Oberland

Source: Die Messe im Oberland

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Früher wallfahrteten die Lötscher oft zu Fuss nach Einsiedeln. Gewöhnlich gingen sie auf dem Hinweg über den Lötschberg und kamen durch das Goms zurück. Die Reise war aber auch in der andern Richtung möglich. Also kamen einst Pilger aus dem Lötschental am Samstagabend im letzten Dörflein am Fusse des Lötschbergs an. Ein Hausvater lud sie ein, bei ihm zu übernachten. Sie lehnten dankend ab: «Morgen ist Sonntag, wir müssen heim zur heiligen Messe!» Der Berner aber antwortete «Ihr könnt auch bei uns die Messe besuchen.» Am andern Morgen weckte sie der Hausvater früh und führte sie in eine andere Stube. Da stand ein Altar, und ein Geistlicher zog gerade die Messkleider an. Der Geistliche war schon am Vorabend dagewesen, aber die Lötscher hatten ihn für einen Knecht des Hausmeisters angesehen. Er war aber ein katholischer Priester. LÖTSCHEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Milch im Hirtenstock

Source: Die Milch im Hirtenstock

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Geissler "Köbi" (Jakob) und "Seppen-Lihert" (Josephs Leonhard) hüteten auf der Langwiese miteinander die Ziegen. Der Tag war heiss und der Durst der beiden Hirten gross. Da sagte Lihert: "Wir wollen Wasser suche", damit wir nicht verschmachten müssen." Köbi lachte darüber und erwiderte: "Wasser ist mir zu dünn; ich trinke lieber Milch; stiehst du, jener Kuh dort in Vermol drüben schiesst die Milch aus; das ist schade; ich will sie zu Nutzen ziehen." Lihert hingegen meinte, solches könne nicht so bald geschehen, weil die Kuh mehr als eine halbe Stunde weit von ihnen entfernt sei und zudem noch das Seeztobel dazwischen liege. Köbi aber schob das eine Ende seines Hirtenstockes in den Mund und sog dann Milch aus demselben, mehr als er zu schlucken vermochte, so dass ihm davon noch viel bei den Mundwinkeln herausfloss. Der Eigentümer der Kuh beklagte sich bei seinen Nachbarn und Bekannten, dass ihm dieselbe oft auf der Weide heimlich gemolken werde. I. Natsch *** Hexen und Hexenmeister können nach dem Volksglauben fremdes Vieh durch den "Geschirrlumpen" melken.         Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 275, S. 148f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Milchdiebe

Source: Die Milchdiebe

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Von den Godverjinen — Zwergen — Erdmännlein — wird auch in Zermatt viel erzählt. Man glaubt, sie seien braun von Farbe, klein von Gestalt und gering und zerlumpt in Kleidern gewesen. In Zermatt und in der Umgegend wurden sie von heranrückenden Ansiedlern immer mehr verdrängt; darum hausten sie da zuletzt nur noch in den Bergen. Ihre Wohnungen schlugen sie in Berghöhlen auf, von denen noch einige sollen zu sehen sein; die meisten sind aber jetzt von dem Gorner- und Monte-Rosa-Gletscher verschüttet. Man behauptet, die Godwerjini hätten grosse Löcher in die Felsen geschnitten mit engem Eingange und inwendig grösserem Raume zum Wohnen. Unter den vielen Sagen, die von den Zwergen noch unter dem Volke leben, wird auch erzählt: Zwei Godwerjini, ein altes und ein junges, hätten Behagen gefunden und sich erfrecht, einem Bergmanne auf der Hochalpe in den Milchkeller einzubrechen und Milch und Nidel — Rahm — zu naschen. Das lag unserm Bauer nicht recht bequem; er sann auf Mittel, dem Ding abzuhelfen. Er schloss anfangs den Keller fester; — half nichts. Dann begann er aufzupassen; — die Diebe kehrten sich nicht daran. Mit offener Gewalt und von Arm getraute er sich nicht sie anzugreifen, weil er schon wusste, er würde das teuer bezahlen. Darum ersann er eine List; er nahm eine Handwanne und verbarg sich im Keller darunter. Als die Diebe wieder kamen, begann er mit der Wanne zu rütteln und zu lärmen, in der Hoffnung, sie würden voll Angst auf und davonspringen. Wirklich wurde der Junge scheu und wollte davon; aber der Alte zog ihn zurück und lachte: «Lass du d'Wanderle nur rüsten und schlapps du brav!» (erzählt von Herrn Kaplan Mooser)   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Minenherren im Roten Berg

Source: Die Minenherren im Roten Berg

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Jahrhundertelang grub man im Roten Berg nach Blei und Silber. Die Minenherren wechselten aber oft. Einer verkaufte es teuer dem andern, der dann darauf zugrunde ging. Alle stellten sich die Mine vor wie einen Baum mit vielen Ästen und meinten, der Vorgänger habe nur die Äste erwischt, er selber werde aber den Stamm entdecken. Darum gruben sie überall nach Erz, in den Roten Matten, in den Obern Matten, in Wilärun und im Roten Graben. Jeder hoffte, er stosse auf den Erzbaum. Einer soll den Hammer genommen, in allen Gängen herumgeirrt und geklopft haben: «Ich habe genug, und wer nach mir kommt, wird auch bald genug haben!» Noch jetzt hört man gelegentlich in diesen verlassenen Stollen klopfen, auch wenn niemand drin ist. Das seien die Minenherren vom Roten Berg. GOPPENSTEIN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Minenherren vom Rotgebirg

Source: Die Minenherren vom Rotgebirg

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Das «Rotgebirg» oder auch «der Rote Berg» heisst der Gebirgzug östlich von Goppenstein, ein Ausläufer der Bietschhornkette. Es hat immer geheissen, durch diesen Berg gehe eine Erzader, mächtig wie ein Baum, dessen Zweige bloss ans Tageslicht gelangen. Im Laufe der Jahrhunderte haben hier viele Minenherren ihr Glück versucht. Den einen kleidete die Mine in Samt und Seide, den andern zog sie aus bis aufs Hemd. Gewonnen wurden Blei und Silber. Einer der Minenherren bohrte die Erzgänge am Schönbühl an, hoch über der obern Waldgrenze. Noch heute sehen wir zerfallenes Gemäuer, wo es «zur Erzpoche» heisst. Nachdem der Minenherr lange den schmalen Erzadern nachgegangen war, warf er den Hammer in den tiefsten Schacht und rief: «Ich habe genug, und wer nach mir kommt, wird auch genug bekommen.» Nicht besser erging es vor hundert Jahren einer englischen Minengesellschaft, die grosse Anlagen gebaut hatte. Damals haben die Lötscher den Spruch geprägt: Der Rot Bärg hed meh Schlitza wan der Änglendrun Gäldsak Litza.   Der Rot Berg hat mehr Spalten als der Engländer Geldsack Falten. Ein Minenherr hatte doch Glück. Er liess vor dem Stollen den Schutt zu einem Berg aufhäufen und bekleidete ihn nach aussen mit funkelndem Erz. Dann liess die ganze Welt einladen und zeigte allen Besuchern seine Schätze. Ein reicher Mann liess sich täuschen und kauft die Mine. Er hat sein ganzes Vermögen hineingelegt und bis auf den letzten Rappen verloren. Die Leute sagen in der Mine sei es seitdem nicht mehr geheuer. Nächtlicherweile höre man in den verlassenen Stollen pochen wie in frühem Zeiten. Der schlaue Verkäufer müsste hier Erz graben, vielleicht bis zum jüngsten Tag. Quelle: J. Siegen, Sagen aus dem Lötschental, Erweiterte Ausgabe der Gletschermärchen (1905), Lausanne 1979. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Mischabel

Source: Die Mischabel

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In der Bergkette, welche die beiden Vispertäler voneinander scheidet, zwischen dem Balfrin und dem Monte Rosa, liegt das gewaltige dreizackige Gebirge, die Mischabelhörner, deren höchste Spitze Dom heisst. Einige wollen den Namen Mischabel herleiten von seiner Form und sagen, es komme von Mistgabel; andere sagen, es sei ein arabisches Wort und bedeute etwas ganz anderes. Die Spitze wurde nach der Sage zuerst von einem verwegenen Touristen bestiegen, der in Saas-Fee nebst seinem Proviant eine Garbe Stroh mitnahm, um auf der Spitze der Mischabel ein Freudenfeuer anzünden zu können. Am dritten Tage sah man deutlich auf Mischabel ein Freudenfeuer - aber der mutige Bergsteiger kam nicht wieder zum Vorschein. SAAS-FEE Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Mischabel

Source: Die Mischabel

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In der Bergkette, so die zwei Vispertäler voneinander scheidet, zwischen dem Balfrin und der Monte-Rosa, liegt das gewaltige Dreizackengebirge (14,040 F. ü. M.), das Hr. Berchtold in seinen trigonometrischen Messungen als höchsten Punkt der inneren Schweizerberge — "Dom" nannte, früher aber und in der Volkssprache noch jetzt Mischabel heisst. Als Berg dominiert dieses Gebirge freilich; ist aber doch schade, dass man seinen altherkömmlichen Namen so verpfuschen mag. Woher der Name Mischabel komme, ist unbekannt. Einige wollen darin, weil das Gebirge drei regelmässig auseinander stehende Spitzen hat, das Wort "Mistgabel" finden, deren dreizackige Form sehr gut nachgebildet erscheint. Andere behaupten, Mischabel sei ein arabisches Wort, wie es deren in Saas noch andere gebe, und bedeute ganz etwas anderes als das angegebene Werkzeug des Feldbaues; es deute vielmehr auf die aussergewöhnliche Höhe dieses Gebirgsstockes, der selbst von der Stadt Mailand aus deutlich kann gesehen und erkannt werden. In neuerer Zeit mühte man sich lange vergebens ab, die Spitzen der Mischabel zu ersteigen. Endlich gelang das Wagestück doch. Die Nordspitze wurde von Saas aus, die mitttel- und höchste Spitze aber aus Täsch herauf zuerst erstiegen. Es galt als grosse Ehre, der Erste gewesen zu sein, der seinen Fuss auf das stolze Haupt der Mischabel gesetzt hat. Die Sage aber lässt diesen Ruhm nicht der neuern Zeit anheimfallen; die Mischabel ist schon längstens erstiegen worden. Es war nämlich ein Mann, — freilich aus alter Zeit, wo die Touristen noch keine Tagebücher führten, — der hatte es sich in den Kopf gesetzt, dieses hohe, unbesteigliche Gebirg zu erklimmen. Trotzig gegen alle Abmahnungen versah er sich mit dem allenfalls Nötigen und machte sich von Saas-Fee aus auf den gewagten Weg. Unter anderem nahm er eine Garbe (Schaub) leeren Strohes mit, um damit auf der Spitze der Mischabel ein Freudenfeuer anzünden zu können. Am dritten Tage sah man deutlich auf der höchsten Spitze den Rauch und das Feuer als Zeichen des erreichten Zieles — aber der mutvolle Bergbesteiger kam nicht wieder zum Vorschein.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Mohrenkönigin vom grünen Land

Source: Die Mohrenkönigin vom grünen Land

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Ein König hatte einen Sohn. Dieser ging eines Tages weit in die Ferne auf die Jagd. Unterwegs bekam er grossen Durst. Da sah er in der Nähe ein Häuschen stehen, ging hinein und bat um einen Trunk. Ein Mann, der dort hauste, brachte ihm ein Schüsselchen voll Milch und erzählte ihm, er habe soeben ein Söhnlein bekommen und fragte, ob er ihm Taufpate sein wolle. Der Prinz erklärte sich damit einverstanden, fand sich richtig bei der Taufe ein und nannte das Knäblein Valoroso oder auf Deutsch: Der Wackere, der Tüchtige. Dann nahm er ein Stück Papier und schrieb darauf: «Valoroso, sobald du vierzehn Jahre alt bist, darfst du zu mir auf mein Schloss kommen», und darunter setzte er seinen Namen und Wohnort. Die Eltern des Kindes fanden beim Wischen der Stube diesen Zettel und bewahrten ihn auf. Als dann der Knabe vierzehn Jahre alt war, schickten sie ihn zu dem Prinzen, der unterdessen König geworden war. Aber der schüchterne Bauernbub schämte sich, vor den Fürsten zu treten und gab den Zettel einem andern Jungen. Der stellte sich dem König vor, und der Landesherr machte ihn, in der Meinung, es sei sein Taufkind, zum obersten Mundschenk an der königlichen Tafel. Jetzt sah sich der arme Valoroso betrogen, ging zum Schlosspförtner und bat ihn um irgendeine Arbeit. Der fragte ihn, ob er bereit sei, die Pferdeställe zu reinigen, und der Knabe erklärte sich damit zufrieden. Sobald aber der oberste Diener bei der Tafel den neuen Stallknecht bemerkte, dachte er darüber nach, wie er ihn zugrunde richten könnte. Er ging zum König und sagte ihm, dass der junge Stallknecht geschickt genug sei, den goldenen Vogel zu fangen. Da liess der König den jungen Stallknecht zu sich kommen und sprach zu ihm: «Wenn du mir nicht in vierzehn Tagen den goldenen Vogel gefangen hast, so ist es um dich und dein Leben geschehen!» Ganz erschrocken ging Valoroso in den Schlossgarten und fing an zu weinen. Da erschien eine alte Frau und fragte ihn, warum er wehklage. Er erzählte ihr, was der König von ihm verlange, und er wisse doch nicht, wo er den goldenen Vogel suchen müsse. Darauf entgegnete ihm die Alte: «Geh zum König, lass dir einen goldenen Käfig geben und einen langen Faden aus Gold. Dann befestige den Käfig an einem Baum im Schlossgarten und halte das eine Ende des goldenen Fadens fest. Der Vogel wird in den Käfig fliegen. Dann ziehst du flugs den Faden und machst das Türlein zu.» Und so geschah es. Der Vogel flog wirklich in den Käfig. Valoroso zog schnell am Faden, und der Vogel war gefangen. Hierauf holte er den Käfig vom Baum herunter und überbrachte das seltene Tier dem König. Sobald der oberste Mundschenk sah, dass ihm sein Plan misslungen war, verging er beinahe vor Ärger und Zorn, begab sich wieder zum König und berichtete ihm, der Stallknecht sei imstande, die Mohrenkönigin aus dem grünen Land herbeizubringen. Da sprach der König zum Stallknecht: «Wenn du mir in einem Jahr und einem Tag die Mohrenkönigin vom grünen Land nicht herbringst, so lass ich dir den Kopf abschneiden!» Wieder kehrte Valoroso ganz verzweifelt in\' den Garten zurück und weinte bitterlich. Da erschien abermals jene alte Frau und fragte ihn, warum er weine. Er klagte: «Ach Gott, der König will, dass ich ihm die Mohrenkönigin aus dem grünen Land bringen solle, und ich weiss nicht einmal, wo sie sich aufhält.» Da sprach die alte Frau: «Geh zum König, verlange von ihm eine Barke von vierzig Mass in der Länge und vierzig Mass in der Breite. Dazu vierzig Musikanten, vierzig junge Mädchen, vierzig Backöfen voll Brotlaibe und vierzig Ochsen. Töte die Ochsen und behalte von ihnen nur das Fleisch und die Eingeweide; zerreibe die Brotlaibe zu lauter Krümchen, bring das alles auf dein Schiff und sprich: ,Barke, fahre fort über Länder und Meere!\', und die Barke wird dich ungehindert aller Fluten und Berge zur Mohrenkönigin führen.» Valoroso tat, wie ihm geheissen und fuhr dann mit dem Schiff hinaus aufs Meer. Kaum war er auf offener See, so streckten drei Riesen ihre Häupter über das Wasser empor und verlangten zu essen. Valoroso warf ihnen alles Ochsenfleisch hin, und sie sättigten sich daran. Dann sprach der oberste der Riesen: «Zum Dank für deine Güte schenke ich dir dieses Schächtelein. Sobald du uns nötig hast, blase hinein, und wir sind sofort zur Stelle.» Und nachdem er so gesprochen hatte, tauchten sie wieder in die Wasserflut. Valoroso fuhr ein grosses Stück weiter auf dem Meer. Da bemerkte er, dass seine Barke ganz voller Ameisen war, die etwas zu essen suchten, und er warf ihnen die Eingeweide der Ochsen zur Nahrung hin. Darauf überreichte ihm die Königin der Ameisen ein Zauberröhrchen und sprach zu ihm: «Wenn du uns nötig hast, so blase hinein, und wir werden dir zu Hilfe eilen.» Darnach setzte Valoroso seine Reise über das Meer fort. Auf einer einsamen Insel sah er eine grosse Schar Vögel sitzen, die von ihm ebenfalls zu essen begehrten. Jetzt warf er ihnen die vielen Brosamen hin. Als sie alle Krümchen verzehrt hatten, riss sich ein Adler eine seiner Federn aus und gab sie ihm mit den Worten: «Wenn du uns nötig hast, so reibe diese Feder, dann kommen wir sofort zu Hilfe.» Daraufhin segelte er weiter über die schäumenden Wogen des\' Meeres und langte endlich am Palast der Mohrenkönigin an. Diese erkannte ihn und sprach: «Du musst mir zuvor drei Dienstleistungen vollbringen. Wenn du es geschickt anstellst, werde ich mit dir ziehen. Komm gleich mit mir!» Er folgte ihr und wurde in eine Kammer geführt, die ganz mit Reis-, Hirse- und Maiskörnern angefüllt war, und zwar lagen alle Sorten durcheinander. Die Königin sprach zu ihm: «Bevor der nächste Tag anbricht, musst du mir als erste Arbeit alles in drei Haufen ordnen, den ersten von Reis, den zweiten von Hirse und den dritten von Mais.» Valoroso machte sich mit grossem Eifer ans Aussuchen. Schliesslich ging ihm aber die Geduld aus, denn die Arbeit wollte ihm keineswegs in so kurzer Zeit gelingen. Da kam ihm das Zauberröhrchen in den Sinn. Er blies hinein, und sogleich erschienen Tausende von Ameisen, welche all die vielen Körner in kurzer Zeit in drei Haufen zusammentrugen. «So ist\'s recht», sagte die Königin zu ihm, «jetzt musst du mir das Feld der ,Sieben Stangen\' umackern und urbar machen, siehst du, jenes Feld, das vor meinem Hause liegt.» Valoroso schreckte auch vor dieser riesigen Arbeit nicht zurück; aber es war ein hartes Stück, besonders weil das Feld in einem Tag umgegraben werden sollte. Er blies in sein Zauberschächtelchen. Im Nu erschienen die drei Riesen, jeder mit einer grossen Hacke, und im Handumdrehen hatten sie das ganze Feld umgegraben. «So ist\'s recht», sprach wiederum die Königin, «jetzt fehlt dir bloss noch eine Arbeit. Du musst hingehen und mir die Quelle mit dem Wasser des Lebens und jene mit dem Wasser des Todes suchen. Dann füllst du damit diese zwei Flaschen und bringst sie mir, noch ehe morgen die Sonne aufgeht.» Valoroso stieg auf einen Berg; aber er fand nichts. Da begann er die Feder zu reiben, und sogleich kam eine ganze Schar Vögel dahergeflogen. Die fragten ihn, was er wolle. Auch die Amsel gesellte sich zu ihnen und erzählte, sie sei im Wald gewesen und habe aus zwei Quellen getrunken. Das Wasser der einen lasse die Lebendigen sterben, und mit dem Wasser der andern könne man die Toten wieder auferwecken. Da erzählte Valoroso, er sei gerade dabei, die beiden Quellen zu suchen. Sie, die Amsel, möge doch so gut sein, ihm den Weg dorthin zu zeigen. Die Amsel erfüllte seinen Wunsch, flog vor ihm her und führte ihn an die Quelle. Dort füllte er die beiden Flaschen und brachte sie der Königin zurück. Diese hielt nun ihr Versprechen. Sie reisten miteinander fort übers Meer und langten am Königspalast an. Drei Tage lang wurden bei Hof Feste gefeiert, und alle waren zufrieden, nur nicht der oberste der Diener bei der königlichen Tafel, der vor Neid nicht wusste, was er anfangen sollte. Er lauerte seinem Nebenbuhler Valoroso heimlich auf, überfiel ihn und ermordete ihn mit einem Dolch. Als der König diese Untat sah, weinte er heisse Tränen und sprach: Du armes Kind, Du verdientest ein besseres Los, stattdessen fandest du den Tod. Die Mohrenkönigin aber ging hin, schnitt den Leichnam in Stücke und goss ein wenig von dem Wasser des Lebens darüber. Da erwachte Valoroso aus seinem Todesschlaf und war so hübsch, wie kein Jüngling je vorher gewesen war. Als der betrügerische Mundschenk dieses Wunder sah, wünschte er, auch so schön und jung zu werden wie dieser. Die Mohrenkönigin willfahrte ihm, nahm ein Messer, schnitt ihn in Stücke, aber statt des Wassers des Lebens goss sie aus Versehen vom Wasser des Todes über ihn. Nun wachte der Mundschenk nicht mehr auf zum Leben, sondern war und blieb tot. Alsdann heiratete die Königin den schönen Valoroso. So wurde dieser jetzt König und lebte in grossem Glück bis\' an sein Ende.   Am Kaminfeuer der Tessiner                                                               Walter Keller                                                                                           Hans Feuz Verlag Bern   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Mondfänger

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Die Mondfänger Die Flurlinger wollten einst den Mond fangen. Zu diesem Zweck nahmen sie eine gut verschliessbare Gelte und füllten sie mit Wasser. Als in einer hellen Mondnacht sich das bleiche Gestirn voll in der Gelte spiegelte, deckten sie diese weidlich zu, in der Meinung, den Mond darin gefangen zu haben. Sie trugen die Gelte nach Hause, wo sie den Gefangenen herausnehmen und betrachten wollten. Aber als sie den Deckel abhoben, war der Mond verschwunden. - Für den Spott brauchten sie allerdings nicht zu sorgen, Man nennt sie seither Mondfänger. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Winterthur und Weinland SAVk 2, 34. Vgl. „Wildsäue“ und die Anmerkung dazu. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Montenach-Kutsche

Source: Die Montenach-Kutsche

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Der Name stammt von der adeligen Familie von Montenach, die einst in Tentlingen ihren Wohnsitz hatte. Ein Ahnherr dieses Geschlechtes musste wegen seiner Härte gegen die Untertanen nach dem Tode umgehen. Einst ertappte der Edelmann in seinem Obstgarten eine arme Frau, welche zur Stillung ihres Hungers eine Handvoll Kirschen gepflückt hatte. In seinem Jähzorn vergass er sich so weit, dass er die Frau einfach niederschoss. An gewissen Abenden hört man dann einen klagenden Schrei: «Gitzeli uuf! Gitzeli uuf!» In den Quatembernächten sah man den ruhelosen Geist des Edelmannes mit seiner Gemahlin und Freunden in einer hell erleuchteten Kutsche umherfahren. Aber das sonderbare Gefährt bewegte sich von selber, ohne Pferde. Die Geisterfahrt fing an in der Sandgrube bei Tentlingen, fuhr dann der alten Strasse nach bis hinauf zur Flachsnera, wo die Kutsche im nahen Gehölz gegen die Grabenseite plötzlich verschwand. Stiess die Kutsche auf ihrer nächtlichen Fahrt auf einen verspäteten Wanderer, rief eine Stimme drohend: «Aus dem Weg! aus dem Weg!» Daraufhin tat man gut daran, dieser Aufforderung nachzukommen und sich am Strassenrand oder hinterm Hag gut zu verstecken, bis die Geisterkutsche vorbeigefahren war.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.    


by Die Moore und ihre sieben Jungen

Source: Die Moore und ihre sieben Jungen

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Im Berner-Kandertal glauben die Bauern, so oft ein weißes Sturmgewölke am Himmel heraufzieht und eine Wetteränderung ankündet, darin erblicke man eine Moore (= Mutterschwein, Anmerkung des Einlesers) mit ihren sieben Jungen (Studios. Mäder aus Baden). Der Eber der Gewitterfinsterniß geht in den Teufel der Finsterniß über. Man sieht die Gestalt Satans am Portale der Münster zu Bern und Freiburg mit einem Eberkopfe ausgehauen. Band 3.1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962      Abteilung Sturmtiere 1. Kapitel  Gespenstische Dorftiere, 31. Dorfloos und Burgfrau in Merenschwand  S. 97 – 101 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Mördereiche

Source: Die Mördereiche

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Am Weg von Maisprach nach Wintersingen steht rechter Hand im Lebhag eine Eiche, die von den Maisprachern Mördereiche genannt wird. Über die Entstehung dieser Ortsbezeichnung wird berichtet: Ein Posamenter hatte sein Bändelpack fortgetragen und befand sich nun wieder auf dem Heimweg, den wohlverdienten Lohn mit sich tragend. Er schmiedete wohl schon allerlei Pläne, wie er das Geld verwenden wollte. Doch trachtete auch ein anderer darnach. Der hatte ebenfalls seine Pläne. Er wollte heiraten und brauchte Geld, bare 300 Franken hätte er haben sollen. Da war ihm der Posamenter willkommen. Er lauerte ihm in der abgelegenen Gegend auf, überfiel den Ahnungslosen und erstach ihn. Die aufgefundene Leiche des Ermordeten hat man im Gemeinderatszimmer aufgebahrt. Das junge Eichlein, das auf der blutgetränkten Erde stand, liess man aufwachsen. Auch wenn man den Lebhag zurückschnitt, blieb es verschont und trug hinfort den Namen «Mördereiche». Der Mörder aber, der seine Bluttat schon auf der Zeininger-Egg hatte begehen wollen, konnte sich seines Raubes nicht lange freuen. Als er am Unterdorfbrunnen seine blutbesudelten Hände wusch, ahnte er nicht, dass er bald erwischt und enthauptet würde. Der bekannte Scharfrichter Mengis von Rheinfelden, der schon so viele vom Leben zum Tode gebracht hatte, musste auch an diesem Übeltäter die Sühne vollziehen. Von Mengi’s Richtschwert, das gewöhnlich an der Wand hing und dort seines düsteren Dienstes harrte, erzählte man, «es heig afo gampe, wenn er gly wieder öpper heig müese chöpfe». Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Die mörderische Katze

Source: Die mörderische Katze

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Ein Herr in Altdorf hatte seine Katze unerhört gern. Wie ein Mensch durfte sie mit ihm essen und nachts bei ihm im Bette schlafen. Eines Tages hatte dieser Herr eine grosse Gesellschaft bei sich, der er ein Mahl bereitete, während dessen die Katze eingesperrt blieb. Am nächsten Morgen fand man den Herrn tot im Bette, ganz verkratzt. Jetzt fassten sie Argwohn gegen das Tier und setzten es auf die Probe. Zu dem Zweck legten sie den Leichnam auf die Stubendiele und umschlangen ihn mit einem langen Strick, dessen Ende sie durch eine Öffnung der Türe in ein Nebenzimmer leiteten, von wo aus sie die Katze beobachten wollten, die sie bei der Leiche einsperrten. Als sie am Stricke zogen und der Tote anfing zu weiggelen: Jöttet, jöttet! wiä syg diä Chatz uff-nä los und hinder-nä-här und häig-ä v'rbissä-n- und v'rchräbblet! Peter Ant. Gamma, 50 Jahre alt, Alpknecht, von Göscheneralp, und a. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Mordnacht von Luzern

Source: Die Mordnacht von Luzern

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Nicht jedermann gefiel es, dass die Stadt Luzern (1332) sich mit den Ländern verband, und etliche wären lieber österreichisch geblieben. Wie diese merkten, dass sie im offenen Stimmenmehr zu kurz kämen, suchten sie durch einen Gewaltstreich sich zu helfen. Johann Müller hat eine farbenreiche Schilderung. „Da kamen die vornehmer Geschlechter überein, die Gönner der Waldstätte bei Nacht umzubringen und wenn alles mit Blut, Schrecken, Getümmel und Wehklagen erfüllt sei, Luzern dem Fürsten zu übergeben. Diese Verbindung erforderte, dass die Partei zu bestimmter Stunde in Samkt Peters und Paulsnacht, welche vorletzten Brachmonats ist, an einem einsamen Ort am See unter dem Schwibbogen der Trinkstube der Schneidern sich bewaffnet versammle. Es geschah, dass ein Knabe unter dem Schwibbogen Waffen klirren und murmeln hörte. Ihn vertrieb Furcht als vor Gespenstern. Jene hielten ihn fest; aber indess sie sich den Tod einer grossen Anzahl Bürger vorgenommen (so wenig Menschen sind ganz böse als ganz gut), entschlossen sie sich nicht, diesen Knaben zu töten; sondern sie nahmen einen Eid von ihm, dass er nicht mit ihren Feinden sprechen wolle. Der Knabe, welchen sie hierauf ausser Acht liessen, entkam, schlich auf die Trinkstube der Fleischer, wo einige spielten und erzählte dem Ofen, wo und wozu viele Bewaffnete sich versammeln und warum er Menschen solches nicht sagen dürfe. Die Zechgesellen weckten und berichteten die Obrigkeit und Bürger; die Urheber der Verschwörung, die sich glücklich schätzten, heim zu schleichen, wurden bewaffnet angetroffen, oder an dem Zeichen eines roten Ärmels erkannt und in Verhaft genommen. In der Nacht fuhren Boten in die Waldstätte und brachten 300 Mann Hülfsvolk. Den Verschworenen wurde das Ansehen genommen.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Die Mordnacht von Luzern

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Bald nach der Schlacht von Morgarten, in der sich die drei Länder Uri, Schwyz und Unterwalden vom österreichischen Joche der bösen Landvögte für immer befreit hatten, trat auch die unten am Bergsee gelegene Stadt des heiligen Leodegar, Luzern, in ihren Bund, also dass man nun diese vier verbündeten Länder um den See bis auf den heutigen Tag die Waldstätte und nach ihnen den schönen, vielarmigen See den Vierwaldstättersee nennt. Aber der Herzog von Österreich, dem die Stadt Luzern gehörte, war mit diesem Bündnis gar nicht einverstanden. Er suchte daher auf jede Weise die abtrünnige, freiheitssüchtige Stadt wieder unter seine Botmässigkeit zu bringen. Doch die Bürger der Stadt waren auf der Hut und liessen sich von den Landvögten und österreichischen Adeligen, die ausserhalb der Stadtmauern regierten, nicht überrumpeln. Nun wohnte aber in der Stadt eine grosse Partei vornehmer Leute, die gern Österreicher geblieben wären, da es ihnen besser gefiel, neben dem österreichischen Pfau den Stolzgockel zu spielen, als mit den viehhütenden Bauern der drei Länder falsche Freundschaft zu halten. Sie verschworen sich daher, sogar mit Brief und Siegel, in einer Nacht alle gewichtigen Anhänger der Eidgenossen zu überfallen und in ihren Betten zu ermorden. Dann wollten sie den draussen harrenden österreichischen Adeligen und ihren Reisigen die Tore öffnen und ihnen die Stadt wieder übergeben. Die Verräter hielten die Sache also geheim, dass ausser ihnen kein Mensch in der Stadt etwas von dem bösen Anschlage erfuhr. Als Erkennungszeichen unter sich trugen sie alle einen roten Ärmel. Es war zu Jakobitag im Jahre des Heils 1333 in einer finsteren, aber sternenreichen Nacht. Über dem Pilatusberg, dessen schwache Umrisse dräuend in die vielgetürmte Stadt hineinschauten, stand noch der Halbmond und beschien das Spiel der Wellen, die ein lauer Ostwind, in dem der Duft der Bergweiden wehte, an das offene Seegelände der Stadt trieb. Alles schien längst zur Ruhe gegangen. Überall herrschte tiefste Stille, nur um die Fischernachen am See quirlten die Wasser. Da schritt langsam ein armer Knabe in zerschlissenem Wams und Höschen vom See her in die Stadt hinein. Aber niemand hörte ihn wandeln, da er barfuss ging, und nur sein schwacher Schatten zeigte sich hin und wieder am steilen Häusergemäuer. Er hatte am See ein wenig gefischt, vielleicht um seiner armen Mutter ein Nachtessen zu gewinnen. Dabei war er nach und nach von dem eintönigen Schlummerlied der spielenden Wellen eingeschläfert worden. In der Hand trug er einen Henkelkrug, in dem ein paar Fische schwammen, und in einem Arm hielt er die Angelrute. Immer tiefer kam er in die totenstille Stadt hinein, die wie ausgestorben dalag. Und obwohl die engen Gässchen ihn anstarrten wie offene Särge, fürchtete er sich doch nicht und trachtete nur, nun eiliger ausgreifend, bald heimzukommen. Aber als er sich den grossen Gängen unter den Schwibbogen bei des von Wyl Haus näherte, hielt er auf einmal verwundert an. Bei den Schwibbogen unter der Schneider Zunfthaus und Trinkstube war ein seltsames Klirren und Murren. Einen Augenblick gedachte er schleunigst auszureissen, denn unter den Bogen hielten ja wohl die armen Seelen ihren nächtlichen Umgang. Doch er vertraute auf Gott, schlug ein Kreuz und schlich sich leisen Fusses auf die Schwibbogen zu. Da erblickte er in den Gängen im schwachen Scheine des untergehenden Mondes eine grosse Schar Männer, die alle schwerbewaffnet waren, und erkannte in ihnen, besonders an ihren roten Ärmeln, die vornehmsten Geschlechter der Stadt. Und als er sich ganz nahe an sie heranmachte, merkte er aus ihren Reden, dass sie vorhatten, nach Mitternacht die eidgenössisch gesinnten Bürger der Stadt zu überfallen, erbarmungslos zu ermorden und den draussen harrenden Feinden die Stadttore zu öffnen. Von Entsetzen gepackt wollte er sich davonschleichen. Doch einige der Verschworenen sahen seinen Schatten an den Häusern entlang huschen. Sie verfolgten ihn, und als sie ihn eingeholt hatten, brachten sie ihn unter die Schwibbogen zurück. Dort wollte man ihn erst erstechen. Aber als die Verschwörer das zitternde, halbnackte Büblein mit seinem Krug wie ein Häuflein Elend vor ihren Spiessen zusammenzucken sahen, erbarmten sie sich seiner. Doch musste er schwören, keinem Menschen zu sagen, was er unter den Schwibbogen vernommen hatte. Auch liessen sie ihn nicht von sich, sondern behielten ihn in ihren Reihen. Aber als der Mond völlig untergegangen war und nur noch die Sterne über die Mauer der Stadt hereinblickten, wurden ihre Reden wieder eifriger. Sie rüsteten sich zum Überfall und vergassen den Knaben. So gelang es ihm, von ihnen unbemerkt, sich davonzuschleichen. Noch bleich vor Schrecken über all das Gehörte eilte er, statt heimzugehen, überall in der Stadt herum, zu sehen, ob nicht irgendwo auf einer Zunftstube, wo man allezeit in die tiefe Nacht hinein zu bechern pflegte, noch ein Licht brenne. Voll Freude sah er auf der Metzger Zunftstube erleuchtete Scheiben. Er machte sich die steile Wendeltreppe hinauf in der Metzger geräumige Trinkstube. Dort schlich er sich hinter den grossen Kachelofen. Die Bürger aber, die ihren fröhlichen Becherlupf taten und würfelten, achteten seiner nicht. Da fing er auf einmal gar laut zu reden an und rief: "O Ofen, Ofen!" Nun schauten sich wohl einige Männer flüchtig nach ihm um, dann aber spielten sie weiter. Nach einer Weile hob er noch lauter an und rief: "O Ofen, Ofen, wenn ich reden dürfte!" Jetzt wurden die Zünfter aufmerksam und fuhren ihn unwirsch und verwundert an: "Was treibst du da so spät hinterm Ofen für närrische Spasse? Was hat dir der Ofen getan? Bist du närrisch? Oder was fehlt dir?" Doch der Knabe antwortete nun, etwas eingeschüchtert: "O nichts." Aber nach einer Weile ward ihm schwer, denn nun musste bald die Stunde schlagen, wo das Morden losgehen würde. Und obwohl er geschworen hatte, den ruchlosen Anschlag keinem Menschen zu verraten, so fasste er sich nun doch ein Herz und rief zum dritten Male: "O Ofen, Ofen, dir muss ich's klagen, denn ich darf's ja keinem Menschen sagen. Es sind viele Leute versammelt unter den grossen Schwibbogen bei der Egg. Sie wollen diese Nacht einen Mord in dieser Stadt vollbringen. O Ofen, Ofen, das ist die heilige Wahrheit!" Jetzt merkten die zechenden Zünfter das Unheil. Sie fuhren erschrocken auf, und ohne den Knaben noch weiter etwas zu fragen, machten sie sich schnellstens aus der Trinkstube und rannten, sich zu waffnen, still nach Hause und danach zum Schultheissen und allen eidgenössisch Gesinnten der Stadt. Vor allem besetzten sie die Stadttore. Bald waren sie in hellen Haufen beisammen, und als nun die Rolandshörner von Luzern fürchterlich alles aus den Betten heraushornten, wussten die Verschworenen unter den Schwibbogen, dass ihr Verrat ausgekommen sei. Also liefen sie eilig in ihre Herrenhäuser. Doch erwischte man noch einige von ihnen und erkannte nun, da sie alle rote Ärmel trugen, die ganze Verschwörerschaft, die alsbald eingezogen wurde. Die Verräter hätten wohl das Leben verloren, würde sich Gott nicht ihrer erbarmt haben, wie sie sich vorher des Bübleins erbarmten, das ihnen in die Hände lief und sie vor einer ungeheuerlichen Bluttat bewahrt hatte. Auf Fürbitte der zu Hilfe eilenden Eidgenossen der drei Länder schenkten sie den Verschwörern das Leben, und diese wurden nachmals getreue und biderbe Eidgenossen. Von dem armen Büblein aber, das durch seinen guten Kopf und sein tapferes Herz die Stadt gerettet hat, ist nicht einmal der Name auf uns gekommen. So wollen wir ihn denn einmal zusammen lesen im Buche des ewigen Lebens. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Mordnacht von Zug

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Man berichtet, dass die Herrschaft von Cham in Verfall gekommen sei, dass die Stadt Zug sich aus ihrer Gewalt gelöst habe und dass die Herren auf Wildenburg und der Burg und Stadt Zug sich gegeneinander erhoben hätten. Da taten sich die Herren von Cham mit denen von Reusseck, Hünenberg, Maschwanden, Bremgarten und Wildenburg zusammen und schlossen einen heimlichen Bund. Sie kamen überein, bei Nacht Stadt und Burg Zug zu überfallen und alle männlichen Einwohner zu hängen. So zogen sie am 9. September um Mitternacht in Steinhausen über neunhundert Fussknechte und hundert Berittene zusammen. Auch einige Schiffe, vor allem aus Cham, sollten von der Seeseite her die Stadt angreifen. Das Fussvolk und die Reiter sollten von der Löbern oberhalb der Stadt von zwei Seiten gegen die Mauer vorrücken, wo sie mit Sturmböcken und Sturmleitern zuerst die Stadt und nachher die Burg einnehmen sollten. Aber Gott der Herr wollte diesen Mord nicht zulassen. Ein Fischer aus der Stadt Cham fuhr in einem kleinen Boot nach Zug und warnte die Bürger vor dem geplanten Mord und Anschlag. Die Zuger sahen sich vor und erhielten Zuzug zu Pferd und Fuss von Leuten, die gegen die adeligen Herren waren. So war Zug gerüstet und bereit, dem Mordanschlag zuvor zu kommen. Auf der Seeseite erschwerte man den Zugang mit Schwellen und Pfählen und anderen Hindernissen. Auch befahl man hundert Mann mit Bogen und anderer Wehr ans Ufer. In der Stadt lagen siebzig Reiter mit Bogen, Lanzen und Spiessen. Dreihundert Fussknechte versteckten sich auf der Löbern. Der Feind zog nun seinem heimlichen Plan folgend mit fünfzig Mann zur Burg, um den Junker zu belagern und zu verhindern, dass ihnen dieser Vogel entweichen möchte. Doch fielen die Zuger grausam über sie her. Die Hälfte schlugen sie in die Flucht. Von den Angreifern auf der Löbern wurden über dreißig Mann erschlagen, andere in den See getrieben oder auf der Flucht nach Steinhausen erstochen. Die von Zug verloren nur sieben Mann, fünf Fussknechte und zwei Reisige, welche Diener auf der Burg waren. So wurde der Mordanschlag gerächt und den Angreifern das Blut selbst in die Schuhe getan. Aber Zug lud damit grosse Feindschaft auf sich, da der Adel seine besten Diener verloren hatte. Die Erschlagenen hatte man auf der Löbern beigesetzt, ohne Zweifel nicht als Freunde und Gönner begraben, sondern als ungetreue Übeltäter verscharrt. Quelle: Suter, Kaspar, Kasper Suters Chronik 1541. Zug 1964, S.45 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Mordnacht von Zürich

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Die Mordnacht von Zürich Bei der Umordnung der Regierung durch Bürgermeister Brun wurden viele Bürger wegen ihrer Bosheit aus der Stadt vertrieben. Diesen lag es schwer auf, dass ein Bürgermeister mit der Gemeinde und den Zünften regieren solle . . . Sie riefen Graf Hans von Habsburg (zu Rapperswil) um Hilfe an . . . und versprachen ihm, sofern er ihnen mit Leuten und Gut beistehe . . . ‚ wollten sie ihm huldigen und ihn als Herrn . . . anerkennen. Hierauf machte der Graf und die Verbannten mit einigen Bürgern von Zürich einen Anschlag gegen die Stadt. Sie schickten heimlich nach und nach an die 800 wohlausgerüstete Krieger nach Zürich, etliche als Pilger, andere in Heufuhren, in Weinfässern, in Streufudern. Sie wurden in Häusern ihrer Freunde versteckt. . . Am Sankt Matthistag 1350 kam Graf Hans von Habsburg mit vielen Edlen und Dienern, mit denen die Stadt Friede hatte, . . . nach Zürich. . . Die alle wollten Herrn Rudolf Brun und alle, die zu ihm hielten, bei Nacht schändlich ermorden. Es war auch ein Graf von Toggenburg in die Stadt gekommen und in eines Bürgers Haus etliche Tage verborgen gelegen Dem war nicht ganz geheuer bei der Sache, und er verabredete mit drei anderen, die Stadt heimlich zu verlassen; sie wollten dann wieder kommen, wenn der Angriff für sie günstig verlaufe. Die nahmen also ihre Barschaft und Kleinodien, soviel sie tragen mochten, gingen zur Schipfe, weckten einen Fischer, Bachs genannt, und hiessen ihn, sie durch die Limmat hinab aus der Stadt zu führen. Als sie auf dem Fluss draussen waren, sprach einer: „Was tun wir mit dem Schiffsmann, dass er nicht verrate, wo wir hingekommen sind?“ Da antwortete ein anderer: «Sobald er landet, will ich ihn zutode stechen und ins Wasser werfen!“ Diese Worte hörte der Schiffsmann. Als er an den oberen Mühlesteg kam, in die Wasserschnelle, drehte er das Schiff um. Die Ritter fielen ins Wasser und von der Schwere der Harnische, des Geldes und der Kleinodien ertranken sie. Nachdem der Schiffer sich gerettet hatte, weckte er seine Nachbarn, und diese wieder die anderen. Denen erzählte er, was er gehört, nämlich, dass in der Nacht etwas vorgehen solle, aber er wisse noch nicht was; sie sollten sich in aller Stille rüsten und bewaffnen. So kam es, dass in der mindern Stadt fast alle gerüstet waren, als der Streit losbrach. Zu der Zeit, da dies geschah, besammelten sich die Mörder im Niederdorf in einem Wirtshaus unterhalb des Spitals, im Losserhaus. wie es damals hiess. Dort verabredeten sie den Anschlag und das Losungswort. Hinter dem Ofen sass aber ein armer Knabe, der alles hörte. Der schlüpfte heimlich aus der Stube und rannte zu Bürgermeister Brun, weckte ihn und erzählte ihm alles, was er gesehen und gehört hatte. Der erschrak gewaltig, weckte seinen Knecht und zog seinen Panzer an. Barfuss rannte er mit dem Knecht zum Rathaus. Kurz vor dem Rathaus tauschte er mit dem Knecht seine Kleider und schickte diesen voraus, sagte ihm aber den Grund hiefür nicht. Noch ehe sie zumRathaus kamen, drangen Mörder auf sie ein. Der Knecht wurde erstochen, weil er das Losungswort nicht kannte. Brun aber sprach: „lch heisse Petermann!“ Das war das von den Mördern verabredete Wortzeichen. So kam er an ihnen vorbei zum Rathaus. Eilends wurde er eingelassen, und sofort schickte er den Grossweibel zum Grossmünster, dass er den Sigristen stürmen heisse. Glücklicherweise trat dieser nicht auf dem gewöhnlichen Wege in den Turm, sondern durch einen Eingang, der nicht oft gebraucht wurde. Sie kamen unversehrt zur Glockenstube und begannen zu stürmen. Wären sie auf dem rechten Weg in den Turm gegangen, hätten die dort wartenden Mörder sie erstochen. Sobald die Glocken gezogen wurden, begann der Bürgermeister auf dem Rathaus Mordio zu schreien. Das hörten die Bürger in der kleinen Stadt, die von jenem Fischer geweckt worden waren, und liefen herbei. Denen gab Brun das Passwort „ich heisse Petermann“ bekannt. Sofort brachen sie in der kleinen Stadt die obere Brücke ab, soweit, dass niemand über sie dahin eindringen konnte. Dann rückten sie in guter Ordnung über die untere Brücke dem Rathause zu. In der Marktgasse stiessen sie auf die Feinde. Die Brunschen schlugen aber so männlich und tapfer drein, dass die Mörder, deren Angriff zur rechten Zeit gestört werden konnte, sich zu ?üchten begannen. Aus den Häusern herunter erhielten die Bürger mancherlei Unterstützung, indem die Feinde mit Steinen und anderem beworfen wurden. Während der Nacht war aber zu Fuss und zu Schiff noch viel Volk vor den Toren angelangt, das auf seiten der Aufständischen hätte mitkämpfen sollen. Dieses hörte das Geschrei in der Stadt, und Böses ahnend, lief es davon. Jene, die den Weg durch die Schwirren in der Aa nicht fanden. ertranken elend, und andere, die noch auf dem See waren, wendeten die Schiffe. Am Morgen fand man viele Freunde und Feinde tot in den Gassen liegend. Viele der Feinde wurden gefangen und hingerichtet. Also konnten sich die Zünfter in der Stadt behaupten. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Nach Brennwald I, 181, ins Neuhochdeutsche übertragen, mit Kürzungen. H. E. Escher bemerkt in seiner Beschreibung des Zürichsees“, 1692, dass man am Grossmünster unten am Glockenturm eine zugemauerte Türe zeige, welche dieselbe sei, an der 1350 die Aufständischen das Läuten verhindern wollten. — Den historisch glaubwürdigen Kern gibt die Chronik der Stadt Zürich S. 47. Sagenhaft ist lediglich die Ausschmückung. Auch der missglückte Überfall auf Solothurn 1382 ist in ähnlicher Weise ausgeschmückt worden.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Mordnachtsage «No e Wili»

Source: Die Mordnachtsage «No e Wili»

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«[1478] Daß die Stadt Stein, sint ihrem Auskauff von den Klingenbergeren, so steiff und redlich zu den Eidsgenossen sich gehalten, solches erwekte in dem Hertzen des Hegeüischen Adels einen bitteren Haß und suchten dahero Gelegenheit, wie sie selbige wiederum in ihre Gewalt bringen möchten: Weilen ihnen aber, eine offenbare Gewalt zu gebrauchen, undienlich und zu gefährlich schiene, suchten sie mit List und Gewißer Verrätherey solches zu bewerkstelligen. Hierzu nun sahen sie vor [= für] das beste Mittel aus, wann sie könnten einige Burger durch Gelt gewinnen und auf ihre Seiten bringen, welches ihnen auch so wohl gelungen, daß sie den Burgermeister selbst, durch eine Summe, hierzu bestechen können, daß er ihrem Vorhaben favorisirt. Es hat auch das Ansehen, daß von den Hegeüeren einige Consorten in die Stadt practicirt worden, um das Werk desto sicherer ausführen oder bey sich aüßerndem Anstoß und Fehlschlag die andern in Zeiten wahrnen zu können. Gleichwie aber braüchig, daß bey militärischen Handlungen, um Freünde vor Feinden kennen zu können, sonderlich bey der Nacht, ein gewüßes Wort zum Zeichen gegeben wird; also führten auch die Conspiranten das Losungs-Wort: Noch eine Weil. Nachdeme nun alles eingefädelt ware, was zur Einnahm und Ueberrumplung der Stadt dienlich erachtet wurde, ward der Angriff declariert, der Sammel-Platz auch zum Theil in Eschentz gehalten, und sollte mit frühem Morgen, wann Tag und Nacht sich scheiden will, von der Rhein Seiten her, bey und um das so genannte Welschen-Thürlein, die Stadt bestiegen werden. Allein der oberste Wächter und Hüter Israels sorgte vor die Stadt, und hieß es hier: Wann Sie’s aufs klügste greiffen an, so geht doch Gott ein andre Bahn, steht all’s in seinen Händen. Die Conspiration wurde noch zu rechter Zeit entdekt, wormit es folgender Gestalten hergegangen seyn solle: Im Schaubmark wohnte in dem Haus, welches dißmahlen dem SaltzMstr. Hans Jacob Bart gehöret und von langen Zeiten her eine Pfisterey [= Bäckerei] und hernach bis auf deßen Possession eine Kupffer-Schmitten gewesen, ein Bek, welcher einen Knecht oder Lehr-Jungen gehabt, der von der Conspiration vollkommen informirt gewesen seye, sich aber nicht so wohl zu verstellen gewüßt habe, daß der Meister nicht etwas unrichtiges hette wahrnehmen können. In dieser Opinion nun seye auch der Meister dardurch gestärkt worden, weilen er gesucht, auf ein unbraüchige Weise von gedachtem Meister hinweg zukommen. Doch gleichwohl habe dieser treülose Hegeüer nicht über das Hertz bringen können, seinen Meister in solche Gefahr gerathen zu sehen, und weil er gewahret, daß man ihme nicht allzuwohl traue, habe er ihme den gantzen Handel entdekt und selbigen vor dem Unfall gewahrnet. Weil es nun eben die Zeit gewesen, da der Hegaüische Adel im Anmarsch begriffen ware, habe der Meister fleißig vigilirt, seine Mitmeister aufgemahnet, die gantze Stadt in allarm gebracht und, weilen er das Wortzeichen gewüßt, die Hegeüischen so lange aufgehalten, bis die gantze Burgerschafft in Waaffen und zu behörigem Empfang dieser ungebetenen Gästen bereitet gewesen. Hierauf seyind die Feinde aller Orten angegriffen, in Unordnung und Confusion gebracht, ihrer eine zimmliche Anzahl niedergemachet, von der Stadt abgetrieben und diese also nochmahls des Hegeüischen Adels und ihres Jochs entlediget worden. Diese Relation habe hieher gesetzt, wie sie vor etlichen Jahren von einem alten Rathsherren erzehlt worden, welcher vorgegeben, daß er solches selbsten in der Cantzley gelesen habe: Wir haben aber dorten hiervon bis dato nichts finden können, daß wir die umständliche Hergangenheit der Sachen communiciren könnten und mangelt auch so gar das Protocoll etc. Es ist jedoch die Haupt-Sache gewiß und dem Bürgermeister ein kurtzer Proceß gemacht worden, maaßen selbiger, nach damahlig üblicher Weise, in einen Sak geschoben, über die Rhein-Bruk hinunter gestürtzt und ersäufft worden. Wer aber dieser gewesen, stehet dahin. Von obbedeüter Conspiration und darbey geführtem Loosungs-Wort kommt es her, daß bis auf den heütigen Tag alle Morgen, wann Tag und Nacht scheidet, zu dieser Geschicht ewigem Angedenken, von dem Gaßen-Wächter: Noch ein Weil, noch ein Weile, muß geruffen werden. Die Beker haben auch, ihrer getreüen und dapfferen Aufführung wegen, dieses Privilegium erhalten, daß sie alle 3. Jahr mit fliegendem eigenem Fahnen und klingendem Spiel, wiewohl auf ihre Kösten, einen Umzug in der Stadt halten dörffen. Worbey sie nicht unterlaßen, das Stammhaus ihrer Freyheit, in ermeldtem Schaubmark, mit einem Salve zu beehren. Und wann ein Meister vom Lobl. Beker-Hand-Werk oder ein Müller, als welche Profession sie auch in ihr Collegium aufgenommen, Hochzeit hält, so wird der Fahne gleichfahls ausgestekt.» (Stein am Rhein)     Aus: R. Frauenfelder, Sagen und Legenden aus dem Kanton Schaffhausen, Schaffhausen 1933. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Morteratsch Jungfer

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Vor Zeiten sömmerte auf der Alpe, wo jetzt, hinter Pontresina, der kolossale Morteratsch-Gletscher liegt, ein junger Senn, mit Namen Aratsch, die Kühe des Dorfes. Er liebte die Tochter des reichsten Bauers in Pontresina; aber dieser, ein geldstolzer Mann, schlug sie ihm ab, und gab sie dem reichen Besitzer der Burg oberhalb des Dorfes. Aratsch aber ging in die Fremde und wurde Soldat. Nach Jahren kehrte Aratsch als Offizier zurück; bei Nacht trat er in Annetta's Elternhaus, fand aber die Geliebte auf dem Totenschreine liegen, unter dem Spiegel, nach Landessitte, von Blumen umgeben. Stumm schaute er auf das bleiche Gesicht, dann stürmte er fort, schwang sich auf sein Ross, sprengte nach der Alpe, wo er einst gehütet, und weiter zu dem Gletscher, der dahinter lag, und spornte sein treues Tier zum grausen Sprunge in eine Gletscherspalte. - Niemand hat ihn wieder gesehen. Auf dieser Alpe sennete damals der alte Barba Gian. Der hörte seither oft in stillen Nächten ein seltsames Handtieren in seiner Hütte, es war als ob Jemand von einer Gebse zur andern ginge und die Milch besorgte, und zwischen hinein ertönte eine klägliche, weibliche Stimme: »Mort Aratsch, Mort Aratsch!« (Aratsch ist tot). - Das war Annetta's Geist, der nach ihrem Tode noch an den des Geliebten gefesselt war. Gian liess den Geist gewähren, und als er in hohem Alter das Senntum aufgab, empfahl er seinem Nachfolger, ein Gleiches zu tun, es werde sein Vorteil sein, denn seit der Geist da weile und walte, sei die Alpe besser geworden, und die Kühe gäben viel mehr Milch und bessern Rahm als vordem, auch verunglücke selten mehr ein Stück Vieh. Aber der junge Senn war rohen und hartherzigen Sinnes, und als der Geist wieder kam und in die Milchgebsen schaute, ob Alles recht und in Ordnung sei, von jeder wieder wegging und klagte: »Mort Aratsch, Mort Aratsch!« da tat er einen furchtbaren Fluch und wies die arme Seele auf ewig aus der Hütte. - Und die »Mort Aratsch«-Jungfer entwich mit schmerzlichem Weinen. Aber aus der Höhe hörte der Senn noch ihre zürnende Stimme: »Schmaladia saja qua ist alp e sia paschüra!« Von Stunde an rückte der Gletscher aus seiner Schlucht zusehends vor und überzog in kurzer Zeit die Alpe, die Hütte und das ganze Seitental, bis dahin, wo jetzt die Alp Nova ihr weniges Gras nährt. Nur die Boval-Hütte, hoch oben am Gletscher, und die Isla Persa (verlorene Insel) mitten in Eis und Schnee erinnern noch an die alte Alpe. In stillen Nächten aber vernimmt man noch bisweilen tief unten das Läuten der Herdenglocken und die Klage um Aratsch. Der Gletscher aber trägt noch heutzutage zum beständigen Andenken an Aratsch's Tod den Namen Morteratsch-Gletscher. Andere erzählen, die Pontresiner hätten, auf die Beschwerde des jungen Sennen hin, den Geist durch einen Kapuziner wollen bannen lassen. Der habe zwar die Hütte von dem Geiste befreit, aber sofort sei sie auch in Asche zerfalIen, und zugleich habe der Gletscher angefangen vorzurücken. Quelle: D. Jecklin, Volksthümliches aus Graubünden, Zürich 1874     Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Möttelin

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Hier hatten die Möttelin ihre Familiengruft, da dieses reiche Geschlecht der Kirche reiche Vergabungen zugehalten. Neben dem Turme ist das Wappen in Stein gehauen. "Hir lit begraben der edl und alt Joachim von Rappenstein, genannt Möttelin. Der starb uf Mentag nach der Herren Fasnacht 1549."   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 17, S. 12 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Muetiseel

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Die Muetiseel Grosser Gott, wie gab es doch seinerzeit im Sternenberg Gespenster: Kläuse Mehlfrauen, Eselsköpfe, Zeusler und gar manche Muetiseel. Einmal hörte ein Mann eine solche daherfahren und warf dem bösen Geist einen Schiebkarren in den Weg. Als der Geist vorbei war, fand der Bauer den Karren in tausend kleine Stücklein zersplittert. * In der Berggass bei Hittnau hauste eine Muetiseel. Bei Neumond fuhr sie mit fürchterlichem Gerassel den Berg herunter, und jedesmal hörte man eine Stimme, welche rief: „Drei Furchen aus dem Weg!“ Wer ihr dann nicht entfliehen konnte, wurde zu tausend kleinen Stücken zerschnitten und zerhauen. * In der Strahlegg-Fischenthal hört man die Muetiseel durch den Wald keuchen. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland 1. Abschnitt umstilisiert aus Stutz, S. 146 und 36; 2. Abschnitt umstilisiert aus Stutz, S. 35; 3. Abschnitt: O. Schaufelberger‚ Ruchbrot und Ankeweggli, S. 31. — Id. 2, 1588: „Aus ahd. *Wuotanes heri‚ das Heer des Gottes Wuotan, der mit der Schar seliger Helden im Sturme seinen Umzug hielt. Die Christen aber versetzten in sein Gefolge allerlei Verstossene, Verwünschte, und so wurde der früher glückverheissende im allgemeinen zu einem unseligen Umzug. Doch erschien schon den alten Deutschen Wodan als der Wilde, Ungetüme, woraus sich die Umdeutungen auf Wüeten erklären, die noch begünstigt wurden, als -ans, -ens zu —is geworden und dadurch der Umlaut herbeigeführt worden war. Eine Umdeutung auf -Sel lag um so näher, da ja Seelen Abgestorbener mitzogen“ (vgl. „Hagheer"). In diesen Bereich sind auch die Sträggelen, die Chlungeri, der Türst, der Schimmelreiter zu stellen. In den Thurg. Beiträgen zur vaterl. Gesch.‚ Heft 23, führt Albert Bachmann im Aufsatz „Der Berchtoldstag“ über Hüttwilen an: „Früher kam es oft vor, namentlich an heiligen Abenden, wie zu Weihnachten, dass von der Anhöhe oberhalb des Dorfes her, wo ehemals die Burg „Betbur" stand, ein furchtbares Gerassel und Getöse in der Luft sich hören liess, welches sich gegen das Dorf hinunter bewegte und wobei eine Stimme rief: „Us em Weg, das niemer beschänt würt!“ Sowie aber die Betglocke ertönte, war jedesmal der Spuk verschwunden.“ — Ähnliche Sagen in Horgen und Näfels, wo die Gespenster ebenfalls Muetiseel heissen. Vgl. Id. 2, 1548. — Klaus als dämonisches Waldwesen, mit der Chlungere, einem weiblichen Dämon verheiratet, siehe „Klaus und Chrungele“.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Muetiseel in Horgen

Source: Die Muetiseel in Horgen

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Die Muetiseel in Horgen Wie im Oberland im Sternenberg und im Fischenthal, im Weinland in Flurlingen, im Unterland in Oberglatt, so gar es am Zürichsee, und zwar in Horgen, eine Muetiseel. Das war ein gespenstisches Ungeheuer, welches bei Neumond durch Luft und gewissen Wegen nach stürmte und zu Hudeln und Fetzen zerriss, was im in den Weg kam. Es warnte mit rauhem Geschrei die Leute, die sich zufällig auf seinem Weg befanden mit dem Rufe: Drei Furen us em Wääg, sucht schniid der d Bei ewääg! Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Id. 2 1557, s. v. Wuetisheer. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Mühle am Alchbach

Source: Die Mühle am Alchbach

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In der Gemeinde Oberwil im Simmental stand einst am Alchbachgraben eine Mühle. Da kam aus dem Land herauf ein hübscher Müllerbursch, verdingte sich in der Alchbachgrabenmühle, und da hier eine bildhübsche Tochter war, freiete er um sie. Sie ward ihm gegeben und die beiden wurden ein glückliches Paar, das die Mühle zu eigen erhielt. Als sie einmal am Bache stunden und miteinander dem Wasserrad zuschauten, flogen drei Raben über das Haus. Da erschrak die junge Müllerin und weinte, denn sie sagte: "Jetzt droht uns ein Unglück." Kurz darauf fiel der Müller vom Dache und brach das Genick. Als aber die beiden Töchter der Witwe erwachsen waren, kam einst ein Mahlknecht ins Haus, der Anstellung fand. Sein Gesicht war fein, aber sein Herz voller Tücke. Da flogen die Raben abermals über das Haus. Der Knecht brachte bald das eine der Mädchen ins Unglück, worüber der Mutter Herz brach. Da zog die andere Tochter mit ihrem Manne auf die Mühle. Ihr Mann war ein roher und gottloser Mensch, der weder Gott noch Teufel fürchtete, er tat, was seinem bösen Sinne anstand und bedrückte die Talleute mit Ungerechtigkeit so lange, bis sie die Mühle verfluchten. Da flogen die Raben zum dritten Mal über das Haus. In einer fürchterlichen Sturmnacht brachen jetzt aus den Schlünden des Gebirgs die Schlammlawinen los, rissen die Mühle samt allem was darinnen war fort und bedeckten die Stätte mit klafterhohem Schutte. Erst nach Jahrhunderten kam beim Graben der Mühlstein wieder zum Vorschein. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Mühlebachdame

Source: Die Mühlebachdame

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Auf dem Geissboden entspringt der Mühlebach und stürzt durch ein wildes Waldtobel über harte Felsen gegen Oberwil zu, wo er sich dann mit den Wassern des Zugersees vereinigt. Vor Zeiten diente bei einem Bauern eine junge Magd. Diese warf ihr lediges Kind in das wilde Tobel des Mühlebaches. Nach ihrem Tode musste die Bauernmagd ihre Freveltat büssen und in mitternächtlicher Stunde am Mühlebach hin- und herwandeln. Sie erschien oftmals jungen Burschen, die zur Nachtzeit gegen den Geissboden hinauf wanderten. Die Magd trug immer eine ländliche Tracht. Bis ins Dörfchen Oberwil hinein wagte sie sich aber nie. Am Mühlebach war ein grosser, ausgenagter Stein. Dort hat sie wohl ihr Kind ertränkt, und man behauptet, die Magd dort schon bei hellem Tage gesehen zu haben, wie sie etwas wusch. Als ein Bursche von Oberwil davon erfuhr, ging er hin und beschmutzte diesen Stein in unflätiger Art und Weise. Doch des Abends war es dem Burschen nicht ganz geheuer zu Mute. Er überwand jedoch die Furcht und legte sich zur Ruhe nieder. Da es Zwölfe schlug, pochte es laut an der Haustüre. Wer war das wohl? Vorsichtig öffnete er sein Kammerfenster und blickte hinaus. Es überfiel ihn ein leises Frieren und Frösteln, denn vor dem Hause stund die Mühlebachdame. Mit drohenden Worten befahl sie ihm, sofort den beschmutzten Stein wieder zu reinigen. Der Bursche fürchtete sich nicht wenig und schlug der Erscheinung die drohende Aufforderung ab. Da ihm aber die Mühlebachdame Sicherheit versprach, gehorchte er und machte sich auf den Weg nach dem fraglichen Steine. Er reinigte den Waschplatz der Bauernmagd und kehrte flink wieder nach Hause zurück, ohne auf dem Wege der Mühlebachdame zu begegnen. Zwei Bauern vom Walchwilerberg behaupteten, die Mühlebachdame auch gesehen zu haben. Einer wurde gewarnt, des Nachts über den Geissboden zu gehen, als er trotzdem ging, begegnete er auch der Erscheinung. Vor Schrecken konnte er mehrere Minuten nicht mehr vom Platze weggehen, nach Hause angelangt, musste er längere Zeit das Bett hüten, so hatte ihm die Erscheinung der wandelnden Kindsmörderin zugesetzt. In der Nähe der Quelle des Mühlebaches liegt ein Hof, der Widishof. Einige Knechte wachten um Mitternacht bei einer Kuh. Da es ihnen langweilig wurde, erzählten sie einander Geschichten und kamen auch auf die Mühlebachdame zu sprechen. Einer ging voll Übermut hinaus und wollte die Dame verspotten, indem er rief: "Mühlebachdame, chum, wenn's neumis mit dir ischt!" Doch kaum war das Spottwort seinem Munde entflohen, da befiel ihn arger Schrecken und er sprang in den Stall zurück und schlug die Holztüre zu. Kaum war er wieder bei seinen Genossen im Stall, als das ganze Gebäude erzitterte ob einem an die verschlossene Stalltüre geschleuderten Stein. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 75 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Mühlibach-Dame

Source: Die Mühlibach-Dame

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Der Mühlibach hat seinen Ursprung auf dem Geisboden und ergiesst sich durch ein wildes Waldtobel über Felsenabhänge gegen Oberwil hin in den Zugersee. Vor Zeiten soll ein Bauernmädchen, das in Zug diente, sein Kind in den Abgrund des Mühlibachs geschleudert haben. Nach ihrem Tode erschien die Mörderin oft in mitternächtlicher Stunde als eine fein geputzte Frauengestalt in ländlicher Tracht mit doppelrösiger Haarnadel, besonders jungen Burschen, welche ihre nächtlichen Besuche spät in die Nähe des Geisbodens führten. Sie war in einen gewissen Umkreis bis in die Nähe von Oberwil eingebannt. Am Mühlibach war ein grosser, abgeplatteter Stein, wo man sie zuweilen bei hellem Tage waschen wollte gesehen haben. Einem frechen Burschen von Oberwil fiel eines Tages ein, diesen Stein zu beschmutzen. In der folgenden Nacht, als er unruhig wegen der begangenen Tat zu Bette lag, ward Schlag zwölf Uhr an seine Haustüre gepocht und als der Erschrockene durch das Fenster sah, erblickte er die leibhaftige Mühlibachdame, welche ihm drohend befahl, alsogleich nach der bewussten Stelle zu gehen um den Stein zu reinigen. Sie versprach ihm Sicherheit, sofern er gehorche und so machte sich der Geängstigte auf den Weg, reinigte mit klopfendem Herzen den Stein der Damenwäsche und kam, ohne das Gespenst wieder zu erblicken, in seine Wohnung zurück. Noch in jüngster Zeit wollen zwei vom Walchwilerberg sie gesehen haben, von denen der eine, umsonst gewarnt, um Mitternacht über den Geisboden ging und beim Anblick des Gespenstes mehrere Minuten lang vor Schrecken nicht von der Stelle weichen konnte und in Folge dessen auf längere Zeit erkrankte. Unterhalb dem Geisboden ist ein Gut, Widishof. Dort wachten einige in später Nacht einer Kuh. Da fiel einem ein, der Dame zu spotten, ging hinaus in die dunkle Nacht und rief gegen den Bach hin: „Mühlibachdame, chum, wenn's neumis mit d'r ischst!" Kaum hatte er sich in den Stall zurückgeflüchtet, erzitterte das Gebäude von einem gewaltig an die Türe hingeschleuderten Steine.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Die Murmeltiere des Saastales

Source: Die Murmeltiere des Saastales

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Vor alten Zeiten gehörten die Murmeltiere in den Saaseralpen den Grafen Blandrati in Visp, welche dieselbe nicht als Staatsbehörden, wohl aber als Alpeigentümer besassen. Die Alpweiden wurden den Leuten von Saas in Pacht gegeben, nicht aber die Murmeltiere, welche sie sich vorbehielten. Später — 1300 — kaufte die Gemeinde Saas die Alpen mit allem Zubehör und von der Zeit an glaubte diese, auch die Murmeltiere als gekauftes Eigentum zu besitzen und hatte davon den fortwährenden und ungestörten Genuss und Gebrauch. Die Landesregierungen anerkannten den vier Gemeinden von Saas ihre althergebrachten Rechte; selbst die französische Regierung tat noch in diesem Jahrhunderte des Gleichen. — Da pfiffen und grasten die muntern Murmeltiere furchtlos und lustig in den Hochalpen des Saastales, denn die Gemeinden behandelten sie stets mit zarter Vatersorge. Nie wendet man Pulver und Blei an, um diese lieben Tiere nicht zu schrecken und von den fetten Weideplätzen zu verscheuchen; man sieht sie darum oft mitten unter Schafen und Ziegen lustig im Grase spielen. Noch weniger duldet man das Aufgraben der Winterlager, weil dadurch ganze Familien vernichtet werden. Nur auf Ständern (Wintersitzen), die man wohl bevölkert merkt, richtet man im Herbst Steinfallen, wo die Jungen durchschlüpfen können, die grösseren Tiere aber gefangen bleiben. Sobald es aber die Erhaltung der Familie zu erheischen scheint, lässt man alle frei ins Winterquartier einlaufen. Die Gemeinden lösen so jährlich hübsche Summen Geldes und besitzen auf den Murmeltieren ein schönes Kapital. Vor ungefähr 60 Jahren starben in der "Gletscheralpe" in Fee alle Murmeltiere aus, entweder durch ungünstige Witterungszufälle oder durch Krankheiten. — Drei Leute erzählen freilich, ein Landstreicher aus Italien habe im Geheimen und mit einer Lockspeise diese Tiere alle, gross und klein, wegzufangen verstanden. — Auf gewöhnlichen Wegen konnte diese, von Gletschern ganz umschlossene Alpe nicht mehr mit Murmeltieren bevölkert werden. Darum grub ein besorgter Murmeltiervater, Johann Baptist Ruppen, der im Frühjahr oft, wenn der Schnee zu langsam schmolz, seine lieben Pflegebefohlenen mit mühsam auf seinem Rücken hingetragenem Futter fütterte, in einem andern Berge ein junges Paar Murmeltiere auf, überwinterte die schlafenden Jungen in einem frischen Keller und brachte sie im Frühjahr in die leere Alpe, wo er sie, mit Futter wohl versehen, in eine ausgestorbene Höhle einführte. Und das Ding gedieh vortrefflich; nach wenig Jahren pfiffen die Murmeltiere wieder munter und tanzten zahlreich in der Alpe herum. Als vor dreissig Jahren im Wallis in der Gesetzgebung alles neu wurde, erschienen in Saas rohe Burschen, fast wie Landstreicher, die mit einem Papierfetzen, — Jägerpatent geheissen — gross taten und mit Pulver und Blei die harmlosen Murmeltierherden kühn und grausam überfielen. Da knallten die Büchsen, zischten die Ballen, pfiffen die erschrockenen Tiere grell und jammerten die Leute laut auf. Die hohe Regierung selbst liess sich zum Mitleiden und Erbarmen für die so grausam verfolgten Murmeltiere stimmen und traute sie wieder der väterlichen Fürsorge der Talgemeinden an. — Noch in letzter Zeit kamen feindliche Überfälle wieder vor und die Gemeinden erneuerten ihre Klagen. Mit welchem Erfolg, weiss der Schreiber nicht anzugeben.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Murtenlinde

Source: Die Murtenlinde

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  Am 22. Juni 1476, da brach um die Mittagsstunde das Heer der Eidgenossen aus dem Walde hervor und warf sich mit Todesverachtung auf die Burgunder. Das feindliche Geschütz donnerte und riss Lücken in ihre Reihen. Doch, ohne hinter sich zu schauen, rückten sie mit unwiderstehlicher Kraft vorwärts. Wer wollte sich einer Lawine, die vom Berghang herniederdonnert, in den Weg werfen und ihr Halt gebieten? Also drangen die Eidgenossen unaufhaltsam vor. Was sich ihnen entgegensetzte, wurde in den Staub geschmettert. Da löste sich das stolze Burgunderheer auf und floh wie eine Herde, in die der Wolf gefallen. Aber der Weg zur Flucht ward ihnen abgeschnitten, und ein wildes Schlachten begann. Man war nicht zufrieden, den Feind besiegt zu haben. Vernichten wollte man ihn, um nie mehr mit ihm kämpfen zu müssen. So geschah es in der ewig denkwürdigen Schlacht von Murten. Als der Sieg errungen war, gab der Hauptmann der Freiburger, Petermann von Faucigny, einem jungen Krieger den Befehl, nach Freiburg zu eilen und dort die frohe Botschaft zu verkünden. Das war ein ehrenvoller Auftrag. Der Soldat brach vom nahen Lindenbaume einen Zweig. Der sollte das Siegeszeichen sein. Dann machte er sich auf den Weg. Die Sonne brannte sommerlich heiss. Wohl mancher Baumesschatten lud zu kurzer Rast ihn ein. Doch der Boote achtete ihn nicht. Ein Brunnen am Wegesrand bot ihm kühlen Trank an,  er huschte vorüber. Erst wollte er den geängstigten Menschen die Siegeskunde bringen. Wie viele Mütter bangten heute in der Stadt um ihre Söhne, wie viele tausend Kinder um ihre Väter. Er durfte diesen allen die erlösende Frohbotschaft bringen. Darum nicht gesäumt. Weiter - weiter. Schon winken in der Ferne die Türme und Tore der Stadt. Der Schweiss brünnelt ihm vom Gesichte. Das Herz schlägt wild, als wollte es zerspringen. Der Atem geht keuchend. Es flimmert ihm vor den Augen, und in den Ohren rauscht es wie Meeresbrandung. Doch weiter – weiter. Jetzt erreicht er das Stadttor. Seine letzten Kräfte schwinden, der Atem stockt, die Beine wollen ihn nicht mehr tragen. Weiter - weiter, hämmern alle Pulse. Noch eine kleine Strecke und er ist am Ziel … Auf dem Rathausplatze ist die ganze Bevölkerung der Stadt versammelt und wartet fiebernd auf Nachricht. Man weiss, dass es heute zur Schlacht gekommen ist. Doch über den Ausgang des Kampfes ist man noch im Ungewissen. Ein banges Gefühl lastet zentnerschwer auf allen Gemütern. Sollte der Burgunder gesiegt haben? Dann liegen unsere Väter und Söhne auf dem Schlachtfelde  und wir werden bald die Rache des Siegers zu fühlen bekommen. Stunde um Stunde verrinnt. Immer noch keine Kunde. Doch plötzlich gellt ein Schrei: „Ein Bote kommt,  macht Platz!“ Ein junger Krieger, rauchend von Hitze und Schweiss wankt keuchend durch die erregte Menschenmenge. Jetzt bleibt er stehen  ringt nach Atem  schwingt den Lindenzweig  und ruft: „Sieg! Sieg!“ Dann sinkt er erschöpft zu Boden. Sieg! Sieg! Dieses eine Wort, es pflanzt sich mit der Schnelligkeit des Blitzes über tausend und tausend Lippen fort und schwillt an zu einem brausenden Orkan. Es nimmt von tausend und tausend Menschenherzen den bangen Kummer, der wochenlang auf ihnen gelastet. Sieg! Sieg! jubeln alle Glocken der Stadt. Sieg! Sieg! antworten ihre Schwestern in den Dörfern draussen. Sieg! Sieg! bimmelt von der hintersten Bergkapelle noch ein silberhelles Glöcklein ins letzte Tal hinauf. Doch der Bringer dieser Freude hörte nichts vom Jubel der Menschen und vom Klang der Glocken. Sein Herz schlug nicht mehr. Man löste den Lindenzweig aus seiner erstarrten Hand und grub ihn an der Stelle, wo der Held gefallen, in den Boden. Das Reis wuchs und wurde ein starker Baum: Die Murtenlinde. Sie steht noch heute auf dem Rathausplatze zu Freiburg.   Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch


by Die Musterung auf Seefeld

Source: Die Musterung auf Seefeld

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Auf der Alp Seefeld, zuhinterst dem Beatenberg, hoch über dem Habkern- und Justital, hört man bisweilen stundenweit ein unterirdisches donnerndes Geräusch. Auf dieser Alp stand in früherer Zeit eine grosse Stadt, die hier mit Einwohnern und allem untergegangen ist. Jenes Geräusch aber, von den Bewohnern der dortigen Gegend die Musterung auf Seefeld genannt, rührt von den Wagen her, die noch heutigen Tages in ihren Strassen herumfahren. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Mutheseel im Sternenberg

Source: Die Mutheseel im Sternenberg

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Im Zürcheroberland liegt, hoch oben, mit einer weiten Ausschau übers schöne Schweizerland, das Dörflein Sternenberg. Dort ist’s auch nicht ganz geheuer, denn bei Neumond soll dort ein gespenstiges Ungetüm, Mutheseel genannt, unversehens aus der Berggass den ganzen Sternenberg hinunterrasseln, und wer ihr nicht entfliehen könne, werde zu lauter Häckseln zerschnitten, als ob er dem Vieh vorgeworfen werden sollte. Eines Nachts nun kam ein Bauer schwer schnaufend den Berg heraufgegangen. Brummend und fluchend, ganz entgegen der sanftmütigen Art der Sternenberger, stieß er einen großen Schiebekarren vor sich her. Von Zeit zu Zeit blieb er stehen, zog die Pelzkappe ab, die er beim wärmsten Sommerwetter auf dem Kopf hatte, und trocknete sich angelegentlich den Schweiß aus dem Gesicht. Und da es dunkel war wie in einem Brunnendünchel, schaute er immer himmelauf, ob denn nicht ein paar freundliche Sterne sich zeigen wollten, die ihm den schwierigen und steilen Pfad etwas hätten erhellen können. Und als er nun mit seinem wüsten Fluchen ein Zeitchen innehielt, ließen sich wirklich ein Schärlein Sterne sehen, die sich sogleich zu einem goldenen Ringelreihen auseinander taten. Und sie leuchteten also herrlich, dass der Bauer sie nur so anstaunen musste. Nun ward’s ihm auf einmal klar und windheiter, warum der Berg ob ihm Sternenberg hieß. Und als er nun seine Fuchspelzkappe wieder über den Kopf zog und zum Stoßkarren griff, sah er auf einmal auch den Halbmond durch das auseinander gehende Gestäude. Er schien eben am Tößstock vorbei zu rennen, denn ein paar Wolken hielten ihm wie riesige Jagdrüden nach. Es war so hell geworden, dass er fast die Zeitung hätte lesen können, wenn es damals eine gegeben hätte und er hätte lesen können. Nun sah er aber auch, dass er bald oben sei. Hatte er vorher vor Ärger also geflucht, dass sich die Nacht nach und nach zu einem Kohlensack zusammenzutun schien, so donnerwetterte und fluchte er jetzt vor lauter Freude darüber, dass er bald oben und zu Hause sei. Da war’s ihm, er höre ob sich in der Berggass ein völlig ungewohntes Rauschen. Und wie er verwundert aufhorchte, war ob ihm plötzlich ein gewaltiges Rutschen und Rasseln, das schnell die Gass herab gegen ihn zu kommen schien, und eine Donnerstimme rief weithin durch die Nacht: „Drei Furchen aus dem Weg!“ Was, dachte der Bauer, du kommst mir so! Wer es auch sei, es soll mich niemand auf der Welt in der Weise in den Seitengraben hinabbrüllen, denn ich bin ein eingeborener Sternenberger, und der Weg ist Gemeingut. Als es aber immer schrecklicher ob ihm rasselte, wurde es ihm doch unheimlich. Am Ende konnte ihn ja ein Fuhrwerk überfahren. Jetzt ward er aber wild, dass man so wider ihn durch die Nacht herab hulterpulterte und dazu gar noch so befehlshaberisch lärmte. Wart, machte er für sich, wart ich will dir! Du sollst nun einmal samt deinem Gefährt den Knienicker bekommen, dass du darnach auf Krücken durch die Welt hülpen musst. Also ließ er seinen schweren Stoßkarren mitten im Weg stehen und sprang schnell zur Seite, aufs staudenbestandene Bord. Kaum stand er oben, kam’s rasselnd die Berggass herunter, und rasselnd schoss es an ihm vorbei, ohne dass er etwas zu gewahren vermochte, und mit dröhnendem Lärm und tollem Gerassel fuhr es weiter den Berg hinunter. Aber plötzlich ward es wieder totenstill. Die Nacht schien wie erlöst aufzuatmen. Der Bauer lag auf den Knien, denn er war vor Schrecken wie ein altmodisches Sackmesser, ein Rollenhegel, zusammengeklappt. Es war ihm, die Sterne hüpfen wie goldene Frösche am Himmel herum. Es dauerte eine schöne Weile, bis er seiner Sinne wieder mächtig ward. Dann erhob er sich und stieg zögernd vom Wegbord, denn nun war’s ihm klar geworden, dass die Mutheseel die Berggass heruntergefahren sei. Und wie er nun in den Weg trat, sah er zu seinem Entsetzen, dass sein schwerer, grobhölziger und eisenbeschlagener Stoßkarren, in tausend Splittern verstreut, im Weg und in dem Graben herum lag, fast als wäre er durch eine Mühle gegangen und in Sägemehl verwandelt worden. Da war er gar froh, dass er seinen Karren und nicht sich selber in den Weg gestellt hatte, und kleinlaut machte er sich nach Hause.     Meinrad Lienert, Zürcher Sagen. Der Jugend erzählt, Zürich 1918. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.     


by Die mutigen Lenkerinnen

Source: Die mutigen Lenkerinnen

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Vor langen Jahren überfielen in Kriegszeiten die Walliser die Alpen der Leute von Lenk im obern Simmental und führten eine Menge geraubten Viehs mit sich fort. Die streitbare Jugend des Dorfes lag aber im Felde. Da brachen die Weiber und Greise auf und gingen über das Gebirg den Räubern nach. Sie trafen ihre Herden jenseits auf einer Weide zusammengetrieben. Etwas entfernt davon lagerten die Walliser und freuten sich beim Trunke ihres gelungenen Beutezuges. Da lösten die Greise in aller Stille den Kühen die Glocken von den Hälsen und fuhren fort zu schellen, während die Frauen die Herden zurücktrieben und glücklich wieder in ihr Tal brachten. Seitdem geniessen die Weiber des Tales an der Lenk das Vorrecht, vor den Männern die Kirche verlassen zu dürfen. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Muttenzer Schatzgräber

Source: Die Muttenzer Schatzgräber

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Vor vielen Jahren stiegen drei Männer gegen Mitternacht zur mittleren Burg auf dem Wartenberg, um einen verborgenen Schatz, von dem sie gehört hatten, zu heben. Während zwei mit Hacke und Schaufel hantierten, musste der dritte aus einem Beschwörungsbuch rückwärts vorlesen. Schon stiessen die Grabenden auf eine eiserne Kiste, als der Lesende plötzlich den gehörnten Teufel neben sich stehen sah und mit einem lauten Schrei das Buch fallen liess. In diesem Augenblick rollte der Aushub, wie von unsichtbarer Hand gescharrt, in die Grube zurück und füllte das Loch vollständig aus, so dass man am andern Tag keine Spur des Grabens mehr sah. Die Männer waren erschreckt den Berg hinab geflohen und schweissgebadet in ihrer Behausung angelangt. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Die Mutter als Hexe

Source: Die Mutter als Hexe

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In Puschlav trieben einst ein Vater und sein Sohn ihre Schafe auf die Weide. Diese Weide lag am Saume eines dichten Waldes. Während sie hüteten, kam zwischen den Tannen ein alter Bär hervor, welcher ohne Säumen die kleine Habe anfiel, um Eines der Schafe zu er­obern. Die Männer, willens, ein Bündel Reisig auf den Abend zu rüsten, hatten ihre Äxte mitgenommen, und in Ermanglung anderer Waffen, ergriffen sie diese einzige Wehre, liefen dem Bären nach, und der Sohn versetzte dem Zotteltiere einen Hieb in die linke Schulter. Aber kaum war das geschehen, rief der Sohn dem Vater zu: »aber Vater, das ist ja kein Bär, sondern meine Mutter!« Der Schrecken liess nun die Beiden an keine weitere Verfolgung denken, und der Bär zog heulend in das Dickicht sich zurück. Hatte der Sohn im Ungetüme seine eigene Mutter erkannt, vermochte dagegen der Vater kaum zur Besinnung zu kommen vor Zweifel und Er­staunen, denn dass seine eigene Frau eine Hexe sein solle, wollte ihm nicht in den Sinn, weshalb er auf dem Heimwege fortwährend mit dem Jungen spektakulierte. Zu Hause trafen sie die Mutter an, aber - im Bette liegend, und an der linken Schulter schwer verwundet. Wie sie Vater und Sohn näher kommen sah, stiess sie ein grässliches Geheule aus. Nun erkannte der Vater, dass der Junge Recht hatte. Ohne weitere Um­stände zu machen, ergriff der Mann einen »Knebel« (Knüttel) und schlug erbarmungslos seine Frau weich.Diese schrie laut auf, vor Schmerz. - Aber das Hexen liess sie auch in Zukunft nicht. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Mutter auf dem Schweinekoben

Source: Die Mutter auf dem Schweinekoben

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Die Müllerin von Wohlen gab ihren Ferkeln Weißbrod zu fressen und Milch zu saufen, ließ aber die Armen hungrig von der Mühle gehen. Dafür sah man sie gleich nach ihrem Tode am Dache jenes hölzernen Stockhäuschens herumsitzen, worin unten der Schweinekoben ist. Die Verwandten wendeten sich darüber an den Pfarrer. Dieser riet, man solle die Müllerin anreden und befragen, was für ihre Ruhe zu tun sei, jedoch nur unter dem Vorbehalt, dass man dabei das erste und letzte Wort des Gespräches frei habe, denn außerdem liefe man Gefahr, vom Geiste tot geredet zu werden. Dies geschah, die Müllerin erzählte ihre Missetat und nannte auch die Mittel, durch die sie des Herumwandelns los werden könnte. Allein sie verlangte zu diesem Zwecke eine solche Unzahl von Seelmessen, die man lesen lassen, und eine solche Last von Weizen, den man malterweise an die Armen verteilen sollte, dass es den Erben bange wurde um ihr eignes Vermögen. Man gab also den Armen nichts und ließ bis auf weiteres die Mutter draußen auf dem Schweinekoben sitzen. Dies tat sie dreißig Nächte lang, denn so weit reicht die Frist „der Folge", in der man für Abgeschiedene kirchlich beten lässt. Dann musste sie dort auf immer verschwinden und ist auch sonst nirgends weiter gesehen worden. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Mutter des Pfarrers

Source: Die Mutter des Pfarrers

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Es war einmal ein Mesmer, der wusste, dass der Pfarrer ein sehr fettes Mastschwein hatte, und er war auch ganz scharf darauf. Eines Tages stahl er das Schwein und schlachtete es. Der Pfarrer ahnte nichts Gutes und verdächtigte den Mesmer. Nun überlegte sich der Pfarrer, was er tun sollte, um den Verdacht zu erhärten. Da steckte er seine alte Mutter in eine Kiste samt Speise und Trank, dann liess er den Mesmer fragen, ob er nicht eine Kiste für ein paar Tage in seinem Haus lagern könne, er habe bei sich keinen Platz. Der Mesmer sagte, er solle sie nur herunterbringen, er wolle sie schon behalten, er habe Platz genug. Da liess der Pfarrer die Kiste mit seiner Mutter drin vorsichtig zum Mesmer tragen. Die Mutter musste heimlich horchen, ob der Mesmer und seine Frau sich über das Schwein des Pfarrers unterhielten. Schon am andern Tag sagte der Mesmer während des Morgenessens zu seiner Frau: «Heute kannst du ein Stück vom Schwein des Pfarrers zum Mittagessen kochen.» Die Frau machte das, während des Essens lobten beide das prima Fleisch, und die Alte in der Kiste hörte alles. Nach ein paar Tagen sagte der Mesmer zu seiner Frau: «Wir wollen schauen, was es in dieser riesigen Kiste hat.» Der Mesmer öffnete sie und erschrak gewaltig, als er die Mutter des Pfarrers in der Kiste sah. Er ahnte gleich, weshalb der Pfarrer das getan hatte, und der Mesmer entschloss sich sogleich, die Alte zu erwürgen. Er zwängte ihr einen Weggen, den sie noch in der Kiste hatte, ins Maul und schloss die Kiste wieder zu. Nach ein paar Tagen liess der Pfarrer die Kiste wieder zu sich ins Haus bringen. Als er darin seine Mutter tot und mit einem Weggen im Maul fand, meinte er, sie sei beim Essen erstickt. Ein paar Tage später ging der Mesmer auf den Friedhof, grub die Alte aus, trug sie in den Stall des Pfarrers und setzte sie vor den Schweinekoben. Als die Magd am andern Morgen füttern ging, erschrak sie furchtbar, als sie da die Alte sah, die schon vor ein paar Tagen beerdigt worden war. Und die Magd rannte davon und erzählte es dem Pfarrer. Der liess schnell den Mesmer kommen und fragte ihn, ob er sie irgendwo unter den Boden bringen könne. Der Mesmer sagte, das wolle er schon machen, wenn er ihm sein Mastschwein überlasse. D gab der Pfarrer ihm gern das Schwein, wenn er nur mit der Alten verschwinde, und der Mesmer ging und schmiss sie in ein Tobel hinunter. Bald darauf holte er sie wieder, brachte sie in eine Kammer des Pfarrers und setzte sie mit einer Schaufel neben den Korntrog. Der Pfarrer erschrak wieder furchtbar, als er seine Mutter dort sah. Er liess den Mesmer rufen und sagte, er solle sie bloss weit weg bringen er wolle ihm geben, was er wolle. Der Mesmer meinte, er wolle dies schon machen, wenn er ihm dafür das Korn im Trog gebe. Dem Pfarrer war das recht, wenn er nur mit der Alten verschwinde. Der Mesmer brachte sie weg und versteckte sie in einem Steinhaufen. Eines Tages als er auf eine Wiese ging, um zu arbeiten, sah er einen Hausierer, der seine Krätze abgestellt hatte und tief und fest schlief. Der Mesmer ging zu ihm, öffnete die Krätze, nahm alle Ware heraus, holte schnell die Alte, stopfte sie in die Krätze, verschloss die wieder und legte sich neben dem Hausierer schlafen. Als sie wach waren, plauderten sie lange zusammen, und der Hausierer fragte dann den Mesmer, ob er ihm nicht sagen könne, wer in diesem Dorf Spitzen und Bändel kaufen wolle. Der Mesmer antwortete, das wolle er ihm schon sagen, er solle nur in das Haus am Dorfeingang gehen, dort werde man ihm viel abkaufen. Dann stand der Hausierer auf, nahm seine Krätze und begab sich zu diesem Haus. Er trat ein und an der Stube den Pfarrer und die Magd. Der Hausierer legte die Krätze ab und fragte, ob sie Spitzen und Bändel kaufen wollten, alles sehr billig und halb geschenkt. Und als er die Krätze öffnete, fiel die Alte heraus; da erschraken alle fürchterlich. Und der Pfarrer liess schnell den Mesmer rufen und sagte, er solle weit weg mit ihr, damit sie nicht mehr zurückkomme. Dafür wolle er ihm eine grosse Belohnung geben. Darauf ging der Mesmer mit der Alten, warf sie in ein tiefes Tobel und liess sie dann für immer dort unten. Dafür bekam er nachher vom Pfarrer ein schönes Stück Geld.       Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Mutter Gottes

Source: Die Mutter Gottes

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Die Franzosen entwendeten in ihrem Übermut die Mutter Gottes aus der Kirche und schlugen sie auf den Streichmähdern in den Torfboden ein, den Kopf abwärts. Seither hört man dort, besonders in der heiligen Zeit, ein lautes Klopfen: "Bum, bum!" Die Frevler büßen ihre ruchlose Tat. Die Streichmähder sind übrigens auch ein berüchtigter Hexenplatz. Da kann man im Gras die Kreise deutlich sehen, wo die Unholdinnen ihre Tänze abgehalten. An den Bäumen hangen auch oft noch Fetzen von Schürzen, Röcken und Hosen, die deutlich genug anzeigen, daß es da toll zugeht. J. J. Sonderegger.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 51, S. 24f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Mutter Gottes erbittet die Erdäpfel

Source: Die Mutter Gottes erbittet die Erdäpfel

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Als die Leute die köstliche Gabe der Erdäpfel verschmähten, sie nur für Schweine brauchbar erklärten, wollte sie Gott so wachsen lassen, dass sie wirklich nur für Schweinefutter getaugt hätten. Dafür sollte den Leuten nur die jetzige Schweinemast: Kraut, Räben und Rüben werden. Auf die Fürbitte der Mutter Gottes änderte er seinen Entschluss dahin, dass die Erdäpfel für Menschen einen gute Speise blieben. Auch das Korn hat unsere liebe Frau in ähnlicher Weise uns erbittet, wie man z. B. im Amte Willisau vernahm.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Die Mutter lehrt das Hexenwerk

Source: Die Mutter lehrt das Hexenwerk

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Ein Vater ging mit seinem Sohne in den Buchenwald oberhalb des Dorfes Räzüns, um Holz zu holen. - Nun (es war sehr heiss) bekam der Sohn Durst, und der Vater ging mit ihm zu einer, ihm bekannten Quelle, wo der Sohn nach Herzenslust trank. Hierauf sprach er zum Vater: »Jetzt will ich dieses Wasser zu Eis machen, und das Eis dann zu Hagel.« »Das kannst Du nicht,« entgegnete der Vater. »Aber ich kann's doch,« erwiderte der Sohn, machte gleich darauf mit einem Haselstecklein allerlei Zeichen und Linien in das Wasser, und - das wurde augenblicklich zu Eis. Dann sprach er: »Jetzt muss ich es laufen lassen, ich kann's nicht mehr halten,« und siehe, das Eis verschwand, es entstand ein entsetzlicher Nebel und eine fürchterliche Kälte, und bald folgte ein erschrecklicher Hagel. »Nun, so lasse es laufen, dahin, wo es am wenigsten schadet,« rief der höchlichst erstaunte Vater. Und es fiel ein furchtbares Hagelwetter, das aber nur den Buchwald bestrich.  Der Vater stand starr da ob seines Sohnes Hexenkunst, und in voller Angst fragte er Denselben: »Von wem hast Du das aber auch gelernt?« »Von der Mutter, - Vater,« war des Sohnes Antwort. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Muttergottes am Felsen

Source: Die Muttergottes am Felsen

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Unterhalb der Rötifluh, dem Dorfe Randa gegenüber, stand am Wege ein kleines, steinernes Muttergottesbild. Als einmal jemand dort betete und nicht augenblicklich Erhörung fand, wurde er unwillig und bewarf das Bild mit Kot. Das Bild fing an zu weinen. Er bewarf es noch einmal. Da hob es sich hoch hinauf in die Felsenwand, so dass kein Mensch mehr dahingelangen konnte. Die Talleute verdross das sehr; denn sie hatten das Bild liebgehabt und hätten’s gerne wieder unten verehrt. Aber der Felsen war zu steil, und keiner vermochte daran emporzuklimmen, und eine Leiter, die zu solcher Höhe reichte, gab es nicht. Da beschlossen die Leute von Randa, einen Bittgang auf die Höhe des Felsens zu veranstalten. Grad über dem Felsen wurde an starken Seilen ein Mann hinuntergelassen. Schon war er nahe dem Bilde, als er sah, wie das Seil immer dünner wurde, so dünn wie ein Bindfaden. In dieser Angst, er müsse in den Abgrund fallen, schrie er: «Ziehet auf!» Die andern hörten aber nicht darauf und liessen ihn immer noch weiter hinab. Jetzt war der Mann beim Bilde, jetzt hätte er es erfassen können, da war aber das Seil so dünn geworden wie ein Haar, und er schrie nochmals: «Um Gottes willen, zieht auf, sonst bin ich verloren!» Da zogen die Männer ihn hinauf, und je weiter er aufwärts kam, desto dicker und stärker wurde der Strick. Heute ist das Bild an der Wand freilich nicht mehr zu sehen, aber die Sage lebt im Volke noch fort. RANDA Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Muttergottes am Felsen

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Unterhalb Täsch, hebt sich hoch über St. Niklaus der Räti mit einer schroffen Felswand gegen das Tal. An dieser Wand steht ein kleines Muttergottesbild von Stein. Früher stand es unten am Wege. Da flehte einer zu ihm, blieb aber unerhört. Da griff er, als er wieder kam, hin, und bewarf das Bild mit Unrat, und da weinte das Bild. Dennoch bewarf er es noch einmal, da hob sich das Bild hoch hinauf an die Felswand; dort stand es nun, und niemand konnte es erlangen. Den Talleuten jammerte das, sie hatten das Bildchen lieb gehabt und es sehr verehrt, und mochten's gern wieder herunter haben. Aber der Felsen an jener Wand, war zu steil, keiner vermochte daran emporzuklimmen, und keine Leiter reichte zu solcher Höhe. Darauf wurden sie in St Nikolaus Rates einig, sie wollten's von oben versuchen, und eine Schar erkletterte den Rätigipfel, und sie hatten sich Merkzeichen gemacht, und gerade über dem Bilde wurde nun an starken Seilen ein Mann hinabgelassen, der sollte es heraufholen. Schon war der Mann fast am Bilde, er sah es schon stehen, da sah er, wie das Seil immer dünner wurde, wie ein Bindfaden, und dachte, dass es nicht halten und er jämmerlich in den tiefen Abgrund stürmen werde und schrie: «Zieht auf, zieht auf, der Strick wird dünne!» — Sie liessen ihn aber noch immer weiter herab, jetzt war er am Bilde, jetzt hätte er's nehmen können, aber da war das Seil dünn geworden wie ein Haar, und er schrie nochmals: «Um Gottes Willen zieht auf, sonst bin ich verloren!» Da zogen die Männer ihn hinauf, und je weiter er aufwärts kam, je dicker und stärker wurde wieder der Strick. Da nahmen die Leute von St. Nikolaus wahr, dass das Bild am Felsen, und nicht in einer Kapelle stehen wolle, wie jenes auf dem Milzberg in Franken, das auch nicht in einer Kapelle blieb, sondern auf einem Felsblock, am Wallfahrtswege seinen Stand behauptete.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Muttergottes auf der Stadtmauer in Sitten

Source: Die Muttergottes auf der Stadtmauer in Sitten

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Im Jahre 1475, den 13. Wintermonat wurde die Stadt Sitten durch die Oberwalliser von der Belagerung des Herzogs von Savoyen entsetzt. Über diese Kriegstat geht noch folgende Sage: Ein Herzog von Savoyen lag mit seinem Kriegsheere auf der "Planta" und belagerte die Stadt Sitten. Diese schlug die Anfälle mutig ab und rief die Oberwalliser um Hülfe auf; bevor diese jedoch ankam, litt sie grosse Not und war alle Augenblicke in Gefahr, vom Feinde überrumpelt zu werden. Als die so heiss erwarteten Krieger aus Oberwallis endlich bei der Leukerporte anlangten, liess man ihnen nicht Zeit, in die Stadt einzuziehen, sondern sandte sie schnell zur Savièseporte hinüber, um dem Feinde eiligst in die Flanken zu fallen. Zu gleicher Zeit trafen auch die Männer aus Savièse und der Umgegend ein und zogen mit ihnen in den Kampf. Und es war eben Mittag und die Glocke läutete zum Gebete. Alle warfen sich auf die Knie und beteten laut den "englischen Gruss". — Sieh! da erschien auf der Ringmauer eine wunderschön glänzende Frau, die huldvoll auf die betende Schar herabblickte und sich dann voll Ernstes gegen den Feind wandte. Auch die Savoyer sahen die Erscheinung; sie sprachen daher sehr kleinlaut: «O weh! jetzt ist die Windelwäscherin auch da — wir sind verloren!» — Voll Mut und Vertrauen standen die betenden Männer auf, jagten die Feinde in die Flucht und befreiten die frohlockende Stadt. Das geschah am 13. Wintermonat, welcher Tag für Wallis ein Festtag wurde. — Auch war das Bild der Muttergottes auf der Gundisporte zu sehen, so lange dieses Tor noch stand.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Muttergottes im Felsental

Source: Die Muttergottes im Felsental

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Als noch ein vielbegangener Pilgerweg aus dem Schwabenland durchs Merishausertal, durch das „Loch , das Mühlental zum Kloster Allerheiligen führte, ein Weg, der sich in vielen Krümmungen durch eine wild romantische Gegend schlängelte, zogen einst mit der sinkenden Sonne zwei Wanderer diesen einsamen Pfad, ein rauher, bärtiger Rittersmann, und an seiner Hand ein blühender Knabe mit blonden Locken. Der Rittersmann trug einen kurzen, faltigen Mantel, nicht Helm noch Panzer, doch war ein starkes Schwert an seine Seite gegürtet; der Knabe war fein gekleidet und hielt, wie als Spielzeug, Bogen und Pfeile in seinen Händen. Kaum trugen ihn noch die schwachen Füße; die Wanderer hatten eine lange, saure Tagesreise hinter sich. Es war der dritte Tag ihrer Wanderung; vor einer Woche war das Knäblein noch weinend am Todbette seiner Mutter gestanden, deren Gemahl als Kreuzritter focht im heiligen Lande, und sie hatte dieses ihr teuerstes Gut einem Diener ihres Herrn anvertraut, der während dessen Abwesenheit seiner Väter Burg verwaltete. „Gelobet mir, so sagte die Sterbende zu dem Ritter mit brechender Stimme, das Knäblein nach der Burg Bruneck zu bringen, nahe dem Kloster Königsfelden, im Lande der Aare; dort soll es mein Bruder erziehen, bis der Vater zurückkehrt aus dem heiligen Lande!“ Und dem weinenden Kinde reichte sie ein verschlossenes Kästchen mit den Worten: „Das bewahre als ein Heiligtum und trag’ es mit dir, wo du gehst und stehst; deiner Mutter Kleinodien sinds, nie trenne dich davon, nur in der allerhöchsten Not. - Und deinem Beschützer hier folge auf sein Wort und gedenke dabei deiner Mutter, die für dich bitten wird bei unsrer lieben Frau, dass dir kein Leids geschehe auf der weiten Wanderschaft.“ Und beide gelobten, der Sterbenden letzten Willen zu halten und begruben sie und traten die beschwerliche Wanderschaft an. Freundlich führte der Alte das Knäblein und verkürzte ihm den Weg mit freundlichen Worten, aber im Herzen erwachte die Gier nach den Schätzen des verschlossenen Kästchens, und er brütete einen blutigen Plan, sie an sich zu bringen, und des Knaben Mund auf ewig zu schließen. Drum hatte er das zarte Kind durch die lange Tagesreise ermüdet mit dem Versprechen, es noch heute in das große und schöne Kloster Allerheiligen zu führen, und als nun die Dämmerung hereinbrach, spähte er rechts und links nach einem sichern Versteck seitab von dem Fußpfad, um die blutige Tat zu vollführen. Da entdeckte er ein enges felsiges Seitental, von einem Bächlein durchrauscht, von hohen Felswänden eingeschlossen, die näher und näher zusammenrückten; dichtes Gebüsch überschattete die Felsen von oben; selten schien ein menschlicher Fuß die einsame Schlucht zu betreten. „Mein junger Herr, so sagte er zu dem ermatteten Knäblein, die Nacht bricht herein, eure Füße tragen euch kaum mehr, das Kloster ist noch fern und keine Herberge in der Nähe, wir müssen heute im freien Felde übernachten, wie es Rittersleuten auch geziemt; seht da ein stilles Tal, da ruhen wir aus an dem rauschenden Quell und stärken uns und befehlen uns in der Mutter Gottes Schutz, sie wird uns bewahren vor Räubern und Mördern und wildem Getier des Waldes, und morgen wandern wir weiter nach dem gastlichen Kloster am Rhein.“ Und das Knäblein, zu gehorchen gewohnt, folgte dem rauhen Begleiter, denn es sehnte sich nach Ruhe und löschte aus dem Quell seinen Durst, legte sein Kästchen unter das Haupt in den Rasen und empfahl sich nach der Mutter Rat in der „lieben Frauen“ Schutz, und bald fielen ihm die müden Augen zu. Aber als es still war rings im Tal und der volle Mond emporstieg über den Felsen und die Schlucht erleuchtete, da schickte sich der Unhold an, die schreckliche Tat zu vollführen. Lieblich ruhte des Mondes Licht auf dem lockenreichen Antlitz des Kindes; es war, als wollte sein Ausdruck im letzten Augenblick noch das harte, geldgierige Herz erweichen. Da stand er im Kampf mit sich selbst, bald legte er schon die Hand an den Griff des mächtigen Schwertes, bald zog er sie zurück; endlich, rasch entschlossen, riss er es aus der klirrenden Scheide, um des Kindes unschuldiges Blut zu vergießen. Dieses aber hatte einen schweren Traum; es sah seine Mutter in der Schaar der Seligen, welche die Königin des Himmels umgeben, sich selbst aber weit von ihnen getrennt, drum fing er an, die Gnadenreiche sehnlich zu bitten, ihn doch auch hinauf zu nehmen in die ewige Seligkeit. Durch das Klirren des Schwertes vom Schlafe aufgeschreckt, stammelte er die Worte: „O Mutter Gottes, erbarme dich mein!“, als eben sein Begleiter das Schwert erhob zum tödlichen Streich. Erschrocken schaute er auf und siehe, da wars ihm, als neigte sich von dem gegenüberstehenden mondbeleuchteten Felsen ein hohes graues Bild der Maria mit dem Kinde zu ihm herüber; von Schreck ergriffen, warf er das Schwert von sich und floh davon, wie von bösen Geistern gejagt, und das Knäblein, erwachend, sah das blanke Schwert im Grase und seinen Begleiter fliehend und erriet bald, was geschehen, und warf sich auf die Knie und dankte der lieben Frau für die gnädige Errettung. Und im Gebet winkte auch ihm von dem mondbeleuchteten Felsen her die holdselige Maria mit dem Kinde, und er glaubte nicht anders, als dass ein Wunder geschehen, um sein junges Leben zu schützen vor des Mörders Hand. Bald sank er wieder in süßen Schlaf und am Morgen war das Bild verschwunden; er aber wanderte, dem betretenen Pfade folgend, nach dem Kloster Allerheiligen und erzählte den Mönchen das Wunderbare, was ihm widerfahren. Und sie erbarmten sich sein und priesen mit ihm die Allmacht Gottes und seiner Heiligen und wallfahrteten hinaus mit Kreuz und Fahne in das einsame Tal und richteten daselbst ein Kreuz auf, und lange noch glaubten die Pilger in den verwitterten Felsen die Züge der wundertätigen Maria mit dem Kinde zu erkennen.   Aus: R. Frauenfelder, Sagen und Legenden aus dem Kanton Schaffhausen, Schaffhausen 1933. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Muttergottes mit dem roten Strumpf

Source: Die Muttergottes mit dem roten Strumpf

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Es war einmal vor Zeiten ein Kind, das hatte Vater und Mutter verloren. Der Bub wurde von seinen Verwandten aufgezogen. Als er grösser war, da musste er im Sommer die Geissen hüten, und er ging auf einen Berg, wo ein Muttergottesbild stand. Jeden Tag nahm er da sein Essen und gab auch der Muttergottes davon. Und als es Herbst geworden war, ging er zu ihr hin, verabschiedete sich von ihr und sagte: «Du arme Muttergottes! Du tust mir leid, dass der Winter kommt und du hier bleiben und frieren musst und ich dir nicht helfen kann. Aber ich will dir wenigstens einen Strumpf über den Kopf ziehen, damit du nicht so sehr frieren musst!» Er zog der Muttergottes einen roten Strumpf über den Kopf, und dann ging er nach Hause. Als der Bub grösser war, sagten die Verwandten zu ihm: «Jetzt musst du selber sehen, wie du dein Brot verdienen kannst, wir können dich nicht mehr füttern, wir sind auch arme Leute.» Der Bub ging auf die Gasse hinaus und war ganz traurig. Ein Herr, der vorbeiging, fragte ihn, was er mache. Der Bub antwortete: «Ich versuche zu verdienen, aber ich weiss nicht, wohin ich gehen soll.» Der Herr fragte, was er arbeiten könne. Er antwortete: «Ich kann Holz herbeitragen und wischen!» Der Herr dachte nach und sagte: «Du kannst mitkommen und dem Koch in der Küche helfen!» Der Bub ging mit dem Herrn und machte seine Sache recht. Einmal musste der Koch hinaus, und er übergab seine Arbeit dem Buben. In dem Augenblick kam ein fremder Bub in die Küche und fragte, wo der Herr sei, er wolle mit ihm reden. Der Bub wollte zum Herrn gehen, aber der junge Koch sagte: «Wart ein wenig! Lass dich abwaschen! Man darf nicht so dreckig vor den Herrn treten!» Erst als er ihn gewaschen hatte, liess er ihn zum Herrn. Unterdessen kam der Koch. Aber es roch so schlecht in der Küche, und der Koch fragte den Buben, was er hier getan habe, dass es derart stinke. Der Knabe sagte, dass ein Fremder dagewesen sei, der mit dem Herrn habe sprechen wollen, er sei so schmutzig gewesen, dass er ihn gewaschen habe, bevor er ihn zum Herrn gelassen habe, nachher habe es so schlecht gerochen. Inzwischen kam auch der Herr in die Küche. Da es immer noch so stank, fragte auch er, was sie gemacht hätten, und der Bub erzählte dem Herrn, was passiert war. Da dachte der Herr, dies müsse ein rechtschaffener Bub sein, und er fragte den kleinen Koch, ob er nicht zur Schule gehen wolle. Der antwortete: «Aber doch, wenn Sie mich lassen, würde ich sehr gern gehen.» Der Bub ging zur Schule, er hatte auch eine gute Begabung, und er blieb so lange, bis er zum Priester geweiht wurde. Als er seine erste Messe las und sich beim ‹Nobiscum› umdrehte, musste er laut herauslachen, so dass die Anwesenden nicht wussten, was sie davon halten sollten. Als er in die Sakristei kam, fragten sie ihn, weshalb er so laut gelacht habe. Er antwortete, er habe die Muttergottes gesehen, der habe er einmal einen roten Strumpf über den Kopf gezogen. Deshalb habe er lachen müssen. Sobald er das Messgewand ausgezogen hatte, starb er. Die Muttergottes hatte ihn geholt und in den Himmel geführt.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Muttergottes mit dem roten Strumpf

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s war einmal vor Zeiten ein Kind, das hatte Vater und Mutter verloren. Der Bub wurde von seinen Verwandten aufgezogen. Als er grösser war, da musste er im Sommer die Geissen hüten, und er ging auf einen Berg, wo ein Muttergottesbild stand. Jeden Tag nahm er da sein Essen und gab auch der Muttergottes davon. Und als es Herbst geworden war, ging er zu ihr hin, verabschiedete sich von ihr und sagte: «Du arme Muttergottes! Du tust mir leid, dass der Winter kommt und du hier bleiben und frieren musst, und ich dir nicht helfen kann. Aber ich will dir wenigstens einen Strumpf über den Kopf ziehen, damit du nicht so sehr frieren musst!» Er zog der Muttergottes einen roten Strumpf über den Kopf, und dann ging er nach Hause. Als der Bub grösser war, sagten die Verwandten zu ihm: «Jetzt musst du selber sehen, wie du dein Brot verdienen kannst, wir können dich nicht mehr füttern, wir sind auch arme Leute.» Der Bub ging auf die Gasse hinaus und war ganz traurig. Ein Herr, der vorbeiging, fragte ihn, was er mache. Der Bub antwortete: «Ich versuche zu verdienen, aber ich weiss nicht, wohin ich gehen soll.» Der Herr fragte, was er arbeiten könne. Er antwortete: «Ich kann Holz herbeitragen und wischen.» Der Herr dachte nach und sagte: «Du kannst mitkommen und dem Koch in der Küche helfen.» Der Bub ging mit dem Herrn und machte seine Sache recht. Einmal musste der Koch hinaus, und er übergab seine Arbeit dem Buben. In dem Augenblick kam ein fremder Bub in die Küche und fragte, wo der Herr sei, er wolle mit ihm reden. Der Bub wollte zum Herrn gehen, aber der junge Koch sagte: «Wart ein wenig! Lass dich abwaschen! Man darf nicht so dreckig vor den Herrn treten!» Erst als er ihn gewaschen hatte, liess er ihn zum Herrn. Unterdessen kam der Koch. Aber es roch so schlecht in der Küche, und der Koch fragte den Buben, was er hier getan habe, dass es derart stinke. Der Knabe sagte, dass ein Fremder dagewesen sei, der mit dem Herrn habe sprechen wollen, er sei so schmutzig gewesen, dass er ihn gewaschen habe, bevor er ihn zum Herrn gelassen habe, nachher habe es so schlecht gerochen. Inzwischen kam auch der Herr in die Küche. Da es immer noch so stank, fragte auch er, was sie gemacht hätten, und der Bub erzählte dem Herrn, was passiert war. Da dachte der Herr, dies müsse ein rechtschaffener Bub sein, und er fragte den kleinen Koch, ob er nicht zur Schule gehen wolle. Der antwortete: «Aber doch, wenn Sie mich lassen, würde ich sehr gern gehen.» Der Bub ging zur Schule, er hatte auch eine gute Begabung, und er blieb so lange, bis er zum Priester geweiht wurde. Als er seine erste Messe las und sich beim Nobiscum umdrehte, musste er laut herauslachen, sodass die Anwesenden nicht wussten, was sie davon halten sollten. Als er in die Sakristei kam, fragten sie ihn, weshalb er so laut gelacht habe. Er antwortete, er habe die Muttergottes gesehen, der habe er einmal einen roten Strumpf über den Kopf gezogen. Deshalb habe er lachen müssen. Sobald er das Messgewand ausgezogen hatte, starb er. Die Muttergottes hatte ihn geholt und in den Himmel geführt. Aus: U. Brunold-Bigler, C. Decurtins, Die drei Winde. Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Chur 2002. Beitrag in Märchenforum Nr. 86 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Muttergottes von Montefrat

Source: Die Muttergottes von Montefrat

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Am Fusse des waldumhegten Käsenberges liegt eine kleine Stunde von Mouret der stille Weiler Montefrat, oder wie die Welschen sagen Montévraz. Den Eingang des Dörfleins behütet eine hübsche Kapelle, die der seligsten Jungfrau geweiht ist; sie darf auf eine 300-jährige Vergangenheit zurückblicken. Während der schönen Jahreszeit pilgert das glaubensstarke Landvolk des buckeligen Oberlandes fleissig zum kleinen Heiligtum «Unserer Lieben Frau der Gnaden.» Der fromme Sinn der Gläubigen hat um die Gnadenstätte einen bunten Kranz lieblicher Legenden geflochten. Zur Ehre der Himmelskönigin und zum Nutzen des Lesers mag hier eine erwähnt werden: Vor hundert Jahren brach über das Oberland ein so schreckliches Unwetter los, wie man seit Menschengedenken keines erlebt hat; so behauptet wenigstens ein zahnlückiges Mütterchen oder ein weissgraues Väterchen. Die Bauersleute auf den umliegenden Matten und Äckern mussten schleunigst ihre Arbeit im Stich lassen und unter ein schützendes Obdach flüchten. Etwa 15 Personen flohen in die Kapelle von Montefrat. Bei der Gottesmutter hofften sie sicheren Schutz zu finden. Kaum hatten die Flüchtenden die Kapelle betreten, als ein fürchterlicher Hagel auf das Dach niederrasselte, klirrend schlugen die nussgrossen Schlossen an die kleinen Butzenscheiben. Dazu ertönte ein Donnerschlag nach dem anderen. Blitz auf Blitz folgte rasch aufeinander und beleuchtete grell die angstvoll verzerrten Gesichter der Betenden. Immer inbrünstiger wurde der Ruf: Maria hilf! Dazwischen klang wimmernd die Stimme des Glöckleins wie das Weinen eines Kindleins. Nur das Gnadenbild schaute in himmlischer Ruhe nieder auf die verzweifelten Leute und die tobenden Elemente der Natur. Da, auf einmal liess ein gewaltiger Donnerschlag das Kirchlein erbeben. Ein greller Blitzstrahl zischte durch das Fenster herein und schmetterte die Betenden zu Boden, wo sie für Augenblicke bewusstlos liegen blieben. Doch siehe da! Als durch die zersplitterten Fenster ein kühler Wind eindrang und der Schwefeldunst sich verzogen hatte, erhoben sich alle unversehrt vom Boden. Kein einziger Mensch hatte Schaden erlitten. Auf den Knien dankten nun die Geretteten der Helferin der Christenheit für die wunderbare Rettung. Ein Ex voto verewigt diese Begebenheit.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Nachkommenschaft

Source: Die Nachkommenschaft

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a) Ein Ehepaar wollte keine Kinder haben. Da sagte einmal der Beichtvater zum Gatten, er könne ihm diese Sünde nicht nachlassen. Da reiste der Mann bis nach Rom und beichtete dem hl. Vater. Dieser befahl ihm: »Gehet diesen Abend in den St. Petersdom und betet dort die ganze Nacht hindurch; wenn dann niemand in die Kirche kommt, so kann ich euch lossprechen, sonst aber nicht.« Der Sünder gehorchte. Gegen Mitternacht kam eine riesige Volksmenge in den Dom: Bischöfe, Priester, Generäle, Soldaten, Gelehrte, Handwerker, Bauern, Leute aus jedem Stande und jedem Alter. Das erzählte er dem Papst, und der erklärte jetzt, er könne ihn nicht lossprechen; das seien alles Menschen gewesen, die seine Nachkommen geworden wären, wenn er recht in der Ehe gelebt hätte. Frau Planzer-Gisler, Sisikon b) Als der Eheman am Sterben war, sah er eine Menge Volk, Junge und Alte, Geistliche und Weltliche in das Zimmer kommen und sagte das dem Geistlichen, der bei ihm war, um ihn auszutrösten. Dieser belehrte ihn: »Diese alle wären deine Nachkommen geworden, wenn du recht in der Ehe gelebt hättest, und du wirst solange wandlen müssen, als diese Nachkommenschaft gedauert hätte.« Karl Gisler, Schächental c) Zwei Eheleute hatten erst geheiratet, da sie sicher waren, keine Kinder mehr zu bekommen. Nach dem Tode erschien der Gatte seiner hinterbliebenen Gattin und sagte, sie müsse eine Kröte auf ihre Brust legen und da tragen, und wenn dann ihre Brust ganz abgefault sei, dann erst könne er erlöst werden. Peter Tresch, Silenen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die nächtliche Gerichtssitzung

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1. Gegenüber dem Rathause in Altdorf wohnte ein Ratsherr. Dieser gab eines Abends seiner Magd den Auftrag, ihn morgens früh zu einer bestimmten Stunde zu wecken. In der Nacht erwachte sie und erblickte Licht auf der Gerichtsstube im Rathause. Sie dachte, sie habe sich verschlafen, und lief gleitig hinüber, um zu sehen, wie sich die Sache verhalte. Wirklich sassen da eine Zahl Richter feierlich auf ihren Stühlen. Aber aus ihrem Munde loderten Feuerflammen. Voll Schrecken eilte die Magd heim. Erst jetzt schaute sie an die Wanduhr und gewahrte, dass es erst halb 1 Uhr war. Sie wusste nun, dass es eine Geisterversammlung gewesen. Kath. Kempf, 90 J. alt, u.a. 2. Einer Wäscherin, die des Morgens früh in den Winkel zur Arbeit ging, erlosch die Laterne; da sah sie Licht im Rathaus und wollte dort Feuer betteln. Einer der nächtlichen Richter sagte ihr: »Wenn du nicht eine arme Wäscherin wärest, oder wenn du aus Vorwitz gekommen wärest, würden wir dich zu Mehl zerreiben.« Er hatte Feuerflammen im Munde, etc. Frau Mattli-Bissig, 80 J. alt. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die nächtliche Prozession

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Zwischen Brädelen und Praroman liegt das romantische Nessleratal, das vom gleichnamigen Bach, der auch dem Weiler den Namen gab, durchflossen wird. In der Richtung nach Praroman steht eine alte Säge, die heute elektrisch betrieben wird. Vor vielen Jahren, da noch das Wasserrad rauschte, war der «Mürejosi» (Müller Josef) an der Säge tätig. Er schilderte in seinen Greisenjahren ein Erlebnis, das er in jungen Jahren in der Nesslerasäge erlebt hatte. Der Sägereibesitzer liess einst das Werk die ganze Nacht laufen, weil ein grosser Stoss Trämmel (Baumstämme) sich angehäuft hatte. Die Septembernacht war milde. Mürejosi wollte die Nachtarbeit auf sich nehmen. Dazu goss noch der Vollmond sein sanftes Licht über das schimmernde Tal. Alle Lichter waren schon gelöscht, nur die Säge war von einer Laterne erhellt. Durch die ruhige Nacht schnitt das Knirschen der nimmermüden Brettersäge. Gegen Mitternacht unterschied das scharfe Ohr des Knechtes zwischen dem eintönigen Geräusch der Säge ein fernes Murmeln und Brummen vieler Stimmen. Das wurde immer stärker und anhaltender. Die Stimmen kamen näher. Vorsichtig spähte der Knecht durch eine Fensterlücke auf die Strasse hinaus nach den späten Wanderern. Da erblickte er eine ganze Reihe fremder Menschen, die in Prozession durch die einsame Gasse zogen und beteten. Alle Teilnehmer waren in fremde Tracht gekleidet und gingen barfuss. Ihre Gesichter waren so blass und weiss wie Kalk. Ein wehmütig ernster Zug lag in denselben. Dem Mürejosi stieg ein Gruseln über den Rücken, doch die Neugierde war stärker. Er unterschied von seinem Platze aus, alle Altersgruppen in der eigenartigen Prozession. Männer und Jünglinge, Grosse und Kleine, Frauen und Töchter waren dabei vertreten. Ihr Beten klang auch ganz fremd. Andächtig zogen sie hinter dem Kreuzträger nach, ohne rechts oder links zu schauen; in der Mitte trug ein Mann eine Kreuzfahne. So leise und geräuschlos traten die Beter auf, als ob sie den Boden nicht berührten. Die nächtlichen Waller zogen durchs Dörfchen und nahmen die Richtung gegen die Gomma hinauf, St. Silvester zu. Im hellen Licht des Vollmonds sah sie Mürejosi im Hohlweg verschwinden. Zurück sah man sie nicht kehren. Der Mürejosi schlug ein grosses Kreuz und begann in seinem Grausen zu beten zur seligsten Jungfrau und zu seinem Schutzpatron. Er erwartete von dieser nächtlichen Prozession nichts Gutes. Ihrem Benehmen nach waren es nicht Menschen von dieser Welt. Sie hatten ein geisterhaftes Aussehen. Daraus schloss der Knecht, dass die sonderbaren Wallfahrer vielleicht arme Seelen gewesen seien, die aus irgendeinem Grunde noch nicht erlöst waren. Er fragte anderntags seine Nachbarn, ob nicht eine Wallfahrt zum St. Silvester-Kirchlein gezogen sei. Aber niemand hatte eine solche erblickt. Diese Wahrnehmung bekräftigte den Mürejosi in seiner Meinung, doch behielt er sein nächtliches Erlebnis für sich und erst kurz vor seinem Lebensende kam er darüber mit seiner Familie zu sprechen.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die nächtliche Sennerei

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Ein leidenschaftlicher Iseltwalder Gemsjäger, Peetsch ab Egglen, war einst an einem Spätherbsttag an Tschingelfeld den Grattieren nachgeschlichen, ohne bis zum Abend zu gutem Schuss zu kommen. In der Absicht, am nächsten Tag das Glück aufs neue zu versuchen, nahm er sich vor, in einer Hütte im Bödeli zu übernachten, legte im Chucheli das Gewehr auf die Turnerbank, machte auf einem Feuer Warmes zum Znacht und streckte sich nachher müde auf der Gastere ins Bergheu. Durch einen Schlitz im Dach schienen die Sterne, herauf rauschten der Giessbach und der Fangisalpbach, lauter und leiser, je nachdem der Bergwind ging, der ab und zu auch in den Schindeln sirrte. Wie Peetsch so dalag, für den morgigen Tag kalendernd, hörte er plötzlich weit droben von der Fangisalp her rufen, chetten und gloggnen exakt wie eine grosse Viehzüglete, wenn im Frühsommer die Alpen bestossen werden. Die Züglete kam näher und näher, ja, es machte gattig, als ob sie ausgerechnet auf die Hütte zusteuerte. Peetsch gragelte einmal ins Chucheli, nahm das Gewehr an sich und legte es auf der Gastere an seine rechte Seite. Wirklich, kaum dass er wieder oben war, trieben ein fremder Küher in den besten Jahren und ein Bub die Züglete schon in den Schopf, brachten Schiff und Geschirr in die Hütte, machten ein Feuer, molken und fingen regelrecht zu käsen an, als ob sie in der Hütte von jeher heimisch gewesen wären. Wie Peetsch vom Glieger herunter den Hantierungen der Beiden zusah, lief es ihm schier kalt über den Rücken. Um sich nicht zu verraten, wagte er fast nicht den Atem zu ziehen. Er feckte sich umsonst. Als die Käsmilch im Kessi dampfte, hörte er den Buben zum Küher sagen: „Vater, wollen wir dem da oben auch Milch geben?“ Worauf der Küher antwortete: „Wie es dir gefällt, Bub. Rufe ihn her!“ Im Handumdrehen erschien da der Bub in der Heitri vor der Gastere und hiess den Jäger hinunterkommen. Das war Pech, schwärzestes Pech! Schweren Herzens nur gehorchte Peetsch. Auf dem Turnbänklein in sich zusammengesunken, wartete er bleich und schweigend der Dinge. Aus dem Kessi schöpfte der Küher Milch in einen Gohn, reckte einen hölzernen Löffel aus der Riegle, beides reichte ihm der Junge hin. Im Augenblicke aber, da er den Löffel an den Mund setzte, stiess der Bub sein Messer wie ein rässer Fitz an Peetsches linker Seite in die Wand. Der Stich schien in Fleisch und Blut zu gehen. Die Lippen verkniffen, legte der Jäger Gohn und Löffel neben sich auf die Bank, stand wortlos auf und kletterte unter grossen Schmerzen in der halbwegs lahmen Seite auf die Gastere zurück. Über eine Weile, da sie mit Käsen fertig geworden, packten auch die Küher ihr Geschirr wieder zusammen, räumten die Hütte, und den gleichen Weg, den sie gekommen, hallte ihr Rufen und das Läuten der Glocken fern und ferner, bis es ganz verstummte. Für den Rest der Nacht fand Peetsch keinen Schlaf. Das wunderliche Erlebnis und stechender Schmerz liessen ihn nicht mehr zur Ruhe kommen. Noch vor Tagesanbruch erhob er sich, hängte das Gewehr um und trat, krank an Leib und Seele, den Heimweg an. Über die geisterhafte Sennerei und die Ursache seines Leidens aber schwieg er sich vor allen Leuten beharrlich aus. Zu Hause trotzte die Wehtat aller ärztlichen Kunst und den fürnehmsten Salben. Der einst stattliche Jägersmann verlor im Laufe der Wochen zusehends an Gestalt und Körperkräften, verfiel vorzeitigem Alter und trüben Gedanken. Im Dorfe ging bald der Bericht, Peetsch ab Egglen werde den Kuckuck nimmer rufen hören. Bevor es aber soweit war, kam eines Tages der Schwander Hänsli Stähli zu dem Kranken auf Besuch. Als ehemalige Jagdgenossen hatten sie einander manch Grattier vor den Lauf getrieben, nun galt es wohl ein letztes Wiedersehen. Doch nein. Das Hänsli hatte eine feine Nase, die gleich witterte, wo es dem Freunde fehlte; er drängte und ergab sich nicht, bis Peetsch ihm den Hergang seiner Leidensgeschichte haargenau erzählt hatte, dann zuckte ein verschmitztes Lächeln über sein Gesicht. Dem Freunde konnte Hilfe werden. Also sagte er: „Du bist dem Vollenküher unter Händs geraten. Wenn du noch magst, tu was ich dir rate. Geh an Tschingelfeld, wenn der Tag sich wieder jährt und bleibe in der gleichen Hütte über Nacht. Der gleiche Spuk wird wieder kommen. Wenn du sie hörst, geh vom Feuer weg und setz dich auf die Turnbank. Wie das erste Mal, will dir der Junge Milch anbieten, die nimm aber ums Sterben nicht, steh vielmehr auf und sag ein „Vergelt‘s euch Gott!“ Dann wird das Feuer erlöschen, und du nimmst nichts mehr wahr als ein klägliches Gewinsel, obwohl die Beiden noch in der Hütte sind. Im Schwick nimm Flinte und Esssack und verlasse die Hütte und die Alp so tifig es dir geht so wirst du deiner Leiden los und ledig.“ Peetsch versprach das Möglichste zu tun. In der Morgenfrühe des besagten Tages hatte er die Lebensgeister soweit beisammen, dass er den langen Weg nach dem Tschingelfeldbödeli glaubte bewältigen zu können. In der Nacht verlief der Spuk am Schnürli, wie der Schwander vorausgesagt. Der Wehtat und des trüben Sinnes ledig, kam er ins Dorf zurück und erfreute sich noch viele Jahre einer guten Gesundheit. - Die Jagd aber gab Peetsch ab Egglen für immer auf. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die nächtliche Tafelrunde

Source: Die nächtliche Tafelrunde

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Am Fusse des Jura, nicht weit vom Dorfe Berolles im Kanton Waadt, und in geringer Entfernung vom sogenannten Römerwege, befindet sich ein vereinzelter, runder Hügel von ziemlich grossem Umfange. Auf seinem Gipfel wachsen Eichen und Buchen, untermischt von einigen Tannen. An diesen Hügel knüpfen sich manche Sagen. Es kommen hier die Hexen zusammen, die um Mitternacht unter den Tönen einer bezaubernden Musik ihren Sabbat feiern. Man sieht dann auf der Mitte des Hügels, welche den Namen Nernetçan oder Nernier-Feld trägt, einen Anrichttisch sich erheben, welcher besetzt ist mit goldenem und silbernem Geschirr, und welcher von einer Tafel umgeben ist mit köstlichen Speisen. Alle Glieder der Versammlung, sich in einer riesenmässigen Runde aneinanderreihend, umgeben den Hügel, und um sie trabt während des Mahles ein graues, kopfloses Pferd. Nachher zerstreuen sich die leichten Schatten, wie sie gekommen sind. Noch immer, sagt das Volk, nimmt man diese wunderbare Erscheinung war. Feuerwaffen sind ohne Wirkung gegen diesen verrufenen Hügel, wenn das Geräusch der Instrumente sich vernehmen lässt. Mehrmals hat ein Neugieriger die Seiten des kleinen Berges, welcher nach Aussage alter Leute grosse Schätze bergen soll, teilweise zu öffnen versucht, allein, sobald er zu einer gewissen Tiefe gedrungen, löschte ein Vogel das Licht, dessen sich der verwegene Graber bediente, und, von plötzlichem Schrecken ergriffen, stund er von seinem Unternehmen ab. Quelle: Theodor Vernaleken, Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch


by Die nächtlichen Reiter

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Hoch oben durch die Berggüter zog sich die alte Römerstrasse hin. Auf dieser erscheinen jetzt noch in den heiligen Zeiten nächtliche Reiter. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 189, S. 89 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die nächtlichen Ruhestörer

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In Niedergesteln erzählte man, dass der Freiherr Anton von Turn-Gestelnburg wegen seines bösen Gewissens sehr oft die Nächte schlaflos zubringen musste. Er schrieb jedoch die Schuld seiner Schlaflosigkeit zur Sommerszeit dem Froschgequake am Fusse des Schlossfelsens zu. Um die unermmüdlichen Schreihälse zum Stillschweigen zu bringen, habe der Freiherr einen neuen Frondienst ersonnen. Dieser bestand darin, dass seine Untertranen familienweise , mit langen Ruten bewaffnet, am Rande des nahen Sumpfes Wache stehen mussten. Wenn die Frösche ihr Konzert wieder begannen, waren sie durch die Rutenschläge der Fronleute zum Schweigen zu bringen. NIEDERGESTELN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die nächtlichen Schneiderinnen

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Ein Bursche, der z'Stubeten ging, schaute bei einem entlegenen, verlassenen Häuschen, wo er gegen sein Erwarten ein Lichtlein brennen sah, zum Fensterchen hinein. Drinnen standen zwei Schneiderinnen am Tische und zerschnitten Tuch, und da, wo sie es zerrissen, hörte er deutlich den Ton davon – »das heig da g'schränzt!« Jetzt wandte die eine ihren Blick gegen das Fenster, erblickte den g'wundrigen Nachtbub und drohte ihm mit dem Finger und mit einem bösen Blick. Der Bursche fand es geraten, das Weite zu suchen. Maria Arnold, 50 Jahre alt, Altdorf Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die nächtlichen Sennen

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Es hütete in der Küeh-Vereina ein Schäfer seine Herde, und vermisste eines Abends einige Schafe. Beim Suchen nach Denselben überraschte ihn die Dunkelheit, und er musste in der Hütte von Küeh-Vereina übernachten . Um Mitternacht hörte er Jemanden aus dem Keller kommen, und er­blickte gleich darauf zwei geisterhafte, weibliche Wesen, welche sich damit beschäftigten, Feuer zu machen, und zu käsen. Der Hirte, der sich aber nicht fürchtete, blieb ruhig liegen, und schaute zu. Als das Geschäft beendigt war, kam Eine der Gestalten zu ihm her, und bot ihm vom vom frischen Käse und Zieger an; er nahm aber nichts davon. Am Morgen hielt er das Geschehene halbwegs für einen Traum. Am Abende desselben Tages kehrte er von der Höhe nach der Hütte zurück, aus Wunder, ob von dem frischen Käse und Zieger noch Etwas vorhanden sei oder nicht. - Die Erscheinung war die gleiche der Nacht zuvor. Aber weil der Schäfer auch diesmal von der angebotenen Speise nichts annahm, jagten die zwei Gestalten ihn zur Hütte hinaus, wo alsbald ein ungeheurer Windstoss ihn erfasste, und weit weg trug. Er schaute nach der Gegend hin, wo die Hütte stand, und gewahrte dort eine Helle, als stände die Hütte in vollem Brande. Am Morgen ging er hin, und fand die Hütte ganz leer, und von Geistern, Käse und Zieger war keine Spur zu entdecken. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Nachtlichter in Eggerberg

Source: Die Nachtlichter in Eggerberg

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In Eggerberg will man in finsterer Nacht oft Lichter gesehen haben, bald nur ein grosses, das sich in viele kleinere auflöste, bald aber deren eine ziemliche Anzahl regelmässig eingeteilt umherschweifend. Man soll selbe von Visp, Stalden und Emd aus oft beobachtet haben. Herr Kaplan Mooser erzählt darüber: Als ich noch Kaplan in Visperterminen war, 1847, ging ich eines Abends im Juni Geschäfte halber später zur Ruhe und nach zehn Uhr noch auf die Vorlaube des alten Kaplaneihauses, um der frischen Luft zu geniessen. Da sah ich ob dem Dorfe in Eggerberg in den Wiesen ein grosses Licht. Ich meinte, jemand, der das Wasser besorge, habe ein solches bei sich; aber gleich zerteilte sich dasselbe in viele kleine Lichtlein, die in regelmässiger Entfernung hin und her schwammen. Ich rief Hausleute hinzu, welche das gleiche sahen. Die Lichter zogen endlich dem Baltschiedergraben zu, wo die ersten in Feuerfunken geräuschlos zerplatzend verschwanden, die andern aber noch in den Wiesen von Eggerberg erloschen. Der Pfarrer, der auch gerufen wurde, sah nur noch die letzten.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch  


by Die Nachtschaar im Schmittener Tobel

Source: Die Nachtschaar im Schmittener Tobel

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Zwischen den Dörfern Alvaneu und Schmitten ist ein zerrissenes, dicht bewaldetes Tobel, durch welches auch ein Weg nach dem Bade Alvaneu führt. Niemand geht bei Nacht durch dieses Tobel, wenn er nicht hart muss. - Einstens musste ein Jüngling in der Nacht von Schmitten nach dem Bade, um den Doktor zu holen, als er im Tobel eine herrliche Musik hörte, welcher er lange Zeit lauschte; allein bald gewahrte er mit Schrecken, dass eine grosse Schaar dunkler Gestalten daher kam, voran ein Musikant. - Er wollte sich verstecken, aber Einer im Zuge holte ihn aus seinem Verstecke hervor, und er musste mit. Nun ging's bergab, bergauf, hin und her, die ganze Nacht, bis gegen Morgen, wo Halt gemacht wurde. Der Junge musste in die Mitte treten, und die Andern tanzten Alle um ihn herum; es geschah ihm nicht das Geringste. Als die Morgenglocke ertönte, zerstob die nächtliche Gesellschaft plötzlich, und mit Mühe fand der Junge den Weg durch das ihm unbekannte Gestrüppe. - Er traf den Arzt, brachte sein Anliegen vor und erzählte seine Erlebnisse während der letzten Nacht. - Der Doktor ging mit ihm nach Schmitten, wo die leidende Mutter des Jungen die Krisis überstanden hatte und auf dem Wege der Besserung sich befand; ihr Sohn aber, der hatte über die ihm begegnete Geschichte einen solchen Schrecken in sich gefasst, dass er irre wurde.   Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Nachtschaar zu Tiefencastel

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Zur Fastenzeit gingen zu Tiefencastel zwei Knaben eines Abends in ein Bauernhaus, um mit einigen Mädchen in Demselben, trotz des Fastengebotes, zu tanzen. Nach einiger Zeit peinigte sie das Gewissen, und ein seltsames Geräusch erschreckte sie, dass sie für gut fanden, aus dem Hause zu fliehen. Als sie der Gefahr einer Entdeckung glücklich entronnen zu sein glaubten, begannen sie, laut zu jauchzen, und zu jodeln. Da hörten sie von der andern Seite, von Mons her, auch jodeln. In der Meinung, es seien Kameraden, setzten sie eine Weile das Jodeln fort, und erhielten immer Antwort, bis auf einmal die Andern verstummten. Aber alsobalde entstand plötzlich vor ihnen ein sonderbares Geräusche, und sie sahen und hörten eine grosse Gesellschaft von tanzenden und springenden Leuten unter herrlicher Musik vorbeiziehen. Stutzig wichen sie dem Zuge aus, obwohl sie Einige aus der Nachtschaar zu erkennen glaubten. Der Zug aber verschwand in grösster Eile, unter Geräusche und Musik, wie er gekommen war. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Nachtspinnerin

Source: Die Nachtspinnerin

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Wenn am Urirotstock das Alpenglühen erlischt und die Nacht den grünen Bergsee des Vierwaldstättersees zu überschatten beginnt, wird es um den See ungeheurig. Und wenn der wilde Alpenwind, der Föhn, aus dem Lande Tells über die Wasser dahinfährt, daß die Wellen wie weißmähnige Rosse gegen Brunnen fahren, hört man aus dem Rauschen wohl ein seltsames Tuten und Brüllen, als ob der Stier von Uri auf dem einsamen Rütli gar gewaltig ins Horn stoße. Dann löschen die im Tale von Schwyz das Feuer im Herd, damit der allgewaltige Föhn nicht aus einem stillen Feuerlein einen Brand aufjage, der die Dörfer im ganzen Land verzehrt. In stillen Nächten aber, wenn's zu Brunnen am Bergsee die Mitternachtsstunde schlägt, sitzt die Nachtspinnerin auf der Leewasserbrücke und spinnt. Ihr hurtiges Spinnrad ist von reinem Silber und der Flachs darauf von lauter lötigem Gold. Einst lebte zu Brunnen ein Mädchen, das seiner Mutter viel Verdruß machte, denn es war so faul, daß ihm der runde Blechlöffel beim Essen fast zu schwer war. Beim Spinnen aber sah sie immer durchs Fenster, und statt mit ihrem Fuß fleißig das Spinnrad zu treten, nickte sie ein und verschlief die halbe Zeit. Da mußte denn die alte Mutter um so emsiger am Spinnrad die Fädelein durch die Finger gleiten lassen, sonst wäre der schöne Flachs zugrunde gegangen. Eines Tages aber wurde es der Mutter zu bunt, als sie gewahren mußte, wie ihre faule Tochter wieder über dem Spinnrad eingeschlafen war. Sie trat zu ihr hin, rüttelte sie unsanft aus dem Schlafe auf und sagte: "Schau auf, du faules Mädchen, und lerne vom Spinnlein, das da im Gestäude vor dem Fenster hängt, wie man spinnen und sich sein Brot verdienen muß!" Da erwachte die Tochter gähnend, und als sie die Mutter also reden hörte, wurde sie böse und sagte: "Wenn Ihr mir so kommt, so laufe ich lieber davon!" - "Ja, geh nur!" sagte die Mutter, "denn das Schlafen kann ich nötigenfalls selbst besorgen." Nun erhob sich die faule Tochter und verließ rasch die Stube, denn jetzt war sie auf einmal gar behend und flinkfüßig geworden. Wie die Mutter durchs Scheiblein schaute, sah sie die Tochter gegen den Bergwald hinauf laufen. Doch sie dachte, wenn's Essenszeit ist und Mittag läutet, kommt sie gerne genug wieder, und ließ sie also getrost laufen. Als aber die Abendsonne das Scheiblein rötete, und als gar die Nacht hereinbrach, ohne daß die Tochter sich blicken ließ, wurde die Mutter unruhig. Alle Augenblicke schlurfte sie ans Fenster und schaute in die Nacht hinaus. Aber sie vermochte von ihrer Tochter weder etwas zu sehen noch zu hören. Nur zuweilen jubelte in das Rauschen des Bergsees das Jauchzen der ausrückenden Nachtbuben. Jetzt fing die Mutter an, sich ernstlich zu ängstigen. Es wurde später und später. Die Mutter klebte fast immer am Fenster. Bald sah sie vorne hinaus über den See, auf dem die Nebel wie wandernde Kriegerhorden einen Umgang hielten, und dann wieder hastete sie nach dem Küchenfenster hinten im Häuschen und schaute über das Tal von Schwyz, das der Mond beschien, der über den beiden Mythen stand. Aber auf einmal übernahm sie eine wahre Todesangst. Sie riß die Türe auf, fuhr das Haus hinunter und machte sich in die Nacht hinaus, um ihre faule Tochter zu suchen. So geschwind es der alten Frau möglich war, stieg sie an die bewaldeten Höhen hinauf und rief überall nach ihrer Tochter. Es dauerte ziemlich lange, bis sie endlich in die Matten bei Ingenbohl kam. Da antwortete auf ihr ängstliches Rufen eine verschlafene Stimme: "Da bin ich!" Die alte Frau ging der Stimme nach und fand bald hinter einer Dornhecke unter einem blühenden Kirschbaum ihre faule Tochter, die sich gähnend die Augen ausrieb und sagte: "Wie spät ist's? Ist's denn noch nicht Essenszeit? Oh, bin ich müd', bin ich müd'!" Da fragte sie die Mutter, was sie denn den ganzen Tag und die halbe Nacht getan hätte, daß sie so müd' sei. Nun stand die Tochter auf und sagte, sie sei vom Schlafen so müd', denn sie hätte hinterm Hag den ganzen Tag und die halbe Nacht geschlafen. Obwohl nun die Mutter sehr böse wurde ob der Faulheit ihrer Tochter, sagte sie doch kein Wörtlein, denn sie war froh, daß sie sie nur wieder hatte. Dann aber nahm sie das Mädchen bei der Hand, und sie stiegen über ein Steinplattenweglein wieder ins Tal hinab, auf das die beiden Mythen gespenstig herabschauten. Eben schlug es die Mitternachtsstunde. Als sie nun gegen Brunnen kamen und die Leewasserbrücke aus der Nacht auftauchte, wurde es der alten Frau unheimlich, denn sie bangte für ihre Tochter, die den ganzen Tag so faul war. Sie wußte wohl, daß es auf der Leewasserbrücke ungeheurig war und daß dort die Nachtspinnerin die faulen Mägdlein, die Tags nicht fleißig spannen, nie ungeschoren durchließ. Doch schlug sie ein Kreuz und ging fürbaß. Aber auf einmal blieb sie, von Furcht gepackt, stehen und zeigte schweigend nach der Leewasserbrücke, auf der etwas wie eine weiße Gestalt zu sitzen schien. "Siehst du die Nachtspinnerin?" flüsterte sie der Tochter zu. Doch diese lachte laut auf und sagte: "Mich sollt Ihr mit der dummen Nachtspinnerin nicht schrecken; es ist ja nur ein altes, steinernes Heiligenbild, was auf der Brücke steht." Sie gingen der Brücke zu. Die Mutter sah fortwährend nach der unheimlichen Gestalt, die darauf zu sitzen schien. Die Tochter aber begann ein Lied zu trällern und schaute den Nachtfaltern zu, die sich in den Matten herumtrieben. Jetzt fing die Mutter langsam und zögernd zu gehen an, denn nun sah sie deutlich die Nachtspinnerin im schneeweißen Gewande mitten auf der Brücke sitzen und hörte ihr silbernes Rädlein schnurren. Sie schlug ein Kreuz und flüsterte ihrer Tochter zu: "Mach ein Kreuz und wende die Augen weg, die Spinnerin könnte dir Übles antun, denn heute hast du auch nicht ein einziges Fädelein gesponnen." Aber die Tochter bekreuzte sich nicht. Als sie zusammen über die Brücke an der unheimlichen weißen Spinnerin vorbeigingen, schaute sich das Mädchen frech nach ihr um. Da sah sie ein bleiches Gesicht, und plötzlich ging vom goldenen Flachs, der am Rocken hing, ein jäher Blitzstrahl aus, und geblendet mußte die faule Tochter die Augen niederschlagen. Voll Entsetzen riß sie ihre alte Mutter fort, und also eilten sie über die Brücke, und ohne sich mehr umzusehen, heimzu. Als jedoch die Mutter in der Stube stand und Licht machte, sah sie zu ihrem Schrecken, daß die Tochter sich unsicher den Wänden nach tastete und den Tisch nicht zu finden wußte, worauf die kalte Milchsuppe stand. Da merkte sie, daß die Nachtspinnerin auf der Leewasserbrücke ihre faule Tochter mit Blindheit geschlagen hatte. Jetzt erst erkannte das arme Mädchen sein Elend, und zeitlebens bereute es seine Faulheit. Denn nie mehr konnte es, wenn die Sonne frühmorgens die Berge vergoldete, aus dem vorderen Fensterlein an den strahlenden Firn des Urirotstockes hinaufschauen, nie mehr am Abend, wenn das Tal von Schwyz in einem rosigen Leuchten schwamm, durchs hintere Küchenscheiblein die beiden Mythen sich röten sehen. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Nachtspinnerin

Source: Die Nachtspinnerin

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Wenn am Urirotstock das Alpenglühen erlischt und die Nacht den grünen Bergsee des Vierwaldstättersees zu überschatten beginnt, wird es um den See ungeheuerlich. Und wenn der wilde Alpenwind, der Föhn, aus dem Lande Tells über die Wasser dahinfährt, dass die Wellen wie weißmähnige Rosse gegen Brunnen fahren, hört man aus dem Rauschen wohl ein seltsames Tuten und Brüllen, als ob der Stier von Uri auf dem einsamen Rütli gar gewaltig ins Horn stosse. Dann löschen die im Tale von Schwyz das Feuer im Herd, damit der allgewaltige Föhn nicht aus einem stillen Feuerlein einen Brand aufjage, der die Dörfer im ganzen Land verzehrt. In stillen Nächten aber, wenn's zu Brunnen am Bergsee die Mitternachtsstunde schlägt, sitzt die Nachtspinnerin auf der Leewasserbrücke und spinnt. Ihr hurtiges Spinnrad ist von reinem Silber und der Flachs darauf von lauter lötigem Gold. Einst lebte zu Brunnen ein Mädchen, das seiner Mutter viel Verdruss machte, denn es war so faul, dass ihm der runde Blechlöffel beim Essen fast zu schwer war. Beim Spinnen aber sah sie immer durchs Fenster, und statt mit ihrem Fuss fleissig das Spinnrad zu treten, nickte sie ein und verschlief die halbe Zeit. Da musste denn die alte Mutter umso emsiger am Spinnrad die Fädlein durch die Finger gleiten lassen, sonst wäre der schöne Flachs zugrunde gegangen. Eines Tages aber wurde es der Mutter zu bunt, als sie gewahren musste, wie ihre faule Tochter wieder über dem Spinnrad eingeschlafen war. Sie trat zu ihr hin, rüttelte sie unsanft aus dem Schlafe auf und sagte: "Schau auf, du faules Mädchen, und lerne vom Spinnlein, das da im Gestäude vor dem Fenster hängt, wie man spinnen und sich sein Brot verdienen muss!" Da erwachte die Tochter gähnend, und als sie die Mutter also reden hörte, wurde sie böse und sagte: "Wenn Ihr mir so kommt, so laufe ich lieber davon!" - "Ja, geh nur!" sagte die Mutter, "denn das Schlafen kann ich nötigenfalls selbst besorgen." Nun erhob sich die faule Tochter und verliess rasch die Stube, denn jetzt war sie auf einmal gar behend und flinkfüßig geworden. Wie die Mutter durchs Scheiblein schaute, sah sie die Tochter gegen den Bergwald hinauf laufen. Doch sie dachte, wenn's Essenszeit ist und Mittag läutet, kommt sie gerne genug wieder, und liess sie also getrost laufen. Als aber die Abendsonne das Scheiblein rötete, und als gar die Nacht hereinbrach, ohne dass die Tochter sich blicken liess, wurde die Mutter unruhig. Alle Augenblicke schlurfte sie ans Fenster und schaute in die Nacht hinaus. Aber sie vermochte von ihrer Tochter weder etwas zu sehen noch zu hören. Nur zuweilen jubelte in das Rauschen des Bergsees das Jauchzen der ausrückenden Nachtbuben. Jetzt fing die Mutter an, sich ernstlich zu ängstigen. Es wurde spät und später. Die Mutter klebte fast immer am Fenster. Bald sah sie vorne hinaus über den See, auf dem die Nebel wie wandernde Kriegerhorden einen Umgang hielten, und dann wieder hastete sie nach dem Küchenfenster hinten im Häuschen und schaute über das Tal von Schwyz, das der Mond beschien, der über den beiden Mythen stand. Aber auf einmal übernahm sie eine wahre Todesangst. Sie riss die Türe auf, fuhr das Haus hinunter und machte sich in die Nacht hinaus, um ihre faule Tochter zu suchen. So geschwind es der alten Frau möglich war, stieg sie an die bewaldeten Höhen hinauf und rief überall nach ihrer Tochter. Es dauerte ziemlich lange, bis sie endlich in die Matten bei Ingenbohl kam. Da antwortete auf ihr ängstliches Rufen eine verschlafene Stimme: "Da bin ich!" Die alte Frau ging der Stimme nach und fand bald hinter einer Dornhecke unter einem blühenden Kirschbaum ihre faule Tochter, die sich gähnend die Augen ausrieb und sagte: "Wie spät ist's? Ist's denn noch nicht Essenszeit? Oh, bin ich müd', bin ich müd'!" Da fragte sie die Mutter, was sie denn den ganzen Tag und die halbe Nacht getan hätte, dass sie so müde sei. Nun stand die Tochter auf und sagte, sie sei vom Schlafen so müde, denn sie hätte hinterm Hag den ganzen Tag und die halbe Nacht geschlafen. Obwohl nun die Mutter sehr böse wurde ob der Faulheit ihrer Tochter, sagte sie doch kein Wörtlein, denn sie war froh, dass sie sie nur wieder hatte. Dann aber nahm sie das Mädchen bei der Hand, und sie stiegen über ein Steinplattenweglein wieder ins Tal hinab, auf das die beiden Mythen gespenstig herabschauten. Eben schlug es die Mitternachtsstunde. Als sie nun gegen Brunnen kamen und die Leewasserbrücke aus der Nacht auftauchte, wurde es der alten Frau unheimlich, denn sie bangte für ihre Tochter, die den ganzen Tag so faul war. Sie wusste wohl, dass es auf der Leewasserbrücke ungeheuerlich war und dass dort die Nachtspinnerin die faulen Mägdlein, die Tags nicht fleißig spannen, nie ungeschoren durchliess. Doch schlug sie ein Kreuz und ging fürbass. Aber auf einmal blieb sie, von Furcht gepackt, stehen und zeigte schweigend nach der Leewasserbrücke, auf der etwas wie eine weiße Gestalt zu sitzen schien. "Siehst du die Nachtspinnerin?" flüsterte sie der Tochter zu. Doch diese lachte laut auf und sagte: "Mich sollt Ihr mit der dummen Nachtspinnerin nicht schrecken; es ist ja nur ein altes, steinernes Heiligenbild, was auf der Brücke steht." Sie gingen der Brücke zu. Die Mutter sah fortwährend nach der unheimlichen Gestalt, die darauf zu sitzen schien. Die Tochter aber begann ein Lied zu trällern und schaute den Nachtfaltern zu, die sich in den Matten herumtrieben. Jetzt fing die Mutter langsam und zögernd zu gehen an, denn nun sah sie deutlich die Nachtspinnerin im schneeweißen Gewand mitten auf der Brücke sitzen und hörte ihr silbernes Rädlein schnurren. Sie schlug ein Kreuz und flüsterte ihrer Tochter zu: "Mach ein Kreuz und wende die Augen weg, die Spinnerin könnte dir Übles antun, denn heute hast du auch nicht ein einziges Fädlein gesponnen." Aber die Tochter bekreuzte sich nicht. Als sie zusammen über die Brücke an der unheimlichen, weißen Spinnerin vorbeigingen, schaute sich das Mädchen frech nach ihr um. Da sah sie ein bleiches Gesicht, und plötzlich ging vom goldenen Flachs, der am Rocken hing, ein jäher Blitzstrahl aus, und geblendet musste die faule Tochter die Augen niederschlagen. Voll Entsetzen riss sie ihre alte Mutter fort, und also eilten sie über die Brücke, und ohne sich mehr umzusehen, heim zu. Als jedoch die Mutter in der Stube stand und Licht machte, sah sie zu ihrem Schrecken, dass die Tochter sich unsicher den Wänden nach tastete und den Tisch nicht zu finden wusste, worauf die kalte Milchsuppe stand. Da merkte sie, dass die Nachtspinnerin auf der Leewasserbrücke ihre faule Tochter mit Blindheit geschlagen hatte. Jetzt erst erkannte das arme Mädchen sein Elend, und zeitlebens bereute es seine Faulheit. Denn nie mehr konnte es, wenn die Sonne frühmorgens die Berge vergoldete, aus dem vorderen Fensterlein an den strahlenden Firn des Urirotstockes hinaufschauen, nie mehr am Abend, wenn das Tal von Schwyz in einem rosigen Leuchten schwamm, durchs hintere Küchenscheiblein die beiden Mythen sich röten sehen.   Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915.        Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Nachtspinnerin auf der Leewasserbrücke

Source: Die Nachtspinnerin auf der Leewasserbrücke

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Bei Brunnen auf der Leewasserbrücke erscheint des Nachts jedes Mal von zwölf bis ein Uhr eine weiße Frauengestalt. Sie sitzt mitten auf der Brücke und spinnt. Das Spinnrad ist silbern, der Flachs darauf golden. Viele schon, die da vorbeigingen, haben dies ganz deutlich gesehen. Wehe aber dem Mädchen, das, wenn es des Tags über faul gewesen und ihr Quantum Flachs nicht abgesponnen hat, um diese Zeit sein Weg da vorüberführt. Ein Blitzstrahl zuckt der Glanz des silbernen Rades und des goldenen Flachses in seine Augen. Augenblicklich wird es blind. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Näherin

Source: Die Näherin

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Ein Nähermädchen sitzt in einem Bötzberger-Bauernhause auf der Stör (im Taglohn). Wiederholt zieht ihr die Katze an der Garnchlungele (Knäuel) und verwirrt ihr Knäuel und Faden; endlich schlägt sie das muthwilligen Thier mit dem Ellenstab auf die Pfote. Sogleich reisst draussen die Bauernfrau zornig die Küchenthüre auf und schimpft in die Stube herein, dass man sie eben draussen heftig auf die Hand gehauen habe. Darüber wird es dem Mädchen unheimlich, es packt auf und lässt sich nie mehr in jenes Haus bestellen. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Näherin an der Kleberhalde

Source: Die Näherin an der Kleberhalde

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Es ist schon lange her, da wohnte an der Kleberhalde (Dorfteil in Oberdorf) eine Näherin. Als sie aber gestorben war, kam sie jede Nacht wieder, öffnete den grossen Schrank und schaute immer hinauf. Der Mann der Verstorbenen bekam Angst und sagte es eines Tages seinem Nachbarn. Der meinte, er solle doch einmal im Schrank nachsehen. Da fand er einen Zettel, und dabei lag Geld. — Nach einer andern Erzählung waren es Stoffresten, welche die Näherin ihren Kunden vorenthalten hatte. Auf diesem Zettel stand, wem dies alles gehöre. Der Mann gab es den betreffenden Leuten. Darauf kam die verstorbene Frau nicht mehr zurück, sie hatte ihre Ruhe gefunden. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Die Napoleonsbrücke in Brig

Source: Die Napoleonsbrücke in Brig

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Bei der Napoleonsbrücke soll es früher nie recht geheuer gewesen sein. Manche Erzählungen waren darüber beim Volke in Umlauf. Auffällig oft soll es vorgekommen sein, dass Pferde dort verunglückten. Wanderer wurden dort plötzlich "gestellt" und konnten lange nicht weiter. Erst Kaplan Schlunz in Glis soll den Geist gebannt haben. Dieser versammelte einige unschuldige Kinder und gutgesinnte junge Leute. Sie zogen gegen Abend, gemeinsam betend, hinauf zur Brücke. Hier wies er seine Begleiter an, weiter Gott um Beistand zu bitten. Er selbst begann auf der Mitte der verrufenen Brücke den Geist zu besprechen und zu beschwören. Kreidebleich und ganz erschöpft kehrte er nach einiger Zeit zu den jungen Leuten zurück, und betend suchten sie gemeinsam die Kirche von Glis auf. Seit jenem Tage sollen sich auf der Napoleonsbrücke keine Unglücksfälle mehr ereignet haben. GLIS Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die neckenden Kinder

Source: Die neckenden Kinder

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In einem Dorfe des Oberwallis wollte ein Bruder den andern nicht heiraten lassen, weil dieser eine ihm missbeliebige Person zur Braut gewählt hatte, und gab ihm, als sonst kein Abmahnen half, sogar Gift. Das musste aber der Mörder büssen; er fand keine Ruhe mehr. Zwei Kinder folgten ihm Tag und Nacht nach; neckten und quälten ihn auf alle mögliche Weise, bis er durch Exorzismen sich derer wieder losmachen konnte. — Die Leute meinten (und meinen noch), das wären die Geister der Kinder gewesen, denen der Brudermörder das Dasein vorenthalten.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die neckischen Singvögel

Source: Die neckischen Singvögel

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An einem lieblichen Frühlingstage ging ein Mann von Mädris mit seinem Knaben I. F. A, in das Maiensäss zuvorderst in den Gigerbergen. Dort durchstreifte der Junge Busch und Wald, um Vogelnester zu suchen, an denen er immer ein ganz besonderes Wohlgefallen hatte. Auf seiner Entdeckungsreise erblickte er auf einmal fünf kleine, goldgelbe Vögelein vor sich, welche zahm zu sein schienen und wunderliebliche Melodien sangen. Solche hatte er noch nie gesehen. Er schlich sich hinzu, um eines davon zu fangen, und es gelang mit leichter Mühe. Sobald er aber den Vogel betrachten wollte, war er seinen Händen wieder entwischt und mit den andern um einige Schritte weitergehüpft. Das Gleiche geschah noch einigemale, bis endlich die Vogel hinter einem grossen Steinhaufen verschwanden. Hier blieb der Knabe erstaunt stehen; denn er hatte diesen Steinhaufen ebenfalls noch nie gesehen, obschon er mehr als hundertmal vorher den gleichen Weg gegangen war. In dem Steinhaufen befand sich eine kleine, wie künstlich angelegte Grotte oder Höhle, auf deren Boden ein mit glänzenden Holzkohlen ausgestopfter seidener Strumpf lag. In der Meinung, dies alles könne nicht mit rechten Dingen zugegangen sein, wurde es ihm unheimlich, und er lief, als wenn er verfolgt würde, zu seinem Vater in die Berghütte zurück, um ihm das Gesehene zu berichten. Der Vater murrte darüber, dass er nicht den Mut gehabt habe, den Strumpf mit den Kohlen wegzunehmen und herzubringen; ihr Glück wäre dann gemacht gewesen, indem die Kohlen sich in Gold verwandelt hätten. Sogleich machte sich der Knabe wieder auf den Weg, um die Kostbarkeiten zu holen. Unterdessen war aber der Steinhaufen samt Grotte, Strumpf und Kohlen verschwunden und somit das Glück verscherzt. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 279, S. 152f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Nesselwurzeln

Source: Die Nesselwurzeln

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Ein im Reusstal vorbeiziehender fahrender Schüler sagte: »Wenn die Menschen wüssten, für was die Nesselwurzeln gut sind, so wären sie reich genug.« Die Wassner boten ihm 200 Franken, falls er das Geheimnis, wenn auch nur mit zwei Worten, verrate, aber er liess sich nicht dazu bewegen. Frau Baumann-Dubacher, 85 J. alt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die neue Kapelle im Mayenberg

Source: Die neue Kapelle im Mayenberg

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Die gemütlichen Bewohner der Stadt Sitten lieben den schönen Mayenberg sehr und ziehen im Sommer scharenweise mit Frau und Kindern hinauf, um da der frischeren Fluren- und Wald-Luft zu geniessen. Sie glauben selbst, in der Welt könne es kaum etwas Schöneres geben als ihre Mayen und gelbbefiederte Touristen würden in Menge da hinauf wallen, wenn eine ordentliche Fahrstrasse und komfortable Hotels ihnen zur Verfügung ständen. — Mit Geld könnte man allerdings Strassen und Gasthäuser hervorzaubern; weniger servil sind jedoch die freizügigen Gelbvögel, die schon manchen Spekulanten ziemlich arg gefoppt haben. Bei der zahlreichen Sommerbevölkerung des Mayenberges liegt es auf der Hand, dass, um den Pflichten des Christen nachkommen zu können, ein bequem zugängliches Bethaus Not tat. Sieben Männer — sie stehen abgebildet im Altarbilde — fassten den frommen Entschluss, eine Kapelle zu bauen. Dazu fehlte aber am ganzen Berge tauglicher Mörtelsand. Als die Stifter auf der Hofstatt berateten, wie diesem Übelstande abzuhelfen wäre, gesellte sich zu ihnen ein Unbekannter, den weder vor noch nachher jemand wollte gesehen haben, und wies ihnen ganz in der Nähe einen grossen Stein an, unter dem sie Sand genug bekämen. Und wirklich! der tauglichste Bausand kam da zum Vorschein. — Als der Bau vollendet dastand, war auch die Sandgrube erschöpft und keine Handvoll mehr zu bekommen. — Die Kapelle erhielt den Titel: "Maria zum guten Rat" (1776)   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Neunhämmli-Wurzel

Source: Die Neunhämmli-Wurzel

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Das ist der Sieglauch oder Allermannsharnisch. Diese Wurzel hatte nach der Volksmeinung in Unterwalden besondere, sozusagen übernatürliche Kraft. Wird sie nur an die Wiege der Kinder gehängt, so hinterhalte sie die Gichter derselben; in die Hand genommen, stille sie die abnormalen Blutläufe. Ja sie benimmt den Taschenspielern und Zauberern ihre Kraft. Wenn daher einer eine solche Wurzel bei sich trage, und schaue einem Taschenspieler oder Zauberer zu, so schwinde entweder die Zauberkraft, oder der diese Wurzel Besitzende durchschaue die Kniffe derselben. Ferner, wenn eine solche Wurzel unter die Türschwelle eines Hauses verborgen werde, so könne keine Hexe über selbe in das Haus eingehen. In Beckenried hat eine Hexe die Kraft dieser Wurzel erfahren. Als sie ein Haus betreten wollte, fühlte sie eine unsichtbare zurückhaltende Gewalt, ging deshalb vor der Türe schleichend hin und her. Wie sie aber doch es wagen wollte, hineinzuschreiten, wurde sie, wie sie den Fuss über die Türschwelle setzen wollte, kopfüber geworfen und konnte nicht hinein.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Die Neutoggenburg

Source: Die Neutoggenburg

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Unter dem Burgfelsen, auf dem die spärlichen Überreste der Neu-Toggenburg zu finden sind, ward einst ein geheimer Eingang angebracht, der nach der Burg führte und auch talwärts bis nach dem Städtchen Lichtensteig hinunter. Im Schlosshofe sind noch geheime Schätze verborgen, nach denen vor 50 Jahren erfolglos gegraben wurde. Unser Geschlecht hat die Hoffnung aufgegeben, sie zu finden; es weiss Nützlicheres zu tun. H. Schmid. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 441, S. 260 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Nichtstuerin

Source: Die Nichtstuerin

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Ein altes Mütterlein hatte eine schöne Tochter. Weil aber die Mutter mit ihren müden Gliedern nicht mehr am Spinnrocken sitzen und den Faden drehen konnte, hiess sie ihre Tochter es tun. Diese aber war zu ihrem grossen Kummer zu faul und zu träge zur Arbeit, und sie brachte sie nicht dazu, einen Faden anzurühren. Eines Tages sollte das Mädchen wieder am Spinnrad sitzen, tat es aber nicht. Da geriet die Mutter in die grösste Wut, nahm einen Stock, prügelte ihre Tochter und jagte sie zum Hause hinaus, indem sie noch ein Stück weiter hinter ihr drein lief und schrie: „Ich will sie nicht mehr in meinem Hause, ich will sie nicht mehr!“ Eben in diesem Augenblick kam ein junger Mann des Weges gegangen, sah diesen Auftritt, hatte Mitleid mit dem Mädchen und sagte zu der alten Frau: „Was macht ihr mit diesem armen Geschöpf? Schämt Ihr euch nicht, sie so zu behandeln?“ Die Alte erwiderte darauf schlagfertig, aber mit lügnerischen Worten: „Ach, sie hat einen argen Setzkopf, sie will nichts als den ganzen Tag am Spinnrocken sitzen, und jetzt habe ich keinen Hanf mehr. Darum will ich sie nicht mehr, sie soll selber schauen, wer ihr den Hanf und den Flachs geben will!“ – „Und aus diesem Grunde schlagt ihr sie auf solche Art? Wo habt ihr denn euren Verstand? Gebt mir dieses Mädchen zur Frau, alsdann soll sie von mir Hanf bekommen, soviel sie nur will“ Die Mutter, froh darüber, diese Faulenzerin auf solche Weise loszuwerden, willigte sogleich ein. Nach kurzer Zeit führte der junge Mann das Mädchen zum Altar, und sie hielten Hochzeit. Dann brachte er die junge Frau in sein Haus, und als die Festlichkeiten vorüber waren, kaufte er ihr eine grosse Menge Hanf, damit sie nach Herzenslust das Spinnrad drehen konnte. Darob geriet die Frau ordentlich in Verlegenheit und Betrübnis, denn sie konnte und wollte nicht spinnen. Was sollte sie mit dem vielen Hanf nur anfangen? Nach einiger Zeit sagte der Jungvermählte zu seiner Frau: „Morgen gehe ich fort in die Welt hinaus, um zu verdienen, und bis ich in einem Jahre und einem Tag wieder komme, muss dieser Hanf zu lauter Faden gesponnen sein.“ – „Ja, freilich“, gab die Frau zur Antwort, „ganz recht, sei nur unbesorgt, bis übers Jahr will ich dir alles getreulich verarbeiten.“ Also nahm der Mann Abschied und zog in die Welt hinaus. Sechs Monate vergingen seit seiner Abreise, und die junge Frau hatte noch kein einziges Mal den Spinnrocken in die Hand genommen. Bald waren auch sieben, acht, neun, zehn Monate verflossen, ohne dass die Faule nur eine einzige Spindel voll Faden gedreht hatte. Immer mehr plagte sie jetzt das Gewissen, je näher der Tag heranrückte, wo ihr Mann zurückkehren sollte; immer mehr geriet sie in Aufregung und Bekümmernis. Und wenn sie auch jetzt hätte spinnen wollen, so hätte ihr tatsächlich die Zeit gefehlt, noch rechtzeitig mit der grossen Arbeit fertig zu werden und ihr Versprechen zu halten. Eines Morgens kam ein Brief, worin ihr mitgeteilt wurde, dass ihr Mann in den nächsten Tagen heimkehren werde. Jetzt geriet sie in Bestürzung und zermarterte ihr Gehirn, wie sie es anstellen sollte, eine Ausrede oder ein Märchen zu erfinden, um ihrem Mann etwas vorzutäuschen. Eines Abends hörte sie auf der Gasse draussen eine Stimme schreien. Es war nicht die gewohnte des Lumpensammlers, sondern eine raue, derbe Stimme, welche rief: „Holla, holla, holla, Der Spinnermann ist da! Habt ihr den Krampf, bringt mir den Hanf, kommt schnell herbei, sonst ist das Glück vorbei. Holla, holla, holla, der Spinnermann ist da!“   Die Faule schaute zum Fenster hinaus und rief den Mann in die Küche herauf. Der schmutzige Fremdling stieg sogleich die Treppen hinauf. Sie zeigte ihm die grosse Menge Hanf und sagte: „Da, dieser Haufen sollte gesponnen werden, aber ich muss ihn bis Samstag abend fix und fertig haben.“ – „Ei, ich kann euch den Faden noch vor dem Samstag fertig gesponnen bringen“, erwiderte der Unbekannte. – „Und was verlangt ihr für diese Arbeit?“ fragte sie weiter. „Ich will gar nichts dafür. Ihr müsst mir nur, wenn ich den Faden zurückbringe, drei Namen nennen, und wenn unter diesen drei Namen nicht der meinige ist, so trage ich euch samt dem Faden von dannen.“ Nach diesen Worten nahm der Spinner die fünf Säcke Hanf nacheinander auf den Rücken, lud sie auf einen Karren und ging fort. Jetzt war die junge Frau in noch grösserer Verlegenheit als zuvor, und es reute sie, dass sie einen solchen Ausweg gesucht hatte. Wie konnte sie denn nur den Namen jenes fremden Mannes erraten, den sie noch nie vorher gesehen hatte? Und wohin drohte er, sie wegzuführen, wenn sie seinen Namen nicht wisse? Und was würde dann wohl ihr Mann dazu sagen, wenn er sie nach seiner Rückkehr aus der Fremde nirgends fände? Ach Gott, warum hatte sie ihrer Mutter nicht besser gefolgt und das Spinnen nicht eifriger gelernt! Am Abend nachher war kein Oel mehr im Hause. Sie nahm also einen Sack voll Baumnüsse und brachte sie in die Ölmühle, wo diese Nüsse ausgepresst wurden, um daraus das Oel zu gewinnen. Diese Ölpresse lag zuhinterst im Tal an einem Wildbach und wurde vom Wasser getrieben. Als sie hinkam, war es bereits dunkle Nacht geworden. Da sah sie von Ferne eine grosse Helligkeit. Es war ein stark loderndes Feuer, welches ringsum eine grosse Hitze bereitete. Vor dem Feuer stand ein Mann, der sang und tanzte, und rings um die Flammen sass eine Schar Frauen, die spannen. Der Mann sang bei seinem Tanz die Worte: “Holla, holla, holla, Der Spinnermann ist da! Dass Beelzebub ich wird genannt, Ist jener Frau noch unbekannt, Und morgen bring ich sie hierher; Nach Hause kehrt sie nimmermehr!“   Sowie die Faule das hörte, atmete sie auf und war froh darüber. „Jetzt weiss ich doch, wie er heisst, und bin zufrieden, dass ich mich nicht mehr zu fürchten brauche.“ Am folgenden Samstag kehrte der geheimnisvolle Spinner wirklich wie versprochen zurück und hatte wahrhaftig all den vielen Hanf schon gesponnen. Er klopfte an die Tür und sagte: „Also, gute Frau, wisst ihr jetzt meinen Namen?“ Und dabei freute er sich bereits im Stillen, das er die Wette gewinne. Und sie antwortete: „Heisst ihr nicht Pietro?“ „Nein – jetzt ist eine Antwort vorbei.“ „Oder Paolo?“ „O nein – jetzt sind’s zwei Antworten.“ „Dann heisst ihr gewiss Beelzebub!“ Als der Teufel diese Worte hörte, knirschte er vor Wut mit den Zähnen, warf die Fadenbündel zornig mitten in die Küche und machte sich mit lautem Gebrüll von dannen, um vermutlich wieder das Feuer zu schüren zuhinterst im Talgrunde. Zwei Tage später sollte ihr Gemahl heimkommen. Da ging die Frau noch geschwind auf die Wiese, sammelte leere Scheckenhäuser und band sich dieselben auf den Rücken. Wie nun der Mann heimkehrte und seine Frau umarmte, hörte er, wie es krack, krack, krack machte, so dass er sie verwundert fragte: „Aber, was kracht denn so an deinem Rücken, dass es scheint, als hättest du alle Knochen zerbrochen?“ Und schlau gab sie zur Antwort: „Das zu viele Spinnen, mein lieber Mann, ist daran schuld, das hat mir die Knochen zerbrochen, ach Gott, das zu viele Spinnen!“ „Du liebe Frau“, erwiderte der Gatte, „mein Gott, wenn das so ist, nein, nein, ums Himmelswillen, dann darfst du mir nicht mehr spinnen. Ich will lieber eine ganze Frau und dabei zerrissene Leintücher, als gute Leintücher und ein Frau mit zerbrochenen Gliedern!“ Und wirklich brauchte sie von diesem Tag an nicht mehr ans Spinnrad zu sitzen, und siel lebten hernach glücklich bis an ihr Ende.   Märchen aus der Schweiz Quelle: Walter Keller, Am Kaminfeuer der Tessiner     Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Nidelgret

Source: Die Nidelgret

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  In einem Bergdorf lebte eine alte, wunderliche Frau. Ihr Häuschen stand etwas abseits zwischen einem Felsblock und einer struppigen Tanne. Sie hatte eine einzige Kuh, die sie am Wegrand oder auf der steinigen Wiese weiden liess. Das merkwürdige war, dass sie von diesem Tier so viel Rahm erhielt wie von einem ganzen Stall voller Vieh. Man nannte sie darum weitum nur die Nidelgret, und manche Leute behaupteten, sie treibe böses Hexenwerk. Ein junger Senn aus der Nachbarschaft hielt es zuletzt nicht mehr aus vor Neugier. Zu fragen wagte er natürlich nicht. Ein paar Mal strich er am Abend um das Häuschen herum, hörte aber nur ein undeutliches Gemurmel. Da passte er eine günstige Gelegenheit ab und schlüpfte in den engen Stall. Sobald er draussen Schritte hörte, kroch er unter die Krippe. Jetzt trat die Nidelgret herein. Sie stellte einen grossen Zuber vor sich hin und ein Krüglein mit Rahm daneben. Dann schwenkte sie die Hand langsam hin und her, indem sie murmelte:   Hexengut und Sennenzoll, Von jeder Kuh zwei Löffel voll.   Kaum war der Spruch gesagt, quoll im Zuber bis an den Rand der schönste Rahm. Sie hob das volle Gefäss auf die Schulter und verschwand nebenan in der Küche. Der Senn aber entwischte mit ein paar Sprüngen ins Freie. In einem fort wiederholte er die Worte, die er gehört hatte. Sobald er in seinen eigenen Stall kam, probierte er den Zauber aus, und siehe da, sein Zuber wurde ebenso randhoch mit Rahm gefüllt. Nun war aber der Senn ein Mann, der nie genug bekommen konnte. Am nächsten Abend stellte er ein grosses Kessi bereit, änderte den Spruch ab und sagte:   Hexengut und Sennenzoll, von jeder Kuh zwei Becher voll.   Sogleich stieg der Rahm, wuchs und schäumte in Windeseile bis hart an den Kessirand. Vergnügt über seinen Streich klatschte der Senn in die Hände und hüpfte von einem Bein aufs andere. Eigentlich hätte er zufrieden sein müssen, doch jetzt packte ihn eine noch grössere Gier. Als wieder ein Tag vorbei war, schleppte er alle Gefässe heran, die er im Haus auftreiben konnte. Dann stieg er auf einen Schemel, schwang die Hände und rief:   Hexengut und Sennenzoll, von jeder Kuh zwei Kübel voll.   Kaum gesprochen, da strömte der Rahm über den ganzen Stallboden, wuchs höher und höher, bis die Wände wankten. Barren und Fenster wurden bedeckt, und um ein Haar wäre der Senn elend ertrunken. Im letzten Augenblick konnte er, ganz in Rahm gebadet, durch ein Türlein in den Hof flüchten. Da sah er plötzlich die Nidlgret auf ihrem Hüttendach sitzen und hörte, wie sie mit lauter Stimme jauchzte:   Hexengut und Nidelfluss, wer zuviel will, hat nichts am Schluss!   Menschen und Tiere, allen voran die Katzen und die Hunde, liefen herbei, um den schönen Rahm aufzuschlecken. Und wenn sie damit noch nicht fertig geworden sind, ja, dann schlecken und lecken sie gewiss heute noch.   Schweizer Sagen, Bd. 1, nach H. Herzogs von A. Büchli, Fassung Fritz Senft  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Nidelgret (T. Kohlrusch)

Source: Die Nidelgret (T. Kohlrusch)

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Im Kanton Uri, nicht weit von Andermatt steht ein weißer Steinblock. An der Stelle, wo derselbe liegt, soll früher ein Haus gestanden haben, in welchem ein altes Weib gewohnet, die bloß eine Kuh als Eigentum, aber immer mehr Nidel hatte, als fünfzig der besten Kühe zur Zeit der Sommerfahrt geben; darum man sie Nidelgret nannte. Eines Tages aber schlüpfte ein neugieriger Küher in ihren Stall und versteckte sich im Trog, um die Alte beim Melken zu belauschen. Da sah er sie, einen großen Gebs, in welchem ein kleines Krüglein Rahm, vor sich hinstellen und hörte sie, wunderliche Zeichen machend, immer vor sich hinmurmeln: „Hexengut und Sennenzoll, von jeder Kuh zwei Löffel voll!" Der Gebs füllte sich aber sofort bis an den Rand mit dem schönsten Rahm, worauf die Alte ihn auf den Rücken nahm und den Stall verließ. Der Küher aber, der sich den Spruch wohl gemerkt hatte, lief voller Freuden nach Hause, um seine Kraft zu probieren. Mit zwei Löffeln aber nicht zufrieden, murmelte er „Hexengut und Sennenzoll, von jeder Kuh zwei Kübel voll!" Da aber floss der Rahm in solchen Strömen zu, dass sich bald Stall und Wohnung des Kühers damit füllte, so dass er gar elendiglich in demselben ersoff. Auf den Sparren des Dachs oben aber saß die Nidelgret und rief: „Der tut’s mir nimmer nach!" Kaum hatte sie jedoch dies gesagt, so kam eine dunkle Wolke mit fürchterlichem Sturmwind über das Glatt gefahren, welches die Hütte des Kühers und die ihre mit sich hinweg nahm. An der Stelle der letzteren stand aber von dieser Zeit jener weiße Steinblock. Darin steckt sie mit des Kühers Leib, welchen sie bis zum jüngsten Tag hüten muss. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Nidelgret (T. Vernaleken)

Source: Die Nidelgret (T. Vernaleken)

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In Uri war einst ein Weib das man für eine Hexe hielt, weil sie von einer Kuh so viel Nidel (Rahm) machte als andere von zwanzig Kühen. Ein Mann, begierig das Geheimnis zu erlauschen, schlich sich einst in den Stall und sah wie die Hexe allerlei Zeichen macht, Sprüchlein brummt und das Zauberliedchen summt: „Hei, Astaroth! flink auf und hol' von jeder Kuh zwei Löffel voll, als Hexengut und Sennenzoll." Darauf schwoll der Nidel bis zum Rande des grossen Gefässes. Der Küher horchte und schlich von dannen. Als er nach Hause kam, versuchte er das gleiche, denn er hatte sich alle die Zeichen und Sprüche gemerkt. Er nimmt ein wenig Nidel in ein grosses Gefäss, und macht Zeichen und summt: „Hei, Astaroth! flink auf und hol' von jeder Kuh zwei Löffel voll, als Hexengut und Sennenzoll." Da dringt's plötzlich rauschend durch das Dach als käme die Sintflut. Der Rahm floss in Strömen herbei, immer höher und höher, so dass der arme Küher bald bis zum Kinne darin stak. Dem Ersticken nahe hörte er von oben her die Worte: „Der tut mir's nicht mehr nach!" Aber auch die Rufende sollt es nicht mehr tun; denn plötzlich entsteht ein Donnern und Blitzen, der Platz erbebt und das Haus sinkt in den Grund. Statt seiner ragt ein weisser Block empor, ein „Ankenstock", der zu Stein geworden ist, und den man heute noch zeigt. In demselben steckt die böse Nidelgret mitsamt dem Küher. Die Gret muss ihn hüten bis zum jüngsten Tage. Oft hört man Abends im Steine ein schauerlich Gestöhn. Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Nidelgrethe

Source: Die Nidelgrethe

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Die Nidelgrethe war eine alte wunderliche Hexe; sie besaß nur eine einzige Kuh und hatte doch immer mehr Nidel, als fünfzig von den besten Kühen zur Sommerfahrt geben. Da stach einmal der Gwunder einen Küher, der schlüpfte in den Stall und versteckte sich darin. Bald kam auch die Nidelgreth; sie stellte einen großen Gebs, in welchem ein kleines Krüglein Nidel war, vor sich hin, machte mit der Hand ein paar Zeichen darüber und murmelte: „Herengut und Senuenzoll, Von jeder Kuh zwei Löffel voll."   Sofort füllte sich der Gebs bis an den Rand mit dem schönsten Nidel, worauf die Alte ihn auf den Rücken nahm und den Stall verließ. Der Küher hatte sich den Spruch wohl gemerkt und lief voller Freuden nach Hause, um das einträgliche Stücklein auch zu Probiren. Aber mit zwei Löffeln nicht zufrieden, murmelte er:   „Herengut und Sennenzoll, Von jeder Kuh zwei Kübel voll."   Da floß ihm der Nidel in solchen Strömen zu, daß bald sein Stall und Haus davon voll war und er gar elendiglich darin ersoff.   „Der thut\'s mir sein Lebtag nimmer nach," kicherte die Nidelgrethe und saß oben auf dem Dachsparren.     Bern, Quelle: Sutermeister, Otto: Kinder- und Hausmärchen aus der Schweiz (Nach Kohlrusch: Schweizerisches Sagenbuch S. 208.). Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Nidelhexe

Source: Die Nidelhexe

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a) In einem Heimkuhalpeli hauste, ganz abgesondert von den übrigen Leuten, ein Wybervölchli, das selten ausging, nie Proviant holte und doch gut lebte, besonders aber Nidel und Anken in Hülle und Fülle besass, obwohl es kein Haupt Vieh, weder Kuh noch Geiss, zu melken hatte. Wohl bettelte es dann und wann, aber selten, und es gab ihm dabei nicht wohl aus. In dem Alpeli machte sich aber ein Übelstand bemerkbar; von Zeit zu Zeit wurde nämlich bald in diesen, bald in den andern Nidelkellern die Nidel abgenommen von diebischer Hand. Endlich fassten die Leute Verdacht gegen das einsame Wybervölchli und dachten, es könnte am Ende noch – Gott b'hiät-is darvor! – eine alte Hexe sein. An gewissen Abenden sah man in seiner Hütte so ein kleines »Züsiliächtli«. Als dies wieder einmal der Fall war, gingen zwei Burschen und passten dem Wybervölchli ab. Zuerst sahen sie es scheinbar planlos in der Hütte herumgneisten; dann kam es mit einem Ankenkübel und schüttete etwas Wasser hinein, schob noch einen Stämpfel, den es mit einem roten Lappen umwickelte, in den Kübel und schlug den Deckel darauf. Auf dem roten Lappen waren Buchstaben. Jetzt trieb es den Kübel gottlos gleitig um und sagte dazu: »Lüzifer, vor Raphael, Schneeveegel, Läckdafis, Pumpis a' diä Wyggä.« Das murmelte es zehn oder zwölfmal hintereinander. Dann hob es den Deckel ab, und aus dem Butterfass hüpfte behende wie an einem Schnürchen ein ganz kleines, brandschwarzes Büebli hervor. Aber die Hexe hatte nicht umsonst getrieben; sie entnahm dem Buttertasse einen schönen Schibel Anken, und am nächsten Morgen sahen mehrere Älpler, dass ihnen jemand die Arbeit des Abrahmens der Milch schon abgenommen hatte. Fr. Arnold-Gisler, 50 J alt, von Spiringen b) Es gibt alte Leute, deren Eltern diese Hexe noch gekannt haben. Sie wohnte zur Sommerszeit bis spät in den Herbst in Brunni, obwohl sie kein Haupt und keinen Schwanz Vieh zu eigen hatte; im Winter kam sie talauswärts und wohnte in Schleesers Häuschen in der Nähe des Bades; sobald es anfing, Frühling zu werden, zog sie wieder nach Brunni. Eines Abends konnten ihr einige Burschen auch zuschauen, wie sie an zwei glissmeten Strichen an der Zimmerwand zog und auf diese Art den Bauern die Kühe molk. Als sie gestorben war und die vermeintlichen oder wirklichen Erben den massenhaft hinterlassenen Anken an sich zogen, tohlte es ihn bei ihnen gar nicht, immer kam er über Nacht wieder zurück in das Häuschen beim Bad. Endlich fanden sie auf einem roten Streifen Papier bei einer der Ankenballen die Inschrift: »Gehört den Armen!« Jetzt verteilten sie den Anken unter die Armen, und hier hatte er Ruhe. Karl Gisler, Unterschächen, 75 J. alt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Niedergret

Source: Die Niedergret

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Unweit von Andermatt liegt ein grosser, weisser Steinblock, an dessen Stelle vor vielen Jahren ein Haus gestanden haben soll, in welchem ein altes Weib wohnte. Sie wurde Nidelgret genannt, weil sie, obwohl sie bloss eine Kuh besass, immer mehr Nidel hatte, als fünfzig der besten Kühe zur Zeit der Sommerfahrt geben. Eines Abends schlüpfte ein neugieriger Küher in ihren Stall und versteckte sich im Futterkasten, um die Alte beim Melken zu belauschen. Da sah er sie einen grossen Gebs vor sich hinstellen und hörte sie, indem sie wunderliche Zeichen oder Geberden machte, immer vor sich hinmurmeln: »Hexengut und Sennenzoll, Von jeder Kuh zwei Löffel voll.« Der Gebs füllte sich aber sofort bis an den Rand mit dem schönsten Rahm, worauf die Alte ihn auf den Rücken nahm und den Stall verliess. Der Küher aber, der sich den Spruch wohl gemerkt hatte, lief voller Freuden nach Hause, um die Kraft der Zauberformel zu erproben. Mit zwei Löffeln aber nicht zufrieden, murmelte er: »Hexengut und Sennenzoll, Von jeder Kuh zwei Kübel voll.« Da aber floss der Rahm in solchen Strömen zu, dass sich bald Stall und Wohnung des Kühers damit füllte, so dass er gar elendiglich in der köstlichen Flüssigkeit ertrank. Auf dem Dache ihrer Hütte aber sass die Nidelgret und rief: »Der tut's mir nimmer nach!« Kaum hatte sie jedoch das gesagt, so kam eine dunkle Wolke mit fürchterlichem Sturmwind daher gesaust, der die Hütte des Kühers samt der ihrigen hinwegfegte. An der Stelle der letzteren stand aber von dieser Zeit an der weisse Steinblock. Darin steckt die Nidelgret neben dem habgierigen Sennen, den sie bis zum jüngsten Tage hüten muss. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Nixe des Hüttensees

Source: Die Nixe des Hüttensees

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Die Nixe des Hüttensees In dem zürcherischen Dorfe Hütten lebte einmal eis schöner Jüngling mit dunklem Haar, aber hellen, blauen Augen und frischem Mund. Er war der schönste und beste Knabe weit und breit, und wo er auf der Kilbi erschien, wünschte ihn jedes Mädchen zum Tänzer und noch viel lieber zum Gatten für das ganze Leben. Der Jüngling aber achtete der schönsten und reichsten Mädchen nicht; ernst und gleichgültig wechselte er Tänzerin um Tänzerin. Die Nixe im Hüttensee war ihm im Traume erschienen, und so schön wie sie war keines der Mädchen der Gegend; sie liebe er, die er doch niemals zu sehen und zu gewinnen hoffte. So oft er konnte, warf er sich in sein aus einem mächtigen Eichenstamm gezimmertes Schiffchen und ruderte auf dem kleinen Gewässer hin und her. Als er einmal so das Boot auf dem glatten Spiegel hintreiben liess, ergriff er plötzlich eine weisse Rose, welche er an seiner Brust trug, und warf sie als Liebespfand in den See. Da teilten sich die Wellen in der Nähe des Bootes, und ein schönes Mädchen im leichten grünlichen Gewande der Nixen stieg empor. Es öffnete die Arme und rief mit der wohllautendsten Stimme: „Komm hinab zur Braut in die Flut!“ Freudig sprang der Jüngling in den See, und die Wellen schlossen sich sanft murmelnd über seinem Haupte. Man sah ihn nie wieder, und nie fand man seinen Leichnam. Der See aber, in den er die weisse Rose geworfen hatte, bedeckte  sich fortan jeden Sommer mit weissen Seerosen, welche aus dem Garten des Nixenschlosses emporwuchsen. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Herzog II, S. 99, Nr. 101   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Nixe des Hüttnerseeleins

Source: Die Nixe des Hüttnerseeleins

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Im Dörflein Hütten, das hoch ob dem Zürichsee, nahe bei einem Hügelseelein liegt, lebte einst ein Jüngling. Er hatte ein so schönes Angesicht, dass weit und breit herum weder die kleinsten Mägdlein noch die ältesten Großmütter hätten sagen können, ob er barfuß oder in Schuhen mit goldenen Nesteln herumgehe, denn sie mussten nur immer seine blauen Augen anschauen. Wo er auf einer Kirchweih erschien, beschauten ihn die hübschen Mädchen mit so großem Wohlgefallen, dass er bald merkte, wie gern sie immer mit ihn allein getanzt hätten, und wie glücklich eine jede von ihnen wäre, ihn zum Lebensgefährten zu haben. Er aber tanzte, kalt lächelnd, bald mit dieser, bald mit jener, und bevorzugte keine, woraus die Mädchen schlossen, dass er trotz seiner leuchtenden Augen und seiner goldenen Locken kein Herz habe. Sie konnten eben nicht wissen, dass ihm fast allnächtlich die Nixe des nahen Hüttnerseeleins im Traum erschien, und dass er alsdann tagsüber immer ihr Bild vor Augen hatte, denn sie war noch schöner als sich ein eitles Mägdlein im Spiegel sieht, und das will etwas heißen. Nach und nach verliebte er sich aber so sehr in die geheimnisvolle Wasserjungfer, dass er tags wie ein Traumwandler herumging und keinen Menschen mehr ansehen mochte. Die halbe Zeit des Tages, und oft auch in hellen Mondnächten, fuhr er mit seinem Einbaum, den er sich aus einem Eichstamm zum Schifflein gezimmert hatte, auf dem kleinen See herum und starrte in die stillen Wasser. Zuweilen meinte er auch ein weißes Angesicht zu sehen, aber wie er allemal genauer hinschaute, war’s der Widerschein der Sonne oder des Mondes im Nebel. Da wollte er dann jedesmal fast verzweifeln. Umsonst rief er die Nixe mit vielen Seufzern an, sie wollte sich ihm nicht zeigen, und nur in seinen Träumen erschien sie ihm immer wieder. Eines Abends aber, als er wieder ganz schwermütig in seinem Einbaum auf dem See herumtrieb, der in der Abendsonne wie ein goldener Schild glänzte, nahm er die Wasserrose, die er sich tief unten am Zürichsee geholt hatte, von seiner Brust und warf sie mit heißen Liebesschwüren ins Wasser. Da war ein wunderliches, noch nie gehörtes Glucksen, Schnalzen und Quirlen im See, und jetzt meinte er, eine schneeweiße Hand aus der Tiefe herauf nach der Seerose greifen zu sehen. Oder sollte es ein silberschuppiges Fischlein sein? Nein, nun sah er es deutlich. Wie eine lichte Muschel mit rosenrotem Herzen öffnete sich mit einem Male eine Hand an der goldenen Oberfläche des Seeleins, und nun lag drin die weiße Wasserblume. Wie verhext staunte der Jungknab auf die Hand, und schier entsetzt fuhr er zusammen, als aus der stillen Flut unversehens ein wunderschönes Mägdlein auftauchte, das ihn noch süßer anlächelte als ein Weinberg voll reifer Trauben ein armes Büblein. Also hatte er nun die Nixe des Sees vor sich, aber noch hundertmal schöner als sie ihm im Traume zu erscheinen pflegte. Von ihren Schultern aber floss ein fast durchsichtiges grünes Gewand. Es war noch viel feiner als ein Buchenbäumlein mit übernächtigem frischen Laub, durch das die Sonne scheint. Und jetzt tat die Wasserjungfer die Arme weit auf und rief mit einer Stimme, die dem Burschen ins Ohr ging, wie dem angehenden Jüngferlein eine ferne Kirchweihmusik: „Komm herab zur Braut in die Flut!“ Da übernahm es ihn. Er schrie auf vor Seligkeit wie ein Kind, vor dem man plötzlich die Türe zum strahlenden Weihnachtsbaume aufreißt. Er glitt aus dem Schifflein in die Arme der Nixe, und verschwunden waren beide in der Tiefe des Sees, nur ein paar Ringe trieben, immer größer und größer werdend, vom einsamen Einbaum weg, uferwärts. Wohl suchte man im See, als man das leere Fahrzeug am Morgen fand, aber alles blieb umsonst; der schöne Jüngling wurde nie wieder gesehen. Wie machten aber die Hüttner Augen, als kurze Zeit darnach ihr Seelein überdeckt war von den blendend weißen Becherchen der Wasserrose. War das eine Pracht! Von nun an verging kein Frühling mehr, ohne dass der stille See vom Blust der Seerosen weitherum aufleuchtete. Niemand wusste, woher diese Wasserrosen auf einmal so überreich emporblühten. Nur einige, die tiefer sahen, machten wissende Augen und sagten es, wo man’s hören wollte, dass sie diese wundervollen Wasserblumen aus dem Garten des Nixenschlosses hätten heraufwachsen sehen. Ja, einige Mägdlein, die beim Zunachten ein absonderlich feines Gehör bekamen, wollten schon an ruhigen Mondscheinabenden im Schilf des Sees ein geheimnisvolles Liebesflüstern vernommen haben.     Meinrad Lienert, Zürcher Sagen. Der Jugend erzählt, Zürich 1918. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.    


by Die Nonne von Steinhausen

Source: Die Nonne von Steinhausen

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Es lebte einmal eine sehr gottselige Nonne. In einem der vielen Gotteshäuser des nahen Aargaus diente sie ihrem göttlichen Meister Tag und Nacht und sang zu dessen Ehre in frommer Art das kirchliche Stundengebet. Ihre Eltern waren sehr arm gewesen und führten den Familiennamen Steinhauser. Im Kloster gefiel es der Klosterfrau plötzlich nicht mehr, nicht dass sie etwa in die Welt hätte zurückkehren wollen, nein, es war ihr nur zu wenig streng. In ihrem grossen Eifer wollte sie noch mehr leisten als die Obern im Kloster von ihr forderten, und so bat sie inständig, man möge sie in die Einöde ziehen lassen. Der fromme Wunsch der Klosterfrau wurde erhört und die Klosterobern erbauten ihr in der Einöde ein kleines steinernes Häuschen. In dieser engen Klause lebte sie bis zu ihrem gottseligen Ende. Nach ihrem Tode kam ein ganz fremder Volksstamm in diese Einöde und fand das winzige Häuslein der Klosterfrau. Die Einwanderer untersuchten diese Siedlung und fanden an der Mauer den Familiennamen der Einsiedlerin eingeritzt. Deshalb nannten sie den Ort auch Steinhausen. Als der Stamm sich hier niederliess, kam noch ein anderer Volkshaufen hieher und gesellte sich zum andern und beide bildeten dann gemeinsam die hübsche Gemeinde von Steinhausen. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 52 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die nützlichen Gogwärgini

Source: Die nützlichen Gogwärgini

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Diese Gogwärgini waren ganz nützliche und brauchbare Leute. Sie waren es, die hierzulande den Bauern vor undenklichen Zeiten das Käsen beigebracht haben. Die bessere Erfindung wäre aber erst gekommen, wenn man sie nicht zu früh verjagt hätte. Sie wollten nämlich den Leuten zeigen, wie man aus der Schotte noch etwas Grosses machen könnte. Einmal versprachen sie auch, den Rotten vom Genfersee bis in die Suste zu decken und die ganze Ebene fruchtbar zu machen, wenn sie im Wallis bleiben dürften. Aber die Walliser waren nicht einverstanden. INDEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Nymphe von Ebersoll

Source: Die Nymphe von Ebersoll

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Bei Ebersoll ist ein Brücklein, unter dem eine neckische Nymphe sitzt. Sie lässt keinen Wanderer ungestört vorüberziehen; doch meint sie's mit ihm nicht böse. Hans Jörg ging oft diesen Weg zu seiner Verlobten. Doch wenn er zum Brücklein kam, nahm ihm die Nymphe die Mütze weg; wenn aber Hans Jörg am Morgen den Heimweg antrat, bekam er beim Brücklein die Mütze schön gewaschen und geglättet zurück. Hatte er aber ein junges Neis auf die Mütze gesteckt, so bot ihm's die Nymphe dar, dass er's seiner Braut bringe. Eines Abends kam er wieder mit den ersten duftenden Rosen. Der Bach rauschte lauter als gewöhnlich. Die Nymphe nahm ihm diesmal die Mütze samt den Rosen weg und gab ihm diese nicht, wie sehr er sie auch bat. Traurig ging er weiter und kam vor das Haus seiner Geliebten. Die Türe war geschlossen; ein anderer war bei ihr — sie war ihm untreu geworden. Er kehrte um, empfing seine Mütze beim Brücklein wieder und wanderte in die weite Welt hinaus. Nach einem Gedicht von K. Steiger. (Durch Fritz Grob.) *** In Brunnadern lautet die Sage etwas anders. Der Giessen kommt aus dem Walde, ein sicherer Steg führt darüber. Einst wohnte ein Nixchen im Bache; das hielt jeden Wanderer an, nahm ihm die Kappe und eilte frohlockend damit fort. Kehrte aber der Wanderer auf dem gleichen Wege zurück, so fand er seine Kappe schön und rein gewaschen am Stege wieder. Auch ein Jüngling machte oft den Weg, wenn er abends zur Geliebten ging; stets gab er gerne der Nixe die Kappe, und stets empfing er sie sauber zurück. Hatte er sie mit schönen Blumen geziert, welche er für die geliebte Braut bestimmt, so liess ihm die Nixe die Blumen; nur die Kappe nahm sie immer. Eines Abends kam er wieder über den Steg mit prächtigen Rosen auf der Kappe; aber das Wasserfräulein nahm ihm diesmal Rosen und Kappe. Betroffen wanderte der Jüngling weiter. Sein Unheil ahnendes Herz betrog ihn nicht. Heute kam ihm die Geliebte nicht liebevoll entgegen, und als er ins Haus trat, erklärte sie ihm, dass sie nichts mehr von ihm wissen wolle. Da kehrte er zum Stege zurück, nahm seine Kappe, drückte sie sich tief ins Gesicht und wanderte weit fort in die Fremde. H. Herzog, Schweizersagen. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 460, S. 275 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Oberländer Schildbürger

Source: Die Oberländer Schildbürger

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Am Thunersee liegt freundlich das Dorf Merligen, von dessen Bewohnern viele lustigen Geschichten erzählt werden im Bernerlande. Als einst Fremde von Thun aus im Marktschiffe von Merligen gegen die Beatushöhle fuhren und sie die Schiffsleute scherzweise neckten, meinte ein Mädchen: "Ei, das beste von unsern Streichen wisst ihr nicht einmal, das behalten wir für uns." Ein Fremder, der mit andern in Merligen ausgestiegen war, fragte einen Dorfbewohner, der am Stege stand: "Gibt es immer noch so viele Narren hier?" "Eben wieder ein Schiff voll ausgestiegen", antwortete bündig der witzige Bursche. Einst hatten die Merliger ein Rathaus gebaut und darin die Fenster vergessen. Da zog der Rat aus dem dunklen Gebäude ans Sonnenlicht, jeder Ratsherr mit einem grossen Sack, um denselben mit Licht zu füllen und das Haus zu erleuchten. Einen ganzen Tag trugen sie Licht ins Haus, aber leider vergeblich, denn dunkel blieb es in ihrem Rathause. Aber die Bemühungen wurden dennoch nicht aufgegeben. Es war nämlich dem Baumeister über Nacht der Gedanke gekommen, man habe ja noch nicht versucht, in der Apotheke zu Thun "Heitere" (Licht) zu holen. Seine Idee fand im Rate allgemeinen Anklang und so wurde denn in der Tat eine Abordnung von Dreien nach Thun abgesandt, um den schmerzlich vermissten Artikel um alles Geld zu erwerben. Der Apotheker, dem die Mannen ihr Anliegen vorbrachten, machte ein sehr ernstes Gesicht. Er habe, sagte er, wohl genug Heitere vorrätig, um das Merliger Rathaus zu erleuchten. Nur sei es mit derselben eine etwas heikle Geschichte. Sie sei sehr flüchtig und man müsse aufpassen, dass sie einem nicht entkomme. Aber die Mannen beruhigten ihn darüber. Sie meinten, ihrer drei werden wohl Sorge für den kostbaren Artikel tragen können. Der Apotheker verschwand daher im Hinterzimmer. Nach einer Weile erschien er wieder mit einer gut verschlossenen und verschnürten Schachtel. "Nur bei Leibe nicht auftun!" rief er nochmals den drei Merligern nach, als diese bereits dankend Abschied genommen und den Weg unter die Füsse genommen hatten. Voller Freude über den wohlgeglückten Handel stolzierten sie nun wieder ihrer Heimat zu. Als einer von ihnen aber unterwegs einmal den kostbaren Behälter zufällig ans Ohr hielt, hörte er drinnen ein eigentümliches Gesumme. Darüber unterhielten sie sich nun, bis sie gegen den Stampbach in der Nähe ihres Ortes kamen. Hier konnten sie ihre Neugierde aber nicht länger bezähmen, wussten sie doch im voraus, dass sie daheim mit hunderten von Fragen über Natur und Aussehen der "Heitere" in ihrem Trucklein bestürmt werden würden. So wurde denn endlich Halt gemacht und beschlossen, einmal doch nur auf ein winziges Augenblickchen den Deckel ein ganz klein wenig zu lüften. Der Deckel wurde nun ein bisschen emporgehoben. Da flog mit wildem Gebrumme eine grosse Hummel heraus, dass der Träger seine Schachtel im ersten Schreck fallen liess. Alle drei aber riefen wie aus einem Munde indem sie mit erhobenen Armen und Händen gegen Merligen wiesen: "Gegen Merligen, ins Rathaus!" Eine ältere Chronik weiss noch von folgenden Streichen zu berichten: Da der Nebel immer an den Ralligstöcken hängen blieb und sich nicht auf die Merliger Reben herunterlassen wollte, seien die Leute mit Säcken hinaufgezogen, hätten diese mit Nebel gefüllt, fest zugebunden und drunten in den Reben wieder geöffnet, damit der Wein besser würde. Anstatt das Salz immer von Thun her in den Fässern zu holen, dachten sie, es sei besser, Salz zu säen, dann könne man es zu Hause haben und viel unnütze Gänge und Geld ersparen. So wurde denn in einem grossen Acker ausserhalb des Dorfes Salz gesät. Nach einiger Zeit kam einer am Salzacker vorbei und sah dort Nesseln üppig aufgeschossen. Schnell zupfte er von dem vermeintlichen Salzkraut ab und da es ihn tüchtig brannte, lief er voller Freude hinein in das Dorf und rief: Der Salzacker komme grausam schön und das Kraut sei so räss, dass es einem jetzt schon in die Finger steche. Zum Beweise zeigt er den Leuten die Blasen an seinen Händen. Als das Salz gesät werden sollte, gab man sich mit der Zurichtung des Ackers ganz besonders Mühe. Schön und glatt war derselbe verebnet worden, so schön selbst, dass es den guten Mann, dem das wichtige Amt des Salzsäens anvertraut worden war, leid tat, auch nur eine Fussstapfe in die glatte Ackerfläche zu treten. Aber wie sollte er es anstellen, um nicht doch irgendwie Spuren darauf zu hinterlassen. Da wusste einer Rat. Zwei kräftige Burschen wurden mit einer Tragbahre herbeigerufen. Auf diese musste sich der Salzsäer setzen. Nun trugen sie ihn freudig über den Acker dahin, während er in aller Seelenruhe nach links und nach rechts seine Saat mit vollen Händen ausstreute. Tatsächlich waren nun seine Fussstapfen auf dem Acker nicht zu sehen.   Ein Reisender zu Pferd, der ganz gegen den Landesbrauch dem rechten Thunerseeufer entlang nach Interlaken reisen wollte, traf zur Dämmerstunde in Merligen ein. Da er vor dem Betreten der alten Oberländer Strasse zur Nachtzeit gewarnt worden war, weil sie sehr steil und stellenweise in Treppenstufen in den Felsen eingehauen ist, wo ein Fehltritt den Sturz über jähe Felsenwände bedeuten würde lenkte er gegen das Wirtshaus von Merligen ein. Der Wirt stand eben vor der Türe. Wie erstaunte er über die völlig ungewohnte Erscheinung Fast wäre er im ersten Schreck davongelaufen. Als er aber eine freundliche, menschliche Stimme von dem Nahenden hörte blieb er doch stehen. "Kann man bei euch ein Nachtquartier haben?" fragte der Reiter den Wirt. Der schüttelte aber ganz entschieden den Kopf. "Aber ihr habt doch ein Wirtshaus hier", fuhr der Fremde fort "und die sind doch zur Herberge da." Der Wirt aber beharrte darauf, dass er ein solches Wesen nicht unterzubringen imstande sei und auch niemals untergebracht habe. "Wenn ihr Euch aber mit einem Platz auf der Wiese begnügen wollt", sagte er endlich, "ja, dann schon." Da sprang der Fremde, dem über dem Zaudern des Mannes endlich die Geduld riss, vom Pferd. Das Staunen des Wirtes aber fand bei diesem Anblicke erst recht keine Grenzen. "Jetzt ist’s was anderes!" rief er. "Wohl freilich könnt ihr übernachten. Ich hab’ halt nicht gewusst", sagte er, nacheinander auf Ross und Reiter deutend, "dass man das auseinander nehmen kann." Einmal wurde der Beschluss gefasst, eine Mühle zu bauen und den Mühlstein dazu oben im Berg zu hauen. Gesagt, getan. Wie aber den fertigen Stein zum Bach zu befördern, das war eine andere Frage. Da hatte einer einen Einfall, den alle mit Jubel billigten. Es sollte ein verständiger Mann den Kopf ins Loch des Steines stecken, den Stein aufrichten wie ein Wagenrad und so immer neben demselben einhergehen der Stein höre dann schon auf, vorauszueilen. Zu diesem Rat fand sich auch ein Mann. Bald kam der Stein in Rollen. Er lief so schnell, dass ihn die Leute bald aus den Augen verloren. Er rannte immerzu in hohen und immer höheren Sprüngen bis zum Dorf und durch dasselbe hindurch bis in den See hinaus. "Der Uli", so meinten die langsam und bedächtig hinten drein schritten, "ist heute schneller unten als oben gewesen." Richtig fanden sie ihn auch im Dorfe auf dem Bauche liegend, nur hatte er keinen Kopf mehr! Da meinte einer, man solle doch schnell in Ulis Wohnung laufen und im Schranke nachsehen. Vielleicht stecke der Kopf noch im Sonntagshut. Auf der steilen Höhe der Rallighölzer fällte ein Merliger einen Baum, zerschlug denselben mit der Axt und trug die Stücke eins nach dem andern in das Dorf hinab. Unterwegs begegnete ihm ein Jäger, der sprach: "Lieber Freund, warum trägst du das Holz herab? Lass es lieber vor dir herabfallen oder zieh’ es an einem Seil herunter, so hast du weniger Müh’ damit." Das leuchtete dem Holzer ein. Flugs ging er hinab ins Dorf, trug das Holz von dort wieder in die Höhe des Berges und liess es nun nach dem Dorf hinunterrollen. In Merligen stand auch ein Nussbaum am See, der gegen denselben sein Haupt neigte. Da meinten die Bewohner von Merligen, der Nussbaum sei durstig und wollten ihm zum Wasser helfen. Darum schlang der Ammann seine Hände und den Gipfel des Baumes, ein zweiter fasste den Ammann an den Beinen, diesen ein anderer und so fort bis an den See hinunter. Als die Kette fertig war und einer dem andern an den Beinen hing, rief der Ammann von oben: "Haltet recht fest, ich will in die Hände spucken!" Da stürzten alle in den See und mussten jämmerlich ertrinken. Ein ehrsamer Bürger von Merligen ging einst in den Wald, um Tannenäste, die für einen Gartenzaun hergerichtet und aufgeschichtet worden waren, heimzutragen. Er lud einen Ast um den andern mit der Betrachtung auf die Achsel: "Kann ich einen tragen, so kann ich diesen auch noch nehmen", und fuhr fort, die Äste aufzuladen, bis er gegen hundert zu tragen hatte; aber gerade der hundertste fiel ihm zu schwer. Er lud ihn ab. "Ja, wenn ein Ast zu schwer, dann ist der auch zu schwer." Damit lud er den neunundneunzigsten ab und fuhr so fort, bis er den letzten beiseite gelegt hatte. Jetzt ging er mit leeren Händen nach Hause. Mit ihren Nachbaren jenseits des Thunersees, den Leuten zu Spiez, standen die Merliger nicht immer auf gutem Fusse. Es wollte nämlich jede der beiden Parteien den besten Wein seeauf und -ab pflanzen, was für sie nicht lediglich eine Ehrensache war, sondern auch in Handel und Wandel Bedeutung hatte. "Wir wollen schon obenaus schwingen", sagten endlich die Merliger. Und von der Zeit an schlossen sie auf gemeine Verabredung jeweilen im Herbst, wenn sie wussten dass drüben in Spiez der Winzersegen gekeltert wurde, strassauf und -ab im Dorfe an allen Häusern und Hütten die Fensterladen fest zu – alle, bis auf den kleinsten. Wenn sich nun die Händler an ihrem Ufer einstellten und bei dem öden Anblicke nach dem Grunde des Ladenschliessens fragten, erwiderten die Merliger: "Die Spiezer trüelen (keltern) da müssen wir uns hüten, denn ihre harten Beeren fliegen aus ihren Trotten wie Flintenkugeln herüber. Schliessen wir nicht, so schiessen sie uns alle Fensterscheiben ein." Als zu Ende des vorigen Jahrhunderts die Franzosen ins Land kamen, die Freiheit und Gleichheit brachten und dafür den Staatsschatz der Stadt und Republik Bern in Empfang nahmen, mit dessen Hilfe der General Bonaparte seinen Feldzug nach Ägypten bewerkstelligte, konnte ein Teil des Schatzes ins Oberland geflüchtet werden. Den Merligern fiel etwas davon zur Aufbewahrung zu. Als die Franzosen auch ins Oberland vordrangen, ward es den guten Leuten bange für den Schatz, und um ihn recht sicher zu bergen, beschlosssen sie, ihn in den See zu versenken, da wo er am tiefsten ist. Damit sie jedoch die Stelle der Versenkung jederzeit wieder fänden, malten sie an das Schiff, auf dem sie hinausgefahren waren, einen dicken Strich. Unglücklicherweise blieb der Strich nicht auf dem Wasser kleben, sondern fuhr mit dem Schiff nach Merligen zurück, und nun sind die guten Leute untröstlich, dass sie den Schatz bis auf den heutigen Tag nicht wieder gefunden haben. Ein Mann von Merligen hatte sich einst eine Flinte, Pulver und Blei angeschafft. Man hatte ihm die Flinte geladen und er war ausgezogen, gerüstet wie Nimrod, um Schrecken und Verderben unter die Tiere des Waldes zu bringen. Als er nun mit mordgierigen Blicken umherspähte gewahrte er auf einem Birnbaume eine lärmende Schar Raben sitzen. Leise schlich der Mann, sich hinter eine Hecke duckend, heran. Als er in Schussweite gelangt war, richtete er das todbringende Gewehr auf die Beute. Lange zielte er. Endlich krachte der Schuss und mit entsetzlichem Geschrei flogen alle Raben davon Der Schütze aber liess das Gewehr fallen, klatschte vergnügt in die Hände und rief: "Flieget nur, ihr Narren, ihr seid doch alle tot!" Einst hatten die Merliger Streit mit den Sigriswilern um ein Stück Wald. Keine der beiden Parteien wollte nachgeben. Da ward beschlossen, der Sache durch einen Rätselkampf ein Ende zu machen. Jede Ortschaft konnte der andern ein Rätsel aufgeben. Durchs Los kam Sigriswil zuerst an die Reihe. Als man dort mit dem Köpfezerbrechen fertig geworden war, warf sich der Sohn des Leuenwirtes auf seinen Schimmel, sprengte im vollen Galopp in zehn Stunden nach Merligen hinab und rief den harrenden Merligern schon von weitem entgegen: "Die Sigriswiler wünschen zu wissen, wieviel Uhr es in Merligen geschlagen hat?" Er brauchte, trotzdem die Merliger die im Spotte angezogene Kirchenuhr nicht besitzen, auf Antwort nicht lange zu warten und diese lautete: "Geschlagen hat sie am letzten Samstag nachts 12, seither aber nur gewarnt." Die Sigriswiler aber waren mit der Antwort zufrieden, wussten sie doch nur zu wohl, dass am letzten Samstag wirklich zwölf der ihren von den Merligern geschlagen worden waren. Seither hatten diese nur gewarnt. Die Merliger aber stellten nun die Gegenfrage: "Heisst eure Wirtschaft zum Leuen oder zum Affen?" Das wusste man droben in grosser Bestürzung nicht gleich zu beantworten. Darum lief alles in den Leuen, dessen Schild so verblichen war, dass man nicht entscheiden konnte, ob darauf ein Leu oder ein Affe gemalt sei. Sie sassen so lange über der schwierigen Frage, bis es ihnen allen vorkam, es könne nur ein Affe auf dem Schilde gemalt sein, mit welchem sie denn auch getrost nach Hause gingen. So hatten die Merliger das Spiel gewonnen. Einst beschlossen die Leute von Lauenen im Obersimmental ihre schwarz gewordene Kirche mit Rahm zu weissen, wozu jeder Talgenosse einen Kübel voll liefern musste. Diese süsse Tünche zog aber die Bremsen und Fliegen an; sie stellten daher zu ihrer Vertreibung an allen vier Ecken Wächter und Flinten auf. Als es nun allenthalben zu schwärmen begann, gaben diese alle miteinander Feuer und zwar so, dass jeder den Wächter an der nächsten Ecke traf und alle vier tot auf dem Platze blieben. Auch den Leuten von Adelboden, die heute den Ruf geniessen, vortreffliche Gastwirte zu sein und welche sich auch in der Landesgeschichte durch geistige Regsamkeit rühmlich hervorgetan haben, wurde im Lande herum gerne ein bisschen am Zeuge geflickt, indem man sie als Schildbürger hinstellte. Namentlich weiss man in Lenk über die Nachbarn jenseits des Berges manches fröhliche Stücklein zu erzählen. So sollen die Adelbodner einmal eine Ziege auf ihr Kirchendach hinaufgezogen haben, damit sie das Gras droben abweide. Wenn es zur Kirche läutete, musste einer den Kirchturm halten, indessen ein anderer im Dorfe herumlief um den Leuten anzusagen, dass es jetzt läute. Ein Adelbodner, der aus der "Fremde", vom benachbarten Äschi heimkehrte, erzählte, er habe ein Pferd gesehen das habe an einem vierrädrigen Spinnrad gesponnen und sei dazu noch gelaufen. er hatte nämlich zum ersten Mal einen fahrenden Wagen gesehen. Vor dem Schloss Tellenburg bei Frutigen fragte der gleiche, was das für ein grosser Ofen sei, weil er daheim noch nie ein gemauertes Gebäude gesehen hatte. Beim Anblick des Thu- nersees meinte er, hier habe man den Himmel unten. Adelbodner waren es wiederum, die sich von einem Lenker ins Bockshorn jagen liessen. Dieser hatte in Frutigen am Markt zwei Ziegenböcklein gekauft und trieb sie an weissem Strick Adelboden zu. Da das Ausweichen im engen Hohlweg schwierig war, rief er den zum Nachmarkt gehenden, ihm begegnenden Leuten zu: "Gehet ein bisschen beiseits, es sind nicht Böckchen das, es sind arme Seelen!" Und erschrocken kletterten die leichtgläubigen Adelbodner das Strassenbord hinauf und liessen ihm freien Durchpass. Aber auch die Lenker sind in diesen Stücken nicht einwandfrei geblieben. Ein dortiger Talbewohner stand nämlich im Geruche des Meineids. Da wurde ihm in seiner Abwesenheit ein hungriger Ziegenbock in die Stube gesperrt und zugleich ein Bündel Heu über ihm an die Decke gehängt. Als nun der Mann bei seiner Heimkehr ins Zimmer trat und den nach dem Futter lüsternen Bock aufrecht auf dem Tische stehen sah, vemeinte er, es sei der leibhaftige Schwarze. Daher stürzte er hinaus und schrie. "Helft mir, ich will alles bekennen!" Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Ofengüpf

Source: Die Ofengüpf

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Der Hügel, auf dem das Schloss der Herren von Sellenbüren stund, wird von den Bauern im Dorfe Sellenbüren (bei Zürich) die Ofengüpf genannt. In diesem Hügel sollen Schätze von einem schwarzen Hunde bewacht werden. Quelle: Theodor Vernaleken, Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch


by Die Patin

Source: Die Patin

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Es war einmal eine arme Frau, die ging verdienen. Sie kam spät am Abend in einen Wald, dort war ein altes Schloss. Sie ging hinauf und fragte, ob sie über Nacht bleiben dürfe. Im Schloss war einzig eine vornehme Dame, und die sagte, sie solle über Nacht bleiben. In der Nacht gebar die arme Frau eine Tochter, und die Dame war Patin. Die Patin liess die Frau einige Tage dort wohnen, dann sagte sie, jetzt könne sie gehen, wohin sie wolle, doch die Kleine wolle sie behalten. Dies war der armen Frau ganz recht, und sie ging fort. Die Patin zog ihr Patenkind auf und unterrichtete es, bis es zehn Jahre alt war. Einmal am Tag ging die Patin jeweils fort und blieb lange Zeit weg. Eines Tages legte sie in der Stube eine Schachtel und einen Spiegel auf den Tisch und befahl dem Patenkind, diese Dinge nicht anzurühren, sonst werde es ihm schlecht gehen. Als die Patin fort war, dachte das Kind: «Ich will doch schauen, was es in dieser Schachtel hat, dass die Patin mir so streng verbietet, sie anzurühren!» Es ging hin und öffnete die Schachtel. Da war eine Quelle drin. Die Kleine steckte einen Finger hinein, und der wurde ganz schwarz. Voller Angst verband sie den Finger. Bald darauf wollte sie auch noch in den Spiegel schauen. Da sah sie, dass die Patin drin war und mit dem Bösen tanzte. Dann ging sie und machte die Arbeit, die ihr die Patin aufgetragen hatte. Als die zurück war, fragte sie: «Maria Margretta! Was hast du an diesem Finger gemacht?» Das Patenkind getraute sich nicht, es zu erzählen, doch die Patin sagte: «Wenn du es nicht sagst, so sollst du wissen: wo du herein bist, da kannst du auch wieder hinaus!» Und sie zwang das Patenkind, die kostbaren Kleider auszuziehen und jagte es aus dem Haus. Das arme Mädchen schämte sich und weinte, weil sie nicht wusste, wohin sie gehen sollte. Da sah sie eine Tanne mit bis zum Boden herunterhängenden Ästen, und sie flüchtete unter diese Tanne. Da blieb sie, weinte und betete zum Herrgott, er solle ihr doch ein Kleid zum Anziehen geben, denn so könne sie sich vor niemandem zeigen. Ganz plötzlich bellte ein Hund vor der Tanne. Es war der Hund eines Jägers, der gerade dort vorbeiging. Der Jäger trat hinzu, da sah er einen Menschen und rief: «Wer drin ist, soll rauskommen!» Das Mädchen antwortete: «Ich kann nicht hinaus, denn ich bin nackt.» Nun warf der Jäger seinen Mantel hinein, damit sie sich einwickeln und herauskommen konnte. Draussen erzählte sie dem Jäger, weshalb sie nackt dort drin gewesen sei. Da meinte der Jäger: «Nun, so komm nur mit mir auf mein Schloss!» Das Patenkind ging mit dem Jäger aufs Schloss, und der heiratete sie dann. Er war ein reicher Herr und ging nur zum Vergnügen auf die Jagd. Sie gebar dann einen Sohn, in den der Herr und seine Frau ganz vernarrt waren. Eines Morgens, als sie aufwachten, war das Söhnlein tot. Ein Jahr später gebar die Herrin wieder einen Sohn. diesmal beauftragten sie drei Frauen, das Kind zu bewachen. Nach einiger Zeit überfiel die Frauen ein so fester Schlaf, dass sie kurz einnickten. Als sie aufwachten, war Kind tot. Jetzt riefen sie den Herrn, der sagte, jemand töte die Kinder immerzu. Aber die Frauen antworteten «Nein!» und sie versicherten ihm, es sei niemand im Zimmer gewesen. Nach einem Jahr gebar die Frau wieder einen Sohn und diesmal sass der Herr selber neben ihr und wachte. Nach einiger Zeit überwältigte auch ihn ein fester Schlaf, und es ging ihm gleich wie den Frauen; er musste einen Augenblick lang schlafen. Als er aufwachte, war das dritte Kind tot. Der Herr wurde zornig und sagte zu seiner Frau: «Jetzt weiss ich, dass niemand anders als du die Kinder tötet.» Die Frau schwor, sie habe ihnen sicher nichts zu Leide getan, doch er hörte nicht zu. Er zwang sie, die Kleider auszuziehen und nur Lumpen zu tragen, dann liess er sie in einen Brunnenschacht ohne Wasser werfen. Da weinte und klagte sie bitterlich. Eines Tages kam ein Fuchs zum Brunnen und fragte: «Maria Margretta, Patenkind! Was hast du an diesem Finger gemacht?» Jetzt erzählte die Herrin alles. Dann sagte der Fuchs: «Halte dich an meinem Schwanz fest, so will ich dich hinaufziehen!» Sie hielt sich am Schwanz fest, und der Fuchs zog sie dann hinauf. Als sie oben war, so stand an Stelle des Fuchses ihre Patin da, mit drei schönen Buben daneben. Die Patin sagte: «Weil du diesmal die Wahrheit gesagt hast, bin ich vom Bösen erlöst worden. Hier hast du deine drei Söhne, die ich dir weggenommen habe. Jetzt aber geh zu deinem Herrn, er wird dich sicher ein zweites Mal aufnehmen!» Die Herrin ging mit den drei Kindern zum Schloss. Voller Freude nahm der Herr sie auf und bat um Verzeihung, dass er sie so gemein behandelt hatte. Sie haben dann ein riesiges Festessen gegeben, und mir haben sie eine Kelle voll Suppe an den Kopf geschmissen und mich davongejagt.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Pest (Buchs/SG)

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Im Spätsommer wollte ein Senne aus der Alp Malbun hinunter ins Tal; dort fand er nicht mehr seine Freunde und Verwandten. Die meisten waren dahingestorben. Weinend kehrte er zurück auf die Alp und wollte seinen Gefährten erzählen, wie er Jammer und Elend gesehen. Aber das Übel ergriff auch ihn, und sein Körper ward von schwarzen Beulen so entstellt, dass die Alpknechte ihren Gefährten nicht mehr kannten und daher nicht mehr in die Hütte hineinlassen wollten. Erst als er weinend und klagend um die Hütte lief, erkannten sie ihn. Mitleidig nahmen sie ihn auf, bestrichen seinen Körper mit frischer Butter und banden heilsame Kräuter auf die kranken Stellen. Drauf fielen die schwarzen Eiterbeulen vom Körper ab, und der Kranke ward gesund. Im Herbste, als man das Vieh ins Tal trieb, irrte dasselbe lange in den Rhein-Auen umher; denn die Pest hatte die meisten Leute hinweggerissen, und niemand holte es ab. In der Widen, bei Buchs, hatte ein Bauer zwei Söhne; der eine war einfältig, hing aber mit Liebe und Treue an seinem Vater; der andere war geschickt und witzig. Der Vater liebte nur diesen, um den andern bekümmerte er sich wenig. Als nun der schwarze Tod so viele hinwegriss, schickte der Bauer seinen Liebling auf die Alp, damit er von der Krankheit nicht ergriffen werde. Was geschah? Der einfältige Sohn, der im Tale beim Vater war, blieb am Leben, der auf der Alp starb. Vier Fremdlinge kehrten in Buchs in einem Hause ein, wo man für zwölf Arbeiter den Tisch gedeckt hatte. Sie setzten sich hin, assen alles auf und sprachen leise miteinander. Die Leute im Hause verstanden folgende Worte: "Ich gehe in die Judengasse; du gehst an den Sevelerberg; dann wollen wir fleissig niedermähen." Drauf wollten die Fremdlinge bezahlen, aber man nahm ihnen nichts ab. Freundlich dankten sie und zogen weiter. Alsobald begann der schwarze Tod; am Sevelerberg starb fast alles weg. N. Senn, Chronik.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 120, S. 57f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Pest (Henau, SG)

Source: Die Pest (Henau, SG)

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Die Pest brach im Toggenburg zuerst zu Gupfen aus, damals einem einzigen Hause der Gemeinde Henau. Dort erschien nachts ein weisses Fräuli, mit einem weissen Besen emsig die Türschwelle kehrend, worauf ein weisslicher Rauch aufstieg. Sogleich brach die Seuche aus; ein Glied der Familie nach dem andern starb hin; der Rauch blieb immer sichtbar. Da bohrte der einzig noch übriggebliebene Sohn ein Loch in die Wand; der Rauch fuhr hinein, und die Pest verliess das Haus, In der ganzen Gemeinde aber wütete sie fort, in jeglichem Hause durch das Fräuli angemeldet und durch sein Wischen, und erst mit der Seuche verschwand es. Dr. Henne-Am Rhyn, Deutsche Volkssage. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 476, S. 281 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Pest (Mogelsberg, SG)

Source: Die Pest (Mogelsberg, SG)

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Hier starben zur Pestzeit sehr viele Leute; man führte ganze Ladungen Leichen auf den Friedhof. Diese legte man in grosse Gruben; man machte keine Särge mehr.                              N. Senn, Tagebuch. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 459, S. 275 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Pest (Simplon-Dorf)

Source: Die Pest (Simplon-Dorf)

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Der Schwarze Tod soll in Simplon ganz früher einmal so heftig gewütet haben, dass man zu wenig Leute aufbieten konnte, um die Verstorbenen auf den Friedhof zu tragen. Es wurde daher verordnet: «Jeder Einwohner, der krank und dem Tode nahe ist, muss sich noch selbst zum Friedhof schleppen, um da zu sterben!» SIMPLON-DORF Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Pest 1629 (Lichtensteig, SG)

Source: Die Pest 1629 (Lichtensteig, SG)

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Dies Jahr trat an allen Enden und Orten ein grosser Sterbet ein. Zuerst starb am St. Laurenzentag dem Schneider Melchior Grob, genannt Strub, ein Kind an der Pest, "wäre das erste mensch." Bis zum 13. November starben 133 Personen, zuletzt der Baumeister Seth Büelmann. "Darnach liesse es nach. Gott seye gelobt; derselbige welle uns wyters von solchen Erblichen suchten und krankheiten nach seinem göttlichen willen gnadig bewaren. Warend jn obgemelter zahl vil Redlicher Burger gstorben, die ein großen Reüen ghebt." Senn, Tagebuch der Familie Schümi. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 440, S. 259 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Pest im Fischenthal

Source: Die Pest im Fischenthal

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Die Pest im Fischenthal ln der Gemeinde Fischenthal liegt in einem sonnigen Seitentälchen ein Weiler, genannt „s Peste“. Eines Morgens begab es sich daselbst, dass ein Vögelein vor den Fenstern traurig und immer trauriger pfiff: Pest! Pest! Pest! Dies verstanden die Leute drinnen deutlich. Und siehe, nach einer Stunde hatten sie schon eine Leiche im Haus, schwarz und plötzlich in Verwesung übergehend. Es war die erste schwarze Leiche der Gemeinde. Doch bald wütete die furchtbare, geheimnisvolle Todesmacht auch in weiten Kreisen. Denn als man die Leiche aus „s Peste“ am folgenden Tag durchs Tal nach dem Kirchhofe trug, eröffnete sie bereits den schauerlichen Zug von mehr als 20 schwarzen Leichen. Wo sie an einem Hause vorbeikamen fragten die Fuhrleute an, ob etwa ein paar Leichen zum Aufladen bereitlägen, und fast allerorten erfolgte ein schluchzendes, wimmerndes Ja. Vor einem Hause nahe bei der Kirche fragten sie zum Fenster hinein. Es war eine Mutter drinnen, welche ihrem Kinde zöpfelte. Die Mutter antwortete: „Nein, gottlob, hier ist noch alles gesund und wohlauf!“ Im Heimfahren vom Kirchhof schauten sie abermals durch das Fenster und sahen Mutter und Kind liegen als schwarze Leichen. Der Anfall der Krankheit erfolgte durch ein Niesen, und kaum konnte man sagen: Helf dir Gott! so lag der Betreffende schon leblos da. Seither ist der Ausdruck gegen das Niesen gebräuchlich. Bald waren ganze Familien unter dem Boden. Hie und da stand ein Haus öde da und etwa eine vergessene Leiche erfüllte dasselbe mit Grabesluft. Ein solches Haus wurde nie mehr bewohnt. Noch heute kennt man manche Stellen auf Wiesen wie Holzungen, wo damals ein Haus gestanden, dessen Bewohner „im schwarzen Tod“ ausstarben. Mittlerweile war in s Bettisten keine Lücke mehr entstanden, doch mussten sie natürlich immer befürchten, des schwarzen Todes eigen zu werden. Wie gross war aber das frohe Erstaunen der guten Leute, als sie eines Morgens das nämliche Vögelein, welches „Pest“ pfiff, heiter und fröhlich singen hörten: „Binz und Benz und Baldrioo, henksch’s an Hals, so chunscht devoo!“ Das Vöglein sang gewiss vom rechten Mittel, das wussten sie nun. Ohne im geringsten an der heilsamen Wirkung des Rezeptes zu zweifeln, suchten sie die dreierlei Kräuter zusammen und taten damit nach des Vögleins Verordnung. Eine unbeschreibliche, unerklärliche Leichtigkeit, ein neuer, frischer Lebenshauch durchwehte sie. Eilig machten sie das Wunder im Tal vorn bekannt, nahmen grosse Säcke voll solcher Kräuter mit sich, auf dass nicht viele in Verlegenheit kämen, darnach suchen zu müssen, ohne welche zu finden‚ denn kaum wuchsen sie so in Menge wie in s Bettisten. Fernhin wurden die Kräuter verliefert, und wer sie einmal am Hals trug war dem schwarzen Tod entgangen. Die Kräuterträger aus s Bettisten nannte man kurzweg „d’Pestlüt“, ihren Wohnort aber s Pesten, welcher nun so genannt wird bis auf den heutigen Tag. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Ausser der Präambel wörtlich aus Stauber, S. 56; Senn, Bilder, 1850, S. 252; VB 27.10.1916; Lienert, S. 96; Senn „Chelläiänderschtückli“, lokalisiert die Sage genau: „Im Beicher hine.“ Binz und Benz sind Bibernell (Pimpinella) und Baldrian (Valeriana officinalis); sie gelten als schweisstreibend und wurden offenbar zu Pestzeiten mit Erfolg angewendet. Der Spruch heisst auch: „Bibernell und Baldrioo, wer drab trinkt, dä chunt devoo.“ Man tröstete die Niesenden auch mit: „Gsundheit!“ Anno 1629 starben im Fischenthal am schwarzen Tod 212 Personen, was ein Drittel der Bevölkerung ausmachte. Der seltsame Vogel, der die Pest anzeigt, ist nicht nur im Fischenthal gehört und gesehen worden. Leider sind Beschreibungen des Vogels äusserst selten. „In Davos wird der Seidenschwanz Pestvogel genannt; wenn besonders viele davon in kalten Wintern aus dem Polargebiet kommen, habe man das als Pestzeichen genommen.“ (Mitteilung von R. Weiss.) — Es war vor Jahren in einem strengen Winter, da kamen Scharen fremder Vögel bis auf die Fenstersimse vor den Häusern eines Ortes im Haslital und taten sehr hungrig. Sie glichen keinem einheimischen Vogel, am ehesten noch den Buchfinken. Einer meinte, es seien Pestvögel (M. Sooder, Zelleni us em Haslital. Basel 1943, S. 216). Diese zwei Beispiele zur Verbreitung des Pestvogels. -— HwbdA. 6, 1498-1522, s. v. Pest (Sartori).   Lebenszeichen Man erzählt auch, dass die Bewohner der Fischenthalerberge sich zu Pestzeiten jeweilen am Morgen mit dem Milchtrichter über die Täler hin angerufen hätten, um zu erfahren, ob auf der anderen Seite noch jemand am Leben sei. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Senn, Bilder, 1850, S. 252.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Pest im Reusstal

Source: Die Pest im Reusstal

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a) Als im Jahre 1629 im Lande Uri die Pest viele Menschenleben dahinraffte, soll in Gurtnellen eine alte Jungfer (zu Ryttigen) in einer Woche (Nacht) neun (zwölf) Trinkelkühe ererbt haben. Diese Jungfrau habe dann viel gebetet und Gutes getan durch Almosen und andere Liebesdienste. Florin Kindli im Archiv Bd. XII, S. 210 und auch mündlich. b) Eines Abends habe man im Tangel-Landgut an der Reuss eine Stimme aus den Lüften rufen hören: Esset Enzian, Strenzen und Bibernell, So sterbet ihr nicht so schnell. Das habe man dann befolgt, und es seien von da an nur wenige Personen mehr an dieser schrecklichen Krankheit gestorben. L.c. Der Spruch lautet auch: Ässet Änzä, Stränzä und wyssi Pumpernällä, Susch stirbt das halbe Gurtnällä. Oder: So stirbt niämmer meh uf Gurtnällä. c) Gurtnellen sei in Uri die letzte Gemeinde gewesen, die vom Beulentod heimgesucht worden. Sie sei ausgestorben bis auf zwei alte Meitli. – Trotz den Enzen und Strenzen und Bibernell! Um Widersprüche scheint sich Frau Sage nicht zu kümmern; sie ist eben auch ein Weibervolk mit langem Haar und kurzem Sinn. – Die Leute bekamen drei schwarze Beulen und waren in drei Tagen eine Leiche. Mündlich a.d. Gegend d) Oft trugen sie die Pestkranken noch lebend zum Friedhof, so einmal ein noch junges, hübsches Mädchen. Zu Meitschligen beim Steg begegnete ihnen des Mädchens Geliebter, ein Senn, der aus Fellenen kam, und der forderte es ihnen ab, er nahm es auf den Rücken, trug es heim und heiratete es in der Folge. Karl Walker e) Auf dem Wasen bei Göschenen seien innerhalb einer Woche Vater, Mutter und sechs Kinder gestorben, soll in einer alten Chronik zu lesen sein. f) Einst wanderten der Tod und seine Frau, die Tötin, durch das Reusstal hinauf. Bei Meitschligen blickte die letztere gegen den Gurtneller Berg hinauf und merkte, dass es da sehr viele alte Leute habe. Sie ballte ihre Fäuste gegen den Berg und rief: »Wartet nur, iähr altä Chremäsä, ych wil-i scho appäwischä.« Aber der Tod meinte: »Ja, wennd-si Chralläberri ässet, channsch-nä dü nyt a'tüe.« Sie stritten laut miteinander, so dass ein Mann im Tangel jenseits der Reuss es hörte. Bald kam der Beulentod, und es starben viele Leute, auch auf dem Berg. Da erinnerte sich jener Mann des Zwiegespräches und sagte den Leuten, sie sollten Korallenbeeren essen. Die es taten, blieben vom Tode verschont. Christina Exer g) Zu Meitschligen in einem alten Hause übernachtete ein unbekanntes Pärchen. Die Leute hörten sie laut miteinander »zättiärä« und horchten. Sie merkten, dass es der Tod und die Tötin waren. Diese stritten miteinander, welches von beiden den Gurtneller Berg heimsuchen müsse. Endlich sagte die Tötin: »Wenn ich da üfä müess, sä wischi-n-i de, bis gwischt isch!« Bald hernach begann der Beulentod seine Schreckensherrschaft. Frau Indergand h) Sie wollten die vermeintliche Leiche eines Mädchens von Gurtnellen auf den Friedhof in Silenen verbringen. Im Tangel fiel ihnen der Schlitten um, und das Mädchen bekam an einem scharfen Stein ein grosses Loch im Kopf und fing an zu bluten. Es lebte und wurde gesund. Seitdem fingen sie an, den Verstorbenen Blut herauszulassen. Frau Jauch Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Pest in Aeugst

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Die Pest in Aeugst Wie in den anderen Orten des Amtes, hauste im Jahr 1629 die Pest auch in Aeugst. Weil Aeugst, das erst 1667 eine eigene Kirche erhielt, nach Mettmenstetten kirchgenössig war, fanden seine Toten ihre letzte Ruhestätte auf dem Kirchhof daselbst. Der Weg zur Kirche war der gegenwärtige (1928) Fussweg über die Wengi. Er führte über die jetzt noch bestehende, aus Stein gewölbte Jonenebrücke beim abgebrochenen Stampf vorbei gegen die Waldungen der Korporation Ober-Mettmenstetten. Hier an der Grenze bestand einst ein Weidgatter, daher heisst die Gegend „Aeugstergätterli“. In jener Pestzeit seien so viele Menschen gestorben, dass sie auf Wagen nach Mettmenstetten geführt wurden. Bei einer solchen Fuhr sei einmal beim Aeugstergätterli eine Leiche vom Fuhrwerk gefallen. Die Fuhrleute hätten sich aber nicht darum gekümmert, sondern sie seien weiter gefahren mit der Ausrede: „Mer chömed moorn ja doch wider, mer nämed si dänn moorn!“ Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Knonauer Amt Gchr. Mettmenstetten 1905; Stauber, S. 51, unter dem Titel „Vom Aeugstergätterli“. Nach der Gchr. Mettmenstetten soll das „Totenmösli“ bei M. den Namen davon erhalten haben, dass dort eine Leiche liegen geblieben sei, als man Tote zu einer Massenbeerdigung führte. Man habe sie den andern Tag erst mitgenommen. - Die verlorene Pestleiche ist mehrmals bezeugt; siehe auch Bauma.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Pest in Bauma

Source: Die Pest in Bauma

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Die Pest in Bauma Im Jahre 1634 soll die Pest in Bauma furchtbar gewütet haben. Bei einem grossen grossen Leichgang ab dem Allenberg fiel einmal eine der vielen Leichen vom Wagen. Das Geleite liess den Toten liegen mit den Worten: „Wir wollen ihn dann morgen mitnehmen, es wird wohl noch mehr geben.“ Wirklich starb auf dem Allenberg alles aus. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Mündl. aus Bauma um 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Pest in Binn

Source: Die Pest in Binn

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In Binn gab es durch die Pest so viele Tote, dass zu wenig Leute mehr da waren, um sie zur Kirche zu tragen und zu beerdigen Darum holten die Leute den Gemeindestier der Alpe Schapel, und der musste die Toten zur Kirche ziehen. Jedesmal, wenn er eine Fuhr herbeigeschleppt hatte, trieb man ihn auf eine Weide neben der Kirche, wo er graste, bis die Leute ihn wieder brauchten. Er lief da niemals weg. Schliesslich, als er die letzte Fuhre herbeigeführt hatte, trieben sie ihn wieder auf die Wiese, aber ohne fremdes Zutun lief er auf und davon bis in die Alpe, woher er gekommen war. Die Pest war jetzt zu Ende. Das Dörflein Schapel-Matte starb damals aus bis an einen einzigen Knaben, der dann Stammvater der grossen Familie Tenisch wurde. In dieser Pestzeit gelobten die Binner einen Fastentag zu Ehren des heiligen Sebastian, und zwar am Vortag seines Namensfestes. An diesem Tage genoss man meist nur Bohnenkoch und Wasser. Darum nannten ihn die Leute den "Binner Bohnentag". BINN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Pest in Ernen

Source: Die Pest in Ernen

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Der schwarze Tod kam aus Binn heraus. Westlich von Ernen fliesst noch heute "ds Tootubrunschi" (Totenbrunnen). Es hat seinen Namen seit der Pestzeit. Hier nämlich stellte sich der schwarze Tod auf und rief mit schrecklicher, in jedes Haus eindringender Stimme: «Pimpernella und baats (geröstetes) Brot, und suscht bischt am Morgu toot!» Von hier aus sprang der Schwarze Tod mit einem einzigen Schritt auf den Hügel mitten im Ernerfeld, dem wir noch heute Totenhubel sagen. Dort schrie er zum zweiten Male: «Pimperpernella und baats Brot, und suscht bischt am Morgu toot!» Schliesslich sprang er auf das erste Haus in Niederernen. Dort begann die Krankheit und raffte viele Leute in kurzer Zeit dahin. Nur wer Pimpernella und geröstetes Brot genommen hatte, blieb verschont. Ein Mann aus Ernen wollte dem Tode entfliehen und begab sich ins Rappental in die Alpe Ripei, etwa drei Stunden entfernt. Hier wartete er. Der Rat von Ernen besprach einst bis spät in die Nacht die grosse Not. Da hörte er die Stimme des "Toten" aus dem Ernerwalde heruntertönen: «Ich gehe nicht aus Ernen weg, bis das Männchen im Ripei heraus ist!» Sofort rafften sich die Männer auf, im Rappental den Versteckten zu suchen. Der hörte sie kommen und verbarg sich in einer andern Hütte. Am folgenden Tage sprang eine kleine Katze vor sein Fenster, schrie und miaute, bis er sie einliess. Das Kätzlein setzte sich ihm sofort auf die Schulter und flüsterte ihm ins Ohr: «Ripeimannli, jetz is Zit!» Darauf verschwand es und ward nicht mehr gesehen. Der Mann verstand sogleich, kehrte zurück nach Ernen, wurde krank und starb. Nach ihm hörte die Pest auf. Dieser Mann soll der Landeshauptmann Michael Tschampen von Niederernen gewesen sein (gestorben 1489).   Als in Ernen die Pest wütete, durfte man die Totenglocke nicht mehr läuten, um die Leute nicht noch mehr zu ängstigen; und die Toten durften nicht durch die Burgschaft, sondern nur auf Umwegen zum Friedhof getragen werden. Der Sigrist hatte soviel zu tun, dass ihn die Leute nicht mit Geld, sondern nur mehr mit Naturalien bezahlten, etwa mit Leintüchern. Solche leinene Tücher habe er am Schluss ganze Klafter hoch gehabt. ERNEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Pest in Oberried

Source: Die Pest in Oberried

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An einem windstillen Tage und dazu bei heiterem Himmel kroch nicht sehr hoch über dem Boden eine gelbe Wolke das Haslital herunter und trieb über den See abwärts gegen Oberried zu, wo sie über den Hausdächern lange stehen blieb. Kurze Zeit darauf brach auch in diesem Dörfchen die Pest aus, wie an so manchem andern Orte im Oberland, und raffte die Leute dahin wie die Fliegen. Der erste, den die böse Seuche unter den Boden brachte, war ein Bäuerlein, das den letzten Leichenzug vor Ausbruch der Pest nach dem Friedhof in Brienz mitmachte, unterwegs abseits in einem seiner Scheuerlein noch etwas zu besorgen hatte und dann dem Zug wieder nachgelaufen war. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Pest in Plasselb

Source: Die Pest in Plasselb

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Im 16. Jahrhundert wütete die Pest auch in unserer Gegend; man nannte sie hierzulande die «Schwinna». Nicht nur in ihren Wohnungen wurden die Menschen von der schrecklichen Seuche befallen, auch draussen auf freiem Felde oder auf der Strasse traf sie der Würger. Mitten in der Arbeit wurden die Leute unwohl und fielen plötzlich leblos zu Boden. Manche hatten noch soviel Kraft, sich bis zur Dorfkirche zu schleppen. Dort hingen sie Rechen, Hacke und Sense auf, dann sanken sie sterbend zu Boden. Zuletzt war das ganze Dorf wie ausgestorben. Nur noch zwei Buben blieben als bedauernswerte Waisen zurück. Diese nahm man und brachte sie nach dem Weiler Neuhaus und stellte sie in die dortige Kapelle, im guten Glauben, dass sie im heiligen Raume von der Pest verschont würden. Dieser fromme Glaube blieb nicht unbelohnt. Der Würgeengel ging an den unschuldigen Kindern vorbei. Sie blieben am Leben, während fast alle Bewohner des Dörfchens gestorben waren. Nach den Aussagen der älteren Bewohner soll das Land zwischen Neuhaus und Alterswil so entvölkert worden sein, dass die beiden Ortschaften, die doch fast 8 km voneinander entfernt sind, Nachbarn waren. Nach dem Erlöschen der «Schwinna» kehrten einige Bewohner, die geflüchtet waren, an ihre alte Heimstätte zurück und fanden die zwei Kinder wohlbehalten. Sie nahmen sich der Waisen dankbar an, die im Bauernhause zu tüchtigen Menschen herangezogen wurden. Zum Dank für diese Begebenheit erbauten die Geretteten ein neues Kapellchen zu Ehren der Mutter Gottes, der Helferin der Christen. Heute, 1935, ist das neu renovierte Bethäuschen eine Zierde des Dörfchens.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Pest in Saus

Source: Die Pest in Saus

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In Saus, dem lieblichsten Seitental von Lauterbrunnen, kauern nur etliche Gruppen von Alphütten. Noch heute aber heisst ein Bächlein im Flöschwald draussen, in der Matte, das Mühlibächli, denn früher war da oben im saftigen Talgrund ein Dorf; es sollen an die zwei Dutzend Häuser gewesen sein und eine Kapelle. Um die Häuser waren grüne Wiesen und lachende Gärten. Schneefall gab es dazumal in Saus keinen, nicht einmal zur Zeit der Jahreswende. Weder auf Bach noch Seelein lag jemals Eis, der Winter war so mild wie heutzutage der Frühling. Waren die baldigen Weidlein drunten in lsenfluh geazt, so zog man hinauf nach Saus, denn hier wuchs so viel Futter, dass die Kühe täglich dreimal gemolken werden mussten. Das war für die Isenflüher immer eine lustige Bergfahrt Die Sauser kamen ihnen ein Wegstück entgegen, und wenn sie alle oben in den saftgrünen Sausmatten waren, dann feierten sie eine Älplerchilbi, bei der Frohmut und Glück Gastgeber waren. Eine lange Reihe von guten Jahren zog mit raschen Flügelschlägen dahin, und es schien, dass Friede und Wohlstand für alle Zeiten im einsamen Hochtale zu Hause seien. Eines Morgens aber starrte alles in Frost und Kälte. Ein Mägdlein trieb die Ziegen gegen das Flöschwaldseeli zur Tränke. Die Jungfer erschauerte, denn sie fror, aber da sie noch nie gefroren, wusste sie nicht, was ihr fehlte. Es war bissig kalt, ihre Schuhe waren bald so hart wie Horn, und am Seeli konnten die Geissen kein Wasser schlürfen; sie reckten die Hälse, meckerten und beschnupperten verwundert die glatte Fläche von Eis. Das Meitschi lief heim und erzählte, im Flöschwald oben sei der Teufel am Werk und Glas auf dem Wasser. Der Schreck lief durch das Dorf, alles kam und bestaunte das seltsame Ereignis. Sobald liess man einen kommen, der mehr konnte als nur Brot essen, und dieser sagte den Sausern, der Satan habe sie und ihr Glück im Hochtal entdeckt und sei Sinns, Ungemach über sie zu bringen. Kaum war darauf eine Woche verwichen, fiel grossflockiger Schnee, häufte sich bis an die Dachrafen, und oben in Saus erlebte man die erste Winterhärte. Lange Monate hindurch konnte man nach Isenfluh hinunter weder Weg noch Steg brauchen. Sobald die warmen Tage kamen, stiegen die Isenflüher hinauf nach Saus. Tal wie Hang waren gangbar, aber keine Menschenseele begegnete ihnen, und kein Räuchlein stieg vom Dorf gen Himmel. In den Wegkehren auf dem letzten, stotzigen Rain vor dem Talboden, da liessen sie den Isenfluhjodel in den Flühen widerhallen. Niemand gab Bescheid als der Sausbach unten in der Schlucht. Bald näherten sie sich dem ersten Wohnhaus. Der Garten sah wüst aus, der Stotzhag darum lag vom Schneedruck am Boden. Die Männer klopften an die Türe — keine Antwort. Sie öffneten und traten ein — niemand daheim. Schauerliche Leere im nächsten Dutzend Häuser, vom Keller zum Russgaden. Die Frauen zitterten an allen Gliedern, das Mannsvolk erblasste. Auf einmal schraken alle zusammen; ein schwarzer Zottelhund kam in grossen Sätzen herangesprungen, jaulte und kehrte wieder um. Die Isenflüher folgten ihm, und er führte sie zum Hause, wo im verwichenen Sommer die Brüder Chuoni und Toni gewohnt hatten. Auf dem Bänklein an der braunen Hauswand sass ein Mann. Sein Haar war weisser als Kirschblust; er sah aus, als ob man ihn eben aus der Erde herausgenommen. Das Augenwasser ging ihm über, als die Leute um ihn standen; aber die merkten bald, er hatte Sinn und Gedanken nicht mehr beisammen. Sie kannten ihn alle, es war Chuoni, der im Sommer zuvor noch ein Jüngling mit blondem Haar und pfeifengerade gewesen. Vor ihm stand ein lustiger, springiger Rocklibub. Neben dem Hause naschten drei Ziegen das erste Grün. Das war, was man noch Lebendiges fand, alles andere, Menschen wie Vieh, war weggestorben. Die Isenflüher drangen um Red in Chuoni; der Einsame blieb stumm wie der Fisch im Bach. Aber bei der Kapelle oben sahen sie der lieben und ihnen so gut bekannten Sauser Grabstätten alle. Chuoni, der Knabe, der schwarze Hund und die drei Ziegen wurden mit nach Isenfluh hinunter genommen. Der alt erscheinende Überlebende war an Leib und Seele gebrochen. Man wusste, er werde den Kuckuck nimmer mehr schreien hören. Bevor er aber starb, konnte er noch erzählen, dass eine Pestilenz in Saus eingedrungen, und er den letzten Toten begraben habe. Auf dem Heimweg vom Gottesacker sei noch ein weinendes Rocklibuobli an ihn gelaufen, er könne aber mit bestem Wissen und Gewissen nicht mehr sagen, aus welcher Rustig (Sippe) es stamme. Nachher sei er mit dem Kindli in sein Häuslein gegangen und wartend gewesen, dass der Sterbet auch über sie komme. Der ging aber an ihnen vorbei. Wegen dem Buobi fristete er sein einsames Dasein, und als der Schnee zu Tale rann, stieg er nicht hinunter, aus Angst, die furchtbare Seuche weiter zu verbreiten. Da auch unten in Isenfluh niemand den Rocklibuob namsen konnte, sagte man dem Heimatlosen: "Sauser". Als er gross geworden, wurde er Landsass in Sigriswil(Heimatloser, der einer Gemeinde zugeteilt wurde), wo seine Nachfahren heute noch leben. Das Dörflein Saus wurde nie mehr besiedelt. Die Häuser zerfielen, und man weiss kaum, wo sie einst gestanden. Quelle: Hans Michel, Ein Kratten voll Lauterbrunner Sagen. Wengen 1936. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Pest in Stalden

Source: Die Pest in Stalden

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In Stalden wird auch von einer grossen Pest erzählt, wo es der Toten so viele gab, dass man selbe unbesarget in offene Gruben warf. Der Totenbegraber, "Gribier" wohnte bei der "Törbier-Oschikehri" in einer Steinscheuer und starb zuletzt selbst an der Pest auf einem klafterhohen Haufen Leintücher, die er durchs Vergraben verdient hatte. — Die Pest verschwand als eine Stimme aus dem "Ebiberge" gerufen hatte: Kehrt um den Roten — den Toten; Iss Bibinella — Pumpernella — und gebahts Brod, So hört uf der gähe Tod! (erzählt von Dekan Anthanmatten)   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Pest in Weisstannen, 1611

Source: Die Pest in Weisstannen, 1611

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Eine Heuschrote fiel in einer Nacht erbsweise in neun Hände. - Ein Zusenn ging mit seinem Saumross durch das Dorf Weisstannen und sprach durchs Fenster mit einer jungen Frauensperson. Plötzlich befiel sie die Krankheit; sie fiel rücklings in die Stube und gab den Geist auf. Chr. Albrecht   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 249, S. 127 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Pest in Zermatt

Source: Die Pest in Zermatt

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Auch in Zermatt gehen noch viele Sagen von grossen pestartigen Krankheiten, welche schrecklich unter der Bevölkerung wüteten. Sie scheinen früher häufiger gewesen zu sein als in neueren Zeiten. Die letzte aussergewöhnliche Sterblichkeit finden wir am Anfange dieses Jahrhunderts. Im Pfinkriege wurde nämlich ein Zermatter gefangen, misshandelt und nach Waadtland in die Gefangenschaft geführt, wo er viel zu leiden hatte. Hager, zerlumpt und im grössten Elende kehrte er in seine Heimat zurück und brachte eine ansteckende Krankheit mit, an der von 440 Personen 40 starben; er selber aber blieb am Leben. Die Sagen aus früherer Zeit lauten viel trauriger. Einmal soll soviel Volk gestorben sein, dass auf dem Wege zur Kirche Gras zu spriessen anfing. Man fand nicht mehr Leute, die Toten zu begraben. Da liess sich dafür ein alter Mann anwerben, der ein offenes Bein hatte und darum von der Seuche verschont blieb. Auch dieser soll eine klafterhohe Schichte Leintücher als Begrablohn erhalten haben. — Eine Familie wohnte in einem Hause in einiger Entfernung allein. Diese schloss sich ein und vermied jede Zusammenkunft mit anderen Menschen; nur von Zeit zu Zeit kam einer auf einen Hügel heraus, um zu erfahren, ob der Tod aufgehört habe. Endlich vernahm er die gute Botschaft und freudig kamen die Verschonten hervor, um zahlreiche Erbschaften in Empfang zu nehmen. Man teilte die Gerätschaften frohen Herzens, nur um einen Sack voll Wolle wurde gezankt, die endlich der freigebliebenen Familie zufiel. Und mit dieser Wolle brachten sie die Krankheit in ihr Haus; in kurzer Zeit starben alle. — Ein lediger Bursche flüchtete sich beim Einbrechen der Krankheit über den Augstalberg aus dem Lande. Als er nach langer Zeit zurückkam hatte der Tod aufgehört, aber er zog einen zurückgelassenen Rock an, der ihm die Krankheit noch mitteilte und den Tod gab. (erzählt von Kaplan Mooser)   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Pest von 1668

Source: Die Pest von 1668

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Die Pest von 1668 1668 regierte wieder die Pestilenz, und zwar eigentümlich an einigen Orten sehr stark und an anderen gar nicht. Sehr stark grassierte sie in Uster, Gossau, Wildberg und Isikon. Von letzterem Ort wird erzählt, dass alle Tage Leichen nach Pfäffikon gebracht und an der Hochstrass beim Ochsen beerdigt wurden. Ein Knecht, welcher mit grösster Kaltblütigkeit unter Peitschenknall die Leichen führte, überlebte die Seuche nicht. Aus dieser Zeit stammt der Brauch her, dass man sagt: „Helf dir Gott!“, wenn einer niesen muss. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Nach dem Jahrbuch Pfäffikon Nr. 2, S. 47. Hittnau gehörte bis 1708 zur Pfarrei Pfäffikon.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Pest zu Lauterbrunnen

Source: Die Pest zu Lauterbrunnen

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Im Grindelwaldtale herrschte das grosse Sterben. Da sahen eines Tages die Leute von Lauterbrunnen, die lange von dem wütenden Tode verschont geblieben waren über die Wengernalp ein weisses Wölkchen daherfliegen und sich im Schiltwalde niedersetzen. Es war die Pest. Die Lauterbrunner Leute hatten die fürchterliche Landplage in ihr Tal gerufen, weil sie übermütig geworden waren und in der Kirche einen zweiten Lettner angebracht hatten. In Wengen oben begann das Sterben. Aber die Leute nahmen es nicht besonders ernst. "Morgen bringen wir wieder eine neue Lieferung", pflegten sie zu sagen. Aber wie es der Toten immer mehr werden, wie sie schliesslich nicht einmal mehr nötig haben, ins Tal zu gehen, da erstirbt der Spott. Nur noch bis zum Mehlbaum halbwegs ins Tal geht ihr Bote. Von dort ruft er lediglich die Zahl der Toten und der nötigen Gräber hinab. Als einmal die Totenschauer einen Weiler des Tales durchschritten, betraten sie, ihres traurigen Amtes waltend, ein Hüttchen, das ausgestorben schien. Da ertönte plötzlich hinter dem Ofen hervor Grossmütterchens Stimme, das allein übriggeblieben war: "Wenn`s jetzt nur mit dem was gestorben ist, sein Bewenden hat, will ich schon zufrieden sein!" rief sie. Ein junger Mann von Mürren wurde in diesen Zeiten von der Pest befallen. Schon zeigten sich schwarze Spuren an einem Finger. Kurz entschlossen hieb sich der Bursche die Fingerspitze ab und steckte dieselbe in die Ritzen des Balkenwerks seiner Hütte. Er genas auch bald und zog hernach in die Fremde. Wie er wieder heimgekehrt ist, verfällt er eines Tages auf den Gedanken, sein abgeschnittenes Fingerglied wieder zu betrachten. Er fängt an zu suchen, findet den verdorrten Stummel richtig und zieht ihn hervor. Da wurde plötzlich sein ganzer Körper schwarz und wenige Tage darauf war er eine Leiche. Die Pest hatte nach so langer Zeit ihr Opfer dennoch gefordert. In Gimmelwald bleib ein Haus ein Jahr lang ohne Giebel denn es starben alle, die daran bauten. Zu Lauterbrunnen, in der sogenannten Zuben wurden in ein Haus zwölf Wiegen getragen. Die Eltern der Kindlein waren alle gestorben. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Pest, 1629 (Wartau/SG)

Source: Die Pest, 1629 (Wartau/SG)

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Auch Gretschins kennt das Sprüchlein: Sieben Hansen in einem Grab! Ist das nicht eine grosse Klag? Die Todesfälle waren so häufig, dass bei den Beerdigungen nicht mehr geläutet und kein Gottesdienst gehalten wurde. Der Pfarrer meinte, unter diesen Umständen hätte er in seiner Gemeinde nichts mehr zu schaffen und ging nach Zürich. Er wurde aber zur Rückkehr angehalten und starb dann bald auch. Den Totengräberdienst besorgten die Tiroler, von denen man glaubte, dass sie ein geheimes Schutzmittel besitzen. Als der neugewählte Pfarrer von Gretschins durch das Dorf Uzmoos ging, trug er eine Geige auf dem Rücken. Einige Jünglinge hielten ihn für einen fahrenden Spielmann und verlangten von ihm, er solle ihnen auf der Tenne einige Tänze aufspielen. Und doch herrschte auch hier die Pest wie an andern Orten. G. Leonhardi. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 151, S. 71f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Pest-Leutchen

Source: Die Pest-Leutchen

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Zur Zeit der Pest in Bünden schlichen zwei alte kleine gespenstige Wesen, ein Männlein und ein Weibchen durch den Felsenbach (Clus) hinein in's Prätigau. Das Männlein trug eine Schaufel, das Weiblein einen Besen. Wie sie so in's Tal hineinschauten, sagte das Männlein: »ich gehe hinauf in die Berge, und schaufle herab, Du fegst im Tale.« - In Pradisla kehrten sie im Wirtshause ein, um zu übernachten. Es war dies ein sonderbares Päärchen; Er trug in der einen Hand einen gewaltigen Bergstock, auf der Achsel ruhte die Schaufel. Das Weibchen trug einen Besen; unter ihrer zerknitterten Flor-Kappe hervor liessen die tiefgefurchte Stirne, und schneeweisse Locken sich sehen. Sie baten den Wirth um Imbiss und bescheidenes Lager. Am Morgen nahm der Wirth den »guten Alten« nichts ab, sondern be­trachtete es als Christenpflicht, dem Alter Wohltat zu erweisen. Wie aber das seltsame Paar vor seinem Weggehen für den folgenden Mittag ein Fest-Essen für mindestens dreissig Personen bestellte, kam das Erstaunen ihn an. Die beiden Alten gingen ihren Weg, das Männlein nach Valseina hinauf, das Weiblein nach der »Schlossbruck« (Felsenbach, Clus), kam aber balde wieder mit ihrem Besen zurück. Ohne zu säumen, schlachtete der Wirt ein fettes Kalb; und nun ging es an ein Sieden und Braten, dass es eine Art hatte. Schlag zwölfe kam auch das Männchen mit der Schaufel herangehumpelt und meinte, heute habe er schon tüchtig geschafft. Der Wirt schien das Männlein zu fragen, wann denn die Gäste kämen, indem er über deren Ausbleiben ganz verwundert war. - Das Männlein aber gab, eigentümlich lächelnd, Weisung zum Auftragen. Das wunderliche Päärchen setzte sich hin, und verschlang mit unnatür­lichem Heisshunger ein Gericht nach dem andern, bis das ganze Gastmahl aufgezehrt war. - Dabei schienen die zwei unheimlichen Gäste immer blasser und abgezehrter zu werden. Den Wirt und seine Frau überlief es eiskalt. Das konnte unmöglich mit rechten Dingen zugehen. Nach der Mahlzeit fragte das Männlein (mit einem Seitenblicke auf das Weiblein) den Wirt nach der Schuldigkeit. Der aber erkannte nun, dass er es hier nicht mit Menschen, sondern mit Geistern zu tun habe, und schlug jede Bezahlung ab. »Wir werden Deine Freigebigkeit lohnen,« sagten die Alten. Der Alte fügte hinzu: »Ich schufla aba, du fägst zärnma.« - Damit ver­schwand das unheimliche Paar. - Kaum aber waren sie fort, kam Kunde in's Haus, wie in Valseina die Pest ausgebrochen, und schon Viele daran gestorben seien. - Balde daraus kam von Seewis herab gleicher Hiobsbericht. Und es vergingen nicht zwei Tage, so wütete die Pest im Prätigaue, zu Berg und TaI. Überall klopfte der Würgengel an; wenige Häuser blieben verschont; ganze Familien, ja ganze Dörfer starben aus. - Statt des frohen, regen Lebens herrschte allerorts Todesstille, überall war Trauer. - Einzig der Wirt in Pradisla und all' die Seinen blieben von der Pest verschont. Und jetzt wusste Derselbe, wen er vor einigen Tagen beherbergt hatte, es waren die Pest-Leutchen gewesen. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Pestbeule auf der Stirne

Source: Die Pestbeule auf der Stirne

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Vom ganzen Rat in Uri blieb nach der Sage zur Zeit des Beulentodes ein einziges Mitglied am Leben, Landammann Sebastian Heinrich Trösch († 1637). Dieser soll zu Schattdorf im »roten Haus« im Hof gewohnt haben (was geschichtlich falsch ist). Auch er war schon von der Krankheit befallen; an der Stirne zeigte sich die verhängnisvolle schwarze Beule. Zufällig stürzte aber der Landammann die Stiege hinunter und schlug im jähen Sturze die Beule aus. So wurde er gerettet. Meine Erzähler wollen noch sein Porträt in jenem Hause gesehen haben, das ihn mit der Beule auf der Stirne dargestellt habe. Frau Wipfli-Herger u.a.m. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Pestbeule im Dubelloch

Source: Die Pestbeule im Dubelloch

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1. Man baute damals den Pfarrhof von Spiringen. Der Baumeister erblickte die schwarze Beule an einem Finger, trennte diesen mit einem Beilhieb von der Hand, steckte ihn in das Dubelloch und verschloss dieses fest. Der Hausbau wurde unterbrochen, da die Arbeiter vor dem Beulentod die Flucht ergriffen. Vision des Sigrists wie oben. Ein grosses Stück hinter dem Halbbestrumpften schritt noch Einer einher, den der Sigrist nicht kannte und von dem er nicht sicher sagen konnte, ob er auch noch am Beulentod sterben werde. Nach einem oder zwei Jahren kehrte der Baumeister zurück, um den Hausbau zu vollenden. Er öffnete das Dubelloch, wurde vom Tode gepackt, und er beschloss endgültig als Nachzügler den Totenzug der Pest im Schächental. 2. Als der Beulentod im Lande herrschte, baute man zu Spiringen das Haus im Sticki oder im Butzli. Ein Arbeiter wurde während des Baues von der Krankheit ergriffen. Schon ist sein Daumen schwarz. Schnell entschlossen schneidet er ihn mit der Axt ab und steckt ihn in ein Dubelloch, das er fest verschliesst. Bald hernach ging er in die Fremde. Nach sieben (nach zehn) Jahren kehrte er nach Hause zurück. Als er zum Stickihaus kam, wunderte es ihn nach seinem Daumen. Er öffnete jenes Dubelloch (da sprang ihm der Finger an die Stirne) und beschaute sich das abgehauene Glied. Da wurde er von der Pest ergriffen und starb in wenigen Stunden. Johanna Aufdermaur-Arnold; Barbara Gisler, Attinghausen u.a. 3. Als der Beulentod das Isental heimsuchte, wurde ein Holzarbeiter im Walde von ihm ergriffen. Er erblickte die schwarze Beule, hieb sie mit einer Axt ab, bohrte ein Loch in eine Tanne und verschloss die Beule darinnen. Nach einem Jahre spöttelte er einmal über sie und sagte, er wolle doch sehen, was sie mache. Er öffnete das Loch; da kam ein blaues Räuchlein heraus, und da war er fertig. Das ganze Isental sei ausgestorben bis auf sieben Personen. Hans Aschwanden Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Pestilenzprozession

Source: Die Pestilenzprozession

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Als Herr Burkard zu Strättlingen sass, herrschte in deutschen Landen eine grosse Pestilenz. Es währte der sogenannte "Tod" mehr denn zwei Jahre und starben so viele Leute, dass oft nicht genug übrig blieben, die Verstorbenen zu begraben. Da ward die ganze Herrschaft Strättlingen bei drei Meilen Wegs ringsum so öde und wild, dass Äcker und Felder unbebaut blieben. Auch die Güter der Kirche lagen brach, als ob sie Wildnis wären. Da erkannten die Leute, dass eine Strafe Gottes ihrer Sünden wegen über die Menschen gekommen sei und kamen überein, mit grossen Gaben nach der Kirche des Paradieses zu wallfahren, dort die Engelweihe wie von Alters her zu begehen und dadurch den heiligen Sankt Michael zu versöhnen. Und so geschah es denn, dass eine grosse Prozession aus den Kirchspielen Thun, Hilterfingen, Sigriswil im Kostenzer Bistum, sowie von Leissigen, Frutigen, Eschi, vom Goldenen Hof, von Wimmis, Amsoldingen, Thierachern, Uttigen und Scherzlingen im Losner (Lausanner) Bistum unter Anführung ihrer Kirchherren und Leutepriester zur Kirche des Paradieses in Einigen wallte. Sie brachten mit sich ihre Kreuze, Heiltum, Kerzen, Schellen und ander Gezierd, die üblich, wenn man mit den Kreuzen auszieht. So vollbrachten sie denselbigen Kreuzgang mit grosser Andacht, Gebet und Almosen und gelobten diesen Kreuzgang hinfort ewiglich zu halten zu einer Bekenntnis, dass der heilige Sankt Michael ihr Patron und Schirmer sei, weil auch sie vormals zur Kirche des Paradieses gehört hätten. Als aber Herr Burkard hernach nach Lamparten zum Kaiser ritt, fand er den Papst bei demselbigen und klagte ihm die bittere Not und Verarmung seiner Kirche. Da befahl ihm der heilige Vater, er möchte von jeglichem Kirchspiel Frauen und Männer auserlesen, die im Lande umhergehen sollten, um künftighin alljährlich eine Sammlung zu tun. Dieselbige war darum das heilig Sankt Michels Almosen genannt. Und der Papst liess alle diejenigen bannen und verfluchen, welche die Boten des Paradieses am Einzug dieses Almosens behindern würden, heimlich oder öffentlich. Nach derselbigen Zeit aber waren durch die Verehrung Sankt Michaels die Pestilenz und die anderen Plagen gemildert und verschwanden bald aus dem Lande. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Pestleutchen

Source: Die Pestleutchen

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Im vierzehnten Jahrhundert war im Bernerlande ein grosser "Sterbet". Damals, erzählte man, ging ein sonderbar "Mannli" und seine Frau mit einer Sense und einem Besen durch das Diemtigental hinein. Auf die Frage, wohin und was sie wollten, antworteten sie: "Sie wollen hinten anfangen und herauswischen." Auf dieses fing plötzlich das Sterben an. Die Menschen niesten und sanken hin. Man wusste in dieser Not nichts, als so oft jemand nieste zu sagen: "Helf dir Gott!" Daher kommt die noch jetzt vielorts übliche Sitte dieses Spruches. Die Seuche war so gross, dass eine Kuh in einer Nacht an den neunten Erben fiel; ein Mann führte die Leichen von hinten bis in die Mitte und ein anderer dann bis auf den Kirchhof. Auf dem Wege nach der Kirche steht der grosse ebene "Brotstein", wo die Männer Brot und Wein zu sich nahmen. In den inneren "Bäuerten" des Diemtigentales blieb eine einzige Weibsperson übrig zu welcher später ein Bettler kam und von diesen zweien wurde die Gegend wieder bevölkert. Damals löste ein Leichenzug den andern ab. Von den hintersten Weilern Schwenden und Zwischenfluh führte man die Leichen bis zur sogenannten breiten Platte, wo für die Fuhrleute ein Imbiss bereitstand. Hier wurden die Leichen dann von anderen Fuhrleuten in Empfang genommen und bis zu einem zweiten grossen Steine in der Nähe des Dorfes Diemtigen geführt, wo wieder andere Leute die Leichen entgegennahmen. Dann aber läutete die Totenglocke von Diemtigen zum letzten Gange und darum ward dieser zweite Stein im Volksmunde der "Zeitglockenstein" geheissen. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Pestwache auf dem Hahnenmoos

Source: Die Pestwache auf dem Hahnenmoos

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Als einmal die Pest im Adelbodner Tale hauste, errichteten die Leute von Lenk auf der Höhe des Hahnenmooses eine Pestsperre. Die Adelbodner pflegen daher heute noch die Lenker damit zu necken, dass diese Massregel doch nichts gefruchtet habe. Als einmal ein reicher Viehbesitzer aus Lenk einen armen Hirten aus Adelboden, dem die Ziegen besser bekannt waren als die Kühe, spottend fragte, ob etwa die Ziegen die verblichenen Zahlen der Uhr am niedrigen Kirchturme abgeleckt hätten, wurde er mit der Antwort heimgeschickt, nein, die Pest habe sie damals gefressen als die Lenker auf dem Hahnenmoos Wachen aufgestellt hätten um die Seuche von ihrem Tale fern zu halten. Die Pest soll in der Lenk aber erst aufgehört haben, als ein Zwerglein gekommen sei und den Leuten den Rat gegeben habe: Esset Diktament und Schwarzbrot. So sterbet ihr nicht all`den gächen Tod. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Pfaffenchelleri

Source: Die Pfaffenchelleri

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Ein schöner Spazierweg führt von Sevelen über den Heuberg und die Selva nach der "brochnen Burg" und weiter nach Gretschins. Ein Seitenweg zweigt nach Oberschan ab; kurz vor dieser Stelle überschreitet man ein Bächlein. Dort erscheint um Mitternacht eine Weibsperson, die Windeln wäscht und Kinderkleidchen. Der Ort wird nach ihr "bei der Pfaffenchelleri" genannt. Heinrich Hilty. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 169, S. 80 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Pfaffenchellerin und das Stüklewib

Source: Die Pfaffenchellerin und das Stüklewib

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Im "Chratz" und im "Stumpenebnet" sollen unterirdische Gänge sein, in welchen unrechterworbenes Geld verborgen liege. Das viele Geld werde von einem Weibe bewacht, welches so lange wandeln müsse, bis der Schatz einmal gefunden werde.  Das Weib habe ein Gesicht wie Milch, aber feurige Augen wie zwei Lichter und trage ein schneeweisses Kleid. Es komme im Ebnet plötzlich aus dem Boden heraus, gehe rasselnd und klirrend bis ob Geberts Haus und wieder zurück, um dort zu verschwinden.                                             I. Hell. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 424, S. 251 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Pfaffenkellerin

Source: Die Pfaffenkellerin

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a) Wenn bei Horw und Kriens Türst und Streggelen jagen, indem eine Schar kleiner Hunde einem grossen, einäugigen bellend oder kläffend folgte, so ist allemal die Pfaffenkellerin dabei; sie hat schreckhaftes Aussehen, glühende Augen und zottigen Pelz. Ihr Name haftet noch an einem Bachtobel beim Dorfe Horw.   b) Sie wütet, wenn die Steiner Aa bei Schwyz überflutend und tosend dahertobt, und im Sisigerbach, wenn er in gleicher Art anschwillt.   c) In Stansstad, auf dem Riede gegenStans zu, durchzieht sie in wilden, stürmischen Nächten mit grauenhaftem Wehgeschrei die sumpfige Fläche. Sie soll einst vom sogenannten Palmkäppeli (am Bürgen, eine Viertelstunde von Stansstad) einen Sprung getan haben bis zu einer Brücke in der Näbe des Rotzloches, also über 20 Minuten weit. Noch trägt die Brücke das Mal davon. Wo die Unselige absetzte, drückte sie den Geissfuss in den Stein, so dass der Abdruck noch sichtbar ist.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Die Pfaffenkellerin

Source: Die Pfaffenkellerin

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a) Wenn bei Horw und Kriens Türst und Streggelen jagen, indem eine Schar kleiner Hunde einem grossen, einäugigen bellend oder kläffend folgte, so ist allemal die Pfaffenkellerin dabei; sie hat schreckhaftes Aussehen, glühende Augen und zottigen Pelz. Ihr Name haftet noch an einem Bachtobel beim Dorfe Horw.   b) Sie wütet, wenn die Steiner Aa bei Schwyz überflutend und tosend dahertobt, und im Sisigerbach, wenn er in gleicher Art anschwillt.   c) In Stansstad, auf dem Riede gegenStans zu, durchzieht sie in wilden, stürmischen Nächten mit grauenhaftem Wehgeschrei die sumpfige Fläche. Sie soll einst vom sogenannten Palmkäppeli (am Bürgen, eine Viertelstunde von Stansstad) einen Sprung getan haben bis zu einer Brücke in der Näbe des Rotzloches, also über 20 Minuten weit. Noch trägt die Brücke das Mal davon. Wo die Unselige absetzte, drückte sie den Geissfuss in den Stein, so dass der Abdruck noch sichtbar ist.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Die Pfaffenkellerin

Source: Die Pfaffenkellerin

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a) Wenn bei Horw und Kriens Türst und Streggelen jagen, indem eine Schar kleiner Hunde einem grossen, einäugigen bellend oder kläffend folgte, so ist allemal die Pfaffenkellerin dabei; sie hat schreckhaftes Aussehen, glühende Augen und zottigen Pelz. Ihr Name haftet noch an einem Bachtobel beim Dorfe Horw.   b) Sie wütet, wenn die Steiner Aa bei Schwyz überflutend und tosend dahertobt, und im Sisigerbach, wenn er in gleicher Art anschwillt.   c) In Stansstad, auf dem Riede gegenStans zu, durchzieht sie in wilden, stürmischen Nächten mit grauenhaftem Wehgeschrei die sumpfige Fläche. Sie soll einst vom sogenannten Palmkäppeli (am Bürgen, eine Viertelstunde von Stansstad) einen Sprung getan haben bis zu einer Brücke in der Näbe des Rotzloches, also über 20 Minuten weit. Noch trägt die Brücke das Mal davon. Wo die Unselige absetzte, drückte sie den Geissfuss in den Stein, so dass der Abdruck noch sichtbar ist.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Die Pfaffenkellerin

Source: Die Pfaffenkellerin

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Im Luzernerbiet und im nahen Schwyzerland hört man heute noch viel von der sogenannten Pfaffenkellerin erzählen. Auch im Zugerland hat sie vor Jahren ihr Unwesen getrieben. Zu Lebzeiten muss sie bei einem geistlichen Herrn Haushälterin gewesen sein. Als im Kirchspiel ein lediges Kindlein geboren wurde, bat man sie als hübsche Gotte zur Taufe. Da aber die Haushälterin ein gar eitles Geschöpf war und sich nicht genug zieren und frisieren konnte, verpasste sie ob ihrem langen Tun und Schmücken die Taufstunde. Das Kindlein starb ohne Taufe. Bald darauf verfiel die Haushälterin einem jähen, unversehenen Tode. Seither musste sie nun als arme Seele unter furchtbarem Gestöhn und Wimmern durch die pechschwarzen Nächte wandern, während ihre ungekämmten Haare wild im Nachtwind flatterten. Im Rossweidli auf dem Zugerberg hat man sie oftmals klagen gehört. Drei Walchwilertöchter halfen den dortigen Bauern in strengen Zeiten gern und freudig bei den mühsamen Landarbeiten. Diese drei emsigen Helferinnen waren allgemein beliebt, weil alle überaus bereitwillig waren und über gar riesige Arbeitskräfte verfügten. Es war an einem Samstagabend. Im Rossweidli war man eifrig mit der Kirschenernte beschäftigt. Als es aber anfing zu dunkeln, beschloss man die Arbeit ruhen zu lassen und heimzugehen. Die Älteste der Walchwiler Jungfern wollte aber noch ihr Körbchen mit den schmackhaften Baumfrüchten füllen. Man warnte sie vor der Pfaffenkellerin, die des Nachts umgehe. Aber alles Warnen war umsonst, die Walchwilerin blieb bei ihrem Baum und sammelte die lockenden Kirschen. Die andern kehrten heim. Nach kurzer Zeit hörte man ein Rufen und das Walchwilermädchen stürzte in die Bauernstube. Ihr Gesicht war schreckensbleich, sie zitterte am ganzen Leib und konnte vor Angst und Schreck lange kein Sterbenswörtchen sagen. Dann aber erholte sie sich und erzählte, wie urplötzlich die fürchterliche Pfaffenkellerin erschienen sei und sie mit aller Gewalt hätte in das nahe Bachtobel herunterzerren wollen. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 78   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Pfahlbauer

Source: Die Pfahlbauer

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In nebelgrauen Vorzeiten, als noch fast die ganze Schweiz mit Urwäldern bedeckt war, hauste im Zürichgau ein uraltes Volk, das nur mit Fellen bekleidet war. Aber jenes Volk wohnte nicht drin im Lande, da die unabsehbaren Wälder voll von wilden Tieren waren, es wohnte an den schönen, blauen Seen, dem Zürichsee, dem Greifensee und dem Pfäffikonersee, die alle drei gar nahe, nur durch anmutige Höhenzüge getrennt, beisammen liegen. Am Rande dieser blauen Wasser hatten die alten Volksstämme, dicht an den Ufern, ihre Hüttendörfer auf unzählige Pfähle, über denen ein fester Bretterboden lag, gebaut und eingezäunt. Dort fühlten sie sich sicher. Allmorgendlich weckte sie das Waldhorn ihres Wächters aus dem ruhigen Schlafe, in den die Wellen ihr Schlummerlied sangen. Dann erhoben sich die Pfahlbauer. Vergnügt schauten sie über ihre blauen Seen nach den Schneebergen aus und bestiegen ihre Kähne, um zu fischen, oder wagten sich ans dunkle Land, um mit ihren bronzenen Schwertern, Dolchen und Äxten auf die Jagd zu gehen. Die Knaben und Mägdlein spielten um die Hütten und machten "Fang mich!" und allerlei Kampfspiele, daß der Bretterboden ob dem Sand krachte und die Hütten zitterten. Wenn aber die Wellen gar hoch gingen und sie der wilde Alpenwind, der Föhn, hetzte, stürzten sich die Pfahlbaujungen und die wilden Mägdlein in die hochgehenden Wogen und schwammen und tollten darin herum wie Nixen, denn das Schwimmen war ihnen schier angeboren. Aber beim Zunachten wurden sie stiller. Sie setzten sich auf den Landesteg vor den Hütten, ließen die Beine ins Wasser hangen und warteten mit Bangen auf die Heimkehr ihrer Väter. Wie jauchzten sie auf, wenn diese sicher am Pfahlbaudorf landeten mit ihren unförmlichen Einbäumen, in denen die Jagdbeute lag! Dann, bald darnach, sahen sie die wilden greulichen Untiere aus der Tiefe des Urwaldes hervorbrechen und an den See kommen, in dem sie ihren Durst löschten. Riesenhafte Höhlenbären, Urochsen, Wisent und Elch und heulende Wölfe, alles wanderte dem Ufer zu. Die Mägdlein schüttelten gruselnd ihre Schöpfe und Tierfellschürzchen. Die Knaben aber ließen wohl gar von ihren Eibenbogen einen Pfeil zu den Ungeheuern hinüberschnellen. Wenn die Kinder dann nachts in ihren schilfgedeckten Hütten lagen, ward es gar laut am Ufer. Der ganze Urwald schien aufzuheulen und zu brüllen. Dann freuten sich die Pfahlbaukinder ihrer sichern Hütten und dankten ihren heidnischen Göttern, die ihnen ein so sicheres Heim gegeben hatten. Also lebten die Pfahlbauer lange, lange Zeiten hindurch auf ihren Pfählen an den drei blauen Seen. Als sie aber nach und nach bessere Waffen herzustellen vermochten und immer zahlreicher wurden, wagten sie sich mehr und mehr ins Land, an Sonnenhänge und auf Hügel. Dort begannen sie ihre Dörfer aufzubauen, wodurch dann auch allmählich die Stadt Zürich entstand, die zuerst nur ein kleines keltisches Jäger- und Fischerdorf war. Die verlassenen Pfahldörfer an den Seen aber zerfielen nach und nach, bis sie die Wasser bei hochgehender Flut völlig zerrissen oder bis sie irgendwie Feuer fingen und verbrannten. Heute spielen dort die blauen Wellen, wo in grauen Vorzeiten einst die merkwürdigen Pfahlbaudörfer am See gestanden hatten. Aber aus der geheimnisvollen Tiefe heben die Fischer und Forscher heute noch zuweilen seltsame, goldig schimmernde Schwerter, Beile und Dolche, womit das verschollene Urvolk einst mit den wilden Tieren, mit den wilden Menschen und mit der ganzen wilden Zeit ums Leben rang. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Pfarrei

Source: Die Pfarrei

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Nach sagenhaften Erzählungen von alten Leuten soll bereits um 1450 die Pfarrei Grächen gegründet worden sein. Sie ging aber aus unbekannten Gründen wieder ein. So mussten die Toten wieder in Stalden beerdigt werden. Das brachte grosse Gefahren mit sich, denn oft verunglückte der ganze Leichenzug auf der ,Stägjiblattu‘ im schwarzen Loch. Man durfte nämlich nicht den bessern Weg beim ,Grienu Brunno‘ benützen, weil dort der Drachen vom Embdfad herunter die Leute aufgefressen hätte. Das war ein furchtbares Tier. Es befestigte sich mit seinem langen Schwanze an einem Baum und liess sich so bis an die Vispe gleiten. Diese gefährlichen Zustände führten um 1750 herum zur zweiten Gründung der Pfarrei. Der Drache wurde schliesslich durch einen Felssturz erdrückt und vernichtet. Beim Kirchenbau wollte man zuerst auf dem Hohstadulbiel bauen, aber die Werkzeuge lagen jeden Morgen auf dem Platze der heutigen Kirche. Das sahen einzelne als Wink der armen Seelen an und bauten die Kirche weiter oben. Andere freilich behaupteten, die Leute oben im Dorf seien schlauer gewesen und wollten die Kirche bei sich haben. GRÄCHEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Pfarreistiftung

Source: Die Pfarreistiftung

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"Selber han, ist über Vater und Mutter" sagt ein altes Sprichwort. Wer selber hat ist selbst Meister; der braucht darum nicht von der Gnade und der Willkür anderer abzuhangen. — Freigeborene Leute wissen und fühlen das; sie handeln darum auch gewöhnlich darnach. Es mag das eine der Ursachen sein, warum im Wallis fast jede Gemeinde eine eigene Kirche, eigene Pfründe und eigene Priester haben will und dafür die grossmütigsten und schwersten Opfer bringt. Ehemals war das nicht so; da waren der Pfarrkirchen und der Pfarrer sehr wenige auf dem Lande und wohl keine in Bergen und Tälern. Die guten Leute mussten oft halbe Tagereisen machen, um Kinder taufen und Verstorbene begraben zu lassen, oder sonst eine gottesdienstliche Verrichtung in der Pfarrkirche vorzunehmen. Da gab es des Mühsamen, Unbeliebigen und Traurigen wohl viel. — Aus jener Zeit wird noch erzählt, eine mitleidsvolle Wohltäterin habe dem Pfarrer in Naters eine futterreiche Wiese vermacht, damit er eine Kuh halte und so den Kindern Milch zu geben habe, die aus weiter Ferne zur Hl. Taufe hergebracht werden und Gefahr laufen auf dem langen Wege zu verschmachten. Ebenso heisst es, eine andere Wohltäterin habe dem Pfarrer in St. Niklaus die Kirchmatte gegeben, um ein Pferd zu nähren und so durch Berg und Tal viel leichter zu Pferd den Sterbenden den Trost der Hl. Religion noch zur rechten Zeit bringen zu können. Die Lostrennung und Errichtung so vieler Pfarreien kostete aber unsere lieben Vorfahren recht viel Geld und noch mehr Mut, Opferwilligkeit und Ausdauer. Der Schwierigkeiten gab es immer zahllose zu überwinden. Nicht nur von Satan, dem Widersacher alles Guten, wird erzählt, wie er durch allerhand Spuk derart Beratungen und Pläne unter Vorstehern zu stören und zu hintertreiben suchte, auch die Menschen legten allüberall solchen Lostrennungsgelüsten in alter, neuer und neuester Zeit, alle möglichen Hindernisse in den Weg. Natürlich verliert eine Mutterkirche durch Absonderung ganzer Gemeinden und Ortschaften an Ausdehnung, Ansehen und Wichtigkeit und die Lasten, auf weniger Schultern verteilt, drücken schwerer. Darum sträubt man sich überall, andern das zu gönnen, was man selbst gern hat. Mit grossen Schwierigkeiten hatten zu kämpfen die Gemeinden Unterbäch und Bürchen bei der Errichtung ihrer Pfarrei, gegen deren Lostrennung geistliche und weltliche Herren in Raron, die in Sitten viel Einfluss hatten, sich gewaltig stemmten. Schon lange dachten diese Berggemeinden daran, eine eigene Pfarrkirche zu errichten, wurden aber immer daran gehindert. Da geschah es, dass einmal im Winter eine Leiche nach Raron zum Begräbnis gebracht werden sollte. Die Wege waren so verschneit und voll Eis, dass an einer gefährlichen Stelle die Träger samt der Leiche ausglitschten und statt einer, dann sieben Leichen nach Raron auf den Gottesacker kamen. Da ward das Mass voll und alle Geduld aus; man schwor, nie mehr zu ruhen, bis Unterbäch als Pfarrei anerkannt sein werde. Die guten Leute wurden aber in Sitten mit ihren Bitten abgewiesen und in Luzern bei der Nuntiatur nur kalt angehört. Da machten sich zwei Männer — Bergbauern — auf und zogen nach Rom, wo sie Fuchsenkappen, grobe wollene Handschuh, Schneeüberstrümpfe, Fusseisen, Schneereife und mit Eisen wohl beschlagene und zugespitzte Stöcke zu den Füssen des Hl. Vaters legten mit der flehentlichsten Bitte, man wolle doch sich ihrer erbarmen, ihnen eine Pfarrkirche erlauben und sie nicht länger zwingen, in solcher Rüstung und mit solchen Waffen zum Gottesdienste zu gehen. Und ihr Flehen wurde erhört und dem Bischofe in Sitten befohlen, den Bittstellern ihre Kirche zu weihen und den von ihnen vorgeschlagenen Pfarrer anzuerkennen. Als die Herren in Raron merkten, der Bischof schicke sich an, zur befohlenen Kirchweihe nach Unterbäch zu gehen, stellten sie sich im Turtig an der Landstrasse auf, um noch einen Versuch zur Abwehr zu machen. Allein man hatte die Vorsicht, den Bischof schon bei "Tennen" ab der Landstrasse und über Eischoll nach Unterbäch zu führen. Nach langem Warten merkten die Herren, sie wären betrogen; stiegen darum schnell zu Pferd nach Unterbäch hinauf. Angekommen auf der Anhöhe, wo die neue Kirche mitten in schönen Wiesen ins Auge fällt, sprachen sie zu einander: «O weh, wir kommen zu spät! — Der Gauch geht schon mit Kappe und Stücke um die Kirche herum.» Missmutig kehrten sie nun nach Hause zurück. Zum Andenken an diese sonderbare Errichtung lässt man in der Kirche zu Unterbäch noch jetzt die Fahnen nicht spalten und das "Vater unser" nicht teilen; auch steht dort auf dem Kirchdache das päpstliche Doppelkreuz. Ähnliche Schwierigkeiten hatte auch Reckingen zu überwinden Münster gegenüber, das durch einige Familien im Lande mächtig war. In Sitten ebenfalls abgewiesen trug auch diese Gemeinde seine Bitten der Nuntiatur in Luzern vor. Diese schickte, um den Einwürfen von Seiten Münsters Stand zu halten, auf Bitten der Reckinger einen Priester aus Luzern, Job. Jos. Hürsimann, nach Goms, um da die Schneemassen und Gefahren des Winters unparteiisch in Augenschein zu nehmen. Das Urteil fiel zu Gunsten der Reckinger aus, welche dann einen Priester, Johannes Blatter, zur Prüfung und kanonischen Einsetzung nach Luzern sandten, weil der Bischof von Sitten diesen Pfarrer weder examinieren noch anerkennen wollte. Auch die Kirche wurde durch einen Delegierten aus Luzern gewiehen 1696. — Später baute Reckingen eine schöne — damals weitaus die schönste Kirche in Goms, die in ihrer schönen Form und reichen Ausstattung noch heute von der Wohlhabenheit und Grossmut der Bevölkerung Zeugnis gibt.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Pfarrfrau als Hexe

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Die Pfarrfrau als Hexe Ein Pfarrer im Zürcherland (wo, wird nicht gesagt) hatte eine Frau, die war ihm in allen Dingen zu gescheit und liess ihn zu keiner Zeit und bei keinem Wort recht haben. Eben hatten sie die Schnitter, und es war heisses und trockenes Wetter. Da ging das Ehepaar nachmittags zusammen zu den Knechten aufs Feld, und zufrieden sprach der Pfarrer zu seiner Frau: „Vor acht Tagen kann’s diesmal sicherlich keinTröpfchen regnen.“ - „Ein Tröpfchen aber wohl noch heute“, versetzte spitzfindig darauf die Pfarrerin. Sie zog dabei ein Fläschchen aus dem Sack, darin klares Wasser und ein winziges Kieselsteinchen waren. „Darin ist mehr als für einen Tag Regenwasser“, sagte sie; „versuch es nur, das Gläslein auszuschütten, aber gib Obacht und schütte nicht zugleich das Steinchen mit heraus.“ Der Pfarrer nahm ihr das alberne Gläschen aus der Hand und zerschmiss es ärgerlich in Trümmer. Das Wasser und das Steinchen waren nun miteinander fort, aber auf der Stelle fing es an zu regnen und dann herabzuhageln, dass das Korn mit den Halmen zerstob und die ausgebreiteten Ähren fortgeschwemmt wurden. Jetzt sah der Pfarrer mit Schrecken, dass er eine Hexe zum Weibe habe, und machte von Stund an seine Vorkehrungen, sie los zu werden. Alle Klafter seines Besoldungsholzes trug er zu einem grossen Scheiterhaufen zusammen und liess sich durch nichts in der Arbeit abhalten, bis er damit fertig war. Immer verstellte sie ihm aber den Weg und wiederholt plagte sie ihm mit der Frage, was er mit sovielem Holz auf einem Haufen machen wolle. Statt Antwort zu geben, ergriff er sie zuletzt, band sie auf den Haufen hinauf und verbrannte sie. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Wörtlich aus Rochholz, Sagen 2, Nr. 402a.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Pfarrkellerin

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Ein Bristner begegnete im sogenannten »neuen Weg« einer Weibsperson, die er anredete. Sie bekannte sich als verstorbene Pfarrköchin, war also die Pfaffenkellerin, und sagte, wenn sie ein Haus antreffe, wo beide Haustüren gegen einander offen seien, so dürfe sie da einkehren und bleiben, andernfalls müsse sie bis auf den Hüfifirn zu Hitz und Kälte. Wirklich fand sie ein solches Haus, nämlich jenes des Vinzenz Fedier auf Vorderbristen. Viele alte Leute wollen es nicht leiden, dass im Hausgang die zwei Türen gegen einander offen seien. Andreas Fedier Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Pferdeleiche am Bristenstock

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Am Bristen traf ein Kuhhirt einen toten Pferdeleib an. Er hieb ihm ein Ohr ab und nahm es mit und zeigte es dem Senn. Da war es das reinste Gold! Sie suchten den Fundort auf, aber fanden nichts mehr. Hätte der Hirt einen Schuh oder den Hut oder den Tschoopen, basta, etwas von seinem Eigentum auf dem Pferdeleichnam zurückgelassen, so wäre dieser nicht verschwunden. Franz Zgraggen, Intschi; Andr. Fedier Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Pfinschlacht

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Die Walliser besiegten die Franzosen und verfolgten sie bis nach Siders hinunter. In der Freude über diesen Erfolg kehrten sie nach Leuk und Susten zurück und feierten ihre Taten etwas zu nass. Nur eine kleine Besatzung blieb im Pfinwald als Wache. Als der Grossteil der Soldaten in Leuk nicht mehr kampffähig war, soll das ein Mann aus Leuk – der Name tut hier nichts zur Sache, aber man kennt ihn – den Franzosen in Siders gemeldet haben, jetzt wäre es günstig, jetzt sollten sie kommen. Die Franzosen schlichen sich lautlos an die Wachen heran und machten diese Besatzung nieder, ohne dass die Walliser Truppen es merkten. Sie erfuhren davon erst, als ihr Lager in Flammen stand. Der Verräter fand aber nicht einmal im Grab seine Ruhe. Sein Grab war am Morgen immer offen. Man musste ihn herausnehmen, in einem Stalle beisetzen und diese Stätte einmauern. LEUK Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Pfullendorferin

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Auf der Burg von Zug soll einst ein gar stolzes und gieriges Weib gewohnt haben, das aus dem alten Grafengeschlecht der Pfullendorf stammte. Das Volk nannte die Jungfrau daher nur die "Pfullendorferin". Sie besass riesige Güter im nahen Zürichbiet, besonders viele Reben am Zürichsee. Auch die Bauern im Freiamt und im Knonaueramt mussten der reichen Herrin auf der Zugerburg alljährlich den grossen Zehnten bringen. Am Sankt Martinstag,dem grossen Zinstag der Bauern, zogen schon von der frühesten Morgenstunde die Bauern aus der Nachbarschaft gegen Zug und der Anmarsch der Zinsbauern war sehr gross. Wenn der erste Trosswagen mit dem Getreide und den Zinshühnern und Fischen vor der Burg stand, warteten noch bei der St. Niklauskapelle am Wege gegen Cham die letzten Wagen. In Schwelgerei und Üppigkeit genoss die Pfullendorferin ihr verschwenderisches Leben. Gewöhnlichen Wein verschmähte sie mit bösen Worten, von den Fischen ass sie nur die Leber der Trischen und kostete nur von seltenem Wild. In sündigem Übermut verzehrte sie ihre ganze Habe und vertat ihr ganzes reiches Gut in verschwenderischer Lust. Sie verarmte, musste aus der Zugerburg ausziehen und wanderte als Bettelweib nach Zürich. Dort verdarb sie in Armut, das Ungeziefer frass sie fast bei lebendigem Leib und der Hunger löschte ihr lästerliches Leben aus. Noch heute zeigt man im Rathaus zu Pfullendorf das Bild der gierigen, unersättlichen Burgfrau von Zug. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 25 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Phantomenlöcher im Galterntal

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Im Osten der malerischen Schweizer Stadt Freiburg öffnet sich das wildromantische Galterntal, das der unbändige Galternbach in vielen Windungen und halsbrecherischen Sprüngen durcheilt. Am Eingang zu dieser Schlucht, über welche 75 m über der Talsohle eine Hängebrücke sich wiegt, liegen die sogenannten «Phantomenlöcher» (Phantom: Gespenst). Hier hauste vor alten Zeiten der wilde Jäger des Auquartiers. Aber auch Drachen und Schlangen wohnen da mit den Geistern und Unholden zusammen. Sie waren der Schrecken des nächtlichen Wanderers und für die Bauern und Pächter der ganzen Umgegend eine grosse Plage. Auf tausend Arten quälten und beunruhigten sie dieselben. Besonders schwer zu leiden an der Bosheit der Geister hatte der Pächter des grossen Bauerngutes Menziswil (Pfarrei Tafers). Der arme Teufel wusste sich gar nicht mehr zu helfen. Er konnte lange wachen und aufpassen, am Morgen fand er gleichwohl eine Kuh, ein Schaf oder ein Schwein tot im Stalle. Auch seine Hühner und deren Eier waren nicht sicher. Nachdem alle Mittel erschöpft waren, entschloss sich der schwergeprüfte Mann, jeden Samstag abends eine geweihte Kerze in der nahen St. Josefs-Kapelle anzubrennen. An die Stalltüre heftete er einige Heiligenbilder. Von nun an war sein Vieh von feindlichen Einflüssen geschützt, und der Bauer konnte ruhig schlafen. An einem Markttage kaufte er sich einen Esel und hielt sich überdies lange in der Stadt auf. Müde kehrte er in später Stunde heim und vergass, die gewohnte Kerze vor dem Altarbild anzuzünden. Aber, o weh! Am folgenden Morgen fand unser guter Pächter sein armes Grautier im Stall drinnen an beiden Ohren aufgehängt! Deutlich erkannte man die Spuren des Bösen. Die Kerze für den heiligen Josef wurde in Zukunft nie mehr vergessen. Ähnliches erzählt man von der Kapelle in Helmetingen oberhalb Tentligen.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Pilatussage

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Ob der schöngelegenen Stadt Luzern am Vierwaldstättersee steht ein gewaltiger, zackiger Berg, der vormals Frakmunt hieß. Aber seitdem der Landpfleger Pilatus auf dem rauhen Berg haust, nennen ihn die Leute Pilatus. Nämlich vor alter Zeit, als in Rom der mächtige Kaiser Tiberius am Aussatz erkrankte und ihn auch die geschicktesten griechischen Ärzte nicht zu heilen vermochten, vernahm er, daß in Jerusalem ein Arzt sei, der alle Kranken gesund machen könne. Er schickte also seinen treuen Diener Alban nach Jerusalem. Aber Pilatus, der römische Landpfleger, erschrak und wollte nichts von einem solchen Arzte wissen, der eben Jesus Christus war, den er vor kurzem hatte kreuzigen lassen. Inzwischen begegnete der Diener Alban der heiligen Veronika, die das Tüchlein besaß, auf dem das blutbefleckte Antlitz des Heilandes zu sehen war. Diese erzählte ihm das Leiden und Sterben des Gottessohnes, und so reisten sie heimlich zusammen nach Rom zurück, legten dem Kaiser das Schweißtuch auf, und er wurde sogleich gesund. Dann aber ließ er voller Zorn den ungetreuen Pontius Pilatus nach Rom rufen, damit er sich wegen seiner schlechten Verwaltung der jüdischen Provinzen verantworte. Als aber Pilatus beim Kaiser Tiberius eintrat, empfing ihn der zum Erstaunen aller gar freundlich. Wie er jedoch wieder aus dem Palaste war, ergrimmte der Kaiser von neuem wider ihn. Man führte ihn also nochmals zu ihm hinein, aber der Kaiser behandelte den schlechten Landpfleger aufs neue wieder ganz freundschaftlich. Kaum war er wieder fort, wurde Tiberius gleich wieder wütend über ihn. Aber auch ein drittes Mal nahm ihn der Kaiser gütig auf und war wie verwandelt. Da wunderten sich alle am Hofe und sagten, das ginge nicht mit rechten Dingen zu. Nun zog man dem Pilatus das Oberkleid aus, und da entdeckte man darunter das ärmliche, ungenähte Gewand des gekreuzigten Heilandes. Wie man ihm das in des Kaisers Gegenwart abgenommen hatte, sah ihn der schrecklich an. Jetzt merkte Pilatus, daß ihm ein böses Ende bevorstehe. Und eines Morgens fand man ihn tot im Gefängnis; er hatte sich selbst entleibt. Der Kaiser ließ seinen Leichnam in den Tiberfluß werfen, der die Siebenhügelstadt durchfließt. Aber da gab es in Rom Ungewitter und böse Seuchen aller Art, bis man den Leichnam wieder aus dem Tiber holte. Nun führte man den toten Pilatus nach Frankreich und versenkte ihn bei der Stadt Lyon in die Rhone. Doch auch da ging's bald zu wie in der Hölle, also daß man den Leichnam wieder herausfischte und nach der Bischofsstadt Lausanne verbrachte, um deren Mauern die Veilchen so süß duften. Aber auch im schweizerischen Waadtlande kam der Tote nicht zur Ruhe. Tag und Nacht pfiffen die Ungewitter um die geängstigte Stadt. Jetzt hatte man aber genug. Man wollte den unruhigen Geist einmal an den richtigen Ort bringen. So trug man denn den toten Pilatus auf die rauhen Alpen des Frakmunts bei Luzern, wo man ihn in einen kleinen Bergsee warf. Doch auf dem Berge, den die Leute nun Pilatusberg nannten, trieb es der böse Geist schrecklicher als jemals. Zwar lag der kleine Bergsee meistens finster und schweigsam da, und nie gefror er zu. Aber unversehens regte der böse Geist die Wasser in ihrer Tiefe auf. Dann stieg er heraus, von finsterem Nebel umgeben, und ließ Schmeißfliegen und stechendes Ungeziefer auf die entsetzten Hirten und ihre Herden los. Und um Mitternacht begann er oft in seinem See zu toben. Hochauf fuhren die Wasser, und auf einmal stürmte er heraus und jagte das weidende Vieh in alle Tobel und Schluchten hinein. Im Vorfrühling aber kämpfte er mit dem König Herodes in den Lüften und warf mit Lawinen nach ihm, die dann tosend zu Tal rasten. Die Sennen und die Umwohner des Berges sahen nur mit Schrecken an dem finstern Berg hinauf, dessen Haupt fast immer in einer schwarzen Nebelkappe steckte. Sie versuchten alles, um den bösen Geist zur Ruhe zu bringen, doch alle Beschwörungen wollten nichts helfen. Da kam einmal ein fahrender Schüler aus der unterirdischen Schule zu Salamanca in die Stadt Luzern. Der anerbot sich, das gespensternde Ungetüm für immer in den See zu bannen. Er bestieg die höchste Spitze des Pilatusberges, das Mittagsgüpfi, und begann die Beschwörung. Aber trotz der fürchterlichen Beschwörung wich der böse Geist keinen Zoll. Die Felsen wankten unter dem fahrenden Schüler, daß er fürchten mußte, sie fallen mit ihm ab. Da begab er sich aufs Widderfeld. Hier nahm er den Kampf nochmals auf. Wie es da schrecklich zugegangen sein muß, zeigt heute noch der für immer und ewig versengte Rasen, auf dem kein grünes Gräslein mehr gerät. Jedoch hier wurde der fahrende Schüler des widerspenstigen Pilatus Meister. Er bannte den bösen Geist bis zum Jüngsten Tag in sein Seelein zwischen dem Mittagsgüpfi und dem Gnappenstein. Auf einem Dämon in Roßgestalt fuhr Pilatus in das unheimliche Wasser hinein. Nur einmal im Jahre, am Karfreitag, und dann nur auf kurze Zeit, tauchte er dann auf einem Richterstuhl mitten im Seelein aus der Flut, vom Teufel an einer eisernen Kette gehalten. Er trug blutrote Amtstracht, seine Haare waren katzgrau und der Bart schneeweiß. Und da versuchte er dann immer die blutbefleckten Hände im Wasser zu waschen, aber umsonst. Wehe dem einsamen Gemsjäger und Hirten, der ihn so erblickte! Er mußte innert Jahresfrist sterben. Pilatus aber durfte nur so lange über dem Seelein verweilen, als in der Kirche zu Luzern die Passion abgehalten wurde. Kaum war sie vorüber, versank er wieder für ein Jahr in die schwarze Flut. Seither verhielt er sich ruhiger. Nur wenn man mit Steinen ins Seelein warf, ließ er schwere Ungewitter aufsteigen. Oft noch sahen die Hirten den bösen Geist plötzlich als wildes Roß oder als großen Hund oder gespenstiges Kalb vor sich stehen, wenn sie etwas Unrechtes im Sinne hatten. Noch lange Zeit blieb der Pilatus ein unheimlicher Berg, denn wenn es in Luzern zunachtete, sah man aus seinen Wolken feurige Drachen über den See nach dem Rigiberg und nach dem Bürgenstock fliegen. Oft waren es so viele, daß es aussah, als gingen feurige Stege von Berg zu Berg. Es sollen im Bürgenstock die Drachen besonders zahlreich genistet haben, da er gespalten ist und nur durch eine goldene Kette, die rings um den Berg läuft, zusammengehalten wird. Heute noch schauen die Jungen und Mägdlein aus der schönen Stadt Luzern gar oftmals an dem hochragenden Pilatusberg hinauf, denn er ist ihr Wetterprophet geworden, und da wissen sie folgendes Sprüchlein zu sagen: "Hat der Pilatus einen Hut, ist das Wetter fein und gut. Trägt er aber eine Kappe, fängt das Wetter an zu gnappe (schwanken). Hat er einen Degen, gibt es sicher Regen." Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Plaggeister

Source: Die Plaggeister

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Wer glaubt, alles Geisterhafte gehöre der lieben alten Zeit an und die Bozen seien bereits alle gestorben, der irrt. Er gehe z. B. nach Chalais, wo er ein Haus treffen wird, das noch im letzten Winter viel von lästigen Plaggeistern zu leiden hatte. Zuerst polterte da ein Geist im benachbarten Stalle herum und belästigte darin das Vieh. Dann bezog derselbe eine Kammer, darauf die Wohnstube und endlich das ganze Haus; deutlich hörte man denselben darin herumgehen und allerhand Neckereien vornehmen. — Einmal zeigte sich der Poltergeist in einer Stubenecke einem im Bette Wachenden als ein grosser ungeheuerlicher Mann, der mit den garstigen Augen ihn anblickte, während ein kleiner ungeformter Zwerg an seinem Bette herumhüpfte. Ein anderes Mal schlief ein junger Bursche (Student) mit einem Knaben in einem Bette. Da merke er, dass ihm die Bettdecken abgehoben wurden. Erwachend setzte er sich schnell im Bette auf und sah zu den Füssen zwei wüste Zwerge mit gelben Gesichtern auf dem Bette hocken. Der eine blickte ihn spöttisch an, der andere aber war eben daran, auch dem Knaben die Bettdecken bis auf die Knie herabzuziehen. Erzürnt, ohne die Sache näher zu bedenken, gab der Bursche dem spöttischen Zuschauer eine tüchtige Ohrfeige, worauf die Erscheinung verschwand und für einige Wochen Ruhe eintrat. — Der mutige Ohrfeigengeber behauptet, er habe getroffen, doch zuverlässig sicher nicht sich selbst oder den mitschlafenden Knaben. Die geplagten Hausbewohner nahmen ihre Zuflucht zu Gebeten und Beschwörungen; worauf die Geister das Haus räumten, aber nicht dessen Umgebungen. — Ob sie aber wieder einziehen werden, wird die Erfahrung lehren.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Planälpler machen einen Raubzug ennet den Grat

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Einstmals taten sich einige Planälpler zusammen und stahlen sich im Vernachten durch das Chruterengässli über den Grat ins Entlebuchische. Im obersten Stafel der nachbarlichen Alp nahmen sie, derweil die Entlebucher Älpler in einer Hütte zu Dorf und beim Spiele sassen, den im Läger ruhenden Kühen die Glocken ab, verschoppten die Challen mit Gras und banden das ganze Geschelle mit einem Hälsig zusammen. Dann trieben sie das Vieh hübscheli im Schutze der Nacht zusammen und bergwärts über den Grat auf Brienzerboden hinüber. Ein verwegener Bursche und guter Bergläufer aber war mit den zusammengebundenen Glocken zu der Hütte der Entlebucher geschlichen. Als er annehmen konnte, die andern seien mit der gestohlenen Ware in Sicherheit, warf er seinen Bündel durch das Fensterli in das Stubeli hinein auf den Tisch, mitten in die Spieler, dass es einen mächtigen Krach gab. Er sah dann noch, wie die Leute entsetzt aufsprangen, sich bekreuzigten, dann hasete er ab. Als die Entlebucher endlich erkannten, dass es ihre eigenen Glocken waren, zogen sie sogleich aus, den Viehdieben nach. Diese waren aber längst über alle Berge, und den Verfolgern blieb diese Nacht nichts anderes übrig, als zu beratschlagen, wie sie wieder zu ihrer Ware kommen und ein andermal an den Brienzern Rache üben wollten. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Planälpler machen einen Raubzug ennet den Grat

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Einstmals taten sich einige Planälpler zusammen und stahlen sich im Vernachten durch das Chruterengässli über den Grat ins Entlebuchische. Im obersten Stafel der nachbarlichen Alp nahmen sie, derweil die Entlebucher Älpler in einer Hütte zu Dorf und beim Spiele sassen, den im Läger ruhenden Kühen die Glocken ab, verschoppten die Challen mit Gras und banden das ganze Geschelle mit einem Hälsig zusammen. Dann trieben sie das Vieh hübscheli im Schutze der Nacht zusammen und bergwärts über den Grat auf Brienzerboden hinüber. Ein verwegener Bursche und guter Bergläufer aber war mit den zusammengebundenen Glocken zu der Hütte der Entlebucher geschlichen. Als er annehmen konnte, die andern seien mit der gestohlenen Ware in Sicherheit, warf er seinen Bündel durch das Fensterli in das Stubeli hinein auf den Tisch, mitten in die Spieler, dass es einen mächtigen Krach gab. Er sah dann noch, wie die Leute entsetzt aufsprangen, sich bekreuzigten, dann hasete er ab. Als die Entlebucher endlich erkannten, dass es ihre eigenen Glocken waren, zogen sie sogleich aus, den Viehdieben nach. Diese waren aber längst über alle Berge, und den Verfolgern blieb diese Nacht nichts anderes übrig, als zu beratschlagen, wie sie wieder zu ihrer Ware kommen und ein andermal an den Brienzern Rache üben wollten. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Plöhligeiss

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Einst lebte in Rüti eine Witwe, die sehr geizig und jähzornig war. Sie hatte ein einziges Kind, ein Mädchen von sechs Jahren. Dieses hielt sie sehr streng zur Arbeit an; wenn es nicht leistete, was es sollte, so bekam es nichts zu essen. Einst musste die Kleine den ganzen Tag Heidelbeeren suchen und kam am Abend spät heim, ohne das mitgenommene Geschirr ganz gefüllt zu haben. Darüber wurde die Mutter zornig und schickte das Mädchen wieder fort, damit es bei der hellen Vollmondnacht das Versäumte nachhole. Das Mädchen wollte nicht gehen, weil es sich fürchtete. Endlich ging es doch, jedoch nur bis zum Plöhli, einer Bergwiese nördlich von Rüti, wo es jämmerlich zu schreien anfing. Die Mutter eilte ihm nach; aber nun fürchtete es sich noch mehr, weil es den Zorn der Mutter kannte. Diese, durch das Geschrei des Kindes ganz ausser sich gebracht, hieb auf dasselbe ein, bis es tot zu Boden sank. Da erschrak das Weib und wollte durch allerlei Liebkosungen das Kind wieder zum Leben erwecken. Die ganze Nacht irrte sie mit der Leiche im Arm im Plöhli umher. Am Morgen kamen die Leute, nahmen ihr das tote Kind ab und legten es an der Stelle in ein Grab, wo es von seiner Mutter ermordet worden. Das Weib wurde bald darauf krank und starb. Es konnte jedoch im Grabe keine Ruhe finden, sondern musste seither immer in mondhellen Nächten als schneeweisse Ziege im Plöhli umherirren, die man bis zum Rhein hinaus kläglich mekern hörte. Seit einer Reihe von Jahren hat man von der Plöhligeiss nichts mehr verspürt. Wahrscheinlich hat sie nun ihren Frevel abgebüßt. D. Gächter Nach der Aussage anderer bedeutet das Läuten der Plöhligeiss heftige Gewitter mit Überschwemmungen.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 80, S. 36f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Prinzessin der alten Zeit

Source: Die Prinzessin der alten Zeit

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Es war einmal ein König, der hatte nur einen Sohn. Den liess er studieren, so lang und so viel, bis kein Schulmeister ihm mehr etwas beibringen konnte. Dann liess der König ausschreiben, was sein Sohn alles wusste und fügte dann hinzu, wenn einer mehr als sein Sohn, der Prinz Giuan, wisse, so müsse er sich bei ihm melden. Diese Anzeige gelangte auch in die Hände des Prinzen Gundi. Der glaubte, drei Wörter mehr zu wissen, und er schrieb dies dem König, mit seiner Adresse dazu. Schnell schickte der König seinen Prinzen Giuan zu Prinz Gundi, um ihn diese drei Wörter lernen zu lassen. Es ging nicht lange, so wusste er die auch. Jetzt gingen die beiden Prinzen mal für eine kurze Weile auf die Jagd, mal schauten sie sich die Reichtümer und Kostbarkeiten im Schloss an. So kam der vereinbarte Tag, an dem Prinz Giuan nach Hause musste. Prinz Gundi begleitete Prinz Giuan ein Stück weit. Der gab unterwegs den Befehl, eine Pistole mit doppeltem Lauf zu kaufen und sie im Sack zu verstecken. Als Prinz Gundi nach Hause wollte, drängte Prinz Giuan ihn lange, noch ein Stück mitzukommen. Prinz Gundi ging also mit bis in den Wald hinein. Jetzt wollte er umkehren, aber da setzte Giuan seine geladene Pistole Gundi auf die Brust und sagte: «Entweder kommst du mit mir ins Schloss, oder ich erschiesse dich! Mach, was du willst! Du bist für mich wie ein Bruder, und was mein ist, ist auch dein, und auch für meinen Vater sollst du wie ein Sohn sein!» Gundi dachte, es sei schliesslich doch das Beste, mit Giuan ins Schloss zu gehen. Giuan erzählte seinem Vater, was sie abgemacht hatten, und dem Vater war dies recht. Eines Tages sagte der König den beiden Prinzen, dass sie überall im Schloss herumgehen und die Räume anschauen dürften, nur in das und das Zimmer dürften sie nicht. Er gehe inzwischen weg, um die Prinzessin der alten Zeit zu suchen. Und dann reiste er weit weg, und die Prinzen gingen überall im Schloss herum, bis sie dann zum verbotenen Zimmer kamen. Der Schlüssel steckte daran, und Prinz Giuan sagte, er wisse nicht, was darin sei und warum sein Vater es ihnen verboten habe. «Aber wir gehen trotzdem hinein!» sagte er ganz entschieden. Prinz Gundi entgegnete, sie seien verpflichtet, dem Vater zu gehorchen, und er wolle nicht hinein. Aber schliesslich setzte Prinz Giuan sich durch, und beide Prinzen traten ein. Drinnen gab es nichts anderes als einen Tisch in der Mitte mit einem riesengrossen offenen Buch darauf. Die Prinzen begannen darin zu blättern, es nahm sie wunder, was es mit dem Buch auf sich hatte. Aber auf einmal steht der König vor ihnen und fragt, weshalb sie nicht gehorcht hätten. Da entschuldigen sich beiden Prinzen so gut als möglich. Jetzt sagt der König, er hätte auf der Stelle die Prinzessin der alten Zeit haben können, wenn sie nicht hinein wären. Deshalb jage er sie jetzt davon, und sie dürften nicht eher zurück, bis sie die Prinzessin der alten Zeit gefunden hätten. Die beiden Prinzen machen sich also auf den Weg, aber sie wissen nicht wohin. Sie haben wohl lange studiert, aber von der Prinzessin der alten Zeit haben sie noch nie etwas gehört. Spät am Abend kommen sie zu einer Hütte, und sie gehen in die Stube, um zu fragen, ob sie übernachten könnten. Es ist niemand da, auf dem Tisch brennt ein ganz schwaches Talglicht mit kaum Fett drin. Sie warten hier ein wenig und glauben, dass wohl jemand komme, die Lampe mit Talg nachzufüllen. Aber niemand taucht auf. Jetzt beschliessen sie in der Stube zu schlafen. Giuan legt sich zuhinterst ins Bett und beginnt kräftig zu schnarchen. Plötzlich öffnet sich die Tür, und drei Mädchen kommen herein, eine nach der andern. Die Letzte, die Jüngste, sagt: «Guten Abend, Schwestern! Was gibt es Neues?» Die Älteste, die Erste, sagt, dass Prinz Giuan und Prinz Gundi hier im Bett liegen. «Aber was machen sie denn?» fragt darauf schnell die Jüngste. «Das braucht so ein Knirps wie du nicht zu wissen!» gibt die Älteste zur Antwort. «Doch! Du musst es mir sagen!» entgegnet die Jüngste. «O! Sie gehen die Prinzessin der alten Zeit suchen», antwortet die Älteste. «Nun, wo ist die denn?» fragt die Jüngste. «So ein Knirps wie du muss nicht alles wissen!» erwidert die Älteste. «Doch, doch, sag es mir!» wiederholt die Jüngste. «Nun, wo ist sie?» fragt die Kleine. «So ein Knirps wie du muss nicht alles wissen!» antwortet die Älteste. «Doch, doch, sag es mir doch», wiederholt die Kleine. «Nun, sie ist in dem und dem Schloss», sagt die Älteste. «Was muss man tun, um sie zu fangen?» fragt die Jüngste. «Um sie zu fangen, muss man vor elf Uhr nachts vor dem Schloss sein; dann öffnen sich alle Tore ganz, und sie bleiben offen bis um Mitternacht. In dieser Stunde kann man die Prinzessin leicht herausholen.» Jetzt sind alle drei Schwestern auf und davon. Prinz Gundi hat nicht geschlafen und alles mitbekommen. Am andern Morgen standen die beiden Prinzen sehr früh auf und machten sich auf den Weg. Prinz Gundi war immer um einen Schritt voraus, aber Prinz Giuan ärgerte sich darüber, da sie den Weg nicht kannten. Als es begann, elf Uhr zu schlagen, standen die Prinzen vor dem Schloss. Die Tore öffneten sich, sie gingen hinein und nahmen die Prinzessin aus dem Bett. Erst draussen vor dem Tor zogen sie ihr schnell die Kleider über, und dann gingen sie zur Hütte. Spät in der Nacht kamen sie dort an, sie gingen in die Stube und fanden auf dem Tisch die Lampe, die ganz schwach brannte, doch es war niemand da. Sie gingen ins Bett, Prinz Giuan und die Prinzessin schliefen sofort ein. Prinz Gundi jedoch wollte wach bleiben und zuhören, was die Mädchen einander erzählten. Später kommen sie wieder, die Älteste voraus, die Jüngste zuletzt. Die sagt wieder: «Guten Abend, Schwestern! Was gibt’s Neues?» Die Älteste antwortet: «Prinz Giuan und Prinz Gundi liegen mit der Prinzessin der alten Zeit im Bett und schlafen.» «So, so! Haben sie sie also bekommen können? Sie haben anscheinend gemacht, was du gesagt hast? Doch was wird der König dazu sagen?» «So ein Knirps wie du muss nicht alles wissen!», ist die Antwort. «Doch, doch! Sag es mir auch», drängelt die Jüngste. Da sagt die Älteste: «Morgen wenn die Prinzen mit der Prinzessin schon ein Stück weg sind, werden sie zwei Rittern des Königs begegnen. Der hat schon lange gewusst, dass die Prinzen die Prinzessin bei sich haben. Diese beiden Ritter bringen für die Prinzen zwei wunderschöne Gewänder mit, doch die sind vergiftet. Wenn die Prinzen sie anziehen, so sind sie verloren. Um sich zu retten, müssen sie die Gewänder über den Kopf nach hinten werfen, dann werden sie verschwinden, niemand sieht sie mehr. Ist das vorbei, so kommen sie mit der Prinzessin vor das Schloss des Königs. Der König wird jedem Prinzen einen Becher mit gutem Wein anbieten. Doch da ist Gift drin. Die Prinzen müssen die Becher gleichzeitig über den Kopf hinweg aus- schütten, darauf verschwinden sie; man wird nichts mehr sehen. Und dann wird ein derart stinkender Wind wehen, dass der König für immer verschwindet.» «Welcher wird denn die Prinzessin heiraten?» fragt die Jüngste. «Das weiss der, welcher sie heiraten will. In der ersten Nacht aber, wenn sie miteinander schlafen, wird ein grosser schwarzer Vogel zum Fenster hereinkommen. Der wird auf die Prinzessin zufliegen und ihr einen zünftigen Strich auf die Stirn versetzen. Dann muss jemand diesen mit einem Tuch abwischen, damit die Prinzessin schön wird und guter Laune ist, sonst ist sie so hässlich, dass niemand bei ihr bleiben kann.» Da ruft die Älteste: «Prinz Gundi!» Aber es kommt keine Antwort. «Prinz Gundi!» ruft sie nochmals und zum dritten Mal, und dann sagt Prinz Gundi: «Was?» Da sagt die Älteste: «Du hast nicht geschlafen und alles gehört. Geh, mach es so! Aber sag niemandem etwas, sonst wirst du zu Stein.» Dann gehen die Schwestern hinaus und davon. Am andern Morgen standen alle drei auf und gingen zum Schloss. Bald begegneten sie zwei Rittern des Königs. Die machten grosse Komplimente und sagten, dass der König schon erfahren habe, dass sie die Prinzessin bei sich hätten, und er lasse sie hier mit zwei neuen Gewändern willkommen heissen. Prinz Giuan wollte seines gleich anziehen, aber Prinz Gundi sagte: «Wir sind Brüder, komm gib’s her und lass mich sehen, ob es gleich wie meines ist!» In dem Augenblick schmiss Prinz Gundi beide Gewänder über den Kopf hinweg, so dass sie für immer verschwanden. Prinz Giuan war damit nicht einverstanden, und er nannte den andern einen Trottel. Jetzt kamen sie vor das Schloss, der König gratulierte ihnen noch und noch und tischte zwei Becher Wein auf. Prinz Gundi packte beide und warf sie über den Kopf zurück. Jetzt gab es einen derart stinkenden Wind, dass der König, der ein Zauberer war, für immer verschwand. Darauf gingen die Prinzen mit der Prinzessin ins Haus, und sie blieben dort einige Tage. Dann sagte Prinz Giuan zu Gundi, er solle die Prinzessin heiraten, sie gehöre ihm, er habe gewusst, wo sie sei und was zu tun gewesen sei, um sie zu bekommen. Er habe davon nichts gewusst. Aber Prinz Gundi überliess dem Prinzen Giuan die Prinzessin. Da machten sie eine prächtige Hochzeit. Am Abend, bevor er sie zu Bett gehen lässt, legt sich Prinz Gundi mit einem Tuch unters Bett. Bald darauf schläft das Brautpaar ein. Da kommt der schwarze Vogel und versetzt der Prinzessin einen zünftigen Strich auf die Stirn. Prinz Gundi wischt den Strich gut ab, aber in dem Augenblick, als er den Arm zurückzieht, streift er Prinz Giuan. Der wacht auf und schreit fuchsteufelswild: «Ich habe dir freiwillig die Prinzessin überlassen, aber du hast sie nicht gewollt, jetzt kannst du sie schon in der ersten Nacht nicht in Ruhe lassen. Dafür wirst du zum Tod verurteilt!» Prinz Gundi antwortet nur: «Ich habe alles nur für dein Wohl getan!» Aber das kann Prinz Giuan nicht verstehen. Der festgesetzte Tag war da; in einem Zimmer im Schloss oben hätte Prinz Gundi hingerichtet werden sollen. Da erzählte Gundi des langen und breiten alles, was er von den drei Schwestern in der Hütte gehört hatte, aber kaum hörte er auf zu reden, wurde er zu Stein. Da merkte der Prinz, was es geschlagen hatte, aber es war zu spät. Prinz Gundi war halt ein Stein. Nach einiger Zeit gebar die Prinzessin zwei Prinzen. Das war für die Eltern eine grosse Freude, aber jener Stein, den sie immer vor Augen hatten, machte sie traurig. Da sagte eines Tages Prinz Giuan zu seiner Frau: «Ich hätte Lust zur Hütte der drei Schwestern zu gehen, um herauszukriegen, ob sie nicht ein Mittel wüssten, das diesen Stein wieder in den Prinzen Gundi verwandeln könnte!» Der Prinzessin war das recht, und er ging. Er findet wiederum das gleiche schwache Licht und legt sich dann schlafen. Nach einer Weile kommen die Schwestern, und die Jüngste sagt: «Guten Abend!» und fragt, was es Neues gebe. Da sagt die Älteste, dass Prinz Giuan im Bett liege und ein Mittel wissen wolle, um den Stein wieder in den Prinzen Gundi zu verwandeln. «So, so!» antwortet die Jüngste, «wie es scheint, hat Prinz Gundi ausgeplaudert, was du ihm gesagt hast; wie könnte man denn das machen; gibt es Mittel dafür?» «Ja!», antwortet die Älteste, «wenn Prinz Giuan seine beiden Kinder nähme und sie schlachten würde und das Blut über den Stein fliessen liesse, so käme Prinz Gundi wieder zum Vorschein.» Dann verschwinden die Schwestern. Prinz Giuan dachte im Bett, das könne er schon nicht tun, seine eigenen Kinder umbringen, um Gundi zu erlösen. Er ging nach Hause, erzählte alles seiner Frau und fügte dann hinzu, dieses Mittel könnten sie , Die Frau aber meinte, sie seien verpflichtet, Gundi zu erlösen, der habe ihnen ja viel Gutes getan. Kurz und gut, sie wurden sich einig, ihre Kinder ihre Kinder zu schlachten und das Blut über den Stein tropfen zu lassen. Und auf einmal machte Gundi die Augen auf und war da. Er merkte sofort, dass mit dem Prinzen und der Prinzessin etwas nicht stimmte und fragte, wo es denn fehle. Dann sagten sie, sie hätten halt ihre Kinder töten müssen, um ihn zu erlösen. Darauf geht Gundi zu den drei Schwestern, um herauszufinden, wie man die Kinder wieder lebendig machen könnte. Er legt sich wieder ins Bett, und nach einer Weile kommen sie. Die Älteste sagt wieder, um die Neugier der Jüngsten zu stillen, Prinz Gundi sei im Bett, er wolle ein Mittel wissen, um die Kinder wieder lebendig zu machen. «Doch wie könnte man das machen?», fragt die Jüngste weiter. «Das ist schon möglich», gibt die Älteste zur Antwort, «man muss die Schnitte, welche die Kinder beim Schlachten abbekommen haben, mit seidenem Faden zusammennähen und dann zu dem und dem Felsen gehen und Wasser darüber tropfen lassen!» Jetzt ruft die Älteste den Prinzen dreimal beim Namen, und beim dritten Mal fragt er, was sie wolle. Da sagt sie: «Wir haben für dich viel Gutes getan; jetzt kannst du etwas für uns tun und uns erlösen!» Da verspricht Gundi, sein Möglichstes zu tun. Da sagt die Älteste: «Wir sind drei Seelen, und um uns zu erlösen, musst du etwas tun, was dir Angst und Schrecken einjagt, aber möglich ist es. An dem und dem Abend kommst du in diese Hütte. Dann wirst du hier kein Licht und kein Bett finden. Aber mitten in der Stube steht ein Stuhl. Auf den musst du dich setzen. Dann wird eine riesige Schlange hereinkommen, die dich anspringen will. Du musst genau zielen, um ihr einen Kuss auf die Zunge zu geben, und dann wirst du ein schönes Mädchen neben dir haben! Nach einer Weile wird eine andere Schlange, noch grösser und noch schrecklicher, zur Tür hereinkommen, sie wird um dich herumkriechen und versuchen, dich anzuspringen. Und der musst du einen Kuss auf die Zunge geben, und dann hast du das zweite schöne Mädchen neben dir. Endlich wird die dritte Schlange hereinkommen, eine grosse, grässliche und böse. Auch der musst du einen Kuss auf die Zunge geben, und dann hast du drei Mädchen neben dir, nämlich uns drei Schwestern. Du musst dann mit allen dreien ins Schloss gehen; heiraten kannst du die, welche du willst, aber die beiden andern musst du auch im Schloss wohnen lassen!» Dann sind die Schwestern auf und davon. Gundi ging nach Hause, er machte zuerst die Kinder lebendig, aber er war immer noch ganz traurig. Mit Schrecken dachte er an die Schlangen. Endlich ist der abgemachte Tag da, er nimmt Abschied vom Prinzen Giuan und der Prinzessin und sagt, er wisse nicht, ob er wieder zurückkehre. Er müsse etwas Schreckliches durchmachen. In der Hütte findet er nur den Stuhl, und er setzt sich darauf. Langsam kommt es 'tric, trac' die Treppe herunter, die Tür öffnet sich, und eine grosse Schlange mit herausgestreckter Zunge kriecht herein und um ihn herum. Da trifft es sich, dass die Schlange genau bei ihm ist. Schnell gibt er ihr einen Kuss auf die Zunge, und ein schönes Mädchen steht neben ihm. Mit einem noch lauteren Gepolter kommt die zweite Schlange herein. Aber auch die bekommt ihren Kuss von Gundi, wenn auch mit Angst und Grauen. Jetzt ist das zweite Mädchen da. Die dritte Schlange ist so gross, dass ein paar Treppenstufen einbrechen, als sie von der Laube herunterkommt. Als Gundi sieht, dass diese Schlange, die noch grössere und stärker funkelnde Augen hat, um ihn herumkriecht, wird er ohnmächtig. Aber zum Glück trifft er mit seinem Mund die Zunge der Schlange, also hat es mit dem Kuss geklappt. Nun standen alle drei Mädchen neben ihm. Er ging mit ihnen ins Schloss und überlegte sich, welche er heiraten wolle. Die Mittlere wollte er nicht, denn die hatte nichts erzählt. Die Älteste hatte zwar viel gesagt, aber wenn die Jüngste nicht alles aus ihr herausgeholt hätte, so hätte sie alles für sich behalten. Deshalb heiratete er die Jüngste und liess die beiden andern bei sich auf dem Schloss wohnen.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


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82. DIE PRINZESSIN, DIE IHREN VATER SO LIEB HATTE WIE DAS SALZ Es war einmal ein König, der hatte drei Mädchen. Eines Tages fragte er sie, wie lieb sie ihren Vater hätten. Die älteste Tochter sagte, sie habe ihn so lieb wie ihren Augapfel, die Mittlere sagte, sie habe ihn so lieb wie sich selbst, und die Jüngste sagte, sie liebe ihn so wie das Salz, das den Speisen den Geschmack gebe. Mit den Antworten der beiden Älteren war der Vater sehr glücklich und zufrieden, aber der Jüngsten nahm er es übel, dass sie ihn nur so lieb wie das Salz hatte, und er jagte sie aus dem Haus. Ganz traurig machte sie sich auf den Weg und kam zu einem See. Dort ruhte sie sich ein wenig aus, und auf einmal tauchte ein Fisch auf, der fragte sie, wohin sie gehe. Das Mädchen erzählte, sie sei aus dem Haus ge­jagt worden, weil sie gesagt habe, ihr Vater sei ihr so lieb wie das Salz. Dann fing sie an zu weinen, doch der Fisch tröstete sie und sagte, es werde ihr schon noch gut ge­ hen, sie solle nur zu dem und dem König gehen und nach Arbeit fragen. Zuletzt gab der Fisch dem Mädchen drei schöne Schachteln mit und befahl, sie dürfe sie erst öffnen, wenn sie zur Messe gehe. Etwas zuversichtlicher als vorher machte sich das Mädchen wieder auf den Weg und kam nach einer Weile zum König, von dem der Fisch gesprochen hatte. Der stellte sie als Magd zum Geschirrwaschen und Hühner füttern ein. Am Sonntag, als das Mädchen zur Messe gehen woll­te, öffnete sie die erste Schachtel und fand darin ein wunderschönes seidenes Kleid. Dann wusch sie sich schnell und kämmte die Haare, zog das schöne Kleid an und ging zur Messe. Der Königssohn, der seinen Platz vorne in der Kirche hatte, sah sogleich das schöne Mäd­chen im prächtigen seidenen Kleid und konnte kein Auge mehr von ihr lassen. Kaum war die Messe zu Ende, flüchtete das Mäd­ chen nach Hause, und der Königssohn konnte sie nicht mehr sehen. Am nächsten Sonntag öffnete das Mädchen die zweite Schachtel. Darin war ein noch schöneres seidenes Kleid, und diesmal ging sie darin zur Messe. Doch jetzt behielt der Prinz sie im Auge. Kaum war die Messe zu Ende, rannte sie weg und er hinter ihr her, und er er­ wischte sie gerade noch, als sie ins Haus des Königs ge­ hen wollte. Er brachte sie dazu, ihm zu sagen, wer sie sei; und dann nahm er sie zur Frau. Sie machten eine wunderschöne Hochzeit. Am Hochzeitstag, vor der Messe, öffnete das Mädchen die dritte Schachtel, und darin war ein Kleid ganz aus Gold, so schön wie man noch nie eines gesehen hat. Die Braut zog dieses an, und sie gab das andere schöne Kleid der Brautführetin. Zum Hochzeitsessen luden sie auch den König, den Vater des Mädchens, zusammen mit vielen andern Gä­ sten ein. Aber auf Befehl der Braut hatte man die Spei­ sen nicht gesalzen, und alles war schrecklich fad. Die Hochzeitsgäste waren deshalb gar nicht zufrieden; unter anderm fragte der König, der seine Tochter nicht er­ kannt hatte, die Braut im goldenen Kleid, weshalb die Speisen keinen Geschmack hätten. Da antwortete die Braut: «Es fehlt das Salz, welches jeder Speise den richti­ gen Geschmack gibt, und so wie das Salz habe ich Euch liebl- Jetzt erkannte der König seine Tochter, und er sah ein, dass er ihr Unrecht getan hatte. Er umarmte sie und bat um Verzeihung. Später, als ihr Mann König und sie Königin wurde, wohnte ihr Vater bei ihr, denn sie hatte ihn von seinen Töchtern am liebsten. Rätoromanien/Surselva   Aus: Die drei Winde, C.Decurtins/U.Brunold-Bigler, Desertina Verlag 2002       Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


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Es war einmal ein König, der hatte drei Mädchen. Eines Tages fragte er sie, wie lieb sie ihren Vater hätten. Die älteste Tochter sagte, sie habe ihn so lieb wie ihren Augapfel, die Mittlere sagte, sie habe ihn so lieb wie sich selbst, und die Jüngste sagte, sie liebe ihn so wie das Salz, das den Speisen den Geschmack gebe. Mit den Antworten der beiden Älteren war der Vater sehr glücklich und zufrieden, aber der Jüngsten nahm er es übel, dass sie ihn nur so lieb wie das Salz hatte, und er jagte sie aus dem Haus. Ganz traurig machte sie sich auf den Weg und kam zu einem See. Dort ruhte sie sich ein wenig aus, und auf einmal tauchte ein Fisch auf, der fragte sie, wohin sie gehe. Das Mädchen erzählte, sie sei aus dem Haus gejagt worden, weil sie gesagt habe, ihr Vater sei ihr so lieb wie das Salz. Dann fing sie an zu weinen, doch der Fisch tröstete sie und sagte, es werde ihr schon noch gut gehen, sie solle nur zu dem und dem König gehen und nach Arbeit fragen. Zuletzt gab der Fisch dem Mädchen drei schöne Schachteln mit und befahl, sie dürfe sie erst öffnen, wenn sie zur Messe gehe. Etwas zuversichtlicher als vorher machte sich das Mädchen wieder auf den Weg und kam nach einer Weile zum König, von dem der Fisch gesprochen hatte. Der stellte sie als Magd zum Geschirrwaschen und Hühnerfüttern ein. Am Sonntag, als das Mädchen zur Messe gehen wollte, öffnete sie die erste Schachtel und fand darin ein wunderschönes seidenes Kleid. Dann wusch sie sich schnell und kämmte die Haare, zog das schöne Kleid an und ging zur Messe. Der Königssohn, der seinen Platz vorne in der Kirche hatte, sah sogleich das schöne Mädchen im prächtigen seidenen Kleid und konnte kein Auge mehr von ihr lassen. Kaum war die Messe zu Ende, flüchtete das Mädchen nach Hause, und der Königssohn konnte sie nicht mehr sehen. Am nächsten Sonntag öffnete das Mädchen die zweite Schachtel. Darin war ein noch schöneres seidenes Kleid, und diesmal ging sie darin zur Messe. Doch jetzt behielt der Prinz sie im Auge. Kaum war die Messe zu Ende, rannte sie weg und er hinter ihr her, und er erwischte sie gerade noch, als sie ins Haus des Königs gehen wollte. Er brachte sie dazu, ihm zu sagen, wer sie sei; und dann nahm er sie zur Frau. Sie machten eine wunderschöne Hochzeit. Am Hochzeitstag, vor der Messe, öffnete das Mädchen die dritte Schachtel, und darin war ein Kleid ganz aus Gold, so schön wie man noch nie eines gesehen hat. Die Braut zog dieses an, und sie gab das andere schöne Kleid der Brautführerin. Zum Hochzeitsessen luden sie auch den König, den Vater des Mädchens, zusammen mit vielen andern Gästen ein. Aber auf Befehl der Braut hatte man die Speisen nicht gesalzen, und alles war schrecklich fad. Die Hochzeitsgäste waren deshalb gar nicht zufrieden; unter andern fragte der König, der seine Tochter nicht erkannt hatte, die Braut im goldenen Kleid, weshalb die Speisen keinen Geschmack hätten. Da antwortete die Braut: «Es fehlt das Salz, welches jeder Speise den richtigen Geschmack gibt, und so wie das Salz habe ich Euch lieb!» Jetzt erkannte der König seine Tochter, und er sah ein, dass er ihr Unrecht getan hatte. Er umarmte sie und bat um Verzeihung. Später, als ihr Mann König und sie Königin wurde, wohnte ihr Vater bei ihr, denn sie hatte ihn von seinen Töchtern am liebsten.   Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Pudel beim Schönenbüel

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Beim Schönenbüel sind oft zwei schneeweisse Pudel gesehen worden, immer unzertrennlich nebeneinander. Jedenfalls müssen es zwei gute Geister sein, und wer’s verstünde, könnte von ihnen leicht zum reichen Manne gemacht werden. Augusta Raurica Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Die Pudel beim Schönenbühl

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Die Pudel beim SchönenbühlZu Augst, beim Schönenbühl, sind oft zwei weisse Pudel gesehen worden, immer unzertrennlich nebeneinander. Jedenfalls müssen es zwei gute Geister sein, und wer’s verstünde, könnte von ihnen leicht zum reichen Manne gemacht werden. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Die Puppe in der Drusen-Alpe

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Unterhalb vom »Stafel« der Alpe Drusen steht ein grosser Stein, und von Stafel und Stein geht eine schauerliche Sage: In dieser Alpe Drusen waren einmal ein Paar mutwillige Knecht und ein ruchloser Senne. Die hatten wenig zu schaffen, und Einer von ihnen fiel im Übermute auf den frevelhaften Gedanken, von »Blätzen« (Überreste abgetragener Kleider) eine Puppe zu machen, lebensgross und menschenähnlich. Sie legten dieser Puppe eine »Juppe« (Unter-Rock) an, mit kurzem »Gstältli« (Leibchen), ein »Tschööpli« (Oberteil eines Frauen­-Rockes) mit »Züllii« (Schnürbändel) und »Häftli« (kleine Kleiderhaften), ein Paar Schuhe mit »Ringgen« (Schnallen) und auf den Kopf ein »Flor-­Bödeli« mit »Chrüseli« (weibliche Kopfbedeckung mit Fransen und Spitzen). Die so angekleidete Puppe wurde von den Alpknechten herumgetragen, auf eine Bank gesetzt, und ihr Muss und Rahm angestrichen, dann Fragen lästerlicher Art an sie gestellt, ausgelacht, gehätschelt u.A.m. - bis der Senn noch auf den gottlosen Gedanken kam, die Puppe sogar zu taufen. Mit »Plümpen« (grösste Sorte Glocken, die den Kühen angehängt worden) wurde zu dieser »Taufe« geläutet, auf einen Scheiterstock wurde eine »Gebse« (flaches Milchgeschirr von Holz) gestellt (das waren Taufstein und Taufbecken). Die Sennen waren die »Götteti« (Paten) und der Senn selber, der »Pfarrer«, der die sündhafte Taufhandlung vollzog. Eben waren sie damit beschäftigt, an der Puppe die Taufe zu vollziehen, als ein armes, altes Weib in die Hütte trat, und um eine Gabe bat. »Wir haben schon eine Alte, die wir füttern müssen,« war die Antwort des herzlosen Sennen. »Die soll essen.« - »Ich gehe,« rief das Weib, »aber die da soll essen, und fressen.« »Ja, essen und fressen soll sie,« rief der Senn höhnisch dem Weibe ent­gegen, und strich mit diesen Worten der Puppe einen Löffel Rahm ins Maul. Da ereignete sich ein grauenhaftes Wunder: - »im Augenblicke, als der Ruchlose, in den drei höchsten Namen, die Puppe mit Wasser begoss, schlug diese - die Augen auf, und fing an zu reden.« » Ja, essen und fressen, essen und fressen will ich«, rief sie. Und schrecklich starrete sie den Senn und die Knechte mit grässlich leuchtenden Augen an. Dann herrschte sie weiter: »Machet, dass Ihr so schnell als möglich mit Vieh und Habe fortkommt, der Senn aber muss hier bleiben. Und lasset Euch nicht gelüsten, zurückzuschauen, bis ihr über das dritte Tobel gekom­men seid.« - Der entsetzlichen Puppe Wille wurde erfüllt, - der Senne blieb zurück. Die Knechte, voll Angst vor dem Ungeheuer, hielten die Warnung. Als sie aber vom dritten Tobel aus nach dem Stafel zurückschauten, breitete die Puppe eben die Haut des Sennen auf dem grossen Steine beim Stafel aus, welche sie dem Frevler bei lebendigem Leibe abgezogen hatte.   Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Quadersteine von der Voregg

Source: Die Quadersteine von der Voregg

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Als das Hofgut Voregg (an der Strasse von Sissach nach Wintersingen) gebaut werden sollte, fehlte es an guten Mauersteinen. Zwar gab es in Sissach mehrere Steinbrüche, doch lagen sie alle zu weit entfernt. In ihrer Verlegenheit wandten sich die Bauleute an eine Hellseherin und baten sie, ihnen in der Nähe des Bauplatzes eine Stelle zu bezeichnen, wo sie nach Steinen graben konnten. Nach kurzem Besinnen riet die weise Frau, in einem Wäldchen des Alptales, oberhalb der «kleinen Alp», zu suchen; denn dort gäbe es Steine im Überfluss. Dieser Rat wurde befolgt, und wirklich kamen bald die schönsten behauenen Sandsteine zum Vorschein. Der Bau konnte deshalb rasch vonstatten gehen. Einige der gefundenen Steine wurden als Ecksteine verwendet und sind noch heute am Wohnhaus der Voregg zu sehen. Die Hellseherin sagte ferner aus, dass an der Fundstelle ein goldener Götze verborgen liege. Es sei ein Leichtes, ihn zu heben. Nur müsse eine Pfingstnacht abgewartet werden, da der Vollmond scheine. Leider soll Pfingsten nur alle vierhundert Jahre auf den Tag des Vollmondes fallen und so wartet der wertvolle Gegenstand noch immer auf den glücklichen Finder. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Die Quelle des hl. Florinus

Source: Die Quelle des hl. Florinus

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Hart an der Strasse stehen bei Remüs die Ruinen eines alten Gebäudes, genannt das Schloss des heil. Florin. Diesem gegenüber, links am Wege, findet sich eine Quelle, die Quelle des heil. Florin, deren Wasser einst in Wein sich verwandelt haben soll. Vor Zeiten lebte nämlich zu Remüs der heil. Florin, ein gar frommer Mann, zu welchem die Gläubigen aus weiter Ferne pilgerten, um Rat und Trost sich zu erholen. Der Wunder soll er viele verrichtet haben. Sogar seine Reliquien waren wundertätig, und deswegen blieb Remüs bis zur Zeit der Reformation ein berühmter Wallfahrtsort. Einst hatte der fromme Mann Schnitter auf seinem Acker in Serra plana bei Remüs, und schickte ihnen den Imbiss und einen guten Trunk Wein Zur Labung. Der Diener kam bis zur Nähe oben genannter Quelle, und fand dort ei­nen armen Wanderer matt am Boden liegen. Er trat zum Armen hin und reichte ihm den für die Schnitter bestimmten Wein. Nach und nach erholte der Arme sich, aber dagegen war auch der Weinkrug leer geworden. - Im Bewusstsein, ein gutes Werk getan, Samariter-Pflicht erfüllt zu ha­ben, bangte ihm nicht vor der unvermeidlichen und voraussichtlichen missbeliebigen Begrüssung von Seiten der Schnitter. Getrost füllte er den leeren Krug mit Wasser aus der klaren, frischen Quelle, und wollte seinen Weg fortsetzen. Der arme Wanderer reichte ihm noch die Hand, zum Danke für die genossene Wohltat, und sprach: » Wer du bist, das weiss ich nicht, aber das weiss ich, dass ich durch deine Labung gestärkt und vom Tode gerettet bin, empfange meinen Dank: möge die Kraft des hl. Florin, zu dem ich jetzt wandern will, dein nun frisch geschöpftes Wasser in Wein verwan­deln.« - So schieden sie von einander, Jener neues Leben, Dieser ein befrie­digtes Herz in sich fühlend. Als der Diener bei den Schnittern ankam, erzählte er Denselben, was ihm begegnet, und entschuldigte sich, dass er heute Wasser statt Wein zur Erfrischung bringen müsse. Wie gross war aber das Erstaunen der Arbeiter, als der erste Becher gefüllt wurde, und aus dem Kruge statt Wasser - vom besten Wein hervorquoll. »O wie gross,« riefen Alle, »ist die Wunderkraft des heil. Florin!« Seit diesem Ereignisse weiss Jedermann: »La fantana da St. Florin Inua l\'aua s\'müdet in vin.« Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Quelle von Munzach

Source: Die Quelle von Munzach

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«In dem mit einer Mauer umgebenen Kirchhofe entspringt ein schönes und gutes Brunnwasser, darvon ein lauffender Brunn ausser dem Kirchhofe stehet, das übrige aber zum Siechenhause geleitet wird. Von disem Brunnen nun ist die alte Erzehlung: Dass einmal die Mutter Gottes sich bey der Kirche sichtbarlich gezeiget, und an dem Orte, wo sie den Boden betreten, dise vortrefliche Quelle entsprungen sey.» Liestal Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Quellen der Schafmatt

Source: Die Quellen der Schafmatt

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Auf der nördlichen Seite der Schafmatt, jenes abgelegenen Jurapasses, der das Aargau vom Baslergebiete trennt, liegt die Winterhalde des Dorfes Oltingen. Dort sowohl am Fusse des Berges, wie weiter gegen das Dorf Zeglingen hin entspringen zwei Quellen, deren Wasser zu allen Jahreszeiten an Kälte und Fülle sich gleich bleibt. Es behaupten daher die Leute, dass unter jenen Halden ein grosses Gewässer von drohender Gewalt sich bewege; und so oft die zahlreichen Wallfahrer aus dem Elsass ihren Weg zum wunderthätigen Marienbilde von Einsiedeln über diese Höhen nehmen, fallen sie hier auf die Kniee und beten zu Gott, er möge die in dieses Gebirg versenkte Fluth nicht abermals hervorbrechen und die Welt verwüsten lassen. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 1 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Quellenjungfrau zu Haldenstein

Source: Die Quellenjungfrau zu Haldenstein

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In der Nähe des Schlosses Haldenstein geisterte viele Jahre lang eine Jungfrau in einem Brunnen. Öfters entstieg sie demselben in einem schneeweißen Gewande und wärmte sich am goldnen Strahle der Mittagssonne. Die Sage über diese Quellenjungfrau gibt Flugi so schön: Den hohen, dunkeln Wald entlang Da schreitet ein Jäger in hastigem Gang; Was schimmert und glänzet so hell? Was seufzet und stöhnt durch den schweigenden Hain? Was weinet und wimmert im Mondenschein, Und klaget am verruf'nen Quell? Was will denn die dort leise wallt, Die bleiche, gespenstige Nebelgestalt, Was lockt und winkt sie mit der Hand? – »O, eil' nicht so hastig, lieb' Jäger, zu Tal, Erlöse, erlös' mich von langer Qual, O, reich' mir die wärmende Hand!« – Und schaut ihn an so sehnsuchtsvoll, Und Träne um Träne dem Auge entquoll, Und netzte das weiße Gewand; Da wurde dem Mann so seltsam zu Muth, Da schlug ihm das Herz, da fasst er sich Muth, Und reicht' ihr die rettende Hand. – Wie er sie fasst, die Hand von Eis, Da rollt es durch die Adern ihm heiß, Als stünden die Bäume in Brand; Und hinter ihm stürmt es in schauriger Eil' Wie Schlangengezische, wie Wolfsgeheul' – Fest hält doch der Jäger die Hand. – Und stille wird's; – was will denn dort Das graue Männlein; was winkt es ihm fort? Sein Körbchen von lauter Demant Wie schimmert's und flimmert's im Mondesglanz Von glühendem Golde gefüllet ganz; – Fest hält doch der Jäger die Hand. – Es springt ein Wolf mit einem Kind: »O, rette es, Vater, o, rett' es geschwind.« Es winkt dir mit zitternder Hand; – Wohl rannte der Wolf vorüber so schnell, Wohl tönte des Kindes Gewimmer so gell – Fest hält doch der Jäger die Hand. – Da leuchtete der Maid Gesicht In trunkener Freude: »so trog ich mich nicht! Du hast mir gehalten die Hand! So nimm dir zum freundlichen Dankessold Das Demantkörbchen, gefüllt mit Gold.« – Sie reicht' es ihm, und verschwand. – Quelle: Jecklin, Dietrich: Volksthümliches aus Graubünden. 3 Teile, Zürich 1874, Chur 1876, Chur 1878 (Nachdruck Zürich: Olms, 1986), S. 7-8.        Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Quelljungfer

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Am Fusse des majestätischen Calandaberges über dem Dorfe Haldenstein steht die Ruine der Burg gleiches Namens. Sie ist grossenteils zerfallen, ein Teil ist mit dem Felsen, auf dem er stund, in die Tiefe gestürzt. Unweit von der Ruine sprudelt eine reiche Quelle mit herrlichem Wasser. Dort sieht man zu Zeiten eine weibliche Gestalt, weiss angetan, neben der Quelle sitzen. Es ist die Quelljungfer, die Seele des Brunnens, die dem Wasser Kraft verleiht, Kranke zu heilen. In früheren Zeiten wallten viele zu der Quelle und vielen schenkte sie die verlorene Gesundheit wieder. Die Quelle fliesst heute noch so klar wie vor Jahrhunderten; die Quelljungfer hat man aber lange nicht mehr gesehen und das Wasser scheint seine Heilkraft verloren zu haben. Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


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Die Raben des heiligen Meinrad Meinrad (Meginrat) war der Sohn des Grafen Berchtold von Hohenzollern und lebte im 9. Jahrhundert. Er hielt sich eine Zeitlang als Mönch zu Reichenau auf. Dann begab er sich nach Rapperswil und erbaute auf dem Etzel eine Kapelle. Später entschloss er sich, Einsiedler zu werden, baute in der nahen Wildnis ein Bruderhaus, lebte von seiner Hände Arbeit und von Almosen und hatte keine andere Gesellschaft als zwei Raben, die er ernährte. Hier lebte er lange Jahre, bis er von zwei Räubern in seiner Zelle ermordet wurde. Die Räuber begaben sich gen Zürich. Die Raben flogen ihnen krächzend nach. Dies machte sie verdächtig; sie stiegen da ab, wo zum Gedächtnis dieser Begebenheit das Wirtshaus zum Raben (Rappen) errichtet ist. Das Geschrei der Raben machte sie furchtsam; sie bekannten die Mordtat und wurden durch den damaligen Reichsvogt Adelbert zu Zürich zum Rade verurteilt. Walter, der Abt von Reichenau, liess Meinrads Leichnam nach Reichenau führen. An dem Ort, wo Meinrad ermordet wurde, steht heute das Kloster Einsiedeln, welches wegen der Treue jener Raben zwei solche Vögel im Wappen führt. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Wörtlich aus P. Corrodi JZ 1951/52, S. 419, Nr. 4; Vernaleken, 234 Die Legende von den Raben ist schon in der ältesten Vita Meinrads aus dem 12. Jahrhundert enthalten.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Raben des heiligen Meinrad

Source: Die Raben des heiligen Meinrad

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Nach der Zeit, als der heilige Gallus, der heilige Fridolin und der heilige Kolumban das heidnische Schweizerland mit Not und Mühe zum Christentum bekehrt hatten und überall Kirchen und Klöster gebaut wurden, lebte auf dem Etzelberge, da wo die Alpen der Urschweiz anfangen, ein gottesfürchtiger Einsiedler. Er hieß Meinrad und war aus dem Geschlecht der Grafen von Hohenzollern, der späteren Herrscher des Deutschen Reiches. Es war ihm in der Welt und im Kloster Reichenau zu laut geworden, darum hatte er sich auf den Etzel in die Einsamkeit zurückgezogen. Da saß er nun vor seiner kleinen Kapelle, las in einem Buch und sah sinnend auf den kristallblauen See, der tief unten lag, und schaute hinaus über unzählige, in Obstwäldern versteckte Dörflein zum verschneiten Säntis. Nun hätte es ihm auf dem verschneiten Etzelberge gar gut gefallen, allein die Leute hörten von seiner großen Frömmigkeit, und nach und nach stiegen sie von allen Seiten zu ihm hinauf, also daß er Gott und der Jungfrau Maria nicht mehr so dienen konnte, wie es doch allezeit sein sehnlichster Wunsch war. Aber eines Tages, als die Leute wieder auf den Etzel kamen, fanden sie den Klausner nicht mehr. Er war über den wilden Sihlbach und tief, tief in die Wildnis hineingegangen, wo nur noch wilde Tiere lebten. Aber er fürchtete sie nicht. Auf dem Weg sah er in einer Tanne ein Nest, das ein Sperber bedrohlich umkreiste. Er jagte den Sperber vom Nest ab. Als er aber das Nest erstieg, fand er darin zwei junge Raben, die er sorgsam hinabtrug und mit sich nahm. Er ging, bis er an eine Quelle kam, die als ein eiskaltes Bächlein im finstern Walde entsprang. Bei ihr ließ er sich eine Hütte und eine kleine Kapelle erbauen. Danach blieb er ganz allein in der Wildnis, die die Leute den Finstern Wald nannten. Da lag er schier Tag und Nacht im Gebet vor dem Muttergottesbilde, das ihm die fromme Äbtissin Hildegard von Zürich, die eine Königstochter war, hatte zutragen lassen. Um seine Hütte herum spielten seine zwei Raben. Und wenn nachts der Föhn von den Bergen kam und der Urwald um ihn herum krachte und Bären und Wölfe und ein greulicher Spuk von höllischen Geistern um sein Hüttlein tobte und heulte, fürchtete er sich doch nicht, denn die Engel eilten zu seiner Hilfe herbei und trösteten ihn. Nach und nach, als er viele Jahre in der Wildnis gelebt hatte, wallfahrteten doch wieder die Leute zu ihm, die von seinem heiligmäßigen Leben gehört hatten. Einst aber schlichen sich heimlich zwei Räuber durch den Wald, die in der Hütte des Einsiedlers Schätze zu finden hofften. Doch er hatte sie im Geist schon nahen sehen. Wie sie nun in seine Hütte kamen, war er gar freundlich mit ihnen und bewirtete sie, so gut er vermochte. Aber auf einmal überfielen ihn die zwei Räuber und schlugen ihn mit ihren Keulen tot. Sie erschraken aber doch schier, als nun die zwei Raben St. Meinrads wie wild krächzten und um sie herumflatterten. Als sie aber die Kerze zu seinen Füßen anzünden wollten, wie er's gewünscht hatte, brannte die von selber. Jetzt packte sie ein großer Schrecken. Sie erkannten, daß sie einen Heiligen ermordet hatten, und flohen durch die dichten Wälder davon, Stunden und Stunden weit. Aber hoch über den Riesentannen flatterten ihnen die Raben immer nach. Endlich sahen sie die Stadt Zürich. Dort glaubten sie sich nun wohlgeborgen. Sie gingen in eine Wirtschaft und wollten wegen ihrer Angst schon zu lachen anfangen, da schoß plötzlich das treue Rabenpaar durchs offene Fenster auf die Mörder los, und das bedünkte die andern Gäste gar seltsam. Sie nahmen die beiden Räuber fest, und siehe, bald erkannte man in den zwei Raben die Raben des Heiligen im Finstern Walde. Die Mörder gestanden ihre Untat und mußten darnach auf dem Rade sterben. Den heiligen Meinrad aber begrub man in der Wildnis, wo später das Kloster Maria Einsiedeln gebaut wurde. Sein Herz jedoch wollte man ins Kloster Reichenau im Bodensee bringen, wo der Heilige einst Klosterherr gewesen war. Als man aber mit dem Herzen an der Kapelle auf dem Etzelberge vorbeifahren wollte, brachte man den Wagen so lange nicht weiter, bis man das Herz des heiligen Einsiedlers in der dortigen kleinen Kapelle beigesetzt hatte. Denn gar zu gerne war er früher vor der Kapelle gesessen und hatte von seinem Berge aus auf den blauen See und die schöne Welt hinunter geträumt. Die zwei treuen Raben St. Meinrads aber fliegen heute noch im Fähnlein der schwyzerischen Waldleute von Einsiedeln. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Rache der Hexe

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1. Eine Weibsperson in Zumdorf (»z'vorDorf«) stand im Verdacht, eine alte Hexe zu sein. Oft überschüttete sie nachts das Land mit einer Rufi1, und am folgenden Tage sah man sie dann die so verwüsteten Wiesen schönen und dabei weinen. Eines Tages ging ein Reälper vorbei, während sie gerade schönete, und fragte sie, was sie da tue, und warum sie weine. Und, als sie ihm erzählte, die Rufi habe die Wiese verschüttet, sagte er, sie sei doch gewiss selber Schuld, sie sei ja eine alte Hexe. Kaum war das Wort zum Munde hinaus, war der Reälper in einen Granitblock verwandelt. (Ein Erzähler sagte, es sei ihre eigene Wiese gewesen. – Es handelt sich wohl um die Schneidergret.) Michael Simmen, 67 J. alt, Realp 2. Es war zu Pfingsten 1887, als eine Hexe von der »Spitzä« her Steine herabrieselte. Ein Schächentaler rief hinauf: »Ja, ja, rißlä dü nur!« Aber düe sygs chu! (Bergsturz von 1887.) Josef Maria Arnold, Unterschächen Fußnoten 1 Wo der Urner Ribi sagt, spricht der Ursner: Rufi. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Rache des Gespenstes

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Jos. Maria Simmen von Realp weiss zu erzählen: Ein Freälper Bauer, Balz Regli, habe eines Sommers zehn oder elf Kühe auf dem Bort in des Isenmanns Alp gehabt und einen Knecht und einen von seinen Buben dabei. Jetzt eines Abends hat der Knecht, der Senn gewesen ist, Süffi hergerichtet und hat sie auf's Hüttendach gestellt und habe auch einen Löffel dazu getan und gesagt: es solle heutnacht kommen und saufen. Aber nachts sei's in die Hütte gekommen, sei ihm auf's Herz gelegen und habe ihm den blutigen Schaum vor das Maul gebracht, und der Bub daneben habe gar nichts gemerkt. Der Knecht aber sei ein meisterlosiger Sattor gewesen. Schriftl.: Dr. Meinrad Regli Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die rächende Kirchenglocke

Source: Die rächende Kirchenglocke

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Während der Trennungswirren wollten einige junge Burschen in Lausen den städtisch gesinnten Dorfpfarrer ärgern, indem sie in der Samstagnacht den Glockenschwengel aushängten, dass die Gemeinde am Sonntagmorgen nicht durch Geläute zur Kirche gerufen werden konnte und zum grossen Teil vom Gottesdienst wegblieb. Jahre und Jahrzehnte gingen über das Land. Aus dem Rädelsführer der jungen Burschen war ein alter Mann geworden, und er starb. Unter Glockengeläute nahte sich der Leichenzug dem Friedhof bei der Kirche. Da verstummte plötzlich die Glocke, und in hohem Bogen fuhr ihr Schwengel aus dem Turmfenster durch die Luft und fiel auf einem Feld nieder. So musste der Mann ohne Glockenklang begraben werden und manche Leute trauten der alten Kirchenglocke zu, sie habe sich gerächt. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Die rächende Kirchenglocke

Source: Die rächende Kirchenglocke

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Während der Trennungswirren der 1830er Jahre wollten einige junge Burschen den städtisch gesinnten Dorfpfarrer ärgern, indem sie in einer Samstagnacht den Glockenschwengel aushängten. So konnte die Gemeinde am Sonntagmorgen nicht durch Geläute zur Kirche gerufen werden und blieb zum grossen Teil vom Gottesdienst weg. Jahre und Jahrzehnte gingen über das Land. Aus dem Rädelsführer der jungen Burschen wurde ein alter Mann. Als er gestorben war, näherte sich der Leichenzug unter Glockengeläute dem Friedhof bei der Kirche. Da verstummte plötzlich die Glocke, und in hohem Bogen fuhr ihr Schwengel aus dem Turmfenster durch die Luft und fiel auf einem Feld nieder. So musste der Mann ohne Glockenklang begraben werden, und manche Leute trauten der alten Kirchenglocke zu, sie habe sich gerächt. Lausen Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die rachsüchtige Bettlerin

Source: Die rachsüchtige Bettlerin

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Während des Sommers kam öfters ein Wybervölchli nach Brunni und bettelte. Die Leute gaben ihm willig reichliche Almosen an Zieger, Geisskäse und Anken. Doch mit der Zeit merkten sie, dass es Geld besass und bei weitem nicht so arm war, wie es sich den Anschein gab. Deshalb fingen sie an, ihm das Almosen zu verweigern. Da wurde es aber böse und sagte: »Wartet nur! ych wil-i im Nahsummer ä Schwirrä schlah, das-er nu am-mi dänket!« Sie hatten sich nämlich eines gesegneten Vorsommers erfreut, Gras in Fülle gehabt und reichlich Käse und Anken aufgespeichert. Richtig! kaum war der Nachsommer angebrochen, überzog sich eines Nachmittags der Himmel mit schweren, schwarzen Wetterwolken, und kaum gedacht, entlud sich über den Brunniboden ein unsagliches Hagelwetter, wie es die Leute noch nie erlebt hatten. Der Hagel zerschlug jämmerlich die hübsche Weide. Durch Täler und Runsen brüllten die Rübenen und Bäche gegen den Brunniboden herunter. Doch siehe! was kommt dort zuvorderst auf dem grössten Koosi (Rübi)? Die Bettlerin ist's; sie jauchzt und johlt, sitzt an einem Spinnrad und spinnt. Und zuoberst fährt ein zweites Wybervolch daher und treibt aus Leibeskräften an einem Haspel. Alles Volk weint und jammert. Ein Alter sagt: »Wenn doch nur jemand nach Schwanden hinaus laufen und das Kapellenglöcklein läuten würde!« Das hört ein kräftiger, flinkbeiniger Bub; er springt, so schnell ihn seine Beine tragen, und setzt das Glöcklein des St. Anna-Kirchleins in Bewegung. Da spitzt die Hasplerin ihre Ohren und ruft: »Lunnä! äs lyttet z'Schwandä!« Und grimmig schreit die Spinnerin: »Ja, d'Grossmüetter St. Annä Hilft-nä wider denä Satannä.« Beide Hexen verschwinden. Das Wetter und die Rübenen geben nach. Frau Arnold-Gisler, 50 J. alt, u.a. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Ramsteiner Verwünschten

Source: Die Ramsteiner Verwünschten

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Die Ruine der Burg Ramstein ist zwischen den Jurapässen Ober-Hauenstein und Passwang beim Dorfe Bretzwil in Baselland gelegen. Ihre Trümmer haben zur Errichtung von ein paar Sennhütten gedient, von denen jedoch ebenfalls nur noch eine übrig ist. Die ältere musste wegen dauernder Viehseuchen verlassen und endlich ganz niedergerissen werden. Die Veranlassung dazu war folgende. Da man einst eine Wand dieser Hütte veränderte, kam bei Ausbrechung eines Balkens plötzlich eine Jungfrau nebst einem Hündchen mit aus der Wand hervor und bat die Arbeitsleute dringend, man möchte diesen Balken zu einem Altar verwenden und sie auf diese Weise von ihrer Verwünschtheit erlösen. Ich bin, sagte sie, die Tochter des Schlossherrn da droben gewesen, und dieses Hündchen hier war unser Jäger, der mich entführte. Auf meiner Flucht entschlief ich vor Müdigkeit unter einem Baum, so betraf uns der nacheilende Vater und bannte uns mit seinen Verwünschungen in denselben; der Balken da ist es, den ihr eben aus der Wand gebrochen habt. Die Zimmerleute wussten in ihrem ersten Schrecken nichts anderes zu thun, als ein Vaterunser zu beten und schnell setzten sie dann den Balken wieder an seinen alten Platz zurück. Mit fürchterlichem Gekrache stürzten auch die beiden Gestalten in ihren Winkel nach. Andere Erzähler behaupten hier, man habe den Balken nicht wieder in die Wand zurückgethan, sondern ihn gleich in das Feuer geworfen, welches zum Kalkbrennen eben angemacht war. Aber schon am Morgen darauf lagen die schönsten Kühe des Sennen todt im Stalle, jede hatte, als man sie abzog, einen grossen schwarzen Flecken unter der Brusthaut, sonst war ihnen nichts anzumerken. Von nun an wiederholte sich dieser Rinderfall, den man den Angriff nannte, alle zehn Jahre und oft sah man auch eine weisse Gestalt, der ein Hündchen nachlief, durch die Scheune ziehen. So brach man zuletzt das gefährliche Sennhaus ganz ab. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 76 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Rätsel

Source: Die Rätsel

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Es war einmal ein König, der hatte eine einzige Tochter, die war so schön wie die Sonne. Der König liess bekannt machen, dass der sie zur Frau bekomme, welcher ein Rätsel aufgeben könne, das weder er noch seine Ratgeber lösen könnten. Aber wenn er oder seine Minister das Rätsel lösen könnten, so koste es dem, welcher es aufgegeben habe, den Kopf. In einem Hüttlein lebte eine Mutter mit drei Kindern, zwei gescheiten Mädchen und einem Burschen. Dieser Bursche, den sie für einen Dummkopf hielten, hörte auch von dieser Bekanntmachung des Königs, und er sagte der Mutter, er müsse fort, um dem König etwas zum Raten aufzugeben. Die Mutter und die Schwestern baten ihn inständig, keine Dummheiten zu machen, schon viele gescheite Männer hätten Rätsel aufgegeben, aber alle hätten ihren Kopf lassen müssen, und was er, ein solcher Tölpel, dem König zum Raten aufgeben wolle? Doch als sie sahen, dass er nicht locker liess, beschlossen sie, ihn zu vergiften, damit er nicht an den Galgen komme. Deshalb machten sie am Tag, wo er zum König gehen wollte, einen Pfannkuchen und mischten Gift hinein. Aber er hatte keinen Hunger und steckte den Pfannkuchen für das Mittagessen in die Tasche. Nachdem er eine Weile gegangen war, bekam sein Hund Mansel Hunger, und er gab ihm ein Stück vom Pfannkuchen. Bald darauf verendete der Hund, und jetzt durchschaute der Tölpel die Sache. Zu Hause hatte er gefragt, wie dieses Essen heisse, welches sie ihm heute mitgeben würden, und die Frauen hatten geantwortet: «Werweiss». Dieses Werweiss muss schlecht sein, dachte er und ging weiter. Sieben Raben, die vorher vom Fleisch Mansels gefressen hatten, flogen neben ihm vorbei. Doch einer nach dem andern fiel tot zu Boden. «Jetzt», so dachte der Tölpel, «habe ich ein Rätsel.» Als er an einem Garten vorbeiging, sah er einen Baum mit schönen Äpfeln, und weil er Werweiss das nicht essen wollte, warf er seinen Stock hinauf, um Äpfel herunterzuholen. Er traf die Äpfel nicht, doch der Stock erschlug beim Herunterfallen eine Häsin die trächtig war. Der Tölpel nahm die Häsin aus und wickelte die vier Jungen in einen Brief und briet sie über dem Feuer. Diese Bratenstücke steckte er in den Sack und ging in die Stadt. Dort fragte er vor dem König, ob jemand dies raten könne: Werweiss hat Mansel getötet. Mansel hat nach seinem Tod sieben getötet.  Niemand wusste dies, und der König fürchtete, die Prinzessin diesem Bauern überlassen zu müssen. Da sagte ein schlauer Ratgeber, sie sollten die Tochter des Königs eine Nacht lang mit ihm zusammen lassen, die könne ihm schon die Würmer aus der Nase ziehen. Gesagt - getan. Mit Schöntun und Schmeicheleien entlockte die Prinzessin ihm die Lösung des Rätsels und sagte alles dem König weiter. So konnte der am andern Tag das Rätsel lösen. «Erst jetzt sehe ich, dass Frauen den Mund nicht halten können», sagte der Tölpel, «aber ich habe noch ein Rätsel, ratet dieses:  Hinaufgeworfen, nicht getroffen  Heruntergefallen, erschlagen  Lebendiges Fleisch gegessen  Ungeheizt, mit Worten gekocht.» Die Nacht darauf brachte die Prinzessin nichts ihm heraus, und weil der König das Rätsel nicht raten konnte, hatte der Tölpel seine Braut.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Ratsherren

Source: Die Ratsherren

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In Kaspar Gislers Haus in Schattdorf seien von Zeit zu Zeit Ratsversammlungen abgehalten worden, sagt der Volksmund. Einmal sei bei einer solchen Versammlung eine Magd eingetreten, um etwas zu putzen. Da seien die Ratsherren alle betrunken gewesen, und jedem sei eine Feuerflamme zum Munde herausgekommen. Frau Zurfluh-Baumann Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Ratsherren auf der Santaburg

Source: Die Ratsherren auf der Santaburg

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a) Auf lichtvoller Anhöhe zwischen Nebikon und Dagmersellen, wo jetzt nichts als öde Waldgegend anzutreffen ist, stand einst die Santaburg. Nur der leere Name und die Erzählungen von allerlei Geisterspuk erinnern noch an sie. Einmal fuhr ein Mann aus Nebikon nach Santaburg zu Holz. Da, als er mit seinen Ochsen zu einer gewissen Stelle gelangt, sieht er ein nie gesehenes Schauspiel. Alte Herren mit Haarzöpfen sind um einen runden Tisch wie zu Rat versammelt. Ihm lief `s kalt über den Rücken und er wusste nicht was anfangen. Endlich, wie er wieder hinschaut ist alles zerstoben. Er kam mit einem „Nüsse" (Hautausschlag, Geschwür) davon.   b) Ein anderer hatte folgendes Abenteuer, das er mit den Worten erzählte: „Ich und N. - schafften an der Waldstrasse nach Santaburg. Wir zwei waren die vorderen; eine Strecke hinter uns strasseten zwei andere. Als ich und mein Gespan bald auf der Ebene waren, stiessen wir auf eine grosse, runde Steinplatte. Wir hoben sie auf; unsere Blicke fielen in eine grosse, endlose Höhle. Der Gedanke an einen Schatz war eben so schnell in unserm Hirn, aber wir zwei wurden sogleich einig ihn allein zu entheben und den Fund vor den andern verborgen zu halten. Also deckten wir die Platte wieder zu und strassten vorwärts. Als wir fertig waren, und den Rückweg betraten, liessen wir die andern richtig eine Strecke vorauslaufen. Aber unser Suchen nach dem Steine war ganz und gar umsonst, obschon wir uns den Platz gut gemerkt hatten.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Die Ratte am Zytturm

Source: Die Ratte am Zytturm

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Der Zytturm war der Hauptturm der alten Kyburgerstadt Zug und überragte bei weitem die andern Türme der städtischen Befestigungsanlage. Er diente auch als günstiger Auslug zum Schutze vor drohenden Brandgefahren. Wenn in stürmischen Föhnnächten der wilde Wind über den See brauste und die kleinen Windfähnchen auf dem Turme ächzend und knarrend emsig sich drehten, sassen im Föhnwächterstübchen auf dem Zytturm die treuen Wächter und spähten in das nächtliche Schwarz hinaus. Sie hielten das Feuerhorn griffbereit, um beim ersten Feuerschein die Bürger zu wecken und aufzubieten. Eine arge Plage machte sich aber bei den Wächtern gar unlieb bemerkbar. Überall huschten dicke, langschwänzige Ratten herum und oftmals frassen die eckligen Gesellen den Wächtern das währschafte Znünibrot weg. Kein Mittel wollte helfen, um diese lästigen Turmgäste zu vertreiben. Da kam eines Tages ein fremder Scholar mit einem mageren Bücherränzlein auf seiner Fahrt an die Hohe Schule von Salerno nach Zug. Beim Abendschoppen auf der Zunftherberge hörte er von der lästigen Plage und gab dem klagenden Föhnwächter den klugen Rat, eine grosse, feiste Ratte an den Turm zu malen und zwar an der Stelle, wo sie jeweils in das Wächterstübchen hineinkletterten. Gesagt, getan. Der Wächter malte mit seinen Kumpanen schon am folgenden Morgen eine schwarze Riesenratte neben den Steinsims, der rings um den Turm ging. Und als die lästigen Ratten wieder kamen, sahen sie ihr schwarzes Abbild, schnupperten daran herum und flugs kehrten sie dem fremden Genossen den Rücken und flohen in hastigen Sprüngen davon. Der Rat des fahrenden Schülers war gut gewesen und der Turm war von der Rattenplage befreit. Seither sieht man an dem Zytturm von Zug beim Föhnwächterstübchen eine schwarze Ratte hingemalt. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 92 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Räuber an der Isleten

Source: Die Räuber an der Isleten

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An der Isleten, im Salzmisloch, ist der schmale Eingang zu einer Berghöhle, die sich inwendig allmählich zu einer, wie man sagt, ordentlich breiten Strasse erweitert und oben, am Eingang in das Isental, im Mirderloch ihren Ausgang hat. Darinnen hat vor Zeiten eine Räuberbande gehaust. Diese spannte beim Mirderloch nachts Seile über den Talweg; und wenn ein Wanderer daran stiess, gab es den Räubern ein Zeichen, worauf sie hervorbrachen, den Erschrockenen ausplünderten, töteten und den Leichnam in das Tobel schleuderten. Sie hatten ein gefangenes Mädchen bei ihnen, das sie oft auf die Bettelreise schickten. Es war immer traurig und wurde deshalb von den Leuten öfter nach dem Grunde seines traurigen Wesens gefragt, worauf es jeweilen erklärte, es habe einen Eid getan, solches keinem Menschen zu verraten. Einst wurde es auch vom Pfarrer in Flüelen so gefragt, dem es die nämliche Antwort gab. »Wenn es so ist«, sagte der, »so komme in die Stube herein, setze dich hinter den Ofen und sage es dem, aber laut, dass ich es auch höre!« Das Mädchen tat so und sagte zum Ofen: »O Ofen! O Ofen! ich muss dir klagen, ich darf es keinem Menschen sagen.« Und erzählte ihm alles. Der Pfarrer benachrichtigte das Volk. Ein grosser Haufen begleitete das Mädchen bis zum Versteck der Räuber, verrammelte das Mirderloch mit schweren Steinen und zündete vor dem Salzmisloch einen gewaltigen Haufen dürren Holzes an. So war das Ende der Räuberbande. Alois Herger, 40 Jahre alt, Isental Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Räuber auf dem Aenderberg

Source: Die Räuber auf dem Aenderberg

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Auf dem Aenderberg, dem Berghang auf der Schattenseite der obern Seegegend, waren einst zerstreuterweise kleinere und grössere, das ganze Jahr bewohnte Heimwesen. Die Bewohner wurden aber oft von herumstreifenden Räubern heimgesucht, weshalb sie sich dann in das Tal verzogen und dort, dem Wasser nahe, den Weiler Kienholz bauten. Im Widerberggut untenher der Axalp stand damals ein grosses Heidenhaus. Zwei Bauern wohnten in dem Haus, Vater und Sohn. Beide stark und bäumig wie Tannen, bebauten sie fleissig die Wiesen und Äcker, auf denen gar fettes Gras und schönste Frucht gedieh, und besorgten mit viel Geschick und Glück einen Viehstand, der nicht wenig Häupter zählte. Eines Tages strichen wieder, wie schon oft, die Räuber, sechs an der Zahl, im Aenderberg herum. Auf ihrem Zuge gelangten sie auch zu dem Hause der Widerbergbauern, umstellten es ganz kriegsgemäss, lockten die Bewohner heraus und wollten diese gleich zu Boden schlagen. Aber, ohä! Diesmal sollten sie an die Lätzen geraten sein! Mit harten Fäusten der Junge, mit einem ahorenen Knebel der Alte, hieben die Beiden auf die Kerle los, dass einer um den andern sein wacker Teil abbekam und in hellen Sätzen die Flucht ergriff. - Doch schon am andern Tage wieder trieben die Gesellen ihr Unwesen weiter, erschlugen im untern Aaretal den Bächlischwendibauer und raubten was in ihre Finger kam. Nicht gar viel später ging das schöne Heidenhaus im Widerberg in Flammen auf. Bei dem Brande schmolzen im Keller so grosse Mengen von runden gelben Käsen, dass davon ein heisser Bach über Land in das tieferliegende Gut, die Brau, hinunterlief. Manche meinen, die Räuber hätten das Feuer aus Rache gelegt. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Räuber im Pfynwald

Source: Die Räuber im Pfynwald

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Van Altum, ja das meini ich wol, bodu langost und langosti heigi im Pfynwald e Schelmobandi schich uifg'haltu, di allenthalbu ingibrochu, d'Lit bis uf's Lich und z'Leder ersuocht und sogar g'mirtot heigi. Ditz Lumpogizudol heigi oich e Fuorgeiss, e Hoiptmu g'häbet, der hei Peschol g'heisset, en grosse starche Wolletsch es Mannli, mit e num zerzuisotun Strubolgrind. Dische leid Zottol heigi einesti z'Leigg (Leuk) e so en Areta es Chind g'stohlu, es möge e so schini sibu Jahr g'habet ha, und si völlig es hibs Meitolti g'si. — Udla Buobu old Chinder z'erwischu hei di Diebobläger e scharpfi Nacht und e Chum g'habet. Diz arum g'stohlu Tschuto-Meitji hei miessu in der Hili blibu, und dum leidu Abgast Peschol bodu hibschli tuon, sich guot's und glibeinig's machu. — Deichet wie het dun armu Straffol, d's Chind ä sie blanget und wie wurd's derbi gipugetschot und ersiffinot ha! das Gott's liebi Zit! Na en em schupji Jahro; es mögünd mintwegu sibni sin g'sin, eimal dass d's Meitji, dem'sch Trini old Trintschi g'seit hend, afa si es Schnari, e stattliche Täfer, e Chlubja es Mensch g'si ist, wie's sus zu 14 Jahru het megu gigän, wesch schö frietigi sind, — so hei's zum Peschol prieggendo g'seit, ihm sigi es parer Malo hinderes anders gitromt, d'Eltru si totschwachi und da söllt er sus doch heim la. Der Werth vil heisch mu daruf frili nid g'habet; aber eimal heisch's sus, na langum Frigju und Frusku la ga, mit Vorb'halt, we's keiner ledigu Seel welle säge, wanna dass's chome; und de miesse's d'Nacht ga und d'Nacht cho und chenne eini uisblibu; bo so nu — « aber Trintschi» hensch mu g'seit «Gib Acht, Schieri bald! Sust hei der de Alli bald uisgegiwjot und erwiggot.» Bis dato hei Niemu chennu druf cho, wa d's Trini si uis und an cho; und wie d's verloru Zuisi z'Vatersch Gäscherna ingumpot het, hei sus bald Niemu meh b'chennt. O welli Freid und welli Wundrigi heisch g'habet! wie heind schus uis fischjot. Fer schis Versprächu nid z'brächu, so schnage's hinner dun Ofu und hei demu zuo g'hängertot: «Vier Ofu darf i's chlagu, du muost schwige wie ich. — Mich hend d'Mirder im Pfynwald g'stohlu und muoss z'rug in e Hili, wa i kei Sunna g'se. — Z'bercho sind d'Schelma nid, uiser fa 12 bis 1, de tientsch umha fuiletschu und vor der Hili schlafu; ich muossne da wache; ne luisu und schi vertöru. Nu diz Ding ist güot; dischi Zälleta het der Ofu nid alli mögu eleinig vertoiwu; oi d'Wänd hend har und dar Oigu und der Bodu Ohrini g'ha. — In der drittu Nacht sigi di Trina zerrug zer Mirderhili gangu, aber hei Erbisjini in die Posche gita und allerwego gizeterot. Es si no grad bi Zitu hei cho, wil und dä dass d'Stridja scho si gegrächoti g'si, fer druff los, we's nit wei cho. — Wils duo selber cho si, so heisch dum Tuitol-Meitji afa besser gitruwet. Aber d'Herru z'Leigg heigi oich vernoh, was dum Stubuofu si uisgitädrot, vorgiplugetschot und zuogebischmot wordu. — Dischi nid fuili und lingi und z'weg wie ufe Wolfruor — dun gizäterte Erbisjinu na. — Peschol hei noch uf d's Trinisch Schoos g'nepset. Aber wie der ersprungu, erschmiet und ergruinet sigi. Z'Si cho si's mu enanderna, was di G'sellschaft z'biditu hei. Dum Trini hetti er no gäru e Wieggleta gigä, dass es nime z'Fuoss hätti bruichu z'Leigg z'gah; aber er het nummu no Zit g'ha, mu e Stuck Huit uisum Chneiw z'bissu. D'Schelma hentsch alli zämu erwischt, an du Schattu g'fiert und fa rechtsch gerichtot und uf'gheicht. — Der Titschgol welis Gibusol da zemmu am Galgu giglangot het! — Aber eimal sindsch ab dum Weg cho. (Unterbächner-, Birchner-, Tischler-Dialekt, erzählt von Pfarrer Lehner)   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Räuber und das Mädchen mit der weissen Schürze

Source: Die Räuber und das Mädchen mit der weissen Schürze

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In einem Schloss lebten ein König und eine Königin, die hatten eine Magd. Eines Tages gingen der König und die Königin weg, und die Magd blieb allein zu Hause. Am Abend klopfte es an die Tür. Die Magd schaute oben aus einer Luke und fragte, wer da sei. Doch die unten wollten nichts sagen. Darauf schloss die Magd die Luke und dachte sich: «Die Eisentüren habe ich überall verriegelt, es kann niemand hereinkommen, deshalb habe ich keine Angst.» Dann ging sie in die Stube, nahm ein Buch und betete. Doch plötzlich hatte sie keine Ruhe mehr, und sie ging zum Tor hinunter und horchte, ob noch jemand draussen sei. Da packte sie ein Schreck, denn die draussen berieten, wie sie ein Loch in die Mauer brechen könnten. Die Magd überlegte sich: «Ja, wenn sie jetzt hereinkommen, so ist es gleich aus mit dir, doch wenn du noch etwas machen kannst, so sollst du es tun!» Sie ging hinauf und holte das Schwert des Königs und stellte sich neben das Loch, welches die Räuber herausgeschlagen hatten. Und die machten ab, jedesmal, wenn einer drinnen sei, so solle er sagen: «Drin!» Dies alles hörte die Magd. Jetzt stand sie neben dem Loch, und jedesmal, wenn einer den Kopf reinsteckte, so haute sie ihn ab. Sie zog die Leiche langsam herein und rief dann leise: «Drin!» So machte sie es mit vieren. Aber der Räuberhauptmann roch den Braten. Denn er hatte seinen Kumpanen befohlen, wenn alle vier drinnen seien, so müssten sie zusammen sagen: «Drin!» Dies konnte die Magd ja nicht tun, und der Hauptmann merkte, dass etwas faul war. Und er ging weg. Am andern Tag kehrten der König und seine Frau zurück, die Magd erzählte alles dem König, und der sagte, weil sie so tapfer gewesen sei, wolle er sie wie eine eigene Tochter halten. Die Magd war darüber sehr glücklich. Ein paar Tage später kam ein schön gekleideter Bursche zum König und fragte ihn, ob er ihm seine Tochter zur Frau gebe. Der König antwortete, das wolle er schon machen. Da sagte der Bursche, an dem und dem Tag solle sie auf sein Schloss kommen. Das Mädchen hatte keine so grosse Lust dazu, doch sie ging trotzdem am abgemachten Tag hin. Es war ein langer Weg durch den Wald bis sie zum Schloss. Zuerst kam sie in die Küche, dort war eine hässliche Alte, die kochte. Dann ging sie in die Stube, dort war niemand ausser einem Papagei. Der sagte zu ihr: «Schönes Mädchen mit der weissen Schürze, geh unters Bett, denn man hat dich hierher kommen lassen, um dich zu töten!» Sie machte, was der Papagei gesagt hatte, und kroch unters Bett. Nach einiger Zeit kamen drei Männer mit einer Frau. Am Anfang bedienten die sie hinten und vorne, dann töteten die Räuber die Frau. Zuerst schnitten sie ihr den Finger mit dem Ring ab, und der Finger spickte unters Bett. Da wollten die Räuber ihn hervorholen, doch der Papagei sagte: «Nein, geht nicht! Ich habe dort hingeschissen! Ich will ihn schon bringen!» Und der Papagei brachte den Finger mit dem Ring. Nachdem die Räuber die Frau grausam ermordet hatten, sagten sie: «Der andern, die heute kommt, wird es noch schlimmer gehen!» und machten sich auf und davon. Jetzt rief der Papagei: «Schönes Mädchen mit der weissen Schürze! Komm unter dem Bett hervor und geh schnell nach Hause!» Der Papagei gab ihr dann noch zwei Stück Brot und sagte, sie solle dies dem Hund und dem Bären füttern, denen sie begegne. Wenn sie es ihnen nicht gäbe, lärmten die derart, dass ihr die Räuber sogleich auf den Fersen wären. Das Mädchen steckte das Brot in den Sack, dankte dem Papagei und ging nach Hause. Unterwegs begegnete sie dem Hund, sie nahm eine Schnitte Brot aus der Tasche und gab sie ihm, da bellte der Hund nicht. Bald begegnete sie dem Bären. Ihm gab sie die andere Schnitte Brot, und der Bär liess sie vorbeigehen. Und sie kam gesund und munter zum Schloss des Königs. Hier erzählte sie, wie es ihr gegangen war. Darauf sagte der König: «Bleib nur ganz ruhig!» Eines Tages kam der Bursche dann wieder und fragte das Mädchen ganz wütend, weshalb sie nicht auf sein Schloss gekommen sei, wie sie versprochen habe. Das Mädchen wollte nicht mit der Wahrheit herausrücken und gab vor, ihr sei schlecht gewesen. Der Bursche hatte einen Kumpanen bei sich; jetzt wandte er sich an den und fragte, was so eine, die ihren Bräutigam betrüge für eine Strafe verdiene. Der Kumpan erwiderte: «So eine verdient, erdrosselt zu werden.» Dann fragte der König den Burschen selber: «Was würde so einer für eine Strafe verdienen, der heiratet, um seine Frau zu töten?» Der Bursche antwortete, so einen müsse man aufhängen. Und der König liess den Räuberhauptmann und seine Kumpane aufhängen.   Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Räuberbande im Wassnerwald

Source: Die Räuberbande im Wassnerwald

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1. Die Gotthardstrasse war nicht immer sicher zu begehen. Soldaten, die aus fremden Ländern heimkehrten, und anderes arbeitsscheues Gesindel verlegten sich auf das Räuberhandwerk. Namentlich war der finstere Wassnerwald in der Gemeinde Gurtnellen, der sich zwischen Meitschligen und Wyler fast eine Stunde weit ausdehnt, eine gefürchtete Gegend. Das Brüllen der Reuss und des Fellibaches übertönte jeden Hilf- und Jammerschrei eines Opfers. Eine Räuberbande von 48 Mitgliedern, soviel nämlich als Karten im Kaiserspielries1, bewohnte eine gutversteckte Höhle im Fellitobel nicht weit von der Fellibrücke und den einsamen Güetligaden an der Gotthardstrasse, hart an der vorüberfliessenden Reuss. Die Glieder der Bande benannten sich gegenseitig nach den Namen der Spielkarten: Schallä-Joos, Blass, Schiltä-Sü, Mugg usw. Bei der Fellibrücke spannten sie nachts Seile oder Draht über die Strasse und befestigten Schellen daran oder legten Fallen, und die Leichen ihrer Opfer warfen sie in den Fellibach oder in einen Gunten der tosenden Reuss, daher die Namen Fellibach, Fellital, Fellenen. Die kostbarsten Postsachen musste der Hansli Metzger von Wassen über den Gotthard spedieren. Er war den Räubern schon längst bekannt, und es fehlte nicht an Nachstellungen, um ihn zu fangen; aber noch immer war er ihren Schlingen entgangen. Er lachte ihrer nur, und die Bande wurde ganz erbost über ihn. Er wusste auch, dass sie im Güetligaden »ä wiätigä Hüffä Gäld« versteckt hatten. Eines Abends, da die Bande ausgeflogen, stellte er sein weisses Rösslein in den Untergaden, dessen Türe damals gegen die Strasse gewendet war (heute umgekehrt gegen die Reuss), er selber legte sich in den Obergaden, um die Räuber zu tratzen, und deckte sich mit einem Laden. Im Laufe der Nacht kamen diese zurück, aber immer nur ganz wenige auf einmal;[9] den Hansli hielten sie in der Dunkelheit für einen der ihrigen. Nachdem alle achtundvierzig angekommen und den neuen Raub dem alten Geldhaufen beigesellt hatten, legten sie sich schlafen. Als alle schnarchten, stand Hansli auf. »Wer da?« rief einer der Räuber. Der unerschrockene Hansli, mit den Namen und Gewohnheiten der Bande vertraut, antwortete: »D'Schallä-Sü (ds Schallä-Nyni) müess üff ga tschodärä.« Zum Glück schlief diese fest, sonst wärs um den Verwegenen geschehen gewesen. Dann packte er das Geld der Räuber, legte im Untergaden und auf der Bsetzi Decken und Mäntel auf den Boden, nahm sein Rösslein heraus und bestieg es auf der Strasse. »Der Hansli Metzger midem grossä Gäldgurt isch da, wenn-er eppis vonem wennt!« rief er noch höhnisch zum Heutor hinauf und sprengte aus Leibeskräften davon. Die Rotte erwachte, und wie ein Bienenschwarm, der Schallä-Joos voran, stürmte sie zum Tor hinaus. Auf der Leiter strauchelte der Schallä-Joos, fiel und brach sein rechtes Bein, wie man das noch heute auf den deutschen Karten sehen kann. Doch raffte er sich auf, und hinkend folgte er noch eine ganze Strecke weit seinen Gesellen nach. – »Syg nu ä ganzä Stuck nachäg'hilpet«. – Im Schluchenkehr unterhalb Wassen beim »gezeichneten Stein« erreichten die schnellsten der Räuber den Hansli, und in dem Augenblick, da dieser über einen Trämel, der im Wege lag, setzen wollte, packte der Schiltä-Joos den Schwanz des Pferdes bei den Haaren. Aber wie der Blitz wendet sich Hansli Metzger um, mit einem kräftigen Schwerthieb haut er seinem eigenen Tier den Schweif ab, und der Schiltä-Joos stolpert über den Trämel und fällt auf die Nase, den Pferdeschweif fest in die Hände gepresst. Zum ewigen Andenken daran hält auch heute noch der Schiltä-Joos im Kartenries ein Schwänzchen im Maul. Der Reiter aber musste sein Tier in des Teufels Namen antreiben und sprengen, und als er zu Hause ankam, fiel das Rösslein tot zusammen. Die Bande hatte einmal im Kanton Wallis ein Mädchen gefangen und es gezwungen, ihnen die Hausordnung zu machen. Es war einem der vier Ober zur Gattin bestimmt. Oft musste es nach Wassen oder Amsteg gehen, um Lebensmittel zu holen. Da verriet es endlich die Räuber, wie einige Erzähler sagen, beim Pfarrer und verabredete mit den Leuten, es wolle ihnen den Weg zur Räuberhöhle durch Krüsch oder Sagmehl kenntlich machen. Das Mädchen tat es, die Leute[10] folgten den Spuren, und zur genau bestimmten Stunde erschienen sie vor der Höhle, als die Räuber gerade beim Nachtessen sassen; es war 7 Uhr abends. Das Mädchen hatte sich noch rechtzeitig unter dem Vorwand, es müsse die Notdurft verrichten, hinausgemacht. Die Öffnung der Höhle war rund wie ein Wellchessi und so klein, dass nur je ein Mann auf einmal hinaus- und hineinschlüpfen konnte. Die Belagerer riefen hinein: »So jetz, wenn-er Fiddlä (d.h. Mut) hennt, sä cheemet!« Ein Räuber nach dem andern erschien in der Öffnung, und jedem wurde der Kopf abgeschlagen und der Rumpf herausgezogen, bis das ganze Ries getötet war. Von diesen Räubern, so sagte man früher in Wassen und Göschenen, stammen die Ursner ab. Hans Tresch u.a. 2. Da lebte ein Jost Gerig von Wassen; der war in Gericht und Rat und ritt infolgedessen oft durch den Wassnerwald und zwar immer auf einem weissen Rösslein. Einmal wurde er von Nacht und Unwetter überrascht, stellte sein Reittier unten in den Güetligaden hinein und stieg dann in den Obergaden hinauf, wo er sich legte und mit einer Türe deckte. In der Nacht kamen die Räuber. »Ich rieche Christenblut«, brüllte der Häuptling, und einer aus ihnen steckte sein Sackmesser in die Türe, unter welcher Jost sich still hielt. – Är heig nit mutz und nit cheus 'ta. – Als er glaubte, sie schliefen, stand er hibschli auf und ging auf das Heutor los. Da rief einer: »Wer da?« und Jost antwortete: »D'Schallä-Sü müess üff ga brunzä«. Dann stieg er über die Leiter hinunter, legte ganz schlau seinen Mantel auf den Boden und führte geräuschlos sein Pferd auf die Strasse. Den Mordgesellen rief er noch lachend zu: »So, jetz goht der Jost Gerig!« Er war ihnen bekannt und verhasst. (Flucht und Verfolgung etc. wie oben.) Die Bande raubte ein Kind und zog es auf. Aber nicht alle Mitglieder waren damit einverstanden, denn sie fürchteten Verrat. Das Kind wurde in Amsteg, wo es oft Nahrungsmittel holte, ausgefragt, und die Bande wurde entdeckt. Jetzt machten sie einander Vorwürfe wegen des Kindes, aber es nützte nichts, es war zu spät. (Von einem einzigen Erzähler aus Wassen.) a) Dass das Rösslein weiss war, wurde mir unter vielen nur von zwei Erzählern gesagt. – Als Ursache, warum Hansli Metzger im Güetligaden einkehrte, wird fast häufiger Nacht[11] und Ungewitter angegeben als Mutwillen oder die Begierde nach dem Geld der Räuber. – Die Leute rollten ein Fass mit Dynamit in die entdeckte oder verratene Höhle und töteten so die Räuber. Das dürfte wohl eine ziemlich junge Erzählart sein. – Moser-Hänsli statt Hansli Metzger (vgl. Archiv XV S. 79) muss als falsch bezeichnet werden. b) Etwas anders erzählt Dr. Lusser in seinem Manuskript: »Chum nu het er si gmacht unders Heu, so chämet die Schelmä – Mit enem g'stohlenen Ross, samt Sattel und Geld nu beladen. Sie erzählet enand, was sie tha und machet Apell jetzt. Einä heisst Schalläjos, Schiltäsu, der dritt Eichläkeiser, Und einä heisst Rosäking, Schallädry, Schiltäjos und so witer. Druf chömet all uf's Heu, doch keinä vo allä g'seht Hansli. Hansli, der schwygt si schier z'tod und meint, es nochi sys Stündli. Jetzt, wo die Mürder alli im Schlaf, schlycht Hansli vo dannen, Nimt nä das Ross und Geld, rieft lut: »Schellenjos ryttet wyters«. Sprengt im Gallop, und d'Räuber, die mögetä nimmä erwüschen. Druf het's der Hansli azeigt, und g'fangä het mä die Diebä. Fry isch der Pass und sicher der Wald, das dankt mä dem Hansli«. c) Die Höhle der Räuber fand sich auf dem Breiten-Wasen hinter der Fellitobelbrücke. Um dieser Räuber willen säumte man damals vom Intschitobel über die Raine, über Hohnegg, am Hohneggstein vorüber, über Richligen und Gurtnellen und kam erst im Wyler wieder in das Tal hinunter. Das Mädchen, das die Räuber angenommen hatten, verriet die Bande, indem es die Höhle mit einem roten Tüchlein kennzeichnete. Die Leute machten einen riesigen Scheiterhaufen vor der Höhle und zündeten ihn an, so dass die Räuberbande erstickte. Joh. Jos. Walker, Heeräbiechler. Fußnoten 1 Bei diesem werden nämlich, wenn auch nicht notwendig, die Fünf, Vier und Drei auch beigezogen. Übrigens zählte ein Ries ursprünglich 56 Karten mit Einschluss der Zwei und Eins. Vielleicht ist also diese Zahl gemeint. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Raupenplage

Source: Die Raupenplage

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Auf den Arnibergen trieb sich einst ein fremdes Manndeli herum, ein ganz geringes Manndeli, nur so ein Tschumeler, man hätte meinen sollen, er wäre für nichts und wieder nichts, nid amal fir-ä blawä Hüestä. Bei einer Familie, die gerade bei drohendem Wettersturz dürres Heu einheimste, trug er seine Hilfe an. »Ja, a diär hätte-m'r etz scho nu ä rächtä Ghilfä«, meinten die Leute, spotteten und höhnten seiner, und der Unbekannte marschierte gemächlich davon. Mit einer Hand machte er allerlei Manöver; es schien, als ob er etwas über die Bergwiesen säen würde. Nach einigen Tagen zeigte sich auf selben eine unsagliche Masse Graswürmer; hoch war das Gras von ihnen bedeckt und in kurzer Zeit kahlgefressen. Man hörte das gierige Ungeziefer förmlich fressen und nagen. Fr. Jauch-Bissig, 62 Jahre alt, Silenen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Raute und Sankt Johannesblume

Source: Die Raute und Sankt Johannesblume

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Die Raute ist neun Klafter tief in die Erde hinein gesegnet. Als nämlich die Mutter Gottes ihre erste „Monatsrose" bekam, hat sie's unter einen Rautenstock verborgen. Daher seine Segenskraft. So erzählte eine Frau aus der Gegend von Willisau. - Wohl bei allen Weihekräutern musste auch die Raute vertreten sein.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Die Rechentafel im Gemeindehaus

Source: Die Rechentafel im Gemeindehaus

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Es ging einst die Sage in Törbel: So oft ein Vorsteher sterbe, so melde er sich in der Nacht von zwölf Uhr bis zu Betenleuten am Morgen im Gemeindehaus durch Brodzählen und Geräusch, als wenn die Gemeinderechnung stattfinde. Einst war abermals ein Vorsteher krank. Ein Bauer fragte den Pfarrer Zehnhäusern: «Was meinet ihr, kommt der Mann wohl davon, oder wird er sterben?» — «Er stirbt noch nicht», erwiderte der Pfarrer, «denn ich habe die Rechnungstafel im Gemeindehause unter mir noch nicht gehört.» — Und wirklich er starb diesmal noch nicht — sondern erst später.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die redenden Haustiere

Source: Die redenden Haustiere

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Weitverbreiteter Volksglaube behauptet, in der Heiligen Nacht, da unser Heiland im armen Stall geboren ward, erhielten die Haustiere die Gabe zu reden. Der Anlass zu dieser Auffassung mag darin seine Begründung haben, dass in der ersten Christnacht die unvernünftigen Tiere das Christkind beherbergten, während die vernunftbegabten Menschen es hartherzig von sich stiessen. Ein Bauer nahm sich vor, dem Gespräche seiner Kühe zu lauschen. In der Christnacht schlich er auf den Heuboden. Dort stellte er sich an die Öffnung, durch welche im Winter das Heu in die Futterkrippe hinabgeworfen wird. Da hörte er auf einmal im Stalle eine Stimme fragen: „Wo ist der Bauer?“ „Auf dem Heuboden“, antwortete eine zweite. Die dritte fuhr wehmütig fort: „Noch diese Woche muss ich ihn auf den Friedhof führen.“ Es war das treue Pferd, das so sprach. Dem Bauer gab es einen Stich ins Herz. Ohnmächtig fanden ihn seine Knechte am nächsten Morgen auf dem Boden und legten ihn ins Bett. Drei Tage später verschied der Kranke, nachdem er noch den Seinigen das Gespräch der Tiere mitgeteilt hatte. * Einem andern Bauer erging es besser. Er schlich sich in der Heiligen Nacht hinaus in die Futtertenne. Um Mitternacht, als es im Dorfe zur Christmette läutete, hielt er das rechte Ohr an ein Astloch der Bretterwand, welche Tenn und Stall trennte. Hier bekam er alsbald Merkwürdiges zu hören. Die Blesskuh begann: „Wenn unser Bauer wüsste, welches Glück ihm bevorsteht!“ Die Schwarzscheckige fragte: „Was für eins?“ Die andere gab zur Antwort: „Im Mai bekommt er den Stammhalter, nach dem er sich schon lange sehnt.“ Und der Hahn krähte: „Ich weiss auch etwas. Drunten in der Wiese liegt ein Schatz.“ Hinten im Verschlag meckerte die Ziege: „Wenn die Bäuerin wüsste, welchen Weg ihre Eier und ihre Butter nehmen!“ - „Wohin gehn sie denn?“ fragte neugierig ein Schaf. „Die Eier verkauft die Köchin heimlich und kauft sich dafür schöne Kleider“, erwiderte die altkluge Ziege und schüttelte dabei unwillig ihren braunen Kinnbart. „Die Butter nimmt der Knecht und bringt sie sonntags seinen Geschwistern. Mit dem Erlös kauft er sich Tabak und Branntwein.“ Der horchende Bauer hatte genug und nahm sich das Gehörte zu Herzen. Er sagte keinem Menschen ein Sterbenswörtlein davon, nicht einmal seiner Frau. Nach den Feiertagen aber wunderten sich die Dienstboten, warum wohl der Bauer auf einmal so neugierig im Stall und in der Küche herumspürte. Als das Frühjahr anbrach, nahm der Bauer Spaten und Hacke und grub in seiner Wiese nach. Sein Suchen blieb nicht ohne Erfolg. Im sumpfigen Boden stak ein Meter tief eine blecherne Schachtel. Als er sie öffnete, waren lauter Taler und Gulden darin, die dem Schatzgräber halfen, seine Schulden zu bezahlen. Den Schatz hatte ein Vorfahre in den Franzosenkriegen aus Furcht vor Raub in diesen sicheren Gewahrsam gebracht. Als im Mai die Kirschbäume blühten, klapperte eines Morgens Gevatter Storch über dem Bauernhause. Drinnen im blumenbemalten Bauernbett lächelte glücklich die Bäuerin, denn in ihren Armen lallte ein kräftiges Büblein seine ersten Laute in die Welt. Da konnte sich der Vater vor Freude nicht mehr halten. Er erzählte der staunenden Frau, was er schon seit der letzten Christnacht gewusst. Die Blesskuh und die Schwarzscheck, kurzum alle Haustiere, hatten sich in der Folge nicht zu beklagen. Sie wurden von ihrem Herrn gut gefüttert und behandelt. Nur die alte Geiss brummte etwas Unverständliches in ihren Bart, wenn der kleine Franzeli sie zu arg an ihren zottigen Haaren riss oder sich an ihre Hörner hing. P. Nikolaus Bongard   Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch    


by Die redenden Haustiere

Source: Die redenden Haustiere

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Ein weitverbreiteter Volksglaube behauptet, die Tiere könnten reden in der Heiligen Nacht, da unser Herr im armen Stalle geboren wurde. Eine Begründung hiefür mag darin zu finden sein, dass in der ersten Christnacht die unvernünftigen Tiere das Jesuskind beherbergten, während vernunftbegabte Menschen es hartherzig von sich stiessen.   a) Ein Zuger Bauer nahm sich vor, dem Gespräch seiner Kühe zu lauschen. In der Christnacht schlich er sich auf den Heuboden. Dort stellte er sich vorsichtig an die Öffnung, durch die im Winter das Heu in die Futterkrippe hinabgeworfen wurde. Da hörte er auf einmal im Stall eine Stimme fragen: «Wo ist der Bauer?» Auf dem Heuboden», antwortete eine zweite. Die dritte fuhr wehmütig fort: «In drei Tagen muss ich ihn auf den Friedhof führen.» Das war das treue Ackerpferd, das so sprach. Dem Bauer gab es einen Stich ins Herz. Ohnmächtig fanden ihn seine Knechte am andern Morgen und legten ihn ins Bett. Drei Tage danach starb der Kranke, nachdem er den Seinen noch das Gespräch der Tiere mitgeteilt hatte.   b) Einem Freiburger Bauer ging es besser. Er schlich sich in der Heiligen Nacht hinaus in die Futtertenne. Um Mitternacht, als es im Dorfe zur Christmette läutete, hielt er das rechte Ohr an ein Astloch der Bretterwand, welche Tenne und Stall trennte. Hier bekam er alsbald Merkwürdiges zu hören. Die Blesskuh begann: «Wenn unser Bauer wüsste, welches Glück ihm bevorsteht!» Die Schwarzscheckige fragte: «Was für eins?» Die andere gab zur Antwort: «Im Mai bekommt er einen Stammhalter, nach dem er sich schon lange sehnt.» Und der Hahn krähte: «Ich weiss auch etwas. Drunten in der Wiese liegt ein Schatz.» Hinten im Verschlag meckerte die Ziege: «Wenn die Bäuerin wüsste, welchen Weg ihre Eier und Butter gehen.» «Wohin gehen sie?», fragte neugierig ein Schaf. «Die Eier verkauft die Köchin heimlich und kauft sich dafür schöne Kleider», erwiderte die altkluge Ziege; dabei schüttelte sie unwillig ihren braunen Kinnbart. «Die Butter nimmt der Knecht und bringt sie sonntags seinen Geschwistern. Für den Erlös kauft er sich Tabak und Branntwein.» Der horchende Bauer hatte genug und nahm sich das Gehörte zu Herzen. Er sagte keinem Menschen ein Sterbenswörtchen davon, nicht einmal seiner Frau. Nach den Feiertagen wunderten sich die Dienstboten, weshalb der Bauer auf einmal so neugierig im Stall und im Garten herumspürte. Als das Frühjahr anbrach, nahm der Bauer Spaten und Hacke und grub in seinem Acker nach; sein Suchen blieb nicht ohne Erfolg. Im sumpfigen Boden stak, ein Meter tief, eine blecherne Schachtel; als er sie öffnete, waren lauter Taler und Gulden darin, die dem Schatzgräber halfen, seine Schulden zu bezahlen. Den Schatz hatte ein Vorfahre in den Franzosenkriegen aus Furcht vor Raub in diesen sicheren Gewahrsam gebracht. Als im Mai die Kirschbäume blühten, klapperte eines morgens Gevatter Storch über dem Bauernhause, drinnen im blumenbemalten Bauernbett lächelte glücklich die Bäuerin; denn in ihren Armen lallte ein fesches Büblein seine ersten Laute in die Welt. Da konnte sich der Vater vor Freude nicht mehr halten. Er erzählte der staunenden Frau, was er schon seit der letzten Christnacht gewusst. Die Blesskuh und die Schwarzscheck, kurzum alle Haustiere, hatten sich in der Folge nicht zu beklagen. Sie wurden von ihrem Herrn gut gefüttert und behandelt. Nur die bejahrte Geiss brummte etwas Unverständliches in ihren Bart, wenn der kleine Franz sie zu arg an ihren zottigen Haaren riss oder sich an ihre Hörner hing.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Regenfrau

Source: Die Regenfrau

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Nordöstlich von Liedertswil erstreckt sich der steile Steinenberg. In seinem östlichen Ende liegt die Waldwiese «Einschlag», die jedem Spaziergänger, einen eigenartigen, fast geheimnisvollen Eindruck macht, sei es durch ihre tiefe Stille, sei es durch ihre Abgeschiedenheit im Waldrahmen. Rehe und Hasen waren früher dort nicht selten.  An gewissen Morgen oder Abenden erschien daselbst eine seltsame grosse Frauengestalt in grauem, mantelartigem Gewande. Den Kopf halb verhüllt und tief gesenkt, schritt sie über die Matte zwischen den Obstbäumen auf und ab, als ob sie etwas suche, und seufzte leise. Dann ging sie zögernd bis ans Ende des «Einschlag», von wo man den Langackerhof sieht, beugte sich dreimal langsam zur Erde, stieg nun links hinauf gegen das Titterterfeld und war plötzlich nicht mehr sichtbar. Allemal nach ihrem Erscheinen wurde der Himmel trübe; graue, schwere Wolken überzogen ihn und Regenwetter stellte sich ein. Die alten Leute vom Langackerhof haben sie wiederholt gesehen, die «graue Frau». Der Erzähler vernahm als Büblein davon und ging selten allein in den Einschlag. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch    


by Die reiche Familie Werra

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Einen ungeheuren Reichtum soll diese Familie besessen haben. Der ganze Leukergrund gehörte ihnen. Einst liessen sie den Rotten entlang eine Mauer bauen. Diese war so breit, dass sie mit einem Zweispänner drüberfahren konnten. Jeden Abend teilten die Werra den Lohn aus; sie brachten das Geld in einer ,Stossbäru‘. LEUK Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die reichen Landenberger

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Die reichen Landenberger Die Breitenlandenberger mussten reiche Herren gewesen sein. Man erzählt sich, dass täglich 70 Personen sich in seidenen Handschuhen an die reich besetzte Tafel gesetzt haben. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Stutz, S. 202   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die reichste Frau im Land

Source: Die reichste Frau im Land

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»Was fehlt mir noch zu meinem Glück? Was fehlt mir denn noch mehr? Soweit ich sende meinen Blick Ist Alles Mein umher: Vom Tale bis zur Gletscherwand, Allüberall bin ich bekannt, Die reichste Frau im Land. –   Die melchsten Kräuter sprossen hier, Die schönste Heerd\' ist mein, Dreimal des Tages bringt man mir Die reinste Milch herein: Vom Tale bis zur Gletscherwand, Allüberall bin ich bekannt, Die reichste Prau im Land. -   Und steig ich nieder in das Tal, Dann trete keck ich vor; Scheu steh'n sie ferne allzumal, Und flüstern sich in's Ohr: Vom Tale bis zur Gletscherwand, Allüberall ist sie bekannt, Die reichste Frau im Land.«   Da sieh' da wankt ein armer Mann Ermattet durch die Au; Kaum dass er noch sich halten kann, Und fleh'n zur reichen Frau: »O, gebet mir ein Stücklein Brod; Errettet mich aus grosser Not, Errettet mich vom Tod! «   »Was woll’t ihr denn? Was ficht euch an? Was soll’s nun wieder sein?» »O Frau! … der Tod! … ich armer Mann, Erbarmt, erbarmt euch mein!« »Fort, fort! Woll’t ihr jetzt gehen gleich?« »O gebt! Ihr habt’s, ihr seid so reich!« »Geh’t! Nichts hab‘ ich für euch!«   Der Bettler wankte klagend fort, Zur Hütte arm und klein, Die unten stand, nicht weit vom Ort; Schnell lud der Senn ihn ein: »Komm’t, armer Mann, ihr scheint so matt; Dank dem, der mir’s gegeben hat! Kommt, kommt und ess’t Euch satt.«   »Wohl dir, du acht’st mich nicht gering, Ich will dir dankbar sein!« Und ging fürbass, und wie er ging Umfloss ihn heller Schein; Die Wolken kamen und dienten ihm, Die Bergesspitzen neigten sich ihm, Ihm sangen Cherubim.   Auf jenes armen Sennen Flur, Da schoss das schönste Kraut, Selbst Felsen schwanden ohne Spur, Vom Rasen überbaut; Doch auf der Alp der reichen Frau, Da blitzen Flammen, rot und blau Hervor aus grüner Au. –   Die Blumen, Kräuter sind verbrannt; Dort starren weit und breit Jetzt Felsenblöcke in das Land In öder Traurigkeit. Die Herrin selbst entrann dem Brand; Sie nahm den Bettelstab zur Hand, Die reichste Frau im Land.   Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Reifensteinjungfer

Source: Die Reifensteinjungfer

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Einst kam ein armer Jüngling gegen die Reifensteinfluh. Plötzlich stand er vor einem Brunnen, auf dessen Rand eine schöne Jungfrau sass. Sie bat ihn, er möge ihr langes, goldhelles Haar kämmen. Der Jüngling nahm den Kamm zur Hand, um ihrem Wunsche zu willfahren. Doch kaum hatte er die Arbeit begonnen, als sich die Haare in Schlänglein verwandelten. Erschrocken liess der Jüngling den Kamm fallen und trat einige Schritte zurück. Da sprach die Jungfrau traurig: «Wenn du mich fertig gekämmt hättest, so wäre ich erlöst und du wärest nun unendlich reich. Es wird hier eine Tanne wachsen, und aus ihr wird eine Wiege gemacht, und das erste Kind, das darin liegt, wird mich erst erlösen können». Drauf verschwand sie. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Die Reifensteinkutsche

Source: Die Reifensteinkutsche

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Zur Seite des Kirchweges, welcher von Titterten nach Reigoldswil führt, erhebt sich auf einem zackigen Felsen die Burgruine Reifenstein in romantischer Lage. Da mag vor Jahrhunderten ein frohes Leben in den Mauern gewesen sein. Aber die Zeiten ändern sich. Der Zahn der Zeit nagte übel an der ehemaligen Ritterwohnung. Aller Glanz und alle Herrlichkeit sind dahin. Und doch kann man zu gewissen Zeiten dort noch gar Sonderbares sehen. Wenn am Himmelsgewölbe sich Wolken türmen und der Allmächtige von oben das Land wässern will, fahren aus den Mauertrümmern Fräulein und Ritter in feurigem, sechsspännigem Wagen gen Himmel. Das ist eine hehre Pracht. Alles glänzt und glitzert und funkelt wie köstliches Edelgestein. Aber sie ziehen nicht als Selige in die paradiesischen Gefilde des Himmels ein zur ewigen Ruhe. Nachdem sie eine Zeitlang unter dem Himmelszelt dahin gefahren sind, kehren sie wieder in die Burgruine zurück. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Die Reiter

Source: Die Reiter

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Ze Rotigo bereiteten einst im Herbst zwei Männer Rebstecken. Sie arbeiteten in einer ältern Hütte. Zufällig schaute einer von ihnen am Vormittag zum Fenster hinaus und schrie: «Gsich, jetzt kommen da drei Reiter in ganz alten Trachten mit Rossen!» Sie ritten gegen die Hütten und den Färrich. Plötzlich verschwanden sie den Männern aus den Augen und wurden nicht mehr gesehen. Das erlebte der Eugen Pfammatter selbst. Ein Mann, der mit in der Hütte war, sah es auch. EMS Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Reiter von Gafertschinken

Source: Die Reiter von Gafertschinken

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Im Simmental, nicht allzu weit vom vieh- und weidenreichen Dorfe Erlenbach liegt an der Berghalde, in Dorn und Gestrüpp verborgen, zerfallenes Gemäuer. Es ist das letzte Wahrzeichen, welches davon zeugt, dass hier einst die Burg der Herren von Gafertschinken gestanden hat. Keinen Namen ihres Geschlechts nennt die Geschichte. Dennoch halten diese alten Talherren noch heute das Land in Schrecken. Wenn an den Bergen sich dräuend Gewölk sammelt und unten im Tal an den Hecken die schwarzen Schnecken erscheinen, wenn gegen die Nacht hin das Hauri seine Klagelaute durchs Tal erschallen lässt, dann flüchtet unter das sichere Dach, wer draussen im Freien ist. Selbst das Vieh wird unruhig und rennt wie rasend der sicheren Behausung zu. "Die Tschinggenreiter kommen", heisst es dann. Um Mitternacht sieht man über den Felsen hoch zu Ross einen Ritter im feuerroten Mantel erscheinen. Hastig nimmt er von seiner Hüfte ein gewaltiges Horn und bläst dreimal darein. Darauf erhebt sich ein Mark und Beine durchdringendes Geschrei. Der Sturmwind braust daher und weht selbst die stämmigsten Tannen nieder, Marchsteine fliegen in der Luft herum, in den Felsen kracht und poltert’s so fürchterlich, als tobte die blutigste Schlacht. Jetzt setzt sich ein gespensterhafter Zug in Bewegung, voran der rote Reiter mit glühendroten Augen. Der unheimliche Tross zieht unter dem Geheul der Lüfte zum höchsten Zahn des Gebirges. Beim Rosengarten hält er. Jetzt beginnt ein wahrer Höllenlärm. Die nächtlichen Reiter dringen mit Speer und Spiess auf die Felsen ein, brechen grosse Klötze daraus und werfen sie mit furchtbarer Wucht durch die Rinnen des Gebirgs in das Tal hinab. Wenn während dieses schrecklichen Getöses ein Blitz plötzlich die Gegend erhellt, sieht man im Scheine da und dort die Trabanten der Reiter warten. Erst wenn der Morgen ins Tal zieht, verschwindet der grausige Zug. Im Dämmerlichte kann man noch die letzte der Spukgestalten entfliehen sehen, einen schwarzen Rappen und auf demselben hochflatternd ein Mantel, von welchem nicht zu sagen ist, ob er einen der Ritter umhüllt. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Die rettende Gabe Gottes

Source: Die rettende Gabe Gottes

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1. a) Einige Schattdorfer begaben sich in das Haus im untern Hof, um dort um eine Nidel zu spielen. Als sie auf dem Wege dorthin in das Häuslein auf dem Halbenstein hineinschauten, sahen sie darin ein altes Maitli mit einem altertümlichen Häubchen auf dem Kopf am Rade sitzen und spinnen. Das kam ihnen so kurios vor. Als sie so etwa um zehn Uhr herum ihr Spiel vollendet hatten, hiess es: »Wer will jetzt zum Tellen hinauf gehen und dort Brot holen?« Keiner anerbot sich, weshalb sie das Los zogen. Es traf den Haldiger Toni, einen frechen Burschen, und einen Walker. Sie kamen zum obgenannten Häuschen, und da meinte der Toni: »Wart, dem Guschi wil-i ds Hybbli scho appätüe!« und stupfte mit einem Rütchen durch das Schiebfensterchen hinein, zog dem Maitli das Häubchen über den Kopf herunter und machte sich schleunigst davon. Als die beiden Burschen mit dem Brot zurückkehrten, stand das Guschi auf dem Halbenstein unter der Haustüre, schaute sie bös an, packte zwei hämpflige Steine und zerrieb sie, indem es ihnen zurief: »Wenn nitt jedä von ych äs Brot biën-em hätt, sä tät-ich zerrybä wië dië Stei!« – »Ds Brot isch halt ä Gab Gottes,« fügt der Erzähler hinzu, und eine Schächentalerin ergänzt: »Ds Brot isch alles gsägnets.« Karl Gisler, Schattdorf, 45 J. alt. b) Zu dem Firstkämmerchen des uralten seit Jahrzehnten abgebrannten Bauernhauses in der Steinermatte am Gangbach zu Schattdorf schaute nachts nicht selten ein altes Weibsbild heraus. Einige Nachtbuben erlaubten sich den Scherz, mit einer Latte nach seinem grossen, altmodischen Strohhut zu stupfen. Dann gingen sie ins Haus hinein und erlustigten sich am Kartenspiel. Später musste einer von ihnen Proviant holen, und auf dem Rückwege vom Dorf begegnete ihm auf dem Halbenstein ein altes Guschi, das sich an ihn heranmachte und ihn herumstiess. Doch konnte es ihm nichts anhaben. Um es zu vertreiben, legte der Bursche das Brot, das er unter dem Arme trug, beiseite, merkte aber sofort, dass das »lätz« wäre, und hob es rasch wieder auf. Das Gespenst, oder was es gewesen sein mag, schnerzte noch chybig: »Wenn nitt ds Brot biën-d'r hättisch, so hätt-i G'walt, dass di chennt z'Huddlä und z'Strämpä v'rzehrä,« und verschwand. c) Nach anderer Erzählart packte das Weibsbild den Burschen sofort, nachdem er das Brot abgelegt, und warf ihn über die Mauer in den »Hof« hinüber, wo er am nächsten Tage erst spät halbtot, mit blutigem Schaum um Mund und Nase, aufgefunden wurde. Das Weiblein aber rief dem Burschen, als er drunten lag: »Wenn d' nitt nu äs Breesmäli im Sack hättisch, hätt-i G'walt, dich z'teedä.« d) Das Gespenst war das »Rystätunggeli«. »Wenn ds Brot nit abgleit hättisch, hätt-i kei Gwalt iber di g'ha.« Cäcilia Gisler-Walker; Frau Wipfli-Herger u.a. 2. Ein Seelisberger Bursche holte öfters spät am Abend noch Brot in einem Laden nahe bei der Kirche und trug es gewöhnlich unter dem Arm heim. Bei einem Stapfetli griff ihn fast jedesmal so ein Wäuti an, er wusste nicht, ob Mannen- oder Weibervolk, und begann mit ihm zu hoslen. Doch wurde es ihm nicht Meister. Als er endlich daheim davon erzählte, rieten ihm die Seinigen: »Da wett-i etz doch nu lüegä! Stell dü ds Brot ab und probiër dü einisch äsoo!« Aber jetzt warf ihn das Gespenst beim ersten Angriff zu Boden, dass er von Sinnen kam und lange bewusstlos liegen blieb. Jos. Maria Aschwanden, 60 J. alt. 3. Ein altes Meitli in Isental, ds Scharoni genannt, pflegte noch zu Menschengedenken stets ein wenig Brot im Sack bei sich zu tragen, das sei gut gegen alles Böse und gegen allen Zauber. – Manche behaupten, es müsse St. Agatha-Brot sein. (Maderanertal.) Hans Aschwanden, 50 J. alt. 4. Ich war auf der Föhnenwacht in Altdorf. Wie ich um die Mitternachtsstunde zur hintern Kirchtüre gelangte, begegnete mir ganz plötzlich ein Gespenst, das in weisse Tücher eingehüllt war und Feuer gegen mich spie. Man kann sich denken, wie ich erschrak! Es musterte mich mit giftigen Blicken, riss dann einen Stein aus der Bsetzi, zerrieb ihn zwischen den Händen zu feinem Pulver und herrschte mich an: »Wenn d'nit ä Gab Gottes im Sack hättisch, tät-di zerrrybä wië der Stei!« Dann verschwand es. Als ich meine Taschen untersuchte, fand ich ein Stücklein Brot. So erzählt ein etwa 60jähriger Mann von Altdorf. J. Zurfluh Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Rettung des heiligen Kreuzes

Source: Die Rettung des heiligen Kreuzes

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Als im Jahr 1642 am heiligen Ostertag das Dorf Schwyz in hellen Flammen stand und jedes Gebäude von dem fürchterlichen Elemente verzehrt wurde, war oberhalb der Pfarrkirche von Schwyz eine Kapelle, genannt das heilige Kreuz, ebenfalls der Gefahr ausgesetzt. Unter der Menge Menschen, die zum Retten bereit waren, war auch ein frommer und gottergebener Mann, Büeler. In allem Eifer, so viel als möglich retten zu können, erinnerte er sich dieser Kapelle. Schnell, selbst nicht das eigene Leben schonend, eilte er dahin, um das Bild des Heilandes am Kreuze zu retten. Schon hatte er den ersten Schlag mit dem Hammer auf die Nägel getan, um dieselben heraus zu nehmen, da erhob sich das mit Dornen gekrönte Haupt und sprach: „Was begehrt mein Knecht? Eile zu andern, um ihnen zu helfen, denn für mich und für diese Gnadenstätte will ich schon sorgen." Jetzt neigte sich das Haupt und die Augen waren wieder geschlossen. Der Edle aber ging getrost von dannen, um andern hülfreiche Hand zu bieten. Wirklich geschah es so, wie das Bild gesagt hatte, denn alle Gebäude wurden vom Feuer vernichtet, und nur die leicht gebaute hölzerne Kapelle blieb unversehrt.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Die Riesen

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Vor gut einem Menschenalter lebte im Gebirgsdorfe Plasselb ein Mann von riesiger Körperkraft. Es mass ohne Übertreibung seine zwei Meter in der Höhe. Auf der flachen Hand wog er einen zentnerschweren Schweizerkäse, als ob es bloss eine kleine Geldmünze wäre. Bei all seiner Kraft und Stärke war unser Goliath eine gute Haut und tat keiner Fliege was zuleide. Bereitwillig half er aus, wo es nottat. Einst bat ihn ein Nachbar in der «March», er möge ihm einen steinernen Brunnentrog vom Ärgerental bis zum Wohnhaus hinauffahren. Zwei Pferde hätten daran genug zu schleppen gehabt; denn die Fahrwege in den Plasselberhubeln sind keine Staatsstrassen. Marchhans, wie der Riese im Volksmund genannt wurde, brauchte jedoch die Rosse nicht. «Ich trage den Trog selber herauf», sagte er dem Nachbarn. Dieser lachte ihn aus und meinte, das übersteige doch seine Kräfte. Der Riese sagte nichts mehr, stieg ins Tal und besah sich seine Bürde. Dann reckte er sich, hob den Steintrog auf seine Schultern und schritt mit demselben gemächlich die steile Halde hinauf. Alle Nachbarn liefen zusammen und staunten ob solch unerhörter Leistung. Der Riese aber setzte ruhig den Trog vor das Haus des Nachbarn nieder. An seiner Stirn war kein einziger Schweisstropfen; von Anstrengung spürte Marchhans nichts, was alle sehr verwunderte. Ein anderer Riese vollführte ähnliche Heldenstücke. Er spazierte am Ufer des Schwarzsees. Hier traf er Fuhrleute aus dem Bernbiet, die gerade eine gewaltige Bergtanne auf einen Wagen laden wollten. Zwölf stämmige Männer arbeiteten daran, ohne jedoch ihr Vorhaben ausführen zu können. Der Riese schaute ihnen eine Weile zu, fasste dann den dicken Stamm mit einem Arme und legte ihn ganz sachte auf den Wagen. Doch die Fuhrknechte dankten ihm nicht einmal für diese Hilfe, sondern legten sich in den Schatten, wo sie ihr Vesperbrot verzehrten. Empört darüber ergriff der wackere Sensebezirkler die Tanne und warf sie in weitem Bogen in den See hinein. Dann setzte er seinen Weg fort. Mit grösster Mühe mussten die Undankbaren den Baumstamm wieder herausfischen. In ihrem Grimm beschlossen sie, sich am tapferen Freiburger zu rächen. Sie schickten bald nachher einen Berner Riesen; der sollte sich mit dem starken Freiburger messen. Dieser arbeitete an einem Brunnentrog, als der Berner ankam. In aller Ruhe beendete er seine Arbeit, nahm den Trog unter den Arm und ging seinem Gegner entgegen. Doch diesem war die Lust am Ringen vergangen. Schleunigst kehrte er um und war bald verschwunden. Er hatte genug vom Sehen: von einer so sehnigen Bärenfaust dieses Freiburgers wollte er sich nicht über die Kaiseregg hinüberschleudern lassen, was ihn wohl getroffen hätte.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Riesen im Iberg

Source: Die Riesen im Iberg

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Dort im Kanton Schwyz wohnten zwei Riesengeschwister, ein Bruder und eine Schwester. Im Krieg gegen Einsiedlen soll der Bruder mit einem Baumstamme alle Einsiedler zurückgehalten haben. Allein einer derselben schoss ihm einen Pfeil in den Bauch, worauf der Riese rief: „Oechsli! Oechsli, d'r schiessesch m'r nur äs Löchli." Der gleiche Riese baute für sich ein Haus, wobei er die grössten Tannenstämme oder ganze schwere Tannen auf den Zimmerplatz trug. Seine Schwester besass ebenfalls Riesenstärke. Sie soll 2 Mäss Salz auf dem Kopfe in's „Jbrig" getragen und auf dem Wege noch Strümpfe gestrickt oder „g'lismet" haben.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.    


by Die Riesen von Iseltwald

Source: Die Riesen von Iseltwald

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Zu Iseltwald am Brienzersee wohnten einst drei Riesen, welche eine ungeheure Stärke besassen. Einst, als der deutsche Kaiser, unter welchem in alter Zeit das ganze Oberland stand, seinen Leuten geboten hatte, auf einem Kriegszuge zu seinem Heere zu stossen, schickten ihm die Oberländer statt des verlangten Harstes nur jene drei Riesen. Darüber war der Kaiser anfänglich sehr ergrimmt. Die Riesen aber beteuerten ihm, dass ein einziger von ihnen mehr wert sei, als ein zahlreiches Volk. Da legte sich des Kaisers Zorn. Er nahm die Riesen in seinem Heere auf. Alsbald begaben sich dieselben in den nahen Wald und rissen drei grosse, dicke Buchenstämme aus der Erde. Diese sollten ihnen als Keulen dienen und also bewehrt stellten sie sich in die vordersten Reihen der Kämpfer. Den heranstürmenden Feind schlugen sie nun so mächtig darnieder, dass die Schlacht durch sie ganz allein gewonnen ward. Da sprach der Kaiser zu den Wackeren: "Wählet euch zum Lohne, was ihr möget!" Sie aber verlangten nichts, als einen Adler auf ihr Banner, wenn sie dereinst hundert Mann stark in das Feld rücken würden, sowie die Erlaubnis, aus den Pflanzstätten bei Bönigen, auf Reichsboden, drei Rüben auszuziehen und eine mit der Hand, die andern zwei aber im Gürtel davon tragen zu dürfen. Gerne gewährte der Kaiser ihre Bitte. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Riesen zu Iseltwald

Source: Die Riesen zu Iseltwald

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Bei Iseltwald am Brienzer See wohnten einst drei Riesen, welche eine ungeheure Stärke besassen. Einst als der deutsche Kaiser, unter dem zu dieser Zeit jenes Land stand, den Völkern des Oberlandes geboten hatte, auf einem Kriegszuge zu seinem Heere zu stossen, schickten ihm die Oberländer statt des verlangten Heereshaufen nur jene drei Riesen. Anfänglich war der Kaiser hierüber sehr erzürnt. Als jedoch die Riesen ihm beteuert hatten, dass ein einziger von ihnen mehr wert sei, als das zahlreichste Volk, legte sich sein Zorn und er nahm sie in seinem Heere auf. Alsbald gingen die Riesen in den Wald und rissen drei grosse dicke Buchenstämme aus der Erde. Diese nahmen sie als Keulen und stellten sich mit ihnen in die Vorderreihen der Kämpfer, wo sie den heranstürmenden Feind so darnieder schlugen, dass die Schlacht durch sie ganz allein gewonnen. Da sprach der Kaiser: "Wählet Euch zum Lohne, was Ihr möget!" Sie aber verlangten nichts, als einen Adler auf ihr Panner, wenn sie dereinst hundert Mann stark in das Feld rücken würden, und die Erlaubnis, aus den Pflanzstätten bei Bönigen auf Reichsboden, drei Rüben auszuziehen und eine mit der Hand und zwei im Gürtel davon tragen zu dürfen – was ihnen der Kaiser auch gewährte. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Riesenschlange

Source: Die Riesenschlange

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Beim Risetstadel soll früher eine Riesenschlange einen Schatz bewacht haben. Die Schlange war so gross, dass sie sich siebenmal um den Stadel winden konnte. Dazu wurde dort oft ein schwarzer Mann in der Nähe des Stadels gesehen. ERSCHMATT Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Riesenschlange im Baltschiedertal

Source: Die Riesenschlange im Baltschiedertal

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Im wilden Räftli des Baltschiedertales, einer Viehalpe, die früher Eigentum des Bischofs von Sitten war, verbarg sich in einer Höhle eine gewaltige Schlange, welche alle anzog, die unten den Talweg aus und ein gingen. Alle bisherigen Versuche, diesen nimmersatten Todfeind unschädlich zu machen, waren vergeblich gewesen. Noch einmal versuchten drei Männer das lebensgefährliche Wagnis. Zwei Männer banden sich unten im Talwege zusammen und stellten sich dort auf, um die Schlange aus ihrem Versteck herauszulocken und zugleich mit ihrer Schwere ihrem Atemzuge Gegengewicht zu halten. Der dritte aber war mit einer geladenen Büchse hinaufgestiegen bis nahe an das Schlangennest. Während nun die Schlange sich umsonst bemühte, die Doppellast der beiden zusammengebundenen Männer aus der Tiefe an sich zu ziehen band sich der Schütze, um ebenfalls einen Haltpunkt zu haben, an einen Baum und feuerte den ersten Schuss auf die Schlange ab. Die Schlange bäumte sich hoch auf und schoss in weitem Bogen auf den Baum los, an welchem der Schütze gebunden war. Doch sie war tödlich getroffen worden und stürzte krachend in die Tiefe des Tales hinab. Im Falle aber riss sie noch zehn Klafter weit das Bord der Gorberwasserleitung fort. BALTSCHIEDER Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Ringackerkapelle

Source: Die Ringackerkapelle

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Die Leuker Burger wollten sich im siebzehnten Jahrhundert eine eigene Burgerkirche bauen. Sie waren sich aber nicht einig, wo diese Kirche stehen sollte. Nach einer Legende fanden sie den Platz auf dem Ringacker folgendermassen: Es war Erntezeit. Auf der Ebene des Ringackers war Korn geschnitten. Wie man die Ähren zu Garben zusammentrug, sahen plötzlich alle, wie sich eine Hostie, von einem Strahlenkranz umgeben, auf einer Garbe schwebend stillhielt. Alle Anwesenden erblickten diese wunderbare Erscheinung als ein Zeichen des Himmels, und einstimmig begannen sie, hier das Gotteshaus zu bauen. LEUK Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Ringgenberger-Schlosskröte

Source: Die Ringgenberger-Schlosskröte

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Eine halbe Stunde von Bremgarten beginnt am linken Reussufer der Wald Buholdern. In seiner Mitte zeigt sich, gegenüber dem Kloster Hermetschwil, eine Umwallung, die das Volk für den Schlossgraben des Schlosses Ringgenberg ansieht, das an dieser Stelle gestanden haben soll. Hier liegt ein Schatz verborgen, von einer Kröte bewacht, die den Schlüssel dazu im Rachen trägt. An schönen warmen Tagen kriecht sie hervor und sonnt sich im Graben, und wer ihr da den Schlüssel mit List oder Gewalt abzugewinnen wüsste, wäre der Glückliche, dem der ganze Schatz heimfiele. Bis jetzt aber sind alle, die sich an das Unternehmen gewagt haben, gänzlich verblendet wieder zurückgekommen. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Ringlisaumatte

Source: Die Ringlisaumatte

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Im Walde zwischen Gansingen und Bütz hauset ein Ungeheuer. Gehe nur einer oberhalb der Ringlisaumatte durch das Dickicht, welches das Märsche heisst, und er wird es selbst erfahren, wie unrathsam es ist, sich zur Nachtzeit hieher zu begeben. So geschah es dreien Burschen, die hier einen Maibaum hieben, um ihn dem Nachbar, der seinen neuen Wein auswirthen wollte, vor das Haus zu stellen. Beim Heimschaffen war ihnen der Baum zu schwer geworden und sie sägten deswegen ein Stück davon ab. Da es ihnen im Weitertragen noch nicht besser gehen wollte, machte sich der eine mit dem Fluche Luft:. „Ich wollte, der Teufel nähme sich auch noch sein Stück davon.“ Hierauf stand eine schwarze Gestalt mit schimmernder Axt vor ihnen und liess diese klingend in den Baum fahren. Die Drei sprangen sich fast zu Tode, bis sie wieder zu Hause waren. Noch jetzt soll an jener Stelle der Boden krachen und stürzen, und schon am hellen Mittage schien der ganze Wald in Feuer zu stehen. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 68 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Ritter im Ägerisee

Source: Die Ritter im Ägerisee

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Bei der mörderischen Schlacht am Morgarten verloren unzählige Ritter aus dem österreichischen Heere ihr blutjunges Leben. Viele, die dem dröhnenden Hieb der eidgenössischen Halbarten entrannen, fanden in den Wellen des kalten Ägerisees ihr Grab. Am Jahrestag der Schlacht wirbelt nun der See auf wie ein siedender Kessel und seine Fluten färben sich rot wie Blut. Den roten Wellen entsteigt eine Riesenschar gewappneter Ritter auf ihren Streithengsten. Allen voran reitet der schwarze Tod mit Sanduhr und Hippe. In sausendem Galopp stürmt dann die wilde Schar den Ufern des Sees entlang, bis die Kirche von Oberägeri die erste Nachtstunde ankündet. Dann muss die Geisterschar auf den Seegrund zurück und dort warten, bis der Jahrestag ihres Wassertodes wiederum anbricht. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 3 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Ritter von Morgarten

Source: Die Ritter von Morgarten

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In der Schlacht am Morgarten ertranken viele Ritter in dem im Kanton Zug gelegenen Ägerisee. An dem Jahrestag dieser Schlacht, geht die Sage, wirbelt der See wie ein siedender Kessel auf und seine Fluten färben sich wie Blut. Dann steigt aus dem See ein Haufen geharnischter Ritter, an deren Spitze der Tod mit Sanduhr und Hippe voranzieht. So ziehen sie an den Ufern des Sees in grausigem Anblick dahin, bis sie wieder mit dem Schlage „Eins" in seinem tiefen Abgrund verschwinden. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Ritterstochter aus Castelen

Source: Die Ritterstochter aus Castelen

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Die Ritterstochter aus Castelen im Aargau hatte in ihrem Hochmuth eine ganze Schaar von Freiern abgewiesen und ergab sich zuletzt einem Knecht niedriger Abkunft. Das Kind, das sie ihm gebar, ertränkte sie im Schlossbache. An diesem hört man sie bald schreien, bald beten, als ob guter und böser Wille miteinander in ihr rängen, und wenn so ihre grosse weisse Gestalt vom Berg herunter steigt, spricht sie die Worte „Vater unser, der du bist Bapperlabab!" (Seminarist Sam. Bryner von Mörikon.)   Band 3.2, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962, Kapitel: Das Heumütterli bei Niederwil, S. 135 - 137 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Rochelmoore

Source: Die Rochelmoore

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In Grindelwald und auch anderswo in den Bergen des Berner Oberlandes tobt und lärmt oft nachts ein gespenstiges Mutterschwein, das gebannt ist, bis an den jüngsten Tag die Erde zu durchstreifen. Als nämlich unser Herr Jesus durch die Stadt Jerusalem nach Golgatha hinausgeführt wurde, trieben die übermütigen Juden noch ihren Spott mit ihm. Heimlich hatten sie in einem Stall am Wege eine Schar wilder Buben verborgen. Diese verführten, als der Herr vorüberkam, einen bestialischen Lärm mit Grunzen, Quieken und Schreien. Die Väter aber fragten den Erlöser in ihrer Art: "Weissage uns jetzt, was ist da drinnen in dem Stall?» "Eure Kinder sind’s", antwortete der Herr. "Schweine sind`s" entgegneten die Juden ihm lachend. Und der Herr erwiderte ihnen mit Ernst: "Sind es Schweine, so sollen es Schweine bleiben!" Und siehe, aus jener tollen jüdischen Jugend ist das wilde Heer geworden, verdammt, in unseligem Banne umherzuirren, Mensch und Vieh zu erschrecken, ohne ihnen Schaden zufügen zu können. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Rochelmore

Source: Die Rochelmore

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Auf den Alpen des Berner Oberlandes tobt und lärmt ein gespenstisches Mutterschwein, die Rochelmore. Mit fürchterlichem Geräusch und deutlichem Grunzen zieht sie durch die Lüfte, setzt die Schweine, welche in ihren Lagern bei den Sennhütten ruhig beisammen liegen, in Angst und Verwirrung, fährt wohl selbst den Leuten durch die Beine und feindet sie sonst noch auf mancherlei Art an. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Rochelmore

Source: Die Rochelmore

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In Grindelwald spricht man von der so genannten Rochelmore, einem röchelnden, d. h. lärmenden und gespenstigen Mutterschwein, welches auf den Alpen oftmals mit fürchterlichem Geräusch und deutlichem Grunzen durch die Lüfte ziehe, oder selbst fühlbar den Leuten um die Beine fahre. Zuweilen geschieht es bei der Sennhütte, dass die Schweine ganz ohne merkbaren Grund von ihrem Lager ausschiessen, verwildert schnauben und schnauzen, und wie verwirrt in das Freie jagen. Alsdann heisst es bei den Hirten: Die Rochelmore wird gehört, oder: Die Rochelmore ist da. Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.    


by Die Römerjungfrau zu Augst, a - d

Source: Die Römerjungfrau zu Augst, a - d

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a) Wo heute das Feld Neunthürmen heisst, da stand zur Römerzeit das Amphitheater der grossen Rauracher-Stadt Augusta, und die frisch aufgeworfenen Erdhügel dort beweisen es, dass der reiche Eigentümer daselbst das Graben nach verschütteten Münzen und Waffen noch nicht aufgegeben habe. Auch hat der Aristorfer-Bote dort im Vorbeigehen einmal eine silberne Kette schimmern sehen und sie nachher in Basel um hohes Geld verkauft. Auf der andern Seite des Baches diente im Landgute Spitzmatt jüngst noch der sogenannte Thalweber Marti. Wirklich sah er einst mit eigenen Augen jene oft besprochene weisse Jungfer, die dort Kisten Goldes hütet. Sie winkte ihm im Vorübergehen und wusch sich dabei im nahen Ergolzbache die Hände wund, bis Blut heraus quoll; als er jedoch unerschrocken an sie trat, spie sie Feuer und Flammen. Aber auch der verstorbene Rathsherr von Giebenich konnte sie fast jedesmal erblicken, wenn er früh am Morgen nach Basel in den Grossen Rath fuhr. b) Die Schlangenjungfrau zu Kaiser-Augst ist oben Mensch und unten Wurm; sie wohnt in einem Berge, dessen Eingang nur ein Unschuldiger findet; wenn er sie dreimal küsst, ist sie erlöst und der dort verborgene Schatz sein eigen. In den römischen Trümmern des gegenüber liegenden Basel-Augst trifft man am Charfreitag zwei schwarze Geister, die den Neugierigen dort in der Irre umführen, bis ein weisser dritter dazu kommt und ihm wieder den Ausweg aus dem unterirdischen Gange zeigt. c) Als die kaiserlichen Truppen 1814 im Frickthal lagen, hatten zwei Soldaten, die zu Magden im Quartier waren, von einem Tausendkünstler den Ort des Schatzes erfahren, so wie die Art und Weise, wie dieser zu heben sei. An einer Freitags-Mitternacht begaben sie sich mit Osterkerzen und andern geweihten Schutzmitteln in das Gewölbe und streuten behutsam Spreuer hinter sich her, um den Rückweg sicher wieder zu finden. Eine Eisenthüre öffnete sich auf ihr Anklopfen, und eine Jungfrau, die unten in einem Schlangenleib endigte, wies sie zu einer Truhe, von der zwei Hunde mit Feueraugen herabbellten. Der Deckel gieng auf und Beide konnten sich Geld nehmen, so viel sie mochten. Schon waren sie wieder vor der Höhle, als der eine der Soldaten gewahrte, dass er drinnen sein Seitengewehr hatte liegen lassen. Trotz der Vorstellungen des Kameraden gieng er sogleich zurück, um es zu holen, und ist nie wieder zum Vorschein gekommen. d) Schneider Lienimann im Augster-Heidenloche. Die bekandte und von vielen Historischreibern angezogene Histori eines einfeltigen stamlenden Schnyders von Basel, namens Leonhard, sonsten Lienimann genant, wollen wir allhier auch beyzusetzen uns nicht verdriessen lassen. Martinus del Rio, Majolus und Schottius melden von diesem, auss Johann Stumpffen Schweizercronik, dass derselbige umb das Jahr Christi 1520 zu Augst ob Basel in den daselbst sich befindenden gewelbten Gang under der Erden hienein und in demselbigen viel weiter, als jemahl einem Menschen müglich gewesen, fortgegangen. Da er dann von wunderlichen Dingen, die ihme begegnet, zu reden gewüst und gesagt: er habe ein geweyhet Wachsliecht angezündet und sey damit in die Höle hinein. Erstlich habe er eine eiserne Pforten angetroffen, und darnach auss einem Gewelb in das andere, endtlich durch etliche gar schöne lustig grünende Gärten gehen müssen. In der mitten sei ein herrlich und wohlgebawtes Schloss oder Fürstenhof gestanden, in welchem ein gar schöne Jungfraw mit menschlichem Leib biss under den Nabel gewesen, welche auf ihrem Haupte eine Kron von Gold getragen und ihre Haar fliegen lassen. Under dem Nabel habe sie wie eine grewliche Schlang aussgesehen, sie habe ihn bey der Hand genommen, zu einem eisernen Kasten geführt, auf welchem zween schwartze bellende Hunde gelegen, für welchen niemand zu den Kasten gehen dörffen; die Jungfraw aber habe dieselbigen also gestillet, dass er ohn alle hindernuss hinzu gehen können. Nach diesem habe sie ein bundt Schlüssel, die sie am Halss getragen, abgenommen, den kassten auffgeschlossen, allerley guldene, silberne und andere Münzen darauss genommen, von welchen sie ihme auss sonderbarer Freygebigkeit ziemlich viel geschenkt, welche er auch mit sich aus der klufft gebracht, wie er dann dieselbigen gewiesen und sehen lassen. Die Jungfraw hat ihme gesagt, sie wäre auss königlichem Stamm gebohren und in ein solches ungehewr verflucht worden, sie hätte auch keine andere Hoffnung erlöset zu werden, als wenn sie von einem Jüngling, der seiner Jungfrawschaft halben unverlezet were, dreymahl geküsset wurde; alsdann wurde sie jhre vorige form vnd gestalt wiederumb erlangen; und wolte sie hingegen zur Dankbarkeit den ganzen selbiger Orten verborgenen Schaz dem, der sie erlösste, geben und überantworten. Er sagte auch, er hette die Jungfraw allbereit zweymahl geküsst, darüber sie sich beydemahl, für grosser Frewde und gefassten Hoffnung der Befreyung von dem über ihro schwebenden Fluch, mit so grewlichen geberden erzeigt, dass er sich geförchtet, sie wurde ihn lebendig zerreissen. Entzwischen habe sich begeben, dass ihne etliche seiner Gespanen mit sich in ein Frawenhauss genommen, in deme er sich mit einem Weib solcher weise vertrabet, also nachgends den Eingang dieser Klufft nicht mehr finden, viel weniger in dieselbige wiederumb hinein kommen können: welches er zum offterenmahl mit weinen geklagt. Ist alles anders nichts, als ein lauteres Gespenst und Teufelsbetrug gewesen. Jedoch ist die auss dieser Klufft gebrachte und vielen Burgeren gewiesene Münz eine gnugsame Anzeigung, dass in denselbigen Gängen vnd Gewelben under der Erden grosse Schäze verborgen ligen, welche von den Geizteuflen besessen und verwahret werden. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 250 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Rose der Béroche

Source: Die Rose der Béroche

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  Dreh dich, meine Leier,    du bist mein Broterwerb. Ohne dich, liebe Drehleier, vor Hunger ich sterb\'.   Vor langer Zeit - es ist so lange her, daß selbst unsere Großeltern keine Erinne­ rung mehr daran bewahrt haben - waren die Ufer des Neuenburgersees von gro- ßen Schilfgürteln überwachsen. Im Schutze des Schilfes, verborgen vor unerwünschten Blicken, pflegte ein junges Mädchen mit langen, goldenen Haaren zu baden. Sie hieß Rosa. Als sie eines Tages im klaren Wasser  schwamm, nicht weit entfernt von einer gro­ ßen Weide am Ufer, hörte sie ihren Namen rufen. Sie kehrte ans Seeufer zurück und sah dort eine große, weißgekleidete Frau stehen, die sie anredete: «Schönen guten Tag, mein liebliches Kind! Ich bin unterwegs durch dieses Land und muß ans andere Ufer des Sees. Könntest du mich wohl übersetzen?» Rosa ging sofort den Einbaum holen, den ihr Vater vor Jahren aus dem Stamm einer Eiche gehauen hatte und der nahe am Ufer vertäut war. Sie half der Frau beim Ein­ s.~eigen und machte sich tapfer an die weite Uberfahrt. Die weiße Dame fragte Rosa, wie sie und ihre Angehörigen hier lebten. Das Mädchen erzählte seinem Fahrgast, daß einer ihrer Brüder vor einiger Zeit nach schrecklichen Bauchkrämpfen gestor­ben sei. Ihr Vater habe immer Rücken schmerzen und könne sich nicht mehr gerade halten. «Und meine arme Mutter, sie hustet und hustet, daß sie nachts kaum Schlaf finden kann. Ja, meine schöne Dame, wir führen ein hartes und armseliges Leben. Aber was soll man dagegen tun? So ist eben das Schicksal» Als sie am anderen Ufer angelegt hatten, bat die weiße Frau das Mädchen, mit ihr aus­ zusteigen und sie noch ein wenig zu beglei­ ten. In einer Wiese pflückte sie einen Strauß der verschiedensten Pflanzen: Salbei und Silbermantel, Spiräen und Labkraut und steckte noch Linden- und Eschenzweige dazu. «Dies ist mein Dank für deine Mühe, mich über den See zu bringen. Diese Pflanzen haben viele gute Eigenschaften; mit ihnen kannst du alle deine Lieben heilen.» Als Rosa wieder zu Hause war, ging sie sofort daran, aus den Heilpflanzen, die die weiße Dame ihr gegeben hatte, Arzneien, Tee und Salben zu bereiten. Ihr Vater kehrte vom Felde heim, gebeugt von seinem Leiden; da rieb sie seinen Rücken mit ihrer Salbe ein und gab ihm einen Kräutertee zu trinken. Und vom nächsten Tage an ging er aufrecht und gerade umher, als ob er nie krank gewesen wäre. Auch ihrer Mutter konnte Rosa mit   ihren Arzneien helfen - endlich konnte sie wieder ruhig schlafen. In den Dörfern der Gegend verbreitete sich die Kunde wie eine Staubwolke: die Rosa aus der Beroche sei eine Heilkundige. Von Stund an war ein ununterbrochenes Kom­ men und Gehen in ihrer armseligen Hütte: Mütter brachten ihre fiebernden Kinder, verletzte Bauern eilten herbei, um sich ihre Wunden von Rosa verbinden zu lassen, Grei­ se, von Gliederschmerzen gelähmt, dräng­ ten sich zu ihr, um durch ihre Heilkunst die Geschmeidigkeit ihrer Gelenke wieder zu erlangen. Zu jener Zeit war das ganze Land einem grausamen Fürsten untertan. Dieser wohnte in einer Höhle, von der aus die ganze Gegend der Beroche beherrscht werden konnte. Die Umgebung ließ sich von seiner Grotte aus leicht überwachen. Da der Fürst sich nie vom Eingang seiner Höhle wegbewegte, war er fett wie ein Dachs. Seine Untertanen durften . nur mit seiner Erlaubnis Kastanien, Eicheln und Bucheckern zusammenzulesen, Holz­ äpfel und Beeren zu sammeln. Gegen Bezah­ lung erteilte er gnädig das Recht, Hasen und Rebhühner, Wildschweine und vielleicht ein­ mal ein Reh zu jagen. Er überließ den Bauern gegen Miete Landstücke, die sie zu roden und urbar zu machen hatten, um dann auf ihren kleinen Feldern etwas Weizen oder Hafer, Rüben und Lauch anzubauen. Von ihren Ernten und ihrer Jagdbeute mußten die Leu­ te dem Fürsten einen Teil abgeben, und sie muß~en ihm auch täglich ihre Ehrerbietung erweisen. Aber seitdem das Mädchen Rosa die Kraft hatte, ihre Leiden zu heilen, nahmen die Leu­ te ihres Dorfes die Pflichten gegenüber dem Fürsten nicht mehr so genau wie früher. Die­ ser bemerkte es sogleich. Er hörte, daß seine Untertanen des Lobes über Rosa voll waren, und man erzählte ihm auch, daß sie die Gabe des Heilens von einer weißgekleideten Dame empfangen habe. Nun keimte in dem bösen Fürsten eine wilde Eifersucht gegen das arme Mädchen. «Wer wird mich noch fürchten, wenn nie­ mand mehr sich vor einer Krankheit ängsti­ gen muß?» fragte er sich. «Und dieses Mädchen; hat es mich jemals um Erlaubnis gebeten, die Leute zu pflegen? Ich muß etwas unternehmen, und zwar schnell.» Zum erstenmal seit langem verließ der Fürst seine Höhle und begab sich schweren Schrittes und immer vor sich her brummelnd zu Rosas Hütte. Er fand das Mädchen allein zu Hause; es war dabei, Heilpflanzen zu zer­ stampfen. Es begrüßte den Fürsten freund­ lich und erkundigte sich nach seiner Gesund­ heit. Diese Frage steigerte nur die Wut des Mannes, der ihr in grobem Ton befahl: «Folge mir auf der Stelle und führe mich an den Ort, wo die Fremde dich angerufen hatl» Verschüchtert führte das Mädchen ihn zum Uferschilf unter die große Weide. «Was machtest du, als du den Ruf dieser Frau hörtest?» «Ich schwamm im offenen Wasser.» «Also gut, schwimme jetztl» knurrte er und warf ihr einen drohenden Blick zu. Sie gehorchte und begann zu schwimmen. Nun stapfte der böse Kerl in den See, legte ihr seine Hand auf den Kopf und drückte ihn unter Wasser - so lange, bis sie sich nicht mehr be­ wegte. Als er seine Freveltat vollendet hatte, stieg der Fürst ruhig aus dem See, ging er­ leichtert heim und setzte sich wie gewöhnlich vor seine Höhle.     Als die Nacht hereinbrach, ängstigte sich Rosas Mutter über das Ausbleiben des jungen Mädchens. Sie ging mit einer Fackel zu allen Nachbarn, aber niemand konnte ihr etwas über den Verbleib des Mädchens sagen. Als sie schon alle Hoffnung aufgeben wollte, rief plötzlich ein kleiner Junge: «Ich habe Rosa gesehen. Sie ging zur großen Weide, zusammen mit dem Fürsten.» . Vom Jungen geführt, eilten die Mutter und die Nachbarn zum Seeufer. Auf einmal entdeckte die Frau etwas Weißes im Schilf schwimmen. «Schaut nur, das ist ihr Kranz aus Margeriten! Rosa, Rosa, antworte doch, mein klei­ nes Madehenk Ach! das Weiße waren nicht nur die Blumen, sondern der Leichnam ihres Kindes, der da im Schilfe trieb. Die arme Frau stieß einen furchtbaren Schrei aus, daß die Leute der ganzen Beroche vor Entsetzen zitterten. Von allen Seiten ka­ men sie herbei und hörten, welches Unglück hier geschehen war - und manche Faust er­ hob sich gegen die Höhle des Tyrannen. Die Mutter, in Tränen aufgelöst, klagte und rief: «Sei verflucht, grausamer Herr! Du hast\' meine Rosa getötet, mein Kind! Ach, wenn nur jemand es wagen würde ... » Kaum waren diese Worte gesprochen, er­ , tönte ein Donnerschlag, und in einem Blitz f erschien die weiße Frau. Sie verneigte sich vor der Leiche des jungen Mädchens und murmelte mit sanfter Stimme: «Rosa! Du warst eine Rose - und eine Rose sollst du in Ewigkeit sein!» Sogleich verwandelten sich die fahlen Wangen des Mädchens in sanfte Blütenblät­ ter, seine blonden Haare in goldfarbene Staubfäden, die die Luft mit einem unbe­ kannten Duft erfüllten; sein Körper dehnte sich und wurde zu einem biegsamen und leichten Blütenstengel, der sich mit feinen Stacheln dem Felsen entlang rankte; statt sei­ ner Finger sprossen grüne glänzende Blätter: Rosa war in eine wilde Rose verwandelt, deren Stengel, Blätter und Früchte Heilkraft haben. Vor seinem Feuer sitzend, versuchte der Tyrann, sein Verbrechen im Trunk zu verges­ sen. Die Dorfbewohner konnten vom See aus seine einsame Gestalt als Schatten vor der Glut sehen. Die weiße Frau wies mit der Hand in seine Richtung und rief feierlich aus: «Grausamer Tyrann! Ein Bär bist du ge­ wesen - und ein Bär sollst du in Ewigkeit sein]» Wieder ließ ein Donnerschlag die Erde er­ zittern. Und im gleichen Augenblick fühlte der Herr der Beroche, wie seine Beine sich in den Boden senkten und wie das Fell, das ihn wärmte, ihm ringsum auf der Haut klebte. Dann breitete sich Kälte unaufhaltsam in sei­ . nen Gliedern aus, bis schließlich sein Herz in einem steinernen Gefängnis eingeschlossen wurde.     Am nächsten Morgen stiegen Bauern, schwerbeladen, zur Höhle des Tyrannen hin­ auf: einer trug einen Sack Korn, der andere eine Flasche Most, ein dritter den Schenkel eines Rehs - sie brachten ihren Tribut für den Fürsten. Als sie vor die Höhle kamen, blie­ ben sie offenen Mundes stehen:   dort, wo der Tyrann in der Sonne zu sitzen pflegte, erhob sich die Gestalt eines ungeheuren Bären aus Stein, überwachsen von einem Fell aus Moos. Die Bauern riefen nach dem Herrn - niemand antwortete. Der mutigste von ihnen wagte sich bis zum Eingang der Höhle vor; aber er konnte nur undeutlich weiße, schwe­ bende Gestalten wahrnehmen. Von Furcht gepackt, ergriffen die drei die Flucht und ließen ihre Gaben liegen. Die Gefährtinnen der weißen Frau - man sagt, es seien ihre Töchter - hatten die Höhle des Unmenschen zu ihrer Heimstatt erwählt. Seit dieser Zeit heißt die Grotte «Höhle der Töchter», und kein Bewohner der Beroche hat jemals mehr dort gelebt. Und seit derselben Zeit blüht die Rose in der Beroche in Gärten und Hecken, erfüllt die Luft mit ihrem Duft und erfreut alle Herzen.   Sage aus Neuenburg   Nach F. Chabloz, 1894, in: Die schönsten Märchen der Schweiz,, E. Montelle, R. Waldmann, 1987 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Rosenburg

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Eine nun spurlos verschwundene Ruine, in einem Tale, wo es wenig andere Rosen als Alpenrosen geben mag. Ein rauer Ritter dieser Burg hatte eine Tochter, noch halbes Kind, unschuldig und schön. Der Ritter war eine Zeitlang verreist. Das Fräulein bemerkte von ihrem Erker aus, jeden Morgen und Abend ihres Vaters jungen Hirten, das Vieh ab- und zutreibend. Der schöne, freundliche Jüngling gefiel dem jungen, in rauer Umgebung erzogenen Mädchen. Sie begrüsste ihn allemal freudig und der Hirt, dem das Fräulein auch lieb geworden, brachte ihr jeden Abend einen grossen Alpenrosenstrauss. Das unschuldige, wenig beschäftigte Kind hatte Vergnügen daran, diese Sträusse an Fäden zu ziehen und damit die grauen Burgmauern von aussen zu schmücken. Mehrere Wochen tat sie dies und die geschmückte Burg erhielt im Tale den Namen Rosenburg. Der Ritter kehrte zurück, hörte dies, sah die Sträusse und lauerte abends von einem kleinen Gitterfenster aus auf die Heimkehr des Hirten. Er kam, legte wie gewöhnlich einen Strauss auf den Erker zu des Fräuleins Füssen. Die Blicke der jungen Leute verrieten dem lauschenden Ritter deutlich ihre Liebe. Am Morgen liess der Ritter den Hirten vor sich kommen, sagte ihm mit grausamem Lächeln: Wenn ein Hirt eine Herrentochter heimführen wolle, müsse er sie erkämpfen. Diese Gelegenheit sei ihm jetzt geboten. Ein grosser Bär schrecke die Gegend. Wenn er einfach bewaffnet, mit dem üblichen Bärenspeer das Tier erlege, gebe er ihm die Tochter. Der Hirt nahm den Kampf an und verlor darin das Leben. Das Fräulein war eines Morgens nicht mehr zu finden und blieb im Tal verschwunden. Nach mehreren Jahren starb im Kloster von Kazis eine Nonne (die Nonne soll ein Fräulein Triwülsch, Trwüllsch gewesen sein), die bekannte, sie sei jenes Fräulein gewesen. Vor Kummer und Schrecken über ihres Geliebten Tod habe sie sich nachts von der Heimat entfernt und im Kloster bleibende Aufnahme gefunden. Sie bereute es sterbend, ihren, wenn auch grausamen Vater, durch die Flucht der einzigen Tochter, betrübt zu haben. Aus: U. Brunold-Bigler, Die Sagensammlung der Nina Camenisch, Disentis 1987, mit freundlicher Genehmigung der Autorin. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Rosenkranzjungfer bei Hägglingen

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Hau nennt man den rechtsliegenden Waldsaum alt der Strasse, welche von Hägglingen nach Wohlenschwil führt. Hier ist ein altes Kreuz aus Tannenholz ausgerüstet ohne einen andern Schmuck als einem alterschwarzen Crucifixbildchen, das im Mittelpunkte, wo sich die Balken schneiden, hängt. Der Querbalken ist beinahe vermodert, der Kreuzesstamm aber obschon neuer, auch mehrfach ausgestückt und nachgeflickt. Diese teilweise Erneuung rührt von einem habsüchtigen Bauern her, der das herrenlose Kreuz einmal wegschleppte, daheim den Stamm klein zu spalten anfing und nach und nach in den Ofen warf. Damit aber hatte er sich eine Reihe von Ungemach ins Hans gebracht. Sein Leib verfiel und wurde schwach, als ob ihn Jemand Tag und Nacht geritten hätte, der Sturmwind drohte sein Haus niederzureissen. Er sah seinen Frevel ein, zimmerte zu dem noch unverbrannten Querbalken einen neuen Stamm und setzte das Kreuz wieder an den alten Strassenplatz zurück. Hier muss es dazu dienen, die Leute vor dem Gespenste der Rosenkranzjungfer zu behüten. Diese war einst ein Mädchen aus dem Dorfe Hägglingen und tat ihrer Eitelkeit damit ein Genügen, dass sie sich in den Ruf besonderer Frömmigkeit zu setzen wusste. Sie trat an die Spitze eines solchen Jungfrauenvereins, den man Rosenkranzgesellschaft nennt, weil er durch eifriges Abbeten des Rosenkranzes die Jungfräulichkeit Mariä in ausgedehntere Verehrung zu bringen wünscht. Allein jenes Mädchen selbst lebte keineswegs jungfräulich und als sie vorzeitig Mutter wurde, tötete sie ihr Kind und verscharrte es hier im Walde. An derselben Stelle wurde sie dann später hingerichtet. In schönen Gewändern, einen Blumenkranz im Haar pflegt sie hier sich sehen zu lassen; wer aber ihrer spotten will, der fühlt sich plötzlich wie gefesselt an den Füssen und mit kalter Hand in den Rücken geschlagen. Entrinnt er, so kommt er doch fieberkrank heim. (Laurenzius Borner von Hägglingen.)  Sage aus Hägglingen Band 3.2, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962, S. 133-134 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Die Rosenkranztochter am Löhli

Source: Die Rosenkranztochter am Löhli

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In katholischen Gegenden giebt es neben andern kirchlichen Privatvereinen auch einen der Rosenkranzjungfern. Derselbe besteht aus fünfzehn Dorfmädchen, die an den Festtagen Mariä bei der kirchl. Procession in eigener Tracht erscheinen, an ihren Weihkerzen Bildchen mit den fünfzehn Geheimnissen Mariä führen und sich zu besondern Gebeten verpflichten müssen. Rosenkranztochter nennt man nun nach dem Namen dieses Vereines einen Geist, der seit alter Zeit beim Dorfe Nesselnbach im Freienamte sich zeigt. Dorten ist gegen die Gemeinde Tägerig hin ein Mattland, Löhli geheißen, weil es sonst Wald war; und in der Laubwaldung, die höher hinauf gelegen ist, wohnt unter einem Eichbaum die Rosenkranztochter. Nachts an den Fraufastenmittwochen lässt sie sich daselbst sehen, in Hemdärmeln, ohne Spenzer, mit weisser Schürze und einer gelben Haarschnur. Am Scheitel trägt sie ein besonderes Braut- und Jungfernkäppchen aus beweglichen Gold- und Silberflitterchen gemacht, das man Schäppeli nennt. Unter dem Arme aber hat sie alle Zeit einen Ellenstecken; da man noch nie das Herz gehabt hat, sie anzufragen, so weiss Niemand, was sie mit Letzterm will, doch vermuthet man, sie habe mit Tuch gehandelt und in zu kurzer Elle ausgemessen. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 147 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.    


by Die Rosse am Rheinfall

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Die Rosse am Rheinfall Wer in einer Freitagnacht vor den Schaumstrudeln des Schaffhauser Rheinfalles steht - aber mondhell muss es sein - der sieht darin die Mähnen riesenhafter weisser Rosse flattern, die zwischen den Kalkriffen aus der Flut sich emporbäumen und dann mit den Wirbeln um die Wette den Sturz hinunterjagen. Da steigen, so sagt man, die Pferde wieder aus der Flut, welche die Alemannen auf ihrem Zuge von der Mündung der Elbe nach den Quellen des Rheins dem Stromgott hier geopfert haben. Wie in den Schaffhauser Zeitbüchern zu lesen ist, sind vor nicht gar langen Jahren bei niedrigem Wassergang noch ihre Hufeisen zwischen den Felsritzen gefunden worden. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Winterthur und Weinland Nach Büchli 2, S. 91. Weitere Quellen: Reithard S. 337; Kohlrusch, S. 341; Eidgenössischer Nationalkalender für das Schweizervolk, Aarau 1866, S 36; Frauenfelder, Sagen und Legenden aus dem Kanton Schaffhausen, S. 98 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die rote Buche

Source: Die rote Buche

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Auf dem Bergrücken des Irchels liegt das Pfarrdorf Buch. Auf dem Wege nach diesem Dorfe steht am Stammberge eine rote Buche. Von ihr erzählt man Folgendes: Zur Zeit einer furchtbaren Hungersnot, welche so groß war, dass die Menschen selbst zu Nahrungsmitteln greifen mussten, welche sie sonst verabscheuen, lebten in einer Hütte am Abhange eines der hohen Hügel jenes Bergrückens zwei Brüder in der vollsten Blüte des Lebens und bis dahin in wahrhaft brüderlicher Eintracht. Nachdem sie alle ihre Lebensmittel aufgezehrt hatten und ihre Zuflucht bei den Wurzeln des Waldes nehmen mussten, geschah es eines Tages, dass eine Feldmaus aus dem Boden emporsprang. Die Brüder stürzten über diesen Leckerbissen her und es gelang einem von ihnen, sie zu erhaschen und sie, ohne seinem Bruder davon etwas abzugeben, ganz allein zu verschlingen. Darüber ergrimmte dieser dermaßen, dass er den sonst geliebten Bruder mit einer Keule tot darniederschlug. Das warm dahinrinnende Blut des Erschlagenen aber netzte die Blätter eines an jener Stelle emporkeimenden Buchensprösslings, unter dem der Leichnam auch eingescharrt ward. Lustig wuchs die Buche über dem Grabe des Erschlagenen empor, ihre Blätter aber, welche sein Blut genetzt, nehmen jedesmal an den Festen der Pfingsten und der Himmelauffahrt zum Angedenken an jene ruchlose Tat eine blutrote Färbung an, nach welcher Zeit sie wieder in sanftes Dunkelgrün übergehen; daher noch heute an diesen Festen die Stätte, wo die Wunderbuche steht, ein Wallfahrtsort der Jugend jener Gegend ist, welche mit Blättern von ihren Zweigen geschmückt, von dort erst spät am Abend nach ihren Wohnungen heimkehren. Sprösslinge von ihr nach anderen Orten verpflanzt, sollen nie zu irgend einem Gedeihen gekommen sein. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die rote Frau auf Schloss Pigritz

Source: Die rote Frau auf Schloss Pigritz

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Jeden Quartember-Abend, sobald die Betglocke geläutet, fängt in einem der vergitterten Gemächer des Schlosses Pigritz ein fürchterliches Gespenst an zu rumoren, was bis gegen Mitternacht dauert. Oft sieht man es, ganz rot gekleidet, in Weibertracht am Fenster, mit feuersprühenden Augen, jämmerlicher heulend als der Uhu im Walde. Sobald die Mitternacht herannaht, öffnet sich die Schlosstüre. Da schreitet stöhnend und seufzend die rote Frau, so nennt man das Gespenst, langsam die Treppe hinab, schwere Ketten nach sich schleppend, einen Dolch in der Brust, aus welcher Blut fliesst; und so wandelt sie wie ein furchtbarer Schatten bis zum Gewölbe unter der Kapelle, wo sie mit entsetzlichem Getöse verschwindet. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die roten Hosen

Source: Die roten Hosen

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Es war einmal ein Bursche, der musste verdienen gehen. Er ging talauswärts und begegnete einem Mann in Grün. Der Herr im grünen Frack fragte den Burschen, wohin er gehe. Der Bursche antwortete, er gehe verdienen. Darauf sagte der Grüne, er stelle ihn ein, falls er wolle. Was er zu tun habe, fragte der Bursche. Er müsse nichts anderes tun, als mit seinen Eseln Holzklötze führen. Aber er dürfe diese Tiere niemals schlagen. Das dünkte den Burschen nicht gerade eine strenge Arbeit, und er liess sich beim Grünen einstellen. Fast sieben Jahre lang hatte er brav Holzklötze geführt und dabei die Esel nie geschlagen. Doch eines Tages reichte es ihm, und er versetzte einem der Esel einen Hieb. Sogleich fängt der zu reden an und fragt ihn, ob er denn nicht wisse, was für Klötze er herumführe und wo er sei. Er führe Seelen und sei in der Hölle unten. Sie sei seine Patin. Der Bursche bekommt fürchterlich Angst, doch er führt bis am Abend mit den Eseln Holzklötze. Da schimpft der Meister mit ihm, er sei unzuverlässig gewesen, er habe die Esel geschlagen. Der Bursche erwidert, die Esel hätten nicht gezogen, er habe ihnen einen Hieb geben müssen, von nun an schlage er keinen mehr. Als die sieben Jahre vorbei waren, schlug der Bursche wiederum den Esel und fragte ihn, was er tun solle. Der Esel antwortete, er solle mit diesem Dienst aufhören. Er solle beim Bösen seinen Lohn verlangen, und wenn der Teufel frage, was er wolle, so müsse er sagen, die roten Hosen. Wenn der Teufel antworte, die könne er nicht geben, so solle er sagen, dann wolle er nichts, und dann werde der Teufel ihm die Hosen geben. Am Abend sagte der Bursche zum Herrn im grünen Frack, er wolle nach Hause und bitte um den Lohn. «Aber was willst du nun als Lohn?» fragte der Herr. «Die roten Hosen», antwortete der Bursche. Aber als der Herr sagte, die könne er ihm nicht geben, gab der Bursche zurück: «Dann will ich nichts!» Darauf holte der Herr aus einer grossen Eisentruhe die roten Hosen hervor und gab sie dem Burschen. Der zog sie an. Daheim steckte der Bursche die Hände in die Säcke der roten Hosen und fand in jedem Sack einen Goldtaler. Jedesmal wenn er die Hände in die Säcke steckte, fand er zwei Goldtaler drin. Dies war ein gefundenes Fressen für den Burschen, und er dankte seiner toten Patin immer wieder dafür.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die roten Strümpfe

Source: Die roten Strümpfe

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Im Osten der Stadt Sitten erheben sich zwei Hügel gegen Himmel, Tourbillon und Valeria. Zwischen diesen Hügeln lag die uralte Stadt mit festen Mauern umgeben, die auf der Morgenseite zum Teil noch stehen. Wo die neue Stadt heute gegen Morgen ungefähr endet, da endete die alte gegen Abend — das alte Stadttor war bis auf die jüngste Zeit zu sehen und die Häuser unter demselben bis zur Sitte bildeten die ehemalige Vorstadt. Auf Tourbillon, durch künstlich abschneidbare Zugänge mit dem Schloss Majoria verbunden, wohnten die Bischöfe von Wallis; auf Valeria das Domkapitel, und das Stadt- und Landvolk hatte eine Kirche bei St. Peter an der Südseite des jetzigen Theater-Gebäudes. Diese Kirche wurde vollends eingerissen, als die neue schöne Kollegiumskirche gebaut wurde. Eine unglückliche, vielverheerende Feuersbrunst zerstörte am 24. Mai 1788 die Schlösser Majoria und Tourbillon. Das Feuer brach in der oberen Stadt aus,* ergriff das nahe stehende Schloss Majoria und entzündete, sonderbarer weise, auch das ziemlich entfernte, hochliegende Schloss Tourbillon. Die Sage erzählt, das Feuer sei brennend durch das dürre Gras des Hügels hinaufgezogen und, wo Felsenvorsprünge und Mauern die Fahrt abschlossen, seien die Flammen hinaufgesprungen wie vom Boden auffliegende Vögel. — In Tourbillon wurden die Archive des Bischofes und des Landes eingeäschert — ein für die Geschichte des Walliserlandes unersetzbarer Schaden! Die Ruinen des Schlosses Tourbillon stehen noch und werden noch lange vom einstigen Bischofssitze Zeugnis geben, wenn nicht an der Geschichte frevelhafte Hand selbe absichtlich vollends zerstört. — Auf der Morgenseite dieser Ruinen breitet sich eine kleine Ebene aus, für Spaziergänge gut geeignet. Die Rundschau ins Tal herab und um's Land herum ist da schön. — Die Sage lässt nun auf dieser Ebene in dunkler Nacht, auch selbst beim silbernen Mondlichte, zwei finstere Gestalten ernstlich, — emsig, — unermüdet auf und ab spazieren. Natürlich trägt eine derselben — rote Strümpfe. In unseren Tagen sind die roten Strümpfe nicht mehr auszeichnend und noch weniger eine Seltenheit; man findet sie nicht nur in Schlössern, auch in Theater, in Kasinos, in Soirées, usf.— Kurz, Kappen und rote Strümpfe erscheinen nun auf allen Gassen und Strassen zur Genüge und sollen dennoch ziemlich gesuchte Artikel bleiben.   *Es geht die Sage, eine Hausmutter habe in der Kirchgasse Butter gesotten. Als derselbe zu wallen begann, fingen die Kinder in der Stube grossen Lärm an. Gleich eilte sie hin, verweilte aber zu lange bei den schreienden Kleinen, dass sie zurückkehrend den Butter in Flammen und die Küche voll Feuer traf.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Rottalherren

Source: Die Rottalherren

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Da und dort im Unterland ertönt, gewöhnlich zur Hochsommer- und Erntezeit, die Luft in seltsamem Tosen und Knallen. Oft vernimmt man es auch gegen den Spätherbst hin. Zu Bleienbach im obern Aargau hört man ein Jagen und Sausen wie von einem grossen Reiterzuge, und nicht der wilde Jäger sei Ursache davon, sondern die Herren von Rotental. Bis gen Murten und Solothurn zu meinen etliche aus dem Volk: "Die Rottalherren exerzieren, es gibt ander Wetter." Das Rottal war ehedem eine wunderschöne Blümelisalp hoch in einem Kessel an der Südwestseite des Jungfrauberges, von wo ein Pass ins Wallis führte. Glücklicher wäre das Los der Bewohner dieses Teiles des Landes gewesen, hätte nicht zu jener Zeit die Willkür grausamer Herren auf ihnen gelastet. Allein niemand war seines Eigentums sicher, und selbst die Frauen und Jungfrauen des Tales entgingen nicht den Verfolgungen dieser Wütriche. Ihr gottloses Treiben konnte jedoch nicht ungestraft bleiben. Der Zorn des Himmels erwachte. Als einstmals einer von ihnen, der böseste von allen, ein junges Hirtenmädchen verfolgte, kam plötzlich in jähem Sprunge ein grosser schwarzer Bock, welcher noch niemals auf der Alp erblickt worden war, der fliehenden Jungfrau zu Hilfe. Mit furchtbarem Stosse schleuderte er den Verfolger über eine steile Felswand, hinab in den Abgrund. Gleichzeitig aber erzitterten ringsum die Berge, und unter herabrollenden Felsstücken und Eismassen verwandelte sich das einst so blühende und fruchtbare Tal in eine traurige Gletschereinöde, die es noch heute ist. Von jenem schrecklichen Augenblicke an wurde das Tal nur noch selten von Menschen betreten. Zu ewiger Busse verdammt ziehen die, die den Zorn des Himmels über die Täler brachten, noch heute, ihr Schicksal in dumpfen, eigentümlichen Tönen beklagend, durchs Land. Man hört bald die Trommel schlagen, bald die unseligen Geister auf entsetzliche Weise heulen. Quelle: Hans Michel, Ein Kratten voll Lauterbrunner Sagen. Wengen 1936. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Rottalherren

Source: Die Rottalherren

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Im tiefer gelegenen Vorderland jenseits der Oberländer Berge ertönt, gewöhnlich zur Hochsommer- und Erntezeit, die Luft in seltsamem Tosen und Knallen. Oft vernimmt man es auch gegen den Herbst hin, doch stets nur bei heiterem Himmel. "Es gibt Regen", sagen dann etliche, "bald werden sich die weissen Wölkchen sammeln." "Nein, das sind die Rottalherren", meinen andere aus dem Volk bis gegen Murten und Solothurn zu, oder "die Rottalherren exerzieren, es gibt ander Wetter." Im bernischen Seeland wird dieses Geräusch auch "Murtengeschütz" genannt. Das Rottal oder Rotental war aber ehedem eine wunderschöne Blümlisalp an der Südwestseite der Jungfrau, von wo ein Pass ins Wallis führte. Glücklicher wäre das Los der Bewohner dieses Teiles des Landes gewesen, hätte nicht zu jener Zeit die Willkürherrschaft grausamer Herren auf ihnen gelastet. Allein keiner war seines Eigentums sicher und selbst die Frauen und Jungfrauen des Tales entgingen nicht den Verfolgungen dieser Wüteriche. Ihr gottloses Treiben konnte jedoch nicht ungestraft bleiben. Der Zorn des Himmels erwachte, und als einstmals einer von ihnen, der Böseste von allen, unter welchen das Land geschmachtet hatte, mit seinem wilden Gelüste ein junges Hirtenmädchen verfolgte, kam plötzlich in jähem Sprunge ein grosser, schwarzer Bock, welcher noch niemals auf der Alp erblickt worden war, der fliehenden Jungfrau zu Hilfe. Mit furchtbarem Stosse schleuderte er den Verfolger über die steile Felswand hinab in den Abgrund. Gleichzeitig aber erzitterten ringsum die Firnen und Eisberge und unter herabrollenden Felsstücken und Eismassen verwandelte sich das einst so blühende und fruchtbare Tal in eine traurige Gletschereinöde, die es noch heute ist. Von jenem schrecklichen Augenblicke an wurde das Tal nur noch selten von Menschen betreten. Zu ewiger Busse verdammt ziehen diejenigen, die den Zorn des Himmels über das Tal brachten, noch heute, ihr Schicksal in dumpfen, eigentümlichen Tönen beklagend, durchs Land. Man hört bald die Trommel schlagen, bald die unseligen Geister auf entsetzliche Weise heulen. Der Fluch wirkte auch auf die Nachkömmlinge des Geschlechtes fort. Drunten im Tale auf der Feste Rotenfluh hausten zwei Brüder. Das Glück vermochte unter ihnen nicht zu gedeihen, waren doch ihre Seelen von giftiger Missgunst gegeneinander erfüllt. Es beneidete der jüngere unter ihnen den älteren um sein grösseres väterliches Erbe. Als sie aber eines Tages nach dem Saxetental zur Jagd ziehen wollten, stiess der Neidling dem Bruder hinterrücks den Speer in den Rücken, dass dieser zu Tode getroffen zur Erde sank. Brechenden Auges verfluchte er den Bruder. Noch heutigen Tages heisst der Grund dort, dessen Scholle vom Bruderblut gerötet ward, der ungetreue Boden. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Die Rübi im Wylertal

Source: Die Rübi im Wylertal

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Durch das Wylertal gegenüber Silenen wälzte sich eine mächtige Rübi bergabwärts und bedrohte die Umgegend mit dem Untergang. Vorn auf ihr sass eine Hexe und spann, während eine andere hinten darauf aus Leibeskräften haspelte. Aber nun sprach die Wetterglocke der Pfarrkirche Silenen auch ein Wort dazu und, wie es scheint, ein ganz gewichtiges und wirksames, denn bei ihrem ersten Klang rief die Hasplerin der Spinnerin zu: »Häb still, häb still! ds Vrenäli schrytt!« Sogleich hielt sie mit Spinnen inne, und die Rübi kam zum Stillstand. Hätte sie fortgefahren zu spinnen, so würde auch das Verderben seinen Lauf fortgesetzt haben. J.M. Tresch, 70 J. alt, u.a. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Rübi zu Fernigen

Source: Die Rübi zu Fernigen

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 a) Hinter der dem heiligen Johannes Nepomuk geweihten Kapelle zu Fernigen im Meiental ging einst tosend und rauschend eine Rübi nieder. Zuvorderst auf ihr sass eine Hexe, zuhinterst stiess eine andere aus allen Kräften. Aber die Freude sollte ihnen vergellt werden. Schnell lief der Sigrist zum Kapellchen und läutete das Glöcklein. Jetzt schrie die Hexe vorn auf der Rübi: »Stoss, stoss!« Doch auch die andere hatte mit dem ersten Klang des Glöckleins ihre Gewalt verloren und antwortete: »Luisä zich! Ich mag nimmä g'stossä, St. Johanns schrytt.« Ferdinand Dubacher b) Ein anderes Mal fuhr die Rübi hinter Fernigen bis in die Meier Reuss hinunter und mit ihr bis gegen Husen hinaus, und erst, als es in der Talkapelle auf Flüeh-Egg läutete, rief die Hexe, die hinten auf der Rübi an einem Spinnrad mächtig trieb: »Ds Vrenäli schrytt« und stand die Rübi still. Frau Baumann, Meien, 70 J. alt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Rübi zu Schattdorf

Source: Die Rübi zu Schattdorf

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Eine Rübi hatte die Pfarrkirche Schattdorf zertrümmert. Die Leute wollten sie nun tiefer unten in Bommatters Matte (oder: auf der Spillmatt) bauen, doch über Nacht wurde ihre Arbeit wunderbarer Weise zunichten gemacht, und die Werkzeuge, Holz und Steine fanden sich am Morgen immer wieder am alten Standort. Jetzt entschlossen sie sich, das Gotteshaus wieder auf dem alten Posten aufzubauen. Da toste wieder einmal eine grausige Rübi durch den nahen Rübizug hinunter und bedrohte die Kirche. Aber der wachsame Sigrist lief eiligst und läutete über Wetter. Wie auf einen Zauberschlag hielt die Schutt- und Wassermasse in ihrem Laufe inne. Da hörten die Leute eine Stimme rufen: »Ja, ja, wenn ds Vreni nitt so g'schrüwä hätt, ich hätts de scho wellä uff 'Kilä leitä, sy hättet de nu wider einisch ä kei Chilä g'ha!« Zäzilia Gisler-Walker, 70 J. alt; Josefa Imhof-Aschwanden, 85 J. alt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Rüfe

Source: Die Rüfe

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Wenn man über den hohen Gebirgspass Bernina nach Puschlav wandert, so gelangt man am südlichen Bergabhang nicht weit oberhalb Pischiadello an eine Stelle, wo in alter Zeit, keine Chronik gibt davon Kunde, ein Dörfchen namens Zarera stund. Man nennt den Ort "die Rüfe", von Gebäulichkeiten sind keine Spuren mehr zu finden. Die Einwohner von Zarera waren, so erzählt die Sage, böse gottlose Leute, welche sich von den Säumern und anderen Reisenden, die mit ihren Pferden dort durchzogen und einkehrten, auf unredliche Weise bereicherten. Da sah man einst zur Nachtzeit eine Jungfrau auf einem Schimmel um das Dorf herumreiten und hörte, wie sie laut die Einwohner von Zarera warnte und ihnen zurief, Busse zu tun. Die Zarerer aber blieben bei ihrer verdorbenen Gesinnungsart und da erging über sie ein grosses Strafgericht. Es sammelten sich dichte, schwarze Wolken am Himmel, der Blitz zuckte, der Donner rollte, der Regen fiel in Strömen. Denn Bergbäche schwollen an und rissen die gewaltigsten Baumstämme und Felsblöcke mit sich fort. Es war eine schauerliche Nacht, da jedermann sich bekreuzte, und als der Morgen graute, war Zarera nicht mehr. Alle Einwohner haben den Tod in den Fluten und unter den Trümmern gefunden. Einzig eine alte Mutter und ihre Tochter blieben verschont. Sie machten eine Ausnahme von den Übrigen, waren gottesfürchtig und freuten sich, wenn sie ihren Nächsten und den Reisenden dienen konnten. Ein Windstoss trieb sie fort bis ausser den Bereich der angeschwollenen Rüfe und sie blieben am Leben. Quelle: Theodor Vernaleken, Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch


by Die Rüfe-Hexe

Source: Die Rüfe-Hexe

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Vor mehr als hundert Jahren wurde das Dorf Lenz von einer Rüfe überschüttet. Zur selben Zeit hauste hoch über dem Dorfe im Gebrige wo die Rüfe losbrach, eine Hexe (ein Tobel-Ungeheuer oder Rüfe-Butz). Nicht lange Zeit vor dem traurigen Ereignisse, das Lenz bald treffen sollte, hörte man ein so lärmendes Wortgezänke im Gebirge oben, dass weithin die Tobel und Schluchten davon erhallten. Die Hexe wollte nämlich unter fürchterlichen Scheltworten die Rüfe bewegen, einmal loszufahren und das ganze Dorf drunten einzubetten. Die widerstand lange Zeit und wollte das Dorf möglichst schonen, brach aber doch endlich los und legte der Hexe zu Gefallen das Dorf zur Hälfte in Schutt und Steine. - Unschuldige Kinder sahen diese Rüfe-Hexe voll Ingrimm auf einem entwurzelten Eichenstrunke sitzend, mitten in dem flutenden Rüfengewässer und unter kopfüber stürzenden Felsblöcken durch das Rinnsal herabfahren. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die ruhelosen Gescheidsmänner

Source: Die ruhelosen Gescheidsmänner

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Im Kohlholz unterhalb Liedertswil erscheinen zu gewissen Zeiten drei Männer in altertümlicher Tracht, die einer Grenze nachgehen und sich hie und da etwas am Boden zu schaffen machen. Man hört auch ein Gemurmel, das in lautes Disputieren und Streiten ausartet. Nach der Sage soll es ein altes Gescheid sein, das jener Stelle einmal eine ungerechte Grenzveränderung vorgenommen habe und dafür abbüssen müsse. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Die ruhelosen Wässermannen

Source: Die ruhelosen Wässermannen

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Auf dem hügeligen Gelände unterhalb des Dörfleins Känerkinden wuchs früher nur spärliches Gras. Da fing man an, den sogenannten Bergbach auf diese Wiesen zu leiten und zu wässern. Seitdem wurde das Land merklich fruchtbarer. Damit alle Landeigentümer in gleicher Weise ihr Wasser bekamen, wurde es verteilt, sodass jeder eine bestimmte Zeit des Tages das Wasser auf sein Grundstück leiten durfte. Es kam aber öfters vor, dass in trockenen Sommern das Wasser gestohlen, das heisst, auf andere Grundstücke geleitet wurde, zum grossen Schaden einzelner Landeigentümer. Viele Jahre nachher sah man in hellen Mondnächten auf diesen Wiesen schneeweisse Wässermannen, die lautlos über das Gelände huschten. Alte Leute erzählen, diese irrenden Geister seien sogar sehr bösartig, denn es sei ihnen einmal ein einsamer Wanderer zum Opfer gefallen. Die Leiche des Ermordeten sei von den wuchtigen Hieben der weissen Männer ganz blau und grün gewesen. Seitdem wird diese verrufene Örtlichkeit des Nachts von den Anwohnern nach Möglichkeit gemieden. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Die Ruine des Schlosses auf der Flue in Naters

Source: Die Ruine des Schlosses auf der Flue in Naters

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Arx Dominorum de saxo, französisch: le château du rocher, gewöhnlich Supersaxo geheissen, weil es auf Felsen gebaut, von welchem die Familie Supersaxo, früher Michlig, den Namen erhielt, war ehemaliger Sommersitz der Bischöfe von Wallis. Vor seinem gänzlichen Verfall seien dort noch lange Zeit Gänge und offene Säle zu sehen gewesen, welche junge Leute oft zu verborgenen Tänzen benutzten. Zu einer solchen nächtlichen Belustigung gingen einst zwei Burschen. Sie kamen zwei Stunden weit her vom Natisserberg herab. Als sie nun bei dieser Schlossruine anlangten und in den finstern Gang traten, der zu dem Tanzsaale führte, hörten sie das Spiel und Stampfen der lustigen Leute. Aber auf einmal wagten sie keinen Schritt weiter zu tun, starr hefteten sie ihre Blicke auf einen Gegenstand, die Haare standen ihnen zu Berge vor Schrecken — denn vor der Türe des Tanzsaales lag ein grosser schwarzer Ochse, der ein einziges feuriges Auge, wie ein Teller gross, mitten an der Stirne hatte. Die Tanzlust dieser zwei jungen Leute, wie man sich denken kann, verwandelte sich in solche Furcht und Schrecken, dass sie einander an der Hand fassend, ohne ein Wort zu einander zu sprechen, eilig nach Hause liefen, indem es sie dünkte, sie berührten keinen Boden. Beide verfielen nachher in eine schwere Krankheit.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Russen im Giigeliboden

Source: Die Russen im Giigeliboden

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Die Russen im Giigeliboden Nicht weit von Dietikon steht der Guggenbühlwald. Darin befindet sich eine mit dichtem Gestrüpp bestandene Mulde, die unter den Füssen nachgibt, wenn man sie betritt. Deswegen ist die Gegend unheimlich. In besonders dunkeln Herbst- und Winternächten sieht man im Giigeliboden hagere Gestalten, die traurig um ein flackerndes Feuer sitzen. Deutlich erkennt man die Pelzmützen, die langen Bärte, die zerlumpten Uniformen und die schweren Ketten, die sie an den Knöcheln und an den Handgelenken tragen. Das sind die Seelen der Russen, die der französische General Masséna einst hier gefangen hielt. Immer wieder treffen sie hier zusammen, um ihr trauriges Schicksal zu beklagen. Sie suchen den Sinn ihres Daseins zu verstehen, was ihnen bis heute nicht gelungen ist. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Limmattal Aus den „Sagen aus dem Limmattal“. Quellen sind dort nicht angegeben. Laut Vorbemerkung wurden die Sagen durch Sekundarlehrer K. Klenk „durch Schulaufsätze“ gesammelt. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Russen in Seltisberg

Source: Die Russen in Seltisberg

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a) Es war zur Zeit, als die Heere der Verbündeten durch Basel nach Frankreich zogen, um den Kaiser Napoleon zu demütigen. Die Soldaten mussten einquartiert und verproviantiert werden. Das konnte die Stadt Basel nicht allein bewältigen. Nun zog einer der Offiziere die Landkarte hervor und forschte darin, wo er seine Soldaten unterbringen könnte. Da las er den Namen St. Pantaleon, und unverzüglich brach er mit seinen Soldaten nach dieser vermeintlichen Stadt auf. Als er aber über Schauenburg kam, sah er zu seiner Enttäuschung nur ein kleines Nestchen vor sich. Was sollte er mit seinen hungrigen und müden Soldaten anfangen? Sie mussten sich alle auf die kleinen umliegenden Dörfer verteilen. Da wurden auch in einem Seltisberger Bauernhaus einige Russen einquartiert. Zum Mittagessen hatten sie Suppe und Speck. Vom Speck liessen sie noch übrig und gingen aus dem Haus. Als sie fort waren, setzten sich die Bauersleute an den Tisch und assen den übriggelassenen Speck. Am Abend kehrten die Soldaten zurück und verlangten die Speckresten. Aber diese waren nicht mehr vorhanden. Die Leute konnten lange sagen, sie hätten ihn gegessen. Die Russen verstanden sie wohl nicht recht und verlangten, immer wilder werdend, den Speck. Zu jener Haushaltung gehörten drei grosse, starke Männer. Der eine von ihnen trat in die Stube, hieb auf den Tisch und rief mit Donnerstimme: «Was wai die Donnere?» Dann nahm er einen Munifisel zur Hand und jagte die Russen hinaus. Die Soldaten rannten durchs Dorf und riefen in einem fort: «Der Bauer schlägt, der Bauer schlägt!» Nach kurzer Zeit sprengen drei Berittene mit gezückten Säbeln auf das Haus zu. Als das die drei Bauern durchs Fenster sahen, merkten sie, dass es bös herauskommen könnte, und flüchteten sich. Die Russen ihnen nach. Den einen Bauern erwischten sie bald. Einer der Russen hieb ihm mit dem Säbelrücken auf den Kopf. Der Bauer hielt einen Arm zum Schutze darüber. Als der Russe von ihm liess, war der Arm ganz blau. Zwei Wochen nachher starb der Mann. Der zweite Bauer flüchtete in die Scheune, steig immer höher und höher auf den Garbenstock bis unters Dach und liess sich hinter dem Stock hinunter. Der ihn verfolgende Russe aber immer nach. Da, wo er den Bauern versteckt glaubte, stach er mit seinem langen Säbel hinunter. Glücklicherweise traf er nicht. Später sagte der Bauer: «Ich glaubte jeden Augenblick, der Säbel durchsteche meinen Kopf.» Doch von dem ausgestandenen Schrecken wurde auch er krank und lebte nur noch zwei Jahre. Der dritte flüchtete hinten zum Haus hinaus, durch die Gärten auf das Feld. Früher war jedes Stück Land von einem hohen Lebhag umgeben. Über jeden sprang er hinweg. Der Russe lief ihm nach, bis er genug hatte. Dann kehrte er um. Der Bauer aber sprang über jeden, noch so hohen Hag bis ins Tal hinunter, bis er merkte, dass er nicht mehr verfolgt wurde. Er erzählte später: «Kein Hag war mir zu hoch! » Er allein kam mit dem Leben davon. b) Als die Verbündeten 1814 durch unsere Gegend nach Frankreich zogen, übernachtete eine russische Nachhut-Patrouille in der Orismühle. Die Müllersleute mussten den Kriegern die besten Speisen und den besten Wein auftischen. Als sie aber immer frecher wurden berichteten die Leute nach Seltisberg, es möchten doch ein paar Männer kommen und die Fremdlinge in den Senkel stellen. Sogleich machten sich ein paar starke Männer auf, und einer von ihnen nahm einen grossen Achsnagel (einer Wagenachse) mit. Als sie in der Mühle anlangten, waren zwei der Berittenen im Hofe mit ihren Pferden beschäftigt, ihre Waffen hatten sie im Hause droben abgelegt. Die beiden anderen waren noch in der Stube. Wie diese die eintretenden Bauern gewahrten, zückte der eine seinen Säbel. Rasch kam ihm aber der Seltisberger zuvor und versetzte ihm mit seinem Achsnagel einen so wuchtigen Hieb, dass er tot zu Boden stürzte. Erschrocken flüchtete der andere ans Fenster und rief in den Hof hinunter: «Der Bauer schlägt, der Bauer schlägt!» Die beiden Gerufenen eilten herbei, aber auch sie wurden auf der Treppe und im Hausgang totgeschlagen. Damit die Tat nicht an den Tag kam, wurden die vier Pferde in der Nacht fortgejagt und ihre Geschirre verbrannt. Die toten Russen begrub man im Schärwinkel nahe bei der Orismühle. Seltisberg Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Russen in Seltisberg

Source: Die Russen in Seltisberg

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Es war zur Zeit, als die Heere der Verbündeten durch Basel nach Frankreich zogen, um den Kaiser Napoleon zu demütigen. Die Soldaten mussten einquartiert und verproviantiert werden. Das konnte die Stadt Basel nicht allein bewältigen. Nun zog einer der Offiziere die Landkarte hervor und forschte darin, wo er seine Soldaten unterbringen könnte. Da las er den Namen St. Pantaleon. Er brach nun unverzüglich mit seinen Soldaten auf nach dieser vermeintlichen Stadt. Als er aber über Schauenburg kam, sah er vor sich ein kleines, armes Nestchen. Was sollte er mit seinen hungrigen und müden Soldaten anfangen? Sie mussten sich alle auf die kleinen umliegenden Dörfer verteilen. So kam auch ein Trupp Russen nach Seltisberg. Dass so ein grosser Feldzug die im Grunde gutmütigen Russen nicht feiner machte, kann man wohl begreifen; mussten sie doch alles, Frau und Kinder, Haus, Land und Vieh zurücklassen und in die Fremde ziehen, um vielleicht nie wiederzukehren. Da wurden auch in einem Seltisberger Bauernhause einige Russen einquartiert. Zum Mittagessen hatten sie Suppe und Speck. Vom Speck liessen sie noch übrig und gingen aus dem Haus. Als sie fort waren, setzten sich die Bauersleute an den Tisch und assen den übrig gebliebenen Speck. Am Abend kehrten die Soldaten zurück und verlangten den Speck. Aber der war nicht mehr vorhanden. Die Leute konnten lange sagen, sie hätten ihn gegessen. Die Russen verstanden sie wohl nicht recht und verlangten, immer wilder werdend, den Speck. Zu der betreffenden Haushaltung gehörten drei grosse, starke Männer. Der eine von ihnen trat nun in die Stube und rief mit Donnerstimme, indem er auf den Tisch hieb: «Was wei die Donnere?» Dann nahm er einen festen Munifisel zur Hand und jagte die Russen zur Stube hinaus. Die Soldaten rannten durchs Dorf und riefen in einem fort: «Der Bauer schlägt, der Bauer schlägt!» Nach kurzer Zeit sprengten drei Berittene mit gezückten Säbeln durchs Dorf auf das Haus zu. Als das die drei Bauern durchs Fenster sahen, merkten sie, dass es bös herauskommen könnte und flüchteten sich. Die Russen ihnen nach. Den einen Bauern erwischten sie bald. Einer der Russen hieb ihn mit dem Säbelrücken auf den Kopf. Der Bauer hielt einen Arm zum Schutze über den Kopf. Als der Russe von ihm liess, war der Arm ganz blau. Wohl an den Folgen dieser Schläge starb dieser starke Mann schon zwei Wochen nachher. Der zweite Bauer flüchtete in die Scheune, stieg immer höher und höher auf den Garbenstock, bis unters Dach und liess sich hinter dem Garbenstock hinunter. Sein Verfolger aber war ihm dicht auf den Fersen. Da, wo er den Bauer versteckt glaubte, stach er mit seinem langen Säbel hinunter. Glücklicherweise traf er nicht. Später sagte der Bauer: «Ich glaubte jeden Augenblick, der Säbel durchsteche meinen Kopf.» Doch von dem ausgestandenen Schrecken wurde auch er krank und lebte nur noch zwei Jahre. Der dritte Bauer flüchtete hinten zum Hause hinaus, durch die Gärten aufs Feld. Früher war jedes Stück Land von einem hohen Lebhag umgeben. Über jeden setzte er hinweg. Der ihn verfolgende Russe lief ihm nach, bis er genug hatte. Dann kehrte er um. Der Bauer aber sprang über jeden, noch so hohen Hag bis ins Tal hinunter, bis er merkte, dass er nicht mehr verfolgt wurde. Er erzählte später: «Kein Hag war mir zu hoch!» Er allein kam mit dem Leben davon. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Die Russenlinde

Source: Die Russenlinde

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Die Russenlinde Beim Lindenhof in Rotenbrunnen, östlich von Stadel, steht eine alte Linde, die nach der Sage einst auf das Grab eines russischen Offiziers oder gar Generals gepflanzt worden sei. Diese Linde wurde gemäss einem alten Kaufbrief schon 1826 von der Zürcher Regierung als schutzwürdig erklärt. Im Frühling 1946 litt sie stark unter Sturmschäden aber sie steht immer noch da und erinnert geschichtskundige Wanderer an jene misslichen Zeiten, da bei uns Franzosen, Österreicher und Russen das uneinige Schweizervolk ausplündern konnten. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Unterland Gekürzt um die kommentierenden Beigaben, aus Hedinger, S. 23· Seine Quelle: Persönliche Mitteilung. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Russkatz

Source: Die Russkatz

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In der Russdiele, dem niederen Raum unmittelbar unter dem Dach, gegen die Küche zu meistens offen, und von dieser her vom Russ geschwärzt, hauste die Russkatz. Sie war bedeutend grösser als die gewöhnlichen Hauskatzen, brandkohlerdenschwarz und hatte feurige Augen, die gar unheimlich aus dem Dunkel der Russdiele hervorzündeten. Kinder, die nicht ins Bett wollten, kam sie kratzen, nahm sie mit sich oder tat ihnen zumindest etwas zuleide, wenn sie sich im Bett nicht stille verhielten. „Los, mi g’heerd d’Ruesschatz! Folg etz, häb-di still, sust g’heerd und nimmd-di de d’ Ruesschatz!“ Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Sage vom Glärnisch

Source: Die Sage vom Glärnisch

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Uf äm Glärnisch ischt vordem ä Prachts-Alp g'si. Die ganz Gegni zwüschet dem ruchä Glärnisch und dem Bächistock ischt ei Weid gsi. Die Alp het amänä jungä Purscht g'hört, der ischt all Summer sälber ufä gu säntnä. Sini alt Mueter und d' Liebsti hät er dundä gla. Zur Liebste hät er gseit: Chum ämal ufä z' Stubäti, aber zur Mueter hät er nüt gseit. Ämal amänä schüne Sunntig, so luegät er abän und gsieht äs Wibervolch chu. Der Purscht dänkt, das ischt mi Liebsti und will erä entgäge chu. Aber won er necher zuechä chunt, so ischs si Mueter g'si. Die hät gseit: "Gott grüezi, jez bien i doch froh, as i dobä bi; i bi mächtig müed und ha grusame Hunger. Gelt de machst me g'schwind öppis." "Wol wol", seit der Su, "günd ihr nu wieder abä, i gib ech nüt. Was bruchet ihr da ufä z`chu, wo mi allerliebsti Kathri chunt; i will hüt nüt vu üch wüssä." Und wo sie nüt hät wellä gu, so hät er sie fort gjagt. Es gat nüt lang, so chunt die Liebsti. Aber duä häts gulte: Mä weiss ja wies ischt, um d'Hüttän ummä. Was tut der Sänn? Er nint ei Chäs um der ander und leits ufä Wäg dur das ganz Fähri durä, as das Meitli d' Schueh nüt b'schissi. Aber d' Herrlikeit ischt gli us gsi. Bloss ischt d' Mueter wieder dundä gsi, so häts agfangä chnellän und der Firä ischt obänabä chu und hät die herrli Alp über- teckt mit samt dem Vech und dem Sänn und siner Liebsti, zur Straf für das, dass er so gottlos umgangen ischt mit siner Mueter und so närsch und utuchtig tue hat mit der Liebsti. Jez wänn's Jöristag ischt, so mues er undräm Firä fürä chrüchä und zoberst obäm Glärnisch abärüefä, as mäs ghört bis an Oberblegi und am Seerütisee: "Ach ich und mini liebsti Kathri Und mis Hündeli Pari Müend immer und ebig underüm Fire unde si."   Quelle: Theodor Vernaleken, Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Sage vom Hüttnersee

Source: Die Sage vom Hüttnersee

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Die Sage vom Hüttnersee Es war vor vielen hundert Jahren. Da gab es noch keinen Hüttnersee. An seiner Stelle dehnte sich ein finsterer Tannenwald aus, durch den der alte Pilgerweg nach Einsiedeln führte. Mitten im Gehölz konnte man das Plätschern einer Quelle vernehmen, deren Wasser sich aus einem uralten Holztüchel ergoss. Das war der Pilgerbrunnen. Gerne erlabten sich hier die Wallfahrer im kühlen Schatten nach ihrer langen Wanderung, bevor sie den letzten Anstieg gegen die Schindellegi hinauf unter die Füsse nahmen. Einst langte am Abend spät ein müder Pilger bei diesem Brunnen an. Er setzte sich neben dieser Quelle nieder, um etwas auszuruhen. Kaum hatte er sich auf dem weichen Moospolster des Waldbodens niedergelassen, als plötzlich ein Greis mit langem, weissem Bart aus dem Waldesdunkel vor ihm auftauchte. Er trug auf seinem Rücken ein Bündel Riedbesen, die r aus den langen Halmen der Riedbesenstreu kunstvoll gezöpfelt und geknüpft hatte. Weil er seit Jahrzehnten alljährlich aus dem Hochtal von Einsiedeln mit seinen Besenbündeln ins Zürichbiet herunterkam, war er dort unter dem Namen „Beselimaa“ bekannt. Im Laufe des Gespräches, das die beiden anknüpften, erkundigte sich der Besenmann nach den Reiseplänen des Pilgers. Dieser erklärte ihm, dass er noch heute bis nach Maria-Einsiedeln weiter wandern werde, um am übernächsten Tage wieder auf demselben Wege zurückzukehren. Da lachte der Greis laut auf und sprach: „Ja du hast gut sagen! Wenn du übermorgen wieder auf diesem Weg zurückkehren willst, wirst du deinen Durst nicht mehr an diesem Brunnen stillen können. Frage mich aber nicht weiter, Gott sei mit dir, leb wohl.“ Dann verschwand der Greis. Nachdenklich setzte der Pilger seinen Weg fort. Als der Wallfahrer am zweitfolgenden Tag wiederum auf demselben Weg zurückkehrte, da wartete seiner eine grosse Überraschung. An Stelle des Waldes, den er vorgestern noch durchschritten hatte, breitete sich eine dunkle Seefläche vor ihm aus. Das Gehölz samt dem Pilgerbrunnen war in der Tiefe gesunken. Nur rings am Ufer gewahrte er noch hie und da Wipfel und Äste halbertrunkener Tannen aus dem Wasser ragen. Bis vor wenigen Jahrzehnten glaubten die Umwohner des Seeleins, es sei unergründlich und haben einen unterirdischen Ausfluss, der bei Wädenswil in den Zürichsee münde. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Walter Höhn-Ochsner im Neujahrsblatt der Lesegesellschaft Wädenswil 1942, S. 17   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Sage vom Kindsmörder auf dem Söli

Source: Die Sage vom Kindsmörder auf dem Söli

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Auf dem Söli war früher eine Alp. Vor mehr als hundert Jahren alpte dort oben ein Senn mit seinem Knaben. Der Senn war ein rauher, jähzorniger Mensch. Während der Vater in der Sennhütte butterte und zigerte, hütete der Knabe das Vieh an den steilen Halden. Eines Tages schlief der Knabe während des Hütens ein. In dieser Zeit stürzten zwei Rinder über eine Felswand in die Tiefe. Als der Knabe entdeckte, was geschehen war, geriet er in eine grosse Furcht vor dem Jähzorn seines Vaters. Schliesslich musste er aber dem Vater den Verlust bekennen. Der Senn, der gerade daran war, den Ziger aus dem Sennkessi in die Gebsen zu schöpfen, geriet darob in einen solchen Zorn, dass er seinen Knaben kurzerhand packte und ihn in die heisse Schotte warf. Als der Knabe längere Zeit nicht auftauchte, zog ihn der Senn heraus. Der Knabe lebte nicht mehr. Vergeblich versuchte der Vater, den Knaben zum Leben zurückzurufen. Um seine Untat zu verbergen, trug er den Ermordeten auf den Berg und warf ihn auf der Wägitaler Seite über die Felsen. Damit wollte er einen Unfall vortäuschen. Der Senn starb bald darauf, und seine Untat wurde auch bekannt. Seither muss der Senn auf dem Soli als Arme Seele «wandeln». Im Wägital hört man heutzutage noch «Buobo, Buobo» rufen, bevor das Wetter umschlägt.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Die Sage vom Lago d'Elio

Source: Die Sage vom Lago d'Elio

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«Angiolina, erzählt mir eine hübsche Geschichte!», sagte ein Mädchen von acht oder neun Jahren zu einer alten Bäuerin, die bei einer Ecke des altertümlichen und geräumigen Kamines sass, wo ein Feuer von drei oder vier Kastanienscheitern brannte, die rauchten und ringsherum warm gaben, und aus deren Glut bisweilen hohe Flammen emporloderten und fröhlich knisternde Funken sprühten. Angiolina war wirklich ein altes Mütterchen. Aus ihrem verbleichten bunten Nastuch, das sie mit zwei Zipfeln um den Kopf gebunden hatte und das hinten am Hals bis mitten auf den Rücken herunterhing, guckten weisse Haare hervor. Also setzte sich Angiolina behaglich in ihrem Winkel am warmen Kaminfeuer zurecht, wickelte ihren Rock und die Schürze mit einer kreisenden Bewegung um die Knie und Füsse, damit sie nicht Feuer fingen, wärmte darnach die Hände an der lodernden Flamme und versteckte sie wieder in die Schürze. Darauf begann sie folgendermassen zu erzählen: Vor Zeiten war einmal ein hübsches Dörfchen dort drüben auf halber Höhe des Gebirges. Es lag wie versteckt in seinem Schoss. Man sieht seine Stelle noch heute und braucht nur dort hinunterzugehen auf den Platz, wo unsere Kirche von Losone steht, von dort aus kann man\'s sehen. Die Leute dieses Dorfes waren hartherzig und so böse, dass sogar der liebe Gott ihrer überdrüssig und darob so sehr erzürnt war, dass er beschloss, sie zu strafen. Die Madonna jedoch, voller Mitleid, beschwichtigte ihn, und er versprach ihr, noch einen Tag mit der Ausführung seines Vorhabens zu warten, denn sie wollte noch versuchen, ob es ihr möglich wäre, einige der Bewohner zu bekehren, um die Strafe aufzuschieben oder gar abzuwenden. So sah man denn an einem stockdunkeln Abend eine alte Bettlerin durch jenes Dörflein gehen, die ganz zerfetzte Kleider trug und vor den Türen um eine milde Gabe bettelte. Vergeblich klopfte sie an alle Türen, umsonst flehte sie mit sanfter und rührender Stimme, dass man sie einlasse und ihr ein Almosen spende. Niemand kam und öffnete ihr. Keiner gab ihr etwas. Die Türen und die Herzen der Bewohner von Elio blieben gleich fest verschlossen. Als nun die alte Bettlerin überall die Runde im Dorf gemacht hatte, blieb sie ein wenig stehen, um sich umzuschauen, und Tränen des Schmerzes rannen ihr aus den Augen und fielen zur Erde. Dann wandte sie sich nach der Strasse, die aus dem Dorf wegführte. Da kam sie zu einer armseligen Hütte, an der sie aber dennoch anklopfte. Die Tür wurde geöffnet, eine Frau trat ihr entgegen, die war ganz mager und abgezehrt vor Entbehrung und Elend. Und dann waren noch vier Kinder da, erschöpft und traurig wie ihre Mutter. Als die Frau die alte Bettlerin sah, wie sie so spät noch umherging, um eine Unterstützung zu betteln, fühlte sie grosses Mitleid und hiess sie sofort mit liebreichen Worten hereintreten, führte sie an das kleine. Kaminfeuer und bat sie, in der am meisten geschützten Ecke Platz zu nehmen. Dann fachte sie das Feuer wieder an, damit sie ihre durchfrorenen Glieder wärmen könne und bot ihr einige Kartoffeln an, die sie in der Asche gebraten hatte, den Überrest ihres dürftigen Nachtmahls. Die alte Bettlerin ass davon, dankte der Mutter und den Kindern, die schüchtern um sie herumstanden, mit einem solch liebevollen Blick und einem so sonnigen Lächeln, dass sich ihr Herz mit einer seligen Freude füllte, wie sie es bis zu diesem Tag noch nie verspürt hatten. Ein Weilchen später, nachdem sie völlig erholt schien, stand sie auf, nahm Abschied von der Familie, wandte sich aber unter der Haustür nochmals zurück und sprach: «Eure Gastfreundschaft hat euch gerettet, und ihr werdet die Belohnung empfangen. Behaltet morgen die Haustür offen und beobachtet diese Stelle im Stein.» Damit zeigte sie auf die Felsen vor dem Haus, indem sie mit ihrem Stöcklein daran schlug. «Sobald ihr die ersten Tropfen Wasser hier herabfliessen seht, so nehmet eure wenige Habe und flüchtet miteinander aus dieser Gegend, denn Gott der Herr hat sie verflucht.» Kaum hatte sie das gesagt, so verschwand sie, wobei sie einen lieblichen Wohlgeruch und einen hellen Lichtschimmer zurückliess, der nach und nach in der Ferne erlosch. Als jene Nacht vorüber war und der Tag anbrach, redeten die Kinder mit der Mutter immer noch von dem Vorgefallenen. Zitternd harrten sie auf das Wunder, das da geschehen werde, indem Wasser herauskommen sollte aus dem Felsen. Sobald der Abend dämmerte, da, wie man bei uns im Tessin sagt, die Nase anfängt, einen Schatten zu werfen, wandten die Knaben kein Auge mehr von der Haustür und schauten unverwandt auf die bezeichnete Stelle. Die Mutter dagegen, immer noch unentschlossen, ob sie das Häuschen verlassen sollte oder nicht — denn es war ihr einziges Gut und ihr alleiniger Zufluchtsort —, raffte für alle Fälle die wenigen Habseligkeiten zusammen, die ihr wert schienen, gerettet zu werden. Und richtig, auf einmal schrien die Kinder wie mit einer Stimme: «Mutter, Mutter, schau, schau, das Wasser, das Wasser, schnell fort!» Auf dieses Rufen hin rannte die Mutter herbei, und noch bleicher geworden, als sie sonst schon war, sah sie wirklich einige Wassertropfen aus dem Stein herauskommen, der aber kein Loch zeigte und keinen Riss. Die Tropfen kamen immer häufiger und mit immer grösserer Geschwindigkeit, als wollten sie zur Flucht anspornen. Zitternd vor Angst stellte sie sich vor den ältesten der Knaben. Der hob den Kleinsten auf den Rücken. Dann nahm sie die zwei andern Kinder an die Hand und lud einen mächtigen Sack auf die Schultern mit all dem, was sie von ihrer Habe retten wollte. Hierauf eilten sie fort auf die Strasse, die zum Dorf hinausführte und erreichten nach langem Wandern die Höhe eines Bergrückens, der sich langsam hinabsenkte. Schliesslich gelangten sie in ein geräumiges Tälchen und zuletzt in eine verlassene Blockhütte, in die sie hineingingen. Dort zündeten sie ein Feuer an, um sich zu erwärmen und etwas sehen zu können. Im hintersten Winkel war ein Haufen Stroh. Auf diesen legten sich die Kinder hin und schliefen ein, ermüdet vom weiten Weg und von der Angst, die sie ausgestanden hatten. Auch die Frau legte sich nieder und dankte Gott im Gebet, dass er sie aus der Gefahr gerettet. Dann versuchte sie zu schlafen; allein der Schlaf wollte nicht kommen, und sie verbrachte eine lange und kummervolle Nacht. Endlich, endlich schimmerte die Morgenröte durch die Lücken der Hütte und meldete mit ihrem fahlen Licht der armen Frau, dass der Tag nicht mehr ferne sei. Und weil es ihr keine Ruhe mehr liess, stand sie, um ihre (Kinder nicht zu wecken, ganz leise auf, ging behutsam zur Hütte hinaus und lief an eine Stelle, von wo sie ihr Dörflein noch hätte erblicken können. «Um Gottes willen!» rief die Frau und sank auf die Knie, denn es war ihr, als müsste sie sterben, so elend wurde ihr beim Anblick dessen, was sie vor Augen hatte. Von dem schönen Dorfe Elio war nichts mehr zu sehen. An seiner Stelle bildete eine weite und gleichförmige Wasserfläche einen See. Totenstille herrschte ringsumher. Weder ein Haus noch ein Stall war noch zu sehen, weder die Glocke einer Kuh noch einer Ziege oder eines Schäfchens unterbrach die Grabesruhe. Alles, alles war verschwunden, Leute und Vieh, ohne die geringste Spur übrig zu lassen. Noch heute wird erzählt, dass man zu Zeiten, da der See von Gewittern plötzlich aufgewühlt wird und die Wellen sich mit Wut aufbäumen, aus der Tiefe die Glocken einer Kirche läuten höre. Diese sind nämlich geweiht und erinnern die Lebenden an das begangene Unrecht derer, die da begraben wurden, und an die Strafe, die Gott der Herr ihnen geschickt hat. Man berichtet auch, wenn der See ruhig daliege wie ein Spiegel, dass man durch das Wasser ganz unten in der Tiefe Häuser, Dächer und Gässlein sehen könne als Überbleibsel des versunkenen Dorfes. Aber das erregt Schauder, und nur ganz wenige haben gewagt, so weit hinunterzublicken und jene geheimnisvollen Tiefen zu erforschen. Dort, wo die Madonna jene heiligen Tränen geweint, sank die Erde nicht hinunter; es bildete sich ein Inselchen, so gross, dass ein Mensch darauf stehen konnte. Veilchen und Maiglöckchen erblühten dort immer. Mit der Zeit aber kamen neugierige Leute und wollten die Insel besuchen. Weil sie dadurch entweiht wurde, versank eines Tages auch dies Eiland im See. Das war das Schicksal des Dorfes Elio. Hier endete Angiolinas Erzählung zum grossen Bedauern der kleinen Zuhörerin, die noch gern, wer weiss wie lang, bei ihr gesessen hätte, um andere Geschichten zu vernehmen.   Am Kaminfeuer der Tessiner                                    Walter Keller                                                          Hans Feuz Verlag Bern     Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Sage vom Lago die Muzzano

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An den Gestaden des hübschen Muzzano-Sees bei Lugano lebte vor Zeiten eine ganz arme Witwe, die rastlos arbeitete, um für sich und ihr dreijähriges Büblein das Brot zu verdienen. Eines Tages zogen viele Zigeuner, die von einem Jahrmarkt zurückkehrten, an ihrem Häuschen vorüber und schlugen in der Nähe ihr Lager auf. Da liefen die Bewohner des Dorfes herbei, um das Leben und Treiben wie auch die Spiele dieser Leute zu beobachten und dem Tanz der dressierten Bären zuzuschauen. Nach einiger Zeit wanderte dann die Truppe weiter. Als die arme Frau am Abend von ihrer mühsamen Arbeit heimkehrte, fand sie ihr Söhnlein nicht mehr. Die Zigeuner hatten es heimlich geraubt. Die Ärmste wanderte über die Berge und Täler des Tessins und suchte überall nach ihrem Liebling. Auch sah man sie oft traurig am Ufer des Muzzano-Sees stehen und ins Wasser spähen, als wollte sie die Wellen fragen, ob sie nicht etwa ihr liebes Kind verschlungen hätten. Als jedoch all ihr Suchen und Forschen vergeblich war, fügte sie sich zuletzt in ihr hartes Schicksal und fuhr fort, ihr Tagewerk wieder aufzunehmen, das aus lauter Entbehrungen, Mühen und Schmerz bestand. Unterdessen zog die grosse Zigeunerfamilie weiter durch alle möglichen Gegenden Europas, und «Fior di Lago» oder «Blume des Sees», wie sie das Kind nannten, das sie der Witwe geraubt hatten, wuchs mit der Zeit zu einem schönen und starken, intelligenten Jüngling heran. Da er ein geschickter Armbrustschütze war, gelang es ihm mehrmals, seine Zigeunertruppe vor wilden Tieren zu.retten. Einstmals, als sie in die Wälder des Karpathengebirges gelangt waren, hatte er sogar das Glück, dem König der Zigeuner das Leben retten zu können. Dieser ernannte ihn zum Zeichen seines Dankes zum Verwalter seines Stammes und anerbot ihm seine einzige Tochter zur Frau. Am Vorabend des Hochzeitstages enthüllte ihm eine alte Zigeunerin, der er damals zur Pflege anvertraut worden war, als man ihn geraubt hatte, seine Herkunft. Sie erzählte ihm vieles von seinem Heimatdorf, an dessen Namen sie sich aber nicht mehr erinnern konnte. Doch hatte sie die einfache Schönheit des Sees, der sich mit seinem ruhigen blauen Wasserspiegel zu Füssen des Dorfes ausdehnte, tief im Gedächtnis behalten und konnte nicht genug den Reiz dieser Landschaft rühmen. Der junge Mann, der bisher geglaubt hatte, er sei inmitten des Zigeunervolkes geboren, fühlte wohl, dass er nie recht glücklich sein werde, wenn es ihm nicht gelänge, die Spur seiner lieben Mutter aufzufinden und für sie zu sorgen. Er verlangte also und erhielt vom Zigeunerkönig die Erlaubnis, die Truppe für einige Zeit verlassen zu dürfen. Wie aber hätte er seine Mutter wieder erkennen können? «Suche nach einem See», sagte die alte Zigeunerin, «auf dessen Oberfläche weisse schöne Blumen schwimmen. An diesen Blumen wirst du dann die Heimat deiner Mutter wieder erkennen.» «Fior die Lago» nahm also Abschied vom Zigeunerkönig und wanderte durch weite, weite Länder, bis er zuletzt in jene Gegend bei Lugano kam, die ihm die alte Zigeunerin geschildert hatte. In jedem Dorf erzählte er dort seine Geschichte, in der Hoffnung, seine Mutter unter den Zuhörern wieder zu finden. Es geschah sogar, dass mehrere Frauen sich als seine Mutter ausgaben, weil sich das Gerücht verbreitet hatte, das geraubte Kind sei inzwischen ein reicher Herr und der Verlobte der mutmasslichen Königin der Zigeuner geworden. Aber «Fior die Lago» wies diese Frauen ab und schickte sie wieder fort. Eines Tages 3elangte er an das Ufer eines kleinen Sees und traf dort eine alte Frau, die auf ihrem Gesicht die Spuren eines unsäglichen Leides trug. Weinend lief sie ihm mit offenen Armen entgegen und rief: «Mein Sohn, mein liebes Kind!» Der junge Mann schenkte ihr aber keinen Glauben. Darauf brach die arme Frau vor Enttäuschung in verzweifelte Seufzer und Tränen aus und setzte sich ans Ufer des Sees. Und o Wunder! Da verwandelten sich die Tränen, die in den See fielen, in prachtvolle weisse Seerosen, die auf dem Wasser schwammen. Jetzt erinnerte sich «Fior di Lago» der Worte jener Zigeunerin: «An jenen Blumen wirst du deine Mutter wieder erkennen.» Gerührt umarmte er die teure Mutter und war glücklich, sie wieder gefunden zu haben und während der letzten Jahre ihres Lebens für sie sorgen zu können. Noch heute sieht man am Ufer des reizenden Muzzano-Sees wundervolle Seerosen im Wasser schwimmen. Dies sind die Tränen einer Mutter.   Am Kaminfeuer der Tessiner                                    Walter Keller                                                          Hans Feuz Verlag Bern   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Sage vom Martinsloch

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Vor vielen hundert Jahren hütete ein Flimser mit seinem gar schönen und edlen Töchterlein Marei die Schafe auf dem Segnes. Im Winter ging der Vater auf die Bärenjagd, und Marei trug manchen warmen Pelz hinüber nach Elm und weiter auf den Markt zu Glarus. Auf einer solchen Wanderung lernte das Mädchen auch einen jungen Burschen aus Elm kennen, der ebenfalls dem Waidwerk oblag und als gefürchteter und kühner Jäger galt. Mareis Vater aber hatte als Gatte für seine Tochter einen reichen Oberländer auserkoren. Als dann einmal der Glarner auf den Segnes kam, da verbot ihm der Vater kurzerhand das Betreten der Hütte. Dieses Vorgehen versetzte die beiden Liebenden in tiefe Trauer, und sie sannen, jedes für sich, nach einem Ausweg, sich dennoch sehen und sprechen zu können. Nun hatte der selbe Herbst Schnee in schweren Massen auf die Berge geworfen, so dass Marei auf lange Wochen an die Hütte gebannt war, in der ihr Vater sie tagtäglich mit harten Worten schalt. Auf den Martinitag zog der Hirt ins Tal, um seinen Hirtenlohn zu heischen. Marei, von grosser Sehnsucht nach dem Geliebten jenseits der hohen Berge geplagt, schritt am frühen Morgen schon über den harten Schnee den Tschingelhörnern zu. Da sie jedoch keinen bestimmten Weg eingeschlagen, kam sie plötzlich an einen Felsen, durch den die Sonne ihre Strahlen sandte. In diesem Glanz der Sonne sah das Mädchen ein gar liebliches Dorf, das es alsogleich als Elm erkannte. Die wackere Hirtin kroch durch Steingeröll und tiefen Schnee zum hell erleuchteten Felsenschlund, kam nach Stunden ennet dem Berg herfür und fand im Hause des Geliebten ein herzliches Willkomm. Am Tage Mariä Lichtmess nahm das junge Ehepaar den gefährlichen Weg unter die Füsse nach dem Martinsloch, wie man es heute nennt, um drüben des Vaters Segen einzuholen. Allein der alte Mann hatte den schweren Groll noch nicht abgelegt und wies die beiden mit grobem Schimpfen ab. Sie wandten sich betrübt dem Rheine zu, und man soll nie mehr etwas von ihnen gehört haben. Als dann der Lenz ins Land geschritten kam und die Lauenen brüllten, wurde der Zugang zum Martinsloch auf beiden Seiten zerstört. Aber am Sankt Martinstage und wiederum achtzig Tage später, zu Lichtmess, scheint die Sonne nach wie vor hindurch und grüsst den Kirchturm von Elm.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Die Sage vom Origlio-See

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Es war an einem sehr kalten Wintertag im Monat Dezember. Der Himmel färbte sich ganz bleischwarz. Es fing an zu schneien und schon dunkel zu werden. Ein Bauer aus dem hübschen Flecken Agno am Luganersee war mit seinen zwölf prächtigen Kühen aus der Ebene des Vedeggio-flusses von seinem Dorf fortgegangen, um sich nach Ponte Capriasca zu begeben, das zwei Stunden davon entfernt war, wo er eine grosse Menge Heu, das er im Monat Mai gekauft hatte, seinem Vieh zu fressen geben wollte. Der Schnee fiel dichter und immer dichter. Unaufhörlich tanzten die Flocken hernieder. In kurzer Zeit waren Weg und Steg von einer beträchtlichen Schneedecke eingehüllt. Die zwölf Kühe schritten mühsam fort. Sie waren müde vom weiten Weg und kamen nur langsam und träge vorwärts. Ihre Schnauzen waren etwas geschwollen und berührten beinahe den Boden. Aus ihren Nasenlöchern dampfte der Atem, und die Ohren hingen lahm herunter. Als der Bauer auf die Höhe von Origlio gekommen war, wollte er den Weg abkürzen. Es lag noch eine weite Ebene vor ihm. Er zog also vorwärts und trieb seine Herde ungeduldig vor sich her. Eine Weile später glitt er mit dem Fuss plötzlich aus und fiel in den Schnee. Als er wieder aufstand, merkte er erst, dass er sich mitsamt seiner Herde auf dem Eise befand. Ein Schrecken überfiel ihn, und ein Schauer durchrieselte ihn kalt. «Ich Unglücklicher», rief er aus, «wegen diesem Schneewetter habe ich den Weg verfehlt. Ich bin hier gewiss auf dem Origlio-See.» Und damit warf er sich voller Angst auf seine Knie, hielt beide Arme zum Himmel empor und betete: «O heiligste Königin des Himmels, hilf mir, dass ich samt meiner Herde glücklich über den See ans Ufer komme. Dann soll meine schönste Kuh dein eigen sein.» Und in der Tat gelangte er mit seinen Tieren wohlbehalten ans andere Ufer, und es verlief alles gut. Eine Stunde später kam er dann trotz des hohen Schnees mit seiner Herde glücklich nach dem Dorfe Capriasca, seinem Bestimmungsort.. Er hielt auch sein Gelübde, verkaufte seine schönste Kuh und Hess mit dem Gelde, das er daraus löste, eine kleine, reizende Kapelle errichten und sie durch einen ausgezeichneten Künstler mit einem Freskogemälde schmücken. Diese Kapelle kann man noch heute nicht weit vom Ufer des kleinen, aber sehr idyllischen Origlio-Sees erblicken.   Am Kaminfeuer der Tessiner                                    Walter Keller                                                          Hans Feuz Verlag Bern     Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Sage vom Otterngut

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«E Gschicht, we me derig am Rande obe verzellt», Bargener Mundart   Im Chriesilaachet bä i emoll mit ’s Schwediuereche Haachel uf de Vämäärkt ihe ggange. Underwegs semm mer a allerhand cho, we ’s so goht; und uf der Hochstroß inne frog i en so mithää, worum da me ächt au dem uuggmachete Huus lingger Hand inn Fuulewise unne ’s Otereguet sägi. De Haachel däderet verrickt gern, denn er kennt alli Oertli im ganze Kanton, wo Lüüt gmarixlet worde sind und wo’s gaastet, und waaßt, worum da me de Battist und d’Franzischge und de Barööndli und de Judechüsser und ander arm Sünder gricht’ hät. Au kennt er schiergar all Hexe vo Staa bis go Schlaate. Dur sibe Böde dure verfluecht er si, da er de eebigjeger scho gsehe heig ufem Reyet usse und ’s Randeroß z’Begginge enne und de Schimelirüüter z’Atterf unne und d’Hobelgaas ghört im Rhyhirt inne und de Braatfueß z’Baargen obe. Dorum hett er mi em beste chönne brichte über da Otereguet und hät au würklich aafange verzelle und Wäger numme uffghört bis zom Schlagbomm ihe. Z’Obervogts Zyte seiid i dem Guet Mauche [= Hintersässen, Niedergelassene] gsy, die hebid e toll, buschberig Chindli gha, da hei Vrääli ghaaße. Wo da Vrääli zwaa oder drüü Johr aalt gsy sei, hei me imm z’Obed alemoll e Beckli voll Milch ggää und en Schwingge Brod derzue. Denn sei es vor ’s Huus ahe gsesse und hei ybröcklet und troostli bbroslet De Vatter und d’Mueter hebid müesse ierer Arbet nogoh, derethalbe hei me da Chindli mehretaals elaa hocke lo bis i di heel luter Nacht ihe. Da Ding wär guet, fahrt de Haachel furt, am ene Obed wo ’s scho dimmer worde ist, chrücht e mordsmößig großi Otere uß em Chrebsbach unne uhe vor ’s Chindli ahe, chruglet si mit em Hindertaal zäme, stellt ’s Vordertaal stotzgrad uff und macht mit em Chöpfli aa Gnäägerli um ’s ander, we d’ Stadtlüüt, wenn si enand d’Zyt wüüsched. Die Otere hei soli hychelig uusgsehe und e glitzig, guldi Chröndli uf em Chöpfli traat, und da heb schinnt’s dem Vrääli uunig wollgfalle. Well es si aber nid uuskennt hät mit so Uuzyfer, se saat ’s zo dem Tier: „Se Busle, wottsch ka Milch?“ und hebt em nogment ’s Beckli ahe. Schätz mer, da verdaalisch Oos sei kogäß gsy, suscht hett’s nid mit em Schnörrli im ganze Gschierli ummenand gnuelet und gwaulet und ’s Brot lige lo und no d’Milch glappet. Im währede Lappe hät ’s Chindli dere Bästi umeder de Rugge gsträäpflet und a ierem Chröndli umme zirrlet und ere villmoll Aali ggää. We si derno mit aller Milch grää gsy ist, macht si wider e Jümpferli, grad we wenn si si wett bidanke, und hüselet kunde- nend inn Bach abe. Vo da a ist die Otere all Ritt cho go Milch lappe und ’s Vrääli hät si mit der Zyt mordisch gern gha und z’stundewys mit ere bbrötschet. All Rüng hät ’s siner Mueter verzeih, was es für e schöni langi Busle heb, wo is chüsse und schlecke toe. D’Mueter denkt: „He wa ist nonau da mit dere lange Busle, ’s würt woll naamis nid urche sy.“ Au de Vatter, wo me imm’s gsaat hät, hät welle, ’s müe öppis Ungrads dehinder stecke. Zletst wördet si roetig, si welid der Sach nohe gspore. Am ene Obed nimmt d’Mueter e Sägisseworb und huuret hinder d’Huustüre go lüsterle. Gly druff chrüücht mi Otere deher we ander Moll und fangt a Milch lappe. S Chindli gvätterlet mit ere we sus, streckt oppme de Löffel fürre, lot si e weng druus lappe und sürpflet derno ’s ander selber gar uus. Wed’ Mueter daa sicht, verschreckt si manaad. Die Apple hät scho gmaant, iere Chindli sei verlöre, und wäred si chräit: „Ei se verryb, du Eerde-Täsch!“ stupft si dere Otere ’s Chröndli vom Chopf ewegg, da ’s i d’ Milch ihe plumpet ist. Die Otere gugget uhe, macht es Schnüfeli, Floeckli, als we wenn si falsch wär, und wütscht im Handumchehr in Bach abe. Vo der Stund aa hät me si gsehe und numme. Ueber daa ryßt d’Mueter em Chindli ’s Gschierli mit der Milch uß de Händlene und schlengget ’s in Bach abe, da ’s petscht. Natürlich hät me vo da a numme tolet, daß ’s Vrääli elaa vor ’s Huus ahi sessi. Spöter hät ’s müeße uf d’Staag i d’Schuel und zletst isch es e chech, schö Wybervolk worde. Am ene Sunntig de Morge ist Alles i d’Chilche ggange und no da Vrääli elaa dihaam bblibe. Denk woll, ’s würt au hättet ha oder im Kati glese oder am End gar so schö geistlich Lieder gsunge, wie im aalte Psalmebuech stönd, zom Byspill: Reiß mich aus dem Sündenjammer, Schmeiß auf mich den Gsetzeshammer. Oder: Das Abendmahl ist von der Mess Was himmelweit Verschiedenes. Sonig chreftig Lieder hört me jez kani meh - gruugget de Haachel - die Meitli und die Chnabe wüsset hüttigs Tags vo nüüt anderem z’singe als vo Helvezia und vom Morgerot und luuter sottige weltliche Dinge. Aber da chunnt no vo der neue Mode her und vo dem uumügliche Klaaderpracht und dere Hoffert. Üüse jung Volk hät efange e uumenschliche Großmuet. Chuum chunnt so en Glunggi vom Pfarrer, se goht er nid zerst etlich Jöhrli go dääne, we zo myne Zyte; nei, en aage Wese fangt er a. Langet 's nid zom ene Zug, se gmaared Zwää oder Drei und denn gyt s Händel und Prozeß und am End haaßt 's alli und jedi. Gib Acht, de Himel würt aber bä nöchstem e Zaache to! Churzum, de Haachel hät si ganz in e Jast ihe ggyferet so da i en ha müeße abneh. Miera hät ’s wahl, wa me singi, mach i, i wett lieber die Gschicht vo dem Vrääli gar grää höre. De Haachel ist mit demm wider uf si Trumm cho und fahrt fürhäfurt: Underwyli schlycht en Joggeluner obe über da Läubli, wo vo der Stroß zom Dach y goht, i ’s Huus ihe und durnüsteret ’s ganz vom Esterich bis in Chärr abe. Em Vrääli hät ’s vo oppis Unrichtigem ddötterlet, dorum hät ’s d’ Chammertüre bschlosse. S stoht nid lang a, se chunnt de Galööri au vor die bschlosse Türe und fangt a, am Schloß umme z’neggele, so daß ’s Vrääli schier verdatteret ist und bbepperet het we ne Brätschele. Wo da Türeschloß nid nohggää hät, se schlot de uugheit Kerli mit de Füeß nogment dra here, da ’s tonet. S Vrääli chräit Helfio und Mordio, aber well zentumme Näämer gsy ist, hät imm au Näämer chöne z’Hülf cho. Jez grad we d’Türe zäme bricht, fangt ’s i der Chammer a suuse und pfyffe und chrosle und vispere. Zo alle Löchlene und alle Späältlene y schüüßet übermachet vill Otere, grad we wenn si z’Hutte voll heretraat worde wärid. Scho ab dem isch de Pflütter ganz verhofft worde; wo die Tierli aber erst all geg im gschüützt und glellet händ, zäpft er si, we wenn en de Tüüfel ryti. Eh s Vrääli aber wider zo si selber cho ist, sind denn au die Otere suuber all wider furt pfurret. Sid der Zyt haaßt selb Huus s Otereguet, macht de Haachel; aber vo dem ville Schwätze ha i e ganz troche Muul übercho; lueg, do ist scho de Schlagbomm. – Sabie, mer wend ihe, gib i imm zer Antert; i will der en guete Schoppe zale für di unterhaaltlichi Gschicht.     Aus: R. Frauenfelder, Sagen und Legenden aus dem Kanton Schaffhausen, Schaffhausen 1933. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Sage vom Quille du Diable

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Wie die Legende erzählt, diente der riesige Felsblock den versammelten Dämonen als Zielscheibe oder Kegel bei ihren verschiedenen Geschicklichkeitsspielen, die sie hoch auf den Bergen zu ihrem Vergnügen veranstalteten.??Und wenn dann Felsbrocken und Steine von dem hohen Turm in eisiger Höhe mit viel Lärm und Getöse bis nach Anzeindaz und an den kleinen Bergsee von Derborance geschleudert wurden, glaubten die einheimischen Alphirten, dass die bösen Geister ihre Drohungen wahr machten. Sie fürchteten um ihr Leben und das ihrer Herden und flehten zu Gott, dass er sie und ihre Herden beschützen möge. Man erzählte, dass man in dunklen Nächten, böse Geister mit kleinen Lichtern und Laternen, in Gruppen oder alleine, über die Weiden, Steinfelder und Geröllhalden irren sehe. Es gab sogar Leute, die behaupteten, dass sie diese armen, gequälten Seelen in der Nähe von Ardon herumirren gesehen hätten.??Man habe sie stöhnen hören und ihre Körper seien schrecklich anzusehen gewesen, müde vom ewigen Herummirren zwischen den kargen Felsen, wo sie für ihre Untaten büssen mussten. In den Tagen vor und während der schrecklichen Bergrutsche von 1714 und 1740, die fruchtbare Alpweiden unter Felsen und Steinen verschütteten und mehrere Hirten und Rinder unter sich begruben, konnte man dieses grauenhafte Stöhnen hören und die geisterhaft herumirrenden Lichter, die das kommende Unheil ankündeten, wahrnehmen.   J.Guntern, Sagen aus dem Wallis, 1978 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Sage vom Reifenstein

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Zur Seite des Kirchweges, der von Titterten nach Reigoldswil führt, erhebt sich die Burgruine von Reifenstein auf einem zackigen, beinahe einzeln stehenden Fels an der Ausmündung eines Seitentälchens ins große, schöne Reigoldswilertal. Die hohe Lage dieses Gemäuers und die waldige Bekleidung des Felsens, den es krönt, gibt ihm ein höchst romantisches Ansehen. Von dem Erbauer der Burg und ihren späteren Bewohnern hat man nur wenig Kunde. Dagegen verbreitet sich dunkles Sagengewebe unter den Umwohnern über diese Trümmer. Wenn das Wetter ändern will, sieht man Fräulein und Ritter in feurigen sechsspännigen Wagen daraus einherziehen. Am Karfreitag sonnet sich eine ganze Gesellschaft, köstlich gekleideter Herren und Frauen in uralter Tracht und legt viereckige Goldstücke auf mächtigen Tüchern an das Tageslicht. In den Revolutionsjahren machte ein Schatzgräber den Bauern der Umgegend nach den hier verborgenen ungeheuren Schätzen den Mund wässerig. Es war allbekannt, dass dieselben zwei verwünschte Edelfräulein von Reifenstein schon viele Jahrhunderte hüteten. Bald ertönte in stiller Mitternacht auf den Trümmern der alten Burg das allmächtige, Höll' und Teufel zwingende Christofelgebet, unterbrochen von dem Klange grabender Schaufeln. Bald stieß man auf etwas Hartes. Da rief einer der Bauern in der Freude seines Herzens aus: „Potz Hagel! Da hämmert's!“ Dem Geisterbanner blieb ein Drittel des Christofelgebetes im Halse stecken; er stampfte unwillig mit dem Fuße und schrie: „Nei, du Kaib! Jetzt hämmert's nüd!“, und damit zog er – statt der erklecklichen Schätze – ein Paar eiserne Pfannenstiele und Topffüße aus der Grube. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Sage vom Sasso Romanin

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Im Westen des Dorfes Preonzo in der Riviera erhebt sich jäh und steil abschüssig in wilder Schönheit das Gebirge. Etwa zweihundert Meter vom letzten Haus des Dorfes Preonzo entfernt liegt auf einer einsamen hübschen Wiese, die sich ein wenig talabwärts neigt, noch heute sichtbar ein ungeheurer Felsklotz, der ein erstaunliches Gewicht haben mag. Und er ruht nicht einmal völlig auf dem Boden, sondern scheint von einem Augenblick zum andern mit Donnergetöse und schwindelerregender Schnelligkeit auf das friedliche Dörflein zu rollen, wo er die Häuser zerschmettern und Tod und Verzweiflung mit sich bringen würde. Die Sage erzählt, dass jener kolossale Block von niemand anderem als vom Teufel dahin getragen worden sei. Es heisst, die Bewohner von Preonzo seien vor vielen, vielen Jahren über alle Massen verdorben gewesen, vielleicht noch mehr als in grauer Vorzeit die Städte Sodom und Gomorrha, die vom Feuer des Himmels zerstört wurden. Der Teufel, welcher sehr froh war und sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen wollte, hier einmal ein grosses Netz voll verlorener Seelen zu fangen, dachte darüber nach, wie er das gottlose Dorf gänzlich vernichten könnte. In einer stockfinsteren Nacht lud er auf seine riesenhaften Schultern einen mächtigen Felsblock aus Granit und machte sich damit mühsam auf den Weg. Er war schon oberhalb des ruchlosen Dorfes angekommen und wollte eben den Stein in die Tiefe schleudern, als ihm plötzlich ganz in strahlendem Licht das süsse Bild der Madonna erschien. «Was willst du tun, Satan?» fragte sie ihn mit freundlicher Stimme. «Ruhe dich doch einen Augenblick aus. Du bist gewiss sehr müde.» Und während sie so sprach, legte die Himmelskönigin ihre schnee-weisse reine Hand auf den Felsblock und brachte ihn zum Stehen. Der Satan versuchte, den ungeheuren Block in die Tiefe zu rollen; aber es gelang ihm auf keine Weise, ihn vom Fleck zu bringen. «Verflucht», schrie er und verschwand mit gewaltigem Lärm, ganz eingehüllt in schwarzen, dichten Rauch und Qualm, aus dem rote Flammen hoch in die Luft emporzüngelten. So blieb also durch Gottes Gnade der Block hier stehen. Auf einer Seitenwand des Steines bemerkt man noch heute den Abdruck der liebreichen Hand der Madonna, aber auch des gewaltigen Rückens des mächtigen Satans und sogar der Falten des Kleides, das der Böse trug. Als die Einwohner von Preonzo am andern Morgen den ungeheuren Granitblock sahen, der gerade oberhalb des Dorfes drohend stand, überkam sie ein Schrecken. In diesem neuen Schwert des Damokles erkannten sie eine gerechte Warnung Gottes. Mit der Zeit wurden sie aus gottlosen und sündhaften Menschen gottesfürchtige Leute, welche auch ihre Kinder in der Ehrfurcht vor dem Herrn erzogen.   Am Kaminfeuer der Tessiner                                    Walter Keller                                                          Hans Feuz Verlag Bern     Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Sage vom Schloss Stabil

Source: Die Sage vom Schloss Stabil

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Vor Zeiten wohnte in Stabio in einem wunderschönen Schloss ein strenger und gottesfürchtiger Herr. Er hatte viel gekämpft für den Glauben und die heilige Sache. Aber er hatte auch mit seinen Nachbarn Krieg geführt aus nichtssagenden Gründen. Er führte ein Leben reich an Abenteuern, denn er war von hitziger und gewalttätiger Natur. In einem seiner Wutanfälle musste er wohl etwas sehr Schweres und Schmerzliches begangen haben; denn als er von seinen Kriegszügen zurückkehrte, schloss er sich in sein Haus ein und wollte niemand mehr sehen, noch mit andern in Gesellschaft bleiben, wie er früher zu tun gewohnt war, wenn er an allen möglichen Festlichkeiten und Turnieren teilnahm. Stundenlang blieb er jetzt in seinem Haus. Manchmal hörte man ihn schluchzen wie ein Kind, oder man sah ihn, wie er flehend die Hände zum Himmel emporhob. — Eines Tages aber reiste er ganz plötzlich weg und kehrte erst nach einigen Monaten zurück, aber diesmal nicht mehr allein, sondern in Gesellschaft einiger Freunde und Frauen. Von diesem Tag an herrschte im Schloss nicht mehr jene Melancholie, noch das einsame Leben wie vorher, sondern fortwährend sah man dort Gelage und Schmausereien, Lustbarkeiten und Feste, wobei sich die Gäste auf alle mögliche Weise des Lebens zu freuen suchten. Im ganzen Dorf sprach man von dieser Änderung der Dinge im Schloss, und wenn die Leute dort vorübergingen, machten sie sich das Zeichen des heiligen Kreuzes, weil sie behaupteten, es sei bezaubert und verhext. So vergingen einige Monate. Eines Sonntags wurde im Dorf eine grosse Feierlichkeit abgehalten. Während die ganze Bevölkerung in der Kirche war, um dem Gottesdienst beizuwohnen, wurde im Schloss ein Gelage gehalten. Als die Schmauserei zu Ende war, begannen die Leute im Saal zu tanzen und in grosser Ausgelassenheit zu scherzen. Aber gerade in diesem Augenblick, als unten in der Dorfkirche der Priester das heilige Sakrament in die Höhe hielt und über alle versammelten Gläubigen den Segen aussprach, versank das Schloss, wo die ausgelassene Festlichkeit gehalten wurde, plötzlich in die Tiefe, und es bildete sich ein See. Die Bewohner und Gäste des Schlosses kamen alle ums Leben, und von dem Schloss selbst blieben nur einige Mauerreste übrig. So hielt der Herr Gericht über diese Stätte, und auf diese Weise entstand damals der kleine See von Peschiera bei Stabio.   Am Kaminfeuer der Tessiner                                    Walter Keller                                                          Hans Feuz Verlag Bern   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Sage vom Teufelsmünster

Source: Die Sage vom Teufelsmünster

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a) Einst wurde der Sigrist von Sisikon, ein hablicher Mann namens Aschwanden, der einzige Bürger, der lesen und schreiben konnte, der auch Fährmann war und in der sogenannten Burg wohnte, nachts um 12 Uhr aus dem Schlafe geweckt; es doppelte jemand am Fenster. Er stand auf, und da war ein Fremder, der verlangte an das jenseitige Ufer (a ds äner Land) gefahren zu werden. Der Sigrist gehorchte nach einigem Zögern, obwohl ihm der Fremde mit seinem Verlangen nicht gefiel. Er dachte, wenn er dir Lohn geben will, nimmst du ihm keinen ab. Sie fuhren hinüber, und am Fusse der Schwandenfluh stieg der Fremde aus. Er reichte dem Fährmann ein Geldstück, aber der nahm es nicht ab. Da legte er's auf das Sitzbrett und fuhr polternd und Funken sprühend mitten durch die furchtbare Fluh hinauf. Voller Schrecken schrie der Sigrist: »Walt Gott und Maria, und b'hiät Gott und erhalt Gott alles!« Noch erschrockener brüllte der in der Fluh: »Jetz chani nimmä, jetz chani nimmä!« Und verschwand plötzlich. Es war der Teufel gewesen, und der hatte auf dem Berg Rinder verderben wollen. Als der Sigrist vom Lande abstiess, hatte das Geldstück das Sitzbrett durchgebrannt und war nicht mehr zu finden. Alois Infanger, 35 Jahre alt, Bauen, und a. b) Der Fährmann forderte drei Schillig, der Fremdling warf sie auf's Sitzbrett, drei Löcher durchgebrannt. Karl Zwyssig, Seelisberg c) Der Fremde befahl, dass der Sigrist direkt dem käsbissenförmigen Felseinschnitte zwischen Bauen und Rütli zuhalte, da er dort näher habe, und doch führt von dort kein Weg hinauf. Als sie am Ufer vor dem Einschnitte unter den lotrechten Wänden anlangten und der Fremde dem Sigrist den ausbedungenen Lohn von einem halben Örtli (= zwei alten Batzen) geben wollte, sagte ihm dieser, an den Rudern im hintern Schiffsteil stehend, er solle das Geld nur auf die Bank legen. Der Fremde tat so und ging ans Land. Zum Abschied rief ihm Aschwanden zu: »So gönd i Gotts Namä!« Zornig wandte sich der Fremde um und sprach: »Jetzt kann ich das Vieh auf der Seelisbergeralp nicht mehr verderben.« Er verschwand, eingehüllt in eine feurige Helle, senkrecht die Felsen hinauf. Als Aschwanden das Geld besichtigen wollte, hatte dieses die Schiffsbank und Schiffsspitze durchgebrannt und war verschwunden. Seitdem heisst die Fluh das Teufelsmünster. Mitgeteilt: A. Schaller; Jos. Zgraggen, Rütlipächter Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Sage von der Belagerung der Stadt Schaffhausen

Source: Die Sage von der Belagerung der Stadt Schaffhausen

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durch Bilgeri von Heudorf, zur Zeit, als sie den ersten Bund mit den Eidgenossen einging, Juni 1454 Ertzhertzog Siegmund besamlete auf diese Kayserliche Concession hin eine auserlesene ansehnliche Reüterey von etlich 100 Mann, meistens Ritter und Edle, und diesen gab er einige Commissarios und Gesandte zu, under welchen der Todfeind [von Schaffhausen] Bilgeri von Heüdorff selbsten einer der vornemsten ware. Diese Mannschafft trabete dann zu End des Mayen das Klettgöw hinauf, zweifelsohne von Waldshut her, allwo ihr Sammelplatz gewesen, und eilten recta Schaffhausen zu. Das Gerücht aber lieffe ihnen zuvor. Dann es kahmen einige ab unsrer Landtschafft und aus dem Klettgöw daher gerennet und brachten den unvermutheten Bericht, wie das eine gantze Armee feindlicher Reüter gegen die Statt im Anzug seje. Ware man nun biß dahin in Ansehung des Hauses Oesterreich in heimlichen Sorgen, so geriethe nun erst durch die unversehene Ankunfft dieser ungebättenen Gästen jederman in offenbahren Schreken und in die eüßerste Beklemmung. Die Thore wurden in Eil beschlossen, die Burgerschafft schleünigst zu den Waaffen gemahnet. Weiber, Kinder, Bürger, Fremde, Reiche, Arme lieffen in der Angst zusammen, lamentirten, und ware alles in Kummer und Confusion. Mittlerweil ließe sich diese kleine fliegende Armée oben auf unser Enge sehen, allwo sie erst hin- und herritten, um sich in ihrer Waaffen-Rüstung zu zeigen. Hernach schlugen sie ein flüchtiges Feldlager auf. Einige Minuten hernach kahmen die Oesterreichischen Commissarii samt ihrem Sprecher für die Statt, begehrten eingelassen und angehört zu werden. Die Thore wurden ihnen sofort eröffnet, und der Orator derselben, ... Bilgeri von Heüwdorff, thate die Anrede an den Bürgermeister und machte ihme dieses unerwartete Compliment: Sie haben Befehl vom Kayser und Ertzhertzog Sigismund, die Statt Schaffhausen, welche hiebevor und noch nicht seith langen Jahren an Oesterreich verpfändet gewesen, sich aber von dieser Pfandtschafft eigenmächtig loßgemachet, widerum zu Händen des Fürsten Siegmunds und seines Fürstlichen Hauses einzuforderen. Es solte danahen eine gantze Burgerschafft sich ungesäumt versamlen und diejenigen articul, welche ihnen in puncto wurden vorgelegt werden, eingehen, und darauf unverzüglich den Eydt schweren. Ansonsten und widrigen, unverhofften Fall man sie mit Gewalt der bey Handen habenden Waaffen hierzu nöthigen werde. Und damit zoge er die articul herfür, welche allzumal in überaus harten, knechtischen und unmöglich einzugehenden Terminis abgefasset waren. Hierauf gabe der damahlige Bürgermeister [Hans am Staad bzw. Hans von Waldkirch] eine recht tapfere, unerschrokene und heroische Antwort, sagende: „Diese articul sind zu hart, ich darf sie der Burgerschafft nicht hinderbringen. Ihr Herren überspannet den Bogen   nicht und treibet die Sach zu hoch. Ich versichere eüch, es wirt auf diese Weise nicht angehen.“ Die Commissarii beharreten auf ihrem Vortrag und Meinung und wolten nicht eine Sylbe davon weichen. Hierauf versamlete sich der Magistrat und die samtliche Burgerschafft auf denen Zünften. Die Ursach dieses unvermutheten feindlichen Ueberfalls wurde ihnen angezueigt und die articul verlesen. Anfänglich nun ware die Burgerschafft und der allhiesige Adel nicht gantz ungeneigt, das ehmahlige hertzogliche Joch wiederum über sich zu nemmen wofern sie nur bey ihren alten Freyheiten und Gerechtigkeiten verbleiben könten. Innsonderheit, weilen sie damahlen diese unvermuthete Kriegsmacht vor ihren Augen sahen, deren sich mit Gewalt zu widersetzen sie sich nicht im Stand und gantz unbereitet befanden und die man zweifelsohne auch vil höher schätzte und größer machte, als sie aber in der That ware. Und gewiß, wann die Oesterreicher sich damahlen ihrer Kräfften und des Schrekens der Burgerschafft rechtmäßig zu bedienen gewußt und die Statt in der ersten Verwirrung angefallen hetten, es sehr mißlich um ihre Erhaltung gestanden wäre. Oder wann sie wenigstens an Statt Trotzens freündlich mit dem Volk geredet, sie ihren Zwek fast völlig erreichet haben würden. Als nun der Bürgermeister denen Commissariis diese der Bürgeren Meinung eröffnete, wie daß man ohngeacht der Kayserlichen Befreyung doch nicht gantz ungeneigt seye, den Ertz-Hertzogen widerum zu einem Oberherren anzunemmen, nur bäthe und hoffe man, es möchten die vorgetragenen Articul als allzuhart in etwas gemildteret werden, man möchte der Statt ihre alten Freyheiten, welche sie auch ehebevor under der Oesterreichishcen Regierung beständig genossen, noch fernerhin lassen und endlich bedenken, wie hoch sie ihre Loßkaufung zu stehen gekommen. Da zoge Bilgeri von Hewdorff die Seithen noch vil höher auf, daß sie nothwendig an dieser Leyer springen mußten, und antwortete wie dort Rehabeam dem Volk hart, gebrauchte anstatt des kleinen Fingers seines Vatters diksten Arm und redete von Scorpionen. Dann es lieffe seine gantze Rede auf lauter knechtische Underthänigkeit, auf Gehorsam und unbedingte Underwerffung und zwaren under lauter Trotzen, Pochen und Schnarchen, hinaus. Under anderem ließe er sich dieser hochmütigen Worten vernemmen: „Wir wollens jetz so haben und nicht anderst.“ Da nun unsere Edelleüth in Schaffhausen, welche ohne dem ehemahlen under dem Hauß Oesterreich schlechte Seiden gesponnen, hören müßten, daß man ihnen eine so knechtische Dienstbarkeit so unverschämt und troken under Augen verkündigte, fasseten sie endlichen auch Feüer, hindertrieben die schon gefaßte Resolution der Burgeren und machten sie widerum abwendig. Und hierauf fasseten sämtliche Burger, Edle und Gemeine, den hertzhafften Entschluß, die Oesterreicher mit guten Worten hinzuhalten und diese Commissarios mit dem Bescheid abzufertigen, daß man sich über eine Sach von so hoher Wichtigkeit miteinanderen berathen und bedenken wolle, worzu man sich dann einige wenige Tage Bedenkzeit ausbitte, welches diese dann auch einwilligten. Indem nun Bilgeri von Höwdorff mit seinem Complot auf diese Antwort wider hinweg geritten, wurde der Magistrat und die Burgerschafft räthig, in höchster Eil eine Gesandtschafft an die sämtlichen Eydgnossen, und zwaren vordersamst nach Zürich zu senden, dieser unser ehmals verbündeten Statt unsere dermahlige große Bedrängnus wehmüthigst zu berichten und sie um ihre Eydgnössische nachbarliche Hüllfe anzuflehen, welche uns dann auch also bald freündwilügst zugesaget worden. So dann wurden an gleichem Tag an die übrigen Eydgnossen der 7 alten Ohrten einige unsrer Rathsbotten gesendet, um ihnen nebst Zürich eine Bündtnus anzutragen. Unsere Gesandten wurden aller Ohrten mit großen Ehren, Liebe und Freundlichkeit empfangen, die angetragene Bündtnus mit allem Willen einhellig von ihnen angenommen und zu dem End von Zürich, Bern, Lucern, Ury, Schwytz, Underwalden, Zug und Glaris in puncto einige Gesandten zu Anfang des Brachmonats an uns abgefertiget, um nicht nur unsere Statt ihrer Herren und Oberen nachdruksamen Assistenz und Beystandts zu versicheren, sonderen auch ohne Anstand mit uns eine Schutzbündtnus auf 25 Jahr zu schließen ... Mittlerweil campierten die Oesterreicher oben auf unser Enge; [sie] hatten die Statt von der Land-Seithen her gantz enge eingeschlossen und bloquirt, also daß niemand aus- und eingehen könte. So bald man nun in der Statt die Ankunfft der Eydgnössischen Herren EhrenGesandten vernommen, bezeugte jederman eine recht innigliche Freüde und überlautes Froloken; es wurden auch so gleich alle Gloggen in der gantzen Statt angezogen, und wäre nichts als Freüde. So bald sie nun über die Rheinbrugg und zu unserem Rheinthor eingeritten, lieffe ihnen die gantze Burgerschafft häuffig entgegen und bewillkommeten sie mit einem solchen Freüden-Feld- und Jubel-Geschrey, daß es nicht nur bis auf die Enge, sonderen noch weiter hin erschallen könte. Die Oesterreicher wurden erstlich über das ungewöhnliche Laüten und hernach über das Geschrey nicht wenig bestürtzet. Aber wie erschraken sie erst, da sie von der Enge herab den prächtigen Einritt der Herren Ehren-Gesandten und deren Gefolg mit ihren Augen sahen und zugleich hörten und merkten, was ihnen Schaffhausen für eine Tour gespiehlet, da sie sich in der Zeit um Eydtgnössische Hülffe umgethan. Als sie nun noch über das vernommen, daß die Eydgnossen mit unser Statt einen 25 Jährigen Bundt angenommen und denselben under Laütung der Gloggen und großem Froloken gleichsam vor ihren Augen zusammen beschworen, wollen sie vollendts halb unsinnig werden und gaben nun alles gäntzlich verlohren dann sie sahen nunmehro gar zu wol, daß sie es nun mit einem weit stärkeren Feind zu thun [hatten]. Einer von Randegg solle dazumahl gesagt haben: „Habe ichs eüch nicht treülich zuvor gesagt, ihr spannet den Bogen allzu hoch. Die Statt wäre auf heüte ohne Schwerdtstreich unser gewesen; allein eüer Trotzen hat es verursachet, daß sie nun für uns auf immer verlohren seyn wirt. Jetz hofieret denen Schaffhauseren in die Schue.“ Welche freye Rede aber ihme gar übel bekommen, indem man ihne an Eisen geschlossen und gebunden naher Waldtshut geführet haben soll. Damit brachen dann die Oesterreicher mit ihrem Lager ohnverrichter Sachen in Eil und zimlicher Confusion widrum von Schaffhausen auf und randten under lauter Verdruß und tausend redlichen Hegöwischen Flüchen davon, um Sigismundum mit dem passierten eiligst und fein bald zu erfreüen.» Laurenz von Waldkirch, Merkwürdige Begebenheiten der Statt Schaffhausen (Manuskript von 1741 im Staatsarchiv Schaffhausen)     Aus: R. Frauenfelder, Sagen und Legenden aus dem Kanton Schaffhausen, Schaffhausen 1933. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Sage von der Blümlisalp

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Eine Reihe von Sagen berichten über den Untergang der schönsten Oberländer Alpen. Ruchlosigkeit und Sittenlosigkeit waren es meistens, die solche furchtbaren Strafen über das sündige Menschengeschlecht brachten. Eine der bekanntesten diese Sagen ist der Mutter Fluch. Der Hirt verachtet die Mutter und da sie zur Alp kommt, misshandelt er sie, weil sie seine Liebe zur Buhlin nicht dulden will. Da verwünscht sie den ganzen Berg mit den Worten: "Min Suhn Hans, sin Hund Ryn, sini Jungfrau Kathrin und sini Chue Bluem sollen immer und ewig uf Blüemlisalp verflucht syn." Alle Versuche, dem Gletscher, welcher in Erfüllung des Mutterfluches die Alp bedeckte, wieder grüne Weide abzugewinnen, sind fruchtlos. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Sage von der Königin Bertha

Source: Die Sage von der Königin Bertha

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Im X. Jahrhundert herrschte über das Königreich Burgundien, zu dem damals auch das Waadtland zählte, eine Königin, Namens Bertha. Das Volk nannte sie nur die Spinnerin oder die Demütige, wie noch heute zu Peterlingen unter ihrem Bilde auf der Mauer der alten Kirche steht. Beide Namen gebührten ihr mit Recht, denn sie wohnte weder in einem prächtigen Palast, noch war sie von einem glänzenden Hofstaat umgeben, noch schmückte sie sich mit Edelstein und güldenen Gewändern, wie die Königinnen unserer Tage pflegen; einfach und demütig wie die Hausfrau, von der die heilige Schrift sagt: „Sie streckt ihre Hand nach dem Rocken und ihre Finger fassen die Spindel; sie breitet ihre Arme aus zu den Armen und reicht ihre Hände den Dürftigen.“ – so zog sie, den Rocken vor sich, auf ihrem Zelter spinnend durch ihr Reich und schlug bald dort, bald hier auf einem Bauernhofe oder auf einer ihrer Meiereien, deren Ertrag sie auf das Genaueste bis auf die Eier im Hühnerstall kannte, ihr Nachtquartier auf. Eine wahre Mutter des Volkes frug sie aber auf solchen Zügen nicht nur dem Wohl und Wehe ihrer Landeskinder nach, sondern sie trieb auch da, wo sie Trägheit und nachlässiges Gebühren sah, mit mütterlicher Strenge zur Arbeit und rüstigerem Handeln an, so dass sich überall der Wohlstand des Landes mehrte und den zu seinem Flore nötigen Lasten und Steuern, welche Königin Bertha nach seinem Ertrage verteilte, ohne Mühe und Beschwerde nachgekommen werden konnte. Noch heute erzählen die Bewohner von Mont, oberhalb Lausanne, von der immer wandernden Bertha, und zwar nicht ohne Unwillen, sie habe, so oft sie vor einem Bauernhause Halt gemacht, sich jedesmal erkundigt, ob man ihrem Pferde Hafer oder Weizen gegeben, um so den Ertrag des Bodens zu erfahren und ihn nach seinen Erzeugnissen zu besteuern. Urbarmachung wüster Landesstrecken, Herstellung der Straßen, Gründung von Städten, Errichtung von Schulen und Klöstern und von Zufluchtsstätten für Arme und Kranke, das waren die Werke der guten und frommen Königin, welche, nachdem sie so, den Keim zu einer neuen gesitteten Gesellschaft legend, zur Vorsehung des Vaterlandes geworden, nun auch dessen Schild und Schirm ward, indem sie durch Erbauung fester Schutzwehren an seinen Grenzen dasselbe vor dem Einfall fremder Völkerhorden, der Ungarn und Sarazenen, zu schützen wusste. Auf manchem Hügel von den Alpen bis zum Jura herab sieht man noch Verteidigungswerke, an die sich der Name der Königin Bertha und die sie begleitende Sage knüpft. Eines derselben ist der Turm von Gourze auf einem Vorsprunge des Jorat, nicht weit von Cully, den noch heute Berthas Geist umschwebt, das Land schützend und segnend. Jeden Winter, wenn feuchte Nebel dem nassen Boden entsteigen und sich auf den Abhängen der Berge lagern, erscheint sie in weißem leuchtenden Gewande über seinem grauen Gemäuer und streut aus voller Futterschwinge die Saat zu einer reichen Ernte aus. Später zur Weihnachtzeit in der heiligen Christnacht durchzieht sie als Jägerin, ebenfalls im weißen Lichtgewande, einen Zauberstab in der Hand, begleitet von einer luftigen Schaar neckischer Geister, Elben und Elbinnen, von dort aus ihr Reich, wie ehemals zu ihrer Lebzeit vor jedem Hause, vor jedem Hofe Halt machend, zu schauen wie es in oder auf demselben beschaffen sei. Wehe aber, wo sie nicht Alles in Ordnung findet, wo noch ungesponnener Flachs liegt, der Boden nicht gelüftet, der Keller nicht gegen eindringende Kälte geschützt, das Linnenzeug in den Kisten und Schränken nicht in Ordnung, Speise- und Mundvorrat nicht an rechter Stelle aufbewahrt, Staub und Schmutz unter den Treppen und in den Ecken aufgehäuft, das Vieh in den Ställen nicht besorgt, nachlässige Knechte und faule Mägde, schmutzig und ungekämmt, in ungemachten Betten liegen, böse Kinder den Eltern ihre alten Tage verbittern oder von wo die alte Zucht und Sitte vielleicht gar gänzlich gewichen – dort lässt sie sicher als Zeugen ihres Besuchs ein strafendes oder mahnendes Zeichen zurück, die Zeit im neuen Jahre besser zu nützen, achtsam, fleißig und tätig zu sein und von dem Wege des Bösen zum Guten wieder einzulenken, je nachdem, was sie vorfand, mehr oder minder strafbar war. Bald ist der ungesponnene Flachs unentwirrbar zu einem Knäuel geballt, bald sind die Bodenluken aus den Angeln gerissen, bald die Kartoffeln im Keller erfroren, bald ist das Linnenzeug in den Kisten und Schränken verstockt, bald der Mundvorrat verdorben, bald der Schmutz hinter den Türen und aus den Ecken durch das ganze Haus verstreut, bald schreit und lärmt das Vieh in dem Stalle, dass Knechte und Mägde erwachen; die Bettdecken vom Leibe gerissen, schrecken sie auf und stürzen schlotternd und zitternd vor Kälte nach den Ställen, im Glauben, der Marder sei unter die Hühner oder die Tauben geraten oder der Stier oder ein Hengst habe sich losgerissen, nichts aber von alle dem ist geschehen: ruhig und still sitzt das Hühnervolk auf der Stange, nichts regt sich auf dem Taubenschlag, deutlich und vernehmbar schnarchend liegen Stier und Hengst auf ihrer Streu im tiefsten Schlaf, dem Zeichen eines guten Gewissens. Beim matten Scheine der Stalllaterne glotzen Mägde und Knechte sich da an, erschrocken fragend: „Was war das?“ Ein schallendes Gelächter gibt Antwort auf diese Frage: es war Königin Berthas luftige Geisterschaar, die all' den Schabernack vollführt und nun desselben sich freuend mit ihrer Herrscherin weiter zieht. Also lebt Königin Bertha noch in dem Andenken des Volkes segnend und mahnend, dem neuen Geschlechts noch heute was sie den dahingeschiedenen war: ein Vorbild des Guten. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Sage von der Teufelsbrücke

Source: Die Sage von der Teufelsbrücke

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a) Ein Urner kam aus dem Wälschland heim und war voll Lobes über den herrlichen Wein, der dort wachse. So etwas Mildes und Stärkendes zugleich gebe es in der ganzen Welt nicht wieder. Alle hätten gern von dem Weine gehabt. Wenn sie aber davon ins Urnerland führen wollten, so mussten sie eine Strasse und mehrere Brücken bauen. Das hatten die Urner bald begriffen und schickten Landammann und Rat an Ort und Stelle, um einen Bauplan zu entwerfen. Aber wie sie in der Schöllenen so an der hohen Felswand über der schäumenden Reuss standen, da wusste keiner einen Rat, und fast verzweifelnd rief der Landammann: »Da bau der Teufel eine Brücke!« Kaum hatte er das Wort gesagt, so stand der Teufel vor ihm. »Was gebt ihr mir, wenn ich sie baue? Schlagt ein: der Erste, der über die Brücke kommt, sei mein.« So sprach der Böse und schwenkte seine grausige Gabel. Die Herren überlegten, und jeder dachte bei sich: »Mich trifft es nicht.« »Nun ja, so seis«, sprach der Landammann, »aber in drei Tagen muss die Brücke fix und fertig sein.« Der Landschreiber nahm's zu Protokoll, der Teufel freute sich unmässig über den guten Handel und ging sogleich ans Werk. Und sieh, als die Urner nach drei Tagen wieder kamen und nachsahen, da stand die Brücke im kühnem Bogen über die grausige Tiefe gespannt. Aber am jenseitigen Ende sass der Schwarze und wartete auf den versprochenen Ersten, der herüberkäme. Da dachten die Urner: »Das Warten wird dir schon verleiden.« Als aber der Teufel von der Stelle nicht wankte noch wich, da wurde ihnen die Sache allmählich doch unheimlich; denn keiner wollte so mir nichts dir nichts in die Hölle fahren, und mancher sagte im stillen: »Den Teufel soll der Teufel holen, wenn er nun nicht bald geht!« Der ging aber nicht. Nun hatten die Urner einen gar klugen, weisen Ratsherrn. Der sprach zu der Landsgemeinde: »Ich hab zu Hause einen gar kriegerischen Geissbock. Sieht der irgendwo zwei Hörner, so stürmt er gewiss darauf los. Wenn der nun über die Brücke rennt, so muss der Teufel mit ihm, als dem Ersten, vorlieb nehmen.« Gesagt, getan. Im Schweisse des Angesichts schleppten sie das Tier in die Schöllenen, und richtig, kaum erblickte der Geissbock am andern Bort die gehörnte Gestalt, so rannte er in gewaltigen Sätzen über die Brücke auf sie zu, und frohlockend riefen die Urner: »So, das ist der Erste, den magst du behalten!« – Da schrie der geprellte Teufel in seiner Wut: »Euch Urner alle soll der Teufel holen!«, eilte hinunter in den Wassenerwald und holte einen haushohen Stein; damit wollte er die Brücke zertrümmern. Schon hatte er mit der schweren Last bereits Göschenen erreicht, da begegnete ihm ein altes Mütterchen und redete ihn an: »Ei, guter Freund, pressiert's denn so sehr? Ihr keucht euch ja zu Tode. Stellt ab und verschnaufet ein wenig!« Der Teufel dachte: »Die Brücke entläuft mir nicht« und stellte ab. Das Mütterchen schlüpfte aber rasch um die Ecke des Felsblockes, kritzelte ein Kreuz in den Stein und ging davon. Wie der Teufel wieder aufladen wollte, witterte er gleich etwas Unrechtes. Er drehte und wendete den Stein, und wie er das Kreuz erblickte, da liess er Stein und Brücke stehen und lief davon, was er nur laufen konnte. Seit der Zeit, sagt man, hat er sich im Urnerland nicht mehr gezeigt. (Aus dem Lesebuch für die Oberklasse der Primarschulen des Kantons Uri). b) Zufolge einer Variante wurde der Teufel überlistet, indem man einen hungrigen Hund an die Brücke brachte, ein Stück Brot (äs Muttschli) oder Fleisch ihm vorhielt und über die Brücke warf, worauf das Tier gierig der Lockspeise nachsprang und so als der Erste hinüber ging. Satan zerriss den Hund in tausend Stücke. (Aus Lütolf 180, 114b. Beide Varianten leben im Volksmund). c) Dem Franzosen Ramond, der gegen Ende des 18. Jahrhunderts die Urschweiz bereiste, sagte man, der Architekt der Brücke sei ein Luzerner gewesen und habe den Geschlechtsnamen Teufel geführt, dessen Familie noch blühe. (Aus Lütolf 180, e). d) Der Teufel warf einen Stecken nach dem Ziegenbock und schlug ihm fast den Schwanz ab, daher die kurzen Schwänzchen der Ziegen. Franz Kempf, Bürglen e) Der Teufel ergriff die Ziege beim Schwanze, der abriss. Seitdem haben alle Ziegen kurze Schwänze. f) Der Teufel schlug dem Hund ein Bein ab, daher sieht man die Hunde so oft auf drei Beinen hoppen. Franz Kempf, 40 Jahre alt, Bürglen g) Der Teufel versetzte dem Hunde einen Fusstritt in die Seite, daher die Hunde schräg laufen. Josef Maria Gisler, Bürglen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die sagenhaften Schweine

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In der Nähe des Gasthauses zur Sonne in Reigoldswil soll zu gewissen Zeiten nachts ein grosses Schwein mit einigen Ferkeln zu sehen sein. Desgleichen wurden in der Nähe des Konsumladens, wo ein schmaler Durchgang, das «Chläppergässli», in den Rüschel führt, zwölf kleine Schweinchen beobachtet, die durch das genannte finstere Gässlein trippelten und dann unversehens verschwanden. Es wird behauptet, längst verstorbene Menschen müssten in dieser Tiergestalt die Untaten büssen, die sie zu Lebzeiten begangen hatten. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Die Samstagskerze

Source: Die Samstagskerze

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Es war ein alter Brauch in Menziswil: Am Samstagabend wurde in der Kapelle an der Tafersstrasse eine geweihte Kerze angezündet. Diese Aufgabe fiel dem jeweiligen Eigentümer des Hofes zu, auf dessen Grund das Bethäuschen stand. Der Bauer selber musste in eigener Person die Kerze hintragen und anzünden, oder war er verhindert, taten es sein Sohn oder die Bäuerin. Ein Besitzer fand diesen Gang lästig und schickte seine Dienstmagd an seiner Stelle, um die übliche Kerze anzuzünden. Diese kehrte aber nicht zurück. Da ging ihr Herr und wollte nach dem Verbleib des Mädchens Umschau halten. Er fand die Gesuchte in der Kapelle ohnmächtig am Boden liegen. Die Kerze hielt sie noch in der Hand. Der Meister nahm diese aus der Hand der Besinnungslosen und zündete sie vor dem Altarbild an. Sogleich konnte die Magd wieder die Augen aufschlagen und aufstehen. Auf die Frage, was ihr zugestossen sei, gab sie dann dem Bauer zur Antwort, sie sei sogleich beim Betreten des Kapellchens von einer unsichtbaren Gewalt zu Boden geworfen worden und dort wie von Sinnen liegen geblieben. Der Meister liess sonntags darauf einen Kapuziner holen und den Ort aussegnen. Der Pater kam und segnete das Kapellchen und den Platz darum herum. Aber zudem schärfte er dem Besitzer streng die Pflicht ein, immer persönlich die gelobte Samstagskerze anzuzünden. Solange der Bauer das Gelöbnis treu innehalte, werde gewiss nichts Böses mehr vorkommen.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Sängerin vom Ättenberg

Source: Die Sängerin vom Ättenberg

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Vier Jäger aus dem Oberland gingen an einem Herbsttage im Seeschlund auf die Jagd. Gegen Abend zogen sie sich auf dem obern Ättenberg in einen leeren Stafel zurück, um dort zu übernachten. Sie zündeten auf dem Herd ein Feuer an und bereiteten das Nachtmahl. Nach dem Essen blieben sie noch lange am Tische sitzen und erzählten allerlei Erlebnisse. Doch plötzlich klang in ihr munteres Gespräch hinein ein ferner, wundersamer Gesang. Noch nie in ihrem Leben hatten sie so himmlische Klänge vernommen. Tief ergriffen lauschten sie dem Lied. Näher, immer näher schwebte es heran. Plötzlich öffnete sich die Türe, und eine schöne, junge Frau trat singend in die Küche. Auf der rechten Schulter trug sie einen Henkelkrug voll Wasser. Sie ging wortlos an den staunenden Männern vorbei und goss das Wasser ins lodernde Feuer. Da riefen die erbosten Jäger: „Heeh - heeh, Meitli! Lösch uns das Feuer nicht. Was hast du übrigens hier zu tun?“ Da wandte sie sich um und begann zu sprechen: „Hört, was ich euch zu sagen habe. Vor mehr als hundert Jahren hirtete ich auf dieser Alp. Ich war jung und schön und lebenslustig - aber auch recht leichtsinnig. Und das gereichte mir zum Falle. Dann liess ich mein Kind ohne Taufe sterben, und begrub es heimlich dort unter der Herdplatte. Nach meinem Tode konnte ich nicht in die Seligkeit eingehen. Der göttliche Richter verlangte Sühne. Hundert Jahre lang musste ich jeden Abend einen schweren Krug voll Wasser aus weiter Ferne hier herauftragen und ihn über dem Grabe meines Kindes ausgiessen. Doch heute komme ich zum letzten Male. Darüber empfinde ich eine so überselige Freude, dass ich singen und singen muss. Meine Schuld ist gesühnt, - ich bin erlöst.“ Kaum hatte die Sängerin ihr Geständnis beendet, da strahlte ihr Antlitz sonnenhell und ihre Gestalt schien vom Licht überflutet. Dann verschwand sie. - Und merkwürdig! das Feuer im Herd brannte wieder wie zuvor. Die Jäger aber waren still und nachdenklich geworden. Einer nach dem andern kroch ins Heulager. Doch fanden sie keinen Schlaf. Immer noch meinten sie, aus fernen Himmelshöhen jenen wundervollen Sang zu hören. Nikolaus Bongard   Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Die Sankt Niklaus -Tanne

Source: Die Sankt Niklaus -Tanne

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Wo heute der Stägiwald den Alpweg nach der Husstatt säumt, war früher eine Wildnis von Brombeerstauden und anderem niederem Gesträuch. Inmitten der Öde aber stand hart am Wege eine mächtige Wettertanne, die im Volksmund nach dem Beschützer und Schirmer der Kinder und Waisen die Zantiggleus- oder Sankt Niklaus-Tanne hiess. Wie an einer Sonnenuhr lasen die Hirter am Aenderberg über die Seebreite von ihrem Schattenwurf die Zeit ab: Als die Brienzer und Husstatter noch katholischen Glaubens waren, hingen an ihrem Stamme Heiligenbilder. Als in den dreissiger Jahren des 16. Jahrhunderts in der Kilchöri Brienz, wie anderwärts, unter den Landleuten heftige Auseinandersetzungen über die Frage stattfanden, was nun zu gelten habe, Berns Forderung, die Reformation einzuführen, oder der Wunsch der meisten Kilchgenossen und das Drängen des benachbarten Unterwalden, beim alten Glauben zu bleiben, begaben sich auch zwei Husstatter, Vater und Sohn, mit Namen Wyss, an eine Kilchöriversammlung nach Brienz hinunter, um ihrer Meinung Ausdruck zu geben. Das war an einem schönen Maientag im Jahre 1527. Von Wyler am Brünig, von Hofstetten, Schwanden, Brienz, Ebligen, Oberried, ja selbst von Niederried und Ringgenberg kamen die Kilchgenossen in der Brienzer Kirche zusammen, um nun einmal endgültig sich zu entschliessen, wes Glaubens man sich fürderhin befleissen wolle. Rüstig stiegen die beiden Husstatter talwärts. In den alten Stägitannen sangen die Bergamseln, in den Feldern ob dem Dorfe blühten in breiten Strichen die Säublumen, in der Tiefe blaute friedlich der See und spiegelte die sonnenüberflutete Landschaft im jungen Frühlingsgrün. In den Herzen der Husstatter aber sah es nicht weniger als friedlich aus. Der Alte kümmerte um den alten Glauben, der auf dem Spiele stand, und versuchte, den Sohn dafür zu unterholzen. Den Jungen aber zog es zu den Neugläubigen hin, und weder der gute Wille, noch ein Machtspruch des Vaters, vermochten seinen Sinn zu ändern. Mit Wehmut, ja mit Bitterkeit erfüllte sich das Gemüt des Alten, als er den Heiligen bei der Zantiggleus-Tanne den üblichen Gruss erwies, während der Junge nichtachtend des Weges vorauslief. Die Kirche in Brienz hatte an diesem Tage so viel Besucher erhalten, dass das hinterste Bänkchen besetzt war. Die Sache gab viel hin und her zu reden. Und als man am Ende abstimmen liess, erhob der alte Husstatter die Hand für den alten, der junge aber für den neuen Glauben, und die Mehrheit der Versammlung beschloss, Bern zu gehorchen, das Zwinglianische Bekenntnis anzunehmen und die Messe abzuschaffen. Dieser Ausgang stimmte den Ätti Wyss nicht besser, und erst nicht gegenüber seinem Buben. Er hatte es wohl gesehen, wie der Gläffi zu den Neuen hielt. Dem wollte er heut noch das Mösch putzen, dem! Es rückte leise gegen Abend, als die beiden sich in der Alpgasse auf dem Heimweg trafen. Zu beiden Seiten der stückweise von Scharhag begleiteten Gasse trugen die Feldwiesen schon recht hoch geschossenes Gras, trieben einzelne frühe Kirschbäume die ersten Blüten und summte tausendfältiges Kleinwesen über Blumen und Blüten. Scheuerlein und mächtige Hollunderdolden warfen zuweilen breite Schatten in den steinigen Weg, da die Sonne weit gegen Abend stand. Die Luft war erfüllt von süssem, schwerem Maiduft. Schweigend waren sie eine Zeitlang nebeneinander her getrappt. Am Rauhenhag, als das Dorf und die Kirche ein erstes Mal ihren Blicken entschwanden, begann der Alte seinem bedrückten Gemüte Luft zu machen, bittere Vorwürfe und Beschuldigungen warf er dem Jungen an den Kopf und tat grad so, als ob die Welt untergehen müsste. Der Junge wollte sich rechtfertigen, und weil er die Antwort nicht schuldig blieb, zankten sie sich weidlich den Berg hinan. Dann standen sie wieder vor der Zantiggleus-Tanne. Und wie beim Abstieg, kniete der Ätti auch diesmal vor den Heiligen, sie inbrünstig um Schutz und Schirm für sich und die Seinigen und besonders den abwegigen Ältesten in dieser bewegten Zeit zu bitten. Als er sich wieder erhob und sich nach dem Buben umsah, stand dieser spreizbeinig zuäusserst im Wegkehr, in beiden Händen einen faustgrossen Stein. „Was willst du, Bub?“ „Die Maleni taugen jetzt nichts mehr. Wir haben ja heute darüber abgestimmt, die Heiligen abzuschaffen!“ „Du Lotterbub!“ Tätsch, tätsch, flogen da die Steine hinüber an die Tanne, splitterten die Bilder der Heiligen auseinander und schwirrten bogenweis weit in die Hackete hinein. Aber jetzt ging dem Alten die Geduld völlig aus. Sunderbotzhagel, einen Ketzer, und dazu noch einen lästerlichen, zum Sohn? Nimmermehr! ln schrecklichem Zorne verstiess er den Unwürdigen aus seinem Herzen, von Haus und Heim, und dass er sich nie mehr unter des Ättis Augen zu kommen traue, er könnte ihm seinen Frevel nicht verzeihen in Zeit und Ewigkeit Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Schachengeiss

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Die Schachengeiss In einem Heimetli bei Wettswil lebten ein Mann und eine Frau. Die wollten gut leben, aber nicht viel arbeiten. Natürlich stellten sich Hunger und Mangel ein. Aber statt zumRechten zu sehen, schimpften und fluchten sie. Das hörte der Teufel, der just Rekruten suchte.Er fand bei den beiden Gehör, und sie machten einen Vertrag, laut welchem sie zwölf Jahre lustig leben, dann aber ihm gehören sollten. Der Teufel hockte sich statt der Faulenzer an den Webstuhl und wob und wob. Er schaffte Tag und Nacht, und schier hätte er den Akkord aufgegeben. Denn wie er sich anstrengte und schaffte, so reichte sein Verdienst zu nichts. Nicht eimal ein Paar Schuhe konnten sich die Taugenichts anschaffen.Alles, was der Teufel an Geld herbeischaffte, wurde vertrunken. Als die zwölf Jahre vorbei waren, wollte der Böse mit dem Paar drausfahren. Aber sie waren in ihrer Trunksucht so verwahrlost, dass es ihm darob grauste und er mit ihnen nichts anfangen konnte. In seiner Wut bannte er ihre Seelen in eine schwarze Geiss, die fortan im Schachen umgehen musste. Leute, die dort vorbeigehen und wunderswegen stehenbleiben, wirft sie unversehens zu Boden, ohne ihnen aber weiter zu schaden. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Knonauer Amt Nach Baur, Nr. 8; Stauber, S. 53   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Schadenburg

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Wolf von Ringgenberg, welcher von seinen Untertanen der Wehrwolf genannt wurde, war ein grausamer, unbarmherziger Landesherr. Seine riesenhafte Gestalt und sein roter langer Bart gaben ihm ein fürchterliches Aussehen. Selten kam er aus dem Harnisch, vertrieb seine Zeit viel auf der Jagd und plagte seine Untertanen aufs Blut. Einst, als er am linken Ufer des Brienzersees nach seinem Schlosse Iseltwald ritt, stiess er auf das kaum vor drei Monden erbaute Hüttlein eines Fischers. Da tritt aus der Türe des Fischers Töchterlein, schmuck und hold mit zierlich gewundenem Haar. Brennend vor Verlangen, die Schöne zu besitzen bestellt Wolf Vater und Maid auf sein Schloss Ringgenberg. Schweren Herzens stieg der alte Mann am bestimmten Tage mit seinem Kinde in das Schifflein und ruderte sie hinüber zum Fusse der Herrenburg. Als nun der Wehrwolf sein Liebstes auf dem Schlosse behalten will, weigert sich der Vater mit aller Macht und da der Ritter droht, entfliehen die beiden, um im Kahne das heimische Ufer zu gewinnen. Noch sind sie aber vom Ufer nicht abgestossen, zischt blitzschnell ein Pfeil durch die Luft und durchbohrt, den Fischer verfehlend, das Herz seines geliebten Kindes. Der unglückliche Vater kehrt heim. Er legt den Leichnam des Mädchens in ein Grab und verlässt, ohne ein Wort der Klage zu äussern, Hütte, Netz und Schiff. In seinem Alter beschloss Wolf, zu seiner Sicherheit auf dem Berg eine noch viel festere Burg zu bauen und sandte ringsum nach Werkleuten. Lange schon arbeitete man an dem Bau. Da erschien eines Tages ein Mann mit wallend grossem Barte auf dem Bauplatze. Er bot dem Zwingherrn seine Dienste an, indem er angab, von Rom zu kommen und ein erfahrener Werkmann zu sein. Der Wehrwolf liess ihn, damit er seine Kunst weise, den Hammer führen. Den schlug er auf das Gemäuer, dass es weithin erklang. Dann fragte der Alte wie die Burg heissen solle. "Schadenburg, wer es merken will!" rief der Zwingherr in wildem Gelächter. Jetzt richtet sich der Alte hoch auf. Ein schrecklich Feuer glüht aus seinen Augen. Mit beiden Händen erhebt er den schweren Hammer und mit furchtbarer Stimme, mit der Stimme eines Vaters, der sein ermordetes Kind rächen will, ruft er: "Freiburg soll sie heissen, wer es merken will!" Zerschmetternd fällt der Hammer nieder auf den Bezwinger des Landes, der tot dahinstürzt, mitten unter seine Arbeiter. Nie ward die Feste vollendet und noch heute kann man über dem Brienzersee ihre Trümmer im Walde finden. Der Fischer aber ging unbehelligt von dannen und niemand weiss, wo er hingekommen ist. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Die schamroten Seelen

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Unter diesen versteht man im Schächental die Seelen jener Verstorbenen, die durch das Henkerbeil gefallen, die Seelen der Hingerichteten, der schweren Verbrecher, die aber vor ihrem Tode die Sünden beichten und bereuen konnten und deshalb nicht ewig verloren gegangen sind. Als einst eine Familie in Unterschächen nach dem Abendrosenkranz und dem üblichen Gebet für die Verstorbenen zuletzt noch ein Vater Unser für die schamroten Seelen hinzufügte, spottete dessen ein Gast, der bei ihnen übernachtete. Nachts hörten sie ihn in der Schlafkammer jammern, lärmen, herumturnieren, und am Morgen fragten sie, was er denn gehabt habe. Eine ganze Schar Leute, sagte er, sei in die Kammer gekommen und habe ihn beständig gequält und mit allen möglichen Mordinstrumenten bedroht. Das war die Rache der verspotteten schamroten Seelen. Man nennt sie schamrot, weil sie sich schämen, sich den Menschen, besonders den Hinterlassenen, zu zeigen. Karl Gisler Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Schanänn-Jungfrau

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In der Nähe der Fidriser-Au, an dem Fußwege nach dem Dorfe Jenatz, steht ein kleines Haus, bei welchem man lange Jahre Nachts eine Jungfrau, riesengroß, in weißem Kleide, mit bleichem Gesichte und fliegenden, dunklen Haaren, lautlos umherschwebend, erblickte, welche die Wanderer um Erlösung anflehte und künftige Dinge ihnen voraussagte. – Diese bleiche Seherin ist die Schanänna-Jungfrau. Jetzt ist sie seit langer Zeit nicht mehr gesehen worden. Das kleine Haus ist noch bewohnbar, aber: »Dort scheint ein langes, ew'ges Ach zu wohnen; Aus jenen Mauern weht es uns entgegen In dumpfen Lüften, die sich leise regen.« Der Wanderer, der verspätet, von der Dunkelheit überrascht, hier vorbeigeht, hört, bald ferne, bald nahe, ein klägliches Stöhnen und Wimmern. Manchem tritt dieser Spuk, die im ganzen Tale bekannte Schanänna-Jungfrau, selbst entgegen, und enthüllt ihm die grause Sage von den nahen Trümmern ihrer väterlichen Burg Strahlegg, und den Untaten ihres Vaters, sowie von dem Untergange ihres Geschlechtes; oder sie verkündet ihm, als oft erprobte Seherin, Dinge der Zukunft. Auch in den Trümmern besagter Burg soll sie zu sehen sein, und in riesengroßer, grauenerregender Gestalt, in weißem Kleide erscheinen. Wenige Sterbliche (nur Sonntagskinder, die mehr zu sehen bekommen, als andre Leute), die ihrer ansichtig geworden, brachten sie zum Geständnisse einer schweren Schuld ihres Vaters, weßhalb sie auch umgehen müsse, und nur erlöst werden könne: Von Jenem, der der Erste sei gebettet in einer Wiege, die aus Brettern man gefügt der Tanne, welche wuchs, wo sie gekettet. – Ihr Vater, ein reicher Mann, bewohnte außer dem Schlosse Strahlegg, auch in der Nähe der Fidriser-Au ein Haus. Zu ihm kam, als das Mägdlein noch in der Wiege lag, einst ein armer Mann, der um eine Gabe ihn bat; der Reiche verweigerte dieselbe. »So will ich dir etwas geben«, entgegnete der Arme, und gab ihm eine Nuß, »die setze neben dem großen Stein«. Er tat, wie der Arme ihn geheißen; »aus der Nuß wächst ein Baum, aus dem Baum ein Zweig, aus dem Zweig ein Ast, und aus dem wird man eine Wiege machen, und das Kind, das in jener Wiege liegen wird, das soll deine Tochter da erlösen, und die muß bis dahin dein Geld hüten.« Der Reiche wollte alsbald die verwünschte Nuß wieder aus dem Boden hervor graben, statt deren sproßte bereits ein Zweiglein ihm entgegen, und weiteres Unheil ahnend, wenn er dasselbe berühre, überließ er sich, durch das weite Feld irrend, der Verzweiflung. – Seine Tochter wuchs heran, aber sie wurde ihres Lebens nicht froh; ihr schönes, bleiches Gesicht zeugte von innerem Grame und viele Jahre nach ihrem Tode muß sie die Schätze ihres Vaters hüten, bis ihre Erlösung bewirkt ist.   Quelle: Jecklin, Dietrich: Volksthümliches aus Graubünden. 3 Teile, Zürich 1874, Chur 1876, Chur 1878 (Nachdruck Zürich: Olms, 1986), S. 9-10.        Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Schatzbohnen

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Am Strättlinger Turm am Thunersee ging ein Mann nach Ostern im Gestrüpp umher und sah hier eine Jungfrau sitzen, die auf einem ausgebreiteten Laken dreierlei Bohnen vor sich ausgebreitet hatte. Dem Manne gefielen die Bohnen ihrer Art wegen und er erbat sich davon, um sie jetzt der Jahreszeit nach im Garten zu pflanzen. Bereitwillig gab ihm die Jungfrau die Hände voll von jeder Sorte. Auf dem Heimwege wurden ihm die Bohnen gar zu schwer in der Tasche. Als er nachschaute, waren die der gelben Sorte in Goldstücke, die der weissen in Taler und die der schwarzen in Kleingeld verwandelt. Jetzt wusste der Mann, dass er die Strättlinger Jungfer gesehen hatte. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Schatzgräber

Source: Die Schatzgräber

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Im Stein ob Alterswil lebte vor alter Zeit ein vornehmer Herr. Er besass soviel an Geld und Gut und Kostbarkeiten, dass er selber nicht wusste, wie reich er war. Doch soll er seinen Reichtum nicht auf ehrlichen Wegen erworben haben. Als der Mann den Tod nahen fühlte, da sinnierte er Tag und Nacht, was er mit seinem Schatze machen wolle. Mitnehmen konnte er ihn nicht. Erben hatte er keine. Ihn den Armen geben, das wollte er nicht, er hatte diese Sorte Leute lebenslang gehasst. Sollte er ihn der Kirche schenken? 0 nein. Er hatte ihr nie etwas darnach gefragt. Also, was sollte er machen? Den Schatz vergraben? Hm! Das wäre wohl das Beste, dann wäre der Zank aus. Niemand wüsste, wieviel er zusammengetragen. Übrigens gehörte das Geld ja ihm, er hatte es erworben und war niemand etwas schuldig. Jawohl, vergraben wollte er seinen Reichtum, vergraben... In der Mühle unterhalb Stein, da grub er nächtlich im Keller ein tiefes Loch. Darin versenkte er eine grosse, eisenbeschlagene Truhe. Dann trug er alle seine Schätze herbei - Säcklein voller Gold- und Silberstücke, Geschmeide, Perlen und Edelsteine und ordnete alles sorgfältig in den Kasten. Zum letzten Male liess er die Herrlichkeiten, die seine Lebensfreude gewesen, durch die zitternden Finger gleiten. Sein Auge erfreute sich noch einmal an ihrem Glanz, sein Ohr an ihrem Klang. Dann schloss er die Truhe, schaufelte Erde und Steine darauf und trat den Boden fest, damit niemand erkenne, wo sein Schatz ruhe. Das war die letzte Tat des Geizigen. Sie verschaffte ihm noch eine wohltuende Schadenfreude. Denn immer musste er dabei an die langen Gesichter der Enttäuschten denken, welche nach seinem Tode wie Räuber in sein Eigentum eindringen und dann nur leere Kisten und Kasten finden werden. Kurze Zeit darauf starb der Reiche, und sein Geist ging hinüber in die Ewigkeit, um dort Gott dem Herrn Rechenschaft abzulegen über die Verwaltung der ihm verliehenen Talente. Es wird ihm übel ergangen sein am Tage des Gerichtes; denn er musste wieder auf die Erde zurückkehren und büssen - büssen – wie lange wohl? In der Mühle fing es an zu geistern. Man hörte um Mitternacht stöhnen und jammern. Oft irrte ein Lichtlein im Hause herum und huschte dann in den Keller hinunter. Dann drangen aus der Tiefe der dumpfe Schlag eines Pickels und das Scharren einer Schaufel herauf. Bald ging es durch alle Leute Mund, der Geizhals „stüje“ in der Mühle. Dort im Keller müsse wohl sein Geld begraben sein. So ein verborgener Schatz hat aber noch zu allen Zeiten die Menschen zu Abenteuern gereizt. Es war auch hier nicht anders. Zwei Alterswiler fanden sich einst um Mitternacht im Keller der Mühle ein, um den Schatz zu heben. Im Lichte einer Laterne begannen sie zu graben. Bald fing es an hohl zu tönen. Mit doppeltem Eifer arbeiteten sie jetzt weiter. Nach einer Weile kam eine grosse, eisenbeschlagene Kiste zum Vorschein. Mit den Händen räumten sie jetzt vorsichtig die Erde weg. Aber auf einmal wackelte eine grünschillernde Kröte auf dem Deckel der Kiste. Sie wollten das Tier mit der Schaufel entfernen. Doch es war nicht von der Stelle zu bringen. Mit giftgrünen Augen blitzte es die Männer an, blähte sich drohend auf und wurde immer grösser und grösser, bis es zuletzt die ganze Truhe verdeckte. Schauder ergriff die Schatzgräber. Sie liessen alles liegen und rannten wie gehetzt davon. Anderen Tages wagten sie sich wieder in den Keller, um die Werkzeuge zu holen. Da fanden sie das Loch zugemacht und die Erde festgetreten, als ob hier nichts geschehen wäre. Der Schatz liess den Männern keine Ruhe, und der ausgestandene Schreck war darüber bald vergessen. Sie beschlossen, einen zweiten Versuch zu wagen, aber diesmal vor Beginn der Geisterstunde. Schon gegen neun Uhr nachts fingen sie an zu graben. Bald kam der Deckel der Kiste wieder ans Licht. Die Kröte war nicht da. Das erfüllte sie mit Hoffnung. Rasch lockerten sie die Erde um die Kiste herum auf und schaufelten sie hinaus. Nun stand die ganze Truhe frei da. Sie war sehr gross und schwer und konnte von blosser Hand nicht bewegt werden. Jetzt schnell mit Ketten und Sparren herbei, den Schatz herauszulüpfen. Doch plötzlich war die Kröte wieder da und hüpfte erst langsam, dann immer schneller um die Kiste herum und wurde grösser und grösser. Entsetzt liessen die Schatzgräber alles im Stich und rannten nach Hause. Am nächsten Morgen fanden sie das Loch wieder zugeschüttet und den Kellerboden geglättet. Die Männer gaben die Hoffnung nicht auf. Doch erkannten sie, dass mit gewöhnlichen Werkzeugen der Schatz nicht zu heben sei; da müsse noch eine höhere Macht zu Hilfe kommen. Sie fragten darum einen Kapuziner, ob er den Geist beschwören wolle. Der Mönch sagte zu. So machten sie sich denn bald ans Werk. Zwei Stunden vor Mitternacht fanden sich alle drei im Keller ein. Der Pater legte die Stola um und nahm in die eine Hand das Buch und in die andere das Weihwasser. Die beiden Männer griffen zu den Pickeln und hieben los. Doch - was sollte das bedeuten? Der Boden war diesmal hart wie Granit. Funken spritzten auf und die Spitzen der Werkzeuge bogen sich um. Sie hieben und schlugen bis die Pickel zersprangen, aber kein Bröcklein Erde wollte sich vom Boden lösen. Da erklärte der Kapuziner, dieser Geist sei nicht zu beschwören und keinem Sterblichen werde es je gelingen, den Schatz zu heben.   Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch


by Die Schatzgräber (J. J. Jakob)

Source: Die Schatzgräber (J. J. Jakob)

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Jedem Besucher der Grasburg muß beim Hinaufsteigen die kleine, waagrecht hineingehende Höhle in der Südseite der Mauer des ersten Gebäudes auffallen. Die Tradition erzählt von ihr, sie sei durch Schatzgräber entstanden, die in dem alten Bau, wahrscheinlich nicht nur hier, nach verborgenen Schätzen wühlten. Sie sollen der (übrigens sehr verschieden lautenden) Sage nach auch wirklich belohnt worden sein; denn silberne und goldene, theilweise geschmolzene Trink - und Tafelgeschirre habe man dort gefunden und am Ende habe sich bei fernerem Nachgraben noch eine grosse eiserne Kiste gezeigt, die sei aber von einem fürchterlich aussehenden Hunde bewacht gewesen. Und da man nicht gewusst, wie dieser Zauber zu lösen sei, habe man, wenn auch höchst ungerne, die Höhle verlassen müssen. Bei dem, schon in der folgenden Nacht darauf, wiederholten Besuche sei sowohl Hund als Kiste verschwunden gewesen. Ob der Zauber unterdessen von kundigerer Hand gehoben, oder die Kiste sammt Wächter wieder verschwunden und in die Tiefe versunken sei, das konnte nicht in Erfahrung gebracht werden. Nach einer andern Ueberlieferung entdeckte man einen großen Wagen voll Gold und Kostbarkeiten, den man durch Zauberformeln so weit hervorbrachte, dass man die Deichsel und etwas von den vordern Rädern sehen konnte. Da aber einer bei diesem Anblick das strenge Gebot des Stillschweigens durch einen lauten Freudenruf übertrat, so verschwand mit fürchterlichem Gekrach und Getöse wieder alles in den Schoss der Erde. Seither wird es wohl da geblieben sein und wird wohl noch lange oder immer so bleiben. Diese „fade Hund- und Wagengeschichte" kommt aber noch an vielen Orten vor. Letztere z.B. auch am Schwendelberg und an der Lenk im dortigen Burgbühl. Überall soll aber der schon halb gelungene Hebeversuch auf die gleiche Art missglückt sein. Diese Richtung des Aberglaubens hat in der Gegend, wie es scheint, früher viele Bekenner gehabt; sie scheint jedoch durch eine verdriessliche Schatzgräbergeschichte, die sich im Anfang dieses Jahrhunderts in der Nähe zugetragen und bei der sogar angesehene Männer sich betheiligten, ziemlich an Kredit verloren zu haben. Denn die Betheiligten geriethen am Ende, als die durch einen Emmenthaler „Schatzgräber" abgeschwindelten Gelder wieder erstattet werden sollten, einander selber in die Haare und ein langwieriger unerquicklicher Prozess war die bittere Folge. - Man schweigt die „unanmuthige" Geschichte lieber todt. Quelle: J. J. Jakob, Heimathkunde des Amtes Schwarzenburg, Bern, 1869. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www. maerchen.ch


by Die Schatzgräber (J. Kuoni)

Source: Die Schatzgräber (J. Kuoni)

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Im Gebiete der Gemeinde Sevelen steht die Ruine Herrenberg, in welcher nach dem Volksglauben noch grosse Schätze zu finden wären. Vor einigen Jahren machten einige Männer den Versuch, diese zu heben. Sie verschafften sich eine Schrift, mit der man zaubern kann, warteten das richtige Kalenderzeichen ab, den "Wedel" und den "obsigänten" Mond, und brachten dann einen Tag in einem abgelegenen Hause zu, wo sie bei verschlossenen Türen und Fensterladen die nötigen Vorbereitungen trafen, wozu namentlich auch ein strenges Fasten gehörte. Als dann die Mitternachtstunde nahte, stiegen sie den Schlosshügel hinan und gruben im Weinberg ein grosses Loch. Es musste aber an dem Zauber etwas gefehlt haben; denn als sie schon beim Schlag der Pickel einen hohlen Ton vernahmen und ganz deutlich das Klingen des gemünzten Goldes hörten, erschien ein schwarzer Pudel mit feurigen Augen und rauchendem Rachen, und die erschrockenen Männer ergriffen die Flucht. Am Morgen sah man nichts mehr als das grosse Loch, das gegraben worden war und das der Besitzer des Weinberges wohl oder übel selbst wieder zudecken musste. Heinrich Hilty.    Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 136, S. 64 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Schatzgräber am Burghaldenberg

Source: Die Schatzgräber am Burghaldenberg

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Der Gipfel des Burghaldenberges im Frickthale war sonst mit stattlichen Mauern und Thürmen eines Raubschlosses umgeben. Nun ist Alles längst niedergebrochen. Der letzte Ritter hatte hier an einem Herbsttage das Schloss eben mit der Habe der umwohnenden misshandelten Bauern gefüllt, noch brannten die von ihm angezündeten Strohhütten in die Nacht hinein, als im Schlosshofe gewaltiger Lärm entstand und ein Gepanzerter, auf dessen Helm drei hochrothe Federn schwankten, die Saalthüre aufriss. Es war dies der benachbarte Graf, den der Hilferuf und das Jammergeschrei der Landleute gerührt hatte, und der nun die Strafe vollzog. Ringsum war das Schloss von seinen Bewaffneten umstellt. Pechkränze wurden hinein geschleudert, keine Seele, als des Ritters Gemahlin wurde aus der brennenden Burg gelassen, dann wurde Alles vertilgt. So blieb diese Stelle gemieden, bis vor etwa 50 Jahren ein Kapuziner einige Männer des Frickthales beredete, den grossen Schatz erheben zu helfen, der hier in tiefen Gewölben liege. Er hatte eine Wünschelruthe mitgebracht, zündete geweihte Wachskerzen an und streute dann rings um den Glücksort geheimnissvoll gewonnene Asche, die den bösen Geist abhalten sollte. Beinahe schon vier Tage hatten sie gegraben und hörten eben ihre Schaufel klingend aufstossen, als ein Jäger in grünem Kleide vor ihnen stand und sie befragte, was man heutzutage mit so grossen Gruben machen wolle. Aber sie gedachten des strengen Gesetzes, kein Sterbenswörtchen zu reden, und er verschwand wieder. Am fünften Tage hörten sie unter sich schon die heiligen Engel arbeiten, die, wie der Kapuziner versicherte, zu Hilfe gekommen seien und aus der Tiefe her ihnen entgegen grüben. Jetzt meinten sie den Schatz gewinnen zu müssen, da drängte sich ein altes Weib zwischen ihre Hauen, die über ihr pechschwarzes Haar eine Eisenpfanne gedeckt hatte und aus der Nase Feuer und Dampf schnob. „Ist der Graf mit der Braut schon vorbei?“ schrie sie; „und ist den Hofdamen fertig gekocht?“ Flugs entwischte einem die höhnische Antwort „ja, sie warten nur noch auf dich“, und eben so rasch stürzte die Grube zusammen. Nun hört man heutzutage blos noch den gefährlichen Burghaldengeist, denn wenn er schreit, so giebt's Hagel. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 260 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Schatzgräber auf dem Rheinsberg

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Die Schatzgräber auf dem Rheinsberg Schon frühe war das Graben nach Gold und Silber auch auf dem Rheinsberg betrieben. Als Hauptstück der Schätze unter den Gemäuern des Rheinberges galt ein goldenes Kegelries. Trotz eifrigster Grabungen konnte es nie gefunden werden. Schon im 17. Jahrhundert liess der Rat von Bülach ein Loch zumauern, worin die Schätze lagen, die dem Teufel gehörten. Trotzdem kam es immer wieder vor, dass Neugierige um Mitternacht unter Anrufung der drei höchsten Namen die Schätze heben wollten. Einst waren zwei solcher Schatzgräber an der Arbeit, als sich plötzlich ein furchtbares Donnerwetter über ihnen entlud und ein riesengrosser Mann sie mit feurigen Augen anstierte. Da rannten sie entsetzt bergab und kamen erst wieder zur Ruhe, als der Glockenschlag die erste Morgenstunde verkündete. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Unterland Nach Hedinger, S. 21; Motiv vom goldenen Kegelries aus G. Peterhans, „Vom Rheinfall bis zum Schnebelhorn“, S. 82. Hedingers Quellen: Binder, S. 127; Th. Schaad, Heimatkunde des Kantons Zürich, 1. Teil, 1945, S. 54. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Schatzgräber im Adlisberg

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Wenn du schon vom Bötzberg über Adlisberg ins Ueberthal gegangen bist, so wirst du gesehen haben, wie dort am Oelbach herum alles durchgraben und zerrissen ist. Jetzt zwar singen Vögel in den Waldrosensträuchen. Aber gerade zwischen jenen Eiben und dichten Rothtannen geht man nachts noch immer nicht gerne vorbei, und man muss kein Sonntagskind sein, um zu bemerken, wie hier Spuren von gewaltigen Erdarbeiten und tiefen Höhlenbauten sich verrathen. Hier auf der Höhe meint man, sei vor alter Zeit das Schloss gestanden, wovon nur noch der Name Adlisberg übrig geblieben ist. Nichts weiss man von seinen Bewohnern und der Ursache seiner Zerstörung. Gleichwohl grub schon mein Urgrossvater mit andern Männern hier nach Schätzen. In einer Neumondsnacht gelang es ihnen einen Schacht zu finden, und in dem Augenblicke, da sie ihn besteigen wollten, fieng mit grossem Rauschen der Boden unter ihren Füssen an zu wanken. Betroffen sahen sie nach dem Himmel hinaus und in das Thälchen hinab, und gewahrten dort ein brennendes Viertel, das sich über den Oelbach immer grösser werdend und flammender herauswälzte. Es flatterte und knisterte, als ob die ganze Gegend in Feuer stände, und deutlich konnten sie im Widerscheine dabei die Kirchenfenster im Dorfe blitzen sehen. Da brach unter Brausen und Knallen in ihrem Rücken der Schacht zusammen und eine Stimme rief: „Ach ich wollte allzuviel, Meine Qual ist ohne Ziel." Noch weiss man nicht, ob dies der Müller am Oelbach gewesen, der den Leuten zu viel abgenommen, oder die Ritter des Schlosses. Weiter gegraben hat niemand mehr. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die schatzhütende Jungfrau

Source: Die schatzhütende Jungfrau

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a) «Vil minder ist auff des Pöfels Rede zuo halten, das dieses Gewölb jrgent zuo einer verdampten Jungfrawn und einem Schatz, von etlichen grewlichen Hellhünden verhütet abführe, in welches sich etliche bey unserer Elteren Zeiten begeben, deren einer viel Gelt mit sich herauss gebracht, andere nachmalen kaum halb todt widerumb an das Tagliecht herfür gekrochen: Weil gewüss, das der Sathan, ein Herr der Finsternussen, die Menschen durch viellistige Verwehnung und Gespengnuss, sonderlich durch Begierd des zeitlichen Guots in forcht, angst, schrecken, den zeitlichen und ewigen Todt zuo stürtzen understeht.» b) «Um das Jahr 1520 lebte in Basel einer namens Leonard, genannt Lienimann, eines Schneiders Sohn; er war blöde von Verstand und stotterte. Um die genannte Zeit nun gelang es ihm durch gewisse Künste wiederholt in jene unterirdische Höhle zu Augst hinabzusteigen, und er drang weiter vor, als je einer vor ihm. Lienimann zündete eine geweihte Kerze an und stieg in den Gang hinunter. Hier nun – so pflegte er zu erzählen – gelangte er zuerst an eine eiserne Türe. Durch diese trat er in Kammern ein, von einer in die andere, bis sich vor ihm prächtige grüne Gärten eröffneten. In deren Mitte stand ein herrlich geschmückter Palast. Da erblickte er eine wunderbare Gestalt: ihr Oberkörper bis zur Scham war der einer schönen Jungfrau, mit goldenem Diadem auf dem Haupt, von dem flatterndes Haar herabhing, der Unterleib ging in eine gräuliche Schlange aus. Die Gestalt führte Lienimann an der Hand zu einer eisernen Kiste, auf der zwei schwarze Hunde sassen und mit schrecklichem Bellen die Nahenden wegscheuchten. Aber die Jungfrau bedrohte die Bestien und hielt sie zurück; sie nahm von dem Schlüsselbund, den sie am Hals trug, einen Schlüssel, öffnete damit die Kiste und holte alle möglichen Münzen daraus hervor, goldene, silberne und eherne. Lienimann behauptete von der freigebigen Jungfrau eine ganze Menge bekommen zu haben. Sie habe ihm erklärt, sie sei eigentlich eine Königstochter und einst durch gräuliche Zaubersprüche in diese Gestalt verwandelt worden; gerettet könne sie nur werden, wenn ein reiner und keuscher Jüngling sie dreimal küsse. Dann werde sie ihre ursprüngliche Gestalt wiedererhalten und der Erretter werde als Lohn alle hier verborgenen Schätze davontragen. Lienimann erklärte: zweimal habe er sie geküsst, da habe sie, aus Freude, erlöst zu werden, so schreckliche Gebärden gemacht, dass er fürchten musste, von ihr bei lebendigem Leibe in Stücke gerissen zu werden. Nachdem er aber von schlimmen Gesellen in ein Hurenhaus geschleppt worden, habe er den Eingang zum Gewölbe nie mehr finden können. Unter Tränen klagte der arme Kerl öfter über dieses Ende. Wer sieht nicht, dass das ein teuflisches Gespenst gewesen ist?» c) «Von jenem einfältigen Lienimann und ebenso von jener Jungfrau und dem Schatz von Augst geht bei uns eine bekannte Fabel um, wie Rhenanus ... in seiner Germania unter Augusta Raurica berichtet. Einige der Unsern haben Bergknappen angeworben, um jenen Ort säubern zu lassen, was Du wohl schon durch Deinen Sohn erfahren hast ... (er spricht im Folgenden von den Ausgrabungen) ... Aber um auf die Jungfrau und den Schatz zurückzukommen: Irgendein Bauer hat zu Anfang dieser Ausgrabung behauptet, in nächster Nähe der Burg eine Frau mit entblössten Schenkeln unter einem Baum sitzen gesehen zu haben; darauf habe er ihre Gestalt ins Unermessliche wachsen sehen. Vielleicht wollte sie auch diesen zu Küssen anlocken, oder, da sie sah, wie ihr die unterirdischen Gänge der Knappen zu Leibe rückten, anderswohin verschwinden, besonders da ihr Wachhund gestorben war - ein eisernes Hundehalsband ist nämlich ausgegraben worden. Und dies letztere allerdings ist wahr, ebenso sieht jeder, dass das übrige…(unleserlich) und Altweibergeschwätz ist! Von Lienimann habe ich auch einigemal meinen Vater sagen hören, er habe Münzen zum Vorschein gebracht und hier und dort verkauft; es ist auch möglich, dass unter denen, die ich von meinem Vater geerbt habe, die eine oder andere hierzu gehört; doch wie er jene Münzen erworben hat, ist mir nicht bekannt: Denn was er selber berichtet hat und was im "Theatrum" berichtet wird, ist wirklich Lienimanns würdig. » d) «Als die kaiserlichen Truppen 1814 im Fricktal lagen, hatten zwei Soldaten, die zu Magden im Quartier waren, von einem Tausendkünstler den Ort des Schatzes erfahren sowie die Art und Weise, wie dieser zu heben sei. An einer Freitags-Mitternacht begaben sie sich mit Osterkerzen und andern geweihten Schutzmitteln in das Gewölbe und streuten behutsam Spreuer hinter sich her, um den Rückweg sicher wieder zu finden. Eine Eisentüre öffnete sich auf ihr Anklopfen, und eine Jungfrau, die unten in einem Schlangenleib endigte, wies sie zu einer Truhe, von der zwei Hunde mit Feueraugen herab bellten. Der Deckel ging auf, und die beiden konnten Geld nehmen, soviel sie mochten. Schon waren sie wieder vor der Höhle, als der eine der Soldaten gewahrte, dass er drinnen sein Seitengewehr hatte liegen lassen. Trotz der Vorstellungen seines Kameraden ging er sogleich zurück, um es zu holen, und ist nie wieder zum Vorschein gekommen.» e) «Einmal «hat der Aristorfer Bote dort im Vorbeigehen eine silberne Kette schimmern sehen und sie nachher in Basel um hohes Geld verkauft. Auf der andern Seite des Baches diente im Landgute Spitzmatt jüngst noch der sogenannte Talweber Marti, Wirklich sah er einst mit eigenen Augen jene oft besprochene weisse Jungfer, die dort Kisten Goldes hütet. Sie winkte ihm im Vorübergehen und wusch sich dabei im nahen Ergolzbache die Hände wund, bis Blut herausquoll; als er jedoch unerschrocken an sie trat, spie sie Feuer und Flammen. Aber auch der verstorbene Ratsherr von Giebenach konnte sie fast jedesmal erblicken, wenn er früh am Morgen nach Basel in den Grossen Rat fuhr.» Augusta Raurica Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die schatzhütende Kröte bei Laufenburg

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Auf dem rechten Rheinufer zwischen Laufenburg und Bünzgen, in dem felsigen Thale des Antlesbaches, sollen bis zum dreissigjährigen Kriege Hammerwerke gewesen sein, und Mauertrümmer und Schlaken im Boden reden noch dafür. Aus jener Zeit der Zerstörung her, sagt man, liege daselbst viel Geld vergraben. In diesem Waldthale holte sich ein Laufenburger um die Zeit von Fronfasten Holz. Im heissen Mittage setzt er sich unter eine Eiche und ruht aus. Plötzlich sieht er, unferne von ihm, gewöhnliche Kohlen langsam aus dem Boden hervorsteigen und allmälich zu einem Haufen bis zur Grösse eines Korbes anwachsen. In demselben Augenblicke zeigte sich auf dem Kohlhaufen eine gewaltig sich ausspreizende Kröte, die ihn mit Feueraugen anstarrte. Unverwandt staunte der Mann diese Erscheinung an, bis eben so unvermuthet, wie sie gekommen, Kohlen und Kröte in den Boden versanken. Alles war wie weggewischt. Er erzählte diese Begebenheit bei seiner Nachhausekunft und man erklärte ihm, dass er eine so seltene Gelegenheit, reich zu werden, nicht so unbenutzt hätte vorbeigehen lassen, sondern ohne alle weitern Umstände sich der Kohlen und Kröte bemächtigen sollen. Ein Haufen Geldes sei's gewesen, und der Böse, der ihn in Gestalt der Kröte hütete, würde mit Besegnung und passenden Sprüchen leicht vertrieben worden sein. (Schweiz. Bl. 1833, 227.) E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die schatzhütende Nonne von Schönbrunn

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Im „Chiteboden" unterhalb der Kapelle zu Schönbrunn im Kanton Zug war einst ein Nonnenkloster. Jetzt ist alles davon vcrschwunden, nur eine Sage hat in diesen Boden ihre Wurzeln gesenkt. In irdenem Gefäss ist daselbst in der Tiefe ein Schatz vorhanden, den eine Nonne hüten muss. Im Zeitraum eines Jahrhunderts wird derselbe allmählich höher und höher hinaufgerückt, so dass er endlich ganz oben auf kommt und enthoben werden kann. Doch wer dieses tun will, darf während der ganzen Handlung kein Wort sprechen. Zwei Männer aus der Gegend waren einst an diesem Geschäft, da sah einer davon in der Richtung der Kapelle eine Prozession herankommen und verwundert sagte er zu seinem Gehilfen: „Schau dort!" und der Schatz versank in die Tiefe, wobei die Nonne seufzend gestand, dass sie nun erlöst worden, hätte er das Schweigen beobachtet. Jetzt müsse sie wieder 100 Jahre zuwarten, bis ein anderer Moment komme, wo ihr geholfen werden könne. Die Prozession war gleichzeitig verschwunden.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Die Schatzhüterin

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Das erzählte mein Vater. An einem Orte war eine Prinzessin verbannt und musste dort einen Schatz bewachen. Einst zog da ein junger Mann vorbei, und plötzlich stand ein wunderschönes Weibsbild vor ihm. Er fragte sie, was sie denn hier zu tun habe, in ihren schönen Kleidern. Sie sei eine Prinzessin, die hier einen reichen Schatz bewachen müsse, bis sie einer erlöse, antwortete sie. Ob er es etwa wagen wollte. Er fragte, was es denn zu tun gebe. Sie komme in drei verschiedenen, abscheulichen Tiergestalten auf ihn zugeschlichen oder zugeschossen. Einem von diesen drei Tieren müsse er einen Kuss geben, es sei gleich welchem. Aber er solle es ja nicht versprechen, wenn er nicht sicher sei, die Probe zu bestehen, sonst sei sie nachher noch viel unglücklicher als vorher. Sie bitte ihn kniefällig, die Sache zu überlegen. Er wollte es trotzdem wagen. Dann verschwand die Jungfrau. Kurz darauf kam eine schreckliche, hässliche, aufgeblähte Kröte auf ihn zugehüpft. Sie stieg an ihm empor; da erfasste ihn ein solcher Ekel, dass er es nicht wagen durfte, ihr einen Kuss zu geben. Das Tier zog sich schliesslich zurück. Es kam die Schlange, das war noch schlimmer. Die kam auf ihn zugeschlängelt, schlich an ihm empor, mit offenem Gebiss, und schnellte die Zunge hervor. So durfte er auch hier nicht. Als dann der Löwe mit drohendem Rachen auf ihn zugesprungen kam, lief er davon und wagte es erst recht nicht. Die Prinzessin aber wünschte ihm einen furchtbaren Fluch nach. BELLWALD Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Schatzhüterin

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1. Tief in die Rynächtfluh hinein zwischen Schattdorf und Erstfeld zieht sich eine enge Felsenhöhle, Schwarzbälmli oder Rvnächtloch genannt, und an ihr vorbei wälzt in trägem. Laufe ein Quellbach sein lauteres, klares Wasser. Am Heilig Abend und an den Fronfastenmittwochen ist, wie die Alten erzählen, vor Zeiten ein schönes, anmutiges. Wybervölchli (oder eine Klosterfrau) aus der Höhle herausgekommen, am Bache niedergekniet und hat Windeln gewaschen. Öfters hörte man es drinnen klagen und weinen. Als einmal Schattdorfer Kinder auf der Landstrasse, die nahe an der Höhle vorbeizieht, gegen Erstfeld wanderten, sahen sie eine ganze Schar glänzend weissgekleideter Mädchen aus der Höhle herauskommen und am Eingang derselben sich aufstellen. Die Schattdorfer fürchteten sich bei diesem Anblick und machten sich davon. Fr. Wipfli-Herger, 78 J. alt, u.a. Man erzählte, ein Vater habe seine Tochter, die nicht nach seinem Willen geheiratet, da hinein verbannt mit samt ihrem grossen Vermögen und ihrem Kind. Eines Abends passten ihr drei verwegene Burschen ab, und, als sie mit den gewaschenen Windeln in die Höhle zurückkehrte, folgten sie ihr kriechend bis tief in das Innere des Berges und gelangten in einen grossen, erleuchteten Saal. Dort thronte sie – äs prächtigs Wybervelchli! – auf einer Kiste, und ein Krötlein kauerte auf ihrer Schoss. Sie redete die Burschen an und offenbarte ihnen: »Ihr könnt mich erlösen, und die Kiste mit Geld, die ihr da sehet, ist euer, wenn einer von euch dem Krötlein auf meiner Schoss drei Küsse gibt.« Das dünkte sie nicht schwer, und der erste trat tapfer vor und küsste es zweimal. Aber da schwoll es plötzlich zu riesiger Grösse auf und glotzte ihn mit glühenden Augen an. Ganz entsetzt, prallte er zurück. Da fasste sich der zweite ein Herz, fuhr pfeilgeschwind auf das Tier los und gab ihm einen Kuss. Aber nur einen, denn es spie ihm Feuer ins Gesicht. Der dritte wagte es nicht mehr, und alle drei Burschen flohen. Hinter ihrem Rücken aber schrie und flennte das arme Wybervölchli zum Erbarmen. Zäzilia Gisler-Walker; Frau Wipfli-Herger Oder: Es klagte: »Jetzt bin ich noch schlimmer daran als vorher; von jetzt an kann ich mich nicht mehr zeigen.« Goethe in seiner Schweizerreise (1. Okt. 1797) beschreibt die Gegend mit folgenden Worten: »Breite, klare Quelle. Kindergeschrei aus der Höhle. Steile Kalkfelsen links auf die Wiesen herab, wie vorher bis auf die Oberfläche des Sees.« – Möglich, dass damals die Sage ging, man höre bisweilen Kindergeschrei aus der Höhle. 2. In der Alp Franzen ob Flüelen ist eine Jungfrau aus ähnlichem Grunde verwünscht. Wenn ein Jüngling sie anredet und aufrichtig zu ihr sagt: »Ich begehre die Junfrau zur Ehe und das Geld dazu,« so kann er sie erlösen. Einer, der es mehr auf das Geld als auf die Jungfrau abgesehen hatte, sagte zu ihr, indem er sich verplapperte: »Ich begehre das Geld zur Ehe und die Jungfrau dazu.« In diesem Augenblick hörte er einen schweren Geldsack platschend herunterplumpsen, und die Jungfrau schrie: »Jetzt kann ich in Ewigkeit nie mehr erlöst werden.« Fr. Mattli-Bissig, 80 J. alt, Bürglen 3. Im Rynächtloch litt eine arme Seele, und man hörte sie oft weinen und jammern. Ein Bursche nahm sich vor, sie zu erlösen, drang, nachdem er gebeichtet und kommuniziert, weit in die Höhle hinein und fand dort ein Wybervölchli, sitzend auf einer grossen Kiste. An jeder Wange klebte ihm eine grausige, erschreckliche Kröte. Es redete den Eindringling an und sagte, er könne es erlösen, wenn er ihm drei Küsse ins Angesicht gebe. Das sei keine Kunst, dachte der Bursche, und zwei Küsse gab er ihm; aber nun taten die Kröten so furchtbar, dass er erschreckt zurückwich. Das Wybervölchli bat und beschwor ihn, doch den dritten Kuss auch noch zu wagen, aber er fand den Mut dazu nicht. Da versank es heulend und jammernd mit samt der furchtbar polternden Geldkiste in die Tiefe und rief: »Jetzt bin ich immer und ewig verloren.« Fr. Gisler-Arnold, 70 J. alt, Schattdorf 4. In einer Höhle am Rynächt liegt ein Schatz. Darauf sitzt eine Kröte. Wer ihr in der hl. Nacht des Christfestes drei Küsse verabreicht, kann den Schatz heben. Ein mutiger Bursche wollte es probieren. Nach dem ersten Kuss wurde die Kröte so gross wie ein Kalb, nach dem zweiten erreichte sie die Grösse einer Kuh, und es grauste dem Burschen so, dass er die Flucht ergriff. Ernst Friedli von Lützelflüh, in Göschenen 5. Das Meitli im Rynächtloch kam einmal bis auf einen Tanzboden, tanzte mit einem Burschen und lud ihn ein, ihm zu folgen und es zu erlösen. Er ging also mit ihm, aber, o Jeerä! erlöst hat er's nicht. Sogar mit Kreuz und Fahne (d.h. prozessionsweise) ist man bis vor die Balm gezogen, aber es war umsonst. So hat man es in Ursern erzählt. Maria Anna Schmid, 78 J. alt, Hospental Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Schatzhüterin bei RheinsfeIden

Source: Die Schatzhüterin bei RheinsfeIden

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Die Schatzhüterin bei RheinsfeIden Der Letzte des Adelsgeschlechtes derer von Rheinsfelden vergrub seine Schätze am Rheinufer. Dort werden sie von einer Schlossmagd bewacht. Aber jeweilen am ersten schönen Maientag bringt sie die verborgenen Schätze für kurze Zeit ans Licht und sonnt sie. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Unterland Nach Hedinger, S. 22, gekürzt, mit Weglassung des Wildschen Gedichtes, das die Sage nur wiederholt. Hedingers Quelle: Gedicht von A. Wild im Taschenbuch für Eglisau, 2. Bd., Zürich 1884, S. 103; Neudruck desselben im 10. Bülacher Neujahrsblatt, 1939, S. 64   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Schatzhüterin von Fracstein

Source: Die Schatzhüterin von Fracstein

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Unweit vom Felsenbach, wo von der Prätigauer Landstrasse ein Strässchen nach Malans abzweigt, wanderte einst auf Letzterem an einem dunkeln Abende ein Bürger von Malans seinem heimatlichen Dorfe zu. Plötzlich stand eine wunderschöne, weiss gekleidete Jungfrau vor ihm und sagte zur grossen Beruhigung des erschrockenen Mannes zu ihm, dass er sich vor ihr nicht zu fürchten habe; ihr Vater habe bei seinen Lebzeiten oft ungerechter Weise grosse Reichtümer sich erworben und dieselben im nahen Schlosse Fracstein vergraben; sie aber, die unschuldige Tochter, müsse, als Sühne für des Vaters Verbrechen, den Schatz hüten, bis sie erlöst und der Schatz gehoben werde. Wenn er sie erlösen wolle, so solle er heute um Mitternacht wieder auf dieser Stelle sein; statt ihrer werde aber eine gräuliche Schlange herkommen, die ihm Gefahr und Verderben drohe, mit einem Ring-Schlüssel am Halse. Gelinge es ihm, ihr diesen Schlüsselring abzuziehen, so sei sie erlöst und er Besitzer aller Schätze, die sie bisher gehütet habe, wo nicht, so könne sie erst in hundert Jahren wieder erlöst werden, er aber sei dann auch verloren. Von der Begierde nach Reichtum, sowie von der anmutigen Erscheinung gefesselt und getrieben, versprach er, sich zu stellen und die Aufgabe zu lösen. Gegen Mitternacht stand er richtig an der bezeichneten Stelle und war­tete der Dinge, die da kommen sollten. Mit dem letzten Glockenschlage der zwölften Stunde vernahm er ein Krachen und Poltern in den nahen Felsen und bald bewegte sich ein scheussliches, schnaubendes Ungetüm gegen ihn, einen Schlüsselbund am Halse tragend. Er bot allen seinen Mut auf, um sein Versprechen zu lösen, und hatte schon drei Mal den Schlüs­selbund mit den Händen erfasst, aber ebenso oft liess er ihn auch wieder los. Mit dumpfem Wutgebrüll stürzte sich jetzt das Ungetüm gegen den Bach hinunter, und bald war wieder Alles stille und ruhig. Totenbleich wankte der Mann in sein Dorf zurück, erzählte dort das Vorgefallene und war schon am dritten Tage darauf eine Leiche. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Schatzjungfrau im Romooser-Enzi

Source: Die Schatzjungfrau im Romooser-Enzi

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In Romoos (Entlebuch) hat 's ein alter Mann seinen Söhnen erzählt und von einem derselben hab ich 's. Einem Vater seine Tochter wollte gar nicht gut tun. So hat er sie verwünscht, dass sie in die Enzefluh kam und daselbst verbannt sein muss. Sie macht jetzt die Wetter, die von jenem Berg auslaufen und bewacht einen ungeheuren Schatz. Allemal am Samstag kömmt sie zum Vorschein und kämmt vor der Höhle draussen ihre Haare. Desgleichen soll die Schrattenjungfrau alle Samstage vor die Höhle hinaus sitzen und ihre Haare kämmen. Dasselbe tut sie, wenn `s anders Wetter geben will.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Die Schatzkammer in der Breitu Rufmu

Source: Die Schatzkammer in der Breitu Rufmu

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Ein Geisshirt, der alltäglich seine Ziegen in die Hut Feschel trieb, kam mit seiner Herde an einem heissen Tage in die Breitu Rufinu. Die Sonne stand bereits am mittäglichen Himmel und versengte beinahe mit ihren Strahlen die magern Abhänge. Der Hirt sah sich nach einer schattenspendenden Stelle um, damit er der drückenden Hitze entgehe. Deshalb kletterte er an den hohen Felsen umher und fand wirklich ein schattiges Plätzchen unter einer Palme, von wo er zugleich die Herde überblicken konnte. Unter dieser Palme legte er sich hin, und da der Tag gar so schwül war, fielen ihm die Augenlider zu, und er schlief ein. Wie lange er dort geschlafen haben mochte, wusste nicht; als er aber erwachte, befand er sich in einer Höhle des Berges. Die Wände der tiefen Grotte waren aus dichtem Silber. Gold- und Silberkerzen, dick wie Ankenkübel, standen am Boden und hingen in Massen am hohen Gewölbe. Die Wände entlang lagen, in Haufen zusammengeworfen, unzählige Klumpen glänzenden Goldes und lautern Silbers. In der Mitte der Höhle sah er einen runden Tisch, an dem drei Herren schliefen. Als er sich an all der Pracht geweidet und die drei seltsamen Herren genugsam betrachtet hatte, sah er sich nach einem Ausgange um. In einem Winkel der Höhle erblickte er eine kleine Pforte, über deren Klinke ein weisser Gürtel, ähnlich einem Weisskleidgürtel, hing. Er schritt auf die Türe zu, öffnete sie und trat hinaus ins Freie. Sofort schloss sich hinter ihm die Pforte von selbst wieder. Wie er sich genau umsehen wollte, um ein anderes Mal die Schatzkammer wiederzufinden, konnte er keine Spur von einem Eingange mehr entdecken. Darum merkte er sich einen weissen Stein, der diesseits, und ein dürres Bäumchen, das jenseits der Stelle lag, auf der er stand, um so wenigstens den Platz wiedererkennen zu können. Am Abend kehrte er mit seinen Ziegen heim und erzählte das Ereignis seinen Eltern. Diese hörten ihn neugierig an. Als er aber geendet hatte, fragten sie ihn vorwurfsvoll, warum er den weissen Gürtel nicht genommen habe. Dieser Gürtel sei der Schlüssel zur Schatzkammer gewesen, darum habe er an der Klinke gehangen. Am folgenden Tage hütete der Hirte seine Herde wiederum bei der Breitu Rufinu. Auf Geheiss der Eltern und aus eigenem Antrieb ging er abermals hin, um die Wunderhöhle zu suchen. Allein seine Mühe war umsonst, und vergeblich kletterte er an den steilen Felsen umher. Der Berg mit seinen Schätzen tat sich nicht mehr auf. Denn einmal hatte der Berg dem Hirten den weissen Gürtel, den Schlüssel zu seinen Schatzkammern, gezeigt und ihm schenken wollen. Dieser aber hatte die eine und einzige Gelegenheit versäumt und darum das nahe Glück auf immer verscherzt. FESCHEL Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Schatzkröte

Source: Die Schatzkröte

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Im Hirnisbühl, nahe dem verrufenen Galgenhölzli bei Nebikon hat mal `s Philippen Lünz gereutet und stiess mit dem Karst auf einen Hafen von der Form unserer ehrnen Kochhäfen. Derselbe war jedoch nicht von Eisen und mit Erde angefüllt. Oben auf sass eine grosse glotzende Kröte. Das Herz im Leib lachte in der Hoffnung einen Schatz entdeckt zu haben. Aber wie er das Gefäss entheben will, zerfährt es in tausend und tausend Stücke. Gleichzeitig überlief den Finder ein kalter Schauer. Er musste mit geschwollenem Beine heim und sich ins Bett legen.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Die Schatzkröte in Kirchdorf

Source: Die Schatzkröte in Kirchdorf

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Ein Bauer von Kirchdorf im Siggenthale war mit einem Male erstaunlich reich geworden, ohne dass er einen deutlichen Grund dazu angeben konnte, und erregte dadurch den Verdacht seiner Nachbarn. Da diese einmal aufs Feld giengen und an des Reichen Haus vorbeikamen, sahen sie dort eine Kröte in der Grösse eines Erdäpfelkorbes sitzen und wollten sie sogleich erschlagen. Aber der Bauer, welcher sich gerade auf seiner Hausbank sonnte, wusste sie so dringend um Schonung zu bitten, dass sie das hässliche Thier sein liessen und sich weiter machten. Nun lässt er seit vorigem Jahre bei allen Nothhelfern für das Heil seiner Seele Messen lesen; ob er damit der Kröte los geworden ist, weiss man nicht. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Schatzthüren im Born

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Ein Bauer um Aarburg hat Folgendes mitgetheilt. Noch zu meinem Gedenken wohnte am Bornberge ein Armer in einem kleinen Hüttchen. Da kam des Nachts ein Mann zu ihm und bat um Herberge. Obschon die Wohnung zu enge für zwei war und der Arme heute selbst nichts zu kochen hatte, wurde der Gast doch eingelassen und bekam auch seinen Bissen Brod. In tiefer Nacht verlangte der Fremde einen Sack und eine Laterne, bat den Bauern, ihm zu folgen und führte ihn vom Hause bergaufwärts an einen wohlbekannten Rain. Hier schärfte er ihm ein, kein weiteres Wort mehr zu reden und nur zu thun, was er ihn selber machen sehe. Er sprach einige Sprüche und es zeigte sich im Raine eine Thüre, die er mit einem bereit gehaltenen Schlüssel aufschloss. Sie giengen nun zusammen durch einen finstern Gang weit in den Berg hinein. Aus einer Felsenspalte nahm sodann der Fremde einen zweiten Schlüssel und öffnete damit eine Kiste, die hier im Finstern stand. Daraus zog er einen ganzen Schlüsselbund hervor; dieser diente zu den künstlichen und altertümlichen Markschlössern, die an den gewaltigen Verlegbalken einer letzten Thüre hiengen, zu der sie jetzt gelangten. Nun gieng's eine steile Holztreppe hinunter, die so trocken lag, dass ihre Balken unter jedem Schritte ächzten und knarrten. Am Ende war das Gewölbe vor ihnen offen. Zwei grosse Kisten standen da, ein eben so grosser Hund lag auf jeder. Der Fremde ergriff den einen, warf ihn von der Kiste herunter, und schloss dieselbe auf; sie war ganz mit Goldstücken angefüllt; er bedeutete seinem Begleiter, so viel als möglich von dem Schatze zu nehmen. Aber statt jetzt auf die Mahnungen des Fremden zu achten, schaute der Mann immer nur die lauernden Hunde an; nach langem Zuwarten verschloss jener die Goldkiste wieder und legte den Hund wieder darauf. Er begab sich nun zur andern Kiste, warf auch hier das darüber liegende Thier hinunter und öffnete; da schimmerte es von lauter Silberstücken. Wiederum deutete der Führer dem armen Manne, davon zu nehmen, aber dieser konnte auch diesmal nicht fertig werden, die zwei wilden Hunde angstvoll zu messen, und so schloss der Andere auch diese Kiste wieder zu und begab sich auf den Rückweg. Als sie wieder ins Freie heraus traten, that sich hinter ihnen der Rain sogleich zu. Unter Vorwürfen führte der Fremde den armen Mann bis in die Nähe des Häuschens zurück und nahm hier von ihm Abschied. Man glaubt, der Eingang zu diesen Schätzen sei in jener bekannten, auf der Spitze des Bornberges gelegenen Höhle, welche vom Landvolk das Heidenloch genannt wird. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 254 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Schatztruhe an der Brestenegg

Source: Die Schatztruhe an der Brestenegg

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In der Brestenegg, ein an der Straßenkreuzung zwischen den Dörfern Suhr und Hunzenschwil liegendes Wäldchen, wo man die an einer bösen Seuche Verstorbenen begrub, liegt tief im Boden eine eiserne Schatztruhe.  Benachbart wohnende Bauern gruben darnach unter dem gegenseitigen Versprechen, während der Arbeit ja kein einziges Wort zu verlieren. Als nun eine lange Reihe von Geistern, aufs wunderlichste ausgerüstet, an den Leuten vorbeikam und der letzte des Zuges die Frage tat: Wie viele ihrer nun schon vorüber marschiert seien, nannte ihm ein unbesonnener Arbeiter die fragliche Zahl, und verschwunden war der Eisenkasten sammt allen Geistern. Quelle: E. L. Rochholz, Naturmythen. Neue Schweizer Sagen, Leipzig  1862. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch    


by Die Schatztruhe bei Reinach

Source: Die Schatztruhe bei Reinach

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Auf dem Hügel, der östlich von Reinach sich erhebt und heutigen Tages mit Laubwald bewachsen ist, stand zur Zeit der Römer eine Stadt, deren Häuser ganz aus Holz gebaut waren. Trotz der Lebenseinfachheit, auf die eine hölzerne Stadt schliessen lässt, geschah doch dort manches, was bis auf die jetzige Stunde noch nicht abgebüsst ist. Es wandeln hier Gestalten und winken; Jäger und bellende Hunde durchziehen den Forst, und immer, wenn man sie hört, ist es hohe Zeit, sich zu entfernen. Gleichwohl müssen die alten Einwohner auch die Musik geliebt haben; denn zu bestimmten Zeiten fängt oben im Dickicht ein sanftes Blasen an, wie von gedämpften Hörnern; aber je näher man den Tönen zu kommen sucht, um so entfernter klingt es, bis es endlich ganz in der Ferne verhallt. Auch von Schätzen erzählt man, wie sie in jenem Hügel vergraben, von bösen Geistern bewacht sind und von Manchem leicht hätten gehoben werden können, wenn er in einem gewissen Zeichen geboren gewesen wäre, wenn er nur vorsichtiger oder auch nur muthiger zu Werk gegangen wäre. So kam eines Tages ein armer Mann ins Laubholz, um sich eine Bürde Reisser zu sammeln. Daheim gebrach es Weib und Kindern an Nahrung, und der Vater hieng den traurigsten Gedanken nach. Plötzlich sah er eine Frau in schneeweissen Gewändern an seiner Seite, die ihm winkte zu folgen. Man kann sich seinen Schrecken denken; aber er erinnerte sich seiner zwiefachen Hilflosigkeit und nahm sich zusammen. Das Weib führte ihn bald durch enge Fusswege, bald durch dichtes Gebüsch hügelan zu einem einsamen Platze, unfern von der Strasse, die hier von Menzikon nach Mosen führt. Hier gab sie ihm ein Zeichen, näher zu treten. Er that es schüchtern, und während sie mit dem Finger auf die Erde deutete, sah er in einer geringen Vertiefung eine grosse Kiste, die bis zum Rand mit Goldmünzen angefüllt war. Er blickte die Gebietende mit einer fragenden Miene an, und da er ihren zweiten Wink zu verstehen meinte, bückte er sich, um von den Schauthalern so viel er konnte zusammenzuraffen. Aber was sah er, als er noch einmal demüthig zur Wohlthäterin aufblickte? Ein gewaltiger Mühlstein hieng am schwächsten Zwirnfaden gerade über seinem Haupte her, und die selbe Hand, die ihn so freundlich eingeladen, drohte den Zwirn eben mit einer Scheere zu durchschneiden. Er hätte in den Erdboden versinken mögen, aber sein theures Leben trieb ihn zur Flucht. Vergeblich eilte und rief nun das Weib ihm nach, bat und beschwor ihn, umzukehren; er entsprang, und noch lange vernahm er ihre Klage hinter sich her. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 255 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die scheinheilige Jungfrau

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Pfarrer Joller las einst in Maria Brunn den Alpleuten die Messe. Unter den Gläubigen betete auch eine äusserst fromme Jungfrau; von ihr glaubten alle, sie sei eine Heilige. Dabei war sie nur scheinheilig. Nach der Messe sahen nämlich die Alpleute auf dem Kapellendach den Teufel mit einem dreispitzigen Hut. Er hatte eine grosse Kuhhaut ausgespannt und schrieb wie wild darauf. Pfarrer Joller fragte ihn, was er da zu tun habe. Der Teufel grinste, er habe alle schlechten Gedanken aufschreiben wollen, welche die scheinheilige Jungfrau während der Messe gedacht habe. Aber es sei zu wenig Platz auf der Kuhhaut. Dann verschwand er. GONDO Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Scheintote

Source: Die Scheintote

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Früher befand sich der Gottesacker der Talschaft neben dem Herrenbächlein und rings um die Kirche. Draussen im Sandweidli war in einem Spendhaus die alte Rungga gestorben. Die Vorschrift, die Toten drei Tage im Hause aufzubahren, bevor man sie in den Schoss der Erde senke, bestand damals noch nicht. In ein Leintuch geschlagen, trug man sie in den sechs Brettern auf den Talfriedhof. Aus irgendeinem Grunde schaufelte der Sigrist am Begräbnistag das Grab des Weibleins aus dem Sandweidli nur halbwegs zu. Als er am Abend in der Kirche noch eine Besorgung zu verrichten hatte und am Grab der alten Runggen vorbeiging, hörte er aus der Erde heraus dumpfes Rufen und lautes Pochen. Er eilte zum Pfarrer und meldete ihm die schauerliche Wahrnehmung. Der schenkte ihm weder Gehör noch Glauben. Das Erlebnis drückte den Sigristen aber so schwer, dass er am gleichen Abend noch zum Kirchgemeindeoberhaupt ging und Öffnung von Grab und Sarg durchsetzte. Als man das vornahm, da lag die Alte wohl tot darin, aber auf dem Bauche und das Leintuch in einem Knäuel neben ihr. Nach dieser grauenvollen Begebenheit bekam der Tod im Tal wieder seinen Schrecken wie zur Zeit der Pestilenz, und wo er an eine Türe pochte, da bat der Sterbende die Angehörigen, bevor sie ihn der Erde übergäben, sich ja zu vergewissern, ob seine Seele den Leib auch wirklich verlassen. Viele liessen sich beim Antritt der Reise in die Ewigkeit die Schlagadern öffnen, aus Angst, es könnte ihnen ergehen wie der armen, alten Runggen aus dem Sandweidli. Quelle: Hans Michel, Ein Kratten voll Lauterbrunner Sagen. Wengen 1936. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Schelmeneiche

Source: Die Schelmeneiche

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Auf einer anderen Wiese, unterhalb des Schlosses Reichenstein stand ehemals, wie berichtet wird, eine gewaltige Eiche, deren Stamm einen solchen Umfang hatte, dass es mehrerer Männer bedurfte, um ihn zu umspannen. Unter dieser Eiche pflegten sich gewöhnlich die vorüberziehenden Zigeunerbanden zu lagern. Da diese durch ihre bekannten Diebereien die Umgegend unsicher machten, nannte das Volk den Baum die Schelmeneiche. Arlesheim Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Schenenner Jungfrau

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In der Prättigauer Au lag einst ein Schloss. Drin hauste ein hartherziger Ritter, welcher den Wehrlosen beraubte und in seinen Kerkern sterben liess. Ein dem Hungertode preisgegebener Gefangener erhielt vom höhnenden Burgherrn, den er flehentlich um Erbarmen und Speise bat, eine Nuss. Wütend rief der Gequälte: «Diese Nuss ist mir eine Ärgernuss, und dir solls eine Kummernuss werden! In ihr steckt ein Baum und im Baum steckt ein Brett und im Brett steckt ein Sarg. Drin sollst du erst nach tausend und abermal tausend Jahren Ruhe finden.» Der Ritter starb bald und gespenstete schauerlich ums Schloss herum. Da betete seine schöne Tochter so lange, bis ihr von höheren Mächten erlaubt wurde, den Fluch auf sich zu nehmen. Sie legte die Nuss in die Erde, aus deren Kern ein Baum erwachsen sollte, welcher ihr nach tausend Jahren Bretter zum Sarg liefern würde. Jede Nacht musste sie in weissem Kleide und wallenden Haaren, totenblass und leise klagend, um das Schloss gehen, oder doch um die Stelle, wo es gestanden, nachdem es im Lauf der Zeit zerstört wurde. Aus: U. Brunold-Bigler, Die Sagensammlung der Nina Camenisch, Disentis 1987, mit freundlicher Genehmigung der Autorin. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Die scheuen Pferde

Source: Die scheuen Pferde

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Später diente Marro in der Gypsera im Seeschlund. Frühmorgens musste er mit einem anderen Knecht mit einer Fuhre Gips nach Freiburg fahren. Damals musste man noch die alte Strasse benützen, die an der Weide «Sturnena» vorbeiführte. Doch an dieser Stelle scheuten auf einmal die Pferde und weigerten sich, am Stafel vorüberzuziehen. Die Fuhrleute trieben die widerspenstigen Gäule mit der Peitsche an, doch auch das half nicht. Die Tiere bäumten sich wild auf und rissen die Stricke von der Leitstange los. Dieser unangenehme Zwischenfall ereignete sich mehrmals, bis endlich der Platz und die Alphütte von einem Geistlichen ausgesegnet wurden. Darauf konnten die Fuhrleute unangefochten ihres Weges ziehen.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Schimmelreiterin

Source: Die Schimmelreiterin

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Vor vielen Jahren zeigte sich im Winkel bei Oberried ein Fräuli auf einem weissen Ross. Die Schimmelreiterin erschien aber nur in der heiligen Zeit; dann sprengte sie um die dortige Scheune, ohne dass ein Laut zu vernehmen gewesen wäre. Es lag keinem Menschen daran, der rätselhaften Erscheinung zu begegnen, wer weiss, was sie im Schilde führte! War es aber einmal nicht anders zu richten, als dass der Bauer oder eines seiner Angehörigen in besagter Zeit da zu tun hatten, unterliessen sie es nie, sich zu b’sägnen: „Gott mid mier! Was isch’ mid dier?“ Der laute Anruf des Höchsten schützte den Rufer vor den bösen Mächten; Ross und Reiterin verschwanden dann jeweils auch so geheimnisvoll wie sie gekommen. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Schlacht am Morgarten

Source: Die Schlacht am Morgarten

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Als die Eidgenossen von Uri, Schwyz und Unterwalden den Bund im Rütli geschworen und die bösen Landvögte mit Gottes Hilfe vertrieben und vertilgt hatten, ergrimmte der österreichische Herzog Leopold und beschloß, die drei freiheitssüchtigen Länder mit einem großen Heer zu überziehen und sie seiner Herrschaft für ewige Zeiten zu unterwerfen. Deswegen rüstete er mit Macht, und von allen Seiten zogen ihm die Ritter, Herren und Städte mit ihren Fahnen und Fähnlein zu. Er wollte die drei Talschaften am Waldstättersee von vielen Seiten bedrängen, aber mit dem Hauptheer wollte er durchs Ägerital in das Land Schwyz einfallen. Damit nun die wachbaren Schwyzer nichts merken sollten, brach er in aller Stille vom Städtchen Zug am Zugersee auf und zog mit seinem großen Ritterheere hinauf an den kleinen, lieblichen Ägerisee. Unterdessen hatte man in den drei Ländern vom Auszug eines so stolzen und wohlausgerüsteten Heeres wider sie vernommen. Die Sturmglocken wurden geläutet, der Uristier und die Harsthörner von Unterwalden hornten durch die sonst so friedlichen Täler. Voll Bangen erwarteten alle das schreckliche Heer. Die Schwyzer aber schickten die jammernden Frauen und Kinder hinter die Spinnräder und in die Kirchen und zogen mit ihrem blutroten Fähnlein aus, um dem mächtigen, in Eisen starrenden Feind mutig entgegenzutreten. Sie legten sich mit starkem Zuzug aus den verbündeten Ländern Uri und Unterwalden hinter die Letzimauer bei Arth am Zugersee, da sie meinten, das herzogliche Heer werde dort ins Land einbrechen. Hinter der niedern Mauer, die die Talenge absperrte, erwarteten sie den Feind. Aber ein Freund der Schwyzer, der Ritter von Hünenberg, der wohl wußte, wo der Herzog Leopold ins Land einzudringen vorhatte, sah, wie sie am unrichtigen Orte lagen. Er erbarmte sich der Hirten, die, von der Welt verlassen, ein kampfgeübtes Ritterheer bestehen sollten. Er begab sich heimlich an die Letzimauer und schoß einen Pfeil unter die lagernden Eidgenossen. Da diese nun den Pfeil gewahrten und einen Zettel daran hängen sahen, hoben sie ihn auf und lasen zu ihrem Erstaunen darauf: Hütet euch auf St. Othmars Abend am Morgarten! Da merkten die Eidgenossen, wo das Milchtanslein rinnt, und da sie in der Schrift die Hand ihres Freundes Hünenberg vermuteten, brachen sie nach kurzem Ratschlag heimlich auf und legten sich in den Waldhängen im Engpaß bei Morgarten ob dem Ägerisee auf die Lauer. Derweilen zog Herzog Leopold mit seinem Heer in der Dämmerung des werdenden Tages am stillen Ägerisee entlang, und sein Kriegsvolk war so guter Dinge und so siegesgewiß, daß es zu singen anhub. Und waren österreichische Knechte darunter, die lachend lange Stricke schwangen, woran sie das geraubte Vieh aus den drei Ländern mit sich fortzuführen gedachten. Der Herzog aber sah finster vor sich hin, denn er hatte den treuen Hirten fürchterliche Rache geschworen für die Niederwerfung seiner Vögte und ihrer Burgen. Nicht Weib, nicht Kind wollte er schonen. Als sie so dahinritten, fragte er unversehens seinen Hofnarren Kuoni von Stocken, wie ihm sein Plan gefalle, durch die Talenge von Morgarten ins Land Schwyz einzufallen. Da antwortete der Narr: "Vetter, er gefällt - mir nicht recht." - "Warum denn nicht?" fragte verwundert der Herzog. - "Darum", sagte der Narr, "weil du wohl ausgedacht hast, wie du ins Land hinein-, aber nicht, wie du wieder herauskommen willst." Als nun das Heer in der Morgenfrühe des fünfzehnten im Wintermonat des Jahres 1315 an den gähen Halden ob dem Ägerisee auf Morgarten zurückte, um rasch die Talenge von Sattel zu gewinnen, tosten und donnerten auf einmal gewaltige Steinblöcke und Stämme die Abhänge herunter und fuhren ins voranziehende Reiterheer hinein. Eine heillose Verwirrung brach aus, die Rosse bäumten sich und stürmten dann geängstigt auseinander und ineinander. Die Reiter aber, die umsonst die Ordnung aufrechtzuerhalten suchten, sahen zu ihrem Erstaunen nur ein geringes Häuflein Männer am Waldrande auf der Höhe stehen, die unablässig Steine und Stämme auf sie herabwälzten. Doch als sie sich anschickten, den unerwarteten Überfall an dem Häuflein auf der Höhe schrecklich zu rächen, tauchten auf einmal von einer andern Anhöhe die drei Fähnlein von Schwyz, Uri und Unterwalden aus einem Eichenwald auf, und fürchterlich brüllten die Hörner, und schrecklich widerhallte der Schwyzer Schlachtruf von den Flühen: "Haarus, haarus!" Wie eine angelassene Lawine fuhren die Hirtenvölker der drei Länder zu Tal auf das überraschte und erschrockene Heer des Herzogs Leopold hinab. Umsonst versuchten die Reiter aus dem argen Wirrsal zu kommen, in das sie durch die herabrollenden Steine und Stämme gebracht wurden. Es ging alles durcheinander und übereinander. Und jetzt fuhren die Eidgenossen als ein lebendiger Keil in das eiserne Gemengsel hinein und fingen an, mit wilder Kampfwut die verknäuelte Reiterei auseinanderzuhauen. Vergeblich stellte sich das nachrückende Fußvolk der Städte. Die aufgepeitschten herzoglichen Reiter selber brachten es auseinander, und auf einmal wandte sich das ganze feindliche Heer zur Flucht. Aber sie ward ihm nicht leicht. Steil und abschüssig waren auf der Landseite die Halden, und mit unheimlich grünen Augen dräute der See. Reiterei und Fußvolk, all das flüchtige Heer mengte sich zu einem Menschenbrei, den die Eidgenossen mit ihren blitzenden Hellebarden und gezähnten Knütteln gar tüchtig und erbarmungslos rührten, denn nun wollten sie einmal dem Herzog und seinen Heergesellen das Wiederkommen für lange verleiden. Viele Reiter setzten in den See und gingen darin unter. Ganze Haufen aber wurden von den Eidgenossen hineingetrieben. Einem einzigen Reiter soll es fast gelungen sein, ans andere Ufer zu kommen. Aber als sein Pferd schon Fuß faßte, habe er gerufen: "Nun bin ich davongekommen, sei's dem Herrgott lieb oder leid!" Da sei das Pferd ausgeglitten und mit seinem Herrn untergegangen. In toller, unaufhaltsamer Flucht machte sich das so glänzend ausgerüstete Heer am Ägerisee entlang davon, und auch Herzog Leopold selbst, der mit Not den Hieben der Eidgenossen entkam, ruhte nicht eher, als bis er nach Winterthur gelangte, wo er hinter dem festen Mauerring sich endlich für sicher erachtete. Die Hirtenvölker der drei Länder von Schwyz, Uri und Unterwalden aber, die Reiter und Rosse so blutig gestrählt und gestriegelt hatten, knieten auf dem Schlachtfeld nieder und dankten Gott mit aufgehobenen Armen für den großen Sieg. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Schlacht auf Lichbrittern

Source: Die Schlacht auf Lichbrittern

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Wenn man von Zermatt über das Matterjoch oder den Theodulpass nach Val Tournanche reist und den Gratpfad passiert hat, so kommt man vorerst auf die sogenannten Lichbritter. Das ist eine bedeutende Ebene, in der verschiedenartige Felshügel emporragen. Hier soll vor vielen, vielen Jahren eine grosse Schlacht zwischen Piemontesen und Wallisern stattgefunden haben. Das Treffen war so gross und mörderisch, dass man die vielen Toten nicht einmal beerdigen konnte. Ja man fand noch viele Jahre nachher dort Totenschädel und Gerippe. Daher nannte man die Stätte zu den Lichbrittern. ZERMATT Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Schlacht auf Lichbrittern

Source: Die Schlacht auf Lichbrittern

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Zermatt Wenn man von Zermatt über das Matterjoch nach Valle Tournanche reist und den Gratpfad passiert hat, so kommt man vorerst auf die sogenannten "Lichbritter". Dies ist eine ziemlich bedeutende Ebene mit verschiedenen Felshügeln untermischt. Hieran knüpft sich eine Sage. In der Urzeit soll dort eine grosse Schlacht zwischen Piemontesen und Wallisern stattgefunden haben. Das Treffen war so gross und mörderisch, dass man die vielen Toten nicht einmal beerdigen konnte. Ja man fand noch viele Jahre nachher dort immer noch Totenschädel und Gerippe. Daher entstund der Name "Leichgerippe", vom Pöbel nur Lichbritter genannt. (erzählt von Herrn Kaplan Mooser)   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Schlacht bei Marignano

Source: Die Schlacht bei Marignano

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Da die Eidgenossen allezeit ein kriegsbereites, rauflustiges und unternehmendes Volk waren, genügte es ihnen nicht, zu Hause auf ihren Alpenweiden das Vieh zu hirten und zu hüten oder in den Wäldern dem Wolf und Bären nachzustellen oder in den Tälern das Feld zu bebauen und in den Städten und Dörfern ruhsam dem Gewerbe und Handwerk obzuliegen. Sie zogen aus eigenen Stücken in fremde Länder und bekämpften die fremden Völker, wobei sie meistens gut davonkamen und viel Beute heimbrachten. Besonders gern aber machten sie sich über den stiebenden Steg ins weltverlorene Urserntal hinauf und von dort über das Gotthardgebirge ins Land Italien hinunter. Und so viele Feldzüge sie ins Welschland taten, fast immer kehrten sie siegreich und beutebeladen heim. Aber die gewonnene Beute, das Gold der Könige und Fürsten, denen sie kriegen halfen, und eine unbändige Kampflust trieben die Eidgenossen nach und nach mehr aus der Heimat und in gefährlichere Kriegsabenteuer, als ihrem Lande gut tat. Sie vernachlässigten die Heimat, trübten ihren schönen Frieden und machten, daß Frauen und Kinder zu Hause immer in Angst und Kummer leben mußten. Vergeblich erhoben sich warnende Stimmen im eigenen Lande gegen diese fortwährenden kriegerischen Auszüge. Und da schickte ihnen Gott eine Niederlage, nach der sie nicht mehr völkerweise, sondern mehr in einzelnen Haufen in fremde Kriegsdienste zogen. Die Eidgenossen benahmen sich aber in dieser Schlacht so heldenhaft, daß sie ihnen fast höheren Ruhm eintrug als ein großer Sieg. Es war am 13. Herbstmonat des Jahres 1515, kurze Zeit nach der Schlacht bei Novara, in der die Eidgenossen einen Sieg erfochten hatten, der die Welt mit Bewunderung und den französischen König mit Furcht erfüllte, da zogen sie mit Trommeln und Pfeifen und Hörnerschall zu den Toren Mailands hinaus, dem feindlichen Heere entgegen. Es waren ihrer wohl an die 24 000 Mann. Sie brauchten aber nicht weit zu ziehen. Gleich vor der Stadt erwartete sie das viel größere, mit furchtbarem Geschütz ausgerüstete Heer des französischen Königs Franz I. Jetzt teilten die Eidgenossen ihr Heer in drei gewaltige Haufen. Bevor sie sich aber an den Feind machten, knieten alle nieder zum Gebet. Da stand der Führer der Vorhut, ein Zuger, auf, nahm drei Erdschollen, warf sie über die Köpfe der Krieger hin und rief mit feierlicher Stimme: "Im Namen Gottes des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes! Vergesset eure Heimat, denn wenn wir nicht siegen, soll hier unser Kirchhof sein. Drum unverzagt! Kämpft würdig der Väter! Gott mit uns! Vorwärts!" Jetzt rückten sie gegen den Feind vor, warfen die welschen Vorposten, und dann ging der Schlachttanz an, zu dem die französischen Trompeten und die eidgenössischen Heerhörner eine gar schauerliche Musik spielten. Die Franzosen hatten eine gar gute Stellung, und wie nun die Schweizer gegen sie anrückten, donnerten ihre Geschütze Tod und Verderben in ihre wohlgeordneten Reihen. Aber sie taten keinen Wank, rückten immerzu vor. Und nun stürmte eine Schar junger, auserlesener Schweizer, die alle weiße Federn auf den Hüten trugen, voraus, drang zuerst über den breiten und tiefen Graben, den die Feinde gezogen hatten, und nahm in furchtbarem Nahkampf die ersten welschen Geschütze. Jetzt kam aber Leben ins französische Heer, das Mitteltreffen rückte vor mit seiner Reiterei und mit den berühmten schwarzen Banden. Nun hatten die Schweizer einen bösen Stand. Ein fürchterlicher Hau, eine entsetzliche Schlächterei ging an, hin und her, vor und zurück gingen die Wogen der blutigen Völkerschlacht, und bis nach Mailand drang der Lärm des fürchterlichen Kampfes. Endlich ging die Sonne mit blutigem Schein unter. Aber die Schlacht stand nicht still. Beim aufgehenden Mond wurde weitergekämpft. Die größten Helden von beiden Seiten gerieten aneinander, und selbst den französischen König Franz sah man in seinem blauen Mantel überall, wo es am bösesten herging. Mann gegen Mann zerfleischten und zerfetzten sich die Kämpfer. Schon sahen die Eidgenossen die verlassenen feindlichen Geschütze vor sich. Da ging der Mond unter, und es wurde plötzlich stockdunkle Nacht, und todmüde zogen sich beide Heere etwas zurück. Doch die Eidgenossen waren guten Muts. Sie hatten den Feind trotz seiner Übermacht und trotz seiner gefährlichsten Waffe, der furchtbaren Geschütze, zurückgedrängt und hofften so sicher auf den Sieg, daß sie schon Eilboten mit der Siegesbotschaft in die Heimat abschickten. Aber ihre Lage war übel. Sie waren durchnäßt, hatten Hunger und froren in der kalten Nacht. Wie nun die Sonne am Morgen wieder blutrot aufging, brüllte der Stier von Uri mächtig über die weite Ebene und rief die Eidgenossen zum Kampfe. In drei Haufen rückten sie wieder gegen den Feind, die Urner und Zürcher im Mitteltreffen zuvorderst, und warfen die heranstürmenden schwarzen Banden zurück. Doch des Königs Reiterei, vom König selbst geführt, vermochten sie nicht zu werfen, obschon sie dreimal den Angriff, erneuerten. Dazu donnerten wieder die feindlichen Geschütze, deren sich die Franzosen in der Nacht heimlich wieder bemächtigt hatten, gegen sie los, ihnen die schlimmsten Verluste beibringend. Da sanken die größten Helden der Eidgenossen in dem schrecklichen Ringen. Es sanken der Landammann von Uri, der alte, fünfundsiebzigjährige Landammann von Schwyz, der mit drei Pfeilen in der Brust sein Volk noch zum Kampfe anfeuerte. Es fielen die Führer von Graubünden und viel, viel andere Helden. Also wurde das Mitteltreffen der Eidgenossen allmählich zurückgedrängt. Aber an beiden Seiten, auf dem rechten und linken Flügel, drangen die Schweizer wieder vor und warfen die Welschen zurück. Schon war es Mittag, und die Eidgenossen holten zu einem letzten gewaltigen Vorstoß in der Mitte aus, um den Feind ins Herz zu treffen. Da ertönte auf einmal der Ruf: "San Marco, San Marco!" Und jetzt rückte im Sturmschritt das venetianische Heer den Franzosen zu Hilfe. Gleichzeitig ließen die Franzosen die Dämme des Lambroflusses durchbrechen, also daß das Wasser auf die Eidgenossen zuströmte, wodurch sie verhindert wurden vorzurücken, denn nun standen sie bis an die Knie im Wasser. Nun mußten sie sich, da jede Aussicht auf Sieg geschwunden war, zum Rückzug nach Mailand entschließen. Schweren Herzens taten sie sich nach und nach zusammen, nahmen die Verwundeten auf die Schultern, schafften die eroberten Panner und Geschütze in die Mitte und rückten im Viereck, aufrecht und redlich, nach der Stadt Mailand zurück. Bewundernd sah ihnen der französische König von der Anhöhe aus nach. Aber die Feinde griffen die Eidgenossen auf ihrem Rückzuge unablässig von allen Seiten an, doch wurden alle ihre Attacken abgeschlagen. Wie nun die Schweizer an den großen Graben kamen, über den sie tags vorher so siegessicher gestürmt waren, mußten sie haltmachen, um die Geschütze, die Verwundeten und alles schwere Kriegswerkzeug hinüberzuschaffen. Das benutzten die Feinde. Sie warfen sich nochmals mit aller Macht auf die arg bedrängten Eidgenossen, allen voran die feindliche Reiterei. Da mußten die Schweizer noch eine schwere Blutarbeit verrichten, um sich Luft zu machen und den Übergang über den Graben zu sichern. Manch ein Held sank ihnen hier noch zusammen. Dem Basler Fähnrich riß eine Kanonenkugel beide Beine weg. Er rutschte auf dem Bauche zurück und reichte sterbend das Panner seiner Stadt den Freunden. Der Fähnrich von Appenzell riß, tödlich verwundet, die Fahne von der Stange und verbarg sie, zusammensinkend, im Panzerhemd. Die Fahne von Unterwalden ging in die Feinde, aber ein schweizerischer Feldkaplan hieb sich durch die Feinde nach ihr und entriß sie ihnen wieder. Die Anführer der Zürcher und Berner fielen. Gewaltiges, Unsägliches leisteten die arg bedrängten Eidgenossen. Ein Bündner, der Simson geheißen wegen seiner Kraft, erschlug allein siebzehn auf ihn eindringende Welsche. Also wurden auf dem Rückzuge unzählige Heldentaten verrichtet. Noch einmal hörten die Eidgenossen das furchtbare Brummen des Uristiers, dann aber verstummte er für immer, das Horn ging in dem blutigen Hau verloren. Endlich kamen die Schweizer blutüberflossen, mit zerfetzten Fahnen und Gliedern über den bösen Graben. Jetzt blieben die Welschen, ermüdet und froh, daß sie von dem grausigen Kampfe ausruhen durften, zurück und ließen die Eidgenossen unbehelligt ihren bewundernswerten Rückzug bis in die Stadt Mailand fortsetzen, wo sie gute Aufnahme fanden. Es war eine gewaltige Schlacht, also daß der alte Feldherr der Welschen, Trivulzio, sagte, diese Schlacht sei eine Riesenschlacht gewesen. Er habe achtzehn Schlachten durchgemacht, aber verglichen mit der Schlacht von Marignano seien alle nur Kinderspiele gewesen. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Schlacht bei St. Jakob an der Birs

Source: Die Schlacht bei St. Jakob an der Birs

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Im bösen Jahre 1444, als die Eidgenossen im Bürgerkriege mit den Zürchern und den ihnen verbündeten Österreichern waren und daher um diese Stadt und ihre Festinen zu Felde lagen, zog mit einem Male ein großes französisches Heer durch das Elsaß hinauf gegen die Schweiz heran, um sie zu bekriegen. Es waren ihrer wohl an die fünfzigtausend Mann. Ihr Anführer war der französische Kronprinz, der Dauphin Ludwig. Sein gewaltiges Söldnerheer, die Armagnaken, welche die Schweizer die "armen Gecken" nannten, verbreitete, besonders ihrer wilden Reiterei wegen, überall Furcht und Schrecken. Da ward es der guten Stadt Basel am Oberrhein heiß. Sie schloß die Tore voll Schrecken und schickte Eilboten zu den Eidgenossen, die eben um Zürich lagen, und bot um schnelle Hilfe. Unterdessen war der Dauphin, wie ihn die Leute hießen, zu Landskron mit seinem Heere angekommen. Von da aus gedachte er die reiche Stadt Basel zuerst zu nehmen und danach in die Lande der Eidgenossen einzubrechen. So schickte er vorerst unter General Sancerre achttausend Mann, denen er unter General Dammartin noch zehntausend folgen ließ, über einen kleinen Fluß, die Birs. Diese Truppen sollten ihm den Weg bereiten. Er selbst hielt sich mit dem Hauptheere hinter dem Fluß. Jetzt schickten die bedrohten Städte Basel und Liestal wieder Eilboten an die Eidgenossen mit der Meldung, der Feind sei schon ins Land eingebrochen. Im freien Felde berieten nun die Eidgenossen, was zu tun sei. Endlich beschloß der Kriegsrat, eine starke Vorhut von dreizehnhundert Mann vorauszuschicken. Die sollten die Stellung des Feindes auskundschaften, jedoch unter keinen Umständen über den Birsfluß gehen. Hurtig brach nun diese Vorhut auf. Sie bestand vorab aus den Hirten der drei Urkantone Uri, Schwyz und Unterwalden, aus Bernern, Solothurnern, Luzernern und Baslern. Bald begegneten sie einem französischen Reiterhaufen, der aber bei ihrem Angriff zerstob. Auch die Haufen Sancerres, auf die sich die Schweizer gleich mit wildem Ungestüm stürzten, jagten sie in eilige Flucht. Jetzt stießen sie auf die zehntausend Mann des Generals Dammartin, die eine Weile tapfer standhielten, sich aber dann über die Birs aufs Hauptheer zurückziehen mußten unter Zurücklassung vieler Wagen, Pferde, Waffen und Panner. Als der französische Kronprinz Ludwig die Vorhut der Schweizer jenseits des Flusses erscheinen sah, zog er sein ganzes Heer zusammen. Aus der Stadt Basel aber eilten Boten zu den Eidgenossen, vor dem Übergang über die Birs warnend. Auch ihre eigenen Hauptleute erinnerten laut an das strenge Verbot, das sie beim Auszug erhielten, ja nicht über den Fluß zu gehen. Doch alle Warnungen, alle Befehle und alle Hinweise auf den dreißigmal stärkeren Feind waren umsonst. Die Eidgenossen knirschten mit den Zähnen vor Kampfwut, stampften den Boden und drohten gar, ihre Hauptleute in den Fluß zu werfen, wie sie die warnenden Boten von Basel erstochen hatten. Da gaben die Anführer nach, und einer rief laut aus: "So befehlen wir unsere Seelen Gott und die Leiber den Armagnaken!" Alle knieten nieder und verrichteten mit ausgebreiteten Armen das Schlachtgebet. Danach erhob sich die kleine Vorhut von kaum über zweitausend Schweizern, und alle stürzten sich mit wildem Kriegsgeschrei in den Fluß. Jetzt donnerten die französischen Stücke auf die Eidgenossen los. Aber sie wateten und schwammen vorwärts, auf das feindliche Ufer zu. Als sie dieses erreicht hatten, stürzte sich das ganze französische Heer über sie her, und obwohl sie dreinschlugen wie Rasende, wurden sie doch auseinandergerissen und mußten in getrennten Haufen den ungeheuren Feind bekämpfen. Ein größerer Haufen wurde rings von der welschen Reiterei umschlossen. Immer und immer wieder schlug er sie auf allen Seiten zurück, und die zu Tode verwundeten Eidgenossen hingen sich noch an die Beine der Pferde, um sie zu Fall zu bringen. Aber nach und nach wurden sie doch zusammengehauen, und nicht ein einziger blieb übrig. Einem Haufen Schweizer von etwa fünfhundert Mann jedoch gelang es, sich bis zum Siechenhaus in St. Jakob durch die lebendige Mauer von Reitern und Fußvolk durchzuhauen. Aber beim Siechenhaus erhob sich nun ein fürchterlicher Kampf. Die Eidgenossen waren im Friedhof des Siechenhauses völlig eingeschlossen. Für sie gab es keinen Ausweg mehr. Doch einmal über das andere schlugen sie die von allen Seiten auf sie einstürmenden Armagnaken zurück. Und als sie nun sahen, daß sie nimmer lebendig davonkamen, machten sie einen Ausfall um den andern und mähten sich fürchterlich mit ihren breiten Schwertern und Hellebarden in die dichtgedrängten Feinde hinein, bis sie von der nachdrückenden Übermacht wieder in den Garten des Siechenhauses zurückgedrängt wurden. Jetzt gelang es den Armagnaken gar, das Siechenhaus und die Kapelle, die den Eidgenossen den Rücken deckten, in Brand zu stecken. Nun hatten die Schweizer nur noch den von einer niedrigen Mauer umzogenen Friedhofgarten im Besitz. Aber das schwere französische Geschütz donnerte die niedrige Mauer zusammen, und von allen Seiten brach nun der Feind herein wie ein Wildstrom. Jetzt verrichtete das zusammengeschmolzene Häuflein der Eidgenossen erst die große Blutarbeit. Wie wilde Tiere im brennenden Käfig wüteten sie, ums blutrote Schweizer Panner geschart. Ein immerwährendes Aufblitzen der Schwerter und das Krachen der Knüttel kam aus ihrem Haufen, als wären sie ein eingeschlossenes Donnerwetter. Schwerverwundete rissen sich die Pfeile aus dem Leib und schossen sie den Feinden ins Gesicht. Blutüberströmte schlugen mit den Armstummeln noch um sich. Andere rissen ihre Feinde an den Haaren mit sich zu Boden, um sie zu erwürgen. Noch im Sterben verbissen sie sich in den Gegner. Niemand bettelte ums Leben, alle wehrten sich stumm und verzweifelt bis zum letzten Atemzuge, bis endlich alles nur noch ein blutiger Haufen toter und sterbender Helden war. Aber um die tapfere Schar herum, die das brennende Siechenhaus gräßlich beleuchtete, lagen mehr als achttausend Franzosen, darunter viele hohe Herren und Ritter. Zehn Stunden hatte die grause Schlacht gedauert. Sechzehn Eidgenossen, die am Morgen unter dem Donner der französischen Kanonen im Flug kehrtgemacht und ihr elendes Leben also feige davongebracht hatten, wurden zeitlebens verachtet und durften sich bei keinem öffentlichen Anlaß mehr blicken lassen. Als nun nach der Schlacht ein gar stolzer Ritter des französischen Heeres, Burkhard Münch geheißen, über das Schlachtfeld ritt, rief er beim Anblick der toten und sterbenden Eidgenossen höhnisch: "Heute baden wir in Rosen!" - Da griff der zum Tod verwundete Hauptmann der Urner, Arnold Schick, mit blutender Hand und blutendem Herzen nach einem schweren Stein, richtete sich mit der letzten Kraft auf und rief, den Stein nach dem Ritter schleudernd: "Da friß eine der Rosen!" Jetzt sank der übermütige Ritter vom Pferd, und es schleifte ihn in wildem Galopp zu Tode. "Wie hängt der Ritter auf dem Roß? Sein Panzer ist ja rosenrot. Legt ihn nur auf den Kirchhof fein, dort wachsen viele Röselein!" heißt es in einem alten Liede über die Schlacht. Der französische Kronprinz Ludwig aber, der mit Grauen den Heldentod der Schweizer gesehen hatte, sagte, mit diesen Schweizern wolle er nicht mehr Krieg führen, denn wenn schon die Vorhut solche Wunder der Tapferkeit verrichte und seinem großen Heere also zu schaffen gegeben habe, wie müßte er da mit dem eidgenössischen Gewalthaufen erst böse Erfahrungen machen. Und also zog er mit dem Heer der "armen Gecken" wieder von der Schweizer Grenze ab. In der ganzen Eidgenossenschaft war große Trauer. Den Baslern aber erschien diese Niederlage als ein großer Sieg, und sie dankten Gott, daß er das schreckliche französische Heer dadurch so gnädig von ihren Mauern abgehalten hatte. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Schlange

Source: Die Schlange

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Vor vielen, vielen Jahren betrat ein Ritter ein altes Schloss, so alt wie Brot und Brei. Er wollte nach Geistern Ausschau halten. Nachdem er lange herumgegangen war, kam er in eine grosse Stube. Dort fand er eine Jungfrau, so schön wie die Sonne. Sie sagte zu ihm, sie sei verzaubert, sie müsse jede Nacht als Schlange ins Schloss kommen. Aber wer den Mut habe, sie während dreier Nächte zu küssen, könne sie erlösen. Der Ritter liess sich mutig das Zimmer zeigen, wo er auf sie warten musste. Das Zimmer war schön ausgestattet, und in der Mitte stand ein Tisch mit allen möglichen Speisen drauf, die das Herz begehrt. Und daneben war ein schönes Bett aus roter Seide. Nachdem er gut gegessen und getrunken hatte, ging der Ritter ins Bett und wachte erst gegen zwölf Uhr auf. Neben seinem Bett liegt eine schreckliche Schlange, aber er überwindet den Ekel und gibt der Schlange einen Kuss auf den Mund. In dem Augenblick verwandelt sich der Schlangenkopf in einen wunderschönen Mädchenkopf. Am nächsten Tag bleibt der Ritter im Schloss, und in der zweiten Nacht um zwölf kriecht eine Schlange mit Mädchenkopf an sein Bett. Er umarmt sie, ohne Ekel zu zeigen, und küsst ihren Körper. Und da verwandelt sich der Schlangenleib in den Körper einer schönen jungen Frau, nur einen Schlangenschwanz hat sie noch. In der dritten Nacht küsst er ihren Schwanz, und das Mädchen bekommt auch Beine, so wie es sich gehört. Am andern Morgen früh kommt die Jungfrau zum Ritter und sagt, er solle in drei Tagen in der Dorfkirche, am Fuss des Hügels sein, dort wollten sie heiraten. Darauf ging der Ritter aus dem Schloss und übernachtete in einem kleinen Wirtshaus mitten im Wald. Am andern Tag, während er seinen Zopf flechten wollte, kam das Luder von einer Wirtin und tat so, als ob sie ihm helfen wolle. Aber sie stiess die Nadel des Vergessens in sein Haar, so dass er seine Braut vergass. Als die Jungfrau nach drei Tagen kam und ihren Bräutigam nicht fand, schickte sie ihre Magd, um ihn an sein Versprechen zu erinnern. Am andern Tag wollte der junge Mann aufbrechen und zu seiner Braut gehen, da stiess die Wirtin wieder die Nadel des Vergessens in sein Haar, so dass er im Wirtshaus blieb. So waren sechs Tage vorbei, als die Magd der jungen Frau kam und sagte, der alte Zauberer, welcher ihre Herrin in eine Schlange verwandelt habe, habe erneut Macht über sie, und er habe sie auf den Glasberg entführt. Dies aber weckte den Jüngling. Er nahm die beiden goldenen Schuhe, welche die Magd ihm gebracht hatte, und ging die Jungfrau suchen. Diese Schuhe legten mit einem Schritt drei Stunden zurück, und so gelangte er schnell auf den Glasberg. Alle jungen Frauen auf diesem Berg flehten ihn um Erlösung an, doch er ging herum, bis er seine Braut fand. Mit ihr teilte der die goldenen Schuhe, er zog einen und sie den andern an, und Arm in Arm stiegen sie de Glasberg hinunter. Im Dorf unten machten sie fröhlich Hochzeit und lebten von nun an im Schloss der Braut zufrieden und glücklich.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Schlange im Feldrietli

Source: Die Schlange im Feldrietli

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Vor uralten Zeiten dehnte sich vom jetzigen Städtchen Werdenberg bis in den langen Graben, gegen Sevelen hin, eine prächtige Stadt aus. Da wo jetzt das Feldrietli ist, stand das herrschaftliche Schloss, der Sitz einer Gräfin. Diese war ein schlechtes, gottloses Weib, das durch ehrvergessenen Lebenswandel den Gatten frühzeitig ins Grab gebracht hatte. Und wie der Herr, so der Diener: Ihre Untertanen, die Bewohner der Stadt, waren nicht besser als ihre Herrin; sie fröhnten jeglichem Laster. Alle Zeichen, welche der liebe Gott vom Himmel herunter den Sündhaften gab, blieben erfolglos. Daher beschloss er ihren Untergang. In einer Nacht versank die Stadt mit allen Bewohnern. Der Werdenbergersee, das Feldrietli und die sumpfige Ebene des langen Grabens sind noch Zeugen jener Gottesstrafe. In den tiefen "Gunten" des Sees haben schon viele die Spitzen von Kirchtürmen gesehen. Die Gräfin lebt jetzt noch als grosse Schlange fort und hütet ihre im Ilgenstein (Felsen beim Feldrietli) verborgenen unermesslichen Schätze. Sie trägt einen Bund Schlüssel und eine Krone, alles aus Gold. Von Zeit zu Zeit kommt sie zu einer Quelle im Feldrietli, wo sie Wasser trinkt; vorher aber legt sie Krone und Schlüsselbund ab. Man könnte in den Besitz der Schätze gelangen, wenn es glücken würde, von der Schlange unbemerkt, Krone und Schlüsselbund zu erhaschen; dieses kann geschehen, wenn man ein Tüchlein darauf-wirft und rasch genug enteilt. Dass das schwer ist, musste ein Reitersmann erfahren. Als dieser vor vielen, vielen Jahren von Altendorf her Flath zu ritt, sah er Krone und Schlüsselbund neben einer Quelle am Boden liegen; schnell sprang er vom Pferde, warf ein Tüchlein darauf, schwang sich damit behende wieder aufs Pferd und sprengte im Galopp davon. Die Schlange war aber noch flinker als das Pferd; in der Luft schoss sie dem Reiter nach. Dieser fürchtete, von ihr durchbohrt zu werden, und rettete nur durch Wegwerfen der erhaschten Kostbarkeiten sein Leben. Seither hat keiner mehr versucht, in den Besitz der Schätze zu gelangen; auch wurde die Schlange schon lange nicht mehr gesehen. Heinrich Hilty. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 101, S. 49f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Schlange im Galgenhölzli, im Wynenthale

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Als letzten Sommer im Aargauer-Dorfe Menzikon das Brod um einige Rappen theurer war als auf der benachbarten Wynenmühle im Kt. Luzern, so schickte eine arme Haushaltung jenes Dorfes ihren Knaben um Brod gewöhnlich auf die Mühle an der Luzerner-Grenze. Der Fußweg dahin geht durch das Galgenhölzli. In diesem Wäldchen suchte sich der heimkehrende Knabe einst noch einige Reiser zusammen und trug sie sammt seinem Brode heim. Hier im Gestrüppe erblickte er aber eine Schlange mit einer Goldkrone auf dem Kopfe, und blieb erschrocken stille stehen. Die Schlange kam jedoch auf ihn zu und redete ihn freundlich an: Woher kommst du denn, mein Knabe? Als er ihr erzählt hatte, daß sie daheim wenig zu essen hätten und er da wohlfeileres Brod geholt habe, erwiederte sie: Ihr seid wohl recht arme Leute, aber solcher Roth ist bald abzuhelfen, wenn du mir aufs Wort folgen willst. Komm nur nächsten Samstag wieder hieher, da werde ich dir den Schatz zeigen, den ich schon hundert Jahre lang bewachen muß, und wenn du dann nicht fliehst und nicht schreiest, so ist er dein, ich bin erlöst und du bist des Brodholens für immer ab. Der Knabe war bald dazu bereit und stellte nur die Frage, ob er nicht wenigstens seine Mutter mitbringen dürfe; allein die Schlange sagte: Bei Leibe nicht, kein Mensch darf dich begleiten, ganz allein mußt du sein, sonst kannst du mich nicht antreffen. Auch dies versprach er ihr und die Schlange verschwand; so gieng auch der Knabe heim und hatte zu Hause so lange keine Ruhe, als bis sein Abenteuer der Mutter erzählt war. Diese war thöricht genug, es weiter auszuplaudern, und in kurzer Zeit wußten alle Nachbarslcute davon. Als nun der Knabe am nächsten Samstag-Nachts sich auf den Weg ins Galgenhölzli machte, war ihm eine Schaar Neugieriger schon vorausgelaufen und eine andere gieng ihm nach; kurz, die Sache war verrathen und die Schlange blieb aus. Darüber erzürnte sich das Holk gar sehr, es hielt sich für betrogen, man nannte den Knaben und seine Mutter Lügner. So wurde denn der Kleine die Woche darauf vor den Gemeinderath geholt und um die Wahrheit seiner Geschichte befragt. Natürlich hatte er nichts anders zu sagen, als was man schon wußte. Als man aber hinlänglich in ihn hineingefragt hatte, ob er diese Begebenheit nicht halb erlogen oder halb in einem Schulbuche gelesen habe, bekam man die voraus erwartete Antwort und strafte den jungen Sagenerzähler mit einer Tracht Prügel ab. Unser ältester Mitbürger — so erzählt M. Kirchhofer im Schaffhauser NeujahrsBl. 1830 — erinnert sich noch des Jägers von Ostersingen, der vor mehr als achtzig Jahren gegen den damals kleinen Knaben sich rühmte, den Ungeheuern Schatz in den Ruinen der Burg Radegg bei Jestetten gesehen zu haben, wie er sich sonnte, aber bewacht war von einer Schlange, die gleich einem Wiesbaum sich erhob. Gern hätte er nach ihr geschossen, wenn nur ein Kind an seiner Seite gestanden wäre. Nicht unschuldig, wie ein solches, blieb ihm nur der lüsterne Anblick und die Neue über diese nie mehr zurückkehrende Glücksstunde. Band 2, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau, 1856, Seite 4 Kanton: Aargau Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Schlange im Wurmälpeli

Source: Die Schlange im Wurmälpeli

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Alle Schlangen weit und breit wurden einst auf das kleine Alpeli am Südabhang des Schwarzen-Grates verbannt, daher bekam es den Namen »Wurä-n-Älpäli«. Später machten sich mal viele Männer von Erstfeld auf und stiegen ins Wurmälpeli, um die Schlangen daraus zu vertreiben. Aber jetzt rotteten sich diese zusammen zu einer schauerlichen Truppe, bäumten sich hoch auf und riefen, unheimlich züngelnd, den frechen Eindringlingen zu: »Fort von hier! Die Alp ist unser! Wenn ihr nicht innert einer Viertelstunde diese Stätte verlassen habt, seid ihr alle des Todes!« Und die Männer mussten weichen, ohne ihre Absicht ausgeführt zu haben. Fridolin Fischer, 70 Jahre alt. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Schlange und das Mädchen

Source: Die Schlange und das Mädchen

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Es lebte einmal im Schloss von Asuel ein sehr schönes Mädchen. Ihr größter Schmuck war ihr prächtiges Haar. Viele Schlossherren der Umgebung hielten um ihre Hand an, doch zum Kummer ihrer Eltern wollte sie von keiner Heirat wissen. Die abgewiesenen Freier rächten sich, indem sie ihr Übles nachredeten. Schon von klein auf schloss sie sich am liebsten in eine Kammer des oberen Stockwerks ein und kam nur zu den Mahlzeiten zu den übrigen. Wenn die Sonne schien, wanderte sie den Hang unterhalb des Schlosses hinab, und jedes Mal kam sie mit aufgelöstem Haar zurück. Im Winter, wenn draußen alles steif gefroren war, war sie etwas zugänglicher und spielte mit den andern Kindern. Später, im heiratsfähigen Alter, unterhielt sie sich des Öfteren mit den gleichaltrigen jungen Burschen. Aber sobald es Frühling wurde, war sie wieder ganz ungebärdig. Beim ersten Sonnenstrahl stürmte sie auf die Hänge, in das steinige und sandige Gelände. Im oberen Gemach hörte man sie oft mit sich selber sprechen. Manchmal hätte man schwören können, dass sie mit einem Kind spielte. Auch wenn man glaubte, man würde sie mit jemandem überraschen, indem man die Türe ganz unvermutet öffnete, fand man nie jemanden bei ihr. Zuweilen war es, als hörte man des Nachts etwas durchs Schloss pfeifen, es wäre schwer zu sagen gewesen, ob es Mäuse oder Fledermäuse waren. Dann wieder war ein Geräusch zu vernehmen, wie wenn im Kamin Kleider raschelten und rauschten oder wie wenn vor der Tür ein Tier mit pfeifendem Atem säße, das mit seinem Schwanz durch die Luft peitschte. Von einer gewissen Zeit an wurde das Mädchen beobachtet, wenn es die Hänge hinunter stieg, ohne dass es sich aber dessen gewahr wurde. Einmal sah man sie eine große Schlange von der Länge eines Wiesbaums streicheln. Die Leute, die das gesehen hatten, behielten es für sich, aber von da an hielten nicht wenige die Tochter des Herrn von Asuel für eine junge Hexe. Sie indes ging regelmäßig zur Kirche, und beim Opfergang, bei dem es damals üblich war, Getreide darzubringen, legte sie statt einer Handvoll Weizenkörner manchmal eine wertvolle alte Münze auf den Altar. Die Eltern des Mädchens waren freilich froh, dass sie eine gute Tochter war, aber sie hätten es doch gern gesehen, wenn sie sich am Sonntagabend mit einem der jungen Edel-Leute unterhalten hätte, die ihr den Hof machten, anstatt sofort in das obere Zimmer zu laufen, sobald es dunkelte. Das Verhalten ihrer Tochter bereitete ihnen viel Sorge, und sie hatten genug Grund zu noch größerer Besorgnis. Bei der Taufe des Mädchens hatte man vergessen, eine seiner Tanten zum Tauffest zu laden. Diese stand im Ruf, eine Hexe zu sein. Sie war so erzürnt über die ausgebliebene Einladung, dass sie vom Teufel für ihre Nichte keinen anderen Umgang als den einer Schlange forderte. Kaum war das Mädchen auf der Welt, schlüpfte ein Schlänglein, nicht größer als eine Stricknadel, zu ihr in die Wiege. Das Tier hatte die Größe eines Rechenstiels, als das Kind neun Jahre alt war, und war wie ein Wiesbaum, da das Mädchen ihre einundzwanzig erreicht hatte. Es war fast immer bei ihr. Beim geringsten Geräusch verschwand es in einem Mauseloch, und später dann schlüpfte es durch den Kamin davon, über das Dach des Hauses, hinunter zu den Felsbänken. Der Herr und die Herrin von Asuel litten solchen Kummer, dass sie den heiligen Fromont in seiner Hütte aufsuchten und ihn fragten, was sie tun wollten, damit ihre Tochter nicht länger die Gesellschaft junger Männer meide, sich nicht dauernd ins obere Gemach einschließe oder in die Felshalden hinauf fliehe. Sie waren sehr erstaunt, als der Heilige ihnen riet, den Kamin und die Mauselöcher im Kämmerchen ihrer Tochter zuzustopfen. Er versprach ihnen, die Sache aufzudecken, aber sie müssten Wachen aufstellen, die von Frühjahr bis Herbst, Tag und Nacht die ganze Gegend von der Spitze des Schlossturms bis zu den hintersten Schluchten zu überwachen hätten. »Wenn sie Lust bekommt zu heiraten, dann lasst sie den nehmen, der ihr gefällt, und wenn er arm wäre wie eine Kirchenmaus und auf der Straße barfuss daherliefe. Vor allem aber lasst sie nie allein, weder bei Tag noch bei Nacht, weder für Silber noch für Gold«, schärfte er ihnen noch ein. Die Eltern taten, wie ihnen der Heilige geraten hatte. Zu Beginn schrie und heulte das Mädchen, schlimmer, als wenn man sie gewürgt hätte, und auf den Hängen hörte man es pfeifen; es war ein so schriller Schrei, dass er kaum zu ertragen war. Eines Nachts schlug eine der Wachen Alarm und erzählte, dass eine Schlange, groß wie ein Wiesbaum, bis zu den Fensterläden der Kammer geklettert war, in der das Mädchen schlief, und dort lange verharrt habe. »Als ich ihr zurief: »Der Teufel soll dich holen!« lachte die Schlange. Als ich mich aber bekreuzigte, sah ich die Schlange nicht mehr.« Nach sieben Wochen war das Mädchen ganz verändert. Sie hüpfte herum wie ein Zicklein auf der Weide, und sang von früh bis spät. Auch sprach sie jetzt öfters mit den jungen Edelherren. Da das Mädchen einen Heiratsantrag nach dem anderen bekam, sagte sie schließlich zu ihren Eltern, dass sie denjenigen heiraten wolle, der mit dem Rücken zur Wand die Spitze des Roche de Verre erklimmen könne. Dieser Felsen war ein Dämon. Viele junge Männer versuchten, die Höhe zu erklimmen. Damals lebte in Pleujouse ein schöner junger Mann. Er fing gern wilde Tiere mit der Falle. Als er eines Tages zu seinen Fallen nachsehen kam, fand er eine Schlange, groß wie ein Heubaum. Sie hatte sich mit dem Schwanz in einer Falle verfangen, die vor einem Fuchsbau aufgestellt war. Er suchte nach einem Klotz, mit dem er sie hätte erschlagen können. Sie aber sagte: »Wenn du mich in mein Loch schlüpfen lässt, dann werde ich dir helfen, daß du das Mädchen, das du liebst, zur Frau bekommst.« »Die vom Schloss?« »Welche sonst?« »Aber ich kann doch nicht verkehrt auf den Roche de Verre klettern!« »Nächste Woche werde ich mich häuten. Dann nimmst du meine alte Haut, machst dir ein Paar Galoschen daraus, und so wirst du hinaufklettern, als ob gar nichts dabei wäre.« Als der Jüngling zu klettern versuchte, lachten ihn die jungen Edelherren alle aus. Doch sie lachten nicht lange. Kletterte doch dieser Nichtsnutz von einem Wildschütz mit einer Leichtigkeit auf den Roche de Verre wie ein Eichhörnchen auf die Tanne! Dem jungen Mädchen war der Jüngling schon oft beim Kirchgang aufgefallen. So sprach sie zu ihren Eltern, dass sie ihn gern zum Manne nehmen würde. »Der heilige Fromont wusste schon, was er sagte«, dachten die Eltern. Eines Abends, als der junge Mann am Feierabend zum Schloss hinaufging, hörte er ein Weinen in der Vouivre-Schlucht. Es war die Schlange. Sie sprach: »Ihr habt mich ganz vergessen! Habe ich gelogen? Habe ich dir nicht geholfen? Und habe ich je um Lohn gebettelt? Alle Leute sind zur Hochzeit eingeladen, nur ich nicht. Sag deiner Braut, sie soll sich meiner erinnern, und du tu's auch.« Das junge Mädchen aber lachte nur, als er ihr davon erzählte, und sprach: »Die soll bleiben, wo sie ist, ich hab sie satt.« Der Jüngling nahm es nicht weiter wichtig, die Hochzeit fand statt, und im Schloss von Asuel sparte man nicht an Gold und Silber. Im Schlossgarten war die Tafel gerichtet. Es gab einen ganzen Ochsen und ein großes Fass Wein. Alle Hochzeitsgäste ohne Ausnahme konnten sich den Wanst füllen. Nach dem Mahle aber wurde zum Tanze aufgespielt, und alt und jung tanzte die Longue und die Ajoulotte. Mit dem Einbruch der Dunkelheit wollte die Braut, die sich den ganzen Tag über nicht wohlgefühlt und kaum etwas vom Essen angerührt hatte, mit niemandem mehr die Ajoulotte tanzen. Sie war über die Maßen traurig und sprach kein Wort. Auf einmal hörte man im Graben ein Pfeifen. Die Schlange rief sie. Als die Zeit zum Schlafen herankam, war die Braut verschwunden. Man suchte sie überall im Schloss. Pechfackeln wurden angezündet, damit man die ganze Umgebung absuchen könne. Aber vergebens. Man sah die Braut niemals wieder, und auch die Schlange hörte man nie mehr in der Vouivre-Schlucht pfeifen. Die beiden Gespielen waren fort, Gott weiß wo. Aus dem Französischen von Sigrid Früh Quelle: Aus Arthur Rossat: Les „fôles“, contes fantastiques patois recueillis dans le Jura bernois. In: Schweizerisches Archiv für Volkskunde 1911     Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Schlange von Weiningen

Source: Die Schlange von Weiningen

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Die Schlange von Weiningen Bei Weiningen hat man im Anfang des 18. Jahrhunderts eine schöngefärbte, schlangenförmige Bestie gesehen mit einem Katzenkopf und einem Busch. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Limmattal Vernaleken, 71. Was man sich unter dem „Busch“ vorstellen muss, ist unklar.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Schlange zu Brittnau

Source: Die Schlange zu Brittnau

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Am Fuße des Kirchberges beim Dorfe Brittnau, im Bezirk Zofingen, mußte man im Jahre 1812 von Gemeinde wegen einen Nußbaum auf der Almende umhauen, der vor Alter den Einsturz drohte und die des Weges vorbei Gehenden gefährdete. Unter der Arbeit kam eine Schlange voll mindestens 10 Fuß Länge aus dem Baume hervor, und sogleich waren die Bauern mit allen Mordwerkzeugen hinter ihr her. Dennoch war man nicht im Stande, sie völlig zu töten, immer rührte sie sich und begann fort zu kriechen. Da erschien ein Greis und peitschte sie mit frisch geschnittenen Haselruten. Dies half, mit dem Untergang der Sonne starb endlich das Tier. Nun aber befürchteten die Leute, es müßten auf diese Begebenheit Teuerungsjahre einfallen, und als diese dann mit dem Hungerjahre 1817 wirklich kamen, erinnerte alles sich wieder der erschlagenen Schlange. (I. Rob. Widmer von Brittnau.)   Im gleichen Dorfe war ein Untervogt gewesen, ein habsüchtiger, harter Mann. Wenn er Pfändungen und Vergantungen vorzunehmen hatte, kam er nie an den Ort gegangen, sondern stets geritten in Mantel und Degen, um dadurch die Auffallskosten noch zu vergrößern. Als er einst von solchen Geschäften heimkehrte und das Gewicht des mitgebrachten Freikäses untersuchen wollte, hatte sich eine Schlange in die Wage verwickelt, und Niemand als ein gewisser  Schlangenkari war im Stande, den häßlichen Wurm aus der Wage zu ziehen. Von dieser Stunde an hatte der Vogt keinen gesunden Tag mehr, er verfaulte bei lebendigem Leibe. Quelle: E. L. Rochholz, Naturmythen. Neue Schweizer Sagen, Leipzig  1862. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch    


by Die Schlange zu Linn

Source: Die Schlange zu Linn

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Zur Zeit der Pest im Jahre 1610 war das Kirchdorf Linn auf dem Bözberge noch der Begräbnisplatz dreier Nachbardörfer. Als man damals die vielen Leichen nicht mehr auf dem einen Kirchhof unterbringen konnte, grub man auf dem benachbarten Felde eine tiefe Grube, warf die Toten unterschiedslos, wie sie nackt oder mit Kostbarkeiten geschmückt hergeschafft wurden, in sie hinab und pflanzte schließlich eine Linde auf den Platz. Dies ist die große Linde von Linn, die nun ihre 251 Jahre steht. Vor Alter ist ihr Stamm gespalten; in ihrer Höhlung, heißt es, haben große Schlangen ihren Wohnsitz und hüten die Schätze, die hier einst mit den Leichen in die Erde gelegt worden sind. Wer in die Klüftung des Baumes hineinsteigt, um den Geistern das ihrige zu nehmen, der muß auf der Stelle sterben. Sage aus Bözberg (Gemeinde Bözberg, am dem 1. Januar 2013 durch die Fusion der Gemeinden Gallenkirch, Linn, Oberbözberg und Unterbözberg entstanden), Kanton Aargau Quelle: E. L. Rochholz, Naturmythen. Neue Schweizer Sagen, Leipzig  1862. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch    


by Die Schlangen in Kastel

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Es gibt Orte, wo die Schlangen ihre Lieblingsplätze haben. Ein solcher Ort ist der Felshügel von Kastel, Ferden gegenüber. In Kastel soll der Freiherr von Turn, der Herr des Lötschentales, eine feste Burg als Sommersitz bewohnt haben. Damals lag Kastel an der Talstrasse, die auf der Schattenseite war und von Kastel über die hohe Holzbrücke nach Ferden ging. Als die Oberwalliser die Burg des Freiherrn in Gesteln erobert und eingeäschert hatten, kamen sie ins Lötschental. Durch einen unterirdischen Gang hatte der Burgvogt von Kastel das Schloss in Niedergesteln während der Belagerung mit Lebensmitteln versorgt. Wie nun die Feinde sich der Burg von Kastel näherten, verlor der Burgvogt allen Mut und sprang vom Turm in den Abgrund. Heute bestehen von den Burgruinen nur mehr Steinhaufen, die von Schlangen wimmeln. So weit das Blut des Selbstmörders spritzte, geht das Reich der Schlangen. LÖTSCHEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Schlangen in Unterberg

Source: Die Schlangen in Unterberg

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Im Hintergrunde des Fieschertales findet sich eine schöne Ebene, Unterberg genannt. Da hausten vor vielen hundert Jahren zahlreiche Schlangen, die keine lebende Seele schonten. Kam jemand in ihre Nähe, so fingen sie an, sich insgesamt im Kreise zu drehen, zu zischen und Gift zu werfen. Niemand war da des Lebens sicher, und alles floh entsetzt, um den Ort nicht mehr zu betreten. Die schöne Gegend war so unbewohnbar, und für die Ausbeutung verloren. Darum sann man auf Mittel, die lästigen Schlangen zu vertilgen. Keiner wollte sich aber getrauen, gegen diese giftigen Tiere etwas zu unternehmen. — Da bot sich Einer an, die Schlangen zu jagen, wenn man ihm Versicherung gebe, es seien nur schwarze und keine weissen Schlangen darunter. Weil niemand je eine weisse Schlange wollte gesehen haben, so machte sich der Schlangenverderber mutig an's Werk. Er nahm eine Salbe, eine Pfeife und eine lange Rute. — Die Schlangen, seine Ankunft witternd, taten sehr wild; sie sprangen im Kreise herum, zischten grell und spien gewaltig Gift. Es wäre um ihn geschehen gewesen, wenn er nicht schnell die starkriechende Salbe gezogen, welche die Schlangen betäubte, und die Pfeife geblasen hätte, die sie willenslos heranhüpfen machte, wo er alle gleich mit der Rute totschlug, oder im "weissen Wasser" ersäufte. Die Schlangenniederlage war vollständig. Alles lobte den kühnen Sieger, der selbst über den Erfolg nicht wenig, stolz war. — Aber o weh! — Plötzlich erschienen drei weisse Schlangen, welche, durch die Salbe nicht gelähmt und durch die Pfeife nicht betäubt, sich grimmig auf den Feind losstürzten. Sie würgten ihn am Halse und am Leibe zu Tod, und verschlangen ihn mit Fleisch, Bein, Haut und Haar; — von ihm blieb keine Spur. Auch die weissen Schlangen verschwanden und wurden, nie mehr gesehen. Ob sie sich am Banner den Tod gegessen oder sonst sich verkrochen haben, weiss niemand zu sagen. — Tatsache ist, dass seither Unterberg von Schlangen frei ist.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Schlangen-Jungfrau

Source: Die Schlangen-Jungfrau

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Um das Jahr 1520 war einer zu Basel im Schweizerlande mit Namen Leonhard, sonst gemeinlich Lienimann genannt, eines Schneiders Sohn, ein alberner und einfältiger Mensch, und dem dazu das Reden, weil er stammelte, übel abging. Dieser war in das Schlaufgewölbe oder den Gang, welcher zu Augst über Basel unter der Erde her sich erstreckt, ein- und darin viel weiter, als jemals einem Menschen möglich gewesen, fortgegangen und hineingekommen und hat von wunderbarlichen Händeln und Geschichten zu reden wissen. Denn er erzählt, und es gibt noch Leute, dieses aus seinem Munde gehört haben, er habe ein geweihtes Wachslicht genommen und angezündet und sei mit diesem in die Höhle eingegangen. Da hätte er erstlich durch eine eiserne Pforte und darnach aus einem Gewölbe in das andere, endlich auch durch etliche gar schöne und lustige grüne Gärten gehen müssen. In der Mitte aber stünde ein herrlich und wohlgebautes Schloss oder Fürstenhaus, darin wäre eine gar schöne Jungfrau mit menschlichem Leibe bis zum Nabel, die trüge auf ihrem Haupte eine Krone von Gold und ihre Haare hätte sie zu Felde geschlagen; unten vom Nabel an aber wäre sie eine gräuliche Schlange. Von derselben Jungfrau wäre er bei der Hand zu einem eisernen Kasten geführt worden, auf welchem zwei schwarze bellende Hunde gelegen, also dass sich Niemand dem Kasten nähern dürfen, sie aber hätte ihm die Hunde gestillt und im Zaum gehalten, und er ohne alle Hinderung hinzugehen können. Darnach hätte sie einen Bund Schlüssel, den sie am Halse getragen, abgenommen, den Kasten aufgeschlossen, silberne und andere Münzen heraus geholt. Davon ihm dann die Jungfrau nicht wenig aus sonderlicher Mildigkeit geschenkt, welche er mit sich aus der Schluft gebracht; wie er denn auch selbige vorgezeigt und sehen lasten. Auch habe die Jungfrau zu ihm gesprochen, sie sei von königlichem Stamme und Geschlecht geboren, aber also in ein Ungeheuer verwünscht und verflucht, und könne durch nichts erlöst werden, als wenn sie von einem Jüngling, dessen Keuschheit rein und unverletzt wäre, dreimal geküsst werde; dann würde sie ihre vorige Gestalt wieder erlangen. Ihrem Erlöser wollte sie dafür den ganzen Schatz, der an dem Orte verborgen gehalten würde, geben und überantworten. Er erzählte weiter, dass er die Jungfrau bereits zweimal geküsst, da sie denn alle beide Mal, vor großer Freude der unverhofften Erlösung, mit so gräulichen Geberden sich erzeigt, dass er sich gefürchtet und nicht anders gemeint, sie würde ihn lebendig zerreißen; daher er zum drittenmal sie zu küssen nicht gewagt, sondern weggegangen wäre. Hernach hat es sich begeben, dass ihn etliche in ein Schandhaus mitgenommen, wo er mit einem leichtsinnigen Weibe gesündigt. Also vom Laster befleckt, hat er nie wieder den Eingang zu der Schlauf-Höhle finden können, welches er zum öftern mit Weinen beklagt. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Schlangenbeschwörung

Source: Die Schlangenbeschwörung

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Auf der Südseite des Schwarzsees, zwischen den Felsenhäuptern der Rippafluh und Spitzfluh liegt der Eingang zum Breggaschlund. Er ist eines unserer schönsten Alpentäler. Auf drei Seiten wird er von hohen Gipfeln umsäumt; Bremingard, Patraflon, Schopfenspitz und Körblifluh sind die bekanntesten unter ihnen. Die Weiden reichen mancherorts bis an die Felsen hinan und sind mit weissen Kalksteinblöcken übersät, zwischen denen würzige Gräser wachsen und mannigfaltige Blumen blühen. Ein guter Weg zieht sich durch das ganze Tal, bald durch duftenden Tannenwald, bald durch blumige Wiesen führend, an Berghütten vorbei, die von knorrigen Ahornen beschattet werden. Schon vor hunderten von Jahren war die Bregga den Hirten ein Paradies. Die Kühe gaben überreichlich Milch. Keller und Gaden füllten sich mit fettem Käse und goldener Butter. Doch der Reichtum machte die Hirten stolz. Da schlich sich die Schlange in dieses Paradies und vermehrte sich von Jahr zu Jahr. Anfänglich hausten die giftigen Schleicher nur droben an den sonnigen Felshängen. Nach und nach zogen sie ins Tal hinab und belästigten Menschen und Vieh. Unter den Steinhaufen hatten sie ihre Schlupfwinkel. Bald wimmelte es überall von Schlangen. Sie schlichen über die Wege, sie zischten durch das Gras, sie lagen geringelt auf den sonnenwarmen Steinen, sie wanden sich an den Beinen der Kühe empor und sogen die Milch aus den Eutern, sie schleckten im Gaden die Nidel aus den Gebsen, sie frassen am Käse, sie naschten am Ziger, sie zankten um die Butter, sie waren überall und hinter allem. Viele Tiere wurden gebissen und gingen zugrunde; andere gaben nur mehr blutige Milch. Auch Menschenopfer gab es zu beklagen. So verwandelten die Giftwürmer innert wenigen Jahren das Paradies zur Hölle. Die Hirten waren gegen diesen Feind macht- und hilflos.  Da tauchte eines Sommers ein sonderbarer, fremder Mann in der Bregga auf. Er war lang und hager, trug Stulpenstiefel und einen langen Degen am Gürtel, hatte einen weiten, dunklen Mantel um die Schultern und auf dem Kopfe ein Sammetbarett mit Feder. Sein Gesicht war von einem schwarzen Bart umrahmt, der nach unten wie ein Pfeil sich zuspitzte. Der Fremde sagte den Hirten, er sei ein Zauberer. Er habe von ihrer Schlangenplage gehört und wolle sie für immer davon befreien. Nur möchte er zuvor noch wissen, ob man je einmal in diesem Tale eine weisse Schlange gesehen habe. Es wurden alle Hirten befragt, aber keiner wollte so etwas bemerkt haben. Man vereinbarte noch die Entschädigung, und der Zauberer schritt zur Beschwörung. Er suchte einen ebenen Platz aus. Da zog er mit dem Degen einen Kreis von sieben Schritt Durchmesser. Dann stellte er sich in die Mitte desselben, sprach die Zauberformel und schwang dabei den Degen nach allen Himmelsrichtungen. Nun fing er an zu zischen wie eine Schlange, und siehe der Zauber begann. Von allen Seiten schlichen die giftigen Reptilien heran, streckten die Köpfe über den Kreis und konnten nicht mehr weiter. Sie züngelten und fauchten und spien ihr Gift gegen den Zauberer. Der aber ergriff den Degen, schritt im Ring herum und hieb ihnen die Köpfe ab. Aber von allen Richtungen krochen immer neue Bestien herbei und liessen sich enthaupten. Schon mehr als eine Stunde war verronnen. Um den Ring bildete sich ein ganzer Wall von zuckenden Schlangenleibern und im Innern desselben türmte sich ein Hügel von Köpfen auf. Immer neue Scharen eilten heran, um sich köpfen zu lassen. Doch plötzlich tönte vom Hang des Berges her ein seltsames Zischen, das mehr einem Pfeifen glich. Der Zauberer stutzte, hielt im Schlachten ein und spähte nach der Richtung, woher der sonderbare Laut kam. Plötzlich erbleichte er und liess zitternd den Degen fallen. Vom Hang herunter schoss eine riesige, schneeweisse Schlange daher. Im nächsten Augenblick warf sie sich über den Wall der Schlangenleiber hinüber dem Zauberer um Hals und Arme und Beine. Gleichzeitig vereinigten sich alle die abgeschlagenen Schlangenköpfe wieder mit ihren Leibern und zischend und fauchend stürzte sich das zornige Schlangenheer auf den Zauberer. Einen Augenblick wirbelt alles wie toll und besessen durcheinander. Dann löste sich der Knäuel und die Schlangen krochen nach allen Richtungen auseinander. Im Innern des Kreises blieb nichts als ein Häuflein blutiger Knochen zurück - die Überreste des Zauberers. Im folgenden Sommer verschlimmerte sich die Plage. Da erkannten die Hirten, dass weder menschliche Kraft noch Teufelszauber hier etwas helfen könne, sondern nur der gütige Gott allein. Es machten sich einige auf, und pilgerten nach Altenryf. Dort klagten sie den frommen Vätern ihre Not und baten um Rat und Hilfe. Der Prior tröstete sie und empfahl ihnen, fest auf Gott zu vertrauen, so werde sicher bald die Errettung von der Plage kommen. Man werde im Kloster für ihr Anliegen beten. Nach neun Tagen werde ein Pater in die Bregga kommen und mit Gottes Hilfe versuchen, die Schlangen zu vertreiben. Getröstet und voll Zuversicht kehrten die Hirten heim. Im Kloster bereitete sich nun ein Mönch durch Gebet, Fasten und Nachtwachen auf sein Amt vor. Nach neun Tagen ging er ins Tal der Schlangen, um die Beschwörung vorzunehmen. Die Hirten eilten ihm entgegen und führten ihn zur Combihütte, die zu oberst im Tale liegt. Er empfahl ihnen, ihm in einiger Entfernung betend zu folgen und sich nicht zu fürchten. Dann kniete er nieder, erhob die Hände zum Himmel und begann die kirchliche Beschwörungsformel zu beten: „Unsere Hilfe ist im Namen des Herrn, der Himmel und Erde erschaffen hat. Herr, erhöre mein Gebet und lass mein Rufen zu dir kommen.“ Als er sein Gebet beendigt hatte, stand er auf und sprengte das geweihte Wasser nach allen Himmelsrichtungen. Unterdessen hatten sich schwarze Gewitterwolken über der Schopfenspitze zusammengeballt, und es blitzte und donnerte ohne Unterlass. Und jetzt geschah das seltsame Wunder. Von den Bergeshängen, aus den Erdlöchern und Steinhaufen kamen die Schlangen hervor und krochen herbei. Der Mönch erhob sein Kreuz und gebot ihnen voraus zu gehen. Nun schritt er langsam talabwärts und vor ihm her, kugelnd, hüpfend, purzelnd über Stock und Stein wie ein Bergbach ging das Schlangenheer. Im Weitergehen rückten bald von rechts, bald von links, wie wilde Seitenbäche, immer neue Scharen zorniger Schlangen heran. Hei, wie die pisperten und zischten und fauchten und züngelten und ihr Gift nach dem Mönche spien. Und wenn ein Blitz zuckte, dann leuchteten hundert und tausend Schlangenaugen wie Feuerfunken auf. Das Donnerrollen liess den Boden erzittern, als wollte es all das Nattern- und Viperngezücht aus seinen Schlupfwinkeln hinausjagen. Immer neue Schlangenmassen eilten herbei, - grosse, kleine, schwarze, silbrige, gestreifte und getüpfelte, - alles wogte, wirbelte und flutete wild durcheinander. Schritt um Schritt geht der Mönch talwärts, das Kreuz hoch emporhebend. Hinter ihm folgen betend die Hirten, über ihm rast das Gewitter und vor ihm her wälzt sich in wilden Fluten der Schlangenstrom. So geht der sonderbare Zug langsam weiter und weiter bis zur Talmündung, wo eine Felswand senkrecht in den See abfällt. Hier stauen sich die Schlangen, türmen sich zu einem Hügel auf und wollen nicht mehr weiter. Da tritt der Mönch näher und macht mit dem Kruzifix das Zeichen des Kreuzes. Vor dieser Macht muss das höllische Gezücht weichen. Der Schlangenknäuel kommt ins Gleiten und rutscht wie eine Lawine über die Felswand hinunter. Einen Atemzug lang ist alles still - dann fällt die Masse donnernd in den See, und die Wellen spritzen turmhoch empor. Die Schlangen sind vernichtet, die Hirten von der Plage befreit. Das Gewitter hat sich verzogen, die Wolken eilen von dannen und Sonnenschein liegt wieder auf der Bregga. Am Rande des Felsens kniete der Mönch nieder und dankte dem Herrn für seine Hilfe. Dann ging er schweigend und in sich versunken den Weg zurück. Die Hirten folgten ihm ehrfurchtsvoll und wagten nicht ihn anzureden. Bei der oberen Breggahütte machte er auf dem Hügel Rast. Er zog einen Lederbeutel aus der Tasche, legte ihn auf eine Steinplatte und schichtete Steine darüber. Zu den Hirten sprach er: „In dem Beutel sind geweihte Medaillen. Hütet sie gut, denn solange sie hier in der Erde liegen, wird keine Schlange mehr in dieses Tal kommen.“ Dann wanderte er weiter. Die Hirten folgten ihm bis in die Nähe der obern Combihütte. Als er schon den Weg nach dem Bergkamm einschlagen wollte, wagten sie es endlich ihn anzureden, ihm den Dank auszusprechen und nach der Schuldigkeit zu fragen. Da hob er Blick und Hand zum Himmel und sprach: „Danket dem Herrn da oben und vergesset nie mehr seine Güte.“ Die Hirten antworteten: „Wir wollen sie ewig nicht vergessen und als sichtbares Zeichen unseres Dankes werden wir jedes Jahr einen fetten Käse ins Kloster bringen.“ „So sei es“, erwiderte der Mönch. „Hier soll es für ewige Zeiten geschrieben sein.“ Mit diesen Worten drückte er seinen Fuss tief in eine Steinplatte und eilte dann über den Berg seinem Kloster zu. Der „Mönchstritt“ ist heute noch zu sehen, und auf der Anhöhe ob der Breggahütte ruhen wohlverborgen in einem Steinhaufen noch immer die geweihten Medaillen. Darum hat des Mönches Bann noch heute seine Wunderkraft. Im ganzen Breggaschlund ist seitdem nie mehr eine Schlange gesehen worden.   Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch    


by Die Schlangengrube

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Nach der Sage sind in vielen Gegenden die Schlangen durch fahrende Schüler verbannt worden. In Zermatt pfiff ein solcher fahrender Schüler auf seiner Flöte. Allsogleich krochen alle Schlangen aus den Löchern hervor und folgten eilig dem Flötenspieler. Dieser schritt, immerzu pfeifend, langsam talauswärts, und alle Schlangen folgten ihm lauschend nach. Nur die Schlangenkönigin mit goldenen Ringen aus Gornern führte er an einer Schnur. Beim hohen Steg führte er die Königin zu einer Öffnung und liess alle Schlangen in dieses Loch glitschen, das er mit einem grossen Stein zudeckte. Das Loch heisst noch jetzt Schlangengrube. ZERMATT Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Schlangenhexe

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In Rossa (Calancatal∑/∑Graubünden), so erzählte man sich früher, lebten zwei Freundinnen. Die eine machte Bekanntschaft mit einem Burschen. Die andere wurde deswegen eifersüchtig, doch sie liess sich nichts anmerken, sie war sogar sehr freundlich zu ihrer Freundin. Eines Tages stieg jene, die Bekanntschaft mit dem Burschen gemacht hatte, auf die Felsen, um Wildheu zu holen. Beim Pont dell’Agnell oberhalb von Rossa sah sie beim Hinuntersteigen eine dicke Schlange mit einem roten Kamm auf dem Kopf. Das Mädchen befand sich an einer sehr gefährlichen, abschüssigen Stelle. Sie konnnte die Schlange nicht mit einem Stock schlagen oder töten, konnte sich nicht halten. Sie konnte nichts anderes machen, als die Schlange mit der Sichel hinunterstossen. Als sie nach Hause kam, da war die Freundin verletzt. «Was hast du?» «Du hast mich verletzt», antwortete die andere. «Ich? Ich habe dir doch nichts getan!» «Doch gestern hast du mir einen Stoss gegeben, sodass ich den Abhang hinuntergestürzt bin!» Ob dieser Antwort erstarrte die Freundin. Und es fiel ihr ein, dass sie die Schlange den Berg hinuntergeworfen hatte.   Aus: U. Brunold-Bigler, Wolfsmensch und Bärenhexe, Tiere in Sagen und Märchen der Alpen, Chur 2010, S. 228 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Schlangenjungfrau

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Einst kam ein junger Krieger vor ein uraltes Schloß und trat in die fast zerfallenen Gemächer. Im Rittersaal erschien ihm eine anmutige Jungfrau und bat ihn, sie zu retten, indem sie dazu verdammt sei, alle Nächte als Schlange durch die Räume des Schlosses zu irren. So aber jemand den Mut habe, sie dreimal während dreier Nächte zu küssen, der erlöse sie vom Zauber und erhalte als Belohnung ihre Hand und ihre Schätze. Der junge Krieger sagte fröhlichen Herzens zu und ließ sich ein Gemach anweisen, wo er die Nacht zubringen sollte. In diesem fand er alle möglichen Bequemlichkeiten und auf dem Tische die köstlichsten Speisen und die allerbesten Weine. Nach genossenem Mahle legte er sich hin und schlief. Schlag zwölf Uhr aber wurde der Ruhende von einer gräßlichen Schlange geweckt, die sich an seinem Bette zischend emporrichtete. Der Ritter überwand den Ekel ob dem grauenhaften Tiere und küßte es auf den Rachen. Sofort trat ein wunderschönes Mädchenhaupt an die Stelle des häßlichen Schlangenkopfes; dann verschwand die ganze Erscheinung und der Ritter schlief ruhig weiter. In der darauf folgenden Nacht wiederholte sich der Spuck. Der Ritter umschlang mutig den Schlangenleib, drückte einen Kuß darauf und aus dem Ungetüme ward eine reizende Maid, deren Körper aber in einen schuppigen Schwanz auslief. In der dritten Nacht erschien die Schlangenjungfrau wieder, um nach dem letzten Kuß des Ritters ihre völlige Menschengestalt anzunehmen. Am frühen Morgen trat die gerettete Jungfrau zu dem Ritter, der im Garten lustwandelte und bat ihn, sie nach drei Tagen vor der Kirche im nahen Dorfe abzuholen, worauf sie dann ihre Hand für immer in die seinige legen werde. Der Ritter tat, was ihm die Jungfrau gesagt und stieg vom Schlosse hinab in ein einsames Gasthaus mitten im Walde. Als er am andern Morgen sich anschickte, seinen Zopf zu drehen, da kam die Wirtin ins Zimmer und bat, ihm bei dieser Arbeit behilflich sein zu dürfen. Der junge Mann ließ sich die Dienstleistung gefallen und die Wirtin drehte mit zierlichen Händen den Zopf, steckte aber die Nadel der Vergeßlichkeit in das Haargeflecht, so daß Jener seine Braut vergaß und gedankenlos herrlich und in Freuden dahinlebte. Die befreite Jungfrau aber harrte am dritten Tage seiner und als er nicht kam, schickte sie ihre treue alte Magd zu ihm und er versprach am andern Morgen zu kommen. Allein die arge Wirtin, die eine schlimme Zauberin war, bot sich ihm wieder zu Diensten an und wiederholte ihre Zauberkunst, so daß der Edelmann der Zeit vergaß. Nach dem sechsten Tage kam die Magd wieder und berichtete mit Tränen in den Augen, daß der böse Zauberer wieder Macht erlangt habe über ihre Herrin und sie nun auf dem Glasberg weile. Befreiung aber sei nur durch den Ritter möglich, der als ein Sonntagskind über die schlimmen Geister Gewalt habe. Die Schreckensmähre weckte den Jüngling aus seinem halbwachen Traume und er schwur, hinzueilen, um die Braut zu befreien. Die Alte gab ihm ein Paar goldene Schuhe, mit welchen der Jüngling bei jedem Schritte drei Meilen machte und so kam er noch am hellen Mittag zum Glasberge, wo ihn unzählige Jungfrauen mit den schönsten Augen um Rettung flehten, aber er ließ sich nicht betören, und ruhte nicht, bis er die Braut gefunden, die ihn jubelnd umarmte. Da er aber nur ein Paar Dreimeilenschuhe hatte, so trat er einen davon der befreiten Freundin ab, umschlang sie und fuhr mit Blitzesschnelle mit der teuren Last nach dem fernen, nun entzauberten Schlosse, wo die beiden ein glückliches Paar und die Stammeltern eines großen und mächtigen Geschlechtes wurden.   Quelle: Jecklin, Dietrich: Volkstümliches aus Graubünden. 3 Teile, Zürich 1874, n Flutginas bei Schlans erzählt.        Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Schlangenjungfrau

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Um das Jahr 1520 war einer zu Basel im Schweizerlande mit Namen Leonhard, sonst gemeinlich Lienimann genannt, eines Schneiders Sohn, ein alberner und einfältiger Mensch, und dem dazu das Reden, weil er stammerte, übel abging. Dieser war in das Schiauf-Gewölbe oder den Gang, welcher zu Äugst über Basel unter der Erde her sich erstreckt, ein- und darin viel weiter, als jemals einem Menschen möglich gewesen, fortgegangen und hinein gekommen und hat von wunderbarlichen Händeln und Geschichten zu reden wissen. Denn er erzählt und es gibt noch Leute, die es aus seinem Munde gehört haben, er habe ein geweihtes Wachslicht genommen und angezündet und sei mit diesem in die Höhle eingegangen. Da hätte er erstlich durch eine eiserne Pforte und darnach aus einem Gewölbe in das andere, endlich auch durch etliche gar schöne und lustige grüne Gärten gehen müssen. In der Mitte aber stünde ein herrlich und wohlgebautes Schloß oder Fürstenhaus, darin wäre eine gar schöne Jungfrau mit menschlichem Leibe bis zum Nabel, die trüge auf ihrem Haupt eine Krone von Gold und ihre Haare hätte sie zu Felde geschlagen; unten vom Nabel an wäre sie aber eine greuliche Schlange. Von derselben Jungfrau wäre er bei der Hand zu einem eisernen Kasten geführt worden, auf welchem zwei schwarze bellende Hunde gelegen, also daß sich niemand dem Kasten nähern dürfen, sie aber hätte ihm die Hunde gestillt und im Zaum gehalten, und er ohne alle Hinderung hinzugehen können. Darnach hätte sie einen Bund Schlüssel, den sie am Hals getragen, abgenommen, den Kasten aufgeschlossen, silberne und andere Münzen heraus geholt. Davon ihm dann die Jungfrau nicht wenig aus sonderlicher Müdigkeit geschenkt, welche er mit sich aus der Schluft gebracht; wie er denn auch selbige vorgezeigt und sehen lassen. Auch habe die Jungfrau zu ihm gesprochen, sie sei von königlichem Stamme und Geschlecht geboren, aber also in ein Ungeheuer verwünscht und verflucht, und könne durch nichts erlöst werden, als wenn sie von einem Jüngling, dessen Keuschheit rein und unverletzt wäre, dreimal geküßt werde; dann würde sie ihre vorige Gestalt wieder erlangen. Ihrem Erlöser wolle sie dafür den ganzen Schatz, der an dem Orte verborgen gehalten würde, geben und überantworten. Er erzählte weiter, daß er die Jungfrau bereits zweimal geküßt, da sie denn alle beide Mal, vor großer Freude der unverhofften Erlösung, mit so greulichen Gebärden sich erzeigt, daß er sich gefürchtet und nicht anders gemeint, sie würde ihn lebendig zerreißen; daher er zum drittenmal sie zu küssen nicht gewagt, sondern weggegangen wäre. Hernach hat es sich begeben, daß ihn etliche in ein Schand-Haus mitgenommen, wo er mit einem leichtsinnigen Weibe gesündigt. Also vom Laster befleckt, hat er nie wieder den Eingang zu der Schlaufhöhle finden können; welches er zum öftern mit Weinen beklagt. Quelle: Deutsche Sagen, Jacob Grimm, Wilhelm Grimm (Brüder Grimm), Kassel 1816/18 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Schlangenkönigin

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Vor vielen hundert Jahren lebte einst im Berner Oberlande ein reicher Senn, der eine einzige Tochter hatte. Diese war im Stillen einem armen Sennen zugetan. Der Vater aber schmälte sie über diese Liebe und wollte sie zwingen einen vielbegüterten Nachbarssohn zum Manne zu nehmen. Das Mädchen war darüber Tode betrübt, sprach nichts mehr und war eines Tages vom Hofe verschwunden. Es hatte sich aber in das Gebirge geflüchtet um den lästigen Nachstellungen des Nachbarn zu entgehen. Um sein Leben zu fristen, hatte das Kind nichts mitgenommen als eine Ziege. Droben in der Wildnis stand eine alte zerfallene Hütte. Niemand wagte sich, dort hinauf zu gehen, weil drinnen ein abscheulicher Lindwurm hauste, schwarz und volle drei Klafter gestreckter Länge. Aber das Mädchen machte sich nichts daraus. Gerade dort mochte ihm die einzige Sicherheit gewährt sein. Es hatte eben seine Ziege gemolken und trat in die Hütte, um vor der heissen Sonne ein Obdach zu finden. Da rauschte es in dem Laube, das hoch aufgeschüttet am Boden lag und früher den Hirten zum Lager gedient hatte. Rund um sich selber gekrümmt liegt auf demselben der kohlenschwarzfleckige Lindwurm, krampfig gewunden und matt das Haupt erhebend. Von des Tieres Haupte glänzte ein prächtiges Krönlein in regenbogenfarbigem Demantschein. Herzhaft trat das Mädchen näher, denn es konnte auf den ersten Blick sehen, dass der Lindwurm schmachtete. Flugs bot es demselbigen in der hohlen Hand von der frischen Milch dar, und gierig trank das lechzende Untier davon. Plötzlich verkroch es sich aber im Laube, nahten sich doch draussen feste Tritte der Hütte. Es war der arme Herzallerliebste des Mädchens, der auf der Nachbaralp hirtete und seinen Schatz hatte heraufsteigen sehen. Besorgt, es möchte ihm in der verrufenen Hütte ein Leid geschehen, war er herübergekommen. Er erschrak sehr, als er das Mädchen in der gemiedenen Hütte fand. Sie aber beruhigte ihn, indem sie auf das kranke Untier zeigte. Nun setzten sich die beiden unter das Vordach der Hütte, um sich gegenseitig das Herz auszuschütten. Als nun der Sennenknabe hörte, was im Tale geschehen, war sein Entschluss rasch gefasst. Unverweilt führte er die Geliebte zurück in das Dorf. Keck trat er vor den harten Vater und warb um die Hand der Tochter. Stolz wies ihn dieser, dem er zu gering war, mit Schelt- und Fluchworten von der Türe hinweg. Die Strafe blieb nicht aus. Bald verschwanden dem reichen Bauern die Kühe eine nach der andern von der Alp. Die Leute sagten, der Lindwurm habe sie verschlungen. Was noch verblieb, das raffte eine böse Seuche hinweg. Die Habe des armen Älplers aber mehrte sich zusehends von Tag zu Tag, so dass er im Herbste mit reichem Segen zu Tal kam. Arm war der eine, reich der andere geworden. Doch im Glücke war dem so wunderbar Gesegneten die Stimme des Herzens nicht verstummt. Kaum war er zu Tal, klopfte er wieder an der Türe des Hartherzigen. Und siehe, diesmal tat er keine Fehlbitte. Mit Tränen auf den verhärmten Wangen führte ihm der Vater die Tochter zu. Bald wurde die Hochzeit gefeiert. Fröhlich sassen die Geladenen beim Festmahle. Da hörte man plötzlich ein furchtbares Brausen in der Luft, und wie von unsichtbarer Hand öffnete sich die Türe des Saales. Herein schoss der Lindwurm. Er trug auf seinem Rücken ein strahlendes Weib, weiss wie Schnee und mit Rosenwangen, auf dem Haupte eine Krone mit reichem Geschmeide. "Ich bin die Schlangenkönigin", sprach sie. Nicht um das Fest zu stören, bin ich gekommen sondern meinen Dank auszusprechen, dass mich diese Braut hier gepflegt, als ich krank und elend lag. Hier", sprach die Schlangenkönigin zu jener, "nimm dieses Krönlein zum Lohn, es wohnen ihm herrliche Kräfte inne. Bleibe auch hinfort den Kranken im Tal und den Armen Trost und Hilfe!" Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Die Schlangenkönigin

Source: Die Schlangenkönigin

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Eines Tages fand ein Hirtenmädchen auf einem Felsen eine kranke Schlange liegen, die eben am Verschmachten war. Das dauerte das Mädchen, und es reichte ihr den Milchkrug hin, den es an der Hand trug. Die Schlange ließ sich nicht zweimal einladen, sie lappte begierig von der Milch und erholte sich zusehends, bis sie endlich wieder so viele Kräfte gewonnen hatte, daß sie davonkriechen konnte. Bald darauf meldete sich bei dem Vater des Mädchens ein armer, junger Hirt, der bat ihn, daß er ihm seine Tochter zur Frau geben möchte. Der alte Hirt war aber ein reicher und stolzer Mann und sagte spöttisch: "Wenn du erst einmal so viel Herden hast wie ich, dann gebe ich dir meine Tochter." Das ging aber gar nicht lang. Denn von der Zeit an kam alle Nächte ein feuriger Drache und verwüstete dem Alten die Triften, daß er bald kein Futter mehr für seine Herden finden konnte und ihm eine um die andere zugrunde ging. Da kam der junge Hirt wieder, denn er war jetzt so reich wie der Vater, und bat um die Hand des Mädchens; nun konnte der Alte sie ihm nicht mehr verweigern. Am Hochzeitsmorgen aber kam plötzlich in das Zimmer der Braut eine Schlange, auf derselben saß eine schöne Jungfrau, die sagte: "Da hast du meinen Dank dafür, daß du mich in der Not mit Milch gespeist hast!" Damit nahm sie eine glänzende Krone von ihrem Haupt und warf sie der Braut in den Schoß. Hierauf verschwand sie samt der Schlange wieder, wie sie gekommen war. Die Braut aber hob die Krone auf und hatte lauter Glück und Segen damit ihr Leben lang.   Quelle: Otto Sutermeister, Kinder- und Hausmärchen aus der Schweiz. Aarau 1873. Nr. 38.?(Kanton Bern). AaTh 672 C. Bern und Obwalden. (Nach I. R. Wyß: Ortssagen aus der Schweiz 1815 l,        Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Schlangenkönigin

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Eines Tages fand ein Hirtenmädchen auf einem Felsen eine kranke Schlange liegen, die eben am Verschmachten war. Das dauerte das Mädchen, und es reichte ihr den Milchkrug hin, den es an der Hand trug. Die Schlange liess sich nicht zweimal einladen, sie lappte begierig von der Milch und erholte sich zusehends, bis sie endlich wieder so viele Kräfte gewonnen hatte, dass sie davonkriechen konnte. Bald darauf meldete sich bei dem Vater des Mädchens ein armer, junger Hirt, der bat ihn, dass er ihm seine Tochter zur Frau geben möchte. Der alte Hirt war aber ein reicher und stolzer Mann und sagte spöttisch: «Wenn du erst einmal so viel Herden hast wie ich, dann geb ich dir meine Tochter.» Das ging aber gar nicht lang. Denn von der Zeit an kam alle Nächte ein feuriger Drache und verwüstete dem Alten die Triften, dass er bald kein Futter mehr für seine Herden finden konnte und ihm eine um die andere zugrunde ging. Da kam der junge Hirt wieder, denn er war jetzt so reich wie der Vater, und bat um die Hand des Mädchens; nun konnte der Alte sie ihm nicht mehr verweigern. Am Hochzeitsmorgen aber kam plötzlich in das Zimmer der Braut eine Schlange, auf derselben sass eine schöne Jungfrau, die sagte: «Da hast du meinen Dank dafür, dass du mich in der Not mit Milch gespeist hast!» Damit nahm sie eine glänzende Krone von ihrem Haupt und warf sie der Braut in den Schoss. Hierauf verschwand sie samt der Schlange wieder, wie sie gekommen war. Die Braut aber hob die Krone auf und hatte lauter Glück und Segen damit ihr Leben lang.   Quelle: Otto Sutermeister, Kinder- und Hausmärchen aus der Schweiz, Aarau 1873, Nr. 38   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Schlangenkrone

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An der Schmützenriedfluh oberhalb Zweisimmen hielt sich vor Zeiten unter einem Felsschopf eine grosse schwarze Schlange auf, die eine Edelsteinkrone auf dem Kopfe trug. Einmal an einem heissen Sommertag ass ein Ziegenhirt unter diesem Felsschopfe sein Mittagsbrot. Da kroch plötzlich die Schlange aus einem Riss im Gestein hervor, glotzte ihn mit feuerglühenden Augen an und liess ihre wundervolle Krone in der Sonne gleissen. Den Knaben überfiel beim Anblick des Tieres ein solcher Schreck, dass er nicht zu fliehen imstande war. Endlich kam ihm doch in den Sinn, die Schlange möchte vielleicht Hunger haben. Er warf ihr daher sein Mittagsbrot zu. Augenblicklich verschwand die Schlange, liess ihm aber das Krönlein zurück, das ihn zum reichen Manne machte. Er baute in Zweisimmen ein Wirtshaus, das er "zur Schwarzen Schlange" nannte. Dasselbe ist aber im ersten Dorfbrande untergegangen. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Schlangenverbannung

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Im Fieschertal am Unterberg waren früher furchtbar viele Schlangen. Da liess man einen fahrenden Schüler kommen und stellte ihn an, wenn er etwas Courage und Fähigkeiten habe, diese zu bannen. Er erklärte, wenn nicht mehr als zwei weisse Schlangen in der Gegend seien, gehe es; seien aber drei weisse Schlangen da, dann könne er sie nicht bannen. Die Leute versicherten ihm, mehr als eine hätten sie nie gesehen. So zog der Student spielend den Unterberg hinauf bis auf eine Fluh und blies ein flötenartiges Instrument. Dort spielte und "tütlete" (dudelte) er weiter, bis die Schlangen von allen Seiten herzukamen; es wimmelte nur so. Sie legten sich um diese Fluh. Es gab so viele, dass zuletzt der Stein ringsum eingefasst war von Schlangen, und der Student war von ihnen bis über die Knie umgeben. Zwei weisse Schlangen kamen, aber die dritte kam nicht. So konnte der Student sie bannen und ins Weisswasser werfen. Die Fieschertaler behaupten jetzt noch, am Unterberg, sehe man heute keine Schlangen. Es soll auch Tatsache sein, dass einer vor nicht allzu langer Zeit diesseits des Weisswassers eine Bürde Heu fasste. Diesseits gibt es Schlangen. So band er versehentlich eine in die Bürde und wollte das Heu hinüber nach Unterberg tragen. Mitten auf dem Weisswasser habe die Schlange so gewütet, dass der Mann glaubte, er müsse das Heu ins Wasser fallen lassen. Schliesslich konnte sich die Schlange befreien. Sie sprang in grossem Bogen ins Weisswasser und verschwand. Die Schlangenverbannung war vielleicht so vor hundert Jahren. FIESCHERTAL Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die schlaue Frau

Source: Die schlaue Frau

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Ein Bauer, der bis an den Hals im Dreck steckte, sagte einmal, um da herauszukommen, hätte er nichts dagegen, mit dem Teufel einen Vertrag abzuschliessen. Auf einmal stand der mit den Geissfüssen leibhaftig vor ihm und fragte, was ihm fehle. Wenn er mit ihm einen Vertrag machen wolle, so sei er dazu bereit, er wolle ihm aus dem Elend heraushelfen und ihm mehr als genug Geld geben, so lange er Arbeit für ihn habe. Dem Bauern war dies recht, denn er dachte: «Oh, Arbeit habe ich zu vergeben bis zum Geht-nicht-mehr!» Also machte er den Vertrag mit dem Bösen, wie der es ihm vorschlug. Der Teufel aber war immer gleich mit der Arbeit fertig, die der Bauer ihm gab, und der konnte nicht begreifen, weshalb der Teufel so einen drauf hatte. Und schon kriegte er Angst, er könne ihm nichts mehr auftragen. Da kam der Frau in den Sinn, dem Teufel schwarze Wolle zum Waschen zu geben, bis diese weiss sei. Der Teufel strengte sich dabei zünftig an, aber zuletzt musste er doch klein beigeben. Denn er musste einsehen, dass es nichts gibt, um schwarze Wolle weiss zu waschen. Er merkte, dass er diesmal in die Falle gelaufen war, und er konnte nichts anderes tun, als dem Bauern weiterhin ohne Wenn und Aber Geld zu zahlen.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Schleitheimer vermorgenbröteln den Wetzenhof

Source: Die Schleitheimer vermorgenbröteln den Wetzenhof

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Jahrhunderte lang waren die Gächlinger um den Besitz des [1555 erworbenen] Wetzenhofes beneidet worden. Noch heute erzählen die Schleitheimer, auch ihre Gemeinde hätte anno 1555 den Wetzenhof gern gekauft, leider sei er aber von ihren Kaufbevollmächtigten „vermorgebrötlet” worden. In seiner Chronik berichtet der Neunkircher Landschreiber Schmid über dieses Missgeschick der Schleitheimer: „Diesen Hoff haben die von Schleitheim auch kauffen wollen; da sie dan den Tag, der zum Verkauffen angesehen worden, ... zu Löhlingen zu Morgen geessen und glaubt, es thüe nicht so noht, da inzwüschen ihn die von Gächtlingen gekaufft haben“.     Aus: R. Frauenfelder, Sagen und Legenden aus dem Kanton Schaffhausen, Schaffhausen 1933. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Schlittenfahrt

Source: Die Schlittenfahrt

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Jedermann kennt die Freude und die Lust der Knaben, im Winter auf hartem Schnee mit kleinen Schlittchen durch hängende Halden hinab oder, steilere Strassen herunter lustige Fahrten zu machen. Alle Mühe, Arbeit und Schweiss, selbst halbverschlagene Köpfe halten sie nicht ab, die Anhöhen auf's Neue zu gewinnen, um der kurzen Freude des Hinunterfahrens nochmals zu geniessen. Nicht selten gesellen sich sogar Mädchen zu ihnen, welche schnelles Fahren eben auch nicht verschmähen. Solche Kinderspiele sind oft nicht ohne Gefahr für die jungen Glieder der unbehutsamen Schlittenfahrer. Die Hl. Schutzengel mögen manchmal vollauf zu tun haben, um ihre Schutzbefohlenen durch Unbesonnenheit nicht Schaden leiden zu lassen. Eine traurige Ausnahme erzählt auch hier eine Sage. — In der Gemeinde Eisten, Pfarrei Stalden, liegt der Bergweiler Schweiben hoch in schroffen Bergabhängen auf einem vorspringenden Felsengebirge, das fast ringsum schreckliche Abgründe abschliessen. Die guten Leute haben einen drei Stunden langen Weg zur Pfarrkirche nach Stalden, der, besonders im Winter, sehr mühsam und gefährlich ist. Dennoch unterlassen sie den Kirchgang nur zur grössten Not. Als an einem schönen Wintertage bei solcher Gelegenheit nur halberwachsene Kinder zu Hause blieben, wollten sich einige derselben auch mit Schlittenfahren ergötzen. Die Eltern würden das an diesem so gefährlichen Orte nie zugegeben haben. Auch fanden die Kinder keine Schlitten, nahmen aber eine grosse Muolte (Holzbecken), setzten sich darin und vollzogen ihre beabsichtigten Fahrten. Das Ding ging anfangs sehr gut; aber bald ebnete die Muolte ihre Wege immer besser, fuhr immer schneller und gewann bald solche Kraft, dass sie, über das Ziel hinausgetrieben, ihre unbesonnene, um Hülfe laut aufschreiende Ladung rettungslos in den schrecklichen Abgrund führte. Es starben da sieben Kinder, deren Leichname, in Stücke zerrissen, mühsam gesammelt und in einem Sarge zu Grabe getragen wurden. — Wer den Ort sieht, kann's glauben.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Schlittenfahrt

Source: Die Schlittenfahrt

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Jünglinge und Mädchen verabredeten an einem Weihnachtstage eine wilde Schlittenpartie, d.h. es setzten sich mehrere auf Holzschlitten und fuhren einen Abhang hinunter. Der Kühnste hielt die Deichsel und konnte auf diese Weise ein wenig den Schlitten leiten. Ein frommer Jüngling hielt eine solche Fahrt an einem Weihnachtstag für Sonntagsentheiligung und wollte nicht fahren. Aber seine Braut, ein lebhaftes Mädchen, wollte es durchaus. Einzig der Braut zur Begleiltung machte er die Partie mit. Die Schlitten schossen den beeisten Abhang hinunter, verloren die Richtung und näherten sich pfeilschnell einem tiefen Abgrund. Dem frommen Jüngling gelang es mit festem Arm eine Tanne zu umklammern. Seine Braut hätte er gern gerettet, aber sie hatte sich (den Ernsten verspottend) die ganze Fahrt von ihm weg in den Arm eines andern geflüchtet. Seine ausgestreckte Hand konnte sie einzig bei den Haarflechten erfassen, als die Schlitten in den Abgrund stürzten. Aber der andre Bursche hielt das Mädchen fest umklammert, beide stürzten in die Tiefe. Dem Bräutigam blieben die Haarflechten in der Hand, er war der einzig Gerettete. Aus: U. Brunold-Bigler, Die Sagensammlung der Nina Camenisch, Disentis 1987, mit freundlicher Genehmigung der Autorin. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Schlossherren von Mangipani

Source: Die Schlossherren von Mangipani

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Zwei Stunden oberhalb Brig, wo die Rhone wie ein Wildbach durch das enge Felsenbett schäumt, liegt das Dörfchen Moerel. Auf der Schattseite hängt der dunkle Wald bis in die Talsohle hinunter, auf der andern geht es auf sonnigen, aber sehr steilen Weiden hinauf gegen die Riederalp, die ihrer Schönheit wegen längst in allen Reise­handbüchern erwähnt ist. Das Dörfchen führt einen Stierkopf im Wappen, mit weissen Hörnern und weissem Muffel, der eine Korn- und eine Weizenähre im Maule hält. Das soll bedeuten, dass Moerel in der Viehzucht und im Ackerbau zu den vorgerückten Bezirken im Wallis gehört. Der Sage nach aber soll das Wappen auf andere Weise erstanden sein. Die Junker von Moerel bewohnten das feste Schloss Mangipani, dessen spärliche Trümmer heute vom wuchernden Buschwerk ganz verschlungen und verhüllt sind. Die Schlossherren waren freche Ge­sellen, die ihre Untertanen bis aufs Blut aussogen und es besonders auf die jungen Frauen abgesehen hatten, die man ihnen gleich nach der Trauung für einige Tage ins Schloss bringen musste, wo sie gequält und übel zugerichtet wurden. Da führte auch der junge, strammgewachsene Baschi sein Herz­gespiel zum Traualtar. Die Braut fürchtete sich vor dem Schloss­herrn, aber der Bräutigam sagte, sie brauche sich nicht zu härmen, er werde sie vor dem Junker schon zu schützen wissen. Die Hoch­zeit fand statt, und nach derselben führte er die junge Frau in sein Häuschen, das am Fuss der Burg stand und von einem mächtigen Nussbaum überschattet wurde. Am nächsten Morgen sandte der Schlossherr einen Knecht mit dem Befehl, Baschi möge sich sofort ins Schloss hinaufbegeben. Der junge Mann gehorchte und stieg hin­auf. Oben angekommen, wurde er vom Junker grob angefahren, weil er die Frau nicht ins Schloss gebracht hatte. Baschi suchte nach Ausflüchten, aber der Herr sagte: «Du hast eine schwere Strafe verdient für dein sonderbares Benehmen, doch weil ich deine Familie gut leiden mag, will ich dir Gelegenheit geben, dich von der Strafe loszukaufen. Bringst du mir innert acht Tagen ein Tier ins Schloss mit achtzehn weissen Hörnern, nicht bei Tag, noch bei Nacht, weder früh noch spät, so sollst du frei ausgehen!» Der junge Mann war nicht auf den Kopf gefallen, verliess das Schloss und wanderte das Goms hinauf. Er zog durch alle Dörfer und fragte überall nach einem Tier mit achtzehn weissen Hörnern, aber kein Mensch wollte je ein solches Ungetüm gesehen haben. Sieben Tage war er schon herumgereist, hatte alle Gehöfte abgesucht, war über alle Alpen gestiegen, aber ein Tier mit achtzehn weissen Hörnern schien noch nirgends gewachsen zu sein. Der Schlossherr schien ihm diese Aufgabe nur gestellt zu haben, damit er ihn um so sicherer verderben könne. Bei den Bauern aber flammte der Zorn auf, wenn er von den Zwingherren auf Mangipani und ihrem frechen Treiben sprach, und überall versprach man ihm Hilfe, wenn der Junker Böses gegen ihn im Schilde führen sollte. "Es wäre schon längst an der Zeit gewesen, diese Räuberburg zu brechen», sagten sie und machten drohende Gebäreden.  «Lange genug haben die Herren an unserem Marke gesogen!» Am anderen Tag wanderte Buschi wieder heimwärts. In einem Alpdörfchen hatte er noch etwas auszurichten und bog deshalb von der Strasse ab und schlug den Weg ein, der haldauf führte. Auf der Hockenmatte bei Grengiols fand er das Tier, das er suchte. Dort weidete mitten in einer grossen Herde ein schwarzgefleckter Stier mit zwei weissen Hörnern; alle vier Doppelhufe und die zwei Hörn­chen darüber waren weiss, und das machte grad achtzehn zusammen. Er erhandelte den Stier und wanderte wohlgemut mit ihm talabwärts. Vor einbrechender Nacht konnte er Moerel noch erreichen, doch verspätete er sich unterwegs, und nun musste er eilen. Der Stier hatte Hunger bekommen, und als er ihn der Kürze wegen quer feldein führte, erhaschte dieser rasch ein Maul voll Ähren, aber so schnell ging es jetzt dem heimatlichen Dörfchen zu, dass der Stier nicht mehr Zeit hatte, das Büschel zu fressen. Zwischen Tag und Nacht führte er dem Junker das Tier, dem noch einige Ähren zum Maul heraushingen, vor. Der Schlossherr zeigte sich sehr erfreut und sagte, die Strafe sei ihm jetzt erlassen. Weder bei Tag noch bei Nacht sei er gekommen, und das Tier habe ganz richtig achtzehn weisse Hörner. (Die Be­wohner von Moerel sollen später diesen Stierkopf ins Wappen ge­setzt haben.) Baschis Stirne hatte sich aber wieder umwölkt; er bat den Schlossherrn, ihm vor das Tor hinaus zu folgen, da er ihm noch etwas zu sagen wünsche. «Danken möchte ich nur», sagte er, als sie draussen waren, «dass Ihr mir so gnädig die Strafe erlassen habt», und er drückte ihm die Hand mit eisernem Griff, dass das Blut zu den Nägeln heraus­spritzte. Der Junker wand sich und flehte, ihn loszulassen. «Nicht eher, als bis du mir sagst, wie die Burg zu nehmen ist!» «Sie ist nicht zu nehmen», winselte der Junker. Baschi aber schlug ihn zu Boden und kniete ihm auf die Brust. «Beichte, Schurke!» «Von oben, von oben - lass los -» röchelte der Schlossherr. «Also von oben, und wenn du nicht das Maul hältst in der Burg, so ergeht es dir morgen noch schlimmer - jetzt lauf!» Baschi liess ihn los und machte sich auf den Heimweg. Noch in der Nacht wurden die Boten ins Goms gesandt, und am nächsten Morgen strömte das Bauernvolk herbei. Allein auch der Junker hatte nach Brig um Hilfe geschickt, und ein kleines, schlecht bewaffnetes Häuflein war erschienen. Doch als die Briger die Übermach der Gomser erblickten, wichen sie zurück und kehrten heim. Baschi führte die Freunde den Berghang hinauf, an den die Burg sich anlehnte. Oberhalb der Burg fällten sie die Waldbäume, füllten damit die Lücke zwischen dem Schlosse und dem Hang aus, errich­teten eine schräg abfallende Schleife und liessen Baumstämme und Felsblöcke hinunterrollen. Mit gewaltiger Stosskrafe prallten und donnerten sie gegen die Grundmauern, so dass grosse Breschen ge­schlagen und die Burgwände zum Stürzen gebracht wurden. Die Schlossherren und die Knechte, die sich flüchten wollten, wurden erschlagen und das Schloss in Trümmer gelegt. So hat das Oberwalliser Völklein sich seine Freiheit erkämpft. Quelle: Johannes Jegerlehner: Walliser Sagen, Hans Feuz Verlag Bern, 1959 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Schlossjungferin Wolfiswil

Source: Die Schlossjungferin Wolfiswil

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An der rechten Bachseite des Dorfes Wölflinswil im oberen Fricktal steht ein steinernes dreistöckiges Haus, schmal an die Berghöhe hingebaut, mit steiler Dach und gezürnten Giebeln einem alten Vogthause gleichend. Gegenüber auf der linken Bachseite auf der Jurahöhe stand vor Jahrhunderten das Adelsschloß Eptingen. Der Burgherr und seine Frau waren sehr mild gegen ihre Untertanen gewesen; die Tochter dagegen tat äußerst hochmütig und prunksüchtig, dazu preßte sie den armen Leuten in diesen rauen Hochtälern auch noch ihr bisschen Geld mit aller Härte ab. Im Schwedenkriege wurde endlich das Schloß zerstört und die Tochter von den Soldaten erschlagen. Nachher sah man ihren Geist in der Ruine umher gehen und sich an denjenigen Plätzen niedersetzen, wo in eingestürzten Gewölben das zusammen gegeizte Geld in eiserner Kiste verwahrt lag. Alles fürchtete sich gar sehr vor dem Gespenste, nur ein Jüngling aus dem Dorfe nicht. Der hatte sich aus seinem Hause nun schon mehrmals zur Nachtzeit weggeschlichen, und da er kein Kiltgänger und Nachtbube war, so konnte man sich gar nicht denken, wohin er wolle, wenn man sah, wie er gegen das Schloß am Berge in der Finsterniß seine pfadlose Richtung nahm. Es versteckte sich daher sein Vater Nachts in der Ruine und lauerte ihm auf. Kaum war auch der Sohn hier oben angelangt, so trat diesem die Schloßjungfrau freundlich entgegen und bot ihm die Hand. Ebenso vertraut tat der Jüngling. Als wüßte er schon ganz genau, was es hier gelte, nahm er die Jungfrau frisch auf den Arm und begann sie dreimal um das Schloß herum zu tragen. Jedes Mal wenn er an die Stelle kam, wo der Vater im Verstecke war, hielt er inne, setzte das Mädchen ab, küßte sie herzhaft, nahm sie rasch wieder auf und verschwand mit ihr hinter dem Gemäuer. Da er sie nun das dritte und letzte Mal hergebracht und geküßt hatte und sie eben wieder auf den Arm hob, hielt der Vater nicht länger an sich und schrie voll Angst: „nit, nit! die zwo Schlange bißet!" es waren aber nur die zwei mächtig langen Zöpfe der Jungfrau, die der Alte für zwei Schlangen angesehen hatte. Über diese wohlbekannte Stimme erschrak der Sohn, ließ das Mädchen auf den Boden fallen und entsprang. Die einstige Seligkeit dieser Jungfrau ist an einen Kirschbaum geknüpft, der im nahen Bergwald Lammetholz steht. Wenn er einmal so dick wie ein Sägbaum geworden und dann zur Wiege verzimmert sein wird, so kann das Knäblein, das man in dieselbe legen wird, der Jungfrau Erlöser werden. (Mitgeteilt vom Bauern Franz Frey v. Wölflinswil.) Quelle: E. L. Rochholz, Naturmythen. Neue Schweizer Sagen, Leipzig  1862. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch      


by Die Schlossmusik der Homburger

Source: Die Schlossmusik der Homburger

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Wenn die Frickthaler Mädchen in die benachbarte Basellandschaft zur Aerntezeit als Schnitterinnen hinüber gehen, so machen ihnen ihre daheim gebliebenen Bursche auch dorten zuweilen einen Nachtbesuch und scheuen dabei, um unentdeckt zu bleiben, den mühsamen Hin- und Herweg über die dazwischen liegenden Juraberge keineswegs. Ein so unermüdlicher Liebhaber war auch Joseph Hochreuter von Wittnau, und in mancher Sommernacht überstieg er hin und zurück den beschwerlichen Homberg. Wie ein übergewaltiges Hausdach mit schnurgerader First und steilabfallenden Seiten streicht dieser Berg an der Grenze des Frickthales und Basellandes stundenweit hin und trägt auf seinen zwei entgegengesetzten bewaldeten Spitzen die Ruinen zweier Ritterschlösser, der Homburg und des Rechbergs. Eine beträchtliche Ebene liegt oben auf der Höhe, sie stürzt aber gegen Wittnau hin jäh ab, und die tiefen Risse und Schuttwände dieser Seite gehen weithin sichtbar wie hochrothe Rinnen durch den schwarzen Tannenwald ins Thal herunter. Als Hochreuter einst in einer klaren Sternennacht auf seinem Rückwege hier herüber gestiegen kam, fand er diese ganze Ebene der weiten Länge nach gesperrt, ein doppelter Lebhag war in halber Mannshöhe drüber hingezogen und zwischen diesen zwei grünen Hecken lief pfeilgerade eine breite saubere Heerstrasse. Während er den langen Hag anstaunte, wie etwas, das in dieser einen Nacht gesetzt und fertig gewachsen hätte sein müssen, begannen von Ferne her im Winde sich die Töne einer rauschenden Musik hören zu lassen; es war ein mächtig lautender Marsch. Erwartungsvoll stellte er sich am Hage auf und blickte in die fremdartige Strasse hinein. Bald kam auf ihr in der Richtung, in welcher die Ruine Homberg liegt, ein gewaltiger Zug heranmarschiert. Die Spitze bildeten kleine Knaben, auf welche grössere folgten, alle so ebenmässig und nach zunehmender Grösse hintereinander gereiht, daß es gar lustig anzusehen war. Paarweise giengen sie einher, ein jedes Paar schritt, die Strasse zwischen sich frei lassend, gleichweit von einander entfernt, hart den inneren Seiten der doppelten Hecke nach. Diese Junkerlein waren alle überein gekleidet und trugen, soweit die Nacht dies zu unterscheiden gestattete, weisse Hosen und schwarze Röckchen. Ihnen folgte eine Schaar Männer nach, durchaus schwarz gekleidet, und unmittelbar hinter ihnen kam die zahlreiche Mannschaft einer Blechmusik, welche im Vorbeigehen auf Hörnern, Trompeten und Posaunen gar mächtig aufblies. Jetzt kam eine Kutsche gefahren, mit sechs Rappen bespannt; sie war geschlossen wie ein hoher Postwagen und mit einer zahlreichen Gesellschaft von Herren und Damen besetzt. Hinter ihr erschien ein Schwarm winzig niedlicher Mädchen in weissen Kleidchen, sodann ein anderer von grösseren Jungfrauen, und auch diese giengen paarweise innerhalb der beiden Seiten der Hecke. Ein Haufen schwarzmanteliger Frauen schloss endlich den Zug. Alles kam so zierlich und leicht einher, dass man keinen Schritt, keinen Huf der Rosse, keinen Laut der Wagenräder hörte; nichts vernahm man als nur die Musik, nach deren Takt sich alles bewegte. Staublos blieb die Straße, als giengen diese zahlreichen Schaaren über lauter Schnee. Alles schien, als ob es mit dem Wehen des darüber spielenden Windes hergebracht und fortbewegt würde. Was aber den Betrachter am meisten in Erstaunen setzte, war Folgendes: Anstatt dass sich Heerweg und Hecke nach Beschaffenheit des steilabfallenden Hombergs am Ende der Hochebene gleichfalls hinabgesenkt hätte, setzte sie sich in der Richtung, wie sie unten von dem Schlosse Homburg aus begann, zum Schlosse Rechberg hinüber fort und gieng also, wo die Tiefe begann, geradaus durch die Luft weiter. Dies alles geschah beim klarsten Sternenschein. Als nun Hochreuter weiter gegen die Höhe des Berges hinlief, um von da aus noch zuzuschauen, wohin das Ende des Zuges sich wenden werde, trat plötzlich eine stockende Finsterniss ein und verschlang zusammen Hag, Strasse und Procession. Und damit brach ein so furchtbares Unwetter los, dass er alle Unerschrockenheit aufbieten musste, um nur noch seinen Weg über den Berg hinab zu finden. Dies ist die Schlossmusik und der Zug der Homburger Herren. Man giebt ihr folgenden Ursprung. Der Herr des Rechberger Schlosses liebte das Weib des Homburger Grafen aufs heftigste, doch verbarg er diese Leidenschaft, vor ihr und Jedermann, und so blieben die beiden Schlossnachbarn gute Freunde, die manches Spiel und manche Wette mit einander machten. Unter anderm stritt sich einmal ihre Gesellschaft über den Sinn der Redensart, einen hinters Licht führen. Dass die Bedeutung derselben eins sein sollte mit Betrug, dafür schien den anwesenden Damen durchaus keine der versuchten Erklärungen befriedigend genug. Der Rechberger jedoch erbot sich, ihnen dies zu beweisen, wenn man das nächste Abendessen auf der Homburg genau so abhalten wolle, wie er es nun vorschlage. Man gieng den unschuldigen Scherz ein. Zur bestimmten Minute des nächsten Abends sass also der Homburger Graf tafelnd an dem offenen Fenster, das dem Rechberger Schlosse zugekehrt war, und wie verabredet worden, so stellte die Gräfin eben noch die letzte Tafelkerze zu den übrigen gerade vors Gesicht ihres fröhlichen Gemahls, da hörte man drüben von dem Nachbarschlosse her einen Knall und zugleich stürzte der Graf in Stücke zerrissen vom Stuhle. Der Rechberger hatte ihn mit einer gut gerichteten Kanone durchs Schlossfenster herein erschossen und dem Weibe damit bewiesen, wie man die Männer hinters Licht führt. Der Hochzeit, die hierauf der Rechberger mit der Wittwe abhielt, gieng ein prächtiger Brautlauf voraus, bei dem alle Herren des Landes mit Weib und Kind erschienen. Und in derselben Weise, wie es damals auf dem Berge geschah, müssen nun ihre Seelen heute noch fahren. Immer hört man jene Musik wieder, so oft im Sommer ein schweres Gewitter anzieht; sie tönt mit solcher Macht, dass man sie schon auf den Wölfliswiler Feldern, also wohl eine Stunde weit entfernt, deutlich vernommen hat. Vor dreizehn Jahren haben Holzbauern droben an der Ruine massivgehauene scheibenrunde Rothsteine entdeckt, die in einem Haufen zusammen unter dem Waldlaube lagen. Alle waren radförmig, darunter viele von solcher Grösse, dass man sie zerschlagen musste, um sie heim nehmen zu können; andere grosse und kleine hat man ins Dorf herab gebracht, um sie als Schleifsteine anzuwenden, und so sind sie nach und nach wieder verloren gegangen. Die Bauern besinnen sich heute noch, welchen Herrn und welchen Zweck wohl diese Steine einst gehabt haben mögen. Einen gleichen Fund solcher Schleifsteine will ein Bauer zu Nesselnbach im Freienamte im Jungholz des dortigen Hochwaldes in den letzten Jahren erst gemacht haben. In Höhe eines Hügels lagen diese schönbehauenen glatten Steine da; er nahm sich nur den kleinsten mit, der am handlichsten war. Als er ihn einem vorüber reisenden Schleifsteinhändler zeigte, bot ihm dieser einen Franken fürs Stück. Seither kann der Bauer, so oft er schon nachgesucht hat, keinen solchen Stein an jener Stelle mehr finden. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 131 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Schlüsselfrau im Schlosse zu Mayenfeld

Source: Die Schlüsselfrau im Schlosse zu Mayenfeld

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In den Überresten des alten Schlosses zu Mayenfeld, das ehemals Eigentum der Freiherren von Brandis war, hält sich der Sage nach eine alte Burgfrau auf. Jeden Abend durchwandelt sie die unterirdischen Gemächer der Burg, wobei sie mit den vielen Schlüsseln, die sie zur Verwahrung ihrer Schätze in den vielen Räumlichkeiten bedarf, ein entsetzliches Gerassel macht, das Jedem, der des Nachts an dieser unheimlichen Stelle vorübergeht, Schauder und Grausen einflösst. Dann um Mitternacht verlässt die »Schlüsselfrau« ihre Wohnung und begibt sich in die nahegelegenen Baumgärten. Dort aber lässt sie durch die feierliche Stille der Nacht die wunderschönste Stimme im Gesange erschallen, der Jeden, im Gegensatz zum Obengesagten, mit einem gewissen Zauber festbannt und ihn nicht von der Stelle lässt, bis der Morgen graut und die nächtliche Sängerin wieder in ihre unterirdischen Gemächer sich zurückbegibt. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Schlüsseljungfrau

Source: Die Schlüsseljungfrau

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Einst lebte unterhalb der Burgruine, die hoch ob dem Dorfe Tegerfelden steht und weit über die Täler des Aargaus hinwegschaut, ein Hirtenknabe. Als er eines Abends seine Herde dem Flüßlein Surb entlang, das unten am Schloßberg vorbeifließt, nach Hause trieb, sah er auf einmal, wie ein Lichtlein von der hochragenden Burg weglief. Verwundert blieb er stehen. Aber es kam immer näher und näher. Da legte er sich in eine Staude, um zu sehen, wohin das Lichtlein wohl gehe. Doch es ward immer größer, und jetzt gab es einen weißen Schein unter dem Licht, wie ein wehendes weißes Tuch, und auf einmal ward daraus ein weißes Gewand und aus dem hellen Licht ein goldenes, leuchtendes Haargelock, und da schritt eine schneeweiße Jungfrau gesenkten Hauptes, gefolgt von einem schwarzen Hündlein mit einem roten Halsband, an ihm vorbei. In der Hand trug sie ein Henkelkrüglein, und das tauchte sie ins reine Bergwasser der Surb und sang dazu ein gar schwermütiges Lied. Das mußte wohl das verwunschene Schloßfräulein von Tegerfelden sein. So nahe hatte er's noch nie gesehen. Aber als sie nun wieder den Weg zurückging, blieb sie vor seiner Staude stehen, als erwarte sie, daß er sie anspreche. Doch vor Schrecken blieb er stumm, und traurig ging sie weiter und verschwand im Burggraben. Da ward ihm schwer, und er bereute, sie nicht angeredet zu haben. Betrübt zog er mit seiner Herde heim. Aber noch oft hörte er danach den schwermütigen Gesang und sah die Jungfrau in mondheller Nacht mit ihrem fliegenden Goldhaar in wehendem, weißem Gewände immer genau den Ring des zerfallenden Burggemäuers umkreisen. Wenn es aber gar hell war, konnte er wohl auch ihr schwarzes Hündchen mit dem roten Halsband gewahren, das ihr unablässig um alle Mauern nachlief. Als er sich einmal näher wagte, hörte er in ihrer Hand ein Schlüsselbund wie silberne Glockenstimmen klingeln. Da lief er feige nach Hause zurück. Aber oft ließ sich die schöne Jungfrau auch am hellen Tag sehen. Das erfuhr einmal ein armer Bauersmann, der eines Nachmittags einsam und allein an der Surb saß und nach Fischen angelte, denn die Seinigen hatten gar nichts mehr zu essen. Da auf einmal, als er so an nichts dachte und nur das Elend vor ihm stand wie eine graue Wand, schwamm etwas Glänzendes gegen ihn heran. Erst nahm er's für ein bloßes Blatt, das der Herbst von den weißrindigen Birken geweht. Doch als es näher kam, sah er zu seiner Verwunderung ein seltsam glänzendes Gras, das wie ein goldenes Ringlein im Wasser zu ihm herantrieb. Und als er's nun haschte, war es eine leuchtende Haarlocke. Zornig warf er's ins Wasser und sagte: "Gold bist du nicht, man kann dich nicht verkaufen, und ein Fisch bist du auch nicht, so kann man dich nicht essen. Schwimm zu!" Da stand, wie aus dem Boden gewachsen, eine weißgekleidete Jungfrau neben ihm und sagte: "Geschwind lang's wieder heraus, sonst machst du dich und mich unglücklich!" Der arme Mann, der die Jungfrau wohl als das verwunschene Schloßfräulein erkannte, sprang der goldenen Flechte nach, faßte sie wieder und überreichte sie der Jungfrau. Und siehe, es war gerade, als wäre ihr die wundersame Flechte eben aus dem Lockenhaar gefallen, so frisch und golden leuchtete sie. Ein einziges Haar davon band sie ihm an die Angelschnur. "Es soll dein Glück sein" sagte sie zu ihm, "doch mußt du dafür alle Wochen ein Vaterunser für uns beten." Und verschwunden war die weiße Jungfrau. Wie nun der Bauer seine wunderliche Angel zweifelnd ins Wasser hielt, zog es heftig an. Und wie er sie heraushob, hing eine sechspfündige Forelle daran. Und so ging's den ganzen Nachmittag fort, so daß er schwerbeladen mit den herrlichsten Blauforellen nach Hause ging. Da aber die Forellen schon damals als ein besonders leckeres Gericht galten, so gingen ihm die Fische, die er nun täglich fing, ab wie Maienbutter in der Sonne, also daß er bald ein wohlhabender Mann ward. Aber nun fing er zu trinken und zu prassen an, und zuletzt ließ er die Fische Fische sein. Er trieb es so bunt und übermütig mit seinem Geld und Gut, daß er bald wieder ein armer Schlucker war. Da erinnerte er sich in der Not wieder seiner wundertätigen Angel. Er nahm sie samt der Rute von der Wand und machte sich verdrossen an die Surb, um sie nach Fischen auszuwerfen. Als er sie jedoch ins Wasser hielt, tauchte ein schwarzes Hündlein mit rotem Halsband aus der Flut, biß an der Angel das feine goldene Haar durch und versank damit wieder. Umsonst versuchte es nun der Bauer auf jede Weise, Fische zu fangen, keiner biß mehr an. Da schlug er sich vor den Kopf und wehklagte: "Warum habe ich das Vaterunser in meiner Liederlichkeit zu beten vergessen!" Der Verlust der Zauberangel machte ihn wahnsinnig, und zuletzt fand man ihn tot im Flusse. - Seltsam erging es einem Drechsler aus dem Dorf Döttingen. Der wollte einstmals im Burggraben einen Pfaffenkäppchenbaum umhauen. Doch er scheute sich, es bei Tag zu tun, der Leute wegen, denn jedermann wußte, daß an diesem Baum die Erlösung der Jungfrau hing. Aus seinem Holze, das an einem Karfreitag gehauen und ein Jahr lang getrocknet sein mußte, sollte ja die Wiege gezimmert werden können, in der das Sonntagskind auferzogen würde, dem allein einst die Erlösung der schönen Jungfrau gelinge. Also erzählten sich die Leute. Daher schlich sich der Drechsler nachts in den Burggraben und schlug ein solches Bäumchen um. Wie es umfiel, stand unversehens die weiße Jungfrau neben ihm. Entsetzt fuhr er zusammen. Sie aber redete ihn an: "Ehe Ihr mit dem Bäumchen etwas vermögt, müßt Ihr drei Dinge tun. Bleibt Ihr dabei fest, so habt Ihr nichts zu fürchten. Kommt am nächsten Sonntag wieder hierher, so sollt Ihr die Proben erfahren." Der Drechsler war ein mutiger Mann. Am Sonntag gegen Abend stand er wieder an der Burg. Und da war auch schon die Schloßjungfrau neben ihm, und an der Schnur führte sie ihr schwarzes Hündlein mit dem roten Halsband. Jetzt führte sie den Drechsler zu einem Tor in der Mauer, das er bisher nie bemerkt hatte. Sie nahm das klirrende Schlüsselbund und öffnete das Tor. Zuerst kamen sie in einen unterirdischen Gang. Gleichwohl schauten durch die gewaltige Wölbung die Sterne herein, was dem Drechsler unheimlich genug vorkam. Bald gelangten sie in einen großen Saal, den viele Hunderte von Kerzen erhellten. An den Wänden saßen uralte Männer und schliefen in Wehr und Waffen. An der Rückwand aber stand ein eichener Trog, auf den das Hündlein hinaufsprang. "Küsse dieses Hündlein", gebot die Jungfrau. Der Drechsler tat's, und das Hündlein leckte ihm zum Dank die Stirn. Jetzt schlugen die schlafenden Männer die Augen auf und lächelten freundlich. Doch da führte ihn die Jungfrau weiter in einen andern Saal. Der war voll schlafender Jünglinge und Jungfrauen. Die Jungfrauen glichen ganz der Schloßjungfrau, jedoch trugen sie keine Schlüsselbünde und hatten nicht ihre wunderbaren goldenen Haare. An der Rückwand stand wieder ein größerer Eichentrog. Auf diesen setzte sich die Jungfrau selber und sagte leise: "Küsse mich!" Er tat's freudig. Aber siehe da, ihre Lippen waren kalt wie Eis. Jetzt schlugen auch die Jünglinge und Jungfrauen die Augen auf und lächelten den Drechsler glückselig an. Die Schloßjungfrau sprang vom Troge, lobte den Drechsler und sprach ihm Mut zu. Dann geleitete sie ihn zu einem dritten Saale. Das war der schönste, und nicht Kerzen erhellten ihn, sondern ein wundersames, milchweißes Licht, das die Kinder beschien, die rings an den Wänden schlummerten. An der Rückwand aber stand wieder ein noch viel größerer Eichentrog, und davor lag eine gewaltige Schlange zusammengerollt. Wie sich ihr der Mann näherte, richtete sie sich zischend auf und spie Feuer gegen ihn. Doch schritt er mutig über sie hinweg zum Eichentrog. Auf dem aber lag eine riesenhafte Laubkröte. Ihr Leib glich einer Bütte, ihre Augen waren wie Kaffeetassen, und ihr Leib schillerte in giftigen Farben. Gleichwohl nahm er sich zusammen und bückte sich, denn die Jungfrau bat: "Küsse sie!" Doch als er nun das Gesicht fast auf ihrem stinkenden Munde hatte, erblickte er ihren ekelhaften gerissenen Rücken. Von Grausen ergriffen trat er einen Schritt zurück. Da ging ein Wimmern durch den Saal; die Kindlein erwachten nicht. Die Jungfrau aber rang die Hände, schrie laut auf, und im Augenblick war ihr weißes Kleid kohlschwarz geworden. Es wurde stockfinster und krachte in allen Mauern, als fiele die ganze Welt zusammen. Da ward der Drechsler ohnmächtig und sank nieder. Als er wieder zu sich kam, lag er vor der Burg in einem Fuchsloch mit schneeweißem Haar und Bart. Danach wurde er irrsinnig und stand jahrelang alltäglich an der Mauer und rief nach dem Schloßfräulein, aber er sah es nie und nimmermehr. - Einst lebte auch im Dorf zu Tegerfelden ein armer Müllersknecht aus dem Schwarzwald. Als nun die Dorfleute am Neujahr den Berchtoldstag wie vor alten Zeiten mit vieler Lustbarkeit feierten, wollte auch er in einem Tanzhause ein Mägdlein zum Tanz auffordern. Aber niemand wollte mit ihm tanzen. "Heut' tanzt man mit keinem Wäldler!" riefen ihm die Mädchen zu. Das brachte ihn sehr auf, und er rief zornig: "Ei, so will ich euch mit einer Tänzerin kommen, wie hier noch nie eine gesessen ist!" Und dann ging er davon. Und da er ein Sonntagskind war, lief er geradewegs zur Burgruine ob der Surb. Drei Weidenzweige warf er über die Schulter ins Wasser und klagte der Schloßjungfrau sein Leid und bat sie, ihm doch drei Tänze zu bewilligen, da kein irdisch Mädchen einen Tanz mit ihm tun wolle. Schlag elf wolle er sie wieder heimführen, und danach möge sie ihm auch drei Proben auferlegen. Da stand die Jungfrau plötzlich neben ihm, nahm ihn an der Hand und sagte: "So komm!" Willig folgte ihm nun die verwunschene Maid ins Tanzhaus nach Tegerfelden. Als sie eintraten, staunten alle die wunderschöne, weißgekleidete Jungfrau an der Hand des ärmlichen Müllerknechtes an, und vor lauter Respekt zogen die Burschen die Hüte ab. Da winkte die Jungfrau, die Musik zog los, und nun tanzte sie gar zierlich mit dem Knechtlein drei Tänze nacheinander, und alles Volk schaute ihnen voll Bewunderung zu. Aber dann nahm sie den Burschen wieder an der Hand und ging lautlos mit ihm davon, in die Nacht hinaus. Da ward es dem Müllerknecht doch bange, je näher er der Burg kam. Aber er faßte sich ein Herz und ließ sich von der Jungfrau ruhig in alle drei unterirdischen Säle führen. Als sie jedoch in den dritten Saal kamen, wo die Kindlein an den Wänden herum schliefen, rief die Jungfrau weinend: "Siehst du, so habe ich mich versündigt! Diese lieben Kindlein da sind mir nicht dem Leben erweckt worden. So zahlreich wie die Jünglinge und Jungfrauen im zweiten Saal wäre meine Nachkommenschaft sonst geworden, hätte ich einen der Greise im ersten Saal geheiratet, die alle meine Freier waren. Aber so groß war mein Stolz und meine Eitelkeit, daß ich, im Einverständnis mit meinen herzlosen Eltern, keinen der vielen Ritter zum Manne annehmen wollte, der nicht die Probe bestünde, dreimal unsere Burg auf ihren gähen Felsen zu umreiten. Alle wagten es, und alle stürzten bei der grausen Probe zerschmettert in den Fluß. Einer aber war, der die Probe glänzend bestand. Dreimal ritt er auf seinem Pferde um die Burg und fiel doch nicht tot. Aber da er ein niederer Ritter war, schämte sich die Mutter des armseligen Freiers, und als sie ihm nun den Verlobungstrank reichte, mischte sie ein Kraut hinein, das ihn in Schlaf versenkte. Wie er aber schlief, ließ sie ihn heimlich über die Felsen der Burg zu Tode stürzen. Wie ich nun erwachte und es erfuhr, packte mich wilde Verzweiflung, denn gerade diesen hatte ich liebgewonnen, und an der gleichen Stelle, wo man ihn hinabgestürzt, sprang auch ich in die Tiefe und in den Tod. Zur Strafe muß ich nun hier die Hüterin der Opfer meines Übermutes sein. So hilf mir denn, sonst kann ich nicht selig werden. Küsse nun das Hündlein. Danach nimm allen diesen Mägdlein ein Haar vom Haupt, jedem Greise eines aus dem Bart und trage diese Haare hinaus in den Bach, bevor es zwölf schlägt. Eile, eile, denn wenn es im Dorfe Mitternacht schlägt, schließen sich die verwunschenen Tore wieder." Der Müllerknecht wagte alles. Obwohl sich das Hündlein in allerlei Gestalten verwandelte, küßte er's doch. Er hob auch die Jungfrau auf den Eichentrog, obwohl sie sich schwer machte wie ein Berg, und küßte sie. Er zupfte den Mädchen und Greisen die Haare aus und trug sie raschen Fußes zum Bach. Es war aber auch höchste Zeit. Mitternacht war nahe. Nur noch zwei Bärte sind übrig, nur noch von diesen soll er zwei weiße Haare in die Surb werfen. Und gerade jagt er mit dem zweitletzten durchs dritte Eisentor zum Schloßberg hinaus, da schlägt's in Tegerfelden zwölf Uhr, und donnernd fahren hinter ihm die Tore zu. Wie betäubt stand er da, aber die Tore blieben geschlossen, sooft er auch später auf den Berg kam. Eines Tages fand man ihn tot in der Mühle. - Nur noch einmal erschien die Jungfrau. Nämlich, als einst ein Tegerfelder vom Städtchen Waldshut her nach Hause ging, kam er in der Nacht nach Döttingen. Da wollte er den Weg kürzen und kam so an die Surb. Er dachte an nichts weiteres und sang ein Lied vor sich hin, denn ob ihm stand der sternenhelle Sommernachtshimmel. Da klirrte und klingelte es mit einem Male gar seltsam in den Weidenstauden des Flüßleins. Und als er nun verwundert stehen blieb, stieg eine wunderschöne Jungfrau in wehenden weißen Gewändern, über die ihre goldenen Haare herabflossen, aus den Weiden und Erlen. An ihrem Gürtel hing das Schlüsselbund, und dabei steckte ein Strauß Weidenröschen. Jetzt griff sie ins Mieder und nahm ein silbernes Schwegelpfeifchen hervor, worauf sie so wunderbar spielte, daß der Mann zu weinen anfangen mußte. Aber auch die Tiere des Feldes und des Waldes eilten herbei. Vom andern Ufer kam ein schneeweißer Edelhirsch durch die Surb geschwommen, und als er sich zu Füßen der Jungfrau niederließ, war ihm kein Härchen naß. Danach nahm sie eine doldenreiche Hopfenranke vom Strauch, legte sie ihm ums Geweih und knotete sie also, daß sie einen Zaum bildete. Dann brach sie einen Baldrianstengel als Reitgerte und ließ sich auf des Hirsches Rücken nieder. Sogleich erhob er sich und trug die Jungfrau leichten Schrittes den Schloßberg hinauf. Oben bog sie um den Turm, verschwand dann hinter dem Gemäuer, kam aber bald wieder zum Vorschein. Und nun ritt sie auf allen Trümmern und Felsenkanten rings ums Schloß. Neunzehnmal ritt sie so herum. Zuletzt aber jagte sie die gähen Felsen hinunter an den Bach. Der Hirsch ließ sich nieder, und die Reiterin stieg ab. Sie entzäumte ihn, zerbrach die Gerte und gab dem Hirsch einen leichten Schlag, worauf er blitzschnell verschwand. Jetzt setzte sie sich aufs Flußbord, mitten in die blühenden Weidenröslein, löste das Stirnband und begann ihre goldenen Haare mit einem goldenen Kamm zu strählen. So manchmal, als sie den Goldkamm durchs Haargelock zog, streifte sie von den tiefern Zweigen ihres Lieblingsbaumes den Erlenhonig ab und bestrich sich damit den Scheitel. Und immer wieder beschaute sie im mondhellen Wasser ihr wogendes Haar und maß, ob es nicht die Spitzen des Grases erreiche. Der Mann aus Tegerfelden aber stand stumm und starr da, bezaubert von all der Herrlichkeit der schönen Jungfrau, und wagte kaum zu atmen, obwohl sie sich mehrmals nach ihm umsah und ihn mit den blauen Augen heranzuwinken schien. Endlich erhob sie sich langsam, schritt traurig, gesenkten Hauptes durch die Surb und sang: "O Erli, liebi Erli! Es goht no hundert Johr, dann stricht den Boden währli mis geles Chruselhoor. Und lampet's denn am Bode, so find i mini Ruoh und chan i Himmel grote und du zuom Öfeli zuo!"   (O Erle, liebe Erle!   Es geht noch hundert Jahr,   dann streift den Boden wahrlich   mein gelbes krauses Haar.   Und hängt's dann auf den Boden,   so find' ich meine Ruh',   kann in den Himmel kommen   und du dem Ofen zu.)   Da verschwand sie in der Nacht. Jetzt erst merkte der törichte Mann, daß er die Jungfrau hätte erlösen sollen und daß er dabei wohl das blitzende Stirnband, den Goldkamm und gar die silberne Schwegelpfeife hätte gewinnen können. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


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Es war einmal ein Schustergeselle, den nannte das ganze Dorf einen Sonderling; denn so oft abends die Vesperglocke läutete, legte er sein Handwerksgeschirr auf die Seite und begab sich auf seine einsamen Spaziergänge, ohne sich um seinesgleichen zu bekümmern. Damit verhielt es sich aber so: Dem Gesellen war das Leben in dem abgelegenen Dorfe schon lange verleidet, und er sann hin und her, wie er es anfangen könnte, um bald ein Meister in einer großen Stadt zu werden. Eines Abends nach Sonnenuntergang ging er in den Wald hinter dem Dorf und klomm dort einen Hügel hinauf, auf welchem vor undenklichen Zeiten ein Schloss gestanden hatte, von dem jetzt nur noch ein verwitterter, viereckiger Wartturm da stand. Da kam von oben herunter eine Jungfrau in fremder Tracht; die sah gar seltsam aus; in der einen Hand hielt sie einen Schlüsselbund, in der andern eine schlanke Gerte, und auf dem Haupte trug sie eine prächtige Goldkrone, in welcher ein großer Goldschlüssel steckte. Der Geselle verbeugte sich untertänig und ging vorüber; aber die fremde Jungfrau rief ihn an und sagte: »Bist du in hiesiger Gegend daheim?« »Mit Vergunst«, antwortete der Gesell, »ich bin nur beim Schuhflicker drunten im Geding.« »Nun«, sagte die Jungfrau, »dann kannst du mir doch wohl ein Paar Schuhe machen; aber bis nächsten Samstag müssen sie fertig sein.« »Das will ich meinen, kann ich's«, antwortete er und zog schon das Maß aus der Tasche. »Hinten müssen die Schuhe rote Stöckchen haben«, sagte die Jungfrau, »und vorne rote Laschen, aber das Vorgeschühe bleibt ungewichst.« »Alles zu dienen«, erwiderte der Gesell, »so seid nur so gut und setzt Euch nieder, dass ich sie Euch anmessen kann.« Im gleichen Augenblick ließ sich von dem Schlossturm her eine Nachtigall hören. »Es ruft mich jemand«, sagte die Jungfrau, »ich muss schnell gehen«; und verschwand hinter den Bäumen. Am Samstag trug der Gesell die Schuhe nach dem alten Wartturm hinauf; er war selber in seine Schuhe verliebt, so fein und sauber sahen sie aus. An der gleichen Stelle wie das erste Mal war wieder die Jungfrau; sie hatte schon auf ihn gewartet und war jetzt wohl zufrieden mit seiner Arbeit. »Über acht Tage«, sagte sie, »sollst du mir aber noch deine Bürste mitbringen, damit du mir noch das Vorgeschühe wichsen kannst; hier hast du einstweilen ein Drangeld.« Damit gab sie ihm ein blankes Goldstück; da schlug wieder vom Schlossturm herab die Nachtigall, und die Jungfrau verschwand. Als er am nächsten Samstag mit der Rötelbürste herauskam, saß sie an einer Erle und hiess ihn zu sich setzen und fragte: »Du hast mir mit den Schuhen zweimal einen großen Dienst geleistet; ich bin in den alten Wartturm verzaubert; sobald ich aber dieses Paar Schuhe durchgelaufen habe, so bin ich erlöst. Zum Dank will ich dir bis dorthin beistehen, so oft du in Nöten gerätst. Wenn du mich brauchst, so komm allemal am Samstag hierher, da wirst du ein Pfeifchen finden; und wenn du darauf bläst, so werde ich erscheinen; ich werde freilich nicht mehr reden können; musst du aber notwendig einen Rat von mir haben, so drehe nur den Schlüssel an meiner Krone um; dann werde ich die Sprache wiederbekommen.« Das schrieb sich der Gesell redlich hinter die Ohren; und es ging keine Ewigkeit, so fand er sich wieder auf dem Waldplatz ein; da lag richtig das Pfeifchen; und als er darauf blies, lag an der Stelle, wo er es aufgehoben hatte, ein Goldstück. Und so trieb er's nun so oft er's mochte und hatte immer vollauf Geld. Aber er ließ es auch immer drauf gehen und strich den reichen Bauerstöchtern nach; er lebte wie der Spatz im Hanfsamen und wollte nicht mehr arbeiten. Der Meister jagte endlich den Faulenzer fort; aber weil er in seinem Saus und Braus schon lange jede Woche noch ein dickes Stück mehr Schulden gemacht hatte, als das Goldstück vertrug, so wollte ihn der Amtmann einstecken lassen. Da musste er sich entschliessen, der Jungfrau seine Bedrängnis zu klagen und sie um Hilfe anzuflehen. Er machte sich also auf den Weg; und als er auf der Pfeife blies, erschien die Jungfrau diesmal selber. Da griff er nach dem goldenen Schlüssel in ihrer Krone und wollte ihn umdrehen. Aber kaum hatte er ihn berührt, so verwandelte sich der Schlüssel in eine feurige Schlange, die ihn umschlang und fast erdrückte. Mit Schrecken rannte er davon und war froh, dass er nur mit einer verbrannten Hand unten im Dorf ankam. Hier lief er gerade dem Amtmann in die Hände; der setzte ihn an den Schatten und da war's aus mit den reichen Bauerstöchtern und mit dem Meister Schuhmacher in der großen Stadt.   Quelle: Sutermeister, Otto: Kinder- und Hausmärchen aus der Schweiz, Aarau:1869   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


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Im Schlüsselhölzli hinter dem Wartenberg erscheint zuweilen in Vollmondnächten zwischen zwölf und ein Uhr eine schöne, grosse Jungfrau mit langen, goldenen Haaren und in schlohweissem Gewande. Sie setzt sich auf einen Stein und winkte den Leuten. Wer sich getraute, ihr langes Haar zu strählen und sie dadurch zu erlösen, dem würde sie einen grossen Schatz zeigen. Aber noch keiner, der sie sah, hat es zu tun gewagt und andern, die in der Absicht hingingen, das Wagnis zu bestehen, ist sie nicht erschienen. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Die Schlüsseljungfrau am Pflasterbach

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Die Schlüsseljungfrau am Pflasterbach Von Regensberg aus gelangt der Wanderer auf der ins Wehntal hinabführenden Strasse nach einer Viertelstunde in die einsame Gegend des sogenannten Pflasterbaches. Dieser kommt sprudelnd vom Wald herab und erhielt den sonderbaren Namen daher, weil sein Bett wie verpflastert aussieht, was vom ausserordentlich kalkhaltigen Wasser verursacht wird. Dieses galt einst als wundertätig, was vielleicht ein Grund ist, weshalb hier ums 1501 eine Wallfahrtskapelle erbaut wurde. Infolge der Reformation geriet diese aber bald so sehr in Zerfall, dass man heute von ihr fast keine Überreste mehr bemerkt. Im östlich davon gelegenen Wäldchen vermuteten die Alten noch die Ruinen einer Burg der Ritter von Sünikon, die vom Volk wie anderswo als Schloss bezeichnet wurde. In diesem Gemäuer soll nun nach der Sage die sogenannte Schlüsseljungfer viele Schätze gehütet haben. Nachts sei sie aber zur Geisterstunde hie und da in weissem Gewand und mit langen, goldblonden Haaren samt ihrem Schlüsselbund zum nahen Städtchen Regensberg hinauf und wieder zurück gewandelt. Da habe, so wurde berichtet, ihr einmal ein armer Mann abgepasst, um von ihr die Schlüssel zu erbitten, die er erhalten habe mit der Bedingung, er dürfe einige Kostbarkeiten holen, aber niemandem etwas davon verraten. Dieses Stillschweigen sei von ihm aber nicht lange befolgt worden, weshalb er seine Schätze verloren habe und wieder arm und sogar geisteskrank geworden sei, während die holde Fee ihr Schloss zerstört und diese Gegend verlassen habe. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Unterland Wörtlich aus Hedinger, S. 17. Seine Quellen: Lienhard, Blatt 12; Stauber, S. 65. Welche Wirkung die Alten diesem Wasser zuschrieben, geht u. a. daraus hervor, dass es noch um 1870 zu Heilzwecken geholt und getrunken wurde, sogar gegen Zahnweh. Über die Kapelle äussert sich H. Hedinger in seiner „Geschichte des Städtchens Regensberg“, 2. Auflage 1951, S. 51 - 54 und 61 - 62, ausführlich. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Schlüsseljungfrau in Castrinis

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Oberhalb Untervaz in der Schlucht des Cosenz-Baches befindet sich die Ruine des Schlosses Rappenstein. Links des Tobels, gegenüber, aber einen Büchsenschuss weiter auswärts, liegt, umrahmt von hübschem Buchwalde, eine Bergwiese, die den Namen Castrinis trägt, und die ihrer Zeit zum Schlosse Rappenstein gehörte. In dieser Bergwiese Castrinis steht ein Haus und ein Stall, daneben auch ein Brünnelein. - In dem Hause soll es geistern. Einer hörte einmal, als er dort vorbeiging, im Hause grossen Lärm, wie wenn man in einem Troge eine Menge Nussschalen ausleere, und dann durcheinanderwühle. (Das war verwünschtes, verwandeltes, sündhaft erworbenes Geld.) Ein anderer erblickte auf der Wiese eine trächtige »Fährli-Müetter« (Mutterschwein) mit einem mächtigen Bund Schlüssel »i der Schnorra« (Rüssel). Sicherlich die verwünschte Schatzhüterin selber. - Eine noch (1878) lebende Untervazerin sammelte als Kind dort im Walde Holz und Reisig. Da vernahm sie plötzlich ganz deutlich das Gerassel eines Bundes Schlüssel. Sie schaute auf, und gewahrte eine weissgekleidete Jung­frau unter einem Fenster des Hauses, bemerkte auch, wie Diese ihr winkte. - Sie sei aber erschrocken und »was gisch, was häsch« (in grösster Eile) dem Dorfe zugeeilt, um dort zu erzählen, was sie gesehen. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Schlüsseljungfrau von Tegerfelden

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Der Weg von dem Aargauer-Dorfe Tegerfelden zum benachbarten Marktflecken Zurzach am schweizerischen Rheinufer führt über waldige Ausläufer des Jura an einer vereinzelten Felsenhöhe vorbei, von welcher die Ruinen der Ritterburg Tegerfelden herunter schauen. Der Bergkegel, der sich frei aus der Landschaft emporhebt und ringsum unzugänglich erscheint, bildet hier eine Wasserburg und eine Felsenveste zugleich. Von Osten umzieht ihn das Surbflüsschen und stürzt dann in einem tiefen Rinnsal über Klippen und Geschiebe am Berge vorbei und mit grossem Brausen der nahen Mündung zu. Westwärts schirmt ihn eine künstlich angelegte Linie von Gewässern, die man in ihrer jetzigen Versumpfung den Cheibengraben nennt; in diesem Becken sammeln sich die Abwasser einer grossen Ebene, des benachbarten Ruckfeldes, und lassen den Feldbach daraus entspringen. Die dritte Burgseite schliesst sich mit einer scharfen Kante des Berges ab, welche zu so jähen Flühen ansteigt, dass deren eine, die am verwegensten droben überhängt, die Teufelsbrücke heisst. Auf den luftigen Zacken dieser Felsenscheitel liegen die Ueberreste eines alten Baues, dessen blosse Trümmer jetzt noch einen Umfang von sieben Minuten haben. Laubwald ist ringsum bis zu den Vorwerken empor gestiegen, die Mauerlücken überbüschend. Unterholz und Gestrüppe bedeckt den Hof, dazwischen entdeckt man Spuren ehemaliger Kieselpflasterung. Jeder starke Tritt dröhnt unter dem Fusse nach und lässt auf die eingesunkenen Gewölbe im Jnnern schliessen. Die Brustwehren sind bis auf Weniges mit dem Gerölle der steilen Halde abgebröckelt, auf der sie ruhen sollten; drunten aber haben sie den doppelten Wallgraben fast zum Rande ausgeebnet, der in Nagelfluh gehauen ums Schloss geht und es einst vor Anfällen aus dem Ruckfelde her sicherte. So steht nichts mehr von Allem aufrecht als droben auf der Spitze die gewaltige Scharte eines viereckigen Wartthurmes. Er ist aus jenem rothen Juragestein gebaut, wie es die Steinbrüche im benachbarten Sennenloch unerschöpflich seit der Römer Zeiten bis heute fortgeliefert haben; recht ritterlich hebt sich der Thurm in seiner eisenbraunen verwitterten Färbung ab gegen das lebhafte Grün junger Erlen- und Eichenwipfel zu seinen Füssen. Aus dem Rittergeschlechte, das einst hier oben gehauset hat, weiss die Landesgeschichte nur den einen Konrad von Tegerfelden zu nennen, und sobald sie seines dunkeln Schicksals Erwähnung gethan hat, berührt sie Stamm und Schloss mit keinem Worte wieder. Sie berichtet, wie Konrad Erzieher war und Waffenmeister jenes ungebändigten Herzogs Johann von Schwaben, den man den Parricida heisst; und wie er das Unglück gehabt hat, als dessen Begleiter bei jener Mordscene Augenzeuge gewesen zu sein (Tschudi 1, 91), da auf dem Reussfelde, bei Windisch im Aargau, Kaiser Albrecht von seinem eigenen Hofgefolge erschlagen wurde und im Schoosse eines armen Weibes verschied. Die adeligen Uebelthäter entflohen darauf nach allen Weltgegenden. Aber während der Schrecken der Reichsacht ihnen auf den Fersen sass, kam noch die Königstochter, die rauhe Agnes, gegen die Schlösser der Verschworenen herangezogen, erstürmte und schleifte sie, und vollzog an den Hinterlassenen eine fast ausnahmslose Blutrache. So fiel damals auch diese Burg, indessen der entwichene Konrad drüben in den Schlupfwinkeln des Schwarzwaldes umirrte und später unter dem Klostergesinde von Neresheim sich barg. Dorten auf dem Neresheimer Härtfelde soll er unerkannt die Schafe der Abtei gehütet haben bis an sein Lebensende. Namen und Geschlecht erlosch mit ihm. Also pflegt am Schlusse folgenschwerer Ereignisse die Geschichte ihr Blatt schweigsam umzuschlagen. Mit ruhevoller Ergebenheit wendet sich ihr Auge bereits der neuen Entwicklung zu, und sie wird auch deren erschütternde Momente einst in den gleichen Frieden unbetheiligter Weisheit aufzulösen wissen. Nicht so aber verfährt die weichere Seele des Volkes, ihr ist ein solches hohes Vermögen nicht verliehen; sie grübelt vielmehr weiter in dem Kummerbuche eines gestürzten Herrenhauses, um so forschender, je herbere Dinge darinnen gestanden haben mögen, je unleserlicher dieselben schon geworden sind. Der Landmann betrachtet darum die schmale Ackerlänge, die er pflügt, die Baustelle, auf der seine Strohhütte steht, jeden sinkenden Gemarkungsstein auf der Almende, wie mit der einseitigen Neugier eines forschenden Alterthümlers. Mit jedem Spatenstiche gräbt er möglicherweise ein Stück seiner örtlichen Vorzeit mit aus, schon die Wurzeln eines alten Weidenstrunkes auf der Hutung draussen können ein solches für ihn bedeckt und verwahrt halten. An diesen unscheinbaren Gegenständen seiner engen Umgebung erwirbt er sich eine Gedächtnisskraft von ungewöhnlicher Schärfe. An ihnen sucht er bis auf die frühesten Tage zurückzukommen und bei deren undeutlichem Zwist verweilt er am öftesten. Da erfindet er sich die streitenden Parteien, er stellt sie vor den improvisirten Gerichtshof seiner naiven Empfindung und hört sie umständlich ab. Und obschon er weiss, wie erfolglos sein Wahrspruch bleibt, so fährt er doch fort, solche Pulsschläge eines längst begrabenen Zornes nachzuzählen, die Athemzüge schon versteinerter Schmerzen sich zu wiederholen, sein Urtheil darüber mit gewohnter Stimmeneinhelligkeit zu fällen, das gewohnter Weise nur auf ewige Verdammniss oder nur auf ewige Seligkeit lauten wird. So drückt das Volk die Liebe zur Vorzeit aus; es thut wie eine königliche Artemisia, es mischt gleichfalls die theure Asche mit Wein. Je inniger dieses Andenken fortlebt, um so bescheidener, um so prunkloser drückt es sich aus; vor fremden Zuhörern ist es sogar stumm, und zutraulichen Fragern antwortet es nur mit kindlicher Scheu. Da will es dann Geringfügiges nicht vergrössern, das Unglaubliche nicht ins Begreifliche herab stimmen, sogar widerwärtig lautende Selbstanschuldigungen seiner Lieblinge sucht es kaum zu mildern oder zu verschleiern. So hat es eine Tugend vor dem Weltverstande voraus, der so laut auf seine nüchternen Erbsätze pocht; so zeigt es auch weniger von dem widrigen Beigeschmacke aller untern Stände, deren Urtheil nach der werthlosen Seite hin am meisten eitel und rechthaberisch zu sein pflegt. Wo zwei besondere Schutzgeister, Sage und Lied, ihr Dorfrecht ungeschmälert noch behauptet haben, da mag der Boden mager, die Tagesarbeit hart und der Himmel noch so rauh sein; gleichwohl ist da dem Landvolke die Enge seines Gesichtskreises nicht zugleich schon zur geistigen Schranke geworden. Das Auge hat dann am trübsten Gewölke immer noch einen sanft leuchtenden Rand zu bemerken. Aus der sichern Empfindung ächter Zusammengehörigkeit geht ein herzlichwarmes Gemeinde- und Landschaftsgefühl hervor, und wo dieses nur rege ist, da schweigen auch Heimatstolz und Vaterlandsliebe nicht, diese goldenen Wiegen des deutschen Sagen- und Liederschatzes. Ist daher die Burg droben am Berge seit Jahrhunderten schon niedergebrannt, so ist doch die Burgsage nicht mit eingeäschert. Ist die Chronik auch verloren und die Urkunde längst zerschnitten über das Freiengeschlecht auf der Veste, so wird doch der unscheinbare Mann, der nun am Burgstall unten die Reben bindet, aus der hundertjährigen Erinnerung seines unvermischten und gleichgebliebenen Lebens alles zu wiederholen vermögen, was jemals diese Grenzen des Gemeindebannes auch nur gestreift hat. Er kennt den Namen der Heidenstadt, die einst hier gelegen, ehe man Landkarten entwarf; er zeigt die Flussstelle, wo der einbrechende Hunne die Furt auf der Flucht verfehlte und ertrank; er zeigt die Staude her, von der sich der erste Bekehrer dieses Gaues ein Kreuz aus Haselstäben schnitt. Sogar den Lauf jener Strasse, welche die Römer angelegt, verfolgt er mit der Genauigkeit eines Feldmessers, obwohl der alte Heerweg im Moorboden versunken liegt und mit tiefem Walde überdeckt ist. Mit jedem Quader, den man von der Ruine herunter holt, um ihn in den Neubau der Dorfkapelle einzufügen, wandert daher auch eine Rittergestalt neuerdings zu Thal. Und wenn sie den Winter über in Spinnstube und Heimgarten den Abendgesprächen zugehorcht hat, wird die Nebelhafte allmählich ins Grosse wachsen, ihren besondern Namen empfangen, sich bis zur Wärme des eigenen Herzschlags verfeinern, bis sie schon nächstes Frühjahr mit dem ersten Ziegenhirten wieder zum Wartthurm hinauf steigt. Abermals hält dann die Sage waffenklirrend oder schleierweiss ihren neuen Umgang durch die Trümmer. Wer Lust hat, diesen bescheidenen Seelenfrühling mit zu betrachten, wie er bei einem still lebenden Völklein der Schweiz alljährlich neu einkehrt, der weiss bereits, dass man dabei nicht heftigen Gemüthserregungen und kühnen Kunstwirkungen begegnen wird; ihm genügt vielmehr die unnachahmliche und frische Einfachheit der paar heimatlichen Feldblumen, welche sich dem Sammler so ungezwungen zum Kranze vereinigt haben, wie er ihn hiemit vorlegt. Wer ehedem von den Ortschaften Klingnau und Döttingen her Nachts noch ins Nachbardorf Tegerfelden gehen musste und des Weges, der an mancherlei Gewässer hinführt, sicher bleiben wollte, der verliess sich dabei herkömmlich auf ein Zeichen, welches nie täuschte. Es schimmerte ihm von weitem aus der Tegerfelder Ruine ein Licht entgegen, und je näher er kam, um so grösser wuchs es droben in einem einzelnen hell erleuchteten Fenster. War es dann noch, als ob auch die Töne einer Frauenstimme den Berg herab zögen, bald schaurig, bald süss klingend, da wusste der einsame Wanderer, dass er jetzt das Surbflüsschen zu vermeiden und von da nur noch wenige Schritte ins Dorf habe. Ah, die Schlüsseljungfrau! sprach er dann bei sich selbst, und dankbar gestimmt gegen diese sichere Führung lenkte er dem gesuchten Hause zu. Jener erhellte Fensterbogen ist nun auch zusammengestürzt, die Schlüsseljungfrau aber lebt wie vordem in aller Munde fort. Sie ist des Burgherrn berühmte Tochter; der Ruf von ihrer Schönheit gieng einst weit durchs Land. Aber mitten in den Reizen ihrer Jugend starb sie einem Jüngling nach, der ihr Herz gewonnen hatte, und den der Ahnenstolz ihrer Familie darüber in einen schauderhaften Tod schickte. Schneeweiss gekleidet und mit fliegenden Haaren, wie man das arme Mädchen damals in die Gruft gelegt hat, irrt sie noch immer ungetröstet um den ausgestorbenen Schlossberg. Rings umgeht sie oben die Zacken der Burg oder unten den Uferrand der Surbe, seit Jahrhunderten schon wandelt sie unveränderlich die gleiche Bahn. Obschon man vor Langem das wilde Flüsschen durch Wuhrungen beschränkt hat und so seinen ungestümen Lauf näher an den Berg hin trieb, so ist doch auch jetzt noch die Jungfrau ihrem ursprünglichen Pfade treu geblieben; sie schwebt über den neu entstandenen Wassersturz gerade so weg, als ob sie noch auf ihrer ebenen Strasse gienge. Dabei ist sie gar lieb und gütig. Immer noch wächst der Goldhaufen in ihren Schatzkammern höher, aufgelagert liegt der Wein der ganzen Landschaft in ihren Kellern; und erst, wenn sie einmal alle diese Reichthümer vertheilt hat, sagt man, wird der beherzte Mann sich finden lassen, dem es allein am Ruhme seiner Wagethat genügt und dem das uneigennützige Werk der Erlösung nicht mehr misslingt. Darum wendet sie sich auch so besonders an die Kinderwelt, denn von deren geizloser Unschuld kann sie ihr einstiges Heil noch erwarten, und Erwachsenen, die ihr etwa begegnen, weicht sie eher aus. So hat sie jüngst erst ein Schulkind reichlich beschenkt, das am Wasser Maienrieschen suchte, und hat ihm die längsten Märchen vorerzählt. Ein anderes hatte Leseholz am Burgstall gesammelt und zu einer Bürde gebunden. Als es die Tracht auf den Rücken schwingen wollte, kam die Jungfrau hurtig den Abhang herab und sprach freundlich: Wart doch nur und lass dir helfen! Aber dem armen Kleinen entsank Gertel und Reissholz, erschrocken lief es Staub aus. Will man sich die nun folgenden Erzählungen in ihrer Treue beglaubigen, so denke man sich zu dem Tone ihrer ländlichen Einfalt jenen achtzigjährigen Mann noch hinzu, aus dessen bewunderungswürdigem Gedächtnisse sie alle der Reihe nach stammen. Unbemittelte Leute hatten ihrem Knaben eines Morgens ein Stück Brod in den Sack gesteckt und die Ziegen dazu übergeben, dass er sie im Gehölze des Schlossberges weide und nicht vor Abend heim bringe. Als das Bübchen draussen sein Brod gar bald heraus zog, fiel es ihm ein, wie gut dazu die Erdbeeren droben an der Schlossmauer schmecken müssten, und so kletterte er gegen die Ecke des Thurmes empor. Hier sah er eine schlanke Frauengestalt, die abgewendet von ihm eben beschäftigt war, zwei blendend weisse Leintücher auf dem Boden auszubreiten. Daneben hatte sie noch zwei zierliche Säckchen stehen, die den Knaben an jene Viertelsäcke oder Stümplein erinnerten, in denen der arme Mann sein Korn viertelsweise zur Mühle bringt. Als sie mit dem Ausbreiten der Tücher fertig war, öffnete sie den Knoten der Säckchen; der eine lag gehäuft voll gelber Bohnen, der andere bis oben voll weisser. Diese schüttete sie breit auf die Tücher hin, und kaum lagen sie geebnet bis aufs letzte in der Sonne, so kam ein schwarzes Hündchen aus der Mauer vorgesprungen und legte sich zwischen beide Bohnenhaufen mitten hinein. Nun ward es aber zugleich des Knaben ansichtig und kroch bellend gegen ihn heran. Das unbefangene Büblein erinnerte sich eines Wortes von seinem Vater, der in seiner Spruchweisheit zu sagen pflegte: Me muess de böse Hünde Wegge-n-is Mûl rüere (man soll bissigen Hunden einen Brocken ins Maul werfen) und getreu dieser Regel warf er ihm einen Bissen von seinem Schwarzbrod entgegen. Das Stückchen fiel aber von ungefähr auf eines der Tücher, und im gleichen Augenblicke kehrte sich die Jungfrau um, bot dem Kleinen gerührt die Hand und sprach zu ihm: O du guter Junge, du bringst mich jetzt um hundert Jahre dem Himmel näher! Schnell geh, rufe Vater und Mutter, sag ihnen, sie sollen kommen und Karren mitbringen, die Schlossjungfrau habe es befohlen! Der Knabe gieng so eilig er konnte, und brachte die Eltern mit zwei Schiebkarren herbei. Der Mann las hier die gelben Böhnlein, die Frau die weissen auf, sie füllten beide Säckchen, knüpften jedes gut zu und schoben sie heim. So geringfügig der Fund war, so herzlich freuten sie sich zusammen auf dem Wege über diesen Halbmütt Bohnen, zu dem sie so unverhofft gekommen waren. Aber sobald sie damit die Dachtraufe ihres Hauses erreichten, wurden die Säcklein steinschwer, schwollen und wuchsen an und sprengten ihren Knopf. Da rollten vom Karren des Mannes lauter Goldstücke, von dem der Mutter lauter Brabänterthaler herunter. So waren sie seitdem reiche Leute im Thale. Aus Dankbarkeit stifteten sie der mildthätigen Jungfrau zwei Seelenmessen. Diese wurden noch lange nach dem Tode des Ehepaares alljährlich in der Dorfkirche gelesen, bis endlich auch hier zu Lande die Glaubensänderung um sich griff. Da nun zwei Religionsparteien im Dorfe entstanden, die ihr ehemaliges Kirchengut zu sondern strebten, aber über dessen Theilungsweise nicht einig werden konnten, so wollte es der Zufall, dass der Landvogt in Baden, dem zuletzt der Entscheid darüber zufiel, gerade selber der neuen Lehre angehörte. Er war aus der reformationseifrigen Stadt Zürich gebürtig und soll Gessler oder Gessner geheissen haben. So übergab denn dieser das Kirchengut, anstatt es gleichmässig auf die Köpfe in der Gemeinde zu vertheilen, an die ihm näher stehende reformirte Dorfpartei, und diese liess dann neben andern frommen Bräuchen die für die Jungfrau gestifteten Seelenmessen auf immer eingehen. Nicht anders missrieth es der Jungfrau, als sie ihre Erlösung zu finden meinte, wenn sie sich von dem Geschlechte der Unbemittelten noch eine Schichte tiefer zu dem der ganz verlassenen Armuth wenden würde. An jenem Waldplatze, wo einst die Bohnen sich in Gold verwandelt hatten, hielten sich zur Sommerszeit oftmals Heimatlose auf, nomadenhaft lebende Banden von dunkler Abkunft, welche sich meistens nur vom Korbflechten fristen und deswegen auf dem Lande Körber genannt werden. Ein junger Mann aus einer solchen Sippschaft schnitt auf dieser Stelle Erlenruthen. Dabei hörte er sich von einer eindringlichen Frauenstimme mit Namen genannt und aufgefordert, folgenden Tages um dieselbe Zeit wieder hier zu sein, um ein gutes Werk zu thun und dafür dann selber ein Kind der Seligkeit zu werden. Der Mann willigte in dieses Begehren, was aber seine eigene Seligkeit anbelange, so erklärte er, diese dereinst zwar von Herzen zu wünschen, im übrigen jedoch noch so lange leben zu wollen, als es Gott gefallen werde. Als er mit nächstem Abend wieder zur Stelle war, sah er, wie sich eine schöne Mädchenhand unter einem Fels hervor ihm entgegen bot, und dieselbe helle Stimme wie gestern sprach dazu: Nun gieb mir noch die Hand, dann ist's vorüber! Den Körber aber wandelte ein plötzliches Grauen an und er antwortete mit der Weigerungsformel seiner massiven Bauernsprache: Nei, d'Hand gedder nöd, seh, do häsch de Rockfäckde! und damit hielt er wirklich den Zipfel seines Zwilchrockes breit gegen jene Hand hin. Aber sogleich bog sich ihm der Rockschoss wie unter einem darauf liegenden Gewichte um, es klirrte auf dem Gestein und der Waldboden war rings mit Goldstücken überstreut. Gierig fiel der Bettler über das Gold her und machte sich davon. So war der Körber von Stund an ein wohlhabender Mann, er konnte die Seinen nicht bloss redlich nähren, sondern sie sind auch lange schon aus Heimatlosen haushäblich angesessene Bauern in der Umgegend geworden. Er selbst soll indess nur noch zehn Jahre gelebt haben. Mit einem gewissen Ahnenstolze erzählen seine Nachkommen noch jetzt von dieser eigenthümlichen Entstehungsgeschichte ihres schweizerischen Bürgerrechtes. Die Jungfrau musste auf einem andern Weg es versuchen, die befangenen und habsüchtigen Menschen zur Erreichung ihres Wunsches willig zu stimmen. Im Frühling, wenn die Bäume ausschlagen, kommt sie hervor aus ihrer unterirdischen Wohnung, streift mit der Hand den Blüthenstaub von den Weidenkätzchen und streut ihn dann in die strudelnde Surbe. Da gehört ihr dann jedes Fischchen im Bache, jede Amsel im Busche. Schaarenweise fahren die Forellen aus der Tiefe und haschen nach der duftigen Leckerspeise. Da horcht sie Alles aus den Wellen heraus, die Wasserhühnlein sagen es ihr, was die Menschen über sie meinen und reden. Die Dämmerungsvögel kommen mit aus den Mauerritzen herab, und man hat gesehen, wie ihr ein Rabe dabei auf der Schulter sitzt. Dann beginnt sie heilkräftige Blumen zu pflanzen, aus denen man allerlei Tränke kocht für Mensch und Thier. Das Kuchenblümlein (Anemona pulsatilla), welches seine Maien hat, ehe es noch Blätter gewinnt, wächst hier unter ihrer Hand; sie setzt manches Hundert Engelsüssstöckchen von solcher Kraft und Würze, wie es weder drüben auf der sonnigen Eck, noch auf dem Stutz gedeiht. Gar eifrig streben die Wurzelsammler dieser Pflanze nach, denn ganze Tage dauert man auf der Wanderschaft aus ohne eine andere Zehrung zu brauchen, wenn man einen Stengel der Art im Munde hat. Aber diese ausbündigen Stöcklein sind nicht gerade leicht zu finden, denn die Jungfrau braucht sie selber, um damit die grosse Schaar von Kindern zu stillen, die sie im Berge bei sich hat. In einem ihrer Gewölbe steht nämlich der Kleinkindertrog und darinnen wohnen alle Ungebornen. Soll nun die Hebamme von Tegerfelden wieder einmal ein kleines Kind ins Dorf bringen, so kann sie es nicht etwa nach Belieben hier nur abholen, sondern muss es manche Woche vorher sammt dem Namen derjenigen Eltern, die sich ein solches wünschen, ordentlich anmelden. Verdienen sie eines, dann erhält die Ammenfrau den goldenen Schlüssel, der den Kindertrog aufschliesst; die Kleinen aber sind so sehr an die Schlossjungfrau gewöhnt, dass sie sich gar nicht von ihr trennen wollen, und desswegen weinen sie auch so kläglich, wenn man sie der Mutter zubringt. Stirbt hernach den Leuten ein solches Kindlein noch ungetauft, so kommt es wieder ins Schloss zurück und in denselben Trog hinein; stirbt es aber erst nach etlichen Wochen, oder nimmt es die Jungfrau sonst wieder zu sich, weil die Menschen sein nicht werth gewesen, so hat es nicht mehr in seinem vorigen Troge Platz, sondern kommt in einen andern, der tiefer innen im Berge ist. Da aber wird es dann mit Honig aufgenährt. So oft darum ein Jmmenstock im Dorfe stösst, schwärmt er regelmässig zu den Eichen des Schlossberges und setzt hier den Seim für die Kinder ab. So gieng einst die Jungfrau ungesehen der Wartung ihrer Frühlingsblumen nach, als ein Halbbauer, der nur ein paar Stücklein Pflanzland besass und einen Haufen unerzogener Kinder dazu, angelnd drunten am Graben sass, um aus dem Erlös weniger Fische den Seinigen für heute Brod kaufen zu können. Da schwamm im Wasser ein Ringlein zu ihm heran und schimmerte, als wär's pur aus Golddrath geflochten; so wie er es aber heraus zog und näher beschaute, fand sich's, dass es nur aus einer blonden Haarflechte bestand, und enttäuscht warf er's wieder hinab. Augenblicklich stand die Jungstau neben ihm und sprach: Geschwind nimm's wieder heraus, sonst machst du dich und mich unglücklich! Folgsam sprang der Mann der schwimmenden Locke nach, holte sie und überreichte sie der Unbekannten. Sie drehte die Locke auf, da war's ein einziges langes Goldhaar, das bis auf den Boden reichte. Dies band sie ihm an die Angelschnur. Weil du so willig bist, so soll sie denn dein eigen sein, sagte sie zu ihm beim Weggehen, aber vergiss nun nicht, alle Wochen ein Vaterunser für uns Beide in der Stille zu beten. Natürlich versuchte jetzt der Verwunderte seine neue Angel sogleich. Sie spielte nicht lange, so gab's einen heftigen Ruck, er zog auf und eine beindicke Forelle hieng daran. Zum andernmal senkte er die Ruthe und abermals zappelte daran ein mächtiger Fisch. Jetzt sah er den Werth des Geschenkes ein; so oft er das Zauberhaar ins Wasser hielt, war der Fang gemacht, schnell wurden seine Lägel wimmelnd voll. So kam er denn alle Tage an die Surbe her, die Käufer rissen sich um seine köstliche Waare, ziemlich bald war der geringe Lehensbauer ein wohlhabender Mann. Allein dies ist eben leider der gewöhnliche Lauf der Dinge bei armen Menschen, dass mit dem beginnenden Reichthum meistens auch das Laster in ihre Hütten geräth. Der sonst so nüchterne Mann fieng an ein Trinker zu werden, er trieb das Kartenspiel und kam eine ganze Woche nicht vom Zechtische. So war's nothwendig, dass er in der Schenke Gott und die Jungfrau vergass und damit auch sein wöchentliches Vaterunser. Zuletzt erschien die Verarmung wieder und trieb ihn an die Fangstelle zum Ufer der Surbe hinab. Er hatte ja die Angelschnur wohl aufbewahrt, und es schien ihm ein Leichtes, seinen zerrütteten Hausstand schnell zu bessern. So wie er diesmal die Haarschnur ins Wasser liess, tauchte ein schwarzes Hündchen auf, schnappte nach dem Goldhaar und biss es ab. Nicht eine geringste Grundel mehr war zu bekommen. Da erkannte er seine Versündigung. Aber roh, wie undankbare Seelen sind, schob er das Unheil nicht auf sein Wüstlingswesen, sondern nur auf das vergessene Vaterunser. So oft seine Gläubiger ihm den Schuldenboten ins Haus schickten, fuhr er sich vor die Stirne und wiederholte: Worum han i's Vatterunser nöd bätet! Man soll ihn zuletzt oberhalb der Wuhre ertrunken gefunden haben und meint, er habe sein Ende selber gesucht; denn sein Nachbar, der Locherhanseli, sah ihn lang nachher noch einmal angelnd dorten sitzen. Ein wenig besser ergieng es einem Burschen, dessen sich die Jungfrau gleichfalls erbarmt hatte, da er in Nothstand gerathen war. Aber er wurde darüber hochmüthig und verfiel gar auf die alberne Einbildung, alles geschehe seinem besondern Werthe zu lieb, und die Jungfrau bewache ihn mit mädchenhafter Eifersucht als den ihrigen. Da musste der thörichte Schlucker zuletzt auch erfahren, wie gröblich er sich verstiegen hatte. Der Dorfschuster Krauskopf, schlechtweg Chrusli geheissen, hatte einen Gesellen, der gerne den Sonderling spielte. Anstatt bei seines Gleichen zu sein, machte er am Feierabend einsame Spaziergänge und sann allerlei Zukunftsplanen nach. Meister in einer Stadt zu werden, einen Lederhandel anzufangen, ihn ins Grosse zu treiben und von der Zurzacher-Messe aus das Geschäft bis in eine Seestadt auszudehnen, das waren so seine Handwerksgrillen. Er hieng ihnen einmal wieder recht ausführlich nach und befand sich darüber um Sonnenuntergang auf jenem Theile des Ruckfeldes, den man den Burgsten nennt, weil hier die Burgstallungen für die Herrenrosse gestanden haben sollen. Hier begegnete ihm eine unbekannte Frau in fremdartiger Tracht. In der einen Hand hielt sie einen Schlüsselbund, in der andern eine schlanke Gerte, auf dem Haupte aber hatte sie eine prächtige Glaskrone, in welcher seltsamer Weise ein grosser Goldschlüssel, mehr wie zum Umdrehen, als zur Befestigung oder Zier des Haares steckte. Der Geselle hielt sie für sehr vornehm und trat ihr mit einer unterthänigen Verbeugung aus dem Pfade. Sie war schon einige Schritte an ihm vorüber, als sie sich wieder umkehrte und recht herablassend fragte: Bist du in hiesiger Gegend daheim? Er suchte alle seine Boutikenwörter zusammen und antwortete unter vielfachem Geräusper auf gut Tegerfeldisch: Ech bin mit Vergaust und Verlaubt numme bîm Schuobüetzer Chrûsli ûf em Hampfberg und ûf der Arbet. Da kannst du mir ja, sagte sie, wohl ein Paar Schuhe machen? aber bis nächsten Samstag schon müssten sic bestimmt fertig sein! Jo frîli, worum denn nöd; jo frîli, sell cha scho sî! - wiederholte der geschwätzige Mensch; wedder, wenn wär's üch öppe lieb, ass ech zue-n-üch chäme-n-is Hûs, cho s'Mäss z'neh? es möcht se halt doch dô nöd guet schicke... und damit deutete er auf den steinigen Boden, der hier allerdings für eine so schöne Frau wenig einladend aussah, niederzusitzen und sich das Mass nehmen zu lassen. Später einmal, sagte die Jungfrau ablehnend, später wird sich's schon noch geben, dass du auch in mein Haus kommen musst; für diesmal machst du mir also Schuhe, hinten mit rothen Stöckchen, vornen mit rothen Laschen, aber das Vorgeschühe bleibt ungewichst. Der Bursche verstand jedoch noch immer nicht, was hier gemeint sei; also nahm er mit handwerkseifriger Behendigkeit seine Massrahme hervor, rückte am Hute und sagte unter dem üblichen Knix: No, so zieh'nd halt der Schuo ab, Jumpfere, wenn er wens so guet sî. Aber sie erwiederte von Neuem nachdrucksam: Ich habe bis heute noch gar nie Schuhe getragen und das eben sollen die ersten werden. Sie schien noch etwas Erklärendes beifügen zu wollen, da liess sich von der Schlossmauer her eine Nachtigall prächtig hören. Es ruft mir Jemand, ich muss schnell gehen, sagte sie, und damit entfernte sie sich unglaublich leicht und zierlich und war hinter den nächsten Bäumen verschwunden. Künftigen Samstag um dieselbe Abendstunde trug der Geselle sein fertiges Paar Stöckchenschuhe mit den bunten Laschen auf den Burgsten hinaus. Er war in seine Arbeit selber verliebt, so fein und sauber sah sie aus. Da wartete bereits die Jungfrau seiner, betrachtete die Schuhe in seiner Hand mit einem befriedigten Kennerblick und sagte: So bring denn über acht Tage auch deine Bürste mit, damit du mir noch das Vorgeschühe wichsen kannst; die Arbeit gefällt mir, und hier hast du einstweilen ein Drangeld. Fixfertig schwenkte auf dieses Wort der Schuster seine Schuhe in die linke Hand hinüber und hielt die rechte einem blanken Goldstück entgegen. Sie wollte ihm ein weiteres darauf legen, da aber schlug eben wieder jene Nachtigall, und gerade so schnell und leicht wie neulich war die Jungfrau abermals hinweg. Es war kein Schreiten, da sie sich entfernte, man konnte nicht einmal die Bewegungen eines Fusses wahrnehmen. Als er aber nächsten Samstag mit der Röthelbürste herausgekommen war, sass sie an einer Erle, hiess ihn alles Mitgebrachte abstellen und begann gar ernsthaft: Du erräthst freilich nicht, welch einen grossen Dienst mir deine Willfährigkeit seit diesen zwei Wochen leistet, denn du weisst ja nicht, wer ich bin und wie mancherlei ich noch ferner von dir zu verlangen habe. Und nun erzählte sie ihm bis in die Nacht hinein die Geschichte ihrer Verzauberung. Wohl werde dies, schloss sie, das letztemal sein, dass sie mit ihm reden könne, denn sobald dieses Paar Schuhe durchgelaufen sei, werde sie nicht länger mehr zu wandeln haben. Gerathe er aber inzwischen in Nöthen, so möge er gleichwohl nur wiederkommen und auf jenem Pfeifchen blasen, das er dann hier auf dem Waldplatze finden werde. Darauf erscheine auch sie wieder, obschon dann nur noch schweigend. Müsse er aber dennoch mit ihr reden, ihr ein Leid klagen, bedürfe er dringend ihres Rathes, so habe er nur den Schlüssel in ihrer Krone umzudrehen, und darauf werde sie denn auch der Sprache wieder mächtig. Oft noch gieng dem Gesellen das Geld aus, und oft noch machte er sich in seinen Bedrängnissen auf den Burgsten und blies laut um Hülfe auf jenem Pfeifchen, das er dann allemal richtig auf dem Boden fand. Immer lag alsdann das ihm bestimmte Goldstück schon daneben. Allein gerade darüber stach ihn der alte Schalksnarr mehr und mehr, er wurde ein arbeitsscheuer Schwindler und Projektenmacher und wusste nur noch den Dorfmädchen nachzustreichen. Für so viele Schätzchen und so vielerlei Plane konnte das einzelne Goldstück nicht weit reichen. Sein Meister hatte ihn schon lange aus dem Dienste gejagt, das eigene Geschäft gedieh nicht, endlich gieng ihm das Wasser so an den Hals, dass er sich rathlos einer schimpflichen Lage preisgegeben sah, wenn er nicht der Jungfrau selber seinen Kummer klagen und sie um Trost bitten konnte. Mit einem Herzen, das ihm wohl sagte, wie unwürdig er sich ihrer Gunst gemacht habe, berief er sie diesmal. Sobald sie erschienen war, griff er, um ihre wohltönende Stimme wieder zu hören, nach dem goldenen Schlüssel in ihrer Krone und drehte ihn um, wie sie es selber einst angegeben. Doch kaum hatte er ihn berührt, so wurde dieser zur glühendheissen Schlange, die ihn umwand und zu erdrücken drohte. Er entsprang; was er diesmal heimbrachte, war eine lahme Hand. Die einzelnen Goldstücke, die er auch nun noch fristenweise abholen konnte, liessen ihn jetzt, da die Handwerksarbeit nicht mehr gieng, nicht gänzlich verderben, aber wie mit den Zurzacher-Ledermessen und Grosshändler- Geschäften, so war's auch aus mit den reichen und hübschen Dorfmädchen, und er starb unverheiratet. Wie diesen die Eitelkeit zu Falle gebracht hat, so wieder Andere ihre grobe Habsucht; auch sie betrogen sich selber um das Glück, das ihnen zugedacht gewesen war. Zwei Söhne einer Wittwe mähten zusammen ihre Futterwiese, die da lag, wo der Cheibengraben in die Surbe mündet. Da kam ein fremdes Mädchen glatt über das Wasser zu ihnen herüber gegangen, ein Körbchen auf dem Kopftuche tragend und einen Schlüsselbund in der Rechten. Der jüngere Bruder, der zunächst am Bache mähte, erblickte sie zuerst. Sie machte eine Bewegung, als wollte sie ihm ihre Schlüssel darbieten, aber der Kleine zögerte, sie anzunehmen. Da schwang der Andere, der ein habgieriger Mensch war und darüber seiner Mutter schon manchen Kummer gemacht hatte, drohend seine Sense gegen den Bruder herüber und schrie ihm hastig zu: So nimm's doch au! Damit war das Mädchen verschwunden. Nachher erklärte man ihnen den Zusammenhang. Hätte der Aeltere geschwiegen, so lange die Jungfrau selber nicht sprach, so wären sie leicht des Schatzes im Schlossberge Herr geworden; so aber war's noch ein Glück für dm Jüngeren gewesen, dass er nicht zugleich nach den Schlüsseln langte, sonst würde er sich die Finger so jämmerlich verbrannt haben, wie es nachmals dem Bruder geschah. Denn diesem liess es von heut an keine Ruhe, er wollte hinter diese Reichthümer kommen und ein Herr im Dorfe werden. Tags darauf, als er auf derselben Wiese das Heu zu hüten hatte, sass er unter einem Weidenbaum und drehte in ärgerlichen Gedanken über seines Bruders Verzagtheit einen Kastenschlüssel spielend zwischen den Fingern. Er bohrte und klopfte damit an der Rinde des Weidenstammes herum, als plötzlich ein knisterndes Getöne im Innern entstand und ein blaues Flämmchen aus der Wurzel schlug. Jetzt wusste er es sicher, dies also war der vielgenannte Weidenstrunk, unter dem, wie sich Alles erzählte, der Schatz verborgen liegen musste. Er suchte sogleich einen erfahrenen Mann auf, verhehlte ihm jedoch sein Begegniss und befragte ihn im Allgemeinen, wie man vergrabene und verwünschte Schätze zu heben vermöge. Die Antwort war, dass man darnach stillschweigend an einem Freitage suchen müsse, weil da die Erde Alles, Todtes und Lebendiges, aus ihrem Inneren selber herauszustossen strebe. So gieng er denn am nächsten Freitag heimlich hinaus und setzte dem Weidenstrunk mit Reithaue und Schaufel so lange zu, bis dieser stürzte. Ein grosser geschlossener Kupferkessel kam zum Vorschein, auf beiden Seiten mit einem mächtigen Oehr versehen, das wie zum Heben gemacht war. Oben auf glich der Deckel einem Blumentopfe, und ein Rosenstock mit neunzehn weissen Rosen stand drinnen in Blüthe. Er wollte zuerst den Blumentopf entfernen, der aber sass selbst wie angewachsen. Dann zerrte er am Rosenstock, aber nicht einmal ein Blättchen liess sich biegen. Auch der Kessel stand wie eingemauert. Nun blieb freilich nichts andres übrig, als eilend heim zu laufen und den Bruder zu Hülfe zu holen. Zusammen schleppten sie einen Wiesbaum herbei, steckten ihn durch das eine Oehr des Kessels und begannen an beiden Enden stehend mit vereinter Kraft zu lüpfen. Langsam hob sich das Gefäss und erreichte den Rand der Grube. Der Aeltere stemmte das Knie in den Boden und die Achsel unter den Wiesbaum, dann zum letztenmal ansetzend rief er, sich und seinen Bruder befeuernd: Lupf, mer händ's schier gar! Kaum war dies unzeitige Wort heraus, so splitterte der Wiesbaum entzwei, der Kessel stürzte unter seinen eigenen Schutt zurück und der gefällte Weidenbaum stellte sich stocksteif wieder drauf. Dem Schreier aber hatte noch dazu der brechende Hebel die Schulter übel zerschlagen. Doch es vergangen nur etliche Tage, so war er schon wieder heil und machte sich aus dem Hause, um, wie er seiner warnenden Mutter angab, auf dem Rückfelde nach dem Stand der Saaten zu sehen. Er gieng aber nur dem Schlossgraben zu; dort traf er die Jungfrau abermals. Sie lehnte an einem Felsen und hatte darauf, als wäre sie vom Tragen müde, ihre Marktzeine, einen flachen Korb, den man auf dem Kopfe trägt, abgestellt; die Waare drinnen war mit einem gar feinen Tüchlein überdeckt. Schweigend bedeutete sie ihm, er möge herbeikommen, um ihr die Zeine wieder auf den Kopf zu heben. Er verstand den Wink und hob; das Körbchen schien leicht, wie eine Feder. In diesem Augenblicke händigte sie ihm, um die eine Hand, mit der sie sich den Tragring am Kopfe zurecht legte, frei zu bekommen, ihren Schlüsselbund ein. Während er mit Begier nach diesem griff, mit dem er nun das Ziel aller Wünsche in Händen hielt, konnte der habsüchtige Heuchler nicht anders, er meinte, er müsse doch auch was Artiges dafür entgegnen, und fieng seine verkehrte Bauernphrase an: Er händ aber au schwer, Jumpfere! Jetzt begann ein grimmiges Brennen in allen Fingern des plumpen Lügners, schreiend schleuderte er die Schlüssel weg ins Gebüsch, um sie nie mehr zu finden, die Jungfrau war verschwunden. So hat der Thor dreimal durch das unzeitige Geplauder des Geizes sein Glück verscherzt und nichts davon getragen als an der Hand das Brandmal von neunzehn grossen Hausschlüsseln, das ihm denn auch zeitlebens verblieben ist. An einer Seite jenes begebenheitsreichen Burggrabens wachsen einige besonders starke Spill- oder Spindelbäume, die man auch Pfaffenkäppchen nennt, und man behauptet, die Erlösung der Jungfrau sei an ein solches „Chäppelibäumli" geknüpft. Allein dazu soll dasselbe an einem Charfreitag aufgestückt, nämlich an den Aesten so abgestutzt werden, dass es vorerst langsam abtrocknen kann, dann muss man es am gleichen heiligen Tage übers Jahr umhauen und zu einer Wiege verzimmern, in welcher ein Knabe aufgenährt werden müsste, der an einem Sonntage und zwar bei besonderer Conjunktur der Gestirne geboren sein soll. Und das erst würde der herzhafte Mann werden, der alle Gefahren und Zufälle dieses Erlösungswerkes wirklich bestände. Ein solches Bäumchen nun wollte der Drechsler vom Nachbarorte Döttingen einst hier heimlich umhauen und bei Nacht in seine Werkstatt fortschleppen. Da sah er plötzlich die gefürchtete Jungfrau vor sich. Als Holzfrevler und noch dazu im fremden Gemeindebanne hatte er in diesem Augenblicke ein doppelt böses Gewissen niederzukämpfen; doch blieb er besonnen genug, sie nicht anzureden, sondern erst ihr Wort abzuwarten. Ihr fangt es muthig an, um reich zu werden, sagte sie; allein ehe Euch das Bäumchen da nützen kann, müsstet Ihr vorher noch drei Dinge abgemacht haben. Bleibt Ihr bei denselben eben so ohne Scheu, wie jetzt, so habt Ihr nichts zu befürchten, und diese drei Proben könnt Ihr nächsten Samstag hier erfahren. Am festgesetzten Tage trafen sich die Beiden wieder. Die Jungfrau hatte diesmal ihr schwarzes Hündchen mit dem rothen Halsbande bei sich. Schweigend führte sie den Drechsler am Schlossberg zu einem eisernen Thore und öffnete es mit einem der Schlüssel aus ihrem Bunde. Hier trat man zuerst in einen unterirdischen Gang; doch schien derselbe gleichwohl ohne Gewölbe zu sein; denn Sterne schimmerten durch die Decke herein. Dann gieng's zu einem Saal, dessen Größe durch manches Hundert Spiegelkerzen sich ganz endlos machte. Ringsum an den leuchtenden Wänden sass eine Reihe uralter Männer mit gesenkten Häuptern zum Schlaf eingenickt. An der Rückwand aber stand ein grosser eiserner Trog, auf den das schwarze Hündlein alsobald hinauf sprang. Vorerst ist da nichts anderes zu thun, sprach die Jungfrau, als dieses Hündchen zu küssen. Der Drechsler that's bereitwillig, während dem der Hund das rothe Zünglein hervorstreckte und ihm die Stirne dankbarlich beleckte. Dann schlugen die schlafenden Männer ihre Augen auf und begannen zu lächeln. Aber sogleich gieng es von da um einen Saal weiter. Der war voll schlafender Jünglinge und Jungfrauen, letztere alle ganz ähnlich der Führerin, nur dass sie keine Schlüssel trugen und ihre Haare nicht so lang und glänzend hinabwallten. Auch hier war Alles kerzenhell und ein anderer Eichentrog stand da, noch grösser als der erste. Auf diesen setzte sich diesmal die Jungfrau selber und befahl sie zu küssen. Der Mann that's, aber ihre Lippen waren entsetzlich kalt. Freudig schlugen nun auch die Jünglinge ihre Augen auf, ein seliges Lächeln stand auf den Mienen der Jungfrauen. Die Herrin stieg vom Troge herab, belobte den Mann, sprach ihm Muth ein und führte ihn fort in den dritten Saal. Der war weitaus der schönste, erhellt nicht mit Kerzen, sondern wie mit einem milchigen körperlichen Lichte, das eine Unzahl kleiner Kinder beschien, die ringsum schlummerten. Im Hintergründe mangelte abermals der Eichentrog nicht, aber vor demselben lag diesmal eine gewaltige Schlange, zusammengerollt wie ein langes Schifferseil. So wie der Mann sich näherte, stellte sie sich ringförmig auf Hals und Schwanz empor und spie Feuer. Er wagte es und schritt mitten durch den aufgebäumten Kreis ihres Leibes hindurch zum Eisentrog. Hier lag, was er nunmehr küssen sollte, die grosse Ungestalt einer gedunsenen Dorschkröte. Ihr Leib glich einer Bütte, ihre Augen waren wie Milchbecken, ihr Balg spielte in allen Farben. Als er es dennoch versuchte und sich hinabbog, gewahrte er vor sich den zerfahrenen Rücken des hässlichen Thieres, ähnlich dem übervollen Zweige eines Nussbaumes, und mit Grausen trat er einen Schritt zurück. Jetzt schlugen die schlummernden Kinder ihre Augen nicht auf, sondern ein Wimmern durchlief den Saal. Die Jungfrau dagegen schrie laut, zerrang die Hände, und im Augenblicke war ihr blendend weisses Kleid kohlschwarz geworden. Der Glanz der Wände dunkelte, droben im Berge brach ein Krachen los, der Drechsler stürzte betäubt zusammen. Es war Mittag, als er wieder erwachte und sich in einem Fuchsloch im Cheibengraben liegen fand. Mit Mühe kroch er hervor. Ergraut an Haar und Bart, ganz gealtert kam er heim. Ein Fieber warf ihn aufs Krankenbette und man musste ihn in seinem Irrsinn hüten. In einer unbewachten Stunde entsprang er wieder aus dem Bette, und da ihn die Seinigen suchten, traf man ihn den weiten Weg zum Schlossberge gelaufen, wie er am Graben stand und in die Luft hinein redete. Unter Thränen bat er die Herzukommenden, ihn nur noch bis zum eisernen Thore zu führen. So starb er. So missräth auch Geistern ihr Lieblingsplan, denn das Werkzeug, dessen sie zu seiner Ausführung bedürfen, bleibt der eigenwillige Mensch. Seine Kurzsichtigkeit kreuzt ihre berechneten Wünsche; seine unzeitige Einmischung, sein nicht verlangtes Besserwissen und sein voreiliges Verzagen raubt ihrem und seinem Glücke das Recht. Ob er gehorsamen oder widerstreben will, sich ereifert oder in Lässigkeit zurücksinkt, so geschieht es nicht gegen oder für das Grosse der Pflicht und der That; nicht die volle und ganze Leidenschaft ist es, die ihn lenkt, sondern die einseitige, die bedenkende, die bereuende, und diese verkürzt ihm und Andern stets den Erfolg. Er erkennt dies selbst und hofft deswegen, dass es eine Gottheit besser hinauszuführen wissen werde. Dasselbe wollen auch die weiter folgenden Erzählungen von der Schlüsseljungfrau ausdrücken. Wenn das Neujahr herannaht, so treten die vermöglicheren jungen Leute von Tegerfelden zur Feier des lustigen Berchtoldstages in einen Verein zusammen, welcher die Bechtelisgesellschaft heisst. Als schmuck aufgeputzte Rebleute und Stitzenträger erscheinen sie vor den Häusern aller bemittelten Einwohner, um ihre Beglückwünschungen herzusagen und einen Zunfttanz aufzuführen. Sind ihnen dafür dann die Stitzen überall im Keller mit Wein gefüllt, so ziehen sie ab und leeren diese wieder in den Hütten der Aermercn mildthätig um; denn eine so weinreiche Gegend will bei der allgemeinen Fröhlichkeit auch den Dürftigen, der keine Rebberge besitzt, nicht ungelabt lassen. Zum Schlusse singen sie als kunstgerechter Männerchor ihrem eigens versammelten Gemeinderath noch das Neujahr an und überreichen da einen gewaltigen Eierring, frischdampfend und so umfangsreich, als ihn irgend ein Backofen hervorbringt. Als Ehrengabe erhalten sie dafür einen halben Saum Gemeindewein dekretirt. Dieser wird dann Abends gemeinschaftlich verzecht, und jeder Bursche lässt dazu seine auserwählte Tänzerin durch einen eigenen Abgeordneten unter mancherlei Artigkeiten ins Wirthshaus herüber abholen. An einem solchen Bechtelisabend nahm der Müllerknecht Hans seinen besten Rock aus der Truhe, steckte den ersparten Lohn in den Sack und machte sich gleichfalls hinüber auf den Tanzboden. Da er nicht zur Gesellschaft des Neujahrsvereines gehörte, so hatte er diesmal kein Mädchen zum Tanze zu führen, und als er jetzt ein paar zu einem Reihen bat, wiesen sie ihn nacheinander ab. Heute tanzt man mit keinem Wälder! erwiederten ihm diese Spröden mit übel angebrachtem Scherz. Denn Hans war aus dem Schwarzwalde gebürtig und galt so im Dorfe stets als ein blos geduldeter, nebenangesetzter Fremder. Dies verdross ihn heute sehr. Ei, sagte er zuletzt empfindlich, so muss ich eben mir eine solche Tänzerin verschaffen, wie noch keine hier sitzt, und gieng aufgebracht davon. Er hielt sich selber für ein Sonntagskind, das sieben Gespenster nicht zu scheuen hat, und so lief er geraden Weges zum Schloss. Hier warf er nur drei Weidenzweige über die Schulter ins Wasser, und schon war die Jungfrau vor ihm. Dieser klagte er sein Leid und bat sie auf drei Tänze mit ihm zu kommen; Schlag elf wolle er sie wieder heimführen, drei schwere Proben lasse er sich auferlegen, nur diesmal solle sie ihn an den schnippischen Mädchen rächen. Unter diesen Bedingungen folgte sie ihm. Als das Paar in den Saal trat, zogen alle ehrerbietig den Hut ab, während die Dorfsitte will, dass man ihn gerade an diesem Abend beständig aufbehält, weil ein hübscher Strauss von der Liebsten drauf steckt. Alles ward stille, den Mädchen kam der Müllersknecht noch einmal so schön vor, und die Männer hatten nur Augen für die wunderfremde Jungfrau. So tanzte das Paar zusammen drei Gänge, und schweigend, wie es gekommen, verliess es wieder die Staunenden. Jetzt hatte Hans sein Müthchen gekühlt; nun aber erst handelte es sich um seinen wirklichen Muth. Am Burgstall angelangt führte ihn die Jungfrau durch drei verschiedene Gemächer, deren Eisenthore ihre Schlüssel öffneten, zeigte ihm da die Schaar müder Greise, dort die Reihe blühender Jünglinge und Jungfrauen, alle in regungslosem Schlummer den Kopf in die Hand gestützt; und als sie zur Unzahl der niedlichen Wickelkinder kam, da schwankte ihr die Stimme und sie sprach jammernd: Sieh, so sündigt der Stolz! Diese liebeweckenden Kindlein da sind mir nicht erweckt worden. So zahllos, wie jene blühenden Jünglinge und Jungfrauen hätte unser Stamm an Nachkommen werden sollen. Diese Greise alle waren einst meine Freier, sämmtlich haben sie um mich geworben; aber so gross war unsere Verblendung, dass wir sie alle ins Verderben geschickt haben. Denn das gefiel meiner Eitelkeit, wenn hier täglich die Ritter schaarenweise einzogen, und das behagte dem Dünkel der Meinen, wenn ich täglich jeden neuen Werber ausschlug, der nicht im Stande war, dreimal unsere Burg auf ihren jähen Felsen zu umreiten. Alle stürzten sie hinab und fanden im Flusse den Tod. Dann erschien einer und vollführte das Wagestück, und die Mutter selbst reichte uns den Verlobungstrank. Aber zugleich schämte sie sich dieses namenlosen Freiers und hatte heimlich ein betäubendes Kraut in unsern Wein gemischt. Während ich unerweckbar schlief, riss man den Jüngling von meiner Seite und liess ihn über die nächtlichen Burgfelsen stürzen. Hier hüt ich nun diese Opfer unsers Muthwillens und mir fehlt der Erlöser, wenn dein Vorsatz nicht ausreicht. Dorten jenes Hündlein auf dem Troge sollst du küssen und mich zu ihm hinaufheben. Ist dies geschehen, so nimmst du allen diesen Mädchen ein Haar aus der Locke, jedem dieser Greise ein Haar aus dem Barte, und jegliches hast du einzeln hinaus in den Bach zu tragen, noch bevor es im Dorfe Zwölfe schlagen wird. Beeile dich, denn mit dem ersten Glockenschlage schliessen sich diese verwünschten Thore wieder! Entschlossen machte sich der Müller ans Werk. Es galt kein langes Besinnen, denn schon war es elf Uhr gewesen, als er mit der Jungfrau den Tanzplatz verliess. Jetzt mochte sich das Hündchen in allerlei Gestalten verwandeln, er blieb fest und küsste es; die Jungfrau ward schwerer und schwerer, aber er entsetzte sich nicht, verdoppelte seine Kraft und hob sie in einem Schwunge auf den Eichentrog. Er zupfte der Unzahl der Mädchenlocken, endlich auch den Greisen das Härchen weg und trugs einzeln zum Bache. Nur noch zwei Bärte sind übrig, nur von diesen soll er noch zwei graue Haare in die Surb werfen, und eben springt er mit dem vorletzten durchs dritte Eisenthor zum Berg hinaus. Da schlägt's in Tegerfelden zwölf Uhr, und krachend fahren hinter seiner Ferse die Thüren auf immer zu. Er stand wie versteinert. Erschöpfung, Jammer und der grimmige Frost der Januarnacht trieben ihn zuletzt heim. Er erlebte den nächsten Bechtelistag nicht mehr, man fand ihn eines Morgens todt zwischen den Mahlgängen umgesunken. Der Arme, dem es schon zu schwer geworden war, vom Bauernstolze schief angesehen und bei den Dorfmädchen verschmäht zu sein, war freilich nicht vermögend, die Verwünschte vom Fluche ihrer eigenen Eitelkeit zu befreien. So vertagte er prunkend am Arme der Jungfrau eine kostbare Stunde und hatte damit sich selber schon um den größern Theil der Zeit betrogen, der für die kurze Erlösungsfrist übrig war. Nun ist noch von derjenigen Art der Menschen zu erzählen, die man bloss die guten Menschen nennt, weil ihnen nichts besseres nachzurühmen ist, als dass ihnen das schwache Herz immer zur Unzeit überläuft. Ein Tegerfelder Familienvater war in dem benachbarten Städtchen Waldshut zu Markt gewesen und kehrte nun des Abends nach Hause. Von Döttingen aus schlug er den kürzerm Heimweg über das Ried ein und kam so der Surbe nach durch die Schwabenwiese her. Es war eine laue Sommernacht, das Mondlicht warf die Schatten der Ruine in zackigen Streifen auf die Bächlimatte, mit silbernem Staub schäumte das Flüsschen daneben über die Klippen. Da klirrte es plötzlich zur Seite hinter den dichtstehenden Bäumen, und der Mann hielt stille. Als er aber die nächsten Zweige der Salweiden forschend auseinander bog, stieg zwischen ihnen ein weisses Wölklein empor. Die Jungfrau, von Kopf bis zu den Füßen in wallenden Gewändern, stand ihm gegenüber. Am Gürtel hieng ihr der Schlüsselbund, daneben steckte ein Strauss von Weidenröschen, die bis in die Stiele hinein wie mit einem rothen Hauche überzogen waren. Sie nahm aus dem Fürtuche ein silbernes Schwegelpfeifchen hervor, setzte es sacht und würdevoll an und begann eine so rührend schöne Weise zu spielen, dass der Mann tief ergriffen wurde und herzlich drüber weinen musste. Aber auch die Waldthiere wurden davon bewegt. Drüben am Ufer fieng es an zu plätschern, ein Hirsch stieg in die strudelnde Surb, blies die Wellen mächtig auseinander und kam heran gerudert. Kein Härchen an ihm war nass, als sich der schneeweisse Edelhirsch zu Füssen der Jungfrau niederlegte. Sie streute ihm die Weidenröschen vor und er ass sie mit Lust; dann nahm sie eine doldenreiche Hopfenranke vom Busche herab, legte sie ihm ums Geweih und knotete sie wieder im Rücken als Zaum zusammen, hierauf brach sie sich einen Baldrianstengel und setzte sich mit dieser Gerte dem ruhenden Thiere auf den Rücken. Alsbald erhob sich der Zelter und lief leichten Schrittes mit ihr den Berg hinauf. Oben bog sie rechts und ritt gegen den Thurm; sie verschwand hier einen Moment hinter dem Gemäuer, kam aber sogleich wieder zum Vorschein, und herum gieng's nun im Kreise auf allen Trümmern und Kanten rings ums Schloss. Neunzehnmal ritt sie so nach einander um die Zinken, dann kam sie in gestrecktem Laufe die jähen Flühen herunter zum Bache, der Hirsch legte sich und die kühne Reiterin stieg ab. Sie entzäumte ihn, zerknitterte Zügel und Gerte in kleine Stückchen und warf sie in die Surb; dann gab sie dem Thiere mit der Hand einen sanften Schlag, und als ob es sich hoch beehrt fühlte, war's mit einem fröhlichen Satz im Dickicht verschwunden. Nun begann erst ihr Mädchengeschäft. Sie löste ein Stirnband auf und liess ihr helles Haar frei wallen. So oft sie dann den Goldkamm durch die Locken zog, streifte sie von den tiefen Zweigen ihres Lieblingsbaumes den Erlennhonig ab *) und bestrich sich damit die Scheitel; wiederholt bemass sie dann im Spiegel des mondhellen Wassers, wie weit das Haar den Rücken hinab walle, wie weit es die Spitzen der Grashalme erreiche. Ueber solcher Herrlichkeit vergass der zuschauende Mann alles, gebannt stand er da und dachte nicht daran, was ihm dabei die gütige Jungfrau selber zu bescheeren wünschte. Hätte er nur ein Stückchen vom süssen Marktbrod, das er seinen Kindern heimtrug, oder nur sein Paternoster im Sacke in den Kreis geworfen, so wäre Schwegelpfeife, Stirnband und Goldkamm sein gewesen. Indessen schritt sie trocknen Fusses über die Surbe fort und sang im Dahinschweben ein Lied, von dem der herzlich ergriffene Mann sich nur ein einziges Gesätze merken konnte, das er in seiner Mundart so angab: 0 Erli, liebi Erli, Es goht no hundert Johr Denn strîcht den Bodde wärli Mîs gêles Chrûselhôr. Und lampet's denn am Bodde, So find' i mîni Rueh, Und chan in Himmel grothe, Und du zum Oefelî zue. *) hungen gilt mundartlich von Bäumen, deren grossgetriebene Knospen vor Trockenheit nicht aufgehen. Stalder 2, 63. Mit diesen Schlussworten meinte sie ihre Erle, den Schicksalsbaum, der einst an ihrem Erlösungstage umgehauen und im Ofen verbrannt sein werde. Aber dieser Baum steht noch, obschon seitdem wieder an hundert Jahre verflossen sein mögen. Ja wohl noch länger muss es her sein, denn auch die Melodie ihres Liedes, die früherhin einige alte Leute noch zu singen wussten, ist nun schon vergessen. Also ist auch die arme Wandlerin noch nicht zur Ruhe gebracht. Zu allerletzt hat sie noch ein Brunnenbube von Döttingen gesehen, als er vom Taglohn in Tegerfelden Abends in sein Dorf heimgieng; seine Verwandten gedenken der Angst und des Zweifels noch wohl, womit er sich nachher über seine Seligkeit zergrübelte und sich das Leben verbitterte. Da pflegte sie, begann er in seiner Erzählung, ebenfalls ihren verwegenen Ritt um die Schlosszacken zu machen. Dann aber habe sie die weissen Gewänder abgeworfen und sei zum Bade in die Surb gestiegen. Da sei sie denn überall um vieles schöner anzuschauen gewesen, denn ein anderes Menschenkind, nur gerade an den Füssen nicht; denn diese, so viel man im mondhellen Gewässer wahrnehmen konnte - und der liebe Gott wolle es ihm nicht dereinst im Himmel anrechnen! - hätten Gänsefüssen geglichen. So hat man also nach so vielen Begebenheiten am Ende erst den Grund einer einzigen erfahren; man weiss jetzt erst, warum sich die Jungfrau einst das Mass zu den Stöckleinschuhen nicht hatte nehmen lassen. Wenn sogar der Hilfbereite und Dienstfertige unter den Menschen so spät zum Verständnisse der wenigen Wünsche gelangt, die ihm die Jungfrau nahe legen kann, wie lange wird sie dann noch schmachten müssen unter den Täuschungen, die ihr der Eigensüchtige, und unter den Missverständnissen, die ihr der Feige und Gleichgiltige bereitet? Alle versuchten Wege sind ihr daher misslungen. Die Messen, die für ihre Seelenruhe gestiftet waren, sind von der Folgezeit vergessen, selbst das eine Vaterunser nicht einmal ist so gebetet worden, wie sie bescheiden genug es begehrt hat. Immer wieder wendet sie sich von denen, die sie schon bereichert hat, zu den Armen zurück, immer hofft sie auf's Neue, es werde der Menschendank bei den Verlassenen dauerhafter sein. Sie lässt sich herab bis zum fremden Mahlknechte, zum Schwarzwälder, zum Brunnenbuben, bis herunter zum verachteten Heimatlosen. Aber auch der Arme noch ist eitel. Der Müllerbursche und der Schustergeselle möchten vor allem bei den Dorfmädchen gelten; der Korbflechter schlägt zwar die Bauernmädchen nicht hoch an, um so höher aber sein Bürgerrecht im Himmel, er pocht auf seine Seligkeit, so lange ihm dasjenige im Dorfe nicht zusteht. Dann aber prahlt er mit seiner Ahnenreihe von zigeunerhaften Vagabunden noch in dem Ortsbürgerrechte fort, in dessen Besitz er durch das Gold der Jungfrau gekommen ist. Ihnen allen fehlt der Edelmuth. Der eine der Erlöser geht durch unzeitige Plauderhaftigkeit leer aus, der andre betrügt sich selbst durch grobe Habgier, die Begierden des Dritten zerstören einen schon weit gediehenen Plan; jeder meint sich selbst, keiner gedenkt dabei der Jungfrau. Das gute Herz, auf das sie etwa noch stösst, ist das des rathlosen Kindes, oder des weichherzigen Menschen; dem einen erstarrt sein junges Herz vor grundloser Angst, dem andern zerfliesst sein altes in erfolglosen Rührungsthränen. An einem einzigen Härchen hängt zuletzt noch das Gelingen; da aber verrinnt über des Befreiers Selbstgefälligkeit die letzte Rettungsfrist, und die allmächtige Stunde erweist sich dann stärker, als der verspätete Menschenmuth und als der ganze Zauber des Geisterreiches. Und doch ist die Jungfrau noch immer nicht hoffnungslos. Ihr Glaube hängt an jenem Spindelbaum, welcher demjenigen zur Wiege werden soll, dessen starker Wille einst bis zum letzten Kusse ausdauern wird. Diese Hoffnung der Geister oder dieser Glaube der Sage kann auch uns nicht fremd sein; auch wir erwarten das grösste Gelingen von der opferbereiten Liebe. Denn, wenn wahre Liebe ein höherer Heldenmuth ist, so liegt ihre Siegeskraft, wie hier erzählt worden ist, im Erlösungskuss. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 221 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch      


by Die Schnecke und das Fohlen

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Eine Schnecke und ein Fohlen schlossen einmal eine grosse Wette ab, wer zuerst auf dem Maiensäss oben sei. Das Fohlen schlief zuerst lange, lange, dann lief es ein Stück weit, dann kehrte es um, um sich hinzulegen und zu schlafen. Dies wiederholte es ein paarmal. Die Schnecke machte sich sogleich auf den Weg und kam ohne Halt zu einem Tenn, und sie war lange vor dem Fohlen auf dem Maiensäss. Als das Fohlen oben ankam, war die Schnecke schon auf dem Hüttendach und rief: «Ich bin Käser und Käserlein!»   Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Schneckenhäuschen

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Nei, bim Turbä-Grabä hä-ni niä nytt gfundä ohni eppä Holz. Weder einisch bin-i ufämä Biälti (kleiner Hügel) gsässä. Und darnah gseh-n-ich uf einisch ä Tschuppä prächtigi, chlyni, chlyni Schnäggähysli vor-m'r zuechä ammänä Hyffäli. Z'ersch hä-ni tänkt, i well-s mit mr hei-nä, weder i hä-s due doch la sy. »Dü hesch ja keini Chind däheimä«, hä-ni zuemmer sälber gseit. Morädess bin-i dert wider ga lüegä, aber da isch keis einzigs vo deenä Schnäggähyslänä meh ummä gsy. Speeter bim-mi doch grüwes gsy, dass-i-s nytt mit mir gnu hä; ich glaubä, das wär nu cheschlichi War gsy. M. Anna Schmid, 78 Jahre alt, Hospental Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Schneidergret

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a) Einst ritt ein reicher Ursnerherr über den Gotthard. Er kommt nach Mailand und sieht bei einem schönen Schloss einen Garten. In diesem sieht er die Schneidergret aus dem Urserntal; diese stahl da Zwiebeln und Lauch. Er kannte sie ganz gut. Der Herr ritt sofort wieder heim und zwar in einem Höllengalopp, dass ihm niemand hätte nachfolgen können. Wie er zu Hause sagt, er habe die Schneidergret in Mailand gesehen, wollte es ihm kein Mensch glauben; das Pflaster ging ja gar nie zum Dorf hinaus. Man spürte der Sache weiter nach, und zuletzt erwischte man die Gret doch einmal. An der Kirchweih (oder Fastnacht) wollte sie etwas Gutes kochen. Sie bringt Butter in die Pfanne und sagt, sie wolle ins Gärtchen, um Zwiebeln zu holen. Man schaut ihr zu, und auf der Stelle war sie verschwunden und, als der Anken die ebenrechte Schmelzhitze bekommen hatte, war sie mit den Zwiebeln, die sie in Mailand geholt, zurück. Ihr Mann traute ihr je länger je weniger und klagte, bis man sie einfangen wollte. Aber an das Abfassen wollte sich niemand wagen; es getraute sich keiner, das Gretli einmal zu packen. Da kommt ein fester Göschener und sagt, er wolle es versuchen. Er kommt mit einem Mistkarren (mit einer Benne), stellt ihn vor die Kirchentüre, und, bevor das Gretli aus der Kirche herauskommt und feste Erde hat, nimmt er es, schwingt es dreimal in der Luft herum und wirft es in den Karren. »Jeises, Jeises!« schrie das Gretli, »jetz isch es kschei (geschehen) um ds Chints (Chindlis) Milchli!« Die Leute führen das Gretli an den Galgen zwischen Hospental und Andermatt, und da hatten sie einen grossen Scheiterhaufen bereit gemacht. Sie packen das Gretli und warfen es ins Feuer. Ein ganzer Trupp Kinder, die dabei waren, rufen: »Juhei, juhei, jetz heimmer ds Gretli im Sack!« Aber das macht ein paar Augen wie der Teufel und ruft: »Joh Chindä, hik kits de kwis e heißä Tak!« Auf einer Mauer steht ein Kätzlein, und das schaut so freundlich zu ihr herunter, und sie sagt zu ihm: »Jetz hesch schou lang uf-mi planget, jetz chasch-mi de hä!« b) Es stellte sich heraus, dass sie ganz verkehrt gebetet hat; das Vater Unser z.B. fing sie vom Schlusse an und hörte mit dem Anfang auf. Man fand auch, dass sie betete: »Brigitä, Brigitä Hagstäckä,« und das moffelte sie immer so fort schnell nacheinander. Bei der neuen Kirche in Andermatt betete sie: »Nägeli, Nägeli auf und ab, Nimms Teufel aus dem Grab!« Das wiederholte sie rasch. Es ward ferner bewiesen, dass Schneidergret schon vielen Schaden angerichtet habe. Sobald diese Taten ausser Zweifel waren, dachte man daran, sie in Schatten zu setzen, aber sie konnte nicht gefangen werden, denn, sobald sie mit einem Fuss auf die Erde kam, konnte sie kein Mensch mehr halten, sie war verschwunden. – Der Göschener packte sie in den drei höchsten Namen und drehte sie dreimal ringsum. Schneidergret ist Hexe geworden, als sie eines Tages, unzufrieden mit ihrem Lose, sprach: »Wäre ich reich, ich wollte tun, was man verlangte.« Hernach begegnete ihr im Göschenerwald der Teufel, mit dem sie den Bund einging. Er gab ihr die Schoss voll Geld und die Kraft, sich unsichtbar zu machen und so schnell zu sein wie der Menschengedanke. Dafür verpflichtete sie sich, alle Tage für fünf Schilling Schaden zu machen. Der Teufel verschwand, und alsbald kamen Holzweiber, welchen sie das Geld zeigen wollte; wie sie die Schürze auftat, war lauter Rossmist drinn; sie blieb aber doch beim Akkord. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Schneidergret in Ursern

Source: Die Schneidergret in Ursern

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Lange galt diese Person in Ursern als ungemein fromm. Endlich kam man hinter ihre Listen. Einst nämlich ritt ein Herr aus Andermatt an einem gewissen Garten in der Stadt Mailand vorbei und sah darinnen die Schneidergret Zwiebeln und Lauch ausziehen. Er hatte aber solche Eile und fuhr so schnell nach Hause, dass es der Gret unmöglich gewesen wäre, mit rechten Dingen ihm vorzukommen. Und doch war sie längst wieder in ihrer Hütte, oder besser, sie war nie auf längere Zeit fort gewesen. Nun schöpfte der Mann, als er solches inne geworden, begreiflich Verdacht und fing an mit einigen Vertrauten, denen er seine Erfahrung mitteilte, der Gret auf „die Eisen zu gehen". Nun stellte sich heraus, dass Gret am Fasnacht Mittag während der Anken in der Pfanne über dem Feuer schmolz, unter dem Vorwand im Garten vor ihrem Häuschen Zwiebeln zu holen, sich urplötzlich nach Mailand versetzte und mit Zwiebeln, die sie dort in einem Garten stahl, schon wieder zurück war, als der Anken die ebenrechte Schmelzhitze bekommen hatte. So machte sie 's fast alltäglich. Und weiter stellte sich heraus, dass sie ganz verkehrt gebetet hat; das Vater unser z. B. fing sie vom Schlusse an und hörte mit dem Anfang auf. Man fand auch, dass sie betete: „Brigitä, Brigitä Hagstäckä" und das „moffelte" sie immer so fort schnell nacheinander. Bei der neuen Kirche in Andermatt betete sie: „Nägeli, Nägeli auf und ab, nimm's Teufel aus dem Grab." Das wiederholte sie rasch. Es ward ferner bewiesen, dass Schneidergret schon vielen Schaden angerichtet habe. Sobald diese Taten ausser Zweifel waren, dachte man daran, sie in Schatten zu setzen, aber sie konnte nicht gefangen werden; denn sobald sie mit einem Fuss auf die Erde kam, so konnte kein Mensch mehr sie halten, sie war verschwunden. Endlich übernahm es ein sehr starker Göschener sie zu packen. Er passte auf, wann Gret in die Kirche gehe und liess in der Stille eine Benne (Wagen) vor der Kirchtüre bereit halten. Neben der Schwelle stehend, ergriff er in den drei höchsten Namen die Unholdin in dem Momente, da sie unter die Porte kommend, noch mit keinem Fusse den Boden ausserhalb der Kirche betreten hatte. Dreimal drehte er sie ringsum und schwang sie kräftig in die Benne. Wie sie drinnen lag, sprach, Gret: „Jetzt ist's g‘schen ums Kindlis Milchli.“ Drauf fuhren sie mit ihr zum Galgen zwischen Andermatt und Hospental, wo der Scheiterhaufen bereitet war. Kinder standen umher und schauten zu. Da rief Gret ihnen zu: „Ja, meine Kinder, heut gibt's einen warmen Tag." Auf dem Holzstoss oben lag eine graue Katze, die herunter schaute. „So, bist bereitet, hast lang schon auf mich gewartet", sagte die arme Sünderin zum Tier. Ein kräftiger Arm warf sie jetzt aus der Benne in die Lohe. Schneidergret ist Hexe geworden, als sie eines Tages, unzufrieden mit ihrem Lose, sprach: „Wäre ich reich, ich wollte tun, was man verlangte." Hernach begegnete ihr im Göschenerwald der Teufel, mit dem sie den Bund einging. Er gab ihr die Schooss voll Geld, und die Kraft sich unsichtbar zu machen und so schnell zu sein wie der Menschen Gedanke. Dafür verpflichtete sie sich, alle Tage für 5 Schilling Schaden zu machen. Der Teufel verschwand und alsbald kamen Holzweiber, welchen sie das Geld zeigen wollte. Wie sie die Schürze auftat, war lauter Rossmist d'rin; sie blieb aber doch beim Ackord.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Die Schneiderin

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»Das het alligs my Müetter verzellt«, beginnt meine Erzählerin von Bauen, deren Mutter aber von Attinghausen war. Einer Schneiderin, die fleissig auf Stören ging, folgte schon manchen Abend auf der Heimkehr so ein altes Guschi nach, ohne bestimmte Gestalt, äs syg nur äsoo äs G'schych gsy. Wenn sie das Türli am Eingang in ihre Hostet noch so räs zuschletzte, das Guschi kam ihr dennoch nach bis an die Haustüre. Endlich fragte sie einen Gottesgelehrten um Rat, und der sagte ihr, sie solle sich nur nicht fürchten, für die arme Seele beten und die Dinge abwarten. Eines Abends endlich kam ihr das Guschi entgegen; es war entsetzlich in ein Tuch eingewickelt und deutete der Schneiderin, sie möchte das beengende Tuch aufschneiden. Aber diese wagte es nicht, ohne vorher den Gelehrten nochmals um Rat zu fragen. Auf seine Ermunterung redete sie das nächste Mal das Gespenst an, das ihr wieder begegnete, behielt sich aber wohlweislich das erste und letzte Wort vor. Auf des Geistes Bitte schlitzte sie jetzt mit einer Schere die Hülle auf, und der Geist war erlöst. Aber die rechte Hand der erlösenden Schneiderin war ganz verbrannt; der Ratgeber hatte ganz vergessen, ihr zu sagen, dass sie die Hand einwickeln solle. Nach und nach hat man angefangen, die Toten nicht mehr in Leintücher einzunähen, sondern sie mit ihrem Gewand zu bekleiden, damit sie beim Wandlen ungehindert einherschreiten können. Maria Ziegler Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die schnelle Post

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Ein Grabser diente als Soldat in Holland. In einer Nacht gelüstete ihn, zu wissen, wie es zu Hause stehe. Eine Weibsperson, die sich auf Hexenkünste verstand, wusste guten Rat. Sie reichte ihm einen Besenstiel, auf dem er durch die Lüfte in die Heimat fuhr, wo er einige Stunden verweilen durfte; dann sass er wieder auf und war vor Tagesgrauen wieder auf seinem Posten. (Mündliche Mitteilung)   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 102, S. 50 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die schöne Base

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Vor wenigen Jahrzehnten ereignete es sich auf Arni im Reusstal, dass ein etwa dreijähriges Meiteli, das die Mutter an ihrer Hand führte, plötzlich ausrief: »E, Müetter, lüeget da obä vorem Hüs, weligi scheeni Bäsi staht da!« Die Mutter konnte nichts wahrnehmen und fragte, was denn sei. »E ä scheeni, scheeni Bäsi staht da obä immänä wyssä Kleid und innära wyssä Firschybä.« Die Mutter fragte dann einen Geistlichen um Rat, und der sagte, das sei eine arme Seele; das Kind werde bald sterben, und dann werde sie erlöst werden. Und wirklich, bald nachher erkrankte das Kind, serbelte eine Zeitlang und starb dann. Frz. Jos. Zurfluh Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die schöne Infinita mit den goldenen Zöpfen

Source: Die schöne Infinita mit den goldenen Zöpfen

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Es waren einst ein König und eine Königin, die hatten drei Söhne. Davon hieß der älteste Joseph. Er kehrte nach vielen Jahren Studiums von der hohen Schule zurück, und alle Leute der Gegend waren in festlicher Stimmung, um ihn feierlich zu empfangen. Durch die Schar der Leute am Hof drängte sich auch ein altes Weib, welches ein Säcklein voll Brot auf den Schultern trug, das sie unter der königlichen Tafel zusammengelesen hatte. Weil sie aber so klein war, daß man sie kaum bemerkte, wurde sie im Gedränge von der Menge des Volkes unabsichtlich umgestoßen. Dabei rollte das Säcklein auf den Boden, öffnete sich und die Brotbröcklein fielen auf das Pflaster. Die Alte machte in ihrer Entrüstung eine so komische Grimasse, daß Prinz Joseph das Lachen nicht unterdrücken konnte. Die arme Frau, dadurch doppelt gekränkt, wandte sich an den Spötter und schleuderte ihm voller Zorn die Verwünschung entgegen: »Du sollst nicht eher Ruhe haben, als bis du die schöne Infinita mit den goldenen Zöpfen gefunden hast!« Der Königssohn und die anderen Leute hörten es; aber sie beachteten diese Worte nicht. Bald darauf waren die Festlichkeiten zu Ende. Doch Joseph war von diesem Augenblicke an nie mehr recht zufrieden. Schließlich sagte er zum König: »O Vater, gib mir das schnellste Pferd, denn ich muß mich aufmachen, um die schöne Infinita zu suchen.« Der Vater wollte davon nichts wissen. Weil jedoch der Sohn nicht aufhörte, ihn zu bestürmen, mußte er ihn schließlich ziehen lassen. Also ging er fort und ritt mitten durch Wälder, über Gebirge und verlassene Gegenden, ohne irgendeinen Aufenthalt. Endlich sah er eines Nachts in der Ferne etwas Helles schimmern. Bald darauf konnte er ein Haus erblicken, und noch vor Mitternacht langte er dort an. Er klopfte an die Tür, und ein alter Mann mit weißem Bart trat heraus, der ihn mit freundlichem Antlitz willkommen hieß. Er ließ ihn an seiner Seite Platz nehmen, stellte ihm ein Nachtessen auf und sprach: »Diese Nacht schläfst du in meiner Hütte und ruhst dich aus; denn wie ich sehe, bist du recht müde.« »Ich danke Euch, recht gerne will ich dableiben«, antwortete Joseph, »aber ich bin hierhergekommen, um Euch zu fragen, ob Ihr vielleicht wißt, wo die schöne Infinita wohnt?« Der Einsiedler erwiderte: »Ich bin schon alt, habe jedoch noch nie von ihr erzählen hören. Doch habe ich einen Bruder, der älter ist als ich. Er wohnt jenseits der sieben Berge, weit entfernt von hier. Der könnte es vielleicht wissen.« Am folgenden Morgen machte sich Joseph in der angegebenen Richtung auf den Weg. Auf der Wanderschaft stieß er auf ein altes Weib, das ihn wiedererkannte. Es war jene, die gegen ihn damals die Verwünschung ausgesprochen hatte. Sie ritt auf einem prächtigen, feurigen Pferd und hielt ein Schwert an der Seite. »Gib mir dein Roß und deinen Degen«, sprach sie zu ihm, »so will ich dir die meinen geben. Sobald du mit diesem Schwert hier eine Person berührst, wird sie sogleich tot zur Erde fallen. Berührst du sie zum zweiten Male, so wird sie wieder lebendig auferstehen. Und hier, dies Pferd rennt so schnell wie der Wind.« Der Königssohn willigte in den Tausch ein, und die Alte verschwand. Der Jüngling gab dem Pferd einen Hieb mit der Peitsche, und es jagte davon wie der Blitz. So ritt er von dannen über die sieben Gebirge und erreichte die Hütte des zweiten Einsiedlers. Dort hielt er an und klopfte an die Tür. Der gute Alte nahm ihn gastfreundlich auf und lud ihn ein, Platz zu nehmen; aber der Königssohn fragte: »Könnt Ihr mir nicht bitte sagen, wo die schöne Infinita wohnt?« »Ich bin alt, sehr alt«, antwortete der Eremit, »gleichwohl hörte ich noch nie von ihr reden. Doch habe ich einen älteren Bruder, der wohnt sieben Gebirge weiter weg. Es ist wohl möglich, daß er es weiß.« Prinz Joseph dankte ihm, stieg sogleich wieder aufs Pferd und galoppierte wie der Wind davon. In kurzer Zeit gelangte er zum dritten Waldbruder und klopfte an die Tür. Sogleich schaute der alte Mann heraus. Er hatte einen ehrwürdigen langen Bart, der weiß wie Milch war und ihm bis an die Knie reichte. »Was wollt Ihr, schöner Jüngling?« fragte er ihn. Und der Prinz antwortete: »Ich bin gekommen, um Euch zu fragen, ob Ihr wißt, wo die schöne Infinita wohnt.« Und der Eremit gab zur Antwort: »Ich bin alt, uralt, aber noch nie habe ich von ihr reden hören. Doch habe ich einen Sohn, der »Wind« heißt und immerfort umherstreift. Der hat sie vielleicht irgendwo gesehen.« Joseph setzte sich hin, um »Wind« zu erwarten. Und siehe da, auf einmal kam er herbei. Der Prinz fragte ihn nach der schönen Infinita, und Wind entgegnete: »Morgen gehe ich gerade zu ihr, um ihr die Wäsche zu trocknen. Merkt wohl, ich stehe frühzeitig auf. Ich rufe dreimal, dann reise ich fort, auch wenn ihr mich nicht gehört habt.« Joseph schlief wenig, und am Morgen in aller Frühe folgte er dem Wind. Bald erreichten sie das Haus der schönen Infinita. Der Prinz lief rings ums Haus herum, sah aber weder Türen noch Fenster. Da und dort standen Marmorstatuen im Grün des Gartens. Eine davon berührte er aus Versehen. Da sah er, wie ein schöner Jüngling daraus hervorkam, der ebenfalls ein Königssohn gewesen war. Von ihm erfuhr er, daß alle jene Marmorfiguren nichts anderes als hübsche Jünglinge waren, die die schöne Infinita hatten sehen wollen und dann von der Zauberin in Statuen verwandelt worden waren. Da erweckte der Prinz auch die anderen Jünglinge. Diese zeigten ihm eine Öffnung in der Mauer und erklärten ihm, daß dies die Türe sei. Doch warnten sie ihn, ja nicht hindurchzugehen; denn hinter der Türe ständen zwei Riesen, die niemanden eintreten ließen. Er aber hörte nicht auf sie. Wie er die beiden Riesen sah, berührte er sie mit seinem Schwert und sie fielen tot zu Boden. Schließlich fand er die schöne Infinita, die in der Tat von bezauberndem Liebreiz war. Sie fragte ihn: »Aber, wie hast du es angestellt, bis hierher zu kommen? Seit zwanzig Jahren bist du der erste, dem dies gelungen ist. Und jetzt, was soll ich mit dir anfangen? Wo soll ich dich verstecken? Weißt du denn nicht, daß die Zauberin dich mit einem einzigen Bissen zum Nachtessen verschlingen wird, wenn sie dich hier sieht?« Und wirklich nahte nun die Böse. Die schöne Infinita versteckte den Jüngling sogleich. Die Hexe merkte aber, daß jemand eingedrungen war. Sie rümpfte die Nase und brummte: »Ich rieche einen Christenmenschen. So höre wohl, was ich dir sage: Kannst du den Tisch so decken, daß der Tisch den Fußboden nicht berührt, das Tischtuch den Tisch nicht berührt und daß auch die Becher das Tischtuch nicht berühren und dennoch nichts dazwischen ist, so will ich jenen Jüngling verschonen, den du dort versteckt hast; kannst du das aber nicht, so esse ich ihn lebendig und schön, wie er ist, auf.« Mit diesen Worten ging sie fort. Jetzt rief die schöne Infinita den Prinzen Joseph aus dem Versteck hervor und sprach zu ihm: »Weißt du, was wir jetzt tun müssen? Wir wollen fliehen und diese drei Dinge mit uns nehmen: Einen Stein, eine Blume und ein Wasserfläschchen.« Und so geschah es auch. Als die Zauberin zurückkam und niemanden mehr fand, geriet sie in größten Zorn, fluchte und befahl ihren Dienern, sich augenblicklich auf den Weg zu machen, um die Flüchtlinge einzuholen. Unterdessen eilten Joseph und die schöne Infinita in schnellstem Lauf davon wie der Wind. Als sie glaubten, weit genug entfernt zu sein, hielten sie an, um ein wenig auszuruhen. Bald aber merkten sie, daß sie von zwei Dienern verfolgt wurden. Da sprach das Mädchen: »Laß uns diesen Stein dorthin werfen. Dann verwandle ich mich in eine Kirche und einen Kirchturm, und du wirst der Küster.« »Recht so, ich bin einverstanden«, erwiderte der Königssohn. Sie schleuderten also den Stein auf den Weg, worauf sich augenblicklich eine Kirche mit dem Glockenturm erhob, und der Prinz stellte sich an den Eingang, wie wenn er jemand erwartete. Die Diener kamen herangelaufen und fragten ihn: »Sagt uns bitte, guter Mann, ob Ihr einen Jüngling und ein Fräulein habt vorübergehen sehen?« »Ich habe bereits das erste Zeichen geläutet, und jetzt gehe ich, zum zweiten Mal zur Messe zu läuten. Möchtet ihr vielleicht die Messe hören?« »So mach doch, daß du fortkommst, du und deine Messe!« antworteten die Diener und kehrten wieder nach Hause zurück. Die Zauberin, außer sich vor Zorn über diesen Mißerfolg, schickte zwei andere Diener aus. Joseph und die schöne Infinita waren inzwischen weitergeflüchtet und liefen lange Zeit. Kaum hatten sie sich jedoch hingesetzt, um ein wenig auszuruhen, so erblickten sie die beiden Diener, welche ihnen nachsetzten. Da sprach das Mädchen: »Laß uns diese Blume auf den Boden werfen. Ich werde in einen Garten verwandelt, und du wirst der Gärtner sein.« Und so geschah es. Als die Diener anlangten, fragten sie den Gärtner, der neben dem Gatter stand: »Habt Ihr vielleicht einen Jüngling und ein Mädchen hier vorübergehen sehen?« Da erwiderte der Gärtner: »Bald werden der Salat und der Knoblauch groß sein. Heute säe ich noch Petersilie an.« Die beiden ändern entgegneten: »Ach, scher dich doch zum Kuckuck, samt deinen Krautstengeln!« und damit kehrten sie unverrichteter Dinge nach Hause zurück. »Ihr seid doch rechte Einfaltspinsel!« schimpfte die Zauberin. »Habt ihr denn nicht gemerkt, daß sie der Garten und Joseph der Gärtner war?« Nun machte sie sich selber auf, um die Flüchtlinge zu erwischen. Joseph und die schöne Infinita liefen immer noch, als sie plötzlich merkten, daß sie von der Hexe in eigener Person verfolgt wurden. In aller Eile warfen sie das Wasserfläschchen zu Boden und sogleich bildete sich ein See mit einem Aal darin; aber dieser glitt der Hexe aus den Händen und sie konnte ihn nicht fassen. Schließlich gab sie die Sache auf und sprach: »Ich will euch laufen lassen. Aber, Infinita, erinnere dich wohl daran, sobald dein Joseph nach Hause gelangt und sich bei der Rückkehr von irgend jemand küssen läßt, wird er dich für immer vergessen.« Und damit ging sie fort. Die beiden jungen Leute machten sich wieder auf den Weg. Sie gelangten zu einer Stadt, die nicht weit von Josephs väterlichem Schloß entfernt war. Da brachte er die schöne Infinita in eine Herberge, wo sie warten sollte, bis er wiederkäme. Dann kehrte er an den Königshof zurück, um alles seinen Eltern zu erzählen. Hernach wollte er die schöne Frau in einer Karosse festlich abholen. Daheim angekommen, hatte er Mühe, sich wieder zu erkennen zu geben. Er warnte alle seine Leute, ihn ja nicht zu küssen, und dann begab er sich in sein Schlafgemach, um sich von der Reise auszuruhen. Während er schlief, näherte sich einer seiner Brüder, der nichts von allem wußte, dem Bette und küßte den Schläfer aus Freude, ihn wieder zu sehen. In diesem Augenblick vergaß Joseph alles, und auch die schöne Infinita war seinem Gedächtnis gänzlich entschwunden. So wartete die Braut vergeblich auf ihn. Als sie sah, daß er nicht wiederkehrte, fing sie eine Kaffeewirtschaft an und ließ sich die »schöne Kaffeewirtin« nennen. Joseph kam zufällig auch dorthin, kehrte ein und konnte das schöne Mädchen nicht genug bewundern. Auch sie fand Gefallen an ihm; aber als sie abends allein im Zimmer waren, befahl sie ihm: »Schließ doch jene Fensterläden!« Er gehorchte, aber während er den einen Fensterladen schloß, öffnete sich der andere wieder. Und so mußte er die ganze Nacht damit verbringen, die Fensterläden zu schließen, ohne sich zur Ruhe legen zu können. Enttäuscht kehrte er nach Hause zurück, sagte aber niemandem etwas von seinem Erlebnis. Am folgenden Tag wollte sein Bruder auch hingehen, um die schöne Kaffeewirtin zu besuchen. Auch er wurde von ihrer einzigartigen Schönheit bezaubert und bestürmte sie um ihre Liebe. Sie zeigte sich ihm scheinbar entgegenkommend, fügte jedoch hinzu: »Du wirst zwei Kerzen in das Schlafzimmer bringen, und sobald ich im Bette bin, wirst du sie auslöschen!« Am Abend trug er wirklich zwei Leuchter mit Kerzen in die Schlafstube; aber während er die eine auslöschte, zündete sich die andere wieder von selbst an. So ging es die ganze Nacht hindurch, und er konnte nicht schlafen. Am nächsten Morgen kehrte er nach Hause zurück, ohne jemandem etwas von dem Vorgefallenen zu sagen. Am folgenden Tag suchte auch der jüngste Bruder die Kaffeewirtin auf. Auch er verliebte sich in sie und schenkte ihr in seiner Freude prächtige Schmucksachen. Am Abend begab er sich in ihr Schlaf gemach; aber während er einen Stiefel auszog, hatte er den ändern schon wieder am Fuß. Und so mußte er immerfort seine Stiefel ausziehen, bis der Morgen da war. Ärgerlich kehrte er nach Hause zurück und erzählte alles seinen Brüdern. Diese schauten sich verwundert an, und dann berichteten sie einander, was jedem von ihnen begegnet war. Mittlerweile hatte der König für seinen ältesten Sohn eine Braut gesucht, denn es war die Zeit gekommen, ihn zu verheiraten. Es kam der Tag, an dem die Verlobung stattfinden sollte. Es wurde dazu ein Festmahl veranstaltet, zu dem auch die Kaffeewirtin eingeladen war. Als alle Gäste ihr Glas erhoben, um auf das künftige Glück des Brautpaares anzustoßen, wandte sich die schöne Infinita an Joseph und sprach zu ihm: »Erinnerst du dich nicht mehr an das Zauberschloß, wohin du gekommen bist, mich abzuholen? Denkst du nicht mehr daran, wie du damals den Küster, den Gärtner und den Aal entstehen ließest? Erinnerst du dich nicht mehr an all das, was ich um deinetwillen erlitten und erduldet habe? Und wie steht es um die Versprechungen, die du mir gemacht hast?« Joseph schaute das Mädchen genauer an und erkannte plötzlich an ihren langen goldenen Zöpfen seine geliebte Infinita. Tief gerührt umarmte er sie mit Tränen in den Augen und sprach zu ihr: »Du allein bist meine auserwählte Braut.« Die andere, die der Vater für ihn bestimmt hatte, mußte wieder heimziehen. Und nun, da sich die beiden glücklich wieder gefunden hatten, feierten sie erst recht den Tag ihrer Verlobung.   Quelle: Götz E. Hübner und Sigrid Früh, Von Gletscherjungfrauen und Erdmännlein, Fischer TB , nach Walter Keller, Tessiner Märchen        Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die schöne Luisa

Source: Die schöne Luisa

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Einmal gebar die Frau des Königs von Frankreich Zwillingssöhne. Die Hebamme riet bei der Geburt der beiden dem König, die Kinder selber aufzuziehen, damit sie vor schlechten Einflüssen verschont würden. Der König befolgte diesen Rat. Um die beiden Prinzen nicht in fremde Hände geben zu müssen, unterrichtete er sie selber. Aber sie kamen trotzdem ziemlich leichtsinnig heraus. Als sie erwachsen waren, heiratete einer die schöne Luisa. Eines Tages sagte der König den Prinzen, er habe in der Türkei die und die Geschäfte zu erledigen. Er sei allerdings alt, und deshalb wolle er lieber sie dorthin schicken. Gut, den Prinzen war dies recht so. Sie schifften sich ein und fuhren übers Meer in die Türkei. Aber dort ging es ihnen schlecht. Der König der Türken merkte, dass sie Franzosen waren und warf beide ins Gefängnis. Die schöne Luisa wusste nicht, was passiert war, da die Prinzen keine Nachricht gaben, und so machte sie sich selbst auf den Weg. Am Hafen liess sie Kutsche, Pferde und Dienerschaft zurück und schiffte sich ein. Auf dem Wasser verkleidete sie sich als Pilger, ging so zum König der Türken und begann auf ihrem Instrument zu spielen. Der König freute sich riesig an seinen schönen Melodien und behielt ihn am Hof. Nach acht Tagen begann der Pilger plötzlich fürchterlich traurige Melodien zu spielen. Das gefiel dem König nicht und er fragte, weshalb er heute so traurig spiele. Da sagte der Pilger, er habe gehört, der König behandle seine Sklaven und Gefangenen schlecht; dies tue ihm so weh. «Oh, wenn es nur das ist», antwortete der König, «so will ich von nun an die Sklaven besser halten!» Jetzt spielte der Pilger wieder fröhlich, ungefähr acht Tage lang. Dann brachte er wieder seine traurigen Melodien. Der König fragte, was los sei, dass er so traurig spiele. Der Pilger antwortete, er möchte gerne selber die Sklaven und Gefangenen sehen, er glaube nicht, nur vom Hörensagen, dass sie ordentlich gehalten würden. «Nun denn, du kannst dir die Sache anschauen!» sagte darauf der König und führte ihn durch seine Gefängnisse. In allen war es ganz ordentlich, ausser in dem zuunterst. Hier befanden sich die beiden Prinzen, die der Pilger sogleich erkannte. Sie wurden vom König miserabel behandelt. Acht Tage später spielte der Pilger wieder fröhliche Melodien, doch plötzlich brachte er zum dritten Mal ganz traurige. Der König hatte keine Freude daran und fragte den Pilger, warum er wieder so traurige Melodien spiele. Der antwortete, er wolle gar nichts sagen, da der König doch nicht mache, was er wolle. Darauf bedrängte ihn der König, er müsse mit der Sprache herausrücken, und er versprach alles zu tun, was immer es sei. Jetzt sagte der Pilger, er wünsche nichts anderes, als dass der König die beiden Franzosenprinzen aus dem Gefängnis entlasse. Zuerst wollte der König nichts davon wissen, doch er konnte nichts anderes tun, denn er hatte seinen grössten Feinden die Freiheit versprochen. Die Prinzen schifften sich sofort ein und fuhren nach Frankreich zurück. Dort sandten sie in alle Richtungen Boten aus, die die schöne Luisa suchen sollten. Sie glaubten nämlich, die schöne Luisa treibe sich in der Welt herum. Doch sie war immer noch als Pilger beim König der Türken und überlegte sich, wie sie nach Frankreich fliehen könne. Eines Tages bat sie den König, ob sie mit der Dienerschaft ein wenig spazieren dürfe. Dies erlaubte der König. An einer bestimmten Stelle sagte der Pilger zu den andern, er habe in einem Haus Geschäfte zu erledigen, er bleibe also einen Augenblick weg, aber er komme nachher wieder zurück. Doch der Pilger ging in eine ganz andere Richtung, bis zum Hafen. Hier schiffte er sich ein, zog die Pilgerkleidung aus und Prinzessinnengewänder an. Sobald sie französischen Boden betrat, erkannte man die Prinzessin Luisa. Schnell griff man sie auf und warf sie ins Gefängnis. Das kam dann schnell dem Prinzen zu Ohren, und er bezahlte dem, der die schöne Luisa gefangengenommen hatte, eine schöne Summe. Ihr Prinz liess sie im Gefängnis schmachten und ihre Untreue büssen. Aber ein Patenkind der Prinzessin ging täglich ans Gefängnisfenster, und es fragte seine Patin, was es ihr bringen solle. Die verlangte bald dieses, bald jenes. Eines Tages kam das Mädchen mit der Nachricht, die Prinzessin werde in drei Tagen hingerichtet; der Prinz habe schon das Todesurteil gefällt. Dann fragte das Mädchen noch, ob es nicht möglich sei, sie vor dem Tod zu retten. Da sagte die Patin: «Ja doch, du musst nur in mein Zimmer gehen und mir das und das Instrument holen! Wenn du das kannst, so bin ich frei!» «Oh, das werd ich schon machen!» war die Antwort des Patenkindes. Das Patenkind ging zum Prinzen und sagte, es möchte ins Zimmer der Prinzessin, es müsse etwas holen. Der Prinz entgegnete, er lasse ein derart neugieriges Mädchen nicht ins Zimmer seiner Frau. Doch das Mädchen hörte nicht auf zu betteln, bis es hinein durfte. Schnell nahm sie das und das Instrument und ging. Als der Prinz sah, dass sie nur mit einer Mundharmonika wegging, sagte er weiter nichts. Dann brachte das Patenkind das Instrument zu seiner Patin. Am andern Tag wurde die Prinzessin auf den Richtplatz geführt. Da bat sie den Prinzen, sie aus Gnade noch ein paar Augenblicke am Leben zu lassen, was der Prinz ihr gewährte. Jetzt nahm sie ihr Instrument hervor und spielte die gleichen Melodien wie in den Gefängnissen der Türkei. Als die Prinzen das hörten, schaute einer den andern an, und jetzt wussten sie, wer der Pilger in der Türkei gewesen war. Sogleich liessen sie die Prinzessin frei und führten sie mit aller Pracht ins Schloss.   Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die schöne Mailänderin und der graue Melser

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Während der Mailänder Kriege stand ein Schweizer Soldat, der unter dem Namen der graue Melser bekannt war, einst in Mailand vor einem Palast Wache. Da rief ihm eine schöne Dame aus dem Fenster zu, er solle doch zu ihr einmal heraufkommen. Als seine Wache um war, tat er es. Die schöne Dame bewirtete ihn auf das Beste und fragte ihn endlich auch beim Abschied: ob er auch den Gafarrabüel kenne? – Als nun der graue Melser dies bejahte, sagte sie lächelnd: sie habe manche vergnügte Nacht auf demselben zugebracht. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Die schöne Mengietta

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Ein Vater hatte eine sehr schöne Tochter. Alle nannten sie die schöne Mengietta. Eines Tages grub der Vater ein Wiesenbord um und fand dabei ein goldenes Glöcklein ohne Klöppel. Mengietta schaute das Glöcklein an und sagte: «Es ist wirklich schade, dass das Glöcklein keinen Klöppel hat.» Nach langem Hin und Her wurden sie sich einig, das Glöcklein dem König zu schenken. Der König freute sich sehr über das Geschenk, sagte aber auch: «Es ist sehr schade, dass das Glöcklein keinen Klöppel hat.» Der Vater erwiderte, seine Tochter habe das Gleiche gesagt. Da meinte der König, wenn er eine Tochter habe, welche dasselbe dazu bemerkt habe wie er, so solle er sie in sein Schloss kommen lassen. Aber sie dürfe weder zu Fuss noch zu Pferd, weder nackt noch bekleidet, weder am Tag noch in der Nacht kommen. Könne sie das, werde er sie heiraten, wenn nicht, so müsse sie sterben. Der Vater meinte, seine Tochter könnte diese Bedingungen nicht erfüllen. Er hatte Angst und bereute es, zum König gegangen zu sein. Trotzdem erzählte er ihr, wie es ihm gegangen war. Die Tochter tröstete den Vater und sagte, was der König verlangt habe, sei überhaupt keine grosse Kunst. Dann setzte sie sich auf einen Esel, vorne bekleidet und hinten nackt und ging in der Dämmerung zum König. Der heiratete sie, aber er stellte ihr die Bedingung, ihm nie zu widersprechen. Eines Tages ging der König mit seinem Gefolge auf die Jagd und begegnete einem armen Mann, der hütete eine Kuh, die gerade gekalbt hatte. Daneben stand auch ein Mann mit einem Esel. Der Kuhhirt weinte, und der König fragte, weshalb er weine. Er antwortete: «Wie du siehst, hat meine Kuh gekalbt, und jetzt behauptet dieser Mann, dass sein Esel gekalbt habe und will mir das Kalb wegnehmen. - Jetzt sage du, König, wer Recht hat.» Der König gab dem Mann mit dem Esel Recht. Mit der Zeit kam auch die Königin da vorbei und fragte den Hirten, weshalb er weine. Er erzählte, der König habe dem Mann Recht gegeben, welcher behaupte, sein Esel habe gekalbt. Da sagte die Königin zu ihm: «Mach, was ich dir sage! Nimm einige Fische, grabe ein Loch und lege sie hinein. Wenn der König vorbeigeht, so rühre die Fische durcheinander und sage dabei: Fragt er dich, seit wann die Fische auf dem Trockenen schwämmen, antworte: » Der Mann befolgte das, und als der König fragte, seit wann die Fische ohne Wasser schwämmen, antwortete er: «Seit die Esel kalben!» Der König stand beschämt da, aber es kam ihm sogleich in den Sinn, dass seine Frau dem Mann diesen Rat gegeben hatte. Zu Hause sagte er zur Königin: «Du hast versprochen, mir niemals zu widersprechen, doch du hast dein Wort nicht gehalten. Deshalb musst du das Schloss verlassen, doch du kannst noch das, was du am liebsten hast, mitnehmen!» Der Königin war das recht, doch sie bat den König, mit ihr ein Glas Wein zu trinken. Sie schüttete ein Schlafmittel in den Becher ihres Mannes, und als er fest schlief, steckte sie ihn in einen Sack und trug ihn heim zu ihrem Vater. Als der König aufwachte, wusste er nicht, wo er war. Die Königin erklärte ihm, er habe ihr erlaubt, aus dem Schloss zu nehmen, was sie am liebsten habe. - Am liebsten habe sie ihren Mann, und so sei er hier. Da sagte der König: «Gut, weil du mich am meisten liebst, komm mit mir ins Schloss zurück!» Von nun an haben sie glücklich zusammen gelebt, aber ich habe sie nachher nicht mehr gesehen.   Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins, Brunold Bigler(Hg), Desertina Verlag        Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die schöne Mengietta

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Ein Vater hatte eine sehr schöne Tochter. Alle nannten sie die schöne Mengietta. Eines Tages grub der Vater ein Wiesenbord um und fand dabei ein goldenes Glöcklein ohne Klöppel. Mengietta schaute das Glöcklein an und sagte: «Es ist wirklich schade, dass das Glöcklein keinen Klöppel hat.» Nach langem Hin und Her wurden sie sich einig, das Glöcklein dem König zu schenken. Der König freute sich sehr über das Geschenk, sagte aber auch: «Es ist sehr schade, dass das Glöcklein keinen Klöppel hat.» Der Vater erwiderte, seine Tochter habe das Gleiche gesagt. Da meinte der König, wenn er eine Tochter habe, welche dasselbe dazu bemerkt habe wie er, so solle er sie in sein Schloss kommen lassen. Aber sie dürfe weder zu Fuss noch zu Pferd, weder nackt noch bekleidet, weder am Tag noch in der Nacht kommen. Könne sie das, werde er sie heiraten, wenn nicht, so müsse sie sterben. Der Vater meinte, seine Tochter könnte diese Bedingungen nicht erfüllen. Er hatte Angst und bereute es, zum König gegangen zu sein. Trotzdem erzählte er ihr, wie es ihm gegangen war. Die Tochter tröstete den Vater und sagte, was der König verlangt habe, sei überhaupt keine grosse Kunst. Dann setzte sie sich auf einen Esel, vorne bekleidet und hinten nackt und ging in der Dämmerung zum König. Der heiratete sie, aber er stellte ihr die Bedingung, ihm nie zu widersprechen. Eines Tages ging der König mit seinem Gefolge auf die Jagd und begegnete einem armen Mann, der hütete eine Kuh, die gerade gekalbt hatte. Daneben stand auch ein Mann mit einem Esel. Der Kuhhirt weinte, und der König fragte, weshalb er weine. Er antwortete: «Wie du siehst, hat meine Kuh gekalbt, und jetzt behauptet dieser Mann, dass sein Esel gekalbt habe und will mir das Kalb wegnehmen. - Jetzt sage du, König, wer Recht hat.» Der König gab dem Mann mit dem Esel Recht. Mit der Zeit kam auch die Königin da vorbei und fragte den Hirten, weshalb er weine. Er erzählte, der König habe dem Mann Recht gegeben, welcher behaupte, sein Esel habe gekalbt. Da sagte die Königin zu ihm: «Mach, was ich dir sage! Nimm einige Fische, grabe ein Loch und lege sie hinein. Wenn der König vorbeigeht, so rühre die Fische durcheinander und sage dabei: ‹Schwimmt, meine Fischlein!› Fragt er dich, seit wann die Fische auf dem Trockenen schwämmen, antworte: ‹Seit die Esel kalben!›» Der Mann befolgte das, und als der König fragte, seit wann die Fische ohne Wasser schwämmen, antwortete er: «Seit die Esel kalben!» Der König stand beschämt da, aber es kam ihm sogleich in den Sinn, dass seine Frau dem Mann diesen Rat gegeben hatte. Zu Hause sagte er zur Königin: «Du hast versprochen, mir niemals zu widersprechen, doch du hast dein Wort nicht gehalten. Deshalb musst du das Schloss verlassen, doch du kannst noch das, was du am liebsten hast, mitnehmen!» Der Königin war das recht, doch sie bat den König, mit ihr ein Glas Wein zu trinken. Sie schüttete ein Schlafmittel in den Becher ihres Mannes, und als er fest schlief, steckte sie ihn in einen Sack und trug ihn heim zu ihrem Vater. Als der König aufwachte, wusste er nicht, wo er war. Die Königin erklärte ihm, er habe ihr erlaubt, aus dem Schloss zu nehmen, was sie am liebsten habe. - Am liebsten habe sie ihren Mann, und so sei er hier. Da sagte der König: «Gut, weil du mich am meisten liebst, komm mit mir ins Schloss zurück!» Von nun an haben sie glücklich zusammen gelebt, aber ich habe sie nachher nicht mehr gesehen.   Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die schöne Pantoffle

Source: Die schöne Pantoffle

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Mer sy sälbmol afe ne Johr us der Schuel gsi. Am e Karfrytig, ’s isch e sunnige, prächtige Früehligstag gsi, sy eusere drü Meitli d’Winkelgass uf gspaziert; mer hei uf ’s Ramschteschloss welle. Ob der Holle isch e Hübeli; es syg dort in der Ritterzyt e Galge gstande. Wo mer zu däm Hübeli cho sy, stönde dort drei wunderschöni Pantoffle, wie mer noh nie keini gseh hei; aber keine-n-isch glych gsi wie der ander. In der Sunne hei si in alle Farbe glänzt und gfunklet, wie wenn si us luter Chrällele were. Mer hei die Pantoffle lang bitrachtet, aber se nit gitrout a z’rüehre. Dernoh sy mer e Stückli wyter gloffe, hei vo dene Pantoffle brichtet und afo wärweise, öb mer se-n-ächt doch hätte selle neh. Mer sy wieder zrugg, hei aber keini Pantoffle meh gseh. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Die schöne stolze Frau

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Es war einmal eine junge Frau, die war sehr schön und sehr stolz. Sie fürchtete, vom Kinderkriegen hässlich zu werden. Deshalb ging sie zu einer alten Frau, einer alten Hure, und sie bat die Alte, etwas zu tun, damit sie für immer schön bleibe. Die Alte sagte, wenn sie einverstanden sei, keine Kinder zu bekommen, so wolle sie schon dafür sorgen, dass sie für immer schön bleibe. Dann nahm die Alte drei Kaffeebohnen und mahlte sie mit einer altmodischen Mühle. Jedesmal wenn sie eine Bohne mahlte, gab es einen Schrei. Das Pulver schüttete die Alte unter eine Schindel im Misthaufen. Sie verbot der Frau, unter die Schindel zu schauen, bevor dreissig Jahre vorbei seien. Die junge Frau blieb immer schön; sie war von einer Farbe wie Wein und Milch, nur nicht glücklich. Am Tag, als die dreissig Jahre um waren, ging sie in der Morgendämmerung hin und sah unter die Schindel. Sie entdeckte dort drei Kröten, eine mit Priesterhut, eine mit Nonnenhaube und eine mit Bischofsmütze. Jetzt wusste die Frau, dass aus den drei ungeborenen Kindern, welche diese Hexe von einer Frau getötet hatte, ein Priester, eine Nonne und ein Bischof geworden wäre. Und kurze Zeit darauf starb sie vor Kummer.   Thompson Motiv Q 251 (Strafe für die Weigerung, Kinder zu bekommen) Thompson Motiv T 572.1 (magische Verhinderung der Geburt)   Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die schöne Tote

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Einstmals grub der Sigrist zu Brienz ein altes verwahrlostes Grab auf, das auf der Seeseite an der Kirchenmauer lag. Kein Kreuzlein stand darauf und keine Inschrift verriet mehr den Namen dessen, der hier unter dem wuchernden Aebeun seine letzte Ruhestatt gefunden hatte. In der neuen Grube sollte ein bekannter und beliebter Dorfmann der Erde übergeben werden, der eben gestorben war. Wie wunderte sich der Sigrist aber, als er in der Tiefe mit der Strahlhaue auf einen wohlerhaltenen Sarg stiess, und als er diesen aufmachte, darin ein wunderschönes Mädchen liegen sah, mit blütenweissem Gesicht und roten Wangen und grossen goldblonden Zöpfen, die der feinen Gestalt bis zu den Knien reichten. Schön und frisch lag das Mädchen da, als ob es nicht gestorben wäre, und es schien, als müsste es jeden Augenblick die Augen öffnen, sich erheben und wieder mit den Lebenden gehen. Nachdem der Mann sein erstes Erstaunen überwunden, brummte er: „Tot ist tot, ich lass’ sie aber liegen wo sie liegt und wenn heute noch ein halbes Dutzend Dorfgewaltige sterben!“ Schloss den Sarg, rumpelte Erde und Steine darauf und sorgte dem Dorfmann an einem andern Ort für einen letzten Platz. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Schrattenjungfrau

Source: Die Schrattenjungfrau

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Der Schratten ist ein Bergstock südwestlich vom Dorfe Flühli, hinten im Entlebuch. Der ewige Jude Ahasverus ist schon dreimal hier vorbei gewandelt. Das erstemal war der Schratten ein Weinberg, hernach eine Alp und zuletzt teilweise nur noch ein kahler Felsen. Hört, wie es so gekommen ist. Zwei Brüder, von denen einer blind war, besassen hier Güter und wollten teilen. Der Blinde hatte Vertrauen in die Gerechtigkeitsliebe seines Bruders und überliess ihm die Ausmarkung. Allein dieser setzte die Grenzen nach Willkür und eignete sich die fetteste Alpe zu. Um seine einzige Tochter freiten die vornehmsten Söhne, denn sie war reich und schön, aber unendlich stolz. Nur demjenigen wollte sie gehören, welcher den Schibegütsch auf der steilsten Seite zu ersteigen vermöge. So manches Wagniss, so mancher Todfall und der Unwille ward gross und grösser. Nun vernahm es auch der Blinde, wie er betrogen sei und tat den schweren Fluch gegen seinen Bruder: dass der Teufel die prächtige Weide zerreissen und den Ungerechten samt seinem Kinde weiter nach Gebühr behandeln möge. Gesprochen, und Satan wüstete den Platz zum kahlen Felsen um, dem er seine Krallen einprägte. Man sieht sie noch. Den ungerechten, meineidigen Mann warf der Böse in ein Loch beim Schibegütsch, und wer vorübergeht, wirft einen Stein hinein, wie es bei Absoloms Grab in Jerusalem geschieht. Das hochmütige, grausame Meitli bekam für ewige Zeiten seinen Aufenthalt in der Höhle unter dem Schibegütsch und bewacht da seinen Schatz.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Die Schrattenjungfrau

Source: Die Schrattenjungfrau

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Dem Hohgant gegenüber hält ein zweiter trutziger Flankenturm, der Schibegütsch, die Wache über die junge Emme. Er ist der südlichste Gipfel der Schrattenfluh, eines aus mächtigen Kalksteinbänken aufgebauten Bergzuges, der auf der Westseite steil abfällt, auf der Ostseite sich sanft gegen das stille Mariental abdacht. Von Sörenberg aus ist die Schratten wie ein Schneefeld anzusehen. In Wirklichkeit tritt aber auf einer Fläche von etwa anderthalb Stunden Länge und einer halben Stunde Breite der kahle Schrattenfels mit weiten oft mannstiefen Löchern und Rinnen und messerscharfen Gräten zu Tage. Kein Gras, weder Baum noch Strauch gedeiht darauf. Von diesem riesigen Schrattenfeld und einer tiefen Höhle unter dem Felskopf des Schibegütsches erzählt die Sage folgendes. Die jetzt kahle Schratten war einst die schönste Alp im Lande. Damals gehörte der Berg zwei Brüdern, die gemeinsam darauf ihr Vieh sömmerten. Einer von ihnen wurde blind, und sie beschlossen, ihre Güter zu teilen. Der Blinde überliess dem Bruder vertrauensvoll die Teilung. Der übervorteilte ihn aber, indem er seine Marchen so weit hinausschob, dass jene prächtige Alp sein Eigentum wurde. Der ungerechte Bruder hatte eine Tochter, um die wegen ihres Reichtums und ihrer Schönheit die vornehmsten Bauernsöhne des Landes warben. Sie wollte aber nur dem ihre Hand bieten, der den Felsenkopf des Schibegütsch erklimmen würde. Mancher fand bei diesem Wagnis den Tod. Da erhob sich allgemeiner Unwillen gegen die stolze Tochter und den ungerechten Vater. Die Leute hinterbrachten dem Blinden, dass er von seinem Bruder betrogen worden sei. Er stellte ihn darob zur Rede und verlangte genaue Auskunft. Da tat der Bruder einen furchtbaren Eid. Der Teufel solle die ganze Weide zerreissen und ihn und sein Kind nach Verdienen strafen, wenn er ihn übervorteilt habe. Aber kaum waren seinem Mund die frevlen Worte entfahren, erbebte der ganze Berg, der Teufel erschien und kratzte im Nu alle Erde von der Weide des Betrügers weg, so dass man noch heute überall im nackten, zerrissenen Felsen die scharfen Spuren seiner Krallen sieht. Die Weide des Blinden aber blieb verschont. Der falsche Betrüger ist spurlos verschwunden. Die Leute sagen, der Böse habe ihn bei lebendigem Leibe mit sich in die Hölle entführt. Die hochmütige Tochter aber sitzt in der Höhle unter dem Schibegütsch in der Verbannung. Dort muss sie die reichen Schätze ihres ungerechten Vaters hüten bis zum jüngsten Tag. Viele, die sich unter Lebensgefahr in die Höhle hineingewagt, sollen grosse Klumpen Gold draus zurückgebracht haben. Der ewige Jude Ahasverus ist schon dreimal hier vorbeigewandert. Das erstemal war die Schratten ein Weinberg, hernach eine Alpweide und zuletzt ein zerschrundeter Felsenboden. Emmentaler Sagen, Hermann Wahlen, 1962 Gute Schriften Bern Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Schwalben und der Rabe des Klosters Bigorio

Source: Die Schwalben und der Rabe des Klosters Bigorio

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Es war im Jahr der Gnade 1535. Die guten Bewohner des gegenwärtigen Kirchensprengels von Capriasca hatten endlich den Entschluss gefasst, ein grosses Kapuzinerkloster zu bauen. Wie es aber oft geschieht in solch wichtigen Angelegenheiten, entstanden Meinungsverschiedenheiten über die Lage, wo das Kloster hinkommen sollte. Endlich entschied eine schwache Mehrheit des Volkes, das Kloster müsse in die Nähe des Dorfes Lugaggia gebaut werden. Einige meinten, in dessen unmittelbare Nähe, andere dagegen genau an die Stelle, wo heute der kleine Palast der Familie Quadri steht, die dem Land zwei tüchtige Architekten geschenkt hat, und die dem Kirchsprengel von Pieve Capriasca zu Ehre und Ruhm gereichen. Es war im Monat Juli, und man hatte schon mit den Grundmauern des Klosters begonnen, als zwei sehr merkwürdige Dinge geschahen, aus denen das brave Landvolk deutlich den Willen Gottes erkennen konnte. Eines Tages nämlich flog eine Schar Schwalben herbei und setzte sich auf den Rand der weiten Grube, worin der gelöschte Kalk sich befand. Jeder Vogel nahm ein Stückchen Kalk in seinen Schnabel und flog davon in der Richtung gegen den Monte Bigorio bei Tesserete. Diese Arbeit der freundlichen Schwalben dauerte unaufhörlich einen ganzen Tag und noch den folgenden dazu. Nun wollten aber einige Dorfbewohner über die Sache ins klare kommen, und sie verfolgten die Flugrichtung der Vögel. Welch Wunder war da zu sehen! Auf einem anmutigen Hügel, etwa eine Viertelstunde oberhalb des hübschen Dorfes Bigorio, entdeckten sie, wie von Meisterhand gebaut, eine kleine Säule aus Kalk, etwa einen Meter hoch und ungefähr einen Fuss im Durchmesser. Diese wunderbare Arbeit war von den Schwalben ausgeführt worden. Das Ereignis machte grossen Eindruck. Das Landvolk glaubte darin eine Offenbarung Gottes zu sehen, und die Meinungsverschiedenheiten entbrannten mehr als zuvor. Immerhin wurden die Bauarbeiten in Lugaggia fortgesetzt. Bald darauf kam ein neues Ereignis hinzu. Es war um die Mittagsstunde des 26. Juli, am Tag der Sankt Anna. Die Maurer hatten die rauhe und mühsame Arbeit eingestellt. Einige waren zum Mittagessen nach Hause zu ihrer Familie zurückgekehrt. Andere verzehrten ihr Mahl an Ort und Stelle. Plötzlich sahen sie aus der Höhe wie im Steilflug einen grossen Raben herabfliegen. Der setzte sich auf einen Kittel, aus dessen Tasche ein Papier ein wenig herausguckte. Schnell fasste er die Rolle mit seinem starken Schnabel und flog damit schleunigst davon. Es war der Bauplan, den der Architekt ausgearbeitet hatte für den Bau des Klosters. Man konnte beobachten, dass der Rabe die gleiche Richtung nahm wie die Schwalben, nämlich zur Ortschaft Bigorio hinauf. Dieser unerhörte Vorfall, dessen Kunde .sich unter der Bevölkerung rasch verbreitete, machte einen sehr starken Eindruck. Da der Bauplan fehlte, mussten die Arbeiten unterbrochen werden. Am 29. Juli begaben sich zwei Bäuerinnen aus Bigorio auf einen Hügel nicht weit oberhalb des Dorfes, um Gras zu mähen. Da fand die eine von ihnen einen grossen Bogen Papier, auf dem Zeichnungen angebracht waren. Sie zeigte die Rolle ihrer Nachbarin, und weder die eine noch die andere begriff, was das bedeuten sollte. Um die Mittagsstunde kehrten sie heim und brachten das Papier dem Bürgermeister. Dieser erkannte, dass es sich um nichts anderes als den Bauplan für das Kapuzinerkloster handelte. Er beeilte sich, ihn dem Bauleiter sofort zu übergeben. Die Kunde, dass der Plan in einem Wald auf dem Gebiet von Bigorio wieder gefunden wurde, und zwar genau auf dem gleichen Hügel, wo eine Woche vorher die Schwalben die Säule errichtet hatten, verbreitete sich wie der Blitz unter der Bevölkerung. Es war eine zweite Offenbarung. Alle erkannten darin ein Zeichen Gottes und der Madonna, der die Schwalben geweiht und heilig sind. Jetzt waren alle darüber einig, dass man das Kloster nicht mehr im Dorf Lugaggia, sondern auf dem schönen Hügel oberhalb Bigorio bauen sollte. Und so geschah es. Und noch heute schaut das grossartige Kloster der Kapuziner von Bigorio von dort oben herab auf den ganzen Bezirk von Capriasca wie ein liebevoller Vater, der seine Kinder überwacht.   Am Kaminfeuer der Tessiner                                    Walter Keller                                                          Hans Feuz Verlag Bern     Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Schwanenjungfrau

Source: Die Schwanenjungfrau

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Es war einmal in einem fernen, fernen Lande hart am Meere ein reicher Kaufmann; der hatte einen einzigen Sohn. Als dieser großjährig wurde, übergab ihm der Vater eines seiner größten Schiffe und hieß ihn hinausfahren auf das  Meer, um mit fernen Völkern zu handeln und kostbare Güter in die Heimat zu bringen. Der Sohn segelte fröhlich hinaus in die See und begegnete da, wo er nichts als Himmel und Wasser sah, einem schwarzen Schiffe, welches das seinige anhielt. Der Kapitän jenes Schiffes entrollte seine blutig rote Flagge und stieg auf das Verdeck des Kaufmannsschiffes, und zwar allein; denn der graue, finstere Mann leitete sein Schiff mit eigener Hand und hatte keine Bemannung. Dem Kaufmannssohne bot der Schiffsmann ein Spiel an, und die beiden spielten und spielten, bis der junge Kaufmann alles und dann sich selbst an den Unbekannten verlor. Dieser nahm indessen dem Jüngling nur das Versprechen ab, innert Jahresfrist das Land Amerika an einem gewissen Punkte zu betreten und schied rau und ohne Gruß. Der junge Kaufmann aber kehrte in die Vaterstadt zurück, wo er aber immer bleicher und stiller wurde, so daß sein Vater ob der Veränderung unruhig zu werden begann. Lange wich ihm der Sohn aus; aber endlich gestand er sein Spiel und sein Versprechen. Darob härmte sich der alte Vater, welcher den einzigen Sohn hatte und suchte Hilfe bei einem weisen Manne im Walde. Und der weise Mann wußte Rat: Der Sohn solle, so sagte der Greis, in die See hinausfahren bis zur Insel, wo drei Schwanenjungfrauen wohnen. Von einem Versteck aus werde er die wunderbaren Vögel betrachten können, und gelinge es ihm, während jene baden, eines der drei Schwanenkleider zu erhalten, so werde ihm die Schwänin, der das Kleid gehöre, jeden Wunsch erfüllen. Der Kaufmannssohn befolgte den Rat und kam zur Schwaneninsel, als die drei Schwäninnen sich zum Bade anschickten. Und sie legten das Schwanenkleid ab, und ins Meer stiegen drei Jungfrauen von überirdischer Schönheit. Der junge Mann, der von einem Gebüsche aus die Schwäninnen beobachtet, sprang rasch herbei und hob das eine der drei wunderzarten Kleider auf, worauf die jüngste und schönste der Schwanenjungfrauen zu ihm heraufgeschwommen kam und nach seinem Begehren fragte. Der Jüngling forderte von ihr Hilfe zu jeder Zeit und Treue für immer. Das sagte ihm die Jungfrau zu, und er küßte sie auf die Stirne. Und die Jungfrau gab ihrem Bräutigam eine Gerte, und er schlug damit auf das Meer und kam trockenen Fußes nach dem fernen Amerika. Am Ufer harrte schon seiner der grimme Spieler und führte ihn in sein Haus, wo in fünfzehn goldenen Käfigen fünfzehn abgeschlagene Köpfe hingen. »Der sechzehnte«, sprach der harte Mann, »ist für deinen Kopf, sofern du nicht die drei Arbeiten vollbringst, die ich dir auferlegen werde.« Die erste Aufgabe bestand darin, einen Urwald mit gläserner Axt zu fällen. Beim ersten Hieb aber zersprang die Axt, und der Kaufmannssohn rang die Hände vor Jammer und Schmerz. Da legte sich eine weiche Hand auf seine Schulter, und als er sich umsah, lächelte ihm mild seine Schwanenbraut entgegen und schmollte mit ihm im liebevollsten Ton, daß er ihrer vergessen habe im Augenblicke der Not. Er solle sich nur hinlegen und schlafen, es werde ihm geholfen werden. Und er schlief, und als er erwachte, war der Wald gefällt und das Holz gespalten, die Schwanenjungfrau aber verschwunden. Die zweite Arbeit bestand im Abtragen eines Berges und Anpflanzung eines Weingartens. Der Jüngling vergaß aber diesmal seine mächtige Freundin nicht, rief sie herbei, und sie kam, ehe er noch den Ruf vollendet, und er legte sich hin und schlief, und als er erwachte, war die Arbeit vollendet. Die dritte Arbeit aber war die schwerste. Der Grimme warf seinen goldenen Ring ins Meer und hieß den Kaufmann denselben auf papiernem Schiffe suchen und binnen drei Tagen zurückbringen, sofern ihm sein Kopf lieb sei. Und der Jüngling ging traurig auf sein sonderbares Schiff und wollte verzweifeln, als die Schwanenjungfrau plötzlich wieder an seiner Seite stand und mit ihrer lieben Stimme sagte, er solle ihr das Haupt vom Rumpfe trennen, und es werde ihm geholfen werden. Ob der entsetzlichen Zumutung schauderte der junge Mann und weigerte sich, die Tat zu vollbringen. Aber die Jungfrau bestand darauf, und als das Haupt hernieder rollte, fielen drei Blutstropfen in das Meer, und der goldene Ring kam sofort an die Oberfläche des Wassers, woraus auch die Schwanenjungfrau, herrlicher als je, empor tauchte und in die Arme ihres Bräutigams eilte. Hand in Hand gingen die zwei Glücklichen in das Haus des grimmen Schiffers, dessen ehernes Antlitz sich aber glättete beim Anblick der wunderholden Jungfrau; denn sie war seine eigene Tochter. Und er gab sie dem Kaufmannssohn zur Frau und als Mitgift des Goldes in Fülle, und das junge Ehepaar zog in die Heimat des Gemahls, wo sie der alte Kaufherr segnend umfing.   Quelle: Jecklin, Dietrich: Volkstümliches aus Graubünden. 3 Teile, Zürich 1874, in Brigels erzählt.        Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


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Es war einmal vor vielen, vielen Jahren ein Kaufmann, der hatte einen einzigen Sohn. Als der erwachsen war, gab der Vater ihm ein Schiff, ein grosses und schönes um mit fremden Völkern Handel zu treiben und Waren heimzubringen. Zuversichtlich fuhr der Bursche aufs Meer hinaus, und weit draussen, wo er nichts als Himmel und Wasser sehen konnte, entdeckte er auf einmal ein schwarzes Schiff mit einer roten Fahne. Dieses wurde nur von einem einzigen grossen und grauen Mann gesteuert. Bald einmal kam der Fremde aufs Schiff des jungen Kaufmanns und fing an, mit ihm Tarock zu spielen. Der Kaufmann verspielte das Schiff mitsamt der Ware und am Schluss sein eigenes Leben. Dennoch liess der fremde Schiffer ihn mit dem Schiff und der Ware heimkehren. Bevor der Fremde wegging, hatte der Bursche ihm aber schwören müssen, in einem Jahr an dem und dem Tag nach Amerika zu kommen. Der Bursche schwor dies mit zitternder Stimme und fuhr nach Hause. Dort wurde er von Tag zu Tag trauriger und verlor seine schöne Gesichtsfarbe. Der Vater merkte das, und er konnte aus dem Burschen herauskriegen, weshalb er so traurig war. Als der Vater von dem Schwur erfuhr, schickte er seinen unglücklichen Sohn in den Wald zu einem Einsiedler, ihn um Rat zu fragen. Dieser Einsiedler war ein sehr weiser und gelehrter Mann, und er wusste sogleich einen Rat. Der Bursche solle auf eine Insel mitten im Meer gehen, dort seien drei Schwäne. Die würden sich beim Baden in wunderschöne Mädchen verwandeln; wenn sie ihr Schwanenkleid auszögen, so solle er schauen, eines von diesen Kleidern zu bekommen. Der Bursche befolgte den Rat des guten Einsiedlers, er führ zur Insel und versteckte sich in einem Busch. Bald darauf kamen die drei Schwäne, sie warfen ihr Federkleid ab und wurden drei liebliche Mädchen. Dann nahmen sie ein Bad im Meer. Schnell sprang der Bursche hinter dem Gebüsch hervor und nahm eines dieser Federkleider, das war so fein wie Spinnwebe. Darauf kam die jüngste und schönste Schwanenjungfrau aus dem Wasser und fragte ihn, was er wolle. «Deine Hilfe und Treue für immer!» Dies versprach das Mädchen dann auch, und die beiden küssten sich. Als das Mädchen erfuhr, wohin ihr Bräutigam gehen musste, gab sie ihm eine Rute und sagte, er solle damit das Meer berühren. Da wich das Wasser zurück, und er konnte mit trockenen Füssen bis nach Amerika gehen. Dort wartete schon der schwarze Mann auf ihn, und der führte den Burschen in ein Schloss. Im Gang standen fünfzehn goldene Käfige, in jedem war ein Totenkopf. «Der sechzehnte leere ist für dich bestimmt», sagte Mann, «wenn du die Arbeiten, die ich verlange, nicht machen kannst!» Dann gab er ihm eine gläserne Axt und befahl, einen Wald abzuholzen. Beim ersten Schlag, den der Bursche gab, zerbrach die Axt, und der Ärmste war am Verzweifeln. Da kam die Schwanenjungfrau und sagte, er hätte an sie und ihre versprochene Hilfe denken sollen. «Schlaf du nur», befahl sie, «das Holz schlage ich!» Der Bursche schlief, und als das Schwanenmädchen ihn weckte, war der ganze Wald gefällt. Damit war der dunkle Mann zufrieden, und er gab ihm die zweite Arbeit auf: einen Berg abzutragen und dort Reben zu pflanzen. Diesmal vergass der Bursche seine hilfreiche Braut nicht, er rief sie zu Hilfe, und der Berg war bald weg und der Weinberg drauf gepflanzt. Die letzte und schwerste Aufgabe war den Goldring zu suchen, den der schwarze Mann auf einem Papierschifflein ins Meer geworfen hatte. Traurig und verzweifelt stand der Bursche am Ufer; da kam die Schwanenjungfrau. «Hau mir den Kopf ab, damit er ins Meer rollt!», befahl die Jungfrau. «O nein! Das darf ich nicht!», antwortete der Bursche und weigerte sich, dies zu machen. Auf ihr Drängen versetzte er der Schwanenjungfrau dann doch mit seinem Schwert einen Hieb, so dass der Kopf ins Meer rollte. Da erschienen drei Tropfen Blut auf der Oberfläche des Meeres und mit ihnen der Ring. Bald einmal kam auch die Schwanenjungfrau aus dem Meer, schöner und jünger als je zuvor. Arm in Arm gingen die beiden zum einsamen Schiffer, doch dieser lächelte, als er die Jungfrau sah, sie war seine Tochter. Er schenkte dem jungen Kaufmann Säcke voll Gold zur Hochzeit. Und die beiden gingen nach Hause zum Vater des Bräutigams, wo sie fröhlich Hochzeit machten. Und wenn sie nicht gestorben sind, so leben sie heute noch.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


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Auf dem Wege zwischen zwei Alpen im Turtmanntal sah man des Nachts oft eine schwarze Katze. Ein junger Alphirt, der den ersten Sommer im Turtmanntal war, begegnete ihr eines Abends. Ahnungslos hob er das zierliche Kätzchen auf, um es heimzutragen und sich seiner anzunehmen. Da wurde die Katze aber grösser und immer grösser, und die Haare wurden wie feurige Drähte, so dass der Hirt entsetzt das unheimliche Tier fallen liess und in der grössten Eile seiner Hütte zustrebte. Dort legte er sich ins Bett und war lange krank. TURTMANN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch    


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Vor einem Bauernhause des Unterlandes sah man vor Zeiten eine kohlschwarze Katze umherlaufen. Wenn die Bauersfamilie nach Feierabend beim matten Lichte des Kienspanes um den rohgezimmerten Tisch sass, schlich die Katze vor die Fenster und schrie so lange, bis man ihr das Fensterlüferli aufmachte und sie hineinliess. Ja, die Tochter war so zärtlich mit dem Tier, dass sie dasselbe sogar mit ins Bett nahm, was der Katze sehr wohl gefiel. Doch ihr eigentümliches Gebaren fiel dem Mädchen schliesslich auf. Es war nicht nach Gewohnheit der Hauskatzen. Sie frass nichts, hielt sich stets vom Lichte fern und blickte so eigenartig drein, dass man fast Furcht hätte bekommen können. Tagsüber war das Tier nirgends zu sehen, erst abends kam es immer vor die Fenster geschlichen. Mit den andern Katzen hielt die schwarze Katze keine Gemeinschaft. In der Beichte erzählte die Tochter dem Priester vom auffallenden Besuch dieser Katze. Mit scharfen Worten verbot der Geistliche dem Beichtkind, das unheimliche Tier ins Zimmer zu lassen; noch weniger sollte es die Katze ins Bett mitnehmen. Der erfahrene Priester witterte hinter der schwarzen Katze etwas Schlimmes. Er sollte Recht behalten. Als die Katze am Sonntagabend wieder vor's Fenster kam, öffnete die Tochter nicht, wie ihr der Seelenführer geboten hatte. Das Tier klagte besonders jämmerlich, um die Leute zum Öffnen des Fensters zu veranlassen. Doch man verwehrte den Eintritt. Da fing die Katze an zu wüten und zu fauchen. Sie konnte auf einmal reden: «Meitli, du hast gut daran getan, mich nicht hereinzulassen. Hättest du mich gegen das Verbot des Priesters hereingelassen, so würde ich dich heute Nacht erwürgt haben.» Fürchterlich glotzten da die roten Augen aus dem schwarzen Kopfe. Da spritzte das Mädchen Weihwasser gegen das Fenster, welches die unheimliche Katze in die Flucht trieb.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


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Ein andermal sei ein Brautpaar von Schwanden nach Matt gewandert, auf dem uralten Weg. Um Mitternacht seien sie nach Engi gekommen, und da sie sehr müde waren, liessen sie sich vor einem Hause auf eine Bank nieder, um etwas auszuruhen. Kaum waren sie abgesessen, so öffnete sich ein Fenster, und eine Frau fragte, wer noch so spät da sei. Als sie der Frau gar keine Antwort gaben und sofort die Bank verliessen, um nach Matt zu kommen, sei auf einmal eine grosse schwarze Katze vor ihnen gestanden und habe sie mit feurigen Augen angeschaut. Vor Angst seien ihre Haare zu Berge gestanden, weiter sei ihnen indessen nichts geschehen. Diese Frau habe nur wissen wollen, wer sie seien. Da sie, wie es sich herausstellte, eine Hexe war, habe sie sich in eine Katze verwandelt.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Die schwarze Katze auf Busenalp

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Die hoch gelegene Alp Busen am Hang des Tschingelgrates stand nie in besonders gutem Rufe, es hiess von ihr: Busen syg en schlächti Alp, Aes Sygi halbs den Schafen. D’r Senn, das syg en fuula Latz, Aer tüeji halbs Zyt schlafen! Einmal gehörte sie einem bösen Weib aus Stechelberg, das schon zum drittenmal Witfrau geworden. Das war etwa in aller Leute Mäuler, dass sie den ersten Mann vom Himmel, den zweiten von der Erde und den dritten vom Teufel erhalten und sie alle drei unter den Boden geärgert habe. Es war schon öfters vorgekommen, dass im Herbst, am Morgen der Alpabfahrt, der Senn eine Leiche lag. Das wurde bald überall bekannt; lange Jahre wollte niemand mehr da oben alpen. Es kam bald so weit, dass die Weiden nutzlose Wildnis geworden wären. Da erschien einst ein munterer, junger Bursche aus einer andern Talschaft beim bösen Weib und trug ihm seine Dienste an. Alle wohlgemeinten Mahnungen der Leute gingen bei ihm auf wie Rauch und Schall. Sein Entschluss war gefasst, und bald hatte er auf Busen zu Alp gedinget. Frohen Mutes trieben er und der Hüterbube die Herde zu Berg. Die Atzung war diesen Sommer reich, kein einziges Haupt erfiel, und alles Vieh gedieh besonders gut, weil Senn und Bube die Tiere liebreich behandelten. Zu rasch vergingen die Wochen des Schönwettersommers, und im Handumdrehen war der Vorabend der Talfahrt da. Ob all den vielen Vorbereitungen hatten Senn und Hüterbube späten Feierabend und keine Zeit, schlimmen Gedanken nachzuhängen. Da der Älpler wusste, wie es etlichen seiner Vorgänger ergangen, nahm er einen derben, zähen Tannastknebel mit sich hinauf auf das Gelieger; denn er fürchtete sich weder vor Tod noch Hölle und war bereit, wenn es Notsach war, selbst dem Teufel in den Bart zu greifen. Richtig — in der bösen Mittnachtstund weckte ihn ein grässliches Zischen und Fauchen. Zwischen Schindeln und Rundbalken zwängte sich eine kohlschwarze Katze, um ein Mehrfaches grösser als eine gewöhnliche. Sie knurrte und schaute den jungen Sennen mit glühenden Augen an. Der behielt alle seine Sinne beisammen, ergriff den Knebel: "Bist eine ächte, so ist es schier besser, du stellst dich auf die Seite, bist eine andere, so wart, ich will dir grad gleichwohl einen Tätsch geben!" Als das schwarze Untier ihm mit den Vordertatzen nach dem Hals greifen wollte, da traf er es solchermassen mit dem Tannast, dass man die Knochen knacken hörte. Es jaulte und miaute laut auf, und dann verschwand es. Als ob nichts geschehen, fuhren Älpler und Hüterbub in der taufrischen Frühe mit dem Vieh zu Tal. Wie staunte aber der junge Mann, als seine Meisterin drunten im Grund, wie die Leute sagten, seit letzter Nacht mit gebrochenen Gliedern auf dem Laubsack lag! Die Stridelhexe hatte jeweilen die Sennen in der Nacht vor der Talfahrt umgebracht, um keinen Sommerlohn entrichten zu müssen. Sie blieb Bettliegerin bis an ihr böses Ende. Quelle: Hans Michel, Ein Kratten voll Lauterbrunner Sagen. Wengen 1936. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


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Eine Bauerntochter von Obermonten pflegte am Sonntagmorgen in aller Frühe nach Alterswil zu gehen, um dort die heiligen Sakramente zu empfangen und der Frühmesse beizuwohnen. Darum stand sie in aller Morgenfrühe auf, um zu rechter Zeit in die Kirche zu kommen. Der Weg, den sie einschlug, war der Stationsweg, der von Alterswil nach Obermonten führt, an dem die 14 Kreuzwegstationen angebracht sind in gleichmässiger Entfernung. Ein gutes Stück des Weges führt durch das dunkle Grossholz. Als die Kirchgängerin in fromme Gedanken versunken, ganz mutterseelenallein durch den nachtfinsteren Wald ging, dessen Weg sie auch im Finstern ohne Licht fand, erblickte sie von weitem zwei feurige Pünktlein. Je mehr das Mädchen den Fünklein sich näherte, desto grösser und heller wurden sie. Wie feurige Kohlen brannten sie in der Finsternis. Als das Mädchen den seltsamen Feuerfunken ganz nahe kam, erblickte es eine riesige, brandschwarze Katze von der Grösse eines mittleren Hundes. Das Untier kauerte am Wegesrand. Beim Herannahen der Tochter öffnete es seinen breiten Rachen und fauchte sie giftig an. Dabei streckte es eine Zunge heraus; die glänzte feuerrot und war so lang, dass sie fast den Boden berührte. Die erschrockene Kirchgängerin schlug ein grosses Kreuz und rannte, so schnell sie die Beine trugen, den Waldweg hinunter. Doch stiess ihr weiter nichts Schlimmes zu. Das Gespenst schien nur gekommen zu sein, das fromme Mädchen auf dem Kirchweg zu erschrecken.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die schwarze Katze von Obertswil

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In der Gemarkung zwischen Obertswil und Präderwan, so erzählten unsere biedern Ahnen, trieb sich vor etwa siebzig Jahren ein Ungeheuer herum. Es zeigte sich in verschiedener Gestalt: bald erschien es als schwarzes Füllen, bald als ein Hund; gewöhnlich aber als schwarze Katze. Leute, die zur Nachtzeit von Tafers oder St. Ursen über den «Boden» den Weg nahmen, sahen das «Unküür» oft auf einem Baumstrunk, einem Zaun oder auf einem Türlistock sitzen. Wer still an der schwarzen Katze vorbeiging, ohne sie zu stören, dem tat sie nichts zuleide; wer sie hingegen foppte oder erzürnte, dem sprang sie auf die Schultern und liess sich eine Strecke weit tragen, bis sie dann mit einem gewaltigen Satz wieder hinuntersprang. Nicht allen Leuten gelang es, das Ungeheuer zu sehen; nur die Sonntags- und Fronfastenkinder vermochten das Gespenst zu erblicken. Die gewöhnlichen Sterblichen bekamen es nicht zu Gesichte. Ein solches Sonntagskind war der zwölfjährige Hansli Zamofing. Er war ein geweckter Bub; die einzige Freude seiner Mutter Verena; der Vater hatte beim Holzfällen im PlasseIbschlund vor Jahren sein Leben lassen müssen. An einem sternhellen Februarabend kehrte Hansli von einem Gang nach St. Ursen zurück. Beim Verlassen des des Obertswilholzes erblickte er auf einem Türlistock eine schwarze Katze. Der Knabe glaubte, sie habe sich verlaufen. Mitleidig trat er hinzu, und mit seinen weichen Bubenfingern streichelte er das Tier, welches sich diese Zärtlichkeit anscheinend gern gefallen liess; denn es machte einen Katzenbuckel, schmiegte sich an den Knaben und liess ein zufriedenes Schnurren hören. Da bedachte sich Hansli nicht mehr lange, er nahm die Katze und hüllte sie sorgsam in seinen Rock und trug sie eiligen Schrittes nach Hause. Er wohnte mit seiner Mutter im «Einschlag». Das kleine Holzhäuschen hielten Verenas arbeitsame Hände allweil nett und freundlich. Mit seinem Fund trat Hansli freudig in die warme Stube zur wartenden Mutter. «Schau, Mutter!» rief er ihr fröhlich zu, «Ggùgg, was für as hübsches Chätzli han i z Obertswil gfùne, ùf ama Türlistock isch es gruppet ù het gfrore, ù nahi han is hiim gnoe!» Mit diesen Worten nahm er die Katze und stellte sie auf die warme Ofenplatte. Mutter Verena aber empfand keine Freude an ihres Buben Fund. Sie hatte im Leben gar oft Leid und erlebt, dass sie allzu vorsichtig und misstrauisch geworden war. Sie spürte ein unerklärliches Grauen vor der fremden Katze. Oft schon hatte sie gehört, mit solchen Tieren sei es nicht ganz geheuer. Gewiss war dies auch bei dieser Katze der Fall. Doch wollte sie dem Buben die Freude nicht verderben und sagte vorerst nichts. Argwöhnisch betrachtete sie die Katze auf dem Ofen; die Frau sollte sich nicht getäuscht haben. Denn mit einem Male wurde die Gestalt der Katze grösser und grösser. Die falschen Augen sprühten grün und gelb wie Feuer und glotzten die Frau bösartig an. Die gute Frau bekam heftige Angst. «Hansli, trag mir di verhezti Chatz sofort usi!», befahl sie ihrem Sohn. Nur ungern kam dieser dem strengen Befehl seiner Mutter nach und wollte die Katze hinaustragen in den Schopf, wo Holz und allerlei Gerümpel aufgespeichert war. Aber o weh! Die Katze liess sich nicht fangen. Sie wurde jetzt wild und fauchte und tobte gegen ihren Wohltäter. Flugs sprang sie dem Buben auf die rechte Schulter und liess sich weder durch Zerren noch Schlagen von ihrem Standort verscheuchen. Weinend rief Hansli die Mutter um Hilfe, doch auch diese konnte nichts ausrichten. Da kam sie auf einen guten Gedanken. Hinter dem Kruzifix in der Stube hing noch der Palmzweig vom vorigen Jahr; sie nahm ihn und tauchte ihn in einen mit Weihwasser gefüllten Teller und ging mit dem geweihten Zweig auf das fauchende Tier los. Als die Katze den geweihten Palmzweig erblickte und das geweihte Wasser verspürte, konnte sie nicht mehr widerstehen. Sie stiess zuerst ein fürchterliches Geheul aus und sprang dann mit einem Riesensatz vom weinenden Hansli herunter und verschwand auf Nimmerwiedersehen. Am andern Morgen marschierten Verena und Hansli Giffers zu und gingen vorerst in die Kirche. Nach der heiligen Messe meldeten sie sich im Pfarrhaus, um ihr Erlebnis zu erzählen. Der würdige Pfarrherr ermahnte den Hansli: «Das war dir eine Mahnung, denn du sollst nachts nicht herumschwärmen. Derartige Tiere sollst du fortan nicht anrühren, sondern sein lassen!» Ich brauche dem werten Leser nicht eigens die Versicherung zu geben, dass Hansli Zamofing seines Seelsorgers Worte gewissenhaft befolgte. Über das Vorgefallene hielten er und seine Mutter reinen Mund. Erst in seinen alten Tagen erzählte Hansli seiner Familie das wunderliche Erlebnis seiner Jugend.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


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  Es war am Tage der Alpfahrt. Auf dem Schwyberg verabschiedete sich ein Bauer aus dem Unterland von seinem Hirten und sprach dabei: „Hansjosi, ich gehe jetzt wieder ins Tal hinab und lasse dich den ganzen Sommer allein hier oben wirtschaften. Doch zuvor muss ich noch ein ernstes Wort mit dir reden. Du hast die üble Gewohnheit, jedesmal zu fluchen, wenn dir etwas gegen den Strich geht. Das Fluchen vertreibt den Segen Gottes. Wer aber hat diesen nötiger als der Hirt auf den Bergen? Ich bitte dich darum, tu’ es nicht mehr, und es wird dir gut ergehen.“ - Hansjosi versprach es und gab dem Meister die Hand darauf. Der Alpensommer liess sich gut an. Das Wetter war schön und die Tiere gediehen prächtig. Der Hirt hatte bisher jede Versuchung zum Fluchen heldenhaft überwunden. Aber gegen die Mitte der Alpzeit trat plötzlich eine Änderung ein. Da tauchte eines Tages auf der Weide eine brandschwarze, fremde Kuh auf. Der Hirt fragte überall nach dem Eigentümer dieses Tieres, aber niemand wollte es beanspruchen. Man hatte überhaupt noch nie ein so gänzlich schwarzes Vieh gesehen. So blieb die Kuh denn bei der Herde. Anfänglich benahm sie sich anständig. Doch bald fing sie an, ihre Bosheit zu zeigen. Sie stach die andern Tiere mit den Hörnern und jagte sie auf der Weide umher. Bald rannten sie keuchend bergauf, dann mit erhobenen Schwänzen wieder bergab, die schwarze Kuh immer hinter ihnen her. Die Tiere konnten nicht mehr ruhig weiden, immer wurden sie gejagt und gehetzt, und wenn man sie endlich in den Stall liess, da waren sie tropfendnass von Hitze und Aufregung. Hansjosi kochte manchmal vor Wut und ein kräftiger Fluch hüpfte ihm auf die Zungenspitze, aber er schluckte ihn tapfer hinunter. Während die Herde im Stall ruhte, strich die fremde Kuh gewöhnlich um den Stafel herum und mehr als einmal sprang sie auf das Schindeldach und kletterte hinauf bis auf den First. Wenn aber die Tiere hinausgelassen wurden, dann begann das Stechen und Hetzen und Jagen von neuem. Hansjosis Geduld war endlich erschöpft. Er schnitt aus einem Tannast einen knorrigen Stecken und jagte die schwarze Kuh Schritt für Schritt bergab. Immer wenn sie sich rückwärts kehren wollte, tätschte der schwere Stock auf ihren Rücken. Auf einmal fing sie an schneller und schneller zu laufen. Sie durchbrach einen Scheienzaun und verschwand im tiefergelegenen Wald. „Die wird nicht mehr komme“, lachte Hansjosi. Aber am nächsten Tage war das schwarze Luder wieder auf der Weide und tat noch unverschämter als zuvor. Der Hirt ergriff den Stock und wollte die Kuh abermals ins Tal hinab treiben. Doch als der erste Hieb auf ihren Rücken sauste, da senkte sie den Kopf, stellte die Hörner drohend nach vorne und stiess dampfenden Atem aus Maul und Nase. Sie drückte die Augen schaurig heraus, dass sie wie zwei grosse weisse Fäuste aus dem schwarzen Grind herausragten. Huuh! Das war ein schrecklicher Anblick. Jetzt wird sie sich auf den Hirten stürzen und wütend ihn zerstampfen. Doch dieser kommt ihr zuvor, macht einen mächtigen Sprung zur Seite und flüchtet in die Hütte. Gerettet... und nicht geflucht. Was nun machen? Wenn es gelänge, das schwarze Biest in den Stall zu treiben, dann könnte man es an eine Kette binden, und die andern Tiere hätten Ruhe. Hansjosi machte einen Fangzaun, aussen weit, gegen die Stalltüre sich verengend. Nach mehreren vergeblichen Versuchen gelang es ihm eines Tages, die Schwarze in den Stall zu treiben und die Türe zu schliessen. Sie liess sich sogar ohne ernsten Widerstand anketten und der Hirt glaubte, jetzt werde es Ruhe geben. Aber während er die Kühe molk, riss sich das Scheusal von der Kette los, schlüpfte den andern Kühen unter den Bäuchen durch, dass diese erschreckt an die Decke fuhren und wild brüllten. Sie warf den Hirt zu Boden, sie stürzte die volle Brente um, sie schleuderte das Milchkübli weit fort. Die Milch floss über das Läger und den Gang und füllte den Schorgraben. Die Schwarze sprang wild umher, an die Wände hinauf, den andern Tieren auf den Rücken. Es entstand ein Gebrüll, ein Tumult, ein wildes Durcheinander. Hansjosi erhob sich vom Boden. Eine unsinnige Wut packte ihn. Die gröbsten Flüche wollten ihm aus dem Munde spritzen. Doch er biss die Zähne aufeinander und schluckte ein paar Mal. Dann rief er mit Donnerstimme: „Du verdammtes Dreckvieh! Jetzt schlage ich dich kaput. Vater, Sohn und Heiliger Geist steht mir bei!“ Er ergriff die Mistgabel, um sie dem verrückten Tier in den Ranzen zu stossen. Da geschah etwas Sonderbares. Die schwarze Kuh sprang gegen die hintere Stalltüre, streckte den Kopf in den Schorgraben und schleuderte mit den Hinterbeinen einen Haufen Mist gegen den Hirten. Dann schrumpfte sie zusammen, ward kleiner und kleiner und schlüpfte zum Schorloch hinaus. Weg war sie. Der Hirt riss die Türe auf, sie war nicht draussen, war nicht in der Jauchegrube, war nicht auf der Weide, war nirgends mehr. Hansjosi behauptete fest und sicher, die schwarze Kuh sei niemand anders als der leibhaftige Teufel gewesen, und dieser habe mit allen Mitteln ihn zum Fluchen reizen wollen.    Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch    


by Die schwarze Spinne

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Vor vielen hundert Jahren herrschten im Tal der Grünen im Emmental die Ritter des deutschen Ordens. Sie kümmerten sich wenig um das Wohl der Untertanen und bedrückten sie mit harten Fronarbeiten. Der hartherzigste unter ihnen war der Ritter Hans von Stoffeln aus dem Schwabenlande. Er zwang die Bauern, ihm auf dem Bärhegenknubel ein festes Zwingherrenschloss zu bauen. Als der trutzige Bau fertig war, befahl er ihnen, sie sollten ihm innert Monatsfrist hundert ausgewachsene Buchen vom Münnenberg zu einem Schattengang vor die Burg pflanzen. Ob diesem unausführbaren Befehl gerieten die Bauern in Verzweiflung und sassen rat- und tatlos im Walde am Fusse des Schlossberges, als der Teufel in Gestalt eines grün gekleideten Jägersmannes zu ihnen trat. Er wusste wohl, wo sie der Schuh drückte und bot ihnen an, die Buchen zur Stelle zu schaffen, wenn sie die Bäume an der Kirche zu Sumiswald vorbeiführen wollten und ihm zum Lohn ein ungetauftes Kind versprächen. Die Männer entsetzten sich darob, hielten aber mit ihren Weibern Rat. Einer von ihnen hatte ein kühnes Weib zur Frau, das er von einem Kriegszug aus dem Schwabenland heimgebracht, und das weithin unter dem Namen «die Lindauerin» bekannt war. Christine, so hiess es, anerbot sich, den Grünen zu prellen. Darauf wurden die Bauern mit ihm handelseinig, und zum Zeichen, dass der Vertrag gültig sei, küsste der Teufel das Weib auf die linke Wange. Innert Monatsfrist waren die Buchen gepflanzt. Als nun im Tal ein Kind zur Welt kam, liess die Mutter rechtzeitig den Geistlichen holen, der das Haus segnete und das neugeborene Kind sogleich taufte. Die Bauern lachten sich heimlich in die Faust und hielten den Teufel für den Geprellten. Aber weit gefehlt. Auf Christines Wange wuchs an der Stelle, wo der Grüne sie geküsst, eine eitrige Beule, die immer mehr die Gestalt einer grossen, schwarzen Spinne annahm. Sie brannte wie höllische Glut. Um sich von dieser Qual zu befreien, trachtete das Weib darnach, dem Teufel den versprochenen Lohn zu verschaffen. Aber auch das folgende Kind wurde unter demselben geistlichen Schutz geboren und getauft wie das erste. Darauf platzte unter unaussprechlichen Schmerzen die Spinne in Christinens Gesicht, und zahllose schwarze Spinnen und Spinnlein krabbelten hinaus in die finstere Nacht, krochen dem Vieh ins Futter, vergifteten es, und die Tiere verendeten unter fürchterlichem Gebrüll. Als der Zwingherr auf Bärhegen vernahm, wie die Bauern mit dem Teufel wegen der Buchen einen Vertrag abgeschlossen, fuhr er sie an, er wolle ihretwegen nicht Herde um Herde verlieren. Sie sollten unverweilt ihr Versprechen einlösen. Wenn er von der Seuche weitern Schaden erleide, müssten sie es hundertfältig büssen. Auf Christinens Zureden hin wurden die Männer rätig, dem Grünen das nächste Kind zu opfern. Christine sollte es an den Kilchstalden tragen, wo er es in Empfang nehmen wollte. Die Mutter des Kindleins aber schickte ihren Mann zum Geistlichen, mit der Bitte, er möchte, ohne zu säumen, das Büblein taufen. Christine aber entriss ihr in wildem Kampfe das Kind und eilte damit in der furchtbaren Gewitternacht an den Kilchstalden hinaus. Unerschrocken schritt der Priester, dem die Abmachung nicht verborgen geblieben war, trotz des Unwetters dem Kilchstalden zu. Drunten sah er den Grünen mit seiner roten Feder auf dem Hut im Grünhag seiner Beute harren und Christine ihm mit dem Kinde entgegeneilen. Rasch, wie ein Held in die Schlacht, rennt der Priester den Stalden hinab, stürzt sich zwischen die beiden, hält dem Teufel das heilige Kreuz entgegen, besprengt das Kind mit Weihwasser und trifft damit gleichzeitig Christine. Im Nu schrumpft sie zur giftgeschwollenen Spinne über ihrem Opfer zusammen. Dem Geistlichen wirft sie'giftige Blicke zu, und der Grüne fährt mit Wehgeheul von dannen. Glaubensmutig erfasst der fromme Mann das Ungetüm, schleudert es weit weg, eilt mit dem Kind beflügelten Schrittes der Mutter zu und tauft es in ihren Armen in den drei höchsten Namen. Kurz darauf schied des Kindleins Seele wieder, und das Leibchen ward überall, wo die Spinne auf ihm gesessen, mit Brandflecken bedeckt. Braune Pestflecken zeichneten sich auch auf des Priesters Hand ab, und Todesschauer rieselten ihm bis ans Herz hinan. Mit dem Tode kämpfend schleppte er sich heim, legte sich, seine Seele Gott befehlend, hin und verschied. Überall im Volke zeigte sich die schwarze Spinne. Wen ihr Biss traf, dem wühlte das Gift feurigen Stacheln gleich durch das Gebein, dem floss der Hölle Brand durch die Adern, bis der Tod ihn streckte. Kein Alter und Geschlecht blieb verschont, weder das Kind in der Wiege noch der gebückte Greis. Immer giftiger wurde die Spinne. Mit schrecklicher Angst peinigte sie die armen Menschen. Einzig das Haus der frommen Frau blieb von ihr verschont. Das Weib, das mit Hilfe des Geistlichen seine Kinder gerettet, fasste in gläubigem Gottvertrauen den Entschluss, die Spinne zu fassen und in Holz zu vernageln. Es bohrte ein Loch in den Fensterpfosten, schnitt einen Zapfen, der genau in die Öffnung passte, besprengte beides mit Weihwasser und legte den Hammer zurecht. Tag und Nacht flehte die Frau zu Gott um Kraft zur Tat. Einmal war sie darob eingeschlummert. Da vermeinte sie im Traume die Stimme des frommen Priesters zu vernehmen: «Der Feind ist da!» Entsetzt fuhr sie auf und sah die Spinne giftgebläht, langsam über die 'Wiege hinauf dem Gesicht ihres Bübleins zuschreiten. — Mit einem Gedanken an Gott fasste das Weib mit rascher Hand das Tier. Feuerströme entquollen ihrer Hand. Unter Todesschmerzen presste es die Spinne ins bereitgehaltene Loch, steckte den Zapfen nach und schlug ihn mit letzter Kraft fest. Drinnen sauste und brauste es wie in einem tobenden Vulkan, und das Haus erbebte in seinen Grundfesten. Aber der Zapfen blieb fest und die Spinne gefangen. Ergeben legte sie sich hin zum Sterben, war doch ihr Kind, war das ganze Land gerettet. Damit nahm der Schwarze Tod ein Ende, und Ruhe und Frieden und neues Leben kehrten wieder ins Tal zurück. Für die Kinder der treuen Mutter, die für alle gestorben, sorgten in Dankbarkeit die neuen Ritter im Schloss. Aber nachdem viele Geschlechter zu Grabe gegangen, wurden Hoffart und Üppigkeit wieder heimisch im Lande. Damals wirtschaftete in dem Hause, in dessen Fensterpfosten die Spinne gefangen sass, eine herrschsüchtige Witwe mit ihrem Sohne Christen, dem sie eine hoffärtige Tochter aus ihrer Verwandtschaft zur Frau gab. Die beiden Weiber nun schämten sich des alten Hauses. Sie beschlossen ein neues zu bauen und das alte dem Gesinde zu überlassen. Mit verschwenderischer Pracht wurde eine «Hausräuchi» von drei vollen Tagen gefeiert. Während die beiden Frauen im neuen Hause ein üppiges, arbeitsloses Leben führten, war drunten im alten weder Ordnung noch Gottesfurcht. In einer heiligen Weihnacht öffnete nach wüstem Gelage ein Knecht unter vermessenen Reden mit einem Bohrer das Loch, um die Mägde zu erschrecken. Da erbebte von einem furchtbaren Donnerschlag das ganze Haus. Ein roter Glutstrom brach aus der Öffnung, und mitten drin sass die giftige Spinne und glotzte mit gieriger Lust die Frevler an. Vom Schrecken gelähmt, konnten sie sich des Untiers nicht erwehren, das über ihre Gesichter kroch und ihnen den schrecklichen Tod einimpfte. Als Christen von der Messe heimkehrte, fand er die Bewohner beider Häuser mit dem Tode kämpfen. Nur an seinen Kindern war er vorübergegangen. Gieriger und rascher als das erstemal lief die Spinne todbringend durch die Talschaft. Überall verbreitete sie Schrecken und furchtbare Qualen. Mit Vorliebe wählte sie sich bei Leichenzügen ihre zahlreichen Opfer. Schwer lag das Unglück auf Christens Gewissen, dem die verzweifelten Bewohner alle Schuld zuschrieben. Da reifte in ihm der Entschluss, wie seine Ahne, sich selbst zu opfern und das Land von der schrecklichen Krankheit zu befreien. Er zog mit seinen Kindern wieder hinab in das alte Haus, schnitt einen neuen Zapfen zum Loch, liess ihn weihen, legte ihn mit dem Hammer zurecht und harrte an den Betten seiner Kinder der Spinne. Sie kam aber nicht. — Wie er einst ein Kind nach der Kirche zur Taufe tragen wollte, versperrte sie ihm am Kilchstalden den Weg. Rasch übergab er das Kindlein einem Knaben mit dem Befehl, es eiligst in die Kirche zu tragen. Seine Seele empfahl er Gott, ergriff mit starker Hand die Spinne und flog, trotz der furchtbaren Schmerzen, die seinen Leib durch-wühlten, seinem Hause zu. Mit brechenden Kräften gelang es ihm, das Tier ins Loch zu drücken und den Zapfen einzuschlagen. Dankbar folgten die Bewohner der Talschaft dem Sarge ihres Erretters. Noch sieht man im Bären zu Sumiswald den runden Tisch, an dem die gesamte erwachsene Mannschaft des Tales, zwei Dutzend an der Zahl, an der «Gräbt» Platz gefunden haben soll. Emmentaler Sagen, Hermann Wahlen, 1962 Gute Schriften Bern Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die schwarzen Kirschen

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Ein Vater hatte drei Söhne, grosse und schöne Burschen. Zwei waren hochnäsig und gemein gegen andere Leute, der Jüngste aber gut und freundlich zu allen. In ihrem Land lebte ein König, der hatte eine einzige Tochter. Die wurde schwer krank. Der Arzt erklärte, die Tochter könnte nur gesund werden, wenn sie schwarze Kirschen ässe. Und der König versprach dem die Tochter zur Frau, der schwarze Kirschen bringe. Der Vater mit den drei Söhnen hatte einen Baum, der mitten im Winter schwarze Kirschen trag. Er pflückte ein Körblein voll und gab sie dem Ältesten, damit er die Kirschen dem König bringe und die Prinzessin heile. Der Bursche nahm die Kirschen und ging zum Schloss des Königs. Unterwegs kam er zu einem Brunnen, daneben sass ein alter Mann. Der fragte, was er im Körblein habe. «Geissendreck!» antwortete der hochnäsige Kerl. Beim Schloss des Königs fragte die Wache, was er wolle. Als der Bursche antwortete, er wolle dem König ein Körblein mit schwarzen Kirschen bringen, führte man ihn zu ihm. Aber als der Bursche die Kirschen ausleeren wollte, war aus ihnen Geissendreck geworden. DerKönig wurde wegen dieser Schande fuchsteufelswild und liess den Burschen windelweich schlagen, so dass der nur mit Müh und Not heimkehren konnte. Da pflückte der Vater wieder ein Körblein Kirschen und hiess den mittleren Sohn, es dem König zu bringen. Er ging den gleichen Weg wie sein Bruder und gelangte auch zum Brunnen. Der alte Mann dort fragte: «Was trägst du in diesem Körblein?» «Saudreck!» antwortete der Mittlere stinkfrech. Als der Bursche zum Schloss kam, wollte die Wache ihn nicht zum König führen. Auf sein langes Drängen hin gaben sie schliesslich nach. Auf Befehl des Königs musste der Bursche die Kirschen in eine goldene Schüssel leeren, doch statt schwarzer Kirschen kam Saudreck heraus, so dass die goldene Schüssel grausig verdreckt war. Diesmal wurde der König noch wütender, und der mittlere Bruder bekam noch viel mehr Schläge als der Älteste. Nun vertraute der Vater voller Angst dem Jüngsten das dritte Körblein Kirschen an. Auch der kam zum Brunnen. Der Alte fragte ihn, was er im Körblein habe. «Schwarze Kirschen!» antwortete der Bursche und bot ihm welche zum Probieren an. Der Alte freute sich sehr über so viel Freundlichkeit und sagte zum Burschen: «Ich will dir drei Ratschläge geben, und wenn du die befolgst, wird es dir gut gehen. Wer Hunger leidet, dem gib zu essen; wer Durst hat, dem gib zu trinken; und solche, die sich verprügeln, versöhne!» Der Bursche dankte für die Ratschläge und zog weiter. Unterwegs kam er in einen Wald und fand einen Ameisenhaufen; die Ameisen hatten nichts zu essen. Schnell warf er eine Handvoll Brosamen, die er im Sack hatte, den Ameisen hin und stillte so ihren Hunger. Dann ging er weiter und kam zu einem See. Er fand am Ufer einen Fisch, der musste Durst leiden, und er legte ihn zurück ins Wasser. Nach einer Weile kam er zu einer Ebene, wo sich ein Teufel und ein Engel derart verprügelten, dass die Funken stoben. Der Bursche trat hinzu und versöhnte die beiden. Nachher zog jeder weiter. Als er zum Schloss des Königs kam, wollte die Wache ihn nicht einlassen. Es seien schon zwei Strolche dagewesen, die den König hereingelegt hätten. Doch der Bursche zeigte seine schwarzen Kirschen, und da führte ihn die Wache hinauf zum König. Der Bursche musste die Kirschen in die goldene Schüssel leeren, und als die Königstochter sie ass, wurde sie gesund. Doch der König wollte dem Burschen die Tochter gar nicht zur Frau geben, wie er versprochen hatte. Im Gegenteil, er befahl ihm, innert drei Stunden einen Scheffel Gerste und einen mit Roggen, die zusammengeschüttet worden waren, zu verlesen. Der Bursche ging zum Ameisenhaufen, leerte dort das Korn aus und bat die Ameisen, die Gerste vom Roggen zu trennen. Im Hui erledigten dies die Ameisen, und der Bursche brachte dem König die Gerste und den Roggen auf die abgemachte Stunde. Der König wollte trotzdem seine Tochter nicht mit dem Burschen verheiraten. Deshalb stellte er ihm noch eine zweite Aufgabe, nämlich einen Ring zu suchen, den die Prinzessin vor Jahr und Tag in den See hatte fallen lassen. Doch der Bursche ging zum See und rief den Fisch heraus, den er befreit hatte. Den bat er, im See den Ring zu suchen, den die Prinzessin verloren hatte. Der Fisch schwamm auf den Grund des Sees und kam in kurzer Zeit mit dem Ring im Maul zurück. Und Bursche konnte dem König den Ring zurückgeben. Doch der König war immer noch nicht zufrieden stellte dem Burschen die dritte und schwerste Aufgabe. Er solle ihm die schönste Blume des Himmels und das heisseste Feuer der Hölle bringen. Der Bursche kletterte durch Schnee und Eis auf einen Berg bis er in den Himmel gelangte. Dort fand er den Engel, den er mit dem Teufel versöhnt hatte, und der Engel pflückte für ihn die schönste Blume des Himmels. Dann stieg er weit hinunter, weit durch einen dunklen Wald, bis er in die Hölle kam. Der Teufel, den er mit dem Engel versöhnt hatte, gab ihm eine Fackel mit dem heissesten Feuer der Hölle. Der Bursche brachte die Blume und die Fackel dem König, und der getraute sich dann nicht mehr, dem Burschen seine Tochter zu verweigern.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die schwarzen Pestboten

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Der Muttergottestag mitten im Augustmonat des Jahres 1628 war sehr schön gewesen und die Bürger und Bürgerinnen der Kolinstadt versammelten sich am Abend unter der weitschattigen Linde am See und freuten sich des herrlichen Abends. Nur einer war etwas bekümmert, denn er hatte von Freunden aus der Rheinstadt Basel schlimme Kunde erhalten. Das schwarze Gespenst der Pest wütete wieder. Ob dieser bösen Botschaft war er traurig und als man in ihn drang und ihn aufforderte, den Grund seines Trübsinns zu sagen und sich damit das Herz zu erleichtern, zögerte er nicht mehr länger und erzählte von den bösen Kundtschaften, die er erhalten. Ein jäher Schrecken ging durch die sonst so frohe Bürgerschaft und langsam ging einer nach dem andern still heimwärts. Als einige Bürger gegen den See hinabgingen, über dessen stillen Wogen sich schon die nachtdunklen Schatten senkten, sahen sie zu ihrem grossen Erstaunen ein eigenartiges Schiff mit unbekannten, schwarzen Gestalten gegen das Ufer fahren. Langsam kam das Boot näher, die eisernen Ketten klirrten und dem schwankenden Kahn entstiegen drei dunkle Männer. Kein freundlicher Gruss erscholl, keine freundlichen Begrüssungsworte wurden gesprochen. Der Grösste der drei Boten sprach in düsterm Ton Befehle an seine beiden Begleiter: "Ich bleibe hier und walte meines Amtes, ihr aber begebt euch aufs Land und tut, was euch aufgetragen!" Die schrecklichen Boten gingen weg, das Schiff glitt ins Dunkel der Nacht zurück - und am folgenden Morgen lagen die ersten Pesttoten auf dem Schrägen. Die Pest war im Zugerland eingekehrt. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 89 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die schwarzi Gutsche

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Die schwarzi Gutsche En Amtsrichter isch z’Nacht vo Langete gäge hei glüffe. Hinger ihm isch e Gutsche cho z’fahre. Es schwarzes Ross isch dervor gsi. Du isch er uf d’Site gange, u wo’s ne düecht het, sie sött nohe si, bliebt er stoh u luegt hingere. Du gseht er, wie die Gutsche im Hui gäg em Galgelöli uehefahrt u alli Gredi dür Ächer u Matte nimmt, wo weder Stross no Wäg isch. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Schweizer in fremden Kriegsdiensten

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Um die Mitte des sechzehnten Jahrhunderts halfen die Schweizer viele Religionskriege in Frankreich und anderswo auskämpfen. Dabei kam es so weit, daß Schweizer gegen Schweizer schlagen mußten. Nämlich die katholischen Eidgenossen, sonderlich die Alpenkantone der Innerschweiz, zogen den katholischen, die reformierten Eidgenossen aber den Hugenotten, wie man die französischen Protestanten nannte, zu Hilfe. Das war eine gar böse Sache. Einst, als die große Schlacht zu Ivry zwischen dem französischen König Heinrich IV., der's mit den Hugenotten hielt, und dem Herzog Karl von Mayenne und seinen Liguisten ausgefochten wurde, ging es gar heiß zu. Lange schwankte der Kampf, bis endlich Heinrich IV., den man an seinem weißen Federbusch aus allen herauskannte, durch einen Sturmangriff den katholischen Feldherrn schlug. Sein Heer floh, bis auf die katholischen Schweizer der sogenannten fünf alten Orte Uri, Schwyz, Unterwalden, Luzern und Zug. Wie die Felsen ihrer Bergheimat blieben sie todesmutig stehen. Da rief der Herzog Birra, der höchste Feldherr des Königs: "Die Schweizer sind eine lebendige Mauer, an ihnen verfängt Faust, Schwert und Speer nicht. Schafft die Geschütze heran! Man muß diesen Felsen mit Kanonenkugeln zerreißen!" Aber der König Heinrich war ein edler Herr. Voll Bewunderung schaute er auf die lebendige Mauer der gegenüberstehenden Eidgenossen, die so tapfer standhielten und lieber untergehen als fliehen wollten. Und willig hörte er auf die Anführer seiner eigenen Schweizerregimenter, die ihn baten, er möchte sie davor bewahren, daß sie auf ihre Eidgenossen losbrechen müßten. Im Augenblick nun, als der Herzog Birra die Geschütze auf die katholischen Schweizer losdonnern lassen wollte, schickte der König Boten zu ihnen und ließ ihnen sagen, daß er den Kampf gegen sie einstellen wolle, wenn sie ihm gegenüber ein Gleiches täten. Hierauf gingen die arg in der Klemme sitzenden Schweizer willig ein. Sie rückten in guter Ordnung gegen das königliche Heer an. Aber auf einmal machten sie Halt, und ein Mann aus Unterwalden trat vor ihre dräuenden Reihen und forderte, altem Brauch gemäß, einen der gegenüberstehenden reformierten Eidgenossen zum Zweikampfe heraus. Jetzt trat aus den Reihen der reformierten Schweizer ein gewaltiger Mann aus Solothurn und erklärte im Namen seiner Länder Annahme der Herausforderung. Unter den Augen des Königs, dem dieser seltsame Brauch gar wunderlich vorkam, schlugen die beiden Eidgenossen nun wacker aufeinander los. Und als sich die beiden Helden nun genugsam verwundet hatten, also daß ihnen Helm und Faust vom Blute rot waren, ließen auf einmal beide Helden die Schwerter fallen, fuhren aufeinander los und umarmten sich. Und im selben Augenblicke stürmten die Eidgenossen beider Heere jauchzend aufeinander zu und umhalsten sich alle von ganzem Herzen, was alles den zuschauenden König und seine Höflinge mit großem Staunen erfüllte. Danach zogen sie beiderseitig in guter Ordnung mit Trommeln und Pfeifen wieder ab. - Eine ihrer merkwürdigsten Taten aber verrichteten die Schweizer vorher im Dienste des schwachen französischen Königs Karl IX. Nämlich nach vielen siegreichen Gefechten war es dem berühmten Feldherrn der Hugenotten, Prinz Condé, gelungen, den König mit seiner Mutter und seinem ganzen Hof in Meaux einzuschließen, also daß der Feldherr hoffte, ihn abfangen und zu schmählicher Abdankung zwingen zu können. Ein Feldherr des Königs, der nun mit seinen Frauensleuten und seinem ganzen Hof gar arg in der Falle saß, brauchte aber eine List. Er ging zum Prinzen Condé und versprach ihm im Namen des Königs alles mögliche. So gelang es ihm, den protestantischen Feldherrn hinzuhalten, bis die rasch zu Hilfe gerufenen Schweizerregimenter des Königs in Meaux anlangten. Gleichwohl war guter Rat teuer, denn der Feind war den Schweizern an Zahl weit überlegen. Daher wollte der König, trotzdem ihm die schweizerischen Heerführer dazu rieten, nicht aus dem Städtchen Meaux abziehen. Er fürchtete, auf dem Weg nach seiner Reichshauptstadt Paris vom überlegenen Feinde doch noch gefangen zu werden. Endlich aber ließ er sich zum Abzug nach Paris bewegen. Im Jahre 1567, in der Nacht vom dritten auf den vierten Weinmonat, verließen sechstausend Eidgenossen das feste Städtlein Meaux und zogen in stockfinsterer Nacht davon, um so rasch als tunlich nach Paris zu kommen. Aber bald waren sie von der feindlichen Reiterei von allen Seiten umschwärmt, und dann stürmte auch das hugenottische Fußvolk in hellen Scharen auf das eiserne Viereck los, in dem die Schweizer den König Karl, seine Mutter und all die zitternden Hofdamen mitführten. Die Hugenotten setzten alles daran, die Mauer der Eidgenossen zu durchbrechen, um den verhaßten König und seine noch verhaßtere Mutter herauszuholen. Doch die Schweizer schlugen alle Stürme ab, und ernst und fest, Mann hart bei Mann, mit gefällten Speeren, rückten sie vor. Um Mitternacht, nach unaufhörlichen wilden Kämpfen, nachdem der Marsch zweiundsiebzig Stunden gedauert hatte, zogen sie in Paris ein. Der König war über den guten Ausgang des gefährlichen Zuges hocherfreut. Er schenkte dem obersten Heerführer eine goldene Kette und sagte offen: "Ohne meine Gevattersleute, die Schweizer, hätte ich Freiheit und Leben verloren." - Noch viele Meisterstücke der Kriegskunst und des Heldenmutes verrichteten die Schweizer in fremden Diensten. Ich will aus den vielen hundert Heldenstücken noch die Tat des beherzten Neuenburger Fähnrichs Daniel de Chambrier erwähnen, der in der Schlacht bei Denain sein Panner fest an sich drückte und in den Scheidefluß sprang und lieber ertrank, als daß er das Landeszeichen in Feindeshände fallen ließ. Dennoch war es ein Jammer für die eidgenössischen Lande, daß so viele Schweizer über alle Berge aus ihrer schönen Heimat und trotz aller Verbote fortzogen, um für fremde Könige und Fürsten ihr Heldentum und ihr Blut einzusetzen. Deswegen muß man sich auch nicht verwundern, daß einst der französische Minister Louvois zu den Eidgenossen vorwurfsvoll sagte, aus dem vielen Golde, das die Schweizer von Frankreich erhielten, könnte man eine Heerstraße von Paris bis Basel mit Talern bepflastern. "Was antwortete ihm aber der Schweizer Stuppa, ein Bündner? "Das kann schon sein, Sire", sagte er geschwind, "aber mit dem Blute, das in Ihren Diensten von Schweizern vergossen wurde, könnte man von Basel bis nach Paris einen Kanal füllen." Einmal mußten die Schweizer aber auch gezwungen in den Krieg, nämlich als Kaiser Napoleon I., der fast die ganze Welt bekriegte, noch Rußland erobern wollte. Da waren nun auch vier Schweizerregimenter dabei, die dem Kaiser Rußland erobern halfen. Als aber dann die Stadt Moskau verbrannte und der übermütige Franzosenkaiser mitten im Winter bei einer furchtbaren Kälte wieder den Heimweg antreten mußte, starb ihm von seinem ungeheuren Heere die größte Zahl seiner Krieger, vernichtet vom verfolgenden Feind, noch mehr verhungernd und erfrierend. Wehe dem, der nicht mehr weiter konnte! Am schlimmsten aber sah es für die immer noch gewaltigen Reste dieser großen Armee aus, als sie an den brückenlosen breiten Fluß, Beresina genannt, kamen. Da mußte vorerst unter unsäglichen Opfern eine Brücke geschlagen werden, damit die Armee darüberziehen könnte. Aber das ging nicht so leicht. Immerfort stürmte der Feind in gewaltigen Reiterscharen heran und drängte Napoleons Heer zusammen. Als nun die Brücke fertig war und das Heer Napoleons darüberzuziehen begann, ließ der Kaiser die Tapfersten seines Heeres zurück, damit sie den Übergang der Regimenter gegen die immer kühner und zahlreicher heranstürmenden russischen Heere beschützten. Auch die überlebenden Schweizer, die nur noch einen geringen Bruchteil der ehemaligen vier stolzen Regimenter ausmachten, waren zur Deckung des Übergangs über die tiefe Beresina bestimmt. Und sie wichen nicht von ihrem Platze. Mit Heldenmut schlugen sie, im tiefen Schnee und grenzenloser Kälte ausharrend, immer wieder die Feinde zurück, bis endlich Kaiser Napoleon mit der Armee hinüber war. Dann zogen auch sie mit den Holländern und Polen, die mit ihnen ebenso mutig den Übergang verteidigt hatten, ans andere Ufer hinüber, hinter sich auf Befehl des Kaisers die Notbrücke verbrennend. Als sie zum Schutz der Brücke abkommandiert wurden, waren sie noch ihrer fünfzehnhundert wehrhafte Eidgenossen. Aber wie erschraken sie, als sich beim Appell, den ihre Hauptleute am anderen Ufer hielten, nur noch dreihundert Mann melden konnten. Doch ließen sie sich nicht beugen und zogen mit ihren Regimentsfahnen, wovon sie nicht eine einzige verloren hatten, dem von Gott getroffenen Kaiser Napoleon nach, bis sie endlich, schier völlig zusammengeschmolzen, unter ungeheuren Leiden die liebe, heißersehnte Bergheimat erreichten. Eine große Heldentat der Schweizer in fremden Kriegsdiensten werde ich in einem späteren Geschichtlein noch besonders erzählen. Gegen Mitte des neunzehnten Jahrhunderts ist dann das Reislaufen, wie man das schweizerische Söldnerwesen in fremden, besonders in französischen, spanischen und holländischen Diensten nannte, abgekommen. Die letzten Schweizerregimenter standen damals noch im Dienste des Königs von Neapel, wo sie vor lauter Langeweile, weil es doch nicht immer etwas zum Dreinhauen gab, Strümpfe strickten. Nur in der Ewigen Stadt Rom, beim Papste, steht heute noch eine kleine Schweizergarde katholischer Eidgenossen. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die schwere Leiche

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1. Ein Jahr, nachdem der Kaplan von Meien jene zwei feurigen Hunde verbannt und dem Vieh des Tales Ruhe verschafft hatte, trugen die Meier die Leiche eines Talmanns nach Wassen, um sie dort bei ihrer Pfarrkirche der geweihten Erde zu übergeben. Bei der Lychkirmi auf der Schanz setzten die Träger ihre Last nach altem Herkommen ab und das Volk betete »Fyfi«. Als sie wieder aufbrechen wollten, da brachten sie die Leiche nicht mehr vom Fleck; sie war wie angefroren, und alles Zerren nützte nichts. Da sagte der Kaplan, der auch dabei war: »So werfet ihn ins Tobel hinunter!« Nun stürzten sie die Bahre mit dem Toten um, und die Leiche rollte in das Tobel hinunter. Alsbald kamen mehr als hundert Raben herbeigeflogen und machten sich krächzend über sie her. Der Geistliche aber erklärte: »Ich bin jetzt 42 Jahre Kaplan in Meien, und diese drei (die zwei Abgefallenen und der ins Tobel Versenkte) sind die Einzigen, die in dieser Zeit verloren gegangen sind!« Peter Walker, 70 J. alt, Wassen 2. Drei jungen, übermütigen Burschen von Stans kam es eines Abends in den Sinn, die Leiche in den Wald wegzutragen, die im Beinhaus aufgebahrt war und am nächsten Tage sollte begraben werden. Nun, solange sie selbe über den Friedhof trugen, war sie federleicht. Wie sie aber ab dem Geweihten kamen, wurde sie immer schwerer und schwerer, bis sie die Last abstellen mussten. Da kam auch von oben her ein grosses Licht auf sie zu, und voll Angst ergriffen sie die Flucht. Das Licht verfolgte sie bis auf ihr Zimmer, und bevor 14 Tage vorüber, waren alle drei Burschen Leichen. Josef Tresch von Bristen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Schwestern von Baar

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Am Fusse der Baarburg beim Krebsbach in der Kugelrüti stund vor altersgrauen Zeiten ein Frauenkloster. Nach alter Mär wurde es aber verschüttet und drei Schwestern fanden dort ihr frühes Grab. Die andern Klosterfrauen aber zogen voll Angst und Bangen von dannen. Man habe auch auf dem ehemaligen Klosterplatz schon goldene Münzen gefunden; ein Verbannter sei dort mit einem reichen Goldschatz in einen mächtigen Baumstamm eingebannt worden. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 53 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Schwimmschuhe der Erdmännchen

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Die vielen Erdmännchen, die vor Zeiten in der Umgegend von Zurzach lebten, wohnten teils zu ganzen Sippschaften, teils einzeln, in den Felshöhlen auf den beiden Rheinufern, und nach dem Namen desjenigen Dorfes, dem ihre Höhle gerade am nächsten lag, benannten und unterschieden sie sich unter einander. Es gab damals Ryburger Männchen, Kadelburger, Dangstettener, Achenberger und noch andere. In so weit man ihr Tun und Treiben beobachten konnte, führten sie ein Leben wie alle andern Leute, und zwar im allerbesten Sinne des Wortes. Sie halfen beim Feldbau mit und waren da gesuchte Arbeiter, sie verstanden allerlei Handwerksvorteile, taten den Armen Gutes, hielten zumal das Eigentumsrecht über alles hoch und waren äusserst fleissige Kirchgänger. Allein Dorfkirchen gab es in früherer Zeit hier an dieser Strecke des Rheines gar wenige, so dass die Bauern auf dem Schwarzwalde manche Stunde Weges allemal bis in den   Flecken Zurzach zu gehen hatten, wenn sie einmal an Festtagen zum Hochamte oder nur zur Beichte wollten. Wie mussten sich nun aber erst die kleinen Erdmännchen abmüden und ablaufen, deren Höhle eben so weit von Zurzach entfernt sein konnte, die keinen Bauernschritt zu machen hatten und doch die Messen in der dortigen Stiftskirche so heilig und hoch hielten, dass sie nicht eine einzige versäumten. Da hat man gleich ein Beispiel an dem Erdmännchen, welches in Dangstetten wohnte, einem Dorfe, das von Zurzach durch den Rhein geschieden ist. Sobald dieses die Glocke zur Mette läuten hörte, lief es in aller Finsternis hinab zum Flusse, der aber damals, wie eben heute auch noch, ohne eine Brücke war, schnallte sich am Ufer ein paar Schuhe an, die vorne und hinten geschnäbelt waren und das Aussehen eines kleinen Weidlings hatten, und damit lief es so blitzgeschwind übers Wasser hinüber, dass wenn der Zurzacher Chorherr und sein Ministrant eben zur Sakristei heraus an den Altar ging, auch unser Erdmännchen richtig in seinem Kirchenbänkchen drinnen stand. Und dass da gar keine Scheinheiligkeit mit im Spiele war, das konnte man ganz genau an jenen andern Zwergen sehen, die zu Kadelburg wohnten. Denn dieses Dorf ist noch viel weiter von Zurzach entfernt, die dortige Zwergenhöhle liegt noch dazu hoch droben über den letzten Kadelburger Weinbergen; und wenn man da im Winter über diese Felsen voll Schnee und Glatteis herabgeklettert und glücklich über das Wasser gekommen ist, muss man erst noch den Wald und das Feld der ganzen, langen Almende durchlaufen, bis man endlich die Türme des Marktfleckens zu Gesicht bekommt. Da galt es also aufpassen, dass man nicht verschlief, dass man im Winter schon vor fünf Uhr Morgens herausging, am Glatteis nicht glitschte, in den Schneewehen nicht versank und in der bitteren Kälte nicht erfror, um pünktlich um sechs Uhr beim Anfang des Gottesdienstes im Stift einzutreffen. Und wie schwer und hart waren damals noch die Bussen, wenn so ein schwaches kleines Wesen etwas in seinen Pflichten versäumte oder verfehlte. So hatte das Kadelburger Erdmännchen, um sich das Heruntersteigen von seinen Felswänden zu erleichtern, einmal einen Rebstickel im Weinberge ausgezogen, und kam auf seinem Kirchgänge damit ans Ufer anmarschiert. Als er hier wie gewohnt auf seinen angeschnallten Schnabelschuhen den Rhein überschreiten wollte, sank der arme Teufel unter. Dies war die Strafe für seinen begangenen Feldfrevel. Seit dieser alten Geschichte hängt oben am Gewölbe der Zurzacher Stiftskirche ein künstlich geschmiedetes Schiffchen. (Karl Schmid von Zurzach.)  Sage aus Zurzach Band 3.1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962, S. 114 - 116 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Die Schwörfinger

Source: Die Schwörfinger

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Als die Russen und Franzosen in unseren Gegenden an einander gerieten, mussten viele auf beiden Seiten ihr Leben lassen. Etliche warf man zusammen in große Gruben, goss Kalk über sie und deckte sie mit Schutt und Erde zu; andern grub man sorgfältige Gräber und bestattete sie zur Erde, wie es Christenmenschen geziemt. Unter den letztem befand sich auch ein Russe von vornehmer Herkunft, wie es schien. Aber nachdem er begraben lag, sahen die Vorübergehenden alle Morgen sein Grab verletzt und wie von frischer Erde dampfend, und als sie näher hinzu traten, bemerkten sie, wie er die drei Finger des Eidschwures emporreckte und trotz aller Bemühungen nicht zudecken ließ, woraus man vermutete, er müsse bei seinen Lebzeiten einen Meineid getan haben. Seine emporgehobenen Finger aber waren zu sehen, bis sie in Verwesung zerfielen. (Ohne Ortsangabe, wohl Umgebung von Schaffhausen)     Aus: R. Frauenfelder, Sagen und Legenden aus dem Kanton Schaffhausen, Schaffhausen 1933. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Schwüre auf den Bletschen

Source: Die Schwüre auf den Bletschen

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Vor vielen, vielen Jahren entstanden zwischen den Gemeinden Törbel und Embd Grenzstreitigkeiten über ein Stück Alpenweide, Bletschen genannt. Sie führten zu drei traurigen Meineiden. Auf beiden Seiten wurde versucht, den Urteilsspruch zu ihren Gunsten zu wenden. So kamen drei Embder und erklärten, sie seien bereit zu schwören, und sie wandten dabei folgende List an. Der erste legte einen Schöpfer (Holzlöffel) unter seinen Hut und schwor, die Hand zum Himmel erhebend: «So wahr als ich einen Schöpfer über mir habe, gehören die Bletschen uns!» Der zweite legte Land seines Gartens in die Schuhe und schwor dann: «Dass die Bletschen uns gehören, ist so wahr, als ich hier auf meinem Lande stehe!» Der dritte tat den Schwur: «Ich will geschlachtet werden wie ein Rind, wenn die Bletschen nicht uns gehören!» Da von den Törbjern nun keiner zu schwören wagte, ging die betreffende Alpenweide in den Besitz der Embder über. Doch der Meineid rächte sich. Der erste zog sich eine Halskrankheit zu, dass er keine Nahrung, nicht einmal einen Schluck frischer Milch aus dem Milchschöpfer, zu sich nehmen konnte. Der zweite verlor sein Leben bei einem Erdrutsche, der ihn umfing und ins schlammige Grab hineinlegte. Der dritte war ein guter Schuhmacher und befand sich einst in Stalden auf der Stör. Als er abends heimkehren wollte, traf er einige Männer an, die ein Rind schlachten wollten. Weil sie aber des Schlachtens zu wenig kundig waren, trafen sie das Rind nicht gut. Schnell eilte der Schuhmacher ihnen zu Hilfe Wie er nun das Rind festhielt, schlug der Staldner fehl und erschlug statt des Rindes den hilfsbereiten Schuhmacher. So wurde er förmlich geschlachtet wie ein Rind. In spätern Jahren spukten drei Geister in dieser Alpenweide. Als einst ein gewisser Peter Johann Lorenz von Törbel Neuenhüter war (Hüter der neuen Wasserleitung), ging während der Nacht das Wasser ab. Eiligst machte er sich auf. Als er bis in den sogenannten Tschonggraben gekommen war, fand er die beschädigte Stelle; er kniete auf das Bord nieder und nahm ein Stück Rasen, um die Öffnung zu verstopfen. Wie er sich erhob, standen oberhalb der Neuen drei Männer in altväterischer Tracht, mit kurzen Hosen und zwilchenen Strümpfen. Furchtlos wie er war, fragte Lorenz: «Wer seid ihr? Was tut ihr hier?» Der erste antwortete: «Ich bin verurteilt, sämtliches Wasser aus der Leitung herauszuschöpfen, weil ich einst mit diesem Schöpfer statt Recht nur Unrecht geschöpft habe.» Der zweite erwiderte: «Ich muss hier sein und Erde, Geröll und Felsblöcke in die Wasserleitung werfen, weil die Erde unter meinen Füssen so heftig brennt, dass kein Wasser das Feuer löschen kann, es also zwecklos rinnen würde.» Der dritte sprach: «Ich muss hier sein und büssen. Ich bin derjenige, der falsch geschworen und den man in Stalden erschlagen hat wie ein Rind.» - «Gott sei euch gnädig und barmherzig!» sprach Lorenz und flickte seine Wasserleitung. Als er wieder aufblickte, waren die drei Männer verschwunden. TÖRBEL Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Sebastianskapelle zu Schänis

Source: Die Sebastianskapelle zu Schänis

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Die Sebastianskapelle zu Schänis ist wohl eines der ältesten Gotteshäuser der Talschaft. Ihre Gründung ist historisch nicht nachweisbar. Die Sage aber erzählt: Gegen Ende des achten Jahrhunderts herrschte in dieser Gegend unter Menschen und Vieh eine gefährliche Seuche. Da gelobte der fromme Hunfried, Gaugraf von Rätien, die Kapelle zu bauen, um von Gott Hilfe in dieser Drangsal zu erstehen. Der heilige Sebastian wurde der Schutzpatron des Stiftes, und das Land Gaster führte bis zum Untergang der alten Eidgenossenschaft diesen Heiligen in seinem Banner. Am Lichtmetztage 1529 drangen die Bilderstürmer auch in unsere Kapelle ein und zerstörten ihren Schmuck. Vier Jahre später wurde durch den Weihbischof von Chur das Kirchlein dem alten Gottesdienste zurückgegeben. Der Volksmund erzählt — und das stimmt mit dem Gesagten wenig überein — das Bild des heiligen Sebastian stamme von Linthtal her- dort sei es zur Zeit der Religionswirren in die Fluten geworfen worden, in denen es aufrechtstehend nach Schanis getragen worden. Bei der Sebastianskapelle hätten es die Wellen ans Land, gesetzt, weswegen es hier seinen Platz gefunden.  A. Fraesel, Pfarrer (Die hl. Sebastianskapelle zu Schänis. Uznach, Oberholzer, 1896.) Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 374, S. 211f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Seebachzwerge

Source: Die Seebachzwerge

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  Im Simmental wütete von Zeit zu Zeit der schwarze Tod und raffte manchmal mehr als die Hälfte der Talleute dahin. Da glaubten die Lenker, die Zwerge seien schuld daran, die flink und zauberhaft ihr sonderbares Wesen trieben. Die Bauern bewaffneten sich, machten sich auf und wollten die noch übrig lebenden Zwerge vernichten. In den Flühen sahen sie fünf Zwerglein arglos Holz zusammentragen, stürzten sich auf sie, hieben sie und warfen alle in den vorbeifliessenden Seebach hinunter. Seitdem war das Seebachwasser nie mehr klar, und heute noch, wenn die andern Bäche milchweiss niederschäumen, rinnt es trüb und traurig in die Tiefe.   Quelle: Georg Küffer, Lenker Sagen. Frauenfeld 1916. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Die Seefluh

Source: Die Seefluh

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  Die armen Seelen, denen um sündiger Erdentaten willen der Himmel verschlossen blieb, huschten alle nach der Seefluh, wo sie sich in einem verborgenen Winkel einnisteten. Dann hörte man dort am Abend seltsame Rufe. Schatten glitten durch das dunkle Tannengrün, und darüber kreisten leichte Nebel, die sich auflösten, von neuem erschienen und sich jagten. So durfte des Nachts kein Mensch die Iffigenstrasse benutzen. Denn man erzählte sich schauerliche Dinge, was mit einem vorgehe, wenn man mitten im Walde gerade unter der senkrechten Seefluh vorbeikomme. Und wer am Tage aus dem Iffigen nach der Lenk und wieder heim ging, der sputete hier seine Schritte und befahl Gott seine Seele. Doch einst in einer rabenschwarzen Nacht wagte es ein beherzter Jüngling. Wacker schritt er aus und schwang dabei die Arme kräftig. Als er mitten unter den Felsen war, schien es ihm, er höre jemanden niesen. Er schmetterte ihm ein jauchzendes: „Gott helf dir!" zu. Der Felsen widerhallte. „Darauf habe ich schon lange gewartet", fistelte es zirpend durch die Luft. Von nun an ist der Spuk verschwunden.   Quelle: Georg Küffer, Lenker Sagen. Frauenfeld 1916. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch  


by Die Seejungfer von Zug

Source: Die Seejungfer von Zug

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Am 4. März des Jahres 1435 versank die Untergasse der Altstadt Zug in den Fluten des Sees. Über dieses Unglück geht die Sage von der Zuger Seejungfer. Im blauen Zugersee hausten einst geheimnisvolle Seeleute. Der alte Wasserkönig führte auf dem Seegrund sein gestrenges Regiment. Dieser Seebeherrscher hatte eine liebliche Tochter. Unter den Bewohnern des Sees gefiel der Königstochter kein einziger Mann, dafür unterhielt sie ein inniges Liebesverhältnis mit dem stattlichen Sohne des Stadtschreibers von Zug. Der Nixenvater war über diese Liebe nicht sonderlich erbaut und verbot der Wasserjungfer, wieder mit dem Schreiberbuben zu plaudern. Da wurde die Nixe sehr traurig und brachte kein Sterbeswörtlein mehr über ihre Lippen, und wie es so geht, dem Wasservater behagte das griesgrämige, kummervolle Gesicht seiner Tochter nicht auf die Länge und er machte ihr einen Vorschlag: "Wenn der Zugerbub dir in mein Reich folgen will, dann soll er kommen und du kannst mit ihm Hochzeit feiern". Wie im Blitz schwamm das Nixlein ans Ufer und lockte und girrte wie ein Täublein, bis der Stadtschreiberbub zu ihr kam. Dieser hatte auch schon tagelang voll heisser Sehnsucht auf seine liebe Seejungfer gewartet. Der Heiratsplan des Wassermannes gefiel dem jungen Burschen auf den ersten Blick und die Nixe bot ihm einen Zaubertrank an. Dieser Trank bewirkte, dass Erdenmenschen auch unter dem Wasser leben können. Ohne zauderndes Herzklopfen folgte der Zugerknab seiner Jungfer hinab ins kühle Wasserreich. Die Herrlichkeit im Zugersee dauerte aber nur kurze Zeit. Dem Erdensohn wurde die Gesellschaft im Wasserreich zu langweilig, und das Heimweh packte ihn nach seinen Eltern und Bekannten und dem lieblichen Städtchen am See. Vor Sehnsucht magerte er ab und sah trübselig aus. Als die Nixe den wahren Grund des sichtlichen Kummers erfahren hatte, vertauschte sie in einer stockdunklen Märzennacht alles Trinkwasser in den Küchen der untern Gasse mit ihrem Zaubertrank. Am folgenden Tag versank dann urplötzlich die ganze Strassenzeile im nassen Element. Kein Mensch musste aber durch Ertrinken sein Leben lassen, das Zauberwasser hatte die menschliche Natur befähigt, auch unter dem Wasser weiterzuleben. So kam der heimwehkranke Sohn des Stadtschreibers wiederum zu seinen Eltern und lieben Nachbarn aus der niedern Gasse. Jetzt war die Freude überaus gross. Bei recht klarem Wasser können Sonntagskinder heute noch die versunkene Stadt recht gut sehen und man höre auch die festliche Musik aus dem Wasserreich des Nixenkönigs. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 40 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Seele des Riesen

Source: Die Seele des Riesen

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Ein Vater versprach seinen Sohn einem Mann, dem er einmal unterwegs begegnet war und der ihm Geld gegeben hatte. Wenn auch ungern, brachte der Vater den Burschen am abgemachten Tag ans Meer, wo der Mann ihn abholte. Der Mann führte den Burschen in einen dunklen Saal, wo er niemanden sah. Aber in der Nacht dünkte es ihn, es käme jemand ins Zimmer, doch er konnte nicht herausfinden wer. Nach einer Weile öffneten sich auf einmal die Fensterläden des Saales, und er sah das Tageslicht. Als er aus dem Fenster schaute, war da ein grosser Garten mit drei schönen Mädchen, und jede hielt einen Blumenstrauss in der Hand. Die Mädchen fragten ihn, wie er hierher gekommen sei, und der Bursche erzählte alles: wie es ihm gegangen sei und auch dass jede Nacht jemand in den Saal komme, den er nicht erkennen könne. Er bat sie um Hilfe, aber sie erzählten, auch sie seien von zu Hause entführt worden. In dem Augenblick schlossen sich die Läden, und der Bursche blieb im Dunkeln wie vorher. Nach kurzer Zeit öffneten sich die Läden nochmals, und als er aus dem Fenster schaute, sah er im Garten wieder die drei Mädchen mit den Blumensträussen. Diesmal gaben sie ihm einen Kerzenstummel und einige Streichhölzer und sagten, er solle schauen, wer ins Zimmer komme. Die Läden schlossen sich, und der Bursche war wieder allein im dunklen Saal. Bald hörte er wieder jemanden hereinkommen, und er versteckte sich in einer Ecke. Dort zündete er schnell die Kerze an, die die Mädchen ihm gegeben hatten, und er sah, dass auch der Mann, der ihn in den Saal gesperrt hatte, hier geschlafen hatte. Leise löschte er die Kerze aus und blieb mäuschenstill. Wenige Tage später öffneten sich die Läden zum dritten Mal, und er sah im Garten die Mädchen mit den Blumensträussen. Er erzählte ihnen, wer nachts im Saal schlafe und fragte sie, ob man diesen Mann nicht töten könne, um sich zu befreien. Doch die Mädchen sagten, man könne ihn nur umbringen, wenn man das Ei einer Elster auf seinem Kopf zerschlage. Als er merkte, dass die Mauer nicht so hoch war, sprang der Bursche aus dem Fenster und kletterte über den Gartenzaun. Die drei Mädchen riefen ihm noch hinterher, er solle sie nicht vergessen. Der Bursche verirrte sich unterwegs in einem grossen Wald. Dort sah er einen Löwen. Er getraute sich nicht wegzurennen, sonst wäre ihm der Löwe hintennach gelaufen. So fasste er Mut und trat ihm entgegen. Da entdeckte er neben dem Löwen noch einen Hund, einen Hasen, eine Elster und eine Ameise. Die Tiere stritten sich, wer bei den Menschen am beliebtesten sei. Sie baten ihn, ihren Streit zu schlichten. Da bekam der Bursche Angst, denn wäre er für das eine Tier, so wären die andern dagegen. Darum gab er allen ein wenig recht, am meisten aber dem Löwen. Dies war den Tieren recht, und sie sagten ihm, wenn er in Not sei, könne er ihre Gestalt annehmen. Er müsse sagen: «Aus einem Mann ein ...» und den Namen des gewünschten Tieres beifügen. Der Bursche ging weiter und kam in eine Stadt, wo er Arbeit bei einem Herrn fand. Der liess ihn seine Schafe hüten, befahl ihm aber streng, die Tiere nur bis zum Grat und nicht auf der andern Seite des Berges weiden zu lassen. Die Schafe aber gingen darüber hinaus, und er folgte ihnen. Auf der andern Seite war eine schöne Ebene, und dort sah er unter einem Strauch ein Mädchen. Der Bursche ging zu ihr und fragte, was sie hier mache. Das Mädchen sagte, sie sei die Tochter eines Königs, der Drache habe sie geraubt. Und sie bat ihn wegzugehen, denn der Drache komme und fresse, wen er finde. Und in dem Augenblick rennt ein schrecklicher Drache rasend vor Wut über die weite Ebene daher. Der Bursche aber erinnert sich an die Macht, die der Löwe ihm gegeben hat, und sagt: «Aus einem Mann ein Löwe!» und da wird er ein Löwe. Er geht dem Drachen entgegen und besiegt ihn. Da für diesen Tag der Kampf vorbei ist, befiehlt der Löwe dem Drachen, die Königstochter bis zum andern Tag in Ruhe zu lassen und sagt dann: «Ich wollte, ich hätte Brot und Wein», und der Drache sagt: «Ich wollte, ich hätte Brot und Wasser!» Dann geht jeder davon. Als der Drache weg ist, sagt der Löwe: «Aus einem Löwen ein Mann!» Und der Löwe verwandelt sich in den Burschen zurück, nimmt seine Schafe und geht nach Hause zu seinem Meister. Der wusste, dass sein Hirte auf der Ebene war. Er wusch ihm den Kopf und ermahnte ihn streng, nie mehr dort hinaufzugehen. Der Bursche versprach es, aber am nächsten Tag trieb er seine Schafe wieder zur Ebene hinauf. Diesmal sah er dort zwei Mädchen unter dem Strauch. Er fragte das andere Mädchen, wer sie sei. «Die andere Tochter des Königs, welche der Drache zusammen mit ihrer Schwester geraubt hat», antwortete sie. Der Drache kommt wie am Tag zuvor, und der Bursche sagt: «Aus einem Mann ein Löwe!» Nach seiner Verwandlung in einen Löwen geht er dem Drachen entgegen, und sie kämpfen wieder heftig miteinander. An diesem Tag sind sie etwa gleich stark, und nach einem langen Kampf hören sie unentschieden auf. Zum zweiten Mal befiehlt der Löwe dem Drachen, die beiden Mädchen bis zum andern Tag in Ruhe zu lassen und sagt dann, er möchte Brot und Wein, und der Drache sagt, er wolle Brot und Wasser, und dann gehen beide fort. Als der Drache weg war, sagte der Löwe: «Aus einem Löwen ein Mann!», und er wurde wieder in einen Menschen verwandelt. Am Abend nahm der Bursche seine Schafe und trieb sie in die Stadt. Wieder wurde der Herr wütend, weil er auf der Ebene war, und der Bursche versprach, dies nicht mehr zu tun. Aber am andern Morgen trieb er nochmals sehr früh die Schafe auf die Ebene, und diesmal sah er drei Mädchen unter dem Strauch. Der Bursche fragte das dritte Mädchen, wer sie sei. Das Mädchen antwortete: «Die dritte Tochter des Königs, die der Drache geraubt hat.» Als der Drache kommt, sagt er: «Aus einem Mann ein Löwe», und als Löwe beginnt er den Kampf mit dem Drachen. Sie kämpfen den ganzen Vormittag miteinander, doch keiner kann den andern besiegen. Dann geht der Löwe und nimmt Fleisch und Wein zum Mittagessen und der Drache Brot und Wasser. Am Nachmittag nehmen sie den Kampf wieder auf, und der Löwe reisst den Drachen in Stücke. Dann sagt der Löwe: «Aus einem Löwen ein Mann!» Als der Bursche seine Menschengestalt wieder hat, schlitzt er den Bauch des Drachen auf. Daraus springt ein Hase und flüchtet über die Ebene. Da kommt ihm die Macht in den Sinn, die der Hund ihm gegeben hat, und er sagt: «Aus einem Mann ein Hund!» Als Hund rennt er dem Hasen hinterher und zerreisst ihn. Dann sagt der Hund: «Aus einem Hund ein Mann!» Nachdem er wieder ein Mensch geworden ist, schlitzt er den Hasen auf. Daraus fliegt eine Elster. Der Bursche erinnert sich an die Macht, die ihm die Elster gegeben hat, und er sagt: «Aus einem Mann eine Elster!» Als Elster fliegt er der andern nach und tötet sie. Jetzt sagt die Elster wieder: «Aus der Elster ein Mann!» und der Bursche ist wieder ein Mensch. Er schlitzt die Elster auf und findet darin ein Ei. Glücklich machte er sich auf den Weg zum Schloss, wo der Mann ihn und die drei Mädchen eingesperrt hatte. Jetzt besass er ja das Ei, um den Mann zu töten. Aber als er zum Schloss am Meer kam, waren alle Türen und die Fensterläden geschlossen. Da dachte er an die Ameise und an die Macht, die sie ihm gegeben hatte. Schnell sagte er: «Aus einem Mann eine Ameise!» Als Ameise kroch er durchs Schlüsselloch, öffnete das Schlosstor und versteckte sich bis Mitternacht im Gang. Dann nahm er das Elsternei, ging leise in den dunklen Saal, zündete dort ein Streichholz an und zerschlug das Elsternei auf dem Kopf des Mannes. Der war mit einem Mal mausetot. Als es Tag wurde, ging er in den Garten, und dort fand er die drei Mädchen. Da merkte er, dass es die gleichen waren wie unter dem Strauch auf der Ebene. Weil er sie mit seinem Mut befreit hatte, sagten die Prinzessinnen dem Burschen, er könne die heiraten, welche er wolle. Er nahm die Jüngste, und sie machten eine prächtige Hochzeit. Ich habe die Suppe aufgetischt, und man hat mir so einen Tritt in den Arsch gegeben, dass ich bis hierher geflogen bin.   Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die seltsame Spinnerin

Source: Die seltsame Spinnerin

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Auf den Spinnstubeten an den langen Winterabenden, wo das Weibervolk mit Kunkel und Rädli, die Mannsleute mit ihren Tabakspfeifen sich einfanden, um zu plaudern und zu scherzen, kam allabendlich auch ein altes Mütterchen, das niemand zu bemerken schien. Stille setzte es sich mit seinem Rocken in die hinterste Ecke, wo es fleißig spann, bis die anderen spät in der Nacht sich auf den Heimweg machten. Nie sprach das Mütterlein ein Wort, mochte noch so viel erzählt, gelacht und gescherzt werden. Unter den Mannsleuten war auch ein junger Bursche, der Kopf und Herz auf dem rechten Fleck hatte. Während die anderen jungen Leute mit den Mädchen schäkerten, musste er immer wieder zu der alten Frau hinsehen, er wusste nicht warum. Das ging so drei Winter lang. Da war wieder einmal alles des Abends in der Stube beisammen, und wieder schaute der Bursche ganz versonnen der alten Spinnerin zu. Da ward er aufs Mal inne, dass sie das Spinnrad verkehrt drehte. Er rückte näher und näher zu, setzte sich neben sie, schaute ihr lange zu und sagte dann: «Immer links herum, Mutterli?» Da fuhr ein heller Strahl wie ein Sonnenblick über das verwitterte Gesicht der Alten. Sie stand auf und winkte dem Burschen heimlich mit der Hand, dass er sie begleite. Schweigend wanderten die beiden miteinander in die Nacht hinaus. Das Mutterli schritt bald vom Wege ab über Äcker und Wiesen bis an ein einsames Gehölz. Da blieb sie stehen und sprach: «Undenkliche Jahre hab ich gesponnen, stets links herum. Du bist der erste, der es endlich bemerkt hat zu meinem Heil. Ein reicher Lohn soll dir werden. Grabe Morgen hier an dieser Stelle. Was du findest, gehört dir.» Mit diesen Worten war sie verschwunden, wie ein Nebelstreif im Wind. Am nächsten Morgen ging der Bursche mit Hacke und Schaufel an den Ort, grub auf und hob einen großen Hafen voller Gold- und Silbertaler aus der Erde. Der brachte ihm Glück und Segen. Er ist hoch betagt gestorben als der reichste Bauer des Dorfes, betrauert von den Armen der Gemeinde.   Quelle: Schweizer Märchen, Sagen und Fenggengeschichten, hrg. von Curt Englert-Faye, Zbinden Verlag       Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die seltsame Unterwaldnerin

Source: Die seltsame Unterwaldnerin

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Vor etwa 90 – 100 Jahren kam viele Jahre hindurch jeden Frühling ein Wybervölchli durch Wassen und Geschehen hinauf, das sagte, es sei von Unterwalden. Es trug ein selbstgewobenes, gestreiftes Röcklein mit Gstältli, wie es früher Mode war, ein altertümliches Häublein auf dem Kopfe, an der Hand einen Stock aus einem alten Regenschirm, über die Achsel ein altväterisches, gestreiftes Dach gebunden. Es kehrte nirgends ein; wen es aber auf der Strasse antraf, den fragte es nach Lehkühen, und trotzdem nahm es nie welche mit. Es wanderte nach Ursern und über den St. Gotthard. Kam es früh, so gab es einen frühen Lanxi (Lenz), kam es spät, einen späten Lanxi. Niemand sah es zurückkehren bis im Herbst. Da kam wieder das haarfadengleiche Wybervölchli im nämlichen Gewand, mit dem nämlichen Stock und Dach vom Gotthard her durch das obere Reusstal herunter und fragte die Leute, denen es auf der Strasse begegnete, nach Winterlehkühen, ohne aber solche mitzunehmen. Kam es spät, gab's einen späten Winter, kam es früh, einen frühen Winter. Nirgends kehrte es ein bis zum Güetligaden im Wassnerwald. Da hat man beobachtet, wie es hineinging, aber niemand hat es gesehen herauskommen, und niemand, der es drinnen gesucht, hat es je gefunden; da ist es wie verschwunden. All die vielen Jahre hindurch trug es immer das nämliche Röcklein und hatte das nämliche Dach auf die haartupfnämliche Art über die Achsel gebunden und trug den nämlichen Stock in der Hand. Man glaubte, es sei eine alte Hexe. – »Wo-n-ich nu z'Schüel g'gangä bi, ach, da hennd dië Lytt Sachä v'rzellt und 'gläubt! Ma chas-si gar nimmä-n-er-chännä gägä friëhner; dië Lytt hennd etz ganz än-andärä Gläubä.« Anton Wipfli, 68 J. alt, Wattingen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die seltsamen Füchse

Source: Die seltsamen Füchse

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Ein Mann von Mezzaselva, Namens Xander (Alexander) Florin ging mit seinem Bruder nach der Alpe Pardenn um den Füchsen aufzupassen. Was sie suchten, fanden sie auch. Eine grosse Menge Füchse tanzten auf dem Pardenner-Boden umher. Zwei Derselben besonders zogen die Aufmerksamkeit der Jäger auf sich, indem Einer Derselben den Andern heftig prügelte, biss und kratzte, und dann mit einem Stricke ihn an einen Baumstumpen band. Auf einmal waren aber auch alle Füchse fort, wie weggeblasen, nur der Angebundene blieb zurück. Die beiden Jäger gingen zum Gefangenen hin, und da sprach der Xander zu seinem Bruder: »Sind die Andern Alle fort, so lassen wir den da auch laufen.« - Sie wollten den Fuchs losbinden, aber Derselbe fing an, wie ein Mensch zu reden, und sprach: »Haut den Strick ganz nahe am Stumpen ab.«! Xander tat so, und sagte: »So laufe in Gottes Namen.« Und wie geflogen war kein Fuchs mehr zu sehen. - Die Jäger kehrten leer heim, vergassen mit der Zeit auch diese sonderbare Geschichte. - Da führten Geschäfte den Xander einmal nach der untern Schweiz, und er kam in ein Dorf, wo, weil zufällig Markttag, alle Herbergen besetzt waren, bis an Eine, am Ende des Dorfes. Xander trat unter die Haustüre, und im Gespräche fragte die Wirtin, wo er her sei. »Von Mezzaselva im Prätigau,« erwiderte der Gefragte. Die Frau schaute ihn gross an, und sprach zu ihm: »Tut Euer Pferd in den Stall, und kommt dann hinauf, ins Haus.« Xander tat, wie die Wirtin ihn geheissen. Die Frau trug auf, was Küche und Keller zu geben vermochten, und nötigte ihn immer: »Tuet nur gerade wie wenn Ihr daheim wäret!« Das wird eine saubere Rechnung geben, an die ich meiner Lebtag denken werde, urteilte Xander. Am Morgen wollte er fort. Die Wirtin aber liess ihn nicht weg, und lächelte nur; sie nötigte ihn immer noch zu bleiben, obgleich er seine Rechnung forderte, und wollte absolut weg, indem er seine Geschäfte in Ordnung hatte. - Aber immer wieder hielt die Wirtin ihn zurück. Dem Xander wurde es himmelerden-angst, und es wunderte ihn, was das noch geben solle. - So drei Tage nach einander. - Am vierten Morgen sagte die Wirtin: »Nun sind drei Tage vorbei, jetzt darf ich's sagen; ich war nämlich derjenige Fuchs, den Ihr vor Jahren vom Baumstumpen in Pardenn befreit habet; der Teufel hat mich geprügelt und gebissen, weil ich einmal beim Tanze gefehlt habe. Ihr habet mich dadurch, dass Ihr zu mir sagtet: »So laufe in Gottes Narnen,« aus der bösen Gesell­schaft und vom Teufelsbanne erlöst. Aber Ihr musstet drei Tage und drei Nächte unter meinem Dache zubringen, bevor ich durfte Euch mich zu erkennen geben.« - Für die Zeche nahm die Frau nichts an. Noch mehr! Xander musste ihr versprechen, jedesmal bei ihr einzukehren, so oft er in der Gegend Geschäfte habe. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Sennenpuppe

Source: Die Sennenpuppe

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Die Dienerschaft einer Alp machte sich zum Spass eine Puppe aus Stroh und Kleiderflitter. Anfangs blieb der Spass unschuldig, später wurde allerlei Unfug getrieben. Einer davon war, dass die Knechte der Puppe Rahm und andere Speisen in den Mund von Leinwand strichen. Einmal kam eine alte Bettlerin dazu, als dies letztere geschah. Sie bat um ein Almosen, es wurde ihr verweigert und die Puppe gefüttert. Da fluchte die erzürnte Alte greulich und sagte: «Füttert nur die Puppe, sie wird essen und fressen.» Mit geballter Faust drohend, entfernte sie sich, die Knechte lachten ihr nach. Das verging ihnen aber bald, als die Puppe nach und nach zu einem lebenden, unheimlichen Wesen wurde, das nun wirklich ass und seine Wohltäter tyrannisierte. Als die Zeit der Alpheimfahrt kam, waren die Knechte froh, der Puppe entrinnen zu können. Die aber erklärte, einer müsse hier bei ihr bleiben. Senne und Hirt zogen das Los, der Senn musste bIeiben. Der Hirt machte sich eiligst davon, schaute aber aus einiger Entfernung zurück. 0h Schrecken! Die Haut des Sennen hing blutend am Hüttendach. Die greuliche Puppe stand daneben, drohende und höhnische Gebärden dem Fliehenden machend. Aus: U. Brunold-Bigler, Die Sagensammlung der Nina Camenisch, Disentis 1987, mit freundlicher Genehmigung der Autorin. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Sennerin auf dem Ättenberg

Source: Die Sennerin auf dem Ättenberg

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Vier Jäger aus dem Oberland gingen an einem Herbsttage in den Seeschlund zum Jagen. In einem leeren Stafel auf dem Ättenberg (hinter Zollhaus) übernachteten sie. Vorher kochten sie auf dem Herd ihr Nachtmahl, dann setzten sie sich um den tannenen Tisch und begannen zu jassen. Mitten in ihr Spiel hinein erklang auf einmal ein Jodeln und Jauchzen, wie die Männer es schöner noch nie gehört hatten. Immer näher kam der Gesang. Plötzlich öffnete sich die Haustüre und eine junge Hirtin trat singend in die Küche. Auf der Schulter trug sie ein Gebslein voll Wasser, damit trat sie an den Herd und goss das Wasser in die lodernden Flammen. Da fingen die Jäger an zu schimpfen: «Du sapperlotts Weib, du löschest ja unser Feuer aus, was hast du hier zu schaffen?» Die fremde Sennerin gab darauf den erzürnten Spielern zur Antwort: «Hundert Jahre schon trage ich die Gebse voll Wasser hier herauf, zur Strafe, dass ich hier einst unter der Herdplatte mein totes Kind in ungeweihter Erde begraben habe. Doch heute bin ich zum letzten Mal da gewesen.» Nach diesen merkwürdigen Worten verschwand die rätselhafte Hirtin, und merkwürdig, trotz der nassen Asche fing das Feuer wieder an zu brennen wir vorher. Die Jäger waren eine Weile ganz still geworden. Die Lust zu weiterem Jassen war ihnen vergangen. Mit einem frommen Vaterunser für die armen Seelen begaben sie sich zur Ruhe. Vorher aber schlossen die Jäger alle Türen und Fenster, um vor weiteren Überraschungen gesichert zu sein.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.    


by Die Sense und die Wetterhexe

Source: Die Sense und die Wetterhexe

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1. a) Ein furchtbares Unwetter drohte zu Unterschächen. Während die ersten Tropfen fielen, ergriff ein älterer Mann, dessen Namen bejahrte Leute noch nennen, eine Sense und legte sie, mit der Schneide nach oben gewendet, auf das Hausdach. »Brinzlä jetz nur, dü Häx!« sagte er dabei. Da rief eine Stimme und bat flehentlich, er solle doch um Gotteswillen das nicht machen. Aber er blieb standhaft, und nicht lange ging's, war die Sense mit Blutstropfen besäet. »I ha 'tänkt,« meinte er jetzt, »sy miäß nu ds Hinder verhäuwä.« Da verzog das Unwetter, und die Stimme rief wieder, er habe das rechte Mittel ergriffen, sonst wäre halb Unterschächen untergegangen. b) Ein anderer meinte bei gleicher Gelegenheit: »D'Häx cha de noch mid-em Hinder drüber appäryttä!« Frau Gisler-Arnold, 50 J. alt 2. Wenn ein Hagelwetter drohte, legte allemal der alte Schopfler zu Seedorf eine Sense, mit der Schneide nach oben gewendet, auf das Hausdach; sobald ein Hagelstein darauf fiel, hörte der Hagel auf. Hans Exer, 80 J. alt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die sieben Fräulein

Source: Die sieben Fräulein

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Einmal nach einem grossen Krieg zogen sieben Soldaten in der Welt herum. Sie hatten wenig Geld im Beutel und Hunger im Bauch. Deshalb betraten sie ein altes und wüstes Schloss, um zu betteln. Auf dem Flur des Schlosses war nichts zu hören, und als sie mutig in die grosse Stube gingen, war da auch niemand. Sie schauten reihum in alle Zimmer, aber nirgends war jemand da. Endlich kamen sie in ein Zimmer, wo sie einen Tisch fanden, der mit allen möglichen guten Speisen und feinen Weinen gedeckt war. Sie assen und tranken und hatten es lustig. Als sie müde wurden, legten sie sich in die sieben Betten, die in einem andern Zimmer waren und wie für sie bereit standen. Spät in der Nacht aber hörten sie einen Lärm, und als sie aufwachten, hatte jeder neben sich ein Mädchen liegen. Und die sagten, während der Nacht dürften sie sie weder anschauen noch berühren, sie könnten im Schloss bleiben, und sie sollten gut und reichlich zu essen haben. Könnten sie es ein Jahr und zwei Tage lang aushalten, ohne sie nachts anzuschauen und zu berühren, so seien sie vom Zauber erlöst, der sie tagsüber plage, und sie wollten sie belohnen. Die Soldaten versprachen, alles zu tun, was sie verlangten, und sie blieben ein ganzes Jahr im Schloss, ohne sie anzuschauen. Während des Tages gingen die Mädchen fort und kehrten abends zurück. Da machte der böse Zauber, dass die Soldaten nach einem Jahr und einem Tag auf die Jagd gingen. Mitten im Wald aber sahen die Jäger neben einem See sieben Schweine mit weissen Füssen. Die flüchteten, als sie die Soldaten sahen, in den See. «Das sind sicher unsere Fräulein!» sagten sie zueinander, und die Soldaten beschlossen, am nächsten Abend heimlich zu schauen, wie die Mädchen aussahen. Gesagt - getan! In der folgenden Nacht schlug einer plötzlich Feuer, und die Soldaten sahen, dass die Mädchen Schweinsfüsse hatten, ganz weisse. Die Mädchen standen sofort auf, verfluchten die neugierigen Soldaten und gingen zur Türe hinaus. Am andern Morgen wachten dann die Soldaten erst spät an einem ganz andern Ort auf, und sie fanden das Schloss mit dem reich gedeckten Tisch nie mehr. Aber ein anderer Soldat gelangte ein Jahr später auch in das Schloss der sieben Fräulein. In der Nacht kam auch eine der jungen Frauen zu ihm und erzählte, wie man alle sieben erlösen könne. Dieser Soldat hielt es aus, die Mädchen weder anzuschauen noch zu berühren, und nach einem Jahr und zwei Tagen kamen alle zu ihm, sie dankten ihm, weil er sie erlöst hatte, und schenkten ihm das Schloss mit allem, was drin war. Sie sagten auch, er könne eine von ihnen zur Frau nehmen. Das tat er, und er nahm die, welche zuerst zu ihm gekommen war. Sind die beiden nicht tot, so leben sie heute noch!     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die sieben Füchse

Source: Die sieben Füchse

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Es war einmal eine vornehme Frau, die hatte sieben Burschen und ein Mädchen. Damals wurden die Kinder in Tiere verwandelt, wenn die Eltern sie verwünschten. Und als einmal die Buben übermütig um das Schloss herumrannten, rief ihre Mutter wütend: «Wenn ihr nur Füchse wäret!» Im Hui wurden die sieben schönen Buben in graue Füchse verwandelt, und sie liefen hinaus in den Wald. Der Mutter tat dies leid, und sie weinte, aber es war schon geschehen. Die kleine Schwester wuchs unterdessen zu einem schönen Mädchen heran und sehnte sich furchtbar nach ihren Brüdern. Eines Tages erfuhr sie, sieben Füchse kämen jede Nacht zu einem alten, unbewohnten Schloss am Waldrand. Eines Nachts geht das Mädchen in der Hoffnung, ihre Brüder vielleicht erlösen zu können, ganz allein in dieses Schloss. Abends spät, gegen Mitternacht, kommen sieben wunderschöne Burschen zum Tor herein, und als sie ihre Schwester sehen, umarmen sie sie und sagen: «Gott sei Dank, dass du jetzt zu uns kommst, denn als Füchse hätten wir dich in Stücke reissen müssen!» Sogleich fragt die Schwester dann auch, was sie tun müsse, um sie zu erlösen. «Wenn du es schaffst, sieben Jahre lang kein Wort zu reden, so sind wir erlöst!» antworten die Brüder. Dies nahm sich die Schwester zu Herzen, und sie wollte nicht mehr heim. Sie ging ganz früh am Morgen in den Wald und baute unter einer Eiche ein Hüttlein, wo sie ganz allein blieb, um mit niemandem sprechen zu müssen. Aber in diesem Wald ging auch ein schöner und guter König auf die Jagd. Eines Tages begann sein Hund vor der Hütte des Mädchens zu bellen. Als der Bursche herbeikam und in die Hütte schaute, sah er das wunderschöne Mädchen. Sie gefiel ihm sehr, und er nahm das stumme Mädchen zur Frau. Aber die Mutter des Königs war sehr neidisch auf die schöne Braut ihres Sohnes. Trotzdem wurde fröhlich Hochzeit gefeiert, und es sah so aus, als lebe der Bursche ganz im Glück. Da musste der König in den Krieg ziehen, und während der Prinz bei den Truppen war, gebar seine Frau einen sehr schönen Buben. Aber die Hexe von einer Schwiegermutter warf ihn ins Wasser, und als der König zurück war, sagte sie ihm, seine Frau habe ein Kätzlein geboren. Die gute Königin durfte kein einziges Wort sagen. Da sie ihre Brüder erlösen wollte, musste sie gänzlich schweigen. Im nächsten Jahr, als die Königin wieder ein Kind gebar, war der König auch weg, und die böse Schwiegermutter warf auch diesen schönen Buben in den See neben dem Schloss und sagte, sie habe wieder ein Kätzlein zur Welt gebracht. Fünf weitere Kinder warf die alte Hexe auch ins Wasser und sagte dem König, seine Frau habe Kätzlein geboren. Wegen der Giftspritzerei seiner Mutter glaubte der König, dass seine Frau eine Hexe war, da sie immer Katzen zur Welt bringe, und er befahl, sie zu verbrennen. Die sieben Jahre waren gerade vorbei, als die Königin verbrannt werden sollte. Schon hatten sie die junge Frau auf den Richtplatz geführt, die Henker hatten den Scheiterhaufen errichtet und sie an den Pfahl gebunden, da hörte man eine Trompete blasen. Sieben Ritter erschienen auf prächtigen weissen Pferden, jeder mit einem schönen kleinen Buben im Arm. Der erste Ritter galoppierte durch die Menge zu seiner Schwester und sagte: «Wir haben deine sieben Kinder aus dem Wasser gerettet und bringen sie dir, jetzt aber rede, liebe Schwester, wir sind erlöst!» Die junge Königin sprach dann zum ersten Mal wieder und erzählte alles, was die Alte mit ihr gemacht hatte. Als der König das hörte, da liess er seine Mutter, diese Hexe, anstatt seiner schönen und guten Frau verbrennen. Mit ihr lebte er viele Tage und Jahre voller Glück.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die sieben Füchse und ihr Manöver

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»Mein Grossvater sass eines Nachts auf einem Baum und lauerte auf Füchse. In kurzer Zeit kamen bigoschthindärä! sieben Füchse auf einmal daher und stellten sich schön im Kreise um den Baum herum auf, und alle sieben kehrten dem Grossvater – den Hintern zu. Da hatte er eine schöne Aussicht! ›Dü verdannti Beizi,‹ dachte er bei sich selber, ›da schiässisch dü nitt!‹ Und er liess die Büchse in Ruhe und schlich leise nach Hause, nachdem der letzte Fuchsschwanz hinter den Tannen verschwunden war.« K. Zgraggen, Seedorf, 82 J. alt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die sieben Hausgeister

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Bevor man ein Haus verlässt, um vom Berggut ins Tal oder vom Bodengut in den Berg zu fahren, beten alle knieend mit ausgespannten Armen die hl. 5 Wunden für die armen Seelen. Manche lassen auch im verlassenen Haus ein kleines brennendes Licht zurück für die armen Seelen. So hatte eben eine Familie auf Golzern, die vom Gruobacher nach Silplen fahren wollte, die hl. 5 Wunden gebetet, als der Hausvater noch sagte, wenn jemand noch da sei, der mit ihnen zu Feuer und Licht kommen möchte, so könne er mitkommen, doch ihm und den Seinigen und allen im Hause ohne Schaden und Gefahr. Da hörte er ihrer 7 (arme Seelen), die ihre Stöcke neben die Haustüre stellten und dann in die Stube kamen und bereit waren, mit ihnen nach Silplen zu ziehen, und sie zogen auch wirklich mit. Als sie im Frühling wieder zu Berg fuhren, waren es nur mehr drei, die mit ihnen kamen. Die andern waren unterdessen erlöst worden. Dieser Mann hat vieles gesehen. Wenn jemand in der Nachbarschaft starb, so kam der Tote jeweilen zu ihm und gab ihm die Hand zum Abschied. Einmal sagte er im Bett zu seiner Frau, sie solle greifen, was er in der Hand habe. Sie griff und fasste eine kalte Hand. Andreas Fedier Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die sieben Herren im Kelleramt

Source: Die sieben Herren im Kelleramt

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Das kleine Bächlein, welches durch den Malefizgraben in den Reppischbach bei Urdorf fliesst, macht zugleich die alte Grenze, welche das Aargauer Kelleramt vom Zürcher-Gebiete trennt. Hier stand vor Alters ein Schloss; sieben Herren bewohnten es zusammen und blieben am meisten darin einig, dass sie lebenslang die arme Berggegend von Rudolfstetten, Dietikon und Friedlisberg mit Plündern und Rauben heimsuchten. Nach einem nächtlichen Hochgewitter war einst ihr Schloss gebrochen und sie selbst zeigten sich nicht mehr öffentlich. Aber alle Fronfasten Nachts sieht man sie Gold zählen auf dem Wege, der an dem Burgstall vorbei nach dem zürcherischen Birmensdorf führt. Da könnten Lastwagen über sie wegfahren, ohne sie zu stören oder zu verletzen. Ein Mann sah sie einst zusammen in ihrem Schlosshofe an der Mahlzeit sitzen; zugleich stand ihr Thorwächter, den Kopf unterm Arm, mit brennender Lunte auf dem Posten. Diesem musste er bei grosser Busse versprechen, Niemandem jemals von dem hier Gesehenen zu erzählen. Als er aber einmal am Wirthstische seiner Zunge nicht mehr Meister war und zu berichten begann, was er vormals erlebt hatte, war er im Nu den Gästen aus den Augen, und Niemand weiss, wohin er gekommen. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 165 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Die sieben Paar Schuhe

Source: Die sieben Paar Schuhe

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Ein König hatte drei Töchter. Jede brauchte täglich sieben Paar Schuhe, also im ganzen 21 Paare. Der König konnte dies nicht begreifen, und es war ihm ziemlich verleidet, ihnen die Schuhe zu besorgen. Eines Tages liess er auf einem schönen Schild vor seinem Schloss ausschreiben, wer ihm sagen könne, weshalb seine Töchter täglich so viele Schuhe brauchten, erhalte eine rechte Stange Geld. Jeder, der versuchen wolle, es herauszufinden, habe drei Tage Zeit zum Überlegen. Er sei zu Gast im Schloss und werde gut behandelt. Aber wenn er nach drei Tagen nicht wisse, warum die Prinzessinnen so viele Schuhe verschlissen, so müsse er sein Leben lassen. Dies kam auch einem Mann zu Ohren, der viele Jahre als Soldat gedient hatte. Der dachte, das wäre etwas für ihn; denn er hatte es nicht so weit gebracht, um ohne Arbeit leben zu können, und Soldat wollte er nicht mehr bleiben. Gut, er liess sich nach langem Überlegen darauf ein, die drei Tage als Gast im Schloss zu bleiben, und er wollte herausfinden, weshalb die Prinzessinnen täglich so viele Schuhe verschlissen. Schliesslich dachte er, wenn er nicht dahinterkomme, so sei es auch kein grosser Schaden, wenn er sterben müsse, denn arbeiten wollte er nicht mehr. Gesagt - getan. Er ging ins Schloss und meldete sich. An diesem Abend bekam er ein prima Nachtessen. Am andern Tag tischte man ihm wiederum mehr als genug zum Essen und Trinken auf. Dann ging er in die Stadt. Beim Spazieren hirnte und hirnte er, wie die Prinzessinnen so viele Schuhe verschleissen könnten, aber am Abend musste er wieder umkehren, ohne etwas herausgefunden zu haben. Jetzt bereute er es schrecklich, sich darauf eingelassen zu haben und dafür sterben zu müssen. Am zweiten Tag ging er wieder in die Stadt hinaus spazieren. Er hielt den Kopf gesenkt und hirnte und hirnte. Aber alles war vergebens. Gegen Abend begegnete er einem alten Mann. Der fragte ihn, weshalb er so traurig und nachdenklich in der Stadt herumgehe. Er wollte nicht mit der Sprache herausrücken und sagte nichts. Jetzt meinte der alte Mann, aber einem alten Mann dürfe man immer etwas anvertrauen, er wisse sicher einen Rat. Kurz und gut, der Soldat erzählte schliesslich, er müsse herausfinden, wie die Königstöchter so viele Schuhe an einem einzigen Tag zerrissen; er habe sich schon zwei Tage darüber den Kopf zerbrochen, und wenn er es morgen nicht herausfände, so müsse er sterben, andernfalls habe er einen rechten Beutel Geld zugute. «O, wenn es nur das ist», meinte der Alte, «so will ich dir schon helfen, aber komm morgen um die gleiche Zeit durch diese Gasse herunter! Ich komme dann auch hierher, und dann will ich dir schon raten, was zu machen ist!» Der Soldat war so froh, und an diesem Abend ging er leichteren Herzens ins Schloss zurück, wo er tüchtig ass und trank. Am anderen Tag ging er die Gasse hinunter, wie es der alte Mann befohlen hatte, und da begegnete er ihm. Der alte Mann gab ihm einen grossen Mantel und sagte, damit könne er sich unsichtbar machen. Er solle den Mantel anziehen und heute spät nach dem Nachtessen in die Küche gehen. Neben dem Herd sei eine Falltüre im Boden. Nach einer Weile kämen die drei Töchter, die drei Hexen seien, sie würden die Falltüre öffnen und nach unten verschwinden. Er solle ihnen folgen, dann kämen sie über einen Weg zu einem riesigen Loch. Darin sei ein grosser Saal mit einem Boden ganz aus eisernen Klötzen, die hätten Schneiden darauf. In diesem Saal befände sich der Böse mit einer ganzen Hexenbande. Die drei Prinzessinnen kämen dann auch, würden Musik machen und dazu fröhlich tanzen. Aber jeden dritten Tanz müssten sie die Schuhe wechseln. Die Schneiden auf den eisernen Klötzen würden die Schuhe total kaputt machen, sie in Fetzen reissen. Dann würden die Prinzessinnen die Schuhe ausziehen und sie alle auf die gleiche Seite schmeissen, er solle sie in einen Sack stecken und danach dem König zeigen, damit der ihm eher glaube. Der Soldat nimmt den grossen Mantel, geht ins Schloss und nach dem Nachtessen wartet er neben der Herdplatte. Gegen Mitternacht kommen die drei Prinzessinnen, sie öffnen die Luke - niemand hat gewusst, dass hier eine Falltüre ist - und sie verschwinden nach unten und der Soldat hinterher. Siehe da, sie gehen einem Weg entlang und kommen zum Saal mit den eisernen Klötzen, die Schneiden darauf haben. Dort ist der Böse mit einer ganzen Bande, und sie machen Musik und tanzen. Die Töchter gesellen sich dazu, und jeden dritten Tanz wechseln sie die Schuhe und werfen sie in die und die Ecke. Nachdem die drei das sechsmal getan haben, wechseln sie die Schuhe und gehen dem Weg entlang. Über die Falltüre in der Küche gelangen sie hinauf ins Bett. Der Soldat nimmt schnell die Schuhe aus der Ecke und steckt sie in einen Sack, wirft ihn über den Rücken und geht den Töchtern nach, hinauf in sein Bett, aber natürlich ganz unsichtbar. Am andern Morgen brachte er die zerrissenen Schuhe zum König und sagte, dass seine Töchter Hexen seien, sie hätten mit dem Teufel einen Pakt geschlossen, sie stiegen so und so jede Nacht hinunter und gingen dort hinein und würden auf einem Boden aus eisernen Klötzen mit Schneiden drauf tanzen. Da habe er die Schuhe zusammengelesen, die sie nach jedem dritten Tanz gewechselt hätten. Als der König das sah, glaubte er dem Soldaten. Er befahl, seine Töchter als Hexen hinzurichten, und er zahlte dem Soldaten das Geld aus, so dass dieser vom Nichtstun leben konnte.   Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Silbergrube auf Schrina

Source: Die Silbergrube auf Schrina

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Die Kühe waren gemolken, das Abendessen eingenommen, der Rosenkranz nach damaliger Alpsitte beendet, als sich der Senn erhob, um vor dem Schlafengehen noch zu lauschen, wo sich die Herde gelagert haben möchte. Er musste mit dem Ergebnis zufrieden gewesen sein; denn er empfahl sich und sein liebes Vieh Gott und trat ganz bedächtig wieder zur Hüttentüre herein. Der Tag war heiss und schwül gewesen; nur die den Alpen eigentümliche erfrischende Nachtluft hatte etwas Kühlung in die Atmosphäre gebracht. Ein schwaches Wetterleuchten von den Grauen Hörnern herüber verkündete ein fernes Gewitter im Süden. Auch Zusenn, Küher und Baschi schickten sich an, die „Tril" zu betreten. Da klopft's plötzlich an die Hüttentüre. „Wer ist noch draussen?" fragte etwas verwundert der Senn. „Ein verspäteter Wanderer, der euch um Nachtherberge bittet," antwortete man zurück. Sogleich wurde die Türe geöffnet, und herein tritt eine hohe, schlanke, blasse Männergestalt in ausländischer Tracht und mit fremdartig klingender Sprache. Er führte nichts mit sich als einen schwarzen, mit goldenem Knopf beschlagenen Stock und ein zusammengeschnürtes Jäckchen, das aber wertvolle Sachen zu enthalten schien. Der Fremde wurde freundlich, doch respektvoll willkommen geheissen. Ermüdet setzte er sich nieder. Bald war ihm ein einfaches Nachtessen vorgesetzt, welches der Fremde mit sichtlichem Appetit verzehrte. Nach und nach ward der ernste Mann redseliger und erzählte den mit grösster Aufmerksamkeit lauschenden Knechten von einem fernen Lande, wo ein ewiger Frühling herrscht, ein ewig blauer Himmel lacht, wo die schönsten, süssesten Früchte ohne Sorg und Arbeit gedeihen - von einer Stadt, weit draussen im Meere stehend, von deren unermesslichen Reichtümern, von stolzen Palästen, von tapfern Rittern und holdseligen Frauen. So entfloh die kurze Nacht gleich einem Zauber. Die Knechte glaubten fast, die geschilderten Herrlichkeiten gesehen und mit erlebt zu haben. Der frühe Morgen war angebrochen, die Hüttengeschäfte besorgt, das Morgenessen beendigt; der Küher schickte sich auf des Sennen Geheiss an, die Herde zur Tagweide in die Butz zu treiben. Der Fremde fragte nach der Schuldigkeit; denn auch er wollte aufbrechen. „Ihr seid' nichts schuldig, guter Freund! Nehmt mit dem guten Willen und dem Wenigen vorlieb!" sagte abweisend der Senn. Da griff der Fremde in das Säckchen und gab dem Sennen eine Barre gediegenen Silbers. „Noch etwas, meine lieben Freunde, muss ich euch offenbaren," sagte er, als er die Schwelle der Hüttentüre betrat; „lasst heute ab von euerm Tagweidfahren nach der Butz. Haltet euer Vieh in Sicherheit dort im untersten Winkel der Alp, nach dem Käsgadenboden hin; denn heute wird in der Hinterbutz ein furchtbares Unwetter entstellen, dergleichen die Menschen noch keines erlebt haben." Der Fremde stieg der Butz zu. Auf einmal war er den erstaunten Blicken der Knechte entschwunden, welch letztere sich auch vornahmen, seinen Warnungen pünktlich nachzukommen. In banger Erwartung kam der Nachmittag, Völlig wolkenlos war der Himmel; doch schwül war die Luft, heisser noch als gestern. Voll Unruhe suchte das Vieh den Schatten dunkler Tannen. Da bildete sich etwa um 2 Uhr über der Spitze des Frümsel ein ganz kleines, graues Wölkchen. Immer grösser und grösser ward es, zudem aber auch immer deutlicher die Gestalt eines furchtbaren Drachen annehmend. Jetzt folgten Blitz auf Blitz, Donner auf Donner; ein furchtbarer Sturm tobte die Hinterbutz herunter; dumpfdröhnend rauschte der Hagel hernieder. Die ganze Alp schien nichts als Feuer, Hagel, Wolke und Gischt. Die Erde zitterte, der Berg krachte, als ob er sich spalten wollte. Vom nächtlichen Dunkel umhüllt, nur vom grellen Blitze erhellt, vor Entsetzen starr standen die Knechte beim Vieh, glaubten, der jüngste Tag sei angebrochen, und gaben sich samt der Herde verloren. In ihrer grössten Angst riefen sie ihren gewohnten Abendgruss: „Ave Maria!" Und sieh! Die Elemente legten sich. Freundlich schimmerte die Abendsonne bereits durch die Wolken, Die Gegend trat wieder an das Tageslicht. Der Wolkendrache, immer noch donnernd und feuerfprühend, zog am Himmel hoch über den blauen Walensee nach dem gegenüberstehenden Mürtschen, dort bis in die späte Nacht sein Unwesen treibend und die ganze lange Strecke mit Hagelschlossen überschüttend. Auf dem Drachen sahen die Knechte das Bild des Fremden, riesengross, ernst und traurig dareinblickend. Welche Veränderung entdeckten sie aber in ihrer Nähe! Ein etwa zehn Minuten breiter Strich auf der östlichen Seite der Alp zeigte dem Auge die fürchterlichsten Verheerungen. Hoch oben vom Frümsel bis hinab auf Wiesen hatten sich zwei gähnende Bergklüfte geöffnet; unten, ausserhalb der Alp, war von den rasenden Bergbächen alles voll Schutt und Trümmer. Ausser diesem Reviere hatte die Gegend nichts zu leiden gehabt, im Gegenteil schien die Natur im grössten Frieden gelegen zu haben; auch kein Stück Vieh war den Hirten abhanden gekommen. Die Knechte hatten in dem Fremden einen Venediger erkannt, der mit Hilfe des Drachen im Kamm des Frümsel eine grosse Menge Silber gehoben hatte. Noch heutzutage heisst jene Kluft und Runs, die am Fusse der Frümselspitze beginnend in die damals sich öffnenden zwei Grundbäche einmündet, die Silbergrube.  J. Natsch Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 361, S. 202ff Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die silberne Glocke im Rhein

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Wenn man in hellen Nächten von der Pfalz in Basel auf den unten vorüberfließenden Rhein blickt, so sieht man, wenn man dies längere Zeit geübt hat, im Bett des Flusses einen hellglänzenden Punkt, bisweilen vernimmt man dann auch ganz deutlich ein liebliches, doch etwas gedämpftes Klingen. Dieser hellglänzende Punkt ist eine große silberne Glocke, von der die Sage geht, dass sie früher auf dem Münster gehangen, beim großen Erdbeben aber in den Rhein gestürzt sei und deren Läuten nun die Stromgeister des Rheines, welche frömmer als die Geister anderer Flüsse sein sollen, zur Andacht ruft. Da wo die Glocke liegt, soll auch ein Gang unter dem Rhein hinweggeführt haben, welcher den Münster mit dem Karthäuserkloster in Kleinbasel verband. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die silbernen Geldstücke

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Zwei Kinder hüteten einst gegen Rünenberg am Fuße des Berges, der die Trümmer der alten Burg Scheidegg trägt, die Schafe ihres Vaters. Die Kinder vertrieben die Zeit so eben mit lustigen Spielen, da kamen den Berg hinunter, von der Burgruine her, auf weißen Pferden zwei Reiter, in glänzender Rüstung. Denselben voran sprengte ein munterer rüstiger Jägerbursche mit zwei gewaltigen Hunden. Die Kinder sprangen herbei und baten die Reiter um ein Almosen. Darauf zog einer derselben eine Hand voll silberner Rappenstücke aus der Tasche und warf sie stillschweigend vor die Kinder auf die Erde hin. Schon fühlten sich die Kinder glücklich und reich, ihre Freude war aber nur von kurzer Dauer, denn als sie die weißglänzenden Geldstücke aufheben wollten, verschwanden sie vor ihren Augen. Auch die Reiter waren bald spurlos verschwunden. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die singende Tanne

Source: Die singende Tanne

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In der Zeit, als es in der Schweiz noch besonders kunstreiche Holzschnitzler gab, lebte auch im Walliser Dorfe Reckingen ein solcher, der gar feine Sachen schnitzeln konnte. Eines Tages, als er wieder in seiner Werkstätte saß und die Glocke von Reckingen das Ave durchs Tal läutete, hob er lauschend den Kopf, denn er glaubte hoch oben im Hohbachwalde ein wundersames Singen zu hören. Als aber das Läuten vorbei war, vernahm er nichts mehr. Aber er hatte es unter die Leute gebracht, und am andern Tag, als die Glocken wieder das Ave läuteten, lauschte er mit noch vielen zum Bergwalde empor. Alle hörten nun das wundervolle Singen. Von jetzt an vernahmen die Reckinger die geheimnisvollen Melodien alltäglich unter dem Aveläuten. Den Holzschnitzler aber ließ es nicht ruhen. Er wollte wissen, woher das Singen komme, und so stieg er immer wieder zum Hohbachwalde hinauf, so lange, bis er endlich eine Riesentanne herausgefunden hatte, aus der das wundervolle Singen kam. Er teilte es den Talgenossen mit, die voll Scheu die singende Tanne anstaunten. Doch der Holzschnitzler war damit nicht zufrieden. Die singende Tanne ließ ihm keine Ruhe mehr. Und eines Tages wurde sie auf sein Verlangen gefällt und durch ein wohlangelegtes Reistgeleit zu Tal befördert. Da wählte er aus dem Holze des gewaltigen Baumes den schönsten, ästelosesten Klotz aus, denn er hatte vor, aus diesem Stück Holz das Bild der Jungfrau Maria zu schnitzeln. Nun schaffte er Tag und Nacht an diesem Werk. Er hatte für nichts mehr Augen als für die immer deutlicher und schöner aus dem Holzstück herauswachsende Jungfrau Maria. Und nach Jahr und Tag war ihm das Werk meisterlich gelungen. Wer immer das Bild in seiner Werkstatt sah, der sagte, daß weit und breit kein Marienbildnis seiner Jungfrau an himmlischer Anmut und seelischer Hoheit gleichkomme. Jetzt war der Holzschnitzler zufrieden. Er schenkte das Bildnis der Kirche zu Reckingen. In feierlicher Prozession trug man die herrliche Holzstatue durch die Kirche. Wie sie aber auf den Altar gestellt wurde, siehe, da öffnete mit einem Male das anmutvolle Marienbild den Mund, und noch einmal hörten die Leute die wundersamen, langvermißten Gesänge, die früher aus der Riesentanne vom Bergwald herabgekommen waren. Sie fielen auf die Knie nieder und priesen die Güte und Milde der Jungfrau Maria unter Freudentränen. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die singenden Berggeister

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  „In meinen jungen Jahren war ich Holzer. Erst arbeitete ich in einem Bergwalde des Muscherenschlundes, in der Nähe von Sangerenboden. Es war ein heisser Tag. Am Abend fühlte ich mich sehr müde, ja, müder als sonst, und meinen Kameraden muss es nicht besser ergangen sein; denn wir krochen an diesem Abend alle schon früh ins Heulager, viel früher als sonst. Mitten in der Nacht wachte ich plötzlich auf. Da hörte ich einen wundersamen Gesang. Er schien aus weiter Ferne zu kommen, wohl von der Höhe der Berge hernieder, war aber ganz klar und deutlich vernehmbar. Ich richtete mich auf und lauschte und lauschte stundenlang. Ich habe nie mehr in meinem Leben einen so himmlisch schönen Gesang vernommen. Erst gegen Morgen hin verklang und erstarb er in den Himmelshöhen. Andern Tages fragte ich meine Genossen, ob sie diese zauberhafte Nachtmusik auch gehört hätten. Sie schüttelten die Köpfe, sie hatten alle fest geschlafen und nichts davon vernommen. Ein alter Holzer aber erklärte mir: „Was du gehört hast in dieser Nacht, das war der Gesang der Berggeister. Er bedeutet nichts Gutes; wir werden noch heute ein Unwetter erleben.“ - Wie er gesagt, so kam es auch. Schon am frühen Nachmittag brauste ein furchtbares Gewitter über den Muscherenschlund. Es hagelte und hagelte, bis Wege und Weiden fusshoch mit Schlossen bedeckt waren, und die ganze Landschaft einen winterlichen Anblick bot.“ * Der Gesang der Berggeister ist heute noch in manchen Gegenden unserer Freiburgeralpen zu hören. Doch hat er nicht überall die gleiche Weise. Im Känel am Fusse des Schafharnisch, klingt er wie ein hoher, monotoner Jauchzer. Auf der Geissalp tönt er melodisch reicher und wird vom Treibruf hooh - hooh - hooh unterbrochen. Die Tiere hören aber nicht darauf. Im Schönboden und in der Bregga hat er wieder einen andern Klang. Aber immer, wenn der Gesang der Berggeister zu hören ist, tritt ein plötzlicher Wetterumschlag ein, der meist Schneefall bringt. * Welsche Ankenbettler kamen einmal mit ihren Kindern auf den Schönboden und übernachteten hier. Am andern Tage regnete es bis gegen Mittag. Dann heiterte der Himmel auf, und das Bettelvolk zog talwärts. Gegen Abend suchte der Hüterbub einige Kühe, die noch zu melken waren. Auf einmal hörte er weiter unten im Tale ein Kind weinen und schreien. Er glaubte, die Bettler hätten eines der ihrigen aus Unachtsamkeit verloren. Er ging dem Geschrei nach und, als er glaubte, an der gesuchten Stelle zu sein, da vernahm er das Weinen aus der entgegengesetzen Richtung. Nun lief er gegen die Geissalp hin. Dort angekommen, körte er das Kind wieder am Hohberg drüben weinen. Und als er auf dem Hohberg anlangte, kam der sonderbare Ton von der Schwarzen Fluh herüber. Der Knabe gab sein Suchen auf, trieb die verspäteten Kühe zum Stafel und erzählte sein Erlebnis dem Küher. Der schüttelte den Kopf und sagte nur: „Morgen wirst du sehen, was das ‚Plären‘ zu bedeuten hat.“ Am andern Morgen waren Berge, Weiden und Wälder tief überschneit, und es schneite noch immer. Da mussten die Hirten mit ihren Herden zu Tale fahren. * Es war im Herbst. Einsamkeit lag über den Bergen. Kein Herdengeläut klang mehr auf den Weiden, und kein Jauchzer ertönte mehr. Im Breggaschlund droben brannten zwei Männer noch Kohlen. Eines Tages hörten sie oben im Tale ein Jodeln und Singen und Hooh-hooh-Rufen. Dazwischen tönte das helle Läuten der Herdenglocken und das dumpfe Brummen der Treicheln. Es war, als ob eine verspätete Herde noch zu Tal fahren wollte. Doch der Klang kam immer aus der gleichen Richtung und wollte sich nicht nähern. Die Köhler horchten lange. Endlich sagte der Jüngere: „Was soll das Singen und Klingen bedeuten? Ein ‚Zügel‘ kann es nicht mehr sein, es ist ja längst alles zu Tale gefahren. Wir sind die einzigen, die noch da droben hausen.“ Nach einer Weile antwortete der Ältere: „Das sind die Berggeister. Wir müssen hier rasch fertig machen und dann hinuntergehen. Es wird ein böses Wetter geben.“ Eine Stunde später verliessen die beiden die Alp und wanderten dem Tale zu. Auf einmal erhob sich heulend und pfeifend ein Sturmwind. Es begann zu schneien. Als sie zur Rippa kamen, reichte ihnen der Schnee schon bis an die Knie. Nur mit äusserster Mühe gelang es ihnen noch, bis zum Schwarzsee hinunter zu kommen.    Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch    


by Die singenden Berggeister

Source: Die singenden Berggeister

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  „In meinen jungen Jahren war ich Holzer. Erst arbeitete ich in einem Bergwalde des Muscherenschlundes, in der Nähe von Sangerenboden. Es war ein heisser Tag. Am Abend fühlte ich mich sehr müde, ja, müder als sonst, und meinen Kameraden muss es nicht besser ergangen sein; denn wir krochen an diesem Abend alle schon früh ins Heulager, viel früher als sonst. Mitten in der Nacht wachte ich plötzlich auf. Da hörte ich einen wundersamen Gesang. Er schien aus weiter Ferne zu kommen, wohl von der Höhe der Berge hernieder, war aber ganz klar und deutlich vernehmbar. Ich richtete mich auf und lauschte und lauschte stundenlang. Ich habe nie mehr in meinem Leben einen so himmlisch schönen Gesang vernommen. Erst gegen Morgen hin verklang und erstarb er in den Himmelshöhen. Andern Tages fragte ich meine Genossen, ob sie diese zauberhafte Nachtmusik auch gehört hätten. Sie schüttelten die Köpfe, sie hatten alle fest geschlafen und nichts davon vernommen. Ein alter Holzer aber erklärte mir: „Was du gehört hast in dieser Nacht, das war der Gesang der Berggeister. Er bedeutet nichts Gutes; wir werden noch heute ein Unwetter erleben.“ - Wie er gesagt, so kam es auch. Schon am frühen Nachmittag brauste ein furchtbares Gewitter über den Muscherenschlund. Es hagelte und hagelte, bis Wege und Weiden fusshoch mit Schlossen bedeckt waren, und die ganze Landschaft einen winterlichen Anblick bot.“ * Der Gesang der Berggeister ist heute noch in manchen Gegenden unserer Freiburgeralpen zu hören. Doch hat er nicht überall die gleiche Weise. Im Känel am Fusse des Schafharnisch, klingt er wie ein hoher, monotoner Jauchzer. Auf der Geissalp tönt er melodisch reicher und wird vom Treibruf hooh - hooh - hooh unterbrochen. Die Tiere hören aber nicht darauf. Im Schönboden und in der Bregga hat er wieder einen andern Klang. Aber immer, wenn der Gesang der Berggeister zu hören ist, tritt ein plötzlicher Wetterumschlag ein, der meist Schneefall bringt. * Welsche Ankenbettler kamen einmal mit ihren Kindern auf den Schönboden und übernachteten hier. Am andern Tage regnete es bis gegen Mittag. Dann heiterte der Himmel auf, und das Bettelvolk zog talwärts. Gegen Abend suchte der Hüterbub einige Kühe, die noch zu melken waren. Auf einmal hörte er weiter unten im Tale ein Kind weinen und schreien. Er glaubte, die Bettler hätten eines der ihrigen aus Unachtsamkeit verloren. Er ging dem Geschrei nach und, als er glaubte, an der gesuchten Stelle zu sein, da vernahm er das Weinen aus der entgegengesetzen Richtung. Nun lief er gegen die Geissalp hin. Dort angekommen, körte er das Kind wieder am Hohberg drüben weinen. Und als er auf dem Hohberg anlangte, kam der sonderbare Ton von der Schwarzen Fluh herüber. Der Knabe gab sein Suchen auf, trieb die verspäteten Kühe zum Stafel und erzählte sein Erlebnis dem Küher. Der schüttelte den Kopf und sagte nur: „Morgen wirst du sehen, was das ‚Plären‘ zu bedeuten hat.“ Am andern Morgen waren Berge, Weiden und Wälder tief überschneit, und es schneite noch immer. Da mussten die Hirten mit ihren Herden zu Tale fahren. * Es war im Herbst. Einsamkeit lag über den Bergen. Kein Herdengeläut klang mehr auf den Weiden, und kein Jauchzer ertönte mehr. Im Breggaschlund droben brannten zwei Männer noch Kohlen. Eines Tages hörten sie oben im Tale ein Jodeln und Singen und Hooh-hooh-Rufen. Dazwischen tönte das helle Läuten der Herdenglocken und das dumpfe Brummen der Treicheln. Es war, als ob eine verspätete Herde noch zu Tal fahren wollte. Doch der Klang kam immer aus der gleichen Richtung und wollte sich nicht nähern. Die Köhler horchten lange. Endlich sagte der Jüngere: „Was soll das Singen und Klingen bedeuten? Ein ‚Zügel‘ kann es nicht mehr sein, es ist ja längst alles zu Tale gefahren. Wir sind die einzigen, die noch da droben hausen.“ Nach einer Weile antwortete der Ältere: „Das sind die Berggeister. Wir müssen hier rasch fertig machen und dann hinuntergehen. Es wird ein böses Wetter geben.“ Eine Stunde später verliessen die beiden die Alp und wanderten dem Tale zu. Auf einmal erhob sich heulend und pfeifend ein Sturmwind. Es begann zu schneien. Als sie zur Rippa kamen, reichte ihnen der Schnee schon bis an die Knie. Nur mit äusserster Mühe gelang es ihnen noch, bis zum Schwarzsee hinunter zu kommen.    Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch    


by Die singenden Bergleutlein

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Die Bergwesen können ganz besonders schön singen. Oft sitzen sie auf steilem unzugänglichem Felsengipfel und singen so schön von ihrer luftigen Höhe herab, dass die Leute unten im Tal ganz bezaubert werden und die Engel des Himmels zu hören glauben. Sie sind aber ein wenig stolz auf ihr Singen und lassen nicht Spiel treiben mit demselben. Ein Bauer hatte einst zwei Knechte, einen Melcher und einen Herdknecht. Der Melcher war ein gar frommer und guter Mensch, behandelte sein Vieh, als wären's Menschen, und fluchte und schwur niemals. Dieser musste nebst dem Vieh im Stalle auch das auf der Sommerweide besorgen. Der Weg zu demselben führte ihn bei einer alten Scheuer vorbei, in welchem sich öfter Bergleutlein aufhielten. Schon manchmal hatte er sie wunderschön singen gehört und oft war er lange gestanden und hatte mit Vergnügen ihrem Gesange zugehört. Einst als er sich auch an ihrem Gesang ergötzte, luden sie ihn ein, zu ihnen in die alte Scheuer zu kommen. Er ging hinein und ward entzückt über solchen Gesang, er äußerte aber auch sein Bedauern, dass er nicht singen könne. Die kleinen Sänger aber trösteten ihn und forderten ihn auf, auch mitzusingen. Er versuchte es, und zu seiner großen Freude konnte er die schönsten Lieder mitsingen. Sie verboten ihm aber keinem Menschen zu sagen, wo er so singen gelernt habe. Er ging heim. Am folgenden Morgen als er sein Vieh fütterte und seine Kühe molk, versuchte er seine Stimme, und sie hatte eine solche Feinheit und einen solchen Schwung erhalten, dass er die schönsten Weisen singen und jauchzen konnte. Jedermann verwunderte sich, diesen sonst so stillen Melcher nun so bezaubernd singen zu hören; denn er hatte sonst gar nicht singen können. Sein Kamerad aber, der Herdknecht, war auch ein gar lustiger Bursche, konnte singen und jauchzen, und deswegen war er berühmt bei den Leuten. Daneben war er aber ein sehr wüster Mensch, fluchte gar jämmerlich, beleidigte die Menschen, quälte die Tiere, und trieb sonst alles Wüste. Als nun der Melcher so schön singen gelernt hatte, war der Herdknecht verdutzt. Die Leute wollten nur den Melcher singen hören und rühmten nur den Melcher, des Herdknechts Singen verspotteten sie. Da ward er traurig und drang heftig in den Melcher, ihm doch zu sagen, wo er so singen gelernt habe. Dieser war aber standhaft. Um keinen Preis wollte er seinen Lehrmeister verraten. Je mehr er sich weigerte, desto schöner sang er. Endlich aber, als der Herdknecht immer zudringlicher ward, und ihm manches Schöne versprach, sagte jener aus, wer ihm die Kehle geöffnet habe. Der Herdknecht ging hin zum alten Scheuerlein, fand aber keine Bergsänger; denn diese fürchteten sich vor einem so wüsten Menschen. Der Melcher verstummte aber von dem Augenblicke an, da er Verräter geworden war. Wie sehr er sich auch anstrengen mochte, die Triller seiner vorigen Nachtigallkehle glichen immer mehr dem Gekrächze der Raben. Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die singenden Bergmännlein

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Die alten, ergrauten Hirten des Plaffeientales erzählten oft von ihren seltsamen Erlebnissen auf den einsamen Alpweiden. Mehrere erwähnten unter anderem das Treiben der Zwerge oder Bergmännlein, wie man sie zu nennen pflegte. Eine Hirtin auf der Bergweide «Känel» hörte mehrmals an schönen Sommerabenden die Bergmännlein auf den Flühen fröhliche Lieder singen. Sie sangen mit herrlicher Stimme ungewohnte Lieder, deren Weisen den zuhörenden Sennen wundersam ans Herz rührten. Auch in den «Hurleni» will man die Zwerge singen gehört haben.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die singenden Erdmännlein

Source: Die singenden Erdmännlein

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Einst war es dem Melker eines reichen Emmentaler Bauern gelungen, die Erdmännlein auf einsamer Bergweide bei ihrem lieblichen Gesang zu belauschen. Der Melker, dem der Gesang ausnehmend wohl gefiel, bat die Leutchen, sie möchten ihn auch so schön singen lehren. Sie hiessen ihn mitsingen, was ihm ohne Mühe gelang. Bevor er heimkehrte, schärften sie ihm ein, niemand etwas davon zu sagen, wer ihn so wunderbar singen gelehrt. Der Herdknecht aber, der es auch gern gelernt hätte, drang so lange in ihn, bis er ihm das Geheimnis anvertraute. Von diesem Augenblick an war es aber mit des Melkers schönem Gesang für immer vorbei. Emmentaler Sagen, Hermann Wahlen, 1962 Gute Schriften Bern Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die sonderbare Warnung

Source: Die sonderbare Warnung

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Es gibt der Sagen viele, welche erzählen, wie Menschen durch sonderbare Zeichen und Warnungen vom Tode seien gerettet worden. So wurden z. B. zwei Kinder von unbekannter Stimme aus dem Schlafe geweckt und aus dem Zimmer gelockt, das zusammenbrach sobald sie dasselbe verlassen hatten. — Ein in der Nacht Heimkehrender sah sich auf einmal von seinem Doppelgänger begleitet. Erschrocken verzögerte er seine Schritte uns sah aus kleiner Entfernung wie jener in sein Haus trat und selbst auf sein Zimmer stieg. Eben wollte er nachsehen, wer dann doch vor ihm seine Wohnung bezogen habe, als das Gemach einstürzte. Wäre er durch die Erscheinung nicht aufgehalten worden, so hätte er im Hause den Tod gefunden. So erzählt auch Herr Kaplan Mooser in Zermatt, dass ein gewisser Anton Biner einst bei Sturm und Regen auf dem Gornergletscher unter einem, auf der Oberfläche des Gletschers liegenden Steine Schutz gesucht habe. Er kauerte noch nicht lange darunter als er deutlich rufen hörte «Hans Anton! Flieh!» Weil er sich auf dem wilden Gletscher stundenweit ganz allein wusste, glaubte er sicher sich geirrt zu haben; folgte darum der Warnung nicht. Aber es währte nicht lange und die Stimme rief stärker und ernstlicher: «Hans Anton! Aber jetzt fliehe!» Erschrocken sprang er nun hervor; — doch kaum war er fort, als der grosse Stein wälzte und über den Gletscher dem Abgrunde zu rutschte.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Sonne und Grengiols

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Grengiols liegt auf der Schattenseite. Das veranlasste einst einen Natischer, einen Grengjer zu hänseln, warum es denn in diesem Schattenloch nicht mehr Sonne gebe. Der Grengjer antwortete gelassen: «Das stimmt schon, dass wir weniger Sonne haben. Aber das ist eine grosse Ehre für uns. Denn am Tage, als Gott Vater die Sonne erschuf, befahl er ihr: «Pass mir besonders auf die Natischer auf, die Grengjer, die sind schon recht!» GRENGIOLS Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die sorgende Mutter

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Was eine Mutter für ihr Kind wagen kann und oft grossmütig einsetzt, erzählt folgende traurige Sage: Die Wiesen des Bergweilers Höllelen in St.- Niklaus grenzen gegen Nordost an tiefe und gefährliche Schluchten, die der Riedbach ausgegraben. In einer dieser Wiesen wollte eine Mutter Futter sammeln und nahm ihr Kind mit, weil sie selbes nicht allein zu Hause lassen durfte. Während nun die Mutter ihrer Arbeit oblag, spielte das Kind im Grase. Aber sieh! in einem unbewachten Augenblicke glitschte das sorglose Kind aus und rutschte eine teile Halde hinab dem Abgrunde zu. Gar zu hastig eilte die sorgende Mutter nach, verlor das Gleichgewicht und stürzte selbst am 31. August 1771 in den Riedbach hinab. Der Knabe rettete sich an einem Baumstamme. — Der unglückliche Vater, der seine liebe Gattin so traurig verloren und mit dem armen Kinde trostlos zurückblieb, starb vor Gram noch im gleichen Jahre.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die sorglose Mutter

Source: Die sorglose Mutter

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Zu Brunnen, einem Bergweilerlein am südlichen Ufer des Triftbaches im Tale Saas, wohnte, laut der Sage, in einem Hause eine Mutter allein mit ihrem kleinen Töchterlein. Die Mutter pflegte fast jeden Abend auszugehen, um sich bei Nachbarn lang in die Nacht hinaus in muntern Abendsitzen zu belustigen. Das Kind nahm sie nie mit; legte selbes zu Bett und schloss es im Hause ein. Die so verlassene Kleine klagte der Mutter oft, wie sie doch immer fortgehen, so lange ausbleiben und sie so mutterseelenallein lassen möge? Es sei im Hause so unheimlich und es fürchte sich immer so sehr! — Das half nichts; die Abendsitze wurden nur desto länger. — Bald fing das Kind an, mit weinender Stimme zu bitten: «Mutter bleibe doch bei mir und lass mich nicht allein! Es kommt ein böser Mann ins Haus, der will mich forttragen!» Die Mutter hörte nicht. Folgenden Abends, als das arme Kind merkte, die Mutter wolle wieder fort, fing es bitterlich zu weinen an: «Mutter», jammerte es, «wenn du doch nicht bleiben und mich so allein lassen willst, so gib mir doch Weihwasser und segne mich, damit wenigstens Gott und mein Schutzengel mich bewahren!» — Aber laut lachte die lieblose Mutter und, sich entfernend, schlug sie die Türe hinter sich zu. — Leider! blieb die Strafe diesmal nicht aus; die unbarmherzige Mutter fand ihr Kind nicht mehr; das Haus war leer. — Nach langem Suchen fand sie endlich im nahen Kinn, das der Triftbach sich gegraben, nur noch das leere Schühlein, so das Kind am linken Fusse getragen.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Speckomelette

Source: Die Speckomelette

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Niklaus, ein simpler Spassmacher, war eben dabei, sich als besonderen Leckerbissen eine Speckomelette zu backen. Es war aber Freitag und er hätte kein Fleisch essen dürfen. Wie er so schön am Braten ist, bricht über die Alp ein fürchterliches Gewitter herein, die Donnerschläge lassen alle Fenster erzittern. Jetzt bekam der gute Mann Angst, der Orkan sei die Strafe des Himmels, weil er ein kirchliches Gebot übertreten habe. Ärgerlich rief er aus: «Das lohnt wirklich nicht, sich wegen dieser Speckomelette derart aufzuregen! – Da, nimm sie und iss sie und sei zufrieden.» Und mit diesen Worten warf er die Omelette aus dem Fenster.   Quelle: M. Gabbud, Traditions de Vouvry, Schweizerisches Archiv für Volkskunde, Bd.17, 1913   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Spend von Ferden

Source: Die Spend von Ferden

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Auf den Alpen von Faldum, Resti und Kummen verlor man hie und da die Kühe auf eine ganz unerklärliche Weise. Hirten wollten manchmal gehört haben, dass eine Stimme hinter den Kühen erscholl: «Loba, loba! Schwarzi Chüä, bruini Chuä, gang dm Mutzlihorn zuä!» Dann wusste man von den Kühen drei Tage nichts mehr, und wenn sie wiederkehrten, trugen sie Kornähren zwischen den Klauen und gaben rotgefärbte Milch. Auf den Rat guter Männer hin machten die Alpgeteilen das Gelübde, jedes Jahr ein Almosen an die Armen des Tales zu entrichten. Die drei Spendalpen Faldum, Resti und Kummen eben die Milch zweier Tage für dieses Almosen. Daraus bereiten die Sennerinnen Fettkäse. Am zweiten Tage (25. Juli) bringen sie diese Käse ins Tal. Die Männer stampfen sie zu einem Brei und kneten ihn in Fässer aus frischer Tannenrinde, Rümpfe genannt. In den Rümpfen gärt der Spendziger bis zum Ostermontag. Dann öffnen die "Spendherren" die Rindenfässer und schneiden die weissen Zigerstöcke zuerst in flache Laibe und dann in Würfel, sechs- bis siebenhundert Portionen. Ebenso viele nehmen am Ostermontag die Spendgabe entgegen: Einen Würfel Spendziger, ein Stück Brot und einen Becher Wein. Die Spend von Ferden wird gegen sechshundert Jahre alt sein. Drei Hanselmänner sollen sie gestiftet haben: der Hanselmann aus Ferden, der Hanselmann von Dornbach und der vom Chaschtäl. LÖTSCHEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Spieler

Source: Die Spieler

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Es waren einmal einige Jünglinge, die täglich, selbst am Sonntage, zusammen Karten spielten. Sie suchten immer einen sichern entlegenen Ort, um ungestörter spielen zu können. Einmal, da sie an einem Samstag am eifrigsten waren, kam eine Eidechse auf den Tisch, hatte etliche Spielkarten im Maul und lief einige mal vor ihnen auf dem Tische hin und her, dann verschwand sie aus ihren Augen, und bald nachher hörten sie eine leise Stimme, die sagte, es sei jetzt genug. Sie hörten etwas bei dem Ofen wegstossen, ohne etwas zu sehen. Von da an war dem Spiel ein Ende gemacht, und die Jünglinge hatten seit der Zeit die grösste Abneigung dagegen. Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Spiezer Pfarrsleute

Source: Die Spiezer Pfarrsleute

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Wer sich dem lieblichen Orte Spiez von der Seeseite her nähert, wird aus der vorderen, unmittelbar aus dem Wasser aufragenden Mauer des Pfarrhauses den Schnabel eines Schiffes hervorstehen sehen. Vor vielen Jahren konnte man an einem gewissen Tage diesen Schiffsteil mit den schönsten Rosen des Geländes bekränzt sehen. In alten Zeiten soll ein junger Pfarrherr in dies, sein trauliches Heim am See, das mit seiner Blumenzier von jeher ein Gegenstand der Bewunderung gewesen ist, sein junges Frauchen heimgeführt haben. Purpurn neigte sich, als die Glücklichen von der Hochzeit weg in der Pfarrei einzogen, die Sonne dem merkwürdigen Zahne des Stockhorns zu, wo sie bald versinken musste. Der See zu den Füssen lag wie ein feuriger Glutstrom da. "Komm Lieb", sagte der Pfarrherr, "ich will dir dies Land, welches der Chronist "Im Paradiese" nennt, im schönsten Lichte zeigen." So nahm er ein Schifflein und fuhr mit der jungen Frau auf den See hinaus, wo sie den Glutball |langsam versinken sahen. Wie ein mächtiger Zauber kam es über sie. Sie konnten sich nicht satt sehen und merkten nicht wie von jenseits des Sees ein Sturm heraufkam, der plötzlich die Wasser wild aufpeitschte und das Schifflein des Pfarrherrn hin- und herstiess. Zuletzt schlug eine grosse Welle in dasselbe und riss es in die Tiefe. Die jungen Eheleute mussten elend ertrinken, ohne dass ihre Leichen je hätten geborgen werden können Den Schnabel des Unglücksschiffleins dagegen band man mit Ketten an das Gebälk der Pfarrhauslaube an, wo treue Liebe den in den Fluten Begrabenen noch lange Jahre hernach Blumen darbrachte. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Spinne auf der Heidenburg

Source: Die Spinne auf der Heidenburg

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Alle hundert Jahre am Charfreitag und Gründonnerstag geht eine weisse Frau hauptlos von der Heidenburg zum Aabach hinunter und wäscht; erscheint sie aber dabei als Schlange, Spinne oder Kröte, so könnte man sie dannzumal erlösen. So begegnete sie nun einem Bauern aus dem benachbarten Dorf Staufen, als er eben auf den Kirchberg hinauf in die Osterpredigt gehen wollte, und legte sich ihm als faustdicke Spinne in den Pfad. Dies gilt aber für ein sehr schlimmes Zeichen, sagen die Leute; und wer da dennoch weiter will, wenn ihm eine Spinne den Weg verlegt, der geht zum letztenmale in die Kirche, denn das nächstemal wird er hingetragen als Leiche. Unser Mann kehrt also ebenfalls um, und will, die Zeit der Predigt hinzubringen, ins Wyl hinab und dorten seine Wässermatten betrachten. Aber hier kommt die Spinne hinterdrein, treibt ihn über den Aabach und bis zum Ausläufer des Egliswilerberges gegen die Heidenburg hinan. Da steht sie plötzlich als eine Jungfrau vor ihm in altfränkischer Tracht, reicht ihm die Hand und leitet so ihn stillschweigend in die Bergwand hinein. Alles öffnet sich vor ihnen, er steht da in einer Grotte voll Glanz und Schimmer wie in einer katholischen Wallfahrtskirche. Hier zeigt sie ihm alle Kostbarkeiten und bittet ihn um den Erlösungskuss. Sie wandelt sich in Katze, Schlange und Drache; Krallen entwickelt sie so dick, wie Dornenbündel auf Kirschbäume gehängt - unerschrocken küsst er sie. Jetzt wird sie zur gewaltigen Kröte; er will fliehen, da springt sie ihm ins Genick, und bewusstlos sinkt er zusammen. Andern Tags findet ihn der Bannwart drunten am Bache; kaum erkennt er ihn noch, so dick ist sein Gesicht verschwollen und all sein Haar bis auf den Stumpen vom Kopf weggesengt. Man bringt ihn heim, aber er stirbt in Irrsinn. Vor etlichen Jahren machte am Charfreitag ein Anderer denselben Weg ins Wyl; da vernahm er ein grosses Brausen und Glockenstürmen von der Heidenburg herunter. Als er stille stand um aufzuhorchen, ob es nicht etwa auf der Staufnerkirche läute, hörte er dreiundzwanzig abgemessene Glockenschläge hinter einander droben auf den Felsen. Er meinte, das bedeute eben so viel Jahre von jenem laufenden Hundert, da dann die Jungfrau sich wieder einen Erlöser unter den Staufner-Bauern suchen dürfte. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 248 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch  


by Die Spinnerin

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Mein Bub, der am Schwybogen diente, und der älteste von Näpflis Buben gingen an einem Sonntagabend gegen Seelisberg hinauf. Als sie in die Nähe eines gewissen alten Hauses kamen, das eines Gespenstes wegen unbewohnt und deshalb ganz verlottert war, sahen sie darinnen mit Erstaunen ein Licht. Einer stieg hinauf und sah in der Stube ein altes Müetterli spinnen. Fr. Ganz-Aschwanden, 56 Jahre alt, Flüelen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Spinnerin

Source: Die Spinnerin

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Oben in Chesieres war einmal ein schönes junges Mädchen. Es hatte aber gar strenge und harte Eltern. Nicht nur musste das gute Kind alle Tage vom Morgen früh bis abends spät das Vieh hüten, sondern auch allemal eine ganze Spule Faden gesponnen haben. Und oft genug, wenn die Kühe unruhig waren, geschah es, dass sie nicht fertig wurde. Dann setzte es harte Worte und Schläge ab. Eines Tages, als das Mädchen eben vor dem Stall stand, kam plötzlich ein wildes Fraueli. Das arme Mädchen erschrak nicht, sondern bot dem Gaste ein Chacheli Milch. »Ich weiß schon, wo's dir fehlt«, sagte das Fraueli, »gib mir nur deine Spindel mit.« Das Mädchen reichte dem Weibe seinen Wirtel. Die befestigte den Rocken an den Hörnern einer weidenden Kuh, und in einem Schwick saß sie auf dem Rücken des Tieres und spann die ganze Nacht beim Lichte des Mondes und drehte das Spinnrädlein, dass es wie ein Stern durch das Dunkel leuchtete. Und seit dem Tage war jeden Morgen, wenn die Sonne aufstand, der leidige Risten an der Kunkel in Stränge des feinsten Fadens verwandelt, zur Freude des Mädchens, das nun nie mehr gescholten wurde.   Aus Alfred Cérésole: Légendes des alpes vaudoises, Lausanne 1885        Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Spinnerin

Source: Die Spinnerin

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Ein armes Mädchen musste täglich spinnen bis zum Geht-nicht-mehr, sonst kriegte sie am Abend von ihrer Stiefmutter mehr Schläge als Brot. Eines Tages, als das Mädchen von der Stiefmutter nichts als Drohungen zu hören bekam, ging sie in den Wald, um noch mehr spinnen zu können. Dort spann sie, bis sie den Faden kaum mehr halten konnte. Jetzt begann das Mädchen vor Schmerz heftig zu weinen und zu klagen. Da kam ein schäbiges altes Männlein daher und fragte, was ihr fehle. Das Mädchen sagte ihm, wie es war. Der Alte tröstete die Spinnerin und sagte, sie müsse ihm nur eine Weile die Läuse ablesen, dann wolle er schon dafür sorgen, dass ihr Garn gesponnen sei. Er befahl ihr, die Läuse, die sie finde, in eine Dose zu legen und sie erst zu Hause zu töten. Das Mädchen suchte den Alten nach Läusen ab, und als sie viele gefunden hatte, pfiff der Alte durch die Finger. In dem Augenblick waren eine Menge Leute mit ihren Spinnrädern da und spannen für das Mädchen. Ganz getröstet nahm sie das Garn, denn so viel und so schön hatte sie noch an keinem ein­ zigen Tag spinnen können, und sie ging nach Hause. Als sie der Stiefmutter das Garn zeigte, war es Gold. In der Kammer oben wollte das Mädchen die Läuse töten, aber die hatten sich in kostbare Edelsteine verwandelt. Und das Mädchen war von nun an reich genug.   Quelle: Die drei Winde. Rätoromanische Märchen aus der Surselva, gesammelt von Caspar Decurtins, Ursula Brunold-Bigler (Übers. und Hrsg.), Desertina Verlag Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Spinnerin

Source: Die Spinnerin

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Ein armes Mädchen musste täglich spinnen bis zum Geht-nicht-mehr, sonst kriegte sie am Abend von ihrer Stiefmutter mehr Schläge als Brot. Eines Tages, als das Mädchen von der Stiefmutter nichts als Drohungen zu hören bekam, ging sie in den Wald, um noch mehr spinnen zu können. Dort spann sie, bis sie den Faden kaum mehr halten konnte. Jetzt begann das Mädchen vor Schmerz heftig zu weinen und zu klagen. Da kam ein schäbiges altes Männlein daher und fragte, was ihr fehle. Das Mädchen sagte ihm, wie es war. Der Alte tröstete die Spinnerin und sagte, sie müsse ihm nur eine Weile die Läuse ablesen, dann wolle er schon dafür sorgen, dass ihr Garn gesponnen sei. Er befahl ihr, die Läuse, die sie finde, in eine Dose zu legen und sie erst zu Hause zu töten. Das Mädchen suchte den Alten nach Läusen ab, und als sie viele gefunden hatte, pfiff der Alte durch die Finger. In dem Augenblick waren eine Menge Leute mit ihren Spinnrädern da und spannen für das Mädchen. Ganz getröstet nahm sie das Garn, denn so viel und so schön hatte sie noch an keinem einzigen Tag spinnen können, und sie ging nach Hause. Als sie der Stiefmutter das Garn zeigte, war es Gold. In der Kammer oben wollte das Mädchen die Läuse töten, aber die hatten sich in kostbare Edelsteine verwandelt. Und das Mädchen war von nun an reich genug.   Thompson Motiv D 2183 (Magisches Spinnen)   Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Spinnerin

Source: Die Spinnerin

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Eine alte ledige Weibsperson, so wird aus dem Gommertale erzählt, wohnte allein in ihrem Hause mitten in einem Dorfe. Sie war sehr fromm, betete viel und hielt mit allen Leuten ungestörten Frieden. Lange Jahre war Spinnen ihre Hauptbeschäftigung, weil zu andern Arbeiten ihr die Kräfte oder die Geschicklichkeit fehlten. Als sie nach Jahren gestorben und ihr Haus unbewohnt blieb, kam die alte Spinnerin darin dennoch zum Vorschein; man sah sie oft auf einer Laube am altgewohnten Platze eifrig fortspinnen. Die Erscheinung konnte nicht in Zweifel gezogen werden und erregte grosses Aufsehen. Als der Pfarrer von der Geschichte auch hörte, befahl er, man solle ihn gleich rufen, wenn die Spinnerin noch mehr sollte gesehen werden. Und es währte nicht lange und der Geist spann wieder eifrig auf der Vorlaube. Als aber der Pfarrer kam, machte sich die Spinnerin gleich auf und ins Haus zurück; er konnte sie nur noch am Rücken erblicken. Gleich befahl der Pfarrer das Haus zu öffnen und ging mit einigen Herzhaften hinein, um die Sache näher zu untersuchen. Das ganze Haus war leer gefunden. Nach langem Suchen fand aber der Pfarrer die Spinnerin in der Wohnstube unter einem alten Bette zuhinterst an der Wand zusammengekauert. Auf sein Geheiss kroch dieselbe sehr kleinlaut hervor und erklärte vor allen Anwesenden, sie wäre der Satan, der diesen Spuk getrieben, um die Leute zu verleiten, über die fromme Spinnerin allerhand böse Urteile zu fällen.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Spinnerin (Lötschen)

Source: Die Spinnerin (Lötschen)

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Neben dem Backofen in Wiler stand bis zum Brande des Dorfes im Jahre 1900 das sogenannte Backhaus. Darin wohnte in uralter Zeit eine Frau ganz allein; sie war fromm und arbeitsam. Ihrer Armut wegen nahm sie andern Leuten viel zum Spinnen ab. Nach ihrem seligen Tode sah man aber öfters eine Spinnerin auf der Laube des Hauses, worin sie gewohnt hatte. Die Leute, die die Frau für eine halbe Heilige angesehen hatten, bekamen Argwohn und dachten, es müsse mit ihrer Rechtschaffenheit doch nicht gar so gut bestellt gewesen sein. Als das Gerede schliesslich auch dem Prior berichtet worden war, entschloss sich dieser, die Sache zu untersuchen. Er kam und sah die Spinnerin. Als er aber mit ihr redete, stellt es sich heraus, dass es der Teufel selbst war, der sich dort in Gestalt einer Spinnerin gezeigt hatte, um die Leute auf falschen Argwohn zu bringen. LÖTSCHEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Spinnerin am Aletschgletscher

Source: Die Spinnerin am Aletschgletscher

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Einer der längsten und grossartigsten Gletscher der ganzen Alpen­welt ist der Aletschgletscher. Mannigfach sind die Formen seiner Eistürme, die aus seinem Rücken aufragen, unermesslich die Zahl der tiefen grünen Spalten, die ihn nach allen Richtungen durch­queren. In diesen Spalten, wo die Wasser rauschen und gurgeln wohnen die Seelen, die noch der Reinigung bedürfen, und am Aletschgletscher werden die kleinen Kinder geholt und in die Hüt­ten getragen. Einst ging ein Lehrer mit seinen Schülern spazieren. Kaum hatten sie das Eis betreten, so hielt der Lehrer betroffen inne und wehrte den Schülern, den Weg fortzusetzen. Als sie ihn verwundert frag­ten, warum er auf halbem Wege stehen bleibe, sagte er: «Ja, wenn ihr jetzt schauen könntet, was ich mit meinen Augen sehe, würdet ihr erschrecken, und ihr begehrtet keinen Schritt weiter zu gehen; denn im Gletscher wimmelt es von armen Seelenl» Als die Schüler über das Gletscherfeld wegschauten und nichts bemerken konnten und deshalb die Köpfe schüttelten, rief er einen her und sagte: «Steh hinter mich, heb den linken Fuss und schaue mir über die rechte Achsel!» Der Schüler tat, wie ihm geheissen wurde, und was er nun sah, trieb ihm die Haare zu Berge. Aus den blauen Eis­spalten sah er die Köpfe so vieler armen Seelen emportauchen, dass man keinen Fuss hätte dazwischenstellen können. Da machte der Lehrer kehrt und mit ihm die Schülerschar, und an diesem Tage wurde der Spaziergang nicht fortgesetzt.   Nahe beim Gletscher stand ein wetterschwarzes Holzhüttchen, an das sich die alten Leute noch erinnern können, in dem eine Witwe wohnte. Ein entfernter Verwandter trug ihr jedesmal, wenn er mit dem leeren Käsräf aus dem Speicher unten im Walde heimkehrte, eine Bürde Holz zu, so dass sie im Winter brav einheizen konnte. Sie vertrieb sich die Einsamkeit mit Spinnen, und wenn sie früher die Altschmidja geheissen wurde, so nannten sie jetzt die Talleute bald nur noch die Spinnerin am Aletsch. Sie betete oft für die armen Seelen im Gletscher, und wenn sie bis tief in die Nacht hinein spann, vermischte sich das Murmeln ihrer Gebete mit dem Schnurren des sausenden Spinnrades. Die Haustür liess sie jede Nacht ein bisschen offen, damit die armen Seelen in ihre warme Stube hineinkommen und sich beim grossen steinernen Ofen erwärmen konnten. Doch durften die Seelen des Aletschgletschers nicht eher herein, als bis sich die Alte zur Ruhe begeben hatte. Damit sie auch wussten, wann dies geschehe, öffnete die Witwe ein Fenster und rief gegen den Gletscher hinunter: «Jetzt - mir aber weder zum Schaden noch Nachteil!» Dann liess sie ein Stümpfchen Licht brennen und ging zu Bette. Bald wurde die Haus- und die Stubentür wie von zarter Frauenhand sachte geöffnet, ein kalter Windhauch fuhr hinein, und nun trippelte und trappelte es herein, als wenn sich unzähliges Volk in die Stube und zu dem Giltsteinofen drängte. Das ging die ganze Nacht hinein und hinaus wie in einem Bienenkorb, aber die gute Witwe schlief fest in ihrem Bette, die Decke bis an die Schläfen heraufgezogen und sah und hörte nichts. Gegen Morgen, wenn im Tale unten zum Rosenkranz geläutet wurde, verschwand die Gei­sterschar, die Frau kleidete sich an, kochte die Milch und setzte sich wieder ans Spinnrad. So ging es jede Nacht, den ganzen Winter hindurch. An einem überaus kalten Winterabend blieb sie länger als ge­wöhnlich an ihrem Spinnrocken, weil sie den Rest von ihrem Werg noch abspinnen wollte. Darüber verstrich die Zeit, und Mitternacht rückte heran. Sie vernahm schon seit einiger Zeit ein leises Ge­summe, aber sie glaubte, das sei der Gesang ihres Spinnrades. Auf einmal rief jemand ganz deutlich vor ihrem Fenster: «Schoch, Schoch, Schoch, d' Altschmidja spinnt noch», d. h. uns friert, und die Alt­schmidja spinnt noch. Die Frau hielt das Rad an, trat ans Fenster und rief hinaus: «Ich weiss es wohl, ich will nur noch diese Locke Werg abspinnen!» Das ging aber länger, als sie geglaubt hatte, und bald ertönte es draussen von neuem: «Schoch, Schoch, Schoch, d' Altschmidja spinnt noch!» Da verlor sie die Geduld und rief hin­aus: «Wenn ihr nicht warten möget bis ich fertig bin, so kommt halt herein», aber sie vergass beizufügen: «Mir unschädlich!» Da flogen die Türen mit einem heftigen Ruck auf, ein ganzer Schwarm unsichtbarer Geister drängte herein, und das rauschte und summte und brummte und wollte kein Ende nehmen. Sie hielt die Hand aufs Herz, und ihr wurde auf einmal so heiss am Spinnrad, dass die Schweisstropfen über die Wangen perlten. Sie konnte sich nicht mehr rühren, weder vorwärts noch rückwärts, die Stube war übervoll, und da musste sie sitzend am Spinnrad warten, bis am Morgen die unheimlichen Geister wieder verschwanden. Sie nahm es für eine Strafe dafür, dass sie die Geister so lang in der eiskalten Luft draus­sen hatte warten lassen, und von nun an spann sie nicht mehr über die gewöhnliche Zeit hinaus. Wenn die Stunde da war, liess sie ein Lichtlein brennen, gab das Zeichen zum Fenster hinaus und schlüpfte ins Bett. So verstrichen noch viele Jahre, und die Altschmidja fühlte die Last des Alters und das Versagen ihrer Kräfte. Auf einmal nahmen diese so rasch ab, dass sie wusste, jetzt hange ihr Leben nur noch an einem Fädchen. Sie bat den Buben, der ihr in der Traggabel einen neuen Stoss Holz heraufbrachte, ihr eine Krankenwärterin zu bestellen. Am nächsten Tag lag sie schon in den letzten Zügen. Der Bub brachte zwei Verwandte als Wärterinnen mit, und diese wuss­ten, wie gut die Altschmidja mit den armen Seelen im Gletscher gewesen war. Als die Nacht hereinbrach, wunderten sie sich, was jetzt die Gletscherseelen wohl tun werden, wenn ihre gute Freundin gestorben sei. Da hörte man vor dem Fenster rufen: «Schoch, Schoch, Schoch, d'Altschmidja lebt noch!» Die Sterbende hob ein wenig den Kopf, und ein Lächeln der Freude glitt über die runzeligen Züge, dann faltete sie die. Hände und verschied. Da wurde es hell vor dem Fenster, als ob plötzlich der Vollmond hinter schwarzem Gewölke hervorbräche, und die beiden Krankenwärterinnen sahen, wie die flackernden Flämmchen in langen Reihen langsam von der Hütte gegen den Gletscher hinunterglitten wie in einer Prozession und plötzlich erloschen, wenn sie bei den Gletscherspalten anlang­ten. «Das werden die armen Seelen sein mit den Nachtlichtern, welche die Altschmidja für sie hat brennen lassen», sagten sie zu­einander. «Die geben ihr nun zum Dank für ihre Guttaten das Ge­leite zu dem Ort, wo sie auch das Letzte abbüssen wird.»   Quelle: Johannes Jegerlehner: Walliser Sagen, Hans Feuz Verlag Bern, 1959 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Spinnerin am Rynächt

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»Unsere Grossmutter, eine Erstfelderin«, so erzählt mir ein altes Meitli von Wassen, »marschierte eines Tages mit zwei Töchtern, von denen die ältere meine Mutter wurde, der Rynächtfluh entlang gegen Altdorf. (Die alte Strasse lief näher der Fluh als die heutige.) Ganz plötzlich sah die Grossmutter wie durch einen kurzen Gang in ein Gewölbe im Felsen hinein, und drinnen sass ein Weibervolk, in eine Kapuzinerkutte gekleidet, und spann mit allem Eifer. Mit dem Kopf, auf dem es nach alter Mode »Hauben und Käppli« trug, nickte es beständig. Die Mutter machte die Töchter aufmerksam, und diese sahen nunmehr die wunderliche Spinnerin auch und lachten überlaut. Aber jetzt kam sie! Alle drei rissen aus und sprangen, soviel sie nur mochten.« Franziska Kruog Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Spinnerin im Lafadarschwalde

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Ob Uzmoos, im Lafadarschwalde, hört man in Herbstnächten ununterbrochen das Drehen eines Spinnrades. Die fleissige Spinnerin aber wurde noch nie gesehen. Man will behaupten, dass diese Töne vom Wasser herrühren, welches dort an vielen Orten tropfenweise über Felsen auf dürres Buchenlaub falle. Heinrich Hilty. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 165, S. 78 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Spinnerinnen in Vulpera

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Nahe bei Tarasp liegt der Hof Vulpèra; dort wohnte eine rechtschaffene, fleißige Bäuerin, die ihren Mann liebte und ehrte und auch ihre Kinder gut erzog. – Nun kamen an manchen Winterabenden aus dem Tälchen unterhalb des hohen Pic Pisoc zwei schöne Mädchen mit Spinnrädern nach Vulpèra, in weißen Kleidern, mit flachsblonden Haaren, und haben gar fleissig gesponnen; absonderlich gerne nahmen sie die Flachswickel der Bäuerin auf ihren eigenen Rocken und spannen ihn der feinsten Seide gleich. Dabei aber redeten sie nicht; nur wenn ein Faden brach, sagte die Eine: »Faden ab,« worauf die Andere einfach erwiderte: »Knüpf' an.« Waren ein Paar Spulen voll, wurden sie gehaspelt oder geweift, dann die schönen Garnstränge an die Wand gehängt und von der Bäuerin mit Wohlgefallen betrachtet. – Wenn ihre Stunde kam, erhoben sich die nächtlichen Spinnerinnen und traten den Heimweg an, ihre Spinnrädchen stets mit sich nehmend, allen Flachs, den sie gesponnen, aber immer der Bäuerin zurücklassend. – Diese gedachte nun, am Ende der Spinnzeit den beiden Mädchen dankbar sich zu zeigen, und rüstete an einem der letzten Abende ein großes Essen zu. An dem sollten nun die sämtlichen Spinnerinnen in Vulpèra zu Ehren der fremden Spinnerinnen Teil nehmen. Letztere nahmen zwar Teil, waren aber ganz traurig gestimmt, dss sie schon scheiden mussten, denn ihre Zeit des Abschiedes auf immer, war nahe. – Zum Schlusse gaben sie der Frau einen Garnknäuel und sprachen: »Für deinen guten Willen, Lohn um Lohn,« gingen, und kamen niemals wieder. – Der Garnknäuel aber wurde niemals alle, die Bäuerin mochte so viele Stränge davon abhaspeln, als ihr gefiel.   Quelle: Jecklin, Dietrich: Volkstümliches aus Graubünden. 3 Teile, Zürich 1874, Chur 1876, Chur 1878 (Nachdruck Zürich: Olms, 1986), S. 14.        Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Spiringer Glocke

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Die grosse Glocke zu Spiringen (zu Schattdorf) wurde zu Spiringen (Schattdorf) selber auf der Achern (auf dem Kilchenacher) gegossen, behauptet eine Volksüberlieferung, und als beim Gusse derselben der Gussmasse zu wenig war, schleuderten die zuschauenden Weibervölker ihren Silberschmuck hinein, daher ihr schöner Ton. Ein fahrender Schüler tat den Ausspruch, von Rom weg habe er kein so schönes Geläute mehr gefunden wie zu Spiringen (wie zu Attinghausen). Johanna Aufdermaur-Arnold; Karl Gamma u.a. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Sprengwurzel

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Mit einer Sprengwurzel kann man alle Schlösser öffnen. Zu Altishofen war einer, der hat es gekonnt. Zu der Wurzel gelangte er auf folgende Weise: Er spähte nach, bis er einen Specht gefunden hatte, der entweder in einer Eiche oder einem Nussbaume nistete. Dann passte er ab, bis der Vogel aus dem Baumloch herausflog, um schnell das Loch zu verzapfen. Der zurückkehrende Specht, wie er sein Nest so verschlossen findet, fliegt hinweg, um die Sprengwurzel, die er allein kennt, zu holen. Während er abwesend ist, muss man unter dem Baum, wo oben der Eingang zum Nest sich findet, ein rotes Gewand hinspreiten, oder ein Feuer anmachen. Wenn nun der Vogel mit der Wurzel im Schnabel herbeifliegt und sieht das rote Gewand oder das Feuer am Boden, erschrickt er und lässt die Wurzel fallen. Diesen Hergang beobachtete genau der Altishofer und fing die herabfallende Wurzel schnell auf.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Die St. Anna-Kapelle am Schwändelberg

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Die Leute von Trub im Bernbiet waren vom katholischen Glauben abgefallen und hatten ein schönes St. Annabild verworfen. Bald darauf fügte es Gott, dass ein frommer katholischer Glasträger aus Escholzmatt bei Trub vorbeiwandelte. Plötzlich sah er hinter einem Hag etwas glänzen. Beim Nachschauen war 's das verworfene Bild. Gleich lud er das Glasgeschirr ab und das Bild ehrfurchtsvoll auf, wobei seine Augen fleissig Wache hielten, dass kein Unberufener ihn belausche. Alles ging gut, er brachte das Bild nach Hause, wo der Hr. Pfarrer es am Abend noch andächtig auf den Muttergottesaltar in der Kirche abstellte, um dann folgenden Tag einen geeigneten Platz aufzusuchen. Am Morgen dann, da beim Aveläuten der Sigrist die Kirche betrat, war das Bild nirgends mehr zu sehen. Er zeigte es dem Geistlichen an und während man überall im Orte nach dem verlorenen Bilde forschte, kam vom Schwändelberge herab ein Schuster zu melden, dass da und da seltsamer Weise an einem Baume eine schöne St. Anna sei. Man stieg hinauf und fand zum Erstaunen, dass wirklich in der Nacht das Bild aus der Kirche hierher an die entfernte Stelle gewandert sei. Sie nahmen es wieder mit hinunter, wiesen ihm in der Kirche nochmals seinen Platz an und nachts mussten zwei Männer dabei wachen, dass es nicht wieder fortkomme. Aber siehe, morgens war es doch wieder fort, sie wussten gar nicht zu sagen wie. Es hatte neuerdings seinen vorigen Lieblingsort erwählt. Zum drittenmale nahmen sie 's hinunter, wachten und zum drittenmale schwebte es wundersam und unsichtbar hinauf. Nun wussten sie genug. „Die Heilige will nicht unten sein, sondern oben am Berge, wir wollen ihr an geeigneter Stelle eine Kapelle bauen," sprachen die Leute. Sofort ward ein Platz erwählt, etwa an der halben Berghöhe, damit man auch nicht gar zu weit zum Gnadenbilde zu gehen hätte. Der heilige Raum ward ausgesteckt und Baumaterial gleich zur Stelle geschafft. Das Bild stellte man einstweilen ganz nah dabei auf. Siehe, am Morgen war es nicht mehr hier, sondern wieder an dem auserwählten Orte auf der Höhe. Und nachdem es wieder dreimal so gegangen war, wie früher, gaben die Leute nach und bauten das Kirchlein da, wo die Heilige wollte. Der Baum, unter dem man sie jedesmal gefunden, ward auf Altarshöhe vom Boden weg umgehauen und der Strunk diente zum Stützpunkt des Bildes und des neuen Altares.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Die St. Annakapelle

Source: Die St. Annakapelle

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Die St. Annakapelle sollte ursprünglich bei der Schwandsbrücke gebaut werden. In der Nacht aber wurde das zugerüstete Baumaterial von Engelshand nach Hemberg hinaufgetragen. Das geschah im Jahr 1460, wo eine grosse Feuersbrunst die Kirche mit einigen Häusern zerstört hatte. Also baute man die Kapelle an die neue Kirche hin. Beim Kirchenbau von 1781 wurde die Kapelle als Krypta in die neue katholische Kirche eingebaut.                                P. Aerne. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 443, S. 260 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die St. Jodern-Glocke

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Vom gleichen Bischofe St. Jodern wird auch erzählt, dass ihm einmal offenbar wurde, der Papst in Rom schwebe in Gefahr, und er sollte gewarnt werden. Unschlüssig und ratlos öffnete er das Fenster und sah vor dem Schlosse drei Teufel munter und freudig miteinander tanzen. Gleich rief sie der Heilige herbei und fragte, wer von ihnen der Geschwindeste sei? Da antwortete der Erste, er sei geschwind wie der Wind, und der Zweite meinte, er laufe wie die Kugel aus dem Rohr. «Das sind nur faule Bäuche gegen mich», lachte der Dritte, «ich fliege durch die Welt wie ein Weibergedanke.» Mit diesem verabredete nun der Heilige, er wolle sein werden, wenn er ihn, noch bevor die Hähne morgens krähen, nach Rom bringen und wieder nach Sitten zurück zu tragen vermöge. Satan nahm freudig das Anerbieten an und stellte einen schwarzen Hahn als Wächter auf die Stadtmauer. Aber auch St. Jodern brachte einen weissen Hahn auf den Dachgiebel des Schlosses und schärfte ihm wohl ein, sich morgens nicht etwa zu verschlafen. — Die Reise ward angetreten; — im Nu war St Jodern in Rom. Er warnte den Papst noch zur rechten Zeit und erhielt von ihm aus Dankbarkeit zum Geschenke eine Glocke. Satan musste nun auch noch die Glocke mit aufladen und nach Sitten heimtragen. Es war noch nicht zwei Uhr morgens, als er glücklich mit seiner Doppellast zuunterst auf der Planta ankam: — er mag die Seereise über Frankreich gewählt haben. — Das merkte der weisse Hahn auf dem Dache auch gleich und fing aus vollem Halse schnell zu krähen an. Auch der schwarze Satan's erwachte und schrie mit. Da ergrimmte Satan sehr, dass er die Wette verloren, und warf die Glocke mit solcher Gewalt zur Erde nieder, dass sie neun Ellenbogen tief in den Boden einsank. Der Hl. Bischof aber rief: «Dona! Dona! lit» und die Glocke fing an zu läuten und kam läutend wieder zum Vorschein. — Das ist nun die "St. Jodern- Glocke", die lange gegen Ungewitter Wunder tat. — Der Bischof St. Jodern wird darum abgebildet mit einer Glocke, die Satan trägt.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die St. Jodern-Kufe

Source: Die St. Jodern-Kufe

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Es war einmal im Lande Wallis ein sehr heiliger Bischof, mit Namen St. Jodern (Theodul-Theodor). Einst hatte der Frost die Weinlese völlig zerstört und die guten Leute litten grossen Mangel. Jammernd kamen sie zum Bischofe, der sich ihrer erbarmte, eine Kufe voll Wein segnete und alle tröstend einlud, zu kommen und laut Bedürfnis Wein daraus zu ziehen; nur hatte er ihnen strenge verboten, die Kufe nicht etwa zu öffnen. Und die Kufe gab des köstlichen Weines so viel man nur verlangte; sie versiegte nie und ward nie leer. — Man nannte sie darum die "St. Jodern-Kufe". Sie soll im Bischofskeller neben der alten St. Peterskirche in Sitten gestanden haben. Und das währte so der Jahren viele fort – die Kufe gab noch Wein als der Hl. Bischof längstens gestorben. — Da wollte es das Unglück, dass einmal gar vorwitzige Leute zur Kufe kamen, die sehen wollten, was dann endlich und letztlich diese Wunderkufe wohl in sich bergen möge. Mit frevelnder Hand ward dieselbe aufgerissen und sieh! — die Kufe war trockenleer — nur am obern Spundloch hing eine schöne volle Traube, die jedoch gleich verdorrte und in Staub sich auflöste. Auch die Kufe fiel in Trümmer und liess sich nicht mehr zusammenfügen. Wenn seither jemand im Keller ordentlich Wein hat, oder aus einem Geschirre über Erwarten Wein bekommt, so sagt man, er habe die St. Jodern-Kufe im Keller.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die St. Jostkapelle

Source: Die St. Jostkapelle

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In der Nähe des Bisenbergklosters steht die alte St. Jostkapelle. Sie wird urkundlich schon um die Mitte des 15. Jahrhunderts genannt. Die Sage weiss von ihr zu berichten: An der Stelle, wo heute die Kapelle steht, wurde einst ein junger, vornehmer Mann ermordet aufgefunden. Alle Nachforschungen nach dem Mörder oder der Mörderin blieben erfolglos, und das Verbrechen blieb ungesühnt. Bald aber ging der Geist des Ermordeten an dieser Stätte um. Leute, die in später Stunde dort vorbeigingen, erblickten einen Jüngling mit blutigem Wams und einem Dolch in der Brust. Sie hörten ihn stöhnen, sahen ihn niedersinken und verschwinden. Das Gerücht um den grausigen, nächtlichen Spuk breitete sich immer weiter aus, und niemand wollte mehr an dem Orte vorbeigehen. Um die Untat zu sühnen und dem Geist des Ermordeten Ruhe zu verschaffen, baute man an der Stelle eine kleine Kapelle und weihte sie dem heiligen Jost. Das wirkte. Der Geist wurde von da an nicht mehr gesehen und die Leute gingen wieder ohne Furcht am Orte vorbei. Später, - vielleicht dreihundert Jahre später, - ereignete sich an der gleichen Stelle nochmals ein seltsamer Vorfall, der wohl mit dem vorigen in Zusammenhang stand. Im Schwand droben lebte damals ein Mann, der ging alle Jahre nur einmal in die Stadt, um zu „ostern“. Soeben hatte er diesen schweren Gang wieder getan und wollte erleichtert ins Bergland zurückkehren. Als er am hellen Nachmittag an der St. Jostkapelle vorbeikam, da tauchte neben derselben ein wunderschönes Fräulein auf. Es trug ein sehr vornehmes, aber ganz altmodisches Kleid. Die Jungfrau winkte, er solle näher kommen. Aber er schüttelte den Kopf. Jetzt fing sie an zu reden: „Komm, ich muss dir etwas sagen“. Der Bergler, der ganz in Osterstimmung war und die Dame für einen lockeren Zeisig hielt, schüttelte abermals energisch den Kopf. Da fiel das schöne Mädchen auf die Knie nieder, presste beide Hände vor das Gesicht und rief weinend aus: „Mein Gott! - So muss ich noch einmal hundert Jahre warten“. Dann verschwand es.   Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch  


by Die St. Kümmernis in Naters

Source: Die St. Kümmernis in Naters

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Im Beinhause neben der Pfarrkirche in Naters findet man ein sonderbares Schnitzwerk, das eine Person in Lebensgrösse an ein Kreuz genagelt vorstellt. Die Statue hat in Holz geschnitzelte Frauenkleider, die mit drei oder vier verschiedenfarbigen alten Röcken aus Tuch bedeckt sind; am Kopfe fallen grosse schwarze Augenbraunen und ein kräftiger Schnurr- und Kinnbart auf. Das Gesicht ist mit lebendigen Farben bemalt und so stark lackiert, dass es den Anschein hat, die Haut sei nass von Schweiss und die grossen, schwarzen Augen feucht von Tränen. Es ist das die "St. Kümmernis", von der in den oberen Bezirken des deutschen Wallis oft erzählt wird und die von den jungen Töchtern, wenn möglich noch vor dem Heiraten, der Neugierde halber will gesehen sein; gleich wie reiche Engländer weder zufrieden leben noch ruhig sterben könnten, ohne den Montblanc oder das Matterhorn wenigstens einmal mitangeschaut zu haben. Eine Legende erzählt, die Hl. Kümmernis sei eine schöne Königstochter gewesen, die ihr königlicher Vater an einen Menschen verloben wollte, der ihr missfiel. Sie hatte überhaupt keine Neigung zum Ehestand und wollte ihr Leben Gott widmen. Weil sie aber auf die eigene Kraft, allen Versuchungen zu widerstehen, zu wenig Vertrauen hatte, nahm sie ihre Zuflucht zum Himmel. Und sie wurde erhört; ihr Mund, Nase und Augen wurden gross und entformten sich entsetzlich; kohlschwarze Augenbraunen und ein gewaltiger Stutzbart vollendeten die Entstellung ihres einst so schönen Antlitzes. Als der Vater das Spiel merkte, liess er im Zorn seine Tochter an ein Kreuz nageln. — Wer mag sich da wundern, dass die zahlreichen Besucherinnen dieses Wunderbildes nicht alle den Mut haben, für das Gleiche zu beten und das Gleiche zu dulden? Man erzählt ferner, die St. Kümmernis habe einst von Naters davonlaufen wollen. Zum Glück begegnete sie auf ihrer Flucht zuoberst im Dorfe einem Manne, dem sie noch länger zu bleiben versprach, wenn ihr alle sieben Jahre ein neues Kleid gegeben würde. — Ein abermaliges Fortlaufen fürchtet der Schreiber dieser Sage eben nicht, obschon ihr jetziger Anzug weit über sieben Jahre alt zu sein scheint; doch droht der St. Kümmernis vom gegenwärtigen Zeitgeiste Gefahr, der kaum noch etwas Sonderbares zu vertragen im Stande ist und alles nur verflacht und fern geglättet will erscheinen lasten.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die St. Kümmernus in Naters

Source: Die St. Kümmernus in Naters

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Im Beinhaus neben der Pfarrkirche in Naters, fand man ein sonderbares Schnitzwerk, das eine Person in Lebensgrösse an ein Kreuz genagelt vorstellte. Die Statue war mit drei oder vier verschiedenfarbigen alten Röcken bekleidet. Am Kopfe fielen grosse, schwarze Augenbrauen und ein kräftiger Schnurr- und Kinnbart auf. Das Gesicht war mit lebhaften Farben bemalt und stark lackiert, dass es den Anschein hatte, die Haut wäre nass von Schweiss und die grossen schwarzen Augen nass von Tränen. Eine Legende erzählt, die heilige Kümmernus sei eine schöne Königstochter gewesen, die ihr königlicher Vater an einen Menschen, der ihr missfiel, verloben wollte. Sie hatte überhaupt keine Neigung zum Ehestand und wollte ihr Leben Gott widmen. Weil sie aber auf die eigene Kraft, allen Versuchungen zu widerstehen, zu wenig Vertrauen hatte, nahm sie ihre Zuflucht zu Gott. Und sie wurde erhört: Ihr Mund, ihre Nase und ihre Augen wurden gross und entformten sich entsetzlich; kohlschwarze Augenbrauen und ein gewaltiger Stutzbart vollendeten die Entstellung ihres einst so schönen Antlitzes. Als der Vater das Spiel merkte, liess er im Zorn seine Tochter an ein Kreuz nageln. Man erzählt ferner, die Sankt Kümmernus habe einst von Naters davonlaufen wollen. Zum Glück begegnete sie auf ihrer Flucht zuoberst im Dorfe einem Manne, dem sie noch länger zu bleiben versprach, wenn man ihr alle sieben Jahre ein neues Kleid gäbe. NATERS Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die St.-Jodern-Glocke

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Vom Bischof Jodern wird auch erzählt, dass ihm einmal offenbar wurde, der Papst in Rom schwebe in Gefahr, und er sollte gewarnt werden. Unschlüssig und ratlos öffnete er das Fenster. Vor dem Schlosse sah er drei Teufel munter und freudig miteinander tanzen. Gleich rief sie der Oberhirte herbei und fragte, wer von ihnen der geschwindeste sei. Da antwortete der erste, er sei geschwind wie der Wind, und der zweite meinte, er laufe wie die Kugel aus dem Rohr. «Das sind nur faule Bäuche gegen mich», lachte der dritte, «ich fliege durch die Welt wie ein Weibergedanke.» Mi diesem verabredete nun der Heilige, er verspreche ihm seine Seele wenn er ihn, noch bevor die Hähne morgens krähen, nach Rom zu bringen und wieder nach Sitten zurück zu tragen vermöge. Der Satan nahm freudig das Anerbieten an und stellte einen schwarzen Hahn als Wächter auf die Stadtmauer. Bischof Jodern brachte einen weissen Hahn auf den Dachgiebel des Schlosses und schärfte ihm wohl ein, sich morgens nicht etwa zu verschlafen. Die Reise begann; im Nu war Bischof Jodern in Rom. Er warnte den Papst noch zur rechten Zeit und erhielt von ihm aus Dankbarkeit eine Glocke. Der Teufel musste nun auch die Glocke mit aufladen und nach Sitten heimtragen. Es war noch nicht zwei Uhr morgens als er glücklich mit seiner Doppellast zuunterst auf der Planta ankam. Da merkte der weisse Hahn auf dem Dache auch gleich die Ankunft und fing aus vollem Halse schnell zu krähen an. Auch der schwarze Hahn des Teufels erwachte nun darob und schrie mit. Da ergrimmte der Satan sehr, dass er die Wette verloren hatte, und warf die Glocke mit solcher Gewalt zur Erde nieder, dass sie neun Ellenbogen tief in den Boden einsank. Der Bischof aber rief: «Dona! Dona! litt!» und die Glocke fing an zu läuten und kam läutend wieder zum Vorschein. Das war dann die St.-Jodern-Glocke, die lange gegen Ungewitter Wunder tat. Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die St.-Jodern-Glocke

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Einst lebte in der kleinen Walliser Hauptstadt Sitten auf seinem hochgelegenen Schloss Tourbillon ein heiligmäßiger Bischof, der St. Jodern (Theodor) hieß. In einer Nacht nun hatte der Bischof einen seltsamen Traum. Es wurde ihm darin kundgetan, daß der Heilige Vater in Rom in großer Gefahr schwebe, falls er nicht sofort gewarnt würde. In Schweiß gebadet und in schweren Ängsten erwachte der Bischof. Sogleich sann er angestrengt darüber nach, wie er dem Heiligen Vater wohl die Warnung zu wissen tun könnte. Er stand auf, trat ans Fenster und starrte sorgenvoll in die stille Nacht hinaus. Da sah er nicht weit von seinem bischöflichen Palaste weg einen seltsamen, ungewöhnlich hellen Schein, den sonst ringsum die Dunkelheit umschloss. Und wie er verwundert genauer hinschaute, sah er drei Teufel, die fröhlich mit ihren Pferdefüßen auf dem hellen Schein wie auf einem Teppich tanzten. Der Bischof rief sie an, und sie eilten sogleich gehorsam herbei. "Wer von euch ist der Geschwindeste?" fragte der Bischof. "Ich", sagte der erste Teufel, "ich bin geschwind wie der Wind." - "Nein", rief der zweite, "ich fliege so geschwind wie die Kugel aus dem Rohr." - "Das ist was Rechtes", höhnte der dritte, "ich durcheile die Welt wie ein Weibergedanke." "Du bist mein Mann", sagte erfreut der heilige Jodern. Und nun machten sie aus, der Bischof müsse dem dritten Teufel seine Seele zum Lohn geben, wenn er ihn in der Nacht nach Rom trage und auch noch zurück, bevor die Hähne den Tag beschrien. Zufrieden ging der Teufel den Handel ein. Flugs holte er einen schwarzen Hahn und setzte ihn als Wächter auf die Stadtmauer. Der heilige Bischof jedoch holte heimlich einen weißen Hahn und setzte ihn zuoberst auf die Kirchturmspitze. Jetzt lud der Teufel den Heiligen auf den Buckel und trug ihn über alle Berge im Hui nach Rom, der Ewigen Stadt. Dort warnte der Bischof den Heiligen Vater. Dieser schenkte nun dem heiligen Jodern als Belohnung eine schöne Glocke, die der Bischof sogleich dem Teufel aufbürdete. Obwohl das für den Bösen eine gar schwere Last war, ging's doch wieder im Flug heimwärts gen Sitten, also daß es noch finster war, als sie am Fuße des Bischofssitzes ankamen. Schon frohlockte der Satan, aber zu früh, denn noch bevor er den heiligen Bischof abzusetzen vermochte, fing der weiße Hahn auf der Kirchturmspitze aus Leibeskräften zu krähen an. Er hatte auf dem Turmspitz einen gar üblen Platz gehabt und immer wachbleiben müssen, um nicht herunterzufallen. Der schwarze Hahn dagegen, der es auf der breiten Stadtmauer gut hatte, war eingeschlafen. Aber wie er nun den weißen Hahn krähen hörte, wachte auch er auf und krähte mit. Der Böse schäumte vor Wut. Aber der Bischof war sogleich, wie er den Hahnenschrei gehört hatte, von des Teufels Rücken gesprungen und auf die Knie gefallen. Da packte der Satan die Glocke und warf sie rasend vor Wut nach dem Heiligen, und zwar mit solcher Gewalt, daß sie neben dem Bischof neun Klafter tief in die Erde hineinfuhr; dann machte er sich wie das böse Wetter davon. Der gerettete Bischof aber streckte die Arme aus und rief: "Dona, Dona läut!" Und da fing die Glocke im Boden zu läuten an und stieg läutend empor bis zuhöchst in den Kirchturm, wo sie im Glockenstuhl hängen blieb. Die St.-Jodern-Glocke wird heute noch geläutet, wenn ein Ungewitter losbricht. Auf der Glocke aber ist der heilige Bischof abgebildet, wie er neben dem Satan steht, der die Glocke auf dem Buckel trägt. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die St.-Jodern-Kufe

Source: Die St.-Jodern-Kufe

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Es war einmal im Lande Wallis ein sehr heiliger Bischof mit Namen Jodern. Einst hatte der Frost die Weinlese völlig zerstört, und die guten Leute litten grossen Mangel. Jammernd kamen sie zum Bischof, der sich ihrer erbarmte, eine Kufe voll Wein segnete und alle tröstend einlud, zu kommen und nach Bedürfnis Wein daraus zu ziehen. Nur hatte er ihnen strenge verboten, die Kufe etwa zu öffnen. Und die Kufe gab des köstlichen Weines soviel man nur verlangte; sie versiegte nie und ward nie leer. Man nannte sie darum die St.-Jodern-Kufe. Sie soll im Bischofskeller neben der alten St.-Peters-Kirche in Sitten gestanden haben. Und das währte viele Jahre; die Kufe gab noch Wein, als der hl. Bischof längstens gestorben war. Da wollte es das Unglück, dass einmal gar vorwitzige Leute zur Kufe kamen und sehen wollten, was denn endlich und letztlich diese Wunderkufe wohl in sich bergen möge. Mit frevelnder Hand wurde sie aufgerissen, und sieh! die Kufe war trockenleer - nur am obern Spundloch hing eine schöne volle Traube, die jedoch gleich verdorrte und sich in Staub auflöste. Auch die Kufe fiel in Trümmer und liess sich nicht mehr zusammenfügen. Wenn seither jemand im Keller ordentlich Wein hat oder aus einem Geschirr über Erwarten viel Wein bekommt, so sagt man, er habe die St.-Jodern-Kufe im Keller. Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die St.-Josephs-Kapelle in Visperterminen

Source: Die St.-Josephs-Kapelle in Visperterminen

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Ungefähr eine Stunde ob dem Pfarrdorfe in Visperterminen befindet sich mitten in einem romantischen Walde ein Bethaus, die St.-Josephs-Kapelle geheissen. So entlegen in eine Alpenregion hingebaut verdankt es seinen Ursprung folgender Begebenheit: Ein Mann, sein Name ist noch gekannt, obwohl rechtschaffen und brav, ward in solchem Grade geisteskrank, dass er den traurigen Entschluss fasste, sich selbst zu erhängen. Er nahm darum einen Strick und eilte damit hoch in den Wald hinauf. Angekommen an einer Stelle, die ihm für sein schlimmes Vorhaben passend schien, durchlief es ihn eiskalt durch alle Glieder. Dem ungeachtet wollte er ans Werk, doch vorerst noch ein "Vaterunser" beten. Er kniete nieder und begann zu beten. Da gewahrte er auf dem untersten Aste eines nahen Lerchbaumes ein grünes Männlein, das ihm einen langen Strick herabreichte und darbot. Erschrocken erkannte er nun gleich die ganze Bosheit und die schrecklichen Folgen seines argen Vorhabens; bereute darum dasselbe ernstlich und tat Gott Abbitte. Auf ein gemachtes Kreuzzeichen entschwand der Böse gleich seinen Augen und er atmete wieder leichter. Bevor er jedoch den Ort verliess, machte er das Gelübde, aus Dankbarkeit für seine wunderbare Rettung zur Ehre des Hl. Josephs dort ein Bethaus zu errichten. Genesen an Leib und Seele hielt er Wort. (erzählt von Herrn Pfarrer Studer daselbst)   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die St.-Vinzenz-Nacht

Source: Die St.-Vinzenz-Nacht

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Gegen die Lawinennot hatten unserer Vorfahren den hl. Vinzenz als machtvollen Beschützer. Ihm zu Ehren wurde sein Fest als Feiertag gehalten. Kein rechter Mensch arbeitet an diesem Tag. In Lax wohnte einmal ein Schuster, der gerne im Wirtshaus sass und die Arbeit vernachlässigte. Einst sollte er auf den St.-Vinzenz-Tag ein Paar Schuhe abliefern, hatte aber im Wirtshaus so viel Zeit verloren, dass er nun in der Nacht arbeiten musste. Als ein Nachbar um Mitternacht an seinem Hause vorbeiging, hörte er den Schuster noch lustig drauflos hämmern. Er klopfte ihm ans Fenster und mahnte ihn, am St.-Vinzenz-Tage nicht zu arbeiten. Der Schuster aber lachte: «Vinzenz hin, Vinzenz her, die Schuhe müssen morgen fertig sein, und sollte mir der Heilige den Kopf umdrehen!» Lustig hämmerte er weiter. In der gleichen Nacht brach oberhalb des Dorfes eine Wuhr los, stürzte sich aufs Dorf, riss das Haus des Schusters ein und ergoss sich ohne weiteren Schaden durch die Gassen. Am folgenden Tag grub man den Schuster, das Antlitz auf den Rücken gedreht, tot aus dem Schnee. Neben ihm lag ein fast fertiger Schuh. LAX Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Stadt auf dem Breitfeld

Source: Die Stadt auf dem Breitfeld

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Auf dem Breitfeld, unweit der Gemeindegrenze zwischen Buus und Wintersingen, kommen beim Ackern häufig Ziegelstücke zum Vorschein. Es wird angenommen, es sei dort vor Zeiten eine Stadt gestanden. Buus Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Stadt im Chamber

Source: Die Stadt im Chamber

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Zwischen dem Bergdorf Wittinsburg und dem Talorte Rümlingen erstreckt sich am Rande der Hochfläche der Chambergraben, ein grösseres, waldreiches Gelände, das durch die beiden schluchtartigen Dorfbächlein im Norden und Süden begrenzt wird. Der Länge nach kann man ebenfalls zwei grabenartige Vertiefungen feststellen, die den Eindruck erwecken, es seien hier grössere künstliche Bodenbewegungen ausgeführt worden. Eine ebene Stelle einer dieser Hohlformen diente lange Jahre als Schindanger (Wasenplatz). Die Volkssage berichtet, im Chamber sei früher eine befestigte Stadt gestanden, die wahrscheinlich durch ein Erdbeben zerstört wurde. Hiefür sprächen die zahlreichen Felstrümmer, die überall herumliegen. Zu der Stadt gehörte auch ein Friedhof, von dem man vor einigen Jahren noch einige Gräber in der Nähe des Dorfes entdeckt haben will. Auch soll ein unterirdischer Gang vom Chamber nach Rümlingen geführt haben, wo er im Keller des Pfarrhauses an die Erdoberfläche mündete. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Die Stadt im Chamber

Source: Die Stadt im Chamber

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Es gab eine Zeit, in der das Rottental einen See bildete. Die Wohnstätten lagen damals in höheren Gegenden, dort lebte man das ganze Jahr und besass Eigentum wie heute im Tal. Das beweisen die zahlreichen Hofstätten, die man heute noch sieht. So wird auch behauptet, im Saflischgrund habe eine Stadt existiert, aus der gemantelte Herren bis nach Grengiols kamen. Noch heute kennen wir die Ebene mit Namen: "Zur Stadt". Ein Stafel heisst daneben "Kirchenboden", weil dort die Kirche gestanden sei. Auch der "Tanzboden" besteht noch. In er Stadt sollen auch die Kirchenglocken im Erdboden sein, in hellen Mondnächten höre man sie tönen. Wer diese Glocke heben könnte, dem wäre ein grosser Schatz eigen. GRENGIOLS Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Stadt Wolfsnest

Source: Die Stadt Wolfsnest

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An der Stelle des jetzigen Steigwaids oberhalb Mayenfeld ist nach der Sage vor Zeiten die grosse Stadt Wolfsnest gestanden, in der aber der sinnloseste Luxus herrschte und eine grenzenlose Gottlosigkeit die Bewohner ihrem Verderben entgegenführte. Der Untergang der Stadt Wolfsnest geschah durch eine Überrüfung. Ganz oben am Fusse der Falkniss war nämlich ein See. Die Wasser desselben brachen sich einen Ausgang aus ihrem Bette und wälzten sich, mit Steinen und anderem Geschiebe untermischt, den Berghang hinunter der unglücklichen Stadt entgegen. Wolfsnest wurde samt und sonders vom Wasser und vom Gerölle teils weggeschwemmt, teils zugedeckt, so dass kein lebendes Wesen mehr übrig blieb. (Man hat in neuerer Zeit Überreste aufgefunden, die die ehemalige Existenz dort gestandener Gebäude beglaubigen.) Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die starken Mettier

Source: Die starken Mettier

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Der »grosse Mettier«, Vater der »starken Mettier«, hatte sein Wohnhaus unterhalb dem Platz-Langwies. im sog. »Müller-Hause«, und besass Güter in den »Tiejen« (d.h. in der Alpe), wo er dann im Vorwinter sein Vieh fütterte. Er hatte einen ältern Bruder und drei Söhne. Nun träumte einmal diesem »grossen Mettier«, sein Bruder im »Müllers­Hause« sei krank, weshalb er von den »Tiejen« herabkam, zu sehen, was Demselben fehle. Im Vorbeigehen durch den »Rong- Wald«, nahm er einen »Stecken« mit, weil es schon »hehl« (Glatt-Eis) war, und dieser Stecken war eine junge Tanne, die er mit seinem »Schnetze« (offenes Taschenmesser aussergewöhnlicher Grösse) »abastete« (entastete). Der Traum hatte ihn aber betrogen, er traf seinen Bruder gesund und wohl an. (Diesen »grossen Mettier« mit der Tanne in der Hand trägt noch heute die Gemeinde Langwies in ihrem Siegel). Vor seiner » Vor- Winterung« in den Tiejen führte er auch etwas Heu nach Müllerhaus herunter. Er nahm einmal seinen jüngsten Sohn mit sich, legte Demselben 1/4 Klftr. Heu auf den Schlitten, sich selber aber 1/2 Klafter, wie gewöhnlich. Da der Weg, namentlich von Rong weg, ziemlich steil bergab führt, ging der Alte voran, und liess den »Buob« (Sohn) nachkommen. Der Sohn aber war gescheide, und steckte seine Füsse in die Heufuhre des Vaters, so dass Derselbe beide »Stückli Heu« zu halten hatte. Beim Sagen-Stege oder Rang-Stege fragte der Alte den Sohn: »wie isch g'gange?« Der Sohn antwortete »gut«, worauf der Alte bemerkte: »Dann kannst Du noch ein Mann werden, ich hatte g'nug, bin aber au schu a alt's, schwach's Mannli.« In seinen ältern Jahren blieb der grosse Mettier im Müllerhause, das an der alten Strasse steht. Und da war es zur Zeit, in der die Franzosen durchs Land zogen, dass einmal eine Schaar Solcher das TaI hereinbrachen, bis nach Langwies, und ein Trupp Derselben beim Müllerhause vorbeikamen, dort müde, hungrig und durstig sich setzten, und vom alten Mettier etwas Labsal verlangten. Der nahm unter jeden Arm Brod und Käse und in jede Hand eine »Gebse« (Geschirr von Holz, 8-10 Mass haltend) Milch, und brachte das den Franzosen. Diese liessen sich‘s wohl sein, und im Gespräche mit Mettier fragte Einer ihn, ob hier (in Langwies) Alle so starke Männer seien, wie er. Mettier er­widerte: »Ja, i bin nüt meh, aalt schwach's Mannli, aber doben in da Berga, da sind die rechta Manna, gönd nu ufa.« Auf diese Erklärung hin machten die Franzosen nicht mehr lange, standen bald auf, und kehrten hin, woher sie eben gekommen. Als Mettier schon in die 70 Jahre alt war, ward beim Müllerhause ein Stall gebaut (ob für Mettier selber, oder einen Andern, wird nicht gesagt) und zwar von schönem, langem Holze. Nun wurde beim Setzen des Dachstuhles die »First« (Firstbalken) nicht recht hinaufgetan, und sollte wieder gekehrt werden. Da diese Arbeit eher schwer und auch gefährlich war, wurde sie nicht gerade behende ausgeführet. Da kam eben ein »fahrender Schüler« daher, der sah die Zimmerleute »raten« (sich beraten) und »beizen« (sich abmühen), und sagte lachend, er wolle die »First« schon kehren, stellte sich hinauf, schlug eine Axt mitten in den »Tramen« (Firstbalken, der die ganze Länge des Gebäudes hat), fasste mit beiden Händen, und drehte die »First« um, spottend: »Trotz dem Bündner, der das tut.« Den alten Mettier, der unten zuschaute, machte diese Herausforderung so böse (wie auch die Zimmerleute darob sich ärgerten), dass er, seiner Kraft trauend, hastig entgegnete: »Tut mir ein Brett hinauf, dass ich stehen kann, so will ich es auch probiren.« Nachdem das Brett oben war, an Ort und Stelle, stieg Mettier hinauf, steckte die Axt mitten in den »Tramen« und drehte die First mit einer Hand, ausrufend: »Trotz dem Welschen, der das tut.«  Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Stätten zum Kirchenbau

Source: Die Stätten zum Kirchenbau

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a) Die Iberger (Kanton Schwyz) wollten ihre Kirche ganz in der Ebene ihres Tales aufführen. Aber zum drittenmale fanden sie die herbeigebrachten Materialien des Morgens an derjenigen Stelle, wo jetzt das dem heiligen Täufer Johannes erbaute Gotteshaus steht, am Fusse der Guggern, eines Hügels. b) Die Kirche von Altishofen sollte sonst auf Engelberg bei Egolzwil stehen. Allein über Nacht wurden die herbeigeschafften Steine jedesmal an den gleichen Platz geschafft, wo sie jetzt in Altishofen sich erhebt. Engel haben das getan. Nach andern war der kleine Hügel in der Äschermatte ob der Flüeggen bei Nebikon als Kirchenplatz bestimmt. Das erzählte Wunder fügte es anders. c) Die Altbürer wollten eine Kirche bauen. Der Platz war oberhalb dem Ring beim Dorfe bestimmt. Das Material wurde auf den Platz geführt; aber allemal kamen über Nacht auf unbegreifliche Weise die Steine auf den Bühl, wo die Kirche jetzt ist. Als dies mehrere Male vorkam, beschloss die Gemeinde die Kirche dort zu bauen.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Die Stätten zum Kirchenbau

Source: Die Stätten zum Kirchenbau

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a) Die Iberger (Kanton Schwyz) wollten ihre Kirche ganz in der Ebene ihres Tales aufführen. Aber zum drittenmale fanden sie die herbeigebrachten Materialien des Morgens an derjenigen Stelle, wo jetzt das dem heiligen Täufer Johannes erbaute Gotteshaus steht, am Fusse der Guggern, eines Hügels. b) Die Kirche von Altishofen sollte sonst auf Engelberg bei Egolzwil stehen. Allein über Nacht wurden die herbeigeschafften Steine jedesmal an den gleichen Platz geschafft, wo sie jetzt in Altishofen sich erhebt. Engel haben das getan. Nach andern war der kleine Hügel in der Äschermatte ob der Flüeggen bei Nebikon als Kirchenplatz bestimmt. Das erzählte Wunder fügte es anders. c) Die Altbürer wollten eine Kirche bauen. Der Platz war oberhalb dem Ring beim Dorfe bestimmt. Das Material wurde auf den Platz geführt; aber allemal kamen über Nacht auf unbegreifliche Weise die Steine auf den Bühl, wo die Kirche jetzt ist. Als dies mehrere Male vorkam, beschloss die Gemeinde die Kirche dort zu bauen.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.1865.


by Die Stechelbergen haben anstelle von Gold ein Ungeheuer gefunden

Source: Die Stechelbergen haben anstelle von Gold ein Ungeheuer gefunden

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D' Schtächelbärger hein anstatt Gold es U`ghyr g`funden Vor uralten Zyten hein die hindrischten Talbewohner, d’Schtächelbärger, hej (hoch) wuohi zwissen Dirlocherhoren un Rottalgletscher Ysen graben. No friejer heis da o Gold g’funden. As ischt nieuwa alben es Männdi vom Rotfluohhoren naha chon, gwiss nid greeser wan en Hittetotz. Die meischten Lyt hein das viel un dick (oft) g’sehn aha chon un dir d’s.Tal us träppellen. Aber an dämm hät si  eina no trumpierd, das ischt en tonnders zäja Bonz g’syn. D’s hindrischt mal hed er en grossi Loubhutta am Puggel g’häben. Alls hed’s Wunder g’non, was där in d’r Hutten heigi. Är hed sa geng mid nem Hudel deckti g’häben, das mu ja niemer chenni drin schääken. Süm (Einzelne) hein si d’s Tyfels verfluoched, si heiges zwissen Rippenen, Schinen un Wideschten g’sehn us d’r Hutten usa zinnten wie Gold. Sobald, dass im Herbst di erschten Schneeggyfer (leichter Schneefall) hed dir d’Horen aha g’jagt, den hed er si grad verbutzt (aus dem Staub gemacht). Usgänds Merzen hed er si umhi mickti (dann und wann) zuoha g’lan. Wen där Chnirps talin ol talus ischt, hed er si nid megen uberhan, wan hie un da bin er Hushaltig yz’chehren gan gschouen fir eppes z’zabnen. Gwiss d’s hindrischt Mal, wen er ischt chon, ischt er d’s gäggels g’syn, (wohlauf)un ihnen hed g’wiss d’s Allerhin- drischta guet megen lyden. Eis an em tollen, luuterren Herbschttag ischt das Männdi ussen inha chon un guotgangs (schnurstracks) inhi un bis in das Rytigufer g’ragled. As hed allem zueha brieled, un dernah hed’s nes g’seid: "So ier lieben Lyt, jetz wil i nuch Uskunft gän, was i fir Heimlichkeiten han in d’r Hutten g’häben. I han da eso hin un wider Gold uf Gsteig usi. Ier heid mier, sig i oben aha ol ussen inha chon, ohni wyters z’ässen g’än. I bin g’wiss o pletzli elter wan die chlynen Schepf in d’r Litschenen. I han ag’non, i sig hyt d’s lescht Mal usi g’sin, un as tiecht mi grad, i chenni nymeh lang läben. I han no grad es Einzigs zuon uch z’sägen, un das tied er mer chuum abschlan. Wen i g’storben bin, su tied er mi wuohi näbem Dirlocherhoren ylegen." D’Schtächelbärger syn ohni wyters yverstanden g’syn. Duo ischt das Beri wyter g’fahren: "Fir ewwi Miej wil i nuch jetz grad sägen, wan i d’s Gold han g’non. Gaad an Schtuofenschtein wuohi un dernah über d’GIetscherlouena über un dir en Chriegsmahdwang uuf bis gäg d’s Dirlocherhoren. Wen er wuohi chemed, gsehd er pletzli es Loch im Schopf; dert miesst er inhi. Da stotzed en Pickel, un dän miesst er nähn. Dert g’schpired er Trapplega uf em Felsen, un denen miesst er na. Den chemed er an en grossi Blatta. Sobald, das er mid dem Pickel dran tippelled, den geid si uuf. Den heid er in mächtega Huufen Gold un syd di Rychsten z’wyter Heid." Un duo isch abg’hased. Die Schtächelbärger nyd lingg un syn morneschti am Morgen z’rächter Zyt z’Wäg. Da syn dry settig gangen wan zum obsi gan nid hein g’churred (schwer schnaufen) wen in ibelg’häbni Geis, un den hättes den dem Tyfel terfen in Bart stahn. D’r Sterchscht hed es Uberräf g’non, die andren beed hein in jedra es Gabelli g’häben. Wa si syn wuohi an Stuofenstein chon, lyd das Goldmänndi tod’s hert under em Wägli. Si heis uf d’s Uberräf uufbunden, un eina ischt na Pickel un Schuufla in d’Stuofensteinhitta. Un fluggs sis über d’Gletscherlouena über. Wan sl syn wuohi chon zum Dirlocherhoren hei ses ab’bunden, en Gruoba g’macht un ses yg’leid. Gly, wan si sin zum Horen zuehi chon, heis d’s Loch funden. As ischt nid wyt inhi gangen, as hed no Heitri g’häben. Die Trapplega heis ohni wyters g’spird, aber där Pickel ischt bi d’s Tyfels Wyti niena z’finden g’syn. Wan si d’r Pickel nid hein g’sehn, heis d’Farb g’ändred, syn schier älb worden un hein en tonnders Angst uberchon. Uf d’s Mal heis es ungehyrs Grammpol (Lärm)g’heerd. Wen en Blitz ischt es mächtigs, grasigriens Lumpetier vor si g’sprungen! As hed grad d’Art g’häben wien en Heidox, (Eidechse)aber numen isch en cheiben Huufen greeser g’syn. Ein Stachel am andren, g’wiss wie Gablentschinggen, ischt uf em Rigg g’stotzed; Grinda hed’s zween g’häben, uusg’sehn heis we där von em  Zytmuni (junger Stier). Das Utier hed uf en Zennden g’chnaschled un d’Ougen in Grinden verträid un hed si wellen frässen. Un das ischt so sicher das eppes! Un duo heis nidsi g’lan, syn pletzli geigled; (gestürzt) unna us sys Totz über Meis chon, (Hals über Kopf stürzen) un in jedra hed in g’schirpfta Grind g’häben. Syg in däm Loch wuohi Gold, ol sygen da Ug'hyr, g’wiss en kein einzega Hindergrunder hed's meh verzennd, (gelsüsten) das gan usz’näslen (auskundschaften). Quelle: Hans Michel, Ein Kratten voll Lauterbrunner Sagen. Wengen 1936. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Steckenfahrt

Source: Die Steckenfahrt

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Der Hausknecht einer geachteten Bürgerfamilie hatte bemerkt, dass seine Meisterin mit ihrer Tochter hie und da am Samstag in der Nacht fortgehe und erst gegen morgen wieder heimkomme. Er wollte sich diesfalls gehörigen Aufschluss verschaffen. Am folgenden Samstag legte er sich nach dem Nachtessen auf die Ofenbank und fing bald ordentlich zu schnarchen an. Frau und Tochter wollten ihn wecken, nachdem die übrigen Hausgenossen sich zu Bette begeben hatten; allein er liess sich weder durch Rufen noch durch Rütteln aus seinem Scheinschlafe aufstören, und die Tochter sagte endlich: "Wir wollen ihn liegen lassen und uns reisefertig machen; der schläft ja so fest wie ein Murmeltier im Winter." Gesagt, getan. Sie nahmen aus einem kleinen "Häfeli", das auf einem Gestelle über der Stubentüre gestanden hatte, eine Salbe, beschmierten damit zwei Besenstiele, setzten sich rittlings darüber und sprachen: "Oben us und nienen a!" worauf sie verschwanden. "Sind das also derlei Zugvögel!?" murmelte der Knecht, indem er sich aufrichtete und das geheimnisvolle "Häfeli" herunternahm. Da er nun auch noch sehr gerne gesehen hätte, wo die Damen hingezogen seien, und er vermutete, die Salbe könnte allenfalls auch ihm ihre Zauberkräfte leihen, holte er einen ausgedienten Besenstiel aus einer Ecke hervor und präparierte ihn nach seinem besten Wissen und Können, Den Spruch hatte er sich aber nicht recht gemerkt, und er sagte dann aufs Geratewohl: "Oben us und überall a!" Das wirkte. Er wurde unverweilt in den Kamin hinaufbefördert, dort aber so erbärmlich hin und wider geschlagen, dass er endlich übel traktiert herabfiel; doch setzte er sich gleich wieder auf das Steckenpferd, welches diesmal, nachdem er den richtigen Zauberspruch gefunden hatte, dem Willen des Reiters vollkommen entsprach. In rasender Eile, wie vom Sturmwind getragen, zog's mit ihm über Seen und Flüsse, über Berge und Täler, und schon nach wenigen Augenblicken war das Ziel der Wanderschaft erreicht. Der Knecht kam, er wusste nicht wie, in einen grossen, prachtvoll dekorierten und erleuchteten Saal, wo eine grosse Gesellschaft versammelt und ein Ball veranstaltet war. Meisterin und Tochter befanden sich auch unter den Anwesenden und waren nicht wenig verblüfft, als sie ihn eintreten sahen. Doch kamen sie nach einigem Besinnen und leisem Beraten ganz freundlich zu ihm und fragten ihn, ob er auch Mitglied dieser Gesellschaft sei. "Nein, antwortete er; ich bin bloss Kandidat, möchte aber nun als Mitglied eingeschrieben werden." Hierauf wies man ihn in ein Nebenzimmer, wo auf einem schimmernden Trone ein fürstlich gekleideter Herr sass, welcher ihn anredete und sprach: "Sie werden hergekommen sein, dass wir Sie in unsere Genossenschaft aufnehmen. Sie haben mir nachzusprechen: "Ich stehe auf den Mist  Und verlass' den Herren Jesu Christ!" Ohne langes Zögern sagte hierauf der Knecht: "Ich stoh uf ä Mist  Und weiss, dass du der Tüfel bist!" Kaum waren diese Worte über seine Lippen gekommen, so war auch die ganze Herrlichkeit verschwunden, und er befand sich in einer ihm ganz unbekannten Gegend, auf einem weiten, öden Riete. Da er keine Lust hatte, hier zu übernachten, suchte er sich in der Ferne einen Punkt aus, wo er am sichersten menschliche Wohnungen anzutreffen hoffte, und marschierte dann rüstig darauf los. Gerade als die Sonne den ihm sehr willkommenen Tag ins Land brachte, kam er in ein Städtchen, dessen Einwohner jedoch eine Sprache hatten, von welcher er kein Wort verstand. Unter solchen Umständen wusste er nichts Klügeres zu tun, als zum Herrn Pfarrer zu gehen, welchem er sich leicht verständlich machen konnte, weil dieser ein sprachkundiger Herr war. Als der Pfarrer das Anliegen des Knechtes vernommen hatte, erteilte er ihm den Rat, er solle zuwarten bis zum nächsten Samstag. Da er doch seinen erprobten Besenstiel noch habe, soll er den Versuch machen, ob er nicht auf gleiche Weise wieder zurück nach Hause komme. Der Knecht befolgte den Rat und kam dann auch wohlbehalten in seine Heimat, wo er allererst seiner bisherigen Herrschaft den Dienst kündete. J. Natsch   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 282, S. 154ff Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Steimeren zu Wipkingen

Source: Die Steimeren zu Wipkingen

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Die Steimeren zu Wipkingen Die „Steimeren“ galt als eine bevorzugte Weingegend im alten Wipkingen. Der Name ist vermutlich von „Steinmauer“ abzuleiten, was auf römische Besiedlung schliessen lässt. Tatsächlich fand man auch allerlei römische Altertümer dort. Nach der Sage liegt hier ein Städtchen verschüttet. Ein Glöcklein, das man daselbst gefunden haben will, habe man in der alten Wipkinger Kirche wieder aufgehängt und gebraucht. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Escher und Wachter, S. 192. Vgl. Abt. Unterland, wo ähnliche Sagen vorkommen.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Sternenkinder

Source: Die Sternenkinder

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Ein König ließ verkünden, wer nach Feierabend noch Licht habe, müsse des Todes sterben. Nebenaus in einer Hütte wohnten zwei arme Spinnerinnen. Die eine ging schlafen, und die andere schlief über dem Spinnrad ein. Da kam die Polizei und fragte sie, warum sie noch Licht habe. Sie erwiderte, sie habe gesponnen, sei dabei eingeschlafen und habe geträumt, sie werde zwei Kindern das Leben schenken, und das eine werde einen goldenen, das andere einen silbernen Stern auf der Brust tragen. Da wurde sie vor den König geführt. Dieser fragte sie, warum sie seine Befehle nicht ausgeführt habe. Sie sagte, sie müsse sich mit dem Spinnen das Brot verdienen; über der Arbeit sei sie eingeschlafen, und das Licht habe über den Feierabend hinaus gebrannt. Dann erzählte sie dem König den Traum. Dieser sann darüber nach und ließ sie wieder frei. Der Sohn des Königs hatte das junge Mädchen gesehen, es lieb bekommen, und eines Tages ging er hin, holte es aus der Hütte weg und nahm es zur Frau. Der Vater starb, aber die Mutter lebte noch, und diese haßte die junge Königin und sann nach, wie sie der ehemaligen Spinnerin das Leben sauer machen könnte. Die junge Königin schenkte während der Abwesenheit ihres Gemahls zwei Söhnchen das Leben, und das eine trug richtig einen goldenen, das andere einen silbernen Stern auf der Brust. Während die Mutter schlief, ließ die alte Königin die Kinder entfernen, in einem Korb im Wald an einen Baum hängen, so daß sie ihrem Schicksal überlassen blieben. Zu der Mutter sagte die Alte, sie hätte eine Mißgeburt gehabt, und die Kinder seien tot. „Ich habe sie doch schreien hören“, sagte die Mutter. „Das hast du nur geträumt“, fuhr die böse Königin fort. Da fand ein alter Jäger auf seinem Streifzug den Korb mit den schreienden Kindern. Er hatte selbst zehn Kinder zu Hause, aber er dachte, zwei mehr gebe nicht viel mehr zu tun. Er nahm den Korb und trug ihn nach Hause. Seine Frau schlug die Hände zusammen: "Was, du bringst noch zwei, und wir wissen selbst nicht, was wir unsern zehn Kindern zu essen geben wollen!« Der Jäger aber sagte: „Siehst du nicht die Sterne auf der Brust, hier den goldenen und hier den silbernen, das sind gewiß Herrenkinder!“ So blieben die Knaben in der Jägersfamilie und wuchsen mit den andern Kindern auf. Als sie groß waren, sagte der Jäger zu ihnen: „In Gottes Namen, jetzt müßt ihr gehen, ich bin zu alt, um die ganze Familie zu ernähren!“ Er gab ihnen einen Zettel mit, worauf stand, daß er sie einst im Walde gefunden und daß sie beide einen Stern auf der Brust trügen. Die Knaben reisten fort und kamen zu einer Burg, wo sie um Arbeit fragten. Der Burgvogt sagte, zwei so junge Bürschchen könne er nicht brauchen, aber als sie ihm den Zettel des ihm befreundeten Jägers zeigten, stellte er sie an und erteilte ihnen den Auftrag, den Garten zu bewässern und zu pflegen. Die Knaben dienten hier mehrere Jahre und hielten immer treu zusammen mit der Magd des Burgherrn, die den Kindern oft zusah und ihnen alles zuliebe tat. Bald ging der Lärm durchs Land, daß bei dem Burgherrn zwei Knaben dienten mit Sternen auf der Brust, und diese Märe drang auch zu den Ohren des Königs. Seine Frau war längst nicht mehr bei ihm. Er war sehr aufgebracht gewesen gegen sie, weil sie ihm keine Kinder geschenkt, und als er in den Krieg zog, verkaufte die böse Mutter die Königin als Sklavin in ein fremdes Land. Dann wurde sie wieder verkauft und kam als Magd auf die Burg, wo die beiden Knaben, ihre Kinder, dienten. Die böse Mutter hatte dem König nach seiner Rückkehr aus dem Krieg gesagt, seine Frau sei ihm während der Abwesenheit untreu geworden, und sie hätte sie deshalb fortschaffen müssen. Als der König nun die Kunde von den Sternenkindern vernahm, besann er sich wieder des Traumes seiner verschwundenen Frau. Der König fragte sich, ob seine Frau wohl irgendwo noch am Leben sei, und eines Tages sagte er zu der Mutter: »Ich gehe, die beiden sonderbaren Knaben aufzusuchen!“ Da gab sie ihm einen betäubenden Trank, so daß er nicht fortgehen konnte. Als er zum zweiten Mal denselben Wunsch äußerte, mischte sie wieder ein Pulver in seinen Trank, der ihn wiederum betäubte. Beim dritten Mal sagte er nur, er unternehme eine Lustreise und kehre abends nicht zurück. Da erschien er auf der Burg. Die Magd erkannte ihn sofort, er sie aber nicht. Die beiden Knaben wurden ihm vorgeführt und sie mußten sich entblößen. Auf der Brust glänzten der goldene und der silberne Stern. Da verlangte die Magd auch vorgeführt zu werden, was ihr erlaubt wurde. Sie fragte den König, ob sie ihm ihre Lebensgeschichte erzählen dürfe. Der König war gern bereit sie anzuhören, und nun vernahm er den Betrug, den seine schändliche Mutter verübt, erkannte seine Gemahlin wieder und schloß sie mit den Knaben in die Arme. Er zog mit allen dreien auf sein Schloß, ließ seine Mutter ins Gefängnis werfen und den Scheiterhaufen errichten. Als sie auf den Platz geführt wurde und als Hexe den Scheiterhaufen bestieg, mußte sie noch sehen, wie der König seine Gemahlin, die wieder die Krone trug, am Arme hielt, und wie sich die beiden Knaben an ihre Eltern schmiegten, dann wurde der Brand in den Stoß geworfen und die Hexe verbrannt. Quelle: J. Jegerlehner, Sagen und Märchen aus dem Oberwallis, Nr. 143         Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Stieftochter

Source: Die Stieftochter

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Vor langer Zeit lebten einmal ein Mann und eine Frau und die hatten keine Kinder. Eines Tages, es war mitten im Winter, schnitt sich die Frau im Garten in den Finger. Als sie nun die Blutstropfen im Schnee sah, sprach sie: »Ich wünschte, dass ich ein Mädchen bekäme, so rot wie das Blut, so weiß wie der Schnee und mit Haaren, so schwarz wie die Rabenflügel.« Einige Zeit später gebar sie ein Mädchen, und das sah aus, wie sie es sich gewünscht hatte. Doch bald darauf musste die Frau sterben. Und wie einige Zeit verflossen war, hat sich der Vater wieder verheiratet. Die Stiefmutter aber hasste das Mädchen und bekam einen Zorn, sooft sie es ansah. Eines Tages befahl sie einem Jäger, die Stieftochter in den Wald zu führen und zu töten. Die Zunge aber solle er ihr bringen, damit sie sicher sei, dass er das Mädchen getötet habe. Der Jäger hat das Mädchen genommen und es in einen Wald hinausgeführt. Als das Mädchen sah, dass es der Jäger töten wollte, flehte sie um ihr Leben. Während das Mädchen so bat und flehte, ging ein Fuchs vorüber und sprach zum Jäger: »Töte mich anstelle des Mädchens!« Da tötete der Jäger den Fuchs, schnitt ihm die Zunge heraus und brachte diese der Stiefmutter. Das Mädchen aber irrte lange im Wald herum. Endlich kam es ganz draußen am Ende des Waldes zu einer Hütte. Sie ging hinein, und da waren zwölf Becher mit Milch und zwölf Teller mit je einem Stück Brot auf dem Tisch. Es nahm von jedem Brot einen Bissen und trank von jedem Becher einen Schluck. Neben dem Tisch waren zwölf Betten. Da ruhte es in jedem, und im letzten schlief es ein. Gegen Abend sind zwölf Zwerge, denen die Hütte gehörte, nach Hause gekommen. Da sprach einer nach dem andern: »Jemand hat ein Stück von meinem Brot gegessen; jemand hat aus meinem Becher getrunken.« Als sie sich nun ins Bett legen wollten, sprachen wiederum alle: »Jemand hat in meinem Bett geruht.« Im letzten Bett aber fanden sie das schlafende Mädchen. Der Zwerg, dem das Bett gehörte, wollte das Mädchen nicht in der Hütte lassen, doch dieses sagte, sie sollten sich nicht fürchten, sie tue ihnen nichts zuleide und könne ihren Haushalt führen. Da waren sie damit einverstanden. Am Morgen, als das Mädchen aufgestanden war, sagten ihr die Zwerge, sie solle ja niemanden hereinlassen, solange sie von zu Hause weg seien. Als die Zwerge nun weggegangen waren, kam eine alte Frau, die klopfte an die Haustür. Es war aber die Stiefmutter, die sich als alte Frau verkleidet hatte. Das Mädchen wollte sie nicht eintreten lassen, aber die Alte bat und bettelte so lange, bis sie ihr die Hütte öffnete. Die alte Frau schenkte dem Mädchen ein Mieder und band es ihr auch selbst um. Dieses Mieder aber war vergiftet. Kaum hatte das Mädchen es angelegt, so fiel es auch schon leblos hin. Die Stiefmutter aber suchte das Weite. Als die Zwerge zurückkehrten, fanden sie das Mädchen am Boden liegend und trugen es ins Bett. Als es schließlich wieder zu sich kam, fragten die Zwerge, warum es denn doch jemand habe in ihr Haus kommen lassen. Das Mädchen erzählte, wie sehr die Frau gebettelt habe, so dass sie nicht habe widerstehen können, und erzählte, was es mit dem Mieder auf sich habe. Darob waren die Zwerge sehr ungehalten, und sie haben dem Mädchen eingeschärft, ja niemanden einzulassen, wenn sie außer Hause seien. Sie drohten dem Mädchen, wenn es wieder jemanden ins Haus hereinlasse, würden sie es in einer Pfanne braten. Darauf sind die Zwerge wieder fortgegangen. Kaum waren die Zwerge aus dem Haus, da kam auch schon wieder die Stiefmutter als alte Frau verkleidet an die Türe. Das Mädchen schaute zur Fensterluke hinaus und sagte, es dürfe niemanden hereinlassen. Aber die Alte verstand es, das Mädchen zu überreden, bis es ihr schließlich die Tür öffnete. Wie die Stiefmutter in der Hütte war, brachte sie das Mädchen dazu, einen Apfel zu essen, den sie ihm reichte. Mit dem ersten Bissen, den das Mädchen vom Apfel nahm, fiel es leblos zu Boden. Die Stiefmutter ging auf und davon. Als die Zwerge zurückkehrten und das Mädchen am Boden fanden, haben sie gewusst, dass es die Alte wieder habe eintreten lassen. Sie waren sehr erzürnt und haben ausgemehrt, ob sie das Mädchen leben lassen oder in der Pfanne braten sollten. Die Mehrheit aber war dafür, ihm das Leben zu schenken. Sie legten es aufs Bett und bemühten sich so lange, bis es wieder zu sich kam. Dann haben die Zwerge unter sich abgemacht: »Zehn von uns verlassen das Haus, und zwei verbergen sich hier im Bett!« Gesagt, getan. Zwei von ihnen versteckten sich im Bett und die zehn andern gingen weg. Bevor sie aber gegangen sind, haben sie dem Mädchen befohlen die Alte hereinkommen zu lassen, wenn sie komme und anklopfe. Kaum waren die zehn Zwerge aus dem Haus, da kam die Stiefmutter wieder als alte Frau verkleidet und klopfte an die Hüttentür. Da ging das Mädchen hinaus und ließ sie herein. Kaum war sie in der Stube, haben die Zwerge die Stiefmutter getötet. Das Mädchen und die Zwerge aber lebten noch lange glücklich und zufrieden zusammen.   Quelle: Götz E. Hübner und Sigrid Früh, Von Gletscherjungfrauen und Erdmännlein, Fischer TB, nach Caspar Decurtius, Märchen aus dem Oberlande, Zürich 1874, in Graubünden erzählt.        Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Stieftochter

Source: Die Stieftochter

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Eine verheiratete Frau schnitt sich einmal im Winter in den Finger. Sie ging in den Garten und liess das Blut auf den Schnee tropfen und sagte: «Ich möchte ein Mädchen bekommen, so rot wie Blut, so weiss wie Schnee und die Haare so schwarz wie Kohle.» Eine Weile später gebar sie ein Mädchen, wie sie es gewünscht hatte. Es hatte eine Farbe so weiss wie Schnee, so rot wie Blut, und die Haare waren so schwarz wie Kohle. Doch die Mutter starb, und der Mann heiratete wieder. Die Stiefmutter konnte das Mädchen nicht ausstehen, und sie befahl einem Jäger, es in den Wald zu führen und zu töten. Die Zunge müsse er ihr bringen, damit sie sicher sei, dass er ihre Stieftochter getötet habe. Der Jäger gehorchte, er nahm das Mädchen und führte es in den Wald. Als es merkte, dass der Jäger es töten wollte, bettelte es um sein Leben. In dem Augenblick kommt ein Fuchs daher und sagt zum Jäger: «Töte mich anstelle des Mädchens!» Der Jäger tötet den Fuchs, schneidet ihm die Zunge heraus und bringt die der Stiefmutter anstatt der Zunge des Mädchens. Das Mädchen lässt er frei. Es irrte lange im Wald herum und kam zu einer Hütte am Waldrand. Es trat ein, und da standen sieben Tassen mit Milch und sieben Teller mit einem Stück Brot auf dem Tisch. Es biss von jedem Brot einen Mund voll ab und trank einen Schluck Milch aus jeder Tasse. Neben dem Tisch waren zwölf Betten. Es schlug eines nach dem andern auf und legte sich in das letzte. Gegen Abend kamen zwölf Zwillinge in die Hütte. Einer nach dem andern sagte: «Es ist von meinem Brot abgebissen worden, es ist aus meiner Tasse getrunken worden!.» Als sie zu Bett gingen, da sagten wieder alle: «Mein Bett ist aufgeschlagen!» Im letzten Bett fanden sie das schlafende Mädchen. Der, welcher jeweils dort schlief, wollte das Mädchen nicht in seinem Bett. Doch es sagte, sie müssten keine Angst vor ihm haben, es tue ihnen nichts zu Leide, und es könne ihnen den Haushalt machen. Da konnte es bleiben. Am Morgen, als das Mädchen aufgestanden war, sagten die Zwillinge, es müsse den Haushalt besorgen, dafür wollten sie es behalten. Dem Mädchen war dies recht, und es blieb bei den Zwillingen. Vor dem Weggehen sagten sie dem Mädchen, es dürfe niemanden hereinlassen, während sie fort seien. Aber als die Zwillinge fort waren, kam eine Frau und klopfte lange an die Tür. Es war die Stiefmutter, die sich als alte Frau verkleidet hatte. Das Mädchen wollte die Alte nicht hereinlassen, aber die begehrte so lange und so heftig um Einlass, bis sie ihr die Tür öffnete. Drinnen schenkt die verkleidete Stiefmutter dem Mädchen ein Band und bindet es ihm selber um. Aber das Band ist vergiftet, und sobald das Mädchen es trägt, fällt es in Ohnmacht. Die Stiefmutter flieht schnell nach Hause. Daheim fanden die Zwillinge das Mädchen auf dem Boden, und sie legten es ins Bett. Als es wieder zu sich kam, fragten die Zwillinge, weshalb es jemanden ins Haus gelassen habe. Das Mädchen erzählte, wie sehr die Frau darauf bestanden habe, wie es sich nicht habe dagegen wehren können und was ihm mit dem Band passiert sei. Die Zwillinge wurden hierauf fuchsteufelswild und befahlen dem Mädchen, niemanden hereinzulassen, wenn sie aus dem Haus seien, sonst würden sie es in der Pfanne braten. Dann gingen die Zwillinge weg. Kaum waren sie fort, so kam die Stiefmutter wieder als alte Frau verkleidet vor die Türe. Das Mädchen schaute durch den Fensterladen und sagte, es lasse niemanden herein. Aber die Alte konnte derart schön tun und schmeicheln, dass das Mädchen sie zuletzt doch hereinliess. In der Hütte konnte die Stiefmutter das Mädchen sogleich überreden, einen mitgebrachten Apfel zu essen. Nach dem ersten Bissen fiel es wiederum in Ohnmacht, und die Stiefmutter ging zur Hüttentür hinaus und weg. Als die Zwillinge zurück waren und das Mädchen am Boden fanden, da wussten sie, dass es die Alte wieder hereingelassen hatte. Sie wurden wütend und stimmten darüber ab, ob sie das Mädchen in der Pfanne braten sollten. Aber die Mehrheit wollte es am Leben lassen. Da legten sie es ins Bett und pflegten es, bis es wieder zu sich kam. Dann sagten die Zwillinge zueinander: «Zehn gehen aus dem Haus und zwei bleiben hier und verstecken sich im Bett!» Gesagt - getan. Zwei versteckten sich im Bett, und die andern zehn gingen weg. Vorher hatten sie dem Mädchen befohlen, die Alte hereinzulassen, wenn sie klopfe. Kaum waren die zehn Zwillinge aus dem Haus, so kam die Stiefmutter wieder als alte Frau verkleidet und klopfte an die Hüttentür. Das Mädchen ging und liess sie herein. Als sie in der Stube war, töteten die zwei Zwillinge die Stiefmutter. Jetzt konnte das Mädchen bis ans Lebensende bei den Zwillingen bleiben.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Stiftsdamen als Hexen

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Bei den Hexentänzen am Gafarra-Bühl, im Weisstannental, fanden sich auch die Stiftsdamen von Schanis ein; die Äbtissin ritt an ihrer Spitze.  U. Zindel, Archiv für Volkskunde Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 380, S. 217 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Stimme aus der Lawine

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Als vor etwa 50 – 60 Jahren die Lawine nachts über das Haus in der Blüemlismatt hinausfuhr, hörte man eine Stimme rufen: »Hinecht chumi-n-i und nah hundert Jahrä chumi-n-i wider«. K. Walker; Ambros Zurfluh, 70 J. alt. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Stoffler

Source: Die Stoffler

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Wo zwischen Splügen und Nuvenen der Berg-Stock Guggernüll am jungen Hinterrheine sich erhebt, wo oben in den schauerlichen Klüften der Geier horstet, oder der Rabe krächzt, nie aber eines Menschen Fuss hinauf sich wagt, - dort hausen jetzt die Geister vom alten Geschlechte der Stoffler. Die haben »durband« (durchwegs) ein lasterhaftes Leben geführt, ihre Mitmenschen auf die schändlichste Art betrogen, und auf unrechtmässige Weise grosse irdische Reichtümer sich gesammelt. Alle Verstorbenen dieses Geschlechtes haben dafür aber keine selige Grabesruhe. Nachts (zu gewissen Zeiten), wenn die Turmuhr zwölfe zählt, und der eherne Ton der Glocke die Geisterstunde verkündet, wenn das Sternenheer so freundlich blinkt, und der stille Mond seine gewohnte Bahn wandelt, wenn drunten auf dem Gottesacker Todesstille herrscht, - dann vernahm man im Gebüsche an den Ufern des Flusses ein sonderbares Rauschen. Die Büsche schienen in Flummen aufzugehen, - und - heraus trat ein grosser, illusterer Mann, mit langem, weissen Barte, und einen glühenden Knittel in der riesigen Faust haltend. Er schritt dann dem nahen Kirchhofe von Medels zu, schlug mit dem glühenden Knittel auf einige bestimmte Gräber, aus welchen dann heulend und zähneklappernd seine Vorfahren, Alle des Geschlechtes der Stoffler sich erhoben, und ihm zu Füssen sich legten. Mit donnerähnlicher Stimme rief er Jedem seine Untaten ins Gedächtnis, hieb dann unbarmherzig auf sie los, bis dann, wie auf einen Schlag, Alle auseinandersausten, und in das Haus flüchteten, das sie einst bewohnt. Dort rissen sie Türen und Tröge auf, durchwühlten in unsäglicher Gier und Hast die umherliegenden Schriften, und heulten erschrecklich dabei; so dass die Bewohner aus ihrem gerechten Schlafe aufgeschreckt wurden, und nicht wissend, was das sei, nach der Stube eilten, wo der Spuck los war. Dieser Rumor wiederholte sich zeitweise, dann und wann, weshalb die Nachkommen dieser Stoffler grosse Summen Geldes geben mussten, damit ein Geisterbanner den armen Seelen Ruhe verschaffe, oder wenigstens be­wirke, dass sie nicht mehr in das Haus zu kommen vermöchten. Das geschah denn auch wirklich. Wie die Unholde neuerdings in das Haus einbrachen, und ihren gewohn­ten Unfug trieben, trat diesmal der Banner unter die Türe. Und seinem Machtspruche Folge leistend, flüchteten sie kopfüber, heu­lend und schreiend, aus dem Hause, verliessen sogar die Gräber auf dem Gottesacker, und zogen hinauf ins Guggernüll-Gebirge, um nicht wieder zurückzukehren. Dort müssen sie umgehen, vom Fusse des Berges immerwährend grosse Steine den Berg hinaufschleppen, um droben eine Hütte zu bauen. - Man vernimmt oft ihre Jammertöne, besonders in hellen Nächten des Monates August. Wenn dann des Himmels Blau sich verfinstert, und schwarze schwere Wolken einen furchtbaren Sturm verkünden, wenn darauf die ersten schweren Tropfen fallen, - dann brechen die Stoffler auf Guggernüll ihr Häuslein ab, rollen die Steine bergab, und schreien in unsäglicher Schaden­freude ins TaI hinab: »Nu, nu wird's schö Wetter, - nu, nu wird's schö Wetter.« Dann aber kommen sie von Guggernüll herab, Allsammt, und müssen von Neuem die gleichen Steine bergauf schleppen, die nämliche Hütte abermals aufbauen, und beim nächsten Gewitter wieder sich künden, - und so fort, bis dass die Steine, durch das abwechselnde Hinunterrollen und Hinaufwälzen, kugelrund geworden sind. - Dann erst sind die Stoffler erlöst. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Störche zu Veltheim

Source: Die Störche zu Veltheim

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Wer den heiligen Störchen und Rauchspiren Leides thut, der lebt nicht lang und kommt einst zu unterst in den Rollhafen. So wissen auch die Störche bei ihrer jährlichen Wiederkehr genau, ob derjenige noch am Leben ist, der ihnen in frühem Jahren Gutes oder Böses gethan. Regelmässig mit Petri Stuhlfeier (22. Februar) erschienen die Störche sonst zu Veltheim und nisteten. Da geschah es, dass ihrer einer auf den benachbarten Schlosswiesen zu Wildenstein herumlief und drüber vom dortigen Lehensbauern geschossen wurde. Im Dorfe hatte man grossen Abscheu vor diesem Frevel und um so eher merkten sich die Leute Tag und Jahrgang dieser Begebenheit. Petri Stuhlfeier kam wieder, ein ganzer Sommer gieng vorbei, so vergiengen zehn Sommer; nie mehr hatten sich seitdem die wohlbekannten Störche hier wieder blicken lassen. Da starb im zehnten Winter jener neidische Schlossbauer, und mit nächstem Jahre waren auch die alten Dorfstörche wieder da. Und man sagt, dass von da an alle Abende die Kinder dorten auf den Kirchhof gegangen seien, um die Thiere noch zu Nacht beten zu hören. Reime im Aarauer-Tagblatt (1855 No. 50) lauten darüber: All Johr am Petri Stuehlfiertag, zwor mängist nit grad uffe schlag, do chunnt, er bliibt üs gwüss nit us, en gast und suecht zum stuehl es hus. er luegt de winter a und seit, ebs pfingsten ist, bist z’bode gleit! do butze d’schwälmli d’nestli us, d’ambeissli flicke flink am hus, und d’lerche juble, ‚s girt de spier, vor luter freud und früheligs-fier. blos d’möntsche luege nidig dri, as gäb’s für sie kei sunneschi, es b’reicht ‚ne’s nüt noh irem schnitt, sie singen eusem herrgot nit. drum glaubt der storch, sie chnüble dra: wie jeder All’s chönn einzig ha. Wenn das Storchenpaar sein frisches Nest bezogen hat und brütet, erscheinen oft noch ein bis zwei Paare fremder Störche, welche dasselbe Nest gleichfalls in Anspruch nehmen wollen. Dann sind die Neststörche genöthigt, zu fasten, und müssen wie Belagerte eine Hungersnoth aushalten, wenn sie nicht während des Ausflugs ihren Wohnsitz an den Feind verlieren wollen, der ihn tagelang scharf bewacht. Als in Basel ein gleicher Nesträuber den Storch auf dem dortigen Rathhause bedrängte, stieg ein alter Rathsherr zuoberst auf die Zinne hinaus, und schoss den Eindringling mit einem Pistol zusammen. Er wollte, sagt man, damit nicht nur dem gekränkten Rechte Beistand leisten, sondern, wird hinzu gesetzt, auch den Mitbürgern beweisen, dass in dieser Stadt die Todesstrafe, die auf vorsätzlichem Mord steht, nicht so leicht abgeschafft werden solle. Man sah einst im Aargauer - Wynenthal, wie einer der Belagerer nach mehrtägigem Zuwarten sich in die Luft schwang und mit Macht auf den Neststorch herabstürzte. Dieser aber war bereits in Position, um gegen den Angreifer einen kunstgerechten Fechterstoss zu führen. Der Getroffene stürzte vom Dach, brach sich den Flügel und musste unten auf der Gasse bald verenden. Ein andermal waren die Angreifer zu Viert. Der Schauplatz war das Dorf Beltheim bei Schinznach. Schon tagelang hatte der ungleiche Kampf gedauert und die Neststörche waren nahe daran zu unterliegen. Die ganze Dorfschaft war in Aufregung. Da holte die Storchenpolizei noch rechtzeitig eine Flinte; ein Schuss, und dem Streite war ein Ende gemacht. In einer benachbarten Matte wurde nachher einer der Angreifer todt gefunden. Die Befreiten waren dankbar und das Flintenfeuer verscheuchte sie nicht. Ganz anders aber nahmen sie dasselbe im Frickthaler-Dorfe Eicken. Seit mehr als zwanzig Jahren schon hatten sie auf dem dortigen Thurme genistet. Als aber vor etwa drei Jahren ein neuer Pfarrer seinen Einzug hielt und bei dieser Gelegenheit aus Flinten und Böllern stark geschossen wurde, warfen die Störche ihre Eier aus dem Neste und zogen fort. Man machte ihnen ein neues Nest, allein sie sind seither nicht wieder gekommen. Ein Schöftländer-Bauer wünschte zu erfahren, wohin der ihm benachbart bauende Storch regelmässig ziehe; er hieng ihm also einen Zettel um, auf dem die Bitte stand, man möchte anderwärts gleichfalls darauf bemerken, in welchem Lande das Thier zu überwintern pflege. Als der Storch wieder erschien, war auf dem Zettel zu lesen: Ei ei, du G’wundersma, in Ostindia Uf eme Schuehmachershus! Der Storch ist selbstherrlich und will durch Niemand in seinem Hausregiment überwacht sein. Dies erfuhren die Brugger. Sie hatten sich längst gewünscht, von ihrem Kirchthurme herab das Geklapper nistender Störche ebenfalls zu hören, gleichwie es ihrem Nachbarstädtchen Lenzburg zu Theil wird. Sie beorderten deshalb den städtischen Baumeister, ein Rad auf den Kirchthurm zu setzen; und siehe, das nächste Jahr baute wirklich ein Storchenpaar auf dem Rade. Allein es kam ein neuer Baumeister ans Ruder, und dieser, der es noch besser machen wollte, liess bei Renovierung des Kirchendaches auch das Rad darauf säubern und hübsch anstreichcn. Aber nächsten Sommer flogen die Störche eben so hübsch an Brugg vorbei. Wenn die Frickthaler-Störche sich an Maria Geburt, 8. September, -zum Fortziehen schaaren, so haben sie ihren Sammelplatz auf dem Weiherfeld bei Rheinfelden, ebenso auf dem Haltingerfelde im Badischen, benachbart bei Basel. Hier sieht man sie den Zug anordnen, „Musterung halten", die Paare abzählen und dabei „welschen", d. h. so laut klappern, dass man sein eignes Wort nicht mehr versteht. Bleibt bei dieser Anordnung ein ungerader übrig, „der keinen Gespan findet", so ist ihnen dies ein Zeichen, dass er wegen ehlicher Untreue allein stehe. Dafür zieht ihn das Storchengericht zur Strafe und das UrthrLL wird auf der Stelle vollstreckt, indem ihn der Storchengeneral mit dem Schnabel ersticht. Vor Jahren wurde auch auf dem Sisslerfelde ein solches Gericht über ein Storchenpaar abgehalten, das sich nicht vertragen konnte, dabei wurde Männchen und Weibchen hingerichtet; man soll daselbst jetzt noch zuweilen solche durch Schnabelhiebe getödtete Störche finden. Als in Säckingen, gegenüber am badischen Rheinufer gelegen, vor einigen Jahren ein Bürger Namens Storch starb, sollen gegen vierundzwanzig Störche in das Städtchen geflogen sein; während der Mann zu Grabe getragen wurde, sassen sie auf dem Kirchthurme und klapperten. Da der Storch sehr vieles weiss, was die Leute Unwahres ihm nachsagen, so begiebt er sich selten auf ein solches Haus, in welchem ihm missgünstig Gesinnte wohnen; aber er stellt sich ihnen manchmal gerade vor dem Haus auf, und dann entsteht ein Sturmwind, der das ganze Strohdach abdecken kann. Da er zugleich der Kinderbringer ist, so rächt er sich an seinen Feinden auch dadurch, dass er ihnen ein ungestaltetes, oder gar ein schon gestorbenes Kind aus dem Teiche herausholt. Man erzählt, die Störche hätten in der Stadt Lenzburg sowohl, wie auch im Ruederthal und im Uerkenthale ein eignes Stipendium besessen. Ein Mann im Dorfe Kölliken hatte eine so grosse Liebe zu diesen Thieren, dass er bei seinem Tode ihnen ein Legat testamentlich aussetzte, aus dessen Zinsen diejenigen, die im Frühlinge verfrüht ankamen und zum Froschfang noch kein offenes Gewässer finden konnten, mit Fleisch gefüttert wurden. Das Storchenstipendium im Dorfe Schöftland schreibt man einer Burgfrau von Rued zu. Diese hochbetagte Wittwe wohnte allein in ihrem Schlosse; Knecht und Magd schliefen entfernt von ihr, im Oekonomiehause, das unten am Schlosshügel stand. Plötzlich brach einst Nachts Feuer bei ihr aus, und niemand sah‘s und weckte die alte Frau. Da kam der Schöftländerstorch vor ihr Fenster und pickte so lange, bis sie erwachte und noch rechtzeitig sich rettete. Da sie kinderlos war, setzte sie ihn zu ihrem Universalerben ein. Er soll täglich ein Pfund Leber oder Gelüng zum Leibgeding gehabt haben. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die störrischen Satansgeister

Source: Die störrischen Satansgeister

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Zur Zeit des Pfarrers Mâret, dessen Portrait noch im Pfarrhofe in Savièse zu sehen ist, so wird erzählt, hausten im Berge Chamoréta im Sanetschtal, eine Unzahl störrischer und boshafter Geister — Mâlins — welche ohne Unterlass an den Felsen herumnagten und Geröll und Steinblöcke zu Tal stürzen machten. Um grösseres Unglück zu verhüten, wandten sich die Leute an ihren frommen Pfarrer, die Geister zu bannen. Ungern übernahm dieser den schwierigen Auftrag; doch wollte er's versuchen. Drei Tage lang bereitete er sich vor durch Fasten und strenge Busswerke; er nahm selbst drei Nächte sein Nachtlager auf dem Kirchhofe zwischen den Gräbern der Abgestorbenen, zog die Strümpfe aus und legte zerbrochene Schalen in die Schuhe, als er den Berg hinauf zu den Geistern stieg. Er fand sie richtig: aber diese spotteten seiner und machten sich über ihn lustig: Ob er etwa komme mit ihnen Kameradschaft zu machen, denn er sei — einer ihresgleichen — ein Dieb. Das wollte der verblüffte Pfarrer, der ein gutes Gewissen hatte, nicht zugeben; doch man erinnerte ihn, dass er einmal, als er müde den Berg hinaufstieg, aus einem Weingarten einen Rebstichel zur Hand genommen und selben noch nicht erstattet hätte. Der Pfarrer war sich nun des Fehlers bewusst und ging zurück, um die Erstattung zu machen. Als der Pfarrer wieder erschien, wussten die Geister nichts mehr einzuwenden als: «Mârait n'est jamais bon foin! — Lische (Anspielung auf seinen Namen) ist kein gutes Heu!» — «Aber Lische ist doch gut für störrische Maulesel», entgegnete der Pfarrer. — Die Geister mussten weichen und zogen in den Berg Cerney. Aber damit gewannen die guten Leute wenig oder nichts; die boshaften Geister begannen in Cerney eben das zu verüben, was sie vorher in Chamoréta getan. Darum baten sie wieder den Pfarrer, er solle doch diese Zerstörer zum Tale hinausbannen. Der bereitwillige Pfarrer stieg wieder in's Sanetschtal hinauf und nahm diesmal die Geister mit sich zurück ins Pfarrhaus nach Savièse, um ihnen da Stricke zu geben und sie dann ans Meer zu senden, aus Sand Fäschen zu machen. Um aber die stets tätigen Geister unterdessen zu beschäftigen, bis er die Stricke im Hause zusammengeholt hätte, nahm er einen Sack voll Roggen und einen anderen voll Weizen, schüttete alles durcheinander und befahl ihnen, das Getreide wieder zu sondern. Der Pfarrer beeilte sich sehr, mit den Stricken schnell wieder einzutreffen; doch die Geister hatten die Arbeit schon vollendet und machten sich eben daran, den Stubenofen abzutragen; ja die obere Platte lag schon auf dem Boden, als er mit den Stricken in der Hand wieder ins Zimmer trat. Er übergab ihnen die Stricke und sandte sie an den Meeresstrand, wo sie noch jetzt voll auf zu tun haben, um Sand in Büscheln zusammen zu binden.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Strafe des Tierquälers

Source: Die Strafe des Tierquälers

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Ein Geizhals im Reusstal liess seine Kühe hungern, trotzdem sein Heugaden mit Futter mehr als genügend versorgt war. Zwischen Tod und Leben mussten sie so armselig dahinmartern, bis sie der Tod des Meisters von ihrem Elend erlöste. Von nun an regierte die Witwe. Wie sie eines Abends durch die Rischi hinaufsteigen will, um Heu zu holen, da findet sie den Deckel wie mit einem Zentnergewicht beladen, und ein eiskalter Hauch von oben macht sie erschauern. Lange rüttelt sie am Deckel, und endlich »braucht sie die Böseren«, d.h. Fluchworte. Da ging der Deckel auf, und sie schlüpfte durch die Öffnung und stand plötzlich vor einer formlosen Gestalt ohne Kopf, so kalt wie ein Eisklotz. Nachdem sie ihren Schrecken überwunden, redete sie den Geist an und vernahm von ihm das Bekenntnis, er sei ihr Gatte und müsse hier, bis zum Halse in einem Eisklotz eingeschlossen, leiden und büssen, hungern und frieren, bis er seinen Geiz gesühnt habe. Frau Baumann-Gisler Von Spuk, der mit Fluchworten gebannt wird und von eiskalten Geistern wurden mir noch mehr kleinere fragmentarische Sagen erzählt, die ich nicht aufgenommen habe. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Sträggele - Vernaleken

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Im Kanton Zug nennt man eine hässliche, zerzauste Weibsperson eine Strägele (Sträggele). Im sogenannten Bauernlande, in Cham und Hünenberg geht die Sage unter den Spinnerinnen: Wer im Spätjahr bis zu Weihnachts-Fronfasten nicht zehn Haspelten Garn gesponnen hat, den holt die Strägele. Eine Bäuerin hatte ein hübsches Töchterchen, das immer lieber durch die Fenster und in den Spiegel guckte oder im Hause herumtrippelte, als am Spinnrade sass. Um es zu besserem Fleisse anzuspornen, drohte ihm die Mutter öfters mit der Strägele, wofern bis zur nächsten Fronfasten die zehn Haspelten nicht fertig gesponnen wären. Eines Tages, als das Mädchen wieder sehr nachlässig im Spinnen war, wollte die Mutter ihrer Drohung noch mehr Nachdruck geben, indem sie sagte: "Heute Abend muss dich die Strägele holen!" Die Kleine lächelte ungläubig. Inzwischen ward mit einem Knechte verabredet, dass er nach Einbruch der Nacht auf ein gewisses Zeichen vor das Haus hinausgehen und am Fenster pochend mit veränderter Stimme das Kind verlangen solle. Abends darauf, als dieser bereits hinausgegangen war, um sich zur Ausführung des verabredeten Spieles zu bereiten, kam jemand an das Fenster und forderte die Herausgabe des versprochenen Kindes. Dieses gerät in Schrecken und verspricht unter Weinen und Händeringen, sich zu bessern. Allein die Stimme am Fenster forderte dringender, und so ward das jammernde Kind durch's Fenster dem vermeintlichen Knecht in die Arme geschoben. Kaum war das Fenster geschlossen.so pochte es wieder am Fenster, und nun war es wirklich der Knecht, der mit verstellter Stimme die unfleissige Spinnerin abforderte. Die Mutter erschrickt nun selbst, öffnet das Fenster, fragt den Harrenden, ob er das Mädchen nicht gesehen habe; aber der weiss nichts von dem Vorgefallenen. Als sie nun stille horchen, vernehmen sie von fern her aus den Lüften das Jammergeschrei des ausgelieferten Mädchens. Es war zu spät. Die Strägele hatte es wirklich geholt. Des andern Tages fand man in der Nähe noch die abgerissenen Haarzöpfe der verlorenen Kleinen. Wenn man heute noch um die Fronfastenzeit von einer Waldschlucht her ein seltsames Rauschen vernimmt, so heisst es: die Strägele ist wieder im Lande. Quelle: Theodor Vernaleken, Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch


by Die Sträggele - Vernaleken

Source: Die Sträggele - Vernaleken

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Zu Urswel im Kanton Luzern ist's am dritten Samstag im Advent nicht geheuer; denn es hat sich Folgendes dort zugetragen: Ein Mädchen hat einst, man mochte es noch so viel antreiben, nicht gesponnen und der Mutter Widerworte gegeben. Da sagte die Mutter: "Kind nimm dich in Acht, übermorgen haben wir Fraufaste, und am Samstag zu Nacht kommt die Sträggele. Spinnst du mir nicht alle Tage deine Rast (aufgegebene Arbeit), so wird dich die Sträggele mitnehmen. Es war aber umsonst. Als die Samstagnacht kam, erscheint draussen die Sträggele und fordert das Meitschi (Mädchen). Die Mutter stösst das Kind hinaus und denkt, es werde morgen schon wiederkommen. Das heulende Mädchen wird fortgetragen und von der Sträggele verzehrt. Am andern Morgen sucht man und findet einige Überreste ihres Körpers zerstreut im Dorfe. Die Mutter und alle die es hören, jammern laut, und in jeder Fraufastennacht denken sie mit Grausen daran, und jedermann fürchtet die grausame Sträggele. Quelle: Theodor Vernaleken, Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch


by Die Sträggelen - Koch

Source: Die Sträggelen - Koch

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Eigentümlicherweise erzählen die Alten auch vom wilden Treiben der Sträggelen in einigen Gemeinden des Zugerlandes. Die Sträggelen stammte eigentlich aus dem Entlebuch. Dort führte sie ein ganz unweibliches Leben und ging sogar an Sonntagen auf die wilde Jagd. Sie wurde dann auch zur Strafe vom schwarzen Türst geholt und muss nun zur Strafe in sternhellen Winternächten mit wildem Hundegebell durch die Wälder und Felder streifen. Wenn in der Fronfastenzeit durch eine Waldschlucht herab ein seltsames Rauschen entsteht, heisst es in Risch, die Sträggelen sei wieder im Land. Um nachlässige Töchter zum Spinnen anzueifern, drohte man in Hünenberg mit dieser unseligen Jungfer: "Wer im Spätjahr bis zur weihnachtlichen Fronfasten nicht zehn Haspleten Garn gesponnen hat, den holt todsicher die Sträggelen". In der Gegend von Cham hatte eine währschafte Bauersfrau eine hübschfeine Tochter. Sie hatte aber einen Riesenfehler, denn sie schaute mehr in den Spiegel als auf ihr leider verstaubtes Spinnrad. Die Mutter drohte und schalt: "Ganz sicher wird bei uns noch die Sträggelen Einkehr halten". Als wieder das Spinnrad feiern musste und die eitle Jungfer vor dem Wandspiegelein stund, rief voll Entrüstung die Mutter: "Heute abend muss dich die Türstbraut, die Sträggelen holen!" Die Tochter lachte ungläubig auf. Die Bäuerin hatte inzwischen mit dem Knecht eine Abmachung getroffen. Er soll am Fensterladen klopfen und sie werde dann die Tochter zum Fenster hinausschieben. Es hämmerte darauf ganz leise an dem Fensterladen. Unter fürchterlichem Zeter und Mordioschreien schob die Mutter die faule, spiegelsüchtige Tochter zum Fenster hinaus in die Arme des vermeintlichen Knechtes. Kaum war das Fenster wieder geschlossen, als es erneut am Fensterladen klopfte und eine Stimme nach der faulen Spinnerin verlangte. Die Mutter riss erschrocken das Fenster auf und frag den erstaunten Knecht, ob er die Tochter denn nicht schon vorhin in Empfang genommen habe. Dieser aber wusste von nichts. Beide hatten sich vor Staunen noch nicht erholt, als aus den Lüften ein herzdurchdringender Schrei ertönte. Die Sträggelen hatte wirklich die Bauerntochter geholt. Am andern Morgen fand man vor dem Hause die abgerissenen Zöpfe der müssigen Spinnerin. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 80 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die streitenden Brüder

Source: Die streitenden Brüder

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Die heutigen Ausserberger Alpen Raaft und Leiggern waren früher das ganze Jahr hindurch bewohnte Dörfer, sogar eigene Gemeinwesen. Eine grosse Quelle in der Augstkumme tränkte ihre durstigen Wiesen. Zwei Wasservögte, für jede Ortschaft einer, hatten für gerechte Teilung des Wassers zu sorgen. Es war das keine leichte Aufgabe, weil oft jeder meinte, der andere sei im Vorteil. Eines Jahres nun waren zwei leibliche Brüder Wasserhüter von Raaft und Leiggern. Sie kamen eines Tages bei der Schalte, wo sich die Wasser teilten, zusammen. Aber nicht einmal sie konnten sich über das Wasser in Güte einigen. Sie stritten miteinander, ergriffen im Zorne die Spaten, schlugen aufeinander und trafen sich gegenseitig so unglücklich, dass sie beide tot liegen blieben. Als man die toten Brüder fand, war auch die schöne Quelle versiegt. Bald fanden Hirten der Leiggernalpe in den östlichen Felsen des Bietschtales eine neue Quelle, die niemand nützlich war. Es war offenbar der versunkene Brunnen der Augstkumme. Jetzt waren die streitenden Brüder, die zwei Dörfer Raaft und Leiggern, wieder einig. Mit vereinter Kraft schleppten sie roh behauene Baumstämme vor die Öffnung der neuen Quelle, zimmerten eine Wand, um dem Wasser den Ausgang zu versperren und diese zurückzulenken auf ihren Berg. Aber die guten Leute hatten nicht gerechnet mit der Gewalt des Wassers, das die künstliche Wehr durchbrach. Zwei Bächlein fliessen heute noch aus den Öffnungen, die bei den Ausserbergern die Nasenlöcher heissen. Man fand sogar die Spuren der künstlichen Verbauung. AUSSERBERG Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Strohflasche im Eiet bei Lütwil

Source: Die Strohflasche im Eiet bei Lütwil

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Eine weite Strecke sumpfigen Mattlandes bei Lütwil lässt der Glaube von allerlei Moosgeistern und verwünschten Erscheinungen bewohnt sein. Zwischen dem Gugge-Rain und dem Ei oder Eiet fand man daselbst vor einigen zwanzig Jahren eine große Strohflasche, und während die Leute mit einiger Verwunderung sie betrachteten, kam auch der Dorfbarbier dazu, ein Mensch, der sonst schon durch Prahlereien und frevelhafte Reden allerlei Ungebühr angerichtet hatte. Er schlug mit einer Haselgerte der Flasche den Hals ab. Darüber bekamen alle Umstehenden geschwollene Gesichter und der Barbier selbst musste in kurzer Zeit daran sterben. Man erfuhr nachher, dass ein böser Geist durch Mönche in diese Flasche gebannt gewesen war. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Stunde ist da

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Auf den Wasserleitungen vom Aletschgletscher nach Ried hauste ein Geist, der auf die Sander richtig aufpasste um sie dann in den jähen Abgrund zu stürzen. Viele sind da erfallen. Einst rief es: «D Stund ischt da,aber der Ma no nit!» Kurz darauf kam der Sander an dieser Stelle vorbei. Von oben stürzte ein Steingeröll hernieder und riss den Sander in die Tiefe. RIED-MÖREL Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Stunde ist da – aber der Mann noch nicht

Source: Die Stunde ist da – aber der Mann noch nicht

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Wer ob dem Grossstein, etwa eine halbe Stunde nordöstlich über Naters hinauf, den waldichten Anhöhen zuwandert, wird, wenn er aus dem Buschwerk heraustritt, nicht wenig überrascht, dass er plötzlich am Rande eines gähnenden Abgrundes sich befindet. Auch den kühnsten Bergsteiger überläuft es eiskalt, wenn er in diese schauervollen Schlünde des Massachins hinunterschaut. Das lauschende Ohr vernimmt hier ein fernes und hohles Getöse, so aus einer furchtbaren Untiefe von einem reissenden Bergstrome herrührt. Die grauschwarzen Felswände, die an manchen Stellen nur in schmalen Zwischenräumen sich trennen und aus einer unheimlichen Tiefe zu einer schwindelnden Höhe emporragen, umkränzen Waldbäume, die zum Teil zitternd über dem Abgrund herüberschwanken und gleichsam wie schweigende Wächter dastehen, um den unvorsichtigen Wanderer vor der drohenden Gefahr zu warnen. In der schwindelnden Tiefe drängen sich die Felsen so eng zusammen, dass es da ganz Nacht wird. Es nimmt uns nur wunder, wie die wilde Massa, welche aus dem Aletschgletscher entspringt, im Sommer ihre brausenden Wogen durch diese Engpässe durchzudrängen vermag. Diese Totenstille des Waldes, die nur zufällig die ferne Axt des Holzhackers oder das Geschrei der hier herumschwärmenden Raben, oder das gellende Pfeifen eines Raubvogels störet, der furchtlos und majestätisch über dem Abgrunde kreiset; diese finstern Untiefen, aus welchen ein kalter Hauch uns anwehet; dieses unterirdische dumpfe Tosen des Gletscherstromes, das an den schroffen Felswänden schaurig wiederhallet — ist für den vorwitzigen Bergwanderer etwas Unheimliches und Grausenerregendes, so dass er baldmöglichst diesen Ort verlässt. Umso mehr, wenn er vernimmt, dass in diesen Höllenschlünden schon mehrere Männer ihren Tod gefunden. Man sieht auf der anderen Seite mit Staunen an den grausigen Felswänden eine wahrhaft kühne und kostspielige Wasserleitung, die wie in der Luft schwebend, aus dem Massachin heraus bis nach Mörelried hinübergeführt wird. Neben den hölzernen Känneln sind nur schmale Balken angelegt, über welche der Wasserleiten-Hüter, oder Vogt, dem ausbleibenden Wasser nachgehen muss, um zu erforschen woran es fehle. In so schwindelnder Höhe, über so schmale Bretter fort zu wandeln, erfordert einen kühnen und verwegenen Burschen, dem es im Kopfe nicht schwindlicht wird. Von solchen kühnen Männern, die dies gefährliche Amt übernahmen, soll schon mancher in diese grausigen Abgründe gestürzt sein. Der Volksglaube meint, Geister seien schuld an ihrem Tode gewesen. Eine uralte Sage vermutet, dass in diesen schauerlichen Orten eine verführerische Wassernixe oder gar eine Eisjungfrau aus dem Aletschgletscher ihre Wohnung habe und von Zeit zu Zeit auf Männer Jagd mache; und wenn sie des ersten überdrüssig geworden, denselben ohne Skrupel durch die Massa hinunterschicke — und dann wieder einen frischen zu bezaubern, zu fangen und in ihre kalte Umarmung, in das schaurige Brautbett herab zu locken — und herunterzustürzen suche. Vielleicht mögen diese Sagen ihren Ursprung folgender Erzählung zu verdanken haben: Einst soll ein Hirt seine Ziegen in diese Gegend auf die Weide getrieben haben. Da hörte er mit heller Stimme aus dem Massachin rufen: «Die Stunde ist da — aber der Mann noch nicht!» — und dieses bis zum dritten Male. — Da kam plötzlich ein junger Mann mit raschen Schritten über die schwindlichte Wasserleitung daher; — und kaum, dass er sich dem Orte näherte — wo man die Geisterstimme hörte — so fiel er in den schrecklichen Abgrund hinunter — und die Eisjungfrau hätte ihren Mann, dem sie dreimal gerufen — endlich gefunden.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Sulzy-Brücke

Source: Die Sulzy-Brücke

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  Die Lenker wollten einst beim Sulzy eine Brücke bauen, und wie es so ist, so war es auch damals: sie hatten kein Geld. Sie beratschlagten hin und beratschlagten her - sie sassen beisammen, den Kopf in die Hände und die Ellbogen auf den Tisch gestützt - so sassen sie und warteten auf Erleuchtung; aber sie kam nicht. Sie zogen ihre Pfeiflein aus der Tasche, freuten sich an den blauen Rauchwölklein und gingen heim, um sich tags darauf von neuem zu versammeln und zu beratschlagen; allein so oft sie den Gemeindesäckel hervorklaubten und öffneten - er war und blieb leer. Da kam Erleuchtung! Der Teufel fuhr mitten unter die Versammlung und versprach Geld, viel Geld! Da rieben sich die Lenker schmunzelnd die Hände. Nur stellte der Teufel eine Bedingung. Da kratzten sich die Lenker griesgrämig hinter den Ohren. Die Bedingung lautete: Der Teufel wolle alles nötige Geld herbeischaffen; doch müssten sich die Lenker verpflichten, als ersten Passagier ein Tier darüber zu treiben, das er nicht kenne. Sie gingen darauf ein. –  Man begann mit der Arbeit. Von Tag zu Tag sah man die Brücke wachsen; doch statt der Freude schlich sich Sorge und Kummer in die Herzen der Bauern — wie sollten sie die gestellte Bedingung erfüllen? Wieder kam die Zeit, da sie hin und her beratschlagten, beisammen sassen, den Kopf in die Hände und die Ellbogen auf den Tisch gestützt hielten, sassen und warteten, ihr Pfeiflein aus der Tasche zogen und sich an den blauen Lichtwölklein ergötzten. Und auf Erleuchtung harrten. Da kam Erleuchtung! Die Brücke war hergestellt, und jetzt sollten die Lenker das dem Teufel unbekannte Tier darüber treiben. Dies stellten sie so an. Sie holten ein armes, altes Frauchen ans Tageslicht, bestrichen es mit süssem Honig und rollten es in luftigen Flaumfedern hin und her. Es wurde bis zur Brücke geführt, und nun trollte es auf allen vieren hinüber. Schon lachten die Lenker auf ihren Stockzähnen und rieben sich schmunzelnd die Hände; aber da donnerte plötzlich der Teufel herzu. Er stutzte erst und gestand, dass er das Tier wirklich nicht kenne, bei dem sich das Euter am Halse befinde; dann aber überkam ihn solche Wut und Scham, dass er das arme Geschöpf schlug, so dass es tot von der Brücke in die Tiefe rollte, und in seinem Zorn, das Spiel verloren zu haben, und weil man ihn so arg betrog, zerschlug er fluchend und zähneknirschend die eben hergestellte Brücke. Da kratzten sich die Lenker griesgrämig wieder hinter den Ohren. Seither haben sie beim Sulzy keine Brücke mehr gebaut; aber die Verheerungen, die der Teufel damals angestellt hat, sind noch heute zu sehen. Noch immer ist es eine unüberbrückte, wilde Schlucht.   Quelle: Georg Küffer, Lenker Sagen. Frauenfeld 1916. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Die Talherren im Enziloch

Source: Die Talherren im Enziloch

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Im Kanton Luzern ist eine wilde Talschlucht das Enziloch benannt. Dasselbe bevölkert die Phantasie des Volkes ob seiner Wildheit mit den Geistern aller derjenigen, welche reich und mächtig in ihrem Leben, ihre Macht und ihren Reichtum zur Unterdrückung der Armen, der Schwachen und Unmündigen missbrauchten. Wenn der Sturmwind des Nachts diese enge Schlucht durchheult, und die Äste der Eichen und Tannen krachend macht, so sagen die Bewohner jener Gegend: „Sie bringen einen neuen Talherren her!" So nennen sie die Geister, welche das Enziloch bewohnen, und dort zur Strafe eichene Stämme aus den Grat hinauf wälzen müssen, welche, sobald die Höhe kaum erreicht ist, donnernd in die Schlucht wieder zurückstürzen. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Talherren im Enziloch

Source: Die Talherren im Enziloch

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Am Fusse des Höchenzi im Napfbergland liegt unterhalb einer hohen Fluh das Enziloch. Darin hausen die Geister derer, die einst reich und mächtig waren, in ihrem Leben aber ihre Macht und ihren Reichtum dazu missbrauchten, um die Armen und Schwachen zu unterdrücken. Wenn des Nachts der Sturmwind die Schlucht durchtobt und die Waldbäume unter den wuchtigen Windstössen krachen und ächzen, dann flüstern die Leute einander geheimnisvoll zu: «Sie bringen wieder einen neuen Talherrn ins Enziloch.» Wenn aber das Wetter ändern will, so hört man viele Stunden weit durch die stille Berggegend ein seltsames Krachen und Tosen. Das rührt von gewaltigen Felsblöcken und Baumstämmen her, welche die Talherren aus der Tiefe des Enziloches auf die Bergeshöhe wälzen müssen zur Strafe für ihre begangenen Untaten. Diese Strafe ist um so schwerer, da es ihnen nie gelingt, die Last über den Rand des Abgrundes hinaufzuwälzen. Immer wenn sie glauben, damit am Ziel zu sein, entfahren ihnen Blöcke und Stämme und sausen dröhnend in den Abgrund zurück. Emmentaler Sagen, Hermann Wahlen, 1962 Gute Schriften Bern Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Tanne

Source: Die Tanne

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Als die Menschen noch im Paradiese wohnen durften waren auch Leute unseres Landes darin und sollten mit den andern ausgetrieben werden. Die andern lärmten, klagten und zankten wegen des Austreibens. Unsre Leute waren ganz ruhig, so dass der Engel sich darob erbaute und sagte: «Weil ihr so ruhig seid, könnt ihr etwas aus dem Paradiese mitnehmen. Was wollt ihr?» Unsre Leute sagten: »Es ist uns gleich.» Da gab ihnen der Engel eine Tanne und sagte: «Da habt ihr etwas, ihr immer Gleichen. Der Baum hats wie ihr, er ist immer gleich grün, sommers und winters.» Aus: U. Brunold-Bigler, Die Sagensammlung der Nina Camenisch, Disentis 1987, mit freundlicher Genehmigung der Autorin. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Tante als Hexe

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Ein alter Mann in Ruis im Oberlande erzählte, sein Vater sei gestorben gewesen, als er (der Knabe) noch klein war, und da habe er einmal die Mutter gefragt, was Jenem denn eigentlich auch gefehlt habe. Die Mutter berichtete ihm, das sei eine traurige Geschichte, aber ihm wolle sie dieselbe sagen; er sei durch Schuld der Tante ums Leben gekommen und zwar auf folgende Weise: »Dein Vater war ein grosser, starker und mutiger Mann und ein geübter Jäger; er hatte sein Vieh, welches er selbst fütterte, auf dem Gute »Schichieu «, wo er dann oft auf die Fuchsenjagd ging und zu diesem Zwecke stets ein geladenes Schiessgewehr in der Nähe hatte. Eines Abends kam ein grosser Fuchs und ging vor dem Stalle langsam auf und ab, als wollte er spazieren gehen; am folgenden Abende kam er wiederum, als der Vater eben mit Heu aus der Scheune kam. Er ging nun in den Stall, holte die Flinte, legte an, aber der Schuss wollte nicht losgehen. Der Fuchs aber blieb dann stille auf den hintern Füssen und rieb sich mit den Vorderpfoten die Nase. Erzürnt ging der Vater in den Stall, um noch einen geladenen Stutzer zu holen, den er auch parat hatte, und legt wieder an. Nun aber, statt zu fliehen, kam der Fuchs immer näher, so  nahe, dass er dem Vater ins Ohr sagen konnte: »Ziele gut, mein Kaspar». Erschrocken liess der Vater das Gewehr fallen, denn er hatte die Stimme der Tante, die in einen Fuchs sich verwandelt hatte, erkannt.« Nach diesem verschwand das Tier. Totenblass kam dann der Vater heim und legte sich zu Bette, und mit Mühe konnte ich die Ursache seines Schreckens erfahren. Er starb, obwohl der stärkste Mann weitumher, nach drei Tagen in Folge dieses Schreckens, den ihm die Tante eingejagt hatte. - Ja, glaube mein Sohn die Tante war eine Hexe; denn, als du getauft wurdest, und dein Vater und ich, viele Verwandte und Freunde, Götti und Gotte zu einer Mahlzeit beisammen waren und Alle freudig am Tische sassen mit unsern Gläsern Wein, kam auch die Tante mit majestätischen Schritten herein. Als sie eben unter die Türe trat, fingen alle Gläser an zu tanzen, ohne dass ein Tropfen Wein verschüttet wurde, und tanzten fort, bis die Tante ihre Hand über den Tisch streckte; erst dann wurden sie ruhig. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die tanzende Gestalt

Source: Die tanzende Gestalt

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Wir machten mit unserem Lehrer (wohl 1893) von Sissach aus einen Vormittagsausflug auf den Aussichtsturm bei Liestal. Auf dem Heimweg zeigte ein Mädchen plötzlich auf eine entfernte Waldwiese und da sahn einige von und auch der Lehrer, wie auf dem Mätteli etwas wie eine weibliche Gestalt sich hin und her und rund herumdrehte. Manchmal verschwand sie im Wald, schaute aber über die Bäume hinaus. Diejenigen, die nichts sahen, wollten uns nicht glauben und hielten es für Nebel oder Rauch. Als einige Buben der Sache nachgehen wollten, gebot der Lehrer halt, da er wünschte, dass wir rechtzeitig zum Mittagessen heimkämen. So erfuhren wir leider nie, was es mit der weissen Gestalt auf sich hatte. Hersberg Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Tänzerin

Source: Die Tänzerin

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Am Flumser Kleinberg, zu Portels, im Harzloch, ist ein Haus, das, wie viele ganz alte Häuser, eine grosse Kemenate oder einen Saal hat. In diesem Saal pflegten früher die Kleinberger Jünglinge und Jungfrauen zu tanzen. Als man wieder einmal im Harzloch tanzte, kam eine wunderschöne Jungfrau auf den Tanzplatz, Niemand kannte sie; aber alle Jünglinge fühlten sich zu ihr hingezogen und wünschten, mit ihr zu tanzen. Der erste gab sie keinem andern mehr und tanzte nur mit ihr. Um Mitternacht sagte sie zu ihm, sie müsse jetzt fort. Der Jüngling begleitete sie über die Höfe bis zum Bettlerbühl, wo im schauerlich tiefen Tobel unter der obern Naturbrücke, dem Gwelb, der Schilz vorbeirauscht. Da offenbarte sie ihm, sie sei ein unseliger Geist und müsse wandeln. Wenn er sie liebe und Mut und Selbstbeherrschung genug besitze, könne er sie erlösen. Sie müsse ihm als eine Kröte erscheinen, und er habe sie dann dreimal zu küssen. Beim ersten Kuss werde ihr Ansehen am erträglichsten sein, beim zweiten aber schon viel abscheulicher und beim dritten am entsetzlichsten. Beim dritten Kuss aber sei ihm gestattet, sie mit einem Tüchlein zu bedecken und nur durch das Tuch zu küssen. Dabei dürfe er unter keinen Umständen den Namen Jesu aussprechen. Der Jüngling gelobte, alles zu tun. Dann verschwand die Jungfrau, und es kam die Kröte. Der Jüngling überwand seinen Abscheu und küsste sie, worauf sie verschwand. Dann kam sie wieder, aber in viel hässlicherer Gestalt. Liebe und Mitleid siegten, und der Jüngling küsste sie. Zum dritten Mal erschien sie in so entsetzlicher Gestalt, dass der Jüngling vom Schrecken überwältigt ausrief: „O, Jesus!" Da gellte ein todestrauriger Wehschrei durch das Tobel. Ein Tannzapfen fiel vom Gipfel der nächsten Tanne zu seinen Füssen hin. Die Jungfrau stand wieder in menschlicher Gestalt da, von tiefem Schmerz erschüttert, und klagte, jetzt müsse sie noch so lange leiden, bis aus dem Tannzapfen, der soeben gefallen, eine Tanne zu ganzer Größe gewachsen sei. Aus den Brettern dieser Tanne werde eine Wiege gemacht, und ein Kind, das in diese Wiege gelegt werde, sei berufen, sie zu erlösen. Dann verschwand sie. Der Jüngling aber besuchte keinen Tanz mehr. J. B. Stoop Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 333, S. 185f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Tanzplätze

Source: Die Tanzplätze

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Tanzplatz und Spielplatz ist ein im Aargau für Wald- und Weideland häufig vorkommender Localname. So heisst die Gemeinde-Almend bei Unter-Entfelden Tanzplatz, Waldhöhlen um Veltheim und um Brugg heissen Rappentanz, einen Zurzacher-Berg bei Rietheim nennt man Rappenschnabel, und der Spielplatz ist die Waldhöhe beim Frickthaler-Stifte Olsberg, wo sonst der Hexen-Sabbath abgehalten worden ist; ein Spielweg liegt beim Dorfe Zuffikon; in der Nähe beim Dorfe Augst liegt die Schlosstud, wo man vom Tanz ausruhte. Der Tannenwald bei Seengen grenzt an die Elfliwiese und eine seiner grössern Lücken heisst der Tanzplatz, sowie ein benachbart liegender Baumgarten ebenfalls der Tänzler. Gleiches weiss man beim Schlosse Rued. Von manchem dieser Orte meint man noch, es hätten da die Brunnenjungfern und die Waldmännchen mit einander getanzt, und die schwarzen Grasringe, die man so häufig auf den Bergmatten trifft, nennt man deshalb Hexentanz. Dies stimmt mit einem Glauben zusammen, welcher im Frickthale und am jenseitigen Schwarzwälder-Rheinufer noch eifrige Anhänger hat. Mädchen, die als Bräute sterben, tanzen auf Kreuzwegen so lange fort, bis ihr Bräutigam ihnen nachgestorben ist. Aber auch untreu gewordene Mädchen müssen nach dem Tode jeden vorüber gehenden Mann, der, die Liebe des Eheweibes verschmähend, wilden Lüsten nachzieht, so lange in ihren Reihen hineinreissen, bis er todt hinsinkt. (Rueb in Laufenburg.) Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 291 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch  


by Die Tanzwiese

Source: Die Tanzwiese

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Ein junger Mann liebte ein Mädchen von wunderbarer Schönheit. Das wohnte in einem benachbarten Dorf des Capriasca-Tales und lebte allein. Beide waren sich von Herzen zugetan. Eines Abends sagte das Mädchen zum Jüngling: «Morgen Abend, Freitag, brauchst du mich nicht zu besuchen. Ich werde nicht zu Hause sein, weil ich zu einer Tante gehen muss, die krank geworden ist.» Der junge Mann gehorchte. Aber als sie am folgenden Freitag ihm wieder verbot, zu kommen, schöpfte er Verdacht, wurde eifersüchtig und wollte über die Sache ins klare kommen. Er begab sich also gleichwohl zu seiner Geliebten, guckte heimlich durch das Küchenfenster und sah Dinge, die ihn in großes Erstaunen setzten. Das Mädchen saß am Herd und kämmte sich mit aller Sorgfalt ihre blonden, prächtigen Haare. Dann verschwand es und kehrte bald darauf wieder zurück mit ihren schönsten Kleidern angetan. Hierauf nahm sie vom Schrank über dem Tisch ein kleines, rotes Schächtelchen, das eine grüne Salbe enthielt, mit welcher sie sich die Stirne, die Hände und die Füße einrieb. Darauf legte sie das Schächtelchen auf den Herd und verschwand durch den schwarzen Rauchfang des Kamins. Jetzt drückte der Jüngling mit Gewalt die Türe ein, trat in die Küche, nahm die geheimnisvolle Schachtel und salbte sich mit der grünen Salbe ebenfalls Stirne, Hände und Fülle. Da plötzlich fühlte er sich, wie von zauberhafter Macht, durch den Rauchfang emporgehoben und wurde zum Schornstein hinaus davongetragen. Und weit fort ging es. Schließlich gelangte er zu einer großen ebenen Waldwiese, die von unzähligen Lampen erhellt wurde. Dort tanzten viele schöne Mädchen und Jünglinge, fein gekleidet, ganz närrisch und wie außer sich zum Klang einer lieblichen Musik. Mitten auf der Wiese saß ein Herr in eleganter schwarzer Kleidung, mit Zylinder und ebenfalls schwarzen Handschuhen, mit Füßen wie die eines Pferdes und mit zwei Hörnchen auf der Stirn; ein Mann, dessen Blick einen bannte und bezauberte. Er lächelte und lächelte unaufhörlich. Es war gewiss der Teufel. Der Jüngling tanzte mit verschiedenen Mädchen und auch mit seiner Geliebten, die sehr verwundert war, ihn an diesem Ort zu treffen. So tanzten sie bis zum Morgen. Da hörte man vom Kirchturm des nahen Dorfes das Ave Maria des anbrechenden Tages läuten. Mit einem Schlag hörten Musik und Tanz auf, und alles verschwand in der grössten Finsternis. Als es dann später Tag wurde, befand sich der Jüngling auf einer Waldwiese rings von Dornbüschen umgeben. Nur mit großer Anstrengung konnte er sich durch die Dornen einen Ausweg bahnen und kehrte zerkratzt und übel zugerichtet nach Hause. Von diesem Tag an wollte er von seiner Schönen, die mit Geistern verkehrte, nichts mehr wissen und kehrte nie mehr zu ihr zurück.   Quelle: Walter Keller, Tessiner Sagen und Volksmärchen, Märchen erzählt in Campestro von Silvio Savi, 1928   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die tapfern Eyholzer

Source: Die tapfern Eyholzer

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Als am Mannenmittwoch 1388 die Savoyer in Visp geschlagen wurden, zeichneten sich besonders die Eyholzer durch Tapferkeit aus. Sie erhielten zur Belohnung eine eigene Fahne aus der Beute. Sie war noch lange im Burgerhaus aufbewahrt. In dieser Zeit sollen auch die Heldner ihren Namen bekommen haben, weil sie in der Schlacht so heldenhaft gekämpft hatten. EYHOLZ Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Tarnkappe

Source: Die Tarnkappe

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Ein Knabe eilte jodelnd den Burgerwald herunter. Plötzlich blieb er wie angewurzelt stehen und der frohe Sang erstarb auf seinen Lippen. Auf einem Wurzelstock hart am Wege sass ein Zwerglein. Das lächelte den Knaben freundlich an und liess sich mit ihm in ein Gespräch ein. „Büblein, wo kommst du her?“ „Ich habe dem Vater das Mittagessen gebrungen.“ „Wo bist du daheim?“ „Im Schwand drunten, und du?“ „Da im Berg drinnen. Möchtest du nicht einmal ein bitzeli zu uns kommen?“ „Wohl, das möchte ich gern.“ „Eben, so komm!“ Das Zwerglein nahm den Buben bei der Hand und führte ihn durch eine Wirrnis von Gebüsch und Steinblöcken zu einer Felsenspalte. Dort krochen sie hinein und gelangten in einen riesigen, hellerleuchteten Saal. Inmitten desselben sass auf einem prachtvollen Throne der Zwergkönig. Er trug eine funkelnde Krone auf dem Haupt und einen goldenen Stab in der Hand. Um ihn herum wimmelte es von kleinen Leutchen, Männlein und Weiblein in hübschen, bunten Gewändern. Sie machten fröhliche Spiele und drehten sich im Reigen. Dazu ertönte eine bezaubernde Musik  eine Musik, die Erde und Himmel, Zeit und Wirklichkeit vergessen liess. Mit offenem Munde und fiebrig glänzenden Augen stand der Knabe da, geblendet von dem Schauspiele, berauscht von der Musik und schaute und lauschte und staunte. Da traten die Zwerglein zu ihm heran und baten: „Komm, spiele mit uns.“ Noch bevor er antworten konnte, fühlte er sich an beiden Händen gefasst, in ihren Ring gezogen, und schon jagte er im lustigen Reigen um den Thron des Königs. Schneller und immer schneller ging`s herum. Doch, - wie sonderbar - das war kein Laufen, kein Tanzen. Die Füsse berührten den Boden nicht mehr. Das war ein weiches Schweben - ein Fliegen. Er hatte dieses wonnige Gefühl im Traume schon oft empfunden. Keine Müdigkeit beschwerte die Glieder, keine Hitze, keine Kälte, kein Hunger, kein Durst hemmte das wundervolle Spiel. Und diese Musik, diese Musik; man schwebte traumselig mit ihr empor.  So schwand die Zeit. Der Knabe merkte es nicht. Er vergass seine Eltern, seine Ziegen, seine Arbeit,  vergass alles und lebte nur der Wonne des Augenblicks. War ein Spiel zu Ende, so begann wieder ein neues. Es riss ihn mit. Von den Klängen der Musik getragen, tanzte, schwebte, tollte, sang und jodelte er ohne Unterlass. Er hätte wohl noch lange mitgetan, aber auf einmal verstummte die Musik. Der König sprach: „So Büblein, jetzt musst du nach Hause. Komm näher, ich will dir noch ein Andenken mitgeben. Hier hast du ein Käppchen. Es hat eine wunderbare Kraft. Wenn du’s auf den Kopf setzest, macht es dich den Menschen unsichtbar. Aber, pass auf, treibe keinen Missbrauch damit. Solltest du mein Geschenk einmal zu einer schlechten Tat gebrauchen, dann würde mein Volk sich furchtbar an dir rächen.“ Der Knabe nahm die Tarnkappe, die nicht grösser war als ein Chujerchäppi, dankend in Empfang und verabschiedete sich vom König und dessen Untertanen. Das Männlein, das ihn hereingeführt, begleitete ihn nach Hause. Die Sonne ging eben unter. Der Knabe meinte: „Jetzt habe ich den ganzen Nachmittag bei euch verbracht. Hoffentlich ist der Vater noch nicht zu Hause, sonst bekomme ich Schläge.“ Es nachtete schon, als sie in den Schwand kamen. Das Zwerglein klopfte an die Türe. Vater und Mutter eilten heraus, und als sie ihr Kind sahen, riefen sie beide: „Eh, mein Gott! Bub, wo kommst du her?“ Das Männlein antwortete: „Er war bei uns  hat mit uns gespielt, straft ihn nicht“. Dann wandte es sich um und beinelte rasch davon, dem Bergwald zu. Drinnen in der Stube hielt der Vater mit seinem Sohne strenges Gericht. „Drei Tage lang bist du fortgewesen. Drei Tage lang haben wir dich im Walde gesucht und uns fast die Beine abgelaufen. Bald hätte man dir die Totenglocke geläutet. Du aber, du donners Schlingel, du hast dich unterdessen bei den Heiden herumgetrieben, mit ihnen gespielt, drei Tage lang. Wart, ich will dir dieses Spielen gründlich verleiden.“ Mit diesen Worten ging er hin, die Haselrute hinter dem Puffet zu holen. Dem Jungen war zu Mute, als stürze er von der Höhe des Himmels in die Tiefe der Hölle hinunter. „Drei Tage fortgewesen, drei Tage dich gesucht,“ so summte es in seinen Ohren. Er konnte es nicht glauben und nicht begreifen, auch nicht als der Vater ihn aufs Knie nahm und den gefürchteten Haselstecken ohne Erbarmen auf den gespannten Hosenboden sausen liess. Doch plötzlich kam ihm das Käppchen in den Sinn. Er hielt es noch immer in der Hand. Flugs drückte er`s auf den Kopf und das Mirakel geschah. Des Vaters zornige Hiebe schlugen ins Leere - der Schlingel war verschwunden. So nahm das Strafgericht ein ganz unerwartetes jähes Ende. Der Knabe suchte später noch manches Mal im Walde droben den Eingang zum unterirdischen Saale, fand ihn aber nicht mehr. Die Tarnkappe trug er lebenlang bei sich. Sie war ihm in seiner Kindheit eine unerschöpfliche Quelle der Freude. Bei keinem Spiele durfte sie fehlen und immer neue Überraschungen wusste er mit ihr zu erfinden. Sie war seine Schützerin in den Mannesjahren. Drohte ihm eine Gefahr, geriet er in Zank und Streit, verwickelte er sich in eine missliche Lage, dann setzte er einfach seine Kappe auf  und verschwand. Sie war ihm aber auch eine ständige Mahnerin. Nie hätte er gewagt, sie zu einer bösen Tat zu verwenden, obwohl die Versuchung dazu oft nahe lag. Immer tönten des Zwergkönigs Worte in seinen Ohren: „Pass auf! Treibe keinen Missbrauch damit!“   Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch


by Die Taube

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Ein Ritter kam in ein verlassenes Schloß und fand in einem Gemache die besten Speisen und den feinsten Wein, die er sich wohl schmecken ließ. Als er aber gegessen und getrunken, kam ein Fuchs in das Gemach und sagte ihm, er habe verzauberte Speisen gegessen und verzauberten Wein getrunken, er müsse ihm nun sieben Jahre dienen und während dieser Zeit Holz spalten. Wenn der Ritter aber seine Pflicht tue und vor allem nicht in das kleine Gemach mitten in der Burg blicke, so würden Beide befreit werden und er, der Ritter, in den Besitz großer Reichtümer gelangen. Dieser fügte sich ins Unvermeidliche, spaltete fleißig Holz und hütete sich vor dem verhängnisvollen Gemache. Aber ehe die sieben Jahre vergingen, hatte der Mann seine guten Vorsätze vergessen und schaute in das Gemach, aus welchem der Fuchs hervorsprang und ihm, halb zürnend, halb trauernd, sagte, sie Beide müßten noch sieben Jahre im Schlosse liegen, und er möchte sich doch vor dem Gemache hüten. Der Ritter spaltete wieder geduldig Holz und ging sechs Jahre lang scheu am Gemache vorüber, konnte sich aber zuletzt nicht überwinden und tat, was er hätte unterlassen sollen. Da erschien der Fuchs wieder, weinte bittere Tränen und ermahnte den wankelmütigen Ritter, während der letzten sieben Probejahre doch standhaft zu bleiben, da sie sonst Beide auf tausend Jahre hin verloren wären. Das nahm sich der Mann zu Herzen; er spaltete Holz und floh das mittlere Gemach des Schlosses, wie die Hölle, und überwand glücklich seine Neugierde. Da kam wieder der Fuchs und war überaus fröhlich und lobte und herzte in seiner Art den Ritter. Dann hieß er ihn das während der dreimal sieben Jahre gespaltene Holz zu einem Scheiterhaufen zusammentragen, ihn, den Fuchs darauf legen, den Holzstoß anzünden und der Dinge warten, die da kommen sollten. Und der Ritter tat, wie ihm befohlen. Im Schloßhofe erhob sich bald darauf ein mächtiger Holzstoß, worauf der Fuchs angebunden lag, und am dritten Tage schlug die Flamme gen Himmel empor, die Mauern und Zinnen der Burg mit überirdischem Glanze verklärend. Und wie der Ritter da stund und in das Flammenmeer schaute, da entflog dem Scheiterhaufen eine blendend weiße Taube und schwang sich empor auf goldenen Flügeln in das Abendroth gegen den lichten Äther und eine Stimme aus den Wolken rief hernieder: »Die Seele ist gerettet und Burg und Wald und Land gehören dem Ritter.«   Quelle: Jecklin, Dietrich: Volksthümliches aus Graubünden. 3 Teile, Zürich 1874, n Val bei Somvix erzählt.       Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Taube

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Es war einmal ein Ritter, der suchte einen Dienst bei einem König. Abends spät kam er zu einem Schloss, wo niemand wohnte. Dennoch ging er ohne Angst hinauf, und als er in den Saal kam, fand er auf dem Tisch ein prima Nachtessen vor. Die guten Sachen schmeckten ihm, und er ass mit Lust. Plötzlich aber kommt ein Fuchs zur Tür herein und sagt: «Ihr habt verzauberte Speisen gegessen, jetzt müsst Ihr mir sieben Jahre lang dienen; während dieser Zeit dürft Ihr dieses Kämmerlein nicht öffnen, sonst geht es Euch schlecht!» Da ihm nichts anderes übrigblieb, hackte der Ritter Holz und hoffte, er sei in sieben Jahren frei. Aber die Neugier überwältigte ihn, und bevor das letzte Jahr vorbei war, musste er ins Kämmerlein schauen. In dem Augenblick sprang der Fuchs hervor und sagte: «Jetzt musst du nochmals sieben Jahre lang Holz hacken, aber öffne um Gotteswillen das Zimmer nicht, bevor die Zeit vorbei ist!» Unser Ritter hackte fünf Jahre lang Holz, da packte ihn wieder die Neugier. Er konnte sich nicht beherrschen, denn der Neugierteufel verführte ihn, die Tür zu öffnen. Da kam der Fuchs heraus, er weinte und sagte: «Wenn du in den sieben kommenden Jahren nicht gut aufpasst und während dieser Zeit wieder ins verbotene Kämmerlein schaust, müssen wir beide hier tausend Jahre lang verzaubert bleiben!» Das ging dem Ritter dann zu Herzen, und er hackte während sieben Jahren fleissig Holz und schaute nie ins verbotene Kämmerlein. Diesmal kam der Fuchs mit Freudentränen in den Augen aus dem Kämmerlein und befahl dem Ritter, er solle mit allem Holz, welches er während dreimal sieben Jahren gehackt habe, einen Scheiterhaufen errichten und ihn darauf legen. Der Ritter tat das voller Entsetzen, er legte den Fuchs auf den Holzhaufen und wartete darauf, was da kommen sollte. Da begann es zu donnern und zu blitzen, und im Nu stand der Scheiterhaufen in Flammen. Aber der Fuchs flog in Form einer weissen Taube himmelwärts und sagte: «Alle Güter, die Wiesen, die Äcker, die Wälder zusammen mit dem Schloss gehören meinem Erlöser!» Und der Ritter wurde Erbe all dieser Reichtümer und war ein feiner Herr. Dieser Fuchs war eine arme Seele.   Thompson Mot. C 611 (Das verbotene Zimmer)   Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Tauben vom Greifensee

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Am Greifensee, dessen Einsamkeit und Stille nur der Flügelschlag der Wildente und der Schrei des darob kreisenen Habichts unterbricht, stand zur Zeit des alten Zürichkrieges ein geringes Städtlein, das ein festes Schloss, hart am See, abschloss und überwachte. Es war aber so eng im städtischen Mauerring, dass auf dem Stadtplatz kaum der Brunnen Raum genug fand. Heute steht vom ehemaligen Stadtbild nur noch das eigenartige Kirchlein, das sein Türmchen stolz, wie eine Feder auf dem Hut, trägt. Als nämlich die Eidgenossen der trotzigen, dazumal kurz mit Österreich verbündeten Stadt Zürich nichts anzuhaben vermochten, zogen sie über den Berg und legten sich ums Städtlein Greifensee so gut sie konnten, denn auf einer Seite ging’s eben ans Wasser. Obwohl sie nun mit ihrem spärlichen Belagerungszeug die Mauern fleißig berannten und unablässig mit ihren Tummlern, Katzenköpfen, Steigleitern, Blyden und Schirmen aufs Städtlein losgingen, vermochten sie doch nichts auszurichten. Auch versuchten sie vergeblich, den Turm von der Seeseite zu untergraben. Es wurden ihnen so schwere Steine aufs Floß geworfen, dass es mit einer Anzahl Leute unterging. Also ließen sie den See sein und begannen, das feste Steinnest auszuhungern. Die tapfere Besatzung aber, unter ihrem kühnen Anführer Wildhans von Breitenlandenberg, höckte sich auf die Mauern. Dort spotteten sie der herumlagernden Eidgenossen und tranken ihnen in tollem Übermut zu. Das stachelte den Grimm der kriegerischen Hirten. Aber sie dachten: „Wenn den Vögeln der Hanfsamen ausgeht, pfeifen sie vielleicht ganz anders.“ Auch blieben sie nicht untätig. Immer wieder machten sie sich an die Mauern, und zuletzt gelang es ihnen den nicht allzufesten Stadtring zu nehmen. Als sie nun ins Städtlein hineinstürmten, fanden sie nur einiges ärmliches Weibervolk, das mit seiner geringen Habseligkeit jammernd vor den brennenden Häusern herumirrte, aber die kampftüchtige Besatzung hatte sich in die starke Burg zurückgezogen. Da guckten die magern Kriegsgenossen der Stadt Zürich durch die Schießscharten auf die wohlgenährten, dielenfesten Schwyzer und ihre Helfer herab, und nun lachten sie nicht mehr. Immer wieder schauten sie von ihrem hohen Luginsland gen Fällanden und der Enden hinüber und hinauf gen die Feste von Grüningen, ob ihnen denn nicht endlich ein Entsatz werden möchte. Aber die blauweißen Farben des Zürcherfähnleins wollten nirgends aufgehen, nur ein paar Störche und Wildentenschwärme flogen ab und zu von Schwerzenbach her über den See gen Mönchaltorf. Gleichwohl wehrten die Verteidiger des Schlosses, lauter verwegene und im Kriegshandwerk wohl erfahrene Burschen, alle Anläufe und Anwürfe der immer ungeduldiger werdenden Belagerer glücklich ab, bis es diesen am Ende doch gelang, eine größere Bresche da in die Mauer zu bringen, wo sie am schwächsten war. Nun wurden die Leute in der wurmstichig gewordenen Feste mehr als nachdenklich. Und als nun auch der Hunger sie mit seiner Knochenhand zu würgen begann, also dass ihnen die Waffen in den Fäusten zu zittern anfingen, ergaben sie sich auf Gnade und Ungnade und ließen sich bescheidentlich aus der hart mitgenommenen Burg hervor. Mit lachendem Ingrimm und knirschenden Zähnen empfingen sie die Schwyzer und ihr eidgenössischer Zuzug, und bald war es ihnen klar, dass sie keine Gnade zu erhoffen hatten. Nicht nur erinnerten sich die Sieger des Spottes, den sie von der meisterlosigen Besatzung erfahren, sie wollten auch Zürich und seine andern festen Plätze durch ein abschreckendes Beispiel einschüchtern. Also führten sie die heldenmütige Schar in das weite Feld, in dem die goldschopfigen Ilgen wachsen, gen Nänikon, allwo die Gefangenen trotz dem herzzerreißenden Bitten und Beten der Frauen und Kinder, mit dem Schwerte hingerichtet werden sollten. Und es geschah auch so. Als man aber dem zähfaserigen getreuen Helden, dem Wildhans von Breitenlandenberg, den Kopf abgeschlagen hatte, flog, es wusste kein Mensch woher, auf einmal über seinen Leichnam eine schneeweiße Taube, und als man seinen Hintermann köpfte, kreisten in ruhigem Fluge zwei Tauben ob dem Richtplatz. Und siehe da, jedesmal wenn wieder ein Kopf ins Riedgras rollte, erhob sich daraus ein Täubchen, und sah es alle Welt, nur die finster blickenden Krieger der Bergländer schienen es nicht zu gewahren. Aber als ihrer zweiundsechzig Helden im Grase lagen, rauschte es ob den Sturmhauben der unerbittlichen Sieger gewaltig, und als sie aufschauten, sahen sie über sich einen Schwarm schneeweißer Tauben unermüdlichen Umgang halten. Da ließen sie des Scharfrichters Schwert ruhen, schenkten dem Rest der Verteidiger von Greifensee das Leben und zogen mit Trommeln und Pfeifen ab. Die armen Frauen des Städtleins Greifensee aber stellten die Häupter ihrer lieben Helden zu einem Ring zusammen, weinten und beteten über sie, und darnach verbrachte man die Leichname nach Uster, wo man sie begrub. Aber da, wo einst die ruhmgekrönten Häupter der Krieger von Greifensee im Kreis gestanden hatten, wuchs nie kein Gras mehr. Um die Gedenkkapelle, die dabei steht, könne man, wenn der Mond recht hell scheint, zur Stunde jener grausen Hinrichtung, einen Schwarm leuchtendweißer Tauben fliegen sehen.     Meinrad Lienert, Zürcher Sagen. Der Jugend erzählt, Zürich 1918. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.    


by Die Taufpathin auf der Wartburg

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Der Junker von Wartburg wohnte auf den zwei Schlössern, welche jetzt die Sälischlösser heissen und in Ruinen liegen auf den beiden Nachbarbergen, an denen die Strasse von Olten nach Aarburg vorbei führt. Er hatte eine Tochter, die aus lauter Eitelkeit wohlthätig und aus Stolz herablassend that; deshalb sagte sie auch sogleich zu, da sie einmal von einer armen Mutter in Schöftland zur Taufpathin gewonnen wurde. In einer prächtigen Kutsche, mit vier weissen Rossen bespannt, kam sie von der Wartburg im Dorfe Schöftland angefahren und gab den Befehl, die Glocken alsbald zur Taufe zu läuten. Zu gleicher Zeit aber liess sie endlose Stücke feinen rothen Tuches aus ihrer Kutsche abwinden und vom Hause des Täuflings hinweg bis zur Kirchenthüre die ganze Gasse damit belegen. Weil nun die Dorfbuben alle schon auf den Kirchhof voraus gelaufen waren, um dorten von der Mauer herunter bequemer zuschauen zu können, wenn die in Seide und Edelstein funkelnde Pathin zur Kirche herein prunken werde, so fanden sich nicht gleich Hände genug, um die Tücher alle über die Strasse zu breiten. Es waren etwa noch hundert Schritte bis zum Ziele unbelegt, und da gerade hörte der ermüdete Sigrist im Thurme schon zu läuten auf. So höret denn in Teufels Namen auf! sprach das Fräulein entrüstet, als die Glocken plötzlich schwiegen; denn das gilt heute noch für Pathin und Täufling für ein gar schlimmes Vorzeichen, erst nach dem Geläute in die Kirche einzutreten. Aber kaum war ihr das böse Wort aus dem Munde, so stellte sich ihr ein mächtig grosser schwarzer Hund in den Weg und liess sie keinen Schritt mehr vorwärts. Die Leute mussten sie zuletzt in ihre Kutsche hinein heben, um sie nur vom Flecke zu bringen. Das Kind kam ungetauft in sein Bettchen zurück, die Pathin aber als Leiche in ihr Schloss heim. Nun geht jener schwarze Hund noch immer im Dorfe zu gewissen Zeiten herum, und eben so lässt er sich auf den Bergen der Sälischlösser und jenseits Aarburg auf dem Bornberge sehen; dorten aber muss er der Wartburgerin einen Bund Schlüssel zu den Schätzen nachtragen, die in den Ruinen der zwei Sälischlösser verborgen liegen. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 136 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Tauschäcker

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Die Tauschäcker In einer Pestzeit soll rings um Fehraltorf die Seuche gewaltig gehaust haben; dieses Dorf blieb allein verschont. Die Zufuhr von lebenswichtigen Waren musste aber aufrecht erhalten bleiben. Um dies zu bewerkstelligen, ohne die furchtbare Krankheit ins Dorf zu schleppen, liess man die Händler von Freudwil her bis zur Ebene zwischen Frankenbüehl und Friedberg kommen. Dort tauschte man die Waren aus. Seither heissen die Äcker an der Freudwilerstrasse die Tauschäcker. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Mündl. von Herm. Brüngger, a. Lehrer, Fehraltorf. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Tesselmannen

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Hier stand ein altes Gemeindehaus, in dessen Nähe wir früher wohnten. Jedesmal, bevor ein Tesselmann (Geteile einer Alpe) starb, hörte man so vierzehn Tage bis drei Wochen vorher Hämmern und Nageln wie in einer Schreinerei. Wir sagten dann zueinander: «Oho, äs sarchut wider!» Ich erinnere mich noch genau, wie unsere Mutter eines Tages erklärte: «Es stirbt wieder ein Tesselmann!» Wir glaubten es nicht und widersprachen, es sei ja niemand krank, warum jetzt da plötzlich einer sterben sollte. Aber die Mutter hatte recht: Kurz drauf starb der Trufter Hanggi. Das war in den zwanziger Jahren. RANDA Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Teufelsbrücke

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Ein Hirte, der öfters sein Mädchen besuchte, musste sich immer durch die Reuss mühsam durcharbeiten, um hinüber zu gelangen, oder einen grossen Umweg nehmen. Es trug sich zu, dass er einmal auf einer ausserordentlichen Höhe stand und ärgerlich sprach: »Ich wollte, der Teufel wäre da und baute mir eine Brücke hinüber!« Augenblicklich stand der Teufel bei ihm und sagte: »Versprichst du mir das erste Lebendige, das darüber geht, so will ich dir eine Brücke dahin bauen, auf welcher du stets hinüber und herüber kannst.« Der Hirte willigte ein; in wenig Augenblicken war die Brücke fertig, aber jener trieb eine Gemse vor sich her und ging hinten nach. Der betrogene Teufel liess alsbald die Stücke des zerrissenen Tieres aus der Höhe herunter fallen. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Teufelsbrücke

Source: Die Teufelsbrücke

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Wer von Diepoldsau nach Balgach ging, kam im Krummensee zur Teufelsbrücke, die über den "Graben" führte, wo heute der Kanal ist. Da war es ehedem nicht geheuer. Wanderer wurden oft irre geleitet, stürzten kopfüber in den Graben und fanden nur mit Not die Fährte wieder. Wer mit einem Fuhrwerk die Brücke passieren wollte, konnte die Pferde oft nicht mehr weiterbringen, bis er dreimal mit der Peitsche das Kreuz über ihnen schlug. Dann ging es in lausendem Galopp weiter. Auf dieser Brücke hat einst ein Jüngling für drei Tage die Sprache verloren. Das erste Wort, das er nachher wieder sprechen konnte, war dasselbe, das er in seinem letzten Abendgebet falsch gesprochen halte. E. W. Füllemann.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 54, S. 25 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Teufelsbrücke (Erschmatt)

Source: Die Teufelsbrücke (Erschmatt)

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Die Erschmatter mussten eine Brücke über die Schlucht bei Rotafu bauen. Weil es aber gar schwierig und gefährlich war, wollte sich der Teufel nützlich erweisen und hoffte damit, Seelen zu gewinnen. Er werde die Brücke allein bauen, wenn ihm die drei ersten Köpfe, die über die Brücke gehen, zu eigen werden. Die Männer stiegen ein, und im Nu war die Steinbrücke gebaut. Von Lenk herauf zog man in feierlicher Prozession zur Einweihung der Brücke, und der Teufel freute sich schon auf die ersten drei Köpfe. Das Lachen verging ihm aber, als man einen Kabiskopf hinüberrollte, eine gefrässige Ziege nachschickte und schliesslich noch einen Hund hinüberjagte. Der Teufel sah sich geprellt und wollte in seiner Wut die Brücke zerstören. Weil aber der Pfarrer von Leuk mit Kreuz und Fahne dabeistand und sofort segnete, hatte der Teufel keine Gewalt mehr. Der Name Teufelsbrücke blieb aber bis heute. ERSCHMATT Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Teufelsbrücke bei Pont-la-ville

Source: Die Teufelsbrücke bei Pont-la-ville

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In dem Wirtshaus zu Pont-la-ville sassen eines Abends mehrere Männer beisammen und besprachen sich über die Notwendigkeit einer Brücke über die Saane, deren Wogen zwischen Felsen und Klippen dort im wilden Strudel schäumen und toben wie an keiner andern Stelle ihres Bettes. Vieles wurde hin und her gesprochen. Alle sahen die Wohl- tätigkeit eines solchen Baues ein, alle aber verzweifelten auch an ihm, da bei der Armut der Gemeinde die Ueberwindung der sich darbietenden Schwierigkeiten eine reine Unmöglichkeit zu sein schien. Da trat plötzlich ein Fremder, nach seinem grünen Wams zu schließen, ein Jägersmann, der an einem andern Tisch, in seinen Mantel gehüllt und den grossen spanischen Hut mit der Feder darauf tief in das Gesicht gedrückt, ihrer Rede schon längst gelauscht hatte, an sie heran und erbot sich, er wolle ihnen eine solche Brücke bauen und das in kürzester Frist. Auch wolle er alles nötige Material zu dem Bau liefern und da es ihm weder um Lohn noch um Ehre zu tun sei, verlange er für das alles blutwenig, so gut wie nichts; man solle ihm nur das erste lebende Wesen, welches über die Brücke nach ihrer Vollendung gehen würde, als Eigentum versprechen. Gefiele ihnen der Handel, so sollte ihm einer aus der Gesellschaft als Zeichen des Einverständnisses den Handschlag geben. Nach kurzem Beraten ging man auf den Vorschlag ein. Der Handschlag ward geleistet. Der aber, der dies tat, erschrak und erblasste, als er seine Hand in die des Fremden legte, und als derselbe kurz darauf sich entfernt hatte, erzählte er, er habe in seiner Rechten ganz deutlich die Krallen des Teufels gespürt. Jetzt erst wurde den Anwesenden klar, welch sündigen Vertrag man eingegangen. Furcht und Besorgnis um ihr Seelenheil ergriff sie. Unter ihnen war aber ein Schneider, ein gar schlauer Geselle, dessen Mutterwitz schon manchen aus der Verlegenheit gezogen hatte. Dieser sagte auch jetzt: "liebe Freunde, beruhigt euch, bin ich mit manchem schon in meinem Leben fertig geworden, werde ich wohl auch mit dem Teufel fertig werden." Obgleich die Uebrigen sich durch diese Versicherung etwas getröstet fühlten, denn der Schneider war, was sonst gegen die Gewohnheit der Schneider ist, ein Mann, der niemals versprach, was er nicht ausführen konnte, so trennte man sich doch an jenem Abend in banger Erwartung der Dinge, welche der kommende Tag bringen würde, und keiner von ihnen konnte da, wie sonst, daheim die gewohnte Ruhe finden, was übrigens, bei dem fürchterlichen Wetter, das die ganze Nacht hindurch tobte, sowieso unmöglich gewesen wäre. Erst gegen Morgen legte sich der Sturm. Golden ging die Sonne hinter den Bergen auf und schaute mit neugierigem Blick über ihre Gipfel in das Tal herab und siehe! der Teufel hatte sein Wort gelöst: in kühnem Bogen wölbte sich über die dahin brausende Saane die versprochene Brücke. Freude und Jubel war da unter den Bewohnern jener Gegend, nur die, welche um das Bündnis mit dem Teufel wussten, konnten sich des so prächtig ausgeführten Werkes nicht recht erfreuen. Nicht lange aber sollte ihr Kummer, ihre Besorgnis dauern: war der Teufel ein Mann von Wort, so war es der Schneider auch. Einen grossen Sack auf dem Rücken, kam er pfeifend und singend lustig einhergegangen, drängte die Menge, welche sich schon auf die Brücke stürzen wollte, zurück, warf dafür seinen Sack darauf, den er mit einem schnellen Ruck geöffnet hatte, und aus welchem jetzt sechs Ratten und sechs Mäuse in eiliger Flucht heraus sprangen, die, von eben so viel Katzen verfolgt, in wilder Jagd über die Brücke hinwegeilten. Mit freudigem Mute folgte ihnen der Schneider, ein Kruzifix in der Hand, dass er, einen heiligen Segen sprechend, auf dem mittelsten der Brückenpfeiler aufpflanzte. Als der Teufel, welcher in der Hoffnung auf die ihm vertragsmässig zugesprochene Beute am andern Ende der Brücke in derselben Gestalt wie am vorigen Abend auf der Lauer lag, dies erblickte und sich so getäuscht sah, ward er teufelstoll, nahm sofort seine wahre Höllengestalt an und riss mit seinen Krallen von der jähen Felswand Felsblock auf Felsblock, welche er alle nach der Brücke warf, um sie wieder zu zerstören. Die Macht des auf ihr aufgepflanzten Kreuzes vereitelte jedoch seine Absicht. Ohne Schaden anzurichten, fielen die Felsblöcke zu beiden Seiten der Brücke in die Saane, wo sie, ihr von Stunde an ein schützender Wall, heute noch liegen. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Teufelsbrücke in Uri

Source: Die Teufelsbrücke in Uri

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Wer heute nach dem sonnigen Süden reisen will, nach Italien, "wo still die Myrte und hoch der Lorbeer steht", wie der Dichter so schön singt, der setzt sich einfach in die Eisenbahn und fährt im Hui durch das Gotthardgebirge hindurch, und wie er zum langen Tunnel hinauskommt, grüßt ihn schon das erste welsche Dörflein Airolo. In alter Zeit ging's aber nicht so rasch. Da mußten die Säumer und Italienfahrer, Pilger und Krieger, über den hohen, oft tiefverschneiten Gotthardberg steigen. Und in gar alten Zeiten konnten sie auch das nicht, denn in der grausen Schlucht der Schöllenen, durch die die Gletscherwasser der Reuß toben und schäumen, hörte jeder Weg auf. Der Wildstrom versperrte den Weg ins Welschland. Zwar baute man später einen elenden Steg den Felsenabstürzen nach, den die Leute den stiebenden Steg nannten, aber das war ein gar gefährlicher, schwindliger und schmaler Übergang, den oft Wind und Wetter ungangbar machten. Das verdroß und bekümmerte besonders die Urner, die gar zu gern hin und wieder aus ihren rauhen Bergtälern ins schöne Land Italien hinuntergestiegen wären, um sich an dem dickroten süßen Wein und den andern guten Früchten und schönen Sachen zu erfreuen. Zudem ging über den Gotthard ihr einziger Weg nach Rom zum Heiligen Vater. Sie wünschten sich daher eine rechte Brücke, über die man auch nötigenfalls mit Roß und Wagen hinüberkommen könnte. Aber alle Mühe und aller Schweiß waren umsonst; der wilde Bergstrom riß immer wieder alle Brückensätze weg, die sie ihm aufzwingen wollten. Da rief man die Landsgemeinde zusammen, um diese Brückennot zu beraten. Jedoch niemand fand einen Ausweg. Endlich erhob sich der Landammann und sagte: "Zwar ist's gefährlich, sich mit dem Bösen einzulassen, allein Not bricht Eisen, und kommt Zeit, kommt Rat. Meine Meinung ist, man solle mit dem Teufel einen Vertrag machen, daß er uns die Brücke erstelle." Erst erschraken die Landleute, und es war ihnen bei ihres Landammanns Rat nicht wohl. Aber der Landammann wußte ihnen den roten Wein im Welschland also zu zuckern, daß sie die Lippen danach leckten. Als daher der verwegene Landammann den Antrag zur Abstimmung brachte, siegte er mit einer ansehnlichen Mehrheit. Aber als es sich fragte, wer nun mit dem Teufel den Handel einfädeln sollte, wollte niemand die Hand aufheben. So mußte der Landammann die Unterhandlung mit ihm besorgen, denn, sagten die Urner, er kenne sich bei den großen Herren besser aus als bei den Bauern. Wie der Landammann das dann machte, hat nie jemand vernommen, denn es ist nicht protokolliert worden. Kurzum, der Teufel ließ sich berichten und schloß mit dem Landammann das Geschäft ab, dahin lautend, daß die Brücke über Nacht fertig erstellt und mit Steinwerk wohlbefestigt sein müsse, daß jedoch der erste, der sie überschreite, des Teufels sein solle. "Beim nächsten Tagesgrauen ging man dort nachzuschauen, und über Sturmeswogen wölbt sich der Brücke Bogen. Doch an der Brück' auch schon paßt Satan auf den Lohn." Am andern Morgen sahen also die Urner mit freudigem Staunen eine feste Steinbrücke über die wilde Reuß liegen, die ihre schäumenden Wasser wütend daran emporschlug. Doch verminderte sich ihr Jubel schnell, als sie an dem Brückenausgang gegenüber den Teufel gewahrten, der mit stechenden, grasgrünen Augen auf seinen Lohn wartete. Da erschien der beherzte Landammann, der den Vertrag mit dem Bösen abgeschlossen hatte, und rief diesem zu: "Hast deine Sache brav gemacht!" Der Teufel nickte schmunzelnd mit dem gehörnten Kopf. In diesem Augenblick ließ der Landammann einen bereitgehaltenen unbändigen Ziegenbock los, und als dieser nun den Teufel am andern Ufer gewahrte, hielt er ihn ebenfalls für einen Ziegenbock. Sogleich stürmte er wütend über die Brücke und fuhr auf den Teufel los. Da wurde dieser über die schlauen Urner also rasend, daß er den Ziegenbock packte und ihn in hundert Fetzen zerriß. Die Urner aber lachten eins heraus. Das machte den Teufel noch wilder. Er tanzte vor Wut, und dann fuhr er schnurstracks abwärts bis unterhalb Göschenen, wo gewaltige Felsblöcke in den Bergweiden herumlagen. Den größten von allen packte er, lud ihn auf und keuchte damit wieder aufwärts, um die schöne neue Brücke zu zerschmettern. Als er nun mit der ungeheuren Last, schwer schnaufend, bergan ging, kam ein altes Mütterchen daher. Da setzte sich der Teufel eben ein wenig und legte den Felsblock nebenher. Er wollte etwas verschnaufen. Wie aber das Mütterchen seinen Bocksfuß ersah, machte sie schnell das Kreuzzeichen über sich und auch gegen den Stein, der auf einmal im Rasen steckenblieb und trotz allem Reißen sich vom Teufel nicht mehr vom Fleck bringen ließ. Nun merkte er, daß mit den Urnern bös handeln sei, und fuhr beschämt zur Hölle. Seither heißt die Brücke in den Schöllenen die Teufelsbrücke und der riesige Stein in den Weiden am Weg unterhalb Göschenen der Teufelsstein. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Teufelsburde

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Unweit Bern am Gurten, nahe bei Wabern, lag vor noch nicht zu langer Zeit ein Granitfelsen im Tale, die Teufelsburde genannt. Derselbe soll vom Teufel, als er einstmals wütend gegen die Bewohner dieser Gegend war, von dem Gebirge niedergeschmettert worden sein, um das dort liegende Dorf zu zertrümmern. Gottes Hand lenkte aber den Wurf so, dass der Stein an die Stelle fiel, wo er gelegen und wo er jenem Dorfe mehr zum Nutzen, als zum Schaden war. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Teufelsbürde

Source: Die Teufelsbürde

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Zu Wabern bei Bern befand sich ehemals ein mächtiger Findlingsblock von Gneis, der unter dem Namen Teufelsbürde bekannt war. Diesen Felsen hatte der Satan beim Beginne des Baues der Stadt Bern von den Wänden des Gotthard genommen und ihn an den Hügel des Gurten gebracht. Und als er im Begriff war, die Stadt damit zu zerschmettern, machte auf Gottes Geheiss ein Blitz die Glieder des Satans erstarren, so dass ihm die Bürde entfiel. Quelle: Theodor Vernaleken, Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch


by Die Teufelskanzel

Source: Die Teufelskanzel

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Die christlichen Glaubensboten St. Fridolin und St. Hilarius waren in unser Land Glarus gekommen und hatten die wenigen heidnischen Talbewohner davon überzeugt, dass der Weltheiland den wahren, einzigen und unsichtbaren Gott und Vater den Menschen verkündigt hatte. Von nun an sollten sie nicht mehr an die Dämonen glauben, nicht mehr mit Wahrsagern und Zeichendeutern im Bunde stehen, weder Beschwörungen vornehmen, noch Blutverträge schliessen. Da entschloss sich der Böse, er wolle in Menschengestalt auch predigen, aber für seine Sache und auf seine Weise. Er sagte den Menschen, dass eine Lüge nicht so gefährlich sei, wie die Glaubensboten meinten. Einem Lüstlein solle man nur nachgeben, denn dadurch werde das Leben versüsst. Man müsse doch nicht den Kopf hängen lassen, sondern zum Lebensgenusse nehmen, was einem gelüste, wenn die Sache einem andern auch etwas Schaden bringe. So flüsterte er den Menschen oft ins Ohr, wenn er unerkannt neben ihnen schritt. Sie gingen dann aber zu den Glaubensboten und fragten, ob dem so sei. Diese aber redeten es ihnen mit warmer Begeisterung aus und ermahnten sie zu Wahrhaftigkeit, Treue, Ehrlichkeit, Gottesglauben und Menschenliebe. Die Bewohner der Berggüter waren aber oft allein gelassen und konnten auch nicht häufig die Glaubensboten aufsuchen, die zudem manchmal weiterwanderten, um ihre Lehre auch anderwärts zu verkünden. Da dachte der Teufel, er wolle die Bergleute zurückgewinnen und sich dann eifriger auch wieder an das Talvolk wenden. Als nach Jahren die ersten Verkünder des Evangeliums gestorben waren, gedachte er, gute Beute zu machen. So errichtete er an einem Alphang eine Kanzel aus Stein und fing an, den Bergleuten zu predigen, wobei er gar rohe Spässe erzählte. Zuerst glaubten sie ihm nicht. Nach und nach aber, als er immer eindringlicher seine Lehre behauptete, wurden einige zweifelnd und gingen öfter zu dem listigen Prediger. Auch einige Ungläubige aus den Taldörfern waren stets dabei. Viele Jahre später, als schon Kirchen im Lande waren, pilgerten Nachkommen jener Ungläubigen zur Bergkanzel hin, wo der Böse seine wilden Lehren ausstreute. Noch heute zeigt man in der Alp Bräch über Braunwald die Teufelskanzel, wo der, den man nach altem Christenglauben mit dem Spruche «Gott sei bei uns» bannen konnte, an dem Berg- und Talvolke unseres Landes sein ungutes Werk ausrichtete.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Die Teufelskanzel

Source: Die Teufelskanzel

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Die Teufelskanzel Oberhalb Bauma, nicht weit vom Weg gegen den Sonnenhof, ist links im Wald ein Felsabsturz, in welchem ein Steinpfeiler stehen geblieben ist. Dieser Felszahn heisst die Teufelskanzel. Dort hat einst der Teufel gepredigt. Aber was er gepredigt hat und warum er es getan hat, weiss niemand mehr. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Mündl. aus Bauma. Die bizarre Felsformation wird der Sage zugrunde liegen. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Teufelskirche am Ortstock

Source: Die Teufelskirche am Ortstock

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Zu Zeiten, da die Glarner noch Heiden waren, lag ihre Opferstätte unweit des Fätschbaches. Wohl predigte ihnen zu Glarus Fridolin das Evangelium, den neuen Glauben; manches Mannes Sinn aber blieb doch den alten Sitten, Bräuchen und Tänzen treu und den alten Festen, und der Böse freute sich darüber. Um nun auch wieder die Neugläubigen auf seine Seite ziehen zu können, gab er sich den Anschein, als hätte er sich selber gar gebessert, und lud mit viel falschen Worten das ganze Volk auf einen Tag zu einer Predigt auf die Alp am Ortstock ein. Wie nun da ihrer Hunderte beisammen waren und ihm zuhörten, da fing er an, mit schlauen, verbrämten Worten rechtes Teufelszeug zu predigen, und forderte zuletzt alle auf, ihm für ewige Zeiten Treue zu schwören. Ein Teil der also betörten Leute tat’s; die andern aber flohen in wilder Angst dem Tale zu. Sie sahen eben noch, wie die Felswand über der Alp sich spaltete und die Heiden für alle Zeiten unter sich begrub. Der Teufel aber versuchte mit beiden Händen den Sturz aufzuhalten, und so blieben die beiden Türme stehen und stehen heute noch.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Die Teufelsküche

Source: Die Teufelsküche

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Ein kleiner verschütteter Platz am Klapfen bei Oltingen wird Teufelsküche genannt. Nachforschungen an Ort und Stelle haben ergeben, dass an jener Stelle sehr wahrscheinlich einmal ein Kalkofen gebrannt hat. Wer von fern den Ofen rauchen sah, der konnte leicht glauben, der Rauch steige aus der Erde auf und zu der Namensbildung war es nur noch ein kleiner Schritt. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch  


by Die Teufelstritte im Birch

Source: Die Teufelstritte im Birch

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Wenn der Wanderer von Turtmann nach Meiden geht, erblickt er etwa zehn Minuten oberhalb Tuminen im Birch auf einem grossen Felsen dreizehn Fussstapfen deutlich eingeprägt. Hieran ist folgende merkwürdige Begebenheit geknüpft: Pater Schulzki, Rektor von Ergisch 1811-1819, ging eines Tages nach Meiden, um die heilige Messe zu lesen. Es war an Maria Geburt, am Patronatsfeste der dortigen Kapelle. Eine Menge Volk hatte sich, wie üblich an diesem Tage, von nah und fern hier eingefunden. Aber Pater Schulzki wollte nicht kommen. Es war schon Mittag, und noch immer wartete die Schar der Gläubigen auf die Ankunft des Priesters. Endlich kam Pater Schulzki mühsam in Meiden an. Er war ermattet, bleich und blass; an seinem Angesichte konnte man deutlich merken, dass ihm irgendein Missgeschick zugestossen sei. Auf die Frage, was die Ursache seiner so späten Ankunft sei, gab er keine Antwort. Erst als er nach beendetem Gottesdienst sich etwas erholt hatte, erzählte er mit sichtlich erregter Miene seinen schweren Gang ins Tal. «Noch nie», sagte er, «habe ich erlebt, was mir heute auf dem Wege hierhier vorgekommen ist. Ich wäre ganz gewiss nicht weiter gekommen, wenn die Mutter Gottes nicht geholfen hätte. Als ich nämlich den steilen Weg von Tuminen heraufkam, hörte ich plötzlich ein unheimliches Geräusch; ich blieb stehen und schaute nach, was das zu bedeuten habe. Doch da stellte sich mir in einiger Entfernung eine furchtbare Menschengestalt entgegen. Das pechschwarze Angesicht, die flammenden Augen, das wildverworrene Haar, aus dem zwei hakenförmige Hörner hervorstachen, machten mir das Blut in den Adern stocken. Wie nun diese Schreckensgestalt auf mich zukam, da wankten mir die Beine, und ich fiel um. Doch bald beherrschte ich mich wieder, machte das Kreuzzeichen und redete diesen bösen Geist also an: "Im Namen Gottes frage ich, wohin willst du und was hast du vor?" Der Dämon sagte unter drohenden Gebärden: "Ich will in ein ungebundenes Fass." – "Was hat das zu bedeuten?" fragte ich weiter. "Es ist im Tale drinnen eine Frau, die keinen Ehering trägt (das heisst ein ausgelassenes Leben führt) und die will ich in Besitz nehmen", gab der Teufel zur Antwort. Bei diesen Worten ging ein Schaudern durch meine Glieder. Diese höhnische Miene, diese drohenden Gebärden boten einen entsetzlichen Anblick. Dennoch raffte ich meine Kräfte zusammen und beschwor den bösen Geist im Namen des dreieinigen Gottes. Auf dieses hin wich der Dämon mit einem weiten Sprung zurück und verschwand keuchend und fluchend über die Halde hinauf, dass es unter seinen Füßen wie Feuer sprühte. Als ich nach langer Anstrengung meinen Weg weiter verfolgte, um wenn möglich noch in Meiden die Messe zu lesen, sah ich in der Nähe mehrere Fussstapfen im Felsen eingedrückt.» Die Leute hörten dem ehrwürdigen Pater ängstlich zu, und Schaudern überfiel die Anwesenden. Heute noch sieht man im Birch dreizehn Fussstapfen eingeprägt und nennt sie die Teufelstritte. TURTMANN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Teulelsjagd

Source: Die Teulelsjagd

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In der Gegend des Bruderholzes lebte vor langer Zeit ein Wilderer. Mit Vorliebe ging er seinem ungerechten Handwerk nach, wenn die Leute in der Sonntagsmesse waren. Zur Strafe muss er nun als schwarzer Mann mit feurigen Augen, begleitet von einer Schar kleiner Hunde über das Bruderholz jagen. Beim Käppeli kann man das Hussa-Rufen dieser Teufelsjagd hören. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Die teure Hotzdecke

Source: Die teure Hotzdecke

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Es gibt Leute in der Welt, die unter den Mitmenschen nicht ohne Streit und Hader sein können und mit dem Einen oder dem Andern immerdar zanken müssen. Ebenso werden auch Prozessliebhaber gefunden, die ohne Rechtshändel ihre Tage nicht verleben wollen. Dass die Einen so ihre Ruhe, Zufriedenheit und Gesundheit opfern, die Andern aber ihr Hauswesen völlig zu Grunde richten, braucht wohl nicht gesagt zu werden Das Traurigste dabei ist noch, dass solche Zänkereien und Streithändel sehr oft in einer und derselben Familie, unter Anverwandten und Brüdern vorkommen und sich da auf Generationen vererben. Unter den vielen Beispielen, die jeder mit eigenen Augen mag gesehen haben und noch sehen, erzählt eines eine Sage aus St. Niklaus. — Im vorigen Jahrhunderte war unter zwei Brüdern einer sehr streitsüchtig, liebte und übte Raufhändel und Prozesse. So erhob er einen sehr langen und kostspieligen Prozess mit seinem Bruder über eine "Hotzdecke" — (aus Wergabfällen zusammengestülpt und gewoben). Zweitausend Pfund waren schon für das elende Zeug an Gerichtskosten verschlagen und der Handel blieb so verwickelt und verworren, dass die Richter in Verlegenheit waren, das Recht zu sprechen. Diese luden darum die streitenden Brüder nochmals zur Versöhnung vor und baten, den Handel doch gütlich beizulegen. Der eine Bruder zeigte sich bereit, zum Frieden sein Mögliches beizutragen; aber der andere erklärte fest und entschlossen, er werde zu prozedieren fortfahren auch wenn er darüber seinen Bruder würde am Galgen sterben sehen. — Diese lieblose Äusserung ergrimmte die Richter derart, dass sie gleich das Urteil fällten, dem die Erwägung vorangesetzt wurde: «Keine Gnade verdient Derjenige, der selber keine gewähren will.»   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Thuner Blutstropfen

Source: Die Thuner Blutstropfen

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Graf Eberhard von Kyburg war von der hohen Schule von Bologna, wo er ein flottes Burschenleben geführt und viel Geld verbraucht hatte, das ihm sein geiziger Bruder Hartmann nicht gönnte, über das Gebirg nach seiner Stadt Thun zurückgekehrt. Er wollte sich mit seinem Bruder auseinandersetzen und sein väterliches Erbe herausverlangen. Hartmann aber brachte des erbosten Bruders Sache vor seine Mutter und ihre Räte, weil er wohl hoffen konnte, dass seine eigene Sache bei der Landgräfin, deren Liebling er war, nicht schlecht stehe. Statt aber Eberhard zu seinem Rechte zu verhelfen, überfiel Hartmann ihn des Nachts im Bette und liess ihn weitab in die Gefangenschaft schleppen. Als dann später der Herzog von Österreich den Streit geschlichtet und Eberhard frei geworden war, sollte zu Thun auf dem Schlosse die Versöhnung stattfinden. Die ganze Ritterschaft war zur Tafel eingeladen und der alte Zwist schien endlich ein gutes Ende zu nehmen. Nach Tisch aber, als die Brüder zusammen am Kamine sassen, gerieten sie wieder aneinander. Die ganze anwesende Ritterschaft nahm Partei und ein wüstes Getümmel erfolgte. Graf Hartmann wurde in den Schneggen (Wendeltreppe) gedrängt und im Tumult von einem der Ritter erstochen. Sein Leichnam aber wurde in den Schlosshof gestürzt.  Seitdem aber sind auf der Treppe im Schlossturm die Blutstropfen zu sehen und soviel man auch scheuert und putzt, sie sind nicht wegzubringen. Auch sollen seit dieser Zeit in Thun die schönsten Blutströpflein (eine Art Blumen) im Lande wachsen. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Tobelhexe

Source: Die Tobelhexe

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Im Steinenbachtobel ist die Tobelhexe; sie sitzt am Spinnrad und spinnt eifrig. Man darf sie aber nicht necken. Als dies einmal geschehen, nahm sie schreckliche Rache. Am gleichen Abend noch gab es ein furchtbares Gewitter, dass der Bach plötzlich anschwoll und grosse Verheerungen anrichtete.  J. Steiner. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 394, S. 226  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die tote Alp (Vernaleken)

Source: Die tote Alp (Vernaleken)

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In der Landschaft Davos liegt rechterseits vom Landwasser am serpentinhaltigen Gebirg die "tote Alp", eine Strecke Land, auf welcher kaum einzelne Gräschen wachsen, während ringsherum üppige Alpen liegen mit saftigen und melken Kräutern und Gräsern. Auch jene dürre Steppe war vor Zeiten bewachsen und es war die schönste Alp weit und breit. Dort hielt sich eine Sennerin auf. Einst kam ein armer Mann müde und durstig des Weges und bat sie um einen Labetrunk. Sie aber ließ den Armen schmachten und hiess ihn mit harten Worten weiterziehen. Der Arme, als er lechzend vor Durst und erschöpft niedersank, erhob seine Hände und beschwor die Rache des Himmels auf die Alp herab und siehe, von Stund an verdorrten die Kräuter und Gräser und man sieht heute noch deutlich die Grenzen der Alp, wo der dürre, verfluchte Boden an die üppigen Nebenalpen anstößt, und heute noch bemerkt man die zerfallenen Mauern der Sennhütte. Quelle: Theodor Vernaleken, Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch


by Die tote Alpe (Jecklin)

Source: Die tote Alpe (Jecklin)

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Am westlichen Abhange des Davoser-Schwarzhornes trägt eine Gegend, nicht umsonst, den Namen die »tote Alpe«; dies ist die schauerlichste Einöde, die sich finden lässt. Die ganze Gemarkung trägt kaum einige Grashalme, die im Serpentingestein kümmerlich ihre Nahrung finden können. Auch vom Tale aus gesehen macht dieses verödete Revier einen bemühenden Eindruck und sticht zu grell ab gegen die benachbarten blühenden Alptriften. Der Sage nach war die »todte Alpe« vor Zeiten eine der fruchtbarsten und gesegnetsten Alpen weit umher. In ihrem ganzen Umfange sprossten die milchreichsten Kräuter, und die klarsten Quellen entsprangen in ihrem Boden. Der Reichtum an Molken, die auf dieser Alp gewonnen wurden, war seit Jahrhunderten schon bekannt. Zu einer Zeit war dieser Alpenhang von einer jungen Sennerin bewohnt, die eines Sonntags Nachmittag zu Tal stieg, um an einem Tanze Teil zu nehmen. Wie dem Glücklichen keine Stunde schlägt, dachte auch unsere Sennerin nicht daran, von der Gesellschaft sich zu trennen, um auf die Alpe zurückzukehren, und doch war die Zeit längst da, wo die Kühe des Melkens harrten. Wohl gemahnte sie die Pflicht, der Leichtsinn hielt sie aber wieder ab, sie blieb, und verfluchte die gesegnete Alpe mit ihren Kräutern zur Hölle, sodass Schauder und Entsetzen alle Anwesenden ergriff. Die gottlose Verwünschung sollte alsbald in Erfüllung gehen: Fortan wuchs kein frisches Gras mehr auf der ganzen Alpe. Diese wurde nachgerade zur Einöde, wie sie es heule noch ist. In Wahrheit aber ist es der hier zu Tage tretende Serpentin, der in seiner Verwitterung nicht in erdige Masse, sondern in scherbenartige Stückehen zerfällt, worin keine Pflanze entstehen noch gedeihen kann. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die tote Braut

Source: Die tote Braut

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Einst kam ein junger Ritter, Kunz von Stein, ins Glarnerland geritten. Er war ein armer Haudegen, der nichts hatte als einen ärmlichen, düstern Burgstall, der aus lauter Ecken zu bestehen schien. Daher war es ihm im Hause nicht wohl, und sooft er konnte ritt er auf seinem magern Rösslein auf Abenteuer aus. Er hatte nämlich im Sinn, sich ein schönes und reiches Burgfräulein irgendwo zu erjagen, auf dass er auch einmal zu Land und Leuten und zu Minne und Ehre komme. Es war schon finstere Nacht, flimmernd standen die Sterne am Himmel und guckten um die gespenstigen Bergspitzen und scharf umrissenen Gräte, als der junge Ritter der alten, zerfallenen Burg Windegg zuritt, die mit gewaltigen Mauern immer noch schreckhaft genug dastand. Als er nun die Burg ansah, meinte er, sie könnte vielleicht doch noch bewohnt sein, da die Burgen äusserlich alle uralte Gesichter machen. Also lenkte er sein Pferd bergan, um sich in der Burg, wenn darin doch jemand hausen sollte, ein Nachtlager zu erbitten. Er war gar müd, und auch sein mageres Rösslein liess den Kopf hängen. Bald ritt er in den Burghof ein. Aber der war verödet. Aus den Plattensteinen wuchs überall das Gras hervor, und von den gewaltigen Linden ging ein immerwährender Blustregen nieder, also dass der Hof davon voll Wohlgeruch war. Verdrossen schaute er sich ringsum und dann am Gebäude hinauf. Nur leere, unheimliche Löcher starrten ihn an. Gleichwohl stieg er ab, um das hungrige Pferd wenigstens das Gras im Hof ein bisschen abweiden zu lassen. In diesem Moment gab es ob ihm ein Geräusch, ein kleiner Stein fiel von der Mauer herab in den Hof hinunter und rollte zu seinen Füssen. Er blickte auf und gewahrte jetzt ein erleuchtetes Fensterchen, das er merkwürdigerweise vorher nicht gesehen hatte. Es wohnte also doch jemand im alten, baufälligen Schloss. Vielleicht gar Räuber. Sei es, was es wolle, Ritter Kunz von Stein fürchtete sich nicht. Er wollte sich die Schlossbewohner ansehen. Lange suchte er nach einem Eingang. Endlich fand er eine zierliche Bogentüre. Mutig trat er ein, und obwohl es dunkel war wie in einer Kohlengrube, tastet er sich doch tapfer die Wendeltreppe des Turmes hinauf. Bald kam er durch eine grosse, unheimliche Halle und stand unversehens in einem grossen, hell erleuchteten Saal. Von der Decke hing ein gewaltiger, goldener Leuchter, und darunter war ein langer Tisch, der mit den leckersten Gerichten und Weinen überdeckt war. Staunend sah der Ritter die Herrlichkeiten an, die er aussen dem Schlosse gar nicht zugetraut hatte. Es wollte ihn doch so etwas wie ein Grauen überkommen. Da erblickte er an einem Tischchen eine bildschöne Jungfrau, die ihr Lockenhaupt auf ein Pergament gesenkt hatte, in dem sie zu lesen schien. Jetzt wurde ihm wohl ums Herz und leicht wie einem Spatzen im Erntemonat. Er schritt durch den Saal, von dessen Wänden seine Schritte dumpf widerhallten. Wie er nun bei dem Tischchen stand, an dem die Jungfrau las, nahm er sich zusammen und sprach: «Schöne Jungfrau, hier steht der Kunz von Stein. Verübelt mir’s nicht, dass ich euch so unangemeldet ins Schloss falle, aber der Hunger und Durst trieben mich hinein, und allzu gern möchte ich mich an eurem wohlversehenen Tische erlaben.» Da schaute die Jungfrau auf, sah ihn mit sanftem Lächeln an und winkte ihm lautlos zu, er möge sich doch ohne weiteres an den langen gedeckten Tisch setzen. Das liess sich Kunz von Stein nicht zweimal verdeuten. Er setzte sich auf den Wink des Burgfräuleins, für das er die Jungfrau hielt, an die Tafel und begann in auserlesenem Wildbraten und köstlichen Weinen zu schwelgen. Es fiel ihm aber doch auf, dass auf dem Tische Brot und Salz fehlten. Als er satt war, richtete er den Blick wieder auf die lesende Jungfrau und fragte sie, ob sie wohl des Hauses Töchterlein sei. Sie schaute auf und nickte. «Und wo sind Eure Eltern?» wollte er wissen. Da blickte sie erst zu den hohen Wänden auf, an denen die Bildnisse alter Ritter in Harnisch und edler Frauen in wunderlichen Hauben hingen. Doch redete sie kein Wort. Das kam dem Ritter Kunz recht seltsam vor. Aber bald fragte er wieder: «Seid ihr noch nicht vermählt, schöne Frau, und ist dies reiche Gut alles euer?» Sie blickte ihn an und nickte. Nun fiel es ihm ein, das Burgfräulein könnte am Ende stumm sein. Dennoch gedachte er, die gute Gelegenheit zu benutzen und sich in dem anmutigen Wesen eine Hausfrau zu ererben, wie er sie schon lange vergeblich gesucht hatte. Ihr Stummen focht ihn wenig an. Rasch stürzte er noch einen Becher Wein, um sich Mut zu machen, dann erhob er sich, trat auf die Jungfrau zu und sagte ihr, dass er sie liebe, und dass es sein grösstes Glück wäre, wenn sie sich heiraten könnten. Zuletzt fragte er sie, ob sie ihn wohl haben möchte. Und als sie lächelnd nickte, ergriff er ihre Hände, die eiskalt waren. Doch sie entzog sie ihm sogleich wieder. Dann öffnete sie eine Mauerblende und nahm zu seiner Freude zwei feine, goldene Ringe heraus, wovon sie den einen ihm, und den andern sich an den Finger steckte. Wie er aber wieder ihre eiskalten Finger berührte, ging ein Schaudern durch seinen Leib, aber er überwand sich und dachte: «Wer wagt, gewinnt.» Jetzt reichte sie ihm den Arm und führte ihn aus dem erleuchteten Saale in einen düsteren Gang, dem sich andere Gänge anschlossen, die von aufgeschreckten Fledermäusen wimmelten. Auf einmal vernahm er ein seltsames Summen, und es ward nach und nach ein Orgeln daraus. Plötzlich standen sie in einer schwach erhellten Burgkapelle. Überall aber im ungewissen, dämmerigen Ampelschein des Ewigen Lichtes sah der Ritter Grabmäler auf dem Boden der Kapelle, bald hinter Säulen, bald an den Wänden, worauf in Lebensgrösse die Steinbilder alter Burgherren und Ahnfrauen lagen. Wie machte Kunz von Stein aber Augen, als er gewahr wurde, wie die Jungfrau zu einem Grabmal trat, wie sie mit ihrer weissen Hand liebkosend über das marmorne Angesicht des Steinbildes fuhr, und wie sich das belebte und regte und sich auf einmal mit rasselndem Harnisch erhob. Er wollte entfliehen, aber er konnte sich nicht von der Stelle bewegen. Mit Grauen sah er, wie die schöne Jungfrau lautlos von einem Grabmal zum andern ging, überall die Steinbilder zu Leben erweckend. Jetzt klirrte es von allerhand Rüstzeug und von eisernen Tritten in der Kapelle, und gegen den Altar war ein Rauschen von brokatenen Gewändern. Nun kniete die geisterbleiche Jungfrau vor den Altar hin und winkte dem angsterfüllten Kunz von Stein, er möge ihr zur Seite ebenfalls niederknien. Bebend machte er sich vor den Altar und liess sich neben seiner bleichen Braut auf die Knie nieder. Wie er aufschaute, sah er mit Schrecken einen alten Priester im Messgewand vor sich stehen. Nun verstummte die Orgel, und mit einer hohlen Stimme, die wie aus einem Grabe herauftönte, fragte jetzt der greise Priester: «Kunz von Stein, willst du Berta von Windegg, die Letzte ihres Stammes, zur Frau annehmen?» Doch der junge Ritter vermochte keine Antwort herauszubringen, obschon ihn die schöne Braut neben ihm unverwandt und mit flehenden Augen ansah. Er schlotterte vor Grauen, und der Schweiss rann ihm von der Stirn auf den roten Teppich vor dem Altare. Gott und alle Heiligen rief er um Beistand an. Aber der Priester wollte schon die Hand segnend über das Brautpaar ausstrecken. In diesem Augenblick krähte irgendwo in der Burgnähe der Hahn. Da ging ein fürchterliches Geschrei durch die Burgkapelle: «Noch nicht erlöst! O unseliger Tag!» Und alsobald legten sich die Ritter und Edelfrauen auf ihre Sarkophage, wo sie gleich wieder zu Stein wurden. Den Ritter Kunz von Stein aber packte mit einem Male ein Sturmwind und trug ihn sausend davon, vor die Türe, durch die er ins Schloss getreten war. Da verlor er das Bewusstsein. Als er wieder zu sich kam, stand sein Ross bei ihm und leckte ihm den Helm. Er erhob sich noch völlig verwirrt von dem unheimlichen Erlebnis und verliess rasch das gespenstige Schloss, das sich nun im heraufziehenden Tag als ein leeres, zerfallenes Burggemäuer darstellte. Von da an konnte er die schöne Jungfrau, die er nicht zu erlösen vermocht hatte, nicht mehr vergessen. Er entsagte der Welt und ging ins Kloster, wo er den goldenen Verlobungsring, den er in der Burg Windegg von seiner toten Braut bekommen hatte, auf den Altar legte. Hochbetagt starb er im Kloster. Das Burgfräulein auf der Windegg aber harrt noch immer ihres Erlösers.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


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Einst kam ein junger Ritter Kunz von Stein ins Glarnerland geritten. Er war ein armer Haudegen, der nichts hatte als einen ärmlichen, düstern Burgstall, der aus lauter Ecken zu bestehen schien. Daher war es ihm zu Hause nicht wohl, und sooft er konnte, ritt er auf seinem mageren Rößlein auf Abenteuer aus. Er hatte nämlich im Sinn, sich ein schönes und reiches Burgfräulein irgendwo zu erjagen, auf daß er auch einmal zu Land und Leuten und zu Minne und Ehre komme. Es war schon finstere Nacht, flimmernd standen die Sterne am Himmel und guckten um die gespenstigen Bergspitzen und scharf umrissenen Grate, als der junge Ritter der alten, zerfallenden Burg Windegg zuritt, die mit gewaltigen Mauern immer noch schreckhaft genug dastand. Als er nun die Burg ansah, meinte er, sie könne vielleicht doch noch bewohnt sein, da die Burgen äußerlich alle uralte Gesichter machen. Also lenkte er sein Pferd bergan, um sich in der Burg, wenn darin noch jemand hausen sollte, ein Nachtlager zu erbitten. Er war gar müde, und auch sein mageres Rößlein ließ den Kopf hängen. Bald ritt er in den Burghof ein. Aber der war verödet. Aus den Pflastersteinen wuchs überall das Gras hervor, und von den gewaltigen Linden ging ein immerwährender Blustregen nieder, also daß der Hof davon voll Wohlgeruch war. Verdrossen schaute er sich rings um und dann am Gebäude hinauf. Nur leere, unheimliche Löcher starrten ihn an. Gleichwohl stieg er ab, um das hungrige Pferd wenigstens das Gras im Hof ein bißchen abweiden zu lassen. In diesem Moment gab es ob ihm ein Geräusch, ein kleiner Stein fiel von der Mauer herab in den Hof hinunter und rollte zu seinen Füßen. Er blickte auf und gewahrte jetzt ein erleuchtetes Fensterchen, das er merkwürdigerweise vorher nicht gesehen hatte. Es wohnte also doch jemand im alten, baufälligen Schloß. Vielleicht gar Räuber. Sei es, was es wolle, Ritter Kunz von Stein fürchtete sich nicht. Er wollte sich die Schloßbewohner ansehen. Lange suchte er nach einem Eingang. Endlich fand er eine zierliche Bogentüre. Mutig trat er ein, und obwohl es dunkel war wie in einer Kohlengrube, tastete er sich doch tapfer die Wendeltreppe des Turmes hinauf. Bald kam er durch eine große, unheimliche Halle und stand unversehens in einem großen, erleuchteten Saal. Von der Decke hing ein gewaltiger, goldener Leuchter, und darunter war ein langer Tisch, der mit den leckersten Gerichten und Weinen überdeckt war. Staunend sah der Ritter die Herrlichkeiten an, die er von außen dem Schlosse so gar nicht zugetraut hatte. Es wollte ihn doch etwas wie ein leises Grauen überkommen. Da erblickte er an einem Tischchen im Erker eine bildschöne Jungfrau, die ihr Lockenhaupt auf ein Pergament gesenkt hatte, in dem sie zu lesen schien. Jetzt wurde ihm wohl ums Herz und leicht wie einem Spatzen im Erntemonat. Er schritt durch den Saal, von dessen Wänden seine Schritte dumpf widerhallten. Wie er nun bei dem Tischchen stand, an dem die Jungfrau las, nahm er sich zusammen und sprach: "Schöne Jungfrau, hier steht der Kunz von Stein. Verübelt mir's nicht, daß ich Euch so unangemeldet ins Schloß falle, aber Hunger und Durst trieben mich hinein, und allzugern möchte ich mich an Eurem wohlversehenen Tische erlaben." Da schaute die Jungfrau auf, sah ihn mit sanftem Lächeln an und winkte ihm lautlos zu, er möge sich doch ohne weiteres an den langen gedeckten Tisch setzen. Das ließ sich Kunz von Stein nicht zweimal verdeuten. Er setzte sich auf den Wink des Burgfräuleins, für das er die Jungfrau hielt, an die Tafel und begann in auserlesenem Wildbraten und köstlichen Weinen zu schwelgen. Es fiel ihm aber doch auf, daß auf dem Tisch Brot und Salz fehlten. Als er satt war, richtete er den Blick wieder auf die lesende Jungfrau und fragte sie, ob sie wohl des Hauses Töchterlein sei. Sie schaute auf und nickte. "Und wo sind Eure Eltern?" wollte er wissen. Da blickte sie ernst zu den hohen Wänden auf, an denen die Bildnisse alter Ritter in Harnisch und Helm und edler Frauen in wunderlichen Hauben hingen. Doch redete sie kein Wort. Das kam dem Ritter Kunz recht seltsam vor. Aber bald fragte er wieder: "Seid Ihr noch nicht vermählt, schöne Frau, und ist dies reiche Gut alles Euer?" Sie blickte ihn an und nickte. Nun fiel es ihm ein, das Burgfräulein könnte am Ende stumm sein. Dennoch gedachte er die gute Gelegenheit zu benutzen und sich in dem anmutigen Wesen eine Hausfrau zu erwerben, wie er sie schon lange vergeblich gesucht hatte. Ihr Stummsein focht ihn wenig an. Rasch stürzte er noch einen Becher Wein, um sich Mut zu machen, dann erhob er sich, trat auf die Jungfrau zu und sagte ihr, daß er sie liebe und daß es sein größtes Glück wäre, wenn sie sich heiraten könnten. Zuletzt fragte er sie, ob sie ihn wohl haben möchte. Und als sie lächelnd nickte, ergriff er ihre Hände, die eiskalt waren. Doch sie entzog sie ihm sogleich wieder. Dann öffnete sie eine Mauerblende und nahm zu seiner Freude zwei feine, goldene Ringe heraus, wovon sie den einen ihm und den andern sich an den Finger steckte. Wie er aber wieder ihre eiskalten Finger berührte, ging ein Schaudern durch seinen Leib, aber er überwand sich und dachte: wer wagt, gewinnt. Jetzt reichte sie ihm den Arm und führte ihn aus dem erleuchteten Saale in einen düsteren Gang, dem sich andere Gänge anschlossen, die von aufgeschreckten Fledermäusen wimmelten. Auf einmal aber vernahm er ein seltsames Summen, und es ward nach und nach ein Orgeln daraus. Plötzlich standen sie in einer schwach erhellten Burgkapelle. Überall aber im Ungewissen, dämmerigen Ampelschein des ewigen Lichtes sah der Ritter Grabmäler auf dem Boden der Kapelle, bald hinter Säulen, bald an den Wänden, worauf in Lebensgröße die Steinbilder alter Burgherren und edler Ahnfrauen lagen. Wie machte Kunz von Stein aber Augen, als er gewahr wurde, wie die Jungfrau zu einem Grabmal trat, wie sie mit ihrer weißen Hand liebkosend über das marmorne Angesicht des Steinbildes fuhr und wie sich das belebte und regte und auf einmal mit rasselndem Harnisch erhob. Er wollte entfliehen, aber er konnte sich nicht von der Stelle bewegen. Mit Grauen sah er, wie die schöne Jungfrau lautlos von einem Grabmal zum andern ging, überall die Steinbilder zum Leben erweckend. Jetzt klirrte es von allerhand Rüstzeug und von eisernen Tritten in der Kapelle, und gegen den Altar war ein Rauschen von brokatenen Gewändern. Nun kniete die geisterbleiche Jungfrau vor den Altar hin und winkte dem angsterfüllten Kunz von Stein, er möge ihr zur Seite ebenfalls niederknien. Bebend machte er sich vor den Altar und ließ sich neben seiner bleichen Braut auf die Knie nieder. Wie er aufschaute, sah er mit Schrecken einen alten Priester im Meßgewand vor sich stehen. Nun verstummte die Orgel, und mit einer hohlen Stimme, die wie aus einem Grabe herauf tönte, fragte jetzt der greise Priester: "Kunz von Stein, willst du Berta von Windegg, die Letzte ihres Stammes, zur Frau annehmen?" Doch der junge Ritter vermochte keine Antwort herauszubringen, obschon ihn die schöne Braut neben ihm unverwandt und mit flehenden Augen ansah. Er schlotterte vor Grauen, und der Schweiß rann ihm von der Stirn auf den roten Teppich vor dem Altare. Gott und alle Heiligen rief er um Beistand an. Aber der Priester wollte schon die Hand segnend über das Brautpaar ausstrecken. In diesem Augenblick krähte irgendwo in der Burgnähe der Hahn. Da ging ein fürchterliches Geschrei durch die Burgkapelle: "Noch nicht erlöst! O unseliger Tag!" Und alsobald legten sich Ritter und Edelfrauen wieder auf ihre Sarkophage, wo sie gleich wieder zu Stein wurden. Den Ritter Kunz von Stein aber packte mit einem Male ein Sturmwind und trug ihn sausend davon, vor die Türe, durch die er ins Schloß getreten war. Da verlor er das Bewußtsein. Als er wieder zu sich kam, stand sein Roß bei ihm und leckte ihm den Helm. Er erhob sich noch völlig verwirrt von dem unheimlichen Erlebnis und verließ rasch das gespenstige Schloß, das sich nun im heraufziehenden Tag als ein leeres, zerfallendes Burggemäuer darstellte. Von da an konnte er aber die schöne Jungfrau, die er nicht zu erlösen vermocht hatte, nicht mehr vergessen. Er entsagte der Welt und ging ins Kloster, wo er den goldenen Verlobungsring, den er in der Burg Windegg von seiner toten Braut bekommen hatte, auf den Altar legte. Hochbetagt starb er im Kloster. Das Burgfräulein auf der Windegg aber harrt noch immer ihres Erlösers.   Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die tote Frau

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Vor einigen Jahren sah man in einem Hause von Ritzigen immer Licht, obschon das Haus damals unbewohnt war. Ging man hinein, so erblickte man nichts und kam man heraus, so sah man das Licht. Oft versammelte sich viel Volk um das Phänomen zu sehen. Nur ein unschuldiges Kind soll durch die Fenster eine Frau gesehen haben, deren Angesicht von den langen, herabhängenden Haaren bedeckt war. Laut seiner Beschreibung soll es die zuletzt verstorbene Hausfrau gewesen sein. Andere hörten immer jemanden im Haus herumgehen, obwohl sie nichts sehen konnten. Man hatte den Jesuiten, Pater Cavin, Exorcisten berufen, worauf das Geisterlicht verschwand. Etwas Ähnliches ereignete sich in Zermatt, zur Zeit als ich dort Pfarrer war. In einem Hause, nahe an der Kirche, liess man während dem Sonntaggottesdienst einen Knaben zur Verwachung der kleineren Kinder zurück. Unter der Messe hörte man diesen Knaben entsetzlich schreien und um Hülfe rufen; der Knabe hatte sich schon zur Hälfte mit dem Leib durch ein kleines Fenster hinausgedrängt, denn die Stubenpforte war geschlossen. Als man hinaufkam und den zitternden Knaben mit grösster Mühe hineingezogen hatte, fragte man ihn, was er doch habe? «Ich habe», erwiderte er, «dort in der Kammer meine verstorbene Mutter gesehen.» «A bah, das hät dier nummu der Chlupf githan», suchte man ihm auszureden. «Nei, nei, i hämmi nit bitrogu; z'allererst hänni aswas g'hört rumplu, dar na die G'schiri wäschu, wie mini Muoter- seelig githa hät; und duo Eis im wissu Chleid g'seh umha ga, das längi Ischkerze an-ne Fingru hät g'häbet; aber no hät mer nit g'fürchtot. — Da hät schi d's Wib im wissu Chleid gegu mich g'chert — und — Jesus, Maria und Josep — es ist mini Muoter g'si — i hä scha ditli b'chennt — dar na hänni nimme g'wisst was i g'macht hä!» — So erklärte sich der Knabe.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die tote Hand

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Vor vielen Jahren ereignete sich in Visp, dass einer Familie ein liebes, liebes, nur etwa zweijähriges Kind gestorben. Einige Tage nach dem selbes unter grossem Leidwesen der Mutter auf dem Kirchhof von Visp ist vergraben worden, sah man ein Händchen des verstorbenen Kindes aus dem Grabe emporragen. So oft man selbes in die Erde des Grabhügels zurückgeschoben, so oft streckte es bald darauf sein Händchen wieder hervor. Die Mutter, als sie solches vernommen, wurde sehr ängstig und traurig und zeigte, weil sie sich nicht zu raten wusste, diesen seltsamen Fall dem Hrn. Pfarrer an. Dieser fragte sie: «Hat das Kind sich nie etwa gegen euch versündigt, und ihr es dafür nicht bestraft?» «Ich wüsste mich gar nichts zu erinnern», gab die Mutter zur Antwort, «ausser, dass es mich einmal mit der Hand ins Gesicht geschlagen, was ich in Rücksicht seiner Kindheit durch die Finger sah und ungeahndet liess.» «O, so!» sagte der Pfarrer zur Mutter, «so geht hin, nehmt eine Rute und gebt der emporgestreckten toten Hand einige Streiche damit, und ich hoffe, wenn das Kind die verdiente Strafe erhalten, wird es im Grabe Ruhe finden.» Die Mutter tat, obwohl mit schwerem Herzen, wie es der Pfarrer angeraten, und von der Zeit erschien die Hand ihres Kindes, nicht mehr ausser dem Grabe.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die tote Heuerin

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Man sagt sonst immer, dass vier Augen mehr sähen als zwei. Vor vielen Jahren aber war’s einmal umgekehrt. Da kam ein Fremder auf die Alp Obersee und wollte in der Hütte nächtigen. Der Bauer und seine Frau arbeiteten noch an den Blanken drüben im Heu. Geduldig setzte sich der Fremde aufs Bänklein und wartete, dieweil er den beiden zuschaute. Im gleichen Takt rechten sie nebeneinander an der steilen Halde, der Mann voraus, die Frau in derselben Mahde hintendrein. «Du liebe Zeit», dachte der Fremde, «wer wollte auch zum Heuen ein solches Gewand anziehen!» Die Bäuerin trug nämlich ein langes, weisses Lilachen, das aussah wie ein Totenhemd. Als die beiden fertig waren, schulterte der Bauer den Rechen und wandte sich der Hütte zu. Die Frau aber war mit einem Male verschwunden, als hätte sie der Wind davongetragen. Den Fremden dünkte dies sonderbar. Er tat aber nicht dergleichen, sondern war froh, dass ihn der Bauer nicht weg wies. Am Morgen aber, als sie miteinander bei Milch und Ziger sassen, fing er sachte an: «Es ist doch für einen einsamen Bergbauern nichts Schöneres, als wenn ihm sein Weib bei der Arbeit behilflich sein kann, oder nicht?» - «Ja, schön wär’s», entgegnete der andere wehmütig, «aber meines liegt schon lange unter dem Boden.» Da erzählte ihm der Fremde, was er gestern gewahrt. Ob denn das nicht seine Frau gewesen sei? Der Bauer wusste aber von nichts und konnte es auch nicht begreifen. Da merkte der andere, dass etwas Besonderes an der Sache war, aber erst im Dorfe unten vernahm er, dass er den Geist der Oberseebäuerin gesehen hatte.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Die Toten an den Seelentagen

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Es gibt Tage im Jahre, an denen die Kirche und fromme Gläubige den Abgestorbenen zum Troste besondere Gebete, Andachten und gute Werke zu verrichten pflegen. Diese Gebetstage heissen « Seelentage.» Es sind das aber auch die Zeiten, so glauben die Leute, an welchen man am leichtesten die Toten zu sehen bekommt. In solch frommen Zeiten sollen manchmal die Geister derjenigen zur Kirche gehen gesehen werden, die im Laufe des Jahres sterben werden. Gehen sie aber von der Kirche ab, so deutet das auf langes Leben. Solche Geister werden gewöhnlich alle gut erkannt, bis auf etwa eine Person, welche dann den Seher selbst oder die Seherin vorstellt und im gleichen Jahre auch sterben muss. In Saas wird erzählt, dass einmal an einer ansteckenden Krankheit viele Personen starben. Alle Mittel und Vorkehrungen wollten nichts helfen. Der Sigrist wollte alle diese Sterbenden an einem Seelentage in die Kirche gehen gesehen haben und habe alle gekannt ausser den Letzten. Auch habe er dann in der Kirche, als der Ungekannte eingetreten war, deutlich sagen hören: «Jetzt müssen wir noch den Loser (Zuhörer) auch einschreiben.» Er behauptete darum fest, so lange er zu Grabe läute, werde der Tod nicht aufhören. — Und wirklich war der Sigrist die letzte Leiche, die der Seuche erlag. Am Allerheiligentag abends wollte ein Mann aus Savièse, so wird ferner erzählt, bei bereits angebrochener Nacht durch das Sanetschtal in die Voralpen hinaufsteigen. Da begegneten ihm auf einmal viele Leute, die er gar nicht kannte. Er wich aus der Strasse, um selbe vorüber gehen zu lassen. Aber der Leute kamen immer mehr und mehr und er musste lange zuwarten. Endlich kam einer, den er zu kennen schien und der ihn freundlich fragte, was er da mache. Er antwortete: «Ich will die vielen Leute vorübergehen lassen und ihnen den Weg nicht sperren.» — «Da kannst du noch lange warten,» entgegnete jener. «Das sind alles arme Seelen, die zum Seelentage kommen, und die Letzten sind noch beim «gesegneten Stein (pierre bénit) an der Bernergrenze; darum gehe du nur deine Wege vorwärts.» — Und er ging, die Toten wichen ihm aus und keiner tat ihm was zu Leide. — In Savièse glauben die Leute, die armen Seelen kommen an Allerseelentag aus den Gletschern in die bewohnten Dörfer herab und bleiben da bis zum Hilari-Seelentag im Jänner, wo sie wieder zu den Firnen in die kalte Gebirgswelt hinaufsteigen.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Toten vom Gubel

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Während dem schlimmen Reformationskrieg wollten die Zürcher nach alten Aussagen gegen die Gnadenstätte im Finstern Walde ziehen. Am Gubel wurden sie von einem tapfern Häuflein Zuger unter dem Kommando von Christian Iten aus dem Ägerital geschlagen. Man erzählt, dass die Muttergottes von Einsiedeln in der Gnadenkapelle verschwunden sei und dem kleinen Streithaufen als grosse Helferin voranschwebte. Auf dem Gubel wohnte später ein Waldbruder. Dieser erhielt einstens von einem Zürcher Besuch und über diese Begegnung berichtete der Zürcher daheim folgende Geschichte: Nach der blutigen Schlacht am Abhang des Gubel seien die Toten auf dem Kampffelde begraben worden. In der Eile hätte man die entzweiten Parteigänger miteinander bestattet. Jetzt aber kämen alle Jahre weisse, gebleichte Totenbeine aus der Erde hervor. Diese stammten von den gefallenen Zugern, die bei den Zürchern keine Ruhe fänden und daher vom Waldbruder gesondert eine stille Ruhestätte fänden, da er diese in ein eigenes Grab lege und sie dort zur ewigen Ruhe bestatte. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 48 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Totenfuhre

Source: Die Totenfuhre

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a) Zur Zeit, als „Pül und Pest" regierte, musste die Totenfuhr alltäglich von Wald und Gibelflüh und umliegenden Höfen, welche damals auf Hochdorf kirchgenössig waren, über die Wirtle nach der Grabstätte fahren, allemal mit einem oder mehreren Toten. Einst war der Wagen mit Leichen gefüllt. Als der Fuhrmann in die Hohlgasse des äussern Wirtlenwäldleins gelangte, wo es stark rainab ging, fiel ihm eine Leiche vom Wagen. Er achtete dessen nicht und fuhr fürbas. Als er es wahrnahm, war er schon so nahe an Hochdorf gekommen, dass er nicht mehr umkehren mochte, um den Verlornen nachzuholen. Er habe den Sarg liegen lassen und gesagt, er wolle ihn dann am Morgen mitnehmen. So lag die Leiche bis an den folgenden Tag am Strassenport. Der Fuhrmann aber lud ihn am Morgen nicht mehr auf, lag er ja selbst unter den Toten auf dem Wagen. An der Stelle, wo die Leiche den Tag über gelegen, ist ein Bildstöcklcin aufgerichtet worden, das, auf etwas verändertem Platz, heute noch an der Strasse steht. Die Kapelle im Wald, im Felsport, bei Baumlis Haus, sei zu gleicher Zeit vom Besitzer erbaut worden, aus Gelübde, wenn er von der Pest verschont bleibe und das fürchterliche Übel weiche.   b) Der Totenbodenwald, durch welchen der Kirchweg von Epenwil nach Grossdietwil geht, habe seinen Namen von der Zeit an, da die Pest regierte. Ein Mann sollte auf einem Wagen mehrere Tote nach dem Kirchhofe führen. Im Walde verlor er auf unerklärliche Weise eine Leiche und konnte sie nimmer finden. Seither der Name. Viele Leute wollen jetzt noch zu Nacht dort Gespenster sehen, die ihnen den Weg versperren.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Die Totengestalt von Hüttwilen

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Auf dem schönen Schlosse zu Hüttwilen im Bezirk Steckborn hatte einst ein Schlossherr seinen Sitz. Obwohl mit Geld und Gütern überaus reich gesegnet, war dieser Junker doch sehr unglücklich. Während des Tages zeigte er sich nie vor den Leuten und erst nach dem Einnachten wanderte er finster und traurig im Freien umher und wich den Leuten aus. Auf dem Schlosse hielt er niemand als einen sehr alten Hausknecht, der alle Vollmachten besass. Das sonderliche Gebahren des Schlossherrn fiel allgemein auf und nur der Alte hätte über den Grund Auskunft geben können. In seiner Jugend besass der Junker noch einen Bruder, mit dem er sein Gut teilen musste. Da er es aber allein besitzen wollte, brachte er heimlich den Bruder um, ohne dass ausser dem Alten jemand etwas davon erfuhr. Doch seither plagte ihn das böse Gewissen wo er ging und stand. Lange Jahre litt er darunter, bis man ihn eines Morgens tot in der Kammer fand. Als Nachfolger zog ein entfernter Verwandter mit seiner Familie und einer grossen Dienerschaft ins Schloss, doch dauerte diese Freude nicht lange. Denn stets um Mitternacht begann im Keller ein Rumpeln und Poltern wie bei einem Erdbeben und durch die Schlossgänge schlich eine schaurige, weisse Totengestalt, die fürchterlich seufzte und jammerte. Eine Magd, welche die Gestalt einmal gesehen hat, starb vor Schreck. Dieses mitternächtliche Lärmen wurde immer schrecklicher, bis es den Schlossbewohnern schliesslich verleidete und sie das Haus verliessen. Seither stand das Schloss leer, niemand getraute sich mehr in seine Mauern. Zeit und Wetter liessen es schliesslich zerfallen und heute wachsen über den Grundmauern Gras und Sträucher.   Quelle: Ferdinand Bolt, Die Sagenwelt am Bodensee, Appenzeller Kalender 1956 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Totenlichter

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Schon in alten Zeiten — und noch in unseren Tagen — sollen nicht selten in finstern Nächten, entweder auf freiem Felde oder bei Gebäuden und gar in denselben, bald kleinere, bald grössere blaufarbige Lichter gesehen werden, die eine Zeit lang zwitschernd leuchten und dann gewöhnlich plötzlich verschwinden. Man nennt diese "Totenlichter", welche den baldigen Tod eines Menschen aus der Familie, aus deren Eigentum oder in deren Gemächern selbe zum Vorschein kommen, anzeigen sollen. Im Jahre 1868 wurden bei einem unbewohnten Hause zwei Lichter gesehen, ein kleines und ein grosses; und richtig, nach ungefähr zwei Monaten, starben aus der Familie, der das Haus angehörte, ein Kind und dessen Grossvater. — Im Jahr 1867 fiel in Zermatt ein Mann schwer krank; genas aber wieder und war wohlauf. Dieser besuchte eines Sonntages eine zahlreiche Gesellschaft, an der auch der Schreiber dieser Erzählung teilnahm. Wir alle wünschten ihm Glück zu seiner Genesung. Da kam ein Mann herein und sagte zu ihm: «Ich habe nicht geglaubt, dass du wieder gesund würdest, denn ich habe das Totenlicht auf deiner Matte gesehen.» Und der Genesene ward wieder krank und in kurzer Zeit eine Leiche. Denjenigen, die an solche Lichterscheinungen oder derart Zeichen glauben, kann man Behutsamkeit und Schweigen nie genug anraten. Die traurige Erfahrung lehrt, dass Angst und Schrecken unter furchtsamen Leuten viel Unheil anzurichten im Stande sind. Ich wiederhole, habet Mitleiden, quälet und … sie nicht so! (erzählt von Herrn Kaplan Mooser)   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch  


by Die Totenprozession

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Auf dem Wege von Visp durch Staldenried bis auf den Siwiboden sollen, laut alter Sage, die Toten ihre Prozessionen halten. Ein Mann aus Staldenried, der noch mit Namen genannt wird, habe da mit den Toten geredet. Ein ununterbrochener Zug, von welchem die Ersten auf dem Siwiboden und die Letzten zu Visp im Kehr waren, habe mit einem widerartigen Geräusche, in mindestens einer Minute Zeit, die ganze Strecke Weges von wenigstens sechs bis sieben Stunden durchpassiert. Einst habe vor einem Hause ein Baum quer über die Strasse gelegen; da habe der heraneilende Zug den Eigentümer aufgeweckt und ihn den Weg räumen machen. Dieser Weg wird noch jetzt von den Bergbewohnern der alte Volksweg genannt und man hütet sich wohl, denselben während der Nachtzeit mit Holz oder anderen Gegenständen abzusperren. Ein ähnlicher Totenzug, der aber bösen Geistern zugeschrieben wird, soll von Hochbiel — Visperterminen — auf Riedji — Stalden — und von da auf den höchsten Gipfel des Nanzertales, Feuer und Flammen sprühend, in grässlicher Geschwindigkeit hingefahren. Eine Person, die sich nicht schnell genug aus dem Wege flüchten konnte, wurde lahm und blieb es ihre Lebtage. (erzählt von Dekan Anthanmatten)   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Totenprozession

Source: Die Totenprozession

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a) Es war zur Zeit des Beulentodes, als eines Morgens früh der Pfarrer (oder der Sigrist) zu Spiringen sich ankleidete und eben den einen Strumpf angezogen hatte. In diesem Augenblick hörte er im Freien ein Gemurmel wie von einem grossen Volkshaufen. Erstaunt eilte er zum Fenster, um zu sehen, was das sei. Da zog eine grosse Prozession vom St. Antoni her laut betend zur Kirche. Die Teilnehmer kannte er alle, es waren Kinder und Erwachsene, Männer und Frauen; den Schluss bildete ein Mann, der den einen Fuss mit dem Strumpf bekleidet hatte, während der andere Strumpf auf seiner Achsel ruhte. Als die Prozession vorüber war, ging der Pfarrer (Sigrist) ins Zimmer zurück und nahm auch den zweiten Strumpf von der Achsel, um ihn anzuziehen. In diesem Augenblick kam ihm in den Sinn, wer jener Mann am Schlusse der Prozession gewesen. Er sagte nun, wer alles aus seiner Gemeinde noch an der Pest sterben, und dass er selber der letzte sein werde. Und so kam es dann. Daniel Imholz b) Er hatte in der Eile und aus Versehen einen schwarzen und einen weissen Strumpf angezogen. Ganz ähnlich wie unter a) wurde mir die Sage im Ried bei Amsteg und in Meien erzählt. J.M. Arnold, gen. Ziller u.a. c) Gegen Mitternacht erwachte der Sigrist zu Attinghausen und hörte es »Wysi läuten«. Er sprang aus dem Bett, zog eilig einen Strumpf an und lief zum Fenster. Da sah er eine grosse Schar Leute wie einen Bittgang laut betend zur Kirche ziehen. Er kannte sie alle. Sie waren schwarz gekleidet. Der Letzte im Zuge hatte nur den einen Strumpf an und das eine Hosenbein hinaufgestülpt. Der Sigrist folgte ihnen in die Kirche. Daselbst war sehr viel Volk beieinander, auch der Ortspfarrer war da. Es läutete zusammen, und der Pfarrer begann die heilige Messe. Ganz verwirrt lief der Sigrist nach Hause und fragte seine Frau, ob eppä ds Zytt b'standä syg. Sie erklärte, das sei nicht der Fall, es sei wirklich Mitternacht. Da erzählte er ihr alles, was er gesehen. Jetzt erst beachtete er, dass er ein Hosenbein hinaufgestülpt trug und nur mit dem einen Strumpf bekleidet war. Gut. Bald brach im Orte der Beulentod aus. Viele Leute, starben; eines nach dem andern von jenen, die der Sigrist in selber Nacht zur Kirche hatte wandern gesehen, wurde auf den Friedhof getragen, zuletzt auch der Pfarrer. Jetzt sagte der Sigrist, er werde zuletzt auch noch an die Reihe kommen, dann werde die Krankheit aufhören. Und so geschah es. d) Der Beulentod lieferte soviele Attinghausener auf den Gottesacker, dass das Brandwasser durch die anstossende Matte hinunterfloss. Im Beinhaus war früher eine Inschrift: Isch das nid ä grossi Chlag, 77 Jungfräuwä-n-in einem Grab? Die Doktoren seien gekommen bis zur Brücke, und dann seien sie wieder umgekehrt. Marie Ziegler Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Totenprozession – Gratzug

Source: Die Totenprozession – Gratzug

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Eine allgemeine Sage erhielt sich, besonders in den Bergen und Tälern, bis zu unseren Zeiten im Munde des Walliser Volkes, von der Totenprozession, auch Gratzug und Symphonie öfters genannt. Aus dem reichhaltigen Stoff dieser Erzählungen möge dieses Wenige genügen. An manchen Orten sah man um zwölf Uhr der Nacht eine Prozession in weissen Kleidern um die Kirche ziehen. Der Seher erkannte manche Personen in diesem Zuge, die noch am Leben waren; in der Ordnung, wie sie dann erschienen, starben selbe in wenigen Jahren. — Man nennt diese auch Doppelgänger und glaubt, wenn sie eine solche Person zur Kirche wandeln sehen, so werde sie bald sterben; gehe sie aber von der Kirche, so werde sie noch lange leben. An anderen Orten, wenn bei Tag oder Nacht sich ein Erdbeben ereignet, so heisst es, diese Nacht sind die Toten, ist die Totenprozession vorübergezogen. Diese Totenprozession heisst an gewissen Bergen Gratzug oder Symphonie. Wenn ein solcher Geisterzug vorübergeht, so hört man bald ein dumpfes Murmeln, wie bei einem zahlreichen Bittgang, wo der Rosenkranz gebetet wird. — Bald soll man den langsamen Totenmarsch, oder deutlich den Marsch trommeln und pfeifen hören; bald wieder allerlei Musik, weinende und lachende Stimmen; bald wieder nur ein seltsames Getöse und Rauschen und einen bald kalten, bald warmen Windhauch, — als wenn ein starker Windstoss durch das Laub der Bäume sauste. — Wo nun ein solcher Gratzug seinen gewöhnlichen Gang hat, solle man sich immer ob den Weg stellen oder legen, weil dort die Toten nicht schaden dürfen; wer aber im Weg des Gratzuges bleibe oder unter den Weg sich flüchte oder lege, über den hätten die Toten Gewalt. In einigen Gegenden, wenn Hirten oder Bergleute an gewissen Schluchten oder Gräben vorübergingen oder ausruhten oder schliefen, und nachher einen plötzlichen Schmerz an Füssen, Beinen, Armen, Händen, Augen oder Ohren fühlten, oder vom Fieberfrost geschüttelt wurden, und dann später bedenkliche Krankheiten daraus erfolgten, so heisst es, er ist in "d'Winda cho" — verwindet worden — was bei vielen so viel heisst, er ist in den Gratzug — unter den Totenzug oder das böse Volk (wilde Heer) gekommen. — Solche Übel seien sehr schwer zu heilen. So allgemein der Volksglaube ehemals und teils noch wirklich an diese Totenprozession oder Symphonie ist, so weiss man überall zu erzählen, was man von derselben gehört; aber sehr wenig, was man von ihr gesehen hatte. Nur von wenigen vernimmt man, dass man einen stundenlangen Zug Weissgekleideter — oder auch wie einen finstern Schattenzug an Bergen und in Schluchten bei mondhellen Nächten auf und nieder habe steigen sehen. Zum Schluss noch folgende interessante Volkssage aus der Bergschaft Emd. Dem sich dies ereignete, ist nicht vor langer Zeit gestorben und viele leben noch, die es aus seinem Munde, wie hier folgt, haben erzählen hören. An einer Temperzeit hörte dieser Mann in der Nacht, ungefähr um elf Uhr, dreimal seinen Namen rufen, mit dem Befehl, er solle schnell aufstehen und hinaufgehen in den Schleif, um das Holz, welches er da gefällt habe, aus dem Wege zu räumen; denn die Totenprozession müsse diese Nacht dort ihren Durchzug halten. Deutlich habe er in dem Rufen die Stimme seines unlängst verstorbenen guten Freundes erkannt. Beim dritten Rufen öffnete er das Fenster und antwortete entgegenrufend, er habe es verstanden und werde sogleich hinaufgehen. Wie er eben die Arbeit zum Teil schon vollbracht hatte, hörte er wieder die gleiche Stimme: «Eile, eile und stelle dich schnell ob den Weg.» Er strengte alle seine Kräfte an, damit schnell aufzuräumen. Da hörte er von der Kirche herauf zwölf Uhr schlagen und bei dem letzten Glockenschlag — ein starkes, hohles Brummeln, wie von zahlreichen Betenden einer Prozession. Wie er aufsah, erblickte er einen ungeheuer langen schwarzen Zug daherkommen. Als die letzten Holzstücke entfernt waren, blieb ihm kaum Zeit ob den Weg zu springen, so nahe war der Vortrupp. «Was glaubet ihr», fragte der Erzähler, «wie lange mag es gedauert haben, bis die Toten vorüber waren? — Drei lange Glockenstunden dauerte der Zug bis er an mir vorüber war, als die letzten vorüberzogen, da fing es unten an zu Betenläuten — es war drei Uhr morgens.» Ähnliche Sagen von Gratzügen oder Totenprozessionen gibt es noch viele im Wallis.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Totentrommel

Source: Die Totentrommel

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Die Totentrommel wollen viele gehört haben, selbst solche, die noch jetzt leben. Sie soll einer gewöhnlichen Trommel nicht gar unähnlich sein; nur sollen ihre Töne viel dumpfer und melancholischer, die gespielten Märsche aber sehr altmodisch lauten. Merkwürdig ist dabei, dass die Trommelschläge viel deutlicher gehört werden, wenn man nur obenhin und gleichgültig zuhorcht. Ein Mann von fünfzig Jahren, der vor zwei Jahren gestorben, hörte die Totentrommel so oft in den Gebirgen schlagen, dass er mit Leichtigkeit die Melodien derselben nachzupfeifen imstande war. — Man glaubt, die Züge und Prozessionen der Abgestorbenen wandern unter solchem Trommelspiele herum; darum bleibt auch die Totentrommel nie am gleichen Orte still, sondern zieht hörbar immer weiter und weiter. - Von solchen Totenzügen wird überall viel erzählt, wie z. B. die Verstorbenen gewisse Wege und Strassen einhalten, die mit Holz oder Steinen nicht verlegt (abgeschlossen) werden dürfen; wie sie in Hütten und Ställen, die zu nahe ihren Zug berühren, Menschen und Vieh belästigen, etc. etc. Ich will das Gehörte und Erzählte hier nicht wiederholen, sondern nur einen Zug noch anführen, den ein unbescholtener Jüngling einst soll beobachtet haben. — Dieser wohnte allein und von allen Menschen abgeschieden in seinem Berghause. Die langen Winterabende brachte er gewöhnlich ohne Licht zu mit Rosenkranzbeten hinter dem warmen Stubenofen. In einer schauerlichen Winternacht, als eben die Winde den frischgefallenen Schnee heftig herumtrieben und er sich ganz allein im Dörflein wusste, hörte er auf einmal viele Menschentritte vor seinen Fenstern vorüberziehen. In aller Eile schlüpft er hinter dem Ofen hervor und gewahrt mit Staunen eine grosse Menschenschaar vorübereilen; er erkannte zwar niemanden, doch fiel ihm auf, dass der letzte einen ausgezogenen Strumpf auf der Achsel trug. Mit Entsetzen gewahrte er nun, dass er selbst so einen Strumpf auf der Achsel trage; er hatte denselben beim Hervorkommen hinter dem Ofen von der Wand gerissen und sich selbst unbemerkt so aufgeladen. — Der Seher starb noch im gleichen Jahre. (erzählt von Herrn Kaplan Mooser in Zermatt)   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die traurige Schlittenfahrt

Source: Die traurige Schlittenfahrt

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Eine Anzahl Knaben und Mädchen von Obervaz benützten an einem h. Weihnachtsabende die schöne Schlittbahn und fuhren mehrmals durch das Dorf hinab und weiter, über die schneebedeckten Felder und Hänge. Sie setzten sich zu diesem Zwecke auf einen grossen Heuschlitten, und Einer der Knaben war der Lenker. So waren sie schon mehrmals gekehrt, um wieder zu fahren, und aber­mals bereit, auf den Schlitten zu sitzen, - als sie einen fremden Mann in rotem Fracke bei ihnen stehen sahen, der sie bat, sie möchten ihn einmal »wysen« (lenken) lassen, da er darin sehr bewandert sei. - Ohne Arges zu denken, gaben sie die Zustimmung, setzten sich, und nun ging\'s so sanft und doch so schnell bergab, wie noch nie, die Fröhlichen sangen und jauchzten vor Vergnügen. Als sie aber eine Strecke unterhalb des Dorfes sich befanden, wo sie ge­wöhnlich anhielten, fing der Schlitten an, noch schneller zu gleiten; schneller und immer schneller ging\'s bergab, so dass sie ängstlich wurden, und dem roten Lenker geboten, zu halten. Der aber lachte hellauf, achtete weder Bitten noch Drohen, und der Schlitten raste weiter. - Abspringen war keine Möglichkeit, eine geheime Gewalt hielt Alle gebannt, bis an zwei Knaben, die, wie weg gestossen, vom Schlitten fielen. Unaufhaltsam, mit grausenerregender Eile, glitt der Schlitten mit der armen, wehklagenden Jugend weiter, der» Val Pardatsch« zu - über einen schroffen Felsen - in die Albula hinunter. - Jeder Jammer war verstummt. - Alle waren und blieben verschwunden; man fand nicht einmal ihre irdi­schen Überreste. - Einzig die zwei Knaben, die vom Schlitten gefallen, waren vom Untergange gerettet, desshalb, weil sie »im Rosenkranze« gewesen waren. - Aber alljährlich am Abende des Unglückstages vernimmt man vom Pardatsch-Tobel herauf ein Jammern und Wehklagen, aber auch das Hohnlachen des Bösen, der die Armen so irre leitete. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Turm-Glocke

Source: Die Turm-Glocke

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In einer christlichen Gemeinde gibt es kaum ein angenehmeres und unentbehrlicheres Möbel, als schöne und harmonische Turm-Glocken. Diese sind es, die mit uns Freud und Leid, Hoffnung und Angst, Lobgesang und Trauerklage, Wonne und Schrecken in vollem Masse teilen; sie sind es, die den Schöpfer loben, uns zum Gebete rufen, die Stunden zählen, uns vor Gefahren warnen, mit uns frohlocken und beim Tode lieber Verstorbenen herzlich mit uns weinen. Mit einer und derselben Stimme spricht die Glocke eben das in unser Herz hinein, was schon da ist, und trifft und reisst unsere Gefühle so unwiderstehlich dahin, mit vollem Rechte finden wir darum auf mancher Glocke die Verse eingegossen: Convoco, Laudo, Voco, Depello, Nuntio, Ploro, Arma, Deum, Vivos, Nubila, Laeta, Rogos. Wer mag sich darum wundern, dass jeder gefühlvolle Mensch die Turm-Glocken so sehr liebt? Dass Arm und Reich zum Glocken-Guss bereitwillig beisteuern und die ganze Gemeinde tief trauert, wenn eine Glocke zerspringt? In St. Niklaus wird erzählt: Joseph Riedi lebte alt und blind in Zerschwidern, St. Niklaus, und versprach tausend Pfund, wenn man eine Glocke giessen lasse, die er noch hören könne. — Eines Tages lud man ihn ein, ein wenig im Freien die liebe Sonne zu geniessen. Er folgte. Und siehe da! Auf einmal tönte von St. Niklaus her lieblicher Glockenklang an sein Ohr. Des Alten Augen füllten sich mit Freudentränen; er erhob sich und sprach: «Ihr habt Wort gehalten, ich will zahlen!» — «Das wussten wir schon», war die Antwort, «darum steht auch dein Name auf der Glocke schon eingegossen». Wie ist es nun möglich, dass die altehrwürdige Kirche auf Valeriens Hügel so lange der schönen Glocken entbehren kann, die Jahrhunderte lang Ohren und Herzen des christlichen Volkes erfreuten?   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die überlistete Hexe

Source: Die überlistete Hexe

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In Bennwil lebte vor Zeiten eine berühmte Hexe, die sich auf allerlei unheimliche Künste verstand. Sie konnte nächtlicherweile Kühen in entfernten Ställen die Milch entziehen. Oder sie schlüpfte durch Schlüssellöcher in fremde Wohnungen hinein und plagte die Schläfer, indem sie ihnen auf die Brust sass, so dass ihr Atem beklommen wurde. Man kam ihr aber auf ihr nächtliches unheilvolles Treiben durch folgendes Mittel: Wer spürt, dass eine Hexe im Herannahen ist, muss darnach trachten, einen Strumpf, den Deckbettzipfel, oder wessen er sonst in der Dunkelheit und in der Hast habhaft werden kann, zu erwischen und in einen Schraubstock zu klemmen. Auf solche Weise wurde die Hexe in einer Nacht gefangen und musste bis am Morgen in dem von ihr heimgesuchten Hause verharren. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Die überraschte Spinnerin

Source: Die überraschte Spinnerin

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1. Zillä, eine arbeitsame Witwe und fleissige Spinnerin zu Wattingen bei Wassen, wie man gegenwärtig keine solchen mehr findet, liess eines Samstagabends ihr Rädlein schnurren bis nach Mitternacht. Sie dachte gar nicht daran, dass es unterdessen Sonntag geworden. Da kam es ans Fenster und rief: »Schoch, schoch spinnst noch?« »Ja ja, ich spinne noch,« antwortete keck die Fleissige. »Für wen spinnst denn noch?« examiniert das am Fenster weiter. »Fir mich und fir dich und fir dië, wo's mangelbar sind,« lautete die Auskunft. Das war die rechte Antwort. Die Stimme liess sich nicht mehr vernehmen, das Examen war bestanden. Aber die Spinnerin stellte jetzt das Rädchen ebenfalls auf die Seite und spann nie mehr in den Sonntag hinein. »Ich ha's nu sälber 'kännt, das Zilli,« belehrt mich meine fromme Erzählerin ab der Scheeni zwischen Wassen und Geschenen. Franziska Kruog, 70 J. alt. Spielart: Nicht lokalisiert. Zwei Spinnerinnen. Die Antwort lautete: »Fir dich und fir ys, fir all Lytt und fir dië armä Seelä.« Da nahm das Gespenst zwei Kalksteine, zerrieb sie zu Mehl und sagte, wenn sie nicht so geantwortet hätten, wäre es ihnen ergangen wie diesen Steinen. a) Die Anfrage heisst auch: »Noch, noch! spinned-er noch? Spinned-er fir ych uder spinned-er fir ander Lytt?« Frau Regli Baumann, 76 J. alt, Wassen, u.a. b) Ursern. Die Frage lautet: »Spinnsch fir dich oder fir dä Loh(n)?« Die Antwort: »Ich spinnä fir mich.« 2. Früher war es Brauch, an Samstagabenden beizeiten Feierabend zu machen. Eine alte Spinnerin konnte sich aber nicht von ihrem lieben Spinnrad trennen und spann in die tiefe Samstagnacht hinein und zwar beim Armenseelenlichtlein. Da kam es ans Fenster und rief: Schoch, schoch, wie spinnst du noch! Durch dich (drum) muss ich in den weiten Wald, Und es ist so kalt. Frau Gisler-Zwyssig, Isental 3. Z'altä Tagg z'spinnä, das het's äu nit 'tohlet. Als einst ein Müetterli solches dennoch tat, kam eine Stimme ans Fenster und rief: »Schoch, schoch, spinnst noch? Spinnst für dich oder für andere Leut?« Aber jetzt verliess die Spinnerin ihr Rad und machte sich ins Bett. Theresia Gisler, 73 J. alt, Spiringen 4. Einst sass ein altes, emsiges Müetterli bis spät, spät in die Nacht hinein an seinem Spinnrädchen. Da erschien ein Wäuti am Fenster und rief: »Noch! spinnst noch so spat? Spinnst nochmal so spat, So bischt in meiner G'walt.« Aber jetzt liess die Alte das Rädchen stehen und machte sich ins Bett. Marie Schilter, Attinghausen Der Spruch lautet auch: Alti! schoch, schoch! spinnst noch so spat? Und äs isch so frisch und chalt, Und ich müess nu z'obrisch i Wald.« Franz und Melchior Kieliger, Bristen 5. Eine alte Jungfer spann einmal gegen ihre Gewohnheit bis spät in die Nacht hinein. Endlich kam ein Wäuti an das Fenster, schob es beiseite und schleuderte die Frage ins Stübchen: »Wessen ist der Abend?« – »Mynä-n- und dynä,« wirft schlagfertig die Spinnerin als Antwort zurück. – »Güet, das äso g'antwortet hesch! susch hät-ti z'Huddlä-n- und z'Strämpä zerrissä,« zischelt noch das Wäuti und bricht, verschwindend, das Redegefecht ab. Katharina Wipfli, 80 J. alt, Seedorf Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Überschüttung von Kienholz

Source: Die Überschüttung von Kienholz

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Das Hasletal ist häufigen Zerstörungen ausgesetzt. Ein Schlammstrom von aufgelöstem Schiefer zerstörte 1797 zu Schwanden viele Häuser und Wiesen. Auf gleiche Weise ward im 15. Jahrhunderte, wie die allgemeine Sage geht, das Dorf Kienholz teils mit Steinen und Schlamm  überschüttet, teils in den Brienzersee hinausgeschwemmt, und lange Zeit bezeichneten nur dürftige Häuser die Stätte, wo es gelegen. Es gibt noch dermal ein Geschlecht, des Namens Kienholz, welche folgende Stammsage hat: Nach Überschüttung des Ortes fuhr öfter ein Karrer über den hohen Steinschutt. Sein Gaul zeigte sich stets auf der nämlichen Stelle unruhig, der Hund scharrte im Boden und beide wollten nur ungern vom Flecke. Endlich verschaffte sich der Karrer die Erlaubnis, daselbst zu schürfen und zu graben, und man kam bald an das Gewölbe eines Kellers. In diesem fand man einen alten Mann samt einem Knaben aus dem verunglückten Dorfe, die beträchtliche Zeit hindurch sich in dieser Gruft mit Wein und Käse und herabsickerndem Wasser das Leben gefristet hatten. Man half den beiden heraus; allein der Greis starb an der frischen Luft in kurzer Weile; der Knabe dagegen lebte fort, und sein Name ward zum Andenken an den Vorfall anstatt Schneitter, wie er geheißen, in „Kienholz" verändert.         Quelle: Theodor Vernaleken, Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch


by Die Uhren zu Basel

Source: Die Uhren zu Basel

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In Basel gehen alle Uhren eine Stunde zu früh, wenns in den umliegenden Städten und Dörfern Ein Uhr ist, schlägts hier Zwei. Vor mehren hundert Jahren sollte die Stadt vom Feinde überfallen werden. Der Feind hatte den Angriff, wenn es nach Mitternacht auf der großen Glocke des Turms an der Brücke, Eins schlüge, beschießen. Der Uhrmacher, der die Uhr besorgte, erfuhr dieses, und ließ die Uhr so verlaufen, daß sie statt Eins, Zwei schlagen mußte. Der Feind, in Meinung, er sei eine Stunde zu spät gekommen, gab sein Unternehmen gänzlich auf. Zum Andenken dieser Errettung schlagen seit der Zeit, bis auf den heutigen Tag alle Uhren der Stadt Eins, statt Zwei. Noch sieht man auch an dieser Uhr einen Kopf, der auf die Straße hinausblickt, auf welcher der Feind eindringen wollte. Er ist von jenem Uhrmacher gefertiget, und streckt in jeder Minute höhnisch die Zunge heraus. Quelle: Der unbekannte Bruder Grimm. Deutsche Sagen von Ferdinand Philipp Grimm. Herausgegeben von Gerd Hoffmann und Heinz Rölleke. Düsseldorf/Köln 1979 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die umherirrende Cordeyna

Source: Die umherirrende Cordeyna

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a) Als die Alblinger ihren alten Glauben mit dem reformierten vertauschen wollten, veranstalteten sie eine Abstimmung. Das Mehr sollte den Entscheid für oder gegen die alte Lehre fällen. Da begab sich die Cordeyna von Haus zu Haus und suchte für den neuen Glauben zu werben und die Altgläubigen zum Abfall vom katholischen Glauben zu gewinnen. Die Abstimmung fiel für die Annahme der neuen Lehre aus. Zur Strafe für ihren Abfall vom angestammten Väterglauben und wegen ihrer Hetze gegen die Katholiken musste die Treulose nach ihrem Tod ruhelos umherirren. Sie erschien in verschiedenen Gestalten, bald als unruhig flackerndes Lichtlein, bald als schwarze Katze, bald als Gespenstergeist, und erschreckte die Bewohner von Heitenried und St. Antoni. Oft sah man ihr Lichtlein beim Bauernhaus der Familie Zahno umhergeistern oder in der Umgebung des Schweinestalles. Als einst Heitenrieder Buben im Bächlein (Schwellibach?) auf Fröschfang gingen, bemerkten sie den Geist. Sie sahen niemanden, hörten aber sein Lärmen. Auf einmal plantschte er mit viel Geräusch den Bach herunter. Da erschraken die Froschfänger; sie gaben Fersengeld und rannten so flink wie möglich nach Hause. Am Kehr zeigte sie sich als schwarze Katze oder als schwarze Ziege, die zuweilen Feuerflammen spie. Der Geist bewegte sich bis zur Strasse hinunter und verschwand im Gehölz in Richtung Burgbühl. b) Man erblickte früher die Cordeyna nachts auf einer Wiese am Schwellibach bei Heitenried. Dort sah man die geisterhafte Erscheinung auf der Heuwiese Gras zetten bis gegen Morgen früh. Wenn die Betglocke zum Angelus läutete, dann musste sie verschwinden.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die unbekannte Magd

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Zu einem Bauernhause kam ein hübsches, unbekanntes Meitli und trug sich als Magd an. Es gefiel den Leuten, und sie behielten es. Nach Schriften fragte damals niemand, und so kannten die Meisterleute weder des Mädchens Eltern noch Heimat. Die Hauptsache war, dass sie eine treue, zuverlässige Magd gefunden hatten. Alle Jahre mussten sie ihr mal einige Tage frei geben, und dann ging sie mit ihrem Lohne fort, niemand wusste wohin, und zur festgesetzten Frist erschien sie wieder fröhlich und heiter bei ihren Leuten und ging munter an ihre gewohnte Arbeit. Nach vielen Jahren fügte es sich, dass der Meister mit seinen Söhnen in eine entfernte Gegend männen ging. Einer aus der Gesellschaft trug ein Joch auf seiner Schulter. Da hörten sie hinter sich rufen: »Jochträger!«, und als sie umschauten, erblickten sie ein Mandli, das ihnen nachlief. Der Jochträger wartete ihm. Das Mandli sagte: »Jochträger, säg am Rüchgrind, dz Zytzi-Mytzi syg gstorbä!« und lief wieder zurück. Als der Mann am Abend beim Tisch sein Erlebnis erzählte, fing die Magd zu weinen an und sagte, jetzt müsse sie heim, ihre Mutter sei gestorben. Sie machte alsbald ihr Bündelchen und verliess unter Tränen die Bauersleute. Frau Arnold-Gisler, Spiringen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die uneinigen Brüder auf Schiltalp

Source: Die uneinigen Brüder auf Schiltalp

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Die Schiltalp oder der Schilt an der Morgenseite des Schilthorns, eine grosse Mulde, wohl geborgen und eingebettet zwischen Wasenegg und Schiltgrat, gehörte einst zwei Töchtern aus dem Niederland. Der Schilt ist wohl klein, aber liegt im Biswindschatten, ist wasserreich, hilb und steht im Ertrag der mälchsten Bergschaft der Gegend nicht nach. Wer hier alpete, dessen Gewerb war wohl versorgt, denn zum Schilt gehörten damals als Schneeweide die lägen Halden unten am Mürrenweg zwischen Staubbach und Sagigraben, von denen heute viel überwaldet ist. Fiel im Vorsommer oder Herbst in den Höhen unzeitiger Schnee, so zügelte man eben in die tief gelegene Schneeweide und war nie genötigt, gänzlich zu Tal zu fahren. Die hablichen Töchter aus dem Unterland lernten sommerüber zwei Brüder aus Gimmelwald kennen, die merkten, dass es da Honigwaben auf die Seite zu legen gab und die Schwestern an sich zu helben wussten. Schon im ersten Sommer nach der Heirat wurden die beiden Brüder uneins. Der ältere, ein umsichtiger und erfahrener Mann, war der Meinung, dass man die so zahme Alp mit Kühen besetzen sollte. Der jüngere, der hatte ein Haupt — ein Haupt — so hart und eckig wie ein Zügstuhlgrind. Dieser wusste es durchzudrücken, dass der Schilt nur mit Galtvieh bestossen wurde. Als im Herbst die Jungtiere sauber und wohlgenährt aussahen, dass sie völlig geschienen hatten, da lief dem Einsichtigen die Galle über, wenn er daran dachte, was für einen Abnutz man mit Kühen erzielt hätte. Auch im zweiten Sommer setzte der engstirnige Querkopf aus lauter Trotz seinen Willen durch; der andere war wieder viel zu hinlässig und wusste ihm nicht die Stange zu halten. Und im dritten Sommer, da wollte der eine Hüst, der andere Hott, der eine Wein, der andere Most; statt dass sie oben im guten bachdurchrauschten Schilt einen Herrenlebtag führten, hatten sie und ihre Frauen einen Schönwettersommer lang in ihren beiden Hütten ein Hundeleben. Wie sollte das erst kommen, wenn sie wieder drunten in Gimmelwald in ihrem väterlichen, zwiefalten Hause Wand an Wand nebeneinander wohnten! Dem älteren, dem stieg der Ekel weidensauer in die Kehle; er konnte es nicht mehr ertragen und erhängte sich oben in den "Guglen" an einem spitzen Felszahn. Als der andere, der verworrene Tubelgrind, am Schilt weiter alpete, da lag auf diesem kein Segen mehr. Von nun an hatte es Sommer für Sommer die schönsten Rinder geviertelt, (Rauschbrand bekommen) und der jüngere ging dann, wie der ältere Bruder, auch kinderlos und elend ab der Welt. Die beiden guten Witfrauen schenkten später den schönen Schilt der armen Berggemeinde, und noch heutigen Tages ist er Bäuertrecht von Gimmelwald. Quelle: Hans Michel, Ein Kratten voll Lauterbrunner Sagen. Wengen 1936. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Ungeheuer auf Arni

Source: Die Ungeheuer auf Arni

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a) Früher hausten in den Häusern und Ställen auf Arni viele Ungeheuer; Umg'hyri hent-s-nä g'seit, nit G'spängster. So kam ein solches jeden Abend mit einer Bräntä auf dem Rücken in einen Stall, blieb da über Nacht und ging am Morgen wieder davon. Man glaubte, es sei ein ehemaliger Milchschelm. b) An einem Ort kam »eines« jeden Morgen zum Stall und trieb die Ziegen auf die Weide, aber man wusste nicht wohin, und den ganzen Tag hindurch bekam man keine einzige zu Gesicht. Am Abend brachte es sie gesund und wohl zum Stall und verschwand. Frau Gerig-Münsch Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Ungetümer im Stalle

Source: Die Ungetümer im Stalle

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Zu einem grossen Bauernhof im Amt Willisau kam einst ein alter Bettler und bat um Nachtherberge. Der Hofbauer hatte eben das Haus voll Leute und wusste da für einmal keinen Schlupfwinkel. Doch er wollte den armen Mann nicht abweisen und sagte: „Im Hause ist keine Gelegenheit; so weiss ich euch keine andere Herberg als in der Scheune oder, wenn es sein muss, im Stall." – „Die Nächte sind kalt; bitte, lasst mich in den warmen Stall", flehte der Arme, dem gleich der andere entgegnete: „Bevor ich das zugebe, muss ich euch im Vertrauen sagen: erst gestern übernachtete hier ein fremder Geselle und der sagte beim Fortgehen: „Behüt euch Gott und mich vor diesem Stalle. Wenn mir schon jemand die ganze Welt verspräche, so möchte ich keine Nacht mehr hier zubringen". - „O, wenn nur das ist", fiel der Bettler ein, „so lasst mich nur unbedenklich daselbst übernachten; ich fürchte mich nicht." - „Ungern, aber wenn ihr es durchaus wollet, so sei es euch gestattet", war des Bauern Antwort. Nach gutem Nachtessen wandelt der Bettelmann zum Stalle, rüstet das Stroh zum Nachtlager, kniet dann zum andächtigen Gebete und legt sich neben den Ochsen und Kühen zum Schlafen. Um Mitternacht weckte ihn ein grausiges Rascheln. Er sieht ein Paar grosse Augen über ihm blitzen und hörte dann in wildem zornigem Tone die Worte: „Dem kann ich nichts antun, er liegt unter dem heiligen Kreuz Christi!" Kaum war dieses Ungeheuer fort, so nahte sich ein anderes und drohte, mit fürchterlicher Wut über ihn herzufallen. Aber darauf vernimmt er wieder das tröstende Geständniss: „Dem kann ich nichts antun, er liegt unter dem heiligen Leben Christi! " Und nahte zum dritten, vierten ja bis zum neunten Male ein ähnliches Ungeheuer, eines grauenhafter als das andere, und das letzte sprach wie im höchsten Grimm: „An dem kann ich nichts machen, er liegt unter dem Schutze der ganzen hochheiligen Dreifaltigkeit." Nun wurde es still. Der Bettler sprach wieder sein Segensgebet und schlief dann ungestört und sanft bis zum hellen Morgen. Der Hofbauer verwunderte sich nicht wenig, als er den Bettelmann so heiter und wohlgemut erblickte. Erst nach dringendem Anhalten wurde letzterer bewogen, dem Bauer den merkwürdigen Hergang in der Nacht zu erzählen. Als er nämlich sich überzeugte, dass der Hofbauer nicht aus Vorwitz, sondern in frommer und gottesfürchtiger Absicht so dringlich forschte, so erzählte er ihm genau, was ihm begegnet sei und vertraute ihm auch das kräftige Schutzgebet, welches ihn bisher vor derlei Unfällen behütet habe. Der Hausvater schrieb diesen Segen wörtlich auf, lehrte ihn auch seine Hausgenossen und alle beteten ihn andächtig beim täglichen Abendgebet. Von nun an verschwand der Spuck im Stalle, und der Bettelmann wurde auf diesem Bauernhöfe in hohen Ehren gehalten.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Die unheimliche Nachtherberge

Source: Die unheimliche Nachtherberge

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a) Ein Reisender, der von der Surenen her kam und von der Nacht überrumpelt wurde, erblickte im Blattental ob Erstfeld ein Licht, ging darauf los und fand ein altes Häuslein, wo er anklopfte. Ein altes Müetterli tat ihm auf, liess ihn eintreten und bot ihm Herberge an. Sagte aber, es sei eine arme Seele, die hier ihr Fegfeuer abbüssen müsse. Im nahen Bockitobel aber sei die Hölle. »Ja«, sagte es, »wenn ihr wüsstet, wie viele dort sind! Ich weiss etwas! Es ist so mit verdammten Geistern angefüllt, dass man mit Stosskarren darüber fahren könnte, wenn sie mit Leibern behaftet wären.« Dem Fremden wurde es unheimlich, und er verliess bald die merkwürdige Herberge. Josef Zieri, Erstfeld b) So, so! vom Bockitobel habt ihr auch schon gehört. Ja, da hat mir einmal das Geeziger Seppäli von Attinghausen – sie sagten ihm nur dz Heiliggeistvögeli – auch etwas erzählt. Das Bockitobel sei voll armer Seelen. Es selber habe einmal eine gesehen, wie sie sich im Bockibach wusch. Ein Wybervölchli, schwarz gekleidet, ein schwarzes Tuch über dem Kopf. Das habe es einmal einem Geistlichen erzählt, und der habe dann gesagt: »Ja, ja, die armen Seelen sind in den allerwüstesten Orten. Arme Seelen gibt es wie Schneeflocken.« Frau Nell-Gisler Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Unholde auf Rigi Scheidegg

Source: Die Unholde auf Rigi Scheidegg

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Es war (wie das Büchlein der Sennenbruderschaft von Gersau sagt) am Sankt Jakobifest 1593 in der Nacht, als plötzlich im obern Gschwänd am Rigiberg 60 Haupt Rindvieh in einer Alphütte allein und 24 in andern plötzlich verendeten. Der Senn eilte hochbestürzt nach Gersau hinab und erzählte, man habe droben auf der Alp bei den drei Hütten, wo das Unglück geschah, gleichzeitig zwei schwarze buschige in die Wolken hinaufragende Riesen gesehen. In dem grimmigen Kopfe der Ungetümer sass je ein paar Augen, so gross wie ein zentnerschwerer Käse. Noch am Morgen konnte man auf der Stätte, wo sie geweilt, deutlich den widerlichsten Schwefelgeruch wahrnehmen. Um künftig von solchem Unglück verschont zu bleiben, errichteten die Sennen eine Bruderschaft und bis auf den heutigen Tag wird am Sankt Jakobsfest im Juli in der Kapelle auf dem Käppeliberg ein Buss- und Bittag gehalten. Mehr wusste unser Erzähler nicht.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Die unschuldig Hingerichteten

Source: Die unschuldig Hingerichteten

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In der Gemeinde Geschinen war einst das Gemeindegeld auf unerklärliche Weise abhanden gekommen. Daraufhin wurden drei sonst als ehrliche Männer angesehene Bürger von einer höhergestellten Persönlichkeit von Geschinen selbst angezeigt. Alsogleich wurden die drei Männer verhaftet und nach Ernen in sicheren Gewahrsam gebracht. Sie beteuerten fortwährend ihre Unschuld, doch man schenkte ihnen keinen Glauben. Man spannte sie auf die Folter doch die drei blieben standhaft und legten kein Geständnis ab. Erst am dritten Tage bekannten die Angeschuldigten, durch das Übermass der Folterqualen getrieben, eine Schuld, die sie gar nicht begangen hatten. Unter den Richtern befand sich auch der Mann, der sie angezeigt hatte und auf seinen Rat hin stimmte man auf sofortigen Tod durch den Strang. Schon am folgenden Tage wurden sie hingerichtet. Als der Henker ihnen unterm Galgen die Stricke umwarf, rief der eine: «Ich sterbe am Galgen, doch ich sterbe ehrlich!» Der Zweite sagte: «Unschuldig bin ich wie die Sonne da droben am Himmelsblau.» Als auch der dritte die Leiter emporstieg, rief er aus: «Die ehrlichen Männer müssen also sterben für den Dieb, der unterm Galgen unsern letzten Atemzug erwartet!» Alles erschrak ob dieser Aussagen, ohne dass man nur daran dachte, die Hinrichtung aufzuschieben. Als der erste Schrecken vorbei war, stieg nun im Volke ein furchtbarer Verdacht auf: Man hatte sicher drei Unschuldige hingerichtet auf das Drängen des Schuldigen. Unverhohlen gab das versammelte Volk seinem Unwillen Ausdruck gegen den Richter, der die drei angezeigt hatte und bald bezeichnete man ihn allgemein als den Dieb. Stürmisch verlangte das Volk am folgenden Morgen den unehrlichen Richter vor ein strenges Gericht. Doch zu spät. Er war während der Nacht auf und davon und blieb für immer verschollen. ERNEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Unschuldsrose

Source: Die Unschuldsrose

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Im Unterengadin war es vor uralter Zeit Sitte, allemal einen Verbrecher zu begnadigen, wenn der letzte Tag des Mai auf einen Sonntag fiel. Es wurde dann unter den Gefangenen der Beste ausgewählt und indem man ihn aus dem Kerker führte, kam ihm ein Zug festlich gekleideter Jungfrauen entgegen, voran die Schönste der Landschaft, die dem Befreiten eine weisse Rose reichen musste, die Unschuldsrose genannt. Einmal war ein Greis unschuldig eingesperrt und wurde vom Volk an einem solchen Maisonntag jubelnd hervorgeholt. Das schönste Mädchen der Landschaft war damals seine Tochter und der Auftritt der Überreichung der weissen Rose wurde dadurch so rührend, dass er sich lange in Erinnerung hielt. Aus: U. Brunold-Bigler, Die Sagensammlung der Nina Camenisch, Disentis 1987, mit freundlicher Genehmigung der Autorin. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die untergegangene Alp

Source: Die untergegangene Alp

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Wo jetzt am Abend die Gletscher leuchten und ihre Spalten tief und schaurig auseinanderklaffen, wo die geklüfteten Felsen kalt und kantig in die stürmischen Nächte ragen, der Sturmwind an die steile Felswand prallt und den Jodel der Sennen zerschmettert, da lachte einst eine farbige Pracht in die selige Welt hinaus. Saftige Matten nährten das köstlichste Gras; Alpenlilien und Sonnenröschen, Sterndöldchen und Goldklee säumten den sattgrünen Mantel der fruchtbaren Weiden und lagen darin zerstreut, wie die Sternlein am Himmel in einer Maiennacht. Und das Vieh gedieh und war von einem Schlage, wie es heute beim allerreichsten Bauer nicht mehr zu finden ist. Inmitten dieser herrlichen Matten floss die Simme, die alles nährte, und nach welcher hin sich sanfte Abhänge neigten. Von der Lenk aus führten breite Straßen auf beiden Seiten der Simme nach den Anhöhen, wo prächtige Sennhütten und geräumige Ställe standen. Die eine links der Simme, hiess Langeckstrasse, weil der dortige Zug Langeck hiess, wovon die Lenk ihren Namen erhalten hat. Und auf der andern fuhr täglich ein junger Senne mit einem Viergespann nach dem Dörfchen, wohin er die fette Milch, den kräftigen Käse und die duftende Butter brachte. Wenn er am Abend die Tiere gestallt, gemolken, ihnen Gleck in das Maul und Heu in die Barren getan hatte, holte er sein Alphorn hervor und blies. Dann erklang ihm Antwort von drüben her. Denn jenseits hauste eine junge schöne Sennerin und weil ihr Herz stürmischer schlug und ihre Wangen sich röteten, wenn sie die Alphornklänge hörte, blies auch sie und es klang so schön und gewaltig, als läge all ihre Liebe und all ihr Hoffen darin. Dann brausten und schmetterten die Töne aus des Sennen Alphorn! Und so ging es Abend für Abend, bis das Siebengestirn sich am Himmel zeigte und Wiesen und Bäume und Blumen schlummerten. An einem Sonntag nun kam ein Senne aus Maid, dem Wallis, herüber zur Hütte der Sennerin. Derweil sie lachten und tranken war sie so rosig schön und es wurde ihr so warm ums Herz - so gewann er ihr Herz. Er liebkoste sie in seinen Armen, höhnte über die Lenk, überredete sie mit ihm zu kommen und führte ihr ruhelos Herz nach drüben. Am Montag blies der Senn wieder in sein Alphorn. Er wartete. Keine Antwort. Er blies und lauschte - dumpfes Echo. Er blies und blies und wartete und lauschte. Und nun blies er all sein Lieben in sein Alphorn. Das Echo zitterte daher wie fernes, halbverschollenes Klingen. Und nun blies er all seine Verzweiflung hinein - das Echo klang zurück wie Hohn. Jetzt schmetterte der Senn sein Alphorn mit aller Wucht nach der Hütte der Sennerin, und seine verzweifelte Seele schrie den grässlichsten Fluch in die Nacht hinaus, den die Welt je gehört hat. Mit furchtbarem Krachen stürzten die Hütten zusammen, und mit gewaltigem Getöse senkte sich der Boden. Es ward stockfinster. Und als am andern Morgen die Sonne wieder aufging, da schien sie nicht mehr auf die saftigen Matten, und die Alpenlilien und Sonnenröschen hoben nicht mehr ihre Köpfchen. Dort, wo der Sennerin Hütte gestanden hatte, war jetzt ein Tal, das Iffigental, und ein wildes Wasser stürzt kopfüber in die Tiefe, der Iffigenfall. Wo früher Weiden waren, erstreckt sich nun eine grosse, weisse, tote Ebene, aus der Gletscherspalten empor starren - die Pleine Morte. Und wo der Senne hauste, ist ein steiler Berg. Wo seine Hütte stand, ragt ein kahler Felsblock senkrecht in die Höhe. Er wurde aus dem Boden getrieben, da sich das Heim der Sennerin senkte. Es ist das Metschhorn. Die Strassen sind verfallen; das Vieh war vernichtet. Jetzt stäuben im Frühling die Lawinen ins Tal hinunter, und im Sommer bricht sich das Jodeln der Hirten an den senkrechten Wänden. Aber Alphorn hört man keines mehr an der Lenk.   Quelle: Georg Küffer, Lenker Sagen. Frauenfeld 1916. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch    [FM1]Frei nach Denise


by Die untergegangene Alpweide auf dem Hohgant

Source: Die untergegangene Alpweide auf dem Hohgant

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Auf dem breiten Bergrücken des Hohgant dehnt sich heute ein unübersehbares Gesteinstrümmerfeld aus. Vor uralter Zeit lag an dieser Stelle eine der schönsten Alpweiden. Saftiges Gras und duftende Alpenblumen gediehen darauf. Während des Sommers hüteten die Älpler ihre Herden und bereiteten goldgelbe Butter und zentnerschwere Käse. Einst bewohnte die Alp ein Senn mit seiner gottlosen Frau. Sie behandelte den blinden Vater abscheulich, strich ihm manchmal sogar Kuhmist anstatt Butter auf das Brot und wies ihm beim Vieh im Stall ein Lager an. Auch gegen die Knechte und Mägde war sie hartherzig und vergönnte ihnen das Essen. Einst, es war stockdunkle Nacht, war ein heftiges Gewitter im Anzug. Da befahl der Senn dem alten Mann, das Vieh einzutreiben. Immer weiter irrte dieser dabei von der Alp ab. Unaufhörlich zuckten die Blitze durch den Nachthimmel, gossen unermessliche Wasserströme hernieder. In ein paar Stunden war die Alp in ein graues Trümmermeer verwandet, und Menschen und Vieh waren spurlos vom Erdboden verschwunden. Emmentaler Sagen, Hermann Wahlen, 1962 Gute Schriften Bern Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die unterirdischen Gänge

Source: Die unterirdischen Gänge

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Man sprach ehemals viel von unterirdischen Gängen. Wie oben gemeldet, soll vom Haus des Kastlan Gassers in Naters, ein solcher in das Schloss Urnäfass, ein solcher von einem Haus in Glis bis unter die Kirche daselbst hinter den Altar des Georg Supersaxo, ein solcher von der Höllenmatte bis unter die Bürgschaft Brig, ein solcher sogar von Niedergesteln bis ins Lötschtal geführt haben. In diesen verborgenen Tunneln soll man oft kleine, runde Stücke Leder gefunden haben und wer selbe in den Sack gesteckt, habe tags darauf sie in Gold verwandelt gefunden.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die untreue Magd zu Laufenburg

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In Laufenburg war vor langer Zeit eine arbeitsame Magd bei einer reichen Wittwe in Dienst. Die Frau suchte seit ihres Mannes Tod ganz den stillen Tugenden der Mildthätigkeit zu leben und liess reichliches Almosen durch ihre Magd vertheilen. Allein die Haushälterische gab die schöne Spende nicht an die Dürftigen ab, sondern behielt das Meiste zurück und bewahrte es in einem geräumigen Kasten auf. Wie aber erschrak sie einst, als sie darinnen statt ihrer Geldstücke eine Menge Kröten und Nattern gewahrte! Da rief ihr zugleich eine Stimme zu, dass sie noch bei lebendigem Leibe in diesen Kasten versperrt und von diesen Thieren verzehrt werden solle. Die Magd starb eines unbekannten Todes. Als nach langen Jahren die Erben jener Wittwe den Wandschrank öffnen liessen, flog eine weisse Taube daraus hervor. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die unvorsichtige Mutter

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Gegen Ende des vorigen Jahrhunderts führte Katharina Briggeler, Gattin des Johann Tamatter von Visperterminen, ihre Kinder samt einer kleinen Viehherde aus der Voralpe Hoten nach Oberstalden herab. Ein kleines Töchterlein, Maria Katharina, konnte oder wollte im Teelwalde dem Zuge nicht schnell genug folgen. Darüber ungeduldig wollte die Mutter die Kleine schrecken und sagte ihr: «Wenn du nicht schnell kommst, so wird dich der schwarze Mann packen und fortführen.» Das kleine Mädchen lief aber immer noch nicht nach, wie es die Mutter wünschte; diese schrie darum in den Wald hinein: «Komm schwarzer Mann, und hole das faule Kind!» Als die Mutier bald darauf wieder umschaute, was das Kind nun anfange, sah sie dasselbe nirgends mehr. Glaubend, es sei in die Voralpe zurückgelaufen, brachte sie schnell die übrigen Kinder und das Vieh nach Hause und ging wieder hinauf, um selbes abzuholen. Aber das Töchterlein war nirgends zu finden. Jammernd trieb nun die trostlose Mutter Leute zusammen, um das Kind aufzusuchen — aber umsonst. Am zweiten Tage fand man im Walde ein Schühlein, so das Mädchen getragen. Erst am dritten Tage abends fand es seine Patin, Katharina Heinzmann, tief im Walde zwischen zwei Felsen eingeklemmt. Das Kind erzählte nun, der schwarze Mann sei gekommen, dem die Mutter gerufen, und habe es an der Hand dahin g führt. Er habe kein Wort mit ihm gesprochen; aber ihm auch nichts zu Leide getan. Es hätte die Leute schon gestern und vorgestern gehört und gesehen, aber der schwarze Mann habe Wache bei ihm gehalten und es weder gehen noch schreien lassen. Erst als die Gotta gerufen, sei der Schwarze verschwunden, und es habe Antwort geben können. Von der Zeit an fing das Mädchen an zu kränkeln und endete bald sein junges Leben. (erzählt von Florentin Heinzmann)   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Unwetterhexe

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Verena Spul aus dem Zugerbiet stund mit dem Bösen im Bunde. Der Teufel erschien ihr als flotter Bursche in grasgrünem Kleid und grauem Hut. Auf dem Hut trug er eine stolze, weisse Feder. Er nannte sich Hänslin. Einst befahl er ihr, ein böses Hagelwetter zu machen. Mit einer langen Rute musste sie in die "Güllen" schlagen und dabei murmeln: "Es riselet und ragelet kalde in diesem grünen Walde." Kaum war das letzte Zauberwörtlein gesprochen, als ein fürchterliches Hagelwetter mit grossen Steinen niederfiel und auf dem Felde die köstlichen Früchte jämmerlich zerstörte. Später befand sich die Zuger Unwetterhex mit ihrem grasgrünen Gespiel Hänslin in der Nähe des luzernischen Eschenbach auf einer Lustreise. Es war noch eine andere Hexe bei dem Bösen. Der höllische Meister sprach ihnen ein Hagelsprüchlein vor: "Fall' Reif, Riesel und Schnee, dass man weder Gras noch Erde seh!" Als die beiden Hexen zum drittenmal das Sprüchlein in Tausendteufelsnamen gerufen hatten, brach ein furchtbares Unwetter über das Land herein und richtete grosses Unheil an. Das geschah im Jahre 1586. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 108 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Vättnerberger lernen das Holzfällen (Mundart)

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Dia wilda Mannli sind in viela Stugga viel gschieder g'sie as ander Lüt, und d'Vätmerberger hind viel vuna glehrt, under anderm au das, wia me d's Holz fellt. Frühjer het ma d's Holz allbig nu mit der Äx gfellt. Doa sind dinn dia wilda Mannli, wils au gär gwünderig gsie sind, chu ga zualuaga und hind indli, wos' a paar dumma Kärli zuagluagat gha hind, d'Chöpf erschüttet und hind gseit: "Miar wind ni zeiga, wia ma Holz fellt." Am andara Dag, wias gwieset het, sa sind die wilda Maunli schu mit ara frisch gfielata Schrötersaga uf Ort und Stell gsie und hind da Berger grüaft. Nohär hind die zwei Mannli mit anand agfocht saga, und die andara hind zuagluagat. Wias-as sie halba igsagat kha hind, het müasa a Berger mit d'm eina Mannli fertig saga. Wil doa d'Danna gfalla ist, het d'r Berger da Finggastrich gnu und ist gsprunga, sa roß as er müga het. Das wild Mannli het aber nu zwei Schritt gmacht und ist stillgstanda. Im hets nüt doa: aber da andara hets um ei Hour erschlaga. Wia das d'Berger gsieh hind, hinds gfroget: "Worum bist du nit witer gstoha?" D's Mannli het gseit: "Hinders nit gsieh? I ha nu dur Danna uffi gluagat, uf wehli Sita as si falli, und dua bin i nu uf di ander gstanda." Vu jetz aweg hind d'Berger gwüßt, wia ma Holz felll und das au ander Lüta erzellt. Aso ist d' Sach in d' Welt ussi chu. Sie hind dua bem Heiguh aber zuwanand gseit: "Ma cha mingmohl no vu Chlina etschwas lehra." L. Jäger.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 211, S. 102f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Verbannten am Morgarten

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Am rechten Zürichseeufer lagen etwa fünfzig Männer aus den Waldstätten in "Leistung" wegen allerlei verübten Freveln. Sie mussten also eine Zeitlang das angestammte Vaterland meiden und sich in der Fremde aufhalten; nach Jahren erst konnten sie wiederum heimkehren. Laut alter Tradition soll der Grund ihrer Verbannung folgender gewesen sein: Zu Steinen im Schwyzerland war eine bildhübsche Tochter. Sie wurde von ihren vielen Verehrern aus der ganzen Nachbarschaft recht häufig und gern besucht, und zwar kamen viele der Bewerber nach der alten Landsitte des Nachts zur Schönen. Als wieder eines Nachts eine grosse Schar von jungen Burschen vor das Haus der Steiner Maid kam, gewahrten sie, dass sie zu spät gekommen, denn die Stube war schon gefüllt mit Nebenbuhlern. In Scherz und Spott riefen sie zu den Fenstern hinauf und forderten sie mit verstellter Stimme auf, dass man draussen um die minniglich Jungfer kämpfen wolle. Der Aufruf wurde zur Tat. In der wilden Balgerei wurde einer der Burschen aber getötet. Nach langem Untersuch fand man endlich den schlimmen Täter. Das Blutgericht zerfiel in zwei Hälften, die einen wollten den Tod des Übeltäters, die andern Richter aber sträubten sich gegen das harte Urteil. Der Landammann musste den Stichentscheid geben; er sprach für den Tod. Nicht lange nach der Hinrichtung ritt der hartherzige Landammann vom Flecken Schwyz nach Steinen. Freunde des Hingerichteten, die auch beim nächtlichen Wettkampfe beteiligt waren, lauerten dem gestrengen Amtmann auf, rissen ihn vom Pferd, enthaupteten ihn und legten den Kopf unten, den Körper oben an die Strasse, sodaß ein Wagenrad bequem passieren konnte. Wegen des Mordes am Landammann wurden fünfzig Burschen aus den Waldstätten verbannt. Als die Österreicher die schwyzerische Heimat bedrohten, wollten die Gebannten zu Hilfe eilen. Ihre Kampfbitte sei aber von den Schwyzern abgewiesen worden. Darauf hätten sich die Verbannten vor die Schwyzer Landesgrenze auf die Figlenfluh begeben und sich zum Überfall auf die landesgierigen Österreicher in Hinterhalt gelegt. Mit seltenem Mut kämpften sie dann im Engpass Schulter an Schulter mit den Ihrigen und nach dem glorreichen Sieg habe man die Überlebenden begnadigt. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 37 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die verbrannte Geiss

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Auf Alplen hatte lange Jahre der Brunneler-Franzsepp von Unterschächen das verantwortungsvolle Amt eines Hirten bekleidet. Er hatte viel »Gfell« mit den anvertrauten Rindern, aber nicht mit seinen eigenen Ziegen, die ihm in der Alp zu halten erlaubt war. Jeden Sommer bekamen sie die »Gelti«, eine Krankheit, welche den Ziegen die Milch nimmt und sie oft sogar tötet. Sie wurden blind und magerten zu Gerippen ab. Oft hörte man sie nachts im Stalle schreien und so kurios lärmen. Ein Pater Kapuziner, dem der geplagte Hirt klagte, tröstete ihn und meinte, es werde schon bessern. Er sollte sich täuschen, eine Ziege nach der andern fiel abermals der Seuche zum Opfer. Aber im folgenden Sommer, als die erste Geiss an einem Striche ergaltete, da griff der Älpler zu einem Radikalmittel. Er nahm die »Gabälä« auf den Rücken, stieg hinunter in den Ruosalper Wald, lud eine schöne Bürde Holz auf und brachte sie bis unweit der Hütte. Dort aber warf er sie zu aller Verwunderung schweigend in einen tiefen Krachen hinunter, ohne den Fragenden über sein geheimnisvolles Benehmen Aufschluss zu geben. Gegen Mitternacht stand er auf, stahl sich heimlich aus der Hütte – »isch heimli üsätysselet« –, nahm die erkrankte Geiss und warf sie in den brennenden Scheiterhaufen im Krachen und verbrannte sie lebendig. Da ging unter den andern Geissen im Stall ein furchtbarer Lärm auf, so dass die im Obergaden schlafenden Knechte aufwachten und ins Freie liefen. Durch die Gräte und Flühe toste es wie beim ärgsten Hagelwetter, schwarze Wolken jagten wie Gespenster über die Alp; die Menschen zitterten, die Rinder stürmten in dichter Schar der Fluh zu und unter ihren Hufen donnerte der Erdboden. Die Knechte jammerten über die verlorenen Rinder; auch Franzsepp bekam Angst, antwortete aber nichts auf die vorwurfsvollen Fragen und Blicke der Älpler, sondern griff ernst und schweigend zur Volla, trat auf das Egg hinaus und rief mit aller Kraft nach allen vier Windrichtungen das Evangelium des hl. Johannes. Jetzt wurde es still in den Gräten und Felsen, der Wind legte sich, die Wolken wurden lichter. Doch die Älpler verbrachten eine angstvolle Nacht. Jetzt erst erzählte der Hirt von seiner Handlungsweise. Wie erstaunten sie alle am Morgen, als sämtliche Rinder gesund und heil auf ihren gewohnten Lagerplätzen ruhten. Keines fehlte, keines war verletzt! Die Ziegen blieben von nun an von der Gelti verschont. Früher hatte sich dann und wann ein altes, unbekanntes Weib mit grossem Schinhuet auf dem Kopf in der Alp blicken lassen; das wurde seit jener Nacht nie mehr gesehen. Man vermutet, es sei eine alte Hexe gewesen, welche jeweilen die sonderbare Krankheit unter die Ziegen gebracht habe. Diese Geschichte erzählte Franzsepps Bruder, Leonz, der mit zweien von seinen ältern Söhnen damals in der »Hirti« diente und das Ereignis miterlebte, seinen jüngern Söhnen und den Enkeln, die jetzt noch leben. Und wie ich sie von Enkel Daniel vernommen, habe ich sie niedergeschrieben. Wie alte Leute aus dem Schächental erzählen, war es früher überhaupt Brauch, wenn die Ziegen die Gelti hatten, eine aus ihnen, etwa die elendeste und geringste, lebendig zu verbrennen. Andere, und zwar bis in die neueste Zeit, verbrannten Milch von einem der kranken Tiere. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die verbrannte Hexe

Source: Die verbrannte Hexe

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In einem »Feld« zu Bürglen wohnten drei junge Meitli. Zu ihnen ging ein Bursche von Schattdorf z'Gass. Beim »Usäzindä« schlug ihm jedesmal eines derselben mit einer Hand auf die Achsel, und wenn er heimkam, fühlte er den unwiderstehlichen Trieb, wieder zu ihr zu gehen und es zu besuchen, obwohl es ihm eigentlich gar nicht so sehr ans Herz gewachsen war. Endlich sagte er es seiner Mutter, und diese holte an guter Quelle Rat ein. Den erhaltenen Bescheid befolgend, versetzte der Bursche beim nächsten Besuch dem Mädchen, das ihm wieder auf die Achsel schlug, einen wackern Handschlag in's Gesicht und verbrannte zu Hause den Tschopen, den er dabei getragen hatte. Da bekam die boshafte Jungfer ein furchtbar verbranntes Gesicht und musste an den Brandwunden eines schmerzlichen Todes sterben. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Verführerin

Source: Die Verführerin

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An der Bergstrasse, die zum Natersberge führt, findet sich auf der Fluh, ob der Schratt eine Scheuer und Stall zwischen schroffen Felsen hingebaut. Wenn junge Leute bei anbrechender Nacht, oder noch später da vorüber gingen, sahen sie bei diesem Stalle nicht selten eine schmucke Küherin, welche Geschäfte zu machen schien und den Vorübergehenden sehr freundlich tat. Niemand kannte sie. Als eines Abends ein junger Bursche wieder des Weges vorüberziehen wollte, war auch die Küherin auf dem Posten und tat freundlicher als gewöhnlich; sie winkte ihm, zu warten und zu ihr zu kommen. Unser Junge vermutete nichts Ausserordentliches, liess sich darum nicht zweimal einladen und folgte willig. Als ihm die Küherin zu verstehen gab, er solle mit ihr über eine hohe Leiter hinauf zum Giebel in die Scheuer, die voll Heu war, hineinsteigen, weigerte er sich, voran zu gehen, so ernstlich es auch die Einladerin verlangte. Diese musste nachgeben und voran die Leiter hinauf. Mitten auf der Leiter gewahrte der nachfolgende Bursche mit Schrecken, dass die schmucke Frauensperson Hahnenfüsse habe. Beschämt kehrte er gleich um und ging traurig seines Weges weiter. Von der hahnenfüssigen Verführerin aber war von dem Tage an nichts mehr zu sehen.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Vergletscherung des Saanetsch

Source: Die Vergletscherung des Saanetsch

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Zwischen Wallis und dem südwestlichen Berner-Oberlande liegt der Saanetschgletscher, dem die Saane entfliesst. Auf der Walliser Seite ist der sogenannte verlorene Berg, eine grausige Wüste, wo man nur Schutt und Steingerölle sieht, nur selten einen Grashalm. Von diesem Berge geht folgende Sage: Vor einigen hundert Jahren enthielt dieser Berg grasreiche Weiden, und im Sommer sah es hier sehr lebhaft aus, wo jetzt der Tod herrscht. Unten im Tale wohnte ein sehr reicher Landmann in einem stattlichen Hause; von demselben bis zu seinem Staffel auf der höchsten Alp hätte er einen breiten Weg mit Käse bepflastern und belegen können, so reichlich waren seine Keller damit versehen. Bei aller seiner Wohlhabenheit war er aber auch entsetzlich filzig und geizig. Ärmlich kleidete er Frau und Kinder, und kaum gönnte er den Seinen und den Knechten und Mägden die schlechteste Nahrung. Kam ein Bettler und bat um ein Almosen, so wies er ihn schnöde, mit harten Worten ab. Einst wankte ein altes, krankes Mütterchen daher, und flehte um ein Stück Brot und um einen Trunk Milch, weil es vor Hunger und Durst verschmachte; aber der Reiche schmetterte die Haustüre, gegen das Bettelgesindel scheltend und polternd, hinter sich zu. Vor Schrecken sank die Arme ohnmächtig dahin. Ein vorübergehender Bettler erbarmte sich ihrer; selbst dürftig kannte er die Not anderer, teilte mit ihr ein Stück schwarzes Brot, das sie labte und stärkte, und holte ihr aus dem nahen Brunnen einen kühlenden Trank. Erquickt und wohlgemut ob der menschenfreundlichen Hilfe von ihresgleichen erklomm sie langsam, auf einen Stab gestützt, den steilen Berg in Begleitung ihres Wohltäters. Oben trennten sie sich; vorher aber warf sie noch einen wehmütigen Blick auf die Wohnung des hartherzigen Reichen im Tale. Kurze Zeit hernach ereignete es sich, dass fürchterliche Stürme, mit Donner und Blitz und Erdbeben begleitet, den nahen Untergang der Welt anzukünden schienen. Zitternd verkroch sich jedermann in seiner Stube; nur der Reiche sah stolz und höhnend dem Brausen der Elemente zu. Aber siehe! Mit donnerähnlichem Knalle und Toben löset sich vom höchsten Gipfel des Saanetsch eine ungeheure Masse von Fels und Eis, alles verwüstend, mitreissend und verheerend, mit Blitzesschnelle in die Tiefe. Und verschwunden waren die grasreichen Triften, die üppigen Wiesen; keine Spur von dem Hause des Reichen war vorhanden; ringsumher ward alles eine unfruchtbare Wüste. Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die verhängnisvolle Scholle

Source: Die verhängnisvolle Scholle

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Oben in den saftgrünen Sausmatten, wo jetzt ein guter Steg über das Wasser leitet, war einst, wie man erzählt, vortreffliche Weide, und der Bachruns war noch nicht so tief, noch nicht so breit von Wellen ausgefressen. Da hirtete auf dem linken Ufer ein schönes Mädchen von Isenfluh, auf dem rechten gegenüber ein wackerer Jüngling von Mürren, und beide gewannen sich herzlich lieb. Am Bache stehend sprachen sie gar oft zusammen, und über die vorragenden Steine in seinem Lauf hüpfte leicht der rüstige Knabe hinweg zu der guten Schäferin. Da kam’s an einem Tage, dass der Bach, gewaltig angelaufen, breiter war als sonst und alle Felsenstücke fortriss oder drohend übertoste. Die Liebenden am Ufer riefen kosend sich mancherlei zu; denn überzuschreiten verbot die augenscheinlichste Gefahr, in allem Scherzen aber fingen die zwei Fröhlichen mit Rasenstücken sich zu werfen an, und kräftig riss der Hirt eine Handvoll aus dem Boden, meinte, dass alles locker sei, schleuderte es nach drüben, trat das unachtsame Kind an die Schläfe, sah es stürzen und erriet verzweifelnd, dass ein Stein verborgen an den Wurzeln der geworfenen Scholle hing. Er stürzte sich mutig in den Bach und arbeitete sich kühn nach jenseits und kletterte zu der Geliebten hinauf. Vergebens wollte er sie beleben; vergebens rief er hundertmal ihren Namen in das Echo der Klüfte. Sie lag bleich und bewusstlos vor seinen Augen; er besprengte sie mit Wasser; sie blickte verzeihend auf, und ihr Atem schwand. Da befiel den schuldlosen Hirten unaussprechliche Trauer. Nicht mehr heim wollte er kehren ins väterliche Dorf. Das schöne Mägdlein ward bestattet, wo es hingefallen, und der Hirt erbaute sich ein Hüttchen an dem Grab, blieb lebenslang zur Stelle, harrte früh und spät in heissem Beten aus und starb nach wenigen Jahren eben da, wo seine Freude gestorben war. Quelle: Hans Michel, Ein Kratten voll Lauterbrunner Sagen. Wengen 1936. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die verhexte Dame

Source: Die verhexte Dame

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Ein Bursche von Klosters ging eines Morgens vor Tag in die Alp; da traf er unterwegs, auf dem Pardenner-Bödeli hinter Klosters, einen an einer Tanne angebundenen Fuchs, den er von seiner Haft befreite. - Nach Jahr und Tag ging dieser Bursche in niederländische Militärdienste. - Eines Morgens wurde er in der grossen Stadt, in der er diente, in ein Haus berufen, wo man ihn in ein prachtvolles reich möbliertes Zimmer führte und sehr gut bewirtete. Das Alles geschah auf Geheiss einer hochgestellten Dame, die sich mit ihm freundlich unterhielt und ihn fragte, ob er Sie nicht kenne. Als er solches verneinte, fragte sie ihn weiter, ob er denn jenes Fuchses auf dem Pardenner-Boden sich nicht mehr erinnere. Der sei sie gewesen. Der böse Geist habe sie nämlich zu guter Letzt wegen Verspätung zum Hexentanze angebunden, um sie zu peitschen. So sei sie dann aber durch ihn (den Burschen) der Haft entlassen worden und der Strafe entgangen. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die verhexten Füchse

Source: Die verhexten Füchse

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Ein alter Bauer, der ein eifriger Jäger war, stand bei der Wiese Walöe auf dem Anstand. Ein Fuchs kam ihm vor die Flinte und wurde niedergeknallt. Ein zweiter, ein dritter erlitten das gleiche Schicksal. So ging es fort, bis der erstaunte Bauer sieben Füchse sein eigen nannte. Er nahm sie an sein Gewehr und warf sie dann im nahen Stalle auf den Boden. Bald wollte er weitergehen; statt der Füchse aber fand er sieben rote Strümpfe vor. Er eilte spornstreichs nach Hause und fasste den festen Vorsatz, nie mehr zu jagen. A. Sprenger Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 318, S. 178 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die verhexten Kühe

Source: Die verhexten Kühe

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Ein Bauer wollte im Maiensäss die Kühe tränken. Die Tiere tranken jedoch nicht, sondern streckten die Schwänze dem Brunnentrog entgegen. Sogar die zwei Saugkälber liessen sich nicht dazu zwingen, die Milch von den dargebotenen Fingern zu nehmen, sondern standen ebenfalls verkehrt hin. Bestürzt trieb der Bauer die Tiere in den Stall, ging nach Hause und zog die Sonntagskleider an, um im Dorfe einen Geistlichen zu holen. Erschrocken schaute ihm die Frau, die gute Walpurga, nach. Bei dem Gute Bündt holte ihn ein Mädchen ein, das ihn beschwor, ja nicht im Dorfe Anzeige zu machen, da es sonst höchst unglücklich würde. A. Sprenger Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 315, S. 177f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die verhexten Kühe

Source: Die verhexten Kühe

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War beim Vieh die »Sucht« (Maul- und Klauenseuche) ausgebrochen, so hielt man sie im Reusstal vielfach für Hexenwerk. Man nahm dann die Milch von drei erkrankten Tieren, schüttete sie in ein Chessi und liess sie sieden. Drei Mannspersonen mussten mit tannenen Knütteln die Milch ständig umrühren. Ging die Milch über, so war die Hexe entwischt, und man musste von vorn anfangen. Gelang es aber, die Milch sauber aufzusieden, zu verdunsten, dann war die Hexe unschädlich gemacht. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die verjagte Katze

Source: Die verjagte Katze

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An einem späten Sonntagabend kehrte ein Bursche vom Wirtshaus heim. Allzu lange hatte er in der Wirtschaft zu Niedermuhren mit einem Kameraden gejasst. Der Heimweg führte den Verspäteten über den «Schleif» nach Obermonten. Als er sich dem Bauernhaus näherte, erblickte er auf einem Zaunpfahl eine grosse, schwarze Katze, die ihn mit glühenden Augen anstarrte. Der mutwillige Jüngling hob seinen Stecken und hieb das Tier vom Zaun auf den Grasboden, aber die seltsame Katze zeigte keine Angst. Alsogleich nahm sie den Anlauf und sprang mit einem Satz wieder auf ihren alten Standort. Wiederum holte der Bursche mit seinem Stock aus und verjagte die freche Katze zum zweiten Male. Auch diesmal floh das Tier nicht. Nochmals sprang sie auf den Zaunstock und rief dem verblüfften Nachtschwärmer zu: «Schlag mich jetzt zum dritten Male.» Darob geriet der Bursche in heftigen Schrecken. Er erkannte, dass es sich um keine gewöhnliche Katze handelte, und wagte nicht, den Stock zum dritten Schlag zu erheben. Hastig schlug er ein grosses Kreuz und nahm, so schnell ihn seine Füsse tragen konnten, den Weg nach seinem Elternhaus, ohne nur ein einziges Mal zurückzublicken.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die verliebten Esel

Source: Die verliebten Esel

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Zwei Jünglinge von Eggerberg gingen oft abends zu zwei Mädchen auf Besuch, die "Zum Stadel" wohnten, etwa eine halbe Stunde östlich der Kirche. Die Mädchen bestimmten jeweilen Tag und Stunde, wann die Jünglinge kommen durften, und verboten es ihnen, sie zu anderer Zeit zu besuchen. Das kam diesen rätselhaft vor. Trotzdem schlichen sie sich unbemerkt an einem verbotenen Abend hin, um die Ursache auszukundschaften. Die Mädchen waren just mit Backen von Brot und Kuchen beschäftigt. Da sagte die jüngere zur älteren: «Wenn sie von diesem essen, so kommen sie noch häufig.» Das hörten die beiden Liebhaber, die sofort merkten, dass man ihnen eine Liebesspeise bereite. Am anderen Abend stellten sie sich wieder zum Besuche ein. Die Mädchen stellten ihnen Essen und Trinken auf. Die Knaben assen und tranken aber nichts, obschon man sie eifrig ermahnte. Wie sich die Jünglinge entfernten, zwangen ihnen die Mädchen doch etwas Kuchen zum Mitnehmen auf. Zu Hause angekommen, gaben die Burschen den Kuchen zwei Mauleseln zu fressen. Als man diese am andern Abend zur Tränke führte, brannten sie durch und rannten schnurstracks zum Hause der beiden Jungfrauen, wo sie ihre Stimmen ertönen liessen, bis sie mit Gewalt wieder zur Arbeit geführt wurden. So fast alle Abende, bis sich die Esel "ergötzt" hatten. Aber von da an wollte niemand mehr zu den beiden Holden "z Hengert" gehen. EGGERBERG Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die verlorene Nadel

Source: Die verlorene Nadel

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Einmal, zu der Zeit, als die Tiere noch sprechen konnten, lebte ein Falke. Er war mit den Hühnern eng befreun­det. Eines Tages nun musste die Glucke Kleider für ihre Kü­ken nähen. Sie war gerade so schön am Nähen, da hat sie ihre Nadel verloren. Sie findet sie nicht mehr, soviel sie sich auch umschaut. Da sieht sie in der Luft den Fal­ken vorbeifliegen. «Oh, lieber Freund, kannst du mir einen Gefallen tun? Bitte, tu mir doch einen Gefallen!» «Was brauchst du, Freundin?» «Ich habe meine Nadel verloren und brauche dringend eine, um die Kleider für meine Kinderchen fertig zu nähen.» «Gut, ich leih dir meine gerne. In drei Tagen komme ich wieder zurück, um sie abzuholen. Und wehe, wenn du sie dann nicht hast!» «Sei unbesorgt!» Und die arme Glucke machte sich wieder ans Nähen. Sie nutzte die Gelegenheit, um für alle ihre zwölf Küken ein schönes Kleidchen zu nähen. Nur verlor sie wieder die Nadel und konnte sie nicht mehr finden, soviel sie sich auch umschaute. Da kam nach drei Tagen der Falke. «Also du, Schneiderin, hast du alles fertig genäht?» «Oh, lieber Falke, ich bin verzweifelt!» «Warum denn?» «Weil ich die Nadel verloren habe. Ich habe sie schon wieder verloren!» Und sie begann laut zu weinen. «Du musst mir meine Nadel geben, such sie!» Sie suchte und suchte, die Nadel aber fand sie nicht. Und wenn heute Küken oder Hühner im Hühnerhof sind, scharren sie die ganze Zeit. Sie sind immer noch dabei, die Nadel des Falken zu suchen.     Dieses Märchen aus Brusino stellt uns Frau Pia Todorovic Redaelli liebenswürdigerweise aus ihrem Buch "Märchen aus dem Tessin", Limmat Verlag Zürich 2006 zur Verfügung. Das Buch ist im Handel erhältlich - ISBN 3 85791 501 3 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die verlorene und wiedergefundene Fuchsfalle

Source: Die verlorene und wiedergefundene Fuchsfalle

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Eine alte Frau aus Anwil erzählte: Dem Vater deiner Grossmutter, welcher sich gerne der Jagd hingab, war eine hölzerne Fuchsfalle abhanden gekommen, die er im Wald gestellt hatte. In der Hoffnung, der Rheinfelder Scharfrichter werde die Falle wieder beibringen können, begab er sich dorthin. Weil er unterwegs mit keinem Menschen reden durfte, so brach er schon früh um vier Uhr auf und wanderte über den Berg, um niemandem zu begegnen. Erst um acht Uhr kam er in Rheinfelden bei dem Manne an, von dessen geheimen Kräften er sich Hilfe versprach. Er durfte aber sein Anliegen nicht vorbringen. Mengis fragte ihn: «Ist etwas verloren gegangen?»— «Nein.» — «Aber gestohlen worden?» — «Ja.» — «Geht jetzt nur heim, ihr werdet das vermisste Geschirr in dem hintern der beiden Heiterlöcher im Giebel gegen das Gässlein finden.» Als man nachsah, steckte die Fuchsfalle richtig dort. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Die verlorene Voralpe

Source: Die verlorene Voralpe

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In den Voralpen des Sanetschtales zeigt, zwischen Garey und Malonnaz, loses Steingeröll die Spuren eines alten Bergsturzes. Die Sage erzählt, es habe da einst ein reicher Bauer in einem stattlichen Hause gewohnt. Seine Keller seien so voll Käs gewesen, dass er damit ganze Strecken Strasse hätte pflastern können. Dabei war er aber so geizig, dass er den Hausleuten kaum das Essen gönnte und sehr hartherzig tat gegen Arme. Eines Tages zog ein altes Mütterlein des Weges und bat beim Hause des Reichen um etwas Brot und Milch, weil es erschöpft die mühsame Reise nicht fortsetzen könne. Der Reiche wies selbes trotzig ab und schlug vor dem Bettelgesind krachend die Türe zu. Erschrocken fiel das Mütterlein kraftlos zu Boden. Da kam des gleichen Weges ein armer Mann und sah das Weiblein am Boden liegen; er erbarmte sich seiner und teilte mit ihm ein Stücklein hartes Brot, das er in der Tasche trug. Sie assen und tranken miteinander am Brünnlein, das neben dem Hause des Reichen quoll, und zogen dann langsam weiter. Beim Weggehen warf das Mütterchen noch einen wehmütigen Blick auf die Wohnung des hartherzigen Reichen. Kurze Zeit darauf erhoben sich fürchterliche Stürme, mit Donner, Blitz und Erdbeben begleitet. Zitternd verkroch sich jeder in seiner Wohnung; nur der Reiche sah höhnisch dem Saus und Braus der Elemente zu. Aber nicht lange. Vom Bergesgipfel lösten sich grosse Stein- und Geröllmassen ab und stürzten zu Tal. Die schöne Voralpe war verloren und von des Reichen Wohnung keine Spur mehr zu finden.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die verlorne Chie

Source: Die verlorne Chie

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Das wä vor vile, vile Iaare gsiin. Da hed en Älper mid enem Böeb zwelf äiged Chie galped. Äs hed gäge ds Abfaare grickd. D'Taga häi gchurzed; im Bärgen hed megen dr Schnee aghäichen. Im Umseen ischd dr Tag da gsiin, wa s' häim miessen abfaaren. Am Morgen häi d'Böebe ds Vee zen Hitte triben. Burdeni sii grächata gsiin; äina naa em andren ischd i d'Brätschi gschliffen; äis Zigli um ds ander ischd furt. Dr Älper mid de zwelf Chiene-w-wän o grächata gsiin; aber dr Böeb hed nid welle mid de Chiene chun. Am End ischd er chu z'zoop- pellen, aber ooni d'Waar und hed gschnipfd, är findi d'Chie niena. Etz ischd dr Älper sälbe zwäg. Si siin midenandren desdir- hindri, desdirvirhi, häin in dr Zemi gsöechd und in dr Wildi, häi gchetted; niid und niemmen hed Bschäid ggän; si siim bliibe staan und häi glosd, nid e Schlaggen, nid es Glunggelli ischd ggangen. Si siin ooni Chie häin. Ander siin ge söechen. Nid e Tschaaggen häi s' funden. Dr Herbscht isch verbii; im Bärgen hed's gwintred. Und niena ischd eppes vu Chiene virhachun. Äs hed igschniid und ischd Winter worden. Und dr Älper hed si nid ergän und geng an die verlorne Chie gsinned. Dr Uüstagen ischd chun. Im Bärgen sii-l-Lowweni ggangen. Dachträiffer sii chun. Dr Büür ischd näb ds Hüüs uf ene Stöel ge sitzen. Döe ischd es chliis Hudelmandelli chun. Dr Büür hed gmäind, äs chemi em Bättler und hed im gsäid, wen er eppes welli, sell er zem Wiib. Ds Mandelli hed gfolged und hed ds Wiib gfräägd, was em Ma fäälli, där siigi vo churze-w-Worten und gäbi eso räässa Bschäid. Ds Wiib hed im druf dartaan, wie das siigi chun und hed dra ghäichd, äs firchti, är hindersinni si no. Döe hed ds Mandelli gsäid, da siigi z'hälfen. Är und dr Böeb selle z'Alp wie geng und töen, wie we d'Chie da wän. Aber dr Büür hed zerscht nid welle-l-losen; am End hed er si laan uberreden. Si sii z'Alp, är und dr Böeb. Si siin i d'Hitten und häin im Chosichesseli gwarmsed. Derna sii s' zem Spiicher und häin Alpruschtig virha: Mutti, d'Fischellen, d'Achisbränten, und häin afa- w-wäschen und ds Erlächned z'ghabe taan. Zlescht häi si ds Chääschessi gnun, häin Äschen dritaan und 's mid enem Wäslig üüs-griben. Uf ds Mal isch'sch em Älper, är gheerri eppes: „Los! I gheerren iisi Trichlen." Aber vu Flienen ischd bloss dr Widerhall chun vu Trichlen und Schlaggen vun dr War, wa um d'Hitti um gwäided hed. Si sii zer Hitten; döe sii Schlaggi und Trichli ggangen; äs siin irer äigenda gsiin, und an dr Schopftiren hed's gchlopfed. Wa si üüsigsprunge siin, sii vor dr Hitten die verlorne Chie gstanden; en iedri hed es Chalb näb arra ghäben. Zwäi Mandelleni siin da gsiin, und äina hed den Älper gfräägd, was er fir Loo-w-welli. „Niid", hed där gsäid, „im Herbscht chennd er sa umhi han." „Näin", häin die Mandelleni gsäid, si häige Chääs gnöeg. D'Jaar druf hed dr Älper nie mee es Hoitli verloren; är ischd zwäg chun, wiit um bräit egghäina eso, um bald besser in Hose gsiin, wan eppumha an andra. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die verlornen Kühe

Source: Die verlornen Kühe

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Ein Bauer auf Itramen im Grindelwaldtale, namens Oswald, hatte 7 herrliche Kühe. Träge hatte sich Oswald eines Abends niedergelegt ohne Gebet. Da kommt ein graubärtiges Männchen aus der Fluhwand. Es hat ein langes Hirtenkleid an, ein Lecktäschlein (d. h. ein Salztäschlein für das Vieh) an der Seite und eine mannslange Rute schwankt in seiner kleinen Hand. Er jodelt nach Sennenart den Kühen zu, treibt sie sachte nach einem Felsrande und verschwindet wieder. Ob dem Gemuhe des Viehes erwacht der Hirt und sieht seine köstlichste Habe verloren. Trauernd sucht er auf der öden Trift, aber vergebens. Von nun an sucht er täglich den Stall auf, wirft Heu in den Rechen und ist vom Morgen bis zum späten Abend geschäftig. Abends tut er, als melke er die Kühe der Reihe nach, ruft sie mit Namen und pfeift und summet dabei sein Liedlein. Er wusste wohl, dass die jähzornigen Bergmännchen voll Schalkheit und neckisch gegen das Hirtenvolk sind. Sie strafen jede rauhe und üble Rede. Einmal, da er bergan lief, stürzte er nieder und murmelte einen Fluch. Er erinnert sich aber der Bergmännlein und arbeitet den Winter über so viel er kann. Und als der Frühling kommt, schreitet er hinauf zum Stalle, öffnete ihn, als liesse er sein Vieh in das Grüne, und das Herz ward ihm schwer, so herrlichen Graswuchs zu sehen, aber nicht Kühe, nicht muntere Kälblein dazu. Indem Oswald eben aus dein Stalle wieder ins Freie tritt und „hai" ruft, als jagt' er die verlornen Rinder hinaus, so gewahrt er am steilen Abhange die stracks auf ihn zu hüpfenden sieben Kühe zugleich, nur fettleibiger als sie gewesen, und neben jeder sprang ein Kalb lustig einher. Hinter dem Vieh aber schritt das Zwergmännchen mit dem Salztäschlein und der langen Gerte lächelnd daher. Oswald staunte nur das Vieh an und bemerkte bald die grossen strotzenden Euter. Das Zwerglein nahete sich, wies stillschweigend nach dem Euter der vordersten Kuh, legte sich die Hand auf den Mund, zeigte sodann himmelwärts mit derselben, streckte den Zeigefinger empor und wies abermals nach der bezeichneten Kuh hin. Da schauderte dem Hirten, und indem er das Tier genauer ansah, ward er gewahr, dass am Euter eine von den vier Dillen (Streichen oder Zitzen) fehlte. Da verstand er die Gebärde des Männchens. Er besann sich und hielt dieses für eine Strafe seines Fluches. Doch war er nur froh, dass er die Kühe wieder bekommen hatte, zum Lohne für sein geduldiges Ausharren in mühsamer Arbeit. Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Vernichtung der Berner in der Jägi

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Einst brachte in fliegender Hast ein Bote die Kunde nach Naters, die Berner seien im Begriffe, über den Oberaletschgletscher in das Wallis einzufallen. Sofort ertönte die Sturmglocke und alle waffenfähigen Männer der beiden Gumper Naters und Rischenen, machten sich auf um dem Feinde entgegen zu ziehen. Sie rückten über den Oberaletschgletscher hinein bis in die Jägi und trafen hier Anstalten, die Berner gehörig zu empfangen. Hoch oben an steilen Abhängen wurden gewaltige Ketten gespannt und mächtige Steinblöcke darangelegt. So gerüstet, erwartete man wohlgemut den Feind: doch dieser liess sich nirgends blicken. Schon vierzehn Tage und Nächte hatten die Natischer vergeblich gewacht; sie kamen zur Ansicht, die Kunde vom Einfall der Berner sei nur ein leeres Gerücht gewesen, und sie zogen daher heim. Nur einer, der nicht Burger, sondern bloss Einwohner von Naters war, erklärte: «Ich will mit meinen zwei Buben noch diese Nacht hierbleiben und Wache halten.» Man war mit seinem Vorschlag einverstanden. Und in derselben Nacht nun, als bereits der Morgen graute, da hörten die drei Wächter in der Jägi Hahnengeschrei vom Gletscher herauftönen. Es waren wirklich die Berner, die heranrückten. Sie hatten die Absicht, sich endgültig im Wallis niederzulassen, und führten daher gleich Weib und Kind und sämtlichen Hausrat mit sich. Die Hähne aber, die sorglich in Rückenkörben verpackt waren, begannen beim Anbrechen des Tages zu krähen und machten so die Natischer auf die nahenden Feinde aufmerksam. Als nun die Berner unten am Abhang vorbeizogen, da lösten die drei Männer oben die Ketten, und mit furchtbarem Krachen stürzten die angehäuften Felsblöcke in die Tiefe und zerschmetterten Volk und Vieh. Nur wenige Feinde kamen mit heiler Haut davon und flüchteten in ihre Heimat zurück. Die Gemeinde von Naters aber schenkte den wackeren Rettern in der Not für ewige Zeiten das Bürgerrecht in Naters. NATERS Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die verschänkte Holde

Source: Die verschänkte Holde

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D Summer- und d Rotelholde hai früejer au den Ammeler ghört. Wil aber Ammeler mit im Holz, wo si abgmacht hai, eso ne grosse Umwäg hai muese mache über Wyttnau und Chienbärg, so hai si die schöne Holde gar nit bsunders gschetzt Der Gmeinrot het se de Wyttnauer verschänkt für es Nachtasse mit Suurchrutt und Späck. Anwil Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die verschänkte Holde

Source: Die verschänkte Holde

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D’Summer- und d’Roddelholde hei früeher au de-n Ammeler ghört. Will aber d’Ammeler mit im Holz, wo sie abgmacht hei, eso ne grosse-n-Umwäg hei müese mache-n-über Wittnau und Chiemberg, so hei si die schöne Holde gar nit bsunders gschetzt. Der Gmeinrot het se de Wittnauer verschänkt für es Nachtässe mit Surchrut und Späck. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Die verschneite Alp

Source: Die verschneite Alp

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Einst lebte im Appenzellerländchen ein reicher Bauer, der einen starken und schönen, aber ungeratenen Sohn hatte. Vor allem machte es dem Bauer Sorge, daß der Sohn gegen seine Mutter so ungut tat, die ihm doch zeitlebens nur zu Gefallen gelebt hatte, denn sie verhätschelte und verpäppelte ihn auf jede Weise. Doch er dachte, wenn der Sohn älter wird, wird er wohl auch klüger und besser werden. Als nun der Bauer starb, hinterließ er seinem Sohne ein großes Heimwesen, vor allem aber eine prächtige Alp hinter dem Meßmerberge, die Grünalp. Wie nun der Winter ging und der Frühling immer herzhafter an den Bergen emporstieg und allerwärts mit seinem rauschenden Föhnbesen und seinem Sonnenbrennglas den Schnee wegschmolz, rüstete sich der junge Senn zur Alpfahrt. Er legte seiner Leitkuh die große Senntenschelle, die Treichle, an, schmückte sie mit den ersten Blumen, und dann nahm er Abschied. Seine Mutter sah er dabei kaum an, obwohl sie ihm mit heißen Segenswünschen ans Herz sank. Er hatte aber eine schöne Liebste. Die schmückte seinen Hut mit einem Maienkranz, und das freute ihn also, daß er vor diesem Kranz schier auf die Knie fiel. Danach ging's mit Jauchzen und Singen bergan zur Alp, und weit und breit blieben die Leute stehen und sahen bewundernd dem schönen Sennten nach, mit dem der Bursche auffuhr. Als er nun seine gutfärbigen, braunlachten Loben (Kühe) mit Kling und Klang auf der Grünalp weiden ließ, begann ein großes Wohlleben, denn die Alp floß von Milch und Honig. Von allem aber schickte er das Beste seiner Braut zu, die Mutter jedoch ließ er darben. Wenn sie was braucht, so weiß sie ja, wo ich bin, kann's selber holen, dachte er. Eines Tages besuchte ihn seine Geliebte. Da war er vor Freude wie verhext! Er tanzte mit ihr auf dem reichbeblümten Rasen vor der Hütte und stellte ihr alles auf, was eine Alp Schleckhaftes hervorzubringen vermag. Milch, Butter, geschwungene Nidel (Schlagrahm), Käse, alles ward in Hülle und Fülle aufgetragen. Ja, er trieb es so weit, daß er den schmutzigen Platz vor der Hütte mit großen, fetten Käsen über und über belegte, damit sein Liebchen den Fuß nicht besudle. Als sie zusammen eben ein seidenweiches, schmackhaftes Fenz auslöffelten, hörten sie auf einmal ein Seufzen und Ächzen. Und da erblickten sie eine alte Frau, die mühsam das Felsenweglein herauf zur Alp stieg. Auf dem Rücken trug sie eine Milchtanse. Mit Unbehagen und Verdruß erkannte der Senn seine Mutter. Schweißbedeckt, todmüde keuchte sie heran und sank auf einen Stein, bei Gottes Barmherzigkeit um etwas Speise flehend. Aber das böse Paar war erbost, daß die alte Frau sie gerade mitten in ihrer Festerei störte. Der junge Senn erhob sich widerwillig und gab ihr etwas ausgekäsete, überlang gestandene Milch, die grüner aussah als eine Heuschrecke, zu trinken. Sonst verabreichte er solchen Trank nur den Schweinen. Doch die Mutter nahm es dankend an. Wie sie aber wieder gehen wollte, bat sie ihren Sohn, er möchte ihr doch etwas Schotte und weißen Zieger in die mitgebrachte Tanse tun. Was tat nun der Unchrist von einem Sohn? Er brachte ihr Mist und Käsewasser in die Tanse und tat den Deckel wieder darüber, als wäre alles in bester Ordnung. Von Herzen dankte sie ihrem Sohne und wankte nun wieder den weiten Weg heimzu. Als sie zu Hause war, öffnete sie die Tanse, und o Wunder! statt des Mistes und der eklen Käsebrühe fand sie darin den reinsten Rahm und vollfetten Käse. Der liebe Gott hatte sich ihrer erbarmt und das Böse in Gutes verwandelt. Noch mehrmals tat aber der Sohn der Mutter die gleiche Schmach an, wenn sie ihn besuchte. Deshalb ergrimmte Gott über sein undankbares Herz. Wie nun der Herbst kam und allerwärts die Jodler der abziehenden Sennen von den Flühen hallten, rüstete sich auch der junge Senn auf der Grünalp zur Talfahrt, denn das saftige Alpengras, aus dem den ganzen Sommer über so schön die Alpenrosen, die rotäugigen Steinbrech und die großsternigen Arnikablumen geleuchtet hatten, waren verschwunden. Nur noch wie ein feines, grünes Schäumlein zitterte das Herbstgras über die Weiden. Auch die schöne Braut des Sennen hatte sich zur Alpfahrt eingefunden. Sie half ihrem Liebsten die Hörner der Kühe schmücken und hing selber der glatten, mausgrauen Leitkuh die große Senntentreichle um den Hals. Und wie sie nun zum letztenmal ein auserlesenes Sennenmahl zusammen abgehalten hatten, erhob sich der Älpler und jauchzte hellauf seinen Loben. Da wurde es auf einmal unheimlich schwefelgelb ob den scharfen Graten der Berge. Erschrocken schaute das Pärchen zum Himmel hinauf. Schon stiegen brandschwarze Wolken wie grause Ungeheuer hinter den Bergkämmen empor, und auf einmal zitterte und bebte die Alp. Es donnerte und krachte in allen Flühen herum, und ein fürchterlicher Wirbelwind brauste heran, hetzte das Vieh in die Schluchten und trieb den geängstigten Senn und seine Liebste in die Hütte. Aber kaum waren sie darin, begann ein wildes Schneegestöber, und daraus ward ein wütender Schneesturm, der nicht mehr aufhörte, bis Hütte und Alp tief unter Eis und Schnee begraben lagen. Von da ab grünte die schöne Alp nie mehr. Ewig blieb sie unter dem körnigen, glitzernden Firnschnee begraben. Wenn aber ein Gemsjäger sich samstags in dieses einsame Hochtal verläuft, so kann er deutlich hören, wie tief unter dem Schnee noch das verwunschene Sennenpaar und sein Vieh und sein Hund geistern. Denn dann läßt die Schellenkuh einen "Blaas" (Plärren), der Stier ein "Breul" (Brüllen), der Senn einen "Zaur" (Sang), die Liebste einen "Blängg" (Schrei), der Hund einen "Bell" und die Senntenschelle einen "Glang" (Klang) ertönen. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die verschüttete Silber-Grube

Source: Die verschüttete Silber-Grube

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Zum armen Manne Christen Casolf in Conters im Prätigaue kam einmal ein» Venediger« und hiess ihn mit ins Gebirge kommen, wo er ihm in der Casana-Alpe eine Silber-Ader entdeckte, worauf sie zusammen wieder Conters zu gingen. Morndess nahmen sie noch einen Kameraden Casolfs mit und kamen auf die bezeichnete Stelle hinauf. - Sie gruben nun etliche Wochen strenge und hatten bereits eine so tiefe Grube, dass sie eine Leiter brauchten, hinab- oder heraufzusteigen und stiessen auf ganz netten Silber­kies. Als sie nun vermeinten, die Metall-Adern bald erreicht zu haben, ging der Venediger von den zwei Andern weg, machte aber vorher noch einen Kreis um die Grube herum und sagte ihnen, an dem und dem Tage werde eine Weibsperson kommen und alle Gewalt anwenden, den Kreis zu überschreiten und in die Grube hinein zu schauen; das müssten sie aber um Alles in der Welt verwehren, denn wenn das Weib nur einen einzigen Blick in die Grube zu werfen vermöge, werde all ihre Arbeit verloren und umsonst gewesen sein. Der eine der beiden Männer hielt am bestimmten Tage Wache. Währendem der Andere die gefundene Silber-Ader öffnen wollte, kam am Nachmittage das Weibsbild wirklich, sie kam wie rasend gegen die Grube gelaufen, mit aufgelösten, fliegenden Haaren. Der Mann lief ihr entgegen, um sie aufzuhalten, war aber nicht geschwinde genug. - Es gelang ihr, in den Kreis zu treten und in die Tiefe zu schauen. - Der in der Grube hatte sie erblickt und erklomm, Unheil voraussehend, schnell die Leiter. Kaum hatte er aber die letzte Leitersprosse verlassen, so schloss, unter grässlichem Gerumpel und Gekrache, die Höhle sich, und weder deren Spur, noch das Weibsbild sind je wieder gesehen worden. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die versenkte Glocke

Source: Die versenkte Glocke

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Die versenkte Glocke In der Franzosenzeit ging’s in der Schweiz bunt zu und her. In Dietikon holten die Welschen eine Glocke aus dem Kirchturm und versenkten sie in der Limmat. Später holten sie sie wieder herauf. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Limmattal Aus den „Sagen aus dem Limmattal“. Quellen sind dort nicht angegeben. Laut Vorbemerkung wurden die Sagen durch Sekundarlehrer K. Klenk „durch Schulaufsätze“ gesammelt.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Versöhnung

Source: Die Versöhnung

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Einst geschah es in unserm Schweizer Vaterlande, dass sich die beiden hochangesehenen, kampfbewährten Hauptleute Zurkinden von Zürich und Arnold Winkelried von Nidwalden, ein Nachfahr des ewig unvergesslichen Helden von Sempach, schwer beleidigten. Seither hassten sie sich grimmig. Man wagte es nie getrost, die beiden tatkräftigen Krieger zusammenkommen zu lassen. Allezeit fürchteten nämlich ihre hierüber betrübten Eidgenossen, sie möchten sich aneinander machen und sich gegenseitig zuschanden hauen. Aber als nun der Schwabenkrieg ausbrach und die Eidgenossen schleunigst, in Eilmärschen, gegen den deutschen Kaiser Max zu Felde zogen, war es nicht zu verhindern, dass die verschiedenen Landesbanner zusammen getragen wurden, und dass also auch die zwei Grimmbärte von Zürich und Unterwalden, Zurkinden und Winkelried, sich im Hauptlager der Schweizer zusammenlassen mussten. Doch war es den Führern der Völker aus all den eidgenössischen Gauen bei der Sache nicht wohl, denn mit Betrübnis bemerkten sie, wie sich die zwei sonst so biderben Männer herausfordernd ansahen, wenn sie sich begegneten. Und da sie ihren Heerhaufen die tüchtigsten Hauptleute in dieser gefährlichen Zeit besonders gerne erhalten hätten, beschlossen sie, die zwei Hasser vor sich kommen zu lassen. Und als nun die beiden Hauptleute Zurkinden und Winkelried vor den Heerführern und Landammännern standen, redeten sie ihnen heiligen Ernstes zu, sie möchten doch ihre eigenen, persönlichen Streithändel vergessen und des hartbedrängten Vaterlandes eingedenk sein und wenigstens so lange Frieden und Eintracht im Lager nicht stören, bis der Krieg mit den Schwaben so oder anders zu einem Ende komme. Nachher aber, falls sie sich alsdann noch nicht eines Bessern besonnen hätten, könnten sie ja ihren bösen Streit männlich mit dem Schwert ausfechten. Die beiden stolzen Krieger sahen sich mit keinem Auge an, gelobten jedoch den Landeshauptmännern feierlich in die Hand, dass sie während des Krieges ihre Fehde nicht beachten wollten. Da geschah es eines Tages, dass sich Arnold Winkelried, der Nidwaldner, bei einem Streifzug in Feindesland, gar zu weit vorwagte. So kam es, dass er sich auf einmal von Kaiser Maxens Reiterei überrascht und umringt sah und trotz aller Tapferkeit und Fechtkunst es nirgends zu einem Ausschlupf brachte. Immer mehr drückten die Reiter auf ihn, und obwohl er sie sich mit seinem doppelschneidigen Schweizerschwerte handlich vom Leibe hielt und manch einem aus dem Sattel half, sah er doch ein, dass er nächstens erschlagen oder gefangen würde. Unterdessen hatte aber der Zürcher Hauptmann Zurkinden vom Überfall und der Bedrängnis Winkelrieds Wind bekommen. Flink saß er mit einem Tross seiner Leute auf und fuhr unversehens und wie das heilige Donnerwetter also über die kaiserlichen Reiter her, dass es ihnen die Blechhüte samt den Köpfen zu Boden hagelte, und dass ihre erschreckten Pferde die Beine verwarfen wie ein aufgescheuchter Hase die Löffel, und durchgingen. Im Hui war der zum Tod erschöpfte Winkelried befreit, was ihm gewaltig zu Herzen ging. Doch stumm und kalt ritt er vor seinem Befreier Zurkinden her davon, worauf ihm dieser ebenso schweigsam nachfolgte, auf eines Kriegsknechts Ross reitend, denn das seinige war ihm im Kampf abgestochen worden. Es mochten seit dieser treueidgenössischen Tat ein paar Tage vergangen sein, da gab es im Lager bei den Zelten der Zürcher ein großes Aufsehen. Nämlich, vor Zurkindens Zelt hielt der Held aus Nidwalden, Arnold Winkelried, in voller Rüstung. Er saß auf einem prächtigen edelrassigen Hengst, den er vordem den Feinden abgenommen hatte und lud mit gewaltiger Stimme seinen Todfeind Zurkinden heraus. Schmerzbewegt hörte dieser den Hauptmann aus Unterwalden, den er doch erst aus einem feindlichen Knäuel herausgehauen hatte, nach ihm rufen. Aber er besann sich nicht lange und schritt bald, ebenfalls in blinkendem Harnisch und wohlbewehrt, aus seinem Zelt, um den wider alle Abrede aufgezwungenen Zweikampf mit Gotteshilfe siegreich auszutragen. Doch vor dem Zelte standen schon die Anführer der Eidgenossen und versuchten mit Wort und Gebärde und voll Betrübnis und Unmut, die beiden Helden von einander abzuhalten. Aber kaum hatte Winkelried den Zurkinden erblickt, sprang er vom Pferd und rief mit bebender Stimme: „Sei unbesorgt, ich komme in guter Meinung. Meinem Retter will ich danken, und seinen Dienst kann ich nicht unvergolten lassen. Nimm diesen Hengst von mir an!“ Jetzt stürzten die beiden Starkmütigen auf einander los und umarmten sich vor den hocherfreuten Heerführern und dem ganzen Lager von Herzen. Die zwei Hauptleute hielten denn auch von da an bis an ihr seliges Ende eine bodengute, felsenfeste Freundschaft.     Meinrad Lienert, Zürcher Sagen. Der Jugend erzählt, Zürich 1918. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.    


by Die versprochene Kirche

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Beinahe wären die Anwiler einmal zu einer Kirche gekommen. Als 1832 über die Trennung der Landschaft von der Stadt abgestimmt werden sollte, bestachen die Basler die Anwiler und versprachen ihnen den Bau einer eigenen Kirche, wenn sie alle für die Stadt stimmten. Die braven Mannen standen einmütig zur Stadt, aber die Trennung kam trotzdem zustande. Die Anwiler mussten für ihre Bestechlichkeit bitter büssen, als die Baselbieter «Patrioten» ihre Wut an der treulosen Gemeinde auslassen durften. Und reuig wandern die Anwiler seither weiter nach Oltingen zur Kirche. Anwil Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die versteinerte Alpe.

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Ob Flims stand eine grüne Alp In ferner Sagenzeit; War einer Witwe Eigentum. Ein reicher Mann hatt' um und um Wohl manche fette Weid'.   »Nie werd' ich geben euch die Alp, Sie ist mein einzig' Gut.« »Seht! Zwiefach zahl' ich sie jetzt euch.« »Ob zwiefach, zehnfach - alles gleich) Es ist des Sohnes Gut!«   »Und woll't ihr nicht, die schöne Alp Muss doch noch werden mein! Seh't hier den Schuldbrief; euer Mann Hat mir ihn selbst gefertigt an, Verpfändet die Alpe sein!« -   »Nie hat er euch die schöne Alp Verpfändet, falscher Mann! Er spart' für seinen Sohn sie auf, Hat nie geschlossen solchen Kauf.« »Und doch hat er's getan!«   Sie gingen vor den Richter gleich, Zu schlichten ihren Streit; Der Richter war dem Reichen hold, Der ihn erkauft' um schnöden Sold, Zu jedem Spruch bereit. –   Da nützte nicht der Witwe Schwur, Der Witwe Klag' und Leid; Es nützte all' ihr Flehen nicht: Der harte, reiche Bösewicht Gewann den falschen Streit. –   »Schon seit drei Tagen ist sie mein, Und hab' sie nicht geseh'n; Denn Regen rasselt, Donner rollt, Und in den Bergen tost‘s und grollt, Und laute Stürme weh'n.« -   Doch als der Himmel sich erhellt', Die Sonne wieder schien, Da eilt' er fort in schnellem Lauf, Und als er kam den Berg hinauf, Fiel er zur Erde hin. –   Denn wo der Witwe Alp gegrünt, War Alles blau und weiss, Und auf das weiden reiche Feld, Von unsichtbarer Hand gestellt, Ein Berg von lauterm Eis.   Es steht noch jetzt der Eiskoloss, Ein Warn er aus jener Zeit; Er steht allein, doch um und um Da blühen fort noch Gras und Blum' In grüner Fröhlichkeit.   Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014       Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die versteinerten Jäger in Bürgeln

Source: Die versteinerten Jäger in Bürgeln

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In der Nähe von Bürgeln bei Lungern, links der neuen Brünigstrasse, ist eine Fluh. Hier jagten einst am heiligen Frohnleichnamstage drei Jäger während des Gottesdienstes. Als nun von Lungern her die Mörserschüsse den Segen bei der Prozession ankündeten, ermahnte einer die andern zwei, sie wollen niederknieen und den Segen nehmen. Sie lachten ihn aber aus. Zur Strafe wurden sie in Steinsäulen verwandelt und müssen ewig dort stehen. Derjenige, welcher den Segen genommen hatte, kam unbeschadet heim.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Die Verstorbene in der Kirche

Source: Die Verstorbene in der Kirche

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Eines Tages in der Morgenfrühe ging der Grenzwächter Bussard in die St. Markuskirche von Rüden, um Angelus zu läuten. Da sah er am Hochaltar eine Frau knien und andächtig beten. Am Vorabend hatte er sich noch eigens umgesehen, ob niemand mehr in der Kirche sei, und hatte dann die Kirche geschlossen. Am Morgen fand er die Kirche ebenfalls geschlossen. Wie konnte die Frau hieher gekommen sein? Er näherte sich ihr und fasste sie scharf ins Auge. Aber wie erschrak er: Statt des Kopfes sah er einen Totenschädel, der ihn mit leeren Augenhöhlen anglotzte. Zitternd vor Schrecken wich er einige Schritte zurück. Sieh, da wandte sich der Totenschädel um und blickte grinsend nach dem Grenzwächter, dem der Schrecken so die Kehle zugeschnürt hatte, dass er keinen Laut hervorbringen konnte. Mechanisch griff er zum Glockenseil und läutete. In diesem Augenblick drehte sich die Gestalt wieder um. Der Grenzwächter besass den Mut nicht, nochmals hinzugehen und die betende Frau anzusprechen. Er wandte sich vielmehr der Türe zu. Dort schaute er zurück nach dem Hochaltar und - der Geist war verschwunden. GONDO Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Versucher in der Schlossfluh bei Twann

Source: Die Versucher in der Schlossfluh bei Twann

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Zu einem Mädchen aus Twann trat, als es einst unfern der Schlossfluh am Bielersee auf einer Wiese heuete, ein Fremdling, schön und prächtig angetan, von dem sich die sonst tugendhafte und sittsame Jungfrau so mächtig angezogen fühlte, dass sie einwilligte den Herrn in der folgenden Nacht zu einer bestimmten Stunde an einem gewissen Orte zu treffen. Als sie sich nun auch wirklich, wie verabredet, an jenem Orte einfand, ergriff sie der Unbekannte an der Hand und führte sie die steile Schlossfluh hinauf, ohne dass ihr das Steigen im mindesten beschwerlich fiel. Oben angekommen bemerkte sie im Mondenschein eine große Öffnung in dem Felsen, welche sie früherhin noch nie wahrgenommen hatte. In diese trat der Fremdling mit ihr ein und nach einigen Schritten befanden sie sich in einem grossen weiten Saale, der hell erleuchtet war und wo um eine schwarz verhängte Tafel viele bleiche und düstere Männer sassen. Einer derselben winkte der Jungfrau, näher zu treten und befahl ihr, ihren Namen in ein grosses Buch einzutragen, das aufgeschlagen auf dem Tische lag. Obschon das Mädchen nicht lesen konnte, was in dem Buche stand, so merkte es doch, dass es nichts Christliches sei. Es weigerte sich daher standhaft und beteuerte beim Blute Christi, es werde nie tun, was man verlange. Kaum hatte sie diese Beteuerung ausgesprochen, so war alles wie im Hui verschwunden und sie fand sich ihrer Kleider beraubt, nackt und allein auf der Schlossfluh. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die versunkene Stadt

Source: Die versunkene Stadt

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Wo heute das Hudelmoos ist, stand einst eine Stadt, die - wohl zur gerechten Strafe für begangene Sünden - in die Tiefe versunken ist. Alte Leute wollen noch das Läuten der Glocken von dort unten herauf vernommen haben. I. Weber Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 13, S. 10 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die versunkene Trotte

Source: Die versunkene Trotte

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Die versunkene Trotte Unterhalb Wülflingen liegt kleiner Sumpf. Der späte Wanderer, der an dieser Stelle vorbeikommt, verdoppelt seine Schritte, denn der Ort ist verrufen. Vor alten Zeiten stand an der Stelle eine Trotte, Haldentrotte genannt. Da zog der alte, biedere Trottmeister Urban den Zehntenwein ein. Er genoss bei den Bauern das höchste Ansehen, da er gerecht war und keinen drängte. Sein Sohn aber war das Gegenteil von ihm. Er hatte sein Gut verprasst und gelüstete nun nach den paar Gulden des Alten. In einer Herbstnacht stieg er in dessen Wohnung in der Trotte, erschlug den Schlafenden mit einem Beil und trug den Leichnam in die nahe Töss. Am folgenden Morgen fand man den zerschmetterten Leichnam am Ufer und glaubte, der alte Mann habe am Abend zu tief ins Glas geschaut und es sei ihm darauf ein Unglück zugestossen. Den Sohn, der sich untröstlich zeigte und auf den kein Verdacht fiel, wählte die Gemeinde zum Trottmeister, hatte diesen Schritt aber bald zu bereuen Er betrog nämlich die Leute, wo immer er konnte, zu seinem eigenen Vorteil. Wenn der Herbst vorbei war, lud er seine Kumpane zu wüsten Gelagen in die Trotte. Eines Abends erschien den Schlemmern der Geist des alten Trottmeisters; ein furchtbares Gewitter zog sich über der Trotte zusammen, Donnerschläge fuhren nieder, Wassergüsse umbrausten das Gebäude, das Gebälk stürzte zusammen. Eine schauerliche Stimme aus den Lüften rief dem Trottmeister. Am Morgen war die Haldentrotte nicht mehr, aber an ihrer Stelle ein stehendes Gewässer, das nach und nach zum Sumpf wurde. An hellen Herbstnächten sah man lange Zeit zur Geisterstunde aus dem Sumpf einen schwarz vermummten Mann steigen, der auf dem Rücken einen Leichnam trug. Er eilte zur Töss hinunter, worauf man ein Plätschern hörte wie vom Fall eines schweren Körpers ins Wasser; das war der ruhelose Geist des Vatermörders. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Winterthur und Weinland Wörtlich aus Stauber, S. 69. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die vertriebenen Herdmännlein

Source: Die vertriebenen Herdmännlein

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Im Juch und auf Binzholde bei Buus wohnten Herdmännlein und -weiblein. Sie halfen allerorts den Leuten bei der Arbeit, in Buus wie in Maisprach. Hier, in der Mühle fütterten sie oft das Vieh. Es konnte geschehen, dass die Kühe schon am Fressen waren, wenn der Müllerknecht in den Stall kam um zu füttern. Am Samstagabend halfen die Herdweiblein in der Mühle in Maisprach spinnen. Sie pflegten dann in der Hugeholde zu übernachten, wo sie ein Lager hatten. Einmal gingen sie in Buus in ein Haus, wo man gebacken hatte. Sie erhielten aber keine Wähe. Das «vertäubte» sie dermassen, dass sie im Zorn das Haus verliessen und nie wieder erschienen. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Die verwandelten Frösche

Source: Die verwandelten Frösche

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Peter Schmied, Fuhrmann von schweizerisch Laufenburg, fuhr jede Woche nach Basel. Seine Frau, welche sehr näschig und putzsüchtig (eitel) war, lag ihm immer an, etwas zu chrome (ein Marktgeschenk mitzubringen). Da kam er einstmals auf seiner Rückfahrt von Basel, als er im Mondenschein an einem Kreuzweg eine Masse Frösche herumhüpfen sah, auf den Einfall, seiner Frau anstatt des Marktgeschenks ein halbes Dutzend solcher Frösche mit heimzubringen. Kaum gedacht, hat er auch bald sechs Stück in einen Sack getan, und diesen hinten im Wagenkorb festgebunden. Als er nun nach Haus kam und seine Frau ihn vom Fenster herab fragte, ob er ihr einen „Chrom" mitgebracht habe? — sagte er: „Ei wohl, lieber Schatz, komm nur und hole ihn selbst, er liegt in einem Sacke hinten im Wagenkorb.“ Die Frau kam alsbald herunter, nahm den Sack und eilte mit ihm in die Stube, wo sie sogleich, während ihr Mann noch beim Wagen beschäftigt war, ein Licht anzündete, um ihn zu öffnen. Als sie eben mit der Öffnung des Sackes beschäftigt war, kam auch ihr Mann hinzu. Wie groß war aber dessen Erstaunen, als statt des seiner Frau zugedachten Schabernacks, sechs alte vollwichtige Goldstücke auf den Tisch rollten, welche so glänzend waren, als ob sie eben aus der Münze gekommen wären. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die verwandelten Frösche

Source: Die verwandelten Frösche

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So oft der Fuhrmann Peter Schmied von Laufenburg nach Basel zu fahren hatte, und das geschah jede Woche, lag ihm seine Frau mit der Bitte in den Ohren, ihr doch einmal ein Marktgeschenk mit heim zu bringen. Er war aber gar kein gefälliger Ehemann und hielt auf jene Liebhabereien seiner Frau am allerwenigsten, die seine Kasse anstrengten. Endlich sagte er doch zu, als sie ihm seine eigenen Wirtshausschwächen und die Drohung zu hören gab, daß sie ihn das nächste Mal, wenn er sich wieder so lange beim neuen Weine versäume, gar nicht mehr einlassen werde. Solche Erklärungen hatte es schon öfter abgesetzt, aber noch immer war der Marktkram nicht eingekauft. Eben befand sich der Schmied auf der Rückfahrt nach Laufenburg, und wiederum verspätet erreichte er jetzt Sisseln. Es war mondhell und jedes Blatt am Boden zu erkennen. Da sah er am Kreuzwege beim Dorfe Frösche rastlos auf so schmalem Raume durcheinander hüpfen, als ob man sie dazu dressiert hätte. Ihm schien zwar diese große Menge von Fröschen in so engem Raume wohl wunderlich, aber er erinnerte sich zugleich des abermals versprochenen und wieder vergessenen Basler Geschenks. Dazu war es heute viel zu spät geworden. Und seine Frau pflegte nicht umsonst zu drohen, das wußte er. Da schien es ihm ein ganz guter Einfall, wenn er ein halbes Dutzend dieser Frösche in den Sack tun und sie daheim statt des Marktkrams seiner Frau geben würde. Das müßte einen solchen Schrecken absetzen, daß er aller kostspieligen Zumutungen zukünftig bestimmt enthoben bliebe. Sechs fette Stücke waren bald in einem Zwilchsack, und fest zugebunden wurde dieser in den Wagenkorb gelegt. So spät er auch heute heimkam, so war diesmal die Frau doch freundlich. Schon vom Fenster herab fragte sie, ob er ihr das Versprochene mitbringe. «Ei freilich», sagte er, «komm nur herab und hol's dir selber, im Sacke liegt's wohl verwahrt, hinten im Wagenkorb.» Hausab und hausauf sprang nun die Frau und versuchte oben, bei Licht, den festgeschnürten Sack aufzudrehen, während sich unten ihr Mann noch an der Fuhre zu schaffen machte, um dem Spektakel auszuweichen. Jetzt war der Sack offen, die Neugier ließ keine Zeit, erst hinein zu greifen, sie schüttelte ihn, wie er war, auf den großen Tisch aus. Einen so kostbaren Marktkram hatte sie sich niemals erhofft. Ein halbes Dutzend gewichtiger Goldstücke rollten auf den Tisch, so glänzend, als wenn sie funkelnagelneu aus der Münze kämen. Während das Weib die Goldstücke betrachtete, trat der Fuhrmann zur Stube herein und wollte kaum seinem Weibe, geschweige sich selbst trauen, als er sah und erfuhr, in welche Goldfüchse die häßlichen Frösche sich verwandelt hätten. Nun ward ihm vollständige Verzeihung zuteil, und daß diese nachhaltig zwischen beiden Eheleuten gewesen ist, hat mir meine Großmutter selber erzählt, die den Schmied und seine Frau noch wohl gekannt hat.   Aus: E. L. Rochholz, Schweizersagen aus dem Aargau, 1856 (Titel. Frösche in Goldstücke verwandelt)    Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die verwunschene Allmend

Source: Die verwunschene Allmend

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In Zug wurde vor unzähligen Jahren ein Übeltäter von den Henkersknechten mit starken Ruten ausgepeitscht. Von den wilden Hieben wurde der Rücken des Verurteilten arg zerschunden und wund. In diesem Zustande jagte man den Armen zum Lande hinaus. Auf diesem jämmerlichen Schmerzensgang verwünschte er die Allmend, auf der die böse Auspeitschung erfolgt war. Seit dieser Stunde wollte auf diesem Platz kein Gras mehr wachsen, alles verdorrte; die Allmend war verflucht und verwunschen. Einem Freund hatte aber der Vertriebene erzählt, wie man den Fluch heben könne. Auf der Allmend soll man vier steinerne Kreuze errichten, die aber alle in Sehweite voneinander aufgestellt sein müssten. Am Fusse der vier Kreuze müssen die vier Evangelien vergraben werden. Künftighin dürften die Zuger auch keinen Ausgepeitschten mehr aus dem Lande jagen, ohne ihm wenigstens einen kleinen Reiserappen mit auf den Weg zu geben. Dies gelobte man, stellte die Kreuze auf und der Fluch war seither von der Allmend gewichen. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 74 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die verwunschene Scheune

Source: Die verwunschene Scheune

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Eine kleine Viertelstunde von Galmis entfernt liegt in der Richtung gegen Jaun zur linken Hand eine einsame Scheune. Unansehnlich ist ihr Anblick; sie dient nur noch zur Aufbewahrung des Heues, das auf den angrenzenden Wiesen gedörrt wird. Im kleinen niederen Stall wird kein Vieh mehr untergebracht. Als Grund hierfür geben die Anwohner folgende gruselige Sage an. Wenn früher in diesem Stall Tiere untergebracht wurden, stiess ihnen während der Nacht immer etwas Böses zu. Man fand sie am Morgen gewöhnlich zu zweit im gleichen Halsseil gebunden, so dass sie dem Ersticken nahe waren. Zuerst schrieb man diese Büberei bösen Nachbarn zu und band jedes Tier an seinen Platz vor die Krippe, aber in der nächsten Nacht erlebte man wieder das gleiche Übel. Es musste also etwas anderes hinter der Sache stecken. Einige beherzte Gesellen, die keine Furcht kannten, nahmen sich vor, dem schlimmen Spiel auf die Spur zu kommen, koste es was es wolle. Sie bezogen also zur Nachtzeit eine geschützte Stellung bei der Scheune, um die Schlingel abzufangen, welche sich so grobe Spässe mit den armen Tieren erlaubten. Um Mitternacht wurde es lebendig im Stall. Die Türe öffnete sich, ohne dass jemand sie aufgemacht hätte. Das Vieh rannte heraus und verstreute sich in der Wiese umher. Eilends sprangen die Wächter zum nächsten Haus und holten dort Laternen, um die Tiere wieder einzufangen. Ihre Mühe war vergeblich. Als die Männer zurückkehrten, trafen sie kein einziges Stück Vieh mehr draussen. Die Stalltür war wieder geschlossen. Neugierig hielten die Burschen im Stall Nachschau und fanden wider Erwarten alles in Ordnung. Gemächlich lagen die Wiederkäuer auf dem Stroh und glotzten verwundert die nächtlichen Besucher an. Von dem Tag an scheute man sich, das Vieh im verwunschenen Stall unterzubringen, weil man für der Tiere Sicherheit fürchtete. Der Stall steht leer. Wer an der verhexten Scheune vorbei musste, hielt sich auf der linken Seite und beschleunigte unwillkürlich seine Schritte, denn wer weiss, was passieren könnte?   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die verwunschenen Äpfel

Source: Die verwunschenen Äpfel

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Ein Vater hatte drei Söhne. Am St. Martinstag kaufte er ein schönes Apfelbäumchen, dessen Früchte immer dann reif wurden. Doch jedes Jahr wurden sie in der Nacht vor dem St. Martinstag gestohlen. Am Vorabend sagte der Älteste, er wolle aufbleiben und schauen, wer nachts die Äpfel stehle. Er nahm sein Gewehr und ging in den Garten hinaus. Nach einer Weile aber nickte er ein und schlief tief und fest. Am Morgen waren die Äpfel fort. Ganz traurig ging er zum Vater und schämte sich deswegen. Das nächste Jahr sagte der mittlere Sohn, er wolle die Äpfel bewachen. Auch er nahm ein geladenes Gewehr und ging im Garten herum. Doch nach einer Weile nickte auch er ein und schlief bis am Morgen. Als er aufwachte, war es taghell, und die Äpfel waren weg. Auch er ging mit schlechtem Gewissen zum Vater, weil auch er versagt hatte. Das dritte Jahr, am Vorabend des St. Martinstages, sagte der Jüngste, diesmal wolle er die Äpfel bewachen. Er nahm ein Gewehr und eine Nadel, stieg auf den Apfelbaum und wartete. Als er müde wurde, stach er sich mit der Nadel in die Hände, um den Schlaf zu vertreiben. Gegen Mitternacht fliegt eine Taube auf den Apfelbaum und beginnt die Äpfel zu pflücken. «Nur langsam!» ruft der Bursche und will auf die Taube schiessen. «Schiess nicht auf mich! Diesen Apfelbaum hat euer Vater von einem gewissen Zauberer gekauft, der den Baum seiner Mutter gestohlen hat. Ich aber habe das Recht, jedes Jahr die Äpfel zu pflücken. Doch drei will ich dir schenken, einen kannst du dem Vater und je einen deinen beiden Brüdern geben.» Dann verwandelte sich die Taube in ein schönes Mädchen, sie redeten sehr lange miteinander und verliebten sich. Das Mädchen gab dem Burschen einen wunderschönen Brautring und sagte: «Ich schenke dir da einen Ring, und wenn du zu mir auf mein Schloss kommen willst, so schau nur immerzu auf den Ring. Solange er leuchtet, geh du nur weiter, und du erreichst mein Schloss!» Dann nahm das Mädchen Abschied und ging weg. Am andern Morgen gab er die drei Äpfel dem Vater und den Brüdern als Beweis, dass er den Apfelbaum bewacht hatte. Und dann machte er sich auf den Weg zum Schloss seiner Braut. Er kam schnell voran, solange der Ring leuchtete, und schliesslich gelangte er zu einem finstern Wald, wo es alle möglichen wilden Tiere hatte. Kaum war er im Wald, begegnete er einem alten Mann, der fragte ihn, wohin er wolle. Der Bursche erzählte ihm alles. Doch der Alte meinte, es sei unmöglich durch diesen Wald zu gehen; die wilden Tiere würden ihn in Stücke reissen. Voller Angst fragte der Bursche den Alten, ob er keinen Rat wisse, wie er durch den Wald komme, ohne von den wilden Tieren gefressen zu werden. «Ich kann dir nur einen Rat geben», antwortete der Alte, «nämlich ein Stück Wild zu schiessen, alles Fleisch aufzuschneiden und wenn die wilden Tiere dir folgen, ihnen die Stücke vorzuwerfen.» Der Bursche befolgte den Rat, er schoss ein Stück Wild und schnitt alles Fleisch in Stücke. Als er mitten im Wald war, folgten ihm alle möglichen wilden Tiere. Er warf jedesmal ein paar Bissen Fleisch nach hinten, die wilden Tiere stürzten sich darauf und rissen sich darum. Als sie alles gefressen hatten, folgten sie ihm wieder hintennach. Dann drehte er sich nochmals um, um ihnen ein paar Bissen hinzuwerfen, und so konnte er aus dem Wald fliehen. Jetzt verfolgten ihn die wilden Tiere nicht mehr, und er konnte ruhig ein grosses Stück in einer weiten Ebene weitergehen. An deren Ende sah er ein Schloss, welches gleich wie sein Ring leuchtete. Da lief er schnell und gelangte bald dorthin. Seine Braut kam ihm entgegen, gab ihm die Hand, hiess ihn willkommen und begleitete ihn zum Schloss. Nach wenigen Tagen machten sie Hochzeit und lebten fröhlich im Schloss, wo alles vor Gold, Silber und kostbaren Edelsteinen leuchtete.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die verwünschte Allmend

Source: Die verwünschte Allmend

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Einst wurde in Zug ein Übeltäter ausgepeitscht und mit wundem Rücken zum Land hinaus gejagt. Auf diesem Schmerzensgange verwünschte er die Allmend, wo die Exekution erfolgte, dermassen, dass nichts mehr auf derselben wachsen wollte. Drauf liess er verlauten, man müsse, um das Übel zu heben, auf der Almend vier steinerne Kreuze errichten, welche auf einer Stelle zugleich gesehen werden können und am Fusse derselben die vier Evangelien vergraben; auch künftighin einen Ausgepeitschten nicht ohne einen Reisepfenning fortschicken. Sein Rat wurde befolgt. Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Die verwünschte Alp

Source: Die verwünschte Alp

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Es war eine wundervolle Alp in der Nähe von Gorduno, unweit von Bellinzona, ungefähr auf einer Höhe von fünfzehnhundert Metern. Diese Alp bestand aus einigen Blockhütten und Ställen. Ringsum breitete sich ein prächtiger, grosser Weideplatz aus, durchzogen von kleinen Wiesentälchen mit weißschäumenden Wasserfällen, die von den Felsen herabstürzten und immerzu die gleiche Melodie sangen. Die Alp war im Besitz des Patriziats von Gorduno und von drei Männern gepachtet worden, die aus dem gleichen Dorf stammten und während der Monate Juni, Juli und August und teilweise auch im September dort oben wohnten, wo sie ihre Kühe, Schafe, Ziegen und Schweine hüteten. Jene drei Alphirten waren von grosser Gestalt und kräftig. Ihre Gesichter waren gebräunt von der Sonne und der frischen Luft, und ihre Barte waren ungepflegt. Sie trugen grobe Kleider aus Barchent Stoff und Hüte mit ganz breitem Rand. Auch waren sie unglaublich rohe Gesellen, und man sagte, sie seien sehr geizig. Von Zeit zu Zeit verirrten sich etwa auch einige Fremde dort hinauf, die wegen der herrlichen Alpenluft oder aus Freude am Wandern oder aus Verlangen nach kräftiger Alpenmilch in diese einsamen Höhen stiegen, wo sie wohlschmeckenden Rahm, süsse Butter oder feinen Molkenkäse zu erhalten hofften. Keiner jedoch kam zum zweiten Mal herauf, so übel wurden sie von den Hirten empfangen, so frech wurden sie geprellt und in ihren Erwartungen getäuscht. An einem sehr heissen Tag im Juli näherte sich jener Alp etwas nach der Mittagsstunde ein noch junger Mann, der sehr armselig gekleidet war. Wer ihn aber genauer betrachtet hätte, der würde gesehen haben, wie sein Gesicht von engelgleicher Schönheit strahlte. Der Wanderer war todmüde, durchnässt vom Schweiss und konnte kaum mehr gehen. Die Sonne aber brannte mit erbarmungsloser Glut herab. Die Ziegen, Kühe und Schafe lagen faul und schläfrig im Schatten der alten Buchen. Sie kauten in Ruhe ihr Gras und hatten die Augen halb geschlossen. Sie machten im Halbschlaf zuweilen eine Bewegung, namentlich die Ziegen, und brachten durch ihr Schütteln die Glocken in heimeliger Weise   zum Klingeln. Die Schweine wühlten in dem fetten Boden des Hofes oder wälzten sich im Schmutz umher. Durstig trat der fremde Wanderer in die Sennhütte, wo die drei Alphirten um den Tisch herumsassen und sich ausruhten. «Gebt mir aus Barmherzigkeit ein Tröpflein Milch», sagte er. «Ich sterbe beinahe vor Durst!» Einer von den dreien schlug ihm rundweg die Bitte ab und sagte: «Wenn du Durst hast, so schau, hier draussen gibt es ganz frisches Wasser vom Bach. Da kannst du trinken, soviel du Lust hast.» Darauf erhob sich der zweite Hirt, stieg in den Keller hinab, wo man den Käse, die Milch und die Butter aufbewahrte, und kehrte bald wieder mit einem Schlüsselchen dunkler Brühe zurück. Es sah gerade aus, wie wenn man Kuhmist in die Milch gemengt hätte. Der Wanderer wies dieses schmutzige Getränk zurück und ging voller Entrüstung zur Hütte hinaus. Da sprang der dritte Hirte schnell in den Keller hinab, füllte eine Schale mit Milch und fügte einige Löffel Rahm hinzu. Darauf eilte er vor die Tür und rief den armen Fremdling mit freundlichen Worten zurück. Der kehrte um und trank die Milch mit gierigen Zügen. Dann dankte er dem guten Hirten vielmal und sprach hierauf: «Nimm sogleich deine Habseligkeiten, deine Kühe, Ziegen und Schafe zusammen und mache dich bereit, diese Alp sofort zu verlassen. Binnen kurzer Zeit wird nämlich der Zorn Gottes sich schrecklich über dieser Stätte entladen. Folge meinem Rat und gehorche!» Bei diesen Worten glänzte das engelgleiche Angesicht des fremden Pilgers wie von einem überirdisch bezaubernden Licht. Der wackere Hirt sammelte auf der Stelle sein Vieh und machte sich unverzüglich auf den Weg, die Alp zu verlassen. Als er etwa fünfhundert Meter weit entfernt war, wandte er sich. Da sah er mit Schrecken, wie die beiden Sennhütten, die Ställe, die Kühe, Ziegen und Schafe verschwunden waren. Er allein mit seiner Herde war vom Unheil verschont geblieben. An ihrer Stelle erblickte er mächtige Felsblöcke, die sich von der Bergeshöhe losgelöst hatten und mit furchtbarer Wucht heruntergestürzt waren, wobei sie alles mit sich rissen und zerschmetterten. Der arme Wandersmann jedoch, der so müde, durstig und in Schweiss gebadet um eine Erfrischung gebeten hatte, war niemand anders gewesen als der liebe Gott, der wieder einmal, wie so oft schon, auf unsere Erde herabgestiegen war, um das Herz der Menschen zu prüfen. Noch heutigen Tags wird die Alp von den Leuten der Umgegend die «Alpe maledetta» oder die «verwünschte Alp» genannt.   Am Kaminfeuer der Tessiner                                    Walter Keller                                                          Hans Feuz Verlag Bern Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die verwünschte Alp im Maderanertal

Source: Die verwünschte Alp im Maderanertal

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 Das Gries hinter Blindensee war vor Zeiten eine prächtige Alp. Drei Stäfel waren da: Griesbalm, Lauchbalm und Sandbalm. Da wuchs ein Gras, das so milchreich war, dass sie tags dreimal melken mussten. Das war den Knechten zu mühsam, und sie verwünschten das Kraut. Da bekamen die Kühe hörnene und dornige Strichen und rückte der Gletscher vor und bedeckte das schöne Gefilde. Heute aber fangen die Älpler wieder an, das Gries zu befahren, das noch zu Menschengedenken vom Gletscher bedeckt gewesen. »Das han ich als Büeb nur nu vo ganz altä Lyttä g'heert verzellä.« Andreas Fedier Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die verwünschte Jungfrau

Source: Die verwünschte Jungfrau

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Auf einem Hügel, unmittelbar vor dem Fricktaler Dorfe Oeschgen gelegen, deuten noch Mauerreste und unterirdische verschüttete Gänge auf das Schloß zurück, welches hier einst gestanden hat. Als der Burgherr nicht endete, die Leute unbarmherzig zu plagen, haben es die Bauern zuletzt zerstört. Darauf war hier jeden Karfreitag mitternachts ein unterirdisches Rumpeln und Tosen zu hören. Als zu dieser Zeit ein Mann vorüberging und das Getöse gleichfalls vernahm, schlüpfte er neugierig und herzhaft in eines der Löcher des Hügels hinein. Durch einen langen Gang kam er zu einer Eisentüre, die sich von selber öffnete, und darauf in einen prächtig mit Tapeten behangenen Saal. Hier sah auf einem Ruhebett eine Jungfrau, neben ihr auf einer Goldtruhe ihr Schosshündlein. Sie bot ihm alle ihre Schätze gegen drei Küsse an. Der Mann dachte, derlei lasse sich leicht tun, wenn man damit so viel auf einmal verdienen könne, und gab ihr denn sogleich einen Kuss. Allein jetzt schoß ein Schlangenhaupt aus dem Rumpfe des Weibes hervor. Gleichwohl machte er sich zum zweiten Kusse bereit, und auch diesmal gelang's trotz dem Hündlein, das groß anschwoll, zerrend, heulend und reißend an ihm emporsprang. Sogleich darauf war die Jungfrau in eine ungeheuerliche Kröte verwandelt, und mit Grausen entsprang nun der Mann. Seminarist Zundel v. Oeschgen. Quelle: E. L. Rochholz, Naturmythen. Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1862. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch    


by Die verwünschte Jungfrau auf der Scheibenfluh

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Auf der Scheibenfluh gedeihet weder Baum noch Gras; auf ihrem Gipfel ist aber eine Höhle, darin wohnt eine verwünschte Jungfrau, welche Salina heisst und daselbst auf einem verwünschten Schatz sitzet, den sie hütet. Viele, die sich in diese Höhle hineingewagt, haben große Klumpen Goldes von da zurückgebracht. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die verwünschte Königstochter

Source: Die verwünschte Königstochter

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Ein Königspaar hatte eine Tochter, die ihnen nicht zu Gefallen leben wollte. Da wurde der Vater so zornig, daß er sie verwünschte. Die Tochter fuhr aus dem Hause und verschwand. Das machte dem Vater großen Verdruss. Er liess einen Ratgeber kommen, und dieser sagt: „Legt in eine Totengruft einen Sarg und stellt ein ganzes Jahr eine Wache daneben, dann werdet ihr die Tochter zurückbekommen!“ Der König befolgte den Rat, aber jeden Morgen war die Wache tot, so dass sich zuletzt niemand mehr dafür hergeben wollte. Da kam ein Soldat, der am Königshof um Arbeit nachfragte. Der König stellte ihn als Wache an und führte ihn in die Gruft. Als der Soldat allein war, dachte er: „Da bleibe ich schon nicht; wenn die Nacht kommt, gehe ich fort, das Grab kann auch ohne Wache sein.“ Er sah sich um, wie er entfliehen könne; er ging und öffnete das Fenster der Torengruft, und als es nachtete, schlüpfte er zum Fenster hinaus. Da stand ein graues Männchen davor, das ihn ansprach: „Hans, halt ein, es soll dein Glück sein! Geh nur wieder hinein, es wird dir nichts geschehen. Verstecke dich ein Viertel vor Mitternacht hinter dem Altar der Totengruft!“ Der Soldat ging wieder durchs Fenster zurück und wachte. Ein Viertel vor zwölf versteckte er sich, und um Mitternacht entstand ein grosser Lärm. Die toten Leiber regten sich, um die Wache zu suchen und zu zerreissen. Ein Viertel nach zwölf hörte der Lärm wieder auf, und der Soldat konnte seine Wacht wieder verrichten. Als der König am Morgen kam, war er erstaunt, die Wache gesund und lustig anzutreffen. Der Soldat dachte: „Heute Nacht kann mir das graue Männchen sagen, was es will, ich bleibe nicht in der Gruft!“ Bei Einbruch der Nacht schlüpfte er wieder zum Fenster hinaus, um fortzugehen. Da rief ihm das Männchen wieder zu: „Hans, halt ein, es soll dein Glück sein!“ Er solle sich ein Viertel vor zwölf hinter dem Betstuhl verstecken und sich nicht fürchten. Der Soldat befolgte den Rat, versteckte sich, und kurz vor Mitternacht kam der Geist wieder, tobte und lärmte und als er keine Wache fand, verschwand er wieder. Am Morgen kam der König und fand zum grossen Erstaunen die Wache noch am Leben. Der Soldat aber dachte, diese Nacht bleibe er dann schon nicht. Als er fliehen wollte, rief das Männchen: "Hans, halt ein, es soll dein Glück sein! Verstecke dich vor Mitternacht an dem Ort, wo man singen wird.“ Der Soldat befolgte den Rat wiederum. Ein Viertel vor zwölf kam der Geist und lärmte eine halbe Stunde lang, dann trat er in einer abscheulichen Gestalt vor den Soldaten, tat ihm aber nichts zuleide. Dann verwandelte sich der Geist in die Königstochter, und der Soldat und die Königstochter hielten bald darauf Hochzeit. Quelle: J. Jegerlehner, Sagen und Märchen aus dem Oberwallis, Nr. 139 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die verwünschten Kirschbäume

Source: Die verwünschten Kirschbäume

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Tscherlach hatte vor Zeiten auf seinem fruchtbaren Boden und an seinen sonnigen Halden eine Menge Kirschbäume, deren Äste jeden Sommer von einer Überfülle der schönsten Früchte fast zusammenbrachen. Einst ging ein armer, fremder Mann durchs Dorf und bat einen Bauer, der eben Kirschen pflückte, er soll ihm eine Handvoll geben. Er wurde jedoch mit rohen Worten abgewiesen. Hierauf verfluchte jener die Kirschbäume von Tscherlach, und seither gedeihen sie nicht mehr. J. Natsch Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 346, S. 193 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Verwünschung des Zyprion

Source: Die Verwünschung des Zyprion

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Einst fand man diese, den Milchkühen so gesunde Pflanze häufig auf den Alpen. Eine Sennerin, die man als Hexe fürchtete und die zu andern (Un)tugenden noch Trägheit besass und das viele Melken für Plage hielt, rief einmal ihren Hexenfluch die Alp hinunter: «Verflucht seien Zyprion und Mutteren!» Ein vorübergehender alter Priester wollte den Fluch zunichte machen und rief: «Gott behüte die Muttern.» (Der gute Mann hörte schlecht und hatte den Zyprion überhört.) Weil er aber Gott wohlgefälliger war als die Hexe, wurden die Muttern gerettet und der überhörte Zyprion erlag dem Fluche. Aus: U. Brunold-Bigler, Die Sagensammlung der Nina Camenisch, Disentis 1987, mit freundlicher Genehmigung der Autorin. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die verzauberte Herdstatt

Source: Die verzauberte Herdstatt

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1. Der Schnyderberg-Joos von Linthal ging in der Kammeralp den Ziegen nach und heischte dort etwas zu trinken. Weil man gerade molk, wartete man mit der Erfüllung der Bitte. Als man ihm dann zu trinken geben wollte, war er fort. Beim Erwellen wollte die Milch nicht dicken bis am Abend zur Melkenszeit, und so wieder bis am Morgen. Da ging der Urner Knecht nach Näfels zu den Kapuzinern, und diese sagten ihm, er solle den frisch hingelegten Plattenstein zuhinterst in der Herdstatt wegnehmen. Darunter lägen drei kreuzweise übereinander gelegte Hölzchen, die solle er wegräumen und ins Feuer werfen. Der Senn tat so, und nachher war alles wieder in Ordnung. Schriftl. v. Kapl. Truttmann 2. Längere Zeit hindurch war dem Senn in einer Glarner Alp beim Erwellen die Milch angebrannt, und er konnte die Ursache gar nicht herausfinden. Nun besuchte ihn einmal ein älterer, erfahrener Glarner Älpler; der schaute nur so ins Feuerloch hinein, und über seinen Mund huschte ein feines Lächeln (»Är heig äso g'schmeelelet«). Aber gesagt hat er nichts. Das nächste Mal klagte ihm der Senn seinen Kummer; der Besucher aber zuckte die Achseln und wollte nicht her aus mit der Sprache. Erst beim dritten Besuch erklärte er dem Senn: »Suchet im Feuerloch, es wird wohl etwas drinnen sein!« Aber der Senn fand nichts auffälliges. »Es wird wohl ein eichener Nagel in der Glut sein,« sagte jetzt der ältere Älpler bestimmter und untersuchte selber Glut und Asche. Richtig, jetzt kam ein eichener Nagel zum Vorschein. Der wurde weggeworfen, und seitdem brannte die Milch nicht mehr an. Daniel Imholz, 50 J. alt »Aber wie konnte denn die Milch wegen dem Nagel anbrennen?« fragte ich meinen Erzähler aus dem Schächental, und dieser zwinkerte mit den Augen und sagte in geheimnisvollem Tone: »Jä, äs wird dänk scho nu eppis darmit und daby g'sy sy!« Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die verzauberte Prinzessin

Source: Die verzauberte Prinzessin

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In der Umgebung einer ziemlich grossen Stadt lebte einmal ein sehr reicher Mann, der hatte drei Söhne: Gian, Giachem und Andreia. Eines Tages sagte der Vater zu ihnen: «Da ich spüre, dass ich zu alt und zu schwach bin, um wie zuvor unsere Güter und das Geschäft zu verwalten, möchte ich das euch übergeben. Aber um Zank und Streit zu vermeiden, was euch leider unmöglich ist, will ich euch einige Aufgaben stellen. Wer am tüchtigsten und fähigsten ist, der soll das Geschäft übernehmen. Hier habt ihr also Geld; damit geht ihr in die Stadt, wo dieser Tage ein grosser Markt stattfindet, und jeder kauft dort Stoff für ein Kleid. Jener aber, der mir den feinsten und schönsten Stoff bringt, wird den andern vorgezogen.» Die drei Burschen nahmen das Geld und ihre Bündel und brachen von zuhause auf, Gian und Giachem jedoch nicht, ohne über Andreia, den Jüngsten, gespottet zu haben. Denn der galt bei beiden als Trottel. Andreia wartete, bis die Brüder ausser Sicht waren, dann ging er traurig alleine Richtung Stadt. Er kam in einen dichten Wald, und um einen Augenblick auszuruhen, setzte er sich auf einen Stein. Plötzlich sah er ein Glaskügelchen vor seine Füsse rollen. Da er meinte, irgendein Kind hätte es vielleicht verloren, hob er es auf und schaute es von allen Seiten an. Auf einmal fiel es ihm aus der Hand und rollte bis zu einer bestimmten Stelle, wo es plötzlich stehen blieb. Andreia ging bis dorthin und sah jetzt ein schönes rotes Seidenbändchen aus dem Rasen herausschauen. Neugierig bückte er sich und zog eine kleine Falltür herauf, die den Blick auf eine breite Treppe aus vergoldetem weissem Marmor freigab. Er fasste Mut und stieg hinunter. Zuerst gelangte er in einen schönen Gang mit teilweise vergoldeten schwarzen Marmorsäulen. Der Fussboden war mit einem prächtigen Mosaik aus farbigen Steinen bedeckt. Je weiter er voranging, umso mehr freuten ihn die schönen Dinge, die er sah. Aber in all diesen prächtigen Zimmern begegnete er keiner Seele. So ging er immer weiter, bis er vor eine Tür am Ende eines langen Ganges kam. Auf den Ruf, den er auf sein Klopfen hörte, trat er ein und schauderte im ersten Augenblick, als er ein grosses und langes Tier mit zwei Armen, aber ohne Beine am Boden liegen sah. Aber er beruhigte sich recht bald, als er sah, dass es den Kopf hob und ihn freundlich begrüsste: «Guten Tag, schöner Bursche, was führt dich zu mir da unten?» Nun begann Andreia dem Tier zu erzählen, was uns bekannt ist. Da sagte das Tier: «Wenn es weiter nichts ist, so kann ich dir wohl helfen. Schau dort diesen kleinen Schrank an der Wand - geh hinüber und nimm dort das Paket heraus, doch sei nicht neugierig und öffne es erst, wenn du zuhause bist, sonst geht es dir schlecht.» Andreia war jetzt sehr froh und verabschiedete sich mit herzlichem Dank. Als er heimkam, warteten dort schon seine Brüder, die hatten gar keine schönen Stoffe mitgebracht. Als Andreia sein Paket öffnete, waren alle vier verblüfft, denn sein Stoff war der feinste und schönste, den man sich nur denken kann. Jetzt sagte der Vater zu Gian und Giachem: «Da schaut, ihr habt Andreia immer für den Dümmsten gehalten - diesmal war er der Gescheiteste und hat meine Aufgabe am besten gelöst.» Gian und Giachem wurden ganz gelb vor Neid und plagten von nun an den armen Andreia noch viel ärger. So vergingen Tage und Monate, und man sprach nicht mehr so viel von dieser Sache. Da wurde verkündet, dass in einigen Tagen in der Stadt ein Markt mit edlen Hunden stattfinden werde. Nun rief unser Alter seine Söhne zusammen, gab ihnen erneut Geld und sagte: «Hier habt ihr Geld, geht auf den Markt, und jeder soll mir einen Hund bringen, und jener, dessen Hund mir am besten gefällt, wird vorgezogen.» Die drei Burschen machten sich recht bald auf den Weg. Auch dieses Mal hatte der arme Andreia viel unter der Schlechtigkeit und Bosheit seiner Brüder zu leiden, und wiederum ging er traurig alleine weg. Wie vor Monaten gelangte er in jenen dichten Wald, wo er das erste Mal gewesen war. Als er auf einem Stein sass, fand er wieder das Glaskügelchen, das führte ihn wie schon einmal zum verzauberten Tier. Es begrüsste ihn freundlich, und nachdem das Tier seine Klagen gehört hatte, sagte es ihm, er werde den gewünschten Hund in dem und dem Zimmer finden. Andreia ging dorthin, und wirklich, in diesem Zimmer sass ein prachtvoller, schön gemusterter Hund mit langem Haar; der sprang ihm freudig bellend und mit dem Schwanze wedelnd entgegen. Andreia ging jetzt zum Tier zurück, dankte ihm von ganzem Herzen und machte sich mit seinem Hund auf den Weg. Zuhause fand er wieder seine Brüder, die vom Markt alles andere als schöne Tiere mitgebracht hatten. Als Andreia mit seinem schönen und klugen Hund in die Stube kam, waren im ersten Augenblick sowohl der Vater wie die Brüder stumm vor Erstaunen. Gian und Giachem warfen wütende und neidische Blicke auf Andreia, der sich freute, ihnen seinen Hund zu zeigen. Der Vater, der seinerseits von diesem Tierchen ganz entzückt war, stand ganz auf Andreias Seite und achtete nicht gross auf die beiden andern. So verging die Zeit, und unterdessen wurde bekannt, dass in der Umgebung ein grosser Mädchenmarkt stattfand, das heisst: Die Burschen von nah und fern konnten für Geld und gute Worte eines der Mädchen zur Frau nehmen. Der Vater sagte jetzt zu seinen Buben: «Heute will ich euch zum letzten Mal auf die Probe stellen. Haus und Hof werden jenem gehören, der die schönste Braut vom Markt bringt.» Die drei Burschen brachen so schnell als möglich auf. Andreia ging auch dieses Mal in den Wald und fand schon bald den Palast des Tieres, das ihm bis jetzt so gut geholfen hatte. Diesmal sagte es zu ihm: «Du musst wissen, dass ich eine verzauberte Prinzessin bin. Alles, was du hier siehst, ist ebenfalls verzaubert. Ich selbst muss auf jenen warten, der mich erlösen kann. Mein Herz sagt mir, dass du derjenige bist. Pass nun gut auf und achte auf das, was ich dir sage. Also - wenn du im Stande bist, mich in meiner vollen Länge sieben Mal treppauf, treppab durchs Haus zu schleppen, ohne auch nur einen Augenblick auszuruhen - so bin ich erlöst, und du kannst mich heiraten. Dann wird es dir gut gehen, denn du wirst Besitzer all der schönen Dinge sein, die du hier siehst. Andreia dachte einen Augenblick gut nach, denn es war nicht gerade eine Kleinigkeit, jenes Riesentier sieben Mal durchs Haus zu schleppen, ohne auszuruhen. Kurz und gut - er machte sich dahinter, und es dauerte mehrere Stunden, bis er fertig war. Aber während er sich den Schweiss abwischte, gab es plötzlich einen fürchterlichen Knall, als ob das Haus zusammenfiele. Im selben Augenblick zeigte sich vor Andreia ein wunderschönes Mädchen mit einer goldenen Krone im langen blonden Haar und dankte ihm mit einem liebevollen Lächeln für ihre Erlösung. Nachdem sie nochmals durch das ganze Haus gegangen waren, machten sie sich auf den Weg. Gian und Giachem waren unterdessen nach Hause gekommen. Sie hatten zwei grundhässliche, unförmige Lombardinnen mit roten Strümpfen mitgebracht. Der Vater las ihnen eben die Leviten, dass sie solche Schwiegertöchter mitgebracht hatten, da erschien plötzlich eine prächtige Kutsche mit vier Schimmeln in silbernem Geschirr vor dem Haus. Alle Leute des Dorfes strömten zusammen, um dieses Wunder zu sehen. Doch noch grösser war die Überraschung, als Andreia wie ein grosser Herr aus der Kutsche sprang, den Vater umarmte und ihn der Prinzessin vorstellte. Der war natürlich sehr zufrieden mit ihm und übergab ihm vor den Brüdern Haus und Hof. Aber Andreia, der ein reicher Mann geworden war, schenkte alles Gian und Giachem. Bald darauf kehrte er mit Braut, Vater und Brüdern in den schönen Palast zurück; hier feierten sie eine wunderschöne Hochzeit, und sie sind noch dort, und - das Märchen ist zu Ende. (Oberengadin)   Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Viehhüter auf dem Olden

Source: Die Viehhüter auf dem Olden

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Die Grenzscheide zwischen den Kantonen Bern, Waadt und Wallis bildet das Oldenhorn. Nordöstlich senkt sich talähnlich der Olden, der jeden Sommer drei Wochen lang beweidet wird. Auf ihm entspringt der Oldenbach, der sich dann mit der Saane vereinigt. Das kleinere Horn, der Oldenberg, soll ehedem von wilden Bergleuten bewohnt worden sein. Diese haben den Hirten das Vieh gehütet und zwar an den gefährlichsten Stellen. Zum Lohne hat man ihnen den Nidel mit geronnener Milch oder mit Ziger in Gefässen auf die Dächer gestellt, was sie dann, wenn niemand in der Nähe war, geholt und verzehrt haben. So sind diese Wilden lange des Viehes gute Hüter gewesen und niemals ist ein Tier beschädigt. Einmal aber haben mutwillige Leute den Wilden in ihre Gefässe oder in eines derselben Kot geworfen, und von dieser Zeit an haben die Bergleute das Vieh nicht mehr gehütet, sich auch selten oder gar nicht mehr sehen lassen und nun ist den Leuten bald hier, bald dort Vieh verunglückt. Auch ist eine eigentliche Störung im Hirtenwesen eingetreten: das Vieh kam des Abends nicht mehr in guter Ordnung, oft blieben einige Stücke aus, und einmal wurden alle ihre Kühe in einem Zuge den westlichen Abhang im Oldentale hinunter gezogen, bis ausser den Olden in die steilen Abhänge des Homades, die in schwindelnder Höhe über dem sogenannten Bödemli und dem Bett des Oldenbaches sich befinden. Dort haben sie sich bis zum dritten Tage aufgehalten: zuweilen hat man sie gesehen, aber meist an solchen Stellen, dass kaum jemand zu ihnen hätte kommen können. Nach drei Tagen endlich sind sie wieder gekommen, matt und erschrecklich mager, beinahe ergustet (milchlos), und zwischen ihren Zehen haben sie Grangel (schlechtes Fleisch) gehabt. Das Vieh soll wiederholt einen solchen Zug gemacht haben. Dies verursachte den Leuten Kummer und machte sie mutlos, und sie wünschten sehr, dass sie dieses Ungeschickes, das sie über den Verlust ihrer Hüter jetzt getroffen, doch los werden möchten. Sie wussten lange keinen Rat, zuletzt aber gingen sie zu Kapuzinern, sich Rats zu erholen und die empfahlen ihnen drei Stücke. Eines davon weiss ich nicht mehr genau; ich glaube, sie sollten den Kühen die Füsse waschen und dabei beten; dann sollten sie für jeden Sommer einen Sonntag bestimmen, an dem sie den Armen vom Nutzen ihrer Kühe Gutes erwiesen, und nie sollten sie an einem Bergfest-Sonntag spielen und tanzen lassen. Endlich sollten sie auch einen schwarzen Hahn auf dem Berge haben. Diese Vorschriften haben sie denn befolgt, und damit hat auch die Unordnung unter ihrem Vieh aufgehört. Seit jener Zeit ist es Sitte, dass man am Bergfeste (dem so genannten Saufsonntage) den Armen Nidel gibt. Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.    


by Die Viehseuche

Source: Die Viehseuche

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Die schönsten Weiden im Gantrischgebiet gehören seit Ende des XIII. Jahrhunderts dem Bürgerspital von Freiburg; daher der Name Spital- oder Spittelgantrisch. Bis 1917 hatte die Viehzuchtgenossensehaft von Treffeis diese Berge gepachtet. Im Frühjahr zogen die Herden zuerst nach dem Spitalvorsatz hinter St. Silvester. Wenn hier das Gras abgeweidet war, dann wanderten sie nach den Gantrischbergen, um im Spätsommer wieder in den Vorsatz zurückzukehren. Sowohl der Alpaufzug wie die Talfahrt der „Spittler“ gehörten zu den reizendsten Anlässen des Oberlandes. Von fern her hörte man sie kommen. Wie dumpfes Donnerrollen klang es. Der Ruf: „Die Spittler kommen“, wirkte wie ein Alarm im Dorf. Alles eilte an die Strasse. Und jetzt kamen sie, die 120-150 prächtigen Schwarzscheckkühe. Jede trug am breiten, gestickten Bande irgendein Geläut, eine Treichel, eine Schalle, ein Glunggi oder ein Glöcklein. Das war ein Brausen und Rollen, ein Bimmeln und Bammeln, ein Läuten und Klingen, ein Fluten und Wogen von Tönen, vom tiefen, dunklen Brummen der Treicheln bis hinauf zum hellsten silbernen Klingen der Glöcklein. Die Hirten gingen in welscher Kühertracht, mit Mirtel und Stock, neben der Herde. Bei der Alpfahrt trug jeder am Hute oder an der Brust einen Rosmarinzweig, bei der Talfahrt einen Strauss der schönsten Alpenblumen. Den Schluss des Zuges bildete der „Zügel“ mit dem mächtigen Käskessi und dem Sennereigerät. Und wenn die stolze Herde endlich dem Blickfeld der Augen entschwunden war, blieb man immer noch stehen und horchte noch lange dem wundersamen Läuten in der Ferne. Ein feines Klingen blieb einem den ganzen Tag im Ohr und manchem auch im Herzen. Wie uns die Überlieferung meldet, stand die Alpwirtschaft im Gantrischgebiet schon im 17. Jahrhundert in hoher Blüte. Die schönsten Viehherden des ganzen Alpenlandes habe man hier sehen können. Die Eigentümer waren reich, aber auch stolz auf ihre prächtigen Tiere und all ihr Sinnen und Sorgen und Schaffen galt nur diesen. Doch Reichtum und Stolz verhärten oft die Herzen und ersticken jedes Mitleid für die Leiden und Nöte der Mitmenschen. Da brach eines Sommers auf dem Spitalvorsatz eine furchtbare Viehseuche aus. Eine Art Lungenpest soll es gewesen sein. Die schönsten Tiere gingen zugrunde. Jeder Tag forderte neue Opfer. Kein Kräutlein und kein Tränklein wollten helfen. Da verliessen Hirten und Herden fluchtartig den Vorsatz und zogen nach dem Gantrisch. Doch die Seuche folgte ihnen auf den Fersen. Aus den Ställen tönte bald wieder das furchbare Stöhnen und Ächzen der Tiere und erfüllte die Herzen mit Schmerz und Hilflosigkeit. Jeden Morgen lagen einige Stücke hingestreckt, und andere wieder zeigten die Anzeichen der beginnenden Krankheit. Immer waren es die grössten und kräftigsten Tiere. Es war, als ob die Würgerin Pest mit Kennerblick sich ihre Opfer aussuchte. Tiefe Trauer herrschte im Alpenland. Kein Lied und kein Juchzer tönte mehr durch die Berge. Stumm verrichteten die Hirten ihre Arbeit. In der Nähe der untern Gantrischhütte hoben sie einen breiten, tiefen Graben aus. Darin versenkten sie die toten Tiere. Die Glocken und Treicheln liess man ihnen am Halse. Die schönen, wohlgenährten Kühe, die einst ihr Stolz und Reichtum gewesen, und an denen ihr Herz so sehr gehangen, sie wurden hoch mit Erde zugedeckt. 0, welch ein Jammer, welch ein Schaden. Mit jedem Tage wurde die Herde kleiner, das Geläute schwächer und der Graben länger. Da lösten sich die Herzen der schwergeprüften Menschen von den vergänglichen Geschöpfen los; sie hoben sich höher und höher empor bis hinauf zum Schöpfer, der über den Sternen thront, und den wir Vater nennen dürfen. Sie klagten ihm ihr Leid und baten ihn kindlich um Hilfe. Auch machten sie dieses Gelübde: „Gott, wenn du diese Plage von uns nehmen willst, dann stiften wir im Bergkirchlein zu St. Silvester für ewige Zeiten ein Lobamt. Dieses soll am hl. Silvestertage zur frühen Morgenstunde dir dargebracht werden, und als Opfergabe werden wir einen Bergkäse und einen Schinken auf den Altar legen.“ Der gütige Vater im Himmel hatte Erbarmen mit seinen Kindern. Er nahm die Seuche weg und schenkte den Herden Wachstum und Gedeihen wie zuvor. Jetzt schwand die Trauer, und die Freude zog wieder ins Bergtal. Auf dem Schindanger aber errichteten die Hirten ein schlichtes Kreuz. Es sollte sie ständig daran erinnern, dass der erste Platz in unserem Herzen dem ewigen Schöpfer gebührt und nicht dem vergänglichen Geschöpf. Das Kreuz steht heute noch. Etwa 50 Jahre später übernahmen andere Leute den Spitalgantrisch zur Bewirtschaftung. Sie glaubten, das Gelübde ihrer Vorgänger habe für sie keine Verpflichtung und unterliessen das Opfer. Da brach im folgenden Sommer neuerdings die verheerende Seuche aus. Von da an ist die Opfergabe nie mehr ausgeblieben. Noch heute wird jedes Jahr am Silvestertage in der Morgenfrühe im Kirchlein zu St. Silvester ein Lobamt gehalten. Die Hirten vom Spitalvorsatz legen einen Käse und die vom Spitalgantrisch einen Schinken auf den Altar. Von nah und fern strömt das Volk herbei und opfert hölzerne Figuren: Mannli, Fraueli, Kühe, Ziegen, Schafe - jeder was ihm am Herzen liegt oder, was ihm Sorge macht.    Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch  


by Die Viehverderberin

Source: Die Viehverderberin

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Von einer andern Hexe, der Margreth Eisener von Menzingen, raunte man sich unheimliche Dinge im Zugerland. Auf dem Zugerberg war ein einfacher Bauersmann, namens Heinrich Uhr. Er arbeitete auf seinem Heimwesen und war glücklich und zufrieden. Eines Tages kam die Zuger Hexe zu ihm und trat freundlich in den dunklen Stall. Als sie den grossen Stier, den grössten Stolz des Bauern, sah, streichelte sie ihn mit ihren Händen. Das Tier wurde sofort unruhig, der Leib schwoll an und am andern Tage verendete das Tier. Die Hexe hatte ihn mit ihren Händen verdorben. Man scheute die Hexe, denn sie konnte nicht nur dem Vieh, sondern auch den Menschen Schaden zufügen. Die junge Tochter eines gewissen Ruedi Acklin ging einst bei der Hexe vorbei, diese griff dem ahnungslosen Mädchen mit ihren verderbenbringenden Händen in die schönen Haare und daraufhin gingen dem Zugermädchen restlos alle Haare aus. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 109 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die vier gespenstischen Sennen und der Gemsjäger

Source: Die vier gespenstischen Sennen und der Gemsjäger

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Ein Jäger, einst auf der Gemsjagd auf dem Moléson von der Nacht überrascht, suchte, da es zu spät zur Heimkehr war, eine auf der Seite des Berges liegende Sennhütte auf. Da es schon Ende Herbst war und sämtliche Sennen mit ihren Herden längst zu Tal gezogen, war er nicht wenig überrascht, als er, jener Hütte sich nähernd, Stimmen und das Geläute von Kuhglocken vernahm. Neugierig trat er in die Hütte ein, wie aber war er erstaunt, als er vier Sennen in derselben antraf, welche er noch niemals in seinem Leben gesehen und von denen einer einäugig und einer lahm, der dritte aber auf Rücken und Brust einen Höcker hatte, während der vierte den Aussatz zu haben schien; alle vier aber waren gelb von Gesicht und runzlicht wie altes Pergament, dabei fehlte jedem der zweite und dritte Finger an der rechten Hand. Ihre Sprache, dem Jäger gänzlich unverständlich, glich dem Gekrächze der Raben zur Winterszeit. Nachdem sie den neuen Ankömmling einige Zeit von der Seite betrachtet hatten, luden sie ihn ein, auf einem dicken Holzblock in der Nähe des Feuers Platz zu nehmen. Dieser, obschon es ihm etwas unheimlich ums Herz war, folgte der Einladung, behielt aber zur Sicherheit die Büchse zwischen den Beinen. Dies schien die Sennen wenig zu kümmern, ungestört fuhren sie in ihrer Arbeit fort. Erst machte man Käse, dann Zieger, von welchem sich schon ein Vorrat auf einem Balken der Hütte aufgerichtet vorfand. Als die Arbeit beendet, bot der Bucklige dem Jäger Brod und ein Stück Kuhfleisch an. Dieser, da er sehr hungrig, nahm das Angebotene, zog sein Messer aus der Tasche und schnitt sich von dem Fleisch einen Bissen ab, der Bissen war nicht größer als eine Fingerspitze; da jedoch sein Geschmack sehr fade war, murmelte der Jäger, wie man das häufig zu tun pflegt, wenn einem die Mahlzeit nicht mundet, still vor sich hin: „Das Salz fehlt.“ Kaum waren aber diese Worte über seine Lippen, so fingen die vier Sennen an auf schreckliche Art mit ihren Zähnen zu fletschen und den Jäger mit Blicken zu betrachten. als ob sie ihn verschlingen wollten. Da kam diesem die Idee, dass er nicht mit Christen sei, sich allen Heiligen empfehlend, machte er schnell das Zeichen des Kreuzes und plötzlich war Alles verschwunden, Sennen und Kühe, der Jäger war allein in der stockfinstern Hütte. Als er sich von dem gehabten Schrecken etwas erholt, warf er sich auf einen Haufen Heu, den er umhertappend in einer der Ecken der Hütte vorfand. Schlaf aber kam nicht in seine Augen. Am Morgen erst sah er, dass was er für Heu gehalten, ein Haufen Asche war und an der Stelle der Käse und der Zieger auf dem Balken der Hütte, die er am Abend vorher bemerkt, trockener Mörtel und faules Holz. Eiligst verließ er die Hütte und wendete seine Schritte dem Heimweg zu. Auf halbem Wege kam ihm einer seiner Knaben mit dem Rufe entgegen: „Vater, denk' was diese Nacht mit Meriau (Miroir, der Spiegel, hier Name einer Kuh) vorgegangen, an dem linken Schenkel fehlt ihr ein Stück Fleisch, groß wie eine Fingerspitze!“ Da wusste der Jäger woran er war, ohne Zweifel war dies das Stück Fleisch, was er am vergangenen Abend in der Hütte auf dem Moléson gegessen, die Gespenster aber, so erzählte ihm später ein alter Mann aus seinem Orte, waren die Geister eines Kühers, der durch ein falsches Testament die Alp, auf der jene Hütte stand, sich anzueignen gewusst, und die seiner drei Zeugen, welche, durch Geld bestochen, wie er fälschlich geschworen, das Testament sei wahr, daher den vier Meineidigen auch die Schwurfinger gefehlt hätten. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die vier lustigen Gesellen

Source: Die vier lustigen Gesellen

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Wendelin war ein Jüngling, der alle Kameraden an Grösse, Kraft und Stattlichkeit ins Hintertreffen stellte. Im Ringen, Steinstossen und Hosenlupf wollte sich keiner mehr mit ihm messen, und wenn sonntags auf dem Spielplatz Streit ausbrach und die Mannschaft raufte, ein Wort Wendelins, und wer seinem Rufe nicht gehorchte, den zwirbelte er wie einen Kreisel, ja einmal warf er die Händelsüchtigen mitsamt dem Kegelspiel über den Haufen. Am Montag sandte ihn die Mutter ins Holz. Statt Reisig zu sammeln, entwurzelte er abgestorbene Bäume, und im Begriff, ein halbes Dutzend zu bündeln, strackte er sich und sah einen stelzfüssigen Burschen vor sich, der ihm lächelnd zuschaute. Woher der Mann so plötzlich gekommen, konnte er sich nicht erklären. Er war einfach da und sagte: «Mit dir ist nicht gut Kirschen essen, du bist ja stark wie eine Fluh. Willst du in diesem Krachen verbauern und versauern? Komm mit in die grosse schöne Welt, wir reisen zusammen!» «Einverstanden, sobald ich den Arm voll Holz unter Dach habe». Wie Rebstickel fasste er die gefällten Tannen in den Ellbogen und schritt, von dem Stelzfuss begleitet, heimwärts. Nach einem tüchtigen Imbiss nahm er Abschied von der Mutter, und sie walzten zusammen, und er hatte Mühe, dem Kameraden zu folgen, der fast immer um eine Strecke voraus war. «He, Stelzfuss, so wart ein bisschen», sagte Wendelin, «ich habe Hunger, aber kein Geld im Sack!» «Wozu Geld bei dem Reichtum an Wild?» «Keiner von uns hat den Sauspeer mitgenommen.» «Speer hin, Speer her, dem nächsten Hasen breche ich das Genick. Ich habe den Unterschenkel aufgebunden, damit ich nicht ins Rasen komme. Mit dem Hinkebein fange ich das Kleinwild, ohne die Stelze das Hochwild. Hopla, da hüpft ja grad Meister Lampe vorbei. Dir will ich!» Nach einigen Sätzen hatte er den Flüchtling eingeholt, an den Läufen gepackt und getötet. Wendelin schichtete dürre Grotzen, legte Feuer an und briet den Hasen am hölzernen Spiess. Nach der Mahlzeit schnitten sie Wanderstecken aus der Hecke und setzten den Marsch fort. Die Sonne brannte, die weisse Strasse schmerzte die Augen, die Beine schlenkerten, und sie warfen sich faul und mürbe ins Gras. Beide Hände in den Hosentaschen, stiefelte singend und johlend ein Mann daher. Sogar den Rock hatte er bis an den Hals zugeknöpft, als ob ihn fröre, und den Hut auf dem linken Ohr. Und was für ein Hut! Gleich hoch und breit, ohne Krempe, wie ein Gugelhupf. Und er schimmerte kupferbraun, wie Tannengrün, nein, gelb wie Wachs und jetzt wie Lila, Purpur, in allen Farben des Regenbogens. «Steht auf, ihr faulen Lapse und Tagediebe, den Prügel in die Faust und zu dreien, hopsassa, auf die Wanderschaft! Fort aus den Bergen, wo die Hühner Steigeisen tragen, die Gipfel noch im August sich in die Wintermützen mummeln und Gotthardgranit statt Brot, Gletschermilch statt Wein und Bier die bittere Kost! Ich weiss ein Land, wo Milch und Honig fliessen und die Dukaten wie Mücken in der Luft schwirren.» Das liessen die beiden sich nicht zweimal sagen. Es war auf einmal kühl geworden, und doch schwebte die Sonne im Zenit. «Jetzt sag mir», verlangte Wendelin, «warum so stolz und den Hut schief auf dem Ohr?» «Ich bin weder stolz noch hochmütig. Ich habe den Filz ein wenig auf die Seite geruckt, um euch Kühlung zu verschaffen. Trug ich ihn auf dem Scheitel wie ihr und die andern Tölpel, müsste die Sonne am Hutgiebel abprallen und dann prr» - er schüttelte sich - «würden die Fluren zu Schnee und Eis, wir drei zu Eskimo. Prosit, schenk ein, noch eine Bulle Lebertran, liebwerte Eskimomaid!» Das war ein spassiger Kerl, dieser Sonnenhütler, und unterhaltsam bis in die Fingerspitzen. Sie vergassen im Marschieren Zeit und Stunde und achteten es nicht gross, als sie aus der erhabenen und so wundersam gegipfelten Alpenwelt in tellerflache Gründe kamen, wo Seen glänzten, sanfte Anhöhen den Horizont beschlossen. Der Stelzer pirschte das Wild, Wendelin bereitete das Essen, und der Gugelhut sorgte für Wärme und Schatten, ganz nach Belieben. Eines Tages stiegen sie auf ein Hügelchen. Der Stelzfuss trug einen Rehbock über die Schultern, Wendelin eine hohle Eiche im Arm, und da kein Lüftchen blies und die Sonne stach, schob der Gugelhut die Kupfe ein bisschen höher. Wo sie den Platz zum Rasten wählten, lag einer faul auf dem Rücken, das eine Loch seiner Kartoffelnase mit einem Grasbüschel verstopft. In der Ebene drehten drei Windmühlen ihre Flügel. «Was fehlt dir, guter Freund?» sagte Wendelin sanft, «hast du Nasenbluten?» «Nein, ich treibe die Windmühlen und verdiene mir ein knappes Essen damit. Den Büschel weg, ein Schnauf durch die Nase, und die Mühlen samt Haus und Scheune flattern in der Luft wie Birkenlaub und Schindelholz, und ihr fliegt mit!» «Bravo! So einer fehlt in unserer Gesellschaft. Wir speisen zusammen, und dann hoppla, rühr dich, und zieh mit ins Land, wo die Dukaten wie Mückenschwärme auf und ab geigenl» «Wenn ihr mir ein Liebchen verschafft, von Herzen gern. Von den hiesigen Mädchen will mich keine zum Mann, weil ich so hässlich bin.» «Nichts leichter als das! Gold und Silber in der Tasche, und sie hangen dir an den Rockschössen!» «Das lässt sich hören! Spiesst alle drei den Daumen in die Höhe und sagt, Gockel beiss ab, dann glaub ich's.» Sie hoben den Daumen und riefen im Chor: «Gockel beiss ab!» und da nirgends ein Hahn krähte, hopste der Mann auf die Füsse, gelobte treue Kameradschaft, und den vier Gesellen entschwebten die Tage im Schwalbenflug. Glockengeläute verkündete die Nähe der Stadt. Singend marschierten sie ein und mischten sich unter das Volk, das tausendköpfig den Platz versperrte und einem Menschen lauschte, der gestikulierend seine Worte wie Brocken unter die Menge streute, die gierig aufgeschnappt wurden. Wendelin kniff seinen Nachbar in den Arm. «Was will dieser Gaukler? Erklär mir das Schauspiel!» «Gaukler - Schauspiel - hüte deinen Mund, Grobian, es ist der Herold des Kaisers! Und du, was bist du für einer?» «Wir kommen alle vier aus den Schweizerbergen.» «Ich verstehe, Hirten und Kuhmelker. Es riecht höllisch nach Schweizerkäse. Was schafft ihr denn im Winter, ihr einfältigen Batzenklemmer und Stallfeger!» «Wir jagen das Wild», entgegnete der Stelzfuss. «Seht diese Leute, sie kommen aus den Schweizerbergen und jagen das Wild! Was treibt ihr sonst noch?» «Nichts treiben wir», gab der Bläser zur Antwort, «es läuft alles von selbst.» «Und wenn wir schönes Wetter wünschen», ergänzte der Sonnenhütler, «so neige ich den Filz aufs linke Ohr, soll es regnen, so schieb ich ihn hoch.» «Urwaldmenschen - die letzten aus der Arche Noahs», scholl es vorn und hinten, und die vier Gesellen flüchteten vor den Gaffern in eine Wirtschaft, wo die Becher klirrten und aus dem Gemurmel der erhitzten Gäste das Wort des Heroldes sich entwirrte: Wer die Wüste in fruchtbares Land umwandelt, dem gelobt der Kaiser seine Tochter zur Frau. «Das ist etwas für dich, Mühlentreiber!» sagten die Gefährten. «Die Prinzessin zum Weib, was kannst du dir Besseres wünschen?» «Ihr Narren, Windmühlen blasen und Sandwüsten, ist zweierlei. Immerhin, ich kann' s ja versuchen.» Alle vier klommen sie zum Schloss hinauf, liessen sich in den Prunksaal führen und dem Kaiser melden, der Bläser sei bereit und imstande, die Wüste in eine Oase zu wandeln. Während die vier Gesellen Fisch und Braten verspeisten, wurde der Hofwagen vorgeführt. Sie stiegen ein, der Kutscher schnalzte und berührte mit dem Geisselzwick die Kruppe der prächtigen Goldfüchse. Derweil die drei Kameraden am Rande der Wüste der Ruhe pflegten, fuhr die Kartoffelnase weiter. Unterwegs stopfte er beide Nasenflügel, wartete, bis der Wagen in Sicherheit war, sog die Lungen voll, entfernte die Stöpsel und blies. Hu, wie das stürmte und pfiff, Sandhosen in die Lüfte spindelten, finstere Schwaden über den Himmel jagten und die Sonne verdunkelten! In der Stadt zündeten sie überall die Lichter an und glaubten, das Ende der Welt sei da. Als der Himmel von neuem wie blaue Seide glänzte, war die Wüste gesäubert. Aus den Erdspalten rauschten Brunnen, die Rinde grünte und blühte, Bäume wuchsen zusehends zu Stamm und Frucht, und am Sonntag redete man nur noch von der paradiesischen Pracht, kein Mensch mehr von der Wüste. Im kleinen erlauchten Kreise tafelten die vier Kameraden mit dem Kaiser und seiner Tochter, die nicht bei guter Laune war und keinen Bissen zum Munde führte. Als der Wein die Zungen löste, erhob sich der Bläser und hielt in aller Demut um die Hand der Prinzessin an. Majestät wiegte das Haupt hin und her, die Prinzess rümpfte das Näschen und lispelte ihrem Vater etwas ins Ohr. «Verdient hast du meinen kaiserlichen Dank», sagte der Erlauchte, «das ist wahr. Du bist wohl ein Nasenkönig, gefällst aber meiner Tochter nicht. Ich biete dir Geld, so viel ein Mann auf seinem Buckel zu tragen vermag, und dess sei zufrieden!» Der Bläser bog sich in den Hüften, stammelte schimpfliche Worte, und es brauchte die Kunst und Überredung seiner Freunde, ihn zu bewegen, auf die Prinzessin Verzicht zu leisten. Eine Manneslast klares Gold sei all weg eine gute Sache. Der Schatzmeister liess den grössten der Strohsäcke im Hof ausspreiten und mit Dukaten füllen. «Genügt nicht», entschied Wendelin, und hob den Ballen mit dem kleinen Finger in die Höhe. «Das ist keine Manneslast. Mehr Geld, noch siebenmal soviel.» Es verging eine Woche, bis das Geld zur Stelle war. Und als sieben Säcke bis obenhinaus sich blähten, wurden sie von dem Sattler zusammengeheftet, Wendelin bebürdete die Achseln und trampelte mit den Kameraden von dannen. Kaum waren sie abgereist, so reute den Kaiser der grossmächtige Schatz. Er befahl dem Reitergeneral, den Gesellen mit seiner Kavallerie nachzujagen und ihre Köpfe am Eingang der Hofburg aufzupflanzen. Währenddem waren die Kameraden schon weit vorgerückt. Bei der ersten Rast gewahrten sie das Reiterheer, das auf flinken Rossen heransprengte. «Sie säbeln uns tot», jammerte der Stelzfuss, «wer hilft, wer hilft?» «Nur ruhig Blut!» beschwichtigte die Kartoffelnase, raufte zwei Büschel Gras, verklebte die Nüstern und lief der Schwadron entgegen. Auf zehn Schritt von der Spitze entfernte er die Pfropfen, zog tief den Atem und blies. Die Pferde bäumten sich, fuhren in die Luft, und Ross und Reiter flogen, zu einem Klumpen geballt, der Stadt zu und sackten aufs Pflaster des Paradeplatzes nieder, dass die Steine spritzten und die Fenster in tausend Scherben splitterten. Trostlos über den schlimmen Verlauf, beschied der Kaiser die Minister zur Sitzung. Keiner wusste einen Ausweg. «Weiberrat und Weiberlist über hundert Füchslein ist», sagte der Hofnarr und liess seine Frau rufen. Von so viel Ehr und Zutrauen geschmeichelt, erschien sie und sagte, die Sache sei doch höchst einfach. Man sende Freundschaftsboten zu den dummen Schweizern und melde, seine kaiserliche Hoheit sei bereit, der Kartoffelnase seine Tochter zur Frau zu geben. Für den Rest sorge ihr Mann. Einstimmig wurde dem Vorschlag beigepflichtet, und als die Eilboten die vier Gesellen einholten und die falsche Kunde überbrachten, machten dieselben leichtgläubig kehrt und zogen wieder vor das Schloss. Unterdessen hatte der Hofnarr den Löwenzwinger bereitstellen lassen. Kaum hatte Wendelin sich der sieben Geldsäcke entbürdet, fiel ein Harst von Landsknechten über sie her und drängelte sie in den Käfig. Stroh und Reisig schichtete man um die Zwinger und warf die brennende Fackel hinein. Die Flammen waberten um die Eisenstäbe, Doch je höher die Lohe stieg, um so toller lärmten die vier Gesellen, nicht in Schmerz und Wut, bewahre, sondern in ausgelassener Fröhlichkeit. Sie schrien, pfiffen und strampelten vor Vergnügen; denn der Gugelhut schob den Filz immer höher, bis er steilrecht auf dem Wirbel sass. Die Flammen sanken zur Asche nieder, die Zuschauer hauchten in die roten Hände, Rauhreif übersilberte den Käfig, dem Kaiser und seinen Ministern wuchsen Eiszapfen an der Nase. Der Herrscher sah ein, dass die Schweizer nicht so dumm waren, wie sie aussahen. Er liess den Käfig öffnen und sagte mit einem schweren Tropfen Enttäuschung auf der Zunge: «Ich bin überzeugt, ihr könnt mehr leisten als meine Minister und Beamten zusammen. Von Wendelin, dem Nasenkönig und dem Sonnenhütler weiss ich es gewiss. Allein da ist noch ein Stelzfuss, und bevor ich euch die Reichsgeschäfte überbinde, will ich wissen, wozu der taugt. Lahme und Schneckengänger habe ich genug in meinem Ministerium. Warum bist du stelzfüssig?» «Der Jagd wegen, Herr Kaiser. In der Ebene muss ich das Bein aufbinden, damit ich dem Kleinwild nicht den Rang ablaufe. Ohne die Stelze gehe ich auf Hochjagd und hasche Rehe, Gemsen, Steinböcke und dergleichen mit den Händen.» «Kannst du eine Probe ablegen?» «Bemüht Euch auf den Balkon, Herr Kaiser! Einen Augenblick Geduld, und vor Euren Augen fange ich Hasen, Füchse, Fasanen, soviel unser Wendelin zu schleppen vermag. Das ist für den Küchenmeister. Im Hochwald fange ich Hirsche und Rehe, das ist für den Wildpark.» Wohl oder übel musste die Prinzessin sich mit der Kartoffelnase trauen lassen. Die neuen Minister traten ihre Hofämter an, und man erzählt, noch nie sei ein Volk trefflicher regiert worden als von den vier lustigen Gesellen aus dem Schweizerland.   Quelle: Johannes Jegerlehner: Walliser Sagen, Hans Feuz Verlag Bern, 1959 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die vier lustigen Gesellen

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Eine Witwe hatte einen halbwüchsigen Sohn, der von außerordentlicher Stärke war. Eines Tages sandte sie ihn in den Wald, um Holz zu holen. Er drehte grad eine Tanne samt der Wurzel aus, als ein Geselle des Weges kam, stehen blieb und sagte: »Oh, du bist ein starker Bursche, willst du mit mir kommen?“ - „Es ist mir gleich“, sagte der Bub, „nur muß ich der Mutter zuerst den Arm voll Holz bringen, damit sie feuern kann!“ Er nahm die gefällten Tannen unter den Arm, und der Fremde begleitete ihn. »So, Mutter, da habt Ihr Holz, ich will eine Reise machen und die Welt ansehen!“ Da jammerte die Mutter: „Wer sorgt denn für mich?“ - "Laßt mich nur gehen, ich will dann schon für euch sorgen!“- „So geh in Gottes Namen, aber sieh, daß dir kein Unglück zustößt!“ Der Mann, den der Bub begleitete, war ein Stelzfuß. Er hatte den Unterschenkel nach oben gebunden, humpelte aber gleichwohl so schnell davon, daß der Bub kaum folgen konnte. Als sie eine Strecke weit gereist waren, spürten beide großen Hunger. Der Bub sagte: »Wir wollen jetzt um Essen ausschauen, aber ich habe kein Geld!“ Da sagte der Stelzfuß: »Ich habe auch keines, aber das macht nichts, weiter drin im Wald gibt es Wild!“ „Aber wir haben ja kein Gewehr“. „Das Wild fange ich mit der Hand! Sieh, ich habe das eine Bein aufgebunden, damit ich nicht zu schnell laufe. Mit dem einen Bein jage ich das Kleinwild und mit beiden fange ich das Hochwild ein!“ Sie wanderten ein Stück weit in den Wald hinein und erblickten einen Hasen. Der Stelzfuß sprang ihm nach und erwischte ihn nach wenigen Sprüngen. Sie töteten ihn und brieten ihn am Feuer. Dann zogen sie weiter. Da begegnete ihnen ein Geselle, der den Hut ganz hinten am Kopfe trug. Sie fragten ihn, ob er mit ihnen ziehen wolle. Er sagte, ja gerne. Da fragte ihn der Stelzfuß: „Warum bist du so stolz und trägst den Hut ganz auf einer Seite des Kopfes?“ – „Ich bin gar nicht stolz", sagte der andere, »ich trage den Hut nur so, damit die Sonne neben dem Hut durch auf die Erde scheinen kann; wenn ich den Hut mitten auf dem Kopf trüge wie ihr, würde es viel zu kalt!“ Da waren sie voller Freude über den neuen Gefährten und sagten: "Das ist bequem, wenn es zu heiß wird, so brauchst du den Hut nur höher zu rücken, dann sind wir am Schatten!“ Die drei wanderten nun zusammen und stiegen auf einen Hügel. Da lag einer auf dem Bauch, der sein Nasenloch verstopft hatte. Nicht weit davon standen drei Mühlen, deren Räder sich lustig drehten, obschon es ganz windstill war. Sie fragten den Burschen, was er da mache und warum er das eine Nasenloch verstopft habe. "Ei, das seht ihr wohl, ich treibe die drei Windmühlen. Hätte ich das eine Nasenloch nicht zugestopft, so würden die Mühlen samt allem in die Luft fliegen!“ Der Bursche gefiel den drei Gesellen, und sie fragten ihn, ob er mit ihnen ziehen wolle. Er war einverstanden, und so reisten sie alle vier zusammen. Geld hatte keiner von ihnen bei sich. Da kamen sie in eine Stadt und vernahmen, daß ein Bote des Königs ausrief: „Wem es gelingt, die große Sandwüste jenseits des Waldes in guten Boden zu verwandeln, der erhält die Tochter des Königs zur Frau!“ Die Gefährten schauten auf den Mann mit den Windmühlen-Nasenflügeln und sagten: »Du bläsest den Sand weg, du kannst es schon machen!« Sie beschlossen, in die Hofburg hinaufzusteigen. Dort angekommen, ließen sie sich vor den König führen, und der Bläser sagte, er wolle das Kunststück probieren. Der König ließ ihm ein gutes Essen auftragen, und nun wurde der Bläser in die Wüste geführt. Unterwegs stopfte er beide Nasenlöcher zu. Als er die unendliche Wüste sah, sagte er, das sei wohl zu schwer für ihn, aber er wolle es immerhin probieren. Als seine Begleiter fort waren, nahm er die Stöpsel aus der Nase und blies. Nun wurde es stockfinstere Nacht um ihn; der Sand flog in großen Staubwolken weit durch die Lüfte, man wußte nicht wohin, und der Boden war in kurzer Zeit rein gefegt. Er bestand aus schwarzer Erde, war sehr ertragreich und fing von selbst an zu grünen. Nach wenigen Tagen war die ehemalige Wüste ein schönes grünes Land geworden. Da der Bläser sehr häßlich war im Gesicht, wollte ihm der König die Tochter nicht zur Frau geben. Er ließ ihm Geld vorzählen, aber der Bläser sagte, er habe die Arbeit nicht um Geld besorgt, er verlange die Tochter zur Frau, wie es öffentlich ausgerufen worden sei. Wenn sie so herumreisten, sei das Geld bald alles aufgebraucht. Der König ließ nun alles Geld im Lande zusammentragen und füllte eine ganze Reihe von Säcken damit. Als sieben Strohsäcke voll dastanden, sagten die andern drei Gefährten, es sei genug, und der Bläser gab sich zufrieden. Aber sie sahen sich an und fragten sich, wer jetzt das Geld tragen solle. Da trat der Bub hervor und sagte: „Das nehme ich wohl noch!“ Als die Säcke zugenäht waren, warf er sie auf die Schultern, und sie zogen damit fort. Der König aber gereute das viele Geld, und er sagte: „Hätte ich doch nur noch die Wüste und dafür das Geld!“ Er befahl einem General, mit seiner Armee den vier Gesellen nachzujagen und sie zusammenzuhauen. Als die vier Gesellen zurückschauten, gewahrten sie das Heer, das ihnen auf flinken Pferden nachjagte, und der Bub warf die Säcke auf den Boden und fing mit den andern an zu jammern: „Jetzt schlagen sie uns tot, und wir haben nichts von dem vielen Geld!“ Der starke Bläser aber verstopfte die Nasenflügel, lief dem Heer entgegen, und als die Spitze ganz nahe war, nahm er die Stöpsel heraus und blies. Da flog die ganze Armee in die Luft. Der König war trostlos bei der Nachricht und fragte sich, was er wohl machen müsse, um wieder zu dem Gelde zu gelangen. Er gedachte die Gesellen mit List zu fangen. Er sandte Freundschaftsboten zu ihnen mit der Meldung, er sei bereit, dem Bläser die Tochter zur Frau zu geben, nur müßten sie ihm dafür das Geld zurückerstatten. Die vier Gesellen waren damit einverstanden, und der Bub trug die Säcke wieder in den Hof zurück. Der König hatte den eisernen Käfig aufstellen lassen, den er für die wilden Tiere gebrauchte, und alle vier wurden nun in den Käfig gesperrt. Dann wurden mächtige Stöße dürren Holzes ringsum aufgeschichtet und mit Stroh in Brand gesteckt. Aber je mehr sie draußen feuerten, desto lustiger wurden die Gesellen im Käfig, denn der mit dem Hut auf der Seite des Kopfes schob ihn immer höher und höher hinauf, je mehr die Flammen prasselten, und zuletzt froren die draußen bei dem Feuer, daß ihnen elend wurde. Die Burschen wurden unversehrt aus dem Käfig gelassen, und der König ergab sich in sein Schicksal. Er gab dem Bläser die Tochter zur Frau, und die andern sollten im Reich Anstellung finden. Den Stelzfuß fragte er, wozu er tauglich sei und warum er das linke Bein aufgebunden habe. Dieser sagte: „Der Jagd wegen; in der Tiefe muß ich das Bein aufbinden, denn sonst springe ich über das Kleinwild hinaus und erhasche nichts. Mit beiden Beinen gehe ich auf die Hochjagd und fange die Gämsen und Rehe mit den Händen!" Da lachte der König und hieß ihn ein Probestücklein ablegen. In dem Walde waren Füchse und Hasen. Der Stelzfuß fing mit einem Beine so viele, als er tragen konnte und brachte sie lebend dem König. In einem andern Wald, wo er beide Beine gebrauchte, fing er Hirsche und Rehe. Der König war nun zufrieden, denn den kleinen Burschen mit der Riesenkraft konnte er ebenfalls gut gebrauchen. So wurden nun alle vier des Reiches Diener. Quelle: J. Jegerlehner, Sagen und Märchen aus dem Oberwallis Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die vier Musikanten

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Einmal gingen bei der Nacht vier Musikanten in fröhlicher Stimmung bei den roten Buchen vorbei *. Dort wurden sie einig dem verstorbenen Grafen zu Ehren ein Stück zu spielen. Während des Spieles erschien der Graf in weissem Gewande, verabreichte jedem ein Blatt und verschwand sogleich wieder. Drei Musikanten warfen ihre Blätter wieder weg; einer behielt das seinige, und als er am Morgen nachschaute, war es blinkendes Gold. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 162, S. 77 * siehe Sage mit dem Titel "Der Brudermord" auch bei Jakob Kuoni Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die vier Wildsäue

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Wenn wir Buben allzu eifrig dem Spiel »Sywli trybä« oblagen, hat uns allemal der Vater folgende Geschichte erzählt: Einst schwänzten vier Meier-Buben den Sonntagsgottesdienst, gingen in ein Berggut hinauf, ich meine, in den Geren, und fingen an »Sywli trybä«. Während die Leute in der Kirche waren, hörten sie auf einmal etwas um die Kirche herum so knurren. Sie fürchteten sich, und der Sigrist stieg in den Kirchturm hinauf, um von hier aus Umschau zu halten. Und da erspähte er die vier Buben droben im Berg beim Spiel und vier gewaltige Wildsäue, die in einiger Entfernung von ihnen bereit standen, sich auf die Buben zu stürzen. Hoch und mächtig sträubten sich die Borsten auf ihren Rücken. Die Buben aber waren so in ihr Spiel vertieft, dass sie die Gefahr, in der sie schwebten, nicht merkten. Sofort pfiff und rief ihnen der Sigrist. Die Buben schauten auf. Sich umschauen und davon rennen, der Kirche zu, war das Werk eines Augenblicks. Das war ihre Rettung. Seitdem sei dieses Spiel in Meien lange Zeit ausser Brauch gekommen. K. Dubacher, 35 Jahre alt, aus Meien Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die vier Winde

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Einst erzählte ein Mann im schwarzen Stübchen in Kühmatt den Hirten die Geschichte von den vier Winden. Die vier Winde in Lötschen seien «Dr Hohblattnär, dr alt Letscher oder dr Hertu oder Furggunzug, dr Fehn und dr Lochär!» In diesem Augenblick habe ein Zwerglein die Türe aufgetan und in die Stube geschrien: «As we alli Wätter scheeni, wenn numman dr Wind nit cheemi!» Von da an windete es in Lötschen drei Monate ohne Unterlass. Seither habe deshalb niemand mehr die Geschichte von den vier Winden erzählt. LÖTSCHEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die vier Zwingskreuze

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In Buttisholz stehen nach vier Seiten vom Dorfe aus auf dem Felde vier Kreuze, die sogenannten Zwingskreuze.  Nach einer alten Urkunde im Urkundenprotokoll der Korporationsgemeinde Buttisholz wurden diese erstellt als Schutz gegen die Hagelwetter, welche zwei in Sursee wohnende Hexen über Buttisholz schickten. So weit die Kraft dieser Kreuze reicht, hatten die Hexen keine Gewalt mehr. - Noch jetzt halten die Buttisholzer abwechselnd in der Bittwoche ihre Kreuzgänge dahin.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Die Violas in Val Faller

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Vor vielen hundert Jahren trieben hinten in der Val Faller die Violas ihr Unwesen. Das waren eine Art Waldmuttern, die weder Gott kannten noch Menschenrecht achteten. Sie wohnten mitten im Forst in Höhlen und Gruben, die sie mit Steinen, Astwerk, Rinde und Rasenstücken ausbauten. Sie lebten hauptsächlich von Wild, hatten es aber auch auf Kinder abgesehen, die sie sich fingen und mit Wildbret mästeten, um sie dann zu verzehren. Einst hätte wenig gefehlt, daß ihnen ein Hirtenbüblein aus Mühlen zum Opfer gefallen wäre. Schon in alten Zeiten nämlich hatten die Bauern dieses Dorfes das Recht, ihre Ziegen in Val Faller weiden zu lassen. Ohne an eine Viola zu denken, trieb der Geißbub seine Herde in den Wald gegen Val Bercla. Wie sie den Klang der Glöckchen hörten, stürzten die grimmigen Waldfrauen herzu, packten das arme Hirtlein, schleppten es in ihre Höhle und sperrten es in ein dunkles Gelaß. Am Abend vermißte man den Geißbuben, aber alles Suchen nach ihm war vergeblich. Er war in den Händen der Violas. Eine Alte mußte ihn bewachen, während die andern auf Kinderraub ausgingen. Sie hatte den Auftrag, ihn gut zu mästen. Denn er sollte erst auf den Tisch kommen, wenn er schön fett wäre. Der Alten half ein Mädchen, das einst auch gestohlen, aber für Zeiten der Not aufgespart und geschont worden war. Dieses warnte den Hirten im geheimen und erzählte ihm, welches Schicksal seiner warte. Der Junge war aber nicht auf den Kopf gefallen. In seiner Tasche hatte er unter vielen andern Dingen, wie Knaden sie mit sich führen, einen Rechenzahn. Den steckte er allemal durch das Loch in der Tür, wenn ihm die Alte befahl, den Finger zu zeigen, damit sie fühlen konnte, ob er fetter geworden sei. Zum Glück für den Knaben war sie halbblind und merkte nicht, wie sie stets betrogen wurde. Sie verzweifelte fast, daß er trotz der guten Speisen nicht zunehmen wollte. Die andern Violas warteten und warteten auf den saftigen Braten, wurden endlich ungeduldig, und als sie eines Morgens wieder zur Menschenjagd losziehen wollten, befahlen sie der Alten, den Gefangenen zuzubereiten, ob fett oder nicht. Gegen Mittag öffnete sich die Türe des Stalles. Das Weib stand davor, das Beil in der Hand, um den Buben sofort zu töten, wenn er herauskam. Der merkte aber die böse Absicht, entriß ihr rasch die Axt und schlug sie mit einem einzigen Hieb tot. Dann warf er sie in den großen Kessel, der für ihn bereitstand und unter dem schon das Feuer prasselte.Jetzt flüchtete er gegen Mühlen zu. Als er oberhalb des Dorfes ins Haupttal kam, traf er einen Mann, der eben großmächtige Heuschochen gemacht hatte. Diesem erzählte er mit fliegendem Atem, was geschehen war. Die Violas seien ihm sicher auf den Fersen, er solle ihn verbergen. Der Geißbub hatte recht geraten. Die Waldfrauen waren zu ihrer Höhle zurückgekehrt, hatten erraten, was geschehen war und sich sogleich auf die Verfolgung des Ausreißers gemacht. Der Mann steckte den Hirten schnell unter einen Heuhaufen, und kaum hatte er diesen wieder glattgestrichen, so kamen auch schon die Violas daher. „Habt Ihr nicht einen Buben vor beispringen sehen?" fragten sie den Bauern. Dieser wollte von nichts wissen. „Ihr müßt ihn gesehen haben, denn bis hierher führt die Spur," beharrten sie. „Er ist gewiß unter dem Heu versteckt. Erlaubt uns, darunter zu suchen!" „Macht, daß ihr fortkommt!" ereiferte sich der Mann. „Meint ihr, ich habe die Schochen (Haufen) gemacht, daß ihr sie mir auseinander reißt?" Doch sie ließen ihm keine Ruhe, bis er schließlich einwilligte: „Meinetwegen, so sucht! Aber diesen Haufen hier laß ich mir nicht anrühren, da hab ich mein Z'vieri drin." Die Waldmuttern durchstöberten das Heu vergebens, den Hirten fanden sie nicht. Denn den Haufen, unter dem er steckte, den hütete der Mann mit entschlossenem Eifer. So mußten also die Violas unverrichteter Dinge abziehen. Der Knabe war gerettet. Jetzt aber wußten die Leute im Tale, wo die verschwundenen Kinder alle hinkamen. Sie rückten in die Val Faller hinein und nahmen das unheimliche Nest der Menschenfresserinnen aus.   Aus: A. Büchli, Sagen aus Graubünden, 1.Teil, Aarau 1935,  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Visper Glocke im Genfersee

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Die Visper erzählen noch heute, ihnen sei einmal eine Glocke in den Genfersee gefallen. Sie war im Welschland gegossen worden und sollte auf einem Schiff über den Genfersee ins Wallis kommen. Als nun die neue Visper Glocke auf dem Genfersee fuhr, erhob sich ein mächtiger Sturm in den Bergen, schlug auf den See und brachte das Schiff zum Sinken. So liegt die Glocke heute im See begraben. Die Schiffsleute auf dem Genfersee sollen noch immer am Vorabend von Sankt Martini klagende Glockentöne aus der Tiefe hören. VISP Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Vorladung ins Tal Josaphat

Source: Die Vorladung ins Tal Josaphat

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Ein Mann ging bei einem Galgen vorbei, an dem ein Verbrecher hing. Er rief hinauf: "Hättest du besser gelebt, so wärest du jetzt nicht da droben." Drauf fing der Angesprochene zu reden an: "Du wirst mir über diese Worte innert drei Tagen von heute an im Tale Josaphat Rechenschaft geben." Den Mann überlief es eiskalt vor Furcht und Angst, und er ging gleich des andern Tages zum Herrn Pfarrer, um ihn in dieser Angelegenheit um Rat und Trost zu bitten. Dieser sprach: "Da ist schwer zu helfen; hast du aber ein verstorbenes Göttikind, dem du seiner Zeit etwa ein Geschenk gegeben, so gehe auf dessen Grab, rufe es dreimal mit seinem Namen und stelle die inständige Bitte an dasselbe, es soll für dich ins Tal Josaphat gehen und da dein Fürsprecher sein." Der Mann hatte wirklich ein solches Göttikind, dem er einmal ein Paar Schuhe geschenkt. Er ging daher auf dessen Grab und tat, wie ihm geraten worden. Das Göttikind gab aus dem Grabe Antwort und versprach, der Bitte nachzukommen, bemerkte aber dazu, dass es damit das Göttigeschenk teuer bezahlen müsse. I. Natsch Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 269, S. 145 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Vorladung vor Gettesgericht

Source: Die Vorladung vor Gettesgericht

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Es Ligs derna, als mu du Mirder Peschol und schini Lumpobandi luit Verdienu uifg'heicht g'habet het, hei d'jungu Lüt, das lustig Gibroizol, im Fanoischi e verborgni Lumpeta angereisot und sich kiechjot. Duo chome eimu va de Luschtigste z'Si, wels dum Peschol am Galgu derfe ga es Chiechji bringu? Giträgetschot heisch alli, grad so schnitzig's si keis g'si, wil und dä, dass ne fascht alle g'schahet. Aber eimal Eine hei d's Herz z'beede Hennu g'noh und verspräche z'ga, wesch mu es Liecht, e Chatzu, e Hund und a Hano bringe mit ihm z'näh. — Säget doch oich, was ne der Spicher nid all's z'Si leit! weli Goosse sch'nid für z'neh heind! — Nu! dische mit dem Allu z'weg und unner dun Galgu «Peschol! he! seg, wilt es Chiechji?» S'ist doch e g'herzi Sifut g'si! — Aber wol, Peschol hei gangsch B'scheid gigäh — und ergreinendo g'seit: «Hettischt hina nid es Bissunds, Chrawunds, Chräjunds und der Muoter Tschegg mit dir, so wellti dich erflohju, dass't vert hi wisstischt woran't weiist — dass't aber nid vergessest, dass mu die Totu und di wa ihro Straf uisg'haltu, selle mit Ruowu la, so sollt na dri Tagu ins Taljosufat dich cho ga verantwortu.» — Duo z'malu si das scharpf in der Hab g'si, en andri ver z'Gott'sgericht z'ladu, und de hei's g'heissu erschinu. D'Luschtigi und d'Frechi si dum Chiechjiträger vergangu und es hei mu e so ang'fangu angste, dass er nienne hei g'wissu wa uis und an. Er tuo en Gang zum Pfarrherr. Der hei nu angehndsch übil gitröstot; doch fräg er nu, ob er Göttiltini heigi? — Ja — aber nummu eis und das si g'storbu. «Hest mu oi es wenn es was erliebt old gigäh?» — «Nix als bim Bigrabu hani e Chritzer g'opfro't.» — «Ist nid vil — aber nu, gang jetzu heim und de wurd diz Göttolti cho und dir denu Chritzer zer Tür in der d'Stuba muif trölu; — tröl nu zerrug und säg: denu Chritzer scheich ich der. So wurd's drimal tuo; mach's oich allimal glich.» Richtig si's so gangu. Z'drittmal säge d's Göttilti: «Jetzt hani dri Nächt fast Bluot g'schwitzt fer dich — endli bin i mu's sus g'si, dass d'nid bruichost z'erschinu, aber vert hi la de di Totu mit Ruowu, sust chaist de selber ga B'scheid und Antwort gä» — Merk, wie mu oich gegund d'Schelma soll Wort haltu — di Totu soll mit Ruowu la — und den Göttelinu soll guotherzig's si. (Unterbächner-, Birchner-, Eischler-Dialekt)   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die vornehme Mailänderin

Source: Die vornehme Mailänderin

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Auf den Alpen und Bergen des Walliser Landes soll gar oft das Totenvolk umgehen, und dabei höre man deutlich die Totentrommel bald näher, bald ferner. Am unheimlichsten aber soll's um den gewaltigen Aletschgletscher sein, denn in jenem Gletscher habe einmal ein frommer Pater so viele Köpfe armer Seelen aus allen Gletscherspalten hervorschauen sehen, daß kein Span hätte dazwischenfallen können. Einst kam einem einsamen Hirten auf der Törbjeralp, wo sich bei der Grimsel die Schneeberge des Wallis und des Kantons Bern scheiden, ein gutfärbiges Rind abhanden. Er suchte es lange vergeblich. Nach und nach geriet er in eine wilde Gegend, in der die zerrissenen Felsenkarren und zerklüfteten Gletscher ihm das Suchen sehr erschwerten. Dazu hing ein trüber Regenhimmel tief in die Berge herunter. Auf einmal ward es ihm sonderbar. Er erblickte eine vornehme Frau, die langsam und mit edlem Anstande dem Gletscher zu wandelte. Sogleich eilte er vorwärts, der Dame seine Dienste anzubieten. Sie hatte sich ja wohl bei dem trüben Wetter von ihrer Reisegesellschaft verirrt. Wie er ganz nahe bei ihr war, sah er, daß die still Dahinwandelnde eine ganz junge und schöne Frau war, wie er noch nie eine gesehen hatte. Dabei sah er mit Staunen, daß sie barhäuptig und barfuß dem Eismeer zu lief. Ihre Haare, die vom Regen troffen, waren so schwarz, daß sie einen blauen Schimmer gaben. Ihren Hals zierte eine reich mit Edelsteinen verzierte Goldkette, und um ihren feinen Leib ging ein kostbarer Gürtel. An den Armen glänzten goldene Armbänder, und ihre kleine Hand leuchtete bei jeder Bewegung auf von lauter Diamanten. Mit einer Hand hielt sie sorglich die seidene Schürze, um besser gehen zu können, in der andern Hand hielt sie einen langen Reisestock. Der Rinderhirte sah wohl, wie sorgsam sie jeden spitzen Stein vermied, um ihre zarten kleinen Füße nicht daran zu verletzen. Das Gesicht war bleich und verweint, und schwere Seufzer kamen aus ihrem roten Munde. Sprachlos vor Verwunderung schritt ihr der Älpler nach. Endlich fragte er sie, von Mitleid bewegt: "Um Gottes willen, meine schöne, gute Frau, was wollt Ihr denn bei so harter Witterung in dieser wilden Gegend? Ihr habt Euch wohl verirrt? Daß Gott erbarm! Wo sind Eure Bedienten? Habt Ihr keine Führer mitgenommen? Ihr seid doch nicht zu Fuß hierhergekommen? Ihr seid wohl nicht weit von hier vom Pferde gestiegen und habt Euch allein zu weit von der Begleitung entfernt und verirrt?" "Nein, mein guter Junge", antwortete jetzt die Frau mit lieblicher Stimme, "ich habe mich nicht verirrt. Ich komme wirklich ohne Begleitung, ohne Diener und Pferde, ohne Hut und Schuhe hierher. Soeben komme ich aus einer großen Stadt und aus einem prächtigen Palaste. Mein Leib liegt zu Mailand noch warm auf dem Totenbette, an dem meine lieben Eltern, deren einzige Tochter ich bin, bitterlich weinen. Gott hat mich verurteilt, daß ich in diesem Gletscher abbüßen muß. Ich bin bei Lebzeiten ein gar verzärtelt Kind gewesen. Fast nie trat ich auf die bloße Erde, immer fuhr ich in der Kutsche. Nie kam ein Tropfen Regen auf mein Haupt, nie ein kaltes Lüftlein an meine Wange, nie ging ich ohne große Begleitschaft aus. Ich versagte mir keine Freude und fürchtete mich vor jeder Anstrengung. Deshalb muß ich jetzt in dieser Wildnis barfuß in Regen und Kälte wandeln und in diesem Gletscher meine Verzärtelung abbüßen." Jetzt fuhr ein schwarzer, dichter Nebel daher, in dem die anmutige Gestalt unterging. Als ein paar Augenblicke danach der Nebel sich wieder verzog, war von der schönen Frau keine Spur mehr zu erblicken. Da fiel es ihm ein, Gott habe ihm gewiß die schöne Frau erscheinen lassen, damit er sie erlösen helfe, denn nicht umsonst sei sie so schön gewesen. Hätte er ihr doch seine Hilfe angeboten, statt bloß zu fragen! Und nun rief er, so laut er vermochte: "Schöne Frau, sagt mir doch, womit ich Euch erlösen kann!" Aber nur ein schwaches Echo kam zurück. Schwermütig rauschte der Bach, und der Gletscher donnerte und krachte, bleiche Nebelgestalten stiegen in den Gletscherspalten auf und nieder, aber von der schönen Mailänderin sah er nichts mehr. Tieftraurig kehrte er heim. Noch oft danach stieg er in die wilde Gletschereinöde hinauf, und allemal rief er laut: "Schöne Frau, kann ich noch etwas tun, um Euch zu erlösen?" Doch immer kam nur seine Frage von den Felsenwänden zurück. Oft hasteten mit einem Male schwarze Nebel an ihm vorüber wie damals, als er die verwunschene Frau gesehen, und wild krachte und donnerte der Gletscher, und seltsame, unheimliche Nebelgebilde stiegen aus den Gletscherspalten herauf, aber die anmutige Frau sah er zu seinem Herzeleid niemals wieder. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die vornehme Pariserin

Source: Die vornehme Pariserin

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Bei furchtbar wüstem Sturm- und Regenwetter wanderte ein Student den Rynächt hinauf. Da kam ihm ein feingekleidetes Wybervölchli entgegen, und er redete es an und fragte, wie es denn bei so schytzlichem Wetter sich auf die Strasse wage. Das Wybervölchli bekannte, es komme aus Paris, wo es soeben gestorben und seine Leiche noch nicht erkaltet sei, und müsse nun wandlen. Theresia Gisler, 73 Jahre alt, Spiringen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Wachletä-Jumpfere bei Magden

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In jenen langen Hungerjahren des Schwedenkrieges litt das aargauische Rheingelände unsäglich; die Stadt Rheinfelden war dreimal erstürmt, das Clarissenstift Olsberg im Frickthal zum drittenmal zerstört. Da sass ein Köhler verzweifelnd im Walde vor seinem Meiler und hielt Rath, wohin er entlaufen solle. Das Dörflein Magden drunten ist schon verbrannt, wozu da noch Kohlen brennen! sagte er; so wenig der Steinhügel da zu Gold wird, so wenig wird mich meine saure Arbeit vor dem Verhungern retten. Bei diesem Worte kamen auf einmal gerade aus der Tiefe des Hügels, an dem er sass, sonderbare Töne herauf, und noch hatte er sich nicht recht besonnen, als drei schneeweisse Jungfrauen vor ihm standen, oder eigentlich um den Kohlenhaufen herumschwebten, ohne dass ein schwarzes Stäubchen an ihren prächtigen Mänteln hängen blieb. Sie hatten Blumen in den Haaren und goldne Stäbchen in der Hand. Die eine deutete damit auf die Spitze des Kalkfelsens, und sogleich öffnete sich dieser sanft zu einem grossen Gange. Da hinab führten sie den Kohlenbrenner in einen weiten Saal mit goldner Wand und boten ihm den Schlüssel an, mit dem er die Schatztruhen öffnen sollte, die ringsum dastanden. Der arme Mann wusste nicht, wie ihm geschah; halb aus herzlicher Verwunderung, halb aus christlicher Seelenangst fieng er an zu schreien, Alle guten Geister . . .! und in einem Hui fühlte er sich nach oben gewirbelt und in die Sonne hinausgeschmissen unter die alten Eichen des Hügels, während ein bitteres Jammern und Wehklagen aus dem Boden scholl. Diese Waldgegend heisst heute noch der Jungferngraben und noch will man dorten singende Mädchen, aber auch Hundegebell und Pferdegewieher vernommen haben. Andere Erzähler versetzen jedoch den Schauplatz dieser Begebenheit unter etwas veränderten Umständen in diejenige Gegend des Dorfes Magden, welche man Wachletä heißt. Auf der Hochebene, gegenüber dem Steinbruche des Dorfes, welche sich bis zur Ortschaft Augst hinunter erstreckt, zieht sich ein paar tausend Fuss weit eine muldenförmige Vertiefung fort, wo zwischen Saarweiden zahlreiche Wachteln anzutreffen sind; hier sollen denn auch die singenden Wachletä-Jumpfern gelebt und auf dieser Höhe soll unser Kohlenbrenner gewohnt haben. Er lag einst noch schlaflos auf seinem Laubsacke, als es auf dem Magdener-Kirchthurme schon Eins geschlagen. Da fieng es draussen vor seiner Hütte zu niessen an. Helf dir Gott, sprach er, helf dir Gott! und so sagte er es wohl dreissigmal, ohne dass das Niessen draussen aufhörte. Hilft dir Gott nicht, sagte er zuletzt, so soll's der Teufel. Da hörte es auf, aber nun erfüllte Donnern und Krachen den Wald bis zum Morgen. Als sich nun der Mann in der Frühe vors Haus machte, sah er seinen ganzen Meiler bis auf einen Korb Kohlen versunken, an der Stelle aber quoll reichliches Wasser empor. Wäre er kein Narr gewesen, so hätte er den Korb Kohlen hübsch in's Haus herein getragen; so aber warf er ihn erzürnt ins Wasser. Dies fliesst heute noch, es trinkt aber kein Mensch davon, denn sonst setzt es Kröpfe ab. Aber diese Kohlen waren von den Jungfrauen, und mit ihnen ist auch ihr Esel verschwunden, der nichts frass und doch alle Morgen einen Korb voll Goldstücke legte. Später gieng einmal ein Jüngling Mitternachts durch diesen Strich, um in aller Eile für seinen schwer erkrankten Vater den Arzt in Rheinfelden zu holen. Am grossen Steinbruch wünschten ihm drei Mädchen gute Nacht, und als er trotz seiner Athemlosigkeit freundlich darauf dankte, schwebten sie wie Vögel über den Thalbach dem Waldberg zu. Der kranke Vater war bei des Sohnes Heimkehr schon genesen. Als nach diesem ein Bauer mit seinem vierjährigen Söhnlein hier in später Nacht vorüber gieng, kam ihm hier am Steinbruche plötzlich sein Kind aus dem Gesichte. Auf wiederholtes Rufen gab es ihm endlich weit drüben vom Bache her Antwort, und als er dorthin eilte, sah er, wie sein Büblein bereits Schuh und Strümpfe ausgezogen hatte, um durchs Wasser hinüber zu waten. Was machst du denn? wohin denn? rief der Vater. Ich kann nicht anders, sagte das Kind, die weisse Frau hat mir gewunken, dass ich ihr nach musste. Jetzt erst erinnerte sich der Bauer wieder der unheimlichen Dinge, die von diesem Orte gelten. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 283 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Walchwiler Zwerge beim Schweinefleisch

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In den Felsen und Klippen der Almende des Zugerdörfleins Walchwil haben ehemals die Bergmandli gewohnt, welche den Leuten bald Schutz- bald Plagegeister waren, je nachdem man sich ihr Wohlwollen oder ihren Hass zugezogen hatte. Sie waren zwar äusserst klein von Gestalt, aber von besonderer Körperstärke, erkletterten blitzgeschwind die Bäume, verschwanden pfeilschnell in den Abgründen, waren in verschiedenen Handwerkskünsten wohlerfahren, konnten das Feuer besprechen, Krankheiten heilen und besassen Gold, Geld und Edelsteine, ohne dass sie selber was davon brauchten. Die Männer waren von Farbe schwarzbraun, die Weiber aber um so schöner. In ihren Ehen lebten sie gar zärtlich. Als das Weibchen, das in dem Tobel der Kalten Hölle wohnte, einem Geklüfte auf der Almende, ins Kindbett kommen sollte, holte ihr Mann die Hebamme ans Walchwil herbei und füllte dieser dann dafür die ganze Schürze voll Kohlen. Die etlichen, die sie davon mit heimbrachte, hatten sich Tags darauf in Edelsteine verwandelt. Geizige Leute verfolgten sie aufs bitterste, so zum Beispiel jenen Bauern, der ihnen bei der Metzelsuppe nicht einmal genug Schweinefleisch vorsetzte. Sie hatten ihm einen Kunstgriff beim Schweinesengen gezeigt, aber schon beim nächsten Schweineschlachten zündete sich der Bauer damit sein eignes Haus an. Dem Freigebigen dagegen brachten sie den Segen Gottes in allen Dingen, und man hielt schon einen solchen Mann für glücklich, dem sie im Sommer heuen halfen. Sie verrichteten nämlich solcherlei nicht nur mit besonderem Geschick, sondern es kam damit Fülle und Gedeihen in Scheune und Stall. Aber die Leute wurden in solchem Glücke endlich zu übermütig und kränkten die Bergmännlein, und seitdem diese fortgegangen sind, ist auch die goldene Zeit aus dem Dorfe gewichen. Nun kommt es vielen zu ärgerlich vor, dass das Glück in der guten alten Zeit dagewesen sein soll und heute gar nicht wieder kommen will, wo man doch um so viel gescheiter ist. Sie leugnen darum die ganze Geschichte und behaupten: diese Bergmännchen seien nichts anderes gewesen als braune Zigeuner, die ehemals bandenweise beim Zuger Landvolke sich umhertrieben als Kessler, Hufschmiede und Kleinmetzger und durch ihre Verschmitztheiten in den Ruf von Zauberern kamen. Allein die Grosseltern jetzt lebender Greise erinnerten sich, die Erdmännchen selber gesehen und noch neben ihnen im Felde gearbeitet zu haben. Das Heilbad im Dorfe Walterswil mit seiner kalten und seiner warmen Quelle gehörte damals noch den Zwergen, und daher rühren auch die Benennungen dortiger Wege und Plätze: Heidengass, Heidenstube, Herdmandliloch.  Am Eingänge dieser letztgenannten Höhle findet sich rechter Hand sogar eine Art Felseninschrift; es sind vier Linien wunderlicher Charaktere, welche man teils für eine noch unerklärte Anschrift, teils für ein blosses Naturspiel hält. (Fidel Villiger von Cham, Kant. Zug.)  Das lebhafte Verlangen der Zwerge nach Schweinefleisch, besprochen in den Aargau. Sagen l, S. 337, deutet auf jene Periode der Urzeit zurück, da das Schwein vorzugsweise oder allein das Stalltier ausmachte und die Kuh noch nicht gehalten war. Die Ausgrabungen in den sogenannten Zwergenküchen ergeben eine grosse Menge Knochen wilder und zahmer Schweine, nie aber auch solche von Rindern. Es ist daher den Sagen geläufig, Zwerge auf Schweinen einher reiten zu lassen. Sage aus Walchwil Band 3.1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962, S. 120 - 121 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.    


by Die Waldenburger Schlossquelle

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In den Oberdörfer Waldmatten, am Fusse des Rehhags, fand sich bis vor fast zwei Jahrzehnten ein stimmungsvoller, lieblicher Ort, die Waldenburger Schlossquelle. Im Schatten mächtiger Buchen und Tannen sprudelte aus einem kunstvoll gefügten Tuffsteingewölbe ein kühler Quell, dessen gesundes Wasser bei den in der Nähe arbeitenden Landleuten in hohem Ansehen stand. Als die Gemeinde Lampenberg die Schlossquelle für ihre Wasserversorgung erworben hatte, wurde leider bei der Neufassung der Quelle die alte Anlage vollständig zerstört, sodass heute ausser einem nüchternen Zementtröglein mit einem dünnen Wasserfaden nur noch der Name übrig blieb. Von der alten Quellfassung aus führte, wahrscheinlich seit dem ausgehenden 17. Jahrhundert, eine Teuchelleitung (Flurname Dünkelweg) über den Riedberg, dessen Grat durchbrochen wurde, in etwa 1500 Meter langem Laufe zu den Ökonomiegebäuden des Schlosses Waldenburg. An diese Leitung knüpft sich eine alte Sage. Nachdem schon frühere Wasserleitungen und ein Sodbrunnen mangelhaft gewesen seien, habe sich ein Zimmermeister aus Bennwil anerboten, die Waldquelle zum Schlosse zu leiten. Nach Fertigstellung des grossen Werkes blieb aber das Wasser sehr lange aus und man liess den Handwerker in den Turm werfen. Am dritten Tage traf das Wasser endlich ein. Als man nun den Erbauer aus dem Gefängnis herausholen und ihm für die tüchtige Leistung danken wollte, fand man ihn erhängt vor. Aus Verzweiflung war er in den Tod gegangen. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Die Waldfenka von Churwalden

Source: Die Waldfenka von Churwalden

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Nie haben die Bergleutlein, weder Männlein noch Weiblein, irgend einmal jemand etwas zu leide getan, ausser wenn sie auf’s höchste und empfindlichste gereizt worden sind. Wenn man sie aber erzürnte, dann kannte ihre Wut oft keine Grenzen. So ereignete sich einmal folgendes Unglück. Eine Waldfenka (man nannte sie auch Waldmuttern) sah neugierig, wie das Völklein allgemein war, einem Manne zu, der in einem Walde im Tal Churwalden Latten spaltete. Sie sass an einen Baumstamm gelehnt und da rief ihr der Mann, sie solle ihm doch ein wenig helfen und die Latten auseinanderhalten. Sie kam ganz bereitwillig und half aus allen Kräften. Da stach den Mann die teuflische Bosheit, plötzlich die Axt herauszuziehen. Die Latten schnappten zusammen und klemmten der Waldfenka eine Hand ein. Der grosse Schmerz und die Wut über ihre so schlecht belohnte Hilfeleistung machten sie besinnungslos; sie riss die Hand heraus mit Zurücklassung von drei Fingern, ergriff die Axt, die der Mann im Schrecken über ihr entsetzliches Geschrei und ihre Gebärden hatte fallen lassen, und schlug ihn auf der Stelle tot. Dieser Mann war Vater von sechs Kindern und seit seinem Tode waren die Waldfenken in schlechterem Rufe als früher und man dichtete ihnen allerlei böses an, obgleich sie sehr dienstfertig und uneigennützig sind. Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Wallfahrtskapelle im Gstein

Source: Die Wallfahrtskapelle im Gstein

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Um die Mitte des neunzehnten Jahrhunderts wohnte im Weiler Wartfluh bei Mund eine arme, aber sehr fromme Jungfrau. Sie hiess Anna Maria Albrecht. Einst sammelte diese gottesfürchtige Person in der Nähe der heutigen Kapelle Holz. Als sie zufällig einmal aus ihrer gebückten Stellung sich erhob und aufsah, erblickte sie vor sich auf einem Felsblock, etwa einen Steinwurf entfernt, eine wunderschöne Frau, ganz von Strahlen umgeben. Zu ihren Füssen erblickte sie drei Nägel, wovon der mittlere senkrecht, die beiden andern schief dazu standen. Diese Nägel glänzten beinahe noch mehr als die strahlende Frau. Geblendet durch diese Erscheinung, wandte Anna Maria Albrecht den Blick eine Weile ab. Als sie wieder hinschaute, sah sie nichts mehr. Dieses Ereignis wurde in der Gegend bekannt: die einen glaubten an die Erscheinung, die andern spotteten und leugneten sie. Im folgenden Jahr errichtete aber ein Mann an dieser Stelle ein Bethäuschen und stellte ein Kreuz auf. Pilger aus allen Teilen des Oberwallis zogen zu diesem Muttergottesbild und berichteten von gnädiger Erhörung ihrer Anliegen. So wurde auch von einer Dienstmagd Maria Josepha Crettaz aus Brigerbad berichtet, sie sei von schweren Leiden befreit worden. Aus Dankbarkeit zur Mutter Gottes sammelte sie Geld und kaufte eine Muttergottesstatue, die ihren Platz in einem Bethäuschen fand. Aus Unvorsichtigkeit gerieten aber Statue und Bethäuschen später in Brand. Die Leute aus nah und fern kamen immer zahlreicher und drängten den Pfarrer, dort eine Wallfahrtskapelle zu bauen. Der Geistliche zögerte aber lange. Als er einmal jedoch in stockfinsterer Nacht von Lalden nach Mund stieg, hörte er unterhalb Gstein starke Hammerschläge, als wären Maurer am Werk und zerschlügen Steine. Er glaubte, es seien Diebe, die den Opferstock ausrauben wollten. Allein durfte er aber nicht hinein und wollte in Wartfluh Hilfe holen. Weil er aber mit seinen Helfern doch zu spät wieder im Gstein gewesen wäre besuchte er das Bethäuschen in der Felsenhöhle am folgenden Tage gemeinsam mit dem Opferstockverwalter. Wie waren sie erstaunt, alles in gewohnter Ordnung vorzufinden. Von den Hammerschlägen fanden sie keine Spur, und im Opferstock war eine ansehnliche Summe vorhanden. Von jetzt an setzte der Pfarrer dem Kapellenbau keinen Widerstand mehr entgegen und 1887 wurde die Wallfahrtskapelle eingeweiht. MUND Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Wallfahrtskapelle in Theel — bei Lenk

Source: Die Wallfahrtskapelle in Theel — bei Lenk

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Peter Wicki aus Luzern wurde durch kluge Sparsamkeit ein wohlhabender Mann und kaufte in der Wildnis "Theel" ein Gütlein, das er zu seinem Wohnorte einrichtete. In der Nacht schien es ihm oft, als hörte er eine Glocke läuten und viel laut betendes Volk heranziehen; er meinte, das deute auf einen Wallfahrtsort und dachte, man sollte ein Bethäuslein bauen. Eines Abends sass er in seinem Gute neben einer Dornstaude und wurde von einer bösen Gliederkrankheit angefallen, von der ihn weder ärztliche Mittel noch fromme Werke und Wallfahrten befreien wollten. Da machte er das Gelübde, ein Bethäuschen zu bauen zur Ehre der Hl. Familie, wenn er wieder gesund werde. Und er genas gleich, wollte sein Versprechen halten und neben seinem Hause 1773 das Bethaus erstellen. Doch alle Nächte wurden die Instrumente von unsichtbarer Hand zur Dornstaude hingetragen, wo er krank geworden war. Er merkte, dass er da bauen solle, fing darum an das Gesträuch zu verbrennen und zu graben. Da fand er eine Steinplatte und darunter ein Menschengerippe mit einem Schlüssel und einem Hirschhörnlein, auf dem das Bild, fast wie der Hl. Barbara gezeichnet war, Gegenstände, die noch aufbewahrt werden. Durch diese Entdeckung ermutigt, setzte Peter Wicki die Arbeit mit Eifer fort und bald war ein Bethaus erstellt, wo hinter einem Eisengitter die Hl. Familie verehrt wurde. Von allen Seiten strömten fromme Leute her und durch Opfer und grossmütige Gaben wurde die Wallfahrtskapelle eingerichtet, wie sie heute unseren Blicken begegnet.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Wallfahrtskirche

Source: Die Wallfahrtskirche

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Der Ursprung der Wallfahrtskirche Unserer Lieben Frau auf dem Glisacker verliert sich im Reich der Legende. Danach soll ein Bischof Leutmund einst bei seinem Fürsten in Ungnade gefallen sein. Voll Zorn schickte ihn dieser aus der Diözese. Auf der Flucht ins Oberwallis hielt Bischof Leutmund in Glis an und betete dort an einsamer Stelle Das wäre im Jahre 612 gewesen. Hier versprach er, eine Kapelle zu bauen, wenn er sein Bistum wiedergewänne. Seine Sehnsucht ging bald in Erfüllung und er durfte in sein Bistum zurückkehren. Der Bischof hielt sein Versprechen und stiftete dann in Glis eine Kapelle. Der Bau wurde dort begonnen, wo heute die Englisch-Gruss-Kapelle steht. In der Nacht sollen aber die Werkzeuge regelmässig verschwunden sein und lagen am Morgen immer wieder auf dem Platze, wo sich heute die Kirche erhebt. Das erblickten die Leute als göttliches Zeichen und errichteten hier die erste Kapelle, aus der später eine grössere Wallfahrtskapelle entstand und schliesslich die grosse Wallfahrtskirche. GLIS Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die wandelnden Verräter

Source: Die wandelnden Verräter

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Jene Anhöhe bei Deinikon, auf welcher der Landfriede anno 1531 geschlossen wurde, nennt man die "Bühne". Erschüttert durch den bitterbösen Ausgang des Krieges bei Kappel, so erzählt das Volk, gab Zürich seinen Gesandten die Weisung: Wenn es nicht anders sein könnte und die siegreichen Katholiken darauf beharrten, so wollten sie sich wieder zum alten Glauben bequemen. Sie müssten aber alles versuchen, besonders mit Geld sollten sie nicht knauserig umgehen, um ja zu erreichen, dass Zürich beim neuen Glauben bleiben dürfe. Und da liessen sich einige katholische Gesandte mit den Zürcherbatzen bestechen, und Zürich blieb reformiert. Dafür haben die Bestochenen ihre Seelenruhe eingebüsst für Zeit und Ewigkeit und offenbaren als wandelnde Verräter den Menschen Schuld und Strafe. Die Übeltäter müssen als wilde Reiter ihren Fehler in wilder Jagd abbüssen. Stets reiten sie einen genau bestimmten Weg und niemand darf ihn versperren. Einst sei zufällig ein Wäscheseil über den Geisterweg gespannt worden, allein in der darauffolgenden Nacht hätten die Nachbarn keine Ruhe gehabt, bis das Hindernis beseitigt wurde. Einst habe eine arme Bettelfrau bei der "Bühne" einen eilig wandernden Mann in altertümlicher Tracht "in Gottes Namen" um ein Almosen angebettelt und da sei der Mann vor ihren Augen in Luft zerflossen. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 51 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die wandelnden Verräter

Source: Die wandelnden Verräter

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Der Weiler Deinikon in der zugerischen Gemeinde Baar ist der Ort, wo 1531 zwischen den Reformierten und den fünf alten katholischen Kantonen der Landfriede abgeredet und beschlossen wurde. Noch heisst der Platz, wo das geschah, eine kleine Erhöhung, die Büni. Erschüttert durch den Ausgang der Schlacht zu Kappel, so erzählt das Volk, gab Zürich seinem Gesandten die Weisung: wenn 's nicht anders sein könnte und die siegreichen Katholischen darauf beharrten, so wollten sie sich wieder zum alten Glauben bequemen; er soll aber versuchen, ob mit Geld das Verbleiben bei der Neuerung erzielt werden könnte. Da liessen in Wahrheit katholische Gesandte sich bestechen und Zürich blieb reformiert. Dafür jedoch haben sie ihre Seelenruhe für alle Zeiten verwirkt und müssen als Gespenster noch den Leuten Schuld und Strafe offenbaren. An der Bühne steht ein Haus, dessen Bewohner oft Zeugen waren vom nächtlichen Spuk, den Geister zu Rosse als Schimmelreiter aufgeführt haben. Sie dulden es nicht, dass ihnen der gewohnte Weg ihres Umrittes versperrt sei und wenn zufällig das Waschseil darüber hin ausgespannt war, dann hatten die Leute im Haus des Nachts so lange keine Ruhe, bis sie gingen und das Seil wegnahmen. Auch zu Fuss wurde einmal ein Herr in altertümlicher Tracht von einer Bettlerfrau gesehen. Als sie ihm „dur Gottswillen" ein Almosen hiesch, verschwand er.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Die Wandelzeit

Source: Die Wandelzeit

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Wer gewaltsam ums Leben kommt, muss nach dem Tode so lange als Geist „wandeln", bis die Zahl der Jahre, die er sonst gelebt hätte, voll ist. Oft ging ein etwa zwanzigjähriger Jüngling im hintern Entlebuch zu einem „Gumpen" um zu baden, der aber je nach Regenwetter oder Tröckene verschiedene Tiefe hatte. Man riet ihm manchmal zur Vorsicht. Nichts destoweniger ging er einst hin, da viel Wasser im Gumpen war. Kaum darin, sank er unter und ward nicht mehr gesehen, bis nach einigen Tagen seine Leiche gefunden wurde. Seitdem aber wandelte sein Geist bei jener Stelle. Er wurde angefragt und gab zur Antwort: 50 Jahre lang müsse er wandeln, weil sein Lebensalter sonst auf 70 Jahre gestiegen wäre. Man erbarmte sich seiner und um ihn vor Wind und Wetter zu schützen, bauten sie dort für ihn ein Häuschen. Es ist nicht lange seither, da ging ein Jüngling dort vorbei und erzählte im Dorfe Marbach, dass draussen bei jenem Gumpen in den Flühnen hinten einer aus einem Loch geschaut, welcher ihm aber auf wiederholtes langes Fragen keine Antwort gegeben habe. Als ihm die Leute sagten, wer das gewesen, durchlief ihn augenblicklich ein Schauder. Er legte sich ins Bett, bekam einen „viertelmäss" grossen Kopf und konnte vor fünf Wochen nicht wieder aufstehen. Seitdem hatte er auch ein Weh, das sich oft bösartig wiederholte.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Die Wandlerin

Source: Die Wandlerin

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Marro Peter war so etwas wie ein Hellseher. So berichtete er von einer geheimnisvollen Frauengestalt, die vom Feldkreuz oberhalb des Plasselbdorfes bis zum Ried bei Plaffeien hin und her wandelte. Doch nur in gewissen Nächten der Advents- oder Quatemberzeit war die fremde Gestalt sichtbar. Beim Bethäuschen im Ried verschwand die Gestalt plötzlich. Es war eine ruhelose Seele, die Frieden suchte.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Wankelmütige

Source: Die Wankelmütige

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Zwei Jungfrauen von gutem Hause aus der Gegend von Escholzmatt entflohen den lüsternen Begierden des Talvogtes in eine Höhle am Scheibengütsch, die aus zwei Abteilungen, einer hintern und vordern bestand. Sie mussten mit Wurzeln und Wasser ihr Leben fristen, überhaupt den grössten Entbehrungen sich unterziehen. Das tat die ältere Schwester gern und freudig im Hinblick auf den Lohn im Himmel. Der Jüngern lag diese Welt mit ihrem augenblicklichen Genuss mehr im Sinne. Jene merkte den Wankelmut und betete heiss und heisser, dass ihre Schwester doch nicht abtrünnig werde von Gott und verlustig des Seelenheils. Da wird ihr im Traumgesichte befohlen, sie soll das Mädchen während der nächsten Nacht in der innern Höhle allein schlafen lassen und nicht zu ihr hineingehen, sondern bis am Morgen im äussern Raume verbleiben, was sie auch immer hören würde. Sie befolgte die Weisung. Aber ein markdurchdringendes Jammern und Schreien war 's, das drinnen während der Nacht ertönte und dann in leises Wimmern überging, bis endlich alles still wurde. Am Morgen ging sie hin und schaute nach. Sie erblickte von ihrer Schwester nichts mehr. Dagegen flog eine schneeweisse Taube aus und davon zum Himmel. Auf dem Boden umher lagen zerstreut die hellen Knochen, ganz benagt und von grossen Schlangen umringelt. Gott hat sie in dieser Weise schmerzhaft für ihren Wankelmut leiden und sterben, aber auch selig werden lassen wegen dem herzinnigen Flehen der ältern im Guten standhaften Jungfrau.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Die Warnung der Erdmännchen

Source: Die Warnung der Erdmännchen

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Unfern vom Thuner See, hinter dem Rebgut Ralligen, liegt die sogenannte Einöde. Hier stand die vor langen Zeiten durch einen Bergsturz verschüttete Stadt Roll. Glücklicherweise konnten sich die Einwohner dieser Stadt noch zur rechten Zeit vor Eintritt des Unglückes aus ihren Häusern in das Freie flüchten. Dies hatten sie niemand anderem als den Erdmännchen zu verdanken, welche ihnen warnend von dem Gipfel der Ralligstöcke aus, unter denen eben die Stadt Roll begraben liegt, folgende Worte zuriefen: Stadt Roll, zieh' us mit deinem Volch! Die spiti Fluh ist g'spalte, Schlegel und Wege si kalte; Zieh' us, dem Stampach zu! C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Wäscherin (Waldkirch, SG)

Source: Die Wäscherin (Waldkirch, SG)

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Im Heldtobel, unweit Waldkirch, Bernhardzell zu, wo ehemals ein Weg über den Bach führte, wusch und "flatterte" früher eine junge, schlanke Wäscherin auf Tod und Leben, wenn Leute vorbeigingen. Man sah sie ganz deutlich in ihrem weissen Gewande. Dr. Henne-Am Rhyn, Deutsche Volkssage. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 502, S. 296 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Wäscherin (Wallenstadt, SG)

Source: Die Wäscherin (Wallenstadt, SG)

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Zwischen dem nun verlasseneu Stege (der Weg führt jetzt viel weiter oben in die Alp), der über den Alpbach führte, und dem weiter oben stäubenden Wasserfall hält an der Sonnenseite des Bachufers ein altes Weiblein zuzeiten in emsigster Beweglichkeit seine Wäsche. Sein Blick ist einzig auf diese gerichtet; nur wenn der Vorübergehende stillehält und sein Tun beobachten will, kehrt es sich um und fixiert ihn mit bösem Blick, der ihm sagt: „Geh deines Weges weiter, oder...." Die stumme Gebärde wird dann auch verstanden und stracks befolgt. Nur Fronfastenkinder sind aber befähigt, die Wandelnde zu Gesicht zu bekommen. O. Giger. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 352, S. 198 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Wäscherin (Wildhaus, SG)

Source: Die Wäscherin (Wildhaus, SG)

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Bei Lisighaus konnte man nachts ein weisses Weibchen sehen, welches an einem Brunnen wusch. Dr. Henne-Am Rhyn, Deutsche Volkssage. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 416, S. 241 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Waschfrau am Frenkenbach

Source: Die Waschfrau am Frenkenbach

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An der ersten Brücke, die der Frenkenbach im Reigoldswyler Tale hat (Baselland), liegt ein mit Wald bedeckter Hügel, und dies ist der Platz, wo ein Weib, so oft der Mond voll ist, all nächtlich Wäsche hält. Unreinlichen Leuten, die sich die Mühe nicht nehmen wollen, ihren Kindern die Betten frisch zu überziehen, holt sie unvermutet Windeln und Leintücher aus dem Hause, und wäscht sie ihnen blütenweiss. Dann erhält die nahe Wiese, auf der sie die weissen Laken zum Trocknen ausbreitet, wenn der Mond plötzlich über den Berg herauftritt, ein so wehendes und lebendiges Aussehen, dass jeder mit schnellem Schritt und abgewandtem Gesichte vorübereilt. Ein Mann, der Abends noch mit den Seinen vor dem Hause sass, sah, wie dasselbe Weib mit zusammengerafften Tüchern eben zu seiner Hintertüre hinauseilen wollte. Er sprang ihr nach und erreichte sie bei jenem Buchenhügel am Bache. Hier aber überschüttete sie ihn mit solchen Strömen Wassers, dass er triefend und beschämt zu seinen Leuten zurückkam.  Sage aus Reingoldswyl, Baselland Band 3.2, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962, S. 140 - 141 (Anmerkung der Einleserin -»  Früher hatte man Seife und Wäsche im selben Topf gekocht: Der Äscherich wurde eingeschichtet (Holzasche, Röhrenknochen, Stroh... ) und dann darauf die Schmutzwäsche und alles lange eingeweicht und über dem Feuer gekocht. Da man die weisse Asche von Buchenholz genommen hatte, nannte man dies später hauptsächlich „Buche“ und den Vorgang „buchen“.) Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Die Wasserfrauen in der Troglosen

Source: Die Wasserfrauen in der Troglosen

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Es war nach Maria Himmelfahrt, als ein Bauernbüblein aus dem Dorfe Einsiedeln im Kanton Schwyz hinausging, um den Heimweg nach seinem abgelegenen Dörflein Untersyten anzutreten. Es hatte dem Ankenbabeli in der Schmiedgasse eine große Butterballe gebracht. Dafür trug es jetzt auf seiner Traggabel allerlei Eßwaren, die sorgfältig in ein Bündel gebunden waren. Als der Brandeggtöneli, so hieß der Kleine, auf die einsamen und weiten Weiden des Waldwegs kam, wurde er schläfrig, und die Last auf seinem Rücken drückte ihn immer mehr. Da war es seltsam. Obwohl es Hochsommer war, stieg auf einmal ein Nebel aus dem Tale der Troglosen herauf und hüllte alles ein, so dass der Brandeggtöneli Weg und Steg nicht mehr recht zu sehen vermochte. Eine Zeitlang lief er ruhig auf dem Weg weiter, den er sicher unter den Füßen fühlte und der ihn schon ins Dörflein leiten würde. Da war ihm, als höre er neben sich im Nebel ein Flügelschlagen und ein Seufzen. Verwundert schaute er nach allen Seiten, sah aber nichts. Kaum war er wieder ein paar Schritte gelaufen, hörte er das Flügelrauschen hart hinter sich, und als er sich erschrocken umsah, hörte er's neben und dann über und dann vor sich, also daß er sich erschrocken ringsum drehte. Und nun wußte er auf einmal nicht mehr, wo vorne und wo hinten war und nach welcher Richtung er gehen müsse, um heimzukommen. Das hatte ihm ja wohl der Vogel Huppert angetan, der auf dem Waldweg spukte. Voll Angst und Betrübnis setzte sich Töneli auf das Grabenbord neben den Weg, um zu warten, bis sich der Nebel verziehe. Dabei schaute er sich immer ängstlich um, ob nicht der Vogel Huppert irgendwo aus dem Nebel auftauche und ihm ins Haar fahre. Als aber der Nebel gar nicht weichen wollte, fing er erbärmlich zu weinen an. Plötzlich war ihm, als höre er nicht weit weg ein Lachen, Es war ihm gar, es sei seines Vaters Stimme, die lache. Erfreut und wie erlöst sprang er mit seiner schweren Last auf und eilte in den Nebel hinein, doch er fand niemand. Wie er aber genauer zusah, gewahrte er etwas Dunkles im Nebel. Er lief rasch darauf zu. Da war ja wohl eine alte Frau, die, am Boden kniend, ihren Mooskartoffelacker jätete. Es war aber nur eine Erlenstaude, als er dabeistand. Doch schon erblickte er wieder etwas im Nebel. Das mußte ganz sicher ein Mann sein, der das Feld aufhackte. Er machte sich rasch auf den Schatten zu, und da stand er vor einer verkrümmten und verwitterten Torfwurzel. Und nun fiel es ihm ein: Wo war jetzt der Heimweg? Umsonst lief er im Nebel herum, er fand ihn nicht wieder. Plärrend rief er nach der Mutter. Es kam ihm aber keinerlei Echo. Aber immer nasser wurde der Boden. Und auf einmal jagte ihn ein Seufzer hart unter seinen Füßen weiter und immer weiter. Endlich konnte er nicht mehr. Müde fiel er in die Knie, streifte die Traggabel ab und legte sich bäuchlings ins weiße, feine Wollgras. Weinend verbarg er das Gesicht in den Händen. Als er nach einer Weile wieder aufsah, die Augen voll Tränen, war ihm, er müsse grad umkommen vor Schrecken: ein schneetaubenweißes Gesicht mit grasgrünen Augen sah ihn lächelnd, gerade wie er auf die Ellbogen gestützt, aus ein paar Erlenstauden hervor an. Er wollte auf und davon. Doch vor Entsetzen konnte er kein Glied bewegen. Das war ja wohl eine Troglosenwasserfrau. Also war er im dichten Nebel in die Sümpfe der Troglosen geraten. Er verbarg das Gesicht im Wollgras. Da war ihm, als höre er ein seltsames, trauriges Singen, und es wollte ihn bedünken, eine weiche Hand streiche ihm über den Flachsschopf, und auf einmal hörte er eine Stimme, die sagte: "Büblein, heute ist der Tag, der sich nur alle hundert Jahre wiederholt, an dem wir erlöst werden können. Wenn du uns erlösest, so wollen wir dich reich und glücklich machen. Du mußt aber die Wasserrose abreißen, in deren Wurzel unsere Seelen bis zum Jüngsten Tage eingeschlossen sind. Wenn es dir gelingt, sie zu bekommen, so verwandelt sie sich in deiner Hand in reines Gold, und du wirst schöner singen können, als es jemals ein Mensch gekonnt hat." Jetzt hörte er wieder das Flügelrauschen über sich, und wie er aufsah, erblickte er in einer Staude ob sich einen seltsamen Vogel, sah fast aus wie ein Uhu. Aber vor ihm war der Nebel etwas gewichen, und da sah er zu seiner Verwunderung, daß er an Bord der Troglosensihl gelegen hatte und daß hart vor ihm die unheimlichen stillen Wasser des Flüßleins dahinzogen. Die Wasserfrauen aber waren spurlos verschwunden. Nur eine Armslänge von ihm weg schaukelte sich in der Flut eine wunderschöne Wasserrose. Eine Weile schaute er sie mit bedenklichen Augen an. Dann faßte er sich ein Herz und wollte es wagen, die armen Wasserfrauen zu erlösen. Er erhob sich auf die Knie, immer mehr beugte er sich vor, und schon sah er deutlich, wie die Blattspitzen der Wasserrose sich golden zu färben anfingen. Und jetzt war er der Blume schon nah. Aber immer wieder, wenn er sie mit der Hand zu fassen meinte, trieb sie eine kleine Welle seitlings ein wenig ab, also daß er immer daneben griff. Doch nun hatte sein Finger den Stengel berührt, da ward sie über und über wie flüssiges Gold, ein Riß, er mußte sie haben. In diesem Augenblick sah er unter sich ins Wasser und erblickte wohl ein Dutzend meergrüne Augen, die ihn alle ansahen wie die ewige Verdammnis. "Jesus Heiland!" schrie er auf, ließ die Wasserrose entsetzt fahren und kletterte in Todesängsten ans Ufer zurück, denn er war schon bis an die Beine hinein in die unheimlich gurgelnde Sihl geraten, die in der Troglosen still und tief ist wie ein See. Aber über ihm aus der Erle schoß der Vogel davon. Als sich der Brandeggtöneli nochmals nach der Wasserrose umschaute, war der Nebel mit einem Male spurlos verschwunden. Vor ihm lag das weite Tal, und hinten im Tale standen wie immer die Yberger Alpen und das eisstarrende Vrenelisgärtlein. Fernher aber klang das Läuten des Willerzeller Abendglöckleins. Da nahm das Büblein zitternd seine Traggabel auf, tat noch einen langen Blick nach der gespenstigen Wasserrose, und da wurde es auf einmal Nacht. Nun wußte er gar nicht, was er anfangen sollte. Aber da stieg ein Lichtlein aus der Troglosensihl und ging immer vor ihm her, und er lief ihm nach, bis er durch die grause Schlagenschlucht war und endlich die Fensterscheiben des Dörfleins Untersyten erblickte. Jetzt verschwand das Lichtlein, und bald war er zu Hause. Wie wunderten sich aber die Leute, als der Brandeggtöneli am andern Morgen ein gar schwermütiges Lied durchs Dörflein sang. Noch nie hatten sie jemanden so schön und so traurig singen hören. Er sang es die ganze Woche hindurch, aber obwohl es ihm viele Leute ablernen wollten, konnte doch keiner die seltsamen traurigen Töne behalten. Als nun der Sonntag gekommen war und der Brandeggtöneli aus der Kirche kam, wo er die Marienlieder hatte mitsingen müssen, konnte er danach das Lied der Troglosenwasserfrauen nur noch pfeifen. Doch wie sehr auch die Buben den Schnabel spitzten, keiner konnte ihm's nachmachen. Wie er aber am Sonntag darauf wieder aus der Kirche kam, da war ihm das Lied für immer aus seinem Gedächtnis entschwunden. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Wasserjungfer

Source: Die Wasserjungfer

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Die Wasserjungfer Ein Jüngling sass singend in einem Nachen auf einem breiten, reissenden Strome und ruderte aus allen Kräften, um schnell an das jenseitige Ufer zu gelangen, wo seine Geliebte, das schönste Mädchen des Stromtales, wohnte. Als er in die Mitte des Stromes kam, drang der Hilferuf eines Verunglückten an sein Ohr. Er blickte flüchtig hin und sah ein altes Weib mit den Wellen kämpfen, die es hinunterschlingen wollten ins nasse Grab. Er aber kehrte sich nicht daran und eilte, hinüberzukommen. Die Stimme klang immer flehentlicher, aber schwächer und leiser. Die Arme schwamm am Nachen des Jünglings vorüber, hinab, ihr Rufen verstummte. Doch plötzlich, wenige Klafter vom Fahrzeug entfernt, tauchte sie leicht wie ein Nebelgebilde aus den Wellen empor, und es war keine hässliche Alte, sondern die schönste aller Jungfrauen, noch unendlich schöner als seine Geliebte, die schon harrend und winkend am Ufer stand. Die Jungfrau im Strome aber rief zürnend: „Fahr immerzu! Fahr zu in Ewigkeit!“ Und sie schwamm spielend wie ein Schwan stromabwärts. Den Jüngling aber ergriff unnennbare Sehnsucht nach der Unvergleichlichen, die seine Sinne bezauberte. Er vergass der harrenden Geliebten und fuhr hinab, der Unbekannten nach, die in immer gleicher Entfernung vor seinen Auge dahinschwamm, nicht achtend auf sein liebeglühendes Rufen und nur von Zeit zu Zeit ihm vorwurfsvoll leuchtend schönes Antlitz zukehrend. Der Jüngling fuhr Tage, Wochen, Jahre stromabwärts, aber das Ziel seiner Sehnsucht vermochte er nie zu erreichen. Und so fährt er Immer noch zu, bis in die Ewigkeit hinein. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Senn, Ein Kind des Volkes, S. 53. Diese Erzählung hat Senn auch in die „Chelleländerstückli“ aufgenommen, Zürich 1864, S. 110 (Neudruck 1951), mit dem Titel: „Vom Chnab und d’m fröndä wiissä Mäitli“. In dieserPrägung schafft Senn wieder eine gewisse Beziehung zwischen der Erzählung und dem heimatlichen Leser, indem er den Strom „vill breiter weder d’Töss“ schildert. Erzählerin: Die Mutter Senns. Seine Mutter scheint keine geborene Erzählerin gewesen zu sein. In seiner Lebensbeschreibung erklärt er: „Dazwischen (beim Weben) erzählte sie mir manches Geschichtchen, wovon sie meist den Anfang oder das Ende oder ein Bindeglied verloren hatte, in welchem es mir Vergnügen machte, die defekten Stellen sehr sinnreich zu ergänzen.“ Er tönt auch an, dass er viele Geschichten und Lieder von seiner Mutter gelernt habe. Aber im Gegensatz zu Jakob Stutz scheut er sich, diese Geschichten in seiner Selbstbiographie zu erzählen. An dieser Stelle möge es K. W. Glaettli gestattet sein, darauf hinzuweisen, dass Stutz in seiner Lebensbeschreibung von Seite 41 bis 52 Sagenstoffe in Balladenform wiedergibt. Die Rezitatorin ist wiederum Bas Anneli. Es sind wildromantische und herzzerbrechend traurige Geschichten und Schicksale darin geschildert. Allein, da die Ballade sich ja von der Sage schon rein formal, dann aber auch funktional und stofflich unterscheidet, verzichtet er auf diesen Balladenschatz, der sicher an geeignetem Orte sinn- und zweckvoll verwendet werden kann.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Wasserleitung aus dem Bietschtal

Source: Die Wasserleitung aus dem Bietschtal

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Die Ausserberger führten das Wässerwasser durch hölzerne Kännel über abschüssige Abgründe aus dem Bietschtal nach Leiggern. Aber bei den jährlichen Ausbesserungen der Wasserleitung kamen so viele Männer ums Leben, dass es zwölf Witwen gab. Die reiche Familie Jakober warf ihr ganzes Vermögen hin zum Unterhalt der Wasserleitung und verarmte vollständig. Seither ist die Wasserleitung eingegangen. AUSSERBERG Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Wegelagerer

Source: Die Wegelagerer

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In der Kapelle zu den hohen Flühen war es früher nicht immer geheuer. Ein Eremit, der dort seine Zelle hatte, erzählte von mancher unheimlichen Begebenheit. Einst hörte er zwischen Tag und Nacht ganz sanft und traurig orgeln. Er schaute nach und erblickte eine Person in einem weissen Kleide auf der Orgel. Oder es war in der Nacht die Kapelle hell erleuchtet, ohne dass die Kerzen brannten. Es kam vor, dass der Eremit mitten in der Nacht mit tiefer Bassstimme beten hörte, dann wieder ein Weinen, wie von vielen kleinen Kindern. Daneben gab es aber häufig Gesindel, das sich dort nachts aufhielt, oft sogar, um Wanderern aufzulauern. So kam einst ein robuster Mann aus Mörel zu später Stunde da vorbei. Vor der Kapelle stellten sich ihm zwei Räuber in den Weg und schrien ganz unzweideutig: «Geld oder Blut!» Der Mörjer wehrte sich und floh so schnell als möglich. Die verdutzten Räuber folgten ihm, und der schnellere holte ihn schon ein paar Schritte nach der Kapelle ein. Der Mörjer gab ihm aber eine solche Tracht Prügel mit seinen Fäusten, dass der Räuber regelrecht über die Mauer gegen den Rotten hinunterflog. Wie der Mörjer eine Strecke weiter gegangen war, kam ihm doch in den Sinn, der Räuber hätte ja nach diesem Sturz tot bleiben können. Und couragiert wie er war, schritt er noch einmal zurück und fragte voll Mitleid: «Het s äppis ggmacht! »Wie er sah, dass beide noch lebten, ging er in aller Seelenruhe nach Mörel weiter. MÖREL Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Weiberschlacht auf der Langermatt

Source: Die Weiberschlacht auf der Langermatt

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In früheren Zeiten sind die schwarzen Walliser gar oft mit ihren Maultieren über den Rawil nach der Lenk zur Messe gekommen. Und die Lenker gingen häufig ins Wallis, um geschnitzte Holzlöffel, Melchtern und Brenten gegen ein Fass funkelnden Weines zu verkaufen, das sie auf dem Rücken dann heimwärts trugen. Aber es blieb nicht immer so. Ein Feuer war irgendwo im Lande angefacht worden, das auch die Gemüter des hintersten Winkels hatte aufglimmen lassen. Nach heftigem Widerstande war die Lenk ketzerisch geworden, und die Walliser sind katholisch geblieben. Sie lagen  zusammen im Streit. Da nun im Tale weiter unten der Bruderkrieg entflammt war, hatten auch die Lenker ihr Fähnlein dorthin tragen müssen, um ihre neue Überzeugung mit dem Blute zu besiegeln.  Doch kaum hatten dies die Walliser vernommen, machten sie sich auf und raubten den Lenkern die prächtigen, glatten Simmentalerkühe, trieben all das rasch und leicht gestohlene Vieh über den Rawil, liessen es weiden und zechten, johlten und jauchzten fröhlich Tag und Nacht. Doch in der Lenk war Wehklagen, Jammer und Elend. Nur eine war voll Zuversicht. Das war die junge, rüstige Tochter des Ammanns, Greda, die ihren Liebsten, Siegfried Allemann, in der Nähe wusste. Der war der einzige, der nicht mit in den Glaubenskrieg gezogen war, weil er schon seit geraumer Zeit in den Klüften von Fluh zu Fluh kletterte, um hinter Felsen auf Gewild zu spähen. Als er von schroffen Klippen eine Schar über den Rawil hatte kraxeln sehen und hierauf das bunte und hastige Geläute vernommen hatte, eilte er ins Tal, wo ihm Greda flammenden Auges den Vorfall erzählte. Und sie fügte bei, dass sie ihm nicht eher die Hand reichen wolle, und verbot ihm den Kuss, bis er Rache geübt und den Armen der Lenk ihr Vieh zurückerobert habe. Siegfried sammelte eine Schar der kecksten Knaben, eilte mit ihnen über den Rawil, und bald hörten sie aus einer Schenke das Johlen und Jauchzen der Walliserburschen, aber auch das anmutige Herdengeläute der Lenkerkühe. Einem Tier nach dem andern lösten die Knaben die Glocke ab und trieben ihr Vieh dann wieder heimwärts; nur Siegfried blieb die Nacht über einzig auf der Weide, läutete bald hier, bald dort, bald mit einer tiefen, dann wieder mit einer hellen Glocke, so dass die Walliser arglos glaubten, die schöne Beute grase ruhig auf der Matte. Aber da die Morgendämmerung anbrach, schmetterte Siegfried die größte Treichel zum Fenster der zechenden Gesellen hinein, die indes eingeschlummert waren und nun, wie vom Blitzstrahl getroffen, auffuhren und Siegfried fliehen sahen. Ohne sich zu besinnen, rafften sie sich auf, um die Beute wieder zu erlangen, und da Siegfried auf der Langermatt ankam, rief er den Lenker Jungfrauen zu, die hierher den mutigen Lenkerknaben entgegengekommen waren, zu fliehen. Allein die Schar stob nur auseinander, um in den umliegenden Hütten Waffen zusammenzuraffen, Gabeln, Spaten, Sensen und Äxte. Der Kampf begann. Die Knabenschar hielt tapfer stand; allein das Häuflein schmolz doch nach und nach zusammen, umzingelt von der Übermacht der Feinde. Am mutigsten schlug Siegfried drein; aber auch ihm wollte nach heissem Kämpfen der Arm erschlaffen. Da winkte Rettung! Die Jungfrauen hatten sich unterdes gesammelt, und nun führte sie Greda stolz und tapfer in den Streit. Mit funkelnden Augen befahl sie, mit kräftiger Hand schlug sie und - o Wunder! Am Abend rann das rote Blut der Walliser durch Gras und Blümlein; denn sie hatten es nicht über sich gebracht, vor Jungfrauen zu fliehen. Aber unter den Gefallenen befanden sich auch Lenker, und Greda hatte Siegfried nur noch einmal den Mund zum Kuss und die Hand zum Abschiedsgrusse bieten können. So füllte Freud und Leid die Herzen der zurückgekehrten Lenker. Der Platz, wo die Gefallenen begraben liegen, heisst noch heute „bei den Toten." Aber man sagt, dass sie dort oben keine Ruhe haben. Denn von Zeit zu Zeit stehen sie auf, und dann wandelt ein langer Geisterzug hinunter nach dem Lenkerfriedhof, wo die Toten die Gräber ihrer Lieben suchen. Und sobald der Morgen dämmert, streicht der Zug wehmütig wieder hinauf nach der Langermatt. Seither haben die Lenker die heldenmütige Tat ihrer tapferen Töchter nie wieder vergessen können. Und zum Andenken daran herrscht noch jetzt allsonntäglich der schöne Brauch, dass man beim Kirchenbesuch den Frauen den Vortritt lässt. Und mit bescheidenem und edlem Stolz machen Frauen und Jungfrauen von diesem ehrwürdigen Vorrechte gebrauch.   Quelle: Georg Küffer, Lenker Sagen. Frauenfeld 1916. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Die Weinburg

Source: Die Weinburg

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Die Weinburg, auf welcher einst der vielbeschäftigte Dr. Blatter wohnte, geniesst nicht den besten Ruf. Oft hörte man hier einen argen Lärm, als ob jemand mit Ross und Wagen die Stiegen herunterfahre. Dabei erschien eine menschliche Gestalt, die Feuer spie. J. U. Büchel. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 66, S. 30 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die weinende Seele

Source: Die weinende Seele

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Vor einigen Jahrzehnten lebte in Obermonten eine Frau, die einen Reformierten geheiratet hatte, ohne die Ehe durch den katholischen Priester einsegnen zu lassen. Schon nach 5 Jahren musste sie dem Todesengel folgen. Auf dem Todbette bekehrte sich die Frau und, mit der Kirche wieder versöhnt, verschied sie. Einige Zeit, nachdem die Frau begraben war, hörte deren Mutter abends vor dem Hause immer ein bitteres Weinen. Es kam von der Hausecke her, als ob dort sich jemand aufhielte. Aber beim genauen Nachforschen konnte kein sterbliches Wesen gefunden werden. Mitten in der Nacht hörten die Familienangehörigen von der Stube aus ein fernes Glockengeläute, das von draussen seltsamerweise nicht vernommen wurde. Diese eigenartigen Erscheinungen dauerten einige Wochen fort. Die Angehörigen schlossen hieraus, die Verstorbene sei noch nicht zur Ruhe gelangt und durch das «Künden» wolle sie ihre Verwandten um Hilfe bitten. Die Mutter begab sich deshalb an einem Samstag in die Stadt und fragte einen Ordensmann um Rat. Als dieser den ganzen Sachverhalt vernommen und reiflich überdacht hatte, sprach er zur Frau: «Wahrscheinlich hat Eure verstorbene Tochter Zeit ihres Lebens einige Sonntage die heilige Messe versäumt. Sie wird deswegen nicht eher zur Ruhe kommen, bis das Versäumte gutgemacht worden ist.» Die erschrockene Mutter konnte des Paters Ansicht nur bestätigen. Sie wusste, dass ihre Tochter seit der protestantischen Trauung nur selten mehr die Kirche besucht hatte. Die Frau liess nun eine Anzahl Messen lesen für die Seeelenruhe ihrer verstorbenen Tochter. Das Mittel half. Nachdem die letzte der bestellten Messen gelesen war, hörten die Hausbewohner weder das eigenartige Glockengeläute noch auch das heftige Weinen draussen an der Hausecke.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die weinenden Toten

Source: Die weinenden Toten

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Ein braver Bursche machte seiner Geliebten bisweilen Besuche. Dabei führte ihn sein Weg an der Ortskirche vorüber. Wenn er nun über den Friedhof dahinschritt, pfiff er laut. Die Leute ärgerten sich über sein, wie es schien, wenig zartfühlendes und unchristliches Gebaren. Der Bursche starb, und seitdem hörte man auf dem Gottesacker häufig weinen. Der Pfarrer des Ortes ging hin und wollte den Spuk bannen. Als er die Geister anredete und sie fragte, was ihnen fehle und wie ihnen zu helfen sei, sagten sie, sie seien arme Seelen, die mit dem Jüngling, der pfeifend den Friedhof begangen und nun gestorben sei, ihre beste Stütze und Hülfe verloren haben. »Der Burscht het bi sym Pfyffä schynt's nu besser dänkt weder mängä-n-andärä bim Bättä,« meint mein Gewährsmann aus dem Maderanertal. Albin Gnoss Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Weinflasche, die nie leer wurde

Source: Die Weinflasche, die nie leer wurde

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Eines Abends holte ein Mann Wein im Wirtshause für seine niedergekommene Frau. Auf dem Heimwege traf er auf Nachtleutlein; diese fragten ihn, was er da habe. „Wein für meine Frau“, antwortete er. Sie baten ihn, er möchte ihnen doch zu trinken geben; der Mann entschuldigte sich, dass er nicht genug habe ür sie alle. Diese aber drangen heftiger in ihn, mit dem Versprechen, dass für seine Frau noch sehr viel übrig bleiben werde. Da reichte er ihnen seine Flasche hin. Als er diese aber im Kreise herum gehen sah, und jedes der guten Leutlein sehr viel daraus trank, und noch viel mehr Zwerge da waren als er gemeint hatte, da ward ihm Angst und er glaubte, seine Flasche bis zum letzten Tropfen geleert wieder zu erhalten, dann müsse er gleich wieder nach dem Wirtshause gehen, um sie wieder anzufüllen. Aber es war noch viel Wein darin, als alle daraus getrunken hatten und sie ihm die Flasche zurück gaben. Sie verboten ihm aber sehr, er solle es ja weder seiner Frau noch einem andern Menschen sagen, dass sie daraus getrunken hätten. Genug, er brachte seinen noch übrigen Wein seiner Frau heim und siehe! Seine Flasche war noch voll, und lange, lange Zeit trank seine Frau von diesem Weine, und stets blieb die Flasche voll. Endlich aber gefiel diese fatale, immer volle Weinflasche der Frau nicht mehr recht; sie begann sich zu fürchten vor derselben. Sie drang in den Mann ihr zu sagen, welch Hexenwerk hinter derselben stecke. Der Mann aber suchte sie zu beschwichtigen, indem er sie auf die Größe der Flasche aufmerksam machte und sie aufforderte nur viel zu trinken, die Flasche werde dann schon leer werden. Bald aber ward die Frau voll Misstrauen und wollte keinen Tropfen mehr von diesem so gesegneten Weine. Da entdeckte ihr der Mann das Geheimnis, da ward die Flasche leer, und je fleißiger der Mann nachher hinging seine Weinflasche füllen zu lasten, desto öfter war sie wieder geleert. Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Weinverfälscherin

Source: Die Weinverfälscherin

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Ein Mädchen aus Zermatt, das in Aroleid aufgewachsen, fand diese Gegend gar zu wild; es wandelte darum talaus und landab. Nahe bei Sitten mietete es sich an der Landstrasse ein Häuschen und begann den Reisenden Wein auszuschenken. Weil es aber dabei recht viel verdienen wollte, goss es zum teuren Wein gar kunstreich wohlfeiles Wasser. Nach Jahren fuhr ein Zermatter in Geschäften nach Sitten; er verspätete sich aber so, dass ihn schon ihm Pfynwald die Nacht überfiel. Beim Mörderstein begegnete ihm eine Frauensperson im eiligsten Schritte. Verwundert fragte der Zermatter, wohin sie doch so eile. Seufzend antwortete diese: Z'Pfinggo-Pfi Ga scheidu d's Wasser vom Wi. Wä i geblibu Zermatt am Aroleid, So chäm i hitu in d'ewigu Freid!» Als der Zermatter zu seiner gewohnten Wirtin bei Sitten einkehren wollte, vernahm er, dieselbe sei in der Nacht gestorben. — Der schlauen Wirtin wird jetzt in Pfinggo-Pfi Gesellschaft sicher nicht fehlen. (erzählt von Kaplan Mooser)   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die weiße Gemse

Source: Die weiße Gemse

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In den Alpentälern der Schweiz gibt es immer noch viele Gemsen, und besonders bei den Salzleckestellen kann man sie gut beobachten. Da sterben denn auch die Gemsjäger nicht aus. Einer der verwegensten Gemsjäger im Schwyzer Bergland war der alte Marty, der Süma geheißen, der viele Hunderte dieser Grattiere zur Strecke gebracht hat und der mir von seinen Jagden gar viel und Wunderbares zu erzählen wußte, als ich als ein angehender Junge auf der Käsernalp herumlag. Ich könnte schier ein Buch damit füllen, wenn ich wollte. Besonders sträußte ich die Ohren, wenn er von der geheimnisvollen weißen Gemse berichtete. Dann tat ich Mund und Ohren also auf, daß der Wind durchzog. Aber im Bernerland wohnte vor alten Zeiten ein Gemsjäger, dem erging's mit der weißen Gemse gar bös. Rieggi hieß er. Tag und Nacht war er auf der Jagd. Kein Berg war ihm zu hoch, kein Felsenband zu abschüssig, kein Föhnsturm zu wild. Bei Blitz und Donner, in Nebel und Frost zog er mit seinem sichern Stutzen auf die Hochjagd, und selten kam er leer heim. Sein Leben galt ihm nicht mehr als ein abfallendes Blatt, wenn er einmal einem rechten Gemsbock auf der Spur war. Frevelhafterweise verschonte er aber auch die Gemsgeißen nicht, deren Junge dann ohne Mutter elend verhungern mußten. Und obwohl ihn die Leute gar oft warnten, lachte er über alle guten Räte und jagte, wie er wollte. Schon hatte er neunundneunzig Gemsen geschossen. Statt sich nun vor der Hundertsten zu fürchten, die dem Jäger als Warnerin erscheint und die ein schneeweißes Fell trägt, freute er sich darauf und sagte, er wolle nicht ruhen noch rasten, bis er auch die hundertste Gemse zu Fall gebracht habe, und wenn sie zehnmal weiß sei. Die alten Leute, die solche leichtfertigen Reden hörten, schüttelten die Köpfe und sagten unter sich, es werde mit dem Gemsjäger Rieggi noch ein böses Ende nehmen. Eines Tages nun machte sich der Rieggi jauchzend auf die Jagd. Die hundertste Gemse wollte er sich holen. Also stieg er ins Gebirge hinauf. Nach und nach kam er ins Gsür, auf einen mächtigen Gebirgsstock zwischen St. Stephan und Adelboden. Auf ihm fühlten sich alle Tiere sicher und wohlgeborgen, und daher nannte man diesen Berg "Die Mutter der Tiere". Aber ihm war kein Berg heilig, vor ihm und seinem sichern Gewehr fanden die Tiere nirgends eine Freistatt, auch im wilden Gsür nicht. Wie er nun hoch am Berge saß und eine Weile rastete, stand auf einmal da, wo sich das Rothorn gegen die Grimmialp abdacht, ein gewaltiger, schneetaubenweißer Gemsbock. Statt nun der Warnung der alten Leute zu gedenken und den Gemsbock in Ruhe zu lassen, sprang Rieggi auf und machte sich auf Schleichwegen an die weiße Gemse heran. Als er sie in Schußweite glaubte, zielte er gut, und sein Schuß donnerte durch alle Berge, also daß die Lauinen anließen und abfuhren, daß die ganze Bergwelt erbebte. Aber als sich der Rauch verzog, sah er, wie die weiße Gemse sich davonmachte, und er hätte doch Stein und Bein geschworen, seine Kugel sei mitten in ihren Kopf geflogen, denn auf diese Entfernung war ihm noch jede Gemse gefallen. Obschon ihm das absonderlich und unheimlich vorkam, ließ er sich doch nicht warnen. Unermüdlich verfolgte er die Spuren der weißen Gemse, die sich immer wieder zeigte, bis hoch über die Alpenrosen hinauf, in die entlegensten Felsenkarren, über schrecklich abhäldige Felsenbänder, die kaum noch ein einsames Edelweiß zeigten, bis an die wandgähen Zungen des ewigen Firnschnees hinauf. Noch nie hatte sich Rieggi also verstiegen. Die Jagdleidenschaft machte ihn völlig blind, und auf einmal stand er auf einem Felsband, um das der Berg wandgäh in die grause Tiefe hing, aus der die düstern Gletscher heraufdämmerten. Was er auch versuchte, er kam nicht mehr vorwärts noch rückwärts. Mit knapper Not vermochte er sich an die Felsenwand anzulehnen. Die weiße Gemse aber war spurlos verschwunden. Jetzt erkannte Rieggi die entsetzliche Gefahr, in die er sich verstiegen hatte. Aber er mochte sich umschauen, wie er wollte, nirgends tat sich ein rettender Pfad auf, und wie er auch jauchzte und stundenlang nach Hilfe rief, es kam ihm keine Antwort. Nur das Echo trug ihm kalt und herzlos seine eigene Stimme zurück. Nach und nach erlahmte er. Er war abgehetzt und todmüde. Seine Beine zitterten und fanden keinen festen Halt mehr; seine Hände hatten nicht Griff genug und fielen ab. Nur noch mit dem Rücken krampfte er sich verzweifelt an die Felswand. Und auf einmal war ihm, die Bergspitzen fangen zu laufen an, immer schneller, immer schneller, und jetzt ertönte eine Stimme über ihm: "Rieggi, Rieggi! Warum verfolgst du meine Geißen, die mich mit Milch und Käse versorgen? Rieggi, Rieggi, nimm den Hut vor deinen Kopf, damit du nicht siehst, wie tief du fallen mußt!" Jetzt hauchte es den Gemsjäger kalt an; es ward ihm dunkel vor den Augen, weitaus breitete er die Arme und fiel lautlos in die grausige Tiefe, in den sichern Tod. Seither nennen die Älpler jene ungangbare Stelle, wohin sich der verwegene Gemsjäger einst verstieg, Rieggis Pfad. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Weissagung des ewigen Juden

Source: Die Weissagung des ewigen Juden

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Der ewige Jude kommt auf seiner unsteten Wanderung über die weite Erde auch durch das Lauterbrunnental. Er berührt aber den weltabgeschiedenen Winkel nur in Zeitabständen von mehreren Jahrhunderten. Sein unruhevoller Weg führt ihn dem Wasserlauf entlang von Lauterbrunnen über Trachsellauinen auf den Tschingelpass, dann in das Gasterental. Am Steinberg oben stellte man ihm auf seiner letzten Reise das Essen auf den Hüttentotz. Er nahm es dankend an, sass aber nicht ab und verzehrte den Imbiss während stetem Auf- und Abgehen, denn er darf sich ja nur in der letzten Stunde des Tages ausruhen. Er sagte zu den staunenden Älplern, dass der höchste Teil des Lauterbrunnentales, von Oberhorn bis Tschingelpass, als er das erste Mal kam, ein Rebberg gewesen sei. Das zweite Mal, da war es ein Schafberg und jetzt, da er das dritte Mal hinüberwandere, ein Gletscherberg. Bevor er Abschied nahm, weissagte er, dass bei seinem nächsten Besuche die ganze enge Talmulde, von Sichellauinen bis hinaus nach Gündlischwand, durch Erdschlipf, Steinschlag und Bachschutt zum obern Rand angefüllt sein werde. Quelle: Hans Michel, Ein Kratten voll Lauterbrunner Sagen. Wengen 1936. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die weisse Dame von Rouelbeau

Source: Die weisse Dame von Rouelbeau

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Die Geschichte, die ich euch erzählen will, habe ich nicht selbst erfunden ... Leider! Denn ich bin einen Monat zu spät zur Welt gekommen, und alle Geschichten wa Es war einmal eine arme Witwe, die leb­ te zusammen mit ihrem Sohn in einem kleinen Haus vor den Toren der Stadt Genf. Ihr Junge, etwa sechzehn Jahre alt, war ein braver Bursche, der seiner Mutter half, wo und wie er konnte. Er bewarb sich in den Häusern der Nachbarschaft um Arbeit; aber die Zeiten waren hart, die Leute hatten kein Geld, und es war schwierig, einen Verdienst zu finden. Schon bald war Weihnachten, und der Speiseschrank war leer. «Nur eine Brotkruste und ein Stück Speck bleiben uns als Weihnachtsessen», seufzte die Mutter. «Vielleicht finde ich noch einen Kohlkopf im Garten, das würde wenigstens eine warme Mahlzeit geben.» «Höre, liebe Mutter», sagte da der Sohn, «ich nehme Vaters Gewehr und gehe damit in die Sümpfe. Es müßte doch der Teufel im Spiel sein, wenn ich nicht eine Ente, einen Hasen oder ein anderes Wild erlegen und nach Hause bringen würde» Die Mutter bekreuzigte sich: «Sprich nicht vom Teufel, wenn's nicht sein muß - er könnte uns einmal einen Streich spielen! Und nun geh, aber gib acht, daß du dich nicht zu den Mauern des Schlos­ ses Reuelbeau verirrst. Man erzählt sich, daß keiner, der sich leichtsinnig in der Nacht vor Weihnachten dort herumgetrieben habe, je wieder zurückgekehrt sei,» «Mach dir keine Sorgen, liebe Mutter! Ich komme nach Hause, noch bevor es Abend wird» Der Junge umarmte seine Mutter, nahm das Gewehr seines Vaters vom Haken, hängte es sich um und ging. Und er marschierte den langen Weg bis zu den Sümpfen, die zugefro­ ren waren. Dort versteckte er sich und warte­ te auf Wild. Die Stunden verstrichen, aber weder ein Hase noch ein Reh, noch ein Wasservogelließ die Büsche oder das Schilf erzit­ tern. Der Junge verließ sein Versteck und ging weiter, immer weiter; doch achtete er dabei auf jedes Geräusch, auf die kleinste Bewegung. Er sah und hörte nichts. Alles war weiß und grau um ihn; kein Windhauch war zu spüren - man hätte glauben können, er gehe durch eine Urlandschaft am Ende der Welt. Die Nacht brach herein, ohne daß er es bemerkte, und ohne sein Wollen näherte er sich dem verwunschenen Schloß. Als er erfaßte, wo er sich befand, packte ihn die Angst. Aber dann dachte er an seine Mutter, die schon seit langem keine gute Mahlzeit mehr gehabt hatte.   «Koste es, was es wolle: ich muß heute noch ein Wild erlegen können. Vielleicht hat ein Hase oder ein Rehbock sich in diese zer­ fallenen Mauern geflüchtet, um Schutz vor der Kälte zu suchen»   Er kletterte einen steilen Weg hinauf, der auf die Ringmauer zuführte. Als er den Hauptturm der Burg erreichte, hörte er von einem weit entfernten Kirchturm zwölfmal schlagen - Mitternacht. Jetzt erinnerte der Bursche sich der Warnungen seiner Mutter und wollte umkehren. Da traf ihn ein eiskalter Lufthauch, der ihn schaudern machte. Es war ihm, als ob sein Blut gerinnen würde und seine Kopfhaare sich geradeauf stellten. Im Dunkel erspähte er einen weißen Schatten, der aus dem Turm trat und der entsetzliche Seufzer ausstieß. Das Gespenst streifte ihn, dann glitt es aus dem Gemäuer und verschwand. Der junge Mann versuchte zu fliehen, aber er konnte seine Füße nicht vom Boden lösen. Das Ge­ spenst kehrte zurück, nachdem es um das ganze Schloß geirrt war, und blieb vor dem Burschen stehen: «Was suchst du in meinem Reich, mein Junge? Weißt du nicht, daß die Nacht des Christfestes den Abgeschiedenen gehört?» «Wer ... wer sind Sie?» stammelte der Bursche. «Ich bin die weiße Dame von Reuelbeau. Zu einer Zeit, an die niemand auf Erden sich mehr erinnert, bewohnte ich dieses Schloß. Seither wache ich über die Gräber meiner Angehörigen und bewache ihre vergrabenen Schätze. Aber nun ist die Reihe an dir, mir zu antworten: weshalb bist du heute nacht hier?» «Euer Gnaden», sagt der Jüngling ehr­ fürchtig und zieht seine Mütze ab, «meine Mutter und ich sind arme Leute, so arm, daß wir heute, am Heiligen Abend, zum Nachtes­ sen nur eine Brotkruste, ein Stücklein Speck und einen Kohlkopf hatten, wahrhaftig we­ nig für ein Festmahl. Ich bin mit dem Gewehr meines Vaters ausgezogen und habe ge­hofft, in dieser Gegend ein Wild erlegen zu können; aber alles scheint heute tot zu sein. Ich habe solchen Kummer um meine Mutter, und ich darf nicht unverrichteter Dinge nach Hause kommen» «Tapferer Junge! Komm mit! Ich will dir ein Weihnachtsgeschenk geben. Aber erzähle niemandem, was du jetzt sehen wirst; denn du bist jetzt und in Zukunft der einzige, den ich schone» Eine eiskalte Knochenhand ergriff den Arm des Jungen, und die weiße Dame zog ihn mit sich in den Turm; dort stiegen sie eine wacklige Wendeltreppe mit wurmstichigen Stufen hinunter und hielten vor einer steinernen Türe an. Der Geist berührte zwei Ein­ kerbungen, die in den Stein gehauen waren, und der Felsblock drehte sich, leicht wie eine Feder. «Geh hinein und nimm soviel du brauchst für deine Mutter und für dichl» sag­ te das Gespenst und schob ihn in einen Saal, der von vielen Kerzen erhellt war. Mitten in diesem Saal stand eine Truhe, bis obenhin gefüllt mit Gold und Silber. Der Jüngling füllte seinen Jagdsack, seine Taschen und seine Mütze. «Geh nun», sagte die Dame, «und wende das Geld gut an. Leb wohl, mein Junge!» Die steinerne Türe schloß sich mit einem Krachen hinter dem Burschen, der sich plötz­ lich allein am Fuße der Turmtreppe befand. Schnell kletterte er hinauf, stieg den Hügel hinab und rannte durch die zugefrorenen Sümpfe. Es wurde eben Tag, als er zu Hause ankam. Seine Mutter war außer sich vor Un­ ruhe; als er das Haus betrat, weinte sie vor Freude und dankte dem Himmel, daß sie ih­ ren Sohn wieder hatte. Sie war indessen nicht allein; ein reicher, unverheirateter Vetter war gekommen, um mit ihr Weihnachten zu fei­ ern. Er hatte ein Masthühnchen und einige Flaschen Wein mitgebracht. «Mutter, Mutter! Schau, was ich für dich  gefunden habe! Fröhliche Weihnacht, mein Mütterchenl» rief der Junge und schüttete den Inhalt seiner Taschen und seiner Mütze auf den Tisch. «Großer Gott, wo hast du das her?» «Ich bin durch die Sümpfe gegangen und war ganz verzweifelt, daß ich dir nichts heim­ bringen könne. Alles war wie tot, unheim­ lich und still; man hätte glauben können, der Jüngste Tag sei angebrochen. Ich hatte mich in einer großen, hohlen Weide versteckt, um dort auf Wild zu lauern. Plötzlich hat der Boden unter meinen Füßen nachgegeben, und in dem Loch habe ich diesen Schatz entdeckt, der da wohl einmal von einem Dieb versteckt worden war.» Der Vetter nahm ein Goldstück vom Tisch und betrachtete es genau. «Das muß ein sehr alter Schatz gewesen sein, den du da entdeckt hast. Diese Münzen sind ja einige hundert Jahre alt,» Die Mutter, müde von der angstvoll durchwachten Nacht, ging hinauf, um sich schlafen zu legen. Nun schenkte der Besu­ cher dem Jungen ein Glas Wein ein und sagte: «Nachdem wir jetzt allein und unter uns Männern sind, kannst du mir wohl die Wahr­ heit sagen, Vetter, wo hast du diesen sagen­ haften Schatz gefunden?» «Unter der hohlen Weide, genau wie ich es schon erzählt habe», erwiderte der Junge. Aber der Wein bringt die Geheimnisse an den Tag; der Vetter gab dem Burschen wieder und wIeder zu trinken, bis er schließlich alles erzählte: vom Schloß, von der weißen Dame, von der Treppe im Turm, von der Truhe voller Gold. Schon am nächsten Tag ging der Vetter mit einem Pickel, einer Lampe und vielen leeren Säcken zum Schloß von Reuelbeau. Er fand die wacklige und zerfressene Treppe und die steinerne Türe; aber trotz allen seinen An­ strengungen ließ die Steinplatte sich nicht um Haaresbreite bewegen. Dann entdeckte er die Kerben, legte seine Hände hinein - umsonst. Er versuchte Boden aufzuhacken, um unter dem Steinblock hindurch zu kommen aber sein Pickel zerbrach auf dem Felsen. Er mußte sein Unternehmen aufgeben, aber er ließ die Säcke zurück. «An Weihnachten komme ich wieder - nächstes Jahr: und dann werde ich sie füllen.» Das ganze Jahr hindurch überdachte er alle Möglichkeiten und Kniffe, um so viel Gold wie nur möglich aus dem Schloß weg­ schleppen zu können. Woche um Woche brachte er neue Säcke ins Schloß; schließlich auch einen Schubkarren ... Endlich war wieder Weihnachten. Er zog ärmliche Kleider an, und lange vor Mitter­ nacht stand er schon vor dem Schloßturm. Als es vom Kirchturm zwölfmal schlug, blies ein eisiger Luftzug in sein Gesicht: ein weißes Gespenst trat aus dem Turm, es stöhnte ent­ setzlich, es streifte ihn; dann glitt es aus dem Schloß und verschwand. Ungeduldig wartete der Vetter auf die Rückkehr des Geistes. Die weiße Dame hielt vor ihm an: «Was hast du auf meinem Besitztum zu suchen, Lebender? Weißt du denn nicht, so alt wie du bist, daß die Heilige Nacht den Ab­ geschiedenen gehört?» «Ich weiß es, schöne Dame, aber ich bin so arm, daß ich hoffte, Ihr könntet mir hel­fen.» «Wirklich, so arrn?» fragte die weiße Dame und musterte den Mann, der vor ihr niedergekniet war. «Laß dir sagen, daß ein Zuviel an Gütern den Hals zuschnürt. Komm mitl» Mit ihrer eiskalten Knochenhand packt sie den Habgierigen am Arm und zieht ihn mit sich zur Treppe im Turm. Sie berührt nur leicht die Kerben in der Steinplatte, und diese dreht sich und gibt den Blick frei auf den von Kerzen erleuchteten Saal, in dessen Mitte eine alte Truhe steht, übervoll mit Gold und Silber. Beim Eintreten nimmt der Vetter heim­ lich die Säcke und den Schubkarren mit in den Saal, die er vor der Türe bereitgelegt hat­ te. Nun taucht er seine Hände in den Schatz. Die Truhe scheint unerschöpflich zu sein - sie füllt sich im gleichen Maße, wie er weg­ schöpft. Plötzlich ertönt die Grabesstimme der weißen Dame: «Habgieriger Mensch, deine Stunde ist abgelaufen.» Und krachend schließt sich die steinerne Pforte. Zweifellos ist der Vetter noch dort unten und füllt seine Säcke mit dem Gold und dem Silber der Herren von Reuelbeau. Man hat ihn nie wieder gesehen, und auch die weiße Dame ist nie wieder in ihrem Schloß erschienen. Die Witwe und ihr Sohn kauften sich von dem Schatz einen Bauernhof und einige Kühe, und seither war das Elend nie mehr bei ihnen zu Gast. Ich habe euch diese Geschichte erzählt, aber unsere Vorfahren haben sie erfunden.   Sage von Genf   Erzählt von Jean Bahut 1870 und von Gustave Dusseilier 1902 veröffentlicht. Aus: Die schönsten Märchen der Schweiz,, E. Montelle, R. Waldmann, 1987   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die weisse Frau - Altdorf

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1. »Ich diente damals im Hause des Herrn Berger in Altdorf, das am Platze neben dem Besslerbrunnen steht und im Anfang des 19. Jahrhunderts von Landammann Xaver Arnold bewohnt worden war, von dem man sagte, er habe einen Schatz vergraben († 1841). Neben mir diente ein Kindermädchen. Es war allen Hausbewohnern bekannt, dass jedesmal, wenn eine Person aus dem Hause starb, vorher eine schöne, weisse Frau sich sehen liess. Nur das Kindermädchen wusste noch nichts davon. Eines Abends, als ich und die Familie Berger in der Stube sassen, wachte dasselbe am Bettchen eines kranken Kindes im Nebenzimmer. Plötzlich kam es, ängstlich schreiend, in die Stube gerannt und rief: »Cheemet, cheemet!« Alle liefen rasch in das Nebenzimmer, in der Meinung, das Kleine sei am Sterben. Drinnen aber erzählte das Mädchen voll Schrecken: »Da aus dem Wandschrank heraus ist eine schöne, weissgekleidete Frau hervorgetreten und langsam zum Bettchen hingeschritten und hat das Kind so angeschaut. Als mir ein Angstschrei entging, hat sie sich gleitig hinter die Fenstervorhänge zurückgezogen. Schauet nach!« Wir alle schauten hinter die Vorhänge, aber es war kein Mensch zu sehen. Einige Tage später war das Kind ein Engelein.« Auch im Hause Dr. Jauch, jetzt Schieli, im Vogelgsang zu Altdorf und im Schlösslein Apro zu Seedorf wurde die weisse Dame gesehen, und ihr Erscheinen bedeutete jedesmal den Tod eines Hausinsassen. Frau Tschudi-Arnold, 75 J. alt. 2. »Ein anderes Mal, als ich im Bette lag, sah ich auf einmal ein Weibervolk, weiss gekleidet, mit einer langen, weissen Jacke, neben meinem Bette stehen. Ich erschrak furchtbar. Wenige Tage später starb ein Weibervolk in der Nachbarschaft, und ich musste hingehen und helfen, es einzusargen. Es war grad so gekleidet wie jenes, das ich am selben Abend bei meinem Bette gesehen hatte.« F. Zgraggen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die weisse Frau - Engelreih

Source: Die weisse Frau - Engelreih

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Ein Hügel auf der Breite im Kanton Zürich heisst Engelreih. Am Fusse desselben ist ein Steg der Frau Escher. Man erzählt, Frau Escher werde öfter an diesem Stege gesehen. Wenn jemand nachts hinübergehen wolle, und eine böse Tat zu verüben beabsichtige, so begegne ihm die weisse Frau und weise ihn mit drohender Hand zurück. Quelle: Theodor Vernaleken, Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch


by Die weisse Frau - Frutigen

Source: Die weisse Frau - Frutigen

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Zuhinterst im Talgrunde von Frutigen, zwischen Öschinen und dem Breithorn, erhebt sich über 11000 Fuss hoch die Frau, oder weisse Frau, deren Gipfel mit einem Mantel von ewigem Schnee bedeckt ist. In Frutigen geht die Sage, dass dieser mächtige Koloss einst eine grasreiche Weide gewesen sei. Die dortigen Weiden haben von den vortrefflichsten Kräutern in Fülle hervorgebracht, hiess es doch von denselben: Muterne und Adelgras, Das beste Chrut, was d’s Chueli frass. Es kam vor, dass die Kühe dreimal des Tages gemolken werden mussten. Auch dieser Berg soll einer blinden Frau gehört haben, die mit dem Sohne, ihrem Gesinde und der schönen Herde jeden Austag aufs Neue die Alp bezog. Der Sohn jedoch lebte in Saus und Braus und unterhielt verbotenen Umgang mit einer Jungfrau. Er achtete nicht der mütterlichen Verweise, vielmehr misshandelte er die blinde Mutter. Deshalb sprach sie den Fluch aus: "Der Berg soll sich mit Eis bedecken und du und deine Herde sollt darunter begraben werden." Kaum hatte sie’s gesprochen, so löste sich vom Bergesgipfel die ungeheure Masse des Gletschers los und stürzte über die Alp dahin. Noch heute hört man das Gejohle des sündigen Sohnes und das Brüllen seiner schönsten Leitkuh. Es ist möglich, den Fluch zu heben. Wenn jemand so glücklich sein sollte, die Kuh an einem Karfreitag vor Sonnenaufgang auszumelken, soll die vorige Schönheit des Berges sich wieder einstellen und der Verbannte erlöst werden. Aber noch ist dies niemand gänzlich gelungen, weil die Sonne immer eher aufstieg, als das Melken beendet war. Jeder aber, der bis jetzt das Wagstück unternahm, ohne es gänzlich zu vollbringen, ward die Beute eines Ungeheuers. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die weisse Frau - Mels, SG

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(Aus der Schweizerchronik von Diebold Schilling in Luzern, 150O.) Es fuhr ein Mann mit zwei Knechten und viel Saumrossen von Saragans ab einer Alp, wollt gen Wallenstadt fahren, und als er aber benachtete zwischen Saragans und Wallenstadt bei einem Kappelli in einer Gassen, daselbst stund auch ein Schürli in einer Matte. In dieselbe Matte taten sie die Roß und laiten sich in die Schür schlafen. Und in der Nacht träumt dem Meister, ein Dieb wollt ihm die Ross nehmen, und also kam schnell ein Gespenst, erwischt und trug ihn in das Land Appenzell auf einen fast hochen Berg; da sah er eine Frauen in Wiss bekleidet; die ging her vor ihm dannen und winkt ihm; derselben Frauen ging er nach, und als er erwachet, war er zu Stammen bei St. Annen. - Morndes hatten aber die Knechte den Meister verloren und besorgten, man würde meinen, sie hätten ihn gemört. Also fuhren sie heim und ward ein gross Geschrei. Jedoch in kurzen Tagen, da kam der Meister und seit, wie es ihm ergangen war, und wohl für ein gross Zeichen soll augeschrieben werden. (Bei Natsch) Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 271, S. 146 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die weisse Frau - Sevelen, SG

Source: Die weisse Frau - Sevelen, SG

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In einem beim grossen Brand von 1892 verschont gebliebenen altertümlichen Hause in Sevelen geht eine weisse Frau herum, die aber ein bösartiges Wesen ist. Als sich die blühende neunzehnjährige Tochter des Hauses einst zur Nachtzeit in den Keller begab, erschien ihr die Frau und reichte ihr die Hand. Von da an war die Tochter nicht mehr gesund; sie welkte dahin und starb bald. Freundinnen, welche sie am Krankenlager besuchten, bemerkten immer an ihrer rechten Hand einen Handschuh. Wahrscheinlich hat sie also die Unselige gebrannt, wie es die "Züsler" machen. Heinrich Hilty.   Die Göttermutter Fria, Frigg hat dem Freitag den Namen gegeben, der zwar ein Unglückstag sein soll, obschon sie selbst als eine freundliche Erscheinung auf uns gekommen ist. Der Freitag wurde zum Unglückstag durch den Tod Christi. Freia ist zur Mutter Maria geworden; ihr ist das Marienkäferchen geweiht. Herrgottstierli, Herrgottstierli, flüg über de Rhi, Und säg Vater und Mueter, es soll morn guet Wetter si! Freia ist die "weisse Frau", deren die Sage viele kennt. Das Volkslied spricht sogar von drei Mareien, den drei Nornen oder Schicksalsgöltinnen, den Spinnerinnen. Auch Berchta und der "Berchtelistag" erinnern an Freia, somit auch die Sage von der glücklichen Zeit, da "die Königin Berta spann."     Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 143, S. 68 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die weisse Frau - Sitten

Source: Die weisse Frau - Sitten

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Anna war die reichste und schönste Frau der Stadt Sitten, und das will etwas bedeuten. Auf dem jähen Felsen von Tourbillon neben dem Flügel von Valeria hatte sie ihre Wohnung und trug immerfort, nicht bloss bei Taufen und Hochzeiten, ein Kleid, weiss wie der Schnee. Darum wurde sie vom Volk die Weisse Frau geheissen. Allemal, wenn vom Lemansee herauf der Frühling ins Rhonetal einzog, schaute die Weisse Frau voll Sehnsucht nach den Oberwalliser Bergen. Dort war sie geboren worden, und dort war auch ihr Herz geblieben. Eines Tages ist sie plötzlich fortgegangen, um den schönsten Ort im Lande zu ihrem Sommersitz zu wählen. Alle Täler hatte sie durchstreift und alle Gräte überstiegen. Auf den südlichen Bergen hatte der Föhn sie vertrieben, und auf den nördlichen ihr der Nordwind zu kräftig ins Gesicht geblasen. Auf der Suche kam sie bis an den Ort, wo die weissen Bäche vom Langen Gletscher, vom Grosshorn und vom Beichgrat tosend in einander schäumen. Hier findet die Weisse Frau was sie längst gesucht: Bergseelein mit silberhellem Spiegel, kristallene Quellen und Gletschergrotten mit himmelblauen Wänden. Kein Wunder, dass die Weisse Frau hier ihre zweite Heimat findet, wo die ersten Strahlen der blitzenden Morgensonne sie wecken, und wo im Kreise der Berge das letzte Abendrot ihre weisse Gestalt vergoldet. An dem glücklichen Ort baut Frau Anna ein Haus und legt einen Garten an mit Bäumen, wie sie sonst nur in der Ebene wachsen. Die Weisse Frau freut sich, dass unter ihrer Pflege der Garten grünt und blüht, aber ihrem Glücke fehlt die Krone: Sie fühlt die Einsamkeit, das Unglück vieler Menschen. Kein einziger will ihr Paradies betreten. Die Hirten der Guggin- und Gletscheralpe treiben ihre Tiere nur bis zu den angrenzenden Bächen, und Jäger machen lieber einen Umweg über die schroffen Felsen oder über die tief zerrissenen Gletscher. Es muss sein, dass sich alle gegen die unbekannte fremde Frau verschworen haben. «Hassen mich die Menschen, so sollen wenigstens die Tiere mein Paradies geniessen», sagt Frau Anna und lockt die Gemsen aus allen Revieren auf ihre blumenreichen Weiden. Vergeblich suchen die Jäger alle Berge ab, Frau Anna hat alles Wild in ihren Bann geschlagen. Eines Tages stellt sich stolz der kühnste Jägersmann vor die hohe Gestalt der Weissen Frau und sagt: «Ich bin nicht gewohnt zu betteln. Ich kaufe die Tiere zurück, die du mit List gewonnen.» Nicht weniger stolz mustert ihn die Weisse Frau vom gekrümmten Federbusch bis zu den Silberschnallen und nennt den Preis: Für jedis Tiär ä Schalluchuä, Di jungi Hirt oich nuch derzuä.   (für jedes Tier die Schellenkuh, den jungen Hirten auch dazu.) So reich sind alle Jäger zusammen nicht. Mit gehängtem Kopf kommt der Jäger zurück und setzt sich auf einen geschliffenen Geisberger (erratischer Block) mit dem der Gletscher einmal Steine gemahlen. So findet ihn der Hirt von Gugginen und fragt nach dem Kummer seines Herzens. «Du hast ein Herz zu hart, um mir zu helfen, sonst würdest du die Kühe nicht hier auf der magern Weide quälen, während jenseits des Baches die Gemsen im hohen Grase mit einander stossen.» «Mein Herz ist nicht von Stein, aber ich weiss, dass Gehorsam mehr Segen bringt, als die besten Weiden. Es ist mir verboten, den Steg zum Gut der Weissen Frau zu betreten. «Sei kein Kind. Setz dich auf die erste Schellenkuh, und du brauchst gegen kein Gebot zu fehlen.» Wie ein böser Geist treibt der Hirte alle Kühe zusammen. Sobald er auf der ersten Schellenkuh an der Spitze seiner Herde über den Steg in das schöne Gut einreitet, fliehen vor ihm die Gemsen in die Felsen und in die Berge. Was findet der Hirt von Gugginen im Paradies der Frau Anna? Die Weisse Frau ist freigebig, aber stolz und kalt, als hätte sie kein Herz im Leibe. Schon wäre er gerne zurück bei den armen, aber liebevollen Menschen. Die Weisse Frau lässt ihn nicht mehr ziehen. Jeden Tag vertröstet sie ihn auf den kommenden Morgen. Ja, der nächste Morgen soll es sein, denkt der Hirt. In der Nacht verstopft er mit Gras den Kühen die Schellen, um beim ersten Morgengrauen lautlos und ungesehen die Herde zurückzutreiben. Dem schlaflosen Hirten wird die Nacht unbändig lang, kalt und immer kälter. Am Morgen sieht er die Gletscher aus der Lötschenlücke vom Grosshorn und vom Beichpass ineinander verschlungen wie die Leiber dreier Riesendrachen. Die Eiswände sind so steil und schroff getürmt, so tief zerklüftet und zerspalten, dass kein Menschenfuss den Weg darüber findet. Die Sonne geht auf wie alle Tage, aber ihre Strahlen bleiben zwischen den Gletschern so kalt, dass sie weder erwärmen noch beleben. Die Brunnen bleiben zugefroren und die Gräser abgestorben. Die Kühe sind bei offenen Augen stehend erstarrt und nicht einmal umgefallen. «O gute Weisse Frau, erbarme dich des armen, verführten Hirten und löse diesen bösen Zauber.» Aber die Weisse Frau hat keine Macht, das Unheil zu beschwören. Sie kann die Gletscher in hundert Jahren nicht schmelzen lassen, die sie in einer Nacht gerufen. Sie muss sehen, wie der Hirt vor Heimweh vergeht, fern von den Lieben. Nach wenigen Tagen muss sie sein im Tode erstarrtes Antlitz mit einem weissen Leichentuch bedecken. Frau Anna darf nicht einmal selbst in dem vereisten Paradiese bleiben. Der Fluch treibt sie auf den höchsten Felsen, wo sie seufzt und weint, bis ihre Tränen den harten Stein glatt geschliffen und tiefe Rinnen darin gezogen haben. Seither sind die Gletscher wieder abgeschmolzen und die Quellen aufgetaut, der Rasen ist wieder grün geworden und über den Rand des Gletscherbaches neigen sich Wachholdersträuche und Alpenrosen. Aber das verlorene Paradies der Weissen Frau vermögen die warmen Sonnenstrahlen nicht in seiner frühen Pracht hervorzuzaubern. Von ihrem Hause sieht man heute nur mehr zerfallenes, halb mit Moos überzogenes Gemäuer. Die Menschen fliehen heute noch den Ort, fast wie zu Frau Annas Zeiten. Wohl kommen Hirten und Jäger heute noch hier vorbei, und setzen sich an der Sonne nieder, umfächelt vom kühlen Hauch der nahen Gletscher. Aber kein Hirte lässt hier seit Menschengedenken seine Tiere über Nacht bleiben, kein Jäger sucht hier mehr eine Nachtherberge unter dem Dach eines schützenden Felsens. Inzwischen sitzt die Weisse Frau immer noch auf dem höchsten Felsen zu Pein geschlagen. Sie schaut nicht mehr, ob der Garten blühe, der ihre Freude und ihr Leid geworden. Sie schaut nach den Gletschern, ob diese nicht bald vorstossen ins Tal. Sie weiss nämlich, dass wenn die Gletscher wiederum das ganze Lötschental anfüllen, ins Rhonetal vorstossen und mit ihrer Zunge die Felsen von Tourbillon und Valeria lecken werden, die Stunde ihrer Erlösung schlage. Sie darf dann aufstehen von dem harten Stein und ihre alte Heimat aufsuchen auf dem Hügel über Sitten. Bis dahin wird noch mancher heisse Sommer und mancher kalte Winter vergehen, wird noch mancher Hirte von Gugginen hinüberschauen nach den Weiden des verlorenen Paradieses, die heute noch «die Anen» heissen. Quelle: J. Siegen, Sagen aus dem Lötschental, Erweiterte Ausgabe der Gletschermärchen (1905), Lausanne 1979. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die weisse Frau am Mattenbach

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Vom hintern Grund ragen die Felsen des Schwarzmönchs lotrecht hoch in den Himmel empor. Morgenseits werden die Steilstürze durch etliche Fluhsätze unterbrochen. Ueber diese schwebt bei Schneeschmelze und Landregen silbern der Mattenbach nieder. Ist dies bei Föhnlage im Winter der Fall, dann sagen die Leute im Stechelberg: "Der Mattenbach rinnt zu Unzeiten, die weisse Frau wäscht ihr Geld." Alle hundert Jahre wird sie einmal hier gesehen, und sie wartet auf Erlösung durch ein Heilignacht oder Froufastenkind (Kind, zu Fronfasten geboren). Aber sie wartet schon seit undenklichen Zeiten, denn das Dörflein ist gar klein, und so wenig Kindlein werden in einer von diesen Nächten geboren. Es war einmal ein Winterabend, in den Hofstatten schliefen Baum und Strauch in herbiger Kälte. Alles war Stein und Bein gefroren; an den Felswänden oben hingen die erstarrten Wasserfälle wie blauweisse Vorhänge. Aber an den hohen Schneekämmen der Grenzkette, da wurde gewiss was angerichtet. Auf allen Gräten wirbelten im Ringeltanz Schneefahnen hoch; in der satten Bläue schwammen die langen Föhnfische so prall, dass man hätte drauf sitzen können. Richtig — schon zu vormittnächtlicher Stund ging der heisse Hexentanz los, der den Schnee von den Bergen nahm. Krachende Eisbrüche prasselten über die Flühe herunter und erschreckten die nächtliche Stille. In der frühesten Morgenfrühe, es war grad zwischen Tag und Nacht, die sinkende Mondscheibe stand übergross hinter der Gydisfluh, da waren die Bergbauern, mit den Milchbrenten am Rücken, schon auf dem Wege zu ihren dunkel in den Schnee geduckten Scheuerlein. Nachdem man die ganze Nacht das Eis von den Flühen hatte poltern hören, verwunderten sie sich nicht, dass der Mattenbach in gehörigem Schwall über die Sätze sprang. Einer von den Hirten war ein Froufastenkind. Als er dem Vieh Futter gestossen, Wasser angeboten und die übrigen Stallarbeiten besorgt, da schloss er sorglich die Türe und sprach wie gewöhnlich vor dem Weggehen sein: "Walt Gott!" Er war kaum ein paar Stubenlängen vom Stalle weg, grad auf der Brücke, da sah er am untersten Mattenbachfall die weisse Frau in schneereinem, wallendem Gewande. Sie wusch in den rauschenden Wasserschleiern blinkendes Silber, eine Laubhutte voll. Er sah es so deutlich wie die Hand vor dem Gesicht. Jetzt winkte sie ihn heran, und als er wie ein Hölzerner stehen blieb, da rief sie: "Guter Mann, habt doch Erbarmen, erlöset meine arme Seel und nehmt als Entlohnung all mein Geld!" Dem Bauern, der ein armer Schlucker war, und der es in der Hand hatte, der hablichste Mann zu werden, dem sass die schwarze Furcht im Nacken. Der Narr musste ein Zeichen tun, sprang ab vom getretenen Weg mit der vollen Milchbrente am Rücken über Stotz- und Schreithäge heimzu. Und die weisse Frau muss nochmals hundert Jahre warten, bis der Mattenbach wieder einmal im Winter rinnt, der Rechte kommt und sie erlösen kann. Quelle: Hans Michel, Ein Kratten voll Lauterbrunner Sagen. Wengen 1936. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die weisse Frau an der Ringgenbergerbrücke

Source: Die weisse Frau an der Ringgenbergerbrücke

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Ziegen hütenden Kindern erscheint bei der Ringgenberger-Brücke an hohen Fest- und Feiertagen in stiller Frühe ein Mädchen von fast überirdischer Schönheit, mit Augen so blau und so rein, wie der Äther des Himmels. Vor ihr liegen drei lilienweiße Tücher; auf dem Einen ein Goldstück, auf dem Andern Kupfermünzen, auf dem Dritten Seile ausgebreitet. Sprachlos staunen die Kinder die fremde Erscheinung an, aber ihr gütiger Blick bannt die Furcht der Kleinen; die Holde heißt sie unter den auf den Tüchern ausgebreiteten Sachen auswählen. Die Kinder greifen sonderbarerweise oft nach den Seilen, nach den Schicksalsfäden der spinnenden Nornen, und daher sind die Frauen von Trons und Ringgenberg so unermüdliche Spinnerinnen und so gute Haushälterinnen geworden. Quelle: Jecklin, Dietrich: Volkstümliches aus Graubünden. 3 Teile, Zürich 1874, Chur 1876, Chur 1878 (Nachdruck Zürich: Olms, 1986), S. 11.        Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Weisse Frau auf Obersaxen

Source: Die Weisse Frau auf Obersaxen

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Einem armen Manne, der in später Stunde am Weihnachtsabend vom Mayerhofe nach St. Martin heimwärts gehen wollte, begegnete im Tobel eine weiße Frau, die auf einem goldenen Wagen daher fuhr. Plötzlich hielt der Wagen still, die weiße Frau stieg aus und winkte dem Manne. Er ging hin und da bedeutete sie ihm, daß sie einen Nagel am Wagen verloren habe, er solle ihr einen schnitzen. Er tat das, so gut es ging; die Frau dankte ihm und wies ihn beim Abschied an, er solle die Späne vom Holz, das er zum Nagel gebraucht, sammeln und heim nehmen. – Das tat er, und nahm die Späne nur zur Erinnerung an die seltsame Erscheinung, die er gehabt, mit. Zu Hause fand er, daß die Späne sich in lauteres Gold verwandelt hatten. Das Geschenk der guten Frau kam ihm recht gut, und von da an litten seine sieben Kleinen daheim auch nicht mehr Not. Quelle: Jecklin, Dietrich: Volkstümliches aus Graubünden. 3 Teile, Zürich 1874, Chur 1876, Chur 1878 (Nachdruck Zürich: Olms, 1986), S. 10-11.        Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die weisse Frau im Milibach

Source: Die weisse Frau im Milibach

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Leute aus Wiler waren in Arbeggen in der Alpe. Eines Sommers beim Bergheuen schickte die Mutter ein Mädchen mit einem Tuitäl zum Vater, der in der Fluhmatt mähte. Das Kind musste so über den Fluhmattsteg. Als es zum Vater kam, rieb es beide Fäustchen in seine ausgeweinten Augen und weinte noch in einem fort. Der Vater fragte, was ihm denn fehle. Da sagte es: «Ich bin auf dem Fluhmattsteg ausgeglitten und in den Milibach gestürzt.» - «Wie bist du denn da herausgekommen?» fragte der Vater, der nicht wenig erschrocken war. «Ich bin einer weissen Frau in den Schoss gefallen, darum ist mir nichts geschehen!» Der Tuitäl war noch verschlossen, und kein Tropfen Milch war verloren. LÖTSCHEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die weisse Frau in Zurzach

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In Zurzach steht fast inmitten des Fleckens ein Haus, genannt das weisse Rössli. Der Eingang in dasselbe führt durch ein kleines Vordergebäude, welches ehemals zur Messzeit als Magazin diente. Um Mitternacht vor hohen Festtagen, so berichtet die dortige Waschfrau Magdalene, schreitet eine hohe schneeweisse Frau aus diesem Vorhöflein heraus und begibt sich zum sogenannten mittleren Brunnen auf dem Markte. Hier spült sie ihr Weisszeug aufs sorgfältigste, und stolzen Ganges kehrt sie auf den Vorhof zurück. Wenn eine reine Jungfrau sie beim Brunnen anreden möchte, so würde sie erlöst sein. Und dies müsse wohl geschehen sein, heisst es, denn seit manchem Jahre hat man „die weisse Frau" nicht mehr gesehen. (Mitgeteilt von Hr. Lehrer Herzog in Aarau.)  Sage aus Zurzach Band 3.2, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962, S. 139 - 139 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Die weisse Frau ohne Nase

Source: Die weisse Frau ohne Nase

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Wenn man aus dem einsamen, stillen Münstertale über den Ofenberg nach dem Engadin wandert, so hat man sechs Stunden Weges zu machen, und man trifft nur ein einziges Haus an. Das Joch oder die Höhe des Passes heisst Buffalora, eine ausgedehnte Alp. Dort ist es unheimlich des nachts allein des Weges zu ziehen, denn aus dem Tal Rülla heraus kommt eine weisse Frauengestalt und wandelt dort umher ganz in der Nähe der Strasse. Sie trägt einen Bund Schlüssel am Arm. Was ihre Erscheinung noch grauenhafter macht, ist, dass sie keine Nase hat. Es leben gegenwärtig noch junge Leute, die sie herumwandeln gesehen haben. Quelle: Theodor Vernaleken, Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch


by Die weisse Frau von Burg Wartenstein

Source: Die weisse Frau von Burg Wartenstein

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In mondhellen Nächten erhebt sich bei der Burg Wartenstein, die Gestalt einer weissen Frau. Darüber erzählt man sich folgende Geschichte: Hier lebte der letzte des Geschlechtes von Wartenstein, ein alter Mann. Er hatte ausser seiner hübschen Tochter niemand als einen weitläufigen Ver­wandten bei sich, einen Burschen von WeissenfeIs. Im Übrigen kümmerte er sich nur um seine Bauern im Tale. Trotz der Entlegenheit des Schlosses und dem bescheidenen Leben war die Schönheit der Tochter des Burgherrn weitum bekannt, und der wilde Ritter von Brandis warb um sie. Man konnte dem Mächtigen nichts abschlagen, und so verlobte man ihm das Mädchen. Darüber verfiel der von WeissenfeIs in tiefen Gram; er nahm von Vater und Tochter Abschied und zog noch in derselben Nacht ab. Allein des Fräuleins Tränen waren vor Brandis nicht unbemerkt geblieben. Er geriet in Eifer­sucht, ritt dem Abziehenden nach, überwältigte ihn und brachte ihn ver­wundet in sein Schloss, um ihn hier im Kerker sterben zu lassen. Jedoch des Freiherrn Schwester verband den Armen, speiste und pflegte ihn und war ihm zuletzt, während der Abwesenheit ihres Bruders, auch zu seinem Entkommen behilflich. Inzwischen hatten sich aber Wartenstein und Brandis entzweit, und so wur­de dem Ritter die Verlobte wieder versagt. Jetzt belagerte er ihr Schloss und stürmte es. Als der Alte die Feinde eindringen sah, stürzte er sich mit sei­ner Tochter in den Sodbrunnen. In diesem Augenblick betrat der stürmende Brandis den Burghof und sah die Unglücklichen versinken. Während ihn der Schrecken übernahm, kam ein Pfeil durch sein Helmvisier gezischt, und auch er sank tot zusammen. Ein treuer Diener des Wartensteiners hatte den Schuss getan. Das Schloss aber brannte vollends nieder. In jener ver­schütteten Grube, wo einst die Öffnung des Brunnens war, erhebt sich jetzt in mondhellen Nächten die Gestalt der weissen Frau. Quelle unbekannt          Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die weisse Frau von Leissigen

Source: Die weisse Frau von Leissigen

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In uralter Zeit lag auf dem Stoffelberg bei Leissigen eine beträchtliche Stadt mit Mauern und Türmen und einem Herrenschlosse. Noch heute heisst die Stelle Burg und es befindet sich dort auf einem Stück Feld am Rande eines Buchenwäldchens eine Erhöhung, wo die Feste gestanden haben soll. Als einmal ein fürchterliches Erdbeben wütete und der See weit über seine Ufer hinausbrach, senkte sich in der Folge sein Spiegel und die Stadt zerfiel. Ihre Mauern versanken in den Erdboden wie man sagt, weil die Menschen so gottlos geworden waren, dass er sie nicht mehr zu tragen vermochte. Von dem Mauerwerk sieht man heute nichts mehr. Dagegen zeigt sich dort, wo dasselbige gestanden, von Zeit zu Zeit eine weisse kleine Frau. Alte Leute behaupten, sie sei einstmals die Herrin der Stadt gewesen und müsse jetzt zur Strafe ihrer Vergehungen da drinnen im Berg einen grossen Schatz hüten, welchen sie alle hundert Jahre einmal auf der Burg sonne und bei dieser Gelegenheit denjenigen, welche zufällig dahin kommen, als Geschenk anbiete. Doch können ihn nur Menschen, welche noch keine schweren Sünden begangen, erlangen. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die weisse Frau von Wartenstein

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Wenn man von Sumiswald nach Langnau geht, und dann von der Landstrasse rechts abschwenkt, so kommt man auf einem kleinen Umweg nach Lauperswil. Über der Zollbrücke drüben sieht man oben auf dem Kalchmattenberg die Ruine des Schlosses Wartenstein. Es ist ein verwitterter viereckiger Turm, dessen eine Seite eingestürzt ist, das übrige Grundgemäuer liegt im Verstecke schöner Buchen und Tannen. Zwischen inne sieht man eine runde Einsenkung durch Schutt ausgefüllt, dies ist der Sodbrunnen des Schlosses gewesen.  Hier lebte der letzte des Geschlechtes von Wartenstein, ein bejahrter Mann. Er hatte ausser seiner sehr hübschen Tochter niemand als einen weitläufigen Verwandten bei sich, einen von Weissenfels, den er zum Adoptivsohn angenommen hatte. Im übrigen lebte er mit einer nur geringen Dienerschaft zurückgezogen und stille, und kümmerte sich, anstatt um Welthändel und Ritterfehden, nur um seine Bauern im Tale, die mit grosser Liebe ihm anhingen.  Trotz der Entlegenheit des Schlosses und dem bescheidenen Leben der Familie, war die Schönheit des Schlossfräuleins doch weitum bekannt, und der wilde Ritter von Brandis, der im Emmental seine Burgen hatte, warb um sie. Man konnte dem Mächtigen nichts abschlagen, und so verlobte man ihm das Mädchen. Darüber verfiel der von Weissenfels in den tiefsten Gram; er nahm brieflich von Vater und Tochter Abschied und zog noch in derselben Nacht ab. Allein des Fräuleins Tränen waren vor Brandis nicht unbemerkt geblieben, er geriet in Eifersucht, ritt dem Abziehenden nach, überwältigte ihn und brachte ihn verwundet in sein Schloss, um ihn hier im Kerker hinsterben zu lassen. Jedoch des Freiherrn Schwester verband den Armen, speiste und pflegte ihn und war ihm zuletzt, während der Abwesenheit ihres Bruders, auch zu seinem Entkommen behilflich.  Inzwischen hatten sich aber Wartenstein und Brandis entzweit, und letzterem wurde die Verlobte wieder versagt. Jetzt belagerte er ihr Schloss und stürmte es endlich. Als der Alte die Feinde eindringen sah, stürzte er sich mit seinem Kinde in den Sodbrunnen. In diesem Augenblicke betrat der stürmende Brandis den Burghof und sah die Unglücklichen versinken. Während ihn der Schrecken übernahm, kam ein Pfeil durch sein Helmvisier gezischt, und auch er sank tot zusammen. Ein treuer Diener des Wartensteiners hatte den Schuss getan. Das angezündete Schloss brannte vollends nieder. In jener verschütteten Grube, wo einst die Öffnung des Brunnens war, erhebt sich jetzt in mondhellen Nächten die Gestalt der weissen Frau und schwebt zwischen den Bäumen. (Mitth. von Ed. Scheidegger von Huttwil.)  Sage aus Lauperswil, Bern Band 3.2, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962, S. 141 - 142 Anmerkung der Einleserin:  Im Ortsbuch von Lauperswil kann man noch mehr über die Besitzer der Burg Wartenstein lesen, u.a. eine weitere Sage. S. 26 - 30:  „Die Burg Wartenstein dürfte zu Ende des 12. oder Anfang des 13. Jahrhunderts erbaut worden sein, vielleicht als Ersatz für eine ältere Burg, die sich auf dem sog. Zwingherrenhubel westlich über dem Dorfe Rüderswil erhoben hatte. Die Herrschaft Wartenstein, zu der neben Lauperswil auch Rüderswil gehörte, war vermutlich ein Bestandteil der ausgedehnten Freiherrschaft Signau. ... Urkundlich ist 1228 ein Ulrich Swaro von Wartenstein der erste namentlich erwähnte Besitzer der Burg.“ Der letzte Besitzer, Hans von Ballmoos, Junker, Herr zu Wartenstein, Lauperswil und Rüederswil, Vogt zu Aarberg, starb 1493, hinterliess viele Schulden und noch unmündige Kinder Die 1383 zerstörte Burg kann man heute noch besichtigen, der bis auf 18 m ausgegrabene Soodbrunnen ist mit einem Eisengitter überdeckt. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die weisse Frau von Weissenau

Source: Die weisse Frau von Weissenau

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In der Umgebung der Burg Weissenau am Einfluss der Aare in den Thunersee, lebte ein Bauer, gewaltig von Gestalt, ein stolzer und verschlossener Mann. Als er schon betagt war, hatte er ein junges Weib gefreit und eine blühende Tochter hatte diese ihm geschenkt. Als die Frau einer Krankheit erlag, blieb die Tochter der Sonnenschein des alten Vaters. Die Schönheit des Mädchens war im Tale nicht unbemerkt geblieben. Ein Mönch aus dem Kloster Interlaken, jenseits der Aare war für das holde Wesen entbrannt. Eines Tages verfolgte er sie beim Beerenlesen an den Abhängen des Harders. Als sie ihm aber im neckischen Spiele immer wieder durchs Dickicht entschlüpfte lief sie dem Freiherrn von Weissenau in die Hände, der von der Jagd vom Berge niederstieg. Berauscht von dem Liebreiz des Mädchen vermochte er dieses dadurch auf die Burg zu locken, dass er ihm golden Geschmeide, Kettlein und Ringlein versprach. Nach kurzer Zeit hatte er das Kind so betört, dass es mit ganzem Herzen an ihm hing. Trotz der inständigen väterlichen Bitte wollte es das Schloss nicht mehr verlassen. Der Vater aber sah in dem Ritter nur den Verderber seiner Tochter. Er schwur blutige Rache. Der Freiherr hatte die Gewohnheit, jeden Sonntag in der Kirche von Unterseen die Messe zu hören und er und seine Lehensmänner ritten dabei stets auf schönen Schimmeln zum Städtchen. Darauf bauten die grollenden Bauern unter der Führung jenes im Herzen verletzten Greises ihren Plan. Es gelang ihnen, mit vieler Mühe und grossen Kosten eine Anzahl weisser Rosse und Rüstungen zu beschaffen. Am nächsten Sonntag stand das junge Mägdlein auf der Zinne der Burg Weissenau. Plötzlich sah es die lange schnurgerade Strasse von Unterseen her eine Schar Ritter auf Schimmeln daher stürmen, verfolgt von einer grossen Menge Bauern mit Spiessen, Morgensternen und langen Schwertern. Man war auf einen ähnlichen Auftritt schon lange gefasst gewesen, da man den gärenden Zorn der Bauern kannte. Die Frau auf der Zinne gab dem Burgwart das Zeichen und rasch wurden die Bedrängten eingelassen. Zu ihrem Entsetzen aber sah die Frau von oben herunter, wie die vermeintlichen Ritter im Burghof angelangt, die Schwerter zogen und auf die Mannschaft einhieben. Sie erkannte auch bald das graue Haupt ihres Vaters, der an der Spitze der Eingedrungenen mit gewaltigem Arm das Schwert führte wie der geübteste Ritter. In der Verzweiflung und sein Leben bedroht sehend, tritt das Mädchen an die mit Steinen gefüllte Schleudervorrichtung, zieht den Pflock und lässt die tödlichen Geschosse auf die Eindringlinge niederprasseln. Zerschmetternd fährt die Ladung in die Reihen der Bauern. Die junge Frau aber, zu wenig bekannt mit der gefährlichen Vorrichtung, wird in unvorsichtiger Kraftanstrengung mit hinausgerissen über die Brüstung, einen Augenblick flattert das weisse Gewand in der Luft, dann liegt die jugendliche Gestalt zerschmettert auf den zuckenden Leibern des Feindes. Jammernd stand der alte Vater, welcher dem verderblichen Steinfall entgangen war, an der Leiche der Tochter. In furchtbarer Wut machten sich nun die Überlebenden an die Verfolgung des Ritters. In der Kirche hatte dieser von dem Überfall Kunde erhalten und flüchtete sich zunächst nach Matten, dort liess er seinem Pferde die Eisen umgekehrt an die Hufe heften. Durch diese List entkam er ins Habkerental und später über den Grünenberg ins Entlebuch. Seit diesen Zeiten zeigt sich bei Weissenau je und je eine weisse Frau. Es ist die unglückliche Jungfrau, die ihre ewige Ruhe nicht finden kann. Niemand wagt es ihr zu nahen, denn ein fürchterlicher Hund mit tellergrossen Augen, nämlich der verzauberte lüsterne Mönch, bewacht sie und die Burgtrümmer, und nur unter ganz bestimmten schwierigen Bedingungen wird die Erlösung der Geister und die Hebung des dort befindlichen Schatzes möglich sein. Wem aber das Unternehmen misslingt, der ist dem Tode verfallen. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Die weisse Gämse

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In den Alpentälern der Schweiz gibt es immer noch viele Gämsen, und besonders bei den Salzleckestellen kann man sie gut beobachten. Da sterben denn auch die Gamsjäger nicht aus. Einer der verwegensten Gamsjäger im Schwyzer Bergland war der alte Marty, der Süma geheißen, der viele Hunderte dieser Grattiere zur Strecke gebracht hat und der mir von seinen Jagden gar viel und Wunderbares zu erzählen wußte, als ich als ein angehender Junge auf der Käsernalp herumlag. Ich könnte schier ein Buch damit füllen, wenn ich wollte. Besonders sträußte ich die Ohren, wenn er von der geheimnisvollen weißen Gämse berichtete. Dann tat ich Mund und Ohren also auf, daß der Wind durchzog. Aber im Bernerland wohnte vor alten Zeiten ein Gamsjäger, dem erging's mit der weißen Gamse gar bös. Rieggi hieß er. Tag und Nacht war er auf der Jagd. Kein Berg war ihm zu hoch, kein Felsenband zu abschüssig, kein Föhnsturm zu wild. Bei Blitz und Donner, in Nebel und Frost zog er mit seinem sichern Stutzen auf die Hochjagd, und selten kam er leer heim. Sein Leben galt ihm nicht mehr als ein abfallendes Blatt, wenn er einmal einem rechten Gamsbock auf der Spur war. Frevelhafterweise verschonte er aber auch die Gamsgeißen nicht, deren Junge dann ohne Mutter elend verhungern mußten. Und obwohl ihn die Leute gar oft warnten, lachte er über alle guten Räte und jagte, wie er wollte. Schon hatte er neunundneunzig Gämsen geschossen. Statt sich nun vor der Hundertsten zu fürchten, die dem Jäger als Warnerin erscheint und die ein schneeweißes Fell trägt, freute er sich darauf und sagte, er wolle nicht ruhen noch rasten, bis er auch die hundertste Gämse zu Fall gebracht habe, und wenn sie zehnmal weiß sei. Die alten Leute, die solche leichtfertigen Reden hörten, schüttelten die Köpfe und sagten unter sich, es werde mit dem Gamsjäger Rieggi noch ein böses Ende nehmen. Eines Tages nun machte sich der Rieggi jauchzend auf die Jagd. Die hundertste Gämse wollte er sich holen. Also stieg er ins Gebirge hinauf. Nach und nach kam er ins Gsür, auf einen mächtigen Gebirgsstock zwischen St. Stephan und Adelboden. Auf ihm fühlten sich alle Tiere sicher und wohlgeborgen, und daher nannte man diesen Berg "Die Mutter der Tiere". Aber ihm war kein Berg heilig, vor ihm und seinem sichern Gewehr fanden die Tiere nirgends eine Freistatt, auch im wilden Gsür nicht. Wie er nun hoch am Berge saß und eine Weile rastete, stand auf einmal da, wo sich das Rothorn gegen die Grimmialp abdacht, ein gewaltiger, schneetaubenweißer Gemsbock. Statt nun der Warnung der alten Leute zu gedenken und den Gamsbock in Ruhe zu lassen, sprang Rieggi auf und machte sich auf Schleichwegen an die weiße Gämse heran. Als er sie in Schußweite glaubte, zielte er gut, und sein Schuß donnerte durch alle Berge, also daß die Lauinen anließen und abfuhren, daß die ganze Bergwelt erbebte. Aber als sich der Rauch verzog, sah er, wie die weiße Gämse sich davonmachte, und er hätte doch Stein und Bein geschworen, seine Kugel sei mitten in ihren Kopf geflogen, denn auf diese Entfernung war ihm noch jede Gämse gefallen. Obschon ihm das absonderlich und unheimlich vorkam, ließ er sich doch nicht warnen. Unermüdlich verfolgte er die Spuren der weißen Gämse, die sich immer wieder zeigte, bis hoch über die Alpenrosen hinauf, in die entlegensten Felsenkarren, über schrecklich abhäldige Felsenbänder, die kaum noch ein einsames Edelweiß zeigten, bis an die wandgähen Zungen des ewigen Firnschnees hinauf. Noch nie hatte sich Rieggi also verstiegen. Die Jagdleidenschaft machte ihn völlig blind, und auf einmal stand er auf einem Felsband, um das der Berg wandgäh in die grause Tiefe hing, aus der die düstern Gletscher heraufdämmerten. Was er auch versuchte, er kam nicht mehr vorwärts noch rückwärts. Mit knapper Not vermochte er sich an die Felsenwand anzulehnen. Die weiße Gämse aber war spurlos verschwunden. Jetzt erkannte Rieggi die entsetzliche Gefahr, in die er sich verstiegen hatte. Aber er mochte sich umschauen, wie er wollte, nirgends tat sich ein rettender Pfad auf, und wie er auch jauchzte und stundenlang nach Hilfe rief, es kam ihm keine Antwort. Nur das Echo trug ihm kalt und herzlos seine eigene Stimme zurück. Nach und nach erlahmte er. Er war abgehetzt und todmüde. Seine Beine zitterten und fanden keinen festen Halt mehr; seine Hände hatten nicht Griff genug und fielen ab. Nur noch mit dem Rücken krampfte er sich verzweifelt an die Felswand. Und auf einmal war ihm, die Bergspitzen fangen zu laufen an, immer schneller, immer schneller, und jetzt ertönte eine Stimme über ihm: "Rieggi, Rieggi! Warum verfolgst du meine Geißen, die mich mit Milch und Käse versorgen? Rieggi, Rieggi, nimm den Hut vor deinen Kopf, damit du nicht siehst, wie tief du fallen mußt!" Jetzt hauchte es den Gamsjäger kalt an; es ward ihm dunkel vor den Augen, weitaus breitete er die Arme und fiel lautlos in die grausige Tiefe, in den sicheren Tod. Seither nennen die Älpler jene ungangbare Stelle, wohin sich der verwegene Gamsjäger einst verstieg, Rieggis Pfad.   Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die weisse Gemse

Source: Die weisse Gemse

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Zur Zeit, als in Naters ein gewisser Biderpost Pfarrer war, lebte dort ein ausgezeichneter Gemsjäger, mit Namen "der grosse Lerjen"; er war ein guter Freund vom Pfarrer, der auch ein grosser Liebhaber der Jagd war. Als Lerjen demselben erzählte, dass er in den schauerlichen Gredetschbergen ein schönes, schneeweisses Gemstier gesehen, dem er aber nicht habe beikommen können, mahnte ihn der Pfarrer, künftig nicht mehr auf die Jagd zu gehen. Einst wo der Pfarrer in Brigisch einen Schwerkranken in der Nacht verwahren musste, traf er auf der Rückreise, noch im Morgendunkel, den grossen Lerjen an. Die Büchse auf der Achsel und vollständig zur Hochjagd ausgerüstet, vom Schweisse triefend, begegnete er ihm so eilig, als wenn er sehr pressierte. «Wohin, wohin Lerjen, so im Sturm?» fragte ihn der Pfarrer. «Nach Gredetsch, das weisse Tier holen — koste es was es will!» gab er zur Antwort. «So, das wird dir doch nicht Ernst sein?» fragte wieder der Pfarrer. «Ernst, Ernst!» erwiderte Lerjen. «Nun denn, so lebe wohl, wir sehen einander nicht mehr!» sagte der Pfarrer, drückte ihm noch herzlich die Hand — und ging seinen Weg vorwärts. Abends kam von den Hirten die Nachricht, ein Jäger sei in den Gredetschbergen erfallen. Er soll sich von dem weissen Tiere in die gefährlichsten Felspfade haben verführen lassen und von dort in den schwindligen Abgrund gestürzt sein. Der unglückliche Lerjen wurde klein zerschmettert gefunden und in einem Leintuche zusammengebunden auf den Kirchhof nach Naters gebracht.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die weisse Gemse (H. Hartmann)

Source: Die weisse Gemse (H. Hartmann)

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Über dem Kiental ragt ein Horn aus Felsgestein. Schnyders Horn heissen’s die Älpler. Ehedem war dasselbe nur schlechthin Horn genannt. Es lebte aber ein loser Bursch im Tal, ein Tunichtgut; wollt' nicht schaffen, wollt’ nur herumstreifen, dem Gemswild nach. Zuerst ward ihm auch im Berg das Glück nicht hold. Da machte er einen Pakt mit dem Teufel. Von dem Tage an wurde er der berühmteste Gemsjäger weit und breit - ein gefürchteter Mann im Gebirge. In den Bändern um Schnyders Horn weideten von Alters her die schönsten Gemsen. Dorthin trug der Teufel den Jäger jeden Morgen vom Alpstafel. "Schiess mir alle Gemsen", sprach der Teufel, "nur die weisse nicht, denn sie ist mein Liebling." Der Jäger tötete nach Herzenslust, badet Hände und Füsse in Gemsenblut weil dies Halt und Schritt sicher macht. Auch trinkt er vom Blute der armen Gemordeten und je mehr er trinkt, desto blutgieriger wird er. Eines Morgens jagt er wieder in den Bockpfäden. Da steht plötzlich die weisse Gemse vor ihm. "Du bist mein", spricht Schnyder, "ich fürcht auch den Teufel nicht." Das geängstete Tierlein macht kehrum und läuft in den Bockspfäden davon. Hurtig der Jäger hintendrein. Wie er aber jetzt anlegt und der Gemse eine Kugel nachsendet, tritt der Teufel vor ihn und schlägt ihn über die Felswand, dass er tief unten im Gestein zerschellt. Nach Jahr und Tag erst hat man an einer Felszacke sein Gewehr hängen gefunden. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die weisse Gemse (J. Jegerlehner)

Source: Die weisse Gemse (J. Jegerlehner)

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Es war eine sternklare Septembernacht. Schon morgens um zwei Uhr war Theodul, der Gemsjäger, aufgebrochen. Wer Gernsen jagen will, muss früh aufstehen, auch wenn er hoch oben im Gebirge wohnt, um bei Zeiten auf der Warte zu sein und sie bei der Morgen­äsung zu überraschen. Er hatte die Flinte nur mit Schrot geladen, denn bevor er zu den Platten stieg, wo er die Gemsen vermutete, wollte er hierseits des Berges die Schneehühner, die er in den letzten Tagen aufgestöbert, in ihrem Schlupfwinkel aufjagen. Er schritt lang­sam aufwärts, und über dem Bergkamm dämmerte der Tag. Er er­reichte den Ort, wo er die Schneehühner vermutete, aber sie mussten ihr Nachtquartier gewechselt haben, denn trotzdem er der bekannten Wand nachstrich und jeden Winkel scharf ins Auge fasste, sah er keine Feder. Da er die Schrotladung nicht aus dem Laufe ziehen konnte, kroch er in eine Spalte und liess dort den Schuss los. Ein dumpfer Knall erfolgte, wie von einem nassen Schuss, der nirgends ein Echo erweckte und auf der andern Bergseite von den Gemsen nicht gehört werden konnte. Dann lud er aufs neue, setzte die Blei­kugel ein, hing das Gewehr wieder über die Schultern und stieg bergan. Unterdessen war es hell geworden. Er überschritt den Kamm und folgte einem Felsenbande, das einer Fluh entlang führte. Tief unten in einem Felsentrichter schlummerte noch der Bergsee, in nächtliches Dunkel gehüllt. Ab und zu flog ein Vögelchen vor dem Jäger auf und schoss pfeilschnell und lustig zwitschernd in die Luft; sonst hörte er nichts als den rieselnden Schutt, der sich unter seinen Füssen löste. Wenn eine Runse das Felsenband durchschnitt, musste er vorsichtig hinüberklettern, oder wenn sie tiefer eingeschnitten war, hinuntersteigen und auf der andern Seite wieder hinauf. Als er das Ende des Rasenbandes erreicht hatte, flimmerte der goldene Strah­lenkranz hinter der Bergwand, und jeden Augenblick konnte die Sonne oben sein. Er stand auf einem schräg abfallenden Bergrücken, hinter dem es in schwindliger Steilheit in die Tiefe ging. Bei diesem Ausstich, wie die Jäger die Stellen nennen, von denen aus die Gem­sen geschossen werden, hoffte er den ersten Schuss abgeben zu kön­nen. Er legte Gewehr und Hut ins Gestein und rutschte auf dem Bauche langsam vorwärts. In den Steilgründen, in die er jetzt hin­unterblickte, pflegten die Gemsen zu weiden. Bis zu halber Höhe reichten die Tannen hinauf, in deren Schutz sie die Nacht zubrach­ten. Er streckte den Kopf über den Rand hinaus und spähte lange hinunter. In dem Krachen unten wob noch die Morgendämmerung, und kaum unterschied er die knorrigen Legföhren voneinander, die oft sonderbare Gestalt annehmen und bald ein Tier, bald einen Steinklumpen darstellen. Mancher Jäger hat solche Zwergföhren schon für Gemsen gehalten und den Irrtum erst wahrgenommen, wenn er darauf zielte. Aber was er jetzt erspähte, waren nicht Zwergföhren und nicht Felsblöcke, es waren dunkle Flecken, die sich bewegten, das waren die Gemsen, und dabei sah er ein weisses Tier, das konnte nur eine weisse Gemse sein. Er hatte schon oft von seltenen Gemsen erzählen hören mit einem Schneepelz und feuer­roten Augen, die den Jäger ins Unglück stürzen, wenn er es wagt, auf sie anzuschlagen. Das war aber nur schwarzer Aberglaube, und er gehörte zu der jungen Generation, die solches Gefasel nicht höher einschätzt, als es wert ist. Eine weisse Gemse nicht zu erlegen, wenn man sie vor der Nase hat und so gut zum Schusse kommt, das wäre eine schöne Narretei gewesen. Was werden dagegen seine Kameraden sagen, wenn er mit dem weissen Tier über den Schultern nach Hause kommt! Er kroch zurück, ergriff die Flinte und prüfte sie genau. Sie sah aus wie immer; den Lauf hatte er erst neu einsetzen lassen und von einem Zerspringen desselben ... «dummes Geschwätz», dachte er, «abergläubisch bin ich nun einmal nicht!» Er rückte sich auf dem Bauche zurecht, spreizte die Beine auseinander und nahm die weisse Gemse, die ruhig äste, aufs Korn. Aber verdammt, seine Hand zit­terte. «So lass ich sie halt, denn fehlen will ich nicht», dachte er und rückte den Lauf mehr nach rechts. «Dort den falben Bock! - Eine weisse Gemse zehn Schritt davon und auf einen Bock zielen, wie man sie jetzt alle Tage zu Dutzenden niederknallt in den Alpen, das dürfte ich ja keinem Menschen sagen!» Er schob den Lauf wieder nach links und zielte. «Das verteufelte Zittern in der Hand!- Der Schuss krachte. Aus der Mündung stieg ein graues übelriechendes Räuchlein. Er erhob sich und spähte hinunter. Vielleicht doch! Stein­geröll, Legföhren und weiter unten dichter Tannenwald. Gefehlt! Verdammt! Er lud die Büchse wieder, setzte den Hut auf das schwarze Haar, das in dichten Strähnen über die Stirne floss, spähte in die Ferne und sah, wie die Tiere, das weisse zuvorderst, weit hinten den Bergrücken hinauf jagten und dahinter verschwanden. «Aber jetzt soll mich grad der böse Feind holen und das soll er, wenn ich heute nicht nochmals zum Schuss komme», wetterte er und polterte die Geröllhalde hinunter. Dann setzte er sich wieder in ruhige Gangart, denn Eilen hatte keinen Zweck. Eine Stunde später wanderte er dem Bergsee entlang, wo er den Pfiff der Murmeltiere hörte, die ihre Schnauzen aus den Löchern streckten, um zu schnuppern, ob es noch nicht Zeit sei, den Pelz der warmen Morgensonne auszusetzen. Bald wird die lange Win­ternacht hereinbrechen, und dann muss das eigene Fett die Sonnen­wärme ersetzen. Sollte er sich hier hinter ein Steinmäuerchen setzen, den Murmeltieren auflauern und die weisse Gemse fahren lassen? Nein, nicht für ein Dutzend dieser Fettbäuche hätte er sie gegeben. Er begann die jähe Halde empor zu klimmen; er wusste genau, wo er sie heute noch antreffen würde, und diesmal wollte er nicht fehlschiessen. Er stieg höher, kletterte über einen Kamm hinweg in eine Mulde hinunter, dann wieder hinauf, und nun begann er mit der grössten Vorsicht vorzurücken. Die Schneeflecke, auf denen sich die Spuren der Gemsen leicht abzeichneten, waren so steil, dass er sich kaum mehr halten konnte. Endlich war er am Ziele. Er nahm die Büchse in die Hand und liess sich auf ein Knie nieder. Wenn er die Gemse hier nicht fand, gab es nur noch eine Möglich­keit, dann war sie im Guggettli. Er rutschte ein wenig vorwärts und guckte über den Steinrucken hinaus, und sein Herz schlug ihm zum Halse empor. Auf einen guten Büchsenschuss entfernt sah er die weisse Gemse ganz allein neben einem Schneefeld weiden. Er schlich noch einige Schritte näher und legte an. Der Wind blies ihm ins Gesicht, das war günstig. Er legte die Flinte wieder nieder, denn der ganze Körper zitterte von der Aufregung und dem beschwerlichen Marsche, das Auge floss ihm über, der Wind musste es entzündet haben. Wenn er das linke Auge schloss, sah er nur eine weisse Fläche, und er konnte das Tier von der Schneedecke nicht mehr unterscheiden. Da drückte er los. Als sich der Rauch verzogen hatte, war die Gemse verschwunden. Er sprang auf und eilte so schnell er konnte zu der Stelle, wo sie soeben noch geäst, denn Blut musste geflossen sein; aber er hatte sie nicht einmal gestreift. Er hatte heute einen verteufelten Tag, und jetzt konnte er sich von dem Tiere erst nicht mehr los machen, also vorwärts zum Guggettlihorn. Er wickelte einen Büschel Werg um den Ladestock, fuhr einigemal damit durch den Lauf und liess die letzte Kugel hineingleiten. Zwei volle Stunden musste er steigen und klettern, bis er den Ausstich erreicht hatte. Als er am neuen Standorte auslugte, sah er die Gemse so ruhig weiden, als ob nichts vorgefallen wäre. Aus den Felskaminen flossen die weissen Schneeadern, und er konnte keine bequeme Stel­lung wählen zur Abgabe des Schusses. Er blieb stehen und setzte die Füsse fest ein. Wenn er ausglitt oder wankte, so stürzte er kirch­turmstief hinunter. Er schlug an. Da löste sich ein Stein und polterte hinunter. Die Gemse hob den Kopf und machte einen Sprung. Da krachte auch schon der Schuss und erweckte ein langgezogenes Echo in den Felsen. Der Schuss hatte den Schnee gelockert, er sah eine Lawine niedersausen, die weiter unten durchs Holz brach und an den dicken Stämmen zerschellte. Der Schuss sass wieder nicht, das war sicher. Immerhin wollte er sehen, wo die Gemse gestanden hatte und sich den Ort merken. Aber was winkt denn dort für ein weisses Tuch? Hat sich jemand in diesen Flühen verstiegen, und wenn ich nicht irre, gar noch eine Dame? Er ging auf sie zu und glotzte sie an. «Schaut nur nicht so stutzig drein», rief die Dame mit freundlicher Stimme, «ich bin die weisse Gemse gewesen, und wenn wir auf sicherm Boden sind, werde ich Euch erzählen, wie das alles gekommen ist! » Er geleitete, immer noch voller Staunen, die vornehme Dame zu­rück und hinunter zum See. Sie trippelte an seiner Hand durch das Gestein, und wenn sie an eine böse Stelle gerieten, hob er sie sanft in die Höhe, und das schien ihr sehr zu gefallen. Am Seeufer, wo die Wellen plätscherten, hielten sie Mittagsrast. Der Jäger zog sein Frühstück hervor und teilte es mit dem Fräulein. «Ja, ich danke Euch sehr, sagte sie, «denn Ihr habt mich erlöst. Ich bin das Kind reicher Eltern, die weit unten in Savoyen wohnen. Ich habe in den Büchern viel von den Schweizer Gemsen gelesen und immer gewünscht, so ein flinkes Tier zu werden und über alle Berge davon­rasen zu können, Tag und Nacht in den schroffen Felsen herum­zuschweifen und die Jäger zum Narren zu halten. Ich stellte mir vor, wie herrlich das sein müsste, aber da hat mich die Mutter jedes­mal gescholten und mir mit schwerer Strafe gedroht, wenn ich noch mehr davon rede. Doch ich konnte halt den Trieb nach den Bergen nicht ersticken und drohte fortzulaufen, und da bin ich eines Mor­gens hier oben erwacht als weisse Gemse mit zwei Hörnchen und niedlichen Hufen, und eine Stimme hat mir zugerufen: «So, jetzt kannst du äsen, du weisser Zweihörner und dich jagen lassen, und nicht eher sollst du erlöst sein, als bis ein Jägersmann dreimal auf dich angelegt und dich dreimal fehlt! Wie lange ich hier oben war, weiss ich nicht, mancher Jäger hat mich gejagt, keiner hat es gewagt, den Schuss abzufeuern, jetzt aber bin ich erlöst, und ich danke Euch sehr dafür!» Theodul hat dann das schöne Fräulein hinuntergeleitet ins Tal und ist wieder hinaufgestiegen ins Bergdorf. Über das seltsame Aben­teuer aber hat er sich ausgeschwiegen. Einige Monate später ist er aus seiner Heimat verschwunden. Die Leute munkelten allerlei über ihn und deuteten mit dem Zeigefinger nach der Stirne, wenn sie von ihm sprachen. Übergeschnappt sei er und nach Savoyen aus­gewandert, der Lapp, weil ihn dort ein reiches Fräulein heiraten wolle. Quelle: Johannes Jegerlehner: Walliser Sagen, Hans Feuz Verlag Bern, 1959 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die weisse Gestalt bei Bonn

Source: Die weisse Gestalt bei Bonn

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Auf dem Weg zwischen Birch und Bonn in der Gemeinde Düdingen steht seit alten Zeiten ein schlichtes Muttergottesbild in einem einfachen Bethäuschen. In der Nähe dieses Kapellchens konnte man früher eine eigentümliche Wahrnehmung machen. Jedes Mal am Vorabend vor Allerheiligen oder vor Allerseelen sahen die Anwohner eine weissgekleidete Frauengestalt umhergehen. Sie bewegte sich stets auf dem gleichen Weg, der von Bonn nach dem Bauernhofe Fellewil führt. Manchmal ging die Gestalt leise dem nächtlichen Wanderer nach, als ob sie ihm eine Bitte vortragen wollte. Sie tat aber niemals den Mund zum Sprechen auf. Vielleicht wartete sie auf eine Anrede. Auch tat die seltsame Erscheinung keinem Menschen etwas zuleide. Hatte die rätselhafte Begleiterin den Weg bis Fellewil zurückgelegt, verschwand sie urplötzlich wie sie aufgetaucht war, um ihren nächtlichen Spaziergang von neuem in Bonn zu beginnen. Die Leute der Umgebung waren im Glauben, die weisse Gestalt sei eine unerlöste arme Seele, die im Grab keine Ruhe finden konnte. Auf ihren nächtlichen Spaziergängen suche sich die Unbekannte den Lebenden bemerkbar zu machen, um sie um ihre Fürbitte in Gebet und heiligem Messopfer anzugehen. Gegenwärtig ist die nächtliche Wanderin vollständig ausgeblieben.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die weisse Hexe

Source: Die weisse Hexe

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Eines Abends erst spät verliessen die Männer des Dorfes Peist die Gemeindeversammlung. Einige Burschen gingen aber noch nicht Haus zu, sondern »stürmten« auf den Gassen herum. Einer von Diesen erblickte im Umsehen oberhalb des Dorfes in einem Stall ein Licht. Es nahm ihn Wunder, wer dort oben sei, wo sonst gar nie »g\'liechtet« werde, und beriet sich mit den Andern, was das sei und was sie nun tun wollten. - Sie wären gerne hinauf gegangen und wagten es dennoch nicht, und doch sollte Einer hinauf. - Es wurde das Los gezogen und Dasselbe traf ihrer Zwei, die gingen nun hinauf. Sie kamen zum Stalle und schauten hinein, da erlosch plötzlich das Licht, stattdessen stand eine riesengrosse, weissgekleidete Jungfrau vor ihnen. Voll Schrecken liefen die Zwei dem Dorfe zu, die Jungfrau lautlos ihnen nach, bis ganz nahe an die Häuser. Auf dem Wege glaubten Beide, es sei ihnen Sand in die Augen gestreut worden, und von Stund an waren Beide am linken Auge blind, und blieben es. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die weisse Jungfrau

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Nach einer alten Sage geht bei der Ruine Tschäpperli eine weisse Jungfrau um, die auch Prinzessin genannt wird. Sie erscheint, von einem grossen Hunde begleitet, nachts zwischen elf und zwölf Uhr. Sie ist, wie ihr Begleiter, von ungewöhnlicher Grösse. Ihr langes Kleid rauscht geheimnisvoll und erschreckt den Wanderer. Bald winkt sie von der Mauer herab, bald kämmt sie sich an der nahen Quelle. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Die weisse Jungfrau am Margarethenbrunnen

Source: Die weisse Jungfrau am Margarethenbrunnen

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Nicht weit von den letzten Resten der Burg Bischofsstein, am Fuße der sissacher Flue, ist ein Brunnen, der St. Margarethenbrunnen, der sich jetzt in die Ergolz ergießt. An diesem Brunnen sah man noch vor fünfzig Jahren eine Jungfrau, fein und zart von Angesicht und weiß gekleidet, oftmals bei hellem Sonnenschein lustwandeln. Wann sie dies eine Weile getan, ließ sie sich an dem Brunnen nieder, löste und strählte ihr Haar, das ihr in vielen Locken auf Schultern und Nacken fiel und in der Sonne wie das lauterste Gold erglänzte. So saß sie, als ob sie irgend Jemand sehnend erwartete, oftmals stundenlang; sobald aber die Sonne sich zum Niedergang neigte, stand sie auf und kehrte ihr goldenes Haar wieder zusammenflechtend traurig nach der Burg Bischofsstein zurück, von der sie gekommen. Von dieser Jungfrau heißt es, sie habe auf Erlösung geharrt, diese sei aber erfolgt, als einst ein junges Mädchen aus dem Dorfe es gewagt, der geheimnisvollen Fremden Kammerjungferndienste anzubieten und ihr die aufgelösten Haare wieder zurecht gebunden habe. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die weisse Jungfrau vom Tschöpperli

Source: Die weisse Jungfrau vom Tschöpperli

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Bei der Ruine Tschöpperli «gespenstet . . . eine Prinzessin oder die weisse Jungfrau. Nachts zwischen elf und zwölf Uhr geht sie, von einem Hunde begleitet, im benachbarten Wald umher und tut zwar den Begegnenden nichts zuleide, erschreckt sie aber durch ihre, wie ihres Begleiters aussergewöhnliche Grösse, durch das Rauschen ihrer langen Kleider und den schweigsamen Ernst ihres Benehmens, wenn sie, bald auf einer Mauer stehend, den Vorübergehenden zuwinkt, bald heruntersteigend sich bei dem klaren Quellwasser die goldenen Haare kämmt. Einige Fronfastenkinder wollen sie auch schon anfangs nachts und morgens gesehen haben.» Aesch Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die weisse Katze

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Es war einmal vor vielen, vielen Jahren ein König, der hatte drei Söhne. Als er alt war, sagte er, er gebe dem die Krone, welcher ihm das schönste Taschentuch bringe. Da zogen alle drei Prinzen in die Welt hinaus, um ein schönes Tuch zu finden. Der Jüngste, den man für einen Dümmling hielt, ging allein in den Wald. Mitten im dunklen Wald kam er zu einem grossen und schönen Schloss. Aus der Fensterluke schaute eine weisse Katze, und die fragte den Ritter: «Wohin gehst du?» «O, ich suche Arbeit», antwortete der junge Prinz. Da bot die weisse Katze ihm an, bei ihr zu arbeiten, denn sie könne ihm einen guten Lohn zahlen. Dies gefiel dem jungen Mann, und er trat in den Dienst der weissen Katze. Er hatte nichts anderes zu tun, als zwei Gänse zu füttern. Am Ende des Jahres verlangte der junge Mann von der Katze als Lohn ein schönes Taschentuch. Da gab die Katze ihm ein versiegeltes Päcklein und sagte: «Geh jetzt nach Hause, aber öffne das Päcklein erst, wenn du bei deinem Vater bist!» Die beiden anderen Brüder waren schon eine Weile vorher zu Hause angelangt, und der Vater wollte die Krone einem von ihnen geben. In dem Augenblick kommt der Jüngste und gibt dem Vater das versiegelte Päcklein. Neugierig bricht der Vater die Siegel auf und zum Vorschein kommt ein Taschentuch, worauf Sonne und Mond gestickt sind - ein Stück, wie es keines mehr gibt. Wäre es nach der Abmachung gegangen, so hätte das Königreich dem Jüngsten gehört, doch die älteren Brüder bedrängten den Vater so lange, bis er die Krone dem versprach, welcher die schönste Frau heimbringe. Diesmal, so denken sie, hätten sie das Ziel getroffen und dem Jüngsten in die Suppe gespuckt. Ganz traurig ging der Jüngste in den Wald zurück und erzählte der Katze die Geschichte. Da sagte sie: «Tu nur, was ich dir sage, dann wird alles gut gehen. Hole mich morgen von der Ofenbank hinunter, binde mir die Pfoten paarweise zusammen, und dann begrabe mich unter der Dachtraufe! Geh danach in die Stube hinauf und schau, was dort ist!» Der junge Mann konnte das im ersten Augenblick nicht verstehen, aber auf Befehl der Katze versprach er, es zu trotzdem zu tun, und er legte sich schlafen. Am andern Morgen, als der Bursche aufstand, goss es scheusslich. In der Stube fand er die Katze halbtot. Aber er band ihr ohne Angst die Pfoten paarweise zusammen, ging zur Dachtraufe, schaufelte ein Grab, warf die Katze weinend hinein und schüttete es zu. Dann ging er in die Stube zurück. Dort fand er die schönste Jungfrau, die man sich vorstellen kann. Sie umarmte ihn und gab ihm einen prachtvollen Ring mit den Worten: «Du hast mich erlöst, denn ich bin in eine weisse Katze verzaubert worden.» Darauf gab es prächtiges Wetter. Beide nahmen ein Pferd aus dem Stall des Schlosses und ritten zum König. Die beiden älteren Brüder brachten im Gegensatz zum Jüngsten hässliche Schlampen mit. Der Jüngste wurde König und seine Braut Königin.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die weisse Katze

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  Wenn im Frühling die Simme ihre Winterdecke gebrochen hatte und wieder mächtiger ins Tal hinunterrauschte, zog jeweilen aus dem Oberried eine grosse Herde prächtiger Kühe zu Berge, unter hellem Geläut und frohem Jauchzen der Sennen. Sie gingen nach einem Berg im Ammerten, dort zu sommern. Obwohl der Meister wacker zu seiner Habe schaute, auf dem Berge folgte ein Unglück dem andern. Die Knechte wurden krank oder erlitten irgend ein Missgeschick, glitschten aus oder wurden vom Steinschlag getroffen, stürzten Felsen hinunter, oder beim Holzfällen traf sie ein Ast. Und mehr als einmal kam es vor, dass man einen vor kurzem noch urkräftigen Burschen in einem schnell zusammengezimmerten Sarg zu Tale schütteln musste. Da nun die Meisterin ein sonderbares Wesen an den Tag legte und in ihrem stieren Blicke nichts Gutes zu lesen war, ging nach und nach die Rede unter dem Gesinde, sie sei eine Hexe und die Ursache all der unglücklichen Ereignisse. Mitten im Sommer stellte einmal der Meister einen jungen, unerschrockenen Knecht ein. Als sie auf dem Berge zum ersten Male miteinander das Abendessen einnahmen, erschien plötzlich eine schneeweisse Katze auf dem Tische, die immer um den neuen Knecht herumschlich. Er befahl ihr mehrmals fortzugehen, stiess sie hinunter und warf sie vor die Türe - nichts half: immer erschien sie wieder neben ihm und strich an seinen Händen herum. Da schnitt er ihr einfach die Pfoten ab. Nach einigen Tagen ging er ins Tal. Der Bauer sah bekümmert drein, und als er ins Zimmer trat, warf ihm die Meisterin vom Bett aus einen stechenden und doch schmerzlichen Blick zu. Er trat näher. Sie wandte sich leicht von ihm ab. Er hob leicht die Decke empor - da gewahrte er zu seinem Schrecken, dass sie keine Hände mehr hatte. Am andern Tage verschied sie. Doch als die Glocken ihr ausgeläutet hatten, war auch der Unglücksbann über dem Berglein gebrochen.   Quelle: Georg Küffer, Lenker Sagen. Frauenfeld 1916. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Die weisse Kunst

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Im Münstertale waren die Leute im besten Heuen. Weit und breit war kein Wölklein zu sehen, das Regen bedeutet hätte, und mit Eifer wurde das prächtige Wetter benutzt. - Schon lag das Heu in Haufen zum Aufladen bereit. Da kam auf einmal eine schneeweisse Wolke dahergefahren, liess sich über dem Heu zu Boden, und aus der Wolke entstand ein Wirbelwind, der das Heu in alle Gegenden weit umher zerstreute. Die guten Leute konnten sich das nicht erklären, bis ein Tyroler, der beim Bauer, welchem das Heu gehörte, im Sommerdienst stand und um dergleichen Ereignisse wusste, ausrief: »Die sollen nochmal kimme.« Den ganzen Nachmittag hatte man nun zu tun, das verzettete Heu wieder in Haufen zu bringen; aber kaum waren die Heuer damit fertig, kam die weisse Wolke zum andern Male und liess sich auf das Heu nieder; da nahm der Tyroler seinen »Schnätz« aus dem Seitentäschlein und warf ihn kunstgerecht, grad, wie er ein »Passauer« wär', in die Wolke, die auf dieses hin rasch sich hob und das Heu fürder in Ruhe liess. Als nun der Tyroler seine Dienstzeit um hatte, zog er das Engadin hinauf und kam eines Tages zu einem Manne im Ober-Engadin. Den fragte er um Arbeit und trat in dessen Haus. - In der Stube gewahrte er in der Diele seinen Schnätz« stecken. Da dachte er: »Du schweigst, aber Fragen ist erlaubt.« Im Gespräche kam er auf den  Schnätz«, der dort in der Diele steckte. »Der ist meiner Frau in den Leib geworfen worden von einem so verdammten Schwarzkünstler. Sie ist im Sommer ins Münstertal gegangen, um die »weisse Kunst« zu lernen und kam heim und hatte den »Schnätz« im Leibe. Aber der, welcher ihn sucht und ihn »heimschen« will, für den habe ich auch »Etwas« und zeigte dem Tyroler im »Buffet« eine geladene Pistole, »es ist gut, dass er nicht Euch gehört.« Der Tyroler liess auf diese Erklärung hin Schnätz Schnätz sein. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die weisse Nonne

Source: Die weisse Nonne

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Die weisse Nonne In früherer Zeit sah man des Nachts um das Ötenbacher Kloster in der Stadt Zürich eine weisse Nonne wandeln, die ein Kind auf dem Arme trug, das mit einem Tuch zugedeckt war. Man sagt, sie habe zu Lebzeiten ihr Kind in die vorbeifliessende Limmat geworfen, und dafür müsse sie nun büssen. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Wörtlich nach Corrodi im JZ 1951/52, S. 320 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die weisse Schlange

Source: Die weisse Schlange

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In der Sticki, einem Punkt in der Kohlrüti zu Bauen, stiess mein Grossvater eines Tages bei seiner Arbeit auf einen weissen »Wurä«. Schnell konnte der Vater in den Nachen springen, den er unten am See angebunden hatte, und das Tier, das durch die Luft auf ihn losgeschossen kam, mit der Sense töten. Sonst wäre er verloren gewesen. Die weissen Schlangen schiessen durch die Lüfte daher. Maria Ziegler, 60 Jahre alt. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945, Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die weisse Schlange und das Laubblatt

Source: Die weisse Schlange und das Laubblatt

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An einem Ort des Kantons Uri hatte es sehr viele »Wirm«, die den Menschen überaus lästig wurden. Man hätte sie billig gegeben. Da kam einst ein Fremder des Weges und sah, dass die Gegend von diesen Tieren völlig wimmelte. Er anerbot sich den Leuten, sie von dieser Landplage zu befreien, sie könnten ihm dafür geben, was sie wollten. Von Herzen gern nahmen sie sein Anerbieten an. Mit einem Schwert zeichnete der Fremdling einen Kreis in den Erdboden, legte mitten darin ein Laubblatt und sich selbst daneben und fing an zu pfeifen. Da kamen die Wirm scharenweise heran aus allen Gebüschen und zwischen allen Steinen hervorgekrochen bis an den Kreis, aber nicht weiter. Endlich kam auch ein weisser durch die Lüfte und schoss gerade auf das Laubblatt los und zerplatzte. Nikolaus Inderkum, Schattdorf Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die weisse Taube

Source: Die weisse Taube

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Schon dreimal nacheinander hatte der Sigrist Zwyssig in Altdorf, wenn er morgens früh die Kirche betrat, um zu beten zu läuten, in der hintersten Kirchenbank ein Mannenvolk gesehen, das da kniete und den Kopf auf die gekreuzten Arme auf der Betbank herunter gesenkt hatte. Da meinte er endlich, er gehe nicht mehr allein in die Kirche, es grause ihm, und sagte es einem Kapuziner. Der begleitete ihn am nächsten Morgen und redete die Erscheinung an. Diese sagte, dass ihr nur zehn Messen fehlen, so wäre sie erlöst, aber sie habe eben nur arme Verwandte, die es nicht vermögen, solche für sie lesen zu lassen. »Wennd's nur a' dem fählt«, sagte der Kapuziner, »dem isch scho abz'hälfä; diese zehn Messen werde ich schon selber für dich lesen.« Der Tote versprach noch, ihm ein Zeichen zu geben, wenn er erlöst sei. Als dann der Kapuziner die zehnte Messe las, erhob sich nach der Wandlung vor ihm eine schneeweisse Taube und flog gegen Himmel. Jäh, das isch den ä gettlichi Wahrheit; das het de d'r Sigrisch Zwyssig miër meh as zächä Mal v'rzellt und andärä-n-äu. Fr. Gisler-Huber, 72 J. alt, Wäscherin und Wacherin Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die weissen Gemsen

Source: Die weissen Gemsen

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Ein Quintner Gemsjäger sah auf den Freibergen der Kurfirsten sechs schneeweisse Gemsen mit hochroten Füssen. Obwohl er wissen konnte, dass nach einer alten Überlieferung das Töten solcher Gemsen Unglück bringe und auch ohnehin das Erlegen von Gemsen auf den Freibergen gesetzlich verboten sei, übernahm ihn die Begierde, eine zu schiessen. Als er dann aber in geeigneter Distanz auf einen prächtigen Bock anlegte und schoss, flog sein Stutzer in vielen Stücken auseinander und verstümmelte ihm die eine Hand auf grausige Weise. J. Natsch *** Die Sage, daß weisse Gemsen nicht geschossen werden können, ist vielverbreitet; es sind nicht Tiere, sondern unschuldig verzauberte Menschen. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 368, S. 206f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die weissen Tauben

Source: Die weissen Tauben

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Im alten Zürichkriege verteidigten sich Wildhans von Breiten-Landenberg und die kleine Zahl der getreuen Besatzung Greifensee vier Wochen lang gegen das Heer der belagernden Eidgenossen. Die Belagerten mussten sich endlich ergeben und es wurden 62 Mann enthauptet. Nun erzählt die Sage folgendes: Es geschahen merkliche Wunderzeichen. Als man den Hauptmann köpfte, war da von Stund an ein wundersamer schneeweisser Vogel gleich einer schönen Taube. Als man nun den Kupferschmied auch enthauptete, der von Schwyz war und einen leiblichen Bruder im Heere hatte, da kam ein anderer Vogel gleich dem vorigen, und beide flogen ob der Walstatt herum. Und so mancher nun enthauptet wurde, so mancher weisse Vogel, dem ersten ähnlich, kam und flog um den Leichnam ob allem Volke. Man stellte dann die Häupter in einen Ring, eins an das andere, und da wohin man ein Haupt gestellt hatte, wächst noch heute kein Gras, und um die Kapelle herum sieht man, wo jegliches Haupt gestanden, während rings um die Stätte das schönste Gras wächst. Da luden sie die Toten auf Karren und führten sie nach Uster, allwo sie begraben wurden. Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die weissen Vögel vom Arpsee

Source: Die weissen Vögel vom Arpsee

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Ein armer Geissbub trieb alle Tage seine Ziegenherde zu dem Arpsee hinauf. Als er einst zur Mittagszeit sein schwarzes Ledertäschchen öffnete, um Mahlzeit zu halten, flogen drei weisse Vögel heran und liessen sich auf dem See nieder. Solch grosse Vögel hatte er noch nie gesehen. Ihr Federkleid war schneeweiss, der Hals lang und dünn und der Schnabel gelb. Sie schwammen eilig gegen ihn heran und schienen vor ihm keine Furcht zu hegen. Die Vögel gefielen dem Geissbuben sehr, und er ergriff Steine, um den einen oder andern tot zu werfen; er traf aber nicht. Die Vögel liessen sich durch sein böses Vorhaben nicht erschrecken und rückten dem Ufer immer näher. Da trat er ans Wasser heran, ergriff den Vogel, der ihm zunächst war, am Halse und zerrte ihn ans Land. Aber im Nu liess er ihn wieder fahren und fuhr zusammen wie noch nie in seinem Leben, denn der Vogel fing an zu reden: "Ach, was willst du mich so grob behandeln, ich bin nur der geringste der drei Vögel, und wir sind gar keine Vögel, sondern verwunschene Jungfrauen. Der schöne Schwan mit dem goldenen Schnabel ist eine Prinzessin vom Land der Radamanten. Wir zwei andern sind Kammerzofen, und wir sind alle drei von einem Hexenmeister verwandelt worden, weil die Prinzessin nicht heiraten wollte. Jetzt müssen wir so lange Vögel bleiben, bis wir drei Sachen erhalten. Drei Pflanzen müssen es sein, und wenn du uns diese verschaffen kannst, so werden wir wiederkommen und dann bald erlöst werden!" "Nennt mir die drei Pflanzen", sagte der Bub. "Natterkraut, Baldrian und Nachtschatten müssen es sein." Der Geisshirt sagte, er kenne die Kräuter nicht, aber seine Mutter sei Kräutersammlerin und werde sie schon kennen. "So geh und komm bald wieder", sagte der Schwan und schwamm zu den Gefährten zurück, dann flogen sie alle drei zusammen auf und verschwanden hinter dem Berge. Der Bub trieb die Herde bald darauf nach Hause und erzählte seiner Mutter, was ihm heute begegnet sei. Drei schöne weisse Vögel seien auf dem Arpsee herumgeschwommen, er habe den einen erwischt, und der habe ihn angesprochen und die drei Kräutlein von ihm verlangt zur Erlösung. Die Mutter sagte: "Wenn nur das fehlt, so ist bald geholfen; ich kenne die Kräuter wohl, sie wachsen hier in der Nähe." Sie sammelte sie noch im Verlauf des Abends und legte sie zu der Speise ins schwarze Täschlein. Am nächsten Morgen zog der Bub mit den Ziegen wieder hinauf zum See. Als er aufblickte, flogen die Vögel schon daher, liessen sich auf dem blauen kühlen Wasser nieder und schwammen eilig auf ihn zu. Der Bub zog die drei Kräutlein heraus. Die Schwäne ruderten mit aller Kraft zu ihm hin, und er steckte jedem eines der Kräutlein in den Schnabel. Der eine fing wieder an zu reden und sagte: "Wir danken dir sehr, lieber Bub, für den grossen Dienst, den du uns erwiesen hast; wir fliegen jetzt wieder zurück ins Land der Radamanten, wo man uns mit Hilfe der drei Kräutlein erlösen wird; der Zauberer aber muss sterben. Wenn du willst, so nehmen wir dich mit. Du brauchst nur zwei von uns an den Flügeln zu ergreifen, dann geht es durch die Lüfte, und bevor die Sonne sinkt, sind wir zu Hause!" Der Geissbub sagte: "Ich danke schön, ich bleibe lieber Geissbub im Walliserland, als dass ich mit euch zu den Radamanten fliege!" Da flogen die Vögel auf und verschwanden. Quelle: Johannes Jegerlehner: Walliser Sagen, Hans Feuz Verlag Bern, 1959          Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Weizenäcker auf Furggenbaum

Source: Die Weizenäcker auf Furggenbaum

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Dass unsere Ahnen aus dem Gantertal früher sehr oft über die Bortellücke nach Italien reisten, ist allen bekannt. Der Grossvater erzählte aber auch, vor undenklichen Zeiten sei auf dem Furggenbaum Weizen gewachsen. Da habe man sogar noch halbe Mühlsteine gefunden: ein Zeichen, dass dort oben selbst Getreidemühlen gebaut worden waren. RIED-BRIG Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Wette

Source: Die Wette

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In später Abendstunde sassen einst in einer Dorfwirtschaft noch Gäste beisammen und unterhielten sich mit Geistergeschichten. Der eine meinte, es wäre nicht geheuer, um die Mitternacht auf dem Friedhof zu weilen, und ein anderer machte die Wette, es hätte keiner den Mut, in der Geisterstunde Nägel in die Kirchentüre zu schlagen. Die Wirtstochter, ein gar lustiges, munteres Ding, lachte über die kleinen mutigen Männer und meinte, das wäre ihr ein Spass, das Verlangte auszuführen, und als die Gäste zweifelten, ergriff sie punkt 12 Uhr Hammer und Nägel und lief zur Türe hinaus, der Kirche zu. Die Gäste erwarteten sie mit Bangen zurück, und als eine gar zu lange Frist verstrich, ohne dass sie erschien, gingen sie in Ängsten, nachzusehen. Da lag das Mädchen ausgestreckt bei der Kirchentüre, und ein Stück seines Schürzchens sahen sie an einem der eingeschlagenen Nägel haften. Als das Mädchen aus der Ohnmacht erwachte, gestand es, dass es mit einigem Grauen an die Türe herangetreten sei. Und als sie, von dem dumpfen Dröhnen ergriffen, sich beeilt habe, den letzten Nagel einzuschlagen und sich zu entfernen, sei urplötzlich aus der Türe eine Hand erschienen, die sie zu packen suchte. Darüber sei sie vor Schreck bewusstlos geworden. G. Hagmann. Ähnliches erzählt man in Hinterforst, Altstätten. Dort aber läßt man die Tochter um die Mitternachtsstunde nach dem Friedhof gehen, wo sie ein Messer in ein bestimmtes Grab einstecken soll. In der Eile sticht sie durch den Saum ihres Kleides, wendet sich rasch zum Gehen und fühlt sich plötzlich festgehalten. Sie fällt hin und stirbt.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 69, S. 30f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Wetter-Hexen

Source: Die Wetter-Hexen

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Der Messmer Math. Camenisch in Räzüns sollte einstens in St. Paul dortiger Gemeinde »zum Wetter« läuten, weil das Hochwasser von Cavriu herunterkam, und den Gottesacker zu überschwemmen drohte. Er klomm den steilen Kirchweg hinan; da vernahm er von der Höhe herab, wie die Hexen auf ihrem» Barlott« (Versammlung, Gesellschaft) mit einander eiferten: seduvrei, seduvrei avon ehe la piertga da Paul conta (lasset uns fertig machen, bevor die Sau von Paul singt, d.h. die Glocke von St. Paul in Räzüns erschallt). Camenisch aber ging rüstig vorwärts, und läutete, wodurch er eben das Zerstörungswerk der Hexen unterbrach, und vernichtete. Ein ander Mal wollten diese Hexen, als sie eben im Maiensässe Tschuncons (Fünf-Eck) oberhalb Räzüns, an der Heinzenberger-Grenze sich aufhielten, einen grossen Steinblock, den sie bis dorthin geschleppt hatten, auf die weiter unten liegenden Güter und Ställe hinabrollen, aber auch dieses Mal wurden sie durch das Glockengeläute an ihrem bösen Vorhaben gehindert. Als sie wiederum d'ran wollten, fanden sie den riesigen Stein so weit in die Erde eingesunken oder eingesenkt, dass sie ihre vereinten Kräfte umsonst anwendeten, ihn von der Stelle zu bringen. - Dieser Stein wird heute noch la Crap dellas Strias (der Hexen-Stein) genannt. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Wetterglocken

Source: Die Wetterglocken

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Die Glocken von Ferden und Eisten heissen Wetterglocken. Wenn es im Winter tagelang schneit oder im Frühling der Schnee in die Dörfer zu kommen droht, läutet man sie. In der alten Glocke von Ferden soll ein Stück der Sankt- Jodern-Glocke eingeschmolzen sein. LÖTSCHEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Wetterhexe

Source: Die Wetterhexe

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Aus einem der vielen einsam gelegenen Häuser, deren letzte Spuren man in der Gegend zwischen St.German und Ausserberg noch findet, ist die letzte Hexe hervorgegangen die zu Raron abgeurteilt und verbrannt wurde. Sie soll besonders zur Heu- und Emdernte oftmals arge Unwetter verursacht und den Leuten grossen Schaden zugefügt haben. Wehe der Haushaltung, die bei Anstellung von Taglöhnerinnen nicht an sie dachte oder andernfalls ihr nicht nach Laune abzuwarten wusste. Sicher wurde das zum Einfahren bereite Heu oder Emd übel verregnet. Schliesslich ging den Leuten und den hochweisen Herren vom Gericht doch die Geduld aus. Die Hexe wurde gefangen und zum Feuertode verurteilt. Als man sie am Morgen eines schönen Sommertages bei grossem Volksauflauf zum Scheiterhaufen führte, soll sie zum Himmel geschaut und im Tone der Wetterprognose gesagt haben: «Hitu git’s a heisse Tag.» ST.GERMAN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Wetterhexe auf Baberg

Source: Die Wetterhexe auf Baberg

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Auf Baberg sei einmal ein fremdes Weibervolk in die Alphütte gekommen und habe um Speis und Trank gebeten, und der alt Schipfer habe ihr wacker zu essen und zu trinken gegeben. Das sei in den sechziger Jahren gewesen. Dann sei das Weibervolk weiter gegen Emmetten zu. Beim Abschied habe es aber gesagt, sy sellet-si de grächä, äs machi de-n-am Abed nu eppis. Als es oben auf dem Jochli angekommen sei, habe es sich gesetzt und seine Haare gestrählt. Da sei alsbald ein furchtbares Wetter gekommen. Das Baberger Vieh sei grad auf dem Ort gewesen. Der Hirt habe es trotz seines armdicken Steckens kaum meistern können und den Stecken zu Hudlen zerschlagen. Der blutige Schaum sei dem Hirt zu Maul und Nase herausgekommen. Dasselbe Mal sei auch die Rübi im Schluchen niedergefahren und habe grossen Schaden angerichtet. Frz. Jos. Zwyssig, 70 J. alt, Isental Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Wetterhexe beim Pfaffensprung und am Schnürstock

Source: Die Wetterhexe beim Pfaffensprung und am Schnürstock

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Wenn sich allemal das Hexli auf dem Hubel beim Pfaffensprung mit seinem grossen, mächtigen Hut habe blicken lassen, dann habe man sich auf schlechtes Wetter gefasst machen können, haben alte Leute oft gesagt. Christina Exer, und a. Auch auf dem Schnürstock südlich am Geissberg scheint eine Wetterhexe gehaust zu haben. Wenn sich dort ein Wetter zusammenballte, lief allemal der Toni-Hänsi zu Richligen schnell zur Kapelle Maria Hilf und läutete, und dann verzog sich das Unwetter, und Hänsi meinte dann schmunzelnd: »I hann-ärä wider einisch vertha, der Schnüersteckleri!« (19. Jahrhundert). Jos. Gamma Anmerkung: Die einen behaupten, man habe es einige Tage vorher, die andern, man habe es grad vor dem Losbruch der beiden Lawinen jauchzen gehört. Beide Lawinen brachen im gleichen Augenblick los, als man in der Kirche angefangen hatte, zum Gottesdienst zu läuten. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Wetterhexe im Pfarrhof

Source: Die Wetterhexe im Pfarrhof

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a) Schon viele Wochen hatte es in Isental nicht mehr geregnet, und es fing an zu brennen. Da liess sich der um das ewige und zeitliche Wohl seiner Gemeinde besorgte Pfarrer bei seiner Haushälterin verlauten, man sollte um Regen beten. »O, wennd's nur a dem fählt,« versetzte diese, »das chennet miär scho sälber machä!« Sie gab dem Pfarrer ein Häfelein Wasser, auf dessen Grund drei weisse Böhnlein lagen, in die Hand und sagte, er solle nur darin rühren, dürfe aber nicht etwa die Bohnen ausschütten. Der Pfarrer tat nach ihrer Belehrung, und es rieselte ein schöner Regen zur Erde. Aus Neugierde schüttete er nach einer Weile eine der drei Bohnen aus, nun kam ein Platzregen, und die Bergbäche fingen an, bedenklich zu murren; die zweite Bohne fiel heraus, und es hagelte. Da kam aber die Magd zur Türe hereingeschossen und rief: »Um Gottes Willen, was macht ihr? ich habe doch gesagt, ihr solltet keine Bohnen ausschütten. Hättet ihr noch die dritte Bohne fallen lassen, so wäre im Isental kein Stein mehr auf dem andern geblieben!« Der Pfarrer verjagte sie; eine Hexe wollte er nicht im Hause haben. Kath. Aschwanden, 80 J. alt b) Soll sich ganz ähnlich vor etwa 50 Jahren im Pfarrhof zu Wassen ereignet haben. Emil Baumann-Muther, 35 J. alt c) Habe sich genau so in einem Pfarrhof im Wallis zugetragen und werde dort erzählt. Mich. Simmen, Realp Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Wetterhexe in der Göscheneralp

Source: Die Wetterhexe in der Göscheneralp

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Zur Zeit, als noch Josef Maria Arnold, ein grosser, stattlicher Herr mit prächtigen Augen, der stets eine weisse Zipfelkappe trug, in Göscheneralp als Kaplan amtete (1806 – †1849), geschah es eines Tages, dass bei herrlichstem Wetter und bei glanzheiterm Himmel ein fremdes, unbekanntes Weibervolk in das Tal kam. Agatha, die Haushälterin des Kaplans, hat es gesehen durch den Boden herein und durch die Alp bis zu hinterst marschieren. Da auf einmal bedeckte sich der Himmel über der Göscheneralp ganz schwarz, ehe man sich versah, fiel ein gewaltiger Regen vom Himmel, die Reuss schwoll an, sie schäumte geradezu. Es war ganz merkwürdig, wie sie sichtbar aufging. Da lief die Agatha zum Kaplan und fragte, ob sich da nicht etwas mit Segnen dagegen tun liesse. Der Kaplan wollte zuerst nicht, weil ja niemand sonst komme und darum bitte. Dann legte er aber doch seine Zipfelkappe an und ging an die Reuss, warf etwas Gesegnetes hinein und las den Segen. Da legte sich das Wetter, und die Reuss nahm von Sekunde zu Sekunde sichtbar ab, sank in sich zusammen und in kürzester Zeit auf ihre gewöhnliche Höhe. »Das hat mir die Agatha selber mit wahrer Andacht, in aller Treue erzählt, mehr als einmal.« Heinrich Gamma, Tramsekretär in Altdorf Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Wetterhexe mit Korb und Stock

Source: Die Wetterhexe mit Korb und Stock

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Vom Wyler her kam sie, so eine schwarze, und wanderte über das Wylertal, über Blüemlismatt bis in das Buchen, wo sie ausruhte. Auf dem Kopfe trug sie ein altertümliches Häubchen, am Rücken ein Körbchen und in den Händen einen Stock. Wenn sie erschien, konnte man sich auf einen baldigen Platzregen oder auf Hagelschlag gefasst machen. Von ihrer G'hirmi wanderte sie bergaufwärts durch die Stauden gegen die Oppli-Egg, und dann kam regelmässig noch am Abend des nämlichen Tages die Rübi durch das Opplital hinunter. Ja, wennd diä altä Mannä da z'Silänä nu läbtet, diä wisstet scho z'verzellä; aber ich bi äbä zwenig b'sinnt's meh. Frau Gerig-Münsch, 91 J. alt, Silenen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Wetterhexe zu Husen

Source: Die Wetterhexe zu Husen

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Als einst Husenfränzels in Meien bei prächtigem Schoonwetter am Heu arbeiteten, kam ein Weibervolk in einem rot geringelten Stumpenrock und mit einem Strohhut auf dem Kopf durch die Gasse herauf, stand still und sagte: »Iähr meeget de nu eppä-n-ä chly uf Rickä-n-innä ha, äs chennt de nu eiswägs ander Wätter gä.« Sie aber lachten nur. Das Weibervolk verliess bald die Gasse und stieg durch ein Tälchen bergaufwärts und schwand den Leuten aus den Augen; der Himmel überzog sich, und von jenem Tälchen her kam ein grandioser Hagel, und die Rübi fuhr brüllend durch das Tälchen hinunter und überschüttete die Wiesen. (19. Jahrhundert.) Frau Baumann, Meien, 70 J. alt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 194 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Wichtelchen vom Ebnet

Source: Die Wichtelchen vom Ebnet

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Im Ebnet bei St. Silvester kam es früher häufig vor, dass dem Küher zu gewissen Abendstunden die Stalllaterne von unsichtbarer Gewalt aus der Hand geschleudert wurde. Da rief er einmal schnell die drei heiligsten Namen an, und siehe, in demselben Augenblicke konnte er drei Wichtelmännchen vor sich sehen, die aber schnell die Flucht ergriffen.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die wiederbelebte Hexe

Source: Die wiederbelebte Hexe

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In St. Antönien lebte vor Zeiten ein altes Weib, das allgemein als Hexe verschrien und erkannt war. Ganz alleine bewohnte sie ein kleines Häuschen, und mied den Umgang mit andern Menschenkindern, weshalb Jedermann scheu ihre Nähe mied. ­Dass sie Abends Türe und Fensterladen fest verschloss, und Morgens wieder öffnete, dass sie dann und wann durch die kleinen, unsauberen, blei­gefassten Fensterscheiben in seltsamer Handtierung oder halb versteckt auf dem Laubengange ihres Häuschens zu sehen war, unstät und bald wieder verschwindend, waren fast die einzigen Lebenszeichen, welche von ihrer Existenz Zeugnis gaben. Von den Wirkungen ihrer teuflischen Künste aber wusste man Vieles zu erzählen: Da hatte sie eine Kuh behext, dass diese bei vollem Euter keine Milch mehr gab. Dort einem Kinde es angetan, dass weder Segen-Sprechen, noch Aderlass, noch Medizin mehr helfen mochten, und es elendiglich sterben musste. So hatte sie schon mehrmals unzeitige Kälte gemacht, oder schrecklichen Wirbelwind erzeugt, der den Leuten den sorgfältig gestellten oder gelegten Hanf zerzauste und durcheinander warf. Auch war sie bei nächtlicher Beschwörung am Saume des Waldes, oder oben in den Berg­wiesen, wo die Kreislinien des dunkleren Grases deutlich noch heute den Hexen-Platz bezeichnen, tanzend gesehen worden. - Eines Tages blieben Türe und Fensterladen verschlossen, und es wusste das »ganze Dorf« diese grosse Neuigkeit. Als aber auch am folgenden Tage die Türe sich nicht öffnete, und von der Alten nichts zu sehen war, zweifelte Niemand mehr, die Hexe sei ge­storben. Aber Jedes fürchtete sich, nachzusehen, - und so liess man sie tot sein, wie sie wollte. - Aber Alle Die, welche am Häuschen vorbeigehen mussten, »besegneten« sich, oder machten lieber einen grossen Umweg. - Einige Tage nachdem die Alte nicht mehr sichtbar geworden, sassen an einem Abende drei »Knaben« (Burschen) beisammen, und besprachen natürlich auch das seltsame Ereignis. Jeder wollte das Meiste wissen von dem argen Wesen der Alten, ihren bösen Blicken, und ihren höllischen Zauberkünsten, so dass Jeder zuletzt das Gesagte oder Vernommene selber glaubte. Doch Einer von ihnen schüttelte am Ende den Kamm, und sagte, um eine »Zeit-Geis« gehe er, und zwar noch denselben Abend, in das Häuschen, um zu schauen, was aus der Alten geworden sei. - Die andern Zwei gingen die Wette ein, lachten ihn aber aus. Er nahm ein Kind unter zwei Jahren, einen lebendigen Hahn und eine Laterne mit brennender Kerze mit sich (denn diese drei Dinge sollen gut sein gegen die bösen Einwirkungen einer Hexe), und so machte er sich auf den Weg nach dem Häuschen. Es war »stichdunkel« und es gruselte ihm doch ziemlich, als er die Haustüre der Alten aufbrach, und das Kind führend, Hahn und Laterne tragend, in den Gang trat. - Kein Laut liess sich vernehmen, überall herrschte Todesstille. Er öffnete die Stubentüre, in der Stube fand er nichts, durchsuchte         Küche und Kammer, fand aber wiederum nichts. Auch auf dem oberen Boden konnte er nicht das Geringste entdecken. - Endlich - auf der Laube - lag das alte Weib, war aber grausenhaft anzu­schauen. Er bebte zurück, hielt das Kind fester, und drückte den Hahn unwillkür­lich, so dass Derselbe einen Schrei liess. Nun hatte er die Alte gesehen, auf dem Boden liegend, und kehrte sich um, den Heimweg anzutreten, und aus dem unheimlichen Häuschen wegzukommen. - Aber, wie er sich gekehrt hatte, hatte auch die Alte sich erhoben, durch den Hahnen-Schrei wieder ins Leben gerufen. Sie folgte dem Fliehenden bis zur Haustüre. - Dort legte sie ihm ihre Hand zentnerschwer auf die rechte Schulter, beugte sich ihm über die linke Seite vor, grinste ihn an, höhnisch lächelnd, und murmelte mit einer Stimme, die wie aus einer an­dern Welt klang: »Hättest Du nit Muass-Ratza, Hättist Du nit Hahna-Chratza, Hättist Du nit Fürli heiss, So wett' i Dir ge' a türi Zit-Geis.« - (»Hättest Du nicht ein noch Muss-essendes Kind bei Dir, Hättest Du nicht einen Hahn bei Dir, Brennte nicht das Licht daneben, Wahrlich, eine teure Geis [Ziege] wollt' ich Dir geben.«) – Halb bewusstlos schwankte der Bursche nach Hause, und legte, von schwerem Fieberfroste erfasst, sich zu Bette. Es war sein Sterbe-Bette, denn nach einigen Tagen rafften die Folgen des Fiebers ihn hin. - Wie diese traurige Geschichte landauf, landab bekannt wurde, fürchtete Jedes umso mehr, in die Nähe des verrufenen Häuschens zu kommen. Niemand getraute sich, Dasselbe zu betreten; so vermoderte die Alte, die noch immer auf der Laube lag, und so zerfiel nach und nach das Häuschen in einen Stein- und Trümmerhaufen. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Wiggle

Source: Die Wiggle

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Die Wiggle In Allenwinden bei Kappel lag im Sommer 1919 ein alte Frau schwer krank darnieder. Eines Nachts kam eine Wiggle in die Nähe des Hauses und verführte ein klägliches Geschrei. Wie die Frau diesen Lärm hörte, sagte sie: „Diese Wiggle will mich holen!“ Und wirklich starb die Frau in wenigen Tagen. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Knonauer Amt Gehr. Kappel 1919. Die Wiggle ist das Weibchen des Nachtkauzes. Es ist ein noch heute verbreiteter Glaube, dass die Wiggle den Tod ankünde. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Wiggle (Waldkauz)

Source: Die Wiggle (Waldkauz)

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Vor nicht gar langer Zeit geschah es zu Erstfeld, dass einige junge Burschen im Hause zweier bildhübscher, junger, kerngesunder Mädchen sich lustig machten. Sie assen und tranken, tanzten und waren kreuzfidel. Da ertönte der Schrei einer Wiggle auf dem Nussbaum vor dem Hause. Zuerst liess man sie gewähren, dann aber verleidete diese Musik der Abendgesellschaft; einer der Burschen holte ein Gewehr und schoss nach dem Tier. Aber da wurde es noch schlimmer. Der Nachtvogel kam geflogen und lärmte nun direkt vor dem Fenster und war in jener Nacht gar nicht zu vertreiben. Wenige Tage später war eines jener zwei Mädchen eine Leiche. Die Wiggle hat seinen Tod angekündigt. Fr. Aschwanden-Gisler Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die wilde Emme

Source: Die wilde Emme

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Die Emme hat ihren jugendlichen Übermut, ihre geheimen Tücken längst abgelegt und windet sich in gebändigtem Lauf durch den breiten Talgrund dahin. Nur zur Seltenheit beweist sie zuweilen noch einmal ihre alte Kraft, und gischtend und brüllend frisst sie dann an Dämmen und Schwellen. Einst war es anders. Wo heute blumige Wiesen und fette Äcker im Talgrund sich dehnen, hauste der wilde Fluss. Wahllos und ungebändigt wälzte das wilde Wasser brodelnd und tosend seine Geschiebemassen zwischen den Talterrassen. Die Bewohner des Tales mieden den Talgrund und überliessen ihn dem Bär und dem Wolf. Die alten Anwohner der Emme, die die Tücken und Launen des Flusses vom Hörensagen und aus eigener Erfahrung kennen, misstrauen ihm bis auf den heutigen Tag. Sie hüten sich ängstlich davor, im Sternbild des Krebses, und ganz besonders im Monat August, Sand oder Kies aus dem Bett der Emme zu entfernen. Denn der Fluss rächt sich dafür und frisst ein tiefes Loch in die «Striichschwelli» und droht verheerend in das angrenzende Schachenland einzubrechen. Auch oben im Tal, wo der Fluss zwischen steilen Bergwänden eingeklemmt ist, scheinen die wilden Flussgeister noch nicht ganz zu ruhen. Wenn im Frühling der warme Flühluft über die schneebeladenen Berge streicht und die Lawinen am Hohgant donnernd zu Tal sausen, wenn sich im hohen Sommer schwere Gewitter über der Gegend entladen, dann künden sie den Talleuten die Wassergrösse. Sie vernehmen dann einen eigenartigen Lärm den Fluss entlang. Dumpf dröhnen die Schläge, als ob von unsichtbarer Hand die lockeren Pfähle der Schwellen in dem Grunde festgehämmert würden. Emmentaler Sagen, Hermann Wahlen, 1962 Gute Schriften Bern Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die wilde Jagd am Schwendelberg

Source: Die wilde Jagd am Schwendelberg

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Besorgt blickte der Vater gegen Schwendleberg und Guggershorn. Ein heftiger Wind blies. Das verhiess nichts Gutes. Ein schreckliches Wetter war zu erwarten, vielleicht sogar mit frühem Schnee. Er wandte sich seinem Sohn zu: „Hans, bitte, gehorche heute noch einmal deinem Vater und gehe nicht nach Riffenmatt. Ein andermal habe ich gewiss nichts dagegen.“ Doch sein Sohn lachte ihn aus: „Samstagnacht mag es stürmen, wie es will, da hält mich nichts zu Hause.“ – „He nu, so gehe! Aber merke dir: Wenn du etwas Unbestimmtes merkst, besegne dich. Und falls dich ein Jäger nach der Uhrzeit fragt, so gib ihm zur Antwort: Es ist die Zeit, die dem lieben Gott gerade recht ist!“ Übermütig zog Hans trotz des üblen Wetters los. Erst um Mitternacht nahm er den Heimweg unter die Füsse. Unterdessen hatte sich das Wetter gehörig verschlechtert. Ein heftiger Wind riss Tannen mitsamt den Wurzeln aus, stiess Hans talwärts und drängte ihn neben den Weg. Über dem Schwendelberg donnerte und krachte es. Könnte das die wilde Jagd sein? Hans spürte etwas Unheimliches näher kommen. Plötzlich raste mit Geschrei, Gefluche und Klagen, begleitet von allerlei Tieren, der Geisterzug an ihm vorbei. Hans fasste sich schnell, besegnete sich, wie vom Vater gelehrt und duckte sich. Wie er schon meinte, der ganze Tross sei vorbei, stand plötzlich ein schwarzes Ross vor ihm und von oben herab schaute ihn ein grüner Jäger an. Sein zündroter Bart leuchtete in der Finsternis. Mit rauer Stimme frage er: „He, lieber Freund, wohin willst du noch? Und kannst du mir sagen, wieviel Uhr es hier ist?“ Hans schluckte. Dann antwortete er: „Es ist die Zeit, wie sie dem lieben Gott gerade recht ist. Und wohin ich will, geht dich nichts an! Aber ich würde dich gerne fragen, was du denn getan hast, dass du des Nachts umherziehen musst. Du wirst doch wohl der wilde Jäger sein?“ Der Geist gab zurück: „Du hast Glück, kennst du den Bannspruch, sonst müsstest du jetzt nämlich mit mir kommen. Doch hüte dich und überlege immer gut, was du tust, damit du dich nicht nach dem Tod doch noch mir anschliessen musst. Ich war ein rauer, wüster Zwingherr, getrieben von Ehrgeiz, Habsucht, Stolz und Tyrannei. Ich habe den Armen das Letzte weggenommen und mit niemandem Mitleid gehabt. Oh, wie viel besser wäre es mit gutem Gewissen arm zu sein, als reich und mit einem Fluch beladen!“ Nach diesen Worten gab er dem Pferd die Sporen und sprengte den andern nach, Hans ungeschoren stehen lassend. Dieser schlich langsam nach Hause. Ein bisschen hatte ihn die Begegnung doch mitgenommen. Lange konnte er nicht einschlafen. Übernächtigt und zerzaust setzte er sich am nächsten Morgen an den Frühstückstisch. Draussen lag tiefer Schnee, wie es für diese Zeit sehr ungewöhnlich war. Erst im Stall erzählte er seinem Vater, was er in der Nacht erlebt. „Aber jetzt nähme mich doch wunder, wie der Thürst zu seinem Fluch kam?“ Da begann der Alte zu erzählen. Vor langer Zeit lebte im Guggisbergerland ein Zwingherr. Voll Stolz und Hochmut war er und ein schrecklicher Tyrann. Seine liebste Tätigkeit war die Jagd. Wenn er mit seinem Tross auszog, zitterten die Bauern; denn er nahm überhaupt keine Rücksicht. Er schonte keine Kultur, zertrampelte die kleinen Tiere und sprengte die Herden nicht selten über die Flühe hinaus. Und fand er keine Wildtiere, erlegte er das Vieh der Bauern. Nun merkte man einmal einen Bären im Gebiet. Sofort stellte der Herr eine Treibjagd an. Es ging ihm nicht darum, seine Untertanen zu schützen. Er freute sich auf die Bärenjagd. Dazu bot er etliche Bauern als Treiber auf. Der Bär zog sich gegen die Egg hinauf zurück und Ritter, Herren und Treiber folgten ihm. Unter den Treibern war ein junger Mann, dessen Frau gerade ein Kind geboren hatte und am Kindbettfieber erkrankt war. Untertänig und mit betrübter Miene näherte sich dieser Treiber dem Ritter Thürst und bat, ihn doch gnädig zu entlassen, damit er nach Hause gehen könne. Doch trotzig lehnte der Herr ab und wendete sein Ross, um davon zu galoppieren. In dem Moment kam aus einem nahen Gestrüpp der Bär heraus und warf sich auf den Reiter. Der traf das Tier zwar mit seinem Pfeil aber nur schlecht. Mit schrecklichem Gebrüll griff der Bär nun das Pferd an. Dieses brach ein, bevor der Ritter einen zweiten Pfeil schiessen oder sein Schwert ziehen konnte. Jetzt hatte wohl das letzte Stündchen für den Zwingherrn geschlagen. Doch in dem Moment stürzte sich der abgewiesene Treiber mit einem Knüppel auf das wilde Tier. Dieses liess von seinem Opfer ab und wandte sich seinem neuen Gegner zu. Der wehrte sich verzweifelt. Unterdessen konnte sich der Ritter wieder aufrappeln und gab dem Bären mit seinem Schwert den Todesstoss. Alle atmeten auf und hoffnungsvoll kniete sich der Treiber mit seiner Bitte erneut vor den Herrn. Dieser hatte den Dienst, den ihm sein Bauer erwiesen hat schon vergessen und herrschte ihn an: „Du kennst deine Arbeit, und wenn du die nicht tust, kannst du dann schauen, wohin du kommst.“ Diese Antwort trieb dem Treiber die Wut hoch und verzweifelt rief er aus: „Ach, was bist du für ein Tyrann. Es gibt keinen zweiten solchen im ganzen Land!“ Das liess sich Ritter Thürst nicht zweimal sagen. Fast von Sinnen griff er mit seinem Schwert den jungen Mann an. Der versuchte mit seinem Knüppel zu parieren. Doch schon mit dem ersten Streich trennte ihm der Zwingherr die Hand ab. Schrecklich strömte das Blut aus dessen Körper. Mit sterbender Stimme rief er aus: „Dem ewigen Richter bringe ich meine Klage! Und du wirst hier jagen bis zum jüngsten Tag!“ Ein zweiter Schwerthieb brachte dem jungen Mann den Tod. Seine kranke Frau überlebte die schreckliche Nachricht nicht. Sie starb noch in derselben Nacht. An der Beerdigung strömte alles Volk zusammen und es war nicht schwer zu erkennen, wie aufgewühlt und rachsüchtig sie waren. Dem Zwingherrn in seiner Burg war nicht mehr wohl. Er beschloss, für eine Weile wegzuziehen und schloss sich des Kaisers Heer an. Still wurde es im Land und die Leute atmeten auf. Den Ritter sah man hierherum nie mehr. Seine Kinder wurden Hirten. Lange Zeit blieb es so und der Ritter Thürst war schon bald vergessen. Da kam die Kunde, dass er in einer Schlacht gefallen sei. Und seither siehst du in finsterer Mitternacht – vor allem wenn sich anderes Wetter ankündet – die wilde Jagd vom Schwendelberg her durchs Land stürmen. Das ist der Ritter Thürst, der als gerechte Busse seit seinem Tod durch die Lüfte jagen muss. Das geht nun schon länger als achthundert Jahre und die Jägerschar wird immer grösser. Denn er hat das Recht, wer ihm den Bannspruch nicht nennen kann, unmittelbar mitzunehmen. Unser Geschlecht stammt von ihm ab. Darum beten wir für ihn, damit seine schwere Busse endlich erfüllt sei. Das ist die Geschichte vom Ritter Thürst. Jeder im Guggisberg kennt sie. Und wer sie nicht gekannt hat, der hat sie nun hier vernommen. Und wenn jemand noch mehr wissen möchte, so weiss ich noch viel von dem, was Grossvater, Vater und Zehners alter Götti von Aeckenmatt erzählt haben.   Quelle: Nach einem Gedicht von Hans Nydegger. Z.T. auch in J. J. Jakob, Heimathkunde des Amtes Schwarzenburg, Bern, 1869. Prosafassung nach einem Gedicht von Hans Nydegger, z.T. auch in J.J. Jakob, Heimathkunde des Amtes Schwarzenburg. Bearbeitet von Anna Maria Läderach. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www. maerchen.ch


by Die wilde Jagd am Schwendelberg

Source: Die wilde Jagd am Schwendelberg

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„Ghörst wie-n- es chuttet gägem Guggerschhorn? Es Wätter hie mer deichz' erwarte morn, Vielicht no gar a chalti strubi Zyt, U mugli isch, mier hie der Schnee nit wyt. Drum, Hans, folg hienicht no nes Mal dim Att U gang mer ienist nit ga Ryffematt! Das isch, was i der hienecht rathe cha; Es annersch Mal chast miera umhi gah." Hans aber lachet du si Atten ns U siet: “Desstwega ga-n- i glych va Huus; 's ist Samstig z' Nacht, as stürmi wie-n- es will, I ha mi hienecht nit dehieme still." „He nu su gang; doch b'segne di geng z'erst Sobal dass d' eppis merkist oder ghörst. U fragt di opp' a Jeger na der Zyt, So gieb: „dem liebe Gott grad rächt!" zum churze B'schied." Hans macht si jetz enannerena du zwäg U stufflet uhi dur da stotzig Wäg; Me ghört ne lang no, wie- n- er jutzt u singt Grad was er usa- n- us der Chäla bringt. Der Mon u d' Sterne si mit Gwülch verhüllt U d' Wageglüs mit dicker Brühi g'füllt, U z'ringsetum isch's wie-n- e schwarzi Wann, Su dass me vur den Nase gseht ki Hann. U wie-n- es schläht am Chilchsthurm Mitternacht, Su fäht es an u donneret u chracht; Es zieht si nidsi besser gege'm Thal U chuttet aha dur e Tannewal. Dä Giesterzug ist Hans geng näher cho; Du hett's ihm doch du afe d's Lache gno. Mit sant em Gwürz hett's Tanni usa dreit U- n- ihn a gueta Blätz uf d' Syta gweit. U du mit allergattig Thiera Gschry Jsch dä ganz Rumpel näbe- n- ihm vurbi. Das hett ghaguttet, glachet, gflucht und gchlagt U wytersch zoge- n- isch die ganze Jagd. Er aber hett si grad nit viel dra g'kehrt u hett si b'segnet, wie- nes d'r Att hett g'lehrt. Doch z'löscht chunt no ganz z'hinnerist im Tross A grüena Jeger, hoch uf schwarzem Ross, Mit brunem Haar u fürzüntrothem Bart; Dä seht du zu-n- ihm: „Bis so guet u wart, Mi liebe Fründ, u säg mer doch wie wyt As du no wüllt, u was hie ist für Zyt." „Dem liebe Gott isch weder z'spat no z'früi, Für d's Annera z' vernäh, gib dir nit Müeih." So seit der Hans. „Doch möchti g'fragt di ha, Was du de iegetlich hest g'macht u tha. Dass du bi'r Nacht a so muest umha zieh? Denn du wirst doch d'r wildi Jeger si?" „As chunt d'r Wohl, chast du das Sprüchli no, Süst müesstist du jitz o grad mit mer cho; Doch hüet di wohl u deich geng was de thuest, Dass du na 'm Tod de nit no mit mer muest. Doch uf di Frag cha- n- i nit Antwort gä, Du muest das gschaue annerwärts z' vernäh. Du gsehst, dass i an alte Ritter bi, Vielicht bin i sogar di Vorfahr gsi; Denn i dir fliesst no altes Ritterbluet. Thue nie nüt Bös's u flieh der Uebermueth. De bruchst nit Chummer z' ha , dass du wie-n- i, Na 'm Tod a so de muest da umha zieh." Su het er gsiet, u sprengt de- n- Annera na U het d'r Hans ung'schore da la stah. Dä ist du wieder hübschli gäge him u i sis Gade still. Es het doch ihm O so- n- es Bitzi gruuset bi d'r Sach u lang ist er no blibe uuf u wach. Doch endli het er si i d' s Bettli gliet U het kim Möntsch kis Stärbeswörtli gsiet. Am Morge gseht er a chli tschuppet dry; As ist vielicht a chli vom Gruuse gsy. U- n- uf em Lann da lit a tüefa Schnee, Wie me ne um die Zyt süst nie het gseh. Das ist die Gschicht vom Thürst am Schwendelbärg; Sie ist bekannt im ganze Guggisbärg, U wärsch nit gwüsst het bis uf diesi Stunn, Dem thue - n- i 's jetz i diese Ryme z' chunn. We öpper de no meh will cho vernäh, Su chöm er num, i wiess vielicht no meh. Ha gar mängs Stückli ghört vam Grossatt und vam Att; I hiesse Hans u chäse z' Aeckematt. Quelle: J. J. Jakob, Heimathkunde des Amtes Schwarzenburg, Bern, 1869. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www. maerchen.ch


by Die Wilde Jagd auf Maienfels

Source: Die Wilde Jagd auf Maienfels

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Als die Geschwister Burckhardt das Herrengut bewohnten, galt das Zimmer einer Hausangestellten als «unghüürig». Hie und da zog die Wilde Jagd mit Geschrei und Peitschenknall die Treppe hinauf in dieses Zimmer. Nachher entfernte sie sich, begleitet von einem roten Glast, zum Fenster hinaus. Pratteln Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Die wilde Jagdlust

Source: Die wilde Jagdlust

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Eine weitere Sage aus dieser Gegend (südlicher Teil von Freiburg) erzählt: Zu einer anderen Zeit lebte dort ein leidenschaftlicher Jäger, der des Sonntags oft den Gottesdienst vernachlässigte oder ihm nur flüchtig auf dem Kirchhofe beiwohnte um möglichst bald seiner wilden Jagdlust zu frönen. Nach seinem Tode wollte man ihn in der Dauda auf dem Gottesacker begraben; allein die Pferde konnten seinen Leichnam nicht weiterziehen, als zu einem Hügel, auf welchem ein altes, mit Moos bedecktes Kreuz sich befindet. Hier musste man ihn begraben; denn der Sarg war schwer wie Blei, und die Peitsche vermochte nicht die Rosse weiter zu treiben. Nach seinem Tode soll der Geist noch lange als ein wilder Jäger des Nachts gespukt haben, bis ihn seine Verwandten von dieser Pein durch fromme Übungen befreien konnten. Quelle: Theodor Vernaleken, Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch


by Die Wilden als Pflasterkocher

Source: Die Wilden als Pflasterkocher

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Damals lebte zu Unterschächen in einem uralten Häuschen, das an der Stelle stand, wo gegenwärtig (1920) das Helferhaus ist, ein Mann, den die Leute viel zu den kranken und sterbenden Leuten beriefen. Es war aber nicht ein Priester. Als das alte Zuzzimuzzi auf der Flueh am Sterben war, holten ihn auch die Wilden. Seitdem waren sie seine Freunde. Er baute sich ein neues Steinhäuschen, und zwei wilde Mandli kamen ihm täglich zu Hilfe und kochten ihm das Pflaster. Am Abend salbten sie jeweilen mit den Händen ihre Stöcke ein, setzten sich rittlings darauf und fuhren so der Flueh zu. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die wilden Leute auf der »Flueh«

Source: Die wilden Leute auf der »Flueh«

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a) Ob Unterschächen »auf der Flueh« wohnten vor alter Zeit »wilde Leute«. Niemand wusste etwas Näheres von ihnen, niemand kannte sie oder wusste, woher sie gekommen. Sie kamen gekleidet einher wie Zigeuner und behaupteten, der Fluehwald sei ihre Wohnung. In Aussehen und Grösse waren sie wie die Talleute, aber an ihren Füssen hatten sie die Fersen nach vorne und die Zehen nach hinten. Diese wilden Leute kamen von Zeit zu Zeit in das Dörfli hinunter, taten niemand etwas zuleid, wurden aber von den Leuten drunten angestaunt und beobachtet. b) Einmal kam eine Frau der wilden Leute in das Dörfli hinunter und bat eine Frau drunten um Milch. Die Unterschächnerin gab ihr, und dann sagte die wilde Frau zur andern, sie solle an dem und dem Tage unter die Flueh kommen, sie wolle ihr dann einen Gegendienst erweisen. Die Frau folgte der Einladung und dachte bei sich: »Ich will wenigstens ga lüegä, ob si chunt.« Die Wilde kam wirklich die Fluehleiter hinunter und brachte ihr eine Fürscheibe voll Laub. Die Unterschächnerin war darüber enttäuscht und unzufrieden und murrte in Gedanken: »Wenn i das g'wisst hätt, wägä dem wäri jetz nu nitt da üfä g'gangä.« Doch nahm sie das Laub in ihre Schürze und trat den Rückweg an. Die Wilde dingte ihr noch an und ermahnte sie, sie solle wohl acht geben und kein Blättchen verlieren. Dann ging die Frau mit dem Laub heim, indem sie bei sich dachte: »Dessis hani däheimä g'nüeg« zerstreute sie eine Handvoll nach der andern. Jetzt rief ihr die andere nach: »Wie meh dü verzatterisch, Wie weniger dü hatterisch.« Aber die also Gewarnte achtete nicht darauf und verzatterte auf dem ganzen Heimweg die Blätter. Als sie zu Hause ankam, hatte sie nur noch ein einziges in der Schürze, und indem sie es herausnahm, war es ein Zwanzigfrankenstück. Jetzt erst verstand sie die Worte der wilden Frau, die es gut mit ihr gemeint hatte, und ging zurück, um das Laub wieder zusammenzusuchen, fand aber gar nichts mehr. Schriftlich von HH. Kaplan K. Truttmann, Urnerboden c) Hebamm wird geholt. Das wilde Mandli nimmt sie auf einen Stecken und fährt mit ihr durch die Luft der Flueh zu und wieder zurück. Verliert die Blätter bis auf eines im Riedboden. Ein Goldstück auf der Herdplatte. Karl Gisler Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die wilden Leute in Isental

Source: Die wilden Leute in Isental

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Im Isental gab es vor Zeiten wilde Leute. Die meisten bewohnten die Ruosstalbalm, auch Heidenbalm genannt, und das Hornefeli. Die Gemsen hielten sie für ihre Ziegen, hüteten und molken sie. Ihre Freunde und Gönner beschenkten sie mit Gemskäschen, die immer wieder nachwuchsen, wenn man sie nicht ganz aufass. Als die ersten Jäger ins Tal kamen und anfingen, die Gemsen zu schiessen, da wurden die wilden Leutchen traurig, weinten und sagten laut klagend: »Jetzt töten sie alle unsere Geisslein, jetzt müssen wir fort!« Mit den Leuten des Tales standen sie auf gutem Fusse und kehrten in ihre Häuser ein und waren ihnen beim Heuen und Viehhüten behilflich. Sie hatten verkehrte Füsschen. Wenn man z.B. morgens in das Kieintal hineinging, so erblickte man die Fusspuren eines Männchens, das schon taleinwärts gegangen; in Wirklichkeit, so brachte man nach und nach in Erfahrung, war es ein Wildmandli, das schon talauswärts gewandert war. Einst näherten sich einige wilde Leutchen einer Alphütte (nach andern dem Berghäuschen in Hermisegg), wo sie manchen guten Dienst geleistet hatten. Die geizigen Älpler (nach anderer Erzählart: die Kinder, die allein zu Hause waren) waren gerade am Essen und hatten das russige Chupferchessli mit dem Nidelreisbrei (oder ein Muttli voll Milchsuppe) auf dem Tische, als sie die Wilden kommen sahen. Mit denen wollten sie aber nicht teilen. Also rasch mit dem Chupferchessli (mit dem Muttli) unter die Bank! Einige Minuten warten die Wilden, dann aber entfernen sie sich, indem sie höhnisch fragen: »Wend-er hinecht under dä Bänkä-n-ässä?« Auch die Geschichte vom Wildmandli und Föhn wird hier erzählt. Das Wildmandli hielt sich unter der »Müttäleiti« versteckt, d.h. unter der Bank, auf der die Mutten aufgestellt werden. Mich. Imhof; Hans Aschwanden Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die wilden Leute und die Hebamme

Source: Die wilden Leute und die Hebamme

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Im Heidenstäfeli ob Unterschächen findet man Erdhöhlen, die sich ziemlich tief in das Innere des lockern Berges hineinziehen; sie werden Heidenlöcher genannt und sollen von den Heiden oder Wilden ausgegraben und bewohnt worden sein. Es waren freundliche Leutchen, die öfters in die benachbarten Berggüter, in die Frytterberge, hinabkamen und den Schächentalern bei verschiedenen Arbeiten behilflich waren. »My Vatter het gseit, sy Grossvatter heig die wildä Mandli nu gseh«, behauptet eine etwa 65 Jahre alte Schächentalerin aus den Frytterbergen. Eines dieser wilden Mandli kam einst in das Dorf Unterschächen und holte die Hebamme. In merkwürdigem Kauderwelsch konnte es sich mit Mühe verständlich machen. Die Hebamme folgte ihm und kam in eine Höhle. Nachdem sie ihres Amtes gewaltet, gaben ihr die wilden Leute eine Schürze voll dürres Buchenlaub zum Lohn und ermahnten sie recht ernsthaft, wohl darauf zu achten, nichts zu zerstreuen, zu Hause die Asche sorgfältig ab dem Herde zu wischen und dann die Blätter auf den saubern Herd auszuleeren. Unterwegs aber zerstreute sie absichtlich die ihr wertlos scheinenden Blätter und beachtete nicht, dass ihr die Heidenleute nachriefen: »Was dü verzatterisch, Das dü verhatterisch.« Daheim angelangt, hatte die Hebamme nur noch ein einziges Blatt in der Fürscheibe, das sie mehr wundershalb als im Ernst auf die gesäuberte Herdplatte ausschüttete. Da war es ein blinkendes Stück des vornehmsten Goldes! Zurückeilen um die zerstreuten Blätter einzuheimsen, musste sie niemand heissen, aber gefunden hat sie keines. Der Spruch lautet auch: »Wie meh dü verzatterlisch, Wie minder dü hatterlisch.« Statt der Buchenblätter werden ebenso häufig Kohlen und seltener Hobelspäne und Getreidekörner genannt. Ein artiges Heidenknäblein hatte die Hebamme auf ihrer Heimkehr begleitet. Auf halbem Wege kam ihr das eigene Kind entgegen. Als dieses des Heidenknäbleins ansichtig wurde, heftete es lange seinen scharfen Blick auf dessen Füsschen und rief endlich mit allen Zeichen höchster Verwunderung: »Lüeg äu da züe, Müetter, weeligi küriosi Fiessli het der Büeb!« Da machte sich das Heidenbuebli davon, und indem es den Augen der beiden Unterschächner entschwand, rief es noch zurück: »Chlyni Lytli, ds Tyfels Hytli! Die Chlynä sind die allerfylschtä Hitt nu hie und de nimmermeh (nienämeh).« Seitdem liessen sich die wilden Leute aus dem Heidenstäfeli nie mehr blicken. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die wilden Leutli beim Mähen

Source: Die wilden Leutli beim Mähen

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In der Bärglistube, einer tunellartigen Berghöhle ob dem Heegerbutzli im Schächental, wohnten wilde Leute. Es waren ganz kleine Leutli, aber sehr geschickt zu jeder Arbeit, tätig und hilfreich gegen die Bergleute der Gegend. Beim Mähen hauten sie alles zusammen, was ihnen in den Weg kam, Steine und Holz. Einst steckte man ihnen einen Dangelstock in das Heu. Gut, sie mähten drauf los, schnitten auch den Dangelstock durch, aber zu sehen bekam man sie nachher nie mehr. Franz Müller, Unterschächen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die wilden Männlein bei den Holzern

Source: Die wilden Männlein bei den Holzern

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In alten Zeiten kam im ganzen Land häufig Unglück vor beim Holzfällen. Das rührte davon her, dass die Leute allemal, wenn der Baum fiel, davon flohen, ohne darauf zu achten, auf welche Seite er fiel. Auf diese Weise geschah es dann häufig, dass sie vom Stamme oder von einem Aste getroffen und entweder tot geschlagen oder schwer verletzt wurden. Daher war das Holzfällen eine sehr gefährliche Arbeit, man fällte so wenig als möglich und behalf sich mit dem gefallenen und vom Sturm geworfenen Holze. Wie man aber von einem wilden Männlein mit geringerer Gefahr Holz fällen lernte, das trug sich folgendermassen zu. Man wusste zwar schon lange, dass die wilden Männlein ein solches Geheimmittel kannten. Sie teilten es aber nicht mit. Einmal nun, als ein Mann in einem Walde eine hohe, gewaltige Tanne fällte, welche zu einem Hauptbalken für einen Rathausdachstuhl bestimmt war, gesellte sich ein wildes Männlein zu ihm und hüpfte um ihn herum, sprang wie ein Gemschen hin und her und wechselte viel lustige Reden mit dem Holzfäller. Als nun die Tanne fiel, da eilte dieser aus Leibeskräften fort, das Männlein aber floh gar nicht und doch wurde es von der Tanne nicht getroffen. Der Holzfäller kam mit der Angst davon, er merkte aber nicht, wie das Männlein es gemacht hatte, dass es so sicher in der Nähe geblieben war. Nächster Tage kam der Holzfäller wieder an die nämliche Stelle, um eine andere Tanne zu fällen und das wilde Männlein stellte sich auch wieder ein. Der Holzfäller wusste wohl, dass er das Männlein vergeblich um sein Geheimnis anfragen würde und fing daher die Sache anders an. Er sagte ganz frisch zu dem Männlein: „Jetzt weiss ich denn, wie ihr es anfangt, dass ihr nicht ungefällig (unglücklich) werdet beim Holzfällen, ich habe es das letztemal, als du da warst, gesehen, jetzt ist mir nicht mehr bange bei dieser Arbeit." Da gab das Männlein zur Antwort: „Ja gelt, du hast gesehen, ich bin neben dem Stamm geblieben und habe geschaut, wo die Tanne hinfalle und da bin ich bloss auf die Seite gewichen und so konnten mich weder Stamm noch Äste treffen." Seit dieser Zeit wurden dann weniger Leute beim Holzfällen unglücklich. Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die wilden Männlein in Maladers

Source: Die wilden Männlein in Maladers

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An verschiedenen Orten ist es vorgekommen, dass wilde Männlein den Leuten das Vieh hüteten, zur Weide und wieder nach Hause trieben. Sie nahmen für ihre Dienste niemals anderen Lohn an als Milch und anderweitige Nahrung.  In Maladers hütete ein wildes Männlein längere Zeit einem Bauern die Kühe und besorgte ihm sogar noch Stallgeschäfte, und der Bauer gab ihm nur den Schaum von der Milch zum Lohn und als er ihm einmal auch Milch vorstellte, so machte sich das Männlein davon und zeigte sich nicht mehr. Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die wilden Mannli bei Lüen

Source: Die wilden Mannli bei Lüen

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Im sogen. »Glassauer-Walde« waren s.Z. auch viele »wilde Lütli«, die aber mit den Bauern keinen Verkehr haben wollten, im Gegenteil Denselben noch Schaden zufügten, wo sie nur konnten und mochten; das machte die Talbewohner auch böse und hart gegen die Bewohner von Höhle und Wald. Einmal war auch ein Mann von Pagig im benannten Walde, um für einen Zaun Latten zu spalten. Die Wilden hörten das Hacken, und wie auch die guten Waldweiblein neugierig waren, kam bald ein »Holz-Mueterli« daher­geschlichen, zu sehen, was es da gebe. - Der Pagiger bemerkte das Weiblein, liess sich aber durch dessen wundriges Tun in der Arbeit nicht stören. Das Weiblein lachte und höhnte ihn aus; der Mann liess es gewähren. Eben war er wieder d\'ran, eine neue Latte zu spalten, als ihn der Schalk ankam, das Weiblein herzurufen, dass es ihm die Latten aus einander halte. Die kleine Wilde folgte dem Geheisse, worauf der Bauer den Keil aus dem Holze herauszog und so das Weiblein einklemmte, das nun ein solches Geschrei ausstiess, dass alle Fänggen im ganzen Glassauer-Walde und -Tobel herbeiliefen und den Bauer verfolgten. Der lief nun eine Zeit lang, umringt von den ergrimmten Wilden, im Walde herum, bis dass er den Heimweg auffand und einschlug. Beinahe hatten die Verfolger ihn erreicht, als es in St. Peter zu Mittag läutete, und auf das hin die Fänggen, die das Glockengeläute nicht vertragen können, grollend in den Wald zurück eilten. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die wilden Mannli von Selun

Source: Die wilden Mannli von Selun

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Auf der Alp Selun haben vor Zeiten zwei wilde Mannli den Sennen Handbubendienste getan. Wenn er mit Käse oder Anken oder sonst eines Geschäftes halber zu Tale steigen musste, so trieben sie ihm gegen Sonnenuntergang das Vieh aus dem Stall auf die Weide und misteten und schotten. Der Senn, der die guten Dienste der unsichtbaren Gehilfen gar wohl zu schätzen wusste, stellte ihnen allemal eine Schüssel voll Milch und einen Laib Brot auf den Tisch. Kam er zurück, so war beides verzehrt bis aufs letzte Tröpflein und Bröselein, die Schüssel aber stand fein sauber am Platz. Die Mannli aber waren nirgends mehr zu sehen. Einmal aber stach der Wunderfitz den Sennen und es gelüstete ihn, den Wichten bei der Arbeit zuzusehen. Wie gewohnt stellte er ihnen Milch und Brot auf und jedem ein Paar Hosen. Er selber aber legte sich auf das Stalldach und sah nun den beiden durch eine Lücke zu, wie sie das Vieh austrieben und dann den Stall kehrten und zuletzt ihre Milch und ihr Brot verzehrten. Dann erst gewahrten sie die Hosen und musterten sie lange argwöhnisch. Schließlich schlüpften sie hinein, hielten sie hinten, wo sie ausgeschnitten waren, mit der linken Hand zusammen, mit der rechten knellten sie, schritten feierlich durch den Stall und riefen: «Der bind's oder bind's nüd!» Darob musste der Senn laut herauslachen. Da aber stoben die Mannli über die Weiden davon und verschwanden und haben sich seither niemals mehr sehen lassen.   Quelle: Schweizer Märchen, Sagen und Fenggengeschichten, hrg. von Curt Englert-Faye, Zbinden Verlag        Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Wilden von Sassalbo

Source: Die Wilden von Sassalbo

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Östlich dem Flecken Puschlav erhebt sich der riesige Sassalbo, an dessen Fusse tiefe Höhlen in das Innere des Berges dringen, die früher von » Wil­den« bewohnt wurden. Diese Wilden waren von ungewöhnlich grosser Natur und ungestalt. Sie hatten mehr Ähnlichkeit mit Bären als mit Menschen, und die Bewohner der umliegenden Dörfchen und Häuser redeten nur mit Schrecken von diesen Ungeheuern; das auch mit Recht, denn die Wilden waren auch Menschenfresser. - Äusserst selten zeigten sie sich menschenfreundlich und dienstfertig. Diese Wilden, im Volksmunde Salvanghi genannt, stiegen oft ins TaI herab, aber immer Nachts. Als Stock dienten ihnen Tannen, die sie gleich Grashalmen, samt den Wurzeln aus dem Boden rissen. Einmal fand eine »Wilde« zwei Knäblein, die im Walde sich verirrt hatten, und trug sie in die Höhle des Sassalbo. Dort gab sie ihnen manchen Leckerbissen, und versteckte sie in eine Felsenspalte, um sie nicht der Gefahr auszusetzen, von den, auf Raub ausgegangenen Männern, bei ihrer Rückkehr gefressen zu werden. Bald hernach kamen die Männer, beutebeladen, zurück. Kaum in die Höhle eingetreten, schnupperten sie, gleich Jagdhunden, herum und sagten: »gnan, gnan, carn da cristian« (hier riecht's nach Christenfleisch). Die Wilde hatte grosse Mühe, den blutdürstigen Gesellen die Aufmerksamkeit auf die armen Kleinen zu benehmen, welche in Todesangst in ihrer Felsritze die Nacht verbrachten. Am Morgen, als die bösen Männer noch schliefen, führte die Wilde die zwei Knäblein bis in die Nähe des elterlichen Hauses. Eines Tages kam ein Wilder in die Alpe Sassiglione herab, und trat in die Sennhütte, wo die Sennen eben am Käsen waren, ein. Die Macht und Stärke eines Wilden kennend, machten die Sennen keinen Versuch zu entrinnen, umsomehr als der Wilde ganz freundlich zu ihnen trat, und ihnen zuschaute, wie sie käseten. Mut fassend, vollendeten die Älpler ihr Geschäft und nachdem der Käse aus dem Kessel gehoben wurde, zeigte er ihnen, wie man aus der »Schotte« (Molken) Wachs bereiten könne. - Indem aber der Schrecken vor dem Wilden ihnen zu sehr zugesetzt hatte, entfiel ihnen das Geheimnis, und nie mehr konnten die Sennen dessen sich besinnen. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Wilden ziehen fort

Source: Die Wilden ziehen fort

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Nun kamen diese Wilden ab der Flueh von Zeit zu Zeit auf das »obere Plätzli«, einem Ort ob dem Schwanderhaus, der den Kindern als Spielplatz dient. Auch wenn Zigeuner in die Ortschaft kamen, so gingen sie immer auf diesen Platz. Als sie wieder einmal auf das »obere Plätzli« kamen, versammelten sich die Dorfleute, um die Wilden anzustaunen und zu bewundern wie gewöhnlich. Jedermann hätte ihnen jetzt gerne einen Dienst erwiesen, aber niemand wurde darum angesprochen. Da beobachtete ein kleines Kind, das kaum reden konnte, die verkehrten Füsse der Wilden und sagte laut zur Mutter: »Müetter, g'sehnd iehr nit, dass die b'Färschälä vornä-n- und d'Zeechä hinnä hend?« Die wilde Frau hörte diese Worte und wurde darüber bös und rief: »Chlyni Lytli, D's Tyfels Hytli, Jedes das ärgst! (Än ieders Chlys das ergst).« Dann zogen sie alle fort mit dem Bemerken: »Hitt hender-is g'seh (Hitt hie) Und darna niemeh! (Und de nie meh)«, gingen der Flueh zu und wurden nie mehr gesehen. Die Grosseltern der heute lebenden ältern Generation haben das noch selber erlebt. Schriftlich von HH. Kaplan Truttmann Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Wildenburg (Gams/SG)

Source: Die Wildenburg (Gams/SG)

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Unweit Gambs im Kanton St. Gallen liegen die Überreste der Wildenburg. Dort sollen die Zwingherren umgehen in allerlei Gestalten. Unter ihnen bemerkt man einen grossen Mann mit breitrandigem Hute und in schwarzer Einhüllung. Die Venediger haben dort Schätze gesucht. Einer nahm die Zauberpflanze, "die weisse Ziegenkrautblume" mit, um zu Reichtümern zu gelangen. Und als er am Werke war, mahnte ihn eine Stimme: „"lass`s Best' nicht liegen." Erschrocken eilte er davon und liess die Blume liegen. Quelle: Theodor Vernaleken, Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch


by Die Wildenburg (Wildhaus, SG)

Source: Die Wildenburg (Wildhaus, SG)

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Der Vogt auf der Wildenburg hatte eine Magd; sie war die Geliebte eines nahewohnenden Jünglings, durfte diesen aber nie besuchen. Der Vogt wollte das Mädchen nicht mehr aus der Burg weglassen. Endlich fand es Gelegenheit, den Geliebten zu sprechen und traf mit ihm eine Abrede, um aus dem Schlosse erlöst zu werden. Am andern Tage war die Magd sehr freundlich mit ihrem Herrn; sie setzte sich ans Fenster auf einen Tisch, der Vogt senkte sein Haupt, damit sie ihm das Ungeziefer weglese. Aber drunten im Kuchitobel stand der Geliebte mit Pfeil und Bogen; denn das rote Tuch war laut Abrede vor dem Fenster. Er zielt, schiesst, und leblos stürzt der Vogt zu des Mädchens Füssen; er hatte den Pfeil im Kopf. N. Senn, Tagebuch. *** Von Anfang an haben "wilde" Burgvögte hier regiert — daher der Name Wildenburg; doch die entsetzlichsten Barbaren waren die letzten. Eine Anzahl mutiger Jünglinge fasste den kühnen Entschluss, die Burg zu erstürmen und die schöne umliegende Gegend — Schönenboden — von den Tyrannen zu befreien. Allein die Burg wäre zu fest gewesen, wenn nicht der Himmel Hilfe gespendet hätte. In derselben Nacht nämlich, als die grosse Tat geschehen sollte, brach ein, furchtbares Gewitter los, und einer der ersten Blitzschläge entzündete die Wildenburg. Die tyrannischen Vögte mussten sich flüchten und fielen den Belagerern in die Hände. In einem Riet unterhalb der Burg wurde Lynchjustiz geübt und den Volksbedrückern der Garaus gemacht. An diesem Tage erhielt dieses Riet den Namen Blutlose. Die schlimmen Herren aber kehrten als Gespenster in die Ruine zurück, um fortan die tief im Innern des Felsens aufgespeicherten reichen Gold- und Silberschätze zu hüten. Eines dieser Burggespenster soll sogar in einer Neumondnacht deutlich als einer jener ermordeten Burgvögte wieder erkannt worden sein. Tagsüber verhielten sich diese schaurigen Gestalten meistens ruhig, rumorten dagegen nachts um so ärger. Kein menschliches Wesen, das nicht mit dem kräftigsten Zaubermittel versehen ist - so heisst es — darf sich alsdann auf den Felsenstock begeben, es sei denn, es wolle mit den Wildenburgern verderben. Doch gibt es ein Zaubermittel, das, wie die Burggeister einst einem alten, ausgedienten Krieger offenbarten, aus einer weissen Ziegerkrautblume besteht. Es ist Aronieum scorpioϊdes, Koch. Wer diese findet, dem werden alle Schätze erschlossen. Und wirklich, der alte Soldat, der mit dieser Offenbarung beglückt wurde, entdeckte auf dem Käserruck die gesuchte Pflanze. Noch am selben Abend in der zwölften Stunde erkletterte er die Burgruine und bezwang deren Geister. Durch einen geheimen, engen Pfad führten sie ihn ins Innere, d. h. zunächst in die dunkeln Räume des ehemaligen Erdgeschosses. Dann ging es nochmals durch unheimliche unterirdische Gänge, bis den Glücklichen nur noch eine schwere, eiserne Türe von dem Schatze trennte. Dank seines Zaubermittels öffnete sich ihm auch diese sofort, und nun war der alte Krieger der reichste Mann der Welt. Doch das Glück war von kurzer Dauer. Sobald er mit dem kostbarsten Golde die Schatzkammer verlassen wollte, wurde er gewahr, dass er sein Zaubermittel abgelegt hatte, das er fest in der Hand hätte halten sollen. Nun war die Blume im Besitz der Burggeister, denen auch der schnell reich gewordene Mann überliefert war. Vergeblich ertönten jede Nacht seine Hilferufe aus dem steinernen Labyrinth der Wildenburg, die oft als ein herzzerreissendes "Uftue", "Uftue", "Uftue" zu den Bewohnern der Umgegend drangen. Niemand besass die Macht, ihm Hilfe zu bringen; denn von der weissen Ziegerkrautblume ist kein zweites Exemplar mehr gefunden worden. Dr. G. Baumgartner. *** Wollten die Herren jagen, so riefen sie durch ihre Hörner die Hirten vor ihre Burg. Bären, Wölfe und Gemsen mussten die Hirten springend und schwitzend in eine Waldecke zusammenheulen, damit die Jäger das Wild bequem schiessen konnten. So mussten die armen Menschen, ärger als die Hunde, den Herren auf der Wildenburg dienen. Doch meinten diese es noch christlicher mit ihnen als ihre Nachfolger. Die Herren auf der Wildenburg starben aus, und auf ihren schönen Felsensitz kamen wilde Vögte, wahre Tyrannen. Die hätten auch gerne in Saus und Braus gelebt; weil ihnen aber die Mittel dazu fehlten, halfen sie sich durch Raub, der manchen Sennen in grosse Not brachte. Des Tages sandten sie ihre Knechte aus, die nahmen Ochsen, Kühe, Rinder, Butter und Käse. Wehrte sich einer mit fester Faust gegen solche Diebe, so fand er im finsteren Kerker einen grausamen Tod. Wussten sie irgendwo eine hübsche Sennentochter, die führten sie gewaltsam in die Burg. Lange litten die Toggenburger alles Ungemach; als aber die Greueltaten sich immer mehr häuften, schwuren sie den Tyrannen den Untergang. In einer finstern Nacht, als  diese wieder auf Raub auszogen, legte sich eine kräftige Schar in dem Burgwald auf die Lauer. Plötzlich brach sie aus dem Hinterhalt hervor und erschlug die Frevler nach blutigem Kampfe. Jung und alt bezeugte darüber seine Freude, Aber noch war die Tat nicht vollendet; einer war noch in der Burg zurückgeblieben; dieser suchte zu entfliehen. Eben wollte er sich durch einen Sprung durchs Fenster retten; da sah's ein geschickter Schütze. Die Bogensehne schwirrte, und der Pfeil traf das Herz des letzten Vogtes auf der Wildenburg. Zur Vollendung des Werkes warf das Volk brennende Fackeln hinein, und bald verkündete die Glut am nächtlichen Himmel den letzten Tag des Raubnestes; prasselnd fiel es zusammen. Alle Welt erzählt auch von den ungeheuren Schätzen, welche unterm Sand und Schutt der Wildenburg liegen und die von den hässlichsten zehn Kobolden und Gnomen gehütet werden. Das sind die Zwingherren, die zum Schrecken des Volkes auf der Wildenburg wohnten und die zu ewiger Strafe in den schrecklichsten Gestalten nun ihr gestohlenes Gut Tag und Nacht bewachen müssen. Nach ihren Schätzen waren wohl schon manche lüstern; aber von den Eingebornen [Eingeborenen] hatte keiner das Herz, sich mit den Gnomen zu schlagen, die an der eisernen Pforte der grauenvollen Gewölbe Wache hielten. Da geschah es, dass von den Laguneninseln des Adriatischen Meeres viele Menschen auswanderten. In Wildhaus, wohin sie auch kamen, kannte man sie unter dem Namen Venediger; sie wurden als Hexenmeister gefürchtet. Ein solcher hatte auch Lust, die hässlichen Geizhälse in der Burg zu bezwingen. Er suchte das einzige Mittel, womit man die Ungeheuer bannen konnte, die weisse Ziegerkrautblume auf, die jedoch äusserst selten ist. Nachdem er sie gefunden, machte er sich mutig auf den Weg zur Höhle. Beim Wilbenburgersee stieg er in den unterirdischen Gang hinab, und nach wenig Minuten stand er an einer grossen, eisernen Tür, die sich ihm bei der Berührung mit der Zauberpflanze krachend öffnete. Schwarze Nacht, nur durchblitzt vom Blinken des Goldes! Furchtlos und ohne Rast raffte er nun von den zahllosen Goldklumpen, was sich tragen liess, zusammen und versprach sich schon zum voraus, recht bald wieder zu kommen, als ihn auf einmal ein unsichtbares Wesen umschwebte und ihm vernehmbar die Mahnung zuflüsterte.- "Lass s' Best nicht liegen! Lass s' Best nicht liegen!" Er erschrak, besah nochmals seine Beute und eilte von bannen. Erst als hinter ihm schmetternd die Türe zufiel, erinnerte er sich, dass er das Beste vergessen habe, die weiße Blume! Es wurde keine zweite mehr gefunden. I.C. Hartmann. (Durch Fritz Grob.) *** Im Schutt und Sand der Wildenburg liegen ungeheure Schätze, gehütet von zehn hässlichen Zwergen. Das sind die Zwingherren, die auf der Wildenburg viel Unrecht verübt und die darum ihr gestohlenes Gut Tag und Nacht bewachen müssen. Wenn dann die Geisterstunde schlägt und am Himmel kein Lichtlein glimmt, kriechen sie aus den Höhlen hervor, springen herum, leuchtend wie Irrwische, raufen sich die Haare, toben und heulen, dass es den Leuten in der Nachbarschaft durch Mark und Nein geht. Zu gewissen Zeiten ändern diese Ungeheuer ihre Gestalt; das eine ist frisch und jung, das andere alt und kränklich, wieder eines schwarz und mit vielen Höckern behaftet. Manchmal erscheinen sie auch als Schweine, Hunde, als langgehörnte Bücke, die bei jedem Atemzug Höllendampf aushauchen. Wenn die Quatember oder andere heilige Zeiten nahe sind, spuken sie in der ganzen Gegend. Hauptsächlich dem See entlang soll es gefährlich sein. Zuerst begegnet man einer Matrone, die, wenn sie jemand gewahr wird, eifrig die Hände reibt, klagt und winselt. Ist sie dem Wanderer nahe, so rümpft sie die Nase, und aus dieser wird ein langer Rüssel, mit dem sie nach Beute hascht; glücklich, wer ihr entrinnen kann! Weiter vorwärts stösst man auf einen gewaltigen Mann, der einen grossen Hut und eine schwarze Kutte trägt. Zuletzt steht mitten in der Strasse ein Ungetüm mit Zigeunerbart und Räuberblick. Alle diese Ungeheuer zusammen leben in ewigem Streit; haben sie einmal einen ruhigen Augenblick, so sitzen sie um ihre Kessel und zählen ihr Gold. Plötzlich werfen sie alles weg, sich selbst mit geballten Fäusten schlagend, und so quälen sie sich, bis endlich die ausgestandene Pein ihre verübten Grausamkeiten gesühnt haben wirb. K. Kappeler. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 417, S. 241 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Wildenburg (Zug)

Source: Die Wildenburg (Zug)

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Auf jäh abschüssigem Felsen ob der wilden Lorze erhebt sich in schwindeliger Höhe die Ruine Wildenburg. Heute sieht man nur noch wenige Mauerreste, die uns von vergangener Macht und Herrlichkeit erzählen können. Da einst am jenseitigen Ufer der Lorze ein Frauenkloster zu Schönbrunn gestanden haben soll, weiss die Sage von einem unterirdischen Gang zu berichten, der die Wildenburg und das Kloster verband, aber gefunden hat ihn noch kein Menschenkind. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 26 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Wildfrau

Source: Die Wildfrau

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Der alte Coling (Nikolaus) trug an Sonn- und Feiertagen nie einen Hut wie die andern Männer, sondern immer ein ganz hoffärtiges Chüjerchäppi aus gelbem, schwarzem und rotem Leder. Das war ringsum noch mit feinen Gold- und Silberfäden bestickt. Immer und immer wieder bewunderten die Leute das einzigartige, kostbare Ding und fragten, woher es komme. Dann richtete sich Coling kerzengerade auf, strählte mit allen zehn Fingern seinen Silberbart und antwortete stolz: „Dieses Käppchen hat mir die schönste Frau der Welt geschenkt.“ Wenn er gut gelaunt war und aufmerksame Zuhörer hatte, dann erzählte er die sonderbare Geschichte, wie er zu diesem Käppchen gekommen. Er erzählte sie immer haargenau gleich, ein Zeichen, dass sie unbedingt wahr sein musste. Die Geschichte lautete so: „In meinen jungen Jahren hirtete ich mutterseelenallein in der Treffeishütte. Das ist eine Alp am Nordabhang des Käsenberges, die Welschen nennen sie „Gite de Treyvaux“. Dort hatte ich einst ein sonderbares Erlebnis. An einem Sommertage ging ein furchtbares Gewitter über den Käsenberg und den Burgerwald. Es donnerte und blitzte ohne Unterlass, der Sturmwind heulte und trieb die schweren schwarzen Wolken so nahe über den Berghang hin, dass es ganz dunkel wurde. Erst regnete es in Strömen, dann hagelte es mit nie gesehener Heftigkeit. Äste, Zweige, Tannzapfen, Schindeln und Zaunstecken flogen in wildem Taumel durch die Luft, und es rauschte und tobte und krachte, als ob die Welt in Fetzen gehen sollte. Das Vieh brüllte in den Ställen vor Angst. Ich setzte mich an die Herdgrube und begann den Wettersegen zu beten. Plötzlich flog die Türe auf, und mit einem Schrei stürzte ein Weib in die Küche. Es blickte verwirrt umher und sank alsbald erschöpft auf einen Schemel, der am Herde stand. Ich schloss die Türe und legte einige Reiser auf die noch schwelende Glut. Bald prasselte ein helles Feuer in der Grube, und im flackernden Scheine desselben konnte ich nun die fremde Frau näher betrachten. Sie war vollständig durchnässt und die Kleider klebten ihr am Leibe. Rings um sie bildete sich auf dem Boden eine Wasserlache. Ihre blauschwarzen Haare hingen in wirren Strähnen hernieder, und das Wasser brünnelte heraus. Aus dem feinen bleichen Gesicht leuchteten die grossen, dunklen Augen. Sie war schön - wunderschön. Aber es war eine ganz fremdartige Schönheit. Die Frau zitterte wie ein gefangenes Vögelein, wohl mehr vor Angst als vor Kälte. Ihre Augen blickten mich angstvoll an und verfolgten jede meiner Bewegungen. Ich fragte sie endlich: „Wo kommt ihr her?“ Sie gab keine Antwort. Sie schien mich nicht zu verstehen. Da kam mir in den Sinn, es könnte eine Welsche sein, und im wohlklingenden Patois versuchte ich sie zu beruhige: „N’ochè pao pouêre, féjo rin dè mô.“ (Ihr braucht keine Angst zu haben, ich tu’ euch nichts zuleide.) Ich sah es ihr an, sie verstand mich wieder nicht. Regen und Hagel prasselten noch immer mit unverminderter Heftigkeit auf das Dach der Hütte. Ich holte im Gaden Milch und Brot und reichte es ihr hin. Die Milch trank sie gierig aus, das Brot rührte sie nicht an. Nun öffnete sie den Mund und redete in einer ganz fremden Sprache hastig einige Worte. Das klang wie: „Biri-beri-haza“, und sollte wohl heissen: Ich danke dafür. Sie hatte sich jetzt etwas beruhigt. Mit allen Fingern griff sie in die nassen Haarsträhnen und kämmte sie nach hinten, dass ihre ganze Fülle über den Rücken floss. Unterdessen hatte der Hagel aufgehört, und auch der Regen schlug leiser und leiser auf das Hüttendach. Ich öffnete die Türe und blickte hinaus. Die Weide war vom Hagel wie überschneit. Bäche schossen von den Hängen hernieder und eilten gurgelnd und rollend zu Tale. Tannen lagen kreuz und quer übereinander auf dem Boden und die Zäune waren zerrissen. Während ich so die Schäden betrachtete, schoss die fremde Frau plötzlich an mir vorbei ins Freie und jagte wie ein gehetztes Reh über die Weide bergan und verschwand im Burgerwalde. Ich stand noch lange an der Türe, blickte dahin, wo sie meinen Augen entschwunden, und grübelte nach, wer diese Frau wohl sein könnte. Da erinnerte ich mich, dass meine Grossmutter oft seltsame Geschichten erzählt hatte „..va wilde Lüt, wa früjer im Burgerewaal dahiim gsi sin…“. Diese Menschen sollen hübsch und sehr klug gewesen sein und eine eigene Sprache gesprochen haben. Sie sollen ungemein scheu gewesen sein und sich streng gehütet haben, mit den Bewohnern des Flachlandes in Berührung zu kommen. Und so eine Wildfrau musste die Unbekannte gewesen sein, daran zweifelte ich nicht im geringsten. Ich konnte die schöne Frau nicht mehr vergessen. Oft wanderte ich stundenlang im Burgerwalde herum und suchte sie. Einmal erblickte ich durch das dunkle Gewirr der Stämme eine sonnenbeschienene Lichtung, und dort sass sie auf einem Steine und strich mit den Fingern durch das aufgelöste Haar. Ich stürmte durch das dichte Gehege, und als ich auf die Lichtung kam, war niemand auf dem Steine. Hatte mich ein Trugbild genarrt? - Ich weiss es nicht. Einst fuhr ich in der Nacht aus dem Schlafe empor. Ich glaubte, es habe jemand an die Türe geklopft. Ja, ich meinte sogar, die Stimme der Wildfrau zu hören. „Biri - beri - haza“, sprach sie wieder. Ich erhob mich schnell, zündete die Laterne an und eilte hinaus. Es war niemand zu sehen, nicht der leiseste Laut zu hören. Ich wandte mich um und wollte wieder in die Hütte treten. Da fiel der Lichtschein an die Wand, und am Türpfosten blitzte und funkelte etwas: Ein Chüjerchäppi aus gelbem, rotem und schwarzem Leder und mit Gold- und Silberfäden wundervoll bestickt. Das konnte niemand anders dorthin getan haben als die schönste Frau der Welt, - die Wildfrau vom Burgerwald.“ Das ist die Geschichte, die der alte Coling so oft erzählte.    Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch  


by Die wildi Jagd

Source: Die wildi Jagd

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Die wildi Jagd Äs isch i de churze Tage gsi, zwüsche Wiehnecht u Neujohr. Du isch es bi dr Altburg ufgange. Wie ne Chuppele Jaghüng isch es derhär cho un uber mi ubere. Z’Sossau si d’Lüt voruse cho u hei zueglost. Wie ne Chutt isch es em Guger no, gägem Stieregässli zue, düre Schintersgraben uf, uehe i ’s Bantli un i graue Stei.   Die wilde Jagd und der wilde Jäger Der Glaube an die Toten im Wind entspringt doch aber im wesentlichen dem Erlebnis des Sturmes. Als aussergewöhnliches Ereignis übt es auf das Fühlen und Denken des Menschen einen überwältigenden Eindruck aus. Wie das Unwetter herankommt! Peitschend fällt der Regen nieder. Wie die Bäume sich biegen! Wie es tost und heult! Das ist kein gewöhnlicher Sturm. Da heulen Hunde, schreien und toben Menschen! In den jagenden Nebelfetzen sieht er sie dahinfahren‚ allerlei Getier, tiergestaltige Tote und menschliche Leiber. „Das Heer der Seelen, das im Winde dahinbraust, ist die wilde Jagd.“ M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die wildi Jagd bi dr Altburg

Source: Die wildi Jagd bi dr Altburg

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Die wildi Jagd bi dr Altburg E Bammert het zur Unzit i dr Lohäule ghöre Bäum schlo u Holz schleipfe. Är isch hingere; aber do ischt alls still gsi, u gseh het er au nüt. Drum isch er zrugg u het gmeint‚ är heig nid rächt ghört. Aber wie-n-er am Waldrand steiht, ghört er’s ume, ganz dütlig. Du isch er ume hingere, süferli, ass ne niemer ghör u gseih. Aber eismols isch ihm dr Dumen i d’Hang gfalle; jetz het er gmerkt, was los isch! I dr Luft het es toset, äs isch e Grus gsi. D’Bueche u d’Tanne het’s nume so ghudlet. Usem Chutten use hei Hüng brüelet. E Stimm het grüeft: „Ho de de, de, dedede!“ U eine het ihm mit eme Chnütteli uf d’Backe ghoue. Ganz erschlagen isch er heicho. Zmornderisch het er e Chopf gha wie-n-es Mäss. Mänge Tag het er müesse ligge. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die wildi Jagd im Fuhrebärg

Source: Die wildi Jagd im Fuhrebärg

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Die wildi Jagd im Fuhrebärg Im Fuhrebärg isch es albe nid sufer gsi. We’s isch Vollmond gsi, isch e Jagd düre. Einisch isch dr alt Hani bim Vollmond vo Madiswil hei. lm Fuhrebärg het er d’Jagd ghört. Sie isch nöher cho u gäng wie nöher. Aber dr Hani isch zueglüffe. Ungereinisch si d’Jaghüng do gsi. Är het kei Schritt meh chönne tue u kes Glied meh verrüehre. Ersch nome Rung het er ume witer chönne. Vo denn ewägg si sie vo dr Gmeinweid nie meh bim Vollmond düre Fuhrebärg ab. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Wilhaulenjagd

Source: Die Wilhaulenjagd

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Liedertswil ist neben Bretzwil und Waldenburg die einzige Ortschaft im ganzen Baselbieter Jura, die noch eine Gemeindeweide besitzt. Zwei Lappen dieser steilen Weide hangen nach Norden ins stille Weigischtälchen herab, einige riesige alte Linden stehen darauf. Die beiden Lappen sind getrennt durch einen mit Wald umstandenen Graben. Das ganze Gelände ist unruhig, Erdrutsche waren dort früher keine Seltenheiten. Auch munkelte man vor 50 Jahren, es habe in der Nähe Wildsauen und Bären gegeben. Der Erzähler erinnert sich nur, dass er als Bube daran glaubte und weiss noch genau, dass in den kleinen Kalkflühen bei der Eretsrütti und im Kühweidberg auffallend viele Bussarde und Käuzen, auch Wildtauben horsteten. Alles zusammen also ein richtiges Jagdrevier romantischen Charakters, ein Boden für Sagenbildung. Der Erzähler war etwa acht Jahre alt und sass eines Winterabends mit seiner älteren Schwester auf der Kunst, schon im Nachthemmli, um noch etwas Wärme für das Bett zu sammeln. Da erschien der Präsident, um mit des Erzählers Vater, der Lehrer und Gemeindeschreiber war, etwas zu besprechen. Die Angelegenheit dauerte nicht lange. Und auf einmal fing der Presi an zu erzählen von einem unheimlichen Erlebnis, das er gestern Abend gehabt: «Ich habe auf Wil das Vieh besorgt. (Vier Liedertswiler hatten damals östlich der Wilhaulen grosse Bergmatten mit Heuscheunen und kleinen Ställen darauf. Das Heu fütterten sie im Spätwinter an Jungvieh, das sie dort oben so lang warteten, bis das Futter zu Ende war.) In der Nacht bin ich nach dem Niederhof abgestiegen. Aber es war unheimlich. Schon im Stall war der Teufel los. Die Tiere schlugen aus, fuhren hin und her, brüllten, wollten nicht fressen. Daher blieb ich länger als sonst auf dem Berg. Als ich ins Freie treten wollte, schlug mir ein Sauwind die Stalltüre an den Grind und es kübelte nur so vom Himmel. Ich pressierte. Beim «Höchen Stich » schwenkte ich rechts ab und lief dem Lichs zu. Aber heiliges Donnerwetter, jetzt kam es, jetzt! Auf einmal konnte ich fast nicht mehr gehen und stehen und es verschlug mir den Atem. Und nun fuhr von der vorderen Wilhaulen ein fürchterlicher Sturm daher, ich hörte  lautes, wildes Hundegebell, überhaupt einen verfluchten Lärm. Ich denke, die Welt will untergehen. Da springen Hunde, grosse und kleine, mit feurigen Augen und Mäulern links und rechts an mir vorbei, und plötzlich läuft ein schwarzer, grosser Jäger auch an mir vorüber und ruft etwas. Verstanden hab ich nichts, ich war wie gelähmt und am Umfallen. Und dann fing es an zu regnen und zu tosen, viel ärger als oben bei der Hütte. Die Wilhaulenhunde und der Jäger verschwanden über dem Lichshübel in der Richtung nach dem Heimsten (allein und einsam stehender Bauernhof in einer Mulde östlich des Lichs). Nun konnte ich wieder gehen und schritt heimwärts. Ich spür’ es heute noch in allen Gliedern.» Das erzählte der Presi. Die zuhörenden zwei Kinder froren vor Gruseln, ihr Vater lachte leise und sagte: «Aber Presi, ihr werdet doch das nicht glauben! Oder habt ihr das wirklich gesehen und gehört?» Der Presi beteuerte wiederholt, dass alles pure Wahrheit sei und ging fast ärgerlich fort. Die Kinder fragten ängstlich den Vater, ob es so was gäbe. Er erklärte, alles sei eine Täuschung und sie sollten jetzt ruhig ins Bett gehen und beten. Der Knabe sagte im Bett zur Schwester: «Aber vielleicht hat der Presi die Wilhaulenhunde und den Jäger doch gesehen.» Die Schwester erwiderte stolz: «Der Vater wird es denk besser wissen als du.» Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Die Winonjungfrau

Source: Die Winonjungfrau

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Das Winonflüsschen bei Beromünster (vielleicht eine alte Vienna) entspringt bei Neudorf und fliesst durch ein mit Tann bewachsenes Talgelände, das Winonholz, der Luzernergrenze bei Maihausen zu. Was hat die Jungfrau verbrochen, die seit undenklichen Zeiten mit einem Bund goldener Schlüssel an goldener Kette in altfränkischer vornehmer Tracht am Bach auf und ab das Gehölze durchwandelt, besonders in der Frohnfastenzeit, wie die alten Streckeburger beteuren? Von Neudorf, wo sie wahrscheinlich gezecht hatten, gingen in diesem Jahrhundert mehrere Münsterer durch das Wäldchen. Da rief einer in seinem Mutwillen herausfordernd dem „Winonholzfräuli", worauf er auf der Stelle Rücken und Beine so beschwert fühlte, dass er nur höchst mühsam mit den andern nach Hause gelangen konnte und einige Tage an der „Kräze“ leiden musste.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Die Winterung

Source: Die Winterung

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Auf den Alpjen bei Simplon-Dorf war ein Bauer, Senni (Zumkeni) geheissen, der sein Vieh schlecht behandelte und oft ganz vernachlässigte. Dem nahmen nun die Gogwärgini im Herbst seine einzige Kuh weg und pflegten sie den ganzen Winter vortrefflich. Im Frühling brachten sie die wohlgenährte Kuh zurück, dazu noch ein Kalb, und riefen: «Senni, Brenni*, chu reich dini Chuoh und us schees bruis Chalb derzuo!» *Zuname der Zumkeni SIMPLON-DORF Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Wirthin von Boscha

Source: Die Wirthin von Boscha

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In Boscha, einem zu Steinsberg gehörigen, aber näher Guarda zu liegenden Weiler, stand ein kleines Wirtshaus, wo öfters die Mitglieder einer Räuberbande sich zu ihren Beratungen versammelten und ihre sündhaften Pläne entwarfen; die Wirtin, die damals das Haus allein bewohnte, zählte sich zu der saubern Gesellschaft, und half treu und wacker mit. Sie hatte nun einen einzigen Sohn im Auslande, der ganz anderer Art war, als die böse Mutter. Er zeichnete sich durch Treue und Arbeitsamkeit aus, war daher geachtet und geliebt, hatte sich einiges Vermögen erworben, und das Treiben seiner Mutter war ihm bis dahin unbekannt geblieben. Durch einen Landsmann erfuhr er einst in der Fremde, dass seine Mutter im Verdachte stehe, mit jener Bande gemeinsame Sache zu machen und dass sie wenigstens den Mitgliedern derselben Unterschlauf gebe. Er wollte und konnte aber dies nicht glauben, denn das kindliche Herz glaubt nur schwer von Vater und Mutter etwas Schlechtes. Lange Zeit beunruhigte ihn das von seinem Bekannten über seine Mutter Gesagte, bis er endlich sich entschloss, heim zu kehren und sich von der Wahrheit oder Unwahrheit jener Aussage zu überzeugen. Es war an einem unfreundlichen Herbstabend, Nebel und schwarze Wolken hatten schon den ganzen Tag den Himmel getrübt, und ein kalter Wind strich über die feuchte, sich zum langen Winterschlaf vorbereitende Erde, als es beim Zunachten an der Türe des kleinen Wirtshauses zu Boscha ziemlich heftig klopfte. Die Wirtin trat in die Türe, und vor ihr stand ein schöner braungelockter Jüngling, der um ein Nachtlager anfragte. Mit erheuchelter Freundlichkeit führte ihn die Wirtin in die warme Stube, zündete Licht an, und als der Fremde ihr einen schweren und versiegelten Geldgurt zur Aufbewahrung übergab, nahm sie diesen mit malitiösem Lächeln zur Hand, tat ihn in den Schrank, und mag bei sich gedacht haben: diesen Abend mache ich allein einen guten Fang. Der Jüngling indessen gab vor, er sei müde und schläfrig, und legte sich auf die Ofenbank hin, während die Wirtin sich entfernte, um ihrem Gaste das Essen zu bereiten. Nach einer Weile trat sie wieder herein und fand den Jüngling mit etwas offenem Munde ruhig schnarchend. Sogleich entfernt sie sich wieder, schürt In er Küche das Feuer noch mehr, kommt zurück und findet ihn noch immer in gleicher Lage. In der Meinung, er schlafe, war jetzt ihr höllischer Entschluss reif geworden; sie eilt in die Küche, nimmt eine kleine Pfanne voll siedende Butter, trat dann in die Stube und leerte sie rasch bevor der Jüngling etwas davon ahnte, demselben in den Mund. Er wollte sich wehren, aber es war zu spät, er wollte sprechen, aber die Stimme versagt ihm den Dienst. Nur mit Mühe konnte er noch vernehmlich die Worte hervorbringen: »Mutter, Mutter, was hast du getan«, dann ward er eine Leiche. – Aber diese Worte liessen ihr keine Ruhe mehr; sie raufte sich das Haar, kniete neben der Leiche, weinte und heulte, aber vergeblich, das entflohene Leben kehrte nicht mehr zurück. Endlich erhob sie sich und lief wie rasend im Hause herum, aber wo sie hinkam sah sie nur Dunkelheit und vernahm aus derselben nur die für sie furchtbaren Worte; Mutter, Mutter, Was hast du getan. In dieser Lage der Reue und der Verzweiflung begab sie sich noch in jener Nacht zu einer Nachbarin und erzählte derselben die scheussliche Tat; dann verschwand sie auf immer. Seitdem sah Niemand die Unglückliche mehr; in den Wellen des jungen Inns mag sie ihr Grab gefunden haben. Aber nach dieser schrecklichen Tat sahen zuweilen die Wanderer, die des Nachts des Weges zogen, vor der Türe jenes Wirtshauses zu Boscha eine geisterhafte weibliche Gestalt, welche mit schwarzgelber Hand sie vom Hause wies und ihnen stumm andeutete, da nicht einzutreten. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Wißmaidli-Tanne auf Schenkenberg bei Oberflachs

Source: Die Wißmaidli-Tanne auf Schenkenberg bei Oberflachs

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Die Wißmaidli-Tanne war ein alter Baum bei Oberflachs, jetzt gefällt; der Wißmaidli-Brunnen ist in der Nähe. An sehr heißen Sommertagen zeigt sich da eine große Schlange, welche Augen wie Baumnüsse und einen zundclrothen Kamm hat; bemerkt man sie, so kann man sicher auf ein ganz nahes Gewitter rechnen. Sie war schon zur Zeit da, als die Berner Landvögte noch auf dem Schloß Schenkenberg wohnten. Nur wenn man einen Nagel durch ihren Kopf schlägt und ihr die Haut abstreift wie einem Aal, so und nicht anders ist sie zu erlösen. Die Knaben, die dies erzählen, setzen bei, man bekomme von ihrem Anschauen böse Augen, und müßt dann ins Heilbad nach Schinznach. Diese Schlange ist die Tochter gewesen eines Junkers von Schenkenberg. Als ihr Vater mit dem Kaiser in den Krieg gezogen war, Vergrub sie alle Schätze unter dreifachen Mauern und Gewölben zutiefst im Boden des Schloßbergs und starb, ehe der Ritter wieder aus dem Kriegszuge heimgekehrt war. Seitdem der Stamm der Schenkenberger erloschen ist, haben schon manche Schatzgräber den hier verborgenen Reichthümern nachgespürt; auch das Burgfräulein soll schon etlichen erschienen sein und sie um einen Kuß gebeten haben. ' Der Gemeinderath von Thalheim hat aber alles Nachgraben in der Ruine streng untersagt. Band 2, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau, 1856, Seite 5 Kanton: Aargau Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Wissle hassen das Pfeifen

Source: Die Wissle hassen das Pfeifen

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Es ist an alti Zellata (Sage), dass d'Wissle oder Herumjini d's Pfifu nit lidu chönne. A mal hei oich a Ma in der Nähji bi-ner Steirischu g'schlafu und wie n-er erwacht ist, so hät er vili Wissle us de Löchru van diesche Rischina g'seh fiircha cho und oigunblicklich wieder verschlifu. Da ist mu z' Si cho, a mu probieru z'pfifu; denn er hei g'hört sägu — we mu de Herumjinu pfife, so chome schi toubi — und chome immer meh und meh fircha, und dem wa pfife allzit nähjer und nähjer. Wie er nu so einige Mal starch gipfifot hät, so sind immer meh und meh Wissle ussa cho, und z'letscht, a sottigi unzahlbari Mengi, dass mu giducht hät, bi jedum Stei lotze a Chopf van-am Herumji uffa, ja dass mu fürcho ist, alli Steina um ihnu bewege schich, und si bari Wissle. Da hät er va Chlupf, schi chöntinu afallu und fressu, schine Tschopo (Überrock / Jacke, Weste) usgizogu — und den nu-ne darg'worfu und ist, was gist, was häst, darfagliffu. Wie er nu später z'ruck cho ist, ga lotze, wasch mit dum Tschopo ächt g'macht heige; da hät er g'seh, wiesch du Tschopo z'chleine Sticku zerrissu heind — und wenn er nit du glicklichu Ifall g'häbet hätti, ne du Überrock darz'ghiju, so hättisch oich ihnu, z'chleine Fetzu zerrissu und ufg'fressu.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die wohlfeile Brücke

Source: Die wohlfeile Brücke

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Bei der vielbesuchten Wallfahrtskapelle in Chandolin-Savièse ob Sitten überrascht den Beobachter die Aussicht auf das lange, wildschöne Sanetsch-Tal, welches mit den obstgesegneten Fluren des Savièse-Berges rechts und links mit den noch freundlicheren Halden des schönen Gundis (Conthey) in argem Kontraste steht. Schroffe Felswände und steile Bergabhänge, welche, reich an wildem Steingeröll, nur spärlichen Boden dem Tannen- und Theelwalde einräumen, umrahmen das enge Tal, an dessen Sohle die Morge ihr Bett in tiefe Schluchten eingegraben. Über den Rand dieser Abgründe ist eine gut erhaltene, aber sehr gefährliche Saumstrasse talein- und aufwärts zu den weidereichen Vor- und Hochalpen des Sanetschs angelegt. Die guten Leute von Savièse haben da manch sauern Gang durch dieses drei Stunden lange Tal zu machen, wenn ihr Vieh aus den fetten Bergweiden dieses Hochpasses graset. Fast in der Mitte des Tales führt die Strasse mittelst einer soliden, wohl über einen zweihundert Meter tiefen Abgrund kühn angelegten Steinbogenbrücke über die Morge auf den Bezirk Gundis hinüber. — Nahe bei dieser Brücke war es, wo am 17. Herbstmonat 1869 der unglückliche Joseph Bridy, Organist, vom Maultier hinab in den schrecklichen Abgrund totfiel; das Tier, das seine Ladung so traurig verloren, kehrte allein nach Chandolin zurück. Diese Steinbrücke, die auch ihr Bildhäuslein hat, wie gewöhnlich die gefährlichen Brücken im Oberwallis, heisst: "Pont Neuf — Neue-Brücke", obschon sie augenscheinlich ziemlich alt ist — 300 Jahre möchten nicht zu viel gesagt sein. Auch eine schöne Steinbrücke, unter Stalden heisst noch die "Neue Brücke", obschon sie vor 270 Jahren gebaut wurde. Anfangs waren diese Brücken freilich neu und wurden so richtig benannt; jetzt aber sollten sie wahrheitsgetreuer alt heissen. Laut einer Sage in Savièse ist die Steinbrücke im Sanetschtale vom Satan sehr wohlfeil gebaut worden.* Die guten Leute waren nämlich sehr in Verlegenheit, an dieser schwierigen und gefährlichen Stelle ordentliche Brücken anzulegen und zu unterhalten. Satan wollte sich das zu Nutzen machen und versprach, eine feste Brücke in Stein und Pflaster auszubauen, wenn die erste Kreatur, die darüber gehen werde, ihm als Lohn eigentümlich zufallen solle. Der Antrag wurde angenommen, die Brücke von Satan gleich aufgemauert und für den öffentlichen Verkehr offen erklärt. Um die neugebaute Brücke in Augenschein zu nehmen veranstaltete man eine grosse Prozession, an deren Spitze sich der Pfarrer selbst stellte und der sich fast alles Volk anschloss. Satan rieb sich die Hände und hüpfte vor Freude, als er die Masse Volkes herankommen sah und voran den wohlbeleibten Pfarrer selbst, auf den er schon lange einen Zahn gehabt, weil er ihm so manche Rechnung durchkreuzt hatte. — Alle Mühen des schweren Brückenbaues waren vergessen! — Aber, o weh! — Bevor der Pfarrer seinen Fuss auf die Brücke setzte, zog er schnell unter seinem weiten Mantel eine alte Katze hervor und jagte dieselbe darüber. — Da knirschte Satan vor Wut als er sich so betrogen sah. Gleich machte er sich daran, die Brücke wieder einzureissen; aber des Priesters Segen kam ihm zuvor und er musste sich als Lohn für den Brückenbau mit der alten Katze begnügen. Später soll Satan noch damit Rache genommen haben, dass er eine vorübergehende Kuh am Schwanze ergriff und in den schauerlichen Abgrund schleuderte.   * Im Wallis gibt es mehrere Brücken, die von Satan sollen gebaut worden sein und zwar so schnell als ein Reiter darüber zu galoppieren imstande war; unter andern jene vom Wege von Leuk nach Erschmatt bei Rotafen. Der Teufel verlangte hier als Lohn die ersten drei Köpfe, so über dieselbe gehen würden. Man rollte zuerst einen Kabiskopf darüber, dem eine gefrässige Geiss nachsprang. Zuletzt wurde noch ein Hund nachgehetzt, und so erhielt der Brückenbauer den versprochenen Lohn.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die wohltätigen Zwerge

Source: Die wohltätigen Zwerge

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Auf dem Epsacher Feld befindet sich ein großer Stein, unter dem vor Zeiten zwei Zwerge ihre Wohnung gehabt haben sollen. Diese Zwerge waren gar freundliche Leutlein, die öfters zu den Leuten im Dorfe gingen und an ihren Gesprächen und Abendsitzen Teil nahmen; sobald aber einer der anwesenden schwur oder fluchte, verließen sie augenblicklich die Gesellschaft wieder; denn sie hatten einen Abscheu vor allen Lastern. Wenn die Bauern im Sommer ihr Korn abschnitten, brachten die Zwerge ihnen in einem weißen Körblein oft allerlei essbare Sachen nebst kleinen silbernen Löffeln und Gabeln. Sobald die Leute gegessen hatten, packten die Zwerge alles wieder zusammen und trugen es in ihre Wohnung zurück. Einmal ließ sich ein Bauer von seiner Habsucht verleiten, eins der Löfflein zurückzubehalten. Als die Zwerge dieses gewahr wurden, verließen sie sofort die Gegend und wurden von dem Tage an nicht mehr gesehen. Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Wolfsgrube

Source: Die Wolfsgrube

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In Albenried zwischen Visp und Bürchen wohnte vor vielen und vielen Jahren ein Ehepaar. Es führte sich redlich auf und ernährte sich so gut, als eben die Vermögensverhältnisse es gestatteten. Nun glaubte der Wolf ein Anrecht auf ihre Habe zu besitzen, schlich sich heimlich in den Stall und raubte da gewissenlos eine Ziege, ein Schaf, einmal sogar ein junges Rind. Damit war der redliche Bauer jedoch nicht einverstanden. Um dem nächtlichen Dieb das Handwerk zu legen, grub er in der Hellela ein grosses Loch, nach oben verengt und fest ausgemauert. Er deckte die Grube mit Reisern zu und legte noch eine Lockspeise drauf. Einst benützte er dazu eine tote Henne, die er in seinem Stalle gefunden hatte. Das merkte die Frau, und gleich dachte sie, der Mann werde sie als Lockspeise benutzt haben, und sie ging am gleichen Abend noch schnell hinauf zur Wolfsgrube. Als sie in später Stunde noch nicht zurückgekehrt war, suchte sie der Mann am selben Orte. Dort bemerkte er, dass die Reiser an zwei Stellen eingebrochen waren. Er blickte hinunter und sah, wie seine Frau und der Wolf friedlich nebeneinander sassen. Unwillkürlich entfuhren ihm die Worte: «So ist`s gut. Der Wolf in der Falle – und die "Tampa" auch dabei.» Dann zog er seine Frau heraus und erschlug den Wolf. BÜRCHEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Wunder der Heiligen Nacht

Source: Die Wunder der Heiligen Nacht

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Im Wallis soll man auch ehemals für eine Wahrheit gehalten haben, dass in der Christnacht, während dem und so lange es zwölf Uhr schlage, alles Vieh die Menschensprache reden könne und wer recht in diesem Augenblicke aufpasse, der könne deutlich vernehmen, was sie, die Tiere, miteinander für ein Gespräch führen. — Mehr solle auch in dieser Mitternachtsstunde, so lange die Glocke beim Zwölf-Uhr-Schlagen ertöne, aus jedem Brunnen statt des Wassers der beste Wein fliessen. Es sei aber sehr gefährlich solchen Wein zu kosten, weil bei einem solchen Wagestück der Böse über den Trinkenden Gewalt habe; darum unterstehe sich selten einer, seinem Vorwitz Genüge zu tun. Man fürchtete, es könnte dem Wagehals ergehen, wie einem gewissen in Deutschland. Ein Mann nämlich, so erzählt die Sage, welcher in der Heiligen Nacht die Probe machen wollte, ob dieser Volksglaube eine Wahrheit oder Unwahrheit sei, ging um die Mitternachtsstunde in der Hl. Christnacht wirklich mit einem Kameraden zu einem Brunnen. Der andere, welcher ihn begleitete um ihm die Furcht zu verscheuchen, rief dem, welcher die Probe machen wollte, zu: «Fünf Minuten vor zwölf Uhr, wie schmeckt das Wasser?» «Nur wie Wasser», gab er ihm zur Antwort. — Nach kurzer Pause sagte er wieder: «Nur Wasser und abermals nur Wasser!» — Da schlug es zwölf Uhr — die Heilige Mitternachtsstunde — plötzlich rief er — «Jetzt kommt Wein, guter Wein!» Aber zugleich rief eine schwarze Gestalt hinter ihm: «Und du bist mein!» Der Mann am Brunnen verschwand mit der schwarzen Gestalt, ohne dass sein Freund je eine Spur von ihm entdecken konnte. — Ebenso, heisst es, werden um zwölf Uhr der Hl. Christnacht alle verborgenen Schätze in alten Ruinen, Wäldern und Wüsteneien, welche dort von Wucherern und flüchtigen Leuten bei Kriegszeiten sind verborgen worden, offenbar werden, in deren Besitz aber nur ausserordentliche Glückskinder gelangen können. So erzählt man auch, dass ob Zenschwidern in einem Tschuggen sich in der HI. Nacht ein Schatz offenbare. Man habe nämlich bei hellem Mondschein in dieser Nacht einen halb nackten Menschen ein Kistchen auf einen gewissen Platz tragen gesehen, bei welchem er bis nach zwölf Uhr der Hl. Nacht gewacht habe. Zwei arme Jäger wünschten diesen Schatz zu gewinnen und den Geist, der dabei wachen musste, zu erlösen, wenn's möglich wäre. Sie machten sich also etwas vor Mitternacht am Hl. Abend dahin auf. Bei dem hellen Mondschein erblickten sie in der Ferne schon, auf dem bestimmten Platze das Kistchen und eine halbnackte Person dabei sitzen. Da schlug es auf dem Kirchturm in St. Niklaus zum ersten Mal zwölf Uhr. Sie hatten sich an der Zeit betrogen, eilten was sie konnten und waren schon nahe, da schlug es zum zweiten Male Mitternacht — und Kistchen und Wächter waren schon verschwunden; nur sahen sie noch im frischen Schnee die Fussstapfen von blossen Füssen, die in den Klüften sich verloren hatten.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die wunderbare Barke

Source: Die wunderbare Barke

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Es war einst eine Bauernfamilie, Vater, Mutter und zwei Knaben. Sie wohnten auf einem Bauernhof, draußen auf dem Lande, und ihr Häuschen lag mitten in einem weitläufigen Landgut, das sie selbst bebauten. Nach und nach wuchsen die beiden Kinder zu kräftigen Burschen heran und arbeiteten emsig mit, um ihr Brot zu verdienen. Nun geschah es, dass der König jenes Landes in allen Städten und sogar an allen Straßenecken der Dörfer folgenden Aufruf bekannt machen ließ: «Wer imstande ist, binnen einem Jahre eine Barke herzustellen, die übers Meer und übers Land fährt, soll meine Tochter Zur Frau bekommen, er sei arm oder reich» Sobald man dies vernommen hatte, machten sich viele Leute daran, ein solches Schiff herzustellen. Eines wurde schöner als das andere; aber keinem gelang es, eine Barke auf dem Land und im Wasser zum Fahren zu bringen. Nach einigen Tagen war diese Neuigkeit auch zu Ohren unserer beiden Jünglinge gedrungen. Da beschloss der Ältere, in den Wald zu gehen und einen Baum umzuhauen, um daraus ein solches Boot zu zimmern. Also machte er sich am folgenden Tag in aller Frühe auf nach dem Wald. Er war aber kaum einige Meilen weit gegangen, so begegnete ihm ein alter Mann, der ihn fragte: «Wo gehst du hin? Wenn du mir die Wahrheit sagst, so kann ich dir behilflich sein; denn ich verstehe mich auf die Zauberkunst.» «Das brauchst du nicht zu wissen, das geht dich doch nichts an. Wenn es dich aber so wundert, so wisse, dass ich in den Wald gehe, um mir Wallhölzer zum Teigrollen zu machen.» «Und Walllhölzer sollst du haben bei jedem Beilschlag, den du dem Baume geben wirst!» Nachdenklich über diese Worte setzte der Jüngling seinen Weg fort und gelangte ins Innere des Waldes, wo die Bäume ganz dicht nebeneinander standen. Aber stellt euch vor, wie es ihm zu Mute war, als bei jedem Hieb, den er einem der Waldriesen gab, Wallhölzer herauskamen und ihm ins Gesicht schlugen! Zornig nahm er die Axt und kehrte wieder nach Hause zurück, wo er seine Erlebnisse erzählte. Da sprach der jüngere der beiden Brüder namens Valentino: «Jetzt will ich hingehen, um die Barke zu bauen.» Am folgenden Tag nahm er ein scharf geschliffenes Beil und wanderte von daheim fort, dem Walde zu. Noch war er nicht manche Wegstunde gegangen, da kam der gleiche Alte auf ihn zu und richtete an ihn dieselbe Frage wie an seinen Bruder. Der Junge erzählte ihm offen und freimütig, was er vorhabe, und der alte Mann fügte bei: «Wenn du zum Wald gekommen bist, wirst du gleich am Anfang einen gewaltigen Baum erblicken. Den musst du fällen, und du wirst sehen, dass es dich nicht viel Mühe kosten wird, eine Barke zu zimmern, die über Land und Wasser fahren kann.» Valentino war herzlich froh darüber, dankte dem freundlichen Mann und lenkte seine Schritte dem Walde zu. Kaum war er an dessen Rand angelangt, so bemerkte er auch sogleich den Baum, den er umhauen sollte. Mit großem Eifer machte er sich ans Werk, und stellt euch vor, wie wunderbar es ihm dabei erging: Bei jedem Hieb, den er dem Baum versetzte, kam ein Stück der Barke heraus, die er zu bauen geplant hatte. Und als der gewaltige Baum am Boden lag, war auch die Barke bald zusammengefügt und zur Abreise bereit. Er legte die Axt in die Barke, stieg hinein und sprach: Barke, liebe Barke mein, Trag mich zu den Eltern heim! Kaum hatte er diese Worte gesprochen, so setzte sich das Schiff in Bewegung, und ehe er sich's recht versah, war er von seinem Bauernhaus angekommen. Dort stieg er aus, ging in seine Kammer, zog die schönsten Kleider an, die er hatte, nahm Abschied von seinen Eltern, trat wieder in sein Fahrzeug und sprach zu ihm: Barke, liebe Barke mein, Führ mich zum Königshof hinein! Denkt euch, wie die Leute am Wege staunten, als sie das sonderbare Schiff auf dem Erdboden mit grosser Schnelligkeit dahin gleiten sahen. Und alle meinten: «Nun wird die Königstochter diesen Jüngling heiraten.» Da die Barke so rasch dahin glitt, musste man sich nicht wundern, dass Valentino in kurzer Zeit beim Königspalast anlangte. Alle Leute, die um den Königshof standen, fingen an zu rufen, so laut sie konnten: «Schaut, schaut, da kommt jemand mit einer Barke auf dem trockenen Boden gefahren! Der König hörte diesen Tumult, stieg vom Thron herab und begab sich in den Schlosshof, wo ihn Valentino erwartete. Dann richtete er an ihn die Frage: «Bist du es, der dieses Schiff gezimmert hat, dass es über Land und Meer fahren kann?» - «Jawohl, Majestät» antwortete der junge Mann. Der König wollte es nicht recht glauben und fragte: «Könnte man zur Probe eine Rundfahrt durch diesen Schlosshof unternehmen?» «Ja freilich, gnädiger Herr», versicherte der Jüngling freudig und dienstbereit. Jetzt liess der König auch die Prinzessin herbeirufen, und als alle eingestiegen waren, sprach Valentino folgende Worte: Barke, schöne Barke, komm, Fahr uns in diesem Hof herum! Und das Schiff setzte sich in Bewegung und fuhr in raschem Lauf dahin. Alle Leute klatschten Beifall, und der Jubel wollte kein Ende nehmen. Als sie mit der Rundfahrt fertig waren, fragte der König den Jüngling nach seinem Namen und nach seinem Beruf. Der junge Mann gab auf alle Fragen mit viel Anmut und Geschicklichkeit Auskunft, und der König hatte bereits eine große Zuneigung zu ihm gefasst. Als er jedoch hörte, dass er ein Bauernknabe sei, sagte er zu dem Pagen, der gerade zur Seite stand: «Soll ich wirklich meine Tochter einem Bauern zur Frau geben?» Da erinnerte sich der Edelknabe all dessen, was der König hatte bekannt machen lassen und gab folgendes zur Antwort: «Ihr habt erklärt, dass ihr nicht darauf schaut, wer euch die Barke herstelle, er möge arm oder reich sein. Jetzt seid ihr auf den Dornen.» Der König ersann alle möglichen Ausreden und sprach dann zum Jüngling: «Die Tochter kann ich euch nicht geben; doch wenn es euch recht ist, sollt ihr dafür Wertsachen und Geld in Hülle und Fülle bekommen. Was meint ihr dazu?» Valentino erwiderte: «Ein Ehrenmann muss sein Wort halten, er sei arm oder reich, und wenn es gar das Versprechen eines Königs ist, der ein so weites Reich regiert wie ihr. Also überlegt es euch diese Nacht. Unterdessen will ich mit meiner Barke nach Hause fahren und morgen bin ich wieder hier, sobald die Sonne aufgeht.» Damit grüßte er die Leute am Hof, trat in sein Schiff und fuhr wie der Blitz davon und heim vor das Elternhaus. Dort erzählte er den Seinigen, wie es ihm ergangen war. Die wussten vor Verwunderung nichts zu sagen; der Jüngling aber fügte bei: «Jetzt will ich zum Wald gehen und den Zauberer suchen, der mir geholfen hat, das Schiff zu hauen. Ich will ihm alles erzählen und dann hören, was er mir für Ratschläge gibt.» Die Eltern rieten ihm, sich zu beeilen. Kaum hatte er sich etwas gestärkt, so stieg er wieder in sein Schiff, und fort ging's in raschem Lauf dem Walde zu. Er war noch keine halbe Meile gefahren, als die Barke plötzlich stille hielt. Vor ihm stand der Zauberer und fragte ihn: «Was begehrst du von mir?» Valentino erzählte ihm den Vorfall, worauf der Alte ihm folgenden Ratschlag gab: «Wenn der König dir sagt, er wolle dir die Tochter nicht zu Frau geben, so musst du ihm nur diese Worte zu bedenken geben, die ihm Angst einjagen werden: Gebt mir nur, was ihr wollt; Doch bald ihr es bereuen sollt. Aber ich werde dir deine Wünsche nicht erfüllen, wenn du das nicht tust, was ich dir empfohlen habe.» Der Jüngling dankte dem guten Alten und machte sich auf den Weg nach dem Königshof; denn schon stieg die Morgenröte am Himmel empor. Als er zum Schloss kam, stand der König im Garten und war im Gespräch begriffen mit seiner Tochter. Kaum hatte er den Ankömmling bemerkt, so ging er ihm entgegen und sagte zu ihm: «Komm hinauf in den großen Saal, dort können wir in aller Bequemlichkeit miteinander sprechen.» Und Valentino folgte ihnen die Treppen empor. Im großen Festsaal standen vier Rechtsanwälte. Die schauten den Jüngling scheel von der Seite an, als hätten sie sagen wollen: «Du wirst die Prinzessin gewiss nicht heiraten. » Der König setzte sich neben Valentino und hub an: «Mein lieber junger Mann, ich kann euch meine Tochter nicht zur Frau geben; aber ich will euch Geld geben, soviel ihr wollt. Seid ihr damit zufrieden oder nicht?» Der Jüngling antwortete, wie ihn sein Beschützer geheißen: Gebt mir nur, was ihr wollt, Doch bald ihr es bereuen sollt, und fügte dann noch die Worte hinzu: «Bedenket wohl, was ihr tut, sonst kommt ein Unglück über dieses Haus!» Aber der König achtete nicht auf diese Warnung und befahl einigen Dienern, sie sollten den Jüngling in die Schatzkammer führen, wo schon all die Dinge bereit lagen, die Valentino mit nach Hause führen durfte. Hierauf bestieg dieser eine prächtige Kutsche, und fort ging es seinem Hause zu. Ihm folgten zehn Wagen, die mit allen möglichen guten Sachen beladen waren. Daheim erwarteten ihn seine Eltern mit Angst und Bangigkeit. Die Diener luden die Geschenke ab, und nachdem sie sich im Hause Valentinos etwas gestärkt hatten, kehrten sie wieder nach dem Schlosse zurück. Der also Beschenkte ging sogleich in ein benachbartes Dorf, um Maurer zu holen, welche alle Gebäulichkeiten rings um den Bauernhof neu instand setzen mussten, damit er die vielen Vorräte versorgen könnte. Nach vierzehn Tagen war diese Arbeit fertig und die Geschenke gut aufbewahrt. Eines Tages befanden sich die beiden Brüder auf einer Wiese ihres Landgutes und waren im Begriff. das Gras zu mähen, als sie sahen, wie ein langer Zug von Höflingen sich näherte und geradewegs auf ihren Bauernhof zuging. Dem Jüngling kam sogleich der Gedanke, es müsse dem König ein Unglück zugestoßen sein. Er fuhr jedoch mit seiner Arbeit fort, ohne sich weiter darum zu kümmern. Unterdessen war der festliche Zug an der Mauer angelangt, die das Landgut umgab. Sie öffneten die Tür und traten ein. Sogleich erkannten sie den jungen Mann, gingen auf ihn zu und redeten ihn also an: «Valentino, schöner Jüngling, kommt auf die Königsburg, um unsere Prinzessin zu heilen, die in Todesgefahr schwebt.» Er achtete jedoch nicht auf ihre Worte und fuhr weiter mit Mähen. Die Edelknaben aber redeten ihn immer wieder an, bis er endlich den Kopf hob und sie anhörte. Dann sprach er: «So, jetzt kommt ihr also, mich zu holen. Aber es ist schon zu spät. Ich habe es ja gesagt, dass der König früher oder später mich suchen werde.» Die Pagen boten ihm viele Geschenke an. Valentino blieb jedoch unbeweglich und ließ sich nicht überreden. Dann hiess er sie wieder fortgehen und sagte: «Kommt morgen wieder, dann will ich euch eine bestimmtere Antwort gehen.» Da zogen die Edelknaben wieder fort zum Schloss und waren missvergnügt, eine solche Botschaft überbringen zu müssen. Unterdessen ging Valentino in den Stall, spannte ein schönes Pferd vor seine Kutsche und fuhr hinaus in den Wald, um dem guten Zauberer all seine Erlebnisse zu erzählen. Er hatte kaum ein Stück Weges zurückgelegt, als der Magier schon vor ihm stand und ihn fragte: «Was willst du von mir?» Da berichtete er dem Zauberer alles und dieser sprach zu ihm: «Geh nur zum Schloss und heile die Prinzessin. Aber vorher lass den König schwören, dass er dir seine Tochter zur Frau gebe; wenn nicht, so müsse sie Lot für Lot ganz langsam sterben.» Der Jüngling dankte seinem Wohltäter aufs Neue und kehrte noch am selben Abend nach Hause zurück. Am andern Morgen stand er wieder auf der Wiese, um zu mähen, als er plötzlich den Zug der Höflinge wieder herannahen sah, aber diesmal in solcher Eile, dass er dachte: Die Königstochter ist gewiss in den letzten Zügen. Er ging geschwind ins Haus, zog sich festtäglich an und schritt dem Zuge entgegen, der schon an der Gittertür angelangt war und auf ihn wartete. Sobald die Edelknaben ihn sahen, warfen sie sich vor ihm auf die Knie; er aber sprach: «Stehet auf, ich will mit euch kommen!» Sie ließen die Kutschen umkehren, hießen ihn in die schönste Karosse einsteigen, und fort ging es im Galopp zum Königsschloss. Als sie dort anlangten, sahen sie alle Personen niedergeschlagen und traurig umherstehen und hörten, wie sie sagten, dass die Prinzessin hoffnungslos verloren sei. Da sprach Valentino zu ihnen: «In kurzer Zeit werdet ihr fröhlicher sein!» Wenige Minuten nachher stand er schon am Fuß des Bettes, worin die Prinzessin auf weiche Kissen gebettet in Schmerzen lag. Auch standen viele Personen im Schlafgemach, welche weinten und Gebete sprachen. Unter ihnen war auch der König, der sich vor großem Kummer verzehrte. «Die Prinzessin wird auf der Stelle geheilt sein; aber nur unter der Bedingung, dass sie meine Gemahlin werde», sprach der Jüngling. Der König gelobte durch einen Schwur, sobald er sie geheilt habe, solle er sie zur Frau erhalten. Jetzt trat Valentino zu der Kranken hin, berührte mit einem Finger ihre Hand, und kaum war dies geschehen, so zuckte sie zusammen, fühlte sich gesund und richtete sich im Bette auf. Sie erkannte sogleich ihren Retter und sprach zu ihm: «In vierzehn Tagen sind wir Mann und Frau, dann werden wir glücklich sein.» Der König war damit einverstanden und gab Befehl, dass das neue Brautpaar und die Verlobung in aller Pracht gefeiert werde, wozu der Jüngling auch seine Eltern und Verwandten und wen er sonst noch wolle, einladen sollte. So nahmen denn an der Verlobungsfeier unzählige Leute teil. Bald danach hielten sie Hochzeit, und ihr könnt euch vorstellen, welcher Glanz dabei entfaltet wurde. Um die Mittagszeit begann die festliche Hochzeitstafel, wozu alle Vornehmen des Landes eingeladen waren. Hernach lebten die beiden Neuvermählten in großem Glück bis an ihr Ende. So gewann der arme Bauernsohn die reiche Königstochter. Quelle: Walter Keller, Tessiner Sagen und Volksmärchen, Märchen erzählt in Campestro von Silvio Savi, 1927   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die wunderbare Kirche

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Hoch oben in den Eisfeldern des Berner Oberlandes ist mitten in einem Gletscher ein wunderbares Eisgewölbe, das vollkommen dem Innern einer Kirche gleicht. Kristallene Säulen tragen die Kuppel des gewaltigen Domes, dem kein Bauwerk auf Erden gleichkommt. Diese Eiskirche, in der selbst der Altar und Heiligenbilder als Schmuck der Wände nicht fehlen, soll in früherer Zeit ein stark besuchter Wallfahrtort gewesen sein, wo Kranke Genesung fanden. Ob aber diese Kirche noch vorhanden, weiss man nicht, da von der Stelle, wo sie der Sage nach steht, seit Menschengedenken ohne Unterlass ein eisiger Wind herwehet, der die Glieder mit Todeskälte durchschneidet, dass sie erstarren und ein weiteres Vordringen nach ihr unmöglich ist. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


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Hoch oben in den Eisfeldern des Berner Oberlandes ist mitten in einem Gletscher ein wunderbares Eisgewölbe, das vollkommen dem Innern einer Kirche gleicht. Kristallene Säulen tragen die Kuppel des gewaltigen Domes, dem kein Bauwerk auf Erden gleichkommt. Diese Eiskirche, in der selbst der Altar und Heiligenbilder als Schmuck der Wände nicht fehlen, soll in früherer Zeit ein stark besuchter Wallfahrtsort gewesen sein, wo Kranke Genesung fanden. Ob aber diese Kirche noch vorhanden, weiss man nicht, da von der Stelle, wo sie der Sage nach steht, seit Menschengedenken ohne Unterlass ein eisiger Wind herweht, der die Glieder mit Todeskälte durchschneidet, dass sie erstarren und das Vordringen bis zu ihrem Standorte unmöglich ist. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die wunderbare Rettung

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Von einem Pfarrer in Törbel wird erzählt, er habe den Kirchenschatz geraubt. Als Gefahr oblag, entdeckt zu werden, entfloh er nach Italien, wo er auf freiem Felde von Räubern überfallen wurde und so in Lebensgefahr geriet, dass er das Gelübde machte, im strengsten Orden seine Vergehen abzubüssen, wenn er am Leben bleibe. — Und sieh! in allernächster Nähe entstand helles Geklapper vieler Hufeisen, als wenn ein Trupp berittener Landjäger daher trabe. Entsetzt flohen die Räuber in aller Eile davon und liessen den Angefallenen laufen, der sich nun gerettet mutterseelenallein auf offenem Felde befand, ohne mehr die geringste Spur einer Reiterei oder irgendeiner menschlichen Hülfe wahrzunehmen. — Indes reute es ihn doch bald, ein so schweres Gelübd gemacht zu haben, und zog darum nach Rom, um sich davon entledigen zu lassen. Der Papst wollte aber keine Gnade erteilen, weil die Rettung von Oben zu offen am Tage lag; er sandte ihn in ein Trappistenkloster, wo er als frommer Büsser im Rufe der Heiligkeit starb.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Wunderlilie aus dem Leichnam

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Um 1430 hat sich in Hiltisrieden eine seltsame Geschichte begeben. Als das Fundament zum Kaplanenhaus gegraben wurde, kam in der Tiefe eine Lilie (Gilgenstock) zum Vorschein, der mitten aus dem Herzen eines daselbst ruhenden Leichnams empor sproß. Dieser Gilgenstock wurde noch 1592 in der Kirche dort von R. Cysat gesehen. Meister Felix Hemmerlin hat um 1444 diese Tatsache auf den Ort übertragen, wo zwischen Sempach und Hiltisrieden Herzog Leopod fie. In selbem Jahre sei da, sagt er, eine Blume von ungemeiner Grösse und Schönheit, wie solche von Menschen noch nie sei gesehen worde, aufgeschossen.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Die Wundersalbe

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Der alte Fluri (Manhart) im Fäsch zu Flums war ein weitberühmter „Doktor", dessen Kundsame über den Rhein bis ins Tirol reichte. Besonders gesucht war er für veraltete Wundschäden. Sein Wissen habe er von einem fahrenden Schüler, den er beherbergte, und der schliesslich auf einem feurigen Drachen über den See hinuntergefahren sei.  Wallenstadt. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 343, S. 192 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Wünsche der Hexe

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a) Man führte eine alte Hexe zum Scheiterhaufen. Zuhause hatte sie ein ganzes Fässchen voll Mäuse, die aber noch keine Beinchen hatten. Unterwegs sagte sie: »Ich sett nu einisch z'rugg, d'Mys sind nu nitt 'beindlet.« (Oder: »Ich sett nu ä Sack voll Mys üsschittä.«) Aber daraus gab es nichts. Nach einer Weile wünschte sie wieder eine Erdscholle oder ein Rasenstück, gewiss ein bescheidener Wunsch. Allein auch er wurde rundweg abgeschlagen. Hätte sie Erde in ihre Hände bekommen, dann wäre sie ihnen entgangen, und die Leute hätten dann Mäuse genug bekommen. Michael Imhof, 80 J. alt, Isental b) Nach anderer Darstellung rief sie den Buben, die höhnend und spottend hinter ihr her liefen: »Riähret Härdwäsem, Büebä! riähret Härdwäsem!« Und die Rangen waren dumm genug, sie mit Rasenstücken zu bewerfen. Aber jetzt verschwand sie auf einmal. Katharina Aschwanden, 80 J. alt, Isental c) Zu Flüelen verbrannten sie einst eine Hexe. Auf dem Scheiterhaufen bat sie, man möchte sie noch ein wenig laufen lassen. Man willfahrte ihrer Bitte nicht, denn, hätte sie Erde bekommen, dann hätte man sie nicht mehr haben müssen. Barbara Gisler, 80 J. alt, Attinghausen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Wunschhöhle bei Arosa

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Dahinten im Schanfiggerthale über dem Dörfchen Arosa und dem lieblichen Schwellisee steht einsam ein alter »Ziernüßlibaum«. Rings um denselben, auf eine halbe Stunde weit, sind alle andern Arven verschwunden; nur diese einzige ist übrig geblieben, hoch und mächtig mit breitem Wipfel zum Himmel ragend. Unter ihrer Wurzel hervor sprudelt ein frischer Quell. Wer ein Sonntagskind ist, findet in derselben einen goldenen Schlüssel und neben dem Baum einen versteckten Eingang, der zu einer eisernen Türe führt. Diese schließt der goldene Schlüssel auf. Drinnen steht ein kleines Männlein mit weißem Barte und winkt dem Eingetretenen, ihm zu folgen. Sie gelangen in einen weiten Raum, der von Gold und Edelsteinen taghelle erleuchtet ist; hier lässt das Männlein dem Ankömmlinge die Wahl zwischen drei Dingen, die da zu sehen sind: einem Haufen Gold und Diamanten, einer goldenen »Plümpe« und einer verzauberten, schönen Jungfrau. Wählt er den Haufen Gold und Edelstein, so wird er unermesslich reich; nimmt er die Plümpe, so wird er das schönste Vieh im Lande haben, aber beide Male nur wenig Glück daneben. Erkiest er sich aber die verzauberte Jungfrau, so wird er diese vom Banne erlösen, sein Leben lang glücklich sein und an Nichts Mangel leiden. Der Letzte, der in die Wunderhöhle gekommen ist, war ein junger Küehjer gewesen. Weil dem das liebe Vieh und das lustige Sennenleben über Alles ging, hat er die goldene Plümpe gewählt. Das hat aber die verzauberte Jungfrau gar übel genommen. – Wohl hatte er das schönste Vieh im Lande, aber ehe ein Jahr um war, ist ihm Stück um Stück in den gräulichen Felsenschlünden am Erzhorne und im Welschtobel erfallen, und er selber ist ganz jung und ungeliebt gestorben. Quelle: Jecklin, Dietrich: Volkstümliches aus Graubünden. 3 Teile, Zürich 1874, Chur 1876, Chur 1878 (Nachdruck Zürich: Olms, 1986), S. 12.        Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Zahl der Unholden

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Nach Flüelen kamen einst zwei »Missionheerä« (Jesuiten) und liessen sich den Feldweg nach Erstfeld zeigen. Damals war die Reuss noch nicht eingedämmt und erfreute sich einer ungebundenen Freiheit; alte und neue Bachbette durchfurchten das Tal. Auf dem Marsche nahm einer der zwei Herren ein Fernrohr zur Hand, setzte es an die Augen und betrachtete sich die wilde Gegend nach allen Seiten. Endlich legte er es beiseite und tat den Ausspruch: »Wenn ich schon ein Viertel Nüsse hätte, und ich müsste einer jeden Unholden, die hier haust, eine halbe Nuss geben, so hätte ich bis Erstfeld keine einzige mehr.« Karolina Tresch-Gisler, 80 J. alt, Seedorf Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Zahl drei gibt Wunderkraft

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Am Stalden bei Flüelen steht, gleich einem Gespenst aus alter Zeit, ein Markstein, der hier die drei Aemter Sumiswald, Trachselwald und Brandis voneinander schied. Die Zahl Drei gibt ihm eine wunderbare Kraft. Ein Stückchen davon im Sacke getragen, kuriert das Zahnweh. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Zauberspeise

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Die Zauberspeise In einer Spinnstubeten in Isikon bei Hittnau erzählte Becken Rägeli von ihrer Grossmutter im Rick bei Pfäffikon eine absonderliche Geschichte, die jene Grossmutter als Kindermädchen in Zürich wahrscheinlich um die Mitte des 18. Jahrhundert selber erlebt haben will. Meine Grossmutter hiess Mariann. Sie diente bei einer reichen Herrschaft in der Stadt. Aber ihr Herr war, Gott behüte uns davor, ein Zauberer, denn in den Städten hat es grausam viele Zauberer und Schwarzkünstler, und unter den reichsten Herrenfrauen gibt es Hexen, und manche Jungfer sei dorten eine Hexe und könne den Leuten allerhand antun und machen, dass die jungen Herren ihnen müssen nachlaufen. ob sie wollen oder nicht. Da bringe eines Morgens der Herr der Magd etwas zu kochen; es habe ausgesehen wie ein Fisch, es war aber kein Fisch. Er habe ihr ernst befohlen, dass das Geköch punkt 12 Uhr auf einem schwarzen Teller auf dem Tische stehen müsse. Bei Leib- und Lebensstrafe dürfe sie nichts davon essen. sonst gehe es ihr schlimm. Die Magd habe getan, wie der Herr befohlen. Es sei sie aber ein so grosses Gelüste angekommen, dass sie gemeint habe, jeden Augenblick müsse sie von dem seltsamen Dinge kosten. Sie habe sich jedoch tapfer halten können und kein Bisschen davon gegessen. Just als sie beim Anrichten gewesen, sei unversehens der Kutscher in die Küche getreten und habe gefragt: „Potz Blitz, Mariann, was kochst?“ „Johann“, hat die Grossmutter geantwortet, „das darfst du beileibe nicht wissen, geh weg und hinaus, es ist besser für dich!“ Der Kutscher war aber, wie er das Geköche gesehen, davon bezaubert und wollte nicht von der Stelle, bis ihm Mariann alles erzählt hatte. „Der Teufel wird mich deswegen nicht nehmen“, meinte Johann, „gib, ich will nur die Kelle ablecken!“ Er riss ihr die Kelle aus der Hand, leckte sie schnell ab und rannte lachend davon. Schlag zwölf trug Mariann den schwarzen Teller dem Herrn aufs Zimmer. Der setzte sich zu Tische, und die Magd lief aus Furcht davon. Am Nachmittag habe der Johann den Herrn und die Frau müssen spazieren fahren. Da begegneten sie einer Schar Enten. Mächtig sei Johann erstaunt gewesen, als er diese Vögel reden hörte: „Wir müssen diesen Narren aus dem Wege fliehen!“ Weil Johann von dem Ding gegessen hatte, konnte er die Tiere reden hören. Das gekochte Tier soll eine Hausnatter gewesen sein. Wenn einer von einem solchen Geschöpf essen könne, so verstehe er alle Tiere, denn jedes habe eine Sprache. Sie seien dann weitergefahren. Da komme ein Herr zu Pferd, und als das Pferd vorbeilaufe, habe es zu des Herren Pferden gesprochen: „Euer Herr ist auch ein Ehebrecher wie der meine.“ Bald darauf seien ein paar Elstern vorüber geflogen und hätten gerufen: „Das ist auch eine recht schlimme Frau, die da in der Kutsche drin hockt!“ So hat der Johann von selbem Tage an alle Tiere verstanden. Aber wenn sein Herr davon etwas inne geworden wäre, hätte er den Kutscher auf der Stelle erschossen. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Nach Stutz, S. 73, mit unbedeutenden stilistischen Änderungen   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Zauberweiber im Walde Sauvabelin

Source: Die Zauberweiber im Walde Sauvabelin

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In der Nähe von Lausanne ist ein Eichenhain, Sauvabelin genannt. In diesem Hain ist eine lichte Stelle, von der man den Léman überblickt. Vor Zeiten war hier der Sammelplatz grauenvoller Zauberweiber, in der Landessprache Nortzén genannt, die hier Nachts bei dämmerndem Mondschein ihre schrecklichen Künste übten. Der Anblick dieser Zauberweiber war fürchterlich. Lange schwarze Gewänder umhüllten ihren mächtigen Leib. Der dürre Arm war entblößt, das Antlitz, von giftigen Vipern umzischt, bleich und düster. In der Linken trugen sie einen goldenen Zauberstab. Ihr Hauptwerk war die Befragung der Toten, die sich ihren Beschwörungen, bei denen ihre Stimme vom leisen Gemurmel bis zum orkanähnlichen Geheul anschwoll, willig stellten; doch auch die Geister ferner Welten erschienen auf ihren Ruf und gaben Antwort auf ihre Fragen. Diese bannten sie, indem sie dreimal mit dem Zauberstabe ihr Haupt umkreisend, mit dreifachem Ring die Scheibe des Mondes umzogen. Nie hat jedoch ein Sterblicher einer solchen Beschwörung beigewohnt, aus der Ferne nur lauschte man angstvoll den Stimmen der Nortzén, wenn dieselben in Nächten, die dem Zauber geweiht, aus jenem Walde erschollen. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Zecher auf glühenden Stühlen

Source: Die Zecher auf glühenden Stühlen

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In der Nähe von Münsterlingen liegt das freundliche Dorf Schönenbaumgarten. Dort stand einst jenseits des Baches auf einem Hügel eine Burg, deren Besitzer ein Schlemmerleben führte. Er verprasste stets in kurzer Zeit all das, was seine Hörigen im Schweisse ihres Angesichts erarbeitet hatten. Er schmähte selbst die Kirche, bis ihn das Schicksal ereilte. Als der Burgherr wieder einmal vor einem hohen Kirchenfeste mit seinen ebenso schlecht gearteten Genossen ein grosses Gelage veranstaltete und dabei allen Leidenschaften frönte, da brach in jener Nacht ein furchtbares Gewitter über die Gegend herein, dass die Erde erzitterte und die Burg plötzlich im Boden versank. An ihrer Stelle war nur noch ein kleiner Sumpf übriggeblieben. Nach der Sage konnte einst ein Bauer in die versunkene Burg hineinblicken und da sah er die Zecher auf glühenden Stühlen sitzen und hörte sie bei ihren ebenfalls glühenden Speisen und Getränken vor Schmerzen schrecklich jammern. Die Uhr im Speisesaal aber zeigte immerfort die erste Stunde jenes kirchlichen Festes, in welcher die Burg samt ihren Schlemmern in die Erde versank.   Quelle: Ferdinand Bolt, Die Sagenwelt am Bodensee, Appenzeller Kalender 1956 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die Zerstörung der Grasburg

Source: Die Zerstörung der Grasburg

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Von diesem Ereignis weiss die Volkssage auch ganz anderes zu berichten, als sich aus unserer geschichtlichen Darstellung zur Zeit ergibt. Nach der Tradition wurde nämlich das Schloss in einem Aufstand des Landvolkes, das der Bedrückung der „Zwingherren" müde war, belagert. Der „Zwingherr", den die Seinen treulos verlassen, suchte mit den wenigen ihm gebliebenen Knechten durch einen geheimen Gang zu entfliehen. Es gelang ihnen auch, bis etwa zehn Minuten südwärts des Dorfes Schwarzenburg zu entkommen. Dort wurden sie von einem neuen Trupp zur Rache heranziehender Bauern bemerkt und nach kurzem Gefecht erschlagen. Sein und der Seinen Wuthgebrüll soll der Gegend den Namen „Brüllen" gegeben haben. Hierauf sei das Schloss geplündert und verbrannt worden. Auf seinen Ausflügen habe sich der Ritter in der letzten Zeit eines Pferdes bedient, dem die Hufeisen verkehrt aufgeschlagen waren, um seine Verfolger irre zu führen. Von dem allem ist wenigstens das wahr, dass der Name „Brüllen" existiert. So heissen nämlich noch mehrere Heimwesen südlich von Schwarzenburg, von welchen das stattlichste und schönste dem Herrn Grossrath Zbinden, Besitzer des Schwefelbergbades, gehört. Quelle: J. J. Jakob, Heimathkunde des Amtes Schwarzenburg, Bern, 1869. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www. maerchen.ch


by Die Zerstörung von Glanzenberg

Source: Die Zerstörung von Glanzenberg

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Die Zerstörung von Glanzenberg Glanzenberg stand noch nicht lange, als sich die Zürcher und ihr Hauptmann abermals rüsteten, den Freiherrn von Regensberg anzugreifen. Sie beluden zwei Schiffe so, als ob sie nach Basel fahren wollten . . . Sie versteckten viele wohlausgerüstete Kriegsknechte darin und fuhren die Limmat hinab. Als sie gegen das Städtchen Glanzenberg fuhren, begann die regensbergerische Besatzung sie stark zu beschiessen. Deswegen ruderten sie hinter das Holz, dass man sie von der Stadt aus nicht mehr zu sehen vermochte. Hier huben sie an zu schreien, als ob man ihnen die Schiffe zerschossen hätte und warfen aus den Schiffen allerlei Zeug, das die Limmat hinabschwamm. Als man in der Stadt das Geschrei hörte und den Plunder durch das Wasser hinabschwimmen sah, liefen viele zur Stadt hinaus, den Schiffen zu. Als die Glanzenberger an das Wasser kamen, hatten sich die Zürcher bereits zur Wehr gestellt. Sie griffen einander beiderseits an. Es kam aber grosser Zuzug aus der Stadt, denn der Regensberger, nachdem er die Uetliburg verloren, hatte Glanzenberg gar wohl mit Leuten und Kriegszeug versehen. Nun hielt sich aber der von Habsburg unterdessen mit einer grossen Abteilung Zürcher zunächst dem Städtchen im Eichenwald verborgen. Dieser Haufe brach jetzt auf und stellte sich zwischen der Stadt und den hinausgelaufenen Städtern auf. Die einen bemächtigten sich der Stadt und die andern eilten an den Fluss, um den ihren beizustehen. In diesem Gefecht kamen auf beiden Seiten viel Leute um. Als die Feinde sahen, dass die Stadt verloren war, ?üchteten sie. Mancher eilte der Stadt zu, aber die war bereits ganz und gar ausgeplündert und schon in Brand gesteckt. Sie verbrannte vollständig. Die Glocken wurden auch fortgeführt; eine kam nach Zürich ins Predigerkloster, die andere nach Zollikon. Nun hatte der Krieg zwischen dem Regensberger und den Zürchern drei ganze Jahre gewährt, und der Regensberger war um all seine Burgen gekommen, bis auf Neu-Regensberg . . . Da ergab er sich. Die Zürcher nahmen ihm alles, was er hatte. und liessen ihm ein Leibgeding. Er blieb in Zürich und wurde im Kreuzgang bei den Barfüssern begraben. Graf Rudolf wurde 1271 zum deutschen König gewählt. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Nach Brennwald I, 135, ins Neuhochdeutsche übertragen, sonst unverändert. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Zeusler im Raad

Source: Die Zeusler im Raad

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Die Zeusler im Raad Noch sind es nicht manche Jahrzehnte her, dass man im Hofe Raad bei Wald Feuerflammen bemerkte, die sich in der Nähe gewisser Grenzsteine herumbewegten. Man nannte diese Erscheinungen „Zeusler“ und behauptete, es seien die Seelen unredlich Verstorbener, nämlich von solchen, die Marchen versetzt haben. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Gchr. Wald 1902. Mitt. von Frau Grete Schaufelberger, Vehtokters, welche auch gehört hatte, die Hexen erscheinen als Ägersten (Elstern) und Hasen. Erzählt 28. 1. 1902 - Vgl. Hwbda A. 2, 1406 - 1411, s. v. Feuermann. Raad, „verschriftdeutscht“ aus Rood = Rodung.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Zeusler von Fällanden

Source: Die Zeusler von Fällanden

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Die Zeusler von Fällanden In der Gegend an der Glatt sah man früher ziemlich häufig Flammen auf dem Ried herumtanzen, die weithin sichtbar waren. Das waren die Zeusler, nämlich die Geister Verstorbener, welche zu Lebzeiten an jener Stelle, wo sie umgehen, einen Frevel begangen, Marchen ersetzt, Land gestohlen, Bäume geschädigt haben. Zur Strafe für ihre Missetaten müssen sie im Feuer wieder an der betreffenden Stelle erscheinen. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Nach Gchr. Fällanden 1902. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Ziegen und die Schafe

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Zur Zeit der Hexenverfolgung ging der Teufel oft herum als ziemlich eleganter, aber nicht hübscher Herr. Das raue Gesicht mit den bösen, grünen Augen konnte er nicht verdecken, aber die Hörner verbarg ein sogenannter Doktorhut, der ihm ein noch imponierenderes Aussehen gab, als er schon hatte. In diesem Aufzug ging er oft als Vieharzt den Leuten in die Ställe. Sah er die Ziegen und Schafe, so konnte er aus diesen schliessen, ob die Eigentümerinnen dieser Tiere hexenreif seien oder nicht. Die Ziegen waren alle Hexen, die sagten dann dem Herrn ins Ohr, im Hause gebe es Ziegen in Frauenkleidern. Sprachen aber statt der Ziegen die Schafe, so wars ein Zeichen, dass die Frauen im Hause ebenso gut und einfältig waren wie die Schafe. Aus: U. Brunold-Bigler, Die Sagensammlung der Nina Camenisch, Disentis 1987, mit freundlicher Genehmigung der Autorin. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Zigeuner können mehr als andere Leute

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Ein alter Mann in Sax hat mir vor vielen Jahren erzählt: An einem stürmischen Regentage ersuchte mich ein Trupp Zigeuner um ein Obdach in meiner Scheune, was ich ihnen aus Erbarmen für die Kinder gewährte. Gewöhnlich kennen diese Leute keinen Unterschied zwischen Mein und Dein, weshalb ich etwas später in die Scheune ging, um nach meinem Eigentum zu sehen. Da fand ich die ganze Gesellschaft auf dem Heustocke, um ein prasselndes Feuer gelagert; darüber hing, vermittelst einer Kette an einem Balken befestigt, ein Kessel. Die Zigeuner bereiteten ihr Mahl. Man kann denken, wie ich erschrocken bin! Nach ihrer Abreise aber war vom Feuer keine Spur mehr vorhanden, überhaupt nichts Angebranntes zu sehen. In andern Scheunen haben es die Zigeuner ganz gleich gemacht. Sie können eben mehr als andere Leute; sie können das Feuer bannen. Heinrich Hilty.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 84, S. 38f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Zofinger Hasenfrau

Source: Die Zofinger Hasenfrau

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Eine Frau in Zofingen aus vornehmem Geschlechte, welches aus Südfrankreich in die Schweiz eingewandert kam, stiehlt, in eine Katze verwandelt, in der Stadtmetzge das Fleisch, und in einen Hasen verwandelt auf dem Felde die Früchte. Ein guter Schütze machte sich lange hinter diesem Hasen her, bis er ihm eines auf den Kopf brennen konnte. Trotz des sicheren Schusses entwischte zwar das Thier, aber seitdem ist jene Frau einäugig. Man hatte einst Korngarben, die der Gutsherr hatte überreif werden lassen, in der Nähe der Stadt aufzuladen, und vor der Menge armer Aehrenleserinnen, die begierig den ausfallenden Halmen nachgiengen, konnte der Aerntewagen kaum vorwärts kommen. Der verdriessliche Gutsherr wies die Kinder unsanft vom Acker. Nun aber stand der Wagen wie verhext fest und die Stiere wollten nicht weiter vom Flecke. Weil man gleich Böses befürchtete, so half man sich nach altem Brauch; man schlug nämlich einem Rade die ungerade Speiche aus, und wirklich fuhr hierauf der Wagen weiter. Jene einäugige Zofingerin aber ist seit jener Zeit auch noch hinkend geworden. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Zössler (Jonschwil, SG)

Source: Die Zössler (Jonschwil, SG)

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In der heiligen Nacht sah einer über die Brücke im Töbeli zwei "Zössler" gehen; beide waren kopflos und hatten einen Hund bei sich, der ein feuriges Auge hatte. Dr. Henne-Am Rhyn, Deutsche Volkssage. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 469, S. 279 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Zuger Hex auf dem Markt

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Am 23. Juli 1737 war im schwyzerischen Brunnen Nachkilbi. Auf dem bepflasterten Dorfplatz bei der Sust am See waren viele Marktstände aufgestellt und das kilbilustige Jungvolk kramte bei den verlockenden Krambuden viele schöne Sachen. Auch das Zuger Lisi Bossi war da und bot seine Waren feil, aber die jungen Mädchen verspotteten das Hutzelweibchen, das darob sehr zornig wurde und meinte: "Wartet nur, eure weissen Strümpfe müssen bald gewaschen werden!" Mit lachendem Jauchzer zogen die spottlustigen Schwyzerinnen davon und unter den bunten Trachtenjüppen guckten die weissen Strümpfe spottlustig im hupfigen Tanzschritt hell hervor. Das Lisi Bossi packte seine Siebensachen zusammen und schleppte seine Krämerware an den See, wo es einen Schiffsknecht dingte, der über den See an die Treib fahren musste. Für seine Überfuhr wurde er gut entlöhnt und auch gemahnt, rasch heimzukehren, da bald ein böses Wetter drohe. Als er nach ruhiger Heimfahrt in Brunnen landete und ans Land stieg, fiel ein grausames Unwetter urplötzlich herein und aus den finstern Wolken strömte ein böser Gewitterregen. Der giftiggelbe Blitzstrahl fuhr in das Brunnener Kapellentürmchen und durch die Strassen wälzte sich ein brauner Gewitterbach. Die Dorfschönen, die aus dem niedern Tanzlokal flohen, mussten ihre Jüppen hochziehen und die weissen Strümpfe wurden von dem Gewitterbach sofort dunkel gefärbt. Das Zuger Lisi hatte das Unwetter geschickt und so seine Drohung an die Trachten Jungfern wahr gemacht. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 111 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Zugvögel

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Ein jeder Vogel, dessen heimatliches Nest hierzulande gewesen und der dann im Herbst als Zugvogel fortgeflogen, kommt im Frühling mit einem Silberkorn im Schnabel wieder heim und lässt es in die Berge fallen. Ists eine Schwalbe, so kommt das Silberkorn in das Haus, wo die Schwalbe ungestört ihr Nest bauen darf. Aus: U. Brunold-Bigler, Die Sagensammlung der Nina Camenisch, Disentis 1987, mit freundlicher Genehmigung der Autorin. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die zwei Alten

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Ein müder Wandersmann erreichte bei Anbruch der Nacht eine einsame Hütte. Vor derselben an einem Tisch sass ein alter Mann, den Kopf auf die Tischplatte gestützt; sein langer, weisser Bart hing auf die Erde hernieder und war über den Boden weit ausgebreitet. Diesen fragte er, ob er könnte ein Obdach bei ihm bekommen während der Nacht. Er solle zum Vater gehen und diesen fragen, erklärte der Weissbart. »Was, den Vater fragen?« dachte der Wanderer bei sich. »Dem lebt noch der Vater, und er ist gewiss selber über hundert Jahre alt! Wie alt muss da wohl der Vater sein!« Er trat in die Hütte und fand da einen zweiten Greis, dessen schneeweisser Bart, in zwei Strähne geteilt, um seinen Leib geschlungen war. Er fragte ihn, ob er da übernachten dürfe, und erhielt die Erlaubnis. Doch zu essen hatten die zwei Alten nichts. Am Morgen fragte ihn der mit dem über den Rücken geschlungenen Bart, welche Zeit es sei, und er gab ihm Jahr, Monat und Tag an. Und da klagten die zwei Einsamen: »Ach, es ist noch lange Zeit bis zum jüngsten Tag; denn wisse, Fremdling, wir sind verurteilt, hier zu leiden und zu büssen bis an das Ende der Zeiten.« Franz Aschwanden Quelle:Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die zwei armen Seelen im Langen Gletscher

Source: Die zwei armen Seelen im Langen Gletscher

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Die zwei armen Seelen im Langen Gletscher Ein Jäger, der vielmal in die Aanu jagen ging, hörte einst auf dem Langen Gletscher weinen und singen. Das konnte er sich nicht erklären und ging über den Gletscher hin. Da sah er zwei Frauen; die eine, im Gletscher eingefroren bis an den Hals, sang, die andere, nur eingefroren bis an grosse Zehe, weinte. Darüber sehr verwundert, fragte der Jäger die Frau, die bis an den Hals eingefroren war, warum sie denn singe, während jene weine, die noch kaum angefroren sei. Da antwortete sie ihm: «Ich singe, weil ich bald erlöst bin; jene weint, weil ihr Leiden eben erst beginnt.» LÖTSCHEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Die zwei Brüder und die vier Riesen

Source: Die zwei Brüder und die vier Riesen

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Vor vielen hundert Jahren, als es noch Riesen gab, waren einmal in Scarl zwei Brüder; Die mußten für ihre Eltern gar hart arbeiten und bekamen fast Nichts zu essen, aber viele Schläge. Das verdroß sie, und als sie einst im Walde waren, Holz zu sammeln, beschlossen sie, fortzugehen, in die weite Welt. Bei einem alten Tannenbaum sagten sie sich Lebewohl und versprachen sich, nach Jahresfrist dort wieder sich zu stellen. Der Jüngere ging mutig in den dichten, dunkeln Wald hinein. Gegen Abend kam er zu einem Baum, auf welchem vier Riesen ihre Behausung hatten. Das sind in den alten Zeiten gar grausame Leute gewesen und haben auch Menschen gefressen. Doch davon wußte der Junge nichts. Er stieg hinauf und legte sich unter das große Bett; hineinsteigen konnte er nicht, es war ihm zu hoch. Nicht lange, so kamen die Riesen und legten sich neben einander in ihr Lager. Der drunter rührte sich nicht, und lauschte auf ihre Reden. Der Erste sagte: »Ich weiß eine Mühle, nicht weit von hier; dort liegt ein Mädchen im Bette und das will ich fressen.« Der Zweite sagte: »Und ich weiß einen Baum, bei dem steht ein Holzhacker, und unter der Wurzel liegt ein großer Schatz, den will ich holen.« »Und ich weiß ein Haus,« sagte der Dritte, »da müssen die Leute das Wasser weit her tragen; aber beim Haus ist ein Stein auf dem sitzt ein Frosch; da drunter ist eine Quelle, die will ich aufdecken und viel Geld damit gewinnen.« »Aber ich«, rief der Vierte, »kenne ein Schloß, da ist ein König und dem seine Tochter ist krank, daß kein Doktor ihr helfen kann. Aber mit einem Apfel von dem Baume, wo wir sind, kann ich sie gesund machen, und sie soll meine Frau werden.« Darauf schliefen die Riesen ein. Der Junge aber kroch leise hervor, brach einen Apfel vom Baume und kletterte behende hinunter. Spornstreichs eilte er zu der Mühle, weckte den Müller und sagte zu ihm: »Paßt heute Nacht auf; der Riese kommt, und will Euer Kind fressen.« – Dann ging er zum Holzhacker, der fällte den Baum, welchen der Riese gemeint hatte. Er hieß den Mann nachgraben, und der fand einen großen Schatz und wollte mit dem Jungen teilen; Dieser nahm aber nur so viel, als er notwendig zur Reise brauchte. – Darauf begab er sich zu dem Hause, wo die Leute kein Wasser hatten. Denen zeigte er den Stein mit dem Frosche, und deckte die Quelle auf; aber zum Lohne nahm er Nichts an. – Endlich kam er auf das königliche Schloß; dort war Alles in tiefer Trauer wegen der kranken Prinzessin. Aber der König, ihr Vater, hatte eben eine Botschaft ausgehen lassen in alle Länder: Wer ihre Krankheit heben könne, dem wolle er sie zur Frau geben. Da ließ der Junge zu ihr sich führen, und machte sie gesund mit dem Apfel. Da war große Freude im Schlosse und im ganzen Lande. Und der König und die Königin stellten ein großes Fest an und luden alle ihre Freunde und Bekannte dazu ein, und da wurde die Hochzeit herrlich und in Freuden gefeiert.   Quelle: Jecklin, Dietrich: Volksthümliches aus Graubünden. 3 Teile, Zürich 1874 und Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014          Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die zwei Mehlkommissäre

Source: Die zwei Mehlkommissäre

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Zur Franzosenzeit lebten in der Gemeinde Silenen zwei Franzosen, die Mehl feilhielten und deshalb vom Volke die[81] zwei »Mählkommissäri« genannt wurden. Als die Franzosen in das Land einfielen, fürchteten sie, von den Einheimischen überfallen zu werden und flohen. Sie wurden aber beim Baumgarten in Amsteg eingeholt, gepackt und von drei jungen Gesellen aus Gurtnellen, Baschi Tresch, einem Welti und einem Weibel, getötet. Aber lange Jahre blieb es da »unghyrig«, bis man endlich das Gespenst anredete. Dieses erklärte, Welti und der Weibel könnten selig werden, weil je ein unschuldiges Kind für ihren Mord werde Sühne leisten, Baschi Tresch hingegen werde keine Seligkeit erlangen. Welti und der Weibel heirateten in der Folge, und jedem der beiden kam ein Kind jung ums Leben. Dem Weibel fiel ein Söhnlein in den Schanzflühen und dem Welti ein Töchterlein in der Intschialp zu Tode; Baschi Tresch aber blieb ledig; für ihn leistete kein Kind die schuldige Sühne. Jos. M. Baumann, 85 Jahre alt, im Miseli Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die zwei Schatz-Hüter

Source: Die zwei Schatz-Hüter

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Nahe beim Schlosse Ortenstein auf der Spitze eines Hügels, im stillen Haine über einem fürchterlichen Abgrunde steht die Kirche des hl. Laurenz und unterhalb derselben eine, dem Heiligen Viktor geweihte, von Sagen umwehte Kapelle. Nach dem Volksglauben hat Eusebius Scotus dreißig Jahre als Einsiedler dort verlebt und ist nach seinem Tode dort oft noch gesehen worden. - Auch ein Schatz ist dort vergraben, gehütet von einem silberhaarigen Greise, der einen langen weißen Stab in der Hand hält, und von einem schönen Mädchen in schimmerndem Kleide und das beständig singt. Dieser Schatz kann aber so leicht nicht gehoben werden; denn so oft auch das Mädchen demjenigen Menschenkinde, das ihn heben und auch die beiden Schatzhüter erlösen will, winkt und bittet, ist es jedesmal der Greis, der vor der Berührung des Schatzes warnt und wenn nötig, das in seine Rechte sich wagende Menschenkind tatkräftig vom Schatze ferne hält. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die zwei Schelme im Monde

Source: Die zwei Schelme im Monde

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Manche sehen im Vollmond zwei Männer zugleich, einen mit einem »Pinggel Heiw am Riggä« und neben ihm einen andern, der eine Kuh milkt. Der erstere hatte eine Bürde dürres Heu gestohlen, der zweite eine fremde Kuh gemolken, und beide wurden vom Mondschein gehindert, ihren Raub in Sicherheit zu bringen und fluchten ihm darum. Flugs waren sie oben. Man sieht sie heute noch beieinander, wenn man recht schaut. Andere wollen nur den Dieb mit dem »Heiwpinggel« sehen und sagen, der Mond habe ihn »verschluckt«. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die zwei Wetterhexen in Meien

Source: Die zwei Wetterhexen in Meien

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 »Unser zwei halberwachsene Mädchen hüteten im Meiental die Ziegen. Da kamen zwei Weibsbilder daher, eng aneinander geschmiegt wie zusammengeschmiedet, in kurzen, blauen, rotgestreiften Röcken, die bis auf die Knie hinunterreichten, und in weissen Tschööpchen, die bis mitten auf den Rücken hinunterlangten. Je ein Halbstrumpf war rot, der andere schwarz. Unter den weissen Tschoopenärmeln kam etwas rotes hervor, fast wie Stössli. Auf dem Kopf hatten sie, wie ich, einen Lumpen umgebunden, und ihre Gesichtsfarbe war wie bei andern Leuten. So haben auch die Alten allemal die Hexen beschrieben. Als sie an uns vorbeischritten, sagten sie: »Heut Abend gibt's dann noch ein Gewitter.« Es war aber glanzheiter. Der Jochi, der auch in der Nähe war und die zwei Wybervölcher gesehen hatte, aber nicht so nahe, meinte, das seien keine rechten Menschen gewesen. Am Abend gab es ein furchtbares Donnerwetter und fuhren mehrere Rübenen zutale und gschändeten, bis man anfing, in der Talkapelle über Wetter zu läuten. Ja, wenn man in der Kirche läutet, müssen alle Gewitter abgeben. Auf einer der Rübenen fand man später den Rock von einer der beiden Hexen; es scheint, dass sie auch hat draufgehen müssen.« Frau Wipfli-Baumann, 70 J. alt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Zwerge am Gonzen

Source: Die Zwerge am Gonzen

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Auch der Gonzen hatte seine Zwerglein, was bei einem so erzreichen Alten eigentlich fast selbstverständlich ist. Oben beim Erzbild wohnten sie in den tiefen Löchern, aus denen der kühle Wind aufsteigt. Ihre Häuser waren von Eisen und Stahl, aber die Dächer von Gold und die Fenster von Silber. Im Sommer arbeiteten die Männchen fleissig; aber im Winter ruhten sie sich aus, sassen am grossen Herdfeuer und verschafften sich auch etwa ein Vergnügen. Sie liebten namentlich die Musik und zwar Geige und Pfeife; zu diesen tanzten sie. Oft hörte man ganz gut ihre lieblichen Weisen, als ob's vom Himmel käme. Selbst die Murmeltiere, die am steilen Hang, ebenfalls lief in der Erde, ihren Winterschlaf halten wollten, wurden mitunter in ihrer Ruhe gestört. Nach Dr. A. Henne. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 178, S. 84 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Zwerge am Längenberg

Source: Die Zwerge am Längenberg

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Geht man von dem Kirchdorfe Zimmerwald über Niedermuhlern nach dem freundlichen, am Fusse des Längenbergs gelegenen Dörfchen Rümligen, so führt ein enger Fusspfad, der oft durch Felsen gehauen ist, durch einen sehr steilen felsichten mit Gestrüpp bewachsenen Abhang hinab. Etwa in der Mitte dieses Abhanges erhebt sich eine ungeheure Felswand neben dem Fusspfad hoch empor, und schauerlich ertönt der Fusstritt in diesen geklüfteten Steinmassen. Am Fusse dieser Felswand erblickt man eine weite Felsengrotte, senkrecht in die dunkle Tiefe gehend. Hier soll vor alter Zeit eine Familie von Zwergen gewohnt haben, die dann von dieser Grotte aus die Bewohner umher besucht und ihnen oft in der Not geholfen haben. So ist einst ein Mann, der für die Kindbettmahlzeit Wein in Rümligen einkaufen wollte, dazu aber kein Geld hatte, traurig auf den Längenberg mit geborgtem Weine zurückgekehrt. Als er neben dieser Grotte, wo die Zwerge wohnten, vorbei ging, wurde er von einem derselben gefragt, wie es ihm gehe. Der Mann klagte ihm nun seine schwierige Lage, und husch!, das Zwerglein war mit dem Weinfässchen, das der Mann unter dem Arme trug, verschwunden. Bald kehrte es jedoch wieder, und gab dem erstaunten Mann das Fässchen mit dem Worten zurück: „Gehe nun heim, und warte den Gevatterleuten mit Wein auf", und bei diesen Worten war der kleine Wohltäter wieder verschwunden. Verwundert und beruhigt kam der Gevattermann nach Hause und bediente nun seine Gäste; und noch oft erheiterte er seine Familie mit einem Trunk aus diesem wunderbaren Fässchen; denn so lange dieses Geschlecht lebte, ward das Fässchen nicht leer. Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.    


by Die Zwerge am Pfaffenloch

Source: Die Zwerge am Pfaffenloch

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An der östlichen Seite des Längenberges, westlich vom Dorfe Kaufdorf, ist die Gutenbrunnenfluh, in der sich das so genannte Pfaffenloch befindet. Dies ist eine Sandsteinhöhle, deren Versteinerungen man dem Berg- oder Steinvölkchen zuschreibt. In diesem Loche wohnten bis zu Anfang dieses Jahrhunderts Zwerge. Sie hatten schöne Zimmer und allerlei Kostbarkeiten. Am Tage waren sie sehr selten zu sehen, nur des Nachts kamen sie aus ihrer unterirdischen Wohnung hervor. Als einst Reisende das Loch besuchten, warfen sie Steine hinab in die Tiefe; seitdem aber sind die Zwerge fortgezogen und nie mehr bemerkt worden. Einige Männer aus Kaufdorf haben sich einmal an Stricken hinabgelassen, allein in den untern Zimmern ist ihnen das Licht erloschen. Als die Zwerge sich dort noch aufhielten, pflügte einst ein Bauer nahe bei jenem Loche. Der Bauer und sein Knecht rochen aus einmal etwas Gebackenes. Der Bauer sagte: „So ein Kuchen würde uns jetzt auch gut bekommen.“ Sie pflügten weiter und wie sie umkehrten und dem Loche näher kamen, sahen sie ein weißes Tuch vor der Furche liegen. Sie gingen hinzu und gewahrten einen prächtigen Kuchen und eine Gabel und ein Messer darin. Sie setzten sich nieder und aßen den Kuchen; nachher legten sie das Tuch schön zusammen und Gabel und Messer hinzu und setzten ihre Arbeit fort. Als sie sich von dem Tuche entfernt hatten, sahen sie, wie ein Zwerg das Tuch holte. Ein anders Mal, als der Bauer an einem Samstag Nachmittags um 4 Uhr noch pflügte, kam ein Zwerg zu ihm auf den Acker und fragte ihn, ob er nicht Feierabend läuten höre und warum er mit seinem Ackerzuge nicht nach Hause gehe. Der Bauer antwortete, er höre noch nichts, es läute erst in 2 Stunden. Der Zwerg aber sagte, er solle ihm auf seinen rechten Fuß stehen und dann hören ob es nicht läute. Bauer tat also und hörte wirklich ein herrliches Geläut. Dieses machte einen solchen Eindruck auf ihn, dass er von nun an jeden Samstag Nachmittag um 3 Uhr aufhörte zu arbeiten. Aus dem Pfaffenloch steigen oft säulenförmige Nebel auf, und alle Mal nach einem solchen Nebel tritt nach einigen Stunden Regen ein. Daher sagen die Leute noch jetzt, wenn dort Nebel aufsteigen: „Es will regnen, die Zwerge kochen." Die Zwerge im Pfaffenloch sollen eine Kuh gehabt haben, welcher das jeweilen zum Verzehren ausgeschnittene Fleisch stets wieder nachwuchs. Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Zwerge auf dem Ättenberg

Source: Die Zwerge auf dem Ättenberg

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Auf der Südseite des Ättenbergs liegt die Alp «Kuhlauenen». Einst lebten dort Zwerglein, die den Hirten durch mannigfache Dienstleistungen sich nützlich machten. Sie pflegten das Vieh und bewahrten es vor Unglück und Unfall. Aus Erkenntlichkeit setzte ihnen der Meisterhirt allabendlich eine Gebse voll dicker, süsser Nidel aufs Schindeldach oder auf einen Stein. Jeden Morgen fand man das Gefäss leer und sauber geputzt am Platz. Eines Sommers half ein neuer Hirtenknecht auf der Alp aus. Dieser besass ein böses Herz. Er missgönnte dem fleissigen Zwergvolk den abendlichen Trunk. Als ihm eines Abends der Meister befahl, die gewohnte Ration Nidel für die hilfreichen Bergmännlein bereitzustellen, führte der missgünstige Dienstbote einen Plan aus, den er schon lange in seiner schwarzen Seele gehegt hatte. Er tat Kot in die köstliche Nidel hinein und setzte die verunehrte Gottesgabe an den bestimmten Ort, wo die Zwerge sie heimlich verzehrten. Als die Sennen am folgenden Morgen erwachten, hörten sie eine zornige Stimme rufen: «Auf zum Schinden! Auf zum Schinden! Keine Kuh ist mehr da!» Die erschrockenen Hirten eilten sogleich ins Freie, um nach den weidenden Tieren Umschau zu halten. Aber sie fanden keine einzige Kuh mehr. Des Zwerges Drohung war nur zu wahr geworden. Eine Schuttlawine hatte sich vom Abhang losgerissen und hatte alle wertvollen Milchkühe begraben. Davon erhielt die Alp den Namen «Kuhlauenen». Die Zwerglein aber haben die Bergweide für immer verlassen.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Zwerge auf dem Belpberg

Source: Die Zwerge auf dem Belpberg

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Im Berner Unterlande, wo auch Getreidebau ist, helfen die Zwerge auch Korn schneiden. An einem Morgen war einem Bauer auf dem Belpberg das halbe Feld geschnitten, obgleich die Ähren kaum reif waren. Er konnte nicht erraten und erfragen wer es getan. Am anderen Morgen lag die andere Hälfte niedergemacht, und der Bauer führte am Abend alles getrocknet in die Scheuer. Den dritten Tag brach ein so schreckliches Hagelwetter über den Berg daher, dass nirgends ein Hälmchen mehr stehen blieb. Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Zwerge auf Rämis

Source: Die Zwerge auf Rämis

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Auf Rämis im Oberemmental hatten vor Zeiten die Bergmännlein ihren Lieblingsaufenthalt. Den Bergbewohnern erwiesen sie viel Liebes und Gutes. An stillen Sommerabenden, wenn sie aus ihren kristallenen Erdwohnungen hervorkamen, hörte man das liebliche Singen und Klingen ihrer Musik. In den Häusern wohltätiger Menschen setzten sie sich dann während der Nacht zu ihren guten Werken. Von den Zwerglein auf Rämis geht die Kunde, dass sie auf den Heustöcken feuern konnten, ohne dass ein Halm Feuer fing. Auch erzählt man von ihnen, dass sie so alt geworden seien, dass sie auf dem gleichen Boden dreimal Wald und nachher wieder Weide haben wachsen sehen. Emmentaler Sagen, Hermann Wahlen, 1962 Gute Schriften Bern Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Zwerge bei Bussnang

Source: Die Zwerge bei Bussnang

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Wenn die Schnitter im heißen Sommer sich zur Mittagsruhe legen, schleichen zweispannenlange Erdmännchen aus einem Felsenspalt. Von Weitem lauschen sie, ob auch alles schlafe; dann trippeln sie herbei und stellen einen Silbernapf samt silbernen Bestecken ins grüne Feld, und schleichen sich wieder fort. Erwacht greifen die Schnitter zu und essen, zuweilen finden sie sogar Wein in hübschen Bechern daneben gestellt. Und sobald sie satt und trunken noch ein wenig nicken, holen die Erdmännlein Messer, Topf und alles wieder und schlüpfen in ihren Felsenspalt. Jedoch einstmals schnitt ein Knecht das Gras. Die kleinen stellten ihm ein Gericht hin, und als er gegessen hatte, nahm er das Besteck nebst dem silbernen Teller zu sich und trug es nach Hause. Als die Erdmännchen nichts mehr fanden, schieden sie von dem bösen Orte. Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Zwerge im Haslital

Source: Die Zwerge im Haslital

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Das Haslital war vor langen Zeiten der Lieblingsaufenthalt der Zwerge oder Töggeli. Dort kamen sie oftmals in ganzen Scharen von den Flühen herabgezogen. Am häufigsten geschah dies zur Erntezeit, in welcher sie dann, auf einem Stein gelagert, oder nach Art der Vögel auf den Zweigen der Bäume, im Schatten des Laubes sitzend, den Arbeitern im Felde zuschauten. Oft geschah dass wenn ein Schnitter sich im heissen Sonnenschein ein wenig aufs Ohr legte, er beim Wiedererwachen kühlenden Trank und erquickende Speise vorfand. Ausserdem war der grösste Teil seiner Arbeit vollendet. Es kam selbst vor, dass am andern Morgen der ganze Acker gemäht und das Korn in Garben aufgeschichtet zur Heimfahrt bereit war. Ja, zuzeiten kamen diese freundlichen Wesen gar bis in die Häuser um sich auch hier hilfreich und dienstbar zu zeigen. Für ihre Hilfe verlangten sie nichts als ein wenig Milch, die man ihnen auf die Türschwelle des Hauses setzte. Sie waren auch geschickte Ärzte und ihre Tränklein, aus würzigen Alpenkräutern bereitet, waren Menschen und Vieh gleich heilsam. Gegen arme Kinder aber, welche von ihren Eltern zur Winterszeit in den Wald zum Holzsammeln geschickt wurden, zeigten sie sich besonders mitleidig. Bald legten sie ihnen das schönste Reisig auf die Fusswege hin, bald schenkten sie ihnen kleine, wohlschmeckende Käslein, die nie alle wurden. Wenn der Landmann auf dem Felde ackerte und die Arbeit sich weit über die Mittagsglocke hinausdehnte, da schlichen sie sich mitleidig herzu und tischten auf dem Rasen ein leckeres Mahl auf. Endlich halfen sie wohl auch dann und wann an langen Winterabenden den fleissigen Mägden bei der Flachsbereitung. War die Arbeit schäkernd vollbracht und sie wollten heim, so nahmen sie einen Knäuel Hanf zwischen die Beinchen und ritten auf ihm zum Ergötzen der Anwesenden durch das Fenster fröhlich von dannen. Der Übermut böser Menschen hat aber die freundlichen kleinen Helfer vertrieben. So hatten einstmals boshafte Buben den Baumast, auf welchem sie mittags zu ruhen pflegten, bis auf eine dünne Stelle durchsägt. Als sich die Zwerglein nun zur gewohnten Stunde einstellten und sich arglos auf dem Aste niederliessen, brach er entzwei und die ganze Schar fiel polternd zu Boden. Erzürnt riefen sie da aus: O wie ist der Himmel so hoch, die Untreu so gross Heute hieher und nimmermehr! Sie hielten Wort, wichen ins Gebirge zurück und suchten im Innern der höchsten Firnen ihre eigentliche Heimat wieder auf. Grosse weite Hallen, auf kristallenen Säulen ruhend, sind dort ihre Wohnungen, deren Glanz kein Menschenauge ertragen kann. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Zwerge im Helfenberg

Source: Die Zwerge im Helfenberg

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Der südliche Abhang des Helfenberges trägt heute magere Rüttenen. Das war nicht immer so. Vor Zeiten war dieses Gelände eine ertragreiche Gemeindeweide des Dorfes Langenbruck. Jeder Bürger konnte dort während des Sommers sein Grossvieh zur Weide treiben. Immer kamen die Tiere wohlgenährt, gesund und ohne Unfall wieder nach Hause. Dies verdankte man kleinen Zwerglein, sogenannten Elfen, die in den Flühen des Helfenberges hausten und das Weidevieh betreuten. Als bescheidene Gegenleistung nahmen sich die kleinen Leute etwas Milch aus den strotzenden Eutern der Weidetiere. So ging alles gut, bis eines Tages ein Mann aus Neugier den Zwerglein nachschlich, um ihre Wohnung zu erkunden. Doch sie gewahrten den Aufpasser bald, flohen entsetzt und verliessen die Gegend für immer. Auf der Weide kehrte Unglück ein, auch der Ertrag an Milch ging stark zurück und schliesslich musste der Weidebetrieb eingestellt werden. Die Gemeinde parzellierte das Land am Helfenberg und überliess die Teile den Bürgern zur Pacht. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Die Zwerge im Lötschental

Source: Die Zwerge im Lötschental

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Gotwergini hiessen sie im Volk, Gotwergilöcher die Höhlen, in denen sie hausten. Woher der Name stammt, wessen Ursprungs die Wichtelmännchen, niemand wusste es. Gerne waren sie den Talleuten im Anfang zu Diensten. Wenn eine Kuh im Walde zurückblieb, eine Ziege sich verirrte, man sandte zu den Zwergen, und sie sagten, dort sei die Kuh, dort sei die Ziege und bezeichneten den Ort genau, wo das Tier weidete. Das Verhältnis trübte sich, und häufig wurden Klagen laut über die Streiche der Unholde. In Kippel lebte eine Frau, namens Selber, die tagsüber spann, während der Mann taglöhnerte. Fast Tag um Tag schlüpfte ein Zwerg zu ihr ins Haus, ein garstiger Knirps mit schwammigen Backen und einem ekelhaften, in den Mund hängenden Schnurrbart. «Es beisst mich im Rücken», jaulte er, «hör auf und stell das Rad!» Er zerknüllte ihr das Werg, bremste den Schwung des Rades und begehrte trotzig, ihm den Rücken zu kratzen. Zuerst fühlte sie Mitleid und tat ihm den Willen, schliesslich aber gruselte ihr vor dem Unhold und dem lästigen Dienst, und sie beklagte sich bei ihrem Manne. «Wart nur», erwiderte er, «den will ich einmal hecheln, dass er über alle Wände hinauf springt!» Er zog die Kleider seiner Frau an und setzte sich hinter das Spinnrad. Als das Männchen in die Stube torkelte, netzte er den Finger, allein, des Spinnens nicht gewohnt, glitt das Werg ihm nicht aus der Hand. Spöttisch tänzelte der Zwerg hin und her und stichelte: «Du spinsterlest und spinsterlest und windest wenig a, mir schynt, mir schynt, du sygst e Ma!» Zornig ergriff der Gefoppte die Hechel und ging auf den Spötter los. «Ich will dir jetzt die Flöhe vertreiben, du untaner Wicht!» So derb strählte er ihm mit den eisernen Borsten den Rücken, dass der Arme «zu Hilfe, zu Hilfe!» schrie und davonsprang. Gleich eilten die andern Zwerge herbei und fragten: «Wer hat's getan, wer hat's getan?» «Selber, Selber», heulte er und verdrehte die Augen. Da sagten die Zwerge: «Selber ta, selber ha», und trollten sich. Von da an lebten die Zwerge mit der Bevölkerung im Zwist. Schamlos drangen sie in die offenen Häuser und raubten Käse, Brot, Kleider, alles, was nicht niet- und nagelfest war. Der Frechsten einer schleppte einen Knaben in seine Höhle und befahl seinem Töchterchen, den Gefangenen zu bewachen und zu mästen, damit er fett werde. Von Zeit zu Zeit ging er selber in den Stall und untersuchte ihn wie einen Hammel. «Zu wenig fett, zu wenig fett», sagte er jeweilen und empfahl dem Mädchen bessere Pflege. Sie aber war von sanfter, guter Art und wollte nicht, dass man den Jungen töte. Wenn der Vater ausging, schloss sie die Stalltür auf und liess ihn frei. Sie spielten zusammen und lärmten und jagten über Stock und Stein, bis sie müde waren. Dann brach sie Alprosen, wand ein Kränzchen und legte es dem Freund aufs Haupt, der schlau und verlegen an den Himmel hinauf guckte und an nichts anderes dachte als an die Flucht. Mit glänzenden Augen betrachtete ihn und rühmte: «Wie schön bist du, wie schön bist, mein lieber, lieber Bub!» Aus seinem sonderbaren Benehmen erriet sie seine Gedanken und statt der Alprosen füllte sie die Schürze mit Silenbar, flocht eine Kette und band sie ihm um den Hals. Der Pflanze sollte die Kraft innewohnen den Jüngling verliebt zu machen und an sie zu fesseln. Beim Frühstück sagte er zu dem Madchen, das ihm da Essen brachte: «Lass mich hinaus, Wir wollen spielen und lustig sein!» «Wart noch einen Augenblick, bis dass der Vater weg ist!» Bald War sie wieder da und lief mit ihm Jauchzend in die Sonne. Sie sammelten Zapfen und Steine, sprangen über den Wildbach, schäkerten und schwatzten tolles Zeug. Dazu flocht sie ein zierliches Gewinde aus Silenbar, das er wie eine Schärpe tragen musste. «Wie schön bist du wie schön bist du, du lieber, lieber Bub!» rief sie entzückt und verschlang ihn mit glühenden Augen. Obschon er sich heilig vorgenommen hatte, so schnell wie möglich zu entwischen, er konnte das zutrauliche Ding nicht gröblich beleidigen und einfach davongaloppieren. Eine schickliche Gelegenheit bot sich erst, als sie einem Falter nachhuschte und immer weiter sich entfernte. Da riss er die Schärpe herunter, rannte wie ein Gemsböcklein durch die Erlenstauden und sah nicht mehr zurück. Als das Mädchen ihn vermisste, sprang sie ihm nach, suchte hinter jedem Busch und Baum und wusste, dass sie ihn auf immer verloren hatte. «Silenbar hat er an sich, solang ich leb', gereut er mich.» So tönte ihre Klage. «Wo ist der Bub?» schnauzte der Alte, «die Stalltür ist offen!» «Ach, er ist fort und kommt nicht wieder.» «Du Stock hast ihn laufen lassen!» Eine Maulschelle klatschte, und der Grobian trogelte davon und hetzte die Zwergenschaft auf den Flüchtling. Hu, wie das hangab stob und schwärmte, und bald waren sie dem Ausreisser an den Fersen. Als dieser die Verfolger spürte, floh er auf eine geschorene Wiese und kroch in den letzten der Heuschochen hinein. «Bis hierher ist er gekommen», riefen die Zwerge auf der Heumatte, «weiter nicht.» Sie zerrauften die Schochen ergebnislos und sagten: «Ist er nicht unter den ersten, so ist er auch nicht unter den Ietzten.» Enttäuscht klommen sie zu den Höhlen hinauf. Der Knabe schüttelte die Halme von sich und lief zu seinen Eltern, die schwer um ihn getrauert hatten. Nach der Entladung der Alp versammelte das Zwergenvolk sich auf der Ballimatte zu Tanz und Schlemmerei, und heimliche Zuschauer berichteten von wunderlichen Reigen, Purzelbäumen und seltsamen Zeremonien, die sich im Mondenschein abspielten. Auch von dem Gastmahl, das um Mitternacht anhub und auf goldenem Geschirr herumgeboten wurde. Sobald der Tag anschlug, heulte der Kauz im Lärchenwald, und hui, hui rudelten die Zwerge davon. Im Herbst erschien ein fahrender Schüler und wunderte sich bass, dass man das Gesindel nicht längst mit Stumpf und Stiel davongejagt hatte. «Es sind gottlose Wichte, die dem Teufel vom Karren rutschten und an andern Orten ausgerottet wurden. Sie sind nicht unseres Geschlechts, diese heimtückischen Kobolde. Schaut nur ihre verdrehten Füsse, den schiefen Rücken und den falschen Blick! Hinweg mit dem Geziefer!» Schlagt sie tot, fort mit dem Lumpenpack, ging es von Haus zu Haus. Sensen klirren, Flegel poltern, die Jungen wappnen sich mit Knüppeln und was ihnen in die Faust passt, und wer Hosen und Schürzen trägt, wälzt sich den Berg hinauf zu den Gotwergilöchern. Kopftücher lodern, Steine flitzen, und aus dem hundertstimmigen Gebrause gellt es: «Heraus, ihr garstigen Schelme und Kinderräuber!» Hohl tönt es aus der Höhle zurück. Sie sind weg, sie sind geflohen. Man stöbert und forscht bis in den dunkelsten Winkel und entdeckt nur Trümmer und Unrat. Niemand wusste, welchen Weg die Zwerge eingeschlagen hatten.   Quelle: Johannes Jegerlehner: Walliser Sagen, Hans Feuz Verlag Bern, 1959 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Zwerge im Männlisloch

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Beim Rank an der Arisdörferstrasse war früher das Männlisloch. Es ist verschwunden, aber die Namen Lochmatt und Lochmattrüti bestehen noch. Wir suchten das Loch etwa auf und warfen Steine hinunter. Mit leichtem Gruseln hörten wir zu, wie das Aufschlagen des fallenden Steins tief unten verhallte. Im Männlisloch sollen vor Zeiten hilfsbereite Zwerglein gewohnt haben. Wenn jemand seinen Pflug auf dem Acker stehen liess, weil er mit dem Pflügen vor dem Einnachten nicht mehr fertig geworden war, so fand er am Morgen den ganzen Acker umgepflügt. Dazu hing erst noch eine Wähe an der Pfluggeize. Die Zwerglein sind durch gwundrige Leute vertrieben worden; sie hatten ihnen Asche gestreut, um darin die Abdrücke ihrer Gänsefüsse zu erhalten. Hersberg Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Zwerge im Männlisloch

Source: Die Zwerge im Männlisloch

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Beim Rank an der Arisdörferstrasse, im Gemeindebann Hersberg, war früher das Männlisloch. Es besteht heute nicht mehr. Aber die Flurnamen Lochmatt und  Lochmattrütti kennt man heute noch. Alte Leute erinnern sich, in ihrer Jugendzeit das Loch aufgesucht zu haben. Mit leichtem Gruseln hörten sie da, wie hinabgeworfene Steine vielmal aufschlugen, bis der Schall tief unten verhallte. In dieser Höhle sollen vor Zeiten hilfsbereite Zwerglein gewohnt haben. Wenn jemand seinen Pflug auf dem Acker stehen liess, weil er mit dem Pflügen vor Einbruch der Nacht nicht fertig geworden war, so fand er am andern Morgen den ganzen Acker fertig gepflügt. Ja, zu seiner Überraschung hing erst noch eine schmackhafte Wähe an den Pfluggeizen (Handgriffen). Wie anderswo, sind auch hier die Zwerglein durch gwundrige Leute vertrieben worden. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Die Zwerge im Seeland

Source: Die Zwerge im Seeland

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Früher gab es im Seeland noch viele Zwerge. Sie wohnten im Wald in kleinen Höhlen, und man nannte sie deshalb auch Erdleutchen oder Holzleutchen, weil sie aus hölzernen Schüsselchen assen, die kräuterkundigen Zwergenfrauen nannte man Holzmütterchen.  Damals lebte nah am grossen Moos ein armer Taglöhner in einer einfachen Hütte. Er war so arm, dass seine vielen Kinder immer hungrig waren, und diese Nacht sollte seine Frau noch ein weiteres Kind zur Welt bringen. Eine Hebamme konnte sich der arme Taglöhner nicht leisten, deshalb lief er Richtung Wald, um eines der Holzmütterchen um Hilfe zu bitten. Das alte Zwergenmütterchen ging mit ihm zur Taglöhnerhütte. Kundig half es der armen Taglöhnerfrau, bis das jüngste Kindlein geboren war. Dann bat es den Taglöhner, dass er es wieder nach Hause begleite. Als sie im Wald angekommen waren, band es seine Schürze ab, legte etwas Schweres aus seiner Höhle hinein und drückte es dem Mann in die Hand. «Hier nimm das Fürtuch mit als Geschenk», sagte es zu ihm, «du hast es schwer mit den vielen Kindern, jetzt wo alles so teuer geworden ist. Es wird dir helfen.» Der Mann bedankte sich und machte sich auf den Heimweg. Die Schürze schien ihm sehr schwer. «Da müssen Ziegelsteine drin sein», dachte er, griff im Dunkeln in den Stoff und liess einzelne Stücke herausfallen. Das Holzmütterchen hatte dies aber gesehen und rief:  «Je mehr du zatterisch, umso weniger hettisch!»  Der Mann erschrak und trug nun die schwere Schürze nach Hause. Wie staunte er, als er am nächsten Morgen nach der Schürze sah und lauter Goldstücke darin fand. Von diesem Tag an ging es seiner Familie besser und die Kinder mussten nie mehr hungern.  Die Zwerge aber gibt es nicht mehr im Seeland. Es heisst, sie mochten es nicht, dass die Menschen immer gieriger wurden. Sie sind fortgegangen, niemand weiss wohin. Neu erzählt nach T. Vernaleken, Alpensagen, Wien 1858 ©Mutabor Märchenstiftung


by Die Zwerge in der Närschner Alp

Source: Die Zwerge in der Närschner Alp

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Die Alpknechte von Bärschis hatten es einst bequem; die Zwerglein haben für sie gehütet, gemolken und gebuttert. Am Sonntag aber kam der „Fissler" (der Gehilfe des Ziegenhirten) mit einem neuen Hut und „Tschöpli" auf die Alp. Das Zwerglein fand Gefallen an diesen Dingen. Nach vierzehn Tagen legten ihm die Alpknechte ein ganzes „Häsli" (Kleidchen) hin und meinten es damit zu erfreuen, dass es ihnen weiter so eifrig dienen werde. Dieses machte sich aber auf und davon und liess sich von jenem Tage an nie mehr blicken. Nach Dr. A. Henne. *** Einmal schien ein Zwerglein, das wie alle seines Namens höchst einfach gekleidet war, ein sehnliches Gelüsten nach einem eben so schönen und guten Gewände zu tragen, wie die Hirten von Bärschis sie besassen. Der Hirte sorgte dafür, dass dem Männchen ein Brot und ein schönes, neues Wams verehrt wurde, was seine Stammesgenossen aber sehr übel gedeutet haben mussten; denn am Abend vor dem Betläuten brachte eine Kuh auf ihren Hörnern diese Geschenke zurück, und seit jener Zeit hat man von dem Zwergvölklein nichts mehr gesehen oder verspürt.  J. Natsch *** Die drolligen Zwergensagen kommen in mannigfaltigen Variationen vor. Das Originelle an der obstehenden ist, dass eine Kuh die Geschenke an den Hörnern zurückbrachte. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 345, S. 192f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Zwerge in der Riedera

Source: Die Zwerge in der Riedera

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In der Großen Riedera lebte vor Alters ein Küher namens Dietrich, welcher in einer Quatembernacht geboren war, und darum alle Zwerge, Kobolde, Polter- und Berggeister sehen konnte. Sein Liebling, der sich gewöhnlich bei ihm aufhielt, war ein kleines, winziges, zerlumptes Schrätteli, das eine rote Kappe trug. Eines Abends wärmte sich Dietrich beim Feuer, und sein Hausgeist leistete ihm Gesellschaft. Er äffte aus Mutwillen oder übel verstandener Gefälligkeit alles nach, was jener tat. Zog Dietrich ein Stück Holz aus dem Feuerherd, so folgte wie durch Zaubermacht ein zweites nach; legte er aber eins hinein, so folgte auf der Stelle ein anderes. Dies ärgerte den Küher endlich so sehr, dass er vor Zorn ein brennendes Scheit ergriff und damit den Nachäffer aus der Küche jagte, worüber dieser lange Zeit grollte und sich nicht mehr sehen ließ. Man sagt, er habe sich unterdessen im Marvoberge hinter Galmis (Charmey, Anm.) aufgehalten, wo er die Kühe hüten und eintreiben half. Ein Senn legte ihm jeden Abend ein Gebslein mit Milch oder Rahm in eine Mauerhöhle, wo sie der unsichtbare Geist stets fleißig austrank. Als er aber eines Abends Sürbelen (Molke, aus der man den Ziger entnommen hat) darin fand, und sonst noch was Schlechteres, verunglückten dem Küher während der Nacht einige der schönsten Kühe, wodurch er beträchtlichen Schaden erlitt. Der Berggeist verschwand sogleich und stellte sich wieder bei Dietrich ein, mit dem er einen ewigen Frieden schloss. Allein dieser dauerte nur drei Tage; denn schon am vierten fingen sie in der Scheuer wegen des Fütterns (Gaumens) der Kühe einen so heftigen Streit an, dass Dietrich vor dem boshaften Zwerge fliehen musste, der ihm, als er durch das Tenn (die Tenne) sprang, eine eiserne Heugabel nachwarf; aber glücklicherweise traf sie ihn nicht, durchbohrte aber das dicke hölzerne Thor. Jetzt hört man nichts mehr von diesem Schrätteli. Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Zwerge in Ins

Source: Die Zwerge in Ins

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Vor etwa 200 Jahren gab es in der Gegend von Ins noch viele Zwerge, die dort herum im Walde in Höhlen wohnten. Sie wurden, nach dem Stoffe ihres Küchengeschirrs, Holzleutchen oder Erdleutchen genannt. Wegen ihrer grossen Frömmigkeit waren sie von Gott so gesegnet, dass sie nicht nötig hatten etwas zu arbeiten, sondern immer unbesorgt ihr reichliches Auskommen hatten. Dabei waren sie nach unserm christlichen Sinne wohltätig, indem sie die eine Hand nicht wissen liessen, was die andere tat. Da begab es sich einst, dass eines armen Mannes Frau im Dorfe Ins niederkommen sollte. Für das Wohl derselben besorgt, begab er sich schleunigst in eine Höhle des nahen Waldes, in der ein als Hebamme berühmtes Holzmütterchen wohnte, und bat dasselbe, es solle doch seiner Frau persönlich zu Hilfe kommen. Es kam, und um zugleich der darbenden Familie (denn es war gerade eine Teuerung) als Rettungsengel zu erscheinen, gab es dem Manne ein altes Fürtuch (eine Schürze) voll Goldstücke zu tragen; der aber, in der Meinung, es seien Ziegelstücke, liess hier und da einige Stücke fallen, um nicht vergebens so schwer tragen zu müssen. Das kleine Mütterchen, das solches bemerkte, sagte zu ihm: „Je mehr du zatterst, desto minder hast du." Er hörte nun auf zu zattern, und siehe!, als er zu Hause sein Fürtuch leerte, waren es lauter Goldstücke. Als das Mütterchen nun die nötige Hülfe geleistet hatte, wurde es wieder von diesem armen Manne unter Segenswünschen in die Höhle hinausbegleitet. Da aber die Leute immer gottloser wurden, so haben sich diese frommen Leutchen, die alles Böse verabscheuen, aus dieser Gegend fortgemacht und man weiss nicht, wohin sie gekommen sind. Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Zwerge schlachten ein Kalb

Source: Die Zwerge schlachten ein Kalb

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Ein Emmentaler Bauer besass einen Stall voll prächtiges Vieh. Eines Nachts hatten sich die Zwerge hineingeschlichen und das schönste Kalb zum Schlachten ausgewählt. Der Bauer kam gerade dazu, als das lustige Zwergenvolk munter zu schmausen begann. Darüber war er sehr erzürnt und schalt die Kleinen. Sie suchten ihn zu beschwichtigen und boten ihm auch ein Stück des herrlichen Kalbsbratens an. Am nächsten Morgen, als der Bauer den Stall wieder betrat, staunte er nicht wenig, als er das Kalb unzerteilt und gesund an seinem gewohnten Platze stehen fand. Nur das Stück, das er am Abend zuvor gegessen hatte, fehlte an seinem Körper. Emmentaler Sagen, Hermann Wahlen, 1962 Gute Schriften Bern Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Zwerge und der Taglöhner

Source: Die Zwerge und der Taglöhner

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Ein armer Taglöhner holte eines Abends im Wirtshaus Wein für seine kranke Frau. Auf dem Heimweg — die Nacht war inzwischen hereingebrochen — begegnete ihm ein munteres Zwergenvölklein. Sie fragten ihn: «Was hast du in deiner Flasche ?» «Wein für eine schwache Kindbettfrau», gab der Taglöhner zur Antwort. «Gib uns eines davon zu trinken», bettelten die kleinen Wichte. Umsonst suchte der gute Mann nach Ausflüchten und gab vor, der Wein reiche auf keinen Fall für alle. Immer ungestümer drängten sich die Kleinen herzu und beteuerten: «Wir wollen dir noch genug übrig lassen für deine Frau! » Da reichte er ihnen die Flasche, und das Völklein nippte so fleissig und ergiebig daran, dass der arme Mann fürchtete, die Bolde möchten ihm den letzten Tropfen austrinken. Als sie ihm aber die Flasche wieder reichten, war sie noch voll wie zuvor. Die Zwerglein schärften ihm ein, weder seiner Frau, noch sonst irgendeinem Menschen zu sagen, dass sie daraus getrunken. Seine Frau konnte von dem Wein trinken, so oft und so viel sie wollte, nie wurde die Flasche leer. Das kam ihr sonderbar vor, und sie wollte wissen, was für Hexenwerk ihr Mann mit dem Wein getrieben habe. Nach langem Zögern musste er seinem Weibe das Geheimnis entdecken. Aber von der Stunde an füllte sich die Flasche nicht mehr von selbst. Und je fleissiger der Mann nachher im Wirtshaus einkehrte, um sie füllen zu lassen, um so rascher war sie jedesmal wieder leer. Emmentaler Sagen, Hermann Wahlen, 1962 Gute Schriften Bern Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Zwerge von Forsteck

Source: Die Zwerge von Forsteck

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Unweit Salez liegen auf einem aussichtreichen Fels die Trümmer des alten Schlosses Forsteck, von dem nur ein Turm mit gewaltigem Mauerwerk noch vorhanden ist. Einst gehörte er den Herren von Hohen-Sax, deren Stammburg beim nahen Pfarrdorfe Sax gelegen war. Sollte einer seiner Besitzer aus dem Leben scheiden, so löste sich am Berge ein mächtiger Fels und rollte, alles niederschlagend, mit fürchterlichem Gepolter in den Vorhof der Burg. Als einmal ein junger Freiherr von Sax im nahen Walde jagte, bemerkte er plötzlich eine Höhle, in welche er neugierig eintrat. Nachdem er mehrere hundert Schritte in dem weiten, düstern Gange zurückgelegt hatte, sah er vor sich eine feste eiserne Türe, die er nach kurzem Bedenken vorsichtig öffnete. Blendender Glanz traf sein Auge; er blickte in eine ungeheure, weite Halle, deren Wände von reinstem Golde waren. Hunderte von kleinen Zwerglein mit langen Barten und braunen Röcken waren eifrigst damit beschäftigt, Stücke Goldes von den Wänden loszulösen, in Körben nach der Mitte der Halle zu tragen und dort in einen mächtigen Schmelzofen zu schütten, aus welchem das geschmolzene Metall in schmale Rinnen abfloss. Wohl eine Viertelstunde hatte der junge Freiherr den seltsamen Bergleuten zugeschaut; da musste er plötzlich niesen. Sogleich gerieten die Zwerge in die lebhafteste Unruhe, und drohend liefen sie durcheinander. Ein Donnerschlag erschütterte die Halle, und unwiderstehlich fühlte sich der Jüngling fortgerissen, durch Felsenklüfte geschleudert und in ein Wasser geworfen. Ein spärlicher Lichtschimmer fiel von oben in die schauerliche Tiefe, in der er sich befand. Aber eh' er sich weiter besinnen mochte, fuhr ein Wassereimer hernieder. Unwillkürlich setzte er sich darauf und wurde langsam, aber stetig emporgehoben. Bald befand er sich im Hofe des Schlosses Forsteck, neben dem tiefen Sodbrunnen, gegenüber der alten Küchenmagd, die ihn unbewusst heraufgehaspelt hatte und die sich nun vor Erstaunen nicht zu fassen wusste. Seitdem hat nie wieder jemand die wunderbare Goldhöhle gesehen; aber oft hörte man im Juli und August in der Gegend um Forsteck helle Töne, ähnlich wie Klingeln der Pferdeglöckchen beim Schlittenfahren, die man das Bergklingeln nannte. Nach den einen sollen sie entstehen, wenn die Bergzwerglein das Gold von den Wänden abmeisseln und auf den Boden niederfallen lassen, nach andern, wenn sie in ihren Gemächern unter der Oberfläche Musik machen. H. Herzog, Schweizersagen Der Eingang der Sage ist merkwürdig. Das Schloß steht wirklich auf den Trümmern eines vorhistorischen Bergsturzes.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 87, S. 40f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Zwerge zu Riffenmatt

Source: Die Zwerge zu Riffenmatt

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Es gab einmal eine friedliche Zeit, als die Zwerge von den Bergen herab sich zu den Menschen gesellten. Da konnte weder Regen noch Hagel dem Getreide schaden; die Zwerge spürten das Wetter voraus und schnitten es rechtzeitig. Sie verrichteten heimlich nachts ihr Werk in den Feldern, im Haus, im Hof, im Stall. Menschen, Tiere und Früchte gediehen prächtig. Mitten auf dem grossen Platz stand eine mächtige Linde mit ihren dicken Ästen. Hier verbrachten die kleinen Leutchen ihre Tage. War`s Übermut, Dummheit oder Bosheit? Eines Nachts wurde der grosse Ast, auf dem die Männchen und Weibchen meistens sassen, von Menschen angesägt. Arglos kletterten am Morgen die Kleinen auf die Linde. Doch da riss der Ast und stürzte mitsamt den Zwergen zu Boden. Ja, das war nicht zum Lachen! Erzürnt rappelten sich diese auf und riefen: „Wie gross ist doch der Undank! Uns werdet ihr hier nie und nimmermehr sehen!“ Seither ist das Glück von den Feldern und aus den Ställen gewichen. Es gedeiht nicht mehr alles, was die Bauern von Riffenmatt anpflanzen. Die Saaten werden verhagelt und im Herbst bleiben die Scheunen oft leer. Die Zwerge aber kehrten nie mehr zurück. Quelle: Nach einem Gedicht aus: J. J. Jakob, Heimathkunde des Amtes Schwarzenburg, Bern, 1869. Prosafassung nach einem Gedicht aus Heimathkunde des Amtes Schwarzenburg. Bearbeitet von Anna Maria Läderach. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www. maerchen.ch.


by Die Zwergenamme

Source: Die Zwergenamme

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Oben in den Flühen ist die Zwergmutter in Kindesnöten. Flugs eilt der Zwerg ins Tal, die Amme zu rufen. Willig geht diese ihm nach, achtet des weiten Weges und der bösen Steine nicht, die drauf liegen. Oben in der Felsenstube legt sie dem Zwergweiblein ein feines Zwergenkindlein in die Wiege. "Ich will dir’s lohnen", sagt der Zwerg, nimmt einen Haufen Kohlen vom Herde und schüttet dieselben der Talfrau in die Schürze. Mit einem Vergeltsgott geht diese von dannen, gibt aber auf die Kohlen, deren sie daheim doch genug hat, wenig acht. Sie lässt auch ab und zu davon auf den Boden fallen, ohne sich darnach zu bücken. Warnend ruft der wohlmeinende Geber ihr nach: "Je mehr du zatt’st Je minder du hast!" Die Warnung wird trotzdem wenig beachtet. Zu Hause angekommen, wirft die Talfrau mürrisch und verdriesslich die Kohlen auf den Tisch: "Da seht meinen Lohn!" Wie reisst sie dabei aber die Augen auf, als es auf dem Tische schimmert und flimmert! Die schwarzen Kohlen sind lauter glänzende Goldstücke geworden. Jetzt wird ihr die Warnung verständlich. Rasch läuft sie zurück, zu sammeln, was zuvor so geringschätzig verzattet war. Aber es fanden sich keine Kohlen mehr. Ähnliches geschah einst auch einer Frau von Meiringen. Sie ging im Schlosswald an der Burg Resti vorbei. Auf dem Rücken trug sie einen Sack Erbsen. Da kam der Vater der Zwergenfamilie Gutsin des Weges daher. Der rief der Frau, als er wahrnahm dass ihr Sack ein kleines Loch hatte, durch welches die Erbsen zu Boden rannen: "Je mehr du zatterst Je minder du hast!" Sie aber verstand seine Redeweise nicht und ging achtlos fürbass. Als sie jedoch heimkam, merkte sie, was das alte Väterchen gewollt. Der Sack aber war leer und die Erbsen zum grössten Teil verloren. Was aber noch im Sack verblieben war, das hatte sich zu Goldkörnern verwandelt. Da lief sie schnell hinaus auf den Weg um das achtlos Zerstreute wiederzufinden Ihre Mühe aber war fruchtlos, denn nicht eine einzige Erbse fand sich mehr. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Zwergenfrau

Source: Die Zwergenfrau

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In Zeneggen, einem schönen Alpengelände im Walliser Vispertal, wo noch auf hoher Alp ein feuriger Wein wächst, lebte einmal eine Frau. Die hatte ein Kindlein. Aber obschon sie ihm alles tat, was eine zärtliche Mutter ihrem Kinde zulieb tun kann, wollte das kleine Geschöpf doch nicht recht vorwärtskommen. Immer blieb es ein kleines, zwerghaftes Kind. Und obwohl es die Mutter mit den süßesten Tönen, die es auf Erden gibt, Tag und Nacht liebkoste und ansprach, kam doch nie auch nur ein Stammeln, geschweige sonst ein rechter Laut über seine Lippen. Eines Tages besuchte nun die bekümmerte Mutter ihre Nachbarin und klagte ihr das Leid, das sie des seltsamen Kindes wegen habe, und wie sie nicht begreifen könne, daß sie ein solch unansehnliches, stummes Geschöpf zum Kind habe, da doch in ihrer Familie immer alle Kinder wohlgeraten seien. "Ich weiß nicht", setzte sie hinzu, "was ich mit dem Kinde anfangen soll. Es scheint gescheit zu sein, auch versteht es mich wohl, und doch will es kein Wörtlein reden." Die Nachbarin, der das nicht mit rechten Dingen zuzugehen schien, machte ein gar bedenkliches Gesicht. Und da sie mit der guten Frau Mitleid hatte, gab sie ihr zuletzt den Rat, sie solle das wunderliche Kind in die Stube setzen, ihm zum Spielen recht viele halbe Eierschalen hinlegen und heimlich zuschauen, wie sich dann das Kind benehme, denn sie habe einen Verdacht. Wie nun die Mutter heimkam, schlug sie wacker Eier ins Pfännchen und kochte daraus einen guten Eierkuchen. Die Eierschalenhälften aber legte sie vor das in der Stube sitzende Kind hin und guckte dann durch eine Spalte der Küchentüre, um zu sehen, was nun das Kind mache. Das aber war kaum der halben Eierschalen ansichtig geworden, so rief es staunend aus: "Ja, nuewela, so viel Häfelein habe ich noch nie gesehen!" Hocherfreut darüber, daß sie nun das Kind reden gehört hatte, eilte die Mutter zu ihrer Nachbarin und berichtete ihr das Wunder. Aber die Nachbarin zuckte die Achseln, machte ein ernsthaftes Gesicht und sagte, daß ihr Verdacht nun wahrscheinlich begründet sei. Wahrscheinlich habe man ihr das eigene rechte Kind gleich aus der Wiege gestohlen und dafür ein Gotwärgi, ein Zwergenkind, hineingelegt. Die gute Mutter erschrak fast zu Tode, als sie das hörte, und wußte vor Ratlosigkeit nicht, was sie anfangen sollte. Da sagte die Nachbarin, die nicht zu den ganz Dummen gehörte, zu der verzweifelnden Mutter: "Geh heim, nimm das Kind und steig damit auf den Bielhügel. Dort peitsche es durch, daß sein Geschrei weithin gehört wird. Aber du darfst ja kein Erbarmen haben, dann, vielleicht, erlösest du dein rechtes Kind wieder." Nachdenklich eilte die Mutter heim. Aber als sie das spielende Kind unter seinen Eierschalen sitzen sah, wurde ihr's doch schwer, so unschön es war, es zu schlagen, um so schwerer, als sie doch nicht sicher wissen konnte, ob es nicht wirklich ihr rechtes Kind sei. Endlich, nach vielem Ach und Weh, nahm sie das Kind vom Boden auf und trug es mit zitternden Armen auf den Bielhügel. Und wie sie nun das elende Geschöpfchen im hellen Tageslicht ansah, schien ihr's immer unmöglicher, daß dies ungestalte Wesen ihr Kind sein sollte. Sie schloß die Augen, bezwang das Herz und begann das Kind zu schlagen. Alsbald schrie es, obwohl sie's nicht hart schlug, daß Berg und Tal Echo gaben. Wie tat aber die Mutter die Augen auf, als eine kleine Gotwärgifrau in wilden Sprüngen herbeieilte! Und wie staunte sie erst, als sie in den Armen des Zwergweibleins ein schönes, wohlgewachsenes Kind erblickte! Es ward ihr seltsam zumute; sie hob die Hand, um das ungestalte Kind in ihrem Schoß noch härter zu schlagen. Aber schon stand die kleine Gotwärgifrau bei ihr, riß ihr das verkümmerte Kind aus den Armen, warf ihr das schöne in den Schoß und schrie gellend: "So nimm du das deinige und ich das meinige, du unbarmherziges Mütterlein!" Damit drückte das Zwergfrauchen das ungestalte Kind fest an seine Brust und eilte wie eine Gemse davon. Die Mutter aber blieb vor Staunen und Freude wie gebannt sitzen und konnte ihr rechtes Kind nicht genug ansehen. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Zwergenfrau

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In Zeneggen, einem schönen Alpengelände im Walliser Vispertal, wo noch auf hoher Alp ein feuriger Wein wächst, lebte einmal eine Frau. Die hatte ein Kindlein. Aber obschon sie ihm alles tat, was eine zärtliche Mutter ihrem Kinde zuliebe tun kann, wollte das kleine Geschöpf doch nicht recht vorwärtskommen. Immer blieb es ein kleines, zwerghaftes Kind. Und obwohl es die Mutter mit den süßesten Tönen, die es auf Erden gibt, Tag und Nacht liebkoste und ansprach, kam doch nie auch nur ein Stammeln, geschweige sonst ein rechter Laut über seine Lippen. Eines Tages besuchte nun die bekümmerte Mutter ihre Nachbarin und klagte ihr das Leid, das sie des seltsamen Kindes wegen habe, und wie sie nicht begreifen könne, daß sie ein solch unansehnliches, stummes Geschöpf zum Kind habe, da doch in ihrer Familie immer alle Kinder wohlgeraten seien. "Ich weiß nicht", setzte sie hinzu, "was ich mit dem Kinde anfangen soll. Es scheint gescheit zu sein, auch versteht es mich wohl, und doch will es kein Wörtlein reden." Die Nachbarin, der das nicht mit rechten Dingen zuzugehen schien, machte ein gar bedenkliches Gesicht. Und da sie mit der guten Frau Mitleid hatte, gab sie ihr zuletzt den Rat, sie solle das wunderliche Kind in die Stube setzen, ihm zum Spielen recht viele halbe Eierschalen hinlegen und heimlich zuschauen, wie sich dann das Kind benehme, denn sie habe einen Verdacht. Wie nun die Mutter heimkam, schlug sie wacker Eier ins Pfännchen und kochte daraus einen guten Eierkuchen. Die Eierschalenhälften aber legte sie vor das in der Stube sitzende Kind hin und guckte dann durch eine Spalte der Küchentüre, um zu sehen, was nun das Kind mache. Das aber war kaum der halben Eierschalen ansichtig geworden, so rief es staunend aus: "Ja, nuewela, so viel Häfelein habe ich noch nie gesehen!" Hocherfreut darüber, daß sie nun das Kind reden gehört hatte, eilte die Mutter zu ihrer Nachbarin und berichtete ihr das Wunder. Aber die Nachbarin zuckte die Achseln, machte ein ernsthaftes Gesicht und sagte, daß ihr Verdacht nun wahrscheinlich begründet sei. Wahrscheinlich habe man ihr das eigene rechte Kind gleich aus der Wiege gestohlen und dafür ein Gotwärgi, ein Zwergenkind, hineingelegt. Die gute Mutter erschrak fast zu Tode, als sie das hörte, und wußte vor Ratlosigkeit nicht, was sie anfangen sollte. Da sagte die Nachbarin, die nicht zu den ganz Dummen gehörte, zu der verzweifelnden Mutter: "Geh heim, nimm das Kind und steig damit auf den Bielhügel. Dort peitsche es durch, daß sein Geschrei weithin gehört wird. Aber du darfst ja kein Erbarmen haben, dann, vielleicht, erlösest du dein rechtes Kind wieder." Nachdenklich eilte die Mutter heim. Aber als sie das spielende Kind unter seinen Eierschalen sitzen sah, wurde ihr's doch schwer, so unschön es war, es zu schlagen, um so schwerer, als sie doch nicht sicher wissen konnte, ob es nicht wirklich ihr rechtes Kind sei. Endlich, nach vielem Ach und Weh, nahm sie das Kind vom Boden auf und trug es mit zitternden Armen auf den Bielhügel. Und wie sie nun das elende Geschöpfchen im hellen Tageslicht ansah, schien ihr's immer unmöglicher, daß dies ungestalte Wesen ihr Kind sein sollte. Sie schloß die Augen, bezwang das Herz und begann das Kind zu schlagen. Alsbald schrie es, obwohl sie's nicht hart schlug, daß Berg und Tal Echo gaben. Wie tat aber die Mutter die Augen auf, als eine kleine Gotwärgifrau in wilden Sprüngen herbeieilte! Und wie staunte sie erst, als sie in den Armen des Zwergweibleins ein schönes, wohlgewachsenes Kind erblickte! Es ward ihr seltsam zumute; sie hob die Hand, um das ungestalte Kind in ihrem Schoß noch härter zu schlagen. Aber schon stand die kleine Gotwärgifrau bei ihr, riß ihr das verkümmerte Kind aus den Armen, warf ihr das schöne in den Schoß und schrie gellend: "So nimm du das deinige und ich das meinige, du unbarmherziges Mütterlein!" Damit drückte das Zwergfrauchen das ungestalte Kind fest an seine Brust und eilte wie eine Gämse davon. Die Mutter aber blieb vor Staunen und Freude wie gebannt sitzen und konnte ihr rechtes Kind nicht genug ansehen.   Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915.            Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Zwergenhochzeit im Rätrichsboden

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Als Hans, ein braver Guttanner Mann, eines Tages im tiefsten Winter von seiner Hütte in die Berge ging, sein Losholz zur Heimfahrt zu rüsten, hörte er unterwegs hinter einem Felsen plötzlich ein eigentümliches Wimmern, als ob ein Kind vor Schmerz schreie. In seiner unerschrockenen Art sprang Hans, die Axt in Bereitschaft haltend, hinter den Steinklotz. Dort wurde er zwischen den Stämmen der Tannen eines abscheulichen Stollenwurmes ansichtig, der mit den Ringeln seines Leibes etwas zu erwürgen suchte. Beherzt sprang der Holzer hinzu und schlug dem Untier mit seiner Axt den Kopf entzwei, dass dessen schwarzes Blut den Schnee ringsum verfärbte. Erst jetzt sah Hans, dass ein Zwerg das Opfer des Stollenwurmes gewesen war. Er nahm das Wichtelmännlein auf seine Knie, rieb ihm die Schläfen und träufelte ihm aus seiner Flasche einige Tropfen des belebenden Enzenwassers ein. Endlich schlug der Zwerg die Augen auf und blickte seinen Retter dankbar an. "Kennst du mich nicht?" fragte er dann. Hans besann sich. Er musterte die kleine Kreatur vom Kopf bis zu den Füssen. "Gesehen", erwiderte er, "habe ich dich noch nie, allein von deinem grossen weissen Bart, deinem roten Mantel und deiner gold’nen Krone hat mir mein Mütterchen erzählt." "Du hast mich gerettet", sagte der Zwergenkönig. "Ich wollte eben bei der Zwergenprinzessin zu Besuch, denn heut’ über acht Tage wollen wir Hochzeit halten. Du sollst mit von der Partie sein. Ich lade dich und deinen Schatz Marie dazu ein." Damit war der Zwerg verschwunden. Als Hans aber am Abend seinem Mädchen das Erlebnis mit dem Stollenwurm erzählte, war es sehr erstaunt und berichtete ihm von einem Traume, den es gehabt habe. Sie habe, sagte Marie, in einer blumigen Wiese geschlafen, da sei ein winziges Männlein zu ihr gekommen und habe ihr einen Blumenstrauss gebracht, um sie ebenfalls zur Zwergenhochzeit einzuladen. Nun war keine Frage mehr, dass die beiden dem Hochzeitsfeste beiwohnen würden. Der Tag brach an, ein wahrer Wundertag, denn der Winter war plötzlich über Nacht verschwunden, der Föhn hatte die Täler rein gefegt. Die Weiden waren grün geworden, es blühten Enzian und Alpenrose darauf um die Wette. Im Festgewand schlichen Hans und Marie sich ungesehen daheim fort, weil der letzteren Vater, der seiner einzigen Tochter einen reichen Burschen ausersehen, ihr Beisammensein nicht gelitten hätte. Rasch stiegen Hans und Marie hinter dem Dorfe den Grimselweg hinan. Kaum erblickten sie die ersten Hütten der Handeck, als auch schon eine Tür aufsprang und ein niedliches Hochzeitsgeleite heraustrat. Dessen Führer kam auf die beiden Talbewohner zu und teilte ihnen mit, dass der König sie oben im Rätrichsboden erwarte. In aller Pracht und Herrlichkeit war dort die Hochzeit zubereitet. Ein purpurnes Zelt stand aufgerichtet und die Vögel des Himmels wetteiferten im Gesang mit den kleinen Musikanten. Da kam auf gold’nem Wagen der Zwergenkönig mit seinem niedlichen Prinzesschen herangefahren, um die Ankömmlinge zu begrüssen. "Heute feiere ich mein Glück!" rief der König Hans zu, "du übers Jahr das deine!" Drei Tage dauerte die Hochzeit, drei Tage der Frühling und eben solange das freudige Beisammensein von Hans und Marie. Zum Abschied begleitete das Hochzeitspaar die Dorfleute bis zum Schwiböglein im Rätrichsboden. Dort bückte sich der König, hob drei Steine auf und gab sie Hans. "Bewahre sie wohl", sprach er, "bedarfst du meiner, so wirf einen Stein ins Wasser und rufe mich." Mit diesen Worten schieden sie voneinander. Schlecht war der Empfang, der den Beiden im Dorf zuteil wurde. Maries Vater schalt sie eine liederliche Dirne und verbot ihr hinfort jeden Umgang mit dem Geliebten. Da gab es der  trüben Tage gar manche, da der Herzenskummer Hans fast zur Verzweiflung trieb. Eines Nachts aber wachte er von einem glutroten Scheine auf. Das Haus der Eltern seiner Herzallerliebsten stand in Flammen. Hans war der erste auf der Brandstätte. Schon legte er die Leiter an. Überall wichen die Flammen vor ihm zurück. Zuerst rettete er Marie, dann deren Eltern. Da Haus aber, das schönste im ganzen Dorfe, brannte nieder und sein Besitzer war ein armer Mann. Hans wusste, was er zu tun hatte. Er nahm die Obdachlosen zu sich. Und jetzt weigerte sich der Vater nicht mehr, ihm Mariens Hand zuzusagen. Vor dem Kirchgange warf er einen Stein ins Wasser und lud den Zwergkönig mit lauter Stimme zum schönsten Lebensfeste ein. Aber der Zwergkönig liess sich nicht sehen. Als die Hochzeitsgäste sich jedoch um den Tisch gesetzt hatten und Hans eben den Deckel der Schüssel abhob, um die Suppe auszuteilen, wer beschreibt sein freudiges Erstaunen, als er darinnen lauter blanke Goldstücke fand! Nun wusste er, dass der Zwergkönig da gewesen war. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Zwergenkuh im Chraitel

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Der Bornberg, der sich von der Stadt Aarburg bis zur Stadt Olten am linken Aarufer entlang zieht, zeigt oben in seinem klüftigen Kamme eine so grosse Höhle, dass man sie vom Tale aus weithin genau unterscheiden kann. Die heisst das Herenloch und war vormals die Wohnung der Herdmännli gewesen. Diese winzigen Männlein waren von Gestalt und Gesicht schmuck und hübsch, und mit ihren kleinen blitzenden Augen konnten sie den Leuten bis ins Herz hineinschauen. Dazu waren sie heiteren Mutes, halfen am Lande bei aller Feldarbeit, wurden dafür auch bei keiner Sichellöse oder Flegelrecke vergessen, sondern vom Bauern zu derlei Mahlzeiten herkömmlich eingeladen, und wenn sie da bis zum Abend Alles mit ihren Kunststücken erheitert hatten, und es zum Heimgehen kam, beschenkten sie noch den Gastherrn und Jeden im Hause bis ans die Dienstboten hinab besonders. Und so war und blieb denn zwischen ihnen und den Leuten Alles lieb und gut, bis die weltbekannte Neugier des Weibervolkes diese Freundschaft aufhob. Denn da waren zwei Aarburger Mädchen, die stach ihr Wunderfilz gar zu sehr, und sie fanden alles auf der Welt begreiflich, nur allein dies eine nicht, warum doch diese guten Männlein mit ihren Mäntelchen und langen Röcken beständig die Füsse bedeckt hielten. Darum kletterten sie den Berg hinaus, fingen da an, den Felsenpfad, der vom Herenloche in den Wald aufwärts geht, mit Chrüsch (crusca, Kleie) zu bestreuen und versteckten sich dann lauernd in den nächsten Busch. Es dauerte gar nicht lange, so kamen alle Erdmännchen zur Höhle herausgegangen, vertraut und paarweise wie Schulkinder, um miteinander zu spazieren. Aber was sahen nun die Mädchen! Nichts als lauter spindeldünne Ziegenfüsse, die trippelten und wateten in der Kleie herum, und die Mädchen mussten darüber in ein helles Gelächter ausbrechen. Dies verdross die Männlein so sehr, dass sie auf der Stelle verschwanden und hier nie wieder angetroffen worden sind. Sie gingen nun vom linken Ufer der Aare über die Oltner-Brücke auf das rechte herüber, wo jenseits des Städtchens damals noch die Geisfluh lag und in ihr ein hohler Felsen, welcher die Heidenküche hiess. Hier meinten sie, es besser getroffen zu haben. Allein bald wurde in Folge der Eisenbahnbauten diese ganze Ackerzelge ebengelegt und zugleich der Felsen mit weggebrochen. Also mussten sich die Zwerge nun zum Drittenmale eine ruhige Heimat suchen und wanderten von da weg wiederum bergan zu dem Bauernhofe Chraitel (Krähental), der am Fusse des Engelberges zwischen den zwei Heilbädern Walterswil und Lauterbach liegt. Dieser Hof, zur Solothurner Gemeinde Rothacker gehörend, ist heute noch eine Einöde oder ein sogenannter Steckhof, nur aus zwei Häusern bestellend. Hinter demselben liegt gegen den Wald hin ebenfalls eine Felshöhle, die abermals denselben Namen Heidenküche hat, und in dieser schlugen nun die Zwerge ihre Wohnung auf. Sie waren auch hier anfänglich umgänglich und dienstbereit; die Art aber, wie sie sich dafür bezahlt machten, gefiel den Leuten nicht auf immer. Sie schnitten nämlich jede Nacht einer andern Kuh des Bauern ein Stücklein Fleisch aus dem Leibe und brieten sichs. Dies aber schadete nicht etwa dem Tiere, sondern eine solche Kuh wurde darüber immer fetter und bekam ein ganz herrlich glänzendes Fell. Nur ein kleiner Flecken in der Haut deutete die Schnittstelle an und machte sich durch das Haar bemerkbar, dessen Strich hier nach rückwärts lag.  Aber im Stalle des jetzigen Hofbauern ist kein solch glänzendes Stück Vieh mehr zu sehen; und wer da auf diesen Unterschied zwischen einst und jetzt bescheiden anspielt, dem erwidert der Mann trocken: „schon zu seines Grossvaters Zeiten seien die Zwerge in der Heidenküche immer stiller und zurückgezogener geworden und müssten wohl längst gänzlich verschwunden sein. (Stud. Schenker von Dänikon, Kant. Soloth.)  Sage vom Bornberg Band 3.2, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962, S. 122 - 124 Notiz: Bornberg = Der Born ist ein 719 m.ü. M. hoher Berg, südwestlich der Stadt Olten. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Die Zwerglein auf dem Rosstock

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a) Dem Hirtenbüblein in der Gisler Alp gaben die braven Kühe wenig Arbeit; sie hatten sich, gut gesättigt, in das fette Gras gelegt und widmeten sich dem Wiederkauen und der Ruhe; die eine oder andere mochte auch mit den Fliegen ein Scharmützel bestehen. Tiefblau und wolkenlos wölbte sich der Himmel über dem Kranz der Berge. Von einem sehreckenden Gewitter auch nicht das geringste Anzeichen oder Vorbot. So schlenderte denn der Bub in der Alp herum und kam auf die Kulm und noch höher bis nahe an den Rosstock. Da droben bemerkte er Leute. Neugierig ging er hinauf um zu sehen, was diese da trieben; an Fremde, an Touristen dachte damals noch niemand. Als er näherkam, glaubte er, es seien Knaben. Er rückte noch mehr in die Nähe und versteckte sich hinter einen grossen Stein. Jetzt sah er, dass es Zwerge waren, die mit goldenen Kegeln und Kugeln spielten. Herrlich glänzten und schimmerten diese im Licht der Sonne. Nachdem er eine Zeitlang zugeschaut hatte, wurde er von den Zwergenmännchen entdeckt. Sie sagten ihm, er solle eiligst heimkehren und das Vieh versorgen. Der Knabe gehorchte und sprang behend die Abhänge hinunter. Unterdessen bedeckte sich der Himmel mit dunklen Wolken. Rasch wurde das Vieh in den Stall getrieben. Kaum war das geschehen, so brach ein furchtbares Hagelwetter los. Johann Stadler b) Ein anderes Mal hörte ein Mann von Bürglen namens Herger, der über den Kinzig wollte, vom Rosstock her lärmen; er ging dem Lärmen nach und kam bis ganz nahe an den Rosstock und erblickte oben auf der Spitze eine Schar Zwerglein, die in einer »Treelmuttä« spielten. Von Zeit zu Zeit warf das eine oder andere eine Handvoll Geld hoch in die Lüfte, und es kam immer wieder schön in die Mutte zurück. Auf einmal verschwand alles. Herger ging jetzt auf jenen Platz los, konnte aber aller Teilen nichts finden. Karl Gisler Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Zwerglein auf der Spiezfluh

Source: Die Zwerglein auf der Spiezfluh

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In der Nähe des Wunderkirchleins Einigen am Thunersee hielt sich vor gar langer Zeit in einem Walde ein Zwerglein auf, das sich zur Sommerszeit fürs Leben gern auf die Spiezerfluh setzte, um sich dort zu sonnen und über die blaue Flut zu blicken. Die guten Leute von Spiez brachten ihm gar oft Milch, Brot, Käse und Äpfel. Zum Danke nannte es den Gebern dann zuweilen eine Glückszahl. War dies eine Sieben, so konnte der Betreffende darauf rechnen, dass ihm in sieben Tagen, Wochen oder Monaten irgendein unverhofftes Glück zufiel. So riet das Zwerglein einst einem armen Bäuerlein, Licht und Feuer wohl in acht zu nehmen. Das Bäuerlein aber merkte nicht, dass in dem Sprüchlein eine Zahl versteckt war. Acht Tage später brannte sein Haus nieder. Als man aber acht Monate hernach die Erde zum neuen Hause umgrub, da kam ein irdener Topf mit Goldstücken zum Vorschein. Aus dem Bäuerlein wurde ein hablicher Mann. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Zwerglein im Benzenhag

Source: Die Zwerglein im Benzenhag

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Am Waldrand von Ketzers, im Benzenhag, lebten früher Zwerge, aber sie wollten nicht, dass jemand ihnen zu nahe kam. Wenn die Leute auf dem Weld Richtig Wald kamensahen sie manchmal die Zwerge, wie die ein weisses Tuch ausbreiteten und dort die herrlichsten Sachen daraufstellten. Kam aber jemand näher, so packten sie rasch alles zusammen und verschwanden im Wald. Einmal pflügte ein Bauer in der Nähe vom Benzenhag seinen Acker. Weit und breit war niemand zu sehen. Er setzte den Pflug in den Boden, trieb die Pferde an und pflügte die erste Furche, immer mit dem Rücken zum Benzenhag. Da kamen die Zwergen hervor, breiteten ihr weisses Tuch aus und stellten die seltsamsten Sachen darauf.Mittlerweile war der Bauer am Ende der Ackerfurche angelangt. Er wendet die Pferde und begann die zweite Furche. Da blickte er kurz auf und sah die Zwerge mit ihrem weissen Tuch. Sogleich bemerkten sie, dass sie beobachtet wurden, packten ihr weisses Tuch ein und verschwanden im Wald, bevor der Bauer am Ende der Furche ankam.  Der Bauer war zwar neugierig, das Feld aber wollte er bis zum Abend fertig gepflügt haben, also machte er weiter, drehte Pflug und Pferde und pflügte wieder vom Wald weg die nächste Furche. In diesem Moment kamen die Zwerglein wieder hervor, breiteten ihr Tuch aus und legten ihre Schätze darauf. Als er aber wieder umdrehte, sah er sie gerade noch davon eilen und im Wald verschwinden. Das wiederholte sich bei jedem Kehr, bis der Bauer das Feld fertig gepflügt hatte und nach Hause fuhr. Er wollte lieber nichts von seinem Erlebnis erzählen, schliesslich hatte er die ZWerge ja immer nur ganz kurz gesehen und so vergass er sie schon bald. Im Dorf waren aber auch ein paar halbwüchsige Buben, die hatten schon länger von den Zwergen im Benzenhag gehört und wollten sie mal von Nahem sehen und ihnen ein paar von den wertvollen Dingen stehlen. Sie versteckten sich heimlich beim Benzenhag und warteten ganz still. Nicht lange darauf kamen die Zwerglein aus dem Wald, breiteten das Buch aus und stellten ihre sonderbaren Dinge darauf. Da rief der älteste der Buben: "Los" und schon sprangen alle Jungen auf die Zwerge zu, um das weisse Tuch mit allem Darauf zu packen. Doch die Zwerglein waren schneller. Wie der Blitz griffen sie das Tuch an allen vier Zipfeln und verschwanden damit im Wald. Die Buben rannten umher, sie suchten und fanden doch keinen einzigen der Zwerge. Nur eine kleine Stimme hörten sie, die rief: "Rache! Rache!". Von diesem Tag aber hat niemand mehr die Zwerge im Benzenhag gesehen.  Fassung Djamila Jaenike, nach: G. Schwab: Ketzers um 1900 - Erinnerungen an das Dorfleben um die Jahrhundertwende, Ketzers 1972


by Die Zwerglein im Rappenloch *   

Source: Die Zwerglein im Rappenloch *   

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Im Rappenloch, einer Felshöhle in Röthenbach, hauste vor Zeiten ein munteres Zwergenvolk, das nach seiner Flucht aus dem Haslital hier eine neue Heimat gefunden hatte. Einst erschienen mitten in der Nacht bei einer Frau des Dorfes, die im Tal als in der Heilkunst besonders erfahren bekannt war, zwei Erdleutlein. Sie baten sie dringend, mit ihnen zu kommen, denn es läge eines ihrer Weiblein daheim in schweren Fiebern. Die Frau misstraute anfänglich den Leutchen und getraute sich nicht mit ihnen zu gehen. Endlich überwand sie aber die Furcht und gab den dringenden Bitten der Kleinen nach. Munter eilten sie, ihr den Weg weisend, voran und kamen an die Felsenhöhle des Rappenloches, die sich mit ihren vielen Gängen bis tief in den Berg hinein ausdehnte. Am Ende einer dieser Gänge betraten sie ein enges, prachtvoll ausgestattetes Gemach. In einem kostbaren Bette lag das Weiblein. Nachdem die Frau den nötigen Beistand geleistet hatte, begleiteten sie die beiden Erdmännlein wieder aus der Höhle heraus. Bevor sie aber ins Freie traten, füllten sie der Frau zum Dank für ihre Mühe die Schürze mit Kohlen, die am Eingang der Höhle in grossen Haufen aufgeschichtet lagen. Die Frau, der die Gabe für ihre Mühe doch etwas gering vorkam, liess auf dem Heimweg den grössern Teil der Kohlen zu Boden fallen, ja, sie hätte wohl alle weggeworfen, wenn sie sich nicht heimlich vor den Erdmännlein gefürchtet hätte, die ihr noch aus der Höhle nachriefen : « Je mehr du zerstreust, um so mehr du's bereust! » Glücklich kam sie nach Hause und warf ärgerlich den Rest der Kohlen auf die Feuerplatte. Wie staunte sie aber, als sie bemerkte, dass sich die garstigen schwarzen Dinger in lauter blanke Goldklumpen verwandelt hatten. Schnell eilte die Frau den Weg zurück, um die weggeworfenen Stücke aufzuheben. Aber umsonst. Da war kein einziges mehr davon zu finden. * Derselbe Sagenstoff wird auch für Rohrbach und das Schangnau bezeugt. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach und Dr. Hans Zahler, Schweizerisches Archiv für Volkskunde, Band XV, Basel 1911. Emmentaler Sagen, Hermann Wahlen, 1962 Gute Schriften Bern Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Zwerglein in der Bitzen

Source: Die Zwerglein in der Bitzen

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Wenn die Heuer in der Bitzen zu Gimmelwald mit dem werdenden Tag ans Werk gingen, war immer schon ein gutes Stück gemäht. Die alte Bauernregel: Wolken bärgab, Puur, mäj Gras ab! Wolken bärguf, Puur, lad Heu uf! die brauchten sie kaum zu beachten. In der Bitzen konnten sie mähen, soviel sie wollten, zog das Gewölk talauf oder -ab, es kam immer alles trocken und würzig duftend wie Kräutertee unter Dach. Die Leute wunderten sich über all das sehr. Ein junger, gwundriger Bursche legte sich einmal kurz vor Tagesanbruch unter eine weitästige, alte Schermtanne, um die frühen Mähder zu belauschen. Er hörte aber nur ein kräftiges Rauschen in den flechtenbehangenen Kriesästen über ihm. Am Tag, der folgte, begab er sich schon zum Einnachten unter den Baum und verhielt sich mäuschenstill. Im Zwielicht des halben Mondes sah er, wie Zwerglein über die Bogenäste herunterrutschten und sich eines hinter dem andern ins Mahd stellten. Sobald sie genug Liegendes hatten, kletterten sie flink wie der Marder wieder hinauf ins Kriesgewirr des alten Waldbaumes. Hierauf ging der einfalte Latsch in den Allmiwald und sammelte Harz, um den Erdmännlein einen bösen Streich zu spielen. Er strich es unvermerkt in dicken Lagen auf die untersten Äste. Am andern Morgen blieben die armen Wichtelmännchen jämmerlich an dem besonders klebrigen Bergharz haften. Es bereitete dem jungen Schnapper (Tolpatsch) helle Freude, zu sehen, wie sie von den Ästen kaum loskamen, zappelten und porzten. Von da an wanderten die Zwerge für immer fort, weit über Täler und Höhen. Mit der frühmorgendlichen Handreichi und den gutgewitterten Heustöcken in der Bitzen zu Gimmelwald war es aus. Quelle: Hans Michel, Ein Kratten voll Lauterbrunner Sagen. Wengen 1936. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die Zwerglein in der Rothachenschlucht

Source: Die Zwerglein in der Rothachenschlucht

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In der Nähe des Dorfes Brenzikofen hat die zu Zeiten wilde Rothachen eine tiefe Schlucht ausgewaschen. Dort, wo bei geringem Wasserstand des Baches ein keckes Wässerlein über die Felswand hinausspringt, führte früher eine finstere Höhle tief in den Berg hinein. Sie diente den graubärtigen Zwerglein mit ihren roten Zipfelkappen und ihren winzigen Laternchen lange Zeit als Wohnung. In der Nacht kamen sie zuweilen aus ihrem dunklen Versteck hervor und streuten Goldkörner, die sie in ihrer Höhle aufgespeichert hatten, in den Bach. Die Leute von Brenzikofen, die fleissig danach suchten, fanden das Gold und wurden reich. Manchmal stiegen die kühnen Wichte auf die Falkenfluh hinauf und erwiesen den Leuten von Bleiken ihre Wohltaten. Sie mähten das Gras, rüsteten das Futter, pflückten im Herbst das Obst von den Bäumen und stellten es in Körben vor die Häuser. Trat der Bauer in den Stall, so waren die Kühe meist schon gemolken und die Milch zu prächtigen Butterballen verarbeitet. Das ging viele Jahre so. Einmal aber ging ein Bauer zu einem Schneider und liess bei ihm zwölf halbleinene Kleidchen machen. Er legte sie am nächsten Abend im Stall für die Zwerglein zurecht. Das muss sie sehr erzürnt haben, denn seither sah man sie nie mehr. Ein furchtbares Gewitter zerschlug die Felder und Gärten. Die Höhle in der Schlucht stürzte zusammen, und seither ist in der Rothachen kein Gold mehr gefunden worden. Emmentaler Sagen, Hermann Wahlen, 1962 Gute Schriften Bern Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die zwölf Weinfälscher

Source: Die zwölf Weinfälscher

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Die zwölf Weinfälscher Ein Handwerksbursche, der kein Geld mehr hatte, kam im Züricherlande abends spät in ein entlegenes Wirtshaus und bat da für die Nacht um freie Aufnahme. Der Wirt versicherte ihm, alle Betten seien besetzt und alle Zimmer schon eingenommenen bis auf eines. In diesem aber könne er niemanden beherbergen, denn wer je darin übernachtet habe, sei am Morgen tot aufgefunden worden. Doch der Bursche fürchtete sich nicht und liess sich nicht abweisen. Er brauche, sagte er, nichts als eine Bibel, eine grosse Strohflasche voll Wein, zwölf Gläser und zwölf Kerzen; damit getraue er sich, es an jedem verhexten Orte auszuhalten. Der Wirt gab ihm das Verlangte‚ und so machte sich der Bursche damit in das gefährliche Zimmer hinauf, stellte die Kerzen angezündet auf den Tisch, legte die Bibel dazu und und schloff ins Bett. Mit dem Schlag der Mitternacht ging die Tür auf, und zwölf schwarze Männer traten an sein Bett. Der Bursche stand unerschrocken auf, schenkte jedem ein Glas Wein ein, trank mit ihnen guter Dinge und befragte sie zuletzt nach dem Grund ihrer nächtlichen Unruhe. Sie forderten ihn auf, mit ihnen zu kommen, alles solle ihm gezeigt werden. Jeder nahm eine der dastehenden Kerzen, er selbst nahm die Bibel mit, und so stiegen sie viele Treppen hinab in einen tiefen Keller. Hier fanden sie drei übereinandergestellte Truhen. Die Männer übergaben ihm die Schlüssel dazu und erklärten ihm, hier liege das Geld verschlossen, das sie einst mit Weinfälschung den Gästen und Reisenden ihr Leben lang abgestohlen hätten, vom vom Enkel und Urenkel bis zum Grossvater und Urgrossvater, durch zwölf Menschenalter hindurch. Darauf verschwanden sie plötzlich. Der Wirt fand seinen Gast am andern Morgen gesund und frisch und behielt ihn bei sich seiner Lebtage. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Winterthur und Weinland Wörtlich aus Rochholz 2, Nr. 370a   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die «Bourbaki»-Soldaten

Source: Die «Bourbaki»-Soldaten

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Als die Bourbaki-Soldaten im Februar 1871 eintrafen, sahen sei elend aus und hatten die Füsse mit Lumpen umwickelt; ihre Rosse waren nur noch aus Haut und Knochen und hatten einander die Schwänze abgefressen. Die Pferde wurden versteigert, und manche dieser «Bourbaki», wie man sie nannte, leisteten ihren neuen Herren jahrelang gute Dienste. Die Franzosen in ihren roten Hosen fielen den Leuten auf, wenn sie auf den Wiesen junge Wejefäckte stechen gingen und daraus Salat machten; das war damals hier unbekannt. Achtzehn starben an Thyphus und wurden auf dem Gottesacker beerdigt. Liestal Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die »armen« und die »lieben« Seelen

Source: Die »armen« und die »lieben« Seelen

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In einem Hause im Schächental hatten sie die Gewohnheit, zu beten: »Tröst Gott die lieben Seelen«. Es kamen nun andere Leute in dieses Haus und beteten: »Tröst Gott die armen Seelen«. Da kroch auf einmal ein unbekannter Mann unter dem Tisch hervor und rief: »So lang hani etz miessä wartä-n-uff das Wort. Die liebä Seelä, das sind diä uf der Wält, die armä Seelä, das sind diä im Fägfyr!« Da verschwand er. Josefa Imhof-Aschwanden, 85 Jahre alt, Altdorf Scherzweise sagt man: »Treescht Gott die armä Seelä, die liebä cheemet susch zämä.« Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Die »weissen Berge« in Attinghausen

Source: Die »weissen Berge« in Attinghausen

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Das hani alligs äu g'heert verzellä: Z'Ättighusä vom Heeräzwy bis zum Reglibärg syg vor altä Zyttä-n-ä grossä, scheenä Bodä g'sy mit prächtigä Giätärä, und drobt syget nu scheen Bärgä (Berggüter) g'sy bis gägä Seewli üfä. Durnä Bärgsturz syg alles z'grund g'gangä. Deenä Bärgä heig mä g'seit »diä wyssä Bärg«. David Imhof; K. Zgraggen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Diebolt von Strättlingen im Höllenmoos

Source: Diebolt von Strättlingen im Höllenmoos

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Gütig, fromm und gerecht waren die Herren von Strättlingen; nur wenige machten eine unrühmliche Ausnahme. Unter diesen befand sich Diebolt, der Nachfolger Burckhardts von Strättlingen, der seiner Wahrheitsliebe wegen allgemein gepriesen war. Geiz und Habsucht waren die grössten Laster jenes Fürsten. Durch sie verleitet, vergriff er sich sogar an den Gütern der Kirche. Darob in Bann getan und später aus demselben erlöst, ward er, als er dennoch sich zur Rückgabe des geraubten Guts nicht bequemen wollte, vom Teufel besessen. Bei seinem Tode aber sahen die, welche sein Sterbelager umstanden nicht nur die Seele des Dahingeschiedenen, wie sie seinen Körper verliess, sondern sie hörten auch deutlich und vernehmlich die Stimme des St. Michael, der den bösen Geistern den Befehl erteilte, dieselbe von dannen in ein Moos zu tragen, das unfern am Thunersee gelegen ist, wo sie von da an viel und oft syg gehört worden, daher das Moos noch auf den heutigen Tag das Höllmoos genannt wird. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Diebstahl mit Hindernissen

Source: Diebstahl mit Hindernissen

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Zwei junge, lebensfrohe Burschen von Erstfeld – mein Gewährsmann hat sie noch gekannt – wollten nachts in der Zieglermatte »Tommäsyndli« stehlen. Der eine bestieg den Baum und schüttelte, während der andere aufpasste. Es fiel eine Masse der süssen Früchte; das heig prägglet! Der Bursche stieg endlich vom Baume herab, um sie gemeinschaftlich mit dem Kameraden aufzulesen. Aber wer kein einziges Tommäsyndli erwischte, das waren die zwei Diebe! Wie das zuging, weiss ich nicht, aber item sie bekamen einfach keines in die Hände. Doch von der Krankheit des Obststehlens waren die zwei Helden ein- für allemal gründlich geheilt. Die Eigentümer haben wahrscheinlich etwas für die armen Seelen getan und ihnen dafür die Bewachung des Obstgewächses übergeben. Das haben sie früher oft gemacht. Zacharias Zurfluh Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by DieTeufelsburdi

Source: DieTeufelsburdi

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Vor vielen hundert Jahren, als auch im Emmental der christliche Glaube festen Fuss zu fassen begann, entstanden als sichtbare Zeichen des Christentums viele unserer Kirchen. Auch die Leute von Biglen hatten den Bau eines Gotteshauses beschlossen. Da bot ihnen der Teufel beim Bau der Kirche seine Hilfe an. Zur Errichtung der Fundamente benötigten die Bauleute ein dauerhaftes Gestein, wie es die Fluten der Emme von den Bergen herabwälzen. Nun lag damals in dem Flussbett der Emme zu Lützelflüh ein mächtiger Felsblock, der wohl an die hundert Zentner wog. Der hätte ihnen für ihre Kirche sehr wohl gedient. Der Teufel anerbot sich, den Stein zur Stelle zu schaffen, unter der Bedingung, dass das Gotteshaus nach seiner Beendigung ihm gehöre. Den Biglern, die seine Hilfe beim Bau der Kirche angenommen hatten, war nun doch bei dieser Abmachung nicht ganz wohl. Um den Teufel um seinen Lohn zu prellen, verlangten sie von. ihm, dass er den Block in einer Nacht von Lützelflüh nach Biglen trage, ohne seine Last ein einziges Mal niederzulegen und von seiner Arbeit auszuruhen. So glaubten sie, sich am sichersten aus dem schlimmen Handel ziehen zu können. Der Böse willigte ein. Zur abgemachten Stunde erschien er in Lützelflüh und mit ihm drei Männer von Biglen, die seine Arbeit überwachen sollten. Mit seinen feurigen Krallen ergriff der Grüne den riesigen Block und schwang ihn auf seinen Nacken, dass die Gebeine krachten. Dann machte er sich auf den Weg. Mühsam buckelte er den Stein taleinwärts bis nach Obergoldbach. Unter Aufbietung seiner ganzen Kraft trug er von dort weg seine Last den stellen Weg bergan. Im Walde auf dem Bergrücken, der das Tal des Goldbaches von dem der Biglen scheidet, bat er seine Begleiter, sie möchten ein Einsehen haben und ihm gestatten, seine Bürde für einen Augenblick niederzulegen und von den Strapazen auszuruhen. Es sollte gewiss ihr Schaden nicht sein. Aber die drei Bigler, denen ohnehin um ihre Kirche schon bangte, wenn sie daran dachten, dass sie des Teufels werden sollte, blieben hart und erinnerten den Teufel an sein gegebenes Wort. Sie trieben ihn an, seinen Weg zu vollenden. Die Wasserscheide war erreicht. Schon erblickte man drunten im Tal im bleichen Mondlicht die ersten Häuser von Biglen. Da brach der Teufel, erschöpft von der grossen Anstrengung, unter seiner Last zusammen. Mit den wütend ausgestossenen Worten «Cheib du! » liess er den Block fallen und verschwand spurlos. Nur ein hässlicher Schwefelgeruch blieb als Spur von ihm zurück. Leichten Herzens zogen die drei Bigler heimwärts und verkündeten ihren bange wartenden Mitbürgern, was sich zugetragen. Die Kirche zu Biglen wurde dann auch ohne des Teufels Hilfe gebaut. Aber noch heute kann man den Block sehen, den das Volk Teufelsburdi benannt hat. Und bis auf den heutigen Tag heisst der Bergübergang zwischen Obergoldbach und Biglen der «Cheib». Emmentaler Sagen, Hermann Wahlen, 1962 Gute Schriften Bern Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dietrich von Muridorf

Source: Dietrich von Muridorf

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Jäger Dietrich lebte vor einigen sechzig Jahren in Muridorf, und lauerte einmal in dem nahen Muriwald auf einen Fuchs. Stattdessen erschien gleich ein Hase und machte in geringer Entfernung sein Männchen. Dietrich zielte genau und schoss. Dennoch war der Hase nicht nur gefehlt, sondern wich auch nicht von der Stelle. Noch einmal lud der Jäger und noch einmal fehlte er. Verdriesslich geht er vom Stande. Nun fällt ihm ein, der Hase möchte behext sein; rasch holt er daheim Osterkohlen, mischt sie unter sein Pulver, kommt damit an die vorige Stelle zurück und noch ist der Hase da. Wieder springt er unter allerlei Männchen nur wenige Schritte vor dem Jäger über den Weg. Doch jetzt kam ein so derber Schuss, dass er über und über purzelte. Er erhebt sich aber wieder und humpelt auf drei Beinen in ein nahes Gebüsche. Dietrich läuft ihm nach und findet dort zu seinem Erstaunen eine alte Frau aus dem Dorfe, die allgemein als Hexe gefürchtet war. Sie wollte soeben ihr linkes Bein mit dem Sacktuch umwickeln. „Wie kommt denn Ihr hieher?“ fuhr sie den Dietrich an. Und dann setzte sie ganz kaltblütig hinzu: „Weil ich vorhin gefallen bin, gieng ich ein wenig aus dem Wege, um mich hier zu verbinden.“ Erzürnt über eine solche Unverschämtheit liess Dietrich das Weib liegen und erzählte alles abends noch dem alten Arzte im Dorfe. Am Morgen aber fand man Dietrich todt im Bette. Die Frau soll sich von dieser Zeit an nicht mehr mit Hexenkünsten befasst haben. Sie starb noch nicht sehr lange in hohem Alter. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dietrich von Reifenstein in Baseland

Source: Dietrich von Reifenstein in Baseland

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Zur Zeit, da noch das Faustrecht galt, hauste auf Reifenstein ein Ritter, der böse Dietrich. Die Trümmer seines Schlosses liegen auf dem hohen Jurapasse Wasserfällen, in der Basel-landschaft. In der Nähe von Wasserfällen zeigt man das Schelmenloch, eine berüchtigte Berghöhle, die ihre eignen Räubersagen zu erzählen hat. Alle Tage durchjagte Dietrich die Juraberge, und wenn er Nachts noch so ermüdet heim kam, so vermochte auch die Bitte seiner Tochter Bertha nicht, die Leute vor seinen Wuthausbrüchen und Mißhandlungen zu sichern.  Gingen an Feiertagen die Reigoldswyler-Bauern, die damals noch keine eigne Kirche hatten, zum Gottesdienste ins Dorf Bretzwyl, so rief er nur um so lauter sein Hallo, ließ alle Hunde los und sprengte auf dem rabenschwarzen Hengst über die Schloßhalde hinab in die unbehüteten Felder. Roß und Reiter, Hirsch und Hund ging so durch die Saaten. Ein aufgescheuchtes Reh flüchtete sich vor ihm in die dortige Hilariuskapelle,'die gerade offen stand, weil eben der Priester die Jahrzeitenmesse hier las. Am Altare schützt es der Mönch gegen die anrennende Hunde-Meute, bis Dietrich eintritt und ruft:  Behalt im Himmel deinen Platz, Laß im Wald mir meine Hatz; Läßt du deine Glocken plären, Laß ich auch mein Waldhorn hören. Und so fürchterlich er drauf ins Horn stieß, so gellend muß er bis heute noch durch die Gegend blasen, so oft ein Gewitter in der Nähe ist. Dann sieht man Ritterfräulein in sechsspännigen Wagen von der Ruine zum Kirchweg von Titerten hinab fahren. In ganzen Gesellschaften ergehen sie sich droben am Karfreitag im hellen Mittag, lauter Leute in uralter Tracht, und legen viereckige Goldstücke auf mächtig große Tücher in den Sonnenschein. Dies geschieht bei jenem großen Fels, aus welchem die Reigolds- wyler Hebamme alle neugeborenen Kinder hervorholt. (Stud. Tanner von Reigoldswil) Sage aus Reifenstein, Baselland Band 3.1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962 6. Kapitel, S. 58 - 59 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dilleten

Source: Dilleten

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Nach dem Bergsturz von 1295, welcher das Dorf Onoldswil verschüttet hatte, war der Weg von Bennwil nach dem neu gegründeten Oberdorf nur schwer begehbar. Lange Zeit hindurch musste an einer besonders bösen Stelle der Boden mit Brettern (Dielen) belegt werden, damit man hindurchgehen konnte. Daran erinnert heute noch der Flurname «Dilleten». Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Doktor Füster

Source: Doktor Füster

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Zur Zeit lebten drei berühmte Ärzte, Doktor Tuet in Glarus, Doktor Kohler in Schwyz und Doktor Füster in Uri. Der letztere hatte es mit dem bösen Feind. Dem hatte er seine Seele verschrieben, wenn er ihm sein Leben lang diene und ihm Geld genug verschaffe. Und er hatte da wirklich einen guten Knecht, der ihm Geld in Massen herbeischaffte. Mit dem Gelde tat aber Füster viel Gutes und gab reichlich Almosen. Die Armen behandelte und kurierte er unentgeltlich. Ehe der Teufel seinen Dienst antrat, machte der Teufel zwei Ausnahmen, nämlich schwarze Wolle weisszuwaschen und mit Eisstangen Feuer anzumachen; das seien auch ihm unmögliche Dinge, das wolle er zum voraus gesagt haben. Eiszapfen könne er zwar rauchen, aber nicht brennen machen. Doktor Füster machte schwere Ansprüche an seinen Diener und stellte sonderbare Anforderungen an dessen übermenschliches Können. Einst musste er vor dem auf einem Pferde reitenden Meister die Strasse mit Fünflibern b'setzen und die Fünfliber hinter dem Pferde wieder sofort auflesen, so dass die Strasse immer nur gerade auf Pferdeslänge bepflastert war. Auch ein Kräutlein wider den Tod erfand der Teufel und brachte es seinem Herrn; doch durfte es dieser nur für sich allein brauchen und keinem Seelenmenschen zeigen. Füster pflanzte es in seinen Garten, wo er auch sonst noch viele heilkräftige Kräuter pflegte. Der Wunderdoktor hatte ein einziges Kind, einen prächtigen Knaben. Diesen hatte er im Verdacht, dass er das Kräutlein wider den Tod kenne. Eines Tages stellte er ihn deswegen zur Rede, und der Knabe gestand, von zwei Kräutern des Gartens sei's das eine; welches von beiden, wisse er nicht. »So zeige es mir!« befahl Füster. Das erste, das ihm der Knabe zeigte, war's nicht, aber das zweite war das rechte. Da tötete er ihn auf der Stelle. Aber auch Dr. Füster wurde krank und auf einmal so schwach, dass er das begehrte Kräutlein nicht mehr selber holen konnte. Eine andere Person schicken konnte er nicht. Es kamen seine Freunde herbei und redeten ihm zu, er solle sich bekehren. Auch der Geistliche erschien und sprach von Beicht und Busse. Allein der Sünder wollte von solchen Dingen nichts wissen, obwohl ihm der Tod immer näher zu Leibe rückte. Da flog ein Engel Gottes heran mit einem brennenden Wachslichtlein in den Händen, die das Flämmchen sorgsam vor Windeshauch schützten, und sagte zu Füster, indem er ihn milde anblickte: Solang diese Kerze brinnt, Hat dir Gott die Gnad erzind't. So grosse Gnadenerweise gewährte Gott dem grossen Sünder um des Guten willen, das er den Armen getan. Aber er wies sie zurück. Noch einmal raffte er seine letzten Kräfte zusammen, richtete sich mühsam im Bette auf und blies das Gnadenlichtlein aus. Da sank er tot ins Kissen zurück. Hätte er nicht sein eigenes Kind getötet, wer weiss, ob er sich nicht noch bekehrt hätte. – »Das hed alligs der Vatter verzellt; der hed äs Büech gha und hed vill dri gläsä.« Frau Arnold-Gisler, von Spiringen, 50 J. alt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Doppelgänger

Source: Doppelgänger

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Eines Sonntags im Heumonat machte ich in einem Nachbarhause Besuch. Ich hatte dasselbe noch nicht verlassen, und es war abends etwa um 7 Uhr, als ich meinen Vater im Sonntagsstaate, mit schneeweissem Hemde, rasiert, mit frisch geschnittenen Haaren über unsere Hausstiege herunter kommen und gegen die Kirche hinunter gehen sah. Ich war darüber sehr erstaunt und eilte nach Hause. Da war aber der Vater schon daheim beim Essen, im Werktagsgewand, unrasiert und ungeschoren. Im Herbst darauf starb er an einem Sonntag. Am Morgen hatte ich ihm noch ein weisses Hemd angelegt, hatte ihn rasiert und ihm die Haare geschnitten (d'Haar abghaut); am Abend war er eine Leiche. Ja, wenn einem der Geist einer noch lebenden Person erscheint und er geht »zum G'wychtä« (gegen die Kirche, Friedhof), so muss diese Person innerhalb eines Jahres sterben. Kommt er »vom G'wychtä«, so wird sie alt. Mich haben sie auch einmal gesehen vom Dorf weg gegen den Acher herauf kommen, und ich bin jetzt 75 Jahre alt geworden. Marianna Schmid, Hospental; Anton Senn, Wassen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dorfbrand

Source: Dorfbrand

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«Als älteste Nachricht wird erzählt, dass Lupsingen im Jahre 1448 von Hans von Rechberg und Thomas von Falkenstein verbrannt worden sei, bis auf ein einziges Haus, worin eine Kindbetterin gelegen habe. In alten Häusern hat man bei Ausbesserungen oft eingemauertes, angebranntes Gebälk gefunden, als Zeugen jener Freveltat.» Lupsingen Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dorfhund und Zyklopenauge

Source: Dorfhund und Zyklopenauge

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Die Hundskehre ist, wie gesagt, ein abgeschlossenes Dreieck, um welches rings ein Weg geht, der an zwei Seiten den Kirchweg, und an der dritten die Grenze gegen das Oberdorf bildet. Hier erscheint an Neumond und Frohnfasten ein Dorfhund, welcher die Größe eines Mastkalbes, lange zottige Haare und einen langen Schweif hat. Sein Zyklopenauge mitten auf der Stirne ist gleich einem Zinnteller. Er springt von der Landstraße durch den bezeichneten Grenzweg und um das ganze Dreieck dreimal herum, und rennt dann den gleichen Weg zurück, d.h. er beginnt in umgekehrter Richtung seinen Kreislauf von Neuem.  (N. Moos von Merenschwand.) Band 3.1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962, S. 97 – 101 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dorfhund zu Mägden

Source: Dorfhund zu Mägden

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Vom Dorfbrunnen, welcher Schwefelbrunnen heißt, lief früher das Obwasser einen Straßengraben hinab in den Dorfbach, welcher von Winterfingen kommt. Dieser offene Graben mit schwarzschlammigem Wasser, hieß das Roßbächli, nunmehr ist es eingedohlt. Hier zeigte sich sonst an Frohnfastentagen ein schwarzer Hund, der Nachts den Leuten nachlief, zur Größe eines Kalbes anschwoll, und Jeden, der ihn von sich jagen wollte, mit Kopf- und Halsgeschwulst schlug. Gegen ein solches Übel halfen nur kirchlich geweihte Kräuter. (Fürsprech P. Stäuble von Magden.)  Band 3.1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962, S. 89 - 90 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch  


by Dorfhund zu Reitnau

Source: Dorfhund zu Reitnau

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Die drei Dorfgassen von Reitnau bilden ein Dreieck, in dessen rechtem Winket ein Haus steht, worin der Dorfhund wohnt. Zu solchen Tagen und Zeiten, die durch die Kalenderregel als wetterkündende bekannt sind, z. B. um Weihnachten, springt der zottige und kalbsgroße Hund mit hängendem Schweife aus diesem Hause, im sogenannten Kratzergäßli gegen ein benachbartes Haus zu und verschwindet dort in der Höhle des Raines, auf dem das Haus steht. Noch eine Viertelstunde weiter entfernt auf dem Flurplatze, welcher der Kahlofen heißt, läßt er sich gleichfalls sehen. Wer ihn erblickt, bekommt einen geschwollenen Kopf und wird bettlägerig. (H. Hauri v. Reitnau.)  Band 3.1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962, S. 89 - 89 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch


by Dorfpudel in Wettingen

Source: Dorfpudel in Wettingen

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Das Herrengässli wird jener Theil des Dorfes Wettingen genannt, in welchem die Klostergeistlichkeit des zunächstgelegenen Stiftes Wettingen einige Häuser besass. Hier hält sich der Dorfpudel auf, den man für den Geist eines Selbstmörders hält. Er läuft mehrere Wege, jedoch in sehr regelmässiger Richtung. Er geht auf dem Fusswege im Bifang nach dem Wirthshaus zur Sonne, dann vom Steingässli her am Abhange des Lägerenberges bis zur Neuen Trotte, endlich vom Ackerfelde Langenstein in die Landstrasse. Von da aus läuft er gegen die Stadt Baden bis zur alten Brücke beim ehemaligen Kreuz, wo ein ähnlicher Nachthund mit ihm zusammentrifft, welcher von den Kleinen Bädern in der Unterstadt herkommt. Der Dorfpudel ist gross und schwarz und seine Augen leuchten. Nicht mehr einig ist man über die Gestalt des Wettinger Bachflotschi; er gilt jedoch auch für einen Hund, hält sich aber nur im Dorfbache auf und macht sich da durch Schnauben und Plätschern bemerklich. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dorfthier von Lütwil

Source: Dorfthier von Lütwil

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Es macht seine Runde bloss im Dorfe. Dabei erscheint es anfangs wie ein winzig kleines Thierchen, fast wie ein Igel gestaltet. Begegnet man ihm und es schlägt gerade Zwölf im Thurme, so schwillt es zur Grösse eines Heuwagens auf. Soll der Jahrgang recht fruchtbar werden, so läuft es mit sieben Jungen, das sind weisse und schwarze Katzen. Sie legen sich den Leuten gerne in den Weg, tritt man aber auf eine, so bekommt man das Weh, das fallende Uebel, das im Dorfe wirklich häufiger vorkommen soll. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 99 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dorftier zu Lütwil

Source: Dorftier zu Lütwil

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Am Fenster des Lütwiler Schusters stand der Nachbar im Gespräche, ihre beiden Hündchen spielten vor ihnen auf der Wiese herum. Die Hecke heraufspringend trieben sie zuletzt ein fremdes Kätzchen ans Haus, dann zwischen die beiden Ställe hinein und blieben hier lautheulend stehen. Der Nachbar hetzte; aber der Schuster merkte eher, was es hier galt. Er nahm seinen Säbel von der Wand, trat heraus und hieb zwischen die Stallungen hinein. Das Kätzchen sprang hervor, der Schuster ihm nach bis in den Baumgarten. Hier aber wuchs das Tier zur Gestalt des gewaltigsten Ebers empor und schoß grunzend gegen den Mann; während dieser verzweifelt um sich hieb, verschwand es hinter einem Kirschbaum.  Band 3.1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962,        Abteilung Sturmtiere 1. Kapitel  Gespenstische Dorftiere 33. Dorftier zu Lütwil  S. 101 - 102 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Dorftiere in Birr am Birrfelde

Source: Dorftiere in Birr am Birrfelde

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Aus einer Scheune im Oberdorfe zu Birr geht Nachts ein schwarzer Hund hervor und verschwindet im Keller des nächsten Hauses, während aus diesem Keller dann gleichzeitig ein schwarzes Schwein herauskommt. Wer dies erblicken muß, bekommt einen geschwollenen Kopf.  Im dortigen Wirtshause zum Bären haust ein Roß, das mit glühenden Eisen beschlagen ist. Wenn es um Mitternacht umher rennt, sprühen seine Nüstern und Hufe Feuer. .  Sage aus Birr Band 3.1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962, S. 91 - 91 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch    


by Dornstrauch am Birrfelde

Source: Dornstrauch am Birrfelde

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Stirbt der Dorn, der mitten auf dem Birrfelde steht, so geschieht dorten eine Schlacht, deren Blutbach die Mühle zu Müllingen drei Tage lang treiben und den Rossen bis über die Fessel gehen wird. Alsdann wird ein sechzehnjähriger Jüngling der siegreiche Held sein. So lautet eine zwischen Reuss und Aare lang verbreitete Prophezeiung. Als nun vor etlichen Jahren jener alte Dorn sichtbar abdorrte, so dass er jetzt nur noch von dem daranstossenden Hagenbuttenstrauch umgrünt ist, wurde die umwohnende Bevölkerung fühlbar nachdenklich und sah gespannt den Nachrichten über einen ausbrechenden Krieg entgegen. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 60 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dornstrauch zu Oberkulm

Source: Dornstrauch zu Oberkulm

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Auf dem Oberfelde zwischen Kulm und Zetzwil war einst die Stadt Hegenau gelegen, die durch Erdbeben untergieng. Wo heute der Mauerhübel liegt, umgeben vom Mûrthale, da versank zuletzt das Schloss. Es ist dasjenige, welches noch nachher den Namen Hegnau getragen und dem im Kulmerthale zahlreichen Geschlechte der Hegnauer den Namen gegeben haben soll. Vgl. No. 7. 52. Alljährlich pflügt man noch Ziegelstücke und Mauerreste auf, die den Glauben der Leute an die ehemalige Stadt neu verbürgen. Dort aber, wo die Landstrasse von Aarau nach Luzern vorbeiführt, war seit undenklicher Zeit ein Dornstrauch aufgewachsen, dessen Stamm allein drei Fuss dick gewesen sein soll. Jeder, der des Weges kam, sah ihn als ein Wunder an, legte einen Stein dazu, und so thürmte sich nach und nach ein kleiner Wall rings um den Dorn; er gedieh in diesem Schutze, gewann sein eigenes Plätzchen Land, und somit blieb dieses unbepflanzt. Die Leute, die in der Nähe ihre Aecker hatten, erzählten sich wohl, welche Schätze unter dem Busche verborgen lägen, und dass sich eine Frauengestalt im heissen Mittage dorten sehen lasse, unter deren Tritten es wie Gold glänze; aber jeder nach diesen Schätzen Lüsterne fürchtete zugleich, dem bösen Geiste zu verfallen, und eben deswegen, sagten sie, dürfe man auch den Dornbusch nicht umhauen. An einem Samstage Nachts waren die jungen Bursche des Ortes ins Wirthshaus zum Rössli gekommen, wo bereits einige ältere Männer beim Weine sassen. Als die Rede zwischen beiden Parteien auch auf den Dorn kam, waren es natürlich die Alten, die für seine Unvertilgbarkeit fest einstanden. Gegen diesen Aberglauben ereiferten sich die Bursche, sie liessen es eine Wette gelten und giengen mit Säge und Beil davon. Nicht lange, so brachten sie den alten Dornstrauch zerhauen zur Thüre herein geschleppt. Da erschraken die Leute sehr. Der Baum reuete sie, der doch beinah in allen Chroniken eingeschrieben stand, der so lange eine wichtige Sache im Thale gewesen war, nach dessen Ausschlagen und Blühen man Jahrgänge und Begebenheiten gerechnet hatte. Und jene würden vor Gericht gewiss hart gestraft worden sein, wenn man alles recht an den Tag hätte ziehen wollen. Aber nun war's geschehen. Trotzdem will man auch nachher noch die Erscheinung einer weissen Jungfrau an jenem Mauerhübel gesehen haben. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 61 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dr Achistäin

Source: Dr Achistäin

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Am Wasser, wem ma gägen dee üüsser Ürwäid gäid, stäid es Hüüs, und dernäb ischd en grossa Stäin. Äis ischd vum Blattestock em Bruch inha. En grossa Stäin ischd gäge ds Hüüs. Aber es Zwäärgli hed dä Stäin näb em Hüüs verbii gräised; am Wasser ischd er bliibe staan; das ischd dr Achistäin. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dr Älper und ds Mäitli

Source: Dr Älper und ds Mäitli

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E junga Burscht hed am Mägisalp galped; är hed es Mäitli in dr Falcherren im Gräis ghäben. Döö hed er äis zöö-n-im wellen; aber är hed's nid gööd troffen; äs ischd gletscherchalts im Bett glägen, ds Müül toor-uwwagewwiits offes. In däm Oigemblick ischd e schwarzi Chatz zem Pfäischter inha- chun; si ischd uf ds Bett gsprungen und dem Mäitli zem Müül in und dir en Hals abgschliffen. Dr Bööb hed gnöög gwissd; är ischd i d'Nacht üüsi und furt. Iwäreddäm ischd ds Mäitli under ds Pfäischter chun, hed afan üüsbrooten und taa-w-wee ne-w-Wigglen. Är hed nid lang glosd und ischd derdirab und an andrem Bärg uberhi. Bald hed's afan glitzmen und rimellen.                  In dr Riiti ischd er zer Schweschter und hed ra gsäid, wee- n-er 's in dr Falcherre troffen häigi. Underwiilen hed's gschinen, glitzmed und dundred, äi Schiin und Chlapf am andren, um bbald hed's grägned, as we's us Mälchtren abhaleesti. D'Schweschter hed im aghäben, är selli inhichun um bbin däm Wätter nid z'Alp. „Und de ds Vee?" hed er gsäid, und dermid ischd er i ds Wätter üüsi. Aber nee ischd er am Mägisalp chun; am Tag derna hed me ne tood im Vorsess funden. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Dr Älper vu Chaltembrunnen und ds Schwarzeflöömäitli

Source: Dr Älper vu Chaltembrunnen und ds Schwarzeflöömäitli

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A Chaltembrunnen ischd en Älper gsiin, e junga Kärli. Däm hed troimd, är häigi de Schlussel zer Heli, wa ds Schwarzcflöömäitli dinne siigi. Am Morgen hed er all Täschi üüögchoored, aber egghäi Schlussel funden. In dr andren Nacht hed im ds gliich troimd; döö hed er all Täschi lätza gmachd; aber e Schlussel ischd egghäina virhachun. Und in dr dritten Nacht hed er den gliiche Troin; wan er i d' Täschen griifd, hed er e Schlüssel i Fingren Naa em Mälchen ischd er gäg em Zwirgi, embrin im Boden und derna alla Bärg embrüüf ung gäge d'Mägisalp und vun da üüfi gäge d'Hääggen und zer Schwarzeflöö. Äs ischd gsiin, wee 's ma hed troimd. Dr Schlussel hed passd; är hed umdräijd und d' Tiren ischd üüfggangen. Vor im ischd ds Schwarzeflöömäitli gftanden, es tolls Mäitli, wee wiit um bbräit egghäis. Näbed im ischd en Hüüfen Gäld gsiin und uf dr andre Siiten en Gloggen mid enem Reemmen us brüünem und schwarzem Läder. Ds Mäitli hed gsäid, är chenni nän, was er welli, ds Gäld old d'Gloggen. Wen er ds Gäld welli, sa meessi är mid im abhi gem Mäiringen bis i ds Dachtroif vun dr Chilchen, und är meesse mid im gaan wee mid arra Brüüd. Aber bim Tor bim niwwen Hag chemma rra uw wellen ins nän um bim Stäiwurftor chemma rra no mee uw welle's nid laan gaan; aber z'firchten brüüch er ma niid, im chenni niid gscheen. Wen er aber nid mid im gäji, chem er uber niid u-s-siiner Chind uber niid und alli uber niid, wa naa im chemen. Aber dr jung Gali hed nid uf ds Mäitli glosd und nummen geng d'Gloggen in Oige ghäben. Am End säid er, är welli leeber d'Gloggen. Jetz tööd ds Mäitli em Bbriel; wiit um bbräit ischd alls zwäggschossen! Aber dr Älper hed d'Gloggen ergriffen und ischd alls äis Sprungs gäge Chaltembrunnen. D'Gloggen hed er dr scheenschte Chöö ghäichd; aber am Morgen isch schi toti im Läger glägen, den Grind ab, d'Glogge furt. Dem Älper isch'sch nimma gööd ggangen; alls, was er hed virgnun, ischd ma vergraaten, äis naa em andren, und wem ma äis vun dr Weer ischd, chunnd ma nee mee zum Schlag; är ischd ganz uber niid chun und arma verdorben ung gstorben. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dr Aue-Balz

Source: Dr Aue-Balz

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Uffem Schafselbsanft het’s vor altem e schüüni Weid gchä. Jez gsiht mä nüüt mi dervu wegem Fire. Aber as dr Firen abechuu isch, da isch dr Balz dschuld. Das isch dr letscht Senn gsi. Der het mit sim Sente welle z Alp fahren a Limmere. Won er über d Pantebrugg will, so gsiht er wiit unden im Loch en alts Wiibli. Das het ufegrüeft und truurig bin em aghalte, er söll em ufehelfe. Aber dr Balz het gseit: «Hogg du nu dunde; worum bisch abe!» und het glachet. Es vergühnd ettis Tagen über das, so sitzet dr Balz vorussen und lueget em Veh. Uf eimal git’s e Chlapf, und dr Fire rutscht a und ninnt alls mitem, d Stei und d Hütten und ds Veh. Und dr Balz het au nümme chänne flieh und het müese über d Wand abe we das ander. Won er schu z usserst usse gsi sich, het er das alt Wiibli wider gsih. Das isch mit em Fire oben abe gritte und het nen use gstosse und gseit: «Jetz will ich lache!»   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Dr Bättelböeb und dr driibäinig Has

Source: Dr Bättelböeb und dr driibäinig Has

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Äis sii zween am Spiichre gsiin; si häi d'Chääsa und Zigersteck gcheerd ung gsalzen. Döe ischd en arma Biebel chun und hed Chääsriemme bbättled. Aber si häim ma niid ggän und numme ds Narrewäsen mid im triben. Äina hed ma en Hälsig um en Hals taan, as wen er nen hätti wellen erhäichen und hed den Hälsig undrem Bendli dir zogen. Döe was gäid? En driibäinaga Has chunnd um e Spiichereggen; die zwee-l-lään dem Böeb siin und löiffen dem Has naa. Aber är chan nen geng eggaan; we s' gmäind häin, si häige nen, ischd er uf drii Bäinen dervun, und si siin am End zem Spiicher zrugg. Da ischd dr Böeb tota im Hälsig gsiin und hed si nimma gwäigged. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Dr Bittibinder

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Undrem Loibstock ischd es Alpli; ma säid im im Loib. Da isch'sch nid geng als süüfers gsiin; ma hed vum Bittibinder gsäid ung gheerd. Im Loib hed er bboled ung gchlopfed; ma hed's abha uf em Roift gheerd, u Jaar fer Jaar hed er den Älperre ds Vee üüfgjagd u furtgsprenggd. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dr Bock uf dr Chanzelstägen

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Z‘Gööttannen ischd e Pfarer gsiin; wen där uf d’Chanzel hed wellen, ischd uf dr Stägen em Bock gsiin. Dr Bock wän im geng us Wäg, aber uwwillaga, d'Ooren hed er hinderhiglitzd und den Grind und den Hoore zwäggläid. as wen er si weliti zen enem Sprung grächen; aber den ischd er furtchun, neemmen hed gwissd wee.                                     Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dr Breitmatter

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Dr Breitmatter E Schnieder isch i d’Breitmatt uf d’Stör gange; du si-n-ihm bi dr Altburg d’Jaghüng vom Breitmatter ebcho u gli druf dr Breitmatter sälber. Dr Schnieder het ihm d’Zit bote; aber dä het nid umegluegt; das isch em Schnieder gar gspässig vorcho. I dr Breitmatt het me grad welle z’Morgen ässe. „Gang rüef em Vater“, säg es Meitli zumene Bueb. - „Jo, isch de dä nid go jage?“ frog dr Schnieder. „He, nei.“ „Das chunnt mir neue arig vor. I bin ihm doch grad bi dr Altburg bigägnet.“ Du lueg eis ’s angeren a; kes säg es Wort meh. Äs isch i de drissger oder vierzger Johre gsi. Uf dr Huttelallmäng isch Milidär gsi. Viel Lüt hei zuegluegt. U Stäng si gsi wie a re Chilbi. Du isch eismols es Wätter cho; ’s het gschüttet wie mit Chüble. Aber im Stedtli het’s nüt gmacht; z’Ungerausel hei d’Lüt gheuet u mängs Fueder iheto u ke Tropf Rägen ubercho. Sälb Chehr hei d’Lüt gseit‚ das Wätter heig dr Breitmatter gmacht, für de Lüte z’Leid z’wärche. Dr Breitmatter isch drum nid e sufere gsi. Är het em Tüfel mit em eigete Bluet ungerschriebe gha. Wo-n-er isch chrank gsi, isch e vürnähme Her cho; dä het ihm dr Chopf umdräiht. Nom Tod isch er umecho. No hüt isch i dr Breitmatt e Stube vergänterlet, dass er nid usechömm. Aber einisch isch er ne doch use. E Chapuziner het nen aber ume chönne itue. Mi Vater het mer no erzellt, wie sie dr Chapuziner ire Schese greicht heige u dür s’ Dorf düre gsprängt sige, für em Geischt z’verwehre, Ungfel azstelle. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dr Brünnlig uf dr Schufle

Source: Dr Brünnlig uf dr Schufle

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Dr Brünnlig uf dr Schufle E Burefrau het um d’Fasnacht ume gchüechlet. Dr Ma het i dr Matte niede gwässeret gha un isch äbe heicho. Wo ne d’Büri vorusse ghört, luegt sie uf u seit: „Was Tüfels hesch jetz du druffe?“ Dermit het sie uf d’Schufle zeigt, wo dr Ma uf dr Achsle treit het. Dä luegt hingere u gwahret erscht jetz, dass e Brünnlig druff hocket. Aber wie d’Frau mit Rede fertig isch, verschwindet dr Brünnlig un isch ewägg im Hangumdräihe. Die Bäuerin nennt den Namen des Teufels; Fluchen vertreibt die Geister. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dr Büöeb und ds Doggelli

Source: Dr Büöeb und ds Doggelli

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Äis wän em Büöeb gsiin, em brava, tolla Burscht. In dr Loiben hed er gschlafen; aber äin und all Aben ischd ne chu ds Doggelli dricken. Dr Loibengang hed gchrächled; im Zungeschlusselloch hed's wie gchrawwed, und derna ischd ds Doggelli uf im gsiin; äs hed ne drickd und ischd schwärrs uf im glägen; den Aten hed er fascht nimma chennen nän und nid es Glid mee wäiggen. All Aben isch'sch die gliich Fieri gsiin. Äis hed er e Schibel Chüüder ggräched. Dr Loibengang hed gchrächled, uw wa's ne düüchd hed, ds Doggelli chennti zum Schlüsselloch inha wellen, hed er e Sprung zer Tire gnun und mid dem Chüüder ds Loch vermachd. Die Nacht hed er chenne ghirmen und schlafen. Am Morgen ischd er erwached. Düöe stäid es Mäitli bir Tiren. Nid es Fätzelli, nid ds gringscht Gwendelti hed's aghäben; aber lengs Haar ischd ma vum Hoit abha bis uf e Soller ghanged. Äs hed d'Oige verhan ung gsurred, und ds Wasser ischd ma us en Oige gliffen und uber d'Wangen abha chun wie nes Bächli. Wie düöe alls wä chun, i cha's nimma güöed sägen. Dr Büöeb hed düöe das Mäitli ghiirated, und äis Jaar um ds ander wä verbii, und si häin äimmel o Chind uberchun. Nie häi s' es Uwwertelli midenandre ghäben, und das Mäitli wän es güöets Wiib und en güöeti Müöetter gsiin. Aber was gäid düöe! Äis es Tags sii si doch nid gliicher Mäinig gsiin. Dr Man hed toiblochta de Schibel Chüüder us em Schlusselloch gschrissen und hed gsäid: „Gang minetwägen, wa d'bischd harchun!" Und ds Wiib, im Schwick, zum Schlusselloch üüs, u-f-furt! Dr Man hed si fascht hindersinned. Geng hed er am gliiche gchuwwed. Tag fer Tag ischd er dem Vee naa. Wen er ischd häi- chun, sii d'Chind gsträälti ung gwäschni gsiin und häin o ggässe ghäben. I-w-wundri, wär sa a-l-legi und sträälli, hed er gfräägd. Wen är bim Vee siigi, chemi geng d'Müöetter, häi s' ma Bschäid ggän, uw wäschi und sträälla sa. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Dr Bur mit de Büecher

Source: Dr Bur mit de Büecher

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Dr Bur mit de Büecher Vor vielne Johre isch, i säg nid wo, e Bur gsi, e rächte Ma; är het dokteret, d’War u d’Lüt u chönne häIfe, wo kes Mitteli meh her wellen aschlo. Aber derzue het er Büecher brucht. Einisch isch er z’Chile. Ungerwilen isch ihm e Chnächt uber d’Büecher; ‘s het e wüeschti Sach gä; d’Stuben isch voll Geischter gsi. Mi het dem Bur müsse rüefe u dä het wiederumen Ornig gmacht. Dr Bur isch au fählber worde u het gspürt, dass er ab dr Wält muess. Du het er d'Büecher verbrönnt; äs verstang das nid e-n-iedere. u‘s sig nid nötig. das dessitwäge öpper ungfellig wärd. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dr Chilacher

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Dr Chilacher Bim Stützli nieder isch dr Chilacher. Wo dr schwarz Tod gregiert het, het me die Gstorbnige do biärdiget. Dr Vater het albe gseit, dr schwarz Tod sig vom Erniesse Cho; drum säg me sider ging: „Hälf dr Gott.“ M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dr Chnächt und dr Bbüür

Source: Dr Chnächt und dr Bbüür

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Da ischd e Bbüür gsiin; zen däm ischd äina chun, as we 's nen hätti derhargschniid, ob är eppa e Chnächt mangleti. Dr Bbüür hed äine bbrüüchd und hed nen agstelld. Döe isch'sch ggangen bis in Hewwed. Dr Bbüür hed en grossa Schmäiss ab ghäben; chlingeldirrs wä ds Heww gsiin; aber unna im Land hed's afa bbooggen, und dem Briensergraad naa hed's schon e Schmäizete ggän. Dr Bbüür hed afa däligen uw wättren und hed egghäim mee es grächts Wort ggän. Aber dr Chnächt hed gsäid, da brüüchi är niid ab dr Ziilete z'siin; är selli i-l-laam machen. Är hed es Stäckli gnun; in allen Eggen hed er mid däm uf ds Heww grierrd; döe isch'sch vun im sälber am Madi u-w-Wällmleni ggangen; derna hed er mid dem Stäckli d'Wällmleni atipfd; döe siin die üüf; wie Graswirm häi s' afa schnaaggen, siin gäge d'Schiir und über d'Läitren üüf und i d'Dili, äis naa em andren, und ds Wätter ischd chun, und nid en Halen ischd düüsse bbliben und nassi worden. Aber dem Bbüür isch'sch doch nummen halbewwäg rächt gsiin. Dr Chnächt hed im nid gfallen. Är hed es Firwort ghäben, hed im de-l-Loo ggän und hed ne-l-lan gaan. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Dr Chnopfbart

Source: Dr Chnopfbart

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Wännt z Filzbach witt eine namse, so seisch eifach: «Grüezi Herr Mänzi», oder «Gueten Abed Herr Chamm!» Dewäg chasch chuum fähle, wil schier das ganz Dörfli eso heisst. Emale aber isch det obe e Puur deheimed gsi, a dem händs nu dr Chnopfbart gseit, und et hät’s nüd emal uugäre gka. Worum ächt au? Esone Bart wie der, hät wyt und breit ekeine gka. Wene Staublaui isch er em vu de Ohre bis über d Chnüü abeghanget. Für id Chilche hätne der Chnopfbart gstriglet und büglet, bis er schüü fyne gsi isch. Under dr Wuche aber häter nüd derwil gka für dernigi Spargimänter. Für zum Wärche häter dorum sine Bart underem Chüni teilt und über d Achsle hinderegfleugt, die eint Helfti linggs, die ander rächts. Ds Aferli, sini Frau, hätems hinde chrüüzwys überenand gleit, as es uusgsih hät wie ds Läderzüüg vumene französische Grenadier, und dä hät der Puur de beede Zipfel ghebet und vorne mit eme gkörige Chnopf zämepunde. Und dorum hat er ebe dr Chnopfbart gheisse. Jetz emal, es isch im Herbstmunet gsi, so gaht der Chnopfbart obsi gu luege wäge de Tier, wil bald het soöle d Jagd uufguh. Ds Gwehr hät er deheimed luh, wil er’s nüd hät welle a dr Red ha, er heig’s wie desäbe Chlytaler, wo zmittst im Summer schu Gamsfleisch uufgstellt händ! Woner uf das Felsbändli chunnt, wo hüt der Bäretritt heisst, so chunnt zeismal e Bär ufne los. Der Puur erstellt si und Iaht das Vych rüebig zueche, und wie’s uf d Hinderbei staht, so haut er em eis mit der Fuuscht ufe Grind, as es ds Füür i Holand gsih hett, wänn’s gwüsst hett, wo das wär. Aber das hät nüüt bschosse. Ds Kunträri: Das Monstrum isch i d Galle chuu und zwiggt em Chnopfbart d Chralle i d Achsle, as si gad bhegged. Dr Puur winggset, schlaht dri wie’s gad chunnt. Er trimächtet und jesmet - der Bär brummet wene Passgyge. Zeismal zeigeter d Zänd und wil am Chnopfbart a ds Gurgeli. Aber der nüd fuul und schoppetem der Bart i d Schnure, und ab dem Haarwärch isch dise schier verworget. Er hueschtet und zablet und stürchlet. Er trolet über ds Wändli abe und zehrt der Chirezer mitem. Wo si unde achänd, so gkyt der Bär ufe Rugge, hät ds Chrüüz abenand und isch tot. Am Chnopfbart hät’s nüüt tue - und jetz wüsseder, warum er sine Übername i Ehre gka hät.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Dr Chüeiher i dr Chaltenegg

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Dr Chüeiher i dr Chaltenegg Dür d’Chaltenegg fahrt zur Unzit e Chüeiher. Niemer gseht öppis. Aber mi ghört Gloggen u Treichle u dr Chüeiher „Hoop, hoop“ rüefe. Die vorstehende Sage scheint ganz dem Seelenglauben zu entspringen; ihr eigentlicher Ursprung fuührt wohl in die Natursage; ferne Laute, die schwer zu deuten waren, erklären sich Lauschende mit Vorstellungen, die allerdings aus dem Seelenglauben erwuchsen. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dr Doggellistäin im Doggeller

Source: Dr Doggellistäin im Doggeller

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Undrem Doggellistäin gribled d‘Hebammen die chliinne Chindelleni virha; eso gid me's de Chinden an; aber suscht wisst i newwa niid, das ma vom Stäin eppes anders gsäid hätti. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dr Doggellistärn a-r-Radlefsalp

Source: Dr Doggellistärn a-r-Radlefsalp

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En andra Doggellistäin ischd a-r-Radlefsalp. Dee Alten häin da newwes welle gseen han; äs ischd mer fascht, i häigi äis eppes vernun; aber äs ischd mer bim Doi nimmä chinnds;  näin, i wäis wäger niid. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Dr Doggellistärn a-r-Radlefsalp


by Dr Eihorn a dr Sossaugass

Source: Dr Eihorn a dr Sossaugass

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Dr Eihorn a dr Sossaugass Mi Elter het mängisch vorn alten Angerees brichtet; dä het allergattig chönne, meh weder anger Lüt. Äs isch amene Sundivormittag gsi. D’Schueler hei a dr Sossaugass e Eihorn i de Bäume desume gjagt. „Bosse Buebe“, säg dr Angerees - bosse, das isch s Wort gis, - "löt das alte Fraueli lo si.“ D’Buebe, richtig, tribe das Eihorn erscht rächt u hei e chätzersch Freud gha. Ändtlige gheit dr Eihorn vom Baum abe un isch ewägg, sie hei nid gwüsst wohi. Gli druf heisst es, die u die Frau heig dr Arm wüescht verschlage. „He, bosse Buebe dir“, säg dr Angerees, „han i’s nid gseit! Hättit dir das alte Fraueli lo si!“ M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dr Figesack

Source: Dr Figesack

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En König het im ganze Land lo ustrumpete, wenn ihm Eine an der Wienecht chönn grüeni Fige bringe, so geb er ihm sis einzig Töchterli zur Frau. Das het mängem junge Burscht im Land es wässerigs Mul gmacht; so ne richi, schöni Prinzessi gwinnt me nit a jederm Gruenhag. S'isch au ne nuevere, aschicklige Dorfchnab d'Lust acho, s'Königs Tochterma z'werbe. Aber die grüene Fige? Die het er gluegt überzcho. Si Brueder isch Waldbrueder gsi wit hinde in ere Einödi, het mit Bäte und Finkeflechte welle der Himmel verdiene, und nebezue d'Gärtnerei tribe audentisch und allerhand bekannti und unbekannti Chrüter und Gmüeser erzoge uf sim Pflanzblätz. Zu dem het er Zueflucht gnoh und cha emel es ganzes Reisseckli voll Figen übercho und goht gradeswegs dermit uf's Königs Schloß los. Der Weg füert ihn dur ne große Wald, und do chunnt unverhofft es Herdmannli gegen ihm glaufe und frogt ihn, was er i sim Sack heig. Der Jung isch chli meisterlos gsi, het denkt, das gang dä Höck nüt a, und git zur Antwort: „Roßchugeli!" „Nu nu," het das Herdmannli gseit, „so sellsch denn dere ha!" und isch wider eismols verschwunde, wie's cho isch. Der Chnab het das nüt gachtet; er het der Chopf am en andere Ort und chunnt zu's Königs Palast und seit zum Portner, er bring do die Fige, wo me s'Königs Töchterli dermit chönn verdiene ; er sell ihn go amälde. Das isch gscheh, und er het fast nit möge gwarte, bis er het dörfe si Sack uf's Königs Tisch usleere. Aber potz Wetter wille, wie het der König es paar Auge gmacht, d'Nase zäme klemmt und euse Brutwerber agschnauzt: „Wart Du Saperlots Bueb, i will Der!" und het de verblüfft Chnab lo in d'Chefi spere. Paar Tag spöter, wo der Waldbrueder denkt, si Brueder chönnt jetz de gli einisch zrugg si, vernimmt er, si heige ne im Schloß nümme use glo. Do macht er der Vorsatz, go us-zkundschafte, wie's ihm gange sig, nimmt au e Sack voll Fige und reiset. Si Chutte het er deheime glo und e neue veieliblaue Chlopfer mit gelbe Chnöpfe agleit und isch derno e staatsschöne Burscht gsi. Chunnt uf der Reis au in de groß Wald und do erschint ihm das Herdmannli und frogt ihn, was er do im Büntel trag. „Grüeni Fige" — seit er. „Nu nu, so sellsch dereha!" seit s'Herdmannli, „und wil D'ufrichtig gsi bisch, so chunnsch de nit is Loch wie Di Brueder, und ig verehre Der do no es Pfiifli. Verlür's nit; me cha nit wüsse, vilicht cha's Der spöter einisch no wohl cho." Seit's und pfödelet i d'Studen ihe. Dä Einsiedler chunnt zum König und schüttet sini grüene schöne Figen uf de Tisch use und het aghalte, si seilen ihm doch au s'Königstöchterli zeige. „Das wei mer Ter scho zum Gfalle thue," seit der König; „aber — aber überdas los, Junge, gäb Du's überchunnsch, muescht mer überdas no nes Meisterstück mache. Dunden im Höfli han ig hundert Hase; mit dene muescht i Wald use z'Weid fahre; aber gwahr Di, aß mer si z'Oben all ufs Düpfi wider zrugg bringsch ; überdas süst macht me Di um e Chopf chürzer — überdas!" Euse Figema het aber si Chopf dra gsetzt: Die well er und kei Ander, und erklärt: „I fahre z'Weid und wenn's mi s'Lebe chost." Am Morge früe tribt er si Herd us und chunnt afangs im Wald zum ne Bäramslenest. Do befiehlt er sine Hase, si selle Sorg ha und usse dra dur laufe, aß si die Bäramsle nit trampe. Das het der Ameisekönig gfreut, danket em und seit: „Wil D'mis thätig Völchli so achtisch und sorgfältig mit ihm umgohsch, so wei mer Der au dankbar siderfür; wink nume, wenn D'is bruchsch." Sobald die Hase gmerkt hei, si sige jetz uf ihrer Weid, isch eine hüst, der ander hott use, und in paar Augeblicke het me keine meh dervo gseh. Der Hirt isch der ganz Tag i Prinzessine-Himel verzückt gsi; an d'Hase het er nümme denkt, bis s'Vespergloga im Schloß obe lütet und d'Waldvögel ihri Nester si go usfsueche. Jetz Won er sett heifahre und kei Nagelsgroß vom e Has gseht, seit er zuen ihm selber: „Han ig nit es Pfiifli im Sack? Mer wei luege, was das chönn," nimmt's as Mul und het es lustigs Stückli gspielt. Gsehit ihr jetz, wie die Hasen us alle Egge chöme z'springe und s'Männli mache um ihre Hirt ume! Si hocken uf ihri Stumpe, hei s'Tälpli hinter's Ohr und losen uf d'Musig scharpfer als hütigstags mängisch d'Kampfrichter. Jetz fahrt   er mit ne im Schloß zue; alli hundert si schön kanntsam vor weg spaziert. Der König het es chrumms Mul gmacht, won er bim Abzelle sindt, es fehli keis Bei, und seit: „Du muescht si mörndrisch no einisch go hüete überdas, süst gilt's nüt." Der Prinzessi z'lieb wär der Waldbrueder dur 's Füür dure gsprunge und het ohni Murre die Hase mörnderisch wider z'Weid tribe. Derno schickt der König heimlig e schöni Magd, si sell em mit Geld und guete Worte go ne Has ablöckle; s'werd ihm denn wohl vergoh, alli wider zum Tor iztribe. Die Magd het ihres Verlange mit süeße Worte vorbrocht und schlimm derzue glächlet. Derno seit der Hirt, er well ihre ne Has gä, wenn si'm es Schmützli gab. Si het si derzue lo verstoh und er git ihre derno en Has is Fürtech ine. Wo si es Schützli wit dermit glaufe gsi isch, pfiifts und de Has was gisch was hesch zum Fürtech us und staubvombode zu sine Kamerade zrugg. Z'Obe isch der König wider gar nit zfride gsi und befiehlt: „Morn überdas fahrsch no emol! Ueberdas es mueß goh wien ig will." Das het der Hirt scho gmacht; aber der König isch derno selber als Jäger verchleidet i Wald use gange mit eme Gwehrli und eme Waidsack und het bi dem Hirt vergliche tho, er schäm si, als Jäger ohni Has vo der Jagd hei z'cho; es sig Hut wie verbannisirt; der Wald grodli vo Hase und doch chönn me keine schieße; der Hirt sell doch so guet si und ihm eine z'chaufe gä, chost er was er well. „Jo," seit der Hirt, „i will Der eine gä, wenn D' dört dai stettig Esel, won unden am Bergli stoht, uf e Gipfel ufe stoßisch." Gern oder ungern, der König isch an d'Arbet gange und het sis eige Volch usgspottet und en Esel a d'Spitzi gstellt und isch derno richtig mit eme Has und zweu längen Ohre belohnt worde. Mit dem Has isch der König hei und enanderno i d'Chuchi, für ihn z'metzge, aß er emel nümmen entrünn; s'Chuchimeitli het ihn müeße ha, bis der König s'Messer gwetzt gha het. Plötzlig psiift's im Wald usse, der Has schüttlet sis Stümpli und fahrt mit sine Chläile der Jumpfere über e Buch abe und uf und - furt zum Schüttsteiloch us. Der König het so guet gwetzt gha, jetz isch nüt meh z'mache gsi als e längi Nase. Z'Obe wo der Hirt hei chunnt, seit der König: „Jetz, Junge, muesch mer morn no es anders Meisterstuck mache, eh und bevor mis Töchterli überchunnsch. Uf em Estrig obe isch e Hufe Frucht, bi zweu hundert Säcke, und Alls überdas underenander : Chorn, Rogge, Gerste, Haber. Rod Di! Wenn D' bis morn z'Obe nit alli Sorte bsundert hesch , so chunnsch ume Chopf." Was mache? Mi Hirt goht usen i Wald zum Baramslekönig, won ihm versproche gha het, mit Glegeheit dankbar z'si, und chlagt ihm si Noth : „Guete Fründ, i bi i der Chlemmi, d'Sach stoht so und so! Wottsch mer nit Dis Völchli öppen e Tag schicke zum Gmeinwerke? Der Ambeisekönig het versproche z'cho und isch us Gfelligkeit no selber go ordiniere, und uf dem Estrig het's do der ganz Tag gwimmslet und grodlet und gchrüschlet i dem Fruchthufen ume, aß s' e Freud gsi isch zuezluege. Wo der König z'Oben isch cho d'Nase ihe ha, für z'gseh, wien es großes Hüfli afen erlese sig, isch Alles i der Ornig gsi. Jtz het's ihn afe duntt, da Blaurock well und müeß si Tochterma werde, do helfe keim Kniff und keim Lugene meh. Aber einisch het er's doch no welle probiere, dä hartnäckig Brutwerber abzschütele. Seit derno zuen em: „Du channsch mis Töchterli ha überdas, wenn mer e Sack voll Woret channsch säge." „Es blibt derbi, wenn's denn ume guetet," seit der Waldbrueder. Do befiehlt der König e Sack z'mache, der chönet ech selber abschätze, wie groß er gsi isch: sibenezwänzig Schnider hei sibenezwänzig Tag lang dra z'näje gha und keine het der ander möge gseh derbi. Eine vo's Königs Hundert-Schwizere het ihn derno greicht, und won er ihn über d'Achsle schlingget, het's so schröckli gchutet, aß die Schnider alli hei müeße d'Nodle i Bode stecke und sich am Fade ha, süst hätt si der Wind wit furt treit. Itz isch derno im Brütigam sis letscht Meisterstück agange. De grüslig Sack mit Warheite z'fülle, das wird Oeppis welle heiße. Wie het er's acht agstellt? Er foht a verzelle: „E König het es schöns Töchterli gha. Jsch das e Woret?" „Io, s'isch eini." „Also in Sack ine mit ere! " befiehlt der Chnab und verzellt witer: „Wer das Töchterli well, het der König Io säge, dä müeß grüeni Fige bringe; do het eine Roßchugeli brocht und der Ander Fige. Si das Worheite ? " „Ueberdas jo! " „Also in Sack ine mit ne. Dä mit dene Roßchugeli isch in d'Chefi cho und der Ander het müeße hundert Hase hüete. Si das Worheite?" „Bi nüt dergege überdas!" „So i Sack ine mit ne. Für en einzige Has het es Meitli en Liebesdienst to und het en Jäger en Esel uf e Berg ufe gstoße. Si das nit Worheite?" „Doch, doch überdas!" „Also ine mitnander!" komidirt der Brutwerber. „Nei nei," het jetz der König gseit, „s'isch jetz überdas gnue ; i glaube Der's, Du brungsch de Sack voll; mis Töchterli isch vo Hüt a Dis ehlich Gespons. Ueberdas wirsch denn Freud an ihm ha." Wem's bi der ganze Historie am leidste gangen isch, das isch da arm Schelm, wo's Herdmannli agloge het. Er isch derno frili e riche Prinz worde, aber er het doch i sim Lebe mängs hundertmol gseit : Hätt i doch d'Fige nie verleugnet!   Quelle: Sutermeister, Otto: Kinder- und Hausmärchen aus der Schweiz   Solothurn. (Nach B. Wyß Schwyzer dütsch S. 51.) Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dr Frümselihund

Source: Dr Frümselihund

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Z Linthel hinde ischt vor eebig länger Zyt emal e Spännvogt gsi, wo dä Gmeindsarme all Munet d Spänn het müese bringe. Er ischt e rechte Giitchrangel gsi und het ab dene Gääblene es paar Rappe abzwaggt. Wän er äme alte Maa oder äme arme Wiibli sis Munetsgeltli braacht het, so het er i dr Nachburschaft etten es Hueh oder es paar Eier mitlaufe luh. Immer wänn der i der Neechi gsi isch, het derna ettis gfählt. Er het’s friili so schlau gwüsst aazreise, as ems niemert het chänne bewiise. Em Pfaarer isch es glich z Ohre chuu. Aber dr Spännvogt het’s ebe verstande z schmeichle, und dorum het ne der Pfaarer nüd i ds Gebett gnuh. Nuch i guete Jahre het der Spännvogt müese stäärbe, und der Pfaarer het em en eebig schüüni Abdanggig gkä. Am neechste Tag ischt er sälber gstorbe. Vu due a heig me de zwii etten emal mitenand gsi guh. Wänn e Vehhändler oder en Älpler heig müese dur ds Aeuewegeli oder ds Bänzenäuli guh, so heig er’s gsih vume grosse Stei herchuu, wo dr Spännvogt weleweg die gstole War verborge gkä het. D Lüüt heid dem Stei vu due a nu gseit: der Pfaffestei. Na vile Jahre heig me de zwii Nachtwandler nümme gsih. Aber fertig abbüesst händ si allweg nuch nüd gkä. Vum Pfaffestei het ebe mänge Lintheler bi Nacht e mächtige schwarze Hund gsih chu. Er het füürigi Auge und e füürigi Zunge gkä und Haar, e fürchtigs Gwaudi. Der ischt e Stugg Wegs mitne ggange. Z leid tue het er niemert ettis. Aber erschrogge sind all ab dem Uughüür. Wil’s de meischte im Frümsele abchu isch, seit män em dr Frümselihund.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Dr Fugs im Birchetalen

Source: Dr Fugs im Birchetalen

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Im Birchetale siin Hieterböeben binenandre gsiin. Döe hed äina wellen han, mid arra Halen chenntem ma si erhäichen. Die andren häin afa-l-lachen; aber är hed bherted, wool, das siigi eso und hed en Halen um en Hals taan; aber, das hed er nen atinged, wen er de zabli, selle s' nen den abhanän. Är hed en Halen um en Hals taan; döe chunnd e Fugs; uf drii Bäinen hed er glamätsched und hed fascht nid virers megen. D'Böeben bis an dän mid dr Halen um en Hals siin dem Fugs naa. Dr Fugs hed taan, as wen er wellti zsämeghijen. Wen äina ischd bien im gsiin ung gmäind hed, etz chenn er nen nän, hed er umhi es par Gimp taan, und uf ds Mal häi si vum Fugs wäder Hüüd no Haar mee gseen. Wa s' sii zruggchun, ischd där mid dr Halen um en Hals tota in arra Stüüde ghanged. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dr Gäischt uf dr Tirsellen

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Uf dr Tirsellen darf ma nee mit enem Beel schnätzen. Wem ma es Hüüs furttööd, mööss ma Tirselle zrugglan. Dr Gäischt, wa im Hüüs ischd, hocked uf dr Tirsellen. Wem ma d'Selle zigled, hocked dr Gäischt drüüf ung gäid nid drab, und eso zigled me ne furt; de bliibd er da, wa d'Sellen ischd. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dr Geischt im Gutter

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Dr Geischt im Gutter E Näihere het uf em Heiwäg vo dr Stör e Gutter imene Hag gfunge u ne heigno. Deheime isch e Geischt drus use cho. Dä het drufabe alls verherget. Äs isch gsi, wie wenn öpper Chöttine Stägen uf un ab u dür‘s Gade hingere u vüre tät schleipfe. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dr Geischt im Sodloch

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Dr Geischt im Sodloch Bi dr Altburg het me vor Johre no ’s Sodloch gseh. Wo-n-i es chlis Meitli gsi bi, hei mer einisch bi dr Altburg Spiel gmacht. Du bin ig i ’s Sodloch trappet. Gli druf han ig im Gsicht e wüeschte Usschlag ubercho. Do drinne het drum öpper anger ’s Rächt gha z’si u nid ig. Ame Sundi si vor Johren e Chuppele Buebe i d’Altburg hingere. Eine isch zum Sodloch gange, het ei Stei um dr anger abe bängglet u glost, wie sie z’Bode chöme. Eismols haut ihm öpper a Chopf, wie mit eme Zwieseli. Chrank isch er heicho u no paarne Tage e Lich gsi. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dr Geischt im Stal

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Dr Geischt im Stal E Bur z’Härmedingen äne het im Stal Ungfel gha u eis Stück nom angere müessen i Bode tue. E Chapuziner, gar e fromme, mi het von ihm gseit, är heig albe d'Milch imene Chriesichratte vo re Weid uf Solothurn abetreit, het dr Sach chönne wehre. Är isch cho u het dr Geischt gseh. „Chumm vüre, grüens Vögeli“, het er drü Mol ne gheisse cho. Aber erscht bim dritte Mol isch er cho. Warum er das gmacht heig, frog dr Chapuziner. He, säg dr Geischt, es heig albe so schön tätscht. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dr Geisser am Oberblegisee

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An Oberblegi isch e See. Wo ds Wasser ine chunnt, gsiht mä, aber wo’s uselauft, het män erscht gmerggt, wo dr Leuggelbacher Geisser gmeint het, er mües chrüüzwiis drüberübere schwimme. Dr Puur i der Hütte het em’s gwehrt und gseit: «Bis nüd e Naar, mä mues Gott nüd versueche, staht i der Gschrift.» Aber dr Geisser git umme: «Sig’s jez em Hergott lieb oder leid, so will i übere!» Dr Puur tänggt: Nu sine? und lueget em zue, wener schwimmt. Schier wär er dänne gsi, da ninnt’s ene uf eimal abe. Um deselb Stund holt si Mueter im Leuggelbach Wasser. Was meined er, as ere i d Gelte gumpet sig? Dr Chopf vu irem Bueb, wo dobe übere See hät welle schwimme.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Dr Giger im Schmiedwald

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Dr Giger im Schmiedwald Im Schmidwald isch e Chrüzwäg. Do hei früeher die junge Lüt mängisch im Verschleikte tanzet. Du isch einisch e Giger derhärcho. Niemer het ne gchennt. Sie si z’mitts imene Tanz inne gsi. Du het dr Giger sis Gigli ane Tannascht ufghänkt, es Meitli gno u mit ihm afo tanze. Aber ’s Gigli isch von ihm sälber gange u het witer Muslg gmacht. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dr Gitzilogger

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Ja, ja, dr Gitzilogger, tüemmer der ja nüd ränzle, ihr Chirezer Buebe und Maitli! Sust stuhn ech für nüüt guet, as stuhni! Fryli, z Obstalde im Döörfli gsiht me ne nüd gad, aber sötted er emal a Bärebode ufe chu, so nänd ech i acht! Det flüügt er underliechts ummenand. Er isch nämli e Vogel und jääblet eso uuheumli, ihr gköred's de schuu. Drmit wett er d Gitzi vu den Alte ewägg zööchte. Wänn aber all schu under Tach sind, so ertaubet der Vogel und chunnt tigg au i d Hütte uf ds Tril. Dä nüd vermuggiert, verstande! Bald si eine verbräät, so gmerggt der Gitzilogger, as öppert da isch, und dä wird er räsige. Ich emal, wett dä nüd derby si!   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Dr grüen Jeger

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Dr grüen Jeger Einischt het is ’s Müetti erzellt‚ äs u dr Vater sige amene Sundi vo Reisiswil hei. Äs sig e heisse, schwüele Tag gsi. Du heige sie im Schmiedwald plötzlig e grüene Jeger gseh. Är heig e Spiegel uf dr Nase gha. E schwarze Hung sig bi-n-ihm gsi. Gli druf heig’s afo donnere. Im Hangumdräihe sig ’s Wätter do gsi. Sie heige sider kes söttigs meh erläbt. Der grüne Jäger mit seinem schwarzen Hund geht auf den Teufel zurück, der in der Sage vielfach in grüner Kleidung erscheint. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dr guet Wätter

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Dr guet Wätter Es isch einisch e Ma gsi; dä het gäng gseit: „Es isch guet Wätter.“ U we d’Lüt über ’s Wätter gchlagt hei, het er gseit: „Es isch guet Wätter, es isch guet Wätter.“ Du hei ihm d’Lüt ume no dr guet Wättter gseit. Wo-n-er du gstorben-isch, het es gstrüberet, rni hätt e ke Hung veruse gjagt‚ u gluftet het es, dass dr Totebaum vom Wägeli uf e Bode gheit isch. Du het öpper gseit: „Sieg er ächt hüt au: Es isch guet Wätter?“ Derno het’s us em Totebaum use Bscheid gä: „Es isch guet Wetter.“ Die Sage vom „Guetwätter“ gibt uns nicht genügend Auskunft über das Wesen der Seele, wie sie in Erscheinung tritt. Wer antwortet? Der Tote, der „lebendige Leichnam“ oder die halbwegs freie Seele? Wir erhalten keine Antwort auf unsere Frage. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dr Gugger

Source: Dr Gugger

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Der Gugger isch vor Alters es gizigs Wib gsi , e rechti Batzechlimmere, und het mit Wegge ghandlet. Chunnt einisch äsen es arms hungrigs Büebli zuen ere und wott eren es Weggli abchaufe. „Wie tür so nes Weggli?" frogt er. „He, seit si, so vil Chrüzer chost's as i mag uf di blutt Hand glegge." „s'Söll gälte, seit s'Büebli und längt si Hand dar. Aber do het de Gitznäper nie welle fertig werde mit dem Chrüzerlegge; wo nume no-n es munzigs Blätzli vo der Hand füre güggelet het , do het si no gwüßt e Chrüzer ine z'zwänge und het das Büebli gar grusam gängstet und glangwilet, bis em am End aller Ende d'Geduld afen usgangen ist. „Flüg uf und rüef Guggu ! " seit's i sim Hunger und Verdruß — und bim Wätterli! chum het's es duße, sen isch das gizig Wib en Gugger worde und isch en Gugger blibe bis hütiges Tags.   Quelle: Sutermeister, Otto: Kinder- und Hausmärchen aus der Schweiz Aargau und Luzern. (Mundartlich nach Rochholz Alemannisches Kinderlied S. 78, und Lütolf Sagen S. 355.) Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dr Haaggemman

Source: Dr Haaggemman

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„Hanselli, nimm ds Bullggi und ds Hammbräntli. Düü bischd etz afen en grossa und choischd dem Atte z'Morge trägen. Aber dorf den nid mid allen Hagstäcken; gang dem Wäg naa und nid abhi zer Misliglunten. Wäischd d', da drin ischd dr Haaggemman; där glengged mid enem Haaggen üüsa und schriissd di grad i ds Wasser, we d' welltischd ge gwundren, was d'Freschleni old die blawwen Pfiiffolterleni machen." „A ba, äs gid doch egghäin Haaggemman!" „Wool gid's en Haaggemman! Schlusselters es Mäitli hed er i d' Glunte gschrissen; das hed ds Groosi iis geng verzelld. Suscht frääg's, we d' i ds Änderdorf gäischd." Iisers Groosi hed iis geng mid dem Haaggemma plitggd. Meer häi virhi uf dr Flöö embrin e Stuck Land ghäben; Äs ischd fir Chind gfäärli gsiin, wiit üüsi z'gaan. Den hed is ds Groosi geng adinged, meer sellen nid z'witt virhi gaan; dr Haaggemman glenggi mid dem Haaggen üüfa; är siigi in enem Fad und schriissi-n-is üüsi; das siigi e-w-weeschta und em beesa Man Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dr Ham mid dem Ladholz im Schnabel

Source: Dr Ham mid dem Ladholz im Schnabel

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Äis wän an dr Gassen e Komedi gsiin. Em Man hed e Giggel ghäben. Där hed im Schnabel es Ladholz träägen. Dr Man hed dem Giggel gsäid, är selli umha und anha, und d'Liit häi zöglööad und si bschiizged. Döö ischd es Wiib chun. Uf em Hoit hed's es Chorebullggi träägen. Das Wiib hed o zöögseen und säid, da mege si jetz wol töön wee d'Narren, där Giggel träägi ja nummen en Halen im Schnabel. Drüüf isch'sch ggangen und hed ds Bullggi abtaan. Derna isch'sch chun und hed o welle zölöögen. Äs ischd uf dr Gasse gstanden; döö nimmd's ds Rockli üüf, das ma hed die bluttem Bbäi gseen, und d'Liit hai Tscholleti glached und häin nid wellen üfheerren. Äs hed gmäind, äs stäji in enem Bächli und hed ds Rockli nid wellen nasses machen. Ds Wiib hed drum dem Mam mid dem Han und dr Hale verraten; das hed si dr Man hinder d'Oore ta ghäben und hed gmachd, das's gmäind hed, äs stäji in enem Bächli. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Dr Has i dr Horschtert

Source: Dr Has i dr Horschtert

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Dr Has i dr Horschtert Dr Bohnerenueli isch im Herbscht gäng go jage. Ei Chehr isch ihm e Has i d’Hoschtert cho, gäng dr glich; es isch en aregi Sach mit ihm gsi. Du het er uf ihn gschosse. Aber es isch lätz usecho. Was aingen isch, weiss i nümme genau z'brichte; weder i glaube fascht, dr Schutz sig ihm hingeruse. Drufabe het er gäng gseit, e söttige Has löi er de fürderhi lo si. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dr Haslibärger und ds Züünermäitli

Source: Dr Haslibärger und ds Züünermäitli

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En Haslibärger ischd mid arra Züünerre ggangen. Dee hed im an es Chnepfli gläid, an däm und däm Aben sell er nee chun. Dr Bööb hed da dra gchuwwen und ischd misstruwwa worden ung grad am Aben, wam ma ds Mäitli adinged hed, är selli nid chun, ischd er gäge Züün. Wan er ischd i d'Stubelli chun, ischd ds Mäitli im Bett gsiin, ds Müül hed's wiit offes ghäben und nid es Gläich gwäigged. Är hed gmäind, äs siigi gstorbes und hed im mid dem Zäigfinger es Chriiz uber ds Müül und äis uber d'Bruscht gmachd. Jetz springd e Chatz zem Fligelti inha, gumped uf ds Bett, gäid zem Gsichd und scheessd bim Müül emzrugg. Dr Bööb ischd häin und d'Chatz im naa, Tril fer Trit. Är ischd häichun und i ds Bett und am Morgen üüf. Wan er ischd uf d'Sumerloibe chun, ischd d'Chatz uf em Sinze ghocked. Und dr ganz Tag ischd im d'Chatz naa, Schrit fer Schrit; nid e Trit hed er chenne töön, ooni das im dee Chatz ischd naagliffen. Und wen er äi Tag gmäind hed, jetz siigi si furt, sa isch schi am Morgen umhi uf em Sinze gropped. Das ischd im verläided; är hed wol gwissd, was das fir ne Chatz ischd. Döö hed er z' Chreeg dinged und ischd gen Neapel. Aber äis es Tags ischd d'Chatz umhi da; si ischd im umhi Schrit fer Schrit und Trit fer Trit uf e Färsene gsiin, är hed mege virnän, was er hed wellen. Werren hed niid abträid, furtjagen hed niid abträid; dee Chatz hed wellem bee-n-im siin. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dr Her mit de Geissfüsse

Source: Dr Her mit de Geissfüsse

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Der Teufel erscheint als grünes Männchen, vielfach als vornehmer Herr; der Ziegenfuss aber, der an die antiken Satyrn und Faune erinnert, verrät oftmals seine Herkunft: Dr Her mit de Geissfüsse E paar Buebe si i währeder Predig i Brüggewald go ge jasse. Ungereinisch isch e Her vor ne gstange. Ob er au chonn hälfe‚ het er gfrogt. Sie hei nüt dergäge gha. Uf eme Stock hei sie ’s Spiel gä. Du isch eim e Charten uf e Bode gheit. Är het si gchrümmt, für se-n-uf-zha. Was gseht er? Dr frönd Her het Geissfüess gha. Äs isch dr Tüfel sälber gsi. Was gisch, was hesch, isch er dervogsatzet u die angere uf u nohe! Sider sige sie gäng z’Predig u heigen ihrer Läbtig e ke Charte meh agrüehrt. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dr Her Tschingtsching

Source: Dr Her Tschingtsching

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Dr Her Tschingtsching Elnisch si zwe Bure vo hie mit Tüecher uf Burdlef. Das isch äi Zit gsi, wo d’Bure no viel Hausset pflanzet hei. D’Fraue hei ’s Garn gspunne u d’Manne Tüecher gwobe. We sie es Wubb abgha hei, si sie mit em Gwobnige agähnds furt; ’s Gäld isch dä Rung rarer gsi weder jetze. Die zwe Manne si bi dr Gisnauflueh verbi. E vürnähmi Gutschen isch derhar cho. Sie het still gha, u dr Gutschner isch a d’Flueh go dopple. „Wär isch do?“ het e Stimm gfrogt. „Dr Her Tschingtsching vo Prunterut“, het dr Gutschner zum Bscheid gä. Derno het si d Flueh ufto; d’Gutschen isch ihegfahre, u d’Flueh het si ume zueto. Z’Burdlef het ne dr Her d’Tüecher abgno. Du lsch en angere ihecho u seit zu diesem: „Hesch es scho verno? Dr Her Tschingtsching isch gstorbe. Äs isch es Telegramm cho.“ Di beide Manne heige drufabe enangeren agluegt u nüt dergliche to. Aber uf em Heiwäg heig ne die Sach doch viel z’brichte gä. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dr Her uf em Ällmig

Source: Dr Her uf em Ällmig

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Dr Her uf em Ällmig Uf em Ällmig isch es ei Zit nid sufer gsi. Eismols isch e Her do gstange. Mi het nid gwüsst, wohär dass er chunnt. Är het stober drigluegt u gseit: „Hie har u dert har.“ „He, so nimm es wisses Stäckli u steck’s derzue“, het ihm du einisch öpper zur Antwort gä. Sider isch dr Her erlöst gsi u nümmen umecho. Der Herr hat die Marche versetzt; das weisse Stecklein‚ der Grenzpfahl, kommt an den richtigen Ort, und der Büsser ist erlöst. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dr Hooggema

Source: Dr Hooggema

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Dr Hooggema We d’Ching am Bach gvätterle‚ so längt dr Hooggema use u schrisst se-n-i ’s Wasser. Dem Ursprung, nicht dem Wesen nach, mit den Zwergen nahe verwandt ist der Hakenmann. Sein Wesen spiegelt die Tücke des Wassers und dessen Umgebung wieder; heimlich reisst er den nichts ahnenden Menschen in sein Gebiet hinab. Das Spiegelbild, der mit Moos überzogene Baumstrunk, der im Wasser lag, täuschten dem Menschen ein ihm ähnliches Wesen vor, das im Wasser lebte. Eigentliche Sagen werden vom Haken- oder Wassermann bei uns nicht erzählt; er sank von einem Herrn und Gebieter über das Wasser völlig zum blossen Schreckgespenst der Kinder herab. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dr Jodler

Source: Dr Jodler

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A Tannen, hinderhi in dr Gäiswäid, und o an Engschtlen gheerre d'Älper z'gwisse Ziiten äina hoiren und jodlen. Äis häim mer nen umhi gheerd; dr alt Tannenhirt ischd o da gsiin und hed gsäid: „Das ischd dr Jodler. Äs chunnd Schnee." Uber Nacht hed's uberreerrd; uber d'Bärga inha bis i d'Läger abha ischd Schnee gsiin; äs ischd gägen Herbscht gsiin, und no gliiche Tags siim mer abgfaaren. Ma chan drüüf gaan; wen dr Jodler afaad hoiren, gid's e Schneewätterfeeri. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dr Lammiriiter

Source: Dr Lammiriiter

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Im Lammi chunnd in dr Nacht e schwarza Ritter z' sprenggen. Vor etleche Jaaren ischd er Dreeses Menken ebchun. Dr Ritter chunnd gäg Menken und hed im an, är selle nen erleesen; är, Menk, siigi derzöö geboren; är selle ne vum Ros abhanän; äs siigi egghäi Gfaar derbee. Und in allem Bbrichten hed er si Menken eggägeglan, das er fascht ischd us em Sattel ghiid. Aber Menk hed gschlottred wee aschpis Loib unn nid Woich taan. Döö setzd si dr Ritter emzrugg i Sattel; ds Ros stäid bolzgredi i d'Luft, scheessd virers und sprenggd uber Stock und Stäina; u-f-Fiir und Sprangi siin i d'Luft üüfgsprungen. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dr Leebgott welli den o z'Nacht

Source: Dr Leebgott welli den o z'Nacht

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Am häiligen Aben häim mer z' iisem Hüüs nee derffen abrüümmen. Da hätti dr Groosatt eppes zelld, wem me's anders gmachd hätti. Das chenne-m-ma den, we d'Engla ghäben häigen; dr Leebgott welli den o no z'Nacht. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dr Lohhäwlebock

Source: Dr Lohhäwlebock

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Dr Lohhäwlebock I dr Lohhäwle isch es früeher au unghüürig gsi. Do isch eim ungsinnet dr Lohhäwlebock i Rügge gschosse. Üs Ching het me mit ihm dr Bölima u ein z’förchte gmacht. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dr Maa im Mond

Source: Dr Maa im Mond

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Weisch wer dort oben im Mond lauft? Das isch emol en usöde Ma gsi, da het nid umegluegt, ob's Sunntig oder Warchtig gsi isch ; goht einisch am ene heilige Sunntig is Holz und fangt a e Riswälle zsämestäle; und won er fertig gsi isch und die Wälle bunde gha het, nimmt er sie uf e Rügge und isch e heimlige Wäg us, won er gmeint het, das ihm kei Monsch begägni. Aber wer em do begägnet, das isch der lieb Gott sälber gsi; dä het em scho lang zuegluegt, wie er der Sunntig gschändet het und verbotni Wäge gangen isch, und het du dänkt, er wel em emol zeige, wo's dure göng. „Ghörsch," seit er zuen em, „du bisch jetz scho en alte Sünder und hättisch weigger d'Hell meh als verdient; i will der aber no lo Gnad für Rächt ergoh und lone der d'Wahl, ob de welisch i d'Sunne go schwitze oder i Mond go früre." Uf das het der arm Schölm dänkt: „ Ebe so mär i d'Hell as i die brünnig Sunne" — und seit emel stante beni: „He se nu se de, wenn's doch si mueß, so wil i's mit dem Mond versueche." „s'Blibt derbi", seit der lieb Gott; und sider isch de Ma im Mond und treit alli Obe si gstolni Riswälle uf em Rügge hei, wil's em gar grüseli chalt macht dört obe und er gärn es Fürli miech. Lueg nume gnothi ob's nid wohr isch.   Quelle: Sutermeister, Otto: Kinder- und Hausmärchen aus der Schweiz Aargau   (Mündliche Ueberlieferung.) Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dr Mam mid dem Schäfli

Source: Dr Mam mid dem Schäfli

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Im Gälmer häi s' geng em Ma gseen; am Rigg hed er es Schäfli träägen. Äs wän nid e-r-rächta Ma gsiin; vu-r-Rächts wägen hed er sellen im Fridhof siin. Si häi gsäid, där häigi drum äis es Schäfli gstolen und abhi bim Bächli üüsgmetzged. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dr Mam mid den Gäisfeessen

Source: Dr Mam mid den Gäisfeessen

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Äm Tag naa em Abfaaren hed äina no wellen ge Zigel räihen und ischd gägem Moosbeelen. Wan er ischd zun Hitte chun, ischd in arra Tir em Ma gstanden; är hed nen nid bchennd, und döö ischd er schon neena mee gsiin. Aber näb dr Hitten ischd es Gspoor gsiin wee vun erra Gäis. Dr Älper hed gläitig d'Burdi gladen und ischd angäänds der- dirab gägem Gwiggi. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Dr Man am Fiir

Source: Dr Man am Fiir

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Äs ischd fascht nid gloibbli; aber Peetsch, mi Schweer, hed geng bherted, das siigi waar. Äs wän im Milital gsiin. We's häigi afa-w-wintren und dr Schnee siigi über d'Bärga inha chun, siigi z'ira Hüüs äina bis i ds Fiirhüüs chun. Vor dr Fiirblatten häig er si uf ene Dotze gsetzd und häigi si gwärmd; gsäid häig er niid und siigi chun und enumhi furt, ani es Wort z'sägen. Neemmen häige ne gseen wam Menk, und där siigi es Frowwfaschteching gsiin. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dr Man im Tirgräis

Source: Dr Man im Tirgräis

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Äis wän uf e Fleenen em Ma gsiin, wiit um bräit egghäin eso starcha; är hätti gääre gschwungen; aber egghäina hed mid im wellen. Üüsgäänds Winters ischd där äis hinderhi gäge ds Rosellowwi; äs hed frisch uberreerds ghäben und ischd es Schiimmelli Schnee glägen. Döö hed er im Schnee vor im zööha es Gspoor gseen; ganz frisch Tritta sii's gsiin, aber welerl Mid beede Schöönen hed er chennen in e Tritt staan, und si häin nen nid mege decken; är gäid däm Gspoor naa uw wän bald zen ener Hitte chun; döö gseed er uf dr Tirsellen äina sitzen; mid dem Grind ischd er oben am Tirgräis achun; mid dem Düümmen hed er vun dr Sellen gross Spriissi abbroosmed. Dr Man ab e Fleenen hed si nid verwäigged; dr ander hed üüf, gäid zun äim Tor inhi und zem andren üüsi. Där ab e Fleenen bliibd staan, und wan er den andren niimma hed gseen, ischd er emzrugg und häin; mid däm z'schwingen hed's nen nid verzennd. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Dr Man in dr Schopftiren

Source: Dr Man in dr Schopftiren

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Z'Schattenhalb wän äis en griisli starha Ma gsiin; schwingen hed egghäina mid im wellen, und neemmen ischd im i-w-Wäg ge staan. Döö wä's Üüstage gsiin old hinna im Herbscht, i wäis nid wäders. Är gäid es Tags gäge Gschwandemmad, gäge ds Rosellowwi u chunnd i ds Broch. Vun da ischd er obsi gäge d'Schotten, dir ds Pfanni üüf und ischd im Obreschte gsiin. Döö gäid er gäge nen Hitten; aber uf ds Mal bliibd er staan. In arra Schopftiren sitzd äina, en griisli grossa Man, uber und uber ghaarata, nid e Fätzen hed er aghäben; mid ener Hand hed er i d' Tirselle griffen und mid dem Zäigfinger und dem Düümen gross Schäfri us em gsunden Holz gschrissen. Är löögd im es Raschtli zöö, gäid hibschelli emzrugg und schnöörstracks häin. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dr Müller mit sine Töchtere

Source: Dr Müller mit sine Töchtere

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Dr Müller mit sine Töchtere E Müller het drei Töchtere gha, nid grad die witzigschte. Schriss hei sie keine gha, villicht äbe grad wil sie ’s Pulver nid hei erfunge gha. Aber dr Müller hätt se gärn öpperem ufghalset. Drum het er einisch Buebe zumene Obesitz gheisse cho; aber är isch i dr Forcht gsi, die Buebe chönnte no erschüche, we sie merkti was Gattigs. Drum het er de Meitli gseit, sie sölle de nüt säge, är well de scho für sche rede. Ei Obe si Buebe agrückt, u dr Müller het ne brichtet diesersch u äis, wie’s öppe geiht, we men öppere wott ihespränge. Ungerwile geiht eini i d’Chuchi go luege, wie’s rücki. „Ätti, Mil älle", chunnt sie ihe. „U, nüt dädä, nüt dädä“, macht die anger druf. Die dritti hingäge het afo täutschle: „Död is, i nüt deit a. I de Ma ha!“ Uf das abe hei die Buebe gnueg gha für e Gwunger; eine nom angere heig si drückt u sig nümmen ume cho. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dr Oschterstäin old Zwäärglistäin

Source: Dr Oschterstäin old Zwäärglistäin

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Am Chirchen, grad ob Wiichel, ischd e Strewwerren. Da ischd dr Zwäärglistäin old Oschterftäi gsiin. Zwäärga häigen da ira Gottesdienscht ghäben. Zwäärga häigen da z'Oschtre tanzed. As siigen da Zwäärga gsiin.       Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dr Pantler a Tannen

Source: Dr Pantler a Tannen

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A Tannen hed äina galped; där hed em Bööb ghäben; das ischd en Nool gsiin und derzöö en niidverfäända vergwenta Gali. Är hed e Pantler ghäben und ganz Taga mid däm ggoiggled ung gganggled. Bim Virerfaaren hed dr Nool de Pantler vergässen. Döö ischd er emzrugg, är welli no äis mid dem Pantler gem machen. Aber är ischd nid emzrugg chun, und en Älper ischd ge löögen, was das siigi und ob's im eppes ggän häigi. Är hed neena niid funden; aber wan er ischd i d'Hitte chun, siim Bitza Fläisch vum Nool a-r-Räfen üüfghäichd gsiin. Das hed dr Pantler gmachd ghäben. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dr Pantler an Engschtlen

Source: Dr Pantler an Engschtlen

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An Engschtlen häi Sammelbööben us alte Tööchfätzen e Pantler gmachd und häin den ganze Sumer anha mid däm es Wäse ghäben und häi si mid im verteerled und vertwelld und allem andre wenig unn niid derna gfräägd. Aber bim Abfaaren häi s' doch de Pantler vergässen. Underwägs isch'sch äim z‘Si chun, und där hed gsäid, är welli emzrugg und no äis mid dem Pantler ge schwingen. Är ischd ggangen, und dee andren häi täichd, är chemi de-w-wol naha, si faaren nid rass und är mege sa bseen; aber är hed nid wellen emzrugg chun. Döö ischd äina emzrugg; är hed dem Bööb funden; z'Hudlen und z'Fätze zerschrissna ischd er in dr Hitte glägen. Dr Pantler sälber hed dem Bööb zerschrissen, wan er nen bim Emzruggchun hed i d'Finger uberchun. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dr Patrizier

Source: Dr Patrizier

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Im Hof, unnenhar dr Chilhen, hed äina laan es Hüüs bbuwwen. Vun enem Her z’Bären hed er Gäld ghäben und hed döö äis z’Bäre-w-wellen gen de Ziis machen. Är ischd ds Land ab ung gem Bäre chun und i ds Hüüs vum Ziisher ggangen. Dr alt Her wän äimmel dehäimme gsiin; är hed ma Qwiittig underschriben, und aber Gäld hed er egghäis wellen. In dr Stadt hed där üs em Hof de jung Her gseen und hed ma wellen danken; är häigi wellen de Ziis gän, aber siin Att häigi egghäis Gäld wellen. Ja, sägi dr jung Her, siin Att siigi ja gstorben und hed Qwiittig welle gseen. D'Underschrift ischd rächt gsiin. Das siigi eso gööd, sägi dr jung Her, da änderre ma niid. Där us em Hof wän häin und häigi ds Hüüs besser laam buwwen, wan das er's häigi im Si ghäben.                     Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dr Pfarer versumt d’Predig

Source: Dr Pfarer versumt d’Predig

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Dr Pfarer versumt d’Predig I bsinne mi grad eso blösseli z’rugg, wo d’Pfarer au ame Friti hei müesse predige. Do isch vom Pfarer z'Rohrbech ’s Gred gange, är göih am Friti nid go predige; scho vor Tag göih er drus u go jage. Du sig bim Landvogt gchlagt worde. Dä heig amene Friti mehreri Ross lo aspanne u sig uf Rohrbech. Wo dr Pfarer sig, frog er d’Pfareri‚ är wöll z'Predig. Die sig schön i d’Sätz cho u heig em Sigerischt gseit, är söll de rächt lang lüte u mit allne Glogge. Dr Pfarer sig uf dr Hohwacht hinger emene Has gsi; du lüti’s mit allne Glogge. Jetz heig er gmerkt, dass’s fähli u sig gäge hei. D’Pfareri heig ihm dr Chanzelrock etgäge brocht; gschwing, dr Landvogt sig do, süsch wärd er abgheit. U dr Pfarer sig uf e Chanzel. Für e Tägscht heig er gha: „Wenn der Hausher wüsste, zu welcher Stunde där Dieb käme, so wachete är und liesse nicht in sein Haus brächen.“ Wo d’Predig sig verbi gsi, heig dr Landvogt gseit, das heig er brav gmacht: hingäge für ne Schelme söll er ne de fürderhi nid tituliere, u jetz söll er Predig ha ame Friti, wie’s bifohle sig; für das Mal well er ihm's schänke; aber är söll einewäg dra dänke. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dr Riter mit em rote Mantel

Source: Dr Riter mit em rote Mantel

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Dr Riter mit em rote Mantel We’s früeher amenen Ort brönnt het, hei d’Lüt mängisch e Riter mit eme rote Mantel gseh. Vor Johre het Bleibech brönnt; do het me ne z’letscht mol gseh. Der Reiter mit dem roten Mantel, der überall bei Feuersbrünsten erscheint, geht nicht auf einen wiederkehrenden Toten zurück. Seinen Ursprung verdankt er ähnlichen Gedanken, welche die Entstehung der Pestdämonen bedingen, die bei uns von vielen Krankheitsdämonen die einzigen sind, die die Erinnerung festhielt. Die rote Farbe des Mantels entspricht dem Feuer; der Reiter ist der Dämon des Feuers; seine Gestalt hat aber menschliche Züge angenommen; sein Tun entspricht nicht ehr ursprünglichem Wesen; er ist heute bloss dabei, wo es brennt; das wilde, unbändige, dämonische Aussehen, das Furcht, Angst und Schrecken und tiefe Erregung der Menschen einmal zeichneten, hat er vollständig verloren. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dr Schatz im Huttelwald

Source: Dr Schatz im Huttelwald

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Dr Schatz im Huttelwald a) ’s Schniederlis Heirech isch im ungere Wannebach deheime gsi. Är het gwüsst, dass im Huttelwald unger eme Schwarzdorn en Isehafe voll Gäld lit. Um Mitternacht chönn me ne reiche. Ire feischtere Nacht het er si uf d’Strümpf gmacht. Aber scho bi dr Walki isch es Seili übere Wäg gspannet gsi, u gäb wie-n-er’s agstellt het, so het er nid druber chönne. Ändtlige leit er d’Chappen uf e Bode, steiht mit em Gring druf u pürzlet druber ubere. Aber bim Löli isch wieder es Seili uber d’strass gsi wie vorane, un är het’s welle mache wie vorhär. Du gehört er eismols e Stimm: „Heirech, i liess das dä Rung ungerwäge.“ Du het er si lo warne un isch wiederum gäge heizu. b) Dr Jokeb isch ungerem Wald deheime gsi. Um Mitternacht isch er ufgstange u het z’Schwarzebech obe welle go ne Schatz reiche. Aber im ungere Wannebach git ihm eine d’Hang u seit: „D’Zit isch no nid ume!“ Ubere Wäg isch es Seili gspannet gis. Aber är het d’Chappe gno, ’s Schilee u dr Chittel abzoge, u’s uf e Boden usgspreitet, eis hienohe vom Seili u’s anger änefer. Derno isch er druff gstange u druber ewägg gschritte. Z’Schwarzebech het er neue no gli die Stell gfunge, wo dr Schatz isch vergrabe gis. Aber du hocket do e grüslige, schwarze Chrott u seit: „Wa wosch au zwänge! Du weisch es jo. D'Zit isch no nid ume“. Du het's ne-n-afo tschudere; chridewiss isch er heicho. Är isch i ‘s Bett u het lang müesse chrank si. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dr Schatz im Stallgang

Source: Dr Schatz im Stallgang

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Dr Schatz im Stallgang Früher isch hie mängisch e Ma cho, Chohler het er gheisse, u het mir Volleschüble ghusiert. Die het er im Luzärner greicht. De isch er de allimol im gliche Burehus bi guete Lüten übernachtet. Einisch het er au wieder si Cher gmaacht u het bi äim Hus gfrogt, für im Stall z’übernachte. Aber mi het ihm gseit, dä Rung gang’s wäger nid a; dr Vater hei ne gar agha, si sölle de hienecht niemeren i Stall ihelo. Aber du het das Manndli afo sürmle: „O heie, heie. Wo soll i jetz hi? I wett mi verschlüfe, dass er mi nid gsäch.“ Am Änd hei die Lüt Bidure geha u ne ihe glo. Das Manndli isch bi dr vorderschte Chueh unger d’Chrüpfe gschloffe. Do het es si müslistill gha. Äs isch Mitternacht worde. Du geiht d’Stallstür uf. Dr Bur trappet ihe; är lauft düre Stallgang hingere u ume vüre u luegt in es niedersch Eggeli. Derno geiht er use. Gli druf chunnt er ume mit Pickel u Schufle. Zhingerisch im Stallgang het er es teufs Loch gmacht. Derno isch er use u gli druf isch er mit ere schwäre Chischten uf em Rüggen umecho. Die het er i ’s Loch to, derno zuedeckt u isch abghocket u drümol uf dr Stell, wo die Chischten isch vergrabe gsi, zringsetum grütscht. Derzue het er gseit: „So wie-n-es bschlossen isch, so söll’s au wieder ufto wärde.“ Derno isch er use, het d’Türe zueto un isch nümmen umecho. Am Morge het das Manndli bi Ziten ufgha un isch furt. Niemere het es es Wörteli gseit. Öppen es Johr isch verbi gange. Du isch das Manndli umecho. Bi äim Burehus het es ume gfrogt, für übernacht z’si. Äs het gseh, dass es nid isch wie vorane u frogt, wie’s göih. „He jo“, het d’Büri gseit, „wie geiht’s! Dr Vater läbt nümme. U mir hei gmeint, mir heige Gäld u heigen es Vermöge‚ u jetz isch niene nüt.“ Das Manndli het das nid lang bruche z’chüschte; äs het gmerkt, was d’Urhab isch. Ändtlige seit es: „I chönnt ech hälfe. Weit dr für mi sorge, wen ech zwäghilfe? Lueget, i bi nümme hürig. I gspüre ’s Alter u muess mängisch chuum tue, wen i wott mis Mues u Brot verdiene.“ „Wie ’s eigete Ching wette mir di ha“, het d’Büri versproche. Du hei sie e schwarze Geissbock zuehe to. Zhingerisch im Stallgang hei sie ne uf ’s Hingere gsetzt u drümol linggs umdräiht, do, wo dr Schatz isch vergrabe gsi. Eismols het’s e grüslige Chlapf gä. Mit ringer Müeih hei sie die Chischte chönne vürenäh. Sie isch voll Gäld gsi. So het das arme Manndli für die alte Tagen es Hei gfunge, u die Burelüt hei si ume chönne chehre u nümme müessen i dr Forcht si, sie chömi no einisch vo Hus u Hei. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dr Schatz ungerem Chäsprässel

Source: Dr Schatz ungerem Chäsprässel

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Dr Schatz ungerem Chäsprässel Bim Lingli isch vor Ziten e Chüeiher gsi. Är het müesse chuum tue un isch gäng teufer dricho. Du isch ihm ertraumet‚ „z’Basel uf dr Rhinbrügg vernimmsch du dis Glück“, ame Fritig am Morge vor Sunnenufgang. Är het e Neutaler i d’Buese gstosse. Derno het er dr Wäg gäge Basel unger d’Füess gno u het gmacht‚ dass er zur rächte Zit uf dr Brügg isch gsi. Är isch hin- u härglüffe u het eigetli nid gwüsst, was er söll astelle. Alls isch lär gsi; ke Möntsch u niemer ume Wäg. Ändtligen isch e Ma cho. Dä isch bliebe stoh u het ne läng agluegt: „Mi nimmt’s Wunger‚ was du im Sinn hesch. Wartisch uf öppere?“ Z’Basel uf dr Rhinbrügg vernähm är sis Glück, het ihm dr Chüeiher gseit un ihm dr Traum erzellt. Derno het dr anger afo lache u gseit: „Jo, do chasch no lang warte. Mir isch au ertraumet, uf ere Weid, mi säg re bim Lingli‚ sig ungerem Chäsprässel e Hufe Gäld. Wär wett si dessi achte!“ Dermit isch er witersch. Dr Chüeiher het zueglost. „Bim Lingli, bim Lingli!“ het er für si sälber dänkt. „Das isch uf mir Weid. Das wär e Sach!“ Deheime het er afo grabe. E Hufe Gäld isch vürecho. Jetz het er chönne d’Schulden abschüttle‚ u ’s Liege het ihm nümme weh to. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929     Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dr Schlafstei

Source: Dr Schlafstei

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Wo d Glarner mit den Öschtrichere Händel kha händ, es isch iez schu eebig lang sit dem, sind emal e Huufe Öschtricher vu Chireze naache a Frunalp und Heubode chuu und händ de Puure welle ds Veh nih. Wo d Puure das gsih händ, so händ se si gwehrt für ires Vehli, was si händ möge, aber dis sind z viil gsi und händ d Glarner all erschlage bis an eine, das isch e bäumig starche Puurscht gsi. Der hät mit sim Waffe drigschlage, as em all händ müese ussem Wäg. Won er nen aber us de Hände gsi isch, so lauft er obsi und staht uf de gross Wand use und faht mit sim Hore a hürne, as mes dunde im Dorf hät möge gchöre. Won er gar nie hät welle hööre, so händ si dunde gmerggt, as öppis Uugrads mües um d Wäg si, und es sind e Puschel Lüüt ufe ggange, und der, wonem d Alp gchört hät, mitne und si Tochter au. Wo si uf d Alp chänd, so händ dis d Hütte azündt gcha und händ mitem Veh welle wiiters. Aber die undenufe sind hinders här und händ di eine z tod gschlage und di andere verjagt und ds Veh wider z Hände gnuh. Dernah händ si der jung Puurscht gsuecht, wo ghürnet hät, und d Jumpfere, wo mitnen ufe isch, hät ne ghulfe und isch allne vür. Es ninnt eim nüd Wunder, es isch der Liebschter gsi. Wo si uf d Wand chänd, findeds ne, aber ase tod vu de Wunde und vum Laufe und Hürne. Wo das si Liebschti gsih hät, ischi binem umgfalle und hät der Geischt ufggih. Sit dem seit me der Wand der Schlafstei, wil de zwei da etschlafe sind, der Puurscht und si Liebschti.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Dr Schmiedwald

Source: Dr Schmiedwald

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Dr Schmiedwald Vor alte Zite isch do, wo jetze dr Schmiedwald steiht‚ e grossi Stadt gsi, u derzue het es Chloschter ghört. Das isch z’Frybech gstange. No jetze isch es Brünnli z’Frybech; mi seit ihm ’s Chloschterbrünnli. I dr Stadt si siebe Schmiedte gsi. Später isch du die Stadt verbrunne; du het’s e Weid drus gä. Einisch het do e Hirt u si Bueb Guschti ghüetet. Du isch em Bueb i Chopf cho, är well de Gutschti d’Zungen usehaue, sie chönne de nümme brüele. Eso het er’s gmacht. Sider isch dä Bueb Tag u Nacht ploget gsi. Eismols isch er verschwunde; niemer het ne meh gseh. Aber jetz isch’s uf dr Weid unghüürig worde. Am Obe, wen alls isch still gsi, het’s eismols e grüselige Lärm gä‚ un i dr Luft het’s brüelet: „Chutsch, chutsch, chutsch!“ Kes Guschti het do meh wölle guet tue; Tannli si ufgwachse, u jetz isch es dr Schmiedwald. U no jetz säge die alte Lüt hie u do, sie heige dr Chutscheler ghört. De git’s albe strub Wätter. Die Sage vom Schmiedwald enthält verschiedene Bestandteile, die in ihrer Häufung einen unwahrscheinlichen Aufbau zeigen und teilweise nur locker zusammenhängen. Die Sage vom untergegangenen Ort geht auf das Bestehen der Kapelle zurück. Die Geschichte vom Tierquäler gleitet in die Natursage hinein; zur Strafe seines Frevels schreckt er, im Sturmwind einhergehend, die Menschen und tritt so ähnlich wie der wilde Jäger in Erscheinung. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dr Schmutzli

Source: Dr Schmutzli

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S'isch einisch es böses Chind gsi, das het der Mueter nie Welle folge. Keis Warne het battet und keis Strofe, bis d'Mueter emol gseit het, wenn's jetz nid besser! mit dem Setzchopf , so gäb si's bim Tünel z'nächsti Wiehnachte dem Schmutzli, dä wärd em de scho der Meister zeige. Güet; d'Wiehnecht isch cho, do seit si heimligerwis dem Chnächt : „Los. Hans, mach du jetz der Schmutzli und gang use vor's Fenster, und wen i der de s'Chind use reiche, so nimm mer's ab und schmelz es und gib em e Denkzedel, das es der Schmutzli siner Lebtig nümme vergißt und mer einisch wüße, ab das wüest Chind nid einisch well brav werde.“ „Nume gredt!“ seit der Hans und goht starregangs i d'Chuchi, wil er no gschwind het welle si Wissen azünde. Unterdesse het aber d'Mueter das Chind scho gno und zum Fenster use gstreckt und rüeft: „Bist do, Schmutzli?" „Jo!" macht's dusse; d'Mueter lot ihres Chind los, und wo der Chnecht mit der brönnige Pfiiffe voruse chunnt, so isch das Chind furt gsi und kei Mönsch uf der Welt het meh chönne säge wer's gholt het.   Quelle: Sutermeister, Otto: Kinder- und Hausmärchen aus der Schweiz Versch. Orte und Aargau. (Mundartlich nach Lütolf Sagen S. 38; und nach Bircher: Das Frick- tllal in seinen sagenhaften Erinnerungen , Nr. 27.) Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dr schwarz Hund

Source: Dr schwarz Hund

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In dr Chilche z'Mäiringen hed dr Sigrischt undermalen e schwarze Hund gseen umm e Toiffstäin um loiffen. D'Liit häi-w-wellen han, das siigi egghäi rächta Hund gsiin; das siigi e Sigrischt gsiin, wa ds Opfergäld gstolen häigi Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dr schwarz Tod z’Madiswil

Source: Dr schwarz Tod z’Madiswil

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Dr schwarz Tod z’Madiswil Mi Grossvater het e Gspane gha, dr Seppueli het men ihm gseit. Dä hättit dir sölle ghöre! We dä alben in es Brichten isch cho, so het er dere Gschichte gwüsst z’verzelle, bimene Obesitz oder bire Stubete, eis nom angere, dr ganz Obe düre. So het er au vom schwarze Tod brichtet. Sälb Chehr isch z’Madiswil numen es Chappeli gsi u d’Chile z’Gumiswil äne. U mit de Totne hei d’Madiswiler uf Gumiswil übere müesse, vowäge dr Chilehof isch do äne gsi. Wo dr schwarz Tod regiert het, si sie albe mit ganze Fueder Totne der Wyssbech ufcho. Aber dür d’Hiltygass u dür d’Chüehgass uf hätti si de nümme möge fahre; äs isch Ech dert chünts; das geiht unerkannt stotzig uehe. Bim Hiltyspicher hei sie drum de alben e Tel vo de Totne abgleit. - Vor uf em Wagen isch eine gsässe, där het i eir Hang es churzes Schwärt treit. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dr Söibuur

Source: Dr Söibuur

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Es ist emol en Ma — es thuet em jezig kein Zah meh weh — zum e riche Bur cho und hät em sin ganze Staal voll Söu abgchauft , jo Prachtstück sind's gsi. Aber nid vergäbis. En ganze Hufe Föufliber hät er defür müese füremache. Nu, er isch's nid gröuig gsi, bis er mit dene mordsebigfeiße Söune dorfshalbe tribt und si do grad vor em Dorf zue wott über de Stäg schöucke gus! gus! Aber jo, wie ist do de Ma verschrocke ! Schlegel a Wegge sind si Söu in Bach abe trohlet eini hinder der andere dri; und wo de Ma abe lueget, so sind's — de Gugger soll di hole, wänn's nid wohr ist — luter Strauwäle gsi und sind de Bach ab gschosse häsch mer's niene gseh! Zersten ist de Ma halt schüli verlotteret; aber es ist kei Stund gange, so seid er zuen em selber: „Hol's der Daniel, de Bur mueß mer ane ha!" Goht starregangs won er härcho ist und trifft zerst d'Büri a, wo grad i der Chuchi Härdöpfel präglet hät zum Imbiß, und surret ase wild anere verbi. Won er i d'Stuben ie chunnt, de lit de Bur de lange Wäg über der Ofen ie und schloft und schnarchlet wie en Chabisschnider. De Ma futteret und regiert, daß d'Schwarte hettid möge chrache; aber de Bur rodt si nid und thuet wie wann er weit ewig verschnufe. Uf das wird de Ma erst fuchswild;, er nimmt de Bur am Bei und wott en ab em Ofen abe zehre, do loht bigostlig s'Bei und blibt em i der Hand wie en uszehrts Söuschwänzli. Tusig Gottswille, wie hät de Ma si zapft! Gsprungen ist er und gsprunge was gisch was häsch, und hät nümmen ume glueget, bis er diheim gsi ist. Ja es hät lämig öppedie no e Nase gha, e rachtschaffeni Sou und — en pfiffige Bur z'verwütsche.   Quelle: Sutermeister, Otto: Kinder- und Hausmärchen aus der Schweiz   Luzern und Zürich. (Mundartlich nach Lütolf Sagen S. 242.) Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dr Spieler

Source: Dr Spieler

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Dr Spieler E Büri het e Bueb gha; dä isch ei u dr anger Obe furt go ge spiele, um Tuben oder um Gäld‚ was weiss i. D’Muetter het das nid welle tole un ihm vorgstellt‚ so chönn er fählbar wärde un ungfellig für Zit un Ewigkeit. Aber wie’s geiht! Dr Bueb het si dr Muetter weneli gachtet. Einisch isch er z’rnitts i dr Nacht uf em Heiwäg gsi. Du steiht eismols es grüens Manndli näb ihm; dr Bueb het grad gwüsst, wär das isch, un isch gäge hei, was er möge het. Aber das Manndli isch gleitig gsi u näben ihm ihe uber höchi Zün gsatzet. Ändtlige isch er heicho; mit de Schuehnase het er a d’Hustüre gstopfet: „Müetti, Müetti, tue mer uf!“ Das het ihm ufto u gleitig het er si ihedrückt. J etz het es afo tose; i dr Hoschtert het’s Bäum usgschrisse u grossi Escht abdräiht. Das grüene Manndli isch niene meh gsi. Vo denn ewägg het dä Bueb e ke Charte meh agrüehrt u dr Muetter z’lieb to, was er ere het chönnen a den Augen abläse. Der Sturmwind, der bei dem Rückzug des grünen Männchens so heult und tost‚ erinnert an das Auftreten des wilden Jägers oder des Dürst. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dr Stäigimotz uf em Blatti

Source: Dr Stäigimotz uf em Blatti

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No mis Bsinnes ischd an Oltscherren en alta Brüüch gsiin. Am leschte Tag uf em Blatti, vor em Virerfaaren am Bielen, isch'sch niemmen eso rächt watz gsiin, fir ge z'hagen old lang ge z'holzen. Äs hed niemme welle Stägimotz wärden. Wen dr lescht ischd zen Hitte chun, hed äina gschwind es Schapfli Schotten in e Siwwmälchtre gnun. Är hed mid äir Hand in dr Schotten afa-w-wäschlen und hed afa chetten: „Fäätsch, Fäätsch! Hoss, hoss, hosshosshoss." Wen die andren Älper das gheerd häin, sii s' us en Hitten chu z'schiessen und häi brieled, all uber en andren üüs, was s' häim megen: „Dr Stägimotz chunnd! Dr Stägimotz!" I bsinnem mi no güöed dran. Das wän eppa i Sächszgerjaare gsiin. Da wän am leschten Aben Joos vom Hagen häichun. Äina hed ne gsee gnohen. Är hed e Mälchtren ergriffen und ischd ma eggägen. Wan er bald ischd bien im gsiin, hed er afa-w-wäschlen chetten und hoffen. Aber Joos hed nid im Si ghäben, si laan üüszmachen. Är gäid zem andren und stelld si i-w-Wasen. Ugwarneterwiis schriissd er ma d'Mälchtren uö en Henden und rierrd sa z'Hudlen und z'Fätzen; d'Schotten ischd derdirüüs gspritzt und Duben und Räifa siin i d'Luft gflogenr „I wil dr o gad äis fäätschellen, dier!" Dän Aben hed Joos Rüöew ghäben und no lenger; den ganze Sumer anhi hed's egghäina verzennd, Jose z'ääken old z'eellen und im Stägimotz z'sägen, wie's suscht wän dr Brüüch gsiin. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dr Stieregrlng

Source: Dr Stieregrlng

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Dr Stieregrlng We me vom Wil i ’s Tubeloch hingere geiht, so steiht lingger Hang a re stotzige Siten es alts Burehus; 's Seppsuhs seit men em. Äs het wie alli alte Burehüser zwo Firschte; die ungerni isch öppe drei Schueh teufer weder die oberi. So wit i mi zruggbsinne ma, isch a dr ungere Firscht e Stieregring amene Seili ghanget. Mi het fasch dr Chopf agschlage, we me Heu iheto het. Wär ne do oben agmacht het, weiss me nid. Mi het deren u diesere brichtet: Äs sig e böse Geischt drinn, mi heig Ungfel gha im Stall; aber niemer het eigetli gwüsst woruber. Mlr Ching hei dr Gring gförchtet wie-n-es Unghür. Drüenünzgi het dr Bur es neus Schürwärch lo mache. Du isch er dr Gring go näh‚ het nen i Bitze verschlage u verlochet. Um Gewittern, Flüchen und bösen Geistern zu wehren, hängten die Bauern in Schwaben und Franken Ross- und Rinderschädel an die First. Auch A. Jahn, der Kanton Bern, Bern u. Zürich 1850, erwähnt den Brauch mehrmals; S. 149 Heidenhaus hinter Köniz; S. 246 Heidenhaus in der Gummen bei Wattenwil; S. 363 mehrere der ältesten Häuser in Radelfingen; nach der Überlieferung sollten die Köpfe Feuer und Blitz, oder, als ein Tieropfer‚ wie Jahn beifügt, Viehseuche abwenden. Paul Herrmann, Altdeutsche Kultbräuche, deutet den Brauch als Rest einer alten Kulthandlung. „Die Alamannen schnitten Pferden, Rindern und andern Tieren die Köpfe ab und riefen die Götter an.“ Das Fleisch der getöteten Tiere diente als Opferschmaus; die Köpfe wurden aufgehängt. Wenn diese Ansicht richtig ist, so zeigt uns der Brauch, welchen Gang die Entwicklung nahm: Im Anfang‚ auf einer niedrigen Stufe, war die Zauberhandlung des einzelnen Menschen. Aus der Zauberhandlung ging der Kult, der höhere Gottesdienst, der mit reichen Mitteln arbeitet, hervor, wie er von einem Verband oder einem Volke ausgeübt wurde. Aber im Verlauf der Zeit sank die Kulthandlung wieder zur blossen Zauberhandlung herab, wie sie der Bauer vollbringt, um dem Dämon zu wehren; der Gedanke, dass die Handlung wohl bezweckt, mit einem Sühneopfer eine schädigende Macht zu versöhnen, mag ihm fernliegen oder doch nur dunkel und unbewusst in ihm schlummern. Ein anderer Brauch unserer Gegend darf wohl ebenfalls als Opferhandlung gedeutet werden (siehe Alti Brüch). M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dr Stockmaffli

Source: Dr Stockmaffli

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Im Loib isch'sch äben nid alls loibs gsiin. Das hed ma freejer geng gsäid. Ma hed es Mandelli gseen; äs ischd gsiin, as wen epper es Fässelli bindti und Räifa üüfschleegi. Äis sii rra bin arra Hitte zööhi; si häi fir sicher gmäind, si finde's in arra Schroten; aber den hed's in arra andren afa bbolen. Das ischd dr Stockmaffli gsiin, es alts, chlis Groizzimandelli. Jetzen gloibd e selis neemmem mee. D'Ltit sii gschiider worden. Old dimmer? Was wäis i? Aber d'Chind pliigd ma no hin uw wider mid dem Stockmaffli. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dr Strähl nid lo stoh

Source: Dr Strähl nid lo stoh

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Dr Strähl nid lo stoh We men e Baum ummacht, darf me dr Strähl nid lo stoh. Süscht chunnt e Häx u macht e Chnopf dri. Menschen, die auf einer niedrigen Stufe des Erkennens stehen, vermögen die Ursachen einer Krankheit nicht zu erkennen. Sie hegen den Glauben, Krankheit werde verursacht durch Einwirkung böser Geister, geheimnisvoller Mächte, durch Menschen, die Bosheitszauber ausüben. Aber gegen den Zauber hilft nur Gegenzauber, den nicht jeder kennt. Diese Anschauung, dass unheimliche Mächte Urheber schädlichen Zaubers seien, bedingt bei den Primitiven die Stellung des Medizinmannes, der Zauberer und Arzt zugleich ist und auf einer weitern Stufe der Entwicklung Priester und Arzt wird. Der Zauberer gebietet über Geister und unheimliche Mächte, bannt und beschwört die Krankheitsgeister und kennt wirksamen Gegenzauber. Aber die gleichen Anschauungen, wie sie aus dem Denken der Primitiven herauswachsen, sind noch heute in unserem Volksglauben lebendig; wir dürfen sie nicht durchwegs als Rest vergangener Zeiten ansprechen; sie bilden sich stets neu, wo Menschen. auch wenn sie begabt sind, abseits der Kultur in einfachen und ursprünglichen Verhältnissen leben. Dem Medizinmann entsprechen die „Dökter“, wie sie in der Sage auftreten; zwischen ihnen besteht kein wesentlicher Unterschied. Darum begegneten wir in den vorausgehenden Sagen oftmals „Döktern,“ die wir aber nicht immer bei der Ausübung ihres eigentlichen Berufes beobachten konnten, sondern wir sahen auch, dass sie, wie der Medizinmann, zu Rate gezogen wurden in Angelegenheiten, die scheinbar ausserhalb des Berufes eines Arztes liegen. Und wie der Zauberer der Primitiven seine Seele ausschickt, um wundersame Dinge zu erfahren, so besitzt auch der Löchlidokter die Macht, seine Seele vom Leibe zu trennen und auf die Wanderung zu schicken. Es ist keineswegs ausgeschlossen, dass Zauber oder Gegenzauber keine Wirkung auslösen können. Die feste Überzeugung, krank oder behext zu sein, kann krank machen; so kann auch Bosheitszauber die Wirkung ausüben, die er beabsichtigt; aber auch der Gegenzauber, der vom Medizinmann oder Wunderdoktor ausgeht, kann heilen; denn die Macht der Einbildung, die auf Suggestion beruht, vermag wohl oftmals die Wirkung auszulösen, die der Zauber beabsichtigt und festigt dadurch den Glauben an den Zauberer. Die Überlieferung berichtet viel von zauberkundigen „Dökter u Manne, wo meh hei chönne weder anger Lüt.“ In der Regel üben sie ihre Kunst zum Wohle der Menschen aus. Ihre Macht überragt das Können der Hexen, denen der Teufel Gewalt gab; sie fliesst aus reinern Quellen und nicht aus dem Bereich des Bösen. Einigen „Döktern“ zwar, wie dem Dr. Faust, gab der Teufel die Kunst des Zaubers; andere schöpfen aus alten Büchern, und die Erzähler vergessen nicht, ihre Frömmigkeit besonders hervorzuheben. Eine ganze Reihe von Geschichten berichtet die Sage vom Wasendoktor Ulrich Zürcher; sein eigentliches Wesen aber vermag sie nicht zu ergründen; sie schildert ihn als den mit Zaubermitteln arbeitenden, klugen Arzt. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dr Süidürscht

Source: Dr Süidürscht

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Dr Süidürscht Mi Elter u en angere Fischer hei einisch i de Matte niede gfischet. Ungereinischt ghöre sie höch oben i dr Luft es Gchutt u es Grochel, wie wen e More mit ere Chuppele Färli dür d’Luft flügti. Demo het’s afo feischterle u dönnerle. Aber uf eismol het’s grägnet u gschüttet, was het abe möge. Das nsch aber niemer angersch gsi, weder dr Süidürscht, wo so dür d Luft isch cho. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dr Tiifel uf em Stock

Source: Dr Tiifel uf em Stock

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Hesch es vernun? Dr Tiifel sitzd uf enem Stock im Waald um bbreeled ds lüüter Wasser. Döö hed nen äina gfräägd, warum är rääri und surri. O, är chennem ma niimmä atöön; d’Liit siige schlimmer und schlächter worden, wan är sälber siigi. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dr Totebaum uf em Ofe

Source: Dr Totebaum uf em Ofe

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Dr Totebaum uf em Ofe E Wirtstochter, gar es bravs un es bildschöns Meitli hätt gärn möge wüsse‚ was für ne Ma dass sie de uberchömm. I dr heilige Nacht het sie du öppis gmacht, was, weiss i nid. Du het sie uf em Ofe e Totebaum gseh. Gli druf isch sie chrank worde u no im gliche Jahr gstorbe. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dr Totewage

Source: Dr Totewage

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Dr Totewage Dür ’s Toggiburg vüre chunnt mängisch z’mitts i dr Nacht e Totewage mit eme Bäumli druff. Es isch kes Ross dervor; aber hingerem Wage chömen e Chuppele Lüt. Mi ghört se, we sie düregöh; aber gseh tuet me se nume vo witems. Gärn änderet ’s Wätter, wen er düre geiht. Mis Müetti het mängisch am Morge gseit: „Hinecht isch dr Totewage wieder düre.“ Dr schwarz Beck isch einisch z’Mitternacht dür d’Gumi uf. Du isch dr Totewage cho. Vor druff isch eine ghocket. Dä frogt: „Wie spät isch es?“ - „Nid z’spät u nid z’früeh“‚ het dr schwarz Beck druf gseit. U das isch guet gsi; es wär lätz usecho, wen er nid so gseit hätt. Derno het er si a ’s Bördli drückt. Dr Wagen isch verbi gfahre. Derhinger si Lüt cho, e länge, länge Zug, alli schwarz agleit. Är het au ghört, wie sie derhär trappet si u mitenangere brichtet u brümelet hei. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dr Tüfel isch gli parat

Source: Dr Tüfel isch gli parat

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Von einem kindlich frommen Gauben zeugt die folgende Erzählung, die wohl als das Erlebnis eines Traumes zu werten ist: Dr Tüfel isch gli parat Dr Bur im Bolehüsli isch e Schnapser gsi u derzue en Uflot bis a Hag use. ’s Fraueli het für ihn to, was es chönne het; aber das lsch für nüt gsi. Einisch het er ume si Stör gha. ’s Fraueli isch bim Tisch ghocket u het i dr Bible gläse. Drufache isch er i d’Stube cho, het to wie-n-es Unghüür un ihm d’Bible in en Egge triebe. ’s Fraueli isch gflohe u het gjammeret: „Das het e ke Gattig meh u das het’s nid, u we’s e Gott git, lot er das nid ungroche.“ Bilängerschi meh isch es in es Züg ihecho; dr Uglaube het ihn’s wellen übernäh‘; äs het jo müesse dänke, läsen u bäte trag nüt meh ab. Dä Obe ischh es i ’s hinger Stübli; do isch es Ruehbett gsi. Äs het e Wulldechi gno u het do welle ligge. Aber e kes Aug voll het es chönne schlofe. Äs het ume mit em Uglaube afo schlo u gchummeret u pläret u niene ke Hülf gseh. Eismols zupft öppis a dr Wulldechi; äs hocket uf, für z’luege‚ was es sig. Du isch es chlis, chlis Manndli bi dr Fuessete gstange; schwarzes isch es gsi, wie ne Chemifäger, u gruesselet u bränntelet het’s wie ire Rauchchuchi. ’s Fraueli het im Augeblick gwüsst, woruber. Eis Bätt nom angere nimmt es füre un ei Bibelspruch nom angere seit es uf. Drufache isch das schwarze Manndli süferli furt; mit eme Satz isch es uf em Egge vo dr Ofeblatte gsi; mit de Geissfüessline het’s afo tanze un isch gäng gwiche u gäng gfloh u eismols nümm meh do gsi. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dr Uggheer

Source: Dr Uggheer

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Im Ürbech hed äina es niwws Dach uf d'Schiir taan. Är hed em Bööb ghäben; das ischd en Nool gsiin. D'Liit häim ma nummen dr Uggheer gsäid. Bim Decken ischd ma e Schwarstäin uf ds Hoit ghiid; är hed nen grad z'Tod greerrd. Hirter und Hewwerliit häin derna geng wellen han, si häigen bin där Schiir äina gseen, den Uggheer. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dr Underbächler und ds Wiillermäitli

Source: Dr Underbächler und ds Wiillermäitli

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Die Junge siin de Stenden naa, uw wan im Landhüüs d'Giiger häin afan üüfspilen, sii s z'Tanz ggangen. En Underbächler ischd o an dr Gasse gsiin. Är hed gheerren giigen und holäien; äs hed nen an allen Haaren i ds Landhüüs zogen; aber ds Mäitli, wa mid im ischd ggangen, ischd nid da gsiin. Das ischd vu-w-Wiiller chun und hed uf em Gspan, nid wiit vum Wiighüüs, ds leschd Ämd gholfen itöen. Aber dr Underbächler hed mee chenne-w-wan ander Liit. Är hed nid welle zöegseen, wie die andre luschtig siin; sis Mäitli hed o miesse chun. Im Wärchteggwand isch'sch diren Briinigsbärg abba chun; flätschdräcknasses isch'sch i ds Landhüüs chun. Aber dem Mäitli hed das nid gfallen. As säge-m-ma diitli und i ds Gsjicht üüsa, das sell er firderhin underwäge laan, old äs stelli si o i-w-Wasen und tieije ma de Rigel fir. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Dr Urispiegel u dr Tüfel

Source: Dr Urispiegel u dr Tüfel

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Die Ursprünge des Zauberglaubens führen in die heidnische Vorzeit zurück. Die Gestalt des Teufels hingegen, wie der Volksglaube ihn zeichnet, tritt eigentlich erst nach der Einführung des Christentums in Erscheinung. Sein Name, entlehnt aus dem Griechischen, diabolus der Verleumder, drang allerdings schon früh in die deutsche Sprache ein. Der Glaube erklärte bisher das Böse als die Wirkung vieler schädigender Geister, finsterer Dämonen oder verschiedener rätselvoller Mächte, die dem Menschen um so furchtbarer schienen, je weniger er ihr Wesen durchschaute. In die alten Überlieferungen fügt sich nun die neue Gestalt des Teufels ein, als Inbegriff und Quelle alles Bösen; während der Zeit der Hexenverfolgungen tritt sie besonders in den Vordergrund menschlichen Interesses. Dr Urispiegel u dr Tüfel Vom Urispiegel rede d’Lüt no hie u do. „Wie me’s tribt, so lauft’s“ heig er albe gseit u: „Äs hasset mi alls; aber i tue derno.“ Einisch heig er mit em Tüfel es Gwett gmacht, är mög schwerer träge. Derno si sie ine Wald cho. Am Wäg si Trämel gläge. Dr Tüfel het eine ufgno. Aber dr Urispiegel isch uf de Trämel desume glüffe u het gseit, die sigen ihm z’chli; selig bruch er für ne Wid. Dr Tüfel het das glaubt u ’s Gwett verspielts gä. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dr Urispiegel u dr Tüfel uf em Ofe

Source: Dr Urispiegel u dr Tüfel uf em Ofe

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Dr Urispiegel u dr Tüfel uf em Ofe Dr Urispegel u dr Tüfel hei zsämen es Gwett gmacht. Beid si uf e füürigen Ofe go ge hocke. Dä, wo z’ersch abemüess, heig’s verspielt. Dr Tüfel, natürli, het d’Hitz nid gschoche. Aber em Urisplegel het’s notisnoh afo heiss mache un isch uf dr Ofeplatte hin- u härgrütscht. Dr Tüfel het glächlet, was er däwägg z’fägnäschte heig. He, säg dr Urispiegel, är suechi umen es wermers Plätzli. Uf das abe het dr Tüfel nid grad es gschits Gsicht gmacht, ihm het’s afo heiss mache; drum isch er abe u verschwunge. In Sage und Märchen tritt der dumme Teufel häufig an die Stelle der einfältigen Riesen. Der Schwank, wie Eulenspiegel den Teufel, der sicher schwere Lasten zu tragen vermag, übertölpelt, klingen Erinnerungen an die Riesen der Urzeit an. Ähnlich wie die Hexen verwandelt sich der Teufel in Tiere. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dr Urwätter

Source: Dr Urwätter

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Im Winter hed em Brienser im Goww ghirted. Wiit um bräit ischd er ellengge gsiin. Döe ischd äis es Tags vun dr Oltschiburg abha es Zwäärgli chun. Das hed im gbolfen bim Hirten, hed Holz i ds Chuchelli träägen, dem Mischt us em Gade taan ung gchääsled. Wäred der Nacht isch'sch bbliben und näb em Hirter in dr Chämmete glägen. Dr Hirter ischd mengsmal embrin gem Briens, uw wen er ischd umhi chun, hed dem Vee niid gmangled und d' Mutschleni sii graatni uf em Chääsbäichli glägen. Äis ischd dr Hirter umhi häin. Jwwäreddäm ischd dr Feen inhagbiid. Etli menga Tag ischd er ggangen. Um Gwätt um hed er pfiffen; gchittelled hed er wie sälten; a d'Tirenen hed er gring- gelled; Decher hed er drewwd furtzträägen, und de-l-Liiten hed er ds Ghidel fascht vum Liib gschrissen. Wan er hed laan gaan, ischd dr Hirter umhi gäge ds Goww. Aber ditzmal hed's gfääld. Scho vu-w-wiitem hed er ds Vee gheerrem möelen. Im Gaden isch'sch i d'Chetteni glägen und hed bbrieled, äis uber ds ander üüs. Gläitig hed er ma z'frässen und z'budle ggän. Döe ischd er i d'Dili, fir gen Heww abzschrooten. Etz ischd ds Zwäärgli us em Heww chu virhazschnaaggen, und dr Hirter ischd im grobhelzig chun. Aber ds Zwäärgli heed üüsgseen wie ne verschmurreta Epfel im Üüstagen; Bäindleni und Ärmelleni hed's ghäben wie Stäckleni; ganz üüstrochnets isch'sch gsiin und hed langsam virhabroosmed, äs hätti scho-w-wellen hirten; aber döe siigi döe drum dr Urwätter chun. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Dr Vogeldürscht ob em Schmiedwald

Source: Dr Vogeldürscht ob em Schmiedwald

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Dr Vogeldürscht ob em Schmiedwald Einisch het dr Bammert im Schmiedwald dr Vogeldürscht ghört; du het er ufgluegt u gseht ne i dr Luft kreise. Auch herumstreifende Jagdhunde, die des Nachts ein Wild verfolgen, mögen den Sagen von der wilden Jagd neue Nahrung zuführen. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dr Vollachüejer

Source: Dr Vollachüejer

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Fangisalp ischd dr obrischt Staafel am Bättenalp. Vu Fangisalp faare d'Älper mid de Chüenen in Oberbärg z'Tagweid. Eis wän due ds Tagweidren an enem Älper gsiin, wa lieber dem Spil und dr Churzwiil naaggangen wän. Är hed d'Huetschaft dem Bueb ubergän und hed dr Sach nüüd mee naagfraagd. Aber grad an däm Tag hed ds Wätter gcheerd. Von unnen ufa hed's afa booggen; im Bärgen hed's Fätze triben; brandschwarz isch ds Wätter chon. Dr Bueb hed afa zsämetriiben; aber eis, zwei ischd es wieschts Hagelwätter da gsiin, und dr Bueb hed d'Chüe nümme möge bhan. Vom Schweiffisband sii s' dür d'Volla ab und d'Stila in dr Luft uber d'Oberbärgflue und uber d'Schöpf us, eini um die ander; allu hed's z'Hudle und z'Fätze grüerrd. Dr leschte Chue hed si dr Bueb a Stil gheichd, für se zruggzhan; aber si ischd o uber d'Flue us und hed nen nahigschrissen. Dr Älper, wa dem Spil naa ischd ggangen, hed alls vernon; derna ischd er furt und nie mee umhi chon. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Dr Wättermacher

Source: Dr Wättermacher

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Dr Wättermacher Amene Ort, i darf nid säge wo, isch e Ma gsi; är het Frau u Ching gha. Dä het mängs chönne mache. Einisch isch er furt gsi. Du isch e frönde Ma derhär cho u het d’Bursch gfrogt, ob dr Vater do sig. Nei, är sig furt, sägi d’Ching. Är chönn glaub allerlei. Jo, är chönn useme Rieme mälche u Wätter mache. Das möcht er au gärn gseh, mach dr Frönd. Är söll ume warte; är chömm gli hei. Dr Ma isch heicho u dr Frönd het ihm gseit, är heig verno, är chönn allerlei, ob er ihm nid wett zeige, wie me diesersch u äis machi. Das well er scho, säg der anger, heig e Rieme gno u afo mälche; äs isch umen es Rüngli gange, het er es Chesseli voll Milch gha. Ob er au Wätter söll mache, frog er drufabe. He jo, wen er chönn. Wodüre dass es söll cho. He, öppe uber Bärn ihe. Derno het er zweu haslegi Rüetli gno, eis i die linggi Hang u ’s anger i die rächti. Derno het er süferli afo schlo, lue eso, uf u ab, gäng im Takt. Ob er söll lo hagle, frog er no, oder nume rägne. E chli Riesel dörf er lo cho, aber nid z’viel. Drufabe isch es gar nid lang gange, so het’s uber Bärn afo feischtere; gli druf isch es ganz schwarz worde. Dr Frönd isch us dr Gäged vo Bärn gsi. Wo-n-er isch hei cho, het men ihm gseit, hüt heig’s emel au grägnet, no Riesel sig cho. Dä. wo mer das verzellt het, het mer no gseit: We’s albe sig mit Hagel cho, heig dr Vater e Sägetzen i 's Dachtrauf gha. ‘s Hauigen obsig. Wen e Stei uf's Hauige fgalle sig u ’s ne verhaue heig, heig dä. wo ’s Wätter gmacht helg, nüt meh chönne mache; de heig’s uf d’Minuten ufghört. Ähnlich dem Zauberer der Urzeit üben die Bauern, die den Weiher mit Ruten schlagen, einen Regenzauber aus. Aber auch die Handlungen des Gespanen und des Wettermachers enthalten Elemente alter, teilweise ähnlicher Zauberbräuche, deren ursprüngliche Ausübung als Fruchtbarkeitszauber das Vorhandensein eines sesshaften‚ ackerbautreibenden Verbandes oder Volkes bedingt. Aber noch heute ahmen Primitive, um Regen zu erzeugen, ein Gewitter nach. Sie üben einen Analogiezauber aus. Sie schlagen mit Hämmern und Kessel; schlagen Feuerbrände zusammen und spritzen mit Zweigen Wasser nach allen Richtungen. Einen Teich schlagen sie mit Ruten oder Steinen, damit Wind und Ungewitter ihn ebenfalls in ähnlicher Weise erregen. Die Ausübung war einmal feierlicher Brauch lebendigen Glaubens; aber die Jahrhunderte, die dahin gingen, trübten dem Menschen das Bewusstsein des Sinnes, der in der Handlung lag; die Ausführung erlitt Abänderung und Abschwächung und tritt heute als ein kärglicher Rest aus früheren Tagen in Erscheinung. Auch dem Melken aus dem Riemen liegt ein Fruchtbarkeitszauber zugrunde. Hexen und Zauberer schicken ihre Seele aus; der Liebeszauber, wie er am St. Andreastag‚ am 30. November, oder zu Weihnachten geübt wird, vermag etwas Ähnliches. Das Mädchen, das den Zauber kennt, vermag in die Zukunft zu sehen und die Seele des Bräutigams herzuzaubern. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dr Welebach

Source: Dr Welebach

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Dr Welebach Wo die erschte Lüt si i die hiesegi Gäged cho, si zwe Brüeder dür Wyssbech uf. „Ee, lue do dä Bach“, säg eine zum angere. „Wele Bach?“ frog dr anger. Sider heisst er dr Welebach. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dr Wiiber Lischt

Source: Dr Wiiber Lischt

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Äis wän es Wiibli gsiin. Das hätti si nimma chenne cheeren un nid gwissd, wie de Schulde-w-werren. Das hätti dr Tiifel i d'Nasen überchun und hätti im anerbotten, är wellem ma es Handhuttli ghüüfed volls Guld zöehan; aber we's ma ds Guld nid emumhi chenni gän, miessi's de siis siin. Dem Wiibli hätti das newwa nid rächt i Chratte passd; aber äs wän hinn u vor am Hag a gsiin. Am End hätti's de-w-Willen derzöe ggän, und dr Tiifel wäm mid dem Handhuttli chun. Döe hätti's nen döe gfräägd, ja, ob är nid o zfridna wän, wen es ds Handhuttli nummen äbevolls zruggbrächti. Ja, warum den nid, gäb im dr Tiifel zem Bschäid, und hätti allem a gmäind, är häigi das Wiibelti fir sicher im Lätsch. Döe hätti ds Wiibli es Schiid gnun, wäm mid däm uber ds Handhuttli gfaaren und hätti gsäid, so, är chenni ds Handhuttli gab umhi nän, äs häigi an däm gnöeg, wa's abgstrichen häigi. Eso wä's dem Tiifel ggangen. Nid vergäbe säid ma drum: „Des Tiifels Lischt ischd arge Lischt, Der Wiiber Lischt vil ärger ischt!" Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dr wild Jeger

Source: Dr wild Jeger

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Dr wild Jeger Früeher het me ging dr wild Jeger ghört‚ wie-n-er vo dr Altburg übere Chaserebärg gäge Chaschteler zue het gjagt. Mi het’s im Wald ghöre ruschen u tose; d'Hüng bei brüelet; ’s het ghornet u gschosse. Drufabe het gäng ‘s Wärter gänderet. ’s chönnt mersch’niemer näh, dass ig als Ching d'Hüng au ha gböre brüele. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dr Willading

Source: Dr Willading

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Dr Willading Äs isch allwäg lang sider, du isch uf em Schloss z’Thunstette e Her gsi; Willading het er gheisse. Das isch ganz e wüeschte gsi mit de Lüte; die hei ne gschoche u sin ihm gfloh, u so wit er het möge gcho, het er alls ploget u drangseliert. Z’Bützberg niede het er Land gha; das isch äi Rung ganz unger Wasser gsi; mi seit de Matte dert no hütigstags dr Riedsee. Du het er e Grabe lo mache, dr Riedseegrabe, gäge Schörlishüsere abe, für em Wasser chönnen en Ablauf z'gä. D’Lüt hei ihm müesse Frondienst tue, gäb wie's ne vor dr Arbeit gruset het. Aber dr Willading het e herte Chopf gha, u was isch dinne gsi, het müesse düregsetzt si. We bis denn u denn, so het er wüescht to u gschwore, dr Grabe nid fertig sig, so söll ne ’s Donnerwätter erschiesse. Aber dr Grabe isch bis zu der Zit, wo dr Willading gseit het, nid fertig worde; es isch länger gange, weder dr Her gmeint het. Drufache het dr Willading nümme rächt vo deheime furt dörfe, we’s a angerem Wätter umegmacht het. Nume bi schönem het er’s gwogt furtzgoh. Einisch isch e schöne Tag ime Wärch inne gsi; dr Himmel isch blau gsi, u wit u breit e kes Wülchli. Du het er lo sattle un isch mit de Hünge furt‚ für go z’jage. D’Lüt‚ wo-n-ihm hei nohgluegt, hei gseh wie-n-er z’dürab isch gäge de drei Linge, wo a dr Stross stöh, we me vo Bützberg gäge Langete geiht. Aber du isch am heiterblaue Himmel es Wülchli cho z’rite; im Hangumdräihe isch es bi de Linge gsi; e Blitz un e Schlag, u dr Willading isch e Lich gsi! Sider chunnt, we’s strubusset u strüberet, dr Willading. D’Ammarei, die isch scho äi Rung, wo’s mer’s erzellt het, es alts Fraueli gsi u sider scho lang gstorbe, die het nen einisch gseh, wie-n-er i dr Längmatt düren isch. Ruch isch er derharcho; Hüng hei brüelet; i der Luft het’s g’jagt, u dr Willading het de Hünge grüeft u se ghetzt. Aber das isch verbi, wie ne Chutt, im Augeblick; druf isch alles still worde, u nume no im Gras het me dr Streife gseh, wo-ner düren isch. Einisch si Ching i Buregrot go ge beere. Uf ’s Mohl si sie cho heizspringe u hei gseit‚ im Wald sig e Riter uf eme drübeinige Schimel duregsprängt. Das isch dr Willading gsi. Vom Schloss z’Thunstette geiht en ungerirdische Gang bis i d’ Längmatt abe; en angere geiht i d Chilen übere zum Taufstei; do lit e Platte, u drunger isch e Stäge, wo zu däm Gang abegeiht. Die Gäng hei dr Willading lo mache. Einisch amen Obe isch es gsi. Dr Vater u mir Burscht si grad vom Mäihe heicho gsi u si no vor em Hus gstange. Do isch es cho, ’s Wälschlang ab, es het gchuttet u gchroset. I bi gleitig hinger ne Baum wo näbem Hus gstangen isch. Vom Landvogt u vom Ross han i nüt gseh, aber d’Hüng ganz guet‚ schwarz- u gälbgfläckti. Jo, im Wärch inne, do het me gwüsst‚ dass ’s Wätter tuet umschlo un isch nid go mäihe! I ha au scho vom Willading ghört‚ vom alte Chüeffer, wo gstorben isch. Dä het gseit, är sig einisch, wo-n-er no chlin gsi isch, mit dr Muetter i Wald go Holz reiche. D’Muetter heig ufglade. Do säg er zue re: „Muetter, gsehsch dert dä Ma uf em wisse Rössli?“ Du heig d’Muetter dr Chare lo stoh u sig ne go näh u was gisch was hesch mit ihm gäge hei zue. Der Führer der wilden Jagd heisst in unsern Sagen der wilde Jäger oder der Dürst; eine Sage erzählt von einem Ritter auf weissem Rosse. Dürste bedeutet mittelhochdeutsch nichts anders als Riese. An manchen Orten erhielt der Anführer den Namen von strengen Gewalthabern; das ist auch in unserer Nähe der Fall. In Aarwangen und Bützberg tritt, ähnlich wie der wilde Jäger, der Willading auf; der Name erinnert noch immer an die ursprüngliche Bezeichnung des Dämons; aber die Annahme, dass der Name auf den Landvogt Niklaus Willading zurückgehe‚ der, auf Schloss Aarwangen residierend, während der Zeit des Bauernkrieges rücksichtslos die Interessen seines Standes vertrat, scheint einige Berechtigung zu haben. Von den mannigfaltigen Namen, die dem wilden Jäger und der wilden Jagd gegeben werden, verdienen einzelne besondere Beachtung. Wode heisst der Führer des Seelenheeres in Norddeutschland, und in der Nord- und Ostschweiz kehrt die wilde Jagd oder das Heer der Seelen unter dem Namen „’s Wuetis Heer“ wieder. Man führt die beiden Namen auf den Gott Wodan zurück und sieht in den Sagen von dem Totenheer und dem wilden Jäger Reste germanischen Götterglaubens. Wahrscheinlich trat die wilde Schar, das Heer der Seelen, die Toten im Wind, im Glauben der germanischen Völker zuerst auf. Entsprechend irdischen Verhältnissen wurde der Schar ein Führer gegeben: Wode, dem ähnlich wie heute nur die Eigenschaften eines Dämons zukamen. Aber die Entwicklung schritt weiter. Wode löste sich ganz vom wilden Heer ab und gelangte, allmählich Ziu, den alten Lichtgott verdrängend, der noch in unserem „Zischtig“ fortlebt‚ als Wodan an die Spitze der Götter. So brächte Wotans Aufstieg die psychologische Entwicklungsreihe Seele - Geist - Dämon - Gott mehr oder weniger deutlich zum Ausdruck. Die Geschichten aber, die heute vom wilden Jäger erzählt werden, zeigen nicht Züge, die einem Gott zukommen; sie kennzeichnen das Wesen eines Dämons, der im Winde daherbraust‚ den Spötter furchtbar bestraft und keine Zeugen seines Treibens haben will. Die Annahme, dass Wode mit dem Namen „Wodan“ in Beziehung stehe, wird auch gestützt durch die Etymologie. „Wode" wird mit Wut übersetzt; Wut = althochdeutsch „wuot“. „Wodan», althochdeutsch „Wuotan", dürfte auf die gleiche Wurzel zurückgehen. Die ursprüngliche mythologische Vorstellung des „wütenden Heeres“ beruht auf althochdeutsch Wuotanes heri (Kluge, Ethymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache)." Aber zu einem Ergebnis, das allgemein und auch in Einzelheiten als richtig anerkannt wäre, kam die Forschung bis heute noch nicht. Eines geht sicher nicht an: Wodan darf nicht, wie es vielfach geschieht, dem nordischen Odin gleichgestellt werden; im Norden entwickelte sich der Mythus weiter, während im Süden die Entwicklung zum Stillstand kam; das Christentum fand früh Eingang und bereitete dem germanischen Götterglauben allmählich ein Ende; recht wenig blieb im Volksglauben von ihm erhalten. Die Reste heidnischer Vorstellungen, wie sie heute als Äusserungen in Brauch, Sitte und Glauben in Erscheinung treten, lassen sich selten aus dem Glauben an die Götter der Germanen herleiten. Sie führen in der Regel in eine Zeit zurück, die vor aller Geschichte lieg, in die Kindheit der Menschen, da noch ein primitiver Zauber- und Geisterglaube das Denken beherrschte und jede Entwicklung in den Anfängen stand. Aus dem Glauben der Vorzeit erwuchsen auf einem langen Wege der Entwicklung die Götter; die primitiven, ursprünglichen Vorstellungen erhielten sich neben den höhere Formen des Glaubens und begleiteten, selbst dem Christentum trotzend, den Menschen von den Anfängen der Kultur bis in die heutigen Tage hienein. Die Erinnerung an die Götter dagegen verblasste und schwand bis auf geringe Reste aus dem Gedächtnis des Volkes. Auch mit den Sagen von Zwingherren tritt die Sage von den Toten im Wind in Verbindung. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dr Wirmbanner uf Züün

Source: Dr Wirmbanner uf Züün

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Vor vile, vile Jaaren ischd uf Züün niemmen mee vore-w-Wirme sicher gsiin, wäder ds Vee no d'Liit. Düöemalen ischd es Mandelli und es Wiibelli in enem Hüüselli gsiin, und das Mandelli hed gsäid, är welli d'Wirm vertriiben, aber züöegseen derffi niemmen, old äs gäbi niid drus. Ds Mandelli hed d'Wirm wellen i ds Chratzloch tüöen; es äichigs Titschi, fir ds Loch z'vermachen, wä ggrächets gsiin. Und d'Liit häin dem Mandelli gloibd und häin im versprochen, i Stubene z'bliiben und niena z'gwundren, wen er d'Wirm welli bannen. Uf em Gugger wän en Gäisbärger gsiin, und an däm Tag, wan es hed welle d'Wirm furttüöen, isch'sch uf dä Stäi gräbled und hed uf ener Pfiffen afa spilen. Ds Chrüüd hed afa-w-wäiggen; äs sii-w-Wirm chun. Äs hed wiiter üüfgspild und hed gspild ung gspild und nie abgsetzd; us Stüüden, us e-g-Goleten sii-w-Wirm chu z'schnaaggen; si sii chun bis zum Stäin und häi zingled, und ds Mandelli hed geng gspild und nie abgsetzd. Ung geng hed's gspild; aber äs siin egghäiner Wirm mee chun. Düöe hed's ds Chrüüd no äis afa-w-wäiggen; e schneewiissa Wurm ischd chu z'schnaaggen; uf em Grind hed er es guldigs Chreendli träägen. Etz ischd ds Mandelli abhagräbled, und in allem Abharäblen hed's gspild. Äs ischd i-w-Wäg ggangen; d'Wirm siin im naa; äs ischd gäge ds Oltschibachbriggelti, und d'Wirm siin im drüber naa, und in äim furt hed ds Mandelli uf dr Pfiffe gspild. Si siin uf dr andre Siiten embrüüf; ds Mandelli hed mid enen i Chratz wellen. Aber uf ds Mal brichd's ab um bbrieled! E-w-Wurm hed's bbissen, und im Hüi siin o die andren uf is dar; äis, zwäi ischd ds Mandelli tots gsiin. Was hed'ö ggä ghäben? Ds Wiibelli hed wäg em Mandelli gchummred und hed egghäim Bliiben mee ghäben und ischd im und de-w-Wirmen naa; das häi d'Wirm gwaared u-s-siin uf ds Mandelli los. Aber siithar siin uf dr rächte Siiten vum Oltschibach eggbäiner Wirm mee. Aber in dr Oltschiburg und uf dr ganze lingge Sitten gid's ra no vil, dick und schwarz Dondra. Aber wem ma äina uber en Oltschibach uberrierrd, zerschriissd sa sa schon in dr Luft. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Dr Ziberlisturm

Source: Dr Ziberlisturm

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Dr Ziberlisturm D'Nachtlütli si ganz chlin gsi, öppe so höch; sie recki eim chum über d‘Chneu us. Aber mi dörf se nit ploge, het’s albe gheisse; sie gangi süsch furt. De Bure hei sie albe ghulfe wärche. U d’Lüt hei erchennt, ihri Arbeit sig z’schetze‚ u sie hei gäng öppis für se gha. Aber einisch sig e Frau gsi. Die heig e Ziberlisturm gchochet gha u gseh, wie es Nachtlütli uf ’sHus zuehechömm. Vom Ziberlisturm heig sie nüt welle furtgäh u heig ne gschwing unger ne Bank ungere to. Wo ‘s Nachtlütli i d’Stube sig cho, heig ihm d’Frau nüt vüreto. Das heig aber grnerkt, wodüre dass jagi u gseit: „Es nachtet unger de Bänke; Was wird dr Ziberlisturm dänke?“ Drufabe sig es furt, u vo denn ewägg heig me kes Nachtlütli meh gseh. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dr Zwäärglistäin bim Bindembach

Source: Dr Zwäärglistäin bim Bindembach

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Bim Bindembach ischd e Zwäärgliftäin. Was gloibid ier o, hed's ächt äis Zwäärgleni ggän? Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943.    


by Dr Zwingher uf dr Altburg

Source: Dr Zwingher uf dr Altburg

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Als Geschichtsquellen dürfen Sagen nicht oder nur mit Vorsicht gewertet werden. Die Zeit geht hin; die Erinnerung an bestimmte Ereignisse veblasst; einzelne Bestandteile gehen verloren; Fremdes schiebt sich ein. Die deutliche Erinnerung an ein Ereignis geht kaum über ein Menschenalter hinaus. Wir denen wohl Redensarten als dunkle Erinnerungen an vergangenes Geschehen: „Du bin ig im Runzifal gsi“, oder „Jetz isch Murten uber.“ Aber wer vermöchte das Wort Runzifal richtig zu deuten; das wohl auf  Roland im Tal Ronçeval zurückgeht? Vom Bauernkrieg, der bei uns wie kaum ein anderes Ereignis die Gefühle in leidenschaftliche Erregung brachte, weiss niemand etwas zu berichten; vielleicht geht die Redensart: „Driluege wie Schybi", in diese Zeit zurück. Unbedeutende Erinnerungen weisen auf die Begebenheiten des Jahres 1798. Dagegen leben die Hungerjahre 1816 und 1817 noch treu im Gedächtnis fort: „Do si no dr Predig d’Lüt chuppelewis zsämegstange; uf em Chilehof si sie bliebe stoh u hei brichtet, jetz sig dr Präschten a de Härdöpfel; aber mi söll de luege u dra dänke, was sie sägi, es chöm de no a d’War u zletscht a d’Lüt; das fähl si nid.“ Zu Sagenbildung regen besonders Spuren alter Besiedlung an. Überreste verschiedener Art zeugen von vergangenen Geschlechtern, aber die Geschichte vermittelte kein Wissen von den Menschen, die einmal da lebten. Wo aber die Geschichte schweigt, tritt die Sage in die Lücke und erzählt von der Vergangenheit. Dr Zwingher uf dr Altburg Bi dr Altburg lit es Schloss verschüttet. Vor Zite isch der e Burg gstange, u die alte Lüt hei gäng brichtet, do sig e wüeschte Zwingher gsi; dä heig e kes Härz gha u de Lüte ’s Bluet unger de Fingernegel vüre drückt. Dür u dür sig er en Uflot gsi, u ke Hahn heig drum gchräiht, wen er öppis Schlächts verüebt heig. Einisch sig er usgritte. Uf dr Chasere sig ihm e e Buretochter ebcho. Die heig er uf ’s Schloss verschleipft. Em Meitli si Vater sig drufabe zum Schlossher u heig ihm agha, är söll ihm sis einzig Ching umegä. Aber dä heig e kes Bidure gha u ihm d’Hüng aghetzt. Jetz isch dr Her erscht rächt in e Lärme cho; d’Bure het’s düecht, däwäg chönn’s nümm goh; jetz sig gnue Heu abe. Mit Chnüttlen u Gwehre sige sie gäge d’Burg. Dr Her heig grad wellen usrite u sig ne so schön i d’Häre glüffe. Ob em Lärme sig ’s Ross erschoche u mit em Her i ’s Sodloch gsprunge. Das sig so teuf gsi, dass es bis uf e Grund vo dr Langete greckt heig. Derno heige d’Bure ’s Schloss zerstört; nid en eienzige Stei isch vo de Muren überbliebe. Die Entstehung der Altburg fällt nach den Ausführungen von J. Wiedmer-Stern in die Mitte des 7. Jahrhunderts. Alemannen errichteten sie als Fliehburg gegen die vordringenden Franken. Der Burghügel trug nicht eine steinerne Ritterburg, sondern mag, der Zeit entsprechend, eine hölzerne Hütte getragen haben. Wälle und Graben besassen hölzerne Schutzwehren und Verhaue. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dr Zwingher uf ern Schlössli

Source: Dr Zwingher uf ern Schlössli

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Dr Zwingher uf ern Schlössli Dr Her im Schlössli het d’Bure welle zwänge, e läderegi Brügg vom Schlössli bis zur Altburg z’baue. Dass d’Lüt nid wüssi, wo-n-er sig, heig er albe em Ross d’Ise z’hingerfür lo ufschlo, wen er furt sig. Einisch het e Bur uf ern Bärg z’Acher gfahre. Är het zwe brav Stieren im Joch gha. Dr Her het dä schön Zug agluegt‚ u dr Verbauscht het ne völlig übernoh. Är isch zum Bur gange u het ihm churzerhang bifohle, är söll die Stiere i ’s Schloss bringe. Dr Bur het gwüsst, dass wehre nüt abtreit un är muess ’s Chürzer zieh. Är het dergliche to un ihn ihm agha, nume no d’Fuhre tät er gärn mache bis änenus. Dr Her wird dänkt ha, är chönn säuwft es Gleich tue, we das so ring gang u het ihm’s erlaubt. Jetz het dr Bur rächt teuf gha. Du isch er a ’s Änd cho. Jetz schrisst er ’s Säch use u git em Her! Dä isch tot gsi. Dr Bur het ne i d’Fuhre gheit u ne mit dr nächschte Fuhre zuedeckt. U d’Bure hei si zsäme grottet; sie si gäge ’s Schlössli u hei’s erstürmt u zerstört. Die Sage, die auch anderwärts lokalisiert erscheint, erinnert an die Geschichte Melchtals. Die Burg Rorberg, wie die Urkunden das Schloss benennen, ging im Mai 1323 in einem Rachezug der Berner gegen Kuno Kerro in Flammen auf. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dr. Faust und der Teufel

Source: Dr. Faust und der Teufel

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Der »Dokter Füst« oder »Dokter Füster« (auch Füstus) hatte den Bösen ganz in seiner Gewalt und traktierte ihn grenzenlos. Die heikelsten Aufgaben stellte er ihm. Einisch hätt der Tyfel sellä-n-am Wybervolch ds Strumpfbändli erchundigä. Lang, lang heig-er ummägspanyveret und gstudiärt, und zletscht heig-er miässä bikännä, das syg är nid imstand z'erchundigä; ds Wybervolch heig all Tag äs nyws Strumpfbändli. Ein anderes Mal musste ihm der Teufel einen Sack voll Frucht oder Reis über die Axenfluh hinabwerfen und im Hinunterfallen wieder alle, und zwar jedes Körnlein in einem eigenen Sackli, auffangen, so dass kein einziges verloren gehe. Doch schau! er brachte sie alle, kein einziges fehlte! Als sie ihn nachher fragten, wie er das zustande gebracht, sagte er: »O, äs sind nu vill meh lääri Sackli g'sy as seeligi mid-ämä Cheeräli!« Einst begegnete dem Füst ein Bauer mit einem grossen Fuder Heu. Füst redete ihn an und fragte, wieviel von dem Heu er für fünf Franken fressen dürfe. Der Bauer lachte und sagte, er solle ihm nicht mit solchen Possen kommen, das sei ihm ja nicht ernst. Aber der Zauberer bestand darauf; er fühle ein kurioses Gelüsten nach Heu in seinem Ranzen, sagte er. Da meinte der Bauer, für fünf Franken könne er von dem Heu fressen, soviel er wolle. Nun frass ihm der Dr. Füst die ganze Wagenladung auf. »Heig-em's doch bi Läck und bi Brosmä-n-üffg'frässä!« Ein anderes Mal geriet er mit seinem Wirt hinderlätz. In der Wirtsstube trieb sich auch des Wirts Söhnchen herum. Da schrie Dr. Füst den Wirt an: »Wenn ds Mül nu üfftüesch, sä friss d'r dy Büeb!« Und der Wirt sagte: »Sä fris-ä!« Nun verschluckte der Zauberer das Büblein vor des Vaters Augen, bis es nur noch mit den zappelnden Beinen zum Rachen herausschaute. Auf des Wirtes Bitten spie er ihn wieder heraus. »Vom Dr. Füstus hed alligs ds Furggälä-Vreni im Isitall vill verzellt. Äs hed äs ganzes Büech g'ha nur vo dem Dr. Füstus,« erklärt mir einer meiner Erzähler. J.J. Huber, 80 J. alt, Sisikon; Hans Aschwanden, 50 J. alt, Isental Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Drachen

Source: Drachen

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An etwas, das uns Buben stets gruselig vorkam, erinnere ich mich noch lebhaft. Es war die wiederholte Erzählung der Tante Thekla von einem Drachen oder »fliegendem Unghyr«, das vor der Franzosenzeit verschiedene Male zwischen dem Gitschen und dem Rosstock hoch in den Lüften gesehen wurde. Fiel ein Schweiss- oder Blutstropfen von ihm auf die Erde, so sei alles an dieser Stelle verbrannt. Alte Leute prophezeiten daraus, dass eine sehr böse Zeit kommen werde. Schriftlich: Martin Zgraggen, 68 Jahre alt, Eisenbahnbeamter, Schattdorf Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Drachen am Fracmont

Source: Drachen am Fracmont

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Im grossen Walde, der von Kriens und Malters an den Berg hinauf sich ausbreitet, lebten vor Zeiten Drachen. Nach Sonnenniedergang sah man sie bei Sommerszeit nicht selten wie einen Feuerbrand vom Pilatus bis zum Rigiberg hinüber schiessen. Die Alten hielten dafür, dass fahrende Schüler und Schwarzkünstler es gewagt hätten sich auf solche Ungeheuer zu setzen und mit ihnen aus dem Lande hinweg zu reiten an Ort und Ende hin, wo man das Blut, die Steine oder andere Teile des Drachenkörpers zu verwenden verstand und in grossem Werte hielt. Aber auf jedwede so getane Entführung sei ein verwüstender Wasserguss erfolgt. Anno 1503 begab sich eine Gesellschaft vornehmer junger Herren aus Luzern auf die Jagd, an den Fracmont. Im Wald ab Malters hat einer von ihnen, der mit einer Axt sich zufällig allein befand, einen morschen Baumstrunk, wie er meinte, gesehen. Aber der unausstehliche Geschmack und Dampf, den er wahrnahm überzeugte ihn bald, dass da ein Drache schlafe. Bald fasste der Erschrockene wieder Mut, schlug mit der Axt dem Untier auf den Kopf, so dass es plötzlich aufschoss, sich in die Höhe schwang und fortflog. Der Boden, wo es gelegen, war ganz verbrannt, wie die Bäume, mit denen sein Hauch und seine Haut in Berührung gekommen war.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Drachen im Stulser-Gebirge

Source: Drachen im Stulser-Gebirge

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Im Jahre 1696, Anfangs August, begegnete dem Barth. Alegro von Ponte (Veltlin), welcher auf einer Weide der Gemeinde Stuls bei Bergün, im Ge­birge das Vieh hütete, ein seltsames Abenteuer. Er erblickte nämlich hoch oben am Gipfel des Berges in einer Höhle ein grosses, zusammengerolltes Tier. Dasselbe ruhte, und gewahrte anfänglich ihn nicht. Wiewohl das Tier ganz feuerrot strahlend glänzte, und den Hirten blendete, war Derselbe doch neugierig, zu wissen, was das für ein Ungeheuer sei, das diese Höhle bewohne, und er trat behutsam näher. Nunmehr hatte das Tier auch ihn erblickt, und richtete sich empor. Der Hirte wusste nun, dass er einen gewaltigen Drachen vor sich habe. Der war zwei Klafter lang, hatte einen gedrungenen Kopf, der einem Katzen-Kopfe glich, mit granat-funkelnden Augen, einem weissen Streifen um den Hals, Schuppen an den Füssen, wie ein Fisch, und mit Anhängseln versehen die Zunge war wie die einer Schlange, und auch der Schwanz war doppelt. Durch diesen Anblick erschreckt, suchte der Hirte sein Heil in der Flucht, aber das Ungeheuer verfolgte ihn mit der Schnelligkeit eines Pfeiles. Der Flüchtling fand Schutz hinter einem Steinblocke, um welchen herum der Drache nicht schnell sich bewegen konnte. So rannte das Untier immer vergebens dem Hirten nach, um den Stein herum, bis es endlich, vor Zorn, mit grosser Gewalt gegen den Stein anrannte, um Denselben zu stürzen. Dies hatte zur Folge, dass der Drache am harten Stein den Kopf so be­schädigte, dass er vor Schmerz am Boden sich wand, und in der Betäubung nicht mehr vermochte, den Hirten für den Augenblick weiter zu verfolgen. Der hülflose Zustand des Drachen gab dem Hirten Zeit, seine Flinte zu laden, und auf den Feind zu schiessen. Die Kugel traf den Drachen aber nicht mit dem Erfolge, dass Derselbe kampfunfähig wurde. - Vielmehr hatte die Verwundung den betäubten Drachen wieder belebt, und die Bestie in solche Wut gebracht, dass Diese wieder wie ein Pfeil hin und herschoss, zu Seiten des Steinblockes, um den Hirten zu ereilen; dann zum andern Male heftig gegen den Stein anrannte, und wiederum zu Boden fiel. Da der Hirte im Laufen um den Stein herum die Munition verschüttet hatte, nützte auch das Gewehr ihn nichts mehr. Er nahm daher Steine vom Boden auf, und tötete mit Diesen den Drachen. Nachdem er sich überzeugt hatte, dass der Drache tot sei, wollte er Denselben den Berg hinunter schleppen, aber er war zu schwach dazu. Er musste ihn liegen lassen. Am dritten Tage nach diesem Ereignisse stieg er mit einigen Kameraden hinauf, wo der tote Drache lag, Denselben zu holen, aber da war dessen Körper mit unzähligen Fliegen bedeckt. - Andere Hirten behaupteten, solche Drachen öfters gesehen zu haben, welche von einem Felskopfe nach dem Andern in schlängelnder Bewegung die Luft durchsegelten. Von einem andern Drachen in erwähnter Gegend erzählt Augustin Salis in Bergün um die Mitte des 16. Jahrh. Dieser Drache war ein Wurm von entsetzlicher Grösse, und lag auf einem steilen Hügel, an der Sonne. Durch eine Flintenkugel erlegt, rutschte er von dem Hügel herab. - Aber seine Ausdünstung war so widerlich und giftig, dass dem, welcher ihn tötete, durch den pestilenzartigen Hauch das Augenlicht geraubt wurde, und des Mannes Körper so stark anschwoll, dass viele Monate lang sein Leben auf dem Spiele stand. - Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Draguner zum Heiterloch us!

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Draguner zum Heiterloch us! Mi verzellt no-n-es angersch Stückli vom gliche Bur. Wo-n-er furt isch, het e Chnächt i dessi Büechere afo nusche un es Buech gno un afo läse. Du si Draguner zum Heiterloch us, eine nom angere, e ganze Hufe; äs hät nid wellen ufhöre. Dr Chnächt het nid gwüsst, wie u wo wehre. Ändligen isch dr Bur cho u het die Draguner wiederume zruggto. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Drei goldfressende Drachen

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Im obern Saastale, gegen den Monte Moro hin, hausten drei Drachen in einem Berge über Almagell, welche eitel Gold frassen, und den Berg so aushöhlten, dass er zusammen stürzte. Eines der Ungetüme wurde erschlagen, die beiden andern flogen auf das Mittagshorn und den Schild, wo sie heute noch sind; der Ort aber, wo der dritte begraben liegt, heisst der Moosguffer. Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Drei Hände

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Zur Zeit, als in Unterschächen die Grippe (1918) herrschte und schon viele Opfer geholt hatte, geschah es eines Tages, dass der Sigrist bei seiner Arbeit drei Hände auf der Friedhofmauer erblickte, die sich so festhielten, wie wenn jemand über die Mauer in den Friedhof hinein steigen wollte. Jetzt sagte der Sigrist zu den Leuten: »Es werden noch drei Personen an der Grippe sterben, aber dann wird sie erlöschen.« Und so geschah es in der Folge. Karl Gisler Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Drei Jungfrauen auf dem Hertenstein

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Hinter dem Hertenstein bei Baden soll ehemals ein Ritterschloss gestanden haben. Ein Bauer, der unferne vom Burgstall seinen Hof hatte, schälte sich einst Nachts beim Mondschein Stangen im Holze und traf da auf drei Jungfrauen, die auf einer Steinbank sassen und zusammen sangen. Sie gaben ihm sogleich an, was er mit seinen Stangen machen solle; er müsse damit in der heutigen Nacht an der Stelle, wo sonst der Schlossbrunnen gestanden, einen Kreis legen; dann werde darin eine Schlange hervor kommen, der er den Schlüsselbund aus dem Maule schlagen müsse, und gelinge dies, so sei er im Besitze grosser Reichthümer. Der Bauer kannte den bezeichneten Ort wohl; es ist derjenige, den man die Brunnenmatten heisst, weil dorten der Kaltbrunnen läuft; aber hart daran liegt das Grütt mit der wüsten Tiefe des sog. Kaibengrabens. An diesen Orten wollte der Bauer um Mitternacht nichts zu schaffen haben, machte sich also davon und liess die Jungfrauen weiter singen. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 258 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Drei Kühe in zwei Ketten

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Ein Bauer fand am Morgen in seinem Stalle drei Kühe in zwei Ketten. Er holte sich beim Kapuziner Rat. Dieser ging dahin, man soll die mittlere Kuh mit einer Axt totschlagen. Und siehe da, die Vorsteherin des Ortes lag im Bette erschlagen. (Mündlich) Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 241, S. 120 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Drei Küsse / Die Wiege

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Zwischen Oberwil und Brütten im Kanton Zürich ist ein Acker, Steinmürli genannt. Am Saume desselben steht ein einsamer Baum, unter welchem ein Schatz ruhet. Oft schon ward derselbe zu heben versucht, allein es sind durch Zauber solche Bedingungen an die Hebung geknüpft, dass es bisher keinem Sterblichen gelungen ist, dieselben zu erfüllen. Einst ging nach Mitternacht ein Mann zu diesem Baume und grub. Bald erschien ein schönes Weib und machte ihm Hoffnung, dass er das Ziel seiner Wünsche erreichen werde, allein er müsse drei Mal ihr einen Kuss geben. Sie gewährte ihm heute den ersten Kuss. Als er in der folgenden Nacht wieder kam, sass eine grosse scheussliche Kröte (denn in diese hatte sich das schöne Weib verwandelt) unter dem Baume. Er brachte es nicht über sich dieselbe zu küssen, sondern floh davon. In der dritten Nacht fand er die Kröte abermals da sitzen, und als er sich wiederum zu einem Kusse nicht entschliessen konnte, ward er plötzlich wahnsinnig und konnte nicht mehr geheilt werden. Ein andermal machte jemand ebenfalls den Versuch, den Schatz zu heben, allein auch ihm wurden solche Bedingungen gestellt, die er nicht eingehen konnte. Als er nämlich grub und hackte, erschien ein Weib und sagte, bevor er den Schatz heben könne, müsse er einen gewissen Baum im Walde fällen und aus demselben eine Wiege zimmern; und erst wenn ein Kindlein dieser Wiege schreien würde, gelänge es ihm den Zauber des Schatzes zu lösen. So wurde auch dieser auf eine ungewisse Zukunft vertröstet und erreichte sein Ziel nicht. Quelle: Theodor Vernaleken, Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch


by Drei Leintücher

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In der Schlossruine zu Weissenburg im Simmental sah ein Knabe drei Leintücher („Lilache") ausgebreitet. Auf dem einen waren gelbe, aus dem andern weisse und auf dem dritten braune glänzende Stücke. Aus Furcht vor dem "brandschwarzen" Hunde warf er diesem sein Brot zu. Zufällig fiel es auf einige weisse Stücke. Der Hund verschwand mit den beiden übrigen Leinlachen und die Silberstücke blieben liegen. Quelle: Theodor Vernaleken, Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch


by Drei lustige Tage und dann des Teufels

Source: Drei lustige Tage und dann des Teufels

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Drei Handwerksburschen, die sich in ihrem Leben noch nie gesehen hatten, trafen ganz zufällig auf der Wanderschaft zusammen. Sie waren alle drei unzufrieden mit dem Schicksal, das ihnen härtere Nüsse zu knacken aufgab, wie sie meinten, als andern Leuten. Keiner hatte einen Rappen in der Tasche, und das Ränzel auf dem Rücken enthielt nur noch zerlumpte Leibwäsche, die sie im Bache nicht mehr auszuschwemmen wagten, aus Furcht, die letzte Naht möchte im Wasser auch noch platzen. Als sie so traurig die staubige Landstrasse entlang zogen, sagte der eine: «Seht, mir ist es immer schlecht ergangen von Jugend auf; nur einmal in meinem Leben möchte ich so recht nach Herzenslust mich freuen, gut essen und trinken und dann meinetwegen des Teu­fels sein!» Der zweite sagte: «Mir ist es eher noch schlechter ergangen als dir, ich habe meiner Lebtag immer nur Roggenbrot und Käse gegessen, und weiss nicht einmal, wie die feinen Gerichte schmecken, die die reichen Leute alle Tage auf den Tisch bekommen, drum bin ich ganz deiner Ansicht und gäbe gerne den Rest meines Lebens dahin, wenn ich so recht in den Tag hinein leben könnte, und wenn es auch nur für kurze Zeit wäre!» Der dritte und jüngste sagte: «Ich habe bis jetzt fast nur böse Tage gezählt. Neulich hätte ich eine gute Stelle mit schönem Lohn bekommen, als ich krank wurde und sie deshalb wieder verlor. Doch hoffe ich immer noch auf bessere Zeiten, und für das gute Fressen und Saufen allein gäbe ich meine Seligkeit nicht dahin!» «Drei Tage und dann des Teufels!» sagte der erste wieder, und der zweite stimmte bei, und ihre Augen leuchteten. Da sahen sie einen fein gekleideten Herrn des Weges kommen, den sie bis jetzt gar nicht bemerkt hatten, und doch war die Strasse schnurgerade, und weder von links noch von rechts mündeten andere Wege ein. Der fremde Herr trug zu seinem vornehmen schwarzen Kleid ein kleines grünes Hütchen, auf dem eine Rabenfeder steckte. Er blieb stehen und redete sie mit spöttischem Lächeln an: «Was fehlt euch denn? Euch stehen ja die Augen aus dem Kopf wie Waldeulen, die acht Tage lang nichts in den Bauch bekommen haben. - Drei lustige Tage begehrt ihr, die könnt ihr haben, und ihr sollt euch das Herz aus dem Leibe lachen. - Und wenn sie um sind, pah, dann seid ihr doch nicht des Teufels; ihr braucht nur drei leichte Fragen zu beant­worten, weiter nichts, und könnt ihr das, so seid ihr frei. Da, schlagt ein!» Die zwei ältern schlugen sofort ein, und der dritte streckte fast gegen seinen Willen die Hand auch hin, worauf der schwarze Herr einen Kratzfuss machte und verschwand. Jetzt erst gewahrten sie die Spur eines Pferdefusses im Staub der Landstrasse. Gegen Abend bogen die drei Gesellen in ein Dörfchen ein, wo ein lustiges Fest gefeiert wurde. Sie setzten sich zu den Burschen und Mädchen ins Wirtshaus, und nun schwammen sie in der seligsten Lustbarkeit. Sie liessen vom Besten auftragen, bewirteten die Gäste mit Braten und feurigen Weinen, und da ihre Taschen nie leer wur­den, hielten die Leute sie für grosse Herren. Die ganze Nacht durch wurde gezecht, geschlemmt und getanzt. Ein so schönes Fest hatte man im Dorfe noch nie gesehen. Am Morgen, als der erste Sonnenstrahl durch die Läden schoss und einen hellen Schein in das wilde Leben hineinwarf, stahl sich der jüngste der drei Gesellen fort. Das Gewissen wachte ihm plötz­lich auf, und er dachte mit Schrecken an die drei Fragen, die ihnen der Teufel zu lösen geben werde und an ein schlimmes Ende. Er wanderte fort, bis er das Wirtshaus aus den Augen verlor, immer querfeldein und legte sich, als die Sonne den Zenith erreichte unter einem grossen Birnbaume nieder. Wie er so durch die Äste ins Blaue hineinstarrte und sich überlegte, was sie der Teufel wohl fragen werde, hörte er eine Stimme über sich, die ganz deutlich sagte: «Für dies eine Mal will ich dir noch helfen, dann aber nie mehr. Nimm dein Messer, stich den Rasen um den Baum herum aus und bedecke damit deinen Kopf. Es werden tausend Raben heranfliegen und sich im Geäste niedersetzten. Pass gut auf, was sie schwatzen werden! » Der Bursche sprang auf. Hatte er geschlafen und geträumt? Er wusste es nicht. Er zog das Messer und stach den Rasen rund um den Baum heraus, Scholle für Scholle und bedeckte sich damit. Kaum war er mit der Arbeit fertig, kam ein Flug Raben daher­geflogen und setzte sich schwatzend und kreischend ins Gezweige, so dass der Baum von diesen gefiederten Teufeln ganz schwarz aus­sah. Der Bursche verhielt sich mäuschenstill und horchte zu. Ganz deutlich vernahm er folgendes Gespräch, das zwei der Schwarzröcke dicht über seinem Kopfe hielten: «Du hast auch noch nie eine Seele gefangen, du Aasfresser, ich aber bekomme grad drei auf einmal!» Da schrie der andere: «Was, du bist der dümmste unter uns und erhältst drei auf einmal? Das glaube ich nicht!» «So hör zu», erwiderte der erste. «Ich halte drei Handwerksburschen in den Klauen, die noch drüben im Dorfe tan­zen, fressen und saufen, was das Zeug hält. Zwei Tage noch und dann sind sie mein!» «Erzähl das einem andern, du Rabenaas, nicht mir», höhnte der andere. «Und mein sind sie, denn sie werden die Fragen nicht lösen, die ich ihnen geben werde», sagte der erste. Sie müssen mir raten, was für Spielleute, was für ein Licht und was für eine Decke ich ihnen gegeben habe. Das werden sie nicht heraus­bringen, he, he, denn als Spielmann habe ich die Katze des Wirtes erwischt, als Licht habe ich der Köchin den Feuerbesen gestohlen, und das raten sie nicht, und als Decke habe ich dem Wirt die Kuh­haut genommen, und darauf kommen sie nicht!» Das Gekrächze auf dem Baume wurde immer lauter und unwir­scher, und auf einmal flog die ganze Schar mit heftigem Geschrei davon. Der Geselle unter dem Baume erhob sich, setzte die Erdschollen wieder ein, klappte das Messer zusammen und nahm sich vor, die liederlichen Kameraden zu verlassen, sobald er sie aus des Teufels Klauen befreit hätte, und dem unsteten Leben zu entsagen. Langsam ging er denselben Weg zurück und wiederholte die drei Fragen, um sie gut einzuprägen. Als er das Wirtshaus gegen Abend erreichte, war die Musik verstummt und der Lärm zu Ende. Auf einer steinernen Bank vor dem Hause sassen die bei den andern Gesellen, die Haare fielen ihnen wirr ins Gesicht, und trostlos schau­ten sie ins Leere. Erst einer der drei flotten Tage war um, die ihnen der Teufel versprochen, und schon hatten sie die Lustbarkeit satt. Der Jüngste weckte sie aus dem stumpfsinnigen Brüten nicht auf; er hielt den Traum geheim und wartete, bis der zweite und dritte Tag vorüber war. Der Wirt fragte sie öfters, ob sie nichts zu essen und zu trinken begehrten, aber es gelüstete sie nicht stark danach. So erschien der Morgen des vierten Tages. Kaum hatten sie sich von ihrem Lager erhoben und waren ein wenig vor das Dorf hinausgewandert, so stand der Teufel auch schon da. Auf seinem Gesicht lag ein zufriedenes Lächeln. Er strich sich das Kinn und stellte die drei Fragen. Die zwei ältern Genossen wussten kein Wort darauf zu erwidern. Der Kopf schmerzte sie noch von dem wilden Gelage, und sie schau­ten sich schreckensbleich um, ob nicht jemand des Weges kommen und sie aus der entsetzlichen Lage befreie. Da trat der jüngste zwei Schritte vor und sagte: «Ich will dir Rede stehen!» «Sieh, sieh!» sagte der Teufel und verzog sein Gesicht zu einem hämischen Lachen. «Was für einen Spielmann habe ich euch denn gegeben?» Der Bursche erwiderte: «Hättest du dem Wirt die Katze gelassen, so hätten die Mäuse den Speck nicht gefressen!» «Hm, hm», brummte der Teufel, und ein Schatten flog über sein Gesicht. «Nun die zweite Frage: Was für ein Licht habe ich euch denn gegeben, he?» «Hättest du der Köchin den Feuerbesen gelassen, so würde sie die Kohlen besser usammengewischt und den Boden nicht angebrannt haben!» «Gut», sagte der Teufel, «aber nun kommt die dritte Frage», und er spreizte die Beine und machte ein böses Gesicht. «Was für eine Decke habe ich euch denn gegeben, he?» Der Bursche erwiderte, ohne sich zu besinnen: «Hättest du dem Wirt das Kuhleder nicht gestohlen, so müsste die Wirtin nicht bar­fuss gehen! » Die zwei ältern Gesellen horchten atemlos und mit offenem Munde zu und kamen aus dem Staunen gar nicht heraus. Der Teufel aber geriet in Zorn und machte sich davon. Er liess einen so schrecklichen Gestank zurück, dass sie fast den Geist aufgeben mussten. Quelle: Johannes Jegerlehner: Walliser Sagen, Hans Feuz Verlag Bern, 1959 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Drei Männer ohne Kopf

Source: Drei Männer ohne Kopf

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a) Ein jüngerer Bauer aus dem Eichholz bei Giffers kam in einer Quatembernacht ziemlich angeheitert nach Hause. Im «Weissen Kreuz» in Giffers hatte er etwas zu viel ins Glas geschaut. Als er an der Flachsnera vorbeikam erblickte er drei Männer. Er rief ihnen in seiner feuchtfröhlichen Stimmung ein kräftiges «Guten Abend» zu, worauf jedoch kein Gegengruss erfolgte. Darüber geriet der Zechbruder in Zorn und stürzte sich auf die Unhöflichen. Er wollte jedem eine gesalzene Ohrfeige geben. Schon hatte er die Hand zum Schlagen erhoben, sofort liess er sie aber entsetzt sinken: Den drei Männern fehlte nämlich allen der Kopf. Der plötzlich ernüchterte Streithahn sah nur rote Halsstümpfe; aber was noch grausiger zu schauen war: jeder trug seinen Kopf unter dem rechten Arm. Solcher Anblick war stark genug, auch den kühnsten Raufbold abzuschrecken. Der ernüchterte Wirtshaussitzer wartete nicht lange, sondern nahm Reissaus, so flink ihn seine Beine fortbringen konnten; er soll seither nie mehr zu spät nach Hause gekommen sein. Auch andere Leute wollen die drei kopflosen Gestalten erblickt haben. Sie liefen oft hinter dem Wanderer drein ohne ihm etwas Böses zuzufügen. b) Eine ähnliche Erzählung wird von der Horiagasse in Düdingen erzählt, die durch den gleichnamigen Wald führt. Hier begegnet der Heimkehrende nur einem kopflosen Wesen. Als der Gegrüsste keine Antwort gab, wollte der Angeheiterte ebenfalls zu einer Ohrfeige ausholen. Da schrumpfte die Gestalt des Kopflosen zusammen bis nur noch ein winziges Flämmchen übrig blieb; das erlosch ebenfalls nach einigen Augenblicken.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Drei Ratschläge

Source: Drei Ratschläge

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Ein junges Ehepaar war betrübt, dass ihm keine Kinder beschert wurden. Der Mann war Schmied und besass eine gute Kundschaft, aber die Freude an der Arbeit schwand allmählich, und er murrte über das Schicksal, das ihm versagte, was andern in so reichem Masse zuteil wurde. Eines Tages, als er wieder neben dem Amboss brütete und gar traurig über seine Arbeit weg schaute, warf er in seinem Missmute das Schurzfell weg, ging hinauf in die Stube, zog das Sonntagsgewand an, verliess seine Frau, ohne sie noch einmal zu grüssen und zog zum Dörfchen hinaus in die Fremde. Er wollte in alle Ferne gehen, wo ihn keine Seele kannte. Hätte er nur geahnt, wie bald sein Wunsch in Erfüllung gehen sollte, wahrhaftig, er wäre zu Hause geblieben! Als er erst durch einen langen Wald, dann stundenlang durch Felder und Wiesen gewandert war, kam er in ein Dorf, wo er sich bei dem Schmiedemeister als Arbeiter einstellen liess. Hier schaffte er ein Jahr lang, bis ihn eines Tages jemand anredete: «Wie geht es dir, Hannes?» Da sagte er für sich: «Hier bleibe ich nicht, wenn man mich kennt!» Er liess sich den Lohn auszahlen und zog wieder fort, weit, weit, bis er müde von dem vielen Marschieren bei einer Schmiede Halt machte und um Arbeit fragte. Dem Schmied war kürzlich der beste Geselle gestorben, und so war er froh, einen neuen zu erhalten, der ihm schon auf den ersten Blick sehr gut gefiel. Bei diesem Meister blieb Hannes nun volle zwanzig Jahre lang und vergass darob seine Frau und die Heimat. Da träumte er plötzlich drei Nächte von ihnen, vom Heimatdorf und von seiner Frau. und eine Stimme rief ihm zu: «Geh heim, geh heim, es ist dein Glück!» Er dachte, das werde wohl seine Bedeutung haben und fragte den Meister, was er tun solle. Dieser riet ihm, der Stimme zu gehorchen, denn wenn man dreimal dasselbe träume, so sei das ein Wink, ein Fingerzeig, dem man gehorchen müsse. Was er nun vor­ziehe, den Lohn für zwanzig Jahre oder drei gute Ratschläge. Der Schmied besann sich ein Weilchen und dachte, drei gute Ratschläge von seinem Meister, den er in hohen Ehren hielt, würden ihm wohl mehr nützen als Geld, deshalb sagte er, die drei guten Ratschläge seien ihm lieber. Der Meister erwiderte mit leuchtenden Augen: «Mein lieber Freund, gut hast du gewählt, und du sollst die Ratschläge hören. Sie bedeuten dir jetzt vielleicht wenig, aber befolge sie nur, und du wirst es nicht bereuen. Zum ersten, meide die Abwege, folge immer der guten, breiten Strasse; zum zweiten, sei nicht neugierig und zum dritten, strafe nicht im Zornl Das ist alles, was ich dir zu sagen habe, nun zieh im Frieden und gedenke deines alten Meisters!» Er schenkte ihm ein Pferd als Draufgeld und ein Brot als Wegzehrung, dann nahmen sie Abschied. Der Schmied ritt in der Morgenfrühe davon, und schon wollte es ihn gereuen, die Ratschläge dem grossen Lohn vorgezogen zu haben. Da traf er mit zwei Handwerksburschen zusammen, die dieselbe Strasse zogen und ebenfalls beritten waren, wenn sie auch nicht auf einem so schön gesattelten Pferde sassen wie er. Sie sangen ein fröh­liches Lied und luden ihn ein, mitzuwandern. Das war ihm recht, zu dreien schien der Weg kürzer, und die Zeit eilte schneller von dan­nen. Bald erreichten sie eine Stelle, wo ein Fussweg von der Strasse abbog. Die Kameraden behaupteten, dieser Fussweg führe schneller zum Wirtshaus, wo sie alle drei übernachten müssten, der Schmied aber besann sich auf den ersten Rat seines Meisters und entgegnete: «Ich bleibe auf der Landstrasse; da reitet es sich gut, und auf ein Stündchen später oder früher kommt es mir nicht an!» «Wirst wohl nicht so dumm sein und den witen Umweg machen wollen», riefen sie aus, «jetzt bricht die Nacht herein, und auf dem Fussweg langen wir grad tags noch an!» Der Schmid schüttelte den Kopf, beharrte auf seinem Entschlusse, den er im geheimen selbst ein bisschen dumm fand und ritt seine Strasse. Spät abends langte er an dem einsam im Walde gelegenen Wirts­hause an. Er stellte das Pferd ein, bestellte das Abendessen und fragte nach den beiden Gesellen. Der Wirt, ein kleines Männchen mit feuerrotem Bart und kleinen, tief liegenden Augen sagte, sie seien vor einer Stunde schon angekommen und bereits zu Bette gegangen. Er führte ihn in eine Stube, wo sich kein Mensch befand; nur eine alte Uhr, auf deren Zifferblatt der Tod mit der Sense gemalt war, tickte an der Wand. An der Decke hingen die Fliegen so zahlreich wie die Sterne am Himmel. Nach einer halben Stunde trat der Wirt herein und meldete, das Essen sei bereit. Er ging zu dem Schrank, drehte den Schlüssel und liess ein altes Mütterchen heraus, dem er befahl, aufzuwarten. Die Alte brachte in einem Totenschädel die Suppe herein, und nun wusste der Schmied, was er schon längst geahnt, dass er in ein Räuberhaus geraten sei. Er dachte, die Weg­gefährten seien ermordet worden und ihm werde es nicht besser er­gehen. Doch bezähmte er seine Neugierde, fragte nicht mehr nach ihnen und liess sich das Abendessen schmecken. Da kam der Wirt herein und forderte ihn auf, mit ihm in den Keller zu steigen und von dem Weine zu kosten; er hätte unlängst ein paar neue Fässer erhalten und möchte gerne hören, was sein Gast dazu sage. Stumm und ohne Zaudern folgte er der Einladung, stieg mit dem Rothaari­gen die dunkle, muffige Treppe hinunter, wobei er dachte, seine letzte Stunde sei gekommen, und kostete von jedem Fass einen Holz­becher voll. Als der Wirt ihn zum Schluss fragte, welche Sorte ihm am besten geschmeckt habe, sagte er, «die letzte!» Da verkniff der Rote die Augen und meinte in spassigem Ton: «Mir auch! Höre Freund! Du gefällst mir gut. Weil du deine Neugierde bemeistert hast, so will ich dir bekennen, dass du in eine Mördergrube geraten bist; der rote Wein, den du soeben gekostet und so herrlich gefunden hast, ist reines Menschenblut!» Der Schmied zuckte zusammen und schaute nach der Tür, doch war an eine Flucht nicht zu denken, denn die Tür war geschlossen. «Machs kurz», sagte er tonlos, «ich bin in deiner Gewalt!» Der Wirt aber fuhr fort: «Deine Kameraden sind tot, ich habe sie um­gebracht, weil sie überall ihre Nasen hineingesteckt haben, du aber fürchte dich nicht, es soll dir nichts geschehen; du bleibst hier über Nacht, und morgen früh werde ich dir sicheres Geleite mitgeben, denn im Walde wimmelt es von Räubern, die alle unter meinem Kommando stehen!» Dann führte er den Schmied, den es immer noch fröstelte und schauderte, die Treppe hinauf ins Zimmer und wünschte gute Nacht. Das war ein frommer Wunsch! Die ganze Nacht konnte der Schmied kein Auge schliessen. Die Tür hatte er fest verrammelt, obschon er wusste, dass der Tisch und die paar Stühle nicht hindern könnten, dass man ihn umbringe. Halb wach, halb träumend lag er auf seinem Bett, als plötzlich der junge Tag durchs Fenster brach und es ihm leichter ums Herz wurde. Er schloss die Augen und schlummerte ein. Nach einer Weile klopfte es an die Tür. Er fuhr auf und kleidete sich an. Als er öffnete, stand der Wirt draussen mit dem Speisebrett, auf dem er das Frühstück herein­trug. Mit einem Lächeln auf den Lippen ging er zum Schrank und liess das Mütterchen heraus, damit es den Gast bediene. Dann öffnete er ein Fenster und liess einige grelle Pfiffe ertönen. Sogleich eilten vier Räuber mit wilden Mordgesichtern herbei. Der Wirt gebot ihnen, den Gast bis an den Rand des Waldes zu geleiten, dann übergab er dem Schmied die Pfeife, auf der er soeben geblasen, mit den Worten: «Wenn dir Gefahr drohen sollte, so brauchst du nur zu pfeifen, und die unsrigen werden dich sofort als einen der ihrigen erkennen und dir kein Haar krümmen!» Die Räuber geleiteten den Schmied durch den Wald und noch ein Stück weiter, wiesen ihm den Weg, nahmen ihm die Pfeife wieder ab und verabschiedeten sich. Der Schmied atmete auf und schlug einen raschen Trab an, denn es zog ihn zu seiner Frau, der er seit einundzwanzig Jahren nie ein Lebenszeichen gegeben hatte. Ob sie wohl noch lebte? Als er das Heimatdörfchen erblickte, schwang er den Hut und gab dem Pferde die Sporen. Da es unterdessen Abend geworden war, wollte er nicht mit der Tür ins Haus fallen und seine Frau er­schrecken. Er stieg deshalb im Wirtshaus ab, bestellte sein Abend­brot, ging früh zu Bette und schlief bis in den hellen Tag hinein. Als er ans Fenster trat und über die Strasse hinschaute, gewahrte er auf der andern Seite ein Haus, das war seine alte Schmiede; das Fenster der Wohnstube war offen, und in der Stube erkannte er trotz der Entfernung seine Frau. Zu ihr trat ein junger Mann im schwarzen geistlichen Gewande, der sie herzlich begrüsste und küsste. Der Schmied zuckte zusammen: «Was ist das? Jetzt ist mir meine Frau untreu geworden!» Er ergriff in hellem Zorn sein Gewehr und schlug an. Aber da fiel ihm der dritte Rat seines Meisters ein, nicht im Zorn zu strafen. Er liess das Gewehr sinken und ging hinunter in die Wirtsstube, wo schon viele Leute versammelt waren. Er tat, als ob er hier fremd wäre und fragte die Wirtsleute, die ihn nicht erkannten, was heute im Dorf los sei, warum so viele Menschen im sonntäglichen Staate zusammenströmten und die Häuser mit bunten Wimpeln und Krän­zen geschmückt seien? Der Wirt sagte: «Uns gegenüber, nur über die Strasse, wohnt die Frau des Schmied-Hannes, der so gut wie begraben ist, denn seit zwanzig Jahren und mehr ist er verschollen und hat nie ein Lebens­zeichen von sich gegeben. Kurz nach seinem Wegzug hat sie einem Söhnchen das Leben geschenkt; das hat sie gut erzogen, hat es stu­dieren und zum Geistlichen heranbilden lassen, und nun liest der Sohn heute die erste Messe. Das ist eine Ehre für uns alle, darum gibt der Gemeinderat ein grosses Essen!» Der Schmied sah ein, welch gute Ratschläge ihm der Meister mit auf den Weg gegeben hatte; er dankte ihm heimlich recht herzlich dafür und fragte, ob er wohl auch an dem Gastmahle teilnehmen dürfe. «Natürlich», sagte der Wirt, «das ganze Dorf ist zu Gaste geladen, und wenn nun heute grad ein Fremder im Dorfe weilt, so ist halt einer mehr und weiter nichts. Wir sind gute Leute und halten Gast­Freundschaft!» Als die Messe zu Ende war, setzte sich der Schmied zu den Tafeln­den. Da stand der junge Geistliche auf und brachte die Gesundheit aus auf alle, auf seine Mutter und auch auf seinen Vater, wenn er noch lebe. Nun erhob der Schmied seinen Becher und rief mit Tränen in den Augen: «Gesundheit, mein liebes Weib, Gesundheit, mein liebes Kind, ja, da bin ich wieder, euer Vater Hannes!» Da erscholl lauter Jubel, und Vater, Mutter und Sohn begrüssten sich und drückten sich warm die Hände. Jetzt fiel dem Schmied das Brot ein, das ihm der Meister geschenkt und das er noch gar nicht angeschnitten hatte. «Damit ihr wisst, wie fremdes Brot schmeckt», sagte er und schnitt es an. Da gab es einen klingenden Ton, und funkelnde Goldstücke fielen heraus, immer mehr und mehr, und zuletzt lag ein ganzer Haufen auf dem Tisch. Der Schmied zählte das Geld und sagte: «Das ist grad der Lohn für meine zwanzig Jahre, kein Heller fehlt daran, und nun lasst uns trinken auf das Wohl meines guten Meisters!" Quelle: Johannes Jegerlehner: Walliser Sagen, Hans Feuz Verlag Bern, 1959 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Drei sagenhafte Schnurren vom Zürichsee

Source: Drei sagenhafte Schnurren vom Zürichsee

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Drei sagenhafte Schnurren vom Zürichsee Die Geisshenker. Ein Untervogt zu Erlenbach, seines Zeichens ein Schneider, besass einmal eine bösartige Geiss, die ihrem Besitzer allerlei Tücken spielte. Er hielt sie am Ende für eine Hexe und liess sie als solche vors Dorfgericht nehmen. Dieses fällte nach ergangener Klage des Untervogtes das Todesurteil über das tückische Tier. Noch vor der Morgendämmerung wurde es vom Dorfwächter vollzogen und als Galgen der nächste Birnbaum gewählt. Dies Tat soll den Erlenbächen den angeführten Übernamen eingetragen haben. Die Fleischbrühesser. Vor Zeiten waren wohl die Küsnachter Metzger etwas teure Herren, denn oft kam es vor, dass die Schiffsleute aus der Stadt Fleisch heimbrachten, das sie billiger verkaufen konnten als man es in der heimischen Metzg erhielt. Einmal kam ein Marktschiff von Zürich her, vollbeladen mit Fleisch, das der Schiffsmann den Küsnachter Metzgern zu Schreck und Schaden gekauft hatte. Bei Zollikon überfiel es aber ein Sturm und trieb es gegen das Küsnachter Horn, wo es nahe am Ufer versank. Die Schiffsleute konnten sich schwimmend retten, machten aber begreiflicherweise ein Geschrei wegen des verlorenen Fleisches. Als die Dorfbewohner vom versunkenen Fleische hörten, kamen sie mit Gätzi, Kübeln und Schüsseln herbeigerannt, um wenigstens die Fleischbrühe zu retten. Die Lungensieder. Nach Zollikon kam einst ein fahrender Schüler, der verkündete, im Berg drin lägen armsdicke Goldadern. Er habe sie gesehen, denn er könne durch die Erde schauen wie andere Leute durch die Luft. Das komme davon her, daß er Berglunge gegessen habe. Nun waren ja die Zolliker dadurch bekannt, dass sie viel in die Stadt fuhren, um dort Lungen und andere Eingeweide zu kaufen. Denn Grick war billiger als Fleisch. In ihrer grossen Sparsamkeit machten die Zolliker aus den Lungen eine alte Dorfspezialität, das Lungenmus. Die guten Leute waren überaus begeistert, als sie also von der Berglunge sprechen hörten und wollten gleich davon haben. Doch der fahrende Schüler gab vor, man könne solche nur mit einem goldenen Löffel ausgraben. Wenn sie ihm zwölf Dublonen geben könnten, so liesse sich aus dem Gold wohl vom Goldschmied ein solcher Löffel anfertigen. Die Zolliker kratzten die zwölf Dublonen zusammen und der Scholar verschwand damit. Aber er erschien nach einigen Tagen wieder, entgegen der Meinung einiger Zweifler. Er brachte einen schweren Klumpen mit, der aussah wie ein schwarzer Stein. Das war eben die Berglunge. Auf Anweisung des Fahrenden musste nun auf der Allmend ein Wäschekessel aufgehängt werden, gross genug, um die Berglunge darin zu sieden und zu präparieren. Darunter wurde ein zünftiges Feuer angefacht. Lange wollte die schwarze Berglunge nicht lind werden, und es war schon im späten Nachmittag, als dem Zauberkoch plötzlich einfiel, es müsse ja Gold zur Berglunge hineingegeben werden, damit man bei deren Genuss goldsichtig werde. Hatte man sich schon so weit in die Sache elngelassen‚ so wollte man auch damit fertig werden, dachten die Leute, begaben sich nach Hause;  und ramisierten ihre Schmucksachen zusammen, nicht ganz ohne Maulerei ihrer Weiber. Unterdessen setzte sich der fahrende Schüler ins Wirtshaus. Als die Männer mit ihren Habseligkeiten herbeikamen, leerte der Fremde sie in seinen Hut, der schön voll wurde. Mit dem lässt es sich wohl machen, meinte er und schüttelte den Schatz in ein leinenes Säcklein,. Nun begaben sich die Leute, angeführt durch den Scholaren, wieder auf die Allmend. Dort brodelte die Berglunge noch über dem Feuer. Nun musste unterwegs der Koch schnell austreten, hatte aber die Gesellschaft bald wieder eingeholt. Am Kessel angelangt, senkte er das Säcklein zur Lunge hinab. Es war mittlerweile Abend geworden. Der Zauberer rührte bis in die Nacht, und als er müde wurde, hiess er einen anderen für ihn rühren. Denn, so versicherte er, die Berglunge würde erst um Mitternacht geniessbar werden. Damit bat er, sich in den Busch legen zu dürfen, was die Gesellschaft ihm bewilligte, ja sogar sich anerbot, ihn zu rechter Zeit zu wecken. In gierige Erwartungen vertieft, rührten sie die Berglunge und das Gold bis zur Geisterstunde. Aber der Zauberer erschien nicht auf Schlag zwölf, und die Lungensieder schickten sich an, ihn aus dem Busch zu klopfen. Da war aber weder Staub noch Flaum von einem fahrenden Schüler Böse Ahnungen stiegen den Goldsüchtigen auf. Man fischte den Klumpen heraus - und in dem leinenen Säcklein fand man die gewöhnlichsten Kieselsteine. Es war eine böse Rückkehr in die Wirklichkeit, wobei der Spott der umliegenden Dörfer nicht ausblieb. Seither hiessen die Zolliker Lunggesüüder. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Nach Nüesch und Bruppacher, das alte Zollikon, Zürich 1899, S. 449 - 450.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Drei Schlücke Wasser

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Der Einsiedler "im Rüoduofo" war ein frommer Mann. Einmal im Sommer litt er aber so schrecklich Durst, dass er aus der "Wiissu"-Wasserleitung drei tüchtige Schlücke trank. Das Wässerwasser gehörte aber zu dieser Stunde einer armen Witwe. Wegen dieser drei Schlücke Wasser gab es ihr drei Handvoll weniger Heu, dessentwegen drei Stripfen weniger Milch, also auch weniger Käse, und darum soll das Geschlecht Kienzler in Mund ausgestorben sein. MUND Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Drei Schritt ab Wäg

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Drei Schritt ab Wäg Mi Vater ischt z’Mittinacht hei. Är ischt scho obehar dr Walkibrügg gsi. Du ghört er e Stimm: „Drei Schritt ab Wäg.“ Ar ischt uf d’Site, u öppis wie-n-es Chleid het ne liecht uf dr Site gstreipft. Gseh het er nüt. D’Lüt hei drum gseit, do chöm mängisch es Meitschi derhar; äs sig ganz büürsch agleit. Warnende Stimmen aus der wilden Schar rufen vor dem Zuge her: „Usem Wäg, usem Wäg! dass niemer bschänt (beschädigt) wird“, oder in deutschen Sagen: «Hollt’n Middelweg! hollt’n Middelweg! Denn daun di min Hunn nix!» Vielleicht geht der getreue Eckard dem Zuge mit ähnlicher Warnung voran. Die Gespenstergeschichte vom Mädchen in Bernertracht steht mit dem Warnungsruf: „Drei Schritt ab Wäg!“ ursprünglich in keiner Beziehung; der Ruf gehört in den Bereich der wilden Jagd. Zwei sich fremde Bestandteile schliessen sich lose zusammen und versuchen, etwas Einheitliches vorzutäuschen. Die wilde Jagd oder der wilde Jäger geht oftmals von der Altburg aus, einer Erdburg, deren Entstehung oder Wiederbesetzung J. Wiedmer-Stern in die erste Hälfte des 6. Jahrhunderts verlegt. Von den Erdburgen auf dem Hunzen zu Kleindietwil und im Kaser zu Wyssbach wird ähnlich erzählt; aber die wilde Jagd kommt nicht mehr zu Fuss oder zu Ross durch die Luft einhergejagt, sondern eine gespenstische Kutsche fährt sausend ihren Weg daher. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Drei Seelen

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Als ich ein Kind war, bekam ich das »Friärä« (d.h. Frieren, Sumpffieber). Eine Freundin riet meiner Mutter, sie solle für drei Seelen beten, nämlich für eine, die ertrunken, eine, die erfroren, und eine, die verbrannt sei. Die Mutter fing an zu beten, und bald wurde ich besser. Sie meinte nun, genug gebetet zu haben, und hörte damit auf. Aber woll! sogleich sei ich in den alten Zustand zurückgefallen, und die Mutter musste wieder beten. Fr. Gisler-Arnold, Schattdorf, 82 Jahre alt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945, Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Drei weisse Almosen

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sind besonders verdienstlich und kräftig, arme Seelen zu erlösen und Erhörung zu finden; solche sind Milch, Salz, Mehl, Eier, Brot, Käse, Butter. Salz galt bei den Alten als ein besonders köstliches Almosen. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Drei Wünsch

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Drei Wünsch Äs sigen amenen Ort zwei Lütli gsi, arm wie Chilemüs. Du chömm es grüens Manndli; säg, sie chönni drei Wünsch tue. Sälbisch sige so en Art früsch Hoorsträhle bim Wibervolch i dr Mode gsi; du wünsch d’Frau e söttige Strähl. Du säg dr Ma i dr Täubi: „Un i wett du hättisch ne im Hingere!“ ’s Fraueli brüel u heig to wie amene Mässer. Du heige sie gwünscht‚ wen er ume drus wär. Du heigi sie glich viel gha. Das grüne Männlein erinnert an den Teufel; aber sein Wesen komrnt nicht zur Auswirkung. Die schwankartige Geschichte darf wohl auf die Erzählung „Drei Wünsche“ von Joh. Peter Hebel zurückgeführt werden, in der deutlich volkstümliche Motive hervortreten. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Drei Wünsche zu erfüllen    

Source: Drei Wünsche zu erfüllen    

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Früher standen diesseits des Weilers Ried im Graben zwei Mühlen. Wir sagen dort noch heute: "Ze Milinu". Eine dieser alten Mühlen gehörte dem N.N. Er sprach einmal in der Heiligen Nacht vor der Mitternachtsmesse zu seiner Frau: «Ich gehe noch hinüber, stelle dort die Mühle ab und komme dann zurück zur Mette.» Das tat er und fasste noch Mehl aus dem Mehlkasten in einen Sack. Und so wie er sich umkehrte, standen da drei Personen vor ihm: sein verstorbener Schwiegervater, ein Teufel und ein Engel. Der Müller erschrak heftig, fragte dann den Schwiegervater aber doch, was ihm denn fehle und wie er ihm helfen könnte. Ja, ihm fehlen drei Dinge. Wenn er die nicht erhalte, müsse er verdammt werden. Heute sei der letzte Tag, an dem er sich den Menschen offenbaren könne. Werde er heute nicht erlöst, nehme ihn der Teufel. Der hatte ihn auch schon an einer Kette gefesselt bei sich. Aber der Engel stand auf der andern Seite auch noch da. Der Müller fragte ihn, welche Sachen es denn zu erledigen gäbe. Das erste war, eine Summe Geld zu zahlen, das zweite: eine Wallfahrt nach Einsiedeln zu machen, und das dritte: der Gemeinde ein Lagel Wein zu erstatten. Sobald der Müller versprochen hatte, das alles zu erfüllen, fielen dem Toten die Ketten ab und der Teufel verschwand unter Gepolter und Gestank. BELLWALD Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Drei Wünsche 

Source: Drei Wünsche 

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Einer durfte einst drei Wünsche aussprechen, die alle erfüllt wurden. So ging er ins Gorbä, um Gläck zu sammeln. Vorerst wünschte er sich einen guten Gläckplatz. Tatsächlich fand er sofort den besten Ort. Dann sah er auf der andern Talseite einen Mann über den Gletschergrund herunterkommen, der offenbar auch auf der Sonnenseite Gläck sammeln wollte. Wie jener da auf einem Lawinenband einherschritt, wünschte er sich, das Schneeband möchte grad durchbrechen. Es geschah, und jener fiel in die Lonza. Jetzt aber wollte der Wünschende doch nicht, dass der Mann da grad sterben müsste, und tat den dritten Wunsch, jener möchte sich wieder aus der Lonza befreien. Auch das geschah, aber der Dummkopf hatte drei nutzlose Wünsche vergeben. LÖTSCHEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Dreierlei Schatzbohen (Ernst L. Rochholz)

Source: Dreierlei Schatzbohen (Ernst L. Rochholz)

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Am Strättlinger Turm beim Schloss Spiez am Thunersee ging ein Mann nach Ostern im Gestrüppe umher und sah hier eine Jungfrau sitzen, die auf ausgebreitetem Tuche dreierlei Haufen Bohnen vor sich hatte. Dem Manne gefielen die Bohnen ihrer Art wegen und er erbat sich davon, um sie jetzt der Jahreszeit nach bald im Garten zu setzen. Die Jungfrau gab ihm bereitwillig die Hände voll von jeder Sorte. Auf dem Heimwege wurden ihm die Bohnen gar zu schwer im Sacke. Als er nachschaute, waren die der gelben Sorte in Goldstücke, die der weißen in Taler, und die der schwarzen Sorte in Säwidemünze verwandelt. Jetzt wußte der Mann, daß er die Strättlinger Jungfer gesehen hatte. (Mündlich; Frau Roth-Gaffner aus Thun.) Quelle: E. L. Rochholz, Naturmythen. Neue Schweizer Sagen, Leipzig  1862. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch    


by Dreierlei Schatzbohnen

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Oberhalb vom Thunersee, stand vor langer Zeit die Strättliger Burg; heute steht dort nur noch ein Turm, umgeben von Wald und Büschen. Einmal, kurz nach Ostern, kam ein armer Mann am alten Turm vorbei und sah eine junge Frau auf einem Stein sitzen. Vor sich hatte sie ein weisses Leinentuch ausgebreitet und darauf lagen drei Häufchen mit verschiedenen Bohnen, wie er sie noch nie gesehen hatte. Sie waren weiss, gelb und schwarz.  «Was für wunderbare Bohnen!», rief er erstaunt aus. «Solche hätte ich auch gerne im Garten, jetzt wo bald die Zeit für das Bohnensetzen kommt.»  Die Frau lächelte, griff von jedem Häufchen eine Handvoll und sprach: «Hier nimm, sie sollen dir Glück bringen.»  Der Mann füllte die Bohnen in seinen Schultersack, bedankte sich und machte sich auf den Heimweg. Wie er so ging, schienen ihm die Bohnen im Sack immer schwerer zu werden. Schliesslich nahm er ihn vom Rücken, öffnete ihn und was sah er: Die gelben Bohnen hatten sich in Goldstücke verwandelt, die weissen in Taler und die schwarzen in Münzen. Wie freute sich der Mann! Nun hatten seine Sorgen, dank der Strättliger Jungfer ein Ende. Sage aus der Schweiz Fassung Djamila Jaenike, nach: E. L. Rochholz, neue Schweizer Sagen, 1862   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.    


by Drei Riesenbrüder kegeln

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Während einmal die jungen Burschen von Selzach (Solothurner Amtei - Leberberg) auf ihrer Kegelbahn spielten, traten drei fremde bärtige Männer in ihre Mitte und boten ihnen ein Wettkegeln an. Die Selzacher willigten ein, jeder Wurf sollte eine Maß Wein gelten. Sobald die drei Fremden erst warm geworden waren, schienen sie sich aufzurichten zu übernatürlicher Größe und Stärke, Kugel um Kugel entsandten sie mit solcher Gewalt, daß man im Tale das Rollen des Donners zu hören glaubte. Die Kugeln fuhren weit über die Dorfbahn hinaus und den Jura hinan, die einen wieder zurück, die anderen fort über den Berg durch die Tannenwälder bis ins jenseitige Tal: Und noch heute sieht man an der Bergwand von Betlach bis Grenchen die langen schnurgeraden Felsrisse, die der Lauf der Kegelkugeln sich gebahnt hat. Die Selzacher mußten das Spiel bezahlen. Als aber aller vorhandene Wein ausgekegelt und vertrunken war, begaben sich auch die drei langbärtigen Hauptkegler zur Ruhe. Woher und wohin sie kamen, weiß man nicht. (Bieler-Handels-Courier, 9. Septb. 1859.)  Sage aus Selzach Band 3.1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962 Ausschnitte aus dm 5. Kapitel, S. 58 - 57 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Drii Mäitleni

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Am Mägisalp siin drii Älper äinig worden, si wellen am Samsdegznacht zum Mäitlene z'Dorf. Äs ischd im Vernachte gsiin, wa si us em Läger virha siin; si siin gägen niwwen Hag chun; gläitig sii s' uf Oberegg verbii und chemen gäge d'Eggleni. Döö siin da vor ener Schiir drii Mäitleni gsiin; si siin uf dr Bsetzi gsässen. D'Älper sii zööhi; si häin mid dem Mäitlenen afan dorfen und zellen und siin äinig worden, zsämen i d'Dili z'gaan. D'Mäitleni sii vorüüs, d'Läitren embrüüf, dee drii hinnennahi. Jetz gseed äina, wee-n-es Mäitli en Gäisföös uf ene Säigel setzd, uw we-n-er der andre zwoo i d'Oigen nimmd, gwaared er Gäisfeess; Dotz uber Mäis springd er dervun und dee andren im naa. Dee drii Mäitleni siin neemmen anders gsiin wa ds Engschtlemmäitli, ds Grinimäitli und d'Schwarzeflöömäitli. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Drii Schweschtri

Source: Drii Schweschtri

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Ds Gäismäitli hed zwoo Schweschtri ghäben, ds Grinimäitli und ds Engschtlemmäitli. En eedri hed es Teer ghäben, wa mid im ischd chun, ds Gäismäitli es chliis schwarzes Hundelli, ds Grinimäitti em Bock und ds Engschtlemmäitli e Steer. D'Möötter hed iis verzelld, da siigi si häichun; undrem Birboin hindrem Hüüs siigen drii Mäitleni gsässen; alli häige-w-wiissi Schurzleni aghäben. Verwäis, wa jetz äimmel o irer Mäitleni dee wiisse Schurzleni har häigen; däne welle si eppes zellen ung chapitlen, we si bee-n-ne siigi, häigi si zöö rra sälber gsäid und siigi toibi gsiin. Aber wa si dem Hüüs gnohi, siigen dee drii Mäitleni hindrem Boin uber d'Müür embrüüf gräbled, und äis, zwäi, häigi si niid mee vun ene gseen. Das siigen dee drii Schweschtri gsiin. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Dryaheegi, wo bisch dü?

Source: Dryaheegi, wo bisch dü?

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Ein Jäger hatte ein Füchslein angeschossen und es in seinem Rucksack gut versorgt. Da er auf dem Heimweg über eine Tobelbrücke schritt, rief eine Stimme aus dem nahen Wald: »Dryaheegi, wo bisch du?« Und aus seinem Rucksack antwortete es deutlich: »I ds Heinrikis Ruggäsack!« Da warf aber der Jäger seinen Rucksack weg und lief davon. Als er später sich vom Schrecken erholt hatte und jene Stelle wieder aufsuchte, fand er weder vom Füchslein noch vom Rucksack irgend eine Spur (Silenen, Gurtnellen). J.M. Tresch; Frau Jauch-Zgraggen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945, Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ds Achti-Liecht

Source: Ds Achti-Liecht

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Es war in den heissen Sommern so um 1890 herum. Da sah man fast jeden Abend beim Eindunkeln ein Licht von Stalden gegen Neubrück kommen. Von weitem sah es aus wie eine Laterne und drunter wie Lederstiefel. Wollte man man aber in der Nähe passen und genau hinsehen, erblickte man plötzlich weder Licht noch Stiefel. Alle Leute in Neubrück sahen es. Aber niemand hatte Angst, obwohl man wusste, dass es kein natürliches Licht war. Wir nannten es ,ds Achti-Liecht‘, weil es beim Eindunkeln kam. Dieser Geist wurde dann gebannt. STALDEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Ds Bärsianeli

Source: Ds Bärsianeli

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Das Bärsianeli war ein Weibervolk, auch wenn man ihm auf dem Urnerboden gelegentlich auch etwa «dr Bärsianer» rief. Wenn man ihm heute dort nachspürt, so wissen alte Leute zu erzählen, sie selber hätten es eigentlich nie ganz genau gesehen, wohl aber der Vater oder der Grossvater, die es gut gekannt hatten. Es muss ein kleines Weiblein gewesen sein, das wenig vorstellte, eher ein Huscheli, mehr oder weniger. Es hiess auch nicht «Bärsi Anni», sondern hatte seinen aparten Namen, weil es stehts ein Gewändlein aus Persienne trug, einem bunten Stoff, der in den Glarner Fabriken dazumal gedruckt wurde. Überdies trug es einen mächtigen Schatthut, gleichviel ob die Sonne schien oder nicht. Es muss ein gschlachtes Weiblein gewesen sein, das den Menschen kaum etwas zuleide tat, wenn man es in Ruhe liess. Hie und da an leiden Tagen schlief es in Heugäden oder legte sich im erstbesten Stall in den Barmen. Wer es aber am Morgen wecken wollte, der fand es längst nicht mehr. Doch merkte das Vieh, wenn es in der Nähe war, wurde unruhig und fing an zu brüllen und mit den Ketten zu lärmen, und der Hund bellte, als ob der Weltuntergang käme. Türen gingen auf und zu, als wie von selber, und niemand sah, wer sie öffnete und schloss, und der Mist flog vom Stock, als ob einer einen Wirbel drein geblasen hätte. Wer sich aber unterfangen wollte, mitten in der Nacht nachzuschauen, was alles denn los sei, dem flog ein Laubsack an den Kopf oder gar eine Dachplatte, so dass er drei Tage lang mit einem verbundenen Kopf umherlaufen musste, als wie der türkische Grossmogul. Der Hänseler hat einmal versucht, die Hüttentür mit einem dreizölligen Nagel und einem Marchetschloss zu schliessen; am Morgen aber hing sie sperrangelweit in der Luft. Der Marti Stadler hingegen behauptete, man käme mit dem Bärsianeli ganz gut aus, es hocke zu ihm an den Melkstuhl, und manch ein Knecht bringe mit Melken nicht fertig, was das Weiblein fertigbringe, und dazu helfe es in der Hütte, soviel es könne. Einmal im Herbst hatte ein Senn Erbarmen mit ihm und glaubte, es verfriere im Winter auf der Alp. «Also hock aufs Rösslein», sagte er, als sie zu Tal fahren wollten, «halt dich fest, so reiten wir ins Dorf, und dort wird sich wohl ein Winkel für dich finden lassen!» So ritt das Huscheli eine Weile mit; als es aber ins Linthtal hinuntersah und den Lintheler Kirchturm erschwickte, da sprang es flugs vom Ross und war verschwunden. Der Senn sagte hernach, es hätte ihm noch die Hand reichen wollen, aber er hätte ihm sein Schnupftuch hingehalten; das sei im Hui verbrannt wie Zunder. Heute ist das Bärsianeli verschwunden. Ein fahrender Schüler, der von Italien her über den Klausen kam, soll es gebannt haben. Bei dem kleinen Wirtshaus zur «Sonne» habe er sich auf die Schwelle gestellt und in allen Sprachen gebetet, so dass kein Mensch Ihn verstanden habe, und so hätte er’s fertiggebracht, das Weiblein in eine Einöde zu bannen, wo es keiner mehr finde. Wie er aber wieder in die Gaststube gekommen sei, habe er ein flotschnasses Hemd zum Trocknen aufgehängt und gemeint, so streng hätt’ er seiner Lebtag noch nie arbeiten müssen.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Ds Beckelti an dr Müür

Source: Ds Beckelti an dr Müür

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Äs hed no nid rächt taged. Döe wän en Hirter bim Gloggeturen und dr Chilche verbii. Ätwärischt im Wäg ischd es Beckelti gftanden. Die vordre Fiess hed's uf dr Müür ghäben; äs ischd asabar gsiin, as we's wellti uf d'Müür räblen und nid üüfi mechti. Dr Hirter ergriifd's und wolld's üüfi liften. Aber är hed si trogen. Das Tierli ischd schwärder gsiin, wan das er ma truwwed hed; är hed und hed 's fascht nid megen üüfibringen. „E schwärdra Luft han i jetz no nie taan", säid er zöe-n-im sälber. „Aber em bessra o nid", gid im e Stimm Bschäid. Är achted z'ringetum; niemmen ischd um d'Wäga, und ds Beckelti ischd furt und niena mee! Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ds Boozi in dr Häiterren

Source: Ds Boozi in dr Häiterren

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Äis hed äina in Ürbech wellen und ischd dir d'Häiterren üüf. Döö hed er in enem Grotzen es Boozi gseen. Äs wän da allem an uf enem Ascht gsiin; was's äigetli wä gsiin, wär wäis's! Desallshar hed er döö vun däm Boozi bbrichted und hed da fascht tagleechts nimma derdirüüf derffen. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ds Chosechesselli under dr Fiirblatten

Source: Ds Chosechesselli under dr Fiirblatten

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Äim im Eggacher hed troimd, är selli an enem gwisse Tag gem Bäären und uf dee und dee Brigg. Är hed's eso gmachd. Döö ischd äina chun und hed dän im Eggacher da gsee stotzen und hed gwundred, was är da machi. Är hed im gsäid, im häigi troimd, är selli hiit da uf dee Brigg und jetze siig er da und siige se-w-warten, was selli gaan. Döö hed dr ander e Tscholle glached ung gsäid: „Düü bischd e-l-Lappi. Meer hed o troimd, im Eggacher under dr Fiirblatte siigi es Chesselli volls Gäld. Aber i wäis nid, wa dr Eggacher ischd, und töön dessetwägen nid e Tritt u chrimmbben nid e Finger!" Dermid ischd er furt und hed dän im Eggacher la staan. Aber där ischd häin und hed anggäänds d'Fiirblatten abglifted. Döö ischd es Chosechesselli volls Gäld virhachun. Jetz ischd er e- r-riicha Ma gsiin, oni das er all Rägetaga hed chennen erben, und ds erscht, wan er hed gchoifd, ischd em Minch gsiin.              Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Ds Deelegrini 

Source: Ds Deelegrini 

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Im Oberlan wuhi, zwüsche Plaffeye u Plassälb ischta früjer as grüseligs Moes gsi. Det derdür isch as Bächli glüffe un’ i ds Bächli sina a Hufe Näbegräbe ihachoe. I dem Moes umha ischta menga tüfa Glunte gsi wa d’Buebe im Ustage si ga fröschne. Im Summer hy Plötschner i de Deele Chabis, Rhebarbera u Rüebli pflanzet, u gäge Hörbscht anbi hy si d’ Allmedblätze gmeit. We d’ Schtreui dürri gsi ischt, hyse sa mit Äschetüecher drus trage u gägum Deelebrüggli ahi eppa ufen a Tummer glade. Im Hörbscht si na Rieschele Gyss drin umha glüffe, wan am liebschte a wee i de Pflanzblätzleni gschnouset hy. I de Deele isch es, as lang as si epper het möge füribsüne, ging a bitz forchtlich gsi. Ma het fascht all Abene as Liechtli gseh de Wuere na gah. Hie u det het es ufzüntet, nai isch es flingg umhi glöscht. So wit fürhi, as sie die ölteschte Manne hy möge bsüne, isch es a so gsi. De hy de d’ Lüt albe gsiit, ds Deelegrini tüegi aber umhi schtüje. U nai hy si anandere Gschücht va dem Ungküür erzölt: Äbe, da ischta früjer as mal det hinder i de Deele, gäge Staale anhi, im ana chline Hüttli as Froweli dahym gsi. As ischt vam ana n’ Ort här züglet, u d’ Lüt hymu ds Deelegrini gsiit. As mal isch das Froweli ömul o grüseli ungfelligs choe. As het du as Chinli uberchoe, aber as hets niemer selle wüsse, wil es si süscht hetti müesse scheme. U was macht das Froweli mit dum Chin? - Amana n’ Abe giht es, u penglets in a Glunte. Gli druf isch o ds Deelegrini gschtorbe. Aber as isch nit i Hümel choe. As het müesse uf der Wält bliibe un a de n’ Abene ga zünte für z’ gugge, ob es eppa ds Chinli umhi füni. Die Jahr naha as mal hy du d‘ Oberschröetler ds Deelemoes la dreniere. Wo d‘ Arbiter die Tollgräbe tuffe hy, so hy s emul o allerle Grotze u Würze gfune. Uf z’ mal gseht yna as paar ganz wiissi Chnöchleni, u da isch mu sofort Gschücht vom Deelegrini i Sin choe. Är nümmt die Biinleni, bringt se ufe Chülchhof u het det vergrabt. Zitna merkt mu nüt meh vam Deelegrini. Emil Felder   Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch


by Ds Doggelli und d'Hächlen

Source: Ds Doggelli und d'Hächlen

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Äis wän es Mäitli gsiin; zen däm ischd äin und all Aben ds Doggelli chun und hed's drickd um plaged, und ds Mäitli hed nid gwissd, wee däm werren und hed es Verding ghäben, das niid eso. Döö hed im epper gsäid, äs selli äis en Hächlen uf d‘ Bruscht nän; ee wan nid bessri's, und das siigi doch es rings Mittel. Das Mäitli hed's eso gmachd, und am Morgen isch'sch tots im Bett glägen; d' Zeend vun dr Hächlen siin in dr Bruscht igsteckt gsiin. Äs hätti drum d'Zeend sellen obsi cheerren und nid nidsi, wee-n-äs ses gmachd hed. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ds Engschtlemmäitli pliigd Chalbleni

Source: Ds Engschtlemmäitli pliigd Chalbleni

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No vor em Vernachten häi d'Älper ds Vee zen Hitte triben. Dr Handchnab hed zum Sammelbööb gsäid, är selli no bim Bockchänel ge d Chalbleni räihen. Aber dr Bööb ung d'Chalbleni häin nid welle chun. Döö ischd en andra zwäg. Är hed dem Bööb funden; där hed gschnudred ung gschnipfd, ds Engschtlemmäitli häige-m-ma d' Chalbleni pliigd; si häige si gfeckd und taan wee verruckd, und ds Mäitli häig er o gseen; d'Feess häigi'ö zruggcheerd ghäben. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Ds Färli im Achran

Source: Ds Färli im Achran

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Äis wän em Bööb gsiin und es Mäitli und es Siwwli. Dr Bööb hed Niggelli ghäissen. Und i truwwem ma, es Hundelti wän o no gsiin. I cha 's nimmä rächt sägen. Niggelli hed ds Siwwli i ds Achrand triben. Döö wä 's döö newwa Ziid gsiin, fir häi z'gaan. Aber dem Färli wän döö ds Achrand eso gööd gsiin, das es si gwidriged und nid drus wellen hed. Da siin eso Riimleni gsiin wee bim Hanelli und Hennelli. Äs ischd geng furt und furt ggangen, von äim zem andren und den umhi emzrugg. Niggelli hed döö selle ds Färli schlaan, fir häi z'faaren. Niggelli selli ds Siwwli schlaan. Niggelli wolld nid ds Siwwli schlaan. Ds Siwwli wolld nid us em Achrand gaan.   Ietz hätti ds Hundelli Niggellin sellem biissen. Hundelli selli Niggellim biissen. Hundelli wolld nid Niggellim biissen. Niggelli wolld nid ds Färli schlaan. Ds Färli wolld nid us em Achrand gaan.   Döö ischd es Chnebelti da gsiin und hätti ds Hundelli selle schlaan. Chnebelti wolld nid Hundelli schlaan, Hundelli wolld nid Niggellim biissen, Niggelli wolld nid ds Färli schlaan, Ds Färli wolld nid us em Achrand gaan.   Döö ischd ds Fiirli chun; das hätti selle ds Chnebelti brennen. Aber das isch uwwilligs gsiin: Fiirli wolld nid Chnebelti brennen, Chnebelti wolld nid Hundelli schlaan, Hundelli wolld nid Niggellim biissen, Niggelli wolld nid ds Färli schlaan, Ds Färli wolld nid us em Achrand gaan.   Döö hätti döö ds Bächli selle ds Fiirli leschen. Aber das hed si o gwidriged. Ds Bächli wolld nid ds Fiirli leschen, Ds Fiirli wolld nid ds Chnebelti brennen, Ds Chnebelti wolld nid ds Hundelli schlaan, Ds Hundelli wolld nid Niggellim biissen, Niggelli wolld nid ds Färli schlaan, Ds Färli wolld nid us em Achrand gaan.   Döö ischd ds Chälbelli chun und hätti selle ds Bächli triihen. Chälbelli wolld nid Bächli triihen, Bächli wolld nid Fiirli leschen, Fiirli wolld nid Chnebelti brennen, Chnebelti wolld nid Hundelli schlaan, Hundelli wolld nid Niggellim biissen, Niggelli wolld nid ds Färli schlaan, Ds Färli wolld nid us em Achrand gaan.   Döö ischd dr Metzger chun und hed ds Chälbelli wellem metzgen. Und jetz gäid alls emzrugg: Chälbelli wolld jetz Bächli triihen, Bächli wolld jetz Fiirli leschen, Fiirli wolld jetz Chnebelti brennen, Chnebelti wolld jetz Hundelli schlaan, Hundelli wolld jetz Niggellim biissen, Niggelli wolld jetz Färli schlaan, Färli wolld jetz us em Achrand gaan. Melchior Sooder:   Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ds Freesevolch bim Hüüsestain

Source: Ds Freesevolch bim Hüüsestain

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An enem Aben, äs wän im Winter gsiin, hed Dratt abhi bim Hüüsestäin uf Figs glotzed. Döö ischd es Gchafel und es Glafer derdirüüfa chun; gseen hed er niid. E Fugs ischd chun ung gäj ab; är hed dä-l-Lärmen o gheerd. Dratt hed nid uf i gschossen. I churzem isch'sch alls stills worden. Derna ischd er ge löögen, ob er es Gspor gseeji. Aber im Schnee hed er niid ds gringscht Dingelli gseen. Äs ischd ds Freesevolch gsiin, wa verbii ischd. Mengsmal häin dee Alten o wellen han, si häige rra gheere singen old holäien und häi vum Fridhofgschräi gsäid old vum Freesevolch, wa singi. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ds Fyrmandli

Source: Ds Fyrmandli

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»Der alt David«, so erzählt ein Froalper, »ist früher alle Jahre mit seinem Vater in das Wallis gegangen, Weinberge umzugraben zu Sitten. Und da seien sie immer zum Gleichen gegangen zu übernachten, zu einem alten Ledigen. Und da sei von Zeit zu Zeit Einer gekommen in die Küche und habe ein furchtbares Feuer gemacht. Sie haben's gesehen durch das Fensterlein, das in der Stubentüre gewesen sei. Der alte Ledige habe angefangen zu schimpfen mit dem Mandli, es solle sie in Ruhe lassen; sie haben jetzt schon allerlei für's getan. Eines Abends sei der alte Ledige besoffen heimgekommen, und das Mandli sei wieder da in der Küche gewesen und habe gefeuert. Da habe der Ledige einen Stecken genommen und sei mit dem Mandli über die Stiege hinaufgefahren, und als er zurückgekommen sei, habe Davids Vater gefragt: 'Hesch-en greikt?' Und da habe der Ledige einen Arm ganz schwarz gehabt und angeschwollen.« Schriftlich: Dr. Meinrad Regli, Hospental Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ds Gäisbeckelti im Chällerlim

Source: Ds Gäisbeckelti im Chällerlim

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Jnneninhi wän es Hüüs gsiin, aber drin nid alls süüfers, bsunderbar in dr häiligen Nacht. Äs ischd gsiin, wee wen epper Chetteni Stägen üüf und Stägen ab schläipfti. Dee Liit in däm Hüüs häin nimmä wellen derbee siin. Si häin äim Bschäid taan, wa s‘ gwissd häin, das er mee chan, wan ander Liit. Där ischd chun und hed wellen hälfen, aber in dr Stuben hed er niid funden, in dr Chamer niid; im Fiirhüüs isch niid gsiin, in dr Loiben niid, im Läibelli niid und im Chäller niid. Was jetzen? Ar ischd anm Hag a gsiin. Endtli fraägd er, ob no suscht Ghälter im Hüüs siigen Ja, es chlis Chällerli. Wan er d Tiren hed üüftaan, ischd in arra Schrooten es Gäisbeckelti gstanden. „So“, säid dr Man, „da häim mer nen." Är hed nen an es Hälsegli gnun; ds Werren hed dem Beckelti niid abträid; derna ischd dr Mam mid im furt gäge d'Riseten. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ds Gentlerboozi

Source: Ds Gentlerboozi

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Z' Understock pliigge d'Mööttri irer Chind mid dem Gentlerboozi: „Gang numme virhi uf d'Flöö! Ds Gentlerboozi chunnd de schon ung ghiid ech über d'Flöö üüs!" Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ds Heideloch

Source: Ds Heideloch

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Im Heideloch liit e Schatz, aber teuf inne im Berg, inere grosse iisene Chiste. Uf dener sitzet e chliis schwarzes Hündli, das tuet de Bergzwergglene der Schatz gaume. Digg schlaft das Hündli. Wä me nu wüsst wänn, so chännt me der Schatz guet usenih. Aber wänn’s wach isch, und es chunnt etter, so billt ds Hündli, und dä chännd d Bergmanndli, und Gnad Gott dem, wo der Schatz het welle nih. Es chunnt keine mih ussem Loch use.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Ds Hemmelli im Fiir

Source: Ds Hemmelli im Fiir

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Em Möötter hed es Mäitelli no in dr Fääschschi ghäben. All und äin Aben um dee gliich Ziid hed das Chind afam breellen, as we's an enem Schnitzer hangeti. Ds schwarz Afelli hed graaten, uf dr Fürblatten es rächts Fiir z’machen. We ds Mäitli afäji breelen, selle s’ma ds Hemmeli abzeen und i ds Fiir reeren. Da derffe ma derfir töön, wen epper eso es Chliis plaagi. Si häi's eso gmachd. Vu Stund an hed das Mäitelli afan nevverren, und das Bbrel hed üüfgheerd. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Ds hibsch Meissji

Source: Ds hibsch Meissji

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Ein fahrender Schüler kam einst nach Ausserberg. die grosse Wassernot dieser Gegend wahrnahm, anerbot er sich, eine Wasserleitung durch den Felsen zu bauen, wenn er sich in der Gemeinde ansiedeln könne. Bevor die Leute den Vertrag abschlossen, wollten sie zuerst Proben seiner Kunst sehen. Er ging mit einigen Männern bis an den Felsen, wo das Wasser in hölzernen Rinnen um ihn herumgeführt werden musste. Der Fremde bestrich mit einer Flüssigkeit den Felsen, und tags darauf konnte er den Stein mit einer Pflasterkelle herausnehmen, wie wenn er Ziger wäre. Das war nun der heute noch bewunderte schöne Meiss. Die Leute aber witterten Zauberkünste und erlaubten ihm den Aufenthalt nicht. AUSSERBERG Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Ds Läuwitiär

Source: Ds Läuwitiär

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Alljährlich donnert im Frühling die Wylerplangglawine von der Höhe der Rienzenbergkette zutale. Zur Zeit, als die Franzosen im Lande waren und man ihnen von der alles mitreissenden Gewalt der Lawinen erzählte, meinte einer aus ihnen, das Läuwitiär, das möchte er doch einmal sehen und möchte probieren, ob er nicht imstande wäre, ihm standzuhalten. Er sollte bald Gelegenheit bekommen, sich mit ihm zu messen. Sobald man die Lawine zu oberst losbrechen hörte, rief der Weibel, der im Wyler auf der Stall-Eggen wohnte, dem Franzosen: »So jetz läuf, ds Läuwitiär chunnt!« Und der Franzose lief und stellte sich der Lawine mitten in der Wylerplangg entgegen. Aber der Luftdruck, der Lawine vorauseilend, fuhr mit ihm Totz über Totz den Rain hinunter gegen die Reuss zu; mit knapper Not entging er dem Tode. »Aber,« meinte er, »wenn man mit Waffen dahinter ginge, könnte man es doch bändigen.« Jos. Gamma, Gurtnellen, 30 J. alt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ds Mandelli im Grund und siiner drii Techtri

Source: Ds Mandelli im Grund und siiner drii Techtri

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Im Grund wän es Mandelli gsiin, allem an es riichs. Wem Bättler sii chun, wan es Hutteli gfergged häin, hed's nen geng eppes dri taan, Chääs, Anken old eppes Gräikts. Äs hätti drii Mäitleni ghäben; aber dee siin nid dem Atten naagschlagen; utaani, weeschti Wiibervelcher sii s' gsiin, niidverfäänd Schlöönzi; derzöö hed se dr Giid fascht gfrässen; vum braven Alten üüsigarreti Chind! Wenn arm Liit sii chun, häi s' ne Stäina i d'Huttelleni taan. Dem Mandelli hed das unggnad taan; äs hed de drii Techtri verflööched, und drüüs siin dee drii Mäitleni worden: d'Schwarzeflöömäitli, ds Engschtlefrewwelli und ds Gowwliwiibli. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Ds Märi vun dr beesem Möetter

Source: Ds Märi vun dr beesem Möetter

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Äis ischd en Ätti gsiin und em Möetter, und die häin es Mäitelli und es Böebelli ghäben. Äis es Tags hed d'Möetter ze Chinde gsäid, si selle d'Huttleni nän ung gen holzen. Das, wa mee Holz häimbringi, chenni i d'Loiben und im Chaschten en Epfel räichen. Si sii ggangen und emumhi chun, und ds Böebelli hed mee Holz ghäben. Döe ischd d'Möetter schabab gsiin ung gruwwni und hed dem Böebelli den Epfel vergennd. Si ischd im naadäässelled, über d'Loibestägen üf, über e Loibengang hinderhi um bis i d'Loiben. Wa ds Böebelli uber e Chaschten inhighanged ischd, hed si de Dechel zöegrierrd und im ds Hoitelli ab. E seli niidraazegi Möetter ischd das gsiin! Und derna hed si ds Böebelli gchoched. Ds Hoitelli hed si in en hola Stock taan. Und ds Mäitelli hed dem Ätti miesse ds Ässe träägen, wiit üüsi i-w-Wald, wan er am Holz ischd gsiin. Döe isch'sch Üüstage-w-worden. Äis es Tags ischd us em hole Stock e Guggüüser chu z'fläigen ung grad uf ds Hüüsdach und hed afam brielen: „Hühü, hühü! Mäitelli, chun äis üüsa!" Ds Mäitelli hed das gheerd und ischd üüsi näbe ds Hüüs gsprungen. Döe hed er im en guldaga Girben abhagrierrd. Döe hed er umhi bbrieled: „Hühü, hühü! Möetter, chun äis üüsa!" Döe isch d' Möetter o chun und hed dä Vogel welle gseen, und döe hed er rra gad e Stäin uf ds Hoit ghiid, das si uf em Boden ischd gstitzd und tooti gsiin. Däich äis! Die zwei ersten Fassungen (Vom Maitelli und vom Böebelli, Ds Märi vun dr beesem Möetter) stammen aus Brienzwiler; vom Liirlüüserli erzählte ein Greis auf dem Hasliberg. Alle drei Varianten (wissen fast nur von Untat und Rache zu sagen. Von dem echt märchenhaften Ausgang, dem Lebendigwerden des Knaben, wie das Grimmsche Märchen „Von dem Machandelboom" erzählt, vermögen sie nicht zu berichten. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ds Meerlenhoiri

Source: Ds Meerlenhoiri

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D Winterchnächta uf dr Grimslen gheeren im Winter hin uw wider ds Meerlenhoiri. De chenne s‘drüüf zellen, das schlächts Wätter inhaghiid. Äs warned sa o vor e-l-Lowwenen. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Ds Nachtvolch am Birchlowwi

Source: Ds Nachtvolch am Birchlowwi

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Zwäi Gschwischterti, es Mäitli und em Bööb, häin am Birchlowwi bbärghewwed. Na em z' Nacht sii s' geng es Raschtli näb d'Hitte ge sitzen und häi bbrichteb u dorfed u-s-siin derna i d' Näschterri ung ge schlafen. Äis es Abeds gheere si es Plapper und es Waschlen. Uf e Stäine sii Stäfzgi üüfchun, und Sprangi siin üüfggangen. Äs ischd ds Nachtvolch gsiin. Dr Bööb hed wellen ge-l-löögen. Aber d'Schweschter hed nen bim Schlufisermel ergriffen „Gang nid! Old düü mööschd mid im gaan!" Äs hed's ggän, das rra häim meessem mid dem Nachtvolch gaan, we si siin ge gwundren. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ds Nachtvolch im Loib

Source: Ds Nachtvolch im Loib

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Im Loib, zööha undrem Loibstock, siin drii Älper am Aben näb dr Hitte gsässen und häi dorfed und ditz und das bbrichted. Döö gheere si singen. Äs ischd e Psalm gsiin: „O, Herr, säi gnädig deinem triiwwen Knächte". Sie losen u-l-losen u-l-losen. No nee häi si eso schään gheere singen. Wa ds Leed ischd üüs gsiin, häi s‘ enandren „Gööt Nacht um bbheed di Got“ gsäid und siin id Näschterri. Äs wä ds’Nachtvolch gsiin, wa hätti gsunge ghäben. Nid lang gäid‘s, stirbd äina, dr ander nahi, und i churzem chunnd dr dritt ad Räien. Eso siin dee drii dänne chun, wa häi gheerd ds Nachtvolch singen. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Ds Nachtvolch im Loib

Source: Ds Nachtvolch im Loib

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Im Loib, zööha undrem Loibstock, siin drii Älper am Aben näb dr Hitte gsässen und häi dorfed und ditz und das bbrichted. Döö gheere si singen. Äs ischd e Psalm gsiin: „O, Herr, säi gnädig deinem triiwwen Knächte". Sie losen u-l-losen u-l-losen. No nee häi si eso schään gheere singen. Wa ds Leed ischd üüs gsiin, häi s‘ enandren „Gööt Nacht um bbheed di Got“ gsäid und siin id Näschterri. Äs wä ds’Nachtvolch gsiin, wa hätti gsunge ghäben. Nid lang gäid‘s, stirbd äina, dr ander nahi, und i churzem chunnd dr dritt ad Räien. Eso siin dee drii dänne chun, wa häi gheerd ds Nachtvolch singen. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Ds Nachtvolch und dr Zwirgiriiter

Source: Ds Nachtvolch und dr Zwirgiriiter

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As hed gnachted. Döö wän ingäänds Winters drii Mäitleni vun Gäisholz gäge-w-Willigen. Si siin dire Waald ab und zen enem Schiirli chun. Vun unnen üüfa sii rra o underwägs gsiin; si häi bbrimelled um bbrichted. DMäitleni häim ma gfirchted und springen hinder ds Schiirli. E-l-lenga, lenga Zug gäid verbii; uf e Stäine chlepfe Stäcken; Sprangi gän üüf, und alli brimellen und chaflen uber enandren üüs. As ischd ds Nachtvolch gsiin! Aber wiiter embrüüf hed's o Lärme ggän. Es Ros sprenggd derhar. Döö gid's es weeschts Breel; ds Nachtvolch chunnd emzrugg z'brogslen; alli breelen uber enandren üüs; ds Ros sprengd obsi! DMäitleni häi gschlottred wee aschpis Loib. Alli driji sii chrank worden; äis ischd gstorben; dee andre siin umhi zwägchun. En alta Man hed alls chennen üüslegen. Vun unnen üüfa ischd ds Nachtvolch underwägs gsiin; vun oben inha ischd dr Zwirgi riiter chun. Das ischd nid gööt chun; äs gid es griislis Wäsen, wen Gäischter enandren ebchemen. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ds Nüschemanndli

Source: Ds Nüschemanndli

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Ä der Nüschenalp obe hirte, isch alls anders as churzwiilig. Lueget me obsi, so meint me, d Felse khied uff eim abe, und lueget me nidsi, so chrüücht der Näbel ussem Limmeretobel undenufe, und mä weiss chuum rächt, wo ds Tobel ufhöört und d Alp aagaht. Äs bruucht nüd viel, so liit eine dunde und chunnt niemih obsi. Diggemal so chänd Lüüt vu Linthel undenufe, wo Veeh übere Chiste triibed, der Schääfer redt echle öppis mitne, spuelet echle mit em eint und andere und stellt ne äs Schafchääsli uf oder hät’s gar über Nacht, wänn si wäget äm Wätter nümme wiiter wänd. Än andersmal chännd wider ä paar zrugg vu Itali, si händ all de Häuptli guet verchauft und bringed ä Guttere Wy oder zwii im Brotsagg, und der Schääfer Iaht si au echle zueche und ninnt ä Schlugg und löslet, was si alls aagänd, bis si wider nidsi müend. Dernah so isch er wider älei mit de Schaafe und hät der Zyt, an allem naachezstudiere, we’s jetz äso wär, wän er ä riiche Maa wär und viel Gäld hett, anstatt das er da obe hirte mües. Und öppenamal chänd em dä aartig Gedangge und dä isch niemert binem, wo seit: «Heehee! Derigs tänggt än ordeleche Maa gar nüd!» Der Tüfel isch uf der Alp obe nuch eister mih Meister gsi ass nötig wär. Jetz ämal, es isch schu wiit ussen im Herbst gsi und der Schnee isch de lengeri neecher chu, so hät’s dr ganz Tag tue vorusse, as we wänn der Tüüfel los wär, gstürmet und khuutet hät’s, und mä hät chum d Hand vorem Gsicht gsieh vor luuter Näbel. «Mooredees wird i tängg i derabe müese, oder dä de neechst Wuche ganz sicher», tänggt der Schäfer und leit si uf ds Gliger. Chuum lieht er und faht aa schnarchle, so popperet’s a der Tür, und woner uftuet, so chännd ire zwii ine, bachdräggnass, weme nu cha si. Si chämed übere Chiste vu Itali här und si hebed si veriiret und siged bime Haar über ds Bort abe khiet, ids Tobel abekhiet. «Soo? Gad i ds Tobel abekhiet?» seit der Schääfer und luegets äso vu der Siiten aa. «Was’s au alls chännt ggih – bi dem Wätter!» «Sine mach», seit der ei, «gsisch nüd, as mer früüred und Hunger händ? Wirsch wol öppis ummeha oder? Hol äs Chääsli und mach öppis warms!» «Uf üüch beed hani jetz gad bbeitet», seit der Schääfer. «Da chännt ä jede chu und befäle und für es Vergältsgott der Buuch fülle.» «Was Vergältsgott? Mir händ emal Gält gnueg! Hettisch du sövel!» seit der ander und hebet em der boggläderi Gältseggel under d Nase. Aber woner hät welle ä Guldi usenih, so hät er vor luuter Chelti nuch stiif Finger kha und nüd emal der Chnopf ufbracht. «Ihr händ meini echlä gstabet Finger für derigs?» seit der Schääfer und luegetne zue, we si dra ummewürged, und woll! jetz bringet’s ne uf, und uff eimal rugelet der ganz Huufe Taler und Goldstüggli übere Hüttebode, äm Schääfer hät’s schier d Augen übertribe. Gseit hät er ekes Wort; er hät nu echlä gfüürlet und der Chääs gholt und e Mogge Brot, und zwüschetine hät erne zueglueget, we si de Taler us allne Winggle wider zämegrüblet händ, bis der Boggläderi wider chugelrunde gsi isch. Drnah so sind si uff ds Heu und der ei seit nuch: «So, gottlob simmer soowiit – und moore znacht liggemer dä wider ringer äs hinächt.» «Mer wänd’s hoffe», git der Schääfer umme und wünscht ne ä gruehsammi Nacht. Aber gäget ä Morged, wo si steihert und toodmüed geschlafe händ, so hät er s erschlage. All beed. Drna treit er ’s über d Alp übere und khiet eine um der ander über d Wand abe, i ds Limmeretobel abe. Ds Gält aber verbirgt er underemene Stei, und niemert weiss wo, as er. Ds Linthel unde planget si schu de lengst Ziit uf de zwii. Si siged ä par Tag vor imm z Mailand unde fort, bbrichtet nämen eine, und en andere seit, me heb’s schiints ds Brigels änne nuch gsieh, we si äm Chiste zue siged. Wo dr Schääfer do obenabe chu isch, so händsne gfraget: «He Ihr! Händ Ihr nüd öppe zwii gsih, äsoo und äsoo zwii?» Dr Schäfer murret öppis und macht e Nibel; er heb anders z tue as ä jedem naachezluege, wo übere Pass chäm. Er sig zum d Schaaf hirte aagstellt und nüd zum d Lüüt gaume. Aber si truued äm nüd, si hänne erchuttlet und abghalfteret und nüd lugg luh mit Fraage. Usebbracht aber händ si käs Wort ussem. Si chämed ja ids Tobel abe gu luege, und wänn si’s dä det finded, so chämed si’s fraage, und mih seit er nüd. Er hät schu gwüsst, as nuch kä läbige Mäntsch im Tobel unde gsi isch, dr Bach nähm ne gad mit. Churzum, de zwii sind i Gottsname nümme vürechu, und nahdinah hat käs Bei mih vunne gredt. De Lanzig aber, wo d Lintheler wider der Schääfer hetted sölle ha, isch der nienemih umme gsi. Er isch vertüüsselet und eifach uf und drus. – Aber we’s äso gaht uf der Wält, na Jahr und Tag chunnt er wider und isch underdessen än alts Manndli worde mit graabe Haare und alls anders as riich. Und wil niemert hät welle gu schääfere im säbe Früelig, so seit er: «Jänu, ich wär mi ja gwännt vu früehner här!» und ninnt de Schaaf und gaht wider ä Nüsche ufe. Vu Stund aa aber hät ne niemert mih gsieh und d Schaaf sind älei i der Wildi obe bblibe, und im Herbst wider abe chu, aber nümmen alli. Wänn’s aber dobe ä Limmere wätteret und tunnderet und ds Nüschealpli fascht ersuuft im Räge, dä chunnt eine undenufe ussem Tobel. Er gsieht uus wene Schäffer, er truggt der Huet i Chopf wene Schääfer, er treit uffem Rugge ä Brotsagg wene Schääfer. Zerst meineme, so säged d Lüüt, es sig nu äs Näbeli, wo undenufe z chrüüche chämm, es chräsmi über alli Pöörter und heb si an alle Bändlene, aber zeismal sig’s der Schääfer und niemert anderst, und wän er zoberst am Poort sig und me meini, woll jez gäb’s ems, und er heb si a de Stuude und chräsmi über d Wand – so sig er zeismal nienemih umme, und d Sunne schiini i das läär Tobel abe.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Ds Pulsterewibli

Source: Ds Pulsterewibli

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Es kommt vom Fittereggli her und nimmt seinen Weg über den obern Teil der Speicheruns, bei dem Sitli vorbei an die Pulstern, der linken Seite von dem Eingang ins Mühlebachtal. Dort sahen es die Leute am Tage Werch spinnen, während es jenen Gang immer um Mitternacht machte. Es wurde indes nur von Fronfastenkindern bemerkt. Nachher wurde ihm durch neue Häuser, die in seinen Weg gestellt wurden, sein allnächtlicher Gang verbaut, und daher fanden dann die Bewohner der betreffenden Häuser morgens oft Haustüre wie Küchen- und Hintertüre offen. Natürlich hatte durch sie das Pulsterewibli seinen Weg genommen.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Ds Risetenmandelli

Source: Ds Risetenmandelli

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Ob em Birchetalen ischd d'Riseten. We's lang rägned, ghiid hin uw wider es Chosi Stäina virha und troled gäge d'Birchetali. De-l-loiffe d'Liit under Pfäischter und sägen: „D'Risete chunnd! D'Risete chunnd!" Die alte-l-Liit wisse's besser. Si verzellen: „In dr Flöe ischd es Mandelli. In arra Hutten träid's Stäina. Wen im em Brätscheschnöer zerschriissd, ghiid im d'Burdi siitlegen üüs, und Stäina gumpe d'Riseten embrin bis i d'Birchetali Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ds Sändlefräuli

Source: Ds Sändlefräuli

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Wo nuch das Geischterjümpferli z’Näfels im Sändle umenandfagiert isch, due isch ds Schlachttänggmal nuch lang niene umme gsi, nu d Tänggstei sind gstande wo hüt. D Näfleser Chilche isch nu e chlys Chappeli gsi, und wänn der alt Pfaarer prediget hät, so händ e Huufe Lüüt müese vor der offne Tüür lose, wil’s dinne ekei frye Stuel mih ka hät. Si händ ne aber au gäre gka, ire Pfaarer, und er hät’s au guet mit ne chänne, sust wär er nüd emal am Abed spät zu eim vu sine Puure und hett ne usepöpperlet. Der hät fryli nüd leid glueget, wo-n-er dusse der Heer gsiht, mit der Bibli underem Arme. Der hät em tüütet, er söll abechu. Der Puur schlüüft i ds Gwand, seit zur Josepha, er mües nuch gschwind neimethi – und schu staht er vor em Huus. Was will ächt der Herr Pfaarer? «Tuni, träged mer d Bible nache i ds Sändle übere!» liseret der Heer, «sit em letschte Nüümuu ghöri nämli vu dett änne all Nacht öppert singe und jääble. Es isch welewäg e Geischt, wo ruebe wett und nüd cha. Me sött em hälfe!» Und gange sinds. Wie de beede gäged d Letz chänd, so ghört der Puur die Geischtertüü au. Es isch em dur March und Bei gange. Z’eismal isch aber alls müüselirüebig gsi, nu der Rauti hät gruuschet. «Es hät üüs rati erschwiggt!» seit der Pfaarer lisli, «es isch verschwunde. Nei! gsähnder, es chunnt wider.» Währli, hinder de Holderpütsch am Bach gaht e wyssi Gstalt uuf und ab, hi und här. Si hät eso aartig, schwach glüüchtet wiene träggeti Latärne volle Spinnuppe und trurigi, längi Schrei abluh, me hät nüd chänne säge, isch es gjohlet oder gjääblet. Wo de Gstalt i glärige Muuschy chunnt, hät me gsih, as es es Wybervolch isch. «So, plybet jetz nu da, ich wil mit dem Fräuli allei gu rede», seit der Pfaarer, woner gsiht, we’s em Puur afaht häsele. Aber dise hebet ne am Chorhämp, er söll der tuusigs Gottwille nüd züenere zueche. Oder de uf all Fäll der Chnebel mitnih. Me chämm nie nüüt wüsse. «Da bschüüsst d Bibli mih as d Prügel», git der Pfaarer umme, ninnt das tigg Buch mit de Lederteggel undere Arme und gaht gredigs uf das Geischterfräuli los. Wo das gmerggt, as der Herr Pfaarer alei chunnt, plybt’s boggstille stuh und beitet. Der Pfaarer chunnt zueche und fraget’s allerlei, wie und was und worum. Aber meined er, das wyss Frauezimmer hett es Muul abenand tue? Nüt isch. Due hebet em der Heer de offe Bible häne und zwar gad es Kapitel vu der Uferstehig. Das Fräuli leit sini Finger uf d’Schrift - Fingerli, sägi, sind das gsi, vunere Fyni wie Schleierli und wyss wie Schnee! Und we die Glidli uf das heilig Buech chänd – git’s e Flagg! – und e Schrei! – und fort isch das Fräuli gsi, wie verfleugt. I der Bibli aber sind die füüf Geisterfinger ibrännt gsi, und wänn das Buech nuch neimet umme isch, so cha’s jede gu gschaue, wo meint, es sig alls nüd wahr.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Ds Santä-Toni-Sywli

Source: Ds Santä-Toni-Sywli

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1. a) Zur Zeit einer furchtbaren Überschwemmung vor mehreren 100 Jahren drohte eine Rübi aus dem abschüssigen, zerrissenen Bachtal den alten Weiler Wytterschwanden im Schächental zu vernichten. Sie wälzte haushohe Felsblöcke daher, deren man heutzutage noch mehrere im Bachbett und im anstossenden Spillmattli sehen kann. Auf dem hervorbrechenden Schutt kamen zwei Hexen dahergefahren, die einen mächtigen Stein mit sich brachten; die eine zog, die andere stiess. Das sah ein Meitli in der Hostet; so gleitig es konnte, lief es zu der St. Antoni Kapelle mitten im Weiler und läutete aus allen Kräften das Glöcklein. Und siehe! das Unwetter legte sich, die Rübi stand still, der Steinblock blieb liegen, da nützte alles Zerren und Sperzen der alten Hexen nichts mehr. »Stoss Lunni, stoss!« rief die eine. »Rageeri (oder Grageeri) zich! ich mag nimmä g'stossä, ds Santä-Töni-Sywli (oder -Fährli) gysset!« schrie die andere. Aber es war zu spät. Ihre Macht war dahin. Die Hexen verschwanden. Johanna Brücker-Arnold, 70 J. alt b) Eine Stimme rief zweimal: »Leidori stoss brav!« Die andere antwortete: »I mag nitt bas, ds Sant-Anto ni-Sywli schrytt.« 2. Vor vielen, vielen Jahren beobachteten einmal die Leute in der Rütti neben der »Spitzä« zwei Wybervölchli, die gegen die Spitzä zu kletterten. Bald nachher kam ein furchtbares Wetter, und am Abhang der Spitzä fing es an, ganz bedenklich zu rumplen. Allein jetzt läutete es in der Kapelle zu Wytterschwanden, und ganz deutlich hörten die Leute in der Rütti von der Spitzä her eine Weiberstimme rufen: »Dü, sperz, äs rickt!« und eine andere antwortete: »Ich mag nimmä, ds Santä-Toni-Sywli gysset.« Jos. Maria Arnold Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ds Schlusselloch zer Hili in dr Schwarzeflöö

Source: Ds Schlusselloch zer Hili in dr Schwarzeflöö

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In dr Schwarzeflöö ischd es Loch, asabar wee nes Schlusselloch. Wär de-r-rächte Schlussel hätti, chentti üüftöön und chäämmi in en Hili und zum Schwarzeflöömäitli. Meer Bööben häim mengsmal das Loch vermachd und Stäina inhignitsched; aber dr ander Tag ischd ds Loch läars gsiin und d' Stäina furt und alls süüfers, wee wen nid es Diitelli ggange-w-wän. Melchior Sooder:  Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ds Schopfämüetterli

Source: Ds Schopfämüetterli

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Auf der Schopfen in Erstfeld hat früher ein Gespenst sein Wesen getrieben. Ganz äs chlys Müetterli. An bestimmten Tagen traf man jeweilen im Gaden zwei Kühe in eine Kette verwickelt an, und es fand sich in der ganzen Gegend nur einer, der imstande war, mid-ämä b'sägnätä Zwick die Kette zu lösen. Der Familienvater daselbst wollte es nie dulden, dass seine Söhne an einem Seelensamstag- oder Seelensonntagabend herumschwärmten oder z'Stubeten gingen. Nun geschah es einst, dass ein guter Freund an einem dieser Abende kam und den Sohn Vinzenz verzeekte. Die Mutter sprach letzterem noch zärtlich zu, er solle ja nicht ausgehen, und drohte endlich den beiden: »Susch bringt-ech de ds Schopfämüetterli!« Doch ihr Mahnen blieb ohne Erfolg. Die Burschen machten sich auf die Strasse. Nach einiger Zeit ging die Mutter ins Bett; um aber zu wissen, wann der Sohn zurückkomme, hängte sie eine Trinkel an die Innenseite der Haustüre. Aber wohl! nytt lang sygs gangä, syget die Purschtä wider chu, und wiä, mitsannt der Tirä syget-s'i ds Hüs innä! Dassälb Schopfämüetterli, das heig-s 'pracht! Später wurde es in eine Fluh hinauf verbannt. Alois Furrer, 27 Jahre alt. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ds St. Peters-Sywli

Source: Ds St. Peters-Sywli

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Zwei Hexen unterhielten sich damit, den Felsen Vierschröt auf Bürglen herunterzustürzen. Da ging aber die Muttergottes selber hin und läutete in ihrer Loretokapelle auf dem Stalden. Dabei stellte sie den einen Fuss in das Innere des Gotteshauses, den andern auf den Steintritt vor dem südlichen Portal, und so, in der Türe stehend, den Glockenstrang in der Hand, schaute sie während des Läutens nach der Vierschröt aus. Sogleich mussten die Hexen ihre Arbeit aufgeben, und man hörte sie sagen: »M'r chennet nymeh machä, ds St. Peters-Sywli gysset.« Zum ewigen Beweis hinterliess die Muttergottes den Fusseindruck im Steintritt vor dem Kapellenportal. Josef Gisler, Balm-Sepp St. Peter ist der Patron der Pfarrkirche. St. Peters-Zug heisst eine Örtlichkeit am Fusse der Vierschröt. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ds Stäfeltimäitli und dr Hoirer

Source: Ds Stäfeltimäitli und dr Hoirer

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Em Bööb ischd all Abe virhi uf e-w-Willishubel. Und den hed er abhi gäge d'Bärfalle ghoired; äs hed dr Liebschte gulten; dee ischd nid wiit dervun dehäimme gsiin. An enem Aben hed er umhi abhi ghoired. Döö hed er Bschäid uberchun. Är gid umhi Bschäid, und umhi hoired epper zöö-n-im üüfi. Und eso isch'sch genge-w-wiiter ggangen; är hed ghoired ung ghoired, und ds Ghoir vun unnen üüfa ischd geng neher und neher chun. Uf ds Mal stäid ds Stäfeltimäitli vor im und schnerzd nen an, wäm är da hoiri. Ar häigi täichd, da wissi epper nid rächt, wa zööhi. „Äs ischd dr gööd, heschd d'en Üüsred", hed ds Stäfeltimäitli gmachd, „i hätten di hina welle chrismen und hampfellen, bis d' wäschd alta gnöög gsiin." Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ds Stollenhoiri

Source: Ds Stollenhoiri

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Äs hed e Ziid ggän, ma gseed's no hiitigs Tags, da ischd dr Lowwibach dir em Bärengraben und gäg em Twing abhachun. Aber döö hed äis äina, Dratt sälig hed gsäid wär, dem Wasser de-w-Wäg verläid, und döö, was gäid? Äs hed dem Bach uf dr Hoflöösiiten üüsigreerrd, das er uberfeerd und ubersaared und z' Hoflöö d'Hiiser ibsetzd hed. Siithar chunnd dr Bach heenahet Hoflöö inha, um bim Bärengraben und Twing chunnd egghäim Bach mee. Där, wa dem Bach de-r-rächte-w-Wäg verläid hed, ischd nid a d'Rööww chun. Am Stolle gheerd ma hoiren, bsunders we's läids Wätter wolld gän, und ma hed vum Stollenhoiri old vum Stollenhoirer afa brichten. Äis ischd Dratt vum Baalisalp häin. Im Waald hed geng äina ghoired, bald da, bald dert, undermalen rächter Hand und den umhi lingger. Und eso isch'sch ggangen, bis er i d'Geeter und uf Ägetum ischd chun. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Ds Todtebeinli

Source: Ds Todtebeinli

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S'isch einisch e Chünig gstorbe ; si Frau und zweu Chind sind no am Läbe blibe, es Meiteli und es Büebli. Do hend si einisch d'Mueter gfrogt, weles von ene das einisch mües Chünig wärde. Do seit si zue-n-ene: „Liebi Chind, gönd jetz zäme i Wald use und sueched das Blüemnli, wo-n-ech do zeige und das, wo's von ech z'erst sindt, das mues einisch Chünig wärde." Do sind die Zweu zäme gange, und im Wald sind si bim Sueche e chli usenand cho, und s'Meiteli het s'Blüemli -z'erst gfunde. Do denkt's, es well sim Brüderli non-e chli warte, und lit nabem Wald i Schatte, nimmt s'Blüemli i d'Hand und schloft i Gotts Namen i. Derwile chunnt s'Büebli au a das Oertli, aber s'Blüemli het er nonig gfunde gha; won er's do aber im Händli vo sim Schwösterli gseh het, so chunnt em öppis Schröckligs z'Sinn : „J will mis Schwösterli ermorde und em s'Blüemli neh und hei goh mit, und dänn wird i Chünig." Denkt und tho. Er het's tödt und im Wald verscharret und Härd drüber deckt, und kei Mönsch het nüt dervo gwüßt. No mangem Johr isch e Hirtebüebli dert uf der Weid gsi mit de Schöflene und sindt es Todtebeindli am Bode vo dem Meiteli ; do macht er e paar Löchli dri wie am ene Flötli, und blost dri. Do het das Beindli gar erschröckli trurig afoh singe die ganz Gschicht, wie s'Meiteli vom Brüdeili umbracht worden isch : me hätt möge die häle Träne briegge, we me das Lied ghört het. Do goht einisch, wo das Büebli so gflötet het, e Ritter dert verbi; dä het em das Flötli abgchauft und isch dermit im Land ume zoge und het an allen Orte uf dem Beindli gspielt. Einisch het do au die alti Chünigi dem Ritter zueglost und isch ganz trurig worde und het der Sohn abem Thron gstoße und bbriegget ihrer Läbtig.   Quelle: Sutermeister, Otto: Kinder- und Hausmärchen aus der Schweiz   Aargau. (Der Wanderer in der Schweiz 1835, S. 200.) Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ds Tschampämperli isch tot

Source: Ds Tschampämperli isch tot

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An einem Wintertage ging Niklaus Aeby von Muschels nach dem Burgerwald, um Holz zu fällen. Als er eine Zeit lang gearbeitet hatte, rief ihm jemand aus dem Walde heraus zu: „Niggi, Niggi!“ Der Holzer schaute rings um sich, aber er sah niemand. Darum fuhr er mit der Arbeit weiter. Aber nach einer Weile rief es abermals: „Niggi, Niggi!“ Er setzte die Axt ab und rief: „Was ischt?“ Da hörte er ganz neben sich eine feine Stimme, welche weinend sprach: „Niggi, gang doch im Tschimpämperli ga säge, ds Tschampämperli sigi gschtorbe.“ Wie Niklaus auch schaute und lauschte, es war nichts zu sehen und nichts mehr zu hören. Darum arbeitete er weiter. Die Axtschläge hallten durch den stillen, winterlichen Wald; Splitter und Späne spritzten wie Funken, und krachend stürzte ein Baum nach dem andern. Erst als die Dämmerung leise durch den Wald ging, kehrte Niklaus nach Hause zurück. Beim Nachtessen erzählte er vor Frau und Kindern sein Erlebnis. Aber kaum hatte er fertig geredet, da ertönte aus der Ecke hinter dem Ofen ein herzzerbrechendes Schluchzen und Weinen, und doch war niemand dort zu sehen. Das Weinen ging durch die Stube; die Türe öffnete und schloss sich; dann ging es durch den Hausgang, dann über den Hausplatz und endlich quer durch die verschneiten Matten, gegen den Burgerwald hin. Noch lange hörte man`s von ferne klagen: „Ds Tschampämperli ischt tot …“   Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch


by Ds Vrinelis Gärtli

Source: Ds Vrinelis Gärtli

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Es isch emal ä übermüetegi Jumpfere gsi, de hät Vrine gheisse. De hät gmeint, si chäm z’oberst uff em mittlere Glärnisch e Garte mache. D’Lüüt händ si gwarnet und händ züenere gseit: «Me mues der Härrgott nüd versueche!» Aber si hät gseit: «Sig’s em Härrgott lieb oder leid – jetz guuhni z’Tratz ufe!» Due ninnt de Jumpfere, es isch e bäumig starchs Meitli gsii, ä grosses, chüpferis Sännchessi übere Chopf, ass si nüd nass wärdi, wänn’s chämm gu schniie. Wo si aber dobe gsi isch, so hät’s äso raass afuh fogge, as d Vrine vor Schweeri das Chessi gar nümme hät chänne abzieh. Der nass, schwäär Schnee hät das Meitli z’Bode truggt, und es sich ganz igschniit worde. Me gsieht uffem mittlere Glärnisch jez nuch e chliis viergeggets Schneefäld. D’Lüüt säged em nu ds Vrinelisgärtli, ebe wil de übermüetig Gärtneri derunder vergrabe liit.»   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Ds Waschlen und ds Bradlen vum Nachtvolch

Source: Ds Waschlen und ds Bradlen vum Nachtvolch

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Uf em Bort under Balisalp hed mi Schweerätti am Abe spat ds Nachtvolch gheerd. Äs wän ditzmal in dr Luft chun; es schiizlis Gwaschel um Bbradel isch'sch gsiin; aber gseen hed er niid. Ander Liit verzelle, si häige 's gseen, e-l-lenga, lenga Zug, und umhi sumi brichten, si häige's nid gseen, aber gheerd; Tritta siige chun, und es Bradel häigi's ggän, lang häigi's nid wellen heerren. Melchior Sooder:  Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ds Waschlen und ds Bradlen vum Nachtvolch

Source: Ds Waschlen und ds Bradlen vum Nachtvolch

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Uf em Bort under Balisalp hed mi Schweerätti am Abe spat ds Nachtvolch gheerd. Äs wän ditzmal in dr Luft chun; es schiizlis Gwaschel um Bbradel isch'sch gsiin; aber gseen hed er niid. Ander Liit verzelle, si häige 's gseen, e-l-lenga, lenga Zug, und umhi sumi brichten, si häige's nid gseen, aber gheerd; Tritta siige chun, und es Bradel häigi's ggän, lang häigi's nid wellen heerren. Melchior Sooder:  Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ds Wiib mid dem verbundnen Hals

Source: Ds Wiib mid dem verbundnen Hals

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E jingra Man hed e verdrissegi Sach ghäben. Nacht fer Nacht ischd ds Doggelli chun und hed im nid Rööw glaan, bis's taged hed. Äis es Nachts isch'sch umhi chun; döö griifd er uber'd'Dechi und hed e Chatz i Fingren; är nimmd sa bim Hals uw wirggd sa, was er mag u-r-reerd sa uf e Soller üüsi. Am Tag drüüf ischd es Wiib mid verbundnem Hals umhaggangen. Jetz hd er gwissd, was ne firn nes Doggeli drickd hed. Nid vergäben hed das Wiibelti geng Oige ghäben wee nes Salbedruckli! Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ds Wiib mid den Gäisfiessen

Source: Ds Wiib mid den Gäisfiessen

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Äs ischd Nacht gsiin und niena mee Liecht. Joos ischd vun unnen üüfa chun und dir die hinder Gassen üüf. Döe hed er i ds altem Baabellis Schopf es wiisses Wiib mid Gäisfiesse gseen. Äs häi rra das Wiib vil gseen, wa spaat häi siin. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Ds Zelli vom Aff und de Chinden

Source: Ds Zelli vom Aff und de Chinden

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Ais ischd es Mäitelli gsiin und es Bööbelli. Dee siin i-w-Waald und häi-w-wellem bberrenen. Um bin allem Bberrenen sii s` geng wiiter ung geng wiiter i-w-Waald inhichun. Döö hed's afan abellen. D'Sunnen ischd under. Döö häi s` häi-w-wellen; aber si häin niid mee funden, wäder Wäg no Stäg. Äs hed vernachted und ischd fiischter worden. Döö häi s` ma griselli gfirchted und häin afa-r-räären. Endtli häi s` dir Bäim dir gseen es Leechtli zwatzren. Si häin üüfgheerd breelen und siin gägen däm Leechtli ggangen ung ggangen und sii zen enem nidren Hittli chun. Döö häi s` a d'Tire dibbelled. Epper ischd chu z'stirflen, und d'Tiren ischd üüf. Im Tirloch ischd en Aff gstanden. Toibläigga hed er gfräägd, was si wellen. Si häin umhi afa schnipfen um möölen. Aber dr Aff hed bbrummled, si brüüchen niid z'huwwlen; si chennem bee-n-im bliiben. Am Tag derna sii s` erwached; aber dr Aff isch furt gsiin. Am Aben ischd er häichun und i ds Bett. Und das ischd all und äi Tag eso gsiin; am Morge vor Tag ischd dr Aff furt und am Aben umhi chun. Und Tag fer Tag häi ds Bööbelli und ds Mäitelli meesse Schnägge sööchen. Äis es Tags ischd ds Mäitelli erwached. Dr Aff isch furt gsiin und ds Bööbelli o. Döö hed's afa sööchen und sööchen. All Schroti hed's erläsen, im Hittli und näb em Hittli. Aber ds Bööbelli ischd neena virha chun. Döö isch'sch i Chäller. In arre Chrääzen ischd ds Bööbelli grobbed und hed grääred, dr Aff häige nen da dri taan; är welle nen hirten, mid Schnäggen, bis er fäissa siigi. Derna well er nem metzgen und frässen. Ds Mäitelli ischd nid fascht drab gsiin. Äs hed grigled ung grigled. D'Tiren ischd üüf, und ds Bööbelli ischd üüsa. Derna hed's gsäid, är selli undre Strewwisack, wa dr Aff drüüf schlafi und si da verstecken und nid verwäiggen. Wen dr Aff schlafi, welle s` zsäme fleen. Im Vernachten ischd dr Aff häichun. Ar hed z'Nacht. Derna ischd er uf e Strewwisack, und ds Mäitelli ischd näb i ggangen, wee dee ander Aben o. Dr Aff hed nid chenne schlafen. Uf ds Mal ischd er üüfghocked. Är hed d'Nasen i d'Luft gsteckd und afa schmecken: „I schmeckem Mentschefläisch!" „O näin," hed ds Mäitelli gsäid, „dü schmeckischd mi." Dr Aff hed niid drüüf gsäid und si emzruggläid. Na nem Raschtli hocked er umhi üüf, steckd d'Nasen i d'Luft und hed gschmeckd ung gschmeckd und säid: „I schmecke Chrischtemblööd." „O näin," hed ds Mäitelli gsäid, „dü schmeckischd mi." Dr Aff hed si emzruggläid. Es Raschtli derna hed er afa rüüssen u-r-rüüssen und hed gschlafen wee ne Stock. Jetz hed ds Mäitelli üüf. Ds Bööbelli ischd undrem Sack virhagschnaagged. Üs e Zeewe sii s` zer Tiren und üüsi und häin afa-l-loiffen und loiffen u-s-siin häichun. Das Zelli han i vun dr Möötter. Das hed si is zelld, wam mer sii Ching gsiin, eppa im Winter, we d' Abe sii-l-leng gsiin. Eso hed si-n-is verteerled und churzi Ziit gmachd, wem mer nid gwissd häi-w-was machen. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ds Zwäärgechääsli

Source: Ds Zwäärgechääsli

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Äis ischd es Hungerjaar gsiin; faschd alls ischd vergraaten, und vil Liit häim meessen grossa Hunger han. Döö wän en Hüüshaltig gsiin, es arms Frowwelli mid enem Tschuppli Chind. Zen där Hüüshaltig ischd es Zwäärgli chun und hed es Mutschli bbrachd. Aber äs hed nen adinged ung gsäid, si derffen mid dem Hegel nee uber ds Chriiz howwen, wa drüüf siigi. Wen es Räiftli bliibi, siigi ds Mutschli morneschti enumhi ganzes im Tischchaschten. Si häin dem Zwäärgli gfolged, und dr Hunger hed nen niimmä taan. All Morgen ischd ds Mutschli umhi ganzes im Tischchaschte gsiin. Aber äis ischd Dorf chun old dr Schööji uf d'Steer; i cha's nimmä rächt sägen. Ds Frowwelli hed ds Chääsli uf e Tisch taan und dr Dorf old dr Schööji hed äim Bitz um en andren abghowwen, en eedra wee nes Psalmembööch, und hed si nid ergän, bis das Mutschli riibis und ftiibis ischd gfrässes gsiin; nid ds gringschd Räiftelli ischd uberbbliben, und am Morgen ischd dr Tischchaschte-l-läärra gsiin. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ds Zwäärgliloch in dr Schwendi

Source: Ds Zwäärgliloch in dr Schwendi

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In dr Schwendi bim Boden ischd es Zwäärgliloch. Da siige freejer d’Zwäärga gsiin.        Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Ds Zyt erläbä

Source: Ds Zyt erläbä

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a) So unvernünftig behandelte ein Mann seine Frau, dass sie »vor-em Zytt« dahinwelkte und starb. Aber nach ihrem Tode kam es jeden Abend eiskalt zum Witwer ins Bett, legte sich neben ihn und gab sich, da er über diese Belästigung wetterte, als seine Frau zu erkennen, die solange noch auf diese Weise zu ihm müsse liegen kommen, als ihr zu leben beschieden gewesen, wenn er sie nicht »verhilässget«1 hätte. Frau Nussbaumer-Zgraggen, 27 Jahre alt, Schattdorf b) In Realp ist ein Mann in seiner letzten Krankheit »verhilässget wordä und wäg dem vor-em Zytt gstorbä.« Er wurde nach seinem Tode von den Kindern während des gemeinsamen Abendgebetes gesehen, aber nicht von der Frau. Anna Maria Maller, 75 Jahre alt, Hospental Fussnoten 1 vernachlässigen. S. Schw. Id. 3, 1416. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dserscht Äi vun arra schwarzen Hennen!

Source: Dserscht Äi vun arra schwarzen Hennen!

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Äina möös ds erscht Äi vun arra schwarzen Hennen i ds Bett nän und 's üüsbrieten; de chunnd es chliis schwarzes Mandelli drüüs üüsa. Das bringd im zööha, was er wil. Aber wen er de stirbd, wolld den das Mandelli o derbee siin.               Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Du breichsch s grad as wie der Mutti vo Rieche!

Source: Du breichsch s grad as wie der Mutti vo Rieche!

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Wenn jemand zu einer Arbeit kommt, die er nicht gerne tut, oder wenn es sich sonstwie trifft, dass er zu unpassender Zeit erscheint, so empfängt man ihn in Oltingen etwa mit den Worten: «De breichsch’s grad as wie der Mutti vo Rieche» oder «De chunnsch grad rächt wie der Mutti vo Rieche». Nicht selten liegt in diesem Ausspruch eine versteckte Einladung zum Zugreifen bei der Arbeit, die man gerade «underhänds» hat. Wenn nun aber der Ankömmling zu wissen begehrt, was es mit diesem «Muttibueb vo Rieche» (Riehen) für eine Bewandtnis habe, so wird ihm folgende Anekdote erzählt: Der Muttibueb von Riehen war ein verwachsener Bursche, aber trotz seiner Missgestalt stets voller Galgenhumor. Er lebte zu einer Zeit, da es noch üblich war, dass man Fehlbare zur Bestrafung an den Pranger stellte oder sie öffentlich auspeitschen liess. Einmal' hatte es auch den Mutti wieder getroffen, dass er eine vorgeschriebene Anzahl Schläge in Empfang nehmen sollte. Viele Leute eilten in die Stadt, um diesem Schauspiel zuzusehen. Unterwegs begegneten dem Mutti, der seine Strafe schon entgegengenommen hatte, ein paar solche Neugierige, die sich verspätet hatten. Er fragte sie: «Wo weit-er hi?» — «He, uf Basel go zueluege. Chumm au mit, der Mutti vo Rieche chunnt Streich über!» Mutti, den sie offenbar nicht kannten, — so weit her kamen sie — erwiderte schalkhaft: «Der chömmet z’spot, ’s isch scho verby. I bi grad noh rächt cho, mir hets grad noh glängt!» Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Du Limel, tüe-nä, wo-nä gnu hesch

Source: Du Limel, tüe-nä, wo-nä gnu hesch

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Auf der Strasse zwischen Wytterschwanden und Spiringen irrte nachts ein Mann umher, der einen glühenden Markstein auf der Achsel trug, jämmerlich schrie und von Zeit zu Zeit mit kläglicher Stimme rief: »Wo sol-ä-n-oi hitüe, wo sol-ä-n-oi hitüe?« Niemand fand das erlösende Wort, bis einmal ein Besoffener ihn anbrüllte: »Dü Limel, tüe-nä, wo-nä gnu hesch!« Da schlug der Geist den Stein in den Erdboden, dass die Funken sprühten, verschwand und wurde nicht mehr gesehen. Die gleiche Sage wird mit entsprechender Ortsangabe auch in Bürglen, Bauen und wohl auch andern Orten erzählt. Ein mutwilliger Schächentaler hatte oft den Leuten Steine ins Gras geworfen, und wenn sie dann beim Mähen ihre Sensen daran verderbten und ein Gsätzli dazu fluchten, hatte er seine Freude dabei. Nach seinem Tode musste er wandlen und die Steine wieder auflesen und hintragen, wo er sie genommen. Da hörte man ihn öfters klagend rufen: »Wo soli-s'oi hitüe?«, bis endlich ein Besoffener ihm grob zurief: »Dü Hüerä-Limel, tüe-s, wo-s gnu hesch!« Später erschien er dem nüchtern Gewordenen und dankte ihm und sagte, jenesmal habe er ihn erlöst. Zäzilia Gisler-Walker, Franz Arnold Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dür d’Luft us!

Source: Dür d’Luft us!

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Dür d’Luft us! Bim Galgelöli hei d’Burger ihrer Acher. Düre Summer düre isch de albe öppe Heu, Ämd, Gwächs‚ oder was gwachsen isch, am Bode gläge. De isch de albe ’s Galgelölitier cho u mit dür d’Luft us. D’Lüt hei de albe no chönne luege, wie im Hunze a de Tanne Schüble ebhanget si. Mis Müetti het mängisch gseit, früeher heige am Galgelöli d’Acher a de Steigerige fascht nüt gulte, vowäge‚ mi heig Forcht vor em Galgelölitier gha. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929     Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dür ’s Tenn düre!

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Dür ’s Tenn düre! E Bur het mer erzellt‚ ’s Galgelölitier sig ihm gäng dür ’s Tenn düre. Das sig gange, nid sufer! Heig er nid ufto, so sig es cho u heig sälber d’Töri usenangeregschrisse, bis es heig Witi gnue gha. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Durch das Teufeltal

Source: Durch das Teufeltal

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gegenüber Amsteg sieht man heute noch zu gewissen Zeiten etwas, das halb weiss und halb schwarz ist, hinauf- und hinunterfahren. David Gnoss Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Durch die Häge

Source: Durch die Häge

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Der Kübli aus Aarmühli war den Bewohnern der oberen Seegegend wohlbekannt als einer von den Leuten, die mehr konnten als Brot essen. Als Geisterbanner und Schatzsucher hatte er Kundschaft in Brienz und weit ins Hasli hinauf. Zeitum aber liess ihn seine Kunst auch im Stich, so, als er im Stäfiloch im Schwanderberg die Berggeister bewegen sollte, ihren Kristallschatz herauszugeben, und diese trotz den kräftigsten Zaubersprüchen nicht Wank taten. Dann konnte es ihm auf dem Rückwege von Meiringen und Brienz des öftern passieren, dass der Weg von ihm überlegenen Bannern „vermacht“ war, so dass er nur noch über und durch die Häge nach Aarmühli zurückkehren konnte. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Durch die Lüfte entführt

Source: Durch die Lüfte entführt

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Über die Religion spöttelte und witzelte eine ausgelassene Gesellschaft in einem Wirtshaus in Isental. Doch der Witz sollte ihnen versalzen werden. Kaum hatten sie die Wirtschaft verlassen, entführte es sie plötzlich durch die Lüfte und fuhr mit ihnen, ich weiss nicht wie weit und wohin. Da, wo sie wieder den Erdboden erreichten, hat man ein Kreuz errichtet, und das stäng jetz nu dert, het der Isitaller gsäit, wo miër dass v'rzellt het. Katharina Gamma von Wassen, 50 J. alt. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Durch Fluchen besiegter Geisterspuk

Source: Durch Fluchen besiegter Geisterspuk

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Auch im Teiffigaden zu Talachern, Bürglen, war es unghyrig. Einst wollte die Bäuerin einer Fährlisau das Futter bringen, konnte aber gar nicht zum Krummen vordringen, bis sie zu fluchen begann. Theresia Gisler, 73 J. alt, Spiringen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Durch Fluchen vertrieben

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In einem Gaden im Schweinsberg zu Attinghausen spukte es nicht wenig. Am Morgen, wenn die Leute kamen, um zu melken, fanden sie zwei Kühe in eine Kette verwickelt, und wenn sie molken, liess es ihnen mit einem Schlag alles Vieh ab den Ketten. Einmal wurde der Bauer fuchsteufelswild. Er ergriff die Mistgabel und lief mit ihr um den Gaden herum, steckte sie bald in die Gwätte, bald in die Türe, fluchte dabei alle Wetterzeichen und rief: »Geh zum Teufel, sonst zünde ich dir mit der Mistgabel und stecke dich an!« Aber seit dieser Stunde liess sich das Gespenst, oder was es war, nicht mehr merken. Dass zwei Kühe in eine und dieselbe Kette gebunden angetroffen wurden, ist ein ungemein häufiger Spuk. Man berührt dann die Kette mit einer geweihten Palme, noch häufiger führt man darüber in den drei höchsten Namen mit einem gesegneten Haselzwick den »Kreuzstreich« aus, oder man schlägt mit einer Mistgabel auf die Ketten. In Glarus soll man mit einem Beil auf die Kette schlagen, dann falle sie auseinander und bleibe doch glockenpfennigganz. Man sage einen Spruch dazu, aber diesen weiss ich nicht. Heinrich Baumann; Cäcilia Gisler-Walker Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Durch Wallfahrten erlöst

Source: Durch Wallfahrten erlöst

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Wenn allemal ein gewisser Mann von Schattdorf die Wyergasse hinauf ging, warf es ihm Steine nach. Es war eine arme Seele. Durch sieben Freitagswallfahrten zur Gornerntanne erlöste er sie. Frau Marty-Denier Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Durch »Vergelt's Gott« erlöst

Source: Durch »Vergelt's Gott« erlöst

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Eines Abends sass das alte Müetterli bei »der alten Post« im Wyler zu Gurtnellen neben der Haustüre auf einem Bänklein. Eine Nachbarin – meine Grossmutter – beobachtete, dass neben dem Müetterli ein prächtiges Maitli sass; das hatte lange, flachsblonde Haare, die ihm lose über den Rücken bis auf den Erdboden hinabwallten und nur oben mit einer Schleife zusammengebunden waren, deren Bänder ebenfalls den Boden erreichten. Die Nachbarin machte das Müetterli auf seinen Gespanen aufmerksam; es sah aber gar nichts von ihm. Es kam ihnen in den Sinn, es könnte eine arme Seele sein, und sie redeten sie an. Da bekannte sie, wirklich eine solche zu sein. Sie komme aus Deutschland und müsse wandern, bis sie an der Strasse ein Haus antreffe, dessen beide Hausgangtüren gegen einander offen seien. In diesem Hause könne sie dann bleiben. Das sei nun hier der Fall. Und wenn dann jemand in dem Hause etwas heische und bekomme und dafür »Vergelt's Gott« sage, so werde sie dadurch erlöst werden. Und richtig, bald kam jemand, und beim Herausgehen aus dem Hause sagte er für eine empfangene Wohltat »Vergelts Gott«. Jetzt war die arme Seele erlöst und wurde nicht mehr im Hause gespürt. Man glaubt, sie habe für ihre Hoffart leiden müssen. Ja, man sollte immer mit »Vergelts Gott« danken, denn es sind viele arme Seelen, die auf ein »Vergelts Gott« plangen und auch auf ein »Tröst Gott die armen Seelen«; besonders sollte man das tun unter den Haustüren, da sind immer arme Seelen. Neben den Türen und auf den Türsellen ist es am schlimmsten. Lange Zeit hindurch fühlte unsere Mutter jedesmal, wenn sie eine Türselle überschritt, etwas Weiches neben ihren Füssen. Eine andere Person aber sah, dass sie von einer Katze begleitet war. Die Mutter ahnte, dass es eine arme Seele sei, und liess Messen für diese lesen; bald darauf machte sie jene Wahrnehmung nicht mehr. Wenn unsere Mutter ein Haus betritt oder verlässt, tröstet sie an der Haustüre immer die armen Seelen, indem sie sagt: »Tröst Gott die armen Seelen«. N.N., Gurtnellen, Wyler Man hört wirklich ältere Leute, wenn sie für etwas danken – und sie tun das fast immer mit »Vergelts Gott« –, obige Formel und vielleicht noch sonst ein Gebet für die armen Seelen hinzufügen: »Vergelts Gott tausendmal; tröst Gott und erlös Gott die armen (oder die lieben) Seelen.« Und zwar tun sie das besonders gerne unter der Haustüre. Eine Parodie dieses Gebetes aus dem Schächental lautet: »Vergälts Gott tüsigmal, tüsigmal; die liebä Seelä zämä, die andärä nitzet nyt binänand.« Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Durchzug der Kaiserlichen (1813)

Source: Durchzug der Kaiserlichen (1813)

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«Ein alter hiesiger Mann erzählte mir, dass die Kaiserlichen, das heisst die Österreicher, sich viele Tage lang das Homburgertal herab gewälzt hätten und hier durchmarschiert seien. Jeden Augenblick sei eine Schar in seine Stube getreten und habe gerufen: "Bauer, Brot her!" Manche haben, wie derselbe erzählt, wirklich mitleiderregend ausgesehen. An den Kleidern derselben befanden sich hunderte von Kleiderläusen, und der Hunger habe sie entsetzlich geplagt. Damals seien die Leute hier von den Kriegsscharen beinahe ausgesogen worden.» Diepflingen Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Dürstende Geister

Source: Dürstende Geister

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Auf den Tisch, auf dem ein Arm-Seelen-Lichtlein brennt, soll man rein gar nichts stellen ausser in einem Geschirr frisches, sauberes Wasser, dass die armen Seelen davon trinken können. Das alte Äbneter Annäli in Unterschächen hat oft behauptet, es habe es allemal am Morgen ganz wohl gemerkt, dass das Wasser im Becki über Nacht gesunken sei. Frau Arnold-Arnold, Spiringen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Düü zinserlischd, düü sinzerlischd

Source: Düü zinserlischd, düü sinzerlischd

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Äis ischd es Wiib gsiin, und dr Man ischd dem Vee naa, und den ischd äs ellenggen im Hüüs gsiin. Uw we's in dr Chuchi ischd fertig gsiin, hed es si zum Girbe gsetzd und hed gspunnen. Und Tag fer Tag ischd es Zwäärgli zöö-n-im chun, und äis und ds ander Mal hed's afa ganten um bränggen und hed partüü uf d'Schoos wellen. Das ischd dem Wiib uf d Lengi gnietigs vorchun; ds Zilli ischd im wol lengs worden, und äs hed dem Man alls gchlagd. Där hed gsäid, däm welli är schon derfir töön. Är hed ds Gwand vum Wiib agläid und um ds Hoit en Umbindlüüder taan. Dernahed er si zum Girbe gsetzd und zur Chüüchlen und hed afa spinnen. Naa nem Raschtli ischd ds Zwäärgli chun und ischd ma aani z’fräägen uf d’Schoos gräbled. Aber mid Spinnen hed’s schlächt welle r-ricken; alli Bott ischd dr Fade zerschrissen, und den hed's Chräämmer ggän, äina fascht am andren. DsZwäärgli hed däm Spinne zööglööglög und zööglööglög ung gsäid: „Düü zinserlischd, Düü sinzerlischd, Düü gwinnschd im wenig an, I gloiben bald, Düü bischd dr Man." Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Dz Rystätunggeli

Source: Dz Rystätunggeli

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In der Achern zu Schattdorf hauste eine Spinnerin, die gewohnt war, von Wolle und Reiste, die ihr die Leute zum spinnen brachten, jeweilen etwas weniges, unmerkliches, für sich selber heimlich zurückzubehalten. Nach ihrem Tode aber hat man sie noch oft bis in die neueste Zeit gesehen in ihrem altertümlichen Häubchen am Fenster ihres Kämmerchens oder[30] in der Laube sitzen und spinnen und hat manch einer sie gehört dabei murmeln: Chlini Wickerli, Seelädrickerli, Hinderm Ofä-n-i der grossä Zeinä. Mal einer, der sie mit einer Latte stupfte, bekam einen furchtbar geschwollenen Arm. Man nannte sie das »Rystätunggeli«. Ambros Gisler Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by D‘Eierimariann

Source: D‘Eierimariann

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D‘Eierimariann Dr Eierimariann het me noh nohgredt, sie sig e Häx. I bsinne mi noh guet a se. Sie het es hölzigs Bei gha u derwäge het me se au gäng mit emene Stäcke gsee. Mit dem Stäcke het sie chönne häxe; i ha ne selber au gseh; es isch e gwöhnlige Hooggestäcke gsi; dr Griff isch usghöhlt gsi. We sie driblost het, so het‘s pfiffe. l ha ne Vetter gha; dä isch im gliche Hus gwohnt wo d’Mariann. Mängisch het er z’Nacht gseh es Liecht um s’Hus umefahre oder uber s’Hus ubere. Dr Vetter het au Hüehner gha. Aber sälte het er es Ei erwütscht. Mängisch hei sie glusset, wen es Huehn gleit het. We de s' Huehn ufgstange isch, si sie zuehe u hei welle ‘s Ei näh; aber de isch es ne vor den Auge verschwunde. D’Mariann het‘s ewägg ghäxet u für seie brucht. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by D’ Nünenünzger

Source: D’ Nünenünzger

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Früher folgte die Grenze zwischen den Bannen Therwil und Reinach der Wasserscheide. Da die Therwiler ihren Wald zu klein fanden, zogen sie mit 100 Eseln aus und schleiften die Bannsteine gegen Reinach. Dabei stand ein Esel um, und es waren deren nur mehr 99. Seitdem nennt man die Therwiler «Neunundneunziger» oder «Marchsteinschleifer». Wenn man um Mitternacht über das Käppeli geht, kann man noch das Rasseln der Ketten hören. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by D’ Ramschtejagd bi Brätzbel

Source: D’ Ramschtejagd bi Brätzbel

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Vo Zyt zu Zyt gkört me d’Ramschtejagd dure goh. Si chunnt vom Ried hindevüre, goht zwüsche - n - im Riedberg und im Spelt dure und gege-n-im Ramschteschloss zue. ’S isch grusig, wie das schreit, hürnt, bällt, rasslet und ruschet. Wenn mer dernoh gege-n-im Ramschteschloss umme luege, gseihe mer, wie Liechter flackere und umme Schlossfelse-n-umme fahre. Im Summer git`s jedesmol drüberabe schweri Gwitter und im Winter Stürm. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by D’Ankete verhäxet

Source: D’Ankete verhäxet

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D’Ankete verhäxet E Burefrau het nümme chönne anke. Du het ere dr Löchlidokter gseit, sie soll Schuehise füürig mache u se i dr Nidle lösche, u ’s Ankechübeli mit Ruete brätsche. D’Hustür soll sie de bschliesse u dr Riegel fürtue. Derno het sie’s gmacht. Du isch e Frau cho z’springe u het mit Gewalt i ’s Hus wölle. I eim furt isch sie a d’Türen uehegumpet u het grediuse brüelet; me het’s e Viertelstung wit ghört. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by D’Bisighere

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D’Bisighere „Äs git schön Wätter; d’Here gö gäge dr Bisig ubere“, het’s früeher gheisse, we ’s Gwülch gäge dr Bisig ubere gritten isch. Het de albe dr Luft gchehrt, so het’s gheisse: ’s wott ändere; d’Here chöme wiederume hei. ’s git angähnds schlächt Wätter.“ In den Sagenkreis von den Toten im Wind gehört auch das Galgenlölitier von Madiswil. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by D’Därm us em Buch!

Source: D’Därm us em Buch!

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D’Därm us em Buch! D’Frau Faschte ischt e bösi Frau. Sie het e längi Nase. Sie chunnt vo dr Altburg nohe u schlüft zum Schlüsselloch ihe. Früeher hei sie albe gseit, sie haschpli eim d’Därm us em Buch, we me amene Chiltobe z’lang wärchi. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by D’Frau Faschte

Source: D’Frau Faschte

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Neben den Scharen der Geister, die während der zwölf Nächte über Hügel und Täler daherbrausen, tritt eine Einzelgestalt auf, die Frau Fasten. Unbarmherzig strafend und Schrecken verbreitend streift sie umher; die Erinnerung an sie blieb lebendig bis in die heutigen Tage hinein. D’Frau Faschte Mit dr Frau Faschte het is albe d’Muetter z’förchte gmacht, bsungerbar im Winter um die heiligi Zit ume. Sie recki a s’Dach, we sie unger em Schärme stöih, gseih dür d’Wäng düre u chömi zum Löifterli ihe. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by D’Frau Faschte chunnt zu re Spinnere

Source: D’Frau Faschte chunnt zu re Spinnere

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D’Frau Faschte chunnt zu re Spinnere Einisch het e Frau amene Chiltobe gspunne u gspunne bis wit i d’Nacht ihe. Eismols sig d’Frau Faschte do gsi, nähm die Spinnere u bänggle se uber ’s Husdach ubere u änefert i ne Hächlen ihe. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by D’Frau Faschte nimmt es ufölgigs Ching

Source: D’Frau Faschte nimmt es ufölgigs Ching

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D’Frau Faschte nimmt es ufölgigs Ching Einisch het e Muetter es ufölgigs Buebli gha. „Wart ume“, het d’Muetter dröiht, „d’Frau Faschte chunnt de.“ Aber ’s Buebli het si dessitwäge nüt gachtet un i eim furt gchäret u zwängt. Du het d’Muetter im Verschleikten a d’Wang gchlopfet u gseit: „Los, los! Ghörsch’sche? Jetz isch’schie do.“ Aber ’s Buebli het si nüt dra gchehrt. Äs het grediuse brüelet u si am Bode desume trölt. Wo-n—es nid het wellen äbgä, het d’Muetter ’s Pfäischter ufto, ’s Buebli gno u voruse gha: „So, jetz, Frau Faschte, chumm nimm’s.“ Im glichen Augeblick nimmt eren öpper ’s Ching us de Hänge, u’s chunnt ewägg. Nie meh het men öppis von ihm gfunge‚ Schon als wir den Namen der Frau Fasten zu deuten suchten, begegnete uns weibliche Dämonen mit andern Namen, die aber in ihrem Wesen teilweise nur Auftreten und Tun unserer Frau Fasten wiederholen. Aber noch unter andern Namen, die ich nicht alle anführen will, kehren ähnliche weibliche Dämonen wieder. Frau Holle oder Holda, von der auch das Märchen erzählt, tritt im Norden Deutschlands auf, Frau Perchta im Süden. Einzelne Züge der Perchta glitten auf die Königin Berta über, die Gemahlin Rudolfs II. von Burgund, welche, ähnlich wie Frau Holle, fleissige Spinnerinnen besonders lohnt. Frau Fasten oder das Fraufastenmütterli erscheinen nur im Südwesten des deutschen Sprachgebietes. In der Schweiz entsprechen diesen Gestalten die Frau Zälti, die Sträggele des Luzernerhinterlandes, die auch in Begleitung des Dürst auftritt, die Chrungele, die Frau Chunkle oder die Frau Chlungeli. Im Volksbrauch erhielt sich die Erinnerung an sie noch besser als in der Sage; Iärmende Umzüge, meistens in bestimmten Dezembernächten, die Chlungelinacht, die Sträggelenacht, die Stupfnasenacht, in welchen das Auftreten der schreckenerregenden Weiber nachgeahmt wird, erhielten sich in verschiedenen Gegenden der Schweiz. Im Kt. Bern aber können ähnliche Volksbräuche bis heute nicht nachgewiesen werden; die Chlungere des Bernischen Mittellandes, die an der Fastnacht auftraten, erinnern allerdings wieder, wenigstens dem Namen nach, an die Frau Chrungele. Vielleicht geriet bei uns ein ähnlicher Brauch, der wohl auf heidnisch-kultische Umzüge zurückgeht, in die Fastnachtsbräuche hinüber, in ihnen zum Teil aufgehend. Einzelne Züge, die Frau Holle kennzeichnen, kehren allerdings in unseren Sagen von der Frau Fasten nicht wieder. So tritt auch Frau Fasten nirgends wie etwa die Sträggele oder die Frau Holle als Führerin des Seelenheeres auf; fast scheint es, man dürfe die Frau Fasten einzig aus dem Hexenwahn verflossener Jahrhunderte herleiten; aber auch hier ist es besser, von Ursprüngen zu reden als nur von einem Ursprung. Besonders in den „Zwölften“, um die „heiligi Zit ume“ erscheint sie; einzelne Züge entsprechen ganz dem Wesen der Frau Holle; auch Fasten gehört zu den Seelne, die im Wind daherkommen; denn die Überlieferung gibt uns heute auf einem eng beschränkten Gebiet nicht mehr alles, was einmal zu ihrem Wesen gehörte. Über den eigentlichen Ursprung dieser weiblichen Dämonen sprechen sich die Forscher recht verschieden aus. Früher glaubte man in den Sagen, die von ihnen erzählen, allgemein verdunkelte Erinnerungen an eine germanische Göttin zu erkennen. Aber ähnlich wie bei der Erscheinung des wilden Jägers gehen heute die Meinungen weit auseinander. Niemand bestreitet die Möglichkeit, dass in den Sagen Reste germanischen Götterglaubens enthalten sein dürfen. Aber die Vorsichtigen wagen den Schritt nicht, die Erscheinung dieser weiblichen Dämonen kurzweg als die Erinnerung an die „Gemahlin Wodens Freya oder Perachta, die Göttin der Fruchtbarkeit“ zu erklären, wie es vielfach geschieht, und lehnen die Beweismittel, mit denen einzelne umgehen, als blasse Hypothesen ab. Eine kurze Erzählung erwähnt Frau Vrene. Sie entspricht am ehesten der Frau Vrene oder Venus des Tannhäuserliedes. Wenn Frau Venus Jahresregent ist, so erwartet man bei uns ein nasses Jahr; „de so eini isch sie.“ Auch Frau Vrene wird öfters auf Freia-Venus zurückgeführt. Ein Vergleich der Sagen, in denen von diesen Dämoninnen erzählt wird, zeigt uns, dass sie alle ähnliche Züge besitzen; wie die Göttinnen der Germanen gleiten auch sie in ihrem Wesen beständig ineinander über. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by D’Frau Faschte nimmt Lüt

Source: D’Frau Faschte nimmt Lüt

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D’Frau Faschte nimmt Lüt I dr heilige Nacht si ihrere zweu i d’Gumi hingere go schlittle. Die si ewägg cho; mi het nid gwüsst wie u wohi; aber d’Lüt hei gäng gseit, d’Frau Faschte heig se gno. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by D’Frau Faschte u d’Frau Vrene

Source: D’Frau Faschte u d’Frau Vrene

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D’Frau Faschte u d’Frau Vrene ’s Müetti het üs Chinge albe ganz Zilete vo ‘dr Frau Faschte u vo dr Frau Vrene brichtet. I ma mi aber neue nid rächt zruggbslnne; äs isch jetz afe gar lang, dass es gstorben ischt. D’Frau Faschte u d’Frau Vrene, het es albe gseit, si Schweschtere gsi u gar bösi Meitli. I meine, d’Frau Faschte isch albe i dr Faschtezit cho u het de Fraue u de Meitli, wo gspunne u nid bi Zite Füürobe gmacht hei, oder was weiss i, nid z’rächter Zit fertig worde si, es schützligs Züg agstellt, ’s Garn u dr Chuder verhürrschet, dass sie nümme drüber cho si. Was me vo dr Frau Vrene erzellt het, chan i wäger nümme säge; i meine, ’s Müetti heig gseit, sie sig albe cho ge wiegle. Aber die Frau Fasten schreckt nicht bloss Spinnerinnen, sie erscheint überall da, wo zu „heiligen Zeiten“ göttliche Gebote übertreten werden. Warum schreckt sie eigentlich die arbeitenden Frauen? Gehört ihr die Nacht? Oder klingen verschollene Gebote vorchristlicher Festtage an? M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by D’Häx, wo all Altjohrobe chunnt

Source: D’Häx, wo all Altjohrobe chunnt

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D’Häx, wo all Altjohrobe chunnt Mi het tusigsiebehundert und achtenünzgi zellt; äs isch äi Rung gsi, wo d‘Franzosen alls verherget hei. Do isch hieume e Schriener gsi. Dä het es stifs Schübeli Gäld gha. Aber är het gförchtet, d’Franzose chönnten ihm drüber cho. Das Gäld müess ihm furt, het er dänkt, äs sig niene usicherer weder im Hus, är gang’s ine Hühli go verloche. Eso het er’s au gmacht. Äs isch um d’Wiehnecht ume gsi, ire feischtere Nacht. Uf em Heiwäg gseht er imene Hus no Liecht. Eismols isch ihm i Chopf gschosse, jetz well er die, wo do no so lang chilte, so rächt z’förchte mache. Uf de Zejhespitze isch er i ’s Schöpfli düsselet. A si Schufle het er e Chötti agmacht. Eismols lot er los! Mit Schufle u Chötti isch er uber d'Bsetzi. dass es gchesslet u tschäderet het, wie wenn es Unghüür ume Wäg wär. I dr Stube isch es gwachsnigs Meitli gsi u dr Schnieder, wo do isch uf dr Stör gsi. Wen i rächt brichtet bi, het er es Chutteli welle fertig mache. Jetz het's im Schöpfli däwäg afo tschädere. Im Augeblick hei sie ’s Liecht abblose u si, was gisch, was hesch, dür’sch Ofeloch i ’s Gaden uehe. Sie hei gmeint, äs sig äi Häx, wo all Altjohrobe z’Mittemacht do düre gang. Die Hexe war wohl niemand anders als die Frau Fasten; wenn an einem Orte über die gewöhnliche Zeit hinaus gearbeitet wird, so kommt sie strafend daher. Frau Fasten trägt äusserlich die Züge eines hässlichen, schreckenerregenden Weibes. Kinder in Wyssachen zeichneten sie vor ungefähr 50 Jahren auf ihre Schiefertafel mit einem greulichen „Heuel“. Als „Ofenwüsch“ erschien sie in Madiswil. Die lange Nase, die an die Hexe erinnert. wird besonders erwähnt. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by D’Heidestadt

Source: D’Heidestadt

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Südlig vom Dorf Brätzbel, zwüsche-n-im Riedbärg und im Aletechopf stoht d’Heidestadt. Me gseht s däm Bärg a, ass er emol, villicht scho in grauer Vorzyt, abgstürzt isch. Es wird agnoh, er syg vorhär höcher gsi as der Riedbärg. Er isch au noh bis in die jüngeri Zyt unruehig gsi; mehreri Mol sy noh chlyneri Teil abgrütscht. Obe-n-uf im Bärg het’s tiefi Löcher und underirdischi Gäng gha; die sy aber jetz zum gröschte Teil ygfalle. Noh vor e paar Johrzähnte heig me ne Stei, wo me-n-in e Loch abe glo heig, noh lang gkört rolle. Der Schnee schmilzt hüte noh allewyl z’erscht an dene Stelle. Wie’s im Volch heisst, syge sälbmol, wo’s Chrischtetum under de Germane feschte Fuess gfasst heig, d’Heide in die Höhlene gflüchtet und heige dort obe ihr Läbe gfrischtet. Noh andere-n-Ussage syge d’Heide vo Zyt zu Zyt dort ufe, um im Gheime ihre heidnische Sitte und Gibrüche z’fröhne. Us däm Grund heiss dä Bärg d’Heidestadt. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by D’heilig Eich

Source: D’heilig Eich

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D’heilig Eich Uf dr Horbeweid isch vor alte Zite e heiligi Eich gstange; mi Grossmuetter het mer albe no dervo brichtet; mi het ere d’heilig Eich gseit; aber’s Plätzli, wo sie gstangen isch, chönnt i nid zeige. Do isch alben en Opferstätt gsi. Später hei du die junge Lüt bir heilig Eich Luschtbarkeite gha; aber d’Bihörde hei das verbote. Öppe no vor hundert Johre isch do alls Weid gsi. I ma mi no sälber drabsinne, dass es alts Schürli do gstangen isch. U d’Grossmuetter het gseit, no zu ihrne Zite sig e grossi Schärmtanne do gsi. Vierzäh Tag lang heig eine e Grabe drum ume gmacht, für se-n-umzmache. Du sig er drus; äs sig ihm verleidet. Schon eine vorausgegangene Sage zeigte, wie die Eiche im Volksglauben eine besondere Stellung einnimmt. Sie genoss Verehrung, weil sie Donars Baum war. War aber auch „d’heilig Eich“ zu Gondiswil Gegenstand heidnisch-kultischen Wesens? Der Erzähler, ein alter freundlicher Mann, der viel gelesen hat und über ein seltenes Wissen verfügt, glaubt das. Es kann aber auch sein, dass sich unter dem Baume das Bild eines Heiligen befand, das der Eiche den Namen gab. Aber es ist keineswegs ausgeschlossen, dass der Name noch weiter zurückreicht. Es gab Eichen, die Gegenstand kultischer Verehrung waren, wie es das Beispiel der Donarseiche bei Geismar zeigt, die der hl. Bonifatius i. J. 725 fällte. Und an vielen Orten schlug die Kirche noch einen besondern Weg ein, um die Heiden mit dem Christentum auszusöhnen; in der Nähe der heiligen Eichen liess sie Kapellen bauen, und unter dem Baume, der dem heidnischen Gott geweiht war, liessen christliche Priester Bilder von Heiligen anbringen und setzten so, dem menschlichen Denken und Wesen weise Rechnung tragend, Christliches an die Stelle des alten Heidnischen. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by D’Moore

Source: D’Moore

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D’Moore Äs isch Fasnecht oder Sichlete gsi. D’Muetter het gchüechlet, „I reiche no chli Juhe“, säg Drätti u nähm dr Gutter. Du stang vor dr Hustüren e Moore. „E, lueg, jetz isch e Moore do. Wär het au wieder ’s Töri offe glo?“ mach er. „He, so tüet se-n-ihe, was angersch!“ hässeli ’s Müetti. Aber d’Töri si zue gsi. D’Süi si rüehig do gläge u hei grochlet. Un i währedem Wärweise, wäm de die Moore möcht si, chömm die ewägg, niemer heig gwüsst wie u wohi. Aber zmornderisch heig’s abeghöie u to, mi hätti e ke Hung veruse gjagt. Wenn wildlebende Tiere bei menschlichen Wohnungen erscheinen, hat man rauhes, schlechtes Wetter zu erwarten: Äs git no ne Rüchi. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by D’Rottalhere

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D’Rottalhere We d’Rottalhere schiesse, hei die Alte gseit, git’s schlächt Wätter. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by D’Sau i dr Langete

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D’Sau i dr Langete Ire feischtere Nacht isch e Fischer em Bach no. Ungereinisch isch es gsi, wie wen e Moore mit ere Chuppele Färli düre Bach derhär chäm. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by D’Schwindte bringe

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D’Schwindte bringe Äs isch vor meh weder hundert Johre gsi. Do isch einisch z’mitts im Heuet gar es hoffärtigs Wibervölchli z’düruf cho; niemer het’s gchennt; am Arm het es es Chörbeli treit. Uf ere Matte si Heuerlüt gsi. Das Wibervölchli isch bliebe stoh u het de Heuer zuegluegt. Was es well, frog e Heuer. „D’Schwindte bringe“, gäb es ume mit eme Blick uf ’s Chörbeli. „Lo du se do“, mach e Heuer druf. Uf das abe het das Wibervölchli ’s Chörbeli usglärt. Was drus use gheit isch, hei d’Heuer nid mögen erchenne. Aber was geiht druf! Vo de Heuerlüten isch eis nom angere z’dürus gheit, wo-n-es gstangen isch. Dr gross Stärbet het agfange, isch vo eim Hus i ’s anger, u wit u breit isch niemer vürcho. Unerwartet und schnell kam die Pest heran; flink eilt der Pestdämon‚ das Fraueli, an Dürrenroth vorbei nach Huttwil. Hoffärtig waren seine Kleider; am Arm trägt er das Körblein. Das ist alles, was wir von ihm vernehmen, sein Äusseres fällt nicht weiter auf; der weibliche Dämon gleicht ganz einer gewöhnlichen Frau. Das war ursprünglich kaum so; die Krankheitsdämonen bringen ihre furchterregende Macht und den Schrecken, der sie begleitet, auch in ihrem Äussern deutlich zum Ausdruck. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by D’Spielerlibuebe

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D’Spielerlibuebe D’Spielerlibuebe si Schwarzchünschtler gsi u hei probiert, Guld z’mache. Bi dr Altburg si sie au go schatzgrabe. Umene Chrüzwäg sigen ihrere vier oder föif zsämecho. Es Wibervolch us em Luzärner sig au derbi gsi. Vor Sunnenufgang hätti i dreine Chile im Luzerner sölle dr Tägscht verläse wärde. Aber wo sie alls heige parat gha, chömi ungsinnet e Her un e Moore mit eme Bung Schlüssel ume Hals ume derhär. Du heig’s e grüslige Chlapf gä. Eine heig’s wit dür d’Luft us gschlage; i dr Lingematt sig er z’Bode cho. Die angere heig men am Morge ganz schwarz u tot gfunge, do wo sie grabe heige. Eim heig’s nüt gmacht un är wär vürcho; aber dä heig si no am gliche Tag ghänkt. D’Lüt hei gseit, äs sig drum umen i zwone Chile dr Tägscht verläse worde. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by D’Stummli u d’Schlange

Source: D’Stummli u d’Schlange

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D’Stummli u d’Schlange E Bur het es Stummli gha, wo all Tag mit dr War uf d’Weid isch. Dr Bur het’s düecht, das gang au gar lang, bis es de albe ume zrugg sig. Uf dr Weid isch es Weierli gsi u derbi e höhe Erlebaum. Du isch dr Bur uf e Baum uehegchläderet, für z’luege, was do göih. D’Stummli isch mit dr War cho, u nid wit vom Erlebaum go lige. Nid lang derno isch ihm e Schlange zum Mul usecho; uf ene Stei het sie ’s Gift abgleit. Drufabe isch schie i ’s Weierli go bade. Nome Chehrli isch schie zruggcho, het ’s Gift gno u isch em Meitli zum Mul ihe. Du isch ’s Meitli erwachet u gäge hei. Drufabe hei ihrere e paar em Meitli abglusset u hei dr Schlange wölle ’s Gift näh, wo sie im Weierli badet het. Aber die het si grüseli gwehrt, u ’s het e wüeschti Sach gä. In der Sage vom stummen Mädchen und der Schlange erkennen wir deutliche Verfallserscheinungen. Ihr Inhalt beruht auf verschiedenen Vorstellungen und lässt sich im wesentlichen aus zwei Quellen herleiten. Die Schlange, welche dem Mädchen während des Schlafes entflieht, ist nichts anderes als die Seele, welche sich auf die Wanderung begibt und wieder in den Leib zurückkehrt. Die Schlange kommt wie die Maus recht häufig als Seelentier vor. Aber mit der Sage von der Schlange als Seelentier verknüpft sich eigentlich recht lose die selbständige Geschichte von einer Schlange, die eine goldene Krone trägt. Einzelne Sagen erzählen von einem Schlangenkönig, der das Krönchen ablegt und ins Wasser geht, um zu baden. Menschen beobachten ihn und versuchen, das Krönlein zu rauben. Aber das Wagnis gelingt ihnen selten; denn der Schlangenkönig oder eine Schar Schlangen verfolgen die Räuber. Unsere Fassung vermochte einen wichtigen Bestandteil der ursprünglichen Sage nicht mehr festzuhalten; sie erzählt von Gift, statt von einem Krönchen, und besonders der Schluss befriedigt nicht, weil Einzelheiten fehlen. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by D’Tube banne

Source: D’Tube banne

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D’Tube banne Dr Moosjoggi isch e lideschaftliche Tübeler gsi u het einisch so schön schwarzgstieleti Tube gchauft gha u grüehmt, das sige de nid nume so Schopfjoggine, wo gäng deheime hocki. Aber är het einewäg numen e halbi Freud derbi gha; är het drum äim‚ wo-n-er se von ihm gchauft het, nid rächt trauet u gförchtet, dä chönnt öppis cheibs mache, für sen ume z’ubercho. Du het er dänkt, äs chönnt gschider si, wen er se banneti, gäb sie furtflügi. Drufabe si sie e Rung uf der Firscht ghocket. Aber nomene Chehrli si sie tot uf em Husdach gläge. Äine heig se drum au bannet gha. Vo däm hei si gseit, är chönn se banne. dass es se i dr Luft obe verschriss. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by D’Zit isch verlüffe

Source: D’Zit isch verlüffe

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D’Zit isch verlüffe Einisch heige. sie im Orbech Härdöpfel gchärschtlet. Du ghöre sie e Stimm: „D’Zit isch verlüffe; aber dr Möntsch isch no nid do.“ Du chömm bim Türtschel vom Dorf nohe es Wibervolch i häle Sätze u spring i’s Wasser. Andere Sagen erzählen deutlich und ursprünglicher, dass die Stimme aus dem Wasser kommt. Es ist der Wassermann oder eine Nixe, die das ihnen zukommende Opfer heischen. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by E blau Liechtli

Source: E blau Liechtli

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Wo der Mesmerjoggi emol z’nacht Brätzbel zue isch, het er uf der Eich in de Lettelöchere nahe der Stross e blau Liechtli gseh flackere und umenander fahre. Er het si gförchtet und doch welle wüsse, was das syg. Er goht derzue; mit im Stäcke het er drum umme gfuchtlet und dernoh druf gschlage, aber das Liechtli isch nit verlösche. In ere grosse Angscht und ganz verstört isch er heicho und het noh verzellt, was er gseh het. In zwe oder drei Tage isch der Mesmerjoggi gstorbe, ohni ass er meh zue-n-ihm sälber cho wer. D’Lüt hei gseit, der Schrecke syg ihm ins Bluet übergange. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by E böse Nochber

Source: E böse Nochber

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E böse Nochber Es bös Dach u e böse Nochber sig ’s Wüeschtischte, wo me eim chönn awünsche, seit me mängisch. Do ume isch e Bur gsi. Dä isch mit em Nochber nid guet uscho. Gäng hei sie z’uneise gha u si läng wie breit übereggs gsi. Diese het gseit, äine chönn häxe. Jä, wieso de? han-ne gfrogt. He, äine wüss gäng alls, was sie brichti. Do chömm es Müsli bim Schaftegge vüre, u das sig ne. U bim Ässe chömm gäng e Fieuge. Dere möge sie nid gnue gwehre. Gäng sig sie do; so bhäng dass me ässi. U das sig fertig, das sig ne; är chömm für z’vernäh, was sie vo ihm brichti. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by E bösi Fleuge

Source: E bösi Fleuge

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E bösi Fleuge Uf em Mischleberg isch vor vielne Johren e Bur gsi. Mir wei ne Spahr namse. Aber eigetli het er nid so ghelsse; dr Name tuet am Änd nüd zur Sach; gä wie liecht chönnt’s öpper lätz verstoh; mi weiss wie d’Lüt si. Dä Bur isch i dr Landsassechammer gsi u het meh chönne, weder Brot ässe. Einisch hei sie z'Bäm obe Sitzig gha. A der Wang isch e Fleuge ghocket. Du het der Spahr dr Finger ufgha u dr Fleuge dröiht. Die isch im Augeblick dervogfloge. Froge die angere, warum är das gmacht heig. Säg är: „Jo, Manne, das isch drum e ke rächti Fleuge gsi. Das isch dä u dä u het ihm dr Name gä. Dä het ume welle lose, wär ihm z’Lieb oder z'Leid redi.“ M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by E Brünnlig

Source: E Brünnlig

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E Brünnlig Einisch han i z’Nacht i dr Langete gfischet. Du isch mer es Liecht nohecho bis zur obere Schmiedte. I ha mi umgchehrt. Äs isch e Ma gsi i Läbesgrössi. Zwüsche de Rüppeni use het’s Füür glället. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by E cheschtli agläiti Froww

Source: E cheschtli agläiti Froww

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Äs wäm bim Hewwe gsiin. Dres, Dratt und dr jung Glois siin dir ds Lindelli üüf. „Löögid dert, Atta", machd Menk. Dratt löögd ung gseed egghäin gottsegerläi. „Gugg", machd Glois no äis, „und löög jetz dert dee Froww!" Äs wän e cheschtli agläiti Froww mid enem siidege Sunneschirmli chun. Döö häigi's sa afan zringetum wirblen u-w-wirblen, und der Froww siigi niimmä da gsiin. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by E Chibel volla Gäld

Source: E Chibel volla Gäld

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Äis hed äina üüssenhar wellen ubernachten und ischd zun arra Schiir und in Gaden, fir nes Gliger z'sööchen. An arra Wand ischd en Hüüfe Strewwi gsiin; mee hed er nid bbrüüchd. Bald hed er gschlaafen. Um Mittinacht ischd er erwached. D'Tiren ischd ggangen. Wee nes Miisli ischd er bbliben. Döö ischd äina inhachun; vor im zööha hed er e schwärra Chibel träägen. Dän hed er abgstelld, ischd enumhi üüssi und derna mid ener Straalhowwen und ener Schüüfle chun; är hed d'Brigi üüftaan und es Loch ggraben. Drüüf hed er de Chibel i ds Loch taan Härd und Stäina drüüf und d'Brigiladen umhi dar. D'Straalhowwen und d'Schüüflen hed er derdirüüstriben ung gsäid, das Gäld chenni neemmen nän, old den äina, är chemi uf enem schwarzem Bock zur Tiren inha. Döö wän döö dar gstorben, wa da hed Gäld verloched ghäben. Bim Täille sii d'Chind schabab gsiin; äs ischd nummen es grings Sachelli virhachun. Dr Ubernächtler hed das vernun und hed gsäid, si bbrüüchen nid ds Hoit laa z'hangen; si selle fir ne schwarze Bock sorgen. Wa s' äina häi ghäben, ischd er uf im zur Tiren inhi, hed d'Brigi üüftaan und de Chibel dem Gäld virhataan; gscheen ischd im niid, und eso sii d'Chind doch no zen ira Sach chun. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by E Chirsischelm

Source: E Chirsischelm

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Mer hai in der Schöni früechi Chirsi gha, won is allewyl ewägg cho sy.Do bini einisch go passe. Undereinisch hani am oben ammer e grüüslig Gschrei gchört, und derno isch eine obenabe cho springe. Es isch en öltere Ma gsi in äberhüttige Hose (Eberhaut!) und mitere Zipfelchappe. I bi uf en los und ha grüefe: «So, jetz hani eine vo dene Schelme!» Won en ha welle packe, hani nüt in de Hände gha – s isch niem meh umme gsi. Druufaber hets es grüüslig Wätter gee. Ziefen Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by E Chnopf im Strääl

Source: E Chnopf im Strääl

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Wem ma em Boin umtööed, darf me de Strääl nid la staan. Äs chennti e Schlimmä chun; där chennti d'Spriissi zsämechnipfen und e Chnopf drim machen. Das wä gfääld. Dr Holzer chäämmi dännä, allem Doktre z'Trutz. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by E Chrott unger eme Mischthufe

Source: E Chrott unger eme Mischthufe

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E Chrott unger eme Mischthufe Einisch het e Chnächt Mischt gfüehrt. Nid wit dervo si zwo Häxe gstange. Säg eini zur angere: „Jetz han i gwüss einisch nüt z’tüe.“ Säg du diesi: „Emel i wohl. I weiss öppis. Jetz füehrt dr Chnächt Mischt. Wen i ungeren erschte Hufe schnoogge, wo-n-er abzieht, so git’s dert nüt“. Dr Chnächt het alls ghört u für ihn sälber dänkt‚ wie de das emel au goh söll. Wo-n-er abzieht, schnoogget e Chrot ungere Hufe. „Wart‚ dir will i“, säg er. Dermit git ere e Chätzer mit em Charscht! Wo-n-er isch heicho, het’s gheisse, vori sig grad Hansuelis Meieli d’Stägen abgheit u gli druf e Lich gsi. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by E difige Mähder

Source: E difige Mähder

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Der Metzgerjoggi seit zu sym Junge: «De chönntsch jetz öppe vierzäh Tag durab in Heuet. Bis dörthi cha-n-i die Sach scho mache und du chönntsch e schöne Batze verdiene.» Wo der Joggeli wieder hei cho isch, frogt  ihn der Vatter, wie’s gange syg. «He, ganz guet» het der Joggeli grüehmt, «und bim Mäihe bi-n-i allewyl der zweutvorder gsi.» «Jä,wie mänge hei gmäiht?» frogt der Vatter. «He, eusere zwe». Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by E difige Mähder

Source: E difige Mähder

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Der Metzgerjoggi seit zu sym Junge: «De chönntsch jetz öppe vierzäh Tag durab in Heuet. Bis dörthi cha-n-i die Sach scho mache und du chönntsch e schöne Batze verdiene.» Wo der Joggeli wieder hei cho isch, frogt  ihn der Vatter, wie’s gange syg. «He, ganz guet» het der Joggeli grüehmt, «und bim Mäihe bi-n-i allewyl der zweutvorder gsi.» «Jä,wie mänge hei gmäiht?» frogt der Vatter. «He, eusere zwe». Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by E Dotze furt

Source: E Dotze furt

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E Schööji ischd bin äim z'Wiiller uf dr Steer gsiin. Där hed gankned. Aber dr Schööji hed gargwooned, äs chennti nid alls mid rächten Dingen zöö und har gaan. Wa dr Büür ischd üüsi- ggangen, hed dr Schööji gschwind de Dechel vum Ankechibel abgnun, und richtig, nid es Tränelli Nidlen ischd im Chibel gsiin, aber uf em Boden es Chärtli; är nimmd's i d'Finger; äs ischd eppes drüüf gftanden: Us jedem Hüüs es Leffelti volls! Ooni lang z'wärwäissen hed dr Schööji ds Chärtli bhäärded, ischd o üüsi und hed ds Chärtli bim Schiiterdotzen in e Chlack taan. Derna ischd er umhi i d'Stuben. Dr Man ischd umhi am Ankne gsiin. Aber ditzmal hed's egghäin Anke ggän, derfir ischd düüssen allerläi ggangen! Us em Chlack, wa ds Chärtli ischd gsiin, sii Schwetteni Nidle chu z' rinnen; us enem Tränelli hed 's es Bächelli ggän, us em Bächelli em Bach; dr Dotzen hed afa-w-wäiggen uw wäiggen u-r-ricken u-r-ricken, und d'Nidlen hed nen bis a ds Hüüs unnefir gschwäichd. Und das ischd afan gwuss waar; z'Wiiller sii ja d'Hiiser eso eng binenandren! Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by E fatali Verwächslig

Source: E fatali Verwächslig

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E Frau will z’Chilche, ’s isch die höchschti Zyt. Si het in der Chuchi Schnitz obgha; jetz muess si noh gschwind der Späck druf tue. In der Chilche will si zum Singe ’s Büechli vüre neh; jetz het si aber e Stück Späck in der Hand; ’s Liederbüechli isch deheime in der Pfanne uf de Schnitze gläge. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch  


by E Frau lehrt häxe

Source: E Frau lehrt häxe

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E Frau lehrt häxe Es Fraueli het e Ma welle lehre häxe. „Lue“, het’s ihm seit u ei Fuess uf ene Hufe Ghüder gsetzt, „jetz muesch mache wie-n-i u mer nohe säge: „Jetz trappen i uf e Chüdermischt: I verlasse üse Herr Jesus Chrischt.“ Dr Ma het dergliche to; aber wo-n-er hät sölle säge: I verlasse üse Herr Jesus Chrischt, rüeft er: „U schlo alls z'Bode. was voranne isch.“ Dermit git er dr Häx uf e Chopf, dass sie tot zsämegheit ischt. Die Mittel, mit denen die Hexen arbeiten, erwuchsen aus dem Zauberglauben vergangener Zeiten. In einzelnen Zügen erinnern die verachteten und gefürchteten Hexen an die zauberkundigen, weissagenden Frauen des Germanentums. Erst mit dem Ausgang des Mittelalters tritt der Teufel in Erscheinung; er schliesst mit der Hexe einen Vertrag; für ihre Seligkeit empfängt sie die Kunst des Zauberns; sie muss Gott abschwören; dafür ist sie ewig verloren. Aber der Mensch ist dem Bosheitszauber nicht schutzlos preisgegeben; wie man dem Doggeli Dinge in den Weg legt, die hauen oder stechen, so geht man auch gegen das Tun der Hexen vor. Als beliebtes Mittel, bösen Zauber zu brechen, gilt der Besen; ihm kommt eine „reinigende Kraft“ zu, wie es auch ein Fastnachtsbrauch zeigt: Einzelne „Chlungere“ trugen in Belp einen Besen, mit dem sie die Bsetzi wischten. Sie erhielten von den Bauern Geld; denn sie kehrten, einen Abwehrzauber ausübend, das Böse mit dem Besen vom Hause weg. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by E Frau ohni Chopf

Source: E Frau ohni Chopf

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Im rote Grund goht e Frau mit emene rotghüslete Schurz und em Chopf underim Arm um, und derno chunnts cho rägne. Lupsingen Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by E füürige Riter

Source: E füürige Riter

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E füürige Riter D’Muetter het mer gseit, z’Nacht um zwölfi riti e füürige Riter uf eme füürige Ross um d’Altburg ume. De rit er abe zur Langete u träichi ’s Ross. Drufabe gang er wieder uehe u verschwindi. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by E gfiiraga Man

Source: E gfiiraga Man

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Äs hed toll gwintred und ischd uschnitzigs Wätter gsiin. Baschin hed d'Glidersucht plaged, um Babi hed miessen gen Hirten. Aber äs ischd nid a ds Ort chun; im Waald ob em Wäg ischd e gfiiraga Ma gsiin. Äs hed nimma wiiter derffen und afa schlottre- w-wie aschpis Loib. Dr Ma chranka im Bett und etz no das. Wa Babi zem erschten Hüüs ischd chun, hed äini grad mid arra Schurzete Strewwi ze Färlene-w-wellen; si hed Babi gsee chun ung gfräägd, ja, ob äs scho ghirted häigi. Nä-näin, im Wald siigi e gfiiraga Man, es derffi bim Doi Doi nid dert verbii. Däm Wiib ischd das nid gloibbli vorchun, und äs hed gsäid, äs gäji no gschwind i Färligaden und de-w-welli's mid im chun. Etz sii si beeda zwäg; aber äs ischd eso gsiin, wie Babi gsäid hed, ob em Wäg ischd äina gstanden; aber underwiilen hed's schon em Bitz taged ghäben, und Schritt fer Schritt sinn beeda züöehi, und düöe häi s' gseen, das en alta Stock hed zindted; Schiinholz isch'sch gsiin und anders niid; Babi ischd ge ds Veeli Hirten, und die ander ischd häin. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by E glichligi Hasegschicht

Source: E glichligi Hasegschicht

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E glichligi Hasegschicht Dr Vetter Hannes isch albe au öppe go jage. Einisch sige sie hinger eme Has gis. Mängisch heige si uf ihn gschosse; aber kelne heig ne breicht. D’Hüng sigen ihm gäng note gsi. Aber nie heige sie ne erwütscht. Ei Tag isch es au eso gange. Gäng isch dr Has gäg em Rain zue. U de isch’s gäng prezis glich gsi. We der Has noch bim Hus gsi isch, het me nen eismols nümme gseh. Du seit ne du eine. si söllen es Halbfränkli i Stücki verhaue u vor ’s Gschröt i Lauf lade. Sie hei ihm gfolget u’s eso gmacht. Dr Has isch wieder cho. Du het eine uf ne gschosse. E chli het’s ne breicht; aber erwütscht hei sie ne nüschti nid. Am angere Tag het’s gheisse, ’s Fraueli am Rain sig chrank. Das sig eini gsi, wo meh heig chönne weder Brot ässe. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by E Gränzsteiversetzig in Brätzbel

Source: E Gränzsteiversetzig in Brätzbel

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Er wüss es ganz ginau, wär’s gsi syg, het der Steffe-Hans gseit. Dä Ma syg scho ne Rung gstorbe gsi, do syg er einisch z’nacht sym Suhn erschiene, heig ihm dütet, er sell mit ihm cho. Er syg vorewägg gange zum Gschirhüsli und heig im Suhn gseit, was für Gschir er sell neh. Dernoh syge si mitenander ufs Land zum e Marchstei. Do heig der Vater bifohle, er sell dä Marchstei usgrabe und öppe-n-anderthalbe Meter wyter abe setze, denn er syg albe dort gstande und er heig ihm die Stell ginau zeigt. Wo der Suhn das gmacht gha het, heig er der Vater niene meh gseh. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by E graui Chatz

Source: E graui Chatz

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E graui Chatz Einisch isch e Bueb zume Meitli gange. Du chunnt e graui Chatz zum Pfäischter ihe. Gli druf erschüttet si ’s Meitli, wie wen es tät früre. Du merkt dr Bueb erscht, dass er no schlofsturm isch u im Erwache u frogt ’s Meitli, was gange sig, ob es sig furt gsi. Das het ihm ume mutze Bscheid gä. Dr Bueb het gnue gwüsst. Er het das Meitli lo ne graui Chatz si u isch nie meh zue-n-ihm gange. Die Seele geht als Katze fort; der Leib bleibt völlig leblos zurück. Sie schlüpft bei der Rückkehr durch den offenen Mund hinein; bei der Vereinigung von Seele und Leib schüttelt es das Mädchen. Deutlich erkennen wir die Katze als Seelentier. Aber die Sage zeigt noch einen neuen Zug. Das Mädchen verfügt über geheimnisvolle Kräfte. Es vermag die Seele, welche sich auf die Wanderung begibt, um Unheil zu stiften, vom Leibe zu lösen. Die Katze kommt als Seelentier seltener vor; meistens kehren im Volksglauben Maus, Fliege, Wiesel und Vogel als Seelentierchen wieder; denn sie kennzeichnet vor allem ein behendes, flinkes Wesen. Wenn aber noch heute der Glaube lebendig ist, einzelne Menschen besässen die Fähigkeit, sich in Fliegen, Vögel oder in Mäuse zu verwandeln, so klingt darin unausgesprochen die alte Vorstellung von den Seelentierchen an. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by E Gschäll as Rägezeiche

Source: E Gschäll as Rägezeiche

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Es sy emol zweu verwandti Maitli bi eus z Brätzbel uf Bsuech gsi. Wo si wieder furt sy, bin i mitene bis uf e Holzebärg uufe. Won i wieder zrugg bi, han i hinden an mer e Gschäll gchört, wo allewyl nööcher cho isch. Am häle, silbrige Ton a hani i dänkt, das syg allwäg e Scheese. Im gheime ha mi gfreut, ass i villicht chönn mitryte, bsunders will i gseh ha, ass si der Himmel afot überzie. Uf eimol han i nüt meh gchört, i luege zrugg, ha aber niene e Fuerwärch gseh. Bim Gausmetwäg chunnt en olt Müeterli zue mer. I has gfroget, öb nit e Fuerwärch do dure syg, I haig s Gschäll gchört. Das Müeterli het gsait: «So, so, Dir hait das au gchört, jetz gönget aber weidli hei, s chunnt jetz sicher gly cho uusleere.» I bi noni deheim gsi, bin i scho pudelnass gsi. Ziefen Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by E Gspane

Source: E Gspane

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E Gspane Mi Vater het is verzählt, är heig einisch vor Tagheiteri dr Wäg unger d’Füess gno u sig gäge Solothurn. Äs sig usgähnds Meie gsi; d’Lüt heige scho so süferli afo heue. D Stärne heige gschiene, un am Himmel sig kes Wülchli gsi. Ungerwägs uberchömm er e Gspane; dä heig mit ihm afo brichte vom Wätter, vom Heue u vo de Lüte. Du säg dr Gspane: „Söll ne chli Angscht mache?“ Dermit lauf er umene Teich ume u schlöi mit em Stäcken i ‘s Wasser. Demo sig es chlis, liechts Näbeli ufgstige. Gli druf föi’s afo donnere, un öppen e Viertelstung heig’s rächt ärschtig grägnet. Demo frog dr Gspane wieder: „Söll ne no chli Wisses mache?“ Dr Vater heig nüt druf gseit; aber wie’s taget heig, heig me mögen erchenne, wie uf em Wissestei dr Schnee heig mögen aghäiche“ M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by E gspässige Schimmel

Source: E gspässige Schimmel

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I han emol znacht bi Mondschyn vo der Stuben uus e Schimmel gseh, wo uf der Stross vo der Schmidte bis zum «Egge» gangen isch. I ha au der Frau grüefe. Möndrisch het niemer öppis vome Schimmel welle wüsse. — Früejer sy an sälber Stell au all Ross verschüücht; wäge so Sache (Geistererscheinungen) etrünne jeremol Ross. Bubendorf Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by E gspässigs Fuerwärch

Source: E gspässigs Fuerwärch

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Won i emol der Steinewäg uuf cho bi, isch e Schnägge, won e Stier agspanne isch, obenabe cho und bim Nussbaum, patsch, verschwunde. Lupsingen Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by E Has u doch e ke Has

Source: E Has u doch e ke Has

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E Has u doch e ke Has I de junge Johre bin i Chnächt gsi. Dr Bur isch e Githung gsi bis a Hag use. Ändtlige het’s ne wüescht ghaue; är het nümme welle z’grächt cho. Einisch bin i vom Grase heicho u ha d’Sägetzen im Schöpfli ufghänkt. Du chunnt vom Burehus nohe e grosse Has derhär. Gli druf het men us em Feischteren usen es wehligs Weijele u Jammere ghört. Du chunnt dr Charer: „Jetz isch grad dr alt Bur gstorbe.“ „I weiss es scho. Äs het ne vori eine greicht. Hesch es nid ghört, wo d’ umen Eggen ume cho bisch?“ han i zue-n-ihm gseit. „So, hesch au dä Gedanke gha?“ macht er u luegt mi läng a. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by E Häxetanzplatz

Source: E Häxetanzplatz

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E Häxetanzplatz Unger zum Hunzegütsch im Tannwald isch en äbene Platz, däm säge d’Lüt dr Häxetanzplatz. E Bur z’Wyssbech het mer verzellt, si Muetter heig ihm brichtet, wie d Häxe z’Nacht uf Bäsen un Ofeziechli sige cho derhär z’flüge un uf em Häxetanzplatz um enes Füür ume tanzet heige. D’Tanne, wo dr Tüfel 's Gigli alben an e Ascht hei ufghänkt, heig ihm d’Muetter mängisch zeigt. „Lueg Ueli“, han i zue-n-ihm gseit, „das glaub doch nid. Das isch wider alli Natur und Vernunft.“ Aber i ha nüt usgrichtet. Äs het äbe schwär, e söttigen igwurzleten Aberglaube z’bekämpfe; e gwüssi Wahrheit isch derbi; das Bödeli do im Wald het den Allemannen als Opferplatz dienet; aber im Verlauf vo de Jahrhunderte isch d’Erinnerung halbwägs gwiche. Es ist keineswegs ausgeschlossen, dass auf Stellen, die der Volksglaube als Tanzplätze der Hexen deutet, einmal heidnische Kulthandlungen vollzogen wurden. Aber im vorliegenden Falle geht der Erzähler wohl einen Holzweg. In verflossenen Jahrhunderten diente eine Waldlichtung als heimlicher Tanzplatz der Jugend; Jahrhunderte lang führten die Chorgerichte einen erbitterten Kampf gegen die heimlichen Nacht- und Kilttänze; es ist darum kein Wunder, wenn sich der Teufel zu den Tanzenden gesellt und die Vorstellungen von den Versammlungen der Hexen sich mit der Erinnerung an die nächtlichen Tänze verflossener Jahrhunderte verbinden. Im Verlaufe der Zeit verblasste die Erinnerung an das wirkliche Geschehen immer mehr‚ und heute bezeichnet die Überlieferung den heimlichen Ort, der in der Stille des Waldes etwas wie ein Geheimnis birgt, als Tanzplatz der Hexen. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by E Herti i dr Sägetze

Source: E Herti i dr Sägetze

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E Herti i dr Sägetze Dr Häulehans het uf ’s Mol e Herti i dr Sägetze gha u nümm chönne mäihe. Du het er e wisshaslige Stäcke gno u d’Sägetze prüglet. Drufabe heig’s guetet. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by E l Lugi

Source: E l Lugi

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O, was si freejer o bbrichted häin! Am häiligen Aben sellen dee Gstorbne chun; zwischen endlefen und zwelfen mache s' en Umzug! Das ischd doch nid waar und niid anders wan e-l-Lugi. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by E Landcharte

Source: E Landcharte

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E Landcharte D’Merliger hei söllen e Landcharten aschaffe. Derno si sie zsämecho u hei druber gratiburgeret. Aber kene het gwüsst, was e Landcharten isch; e Wullecharte, jo, dere het me gha u gwüsst, was das isch. Aber e Landcharte, vo re Landkarte het no keine öppis ghört gha. Ändtlige hei sie erchennt, dr Presidänt söll go luege, wo me so ne Charte überchömm, u wen er e stifi un e chumlegi fing, nid lang mache u chaufe. Drufabe isch dr Presidänt ’s Land us, eini go sueche. Du het er uf eme Acher e Bur gseh‚ wo mit eren Eichte geggt het. Es settigs Wäse het er no nie gseh gha. Aber eismols isch ihm es Liecht ufgange. „Etz tusig“, het er zum Bur gseit‚ „das isch e Landcharte?“ „Jo, das ich e Landcharte.“ U dr Presidänt het die Landcharten erhandlet. se heitreit un i dr Schuel a d’Wang ghänkt. Das sig emel au es Wäse, so ne Landcharte, hei sie erchennt u die länge Zäng agluegt. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by E Lohersteiversetzer

Source: E Lohersteiversetzer

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E Lohersteiversetzer No-n-ere Hüttegmein sin e paar Bure no chli bliebe hocke un ersch um Mitternacht gäge hei glüffe. Du hei si vo dr Sossaugass us uf em Teufbütz es Liecht gseh. Sie si bliebe stoh u hei ihm e Rung zuegluegt. Ändtlige si sie süferli bas hingere glüffe; vowäge sie hei nid welle dr Name ha, sie heigi nid zuehe dörfe. Du hei sie e wehligi Stimm ghört: „Förchtet ech nid! I tue-n-ech wäger nüt. Luegit i han e Locherstei vürers to. Dessitwäge muess i umecho. Dir chöit mi erlöse. Zmornderisch um die glichi Zit müesst er de Stei dert setze, wo ’s Locher düre geiht. Es steckt es Rüetli dert. Aber d’Hang gät mer de nid, wen i wott danke.“ Die Manne hei fascht gschnadelet. Äs het ne’s ume halb chönne. Sie hei längs u breits gwärweiset: Wei mer oder wei mer nid? Aber sie si doch gange. E füürige Ma het ne zündtet. Sie hei de Stei i’s Locher to. Du het dr Ma ne d’Hang häregstreckt, für ne z’danke. Du het ihm eine dr Schuflestiel dargha. Eismols chräschlet’s u sprätzlet’s, u gli druf wird ’s feischter. Dr Ma isch ewägg gsi. Aber do, wo-n-er het dr Schuflestiel ergriffe gha, het me guet die verchohleten Abzeiche vo de Fingere mögen erchenne. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by E Ma wässeret

Source: E Ma wässeret

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E Ma wässeret I de Matte niede isch es unghüürig. We’s anger Wätter wott gä, chunnt dert e Ma u wässeret de Gräbe no. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by E Meineid

Source: E Meineid

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Zum Pfarrer z Brätzbel isch emol ein vo de Rychschte us der Gmein cho. Er het ihm bychtet, er heig e falsche Eid to, zider heig er kei Ruehi meh; er gong zwar alli Sunntig z'Chilche und opferi e gross Gäldstück, aber die Gschicht verfolg ihn Tag und Nacht. Der Pfarrer het gseit, das syg halt e schwere Fall; er well bätte für ihn, aber 's ligg halt e bsunders schweri Strof uf settige Sache. Er sell ihm au 's Verspräche ge, wenn er im Fall zersch stärb, so sell er’s ihm, as Pfarrer, z’wüsse tue, wie-n- er`s heig in der andere Welt. Dä Rych isch neume gly gstorbe. 'S isch noche am e schwüele Summertag gsi, der Pfarrer het gstudiert uf der Laube gege-n-e Balsberg ufe, wo sälbmol noh offe gsi isch. Do rüeft uf eimol e dumpfi Stimm vom Chilchhof obenabe: «Einisch gschwore und ewig verlore!» Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939.


by E Mittel gege Häxe

Source: E Mittel gege Häxe

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Der Fässler Marti het amme gsait, gege Häxe syge Buurefeufi guet. Mir hai vor Zyte au eis an der Tür gha. Das isch vor öppe vierzg Johr gsi, wo ne Buschi allewyl brüelet het, wäge me böse Nochber. Me het au s Unservatter ins Schlüsselloch gsteckt. Bubendorf Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by E Moore mit nun Färli

Source: E Moore mit nun Färli

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E Moore mit nun Färli Z’Heligelang, noch bi der Lueg, isch es vor vielne Jahre unghüürig gsi. We’s anger Wätter het welle gä, isch bimene Burehus e Moore mit nun Färli cho u desume glüffe. Mi het gseit, e Muetter hei do nün Ching heimlig um ’s Läbe brocht; dessitwäge müssen jetzt Moore u Färli zu gwüssne Zite ume cho. De Burelüte, wo-n-i äim Hus gewohnt si, isch das gar nid rächt gsi, vowägen es het ne ke Jumpfere u ke Chnächt meh welle bliebe. Sie hei derfür to; aber nüt het welle hälfe. Du chunnt einisch e fahrende Schüler dert düre; dä isch bi däm Hus zuehe, für öppis z’ässe un e Schluck Dünns z’heusche. Sie si in es Bricht cho, u die Burelüt hei afo verzelle, wie sie ne Sach heige. Dr Schüeler het Rot gwüsst. Är het d’Moore mit de Färli i d’Türschwelle banisiert u ’s Loch mit eme Zapfe vermacht, wo-n-er vorhär i Weihwasser tümpft het. I’s Loch het er no e Zedel gschoppet mit em Afang vom Evangelium Johannis, wo-n-es heisst: Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott u so witer. Es chlis Gütterli mit ere brune Flüssigkeit het er au drito. Das het du die Frau ebha, u sider isch si nümmen umecho. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by E rätselhafti Frau

Source: E rätselhafti Frau

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E Frau vo Brätzbel het verzellt: My Ma isch früecher Bot gsi. Wo-n-er emol z’nacht vo Basel hei ins Dorf chunnt cho z’fahre, gseh-n-i, ass noh ne Frau näbe-n-an ihm sitzt. Er fahrt nit wie süscht zum Hus; er fahrt ’s Dorf us. Die Sach isch mer gspässig vorcho; i schicke-n-ein vo de Junge noche. Z’usserscht im Dorf isch er im Wage noh cho; e Frau isch aber keini meh druf gsi. Der Ma aber het mit offene Auge nit gwüsst, wo-n-er isch. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by E ruche Luft

Source: E ruche Luft

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E ruche Luft E Burema isch amene Summertag i dr Nöhi vom Huttelwald uf em Fäld gsi. Plötzlig isch e ruche Luft derhär cho; ’s het d’Tanne gschüttlet‚ ghület u toset wie die wildi Jagd. Derno isch es still worde. Am Obe isch dr Bur hei; du het er d’Ursach verno; äs het si eine im Wald ghänkt gha. D’Tanne‚ wo-n-er dranne isch ghanget, het si dräiht gha, wie-n-es Widli, wo me brucht für d’Wedele z’binge. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by E Ryche, wo kei Ruej het

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Der Gschäftsma N. N. isch rych und gar nit beliebt gsi. Woner gstorben isch, het der Götz Schmid - er isch binere Sekte gsi und me het gsait «er haig s Gsicht» - all verzellt, er gsejen mit ime volle lynige Gäldseckel uf d Poscht go. Wo me derno in syner früejere Wohnig d Häfelischueltante ygrichtet gha het, het d Häfelischueltante gsait, wenn si im Holzschopf well go Holz hole, chönn si amme d Schopftüre nit uufmache, bis si säg: «N. N., heb der Doope drab!» Derno göngs. Bubendorf Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by E schöne Tänzer

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E schöne Tänzer Es Meitli het welle z’Tanz goh. „Dä Obe gang nid“, het ihm ’s Müetti gseit. „I ha dr rächt a; gang doch nid; blieb deheime.“ Aber ’s Meitli het nid einisch wellen uberspringe u verwäge gredt: „Un i wott, u wen i mit em Tüfel heichäm!“ Derno isch es uf e Tanzbode. Äs isch nid lang gstange; du chunnt es jungs, grüens Heri derhär: „Seh, ale, Meitli; mir wei eine ha.“ Dermit het er’s gno un isch mit ihm gfahre. Kei einzige Tanz hei sie verbiglo. Die angere junge Lüt, wo si do gsi, hei enangere gmüpft u gchüschelet, wo sie gseh hei, wie das gangen isch. Äs het se düecht, die beide chöme nid z’Bode u tüei ume so flüge. U ’s Meitli sälber het afo chummere: „O, hätt i doch ume dr Muetter gfolget; die het mer welle dervor si.“ Ändtlige hei d’Giger dr letscht ufgmacht. Derno het das Heri zum Meitli gseit: „I chume grad mit der hei!“ ’s Meitli het gsüfzet, aber nid dörfe widerrede. Derno si sie zsäme hei un i ’s Gade. Dr Her isch uf enes Trögli go hocke u het gseit: „Zieh mer jetz dr Stiefel.“ ’s Meitli het gfolgei u het e lute Schrei to. Äs isch e Geissfuess vüre cho. D’Eltere si übernide gläge; sie hei dr Schrei ghört u si gleitig uberueche i ’s Gade; aber sie si z’spät cho. Sie hei mögen erchenne, wie dr Tüfel mit em Meitli dür d’Luft us gflogen isch. Grüselig, gar grüselig het’s Meitli brüelet; dr Tüfel het’s verschrisse; weder Staub no Laub het me von ihm gfunge. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by E schwäri Burdi

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E schwäri Burdi Uf ere Weid si zwe Brüeder gsi, übersüünegi u upenigi Buebe. Es Füli het ne's nid chönne, u du hei sie‘s uber ne Flueh usgjagt. Druf isch eine vo dene zwe Brüeder gstorbe. ‘s Johr druf lauft dr anger i dr Nacht unger dr Flueh düre. Du ghört er eismols gruchse u bärschte, u eine isch cho u het uf em Rügge d‘Helfti vomene Füli treit. Du man er dr Brueder erchenne, u redt nen a. Du het ihm dr anger gseit. är müess gäng d’Helfti vo äim Füli, wo sie zsäme uberus gjagt heige, d’Flueh ueheträge. Sig er dobe, so ghei sie zrugg u de müess er vo vor afo. U we den är stärb u vorane nid für beid zsäme guet gmacht heig‚ müess er de au cho, für die anger Helfti uehezträge. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by E schwarze Bock im Stall

Source: E schwarze Bock im Stall

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E schwarze Bock im Stall E Läheme het Ungfell im Stall gha. Mängisch si zwo Chüeh i eim Hälslig gsi. Derno het er e schwarze Bock i Stall gno. Sider hat’s guetet. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by E schwarze Hund

Source: E schwarze Hund

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Der Grosvatter het albe verzeih, es syg znacht e grosse, schwarze Hund dur s Dorf gsprunge und derno sygs cho rägne. Lupsingen Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by E schwarze Hung

Source: E schwarze Hung

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E schwarze Hung Früeher het men im Wald mängisch e schwarze Hung gseh. D’Lüt hei gseit, das sig e Bammert gsi; aber e Geischt i Tiergstalt chönn me nid erlöse. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by E schwarzi und en graawwi Chatz

Source: E schwarzi und en graawwi Chatz

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Äs gid allerläi Chatzi! Das hed e Dokter erfaaren, wan er us em Grund gägen Gööttannen hinderhi hed wellen. Bir Vordren Ürwäid sii zwo Chatzi chun, e schwarzi und en graawwi. Si häi vor im welle dumm töön. Döö hed er mid dem Stäcken uf sa greerrd; äini hed er uf e Buggel bbräichd, und dr andren hed er e ggheeraga Sträich uf en Grind ggän. Wan er ischd gen Gööttanne chun, hed er vernun, grad vor enem Schutz häigi es Wiib eso Chriizwee uberchun, und es anders häigi es Hoitwee wee dem Margtropf. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by E See unger eme Chriesbaum

Source: E See unger eme Chriesbaum

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E See unger eme Chriesbaum Äs isch Samschti z’Obe gsi. Du si Nachtbuebe tätig worde, sie wellen em Müller i d’Chriesi. Sie hei’s gmacht u hei derno vom Baum abe welle. Du isch drunger e grosse See gsi. Mir hätti das nüt to. I hätt es Mitteli gwüsst, für über ’s Wasser ewägg z’cho. I hätt dr Chüttel u ’s Schilee, oder was i hätt agha, abzogen u wär drufgstange; de hätt mer niemer öppis chönne z’leidwärche. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by E Stimm warned

Source: E Stimm warned

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Das wä täich eppa vor vile Jaare gsiin. Da wä s' a-w-Wende gsiin mid dr War, und döö häi s' e Stimm gheerd, si sellen abfaaren u-f-fleen. Si häin aber niid drum taan und häi gsäid, ja epp' äis, ja, epp' äis de-w-wol. Döö hed dee gliich Stimm zem andrem Mal gwarned. Jetz siigi niid ggrächets, häi s' zem Firwort ghäben, ma chenni doch nid faaren. Und zem drittem Mal hed dee gliich Stimm gwarned: „Abfaaren u-f-fleen!" Ja, moren, häi s' gsäid, da siige s' ggräched. Moren isch z'spät gsiin. Am gliiche Tag hed's es Wätter ggän. Derallshar hed's dem Bach üüsagreerrd. Goleti ung Goleti Stäina hed er derharbbrachd. D'Hitti hed er furtgschwäichd. Liit u-w-War hed er undergmachd. Aina wän häi gsiin. Där häigi no chenne sägen, wee dee Stimm z'driijem Malen gwarned häigi. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by E Triibetem Beck

Source: E Triibetem Beck

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Äis ischd äina mid arra ganze Triibetem Beck über d'Meder ab chun. En andra ischd däm Tschüür ebchun, hed em Bock i ds Oig gnun: är hed im üüsnäämend gfallen und fräägd: „Was häischischd d' fir dän?" „Ja", hed där gsäid, „achd mer äis über die lingg Agslen!" Dr ander hed das gmachd; etz hed er gwissd, was das fir Beck siin; äina wie dr ander en Gäischt; är hed gnöeg gseen, hed niimma gsäid und ischd sis Wägs ggangen Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by E Troin vun drii Hiiflenen Gäld

Source: E Troin vun drii Hiiflenen Gäld

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Im Riitelli z'Willigen ischd es Mäitli gsiin. Däm hed in dr gliichen Nacht z'driimal ds gliich troimd, uf em Fridhof näben dr Chilchen siigen drii Hiifleni Gäld. Döö isch'sch üüf ung gäge Fridhof. Uber d'Müür uber hed's dee drii Hiifleni gseen; aber äs hed nid inhi derffen und das Gäld gan nän. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by E Vattermörder as Hund

Source: E Vattermörder as Hund

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E Muttezer het emol mit sym Suhn zämme e Stier uf Basel yne gfüert. Er het schön glöst – aber der Jung isch ohni Vatter heicho. Er het en in der Hard tödet. E Fründ und är hai en in e Sack to und in Rhy gheit. Dä Suhn syg Schmid gsi und haig wysawy vo der Schmitte gwohnt. Wo är und sy Fründ gstorbe sy, hai si fascht nit chönne stärbe, und vo dört a isch mängisch e grosse schwarze Hund zum Huus an echo, ebe der Mörder. E Jud, e Vehhändler, het derno das Huus gchauft, und my Grosvatter isch däm sy Fründ gsi. Dä het em gchlagt, si müesen all Liecht ha znacht, «si gsäje all öppis», und do het der Grosvatter grote, er söll e Kapizyner lo cho. Dä isch cho, und si hai im Gang in der Muure e Loch gmacht und e Chorbfläsche parad gha. Der Kapizyner haig bättet, dass er gschwitzt het. Der Geischt hätt selle in d Fläsche, aber e paarmol syg er uf im Rand gsi und all wider drab. Zletscht het er en chönne verbanne, und d Fläsche hai si ygmuurt. Vo dört ewägg het me dä schwarz Hund nümme gseh. Myni Grosseltere hai mängisch gsait: «Gstorben isch nit gstorbe, es chunnt druuf a, wie me gläbt het.» Muttenz Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by E Venediger

Source: E Venediger

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Dr Änigroosatt hed in der Oberweng ghirted. All Tag hed er em Ma gseen; Tag fer Tag ischd er i Fliene gsiin und hed umha a Stäine täggelled. Am Aben ischd er furt; dr Änigroosatt hed nid gwissd wie und wahin: aber am Morgen ischd er umhi da gsiin. Dr Änigroosatt hed wellen han, där häigi Gold gsöechd; am Abe siig er häin, ge Venedig; am Morge siig er umhi chun, alls siig er dir d'Luft. Melchior Sooder:  Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by E verböhrte Geischt

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E verböhrte Geischt E Bur het uf eren Egg e verbrüscheti, strubi Weid gha. Du het er im Herbscht d'Studen usgmacht. Im Früehlig druf het er amene windstille Tag ‘s Brüsch azündet. Demo het er de dr Bode wellen umemache u Härdöpfel pflanze. Uf dr Weid isch en alte Stock gsi. ‘s Füür het nen au ergriffe; aber du het's im Stock afo brüele; mi heig's Stungen u Stunge wit ghört. Im Stock isch drum e böse Geischt verböhrt gsi. Dr Bur het nüt dervo gwüsst gha. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by E verhäxeti Moore

Source: E verhäxeti Moore

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E verhäxeti Moore s’Rämibabi het e Moore mit Färli gha; alls isch guet gange. Aber eismols isch alls verhäxet gsi. Du hit ihm dr Löchlidokter gseit, äs söil füüregi Schiter i Tränki stosse u dr Moore d’Bübbi mit Bschütti astriche. Wo Babi das eso gmacht het, isch es Meitli us em Nochberhus cho u het ihm agha, äs söll ufhöre, d’Mutter brüeli, äs sig nid zum Derbisi. Aber im Stall het’s nüschti nid besseret u we Babi em Dokter gfolget het, isch s’Meitli vor dr Tür gsi. Ändtligen isch Babi wieder zum Doktor u het ihm die Sach brichtet. „Jä, i ha’s doch dänkt,“ säg dä, „es sig eso öppis. Das isch es dumms, dumms Wibervolch u nid z’brichte. Aber, du muesch aufhöre, süsch könnt’s es no töde.“ M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by E w wiita Wäg

Source: E w wiita Wäg

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Ds Nachtvolch hed e-w-wiita Wäg. Äs gäid ung gäid; äs ghirmed nee. Äs gäid dir d'Zemi und dir d'Wildi und wa nid Wäg und Stäg ischd. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by E Wächseltaler

Source: E Wächseltaler

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E Wächseltaler We me gärn e Wächseltaler möcht ha, so tuet men am Wiehnechtsoben e schwarzi Chatz in e Sack. Zwüsche den englefe u zwölfe treit me se zur Chile u chlopfet a d’ Türe. De frogt e Stimm: „Wär isch do?“ „Numen ig.“ „Was wosch?“ „Em Heren e Has bringe.“ „Was wosch derfür?“ „En Alerunen oder e Wächseltaler.“ De langt en Arm use, nimmt dr Sack u git derfür diesersch oder äis. Aber de het me Zit, z’fleih; süscht chönnt’s eim schlächt goh u müesst ungerschriebe. Dr Zürcher Ueli het mit mim Vater Militärdienscht to un ihm verzellt, wie-n-er einisch e Gschicht gha heig mit eme Wächseltaler. Är heig imene Trögli meh weder einisch es stifs Schübeli Gäld gha. Das sig alben amene schöne Morge rübis u stübis ewägg gsi. Abe vorwäge dass e Wächseltaler derbi sig gsi, wo-n-ihm s’Gäld ewägg gno heig. Är hei scho lang e Luzärner im Verdacht gha. Dä chömm einisch u nähm es Trank für ne Chueh. U würkli, dä gab ihm e Wächseltaler, wie-n-er gli hei mögen erchenne. „Du gisch mer gar e schöne, gar e schöne“, säg dr Ueli u heig ne so uf dr Hang gha. Dr Luzerner heig nüt u weneli druf gseit u sig furt. Derno nähm dr Ueli es Schibli Brot, leg’s uf e Taler u so uf e Tisch u schlöi e Nagel derdür. Äs sig nit lang gange, föi si dr Taler afe dräihe, gäng wie gleitiger u gleitiger u sig i eim furt glüffe, bis er ganz sig abgripset gsi. Der Wechseltaler, manchmal auch Hecketaler, erinnert an den Alraun. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by E wehlige Brüel

Source: E wehlige Brüel

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E wehlige Brüel Äs isch im Vernachte gis, un i ha im ungere Lingeholz afo fische. Eismols tönt usem Wäldli use e wehlige Brüel. Im Augeblick druf isch es still gsi. En alte Ma het mer später gseit, do sig drum einisch eine um ’s Läbe brocht worde. Die Sage sagt nicht deutlich, ob der Mörder oder der Ermordete den Schrei ausstösst. Beides ist möglich, in einzelnen Sagen wiederholt der Mörder den Schrei des Getöteten; aber auch der Ermordete geht so viele Jahre um, als er noch hätte leben können, wenn er nicht dem Mörder zum Opfer gefallen wäre. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by E Widlichorb voll Wasser

Source: E Widlichorb voll Wasser

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E Widlichorb voll Wasser Imene Burehus hei sie Wösch gha, u d’Jumpfere isch Sinns gsi, die ganzi Nacht düre z’chilte‚ wie’s sälb Rung isch dr Bruch gsi. Derno seit eren e Frau, äs sig de die Nacht nid sufer; äs sig d'Frau Faschte; so stang’s i dr Prattig. Sie well emel probiere, mach d’Jumpfere druf. Aber i dr Nacht isch doch d’Frau Faschte cho u het gfrogt, ob sie nid afe müed sig. He wohl, säg d’Jumpfere, sie söll eren afe go Wasser reiche; de gang sie de i ’s Bett, u het ere e Widlichorb gä. Drufabe isch d’Frau Faschte furt, u d’Jumpfere het gmacht, dass sie isch ungerecho. Aber am Morge isch doch dr Widlichorb voll Wasser vor dr Tür gstange. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by E Zauberbuech

Source: E Zauberbuech

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My Vatter (geb. 1833) het albe verzellt: In der Chilchgass isch eine gsi mit eme Buech. Einisch woner furt gsi isch, hais syni Chind verwütscht und hai drin gläse. Undereinisch isch der ganz Bode voll Chrotte gsi. Woner zrugg cho isch und das gseh het, het er s Buech gno und öppis anders druus gläse - do isch das Züüg wider ewägg. Bubendorf Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by E Ziileten Enti

Source: E Ziileten Enti

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An dr Gassen, das gäid Mäiringen an, da chemi am häilegen Aben uf em Seecheplatz ds Nachtvolch derhar; eso ischd dsGred ggangen. E Schniider hed das nid rächt wellen gloiben und ischd am häiligen Abe ggangen und hed gwarted ung gwarted, ob er's gseji derharchun. As ischd Mittinacht gsiin. Döö ischd e Ziileten Enti druberinha chun, äini hinder dr andren, dir e Schnee, e-l-lengi lengi Ziileten. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by E Zilete Silbergäld

Source: E Zilete Silbergäld

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E Zilete Silbergäld Einisch lauft dr Chehrjoggi bi dr Altburg verbi. Am Fuesswäg isch e Her bire Zilete Silbergäld ghocket. E schwarze Hung lsch bi-n-ihm gsi. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by E zsämenhäbegi Bbiiri

Source: E zsämenhäbegi Bbiiri

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Äis wän e Bbiiri gsiin; dr Giid hed sa plaaged, u d'Siwwleni sii rra leeber gsiin wa d'Bättler und armi Chind vor dr Tiren. Si hed e Jungfroww ghäben; dee hed's nid uber ds Härz bbrachd, dee Armen mid läären Henden furtzschicken und hed nen im Verschläikte Chääsmilch ggän, wa fir d'Siww wä gsiin. Döö wän döö äimmel dee Bbiiri dänna chun; mid arra nän, hed si täich o niid chennen. An enem Morgen isch d' Jungfroww ge d'Siwwleni hirten. Döo ischd in arra Schroten d'Bbiiri gstanden; stober hed si virhagseen; nid es Wertelli hed si gsäid. D'Jungfroww ischd e ghärzti gsiin und hed sa gfräägd, was ra fäälli. „O", hed si zum Bschäid uberchun, „wen i nummen diner Vergälts Gott hätti!" „Dee choischd han, alli, ds alleräinhindrischt; meer wird destwägen chüüm uberscheen", hed d'Jungfroww gsäid, und drüüf hed si d'Bbiiri nee mee zäigd. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by E Zug mid brinnende Späänen

Source: E Zug mid brinnende Späänen

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Im Bidmivorsess, z'Wasserwendi, chunnd mengsmal z'mitts in der Nacht e-l-lenga, lenga Zug Liit mid brinnende Späänen. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by E's Schwi mit zwei Chepfu

Source: E's Schwi mit zwei Chepfu

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Escht e mal es Wib g'si, di het de armu Litu nix megu gunnu. We dra appu chleini Räschtjini Choch old UrsiniSpis old Fleisch firg'schlagu sind, old appa Aichmilch old Sufmilch g häbet het, disch nit gebrucht het, so hetsch all's flisig ins Schwisch kit und de Bettleru nix wellu teilu. Na ihra Tod het mu im Stall, wensch dum Schwi brungu hend, zwei Schwichepf im Trog g'se und g'hert im G'fräss frässu und im G'laff godlu, — und do ischt im Chrommu nummu eis Schwi g'si. — Duo sindsch zum Pfarrherr g'liffu nnd hend nu g'fregt, was das au z'beditu heigi. — Der het aber g'seit, d'Verstorbna hei im Läbe d'Schwi lieber g'hä als d'armu Lit; darum miesesch jez na ihra Tod au de Schwinu im Chrommu G'sellschaft tuo. (Saaser Mundart)   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by E-l-läidi Feeri

Source: E-l-läidi Feeri

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Dr alt Joseller hed an Engschtlen uf Murwwetti glotzed. Döö hed er hinderhi bim See ds Engschtlemmäitli gseen. Churz drüüf hed ds Wätter gcheerd; äs hed afa schnijen und hed e-l-läidi Feeri ggän. Da cham ma drüüf gaan, we si ds Engschtlemmäitli zäigd, gid's e Schneefeeri. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by E-l-Loose mid zwelf Fäärlenen

Source: E-l-Loose mid zwelf Fäärlenen

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Dr Balzler z'Jsembolgen hed mee gseen wan ander Liit; är ischd drum es Frowwfaschteching gsiin. Äis hed er gägem Balm wellen und ischd bald bir Aarbrigg gsiin. Vo-w-wiitem hed er e Froww mid zwelf Chinde gseen. Wan er zer Brigg ischd chun, hed er wäder vun dr Froww no vu Chinden egghäin gottsegerläi neena mee niid gseen. Aber äs hed nen doch Wunder gnun, wa si der jetz verschliffen häigen. Döö, gugg, under dr Brigg rochled e-l-Loosen, und um sa um zwiigglen und schnudren zwelf Fäärleni. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ebermann in Köllikon

Source: Ebermann in Köllikon

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In der Gegend von Köllikon, einem Dorfe bei Aarau, liegt ein Waldplatz, genannt Jm Eber. Drinnen haust ein Schimmelreiter, welcher der Ebermann heisst und von Köllikon aus über die Waldungen das Ester und die Egerten reitet bis hinauf gegen das Dorf Safenwil. So lässt sich der Schimmelreiter zu Bielstein immer zwischen den Schweinen sehen des alten Klosters Jlfeld, wenn diese sich im Klostersumpfe wälzen. Pröhle, Harzsagen, pag. 226. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 101 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Edelstein und Kröte

Source: Edelstein und Kröte

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Zwei Männer im Meiental, so habe ich als Knabe erzählen hören, gingen zusammen zu Berg und trafen dabei einen Edelstein wie ein Ei. Sie liessen ihn liegen, indem sie dachten, ihn auf dem Rückwege zu nehmen. Doch da fanden sie ihn nicht mehr; an seiner Stelle kauerte nun eine grosse Kröte, und sie fingen an, selbe zu plagen. Wie sie davongekommen, weiss ich nicht mehr. Karl Dubacher, 35 Jahre alt, Meien Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Egelsee am Heitersberg

Source: Egelsee am Heitersberg

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Auf der Höhe des Heitersberges, wo sich jetzt alter Wald in dem gemiedenen Gewässer des kleinen Egelsees abschattet, stand früher einmal ein Schloss, oder wie Andere meinen, ein Herrenkloster; man hieß es die Veste Bauernweh und sein letzter Besitzer war Niko. Er soll die Bewohner des benachbarten Limmat- und Reussthales unbarmherzig gedrückt und ausgesogen haben. Er schickte einen grausamen Vogt mit einer Schaar von Knechten durchs Land, und wer ihm Zins und Zehnten versass, den liess er in die Gewölbe seiner Burg werfen. Als diese Gewalttätigen einst aus dem Reussthale heimkehrten und am Dorfe Remetschwil vorbeikamen, begegnete ihnen oben am Sennhof die dortige Wittwe mit ihren sieben Kindern. Auch sie war nicht im Stande gewesen, dem Vogt rechtzeitig die Pacht zu bezahlen; sogleich packte man Hab und Gut zusammen und trieb das Weib sammt den ihrigen aus. Nur eine Hand voll Mehl wollte sie noch mitnehmen zum Brei für ihr Jüngstes; man riss es ihr vom Arme und warf es in das angezündete Haus. Nun braucht es keinen Brei mehr, höhnte der Vogt und ritt hinweg. Die verlassene Mutter schrie den Himmel um Rache an; stammelnd vor Schmerz rief sie: „Wenn nur de donner di und din burg i bodde ie verschlueg!“ Der Himmel hatte ihren Fluch gehört. Noch in derselben Nacht erhob sich ein furchtbares Ungewitter; es regnete Blitzschläge auf das Schloss herab, und unter langem Krachen versank es mit Mann und Maus hundert Klafter tief in den Abgrund hinein. Ein See trat an die Stelle, vom Volke der Egelsee geheissen, weil die vielen Blutegel in ihm zum Beweise dienen sollen, wie viel unschuldiges Blut hier einst vergossen worden; oder auch wegen der zahlreichen Egelfische (perca fluviatilis) dieses Gewässers, welche die benachbarten Mönche von Wettingen nachher für ihren Fastentisch besonders schmackhaft gefunden haben. Auch vom Nägelisee hört man noch reden, weil er die Stadt Nägeli verschlungen, die hier gestanden haben soll. Der See ist heute noch gemieden und gefürchtet. Zwar ist droben auf der Höhe ein ärmliches Bauernhaus, und tiefer unten am Waldabhange, wo ehedem ein Fischerhäuschen auf der abschüssigen Matte stand, liegt noch ein Kahn am Ufer. Allein man wagt sich in ihm nicht aufs Wasser hinaus, weil man zu versinken fürchtet, sobald man in die Mitte fährt oder dorten stille hält. Nie bewegt sich die Welle, nie überfriert sie, kein Bach ergiesst sich darein. Der See ist schon auf neunzig Fuss Tiefe gemessen, aber man hält seine Mitte für unergründlich. Zwei Männer am Sennhof, die sich hierüber Gewissheit verschaffen wollten, knüpften zehn Schnurknäuel, jedes zu hundert Ellen Länge, aneinander, hiengen einen Senkstein daran und fuhren damit gegen die Mitte hinaus. Doch die Schnur reichte nicht aus und der Kahn fieng bereits an zu sinken. Da mahnte sie eine Stimme von drüben her aus den senkrechten Felswänden des westlichen Ufers, augenblicklich dem Lande zuzurudern, sonst sei es um sie geschehen. Auch keinen natürlichen Ausfluss hat das Gewässer, mit Ausnahme des kleinen Durchganges, den man ihm schrittbreit durch den Waldgraben machte. Ueber dieses Rinnsal ist heute noch der Müller im Dorfe Spreitenbach gesetzt und hat dafür einen Theil des Fischrechtes am See. Einst war ihm ein Hecht von ganz aussergewöhnlicher Grösse ins Netz gegangen. Da der Mann auf dem alten Glauben war, das Gewässer hänge unterirdisch mit dem Reussstrom zusammen, so band er dem Fisch einen rothen Faden um den Hals und liess ihn wieder schwimmen. Nicht lange nachher ward derselbe in der Reuss bei der Stadt Bremgarten gefangen. Nebenan am versumpften Ufer, wo im Sommer bei trockener Witterung jeder Schritt hohl nachdröhnt, finden sich noch etliche Mauerspuren; bröckelt man davon Gestein ab und wirft es in den See, so soll er aufsteigen und das ganze Land überschwemmen. Unter seinem Spiegel will man bei klarem Himmel die Thurmspitze des Schlosses gesehen haben. In der Nachbarschaft oberhalb der sogenannten Seematten ist eine wilde Rise, wo die Bergwand ihren Schult abstürzen lässt. Der Fussweg dahin heisst der Reitweg. Da zeigt man das sog. Teufelsloch, die Stelle des alten Schatzhauses, das die Schlossherren mit eisernem Fallgitter verwahrt hielten. Hieher begab sich ein Färber aus dem Städtchen Mellingen zu wiederholten Malen, um den versenkten Reichthümern nachzuspüren. Er traf in der Höhle eine Jungfrau, die auf einer Eisenkiste stand und hütete. Der vorsichtige Mann machte sie mit den geweihten Wachskerzen unschädlich, die er mitgenommen und vorher angezündet hatte, und konnte nun eine nicht geringe Geldsumme mit fortnehmen. Da er aber beim Weggehen noch unter dem Eisengitter sich umwendete, fuhr dieses im gleichen Augenblicke herab und schlug ihm die Nase weg. Der Mann ist noch nicht lange todt, und der Vorfall ist in Mellingen eine wohlbekannte Sache. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 7 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ehrlichkeit ist nötig

Source: Ehrlichkeit ist nötig

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1. Mehrere Männer aus der Gegend von Amsteg, deren Namen noch genannt werden, fassten den Vorsatz, gemeinsam in den zerfallenen Stollen bei der »Höhe« im Ried am Fusse des Bristenstockes nach Metallen oder Strahlen, basta nach Kostbarkeiten zu graben. Sie gingen aber zuerst nach Zürich und liessen sich mehrere Wochen von einem erfahrenen Manne unterrichten. Zuletzt sagte er ihnen, sie müssten beim ganzen Unternehmen aufrichtig und ehrlich gegen einander sein, sonst würden sie vergeblich schaffen. Nun machten sie sich an die Arbeit; das Glück schien sie begünstigen zu wollen; sie fanden die rechte Spur und waren auf guten Wegen, einen grossen Schatz auszubeuten. Als sie aber mit grosser Freude eines Morgens die Arbeit beginnen wollten, da war jede Spur verschwunden. Da nützte alles Suchen und Schaffen nichts mehr. Jetzt sandten sie einen aus ihrer Mitte wieder zu ihrem Lehrer nach Zürich und liessen anfragen, was da schuld sei, und was sie zu tun hätten. Er antwortete ihnen, sie seien selber schuld; sie seien nicht ehrlich gegeneinander; jetzt sei alles verdorben; sie sollen das Unternehmen nur aufgeben. Solche Kunde überbrachte ihnen der Bote. Sie forschten einander aus, und jetzt ergab es sich, dass der Eine ein kleines Werkzeug sich angeeignet und ein Anderer den Bohrer in seinem eigenen Landgut zum Steinsprengen benutzt hatte. Sie hatten aber diese Werkzeuge auf gemeinschaftliche Rechnung angeschafft. Josefa Walker u.a.m. Amsteg 2. Einst gruben mehrere Männer aus der Gegend von Amsteg nach dem Goldklumpen im Bristen. Es hatte ihnen einer die Stelle angedeutet und gesagt, sie müssten fest den Glauben haben. Als einer aus ihnen merkte, dass sie den gesuchten Schatz bald finden würden, ging er heimlich am Morgen früh, um allein zu graben und vorwegzunehmen, was möglich. Aber nun war alles versunken, und der Ratgeber sagte den verwunderten Männern, die ihn aufsuchten, da sei etwas gefehlt gegangen, da sei einer nicht ehrlich gewesen. Joh. Tresch, Wyler; Frau Walker-Furger, 85 J. alt, u.a.m. 3. Einst fanden einige Strahler ein höchst seltenes Stück, das inwendig aussah wie eine Monstranz. Unter ihnen war aber einer, der nicht ehrlich handelte und das seltene Stück heimlich für sich allein auf die Seite legte. Jetzt ist dieser Kristall in der Hauptkirche zu Paris und wird das Allerheiligste darin aufbewahrt. Pfr. Dr. Schmid, Göschenen 4. Wenn mehrere miteinander strahlen (Kristalle suchen), dann müssen sie aufrichtig und ehrlich gegen einander sein. Schriftl.: Pfr. Dr. Schmid, Göschenen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ein Alpenkrieg im Sanetsch-Tale

Source: Ein Alpenkrieg im Sanetsch-Tale

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Vor alter Zeit stritten sich die Leute von Gundis, dem Herzoge von Savoyen untertan, mit den Bürgern von Savièse lange herum um den Besitz der Hochalpe Berzé des Sanetschtales. Man will über diese Wirren noch Urkunden finden. — Der Sage nach waren es drei Ratsherren von Savièse, welche diese futterreiche Alpe den Leuten von Gundis verkauften und das Geld dafür in den Sack steckten. Damit waren aber die Savièser nicht einverstanden und es gab des Haders und des Zankes viel. Eine gütliche Verständigung war nicht mehr zu hoffen; darum wollten die Leute von Gundis die gekaufte und bezahlte Alpe mit Gewalt in Besitz nehmen. Sie wandten sich an ihren Schutzherrn, den Herzog von Savoyen um Hülfe, die nicht lange auf sich warten liess. Auch die Savièser waren nicht kurzsichtig und untätig; sie entboten ihren Freunden im Oberwallis um Unterstützung und diese konnten ihre Verbündeten auch nicht im Stiche lassen. Ihren Zuzug wollten sie aber verborgen halten; gingen darum nicht die gewöhnlichen Wege über Savièse auf's Sanetschtal los — waren vielleicht vom Feinde abgeschnitten — sondern stiegen hinter dem Berge Prabé über das Gebirge und kamen nach langen Umwegen ins Sanetschtal herab. Bald entbrannte der Kampf mit Wut und entschied zu Gunsten der Gemeinde Savièse. Die Alpe blieb nun im Besitze dieser Gemeinde bis auf den heutigen Tag; und das Gerede ist noch nicht verstummt, sie wäre den Gundisern, als Parteigängern des Herzogs, mit Gewalt entrissen worden. Die drei Ratsherren aber, welche den Savièsern diese schöne Alpe verschacherten und dafür das Geld einsackten, scheinen sich im Jenseits nicht gar so wohl gebettet zu haben; man will sie seither oft kohlenschwarz auf schwarzen Rossen die Alpe auf und ab galoppieren gesehen haben. Auch soll lange Zeit ein schwarzer Hirt mit Hirtenstab und umgürteter Lecktasche regelmässig um zwei Uhr in der Nacht aus dieser Alpe in die Nachbaralpe hinübergekommen sein, der boshaft das Vieh vom Nachtlager auftrieb, dasselbe anlockte und voranschreitend nach der Alpe Berzé führte. Unaufhaltsam folgte diesem Entführer alles Vieh und liess sich erst bei grauendem Tage wieder zurücktreiben.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Ein altes Weiblein sucht Obdach

Source: Ein altes Weiblein sucht Obdach

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Einmal an einem unschnitzigen Tage, da der Nebel tief von den Gräten hing und die Bise bitterkalt seeab zog, kam ein altes Weiblein in das Dorf Brienz. Niemand kannte das verhutzelte, kleine Mütterchen. Beim ersten Hause klopfte es an um Speise und Trank, auch wenn es nur ein Brösmeli und Tränlein wäre, und es fragte um ein Nachtlager, da es Abend werden wolle und der Wind gar zu scharf über den Weg blase. Die Leute waren selber arm und wollten sich nicht auch noch von dem Wenigen entblössen. Vor der zweiten Türe erhielt es trotz seines Anhaltens einen ähnlichen Bescheid, vor der dritten und vierten ging es ihm nicht besser. Die Leute erwiesen sich als geizig, ja gar hartherzig. Überall hiess man es weggehen, unverrichteter Dinge, oder schlug ihm mit einem Scheltwort oder einem mitleidlosen Lachen die Türe vor der Nase zu. So kam es bis an das andere Ende des Dorfes, ohne dass sich eine gute Hand bemüht hätte, ein wahrhaft freundliches Herz ihm begegnet wäre. Da aber, bevor es das Dorf verliess, erhob es drohend seinen Stecken und schrie in furchtbarem Zorne in die Gassen hinein: „O weh! Brienz mues’ i See!“ Dann verschwand es, wie es gekommen. Der Fluch des Weibleins ist noch nicht in Erfüllung gegangen; aber er hallt in den Dorfleuten nach bis auf den heutigen Tag. Wenn am Rothorn ein Unwetter niedergeht, dann äugen sie beklommen nach dem Wangwald hinter ihren Häusern und den Flühen in den Höhen, von denen das Unheil droht seit Jahr und Tag. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Ein bestrafter Jäger

Source: Ein bestrafter Jäger

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Unten im Tal wohnte vor langer Zeit ein Jäger. Einmal wollte er ein Reh schiessen, traf aber seinen Hund. Da rief er: «Ich hätte lieber den Herrgott erschossen!» Zur Strafe musste er dort im Walde draussen stehen bleiben, solange er lebte. Ramlinsburg Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ein Blasius-Wunder

Source: Ein Blasius-Wunder

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Auf Schloss Gutenfels lebten Rudolf von Schönau und Ursula von Ramstein in glücklicher, aber kinderloser Ehe. Dies bekümmerte die Schlossfrau sehr; sie betete fleissig und suchte oft die benachbarte Kirche von Ziefen auf, wo die Reliquien und ein wundertätiges Bild des hl. Blasius grosse Verehrung genossen. Als sie eines Abends wiederum in dieser Kirche für die Opfer des Rachefeldzuges nach dem Tode des Königs Albrecht (1308) und für ihr Anliegen betete, trat ein alter Invalide, Hans der Lahme genannt, ebenfalls ein. Er erkannte die andächtige, in ein Büssergewand gekleidete Edelfrau nicht und glaubte, sie sei arm und hungrig. Rasch nahm er aus seinem Bettelsack ein grosses Gerstenbrot und ein Stück Käse, teilte sie in zwei Hälften und reichte ihr die eine mit den Worten: «Gott und der hl. Blasius geben dir, was dein Herz verlangt.» Hierauf entfernte er sich. Frau Ursula nahm dies als gutes Zeichen auf und kehrte freudig auf ihr Schloss zurück. Dort stellte sie die Gaben Hans des Lahmen in Silberschüsseln dem Schlossherrn und seinen Gästen als Nachtisch auf. Herr Rudolf wurde zuerst wegen dieser geringen Speise zornig; nachdem aber Frau Ursula ihr Erlebnis erzählt hatte, verwunderten sich alle. Nun verteilte sie Brot und Käse. Alle erblickten in der Bettlernahrung eine Verheissung. Die Anwesenden hoben das empfangene Stücklein Brot auf, um dieses, wenn der fromme Wunsch Hans des Lahmen durch St. Blasius wahr werde, wie eine heilige Reliquie in Ehren zu halten. Ihre Hoffnung wurde nicht enttäuscht: Frau Ursula schenkte ihrem Gatten eine wunderschöne Tochter und künftige Erbin. Hans den Lahmen liess man ins Schloss kommen, nährte und kleidete ihn bis an sein Lebensende. Die kleine Elisabeth genoss eine sorgfältige Erziehung. Sie wurde später die Gattin des Edeln Hartmann von Eptingen. Sie war bekannt als Wohltäterin der ganzen Gegend. Ziefen Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ein Blutwunder im Dreissigjährigen Krieg

Source: Ein Blutwunder im Dreissigjährigen Krieg

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Am Fronleichnamstag des Jahres 1635 haben tausend schwedische Ritter das Dorf überfallen und die «jnnwohner…       nit allein erschlagen sondern gemetzget.» Da zeigte Gott der Allmächtige durch ein Wunderwerk…, wie unschuldig der Armen Blut vergossen und wie stark dasselbig in den Himmel geschrauen: «Nachdem zehn Körper im Dorf gelegen und zur Begräbnis wir ein grosses Grab machten, ist nach jedem Stuff der schaufflen, das Blut überflüssig aus der Erde geflossen. Und als man in selbigem Orth viel Todtenbeiner die lang daselbsten vergraben, und all (ganz) weiss und ohne Fleisch wie die im Beinhaus gesehen worden, gefunden, ist aus allen denselben ein rother schweiss überflüssig herausgeflossen.», worauf die Anwesenden erschraken und fürchteten, dies sei ein Zeichen, dass nochmals Soldaten kommen würden. Therwil Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ein böser Tauftag

Source: Ein böser Tauftag

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Vom Dorf Flums aus jenseits des Schilztobels, im Staudenrüsch, auf dem Ruhstein, liess eine Gotte, von einem grossen "Göttiwein" heimkehrend, das Taufkind liegen und fand dasselbe, als sie angstvoll zurückkehrte, nicht mehr. Wahrscheinlich haben wilde Tiere den armen Wurm gefressen. Zur Strafe wandelt sie als unseliger Geist rastlos um den Ruhstein, das verlassene und verlorene Taufkind suchend. J. B. Stoop Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 331, S. 183f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ein böses Chindbettimahl

Source: Ein böses Chindbettimahl

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Wohnte da im Dorf vor vielen, vielen Jahren ein Hintersäss namens Aeppli, mit seiner Tochter und deren Mann, einem Brienzburger, zusammen unter dem gleichen Dach. Dem jungen Ehepaar war eben das erste Kind, ein Bub, angerückt. Am Tage der Taufe wurde wacker Chindbettimahl gehalten. Man sang und tanzte, dass die Fenster kläfelten und die ausgeschlarpten Söllerladen gigarsten, und zwischenhinein sprach man fleissig dem roten Italienerwein zu, der bei der hohen Festlichkeit nicht hatte fehlen dürfen. Da, mitten in der grössten Fröhlichkeit, schob der alte Aeppli sein Glas Roten unsicher über den Tisch hin von sich, stand schwer auf und rief in die Stubete hinein: „Es wäre jetzt alles recht, wenn das Kind nicht mein’s wäre!“ Aber wohl, da hatte das Dreckmanndli in eine Wespere geguselt. Einen Augenblick stand die Taufgesellschaft da wie geohrfeigt, dann rückte der junge Ehemann auf seinen Schwiegervater los, nahm ihn beim Kragen - es gab eine laute Rumorete, und das Chindbettimahl nahm ein jähes, böses Ende. Der Alte musste sich vor Gericht verantworten. Da er nach langem Leugnen endlich gestand, damals die Wahrheit gesagt zu haben, wurde er zum Tode am Galgen verurteilt, einige Tage später gehängt und sein Leichnam nach damaligem Brauch weitab vom Friedhof auf der Dorfallmend im „Dorni“ verscharrt. Der Tote konnte aber nicht an die Ruhe kommen. Vorübergehende Leute trafen kurze Zeit danach das Loch offen; sie warfen es wieder zu. Doch schon am andern Morgen war die Grube aufs Neue abgedeckt, und so alle Tage wieder, obschon man sie schliesslich mit schweren Steinen beladen hatte. Eines Tages kam dann vom Brünig her ein Kapuziner ins Dorf. Diesem erzählten die Brienzer von den Nöten, die ihnen der alte Aeppli nach seinem Tode noch antat. Auf seinen Rat hin brachten sie den armen Sünder wieder in das Dorf, begruben ihn auf seinem Eigentum im Garten vor seinem Hause in der Alpgasse und pflanzten einen unfruchtbaren Baum, einen Buchsbaum, auf das Grab. Und von da an ist der Alte an die Ruhe gekommen. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Ein Brand kündigt sich

Source: Ein Brand kündigt sich

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Im Hause in der Hostet (Helgossingen) zu Spiringen musste ein Maitschi öfters in Abwesenheit der Eltern die kleinern Geschwister hüten. Eines Abends aber sagte es zur Mutter: »Mutter, ich darf nicht mehr gaumen. Ich habe heute etwas gesehen. Ich sass auf der Bank und strickte an einem Strumpf. Da auf einmal sah ich eine grobe breite Männerhand, fast wie die des Vaters, auf der Bank. Es machte den Anschein, als ob sie jemand unter der Bank herauf strecken würde.« Nach einiger Zeit verbrannte das Haus, und als es in hellen Flammen stand, wollten mehrere Personen zwei Menschen gesehen haben in der Stube am Tische sitzen. Jenes Mädchen aber und ein älteres kamen in ihrer Schlafkammer in den Flammen um. Viele Leute behaupten, es habe völlig sein müssen, dass das Haus verbrannte. Alois Imhof Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ein Bursche

Source: Ein Bursche

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der in dem nunmehr abgeschlissenen Häuschen im Aschacher z'Stubeten gehen wollte, traf zu Geissweg auf einem Hagstoss eine Katze. Mit einem wuchtigen Stockhieb schlug er sie zu Boden. Sie verführte ein fürchterliches »Gräbel«. Der Jüngling setzte seinen Marsch fort, und auf jedem Hagstoss am Wege bis zum aufgesuchten Häuschen sass eine Katze. Zuleid getan hat ihm keine was, aber a'glüegt heiget-s-ä nitt fryn. D'Haar häig'r doch chatzgrawi gha, wo-nn-er dunnä-n-achu syg, und doch häig'r keini fyf Minüttä meh z'gah gha. Fr. Truttmann-Truttmann, 35 Jahre alt, Seelisberg Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ein büssender Wilderer

Source: Ein büssender Wilderer

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In der Gegend des Bruderholzes lebte vor langer Zeit ein Wilderer. Mit Vorliebe ging er seinem ungerechten Handwerk nach, wenn die Leute in der Sonntagsmesse waren. Zur Strafe muss er nun als schwarzer Mann mit feurigen Augen, begleitet von einer Schar kleiner Hunde, über das Bruderholz jagen. Beim Chäppeli kann man das Huha-Rufen dieser Teufelsjagd hören. Therwil Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ein Chessi voll Geld

Source: Ein Chessi voll Geld

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 ist zu Bauen i ds großä Karis Hostet im Erdboden vergraben. Es rückt alle Jahre um eine Elle vom Hause weg, aber leider weiss niemand, nach welcher Seite. Es sollen da vor alten Zeiten reiche Leute gewohnt haben. Marie Ziegler, 60 J. alt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ein Doggelistein

Source: Ein Doggelistein

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Wie bei Gibelflüh, so gab es einen solchen — vielleicht steht er noch — etwa eine Viertelstunde von Winikon an der Waldstrasse nach Reiden, nah am Waldsaume. Er habe eine pyramidale Form.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.    


by Ein Engel rettet Altdorf

Source: Ein Engel rettet Altdorf

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Der Rabenschnabel, eine Felsenpartie am Bannwalde ob Altdorf, bedrohte diesen Ort während einem furchtbaren Ungewitter mit seinem Sturze. Die Einwohner beteten und machten Gelübde, als plötzlich in himmlischer Schönheit ein Engel erschien und den hohen Felsen mit goldenen Ketten band, dass er sich nicht losmachen konnte.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Ein fahrender Schüler

Source: Ein fahrender Schüler

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sagte zu einem, er solle einen Sack nehmen, in den Keller seines Hauses hinuntergehen und die Steine einpacken, die dort umherliegen; sie seien echtes Gold. Solches liess sich der Mann nicht zweimal sagen. Der Fahrende belehrte ihn noch, er dürfe nur so viel einpacken, als er lüpfen könne, und dürfe nicht vorher probieren, ob er die Last noch zu lüpfen vermöge. Der Mann packte ein und packte ein, und – man kann es erraten – als er den Sack heben wollte, war er zu schwer geladen. Er musste ihn stehen lassen und leer zum Keller hinaus. Das tat weh, denn aus dem Sacke lachten die glänzenden Goldsteine ihn wunderbar an. Katharina Gamma, 50 Jahre alt, Wassen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ein fahrender Schüler fragt um Nachtlager

Source: Ein fahrender Schüler fragt um Nachtlager

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An einem mausligen, kühlen Spätsommerabend war ein fahrender Schüler, einer jener Gesellen, die damals die Berggegenden nach Kristallen und Goldschätzen absuchten und daneben rätselhafte Künste trieben, in das Tiefental gekommen und hatte im grossen Heidenhaus um Nachtlager angeklopft. Der Bauer, ein stämmiger Mann in den besten Jahren, gab ihm Bescheid, es gehe nicht, aller Platz sei belegt, überdies erwarte diese Nacht seine Frau ein Kind, und da stehe es nicht wohl an, einen fremden Menschen zu beherbergen. Der Fahrende legte sich aber nicht so bald zum Ziel, drängte und bat, bei dem unangenehmen Wetter doch unterstehen zu dürfen, bis der Bauer endlich einwilligte, ihm eine Kammer neben der grossen Stube anzuweisen. In der Nacht kam die Frau des Bauern in der grossen Stube nieder. Bei jedem Wehen rief da der Scholar von seinem Lager her: „Noch nicht, noch nicht, noch nicht!“ Das ging so eine ganze Weile. Einmal aber sagte er dann: „Aber jetzt!“ Und in diesem Augenblicke brachte die Frau das Kind, einen Knaben zur Welt. Am Morgen darauf stellte der Bauer den Fremden seines eigentümlichen Verhaltens wegen zur Rede. Der wand sich zuerst hin und her und wollte mit keiner Antwort herausrücken, dann sagte er’s doch: „Hättet Ihr mich nur nicht gefragt! So müsst Ihr’s wissen: Wenn ich nicht entgegengehalten hätte, dann wäre der Bub einmal zum Selbstmörder geworden!“ Musterte der Bauer seinen Gast ungläubig von unten bis oben. „Und jetzt?“ „Jetzt wird ein Anderer ihn töten wenn er neunzehn Jahre alt ist, und zwar an dem und dem Tag!“ Aber der Bauer wollte der Sache sicher sein und verlangte einen Beweis. Meinte der Fremde, er werde ihm schon glauben müssen, „an dem und dem Tag wird sich ein Füllen im Stall am Anbindestrick erhängen“, bedankte sich für die Unterkunft und schritt davon. Als der Bauer an dem bestimmten Morgen sein Füllen wirklich im Anbindestrick erhängt fand, ward ihm das Herz schwer, denn nun wusste er, dass auch die andere Voraussage sich erfüllen werde. Der Bub wuchs heran. Als er neunzehnjährig geworden und der von dem Fremden angegebene Tag kam, schickte ihn der Vater in ein Stubeli zuoberst im Haus, um ihn über die gefährliche Zeit hinweg ja von andern Menschen fernzuhalten. Tagsüber ging auch alles gut, der Abend rückte heran, ohne dass dem Buben ein Leides geschehen wäre. In den späten Abendstunden trieb dann die Tiefentaler Jungmannschaft um das Haus herum ein wildes Versteckspiel, das bald in böse Händel und eine Schlägerei ausartete. Da gewahrte der Bub, der dem Streite von oben herab zusah, wie sein bester Freund gegenüber einem andern Burschen in Unvorteil geriet, er mochte sich nicht meistern, sprang zu Hilfe, erhielt einen Stich mit einem Messer in den Bauch und erhob sich nimmermehr. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Ein Fahrender verbannt Schlangen und dämmt einen Wildbach

Source: Ein Fahrender verbannt Schlangen und dämmt einen Wildbach

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Der überhaupt gefährliche Schlierenbach im schwyzerischen Wäggital war bei einem furchtbaren Wetter stark angeschwollen, die Anstösser gaben sich aber keine Mühe, ihn einzudämmen. Da dachte einer der Anstösser, er wolle wenigstens seinerseits sorgen, und als er bei dem andauernden Wetter den Bach hinauf kam, hörte er wunderschöne Musik, aber es wurden ihm auch Steine nachgeworfen, so dass er fliehen musste. Bald darauf kam ein Fahriger oder Venediger und erbot sich, den Bach einzudämmen. Als man dagegen Zweifel erhob, tat er den Schwur, wenn er das nicht könne, wolle er, dass die Füchse keine Hühner mehr frässen und im Vorder- und Hintertal keine Schlangen mehr wären. Da berieten sich die Frauen und brachten heraus, sie wollten lieber, dass die Füchse die Hühner frässen und die Täler Schlangen hätten, als dass der Venediger den Schlierenbach eindämme. Sei dem nun, wie es wolle, setzte mein Erzähler hinzu, so viel sei wahr, dass weder im Vordertal noch im Hintertal Schlangen gefunden wurden, während gerade in der nächsten Umgebung solche zahlreich zu treffen seien.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.          


by Ein französischer Soldat

Source: Ein französischer Soldat

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Der im Jahre 1799 den Pfarrhelfer Püntener tödlich verwundete, soll in einem Kämmerchen des Helferhauses, in welchem er eingesperrt und gebannt ist, spuken. Einst öffnete eine frische, noch unkundige Magd das Zimmer. Bald hernach kam der Soldat heraus und lief eine Strecke weit einem etwa zwölfjährigen Mädchen nach, das sich aber nicht fürchtete, weil es einen weissen Begleiter neben sich her gehen sah. Nach anderen sah man diesen Soldaten in voller Rüstung von Zeit zu Zeit durch die Jagdmattstrasse hin und her gehen. Frau Walker-Tresch, Erstfeld und a. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ein geheimer Gang

Source: Ein geheimer Gang

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Als zur Zeit der Reformation das Nonnenkloster im Olsbergerhof an der heutigen Nonnengasse aufgehoben wurde, entdeckte man einen geheimen Gang. Dieser führte in ein benachbartes Haus, das noch jetzt durch ein kleines Türmchen, das «Schlyffertürmli», ausgezeichnet ist und das damals ein Mönchskloster gewesen sein soll. Die Mönche und die Nonnen hätten also ungesehen miteinander verkehren können. Liestal Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ein geheimnisvolles Bett

Source: Ein geheimnisvolles Bett

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Früher scheuerten die Hausfrauen ihre hölzernen Küchengeräte mit Sand, welchen sie gewöhnlich bei Hausierern kauften. Eine solche Sandfrau kam auch nach Eptingen und übernachtete auf ihren Gängen manchmal in einem der vielen Berghöfe jener Gegend. Gelegentlich erzählte sie dann im Dorf von einem merkwürdigen Bett, das in der Kammer jenes Hofes stand. Es war ein rundes Bett. Niemand schlief darin; aber jeden Morgen war es durchwühlt und musste aufs Neue zurecht geschüttelt werden. Dabei fand man jedesmal einen Batzen darin liegen. Wurde in den grossen «Wärchen» einmal vergessen, das unheimliche Bett zu machen, so konnte man gewiss sein, dass in der darauffolgenden Nacht im ganzen Hause niemand ruhig schlafen konnte. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Ein geheimnisvolles Glöcklein

Source: Ein geheimnisvolles Glöcklein

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An einem schulfreien Nachmittag ging ich in die Beckenweid, um bei der Heuernte mitzuhelfen. Als ich durch den Wald unterhalb des Hofes schritt, hörte ich auf einmal ein Glöcklein läuten. Ich schaute mich um, sah aber nichts als den grünen Wald. Zweimal wiederholte sich das Läuten des unsichtbaren Glöckleins. Das war doch etwas zu viel für mich, und ich lief dem Hof Beckenweid zu. Dort erzählte ich das Erlebnis, doch man tröstete mich: «Du hast sicher mit offenen Augen geträumt.» Ziefen Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ein Geist betet den Rosenkranz

Source: Ein Geist betet den Rosenkranz

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Wer von Grossdietwil nach Eppenwiler geht, kommt zur Schartenhöhle. Dort steht ein altes Haus, eines der ältesten auf Stalden. Die Bewohner desselben hörten einst im Winter beim Beten des Nachtrosenkranzes mehreremale, dass jemand vor dem Haus mitbete. Beim Nachsehen bemerkten sie aber niemanden. Einmal, als sie den Mitbeter wieder hörten, hiessen sie ihn hereinkommen. - Die Türe ging auf, aber sie sahen nichts, nur hörten sie neben ihnen mitbeten. Sie holten den Pfarrer und der sagte, er wolle den Geist, der bald erlöst sei, mitnehmen. Und wirklich, von jener Zeit an hörten sie ihn nicht mehr.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Ein Geisterbanner im Stall

Source: Ein Geisterbanner im Stall

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Ein Heinrich Thoman (Thommen), Müller-Heini, von Bubendorf, und ein Peter Tschopp, Müller-Peter, von Ziefen, hatten 1696 beide «grossen schaden am Vieh». Der Wasenmeister von Dennigen (Tenniken) hatte dafürgehalten, «es gehe nit recht her, d. i. das Vieh seye ... verzauberet worden». Der zu Hilfe gerufene Geisterbanner Samuel Kestenholz von Furlen will um Geld «mit Gottes hilff . .. ihnen helffen und die Stel (Ställe) von den Geisteren reinigen». Mittels einer Wurzel und allerlei Zeremonien vertreibt er aus dem Bubendorfer Stall einen weiblichen Geist, aus dem Ziefner einen männlichen, die er «in den Moras bey Seben (Seewen SO) getan ... dahin si auch mit großem geraüsch gefahren». Bubendorf Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ein Geisterpferd

Source: Ein Geisterpferd

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Am Entenwuhr am Birsig sah man oft ein schönes Pferd. Bald war es zahm und zutraulich, bald aber wild und menschenscheu. Als einmal ein Bauer von Therwil her dort vorbeikam, legte sich das Pferd hin, und der Bauer setzte sich darauf. Es galoppierte mit ihm davon und warf ihn schliesslich in einem Sumpf in der Nähe ab. Der Bauer spürte eine seltsame Müdigkeit und wandte sich langsam Benken zu. Im Walde traf er das Pferd wieder. Es lachte ihm von weitem zu, kam näher, legte sich nieder und liess ihn wieder aufsteigen. In sanftem Trab trug es ihn vor sein Haus und machte sich dann davon. Ein paar Tage darauf starb der Bauer. Oberwil Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ein Geisterseher

Source: Ein Geisterseher

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Der Gemeindeweibel Jakob Schaffner sah öfters Geister, wo andere Leute nichts oder höchstens Geräusche wahrnahmen. So sah er den alten Häuselmann auf der Strasse bei der Wirtschaft zur Krone, gerade ein Jahr nach dessen Tode. Er glaubte, wer zeit seines Lebens auf der Welt Böses getan habe, komme nicht zur Ruhe. Um seine Sünden abzubüssen, müsse er längere oder kürzere Zeit als Geist umgehen. Nun sei aber für die meisten nach und nach ihre Zeit herum und neue Geister gäbe es weniger, da die Polizei und die Gerichte fast alle Verbrecher erwischen und bestrafen. Wer aber auf solche Weise für seine Untaten Sühne geleistet, habe nach seinem Tode Ruhe. Augst Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Ein Geistlicher begegnet einer verdammten Marquisin

Source: Ein Geistlicher begegnet einer verdammten Marquisin

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Nicht weit vom Rhone-Gletscher begegnete einem frommen Geistlichen einstmals die Gestalt eines reizenden Weibes, welche ihm sagte, sie sei eine Marquisin, welche auf 3000 Jahre unter die Eiskuppe jenes Gletschers, noch mit vielen andern verbannt sei, welche wie sie, ihre Tage in zügelloser Üppigkeit verlebt hätten. Hinweis: auch bei Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858: Die büssenden Seelen im Rhonegletscher C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ein gelbes Wölklein über dem Bort

Source: Ein gelbes Wölklein über dem Bort

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Nicht lange nachdem die Pest in Oberried ausgebrochen war, kam ein gelbes Wölklein über den See nach Brienz heraufgezogen, justament über den Dorfteil Bort hinter der Kirche. Das Wölklein kündete auch hier das Unheil an, dem einige Brienzer zum Opfer fallen sollten. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Ein geschickter Heuer

Source: Ein geschickter Heuer

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Ein Bauer im Grosshaus zu Gurtnellen hatte einen Knecht, der manchmal ohne Anstrengung und ohne zu ermüden die grössten und schwersten Arbeiten verrichtete. Darüber verwunderte sich der Bauer oft. Einmal lag noch von einem ganzen grossen Gute alles Heu draussen und sollte nun an einem Tage alles eingetragen werden, denn es drohte Unwetter. Da machte sich der Knecht anheischig alles allein einzuheimsen. Der Meister war dessen sehr zufrieden, aber konnte es beinahe nicht glauben und wollte im Geheimen auflauern, um zu sehen, wie das zugehe. Gemächlich legte sich der Knecht ins Heu und schlief recht fest bis die Sonne ganz untergegangen war. Erst jetzt stand er auf, nahm eine Haselrute und fing an unten im Heu dieselbe zu schwingen. Und schnell flog dasselbe ganz von selbst in den Gaden hinein. Als der sonderbare Heuer nach Hause kam, konnte der Bauer ihm sagen, wie es zugegangen sei beim Heuen und sprach ihn seines Dienstes ledig. Im Feuer soll der Dienstbote seine Schwarzkunst gebüsst haben.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Ein Gespenst

Source: Ein Gespenst

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in des Schlossers zu Hospental nahm öfters, wenn die Mutter etwa auf der Stiege des gegenüberliegenden Nachbarhauses plauderte, ihr Kind aus der Wiege und kam mit ihm an das Fenster und tat da mächtig gross damit. Solches sehend, rief die Mutter: »Wart, i will d'r scho wider chu!« und lief in das Haus hinein, fand aber kein Gespenst mehr vor, und das Kind lag jeweilen unter dem Bette. Später hat man den Unhold in das Gässchen zwischen den beiden Häusern verbandisiert. Anna M. Müller, 78 Jahre alt, Hospental Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ein Gespenst

Source: Ein Gespenst

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Zu Realp verbannten sie unter die Haustreppe (19. Jahrhundert). Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ein Gespenst auf der Seelegg

Source: Ein Gespenst auf der Seelegg

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zwischen dem Kärschelen- und dem Etzlital, hat öfters mitten untertags, dass es die Geissbuben gesehen, die Ladsteine aus der Hütte eine schöne Strecke weit weggetragen bis zum Jüggstein und von dort den Bergabhang hinunter getröhlt. Am nächsten Tage haben sie sich jeweilen wieder in der Alphütte befunden; kein Mensch hat sagen können, wie sie wieder dorthin zurückgekommen. Der Geist habe die Gestalt eines Älplers gehabt, in Holzschuhen, aber ohne Kopf. Franz Kieliger, 65 Jahre alt, Bristen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ein Gespenst wie ein Heukorb

Source: Ein Gespenst wie ein Heukorb

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– wie-n-ä Heibchorb – liess sich von Zeit zu Zeit auf der Wehri zwischen Andermatt und Hospental blicken und brachte vorüberziehende Rosse zum Stillestehen. Anna Maria Müller, 78 Jahre alt, Hospental Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ein Gitzi verloren

Source: Ein Gitzi verloren

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Ein Planälpler hatte beim Abzügeln im Herbst ein Gitzi im Verlust. Alles Suchen half nichts, und alles Chetten und Pfeifen rief in den stotzigen Hängen des Tanngrindel nur das Echo wach, der Totsch kam nicht wieder. Da ging der Älpler zu der Spiezwilerfrau. Diese sagte ihm, an der obwaldischen Alp Oberfeld ennet dem Grat alpe noch einer, das Gitzi sei bei diesem, gesund und zwäg; aber er müsse pressieren, sonst bekomme er es nicht mehr. Der Planälpler machte sich anderntags auf den Weg. An Oberfeld alpete wirklich noch einer. Und der tat ihm auf die Nachfrage nach dem Gitzi den Bescheid: „Oh, es ist da ein Fremdes bei meinen Geissen, wenn du warten willst bis diese von der Weide kommen!“ Als des Oberfelders Geissen dann auf den Abend hin heimkamen, war das Gitzi des Brienzers wirklich dabei. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Ein Gottesurteil

Source: Ein Gottesurteil

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Jahr 1609. Einer namens Abraham, der noch ganz jung von den schwarzen Reitern zurückgelassen und hier als Findling aufgewachsen war erschlug in den Wässermatten einen Knaben mit der Hacke und verschwand für eine Weile. Die Leiche wurde auf Befehl des Obervogts zu Münchenstein unter die Dorflinde gelegt und musste «von Jedermann berührt werden, ob etwa der Todte ein Zeichen gebe. Es zeigte sich nichts.» Als dann aber, «aus Trieb des Gewissens», der Täter wieder zurückkam und verhört wurde, fing die Nase des Toten alsbald an zu «schweissen» (bluten) und er gestand nicht nur diesen Mord, sondern auch noch zwei andere. Er wurde zum Rad verurteilt. Muttenz Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ein Gottvärine als Mühlbursche

Source: Ein Gottvärine als Mühlbursche

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Das koboldartige Geschlecht „Gottvärinen“ oder „Gottwärinen" genannt, das zuweilen mit den Talbewohnern verkehrt, zeichnet sich durch seine kleine Leibesgestalt aus und ist den Menschen zutunlich und hülfereich. In der Mühle zu Täsch im Zermatttal diente ein Gottvärinne als Mühlbursche. Da sein Kittelchen so sehr zerrissen war, liess ihm die Dorfgemeinde ein neues machen, worauf das Männlein für immer verschwand, vor sich hinmurmelnd: „Hübsche Man, arme Man, jez nimme Mülli mehle gan!“ Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ein Hagelmacher

Source: Ein Hagelmacher

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(Ende des 16. Jahrhunderts.) Ein Bauer galt allgemein als Hagelmacher, weil er öffentlich geäussert hatte: «wann ein Nachbar sollte besser Treubel haben als er, wöllte er, dass ime der Hagel die seinigen all erschlüge ... vürnemlich da aber selbigen Sonntags, da dies geredet wurde vor der Kirchen, bald ein Hagel kommen, Schaden getan.» Arisdorf-Olsberg Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ein Heidenhaus

Source: Ein Heidenhaus

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ist das ehemalige Haus in der Riedmatt, Pfarrei Amsteg, gewesen, der Vorgänger des heutigen. Als sie es abschlissen, um das neue zu bauen, fanden sie, in einem Haustürpfosten eingestemmt, ein kleines Büchlein, dessen Inhalt in einer fremden Sprache abgefasst war, so dass es niemand lesen konnte. Sie stemmten es wieder in einen Haustürpfosten des neuen Hauses, wo es wohl noch zu finden wäre. Die Türen des alten Hauses liefen nicht in eisernen Angeln, sondern in Holzzapfen, was man auch vom alten Feldhaus in Gurtnellen erzählt, dessen sich aber alte Leute noch entsinnen, wie auch des ehemaligen schönen Speichers daneben. Joh. Jos. Walker Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ein Heimatlosen-Platz

Source: Ein Heimatlosen-Platz

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«Auf der Burenweid, auf der Höhe des Obberges finden sich gegenwärtig etwa vier bis fünf sehr dicke Buchstämme ... In dieselben sind eine Menge von Figuren hineingeschnitten. Selbige wurden von Heimatlosen gemacht. Diese Heimatlosen, welche als Kesselflicker, Korbflechter, Wahrsager und auch als Gauner und Diebe ihr Leben zu fristen suchten, hatten sehr oft ihren Aufenthalt in der Hütte, welche sich auf der Burenweid befindet.» Diepflingen Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Ein Hellseher

Source: Ein Hellseher

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Meine Grossmutter hat öfters das folgende erzählt: »Ein Kapuziner, ein grosser, schwerer Herr, kehrte einst auf dem Marsche nach Meien in unserm Hause am Winterweg zu Wassen ein und trank da ein Glas Wein. Als er weiterzog und durch die Meiergasse hinaufstieg, schaute ihm unser Knecht, ein Säumer, so nach und rief: ›Da gahd'r etz, der Blätech (träger plumper Dickwanst), und under dry Tagä bringet s'-ä-n-uf'm Schlittä!‹ Unsere Mutter (Frau Katharina Gerig-Muther) wies ihn zurecht und sagte: ›Dü hesch doch äu ä Goschä!‹ Er aber lachte und entgegnete: ›Lüeget de!‹ Und richtig, schon am folgenden Tage wurde der Pater in Meien vom Schlage dahingerafft, und am dritten Tage brachten sie seine Leiche auf einem Schlitten durch die Meiergasse hinunter.« Solche Sachen hat die Grossmutter von diesem Knecht noch mehrere erzählt. Er hat überhaupt viele Todesfälle vorhergesehen. 1928, Fr. Motta-Berger, 78 Jahre alt, Altdorf Anmerkung: Es handelt sich um P. Adam Gisler, der im Winter 1821/22 die verwaiste Kuratkaplanei Meien versehen hat und dort einem Schlaganfall erlegen ist. Als sein Todestag wird in der Gruft des Kapuzinerklosters in Altdorf der 27. März 1822 angegeben. Wahrscheinlich ist dies aber nicht das Todes-, sondern das Beerdigungsdatum. Jedenfalls ist der Pater am 24. März in das Meiental hinaufgestiegen auf den Feiertag Mariae Verkündigung, 25. März, dort am letztgenannten Tage vom Schlage getroffen und am 26. oder 27. März, wo das Tal noch tief im Schnee lag, als Leiche nach Altdorf befördert worden. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ein Husaren-Gefecht im Pfynkrieg

Source: Ein Husaren-Gefecht im Pfynkrieg

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Aus den für Oberwallis ruhmvollen, aber unheilbereitenden Tagen des Pfynkrieges 1799 erzählte ein Augenzeuge manche Einzelheiten, die bis dahin noch nicht zu Papier gekommen. In den ersten Wochen, als die Oberwalliser gegen die Franzosen den Pfynwald verteidigten, lagen die feindlichen Scharen gewöhnlich auf dem jenseitigen Rhoneufer bei der Sidersbrücke. Die Oberwalliser wagten sich auf die untersten Hügel des Pfynwaldes hinab und sandten von da aus, ganze Tage lang, ihre Ballen auf die Feinde, ohne dieselben merklich zu beunruhigen; die Reiter sassen nach dem Schusse eben so fest im Sattel, wie zuvor. Eines Tages war ein Trupp Oberwalliser auf einem dieser Hügel beschäftigt, kehrweise von einer vorgespannten Latte ihre schweren Karabiner und Musketen auf die Feinde zu entladen. Da kam eine feindliche Kanonenballe dahergeflogen und nahm einem Schützen, der eben offen an der Latte stand und schiessen wollte, den Hut samt dem Kopfe bis auf die Augen weg. Das machte die Übrigen behutsamer und lehrte sie fortan, nur aus Verstecken schiessen. Die Oberwalliser hatten auf ihren Erdwällen auch hölzerne Kanonen, die mit starken Eisenringen zusammengebunden waren. Herr Kommandant Walther, der in Visp für's Vaterland starb, befehligte diese sonderbare Artillerie. Die Oberwalliser hatten aber auf dieses Geschütz wenig Vertrauen, weil es daran immer etwas zu flicken gab; auch scheint's dem Feinde nicht gar verderblich gewesen zu sein. Viel zu leiden hatten die Oberwalliser vom feindlichen Geschütze aus den Bergen von Varen her; die Ballen trafen zwar selten, weil die Kanonen zu hoch gerichtet waren und manchen Baum des höheren Waldes verstümmelten. Dies glaubten unsere Leute dadurch veranlasst zu haben, weil sie nach jedem Schusse aus der Schanze heraus zu springen pflegten und die einschlagenden Ballen vor den Erdwällen heraus zu suchen sich den Anschein gaben; immer höher und höher flogen darum die Ballen über ihren Häuptern hinweg. Einmal jedoch schlug eine Balle in die provisorische Feldküche gerade unter den grossen Fleischkessel ein, beschädigte diesen zwar nicht, doch stäubte sie den letzten Feuerfunken darunter fort, so dass die Soldaten für diesen Tag nur mit halbwarmer Kost vorlieb nehmen mussten. Bei den Oberwallisern waren im Pfyn auch kaiserliche Husaren, mit welchen sie eben nicht wohl zufrieden waren, so wenig als mit den hölzernen Kanonen; sie meinten sie nützen wenig und fressen ihnen nur immer das Beste weg; — die Kaiserlichen wurden im Wallis überall angeschrieben als an Appetit eben nicht kranke Krieger. — Eines Tages ritten Vater und Sohn, so wird erzählt, die Fahrstrasse hinab um nach Feinden zu spüren. Da begegnete ihnen in einiger Entfernung ein französischer Reiter. Umkehren wollte keine Partei, weil es Feigheit verraten hätte, und zwei gegen nur Einen zu streiten wäre ebenso ehrlos gewesen. Darum wollte der Sohn voran. Aber der Vater, der den Franzos mit seinem Scharfblicke wohl gemustert hatte, sagte: «Wart Bub! dem bist du's nit.» Gleich hielt jener an und liess diesen voran, der seine Tabakspfeife zog und gemächlich zu stopfen begann. So trat er an den Franzos heran und liess diesen nahe kommen. Aber sein Schwert ziehen, dem Feinde den Kopf spalten, umkehren, die gestopfte Pfeife anzünden und gemütlich zurücktraben, wie er gekommen, das war eine und dieselbe Arbeit. Der Erzähler fügte bei, als er am letzten Morgen durch ein entsetzliches Geschrei aus dem Schlafe aufgeschreckt wurde, begann der Tag eben zu grauen. Gleich griff er nach seinem Stutzer, entlud denselben noch auf eine Linie Feinde, die eben vor der Schanze eine grosse Schwenkung vollführte, und lief davon, weil's keine Zeit zum Kämpfen — nur zum Sterben mehr gab.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Ein Irrlicht erschreckt Pferde

Source: Ein Irrlicht erschreckt Pferde

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Ein Fuhrmann, der in später Nacht auf der Hauensteinstrasse nach Langenbruck zurückkehrte, war unterwegs, wie schon manchmal, eingeschlafen. Sonst hatten die Pferde den Weg immer selbst gefunden, diesmal aber wäre die Sorglosigkeit des Leiters dem Gefährt fast zum Verhängnis geworden. Der Fuhrmann erwachte nämlich, als die Zugtiere zuäusserst an der Böschung beim Engpass der Weiherlegi standen. Mit einem kräftigen Ruck konnte er die Tiere noch zurückhalten und so dem Verderben entgehen. Zugleich entdeckte er, was vielleicht die Ursache der Ablenkung war, in der Tiefe, wo früher der Weiher lag, ein eigenartig blitzendes Irrlicht, das nach einer Weile wieder erlosch. Der Fuhrmann behauptete nachher immer, das Licht sei wohl ein Geist gewesen, der noch nicht zur Ruhe gelangt sei. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Ein Irrlicht erschreckt Pferde

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Ein Fuhrmann, der in später Nacht auf der Hauensteinstrasse nach Langenbruck zurückkehrte, war unterwegs, wie schon manchmal, eingeschlafen. Sonst hatten die Pferde den Weg immer selbst gefunden, diesmal aber wäre die Sorglosigkeit des Leiters dem Gefährt fast zum Verhängnis geworden. Der Fuhrmann erwachte nämlich, als die Zugtiere zuäusserst an der Böschung beim Engpass der Weiherlegi standen. Mit einem kräftigen Ruck konnte er die Tiere noch zurückhalten und so dem Verderben entgehen. Zugleich entdeckte er, was vielleicht die Ursache der Ablenkung war, in der Tiefe, wo früher der Weiher lag, ein eigenartig blitzendes Irrlicht, das nach einer Weile wieder erlosch. Der Fuhrmann behauptete nachher immer, das Licht sei wohl ein Geist gewesen, der noch nicht zur Ruhe gelangt sei. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Ein Irrlicht lässt sich tragen

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Ein Mann aus Lauwil hatte in Reigoldswil ein Säcklein Backmehl gekauft, das er, wie es früher Brauch war, auf einem Tragräf nach Hause trug. Wie er gemächlich, Schritt um Schritt den steilen Hörnlirain hinaufstapfte, hüpfte plötzlich ein Irrlicht vor ihm her. Eine tödliche Furcht befiel den Mann, der wohl merkte, dass da etwas nicht mit natürlichen Dingen zugehe. In seiner Not betete er laut ein Unservater. Mit einmal war das Lichtlein verschwunden, aber dem Lauwiler war’s als ob eine schwere Last zu seinem Mehlsack auf den Rücken geladen würde. So rasch als er konnte, eilte er weiter und war bald daheim. Dort wurde ihm aber ein seltsamer Empfang zuteil. Zunächst schaute ihn seine Ehehälfte verwundert an, dann aber fing sie an, entsetzlich zu schelten und fragte ihn, was er da eigentlich mitbringe. Denn zuoberst auf dem Räf hatte sich das Irrlicht festgesetzt, ohne dass der Träger es gewahrt hätte. Während die erzürnte Frau noch wetterte, hüpfte das Lichtlein auf den Boden, huschte zur Türe hinaus und erlosch vor dem Hause. Die erschrockenen Leute untersuchten nachher das Tragräf auf das Peinlichste, konnten aber nichts Auffälliges daran entdecken. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Ein Jäger

Source: Ein Jäger

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erlebte, dass Meister Rotpelz ganz nahe herbeikam, ihm den Hintern zuwandte und diesen mit der rechten Vorderpfote tätschelte, wie es manchmal Menschen tun, die einen recht auslachen, tratzen wollen. Fr. Truttmann-Truttmann, 35 Jahre alt, Seelisberg Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ein Kampf in der Distelalp

Source: Ein Kampf in der Distelalp

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Saastal In Saas erzählen sich die Leute, dass vor uralter Zeit über den Monte-Moro einmal eine Schaar Feinde habe ins Land einfallen wollen. Niemand wusste etwas von ihrem Anzuge. Als sie die Passhöhe überschritten hatten, lief ein Taubstummer, der in seinem Leben nie ein Wort gesprochen, wie wahnsinnig in der Distelalp, der ersten am Passe, von Hütte zu Hütte und stammelte überall sehr deutlich die Worte: «Sie kommen, sie kommen die Tällibörter nieder». Alles geriet in Aufregung. Der Taubstumme nahm eine grosse Steinplatte auf die Achsel, stieg damit auf ein Hüttendach und schrie laut: «Den ersten, der kommt, schlag ich tot». — Und es kam einer, angetan mit einem hellroten Rocke; er war den Übrigen vorausgeeilt. Der Stumme hielt Wort und schlug ihn tot als jener an ihm vorübergehen wollte. Gleich zog er ihm den roten Rock aus, legte selben selber an, nahm den losgerissenen Kopf des Erschlagenen in die Hände und zog so dem Feinde entgegen. Die Alp-Weiber nahmen Gabeln, Sensen und andere Instrumente zur Hand und folgten emsig. Da erschraken die Feinde über diesen Anzug so, dass sie umkehrten und eilig wieder über den Mondellipass aus dem Lande liefen. Bei dieser Gelegenheit soll das Mirakelbild der Muttergottes zur hohen Stiege, damals noch in einer Mauer unter freiem Himmel, Blut geschwitzt haben.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Ein Kapuziner

Source: Ein Kapuziner

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von Altdorf wollte in einem Bürgler Berg ein Gespenst bannen. Aber das sagte ihm rundweg heraus, es habe mit ihm nichts zu schaffen, es sei nicht sein Pfarrkind. Darauf liess er sich vom Ortspfarrer Vollmacht erteilen und verbandisierte das Gespenst auf die Ruossdiele hinauf, wo es sich in der Folge ruhig verhielt. Nach vielen Jahren warfen einmal junge Burschen aus dem Hause Steinchen hinauf, um zu erfahren, ob es noch droben sei. Und da syg's doch nu dobä g'sy und häig-si g'rodt. Katharina Gamma, 50 J. alt. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ein Käslein als Zins

Source: Ein Käslein als Zins

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Ein wohlhabender Bauer war mit seinen dreissig Kühen zu Berg ins Vorsäss gefahren. Während er mit dem umgeschnallten Melkstuhl und dem Eimer in der Hand eben aus der Scheune trat, sah er ein Männlein auf sich zukommen. Es hatte einen langen, schneeweisen Bart und ein uraltes Gesicht. Auf dem Kopf trug es ein Lederkäppchen, an der Achsel ein Täschchen mit Viehsalz. Verwundert blieb der Bauer auf dem Weg stehen. Der Zwerg grüsste freundlich, indem er das Käppchen hob. Dann bat er in den eindringlichsten Tönen, der Bauer möge ihm doch für den Sommer eine Kuh zum Lehen geben. Zuerst schüttelte der Mann den Kopf, denn er traute der Sache nicht. Als aber das Männlein nicht nachliess mit Betteln, fiel ihm ein, er habe noch ein mageres Kühlein, ein rechtes Blag, das schon die ganze Zeit herumserbelte. Um dieses Tier sei es nicht schade, auch wenn er es nicht mehr zu sehen bekomme. Bloss die Glocke wollte er ihm vorher abnehmen, da sie ihn reute. Doch erneut flehte das Männchen, ihm doch die Kuh samt der Schelle zu lassen. "Am Michaelstag sollst du alles zurückerhalten mit samt dem Lehenzins", versprach es. Da willigte der Bauer ein, und bald sah er den wunderlichen Zwerg mit seiner Lehenkuh davonziehen. Immer ferner läutete die Glocke an sein Ohr, und er dachte: Euch sehe ich wohl nicht wieder! Nachdem beide im Bergwald verschwunden waren, fing er das andrängende Vieh zu melken an. Als er eines Morgens vor seine Tür trat und nach dem Wetter ausschaute erblickte er weit oben am Berg sein Kühlein, wie es zwischen den Tannen weidete. Nun glaubte er es völlig verloren, denn dort, wo sonst nur die Gemsen heimisch waren, würde es gewiss bald abstürzen. Ein paar Tage später fuhr er mit der Herde zur Hochalp weiter und vergass den ganzen Handel. Doch ging es ihm diesen ganzen Sommer durch merkwürdig gut. Sein Vieh gedieh, wurde rund und glänzend, während die Nachbarn über allerhand Seuchen zu klagen hatten. Allmählich wurde es Herbst, und der Bauer kehrte ins Vorsäss zurück. Am Michaelstag sass er vor seiner Hütte und genoss den milden Sonnenglanz. Da hörte er eine Kuhschelle mit heiterem Klang läuten. Und wie er sich neugierig umblickte, sah er das Männlein mit dem schneeweisen Bart daherkommen. An der Hand führte es eine Kuh, die glänzte wie die Seide am Zapfen. "Da bringe ich das Stück Vieh wieder, das du mir zum Lehen gegeben hast", sprach der Zwerg. "Nun sage auch, wieviel Zins ich dir schulde!" Dem Bauern fielen vor Staunen fast die Augen aus dem Kopf. Er konnte gar nicht glauben, dass diese glatte Kuh mit dem strotzenden Euter das magere Blag sein sollte, das er dem Männlein in Pacht gegeben hatte. Endlich erholte er sich und sagte, dass er überhaupt keinen Zins begehre. "Komm nur im Frühjahr wieder, ich will dir gern nochmals eine Kuh zur Sömmerung überlassen!" Doch das Männlein sagte, es habe nun für sein ganzes Leben Milch und Butter im Überfluss. Dann reichte es dem Bauern ein Bratkäslein, mahnte aber, das solle er nie ganz aufessen, dann werde er immer wieder Käse haben. Der Bauer lachte und schüttelte ungläubig den Kopf. "Thio und liog!" rief das Männlein, und das bedeutete: Tu wie gesagt und du wirst schon sehen! Dann eilte es im Husch weg und verschwand in seinem Bergwald. Am Abend kostete der Bauer von dem seltsamen Käslein, er gab auch seiner Frau davon, und beide fanden, es sei daran ein ganz besonders feiner Geschmack. Sie versorgten, was übrigblieb, und siehe da, am nächsten Morgen war es wieder ganz wie zuvor. Nun hüteten sie es wie ein Kleinod, aber ohne zu geizen, da sie oft auch die Nachbarn zum Imbiss einluden. Zwei Jahre genossen sie so, was das Männlein zum Lehenzins gebracht hatte. Aber eines Tages erschienen gleichzeitig der Schneider und Schuster zur Stör. Ohne dass der Bauer es bemerkte, assen die beiden das Käslein bis zum letzten Brocken auf. So sehr sie nachher auch ausgescholten wurden, war die schöne Gabe verscherzt und verloren.   Nach Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915, Region Obwalden bei Giswil - siehe auch die Sage "Der Lehenzins" Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ein Kind sieht seinen verstorbenen Vater

Source: Ein Kind sieht seinen verstorbenen Vater

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Ein Bauer in Erstfeld wurde vor kaum zwei Jahrzehnten von einer stiersüchtigen Kuh zu Boden gedrückt, dass er das Rückgrat brach und daran starb. Kurze Zeit nachher, als die Mutter mit ihrem zweijährigen Kinde zum Stalle ging, um das Vieh zu besorgen, rief dieses auf einmal: »Lüeget, da chunt der Vatter hinderem Gadä firä.« Ähnliches ereignete sich später mehrmals; die Mutter aber sah allemal nichts und suchte es auch dem Kinde auszureden und sagte ihm, der Vater sei ja nicht mehr hier, er sei im Himmel. Aber das Kind bestand jeweilen auf seiner Aussage. Endlich sagte es die Mutter dem Pfarrer in Bürglen; der fragte, ob das Kind tifig genug wäre, die Erscheinung anzureden und zu fragen, was sie wünsche und was ihr fehle. Die Mutter meinte: ja, und unterrichtete das Kind in seiner Rolle. Es redete bei der nächsten Erscheinung den Vater an, und der bekannte, er habe etwas gefehlt und bedürfe dafür dies und jenes. Das sagte dann die Mutter dem Geistlichen wieder, und dann erschien der Vater nie mehr. Was dieser gefehlt und was er noch gewünscht hatte, sagte die Mutter ausser dem Geistlichen niemanden. Ambros Walker Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ein Kloster auf Bloond

Source: Ein Kloster auf Bloond

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Johannes Rippas erzählt von einem Kloster oder einer Einsiedlerhütte auf der Bloondmatt. Er vermutete diese Ansiedlung in der Nähe der ergiebigen Quelle, deren gesundes Wasser gerühmt wurde. Ziefen Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ein Kurtisan reitet in der Luft

Source: Ein Kurtisan reitet in der Luft

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Umb unser frowen tag zur Lichtmäß im mccccc und viii jar (1553) kam ein cortisan uff der nacht gan Sursee und fraget einem knächt nach, der mit im umb den lon ritte bitz gan Lucern, wann alß er rett, so müst er in vier tagen zuo Rom sin by verlierung grosser pfruonden. Doch ließ er sich darby merken, er könde den tüffel beschweren. Und also fand er zuo Surse ein frommen gesellen, der ruscht sich mit im zeritten. Dem verhies er sächs Batzen vnd gab im drig bar uff den lon. Und als sy nu by nacht abstatt rittend und für Sempach hin uß kamend in Truttenbach, da lit ein hoff, heiß Truttingen, daselbs reit der knächt vor durch den bach und bleib der Cortisan ennend dem bach und ruofft dem gesellen zuo und sprach: „Halta halta!“ und alß der knächt hindersich luogt und vilicht besorgt, im wäre ettwas beschähen, da gesach er roß und man in lufft uff faren über all böum, studen und stöck. Darab er vast übel erschrack, doch reit er zuo dem hoff, da bäygtend sy in bym für so lang, bitz er seit, wie es im was gangen, und wüst also nieman, war der man ikam.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Ein Langerberg-Sonntag

Source: Ein Langerberg-Sonntag

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  Vor grauen Zeiten standen auf dem Langerberge nur zwei Sennhütten. Weit und breit war sonst kein menschliches Wesen. So wurde es Brauch, dass an einem Sonntag die Bewohner der obern Hütte in der untern zu Gaste waren, während sie am darauffolgenden ihre Nachbarn zu bewirten pflegten. Diese gemeinsamen Sonntagsplauderstunden waren ihnen so in Fleisch und Blut übergegangen, dass sie zu ihrem Leben gehörten, wie die Flühblumen zum Frühling. So war es von Generation zu Generation gewesen. Als nun einmal in der obern Familie ein neuer Sprössling hinzugekommen und die Mutter genesen war, gingen sie am nächsten Sonntag, nachdem sie ihr Beieinanderhocken für einige Wochen ausgesetzt hatten, wieder nach der untern Hütte. Doch liessen sie daheim ihr Kindlein in der Wiege am Schlafen.   Von Zeit zu Zeit eilte die Mutter hinauf um nachzusehen, und zweimal fand sie es ruhig schlummernd. Langsam nachtete es in den Bergen. Die Mutter ging zum dritten Male hinauf. Das Bett war leer. Unruhig eilt sie von einer Stube zur andern. Aufs Mal hört sie es in einer Ecke weinen. Sie geht darauf zu - da erblickt sie, wie hinter leicht bewegtem Schleier weisse Glieder geheimnisvolle Kreise beschreiben, und plötzlich wackelt eine Gestalt, wie aus Nebel zusammengesetzt, vor ihr, die ihr Kindlein erbärmlich schüttelt und dabei stumpfsinnig grinst. Grauenvoll eilt sie davon. Alles springt auf. Mit Axt und Flinten bewaffnet stürmen sie nach oben. Sie schlagen die Türe ein. Da hören sie etwas wie ein erlösendes Schluchzen über der Hütte in blauer Luft. Doch drinnen ist es ganz, ganz seltsam still, und wie sie an die Wiege des Kindleins treten, sehen sie noch gerade, wie sein erstes und letztes Lächeln über das kleine weisse Antlitz gleitet.   Quelle: Georg Küffer, Lenker Sagen. Frauenfeld 1916. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Ein mageres, hageres Chudermänndi zieht die March

Source: Ein mageres, hageres Chudermänndi zieht die March

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In Wengen war seinerzeit ein grosses, schönes Stück Land. Im Vorfrühling, wenn auf allen Wiesenhängen weit und breit noch das bedrückende Fahlgelb lag, spross hier schon freudig das erste Grün, und dieses schoss bald in das saftigste Kraut, des Bauers Augenweide. Mitten hindurch floss in lustigem Lauf ein silberhelles Bächlein. Es führte das allerbeste Trinkwasser der Gegend, und selbst in der grössten Winterhärte sah man an seinem Rande nie Eis. Im heissesten Sommer, wenn man fürchtete, die unbarmherzige Sonne scheine Dürre und Hunger ins Land, spendete es in stets gleicher Fülle seine kühle Gabe. Das Riebibächli trieb eine Sagemühle und rieb den Menschen Roggen und Gerste. Zwei Bauern stiessen mit ihrem fetten Grund und Boden daran und lebten in Streit und Hader. Jeder war des Sinnes, das Bächlein gehöre ihm, und da sie beide gähes Pulver hatten, entbanden sie oft den Teufel und taten einander Uebles an. Nach Jahren aber wurden sie doch rätig, ein altes, hageres Chudermänndi, das dann und wann in Wengen erschien, als Richter anzusprechen. Niemand kannte es näher, aber auch niemand konnte ihm üble Rede nachwerfen, und es hiess, es wisse und verstehe mehr als andere. Eines schönen Tages erschien es; die beiden Bauern brachten ihm ihr Anliegen vor und baten es um des Herrgotts Willen, es solle ihnen doch marchen. Das Männdi darauf: "Ja, ihr streitsüchtigen Manna, das ist jetzt noch keine Notsach, an jedem gewöhnlichen Tag kann ich das nicht tun, ich komme dann in Ustagen wieder, zu einer ganz bestimmten Zeit." Als der Rottaler (Rottalföhn) wieder einmal in wilden Stössen talaus fuhr, das Unterste zuoberst kehrte, Schnee und Eis in seinem heissen Atem an Fluh und Hang zergingen, da waren beide des Richters wartend. Er kam aber erst mit Kuckuck und Schwalbe und hatte nichts bei sich als ein haselnes Zwieselstecklein. Mit dem fuhr er dreimal durch das Wasser des Riebibächleins und rief mit einer hohen Stimme, die tönte wie der Ruf des Herrenvogels: "Ich für mein Teil, ich behalt mir Leib und Seel vor, aber euch, ihr Sackerhagel, ihr Kratzbürsten, euch will ich jetzt marchen, dass für alle Zeiten gemarchet ist! Ihr habt lange genug einander zuleid gelebt! Morgen, noch bevor der Tag anschlägt, wird die March gezogen sein." Und dann auf und fort, wie ein erzürnter Bettler, kein Mensch im Tal hat das Männdi je wieder gesehen. Das Wetter begann zur Stund stössig zu werden; grosse, pechschwarze Wasserträger stauten sich an den Hochgipfeln, und um Mitti Nacht brach ein so schweres Unwetter los, wie es in der Talschaft zu keines Menschen Lebtag je vorgekommen war. Der Regen fiel in Geisselschnüren, es stürmte und blies, und das ganze Tal fing an zu beben, zu tönen und zu rauschen in Wind und Wasser. Ein Donnerschlag krachte in den andern, der Widerhall rollte in den Flühen, fahle Blitze zuckten, und ein übersüsser Gestank von Feuchtigkeit, aufgewühltem Erdreich und Schwefel erfüllte die Luft. Die Menschen standen zitternd vor ihren Häusern und glaubten, der jüngste Tag sei angebrochen. Als am andern Morgen die Wind- und Wasserkräfte ausgetobt hatten, und die beiden Bauern am Riebibächli Wasser holen wollten —- pootz — Teufelwetter! — da war auf alle Zeiten gemarchet. Aus dem Bächlein war ein Bach geworden und der floss in einem vieldutzend Fuss tiefen und breiten Bett. Er heisst jetzt der Chnewgraben und trennt den Weiler Schiltwald vom übrigen Wengen. Quelle: Hans Michel, Ein Kratten voll Lauterbrunner Sagen. Wengen 1936. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ein Märchen

Source: Ein Märchen

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Vor Zeiten wurde ein Ausserberger von seiner Gemeinde nach Sitten zu einem erfahrenen Schüler geschickt, dass er ihm eine Quelle oder Brunnen verkaufen und mitgeben wolle, denn sie hatte an ihrem Berg grosse Wassernot. Der Schwarzkünstler gab ihm eine wohlgeschlossene Schachtel, mit dem strengen Verbot, dass er ja nicht darüber gehen solle bis an dem Ort, wo man die Quelle haben wolle. Wie er nun kam bis zur Leukerbrücke, da wandelte ihn ein Wunder an, die Schachtel zu öffnen, um zu sehen was darin wäre, dass er endlich das strenge Verbot vergass und hineinguckte. Aber kaum hatte er geöffnet, da flog ein grosser Brummel heraus und nicht weit davon in die Erde — und seht! eine prächtige Quelle rauschte aus dem steinigen Erdreich hervor und stürzte in kurzem Laufe, ohne jemanden etwas zu nützen, in die Rhone. Wie mancher hat, wenn er diese herrliche Quelle aus den Felswänden ob der Leukerbrücke, an einem so nutzlosen Orte gesehen, gewünscht: Ach, hätten wir doch auf unserm dürren Berge diesen Brunnen!   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Ein Marksteinversetzer als schwarzer Hund

Source: Ein Marksteinversetzer als schwarzer Hund

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Bisweilen hatten Marksteinversetzer die Gestalt von schwarzen Hunden. «So erzählte man in meiner Heimatgemeinde (Schönenbuch), in der Nähe des benachbarten Waldes habe man nachts einen schwarzen Hund gesehen, der um den Wald herumgehe, und es sei dies ein Mann der Nachbargemeinde gewesen, der es durch ungerechte Mittel dahin gebracht habe, dass der Wald vom Gerichte dieser zugesprochen wurde, statt, wie es das Recht gefordert, unserer Gemeinde. Später jedoch sei er, weil er die Passanten belästigt, durch einen Kapuziner in eine Flasche gebannt worden, und seither sehe man ihn nicht mehr.» Schönenbuch Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ein merkwürdiger Kamerad

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Unter dem Honigbirnbaum (ä Hingler isch g'sy) im sogenannten Seelenmätteli beim Pfarrhof in Erstfeld wollten sich zwei Burschen am Abend treffen; so hatten sie es miteinander verabredet. Als nun der eine von ihnen sich einstellte, siehe! da stand sein Kamerad schon unter dem Baum. »So, so, bisch dü scho da«, sagte er, indem er auf ihn losschritt. Doch der Kamerad läuft ihm davon um den Baum herum. Er lief ihm nach, in der Meinung, es gelte einen Scherz zu machen. Nachdem der Baum zum dritten Mal umkreist war, sprang der vermeintliche Freund in eiligem Laufe davon und setzte mit einem einzigen gewaltigen Sprung über die hohe Friedhofmauer hinweg in den Kirchhof hinüber, wo er sich erstellte und herausfordernd in die Hände klatschte. »Hed äso 'tätschlet«. Aber so klug war denn doch der andere, dass er die Herausforderung nicht annahm und dem Gottesacker fernblieb. Seinen nächtlichen Gang stellte er ein und ging, ohne länger auf den richtigen Gesellen zu warten, nach Hause. »Ich dänkä, der uf'm Friedhof wär de fir-nä g'sy«, mutmasst mein Gewährsmann. Zacharias Zurfluh Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ein merkwürdiger Versehgang

Source: Ein merkwürdiger Versehgang

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Der weisshaarige Pfarrherr von Duens (Düdingen) hatte soeben die Werktagsmesse gelesen. Nach beendeter Danksagung schritt er gemessenen Ganges seiner Wohnung entgegen. Grad wollte er durch das blumenprächtige Vorgärtlein treten, als er vom Friedhof her angerufen wurde. «Herr Pfarrer, wartet ein wenig!» Ein junger, hübscher Bursch war’s, der sich jetzt ehrfürchtig dem Seelsorger näherte. «Guten Tag, Karli, wo pressiert’s?» fragte er freundlich. Es war der Jungknecht vom reichen Schiffenenbauer. «Herr Pfarrer, Ihr sollt gleich zum Bauer kommen. Er ist schwer erkrankt, es eilt», stiess der Jüngling atemlos hervor. An seinem geröteten Gesicht sah man, wie schnell er des Weges gerannt war. Der Geistliche war betroffen. Der Schiffenerbenz war bisher ein rüstiger Mann, dem noch nie etwas gefehlt hatte. «Gleich komme ich mit dem Allerheiligsten», antwortete der Pfarrer, «eil sofort zum Sigrist und benachrichtige ihn, damit wir ohne Verzug aufbrechen können.» Im grossen bäuerlichen Paradebett, das nach damaliger Sitte mit einem Vorhang verdeckt war, lag stöhnend Benz, der Schiffenenbauer. Unruhig drehte sich der markige Kopf in den rotkarierten Kissen. Zeitlebens hatte Benz nur einen Gedanken gehabt: rastlos schaffen, werken, Geld verdienen. In der blumenbemalten Truhe lagen mehrere prall mit Talern gefüllte Geldsäcke. Der Bauer war an Gütern reich geworden. Dafür zeugten die vier blankgeputzten Milchkannen vor der Holzbeige und die zwei Ställe voll breitflankiger Kühe von echter Freiburgerrasse. Dem stattlichen Bauernhause mit den zwei kunstvoll geschnitzten Lauben und dem tief herablaufenden Schindeldach sah man schon von weitem die Behäbigkeit seiner Bewohner an. Und drinnen im altertümlichen Speicher waren die Kasten gefüllt mit goldgelbem Weizen. Ja, reich an Hab und Gut war Benz, dennoch blieb er innerlich arm. Ihm fehlte das seelische Glück, der Herzensfrieden. Seitdem er seine einzige Tochter, die schwarzgelockte Christine, verstossen hatte, weil sie vom armen Schürliklaus nicht lassen wollte, seither war der Friede aus seinem habgierigen Herzen gewichen. Annemäi, seine herzensgute Gattin, hatte wohl alles versucht, den harten Sinn ihres Gemahles zu ändern. Aber sie erfuhr nur harte und böse Worte, und zuletzt verbot der Bauer kurzweg, darüber zu reden. Klaus lebte in der Stadt in dürftigen Verhältnissen. Schlecht und recht suchte er seine zahlreiche Familie durchzubringen. Aber er war zufrieden, seine Kinder gediehen trotz der einfachen Kost, und an Christine hatte er eine verständige, treue Gefährtin. Nur eines fehlte dem vollständigen Glück: der Segen und die Freundschaft des Schwiegervaters. Doch da musste eben die Zeit helfen. Stöhnend wälzte sich Benz im weichen Bett herum. Er fühlte, dass sein Leben langsam versickerte. Wenn nur der Priester rechtzeitig kommt! Es galt, mit dem Herrgott Ordnung zu schaffen. Filmartig rollte das ganze Leben an des Sterbenden Seelenauge vorüber. Ja, die Sache mit Klaus und Christine musste geordnet werden, sonst konnte er nicht ruhig in die andere Welt hinübergehen. Heute noch musste die Angelegenheit ins Reine gebracht werden. Morgen konnte es vielleicht schon zu spät sein. Pfarrer Bertschy schritt, angetan mit weissem Chorrock und bestickter Stola, den Weg hinunter, voran der langjährige Sigrist. Sooft sie an einem Hause vorbeikamen, klingelte das silberne Glöcklein. Die frommen Landleute knieten dann zu Boden und beteten ehrfürchtig den verborgenen Heiland im Ziborium an, beteten für die arme Seele, die zum letzten Mal ihren Gott als ihre Wegzehrung in eine unbekannte Welt empfing. Plötzlich trat ein Fremder dem Priester in den Weg. «Zurück, zurück!» rief er fast gebietend. «Ihr kommt zu spät, der Schiffenenbauer ist soeben gestorben. Spart euch den weiten Weg!» Sprach's, kehrte sich um und lief davon. Der Sigrist hielt an und blickte fragend auf den Priester. Aber Pfarrer Bertschy spornte zum Weitergehen an und stiess hastig hervor: «s'ist nicht wahr! Hast du nicht den Pferdefuss bemerkt, der dem Fremden unter den Kleidern hervorschaute? Beeilen wir uns, damit wir noch zeitig ankommen!» Der Schiffenenbauer hatte ein langes Gespräch mit dem Herrn Pfarrer. Nachher empfing er ruhig und getröstet die heiligen Sakramente. Die Unruhe seines Herzens war wie ein Herbstnebel verschwunden. Ergeben unterwarf er sich dem Herrn über Leben und Tod. Der Seelsorger aber kehrte frohen Herzens heim. Eine Seele war dem drohenden Verderben entrissen. Des Bösen Arglist hatte nichts ausgerichtet. Am gleichen Tage schloss Benz, der Schiffenenbauer, seine Augen zum ewigen Schlafe.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ein Mittel gegen die Pest

Source: Ein Mittel gegen die Pest

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Zur Zeit als die Pest unter dem Namen „der schwarze Tod" in Graubünden war und unzähliche Opfer forderte, so dass ganze Höfe ausstarben und in vielen Gemeinden man keinen Platz mehr auf den Friedhöfen hatte, um die Toten zu begraben, machte man die Entdeckung, dass gar keine wilden Männlein und Weiblein an dieser furchtbaren Krankheit starben, und man kam daher auf den richtigen Schluss, dass dieselben ein Geheimmittel dagegen besitzen. Aber niemand konnte dasselbe erfahren, denn sie wollten es durchaus nicht sagen. Da fiel einem Manne eine List ein. Ein wildes Männlein, welchem man für Hirtendienste, die es leistete, öfters Nahrung auf einen Stein legte, musste das Geheimnis ausplaudern. Jener Mann füllte ein Loch, das im Stein war, mit Wein an. Nach einer Weile trat der Mann aus dem Versteck hervor und fragte das Männlein, was gut sei gegen die Pestkrankheit. „Ich weiss es wohl“, sagte das Männlein, „Eberwürza und Bibernella, aber das säg i dir no lang nit." Der Mann war über den Fund so erfreut, dass er es vergass, noch nach mehrerem zu fragen, das ihm das wilde Männlein in diesem Zustande gewiss mitgeteilt hätte. Er eilte nach Hause, machte das Mittel bekannt und siehe, hierauf starben keine Menschen mehr an der Pest. Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ein musikalisches Gespenst

Source: Ein musikalisches Gespenst

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Eine Bauernfrau aus dem Bergdorf Menzingen ging einst mit ihrem Kinde, einem zwölfjährigen Mädchen, nach der Gnadenstätte Maria Einsiedeln wallfahren. Auf dem Wege zog das Kind plötzlich ein Zuckerherz unter seinen Kleidern hervor und ass davon, ohne zu wissen, wer ihm das Geschenk gemacht hatte. Bald nach der Heimkehr sah das Kind ein altes, runzeliges Weiblein mit einem Wanderstab und einem grossen Rosenkranz in der Hand vom nahen Nachbarhaus herkommen. Ausser dem Kind konnte niemand das Weiblein sehen. Während der Nacht aber hörten alle jemanden auf den hölzernen Stiegen auf- und abgehen, Türen schliessen und auf einem Musikinstrument spielen. Diese und andere Unruhegeräusche verursachten den Hausbewohnern viel Ärger und nicht geringen Schrecken. Der Bauer konnte dem Unruheherd nicht auf die Spur kommen. Da er einen Spuk vermutete, ließ er den Dekan und andere Priester Segnungen und Exorzismen vornehmen. Man durchstöberte auch das ganze Haus und hielt auf dem Hofe strenge Wache. Nach langer Zeit soll dann das musikalische Gespenst verschwunden sein; allein der Bauer habe 500 Gulden Kosten gehabt. Auch im alten Kaplanenhaus zu Neuheim soll vor Zeiten ein Gespenst des Nachts rumort haben und auf dem Klavier zum Leidwesen der schlafbedürftigen Leute gespielt haben. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 85 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ein Parteigänger Napoleons

Source: Ein Parteigänger Napoleons

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Johannes Thommen war in den neunziger Jahren des 18. Jahrhunderts Schulmeister und wurde in der Helvetik zum Agenten (Dorfvorsteher) gewählt. Es wird von ihm erzählt, «dass er als warmer Verehrer Napoleons dem allerdings die Landschaft (Basel) manches verdankt, seinen hass gegen alles, was nur irgendwie kaiserlich (österreichisch) war, ausgelassen habe, soweit, dass er nie, als Salzmeister und Krämer, auch nur ein einziges Österreicher Geldstück angenommen hätte.»  Arisdorf-Olsberg Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ein Pfarrer als Jäger

Source: Ein Pfarrer als Jäger

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Der erste Pfarrer zu Buus nach der Kantonstrennung war Gottl. Rothpletz von Aarau. Er war ein eifriger Jäger und hielt als solcher einen Jagdhund. In heller Aufregung kam nun einmal eine Nachbarsfrau zum Herrn Pfarrer und klagte ihm, dass sein Hund ihr eine ganze «Ankenballe» gefressen habe. Doch der Geistliche erwiderte ihr in aller Gemütsruhe: «Wenn’s ämmel umme im Hund nüt macht!» Einst lag ein Bewohner des Nebenhofes Grien krank darnieder. Da wurde er von einem Besucher gefragt, ob ihn der Herr Pfarrer auch schon besucht habe. Der Gefragte antwortete missmutig: «Nei; wenn i e Has wer, so wer er scho lang cho!» Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Ein sagenhafter Rechtshandel

Source: Ein sagenhafter Rechtshandel

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Ein Mann aus dem schon seit Jahrhunderten ausgestorbenen Geschlechte Teiler in Gurtnellen, der den ganzen Stalden besass, trieb seine Schafe in den jetzt fast unzugänglichen Stafel Saas in Gornern. Da begann ein Daxli im Wyler, daselbst seine Kühe aufzutreiben, und hiess den Teiler mit den Schafen weichen. Der weigerte sich, es gab einen Rechtshandel, und der Spruch lautete: »Und wenn Herr Daxli mit hölzigen Kühen auffahren will, so müssen die Schafe weichen.« Von Teiler und Daxli erzählt man noch ein Bärenjagdabenteuer. Jos. Baumann, Miseli Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ein Salzbrunnen

Source: Ein Salzbrunnen

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1. Nach Aussage eines fahrenden Schülers wäre im Brändwald ob Intschi ein Salzbrunnen zu entdecken. Wird das einmal geschehen, so wird man den Wald fällen und eine Alp daraus machen. Franz Jos. Zurfluh 2. Ein fahrender Schüler offenbarte, es sei irgendwo im Kanton Uri ein Salzbrunnen, aber er sei mit zwei Bissen verschlagen. Zwei graue Trychelkühe (zwei weisse Stiere) werden einst an Ort und Stelle mit einander stechen und dabei die zwei Bissen herausschlagen und den Brunnen öffnen. Aber den Ort wollte der Schüler nicht verraten; doch aus gewissen Andeutungen mutmasst man, er sei im Schächental und zwar hinter dem Büel zu Unterschächen oder nach andern am vordern Mühlebach zu Spiringen. Der ganze Kanton Uri wäre aber nicht reich genug, eine Salzpfanne anzuschaffen. Joh. Jos. Zgraggen; Fr. Gisler-Arnold 3. Der Salzbrunnen zu Unterschächen sei mit einem »goldenen Eisenbissen« verschlagen. Karl Brücker Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ein Schelm muss sterben

Source: Ein Schelm muss sterben

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Meine Grossmutter von Arisdorf erzählte etwa: Ein Bub hatte eine Art Auszehrung, kein Doktor konnte helfen. Man ging zu einem Kapuziner; der sagte, es sei ihm etwas angetan worden, ob er etwas gestohlen habe. Der Bub gab zu, er habe in einem Privatwald ein Bäumlein ausgegraben. Da riet der Kapuziner, sie sollten zum Besitzer gehen. Dieser sagte, «worum si so lang nit cho syge, er wüss nit, ob no öppis z mache syg». Er het nämlig e Zwyg vo däm gstückte Baum — me tuet bim Grabe e Teil Zwyg abhaue — uufgläse und is Cheemi ghänkt gha. Er het glaubt, so wie das Eschtli dür wärd, wärd au der Schelm. Jetz wo ner im Cheemi isch go luege, isch dä Zwyg dür gsi, und der Bueb het müese stärbe. Arisdorf-Olsberg Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ein schwarzer Mann

Source: Ein schwarzer Mann

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a) Ein schwarzer Mann stand nachts in der offenen Türe des Stalles im Gut Leweren im urnerischen Maiental. Niemand wagte es, ihn anzusprechen. Man hielt dafür, dass da ein ungetreuer Knecht eines ehemaligen Besitzers büsse (19. Jahrhundert). b) Ein kleines, brandschwarzes Mandli im Frack und Zylinder marschierte zu gewissen Zeiten in der Wiese zu Fehden hin und her (19. Jahrhundert). Hans Baumann Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ein seltsamer Schrei

Source: Ein seltsamer Schrei

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Am Giebelsteinhorn oberhalb Wengen, wo vor einer langen Reihe von Jahren ein gewaltiger Bergsturz zu Tale fuhr, da hütete einst ein Geisshirt seine Herde. Es war totenstill oben in der Einsamkeit. Auch der Bergwind war eingeschlafen, kein Laubblatt wippte, und kein Grashalm schwankte. Das dünne Bimmeln der vielen Geissenglöcklein war in vollem Einklang mit der satten Ruhe über Hang und Grat und starrer Felswirrnis. Das zahlreiche Geissenvolk weidete ruhiger denn je. Der Hirt hatte heute wenig dem unsteten Trüecht (Ziegenvolk) nachstiefeln müssen und kochte, mit sich selbst und aller Welt zufrieden, unter seiner Feuerbalm in der Dreibeinpfanne den Kaffee. Da zerriss grausam jäh ein geller Aufschrei die Bergesstille. Jeder Block und jede Felsenkante in weitem Umkreis gaben den grässlichen Schrei zwiefach zurück. Als ob der Teufel auf ihrem dürren Rücken reite, spritzten die Ziegen in jähem Schreck meckernd in allen Himmelsrichtungen auseinander, rannten über Stock und Stein in weite Fernen, und der arme Geisser musste einen lieben, langen Tag in alle Falten der ganzen Männlichenkette klettern, hojen und hopen, bis er sie wieder alle beisammen hatte. Nicht um alles in der Welt hätte der Geisshirt von Wengen sagen können, wer den seltsamen Schrei ausgestossen. Oben in der freien, wilden Weite war keine Menschenseele zu erblicken, und er sah ja, viel weiter als der Büchsenschuss reicht, haarscharf. Ob wohl eine arme Seel unter den Bergsturzblöcken ihrem jahrhundertlang verhaltenen Weh in einem einzigen Aufschrei Luft gemacht? Quelle: Hans Michel, Ein Kratten voll Lauterbrunner Sagen. Wengen 1936. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ein Senn von aussergewöhnlicher Naturkraft

Source: Ein Senn von aussergewöhnlicher Naturkraft

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waltete einst a'Waltschi in Gornern. Als eines Tages der Arm des Turners brach, ergriff er das mit Milch gefüllte angehängte Chessi zu beiden Seiten mit den Händen bei der Hiänä und stellte es in die Hütte auf den Boden hinaus, hängte es aber auf die nämliche Art wieder an den Turner, sobald dieser in Ordnung war. Der nämliche soll auch auf Urwängi in Seelisberg gesennet haben, wo er einst zwei Landjäger, die ihn holen wollten, genau so bewirtet habe, wie von Fridli Bucher (Bd. I, Nr. 28) erzählt wird. Josef Maria Baumann, 65 Jahre alt, Gurtnellen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ein sonderbares Geschenk

Source: Ein sonderbares Geschenk

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In der Gegend von Sumiswald, Wasen und Hornbach erzählt man von einem grünen Reiter auf der Schlange. Im Tal Hornbach befindet sich ein Bauernhof, der ebenfalls Hornbach heißt, am Flüßchen gleichen Namens. Im 18. Jahrhundert, so wird erzählt, waren die Maitschi jenes Hofes damit beschäftigt, ihre Wäsche an einer tiefliegenden Stelle nahe am Bach zum Trocknen aufzuhängen. Da kam ein grüngekleidetes Männchen daher, das ein Hülfterchen um den Leib gebunden hatte. Er grüßte sie freundlich und sagte ihnen, sie sollten ihre Wäsche wegnehmen, sonst könnte sie ihnen forgeschwemmt werden. Die Maitschi lächelten nur. Allein es kam bald ein starker Regen und die dunklen Wolken häuften sich so an, daß die Mädchen mit ihrer Wäsche davoneilten. Wie ein Wolkenbruch ergoß es sich über die Gegend des hinteren Teils von Hornbach. Der Bach schwoll an, die Einwohner strömten aus ihren Häusern, um den befürchteten Verwüstungen des Baches womöglich Einhalt zu tun. Zum Schrecken der Wäscherinnen sahen sie auf der ersten mächtigen Welle eine große Schlange und auf ihr saß dasselbe grüne Männchen, das sie vormittags angesprochen hatte. Das Hülfterchen hatte es der Schlange angelegt und ritt so auf dem Wasser fort. Auf dem Rasen machte die Schlange einen Sprung und fiel jenseits wieder ins Wasser. Der Bach hauste fürchterlich. Auf der Alp Hinterried wurden mehrere Kühe fortgerissen, eine oder zwei von diesen wurden stundenweit fortgeschwemrnt und gerade dem Bauern, dem sie gehörten, auf die Matte geworfen.  Oberhalb der Emmenmatt, wo sich der Hauptfluß des Emrnentales der Ilfis nähert, um sich kurz hernach mit letzterer zu vereinigen, stand vor Zeiten dicht an dem steinigen Ufer ein kleines, rauchgeschwärztes Häuschen. Ein armer Korbmacher wohnte hier mit seiner großen Familie. Mancher wunderte sich darüber, daß der arme Korber nie fremde Hilfe in Anspruch nahm, und es ging das Gerücht, daß sich die Erdmännlein bei ihm versammelten und ihn dafürreich beschenkten. Der Korber, darüber befragt, stellte dies nicht in Abrede, obschon das Licht, das man zu mitternächtlicher Stunde dort erblickte, seinen Grund in etwas ganz anderem hatte. Einmal nun zog ein gewaltiges Gewitter vom Hohgant her über die Berge des obern Emmentales. Alle Wasser schwollen in kurzem so an, daß Brücken und Stege von den reißenden Fluten fortgetragen und das Land auf weite Strecken überschwemmt und viele Fuß hoch mit Schutt und Steinen bedeckt wurde. Auch dem Häuschen, worin der Korber wohnte, drohte Gefahr. Nur mit Mühe gelang es ihm und den Seinigen, das nackte Leben zu retten.  Schon stürmte die wogende Wasserflut brandend und schäumend an die Mauern des Häuschens, als der Korbmacher, der noch einmal zurückgekehrt war, um noch zu retten, was zu retten war, auf dem niedem Dache seines Hüttchens ein winziges Männlein erblickte, das in Todesangst um Hilfe schrie. Ohne sich zu besinnen, watete der Korbflechter durch das Wasser seinem Hüttlein zu, schwang das kleine Männlein auf seine Schultern und erreichte bald sichern Boden.  «Du hast mir das Leben gerettet», sagte das Männlein «und ich möchte nicht undankbar erscheinen. Nimm hier diese Erbsen und koche dir und den Deinigen ein Müschen daraus. Aber gib acht, daß stets zwei davon übrig bleiben!» Mit diesen Worten drückte das Männlein dem Korber ein Säcklein Erbsen in die Hand und verschwand.  Der Korber, noch immer in Gedanken mit der Rettung seiner wenigen Habseligkeiten beschäftigt, hätte bald in seinem Unmut das sonderbare Geschenk des Zwerges weggeworfen. Aber er behielt das Säcklein Erbsen und kehrte zu den Seinigen zurück, welche in einem Nachbarhause Aufnahme gefunden hatten.  Das Wasser verlief sich die Nacht hindurch, so daß der Korbflechter am Morgen mit seiner Familie wieder in sein Häuschen einziehen konnte, das von den Wellen verschont geblieben war. Kaum war der größte Schutt aus der Wohnung geräumt, mußten die Erbsen herhalten, die wirklich ein so ausgezeichnetes Mus lieferten, daß alle wünschten, jeden Tag Erbsenmus zu essen. Ihr Wunsch ging in Erfüllung; denn am folgenden Morgen war das Säcklein wieder voll und so alle Tage. Dabei blieben der Korbmacher, seine Frau und Kinder gesund und frisch und sie brachten es in kurzer Zeit dahin, daß sie aus dem Erlös ihrer Ware Ersparnisse machen konnten und alle Not ein Ende hatte. Das Geheimnis von den Erbsen vererbte sich von Kind auf Kindeskinder und würde noch heute bestehen, hätte ein unachtsames Mädchen nicht einmal, als es die Küche zu besorgen hatte, alle Erbsen auf einmal zum Kochen verwendet. Von da an blieb das Säcklein leer.  Emmental Aus: H. Herzog, Schweizer Sagen, Für Jung und Alt,Erste Sammlung, Aarau 1871  Siehe auch: "Der Lehenzins", "Das ergiebige Käslein" Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ein Sterbent

Source: Ein Sterbent

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Anno 1566, an unseres Herrn Fronleichnamstag, ist ein Sterbent eingefallen. Bis ausgehenden Herbst seind in der ganzen Kilchhöri (Wallenstadt) 650 Personen gestorben, zu Flums 1100, zu Quarten auch viel.  Dr. Franz Fäh  (Aus der Geschichte der Gemeinde Wallenstadt und des Sarganserlandes. Wallenstadt, Wildhaber 1900.)  Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 344, S. 192 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ein Stern am Himmel sagt den Tod eines Fürsten an

Source: Ein Stern am Himmel sagt den Tod eines Fürsten an

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In dem Jahre 1402 sah man an dem Himmel einen großen Stern mit einem feurigen Schweif, so man einen Komet nannte. Von diesem sagten die Weisen: er bedeute eines grossen Fürsten Tod. Bald darauf starb auch Herr Galiaz, Herr zu Mailand. Nach seinem Tod verging der Stern. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Ein Stücklein vom Verstellen

Source: Ein Stücklein vom Verstellen

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An einem schönen Spätherbsttage ging der Jäger A. von Langwies mit einem Kameraden auf die Jagd; auf einer Bergwiese kamen sie mit zwei Handwerksgenossen zusammen. Diese Viere setzten sich zusammen auf einen grossen Stein und unterhielten sich eine Zeit lang. - Bald aber erblickten sie auf dem hohen Felsen oberhalb ihnen eine schöne Gemse grasen und wurden einig, sich zu trennen, um Dieselbe zu erbeuten; die Einen sollten den Felsen auf der rechten, die Andern auf der linken Seite ersteigen, und Denen, welche den Felsen zuerst erstiegen hätten, sollte dann die Gemse angehören! - A. und sein Genosse hatten bereits eine steile Halde erstiegen und bald die Gemse in Sicht, als sie plötzlich nicht mehr weiter vorwärts schreiten konnten. Sie merkten gleich, dass sie von den zwei Andern »gestellt« worden seien. A., dem das »sich lösen können« bekannt war, hatte die fremden Jäger im gerechten Verdachte. - Er zog in Satan\'s Namen die Schuhe aus, seinem Genossen befehlend, ein Gleiches zu tun, und alsbald konnten sie wieder weiter. A. »stellte« nun auch die zwei andern Jäger, erreichte mit seinem Kameraden die Felsspitze, erlegte die Gemse und trug Dieselbe in eine Hütte am Fusse des Felsens hinab. Eben wollten sie durch die Branntweinflasche und den Inhalt ihres Ränzels ein Gutes sich tun, als auch die zwei Widersacher sich »gelöst« hatten und unter die Türe der Hütte traten. Einer Derselben feuerte einen Schuss auf A. ab. Der aber besass auch die Kunst, die »Kugel von sich abzuwenden« und so ging der Schuss fehl. A. und sein Genosse erhoben sich rasch, um mit dem Missetäter sich zu messen. - Obgleich sie Diesem mehrere Wunden beibrachten, wollte kein Blut fliessen, bis dass der fremde verwundete Jäger und sein Genosse ausserhalb der Hütte unter freiem Himmel standen; erst dann zeigte sich die Wirkung des Schusses. - Die hatten es also verstanden, sogar das Blut zu »stellen«, Die fremden Jäger zogen den Kürzeren und machten sich auf und davon. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ein unangenehmer Fahrgast

Source: Ein unangenehmer Fahrgast

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Ein junger Bauer von Plasselb hatte eine Jaunerin kennengelernt. Wenn auch hohe Berge die jungen Leute trennte, ihre Herzen fanden sich dennoch zusammen. Von Zeit zu Zeit spannte der Plasselber seinen Schimmel ans Federwägeli und fuhr nach dem Schwarzsee. Von dort aus eilte er zu Fuss über den Euschels zur Erkorenen seines Herzens. Als der Freier (Lpr. Joh.) mit seinem Fuhrwerk spät am Abend heimwärts fuhr, sprang ihm in der Nähe von Plaffeien ein seltsames Wesen auf den Rücksitz. Es liess sich dort nicht vertreiben, sondern es hockte auf dem Sitz, bis der Bauer in Angst und Schrecken beim väterlichen Haus angelangt war. Hier erst sprang der unangenehme Fahrgast mit einem Satz vom Wagen und verschwand. Mit zitternden Händen führte L. sein Pferd in den Stall und begab sich zur Ruhe. Aber er konnte lange Zeit keinen Schlaf finden, so sehr hatte ihn das nächtliche Erlebnis aufgeregt. Er behauptete später, sein Fahrgast sei kein Erdengeschöpf gewesen; es habe gar kein Wort geredet und den Fuhrmann immer bösartig angestarrt. Mit einem menschlichen Wesen habe die Gestalt keine Ähnlichkeit gehabt. Er war des festen Glaubens, der unwillkommene Fahrgast sei ein Wesen aus der anderen Welt, das ihm hätte Böses zufügen wollen. Zum Glück hatte der Bursche etwas Geweihtes in der Tasche, weshalb die Gestalt ihm nichts anhaben konnte. Noch in seinen alten Tagen erzählte er das Erlebnis mit dem unheimlichen Fahrgast in jener Sommernacht.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ein unbequemer Hausgast

Source: Ein unbequemer Hausgast

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In Klosters-Dörfli besass Einer ein Haus, in welchem er einen ganz kuriosen, noch mehr aber höchst unbequemen Gast sitzen hatte, welchen er durchaus nicht zu entfernen vermochte, und der obenhin noch so unverschämt war, für seinen Mühwalt als Plagegeist alle Abende eine Schüssel Milch zu beanspruchen. Da gab ein Montafuner dem geplagten Hausbesitzer den Rat, er solle das Haus »abzimmern« und an einem andern Orte wieder aufbauen; das tat der Mann, und hatte bereits »abgezimmert« bis auf den Grund, da stieg aus dem abgedeckten Kellerraume ein sonderbarer Knirps, ein klein zornig Männlein, hervor. Das war der Hausgeist (ein Kellerbutz). Der erhob sich wie ein wälscher Hahn und drohte dem Manne, dass es ihm schlecht gehe, wenn er ihn nicht auch mit in\'s neue Haus nehme, denn sein Urähni sei schuld, dass er in\'s Haus gekommen sei, und er wolle nun auch bei ihm bleiben. Der Mann fürchtete die drohende Gebärde des trotzigen Kleinen und liess ihn in einer Wanne in den Keller des neuen Hauses einsetzen, und auch im neuen Hause fühlte sich der Butz bald heimisch. Er hatte seine »guten« und seine »bösen« Tage; an den »guten« Tagen verlangte er zwar auch seine gewohnte Milch, tat aber den Hausbewohnern Nichts zu Leide, vielmehr hörte man ihn im Keller singen; an »bösen« Tagen aber kam er oft in den Gang geschlichen, prügelte mit einem Stocke Alles, was ihm in den Weg kam oder gab sonstigen Unfug zu Tage. Zu vertreiben war der Unhold schlechterdings nicht. Wagte man etwa an ihm ein Leides, rächte er sich dadurch, dass er im Haus »pösselte« oder im Stall irgendwie Unheil anrichtete. War seine Plagerei auch lästig, geriet sonst Alles, was des Hausherrn war, sichtlich, denn der böse Kleine war doch auch Schutzgeist zugleich über all\' dessen Eigentum. Und so wurde der Butz wohl oder übel im Hause gelitten. – Nach Jahr und Tag starb der Besitzer und von dieser Zeit an war auch der Geist verschwunden. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ein Ungeheuer schläft bei der Hausfrau

Source: Ein Ungeheuer schläft bei der Hausfrau

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Zu Talachern stand das alte Haus vor Zeiten weiter gegen Westen als das heutige. Darin wurden sie jedoch von einem Ungeheuer derart belästigt, dass sie's aus Verdruss abschlissen und an anderer Stelle aufbauten. Auf dem leeren alten Hausplatz hörten sie's später häufig flennen. Endlich sagte die Frau zum Manne, ob sie es nicht einladen wollten, zu ihnen ins neue Haus an den Schärmen und zu Feuer und Licht zu kommen. Lange wehrte sich der Gatte dagegen, gab aber zuletzt nach. Nachdem das Ungeheuer versprochen, niemanden zu schaden, kam es ins neue Haus herüber. Die Hausfrau sah es häufig bis an ihr Bett kommen, und es stieg auch zu ihr ins Bett hinein und schlief bei ihr. Ich habe sie noch gekannt, die alte Fuhrerin. Theresia Gisler, 73 J. alt, Spiringen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ein unglücklicher Spass

Source: Ein unglücklicher Spass

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  In den Wäldern um Hohberg, Geissalp und Salzmatt trieb vor langer Zeit ein gefürchtetes Ungeheuer sein Unwesen. Das hatte die Gestalt eines riesigen Wildschweines. Es zerriss Ziegen und Kälber und frass sie mit Haut und Haar auf. Manchmal überfiel es auch Kühe und Rinder. Ja, sogar die Menschen bedrohte es. Wenn das Ungeheuer auf einer Weide auftauchte, dann eilten die Viehherden in wilder Flucht dem Stalle zu, drückten sich dort zitternd und schlotternd aneinander und waren in dieser Nacht nicht mehr auf die Weide zu bringen. Einst kamen die Hirten im Grubenhaus (Geissalp) zusammen, um einen gemütlichen Abend zu feiern. Es wurde getrunken, getanzt und gesungen. Als die Fröhlichkeit den Höhepunkt erreicht hatte - o weh - da ging das Getränk aus. „Wie schade!“ jammerten die einen. „Sollen wir nun schlafen gehen? Jetzt, wo’s am lustigsten wäre“. “Man könnte eine Flasche Gebranntes in der Hohberghütte holen“, meinten die andern. Der Rat war gut. Aber zwischen Geissalp und Hohberg lag ein dunkler Wald, und in dem Walde hauste das Ungeheuer. Niemand wollte den Gang tun. Es schien, als ob alle sich fürchteten. Endlich rief der Küher: „Ihr seid alle nur Höseler und fürchtet euch wie kleine Mädchen. Ich will schon gehen. Das Ungeheuer soll mir nur in den Weg laufen, dem will ich dann Beine machen, dass es sicher nicht noch einmal kommt“. Mit diesen Worten steckte er eine leere Flasche in die Tasche und ging. Draussen ergriff er einen mächtigen Sparren, schulterte ihn wie ein Gewehr, umklammerte ihn mit beiden Fäusten und hielt ihn schlagbereit. Dann stampfte er in die sternenhelle Nacht hinaus. Polternd ging er über das Geissalpbrücklein und verschwand im Dunkel des Waldes, immer vor sich hinbrummend: „Es soll nur kommen, es soll nur kommen.“ Unterdessen war es bei den Hirten in der Geissalp stiller geworden. Das Schimpfwort „Höseler“ lastete schwer auf den Gemütern. Besonders den Käser wurmte es. Still sass er da und brütete vor sich hin. Plötzlich schlug er mit der Faust auf den Tisch und rief: „Nein, ein Höseler bin ich nicht. Jetzt will ich grad wissen, wer sich mehr fürchtet, der Küher oder ich. Hört, ich habe einen Plan. Gebt mir eine Kuhhaut. Die werfe ich mir über, dass ich aussehe wie das Ungeheuer. Dann gehe ich dem Küher entgegen. Dort, wo der Weg am Ende des Waldes in die Hohbergweide einbiegt, ist ein Türli und daneben eine mächtige Tanne. Hinter dieser verberge ich mich. Wenn dann der Küher vom Hohberg zurückkommt, dann fängt das Ungeheuer hinter der Tanne an zu grunzen und zu brummen, dann richtet es sich auf und springt mit einem Satz auf den Weg hinunter. Dem Küher wird der Chlupf in die Beine fahren, dann wird er, was hesch was gisch, durch den Wald flüchten, das Ungeheuer immer hinter ihm her. Mich dünkt, ich höre schon den Schnaps in seiner Tasche gluntschen. Schweissgebadet und halberstickt wird er hier in die Stube stürzen, die Türe hinter sich zuschmettern und meinen, er sei endlich erlöst. Aber dann wird die Türe wieder aufgerissen und herein poltert das Ungeheuer - zieht die Haut ab - und dann lachen wir den Höseler aus - lachen, lachen - und trinken die neue Flasche.“ „Huh, das musst du machen. Das gibt einen grossartigen Spass“, riefen alle, und die alte Fröhlichkeit kehrte wieder zurück. Eine schwarz- scheckige Kuhhaut wurde herbeigeschafft und dem Käser übergeworfen. Im fröhlichsten Lärm verliess das Ungeheuer die Geissalphütte, durchquerte den Wald, um sich drüben beim Türli auf Posten zu begeben. Inzwischen hatte der Küher bei der Hohberghütte seine Flasche gefüllt und sich wieder auf den Rückweg gemacht. Hinter der Schwarzen Fluh stieg der Mond empor und goss sein Zauberlicht über die wunderbare Bergwelt. Silbern schimmerten die Schindeldächer der Hütten aus dem dunklen Grund, und nah und fern glöckelten und glünggelten die Herden in seligem Alpenfrieden. Der Küher nahte. „Es soll nur kommen“, brummte er vor sich hin. „Es soll nur kommen“. Jetzt trat er in den Schatten des Waldes und stand vor dem Türli. „Es soll nur kommen.“ Da fängt es hinter der grossen Tanne an zu brummen und zu grunzen. Jetzt kriecht etwas Schwarzes hervor - ein Tier - nein, das Ungeheuer. Nun richtet es sich auf, mächtig gross - ein Gebrüll - ein Sprung - das Ungetüm plumpst auf den Weg herunter. Es will sich schnell wieder aufrichten, aber der Küher ist flinker. Sein Sparren fällt krachend auf den Schädel des Ungetüms. Das sinkt mit einem Weheschrei zusammen. Ein zweiter Sparrenhieb macht es vollends stumm. In der Geissalp wartete das Hirtenvolk auf den Schlussakt der Komödie. „Die Zeit ist um, die beiden könnten da sein“, hiess es. Aber es blieb noch eine Weile still. Dann nahten Schritte, aber nicht hastige, sondern ruhig abgemessene. Die Haustüre knarrte, die schweren Schritte gingen durch die Küche, die Stubentüre öffnete sich, und herein trat stolz - der Küher. Er stellte eine volle Flasche auf den Tisch und sprach: „So, nun trinkt und seid fröhlich.“ Da waren alle höchst erstaunt und fragten: „Ist dir nichts begegnet? Hast du das Ungeheuer nicht gesehen?“ „Wohl, wohl, das Ungeheuer ist mir begegnet. Enet dem Walde, beim Türli ist es hinter der grossen Tanne hervorgekrochen“. „Ja, und dann?“ „Dann hab ich ihm zweimal mit einem Sparren auf die Schnauze gezündet. Es liegt noch dort. Wenn ihr Gurasch habt, könnt ihr’s euch ansehen. Es beisst jetzt nicht mehr.“ „Barmherziger Gott! Jetzt ist ein Unglück geschehen“, riefen die Hirten. „Du hast den Käser niedergeschlagen“, jammerten die Frauen. Das fröhliche Fest nahm ein jähes Ende, und die neue Flasche blieb unberührt. Alle eilten in die Nacht hinaus, der Unglücksstelle zu. Aber als sie sich dem Türli näherten, da lähmte ein neuer Schreck ihnen die Knie. Dort stand ein riesiges Tier wie ein Wildschwein aber fast so gross wie ein Elefant. Das war das richtige Ungeheuer. Deutlich hob sich seine dunkle Gestalt vom mondbeschienenen Hintergrund ab. Es frass die letzten Reste des Erschlagenen auf. Man hörte das Krachen und Knacken der Gebeine. Jetzt leckte es noch die Blutlache auf und trottete dann langsam bergwärts. Wie vom Schreck erstarrt schauten die Hirten auf das grässliche Schauspiel und wagten weder vorwärts noch rückwärts zu gehen. Als das Ungeheuer längst über den Berg war, getrauten sie sich endlich näher zu treten. Vom Käser war nichts übrig geblieben als ein blutiger Fleck am Boden. Das Ungeheuer aber zeigte sich von da an nie wieder... Das ist wohl schon lange her. Aber die Erinnerung an die blutige Tragödie ist noch immer wach. Auf dem Hohberg stehen heute noch am Waldrand der Zaun und das Türli. Die grosse Tanne ist längst gefällt worden. Aber ihr mächtiger Wurzelstock ist noch zu sehen. Ein Grauen ist hier zurückgeblieben. Menschen und Tiere meiden den Ort. Ein Hirt erzählte, sein Hund sei nie durch das offene Türli zu bringen gewesen. Er habe immer einen weiten Bogen drum herum gemacht und sich ober- oder unterhalb einen Weg durch den Zaun gesucht.    Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch


by Ein unheimlicher Bräutigam

Source: Ein unheimlicher Bräutigam

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Filomena war eine brave Schneiderin. Sie hatte einen Liebsten, namens Giovanni, einen hübschen jungen Mann, der ein reicher Herr zu sein schien. Alle acht Tage kam er zu ihr auf Besuch und brachte ihr immer irgendein Geschenk. Er hatte sie sogar schon manchmal eingeladen, ihn aufzusuchen; aber sie hatte immer einen Vorwand gefunden, um sich der Einladung zu entziehen. Endlich, als er mit Bitten nicht aufhörte, sagte sie einmal zu ihm: «Nun gut, also nächsten Sonntag will ich kommen, um zu sehen, wo du wohnst.» Sie zog schöne Kleider an und machte sich auf den Weg. Aber sie war innerlich nicht recht zufrieden, denn sie dachte bei sich selbst: «Wer wird er wohl sein? Was für einen Beruf mag er wohl haben?» Auf ihrem Weg kam sie an einer hübschen kleinen Kapelle vorüber und trat ein, um zu beten. Sie verneigte sich vor dem Marienbild und sprach also: «Liebe Himmelskönigin, sage du mir, ob ich vorwärtsgehen oder nach Hause zurückkehren soll.» Und die Madonna sprach: «Kehre zurück!» Also wanderte sie wieder nach Hause. Und weil sie so bald wieder heimkam, fragte die Mutter: «Ei, wie kommt es, dass du schon wieder da bist?» Und Filomena gab zur Antwort: «Ich hatte keine rechte Lust, hinzugehen.» Am folgenden Tag kam richtig der junge Mann zu ihr und machte ihr Vorwürfe. «Aber du hast mich schön zum Narren gehalten! Den ganzen Tag habe ich auf dich gewartet, und du bist nicht gekommen.» «Ach, ich habe stark Kopfweh gehabt; ich will dafür nächsten Sonntag kommen.» Und wie versprochen, machte sie sich am folgenden Sonntag wieder auf den Weg. Bei der kleinen Kapelle trat sie auch diesmal ein, um ein Gebet zu sprechen, und es war ihr, als ob die Madonna zu ihr sage: «Geh hin!» Sie setzte also ihren Weg fort, bis sie am Hause des Giovanni anlangte. Dies aber war zu ihrem Erstaunen ein schöner Palast. Sie klopfte an und trat ein. Niemand gab ihr jedoch Antwort. Alle Türen waren geöffnet, aber nicht einmal eine Katze Hess sich blicken. Filomena spazierte umher, ging da und dort hin und trat schliesslich in einen Saal, wo sie an den Wänden Pistolen und Degen hängen sah. Jetzt überkam sie ein Entsetzen, und an allen Gliedern fühlte sie die Gänsehaut. Da auf einmal hörte sie Schritte im Gang draussen. Schnell versteckte sie sich unter einem Tisch, der mit einem grossen Tuch überdeckt war, das bis an den Boden reichte. Dort unten konnte sie aus ihrem Versteck beobachten, wie ihr Liebhaber Giovanni mit einem wunderschönen Mädchen in den Saal trat. Nun getraute sich Filomena vor Angst kaum zu atmen, um ja nicht bemerkt zu werden. Dann sah sie, wie der Unmensch das Mädchen auf einen Block legte und ihr zuerst das Haupt, dann die Finger, die Hände, die Arme und die Beine abhieb. Dabei fiel ein Finger mit dem Ring daran unter den Tisch. Filomena nahm den Ring zu sich und steckte ihn in ihre Tasche. Dann wartete sie voller Schrecken einen günstigen Augenblick ab, da sie sich aus dem Haus flüchten konnte, kehrte heil und wohlbehalten zu ihrer Mutter zurück und erzählte ihr alles, was sie gesehen hatte. Eine Woche darauf kam Giovanni wieder zu ihr auf Besuch und sagte: «Nun, Filomena, nächsten Samstag findet unsere Hochzeit statt. Ich mag aber niemand einladen. Und du?» Anstatt ihre Verwandten einzuladen, benachrichtigte sie die Stadtwache, welche ihre unerschrockensten Männer hinschickte, als Gäste verkleidet. Schon war man im Begriff, sich an die Hochzeitstafel zu setzen, als Filomena zu ihrem Bräutigam sagte: «Denk dir doch, was ich diese Nacht geträumt habe. Mir hat geträumt, Giovanni, ich sei in dein Haus gekommen, und es war niemand da. Nur in einem Saal habe ich viele Waffen an den Wänden gesehen. Dann habe ich mich unter einem Tisch versteckt und sah, wie du mit einem schönen Mädchen hereinkamst und sie umgebracht hart. Dabei ist ein Finger mit dem Ring daran unter den Tisch gefallen, und ich habe ihn aufgehoben. Schau, hier ist er.» In diesem Augenblick fielen die eingeladenen Gäste über den Wüterich her, banden ihn fest wie ein Bündel Stroh und warfen ihn in den Kerker. Auf diese Weise befreiten sie die Welt von einem entsetzlichen Scheusal.   Am Kaminfeuer der Tessiner                                                               Walter Keller                                                                                           Hans Feuz Verlag Bern   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ein unheimlicher Dieb

Source: Ein unheimlicher Dieb

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In einer Sennhütte der Greyerzer Alpen lebten die Bewohner seit einiger Zeit in grosser Angst. Wochenlang hatten sie einen unerklärlichen Diebstahl. Wenn der Meisterknecht vormittags in der Milchkammer den dicken Rahm abnehmen wollte, fand er die Gebse regelmässig halb leer. Die Nidel war schon sorgfältig abgehoben, als ob der geschickteste Senn hier gearbeitet hätte. Vom Dieb zeugte keine Spur, so genau auch alle Ritzen und Winkel durchsucht wurden. So ging es Wochen hindurch fort. Kein Senne betrat die Milchkammer, ohne ein unerklärliches Grauen zu fühlen. Ein beherzter Senne versuchte endlich dem geheimnisvollen Milchdieb auf die Spur zu kommen. Aus diesem Grunde wollte er eine Nacht im Gaden verbringen. Er schloss sich also eines Abends in den Gaden ein und wartete daselbst auf die Lösung des Rätsels. Allzu langsam verstrichen dem Horchenden die Stunden. Fast wäre er versucht gewesen, gegen sein Vorhaben die Kammer zu verlassen, aber damit hätte er sich dem Gespött der Kameraden ausgesetzt. Deshalb blieb er fest. Nach endlosem Warten vernahm der Lauscher ein Schleichen und Streichen. Das Geräusch näherte sich in der Richtung gegen die Milchbänke zu, wo die Gebsen standen. Beim schwachen Licht des Mondes, der durch die Ritze hereinschimmerte, erblickte der angsterfüllte Späher einen Kopf, der sich über die gefüllten Gebsen hinabsenkte. Der Senne glaubte es vor Grauen nicht mehr aushalten zu können. Die Angst presste ihm die Kehle zusammen. Aber in dem Augenblick zu fliehen, wo er den Milchfrevler enttarnen konnte, nein, so feige wollte er nicht sein wie ein Hase. Der Senne raffte sich zusammen, tastete behutsam in die Hosentasche nach seinen Zündhölzchen und strich schnell ein Streichholz an. Im kurzen Aufflackern des Hölzchens erblickte der Bursche eine riesenlange Schlange. Durch die ungewohnte Helle geblendet, hob die Schlange den Kopf von der Gebse auf. Sekundenlang starrte das Tier den Störefried, der keiner Bewegung mehr fähig war, an, dann glitt es lautlos von der Milchbank herunter, schielte den Späher noch einige Augenblicke mit Giftaugen an, worauf sie eilig in einen Holzhaufen schlüpfte, der ihr in der Gadenecke schon lange als Schlupfwinkel gedient hatte. Mehr tot als lebendig verliess der wackere Senne sein unangenehmes Versteck und kroch zähneklappernd in sein Bett. Der Dieb war gefunden. Es blieb nichts anderes übrig, als am nächsten Tag das Holz vorsichtig zu entfernen und die grosse Schlange mit Stangen tot zu schlagen. Das gefährliche Unternehmen gelang den Sennen auch glücklich. Seither waren die Gebsen nicht mehr angerührt worden. Der waghalsige Bursche schwor, sich nie mehr in solch gefährliche Abenteuer einzulassen.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ein unheimlicher Fuchs

Source: Ein unheimlicher Fuchs

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Der Färniger lauerte in einem Stall den Füchsen. Da kam einer, aber nicht auf die Lockspeise zu. Nein, er kam bis zum Stalle und – es ist fast nicht zu glauben – kletterte die Stallwand hinauf bis auf das Dach. Das Füchslein liess der Färniger hübsch in Ruhe. Seitdem ging er nie mehr auf die Fuchsjagd. »Kurios ist es schon, aber es muss doch wahr sein. Er hat es mir selber erzählt.« Johann Bissig, Isental, 67 J. alt; Schüehni-Schwarz Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ein unheimlicher Hase

Source: Ein unheimlicher Hase

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Ein leidenschaftlicher Jäger in Isental – ich kenne ihn sehr gut, er ist noch jünger als ich – ging öfters an Sonn- und Feiertagen auf die Jagd, manchmal sogar während des schuldigen Gottesdienstes. Einmal nun traf er einen Hasen, ein prachtvolles, schneeweisses Tier. Er schoss auf ihn, ein-, zwei-, dreimal. Aber der Hase verrodete sich nicht. Da heig äs chennä chlepfä, wie's heig wellä. Jetzt wurde es dem Jäger doch unheimlich, und er machte kehrt und marschierte heim. Als er noch einmal zurückschaute, war das Tier noch auf dem nämlichen Fleck und schaute ihm unverwandt nach. Dieses Erlebnis genügte, um dem Isentaler die Sonntagsjägerei zu verleiden. Alois Herger, 40 Jahre alt. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ein unseliger Abt

Source: Ein unseliger Abt

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Der Grossteil der sarganserländischen Bevölkerung trat im Jahre 1531 zum neuen Glauben über, so auch der Abt Jakob von Pfäfers. Zur Strafe dafür ist er nicht selig geworden. In der Totengruft der Kirche, wo die Äbte in vollem Ornate beigesetzt wurden, zeigt sich in der Mauer eine feuchte Stelle, an der kein Mörtel halten will. Dort ist der abtrünnige Abt eingemauert, und dort beweint er seine Sünden.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 208, S. 101 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ein unsichtbarer Begleiter

Source: Ein unsichtbarer Begleiter

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Im Stammbuch der Familie Althaus auf Tschäggligen bei Bretzwil erzählt Johann Heinrich Althaus von einem merkwürdigen Erlebnis seines Vaters Johan Rudolf Althaus (1743-18299) mit seiner ersten Frau. «Wo er mit ihren von Basel gekommen sey, so seye bei Liestal neben einem Haag eine menschliche Gestalt eine lange Zeit neben ihr gegangen und sie mich in dieser Zeit an meine Arme vest haltete und ich nicht das mindeste sah noch gewahr wurde, als die Gestalt verschwunden sey, so erzählt sie mir diese Begebenheit mit Furcht und Schrecken. Dass sie von dieser Zeit an keine gesunde Stunde mehr gehabt hatte und in einem halben Jahre starb.» Liestal Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ein Venediger in Gurtnellen

Source: Ein Venediger in Gurtnellen

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Zu Gurtnellen im Kanton Uri machte es einst ein Venediger wie jener im Sörenberg. Der ihn gastiernde Senn stahl ihm drei der Goldsteine, um ein Muster zu haben. Weil er sonsst den Fremden gut gehalten, verzeih ihm dieser und nahm ihn gütig auf, als er hernach auch mit Goldsteinen nach Venedig kam und beschenkte ihn reichlich. Dann musste er sich auf einen Stuhl setzen, worauf der Venediger zu haspeln und und drehen begann, dass der Urner meinte, das Haus drehe sich mit ihm. Plötzlich sah er sich nach Hause auf die Fallenalp versetzt.        Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Ein Venediger wird hingerichtet

Source: Ein Venediger wird hingerichtet

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Venedig erfreute sich vor Jahren einer Anzahl Männer, welche im Besitz einer herrlichen Kunst waren, sie verstanden das — Goldmachen. Man war stolz, aber auch wachsam auf sie, damit keiner je aus der Stadt fortkomme und etwa an andere das Geheimnis verrate. Einmal jedoch ist einer, dem die Lust ankam, wirklich entronnen und gelangte bis Luzern. Aber schon waren die Venediger ihm auf der Spur und fast mit ihm kamen ihre Gesandten bei uns an, um unter der Vorgabe, derselbe sei ein grosser Verbrecher, seine Verhaftung zu bewirken. Das geschah. Im Verhöre beteuerte der Gefangene hoch und heilig seine Unschuld. Jene hingegen legten falsche Dokumente vor. Als der Angeklagte die Luzerner schwanken sieht, verspricht er ihnen eine so grosse goldene Kette mit zolldicken Ringen, dass sie um die Stadt herum reiche, zu machen. Allein die andern Venediger boten alles auf, die Luzerner glauben zu machen, dass dies ein Bösewicht ohne Gleichen sei. Diese gaben wirklich dem Zweifel Raum, wenn er allenfalls ein so arger Verbrecher sei, könnte er frei gelassen ihnen auch grossen Schaden zufügen und zugleich hofften sie, auch von Venedig ein hübsches Geschenk für ihre Nachgiebigkeit zu erhalten. Sie taten es und der Mann wurde hingerichtet. Als sie ihn über die Reussbrücke und der Reuss entlang zum Richtplatz ausführten, warf er in einem gläsernen Gefässe eine Flüssigkeit oder einen Stein in die Reuss, welche das Wasser weithin ins Kochen brachte. Aber wer statt eines schönen Lohnes nur Spott einerntete, waren die Luzerner. „Ihr habt den Vogel gehabt, warum liesset ihr ihn los," liessen die Venediger ihnen sagen.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Ein verhexter Posamentstuhl

Source: Ein verhexter Posamentstuhl

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Jahr 1792. Dem Fried Mangold sind beim Bandweben mehrmals auf rätselhafte Weise etliche Blätter am Stuhl «versprungen», und hinter dem Scheidblatt sind die Zettel wie abgehauen worden. Marti Erni von Wenslingen, der sich auf dergleichen versteht, schickt ihm zuerst ein «Blechlein» und ein Kreuz damit sie an den Stuhl gehängt werden. Dann kommt er selbst, geht um den Stuhl herum und murmelt Unverständliches; für den Fall, dass jener «durch böse Leuthe verundreut worden», bohrt er «Täufels Tk.» (Teufelsdreck) in das Holz ein. Wie nichts hilft, weist er Mangold an den Nachrichter Ostertag in Zwingen, der ihm von einem wandernden Krämer empfohlen worden – er habe schon «viel Wundersach» gemacht. Dieser kommt, heftet «etliche Zedulein» auf den Stuhl, bohrt ebenfalls Löcher und tut etwas hinein. Böckten Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ein verkannter Künstler

Source: Ein verkannter Künstler

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Über die Erstellung eines im Jahre 1897 in der Nähe des Dorfes zerstörten Kruzifixes wurde erzählt: Sein Schöpfer soll ein Bregenzer gewesen sein, der zur Zeit der Erbauung der Domkirche (1680) oder des Umbaues (1750) nach Arlesheim verschlagen wurde. Vergeblich habe der Geselle dem Dombaumeister seine Dienste angeboten. Aus Erbarmen habe der Baumeister ihm schliesslich die Anfertigung eines steinernen Troges für den Schweinestall eines der Domherren übertragen. Nach wenigen Tagen lieferte der verkannte Künstler einen Trog ab, dessen Vorderfläche das fein ausgeführte Bild eines Schweines und seiner Jungen zeigte. Ein Domherr bewirkte, dass ihm das Kapitel die Erstellung eines Kruzifixes übertrug. Da stellte der Künstler nicht den mit dem Tode ringenden Heiland dar, sondern wie er, den Mund zu einem seligen Lächeln verzogen, zu rufen scheint: Es ist vollbracht. Diese Auffassung soll den gelehrten Herren und namentlich dem Domprobst nicht gefallen haben. Er fuhr deshalb den Künstler an, das sei noch nie erhört worden, dass man den Heiland am Kreuz mit lächelndem Munde darstelle. Der Gescholtene gab zur Antwort: «Wenn der Heiland die Herren da droben in Arlesheim sieht, wird ihm das Lachen schon vergehen und das Weinen von selbst kommen.» Arlesheim Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ein Verstorbener erscheint

Source: Ein Verstorbener erscheint

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Um die Mitte des 19. Jahrhunderts war in unserer Gemeinde noch ein Schäfer angestellt. Da beschloss die Gemeindeversammlung 1869 die Aufhebung der Schafweide und die Parzellierung und Verpachtung des Gemeindelandes. Der damalige Schäfer, ein Deutscher namens Johann Schanz, verliess die ihm lieb gewordene Stelle nur ungern. Nach längerer Zeit sah eine Frau zum Fenster hinaus und erblickte den alten Schäfer, der vor dem Nachbarhaus stand. Sie fragte verschiedene Bekannte, ob der Schäfer im Dorfe gewesen sei. Doch niemand wollte ihn gesehen haben. Bald darauf kam die Nachricht, Schanz sei um jene Zeit gestorben. Buus Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ein Volchgang

Source: Ein Volchgang

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In den Eggen, in Grächen, war ein Haus, vor dessen Fenstern der Volchgang besonders an den Tempertagen statt hatte. Es war eben ein grosser Tod im Vispertal und auch in Grächen starben viele. Da hörte der Bewohner dieses Hauses, als er eben ins Bett gehen wollte und schon einen Strumpf abgezogen hatte, den er noch in der Hand hielt, plötzlich ein dumpfes Getöse; — es rauschte der Volchgang vorüber. Schnell ging er leise ans Fenster und sah eine grosse Prozession von Toten vorübergehen, unter denen sich auch viele ihm Bekannte und unlängst Verstorbene befanden. Zuletzt kam einer, der an einem Bein keinen Strumpf anhatte, wohl aber denselben in der Hand trug. Er verstand, was dies zu bedeuten habe; dass er nämlich sich selbst unter den Toten gesehen und der Letzte sein werde. Er bereitete sich zum Sterben und war auch wirklich der Letzte, der in dieser tödlichen Krankheit in Grächen zum Grabe getragen wurde.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Ein Weinbauer als Detektiv

Source: Ein Weinbauer als Detektiv

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Einem Weinbauern in Münchenstein wurden regelmässig Rebstecken aus seinen Reben entwendet, ohne dass er den Täter ausfindig machen konnte. Da kam er auf den originellen Einfall, in viele Stecken oben kleine Löcher zu bohren und in diese Weizenkörner zu stecken. Als nach einiger Zeit wieder einige Rebstecken fehlten, so hielt er Umschau und da entdeckte er bei seinem Nachbarn zahlreiche derselben, aus welchen just der Weizen grünte. Er machte den Mann auf diesen Umstand aufmerksam und seit jener Zeit fehlten ihm keine Stecken mehr. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Ein weisses Pferd und eine gefundene Glocke

Source: Ein weisses Pferd und eine gefundene Glocke

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Zu beiden Seiten der Strasse von Herzogenbuchsee nach Bützberg zieht sich längs derselben eine Viertelstunde lang ein schöner Buchenwald hin. In diesem Walde stund vor alten Zeiten ein Teil einer ungeheuren Stadt, nebst einem Zwingherrenschloss. Noch jetzt jagt der ehemalige Besitzer dieses Schlosses mit schrecklichem Lärm in diesem Walde; auch sieht man öfters, dort zur Nachtzeit ein weisses Pferd und hört einen Hahn krähen. Überreste von Gebäuden sieht man keine mehr; jedoch ist erst in neuerer Zeit eine grosse Glocke, die jetzt zu Herzogenbuchsee hängt, auf eine merkwürdige Art dort gefunden worden. Es hütete nämlich am Saume des Waldes ein Ziegenhirt seine Herde. Einst scharrte aus Übermut eine Ziege mit ihren Füssen die lockere Erde weg, worauf etwas Metallartiges zum Vorschein kam. Der Hirt sah dieses, machte Anzeige, und nun grub man an dieser Stelle eine mächtige Glocke aus der Erde. Auch fand man vor fünf Jahren ganz nahe bei dieser Stelle vier Fuss tief in der Erde Menschenknochen und einen Säbel. Quelle: Theodor Vernaleken, Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch


by Ein Wenger auf der Fuchslotz

Source: Ein Wenger auf der Fuchslotz

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In einem harten Winter waren in den Wäldern rings um Wengen viele Fuchsbaue. Das Raubzeug hatte schlimm überhandgenommen. Weder Huhn noch Katze waren ausserhalb der Dachzube des Lebens sicher. Obschon es ein Jahr für Maus und Vogel gewesen, im Herbst Haselnuss, Acherrand und roter Holunder in Fülle an Baum und Stauden hingen, kam mit dem Schnee und der starrenden Kälte wieder die Zeit der schweren Not über alles Wild. Die Mäuse frassen die Haare von den Schuhsalbbürsten, und die Füchse trieb der Hunger am hellichten Tag auf Raub. Ein Bauer am Lehn war seines Hühnervolkes wegen genötigt, dem Fuchsen obzuliegen. Vor der grimmen Kälte kroch er in einer Scheune ins Heu und war wartend, zwischen den Balken hinaus zum Schuss zu kommen. Die liebe, lange Nacht lag er im Heu, aber keiner von den roten Schelmen liess sich blicken. Der Heustock war angeschrotet, und unten im Stall hörte man dann und wann eine Kuh tryssen. Auf einmal raschelte es an der Scheunenwand, und etwas Schwarzes sprang neben ihm ins Heu. Er fuhr zusammen und spannte den Flintenhahn; da fuhr fauchend ein Marder an ihm vorbei, sprang im Hui an die Dachrafen und zum vordern Giebelloch hinaus. Ein Gestank, ärger als der des leibhaftigen Satans, stach ihn in die Nase. Dann war es wieder so still wie in der leeren Kirche. Auf der andern Talseite drüben begann der Morgen an den Felsen des Schwarzbirgs schon zu grauen. Nun kam plötzlich von der obern Scheune ein schwarzer Mann herunter bis auf die Platte vor der Stalltüre. Hier blieb er stehen und wartete. Aber man hörte von ihm weder Schritt noch Tritt, kein Lüftlein ging, es war so still, man hätte Flachssamen säen können. Da der Seltsame dem Besitzer der Scheune in Gestalt und Bewegung ähnlich sah, glaubte der Lotzer, der komme, um sein Vieh zu hirten. Um ihn nicht unnötig zu erschrecken, rief er zwischen den Flecken hinaus: „Erschrick nicht, Christen, ich bin hier oben auf deinem Heustock auf der Fuchslotz.“ Da verschwand der vermeintliche Hirter vor der Stalltüre aufs Mal. Den oben im Heu, den blies ein Wind an wie der, der in Föhnnächten vom Gletscher kommt. Nun kam dem Fuchser erst in den Sinn, dass diese Scheune am Lehn ja schon lange verrufen. Durch einen Spalt hinaus sah er, dass der Unheimliche wieder vor der Stalltüre war, papierene Schuhe an hatte, plötzlich auf einem weissen Pferde sass und von der Scheune wegritt. Vorn auf dem gähen Stutzli, wo er hätte absteigen müssen, flog er ein gutes Stück mitsamt dem Ross durch die Luft, und unten ritt er weiter. Da hatte der Lotzer in der Scheune am Lehn das Fuchsen gründlich satt, und er machte sich nach Hause. Am Morgen wurde er, wohl vom föhnigen Windstoss, krank am Wasser und bekam ein Reissen im Rücken. Uebel und Wehtat vergingen erst, als er während drei Nächten ein Messer in die Wand neben seinem Bette stiess. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch  


by Ein Wenger auf der Fuchslotz

Source: Ein Wenger auf der Fuchslotz

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In einem harten Winter waren in den Wäldern rings um Wengen viele Fuchsbaue. Das Raubzeug hatte schlimm überhandgenommen. Weder Huhn noch Katze waren ausserhalb der Dachzube des Lebens sicher. Obschon es ein Jahr für Maus und Vogel gewesen, im Herbst Haselnuss, Acherrand (Buchnüsschen) und roter Holunder in Fülle an Baum und Stauden hingen, kam mit dem Schnee und der starrenden Kälte wieder die Zeit der schweren Not über alles Wild. Die Mäuse frassen die Haare von den Schuhsalbbürsten, und die Füchse trieb der Hunger am helllichten Tag auf Raub. Ein Bauer am Lehn war seines Hühnervolkes wegen genötigt, dem Fuchsen obzuliegen. Vor der grimmen Kälte kroch er in einer Scheune ins Heu und war wartend, zwischen den Balken hinaus zum Schuss zu kommen. Die liebe, lange Nacht lag er im Heu, aber keiner von den roten Schelmen liess sich blicken. Der Heustock war angeschrotet, und unten im Stall hörte man dann und wann eine Kuh tryssen. (geräuschvoll schnaufen) Auf einmal raschelte es an der Scheunenwand, und etwas Schwarzes sprang neben ihm ins Heu. Er fuhr zusammen und spannte den Flintenhahn; da fuhr fauchend ein Marder an ihm vorbei, sprang im Hui an die Dachrafen und zum vorderen Giebelloch hinaus. Ein Gestank, ärger als der des leibhaftigen Satans, stach ihn in die Nase. Dann war es wieder so still wie in der leeren Kirche. Auf der anderen Talseite drüben begann der Morgen an den Felsen des Schwarzbirgs schon zu grauen. Nun kam plötzlich von der oberen Scheune ein schwarzer Mann herunter bis auf die Platte vor der Stalltüre. Hier blieb er stehen und wartete. Aber man hörte von ihm weder Schritt noch Tritt, kein Lüftlein ging, es war so still, man hätte Flachssamen säen können. Da der Seltsame dem Besitzer der Scheune in Gestalt und Bewegung ähnlich sah, glaubte der Lotzer, der komme, um sein Vieh zu hirten. Um ihn nicht unnötig zu erschrecken, rief er zwischen den Flecken (Holzwandteilen) hinaus: "Erschrick nicht, Christen, ich bin hier oben auf deinem Heustock auf der Fuchslotz." Da verschwand der vermeintliche Hirter vor der Stalltüre aufs Mal. Den oben im Heu, den blies ein Wind an wie der, der in Föhnnächten vom Gletscher kommt. Nun kam dem Fuchser erst in den Sinn, dass diese Scheune am Lehn ja schon lange verrufen. Durch einen Spalt hinaus sah er, dass der Unheimliche wieder vor der Stalltüre war, papierene Schuhe anhatte, plötzlich auf einem weissen Pferde sass und von der Scheune weg ritt. Vorn auf dem gähen Stutzli, wo er hätte absteigen müssen, flog er ein gutes Stück mitsamt dem Ross durch die Luft, und unten ritt er weiter. Da hatte der Lotzer in der Scheune am Lehn das Fuchsen gründlich satt, und er machte sich nach Hause. Am Morgen wurde er, wohl vom föhnigen Windstoss, krank am Wasser und bekam ein Reissen im Rücken. Übel und Wehtat vergingen erst, als er während drei Nächten ein Messer in die Wand neben seinem Bette stiess. Quelle: Hans Michel, Ein Kratten voll Lauterbrunner Sagen. Wengen 1936. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ein Wiedergänger?

Source: Ein Wiedergänger?

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Meine Mutter wurde einmal beim Bohnenpflücken unten im Tal von einem heftigen Gewitter überrascht. Sie rannte ins Dorf zurück. Unterwegs gesellt sich der Romi (Hieronymus T.) zu ihr. Selbander gingen sie ein Stück Weges; kurz vor dem Dorf aber verschwand der Begleiter plötzlich. Erst in diesem Augenblick wurde es der Mutter bewusst, dass dieser Romi ja schon gestorben war. Am Morgen darauf erwachte sie mit einer geschwollenen Backe auf der rechten Seite. Ziefen Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ein Wildmandli

Source: Ein Wildmandli

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gab den Geissbuben den Rat: »Wennd's scheen isch, nähmet der Tschoopä mid-ech, wennd's wiescht isch, hend-er d'Wehli.« (Fast redensartlich.) Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ein Ziefner in der grossen Armee Napoleons

Source: Ein Ziefner in der grossen Armee Napoleons

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Der zweitletzte Kuhhirt von Ziefen hiess Gätteli und war ein Heimatloser. Von ihm wird gesagt, dass die vielen Jahre, während denen er Hirt war zu Ziefen, zusammengezählt sieben Jahre Sonntag gemacht hätten. An die grosse Armee, mit welcher Napoleon I. nach Russland zog, hatte die Schweiz 18,000 Mann zu stellen. Die Regierungen verteilten nun die zu stellende Mannschaft auf die Orte. Ziefen hatte einen Mann zu stellen, aber woher den nehmen? Freiwillig wollte niemand gehen, und durchs Los entscheiden wollten die vornehmen Bürger nicht. So kam der Gemeinderat auf den Einfall, durch grosse Versprechungen und Wein den Gätteli ins Garn zu locken. Wie er «ja» sagte, wurde er nicht mehr aus den Augen gelassen und mit etwas Geld versehen, 1811 zu der grossen Armee abgeliefert. Er kam nach Moskau und wieder zurück an die Beresina, wo er durch Hunger und Kälte seinen Tod fand. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch  


by Ein Ziefner in der grossen Armee Napoleons

Source: Ein Ziefner in der grossen Armee Napoleons

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Der zweitletzte Kuhhirt von Ziefen hiess Heini Gätteli und war ein Heimatloser. Von ihm wird gesagt, dass die vielen Jahre, während denen er zu Ziefen Hirt war, zusammengezählt sieben Jahre Sonntag ergeben hätten. An die grosse Armee, mit welcher Napoleon I. nach Russland zog, hatte die Schweiz 18 000 Mann zu stellen. Die Regierungen verteilten die zu stellende Mannschaft auf die Orte. Ziefen hatte einen Mann zu stellen, aber woher den nehmen? Freiwillig wollte niemand gehen, und durchs Los entscheiden wollten die vornehmen Bürger nicht. So kam der Gemeinderat auf den Einfall, durch grosse Versprechungen und Wein den Gätteli ins Garn zu locken. Wie er «ja» gesagt hatte, wurde er nicht mehr aus den Augen gelassen und, mit etwas Geld versehen, k1812 zu der grossen Armee abgeliefert. ER kam nach Moskau und wieder zurück an die Beresina, wo er durch Hunger und Kälte den Tod fand. Ziefen Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Ein Zigeunerweib verflucht einen Nachtbuben

Source: Ein Zigeunerweib verflucht einen Nachtbuben

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Noch bis in die Nächte unseres Jahrhunderts herein trieben die Nachtbuben ihre tollen Streiche. Mit Vorliebe wählten sie dazu den Samstagabend. Da zogen sie vor das Fenster der Dorfschönen und erbaten oder forderten Einlass zu einer Dorfete. Oder sie striehlten in den Gassen herum, verwechselten den Leuten die Scheitstöcke, stellten Sagböcke auf die Dachfirsten, einmal sogar ein Fuder Mist; entführten die Redige von einem Dorfteil in den andern, beigten Wedelen oder Klafterholz einem unbeliebten Dorfgenossen vor die Haustüre und äkten ihn dann heraus, um sich an seiner Wehrlosigkeit zu weiden. Einmal hatte sich im Schiffschopf ein Trupp Zigeuner am Seeufer gelagert. Im flackernden Scheine eines prasselnden Feuers taten einige zerlumpte braune Männer- und Weibergestalten und Kinder geschäftig oder hockten müssig auf der Erde. Über dem Feuer hing ein Kessel mit brodelndem Wasser, und zwischen etlichem am Boden herumliegenden Hausrat schnaffelte ein kleines Putterfähdli mit der Schnauze im Dreck. Die Nachtbuben liessen die Gelegenheit nicht unverpasst. Gaffend und gwundernd standen ihrer sechs oder sieben um das Lager. Einer war dabei, der sich gescheiter um seine Liebste gekümmert hätte, trug sie doch von ihm ein Kind unterm Herzen. Anfänglich war ihr Gwunder auch ernst gemeint, ja, sie fühlten sogar ein wenig Respekt vor den Messer- und Zauberkünsten, die man dem fahrenden Volk nachsagte. Letztamend wurde ihnen aber das Gaffen zu dumm, der Übermut kitzelte ihre Sinne, und sie ratschlagten, den Zigeunern etwas anzuhängen. Gedacht, getan. Der eine Bursche, ein trotziger, untaner Feger, erspähte die Gelegenheit, packte das unschuldige Putterfähdli und warf es in den Kessel mit dem siedenden Wasser. Aber da konnten die Buben springen, was gibst was hast! Den Unflätigen traf der Fluch einer alten Zigeunerin, wiewohl er auch mit den andern weggelaufen war. Derweil seine Kameraden, bald hier bald dort, in einem dunkeln Hauswinkel sich verkrochen und verbargen, ihn hielt eine geheimnisvolle Macht davon ab; er musste laufen, laufen, immerzu, dorfaus und in die Nacht hinein, über fremden Weg und fremden Steg in unbekannte Fernen. Vor den Augen der Kameraden war er plötzlich verschwunden, niemand hatte ihn fortgehen sehen, niemand wusste, als er im Dorfe vermisst wurde, wo er sich hingewandt hatte und wo er geblieben. Alles Suchen in den Feldern und Wäldern war vergebens, der Bursche blieb verschollen, und die schmählich verlassene Braut weinte wochenlang bittere Tränen. Dreimal waren seitdem Sommer und Winter über das Land gegangen. Da kehrte eines Tages der Bursche wieder in das Dorf zurück. Der erste Mensch, der ihm auf der Gasse begegnete, war ein Kind, ein munteres Mädelchen, er erkannte es sofort als sein und seiner Liebsten Kind, und nahm es auf den Arm. Die Dorfleute sahen ihn verwundert wiederkommen. Auf ihre Fragen, wo er denn die Zeit her sich herumgetrieben, wusste er keine Antwort. Er erinnerte sich an nichts, was zwischen dem Abend damals und seiner Rückkehr ins Dorf mit ihm vorgegangen war, so gründlich hatte sich der Fluch der alten Zigeunerin erfüllt. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Ein zweites Stücklein vom starken Leuzinger

Source: Ein zweites Stücklein vom starken Leuzinger

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Des starken Fridli Leuzingers Enkel hiess Balz und prahlte oft mit seiner wirklich ungewöhnlichen Körperkraft. Schade, dass sein Grossvater nicht mehr bei Kräften sei, dem wollte er den Meister zeigen, sprach er eines Nachmittags. Der Alte vernahm es, sprach aber kein Wort. Am Abend aber, als der Naseweis bei einer «Spinnete» bei den jungen Leuten das grosse Wort führte, wurde plötzlich an den Fensterladen geklopft, und eine verdrehte Stimme hänselte: «Bälzli Lüüziger, Grosshans, chum use, wänn d Guraschi häsch!» Wie ein Drache fuhr der Beleidigte aus dem Haus, um den frechen Nachtbuben zu strafen. Draussen stand einer, die Schirmkappe tief über die Stirn herabgezogen. Balz schoss auf ihn los. Aber der Unbekannte hob ihn mit einem gewaltigen Schwung in die Luft und liess ihn eine Weile dort oben im Mondschein zappeln. Dann warf er ihn lachend ins kurze Herbstgras, versetzte ihm einen währschaften Hosenspanner und flüsterte dem Jungen ins Ohr: «Balz, du bisch e Nar und häsch e grosses Muul, und ich bi dine Grossvatter. Wänn d nüd gschyder und bscheidner wirsch, so salb di jeden Abed ab!» Dann liess er handum seinen Enkel liegen und ging ruhig heim ins Bett. Der Balz aber war von Stund an kuriert.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Ein Zwerg als Knecht

Source: Ein Zwerg als Knecht

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Im hintern Grund hatte ein Bauer einen guten Knecht. Der behandelte alles Rindvieh und selbst das arge Geissenvolk niemals grobjänisch, denn er war einer aus dem Zwergenvolk. Der Bauer hatte, wie es früher üblich war, Wiesland und Gehälter im Tal und auf den Höhen. Je nach Schneelage und Jahreszeit zügelte man zu Berg oder zu Tal. "Wen die Taga lengen, tuod der Winter strengen", sagen die Leute in Mürren oben, dem höchsten Dorf im weiten Bernerland. Wie oft schon ist es hier vorgekommen, dass der Märzenschnee im ausgeschorten Känel vom Stall zum Treichitrog den Kühen ans Rist reichte! Deshalb fuhren die im Grund ansässigen Bauern mit ihrer Habe zu Tal, wenn man noch Weg und Steg brauchen konnte und Föhn und Märzenlaunen nicht drohend darüber geboten. Einmal, zu Lichtmess, (2. Februar)hatte der Knecht oben noch lange nicht das halbe Heu verhirtet. Aber zu Oculi (3. Fastensonntag), da drängte der Bauer darauf, bald zu Tal zu zügeln; denn er hatte Sorge, es könnte ihm bei Tauwetter im kranken Schnee ein Haupt erfallen oder in die Laui kommen. In diesem Winter war ihm der zehnte Bub angestanden; darum bekam er nun wohl das Salz umsonst, aber mit einem Löffel mehr am Tisch war es gewiss nicht gemacht; es musste einer mit dreizehnköpfigem Haushalt zu seinem Sacheli schauen. Der gute Knecht hatte gesagt, mit dem ganzen Zügel solle der Meister nichts zu tun haben, weder Stupf noch Kritz, er allein werde am rechten Tag, zur rechten Zeit und Stunde, ohne dass ein einziges Haupt Schaden nehme, das ganze Gewerb zu Tale führen. Aber wenn er niederfahre, solle niemand Angst zeigen, vor allen Dingen keines von den Tieren bei seinem Namen rufen. Der Bergbauer legte nun vertrauensvoll alles in die schaffenden Hände des Guten, das war ja einer von der rechten Ader, er hatte mit ihm noch nie etwas Ungerades gehabt. Er selber ging in den Grund und lag dem Fällen des Holzes ob. Nun war aber am Sonntag, der kam, schon Laetare, (dritter Sonntag vor Ostern) und das Männlein wollte und wollte nicht kommen. Am Montag drauf aber schauten die Holzer im Lengwald unten lang an die Mürrenfluh hinauf. Man hörte oben Kuhglocken und Plumpen, (grosse Treicheln) Kälbertreicheln und Geissenrölli ineinander läuten und klingeln. Da kam — sie trauten ihren Augen kaum — der Zwergenknecht mit der ganzen Habe — gross und klein, wie es der Hirt zum Tor hinausjagt, auf dem vordersten Rand der mit Eiszapfen behangenen Balmen gegen Gimmelwald herunter. Dem Meister gerann das Blut in den Adern. Er liess das Beil fallen, vergass die Mahnung des kleinen Hirten und rief in jähem Schrecken: "Um Gottes Willen — meine gute Luschta!" Der Name war kaum gefallen, da stürzte die mälche Treichelkuh, wie vom Strahl getroffen, vielhundert Fuss tief hinunter in das Gufer. Alles andere tat keinen Misstritt, kam gesund und recht unten an, keinem war ein Haar gekrümmt noch ein Nerv entschirret worden. Wäre der Bauer dem Rat des Erdmännleins gefolgt, es hätte auch der roten Leitkuh nichts getan. Quelle: Hans Michel, Ein Kratten voll Lauterbrunner Sagen. Wengen 1936. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ein Zwerg zahlt mit Kohlen

Source: Ein Zwerg zahlt mit Kohlen

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In der Gydisfluh oberhalb Stechelberg hausten früher Zwerge. Da sie dienstfertig waren, standen sie mit den Bergbewohnern auf gutem Fuss. Einer Zwergenmutter, die in Kindesnöten war, gewährte deshalb die weise Frau von Gimmelwald, sie wohnte am Mühlebort, gerne Hilfe. Willig nahm sie den steinigen und stotzigen Stolperweg unter die Füsse. Nachdem das Kindlein zur Welt gekommen und munter in der Wiege lag, nahm der Zwerg ein Häuflein Holzkohlen und schüttete sie der Frau von Gimmelwald für ihre Mühewaltung in die Schürze. Enttäuscht über das Hungerlöhnli machte die sich auf den Heimweg. Sie glaubte, dass die schwarzen Klumpen kaum für das Plätteisen taugten und gab auf dem Weg nicht sonderlich acht auf den schäbigen Entgelt. Als der Zwerg das merkte, lief er ihr nach und rief ihr warnend zu: Je mehr du verzatterst, Je minder du hattest! Je mehr du verstreust, Je mehr du bereust! Sie beachtete aber die Warnung des Spenders nicht. Mit nur drei Stücklein kam sie oben in Gimmelwald an und warf sie achtlos in den Herd. Da wurden aber bald aus den Glutstücklein lauter glänzende Goldstücke. Im Nu begriff die Gimmelwalderin den Zuruf des Bergmännchens, hastete talzu und ergab sich nicht bis zum untersten Spitzkehr. Aber sie fand von den so geringschätzig und unachtsam verzatterten Kohlen kein allereinziges Stücklein mehr. Quelle: Hans Michel, Ein Kratten voll Lauterbrunner Sagen. Wengen 1936. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.    


by Ein Zwerglein fragt für eine Winterkuh

Source: Ein Zwerglein fragt für eine Winterkuh

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In den Felsen der Berner Alpen wohnten früher Zwerge. Diese halfen den Alphirten beim Heuen und taten auch sonst viel Gutes für Mensch und Tier.  Zum Dank stellten die Älpler den Zwergen ein wenig Milch und Nidle bereit. Einmal aber war der Sommer kalt gewesen, es gab wenig Heu und die Kühe waren im Herbst so dünn, dass man die Rippen zählen konnte. Zu jener Zeit kam einmal einer der Zwerge zur Alphütte und fragte: «Gibst du mir eine Kuh über den Winter? Im Frühling bringe ich sie dir zurück.» Der Alphirt überlegte eine Weile und dachte dann: ‹Wer weiss, vielleicht bringt der Zwerg die Kuh besser über den Winter als ich, so wenig Heu, wie ich für sie habe›, und er willigte ein. Bald schon verschwand das Männlein mitsamt der Kuh Richtung Felsen. Als es im nächsten Jahr Zeit wurde zur Alp hochzusteigen, wartete oben schon das Männlein. Die Kuh führte es an einem Seil über die steilen Felsen, sie war rund, ihr Fell glänzte und das Euter war voller Milch. Der Alphirte freute sich sehr, und er fragte: «Wie hast du das gemacht, dass deine Kuh so gesund und fett ist, meine aber mager nach dem schlimmen Winter?» Darauf sagte der Zwerg:  «Ich gab ihm Muttnere und Adelgras,  das Beste für’s Chueli im richtige Mass.» Dann schenkte es dem Älpler ein Käsmutschli und sagte: «Pass gut auf das Mutschli auf und schneide nie mehr als bis zum Kreuz in der Mitte, dann wirst du lange davon zehren.» Daraufhin verschwand das Männlein. Der Hirt wunderte sich über das Geschenk. Noch mehr staunte er, als das Käslein, wann immer er ein Stück davon abschnitt, wieder ganz wurde.   Einmal aber kamen Leute, um dem Hirten beim Heuen zu helfen. Wie es der Brauch ist, stellte der Älpler für seine Helfer etwas Znüni mit Brot und Käse bereit. Doch er vergass zu sagen, dass man nicht zu viel vom Mutschli abschneiden durfte und so geschah es: Die hungrigen Männer schnitten Stück für Stück davon ab und bald war nichts mehr von dem wundersamen Käslein übrig. Quelle: Neu erzählt nach:  A.Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. ©Mutabor Märchenstiftung


by Ein Zwerglein fragt für eine Winterkuh

Source: Ein Zwerglein fragt für eine Winterkuh

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In den Felsen des Stollengrinds beim Planalpstafel Gummi sollen die Stollengrindmanndleni gehaust haben, und in einem Loch bei der nahen Koppisegg wohnten Zwerge. Diese kleinen Weslein waren den Älplern gar gute Helfer beim Heuen, schafften Brennholz in die Hütten und werkten manches zum Guten für Mensch und Vieh. Als Entgelt stellten ihnen die wohlgesinnten Älpler ein wenig Milch oder Nidle bereit, und damit gaben sich die Leutlein zufrieden. Eines Tages, gegen den Herbst, kam ein solcher Knirps zu den armseligen Hütten im Gummi und fragte einen Älpler für eine Winterkuh. Der Älpler schlug das Begehren nicht ab, die Leutlein verstanden es ja, mit dem Unvernünftigen umzugehen. Und so stieg das Männlein mit der Kuh, der man von weitem die Rippen zählen konnte, bald hinter den Hütten die steile Halde gratwärts und war, man weiss nicht wie, verschwunden. Im Sommer darauf brachte das Männlein die Kuh wieder ins Gummi zurück, rund und glatt und mit einem Euter wie ein Bienenkorb. Der Älpler gab seiner Freude darüber unverhohlen Ausdruck, so feiss und glatt sei sie geworden, dass Besseres nichts fürtrage. Worauf der Zwerg sagte: „Muttnere und Adelgras, ’s Beste, was das Kuhli frass!“ und dem Älpler gleich den Winterlohn, ein kleines, sauberes Käsmutschli überreichte. Mit dem Mutschli aber war der Älpler nun weniger zufrieden als mit der Kuh. „Was“, schalt er schier, „ein so geringes Mutschli als Winterlohn?“ Aber böser tun durfte er doch nicht. Belehrte ihn das Männlein eines Besseren: „Es ist mehr als du meinst. Wenn du das Mutschli nie weiter anschneidest als bis zum Kreuz, das darauf steht, wird es nicht schwiinnen!“ sagte es und ging seiner Wege. Wie der Zwerg gesagt hatte, so war es auch. Wenn der Älpler von dem kleinen Mutschli brauchte und nicht weiter als bis zu dem angegebenen Zeichen schnitt, war es bis zur nächsten Mahlzeit wieder ganz geworden. Einmal im Heuet musste er Leute anstellen. Denen gab er zum „Zniini“ das Mutschli zu Milch und Brot, vergass aber zu sagen, was es damit für eine Bewandtnis habe; die Leute schnitten ungeachtet in das Zeichen, und das Mutschli verlor seine gute Eigenschaft Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Ein Zwerglein pachtet eine Kuh

Source: Ein Zwerglein pachtet eine Kuh

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Man munkelte von einem armen Bäuerlein im Lauterbrunnental, es wintere stets ein Haupt mehr als sein Heuvorrat vertrage. Im Herbst, nach der Alpabfahrt, als es sein Vieh in einer abgelegenen Bergweide hirtete, kam einst ein Zwerglein zu ihm, um eine Kuh zum Winternutzen zu pachten. Nach einigem Werweissen war der Bauer einverstanden, gab ihm aber keine zum Kalbern nähige, sondern das geringste, hagmagere Kühlein, das mitten im Winter an die Galt kam. Das Zwerglein wusste, dass das Bäuerlein ein armer Schlopfi war und liess sich nichts anmerken; es zog das Kühlein, das willig folgte, an der Seili fort. Im Frühjahr, am vereinbarten Tag, führte der kleine Pächter es zur Stunde wieder her. Die Kuh war feist und gab einen gewaltigen Schöpf Milch. Ein Kalb, ein Ausbund in Fleisch und Haar und Knochen, tänzelte munter nebenher. Der Bauer sah, dass er dem Glück in den Schoss gesessen und wollte dem guten Pächter wieder ein Haupt anvertrauen. Der wies das Anerbieten entschieden ab, gab ihm aber noch einen Pachtzins, den er zwischen den Klauen des Tieres finde. Sobald der Zwerg im Wald verschwunden, sah der Bauer nach und fand etliche Gerstenkörner. Er war nicht auf den Kopf gefallen, tat sie sorgsam auf die Seite, ahnend, dass sie ihm nach der Aussaat hundertfache Ernte bringen würden. Als dann aber die Zeit gekommen war, sie zu säen, da waren es lauter helle, blinkende Stücke geschlagenes Gold, und der Pachtzins war grösser als der Wert von Kuh und Kalb. So oft und so scharf er aber auch Ausguck hielt, das Zwerglein erschien nie wieder. Quelle: Hans Michel, Ein Kratten voll Lauterbrunner Sagen. Wengen 1936. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ein Zwerglein warnt vor dem Bergsturz

Source: Ein Zwerglein warnt vor dem Bergsturz

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Zwischen den Weilern Paktieren und Löögen im Haslital lag vor vielen hundert Jahren schattenhalb noch ein Dörfchen. Eines Tages kam ein Zwerglein gesprungen und keuchte außer Atem: «Flieht, flieht und räumt. Lasst alles im Stich! Noch ein paar Tage und dann stürzt die Fluh herunter.» Die Leute werweißten nicht lange, sondern packten eilends zu: ein paar Tage später hatten sie Hausrat und Habe, Ziegen und alles Vieh gezügelt. Viele zogen nach Falcheren, andere fanden anderswo Unterschlupf. Bald geschah der Abbruch, und der Felssturz deckte das ganze Dörfchen zu. Leute kamen dabei keine um. In Hohfluh auf der anderen Bergseite hing Wäsche, als der Sturz geschah; die sei ganz schwarz geworden vom Dreck und Staub, den er aufgewirbelt habe. Drei Tage danach, als alles zur Ruhe gekommen war, hörte man unter den Steinen, wo das Dörfchen gelegen, noch einen Hahn krähen.   Quelle: Schweizer Märchen, Sagen und Fenggengeschichten, hrg. von Curt Englert-Faye, Zbinden Verlag,  Haslital        Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ein, wo unglych verteilt het

Source: Ein, wo unglych verteilt het

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Vor zäh oder füfzäh Johr isch ein gstorbe, suscht c rächte Ma aber er het unglych verteilt (das Erbe). Er isch umme gange; wenn si sy go mälche, syg dä im Stall uf im Bänkli ghockt. Si hai derno e Kapizyner gholt - früejer sy vill zu de Kapizyner ins Neubaselbiet gange -, und dä het en ine Gütterli verbannt. Sider haigs ghört. Bubendorf Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Einbildungskraft

Source: Einbildungskraft

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Wie die Einbildungskraft eine Wirkung hat, zeigt eine Begebenheit, die letzter Jahre sich zugetragen hat. Auf dem Wege von Buchen nach Putz steht ein Stall. Bei diesem Stalle soll in gewissen Nächten ein Männlein stehen, das Vorübergehende eine Strecke weit verfolge, und mit Steinen bewerfe. Zwei noch lebende Männer trafen einstens um Mitternacht bei diesem Stalle zusammen. - Jeder hielt den Andern für den Geist, und wollte Demselben entfliehen. - Sie hatten den gleichen Weg zu machen, und rannten neben einander dahin, bis sie vor Erschöpfung, auf Leben und Tod, sich ergaben und als - zwei alte, gute Freunde sich erkannten. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Eine Alpe um ein Säcklein Kastanien

Source: Eine Alpe um ein Säcklein Kastanien

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Zwischen den Bernina-Häusern und dem Bernina-Hospize, liegt eine Alpe, die der Gemeinde Bondo im Bergelle angehört. Diese schöne Alpe war einst Eigentum einer reichen Frau von Pontresina. Eines Tages kam nun eine Bergellerin (von Bondo) nach Pontresina, zu einer Freundin auf Besuch; sie hatte ein Säcklein Kastanien bei sich, die ersten reifen dieses Jahres. Die erwähnte Alp-Besitzerin, die eben in gesegneten Umständen sich befand, und von den neuen Kastanien hörte, gelüstete nach Diesen, und bot hohen Preis. - Die Bergellerin, ihren Vorteil beharrlich wahrend, weigerte sich entschieden, dem glänzenden Anerbieten Folge zu leisten. »Nun, so gebe ich Euch meine schöne Alpe auf Bernina dafür,« rief heftig die Lüsterne. Ohne weiter zu markten, schloss die Bergellerin den Pakt, und kam auf diese Weise um ein Säcklein Kastanien in den Besitz der schönen Alpe, welche sie dann an ihre Heimatgemeinde verkaufte.   Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Eine Alraungeschichte

Source: Eine Alraungeschichte

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Jahr 1734. Dem Hans Räber und seiner Frau wurde von einem «frömbden Weib» aus dem Solothurnischen eine Alraune angetragen, wodurch man «gelt in 4 tagen Verdopplen könnte». Jenes hatte behauptet, «es wären Thumbherren (Domherren) Zu Arlessheim, Von denen man Ein Alraun bekommen könnte». Diese und ein Basler Herr seien durch die Alraune schon so reich geworden, dass sie sie weggeben wollten. Die zwei gingen nach Dornach und hätten dem «WeibsMensch» gegen 100 mühsam entliehene Pfund «angehenkhet», womit es sich hernach davongemacht. Pratteln Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Eine arme Seele

Source: Eine arme Seele

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Erzählte man sich, als wir zur Schule gingen, sitze auf dem Zaun der Jagdmatt. Es sei der Mann, der zu seinen Lebzeiten den Zaun gemacht, aber schlechte Arbeit dabei getan habe und dafür büssen müsse. Arnold Schmid, 22 Jahre alt, 1922 Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Eine Arme Seele

Source: Eine Arme Seele

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Wo heute der Dorfgraben ist, floss früher von der Hohlen Gasse her der Dorfbach. Dort sah man oft eine Frau, die eifrig bemüht war, Flecken von der Brust abzuwaschen. Fragte man sie etwas, so gab sie keine Antwort. Die Leute glaubten, es sei eine Arme Seele. Als dann der Dorfbach später eingedolt wurde, verschwand auch die Frau, und niemand sah sie mehr. Oberwil Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Eine arme Seele

Source: Eine arme Seele

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a) Eine arme Seele hat man erlöst, wenn man am Samstag beim Abendessen schön sauber, ohne etwas zu versudlen, alles aufgegessen hat. Frau Gisler-Arnold, Schächental b) »Jetzt hem-mer än armi Seel erleest,« sagt man (wohl meistens scherzweise) so ziemlich im ganzen Kanton, wenn die Familie bei einer Mahlzeit alles sauber, »bi Rybis und Stybis«, aufgegessen hat. c) »Chindä, mer wend süber üfässä, sä chennemer än armi Seel erleesä«, pflegte vor einigen Jahrzehnten eine Silener Frau in vollem Ernst zu sagen. Sebastian Zberg d) Indem man das folgende Gebet und drei Vater Unser und Ave Maria drei Mal betet, kann man eine arme Seele erlösen. As lyttet annärä Lycht, Gott mache sie sälig, Gott mache sie rych, Gott gäbärä das ewig Läbä. Isch si neecher bi Gott weder ich, So bätt si äu fir mich. e) Ein bejahrtes Isentaler Mandli pflegte ein altes Gebet zu verrichten, von welchem ich nur folgenden Schluss erfahren konnte: »Wer dieses Gebetlein sprach und sprach, dem wird der lieb Gott dry Seelä z'erleesä gä: die erscht Vatters-Seel, die zweit Müetters-Seel (die Schreibart »Vatters Seel, Müetters Seel« steht nicht sicher, vielleicht wäre »Vatterseel, Müetterseel« richtiger), diä Dritt sy Seel sälbst.« Einen ganz ähnlichen Satz weist das volkstümliche Freitagsgebet auf. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Eine arme Seele erlöst

Source: Eine arme Seele erlöst

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Schon öfters war dem alten Bifang-Chaspi im Berggut Büel zu Bürglen, wenn er abends sein Vieh hirtete, eine arme Seele erschienen und hatte ihn bei seinen Stallarbeiten unterstützt. Endlich fragte er den Ortspfarrer um Rat. Der gelehrte und fromme Geistliche unterrichtete ihn, er solle eine brennende, geweihte Kerze mitnehmen, den Geist anreden, aber vor allem das erste und letzte Wort sich vorbehalten, solle ihn fragen, wie ihm zu helfen sei, dann aber gegen jedermann unverbrüchliches Stillschweigen beobachten; er dürfe niemand verraten, wer der Geist gewesen noch was ihm gefehlt habe. »Dann«, so fügte der Ratgeber hinzu, »wird euch der Geist die Hand geben wollen; ihr dürft sie aber unter keinen Umständen ergreifen, sondern sollt ihm ein mit einem Tüchlein umwickeltes Holzscheitchen hinhalten.« Nach diesen Ratschlägen handelte der Bifang-Chaspi und erlöste wirklich die arme Seele. Nie verriet er, wer es gewesen, noch was sie im Leben verbrochen, noch was sie verlangte. Aber seit jenem Abend ass er kein grünes Obst mehr. Im Holzscheitchen, das er dem Geist statt der Hand dargereicht, waren nachher alle fünf Finger eingebrannt, das Tüchlein aber war verkohlt (19. Jahrhundert). Katharina Gisler-Müller und a. Nach anderer Erzählart musste Kaspar dem Geiste versprechen, nicht Hirt, nicht Wirt und Richter zu werden und keine schwarzen Kirschen zu essen; der Geist aber stellte dem Kaspar einen goldenen Stuhl im Himmel in Aussicht. Jos. M. Herger, Spiringen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Eine Art Schneidergret in Meggen

Source: Eine Art Schneidergret in Meggen

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Am See bei Meggen heisst ein Gütchen „die Ewigkeit". Hier wohnte einst eine Hexe, die alles wohl verstand, was in ihr Gewerbe einschlug, Wettermachen und solches. Leuten, die sie beleidigten, hat sie aus Rache einmal einen Ochsen quer so in den Baren gelegt, dass man nur mit vieler Mühe das Tier ledigen konnte. War Mittag schon da und sollte die Suppe bald auf dem Tisch sein, da reichte sie sich den Schnittlauch nicht im Gärtchen, nein, drüben über dem Gotthardt, in Mailand. Oft ging man ihr zu Leib, um sie zu fangen, aber umsonst war alle List und Kraft, sobald das Weib Erde, „Herd" gewinnen mochte. Endlich kamen sie auch auf folgende List. Man passte ihr zu Luzern auf der Hofbrücke und fasste sie ab.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Eine Bande Heiden

Source: Eine Bande Heiden

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bestehend aus vier Mannen- und drei Weibervölkern, kam eines Abends in des Treschen Haus im Wyler zu Gurtnellen und bat um Nachtherberge, die ihnen nach alter Sitte gastfreundlich gewährt wurde. Als sie das Nachtessen bereiten wollten, bettelten sie noch ein wenig Anken für die Mehlsuppe, und die Hausfrau, meiner 85jährigen Erzählerin Grossmutter, holte ihnen im Keller einen Löffel voll gesottenen Anken, nicht ohne die Kellertüre gehörig abzuschliessen. Am folgenden Morgen waren die Zigeuner schon bei Zeiten verschwunden. Zum Mittag wollte die Frau Tresch ebenfalls Anken im Keller holen, fand die Türe ganz richtig verschlossen, aber im Schlüsselloch sah sie Anken! Das fiel ihr auf, gleitig öffnete sie, stürzte auf die zwei Ankenhäfen los und fand sie beide – trockenpfundleer! Das Heidengesindel hatte den ganzen Vorrat durch das Schlüsselloch herausgezaubert! Frau Baumann-Dubacher Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Eine Frau als General

Source: Eine Frau als General

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Ein jeder weiss, dass die jungen Leute gern heiraten. So hatte sich auch ein Bursche verheiratet, und der konnte seine Frau nicht genug rühmen. Aber der Wirt um die Ecke sagte, er wolle ihm sagen, wie er seine Frau kennen lernen könne, denn bis jetzt kenne er die kein bisschen. Sie schlossen eine Wette ab und wetteten um das ganze Vermögen. Der Wirt sagte, er müsse eine Zeitlang auswärts wohnen, und dabei werde er seine Frau kennen lernen. Der andere schob gegenüber seiner Frau etwas vor und ging weg. Der Wirt versuchte dann auf alle Arten, etwas Unrechtes an der Frau des andern herauszufinden, aber er fand nichts. Der Wirt führte neben der Wirtschaft auch noch einen Laden, und weil er in seinem Haus nicht genug Platz hatte, brachte er auch Ware im Haus seiner Nachbarn unter. Weil die Zeit für die Rückkehr des andern bald um war, musste sich der Wirt einen Trick ausdenken. Er liess eine grosse Truhe mit einer Klappe anfertigen. Dann ging er hinüber zur Frau des andern und sagte, es sei heute eine Kiste mit vielen Wertsachen angekommen, und die möchte er an einem sichern Ort unterbringen, und sie möchte so gut sein und diese Truhe in ihrer Schlafkammer abstellen lassen. Die Frau war einverstanden. Er verkroch sich dann in dieser Truhe und befahl zwei Knechten, ihn auf die Schlafkammer neben das Bett jener Frau zu tragen. Die Knechte machten, was er ihnen aufgetragen hatte. Als es Zeit war, sich schlafen zu legen, ging die Frau auch in die Schlafkammer hinauf, zog sich aus und stieg ins Bett. Der Wirt, der die Klappe geöffnet hatte, sah, dass sie ein Muttermal zuoberst auf der Brust hatte. Er musste natürlich die ganze Nacht dort in jener Truhe ausharren. Am Morgen kamen dann die beiden Knechte und trugen ihn fort. Als der Mann zurück war, ging er nach dem Mittagessen in die Wirtschaft hinüber, um zu hören, was der Wirt berichte. Der sagte ihm, dass seine Frau ein Muttermal zuoberst auf der Brust habe. Der andere war natürlich ganz verblüfft, kam nach Hause und sagte der Frau nichts. Er beabsichtigte jedoch fort zu gehen, was er noch am gleichen Tag tat. Als er abends nicht nach Hause kam, ging die Frau nachfragen, ob niemand ihren Mann gesehen habe. Jemand sagte ihr dann, er sei auf der Strasse, die in die Fremde führt, gesehen worden. Sie rannte schnell zum Wirt, erzählte es ihm und fragte, was tun. Der Wirt antwortete, dass ihr Mann durch eine Wette das ganze Vermögen verloren habe. Die Frau zerbrach sich den Kopf über das Warum und Wieso und beschloss, ihren Mann suchen zu gehen. Sie nahm den gleichen Weg wie ihr Mann. Der Mann war nach dem Weggang von zu Hause in eine Wirtschaft gekommen, wo Soldaten geworben wurden. Er liess sich auch für vier Jahre anheuern und kam in den Dienst des Königs. Seine Frau nahm, wie wir sagten, denselben Weg. Unterwegs begegnete sie einem jungen Mann. Sie sagte diesem Mann, er solle die Kleider mit ihr tauschen. Sie wolle gern noch etwas zahlen, damit er einen neuen Anzug kaufen könne. Da war der zufrieden und tauschte die Kleider mit der Frau; sie band dann die Haare auf und liess sie sofort abschneiden und kam dann so, in einen Mann verwandelt, auch zu jener Wirtschaft. Dort erfuhr sie, dass ihr Mann für das Militär angeworben worden war. Sie liess sich auch anwerben und kam ebenfalls in den Dienst des Königs. Da durchlief sie die Rekrutenschule, die Ausbildung zum Korporal und Wachtmeister und alle Ränge bis hinauf zum General und wurde sehr bekannt. Als General machte sie zwei Schlachten mit und bewährte sich sehr in diesem Amt. Aber in all den Jahren, als sie dort war, hatte sie ihren Mann nie gesehen, obwohl sie in Soldatenlisten auch seinen Namen gefunden hatte. Er befand sich nicht in jener Stadt in der Garnison. Da ging sie zum König und wünschte, er solle ihr den und den zum Diener geben, das sei einer aus ihrem Dorf, der könne sehr gut mit den Pferden umgehen. Der König erlaubte es, und der Mann kam. Der General hielt seinen Diener gut und trug ihm nichts nach. Nach zwei Kriegen gab es wieder Frieden, da ging der General wieder zum König und holte die Erlaubnis ein, für einen Monat nach Hause zu gehen und seinen Diener mitzunehmen. Sie gingen zum Wirt und begannen, mit ihm über alle möglichen Dinge zu sprechen. Der General erzählte, wie häufig er die Gegenseite betrogen habe, denn nur durch viel Betrug habe er es so weit gebracht. Da begann der Wirt auch, seine Stücke zum Besten zu geben. Auch er habe bös betrogen. Einmal zum Beispiel habe einer immer seine Frau gerühmt und gesagt, sie werde ihn nie betrügen. Sie hätten dann eine Wette abgeschlossen und um das ganze Vermögen gewettet. Er habe sich dann in einer Truhe versteckt und die ins Haus des andern tragen lassen; kurz und gut, der Wirt plauderte alles frei und offen aus, wie er mit seinen Nachbarn umgesprungen war, und jetzt wisse er nicht, wo diese zwei hingekommen seien. Da sagte der General: «Das ist jetzt raffiniert bis zum Geht-nicht-mehr, das braucht einen hellen Kopf, um so was auszuhecken.» Er solle ihm den Gefallen tun und es aufschreiben, denn er habe so vieles im Kopf und sei unerhört vergesslich; dieses Spielchen wolle er nicht vergessen. Der Wirt schrieb dann alles auf, setzte seinen Namen darunter und gab das Papier dem General. Der Mann oder der Diener wollte, während der andere das erzählte, ein paar Mal aufspringen, aber der General bedeutete ihm immer wieder, ruhig zu bleiben. Der Wirt brachte sodann die beiden in ihrem eigenen Haus unter, wo sie in ihr Zimmer gingen. Nun dachte der General: «Den verfluchten Hund habe ich erwischt.» Er ging allein zum Wirt hinüber und sagte ihm dann, wie die Sache stehe, und weiter, er sei ein Gauner, und wenn er den Leuten nicht die ganze Habe zurückgebe, so wolle er dafür sorgen, denn er habe die Wette verloren. Der Wirt geriet natürlich in Angst und Schrecken, und was wollte er tun, der arme Teufel, er musste dem Michel - so hiess der Mann, der Diener des Generals - wohl oder übel die Schlüssel geben. In seinem Zimmer zog der General sein altes Frauenkleid über seine Uniform, und sie ging neben dem Zimmer ihres Mannes vorüber, das hatte eine Tür mit Fenster. «Meine Frau, meine Frau!» rief der andere. Der General zog schnell den Rock aus, trat ins Zimmer und sagte: «Was, deine Frau, wenn du keine hast?» Was hätte der Ärmste sagen sollen? Der General machte das gleiche nochmals, dann ging er im Frauenkleid hinein, gab sich zu erkennen und sagte: «Siehst du, was für einer du gewesen bist, wäre ich nicht schlauer als du gewesen, so hätten wir jetzt nichts.» Stellt euch vor, wie glücklich die beiden waren, dass sie sich wieder gefunden hatten. Der General schrieb dann dem König, wie die Sache stand: er sei eine Frau, er komme nicht mehr, sein Diener sei ihr Mann. Der König wunderte sich nicht wenig und schickte ihnen ein grosses und schönes Geschenk. (Schams)   Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Eine Frau als Hase

Source: Eine Frau als Hase

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a) In Furlen wohnte ein Mann, der ein leidenschaftlicher Jäger war. Oft zeigte sich ihm ein bestimmter Hase in günstiger Schussweite oder stellte sich ihm in den Weg, wenn er von der Jagd nach Hause kam. Mehr als einmal legte der Jäger auf ihn an. Jedesmal, wenn er glaubte getroffen zu haben, machte der Hase das Männchen und verschwand. Ärgerlich ob dieser Neckerei, machte der Jäger eine ganz besondere Ladung bereit. Er stopfte Salz und eine Silbermünze in den Flintenlauf. Bald darauf gelang es ihm, diesen Schuss auf den Hasen abzufeuern. Von dem Tage an sah man eine Nachbarin, die man schon immer als im Besitz heimlicher Kräfte verdächtigt hatte, hinkend umhergehen. b) Am Tag, nachdem der Jäger diesen Schuss auf den Hasen abgegeben hatte, sah man den Doktor in das Haus der Nachbarin gehen. Er musste ihr die Schrotkügelchen aus dem Hinteren kratzen. c) Wo die Gemeindebänne Bubendorf, Lausen und Ramlinsburg zusammenstossen, war ehemals kein Wald, sondern eine Witweide. Dort stand ein grosser hagebuchener Stock. Darin verschwand oftmals ein Hase. Jedesmal wenn ihn die Hunde aufgejagt hatten, floh er dorthin. Einmal lud ein Jäger einen Salzschuss mit einem Fünfbätzler und begab sich dorthin auf den Anstand. Er schoss und traf. Als man am folgenden Tag in den Einzelhof Grosstannen bei Bubendorf kam, lag die Frau, die man als Urheberin dieses Spukes betrachtet hatte, im Bett. Später wurde der Hase wieder gesehen. Ein Ramlinsburger Jäger konnte zum Schusse kommen, ehe der Hase den schützenden Stock erreicht hatte. Darauf blieb das Tier tot liegen und wurde von da an wirklich nie mehr gesehen. Lausen Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Eine geisterhafte Sau

Source: Eine geisterhafte Sau

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Ein 1954 noch lebender Mann erzählte, er habe schon oft eine Sau durch das Hintergässli kommen sehen. Man lachte ihn etwa aus: « Worurm hait-er se denn nit yto?» Bubendorf Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Eine gespenstige Katze auf der Frutt

Source: Eine gespenstige Katze auf der Frutt

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bei Beroldingen zu Seelisberg machte viel von sich reden. Von ihr erzählte man gar viele Geschichten (19. Jahrhundert). Jos. Maria Aschwanden, 60 J. alt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Eine goldene Kette

Source: Eine goldene Kette

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ist, wie unsere Grossmutter erzählt hat, im sogenannten »Höchen«, einer Fluh ob Äsch am Klausenpass; sie zieht sich durch das Gefelse bis ins Maderanertal und hält das Gebirge zusammen. Martin Planzer, 36 Jahre alt, Unterschächen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Eine gseht, was en andere träumt

Source: Eine gseht, was en andere träumt

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Vor ville Johre isch ein usim Underdorf znacht zwüsche zwölfi und eis vo Buebedorf d Landstross uuf cho. S isch e heiteri Nacht im Brochmonet gsi. Do het er vo der Stross här gseh, wie ein Schoche macht. Er het en gchennt, er isch au im Underdorf gwohnt. Er het im grüefe, aber der ander het im kei Antwort gee und eifach wyter gschöchlet. Am andere Tag het er en troffe und zuenim gsait: «Du bisch scho ne glungene Kärli, gohsch znacht go schöchle!» Der ander het im zur Antwort gee: «I bi doch nit go schöchle, chasch my Frau froge. — Aber gspässig, es het mer träumt, i haig dort nide gschöchlet!» Ziefen Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Eine Heilerin (1604)

Source: Eine Heilerin (1604)

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Die Frau des Trommenschlagers Oberer redete den presthaften Leuten ein, ihre Krankheiten seien ihnen von Heiligen als Bussen auferlegt und sie müssten zu den entsprechenden Heiligen wallfahren. Sie legte in eine mit Wasser gefüllte Schüssel einen Luzerner Schilling — nur eine Münze mit katholischem Gepräge war dienlich — und murmelte eine Liste von Heiligen herunter. Dann wusste sie es einzurichten, dass das Geldstück wie von selbst aus der Schüssel sprang. Der Heilige, bei dessen Namen dies geschah, war der richtige. Diepflingen Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Eine Hexe als Katze

Source: Eine Hexe als Katze

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Vor vielen Jahren bemerkte ein Bauer jeweils am Morgen, dass eine Kuh, die er am Abend zuvor angebunden hatte, frei im Stall umher ging. Er traute der Sache nicht und wachte darauf eine Nacht im Stalle. Um Mitternacht kam eine Katze und band die Kuh los. Der Bauer ergriff schnell eine Gabel und erstach die Katze. Darauf verschwand sie. Am Morgen vernahm er, eine alte Frau im Dorfe sei gestorben. Reinach Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Eine Hexe im Reusstal

Source: Eine Hexe im Reusstal

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die sich viel mit Wettermachen abgab, hiess im Volksmund die »Nägälimüetter« (Nelkenmutter). Eines Nachts hörte man in dem Gädemli, wo sie häufig übernachtete, ein furchtbares Geschrei, Lärmen und Poltern, und am folgenden Morgen fand man die Hexe tot auf einem Ryffen in der Reuss. Franz Müller, 40 J. alt, Altdorf Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Eine Hexe narrt einen Jäger

Source: Eine Hexe narrt einen Jäger

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In Furlen bei Lausen wohnte ein Mann, der mit Leidenschaft der Jagd oblag. Oftmals zeigte sich ihm ein Hase in günstiger Schussweite oder stellte sich ihm in den Weg, wenn er von der Jagd nach Hause kam. Mehr als einmal legte der Jäger auf den Hasen an, zielte, schoss und glaubte sich seiner Beute sicher. Doch, was geschah? Jedes Mal, wenn er glaubte, getroffen zu haben, machte der Hase das Männchen und verschwand. Ärgerlich ob dieser Neckerei, machte der Jäger eine ganz besondere Ladung bereit. Er stopfte nämlich Salz und eine Silbermünze in den Flintenlauf. Bald darauf gelang es ihm, diesen Schuss auf den Hasen abzufeuern. Von dem Tage an sah man eine Nachbarin, die man schon immer als im Besitz heimlicher Kräfte verdächtigt hatte, nur noch hinkend herumgehen. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Eine Hexe wird gebannt

Source: Eine Hexe wird gebannt

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Eine Familie in Buus bezog ein neu erworbenes Haus gegenüber der Wohnung einer Frau, welche die Leute für eine Hexe hielten. Bald näherte sich diese Frau dem Hause, um die neuen Nachbarsleute zu besuchen. Doch der ältere Sohn der Familie hatte vorsorglich einen Hexenbannkreis um das Haus gezogen. Als die Hexe diesen Kreis betrat, blieb sie wie angewurzelt stehen und rief dem jungen Mann zu, er solle das «cheibe Züüg» sein lassen. Darauf entfernte sie sich eilig und machte von dieser Zeit an nie mehr einen Besuch. Doch suchte sie die Kinder durch allerlei Geschenklein – in ungerader Zahl – anzulocken. Das gelang ihr aber nicht, denn die Eltern hatten den Kindern eingeschärft, nicht das Geringste von ihr anzunehmen. Buus Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Eine Jagd-Zauberei

Source: Eine Jagd-Zauberei

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Auch die mutigen Jäger, die in Hochgebirgen dem Tode manchmal ins Antlitz schauen, sind nicht allemal frei von Aberglauben und Zauberei. Die Sagen erzählen noch manchen Zug. Hier nur ein Beispiel: Aus Savièse wird erzählt, dass ein Jäger sich einem alten Soldaten klagte, er bringe so selten etwas von der Jagd heim. Dieser belehrte ihn, wenn er glückliche Jagd machen wolle, so solle er einem Anverwandten, der nächsthin aus seinem Hause sterben würde, zwei Rossnägel in die Ferse schlagen, davon einen wieder ausziehen und aufbewahren, mit dem andern aber den Toten zu Grabe tragen lassen. Treffe er nun auf der Jagd Fusstritte von Gewild an, so solle er nur den aufgehobenen Nagel in dieselbe stecken und augenblicklich werde das gejagte Tier stillstehen und sich sofort totschiessen lassen. Bald darauf starb des Jägers Vater, dem der Sohn tat, wie er war belehrt worden. Und wirklich brachte ihm der Zaubernagel viel Glück; stets kehrte er mit Wildbret wohlbeladen heim. — Eines Tages, als unser Jäger im Hochgebirge auf der Lauer war, sprang unvermutet gerade vor seinen Augen ein schöner Gemsbock auf. Gleich pflanzte er den Nagel in dessen Fährte und in kleiner Entfernung stand das Tier still, sich wild und hoch aufbäumend; es schien am Hinterfusse wie an den Boden genagelt. Verwundert sah der Jäger dem Spiele lange zu. Da hörte er die weinerliche Stimme seines verstorbenen Vaters deutlich rufen: «Schiess! Schiess doch schnell und zwinge mich nicht so lange, das Tier mühsam zu halten. — Oder gönnst du deinem Vater auch im Grabe die Ruhe nicht?» Erschrocken erlegte nun der Jäger das Tier und trug es heim. — Bei nächster Gelegenheit suchte er aber auf dem Kirchhofe die vermoderte Leiche seines Vaters auf, zog den Zaubernagel wieder aus und ging nie mehr auf die Jagd.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Eine junge Hexe wird verbrannt

Source: Eine junge Hexe wird verbrannt

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Von einer jungen Hexe, die am 16. Juli 1550 verbrannt worden ist. In dem eine halbe Stunde von Basel entfernten bischöflichen Dorfe Aesch wurde ein junges Weibsbild verbrannt, das eine Liebschaft mit einem Teufel namens Specillum gehabt hatte. Es hatte seine Zauberei ausgeübt, indem es Milch stahl und den Kühen grossen Schaden zufügte. Aesch Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Eine Kindbetterin verschwindet

Source: Eine Kindbetterin verschwindet

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Von der Grunikon, im Willisauergraben, unweit der Hohlisrüti, begab sich eine Kindbetterin am Morgen früh auf den Weg zur Kirche, um ausgesegnet zu werden. Sie hatte eine Begleiterin bei sich, welche unterwegs etwas zurückblieb, und wie sie die Wöchnerin einholen will, ist diese verschwunden. Nie kam sie wieder zum Vorschein, weder lebendig noch tot. Ein Heiligstöcklein bezeichnet noch die Stelle, wo dies geschehen ist.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Eine Königstochter gründet Münsterlingen

Source: Eine Königstochter gründet Münsterlingen

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Münsterlingen ist heute bekannt durch sein Kantonsspital. Ehedem stand dort ein bekanntes Frauenkloster. Die Legende will wissen, dass dieses Frauenkloster einst von einer reichen Königstochter aus England namens Angela begründet wurde. Auf einer Reise zu ihrem Bruder Gregor, der von 961 bis 996 Abt von Einsiedeln war, geriet Angela auf dem Bodensee in einen furchtbaren Sturm. Dabei gelobte sie, falls sie gerettet werde, an jener Stelle, an der sie das Land erreiche, eine Kapelle zu bauen. Wohlbehalten kam sie auch ans Ufer und löste dann ihr Versprechen ein. Neben der Kapelle liess sie eine Wohnung für Schwestern errichten und diese Stiftung erhielt von ihr den Namen Monasteriolum - das heisst Klösterlein - woraus der Name Münsterlingen entstand.   Quelle: Ferdinand Bolt, Die Sagenwelt am Bodensee, Appenzeller Kalender 1956 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Eine Kyburgerin gründet Frauenfeld

Source: Eine Kyburgerin gründet Frauenfeld

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Eine Kyburgerin gründet Frauenfeld Eine Tochter aus dem Hause Kyburg hatte einst auf der Jagd, zu der sie mit ihrem Vater und vielen Edelleuten ausgeritten, den jungen Herren auf Seen, einer kleinen Burg bei Winterthur, kennen gelernt und eine tiefe Neigung zu ihm gefasst. Sie gelobte, ihm als Gattin zu folgen, wohin es auch sei. Allein, die stolzen Grafen, ihr Vater und ihre Brüder, wollten von der Verbindung einer Kyburgerin mit einem armen Ritter nichts wissen. Ihrem Schwure getreu aber trotzte die Jungfrau dem Unwillen der Ihrigen. Sie floh aus dem väterlichen Schlosse und begab sich mit ihrem Geliebten zum Abte des Klosters Reichenau, über dessen thurgauische Besitzungen der mächtige Graf von Kyburg Schirmvogt war. Dem geistlichen Herrn lag sie bittend um Rat und Hilfe an. Der erzeigte sich ihr gnädig und anerbot ihr bei seinem Hofe Erchingen auf dem rechten Ufer der Murg einen steilen Felsen, am äussersten Ende der Grafschaft Kyburg gelegen. Dort solle sie unter seinem Schutze eine feste Burg bauen zum Schirme ihrer Liebe. Ihrer Heimat nahe, könne sie daselbst auch ihr Anrecht auf das väterliche Stammrecht wahren. Die junge Gräfin tat nach diesem Rat. Die Burg erstand, Häuser der Dienstmannen reihten sich daran, und bald erhob sich ein Städtchen um den Turm. Damit sie jedoch ihres neuen Besitztums sicher sei, übergab sie Burg und Städtchen dem Herrn von der Reichenau und empfing sie von ihm wieder zu Lehen. Der Abt wusste in der Folge die zürnenden Grafen von Kyburg mit ihrer Tochter und Schwester und deren Gemahl auszusöhnen. So ist nach der Sage die Hauptstadt des Thurgaus gegründet und zu steter Erinnerung an das gräfliche Edelfräulein, das seinen Gatten sich selber erwählt und standhaft zu ihm gehalten, Frauenfeld genannt worden. In das Stadtwappen aber ward der kyburgische Löwe aufgenommen, den eine Jungfrau an goldener Kette führt. Dem Volke ist dieses Zeichen vom „Fräuli mit dem Leuli“ ein Sinnbild des Sieges, den die Liebe über den Iöwenmässigen Zorn des Vaters davongetragen. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Büchli‚ I, 146. In den Notizen von P. Corrodi sind noch folgende Quellenangaben zu Kyburger-Sagen zu finden: a) Helvetischer Volksfreund für das Jahr 1799; b) Neues Schweizerisches Unterhaltungsblatt für gebildete Leser aller Stände, 6. Jahrgang, 1848; c) Katholische Schweizerblätter, Bd. IV.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Eine lange Nacht

Source: Eine lange Nacht

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ln einem langen, einsamen Alptal sei auch einmal ein verbotener Tanz abgehalten worden. In der ersten Nacht soll mit Öl beleuchtet worden sein. Als dies ausging, wurde mit Tier- und anderm Fett nachgeholfen, bis davon nichts mehr zur Verfügung stand. Da es noch immer Nacht blieb und in der Finsternis nicht zu tanzen war oder wenigstens niemand Courage dazu hatte, so versuchte man mit Schnee zu leuchten. Wohl, es nützte. Und so ging’s neu drauflos, und es wollte noch immer nicht tagen. Ein Paar war dabei, dem die Sache nun recht rätselhaft schien und das noch etwas Gewissen und Verstand hatte. Sie beschlossen, sich heimlich zu entfernen und heimzugehen. Als sie nun vor dem Hause waren, da sahen sie einen mächtig grossen, schwarzen Vogel auf dem Dachfirst sitzen. Er senkte die langen Flügel zu beiden Seiten übers Dach hinab und schaute hinunter zu den Fenstern. Im Freien war heller Tag, während es in der Tanzstube Nacht war, und dabei waren zwei Tage und deren Nächte vorüber. Ein Paar von denen, die noch im Hause waren, soll nie mehr heimgekommen sein.  TÖRBEL Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Eine Lawine

Source: Eine Lawine

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 ging am Gurschen in Ursern nieder, und man läutete die grosse Glocke zu Hospental. »I mag nimmä gstossä«, entgegnete die Hexe hinten auf der Schneemasse, »d'r gross Hund z'Hoschbidall bället.« Fr. Gamma-Zgraggen, 40 Jahre alt, Silenen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Eine merkwürdige Frau

Source: Eine merkwürdige Frau

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Unterhalb Liedertswil befand sich in früheren Jahren ein Fussweg, der von der Hauptstrasse übers Feld gegen den Weigischbach hinüber führte. Heute kann man nichts mehr davon wahrnehmen, nur erscheinen beim Pflügen hier und dort Steine, die an das alte Weglein erinnern. Es war in der Morgenfrühe eines Herbsttages, als der Liedertswiler Feldhüter an jener Stelle Ausschau nach Obstschelmen hielt. Da kam eine Frau daher geschritten, ziemlich pressant, wie es schien. Sie trug einen roten Rock und sonst eine etwas altertümliche Kleidung. Sie folgte jenem Fussweg und schritt dem nahen Bache zu. Der Feldhüter glaubte hier einen guten Fang zu tun und schlich der Unbekannten lautlos nach. Wie dieselbe aber am Bachbord angelangt war, verschwand sie spurlos, als ob sie der Boden verschlungen hätte. Der Feldhüter kam zum Schlusse, hier müsse jemand erscheinen, der noch nicht zur Ruhe gelangt sei. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Eine Mühle unter dem Eis

Source: Eine Mühle unter dem Eis

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Oben an der Jungfrau, zwischen den breiten Zungen des Giessen- und Guggigletschers, wo jetzt ewiger Schnee, Wildflühe und Geröll sind, war einst ein friedliches Bergdörflein. Am klaren Bach klapperte das Mühlenrad, und wo heute die Eisströme fliessen, tönten Schellen und Treicheln und weideten friedlich die Kühe. Ein Zwerglein, das Chnopfli, wie es die Leute nannten, war Ziegenhirt und trieb allmorgendlich die glöckelnde Herde in die Höhen, von wo die gemsfarbenen Tiere am Abend sattgefressen und mit vollen Eutern zurückkehrten. Die schoflen Bergbauern aber gaben dem Geisshirten als Entlohnung kaum das nötige Korn zum Lebensunterhalt. Den Müller, den drückte der Geiz; jeden, der ihm einen vollen Kornsack brachte, betrog er schon zum Wägen, indem er die feine Kunst verstand, mit den Händen die Wage zu seinen Gunsten zu tippen, dass es der Kunde gar nicht inne wurde. Hundert und hundertmal hatte dieser schlaue Müller seine Finger verkauft. Er war ein echter Lügenfechter und gab selten den vollen Mehlertrag zurück. In einem Herbst kam das Zwerglein unter einer Kornbürde zur Mühle herangekeucht. Der Müller glaubte, das Chnopfli, das könne er noch gründlicher über den Löffel halbieren als alle anderen, und er gab ihm einen Sack voll Mehlstaub zurück. Das Zwerglein sagte kein Sterbenswort; es stieg mit dem Sack auf der Schulter leichten Fusses hinauf bis auf den Gipfel der damals schneefreien Jungfrau. Dort oben rief es so laut, dass man es unten wohl deutlich vernahm: „Heut, du geiziger Müller, Blüht dir der Weizen zum letztenmal!“ Nun nahm es den Sack voll Mehlstaub in einem jähen Wirbel von der Schulter und schüttelte ihn aus. Da fegte und heulte tagelang ein Schneesturm durch die Lüfte. Dorf und Mühle wurden eingeschneit. Heute ist dort öde Eis- und Felsenwüste, kein Gräslein wächst, kein Tierlein findet seine Nahrung. Unter dem Eise aber steht noch immer die Mühle, man hört sie in den Schründen klappern. Allnächtlich füllt der betrügerische Müller Korn- und Mehlsäcke und wägt die richtigen Mengen ab. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Eine Mühle unter dem Eis

Source: Eine Mühle unter dem Eis

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Oben an der Jungfrau, zwischen den breiten Zungen des Giessen- und Guggigletschers, wo jetzt ewiger Schnee, Wildflühe und Geröll sind, war einst ein friedliches Bergdörflein. Am klaren Bach klapperte das Mühlenrad, und wo heute die Eisströme fliessen, tönten Schellen und Treicheln und weideten friedlich die Kühe. Ein Zwerglein, das Chnopfli, wie es die Leute nannten, war Ziegenhirt und trieb allmorgendlich die glöckelnde Herde in die Höhen, von wo die gemsfarbenen Tiere am Abend sattgefressen und mit vollen Eutern zurückkehrten. Die schoflen Bergbauern aber gaben dem Geisshirten als Entlohnung kaum das nötige Korn zum Lebensunterhalt. Den Müller, den drückte der Geiz; jeden, der ihm einen vollen Kornsack brachte, betrog er schon zum Wägen, indem er die feine Kunst verstand, mit den Händen die Waage zu seinen Gunsten zu tippen, dass es der Kunde gar nicht inne wurde. Hundert und hundertmal hatte dieser schlaue Müller seine Finger verkauft. Er war ein echter Lügenfechter und gab selten den vollen Mehlertrag zurück. In einem Herbst kam das Zwerglein unter einer Kornbürde zur Mühle herangekeucht. Der Müller glaubte, das Chnopfli, das könne er noch gründlicher über den Löffel balbieren als alle anderen, und er gab ihm einen Sack voll Mehlstaub zurück. Das Zwerglein sagte kein Sterbenswort; es stieg mit dem Sack auf der Schulter leichten Fusses hinauf bis auf den Gipfel der damals schneefreien Jungfrau. Dort oben rief es so laut, dass man es unten wohl deutlich vernahm: "Heut, du geiziger Müller, Blüht dir der Weizen zum letzten Mal!" Nun nahm es den Sack voll Mehlstaub in einem jähen Wirbel von der Schulter und schüttelte ihn aus. Da fegte und heulte tagelang ein Schneesturm durch die Lüfte. — Dorf und Mühle wurden eingeschneit. Heute ist dort öde Eis- und Felsenwüste, kein Gräslein wächst, kein Tierlein findet seine Nahrung. Unter dem Eise aber steht noch immer die Mühle, man hört sie in den Schründen klappern. Allnächtlich füllt der betrügerische Müller Korn- und Mehlsäcke und wägt die richtigen Mengen ab. Quelle: Hans Michel, Ein Kratten voll Lauterbrunner Sagen. Wengen 1936. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.      


by Eine Müssiggängerin

Source: Eine Müssiggängerin

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Das Zwergenvolk zeichnet sich sonst durch seinen emsigen Fleiss aus; die Weibchen aber können auch "fehlen". Einst hatte sich auf der Alp eine Kuh verlaufen. Der Hirt, der ausging, sie zu suchen, fand unter einem "Tschuppen" (kleines Tännchen, das bis auf den Boden beästet ist) ein wildes "Fräuli". Der Mann redete es an, erhielt aber keine Antwort. Doch begleitete es ihn bis zur Hütte. Da deutete es auf den Mund, was heissen sollte, es begehre etwas zu essen. Dann gab es zu verstehen, es möchte hier auch ein Nachtlager bekommen. Am andern Tage stand es auf und blieb an seiner Stelle und so jeden nächsten Tag. Die Alpknechte hätten ihm das bisschen Essen schon gegönnt, wenn es nur auch hätte arbeiten mögen; aber das schien dem Weiblein nicht zu belieben. Die Verlegenheit wurde gross; fortschicken mochten sie das arme Ding nicht, und für einen Müssiggänger hatten sie in ihrer Hütte keinen Raum. Da entschlossen sie sich, einer sollte ins Tal hinuntergehen und beim Amt Anzeige machen. Das schien das Weiblein gemerkt zu haben; denn nun war seines Bleibens nicht länger; es schlich sich fort und kam nicht wieder. A. Sprenger   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 290, S. 160f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Eine Nacht im Paradies

Source: Eine Nacht im Paradies

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Eine Nacht im Paradies Rätoromanisches Märchen Es waren einmal zwei gute Freunde, die hatten einander so gern, dass sie folgenden Schwur getan haben: wer als erster heiraten würde, der müsse den anderen zum Trauzeugen nehmen, selbst wenn dieser sich am Ende der Welt befände. Nach einiger Zeit stirbt einer der beiden Freunde. Der andere, als er heiraten wollte, wusste nicht wie sich helfen und hat den Pfarrer um Rat gefragt. „Schlimme Geschichte“, hat der Pfarrer gesagt, „dein Wort musst du halten. Lade ihn ein, auch wenn er gestorben ist. Geh auf sein Grab und sage ihm, was du zu sagen hast. An ihm ist es dann, ob er kommen will oder nicht.“ Der Jüngling ist zum Grabe gegangen und hat gesagt: „Freund, der Tag ist gekommen, komm und sei mein Trauzeuge!“ Die Erde hat sich aufgetan und der Freund ist herausgesprungen: „Ja, ich komme, ich muss mein Versprechen halten, denn wenn ich es nicht halte, muss ich, weiss Gott wie lange, im Fegefeuer bleiben.“ Die beiden Freunde gehen nach Hause und dann in die Kirche zur Trauung. Dann wurde das Hochzeitsmahl gehalten und der verstorbene junge Mann hat angefangen, allerlei Geschichten und Spässe zum Besten zu geben. Von dem aber, was er in der andern Welt gesehen hatte, hat er kein Wort gesagt. Der Bräutigam konnte es nicht erwarten, seinem Freund Fragen zu stellen, aber er fand den Mut nicht dazu. Am Ende des Mahles erhebt sich der Tote und sagt: „Freund, da ich mein Versprechen gehalten und dir den Dienst erwiesen habe, könntest du mich ein Stück weit begleiten.“ – „Natürlich, warum nicht? Aber, du wirst mich verstehen, nur einen Augenblick, du weißt, es ist die erste Nacht mit meiner jungen Frau….“ – „Aber selbstverständlich, ganz wie du willst.“ Der Bräutigam hat seine Frau geküsst: „Ich gehe einen Augenblick mit meinem Freund hinaus, bin aber gleich wieder da!“ Und er ist mit dem Toten hinausgegangen. Von diesem und jenem plaudernd sind die beiden zum Grab des Freundes gekommen. Sie haben sich umarmt. Da hat der Lebende überlegt: Wenn ich ihn jetzt nicht frage, werde ich ihn nie mehr fragen können und er hat sich Mut gemacht und hat gesagt: „Hör, mein Lieber, ich möchte dich etwas fragen, dich, der du tot bist: Drüber, wie lebt man drüben?“ – „Ich darf nichts sagen“, erwiderte der Tote, „aber wenn du es wissen willst, so komm mit ins Paradies.“ Das Grab hat sich geöffnet und der Lebende ist dem Toten gefolgt. Und sie haben sich gleich im Paradies befunden. Der Tote hat seinen Freund zu einem schönen Palast aus Kristall und mit goldenen Toren geführt, in dem Engel musizierten und den Heiligen zum Tanz aufspielten. Und Sankt Peter spielte die Bassgeige. Der Lebende stand da mit offenem Mund und wer weiss, wie lange er dort gestanden wäre, hätte er nicht das Übrige auch sehen wollen. „Komm nun anderswo hin“, hat ihm der Tote gesagt und hat ihn in einen Garten geführt, in dem die Bäume statt der Blätter Vögel von allen Farben trugen. Und die Vögel sangen, dass es eine Lust war. „Gehn wir weiter; was bleibst du da ganz verzaubert stehen!“ hat der tote Freund gesagt. Und er hat den andern auf eine Wiese gebracht, wo die Engel tanzten, fröhlich und innig wie Verliebte. „Nun will ich dir einen Stern zeigen!“, hat der Freund gesagt. Und auf den Sternen wäre der andere nie müde geworden, zu schauen, zu staunen. Da waren die Flüsse statt aus Wasser aus Wein und die Erde war aus Käse. Auf einmal ist der Lebende zusammengefahren: „Sag, Freund, es werden wohl schon einige Stunden vergangen sein, seitdem ich hier oben bin? Ich muss zu meiner jungen Frau zurückkehren, de in Sorge um mich sein wird.“ – „Bist du des Schauens schon überdrüssig?“ – „Überdrüssig? Wenn es an mir läge….“ – „Ja, es gäbe noch vieles zu sehen.“ –„Ich glaub es dir, aber es ist besser, wenn ich nun gehe.“ – „Gut, ganz wie du willst!“ Und der Tote hat ihn bis zum Grabe begleitet und ist dann plötzlich verschwunden. Der Lebende aber ist aus dem Grabe hervorgekommen und erkannte den Friedhof seines Dorfes nicht mehr. Der Gottesacker war voller Denkmäler, Statuen und hoher Bäume. Er tritt aus dem Friedhof hinaus und statt der kleinen Steinhäuschen sieht er hohe Häuser und Trams und Autos und Flugzeuge. „Wo, zum Teufel, bin ich denn? Ich habe den Weg verfehlt? Mein Gott, wie sind diese Leute gekleidet?“ Er fragt einen alten Mann: „Mein Herr, dieses Dorf ist…?“- „Ja, so heisst diese Stadt.“ – „Gut, ich weiss nicht wieso, aber ich finde mich nicht mehr zurecht. Könnt ihr mir sagen, wo das Haus des jungen Mannes ist, der gestern Hochzeit gefeiert hat?“ – „Gestern? Hm, ich bin hier Küster und kann sagen, dass gestern keine Trauung stattgefunden hat.“ – „Wie? Ich bin’s, der gestern hier Hochzeit gefeiert hat“, gib der Zurückgekehrte zur Antwort und er erzählt dem andern, dass er seinen toten Freund ins Paradies begleitet hatte. „Du träumst, mein junger Mann“, hat der Alte gesagt, „das ist eine alte Geschichte, die hierzulande erzählt wird, die Geschichte vom Bräutigam, der seinem Freund ins Grab gefolgt und nicht mehr zurückgekehrt ist und von der Braut, die aus Herzeleid gestorben ist.“ – „Aber nein, der Bräutigam, das bin ich!“ – „Hör, das Einzige was du tun kannst ist, dass du mit unserem Bischof sprechen gehst.“ – „Bischof? Aber hier im Dorf gibt’s nur einen Pfarrer.“ – „Was heisst Pfarrer! Es sind schon Jahre und Jahre, dass hier in dieser Stadt der Bischof wohnt.“ Und der Alte hat den anderen zum Bischof geführt. Wie der junge Mann erzählt hat, was ihm zugestossen war, hat sich der Bischof an eine Geschichte erinnert, die er als Knabe gehört hatte. Er nahm seine Bücher zur Hand und hat zu blättern begonnen: vor dreissig Jahren? Nein; vor fünfzig Jahren? Nein; vor hundert? Nein; zweihundert? Nein! Und er blättert weiter in seinen Büchern. Endlich findet er tatsächlich die Namen, die er suchte, auf einem ganz zerfetzten und vergilbten Blatt. „Es war vor dreihundert Jahren gewesen!“, hat der Bischof gesagt, „da ist jener junge Mann auf dem Friedhof verschwunden und seine junge Frau ist vor Schmerzen gestorben. Lest, wenn Ihr nicht glaubt.“ – „Aber ich bin es selbst!“ – „Bist du denn in der andern Welt gewesen? Erzähl mir, erzähl mir etwas davon!“ Der junge Mann aber ist gelb geworden wie der Tod und ist zu Boden gefallen. Und so ist er gestorben, ohne etwas von dem, was er gesehen hatte, erzählen zu können.   Quelle: Rätoromanische Märchen, Leza Uffer, Eugen Diederichs Verlag  In Furàn, dem Rätoromanischen des Friaul erzählt und mit dem Titel „Una notte in Paradiso“ in italienischer Sprache veröffentlicht von Italo Calvino in „Fiabe Italiane“ Bd 1, Nr. 40, S. 141, 1956 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Eine Oberrieder Familie flieht vor der Pest

Source: Eine Oberrieder Familie flieht vor der Pest

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Als in Oberried die Pest ihre ersten Opfer forderte, packte eine Familie aus dem Dorfe das Allernotwendigste an Hausgerät und Speise zusammen und floh vor der Seuche stundenweit den Berg hinauf in die Vorsass Bitschi. In die stillen Wänge am Grat hoch über Tal und See, so dachten die Leute, würde der schwarze Tod den Weg nicht finden. Wohl stand ihnen eine lange, harte Zeit bevor, was hatte das aber zu bedeuten gegenüber der Gefahr, von einer Stunde auf die andere ein todgeweihter Mensch zu sein. Nun, wie das so geht, d’Lengi - macht d’Strengi, und da bald einmal der Herbst mit seinen kühlen Bergnächten in die Nähe rückte, begannen die Frau und die Kinder zu plangen nach ihrem warmen Heim im Tal. Tag für Tag hielt der Vater auf einem Felsen Auslug nach dem Dorfe, ob die Seuche am Erlöschen sei. Aber Tag für Tag erschaute er ihr Wahrzeichen, das Totenschiff, das die Verstorbenen von Oberried nach dem Friedhof in Brienz brachte. Solange das Schiff mit seinen traurigen Lasten seeaufwärts fuhr, war an eine Heimkehr nicht zu denken. So strichen den Leuten die Wochen dahin, zwischen Hoffen und Bangen. Endlich kam ein Tag heran, an dem die Totenfuhren auf dem See das erste Mal ausblieben. Das konnte ein Zufall sein. Als aber das Schiff auch die nächsten Tage nicht mehr fuhr, da glaubten die Leute im Bitschi die Seuche erloschen und schöpften aufs neue Mut. Nun sollte der Vater vorerst allein in das Dorf hinunter steigen, um sicheren Bericht zu bringen; am Abend wollte er zurück sein; - er sah die Seinigen nie wieder. Im Dorfe angekommen, hatte er es sich nicht versagen können, in sein Haus zu gehen und war darin dem schwarzen Tod als letztes Opfer in die Arme gelaufen. Vergeblich wartete die Familie im Berg auf die Rückkehr ihres Beschützers - als die Frau mit den Kindern im ersten Wintergux zu Tale zog, lag der Vater längst auf dem Friedhof zu Brienz begraben. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Eine Räubergeschichte

Source: Eine Räubergeschichte

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Dr Süffibalzi häig vor'm-anä äisstig pättet, wo-nn-er gstandä-n- und ggangä syg. Aber äinisch syg-s'm doch nimmä rächt gsy. Das syg z'Ziri unnä gsy. Da häig'r miässä mid-ämä Gschäftsma gah und der syg am Abed mid'm in-nes Wirtshüs ga ubernachtä, und da häiget-se-s in-ni Chammer üfä gwisä. Und d'rnah, wo-sy i diä Chammer üfä chu syget, häig d'r Süffibalzi gseh, dass diä vollä Blüet syg. Und düe häig är wider wellä-n-üsä, aber d'r Gschäftsma häig gsäit, är sell nur ä käi Angst ha, är sell nur rüewig i ds Bett. Und sy syget i ds Bett. Um Mitternacht häiget-s zwee gmerkt chu z'tyssälädä-n-uber d'Stägä-n-üfä und a d'r Tirä rigglä. »Rüewig!« häig der Gschäftsma nur griäft, und da syg's wider ganz stillä gsy. Am Morged, wo sy üsä syget, syget doch zwee gstandä vor d'r Tirä-n- und häiget hindärä-glitzt gha und zwäi grysslichi, langi, langi Mässer i dä Händä, aber häiget-si nitt chennä verrodä. Sy syget fort. Am drittä Tagg häig d'r Gschäftsma zum Balzi gsäit, jetz well'r doch lüegä, wass diä zwee machet, und häig ä Spiägel virägnu und häig dri glüegt. Die zwee syget nu vor d'r Tirä gstandä-n- und häiget d'Mässer nu üff-zogni gha, brezys wiä am sälbä Morged. Aber losglah häig-er-s düe. »Diä mached-is nymeh«, häig'r gmäint. Peter Ant. Gamma, 50 Jahre alt, Alpknecht, Göscheneralp Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Eine sagenhafte Stadt

Source: Eine sagenhafte Stadt

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Auf der Fileten, oberhalb Bad Bubendorf, kamen beim Pflügen oft Ziegel und Scherben zum Vorschein. «Bruckner reduziert den Volksglauben, dass hier eine Stadt gestanden, auf eine Station für römische Soldaten.» Da in der Nähe, auf Furlenboden, ebenfalls Mauerreste festgestellt und Knochen hervorgegraben wurden, «ist die Meinung entstanden, hier sei der Kirchhof zu der Fieletenstadt gewesen». Bubendorf Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Eine Schädelkammer

Source: Eine Schädelkammer

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In einem der Keller des Schlosses Werdenberg zeigte man früher drei sehr alte Schädel. Einer derselben liess noch deutliche Spuren geheilter Kopfwunden erkennen. Wem die Schädel bei Lebzeiten angehört haben, weiss man nicht. Der Sage nach sollten sie von einstigen Grafen herrühren und darum zauberkräftig sein; so lange sie bestünden, sollte auch das Schloss bestehen. Längst sind sie nun verschwunden; das Schloss aber ist heute noch eine wohnliche Herberge. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 96, S. 47f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Eine Schatzjungfrau

Source: Eine Schatzjungfrau

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Im Schlüsselhölzli hinter dem Wartenberg erscheint zuweilen in Vollmondnächten zwischen zwölf und ein Uhr eine schöne, grosse Jungfrau mit langen, goldenen Haaren und in weissem Gewande. Sie setzt sich auf einen Stein und winkt den Leuten. Wer sich getraute, ihr langes Haar zu strählen und sie dadurch zu erlösen, dem würde sie einen grossen Schatz zeigen. Aber noch keiner, der sie sah, hat es zu tun gewagt, und anderen, die in der Absicht hingingen, das Wagnis zu bestehen, ist sie nicht erschienen. Wartenberg Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Eine sonderbare Begegnung

Source: Eine sonderbare Begegnung

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Hans Bächler von Rechthalten und sein Nachbar lebten viele Jahre in schönster Eintracht miteinander. Sie halfen sich gegenseitig bei den schweren Arbeiten, sie klagten sich ihre Leiden und Sorgen, sie teilten ihre Freuden miteinander – sie waren wie zwei Finger an einer Hand. Wie heute, so gab es auch damals Leute, die nur an Disharmonie, Zank und Streit ihre Freude hatten. Ihnen war die Freundschaft der beiden Nachbarn ein Dorn im Auge, ein nagender Wurm im Herzen. Sie suchten bei jeder Gelegenheit und mit allen erdenklichen Mitteln, Zwietracht zu säen. Die böse Saat ging auf. Es kam zwischen den beiden zu einer Auseinandersetzung, die zum Streit überging und mit dem endgültigen Zerwürfnis endete. Mit Wehmut dachten sie oft an die schöne Zeit der Freundschaft und des Friedens wie an ein entschwundenes Liebesglück zurück. Es fehlte zwar nicht an beidseitigen Versuchen, die Eintracht wiederherzustellen, aber die Wunde war zu tief, sie schloss sich nicht. Vielleicht später. Später? Nicht lange nachher starb der Nachbar eines plötzlichen Todes, ohne sich ausgesöhnt zu haben. Vierzig Jahre vergingen. Hans Bächler war ein alter, müder Mann geworden. An einem der letzten goldenen Herbsttage des Jahres ging er nach der Gauglera, um seinen Verwandten einen Besuch zu machen. Er säumte sich länger, als er beabsichtigt hatte, und als er sich endlich auf den Rückweg machte, da war die Nacht längst hereingebrochen. Aber der Mond leuchtete hell auf seinen Weg. Am Waldrand oberhalb Grunholz führte eine Treppe aus Steinplatten über einen Zaun. Als Bächler sich ihr näherte, sah er von der anderen Seite her einen Mann auf sich zukommen. Der Fremde war in einen dunklen Mantel gehüllt, und ein breiter, tief über die Stirne gezogener Hut verdeckte sein Gesicht. Beide gingen auf die Treppe zu, setzten gleichzeitig hüben und drüben den Fuss auf den ersten Tritt, stiegen die vier, fünf Stufen empor und standen fast plötzlich oben auf der Stiege einander gegenüber. «Guten Abend», sagte Bächler. Da schlug der Fremde den Mantel zurück, reichte ihm die Hand und sprach: «Glückseliger Abend für dich und mich.» Hans stiegen die Haare zu Berge, und ein kalter Schauer rieselte ihm über den Rücken. Der vor ihm stand, jetzt kannte er ihn, es war sein längst verstorbener Nachbar. Mit zitternder Stimme fragte Bächler: «Was fehlt dir?» Der Tote antwortete: «Erschrecke nicht, Hans. Vierzig Jahre habe ich in der anderen Welt gelitten, weil ich ohne Versöhnung von dir gegangen bin. Mit namenloser Sehnsucht habe ich dem Tage entgegengeharrt, an dem ich dir die Hand drücken durfte. Nun ist es geschehen. Mir fehlt jetzt nichts mehr zur ewigen Seligkeit. Mache dich bereit, bald wirst du mir folgen. Das sei mein letzter Freundesdienst.» Mit diesen Worten verschwand er, und Bächler stand allein auf der Treppe. Wie gehetzt eilte er heimzu. Er glaubte immer noch, die kalte Hand des Freundes zu fühlen und seine Grabesstimme zu hören. Schweissgebadet langte er zu Hause an und legte sich ins Bett. Ein böses Fieber befiel ihn und raubte ihm nach und nach seine Kräfte. Als der Winter die ersten Flocken streute, trug man Hans Bächler auf den Friedhof hinaus. Seine Seele aber wird den Freund wiedergefunden haben in einer schönen und besseren Welt.   Aus: G. Kolly, Sagen und Märchen aus dem Senseland, Freiburg 1965.  Siehe Beitrag in Märchenforum Nr. 89


by Eine Spukgeschichte

Source: Eine Spukgeschichte

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Das hohe graue Haus am nordöstlichen Dorfausgang ist auf Felsen gebaut, und seine Keller und Stallungen sind in den Fels eingehauen. Es diente bis in die dreißiger Jahre des letzten Jahrhunderts als Pfarrhaus. Der letzte Pfarrer, der es bewohnte, war aus dem Stadtbasler Geschlecht der Berri, und der bekannte Architekt war sein Sohn. Pfarrer Berri war ein seltsamer Kauz, und die alten Münchensteiner erinnern sich, wie man sie als Kinder, wenn sie nicht «folgen» wollten, mit ihm wie einem Bölimann fürchten machte. Berri führte ein unstetes Leben; er war mit sich und der Welt nicht zufrieden und machte schliesslich seinem Leben ein Ende, indem er sich auf dem Estrich des Pfarrhauses an einem Balken erhängte. Seit diesem Tage soll es nicht mehr geheuer gewesen sein: man hörte nachts Winde blasen, Ketten schleifen und sah Lichter aufblitzen, die bald wieder erloschen. Das Haus war darauf längere Zeit unbewohnt. Viele Jahre später soll sich der Geist wieder geregt haben. Einmal sah man ihn in schwarzer Gestalt und mit leuchtenden Augen, und als man der Sache auf den Grund ging, fand man ihn in einem Feuerherd in Gestalt einer schwarzen Katze vor. Münchenstein Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Eine Stadt

Source: Eine Stadt

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Wo heute der kleine Weiler Oberrindal liegt, soll nach der Sage einst eine Stadt gelegen haben, von der man allerdings keine Spur mehr sehen kann. Die Heidengasse, eine der Strassen der jetzigen Ortschaft, soll aber an jene Zeiten erinnern.                  Alois Pfister. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 466, S. 278 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Eine Stadt auf der Buchsmet

Source: Eine Stadt auf der Buchsmet

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Viele Leute erzählen, auf der Buchsholzmatte (Buchsmet) sei ehemals eine Stadt gewesen, die Buchs geheissen habe. Es werden hie und da noch Ziegel beim Ackern hervorgegraben, aber es kann ebenso gut nur ein Haus gewesen sein. Anwil Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Eine Stelle

Source: Eine Stelle

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auf der nie Schnee ansetzt, die immer aper bleibt, findet man auf der Strasse von Altdorf nach Flüelen bei Schrotner Sepp's Gaden im Tramgeleise. Dort sei ein Kapuziner verunglückt, und auch das Kreuz an der Gadenwand bewahre das Andenken daran. Karl Planzer, 19 Jahre alt, von Sisikon Anmerkung: 29. März 1830 wurde dort der Kapuziner, P. Constantin Müller vom Schlage getroffen. Nach andern soll das Kreuz an die ehemalige Kapelle St. Jakob am Riedweg erinnern, die bis Mai 1799 in der zum genannten Stalle gehörigen Wiese einige Meter östlich der heutigen Landstrasse und nördlich des Stalles gestanden hat. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Eine Teufelsbeschwörung

Source: Eine Teufelsbeschwörung

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Ein Vorfahre der Erzählerin besass im Oristal die sogenannte Stampfi, damals eine Pulvermühle. Der Müller stellte einmal zwei unheimliche Gesellen ein, von denen der eine rote, der andere schwarze Haare hatte. Vor dem Rothaarigen hatten alle Leute Angst. Der Müller entdeckte bald, dass die beiden sehr auf Geld versessen waren. Auch hatte er durch den bekannten Orismüller Schäfer erfahren, dass sie nach Pratteln zu einem Hexenmeister liefen. Schäfer warnte ihn sogar, sie noch länger zu behalten. Kurz darauf verreiste der Müller mit seiner Familie zu einer Badekur. Nur die Gesellen und eine Magd waren noch zu Hause. Eines Abends bemerkte die Magd Licht im Lagerraum, und sie sah, wie die zwei ihre Zehennägel abschabten und sich ein Büschel Haare herunterschnitten. Das vermischten sie mit einem Tropfen Blut vom Ringfinger und streuten das Gemisch mit sonderbaren Bewegungen aus. Plötzlich teilte sich der Boden in der Mitte und der Teufel, beladen mit einem schweren Sacke, erschien. Die beiden Gesellen erhielten den Geldsack, mussten aber mit ihrem Blute dem Bösen die Seele verschreiben, worauf er funkensprühend verschwand. Nun tanzten sie wie närrisch um den Sack herum, bis sie erschöpft umfielen. Mit Entsetzen bemerkte die Magd, wie ein Fünklein der Glut auf einem Pulversacke weiterglimmte. In grösster Angst lief sie nach Liestal. Aber auf halbem Wege knallte es fürchterlich — die Pulvermühle war in die Luft geflogen. Von dem Gebäude blieb nur ein rauchender Trümmerhaufen übrig. Auch die beiden Gesellen waren verschwunden; der Teufel hatte sie wohl mit Haut und Haaren geholt. Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Eine ungesuchte Begegnung

Source: Eine ungesuchte Begegnung

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Ein Grabser Zimmermann ging einst spät abends von Buchs her nach Hause. Er hatte dort gearbeitet. Als er zum Studner Brückli kam, stand plötzlich ein schwarzer Mann vor ihm, der dem Boden entstiegen sein musste. Ohne ein Wort zu sagen, wollte der Fremde dem späten Wanderer die Hand zum Grusse bieten. Dieser aber behielt ruhiges Blut und reichte bloss den Axtstiel dar, worauf der Unheimliche verschwand, wie er gekommen war. Erst am andern Tag bemerkte der Zimmermann an seinem Axtstiel fünf Brandmale in der Form der fünf Finger. Heinrich Hilty.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 112, S. 54 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Eine Verstorbene kommt nicht zur Ruhe

Source: Eine Verstorbene kommt nicht zur Ruhe

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Eine Frau, die es in ihrem Leben mit dem Mein und Dein nicht genau genommen und auch oft gegen Mitmenschen arge Schmähungen und Verwünschungen ausgestossen hatte, fand nach ihrem Tode keine Ruhe. Manchmal soll sie die Ihrigen durch seltsame Geräusche erschreckt haben, ja ihnen erschienen sein und die Sohnsfrau gestossen haben. Buus Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Eine wackere Tessinerin

Source: Eine wackere Tessinerin

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Auf der rechten Seite des Langensees, ganz nahe an der Grenze gegen Italien, liegt in einer stillen Bucht, im Rücken von hohen Bergen geschützt, der liebliche Ort Brissago. Er erfreute sich schon seit alten Zeiten ungestörter Unabhängigkeit. Zu Anfang des 16. Jahrhunderts hatten die Franzosen Oberitalien besetzt, und der Papst Julius II. suchte sie mit Hilfe der Spanier, der Venezianer, Deutschen und der Eidgenossen zu vertreiben. Überall sah man Kriegsheere, welche die Dörfer verwüsteten. Auch in Brissago war man vor einem Überfall nicht sicher. Um diese Zeit geschah folgendes: Eines Tages legte eine Barke, die von Cannobio herkam und von einem Mann mit aller Kraft gerudert wurde, in Brissago an. Der Barkenführer stieg ans Land und erzählte den Leuten am Ufer, dass dort hinten eine Anzahl Ruderschiffe mit französischen Soldaten gegen Brissago gefahren käme. «Es sind die gleichen, welche das Dorf Viggiona in Brand gesteckt und den Ort Cannero ausgeplündert haben, wobei sie verschiedene Personen umbrachten. Wer sich in Sicherheit bringen will, hat keinen Augenblick zu verlieren. Sie sind schon dort, nicht mehr weit entfernt, und ohne die verzweifelte Anstrengung meiner beiden Arme wäret ihr von den Franzosen überrascht worden.» Sogleich läuft diese Nachricht durch das Dorf, und die Leute eilen herbei. Die bevorstehende Gefahr, der Schrecken und die warnenden Worte des Barkenführers erhöhen die Unsicherheit und verbreiten jene Verwirrung, die sich in solchen Fällen der Menge bemächtigt. In dieser Not trat Margherita Borrani, eine wackere Frau aus Brissago, mit fester Geistesgegenwart hervor, riet allen Leuten, sich versteckt zu halten und besorgt zu sein, dass keine menschliche Seele sich blicken lasse. Und ihr Rat bewirkte, dass in einem Augenblick alle Bewohner in den Häusern verschwanden und im Dörflein völlige Stille herrschte wie in einer Wüste. Gleich darauf kam die kleine Flotte gegen Brissago herangerudert, und der Anführer gab das Zeichen, auszusteigen. Jetzt schritt Margherita Borrani gegen das Ufer, und der französische Anführer fragte sie von der Spitze des Schiffes aus: «Meine Frau, was ist das für eine Ortschaft hier?» «Mein Herr», antwortete Margherita Borrani, ohne im Geringsten irgendwelche Verlegenheit zu zeigen, «es ist das armseligste aller Gebiete, die zu Frankreich gehören.» «Was?» erwiderte der Anführer. «Ist das ein Land, das mit Frankreich befreundet ist?» «Es ist, wie ich Euch sagte, der ergebenste Freund von Frankreich, wenn seine Armut es dieser Nation nicht als unwürdig erscheinen lässt, und diese Armut geht schon aus dem Namen des Ortes hervor.» «Welches ist denn der Name dieses Nestes?» «Sein Name ist Brix-ago, was gerade dieses bedeutet, wie Ihr wohl verstehen werdet.» «Ich verstehe keinen Deut. Gib mir sogleich die Erklärung.» «Leider ist die Erklärung leicht und kurz. ,Brix\' bedeutet in der Sprache dieser Bewohner am See soviel wie Splitter, d. h. nichts, will heissen, dieses Dorf ist so armselig, dass nicht einmal eine Fliege sich hier sättigen könnte. Und ,ago\' ist das feine Ding, das man zum Nähen braucht. Dieser zweite Name wurde beigefügt, um die Winzigkeit der Ortschaft anzudeuten, denn man kann sie vergleichen mit einer Nadelspitze. Sie ist so mager wie eine Nadel, und ihre ganze Habe könnte auf der Spitze einer Nadel Platz finden.» «So sind also die Bewohner dieses Ortes Geister oder Teufel oder Antichristen, die von der blossen Luft leben? Was machen denn diese Taugenichtse, sich den Bauch zu füllen?» «Auch die Ratten verlassen diese Häuser, wo sie nichts zu beissen finden und wo beständige Hungersnot herrscht. Infolge der natürlichen Armut dieser Gegend zogen die Einwohner einer nach dem andern fort und suchten sich andere Wohnsitze in verschiedenen Gegenden Italiens und der weiten Welt. Und die wenigen, die noch blieben, leben von ihrem Beruf.» «Und was treiben denn diese Bettler und Galgenstricke?» «Seht Ihr dort oben jene Felsen und jene Schluchten?» sagte Margherita, indem sie auf die Berge hinter Brissago deutete. «Dort hinauf klettert man, um das Gras von den Felshängen zu holen, weil das Vieh nicht hingelangen kann, um zu weiden. Und wahrlich kehren nicht alle, die dort hinaufkraxeln, mit gesunden Gliedern wieder zurück, denn ein Fehltritt, ein Steinchen, das unter ihrem Fuss ins Rollen kommt, genügt, um sie im Abgrund zu zerschmettern. Glücklich darum, wer mit heiler Haut wieder heimkommt und das bisschen Gras, das er gesammelt hat, herunterbringt. Dort lässt er es trocknen, und als Bündel auf dem Rücken trägt er es zum Verkauf. Dies ist das Handwerk der Leute aus Brix-ago.» «Bei Gott, ein erbärmliches Handwerk!» brummte der. Anführer nicht ohne einen Ausdruck des Mitleids. «Wenn alle Franzosen solches tun müssten, da wären wir schön dran. Und weiter vorn», fuhr er fort, «was sind das für Dörfer?» «Dort, kaum hat man diese Bucht hinter sich», sagte die aufgeweckte Brissagerin kaltblütig, «ist das Gebiet der Eidgenossen.» Jetzt gab der Franzose, ohne weiter zu forschen, den Schiffern ein Zeichen, sie sollten umkehren. Das ganze Dorf schaute mit ängstlicher Ungeduld aus dem Versteck zu, wie die Schiffe sich von Brissago entfernten, und kaum waren die letzten Barken hinter einem Felsen des Ufers verschwunden, so liefen alle Bewohner herbei und versammelten sich um Margherita, die, so genau es ging, ihnen das ganze Gespräch wiederholte. Ein jeder bewunderte die feine List Margheritas und stimmte dem Giorgio Bazzi bei, der bemerkte: «Brissago verdankt es der Margherita Borrani, wenn es diesmal vor der Plünderung und wer weiss vor welch anderem Unheil bewahrt blieb.» Während das ganze Volk frohlockend das eben Vorgefallene besprach, kam ein Bote, der von Ascona abgesandt war, um zu melden, dass eine Abteilung bewaffneter Eidgenossen vom obern See-Ende her gegen Brissago ziehe. Margherita bat um die Erlaubnis, ihnen vor das Dorf entgegenzugehen und empfahl ihren Leuten, sie sollten sich wieder in den Häusern verstecken und ruhig verhalten. Dann machte sie sich raschen Schrittes auf den Weg, und einige Bürger folgten ihr aus der Ferne nach. Und nicht lange darauf traf sie auf die Schweizer. Eine kleine Schar marschierte dem Heer voraus. Als diese der Brissagerin begegneten, hielten sie an und fragten: «Woher kommst du, Frau?» «Von jenem Dorf, das ihr dort seht, meine Herren.» «Wer regiert dort und wem gehört dieses Dorf?» «Es gehört den Schweizern.» «Gehört dein Dorf also nicht zur heiligen Liga des Papstes?» «Doch, ich habe es euch gesagt, mein Dorf gehört der heiligen Liga der Eidgenossen.» «Ah, ah!» sagte hierauf einer der Kriegsleute, der offenbar einer der Anführer war. «So haken also deine Landsleute die Schweizer für Heilige! Aber den Heiligen errichtet man doch Altäre! Habt ihr solche aufgestellt?» «Oh!» entgegnete die Frau mit Heiterkeit, «sie würden freilich verdienen, dass man ihnen Altäre baute, sie, die auf dem Rüth, Morgarten, Laupen, Sempach, Näfels, Grandson und Giornico solchen Mut zeigten und solchen Opfersinn für die Erhaltung ihrer Freiheit. Die heilige eidgenössische Liga ist ein Stern, der inmitten von Europa glänzt, inmitten der Unordnung und Tyrannei, die alles verwüstet und verdunkelt. Und nicht nur in jenem armseligen Dörf¬lein, sondern in ganz Europa haben die Eidgenossen einen Altar in jedem edlen Herzen.» Diese Worte der Frau tönten jenen Kriegsleuten wie süsse Musik in den Ohren, so dass sie einander mit Erstaunen und Befriedigung anschauten. Dann fragte der, welcher der Anführer zu sein schien, weiter: «Was ist das für ein Dorf, Frau, wo du wohnst?» «Es ist ein Dörflein», entgegnete Margherita, die im Innersten beglückt war, dass sich ihr die Gelegenheit bot, den Fremden jede Lust zu nehmen, Brissago zu besuchen, «es ist ein Dorf, wo nur wenige Fischer wohnen, die nur darum dort bleiben, weil jedem Vogel sein Nest lieb ist. Aber kein Fremder würde dort wohnen mögen. Alle fliehen wie vom Entsetzen getrieben.» «Und warum denn?» fragte der Schweizer mit wachsender Neugier. «Weil sich niemand gern dem Hunger ausliefert. Es ist ein kleiner Winkel zwischen den Klippen des Ufers, ohne Land und ohne Erzeugnisse. Deshalb nennt man jene Gruppe elender Hütten in der ganzen Umgegend nur Brix-ago, denn, brix\' bedeutet hierzulande soviel, als was einer Ameise genügen kann, und ,ago\' ist die Spitze einer Nadel. So nennt es das ganze Volk, da man seine Kleinheit und sein Elend nicht besser ausdrücken kann, als indem man es mit dem Bissen einer Ameise und der Spitze einer Nadel vergleicht.» Diese Rede strömte aus Margheritas Mund mit so viel Selbstverständlichkeit und Natürlichkeit, dass sie jeden Zweifel ausschloss. Jene Eidgenossen hatten einen so günstigen Eindruck bekommen von Brissagos Anhänglichkeit zu ihrer Partei, dass sie sich die Mühe ersparen konnten, nach Brissago vorzudringen, um es zu erobern. Und diese Lust verging ihnen umso mehr, wenn sie an die Armut und Hungersnot der dortigen Bewohner dachten, zumal doch die Soldaten lieber dorthin gehen, wo sie reichlich zu essen finden und wo grosse Weinfässer stehen. Sobald sie also den Stand der Dinge vernommen hatten, beratschlagten sie eine Weile untereinander in ihrer Sprache, kehrten dem Dorf hierauf ohne weiteres den Rücken und zogen sich wieder in der Richtung gegen Ascona zurück, von woher sie gekommen waren. Nun ist es nicht leicht, den Jubel zu beschreiben, der an jenem Abend in Brissago herrschte, und das Fest, das man der Retterin des Dorfes bereitete. Die Mütter führten ihre Kinder herbei und küssten ihr die Kleider. In der Tat wurde Brissago nachher nicht mehr belästigt noch bedroht und fuhr fort, sich mit seinen eigenen Leuten selber zu regieren, glücklich in seiner Einfachheit und zufrieden, von den grossen Herren der Welt vergessen zu sein.   Am Kaminfeuer der Tessiner                                    Walter Keller                                                          Hans Feuz Verlag Bern     Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


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Zwei Diebe rühmten sich ihrer Geschicklichkeit. Einer von ihnen sagte: «Ich habe viel mehr Mut und bin auch flinker als du. Ich wette mit dir, was du willst.» — «Und ich auch», entgegnete der andere. «Wollen wir die Probe machen?» — «Ich», behauptete der erste, «habe in meinem Handwerk so viel Geschicklichkeit, dass ich imstande bin, aus einem Nest die Eier herauszunehmen, ohne dass der Vogel es beim Brüten merkt.» «Und ich», fügte der andere bei, «will dir die beiden Sohlen von deinen Schuhen lösen, ohne dass du es spürst oder dass du schreist.» Und damit nahm er eine Leiter und lehnte sie an den Ast eines Baumes, auf dem sich ein Vogelnest befand. Mit unendlicher Vorsicht machte er ein Löchlein in den Boden und hob die Eier daraus hervor. Als er von der Leiter herabstieg, wandte er sich an seinen Kameraden mit den Worten: «So, jetzt kommst du an die Reihe.» «Ich», erwiderte der andere, «ich habe die Probe bereits bestanden.» Und mit diesen Worten zeigte er ihm die Schuhsohlen, die er ihm abgenommen hatte, ohne dass jener dies gemerkt hätte. «Oh, ich habe es schon gespürt», versicherte der erste, «ich habe nur deshalb nicht geschrien, um den Vogel nicht zu verjagen.»   Am Kaminfeuer der Tessiner                                    Walter Keller                                                          Hans Feuz Verlag Bern   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


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Zwei Diebe rühmten sich ihrer Geschicklichkeit. Einer von ihnen sagte: «Ich habe viel mehr Mut und bin auch flinker als du. Ich wette mit dir, was du willst.» — «Und ich auch», entgegnete der andere. «Wollen wir die Probe machen?» — «Ich», behauptete der erste, «habe in meinem Handwerk so viel Geschicklichkeit, dass ich imstande bin, aus einem Nest die Eier herauszunehmen, ohne dass der Vogel es beim Brüten merkt.» «Und ich», fügte der andere bei, «will dir die beiden Sohlen von deinen Schuhen lösen, ohne dass du es spürst oder dass du schreist.» Und damit nahm er eine Leiter und lehnte sie an den Ast eines Baumes, auf dem sich ein Vogelnest befand. Mit unendlicher Vorsicht machte er ein Löchlein in den Boden und hob die Eier daraus hervor. Als er von der Leiter herabstieg, wandte er sich an seinen Kameraden mit den Worten: «So, jetzt kommst du an die Reihe.» «Ich», erwiderte der andere, «ich habe die Probe bereits bestanden.» Und mit diesen Worten zeigte er ihm die Schuhsohlen, die er ihm abgenommen hatte, ohne dass jener dies gemerkt hätte. «Oh, ich habe es schon gespürt», versicherte der erste, «ich habe nur deshalb nicht geschrien, um den Vogel nicht zu verjagen.»   Am Kaminfeuer der Tessiner                                                               Walter Keller                                                                                           Hans Feuz Verlag Bern Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


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Einst sassen in Kippel drei Schuster auf der Stör, und sie waren lustig und guter Dinge, trieben allerlei Kurzweil und erzählten sich Schnurren und Bozengeschichten, derweil sie das Leder klopften und den Pechdraht zogen. Da sagte einer von ihnen, er stifte dem die schönste Lötschtaler Trinkelkuh, der es wage, diese Nacht um zwölf Uhr in die Guggialp zu gehen und dort einem Schuh ein neues Sohlenleder aufzusetzen. Es war ein Quatembersamstag, und an solchen Tagen ist es immer ein bisschen unheimlich an abgelegenen Orten, und in der Guggialphütte soll es von alters her immer gespukt haben. Als sie so eine Weile hin und her geredet, gespottet und gelacht hatten, schlug Simud, der verwegenste der drei Schuster, auf den Tisch und sagte: «Gut ist gut, wenn ihr mir die drei Sachen mitgebt, die ich verlange, so werde ich die schöne Trinkelkuh noch diese Nacht gewinnen! Ich brauche ein gutes, gesatteltes Pferd, einen guten, scharfen Säbel und eine geweihte Kerze!» Die andern zwei sagten, wenn es ihm nur daran fehle, so könnten sie ihm das Verlangte schon verschaffen, in die Guggialphütte hinauf komme er ja doch nicht und am wenigsten in dieser Quatembernacht. Während das Pferd geholt und gesattelt wurde, räumte der Schuster Simud so viel Leder und Handwerkszeug zusammen, als er zum Besohlen des Schuhes gebrauchte, dann sagte er, er werde in der Guggialp ein Zeichen zurücklassen, dass er dort gewesen sei und schwang sich auf das Pferd. Die beiden Genossen hatten bis jetzt seine Worte als Spass aufgefasst; als sie sahen, dass der Tollkühne das Abenteuer wirklich wagen wollte, versuchten sie ihn zurückzuhalten. Er aber rief vom Pferd aus: «Ihr sollt sehen, wie ich in wenig Stunden eine Trinkelkuh verdiene» und ritt davon. Bis nach Dermatten ging es im Galopp, dann liess er das Pferd verschnaufen, da der Weg immer schmaler und holperiger wurde, und auf einmal zwickte ihm ein Ast so heftig ins Gesicht, dass ihn das Auge schmerzte. Das erregte seinen Zorn. Er zog den Säbel und hieb mit demselben wie wild kreuz und quer in den Busch, dass die Blätter und Zweige nur so herumflogen. Da flammten feurige Augen auf, und es rief aus dem Buschwerk: «Hättest du heute nicht Reissens und Beissens, Nicht Geweihtes und Gewagtes, So würde ich dich zerreissen, Aber wenn du kommst bis zum Chluistein, So will ich dich lehren spinnen rein!» Der Schuster zuckte die Achseln, lachte in die pechschwarze Nacht hinaus und sagte: «Ja, ja, ich glaube es schon, das Pferd und der Säbel und die geweihte Kerze, die stechen dich in die Nase, heute bekommst du den Rechten, du, du!» Er setzte das Pferd wieder in Galopp, ritt beim Ried und bei den Platten vorbei, wo sich weiter nichts ereignete und kam zum Horrou. Als er die Guggischlucht hinaufritt, wo die Felsen beidseitig der Strasse immer näher zusammentreten, sah er eine feurige Gestalt, die rittlings auf der schmalsten Stelle, dem Chluistein, sass. Zwischen den Beinen dieses Ungeheuers musste er durch, da gab es kein Abwägen und Zaudern. Je mehr er sich dem Ungetuüm näherte, desto grösser und furchtbarer wurde es, schwoll an und blähte sich und überragte die höchsten Baumspitzen. Das Pferd streusste die Ohren, scheute und wollte nicht mehr vorwärts. Aber er streichelte ihm den Hals und trieb es an. Als er das Ungeheuer ganz nahe vor sich sah, wurde ihm doch ein bisschen angst, und es fuhr ihm prickelnd über den Rücken. «Der leibhaftige Teufel wirst du wohl nicht sein», schrie er, schlug das Kreuz und trieb das Pferd an, das in schnellem Tempo die Schlucht empor stieg. Jetzt schritt es zwischen den Beinen der feurigen Gestalt durch, der Schuster duckte sich und glaubte, sie habe ihn vom Scheitel bis zur Zehe berührt; ein Schauer durchrieselte seinen Körper, aber er kam glücklich vorbei und näherte sich der Guggialphütte. Am Ziele angekommen, band er das Ross an die Hütte und steckte die geweihte Kerze in Brand. Darauf trat er in die Stube, stellte das Licht auf den Tisch, rückte nahe zum Fensterchen, packte das Schusterwerkzeug aus und fing gemütlich an mit der Arbeit. Als er am besten dran war, flog das Fensterchen auf, ein scheusslicher Schweinskopf mit feurigen Augen von Tellersgrösse grinste herein und fragte ihn allerlei dummes Zeug. Der Schuster tat, als ob er allein wäre, gab keine Antwort und beeilte sich, mit der Arbeit fertig zu werden. Aber das Borstentier fragte ihn bald dies und bald das, verlegte ihm das Werkzeug bald hierhin, bald dorthin und verlangte von diesem und jenem den Namen zu wissen. Nun blieb der Schuster die Antwort nicht schuldig, doch als das Fragen nicht aufhören wollte, griff er zum Knieholz und schlug dem Ungetüm damit auf die Tatzen. «Gehst mir fort mit deinen Schmierkrallen, du garstiges Rüsselvieh. Entweder kommst du herein oder gehst weg vom Fenster!» Da sprang das Tier mit einem Satz durchs Fenster in die Stube. Der Schuster hatte den letzten Stich gemacht und legte das Werkzeug zusammen. Da ihn hungerte, ging er zum Kochherd, fachte die Glut an und briet sich ein Stück Käse am Feuer. Als das Untier sah, wie er den Käse schmolz und dünne Scheiben wegstrich, die gar gut dufteten, hielt es einen Fuss ins Feuer, briet sich die Zehen und schnitt auch davon ab. Und was nun! Es setzte auch dem Schuster von seinem Braten vor und hiess ihn davon essen. Der Schuster aber sagte barsch und kurz: «Friss du von deinem und ich von meinem!» Da fuhr das Ungeheuer vor Zorn in die Höhe, polterte in der Stube herum und verschwand zum Fenster hinaus. Der Schuhmacher packte sein Werkzeug in die Ledertasche und machte sich auf den Heimweg. Im Trab und Galopp legte er die lange Wegstrecke ohne jede Störung zurück, und als die Sonne die Spitze des Bietschhornes vergoldete, war er zu Hause in Kippel. Schweissbedeckt und von einem heftigen Fieber geschüttelt, legte er sich ins Bett und stand nicht mehr auf. Von der Trinkelkuh, welche die beiden andern Schuster seiner Familie geben mussten, hatte er keinen Genuss mehr, denn er starb noch im selben Jahr. Quelle: Johannes Jegerlehner: Walliser Sagen, Hans Feuz Verlag Bern, 1959 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


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Das war ein gewisser Bellwalder, ein guter, frommer Mann. Der wollte eines Abends hinein zur alten Säge. Da begegnete ihm ein wunderschönes Fräulein. Er dachte sofort, das sei nicht eine Lebende, und ging an ihr vorbei, Angst hatte er keine. Später überlegte er sich: «Die muss ich noch einmal sehen, vielleicht kann ich ihr etwas helfen und sie erlösen.» Und richtig, am zweiten Abend sah er sie wieder und wollte sie anreden, wagte es aber doch nicht: es ging ein so kalter Hauch von ihr aus. So fragte er den Pfarrer, was er tun solle. Der riet ihm, es noch einmal zu wagen, sie anzureden und zu fragen, wie er ihr helfen könne. Das tat er und sie erzählte ihm, vor vielen, vielen Jahren habe sie hier einen Fussweg angetreten und könne nicht erlöst werden, bis dieser Weg wieder verschwunden sei. Wahrscheinlich konnte er ihr helfen, aber ich weiss nicht wie. Der Mann selber starb bald darauf. OBERWALD Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Eines Rabensteins Lage

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hat unsere Grossmutter erzählt, könne man nur erfahren, wenn man dessen Spiegelbild im Wasser, z.B. in einem See, betrachten könne. Sie hat auch von einem erzählt, der einen solchen Stein besessen und sich damit unsichtbar gemacht habe. Dadurch sei er in die Lage gekommen, eine Verschwörung gegen einen König zu entdecken. Martin Planzer, 36 Jahre alt, Unterschächen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Eingemauert

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Ein altes Müetterli hat mir erzählt: Zwei Männer von Alpnach-Dorf seien miteinander auf die Jagd gegangen, und der eine habe dabei aus Versehen des andern Hündlein erschossen. Das sei aber dem Besitzer fürchtig lieb gewesen, und in jähem Zorn habe dieser gesagt, es wäre ihm lieber gewesen, wenn jener auf den Herrgott geschossen hätte statt auf das Hündlein. Im nämlichen Augenblick sei er in sich zusammengesunken, wie auf den Erdboden geschlagen, und habe fürchterlich ausgesehen. Kein Mensch vermochte ihn von der Stelle zu bewegen. Sie mussten ihn da einmauern. Fr. Tresch-Furrer, 35 Jahre alt, Silenen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Eini, wo Gäld suecht

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In der Gass isch en Akte gsi. Dört isch e früsch gstorbeni jungi Frau allewyl wider cho und het underim Steideckel öppis gsuecht. Si säge, si haig an däm Ort zu Läbzyte Gäld versteckt gha. Ziefen Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Einige Brunnennamen

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Der Totenbrunnen in der Intschialp, sogenannt weil sich nach der Sage einer an ihm zutode getrunken; die sieben Metzgerbrünnen am Ostabstieg des Surenenpasses, aus denen ein Metzger in der Hitze sich den Tod angetrunken haben soll; der Gretlibrunnen in Unterschächen; der Brandlibrunnen zu Gemsfeyer und der »kalte Brunnen« ennet der Märcht. Ein Brunnen neben dem Schlierenegg zu Vorfrutt habe so schädliches Wasser, dass man ihn sieben Fuss tief versenken sollte. Der Hustenbrunnen in Gurtnellen. Der Brunnen bei der Schrannenkapelle im Riedertal heisst St. Petersbrunnen. Franziska Gisler, Sigersten Im Meiental hat der Ottenbrunnen ein besonders geschätztes Wasser. Neben ihm steht ein Helgenstöckli. Frau Tresch-Loretz Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Einige Fässchen voll Geld

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Einige Fässchen voll Geld warfen in Dietikon die Russen in einen Jauchetrog, als die Franzosen vorrückten. Der Bauer, dem der Jauchetrog gehörte, hob das Geld später und wurde ein steinreicher Mann- Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Limmattal Aus dem Heftchen „Aus schwerer Zeit, alte Erinnerungen aus dem Limmattale“ von Oskar Lüssi, Dietikon, 1915. Der Verfasser dieser Schrift ging den Spuren der Franzosenzeit nach, die in der Erinnerung alter Leute noch vorhanden waren.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Einmal den Himmel verschworen

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Allemal, wenn die Frau Amtsrichter einen Gang zu Bekannten in den nahen Weiler Kienholz tat, schloss sich ihr ausserhalb dem „ussren Bach“, dem Lammbach, ein mittelgrosser, schwarzer Hund an und folgte ihr dann Schritt auf Tritt. Ging sie jedoch in die Kirche, lief der Hund neben ihr her bis zur Kirchentreppe, kehrte hier kläglich winselnd um und verschwand, man weiss nicht wohin. Ganz sicher aber schlich er sich dann des Nachts vor das Bett der Frau, jaulend und winselnd, dass sich ein Stein hätte erbarmen mögen. Den Hund verjagen, wie man einen Hund verjagt? Bei Gott, nein! Er war ja doch kein rechter Hund, er war der arme geplagte Geist ihres verstorbenen Mannes, des Amtsrichters, der in dieser Kreaturengestalt dafür büssen musste, dass er sich zu Lebzeiten am Hab und Gut von Witwen und Waisen vergriffen hatte. Eines Tages aber, als am Abend zuvor ihr Herz ab dem Jammer des Hundes hatte brechen wollen, ging die Frau zum Pfarrherrn, erzählte diesem von der Sache und fragte ihn unter Tränen, was sie auch machen solle. Der Pfarrherr gab ihr den Rat, den Geist bei seinem nächsten Erscheinen einmal zu fragen, wie man ihm helfen könne. Als der Hund am Abend wieder vor ihrem Bette lag, kläglich winselnd und jaulend wie immer, fasste sich die Frau ein Herz und fragte ihn, wie der Pfarrherr geraten, gradheraus ob und wie ihm denn zu helfen sei? Auf die Frage streckte der Hund in einer Pfote, die aussah wie eines Mannes Hand, einen Stoss Papiere, die unter den Fingern angebrannt waren, in die Höhe und sagte traurig: „Einmal den Himmel verschworen,  Ist ewig verloren!“ Darauf hörte die Frau das Klagegeheul des Hundes sich entfernen, weiter und weiter, bis es in der Nacht draussen verstummte. Der Hund erschien der Frau seit jenem Abend niemals wieder. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Einmal übernachtet

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Zu Bürglen sah man einen Mann, von dem man wusste, dass er 90 Jahre alt gestorben, lange an ein Hausdach hinaufschauen, unter dem er seiner Lebtag gewohnt hatte, und als man ihn fragte, warum er da so hinaufschaue, sagte er, in dem Hause sei er auch einmal übernachtet. »Das hed alligs äs alts Schächädaller Mäitli v'rzellt.« Josefa Zurfluh, Erstfeld Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Einsetzung eines Gescheidsmannes

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«Noch anfangs des 19. Jahrhunderts war es üblich, einen Gescheidsmann mit einer feierlichen Zeremonie in sein Amt einzusetzen. Das ganze Gescheid in langen, schwarzen Mänteln und breiten, schwarzen Filzhüten, sowie eine grosse Zahl Bürger beteiligten sich an der Veranstaltung. Von letzteren trug jeder ein Bündel Stroh mit sich. Nicht weit vom Tätschenbrünneli wurde vom Stroh auf einer Anhöhe ein grosser Strohmann gebaut, den man anzündete. Nun wurde das neue Gescheidsmitglied mit feierlicher Rede eingesetzt und ihm ans Herz gelegt, ohne Ansehen der Person nur nach Recht und Gewissen zu handeln. Begehe er Ungerechtigkeiten, so möge er nach seinem Tode brennen wie dieser Strohmann und unstet umherirren wie ein Irrlicht, bis er seine Sünden gesühnt habe. Ziefen Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Einsetzung eines Gescheidsmannes

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Viele Sagen und Spukgeschichten berichten uns, wie Grenzfrevler nach ihrem Tode als feurige Männer oder als unstete Irrlichter den Grenzen nachgehen müssten. Wie sehr dieser Glaube im Volksdenken verwurzelt ist, zeigt folgende Zeremonie, von der Joh. Rippas in seiner handschriftlichen Heimatkunde von Ziefen berichtet. «Noch anfangs des 19. Jahrhunderts war es üblich, einen Gescheidsmann mit einer feierlichen Zeremonie in sein Amt einzusetzen. Das ganze Gescheid in langen schwarzen Mänteln und breiten schwarzen Filzhüten, sowie eine grosse Zahl Bürger beteiligten sich an der Veranstaltung. Von letzteren trug jeder ein Bündel Stroh mit sich. Nicht weit vom Tätschenbrünnli wurde vom Stroh auf einer Anhöhe ein grosser Strohmann gebaut, den man anzündete. Nun wurde das neue Gescheidsmitglied mit feierlicher Rede eingesetzt und ihm ans Herz gelegt, ohne Ansehen der Person nur nach Recht und Gewissen zu handeln. Begehe er Ungerechtigkeiten, so möge er nach seinem Tode brennen wie dieser Strohmann und unstet umherirren wie ein Irrlicht, bis er seine Sünden gesühnt habe. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Eio, Wundelloo!

Source: Eio, Wundelloo!

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Äs ischd im Hewwed gsiin ung göeta Schoon. An dr Matten häi-l-Liit itaan. Es Zwäärgli hed nahagräched. Uf ds Mal hed eppumha epper bbrieled: „Eio, Wundelloo! Muggestutz ischd gstorben!" Hewwerri und Hewwer häi gwärwäised, was das siigi. Aber ds Zwäärgli hed de-r-Räche desüüsgrierrd, hed afam bbrielen wie nes Hooren und ischd dervo pfitzd wie nes Ziibri. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Eisen und Stahl

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a) Die Ursner hätten das Geheimnis, Eisen und Stahl zusammen zu bringen, gerne erfahren. Sie wussten aber, dass es eine Hexe im Dorfe kenne. Da verabredeten sie sich mit ihrem Pfarrer und mit einer Frau, die sich am Sonntag in der Kirche neben die Hexe setzen musste. Während der Predigt sagte der Pfarrer: »Ysiri Herrä hend eppis erdacht, Sy hend Ysen und Stachel z'sämä bracht.« Da horchte die Hexe auf und murmelte halblaut, dass es die Nachbarin hörte: »Äch, da hend-s ämal miessä Sand dazue ha.« Jetzt war das Geheimnis verraten. Josef Zgraggen b) Eisen und Stahl »häuwt (schneidet) das Bees«: ist gut gegen alles Böse. Siehe auch die verschiedenen Sagen, in denen Sensen, Messer, Äxte, Beile eine Rolle spielen. Auch in der Volksmedizin sind sie von Bedeutung. Vgl. ferner Schweizer Volkskunde 9, 4 (Uri). Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Elise Pagan in Castelen

Source: Elise Pagan in Castelen

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In Castelen auf dem Schlosse diente eine fromme Magd Lisette beim Landvogt Bucher. Da hatte sie bald Gelegenheit, ihre Reinheit zu bewähren. Denn als sie einmal Holz vom Estrich des Schlosses in die Küche tragen wollte, sah sie sich droben ganz fühlbar von einem Arme aufgehalten. Erschrocken eilte sie die lange Treppe hinab und suchte sich das Gesehene wieder auszureden. Aber es wiederholte sich. Jetzt erklärte sie ihrer Herrschaft den festen Vorsatz, nie mehr jenen unheimlichen Ort betreten zu wollen. Der Landvogt beruhigte sie aber und stellte es ihr als ein von der Frömmigkeit gebotenes Werk dar, wenn sie das nächste Mal der Erscheinung Stand halte und dieselbe befrage. Mit Todesangst gieng das Mädchen wieder zum gefährlichen Platz. Jener Arm blieb ebenfalls nicht aus. Auf ihre nunmehrige Frage gestaltete sich auch ein Oberleib und eine Stimme sprach: „Bete für mich, dann werd ich erlöst!" Sie wollte es versprechen, aber bereits war der Spuk wieder verschwunden. Schon meinte Lisette, durch ihr langes, eifriges Gebet einen Sünder erlöst zu haben, da trat ihr eine Gestalt grün und nach altfränkischem Schnitte gekleidet entgegen. Er bat, doch diesen feurigen Splitter hier vornen aus den Zähnen zu ziehen und durch den Schornstein hinabzuwerfen. Ohne eigentlich hinzublicken, that sie's. Die Gestalt verschwand unter grossem Danke und dem Versprechen, nicht mehr zu kommen. Die Magd that mit jenem Splitter, wie ihr befohlen war. Der fuhr laut prasselnd durch den Schornstein hinunter. Aber trotz des gegebenen Wortes erschien der Geist bald noch einmal. Nun musste sie seinen grünen Rock nehmen und ebenfalls durch den Schornstein werfen. „Jetzt ist's endlich Ruhe,“ sprach der Geist, „habe Dank. Hinfort will ich dich nicht mehr plagen." Damit verschwand er. Froh legte sich nun Lisette abends zu Bette, im Bewusstsein einer guten That. Aber wer beschreibt ihr Entsetzen, als sie am Morgen niemand anders im Schlafzimmer erblickte, als wieder den Geist. „Willst du mich denn ewig verfolgen?" schrie sie. „Fürchte nichts," erwiderte dieser freundlich, „nur noch eins fehlt mir zur gänzlichen Ruhe. Thue mir auch dieses. In Bern habe ich noch Söhne, die muss ich warnen, bessere Wege zu gehen. Begleite mich nach Bern, und du wirst glücklich sein. Dort werden dir meine Söhne eine grosse Summe auszahlen. Aber in tiefem Schweigen musst du diesen Weg wandern.“ Der Tag der Abreise wurde auf die nächste Woche festgesetzt. Der Landvogt wusste von allem. Da begann eine neue Verwicklung. Auf der Schlosswiese trat ihr ein schön gekleideter Herr entgegen, und bat sie sehr höflich, ihm ihren Namen zu sagen, und fast zugleich rief eine zweite Stimme aus den Schlossfenstern herunter: „Lisette Pagan, nicht!" Sie weigerte sich standhaft, auch als er ihr stumm ein Blatt vorhielt, worauf sie nur ihren Namen schreiben sollte. Nun wurde sie im Traume mit Bildern gequält, wie ihr ein Gärtner die Schürze voll Goldstücke vorhalte, damit sie ihm ihren Namen schreibe; oder wie bei ihrem Widerstreben eine Stimme höhnte: „Kurzer Muth, lange Züpfen,  Kleines Herz und lange Jüppen.“ So kam endlich die andere Woche herbei und die Magd sollte fort. Mit schwerem Herzen gieng Lisette auch noch an dies letzte Werk. Vom Geiste merkte sie auf dem Wege nichts. Nur schien immer jemand neben ihr zu sitzen oder gleichen Schrittes hinter ihr drein zu gehen. Als sie zum Klösterlein Frienisberg kamen, sagte der Unsichtbare zu ihr: „Hier habe ich gesündigt. Hier habe ich das von meinen frommen Ahnen gestiftete Almosen den Armen abgedrückt, Wittwen und Waisen betrogen. Darum musste ich noch zu dir kommen und meine Schuld aufdecken." Von hier weg gewahrte sie ihn nicht mehr, bis sie nach Bern kam. Da gieng er bald zu ihrer Rechten, bald zur Linken, und klopfte ihr freundlich auf die Schultern. Hier wurde das Erlösungswerk vollbracht. Das versprochene Geld erhielt sie richtig, und wanderte damit wieder heim. E. L. Rochholz,Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Else im Nüschenwald bei Zufikon

Source: Else im Nüschenwald bei Zufikon

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Das Dörfchen Zufikon, eine Viertelstunde von der Stadt Bremgarten im Reußtal, grenzt an den Saum eines großen Tannenwaldes, den Nüeschwandwald. In ihm liegen mancherlei alte Mauertrümmer weitschichtig um eine Kapelle umher, bei der einmal des Jahres am Elsbethen Tage Messe gelesen wird. Dies sind die Überreste jenes Schlosses, welches hier einst der Ritter von Aufikon bewohnte. Er hatte seine Silber-und Goldschätze in einer Eisenkiste verwahrt, die er von vier Hunden beständig bewachen ließ, und nebstdem besaß der Freiherr noch eine schöne Tochter, um deren Hand zu werben jedoch sich keiner unterstehen durfte, welcher nicht gleichgroße Reichtümer in die Ehe mitzubringen vermögend war. Allein die Else hatte schon anders entschieden, sie liebte einen jungen Burschen aus dem Dorfe. An einem langen Seil, welches von ihrem Fenster bis an den Fuß des Schlosses hinab reichte, war derselbe schon manches Mal in ihre Kammer gestiegen, da entdeckte ihn endlich einmal der Ritter und jähzornig stach er ihn zusammen. Die Leiche wurde im Graben verscharrt. Bald ging aber auch der Freiherr zu Grunde. Seine eigene Tochter beschlich ihn im Schlafe und traf ihn mit demselben Dolche, unter welchem ihr Liebster gefallen war. Dann entfloh sie und wo sie hernach geendet hat, ist unbekannt. Die Burg war herrenlos und zerfiel, nichts blieb übrig als die Geldkiste mit den vier Hunden. Bei ihr sieht man nun die Else sitzen, im weißen Brautkleide, mit offenen Haaren, weinend bis zur Morgendämmerung und das Wort stets wiederholend „wer mich lieb hat, hol mich heim!" Für ihre Seelenruhe hat man diese Waldkapelle erbaut und ihrer Namenspatronin St. Elsbeth geweiht. Sei still, sagen die Zufikoner Mütter zu boshaft schreienden Kindern, schweig, oder es muß dich die Zufiker-Else holen! (Emil Maurer v. Bremgarten.) Quelle: E. L. Rochholz, Naturmythen. Neue Schweizer Sagen, Leipzig  1862. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch  


by Em Doggeli wehre

Source: Em Doggeli wehre

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Em Doggeli wehre Em Doggeli cha me uf mängi Gattig wehre. Mi leit es Metzgermässer unger ’s Chopfchüssi. Aber i ha’s mängisch au angersch gmacht. I han es Chötteli a’s Bettschgetstüdli ufghänkt; mit em Chötteli han i e Bindbaumlätsch un i Lätsch es Schit gstosse. Derewäg han i’s a ’s Stüdli ghänkt. Aber noh es angers Mitteli weiss i. Mi macht in e Hälslig e Bindbaumlätsch u tuet e Bundhoogge dri. Chunnt ’s Doggeli glich, so macht me dr Lätsch zwöimol. Dr Hälslig hänkt me a d’Bettschget der wo d’Chopfete isch. Die Abwehr, wie sie hier dem Doggeli gilt, beruht auf dem Zauber des Bindens und des Knüpfens. Bei allen Völkern und in allen Zeiten finden wir ähnlichen Zauber. Auch der Bundhaken, wie es ja schon der Name sagt, hilft festhalten und binden. Der Knoten deutet immer Einschliessung an; das Scheit entspricht dem Feind, im vorliegenden Falle dem Doggeli, das festgebunden und unschädlich gemacht werden soll. Die Sage von der grauen Katze zeigt, wie die Seele eines Mädchens in der Gestalt einer grauen Katze fortgeht, wahrscheinlich um zu drücken, wie es ähnliche Sagen noch deutlicher aussprechen. Der Glaube an etwas Übernatürliches, das sich dem Schlafenden atemraubend und drückend auf die Brust legt, ist noch heute lebendig; denn der Zustand, den wir als Alpdruck bezeichnen, kann sich noch heute einstellen und ergibt sich aus verschiedenen Ursachen, die Atemnot erzeugen können. Zu der körperlichen Beschwerde der Atemnot, des Druckes, gesellt sich der beängstigende Traum; man spürt das Gewicht eines Wesens und sieht es im Traume; vielleicht ist es ein Mensch, vielleicht ein Tier; am Ende gelingt es dem Leidenden durch eine heftige Bewegung‚ das Wesen abzuschütteln, oder mit einem Schrei, es zu verscheuchen; aber Schrei und Bewegungen machen im Grunde nur die Atemwege frei und es gelingt dem Menschen wieder, Atem zu holen. Wer selber Ähnliches erlebt, der weiss, dass es nüchterner Selbstbesinnung bedarf, um das Erlebnis von den beängstigenden Begleiterscheinungen zu lösen und das Geschehen auf natürliche Ursachen zurückzuführen. Aber der Mensch, der auf einer niedrigern Stufe des Erkennens steht, erklärt sich den Vorgang mit den Mitteln, die ihm zur Verfügung stehen; er findet die Lösung in der Gestalt eines übernatürlichen bösen Wesens, „Alps“, den unser Volksglauben „Doggeli“ nennt. Die Wortbildung „Alpdruck“ entspricht dem Namen und dem Tun des drückenden Dämons. Allerdings tritt das Doggeli heute recht selten als selbständiger Dämon auf; meistens sind es Hexen, die in irgend einer Gestalt erscheinen und den Schlafenden drücken und quälen, wie es die Geschichte vom Schmied und vom vermeintlichen Doggeli zeigt. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by En Agetsche

Source: En Agetsche

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En Agetsche E Burebueb het mängisch uf enen Agetsche gschosse; die isch gäng i d’Hoschtert cho; aber breicht het er se nie. Du het ihm dr Haueledani, wo Lüt u War dokteret het, d’Büchse glade. Druf schiesst er uf die Agetsche; aber wo-n-er heichunnt, lit die eigeti Grossmuetter ire Bluetglungge uf em Stubebode. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by En Alarune

Source: En Alarune

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En Alarune E Ma isch mit eme Buebli zume Dökterler. Wo sie si bi-n-ihm gsi, het ’s Buebli pläret u dem Vater gseit: „Lue dert die schwarzi Chatz.“ „Do isch e ke schwarzi Chatz,“ het dä gseit. „Wohl, sie hocket ihm uf dr Achsle u chüschelet ihm gäng i ’s Ohr.“ U ’s Buebli het nid Ruehw gä, bis sie use si. Dr Ma het nüt dervo gseh gha. Aber das isch äbe e ke rächti Chatz gsi; das isch en Alarune gsi. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by En alti Stadt

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En alti Stadt Do, wo jetze Huttel steiht isch vor alte Ziten e Stadt gsi. Z’Roth isch ’s Rothus gstange; drum seit me jetz no Roth; d’Schmiedige isch d’Schmiedte gsi, z’Schweinbrunne dr Süimärit. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by En arige Fuchs

Source: En arige Fuchs

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In ere heitere Mondnacht bin i dur e tiefe Schnee der Holzebärg uuf. I ha die gladeni Flinte bymer gha. Hinder er grosse Tanne bin i blybe stoh. Dört isch e Fuchswächsel dure gange. I ha nit lang müese warte, do gsehni e Schate. Und us im Dunkle isch e Fuchs, e Prachtskärli, grad vor my Flinte an echo. I ha zylt und abdrückt. Aber kei Schuss isch abgange, derfür aber isch dä Fuchs nummen e paar Schritt vor ammer aneghocket und het mi, wies mi dunkt het, ghörig uusglache. Derno isch er undereinisch verschwunde. Ischs würklig e Fuchs gsi oder öppis anders? Woni wider uf im Ebnet gsi bi, hani d Flinte nonemol probiert, und päng! Sy beed Schüss losgange. Ziefen Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by En artaga Fugs

Source: En artaga Fugs

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Äs ischd e strenga Winter gsiin und alls stäinhorenhert-um pickelgfroren. D'Figs siin bis zen Hiisre chun; dr Büüch ischd nen nummen no am Riggstäcke ghanged. Döö hed äine vor ene Schiir em Bäizi ggräched und ischd am Abe ge-l-lüüssen; d'Bigsen hed er im Lüüssloch ghäben. Äs ischd Maaschii gsiin; lang, lang hed er meesse-w-warten. Döö ischd über e Schnee e Fugs chun und ischd gäg d'Bäizi zöö. Aber artig, dr Fugs ischd wiissa gsiin, wiissa wee dr Schnee im Maaschiin. Är hed däm niid truwwed! Döö gäid‘s nid lang, und dr Fugs steckd d'Schnurre zem Lüüssloch inha und säid: „Hans, plääbred di eppä?" Wan er ischd zöö- n-im sälber chun, ischd dr Fugs furt gsiin. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by En artegi Naarlen

Source: En artegi Naarlen

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Uf em Milistalden ischd e gwachsna Bööb gsiin; zen däm ischd äin und dee ander Nacht ds Doggelli chun und hed ne trischaagged bis zer Taghäitri. An enem Aben hed er's umhi gwaared. Döö reckd er angfäärt uber d' Dechi und uberchunnd en Naarlen i d'Finger; äs ischd en angfäärtegi Naarle gsiin, wee-m-ma sa brüüchd zem Beessen. Är bhed sa i Fingren, gäid mid arra über ds Fiir, chrimmd sa und faard ra mid dem Spitz i ds Fidla. Döö gäid's nid lang, chunnd es Mäitli z'chiihen, är selli doch dee Naarlen umhi greden; d'Möötter häigi d'Nasen im Fidla, uw wen er d'Naarlen nid gredi, chenni d'Möötter d'Nasen nimmä drüüs nän. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by En Driibäiner vorüüs!

Source: En Driibäiner vorüüs!

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Das hed mer Dratt verzelld, und äs wän an Engschtle gsiin; da häigi ds Vee scheen gwäided, und äs häigi welle vernachten. Uf ds Mal chunnd ds Vee derhar z'brogslen, d'Stila in dr Luft, en Driibäiner vorüüs! D'Älper gää vor, schälten u-w-werren und flatteeren! Und eso häi s' alls mege bhan und ercheerren. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by En graawlochti Chatz

Source: En graawlochti Chatz

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Äs hed scho gaabelled, wan es par Gadmer mid Burdenen gägen hinderhi siin. Sum sii schon änet dem Wasser gsiin, zwee siin heenaha vum Schwibbogen zruggbbliben und häi ghirmed. Döö ischd en graawlochti Chatz verbii. Äina hed en Hämpfellig üüfgläsen, fir nen dr Chatz azreerren. Aber dr ander hed gsäid: „Nid, nid, la d'Chatzi z'Nacht gaan." Si häin drüüf d'Räf umhi a-r-Rigg gnun und häim bbald dee andre bsogen. „Was ischd das fir nes Frowweli gsiin", häin dee gfräägd, wa sii vorüüs gsiin, „wan ewch bir Ghirmi vir ischd?" Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by En holzegi Froww        

Source: En holzegi Froww        

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Äis ischd e Sammelbööb gsiin, där hed Holz gnun und e Froww drüüs gschnätzed. Und undermalen hed er mid arra gchurzwiiled und tanzed. Döö sii s' mid dem Vee virer gfaaren, in en andra Staafel, und dr Bööb hed d'Froww vergässen. Aber schon in allem Faaren isch'sch dem Bööb z'Si chun, das er d'Froww hed dehinna glaan und hed gsäid, är welli emzrugg und no äis mid arra ge tanzen. Und dee andre sii-w-wiiter gfaaren; aber dr Bööb hed nid wellen emzrugg chun. Döö siin nen dee andre ge sööchen. Z'Fätze zerschrissna häi s' nen in dr Hitte funden. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by En Oltiger Dorfhäx

Source: En Oltiger Dorfhäx

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Die olti ... isch e rächti Häx gsi! Einischt hei ’s Chilchmeyers z’nacht es Füli übercho. Wär am Morge scho vor im Stall stoht, isch die gsi und seit: «Der heit schynt’s es Füli übercho, darf is cho luege?» Si hei se dummerwys yneglo, si fahrt däm Tierli e paar mol übere Rügge, wie wenn s’em wet flattiere und goht wieder use. Mönderisch cha das Füli nümm ufstoh. Lahm im Rügge! Verhäxt! Einischt aber isch si an Lätze cho. Im Dorf isch e-n-olte Chnächt gsi, dä het by-n-ere lo stricke. Si het däm Manno ’s Mäss gnoh um ’s Bei umme. Wär mönderisch es Bei het wie ne Ankechübel, isch dä Chnächt. Er het alli Zeiche gfluecht und het gseit: «Die Mätz sell umme warte, i will ere fürs Häxe tue!» Er isch furt usem Dorf und drei Tag druf heisst’s, die und die isch gstorbe und wie? ’S lingg Bei het si übere Bettrand use gstreckt, es isch schwarz gsi as wie ne Chohlesack! Eso het si es Änd gnoh. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by En ungradi Speiche

Source: En ungradi Speiche

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En ungradi Speiche Einisch het e Bur dür e Schmiedwald uehe es Fueder Holz gfüehrt. Du chunnt es Fraueli u geiht ihm vor. Drufabe si d’Ross ebstoche. Dr Bur het gli gmerkt, dass öppis Ungrads ume Wäg isch. Är geiht hingere u gseht bimene Rad en ungradi Speiche. Derno nimmt er ’s Biel u verschlot se. Drufabe lot er d’Ross azieh, u du isch’s vürersch gange‚ wie we nie niene kes Hingernis wär gsi. Wo-n-er us em Wald use fahrt, lit am Wäg das Fraueli, wo-n-ihm vorglüffen isch; das het es broches Bei gha. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by En usälige Bur

Source: En usälige Bur

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En usälige Bur Amenen Ort isch e Bur gsi, nid ganz e sufere; hingerdüre het me mängs gseit; aber niemer het dr Sach wele dr rächt Name gä. Dä Bur isch gstorbe; dr Totebaum isch uf em Wägeli gsi; aber jetzt het me ’s Ross nid mögen ab Fläck bringe. Du het eine e Sabel i d’Hang gno un isch uf e Totebaum uehe go hocke. ’s Ross het azoge, u ’s Wägeli isch i Gang cho. Aber e Chuppele Chräihe si uf em Wäg zum Totehof um e Wagen ume gfloge; äs si re uf e Totebaum go abstelle u hei gaagget, dass es d’Lüt gruset het. Die Geister treten aber auch, wie es eine vorausgehende Sage zeigt feurig in Erscheinung. Viele Sagen von feurigen Geistern mögen auf wirkliche Erlebnisse zurückgehen; ihre Entstehung lassen sich aus Sinnestäuschungen herleiten. Eine Hirtin, die früh morgens zur Winterszeit das Vieh füttern ging, erblickte im Walde einen feurigen Mann; das Phosphorlicht eines faulenden Stockes tauschte ihr ein Gespenst vor. Elektrische Erscheinungen veranlassen ebenfalls die Bildung ähnlicher Sagen. Ein flink sich fortbewegendes Tier, das sich hell von der Umgebung abhebt, vermag leicht dem Wanderer, der einsam zur Nachtzeit seines Weges geht, einen feurigen Geist vorzutäuschen. Über sumpfigen Wiesen entwickelt sich leuchtendes Sumpfgas, das als Irrlicht die Sagenbildung fördert. Die Laterne des nächtlichen Wanderers wurde schon oft für eine herumirrende Seele gehalten. Aber die Sagen von feurigen Geistern beruhen noch auf andern Vorstellungen. Als Licht tritt ja die Seele in Erscheinung. Und wenn sich die Vorstellung von der Busse der Geister aus dem Christentum herleiten lässt, so beruht der Glauben an das Auftreten feuriger Geister auf Vorstellungen des Katholizismus; im Fegefeuer, dem Reinigungsfeuer der Seelen, büssen die Sünder die Strafe ab. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ende der Genosssame zu Waldhausen

Source: Ende der Genosssame zu Waldhausen

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Der Schanzenberg, der vom Kaiserstuhler Rheintale sanft ansteigend stundenweit in das Zürcherische Bachsee-Tal hinüberstreift und dort steil abfallend die Grenze des Aargauer- und Züricherlandes bildet, war ehedem der gemeinsame Weideberg einer Gaugenossenschaft gewesen, von der nun nichts weiter mehr als die geschichtliche Erinnerung übrig ist, die sich an drei getrennte Bauernhöfe knüpft. Das ist der Hof Talmühle, nun Zürcherisch, und der Hof Hägelen auf Aargauer Boden, jedoch beide im Züricher Dorfe Bachs pfarrgenössisch; der dritte ist der Bergweiler Waldhausen, jetzt der Aargauer Gemeinde Fisibach zugeteilt, alle drei im Bezirke Zurzach. Bei dem letztgenannten Weiler steht noch die Ruine der Adelsburg, in deren Twing einst diese Freihöfe lagen; sie wurden von einander getrennt, als der adelige Hofbauer von Waldhausen so viele seiner Güter an das Stift St. Blasien im Schwarzwalde verschenkte, dass dieses aus ihnen die Probstei Wislikofen errichten konnte. Aber auch diese ging wieder ein, und rings um das noch vorhandene leere Probsteigebäude auf seinem Hügel droben hat sich ein eignes Dörflein Wislikofen angebaut. Noch eine Reihe anderer Höfe ist vorhanden, die zu den vorigen gehörten und noch gehören: Mühlebach, Bauernmühle, Lochmühle, Goldenbühl, Belchen, Böbikon, Imberg, Rütihof, Hasle. Sie alle haben sich eines gleich hohen Alters zu berühmen und wissen ihre Geschichte nicht bloss auf die Tage der Ritter und Äbte, sondern bis auf jene Urzeit zurückzuführen, da noch die wohltätigen guten Bergmännchen den Landstrich bewohnten. Diese hatten ihr Haus ganz in der Nähe der Talmühle, in der grossen Felsenwand des jäh abstürzenden Schanzenberges. Vom Tale aus sieht man in der Fluh die Erdmännchenhöhle wohl, doch niemand weiss, wie weit sie sich nach innen verzweigt, denn sie ist keinem zugänglich, als nur den Raben, die da brüten und scharenweise ein und ausfliegen.  Als die Bergmännchen da droben wohnten, war ein solches Wohlleben im Lande, dass man jetzt noch davon erzählen hört. Kam der Mäher des Morgens auf die Matte, der Pflüger auf den Acker, der Schnitter ins Ährenfeld, siehe, da fand er die Arbeit oft halb, oft schon ganz getan. Der Fuhrknecht sah am Morgen die Rosse gestriegelt und gefüttert, die Magd ihre Wäsche herausgewaschen und zum Bleichen in die Sonne gelegt, der Bäcker den Teig geknetet und schon in deck Ofen gestossen, und dem Müllersknecht wurde die Nacht durch regelmässig das Korn aufgeschüttet, ohne dass er sich umzudrehen hatte. Da brauchte der Fuhrmann nur anzuspannen, der Bäcker nur zu verkaufen, und Knecht und Magd konnte manches Stündchen länger schlafen, ohne dass einem was am Lohne abging. Die Leute waren aber auch erkenntlich für solche Hilfe. Die Bergmännchen bekamen manchen hübschen Wecken, sie durften manchen vollen Krug Most oder Wein mit forttragen, um ihn leer wieder zu bringen. So weit ging das gute Einvernehmen gegenseitig, dass die Erdmännchen auch da und dort zu Stubeten kamen und den Kindern allerlei Spielzeug und Naschwerk mitbrachten. Auch ihre Neckereien waren artig und überraschend. Wenn ihnen ein Kind zu begehrlich entgegen sprang, sagten sie: Mach die Hand auf und die Augen zu und nun trags hinter in den Stubenwinkel! Das Kind tat so, und obwohl es dabei sah, dass es nichts anderes als eine kleine Kohle bekommen hatte, schwieg es doch aus Scheu und kroch still ins Bette. Aber wenn es am Morgen die Kohle nehmen und zum Fenster hinaus werfen wollte, fand es einen Edelstein, der von nun an sorgfältig aufbewahrt, oder in einen Ehering gefasst und oft bis auf die Neuzeit vererbt wurde.  Es hat jedoch von jeher unnütze Leute gegeben, die zur Unzeit über Alles nachgrübeln müssen, und zu diesen gehörte auch der junge Talmüller. Wenn die Bergmännchen Abends bei ihm eintraten in langen Mänteln, die bis auf den Boden reichten, konnte er ihre Füsse niemals zu Gesicht bekommen, ja sie taten, als ob sie gar keine hätten, so leicht und geräuschlos war ihr Gang. Der Anschlag, den er nun ersann, gelang ihm freilich, jedoch bloss zu seinem eignen Schaden. Bevor die Erdmännchen wieder zu ihm kamen, hatte er Hausgang und Stubenboden bereits mit Mehl bestreut. Als er dann das Licht nahm und damit herum zündete, entdeckte er allerdings überall nur Spuren von Gänsefüssen. Aber ein solcher Missbrauch des schönen feinen Mehls, der lieben Gottesgabe, sollte ihm schlecht bekommen. Von Stund an blieben die Männchen aus und mahlten ihm kein Mehl mehr, ja als er mit kommendem Frühjahr sein Vieh wie sonst auf den Schanzenberg zur Weide trieb, verlief es sich und stürzte über die steile Felswand zu Tode. Niemand zweifelte damals daran, dass der Zorn der Bergmännchen das Unglück angestiftet habe, und ein jedes Kind, das die Felsen dort kennt, weiss noch heut zu Tage davon zu erzählen. Die Erdmännchen sind ausgewandert, die Gaugenossenschaft hat sich zerschlagen Ritter und Äbte haben die Höfe in Besitz genommen, zuletzt sind sie gar noch in zweierlei Religionen geschieden worden und nun auch an zweierlei Kantone verteilt. (A. Schuhmacher v. Siglistorf.)  Sage aus Zurzach Band 3.2, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962, S. 124 - 126 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Ende des letzten Froburgers

Source: Ende des letzten Froburgers

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Der letzte der Froburger-Grafen war Eberhard, ein harter Mann gegen seine Unterthanen und ein unersättlicher Jäger. Er kam an einem Julitage aus der Zofinger Gegend von Adelboden her und ritt scharf auf Olten zu, um dieses Städtchen noch vor dem Losbruch eines drohenden Gewitters zu erreichen. Gerade Richtung eingehalten, schrie er seinen Vorreitern zu; „Es kommt auf einige Garben nicht an!“ Und so sprengten sie mitten durch die reifen Saaten mit allem Trosse der Oltener Aarbrücke zu. Da erbebte die Erde von einem Donnerschlag, und zugleich steht auf den Höhen des Hauensteinpasses die Froburg in Feuer, als ob alle Blitze des Himmels auf sie niederregnen wollten. „Was ist das!“ rief der Graf betroffen aus, als er droben im Jura das Feuer lodern sah. „Eure Burg geht in Flammen auf!“ antwortete ihm die heisere Stimme eines alten Weibes. Sie stand vor ihm am Stalden des Städtchens, nahe bei dem Bogen der bedeckten Aarbrücke. An dem höhnischen Tone erkannte er sogleich das Weib wieder. Sie hatte ihm schon heute Morgen, da er nach Aarburg durchritt, an dieser gleichen Stelle Unheil verkündet gehabt. „So soll“, rief der Frevler ingrimmig aus, „mir das Volk so lange an einer neuen Burg bauen, bis kein Pflug mehr im Lande geht. Und wo's der Mörtel nicht thut, da behebt Bauernblut!“ Aber im gleichen Augenblicke reisst ihn ein Blitzschlag vom Rosse. Und als die Knappen nach ihm sahen, lag er schon entseelt am Boden. Sie weckten die nächst Wohnenden und trugen dann, als diese nirgend öffnen wollten, die Leiche in die alte Kirche, die noch das einzige Gebäude von jenen vielen Häusern war, die ehemals das Rittergeschlecht hier besessen hatte. Er ward hier ausgesetzt und bestattet. Am Brückenrain besagte eine öffentliche Inschrift, hier an dieser Stelle sei einst das Froburger Geschlecht erloschen. Die Inschrift wurde später mit einem Gemälde vertauscht, das den vom Blitz unter das Ross geworfenen Grafen darstellt. Ein Eisendrahtgitter schützt es. Es ist durch Wetter und Zeit verblichen. Die Froburg ist nicht wieder erbaut worden. An ihrem Platze steht heute ein hübscher vielbesuchter Sennhof. Die Chroniken Basels lassen den Grafen von Froburg zugleich mit seinem Schlosse untergehen, zurzeit, da das Erdbeben im Jahr 1356 die ganze Stadt Basel verschüttete und in der Umgegend 84 feste Burgen und Schlösser zusammen in Trümmerhaufen stürzte. Der Graf wird Hanemann genannt. Man weiss nun zwar aus sichern Nachrichten, dass Graf Hanemann erst neun Jahre nach dem grossen Erdbeben starb. Gleichwohl hat kaum an einem Schlosse das Erdbeben so grosse Spuren der Zerstörung hinterlassen wie an seinem. Die steile Fluh, auf der es lag, über die benachbarten Gebirgsköpfe emporblickend, 1500 Fuss über der Aare, zerriss in ihren Grundfesten und öffnete tiefe Klüfte, Schlünde und Spalten. E. L. Rochholz,Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch    


by Engel und Dorfkapelle

Source: Engel und Dorfkapelle

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Engel und Dorfkapelle Mitten in Schöfflisdorf steht die heimelige Kirche mit ihrem typischen „Käsbissenturm“. Sie stammt aus dem Jahre 1706 und erhebt sich an der Stelle einer früheren Kapelle, die schon um 1370 erwähnt wurde, und zwar als Filiale des Gotteshauses in Niederweningen. Wie es bei deren Bau zuging‚ erfährt man aus einer alten Sage. Darnach seien wegen des Standortes arge Zwistigkeiten ausgebrochen. Die Schöfflisdorfer wollten die Kapelle bei sich haben, die Oberweninger aber auch, und um den Nachbarn zuvorzukommen, fingen die letzteren rasch entschlossen eines schönen Tages zu bauen an. Aber da seien in der Nacht einige Engel erschienen und hätten Steine und Holz heimlich nach Schöfflisdorf hinaufgetragen, und diesem deutlichen Zeichen des göttlichen Willens hätten sich dann die Oberweninger gefügt. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Unterland Wörtlich nach Hedinger, S. 24. Seine Quelle: Lienhard, Blatt 15. Dieser Verfasser schildert die Sage zwar im Zusammenhang mit dem Neubau von 1706, gibt aber selber zu, sie passe besser zum mittelalterlichen Kapellenbau. Auch aus den im Staatsarchiv aufbewahrten Schöfflisdorfer Pfrundakten ist ersichtlich, dass wegen des Standortes dieses Gotteshauses wiederholt Schwierigkeiten entstanden, so z. B. anlässlich einer Erneuerung von 1650, wobei die Oberweninger bemerkten, die Kirche würde bei ihnen an einem höher gelegenen Platze erbaut und wäre dann viel besser sichtbar. Dagegen äusserten sich die Schöfflisdorfer, die Bevorzugung der Nachbargemeinde wäre für sie eine grosse Schmach. Diese Angaben nach Hedinger, S.24. - Vgl. dasselbe Motiv in Adetswil Ernbrach, Fraumünster-Zürich, Flaach, Meilen, Wila. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Engelmesse im Riedertal

Source: Engelmesse im Riedertal

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Ein braver Geissbub trieb jeden Morgen die Ziegen von Bürglen in das Riedertal. Nie, auch nicht an Sonn- und Feiertagen, besuchte er die Kirche, obwohl er sonst ein frommes, ordliches Büebli war. Endlich b'schickte ihn der Pfarrer und fragte ihn, warum er gar nie zur heiligen Messe komme. Er gab zur Auskunft, er wohne jeden Tag einer heiligen Messe bei. – »Ja, wo denn?« – »Drinnen im Riedertal zu äusserst in den Talbergen bei einem grossen Stein; da singen gar schön die Engel, und einer von ihnen liest Messe.« – Eines Tages ging auch der Pfarrer mit ihm zu dem Stein. Der Knabe kniete da nieder, faltete andächtig die Hände und betete. Dann fragte er den Geistlichen, ob er es jetzt sehe. Dieser verneinte. – »Jä, und d'Ängel, g'heered-er dië äu nitt?« – Auch dazu musste der Pfarrer nein sagen. Aber er glaubte dem Knaben. Bald nachher fanden sie nahe beim Stein das Bild der Schmerzhaften Mutter und bauten eine Kapelle. Erzählt 1914 von einer über 80 Jahre alten Bürgler Frau, die erklärte: »So han-i's vo dr Müetter g'heert.« Es ist wohl die ältere, ursprünglichere Form der Legende vom Riedertal. Auch vom Myttenstein im Riedertal habe die Mutter eine Geschichte erzählt, aber diese sei ihr nicht mehr im Gedächtnis. Frau Arnold-Stadler Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Engla im Hüüs

Source: Engla im Hüüs

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Es Mässer darf ma nid offes uf e-r-Rigg legen und ds Howwig obsi cheerren, äimmel den afen nid im Hüüs und uf em Tisch; d'Engla chennte si d'Fiess zerhowwen. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Entdeckung der Heilquellen in Baden

Source: Entdeckung der Heilquellen in Baden

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Freilich, wenn man euch Kalendermachern und Zeitungsschreibern glauben müsste - so liess sich ein gesprächiger Mann an der Limmat eine Wegstrecke weit vernehmen – da wäre mein Land hier freilich alles römisch. Brugg, Windisch und Königsfelden wären mit allen Besetzsteinen über die Alpen herüber transportirt und das Stächen Baden ohnedies bis zum letzten Dachziegel. Aber wer hat denn unsere Badquellen entdeckt und ihre Heilkraft zuerst gewusst? Die Römer einmal gewiss nicht, sondern unser Schweinehirte. Da wo jetzt in Baden Gasthöfe, Wirthshäuser und Kaufbuden der Reihe nach die Limmat hinunter stehen, dass sie nächstens eine Neustadt für sich ausmachen, da war ehemals zur Römerzeit nichts als alter Tannenwald. Stille grasige Weideplätze begannen gleich vor dem Stadtthore, die noch kein einzelner Besitzer für sich genommen hatte. Hieher hatte ein Bube des Ortes seine Schweine getrieben. In der Müssigkeit eines langen Sommertages schälte er sich Ruthen und flocht Körbchen daraus; darüber bemerkte er zu spät, dass sich sein Eber von der Heerde weggeschlichen hatte. Er machte sich gleich auf, ihn im Walde zu suchen. Schon überlegte er alles Kreuz und Elend, das daheim über seine Achtlosigkeit herein brechen werde, da war sein Their schon wieder aus dem Dickickt, sprang mit ganz vergnüglichen Sätzen unter die Heerde hinein und liess sich mit ihr heimtreiben. Aber des andern Tages gab unser Bube besser acht und that daher gar nicht dergleichen, als ob er merke, wie der Eber auch jetzt sich wegstahl, dem Waldsaume zu weidete und dann rasch darin wie verschwunden war. Augenblicklich war der Hirte hinter ihm her. Er hatte keine hundert Schritte gebraucht, da sieht er, wie sich sein Thier in eine Vertiefung des Waldbodens hinablässt, drunten sich wälzt und sület und wunderbarlicher Weise zu rauchen und zu dampfen anfängt, dass man den Dunst bis in die heisse Mittagssonne herein aufzittern sah. Der Hirte tritt hinzu und der Eber macht sich nun heraus. Ungeduldig schleudert ihm der Junge den Stachelstock entgegen; statt das Thier zu treffen, fährt die Spitze tief in den zähen Waldboden, und es kostet einige Mühe, den Stock herauszuziehen. Aber alsobald springt eine Quelle drunter auf und des Hirten Hand ist wie mit kochendem Wasser übergossen. Auch ein so herbe branstender Schwefelgeruch verbreitet sich, dass unser Bube gewiss bald an den Teufel gedacht hätte. So erzählte er seinen Fund eilig daheim, die Nachbarn erkannten bald des Wassers Heilkraft und richteten sich da ein Bad ein. Und so bleibt es schon wegen unsers Schweinhirten ausgemacht, dass die Badener kalt und warm auch ohne die Römer von einander unterscheiden haben können. Wollt Jhr aber noch wissen, woher ich meinen Glauben habe, ei, so lasset Euch nur einmal die Handschriften und Chroniken aufschlagen, die der alte Stamm, ein Zürcher-Dekan zu Birmenstorf hinterlassen hat; da drinnen steht's. Und somit Gott befohlen! Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 17 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Entdeckung des kalten Bades in der Schwendi

Source: Entdeckung des kalten Bades in der Schwendi

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Dieses heilbringende Wasser soll durch einen Geissbub entdeckt worden sein. Wie derselbe dort herum die Ziegen hütete, sah er zu wiederholten Malen einen hinkenden Hirsch an diese Quelle hinkommen und daraus trinken (ob vielleicht auch darin baden oder stehen?). Er machte zugleich die Wahrnehmung, dass dieser von Tag zu Tag weniger hinke und besser zu Fuss sei. Das erzählte der Hirte begreiflich zu Hause und machte die Leute aufmerksam. Man ging hin, prüfte das Wasser und fand es als sehr heilbringend. Dies der Ursprung oder die Entdeckung des Schwendi Kaltbades in Obwalden.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Entefiessleni

Source: Entefiessleni

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Das wä z'Wiiller gsiin. Da hätti äina am Lowwelli e Chriesboi ghäben; Jaar fer Jaar hed där träägen; aber wen dr Büür mid Chratten und Chriesihaaggen gäge ds Lowwelli ischd, sii d'Chrieseni furt gsiin, dr Boin zerstroipfta und ds Chrüüd drunder verftampfets. Das hed ne ghegled. Äs hed nen ordelli afa-w-wunder nän, wär ma d'Chrieseni strieli, Jaar fer Jaar, und är geng dr naagäänder siigi. Döö hed im äina graaten, är selli äis Äschen undrem Boi säijen, we d'Chrieseni ziitegen. Das hed er äis eso gmachd. Am Morgen druf ischd er gen achten. In dr Äsche sii Trittleni gsiin wie von Entefiesslenen. Etz hed er gwissd, wär im d'Chrieseni gwunnen ung gstrieled hed; das sii d'Zwäärgleni gsiin. Aber firderhin sii d'Chrieseni sichern gsiin und d'Zwäärgleni nimma chun. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Entführtes Kind auf Arni

Source: Entführtes Kind auf Arni

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Das war im Winter, anfangs der achtziger Jahre. Des Rütti-Ratsherrn Büebli auf Arni, namens Vinzenz, sollte der Mutter eine Windel holen, welche sie gar nicht weit vom Hause entfernt aufgehängt hatte. Es kam nicht mehr zurück. Zwei Tage lang suchten es die Angehörigen und Nachbarn und teilten die Sache endlich dem Pfarrer von Silenen mit. Dieser meinte, sie sollten noch einen Tag suchen, und dann, falls es zum Vorschein komme, ihm ein Zeichen geben. Man sieht ja vom Pfarrhof in Silenen grad auf Arni hinauf. Sonst werde er dem Kinde läuten lassen. Doch am Abend des dritten Tages, als der Pfarrer schon dem Sigrist wollte den Auftrag geben, dem verlorenen Kinde zu läuten, erblickte er das Zeichen auf Arni. Das Knäblein wurde bei einem Ronen oder unter einer Tanne in der Hell (Name eines Gutes) gefunden und gab zur Auskunft, ein schwarzer Mann habe es genommen und dorthin geführt, sei bei ihm geblieben und habe es gewärmt. Es habe keinen besondern Hunger. Vinzenz lebt noch. Ein naher Verwandter erzählt so: Der etwa fünf-bis sechsjährige Bub tränkte abends die Kühe nahe beim Stall. Als ihn die Angehörigen riefen, war er nirgends zu finden. Sie suchten ihn bis in die Nacht hin ein und sahen nirgends eine Spur von ihm. Es war im Winter und hatte Schnee. Am nächsten Tage ging der Vater nach Silenen hinunter zum Pfarrer. Als er heimkam, war der Bub wieder da. Sie hatten ihn nahe beim Hause zwischen zwei grossen Steinen gefunden. Der Bub sagte: Ein grosser Mann mit schwarzem Gesicht und schwarzen Kleidern sei gekommen, als er das Vieh tränkte, habe ihn beim Arm gepackt und gesagt: »Komm mit!« Er habe geantwortet, er könne nicht kommen. »Du musst«, sagte der Mann, nahm ihn und stand die ganze Nacht bei ihm. Der Bub spürte weder Kälte noch Hunger oder Durst. Die Suchenden seien oft ganz nahe an ihm vorbeigegangen; er habe nicht rufen können. Merkwürdig, dass weder der Bub noch der schwarze Mann im Schnee eine Spur hinterliessen. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Entführtes Kind in Surenen

Source: Entführtes Kind in Surenen

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Die folgende Geschichte war in den achtziger Jahren des verflossenen Jahrhunderts in aller Leute Mund und wurde allgemein für wahr gehalten. Der Sammler dieser Sagen hat im Januar 1912 den Vater des entführten Kindes, einen ernsthaften Mann, der sonst die meisten Sagen ins Reich der Fabeln und des Aberglaubens verweist, befragt, und ebenso im August 1913 dessen Sohn, also den Bruder des Kindes, einen gewissenhaften, nüchternen, 50jährigen Mann, und beide haben die Sache fast mit den nämlichen Worten übereinstimmend dargestellt. Wir erzählen hier mit den Worten des Sohnes: Es war im Mai 1879. Ich war damals 15 Jahre alt, und wir waren im Stäfeli zu Niedersurenen. Der Wyseli war damals im dritten Jahre. Er war ein schwächliches Kind und besonders zu jener Zeit recht kränklich. Er trug noch den Rock, konnte nicht gut reden. Vater und Mutter arbeiteten in einiger Entfernung von der Hütte im Garten. Eine Schwester war beim Wyseli und den andern Kleinen zurückgeblieben. Sie spielten miteinander vor unserer Hütte. Als die Eltern heimkamen, fragte die Mutter in der Stube, wo der Wyseli sei, und die Schwester sagte: »Grad etz isch er dussä gsy vor d'r Hittä.« Sie wollten ihn holen, fanden ihn aber nirgends. Da suchten sie mit den Nachbarn am Bache und überall, so auch am folgenden Tage. Am Nachmittag sagte dann der Vater zu mir: »Ich müess uf Altdorf gah und'm la lyttä. Gang z'ersch ga d'Schaf holä, aber chumm de nitt bi d'r Stygi appä, chumm dü by dä Spychärä-n-appä!«. Wir hatten auch zu Messen versprochen. Ich ging. Bei der Stygi erblickte ich die Schafe, und als ich in die Nähe kam, etwas ausserhalb der Stygi, sah ich auf einmal mitten im Steingeröll am stotzigsten Ort, eine kleine Strecke unterhalb des Felsens, den Wyseli stehen vor den Schafen. Ich ging rasch auf ihn zu und nahm ihn auf meinen Rücken. Er sagte mir: »Da sind Stei appätrohlet!« Mit ihm stieg ich nun doch die Stygi hinunter, einen schmalen, sehr schlechten, steilen Pfad, zu unserer Hütte im Stäfeli. Heute noch könnte ich die Stelle genau zeigen, wo der Wyseli gestanden. Daheim untersuchten wir ihn. Er war ganz trocken, obwohl es die ganze Nacht geregnet hatte. Über seine Füsse lief eine Schneckenspur. Er verlangte Milch und sagte, er habe Hunger. Einige Tage später sagte er: »Ä Ma het mi g'nu. Miär sind scho g'gangä!« Längere Zeit hindurch wollte er nicht mehr ins Freie. Er hatte Angst und schaute noch lange mit Zeichen des Schreckens gegen die Stygi hinauf. Seitdem wurde der Wyseli stärker und kräftiger. Er ist jetzt ein gesunder, starker Bursche. Er weiss nichts. Wir haben ihm nie etwas gesagt. Michael Walker, Altdorf Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Entführtes Kind zu Unterschächen

Source: Entführtes Kind zu Unterschächen

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Herger Tonis von Spiringen alpeten in der Alp Brunni. Eines Tages gab der Vater dem etwa fünfjährigen Micheli Milch; aber die Portion war dem Kleinen zu schmal bemessen; er wurde bös und lief zur Hütte hinaus. Einige Zeit spielte er mit Kameraden, dann kam er diesen, man weiss nicht wie, aus den Augen. Drei Tage lang suchten ihn die Eltern und Nachbarn und versprachen endlich eine »Tafäla« in die Wallfahrtskapelle der Schmerzhaften Mutter im Getschwyler. Sie liessen ihm läuten. Am dritten Tage half auch sein Taufpate suchen. Der fand ihn jenseits des wilden Brunni-Schächens unter einem Tännchen in einer Waldlichtung, an einer Stelle, die sie beim Suchen schon mehr als einmal passiert hatten. »Aber, wië bisch dü etz da ubärä chu?« fragte der Pate. »A grossä, schwarzä Ma isch chu«, sagte das Büebli »und het mich bi der Hand g'nu und isch mit-m'r gäg'm Bach appäg'gangä, und darnah am Bach unnä isch wider ä scheeni Froüw chu und het mich dem Ma g'nu und het mich uber dä Ronä-n-ubärä (über einen Baumstrunk, der über den Bach gelegt war) uff das Plätzli da g'fiëhrt«. »Jä, und was hesch dü etz da gmacht?« wurde das Büebli weiter examiniert. »Ich ha mit Schnäggähüslänä und Steindlänä g'fätterlet. Ich han- ech scho g'seh süechä, aber ich ha nytt chenna machä.« Ob er Hunger habe. »Nei, dië wyss Froüw het-m'r Brot b'bracht.« Andere Erzähler sagen, ein weisser Mann habe ihn über den Bach getragen und ihm Brot gebracht; andere wollen vom Brot nichts wissen. Der Bub ist aufgewachsen und hiess lange nur der verlorene Micheli oder der »Pfahr«, weil man von ihm, wie von allen entführten Kindern, glaubte, er werde Geistlicher werden. Er würde wohl den Spitznamen jetzt noch haben, wenn er nicht ausserhalb des Kantons, in Nidwalden, verheiratet wäre. Erzählt unter anderem auch von mehreren Nachbarn jener Familie Herger. Kath. Kempf, 90 J. alt; K. Gisler u.a. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Entführtes Wiegenkind

Source: Entführtes Wiegenkind

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Als eines Tages die Mutter im Klosterberg in Isental von ihrer Feldarbeit in das Haus zurückgekehrt war und das Wiegenkind besorgen wollte, war es verschwunden. Sie suchte es überall im ganzen Hause, fand es aber nicht. Erst am späten Abend traf sie es zufällig im Barnen des Stalles. Das Gespenst machte sich auch sonst im Hause unangenehm bemerkbar, und sie liessen es endlich unter die Diele des Hauseinganges bannen. Hans Aschwanden, 50 J. alt. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Entrückt und irregeführt

Source: Entrückt und irregeführt

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Eine halbe Stunde nordöstlich von Grabs, in der Talebene, liegen einige Güter, welche den Namen Gula tragen. Dorthin wollte sich bei Anbruch der Nacht ein Grabser begeben, um seines Viehes zu warten. Unverhältnismässig lange lief er schon und hatte sein Ziel noch nicht erreicht; er lief, bis er todmüde sich niederlegen musste und sein Bewusstsein verlor. Als er wieder zu sich kam, befand er sich in einer ihm fremden Gegend; doch sah er die Spitzen des Margelkopfes und der Appenzellerberge, von der Morgensonne beleuchtet; neben ihm standen zwei gemauerte Säulen; über sich erblickte er einen Querbalken; er hatte unter dem Galgen bei Vadutz gelegen. Wie ist dieser Mann in die Herrschaft Vadutz gekommen, da ja zu jener Zeit über den Rhein noch keine Brücken, sondern nur Fähren führten? Er behauptet, verhext gewesen zu sein. Ähnlich erging es vier Holzern. Etwas nach Mitternacht, beim Mondenschein, stiegen sie, den Holzschlitten auf der Schulter, den Grabserberg hinan. Sie halten die Absicht, mit ihrer Arbeit in der Voralp vor Tagesanbruch zu beginnen. Sie waren noch nicht lange gegangen, so verdüsterte starker Nebel das Licht des Mondes, und bald bemerkten sie, dass sie sich verirrt hatten. Nach kurzer Zeit fanden sie im Schnee einige Fussspuren; diese vermehrten sich zusehends. Der Weg wurde immer breiter, und dennoch kamen sie nicht ans Ziel. Von mehrstündigem Laufen ermüdet, setzten sie sich auf ihre Schlitten. Bei Tagesanbruch befanden sie sich nicht weit ob dem Dürfe; sie waren beständig um einen Büchel herumgegangen. Deshalb hatten sich die Fußstapfen im Schnee vermehrt, und deshalb war der Weg breiter geworden. Man war allgemein der Ansicht, dass es hier nicht mit rechten Dingen zugegangen; die Schuld wurde einer alten Frau, der Bach-boden-Greta zugeschrieben. Heinrich Hilty. Anderorts sagt man, die Wanderer seien auf ein Irrkraut getreten.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 108, S. 52f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Entrückter Knabe

Source: Entrückter Knabe

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Die Geschichte ist im Jahre 1837 in der Alp Stössi im Maderanertal begegnet, und ein zuverlässiger Mann, alt Posthalter Kyd in Brunnen, hat sie erzählt. Damals befand sich die Frau des Nachtwächters Dittli von Amsteg mit ihren zwei Kindern, dem vierjährigen Hansseppli und dem halbjährigen Melkli, ihrem alten Vater und zwei kleinen Kindern, oben in der Stössialp und sömmerte daselbst ein paar Geissen. Der Vater diente bei einem reichen Senntenbauer im Urnerboden als Zusenn. Es war an einem Sonntag, am 20. August besagten Jahres. Die junge Mutter hatte die Kinder der Obsorge des Grossvaters empfohlen und war nach Bristen in die Kirche und von da nach Amsteg hinuntergegangen, um dort einige notwendige Bedürfnisse einzukaufen. Während der kleine Melkli in der Hütte in der Wiege schlief, sass der Grossvater vor derselben mit den andern spielenden Kindern auf dem Bänkli und rauchte behaglich sein Pfeifchen. Da liess der kleine Schreihals in der Hütte als Zeichen seiner regen Esslust seine kräftige Stimme ertönen. Da sagte der Greis zu den Kleinen, sie sollten bei der Hütte bleiben und ging hinein, dem Melkli mit einem währschaften Mehlbrei das Maul zu stopfen. Schon war er mit der Fütterung beinahe zu Ende, als draussen die Kinder ein jämmerliches Geschrei erhoben. Voll Schrecken eilt der Grossvater hinaus, zu sehen, was es gegeben habe. Er fand nur noch zwei Grosskinder, und diese schrien erbärmlich: »Hansseppli niänä meh!«. Umsonst fragt sie der Grossvater, wo er hingekommen. Da sagten die Kinder, sie seien in die Beeren gegangen. »Hansseppli verschwundä, niänä meh!« Umsonst fragte der Greis in den benachbarten Hütten nach. Niemand wusste Bescheid. Endlich kommt die Mutter heim, ihr Jammer um das verlorene Kind ist herzzerreissend. Mit ihren mitleidigen Nachbarn durchsucht sie die Alp bis zu den Flühen hinauf und hinab bis zum wilden Kärschelenbach. Nirgends eine Spur. Ein Bote eilt hinüber auf den Urnerboden, dem Vater die Hiobspost zu verkünden. Umsonst sucht die Mutter am Montag mit 16 Personen den Bach entlang das Tal hinaus. Ebenso am Dienstag und Mittwoch der herbeigeeilte jammernde Vater. Am Donnerstag ging er sodann hinunter nach Silenen, dem Pfarrer das rätselhafte Verschwinden des Knaben mitzuteilen. Dieser nahm als gewiss an, derselbe sei in den schäumenden Bach gefallen und man habe eben die Leiche noch nicht gefunden. Er werde daher abends um 5 Uhr das Endzeichen läuten lassen. Eben läutete auch zu Bristen zur selben Stunde die Totenglocke, als aus den Flühen herab zwei Geissbuben atemlos dahergelaufen kamen und dem unglücklichen Elternpaare die seltsame Märe verkündeten, sie hätten kaum fünf Minuten oberhalb der Hütte den Hansseppli mit Tannzapfen spielend unter einer Wettertanne aufgefunden. Die Mutter hob eben die siedende Milch vom Feuer und hätte sie im freudigen Schreck beinahe verschüttet. Sie stellte eiligst die Pfanne ab und rannte mit ihrem Mann atemlos den Berg hinan. Mit Entzücken schlossen die Eltern ihr verloren Kind heil und unversehrt in ihre Arme. Auf die dringenden Fragen an den Kleinen, wo er doch gewesen, hatte er stetsfort nur seltsamen Bescheid: Ein grosser Mann habe ihn auf den Arm genommen und an einen Ort hingetragen, wo viele Kinder gewesen seien und gekegelt hätten. Er habe ihm ein weisses Hemdlein angezogen, zu essen gegeben und freundlich mit ihm getan. Wohl habe er die Mutter jammern hören, aber der grosse Mann habe ihm verboten, ihr Bescheid zu geben. Mehr war nicht aus dem Kinde herauszubringen. Dasselbe hatte die Schuhe und Kappe verloren, und der rechte Strumpf und das Hosenbein waren weggerissen und nirgends zu finden. Die Mutter hatte in ihrer Seelenangst eine heilige Messe zu den 14 Nothelfern in Silenen versprochen. Nun gingen mit dem frühesten Morgen die glücklichen Eltern hinunter, das Gelübde zu erfüllen. Der Pfarrer, über die wunderbare Rettung erstaunt, redete ihnen zu, den Knaben, wenn er Talent habe, geistlich studieren zu lassen. Das geschah nachher auch wirklich. Nach beendigtem Studium und empfangener Priesterweihe hat Johann Josef Dittli im Herbst 1862 in der Pfarrkirche Silenen seine erste heilige Messe gelesen 1. Die Geschichte war lange Zeit in aller Leute Mund und wird auch jetzt noch häufig erzählt. Ich hörte sie z.B. folgendermassen: »Professor Dittli hat es mir selber erzählt. Als sie, Kinder, in der Stössialp vor ihrer Hütte spielten, sei plötzlich ein schwarzer Mann gekommen, habe ihn am Arm gepackt und sei mit ihm rasch in eine Plangg hinaufgelaufen. Die Eltern haben ihn drei Tage gesucht. Als man ihm am dritten Tage zu Silenen läutete, sahen ihn die Leute, die in der Plangg arbeiteten, bei einem Baumstrunk hervortreten. »E nu, d'r Hansseppli isch da!« sagten sie. Sie waren beim Suchen oft ganz nahe an ihm vorbeigegangen. Er hatte sich aber nicht rühren können. Der schwarze Mann habe ihm von Zeit zu Zeit zu essen gegeben, etwas wie Chräpfli, aber er hätte doch nicht sagen können, er habe gegessen. Daheim gab man ihm Milch, aber er sagte, er habe keinen Hunger.« Andere erzählen, ein schwarzer Mann habe ihn entführt, und dann sei ein schöner weisser Mann gekommen und habe mit dem schwarzen gekämpft und ihn besiegt und habe darauf das Kind an einen schönen Ort geführt, wo es mit goldenen Kugeln spielen konnte. Eine ähnliche Geschichte will eine Frau von Bristen in ihrer Verwandtschaft oder Nachbarschaft erlebt haben. Fußnoten 1 Joh. Jos. Dittli, geb. 18. September 1834, wurde Priester 10. August 1862; 1863–1867 Seelmesser, 1867 bis zu seinem Tode Kaplan der Muttergottespfründe und Professor am Gymnasium in Altdorf. Mit 35 Jahren erfasste den starken und blühenden Mann plötzlich ein gewaltsamer Tod. Mit seinem Freunde, Rektor Rohrer, hatte er am Nachmittag des Fronleichnamsfestes (27. Mai 1869) einen Spaziergang an den neuen Reusskanal, der soeben im Bau war, unternommen und wollte auf schmalem Steg den reissenden Fluss überschreiten. Da kam Dittli auf den verhängnisvollen Gedanken, seine Tiefe zu messen. Er schleppte daher eine lange Haglatte herbei. Beim Bücken bekommt er das Übergewicht, stürzt in die wilden Wellen und ertrinkt. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Entstehung der Erdleutchen

Source: Entstehung der Erdleutchen

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Bei Verweisung der gefallenen Geister in die Hölle setzte Gott ihnen eine Frist, bis zu welcher alle in diesem Orte angelangt sein sollten. Ihre Zahl war aber so gross, dass es dichte Haufen vom Himmel schneite, wobei wie beim Schneefall einige schneller und früher, andere langsamer und später auffielen. Im Augenblick, da die Frist auslief, waren ihrer noch viele im Fallen begriffen, zwischen Himmel und Hölle. Aus diesen sind nun nicht Teufel geworden, sondern Erdleutle, weil sie an der Erde hängen geblieben sind.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Bei dieser Sage gibt es keine genaue Zuordnung zu einem der fünf Kantone. Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Entstehung der St.-Silvester-Kirche

Source: Entstehung der St.-Silvester-Kirche

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Wer von der Stadt Freiburg über die alte Kantonalstrasse nach dem Oberland wandert, erblickt hinter Perfetschied hoch droben auf stolzem Hügel ein weisses Kirchlein: Die Pfarrkirche von St. Silvester. Drunten aber auf sattgrünem Wiesengrund gruppiert sich um den Hügel das Dörflein Zurschür. Die zwei Bergwiesen Schwyberg und Käsenberg im Hintergrund schliessen das reizende Landschaftsgemälde ab. Wie kam es, dass das Gotteshaus mit der Wohnung des Seelsorgers so hoch hinaufgebaut wurde, ganz herausgerissen aus dem Dorfe? Darüber geht folgende Volkssage: Im dämmerigen Buchenwalde, der bis hinunter das linke Ufer des Ärgerenbaches schmückt, stand vor urdenklichen Zeiten ein grobgeschnitztes Bild des heiligen Papstes Silvester. Das gläubige Landvolk der Umgebung verehrt diesen Heiligen als hilfsbereiten Patron des Viehes bis auf den heutigen Tag. Als die Pfarrkirche in Giffers (die bis 1859 auf St. Silvester pfarrgenössig war) neu errichtet war, wollte man das Bild des heiligen Silvester von seinem einsamen Platz entfernen und ihm in der Gifferser Kirche einen würdigeren Ehrenplatz geben. Die verwitterte Holzstatue wurde gereinigt, neu bemalt und gefasst und dann in der Kirche auf einem Nebenaltar aufgestellt. Aber damit schien der Heilige nicht einverstanden. Denn als am folgenden Morgen der Pfarrherr in der Frühe als erster das Gotteshaus betrat, machte er die unerfreuliche Entdeckung, dass der Standort des Heiligen leer war. Das Bild war verschwunden und nirgends eine Spur von einem Diebstahl wahrzunehmen. Alles Suchen und Forschen blieb erfolglos. Bald verbreitete sich die Kunde vom Verschwinden der Heiligenstatue in der ganzen Umgebung. Da, im Laufe des Tages meldeten Hirten, der Heilige stehe wieder an seinem früheren Platze im schattigen Buchenwald droben. Niemand konnte sagen, wie das gekommen war. Man holte das Heiligenbild und stellte es wieder in die Kirche von Giffers in seine Nische. Abends wurde die Kirche gut versperrt; den Schlüssel verwahrte der Pfarrer in seiner Wohnung. Es half nichts. Am andern Morgen war der Heilige wieder verschwunden. So wiederholte sich der geheimnisvolle Vorfall drei Mal, und jedes Mal fand sich die Statue an ihrem früheren Standort unter den verschwiegenen Buchen und Tannen des Waldes. Jetzt erkannte man, dass es eine höhere Fügung des Himmels war, die den Heiligen an seiner altgewohnten Stätte festhalten wollte; man wagte es nicht mehr, diesem deutlichen Fingerzeig zu widerstehen. Der Platz um das Heiligenbild wurde abgeholzt, und darauf erstand nach einigen Wochen ein schmuckes Kapellchen zu Ehren des heiligen Silvester. Das Gnadenbild erhielt auf dem Hochaltar seinen Ehrenplatz, den es nicht mehr verliess. So entstand das Wallfahrtskirchlein von St. Silvester. Am letzten Tag des Jahres, am «Santivaschtelstag», pilgern die Bauersleute der Umgegend in aller Herrgottsfrühe, ob es «bisnet» oder regnet oder schneit, hinauf ins stille Kirchlein zum 5-Uhr-Hochamt und opfern dem Heiligen wächserne Kühe, Pferde, Schweinchen, Hühner und Enten, mit der festen Zuversicht, dass der grosse Heilige ihr Haus und Stall vor jeglichem Wehtum und Ungutem beschützen und bewahren werde. Ich bin als Student selber mal dabeigewesen bei dieser Wallfahrt. Die Sennen vom «Spittelvorsatz» aber opfern einen saftigen geräucherten Schinken und einen zentnerschweren Käs.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Entstehung des Brugger-Jugendfestes

Source: Entstehung des Brugger-Jugendfestes

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Auf eine Zeit beschlossen die Bürger der Stadt Brugg, im Gemeindsbann einen Eichwald zu pflanzen. Also zogen sie einst an einem Regentage aus, machten mit Stecken Löcher in den Waldboden, liessen in jedes Loch eine Eichel hinunter und traten das Loch mit dem Fusse zu. So setzten sie an einem Tage bei zwölf Mütt Eicheln; und am Abend bekam jede Person ein Weissbrod zum Andenken an die Pflanzung des Waldes. Allein die Eicheln waren zu tief und zu fest im Boden und wuchsen nicht. Darnach pflanzte man dasselbe Landstück mit Roggen und Hafer an, pflügte es nach der Aernte wieder um und legte nun zum zweiten Male Eicheln. Allein auch so kamen nur wenige aus den Furchen, und statt der Eicheln wuchs Gras. Nun heuete man das Gras und liess beim Mähen die jungen Eichlein vorsichtig stehen. Aber sie wollten doch nicht wachsen und verserbten in dem Rasen. Daher stellte man die Sache noch einmal anders an. Am 20. Weinmonat des Jahres 1532 zog die ganze Gemeinde mit Weib und Kind hinaus in den Wald. Alles musste daselbst junge Eichlein ausgraben. Darnach zogen sie mit ihren Setzlingen hin, wo sie den Eichenwald pflanzen wollten und setzten sie. Und als man von der Arbeit heimkam, wurde jedem Kind ein Brödlein gegeben, damit sie sich an die Pflanzung des Waldes erinnerten. Männer und Frauen aber hielten auf der Stadtstube ein fröhliches Nachtessen. Und die Eichen, sagt die Chronik, wuchsen nun. Dessen freute sich die Bürgerschaft sehr, und zum Andenken zog man alle Jahre aus und machte mit der Jugend einen Umgang im Walde. Zum Zeichen aber, dass die Eichen wüchsen, musste dann jedes Kind einen Zweig mit sich in die Stadt heimbringen, und darnach bekam es zum Abend ein Brödlein. Von daher ist das jährliche Jugendfest in der Stadt Brugg entstanden und wird darum dort Ruthenzug genannt. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 84 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Enttäuschte Kohlengräber

Source: Enttäuschte Kohlengräber

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In Muttenz ging einmal das Gerücht, in der Sulz oben seien Kohlen entdeckt worden. Einige Bauern nahmen es für bare Münze und zogen mit Pickel und Schaufel dorthin. Sie gruben einen Tag lang, ohne auf Kohlen zu stossen, und kehrten am Abend ins Dorf zurück, in der Absicht, am folgenden Tag weiter zu graben. Ein Witzbold schlich nun bei Mondschein mit einem Korb voll Kohlen in die Sulz, schüttete sie in die Grube und deckte sie mit Erde zu. Am anderen Morgen machten sich die Bauern wieder an die Arbeit. Wie gross war ihre Überraschung, als sie schon nach wenigen Stunden Kohle zu Tage förderten. Schon fühlten sie sich als reiche Kohlengrubenbesitzer und zogen guter Dinge in die nächste Wirtschaft, um das Ereignis zu feiern. Wie enttäuscht waren sie aber, als sie in den nächsten Tagen den Betrug merkten. Für den Spott der Dorfbevölkerung brauchten sie nicht zu sorgen. Muttenz Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Erdäpfelkrankheit

Source: Erdäpfelkrankheit

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Anno 1845 gab's sehr viele Erdäpfel; ein grosser Teil davon war aber faul oder krank. Viele Leute behaupteten, der schottische Tanz, der kurz vorher bei uns aufgekommen war, sei schuld, dass Gott der Herr diese Krankheit geschickt habe. U. Senn. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 98, S. 48 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Erdmännchen (SG)

Source: Erdmännchen (SG)

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In der Gstalden bei Flawil, am Wege, wo man nach Magdenau geht, sollen zwei Löcher sein, wo ehemals "Erdmannli" hausten. Dr. Henne-Am Rhyn, Deutsche Volkssage. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 480, S. 282 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Erdmännchen am Frickberg

Source: Erdmännchen am Frickberg

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Droben auf dem Frickberge, einer aargauer Staatswaldung beim Dorfe Wegenstetten im Fricktale, liegt eine Höhle von geringer Höhe und Breite; aber sie hat einen Ofen nebst Ofenbank und andern Ruhesitzen in Stein gehauen, und von dem durch den Fels gebrochenen Fenster kann man von der Winterhalde aus noch Reste des steinernen Kreuzstockes wohl erkennen. Alles dieses haben die Zwerge gemacht, die hier ihre Wohnung genommen hatten, als sie in die Schweiz einwanderten. Unsre Vorältern behaupten von ihnen, aus Asien her seien sie in unser Land gekommen, sie hätten dort die Sonnenhitze nicht mehr ertragen können, und daher erklärten sichs auch die Leute, dass die Gesichtsfarbe der Erdmännchen ganz schwarz und ihr Naturell ein so äusserst träges war. Denn arbeiten mochten sie durchaus nichts. So lang die Sommertage waren, spazierten sie beim Sennen auf dem Berge umher, und so lang die Winternächte dauerten, sassen sie drunten beim Bauern im Zeindlimatt-Hof und ergötzten sich an den Dorfneuigkeiten. Da äusserten sie manches mal ganz offenherzig, sie verständen ebenfalls Korn zu pflanzen und zu schneiden, hätten es aber nicht nötig und täten lieber gar nichts. Woher sie aber doch alles ihr Mehl und ihren grossen Weinvorrat hatten, das mochten sie nicht eingestehen. Jedoch teilten sie gerne davon mit. Den Leuten auf  Büttihalde trugen sie in jeder Heuet Wein zu, in der Ernte sogar Omeletten und Kaffee, alles ganz artig zusammen gepackt in ein Hozzli (Tragkratte). An Schlauheit übertrafen sie jeden Advokaten, und doch hatten sie ausser dem Gesichte fast nichts von menschlicher Art an sich. Sah man ihnen einmal durchs Mäntelchen auf den Leib, so glichen sie statt einem Menschen eher einem schwanzlosen Welschhuhn. Die Burschen im Zeindlimatt-Hof vermuteten daher, sie müssten wohl auch Hühnerfüsse haben, und bestreuten darum, wahrend die Männchen eben zum Besuch da waren, den Küchenboden mit Asche. Als es zehn Uhr schlug und die Zeit da war, wo die Zwerge pünktlich Feierabend machten, nahm der eine Bursche das Licht zum Hinauszünden und der andere öffnete höflich die Küchentür. Denn nur durch die Küche kann man in oder aus der Wohnstube alter Bauernhäuser kommen; und nun meinte man schon, der ganzen Sache den Knopf gedreht zu haben. Allein das war lange nicht schlau genug. Hünggi, üf! Hühnerlein, fliegt auf! riefen sie an der Türschwelle, und wie eine Kitt Wildhühner schnurrten sie mit einander purrr! zur Küche hinaus. Man sagt, sie seien damals gradaus auf die Schneeberge fortgeflogen und hätten seitdem dort ihre Wohnung aufgeschlagen. (Seminarist Moosmann von Wegenstetten.) Sage aus Wegenstetten im Fricktal Fussnote zur Geschichte, auf schweizerische Hinweise beschränkt: Der Zwerg wird in der alten Sprache Schratt, in der Mundart Schrätteli genannt und zwar nach jenen Steinmeeren im Hochgebirge, die er bewohnt und die man Schrattenfluhen und Schrattenfelder heisst. Daher nennt man in Sonneberg im Meiningischen die Feld und Hausgeister, die man sich als kleine Wesen denkt, Schlaarzla. (Schleicher, Volkstümliches aus Sonneberg. 1858, S. 76) Landessage des Kanton Freiburg: Im dortigen Ormonderlande lebten die Feen von Haselhühnern und Auerhähnen, behüteten die Viehheerden vor Seuchen, sahen im Übrigen unsern Mädchen gleich, hatten aber eine rabenschwarze Haut „wie die wilden Mohren in Afrika" und an ihren Füssen fehlte nichts als die Fersen. (Küenlin, in Dalps Ritterburgen der Schweiz 1, Nr. 28.) Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Erdmännchen holt die Hebamme

Source: Erdmännchen holt die Hebamme

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In der Grossgruobis-Balm haben Erdmännchen ihren Aufenthalt, früher zeigten sie sich den dortigen Bewohnern sehr dienstfertig. Unter anderm habe ein solches einst einer Kindbetterin die Hebamme geholt. Nachdem diese ihren Dienst glücklich erfüllt hatte und deshalb auf gute Bezahlung wartete, kam das Erdmännchen mit einer bedeutenden Zahl Kohlen und legte dieselben der Hebamme in die Schürze mit ernstlicher Bedingung, selbe zum Feuer zu legen; es sei dies der Lohn für ihre geleisteten Dienste. Im geheimen Unwillen über solche Bezahlung und in der Meinung, andern Lohn, etwa in einem oder zwei blanken Talern, verdient zu haben, zerstreute sie diese Kohlen, während das Erdmännchen dies sah. Dasselbe sagte zur Hebamme: „Wie meh dass zatterist We minder dass hatterist." Nur ein Stückchen Kohle nahm die Hebamme mit nach Hause und legte dasselbe wirklich zum Feuer, und sie fand nachher, dass es zu einem reinen Goldkügelchen geworden. In Sarnen wirft die Hebamme die erhaltenen schwarzen Steine, so viel sie nicht fallen liess, auf die Herdplatte. Im Feuer schmolz das reinste Gold heraus.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Bei diesem Märchen gibt es keine Zuordnung zu einem der fünf Kantone. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Erdmännchen in der Stiftshalde

Source: Erdmännchen in der Stiftshalde

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Stiftshalde heisst jene Staatswaldung, welche sich ob den Weinbergen des Frickthaler-Dorfes Hornussen hinzieht. Dort wusste man noch vor etlichen zwanzig Jahren das Erdmändliloch, eine Höhle, worin die Zwerge übernachteten; denn ihren Tag brachten sie herkömmlich in Hornussen zu und waren in allen Häusern des Dorfes bekannt. Dem Feldarbeiter kam ihre Aushilfe gerade so zu statten, wie ihre Anstelligkeit in Küche und Wirtschaft der Hausfrau erwünscht war. Man hielt sie deshalb den Nächsten der Familie ganz gleich; und wenn sie ja schon mit den Kindern tüchtig zu Mittag gegessen hatten, so bekamen sie doch auch noch ein Bischen von den eingeschlagenen Eiern oder dem Pfannendotsch (Eierkuchen), den sich die Mutter hinterher kochte, wenn sie an gar zu schweren Arbeitstagen sich selber was Gutes thun wollte. Da hatte sich nun in jener Zeit unser reiche Müller ein neues Mühlwerk näher zum Dorf her gebaut, und es war ihm sehr daran gelegen, diese Männchen als einen Haussegen mit in sein neues Quartier herüber zu ziehen. An dem Tage also, den er zu seiner Auffahrt in die Mühle bestimmt hatte, mussten alle Räder klappern, musste das frische Feuer am Herde prasseln und der schneeweisse Schlot sich in Dampf hüllen; und Kuchen hatte er backen lassen, deren Geruch so süss durch die Gasse hinaufzog, dass sogar die Männchen lüstern darnach wurden, die sich bekanntlich auf derlei am besten verstehen. Sie nahmen also des Müllers Einladung an. Eine lange blaue Zipfelmütze am Kopfe und in langen Röcken, die ganz über die Füsse herabreichten, kamen sie zur Stubenthüre herein und blieben da zusammen sittsam stehen. Aber gerade um das Aussehen dieser verhüllten Füsse war's jetzt dem neugierigen Müller zu thun. Deswegen hatte er heute schon vor ihrem Erscheinen von der Thüre an bis zum grossen runden Schiefertische Mehl und Kleie über den Boden streuen lassen. Da waren Kraut- und Ramwähen, Speck- und Zipärtlikuchen (aus Cyperpflaumen) aufgetragen von einer Grösse, dass sich keine Platte dazu fand; lauter besondere Lieblingsspeisen des kleinen Volkes. Der Müller hiess sie also frisch herzusitzen; sie folgten, und nun hatte der Schlaukopf, was er gewollt hatte. Aber während er so ihre Fussstapfen betrachtete und lauter Platsch- und Gänsefüsse sah, hielt er nicht länger an sich, sondern brach darüber in ein lautes rohes Gelächter aus. Sogleich verliessen die geschämigen Männlein Stube und Haus; seit jener Zeit haben sie auch das Dorf nicht wieder betreten. Bald wurde der Müller vergantet (fallit), und da sein grosses Gut kein Anderer mit Vortheil kaufen oder lange behalten konnte, kam es endlich gar an das Stift Seckingen am Rheine drüben im Schwarzwalde. Nachmals gieng man noch oft in die Männleinshöhle hinauf, um nur wieder etwas von ihnen zu sehen. Der alte Schullehrer selbst war einmal weit hinein gekrochen, fand aber in dem finstern Gewölbe nichts anderes als zahllose Fledermäuse; weil man den Erbgrind bekommt, wenn diese einem ins Haar gerathen, so machte er sich schleunig wieder heraus. Später hat er nicht einmal mehr die Höhle auffinden können auf jener Seite, wo man am ehesten zukommt; und anderen, die sie auch genau gekannt haben, gieng's ebenso. Nur das weiss man noch, dass sie nach Innen immer weiter und grösser wird, bis sie tief hinten an einen unterirdischen See führt. Ueber diesen ist aber noch kein Lebender gefahren. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 276 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Erdmännchen und fluchender Senn

Source: Erdmännchen und fluchender Senn

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Abends beim Melken der Kühe verschüttete ein Alpknecht in der Salwiden ob der Schlacht am Sörenberg einen ganzen Eimer Milch und begann darüber nach seiner wüsten Art zu fluchen. Da hörte er in einer Ecke des Stalles ein lautes Seufzen, konnte jedoch kein lebendes Wesen entdecken, von dem dies hätte herrühren können. Von dem Vorfalle gab er seinem Meister Anzeige und dieser mochte sich gerne überzeugen, ob denn wirklich etwas Geisterhaftes im Stalle wäre. Nächsten Abend sollte der Knecht wieder Milch vergiessen und dazu fluchen, während der Meister in jener Ecke des Stalles abhorchen und aufpassen wollte. Wie verabredet, so taten sie und das Seufzen liess sich richtig hören; doch tat der Meister, als ob er nichts gehört habe und verbot dem Knechte und der etwas ängstlichen Frau, die ohnehin schon Erdleutchen daherum wollte bemerkt haben, von der Sache zu sage. Um ganz sicher zu sein, machte jedoch der Melker nächstes Mal die unfromme Probe wieder und vernahm richtig dasselbe Seufzen. Der Sommer war vorüber und das Vieh ward heim ins Tal hinab geschafft. Als die letzte Kuh über die Alpgrenze war, sprach der Meister, wie es die Sitte verlangte, noch ein andächtiges „Walt Gott!" über seine Alp. In diesem Augenblick bemerkte der Knecht, dass er droben in der Hütte seine Uhr vergessen habe und lief, was gibst was hast, sie zu holen. Dort angelangt sieht er, dass eine ganze Gesellschaft Erdleutchen schon im Begriffe stand zu käsen und sogleich empfieng er von ihnen böse drohende Mienen und Worte. Besonders war es ein winziges Weiblein, das ihm wegen dem Fluchen beim Milchvergiessen harten Vorwurf machte und ihn belehrte: „Alle Milch, die während des Jahres verschüttet wird, die ist unser. Nur jene können wir uns nicht aneignen, worüber man geflucht hat. Aus dieser gesammelten Milch machen wir dann unsere Käse und die sind höchst vortrefflicher Art; sie sind gut zu essen, für den Mund und die Gesundheit, sie haben vorzüglich die köstliche Eigenschaft, dass sie unter gewissen Bedingungen nie abnehmen. Siehe, was hast du also mit deinem Fluchen geschadet. Und jetzt mache, dass du fortkommst auf der Stelle, oder …!" — Da schaute der grosse, kräftige, herzhafte Gesell mit stolzem, verächtlichem Blick auf das kleine Wesen hinunter, indem- er gleichzeitig zu einer entsprechenden Redensart das erste Wörtchen „was?" ansetzte. Er erhielt aber keine Frist zum weitern Reden, indem das Zwergenweib plötzlich zu einer Riesengestalt in die Höhe wuchs, so dass der trotzige Flucher gern die Uhr im Stiche liess, eiligst die Flucht ergriff und in Schweiss gebadet endlich seinen Herrn ereilte. Er soll nicht mehr lange gelebt haben.        Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Erdmännchen und Föhn

Source: Erdmännchen und Föhn

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a) Die Erdmännchen hatten auch ihre kleinen Leiden. Beim Mangeli zu Menzingen war eines Härdmännchens Wohnung. Er besuchte fleissig den Bauer unten im Gschwänd und half ihm. Als einmal der Sprengmontag (Güdismontag) nahte, bestellte der Bauer das Männchen zum Gaumen und Viehhirten. Er sagte zu, wenn nicht Unwetter einfalle. Mein Gschwänder achtet auf diesen Vorbehalt umso weniger, als eben gut Wetter war und dauerhaft schien. So ging er fort, 2 Tage lang, tanzte vollauf und war bodenlustig bis am Mittwoch. Es fehlte wenig, der Gschwänder war ein Verschwender. Dass daheim das halbe Vieh am Draufgehen mache, fiel ihm nicht im Traume in Sinn, denn es waren sonnige und warme Tage. Und doch fand er es so. Das Härdmandli, hart angefahren, entschuldigte sich mit dem Föhn, der ihm ja Mark und Bein ausgetrocknet hätte, würde es sich nicht in die Höhle zurückgezogen haben.   b) Dermaleinst lebten zu Lungern in Höhlen und ärmlichen Hütten Heiden, Zigeuner und andere solchen Gelichters, welche das Volk heute noch Wilde nennt. Erwiesenes Gute wussten sie zu belohnen, dagegen verstanden sie es auch, Beleidigungen bitter zu rächen. Wilde stiegen von ihren Höhlen herab und halfen den Einwohnern im Gute „Kriesimatt“ Heu sammeln, halfen den Älplern und Hirten auf den Bergen gerne bei der Arbeit aus, hirteten für sie im Winter droben auf den Höhen das liebe Vieh und bauten nebenbei für sich Getreide im „Mühli-Mäss“, einer kleinen sonnigen Alpe am Fusse der Gummä und von Breitenfeld. Heiden und Wilde wohnten ferners ehedem in der grossen Höhle „Burg“, nahe am Brünig, wo man vor wenig Jahren noch Kohlen und verrostetes Eisengeschirr vorfand. Einmal, am Ende des Winters, ereignete sich, dass der Lungerer auf dem Berggute Tristeldärä, gegenüber der Gummä, für zwei Tage nach Sarnen hinunter gehen musste. Er gab nun einem Heiden-Mandli, seinem vertrauten Nachbarn, den Auftrag, während seiner Abwesenheit das Vieh zu besorgen mit allem Bedarf. Das Mandli versprach`s, wenn der warme Wind nicht blasen würde. Der Bauer legte wenig Gewicht auf diese Ausnahme und nahm wohlgemut den Weg unter die Holzsohlen. Nach einigen Stunden brach der Föhn los, der Wilde lief in die Boni, versteckte sich unter den Heustock und schob Heu vor sich hin. Da der Wind zwei Tage lang so anhielt und es dem Lungerer auch nicht einfiel vor Abschluss seiner Geschäfte nach Hause zu gehen, so bekam das arme Vieh keine Nahrung. Am späten Abend traf endlich der Bauer in Tristeldärä wieder ein. Wie übel sah es aus. Einige Kühe hatten vor Hunger den Baren angekerft. Der Wilde hockte ruhig in seinem Versteck. Gerufen stellte er sich jedoch ein, um den Vorwurf entgegen zu nehmen. Allein er antwortete gelassen: „Wie hätte ich dein Vieh hirten können bei so schrecklichem Winde? Hätte er mich angeweht, ja es wäre alles Mark in meinen Gebeinen vertrocknet und ich hätte müssen sterben.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Erdmännchen und Föhn

Source: Erdmännchen und Föhn

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a) Die Erdmännchen hatten auch ihre kleinen Leiden. Beim Mangeli zu Menzingen war eines Härdmännchens Wohnung. Er besuchte fleissig den Bauer unten im Gschwänd und half ihm. Als einmal der Sprengmontag (Güdismontag) nahte, bestellte der Bauer das Männchen zum Gaumen und Viehhirten. Er sagte zu, wenn nicht Unwetter einfalle. Mein Gschwänder achtet auf diesen Vorbehalt umso weniger, als eben gut Wetter war und dauerhaft schien. So ging er fort, 2 Tage lang, tanzte vollauf und war bodenlustig bis am Mittwoch. Es fehlte wenig, der Gschwänder war ein Verschwender. Dass daheim das halbe Vieh am Draufgehen mache, fiel ihm nicht im Traume in Sinn, denn es waren sonnige und warme Tage. Und doch fand er es so. Das Härdmandli, hart angefahren, entschuldigte sich mit dem Föhn, der ihm ja Mark und Bein ausgetrocknet hätte, würde es sich nicht in die Höhle zurückgezogen haben.   b) Dermaleinst lebten zu Lungern in Höhlen und ärmlichen Hütten Heiden, Zigeuner und andere solchen Gelichters, welche das Volk heute noch Wilde nennt. Erwiesenes Gute wussten sie zu belohnen, dagegen verstanden sie es auch, Beleidigungen bitter zu rächen. Wilde stiegen von ihren Höhlen herab und halfen den Einwohnern im Gute „Kriesimatt“ Heu sammeln, halfen den Älplern und Hirten auf den Bergen gerne bei der Arbeit aus, hirteten für sie im Winter droben auf den Höhen das liebe Vieh und bauten nebenbei für sich Getreide im „Mühli-Mäss“, einer kleinen sonnigen Alpe am Fusse der Gummä und von Breitenfeld. Heiden und Wilde wohnten ferners ehedem in der grossen Höhle „Burg“, nahe am Brünig, wo man vor wenig Jahren noch Kohlen und verrostetes Eisengeschirr vorfand. Einmal, am Ende des Winters, ereignete sich, dass der Lungerer auf dem Berggute Tristeldärä, gegenüber der Gummä, für zwei Tage nach Sarnen hinunter gehen musste. Er gab nun einem Heiden-Mandli, seinem vertrauten Nachbarn, den Auftrag, während seiner Abwesenheit das Vieh zu besorgen mit allem Bedarf. Das Mandli versprach`s, wenn der warme Wind nicht blasen würde. Der Bauer legte wenig Gewicht auf diese Ausnahme und nahm wohlgemut den Weg unter die Holzsohlen. Nach einigen Stunden brach der Föhn los, der Wilde lief in die Boni, versteckte sich unter den Heustock und schob Heu vor sich hin. Da der Wind zwei Tage lang so anhielt und es dem Lungerer auch nicht einfiel vor Abschluss seiner Geschäfte nach Hause zu gehen, so bekam das arme Vieh keine Nahrung. Am späten Abend traf endlich der Bauer in Tristeldärä wieder ein. Wie übel sah es aus. Einige Kühe hatten vor Hunger den Baren angekerft. Der Wilde hockte ruhig in seinem Versteck. Gerufen stellte er sich jedoch ein, um den Vorwurf entgegen zu nehmen. Allein er antwortete gelassen: „Wie hätte ich dein Vieh hirten können bei so schrecklichem Winde? Hätte er mich angeweht, ja es wäre alles Mark in meinen Gebeinen vertrocknet und ich hätte müssen sterben.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Erdmännchen zeigen Metalladern an

Source: Erdmännchen zeigen Metalladern an

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Zu einem gelehrten Chemiker im Schwyzerland kam einstmals ein Bauer, der ihm im Vertrauen Folgendes erzählte: Neulich sei er oben auf einem Berge gewesen, an dessen Fuß er ein schwarzes Männchen gesehen habe. Das habe gegraben, sei jedoch bald verschwunden, bald aber auch wiedergekommen, um in seiner Arbeit fortzufahren. Da sei er sogleich herabgestiegen, um sich die merkwürdige Erscheinung in der Nähe anzuschauen, er habe aber keine Spur mehr von dem Männchen vorgefunden, dagegen aber an der Stelle, wo es gegraben, wohl die Erzstücke. Hierauf sei er vor einiger Zeit mit mehreren anderen Bauern zusammengekommen, deren Hauptbeschäftigung das Suchen nach Kristallen sei; diese hätten ihm eine Stelle gezeigt, wo kürzlich einer von ihnen mit der Hacke eingehauen, und um die anderen zu täuschen, mit verstellter Freude ausgerufen habe: „Ei was für schöne Kristalle finde ich hier!" Da habe sich in dem Felsen drin plötzlich ein so furchtbarer Höllenlärm, ein so gräuliches Gerassel und Getöse erhoben, dass sie alle schleunigst die Flucht ergriffen hätten. Der Chemiker ließ sich von dem Bauer die Stelle zeigen, wo das Erdmännchen gegraben, und siehe, es fand sich daselbst eine reiche Metallader vor. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ere Jumpfere erschint dr Meister

Source: Ere Jumpfere erschint dr Meister

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Ere Jumpfere erschint dr Meister E Burefrau, het mer ’s Müetti verzellt, heig ere Jumpfere au brichtet vom angereesle. Sie müess mit em Hemlistock d’Stube wüsche u ’s Ghüder useträge u derzue gäng hingertsi goh. I dr Angereesenacht het d’Jumpfere to, wie sie isch brichtet gsi. Aber du, was geiht! Uf ’s Mol isch dr Bur ihecho. D’Jumpfere het si ihrem Züg gschämt. Sie het d’Auge nümme dürfen ufschloh un isch ewägg gsprunge, so gleitig wie sie möge het. Am Morgen het d’Jumpfere dr Büri gseit, sie dörf em Bur nümmen unger d’Auge cho; sie hätt ere doch de chönne säge, dass dr Bur ume Wäg sig. Jetz isch d’Büri erschrocke. Ganz verschmeiet het sie zur Jumpfere gseit: „Dr Ma isch gäng bi mer gsi. Aber i stirbe, gäb’s lang geiht. Du hesch einewäg die Ma gseh.“ Eso isch es au gsi. D’Büri isch gli druf gstorbe, u dr Bur het d’Jumpfereg hürotet. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Erhängen

Source: Erhängen

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a) In der Alp Sewen in Meien war es den Älplern langweilig. Daher wurden sie einig, einmal zu probieren, wer es am längsten, aufgehängt im Seil, aushalten könne. Einer hängte sich daran, und die zwei andern schauten zu. Da entstand im Stafel vor der Hütte ein furchtbarer Lärm unter dem Vieh. Schnell liefen sie hinaus, im Schrecken vergessend, ihren Kameraden aus der Schlinge zu nehmen. Als sie hinauskamen, hörten sie nur noch aus weiter Ferne den Klang der Trinkeln und Schellen. Das Vieh war verschwunden. Sie kehrten in die Hütte zurück. Als sie den Kameraden lösten, war er tot und fiel in Staub und Asche zusammen. Jetzt berieten sie sich wegen des verschwundenen Viehes mit einem Kapuziner. Der sagte; »Es wird zurückkehren. Dann wird euch eine Stimme rufen, ihr sollet kommen und es holen. Aber tut das nicht, sondern antwortet, es solle selber das Vieh hinstellen, wo's es genommen.« So kam es. Nach vierzehn Tage rief eine Stimme oben am Schystock: »Kommet, holet euer Vieh!« Aber sie riefen zurück: »Tu es selber, wo du es genommen hast!« Da kam das Vieh vom Stock herab, gesund und heil, und jedes Stück stand genau da, wo es im Moment vor dem Entschwinden gestanden hatte. Man mutmasst, es sei in der Türkei gewesen, weil es zwischen den Klauen Türkenkorn mitbrachte. Johann Baumann, Schindeler, 70 Jahre alt, Wassen b) Variante von Ursern. Ein Goldfuchs, d.h. ein roter Fuchs mit weissem Brustfleck, lief an der Hüttentüre vorbei. Peter Anton Gamma, Alpknecht, 50 Jahre alt, von Göschenenalp c) Es war einst ein hoher Feiertag, und da läutete es zum Gottesdienst. Da waren vier Burschen in einer Wirtschaft. Da sagten sie zueinander, sie gehen nicht in den Gottesdienst, sie gehen spazieren. Da gingen sie einen Berg hinauf zu einem Stall, und da wussten sie nicht, wie sie die Zeit vertreiben könnten. Und da sagten sie zueinander, sie wollten versuchen, welcher es am längsten aushalten könne, am Strick zu hangen. Da gingen sie hinein und machten den Strick bereit. Dann ging einer an diesen Strick, und die andern zogen ihn empor, und einer stellte ihm einen Schemel unter die Füsse. Und während der Zeit, da sie am Strick zogen, sprang ein Fuchs auf drei Beinen an der Türe vorbei, und die drei liefen dem Fuchs nach. Während dieser Zeit wütete der andere und stiess den Schemel unter den Füssen weg. Als sie zurückkamen, war er erwürgt, und auf diese Weise bekam ihn der Teufel. d) In einem Berggut auf Golzer erlustigte sich eines Abends das Volk bei Spiel und geschwungener Nidel. Die Gesellschaft wurde nach und nach sehr ausgelassen, und der Frechste aus ihnen warf von Zeit zu Zeit dem Heiland in der Herrgotts-Scherten einen Schleck Nidel hinauf mit den Worten: »Sä da, müesch äu ä chly ha!« Zuletzt kam es ihnen in den Sinn, sie wollten probieren, wie lange es einer beim Erhängen im Strick aushalten könne. Jener wüste Frechling war der erste, der die Probe machte. Wie er sich ins Seil hängte, begannen die Kühe im Stall furchtbar zu brüllen. Alle Zuschauer liefen dem Stall zu, um zu sehen, was es gebe, und liessen jenen allein. Als sie zurückkamen, war der Stuhl unter ihm umgestürzt und er selber tot. Im Stalle war aber alles in Ordnung gewesen. »Da hennd äu nitt Kiäh 'priäschet!« meint die Erzählerin, Christina Exer, Silenen. Nach anderer Erzählart waren es drei oder mehr junge Burschen, Brüder, die während des Sonntagsgottesdienstes, den sie schwänzten, das Probestück leisteten. – Seit jener Zeit heisst das Gut »Metzgerberg.« Franz Epp, Bristen, und a. e) Wartstafel heisst ein Teil der Gornernalp, eine Erhebung daselbst die Wartegg und ein grosser Felsblock der Wartstein. – Zwei müssige Älpler hatten einst beim Wartstein einen lebhaften Disput miteinander; der eine behauptete hartnäckig, man sei imstande, sich mit einem gewöhnlichen Riedhalm zu erhängen, der andere bestritt es standhaft. Es sollte eine Wette gelten. Der erstere zieht aus der Alpstreue einen Riedhalm heraus, befestigte ihn an der Latte, die sie über den breiten, nach unten sich erweiternden Spalt des Wartsteins gelegt hatten, hängt sich daran, während der Kamerad zuschauen soll, um im Ernstfall zu Hilfe zu eilen. Im selben Augenblick läuft aber hinkend und wackelnd ein dreibeiniger Hase an der Hütte vorüber; der Zuschauer erblickt ihn, ruft dem Kameraden: wart, wart! und läuft dem unglückseligen Tiere nach, das nach zahllosen Kreuz- und Quersprüngen und allerlei Kapriolen auf einmal nirgends mehr zu sehen ist. Nun kehrt der enttäuschte Verfolger in die Hütte zurück, trifft aber zu seinem Schrecken den Freund tot im Riedhalm hängend. Seither heisst dieser Teil der Gornernalp Wartstafel. Josef Baumann, 80 Jahre alt, und Jos. Gamma, 30 Jahre alt, Gurtnellen, und a. f) Als man den Heuhalm näher untersuchte, fand man, dass ein Draht hindurchgezogen war. – Ort unbekannt. Ferdinand Furrer, 35 Jahre alt, Erstfeld g) Einige kleinere und halberwachsene Kinder versäumten den Sonntagsgottesdienst und wurden, als sie nicht mehr wussten, wie die Zeit totschlagen, rätig zu probieren, welches es am längsten, in einem Seil aufgehängt, aushalten könne. Eines machte den Anfang. Es hing im Seil, und die andern passten auf, um es im rechten Augenblick zu lösen. Da kam ein roter Hund an das Stubenfenster, schaute hinein, machte Faxen, tänzelte. Das Schauspiel war zu interessant. Dem mussten die Kinder abpassen und zuschauen. Dabei verloren sie den Gespanen im Seil aus den Augen, und als sie nach dem Verschwinden des Hundes nach ihm aufschauten, war er tot. Franz Müller, 40 Jahre alt, Altdorf h) Ihrer zwei wollten probieren, ob sie die schöne Musik, die jene erfreut, die sich erhängen, auch zu hören bekämen. Da hängte sich der Eine auf; er hatte aber mit dem Andern ausgemacht, dass dieser den Strick entzwei schneide, wenn er zu zappeln beginne. Da kam aber ein Hase gesprungen, und der Aufpasser lief ihm nach, aber erwischte ihn nicht. Er vergass unterdessen seinen Kameraden im Strick und traf ihn tot an, als er von der vergeblichen Jagd zurückkehrte. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Erhängen am Strohhalm

Source: Erhängen am Strohhalm

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In dem kleinen Dörfchen Rieden unterhielten sich die Burschen beim Dreschen über einen Selbstmord, welcher in der eine Viertelstunde entfernten Stadt Baden vorgefallen war. „Das hat eben auch der Teufel gethan“, sagte einer der Drescher, „denn wo der mit im Spiele ist, da kann sich einer an einem Strohhalm erhenken.“ Nach mehrfachem Hin- und Widerreden erbot sich nun einer der Burschen, es auf den Versuch ankommen zu lassen, die übrigen möchten ihn nur schnell herunterlösen, wenn sie wirklich bemerken sollten, dass er darüber in Lebensgefahr käme. So erklettert er denn gleich den Steighaken in der Tenne, schlingt um die oberste Selle (Sprosse) desselben einen frisch vom Scheunenboden genommenen Halm und steckt nun den Kopf in die Schlaufe. In diesem Augenblick schiesst an den Zuschauern vorbei ein fetter grosser Hase durch das eine Tennenthor herein und durch das andere offenstehende hinaus. Alle Burschen jagen ihm nach. Er lässt sich anfangs die Verfolger nahe auf den Leib kommen, dies steigert ihre Hast. Und so setzen sie ihm noch lange zu, ohne ihn erwischen zu können. Unverrichteter Dinge kehren sie endlich um. Aber wie erstaunen sie, als sie ihren Kameraden auch jetzt noch am Strohhalme hängen sehen. Er scheint wirklich todt. Einer erklimmt den Steighaken, um den Halm zu zerreissen: es geht nicht; mit dem Sackmesser zu zerschneiden: umsonst! Nachdem man den Entseelten mit sammt der kindischen Schlinge am Hals in die Tenne herabgehoben, entwindet und entwickelt man den Halm freilich ohne Mühe, aber durch ihn hindurch gezogen findet man jetzt einen Eisendrath. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Erinnerung

Source: Erinnerung

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Die Grenze zwischen Turtmann und Ergisch ist nicht überall leicht zu kennen. Früher mussten Knaben mitgehen, wenn die Ratsherren beider Gemeinden diese Grenzen abschritten. An einem besonders schwer zu bezeichnenden Grenzabschnitt erhielt ein Knabe jeweils eine kräftige Ohrfeige, damit er sich für alle Zukunft genau an die March erinnere. ERGISCH Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Erklärung des Ortsnamens (Schönenbuch)

Source: Erklärung des Ortsnamens (Schönenbuch)

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Ein Hof, der aus dem Wohnhaus und zwei Nebengebäuden bestand, war von einem Wäldchen schöne Eichen und Buchen umgeben. An der schönsten und grössten Buche war ein Bild der Maria befestigt, und die Leute aus der Umgegend kamen, um dort zu beten. Die schöne Buche soll an der Stelle der jetzigen Kirche gestanden haben. Sie hat dem Hof und später dem Dorf den Namen gegeben. Schönenbuch Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Erlebnis auf der Riggisalp

Source: Erlebnis auf der Riggisalp

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Zwei Männer aus Giffers, Chr. Marro und ein gewisser Jaquat, machten einst einen Ausflug auf die Kaiseregg. In der bekannten, sagenumsponnenen Riggisalp kehrten die Wanderer ein und blieben da über Nacht. Auf dem Heuboden über der Küche wählten sie ihr Nachtlager auf dem knistrigen Bergheu. Mitten in der Nacht erwachten sie und vernahmen ein lautes Geräusch von der Küche her. Zuerst spähte Marro durch eine Bretterritze vorsichtig hinab, was es drunten gäbe. Das war allerdings etwas sehr Ungewöhnliches. Auf dem Herd brannte ein grosses Feuer. Darüber hing das Käsechessi am Balken. Fremde Älpler hantierten eifrig in der Küche und machten Käse. Marro wusste nicht, träumte er, oder war es Wirklichkeit. Er winkte seinen Kameraden Jaquat heran und bat ihn, in die Küche hinab zu schauen. Auch er machte die gleiche Wahrnehmung und flüsterte: «Du Chrischti! Da ischt epis nit jùscht» (da ist etwas nicht richtig). So gegen ein Uhr morgens erlosch das Licht in der Küche. Sennen und Chessi waren plötzlich wie vom Erdboden verschwunden. Als es tagte, suchten die zwei Wanderer die ganze Hütte nach den Spuren der nächtlichen Besucher ab, ohne aber etwas zu entdecken. In Küche und Stall war alles im selben Zustande, wie die zwei Männer es bei ihrer Ankunft vorgefunden hatten am Vorabend. Marro und Jaquat waren gleichwohl froh, dass sie so ungestört von dieser unheimlichen Gesellschaft sich fernhalten konnten und von ihnen keine Belästigung erfahren hatten, ausser der gestörten Nachtruhe.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Erlebnis eines Jägers zu Sittlisalp

Source: Erlebnis eines Jägers zu Sittlisalp

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Unser Vater, ein Spiringer, erzählte: »Es war am Michaelsabend (28. September), und als der einzige von allen Älplern war ich in der Hütte zu Sittlisalp zurückgeblieben, weil ich beabsichtigte, am Michaelstag (zu Spiringen Feiertag, weil Patrozinium) mit der Büchse zu gehen. Da ich im Sinne hatte, früh aufzubrechen, natürlich ohne einen Gottesdienst anzuhören, begab ich mich beizeiten zur Ruhe. Ich hatte dafür schon den St. Anna-Tag mit den Unterschächenern gefeiert. Kaum hatte ich mich ins Nischt gelegt, sah ich plötzlich einen grossen Mann mit langem, weissem Barte am Tische stehen, den ich nicht kannte. Er kam auf's Nischt zugeschritten, stieg hinauf und legte sich hinter mich an die Wand. »Bi dem lyhsch etz hinecht nu nitt,« sagte ich zu mir selber, sprang hinaus und ging ins Geissgädemli hinüber. Seit jenem Abend dachte ich nie mehr daran, an einem Feiertag mit der Büchse zu gehen.« Josef Maria Müller und Frau Arnold-Gisler, Unterschächen, u.a. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Erlisbacher Dorfthier

Source: Erlisbacher Dorfthier

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Es schiebt sich in Gestalt eines geladenen Heuwagens selber in den Wiesenbach Wütherich, welcher vom Dorfe aus in die Aare geht; bei jeglicher Begegnung schrumpft es aber sogleich in einen Hund zusammen und heisst alsdann der Dorfpudel. Dieser, schwarzzottig, von der Grösse eines Mastkalbes, den Schweif am Boden nachschleppend, hat feurige Augen gleich den runden Scheiben eines Bauernfensters. Wenn an jener Ackerstelle, wo das Thier in den Wütherichbach geht, das Getreide besonders schön golden reift, oder auch wenn es in den Aehren auswächst und schwarz wird, so hält man dies für die Wirkung der Feueraugen, mit denen der Geist die Fruchtfelder misst. Zwei Dorfbuben hatten hier einst Korn vom Feld gestohlen und meinten es hinter den Knochen des Beinhauses auf dem Erlisbacher Kirchhofe zu verstecken. Als sie aber von dem mannshohen Knochenhaufen wieder herunter steigen wollten, waren Beiden die Füsse plötzlich dermassen mit Schwären überdeckt, dass sie nicht mehr weiter kamen und gefangen wurden. In diesem Beinhause hat es besonders seinen Sitz, es geht von da mitten durch die Kirchhofsmauer hindurch und halbwegs bis zum nahe gelegenen katholischen Pfarrhaus; da aber kehrt es gleich wieder um, denn ein Wohnhaus betritt es niemals, und wendet sich zu dem alten Gebäude neben der Kirche, das ehedem eine Schaffnerei gewesen ist. Die Herren von Bern hielten hier, so lange sie das Land noch regierten, ein Faselschwein und einen Wucherstier für Jedermann aus der Gemeinde, ausserdem stand noch eine Kuh im Stalle, von der eine jede Wöchnerin täglich ihre Mass Milch bekam. Oben war eine Getreideschütte, von der die Armen ihr Saatkorn unentgeltlich nehmen konnten. Von alle dem ist nichts mehr übrig als dieser Dorfpudel. Alljährlich läuft er zweimal langsam ins obere Dorf. Er thut es nur zur heiligen Zeit und hält dabei seinen Weg so gewissenhaft ein, daß Niemand zu Schaden kommt, der um dieselbe Zeit nur eben diese Richtung meidet. Gesellschaft und Gespräch verscheucht ihn nicht, auch kein Geistlicher kann ihn bannen. Geräth ihm aber Jemand in seine Bahn, so erheben sich augenblicklich ringsum hohe Mauern, vor denen man bis zum Frühläuten rathlos liegen muss, um endlich mit einem geschwollenen Kopf wieder heimgeschickt zu werden. Er kam einst zwischen zwei Männer hinein gelaufen, die zusammen von Stüsslingen her ins Dorf giengen. Schauerlich murmelnd, als ob er reden wollte, wanderte er bei zweihundert Schritt weit mit ihnen fort. Als ihn einer der Beiden schärfer betrachtete, konnte er nichts anderes an ihm gewahren, als eine sonderbare zackige Kopfbedeckung, dem Messkäppchen der Kaplane ähnlich. Man sagt dann auch, das Thier sei ein ehemaliger Dorfpfarrer, der ein kirchenräuberisches und wüstes Leben geführt habe. Drunten in den Aarmatten beim letzten Dorfhag kommt das Thier am öftesten hervor, wenn die Witterung ändert. Da schwimmt es rauschend eine Strecke weit in der Aare herab und steigt dann herauf in den Dorfbach, um da zu „woddeln“. Diesem Geräusche aber muß man entweichen, es erschüttert einem das Blut, dass es dick wird. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 105 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Erlöser im Sarg

Source: Erlöser im Sarg

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Im »grossen Wald« des Brunnitales bei Unterschächen sah man oft einen geheimnisvollen, unbekannten Mann traurig herumwandlen. Einmal jedoch sah ihn jemand fröhlich lachen. Da fasste dieser den Mut, ihn anzureden und zu fragen, wer er sei und was er da tue, und erhielt zur Auskunft, er müsse hier wandlen, weil er zu Lebzeiten da Holz gefrevlet habe. Aber soeben sei ein Vögelein ... und so weiter ... Frau Bolliger-Gisler, Unterschächen Spielart: Ein Waldarbeiter hörte plötzlich ein Gelächter in seiner Nähe. »Was ist das für ein Gelächter?« fragte er ganz verwundert. Da antwortete eine Stimme, und so weiter ... »Ja, dass die armen Seelen auf den Tod unschuldiger Kinder blangen, habe ich selber erfahren.« Frau Gisler-Zwyssig, Isental Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Erlösung durch einen Liedvers

Source: Erlösung durch einen Liedvers

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Auf dem Rothenrain bei Zeihen im Frickthale traf der Bauer des Nachts sowie am frühen Morgen öfters eine weissgekleidete Jungfrau, die einen Kranz im Haare trug und den Liedvers sang: „Wohl zu der Engel Schaar!“ Der Bauer erzählte dieses seinem Geistlichen und erhielt den Rath, sobald die Jungfrau wieder komme und jenen Vers wiederhole, so solle er den zweiten Vers dazu singen „Und selig bei dir sein.“ Das that der Bauer das nächste mal und damit war die Jungfrau erlöst. (A. Birrcher in Laufenburg.) Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 259 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Erlösung von zwei armen Seelen am Rheinfall

Source: Erlösung von zwei armen Seelen am Rheinfall

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Erlösung von zwei armen Seelen am Rheinfall Als Bischof Konrad mit dem heiligen Ulrich beim Schloss Laufen stand, sah er im Wasserstrudel beim Hin- und Herschäumen der Wellen zwei Vögel eintauchen und wieder emporsteigen. Da merkte der heilige Mann im Geiste, dass unter der Gestalt jener Vögel zwei Seelen verborgen seien, welche daselbst ob der Menge ihrer ehedem begangenen Freveltaten ihre Reinigung durchmachten. Daher wurden beide im Innersten von Mitleid gerührt. Ulrich zögerte nicht, für diese Verstorbenen sofort eine Messe zu lesen, und Konrad verrichtete am gleichen Tage die zweite Messe für sie. So haben sie durch ihre Frömmigkeit die beiden Seelen erlöst, denn nach der feierlichen Darbringung des Messopfers wurden die Gestalten der Vögel nicht mehr gesehen. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Winterthur und Weinland Mit unbedeutenden .Änderungen aus Frauenfelder, Sagen und Legenden aus dem Kanton Schaffhausen, S. 58. Konrad, Bischof von Konstanz, gest. 975; Bischof Ulrich von Augsburg, gest. 973. Die Legende stammt aus der Biographie des Bischofs Konrad, verfasst vom Mönche Udalschalk. (MG Scriptores IV, 433 und 440).  Vgl. auch Regesten der Bischöfe von Konstanz I, Nr. 376. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ernste Mahnung (Mels, SG)

Source: Ernste Mahnung (Mels, SG)

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Einst beabsichtigte ein Senn, das Ave Maria nicht mehr zu beten und blieb deshalb um die bestimmte Zeit in der Hütte, wo er mit den andern Knechten des Gebetes spottete. Da flog mit lautem Krachen die Hüttentüre auf. Es wollte sich aber niemand zeigen, der diese aufgemacht hätte, weshalb sie die Knechte wieder zuschlössen. So geschah es auch zum zweiten Male. Als der Senn beim dritten Male die Türe wieder schliessen wollte, sah er einen ungewöhnlich grossen Mann vor der Hütte stehen, der einen hohen, wackeligen Hut auf dem Kopfe trug und der ihn mit einer tiefen, wie aus der Ferne her tönenden Stimme also anredete: "Ich rate dir, unverweilt das Ave Maria zu beten!" Zitternd und bebend gehorchte der Knecht. Der finstere Nachtwandler aber stand hinter ihm, schaute ihm während des Gebetes über die Achsel und sprach nachher: "Es ist dir guot chu, dass du kei einzigs Wort usglu häst; sust hätt ich dich verrupft wie 's Gstüpp in der Sunnä!" I. Natsch Gstüpp, Stuppe heisst der Abfall des Werges beim Hanf. Gemeint sind wohl die leichten Nebel, die vor der Sonne weichen. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 264, S. 143 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Erscheinung eines Verstorbenen

Source: Erscheinung eines Verstorbenen

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Als ich eines Abends für die Mutter Wäsche austragen musste, erlebte ich etwas Gruseliges. In einem Gässchen stand ein Mann, der eine schöne bestickte Weste trug. Er kehrte sich um, als ich vorbei ging. Zu Hause berichtete ich, was ich beobachtet hatte, Da schauten die Eltern einander so merkwürdig an, und ich erfuhr, dass dieser Mann schon längst gestorben war Pratteln Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Erscheinung in der Todesstunde

Source: Erscheinung in der Todesstunde

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Eines Abends begab sich die Besitzerin eines am Dorfende an der Wenggasse stehenden Wohnhauses hinter das Haus. Dort sah sie ihren Vetter am Gartenzaun entlang gehen. Sie rief ihm zu: «Guten Abend, Vetter! So, seid Ihr auch noch hier?» Der Angeredete nahm ihr den Gruss nicht ab und verschwand in der Dunkelheit. Es stellte sich dann heraus, dass der Vetter um jene Stunde gestorben war. Buus Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Erwörg ne!

Source: Erwörg ne!

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Erwörg ne! Äs isch einisch e Ma gsi. Dä het mit em Mage z’tüe gha un isch zum Dokter, was er au söll mache. He, är söll warte bis am Morge; är wöll ihm’s de säge; är söll jetz i ’s Dorf go gen übernachte. Dä Ma het dr Wäg unger d’Füess gno; aber ungerwile het er afo überschloh, was das für Chöschte gäb! ’s Gäld het ne graue, un är isch ume zrugg, für uf em Heustock z’übernachte. Aber är het die Nacht e kes Aug zueto u nid chönne schlofe. Plötzlig gseht er zum Tagliecht us es chlis Liecht derhar cho. Äs isch ganz feischter gsi. Aber das Liechtli isch gäng nöher cho u gäng nöher u grösser worde. Ar dänkt‚ wo dä emel au hi wöll, sövli spät. Aber das Liecht het prezis uf ’s Hus zue gha; är het ghört, wie öpper düre Wäg chunnt. Uberniede het’s a dr Hustüre gchlopfet. D’Tür isch ufgange, u dr Dokter het öppere gheisse i d’Stube cho. Drufabe ghört er’sche ubemiede rede. Äs sig do geschter e Ma cho, dä heig’s im Mage; was är däm söll säge. Är heig ne i ’s Dorf gwiese; morn chöm er ume. Dä heig Chatzehoor im Mage; är söll wiss Rüeben ässe, de besseri’s ume; aber dä sig de nid im Dorf; dä sig de uf dr Reiti. „Gang erwörg ne,“ säg dr Dokter. „I cha nid,“ mach dr anger druf, „är het si drum i de drei höchschte Nämen abgleit.“ M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Es arigs Liecht

Source: Es arigs Liecht

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Es arigs Liecht Es isch spät nom Fürobe gsi. Ig u dr Danijoggi bei no welle go nes Zweuerli ha u si bim Bach über’s Brüggli glüffe. E chli witer unger am Bach hei mir es Liecht gseh. Das het en Alauf gno, wie wen öpper wett über e Bach gumpe. Aber de isch es de bis a ’s Bördli gsprunge, wie eine, wo im Augeblick, wo’s druf abchunnt, si doch nid trauet. Drufabe isch es de wieder zrugg u het vo vor agfange. Mir si ändtlige witersch glüffe, gäge dr Wirtschaft zue. D’Gaschtstube isch lär gsi. Dr Wirt isch uf em Ofe gläge u het gschlofe. Mir hei d’Stüehl vürezoge u si abghocket. Du isch er erwachet u het gseit: „Ee, jetz han i en arige Traum gha. I bi amene Bach gsi u ha ei Alauf um dr anger gno, für drüber übere z’gumpe; aber i ha’s nid gwogt u ha’s nid gwogt. I bi bachnass vor Angscht.“ Mir hei enangere agluegt u weneli u nid viel druf gseit. Wie wär es ächtert cho, we ’s Liecht über e Bach übere cho wär u nümme zrugg möge hätt? Die Vorstellung vom Wesen der Seele, wie sie die Sage vom „arigen“ Licht enthält, beruht auf uralten Vorstellungen: Im Menschen lebt ein merkwürdiges, schattenhaftes Wesen; es zeigt sich selten; aber während des Schlafes vermag es sich vom Körper zu lösen. Es begibt sich auf die Wanderung und erlebt merkwürdige Dinge. Dann begibt es sich wieder zurück in den Leib, und Leben und Bewegung kehren wieder. Das merkwürdige Wesen, das in Erscheinung tritt, ist die Seele des Menschen; das Erlebnis der Seele ist der Traum des Menschen. Während des Umherschweifens liegt der Mensch ohne Bewegung und Leben; die Seele, die Leben und Bewegung gibt, ist fortgegangen. Es kann aber geschehen, dass die Seele den Rückweg in den Leib nicht mehr findet; dann kehrt auch das Leben nicht wieder; der Mensch ist gestorben. Die Sage führt uns weit in die Vorgeschichte der Menschheit zurück, in ihre Kindheit; sie führt uns aber auch zu allen Völkern. Die Vorstellung entsprang aus der Beobachtung des Lebens, aus der Deutung von Schlaf, Traum und Tod; das menschliche Denken beruht überall auf den gleichen Gesetzen, die bei allen Völkern die Entstehung gleicher Vorstellungen bedingen. Selten aber tritt die Seele als Licht in Erscheinung, das sich vom Körper löst und auf die Wanderung begibt. Die Art der Erscheinung erinnert an die Vorstellung, sich die Seele als irgend ein schnelles, behendes und leicht bewegliches Tierchen zu denken. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Es arigs Tannli

Source: Es arigs Tannli

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Es arigs Tannli Dodüre isch vüra im hingerischte Wald e Tanzplatz. wo albe früeher die junge Lüt si go tanze. E Bur, en ufrichtige Ma, gloge hätt’ er de gar nid, het mer verzellt. ei Winter heig er erchennt, es Tannli umzmache, wo bim-ene Tanzplatz gwachse sig. Sie heige d’Sage dragha un afo sage, du heig es i den Eschten afo musiziere un i allem Düresage heige sie gäng ‘Musig ghört. Gheie heig’s de au nid welle u gäng heig’s im Tannli gmusiziert. Ändtlige hei eine d’Schlegelachs gno u heig’s dermit ab em Stock und a Bode brocht. Ersch jetze, wo-n-es am Bode läge sig, heig es ufghört mit Musiziere. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Es artigs Chriitli

Source: Es artigs Chriitli

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Es Abeds siin drii us dr Riiti vum Mäiringen häin; äs ischd fiischter gsiin, und im Waald änet dem Alpbach häin Hind weescht taan, bald naa been enen, bald wiiter anhi. In allem Gaan hed äina vun enen es Chiidelli vum Bort abgschrissen und i ds Müül taan. Döö hed er verstanden, was d'Hind bbreleb häin. „Hina", hed äina gmööled, „cheme-r-Räiber i d'Riiti und wäin in enem Hüüs roiben und d'Liit erreerren l" „Blööd", eso hed en Hund ghäissen, hed äina bbreeled, „meer wäin dee Räiber ge verjagen." Derna sii d'Hind dir en Bärg üüf u-v-verschwunden. In dr Riiti wä d'Räiber schon bim Hüüs gsiin. Aber döö sii d'Hind chun u-s-siin hinder d'Räiber har. Si häi sa uber alla Bärg uber bis zer Bättlerbalm triben und häin nid Rööww ggän, bis sa sa häin im Bammscheller ghäben. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Es bös Heicho

Source: Es bös Heicho

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Es bös Heicho I de Dörferen usse hei einisch zwe Buebe wäg eme Meitli Chritz übercho u eine het dr anger derbi z’tot gschlage. Im Augeblick isch äine si graune gsi; aber jetz, was mache? Gscheh isch gscheh. Är het nümme hingerume chönne. Ire Matte het er es Loch gmacht u dr Tot dri to. Niemer het dä gfunge. Sueche het nüt abtreit u notinoh het me ne vergässe, u dass er so plötzlech isch ewägg cho, dass niemer gwüsst het wohi, isch mit de Johre verroche. Aber diese het es bös Gwüsse gha. Gäng het er gförchtet, es chönnt ungsinnet uscho. Drum isch er i d’Fröndi. Sider isch mängs Johr düre. Wo-n-er isch elter worde, het’s ne nümme länger ebha; an allne Hoore het’s ne heizoge. Drum isch er ume hei. Äs isch amene schöne Morge gsi, z’mitts im Heuet, uf ere Matte hei re gmäiht. Es Rüngli, un er wär deheime gsi. Aber jetz het er si gstellt u zuegluegt. Ob’s hau, het er gfrogt. Jo, het’s gheisse, un eine het d’Sägetzen abgstellt u gwetzt. Är sig au do deheime gsi u heig albe gheuet u gärnet; fascht tät’s ne gluschte, z’probiere‚ ob er ’s Mäihe nid vergässe heig. He, wenn’s ne freu, chönn er probiere; si heige no e füregi Sägetze. Dermit het ihm äine e Sägetze gä u diese het afo mäihe. Aber scho no nes paar Streiche het’s nümme welle goh. Im Blatt isch es Bei gsteckt. Är het probiert, ’s drusznäh; weder är het s nid losbrocht. Die angere hei ihm zuegluegt, u sie hei si zuecheglo, eine um dr anger, für ihm z’hälfe. Aber was müesse si gseh! Vo däm Bei isch s’Bluet ume so uf e Worb brünnelet un uf e Boden abe glüffe. U dr Frönd isch do gstange mit dr Sägetze i dr Hang; wiss isch er gsi wie-n-es bleiktnigs Tuech; kes Wort het er vürebrocht. „Jä“, seit eine, „was isch do gange? Do isch öppis derhinger. Seh, mach vüre.“ Ändtlige het er eis Wort nom angere chönne vürebrösme; do, grad do u niene angers heig er vor sövel u sövel mängem Johr äine töt un i Bode to. Jo, so isch es gscheh, u sövli mängs Johr isch es nid uscho, du geiht er hei u lauft däwä dri. Noch mehr als das Erlebnis von Traum und Schlaf beschäftigte den Menschen zu allen Zeiten das Rätsel des Todes. Der Mensch, der noch auf einer niedrigen Denk- und Kulturstufe lebt, steht ganz unter dem Einfluss des menschlichen Unvermögens, dessen sich auch der denkende Mensch nicht ganz zu erwehren vermag: Der Tote kann nicht tot sein! Bewegung und Leben müssen wiederkehren! Die Seele liegt darum nach ursprünglichem Denken des primitiven Menschen noch im Toten verborgen. „Das seelische Leben ist für ihn so innig mit dem Anblick des Körpers, das es beherbergte, verbunden, dass es sich unmöglich ohne weiteres von ihm trennen kann, wenn das Leben erloschen ist.“ (Wundt, Völkerpsychologie, 4. Bd., 17). Aber die Weichteile des menschlichen Körpers gingen in Fäulnis über; einzig die Knochen blieben erhalten. Darum treten die Knochen als Seelenträger in Erscheinung. Aber auch das Blut galt und gilt noch heute als Seelenträger: Dem Erschlagenen entströmt das Blut; Bewegung und Leben entfliessen mit ihm; also muss im Blut die Seele liegen. Die Sage, „Es bös Heicho“, erinnert an einen alten Rechtsbrauch, das Bahrrecht: Die Wunden des Erschlagenen öffnen sich und fangen wieder zu bluten an, wenn der Mörder an die auf freiem Felde aufgebahrte Leiche herantritt. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Es chlis Manndli winteret War

Source: Es chlis Manndli winteret War

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Es chlis Manndli winteret War Zume Bur isch einisch im Herbscht es chlis Manndli cho u het ihm gseit, äs well ihm düre Winter düre zur War luege; aber de dörf er de nie i Stall cho luege, wie’s göih. Aber im Merze het es du de Bur wunger gno, wie’s stang; är isch uf d’Bühni für z’luege‚ wie ’s Heu mögi grecke; aber du het er grossi Auge gmacht; vom Heustock isch nid d’Helfti brucht gsi. Jetz het’s ne nümme bha; är het müesse go luege, wie’s im Stall stang. Aber do isch alls rächt gsi, d’War bi Lib; är hätt’s nid besser chönne wünsche. Gli druf isch das chline Manndli au cho u het ihrn gseit, jetz heig’s gfählt, warum chöm er cho gwungere, sig furt u nümme umecho. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Es chlis schwarzes Fraueli

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Es chlis schwarzes Fraueli E Bur het es Heimet gchauft gha. Uf dr Weid isch en alte Nussbaum gstange, wo sicher scho mängs Johr nüt meh treit het. Du het er dä alt Chrüppel umgmacht, heigno u verholzet. Derno isch’sch gfählt gsi. Ei Chueh no dr angere het's gno un isch druffgange. U dr Bur het es chlis schwarzes Fraueli gseh, wie‘s are Chueh uf ‘s Chrüz schlot. Drufabe isch die Chueh umgheit u z’Bode u tot gsi. Mi het das Fraueli wellen itue; aber das het gseit: „Worum heit dr mi nid im Nussbaum lo si? Jetz bin i do u ha 's Rächt, do z’bliebe.“ Drufabe het dr Bur e schwarze Geissbock i Stall to. Jetz isch das Fraueli hinger dä har, bsungerbar i dr heilige Zit, u de het dr Geissbock brüelet, dass es nid isch zum Zuelose gsi. Ändtligen isch es eim glunge, das Fraueli z'foh; aber äs heig ‘s Rächt im Hus z’si. het es bhertet u du het er’sch imene Beijichorb unger d’Husfirscht to. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Es eeris Häfelli volls Gäld

Source: Es eeris Häfelli volls Gäld

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O, ds Groosi hed mer wer mengsmal verzelld, min Üräni häigi drii Taga und drii Nächt de Schlussel zur Heli in dr Schwarzeflöö ghäben, und all drii Nächt häig im troimd, är selli gen üüftöön und zun däm Mäitli gaan. Aber är siigi nee ggangen und häige-m-ma gfirchted. Wän er numme ggangen! Den hätt' er's uberchun, wee där im Eggacher. Äs wän an enem Samsteg am Aabe gsiin. Es par jung lidig Bööben sii zum Mäitlene ggange gsiin. Si häi tanzed ung gsungen u-s-sii luschtig gsiin. D'Mäitleni häi Gaffä gmachd. Underäis ischd äina chun hollen. Chappelli, no fascht e chrüüdjunga Burscht, ischd grad bim Pfäischter gsiin. Drum hed äina zöö- n-im gsäid: „Gugg, Chappelli, wär ischd düüssen?" Chappelli hed ds Pfäischter üüftaan; aber in dr Fiischtri hed er neemmem mege gseen. Aber äs wän doch äina düüsse gsiin, und där hed gfräägd: „Chappelli, wa sol e nen hitöön?" Chappelli hed nen agschnerzd: „Töön nen, wa d'ne gnun heschd", und dermid hed er ds Fligelti zöögreerd. Där düüsse wän äina gsiin; ja, Chappelli ischd no junga gsiin und hätte nen nid bchennd, aber elter Liid gööd; äs wän äina gsiin, wa hätti sellen an dr Rööww siin. Vil Liit häin ne scho gsee ghäben, gwoonlian nachts, aber o bir Taghäitri. Dee Mäitleni um Bbööben häin umhi glached ung gsungen und häin niimmä dra gsinned, das vor enem Schutz äina wän düüsse gsiin. Naa nem Raschtli hed vor em Hüüs umhi äina gholled. Äs wän dr gliich gsiin. Lüüt hed er greefd: „Holla!" „Was gid's?" hed äina gfräägd. „Chappelli selli üüsachun." Chappelli ischd masläidaga üüsi; in dr Stube wä's im scheender ggangen. Düüssen isch'sch stockfiischterri Nacht gsiin, und Chappelli hed den andren nid bchennd. „Chappelli, chum mid mer", hed Chappelli zum Bschäid uberchun, wan er ne gfräägd hed, was er welli, und dermid ischd dr ander vorüüs und Chappelli nahi. Si sii zum Eggacher chun; döö ischd dr ander zum Hüüs zööhi um bis i ds Fiirhüüs; är ischd zur Fiirblatten, hed afan virhaschriissen u-l-lochen, bis es eeris Häfelli ischd virhachun. Ghüüfed volls Gäld isch'sch gsiin. „Löög, Chappelli", hed er gsäid, „das ischd diis. Düü heschd mi erleesd. Jetz gaan i a d'Rööww." Dermid ischd er neena mee gsiin u Chappelli ellenggen im Fiirhüüs. Chappelli ischd en hortriiha Ma-w-worden. Am Bärg ischd siithar nee mee eso äina gsiin. Was er hed i d'Finger gnun, ischd im graaten.        Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Es Ei im Füür

Source: Es Ei im Füür

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Es Ei im Füür Einisch han i mi Chehr gmacht u bi bime Burehus zuehe. Du isch uf em Chuchibode es grosses Füür gsi. lhrere drü si drum ume gstange u hei zweuzinggegi Garlbegable i de Hänge gha. Z'mitts im Füür isch es Ei gläge. Das isch ganz rot gsi. Sie hei gmeint, es zeig si de ne Häx, wo ne gäng z'leid wärchi. lm Füür hei sie dreierlei Laubholz gha. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Es Fessli voll Gäld

Source: Es Fessli voll Gäld

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Es Fessli voll Gäld Äs isch im Übergang gsi. Uf dr Bsetzi bi dr Chrone isch es Fessli gläge, wuchelang. Niemer het’s gno. Em Wirt isch es nid gsi. Am Änd het er doch gluegt. Du isch es voll Gäld gsi. D’Franzose heige das sälb Chehr vergässe. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Es Fraueli chüechlet

Source: Es Fraueli chüechlet

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Es Fraueli chüechlet E Burefrau isch sälte z’Chile gange; aber d’Dienschte het si de all Sundi gheisse goh. We de Prediglüt heicho si, si de alli Mol all Blatte u alli Becki voll Chüechli do gstange. Das isch em Chnächt gspässig vorcho; aber gseit her er niemerem öppis. Du isch e Sundi cho. Är het si au gsundiget; aber wo di angere z’Predig si, isch er uf d’Reiti uehe. Do het er e Lade furtgschrisse, für z’luege, was ungerwile i dr Chuchi göih. Was gseht er? Eismold steiht e grosse Hund näbe dr Fürblatte zuehe u chotzet Anke. Gli drauf reckt d’Frau in es Seckli u macht: „Tugg, tugg, tugg.“ Dermit nimmt sie es Ei us dem Seckli, u no einisch längt sie ihe u macht wiederume: „Tugg, tugg, tugg,“ u nimmt wider eis use un eso furt, bis sie es grosses Becki voll Eier het uf dr Fürblatte gha. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Es gfäärlis Beechli

Source: Es gfäärlis Beechli

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Dem Lewwersbeeler ischd es alts Beehelli i d’Hend chun; är hed dri bblettred ung gwundred und hed afan dri-l-läsen. Döö hed 's uf dr Schiiterbiigen vor em Hüüs afa chläddren. Är hed üüfglöögd un zu Pfäischtre ggugged. Es chlis Mandelli ischd uf e Schiitre gchnewwed und hed Arbäit ghäischen. Dr Lewwersbeeler hed es Mass Hoifsame gräichd und hed dän uber d'Schiiter üüsgleesd ung gsäid, da häigi's Arbäit, äs selli dä zsämelläsen. Ds Mandelli hed agfangen; das ischd ggange-w-wie ghäxed, und dr Lewwersbeeler hed gschwind zruggläsen; suscht wä's im schlächt ggangen. Wan er ischd fertig gsiin, hed er ds Mandelli neena mee gseen. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Es gibt eine kalte Nacht

Source: Es gibt eine kalte Nacht

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In einer Voralpe in Binn wollte einer den ganzen Winter mutterseelenallein logieren. Da kam in einer Nacht unerwartet ein Gogwärgi zu ihm und fragte ganz überrascht, ob er denn hier nicht zu kalt habe. Doch, doch, er habe schon kalt, aber was er denn in diesem schlechten Gemach allein beginnen solle, so allein, von jedem menschlichen Wesen weit entfernt. Das Gogwärgi deutete ihm, er solle mitkommen. Sie gingen miteinander an einen Ort, wo ein grosser Heustock stand. Das Gogwärgi deckte das Heu auf, und beide schloffen hinein. Er solle sich gut zudecken, warnte der Zwerg, es gebe eine kalte Nacht. Als der Binner erwachte, fand er von seinem Begleiter keine Spur. Er verliess den Heustock und stand plötzlich auf grünen Wiesen. Da begann er zu lachen, drehte sich um und um und lachte wieder und hatte eine solche Freude, dass der Winter vorbei sei. BINN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Es ging doch

Source: Es ging doch

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Die Franzosen hatten einen Anführer, der stich- und kugelfest war. Lange war ihm nicht beizukommen. Aber da zielten die Österreicher mit einer Kanone auf ihn, vor deren Lauf sie zwei Säbelklingen gekreuzt hatten. Nun traf die Kugel und zerschnitt den Mann in kleine Stücke. J. J. Sonderegger.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 50, S. 24 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Es längs Hoor im Wasser

Source: Es längs Hoor im Wasser

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Es längs Hoor im Wasser Üsi Base het es Meiteli gha; äs isch chum jährig gsi. Amene Sundi het einisch d Base mit ihrem Ching zur Gotte welle. Dr Wäg isch dürne Wald gange. Ungerwägs isch sie abghocket. Du isch e Frau derhär cho. Wo sie welle. Zur Gotte. Die sig nid deheim. „Du hesch do gar es stifs Meiteli,“ u dermit strichli sie ’s Ching. Vo denn ewäg het das Meiteli nümme welle d’Milch näh. Doktere het nüt abtreit. Do isch e Chüeiher gsi. Dä seit: „I fahre gli uf u goh düre Wase. Gät mer Wasser vom Ching.“ D’Eltere si iverstange gsi. Dr Zürcher Ueli hat’s Wasser gno. „He jo“, het er gseit, „was chlapperi sie so lang!“ Es längs Hoor isch im Wasser gsi. Drufabe het er gseit: „Näht drü wissi Steinli mit schwarzen Öderli‚ drü Stückli Holz, wo ’s Wasser zuehetreit het, drü Büscheli Hoor, wo ’s Meitli uf em Chopf treit, nün Bitzli vo sine Fingernegeli‚ nün Bitzli vo de Zeihenegeli, das sölle sie i ’s Füür gheie. Es guetet de. We sie nid will, so muess sie de.“ U das Mitteli het agschlage; ’s het guetet. ’s Meiteli het d’Milch gno un isch es tolls, bravs Wibervolch worde. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Es Liechtli uf dr Langete

Source: Es Liechtli uf dr Langete

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Es Liechtli uf dr Langete Einisch bin i z’Obe spot vo Dietel heiglüffe. Äs isch ganz feischter gsi. Uf dr Langete han i es Liechtli gseh. Äs tanzet düruehe über ’s Wasser, chläderet gleitig wie-n-es Härmli über d’Pritschen uehe, chunnt zu re-n-angere, gumpet flingg drüber ewägg un isch plötzlech verschwunge. Was es ischt, weiss me nid. Mänge seit, äs sig es Irrliecht; en angere will ha, äs sig e Geischt, wo müess umecho, vowäge dass er z’Nacht em Nochber bim Wässere heig ’s Wasser abgstohlen un uf die eigeti Matte greiset. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Es Lilache für nes Zeiche

Source: Es Lilache für nes Zeiche

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Es Lilache für nes Zeiche Wo dr gross Sterbet isch gsi, het ume no e Ma gläbt, dä isch z’Ausel gsi, un es Fraueli uf em Liemberg. All Tag hei sie es Lilache voruse ghänkt. Das het sölle ’s Zeiche si, dass si no am Läbe sige. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Es Märi von enem Bär

Source: Es Märi von enem Bär

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Es Meitelli und es Buebelli hei zem Groosi z'Dorf wellen. Wa s'siin bim Gartetirli gsiin, ischd em Bär chon und heb bbrummled: „Wa gääd ier hin?" „Zum Groosi," hed ds Buebelli gseid. Due hed dr Bär gfräägd: „Was git's ech den?" „Nuss um Bbiri," hed ds Buebelli gseid. „Gäd mier den o," hed dr Bär bbrummled, „old i frissen ech den!" Etz hei s' enandre d'Hendelleni ggän und siin, was gischd, was heschd, zem Groosi gliffen und hein afam muelen. Bim Groosi sii si über d'Stägen uf und zer Chuchistir inhi und hein ds under Tirli dem Bär vor dr Nase zuegrierrd. Där ischd nen naa und hed sa grad welle frässen. Aber dr Groosatt ischd i d'Louben ge ds Gweer reichen und hed dem Bär i ds Fidla gschossen. Due ischd dr Bär unnefir zer Gotten und hed gjaammerred: „O, tuem mier mis Fidelli verbinden. O, tuem mier mis Fidelli verbinden." Aber d' Gotten hed ma e Pfanne volli heisses Wasser agschmeizd und nen mit dem Bäsen über d'Stägen abgjagd. Und due ischd dr Bär furt und i ds Schwanderbärgli ge verdärben. Melchior Sooder:   Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Es Meitli ploget e Frau

Source: Es Meitli ploget e Frau

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Es Meitli ploget e Frau E Frau het gmeint, ’s Doggeli plog se. Du het me re gseit, sie söll es Mässer i d’Wang stecke. Am Morgen isch em Nochber sis Meitli am Bode gläge; dr Chopf het es abghaue gha. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Es schlimms Zwäärgli

Source: Es schlimms Zwäärgli

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Äis ischd es Mäitli bin enem Zwäärgli gsiin. Wee s wä zöö- n-im chun, chennt i nid sägen. Äs hed dem Zwaärgli meesse-l- lüüsen und sträällen, ung gar griiselli hed im uf d‘ Lengi drab ggrüüsed. Gäre-w-wä's häin; aber ds Zwäärgli hed's nid laan gaan. Äis hed's dem Zwäärgli umhi gsträäld und den Hiwwel erläsen. Iwwäreddäm hed ds Zwäärgli afan näiten und näiten; döö hed's ds Hoit laan hangen, und es Raschtli dernaa hed's gschlaafen wee nes Ditschi. Ds Mäitli hed zöögseen; uf e Zeewwen isch'sch zer Tiren; hibschelli hed's üüftaan und hed si zur Chuchi üüsgmachd; dernaa hed's afa-l-loiffen u-l-loiffen; äs ischd häichun und froo gsiin, das's nimmä hed meessen bin däm Uflaad siin.                   Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Es ufelgigs Hendelli

Source: Es ufelgigs Hendelli

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Äis häin Eltren es äinigs Chind ghäben; äs ischd nen griiselli loibs gsiin; si häin im alls naaglaan. Aber döö isch'sch gstorben. Wa's ischd vergrabes gsiin, ischd Dratt und dMöötter uf ds Grebelli ge surren. Döö ischd us em Grebelli es Hendelli virhagstotzed. Si häi's emzruggtaan; aber äs ischd geng umhi virha chun. Döö sii s‘ zum Pfarer und häim ma's gchlagd. Där hed ne gsäid, si sellen e-r-Rööten nän und ds Hendelli abhischmäizen. Si siin uf ds Grebelli und häi's eso gmachd, und ds Hendelli ischd emzrugg und niimmä virhachun. Ma chan äben d'Chind o z'gäären han und si versinden, wem ma nen alls naalaad. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Es wiisses Gemschi

Source: Es wiisses Gemschi

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Dem alten Häini in dr Falcherren ischd es wiisses Gemschi bis vor ds Hüüs chun. Wan er's hed gseen, säid er, im warti dr Tod und en artaga Tod. Und eso isch'sch o chun. Im Gaarwiidi hed en Jeger es wiisses Gemschi gseen; es par Tag derna ischd en andra da z'Jag und z'Tod ghiid. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Es Zelli vun enem Ummel

Source: Es Zelli vun enem Ummel

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Äis wän es Mäitli und em Bööb gsiin; si sii zsäme ggangen und Häm enandre z'hiirate versprochen. Dr Bööb ischd o hin uw wider z'Dorf chun; aber ds Mäitli hed im itinged, all Aben brüüch er nid z'chun und äimmel afen an däm und däm Aben nid. Dr Bööb hed an däm Bschäid gchuwwen. Am End faad er an argwoonen, da chennti en andra im Spil siin und är im Gaaren. Allem z'Trutz ischd er an enem verbotnen Abe ggangen. Ar hed ds Pfäischter acharrs funden. In dr Chamer isch'sch stills gsiin wee in arra Chilchen. Im Bett ischd ds Mäitli glägen; äs hed nid en Atezug taan, nid es Gliidelli gwäigged und ischd chaalts gsiin wee nen Zischzapfen. Ar hed gmäind, äs siigi gstorbes. Döö chunnd vum Pfäischterli naha en Ummel z'surren; är hed si dem Mäitli uf ds offem Müül gsetzd und ischd inhigschnaagged. Jetz hed ds Mäitli d'Oigen üüftaan, hed si afa-w-wäiggen und mid dem Bööb afa beichten, wee wen niid vergange-w-wän. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Es Zwäärgli gid Choli

Source: Es Zwäärgli gid Choli

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Äs ischd z'mitts in dr Nacht gsiin, wan es Zwäärgli zen enem Wiib ischd chun ung gsäid hed, äs selli chun, siis Wiib siigi im Bett und sellti Hilf han. Das hed gschwind agläid; ds Zwäärgli ischd vorüüs und äs hinnennaahi. Am End sii si zem Wiibelti chun, und wan alls ischd verbii gsiin, hed si ds Wiib ggräched, fir häizgaan. Aber ds Zwäärgli hed gsäid, äs selli en Oigemblick warten, äs wellem ma no de Loo-r-räichen, und nid lang isch'sch ggangen, isch'sch chun mid arra Goifflete Choli und hed im die i Schurz taan. Ds Wiib hed die Choli agseen und täichd, e seler hätti äs dehäimmen o, und in allem Gaan hed se si nid lang umseen, wen e Cholen us em Schurz uf em Bode ggätterred ischd. Ds Zwäärgli hed das gwaared und hed dem Wiib naagrieffd: „Je meer düü zätsch, Je minder düü hätsch!" As hed taan, as we 's hert gheerrti und ischd abgschoben. In dr Chuchi, rätsch, hed's d'Choli toiblochtig uf d'Fiirblatte ghiid, ischd i ds Bett und hed gschlafen bis in alla Morgen anhi. Äs ischd spaat gsiin, wa's i d'Chuchi ischd und hed welle fiiren. Döe hed's uf dr Fiirblatte glitzred; äs achted besser ung gsich: Wa's die Choli hed ghiid ghäben, ischd es Hiifli Guld glägen! Etz hätti's ds Zwäärgli verständen; äs ischd uber d'Stägen ab und hed wellen gen die verlorne Choli söechen; aber äs hed nid es alleräinzigs Bitzelli mee funden. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Es Zwäärgli warned vor em Bruch

Source: Es Zwäärgli warned vor em Bruch

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Zwischen dr Falcherren und Löögen ischd vor vil hundert Jaaren es Derfli gsiin. Aber äis es Tags ischd es Zwäärgli chu z'loiffen und hed gchiiched: „Fleed, fleed und rüümid! Lääd alls im Stich. No es par Tag und de ghiid d'Flöö inha!" D'Liit häin nid lang gwärwäised. In es par Tagen häi‘s den Hüüsraad, ds Treecht und d'Waar zigled. Vil siin uberhi i d' Falcherren, wa ds Schöölhüüs ischd. Derna ischd dr Bruch inha. Ds Derfli hed er ganz undergmachd. Aber Liit siin derbee egghäiner umchun. Im Säilivorsess hed's fir veer Chee Wintrig Land furtgnun. Z'Hoflöö, am andrem Bärg, ischd grad Wesch ghanged; dee siigi schwarzi worden vum Dräck und vum Stoib, wa's üüfgwirbled häigi. Drii Tag derna hed ma undre Stäinen no e Giggel gheerre chräjen. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Es Zwäärgli wintred e Chöö

Source: Es Zwäärgli wintred e Chöö

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Äs hed afan herbschten. Am Mägisalp hed äina e Chöö verloren; si ischd an enem Peter vu Wiisseflöö gsiin; zleschd häi sa d'Älper no im Wurf gseen, und derna isch schi mid Hüüd und Haare verlorni gsiin. Äs ischd Üüstage-w-worden, und d'Liit sii z'Alp gfaaren. Döö chunnd es Zwäärgli vor d'Hitten, wa Peter vu Wiisseflöö z'Hitten ischd gsiin; an enem Hälsig hed 's dee verlor Chöö ghäben;  dernäb ischd es scheens Chalbelli gsiin, fäisses wee nes Dagsli, und ds Zwäärgli hed greesd: „Peter vu Wiisseflöö, Chu-r-räich dii Chöö Und ds Chalb derzöö." Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Etelmutter zu Schneisingen

Source: Etelmutter zu Schneisingen

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Jm Oberholze von Schneisingen findet sich ein rund ausgemauertes Loch im Boden, das der Rest eines alten Thurmes zu sein scheint. Es ist so tief, dass man hinein geworfene Steine drunten nicht wieder auffallen hört. Die Heiden haben es vormals bewohnt; es war ihr Schatzhaus. Sie sind fortgewandert oder ausgestorben, und nur die Etelmutter allein ist übrig geblieben. Diese geht eigenthümlich gekleidet in einem rothen Rocke einher und verfährt mit den Holzdieben, die sie betrifft, so barsch, als ob der ganze Gemeindewald ihr gehöre. Zum Schutze gegen dieses gefürchtete Weib hatte ein Schneisinger-Holzfrevler ein Muttergottesli in den Sack gesteckt, eines jener gebrannten kleinen Thonbildchen, wie die Wallfahrer duzendweise um einen Kreuzer in Einsiedeln kaufen, und gieng damit im Walde seinem Diebstahl nach. Die Etelmutter konnte ihm diesmal zwar nichts anhaben, aber doch trat sie ihm drohend entgegen und sagte höhnisch: Wenn der Mann das Herz verliert, nimmt er sich eine irdene Frau! Diesmal fand der Angeredete auch den Wohnplatz der Alten und hat ihn später einmal seinen Buben gezeigt; es ist ein Fleck unter einer breiten Fohre, der so besonders sauber gekehrt ist, dass nicht eine Waldnadel oder ein Steinchen drauf liegt. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 59 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Euphemismen statt Teufel

Source: Euphemismen statt Teufel

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Vom Wortwerte des Namens Teufel erzählt H. Bullinger: „Den 17. October hat man zu Zurzach in Stift und Pfarrkirchen auch reformiert, und als man die Bilder hinweg tun wollte, tat der Teufel den ersten Angriff. Es war aber zu Zurzach ein Geschlecht, genannt der Tüfel. Der erwähnte Tüfel hat auch hievor dem Messischen Predicanten öffentlich in seine Predigt eingeredet. Antwortet der Messpfaff: Du heißest Teufel, tust wie der Teufel und bist der Teufel, darum will ich nichts mit dir zu schaffen haben! - und lief hiermit ab der Kanzel.“ E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.    


by Ewig verflucht

Source: Ewig verflucht

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Wo heute der Sardonagletscher liegt, da war früher die schönste Alp des ganzen Tales; von der hohen Terrasse schaute sie über das Land. Sie gehörte dem Hirten Segnes, der sie vom sterbenden Vater unter der Bedingung geschenkt erhielt, dass er für die Mutter sorge. Sein Haus stand unten im Tale. Aber auf dem Rathausboden dort unten wohnte auch Sardona, die Geliebte des Sennen, ein schönes, reiches Mädchen, dem die Alp Kratzere droben am Muttentalergrat gehörte. Das Mädchen war hoffärtig über alle Massen. Das sah die alte Mutter des Hirten nicht gerne und bot daher alles auf, das Liebesverhältnis der beiden zu lösen. Vergeblich! Die schwarzen Augen auf dem Rathausboden waren mächtiger als der Mutter Wort. Die beiden Liebenden berieten, wie sie die Alte aus dem Wege schaffen könnten. Als der Frühling ins Land zog, da stieg Segnes mit seinem Vieh zur Alp hinauf. Die Mutter konnte ihm nicht folgen; denn sie war alt und krank. Ihre Lebensmittel gingen aber bald aus, und der Sohn blieb auf der Alp und hielt ihr nichts zu. Wie sollte sie ihr Leben weiter fristen? Von bitterm Weh erfüllt, entschliesst sie sich, wenn möglich auf die Alp zu steigen und von dem Sohne Hilfe und Fürsorge zu verlangen. Langsam, dem Tode nahe, schleppte sie sich den Berg hinauf. Aber zwei feurige Augen haben sie erspäht; unbemerkt, auf verborgenen Pfaden, schleicht Sardona ihr nach. Die Mutter kommt zur Hütte und bittet den Sohn um ein Stückchen Brot; auch droht sie ihm mit der Strafe Gottes wegen seiner Pflicht-Vergessenheit und Ruchlosigkeit. Höhnend holt der Sohn vom "Scherm" herauf einen Napf voll Jauche und setzt diesen der Mutter vor. Sie klagt nun nicht mehr; den tödlichen Schmerz in der Brust, wendet sie sich zum Gehen, um im Tale unten zu sterben. Eben kommt das hoffärtige Mädchen vom Rathausboden stolz dahergeschritten und geht verächtlich an der bleichen Alten vorüber. Segnes sieht die Geliebte kommen, holt eilig einige Käslaibe aus dem Keller und legt sie der Braut auf den Weg, damit sie ihre Schuhe nicht beschmutze. Voll Bosheit ruft er noch der Mutter nach: "Das ist ein anderer Besuch!" Diese aber kehrt sich um und spricht mit ihrer letzten Kraft: "So bleibet immer und ewig beieinander!" Die Mutter hat's gesprochen, der Himmel hat's gehört! Es fängt an zu regnen und regnet den ganzen Tag; am Abend fängt es an zu schneien und schneit die ganze Nacht hindurch. Am andern Morgen sah man keine Hütte und keine Herde mehr; ein gewaltiger Gletscher hatte alles Lebende bedeckt, und er bedeckt es heute noch. Alljährlich aber an dem Tage, da der Frevel geschehen, tut sich im Gletscher eine Spalte auf, und die Gebannten steigen herab an deren Rand und rufen flehentlich der Mutter, damit sie das böse Wort zurücknehme. Sie horchen und horchen nach allen Winden hinaus, ob sich die erlösende Stimme nicht hören lasse. Immer geschah es bisher vergeblich; immer wieder müssen sie zurückkehren in das kalte Verliess, und immer wieder schließen sich die eisigen Pforten, - Mitunter schaut der Sauren so düster ins Land und schüttelt seine schneeigen Locken; dann stürzen die Lawinen über seine Stirn hernieder und donnern zum Gletscher herab. Er ist unwillig darüber, dass er den Fluch mittragen soll. In dunkler Wetternacht vernimmt man aus dem Gletscher heraus auch die Klagerufe der Gebannten. Der fremde Wanderer freilich glaubt, es sei das Pfeifen des Windes in den Tannen und Felszinken oder das Krachen des berstenden Eises; aber der Landeskundige weiss es besser und gedenkt schaudernd der Schuld, die solche Strafe gefordert. F. W. Sprecher, Jahrbuch, Alpenklub. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 246, S. 124ff Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ewig verflucht

Source: Ewig verflucht

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Wo heute der Sardonagletscher liegt, war früher die schönste Alp des ganzen Tales. Sie gehörte dem Hirten Segnes, der sie vom sterbenden Vater geschenkt erhalten hatte unter der Bedingung, dass er für seine Mutter sorge. Segnes kannte ein Mädchen namens Sardona, das er heiraten wollte. Es war schön und reich, aber über alle Massen hoffärtig. Die Mutter des Hirten, die von ihrer zukünftigen Schwiegertochter nichts Gutes erwartete, riet ihrem Sohne, eine andere Frau zu suchen. Vergeblich! Die schönen, schwarzen Augen Sardonas waren mächtiger als die weisen Worte der Mutter. Als der Frühling ins Land zog, stieg Segnes mit seinem Vieh auf die Alp hinauf. Die Mutter konnte nicht mit, denn sie war krank. Sie blieb unten in ihrem Häuschen. Nach einiger Zeit gingen ihr die Lebensmittel aus, und der Sohn, der davon wissen musste, hielt ihr nichts mehr zu. In ihrer Not entschloss sich die alte, kranke Frau, auf die Alp zu steigen und von ihrem Sohne Hilfe zu verlangen. Dem Tode nahe, schleppte sie sich langsam den Berg hinauf. Endlich, endlich kam sie zur Hütte und bat ihren Sohn um einen Napf Milch. Höhnisch holte der Sohn den Napf, füllte ihn jedoch mit Schweinefutter und setzte ihn der Mutter vor. Ohne ein Wort mehr über die Lippen zu bringen, stand die Mutter auf und wandte sich zum Gehen, um im Tale unten zu sterben. Wie die Mutter mühsam über den Platz vor der Hütte schritt, kam Sardona stolz dahergewandelt. Segnes holte eilig einige Käselaibe aus dem Keller und legte sie vor seiner Braut auf den Weg, damit sie ihre Schuhe nicht beschmutze. Dann wandte er sich voll Bosheit gegen das Tal und rief der Mutter nach: «Das ist ein anderer Besuch!» Die Mutter aber wandte den Kopf und sprach mit ihrer letzten Kraft: «So bleibet immer und ewig beieinander!» Die Mutter hatte es kaum gesprochen, da verdüsterte sich der Himmel. Es fing an zu regnen und regnete den ganzen Tag. Am Abend begann es zu schneien und schneite die ganze Nacht. Am andern Morgen sah man keine Hütte und keine Herde mehr. Ein gewaltiger Gletscher hatte alles Lebende bedeckt, und er bedeckt es noch heute. Einmal im Jahre bricht im Gletscher eine Spalte auf, und die beiden Gebannten kommen an den Rand der Gletscherspalte. Mit flehenden Worten rufen sie nach der Mutter, sie möge das böse Wort zurücknehmen. Dann horchen und horchen sie nach allen Winden aus, ob sich die erlösende Stimme nicht hören lasse. Doch immer wieder müssen Segnes und Sardona zurückkehren in das kalte Verliess.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Fahnenflucht Bürgermeister Bruns

Source: Fahnenflucht Bürgermeister Bruns

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Fahnenflucht Bürgermeister Bruns Es war in den Wirren nach der Brunschen Staatsumwälzung. Die Zürcher waren ausgerückt nach Baden und hatten dort die Bäder verbrannt. Dann zogen sie gegen Dättwil. Sie wurden aber in jener bergigen Gegend vomHerzog von Österreich eingeschlossen, und die Zürcher bemerkten reichlich spät, dass sie einer grossen Übermacht gegenüberstanden. Als nun Bürgermeister und Hauptmann Rudolf Brun diesen mächtigen Zug des Herzogs sah, befiel ihn die Furcht, und er sprach zu seinem Knecht: „Mit unserer Sache ist es nichts, wir werden all erschlagen; gefiele es dir so wohl wie mir, so wollten wir still davonreiten. Komme ich davon, getraue ich mir wohl, die Stadt Zürich zu halten; bleibe ich aber, so ist die Stadt mit dem Volk verloren!“ Also folgte ihm der Knecht, und sie kamen auf die Feste Schönenwerd ob Dietikon. Währenddessen sah Bannerherr Stucki, wie sich der Feind rüstete, bedachte die böse Lage und berief noch andere Räte zu sich. Sie wussten nicht, was sie tun sollten, denn sie fürchteten, dass der Schreck unter die Leute fahre, wenn sie hörten, dass der Hauptmann geflohen sei. Ein Maness ermannte sich und redete zu den Leuten also: „Liebe, fromme Leute, es ist uns Botschaft überbracht worden, dass die Stadt Zuzug schickt, weil man dort gehört hat, dass derHerzog mit grosser Macht herangezogen ist. Deshalb haben wir unseren Hauptmann, den Bürgermeister, dem Hilfsvolk entgegengeschickt, dass er uns eilends Entsatz bringe. Die anwesenden Führer haben mich darum als Hauptmann angenommen. Haltet euch als fromme Leute, seid mir gehorsam, so wollen wir uns an diesem Tag des Feindes wohl erwehren; ungeschlagen werden wir nicht von hinnen kommen!“ Die Rede gefiel den Kriegern wohl, und sie schwuren dem Maness Gehorsam. Bald begann der Kampf, der sehr ungleich war. Denn des Herzogs Heer zählte 4000 Mann zu Ross und zu Fuss, während die Zürcher Mannschaft nur 1500 Kriegsleute aufwies. Die Schlacht dauerte bereits drei Stunden, als die Nacht hereinbrach. Da erschien ungeahnt wirklich ein Zuzug zum zürcherischen Heerhaufen. Es waren die Leute vom See, die erst in Zürich eingetroffen waren, als das Banner schon ausgerückt war. Als der Feind das Feldgeschrei der frisch Angerückten „Hie Zürich!“ vernahm, verliess ihn der Mut und er machte kehrt. So hatten die Zürcher mit Hilfe der lieben Heiligen Sankt Felix und Regula und Exuperantius den Sieg behalten. Nachdem diese Not beseitigt wat, beschuldigte man den Hauptmann der Fahnenflucht. Er liess aber der Gemeinde durch einen Boten vortragen, dass ihm die Gewalt nicht nur über die militärischen Angelegenheiten, sondern auch über die Stadt im allgemeinen gegeben sie. Er wüsste wohl, dass jene, die ihn der Flucht bezichtigten, Feinde seien, die, sobald sie ihn von der Gewalt und aus der Stadt brächten, die Zünfte wieder abschaffen würden. Als die Gemeinde dies vernommen hatte, holte das Volk ihn mit dem Stadtbanner in Schönenwerd ab und führte ihn wider der Räte Willen nach Zürich, wo er bis zu seinem Ende Bürgermeister sein musste. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Nach Brennwald I, 351f.,, ins Neuhochdeutsche übertragen und gekürzt. In der Chronik der Stadt Zürich S. 58 wird das Gefecht bei Dättwil ohne Erwähnung Bruns berichtet.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Fahrende Schüler

Source: Fahrende Schüler

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Fahrende Schüler nannte man jene Feuerflammen, in die man „ungsinnet" hineinlief. Einem, dem das um 1900 zweimal selber passierte, erklärte: „Plötzlich steht man in einem solchen Feuer; dann kann man nicht mehr reden und es macht einem verflixt heiss. Wenn das Feuer nachgibt, geht es „obsi“ und fährt in den Himmel.“ Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Gchr. Wald 1902. Mitt. von Frau Grete Schaufelberger, Erzählt 28. 1. 1902. Vermutlich Gleichsetzung von „fahrenden Schülern“ mit „Irrlichtern“. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Falschmünzerei in der Orismühle

Source: Falschmünzerei in der Orismühle

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a) Um das Jahr 1840 sollen der alte Orismüller J. K., der Lupsibärger Metzger G. und der Seebner Schulmeister im Türmchen in der Orismühle falsche Münzen geprägt haben. Die Münzen trugen den Kopf eines französischen Königs, aber dieser soll auf die linke statt auf die rechte Seite geblickt haben. In Seewen wurden diese Geldstücke in Umlauf gesetzt. Aber die Falschmünzerei wurde entdeckt, und die drei Übeltäter kamen in Solothurn vor Gericht. Dort mussten die Fehlbaren auch ihre Strafe abbüssen; der Orismüller K. war der Hauptschuldige und musste ein volles Jahr lang absitzen. b) Bei dieser Falschmünzerei soll ausser den drei Genannten auch noch der Pfarrer von St. Pantaleon mit im Spiele gewesen sein. Die falschen Münzen seien Berner Batzen gewesen und in der Orismühle drunten im Gchett (gemauerter Raum, wo sich das Wasserrad befand) geprägt worden sein. Auch diese Münzen wiesen kleine Fehler auf. Der Schneidermeister Lehmann von Nuglar, genannt der Sydemichel, soll später oft ausgesagt haben: «S lingg Bei syg bim Bär nit rächt gstange und s Züngli haigi gfehlt.» Im Gchett drunten habe man später den Prägstock gefunden. Seltisberg Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Fänggen-Mannli's Kunst

Source: Fänggen-Mannli's Kunst

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In alten Zeiten, als man noch nicht so witzig war, wie heutzutage, bohrte man die Holz-Teuchel nur von einer Seite, und so wurden Diese natürlich nur so lang, als der Bohrer war. Nun kamen denn manchmal in den Wäldern wilde Mannli zu den Ar­beitern, und lachten und kicherten in ihre Fäustchen, wenn sie bemerkten, dass Diese die Teuchel nur so lang herzustellen verstanden. Wie dies besser zu machen, verschwiegen die Mannli beharrlich, wie oft die Arbeiter auch darum sie befragten. Da verfielen die Holzhauer und Teuchelbohrer auf eine List: »Ja, jetzt weiss ich denn auch, wie man die Teuchel länger bohren kann, Einer von Euch hat es meinem Vetter verraten, und der hat es auch mich gelehrt, heute sollst Du mich nicht mehr auslachen,« sagte ein Arbeiter im Furner-Walde eines Morgens zu einem Wild-Mannli, das des Weges kam. »Ja, gelt, Du kehrst das Holz um, und bohrst auch von der andern Seite,« lachte gutmütig der kleine Wilde. Nun hatte der Arbeiter »den Pfiff für sich« (das Geheimnis erraten); und seitdem das Wild-Mannli selber geplaudert und seine Kunst verraten hatte, werden die Teuchel doppelt so lang, als der Bohrer lang ist. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Farbe und Tracht der Geister

Source: Farbe und Tracht der Geister

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Die rothe Tracht des Wild. Jägers. Im Ober-Aargau heisst er Rotthaler und Rothenburger. Er kommt, wie der Odenwälder-Rodensteiner vom Schnellerts, bei uns von der Gletscheröde des Rotthales, welches man theils in die inneren Wildnisse der Berneralpen von Jungfrau, Breithorn und Blümlisalp, theils in das Luzerner Oberland versetzt. Seine dortigen Hauserinnen sind die Strüdelenhexen (Jahn, Kant. Bern, 321). Der Aelpler sieht in ihnen zugleich eine Heerde verwünschter Rinder und Geisen, welche ein geisterhafter Hirte übers Gebirge treibt. Ihre Augen sind feurig, ihr Rumpf verdreht, ihre Glocken klingeln. Henne, Schweiz. Blätter. 1850, 1. Rötler heisst No. 108 der Hochwald, über welchen die Kutsche des W. Heeres hinfährt. Maria und Rothenburg! war das Feldgeschret der Luzerner in der Schlacht bet Vilmergen 1656, in welcher das Heer der reformirten Berner geschlagen wurde. Bern. Neujahrs-Bl. 1851, 13. Vom Luzerner Pilatusberge her kommt er mit dreibeinigen rothen Hunden. Kas. Pfyffer, Luzern. Gesch. 1, 320. Seine und seiner Begleitung Farbe und Tracht weist auf Donars und Wuotans Rothhaar und Rothbart. Grani, Rothgrani, Rothbart ist ausdrücklich Odhinns Beiname. Myth. 1206. In unserer Sammlung No. 143 trägt er ein langes rothes Wamms, darüber einen langschwänzigen Grünrock, ein rothes Leibchen (Jacke). Der Sarg des „nächtlichen Leichenzuges bei Seon“, Abth. III., No. 100 ist mit einem rothen Bahrtuche gedeckt, seine Träger sind rothstrümpfig, die beiden Pfarrer rothhutig. Sogar der Zurzacher-Strassenhund No. 265, a. hat rothe Strümpfe an. Das Geistermädchen No. 181, e. hat ein rothes Fürtuch, die Alrune No. 268 einen blutrothen Kamm; der Reiter No. 155 einen rothen Federbusch. In rothe Unterröcke hüllt das Landvolk noch die Fieberkranken und Gebärenden, und diese Röcke nennt man auf dem Schwarzwalde Heidentschöpen, von franz. jupon. Beschädigte Glieder umwickelt man mit rothem Faden; die rothe Waldschnecke ist heilkräftig. Eine rothe Sau mit grünen Augen spukt im Wallis hinter dem Stadthaus zu Sitten. Henne, Schweiz. Bl. 1833. Das Geisterschwein mit rasselnden Borsten hat eine blutunterlaufene Haut, No. 94. Die Füsse des Geistervögleins von Kyburg sind blutroth. Alp.-Ros. 1812, 289. Die Margaretha Maultasch reitet in Klagenfurth um den Stadtbrunnen auf dunkelrothem Pferde. Grimm, DS. 2, No. 502. Ein rother Ritter mit rothem Helmbusch auf rothem Rosse ist der Rodensteiner im Odenberge. I. Wolf, Rodensteiner und Schnellerts, S. 9. Der Wetterauer W. Jäger kommt in einem „reatzeruure" (rässrothen) Mantel. Firmenich, Völkerstim. 2, 101. Der heiratslustige Teufel freit eine Rothenburgerinn. Schöppner, bayr. Sag. 1, 377. Von zwei Geisterheeren, das eine weiss, das andere ganz roth, erzählt die Legende des XIII. Jh. Stöber, Elsass. Sag. No. 114. Rothenburger heisst der Frickthaler Pfarrer, welcher den Jäger Kinzhalden-Joggeli beerdigt, Abthl. III., No. 150. Das rothe Tüchlein No. 121 duldet es nicht, dass man mit dem Stocke darnach schlage. Das Rötheli rubecula, ist geheiligt; wo es baut, schlägt der Blitz nicht ein. Fuchs und Eichhörnchen sind von bedeutsamem Angang. Der erstere erscheint feuerschnaubend (Abthl. VIII., No. 333), das letztere erscheint zugleich mit Donars geheiligtem Bären an derjenigen Wald-Stelle, an welcher sodann vom Zähringer-Berchtold die Stadt Bern gebaut wird. Die in der Farbe des Gottes schimmernde Vogelbeere und Erdbeere hat der Aberglaube mit eignen Bräuchen umgeben, der Bündnername Buddlergräufle (Preiselbeere), die Raffausle (im Glarus Name der Alpenrose) erinnern an das Fest der Grauflete, das dem Wuotan im Schwyzer Muotathal gefeiert wurde und wird. die rothe lüt hend siba hüt, sechsmol meh, as ander lüt. Appenz. Spruch, Tobler 27 a. - Rothhaarige Leute sind „von Gott“ gezeichnet, Meier, schwäb. Sagen 2, pag. 507. Zum Rothen Schuh heissen einige Häuser und über ihnen gelegene Bergflächen bei Gersau am Vierwaldstätter-See, dorten spielt die Sage vom Kindlismord. Meyer- Knonau, Schweiz. Erdkunde 1, 330. Zum Rothen Männel sind in Strassburg und Kolmar die Wirthshäuser geschildet, auch trägt sonst am Lande dorten manche Schenke denselben Namen. Jetzt liegt dies rothe Männlein unter dem Strassb. Münsterthurm begraben, während es sonst das „Reuterlein auf der Säule" war, das mit krausem Haar und rothem Röcklein auf einem weissen Pferde sitzend, am Münster den Fremden zum Wahrzeichen gewiesen worden ist. Stöber, Elsass Sag. No. 325 und pag. 475. Merkwürdig stimmt damit auch die Tracht des Japanesischen Teufels überein; W. Heine, Wanderskizzen auf einer Fahrt nach Japan (Allgem. Augsb. Zeitg. 1854, No. 249) sieht ein Kapellenbild, auf dem alle bei dem Hexengastmahl aufwartenden Unterteufelchen grün sind und rothe Haare haben. Viele Ortschaften und Gegenden, die nach dem Rodensteiner, Rothenburger, Rotthaler u. s. w. benannt sind, verzeichnet Menzel, Odin pag. 272 pag. ff. Grüne Farbe der Geister. Der Grünhütler ist ein Alpengespenst in Graubünden. So oft er Nachts an die Thüre einer Sennerhütte klopft, wird morgens darauf die ganze Alp mit Schnee überdeckt sein. Leonhardi, Bündner-Vierteljahrsschrift 1852, 23. Aargauisch bezeichnet der Grüne, der Grünrock den Teufel, Abthl. IX., No. 417. Unter wohllautender sanfter Musik erscheint das Glücksheer, mit dem Zuge der Reiter und Hunde. Alsdann ist der W. Jäger auch der Grünrock (vgl. Abth. III, No. 94, Lochluegenjäger), der Thierbändiger, dessen Hunde so zahm sind, daß sie dem Köhler von Liebegg vertraut das Brod aus der Hand fressen. (Abthl. III, No. 99. Sodbrunnen der Römerstadt Lorenz.) Ebenda ist er auch in Rübeli (grüner Halbsammet) gekleidet. So ist auch die Schürze des Breitsee-Maideli grün, Abth. III, No. 127. Um Luzern sind die Hornbläser der W. Jagd grün kostümirt. Kas. Pfyffer, Luzern. Gesch. 1, S. 320. Aus dem Zuge des W. Heeres fällt ein grüner Schuh herab. Kuhn, nordd. Sag. S. 478. Baaders bad. Sag., No. 254 heben nicht minder die grünen Pantoffeln hervor, welche ein umgehender Ammann trägt. - Ueber die Grüne Tracht der Zwerge handelt No. 205, Anmerkung. Schwarz und weisse Geister. Die helende und bergende Göttin heisst Hel, sie ist halb weiss, halb schwarz. Sie fällt ursprünglich gewiss mit der Erdgöttin Jördh zusammen. So erklärt sich dann ihre Zweifarbigkeit, da die Erde die lichte Oberwelt und die schwarze Unterwelt zugleich umfasst. Wie die Jördh später ausschliesslich das grüne heitere Erdenleben vertrat, so Hel das bleiche und traurige. Weinhold, deutsche Frauen, 29, 30. Die wichtigste Figur, welche in der neu gewonnenen Sage übrig ist von dieser schwarz-weissen Unterweltsgöttin, ist die Frau Held und Wehld (Panzer, bayr. Sag. 1, 186) mit ihren beiden Schwestern, welche als Norne des Walfeldes zugleich den Namen unserer Bructerer Jungfrau, der prophetischen Veleda wiederholt. Letztere, die sich dem jungfräulichen Stande ergeben hatte, an den Unsterblichkeit und Schicksalswissen geknüpft war, war dem Volke selber ein siegskündendes Schildmädchen der Walstatt und hiess lebend schon so, wie sie einst unter Odhinns Schwanjungfrauen genannt werden sollte. „Elsternfarbig“, halbweiss und halbschwarz, halb zum Leben, halb zum Tode führend ist die deutsche Walküre, die antike Furia, die Aphrodite Melanis, endlich das Marienbild. Myth. 289. In unserer Sammlung scheint die Versicherung lächerlich zu lauten: Man fürchte den umgehenden Schaffner in Castelen, No. 326, nicht mehr, denn er trage neuerlich schon weisse Hosen. Diese Doppelfarbe hat er aber gemein mit dem Schimmel-Reiter im schwarzen Mantel, No. 161; mit den Ferkeln der W. Jagd, No. 85, die sämmtlich von scheckiger Race sind, vorne schwarz und hinten weiss; (weiss und schwarze Katzen sind die Jungen des Lütwiler Dorfthieres, No. 86) mit dem Feldmesser Trog in der weissen Zipfelkappe, No. 328; mit dem Pfaffen von Murg, der tiefschwarz erscheint, aber doch ein schneeweisses Leichen-Gesicht zeigt; mit dem Schwarzen, der eine weisse Hemdkrause blicken lässt, No. 263. So sitzt Matthias Pagels auf Rügen, wegen Meineid und Urkundenfälschung verwünscht, mit grauem Rock und weisser Mütze auf einer hohen Buche. „Pagels mit de witte Mütz, wo koold und hoch ist din Sitz!" Arndt, Märchen 1, 249. Temme, Volks-S. von Pommern, 267. So ist auch der heidnische Held Feirefiz elsternfarbig, wie ihn Wolfram im Parzival nennt, weil ihn sein Heidenthum zur Hölle, seine Ritterbravheit gleichzeitig zum Himmel hinzieht. Und so ist alles Schwankende und Unentschiedene des Charakters uns noch von gemischter Farbe, grau, vornen hui, hinten pfui. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 212 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Farnsamen

Source: Farnsamen

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Im luzernischen Hinterland, d. h. im obern Luther- und Wiggertale galt Farrensame als vorzügliches Zaubermittel. Solchen sammelte vorzüglich der unheimliche „Dutschi" aus Luthern. Da hat's der Herr Pfarrer vernommen und befahl ihm, den gesammelten Vorrat auszuliefern. Dutschi brachte denselben in Leder eingewickelt dem Seelsorger, dem er nicht ungehorsam zu sein wagte. „Geh, wirf's selber in's Feuer!" lautete der Befehl. Dutschi ging und kaum berührt der Farren die Flamme, flugs ward da der übergesetzte Hafen hoch vom Herd aufgejagt.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Faust speist mit Gast in Basel

Source: Faust speist mit Gast in Basel

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Als Faust zu Basel sich aufhielt, speiste er öfters mit dem Gelehrten Johannes Gast. Dieser erzählt nun, dass Faust bei solcher Gelegenheit zu verschiedenen Malen Vögel von ganz absonderlicher und fremder Art zum Braten übergeben habe, von dem er, Gast, nicht gewusst hätte, wo sie Faust gekauft oder von wem er sie erhalten, da solche damals zu Basel nicht feilgeboten wurden und überhaupt keine dieser Art in der dortigen Gegend vorhanden waren. Faust hatte aber einen Hund und ein Pferd bei sich, welche, da sie Alles verrichten konnten, jedenfalls Teufel waren. So erzählte man dem Gast unter andern Wunderdingen, dass der Hund zuweilen die Gestalt eines Dieners annehme und dann dem Faust aufwarte und allerhand Speise bringe. Kein Wunder, dass Faust für diesen sträflichen Umgang hart bestraft wurde. Der Elende endete auf schreckliche Weise; denn der Teufel erwürgte ihn und seine Leiche lag immer mit dem Gesicht auf der Bahre, obschon sie an fünfmal umgedreht ward. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Fee bei der Quelle

Source: Fee bei der Quelle

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Bei einer Quelle am Pilatus erscheint jeden Frühling eine Fee, die an einem Zaum zwei Ziegen führt. Dieselben sind weiss, wenn das Jahr fruchtbar wird, schwarz dagegen, wenn böse Zeit bevorsteht.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Feensage der Ormonder

Source: Feensage der Ormonder

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Früher waren die Balmen der höchsten Felsen von Zauberinnen und Feen bewohnt. Dort hatten sie Grotten, mit Kristallen, Gold und Silber und mit allerhand köstlichen Steinen geziert, zu ihren Wohnsitzen. Helles Quellwasser, feine, feurige Weine waren ihre Getränke, Auerhähne, Haselhühner, Fasanen und junge Murmeltiere ihre Speise. Oft verlockten sie junge und wohlgestaltete Hirten in ihre Wohnungen, lebten dort in heimlicher Ehe mit denselben, lehrten ihnen die Heilkräfte der Bergkräuter und Pflanzen kennen, unterrichteten sie wie man verborgene Schätze entdecken und heben, Viehherden vor Pest und Seuchen schützen, sich kugel- und eisenfest machen könne, und viele andere Geheimnisse und Künste. Wenn aber ein solcher Hirt, der sich ihrer Gunst zu erfreuen hatte, die anvertrauten Geheimnisse nicht zu wahren wusste, so lief er die höchste Gefahr von den Kobolden erwürgt oder in die Untiefen des Oldenhorns oder des Diablerets hinabgestürzt zu werden, wo seiner ein schreckbarer Hungertod harrte, und nur, wenn eine der Feen sich seiner erbarmte, und ein gut Wort bei den bösen Berggeistern für ihn einlegte, wurde er gerettet. Diese Feen sahen den gewöhnlichen Mädchen so ziemlich ähnlich, nur war ihre Haut rabenschwarz, wie die der Mohren in Afrika und an ihren Füßen fehlte die Ferse. Ihr Kopfhaar aber war so dick und lang, dass sie damit ihren ganzen Körper wie mit einer härenen Kapuzinerkutte bedecken konnten. Jetzt sieht man sie nicht mehr. Sie sind weiter gezogen, wohin weiß man nicht. An ihrem Fortzug soll ein unbändiger junger Geißhirt schuld sein, der ein solch Zauberweib hatte und es bei einem Wortwechsel, weil es, wie alle übrigen, sehr eigensinnig zanksüchtig und launisch war, mit dem Käsebrecher schlagen und zurechtweisen wollte. Das beleidigte die Fee, sie verließ den jungen Hirten, und mit ihr verschwanden auch alle übrigen. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Feiertagsschändung

Source: Feiertagsschändung

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Meine Grosseltern haben einmal an einem Hochheiligen-Dreifaltigkeitssonntag einen Wiälesch (Vogelbeerbaum, Sorbus aucuparia) gesägt. Aber schon am nächsten Morgen hatten sie die schönste Kuh im Stalle tot. Anna Maria Müller, 76 J. alt, Hospental Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Felix und Regula

Source: Felix und Regula

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Felix und Regula Unter dem römischen Kaiser Diokletian herrschte eine grausame Christenverfolgung. ln dieser Verfolgung wurden Mauritius, Exeporius, Candidus und Viktor, die vornehmsten der Thebäischen Legion, auf das Geheiss des Maximian in Gallien bei der Stadt Sitten im Wallis mit 6666 Rittern christlichen Glaubens wegen gemartert. Diese Märtyrer stammten aus dem Orient und einer edlen Stadt Ägyptens, die am Nil gelegen; sie waren vom Bischof von Jerusalem getauft worden. Und da diese Ritter kriegserfahren, tugendreich, edel‚ im Glauben aber noch edler waren, wurden sie von Maximian. dem Mitregenten des Kaisers, nach Gallien gegen den dortigen Aufstand zu Hilfe gefordert. Als er sie aber gegen die Christen sandte mit dem Befehl, den Göttern zu opfern, taten sie das nicht, und er gebot, sie an verschiedenen Orten und mit mancherlei Marter zu töten und je den zehnten zu enthaupten. Mauritius, ihr Heerführer, munterte die andern auf, bei ihrem Glauben zu bleiben. Sie legten die Waffen nieder und opferten sich Gott. Nun begab es sich, dass die heilige Jungfrau Sankt Regula ihrem Bruder Felix, der einer der Thebäiscben Legion war, aus Ägvptenland und der Stadt ihrer Geburt in schwesterlicher Liebe nachfolgte. Aus Vorsehung Gottes des Allmächtigen trug es sich zu, dass viele dieser Laien abgesondert und nicht getötet wurden, wie Salvador, Adventer, Constantius, Vlctor, Ursus, Felix, Exuperantius, Regula, Verena und andere. Die nahmen es auf sich, den Christenglauben auszubreiten. Also zogen die Geschwister Felix und Regula mit ihrem Diener Exuperantius, der ein alter Mann war, durch das Hochgebirge und kamen in die wllde Wüste Clarona, welche jetzt das Land Glarus ist, damals aber gar rauh und unbebaut war. Sie zogen darnach der Linth nach bis an den Zürichsee, dann den See hinab bis an dessen Ende, wo die Aa beginnt. Da trafen sie auf das alte und stolze Schloss Thuricum und beide Städte, . . . die zu jener Zeit sehr klein waren . . . Aus Schickung Gottes wählten sie diese Gestade zu ihrem Wohnorte und fingen an, gleich oberhalb des Schlosses . . . kleine Hüttchen zu bauen, da, wo die Wasserkirche jetzt steht. Hier vollbrachten sie gute Werke, fasteten, beteten, verkündeten das Wort Gottes und waren somit die ersten, die den Christenglauben in diesem Land predigten. Nachdem Sankt Mauritius und seine Gefolgschaft durch Gottes Willen die Krone der Märtyrer erlangt hatten und etliche davon dem Wüterich Maximian entgangen waren, setzte sich dieser in den Kopf, die Geflohenen auch zu töten und die Christen ganz zu vertilgen. Er gebot . . . seinem Landvogt Decius auf dem Schlosse Thuricum, . . . das da stand, wo der (Linden-) Hof ist und in der kleinen Stadt Zürich liegt. dass er alle Christen, wo er sie finden möchte, gefangen nehme und sie zwinge, den Göttern zu opfern. Und wenn sie das aus Ungehorsam nicht täten, solle er sie mit den grässlichsten Martern verderben. Decius . . . schickte seine Diener an den Ort, . . . da die lieben Heiligen sich aufhielten, damit sie ihm gefangen überantwortet würden. Als nun die Schergen des Wüterichs zu der Wohnung der lieben Heiligen kamen, fanden sie diese beim Gebet vor dem Mittagessen bei einem Brunnen, der dieser Zeit (Brennwald: um 1500) unter dem Altar in der Wasserkirche eingefasst ist und daher der heilige Brunnen genannt wird. Und dass Gott die Seinen nicht verläßt. bewies er ihnen mit seiner Gnade und schlug die Schergen mit Blindheit, dass sie die lieben Heiligen nicht erkennen mochten. Als Sankt Felix dies bemerkte, sprach er zu seiner Schwester Regula: „Siehe, die Zeit unseres Heils ist gekommen, unser Gott und Schöpfer will uns heimsuchen, das sollen wir gutwillig annehmen und uns den Häschern zeigen, damit wir die Krone der Märtyrer erlangen.“ Nun baten Felix, Regula und ihr Knecht Exuperantius mit ausgebreiteten Armen Gott den Allmächtigen, dass er durch seine . . . Barmherzigkeit ihnen seine Gnade mitteilen wolle, damit sie mit Geduld . . . die Marter ertragen und ihr Leben enden möchten. Sie erhoben sieh vom Gebet und zeigten sich denen, die sie suchten. Als nun die auserwählten Diener Gottes . . . gebunden . . . vor den Richter Decius . . . geführt worden waren. hub er . . . an: „lch habe vernommen, dass ihr Christen . . . seid, die wegen Verschmähung der Götter und des Römischen Reiches mit Todesstrafe verfolgt werden. Ich will von euch wissen. ob dem so sei!“ . . . Felix sprach: „O Decius, wir bekennen uns als Christenleute und bejahen auch diesen Glauben!“ Decius antwortete: „Wenn ihr den unsterblichen Göttern opfert, mögt ihr am Leben bleiben!“ Aber die lieben Heiligen gaben zur Antwort: „Wir opfern nicht und beten deine Abgötter nicht an. Du und alle, die sie verehren, werden für alle Ewigkeit tot sein und ohne Ende gepeinigt werden.“ Darauf schwur Decius bei den grossen, unsterblichen Göttern: „Sofern ihr dem Gotte Jupiter nicht opfert, so will ich euch mit allerlei grausiger Pein martern!“ Darauf antworteten die Ritter Gottes: „Du hast unseren Leib in deiner Gewalt, damit magst du tun nach deinem Willen und Gefallen, aber unsere Seelen stehen in der Hand ihres Schöpfers; denen kannst du keinen Schaden zufügen!“ Ob dieser Rede erzürnte der Wüterich und liess die lieben Heiligen vor das Schloss auf die Hofstatt führen, da das Frauenkloster Ötenbach später stand. In der Ecke, wo Sihl und Limmat zusammenfließen, Sihlbühl genannt, wurden sie nackt ausgezogen, an grosse Säulen gebunden, mit Ruten, Peitschen und eisernen Stäben so lange geschlagen, bis vom Scheitel bis zu den Fusssohlen kein ganzes Stück Haut mehr an ihnen hing und das Blut überall von ihnen floss. Nachher ließ er sie . . . wieder in den Kerker führen und warten, bis er sich bedacht, was er mit ihnen weiter vornehmen wolle . . . Nun ist zu wissen. dass der Wüterich die drei an solchen Orten martern liess, dass er von seinem Schloss aus zuschauen konnte; und je grösser die Pein und Marter war, desto mehr Freude und Wollust hatte er daran und meinte damit, seinen Göttern zu dienen. Also liess er die lieben Heiligen wieder vor sich bringen und sprach: „Ich weiss, dass ihr aus Unwissenheit wider mich geredet und gehandelt habt. Darum erbarmt ihr mich, und wenn ihr die unsterblichen Götter Jupiter und Merkur anbetet und ihnen opfert, will ich euch verzeihen … Wenn ihr aber das nicht tut, so schwöre ich bei den grossen Göttern und der Milde des Kaisers Maximian, dass ich euch in grosse Kessel voll Öl setzen und darin versieden lassen will.“ Er liess darauf das Feuer anzünden und im Schloss alle Marterwerkzeuge vorbereiten, und dies angesichts der Heiligen, was gar schrecklich war. Da riefen diese Gott an und sprachen: „Allmächtiger Gott, sei unser Beschirmer und Helfer, und wir fürchten nicht, was uns der Mensch zufügt!“’ Darauf antwortete Decius: „Jetzt betet meine Götter an, oder die Pein wird an euch vollbracht!“ Sie aber sagten: „Du törichter Mensch, der du dem Teufel und dem Feind des menschlichen Geschlechts Opfer und göttliche Ehre entbietest und den Schöpfer aller Dinge verfolgst, kehr dich ab von dieser Blindheit und bekenn dich zu Gott dem Allmächtigen, für den wir bereit sind, alle Marter und Pein zu erdulden.“ Aber der Wüterich war so verschlossen und blind, dass er dieser Worte nicht achtete. Er liess den dreien die Kleider ausziehen und sie in das siedende Öl setzen. Und als ihnen aus göttlicher Gnade das Feuer und die Hitze des Öls keine Gewalt antun konnte und sie Gott Lob und Dank sagten, liess der Wüterich Blei und Pech schmelzen und es ihnen eingiessen. Aber er konnte ihnen damit auch nicht schaden. denn sie überwanden alles mit Gottes Hilfe. Darauf liess er sie wieder in den Kerker führen und abermals warten, bis er eine noch schrecklichere Marter ausgedacht hatte. Diese Marter haben die lieben Heiligen im Schlosse Thuricum gelitten; an dieser Stelle wurde später vom christlichen Landvogt eine Kapelle . . . erbaut. Dann liess Decius etliche Räder aufrichten, die voll scharfer . . . Messer steckten und so eingerichtet waren. dass je zwei mit ihrer Schneide gegeneinander liefen, weil das eine aufwärts und das andere abwärts getrieben wurde. Damit gedachte er. die Heilige in Stücke zu zerreissen oder vom rechten Glauben abzudrängen. Als sie nun dieses grausige . . . Marterwerkzeug vor sich sahen. setzten sie all ihre Hoffnung und Trost in Gott, der die nicht verläßt, die ihn mit Ernst anrufen. Gott sandte augenblicklich auf den Marterplatz seinen Engel, der mit einem ungestümen, grässlichen Wind und Donnerschlag diese Räder und alles, was zur Peinigung hätte dienen sollen, zerschlug und verbrannte. Also überstanden sie abermals den Wüterich . . . In großem Zorn und Grimm liess er sie wieder in den Kerker legen. Dies ist geschehen nicht weit vom Schloss auf der Hofstatt, da später die Kirche zu St. Stefan vor der kleinen Stadt stand, die vormals St. Ciryaconkirche genannt wurde. Das war die erste Pfarrkirche seit es hier Christen gibt. Darnach liess Decius die würdigen, lieben Heiligen vor sich kommen und sprach: „Wann steht ihr von eurer Torheit ab. die ihr beharret in euerem Unglauben? Gehorcht mir und gebt euer Opfer den lebendigen Göttern, so will ich euch leben lassen; ihr seht, dass sie auf meiner Seite sind. und dass ich mit ihnen reden kann. Das, was sie mich heissen, das tue ich. Aber ihr sagt, euer Gott habe Tod und Matter gelitten. und ihr schreit . . . zu dem toten Gott. Der gibt euch keine Antwort und lässt sich nicht sehen; nichts desto minder beharret ihr in der Blindheit!“ Da riefen die auserwählten Diener Gottes zu Gott auf, begehrten Gnade, Barmherzigkeit und Geduld, da8 sie die Marter ertragen . . . möchten. Decius versuchte sie wieder vom Glauben abzubringen und redete: „Wohlan, dieweil ihr alle Marter verachtet, will ich euch in einen dunkeln Keiler legen, dass euch euer Leben so peinvoll sein soll, dass ihr mir doch noch gehorcht.“ Die Heiligen sprachen: „Unser Leib und Leben steht im Schirm Gottes, unseres Bewahrers. Was du uns magst zufügen, wollen wir . . . willig tragen.“ Als der Landvogt sah und hörte, dass er überwunden war und er sie keineswegs zum Abfall bewegen konnte, sass er zu Gericht und . . . urteilte: Felix, Regula und Exuperantius von der Schar und Gesellschaft des Mauritius, Schmäher der Götter, Zerstörer des rechten Glaubens, widerspenstig und ungehorsam dem Römischen Reich, sollen mit dem Schwert vom Leben zum Tode gerichtet werden! Alsobald wurden sie von Henkern und Schergen gebunden und an den Ort, wo sie gefangen worden waren. hingeführt. Das war da, wo jetzt die Wasserkirche steht. Und als sie auf die Malstatt kamen, huben sie an, Gott Lob und Dank zu sagen für die grosse Gnade. die er ihnen erwiesen und auch dafür, dass er sich jetzt mit ihren Martern begnüge und sie dafür belohnen wolle. Nachdem sie ihr Gebet verrichtet hatten, hörte man vom Himmel eine Stimme: „Kommet her, ihr Gesegneten und empfanget das Reich, das euch von meinem Vater vom Anfang der Welt an bereitet ist.“ Dann neigten sie ihre Häupter gegen die Erde und empfingen den Todesstreich. Damit hatten sie ihre Marter vollbracht und die Krone der ewigen Seligkeit erlangt. Als die auserwählten Heiligen Gottes . . . ihre Seelen Gott geopfert hatten, . . . nahmen die toten Körper ihre ahgeschlagenen Häupter, trugen sie von der Malstatt am Wasser . . . mit den Händen an ihre Brust gedrückt, auf die nächste Anhöhe . . ., legten sich, alle drei nebeneinander und wählten diese Stätte, um hier zu ruhen. Sie wurden von Christen, die sich heimlich bekehrt hatten, heimlich begraben. Dies geschah, als man zählte von der Geburt Christi 312 Jahr und von der Erbauung der Stadt Rom 1063 Jahr. Die seligen Märtyrer blieben in ihrem bescheidenen Grabe liegen bis zur Zeit des grossen Kaisers KarL Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Nach Brennwald I, 72, ins Neuhochdeutsche übertragen, sonst unverändert. Eine bildliche Darstellung der Legende aus den 14./15. Jahrhundert ist auf 7 Ölgemälden erhalten, die sich im ChristlichenMuseum in Gran (Ungarn) befinden (Photo im Landesmuseum).   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Felix und Regula

Source: Felix und Regula

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Ums Jahr 300 nach der Geburt des Heilandes muss es gewesen sein, da kamen über die Steinöden und Firnen des Kistenpasses zwei Flüchtlinge ins Glarnerland. Mit Müh und Not waren sie, ein junges Christenpaar, der Niedermetzelung durch die Heiden im Wallis entgangen und hofften, jenseits der Alpen bei guten Leuten Unterkunft und Obdach zu finden. Weit hinten im Land, dort wo sie den Talgrund erreichten und erstmals auf unserm Boden ihren Durst löschten und nach gefahrvoller Wanderung ausruhten, heisst ein Wässerlein heute noch «die Felix-und-Regula-Quelle». Auf dem Burghügel zu Glarus fanden sie in einer Höhle Unterschlupf und mögen dort eine Zeitlang ein kümmerliches Dasein gelebt haben, denn nicht alle am Bord der Linth waren ihnen gutgesinnt, und niemand im Lande kannte die neue Lehre vom Evangelium Christi. Wunderliche Dinge wurden von den beiden erzählt; das Wunderlichste aber ist ein Stein, in welchem sich die klammernden Hände der beiden Geschwister eingepresst haben sollen. 1762, als man die Kapelle über ihrer Höhle neu erbaute, hat man das seltsame Steingebilde aus seinem Dunkel geholt und in die Kapellenwand eingemauert, wo es heute noch zu sehen ist. Dann zogen die beiden aus dem Land, der Stadt Turicum zu, wo sie freilich noch weniger Liebe fanden als bei den Bauern und Jägern in den Bergen. Sie wurden zusammen mit ihrem Freund Exuperantius hingerichtet um ihres Glaubens willen. In der Nacht darauf aber sollen sie gelassen ihre Köpfe von der Richtstätte hinüber auf jenen Grund und Boden getragen haben, auf dem heute das Gotteshaus zum Grossmünster sich erhebt. So sind sie zu sehen auf jedem Amtssiegel der Stadt Zürich.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Felix und Regula

Source: Felix und Regula

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Im Weiler Ütliburg ist eine Kapelle, die dem Geschwisterpaar Felix und Regula gewidmet ist. Alljährlich nach dem Auftrieb des Viehes auf die Sommerweiden macht man von Gauen aus einen Bittgang dorthin. Die beiden Glaubensboten sollen den Weg nach Zürich über den Regelstein genommen haben. Ihnen zu Ehren bauten die Besitzer der anliegenden Alpen die Kapelle zuerst in der Einsattelung zwischen Egg und Negelstein. Da sie aber von Ungläubigen oft verunehrt wurde, ward sie an ihren jetzigen Standort versetzt. Dort oben aber steht heute noch ein hohes Kreuz.                                          A. Artho.                                                                              Der Regelstein hat also seinen Namen von der h. Regula erhalten. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 397, S. 227  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Felix und Regulas Fingerdruck

Source: Felix und Regulas Fingerdruck

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Ohnweit Glarus ist ein Berg, auf der Burg genannt, auf welchem man eine Kapelle findet, die nach Einigen zu Ehren des Erzengels Michaels, nach Andern zu Ehren der beiden Heiligen Regula und Felix erbaut ist. Nicht fern von dieser Kapelle befindet sich in einem Felsen eine Höhle, in der die beiden genannten Heiligen sich verborgen hielten, als sie sich von der thebaischen Legion geflüchtet hatten. In den Wänden dieser Höhle zeigt man die Abdrücke von Fingern, welche von jenen Heiligen herrühren und die diese daselbst als Wahrzeichen, dass diese Höhle einst ihr Aufenthalt war, hinterlassen haben sollen. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Felsen verkünden den Tod der Freiherren von Hohensax

Source: Felsen verkünden den Tod der Freiherren von Hohensax

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Zwischen Salez und Sennwald liegt das Schloss Forsteck. Dieses Schloss gehörte früher den Freiherren von Hohensax, welche ihren Namen von der von ihrem Stammherrn erbauten Burg Hohensax hatten. Von diesem Geschlecht, über dessen Geschick der Dämon des Unfriedens und der Zwietracht waltete, ging die Sage, dass, sobald der Tod einem seiner Mitglieder nahe war, von den hohen Bergen, welche die Baronie Hohensax von dem Kanton Appenzell trennten, sich ein großes Felsstück losriss und mit donnergleichem Getöse bis auf den Vorhof des Schlosses Forsteck herniederrollte. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Fenetta, das Inselfräulein

Source: Fenetta, das Inselfräulein

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Aus dem großen Genfersee, an dem der gut mundende Waadtländer Wein wächst, fließt mit Sang und Klang der Rhonefluß. Nicht weit vom See ab, in der Gegend des Dorfes Noville, befinden sich im Strom viele kleine Inseln und Sandbänke, die mit Erlen und Weiden und anderem Gestäude bewachsen sind. Durch die Gebüsche aber schimmert ein feiner, tiefgrüner Rasen. An den Borden dieser niedlichen Inselchen, die überall die raschfließenden Wasser mit ihrem Gischt bestäuben, blühen schneeweiße und goldfarbene Wasserlilien. Doch niemand kommt, sie zu pflücken. Immer herrscht um die Inseln die Stille des Todes. Zu gewissen Zeiten nur lassen sich sonderbare Töne und Geräusche hören, die immer zwischen den kleinen Eilanden hin und her zu geistern scheinen. Oft ist's, als ob ein geheimnisvolles Murmeln oder ein klagendes Seufzen oder ein schweres Stöhnen ertöne, und dann brüllt und braust es plötzlich wie ein Wasserfall. Diese Inseln nun sind bei den Leuten von Noville verrufen und werden von ihnen ängstlich gemieden. Sie behaupten, daß es dort gar nicht geheuer sei und daß jene Seufzer und jenes schreckliche Aufschreien und Aufbrausen die Stimme des Inselfräuleins Fenetta sei, das sich bei den Inseln aufhalte und von Zeit zu Zeit sehen lasse. Dieses Inselfräulein Fenetta sei ein kleines, niedliches Geschöpf mit grünen Augen, langem, schilfgrünem Haar und einem feinen Gesicht. Immer trage es ein langes, faltenreiches Gewand und Schilfsandalen. Jedoch keiner der derzeit lebenden Noviller hat es selber leibhaftig gesehen. Denn sowie die Fischer, die dort den Seeforellen nachgehen, irgend etwas von dem Inselfräulein bemerken oder sowie sie unter irgendeinem überhängenden Bord ein Seufzen und Glucksen oder in irgendeinem Erlenbusch ein Rauschen vernehmen, machen sie sich Hals über Kopf davon aus dem Bereich der unheimlichen Inseln. Sie wissen eben wohl, daß ein jeder, der Fenetta erblickt, noch im gleichen Jahre sterben muß. Und die altern Leute von Noville wissen auch bestimmt, daß die unheimliche Herrin der Insel sich in allerlei Gestalten zeigen kann, die ebenfalls den Tod bringen. Man hört Fenetta oft singen, doch vermochte noch nie jemand ein Wort von ihren Gesängen zu verstehen. Einst, vor vielen, vielen Jahren, lebte im Dorf Noville ein schönes Mädchen, dem alle Jungburschen den Hof machten. Aber sie mochte nur einen wohlleiden. Diesen ihren Geliebten plagte sie oft mit ihren bösen Launen. Eines Sonntags nun wußte das eitle und necklustige Mädchen nicht mehr, was sie vor Übermut anfangen sollte. Und als ihr Geliebter zu ihr kam, verlangte sie von ihm, daß er aus den Teichen und Fluten der Insel weiße und goldfarbige Wasserlilien hole. Trotz aller Warnungen der alten Leute lief der gutherzige Bursche sofort in das Sumpfdickicht der nahen Rhoneinseln. Mutig arbeitete er sich durchs Gestäude, das ihn wie mit hundert Armen zurückzuhalten schien. Da stand er mit einem Male an einem stillen Bord, an dem das Wasser ruhig vorüberzog. In seinen Wellen aber schaukelten sich wunderschöne, leuchtendweiße Wasserlilien. Geschwind ließ er sich auf die Knie nieder und streckte die Hand aus, die schönen Blumen zu pflücken. Da ertönte ein entsetzlicher Schmerzensschrei, und hart vor ihm tauchte der Kopf des Inselfräuleins aus der Flut auf. Wie erstarrt staunte der Jüngling einen Augenblick in die fürchterlichen grünen Augen, die ihn wie Angeln ins Wasser hinabzuziehen suchten. Aber mit einem wilden Aufschrei entriß er sich dem Zauber der grünen Augen und stürmte wie ein Hirsch ins Dorf Noville zurück. Noch bevor er jedoch das Haus seiner Geliebten zu erreichen vermochte, stürzte er sterbend zusammen. Seine letzten Worte waren: "Fenetta, Fenetta!" Wie nun das übermütige Mädchen, seine Liebste, von diesem traurigen Ausgang hörte, sank sie wie leblos zu Boden. Nach einigen Minuten kam sie wieder zu sich, stand auf und sang zum Schrecken der Umstehenden ein heiteres Liedchen, das sie so oft mit ihrem Liebsten gesungen hatte. Sie war plötzlich wahnsinnig geworden und blieb es bis an ihren Tod, der genau ein Jahr später eintrat. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Fennetta, das Inselweibchen

Source: Fennetta, das Inselweibchen

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An den Ufern der Rhone hört man in dem Gesträuch, das dort wächst, oft ein Mitleid erregendes Ächzen und Stöhnen. Geht der Wanderer darauf los, so vernimmt er im Schilf ein seltsames Rauschen, das vor ihm her flieht; verfolgt er es schneller, so erblickt er ein kleines Weibchen, in weißem nassen Gewande und mit schilfgrünem Haar, das, wenn er näher kömmt, plötzlich vor ihm in das Wasser plumpt. Dieses Weibchen ist das Rhone- oder Inselweibchen, bei Jung und Alt unter dem Namen Fennetta bekannt. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Festmahl der Geister

Source: Festmahl der Geister

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Es sind schon etliche Jahrzehnte her, seitdem die Bewohner der Ortschaft Plenefi bei St. Silvester ein eigenartiges Vorkommnis erlebten. Zur Quatemberzeit bemerkten sie in einem leeren Heuschürli öfters Licht. Sie schüttelten darüber verwundert ihre Köpfe. Denn wenn sie bei Tag Nachschau hielten, fanden sie keine Spur von Leuten, die hier ihr Nachtlager aufgeschlagen hätten. «Da muess mù as mal ggùgge, was ächt mit dem tusigs Liecht los ischt», meinte ein erfahrener Hirt vom Schwyberg. Sein Vorschlag fand bei den Nachbarn Beifall. Man einigte sich dahin, einige Abende sich auf die Lauer zu legen und auf den Heuschober ein wachsames Auge zu haben. Unter der Führung des genannten Hirten versteckten sich einige beherzte Männer in der Nähe der Scheune hinter einem Erlengebüsch. Eine Nacht verging, eine zweite, ohne dass etwas Aussergewöhnliches vorgefallen wäre. Aber die Männer liessen in ihrer Aufmerksamkeit nicht nach. Noch eine dritte Nacht harrten sie aus in gespannter Begierde, das ungewöhnliche Nachtereignis aufzuklären. Eine Stunde um die andere verging, alles blieb still. Gegen Mitternacht aber flammte plötzlich ein blendender Lichterglanz auf, Gesang ertönte und dazwischen vernahm man ein buntes Stimmengewirr. Schnell und behutsam näherten sich die Horchenden und schauten durch die Ritzen der Bretterwand ins Innere des Heuschürlis. Der Anblick, der sich ihnen darbot, hatte ihnen bald einen Ausruf des Schreckens und der Bestürzung entlockt. Der öde Raum war in einen blumengeschmückten Festsaal umgewandelt, von der Decke herab hingen kostbare Kerzenleuchter, die eine Flut von Licht über den Saal und die Gäste ergossen. Ja, diese Gäste. Das waren merkwürdige Leute. In feinen Sonntagskleidern sassen Männer und Frauen an reich gedeckter Tafel und assen und tranken nach Herzenslust. Auf dem Tische standen auf Silberplatten die leckerhaftesten Gerichte. In kristallenen Pokalen perlte ein teurer, auserlesener Wein. Es schien als ob eine vornehme Hofgesellschaft hier tafelte. Nach dem Mahle führte die Gesellschaft einen Tanz auf, Männer und Frauen miteinander. Was aber dem ganzen Bild etwas Unheimliches, Geisterhaftes verlieh, war die Tatsache, dass alle diese Gäste nicht mehr unter den Lebenden weilten. Sie alle waren schon längst gestorben. Der eine der heimlichen Zuschauer erkannte den Grossvater, der andere seine Grossmutter, ein dritter seinen Onkel oder sonst eine Person aus seiner näheren oder entfernten Verwandtschaft. Ein fröstelndes Gefühl lief den Männern über den ganzen Körper. Wie kamen die längst verstorbenen Verwandten hierher, was sollte dieses nächtliche Gastmahl bedeuten? Warum kamen diese Geistergestalten in die entlegene Scheune? Weshalb schliefen sie denn nicht den Schlaf der gerecht Verschiedenen? Das waren die quälenden Fragen, die in der Seele der Lauscher unaufhörlich auftauchten. Obschon das kalte Gruseln ihnen über den Rücken lief, konnten sich die Männer doch nicht von diesem zauberhaften Bild trennen. In ihre Gedanken versunken merkten sie nicht, wie schnell die Zeit verrann. Als irgendwo durch die abenteuerliche Nacht eine Turmuhr Eins schlug, verschwanden mit einem Schlag Licht, Saal und Gäste. Das Schürli starrte wieder ganz nüchtern in die Landschaft hinein und lag im Dunkel wie andere Häuser. Nichts liess auf das soeben hier abgespielte Erlebnis schliessen. Noch ganz benommen von dem Gesehenen traten die Männer hastig den Rückweg an. Jeder betete still für sich den Rosenkranz. Kaum konnten sie den Anbruch des Tages erwarten, als sie den Herrn Pfarrer aufsuchten. Sie erzählten ihm wortgetreu ihr nächtliches Abenteuer, ohne auch nur das Geringste zu verschweigen. Ernst, aber ruhig hörte der Geistliche den Bericht der Männer an. Er gebot ihnen sodann, sie sollten das Gesehene als strenges Geheimnis für sich behalten und keinem anderen Menschen darüber etwas verlauten lassen. Zudem versprach er ihnen, einige heilige Messen für die armen Seelen zu lesen. Darauf hörte der Geisterspuk auf.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Feuer auf dem Heustock

Source: Feuer auf dem Heustock

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Die Heiden oder wilden Leute konnten ungestraft auf dürren Heustöcken Feuer unterhalten, ohne dass auch nur ein Halm Feuer gefangen hätte. Aber stören durfte man sie dabei nicht. Ein Schächentaler Bauer kam einst dazu, als ein Heidenmüetterli auf seinem Heustock im Obergaden küchelte. Erschrocken wollte er hinzueilen und löschen. Aber das Müetterli wehrte ab und kreischte: »Erddoch nur nyt ariährä! äs soll kei Hahlä verbrinnä!« Da liess der Bauer ab, und wirklich geschah ihm nicht der geringste Schaden. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Feuer auf dem Heustock

Source: Feuer auf dem Heustock

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a) Im sogenannten Ochsengaden bei Amsteg rauchte es eines Tages. Erschrocken lief der Besitzer hin und fand da zu seinem Entsetzen eine Heidenbande, d.h. Zigeuner, die auf seinem Heustock ein Feuer unterhielten. Er wollte löschen, aber sie wehrten ab und sagten, er solle nur nichts daran machen, dann werde kein Halm verbrennen. Da ergab sich der Bauer, und es verbrannte ihm richtig kein Halm. Fr. Baumann-Dubacher, 85 J. alt, Gurtnellen b) Fast gleich wird die Sache erzählt zu Heimigen, Gurtnellen-Berg, wo ein Feuer über einem Zeitungsblatt auf dem Heustock brannte. Jos. Maria Baumann, 68 J. alt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Feuermann an der Ezgerfähre

Source: Feuermann an der Ezgerfähre

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Zwischen Rheinsulz und Ezgen rief dem Fährmann, der Abends sich eben heimmachen wollte, vom jenseitigen Rheinufer her noch eine Stimme, und sogleich stiess er ab, um den Fremden herüber zu holen. Drüben stand in der Dämmerung eine grosse, hagere Gestalt, die ohne ein Wort zu sagen, ins Schiffchen trat. Schon war man mitten auf dem Rheine, da fieng die Gestalt an plötzlich eine so grosse Hitze auszusprühen, dass es der Schiffer kaum zu ertragen vermochte. Eilig stiess er zu Lande; der Andere sprang mit aus dem Kahne und streckte nun im Weggehen ihm die Hand wie zum Danke dar. Misstrauisch that der Fährmann, als wäre er, noch mit dem Schiffchen beschäftigt, nicht im Stande, ihm die Hand zu bieten, und hielt nur die Schalte hin. Sogleich drückte jener seine brennende Hand tief hinein und verschwand. Lange bewahrte der Fährmann die Schalte mit den fünf schwarzen Fingergriffen daheim auf, bis sein Sohn, der solche Märchen nicht glauben mochte, dieselbe nahm und in den Ofen warf. Nach einer andern Erzählung wurde demselbigen Fährmann dreimal nach einander vom jenseitigen Ufer her „Fritz, Fritz!“ gerufen, und dreimal war er darauf umsonst hinüber gefahren. Als er das letzte Mal wieder Niemanden traf, nahm er einen am Flussbord liegenden Baumstamm ins Schiff, um doch wenigstens einen Nutzen für seine vergebliche Bemühung zu haben. Mit einem Male gieng der Weidling so tief, dass der Schiffer schon zu versinken meinte; ebenso schnell aber stieg dann eine Feuersäule vor seinen Augen auf und eine Stimme rief: „Du hast mich erlöst, Fritz!“ Der geladene Baumstamm war darauf im Schiffe nicht mehr zu finden. (A. Birrcher in Laufenburg.) Gleiches erzählt man von der Fähre, welche zwischen dem badischen Grenzorte Hauenstein und dem schweizerischen Rheinufer geht. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 45 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Feuermann in der Machnau

Source: Feuermann in der Machnau

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Unterhalb Klingnau muss man gleich am Bildstöckli den Fussweg einschlagen, wenn man in die Machnau und dort über die Aare will. Jetzt freilich ist die Fähre weiter unten, in der Au. Vor hundert Jahren aber war die grosse Kiesbank noch nicht aufgeworfen, die den Strom nun in zwei Arme theilt, und man fuhr damals gleich von der Machnau aus über ins Kirchspieler-Feld. Deswegen hatten sich hier die zwei Fehren von Klingnau ein Häuschen hergebaut, um gegen Wetter und Nachtfrost geschützt zu sein. Und so sassen und plauderten sie einmal am Weihnachtsabend, als es zwischen sieben und acht Uhr dringlich ans Haus klopfte. Da sie öffneten, erschraken sie nicht wenig über einen ganz feurigen Mann, der augenblicklich über die Aare gesetzt zu werden verlangte. Doch sie wussten, dass man auch den bösen Geistern nichts abschlagen dürfe, weil es gerade Weihnachten sei, wo jene dem Orte ihrer früheren Verbrechen wieder zulaufen müssen; beide traten also in den Weidling und ruderten hinüber. Es gieng auch so schnell, dass sie kaum nachdenken konnten, ob der Gast ihnen nicht Löcher ins Schiff brenne, und schon stand er jenseits draussen. Alle drei sind wir verloren, sagte er ihnen vom Ufer aus, wenn ihr nicht Schlag acht Uhr hier seid, um mich wieder hinüber zu nehmen. Dann verschwand er im Leuggener-Hardwalde. Den Fehren war's schlimm zu Muthe; doch was wollten sie machen? Punkt acht Uhr hielten sie also am jenseitigen Bord, und sogleich war er wieder in den Weidling hinein gekommen, sie wussten nicht wie. Auf der Machnauer- Seite dankte er und bot ihnen die Hand zum Abschied. Der nächststehende Fehre durfte sie ihm vor Angst nicht geben, sein Kamerad aber war gefasster und reichte ihm statt der Hand die Schwibele (zweigriffigen Stiel) seiner Schalte hin. Der Feurige berührte sie und im Augenblicke war sie bis zuunterst glühend. Schnell steckte man sie ins Wasser und löschte; indessen war der brennende Mann ausgestiegen und flackerte schon dem öden Giriz zu. Die beiden Fehren von Klingnau haben zum Andenken an jene Weihnachten die Schalte aufbewahrt und ihren Kindern vererbt; und die ältesten Bürger des Städtchens behaupten heute noch, dass sie dieselbe gesehen und genau die Finger des Brünnlig in der Schwibele gezählt haben. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 46 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Feuerzeug

Source: Feuerzeug

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Einem braven Mädchen zu Escholzmatt im guten Lande Entlebuch war ein Erdmändli innig hold und wünschte es wahrhaft glücklich zu sehen. Wie 's denn geht, das Mädchen stand im Begriffe, einem Jünglinge für immer, meinte es, seine Neigung zu schenken. Aber das Erdmännchen kam und zeigte sich darüber sehr betrübt. Bei diesem werde sie 's nicht gut haben; dieser sei nicht, wie man wünschen möchte; diesem könne es, das Männchen, jenes wichtige Geschenk nicht übergeben, das er so gerne ihr zum Heile ihrem Freier überlassen möchte. Da ward das Mädchen gerührt, stand ab von dieser Wahl und reichte ihre Hand einem, der vollständig das Zutrauen des Erdmännchens besass. Und was schenkte er ihm? — Ach, nur ein Feuerzeug, bestehend aus Stahl und Feuerstein. Wie dumm! Nein, nicht so dumm. „Siehe," sagte das Männchen, „das ist ein gar wichtiges Feuerzeug, zu dem du Sorge tragen sollst, wie zum grössten Schatze, du darfst es jedoch nie gebrauchen als in der höchsten Not. Alsdann aber, wenn du schlägst, wird gleich jemand hinter deinem Rücken fragen: „Was willst?" Du antwortest, jedoch ohne dabei umzuschauen, worin dein Wunsch bestehe und — er ist erfüllt." Der Frau durfte er von dem Geschenke gar nichts sagen. Es ist gut. Als im nächsten Wonnemonat der junge Ehemann hoch auf einem Fluhsatze die schönsten Fluhblumen erspähte, da erfasste ihn ein unwiderstehlicher Drang, sie zu pflücken und der Frau zum Gruss zu Erdmännchens bringen. Ein kühner, gewandter Kletterer wagte er sich zur gefährlichen Stelle hin, gewann den Strauss, aber jetzt bröckelte der Felsen los, nur ein Strauch, an dem er sich mit einer Hand noch hielt, ermöglichte es, einige Sekunden den Sturz hinauszuschieben. Das Feuerzeug? Ja, er besinnt sich plötzlich darauf. Die freie Hand bringt es aus der Tasche, vermag mit Not den Stein in zwei Finger der andern zu schieben und Feuer zu schlagen. Kaum geschehen, fragt jemand hinter seinem Rücken nach dem Wunsche, der nicht sobald ausgesprochen als erfüllt war und den armen Mann aus aller Todesangst enthob. Nun ruhte das edle Feuerzeug wieder lange in halber Vergessenheit. Einmal erkrankte die Frau. Das Erdmännchen kam und brachte Medizinen. Doch, wer weiss, was der Gemahl für eine düstere Laune hatte, er traute halb und halb dem Mittel nicht. Deshalb genas die Frau auch nicht und es wurde stündlich schlimmer mit ihr. Schon lag sie in den letzten Zügen. Der Mann war untröstlich und schluchzte: „Ist denn auch kein Kraut mehr gewachsen auf Gottes Erdboden, das hilft?" — „Narr, dein Feuerzeug“, — denkt und spricht er plötzlich und halb unwillig, dass es ihm erst jetzt einfalle. Er greift in die Tasche; — nichts mehr da! Nun fällt ihm ein, dass wohl sein Misstrauen gegen das gute Erdmännchen Schuld sein möchte am Verschwinden des rettenden Mittels in grösster Not. Und es reut ihn gotterbärmlich: „O nur auch noch dieses Mal!" ruft er zum unsichtbaren beleidigten Freunde, welcher sich wirklich erweicht und das Feuerzeug zurückstellt. Feuerschlagen und der rufenden Stimme antworten, das Heilmittel in Empfang nehmen, war alles fast nur eine einzige Handlung. Nach manchen Monden — die alte Spinnerin wusste nicht warum — gerieten die guten Leute in bittere Geldnot. Den Mann griff dieses so an, dass er in seinem Trübsinn sein Schicksal verwünschte und mit Gott unzufrieden ward. Will denn auch gar kein Stern mehr zünden? Ei, das Feuerzeug! Hättest sehen sollen, wie beim Entsinnen fieberhaft die Hand zur Tasche fuhr und dann die eben im Gesicht auflachende Freude dem Ausdrucke des grössten Schmerzens wich, so plötzlich als wie am Himmel ein Blitz auf den andern zuckt. Das Feuerzeug ist ja wieder verschwunden und all' sein Bitten ist diesmal vergeblich. Vielleicht wird das Erdmandli sich durch das Flehen der Frau bewegen lassen? Darum wird ihr jetzt anvertraut, was für sie bisher noch immer ein Geheimnis war. Ihren rührenden Bitten konnte in der Tat Erdmännchen nicht widerstehen, das Feuerzeug kehrte in die Tasche des Mannes zurück. Vor dem Gebrauch hat er der Frau wohl scharf eingeprägt, dass alles verloren wäre, würde sie auf das Fragen der geheimnisvollen Stimme umschauen. Aber wie es drauf und dran kam, schien sie `s zu vergessen, oder dem Drang der Neugierde nachzugeben, und der Mann fasste sie rasch beim Kopf, dass dieser sich nicht wenden könne und hatte wirklich dabei vollauf mit ihr zu tun. Der unsichtbare Helfer in der Not stellte diesmal ein grosses silbernes Becken voll Kronentaler hin, so zwar, dass damit nicht bloss der Not abgeholfen war, sondern die beiden Gatten reiche Leute wurden und glücklich blieben. Solche Feuerzeuge hat es nur in der guten alten Zeit gegeben, jetzt nicht mehr, selbst nicht an der Londoner Industrieausstellung, denn die Erdmännchen konnten mehr als Brot essen.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Feurige Geiss

Source: Feurige Geiss

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Auf der Kreuzweide oder Kreuzmatt beim Dorfe Muri läßt sich in den Wässermatten nebst manchem feurigen Manne besonders eine feurige Ziege sehen. Sie läuft bei Nacht dem Vorbeigehenden viele Schritte nach, ohne alle schlimmen Folgen für ihn.  Im Dorfe Oberhofen, seeaufwärts am linken Ufer des Thunersees gelegen, ist das Dorftier eine riesengroße Zottelgeiß, an welcher ihr junges Zicklein fortwährend im Laufe emporspringt. Sie ist schneeweiß und schleppt ihre wallenden Zottelhaare am Boden nach. „Als ich noch ein Nachtbube war“, erzählt ein Greis aus jenem Dorfe, „ging ich mit meinen Gespanen einmal Nachts auf die Lauer. Und wirklich sahen mehrere von uns, als eben der Mond durch die Wolken brach — die ungeheure Gestalt dieser Geiß wie einen Schneeberg querüber sich durchs Tal schieben.“ Band 3.1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962, S. 88 - 89 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch


by Feurige Kutsche

Source: Feurige Kutsche

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Vom Kloster Eberseck führte ehemals eine Strasse (es finden sich noch Überreste hievon vor) dem Rickenbache nach über die Altbürer Allmend und hinter Bohnern durch den Grosswald gegen Sankt Urban. — Alte Leute erzählten, dass sie gewöhnlich in den Fronfastenwochen eine feurige Kutsche mit feurigen Pferden bespannt mit höllischer Geschwindigkeit diese Strasse haben fahren gesehen. Um 12 Uhr Mitternacht sei sie von Sankt Urban her gekommen, bei Ebersecken verschwunden und morgens vor Betglockenzeit wieder zurückgekehrt.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Feurige Mannen

Source: Feurige Mannen

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Der Lehenmann auf Maienfels sah in den dreissiger Jahren des vergangenen Jahrhunderts noch öfters solche ruhelose Grenzfrevler, wenn er nachts oder am frühen Morgen durch die ebenen Matten die Milch nach Basel führte. Pratteln Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Feurige Mannen

Source: Feurige Mannen

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Der Lehenmann von Maienfels bei Pratteln sah in den Dreissigerjahren des vergangenen Jahrhunderts öfters solche Unholde, wenn er nachts oder am frühen Morgen durch die ebenen Matten die Milch nach Basel führte. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Feurige Reiter vom Schloss

Source: Feurige Reiter vom Schloss

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Auch erzählte er (Johann Rudolf Althaus, 1743—1828) uns Kindern und andern oft von einer merkwürdigen Erscheinung auf einem Weg nach Basel. Einmal ging er mit seinem Tochtermann Hans Schweizer von Titterten auf Basel, wo er, der Vater, das Gelt für das Geiten und Tschäggligen entlehnt hatte und sein Tochtermann ihm das Gelt hat müsen tragen helfen. Dieser Tochtermann erzählt mir diese Begebenheit als wahr in dem 34er Jahr. Als sie morgens früh bey heiterem Mondschein den Dornachberg hinunter bis zu dem holzenen Chreuz kamen, so sagte der Tochtermann, er solle doch in dem Pfeffigerschloss die feurigen Männer auch auf Rossen beschauen. Wie er dieses sagte und der Vater zusah und der Tochtermann glaubte, der Vater hatte gebetet, so kamen gleich die Männer auf Rossen als wenn sie sie wollten zu Boden sprängen, und nicht den mindesten Schaden oder Schrecken erlitten hatten. Schloss Pfeffingen Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Fiir bannen

Source: Fiir bannen

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Äs ischd achtezwenzg gsiin, im eerdre Jaarbundert. Im Gässli hed es Hüüs bbrunnen; ds Fiir hed scho zem Dach üusi glättelled. Döe ischd dr alt Jmhärd chu z'loiffen; driimal ischd er um ds Für umgsprungen, d'Chappen in Henden! Etz hed ds Für afan alli Gredi obsi brinnen; aber wiiter um- ggriffen hed's nimma. Äs isch bim naagändrem Brand z'Mäiringe gsiin. Dr Feen hed brinnig Schindli wiit dir d'Luft üüsträägen; z'Hüüsen, z'Jsembolgen sii Decher aggangen. Z'Jsembolgen stäid no jetz es Hüüs; das hed döömalen o agfangem bbrinnen. Döö ischd es Mandelli vu-w-Wiiller chun und um ds Hüüs um. Derna ischd ds Fiir emzrugghiid und ergangen, vun im sälber; zringetum sii d'Hiiser alli verbrunnen wan ditz Hüüs nid. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Fir d'Gäischter

Source: Fir d'Gäischter

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Am häiligen Aben hed ma nid abgrüümd; ma hed alls uf em Tisch glaan, Milch um Bbrood, und la siin. Das siigi fir d'Gäischter. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Fir ds Nachtvolch

Source: Fir ds Nachtvolch

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Am häiligen Aben hed ma geng Milch, Brood um bbratna Chääs ghäben. Was ma nid hed mege ggässen, hed ma uf em Tisch glaan. Eso hed's ds Groosi wellen han und nid anders. In dr Nacht chemi ds Nachtvolch. Das, was no uf em Tisch siigi, siigi fir das. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Firchts dr nyt, so gscheht'r nyt

Source: Firchts dr nyt, so gscheht'r nyt

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a) Das Gespenst führte ihn zu einer Kammer mit Geräten und deutete, er solle Haue und Schaufel ergreifen. Hans sagte: »Nimm's sälber!« Sie gingen in einen Keller und das Gespenst deutete, er solle graben. »Tüe sälber!« Es kam ein Topf voll Geld zum Vorschein. »Ziehe ihn heraus!« »Tüe's sälber!« Das Gespenst zog ihn heraus. »Trag ihn hinauf!« »Tüe's sälber!« Das Gespenst trug ihn hinauf und leerte ihn auf einen Tisch. Ebenso beim zweiten und beim dritten Topf. Zuletzt gingen sie wieder hinauf; das Gespenst deutete auf die drei Haufen auf dem Tisch und fragte, welches der rechte sei. Da schorte Hansi die drei Haufen zu einem zusammen und sagte, das sei der rechte. Jetzt war das Gespenst erlöst und sagte, wenn Hansi das Geringste angerührt hätte, so wäre er ebenso verloren gewesen wie seine Vorgänger. Josefa Imhof-Aschwanden b) Lokalisiert im Riedstafel, Erstfeld. Der Bursche ging auf jenen der drei Geldhaufen los, an dem ein Bienenschwarm hing, und trotzdem die Bienen wie wütend auf ihn losstürzten und ihm ins Gesicht flogen, umfasste er den Haufen und rief: »Das ist der rechte!« Er hatte es gewonnen. Ein Kapuziner hatte ihn vorher so unterwiesen. Anton Zgraggen c) In der Gornern-Alp lokalisiert. Einleitung vom dienstfertigen Alpgeist. Dieser brachte Schaufel und Grebel und liess den Älpler wählen. Wählte den Grebel. Das war seine Rettung, sonst hätte es ihn zu Staub zermalmt. Alle andern hatten immer die Schaufel gewählt. Schatz-Erlösung. – Unter den Schulkindern von Gurtnellen-Wyler um 1918 erzählt. Doch habe ich sie nicht vollständig und zuverlässig erhalten. Melchior Zgraggen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Fischer

Source: Fischer

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Der erste Ansiedler von Brienz, der sich aus der Husstatt auf der Planalp an die Ufer des Sees hinunter geflüchtet hatte, lernte im Verlaufe der Zeit, mit einer langen Haselrute und einer eisernen Spitze daran, im Wasser den Fischen nachzuspüren und sie zu stechen. Als sich die Gegend später immer mehr bevölkerte, trieb er den Fischfang bald als wichtigsten Erwerb. Von seinen Nachbarn dieserhalben der Fischer genannt, soll er der erste des Geschlechts der Fischer aus Brienz gewesen sein. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Flaschengeist bei Brugg

Source: Flaschengeist bei Brugg

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Ein Bauer bei Brugg grub auf seinem Felde vor wenig Jahren einen alten Nussbaum aus und fand unter dessen Stocke eine verschlossene Glasflasche. Sowie er sie aufnehmen wollte, vernahm man ein fürchterliches Krachen, nichts desto weniger zerschlug er sie sogleich. Damit hatte er gegen sein Vermuten einen darein gebannten Kobold befreit und in seinen eigenen Stall gebracht. Weil jetzt kein einziges Stück hier mehr Ruhe hatte, so nahm der Mann seine Zuflucht zu einem Kapuziner. Dieser begab sich in den Stall, ließ ihn durchaus mit eigens gebundenen Besen kehren, wobei jedoch Niemand umblicken durfte, klatschte dann dreimal in die Hände, und alsbald fuhr ein großes nicht zu beschreibendes Untier aus dem Stalle in die Lüfte. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Fliegendes Korn

Source: Fliegendes Korn

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Nicht weit entfernt vom obstreichen Dorf Schmitten liegt das enge Mühletal. Seine Ränder sind umsäumt von hügeligen Matten und düsterem Tannengehölz. Ungefähr in der Mitte des Tälchens stand ehedem eine ansehnliche Mühle, deren Schaufelräder von den kühlen Fluten des Tavernabaches getrieben wurden. Das Rauschen des Mühlrades brauste bei Tag und Nacht, gab’s doch in der weiten Umgebung damals nur eine einzige Mühle. Das Mahlgeschäft ging flott. Trotzdem war der Müller, ein Geizhals und Kornwucherer, nie zufrieden. Wer bei ihm Mehl oder Korn kaufte, musste doppelt zahlen. Wollten die Leute die geforderte Summe nicht geben, so half sich der Arglistige auf seine Art. Seine Waage zeigte zweierlei Mass und Gewicht; das Zünglein richtete sich auffallend genau nach dem Willen seines Herrn. Bald häuften sich in der eisenbeschlagenen Truhe des Müllers die goldfeurigen Taler und glitzernden Silbermünzen; ein hübsches Vermögen nannte er sein Eigen; dennoch war sein Geldhunger nicht gestillt. Sein ganzes Sinnen und Schaffen ging darauf aus, die Schätze zu mehren. Arme und Bettler hörte der Verblendete nicht an. Mit wüsten Drohungen, ja mit Hunden jagte er sie fort, wenn sie um eine Handvoll Mehl baten oder um ein Stücklein Brot. Nach einem nassen Sommer gab’s eine Missernte. Der Winter war kaum halb vorbei, als der Bauern Kornvorrat schon aufgezehrt war. Manche Familie, die sonst nie Mangel verspürt hatte, sah das Hungergespenst durch die geleerten Speicher und Mehlkasten schweben. Dünn, eingefallen wurden die zuvor pausbackigen Wangen der Bauernkinder. Grimmiger noch setzte der Hunger den Armen zu, die in guten Jahren gar manches Brot von gebefreudigen Bäuerinnen erhalten hatten. Die Bauern waren gezwungen, ihren Mehlbedarf beim reichen Müller zu ergänzen, dessen Kornspeicher bis zum Rand mit kostbarer Frucht gefüllt waren. Der herzlose Wucherer wollte mit dem Verkauf des Kornes warten, bis es den Höchstpreis galt und öffnete daher die Türen des Überflusses nicht; sie waren verrammelt. Die Hungernden konnten nicht einmal um gutes Geld das notwendige Getreide kaufen. Beim Steinhofer war die Not aufs Höchste gestiegen. Er nahm all sein Bargeld, um wenigstens einen Scheffel Korn zu erstehen; schon 3 Tage war kein Bissen Brot über seine Lippen gekommen; die Kinder schrien, die Frau weinte. Bedrückt klopfte Steinhofer beim schlauen Kornwucherer an und bot all sein Geld um den Scheffel Korn. Dem Geizhals war’s zu wenig. Da rief der arme Landmann seinem Peiniger zu: «Du sollst am verborgenen Korn keinen Segen haben! Zum Verderben sei es dir, weil du kein Mitleid fühlst mit des Nächsten Not!» Zornig sprach er’s und ging ohne Gruss heim. Der Fluch des Verzweifelten traf ein. Das Korn begann sich zu bewegen. Im Kornkasten entstanden geflügelte Insekten, das kostbare Getreide flog durch Ritzen und Löcher davon, bis die Kasten leer waren. Der Habsüchtige war bestraft. Der Verlust ging ihm so zu Herzen, dass er schwer erkrankte und bald starb. In den finstern Quatembernächten rast eine schauerliche Gestalt durch’s Mühletal. Der ruhelose Müller reitet auf feurigem Ross die Hänge hinauf und hinab. Bis nach Flamatt zog das grauenvolle Gespenst des verwünschten Wucherers. Auch in der Mühle polterte es gewaltig. Einem frommen Mönch gelang es, den lästigen Geist zu bannen.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Fluchen duldet's nicht auf den Alpen

Source: Fluchen duldet's nicht auf den Alpen

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D'r alt Gläusler, der het de-n-alligs z'Gufärä-n-im Maderanertal grad da underem Hotäll unnä g'sännet, und de hed'r-si scho mängisch verredt: »Wenn-i-ds nechst Jahr nu einisch z'Alp gah, sä cham-mi d'r Tyfel nä!« Aber so hennt's d'Älpler; wennd-si-si scho alli Jahr verredet, si gahet nimmä z'Alp, sä miënt-si doch glych wider gah, si hennt's ganz im Blüet. D'r Gläusler hed de-n-aber doch nu gnüeg iberchu! Eis Summers am erschtä-n-Abed, wo-s' üffg'fahrä gsy sind, hed-er wië gwohnt wellä ga z'bättä riëffä. Aber dassälb Mal isch-er eiswägs wider chu! Äs hed-ä doch gar nitt wellä la z'bättä riëffä. Bis zur Hittä het's-ä b'bracht, und dur d'Tirä-n-innä isch er g'heerig z'flygädä chu. Vo da a isch düä d'r Hirt ga z'bättä riëffä; de hed-er de-n-alligs miëssä dur-nes Tirli durä, und wenn-er alligs eppä z'rugglüegt het, sä hed-er doch jedes Mal ä Brandschwarzä g'seh stah bi dem Tirli. Der wär da g'grächädä g'sy! Besser isch es g'sy fir-ä Gläusler, är syg nimmä ga z'bättä riëffä, dersälb Schwarz da! i gläubä, der hätt-em de d'r Muggis g'ha! Ds nechst Jahr isch-er düä nimmä z'Alp. Josef Jauch, Silenen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Flüechä tiemmer nit

Source: Flüechä tiemmer nit

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Auf Obsaum im Schächental sömmerten zwei alte Meitli ein Chüehli. Jeden Abend trug eines von ihnen Milch nach Hergerig hinunter. Eines Abends nun sahen sie von der Hütte aus ein wüstes, altes Guschi den steilen schmalen Pfad hinaufsteigen und sich der Hütte nähern. Sie dachten, es wolle zu ihnen kommen, aber es kam nicht, und als sie herumguckten, wo es wohl geblieben sein möchte, konnten sie es nirgends erspähen. Jetzt wollten sie eine Mutte voll Milch ins Bräntli schütten, um sie, wie gewohnt, in's Tal hinunter zu tragen. In diesem Augenblick schlug ein unsichtbares Etwas ihnen die Mutte aus den Händen, und die Milch wurde verschüttet. Sie wurden zuerst zornig. Dann aber fassten sie sich doch und sprachen: »Flüeche wemmer nit!« Am nächsten Abend ging es wieder so, am dritten ebenfalls. Und obwohl es für die zwei Meitli ein empfindlicher Verlust war, der ihre Geduld auf eine harte Probe stellte, blieben sie doch fest bei: ihrem Vorsatz: »Jä, flüechä tiemmer nit.« Dann beteten sie für die armen Seelen: »Treescht Gott und erlees Gott die armä Seelä und gäbnä Gott die ewig Rüew und Säligkeit.« Hierauf sahen sie ein schneeweisses Wybervölchli zur Hüttentüre hinaus und davon schweben. Katharina Kempf, 90 Jahre alt, Unterschächen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Flüssiges Gold

Source: Flüssiges Gold

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Alle Jahre kommt auf den Kamor das "Venediger Mandli" und stellt sein Krüglein an den Ort, wo das lautere Gold aus dem Berge heraustropft. Ist das Gefäss voll, so verschwindet das Männchen und fährt durch die Lüfte seiner Heimat zu. Leider kennt sonst niemand die Goldquelle als dieser Venediger allein. U. Schawalder   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 70, S. 31 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Föhnwetter, das schlechteste Wetter

Source: Föhnwetter, das schlechteste Wetter

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Ein Buchser wurde, wenn er sein Vieh in einem Gütli am Berge fütterte, sehr oft von einem wilden Mannli besucht. Nicht weit davon entfernt war das Wildenmannslöchli, des letztern Wohnung. "Du," sagte eines Tages der Buchser zum wilden Männli, "am nächsten Samstag sollte ich notwendig den Sarganser Markt besuchen; mein Vater ist unpässlich, und ich finde keinen Ersatz. Würdest du nicht an jenem Tage für mein Vieh sorgen?" Das wilde Männli sagte zu, sofern an jenem Tage das Wetter gut sein werde. Am Freitagabend war der Himmel bedeckt, am Samstagmorgen dagegen wieder klar; denn ein mässiger Föhnwind hatte ihn reingeblasen, und der Buchser ging getrost seines Weges. Als er aber am andern Morgen in den Stall kam, fand er die schrecklichste Unordnung. Die Kühe waren nicht gemolken, nicht gefüttert, getränkt, auch nicht gereinigt worden. Das wilde Männli hatte also sein Versprechen nicht gehalten. Als dieses dann einige Tage später wieder in den Stall kam, sagte der Buchser: "Gelt, allawil in min Stall go hogga, das tuast; aber für mi Vehli luaga, wie's versprocha hest, das magst nit." Hierauf erwiderte der Kleine: "Am letzta Samstig ist der ganz Tag Pföa (Föhn) gsi, un das ist doch das schlechtist Wetter." Heinrich Hilty. Ein wildes Männchen in Bünden soll gesagt haben: "Wenn alli Wetter Wetter sind,  Das leidist Wetter ist der Wind."   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 123, S. 60f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Folgen des Säumens

Source: Folgen des Säumens

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Mühelos reich zu werden, war stets Biälä-Jeeri-Toni's zu Unterschächen heisser Wunsch. Einst traf er mit einem fahrenden Schüler zusammen, und der merkte sofort, was der Toni möchte, und sagte ihm, er solle zu einer bestimmten Stunde auf die Schächenbrücke bei Schattdorf kommen. »Dort wirst du mich antreffen, und ich werde dir helfen. Aber du darfst keine Minute zu spät eintreffen.« Gut, am betreffenden Tage machte sich der Toni beizeiten auf die Strasse. Aber »allpott« begegnete ihm ein guter Freund, ein Bekannter, und mit jedem musste er doch wenigstens ein paar Worte wechseln. Bei keinem hielt er sich lange auf. Als er jedoch auf der Schächenbrücke anlangte, war die festgesetzte Frist um ein ganz wenig verpasst, und kein fahrender Schüler liess sich blicken. Später fragte er die Bekannten aus, die ihm begegnet waren; und da kam es aus, dass keiner von ihnen an jenem Tage auf der Strasse gewesen. – So het's der Biälä-Jeeri-Toni mym Vatter und myner Müetter sälber verzellt. Theresia Gisler, 73 Jahre alt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Frakstein

Source: Frakstein

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Die in Felsen gebaute Burg am Eingang des Tales. Einst hatte ein Ritter ein Landmädchen geraubt und hier verborgen. Die Geraubte sass eines Tages trauernd am schmalen Gitterfenster. Auf dem gegenüberliegenden Felsen stand ihr Bräutigam, der lange nach der Braut gespäht hatte. Nun erblickte er sie und bald auch den Ritter, der die sich Wehrende küssen wollte. Der erzürnte Bräutigam schoss einen Pfeil durchs Fenster und traf glücklich den Räuber. Der starb, das Volk stürmte hinter dem Jüngling her ins Schloss, welches zerstört wurde. Aus: U. Brunold-Bigler, Die Sagensammlung der Nina Camenisch, Disentis 1987, mit freundlicher Genehmigung der Autorin. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Frau Selten

Source: Frau Selten

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a) Wir führen die Reihe der Holden fort. Wer unsere Deutung von Frau Zälte als Göttin Sälde noch bezweifeln sollte, dem sei jetzt Frau Selten vorgestellt, mit der wir seitdem bekannt geworden und welche den alten Namen noch rein erhalten hat. Von ihr wusste das Volk um Altdorf im Kanton Uri verschiedenes zu erzählen. Wie so manches ist auch dies vergessen und es konnte uns vorläufig weiter nichts mitgeteilt werden, als dass sie des nachts durch die Kreuzgassen gewandelt sei. Genug, man hat in Uri die Göttin des Glückes in gutem Andenken behalten.   b) Zu Escholzmatt im Entlebuch heisst ein bisweilen vertrockenender Bach Seltenbach und man deutet den Namen auf das seltene Fliessen. Mag sein. Aber sonderbar ist, dass gerade durch den Seltenbach hinauf der Türst jagte und von dort herab für die Umgegend die kleinen Kinder kamen.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Frau Selten

Source: Frau Selten

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a) Wir führen die Reihe der Holden fort. Wer unsere Deutung von Frau Zälte als Göttin Sälde noch bezweifeln sollte, dem sei jetzt Frau Selten vorgestellt, mit der wir seitdem bekannt geworden und welche den alten Namen noch rein erhalten hat. Von ihr wusste das Volk um Altdorf im Kanton Uri verschiedenes zu erzählen. Wie so manches ist auch dies vergessen und es konnte uns vorläufig weiter nichts mitgeteilt werden, als dass sie des nachts durch die Kreuzgassen gewandelt sei. Genug, man hat in Uri die Göttin des Glückes in gutem Andenken behalten.   b) Zu Escholzmatt im Entlebuch heisst ein bisweilen vertrockenender Bach Seltenbach und man deutet den Namen auf das seltene Fliessen. Mag sein. Aber sonderbar ist, dass gerade durch den Seltenbach hinauf der Türst jagte und von dort herab für die Umgegend die kleinen Kinder kamen.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Frau Ude die Gute

Source: Frau Ude die Gute

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In jener uralten Zeit, in der noch in den Tälern des Berner Oberlandes die Sitte herrschte, dass sich die Jungfrauen von allen Jünglingen streng zurückzogen, kam zu jedem sich folgenden Menschengeschlechte aus dem wildesten Hochgebirg eine steinalte, graue, von den Jahren gebeugte Frau, die Frau Ude die Gute hiess, und von dem Augenblick an, dass Menschen jenes Gelände bewohnten, daselbst gehaust hatte, wenn auch niemand das Obdach kannte, wo sich die Alte während der Zeit ihres Fernseins aufhielt. Frau Ude die Gute sah scharf und war an seltenen Künsten reich, ob sie schon lebenssatt, kraftlos und mehr tot als lebendig zu sein das Aussehen hatte. Geschäftig trippelte sie von Hütte zu Hütte, lud alles Hausvolk an die Tür, griff den Mädchen ans Kinn, sah sie mit blinzelnden Luchsaugen an, und endigte jedes Mal mit dem Reimen: Du, du, du, ja du! Diesmal wieder Ruh! Hätt' ich keine gfunden mehr, litt ich siebenmal so schwer. Dann nahm sie lächelnd das Mädchen bei der Hand, zu dem sie den Spruch gesagt, und trippelte weiter, und allemal ohne zu fragen, ohne zu zaudern, geradehin nach dem Hause des Reichsten und Besten und Schönsten der Jungesellen im Tal, und dem legte sie die Hand des Mädchens in die Rechte, sah ihn nickend an, und hinterliess im Herzen des Junggesellen eine Liebe voll Inbrunst zu dem Mädchen, das sie dergestalt ihm vorgeführt hatte. Und allemal war eine glückliche Ehe zwischen den beiden; das gesamte Talvolk jubelte, jedermann lud sich zur Hochzeit ein, und niemals hat irgend ein Vater, irgend eine Mutter die Wahl der Frau Ude für Sohn oder Tochter abgelehnt: denn jedesmal war das Mädchen als die Reinste unter den Reinen im ganzen Talgelände erfunden, der Jüngling als der Beste von den Besten. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Frau Ute

Source: Frau Ute

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In uralter Zeit, da in den Tälern des Berner Oberlandes noch die Sitte herrschte, dass sich die Jungfrauen von allen Jünglingen streng zurückhielten, kam zu jedem sich folgenden Menschengeschlecht aus dem wildesten Hochgebirg eine steinalte, graue, von den Jahren gebeugte Frau. "Ute die Gute" hiess sie. Von dem Augenblick an, dass Menschen ihren Fuss auf jenes Gelände gesetzt und daselbst gehaust hatten, war sie gekommen, wenn auch niemand das Obdach kannte, wo sich die Alte während der Zeit ihres Fernseins aufhielt. Frau Ute die Gute sah scharf und war an seltenen Künsten reich, obschon sie lebenssatt, kraftlos und mehr tot als lebendig zu sein das Aussehen hatte. Geschäftig trippelte sie von Hütte zu Hütte, lud alles Hausvolk an die Tür griff den Mädchen ans Kinn, sah sie mit blinzelnden Luchsaugen an und endigte jedesmal mit dem Reimen: Du, du, du, ja du! Diesmal wieder Ruh. Hätt’ ich keine gefunden mehr, Litt’ ich siebenmal so schwer. Dann nahm sie lächelnd das Mädchen, zu dem sie den Spruch gesagt, bei der Hand. Selbander ging es darauf weiter. Ohne zu fragen, ohne einen ungeschickten Gang zu tun, ohne zu zaudern, schritt sie mit ihrem Schützling geradehin nach dem Hause des reichsten, besten und schönsten Junggesellen im Tal. Dem legte sie die Hand des Mädchens in die Rechte, sah ihn nickend an und hinterliess in seinem Herzen eine Liebe voll Inbrunst zu der, welcher sie ihre Gunst zugewandt und welche sie dem Jüngling dergestalt vorgeführt hatte. Allemal aber kam eine glückliche Hochzeit zwischen den Beiden zustande. Alle Talleute jubelten, jedermann lud sich zur Hochzeit ein. Niemals aber hat irgend ein Vater, irgend eine Mutter die Wahl der Frau Ute für Sohn oder Tochter abgeschlagen: denn jedes Mal war das Mädchen als die Reinste unter den Reinen im ganzen Talgelände erfunden, der Jüngling als der Beste von den Besten. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Frau Zälti

Source: Frau Zälti

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a) Sehr gemütlich klingt, was die Volkssage um Schwyz herum über diese Frau zu erzählen weiss. Sie war eine gute Mutter, den Kleinen von Herzen hold. Man kann sich deshalb leicht vorstellen, wie unermesslich ihr Leid gewesen sei, dass keines ihrer eigenen Kinder lebendig das Tageslicht erblickte. Weil ungetauft, wurden dieselben von der Himmelswonne ausgeschlossen. Der Gram brachte sie ins frühe Grab. Jetzt aber widmet sie als Schutzgeist all ihre zärtliche Sorgfalt den ohne Taufe abgestorbenen Kinderchen, von dem Volke die „ungefreuten" geheissen. An den wonnevollsten Grenzen des Himmels und der Erde führt sie dieselben umher und sucht ihnen das sonst „freud- und leidlose" Dasein in etwas zu verbessern.   b) Frau Zälti wird auch „Fraufasten-Müetterli" genannt und spinnt an den „zalten" das heisst an Fronfastentagen an gewissen Orten, zum Beispiel zu Brunnen, auf der über das Lehwasser gebauten, früher gedeckten Brücke, fleissig ihre Fäden. Dann duldet sie kein Gespenst neben sich, duldet nicht, dass irgend eine Frau oder Tochter an diesen Abenden sich an den Spinnrocken mache. Was sie spinne, können nur Fronfastenkinder schauen.   c) Das Fraufasten-Müetterli sitzt nicht nur auf der Brücke am Lehwasser, sondern auch an der Brücke ausserhalb Schwyz an der Steinerstrasse. Ein Bursche, der in der Nähe wohnte, störte einmal das Mütterchen mutwilligerweise; wie, wusste man nicht mehr zu sagen. In gleicher Nacht sah er drei Männer in seinen Gaden (Schlafkammer) hereintreten. Der eine hielt ein Licht, der andere eine Pfanne voll glühender Kohlen und der dritte ein Messer. Sie kamen an sein Bett heran. Der mit dem Messer machte ihm einen Schnitt in den Scheitel, der zweite schüttete Kohlen in den geöffneten Kopf, während einer zündete. Geschehen und verschwunden. Der Bestrafte aber hatte einige Zeit an fürchterlichem Kopfweh zu leiden.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Frauen als Hasen

Source: Frauen als Hasen

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a) «Der Aberglaube stand hier früher in schönster Blüte und hat heutzutage noch eifrige Verfechter, ist doch erst vor einigen Wochen eine Frau, welche den unglaublichen Gedanken hatte, zur Jagdzeit sich in einen Hasen zu verwandeln, von einem Jäger in den Kopf geschossen worden. Und das ist der zweite Fall, den ich kenne.» b) lange Zeit lebte des Weibeli-Adams Emilie auf dem Hofe Morgental und ist schliesslich im Spital gestorben. Nie sah man die Jungfer ohne ihr weisses Kopftuch Es wurde gemunkelt, sie habe in jungen Jahren, als sie ein hübsches und kokettes Mädchen war, einmal durch einen Flintenschuss ein Ohr verloren, als sie «als Hase durch den Wald lief». Bubendorf Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Frauenhügel bei Brugg

Source: Frauenhügel bei Brugg

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Nach dem Glauben des Landvolkes hatten sich schöne Weiber auf den Waldwiesen unferne dem Städtchen Brugg einen Lustgarten angelegt, den man Beijel (Bühl) nennt, und sangen darin so schön, dass die Waldthiere schwiegen. Vor den Leuten entwichen sie. Doch soll man ihre reizvollen Gestalten noch alljährlich am Charfreitag erblicken können, und wenn ein armes Kind dorten im Walde beim Holzlesen einschlummert, so hat es beim Erwachen schon manchmal einen Blumenkranz um sein Haar gefunden. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 275 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Fraufaste bei Gränichen

Source: Fraufaste bei Gränichen

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Bei der Bleienbrücke in der Gemeinde Gränichen war früher ein Weiher, der jetzt entsumpft und mit Erde zugefüllt ist. Ein weissgekleidetes Weib trägt ein Kind auf den Armen hierher und tut, als wenn sie es in den Weiher werfen wolle. Dann fängt sie jämmerlich an zu schreien. Sie ist im Neumond und in den Frohnfastennächten sichtbar.  Sage aus Gränichen Band 3.2, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962, S. 139 - 139 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Freichrugle

Source: Freichrugle

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Freichrugle Einisch het dr Hansüelk im Wäbchäller welle Büchsesteine giesse, Freichrugle, wo ’s Ziel nie fähle. Aber derzue het es gfährlegi Wort brucht. Eismols het’s a ’s Pfäister topples. Är het ufgluegt. Du isch e Chräihe uf em Sinzel gstange; eis Gurts het sie a d’Schiebe gchlopfet. Derno luegt er wieder uf. Du tätscht en Agetsche dra. Plötzlig steiht es grüens Mannli mit Geissfüesse vor ihm zuehe. I eir Hang het’s e Boge Papier gha. Jetzt het’s ne wellen amache, är söll mit em eigete Bluet ungerschribe. Aber dr Hansüelk het nid z’äbene Füesse wellen i ’s Unglück springe u het das Manila abgschüsselet. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Freiherr Conrad von Sellenbüren stiftet das Kloster Engelberg

Source: Freiherr Conrad von Sellenbüren stiftet das Kloster Engelberg

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Als Conrad Freiherr von Sellenbüren mit den Seinigen einst das Tal durchzog, in dem Wolfenschießen und Grafenort gelegen ist, und hinauf auf den Hennenberg kam, gefiel ihm die Gegend so wohl, dass er sich entschloss, daselbst ein Männerkloster zu bauen. Dieser Entschluss gefiel Gott, seinen Heiligen und den Engeln so sehr, dass sie erfreut hierüber einen himmlischen Gesang anstimmten, welcher englische Gesang aber bis zu den Ohren des Freiherrn Conrad drang, worauf er dem Kloster den Namen Engelberg beilegte und als Laienbruder in das Kloster selbst eintrat. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Freiherr Heinrich von Räzüns

Source: Freiherr Heinrich von Räzüns

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Bei der Burg Valendas hielt 1452 das Volk Gericht über den Freiherrn Jörg (Brun) von Räzüns. Derselbe hatte im Jahre 1424 zu Trons den Bund der Freiheit mitbeschworen: dann aber wurde er in die Rechberger-Fehde verwickelt, und somit seinem Gelübde untreu, indem er ein Mitglied des »schwarzen Bundes« wurde. Dieser Bund war eine Verbindung des Adels gegen die Volksfreiheit. Als nun die siegreichen Bauern in der Schamser-Fehde durch das Domleschg zogen und die flüchtenden Söldner Rechberg\'s talauswärts vor sich her jagten, nahmen die wenigen Oberländer, die am Zuge Teil genommen hatten, den Freiherrn Jörg von Räzüns in ihre Mitte, schleppten ihn nach Valendas und verurteilten ihn, als eidbrüchig, zum Tode. - Schon war der arme Sünder auf sein Ende gefasst, als der Scharfrichter tröstend Mut ihm einsprach, es sei ja balde vorüber, denn sein Schwert sei so scharf, dass es ein Haar in der Luft zerschneide. _ Der Freiherr hatte aber einen Diener, der war ein kluger, gewandter Mann, und Der dachte, seinen Herrn zu retten. Er liess Wein und Speise genug herbeibringen, und sprach zu den Häuptern des gewaffneten Haufens: »Mein Herr hat übel an Euch gehandelt und sieht selbst ein, dass er den Tod verdient hat; nun möchte er aber vor seinem Ende noch eine fröhliche Stunde haben mit Denen, die bis anhin seine Freunde waren, und hat mich geheissen, dies Mahl anzurichten.« Das war dem Volke recht, und auch der Freiherr musste kommen; er nahm traurig zwischen den Zechenden Platz. Der Diener ging von Einem zum Andern und erzählte, wie sein Herr durch schlechte Ratgeber und eigenen Leichtsinn zum Verrate geführt worden sei, und nicht durch Feindschaft gegen das Volk, mit dem er es sonst immer so gut gemeint habe. - Als der Wein nun anfing, die Gemüter zu erheitern, gaben sich einige Stimmen kund, die für Begnadigung spra­chen. Und wie es oft geschieht, dass der Mensch in Erinnerung früherer Zeiten von dem Gefühle des Zornes und Hasses zu alter Freundschaft und Liebe zurückkehrt, so vergab auch das Volk dem Freiherrn, und aus dem Blutgerichte wurde ein Freudenfest. - Der Freiherr Jörg aber gedachte dieser Stunde und hielt fortan gute Treue. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Freiherr von Weissenburg geht mit der Lecktasche um

Source: Freiherr von Weissenburg geht mit der Lecktasche um

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Freiherr von Weissenburg, welcher auf Anstiften seiner Frau durch einen österreichischen Ritter auf der Jagd erstochen wurde, hatte in seinem Vermächtnis hundert weisse Kühe und eine grosse Allmend für vierzehnhundert Kühe den Armen vermacht. Da nun Habsucht und Reichtum gewöhnlich Hand in Hand gehen, wollten die Reichen in Folge dieses Vermächtnisses auch alle arm sein und in der Tat brachten sie es wirklich auch dahin, dass ihnen der grösste Teil von dem Erbe, den Armen aber nur wenig zufiel. Seit dieser Zeit geht ein Geist bei Nacht und oft auch bei Tag auf jener Allmend herum, der dem Vieh aus einer Lecktasche zu lecken gibt. Lecket das Vieh der Reichen, so wird es mager und stirbt; lecket aber das Vieh der Armen, so wird dasselbe fett, gedeiht und jede Krankheit bleibt ihm fern. Dieser Geist ist der alte Freiherr von Weissenburg, der die durch Verletzung seines letzten Willens begangene Ungerechtigkeit auf diese Art in eigener Person ausgleicht und bestraft. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Freimaurer

Source: Freimaurer

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Aus unserer Gegend diente einer in Paris bei einem Wirt, in dessen Saal sich die Freimaurer zu versammeln pflegten. Nun hätte er unendig gern einer solchen Zusammenkunft beigewohnt oder zugehört. Deshalb bat er den Meister inständig, er möchte ihn einmal hineinschmuggeln. Tag und Nacht antete und müdete er daran. Endlich gab der Herr nach, wickelte den Neugierigen in eine Linoleumrolle und liess ihn so in einer Ecke des Lokals liegen. Die Freimaurer erschienen und begannen mit ihren Verhandlungen. Doch nach einiger Zeit rief eine Stimme, die dem Versteckten nicht gefiel und nicht von einem der Freimaurer auszugehen schien, äss syg äinä dinnä, wo nit innä gheeri; sy sellet mächä, dass der üsä cheem. Sie untersuchten den ganzen Saal, nur nicht die Linoleumrolle, fanden also den Uneingeweihten nicht. Nach einiger Zeit ertönte wieder die nämliche Warnung und darauf erfolgte ein gründlicher Untersuch, der den Schuldigen zutage förderte und die Auflösung der Versammlung zur Folge hatte. Jene Stimme aber war die des Teufels gewesen. Kathar. Gamma, Wassen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Freimaurer

Source: Freimaurer

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gibt es drei Sorten oder Sekten. Jeder, der bei ihnen eintritt, wird »abgenommen«, d.h. porträtiert und zu Ader gelassen und muss mit seinem eigenen Blut einen Kontrakt unterschreiben. Sie dürfen sich nie erlachen. Einer Frau fiel es auf, dass ihr Mann sich nie erlachen mochte, und sie fragte ihn nach der Ursache und hed äisster an'm gneetet und g'antet, är soll'r-es sägä. Endlich gab er nach und verriet ihr, dass er Freimaurer sei. Da suchte sie den Direktor auf und teilte ihm mit, ihr Mann möchte gerne austreten. Er sagte, das könne er schon. Als die Frau fort war, durchstach er das Porträt des Abtrünnigen, und sie fand daheim ihren Mann erstochen vor. Äinisch syg-si änä furchtbar g'rüwnä wordä, das'r zu dä Frymürärä g'gangä syg. Eines Abends hatten sie nun eine Versammlung, und er als Chef wusste wohl, wo sein Porträt hing. Er schlich sich heimlich ein, stahl es, machte sich schleunigst mit ihm davon und begab sich in ein weit entferntes, unbekanntes Land. Nach einem Jahre erhielt er durch die Post eine Kiste. Er traute der Sache nicht und liess einen Schlosser holen, dass er sie öffne. Er sagte ihm aber, er solle aufpassen. Als der nun vorsichtig öffnete, flogen dar aus eine Menge scharfer Messer in die Luft. Peter Ant. Gamma, 50 Jahre alt, Alpknecht, Göscheneralp Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Freimaurersage

Source: Freimaurersage

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Vielleicht keine dreissig Jahre sind seither verflossen, da hielt sich im Hotel zum Löwen in Seelisberg ein vornehmer Herr auf, der zwar solid lebte, sich aber doch nichts versagte, was ihm Küche und Keller bieten konnten. Er tat etwas sonderbar und mied jede Gesellschaft. Weil er nicht knickerte und jeden Samstag pünktlich zahlte, war er, wie man sich's denken kann, ein überaus angenehmer und gern gesehener Gast. Da plötzlich an einem Freitagabend nahm er den Geldsäckel hervor und wollte zahlen. Das heig doch nytt z'pressierä, meinte der verblüffte Wirt. »Doch, doch, Herr Wirt, ich werde morgen auf einige Zeit verreisen.« Und wirklich waren seine umfangreichen Koffer schon gepackt. Während der Nacht fiel es den Mägden auf, dass der Herr gar keine Ruhe hatte; ohne Rast ging er in seinem Zimmer aus und ein, warf die Türen ins Schloss, schaute wieder zum Fenster hinaus, und so gings bis Mitternacht. Auch die Mägde verliessen ihre Betten und passten ihm heimlich auf. Um Mitternacht kam von der Treib her ein eleganter Vierspänner vollkommen geräuschlos dahergefahren, gezogen von den vier schönsten, aufs herrlichste geschmückten Rappen, machte vor dem Hotel kehrt und hielt an. Der Herr stieg die Treppe hinunter, und das geheimnisvolle Gefährt nahm ihn auf. Der Diener holte auch das Gepäck und versorgte es am gehörigen Ort. Ebenso geräuschlos, wie er gekommen, fuhr auch der Landauer wieder von dannen, der Treib zu. Von dem Herrn und seinem Gefährt hat man niemals mehr etwas vernommen; an der Treib wollte man nichts von dem nächtlichen Besuch wissen oder bemerkt haben. Das ist jedenfalls ein Freimaurer gewesen, der sich dem Teufel verschrieben hatte und in jener Nacht von ihm abgeholt wurde. Erst jetzt fiel es den Mägden auf, dass er in seinem Bett immer so eine kuriose »Tuolä« gemacht hatte, wie wenn ein Hund drinnen gelegen hätte. Josef Maria Aschwanden, 60 Jahre alt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Fremde Soldaten raubten Kirschen

Source: Fremde Soldaten raubten Kirschen

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Fremde Soldaten raubten Kirschen Man weiß nicht mehr, ob es Kaiserliche oder Franzosen waren. Sie bestiegen die Bäume, hieben mit den Säbeln die Äste ab und verspeisten die Kirschen am Boden. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Schriftliche Mitteilung von Peter Ziegler, Wädenswil, der die Sage von Landwirt Albert Haab im Steinacher, gest. 1955, erzählen hörte.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Freudengesang einer armen Seele

Source: Freudengesang einer armen Seele

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In Saas erzählen fromme Mütter ihren auf Geschichtchen immer gespannt horchenden Kindern folgende Sage: In wilden Geklüften eines Hochgebirges hörte einmal ein Gemsjäger auf der Warte einen wunderschönen Gesang. Sanfte Töne trafen so lieblich sein still horchendes Ohr, dass er unwillkürlich aufstand und zum Orte hineilte, aus dem die so melodische Stimme zu kommen schien. — Und sieh! er fand, offenbar in grossen Qualen, eine arme Seele, die da so fröhlich tat. — Verwundert fragte der Jäger, wie sie doch in so grossen Peinen frohlocken und so munter singen möge? «Da muss ich wohl singen und mich herzlich freuen», antwortete die arme Seele, «mein Schutzengel hat mir soeben geoffenbaret, ein liebes Vögelein hätte heute beim bäcken (aufpicken) eines Tannenzapfen ein Samenkörnlein auf die Erde fallen lassen, welches spriessen und zu einem Baume heranwachsen werde. Aus dem Holze dieses Baumes werde dann für die Leiche eines unschuldigen Kindes das Särglein gemacht werden. Und beim Tode dieses Kindes», fügte sie singend hinzu, «werde ich, von allen Qualen frei, in den Himmel kommen!»   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Frevelhafter Spass

Source: Frevelhafter Spass

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In einer abgelegenen Gegend standen zwei Häuser. In dem einen wohnten zwei Brüder, im andern ein guter, einfältiger Tropf. Eines Tages kamen die Brüder auf den Gedanken, den dummen Nachbar einmal märterlich zu erchlüpfen. Der Plan war bald gemacht. Der Jüngere legte sich auf den Stuhl und stellte sich tot. Der Ältere deckte ihn mit einem Leintuch zu, zündete auf dem Tische ein Armseelenlichtlein an und stellte einen Teller mit Weihwasser und Palmzweig daneben. Dann ging er zum Nachbar und sagte: „Mein Bruder ist letzte Nacht plötzlich gestorben. Willst du kommen und eine Stunde bei ihm wachen? Ich gehe unterdessen ins Dorf hinunter, um mit dem Pfarrer wegen der Beerdigung zu reden.“ Der Einfältige war einverstanden. Er nahm seinen Stock und ging ins Nachbarhaus. Dort setzte er sich neben der Leiche auf einen Stuhl und hielt Wache. Plötzlich fing das Leintuch leise an zu wackeln. Die Finger des Toten bewegten sich darunter. Sie gingen auf und ab als ob sie spielten. Der Wächter sah es, blieb aber ruhig sitzen. Nach einer Weile hob sich der Kopf des Leichnams langsam empor. Der Wächter erschrak nicht. Er griff nach seinem Knotenstock und liess ihn mit Wucht auf den Kopf des Toten niedersausen. „We du tot büt - mut du tot blibe“, brummte er dazu. Jetzt hielt sich die Leiche fein still und bewegte sich nicht mehr. Nach einer Weile kam der ältere Bruder zurück. Er war erstaunt, den Toten und den Wächter noch immer hier zu finden. Neugierig hob er das Leichentuch empor und prallte entsetzt zurück. Es lag wirklich ein Toter auf dem Stuhle.   Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch


by Fridlich

Source: Fridlich

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 in den Rat von Uri gewählt, sah einigen Kollegen das Feuer zum Mund aus flammen. Er verheimlichte dieses nicht, und die beleidigten Miträte führten Klage. Da er nicht freiwillig sich vor Rat stellen wollte, liess man ihn auf seiner Alpe fangen. Nachdem er diejenigen bewirtet, welche diesen Auftrag zu erfüllen hatten, ging er willig mit. Statt seine Worte zu widerrufen, beteuerte er sie standhaft und wurde deshalb hingerichtet. Als sie ihn aus dem Kerker führten, läuteten die Glocken von selbst. Das Volk betrachtete ihn als einen Heiligen. In Gurtnellen wird erzählt: Fridli Bücher, der aber nicht in Uri, sondern »neiwä da ussä-n-ummänand« daheim war, streute aus, er habe bei seinem Rechtshandel selber gesehen, wie den Richtern Feuerflammen aus dem Munde hervorgebrochen. Während er einst in seiner Alp mit Käsen beschäftigt war, kamen zwei Landjäger, um ihn abzufassen. Fridli bewirtete sie; in einer Hand brachte er eine Mutte voll Süffi, in der andern eine Mutte voll Milch, an der noch der schwere Schweignapf angehängt war, und hielt ihnen beide Mutten hin zum trinken, ohne sie abzustellen. Da machten die Landjäger kuriose Augen und wagten nicht, Hand an ihn zu legen. Fridli aber ging freiwillig mit ihnen. Auf dem Wege zerrte er eine mannsbeindicke Birke aus und wand sie um seinen Leib wie einen Gurt. Vor Gericht hätte er seine Aussage widerrufen sollen, aber er sagte, das sei ein schlechter Mann, der nicht bei der Wahrheit bleiben dürfe. Daher wurde er zum Tode durch Henkershand verurteilt. Als sie ihn hängten, zerriss der Strick zum zweiten Male, und Fridli meinte, der Hanf müsse faul sein, und fügte hinzu: »Wenn-er wennt richtä, sä richtet g'schwind, Ich g'seh scho chu Wyb und Chind.« Sein letztes Wort war: »Der Fridli laht si la hänkä. Si wärdet nu annä dänkä.« Später wollten sie von Rom heilige Gebeine kommen lassen, aber da hiess es, sie hätten heilige Gebeine in der Nähe, sie sollen nur unter dem Galgen suchen. K. Walker Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Friedli Schocher

Source: Friedli Schocher

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»Hirtenknabe, kannst Du was Mir aus Deines Dorfs Geschichten Aus der alten Zeit berichten? Sitze her, und tue das!«   » Ja, o ja, ich weiss Etwas Von dem Schocher, unserm Alten, Der hier weiland hausgehalten, Und getrieben manchen Spass.   Und der hatte eig'ne Weis', Stieg hinan die Bergeshalde, Hält im Arm' die Tann' vom Walde, Und es macht' ihm gar nicht heiss.   Kamen einst von Cur heran Krieger, um im Dorf zu plündern, Glaubten, Niemand werd' sie hindern, Und dann sei es bald getan.   Weil vom Heer des Baldiron, Waren Meister sie im Fache; Hatten unter manchem Dache Handlich aufgeräumet schon.   Gingen neun zu Schocher auch; Doch Dem wollt' Das nicht behagen, Hat sie All' im Nu erschlagen, Und gesagt, »ich lehr' Euch Brauche«.   Dieses kurz so ein Bericht Aus des Dorfes alten Tagen; Könnte Euch noch Manches sagen, Doch anjetzt mir Zeit gebricht.«   »Brav so, Knabe, das ist recht! Seiner Väter Taten kennen, Und sie froh dem Wand'rer nennen Soll das spätere Geschlecht.«   Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Friedrich Schocher von Malix

Source: Friedrich Schocher von Malix

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Der Friedli Schocher, der zu Palfrei bei Malix wohnte, war um den Kopf länger, als jeder andere Mann. Er lebte zur Zeit der Bündner-Kriege, als der Baldiron im Jahre 1622 in Cur gelegen, hatte auch etliche Jahre in französischen Diensten gestanden. - Er soll eine so zähe Haut gehabt haben, dass er einen Säbelhieb oder eine Kugel in seinem »Felle« nicht sonderlich beachtet oder gefürchtet. Nun suchte Baldiron mit List den Friedli in seine Gewalt zu bekommen, und nach Innsprugg zu schicken, und dem Regenten ein Muster zu zeigen von den Mannen in Bünden, gegen welche er eben Krieg führe. Zu diesem Zwecke beschied er unter einem Vorwande einmal den Friedli nach Cur, wo er ihn an seiner Tafel trefflich gastierte. Aber der Friedli mochte etwas Unrat gemerkt haben, denn er nahm sein Schwert mit, für den Notfall. Indem er nun an Baldirons Tafel sass, vernahm er etwas Rumor vor dem Hause, und bemerkte, wie die Diener einander Etwas ins Ohr flüsterten. Da urteilte er ganz richtig, es möchte auf ihn losgehen, stand auf, und schaute auf die Gasse, was das für ein Geräusche sei, und nun sah er, dass eine Compagnie der gefürchteten Salzburger vor dem Hause stand, in Reih und Glied. Er »zuckte« sein Schwert, schwang es in der Luft herum, rief den Leuten, die um ihn herstanden: » Gasa, Gasa« (Platz, Platz) und sprach zum Baldiron. »B'hüet di Gott, Baldiron.« Dann schlug er mit dem Schwerte den obersten Knopf vom Sessel weg, auf welchem Baldiron sass, hart an dessen Kopf vorbei, und machte sich aus dem Staube. Den Leuten auf dem Gange rief er auch zu: »Gasa, Gasa«. Die mussten auch weichen, denn er fulminierte gar sehr mit seinem Schwerte. Vor der Haustüre rief er wiederum: Gasa, Gasa, und schlug mit dem Schwerte den »Kreuz-Streich« mit solcher Macht, dass es in der Luft »schnurrete«. Alles flüchtete, und so entkam er trotz der Salzburger-Soldaten, ohne dass Jemand Lust zeigte, ihn aufzuhalten.   Ein andermal, und zwar vorher schon, kamen neun österreichische Soldaten zu ihm, in seine Hütte, willens, ihm ein Kalb wegzunehmen. Friedli gab ihnen Anfangs gute Worte, und sagte, er wolle ihnen bereiten, was sein Haus vermöge, ging in die Küche, und kochte ihnen ein »tolles« (wackeres) Milchmuss, und stellte das ihnen vor. Die trotzigen Soldaten wollten was Besseres haben, und fingen an, zu lärmen. Nun sagte Friedli, sie sollten sich zufrieden geben, er wolle ihnen was Besseres bringen, nahm das Muss, ging hinaus, und tat etwas Garstiges darein, holte sein Schwert, das er nur den »Besen« nannte, kehrte mit dem Musse wieder in die Stube, und befahl nun den Soldaten, sie sollten das Muss essen, er habe »Pfeffer« dazu getan, oder sie würden des Todes. Auf dies hin fingen die Soldaten an, nach ihrem Brauche, Mordsspektakel zu machen, und zogen von Leder. Friedli nicht faul, tat ein Gleiches, und machte mit seinem »Besen« alle neun in ein Paar Minuten »caput.« Dass nicht Einer entrinnen könne, hatte er die Türe stets gut im Auge. Nach diesem Actus band er die neun Erschlagenen in ein Seil, wie man in den Bergen das Heu zusammenbindet, und »schleifte« sie durch das Gras hinab, bis an den Rand des Tobels, und warf sie hinunter in die Tiefe. Weil er nun aber fürchtete, durch andere Soldaten, die ihren Cameraden nachspüren möchten, dürfte seine Tat »auskornrnen«, schlachtete er ein krankes Rindlein, das er im Stalle hatte, zog Dasselbe den gleichen »Schlipf« hinab, bis an den Rand des Tobels, und liess es dort liegen. So wurden all­fällig nachsuchende Soldaten, dem »Schlipfe nach hinunter gehend, am Tobel-Rande aber nur ein totes Rind findend, irre geleitet, dass sie nicht weiter nachsuchen mochten, sondern umkehrten.« Dergleichen Historien vom starken Friedli erzählt man noch Viele in Malix und Curwalden. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Friesli (Grabnägeli, Dianthus Carygophyllus)

Source: Friesli (Grabnägeli, Dianthus Carygophyllus)

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Solche dufteten, und duften noch auf den Gräbern. Wer eines bricht, muss den armen Seelen etwas beten, sonst kommen sie in der Nacht und tun einem etwas zu Leid, kratzen vielleicht, wenn sie recht erzürnt sind, einem die Augen aus.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Fritteren

Source: Fritteren

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I dä Fryttärä häig einä-n-ä ganzä Summer sibä Chnäehtä gha, nur zum Holz i d'Teller (in die Täler) innä z'fellä, dänk fir ds Land z'eryfnä. Joder Gisler, 51 Jahre alt, Spiringen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Fritterenwald

Source: Fritterenwald

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 In den Fritteren ob Unterschächen sei vor Zeiten ein grosser, dichter Wald gewesen. Der Geissbub, der in den Hängen ob Wald die Geissen hütete, habe gesagt, äs syg scho z'geissärä, wenn d'Geiss nur nid i Fryttäräwald loiffet. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Fritz Böhm in Möhlin

Source: Fritz Böhm in Möhlin

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Mitten im Dorfe Möhlin steht ein Haus nach alter Bauart, von dem man glaubt, dass es noch von den Heiden herstamme. Man hat es deshalb auch das Heidenhaus geheißen. Kapuziner haben hier einst einen erhängten Geizhals herausgeschleppt und in seiner Geldtruhe in dem benachbarten Tannenwald am Rhein verscharrt. Man erzählt dies also. In einer langdauernden Hungersnot hatte der Wucherer Böhni zu Möhlin fast allein noch Vorräte auf seinen Kornschütten; deren besaß er aber viele, ja er soll fünferlei seiner Scheunen von seinem Wohnhause aus damals haben überzählen können. Alle Nachbarn wendeten sich in ihrem Mangel an ihn; allein bei ihm galt jetzt ein Laib Brod ein Viertel Land, und unbarmherzig bestand er so lange auf diesem Preise, bis er die Landstücke zusammen besaß, die sich schön eben vom Dorfe weg bis zum großen Tannenwalde am linken Rheinufer erstrecken. Noch stehen in Möhlin und in Ryburg sieben seiner aus solchem Gewinn damals gebauten Häuser, an ihren staffelförmig aufgemauerten Feuergiebeln unterscheidet man sie gleich unter den übrigen. Im schönsten, das zu Ryburg ist, hielt er selber Haus, und von dort aus konnte er seinen großen Tannenwald besuchen, ohne nur einen Fuß auf das Eigentum eines Andern setzen zu müssen. Daselbst ist er von einem Jäger, den niemand kannte, hinter dem Ofen erwürgt worden. Der Blutfleck an der Wand lässt sich nicht verweißen und nicht vermauern, und der jetzige Hausbesitzer, Stöcker Uerech genannt, soll deshalb dies Zimmer verschlossen halten und das Mirakel nicht herzeigen. Kaum war Böhni beerdigt, so sah man, wie er wieder oben am Fenster saß mit einer roten Mütze auf dem Kopfe, nach Gewohnheit seine weiten Güter überblickend. Man traf also Anstalten, den Ungebetenen zu entfernen. Kapuziner mussten ihn hinter jenem Ofen in eine Maßflasche hinein segnen. Sie trugen ihn so in den Spitzengraben, bei einem Abhange jenes Bergrückens, der sich links an der Straße von Mumpf nach Möhlin hinzieht. Da es ihm aber verstattet werden musste, alle hundert Jahre seinen Bann um einen Hahnenschritt verkürzen zu dürfen, so hat er in der langen Zeit, die seither verflossen ist, sich allenthalben wieder gezeigt, so dass man ihn schon in mehrern seiner Wohnhäuser und in jeder erdenklichen Tiergestalt wieder getroffen hat. Im Dorfe selbst fürchtet man sich nicht vor ihm und schiebt es noch auf manches hundert Jahre hinaus, bis er hier einmal seine Wohnung wieder erreicht haben wird. Dagegen von der Berghöhe an bis gegen das Gasthaus zur Krone macht er den Fuhrleuten oft die Rosse scheu. Die Wallbacher hören in ihrem Dorfe recht deutlich sein erbärmliches Geschrei: „Hubhub, hoho!" Kriegsereignisse sieht er genau voraus, deshalb hat er sich auch im Jahre 1848 ungewöhnlich oft blicken lassen. Als Hund, als kleine Katze, als Kalb mit Glühaugen und als schwarzer Mann streicht er draußen im Walde umher. Noch jüngst hat er einen schweizerischen Grenzwächter, der hier nachts am Rheinufer die Runde zu machen hatte, rücklings zu Boden geworfen und so gepresst, dass ihm lange Tage nachher noch die Augen mit Blut unterlaufen waren. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Fronfastengespenster

Source: Fronfastengespenster

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Von solchen spricht ganz kurz Dr. Lusser in einem Manuscript: »Sägä chönti zwar nu, wie ... G'spenster des Alpengebürgs z'Fraufasten vo Bergä zu Bergä Mit viel Geräusch wie susedi Winde reggelen lauffen.« Reggelnlaufen übersetzt er in einer Anmerkung mit Wettlaufen. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Frost und Kälte schmecken

Source: Frost und Kälte schmecken

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a) Wir hatten in unsern Schuljahren eine Arbeiterin, die uns Kindern immer Gespenstergeschichten erzählte. So sagte sie uns einmal, es sei in den Bergen einem Wanderer eine Person begegnet, die über Stock und Stein ging. Als er sie fragte: »Wohin des Weges?«, antwortete sie: »Ich komme von den Niederlanden und muss auf den Hüfigletscher, um dort Frost und Kälte zu schmecken.« Schriftlich von Frau Oberst Epp-Schmid, Altdorf b) Eine andere Person erzählt: Im Reusstal hirtete eines Morgens in aller Frühe ein junger Mann die Kühe. Er pfiff so vor sich hin, und da erblickte er auf einmal ein Weibervolk, das eilig daherkam und die Haare über den Kopf hinunterhängte. »He da, Jungi«, rief lustig der Mann, »wohin so in aller Frühe?« Und sie antwortete: »Auf den höchsten Berg, um Hitz und Kälte zu erfahren. Ich komme aus dem Freien Amt, und mein Leib liegt noch warm auf dem Totenbett!« Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Fuchs

Source: Fuchs

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In der Alp Gorneren auf Gurtnellen war ein Senn, der bemerkte, dass alle Nächte ein grosser Fuchs aus dem hohen Gebirge herab komme und bei der Hüttentür hineinschaue. Dann, wenn er das eine Weile getan, schlich er wieder dem Gebirge zu. Der Senn machte gegen diesen Fuchs nichts, weil er ihm sonst kein Leid zufügte. Ein anderes Jahr bekam der Senn einen anderen Hirten und der Hirt wollte das nicht leiden. Er ging eines Tages nach Hause und brachte eine Flinte und sagte: Dem Fuchs wolle er schon räuken. Er lud das Gewehr und als der Fuchs kam, schlug er an und schoss im Bett liegend auf ihn. Doch der Schuss zersprengte ihm das Gewehr und schlug ihm einen Fuss ab. Der Fuchs ging und kam an andern Abend in der Nacht wieder. Sonst war nichts passiert.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Fuchs in Holzschuhen

Source: Fuchs in Holzschuhen

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 In der Riedligand zu Silenen lotzten eines Nachts zwei Silener Burschen den Füchsen. Auf einmal hörten sie jemand in Holzschuhen über die Steine daherkommen, und, wie sie aufschauten, war es ein leibhaftiger Fuchs, der so durch das Geröll trabte. Aber den schossen sie nicht, sie machten sich ohne Jagdbeute auf den Heimweg. Am folgenden Abend gingen sie nochmals hin und passten ihm auf. Sie waren aber so gescheit, Gesegnetes in das Pulver zu mischen. Sie schossen auf ihn. Geknallt hat es, aber einen toten Fuchs haben sie nicht gefunden, und seitdem liess sich der Fuchs in der Riedligand nicht mehr blicken und nicht mehr hören. Ich denke, wenn sie nicht Gesegnetes ins Pulver getan, denen hätte es das Gewehr schön zersprengt. Jetzt noch droht man in Silenen jungen Burschen, die auf die Fuchsjagd gehen wollen: »I weiss nitt, der Fux i der Riädligand chennt d'r de nu chu i dä Holzschüehnä.« Emerentia Zurfluh u.a. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Fuchs und Haarzopf

Source: Fuchs und Haarzopf

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Im Gädemli ob dem dürren Seeli zu Emmetten lag ein Seelisberger auf der Fuxätüssi. Ziemlich bald kam einer an den Köder herangeschlichen und sank, von des Jägers Kugel getroffen, tot in den Schnee. Der glückliche Schütze liess ihn in seinen Sack gleiten und nahm mit ihm den Heimweg unter die Füsse. Zu Hause legte er seine Beute auf die Stubendiele und ging schlafen, nicht ohne bei seiner Frau noch recht mit seinem Jagdglück und seiner Pfiffigkeit zu prahlen. Am Morgen wollte die Gattin den erlegten Rotröckler auch sehen, und der Mann beeilte sich, ihren Wunsch zu erfüllen. Er hob den Sack vom Boden auf, langte hinein und zog – einen prächtigen roten Haarzopf heraus. Sonst war nichts zu finden. Jos. Maria Aschwanden, 60 J. alt, Seelisberg Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Fuchs und Wolf in der Alphütte

Source: Fuchs und Wolf in der Alphütte

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Die Sonne war untergegangen, und die Dunkelheit brach über das Tal herein. Da ging der Wolf aus seiner Klause, um eine Beute zu erhaschen. Unterwegs begegnete er einem Fuchs, der mit der gleichen Absicht ebenfalls in Feld und Wald herumstreifte. Da sprach der Wolf zu ihm: «Weisst du was? Komm, wir gehen in jene Milchhütte dort, wo eine ganze Reihe Milchkannen steht. Da könnten wir uns einmal ordentlich das Ranzlein füllen!» Der Fuchs, der vor Hunger kaum mehr warten konnte, Hess sich das nicht zweimal sagen. Sie entdeckten richtig ein Loch in der Mauer. Meister Reinecke, als der schlauere, ging voraus, der Wolf, als der dümmere, hintendrein. Und wirklich gelang es ihnen, hineinzukriechen. Sie fanden da herrlich frische Milch und fingen an zu trinken. Der Fuchs kehrte jedoch von Zeit zu Zeit wieder zum Loch zurück, um zu versuchen, ob er noch hindurchschlüpfen könne, während der Wolf als ein richtiger Vielfrass und Einfaltspinsel trank und trank, ohne an etwas zu denken. Und so geschah es denn, dass der Fuchs mit knapper Not noch aus der Hütte schlüpfen konnte, während der Wolf, weil er sich den Bauch zu stark gefüllt hatte, trotz aller Anstrengungen nicht mehr herauskam. Also musste er die Nacht in der Hütte bleiben. Wie nun der Bauer am andern Morgen seine Milch in die Hütte bringen und die Kannen füllen wollte, gewahrte er den Wolf. Da nahm er einen Stock und prügelte ohne Erbarmen auf ihn los. Die Schläge fielen\' nicht anders als wie ein Donner- und Hagelwetter auf seinen Pelz, bis der arme Wolf schliesslich mehr tot als lebendig entwischte. Mittlerweile hatte der Fuchs am Waldrand einen prächtigen Baum voll Kornelkirschen entdeckt; viele davon lagen reif am Boden. Er wälzte sich in diesen herum, so dass sein Pelz ganz rot wurde. Als nun der Wolf winselnd und wehklagend vorüberschlich, rief der Fuchs ihn zu sich und sagte: «Ei, Gevatter Wolf, schau doch, wie sie mich übel zugerichtet haben. Siehst du, wie mir das Blut überall herausläuft? Ach Gott, so trag mich doch nur ein kleines Stück weit nach meinem Hause.» Jetzt überkam den leichtgläubigen Wolf das Mitleid, und so erbärmlich auch sein Fell von den Stockschlägen zerzaust war, nahm er den Fuchs dennoch auf seine Schultern und trug ihn heimwärts. Da sang der Fuchs das Liedchen: Hop, hop, hop, nur immer langsam voran, Denn der Kranke trägt den gesunden Mann! «Was singst du da?» fragte der Wolf. «Ach, das ist ein uraltes Lied, das mich meine Eltern — Gott hab sie selig! — vor Zeiten einmal gelehrt haben.» Und so trug denn der Wolf seinen Begleiter bis in die Burg, aber fortan schlich er sich nie mehr in die Milchhütte. Der Wolf war wirklich ein grosser Dummkopf und ein Nimmersatt zu gleicher Zeit. Nach kurzem hatte er das neulich erlebte Abenteuer schon wieder vergessen. Eines Tages ging er abermals umher, um Beute zu suchen. Wieder traf er unterwegs mit seinem Gevatter, dem Fuchs, zusammen, und sie gingen ein schönes Stück miteinander. Diesmal führte sie der Weg an einem Heustall vorüber, wie sie da und dort allein auf den Alpweiden stehen, und wo man zur Not das Vieh und das Heu unterbringt. Dort, draussen vor dem Stall, sahen sie zwei Haufen Hirse. Der Wolf bemächtigte sich sogleich des grösseren, der Fuchs dagegen nahm das kleinere Bündel und machte sich ans Werk, die seltene Gottesgabe, die sie gefunden hatten, zu kochen. Meister Wolf wollte sich daraus eine Suppe bereiten; aber als sie anfing zu sieden, sprudelte sie über den Kochkessel und löschte das Feuer aus. Nun wollte er ein wenig davon versuchen; er fand jedoch trotz seines grimmigen Hungers die Suppe nicht gut und konnte sie nicht schlucken. Er hatte nämlich, um seinen Heisshunger zu stillen, das grössere Bündel genommen, das aber nur aus Hülsen und Schalen bestand, während er das kleinere Häufchen seinem Gefährten überlassen hatte. Dieses aber enthielt schöne Hirsekörner. Niedergeschlagen wie ein Ziegelstein begab er sich zum Hause seines Kameraden und sah, wie der Fuchs eben daran war, einen herrlichen Hirsebrei zu essen. Und er fragte den Fuchs: «Ei, sag doch, wie hast du es angestellt, ein so gutes Hirsegericht zuzubereiten? Meine Suppe ist mir übergekocht, und ich habe mir nur die ganze Zunge verbrannt.» «Ich? Weisst du, wie ich\'s gemacht habe?» gab der Schlaumeier zur Antwort. «Ich bin hingegangen, habe meinen Schwanz in den Kochtopf gehängt und damit umgerührt.» Der Wolf schenkte ihm Glauben und kehrte wieder nach Hause zurück. Dort fing er abermals an, seine Suppe zu kochen und tauchte nun seinen Schwanz hinein. Aber, au weh, bald hub er an zu schreien, denn sein Schwanz verlor alle Haare. Das Füchslein war ihm heimlich nachgeschlichen, guckte hinter der Tür dem Wolf zu, wie er sich den Schwanz verbrannte und lachte im stillen vor Schadenfreude. Am Kaminfeuer der Tessiner                                    Walter Keller                                                          Hans Feuz Verlag Bern Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Fuchsenstreiche

Source: Fuchsenstreiche

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1. Der alte Hof-Kaspar von Silenen lotzte eines Nachts in einem Hüttlein im Purenland jenseits der Reuss den Füchsen. Er merkte einen kommen, und als er glaubte, er sei jetzt an der Beize, steckte er seine Nase zu einer Dohle heraus, um zu sehen. Aber der fuhr schön zurück, als er plötzlich des Fuchses kalte Nase an seiner eigenen Nase fühlte. An jenem Abend ging der Hof-Kaspar ohne zu schiessen nach Haus. J.M. Tresch, 70 J. alt 2. Ein Gurtneller erzählte, wie ihm bei einer ähnlichen Situation ein Fuchs den buschigen Schweif durch die Lücke hineinstreckte, so dass er nicht zum Schiessen kam. Jä, das soll de nur Wahrheit sy, das hed är de firni Tatsach erzellt. Peter Walker, 68 J. alt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Füchslein und Wirtstochter

Source: Füchslein und Wirtstochter

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Ein Wirtssohn war auf der Fuchsjagd. Es stellte sich ihm ein schönes Füchslein, und er zielte, aber jetzt schoss das Tier davon. Er ihm nach. Es stellte sich wieder, er nahm es aufs Korn, aber da floh es. So narrte es ihn eine Zeitlang. Endlich verleidete es dem Jäger, und mit den Worten: »Sä gang i Gottsnamä!« verliess er das Jagdrevier. Als er zuhause anlangte, kam ihm der Vater entgegen und sagte: »Spanne schnell an; du musst mit einer Herrschaft fahren, und unser Knecht hat ein Bein gebrochen.« Der Sohn gehorchte und fuhr mit der Herrschaft davon. Eines Abends, als sie wieder in einem Gasthause übernachteten, machte sich die Tochter des Hauses gar viel mit ihm zu schaffen; sie wusste es so einzurichten, dass sie immer um ihn war. Als schon alle zu Bette gegangen, setzte sie sich zu ihm und fragte vertraulich, wie es ihm an jenem Tage auf der Jagd ergangen sei. Er erzählte alles, und sie sagte: »Das Füchslein war ich. Ich war verurteilt, in Fuchsgestalt zu leben, bis jemand den Namen Gottes über mich ausspreche. Du hast mich errettet. Ich bin in guten Verhältnissen, wenn du willst, kannst du mich zur Frau haben.« Und sie heirateten einander wirklich. Jos. Maria Epp, Maderanertal Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Fugs, was schwenzlischd no?

Source: Fugs, was schwenzlischd no?

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Äis ischd äina gsiin, där ischd Winterziits gen uf Figs lotzen. In arra Schiir hed er nen abgwarted; döö ischd äina chun; dr Lotzer hed zem Lüüssloch üüsi de Schutz abglaan; dr Fugs hed no e Sprung taan und ischd derna bliibe-l-ligen und hed si nimma gwäigged. Dr Lotzer ischd zöö-n-im, hed im dee hindrem Bbäi zsäme- bbunden, ischd mid im emzrugg und in Gaden und hed nen an en Nagel a Diliboin üfghäichd. Döö gäid's nid lang, chunnd en andra Fugs; zem Tirloch hed er d'Schnurren inhagstreckd ung gsäid: „Fugs, schwenzlischd no? Fugs, schwenzlischd no?" Was gäid! Dr Fugs vum Diliboin springd abhä und über ds Rischitirli üüs, dr ander i Sätzen desallsab und dar mid de zsämebbundnem Bbäinen naahi; äis, zwäi sii s' verschwunde gsiin. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Fünfzig schwarze Katzen

Source: Fünfzig schwarze Katzen

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Einmal geschah es, dass zwei Geschwister, ein Mann und seine Schwester, bei einem Kranken gewacht hatten. Als sie etwa um Mitternacht heimzu wollten und zu einem gewissen Brunnen kamen, waren auf einmal an die fünfzig schwarze Katzen da und haben sie mit leuchtenden Augen angeschaut. Sie seien aber ruhig ihres Weges gegangen und seien auch von den Katzen bis zu ihren Häusern begleitet worden. Da, wo sich ihre Wege getrennt haben, haben sich auch die Katzen in zwei Hälften getrennt. Das sind natürlich alles Hexen gewesen, die sich in Katzen verwandelt haben.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Für die Totne

Source: Für die Totne

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Für die Totne Einisch isch hie e Pfarer gsi; dä isch mithine z’Nacht im schwarze Rock u mit dr Biblen unger em Arm i d’Chilen übere. Em Her si Chnächt het’s wunger gno, was dä so däne so spät no mach. Einisch isch er ihm nohedüsselet u het dür ’s Schlüsselloch ihe gluegt. Du het er d’Chile voll Geischter gseh. Är het au ghört, wie dr Her ne prediget het. Aber d’Geischter si urüeihwig corde. Sie hei gmerkt, dass ne öpper ablost. No dr glich Obe het dr Her mit em Chnächt z’Bode gstellt u dr Finger ufgha; das söll er hürmehi lo bliebe, vowägen äs chönnt nid guet usecho. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Fürcht dich nicht, so geschieht dir nichts!

Source: Fürcht dich nicht, so geschieht dir nichts!

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Auf einem Stafel der Alp Winteregg verschwanden einst einzelne Kühe und Älpler; man wusste nicht, wohin sie geraten waren. Dann kam es so weit, dass weder Vieh noch Sennen ins Tal zurückkehrten. Nachdem die Bauern manchmal nutzlos angesetzt, getrauten sie sich nicht mehr, auf diesen verrufenen Stafel zu Berg zu fahren, das kann man sich ja denken. Es hiess, da oben unter dem Schwarzbirg treibe ein kohlerdenschwarzer Mann, ein wüster Gast, sein Unwesen. Dieser habe eine braune Kuh, die so gewaltig viel Milch gebe, dass kein Senn im Lande imstande sei, sie in einer Stunde auszumelken, und wer den Versuch erfolglos wage, der werde zu Tode gequält. Dann kam einmal, nachdem dieser Teil der Alp schon ein Häuflein von Jahren brach gelegen, ein grosser, junger, starker Bursche und wollte die Probe bestehen. Zuerst schlugen die Bauern ihm rundament alles ab. Der aber gab nicht auf und sagte, sie sollten ihn nur ziehen lassen, er fürchte sich ganz und gar nicht, dem alten Choldri da oben wolle er schon die Löti auftun; sie sollen ihm soviel Kühe, wie die Alp geseiet (besatzberechtigt) zur Verfügung stellen, mit Schiff und Geschirr und Geläut und allem, was zu einer guten Sennerei gehöre. Schliesslich wurden die Berganteilhaber zur Einung zusammengerufen und rätig, noch einmal hinauf zu stossen. Der junge Bursche wollte voraus gehen und verlangte, dass ihm das Gvicht (Vieh) nachgejagt werde. Er nahm Brot auf den Leib; tut einer das, hat kein Geist Gewalt über ihn, denn Brot ist heilige Speise. Als sie zum Türli kamen, stand da ein grosser, schwarzer Mann daneben. Aber der Jungsenn erschrak im mindesten und geringsten nicht. Er redete ihn barsch an, ohne Chlupf noch eines und anderes und namste den schwarzen Möhr grad Chohler. Als die hinter der Herde das Spiel sahen, klopften sie die Finken. Der Älpler ging zur Hütte, stellte sein Bürdeli ab, den Sträfzgelstecken (Stock mit Eisenspitze) an die Wand und richtete sich drinnen ein. Der Schwarze war immer da und trappete ihm nach auf Schritt und Tritt. Wie er all seine Geschäfte gereiset hatte, war die Melkzeit da, und er wollte seine Kühe stallen. Aber dann brachte er keine in den Stall, weil der Schwarze darin war. Da ging der Senn hinein und wies ohne Federlesen den Geist hinaus: "Soo — vor der Tür ist draussen, weisst du denn nicht, dass sie wegen dir nicht hinein dürfen?" Nun half ihm der Schwarze das Vieh eintreiben, aber da sprangen immer zwei miteinander zum Türloch ein und blieben darin stecken. Dann hat der Jungsenn ihn barsch zur Red gestellt: "Potz — Kreuzmillion — so geht das nicht !" Darauf ging schön eine für eine hinein und kehrte der Barni (Krippe) zu. Als der Älpler zu melken begann, da stand am ersten Platz nicht eine von den seinen, sondern die Braune. Die hatte ein gepresstes Euter, das anzufühlen war wie ein rundgewälzter Schopf (grosser Stein) aus der Lütschine. Das floss — floss und floss in weissem Strahl — puschumm — puschumm— puschumm — Melchter um Melchter — im Milchgaden waren bald alle Gebsen voll. Während der Arbeit stellte der Schwarze unnütze Fragen, um ihn aufzuhalten, bekam aber keine Antwort. Dann stiess der Ungast die Kuh in die Flanken, dass sie nie stille stand, und schliesslich wollte der Wüste den Melker zwischen Tier und Wand erdrücken. Der aber stand vom Einbein auf und herrschte ihn unwirsch an: "Chohler, lass das Unvernünftige in Ruh!" Im Augenblick waren die Teufeleien zu nichts geworden und die Kuh ausgemolken bei Tropf und Tran. Nach der Arbeit half ihm der Schwarze das Gvicht aus dem Stall treiben, ganz wie es sich gehört. Deshalb lud er ihn zum Nachtessen ein, wer werkt, darf ja essen auch. Der Unheimliche ass und trank, aber weder Speis noch Tranksame schwanden nicht um das, was einen Fingerhut füllt. Nun machte der Jungsenn, wie üblich und bräuchlich, noch ein Pfeifchen Tabak ein und setzte sich neben die Feuergrube. Der schwarze  Choldri sass stumm neben ihm, und als der Schweiger sagte, jetzt sei es Zeit, auf das Gelieger zu gehn und sich hinten ins Stübli legte, da streckte sich der Schwarze auch schon neben ihm. A.. aber — der war kalt wie ein Eiszapfen, an dem konnte er sich auf Ehr und Wahrheit nicht wärmen. Sobald es gegen Mitti Nacht rückte, da ging der Finstere auf und sagte: "Senn, steh auf, du musst mir helfen gehn!" Der Senn darauf: "Nein, hier auf dem Laubsack ist mir wohl genug!" Dann ergriff der Schwarze das Bett an einem Stollen, schüttelte es, dass der darin zwirbelte wie der Härdöpfel in einem leeren Körbli. Jetzt sagte der wüste Gast zum andernmal: "Geh nun auf!" Sprach der Junge: "Mir gefällt es hier im warmen Guutschi gut genug!" Da schleifte der Arge die Bettstatt samt Laubsack mit Händen, die glühten wie ein Lötkolben, mitten in das Stübli und wirbelte sie ringsum — es ging wie heute auf dem Rösslispiel, nur schier ein bisschen schneller. Dann sprach der Schwarz: "Chüejer — fürchtest du dich nicht?" Der darnach: "Mir geht es, je länger desto schöner!" Der Geist zum drittenmal: "Soo — jetzt brauch ich dich nicht mehr, steh beileib nicht auf, tu deiner Faulheit Rat, sonst dreh ich dir den Grind um!" Nun stand der Jungsenn justament grad auf und machte Licht. Da war der Dunkle neben dem Käskessi, befahl ihm barsch, Pickel und Schaufel zu nehmen und ihm zu folgen. Sprach der Älpler: Ich nehme weder Pickel noch Schaufel, nimm sie selber, zünden will ich dir." Dann gingen sie selbander hinein ins Milchgaden und hier befahl der böse Geist von Winteregg, er solle graben mitten zwischen den vier Wänden.  Der starke Senn, der wich um kein Haar ab von seinem festgefassten Vorsatz und sagte lässig: "Tu selber, zünden will ich dir!" Dann grub der Geist mit wuchtigen Pickelschlägen und aufs Mal kam er auf eine grosse Steinplatte und verlangte wieder des Jungsennen Handreichi. Ruhig bis ins Mark sagte der: "Ich habe nicht geholfen, sie hinuntertun und helfe nicht, sie herauf zu lüpfen, mach selber, zünden will ich dir!" Dann hob sie der Schwarze — aaber — die flog räss herauf! Darunter kam ein Käskessi, so gross wie es der stärkste Älpler kaum zu tragen vermocht hätte, ebenbördig voll Gold zum Vorschein. Dann sprach er den Sennen an, ihm die schwere Last herauflüpfen zu helfen, aber trotz des blinkenden Schatzes bekam er den gleichen Bescheid wie vorher: "Tu selber, zünden will ich dir!" Dann hob er selber die Last — dass Funken stoben! Nachher schüttete er neben dem Loch im Milchgaden die goldenen Vögel aus, machte daraus drei Haufen und sprach den Älpler wieder an: "Der erste gehört den Leuten, die vor Jahren das Vieh verloren hier oben, den andern, den kannst du nehmen, und den dritten, den behalte ich!" Da stand ihm der Herzhafte Red: „Der erste, der gehört den Leuten, wie du verfügt, den zweite,  den habe ich verdient, und den dritten, den nehm ich auch grad noch und verteil ihn unter die Armen, denn du, du hast keinen mehr nötig!" Damit hatte der standhafte Hirt den schwarzen Mann auf Winteregg erlöst. Alle drei Stafel der sonnigen Alp waren fürderhin frei und frank. Quelle: Hans Michel, Ein Kratten voll Lauterbrunner Sagen. Wengen 1936. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Furchtbar umghyrig

Source: Furchtbar umghyrig

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ist's im Wandeli zu Flüelen. Da hat man einmal noch zu Menschengedenken einen »Wurä« gesehen, so gross wie ein grosser Trämel und mit dem Kopfe eines Mannes, und ich selber habe einmal dort ganz deutlich und nahe einen Mann gesehen, der in einem schneeweissen Hemd daherkam und im Gebüsch verschwand, aber keinen Kopf hatte. Frau Gisler-Zwyssig, 68 Jahre alt. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Furchtsam

Source: Furchtsam

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Einst wollte Doktor Schmon zur Nachtzeit dem Berge nach abwärtswandern. Als er in die Gegend zwischen Freudenberg und Spillberg kam, hörte er rufen: "D'r Dökterli Schmo soll uf de Freudeberg cho; Mä würd' em nüd Leids tu!" Der gute Doktor hat aber, statt dem Rufe zu folgen, das Hasenpanier ergriffen und ist spornstreichs Vilters zugeeilt. Auch er war wahrscheinlich berufen, die Jungfrau zu erlösen und den Schatz zu heben. I. Natsch.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 199, S. 97 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Furt

Source: Furt

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Furt ist heute eine Ausstafel der Leutschachalp ob Amsteg, nach der Sage aber bildete es vor alten Zeiten eine Alp für sich und konnte zwei Sennten einen ganzen Sommer erhalten. Eines Abends flog ein weisser Vogel über die Alp und schrie: »Furt, furt!« Die Alpschweine stellten ihre Ohren, horchten auf, und in rasendem Galopp stürmten sie davon, talauswärts. Nicht so die Menschen mit dem übrigen Vieh; sie blieben. Am zweiten Abend erscholl der gleiche Ruf. Der Senn des einen Senntens meinte, man sollte doch die Warnung beachten und die Alp verlassen. Er wurde jedoch nur ausgelacht. Der dritte Abend, es war der Abend vor St. Jakobstag, brachte schwarze Wolken mit, die sich drohend über der Alp lagerten, und wieder erschien der weisse geflügelte Bote über der Alp und schrie mit schauerlicher Stimme: »Furt, furt!« Der eine Senn liess sein Sennten zusammentreiben und verliess mit ihm und seinen Knechten die unheimliche Alp. Ein schreckliches Gewitter brach los. Als sie auf Heitersbüel noch einmal zurückblickten, berstete gerade die Felsenwand ob der Alp, stürzte samt dem dahinterliegenden Jakobsee krachend zur Tiefe und begrub die Trift mit Menschen und Vieh unter haushohen Trümmern. Seit jener Zeit heisst diese Gegend Furt und ist nicht mehr nutzbar; den Stafel mussten sie auf die andere Talseite verlegen. Nach anderer Erzählart ging die Stimme von einem Wildmandli oder von einem Gespenst oder Geist aus und entkam überhaupt nur ein Hirt mit einem roten Lehchüehli oder ein Stier, der einer Kuh nachlief, oder ein junges rotes Chüehli, das bis in die Arniberge hinausstürmte. Karl Walker; Frz. Jos. Zurfluh; Ant. Brücker u.a.m. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Furt, furt

Source: Furt, furt

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Droben auf dem urnerischen Arniberg bei Gurtnellen liegt die Leutschachalp, ein langes düsteres Tal. Da gab es auf etwa 1000 Klafter hoher Felsenwand weit ob Holz einen kleinen aber tiefen See. In dem Teil der Alp, wo die gäche Wand sich erhebt, ist ein Stafel, an dem einst ein grosser breiter Boden grünte. Einmal in der Nacht gegen die Herbstzeit hin hörten die Sennen eine schreckliche Stimme, welche immer rief: „Furt, furt, furt!" Drei Nächte nacheinander heulte der grauenvolle Ruf. Die Alpknechte schlossen daraus, sie müssten den Ort verlassen. Aber die Alpvögte wollten sich dazu nicht verstehen. In der dritten Nacht, nachdem es noch dreimal geschrieen, brach plötzlich unter furchtbarem Gekrache die ganze hohe Felswand sammt dem tiefen See, als wäre der jüngste Tag angebrochen, auf das ganze Senntum herunter und begrub Weide, Vieh, Leute und See, alles unter hohen Schutt. Seitdem hat die Stätte den Namen Furtfurt. Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Füür bannen

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Am Bättenalp hed Waald bbrunnen. Löschen hed nüüd abtraagen. Due siin Jseltwalder in es Schiffli und hei z'Niderried den altem Balzi greichd. Där ischd chun; är ischd uf enes Hübelli uufi und hed eppis afan brümellen; mier wei deichem bäten, und ds Füür ischd erloschen. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Füür tanze

Source: Füür tanze

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Füür tanze Um Mitternacht si mer am Waldsaum gstange. Mir hei i Schmiedwald welle go Chriesbäum usgrabe. Uf dr Matte si drü Füür gsi. Sie si zsämen ufgfahre, von enangere gstobe u wieder höch ufgumpet. Derno si mer hei. Eis Füür isch is nohecho. Bim erschte Hüsli isch es zuehe gange. Drufabe git’s e grüslige Chlapf. Aber es het kem nüt to. Gli druf het’s afo wättere. Flätschtropfetnass si mer heicho M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Fyrabed

Source: Fyrabed

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So heisst ein Berg bei Matt, weil dort an gewissen Abenden die Hexen ihre Feiern abhalten, genau so wie es ihr Meister, der Teufel, haben will. In aller Stille ziehen sie die Küchenbrittli zu, so dass kein Schimmerchen zum achtsamen Nachtwächter hinausdringt. Hernach schmieren sie den Reisbesen mit einer geheimnisvollen Salbe, sitzen rücklings auf den Stiel, murmeln ein verdammtes Sprüchlein und schwupp! schwirren sie durchs Kamin hinauf und übers schlafende Dorf hinweg, lautlos wie ein Räuchlein. Im Fyrabed oben treffen sich alle, Männlein und Weiblein. Selbst der Teufel ist da und leitet den Sündentanz bis zum Ein-Uhr-Schlag an der Matterkirche. Dann stiebt die Lastergesellschaft auseinander, jeder seinem Kamin zu, und nur ein Ring am Boden verrät den Spuk. Merkwürdigerweise wächst am Fyrabed kein Wald, sowenig wie auf der Brandegg, wo ein anderer Hexenplatz zu finden ist.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Gafarä (Mundart)

Source: Gafarä (Mundart)

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Der gräust Härätummelplatz söll der Gafarabühel gsi si. Dört hind richi Härä, schüner als Alerunä, ganz Nächtä tanzet mit Härameisterä vu Mäiland und Veneidig, diä in der Schwiz gheimi Goldouderä gwüßt hind und dermit steirich wordä sind. Mä hätne-n-au fahrendi Schüeler gseit. Mings Froufastächind hät am Morgä nouere söttägä Härägugelfuehr di wunderfinstä Damäschueli im vertrampletä Gras ufgläsä. In dä Mailinder-Chriege, wous vil Schwizer derbei ka hät, sei amoul z'Mailind ä Melser- oder Wißdannersoldat Schiltwach gftandä. Duä heigem ä Dam vumenä prächtägä Palast us si Namä grüeft und gwunggä. Wener duä nou der Wacht ufft sei in di Pallast, luägne dou ä Frauezimmer a we Milch und Bluet und ufputzt wenä Chünigi und frougnä, eb er der Gafarabühel au bchinni. Er seit des d'jou. Duä meint sie druf: "Dört hani mingi lustigi Nacht durläbt" - und heigä derbei äsou korjous agluäget, aß er Hinnehut überchu hei und wider se gnoud aß müggli ussi sei us dem Palast. Albrecht, Erinnerungen. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 273, S. 147 (Siehe auch Der Hexentanz auf Gafarrabühl von Jakob Kuoni) Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Gäge-w-Wurmembis

Source: Gäge-w-Wurmembis

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Äs hed's im Herbscht hin uw wider ggän, das Gäiss sii-l-lama häichun. Si häin es gschwolles Bäi ghäben u-s-sii lama ggangen, aber suscht hed me nen niid agseen. Ma hed esee gmäind, Wirm häiga sa bbissen. Den hed ne Dratt derfir taan; är ischd nem mid dr Hand uber ds Bäi gfaaren und hed gsäid: „I töön deer fir dän giftige-w-Wurmembis, Das är vun deer üüsfaare sol, Us em Marg i ds Bäin, Us em Bäin i ds Fläisch, Us em Fläisch i d'Hüüd, Us dr Hüüd i ds Haar, Us em Haar sibenesibezg Elen täif in die Ärden, Worinnen düü sollschd verscharred wärden." Den hed er no dee drii heechschten Näme bbrüüchd; Dratt hed o bbäted und hed egghäi Sind derbee gseen, ung d'Gäiss häi d'Lämi verloren. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Gäischter uf dr Feeri

Source: Gäischter uf dr Feeri

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Am häiligen Abe sii d'Gäischter uf dr Feeri, das hed d' Möötter gsäid, ds ganz Jaar anha an enem gghäi Tag eso, gad wee an däm Aben. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Gäldsunne

Source: Gäldsunne

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Gäldsunne Am Charfriti sunnet dr Tüfel sis Gäld. Mängisch het er nümme Zit, si Sach uf d’Site z’tue. We me drum a däm Tag es Hüfli Böhnli, Negel oder Chohle fingt, muess me gleitig d’Chappe druf decke oder’s ufha; de wird Gäld drus. Am Charfriti sunnet i währedem Zsämelüten e Geischt bi der Altburg guldig u silberig Löffel u Gable. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Galgenbäume

Source: Galgenbäume

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Galgenbäume Nicht weit von der Landstrasse, beim jetzigen Schützenhaus im Dillhaus‚ erhebt sich eine Talterrasse, von der man eine schöne Aussicht geniesst auf den untern Teil der Gemeinde Bauma. Auf diesem Hügelvorsprung, der Hünnger genannt, stand, wie sich die Alten erzählen, in fernen Zeiten ein Galgen. Dort haben seinerzeit die Herren von Hohen-Landenberg Diebe und Mörder aufhängen lassen. Gerade auf der anderen Seite der Töss‚ oberhalb Blitterswil, im Esterli, liegen einige sonderbare Felsklötze. Auch da, heisst es, hätte der Galgen vom Eichschloss gestanden. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Mündlich überliefert 1925 von Heinrich Kündig-Honegger in Blitterswil und Emil Rüegg-Erzinger in Undalen.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Gang ga stählä

Source: Gang ga stählä

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As isch einisch ammä-n-Ort äs arms, arms Büebli gsy, wo keini Eltärä meh gha hett und niämmer, wo-n-em eppä-n-a d'Hand gstandä wär. Und wonner-si vor Not und Eländ gar nimmä het chennä hälfä und nimmä gwisst het, wo üs und wo a, und schiär am Verzwyflä gsy isch, dänkt'r, är well doch nu ga bättä, de chem-em am ehnschtä nu das Rächt i Si. Und wonner da pättet het, g'heert 'r ä Stimm: »Gang ga stählä!« Am zweitä-n-Abed riäft's nu einisch das glych. Und dernah isch er doch zum Pfahr ggangä und hets dem verzellt. »Ja, ich ha's äu gheert«, heig der Pfahr drüff gseit, susch neiwä nyd anders. Wo's am drittä-n-Abed nu einisch griäft het, är sell ga stählä, hed'r afigs züe-n-em sälber tänkt: »Ja, wo setti denn äu ga stählä?« Und lüegt äso ummä und gseht, das im Pfahrhof nu Liächt isch. Är gahd und lüegt innä und gseht, dass der Pfahr am Tisch züechä sitzt. Vor-em züechä heig'r äs Chrüzifix gha und äs Schwärt dernäbt und i der Hand ä Nadlä. Und mit der Nadlä heig är da immer am Heiland i Lyb innägstupft. Das isch dem Büebli doch nitt rächt gsy und hed-em ggrüset, und är isch ggangä und het der Pfahr azeigt. Und dernah hennt-s'ä wirkli i'zogä, und är het bikennt, är heig 'Kind i ds Tyfels Namä täuft, aber zum Glick chemmes nu güetmachä, äs syg nu käis vo deenä gstorbä. Der Pfahr hennt-si düe fryli gstraft, wiä, das weiss ich nitt. Aber d'Helfti vo ds Pfahrs Vermeegä heig düe das arm Büebli chennä ha. Franziska Kruog, 70 Jahre alt, Wassen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Gang mer nid i ännere Egge

Source: Gang mer nid i ännere Egge

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Gang mer nid i ännere Egge Bim Drösche het es z’uneise gä; das isch mithine so, wo ne Chuppele jung Lüt binenangere si. Dr Hansjoggeli isch eine vo dene gsi, wo ke Gspass het chönne verstoh; är het to wie ne Chatz am Hälsllg, u die angere hei ersch ’s Gspött mit ihm gha. Derno si sie go z’Nüni näh; aber är het tublet un isch derhinge bliebe. Sie hei si dessi weneli gachtet; aber bim Umecho gseh sie, dass er am Tennstöri hanget. Wohl, das het ne Bei gmacht u gleitig hei sie ne abegno. No gli het er si bchimt; aber jetz het er ufbigährt u gseit: „O, wie schön isch es gsi! O, wie schön hei sie giget: Gang mer nid i ännere Egge. U chlini Manndli mit Geissfüesse si cho u hei dürenangere tanzet.“ Äs isch no lang bi den alte Lüte as Sprüchwort gsi: Gang mer nid i ännere Egge. Traumähnliche Wirkungen kann Ertrinken auslösen, vielleicht auch Erhängen. Die Worte: Gang mer nid i ännere Egge, dürften wohl einem verschollenen Tanzliedchen zu Grunde liegen. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ganz Ziileti mid Leechtren

Source: Ganz Ziileti mid Leechtren

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Uf en Alpe cheme z'gwisse Ziiten ganz Ziileti Liit mid Leechtren. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ganz Ziileti wiiss Figs

Source: Ganz Ziileti wiiss Figs

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Ds Hänselters Balzi ischd am häiligen Aben uf Figs ge-llotzen. Äi Stund ischd naa dr andre vergangen; nid es Bäin ischd chun. Gägem Mitternacht aber chunnd e Schar Figs, schneewiiss; si gumpen dem Lotzer an, zerchrawwen im ds Gsicht und zerschrissem ma ds Gwand. Balzi ischd vun da an am häiligen Aben dehäimme bbliben. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Gargantuas Badewanne La baignoire de Gargantua

Source: Gargantuas Badewanne La baignoire de Gargantua

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Gargantua war gut gewachsen, ein Riese war er geworden, mit einer Kraft, die Berge versetzen konnte. Wo er hinkam, nahm er Steine und warf sie nach Lust und Laune in die Landschaft, fast wie früher die griechischen Götter beim Puckspiel. Einmal wollte er nach Genf spazieren. Unterwegs bekam er Zahnschmerzen. Er riss sich die Eckzähne aus und warf sie in das Sassenage-Gebirge in Isère, man kann sie heute noch dort sehen. Dann schmerzte ihn auch noch ein Backenzahn. Diesen warf er zu Boden, so dass das Chartreuse-Massiv entstand. Gargantua ritt auf einer riesigen Stute, die hatte ihm der König von Numidien geschenkt. Sie war so gross wie vier Elefanten. Als er mit ihr durch die Wälder der Beauce ritt, wollte sie mit ihrem Schweif die Wespen und Hornissen verjagen. Da sie aber so gross war, fegte sie gleich auch alle Wälder fort und übrig blieb eine Landschaft, so flach wie ein Pfannkuchen.  Es war Sommer, die Sonne brannte heiss vom Himmel, und die Bauern ernteten das Heu. Gargantua wurde es zu heiss, er hatte Lust ein Bad zu nehmen, aber nirgendwo war genug Platz, damit er sich in das Wasser legen konnte. Der Riese begann sich eine Badewanne zu graben, und so entstand das Bett der Rhône. Er grub und grub, warf die Erde weit hinter sich und dort liegt sie noch heute hoch aufgetürmt zwischen Annemasse und St. Julien.  Die Bauern, die gegenüber auf dem Hügel von Saint-Gervais das Gras mähten, beobachten das Schauspiel und staunten nicht schlecht, als die Hügel aus Erde und Steinen immer höher wurden. „Hola!, die Berge wachsen!“, riefen sie. Gargantua hatte das Bett der Rhône bereits bis nach Hermance verbreitert. „Es wird grösser und grösser!“, riefen die Bauern. Der Riese aber grub weiter, bald war er in Yvoire, in Nyon, dann in Lausanne... „Grösser und grösser!“, staunten die Bauern. Als der Riese im Bouveret ankam, da klatschen sie in die Hände und applaudierten. „Jetzt ist die Badewanne gross genug“, sagte sich Gargantua, denn nun war ein grosser See entstanden, der Genfersee, und am Ufer türmten sich auf der Salève die Steine über tausend Meter hoch! Gargantua badete und wusch sich in dem neuen See, dann wurde er müde. Er setzte sich auf den riesigen Erdhaufen und drückte den Berg mit seinem Hintern so ein, dass eine Kluft zwischen dem kleinen und dem großen Salève entstand. Jetzt hatte Gargantua Lust, ein paar Steine auf dem Wasser hüpfen zu lassen. Er nahm ein paar runde Steine und sie fielen mitten in den Hafen von Genf. Man kann sie heute noch sehen, es sind die Steine von Niton. Ein Stein aber ging ganz daneben. Er landete in der Nähe von Thonex, es ist der Pierre à Bochet. „Ich glaube, jetzt gehe ich besser …“, dachte Gargantua und ging davon. Zurück blieb die Landschaft rund um Genf und jetzt wisst ihr, weshalb sie so aussieht. Fassung: Djamila Jaenike, nach: C. Vellas, Légendes de Genève et du genevois, Genève 2007, ins Deutsche übersetzt von Doris und Steve Barrot. La baignoire de Gargantua Gargantua avait bien grandi, il était devenu un géant, qui avait la force de déplacer des montagnes. Partout où il allait, il prenait des pierres et les jetait dans le paysage à sa guise, presque comme les dieux grecs le faisaient lorsqu'ils jouaient au palet. Un jour, il voulut marcher jusqu'à Genève. En chemin, il eut mal aux dents, alors il arracha ses canines et les jeta dans les montagnes du Sassenage en Isère, que l'on peut encore voir aujourd'hui. Puis il a également eu une molaire douloureuse. Il l'a arrachée et jetée à terre ! c’est ainsi que le massif de la Chartreuse est né. Gargantua montait une énorme jument que le roi de Numidie lui avait offerte en cadeau. Elle était aussi grande que quatre éléphants. Lorsqu'il la chevauchait dans les forêts de Beauce, elle voulut chasser les guêpes et les frelons avec sa queue. Mais comme elle était si grande, elle balaya tous les arbres et y laissa un paysage aussi plat qu'une crêpe. C'était l'été, le soleil brulant brillait dans le ciel et les fermiers récoltaient le foin. Gargantua avait trop chaud. Il eut envie de prendre un bain, mais il n'y avait nulle part assez de place pour qu'il puisse s'allonger dans l'eau. Le géant commença alors à creuser le lit du Rhône. Il a creusé et jeté la terre loin derrière lui, entre Annemasse et Saint-Julien.  Les paysans qui coupaient l'herbe sur la colline de Saint-Gervais en face assistaient au spectacle et étaient stupéfaits de voir le tas de terre et de pierres devenir de plus en plus haut. "Holà ! ça lève !" s'écriaient-ils. Gargantua avait déjà élargi le lit du Rhône jusqu'à Hermance. "ça lève, ça lève", s'écriaient les paysans. Et le géant continuait à creuser de plus belle. Bientôt il était à Yvoire, à Nyon, puis à Lausanne... "ça lève, ça lève", s'émerveillaient les paysans. Quand le géant arriva au Bouveret, ils ont battu des mains et applaudi. "Maintenant la baignoire est assez grande", se dit Gargantua. Voilà comment le lac Léman a été créé. Sur la rive, la terre et les pierres sont empilées sur plus de mille mètres de haut ! Gargantua s'est baigné et lavé dans ce nouveau lac. Puis fatigué, il s'est assis sur l'énorme tas de terre. Son postérieur écrase la montagne de sorte qu'un gouffre s'est créé ! C’est ainsi que sont apparu le petit et le grand Salève.Ensuite, Gargantua eut envie de faire quelques ricochets sur l'eau. Deux pierres trop rondes pour ricocher sont tombées au milieu du port de Genève. Vous pouvez encore les voir aujourd'hui, ce sont les pierres de Niton. Un autre jet de pierre, complètement raté, atterri près de Thonex C'est le Pierre à Bochet. "Je crois que je ferais mieux de partir maintenant" pensa Gargantua et il se mis en chemin, laissant derrière lui ce nouveau paysage Genevois, dont vous connaissez maintenant l’origine. Version Steve Barrot, basée sur: C. Vellas, Légendes de Genève et du genevois, Genève 2007 ©Mutabor Märchenstiftung  


by Garlett

Source: Garlett

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Alte Valenser wissen viel von dem reichen Garlett zu erzählen, der im Schlosse wohnte, auf dessen dicker Mauer nun Konrad Ruch sein Haus hat. Er habe vom Schlosse einen unterirdischen Gang zur Kirche gehabt und auf eigenem Boden von der Hausbesitzung Glarina bis auf die Voralp Branggis wandern können. Einst wunderte ihn, wie tief eigentlich der dortige Wangsersee sei, und er nahm zu diesem Behufe einen Haspel und einen Bund Schnüre mit. Als er einen Stein an die Schnur gebunden und ihn in den See hinabgelassen hatte fand sich nirgends Grund. Schon war er daran, eine neue Schnur an die bisherige zu binden und begann aufs neue, als lockend Blasen aus dem Seegrunde aufstiegen und eine furchtbare Stimme herauflief: "Ergründest du mich, So verschluck ich dich!" Da gab er den Versuch auf. Dr. Henne-Am Rhyn, Deutsche Volkssage.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 227, S. 112 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Gauliweiblein und Engstlenfräulein

Source: Gauliweiblein und Engstlenfräulein

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Ein Schweizer aus dem Berner Oberlande war einst auf Reisen in der Fremde. Eines Abends kehrte er in einer abgelegenen Hütte ein, wo ihn ein alter Mann gastfreundlich empfing. Nach mancherlei Gesprächen gab der Greis sich demWanderer als Oberhasler zu erkennen, den der Kummer von der schönen Heimat in die Fremde getrieben. Ihm waren drei schöne Töchter verflucht worden. Bis auf diesen Tag sind alle drei von der Bezauberung unerlöst geblieben und irren in den hohen Haslerbergen umher, wo sie sich oft im Spuk zeigen. ImGauligletscher haust das Gauliweiblein. Oft erscheint es noch heutigen Tages zuweilen den Hirten im hinteren Urbachtal mit seinem Hündchen. Sie hören es dann die Worte sagen: "I und mi Kathrin und mini Chue Brün und min Hund Rhin müessen immer u ewig uf Blüemlisalp sin." Hin und wieder soll auch das Glockengeläute des unsichtbaren Viehes vernommen werden Dann irrt das Engstlenfräulein auf der Engstlenalp umher. Gar häufig wird das Fräulein von den Hirten erblickt. Zum Dritten weilt auf den Höhen des schönen Hasliberges das Geissmaidlein und hat wohl schon öfters einen einsamen Knaben zum Buhlen gelockt. Doch als es einmal mit einem hübschen, still gearteten Jungen auf den Heuboden einer Scheune steigen wollte, liess es ein paar Geissfüsse sehen. Der bang erschrockene Jüngling schlich seitab von dannen, weil bei diesem Anblick ihm nicht mehr geheuer war. Wie dieser dreifache Zauber zu lösen sei, weiss wohl der Alte nur, der in der Fremde wohnt. Doch hat er es noch niemandem mitgeteilt. Niemand weiss, wo er zu finden und ob er noch am Leben sei. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Gebannt

Source: Gebannt

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Gebannt Ein Mühleknecht fuhr mit seinem Mühlewagen von der Glatttbrücke gegen Aarüti. Einen neben der Strasse mähenden Bauern begrüsste er mit: „Guten Tag, haut s es?“ Der Bauer gab den Gruss zurück, die Frage des Knechtes bejahend. Als er aber wieder weitermähte, bemerkte er, wie die Sense viel schlechter schnitt als vorher, und alles Wetzen half nichts. Der Bauer schien aber die Ursache sofort herausgefunden zu haben. Er wusste sich auch zu helfen. Als nämlich der Fuhrknecht den Stich gegen den Zweidlergraben hinauffahren wollte, ging’s auf einmal nicht mehr vorwärts, er mochte die Pferde antreiben wie er wollte. Der Fuhrmann liess den Wagen stehen und lief zurück zum Bauern, um ihn zu bitten, er solle ihn doch „la gaa“. Nun forderte dieser von jenem natürlich, er solle ihm zuerst dazu verhelfen, dass seine Sense wieder schneide. So entliessen sie sich gegenseitig wieder aus dem Bann, und der Knecht konnte mit seinem Fuhrwerk weiterfahren gegen Weiach. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Unterland Gchr. Glattfelden 1918, S. 83   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Gebannt

Source: Gebannt

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Ein Bauer kam zum "Küsterli" (Küster) und klagte ihm, jemand habe ihn, das Heu von der Wiese weggestohlen. Der Küsterli versprach ihm seine Hilfe; morgen soll er zur bestimmten Stunde wieder auf die Wiese gehen, dann werde er den Dieb finden. Wirklich war einer auf der Wiese mit einem neuen Fuder Heu festgebannt, so daß er mit seinen zwei Pferden nicht von der Stelle kommen konnte. G. W. Füllemann   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 57, S. 26 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Gebanntes Fuhrwerk

Source: Gebanntes Fuhrwerk

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Ein Bauer hatte in Kleingurmels ein Fuder Langholz geladen und wollte damit nach Grossvivers fahren. Oberhalb der St. Wendelinskapelle, dort wo der Weg steil abfällt, zog er am Wagen die Bremse. Aber diese schien wenig zu wirken, und das Gefährt geriet in Zug. Da rief der Fuhrmann grob: „Wendul, sperr! - we du für eppis büscht!“ Augenblicklich stand das Fuder still und war nicht mehr von der Stelle zu bringen. Der Bauer mochte klopfen und holeien, soviel er wollte, es war alles umsonst. Wohl bäumten und streckten sich die Pferde, doch kein Rad bewegte sich. So verging eine geraume Zeit. Der Mann wagte es nicht, das Gefährt zu verlassen und Hilfe zu holen. Endlich nahte ein einsamer Wanderer. Es war der Herr Pfarrer von Gurmeis. Der Fuhrmann klagte ihm seine Not. Da blickte ihm der Pfarrherr tief in die Augen und sprach: „Du musst dich irgendwie verfehlt haben. Hast du etwa geflucht?“ – „Nein, nein“, entgegnete der Gefragte, „diesmal nicht.“ Der Pfarrer forschte weiter: „Dann hast du sicher etwas anderes verbosget. Nur frisch heraus damit.“ Jetzt bekannte der Sünder alles. Der Pfarrer wiegte sein Haupt und sprach: „Sankt Wendelin ist ein grosser Heiliger, den darfst du nicht anschnauzen wie einen Knecht. Er ist aber auch ein gütiger und hilfreicher Heiliger. Komm, wir gehen jetzt in seine Kapelle und beten miteinander ein andächtiges Vaterunser, und dann bittest du ihn noch um Verzeihung für deine Grobheit.“ Als die beiden nach einer Weile die Kapelle verliessen, da hob der Pfarrherr seine Hand empor und liess lächelnd ein kräftiges „Hüü“ erschallen. Die Pferde zogen folgsam die Stränge an, das Fuder setzte sich in Bewegung, fuhr langsam und vorsichtig den Hang hinunter und gelangte glücklich nach Vivers.   Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch


by Geburtstanne

Source: Geburtstanne

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In dem Dorfe Auenstein an der Aare ward einem Landmann ein Kindlein geboren und zu derselben Frist begehrte eine fremde Frau Einlass und Nachtquartier. Man hatte sie anfangs abgewiesen, dann aber gab man ihren dringenden Bitten nach und nahm sie auf. Als sie Tags darauf sich wieder auf den Weg machte, dankte sie ihrem Gastfreunde gar sehr, wünschte dem Neugebornen Glück und Wohlergeben und mahnte die Hausbewohner alle, doch ja zu diesem Kindlein recht Sorge zu tragen. Denn ein Traum von einer hohen Waldtanne, den sie in dieser Nacht hier gehabt, deute leider darauf hin, wie es diesem armen Kinde bestimmt sei, wenn es einmal zwanzig Jahre alt geworden, sich erhängen zu müssen. Doch lässt sich, schloss das Weib, auch dieses Unheil abwenden, sobald Ihr das Kind von seinem ersten Sprechen und Spielen an nur recht sorgfältig gewöhnet, Alles im Namen Gottes zu beginnen. Die Hausleute säumten nicht, den Rath der Alten treulich zu befolgen; so wurde das Kind in Gottesfurcht auferzogen und wuchs zu einer schönen Jungfrau heran. Niemals hatte man es allein, nie ohne Aufsicht über Feld, nie ohne Begleitung zur Kirche gehen lassen, und ohne Unglück waren seine neunzehn Lebensjahre vorbeigegangen. Am frühen Morgen nun, da sein zwanzigster Geburtstag kam, weckte der Vater sein Kind, hiess es aufstehen und sich ankleiden, damit es mit ihm vom Hause fortgehe, ehe noch Jemand erwacht wäre. Diesen Tag sollte die Tochter mit ihm droben auf dem menschenleeren Berge zubringen, wo keine Gesellschaft und kein Bekanntenbesuch Anlass zu einer unvorhergesehenen Gefahr geben konnte. Der Vater nahm Wein und Brod in das Quersäckchen, die Tochter trug das Körbchen, so giengen sie zusammen im Morgen durch die Bergmatten in den Wald hinauf. Das Mädchen war voll Lebenslust über den unerwarteten Spaziergang. Beim ersten besten Waldbaum blieb sie stehen und mass ihn in ihrem jugendlichen Uebermuth. Ei, welch eine schöne Tanne, rief sie dann frohlockend in einen mächtigen Baum hinauf; ach Vater, auf diese lass mich doch steigen! In Gottes Namen, so geh und steig denn hinauf, sagte der Vater. Aber mitten im Sprunge wendete das Mädchen sich um; ach Vater, sagte sie mit verwundertem Ton, nun kann ich's nicht mehr! Der Mann verstand dieses Wort und dankte Gott still im Herzen. Der ganze Tag vergieng ohne Unfall, nun war die Tochter erst gerettet. (Durch A. Birrcher in Laufenburg.) Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 88 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Gefahren der Fuchsjagd

Source: Gefahren der Fuchsjagd

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Jää, das het mä de scho meh g'heert sägä, der d'Nacht uff d'Jagd z'gah, da syg de nu nid alls sübers, ohni mä heig eppis Gsägnets bi eim. Mängisch tiännt-s'Osterchohlä under ds Buver. Mä het scho meh Byspihli erläbt, dass-nä susch ds Gwehr usänandgsprängt het. Ein Jäger von Attinghausen hatte sich auf der »Fuxätüssi« hinter einer »Steimittschä« (Steinhaufen) versteckt. Da kam ein Füchslein auf die Beize zu, ganz nahe an den lauernden Jäger heran. Dieser besinnt sich nicht lange, legt an, drückt los, und – das Gewehr fliegt in hundert Stücke auseinander und wirft den Schützen Totz über Totz mehrere Klafter weit durch das steile, gefrorene Port hinunter. Sobald der Jäger zur Besinnung kam, sagte er zu sich selber: »Jetz witt doch ga lüegä, ob's der Tyfel nid äu 'putzt heig!« Aber er fand weder Fuchs noch Haar und, als er am hellen Tage noch einmal nachsah, auch nicht einmal das geringste Gspor von einem Fuchs; nur ein unschuldiges Büschelchen Moos lag da regungslos auf dem glänzend weissen Schnee (18./19. Jahrhundert). K. Zgraggen, Seedorf, 82 J. alt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Gefährlich

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  21. Gefährlich In der Nähe von Berg stand einst ein altes, verlottertes "Städeli". In diesem hatte sich ein Mann das Leben genommen; nun hörte man ihn nachts oft rumoren und mit Ketten schrecklich rasseln. Bei Mannsdenken hat's nur noch einer gehört, der vorgab, daß er auch den Bösen nicht fürchte. Zwei Müllerburschen verbargen sich an der Stelle und rasselten mit Ketten. Da aber gab der Held Fersengeld. J. Keller.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 21, S. 14 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Gefährliche Brücken

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Gefährliche Brücken Der Rheinübergang bei Schaffhausen und die Thurbrücke bei Andelfingen wurden in früheren Zeiten stets durch allerlei Spuk unsicher gemacht, und wenige passierten diese Stellen ohne Zittern und Beben. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Winterthur und Weinland Heimatkunde von Winterthur, W. 1887, Nr. 45, S. 122. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Geiger Lux von Buttwil

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Der Geiger Lux (Lukas) hatte auf einer Hochzeit im Luzerner Dorfe Hitzkirch bis nach Mitternacht aufgespielt und machte sich nun zurück in sein Heimatsdorf Buttwil im aargauer Freienamte. Die Nacht war schwarz und der dichte Buchenwald am Lindenberge noch finsterer als sonst, über den ihn sein Heimweg führte. Mitten im Holze liegt der Geissenrain, ein Hügel, in welchem ein Zauberschloss sammt allen Schätzen versunken sein soll. Die paar Glas Hochzeits-Wein, die Lux zu viel getrunken hatte, machten ihn in seinen jetzigen Gedanken verwegener, und so sagte er an dieser Waldstelle: Wüsste ich nur da hinein zu kommen, ich wollte mir wohl die Taschen füllen. „Komm nur gleich mit!“ war darauf die Antwort eines Zwerges, der hier plötzlich vor ihm stand. „Gerade warten jetzt die Herschaften drinnen, und du musst aufspielen," fuhr der Zwerg fort, „aber merk dir's ja, dass du keine freche Forderung machst, wenn sie dich darnach ums Trinkgeld befragen!“ Der Lukas liess sich dies wohl gesagt sein und folgte sogleich seinem kleinen Führer nach. Er hatte in dem ihm wohlbekannten Walde noch nie so schauerliche Pfade gesehen; durchs dichteste Gestäude gieng's mitten hindurch, es bog sich wie bei einem Windstosse auf beiden Seiten aus einander. Zuletzt standen sie vor einem ganz erhellten Thor einer Bergwand. Es that sich vor ihnen auf, um sich rasch hinter ihnen wieder zu schliessen. Durch mehrere geschmückte und kerzenhelle Gemächer gelangten sie in einen weiten Saal, der so herrlich strahlte, als wäre er von einer Sonne erleuchtet. Herren und Frauen in alterthümlicher Tracht wandelten gesellig darinnen umher. Auf einen Wink des Führers begann nun Lux zu spielen, die Versammlung ordnete sich zum Tanze und führte ihn in so zierlicher und anstandsvoller Weise durch, wie der Geiger seiner Lebtage nichts Gleiches gesehen hatte. Auch der Ton seines Instrumentes wurde immer herrlicher, eine ganze Unendlichkeit von Tänzen, einer schöner als der andere, fiel ihm ein, er war zuletzt von sich selber entzückt. Da stellte sich mit einemmale ein hoher Knochenmann vor ihn und fragte, was er als Lohn verlange. Wohlweislich gedachte der Geiger der vorhin erhaltenen Warnung; schweigend griff er daher nach seinem Hut und hielt ihn dem Frager still und ehrerbietig hin. Dieser füllte ihn bis an den Rand mit Kohlen, dann stand auch der Zwerg wieder da und führte sogleich den Geiger zu Saal und Berg hinaus. Draussen war er ganz allein in der Finsterniss und hatte Mühe, seinen alten Fusssteig aufzufinden, ohne seine Geige an den Baumstämmen zu zerschlagen. Endlich erreicht er seine Hütte, und nun erst fühlt er, wie schwer ihm bisher die vermeintlichen Kohlen auf den Kopf gedrückt haben. Er leert sie draussen erbost ins Gras und sucht sein Bette. Spät am andern Tage hat er Ermüdung und Missvergnügen über die schlechte Bezahlung ausgeschlafen. Nun jagt ihn der Hunger aus dem Neste und er will nach Gewohnheit der nächsten Schenke zu. Wie er seinen Hut aufsetzen will, fällt daraus ein schönes Goldstück klingend auf den Boden, das sich im Hutfutter verschlupft hatte. Jetzt versteht er erst die Bescheerung. Gleich lauft er vors Haus, wo er gestern den Hut fluchend ausgeschüttet; hier liegt noch der ganze Haufen - Kohlen. Er geht in den Wald zurück, noch lange sucht er seinen gestrigen Fussweg; er findet auch diesen wieder, aber nie mehr das Thor und das Schloss. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 311 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Geischter zuehe schleipfe

Source: Geischter zuehe schleipfe

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Geischter zuehe schleipfe Zweu jungi Lütli im Toggiburg hei es Hüsli lo baue, a nüt bös gsinnet u Holz vomene alte Hus zum Baue brucht. Das isch lätz cho. Mit em Holz vom alte Hus hei sie i ’s neue e Geischt zuehe gschleipft. Äs isch gsi, wie wenn öpper liess e Bitz Holz uf e Bode gheie. Das isch die ganz Nacht eso gange. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Geischter-Chüeh

Source: Geischter-Chüeh

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E Frau vo Brätzbel verzellt: «Z’nacht, bim e Gwitter sy mer emol us im Dorf hei in d’Sage. Unde-n-im Dorf, im Bammet, näbe der Landstross ha-n-i bi jedim Wätterleichne zwo Chüeh gseh wie bsässe uf enander renne, und doch het me nüt gkört. I ha mi vor Angscht ganz an my Ma drückt. Dä het mi beschwichtiget: «Tue doch nit eso; i ha das scho mehr as einisch gseh.» Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Geist auf dem Firstbaum zieht in das neue Haus. (Wängi ob Bürglen)

Source: Geist auf dem Firstbaum zieht in das neue Haus. (Wängi ob Bürglen)

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»Jä, und hennd'r de nie nytt von'm gmerkt?« frage ich eine ehemalige Bewohnerin dieses Hauses. »Woll, gmerkt hennt-s mier. Wennd alligs d'Müetter i dem Chammerli gwobä het, hem-mer's under'm Wäbstüehl gmerkt. Ja, und ysers Johanni, das hätt äs einisch bald v'rderbt! Das hed i dem Chammerli obä gschlaaffä. Einisch am'nä-n-Abed syg's chu züe-n'm i d's Bett und syg hinder's züechä-n-a d'Wand chu liggä. Und das syg ihm gotzig schwärs und plumpets vorchu. Und gsy syg's yschächalts; ibernatyrli chalts. Und ds Johanni häig die ganz Nacht gfrorä wie-n-ä Hund. Gschnadelet häigs! Am Morget, eppä-n-am Fyfi ummä, syg's düe fort. Und ds Johanni, das isch äs par Tägg gschwulles gsy am Chopf, und hed üssgseh und isch bleichs gsy!« Fr. Nell-Gisler, 52 Jahre alt. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Geist auf dem Heu

Source: Geist auf dem Heu

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Im Obergaden wollte das Ratziger Rosi Heu in die Rischi tun. Da stand auf dem Heu ein grosser Mann mit grauem Bart, wie um es daran zu hindern. Da fing das Rosi an zu lamentieren mit ihm und sagte: »Ich müess zysä-n- und zahlä. Ich müess Platz ha. Ich ha dz Rächt hie.« Was är fir Rächt heig, well äs ihm ai Platz lah. Da machte der Mann Platz, stellte sich neben die Rischi und schaute dem Rosi bei seiner Arbeit zu. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Geist im Bett

Source: Geist im Bett

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Zu einem etwa zehnjährigen Knaben, der es mir vor fünf Jahren als 70jähriger Mann selber erzählt, kam nicht selten des Nachts ein Geist in Gestalt eines grossen Mannes in weissem Hirthemd und legte sich an der Wandseite zu ihm ins Bett. Das ging so lange, bis der Knabe die erste heilige Kommunion empfangen konnte. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Geist im Heutor

Source: Geist im Heutor

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Der alte Beeseler von Meien, ein Zimmermann, der nämliche, der mit dem Wyggämüetterli Bekanntschaft gemacht, zimmerte in der Göscheneralp und übernachtete jeweilen in einem Obergaden im Heu. Eines Abends konnte er gar nicht einschlafen. Da kam »Eines« um 10 Uhr und setzte sich mitten in das Heutor und schaute ihn unverwandt an. Der Beeseler bekam einen furchtbaren Durst, der ständig zunahm. Gerne hätte er den Gaden verlassen, um Wasser zu trinken. »Ä, dä gahsch!« sagte er zu sich. »Nei, dä darfisch doch nit gah!« meinte er wieder, »mä weiss nit, wie's der chennt gah.« Auf einmal nahm er all sein Guräschi zusammen, erhob sich von seinem Heulager und entfernte sich durch das Heutor. Und siehe, es hielt sich zur Seite und liess ihn vorbei. Ungestört konnte er seinen Durst stillen, und auf der Rückkehr machte es ihm wieder Platz. Jetzt konnte er auch bald einschlafen. Emil Baumann-Mutter Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Geist im Ofen

Source: Geist im Ofen

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D'Butzliger-Tonänä-n-im Schmidigbärg het mängisch erzehlt, sy häig alligs »Aeinä-n-im Ofä-n-innä gseh«. Weder miär hättet doch niä nytt chennä sägä, wo-n-ä miär gha hennt, d'r Schmidigbärg. Joder Gisler, 51 Jahre alt, Spiringen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Geist liest Messe

Source: Geist liest Messe

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Oben bei der Teufelsbrücke in Uri hört der Name Reusstal auf, die Fortsetzung heisst nun Göschenertal. Unter den Gletschern und Firnen der Göscheneralp strömen eigentlich die wahren Reussquellen hervor. Anderthalb Stunden vom Dörfchen, wo in alten Zeiten der Reichszoll erhoben wurde, taleinwärts gegen den Dammafirn hin, steht Samiklausen, eine dem heiligen Bischof Nikolaus von Mira einst vom Bischof von Konstanz an den äussersten Grenzen seiner Diözese geweihte Kapelle. Alles Volk im Göschenertal und auf Göscheneralpe sagt dir, und in Urseren hörst du 's bestätigen: Samiklausen ist die älteste Kirche im Kanton Uri. Jetzt ist sie im Zerfall. Hier, wo zuerst in der Gegend das Christentum wurzelte, sollen mit einem Priester Waldbrüder gehaust haben. Nun, zu Sankt Niklausen liegt, wie das Volk behauptet, ein heiliger Leib begraben. Es soll noch nicht viel über hundert Jahre sein, dass eines Morgens früh ein braver Hirtenknabe das Gotteshaus betrat. Ein Priester kam und forderte ihn zum Messdienen auf. Der Knabe tat es mit Freuden. Nach der Messe lud ihn der Geistliche ein, alle Morgen sich zum Messdienen einzufinden, verbot ihm jedoch aufs strengste jemanden etwas davon zu sagen, worauf er verschwand. Der Hirtenknabe hielt Wort und war auch sehr verschwiegen. So bediente er längere Zeit den Priestergeist bei dem heiligen Opfer. Endlich fiel es der Mutter auf, dass ihr Sohn immer zur bestimmten Zeit sich fortbegab und im Zögerungsfalle sehr pressierlich tat. Sie ahnte ein Geheimnis und drang in ihn, aber lange umsonst. Mutterzärtlichkeit löste indessen doch die Zunge. Nun hiess sie den Knaben selber wieder hingehen und messdienen, allein wie er in die Kapelle kam, war alles schon vorüber, der Priester war verschwunden, die Lichter waren ausgelöscht. Er versuchte es wieder und ging des andern Tages früher hin und noch früher, allein immer wenn er kam, war die Messe vorbei, er sah allemal nur noch die rauchenden Kerzen als Beweis des Geschehenen. Hirtenknabe, nachdem er geplaudert, war nicht mehr fähig dem Geiste zur Messe zu dienen.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Geist wird verbannt

Source: Geist wird verbannt

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 Im obern Angelingen (ehemals Mangoldingen) auf den Schattdorferbergen kam es alle Sonn- und Feiertage morgens um vier Uhr an die Stubentüre, riegelte daran und weckte damit die Leute. Wenn sie dann sofort aufstanden, konnten sie »mit Müessä« das Vieh hirten und gelangten rechtzeitig nach Bürglen zum Gottesdienste. Blieben sie aber im Bett, so kam es um halb fünf Uhr wieder und, wenn es sein musste, auch um fünf Uhr, riegelte aber und polterte im letzteren Falle so wacker, dass sie gerne das Bett verliessen. Dann mussten sie sich mit der Fütterung des Viehes tüchtig beeilen und kamen jeweilen trotzdem noch zu spät zur Kirche. Im Gaden belästigte es ihnen das Vieh. Endlich liessen sie den Pfarrhelfer Arnold von Bürglen kommen, dass er ihnen das Gespenst verbanne. Als dieser vor der Gadentüre stand und betete, warf es ihn plötzlich auf den Miststock. Ganz erschrocken fragte er die Leute, ob der Berg auf Bürgler oder Schattdorfer Gebiet liege, und sagte, als es hiess, er liege in der Pfarrei Schattdorf, sie müssten den Pfarrer von Schattdorf fragen, ob er hier amtieren dürfe. Der erlaubte es gerne, und jetzt verbannte der Pfarrhelfer den Geist auf die Russdiele des Berghauses. Da häig-nä-n-äs nu mängisch eppä-n-appä-gguss let, aber dessä tiäg-me-si nyd achttä. Alois Müller, 58 Jahre alt, Bürglen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Geister erscheinen als weisse Flecken

Source: Geister erscheinen als weisse Flecken

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Geister erscheinen als weisse Flecken Ein Bekannter von Trüllmeister-Heich ging spätabends heimzu. Da kam ihm ein Fremder entgegen, den er nach altem Brauch grüsste. - Keine Antwort. Verärgert drehte er sich um und rief dem Unbekannten zu: „He, häsch du kä Schnorre?“ - Doch kaum hatte er das gesagt, war der andere verschwunden, und er selber fühlte, dass ihm etwas auf der linken Schulter sass - etwas wie ein weisser Fleck. Er wischte ihn weg - vergebens. Das seltsame Ding blieb bis zum Moment, wo er über die Schwelle seines Hauses trat. * Baumann in der Breite fuhr eines Abends mit seinem Pferdefuhrwerk durch den Tägernauerwald heimzu. Es dämmerte bereits. Plötzlich standen die Pferde bockstill und liessen sich weder durch Lockungen noch durch Schimpfworte und Peitschenhiebe von der Stelle bewegen. Schliesslich sprang der Bauer ungeduldig vom Wagen und wollte die Tiere an der Halfter führen. In diesem Augenblick schossen sie los. Mit knapper Not konnte sich Baumann noch auf den Wagen schwingen. Die Pferde rasten, ohne anzuhalten, durch das Ried dem Stalle zu. Und der Bauer hatte während der wahnsinnigen Fahrt ständig das unheimliche Gefühl von einem weissen Fleck auf der Schulter. Etwas wie ein Tier, ein Äffchen, sass dort und liess sich trotz aller Versuche weder abstreifen noch abschütteln. Erst vor der Stalltüre hielten die wild atmenden Pferde an. In diesem Moment verschwand auch das geheimnisvolle Etwas von seiner Schulter. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Aus Jakob Zollingers „Herschmettlerchronik“. Das „weisse Ding“, das sich dem Begegnenden auf die Schulter setzt, ist eine lokal abgewandelte Form des „Aufhockergeistes“.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Geister halten auf Reinlichkeit und werden in Krätten transportiert

Source: Geister halten auf Reinlichkeit und werden in Krätten transportiert

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Vom Lutherntale, das sich von Zell im Kanton Luzern bis an den Napf, wo Bern und Luzern scheiden, in Meridianrichtung längs der Luthern dahinschlängelt, zweigt sich hinter dem Dorfe Luthern ein Nebentälchen ab, das auf Nesslisboden oder Scheidegg führt, wo das erwähnte Gewitterunholde haust. Walebach heisst das Tälchen, vom fliessenden Wasser, das es begleitet. Bachaufwärts laufend gelangt man zur Grauflue, in der eine Balm, wo ein „ganzes Senten Platz hätte", sich austieft. Der Boden in dieser Balm - vom lokern Sandfelsen bröselt leicht frischer Sand herab - ist immer wie gefegt. Es wird da keine Unreinlichkeit geduldet, unsichtbare Geisterhände halten Ordnung. Im Lutherthal wissen die Leute ganz bestimmt, welche von jenen Herren in der Stadt, die es mit dem Volke nicht gut gemeint haben, nach dem Tode wandeln mussten und hernach in die Graufluh verbannt und an einen Strick angebunden worden sind. So ward einst einer von dem Beschwörer in einem Kratten dahingetragen. Unterwegs wünschte jemand den Geist zu sehen und musste nun dem Träger über die linke Achseln schauen, worauf er wirklich für diesmal geistersehende Kraft erlangte. Als der kühne Milzjoggi einst in die Höhle ging und den Geistern ausbot, fing es so seltsam an zu rauschen, dass er nicht Lust hatte das Weitere abzuwarten. Ein Gesicht voll „Nüsse" verriet den Leuten sein Wagnis.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Geister im Spitalwald

Source: Geister im Spitalwald

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In früheren Zeiten soll es im Spitalwald nicht geheuer gewesen sein. Man erzählte im Winter anlässlich der Spinneten, dass die Geister im Spitalwald ihre Sitzungen abhielten, und eine Person behauptete, die Stühle gesehen zu haben, auf welche sich die Geister setzten. Im Spitalwald (ob der Kreuzmatte) hatte sich ein Mann gehenkt, und dieser Umstand mag diesen Geistergeschichten Nahrung gegeben haben. Arlesheim Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Geister misshandeln zu Tode

Source: Geister misshandeln zu Tode

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a) Um das Jahr 1336 hat ein Meier zu Sarnen der Welt entsagt und wurde demütiger Sakristan, seine Sünden zu sühnen. Eines Morgens, als er noch beim Dunkel die Matutin läutete, da geriet eine Anzahl verstorbener Menschen über ihn her, rissen ihn vom Läuten weg, misshandelten ihn, der kräftig schrie, und liessen ihn halberwürgt daliegen. So fanden ihn die herbeigeeilten Personen. Er wurde ganz sprachlos und lebte nicht mehr lange.   b) Um 1624 wurde auf Morschach geboren Leonhard Jnderbitzin; 1640 jagte ihn im Wilgis, in benannter Gemeinde, ein Geist zu Tode.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Geister misshandeln zu Tode

Source: Geister misshandeln zu Tode

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a) Um das Jahr 1336 hat ein Meier zu Sarnen der Welt entsagt und wurde demütiger Sakristan, seine Sünden zu sühnen. Eines Morgens, als er noch beim Dunkel die Matutin läutete, da geriet eine Anzahl verstorbener Menschen über ihn her, rissen ihn vom Läuten weg, misshandelten ihn, der kräftig schrie, und liessen ihn halberwürgt daliegen. So fanden ihn die herbeigeeilten Personen. Er wurde ganz sprachlos und lebte nicht mehr lange.   b) Um 1624 wurde auf Morschach geboren Leonhard Jnderbitzin; 1640 jagte ihn im Wilgis, in benannter Gemeinde, ein Geist zu Tode.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Geister wollen Arbeit

Source: Geister wollen Arbeit

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Einst kam der Prior mit Geistern, die er im Tiärtossen verbannen wollte, in sein Prioratshaus. Er ging für einen Augenblick in die Nebenstube, um ein Buch zu holen. Wie er zurückkam, hatten die Geister schon die grosse Ofenplatte abgelüpft und waren daran, den Ofen wegzureissen. Alle schrien ihm entgegen: «Wir wollen Arbeit!» Darauf meinte der Prior: «Ich will euch schon Arbeit geben», und er leerte einen Sack voll Korn auf die Diele. «Jetzt könnt ihr die Körnlein auflesen!» Er überliess sie in dieser Tätigkeit und ging weg. Bald kam er reisefertig zurück und fragte: «Habt ihr alles aufgelesen?» - «Ja, bis an eines, das ihr unter dem Fingernagel habt. Das konnten wir am geweihten Finger nicht holen!» LÖTSCHEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Geister, von einem Kapuziner verbannt

Source: Geister, von einem Kapuziner verbannt

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Hinter Gsteig im Saanerlande ist eine wüste, mit zahllosen Felsblöcken wild besäte Stelle "in den grossen Steinen" benannt. Ehemals hausten hier böse Geister. Lange trieben sie ihr Unwesen, da kam endlich ein Kapuziner in jene Gegend, der zu Salamanca das Geisterbannen gelernt hatte. Flehentlich gingen diesen die Bewohner von Gsteig an, dass er sie von der gefährlichen und unheimlichen Nachbarschaft befreie. Nach langem Zögern willigte der fremde Kapuziner in das Wagestück und begab sich nach der Stätte, von welcher er die Geister auf ewig verbannen sollte. Von einem Kalkfelsen herab begann er, seine Bannformeln, heilige Worte und heilige Zeichen, den Geistern entgegen zu schleudern. Ihrer Macht aber waren sie nicht kräftig genug; wild stürmten sie gegen den Felsen an, auf welchem der Beschwörer stand, und suchten mit aller Kraft ihm denselben unter den Füssen hinweg zu reissen. Kaum dass der fromme Vater diesem Kampf Stand halten konnte; aber immer fester trat sein Fuss auf, tief in den Felsen sich bohrend, der unter ihm schon zu wanken begann - da noch eine Beschwörungsformel, die kräftigste von allen, und siehe, die Geister wichen für ewig. Der Fusseindruck des Paters aber ist heute noch auf jenem Felsen zu sehen. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Geistergeschichte vom Hanig

Source: Geistergeschichte vom Hanig

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Amal ist an Eister, der nach Grächu z'schiner Liebsti wellu hät, uf der Hanig-Alpa b'nachtet. Da hät er g'hört hell pfiffu. In ner Meinig, es syge Holzlüt, hät er mu entgegu gipfifot. D'ruf hät's wieder entgegu gipfifot, aber viel nähjer hät-nu giducht, als derfir: Noch immer ist er der Meinig g'si, es si Hirta oder Holzlüt, hät er nochmal a helle Pfiff lan gah. D'ruf hät's so hell und starch gipfifot, dass s'mu durch March und Bei ist g'gangu und z'ringum, im Berg und Tal erbellt hät, und mu fürchon ist, as wes hert an ihm wäri. Wie er zum Staful-Türli chon ist, da hät's-mu gibeitot, da is as Wättig's g'si, aber in ar leidu G'stalt, wie as Lütji, das kei Chopf hätti. Wie er nu schi Weg vorwärts g'gangu-n-ist, häts-mu schich immer zer Situ g'häbet, und etwas g'flammot, aber nit starch; und so is mit ihm g'gangu bis unter's Chriz, wa er us-um Alpweg gitretun ist und ufum Nebuweg i schis Guot g'gangu-n-ist; da hät's-mu so starch g'fürot und g'flammot, dass er an ganze Stuck wit in der Lütri du Weg guot g'seh hät. Aber z'ruck hät er nimme dörfu lotzu — das ist-mu nü drum g'si.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Geisterhafter Schimmel (Giebenach)

Source: Geisterhafter Schimmel (Giebenach)

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Nachts spät ging ein Mann von Augst nach Giebenach. Bei der Sandgrube hörte er vor sich ein Pferd galoppieren, und er sah einen gezäumten Schimmel. Da fing der Mann zu laufen an und wollte ihn halten, denn er dachte, er müsse jemand entlaufen sein. Aber wie er nach dem Zaum greifen wollte, war der Schimmel verschwunden. Giebenach Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Geisterhaftes Pferd

Source: Geisterhaftes Pferd

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«Specielles über das alte Schloss war nicht viel zu erfahren. Dass überhaupt noch Geister an diesen Stätten umgehen sollen, und erst vor einigen Jahren ein Mann von Giebenach oben auf dem Bergübergang ein gezäumtes Pferd angetroffen und es ein Stück weit geführt habe, und dass dasselbe als er beim Betzeitläuten: "Helf is Gott!" gesagt, verschwunden sei, ist Alles, was zu hören war.» Füllinsdorf Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Geistermauer auf der Eck

Source: Geistermauer auf der Eck

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Der Fussweg, der von Hecken nach Hornussen geht, führt über einen geringen Berg, auf dessen Höhe schon manche Leute eine ganze Geisterschaar erblickt haben. Als einst ein Mann von Sulz hier auf der Eck ankam, schien eine schwarze Mauer in weitem Umkreis den Weg zu umziehen, und bei jedem Schritte vorwärts ihn immer mehr und mehr einzuengen. Er kam darüber so von Sinnen, dass er über den Hügel Murbis durch wildestes Gestrüppe und Dornenwerk hinab gerieth und plötzlich sich auf einem Strohdach fand, auf welches er unbegreiflicherweise gekommen war. Ein alter Mann von Uecken, der nach Betzeit ebenfalls über die Eck heim wollte, wurde gleichfalls bald von jenen Geistern auf dem Felde umher gejagt, bald von jener furchtbaren Mauer eingeengt und gequält. Als er im Morgengrauen endlich heimgefunden hatte, vermochte er seine Leute nicht einmal mehr zu grüssen, er wälzte sich auf dem Stubenboden bis zum Hühnergitter, und biss ein hölzernes Stenglein dran entzwei. Die Seinen erschraken, sie rissen ihm den Rock auf und schmissen alle seine Kleider vor das Haus unter die Dachrinne. Sowie er entkleidet war, konnte er wieder aufstehen und sprach: Der Teufel hat mich furchtbar gewürgt; er sass mir in der Rocktasche; gebt mir nur schnell Brod zu essen! Ein anderer Frickthaler-Bauer hatte sich von Hornussen Nachts um zwei Uhr auf den Weg gemacht, um andern Tags bei Zeiten im Stifte zu Schönenwerth seine österliche Andacht zu verrichten. Sein nächster Weg führte ihn über die Eck. In dieser ihm wohlbekannten Gegend verirrte er sich gänzlich, lief bis in die Gegend Weid, suchte da die Richtung nach Herznach einzuschlagen, kreuzte aber seinen vorigen Irrweg noch einmal und gerieth gegen seinen Plan durch die Waldung Buhalde hinab; da aber sah er zu seiner Verwunderung sein Dorf wieder vor sich liegen. Nun war's bald Messezeit und nach Schönenwerth lange zu spät. So weit hatte ihn der höllische Feind herumgeritten. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 173 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Geistermauer in Endingen

Source: Geistermauer in Endingen

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In dem Theil der Endinger-Bünte, der sich ins Dorf erstreckt, muss ein armer Sünder spuken, weil er hier die Grenzsteine verrückt hatte, seine Hände sind brandschwarz, wie sie schon bei seinem Tode geworden waren. Als hier ein Mann Nachts durch die Wiese wollte, entstand ein grosser Hag vor seinen Augen, der ihm nach allen Seiten den Weg versperrte, und als er durch eine Nebengasse hindurch zu kommen trachtete, wehrte ihm eine anwachsende Mauer den Eintritt. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 173 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Geistermesse im Kloster Seedorf

Source: Geistermesse im Kloster Seedorf

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Als einst eine Klosterfrau oder eine Klostermagd in den Sodbrunnen neben der Klosterkirche hinuntergefallen, soll sie drunten einen Priester gesehen haben, der an einem Altar die heilige Messe las, und auf dem Altar haben zwei Kerzen gebrannt. In Kriegszeiten haben die Klosterinsassen auch einmal in einem unterirdischen Raum die Monstranz mit dem Hochwürdigsten versteckt, und zwei Klosterfrauen hielten dabei Anbetung. Noch jetzt sollen 6 Kerzen vor demselben brennen und die zwei Klosterfrauen betend die Ehrenwache halten, wie an jenem Tage. Aber den Raum findet doch niemand. Paulina Brücker-Zwyssig; Nikolaus Albert u.a. Ja, unter dem Kloster Seedorf ist eine unterirdische Kapelle; da am Altar steht ein Priester, und da bleibt er und der Ministrant auch. Würde man vom Schloss Apro durch den unterirdischen Gang gegen das Kloster hinauf gehen, so würde man zu dieser Kapelle kommen. Karl Gisler Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Geistermesse in Altdorf

Source: Geistermesse in Altdorf

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Als eines Morgens früh der Sigrist von Altdorf, der zu beten läuten wollte, die Kirchtüre öffnete, stand am Hochaltar ein Priester im Ornat und las Messe, verschwand aber sofort nach seinem Eintritt. Jost Aschwanden, 90. J. alt. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Geistermesse in Schattdorf

Source: Geistermesse in Schattdorf

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In der Pfarrkirche zu Schattdorf entschlief eines Abends ein Altardiener. Um Mitternacht erwachte er und sah einen Geistlichen im Messgewand »iber Alter gah«, um Messe zu lesen. »Eh nu«, dachte er, »isch etz scho Friëhmäss?« und ging in den Chor und diente dem Geistlichen bis zu Ende der heiligen Handlung. Da dankte ihm dieser mit grosser Herzlichkeit und sagte: »Jetzt hast du mich erlöst. Wegen einer einzigen heiligen Messe musste ich hier wandlen. Gehe und sage deinem Pfarrer, du habest eine arme Seele erlöst.« Frau Gamma-Gamma, 80 J. alt. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Geistermesse zu Sankt Jakob

Source: Geistermesse zu Sankt Jakob

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Es war sehr früh am Morgen, als ein frommer Mann von Flüelen, den der Vater meiner 85 Jahre alten Erzählerin noch gekannt hat, sich nach Altdorf begab, um bei den ehrwürdigen Vätern im Kapuzinerkloster die Andacht zu machen. In der Kapelle Sankt Jakob am Riedweg bemerkte er Licht. Darüber erstaunt, öffnete er die Türe und schaute in das Gotteshaus hinein. Zu seiner Verwunderung standen zu dieser ungewohnten Stunde Priester an den drei Altären und lasen die heilige Messe; von keinem derselben konnte er den Kopf sehen; es machte den Anschein, als hätten sie alle ihr Haupt tief nach vorn geneigt. Ein eigentümlicher Schauer erfasste den biedern Flüeler. Er verliess den geheimnisvollen Ort. In diesem Augenblick ging ein leises Schluchzen durch das Gotteshaus. Der Flüeler beeilte sich nun, das Kloster zu erreichen, und erzählte dort einem Pater sein jüngstes Erlebnis. Dieser belehrte ihn, dass er der ganzen heiligen Messe hätte beiwohnen sollen; er würde in diesem Falle die drei Priester erlöst haben, die bei seinem Weggang so geweint haben. Frau Lussmann-Infanger, Flüelen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Geisterschafe

Source: Geisterschafe

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An der Landstrasse steht neben einem Bauernhaus ein Dorfbrunnen. Oft kommt nachts um zwölf Uhr eine grosse Schar Schafe hinten vom Wald her. Es sind grosse und kleine, die sich da zum Brunnen drängen und Wasser trinken. Nachher kehren sie wieder um und verschwinden in diesem Augenblicke. Giebenach Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Geisterschlacht

Source: Geisterschlacht

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Anno 1531 sah man in der Gegend von Uri und Schwyz am Himmel zwei Armeen gegen einander streiten und auf dem See nahm man ganze Schiffe voll unbekannter Kriegsleute mit den Pannern der fünf Orte wahr, und dann verschwanden sie. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Geisterschlachten

Source: Geisterschlachten

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a) Anno 1531 sah man in der Gegend von Uri und Schwyz am Himmel zwei Armeen gegen einander streiten und auf dem See nahm man ganze Schiffe voll unbekannter Kriegsleute mit den Bannern der fünf Orte wahr und dann verschwanden sie. In Unterwalden sah man viel Kriegsvolk mit Landesbanner gegen den Brünig hinziehen.   b) Während den drei Jahren 1798—1800 war das stille, entlegene Muotathal wiederholt der Schauplatz blutiger Kriegsgräuel. Schon ein halbes Jahr vor dem Beginn dieser Ereignisse hörte man dort öfters anhaltenden Kanonendonner, ohne zu wissen wo, doch ganz in der Nähe. Während der Nacht wurden hin und wieder zahlreiche Wachtfeuer gesehen. Bisweilen gab sich fürchterliches Geheul, wie von schmerzhaft leidenden Menschen kund.   c) Wo die Krieger des Wildenburgers ob Baar gegen die vereinte Mannschaft des Grafen von Toggenburg und des Freiherrn von Wädenswil am roten Bache blutig gestritten haben und grossenteils umgekommen sind, sah man lang hernach „vil gespenster in Ross und Küohgestalt schreiend!"   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Geisterschlachten

Source: Geisterschlachten

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a) Anno 1531 sah man in der Gegend von Uri und Schwyz am Himmel zwei Armeen gegen einander streiten und auf dem See nahm man ganze Schiffe voll unbekannter Kriegsleute mit den Bannern der fünf Orte wahr und dann verschwanden sie. In Unterwalden sah man viel Kriegsvolk mit Landesbanner gegen den Brünig hinziehen.   b) Während den drei Jahren 1798—1800 war das stille, entlegene Muotathal wiederholt der Schauplatz blutiger Kriegsgräuel. Schon ein halbes Jahr vor dem Beginn dieser Ereignisse hörte man dort öfters anhaltenden Kanonendonner, ohne zu wissen wo, doch ganz in der Nähe. Während der Nacht wurden hin und wieder zahlreiche Wachtfeuer gesehen. Bisweilen gab sich fürchterliches Geheul, wie von schmerzhaft leidenden Menschen kund.   c) Wo die Krieger des Wildenburgers ob Baar gegen die vereinte Mannschaft des Grafen von Toggenburg und des Freiherrn von Wädenswil am roten Bache blutig gestritten haben und grossenteils umgekommen sind, sah man lang hernach „vil gespenster in Ross und Küohgestalt schreiend!"   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Geisterschlachten

Source: Geisterschlachten

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a) Anno 1531 sah man in der Gegend von Uri und Schwyz am Himmel zwei Armeen gegen einander streiten und auf dem See nahm man ganze Schiffe voll unbekannter Kriegsleute mit den Bannern der fünf Orte wahr und dann verschwanden sie. In Unterwalden sah man viel Kriegsvolk mit Landesbanner gegen den Brünig hinziehen.   b) Während den drei Jahren 1798—1800 war das stille, entlegene Muotathal wiederholt der Schauplatz blutiger Kriegsgräuel. Schon ein halbes Jahr vor dem Beginn dieser Ereignisse hörte man dort öfters anhaltenden Kanonendonner, ohne zu wissen wo, doch ganz in der Nähe. Während der Nacht wurden hin und wieder zahlreiche Wachtfeuer gesehen. Bisweilen gab sich fürchterliches Geheul, wie von schmerzhaft leidenden Menschen kund.   c) Wo die Krieger des Wildenburgers ob Baar gegen die vereinte Mannschaft des Grafen von Toggenburg und des Freiherrn von Wädenswil am roten Bache blutig gestritten haben und grossenteils umgekommen sind, sah man lang hernach „vil gespenster in Ross und Küohgestalt schreiend!"   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Geisterspuk in der Altjahrnacht

Source: Geisterspuk in der Altjahrnacht

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Wanderer, ich rate dir gut, gehe nicht in der Altjahrnacht auf der Strasse nahe der «Gnüsswand» vorbei! Solltest du auch an deinem Leibe keinen Schaden nehmen, so würde dir doch ein entsetzlicher Schreck zuteil, der dir Fleisch und Bein erzittern machte, vielleicht in deinen Gliedern bliebe, solange du lebst. Wenn in der letzten Jahresnacht in den Kirchdörfern im Tal der Linth die Glocken beim Scheiden des alten Jahres läuten und hier friedliche Stille zu herrschen scheint (denn man hört dort hinten die Glocken nicht), dann fängt ein Raunen und Summen, ein Zischen und Schreien im Innern des Berges an. Wenn dann nach Mitternacht die Glocken das neue Jahr einläuten, dann kommt’s hervor aus den Felslöchern und Spalten der «Gnüsswand»: Schaurige Gestalten mit Menschenköpfen und Krallen an Händen und Füssen, wie mit Fledermausflügeln sich durch die Luft bewegend. Andre fliegen mit ihren grauweissen Mänteln wie mit Flügeln durch die Nacht. Dazwischen siehst du fliegende Molche, Drachen und Basilisken, alles in wirrem Durcheinander. Ihre Augen sprühen Feuer, ihre Rachen hauchen schweflige Dünste, und aus ihren Mäulern tropft Geifer. Das eine Mal fliegt das wilde Heer gegen Altenoren und zurück, dann gegen das Tierfehd, um gleich mit schauderhaftem Geschrei wiederzukehren. Der Wanderer bleibt wie angewurzelt stehen, denn der Schreck lähmt ihm die Glieder. Er kann nicht weitergehen, immer muss er nur schauen. Er wagt auch nicht umzukehren, aus Furcht, die Ungeheuer könnten ihn im Rücken angreifen. So muss er an die Stelle gebannt stehen, bis in der Talkirche die Turmuhr die erste Stunde des neuen Jahres schlägt. Nun erst kann der Wanderer weiter seiner Wege gehen, wenn nicht der Schrecken seine Glieder völlig gelähmt hat, dass er etwa gar hilflos noch lange am Wege liegenbleiben muss. Woher kommt nur dieses schaurige Treiben der Geister in der Silvesternacht? Über die Ursache weiss die Sage Aufschluss. Vor urdenklich langer Zeit wohnten hinten im Linthtal rohwilde Menschen, rechte Wildleute. Sie wussten nichts von der Liebe zu den andern. Am wenigsten aber achteten sie des Schmerzes der stummen Kreatur. Das Vieh, obschon es ihnen Speise gab, misshandelten sie, schlugen es mit Stöcken und Fusstritten und liessen es auch sonst darben. Da kam das Unheil und die harte Strafe. Nachdem im vorhergehenden Winter unerhört viel Schnee gefallen war, bereitete eine ungeheure Lawine ihren Sturz zu Tal vor. Das Vieh hatte Witterung davon und floh auf die seitlichen Höhen. Die Wildleute aber wurden mit Blindheit geschlagen und alle unter der Lawine begraben. Die Leiber fanden hier ihr kaltes Grab. Ihre Seelen aber müssen zur Strafe für ihre Untaten, ohne menschliche Sprache, mit teilweise tierischem Aussehen und ebensolchen Gewohnheiten bei Molchen und Drachen in der Tiefe des Berges hausen. Nur einmal im Jahre, eben in der Altjahrnacht, dürfen sie den Ort ihres einstigen Wirkens schauen. Wenn einst im Umkreis von drei Stunden ein weisser Stier zur Welt kommt, dann wird der Zauber gebrochen sein, und diese armen Seelen werden nach vielhundert Jahre langer Busse endlich ihre Ruhe finden. Einige erzählen, das verschont gebliebene Vieh der Wildleute sei von gütigen Menschen aus dem Tale zuhanden genommen worden, welchen es einen sonst nie erreichten Nutzen brachte. Einem von ihnen sei im Traum ein Zauberspruch gesagt worden, mit der Weisung, wenn er diesen an Sohn und Enkel weitergebe, so werde nach hundert Jahren der Bann gelöst sein. Der habe aber den Spruch vergessen, sei selbst unter die Lawine der Wildwüste gekommen und getötet worden. Der Zauber über die Seelen der Wildleute sei deshalb bis heute ungelöst geblieben. Wer aber nicht an den Zauber der alten Geistersagen glaubt, der mag in der Altjahrnacht wie sonst an der «Gnüsswand» vorübergehen und wird nichts sehen als das dämmrige Dunkel der Felsen und Gebüsche und nichts hören als das Rauschen der nahen Linth und das Murmeln der Felix-und-Regula-Quelle. Die tiefe Ruhe, die sonst hier herrscht, wird auf ihn ergreifend wirken in dem von himmelanstrebenden Bergen umschlossenen Alpental.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Geistertanz

Source: Geistertanz

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Als eines Abends der Beerdli-Sepp im Gwüest zum Gaden ging um zu hirten, kam er an einem Schlätterhüsli vorbei, und das war von innen erleuchtet, und drinnen in der Stube war Volk. Die einen sassen am Tische, die andern tanzten zur Musik, all i dä 'pläiktä-n- und gsterktä Hämmlänä. Er aber liess sie tanzen und ging seines Weges vorwärts. Peter Ant. Gamma, 50 Jahre alt, Göscheneralp Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Geldscheisser

Source: Geldscheisser

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Ein Schächentaler hätte gerne einen Geldscheisser gehabt. Da sagten ihm einige Freunde, beim Lehn vor Trudelingen in einem Schuttloch habe es welche. Nun an einem Spätherbsttage nach Martini, da gewiss alles Getier sich schon verkrochen hatte, guckte er einmal in das genannte Loch hinunter und erblickte richtig so einen rotbauchigen Molch, der ihn anglotzte. Die Sache gefiel ihm aber nicht, und mehrere Personen, denen er davon erzählte, mutmassten, das sei der Böse. Karl Brücker, Bürglen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Geldsonnen

Source: Geldsonnen

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a) Ungefähr in der Mitte der alten Grafschaft Willisau und des Wiggertales am Fusse eines frohmütigen Hügels liegt von saftigem Wiesengrund umgeben und von fruchtbaren Obstbäumen überschattet das Dorf Alberswil, zum Kirchgänge Ettiswil gehörend. Junge, freche Burschen aus einem daselbst noch vorhandenen Geschlechte beschlossen den Schatz, welchen der Teufel bei der alten Burg, die oben auf dem Schlossberge weithin das Tal beherrscht, am heiligen Karfreitag alljährlich an die Sonne ausbreitet, durch gewisse Zaubermitte zu gewinnen. Auf einem Wagen fuhren sie zur Ruine hinauf und trafen daselbst statt des Obersten der Teufel nur ein kleines Teufelein an, das sich soeben mit dem Schätzesonnen beschäftigte. „Wo ist Luzifer?" fragten die kühnen Menschenkinder. „Nach Zürich ist er gereist, ein reicher Herr will dort verenden," erhielten sie zur Antwort. Da, (ich weiss nicht, haben sie etwas nicht recht gemacht, oder hat die Sage nicht den ganzen Hergang in Erinnerung behalten) fuhr der Wagen samt den lüsternen Burschen in Blitzeseile wieder bergab. An der Berghalde fand man ihre Leichen zerstreut umherliegen.   b) Ein dreijähriges Büblein kam einmal zufällig bei seinem Spiel vom Dorf zum alten Schloss hinauf. Da lag an der hellen, warmen Sonne ein grosser Hund neben einer Wanne, die mit Korn gefüllt war. Büblein hatte auch seine Freude daran und nahm ein Händchen voll Körner mit. Daheim will es der Mutter dieselben zeigen. Ei, wie glitzerten sie! Es war so hübsches Geld. Sie fragten nun das Kind aus und erfuhren von ihm, beim Kernendodi auf der Burg habe es die schönen Dinger bekommen. Man hiess es nochmals solche Körner holen, aber Hund und Wanne waren verschwunden.   c) Ritter Kuno von Kastelen war ein habsüchtiger Mann, der einst an einem Freitag mit dem Teufel ein Bündniss schloss und ihm seine Seele verschrieb, wenn er ihn zum reichsten Mann in der Gegend mache. Der Teufel erschien in Zwergengestalt, mit Knotenstock, Bocksfuss und Bärenmütze, um die Hörner zu verdecken. - Alle Gesteine und Holzblöcke im Hofraum der Burg, verwandelten sich nun in Gold, so glitzernd, dass der Ritter daran erblindete und er sich voll Unmut dem Zwerg in die Arme warf. Sofort wurde er von ihm fortgetragen und verschwand für immer. Die Schätze aber versanken in die Erde. Alljährlich am Karfreitag zur Mittagsstunde kommt etwas davon ans Tageslicht und zwar in Holz- oder Steingestalt. Wem es gelingt, davon zu erhaschen, soll den Stoff nach Hause nehmen und sieben Tage lang in finsterer Truhe liegen lassen, so wird er ihn am Ende der Frist als gediegenes Gold antreffen.   d) Das Geldsonnen sah auf der Furrenmatte bei Einsiedeln ein altes Weib und sagt `s daheim. Als man nachsieht, war alles verschwunden.   e) Bei den drei Kreuzen zu Hurden gingen Walfahrer vorbei und sahen gelbes, glänzendes Laub liegen. Sie nahmen ‘s in den Sack und zu Rapperswil schauten sie danach. Welche Freude, es war Gold. Das Gold drängt nämlich zu Zeiten ans Sonnenlicht empor und der Glückliche, der das sieht, ist geborgen.   f) Zwischen Schönbächli und Ruhstall kommt ein Geissbub zu einem Kreuzweg, sieht schöne glatte Steinblättli, spielt damit und wirft sie den Geissen nach. Nur wenige nimmt er in den Sack, kommt heim und geht abends zu Bett ohne weiter daran zu denken. Da will ihm seine Mutter die zerrissenen Hosen flicken und wundert sich über die Schwere derselben. Beim Nachsehen findet sie Goldstücke im Sacke und sagt 's dem Vater. Der Bub, zur Rede gestellt, leugnet zuerst und erzählt dann, wie es ihm gegangen. Dann begaben sie sich mit dem Gold ins Kloster zum „Wechsel", d. h. dort wo im Stift Geld gewechselt wurde. Es waren noch zwei Stücke, eines 15, das andere 20 Taler. Gleich wollte der Bub wieder auf jenen Platz, aber es waren nur noch Steinplatten da, kein Gold mehr.   g) Die gespenstige Frau zu Stampfisbach bei Wollerau verlangt, um selig zu werden, acht Messen, jede mit acht brennenden Kerzen. Dafür will sie das im Wald von ihr vergrabene Gold dem Retter überlassen.   h) Am Karfreitag, während in der Kirche zu Baar bei Zug die Passion gesungen wird, legt der Teufel auf Wildenburg sein Geld an die Sonne und wer zur rechten Zeit kommt, kann davon nehmen, so viel ihm beliebt.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Geldsonnen

Source: Geldsonnen

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a) Ungefähr in der Mitte der alten Grafschaft Willisau und des Wiggertales am Fusse eines frohmütigen Hügels liegt von saftigem Wiesengrund umgeben und von fruchtbaren Obstbäumen überschattet das Dorf Alberswil, zum Kirchgänge Ettiswil gehörend. Junge, freche Burschen aus einem daselbst noch vorhandenen Geschlechte beschlossen den Schatz, welchen der Teufel bei der alten Burg, die oben auf dem Schlossberge weithin das Tal beherrscht, am heiligen Karfreitag alljährlich an die Sonne ausbreitet, durch gewisse Zaubermitte zu gewinnen. Auf einem Wagen fuhren sie zur Ruine hinauf und trafen daselbst statt des Obersten der Teufel nur ein kleines Teufelein an, das sich soeben mit dem Schätzesonnen beschäftigte. „Wo ist Luzifer?" fragten die kühnen Menschenkinder. „Nach Zürich ist er gereist, ein reicher Herr will dort verenden," erhielten sie zur Antwort. Da, (ich weiss nicht, haben sie etwas nicht recht gemacht, oder hat die Sage nicht den ganzen Hergang in Erinnerung behalten) fuhr der Wagen samt den lüsternen Burschen in Blitzeseile wieder bergab. An der Berghalde fand man ihre Leichen zerstreut umherliegen.   b) Ein dreijähriges Büblein kam einmal zufällig bei seinem Spiel vom Dorf zum alten Schloss hinauf. Da lag an der hellen, warmen Sonne ein grosser Hund neben einer Wanne, die mit Korn gefüllt war. Büblein hatte auch seine Freude daran und nahm ein Händchen voll Körner mit. Daheim will es der Mutter dieselben zeigen. Ei, wie glitzerten sie! Es war so hübsches Geld. Sie fragten nun das Kind aus und erfuhren von ihm, beim Kernendodi auf der Burg habe es die schönen Dinger bekommen. Man hiess es nochmals solche Körner holen, aber Hund und Wanne waren verschwunden.   c) Ritter Kuno von Kastelen war ein habsüchtiger Mann, der einst an einem Freitag mit dem Teufel ein Bündniss schloss und ihm seine Seele verschrieb, wenn er ihn zum reichsten Mann in der Gegend mache. Der Teufel erschien in Zwergengestalt, mit Knotenstock, Bocksfuss und Bärenmütze, um die Hörner zu verdecken. - Alle Gesteine und Holzblöcke im Hofraum der Burg, verwandelten sich nun in Gold, so glitzernd, dass der Ritter daran erblindete und er sich voll Unmut dem Zwerg in die Arme warf. Sofort wurde er von ihm fortgetragen und verschwand für immer. Die Schätze aber versanken in die Erde. Alljährlich am Karfreitag zur Mittagsstunde kommt etwas davon ans Tageslicht und zwar in Holz- oder Steingestalt. Wem es gelingt, davon zu erhaschen, soll den Stoff nach Hause nehmen und sieben Tage lang in finsterer Truhe liegen lassen, so wird er ihn am Ende der Frist als gediegenes Gold antreffen.   d) Das Geldsonnen sah auf der Furrenmatte bei Einsiedeln ein altes Weib und sagt `s daheim. Als man nachsieht, war alles verschwunden.   e) Bei den drei Kreuzen zu Hurden gingen Walfahrer vorbei und sahen gelbes, glänzendes Laub liegen. Sie nahmen ‘s in den Sack und zu Rapperswil schauten sie danach. Welche Freude, es war Gold. Das Gold drängt nämlich zu Zeiten ans Sonnenlicht empor und der Glückliche, der das sieht, ist geborgen.   f) Zwischen Schönbächli und Ruhstall kommt ein Geissbub zu einem Kreuzweg, sieht schöne glatte Steinblättli, spielt damit und wirft sie den Geissen nach. Nur wenige nimmt er in den Sack, kommt heim und geht abends zu Bett ohne weiter daran zu denken. Da will ihm seine Mutter die zerrissenen Hosen flicken und wundert sich über die Schwere derselben. Beim Nachsehen findet sie Goldstücke im Sacke und sagt 's dem Vater. Der Bub, zur Rede gestellt, leugnet zuerst und erzählt dann, wie es ihm gegangen. Dann begaben sie sich mit dem Gold ins Kloster zum „Wechsel", d. h. dort wo im Stift Geld gewechselt wurde. Es waren noch zwei Stücke, eines 15, das andere 20 Taler. Gleich wollte der Bub wieder auf jenen Platz, aber es waren nur noch Steinplatten da, kein Gold mehr.   g) Die gespenstige Frau zu Stampfisbach bei Wollerau verlangt, um selig zu werden, acht Messen, jede mit acht brennenden Kerzen. Dafür will sie das im Wald von ihr vergrabene Gold dem Retter überlassen.   h) Am Karfreitag, während in der Kirche zu Baar bei Zug die Passion gesungen wird, legt der Teufel auf Wildenburg sein Geld an die Sonne und wer zur rechten Zeit kommt, kann davon nehmen, so viel ihm beliebt.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Geldsonnen

Source: Geldsonnen

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a) Ungefähr in der Mitte der alten Grafschaft Willisau und des Wiggertales am Fusse eines frohmütigen Hügels liegt von saftigem Wiesengrund umgeben und von fruchtbaren Obstbäumen überschattet das Dorf Alberswil, zum Kirchgänge Ettiswil gehörend. Junge, freche Burschen aus einem daselbst noch vorhandenen Geschlechte beschlossen den Schatz, welchen der Teufel bei der alten Burg, die oben auf dem Schlossberge weithin das Tal beherrscht, am heiligen Karfreitag alljährlich an die Sonne ausbreitet, durch gewisse Zaubermitte zu gewinnen. Auf einem Wagen fuhren sie zur Ruine hinauf und trafen daselbst statt des Obersten der Teufel nur ein kleines Teufelein an, das sich soeben mit dem Schätzesonnen beschäftigte. „Wo ist Luzifer?" fragten die kühnen Menschenkinder. „Nach Zürich ist er gereist, ein reicher Herr will dort verenden," erhielten sie zur Antwort. Da, (ich weiss nicht, haben sie etwas nicht recht gemacht, oder hat die Sage nicht den ganzen Hergang in Erinnerung behalten) fuhr der Wagen samt den lüsternen Burschen in Blitzeseile wieder bergab. An der Berghalde fand man ihre Leichen zerstreut umherliegen.   b) Ein dreijähriges Büblein kam einmal zufällig bei seinem Spiel vom Dorf zum alten Schloss hinauf. Da lag an der hellen, warmen Sonne ein grosser Hund neben einer Wanne, die mit Korn gefüllt war. Büblein hatte auch seine Freude daran und nahm ein Händchen voll Körner mit. Daheim will es der Mutter dieselben zeigen. Ei, wie glitzerten sie! Es war so hübsches Geld. Sie fragten nun das Kind aus und erfuhren von ihm, beim Kernendodi auf der Burg habe es die schönen Dinger bekommen. Man hiess es nochmals solche Körner holen, aber Hund und Wanne waren verschwunden.   c) Ritter Kuno von Kastelen war ein habsüchtiger Mann, der einst an einem Freitag mit dem Teufel ein Bündniss schloss und ihm seine Seele verschrieb, wenn er ihn zum reichsten Mann in der Gegend mache. Der Teufel erschien in Zwergengestalt, mit Knotenstock, Bocksfuss und Bärenmütze, um die Hörner zu verdecken. - Alle Gesteine und Holzblöcke im Hofraum der Burg, verwandelten sich nun in Gold, so glitzernd, dass der Ritter daran erblindete und er sich voll Unmut dem Zwerg in die Arme warf. Sofort wurde er von ihm fortgetragen und verschwand für immer. Die Schätze aber versanken in die Erde. Alljährlich am Karfreitag zur Mittagsstunde kommt etwas davon ans Tageslicht und zwar in Holz- oder Steingestalt. Wem es gelingt, davon zu erhaschen, soll den Stoff nach Hause nehmen und sieben Tage lang in finsterer Truhe liegen lassen, so wird er ihn am Ende der Frist als gediegenes Gold antreffen.   d) Das Geldsonnen sah auf der Furrenmatte bei Einsiedeln ein altes Weib und sagt `s daheim. Als man nachsieht, war alles verschwunden.   e) Bei den drei Kreuzen zu Hurden gingen Walfahrer vorbei und sahen gelbes, glänzendes Laub liegen. Sie nahmen ‘s in den Sack und zu Rapperswil schauten sie danach. Welche Freude, es war Gold. Das Gold drängt nämlich zu Zeiten ans Sonnenlicht empor und der Glückliche, der das sieht, ist geborgen.   f) Zwischen Schönbächli und Ruhstall kommt ein Geissbub zu einem Kreuzweg, sieht schöne glatte Steinblättli, spielt damit und wirft sie den Geissen nach. Nur wenige nimmt er in den Sack, kommt heim und geht abends zu Bett ohne weiter daran zu denken. Da will ihm seine Mutter die zerrissenen Hosen flicken und wundert sich über die Schwere derselben. Beim Nachsehen findet sie Goldstücke im Sacke und sagt 's dem Vater. Der Bub, zur Rede gestellt, leugnet zuerst und erzählt dann, wie es ihm gegangen. Dann begaben sie sich mit dem Gold ins Kloster zum „Wechsel", d. h. dort wo im Stift Geld gewechselt wurde. Es waren noch zwei Stücke, eines 15, das andere 20 Taler. Gleich wollte der Bub wieder auf jenen Platz, aber es waren nur noch Steinplatten da, kein Gold mehr.   g) Die gespenstige Frau zu Stampfisbach bei Wollerau verlangt, um selig zu werden, acht Messen, jede mit acht brennenden Kerzen. Dafür will sie das im Wald von ihr vergrabene Gold dem Retter überlassen.   h) Am Karfreitag, während in der Kirche zu Baar bei Zug die Passion gesungen wird, legt der Teufel auf Wildenburg sein Geld an die Sonne und wer zur rechten Zeit kommt, kann davon nehmen, so viel ihm beliebt.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Geldzauber

Source: Geldzauber

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a) Ein Herr empfing eine grosse Geldzahlung. Als er die Summe auf dem Tische zusammenraffte, um sie im Geldkasten zu versorgen, gewahrte er, dass der Zahler noch eine kleine Münze, vom andern Geld etwas abgesondert, zurückgelassen hatte, fand jedoch kein Gefallen daran, sondern warf sie in den Abtritt. Allein am folgenden Morgen, da war der ganze Abtritt vollkommen ausgepumpt, aufgesogen. Hätte der Herr jenes Geldstück mit anderm Geld etwa im Geldsäckel oder in der Truhe versorgt, so wäre es diesen Behältern ergangen wie der Abtrittbucke. Fr. Jauch-Bissig, 62 Jahre alt, Isental b) Ein Verkäufer von Geldsäckeln pflegte in den einen oder andern ein Goldstücklein zu verstecken. Wenn dann die Kauflustigen die angebotenen Börsen untersuchten, fanden sie auch jene mit dem lockenden Inhalt und kauften natürlich diese. Daheim oder schon auf dem Markte taten sie auch anderes Geld hinein, mussten aber erfahren, dass eines schönen Morgens alles verschwunden war. Kath. Gamma, 50 Jahre alt, Wassen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Gemsballen machen kugelfest

Source: Gemsballen machen kugelfest

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Von den Gemsen erzählen die Bergjäger, dass diese Tiere an den Tagen von besonderer Festigkeit und Ausdauer, wenn sie des Morgens nüchtern und vor Sonnenaufgang von derjenigen Gemswurz gefressen haben, welche blaue Blumen tragen. Kugelfest oder wenigstens nicht zu töten seien sie aber dann, wenn sich in ihrem Magen die sogenannten Gemsballen befinden: daher diese Kugeln sorgfältig gesucht und von abergläubischen Soldaten gekauft und getragen werden. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Gemsjagd z'alten Mittwoch

Source: Gemsjagd z'alten Mittwoch

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Es war z'alten Mittwoch, als der Steinbergliger-Kari mit der Büchse zu mir auf den äussersten Wang ennet der Märcht kam und mich einlud, mit ihm auf den Glatten auf die Gemsjagd zu kommen. Ich lehnte in Hinsicht auf den Tag ab, ohne aber diesen Grund zu nennen, und liess den Kari allein mit der Büchse gehen. Am Abend kam er totaschenbleich zu mir und machte mir Vorwürfe, dass ich ihn am Morgen nicht auf den z'alten Mittwoch aufmerksam gemacht habe, und erzählte, er habe in einer Mulde einen ganzen Truppel Gemsen gesehen und habe auf sie geschossen. Aber da seien die Tiere nur so auseinandergesprungen und hätten sich sofort wieder zusammengerottet. Auf seinen zweiten Schuss seien sie scheinbar im Schrecken aufgehüpft und hätten ihm dann wie mit den Hörnern gewunken. Getroffen habe er keines, obwohl sie dicht beieinander gestanden. Und das habe ihm denn doch anfangs gegraust. Jos. Gisler, 61 Jahre alt, Altdorf Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by General Werdmüller auf der Au

Source: General Werdmüller auf der Au

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General Werdmüller auf der Au Um die Mitte des 17. Jahrhunderts besass General Hans Rudolf Werdmüller das Gut auf der Au, einer Halbinsel am Zürichsee. Er hegte eine besondere Liebe für das Schmiedehandwerk und hatte in der Au eine eigene Schmiede in der er oft selbst zum Zeitvertreib arbeitete, bisweilen auch wandernden Schmiedegesellen, die ihn um den Zerhpfennig ansprachen, für einen oder zwei Tage oder wohl gar, wenn es sich nicht anders fügte, eine Nacht durch Arbeit gab. So wurden etwa in mitternächtlicher Stille an beiden Ufern des Sees Hammerschläge von der Au her gehört, und vorbeifahrende Schiffer sahen, im Schauer der Gespensterstunde, wie es aus der Esse heraufglimmerte. Daher entstand die Sage, dass der Obrist nächtliche Besuche des Bösen empfange, der ihm Hufeisen schmieden helfe. Noch gegen Ende des 18. Jahrhunderts, als jene Werkstätte in eine Wohnung für das Gesinde umgeschaffen wurde, waren die guten Leute kaum zu überzeugen, dass es sich hier schlafen liesse ohne Gefahr, von dem verstorbenen General geplagt, vielleicht gehämmert zu werden. Ja. der Aberglaube, der sich noch am letzten Stäudchen zu halten versucht, trieb es soweit, zu behaupten, dass ein gewisses Stück Holz aus der alten Schmiede, welches zufällig eine ziemliche Weile auf dem Platze liegen blieb‚ gewiss nicht von der Stelle verrückt werden könne, ohne schreckliches Unheil anzurichten. Ausserdem besass Werdmüller eine Gondel, womit er zum Erstaunen schnell fuhr. Dass dies nicht mit natürlichen Mitteln zugehe‚ war bei den Leuten bald genug ausgemacht. Ja, die Sache schien selbst seinen Obern so verdächtig, dass Werdmüller sich darüber bei ihnen zu verantworten hatte. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Gekürzt aus Corrodi, JZ 1951/52, S. 329   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Genesene Helvetierin

Source: Genesene Helvetierin

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Während Cäcina römischer Oberbefehlshaber in der Schweiz war, empörten sich die helvetischen Soldaten der Stadt Baden gegen ihn. Als er zu ihrer Züchtigung gegen den Ort anrückte, entflohen sie auf den Bötzberg des Jura. Viele Einwohner, denen das römische Joch verhasst war, schlossen sich ihnen an; darunter war ein Jüngling, der seine Braut krank und bettlägerig hier zurücklassen musste. Zum Abschiede wollte er ihr die ersten Blumen des vaterländischen Frühlings pflücken. Doch weil die Primeln rasch welkten, schöpfte er Wasser an einem unbeachteten Sprudel und stellte sie darein; zu seiner Verwunderung wurden sie plötzlich wieder frisch und duftig. In dankbarer Ehrfurcht warf er sie nun zum Opfer in die Quelle voll Lebenskräftigung und gab seiner Braut den Rath, sich in demselben Sprudel zu baden. Sie that's und war bald genesen. Man sagt, dass seitdem die Heilquellen des Ortes berühmt worden seien. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 18 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Gerade rechtgekommen

Source: Gerade rechtgekommen

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Gerade rechtgekommen Ein Delinquent hatte auf der Richtstätte der Herrschaft Grüningen zu Adletshausen eine Strafe in Form von Prügeln entgegenzunehmen. Er stellte sich dem Gericht recht frühzeitig, als noch nicht so viele Zuschauer da waren. Als seine schadenfreudigen Dorfgenossen der Richttanne zustrebten, hatte er die Strafe schon empfangen und machte sich eiligst auf den Heimweg. „Ja, ist alles schon vorbei?“ fragten sie ihn augenzwinkernd. „Ihr seid zu spät“, war seine Antwort, „ich aber bin gerade recht gekommen!“ Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Schriftlich übermittelt durch Lehrer Emil Honegger, Tagelswangen, 1962. So erzählte ihm sein Vater Gottlieb Honegger, Obertann-Dürnten, 1915.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Gerippe erscheinen als Zeugen

Source: Gerippe erscheinen als Zeugen

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Es handelt sich um zwei Burschen in einer Alp und um zwei Gerippe, die nach ihrer Erlösung den herausgegrabenen Schatz den Kühnen zuwiesen. Diese verliessen nun sofort die Alp und erzählten alles dem Meister. Der nahm den Schatz für sich in Anspruch, mit der Begründung, er sei auf seinem Grund und Boden gefunden worden. Es kam zu einem Prozess, wobei die zwei Gerippe selbst erschienen und für ihre Erlöser Zeugnis ablegten, so dass sie gewannen. Fr. Senn-Loretz, 26 Jahre alt, von Göschenen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Geschichten aus Merligen

Source: Geschichten aus Merligen

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Das Dorf Merligen liegt am Thunersee zwischen der Beatushöhle und dem Schloss Ralligen. An den Rebhalden bemerkt man ein geflecktes Erdreich. Zwischen dem Grün der Pflanzenwelt ist die gelblich abgestorbene Farbe des Herbstes auch mitten im Sommer schon sichtbar. Die Volkssage berichtet von tödlicher Feindschaft zweier Brüder. Der Satan, in dem Streite geschäftig, brachte Gift und liess es niederträufeln zur Erde. Da blieb für ewig versengt und unfruchtbar, was von dem Gifte berührt worden. Man erzählt den Merligern nach, sie hätten einen Salzacker, wo sie vor Jahren in bester Zuversicht Salz gesäet. Auch andere Streiche bürdet man ihnen auf. Einen am Wasser stehenden, übergebeugten Nussbaum wollten sie tränken und hängten sich in langer Reihe an die Füsse des Bürgermeisters, der oben den Wipfel des Baumes umfing. Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.    


by Geschlechter

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a) Nach einer Tradition in Ursern sollen die Vorfahren des dortigen Geschlechtes Christen »Christiani« sein, welche dem Blutbad von Agaunum, d.h. beim Untergang der Thebäer entronnen sind. E.A.S. im Schweiz. Archiv für Volkskunde III, 160 b) Der erste Bewohner von Golzer1 im Maderanertal war einer, der sich Golzä nannte; woher er war, weiss niemand. Wenn er allemal zu Boden, d.h. ins Tal, hinunter kam und da gefragt wurde, woher er komme, sagte er auch: »Ab Golzä«. Daraus ist dann der Name Golzer entstanden. Albin Fedier, 68 Jahre alt, Frentschenberg c) In Seelisberg standen zur Zeit des Beulentodes bloss sieben Häuser: In der Hostet Geissweg mit der Jahreszahl 1629, im Chalcherli, Ebnet, zu Frutt, in der Gruob, z'Undergass und zu Volligen. In der Gruob wohnten Truttmann, die alle der Pest erlagen bis auf ein Kind. Als man endlich im Hause Nachschau hielt, fand man ihre Leichen und ein noch lebendes Knäblein, das in seinem Hunger an einem Schuh lutschte. Es wurde der Stammhalter des Geschlechtes Truttmann. Alois Truttmann, 16 Jahre alt; Fr. Truttmann-Truttmann, 35 Jahre alt d) Die Schuler, haben sie allemal gesagt, stammen aus dem Bisistal. Die Bisistaler seien einmal in den Krieg gezogen, »i Fülmärgerchriäg«, hennt-s alligs gsäit. Als sie zum Talausgang kamen, hatte der Feind die Brücke schon abgezogen und sich am jenseitigen Bachufer postiert. Die Bisistaler sprangen daher in das Tobel hinunter, um den Feind anzugreifen. Ein einziger Bursche getraute sich dessen nicht. »Ehnder lahm-mi z'Riämä la v'rschnydä, eb-i da appäspringä«, meinte er. Er liess sich an den Stauden in das Tobel hinunter, suchte ein Versteck und zog sich nach dem Gefechte wieder hinauf und marschierte heimwärts. Ein Ross begegnete ihm, dass er besteigen und sich aneignen wollte, als ein Büblein weinend sich einstellte und sagte, das Ross gehöre den Seinen, man habe seinen Vater darauf erschossen. Dem Weinen des Knaben konnte der Bisistaler nicht widerstehen, er überliess ihm das Tier und ging zu Fuss. Später kam er ins Urnerländli und wurde der Stammvater der Schuler. K. Schuler, 76 Jahre alt, Unterschächen e) Zur Zeit des Beulentodes soll eine Witwe Gerig mit zwei Söhnen sich nach Färnigen, zuhinterst im Meiental, geflüchtet haben, welche Söhne die Stammväter des Geschlechtes Gerig sein sollen. Wymann, Von der Filiale Meien, S. 21 Fußnoten 1 Mehrere Personen verschiedenen Alters ab Golzer sagten mir auf meine Anfrage hin: »Wir sprechen Golzer, nicht Golzeren«, weshalb ich mich dieser Form bediene. Im 13. und 14. Jahrhundert findet man die Schreibarten: Golzur, Goltzür, Goltzrun, Goltzeren. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


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1. Die Albert stammen aus Italien; es kamen drei Brüder ins Land, die mit Wetzsteinen und Sensen handelten. Einer liess sich in Bürglen, einer in Altdorf und einer in Seedorf nieder. Geschichtlich ist, dass Hans Albert aus dem Kanton Tessin 1532 das Urner Landrecht erhielt und sich in Bürglen niederliess. 2. Die Aschwanden sind zur Zeit der Reformation von Glarus her eingewandert; einer liess sich in Seelisberg, einer in Altdorf und einer in Sisikon nieder. – Geschichtlich falsch. 3. »Es soll vor einigen Seculis vom Geschlechte Epp nur noch einer übrig geblieben sein und wegen seiner Ehefrau Alter und Unfruchtbarkeit eine Wallfahrt nach St. Jakob zu Compostell vorgenommen und darauf noch mit selbiger einen Sohn gezeugt haben, welchem deshalb der Name Jakob beigelegt worden und seither auch allzeit einer aus diesem Geschlecht getragen. Er soll aber zuvor in einem Traum Vertröstung hierzu bekommen und, da er erwachet, neben sich auf dem freien Felde das Bildnis St. Jakobs des Grössern und zwei goldene Pfennige mit bisher unbekannter Bezeichnung gefunden haben, welche annoch bei dem Ältesten des Geschlechtes aufbehalten werden. Von bemeltem Jakob sollen her nach die vielen Nachkommen sich in verschiedene Stämme verteilt haben.« 4. Die Huber gelangten zur Zeit der Glaubensspaltung aus Zürich nach Uri. 5. Zur Zeit der Reformation sei auch ein Infanger nach Morschach gekommen in die Läntergen ob Sisikon. Von seinen drei Söhnen siedelte sich der eine im Wyler zu Sisikon, der andere am äusseren Tellen, wo die letzten dieser Linie heute noch haushäblich, und der dritte in Bauen an. 6. Als die Nager von Wallis her nach Ursern kamen, waren es zwei Brüder, die so arm lebten, dass sie miteinander nur ein einziges Paar Sonntagshosen hatten. Darum blieb an Sonn- und Feiertagen abwechslungsweise einer von ihnen im Bett, während der andere zur Kirche ging. 7. Die Wipfli seien über die Furka nach Uri gekommen und haben sich zu Wattingen niedergelassen, und von dieser Wanderung, oder weil sie im Wallis unter bischöflicher Gerichtsbarkeit gestanden, seien die Stäbe in ihrem Wappen. 8. Der Urahne der Wyrsch war ein Vieharzt in Emmetten, Nidwalden. Da herrschte einmal in der Alp Waldnacht ein Viehpresten, und die Urner liessen diesen berühmten Viehdokter kommen. Er erkannte sofort die Krankheit, schlug die Tiere, die nicht mehr zu retten waren, in den Erdboden und gab den andern einen Trank, und sie kamen davon. Die dankbaren Urner nötigten ihn, im Land zu bleiben und schenkten ihm das Landrecht. – Schon im 16. Jahrhundert sind die Wyrsch in Uri nachgewiesen. 9. Die Ziegler sollen infolge der Glaubensspaltung im 16. Jahrhundert Zürich verlassen haben und nach Uri gezogen sein. Von drei Brüdern habe der eine in Seelisberg, der zweite in Bauen und ein dritter in Erstfeld seinen Wohnsitz aufgeschlagen. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


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Am Kilchberg bei Andermatt konnte man bisweilen ein sonderbares Geheul und Geschrei hören; man wusste nicht, von wem es rührte. Es liess sich aber besonders vernehmen als Vorbote, dass jemand umkommen werde. Einmal ging nach solchem Geschrei ein Kind an den Kilchberg, um was zu suchen, und kam nie wieder zum Vorschein. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Gespenst als Bettsack

Source: Gespenst als Bettsack

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Als einst mein Vater in seinen jüngeren Jahren als Kutscher seinen Meister, einen Arzt in Altdorf, von Erstfeld nach Altdorf heimfuhr und die Gegend am Rynächt erreichte, stand auf einmal das Chaiseross still und wollte um's Verroden nicht ab Fleck. Der Vater stieg aus, und da bewegte sich mitten in der Strasse vor dem Ross her etwas wie ein Bettsack. Es blieb dem Vater nichts anderes übrig, als das Ross am Zaume am Bettsack vorbeizuführen; nachher trabte es eines Laufes bis zu Haus und Heim. Fr. Püntener-Walker, 29 Jahre alt, Erstfeld Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Gespenst als Kuhhaut

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Auf Arni ob Silenen bewohnte ein einsames Manndli den ganzen Winter hindurch ein altes Häuschen, wo es aber von einem Gespenst beunruhigt wurde. Jede Nacht kam es, – syg näiwä näiwis-i'ds Hüsli chu – und es tönte dabei, als ob es eine dürre Kuhhaut hinter sich herschleppen würde. »Dem gah-n-i ga lotzä,« dachte das Manndli eines Abends und stellte sich, mit einem Knebel bewaffnet, in der Küche auf und stürzte sich auf das Gespenst und schlug mit dem Knebel drauf los, wobei es aber nur so wie in einer dürren Kuhhaut knisterte. Aber jetzt erfasste ihn auch das Gespenst und häig'm dr Grind i Nachtchibel innä gsteckt und häig-ä-n-im Hämmli zum Hüsli üss'tribä-n-i diä greescht Chelti üsä. Fr. Gamma-Zgraggen, 40 J. alt, Silenen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Gespenst eingemauert

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Ich übernachtete einmal zu Flüelen im Helfershaus. Um 2 Uhr nachts kam mir jemand die Türe aufmachen und schlug sie ans Bett, als ob er sie zerschlagen wollte. Ich machte die Türe wieder zu. Sie wurde wieder aufgemacht. Ich meinte, die Schwester sei es. Ich liess jetzt die Türe offen. Am Morgen stellte ich die Schwester zur Rede. Sie sagte, es komme ihr und dem Bruder auch und platze auf den Boden. Als man das Haus erneuerte, musste man dem Gespenst eine eigene Kammer mauern. Es wird eine arme Seele gewesen sein. Michael Truttmann, Seelisberg Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Gespenst in Finken

Source: Gespenst in Finken

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Der Türä-Teeni von Wassen kam in einer Winternacht, da es Schnee hatte, von Geschenen her. Als er das Tschätterbächli erreichte, erblickte er auf der Strasse einen Mann, der ihm entgegen kam. Es war ein schytzlicher Mann von Grösse! ein Weltsmann! aber ohne Kopf. Die Füsse schützten ein Paar »wiëtig« Finken von nie gesehener Grösse vor der Kälte. Nun, sie gingen an einander vorüber. Als der Weltskerle am Teeni vorbei war, dachte dieser: »Da wit etz doch lüegä, was der fir-nes Gspur macht mit synä Finkä!« Er wandte sich um; da war aber kein Mensch mehr zu sehen und im Schnee nicht die geringste Spur zu entdecken. E. Baumann-Muther Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Gespenst misshandelt Kinder

Source: Gespenst misshandelt Kinder

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Aus einem Hause zu Flüelen gingen Vater und Mutter auf den Tanzboden, ohne vorher das kleine Kind zu b'segnen, das sie mutterseelenallein in der Wiege zurückliessen. Als am Abend die drei Ratsherren von Bauen, Flüelen und Sisikon aus dem Rate kamen und durch das Flüelerdorf hinabmarschierten, hörten sie aus einem Gädemli in der Nähe jenes Hauses ein jämmerliches Kindergeschrei. Sie schauten hinein und sahen da ein Wäuti – viele meinen, es sei das Toggeli gewesen –, das ein Kind abscheulich traktierte; es sass ihm auf die Brust, drückte und quälte es auf jede Weise. Der Flüeler Ratsherr erkannte das Kleine als sein Patenkind und entriss es dem Gespenst. Dieses warf ihm einen bösen Blick zu und kreischte: »Wenn nit d'r Getti wärisch, so tät di z'Huddlä-n- und z'Strämpä v'rzehrä!« Die Ratsherren nahmen das arme Geschöpfchen mit, holten auch die nachlässigen gewissenlosen Eltern aus dem Wirtshaus und gaben ihnen einen wohlverdienten, scharfen Verweis. Kath. Arnold-Muheim, 90 J. alt, u.a. »Jä, seelig Bigäbäheitä het's de scho meh g'gä, dass-nä-n-äs 'Kind uss der Wiëgä 'zerrt und innä Schrotä-n-üsägriëhrt het, und ds Chind het g'schlafä und het nytt g'merkt,« wird mir von mehreren ältern Jahrgängen versichert. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Gespenst sagt ein Erdbeben an

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Es war in den Jahren 1701 oder 1702, in welchen das Glarnerland wohl durch 30 oder 40 Erdbeben erschüttert wurde, als einstmals um Mitternacht ein ehrlicher Mann und Bürger im Linthtal eine unbekannte Stimme hörte, die seinen Namen rief. Als er darüber aus dem Schlafe erwacht war und zum Fenster hinaus gesehen hatte, sah er einen Geist mit einem Lichte in die seinem Hause nah gelegene Kirche gehen, welche, nachdem das Gespenst hinter sich die Türe zugeschlossen hatte, in vollen Flammen stand, obwohl man hernach nicht das geringste Merkmal eines Feuers wahrnahm. Kurz darauf aber ward die dortige Gegend wieder von einem heftigen Erdbeben heimgesucht. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Gespenst schlägt die Stunde

Source: Gespenst schlägt die Stunde

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Auf Turnhalden bei Escholzmatt verübten - es ist schon ewig lang seither - drei Raubritter ihre bösen Taten. Einer von ihnen, der Ärgste, muss jetzt bis am jüngsten Tage in der Tiefe des Sodbrunnens dort wohnen und büssen. Jede Mitternacht schlägt er die Zwölfe, was viele ganz genau gehört haben.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Gespenst und Teufel auf der Allmend

Source: Gespenst und Teufel auf der Allmend

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Eine alte vergilbte Handschrift berichtet über Gespenster und feurige Dämonen, welche auf der Zuger Allmend einst ihr Unwesen trieben. Die Bürger von Zug haben sich immerfort schwer beklagt, dass Tag und Nacht ein schlimmes Unwesen auf ihrer Allmend hause. Am Vieh erlitten sie grosse Schäden, etliche tausend Stück gingen ab. Man probierte allerlei Mittel, um die bösen Geister zu vertreiben, allein, es nützte nichts. Verschweigen konnte man die bitterböse Angelegenheit auch nicht, da jedermann sowohl bei heiterem Tag als auch bei stockdunkler Nacht einen feurigen Mann auf der Allmend sehen konnte. Bald wollte niemand mehr sich über die Allmend wagen, und in der ganzen zugerischen Nachbarschaft ging wild die Rede von dem eigenartigen Feuersmann um. Anfangs März 1574 haben die Zuger einen Teufelsbeschwörer aus Chur kommen lassen, der sollte den Teufel verbannen. Dies wurde auch gesehen, von Heinrich Schmid, Burger von Zürich, der sich geschäftehalber in Zug aufhielt und dieses ganze Vorkommnis seiner hohen Obrigkeit berichtete. Als er viel Volk aus der Stadt ziehen sah, frug er, was das bedeute, und man antwortete ihm, der Teufelsbeschwörer aus Chur habe zwei Teufel vor das Baarertor beim Schützenhaus am See beschworen. Als nun der Zürcher auch hinausging, sah er wahrhaftig zwei Teufel in Mannskleidern mit langen Barten und grossen, langen Haaren wie alte Ziegenböcke. Wie er nun wieder in die Stadt zurückgekommen sei, habe man ihm erzählt, dass sieben Teufel vor dem Schützenhaus gestanden seien und der Beschwörer aus Chur habe mit ihnen aus einem Buche lange geredet. Am 5. März ist der Teufelsbeschwörer auf die Allmend gegangen und als er zu einem alten Eichenbaum gekommen, schlug er mit dem Schwert an den Stamm und urplötzlich sprangen fürchterliche Gestalten heraus. Auf der Strasse eilten diese Teufel gegen das Schützenhaus zu und griffen unterwegs einige Neugierige an und zwar so heftig, daß vier davon starben und fünf schwer erkrankten. Gar mächtig ist das Volk darob erschrocken. Dem Beschwörer war einer vom Zuger Rat beigegeben worden, namens Salomon Haberer. Da begab es sich, dass der Beschwörer sein Amt eine Zeitlang betrieb, dann aber von den Teufeln gepackt und heftig gewürgt wurde, bis ihm die Sinne schwanden. Der Ratsherr musste helfen und dem Ohnmächtigen kaltes Wasser angiessen. Der schon genannte Zürcherbürger war in der Karwoche nochmals in Zug und bei seiner Heimkehr erzählte er in Zürich vor Magister H. Bullinger und Bürgerschreiber Kambli, dass am Hohen Donnerstag der Teufelsbeschwörer aus Chur mit etlichen Personen in der "Krone" zu Zug gespiesen habe und zu ihm gesagt, er würde nach dem Nachtessen, zwischen neun und zehn Uhr, wieder an die Arbeit gehen. Nach dem Mahl habe der Teufelsbeschwörer den Gästen noch eine Mass Wein bezahlt und gesagt: "Ich furcht, ich muss eine böse Fahrt machen, bittet für mich bei Gott". Wie nun der Churer mit dem Ratsherr und Schlosser Haberer und einigen andern beherzten Männern aus der Stadt auf die Allmend kam, sind vier Teufel flammend und brennend dahergeeilt. Der Beschwörer sprang mitten unter sie und dann sah man nichts mehr von ihm. Die Teufel haben ihn folglich mit Leib und Seele weggenommen. Wohl habe der Churer dem Zürcher versprochen, innert vierundzwanzig Stunden wieder in der "Krone" zu erscheinen, so es ihm gut ergehen würde, allein der Zürcher wartete vergebens. Heinrich Schmid zeigte weiter an, gemäss den Aussagen Haberers, dass in der Nacht, ehe solch Ungemach vom Teufel geschehen, sei er in eine tiefe Ohnmacht gefallen und aus dem schützenden Bannzirkel gestürzt und sofort hätten ihn die Teufel gepackt; der Beschwörer hätte ihn dann noch retten können. Salomon Haberer habe gesagt: "Ich will meinem Vaterland, der Stadt Zug, meinen Herren und Obern allzeit gehorchen und willig dienen, aber für ein solches Unternehmen werde ich nie und nimmer mehr einstehen, eher verlasse ich den heimatlichen Boden". Vom Churer Beschwörer waren auch vier Teufel in eine Eiche gebannt worden und zum Erkennungszeichen wurde ein Brieflein an den Baum geheftet. Ein vorwitziger Bürger aus Zug ging zu diesem Eichenbaum hin und riss das Bannbrieflein weg, sofort fuhren die vier Teufel aus dem Baum hinaus und schlugen den Zugerbürger derart heftig, dass er am dritten Tage starb. Nach diesen Ereignissen verendete trotzdem viel Vieh auf der Allmend und vergebens forschte man nach dem verschwundenen Beschwörer. Der Teufelsspuck währte etliche Jahre, bei Tag und bei Nacht. Ja, es kam vor, dass Leute bei heiterhellem Tag vom Teufel angefallen wurden. Der Rat liess daher einen neuen Beschwörer kommen, dieser bannte das Gespenst unweit Wilägeri in ein Tobel. Einmal noch brach es von dort aus und fuhr mit wildem Rauschen durch das Land. Nachdem es viel Vieh geschändet und umgebracht hatte, eilte es wieder an seinen Bannungsplatz, ins Tobel hinab. Auf der Allmend wüteten aber immer noch andere Geister, und so wurde vom Rate ein neuer, mit grossen Kräften ausgestatteter Beschwörer aus der Gegend von Basel beigezogen, und nach reicher Belohnung bannte er die Gespenster aus dem Zugerland in die wilden Felsen des Pilatusberges. Vom Rate wurden ihm zwei Beobachter mitgegeben bei der Teufelsbannung, nämlich Hans Brandenberg und Jakob Nussbaumer. In ihrer Gegenwart begann der Basler mit der Beschwörung und brachte die Gespenster an den See, gleich einer Meute zusammengekoppelter Hunde. Er hielt alle an einem Strick gebunden. Das waren aber alles bekannte Personen aus alten Stadtfamilien, die vor langem schon gestorben. Sie erschienen in den Kleidern, mit welchen sie früher auf den Gassen gewandert. Die zwei Abgeordneten konnten sie alle erkennen und sagen, das ist dieser, das ist jener. Darob sind sie mächtig erschrocken. Der Beschwörer fuhr nun mit diesen Geistern durch die Luft über den See und bannte sie in den Pilatusberg. Seither ist es ruhig geworden auf der Zuger Allmend. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 118 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Gespenst verfolgt Obstdiebe

Source: Gespenst verfolgt Obstdiebe

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In der Nähe des Dorfes Grossdietwil ist vor Zeiten eine Garnsechthütte (Garnwaschhütte) gestanden. Der Garnsechter, ein roher Mann, misshandelte seine fromme Frau sehr. Einmal als er zu Nacht in der Hütte gewacht, kam sie, um ihm etwas zu bringen. Er aber warf die Arme in das Sechtkessi und erstickte sie so im siedenden Wasser. - Darnach hat ihm der Geist der Frau keine Ruhe gelassen und ihn Tag und Nacht gequält, so dass er sich selbst tötete. Seitdem konnte niemand mehr in der Hütte sein und sie ward umgetan. Von da an wandelte der Mörder auf der Stätte und soll vielmal gesehen worden sein. Leides hat er niemanden zugefügt. Dem Besitzer des Hofes hütete er im Herbste das Obst und verfolgte Obstdiebe oft bis zur Mühlebrugg.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Gespenster (Mundart)

Source: Gespenster (Mundart)

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(Sarganser Dialekt.) Z' Rapperschwil ist näbet der Chilchä-n-ä Beihuus, wou ä ganzi Big Toutächöpf ufenand lit. Es ist albig off und nu ä paar Tritt dri ahi, und es sind hüfig Chind und ander Lüt denidä. Ämoul hät uf der ouberstä Reihä-n-ä Toutächöpf agfangä nei-gnappä. Das hät ä Chind gsi, ist vor Schreggä-n-ussi, da Lütä gä rüäfä. Wou diä chund und furchtsam ihi zehälet sind, hät der Chopf alliwill na gnappet. Zletscht fasst einä-n-ä Härz, gout zuähi und lupft där Toutächöpf uf, und duä hat das Nei-Gnappä ufghöürt. Es ist ä Muus dri igspeirt gsi und dri hi und här gsprungä-n-und hät ussä wellä und das Gnappä verursacht ka. Das hätmer ä Rapperschwiler verzellt, wou sälber derbei gsi ist. Toutächöpf spielend in dä Geistergschichtä-n-ä bliebti Rollä. Am 9te Obrellä 1388 hät der Messmer z' Nacht in der Chilchä ihri Mannä, wou z' Näfels erschlagä wordä sind, jedä si Toutächöpf underem Arm wenä Huät, durä Chilchägang bis zum Seiläopfer gsih guh, und d' Gloggä hind zu sälber agfangä lütta. Albrecht, Erinnerungen. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 406, S. 234 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Gespensterhafte Steinwürfe

Source: Gespensterhafte Steinwürfe

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Wenn Josefa Muoser, genannt »das Christkindeli«, als sie schon ein erwachsenes Mädchen war, aus dem Riedertal, wo sie daheim war, morgens früh nach Bürglen zur Kirche ging, hörte sie oft ganz deutlich etwas im Riedertalerbach »plättschä«, wie wenn jemand Steine hineinwerfen würde. Das ging aber ganz sicher nicht mit rechten Dingen zu. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Gespensterorte (Zug)

Source: Gespensterorte (Zug)

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Beim alten Helgenhüsli, welches am Wege vom Erlenmoos nach Schwandegg (Bärfalle) stand und vor etwa 100 Jahren abgebrochen wurde, soll es nicht ganz geheuer gewesen sein. Als eines Nachts der Ammann Uhr von Einsiedeln her kam und beim kleinen Helgenhäuschen vorbei wollte, wurde er irregeführt. Volle drei Stunden irrte er im Moos umher, ohne die Gegend zu erkennen, und erst gegen Morgengrauen wich der irreführende Geist. Ein Mann aus Holzhäusern erzählte, dass er einstens bei diesem Helgenhüsli in der Nacht auf einen Freund warten wollte. Als er in das Kapellchen eintreten wollte, erhielt er von einer unsichtbaren Hand einen kräftigen Stoss, ein unsichtbarer Geist verwehrte ihm den Eintritt in die Kapelle. Doch das sei nicht nur ihm passiert, sondern auch dem Freunde, den er erwartet hatte. An der Strasse von Zug nach Walchwil ist unterhalb Lothenbach das sogenannte Nasenegg. Dort soll es einst nicht ganz geheuer gewesen sein. Ein nüchterner Mann aus dem Volke habe z. B. versichert, dass er dort vor Jahren ein Gespenst gesehen habe, welches weder Kopf noch andere Gliedmassen gehabt habe. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 98 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Gespenstertiere in der Sennhütte

Source: Gespenstertiere in der Sennhütte

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Vor mehreren Jahren erblickten in der Sennhütte auf Blumalp ob Stans die Älpler ein kleines, in die Wand eingelegtes Brett und sie vermuteten, dass hinter demselben etwas stecken möchte. Sie hoben es weg und fanden ein zusammengewickeltes Papier. Und was war darin? Ein ganz kleines Stutzerchen, ein nicht grösseres Säbelchen, eine Floh, eine Laus und eine Wanze. Gelt, das hättest nicht erraten. Beim Eröffnen des Papiers bewegten sich die Tierchen. Arges vermutend, schlossen sie dieses alles wieder ein und legten es an seinen vorigen Platz und das Brett darüber. In der folgenden Nacht, die zufällig einer allein in der Hütte zubrachte, kam ein zottiges Tier durch eine Öffnung auf das „G'lieger" und stellte sich neben den Gaumenden, der eine grause Furcht ausstand, bis am Morgen, da das Wesen wieder zur gleichen Öffnung hinaus ging. Nachher verspürte man nichts mehr.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Gespenstige Gehilfen oder Begleiter

Source: Gespenstige Gehilfen oder Begleiter

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Eines Tages war der Obermatt-Hans in seinem Berggut »Heechi« damit beschäftigt, Heu abzufassen, um es in's Obermatt hinunter zu schaffen. Wie er so einen Armvoll nach dem andern zum Heutor hinaus warf, bemerkte er zu seinem Erstaunen und Schrecken, wie jedesmal mit seinem »Arvel« ein zweiter von unsichtbarer Hand hinausgeschleudert wurde. »Da prässiërt's schynt's,« sagte er, den Tod ahnend, zu sich selbst. Zu Hause mit dem Heu angekommen, erzählte er den Seinen von dem seltsamen Gehilfen. Da es ihm unwohl wurde, legte er sich zu Bett und liess sich durch den Priester verwahren; in wenigen Tagen war er eine Leiche. Seine Tochter: Anna Zurfluh Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Gespenstige Geiss

Source: Gespenstige Geiss

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An dem Felsenkegel, auf welchem die Ruinen der Veste Altbüron stehen, sind zwei grosse Höhlen, ob von alters her ist nicht bekannt. In einer dieser schlug einmal ein Mann von Altbüron seinen Wohnsitz auf um dort das Leben eines Eremiten zu führen. Aber nur eine kurze Zeit hielt er es aus; denn alle Nacht um zwölf Uhr kam eine Ziege, streckte den Kopf zu einem Loche hinein und meckerte ihn aus dem Schlaf und vertrieb ihn. Leute, die abends spät hinunter gegen das Dorf gingen, wollten bald diese Ziege gesehen und gehört, bald einen grossen schwarzen Mann beobachtet haben, der auf dem Platze hin- und herwandelte.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Gespenstige Katzen

Source: Gespenstige Katzen

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a) Zu einem Burschen von Bürglen gesellte sich eines Abends, da er nach Schattdorf z'Gass ging, eine grosse schwarze Katze. Es mögen bald 90 Jahre seither verflossen sein. Ihre Augen glitzerten wie Feuer und starrten ihn unverwandt und boshaft an, so dass er jeden Augenblick einen Angriff von ihr erwartete. Um sich im Ernstfall zu wehren, nahm er einen Stein vom Boden auf und trug ihn in seiner Hand. Erst als er das Gebiet von Schattdorf betrat, verschwand das unheimliche Tier. David Imhof b) Auch Biderma-Sepps Daniel, etwa 40 Jahre alt, erzählt: So bei Zunachten ging ich vom Dorf Unterschächen durch das alte Gässchen heimwärts gegen die Ribi. Da sah ich eine kleine Strecke vor mir eine schwarze Katze auf einer Haglatte »grüppä«. »Diä wird scho gah«, sagte ich zu mir selber, »susch chasch-i de mal mit dym Rietli verstaikä.« Als ich bei ihr ankam, wagte ich es doch nicht, sie zu stören. Man sagt ja nicht umsonst, man solle zur Nachtzeit keiner Katze etwas zuleid tun. Gerade vor meine Füsse sprang sie hinunter, hob ihren Schwanz senkrecht in die Höhe, sträubte ihre Haare und funkelte mit den Augen. So begleitete sie mich eine Strecke weit, und ich glaubte jeden Augenblick, mit den Füssen auf sie zu treten, so nahe blieb sie mir. Es wurde mir doch etwas bange. Endlich beim Ahorn auf dem Stutz, an dem ein Kreuz befestigt ist, verliess sie mich und strich in das Gebüsch. Ähnliche Geschichten werden häufig erzählt, und man sagt: »Der d'Nacht sind all schwarz Chatzä-n-alt Häxä.« Ein Sprichwort heisst: »Der d'Nacht sind all Chatzä schwarz.« (Im Kt. Tessin: »Da nočč tütti gatti son negr.«) Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Gespenstige Orte

Source: Gespenstige Orte

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a) Beim sogenannten „Helgenhüsli" an der Twerenfallen ausserhalb Menzingen soll es ehedem nicht geheuer gewesen sein. Einst ging Ammann Uhr, nachts von Einsiedeln kommend, dort vorbei und wurde drei ganze Stunden im Moos herumgeführt, ohne sich zu erkennen. Al. St. von Holzhäusern erzählte oft, wie er nachts in der Kapelle auf jemand warten wollte, aber von einer unsichtbaren Hand vom Eingang zurückgestossen worden und wie seinem erwarteten Gefährten das nämliche begegnet sei. b) Am Nasenegg, an der Strasse von Zug nach Walchwil unterhalb Lotenbach ist 's nicht geheuer. Ein bewährter Zeuge schaute hier vor wenigen Jahren das Gespenst ohne Gliedermassen und Kopf. c) Ein Mann von Altbüron, der zu Nacht bei der Schlossruine in dort vorbeiging, hörte neben sich ein Rauschen, wie wenn eine Schar Vögel abfliegen würde. Er sah aber niemanden. d) Auf dem sogenannten Waldweg bei Einsiedeln ist ein kleines steinfarbangestrichnes Hüttchen. Unweit davon sind zwei Steine, auf denen, nach Aussage der alten Leute, ein Galgen aufgepflanzt gewesen. Im Gütchen daneben, habe der Beichtvater jedesmal dem armen Sünder, der hätte hingerichtet werden sollen, noch den letzten Zuspruch erteilt. Zu gewissen Abenden um Mitternacht vernehme jedermann der jenes Weges gehe ein leises Wimmern, das von einem, an jener Stelle hingerichteten Verbrecher herkomme. e) Der Kernwald zwischen Ob- und Nidwalden war seit alten Zeiten verrufen. Leute, die sonst den Weg so gut wussten wie daheimen in der Stube, konnten hier doch ganze Tage und Nächte herumirren ohne Ausweg finden zu können. Während einem solchen nächtlichen Irrgang im Kernwald hörte ein Schneider im Gebüsch eine angenehme Musik, ohne dass er jemanden sah. Plötzlich erblickte er am Pilatus drüben viele kleine Feuerlein und gelobte eine Messe, wenn ihm selbe zünden würden, was sogleich geschah. Als es allbereits Morgen wurde und die Betglocke läutete, befand er sich auf dem Etschi, einem Wiesengelände jenseits des Waldes. f) Auf alten Galgen- und Henkerplätzen spukt es gewöhnlich. Ein Rathsherr geht nachts von Stans nach Wolfenschiessen und verirrt sich auf dem sonst wohlbekannten Weg in eine üppige unbekannte Gesellschaft, wo „prächtige Leute bei herrlicher Musik tanzten". Die verschiedensten Speisen bedeckten die Tafel, nur Brot lag keines vor. Der Wirt, ein freundlicher Mann, schenkte dem Rathsherrn einen goldenen Becher. Da, horch, läutet die Betglocke und wie Nebel zerrinnen die schönen Gestalten. Mit Schrecken nahm der Getäuschte wahr, dass er zwischen Stans und Stansstad auf dem Galgen sitze und der goldene Becher nichts sei als Pferdmist, in ein Papier eingewickelt. g) Ein Mann, der bei Nacht durchs Gungi bei der Burg Altbüron ging, guckte beim Mondenschein bei der Wendelstiege, die man noch sieht, hinunter. Da streckte jemand eine Hand aus dem Loch und machte mit derselben eine abwehrende Bewegung. Der Mann ging nach Hause und es geschah ihm nichts. h) Es steht an der Platte auf der Grenzlinie zwischen der Pfarrei Schwyz und Steinen ein Bildstock mit dem Bilde der heiligen Apollonia. Da war vor uralten Zeiten ein Galgen. Zu gewissen Zeiten muss hier ein Licht brennen. Man erzählt jetzt noch wunderliche Sachen von diesem Ort. Auch sonst wussten die alten Einwohner in Steinen viel Geisterhaftes zu berichten: Vom Mörderwäldli, von Gespenstern auf dem Friedhof, von Poltergeistern in manch einem Haus, von unlängst in Kellern und Häusern gefundenen Totengerippen, von ruchlosen Menschen und gräuslichen Mordtaten. i) Am Urnerloch wars nie geheurig. Wer von unten herauf fuhr, dem begegnete es sehr oft, dass hier die Pferde durchaus nicht weiter zu bringen waren; man musste entweder abspannen, die Sachen hindurch tragen, die Pferde führen - oder dann tüchtig fluchen. Auf andere Weise gings nicht. k) Ein schöner Hof in Krummbach zwischen Sursee und Büron ward einmal um einen Spottpreis verkauft, bloss weil es darinnen im Hause gespenstig war. Die ihn gekauft, haben dann viele und verschiedene Gelübde gemacht, z B. liessen sie immerwährend im Keller ein Licht brennen. Nach und nach ward es besser. Nicht selten war das Gespenst dem Haushund in der Stube sichtbar, auch wenn die Leute nichts sahen, so merkten sie 's daran, dass das Tier freundlich wedelte, aufsprang und auf einen gewissen Punkt hinschaute, überhaupt sich so benahm, als wenn es mit jemanden koste. Das ist der Hof der Krummbacher Baltzen. l) Die Unterwassermühle bei Reiden, 's Hexenbächlein zwischen Triengen und Büron, die Gegend um das Sempacher Schlachtfeld waren ebenfalls Träger von Gespenstersagen. Oberhalb Schötz an der Strasse nach Alberswil war 's im Katzensee einst nicht immer ratsam zu passieren; sowenig als wo am Stempfelberg zwischen Nebikon und Dagmersellen der „Mordshagel" vor mehr als 35 Jahren sein Meitli getötet hat, worüber dann in Dagmersellen das Mordshagellied gesungen wurde.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Bei dieser Sage gibt es keine genaue Zuordnung zu einem der fünf Kantone. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Gespenstiger Steinriesel

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 Ich war etwa achtjährig und holte eines Abends zu Bürglen Seidenzapfen für meine zwei Seide webenden Schwestern. Wie ich auf dem Heimwege bei Einbruch der Dunkelheit dem Lehnstutz herwärts Trudelingen mich näherte, hörte ich auf einmal auf einer Holz beige am Felsen neben der Strasse Steinchen auf- und abspringen; es tönte exakt, wie wenn jemand von Zeit zu Zeit auf dem Holzstoss eine Hand voll Kieselsteinchen oder Sand würfe und diese dann nach allen Seiten auseinanderspringen und auf dem Holz und der Strasse anprallen würden. Mir kam das merkwürdig vor, und ich gab genau Acht, ob nicht das eine oder andere der Steinchen zu sehen wäre; aber ich erspähte keines. Furchtlos und tapfer ging ich meines Weges weiter. Da hörte ich hart hinter mir jemand folgen. Jeder einzelne Schritt war deutlich hörbar, aber wie oft und scharf ich zurückschauen mochte, zu sehen war nichts. Das Unsichtbare folgte mir bis auf die Höhe des Lehnstutzes, ohne dass etwas weiteres geschehen oder später erfolgt wäre. Zacharias Imholz, 45 J. alt, Wytterschwanden Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Gespenstiger Steinriesel

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a) Man hat immer behauptet, beim Helgennussbaum an der Strasse zwischen Brügg und Trudelingen, der jetzt durch eine junge Linde ersetzt ist, und auch auf der ganzen Strecke bis zum Kapellchen bei Trudelingen sei es nicht geheuer. Ein Ehepaar beging eines Abends diese Gegend. Da hörte der Gatte auf einmal ein Geräusch, wie wenn es in den Stauden am Wege »risslen« würde, und er verlor im gleichen Augenblick den Verstand. Die Frau schleppte ihn am Arm weiter, und beide miteinander gerieten in die Holzträmel am Strassenrand, aus denen sie sich nur mit grosser Mühe wieder herausarbeiten konnten. Erst beim genannten Kapellchen erhielt der Mann die Besinnung zurück (19. Jahrhundert). Johanna Brücker-Arnold, 70 Jahre alt, Unterschächen b) Ein Klosterkaplan von Seedorf, der in den siebziger Jahren des verflossenen Jahrhunderts bisweilen in der Nähe des Bodemwaldes Brevier betend hin und her spazierte, soll es fast jedesmal in den Stauden am Wege, und zwar immer an der nämlichen Stelle, »risslen« gehört haben, ohne dass er eine natürliche Ursache hätte entdecken können. Paulina Brücker-Zwyssig Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Gespenstische Dorftiere 

Source: Gespenstische Dorftiere 

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In einer örtlichen Schilderung vom Hallwiler-See her erzählt man darüber also: Burghalde heißt der höchste Punkt im Walde des Bergdorfes Dürrenäsch. Nahe dabei liegen zwei Felsen, die man des Teufels Roßstall nennt. Hier sieht man Geister spuken, hört Jager schreien und Hunde bellen, die Herrschaft des versunkenen Schlosses geht auf der Bergmatte spazieren, oder sie fährt zweispännig in Kutschen über die Waldbäume. Von der Häbri her, einem Hochwalde, durch den der Pfad noch Boniswil an den Hallwiler See hinab geht, hören dann die Leute, die auf den Bergäckern sind, den Wirbelwind brüllen, als schreie eine Heerde Wucherstiere. Im Heuet fliegen dann die Heuschober hoch in alle Lüfte und das Tennentor des nächsten Hauses ist in einem Nu aufgesprengt; dann sagt man: „Horch, die Geister im Fährstellloche, (einem Berge ob der untern Dorfzelge) brüllen am hellen Tage wieder wie Stiere!“ Der Jäger auf der Burghalde johlt, jöchelt und ruft den Hunden dazu in einem fort, daß man es schon öfters bis ins Dorf hinab hören konnte. (Lehrer Schaub in Dürrenäsch.)  Sage von Dürrenäsch Band 3.1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962, S. 74 - 76 Notiz: Einführung und Erklärungen am Schluss weggelassen. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Gestellt

Source: Gestellt

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Unsere schöngeschnitzten Kirchenstühle sollen von einem Wildhaber angefertigt worden sein, der weit in der Welt herumgekommen. Einst wollten ihn zwei seiner Reisegenossen des Geldes berauben; er aber bannte sie augenblicklich, dass sie sich nicht mehr rühren konnten. Dann zeigte er ihnen seine Ersparnisse und sprach, wenn sie so sparsam gewesen wären wie er, hätten sie auch so viel zurücklegen können. Natürlich hob er den Zauber erst auf, als er selbst in Sicherheit war. W. Peter   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 183, S. 86 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Gestohlenes finden

Source: Gestohlenes finden

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Jahr 1727. Die Angeklagte Anna Saxer, Frau des Moritz Hacker, beide aus der Gegend von Altstätten SG, spricht von einem Glas, «darin man den, der Einem etwas stehle, sehe. Als nun Ihr mann damahlen ein Par schuh verlohren, hab Sie auch darin gelugt und den Krummholtz (Wagner) auff dem Gstadig ... darin gesehen. Man müss aber allerhand Zeichen und Wort dazu sprechen.» Ein Schatzgräber sagt aus, Anna Saxer «hab sie mit ihrem Glass verführt und vorgeben, wenn sie darein sehe, könne sie über 4 stund weit entdecken, wo gelt verborgen lige». Liestal Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Gestörtes Taufefest

Source: Gestörtes Taufefest

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Zur Zeit der Dreissigerwirren sollte in Känerkinden ein Kind getauft werden. Den Vorbereitungen nach hätte dieser Anlass ein lustiges, fröhliches Familienfest werden können. Schon vorher hatte der in Maisprach wohnende Götti ein Fässlein roten Maispracherwein hergebracht, und während die Gevatterschaft mit dem Täufling sich nach Rümlingen zur Kirche begab, wurde ein währschaftes Taufeessen zugerüstet. Im grossen Kochtopf sott ein mächtiger Hammen. Doch, ehe sich die Taufegesellschaft dieser Genüsse erfreuen konnte, rückte aus dem Diegtertal eine Schar Revoluzzer heran. Sie brachen ins Dorf ein und spürten bald heraus, wo etwas zu finden war. So kamen sie auch in das festlich zugerüstete Haus, räumten Schinken, Wein und Gebäck in den Baumgarten hinaus und taten sich gütlich daran. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Gestrafte Spottsucht

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Luzeiner-»Knaben« (Jünglinge) und Mädchen machten an einem schönen mondhellen Winterabende eine Schlittenfahrt. Da sagte einer der Knaben: »In Gottes Namen wollen wir jetzt fahren.« Wegen des frommen Ausspruches wurde er aber von der ganzen Gesellschaft, und noch am meisten von seiner Geliebten, einem leichtsinnigen Mädchen, verspottet. An einem steilen Abhange verunglückten sämtliche Schlittenfahrer, - einzig der fromme Jüngling blieb gerettet, dadurch, dass sein Schlitten aus dem Geleise kam, wo die Andern gefahren waren, und er in den tiefern Schnee geriet, gerade an der Stelle, an welcher die Andern Alle über den Abhang hinunterfielen. Er wollte noch seine Geliebte, die »einen Schlitten vor ihm« war, festhalten, konnte sie aber nur bei den Zöpfen fassen, und an sich ziehen. - Die Zöpfe blieben ihm in der Hand, das Mädchen selber aber stürzte in die Tiefe, den Andern nach. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Getroffen

Source: Getroffen

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Ein Jäger zu Bärschis ging ins nahe Gebirge auf die Jagd. Er wurde eines Fuchses ansichtig, konnte aber nicht zum Schusse kommen, obschon er mehreremale in die Nähe des Wildes kam; denn der Fuchs wusste immer noch rechtzeitig durch einen Busch oder eine Kluft zu entwischen. Als der Jäger auf dem Heimwege unten am Waldsaume bei einem alten Häuschen vorbeikam, schlüpfte der besagte Fuchs soeben durch ein Hinterfenster hinein. Bevor dieser aber noch ganz in Sicherheit war, sandte ihm der Jäger noch flink einen wohlgezielten Schuss nach und begab sich dann selbst in die Hütte mit der Hoffnung, die Beute endlich erwischen zu können. Er fand niemand anwesend als ein Kind, welches sich in der Stube befand und aus die Frage, wo die Mutter sei, mit betrübter Miene antwortete, diese sei soeben heimgekommen, habe an den Beinen stark geblutet und liege nun im Bette. Nun wollte der Jäger nicht weiter dem Fuchse nachspüren und machte sich aus dem Staube. J. Natsch Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 364, S. 205 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Gevatter Bär und Gevatterin Fuchs

Source: Gevatter Bär und Gevatterin Fuchs

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In uralter Zeit, als das Dorf Bever noch im Val Bever war, lebten dort ein Bär und ein Fuchs. Der Bär war ganz erpicht darauf, Schafe zu fressen, und es war soweit gekommen, dass die Leute beschlossen, die Schafe nicht mehr auf der linken Talseite weiden zu lassen. So musste der Hirt mit den Schafen über den Steg auf die rechte Seite gehen. Dies gefiel nun dem Bären ganz und gar nicht, und nach ein paar Tagen bekam er einen Riesenhunger und verlor auch an Umfang. Da er alt und eher ein wenig faul war, ging es ihm gegen den Strich, den langen Weg über den Steg zurückzulegen. Und weil er Leckerbissen gewohnt war, gab er sich mit Gras, Mäusen und Kleinwild allein nicht zufrieden. Darum war er traurig und hatte eine schlechte Laune. Als er eines Tages unter einer grossen Arve lag, sah er weiter oben die Gevatterin Fuchs vorübergehen, die war dick und fett. Sobald der Fuchs den Bären erblickte, wollte er sich aus dem Staub machen. Doch nun rief der Bär: «Langsam, langsam, Gevatterin! Komm sofort zu mir, ich muss ein paar Worte mit dir reden.» Der Fuchs machte eine schöne Verbeugung und sagte: «Guten Tag, guten Tag, Gevatter Bär mit den Handschuhen und der haarigen Mütze. Was macht Ihr, geht’s Euch gut? Schon lange ist’s her, seit ich Euch das letzte Mal gesehen habe.» - «Das geht dich nichts an, schau du für dich. Sag du mir nun augenblicklich: Was machst du nur, dass du von Tag zu Tag fetter wirst? Am einen oder andern Ort wirst du sicher einen Brocken kriegen. Wenn du mir nicht sagst wo, so fresse ich dich augenblicklich, denn ich habe einen Riesenhunger.» - «Hört, Gevatter Bär, ich will es Euch sagen, aber versprechen müsst Ihr mir, es niemandem zu verraten. Gleich nach sieben Uhr gehe ich zum Maiensäss der Urlands hinüber, und während Cristel die Kühe melkt, steige ich durchs Kellerfenster und über die Milchgebsen hinweg und trinke Rahm, bis ich nicht mehr kann. Aber wenn ich Euch einen guten Rat geben kann, geht ein wenig vor sieben, und wenn Ihr hört, dass Cristel mit den Kühen spricht, so macht rasch und geht durchs Fenster hinein. Bis er all die Kühe im Stall gemolken hat, könnt Ihr so viel Rahm essen, wie Ihr wollt. Unterdessen erweise ich Euch meine Hochachtung und wünsche Euch guten Appetit.» Dann verzog sich der Fuchs. Der Bär konnte den Augenblick kaum abwarten, und als es zu dunkeln begann und beim Ton des Glöckleins machte er sich auf den Weg zum Maiensäss der Urlands und schlich ganz leise zum Stall. Dort wollte er lauschen, ob Cristel melke, und tatsächlich hörte er dessen Stimme: «Du verfluchte Braune, musst du wieder scheissen, während ich melke.» Jetzt ging der Bär hinüber und wollte in den Keller, doch das Fenster war ein wenig eng. Trotzdem gelangte er hinein, und wie er den prächtigen Rahm sah, so stieg er sofort über eine der grössten Gebsen hinweg, und im Nu hatte er vier davon leer gesoffen. Obwohl er spürte, dass sein Bauch sich aufblähte, war seine Fresslust so gross, dass er sich noch eine Gebse genehmigte. Jetzt hörte er, wie sich die Tür öffnete, und er dachte, das müsse Cristel sein. Er sprang auf das Tischchen und versuchte die Mauer hochzuklettem, um durchs Fenster abzuhauen. Aber er blieb stecken, und als er sich durchzwängen wollte, bekam er schreckliche Schmerzen und liess ein fürchterliches Geschrei los. Sobald Cristel dieses Geheul hörte, dachte er: «Aha, heute Abend haben wir die Hexe.» Er sprang hinaus und schrie die Treppe hinauf: «Herr Meister, Herr Meister, kommt sofort mit dem Gewehr. Wir haben die Hexe von Blais Melnetta erwischt.» Der Meister rannte unverzüglich in den Keller und sagte, als er dieses Geschrei hörte: «Macht Ihr Spass? Eine Hexe macht kein solches Geschrei.» Ein wenig Respekt vor der Sache hatten beide, trotzdem öffneten sie die Tür und gingen in den Keller. Jetzt begann der Bär, der sich nicht mehr regen konnte und so rund wie eine Trommel war, zu schreien: «O helft mir, helft mir, ich muss sterben!» - «Nun haben wir den Rahmdieb, diesen verflixten Schuft, der uns schon so viel Rahm weggesoffen hat. Warte, warte, jetzt kriegst du eine Kugel in den Wanst, dass dir von nun an die Lust auf Rahm vergehen wird.» Da bettelte der Bär: «Lasst mich doch am Leben, lasst mich doch am Leben! Ich kann es beschwören, dass nicht ich es bin, der bis jetzt den Rahm gestohlen hat. Jener verfluchte Fuchs - der ist jeden Abend gekommen, und noch heute hat er zu mir gesagt, dass er auch gestern Abend hier gewesen ist.» - «Nichts, nichts Fuchs, Bär, das warst du, es hilft dir nichts, mit dir ist es aus und vorbei.» Nun begann der Bär wieder zu betteln: »Wenn Ihr mich am Leben lässt, will ich Euch auf dem Feld helfen, den zweirädrigen Mistwagen zu ziehen und tun, was Ihr wollt.» Da hiess der Meister den Cristel: «Geh hinauf und hol den Maulkorb des Hundes, den wollen wir ihm anlegen, so sind wir sicher.» Sobald Cristel mit dem Maulkorb da war, schleiften sie den halbtoten Bären weg, banden ihm den Maulkorb um und brachten ihn hinaus in den Stall neben dem Schafverschlag. Zu fressen kriegte er nur Schweinefutter, Fleisch sah er keines. Jeden Tag musste er den Mistwagen ziehen, und so ging das eine gute Weile. Jedes Mal, wenn der Bär die Lämmer blöken hörte, tat er sein Möglichstes, um den Maulkorb loszuwerden, doch es gelang ihm nicht. Jetzt eines Tages, als Cristel und der Bär auf einer Wiese draussen waren, ging Cristel, nachdem er den Bären an einen Pfosten gebunden hatte, ein wenig weiter hinauf, um ein paar Äste zu sammeln. Unterdessen bemerkte der Bär, der zum Maiensäss hinunterschaute die Schafe draussen im Pferch der Urlands. Nun begann er mit aller Kraft am Seil zu ziehen, riss den Pfosten heraus und rannte, so rasch er konnte, hinunter. Als er nahe bei den Schafen war, erschraken die, und sie blökten aus Leibeskräften. Sobald der Meister dieses Geschrei hörte, nahm er das Gewehr, öffnete das Fenster, und pumm! auf einen Schlag lag der Bär mausetot am Boden. Cristel rannte nun ausser Atem hinunter und schrie: «O Schreck, o Schreck, der Bär ist abgehauen. Herr Meister, Herr Meister, was machen wir jetzt?» Der Meister sagte: «Los, komm her und schau, wo er ist. Der tut weder Mensch noch Vieh mehr was zu Leide. Geh nun schleunigst zu Tumesch und sag, er soll kommen und dem Bären das Fell abziehen.» Als Cristel mit dieser Neuigkeit ins Dorf ging, waren alle froh und zufrieden, dass es mit dem Schaffresser für immer aus und vorbei war. Der Meister befahl dann dem Metzger Tumesch, Bratenstücke und Fleisch für Würste herauszuschneiden. Am andern Tag schickte er Cristel von Haus zu Haus, um aus jedem Haushalt eine erwachsene Person und dazu alle Kinder einzuladen. Sie hatten ein ganz feines Nachtessen, assen, tranken und waren fröhlich, und das Märchen ist zu Ende. (Oberengadin)   Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Gewitterbrauende Geister

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Die Gewitter im Entlebuchertal erheben sich auf den Fluhhöhen am Scheibengütsch hinter Marbach und verbreiten sich von da aus über die Gegend. Wer kocht sie dort? Antwort: Gespenster, die da verbannt sind, giessen Wasser aus einem Topfe, während sie zugleich mit einem Stäbchen darin quirlen. Lösen sie mit dem Wasser auch Steine aus, so gibt es Hagel.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Ghrebellhou, der Gnomenfürst

Source: Ghrebellhou, der Gnomenfürst

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Zu Vaulion im Kreise Orbe hält in der Nacht vor Weihnachten Grebellhou, der Fürst der Gnomen, in der Landessprache „gommes“ genannt, seinen Umzug. Auf wunderbare Weise kommt er mit seiner Schaar Untergebenen daher, sämtlich verkehrt auf kleinen weißen Schweinen sitzend, deren Schwänze statt Zäumen in den Händen haltend; nur er, der Gnomenfürst im roten Purpurmantel und eine Krone auf dem Haupt, sitzt mit dem Gesicht nach vorwärts gewendet auf seinem Reittier, das auch fast noch einmal so groß ist als das der andern. So reiten sie nach dem Jouxtal hinauf, wo sie das Gold in dem Dent de Vaulion hüten. Da es aber ihrer viele Tausend sind, hört man das Schweinegetrappel auf der harten Landstraße schon aus weiter Ferne auf das Deutlichste. Jedem, der dies hört, ist jedoch geraten, sich sofort umzukehren und zu warten, bis der Zug vorüber ist, denn sie lieben es nicht, von den Menschen gesehen zu werden und strafen neugierige Blicke mit augenblicklicher Blindheit. Davon weiß ein Bursche von Vaulion zu erzählen, welcher ein ganzes Jahr lang auf dem linken Auge blind war, weil er, da ihm der Zug zu lange gewährt, nur ein klein wenig über die linke Achsel geschaut. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Gindulin

Source: Gindulin

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In ganz alten Zeiten soll im Aletschwald ein Zwergenstamm gewohnt haben. Ein Zwerg ging oft hinunter nach Ried-Mörel und half den Bauern beim Hirten. Ein Bauer hatte dort eine wunderschöne Tochter das war die schönste Riederin. Der Zwerg empfand eine ungeheure Sehnsucht nach ihr, aber sie schenkte ihm kein Gehör und meinte, so einen "Strontzel", wie er sei, nehme sie nicht. Sie wollte lieber einen richtigen Bauern. Der Zwerg ergab sich aber nicht und erklärte ihr, er sei der Zwergenkönig im Aletschwald, und sie würde die Zwergenkönigin werden. Sie wollte jedoch nichts davon wissen. «Nein, ich will einen richtigen Bauern heiraten.» Schliesslich entschied der Zwerg: «Gut, ich gebe nach unter der Bedingung, dass du meinen Namen rätst!» Sie gab freudig ihre Zustimmung, und er jauchzte: «Jetzt ist schönste Riederin mein!» Diese dachte dann aber nach und nach, aber sein Name kam ihr nicht in den Sinn. Eines Tages ging sie mit einer Tschifra hinein in den Aletschwald und überlegte immer noch, wie jetzt das kleine Zwerglein mit dem grossen Bart heissen könnte. Plötzlich sah sie in einer Lichtung dieses selbe Zwerglein. Es tanzte da umher und sagte zu sich selbst: «Oh, wie bini froh, dass miini nit weiss, dasi Gindulin heiss!» Die Riederin fasste ihr Holz leise zusammen und verschwand ungesehen heim. Als nach einigen Tagen der Zwerg kam, wollte er wissen: «So Annemarie, wie heisse ich jetzt?» Sie verstellte sich zuerst und fragte: «Heissest etwa Gregor?» - «Nein Gregor heisse ich nicht, aber meinen Namen rätst du nicht!» Sie fuhr weiter mit Raten und nannte alle Namen die unter Bauern gebräuchlich waren. Der Zwerg meinte, seinem Ziel nahe zu sein, bis sie plötzlich sagte: «Dann heissest du etwas Gindulin!» Dessen hatte der Zwerg einen solchen Zorn, dass er ausschrie: «Du vermaledeites Mädchen, jetzt hast du doch meinen Namen geraten!» Der Zwerg zog fort und mit ihm zusammen der Zwergenstamm im Aletschwald. RIED-MÖREL Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch  


by Gion ohne Furcht

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Gion war ein armer verwaister Bursche, er hatte weder Vater noch Mutter. Er wohnte bei einem Onkel. Gion klagte immer, er könne sich nicht fürchten; die andern erzählten immer von Furcht, er möchte das Fürchten lernen. Eines Tages sagte der Küster zu Gion: «Ich will dich das Fürchten lehren. Geh heut Abend das Ave Maria läuten, doch du musst zuoberst auf den Turm steigen, dann bin ich sicher, dass du dich fürchtest.» Gion stieg hinauf, und als er den Kirchturm hinunter zurückkam, stand dort etwa auf halber Höhe ein weiss gekleidetes Gespenst. Gion fragte: «Wer bist du?» Das Gespenst gab keine Antwort. Er fragte nochmals: «Wer bist du?» Wieder keine Antwort. Da rief Gion: «Dich will ich schon zum Reden bringen», und er gab ihm eine solche Ohrfeige, dass der andere die Treppe hinunterfiel. Gion ging weiter, ohne auf ihn zu achten und kam nach Hause zu seinem Onkel, und der fragte: «Wie ist es gegangen, hast du das Fürchten gelernt?» Gion antwortete: «Ich habe mich vor nichts gefürchtet; es stand ein Gespenst auf halber Treppenhöhe. Es wollte mir keine Antwort geben, und ich habe ihm eine Ohrfeige verpasst, dass es kopfüber die Treppe hinunterfiel. Ich bin weitergegangen und habe es dort gelassen; ich muss weiter weggehen, um das Fürchten zu lernen.» Er brach zu einer grossen Reise auf. Am Abend kam er zu einem Wirtshaus, und da sagte er zum Wirt, er wolle das Fürchten lernen, er habe viel erzählen hören, dass dieser sich gefürchtet habe und jener, doch dazu sei er nicht im Stande. Der Wirt sagte: «So will ich dir einen Ort zeigen, wo du das Fürchten lernen kannst. Hier über dem Dorf steht ein Schloss, und da wagt keiner zu bleiben, denn nachts spukt es. Du musst drei Nächte auf jenes Schloss gehen, dann weiss ich, dass du gelernt hast, dich zu fürchten; am Morgen kommst du hierher zurück.» Gion erwiderte: «Das will ich schon machen.» Und er ging. Um Mitternacht fing es an fürchterlich zu lärmen. Gion beachtete es nicht. Am Morgen ging er wieder zum Wirt, und der fragte: «Wie ist es gegangen?» Gion antwortete: «Es war ein fürchterlicher Lärm, gesehen habe ich nichts.» Der Wirt sagte: «Geh nur nochmals hinauf, ich weiss, dass du lernen wirst, dich zu fürchten.» Gion erwiderte: «Einfach so da oben ist es mir fürchterlich langweilig. Schlafen kann ich nicht bei diesem Krach, gebt mir etwas zum Zeitvertreib.» Der Wirt fragte: «Was willst du denn?» - «Ich will eine Hobelbank, eine Drehbank und einen Amboss.» Der Wirt sagte: «Das kannst du schon haben.» Am zweiten Abend kehrte er mit seinen Werkzeugen aufs Schloss zurück, und als es Mitternacht schlug, machte es den gleichen Lärm, nur stärker. Gion glaubte, die Mauern würden zusammenfallen. Er ging im Schloss herum, sah aber niemanden. Am Morgen kehrte er zum Wirt zurück. Der fragte: «Wie ist es gegangen?» Gion antwortete: «Ich dachte, das ganze Gebäude falle wegen des Lärms zusammen, doch gesehen habe ich niemanden.» Der Wirt meinte: «Geh du nur nochmals hinauf; ich weiss, dass du dich fürchten musst.» Gion kehrte zum dritten Mal aufs Schloss zurück. Nach einer Weile hörte er einen grossen Lärm im Kamin oben. Er schaute hin, und da fiel ein Sack voll Ware herunter. Er band den Sack auf, und da waren lauter Knochen drin. Er trug den Sack auf die andere Seite der Küche und arbeitete weiter. Wenige Augenblicke später fiel ein Schädel durch den Kamin. Er legte diesen hinüber auf den Sack, kehrte zurück und arbeitete. Einen Augenblick später fielen fünf Katzen durch den Kamin. Die gingen hin, nahmen die Knochen und stellten sie auf wie zum Kegeln; als Kugel nahmen sie den Schädel. Gion schaute eine Weile zu, und dann leistete auch er den Katzen Gesellschaft beim Kegeln. Als er die Kugel aus der Hand liess, begannen die Katzen, Gion mit ihren Krallen zu kratzen, und der sagte: «Wartet einen Augenblick, ihr Schelme, wenn ihr zu lange Krallen habt, will ich sie schon kürzer machen!» Er packte eine nach der andern, klemmte die Beine in den Schraubstock der Hobelbank und schnitt allen die Krallen ab. Mit dem Schädel als Kugel ging das Kegeln auch nicht gut. Gion sagte: «Ihr habt da eine schlechte Kugel; die ist nicht rund.» Er nahm den Schädel, befestigte ihn in der Drehbank und drehte, bis er rund war. Die Gesellschaft vergnügte sich noch eine Weile zusammen, und dann stiegen die Katzen bald einmal den Kamin hinauf. Gion achtete nicht darauf und fürchtete nichts. Er begann wieder mit seinen Werkzeugen zu arbeiten. Nach kurzer Zeit hörte er einen fürchterlichen Lärm im Kamin oben; so dass er glaubte, der stürze ein. Er stand auf, lauschte und schaute. Da fiel ein Sarg herunter. Einen Augenblick war es ganz still, und dann begann sich im Sarg etwas zu regen. Er ging hin, öffnete den Deckel und liess den Toten heraus. Der wäre beinahe Gion an die Gurgel gesprungen. Doch der sagte: «Wart einen Augenblick, du Schelm; wenn das so gemeint ist, will ich dir schon zeigen, wen du dir vorgenommen hast.» Gion packte ihn, spannte ihm die Beine in die Hobelbank, verpasste ihm eine tüchtige Abreibung, warf ihn in den Sarg zurück, und der fuhr wieder durch den Kamin hinauf. Am Morgen kehrte Gion zum Wirt zurück und erzählte alles, was vorgefallen war. Die, welche ihm zuhörten, fürchteten sich nur schon, ihn reden zu hören, doch Gion hatte das Fürchten noch nicht gelernt. Er reiste weiter und gelangte in ein anderes Dorf; dort sagte er wieder, er wolle das Fürchten lernen. Der Wirt erwiderte, er wolle ihn zum Galgen führen; dieser Tage seien ein paar gehenkt worden. Er solle während der Nacht dort bleiben; er glaube, dass er das Fürchten lernen könne. Wenn er friere, könne er ein wenig feuern, um sich zu wärmen. Gion ging zum Galgen. Da fand er ein paar Männer, die gehenkt worden waren. Durch den fürchterlichen Wind, der wehte, schwankten diese hin und her wie ein Zaungattter. Er zündete ein Feuer an und lud auch die Gehenkten ein, sie sollten herunterkommen und sich wärmen. Die blieben jedoch da oben aufgehängt und gaben ihm auch keine Antwort. Bald einmal sagte er zu sich selbst: «Ich will hinauf und sie losmachen, was für sonderbare Dummköpfe, da oben bleiben und frieren» Er machte sie vom Galgen los und legte sie neben das Feuer. So wie er sie hingelegt hatte, blieben sie liegen. Allmählich begannen ihre Kleider zu brennen. Gion sagte: «Seid ihr denn verrückt, merkt ihr nicht, dass ihr Feuer gefangen habt?» Niemand gab ihm Antwort. Bald einmal sagte er: «Ich will euch dorthin tun, woher ich euch genommen habe, und bleibt meinetwegen da und friert.» Er hängte sie wieder auf und geht weiter. Beim Wirt erzählte er alles, was vorgefallen war; es sei ihm noch nicht gelungen, das Fürchten zu lernen. Alle staunten über Gion, dass er sich nicht fürchtete. Er reiste ab und kam am Abend in ein Wirtshaus, erzählte all das, was er durchgemacht hatte, doch er sei noch nicht im Stande gewesen, das Fürchten zu lernen. Die Wirtin holte einen Zuber Wasser mit Fischen drin. Sie schüttete ihm das Ganze über den Rücken. Die Kälte des Wassers und das Gezappel der Fische versetzten ihn in einen solchen Schrecken, dass er sich fürchtete. Gion sagte darauf: «Jetzt habe ich endlich gelernt, mich zu fürchten. Jetzt will ich nach Hause.» (Oberhalbstein)   Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Gionet

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Ein Bursche stand einmal unter dem Fenster einer Mühle und blickte zum Himmel hinauf. Die Müllerin öffnete das Fenster und fragte, wohin er schaue. Der Bub sagte, er müsse dorthin gucken, woher er gekommen sei, damit er auch wieder hinaufkönne. Da fragte die Müllerin: «Woher kommst du denn?» Der Bub antwortete: «Ich komme gerade vom Himmel.» Da sagte die Müllerin: «Oh, dann kannst du vielleicht auch sagen, was unser Gionet macht?» Der Bub antwortete: «Aber sicher, der ist gesund und lässt Euch grüssen, und er hat gesagt, Ihr sollt mir die Hennen in einem Korb und etwas Fleisch mitgeben.» Die Müllerin ging sofort die Hennen holen, steckte sie in einen Korb und legte ein schönes Stück Fleisch dazu. Dann sagte sie noch: «Er hat bestimmt auch Geld nötig.» Der Bub entgegnete: «Davon hat er gar nichts gesagt, doch ich weiss, dass er es sehr gern hat, wenn Ihr welches gebt.» Da gab die Müllerin noch das Geld, das sie hatte. Der Bub nahm den Korb mit den Hennen, das Fleisch und das Geld und ging weg. Er lief ein Stück bis hinter einen Hügel, versteckte da den Korb und ging zurück zu einer Alten, die neben der Strasse Heuhaufen machte. Er sagte zu ihr, er wolle ihr einen halben Gulden zahlen, wenn sie in einem Heuhaufen eine halbe Stunde lang den Kopfstand mache. Der Alten war dies recht, sie stellte sich im Heu auf den Kopf, und der Bub musste sie aufrecht halten. Als der Müller nach Hause kam, fragte die Frau, ob er wisse, wer heute da gewesen sei. Ganz neugierig sagte der Müller: «Also, erzähle!» Die Frau erzählte: «Es ist ein Bub vom Himmel oben da gewesen, und der hat berichtet, unser Gionet sei gesund und lasse uns grüssen, und wir sollten die Hennen und ein wenig Fleisch mitgeben, und dazu habe ich noch unser Geld draufgelegt.» Da tobte der Müller fürchterlich und schrie: «Du dumme Kuh, der hat dich nur angeschmiert! So ein Quatsch! Die Leute im Himmel dürfen nicht wieder raus, und dort oben braucht man bestimmt keine Hühner und solches Zeug!» Er nahm sogleich sein Ross und trabte so schnell er konnte davon, um den Buben einholen zu können. Da sah er einen Buben, der neben einem Heuhaufen stand, und er fragte ihn: «Hast du nicht einen Buben mit einem Korb vorbeigehen sehen?» Der Bub sagte: «Doch, vor kurzem ist einer hier mit einem Korb vorbei, da waren Hühner drin. Doch wenn ihr diesen Bienenschwarm hier halten wollt, will ich ihm nachrennen und ihn schnappen, denn ich weiss genau, wohin der ist. Überliess es dem Buben, und dann musste er die Alte stützen, die er für einen Bienenschwarm hielt. Der Bub machte sich so schnell als möglich aus dem Staub, er holte den Korb aus dem Versteck hervor und ritt mit dem Ross auf und davon. Der Müller musste den Bienenschwarm lange halten. Mit der Zeit verleidete es der Alten auch, und sie sagte: «Ist die halbe Stunde noch nicht um?» Da schaute der Müller genauer hin, was für ein Bienenschwarm das sei, und dann merkte er, dass er noch ärger angeschmiert worden war als seine Frau.   Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Glas auf dem Brunnen

Source: Glas auf dem Brunnen

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In grauer Vorzeit siedelten auf dem breiten Rücken der Oltschiburg, hoch über dem Wasser der Niederung und weiten Bergwäldern, die ersten Anwohner der Gegend. Eine Quelle, die heute noch weniges unter dem Gipfel dieses Berges als dünnes Wässerlein aus den Felsen rinnt, bot den Menschen willkommenen Trank, und das Wild in den Waldestiefen der Umgebung jagten sie sich zur Nahrung. Eines Morgens, als einer der Bergbewohner Wasser schöpfen wollte, war die Quelle zugefroren. Der Mann meldete seinen Leuten, es sei Glas auf dem Brunnen, eine rauhe Zeit stehe bevor; worauf diese sich sogleich beratschlagten, den bisherigen Wohnsitz aufzugeben und sich tiefer am Berg irgendwo anzusiedeln. So stiegen die Leute von ihrem luftigen Sitze auf freier Bergeshöhe herab, durchstreiften die Wälder nach einem neuen Wohnplatz und kamen dabei in die beiden kleinen Täler, das Gau und das Tiefental. Hier waren sie vor den rauhen Winden geschützt, und da an beiden Orten klare Quellen der Erde entsprangen, beschlossen sie, da ihre Wohnstätten aufzuschlagen. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Gletscherfrau

Source: Gletscherfrau

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1. Ein frommer, braver Schächentaler hat erzählt, er sei einmal an einem kalten Wintermorgen in aller Frühe nach Altdorf gekommen. Da sei ihm oben im Hellgässli i allem Schnütt ein Weibervolk begegnet, das, einen Stock in der Hand, einen grossen Schlätterhüet auf dem Kopfe, an ihm vorbeischoss. Er wünschte ihm den »Guten Morgen« an, bekam aber keine Antwort. Da kehrte er sich um und rief nochmals den nämlichen Gruss. Das Wybervölchli schaute nur so über die Achsel nach ihm zurück und hastete weiter. »Güetä Morget! ha-n-i gsäit,« schrie er ihm nach. Jetzt wandte sich die Unbekannte doch einen Augenblick um und rief ihm zu: »Häb-mi nid üff! Ich bi vor wenigä-n-Äugäblickä gstorbä und my Lybb lytt nu warmä-n-uf'm Seelisberg ussä-n-uf'm Totäbett. Und jetz mües-i uf-ä Chlarydäfirä, und am säxi mües-i dertä sy.« Fr. Zgraggen-Scheiber, 76 J. alt, Schattdorf 2. Senn, Hirt und Dinner der Alp Gufern im Maderanertal sassen vor der Alphütte, als sie eine Dame unter den Flühen über Stock und Stein talein marschieren sahen. »Diä isch-schi v'rgangä,« meinte der Senn und schickte den Dinner, sie zurechtzuweisen. »Nein, nein,« sagte zu ihm die Dame, »ich bin auf dem richtigen Weg. Ich komme aus Holland und muss auf den Hüfifirn, um dort Hitz' und Kälte durchzumachen. Wärest du aus Vorwitz gekommen, so hätte ich dich zu Staub und Asche zermahlen dürfen.« Und eilte davon. Fr. Senn-Loretz, 25 J. alt, Wyler Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Glocken gestohlen

Source: Glocken gestohlen

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Eines Morgens war eine Glocke vom Kirchturm zu Gretschins verschwunden und von ihr keine Spur mehr zu finden. Einige Zeit darnach, als der Mesner von Balzers die Gläubigen zu andächtigem Gebete einlud, vernahmen die Wartauer sehr bekannte Töne. Dieselben rührten von ihrem abhanden gekommenen Glöcklein her. Die Balzner haben ihnen aber die gestohlene Glocke nicht mehr zurückgegeben. Auch die Schaner sollen vor alten Zeiten im Kirchturm von Buchs eine Glocke gestohlen und nie mehr zurückgegeben haben. Heinrich Hilty. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 152, S. 72 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Glockensage von der Randenburg

Source: Glockensage von der Randenburg

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Die große Glocke zu Schleitheim, womit zur Betzeit und zu Mittag geläutet wird, daher sie Mittagglocke genannt ist, hing ehedem, vor einigen hundert Jahren, auf dem hohen Turme des Bergschlosses Randenburg. Vor dem Untergang der Ritterburg wurde mit der Glocke geläutet, so dass die klangreiche Stimme derselben noch einmal weit hinaus ins Land erschallte. Da gedachten die Leute von Schleitheim die Burgglocke zu retten, weil ihnen deren wohlklingender Ton vertraut und lieb geworden war. Sie sollte in dem alten steinernen Kirchturm des Orts aufgehängt werden. Aber auch die von Beggingen waren Willens, der Randenburgglocke im Türmchen ihrer Kapelle eine bleibende Unterkunft zu geben. Da erhob sich große Ratlosigkeit, denn alle beiden Gemeinden hätten gleich gerne zugegriffen; keine wollte freiwillig Verzicht leisten und doch auch keine der andern unfreundlich begegnen. Endlich verfiel man auf ein Mittel, die heikle Geschichte in aller Freundschaft zu schlichten und die Entscheidung der Frage dem unparteiischen Zufall anheimzustellen. Die Glocke wurde auf den schmalen Kamm des Berggrates aufrecht hingestellt und bestimmt, dass eine gleiche Zahl Knaben von Schleitheim und Beggingen dieselbe gemeinschaftlich auf die Seite legen und dann den Berg hinab laufen lassen sollten. Wem dieselbe zulaufe, ganz oder zerschellt, dem solle sie gehören und der andere Teil dürfe nichts dagegen einzuwenden haben. Also geschah es. Die glänzende Glocke wurde losgelassen; sie fuhr tönend und klingend zu Tal und zwar auf die Seite von Schleitheim. Und als man hinabeilte und nach ihr sah, siehe da war die schöne Glocke ganz unversehrt geblieben und hatte auch nicht einmal einen „Plätzab“ bekommen. Die Schleitheimer aber führten sie, mit Kränzen behängt, und in hellem Jubel vollends in ihr Dorf hinab, wo sie seitdem geblieben ist und mit ihren drei freundlich gestimmten Mitglocken einen lieblichen Vierklang ertönen lässt.       Aus: R. Frauenfelder, Sagen und Legenden aus dem Kanton Schaffhausen, Schaffhausen 1933. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Glockensagen

Source: Glockensagen

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Aus der Tiefe des Zugersees drangen früher oft Glocken- und Orgeltöne, welche von der im Jahre 1435 versunkenen Stadt heraufschollen. Schiffer, die dies hörten, zogen andächtig die Ruder aus dem Wasser und gedachten der Vorfahren in einem frommen Gebete. Das "Säuli" der Kirche in Schönbrunn (so hiess nämlich die kleine Kirchenglocke) war die einzige Wetterglocke von Stadt und Amt Zug und sie allein konnte nach der Volksmeinung den von der bösen Zuger Hex Lisi Bossi heraufbeschworenen Unwettern rettendes Einhalten gebieten. Wenn ihre Glockenstimme ertönte, fuhren die schwärzesten Wetterwolken jäh auseinander, ohne dass Schaden an den Feldfrüchten entstand. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 43 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Glückhaftige und unglückhaftige Stunden

Source: Glückhaftige und unglückhaftige Stunden

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Dass es für Werden und Sterben und auch für das gesamte Wirken und Schaffen des Menschen glückhaftige und unglückhaftige Stunden gebe, galt früher dem Volke als eine feststehende Wahrheit. Ältere Leute erzählen noch das eine oder andere Beispiel. In ein ärmliches Häuslein, wo man stündlich die Niederkunft der Mutter erwartete, kehrte ein fremder Bettler ein und bat um ein bescheidenes Nachtlager. »Verzeihet«, sprachen zu ihm die guten Leute, »aber heute abend können wir euch mit dem besten Willen nicht beherbergen; im engen Stübli harrt die Mutter ihrer schweren Stunde, die Stube ist ausser dem das einzige Gemach, welches uns zu Gebote steht, und da wären wir mit euch und ihr wäret mit uns geniert.« Der hartnäckige (g'nietig) Bettler liess sich jedoch nicht abweisen und erhielt endlich die Erlaubnis, auf dem schmalen Ofenbänkli zu nächtigen. Er aber schlief nicht, sondern betete, betete laut und ohne Unterlass, und eine Bitte, inständig und heiss, kehrte immer wieder: »Jetz nu nit, jetz nu nit!« Gegen alles Erwarten zog sich die verhängnisvolle Stunde hinaus; Hebamme und Hausbewohner merkten, um was der seltsame Fremde betete, und machten ihm Vorwürfe. Endlich liess er nach und belehrte sie: »Sehet, das alles waren unglückhaftige Stunden; jetzt endlich ist eine glückhaftige angebrochen. Hätte das Kind vorher das Licht der Welt erblickt, so wäre es zum Unglück geboren worden.« Und nun genas die Mutter glücklich eines gesunden Kindleins, und alle waren von Herzen froh, dass sie dem armen Fremdling Obdach gewährt hatten. Zu Flüelen soll vor einigen Jahrzehnten ein Bauer gelebt haben, der die glückhaftigen und die unglückhaftigen Stunden kannte. Hatte eine unglückhaftige angefangen, dann stellte er jede Arbeit beiseite, ging mit dem Ingesinde in die Stube und erlustigte sich, bis sie vorüber war, beim Kartenspiel. – So mochten die bösen Stunden gar nicht so verhasst gewesen sein. Wer weiss, vielleicht war's ein Schalk. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Glückliche Stunden

Source: Glückliche Stunden

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Bei  einem armen Häuschen klopfte einmal ein Bettler an die Tür und bat um ein Nachtlager. „Das geht leider nicht“, sagte ihm der Hausherr, „denn die Geburt unseres Kindleins hat soeben begonnen.“ Der Bettler liess sich jedoch nicht abweisen und endlich gab man ihm einen Platz auf der Ofenbank. Dort setzte er sich hin und während die Frau in den Wehen lag, betete der Bettler vor sich hin: „Jetzt no nid, jetz no nid.“ Tatsächlich zog sich die Geburt hin, so dass die Hebamme zu schimpfen begann über das seltsame Gebet des Gastes. Doch er liess sich nicht beirren, bis er endlich sein Gebet beendet hatte und das Kind geboren wurde. Lächelnd trat er zur frischgebackenen Mutter und sagte: „Vorher, das waren unglückliche Stunden, jetzt aber ist das Kind zu einer glücklichen Stunde geboren.“ Und wirklich: Das Kind war gesund und alle freuten sich, dass sie dem fremden Gast Obdach gewährt hatten. Neu erzählt nach:  Müller, Josef: Sagen aus Uri 1Basel 1926, unter dem Titel Glückhaftige und unglückhaftige Stunden


by Glühendes Eisen im Futtertrog

Source: Glühendes Eisen im Futtertrog

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Des Lengen Peetsch hatte bei seiner Hirtete an Winkelmahd ein untätiges Fähdli Es liess die Tränke von Tag zu Tag mehr im Trog, fiel zusehends aus der Schwarten, und der Tag war vorauszuberechnen, an dem es drauf gehen würde. Es war Ungutes im Spiel. Peetsch lief auf Hasli zum Egger auf dem Russ. Der gab ihm an, den Futtertrog mit dem Brand zu zeichnen und einmal zum Füttern ein Stück Eisen glühend zu machen und in die Tränke zu stecken; es komme dann einer, einen Gegenstand entlehnen, aber er solle diesem innert den nächsten drei Tagen ja nichts aushändigen. Peetsch erprobte das Mittel noch gleichen Abends. Als das glühende Eisen im Trog tschuuselte, kam einer, er kannte ihn wohl, drecknass von Schweiss in den Gaden springen und für eine Strahlhaue fragen. Peetsch gab ihm die Haue wohlweislich nicht. Von Stund ab fing das Fähdli wieder zu fressen an wie recht und gedieh bis im Christmonat zur Metzg. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Gold

Source: Gold

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Ein Weib sammelte im Schlosswald Holz, sah dabei hübsches, glänzendes Laub und nahm eine Handvoll für das Kind mit nach Hause. Aber wie erstaunte es, als jedes Blatt ein Goldstück geworden war! Eilig ging die Mutter nach dem Walde zurück, um noch mehr davon zu holen; aber der rechte Augenblick war vorüber, sie fand kein Blättchen mehr. Nach N. Senn, Chronik.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 115, S. 55 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Gold als Buchenlaub

Source: Gold als Buchenlaub

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1. Im Schwarzbälmli am Rynächt sei unermesslich viel Geld versteckt, das aber von einem Gespenst bewacht werde. Einst machten sich zwei mutige, goldlüsterne Burschen von Schattdorf, mit grossen Säcken beladen, auf den Weg, in dieser geheimnisvollen Höhle sich Geld zu holen. Der eine ging barfuss, um dem Gespenst schneller entrinnen zu können. Der andere zog Kartatschen an, aber band sie nicht; er sagte, wenn das Gespenst komme, seien die Kartatschen bald weggeworfen. Wie sie in der Höhle eine Strecke weit vorgerückt, fanden sie eine Menge dürres Buchenlaub, der Boden war hoch damit bedeckt, und es ging dem Burschen bis über die Kartatschen hinauf, die sich, weil nicht gebunden, damit füllten. Einer zündete ein Streichhölzchen an und warf es, sobald es verloschen war, weg und zündete ein zweites an; der andere hingegen meinte, sie wollten lieber die Laterne anzünden, sonst könnte die Streue Feuer fassen und anfangen zu motten und zu rauchen, und dann wären sie schön in der Falle. Sie zündeten also die Laterne an, fanden aber trotzdem gar nichts als Buchenlaub. Da kehrten sie endlich wieder um. Vor der Höhle wollte jener das Laub aus seinen Kartatschen schütten, und nun rollten und kugelten die prächtigsten Goldstücke heraus! Die Buchenblätter hatten sich in Gold verwandelt. Jetzt kehrten die Burschen nochmals in das Berginnere zurück, um ihre leeren Säcke mit dieser köstlichen Streue zu füllen; aber jetzt kam ihnen das Gespenst entgegen, und zwar nicht schön! Sie liessen ihre Säcke fallen und flohen über Hals und Kopf davon. Emerentia Zurfluh, Silenen, u.a. 2. Von einem alten Häuschen im Buchholz zu Silenen hat es immer geheissen, es sei ein Schatz darin verborgen. – Vor einigen Jahrzehnten liess seine Besitzerin, ds Lenärosi, Verschiedenes in diesem Häuschen ausbessern; da kam eines Tages der Schreiner, der mit diesen Arbeiten beauftragt war, in vollem Jubel aus einer Kammer heruntergesprungen und rief: »Der Schatz, der Schatz!« Schnell läuft Rosi hin und findet in einem finstern, versteckten Winkel einen Hafen. Es lüpft den Deckel ab und greift hinein. »Ja, ä scheenä Schatz!« ruft es enttäuscht aus. Es hatte in dürre Buchenblätter gegriffen, die es nun ausschüttete. Da sind sie aber alle auf einmal verschwunden, ds Rosi konnte nicht sagen, wie und wohin. – »Hätte es die Schürze hingehalten und die Blätter dahinein schütten lassen und aufbewahrt, so wären es vielleicht doch Goldstücklein gewesen,« meint meine Erzählerin halb gläubig, halb ungläubig. Emerentia Zurfluh, Silenen 3. Man habe beim Schleissen alter Häuser schon öfters in der Nähe der Türschwelle oder unter ihr Laub gefunden. Das wäre aber in Wirklichkeit ein von ehemaligen Besitzern verborgener Schatz, Geld, auf dem der »Horämelki«, d.h. der Böse, sitze, der die Leute verblende, dass sie nur Laub sähen. Zu Silenen habe einmal einer solches Laub mitgenommen, und am anderen Tage sei es lauteres Gold gewesen. Andreas Fedier, 46 J. alt, Maderanertal Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Gold am Bristenstock

Source: Gold am Bristenstock

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Aus Offenbarung eines fahrenden Schülers wussten zwei Männer aus der Gegend, dass an einer bestimmten, nur ihnen bekannten Stelle des Bristenstockes ein Klumpen Gold »wiän-ni grossi Hideltannä« zu heben wäre, und sie suchten also diesen Punkt auf und fanden richtig den Schatz. Die Freude darüber machte sie jedoch zu Narren, so dass sie, bevor sie den Fund an sich zogen, nach Amsteg hinunter gingen und dort in einem Wirtshause ein köstliches Mittagessen zu sich nahmen, und zwar bei geschlossenen Fensterbalken, weil sie nun glaubten, des Herrgotts Sonnenlicht entbehren zu können. Als sie dann die Arbeit in Angriff nahmen, fiel bald die Höhle über ihnen zusammen und erdrückte sie. Später suchte man nach ihnen und fand ihre Leichen. Ihre Hüte und Werkzeuge glitzerten und waren mit weissglänzendem Silbererz überzogen. Aber der Goldklumpen kam nie zum Vorschein. Theresia Gisler, 73 Jahre alt, Spiringen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Gold und Silber

Source: Gold und Silber

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Bei Friesenberg bei Wyningen im Kanton Bern sah ein Hirtenknabe aus einem alten Schlossplatze Gold- und Silberstücke wie zum Sonnen ausgebreitet. Ein schwarzer Hund lag daneben. Der Knabe nahm Kleie und Salz aus seiner Hirtentasche und streuete es darauf. Alsbald verschwand der Hund und alles Gold, welches er überstreuet hatte, blieb liegen. Quelle: Theodor Vernaleken, Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch


by Goldadern im Casana-Gebirge

Source: Goldadern im Casana-Gebirge

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Der Zusenne in der Casana-Alpe flüchtete in einem Ungewitter unter einen Felsen und wartete dort, bis dass der Regen vorüber war. In die Hütte zu seinen Kameraden zurückgekehrt, fanden diese etliche Tropfen massiven Goldes an seinem Hute angeklebt, welche, als er unter jenem Felsen gestanden, von oben herab auf seinen Hut getröpfelt waren. Die Höhle, wo er Schutz gefunden, war aber nicht mehr zu finden. - Auch hat ein armer Mann in selbiger Gegend eine Goldader gefunden, zwei Mal davon geholt, und ist davon reich geworden. Als er nun das dritte Mal kam und noch mehr Gold haben wollte, konnte er seine Fundgrube unmöglich mehr finden. Als er nun traurig den Ort verliess, hörte er eine feine Stimme nachrufen: wenn er mit dem, was er bereits gefunden, gut umgehe, hätten er und seine Nachkommen alle genug. – Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Goldbethli und Harzbabi

Source: Goldbethli und Harzbabi

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In der schönen, obstreichen Gegend beim Städtlein Willisau im Luzerner Gebiet lebte einst, Gott weiß wann, eine Frau. Sie hatte zwei Töchterlein, ein eigenes und ein Stiefkind. Das eigene hieß Babi und das Stieftöchterlein Bethli. Aber die Frau war gegen ihr Stiefkind gar nicht gut. Ihre eigene Tochter konnte machen, was sie wollte, wenn's noch so gefehlt war, es war ihr doch immer recht. Alle Unarten nahm sie für kindliche Munterkeit. Wenn jemand zur Frau kam und sagte, ihr Babi hätte gegen sie die Zunge herausgestreckt, so sagte die törichte Mutter, das sei halt nur so eine lustige Gewohnheit von ihrem Babi, und es habe auch gar ein so schleckhaftes, hübsches Zünglein. Dabei bekam Babi immer das Beste zu essen, und was sie nicht bekam, naschte sie. Kein Honigtopf war vor ihr sicher. Doch die Mutter wollte alle ihre Unarten nicht sehen. Aber das Bethli, ihr Stieftöchterchen, mußte gar oft Hunger leiden und mit dem Abfall vom Tisch vorliebnehmen. Und während das Babi in schönen Kleidern überall herumfackelte, mußte das Bethli in geringen Lumpen am Spinnrad kauern und auf Tod und Leben schaffen, also daß ihm die Finger fast abfielen. Soviel es aber spann, die böse Stiefmutter war nie zufrieden und schimpfte es alleweil erbärmlich aus. Eines Tages, als das Bethli das Spinnrädlein wieder gar emsig schnurren ließ und nur ab und zu einen Blick durchs Fenster vors Haus tat, wo das Babi mit dem Ball spielte, fiel ihm der Wirtel zu Boden und kugelte in ein Mäuseloch hinein. Eben trat die Stiefmutter ein, und als sie sah, wie der Wirtel ins Mäuseloch gerollt war, wurde sie wütend und schrie: "Nun schlüpfe nur sofort ins Mäuseloch hinunter und hol mir den Wirtel wieder herauf, sonst ergeht's dir bös!" Das arme Bethli erschrak und wußte sich nicht zu helfen; denn wie sollte es in ein Mäuseloch hineinkommen. Aber es wußte von nichts anderem, als daß man immer gehorchen müsse, und so warf es sich auf den Boden und kroch auf das Mäuseloch zu. Und siehe, das kleine Loch erweiterte sich mit einem Male, und zum Erstaunen der bösen Stiefmutter konnte das Bethli hineinschlüpfen und war im Hui verschwunden. Das Bethli aber war kaum ins Mäuseloch geschlüpft, so erweiterte sich das zu einem großen Gange, und auf einmal kam es in eine schöne Gegend und lief auf ein prächtiges Schloß zu. Wie es nun an das Schloß herankam, sah es vor seinen Toren gar niedliche, spielende Hündchen, die wie Menschen reden konnten. Sie begrüßten das erstaunte Mägdlein freudig, wedelten um sein armselig Stumpfröcklein herum und wußten sogar seinen Namen, denn sie bellten: "Wauwau, das goldene Bethli kommt! Wauwau, das goldene Bethli kommt!" Jetzt ging ein Tor auf, und einige Kinder eilten aus dem hohen Schlosse, die noch viel, viel schöner waren, als man's sagen kann. Sie nahmen Bethli in ihre Mitte und waren gar holdselig zu ihm. Aber Bethli stand mit dem Finger im Mäulchen in ihrem Kreise und schaute schüchtern von einem zum andern, denn es war's gar nicht gewohnt, daß man so lieb mit ihm tat. Die Schloßkinder sahen Bethli wohl an, wie sehr es Hunger hatte, und fragten gleich: "Goldbethli, mit wem willst du essen, mit uns oder mit den Hündchen?" - "Setzt mich nur zu den Hündchen", sagte demütig das Mägdlein, "'s ist lang gut genug für mich." - "Nein", riefen die schönen Kinder aus, "du sollst mit uns zu Tische gehen." Und nun legten sie ihm zwei Gewänder zur Auswahl vor, ein hölzernes und ein goldiges. "Nun zieh dasjenige an, das du willst!" riefen die Schloßkinder. Bethli langte nach dem hölzernen und sagte: "Das ist lang gut genug für mich." - "Nein", riefen die Kinder wieder, "du sollst das goldene haben." Bevor es wußte, wie ihm geschah, hatten sie ihm das goldene Gewand angezogen und führten es nun ins Schloß hinein bis hinauf in einen glänzenden Saal. In diesem Saale nun war ein langer, goldener Tisch, mit den allerbesten und süßesten Speisen und Getränken in lauter goldenen Gefäßen bedeckt. Jetzt bekam es das ausgehungerte Bethli gut. Die schönen Schloßkinder steckten ihm von allem Guten und Süßen in den Mund, bis es bis ans Halszäpfchen hinauf voll war. Und als nun die Zeit zum Abschiednehmen kam, schenkten sie ihm viel kostbaren Schmuck und gaben ihm zuletzt einen goldenen Wirtel in die Hand. Danach führten sie das glückliche Mägdlein wieder zum Schloß hinaus und begleiteten es noch ein Stück Wegs, bis sie wieder in einen dunklen Gang kamen. Dort blieben die Schloßkinder zurück und riefen dem Bethli noch Lebewohl nach. So kroch es denn in den dunklen Gang hinein, und als es ihm schon fast den Atem benehmen wollte, zeigte sich auf einmal ein Schein, und da schlüpfte das Bethli wieder zum Mäuseloch im Stubenboden heraus in die Stube ihrer Stiefmutter. Die saß gerade mit ihrem eigenen Mädchen, mit dem Babi, am Tisch. Wie von Sinnen sprangen sie auf und staunten das Bethli an. Das stand, schön wie ein Engel, vor ihnen im leuchtendsten Goldgewand. Wie machten sie erst große Augen, als sie seinen kostbaren Schmuck und gar den goldenen Wirtel erblickten! Die böse Stiefmutter und das häßliche Babi vergingen schier vor Neid ob der Herrlichkeit Goldbethlis. Nun mußte ihnen das Kind alles erzählen, was es erlebt hatte, und als sie alles haarklein vernommen hatten, beschloß die Stiefmutter, ihr Babi müsse auch ins Mauseloch schlüpfen und in die geheimnisvolle Welt hinuntergehen. Babi war damit sehr einverstanden, denn sie dachte, ihr würden noch viel kostbarere Dinge zuteil werden, wenn schon ein so verachtetes Küchenlümplein wie das Bethli so feine Sachen heimgebracht habe. Flink ließ Babi den Wirtel von ihrem Spinnrad in das Mäuseloch hinabrollen. Dann warf sie sich auf den Stubenboden, und auch ihr tat sich das Loch willig auf und ließ sie hineinschlüpfen. Als nun Babi in die schöne Gegend gelangte, wo das Schloß stand, lachte ihr schon das Herz im Leibe, denn dort sah sie ja die Hündchen vor der Schloßpforte spielen. Ohne zu zögern, eilte sie mit polternden Schritten aufs Tor zu. Wie nun die Hündchen das Gepolter hörten, sahen sie auf, und als sie das heranstürmende Mädchen erkannten, bellten sie unwillig: "Wauwau, das Harzbabi kommt! Wauwau, das Harzbabi kommt!" Und dabei zogen sie die Schwänzchen ein und machten böse Augen. Jetzt ging das Schloßtor auf, und die schönen Schloßkinder eilten heraus. Aber sie schauten Babi nicht mit so leuchtenden Augen an wie früher Bethli. Doch fragten sie auch: "Mit wem willst du essen, mit uns oder mit den Hündchen?" Worauf Babi ohne weiteres sagte: "Mit euch, das Bethli hat auch mit euch gegessen." Danach legten sie ihr die zwei Gewänder vor, ein hölzernes und ein goldenes, und fragten, welches von beiden sie anziehen wolle. "Das goldige will ich anziehen", rief das Babi aus, "das Bethli hat auch ein goldiges. Zudem will ich einen goldenen Wirtel haben und andern feinen Schmuck." Aber es kam anders. Auf einmal, sie wußte nicht wie, hatte das Babi das hölzerne Gewand an, und schon kauerte sie auf dem Boden und mußte mit den Hündchen vor dem Tore ihr Hundeessen teilen. Und als sie sich erheben durfte, da wurde Babis hölzernes Kleid mit Pech und Harz über und über bestrichen. Die schönen Schloßkinder gaben ihr noch einen hölzernen Wirtel in die Hand, und dann jagten sie sie fort und riefen ihr nach: "Harzbabi, Harzbabi!" Da war sie froh, daß sie wegkam. Sie lief in den dunklen Gang, und auf einmal schlüpfte sie zum Mäuseloch hinaus in ihrer Mutter Stube. Die böse Alte wartete schier Tag und Nacht auf ihre Rückkehr und hatte viele Kerzen angezündet, damit man das Goldgewand und den Schmuck ihres rechten Kindes doch ja gehörig bewundern könnte. Wie erschrak sie aber, als ihr unartiges Kind in einem pechschwarzen Gewand aus dem Mäuseloch kroch und ihr schreiend erzählte, wie bös es ihr bei den Schloßkindern ergangen sei. Die Stiefmutter war wütend und wollte gleich ins Mäuseloch schlüpfen, um den Schloßkindern die Rute zu geben, aber ihr tat sich das Löchlein nicht auf, und da konnte sie nichts machen und mußte sich dreinschicken. Das Harzbabi aber vermochte ihr Kleid nicht mehr vom Leibe zu bringen, und wo sie lief, riefen ihr die Kinder nach: "Harzbabi, Harzbabi!" Wenn aber das Bethli in seinem goldenen Gewände daherkam, jauchzten sie auf und riefen: "Da kommt das Goldbethli, das Goldbethli!" - Es ist dann später ein schöner Jüngling gekommen und hat das Goldbethli geheiratet, die schönen Schloßkinder sollen auch bei der Hochzeit gewesen sein. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Goldener Wagen des Herrn von Witenbach

Source: Goldener Wagen des Herrn von Witenbach

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Der Kirchberg bildet nordwärts die Grenze der beiden Gemeinden Brittnau und Strengelbach. Er war Weideland gewesen, bis es mit den Kühen gar zu viele Unfälle gab; seitdem hat man ihn wieder zu Wald werden lassen. Der nördliche Abhang senkt sich steil ab, er heißt Schloßrain; der westliche dagegen nur allmählich und ist auf der Höhe ganz eben. Auf dieser Ebene stand ein Schloß, von dem man hie und da noch einen Baustein finden kann; der Schloßherr war der überreiche Herr von Witenbach. Er war ein leidenschaftlicher Jäger; man nennt nach seinem Jagdreviere noch etliche Jucharten Bergwaldung „Witenbachs Stand." Hier läßt er sich in ganz grüner Kleidung sehen, ruft weidmännisch seinen Hunden und verschwindet dann hinter einer Tanne, die als Zielbaum am Schlage steht. Die Bannwarte haben ihn schon mehrfach angetroffen. Er ist Schuld, das man den Berg nicht mehr mit dem Weidevieh betreiben kann. Da wo sein Schloß gestanden, sind früherhin ungemein tiefe Gruben gewesen; man schrieb sie den zahlreichen Schatzgräbern zu, die hier ihr Glück versuchten. Besonders eines dieser Löcher reichte so tief, daß man es nicht zu Ende übersah; Steine, die man hinunterließ, brachten ein Getöse hervor, als ob sie gegen Eisentüren fielen. Hier hat sich früher ein goldner Wagen um Mittag gesonnet.  In der letzten Hälfte des vorigen Jahrhunderts hofften ihn vier Männer gewinnen zu können, und um ja kein Geräusch zu machen, zogen sie die Schuhe aus und schlichen barfuß bergan. Der Wagen kam wirklich zum Vorschein und sogleich packten die Männer an und zogen. Allein er war von solcher Schwere, daß einer über der Anstrengung in einen Fluch ausbrach, und augenblicklich war alles verschwunden. Dies geschah am südöstlichen Abhange, welcher Batten (Beatus-)berg heißt. Hier steht ein Bauernhaus, das nach dem Glauben der Leute an seiner Scheune deswegen kein Scheunentor haben kann, weil der Herr von Witenbach in jeder Mitternacht in goldener Kutsche mit vier schneeweißen Schimmeln hindurchfährt. Am Fuße des Battenberges hat man beim Graben einer Brunnenleitung Anhäufungen von Gebeinen gefunden, auch ist dort ein Landstück von Jucharten, das den eigentümlichen Namen Chelenmätteli führt, d. h. Kirchenmatte. Dies Grundstück soll zu der Kirche gehört haben, die auf der Spitze des Berges stand und ihm seinen Namen gegeben hat. (Emil Wälchli v. Brittnau.)  Sage aus Brittnau - Strengelbach Band 3.1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962, S. 73-74 Notiz: Zu Beginn den grössten Teil des ersten Absatzes entfernt, da dies nichts mit den Örtlichkeiten der Geschichte zu tun hat. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Goldenes Boddemaidschi in Oberlengnau

Source: Goldenes Boddemaidschi in Oberlengnau

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Zwischen den Dörfern Endingen und Ober-Lengnau kommt man oberhalb der sogenannten Mûrstege zu einer Quelle; sie entspringt an dem Strassenbord, von dem der Fussweg über die dortige Mühle wieder in die Fahrstrasse einmündet, läuft dorten über die Strasse und geht in die nahe Surb. Ein halbhundert Schritte vor der Mündung dieses kleinen Feldwassers spielt die Sage von der goldenen Jungfrau, welche man das Boddemaidschi und die Boddebächlijumpfere nennt. Sie kommt weissgekleidet an dies Boddebächli, strählt da ihr Haar und hütet zugleich Schätze, nach denen man in früherer Zeit oftmals gegraben hat. Man begegnet der Jungfrau nicht selten, sieht auch keineswegs einen bösen Geist in ihr, passiert aber gleichwohl jene Stelle nicht eben gerne. Am Wegbord beim Ursprung der Quelle stand ein Schloss unbekannter Geschlechter, das Boddeschloss geheissen. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 149 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Goldhöhlen am Rothorn

Source: Goldhöhlen am Rothorn

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Auf der Ostseite des Rothorns liegt in den Grat gebettet der kleine graue Eisee. Nicht weit davon in den Gratflanken zeigten sich glücklichen Menschen einst Höhlen mit reichen Goldschätzen. Wer den Zauberspruch wusste, konnte von dem Golde graben und ein gemachter Mann werden. Aber dann kam eine Zeit, in der sich des Zaubers niemand mehr entsann. In dieser Zeit machte sich ein Bürger von Brienz auf, die Höhlen neuerdings zu suchen und darin zu graben. Er fand an einer Stelle am Felsen wohl noch altes Goldgräberwerkzeug, das Gold aber nimmermehr. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Goldig Beteli und Harzebabi

Source: Goldig Beteli und Harzebabi

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Lebte einst, niemand weiss wie vor langer Zeit, eine Frau, die dem Beteli, ihrem Stiefkinde, recht bös war, dagegen ihrem eigenen, dem Babi alles nachsah, selbst das Gröbste. Babi hatte immer Recht, Beteli immer Unrecht, Babi behielt immer den Vorzug, bekam die Haut voll zu essen was es nur wollte und ging hoffärtig gekleidet daher, während Beteli oft hungerte, dass ihm fast die Ohren abfielen und es in Lumpen armselig dastand. Babi hatte immer Feiertag, Beteli musste Mühsal und hartes Leben erdauern. Tag und Nacht sollte Betelis Spinnrädchen schnurren und so wohl ihm 's auch dabei ausgab, Stiefmutter war nie, nie zufrieden. Einmal fiel sein Wirtel zu Boden, trollte und trollte in ein Mäuseloch hinunter. Stiefmutter beharrte durchaus darauf, Beteli müsse jetzt in das Mäuseloch hinab schliefen und das Wirtli selber wieder holen. Arm Beteli weiss um nichts anders, als zu gehorchen, es probiert und das Mauslöchlein macht ihm Platz. Und es ist, als ob es von unsichtbaren Händen unaussprechlich weit hinunter in eine ganz andere Welt getragen würde. So geschah es. Oh, wie herrlich sah es da unten aus, welch ein prächtiges Schloss glitzerte ihm entgegen! Wie es demselben nahe stand, sah Beteli vor den Porten spielende Hündchen, gar liebe, gescheite Tierlein, die reden konnten wie Menschen. Sie grüssten das erstaunte Mädchen freundlich und wussten sogar seinen Namen, indem sie riefen: Wau, wau, 's guldig Beteli chunt, Wau, wau,'s guldig Beteli chunt.   Bald erschienen und traten Beteli entgegen mehrere Kinder; sie waren so hold und klug, ich kann nicht beschreiben wie. Beteli machte grosse, schüchterne Augen; aber es fühlte sich von den wunderbaren Kindern so wohltätig angeblickt, dass ihm ganz heimelig und wonnig wurde, zumal da es sich wieder als das goldig Beteli begrüsst hörte. Die Kinderlein sahen indessen ihm wohl an, wie sehr es hungere, und fragten gleich: „Guldig Beteli, mit wem willst du essen, mit uns oder mit den Hündchen?“ - „Setzt mich nur zu den Hündchen, 's ist lang gut genug für mich", sagte demütig das Mädchen. „Nein, du sollst mit uns zu Tische gehen", riefen einstimmig die Holden, welche ihm sofort zweierlei Gewänder zur Auswahl vorhielten, ein holziges und ein goldenes. Beteli langte nach dem holzigen, indem es sagte: „Das ist gut genug für mich." Es geschah jedoch dem bescheidenen Kinde zum Lohne das bessere Gegenteil, sie zogen ihm das Goldkleid an und führtren 's in einen glänzenden Saal des Schlosses, wo ein goldener Tisch mit den allerbesten und süssesten Speisen und Getränken in goldenen Gefässen bedeckt stand. Hungrig Beteli bekam es jetzt einmal so gut wie fast des lieben Herrgott seine Engelchen bei der himmlischen Mahlzeit. Die lieblichen Kinder spendeten Beteli von allen guten Sachen, lobten und kosten es, so dass ihm war wie im Paradies. Zum Abschied schenkten sie ihm obendrein vielen kostbaren Schmuck und unter anderem einen goldenen Wirtel. Dann schoben und hoben ‘s wieder durch jenes Mauslöchlein hinauf in der bösen Stiefmutter Stube. Da stand Beteli wie ein lichter Engel strahlend im Goldkleid! Kaum hatten sich Mutter und Babi vom grössten Staunen erholt und Beteli über alles haarklein ausgefragt, als beschlossen wurde, Babi müsse ebenfalls in die andere Welt hinunter und zum mindesten eben so schöne Sachen als Beteli heraufholen. Mutter und Tochter zweifelten gar nicht daran, dass, wenn dem verachteten einfältigen Beteli solche Aufnahme zu Teil ward, es würde dem Babi natürlich noch weit mehr Ehre widerfahren. Und sie liessen einen Wirtel durch das Mausloch hinab und Babi setzte ihm nach. Da wirklich das Löchlein wieder Platz machte und Babi verschwand, hoffte die Mutter oben und hoffte das Meitli unten während der Fahrt in die andere Welt das Allerbeste. Babi, dort angelangt, ging die gleichen Wege, wie Beteli sie beschrieben hatte, bis es zu den Hündchen und dem Schloss gelangte. Schon lachte ihm das Herz im Leib. Die Hündchen bellten sogleich: Wau, wau, s’ Harzebabi chunt, Wau, wau, s’ Harzebabi chunt! Und das riefen sie im mürrischen Tone, machten glühende Augen und liessen die Schwänzchen hangen. Wohl eilten auch jene holden Kinder herbei, allein ihr Blick leuchtete nicht so sonnig in Babis Herz, wie in Betelis. Sie fragten das Babi mit wem es essen wolle. „Mit euch", sagte es, „das Beteli hat auch mit euch gegessen". Dann legten sie zwei Paar Kleider vor, ein hölziges und ein goldiges. Babi sprach, es wolle das goldige, Beteli habe auch ein goldiges, und wolle eine goldige Wirtel und andern Goldschmuck; allein sie liessen ihm nicht, es musste das hölzige anziehen, sofort mit den Hündchen aus dem Boden zu Gast essen: Abfall und Treber. Zum Abschied ward sein Holzgewand mit Pech und Harz überstrichen und es wurde dabei immer nur Harzebabi geheissen. Einen Wirtel bekam es, aber einen alten, hölzigen. Sie waren froh, seiner bald los zu werden und machten, dass Harzebabi schnell durch das Mausloch in die Oberwelt stieg. Hier oben blieb Beteli zeitlebens in Ehre und Ansehen, hiess immer Goldigbeteli und machte eine gute Partie, während Babi verachtet blieb und oft hören musste:  Wau, wau, s’ Harzebabi chunt!   Noch in meiner Kindheit haben wir uns oft spielend zugerufen; Wau, wau, Goldigbeteli chunt; wau, wau, s’ Harzebabi chunt.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Goldig Betheli und Harzebabi

Source: Goldig Betheli und Harzebabi

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    Lebte einst, niemand weiß vor wie langer Zeit, eine Frau, die dem Betheli, ihrem Stiefkinde, recht bös war, dagegen ihrem eigenen, dem Babi, alles nachsah, selbst das Gröbste. Babi hatte immer recht, Betheli immer unrecht; Babi behielt immer den Vorzug, bekam die Haut voll zu essen, was es nur wollte, und ging hoffärtig gekleidet daher, während Betheli oft hungerte, daß ihm fast die Ohren abfielen und es in Lumpen armselig dastand. Babi hatte immer Feiertag, Betheli mußte Mühsal und hartes Leben erdauern. Tag und Nacht sollte Bethelis Spinnrädchen schnurren, und so wohl ihm's auch dabei ausfiel, Stiefmutter war nie, nie zufrieden. Einmal fiel sein Wirtli zu Boden, trollte und trollte in ein Mauseloch hinunter. Stiefmutter beharrte durchaus darauf, Betheli müsse jetzt in das Mauseloch hinabschlüpfen und das Wirtli selber wieder holen. Arm Betheli weiß nun nichts anderes, als zu gehorchen; es probiert, und Mauslöchlein macht ihm Platz. Und es ist, als ob es von unsichtbaren Händen unaussprechlich weit hinunter in eine ganz andere Welt getragen würde. So geschah es. O wie herrlich sah es da unten aus, welch ein prächtiges Schloß glitzerte ihm entgegen! Wie es nahe davorstand, sah Betheli vor den Pforten spielende Hündchen, gar liebe, gescheite Tierchen, die reden konnten wie Menschen. Sie grüßten das erstaunte Mädchen freundlich und wußten sogar seinen Namen, indem sie riefen: Wau, wau, 's goldig Betheli kommt! Bald erschienen und traten Betheli entgegen mehrere Kinder; sie waren so hold und klug, ich kann nicht beschreiben wie. Betheli machte große schüchterne Augen; aber es fühlte sich von den wunderbaren Kindern so wohltätig angeblickt, daß ihm ganz heimelig wurde, zumal, da es sich wieder als das goldig Betheli begrüßen hörte. Die Kinderlein sahen ihm indessen wohl an, wie sehr es hungerte, und fragten gleich: "Goldig Betheli, mit wem willst du essen, mit uns oder mit den Hündchen?" "Setzt mich nur zu den Hündchen, 's ist lang gut genug für mich", sagte demütig das Mädchen. "Nein, du sollst mit uns zu Tische gehen", riefen einstimmig die holden Kinder, welche ihm sofort zweierlei Gewänder zur Auswahl vorhielten, ein holziges und ein goldenes. Betheli langte nach dem holzigen, indem es sagte: "Das ist gut genug für mich." Es geschah jedoch dem bescheidenen Kinde zum Lohn das Gegenteil, sie zogen ihm das Goldkleid an und führten's in einen glänzenden Saal des Schlosses, wo ein goldener Tisch mit den allerbesten und süßesten Speisen und Getränken bedeckt stand. Hungrig Betheli bekam es jetzt einmal so gut, fast wie des lieben Herrgottes Engelchen bei der himmlischen Mahlzeit. Die lieblichen Kinder spendeten Betheli von allen guten Sachen, lobten und küßten es, so daß ihm war wie im Paradies. Zum Abschied schenkten sie ihm obendrein vielen kostbaren Schmuck und unter anderem einen goldenen Wirtel. Dann schoben und hoben sie's wieder durch jenes Mauslöchlein hinauf in der bösen Stiefmutter Stube. Da stand Betheli wie ein lichter Engel strahlend im Goldkleid. Kaum hatten sich Mutter und Babi vom größten Erstaunen erholt und Betheli über alles haarklein ausgefragt, als beschlossen wurde, Babi müsse ebenfalls in die andere Welt hinunter und zum mindesten ebenso schöne Sachen wie Betheli heraufholen. Mutter und Tochter zweifelten gar nicht daran, daß, wenn dem verachteten einfältigen Betheli solche Aufnahme zuteil ward, dem Babi natürlich noch weit mehr Ehre widerfahren würde. Und sie ließen einen Wirtel durch das Mausloch hinab, und Babi setzte ihm nach. Da wirklich das Löchlein wieder Platz machte und Babi verschwand, hoffte die Mutter oben und hoffte das Meitli unten während der Fahrt in die andere Welt das Allerbeste. Babi, dort angelangt, ging die gleichen Wege, wie Betheli sie beschrieben hatte, bis es zu den Hündchen und dem Schloß gelangte. Schon lachte ihm das Herz im Leib. Die Hündchen bellten sogleich: Wau, wau, 's Harzebabi kommt! Wau, wau, 's Harzebabi kommt! Und das riefen sie in mürrischem Tone, machten trübe Augen und ließen die Schwänzchen hängen. Wohl eilten auch jene holden Kinder herbei, allein ihr Blick leuchtete nicht so sonnig in Babis Herz wie in Bethelis. Sie fragten das Babi, mit wem es essen wolle. "Mit euch", sagte es, "das Betheli hat auch mit euch gegessen." Dann legten sie ihm zwei Paar Kleider vor, ein holziges und ein goldiges. Babi sprach, es wolle das goldige; Betheli habe auch ein goldiges, und es wolle einen goldigen Wirtel und ändern Goldschmuck. Allein sie ließen's ihm nicht, es mußte das holzige anziehen, sofort mit den Hündchen auf dem Boden zu Gast essen, Abfall und Treber. Zum Abschied ward sein Holzgewand mit Pech und Harz überstrichen, und es wurde dabei immer nur Harzebabi geheißen. Einen Wirtel bekam es, aber einen alten, holzigen. Sie waren froh, es bald loszuwerden, und machten, daß Harzebabi schnell durch das Mausloch in die Oberwelt stieg. Hier oben blieb Betheli zeitlebens in Ehre und Ansehen und hieß immer Goldig Betheli, während Babi verachtet blieb und oft hören mußte: Wau, wau, 's Harzebabi kommt! Quelle: Otto Sutermeister, Kinder- und Hausmärchen aus der Schweiz. Aarau 1873. Nr. 2.?(Willisau, Kt. Luzern). AaTh 480. Luzern. (Nach A. Lütolf: Sagen aus den V Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unter- walden und Zug S. 82.)  Märchenbetrachtung in Märchenforum Nr. 71          Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Golzer

Source: Golzer

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im Maderanertal sei früher eine Alp gewesen und habe den Klosterfrauen zugehört. Daran erinnern jetzt noch die Ortsbezeichnungen: bim Stafeltrog, im altä Stafel, i dä Stafelblackä1. Sebast. Tresch u.a. Fußnoten 1 Stafelblacken = Rumex alpinus. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Gondelisee im Kulmerthal

Source: Gondelisee im Kulmerthal

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Das grosse Gewässer, welches ehemals von Gontenschwil weit herab durchs Kulmerthal zur Aargegend gereicht haben soll, wird Gondelisee geheißen. Ein Burgvogt soll Quecksilber hineingegossen und es so trocken gelegt haben. Nach andern Berichten führte ein Graf dieses Landstriches mit der angeblichen Stadt Hegnau (vergl. No. 52 Dornstrauch zu Oberkulm) Krieg, die man ebenfalls in das Thal versetzt. Da er sie nicht erobern konnte, so mussten seine sieben starken Söhne dem See einen Durchbruch graben und dadurch die Stadt ersäufen. Von ihr blieb nichts übrig, als das hier noch zahlreiche Geschlecht der Hegnauer, mit denen jedoch die gleichfalls vorkommenden Hagnauer nicht zu verwechseln sind, die von einem elsässischen Schlosse ihren Namen ableiten. An dem hier gelegenen Seeberge fand man vor Jahren einen eisernen Ring in die Felsen eingetrieben; an ihm sollen die Sennen ihr Vieh, wenn sie es im See tränkten, und die Schiffer ihre Kähne angebunden haben. Die Berghöhe heisst Seblihügel; von da habe der Leuchtthurm über den See hingeschaut. Gleichen Ursprung giebt sich der Weiler Seeberg, der gegen Wyl hin liegt und zum Dorfe Leimbach gehört. Letzteres nennt auch eine seiner Häuserreihen die Seegasse, wie das noch höher gelegene Dorf Menzikon eine Wassergasse hat und einen Dorftheil, der die Arche heisst. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 6 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Göschenen

Source: Göschenen

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Mä heig wellä ds Chloschter Einsidlä z'Geschänä büwä, aber mä heigs nit chennä wägä dä Bächä. D'sant Nikläusä Chappäli z'Geschänä und ds Maria Hilf Chappäli z'Altref syget diä eltästä Gottshyser im Kanton Üri. Joh. Jos. Imhof, genannt Buonaparte, 75 J.a., Göschenen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Gotsponer

Source: Gotsponer

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Auch wieder ein Geistlicher, der weitum Ruf und Ansehen genoss und in den Nöten des Alltags um Rat und Fingerzeig angegangen wurde! In seinem Dorfe lebte eine gottesfürchtige Jungfer, die keine Messe fehlte und von gross und klein ihrer Frömmigkeit willen verehrt wurde. In jungen Jahren starb sie, umtrauert von der Gemeinde, die sie zur letzten Ruhestätte geleitete. Am Begräbnismahl hörte der Pfarrer, wie die Leute zueinander sagten, man habe heute die Frömmste der Frommen beerdigt. «Das ist ein grosser Irrtum», bestritt Gotsponer, «ihre Seele hat nicht aufwärts, sondern abwärts in den heissen Schlund der Hölle den Flug genommen.» Die Leute stiessen sich mit den Ellbogen und vermeinten, Hochwürden erlaube sich einen unangebrachten Scherz. «Durch das Höllentor ist sie eingegangen», rief er so laut, dass alle es hören konnten, «und büsst für ihre Sünden.» Nicht erbaut ob solcher Schmähung, murrte das Volk, und vom Groll überschattet, blickte man düster auf den frevlen Mund des Pfarrherrn. «Wenn ihr meinen Worten nicht glaubt», sagte er gelassen, «so folgt mir in den Garten hinaus, und ich werde euch den Beweis leisten.» Man lief vom Tisch ins Freie, und unter einem hundertjährigen Apfelbaum gebot der Pfarrer dem ersten besten: «Hebe den linken Fuss und guck mir über die rechte Achsel!» Der Mann tat nach Geheiss und sah die Verstorbene in der Pein der Verdammnis. Die andern wandten sich ins Haus und nahmen still und nachdenklich ihre Plätze wieder ein. Warum denn die fromme Seele zu ewiger Qual verurteilt sei, fragte man und schob den Teller zurück. «Weil sie eine Heuchlerin war und aus Hochfahrigkeit zur Kirche pilgerte, mit dem Mäntelchen der Frömmigkeit aufgeputzt. Gott aber sieht durch Schein und Maske und richtet nach der innern, der wahren, aufrichtigen Gottesfurcht!» Einst gingen zwei Burschen, an seinem Allwissen zweifelnd, ins Pfarrhaus, um ihn auf die Probe zu stellen. In der Scheune hatten sie zwei volle Weinflaschen verborgen, taten, als ob sie verschmachteten und baten um einen Trunk. Gotsponer fasste sie in sein scharfes, graues Auge, hob den Finger und sagte: «Ihr seid mir die richtigen Schlemmer und Versucher! Zwei Flaschen liegen in der Scheune, und euer Wein ist besser als der meine!» An einer Versammlung der Geistlichen ward ihm ein Streich gespielt. Man liess ihm keinen Nagel frei für den Hut, und als er im Saal erschien und die Haken alle besetzt waren, schlug er den Hut an die Wand, wo er ohne Stift kleben blieb. Bei seinem Gedeck fehlte der Löffel, und spöttisch forderte ihn der Nachbar auf, den Schuh auszuziehen und als Löffel zu gebrauchen. «Nein, das ist mir zu umständlich», erwiderte er gleichmütig, höhlte seine Brotrinde und schöpfte in aller Seelenruhe den Teller aus. Nach der Mahlzeit ersuchte er die Gesellschaft, ein Binsenkörbchen mit frischer Sahne zu füllen. Niemand liess sich herbei, und da goss er selber die Nidel ins Körbchen und stellte es mitten auf den Tisch. Auch nicht ein Tropfen sickerte durch das Geflecht. «Hingesetzt hab' ich es», rief er heiter, «wer hebt es wieder weg? Niemand, ich muss es selber tun! Ach, wie viele Pfarrherren sind hier versammelt und so wenig Geistliche!» In seinem Sprengel wohnte ein Ehepaar mit seinem einzigen Kinde, das ihnen viel Kummer und Sorgen bereitete. Eines Tages, als das Büblein nicht gehorchte und bösartig stampfte, rief der Vater gereizt: «Du unflätiges Puppi, geh hin zum Teufel!» Das Kind lief fort und kam nicht mehr zurück. Ob die Eltern es riefen und suchten, sie hörten und sahen nichts mehr von dem Kleinen. Sie begaben sich zum Pfarrer und baten um seinen Beistand. «Ich weiss genau, wo das Kind ist», sagte er, «folgt mir!» Bei einer alten Scheuer abseits des Dorfes behauptete er, da drinnen sei es. «Wir waren schon zweimal hier und haben gerufen», versicherten die Eltern, «hier kann es nicht sein.» Entschlossen ging der Pfarrer in den Stadel hinein und brachte das Kind an der Hand zurück. «Wie seltsam!» staunten die Eltern. «Warum hast du uns keine Antwort gegeben, Puppi, als wir dich riefen?» «Der Teufel ist vor mir gestanden und hat mir den Mund zugehalten. » Die Magd des Pfarrers hatte die üble Gewohnheit, die Rahmkelle abzuschlecken. Obschon der Meister es wusste, liess er sie gewähren, denn sie war ehrlich, arbeitsam und eine zuverlässige Wirtschafterin. Während der Fastenzeit liess sie das Schlecken sein. Am Ostermorgen, als Gotsponer von der Kirche zurückkam, sagte er: «So, Anni, ich habe für dich eine Messe gelesen.» «Ja, warum das, Hochwürden?» «Ei, du hast ja sechs Wochen die Kelle nicht geleckt, und rechne ich für jeden Tag einen Batzen, so reicht es just zu einer Messe.» Spät in der Nacht wanderte der Pfarrer mit dem Allerheiligsten auf den Berg und weckte die Wirtsleute. Erstaunt, den alten Herrn um diese Stunde hier oben zu sehen, fragten sie, was ihn herauffführe. «Ich komme, die Sakramente auszuteilen» «Für wen, es ist niemand krank bei uns!» «Doch, Eure Magd liegt am Sterben.» Sie ass doch mit uns das Abendbrot und ist erzgesund.» «Ich irre mich nicht», beharrte Gotsponer, und sie stiegen mit ihm die Treppe hinauf in die Kammer der Magd. Als der Pfarrer ihr die letzte Ölung gespendet hatte, verschied sie. Einst sassen drei Freundinnen beim Abendsitz. Die Spinnräder schnurrten, und die Zünglein plapperten von der Nachbarin links und von der Nachbarin rechts und zuletzt von den Toten und den Geistererscheinungen. Da pochte es an die Tür. Die Hausfrau öffnete, und Gotsponer trat freundlich grüssend über die Schwelle. «Ihr könnt nicht erraten, Hochwürden, wovon wir soeben geplaudert haben, und müsst entschuldigen, dass wir alle drei so verdattert aussehen.» «Ihr habt von den Geistern gesprochen und behauptet, es sei nicht glaubhaft, dass der Mensch nach seinem Tode umgehe. Ich will euch eine Geschichte erzählen, und dann urteilt selber! An einem Quatemberabend hat sich eine arme Seele, deren irdische Hülle wir eingesargt hatten, bei mir gemeldet: «Hochwürden, es fehlen mir noch drei Vergelt's Gott zu meiner Erlösung aus dem Purgatorium. Tut ihr mir den Gefallen, und wirket für mich, ohne meinen Namen zu verraten!» Ich habe es der armen Seele versprochen und mein Wort gehalten. Ich komme in gar viele Häuser hinein, zu Vornehm und Gering, und richte das Gespräch wie zufällig auf die verstorbene Person. Allein, ein Vergelt's Gott, das ihr gegolten hätte, wollte niemand aussprechen. Da plauderte ich mit einer armen alten Frau, und als ich so nebenbei die Abgeschiedene erwähnte, meinte sie flugs: «Ja, ja, die hat mir noch einmal einen Sack geliehen, vergelt's Gott!» Fürwahr, ein schönes und tiefes Wort, das Flügel hat und wie ein Gebet durch Wolken und Sterne zum obersten Richter sich emporschwingt. Noch zwei dazu, und die arme Seele schüttelt den letzten Staub der Erdhaftigkeit von den Füssen und flügelt den weissen Spuren nach zur Gottseligkeit. Ich traf mit andem Menschen zusammen und fragte zu guter Letzt jeweilen, ob sie das Mütterchen auch gekannt hätte. «Gewiss», hiess es, «das war so und so eine», und niemand wollte sich ihrer in Dankbarkeit erinnern. Sie scheint im Leben weder gut noch barmherzig gewesen zu sein. Da begegnete ich wieder einmal der alten Frau und lenkte das Gespräch auf die arme Seele. «Die hat mir einmal einen Sack geliehen», sagte sie, «Gott vergelt's!» und ich hatte deren zwei. Nach einiger Zeit, nachdem ich in allen Haushaltungen den Kehr gemacht hatte, suchte ich nochmals die Alte auf und erhielt beim Abschied das dritte Vergelt' s Gott! Am andern Tag erschien der Geist in meiner Stube und dankte, er sei erlöst, Gott vergelt's, und werde für mich beten in der Ewigkeit!   Quelle: Johannes Jegerlehner: Walliser Sagen, Hans Feuz Verlag Bern, 1959 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Gotte si

Source: Gotte si

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Gotte si Vo chline Lütli het mer dr Vater erzellt. Bim Ärne sig e grosse Chrott vürecho; sie sig ganz dick gsi. Du säg d’Jumpfere, sie well de do go ge Gotte si. Zmorndrisch sig es chlis Manndli cho u heig  zur Jumpfere gseit, sie heig verheisse cho ge Gotte z‘si: jetz söll sie cho. Ändtlige sig sie gange. Wo sie heig welle heigo, heig ere ‘s Manndli Chohlen i d'Scheube to. Du säg sie: „Jo, was söll i mit dene Chohle mache!“ Aber ‘s Manndli heig ere gseit‚ sie söll se näh u Sorg derzue ha. Aber d‘Jumpfere heig si dr Chohle weneli gachtet. Drufabe säg ere ’s Manndli: „Je mehr das d’ verzatterscht‚ Je minger das d’ hascht“, Wo sie heicho sig‚ sige die Chohle Gäld gsi. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Gottes Blut

Source: Gottes Blut

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Im Jahre 1553 saßen unweit Luzern drei Spieler zusammen in heißem Spiel; einer von ihnen war besonders unglücklich und kam so weit, dass er seine letzten Pfennige einsetzte; darüber wütend, schrie er, auf seine diesmal besonders gute Scheiben schauend: „Gewinne ich nun nicht, wahrhaftig, ich steche Gott im Himmel meinen Dolch in den Leib !" Über eine so gräuliche Gotteslästerung hätten die andern ihn ziemlicher Weise mit harten Worten angehen müssen; das taten sie aber nicht, sondern machten ruhig fort in dem Spielen, und siehe, der Flucher verlor. Rasend zog er seinen Dolch aus dem Gurt und schmiss denselben unter den abscheulichsten Verwünschungen gegen den Himmel. Niemals hat man denselben wieder finden können; dagegen fielen drei Blutstropfen, die ganz frisch und rot aussahen, aus der Luft und auf die vor den Dreien liegenden Spielscheiben nieder. Zugleich erhob sich ein fürchterliches Unwetter, und während desselben fuhr der Teufel sichtbarlich herzu und packte den schnöden Lästerer, um ihn zur verdienten Strafe mit sich zu führen. Die andern wollten, erschrocken darüber das Blut mit Wasser von den Scheiben abwaschen, vermochten es aber nicht; so wurde es denn auf Befehl der Amtleute nach Willisau gebracht und dort zu ewigem Gedächtnis bewahrt. Darauf fasste man die zwei andern Spieler, um sie ins Gefängnis zu bringen; der eine fiel aber unter der Tür nieder, wurde in demselben Augenblick von Millionen von Läusen befallen und nahm also inmitten des umstehenden Volkes ein jämmerliches Ende. Dem andern machte man den Prozess und schlug ihm den Kopf ab. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Gottes Gerechtigkeit ist streng

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Ja, das hat man uns Kindern zu Hause oft erzählt von der Armen Seele, die auf dem Brand einem Näfelserbergler erschienen ist. Es war auch einmal in einer dunklen Nacht. Einer aus den Näfelserbergen stieg mit einer Sturmlaterne in der Hand von Näfels her gegen den Brand. Dort lagen eine Anzahl gefällter Baumstämme aufgeschichtet zum Abtransport bereit. Wie der Bergler gegen den Niedersee weiterschritt, hörte er plötzlich seinen Namen rufen: «Fridio, Fridio!» Nun erkannte er die Stimme. Es war ein kürzlich verstorbener Freund, der ihm rief. Erstaunt fragte der Angerufene: «Ja, was witt dä du nuch? Du bisch doch schu lang überänne!» Der Tote sagte nun: «Ja, schu, aber weisch, ich han da emal emene arme Puurli, wo a dr Brugg unde deheimed isch, es paar Trämmel gstole. Und ietz hani ebe kei Rueh i der Eebigkeit änne. Tue mer au um Gotts wille dr Gfalle und gang zuenem. Zal em’s und säg, er sell mer vergih!» Der Lebende versprach dies seinem toten Freund. Doch er wollte nun von der Armen Seele noch etwas mehr wissen und fragte: «Du säg, wie isch es au eso det änne?» Darauf antwortete die arme Seele tiefernst: «Gottes Grächtigkeit isch sträng, mih z’säge hani vu Gott ekei Chraft.» Die Arme Seele hatte dies so ernst gesprochen, dass dem Bergler die Lust am Weiterfragen verging. «Er hät ebe-n-e hööcheri Macht gspüürt.» Am nächsten Tage löste er sein Versprechen ein. Seither hat niemand mehr etwas von dieser Armen Seele gehört.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Gräber von Riesen

Source: Gräber von Riesen

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Am 25. April 1609 fand zu Lupsingen «der Änisshänsslin in seinem rebacker …3 wohl zugerichtete gräber…und in einem solchen 6 menschencörper, mit über die massen langen schienbeinen…ist abzunemmen, dass solches grosse reisen müssen gewesen seyn.» Lupsingen Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Graf Rudolf und der Narr

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Graf Rudolf und der Narr Zur Zeit als Rudolf von Habsburg Hauptmann der Zürcher im Kriege gegen Lütold von Regensberg war, wollte er einmal von der Kyburg nach Zürich reiten. Aber der Regensberger hatte das erfahren, rüstete sich, ihn zu fangen und redete zu seinen Dienern: „Wir wollen des Habsburgers lange Nase so zerschlagen, dass er uns fürderhin nichts mehr zuleide tut!“ Diese Rede wurde sooft herumgeboten, dass sie der Narr auch hörte. Er lief sofort auf die Kyburg, klopfte an, fragte nach dem Herrn. und der hiess ihn eintreten. Da schaute sich der Narr den Grafen lange und gründlich an und sprach: „Wahrlich, deine Nase ist nicht so lang, wie man redet, und mein Herr brauchte kaum halb so viele Leute, wie er aufgeboten, um sie dir einzuschlagen. Ich allein wollte sie dir zerschmettern, dass man sie nicht mehr sähe!“ Da merkte Rudolf was Lands, zog anderntags gegen den Regensberger, aber dieser stellte sich ihm nicht. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Nach Brennwald I, 131, ins Neuhochdeutsche übertragen, sonst unverändert. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Graf Rudolf von Habsburg und der Priester

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Graf Rudolf von Habsburg und der Priester Einst ritt Graf Rudolf von der Habsburg nach Zürich Als er über die Reuss kam, begegnete ihm ein Priester mit dem hochwürdigen Sakrament. Er wollte einen Kranken versehen. Der Graf stieg vom Ross und tat Gott dem Allmächtigen die gebührende Ehre an. Da der Weg nass und kotig war, fragte der Graf den Priester. warum er zu Fuss gehe. Jener antwortete, er habe eine kleine Pfründe und vermöge kein Ross zu haben. Da gab ihm Rudolf das Ross und schenkte ihm soviel, dass er und seine Nachfolger wohl ein Pferd zu halten vermochten . . . Auf demselben Wege kam Graf Rudolf in das Kloster Fahr, welches eine Meile unterhalb Zürich liegt. Dort wollte er eine fromme geistliche Frau sehen, die da eingesegnet . . . war. Als nun der Graf mancherlei mit ihr geredet hatte, sprach die Nonne: „Lieber Herr von Habsburg, ihr habt gestern dem Allmächtigen eine besondere Ehre erwiesen mit dem Ross und mit dem Geschenke, das ihr dem Priester gegeben habt. Das wird Gott euch und eueren Nachkommen reichlich zurückzahlen. Wisst, dass ihr an Ehre und Glück während 30 Jahren stets zunehmen werdet.“ Damit schied er von ihr. Nun wurde jener Priester später der Kaplan des Bischofs von Mainz. Der erzählte seinem Herrn und anderen von den vielen Tugenden dieses Grafen Rudolf. Das war diesem bei der Königswahl höchst förderlich. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Nach Brennwald I, 130, ins Neuhochdeutsche übertragen, sonst unverändert. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Gräfin Anna

Source: Gräfin Anna

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In Grengiols erzählte man früher gerne die Geschichte der Gräfin Anna. Sie soll oben auf der Alpe Furggen gewohnt haben. Diese Alpe war ehedem so fruchtbar, dass man die Kühe dreimal am Tage melken musste, und das Gras wurde so gross, dass man ganze Büschel an der Spitze zusammenknüpfen konnte, um auf den Wiesen Fussschlingen zu binden und einander zu necken. Auf dieser Alpe lebte ein besonders tanzlustiges Volk, das durch keine Verordnungen und Predigten davon abzuhalten war. Einst waren Sennen und Sennerinnen wieder bis in alle Nacht hinein bei ihrem Vergnügen. Da trieb ihnen der Teufel das Vieh weg. Die Gräfin Anna sah es und rief dem tanzlustigen Volke zu: «Manna, Manna, chumet gschwind und bald, Ds Veh ischt scho über Rosswald, Manna, Manna, chumet gschwind und behend, Jetz ischt miis letschtuscht End!» Nach dieser Warnung sei die Gräfin tot umgefallen. Dem Ort sagt man noch: Zur Gräfin Anna. GRENGIOLS Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Gräfin Margaretha von Greyerz

Source: Gräfin Margaretha von Greyerz

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Gräfin Margaretha von Greyerz hat in der Kirche Tränen vergossen über ihre kinderlose Ehe, sieht ein armer Bettelmann ihren Kummer und sieht ihn für den der Notdurft an, und gibt ihr ein Stück Käse und Brot für ihre hungernden Kinder. Margaretha verwahrt, die beiden Stücklein daheim in zwei verdeckten Silberschüsseln und kann sie schon nach Jahresfrist bei ihrem Taufschmause den Gästen auf die Tafel stellen. So also hängt der Mond mit der Nahrung, mit der Erzeugung der Früchte zusammen, so wirkt er auf Zeugung und Geburt, und das Sinnbild für beides sind Käse und Brot. Quelle: E. L. Rochholz, Naturmythen. Neue Schweizer Sagen, Leipzig  1862. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch    


by Grasburg

Source: Grasburg

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Östlich von Heitenried erhebt sich auf einem hohen Felsen die Ruine Grasburg. Sie war einst eine der trutzigsten Burgen unseres Landes. Ein Teil des untern Sensebezirkes und das heutige Amt Schwarzenburg wurden von hier aus durch Vögte oder Zwingherren regiert. Die Herrschaft Grasburg gehörte nacheinander den Zähringern, Kyburgern, Habsburgern, Savoyern und ging endlich 1423 durch Kauf an die Städte Bern und Freiburg über. Unter den Vögten wird es, wie etwa überall, gute und schlimme gegeben haben. Ein arger Tyrann aber soll Amadeus gewesen sein. Er drückte die Untertanen auf alle erdenklichen Arten, forderte immer höhere Zinsen und Zehnten, liess die säumigen Zahler im Burgverliess einkerkern und strafte jedes kleinste Vergehen mit hohen Geldbussen. Als die Willkür des Vogtes unerträglich geworden, da verschworen sich einige Männer, um ihn zu beseitigen. Das war aber kein leichtes Unternehmen. Fast schien es, als ahne der Zwingherr, was ihm drohe. Er ritt nie mehr allein aus; immer musste ihn eine Schar Bewaffneter begleiten. Die Burg zu überfallen wäre ein eitles Unterfangen gewesen. Mauern und Türme waren wie für die Ewigkeit gebaut, und alle Tore wurden Tag und Nacht scharf bewacht. Es gelang den Verschworenen nicht, ihren Plan auszuführen. Um diese Zeit diente auf der Burg eine Magd. Die sah jeden Tag neue Ungerechtigkeiten des Vogtes und hörte seine Drohungen und Schmähworte gegen das Volk. Ein bitterer Hass kochte in ihrem Herzen. Willig lieh sie den Verschworenen ihr Ohr und liess sich überreden, den Zwingherrn umzubringen. Eher als sie erwartete, bot sich eine günstige Gelegenheit. An einem heissen Sommernachmittag stiegen dunkle Wolken am Himmel empor. Ein furchtbares Gewitter ging über die Berge. Ein sintflutartiger Regen goss hernieder. Alle Bergbächlein schwollen zu Flüssen an und trugen die Wassermassen der Sense zu. Diese wurde zum wilden Strome. Sie riss Wald und Häuser und Brücken mit sich. Immer weiter rollten und tosten die wirbelnden Wasser, und gegen Abend schlugen sie dröhnend an die Felsen der Grasburg. Das rauschte und wütete und spritzte und schäumte und krachte, als wollten sie den Fels samt der Burg hinwegfegen. Den Vogt ergriff eine Unruhe. Waren es die tobenden Wasser, die ihn aufwühlten oder war es das böse Gewissen, das ihn ob seiner Untaten quälte? Wie ein Geist fuhr er im Schlosse herum, treppauf, treppab, durch Gänge und Gemächer. Wie ein dunkler Schatten folgte ihm geräuschlos die Magd. Als der Vogt sich einmal über die Fensterbrüstung hinauslehnte, um einen Blick auf die wütenden Wasser zu werfen, da huschte sie herbei, packte ihn bei den Stiefeln und stiess ihn hinaus. Mit einem gellenden Schrei sank er in die grausige Tiefe. Der wilde Strom nahm den zerschmetterten Leichnam des Tyrannen und trug ihn fort. Man hat ihn nie mehr gefunden.   Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch  


by Gregori, wo bisch?

Source: Gregori, wo bisch?

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a) Thomas Dittli von Wassen ging an einem Feiertagvorabend auf die Fuchsjagd. Er war so glücklich, recht bald ein Füchslein zu erlegen und war mit seiner Beute, die er in einem Salzsack untergebracht, auf dem Heimweg, als eine Stimme aus dem Walde rief: »Gregori, wo bisch?« Da antwortete es aus seinem Salzsack: »I ds Thomä Dittlis Salzsack.« Aber jetzt liess er den Sack fallen und lief davon, was er mochte. Er wurde krank und musste mehrere Tage mit geschwollenem Kopf das Bett hüten. Ferdinand Dubacher b) Spielart von Gurtnellen: Jäger Heini Bissig von Ryttigen1 steckte den Fuchs in den Sack. Als er im Brunnenbüelloch das Brückli betrat, hörte er es rufen: »Gregori, wo bisch dü?« und aus dem Sacke schallte es: »I ds Heini (oder: Gwissigs) Bissigs Sackli!« Da rief es wieder aus dem Walde und fragte, ob-ärä well la gah, susch cheem-er und tiäg-ä feischlä2. Da liess der Jäger mit schwerem Herzen sein Füchslein laufen. Jos. und Heinrich Gamma c) Oder: »Hasäheegerli, wo bisch dü?« fragte der Fuchs, der dem Jäger begegnete. – »I ds Heinä Bissigs Sack,« antwortete der Gefangene. Frz. Jos. Zurfluh, Intschi d) »Hasäheegerli, wo bisch dü?« – »I ds Toni Bissigs Salzsack.« Deswegen das Helgenstöckli beim Kohlplatz auf Bristen. Jäger schoss über den Kilchweg. Andreas Fedier, 45 J. alt Fußnoten 1 Das Geschlecht Bissig ist zu Ryttigen in Gurtnellen vom 16. – 18. Jahrhundert, ein Heini Bissig in der ersten Hälfte des 16. nachweisbar. 2 »Feischlä«, ein Wort, das nur noch in dieser Sage vorkommt und von zwei Erzählern gebraucht wurde. Die Erzähler meinen, es heisse ›schlagen‹: »Die Alten haben es so erzählt.« Was der Vorname Gwissig soll, ist unbekannt, vielleicht doch nur ein »gewisser«. Nach gefälliger Mitteilung v. Hr. Prof. Dr. A. Bachmann, Zürich, heisst fause, fausle, fäusle: mit Ruten streichen. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Grenzstreit zwischen Brütten und Winterberg

Source: Grenzstreit zwischen Brütten und Winterberg

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Grenzstreit zwischen Brütten und Winterberg An die Grenze zwischen der Brüttener Gemeindewaldung „Urwachs“, an der Steig gelegen, und der Korporationswaldung der Zivilgemeinde Winterberg knüpft sich eine alte Sage: Die Brüttener behaupten nämlich, der sogenannte Wöschbach, in welchem in mondhellen Nächten Waschfräulein ihr Wesen treiben sollen, habe in früherer Zeit die beidseitige natürliche Grenze gebildet; aber durch eine List habe Winterberg seine Waldung in der Vorhell zum Nachteil von Brütten vergrössern können. Und das ging so zu: Vor dem Gericht, das die Grenze festzusetzen hatte, erschien je ein Abgeordneter der beiden Ortschaften; die Richter konnten aber zu keinem Entscheide kommen und legten deshalb den beiden die Leistung des Eides auf. Der Winterberger, der daheim schon gedacht, er müsse wohl einen Eid leisten für seine Behauptung, dass sich die Grenze nördlich des Wöschbaches befinde, setzte einen Zylinderhut auf, in dem er einen Schöpfer (Milchmass) und einen „Richter“, „Richtstrehl“ (Haarkamm) verborgen hielt, und so schwur er, so wahr ein Schöpfer und ein Richter über ihm seien, befinde sich die Waldgrenze ein gut Stück nördlicher. Der Abgeordnete von Brütten, der durch das kecke Auftreten seines Rivalen wahrscheinlich eingeschüchtert war, getraute sich nicht mehr, einen Schwur zu tun. So bekam Winterberg Recht, und heute bildet eine Strasse die Grenze der Waldungen. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Winterthur und Weinland Nach Gchr. Brütten 1919; darnach Stauber, S. 72, mit geringen stilistischen Änderungen. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Gretta und der Baumstrunk

Source: Gretta und der Baumstrunk

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Grettas Mutter war gestorben, und ihr Vater hatte sich wieder verheiratet. Doch die Frau war schlecht und wollte ihre Stieftochter loswerden. Eines Tages sagte sie zu ihrem Mann: «Mach dich auf den Weg und geh mit Gretta in den Wald, wenn ihr ein rechtes Stück weit drin seid, so kehrst du um und lässt sie drin. Sie kommt dann nicht mehr heraus, und wir sind sie los.» Doch Grettas Patin hatte das gehört, sie ging heimlich zu Gretta und sagte zu ihr: «Nimm diesen Fadenknäuel in die Rocktasche, wenn dein Vater mit dir in den Wald geht, und wenn ihr bei der Brücke unten seid, so tu, als würdest du dich bücken, um die Schuhe zu binden, dann befestige das Ende des Fadens an einem Brückenbalken. Und wenn ihr im Wald drin seid und dein Vater dich unter dem einen oder andern Vorwand verlässt, so setz dich hin und bleib eine Weile dort, und dann kannst du einfach dem Faden folgen. Der zeigt dir den richtigen Weg nach Hause.» Und Grettigna machte es so, wie die Patin es ihr gesagt hatte, und kam glücklich wieder heim. In der Stube war niemand, denn die Mutter ging zu dieser Zeit in den Stall, um dem Vater zu helfen, da stieg Gretta auf den Ofen. Nach einer Weile kam die Stiefmutter, deckte den Tisch und rief den Vater zum Mittagessen. Sie hatte Würste gesotten und sagte zu ihrem Mann: «Komm jetzt essen, ich habe ein gutes Mittagessen gemacht, und wir wollen es uns schmecken lassen, jetzt, wo wir nicht mehr diesen Fresssack füttern müssen.» Doch der Vater schien keine grosse Lust zum Essen zu haben und sagte: «Oh - wäre nur meine Grettigna hier und könnte ich ihr auch eine Scheibe geben, dann würden mir die Würste schon schmecken, doch so...» Da liess sich vom Ofen herunter ein Stimmchen vernehmen: «O Vater, deine Grettigna ist hier, und wenn du mir eine Scheibe Wurst gibst, so bin ich ganz zufrieden, denn ich habe grossen Hunger.» Da freute der Vater sich sehr, Gretta wieder zu Hause zu haben, doch die Stiefmutter spie Feuer vor Wut. Eines Tages nun sagte sie wieder zu ihrem Mann: «Nimm Gretta und geh mit ihr holzen, und wenn ihr ein rechtes Stück im Wald drin seid, so geh du weg und lass sie drin, dann wird sie den Heimweg nicht mehr finden.» Doch dieses Mal war die Patin nicht dabei gewesen und hatte Gretta nicht warnen und ihr den Knäuel mitgeben können. Und als sie recht weit im Wald drin waren, begannen sie zu holzen. Da rollte der Vater einen Baumstrunk herbei, gerade auf die Hände der armen Grettigna, die im Bücken Tannenreisig zusammenlas, und die begann zu weinen und versuchte auf alle Arten, die Hände unter dem Baumstrunk hervorzuziehen. «Warte», sagte der Vater, «ich geh nur einen Stock suchen, um den Strunk aufzuheben, ich werde bald wieder da sein!» Und er ging und kam nicht mehr zurück. Grettigna war verzweifelt und weinte bitterlich. Da, auf einmal sah sie ein Füchslein vor sich stehen, und dieses begann zu scharren und zu lecken, zu lecken und zu scharren, bis es Grettigna gelang, ihre Hände unter dem Baumstrunk hervorzuziehen. Und das Füchslein sagte: «Wenn du so eine böse Stiefmutter hast, so komm mit mir in meine Höhle, denn dort hast du es besser als zuhause.» Und Gretta ging mit dem Füchslein, und das wäre ganz gut gegangen; doch der Fuchs hatte nichts zu essen für das Kind. «Weisst du was», sagte Gretta, «geh ins Dorf, in unser Haus, bei meiner Stiefmutter findest du genug zum Essen. Wenn die so schlecht ist, so geschieht es ihr recht, wenn wir etwas von ihrem Überfluss nehmen.» - «Ich möchte wohl dorthin gehen», antwortete das Füchslein, «doch wenn ich einem ganz grossen Hund oder einem Jäger begegne, dann weh mir, und du bleibst ganz allein hier und musst vor Hunger sterben.» Doch Gretta beruhigte es mit den Worten: «Dir geschieht sicher nichts, denn unser Haus steht zualleräusserst im Dorf, und du begegnest sicher keiner Menschenseele, und wenn du schaust, dass du zu der Zeit dort bist, wo meine Stiefmutter im Stall ist, so kannst du ganz gut etwas erwischen.» Und das Füchslein machte sich davon und gelangte unbemerkt in die Küche. Im Herdofen stand die Pfanne mit einem schönen Braten, und das Füchslein fackelte nicht lange, nahm gleich die Pfanne und alles und rannte mit diesem Leckerbissen dem Wald zu. Und als sie den Braten vertilgt hatten, ging es wieder hin. Dieses Mal lagen ein stattlicher Salsiz und eine Wurst in der Pfanne. Und wieder nahm es alles und lief mit seiner Beute zu Gretta in den Wald, und so ging es weiter. Wenn sie nichts mehr zu essen hatten, kam das Füchslein ganz einfach zur Stiefmutter und versorgte sich mit Lebensmitteln. Und es geschah ihr ganz recht, jawohl, warum war sie so schlecht mit der armen Grettigna gewesen! (Oberengadin)   Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Grienni, roti uw wiissi Milch

Source: Grienni, roti uw wiissi Milch

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Äs ischd im Vernachte gsiin; ds Vee hed si afan ergän, und en Älper ischd uber ds Läiterli üf und i d'Näschterren. Bald hed er afa schlafen, d Um Mittinacht ischd er gäj erwached. D'Schopftiren hed ggiired; dir e Schopf sii Tritta chun; d'Hittetiren ischd üüfggangen; in dr Hitten häi rra afa fiiren; äina hed Spääna gmachd; in der Fiirgrööben hed ds Fiir afa sprätzlen, und Schiiter häi gchlepfd. Vun dr Buni üüs hed er zöögseen. In dr Hitte siin drii Manna gsiin und häim Milch agräised. Döö häi s' im abhigreffd und im Milch abboten; In arra Mutten ischd grienni gsiin, in dr andre-rv- wiissi und in dr dritte-r-roti. Aina hed gsäid: „Nim vun dr griennen; i han dr en Hüüfen Gäld." Dr ander hed gsäid: „Nim vun dr roten; i giben der hundert rot Chee." Dr dritt hed gsäid: „Nim vun dr wiissen; den uberchüüschd mis Bärghooren und heschd es luschtigs Läben.“ Dr Älper hed nid lang gwärwäissed: är hed vun dr wiissem Milch gnun und hed nid brüüchd gruwwna z’siin; äs wän nid gööd üüsa chun, wen er gfarwweti Milch trüühen hätti. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Grindelwalder hängen das Dorf auf Wengernalp an den Himmel

Source: Grindelwalder hängen das Dorf auf Wengernalp an den Himmel

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Wo ist das schöne Bergdorf auf Wengernalp, in dessen von der Sonne brändelbraun gebrannten Häusern es so glücklich zu leben war? Es stand einmal auf dem Rubenstand beim Schlafbühl, umgeben von ernsten Bergwäldern, und bis dicht an seine Gemarkung stiessen die krautreichen Alpweiden. Die Bewohner lebten einfach und sparsam und wussten, dass der Weg zum Gulden über die roten Kreuzer geht. Sie kamen im Herbst immer dazu, Viehware und Alperzeugnisse an Gegenwert zu bringen, und so hatten die meisten Haus und Hof und alles ledig, waren keinen Batzen darauf schuldig und hatten kaum je ein Widerwort miteinander. In der frühesten Morgenfrühe wurde im Dörflein auf der Wengernalp die Arbeit mit Sang und frohem Jauchzer begonnen. Nach Feierabend sassen die Bauern geruhsam bis in die sinkende Nacht beim Abendsitz, und dann konnte man des Öftern in den hellleuchtenden Schneehorn- und Guggifelsen drüben das Echo des Alphorns rollen und verklingen hören, bald ernst und feierlich, bald in hellem Jubel. Die Sonne schien damals viel mehr Wärme ins Land als heutzutage; der Eiger-, der Mönch- und Jungfrauenberg, das Lauberhorn und der Tschuggen umgaben wie ein Fächerbogen die hilbe Gegend des Dörfleins, in dem kein Mangel herrschte, weder an Brot noch an Boden. Wer Vieh hier sommern wollte, musste bedeutend mehr bezahlen als anderswo. Die Bewohner aber gedachten auch des Schöpfers aller Dinge. Auf der Höhe, die man heute den Schlafbühl nennt, bauten sie dem heiligen Wendelin eine Kapelle aus hellem, hartem Hohbergholz, wo sie allsonntäglich eine kurze Andacht hielten, und wohin viele den Bittgang machten. Ein schöner, steinbelegter, breiter Weg führte zum Kirchlein hinauf, und von hier ging ein Kilchweg bis hinaus nach Gsteig zum grossen Gotteshaus der Kilchöri. Aber einige Bauern von Itramen auf der Grindelwaldseite der kleinen Scheidegg, von denen man sagte, dass sie einander kaum die Laus im Kraute gönnen, geschweige denn Fleisch, die schauten scheelen Augesauf den Wohlstand der Wengernälper. Wo sich jenen eine Handhabe bot, da spielten sie den Nachbarn einen bösen Streich. An einer Frühjahrseinung, als am Abend alle Bauern von Wengernalp in einer Dorfstube zur Besprechung der Alpbestossung besammelt waren, da planten sie nach der Beratung, wie üblich, einen fröhlichen Schmaus abzuhalten und liessen draussen in der Küche zwei Hammen sieden. Die von Itramen hatten davon Wind bekommen und sich einen Plan zurechtgeschnitten. Am Abend der Einung überschritten die Argen schon zum Einnachten die Passhöhe und schlichen, wie Fuchs und Wolf, ins Dörflein. Einer trug einen mächtigen, mit Hobelspänen prall gefüllten Sack auf der Achsel. Ein paar Dutzend Fuss vor dem Hause, worin die Alpeinung tagte, zündeten sie die Späne an, und als der grosse Feuerbubel zum Himmel loderte, da gellten sie in die Finsternis: "Fürio! — Fürio!" In jähem Schreck broxelten die Bauern zur Stube heraus vor das Haus. Kurz nachher sprangen die Grindelwalder Gassenschlingel hinten zur Küche hinein, warfen die zwei duftenden Hammen in den leeren Spansack und dann — pssst! — durch Nacht und Nebel zurück über die Wasserwende der schwarzen und weissen Lütschine. Aber aus dem dummen Spass wurde herber Ernst. Mit einem Male sprang auf den hohen Gräten der Föhn auf — huiiii — wild und wuchtig. Stoss um Stoss fiel vom Eigerjoch nieder ins Dörflein, in wirrem Wirbel tanzten die glimmenden Hobelspäne über die Dächer, und wo sie niederfielen auf die klingeldürren Schindeln, die seit Jahr und Tag so viel Sonne erhalten, da war in Windeseile das ganze Dach ein Feuermeer. Die Bewohner, von Angst erfüllt, flüchteten sich nach der St. Wendelin-Kapelle, aber bald frassen auch hier die Flammen rasend an Fleckenwänden und Balkenwerk. Es knisterte, züngelte, prasselte, zischte — der Föhn stöhnte dazwischen und wirbelte glimmende Schindeln und Sparren wie dürre Heuhalme durch die Luft — schüüzeli — schüüzeli! — (scheusslich) Der russige Rauch stiess an die von der Feuerröti grell erleuchteten Schneeberge. Frauen und Kinder weinten das lautere Wasser, es gab Tod und Tränen sonder Zahl. Was nützte es, dass zu Beginn der Gläubigste von allen die Feuerbannung über die Giebel rief: Jungfrau Maria, die blieb weiss und rein, Drum stelle, Feuer, dein Wüten ein! Feuer, wollest legen deine Glut Bei Herr Jesus Christus seinem Blut! Ich beschwöre dich, feuriger Gast, Greife nicht weiter, als was du hast! Da half die beste Bannung nichts; das ganze Dorf war verloren, Scheuer und Stadel, Viehgewerb, Schiff und Geschirr. Nach allen Seiten stoben die Überlebenden auseinander. Sie siedelten sich später in tieferen Lagen wieder an, doch fanden sie sich nie mehr zu einer eigenen Dorfgemeinschaft zusammen. Noch heute sieht man als letzten Überrest des Dörfleins auf der Wengernalp den Weg, der zur einstigen Kapelle hinauf auf den Schlafbühl führte, aber die rauhen Lüfte trugen die gute Erde fort, und heute ist die Gegend kaum noch Schafweide. Quelle: Hans Michel, Ein Kratten voll Lauterbrunner Sagen. Wengen 1936. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Grosse Füchse

Source: Grosse Füchse

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1. Hans Kempf aus der Eielen in Attinghausen hatte dem Meister Reineke gebeizt und lag nun während einer kalten Winternacht auf der »Tüssi«. Gar nicht so lange währte es, bis einer kam. Aber das war ein sonderbarer Kerl; so gross wie eine Sau! »Das isch neiwä-n-ä grossä Fux,« dachte Kempf, »da schiässisch dü nitt!« Das Tier schaute sich um, wanderte weiter und verschwand im Dickicht des Waldes. Aber bald erschien ein zweiter, so gross wie ein Rind! Der Jäger merkte, dass es da nicht sauber sei, und machte sich möglichst klein hinter seinem Versteck. Das Schiessen liess er hübsch bleiben. Kaum war das Tier im dichten Unterholze verschwunden, als von der nämlichen Seite ein drittes einherstolzierte, nicht kleiner als ein gefüllter Bettsack. Da fing der Hansi an, zu beten. Auch dieses Untier machte sich in die Stauden des Waldes, nachdem es sich auf dem Platze umgesehen, und liess den zitternden Jäger ungeschoren. Dieser stellte jetzt die Jagd ein und ging ohne den gesuchten Fuchsenpelz, aber um eine Erfahrung bereichert, nach Hause. Jos. Tresch, Attinghausen, 50 J. Alt 2. Hinter der Wehribrücke im Maderanertal lotzte ein Jäger den Füchsen. Aber wie erstaunte und erschrak er, als ein Fuchs daher kam, so gross wie ein Rind! In der Angst versprach der Jäger, ein Helgenstöckli zu errichten, wenn er mit heiler Haut davonkomme. Jetzt machte sich das unheimliche Tier wieder davon. Der Bristner aber hielt sein Versprechen, und die »Tafälä« zwischen der Wehribrücke und dem Kohlplatz hinter Bristen erinnert an seine Rettung (19. Jahrhundert). Jos. M. Epp, Etzlital Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Grosse Schätze

Source: Grosse Schätze

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Auf dem Schlossbüchel stand ehemals eine Burg, in deren Überresten noch heute grosse Schätze verborgen liegen. Zu Weihnachten zwischen zwölf und ein Uhr erscheinen die Schlossherren und vergnügen sich mit einem goldenen Kegelspiel. Man hört das Rollen der Kugeln und das Fallen der Kegel ganz deutlich. Am Fusse des Hügels entspringt eine treffliche Quelle. In dieser sah man in der heiligen Zeit schon mehrmals ein goldenes "Gatzi". Wer es wieder sieht und rasch ergreift, dem zeigt es den Weg ins Innere des Berges, wo die Schätze verborgen liegen. Einst wollte ein Bauer mit seinem lammfrommen Pferd über das Bächlein fahren; aber das Tier sträubte sich, sprühte Feuer aus den Augen und sperrte die Nüstern weit auf. Es sah wohl die unseligen Schlossherren vor sich stehen; der Mann aber konnte den Spuk nicht sehen.                                                        Chr. Lügstenmann. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 388, S. 224  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Grössis

Source: Grössis

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Grössis In früheren Zeiten bestand das Dörfchen Isikon nur aus zwei Bauernhöfen, von denen der eine einer Familie Stutz, der andere einer Familie Furrer gehörte. Die Familie Stutz zählte zwölf Söhne, und der jüngste unter ihnen war an Gestalt ein wahrer Riese, fast noch grösser als Goliath. Dieser Kerl nannte auch eine gewaltige Körperkraft sein eigen. Einmal luden die Brüder ihm sieben Pflüge auf die Schulter, aber er trug sie davon, als ob es eine Bürde Stroh gewesen wäre. Wie es oft geschieht, hielt der Vater auf diesen mit Kraft ausgestatteten Sohn einen besonderen Stolz, dass er ihm mehr galt als die andern elf. Deswegen foppten diese ihren grossen Bruder, neckten und plagten ihn. Der Riese war ein gutmütiger Kerl und liess sie hänseln. Wenn er gewollt hätte, so wäre es ihm ein Leichtes gewesen, die andern alle beim Wickel zu nehmen. Der Streit war ihm aber zuwider, und als es die Brüder immer toller toller trieben, langte er den Wanderstecken hinter dem Kasten hervor und zog ins Schwabenland hinaus. Dort fand er bald einen redlichen Verdienst und heiratete auch eine Frau, die ihn freute. Und weil es ihm gut ging, gedachte er bei den Schwabe zu bleiben. In jenen Jahren aber zog der schwarze Tod über das Schweizerland und fand auch den Weg auf die Hügel an der Töss. Auch in Isikon forderte er grossen Tribut. Im Friedhof lagen schon zehr Brüder des starken Stutz samt ihren Weibern und Kindern. Der zweitjüngste dieser Brüder weilte damals in fremden Diensten gegen den grausamen Türk und war so von der Pest verschont geblieben. Just da kam er in seine Heimat zurück, als man den zehnten seiner Brüder in die Grube senkte. Abe‘ schon am übernächsten Tage lag er neben ihm in der kühlen Erde. Er hatte einen Nagel in die Wand geschlagen, um seinen roten Mantel dran aufzuhängen. Da war der Peststaub aus den morschen Brettern gedrungen und hatte ihn vergiftet. Traurig machte sich nun Vater Stutz auf den Weg, seinen Jüngsten zu suchen im Schwabenland draussen. Und er fand ihn wirklich. Mit Weib und Kind zog dieser in sein Vaterhaus zurück und übernahm das väterliche Erbe. Er wurde der Stammvater des Geschlechtes der Stutz von Isikon. Weil aber jener Stutz von nicht alltäglicher Körpergrösse war, nannte man ihn „de Gross“, und seine Nachkommen waren langen Zeit unter dem Zunamen „s Grössis“ bekannt. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Mit unbedeutenden Änderungen aus Stutz, S. 13; A. Heer, Heimatkunde von Hittnau, Zürich 1905, S. 41. Heer hat die Nachricht aus dem Jahrbuch Pfäfffikon Nr. 2, S. 47. VB 27.10.1916   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Gründung der Stadt Rapperswil

Source: Gründung der Stadt Rapperswil

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Es war ums Jahr 1200. Wo heute die freundliche Rosenstadt steht, standen damals nur einige Fischerhütten. Der Ort wurde Endingen genannt. Der Seedamm war noch nicht erstellt, nicht einmal die hölzerne Brücke, die über den See nach der Halbinsel Hürden führte; die Fischer vermittelten allen Verkehr mit ihren Booten. Dort drüben, etwas südwestlich vom Dorfe Lachen, stand die Burg Rapperswil, und in dieser wohnte Graf Rudolf, beliebt bei allem Volke, angesehen und reich. Als er einst von einer weiten Reise zurückkehrte, schlug ihm sein Vogt vor, an einer günstigen Stelle eine neue Burg zu bauen und zwar bei Endingen, auf dem aussichtsreichen Lindenhügel, wo ein fester Platz gut gegen jeden Feind zu Verteidigen wäre und wo man auch eine Stadt anlegen könnte, die dem Bürger die wünschbare Sicherheit gewähren möchte. Graf Rudolf machte sich sofort mit all seinem Gefolge auf, den Ort zu besichtigen. Wie sie zur Stelle kamen, spürten die Jagdhunde eine Hindin auf, die am Hügel in einer Höhle ihre zwei Jungen heckte und mutig verteidigte. Die Gräfin erbarmte sich des mutigen Tieres und bat, dass man die Hunde entferne. Als sich dann die vornehmen Gäste niederliessen, um für einen Augenblick auszuruhen und die schöne Aussicht zu bewundern, kam die Hirschkuh zutraulich herbei und schmiegte sich an die Edelfrau, um ihr die schuldige Dankbarkeit zu bezeugen. Der Graf liess hierauf die zwei jungen Hirschlein aufs Schiff bringen, sie in seinem Schlossgarten zu bergen; zufrieden folgte ihre Mutter. Und gleich am andern Tag brachte das Schiff die Bauleute herüber, die den Wald schlugen, die Stämme glätteten und die Stadt bauten.  P. Guler. *** Die ursprüngliche Fassung der Sage stellt die Gräfin in einem weniger  günstigen Lichte dar. Die Frau sei ihrem Manne untreu gewesen, und der Vogt habe sie dessen anklagen wollen. Der Graf aber habe ihm gleich bemerkt: "Sag mir, was du willst, lieber Vogt, sag mir nur nüzit Böses von minem Wyp; denn wo ich bin und an ihre Schönheit gedenke, erfrewet sich all myn Gemüt, und was mir für Kummer und Widerwärtigkeit zu Händen stosst, ergötzt mich die Holdseligkeit myner Frawen, dass ich alles Leids vergesse, und frewt mich, so oft ich wieder zu Hause soll." Darüberhin hätte der Vogt die Rede gewendet und obigen Vorschlag gemacht. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 404, S. 233 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Gründung der Stadt Zug

Source: Gründung der Stadt Zug

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Die Herren von Cham hatten an jener Stelle, wo später die Stadt Zug errichtet worden ist, ihre Fischereirechte und Fischfang. An dieser Stelle gab es viele Fische und Fischzüge. Sie errichteten dort für die Fischer ein Haus, das etwa dort stand, wo die alte, oder die versunkene Stadt gestanden hat. Tag um Tag fuhren die Fischer von Cham dorthin und fingen in kurzer Zeit viele Fische. So nannte man diesen Ort wegen des reichen Fischzuges Zug. Die Fischer hatten viel Zulauf vom Adel wie auch von den Bürgern. So von Cham, Hünenberg, von den Herren auf Wildenburg, Baarburg und anderen Orten in der Umgebung. Sie alle hatten mit dem Fischfang ihren Kurzweil. Von da an wurde Zug grösser, man begann zu bauen und Gewerbe zu betreiben, der eine mit Äckern, der andere mit Wiesen und andere mit Fischen. - So liessen sich viele nieder mit Häusern, Gesinde, Knechten und Gütern am Wasser und zu Land, weil es ein günstig gelegener Ort war. Quelle: SuterKaspar, Kasper Suters Chronik 1549. In Festschrift zum 70. Geburtstag von Herrn Alt-Landschreiber Dr. jur. Ernst Zumbach, ediert von Dr. phil. Adolf A. Steiner. Hrsg. vom Zuger Verein für Heimatgeschichte. Zug 1964, S.40 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Gründung des Dorfes

Source: Gründung des Dorfes

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«Eine Sage ... erzählt, es hätten sich Bewohner des Tales, durch anhaltende Überschwemmung genötigt, sich für einige Zeit auf dem Berge angesiedelt und das Land auf Lautereich, auf welchem jetzt der Tannwald steht, urbar gemacht, woher denn auch die dortigen, längst mit Moos überwachsenen Steinhaufen rühren sollen.» Seltisberg Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Gründung des Fraumünsters

Source: Gründung des Fraumünsters

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Gründung des Fraumünsters Nicht weit von Zürich, am Albis, stand ein altes, herrschaftliches Schloss, die Baldern. Da wohnte Ludwig, ein König des Frankenreiches. Der hatte zwei Töchter, Hildegard und Berta. Die dienten Gott Tag und Nacht. Aus Gnade sandte ihnen Gott einen schönen Hirsch, der zwei brennende Lichter auf seinem Geweih trug und ihnen allemal von der Burg bis in die Au zwischen dem See und der Aa voranleuchtete. Da stand eine Kapelle. in der sie ihr Gebet verrichteten. Das währte eine Zeit; da ward ihrem Vater, dem König Ludwig, kund getan, dass die Töchter nachts allein miteinander von der Burg weggingen, und niemand wüsste wohin und was sie täten. Der König traute aber den Töchtern wohl und hielt sie für fromm. Deshalb hielt er ihnen die Sache nicht vor, aber er hatte selbst acht darauf. Als sie einst an jenen Ort beten gingen, folgte er ihnen und sah ihr Tun und Lassen, tat aber ihnen gegenüber nicht dergleichen . . . und besann sich, was zu tun wäre. Dann berief er seine Töchter und sprach: „Liebe Kinder, ihr seid nun zu eueren Tagen und mannbaren Jahren gekommen. Könige und Herren werben um euch. Ich beqehre eueren Willen zu kennen, damit ich den Werbern antworten kann.“ Da antworteten sie beide: „Wir haben uns verpflichtet, Gott zu dienen und haben ihm unsere Keuschheit gelobt. Darum bitten wir, du wollest uns dazu beholfen sein. Wir begehren nicht mehr als leibliche Nahrung, denn wir sind willens, Gott und nicht der Welt zu leben.“ Nun war König Ludwig gar ein frommer Herr und fragte sie, wo sie ihr Leben begehrten zu beschliessen, und sie antworteten: „An dem Ort. wo die Aa aus dem See rinnt‚ wo wir immer gebetet haben: Darauf schaute er sich die Stätte an, aber der Platz passte ihm nicht. Das verstanden die würdigen Töchter so, dass sie den rechten Ort von Gott er?ehen sollten. Nun vertieften sie sich Tag und Nacht in ihr Gebet, bis er sie erhörte und ein grünes Seil vom Himmel herabsandte. Das legte sich als ein Ring auf die Hofstatt, und der König sah und merkte, wie gross das Gebäude werden sollte . . . Also ward das würdige Gotteshaus angefangen zu bauen . . . Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Nach Brennwald I, 81, ins Neuhochdeutsche übertrage, sonst unverändert.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Gründungslegende der St. Niklauskapelle zu Obergailingen

Source: Gründungslegende der St. Niklauskapelle zu Obergailingen

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Während der Heuernte spielte das wenig Jahre alte Knäblein des Hofbauern daselbst in der kühlen Scheune, stieg auf das bereits eingebrachte Heu hinauf und schlief hier, wohlig im Weichen gebettet, schließlich ein. Die von den Wiesen zurückgekehrten Eltern sowie Knechte und Mägde luden nun neues Heu auf den Stock und suchten den Knaben allenthalben. Da er jedoch nirgends gefunden ward, bemächtigte sich ihrer große Unruhe, und sie mussten endlich glauben, er sei in den nahe vorüberfließenden Rhein gefallen und ertrunken. Den Eltern verging die nächste Zeit in traurigem Gedenken an ihr Kind, das, wie sie meinten, eine dunkle Fügung ihnen genommen. Aus dieser stillen Ergebung in den Willen eines unabänderlichen Schicksals aber wurden sie jäh gerissen, als im nächsten Frühjahr beim stetigen Abtragen des Heustocks die armen Reste des erstickten Knaben gefunden wurden. In furchtbarer Erkenntnis des so unbewusst selbst verschuldeten schrecklichen Todes ihres Lieblings gelobten die Eltern, am Rheinufer eine Kapelle zu seinem Gedächtnis und zu ihrer Entsühnung zu erbauen, die nun als Obergailinger Kapelle jeden auf dem Rhein Vorüberfahrenden in ihrer grünen Idylle erfreut.   Aus: R. Frauenfelder, Sagen und Legenden aus dem Kanton Schaffhausen, Schaffhausen 1933. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch    


by Grünenstein

Source: Grünenstein

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Vom Schlosse Grünenstein nach der Burg Weinstein (bei Marbach) soll ehemals ein unterirdischer Gang geführt haben, der nun völlig eingestürzt ist. U. Sprenger Grünenstein soll auf gleiche Weise mit dem Schlauch (bei Rebstein) verbunden gewesen sein.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 48, S. 24 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Gryden

Source: Gryden

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Im Simmenthal, eine Stunde von Boltigen, dem Dorfe Weissenbach gegenüber, soll vor alter Zeit ein Dorf gestanden sein namens Gryden, das ein reissender Bergstrom zerstört hat. Heutzutage steht noch ein einzelnes Haus auf einem verschont gebliebenen Stücke Land. In diesem Dorfe Gryden war nach der Sage ein Gasthof, dessen Eigentümer namens Schild einen Sohn hatte, der in die Fremde gegangen war. Dieser kam nach langen Jahren sehr verändert wieder in seine «Heimat zurück, gab sich in Boltigen zu erkennen und ging nach Gryden zu seinen Eltern. Um diese zu überraschen gibt er sich für einen blossen Reisenden aus. Die Eltern aber, Geld bei diesem Gaste vermutend, ermorden den ihnen aus der Kunde gewachsenen Sohn und schaffen den Leichnam fort. Jedoch wird es ruchbar, dass der Wirtssohn gekommen sei. Man fragt die Eltern, allein diese wollen von nichts wissen. Erst allmählich kommen sie zu der schrecklichen Gewissheit, dass der Ermordete ihr Sohn gewesen sei, und man sagt, dass sie darüber wahnsinnig geworden seien. Quelle: Theodor Vernaleken, Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch


by Gschängts Brot

Source: Gschängts Brot

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Gschängts Brot Amenen Ort isch e Büri gsi; die het den arme Lüte nüt möge gönne; d’Süi si re lieber gsi. All Bot het si gross Bitze Brot i’s Tränkibockli geht; dernäbe het si dr Git falsch verdräiht. Wo si sich gstorbe gsi, het e Jumpfere d’Chelle gno. Dr Bur isch guet mit ere gfahre. Aber einisch isch sie zum Meischter cho u het ihm seit, uf d’Wiehnacht well sie furt. „Worum de?“ frog dä. „He, wen er’s doch well wüsse, un erfahre müsse er’s doch einisch“, säg si, „lueg, so mängsmal wie-n-i d’Süi fuere, hocket d’Frau uf em Süitrog u chunnt mit de Süie cho frässe.“ Du säg dr Bur no längem: „Gang nid u blieb no chli. I verma mi dessi nüt. Wosch mit mer cho u froge, wie mer chönnti hälfe?“ D’Jumpfere het si lo brichte u versproche, ’s Müglige z’tue. So isch es au gscheh. D’Jumpfere het se gfrogt, wie sie re chönnti hälfe u für was sie do sig. „Lue“, seit d’Büri‚ „wen i diner Vergältsgott hätt, so chäm i a d’Ruehw.“ - „Jo, we’s süscht nüt brucht, die chascht scho ha. I will trachte, angeri z’ubercho“‚ het d’Jumpfere tröschtet, u mit däm isch d’Büri erlöst gsi u nümmen umecho. Aber mit den Almuese het me i däm Hus nümme gspart, un öpper Arms, wo do gheusche het, isch nie z’läre Hängen ewägg gange. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Gspässigi Chüe

Source: Gspässigi Chüe

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D Frau B. her mer emol verzellt — si isch z Beckten uufgwachse —, si syg emol as Chind zäme mit Vatter und Mueter und im Brüeder Sissech zue, zmitts im Winter. Undereinisch het der Bueb gsait: «Do sy si jo no z Weid!» Wo sen gfrogt hai, macht er: «Gsajet-er die Chüe nit? Jetz gönge si an Brunne und tränke!» Es syge drei schwarz-gfläckti und drei roti gsi, und alli haige Gloggen agha, aber keini haig glütte. - Es gsajes halt nit alli. Böckten Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Gudbrand vom Berge

Source: Gudbrand vom Berge

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Es war einmal ein Mann, der hiess Gudbrand vom Berge, denn er wohnte zuoberst im Val d'Entremont. Gudbrand und sein Weib lebten in Frieden und Eintracht miteinander samt einem Schärlein Kinder auf ihrem Gütlein. Im Stalle standen ihnen zwei braune Kühe am Barren und im Bettkasten lagen, in einem dicken Wollstrumpf verborgen, hundert bare Silbertaler als Zehrpfennig für Zeiten der Not. Die Frau liebte ihren Mann über alles; was er sagte, war gut und was er tat, noch besser. Immer war die Frau zufrieden mit ihrem Mann.          Eines Tages sprach die Frau: “Gudbrand, weisst du was, nimm die eine Kuh und geh auf den Markt nach Martinach und verkaufe sie! Dann bekommen wir ein wenig Geld für den Alltag in die Hand, wir so gut wie ander Leute, die nicht mehr haben und nicht besser sind. Beileibe – unsere hundert Taler rühren wir nicht an – aber wir haben genug mit einer Kuh.” - “Wohlgesprochen, Frau”, sagte Gudbrand, holte die Kuh und brachte sie zur Stadt. Aber niemand wollte die Kuh kaufen. Und schon wollte Gudbrand das gute Tier wieder heimtreiben, da kam eben ein Mann über den Platz mit einer blinden Mähre. Der sagte: “Dir geht's, mein ich, grad gleich wie mir: niemand will mir den Gaul da abkaufen. Wie wär's, wenn wir tauschten, dann wäre uns beiden gedient.” - “Warum auch nicht”, antwortete Gudbrand, denn ein Pferd, dachte er, zu der einen Kuh, sei immer noch besser als zwei Kühe, und so tauschte er die Kuh gegen das Pferd und machte sich wohlgemut auf den Heimweg.          Am Brunnen, wo er seinen Gaul trinken liess, traf er einen, der hatte eine lustige Glöckligeiss am Seil. Das wäre eine Freude für die Kinder, wenn ich ihnen so ein munteres Geisslein heimbrächte! Dachte Gudbrand, und flugs tauschte er seine Stute gegen die Geiss. Der andere, der glauben mochte, es könnte jenen dieser Handel gereuen, machte sich schleunigst mit dem Pferd aus dem Staube, indes Gudbrand fröhlich mit seiner Geiss weiterging.          Unterm Tor kam ihm einer mit einem Schaf entgegen. Ei, so ein chruselig Wollenschaf wär' uns grad bekommlich! Dachte Gudbrand, das gibt warme Socken für den Winter, und er tauschte die Geiss gegen das Schaf.          Vor der Stadt begegnete ihm unlang einer mit einem quiekenden Färrlein unterm Arm. Hah, dachte Gudbrand, was klein ist, wird gross. Das Säuli könnten wir mästen, Abfall haben wir mehr als genug. Und ist erst eine fette Sau geworden, dann gibt's Braten, Gesalznes und Geräuchtes, Würste und Schinken die Hülle und Fülle auf Jahr und Tag hinaus! - Und er tauschte das Schaf gegen das Ferkel.          Nach einer Weile begegnete ihm einer mit einem Hahn, dessen buntes Gefieder in allen Farben im Sonnenschein schimmerte. Ein flotter Güggel ist doch schöner als ein kahles Schwein, dachte Gudbrand, und tauschte sein Färrlein gegen den Hahn, und schritt wohlgemut seines Weges weiter.          Die Sonne brannte heiss und staubig war die Strasse, und bald plagte Gudbrand der Durst und unlang auch der Hunger. Am Wege stand ein Wirtshaus, dessen schattige Rebenlaube den Wanderer zu Sitz und Imbiss einlud. Der Wirt stand eben unter der Türe, als Gudbrand ankam, und es bedurfte nur weniger Worte, und sie waren handelseinig geworden: Gudbrand tauschte seinen Hahn gegen ein Mittagessen und ein Viertel weissen Weines. Nachdem Gudbrand also in aller Gemächlichkeit sich gütlich getan, wischte er zufrieden den Schnauzbart und dachte bei sich: Traun, ein guter Bissen und ein noch besserer Schluck drüberab ist wohl einen Güggel ohne Hennen wert! Und dann zog er fröhlich seines Weges weiter.          Die Schatten krochen schon die Hänge hinauf, als er ins Dorf kam. Einige Nachbarn standen auf der Strasse und plauderten. “Heda, Gudbrand, du siehst auch aus, als hättest du einen guten Handel gemacht!” Gudbrand blieb stehen und erzählte den Mannen, was er ausgerichtet hatte. “Oha lätz”, sagte da ein anderer, “deine Frau wird dich mit dem Besen empfangen und dir mit Zins und Zinseszinsen heimzahlen, was du vertan hast.” “Geschäh nichts Böseres auf der Welt als schlechte Geschäfte!” antwortete Gudbrand. “Geschehen ist geschehen, und wir nicht anders durch Meinen und Markten. Eines aber, sag ich euch, ist sicher: Meine Frau wird mit allem zufrieden sein.” Da schüttelten die Nachbarn die Köpfe, blinzeten einander zu und lachten, und einer sagte: “Nichts für ungut, Gudbrand, aber ich glaube eben nur, was ich mit eigenen Augen sehe und mit eigenen Ohren höre.” “Was gilt's”, versetzte Gudbrand, “ich wette hundert Taler, dass mein Wort sich erwahren wird! Nehmt ihr an?” “Topp, es soll gelten!” sagten die anderen und schlugen ein. Dann gingen sie mit Gudbrand zu seinem Hause. Dort blieben sie vor der Türe stehen, um zu belauschen, was sich begäbe, wenn Gudbrand seinem Weibe Rechenschaft ablegen würde von seinem guten Handel.          "Guten Abend", sagte Gudbrand, als er in die Stube trat. "Gottlob, dass du wieder da bist!" erwiderte die Frau, "es war mir schon gar schier ein wenig Angst um dich, weil du so lange ausgeblieben bist. Hast du die Kuh gut verkaufen können?"          "O ja, wie man's nimmt", sagte Gudbrand. "Wie lang ich auch stand und wartete, es kam niemand, der kaufen wollte. Und da hab ich sie zuletzt gegen ein Pferd umgetauscht."          "Gegen ein Pferd!" rief die Frau und schlug vor Freude die Hände zusammen. "Da können wir ja künftig am Sonntag zur Kirche fahren! Wenn wir nur auch den Wagen schon hätten!" "Langsam, langsam", sagte Gudbrand, "so schnell rollen die Räder nicht, so rund sie sind - ich hab hernach den Gaul gegen eine Geiss getauscht."          "Gegen eine Geiss!" rief wieder die Frau, "das war noch besser als das Pferd! Was wollten wir auch mit einem Pferd? Bedenk ich's recht, so wären die Nachbarn nur neidisch geworden und hätten darob gefatzt und getratzt. Geh, stell sie gleich in den Stall!" "Nur nicht so geschwind!" sagte Gudbrand, "die Geiss habe ich gegen ein Schaf getauscht“.          "Nein, das war ein guter Tausch!" rief die Frau und schlug sich auf die Hüften, dass der Rock sich fältelte. "Was wollten wir auch mit der Geiss! Den lieben langen Tag hätten wir nichts anderes zu tun gehabt, als ihr durch Stauden und Steine nachzulaufen, um sie am Abend wieder heimzubringen! Da ist ein Schaf doch ganz was anderes! Denk nur, die gute Wolle, das gibt Strümpfe und Lismer für uns alle. Stell das Schaf gleich in den Stall!"          "Gemach", sagte Gudbrand, "das Schaf, das hab ich gegen ein Färrlein getauscht." "Gegen ein Färrlein!" rief die Frau, "einen besseren Tausch hättest du gar nicht machen können! Das gibt Fleisch und Fett, und erst die Würste und Schinken im Rauchfang! Was wollten wir auch mit dem Schaf? Ich hätte ja doch weder Kamm noch Haspel gehabt. Und dann erst das Spinnen und Weben! Geh, stell das Schwein in den Kofen!" "Ja, wart noch ein Weilchen", sagte Gudbrand, "das Färrlein hab ich gegen einen Hahn eingetauscht." "Gegen einen Hahn! Das wäre mir wahrlich nicht eingefallen! Ein Hahn ist besser als eine Wanduhr mit Schlagwerk! Der wird uns morgens beizeiten aus den Federn krähen, indes die anderen alle noch schlafen. Und bis sie aufstehen, haben wir das halbe Tagewerk schon getan. Es heisst nicht vergebens: Morgenstund hat Gold im Mund. Was wollten wir auch mit dem Schwein? Wir hätten's mit der Zeit rupis stupis aufgegessen, und dann wär's all gewesen, und wir hätten nichts mehr gehabt. Nein, so ein Hahn auf dem Mist, da hat man doch alleweg seine Freude dran! Geh, sperr ihn für heut in den Holzschopf, dass der Fuchs ihn nicht holt!"          "Hör, Frau", sagte Gudbrand, "den Hahn hab ich auch nicht mehr. Weisst du: Ich wurde unterwegs aufs Mal so hungrig, dass ich glaubte, ich käme nimmermehr heim, und da hab ich den Hahn gegen ein gutes Mittagessen eingetauscht. "Gott und allen Heiligen sei's gedankt, dass sie dir das eingegeben!" rief die Frau und umarmte den Mann, "denk nur, was hätt auch aus mir und den Kindern werden sollen, wenn du auf dem Wege Hungers gestorben wärest! Und was wollten wir auch mit dem Hahn! Jetzt werden wir nicht zu nachtschlafender Zeit aus dem besten Schlummer geschreckt, und können am Sonntagmorgen liegen bleiben, solange es uns gefällt. Meinst du nicht auch?"          Da tat Gudbrand die Tür auf: "Nun, macht die hundert Taler heraus," sagte er zu den Nachbarn, die mit langen Gesichtern draussen standen. "Ja, der Teufel hat's gesagt: Dem Einfältigen sind Gott und die Weiber hold, und allerwegen ist das Glück mit ihm", sagten diese und holten das Geld.   Alpensagen / C. Engler-Faye / Bern 1941 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Guenis-Heerwagen bei Mellingen

Source: Guenis-Heerwagen bei Mellingen

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Zwischen den Städten Baden und Mellingen zieht Nachts das Guenisheer. Es kommt über den Oedlisberg nach Neunbrunnen im Schönhardswalde, da setzt es über die Reuss und zieht über Mellingen gegen Schloss Brunneck und Lenzburg zu. Mein Vater hat es vor vierzig Jahren gehört, als er zu Mellingen in einem Hause diente, welches ausserhalb des Städtchens am rechten Reussufer gelegen war, wo oberhalb der Trostburg die alte Kapelle steht. Man hörte einen schweren Eisenwagen über das Haus hinrasseln, als ob lauter Käsekessel drauf geladen wären, und hinter der Fuhre kam eine Mannsstimme drein, die mit grosser Dringlichkeit wiederholt schrie: Verbind mer's, verbind mer's! Als dies mein Vater mit einem Appenzeller-Krämer besprach, der öfters durch Mellingen reiste, erinnerte dieser sich aus seiner Heimat einer ähnlichen Begebenheit und erzählte dieselbe also: Auch wir hörten in unserer Jugend gar oft Nachts über unsern Häusern dieses Gekessel (Lärmen), hüteten uns aber wohl, dabei zum Fenster hinaus nachschauen zu wollen. Als uns nun ein Nachbar berichtete, wie neulich einer dieser Luftreiter ganz die gleichen Worte herab gerufen habe, machte ihm ein Mädchen, das eben bei uns zu Besuch war, Vorwürfe, warum er denn jenem Reiter keine Antwort gegeben und dem Hilferuf gemäss ihn nicht verbunden habe. Der Nachbar erklärte, dass er den Sinn jener Worte nicht verstanden, wohl aber sich sehr gefürchtet habe, und nahm das schnippische Mädchen beim Worte, nächsten Fraufastenabend den Reiter selber darüber zu befragen. Das alberne Geschöpf vermass sich nun in falscher Scham wirklich, nächste Nacht, sobald der Zug käme, vor die Thüre treten und ihn anreden zu wollen. Folgenden Abend gab man ihr Wein und Branntewein zu trinken, so viel sie mochte; das Getöse liess sich wiederum hören, und endlich rasselte es gegen die Häuser her, als ob man einen Karren schlechtgebundenes Eisengestänge rasch über eine frischbekieste Strasse führe. Da trat denn das Mädchen vors Haus unter die Dachtraufe hinaus, und als jene Stimme rief: „Verbind mer's!“ antwortete sie: so halt au, du Donners-Chetzer, wenn i der's verbinde soll! Auf dieses freche Wort hörte plötzlich der schmetternde Lärmen ganz auf, der Wagen stand still und ein Mann sprang herunter. Das Mädchen aber verlor das Herz und kam schneeweiss zur Stube herein gestürzt. Ein Grosser sei vor ihr gestanden, nichts anderes wusste sie zu sagen. Draussen rollte indessen der Wagen weiter. In kurzen Tagen aber war sie todt. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 95 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Guetigsg'heer am Aarauer Homberg

Source: Guetigsg'heer am Aarauer Homberg

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Der Weidgang im Aarauer-Jura hat sich schon im vorigen Jahrhundert verloren, nur im benachbarten Solothurner-Jura ist er nach alter Weise zum Theil noch üblich. Früherhin aber trieb man des Abends das Vieh, nachdem es gemolken war, wieder auf die Bergwiesen zurück und liess es unter der Hut von Knaben die Nacht über draussen. Es kauerte da in jedem Gebüsche, wo es vor den Fliegen Ruhe fand, und die Hüter schliefen in den zahlreichen Heuhäuschen. Ein solcher Hirtenbube hütete einst um die Zeit der Aernte auf dem Aarauer-Homberge und wurde nach Mitternacht durch ein schönes Singen und Spielen aus seinem Schlafe geweckt. Er meinte, die Schnitter im Thale zögen so spät unter fröhlichen Liedern noch durch die Gegend. Bald aber kam es immer näher herauf, gieng aus Westen nach Norden hin, eine Musik, an der kein einziges Instrument fehlte. Sogar aus den Lüften brach ein leiser Gesang darein, der ihn durchschauerte. Es schien ihm, als ob das Gras der Matten und das Laub der Buchenwälder im Mondlichte woge und sich neige, so oft die Töne neu ansetzten. Der Thurmwächter drüben in der Stadt blies schon zwei Uhr an, als die Musik sich wieder verlor. Diese Musik wird im Aarauer- und im nächsten Theile des Frickthaler-Jura 's guetigs G'heer genannt und Guenishirt derjenige, der sie anführt. Die Voreltern haben sie oft gehört und wussten viel darüber zu sagen. Es gieng auf dem linken Aarufer stets in der Richtung von West nach Ost und verkündete ein gesegnetes Jahr. Wenn es von der Schafmatt durch das hintere Thal von Küttigen gegen Lenzburg hinüber zog, hörte man ein Klingen und Tönen in der Luft wie von tausend Instrumenten. Im Dorfe Küttigen nennt man es noch das Glücksheer; auch von schlechter und unharmonischer Musik jedoch pflegt man gleichnissweise zu sagen, sie gehe wie das Guetisheer. Das ist Guetigsg'heer (das ist ein schlechter Gesang), ist eine gewöhnliche Phrase in Küttigen. Nicht bloss in den Hundstagen, auch in der Fasnacht zog es einher, und die Bauernregel besagt in Anwendung darauf: So viel Sterne als in der Alten Fasnacht am Himmel stehen, so viel Schnitter giebt's in der Aernte. Das Volk um Lütwil sagt, man höre das Guetis- und Guenischheer ausserordentlich schön singen, so oft es ein fruchtbares Jahr geben soll. Gunisheer nennt man dasselbe um Birmensdorf an der Reuss; Guetis-Ee aber nennt man zugleich im Freienamte das Wilde Heer, dessen Rauschen durch die Lüfte man dorten dem Flügelschlage mächtiger Raubvögel und Wildgänse zuschreibt. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 91 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Guetisee in Rüti

Source: Guetisee in Rüti

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In Rüti, einem Weiler der Gemeinde Meerenschwanden im Freienamte, ist ein altes Strohhaus dafür wohl bekannt, dass durch dasselbe das Guetisee jede Fronfastennacht seinen Weg hindurch nimmt. Man mag wann immer daran vorbei kommen, so wird man durch seine stets offen stehende Vorderthüre zur hintern hinaus sehen, denn beide müssen die Bewohner offen halten, wenn man gesund und unbeschädigt hier wohnen will. Das Heer zieht dann Nachts als lärmende Schweineheerde hindurch, man hört dabei das Murren einer alten Sau, welche an der Spitze läuft, und die ihr nachkommende Schaar Ferkel schreit hinterdrein: Mick - mick! Im benachbarten Walde von Muri ist ein bekannter Eichbaum, unter welchem sich das Gutisee aufhält, und eine dorten um Mittag rastende Frau hat dessen Murren gehört, ohne jedoch ein Stück der Heerde sehen zu können. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 95 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Güggelkopf im Rinngraben

Source: Güggelkopf im Rinngraben

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Das Strohdach eines Tegerfelder-Bauernhauses reicht hart an die ihm gegenüber stehende Kirchenmauer und läuft mit dieser in gleicher Richtung. Strohdach und Kirchenmauer lassen so den Regen und das Abwasser nach gleicher Seite zusammenfliessen, ohne dass die Nässe im schmalen Raume zwischen beiden Mauern wieder auftrocknen kann. Zugleich darf der Nachbar diesen Streifen herrenlosen Landes, welcher die Usmenni (Triebweg) heisst und den Grenzsaum von zweierlei Gütern ausmacht, nicht nach eignem Gutdünken behandeln und trocken legen. Also ist hier an der Rückseite des Strohhauses der Länge nach eine tiefe Kothrinne entstanden und hat sich endlich in eine bleibende Sumpfstelle verwandelt. Hier fährt von Zeit zu Zeit der Kopf eines Güggels in die Höhe, schiesst raketenartig in die Luft empor und stürzt dann aus Haushöhe wieder in seine feuchte Wohnstätte zurück. Es ist dies der Geist des alten Hausbesitzers. Die Kapuziner von Baden hatten ihn gegen Stiftung eines bestimmten Quantums Korn, das alljährlich an ihr Kloster abgeliefert werden sollte, in ein Schoppengütterli gebannt und dasselbe in ein Loch irgendwo im Hause vergraben. Damit war der Geist zur Ruhe gebracht. Als aber seine Nachkommen jene Kornlieferung ans Kloster verabsäumten und nicht mehr entrichteten, liessen auch die Kapuziner den Gebannten wieder aus seiner Flasche los; aus einer halben Barmherzigkeit jedoch gegen die künftigen Hausbewohner haben sie ihn aus Stuben und Keller verwiesen und in jene Sumpfstelle unter der Dachtraufe verwünscht. Dies ist jenen Leuten jedoch völlig gleichgiltig, denn der Geist ist ihnen nicht nur ganz unschädlich, er soll ihnen sogar manchen heimlichen Vortheil verschaffen. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 303 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Guggernül-Anneli und Gausserwibli

Source: Guggernül-Anneli und Gausserwibli

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Auf einer Höhe des Lindenberges im Freienamte, welche der Guggernollen heisst, wohnt das Anneli, deren klagender Gesang immer Wetteränderung ankündigt; tiefer an demselben Berge liegt oberhalb dem Dorfe Buttwil der Wald Gausserhölzli, und auch ihn bewohnt ein ähnliches Wesen, das man nach seiner wehklagenden (gauzenden) Stimme das Gausserweiblein heisst. Nach einer unter dem katholischen Volke jener Gegend, namentlich um Bünzen und Althäusern lebenden Prophezeiung rufen diese Stimmen zum letzten male, wenn einst hier der letzte Kampf um Glauben und Freiheit ausgefochten werden soll. Dann wird man den ganzen weiten Lindenberg in der Morgensonne von den Bajonetten der Bernerbieter (d. h. der Reformirten) erglänzen sehen, als ob ein Eisenhag ums Land geflochten wäre. Die Männer gehen dann zum Kampfe, Weib und Kind aber braucht nur so weit zu fliehen, als man an einem Laib Brod zu essen hat. In der Umgegend vom Dorfe Lütwil heisst ein Waldplatz Gugenrain. Hier wohnt das Gugenrain-Babeli, die man zwar für eine Kindsmörderin hält, sonst aber keineswegs scheut. Sie begegnet den Kindern, die Erdbeeren und Brombeeren im Walde suchen und zeigt dadurch zugleich den kommenden Witterungswechsel an. Nicht weit von ihr ist ein ähnlicher Waldplatz gelegen, welchen das Bachthal-Anneli bewohnt, vgl. „Das Bachmaidli zu Seon“. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 147 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Guggi und der Landvogt

Source: Guggi und der Landvogt

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Vor Zeiten, als der Landvogt noch im Tale herrschte, hauste hier der Guggi, ein abgefeimter Haudridau. Wem er auf Weg und Steg begegnete, den guckte er unverschämt und lange an, deshalb nannte ihn gross und klein den Guggi. Mit dem Landvogt draussen in Interlaken hatte er das Heu nicht auf der gleichen Bühne. Er war diebisch wie die Elster; was ihm gefiel, das nahm er mit. Sozusagen Jahr um Jahr musste er vor der hohen Obrigkeit erscheinen, und die sperrte ihn wegen seiner Schelmereien eine Zeitlang ein. Kehrte er wieder ins Tal zurück, dann meinte er, es habe ihm draussen im Schloss gar nicht schlecht gefallen, Speis und Trank, Ruh und Wärme habe er umsonst gehabt. Er war ein durchtriebener Galgenstrick, entwischte mehrmals aus der Kefi und berichtete seinen Talgenossen, wenn man vor dem Landvogt lüge, bis man selber glaube es sei wahr, dann komme man sicher zu seinem Recht. Und eine Lüge, die hatte der Guggi gewiss eher im Kopf als ein Pfarrer die Predigt. Als sie ihn einmal nach einem Ausbruch wieder eingefangen hatten, da guckte er dem Landvogt frech ins Gesicht und sagte spitz: „Ich weiss nun wirklich nicht mehr, wie ich es machen soll, denn schlüpf ich ein, so ist es nicht gut, schlüpf ich aus, so ist es auch nicht gut, jetzt ratet mir einmal!“ Eines Tages wanderte der arme Tunichtgut den Holperweg talaus. Auf der Gündlischwandbrücke begegnete er dem Landvogt, der auf einem Esel ritt. Guggi schaute bald den Landvogt, bald den Esel verwundert an. Schliesslich sagte der Landvogt: „Guggi, hast noch nie einen Esel gesehen?“ Der Schelm darauf: „Wohl schier, aber zwei aufeinander sind mir mein Lebtag nie vor Augen gekommen.“ Dann schüttelte er die Fäcken. Wie er das nächste Mal wieder eingefangen wurde, liess ihm die erboste, hohe Obrigkeit auf lange Zeit andere Hosen anziehen. Aber der Guggi schlüpfte wieder aus und erschlug auf der Flucht einen von des Landvogts Häschern. Er flüchtete sich hinein ins Tal, und die Leute sagten, er hause heimlich in der Chorbalmhöhle ob dem Gassenweidli. Der Landvogt vernahm von dem Gerede und sandte seine Knechte an einem Sommermorgen früh hinein zur Höhle. Der Guggi in der Chorbalm drinnen hörte des Landvogts Schergen durch die Guferhalden herauf zum Fuss der Fluh trappen. Er zog sich in den hintersten Winkel zurück, und von hier ragelte er noch hoch hinauf in die finstern, feuchten Windungen, die das rinnende Gletscherwasser einst in den Stein gehöhlt, vor vielen und vielen Jahren. Wie des Landvogts Lanzknechte unter der weiten Balm im trockenen Steinstaub vor der Höhle standen - siehe - da hatte eine Spinne den ganzen runden Eingang verwoben mit feinen, taufeuchten Fäden in die Kreuz und in die Quer. Guggi, dem sie nach dem armseligen Leben trachteten, der hörte ihr Werweisen. Bald kamen die Knechte überein, hinter dem zarten, unberührten Gewebe könne doch nie und nimmer jemand verborgen sein; sie suchten nicht weiter und dem unwerten Manndli, dem hatte die emsige Spinne am Morgen nicht Kummer und nicht Sorgen gebracht, aber ihm das Leben gerettet. Nach diesem Sommertage verschwand der Obdachlose aus der Gegend, keine Menschenseele hat ihn je wieder gesehen. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Guggi und der Landvogt

Source: Guggi und der Landvogt

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Vor Zeiten, als der Landvogt noch im Tale herrschte, hauste hier der Guggi, ein abgefeimter Haudridau. Wem er auf Weg und Steg begegnete, den guckte er unverschämt und lange an, deshalb nannte ihn Gross und Klein den Guggi. Mit dem Landvogt draussen in Interlaken hatte er das Heu nicht auf der gleichen Bühne. Er war diebisch wie die Elster; was ihm gefiel, das nahm er mit. Sozusagen Jahr um Jahr musste er vor der hohen Obrigkeit erscheinen, und die sperrte ihn wegen seiner Schelmereien eine Zeitlang ein. Kehrte er wieder ins Tal zurück, dann meinte er, es habe ihm draussen im Schloss gar nicht schlecht gefallen, Speis und Trank, Ruh und Wärme habe er umsonst gehabt. Er war ein durchtriebener Galgenstrick, entwischte mehrmals aus der Kefi und berichtete seinen Talgenossen, wenn man vor dem Landvogt lüge, bis man selber glaube es sei wahr, dann komme man sicher zu seinem Recht. Und eine Lüge, die hatte der Guggi gewiss eher im Kopf als ein Pfarrer die Predigt. Als sie ihn einmal nach einem Ausbruch wieder eingefangen hatten, da guckte er dem Landvogt frech ins Gesicht und sagte spitz: "Ich weiss nun wirklich nicht mehr, wie ich es machen soll, denn schlüpf ich ein, so ist es nicht gut, schlüpf ich aus, so ist es auch nicht gut, jetzt ratet mir einmal!" Eines Tages wanderte der arme Tunichtgut den Holperweg talaus. Auf der Gündlischwandbrücke begegnete er dem Landvogt, der auf einem Esel ritt. Guggi schaute bald den Landvogt, bald den Esel verwundert an. Schliesslich sagte der Landvogt: "Guggi, hast noch nie einen Esel gesehen?" Der Schelm darauf: "Wohl schier, aber zwei aufeinander sind mir mein Lebtag nie vor Augen gekommen." Dann schüttelte er die Fäcken (Rockschösse). Wie er das nächste Mal wieder eingefangen wurde, liess ihm die erboste hohe Obrigkeit auf lange Zeit andere Hosen anziehen. Aber der Guggi schlüpfte wieder aus und erschlug auf der Flucht einen von des Landvogts Häschern. Er flüchtete sich hinein ins Tal, und die Leute sagten, er hause heimlich in der Chorbalmhöhle ob dem Gassenweidli. Der Landvogt vernahm von dem Gerede und sandte seine Knechte an einem Sommermorgen früh hinein zur Höhle. Der Guggi in der Chorbalm drinnen hörte des Landvogts Schergen durch die Guferhalden (Geröllhalden) herauf zum Fuss der Fluh trappen. Er zog sich in den hintersten Winkel zurück, und von hier ragelte er noch hoch hinauf in die finstern, feuchten Windungen, die das rinnende Gletscherwasser einst in den Stein gehöhlt, vor vielen und vielen Jahren. Wie des Landvogts Lanzknechte unter der weiten Balm im trockenen Steinstaub vor der Höhle standen — siehe — da hatte eine Spinne den ganzen runden Eingang verwoben mit feinen, taufeuchten Fäden in die Kreuz und in die Quer. Guggi, dem sie nach dem armseligen Leben trachteten, der hörte ihr Werweissen. Bald kamen die Knechte überein, hinter dem zarten, unberührten Gewebe könne doch nie und nimmer jemand verborgen sein; sie suchten nicht weiter, und dem unwerten Mannli, dem hatte die emsige Spinne am Morgen nicht Kummer und nicht Sorgen gebracht, aber ihm das Leben gerettet. Nach diesem Sommertage verschwand der Obdachlose aus der Gegend, keine Menschenseele hat ihn je wieder gesehen. Quelle: Hans Michel, Ein Kratten voll Lauterbrunner Sagen. Wengen 1936. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Gutbrand

Source: Gutbrand

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Ein Mann aus dem Val d’Entremont ging einmal in Martigni auf den Markt, um eine Kuh zu verkaufen. Er tauschte die Kuh gegen eine blinde Stute, die Stute gegen eine Ziege, die Ziege gegen ein Schaf, das Schaf gegen einen Hahn und den Hahn verkaufte er für ein Mittagessen. Nach dem Essen machte er sich auf den Heimweg. Als er in seinem Dorf ankam, fragten seine Freunde ihn, ob er gute Geschäfte gemacht hätte und Gutbrand erzählte, was er für einen guten Handel gemacht hatte. «Ha! Deine Frau wird dich mit dem Besen empfangen, wenn du ohne die Kuh und mit leeren Taschen heimkommst», riefen sie lachend. «Aber nein, meine Freunde», widersprach Gutbrand, «wetten wir, dass sie mit allem einverstanden sein wird?» «Gut, wetten wir!» «Um wieviel?» «Dreihundert Franken.» «Topp, die Wette gilt und halte das Geld schon mal bereit!» Einer holte das Geld und gemeinsam machten sie sich auf den Weg zum Haus von Gutbrand. «Guten Abend, liebe Frau. Ich komme etwas spät, aber ich habe gute Geschäfte gemacht.» «Hast du die Kuh verkauft?» «Die Kuh habe ich gegen eine blinde Stute getauscht.» «Das hast du gut gemacht. Dann werden wir in der Kutsche zur Kirche fahren anstatt zu Fuss. Komm und zeig mir diese Stute!» «Warte! Ich habe die Stute gegen eine Ziege getauscht.» «Das ist noch viel besser. Eine Ziege gibt schön Milch und frisst weniger als die Kuh. Lass uns die Ziege anschauen!» «Warte! Die Ziege habe ich gegen ein Schaf getauscht.» «Das ist sicher am besten, dann werden wir Wolle haben, um den Kindern Strümpfe zu stricken. Komm, gehen wir das Schaf anschauen!» «Warte! Das Schaf habe ich gegen einen Hahn getauscht.» «Das wird immer besser, der Hahn wird dich morgens wecken und wenn ich zu faul zum Aufstehen bin, kannst du mir meine Wünsche erfüllen. Lass uns nach dem Hahn schauen!» «Warte! Den Hahn habe ich für ein Mittagessen verkauft.» «Das hast du gut gemacht, das ist nur vernünftig.» «Habt ihr gehört, Freunde? Die dreihundert Franken gehören mir und nun habe ich fünfzehn Mal mehr als ich für die Kuh bekommen hätte!»   Quelle: J. Jegerlehner, Sagen aus dem Unterwallis. Der französische Text wurde von Séraphin Dorsat in Bourg St. Pierre erzählt und aufgeschrieben. Übersetzt aus dem Französischen von Djamila Jaenike.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Gute Werke geschenkt

Source: Gute Werke geschenkt

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Von zwei guten, treuen Freunden, die viele Jahre einträchtig zusammengelebt, Freud und Leid miteinander geteilt hatten, kam der eine aufs Sterbebett. Da klagte er dem andern: »Ach, jetzt habe ich keine guten Werke!« Dieser tröstete ihn: »Ich gebe dir die meinen.« Später reute es ihn, seine guten Werke abgetreten zu haben, und er war darüber traurig. Da erschien ihm der verstorbene Kamerad und richtete ihn wieder auf, indem er ihm versicherte: »Die guten Werke, die du mir geschenkt, kommen auch dir zu Nutzen.« Franziska Kruog, 70 J. alt, Wassen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Gutis-Ee in Muri

Source: Gutis-Ee in Muri

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Um Muri hält man das Gutis-Ee für einen langen Geisterzug, dem ein Mann mit hohem Stab vorausgeht unter dem Ruf: „Uß Weg!“ Hinter ihm drein rollt eine große Walze, welche die ganze Straßenbreite einnimmt. Dann folgen viele Gestalten von Schweinen, Schafen und Hunden, und eine Unzahl kleiner Kindergeister, die man wegen ihres Geschreies und Gerölles „Schelleli-Buebe" nennt. Der Zug halt stets seine altgewohnte Richtung ein; kommt er gegen ein Wohnhaus heran, so müssen alle Türen bereits geöffnet sein, den Hausvater beträfe sonst eine üble Heim-suchung. Im Dorfteile Muri-Egg liegen drei solcher Häuser in derselben Linie,  deshalb darf man sie in den Frohnfastennächten gar nicht schließen.  Unverschließbare Türen deuten auf die hindurch schreitenden Götter, welche das Wohnhaus gastfreundlicher Menschen an Festtagen zu besuchen wünschen. Man sagt, wer in der Zeit der Zwölften die Türe hart zuschlägt, der hat im Sommer den Blitz zu befürchten. Vergleiche: Wandelnde Ratsherren von Muri  Band 3.1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962, S. 101 - 101 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Gutmannshaus am Schwarzsee

Source: Gutmannshaus am Schwarzsee

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Etwa anderthalb Stunden hinter dem Eingangstor zum Schwarzseetal, dem stolzen Marktflecken Plaffeien, steht an der neuen Schwefelbergstrasse ein einsamer Bergbauernhof. Der Volksmund hat ihn «Gutmannshaus» getauft. So steht er auch auf der Touristenkarte verzeichnet. Dieser Ortsname reicht weit ins Mittelalter zurück. In den Urkunden des bernischen Staatsarchives findet er sich schon 1319 erwähnt. Wie kam der Hof zu diesem schönen Namen? Darüber gibt uns die unermüdliche Poesie des Volkstumes beredte Auskunft. In längst verklungener Urgrossvaterzeit, in der die Menschen nervöses Hasten und Jagen nach Geld und Reichtum noch nicht so gut kannten wie heute, da lebte oberhalb des Zollhauses, wo sich kalte und warme Sense geschwisterlich vereinen, ein menschenfreundlicher Hirte. Weit und breit war er gut bekannt und beliebt wegen seiner uneigennützigen Gastfreundschaft. Doch niemand wusste über seine Herkunft etwas Sicheres zu sagen; einige hielten ihn für einen Flüchtling, andere für einen verkleideten Grafensohn oder einen weltmüden Einsiedler. Mochten nun diese Mutmassungen zutreffen oder nicht, der Senne erwähnte niemals ein Wort über seine Herkunft. Aber was schadete das? Der hungrige Wanderer fragt nicht darnach, sondern nach einem Trunk frischen Wassers oder süsser Milch, oder nach einem guten Stück Brot. Es gab keinen Notleidenden, keinen Bettler oder Pilger, der nicht beim Bewohner vom Gutmannshaus Zehrung und Obdach gefunden hätte. Wenn die Älpler von weitherum, vom Saanen- oder Simmental, oder jenseits des Euschelspasses, über die steilen Berghänge herab kamen, um in der Umgebung oder in der Stadt Freiburg ihre Besorgungen zu machen, so fanden sie beim einsamen Sennen immer eine gute Aufnahme. Sie brauchten auch nicht weiter zu verraten das Woher und Wohin ihres Ganges. Denn neugierig war der Alte nicht. Ohne viel Worte zu verlieren, lud er seine Besucher ein, in seiner einfachen Stube zu rasten und zu ruhen, oder ihre vom Regen durchnässten Kleider am lodernden Herdfeuer zu trocken und die erfrorenen Glieder zu erwärmen. Er bot den Leuten willig und zuvorkommend dar, was er besass: Milch, Käs, Zwieback. Konnten die Besucher vor Nacht nicht heimkommen, bereitete er ihnen auf Heu und Stroh ein Nachtlager, gab ihnen Decken und Tücher, dass sie warm liegen konnten; kurz, er sorgte wie ein Vater für seine Gäste. Wenn jedoch am andern Morgen der also vortrefflich bewirtete Gast nach seiner Schuldigkeit fragte, lehnte der freundliche Gastgeber jeden klingenden Dank ab. Mit einem «Vergelt’s Gott» gab er sich zufrieden, und blieb dies aus, dann machte er sich auch nichts daraus. Nicht verwunderlich, wenn sich beim freigebigen Sennen oft eine bunte Gesellschaft zusammen fand: Hirten, Holzacker, Köhler, Jäger, Harzsammler, Beerenpflücker, Vagabunden, Korbervolk, fahrende Sänger, Reisende, Bauern, Viehhändler, mitunter auch gehetzte Flüchtlinge, die vor dem Verfolger Schutz suchten. Aber merkwürdig! Diese buntgewürfelte Gesellschaft vertrug sich beim gastlichen Wirt immer recht gut. Er verhinderte Zank und Streit. Seine Menschenliebe war das Band, das alle zusammenhielt und brüderliche Verträglichkeit schuf. Als sich endlich auch Bruder Tod beim Alten anmeldete, ging ein lautes Klagen und Jammern durch das Land; denn das Haus des guten Mannes lag nun leer und verlassen da, der gastliche Ort war seines wohltätigen Bewohners für immer beraubt. Aber sein Andenken blieb aufrecht bis heute.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Häägglä mit einem Gespenst

Source: Häägglä mit einem Gespenst

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1. Zwei Männer von Schattdorf wandern nachts gegen Altdorf. Da sehen sie innerhalb des »grossen Gislers« Matte Einen an der Strassenmauer stehen, den Kopf auf beiden Armen auf die Mauer herabgesenkt und mit einem grossen breitkrämpigen Schinhut bedeckt, so dass sie sein Antlitz nicht sehen. Einer der beiden Schattdorfer redet ihn an, in der Meinung, es sei ein Nachtbub, und fragt: »Wem-mer eis häägglä?« Da hebt jener den Kopf, streckt die rechte Hand entgegen und hängt ein. Als der Schattdorfer seine Hand zurückzog, brannte ihn heftig der Daumen; am nächsten Morgen war der ganze Arm und bald der ganze Leib schwarz, und noch am nämlichen Tage musste er sterben. Frau Gamma-Gamma, 80 J. alt. 2. So ein unkannter Flegelbub hatte die hässliche Gewohnheit, während des gemeinsamen Abendgebetes der Familie mit einem Strick, den er an einer starken Schraube in der Holzwand befestigt hatte, zu häägglä. Das war früher eine beliebte Kraftprobe. Als ihn eines Abends, wie übrigens schon oft, die brave Mutter dieses wüsten Gebahrens wegen ernsthaft tadelte, warf er den Kopf auf und schnerzte: »Hinecht wil-i mid eim häägglä und wen-i mid-em Tyfel müess!« So lief er zur Türe hinaus und fort. Auf der Strasse fand er noch einen Kameraden. Da hörten sie plötzlich hinter einem Hag Einen mit den Händen »tätschlä«. Das war eine Herausforderung, und wirklich hielt ihnen der Nachtbub die Finger hin zum Einhaken. Unser Held hakte ein und hielt dem Unbekannten stand. Als dieser nachgab, da brannten dem frechen Burschen die Finger, und daheim angekommen, sah er, dass sie brandschwarz waren; nach und nach schwoll auch der Arm an und wurde schwarz; der Bub musste daran sterben. Peter Walker 3. Als eines Abends der vor bald zwei Jahrzehnten verstorbene »Gitzi-Tresch« in das Schächental z'Gass gehen wollte, merkte er bei einer Linde nahe beim Gute Lehn, dass jemand ihm die Hand über den Hag heraus entgegenstreckte. Er dachte, ein Nachtbub wolle ihn zum »Häägglä« herausfordern und ergriff die Hand. Sie war anzufühlen wie ein wollener Handschuh. Aus der Linde schüttete es Wasser auf ihn. Schnell liess er die gespenstige Hand fahren. Seine eigene Hand war am folgenden Morgen böse in der Ordnung und fast ganz schwarz. Er musste sie segnen lassen. Cäcilia Gisler-Walker Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Häägglä mit einem Gespenst

Source: Häägglä mit einem Gespenst

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Der Gitzitresch aus dem Maderanertal war auch einer von jenen gewissenhaften Wahrheitsfreunden, welche, damit die Wahrheit nicht zu Schaden komme, lieber etwas, oft ein ganz Erkleckliches, aus dem Eigenen hinzutun. Einst tat er einen Fehltritt und rollte einen steilen Abhang hinunter und war schon zu äusserst an einem fürchterlichen Abgrund angelangt, als er sich noch im letzten Augenblick mit der rechten Hand an einem dürren Hundedreck festklammern und vor dem tödlichen Sturze retten konnte. – Eines Abends betrat er zu Linthtal im Kanton Glarus eine Berghöhle. Neugierig stapfte er weiter und drang immer tiefer ein. Endlich, als er in Linthtal die Morgenbetglocke läuten hörte, sah er wieder Heiteri und kam durch das Spinnenloch an der Axenfluh am Urnersee an das Tageslicht. Er war auch in der Unterwelt und sah die Verdammten an Strassen-, Damm- und Eisenbahnbauten allerlei Sisyphusarbeiten verrichten, leider konnte uns niemand mehr nähern Aufschluss geben. Also dieser Gitzitresch! Der ging als junger Lediger in das Schächental z'Gass. Eines Abends streckte ihm unter einer grossen Linde grad vor dem Gut Lehn bei Trudelingen eine unbekannte Menschengestalt die Hand über den Hag entgegen zum Häägglä und er nahm sie an. Aber gar bald merkte er, dass er da »bim Lätzä ighänkt«, die Hand des Gegners war anzufühlen wie ein Balg, und aus der Linde schüttete es wie mit einem riesigen Zuber Wasser auf den Gitzitresch herab. Schleunigst liess er die gespenstige Hand fahren. Seine eigene Hand aber war angeschwollen und schwarz, und er musste sie segnen lassen. Das erzählte Gitzitresch selber meinem Gewährsmann »firni gwissni Wahrheit«. Wir aber haben auch hier ein Beispiel, wie ältere Sagen oft als eigene Erlebnisse weitererzählt werden. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Häb bald Fyrabed

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Ä Jeeger häig äinisch ä Stimm gheert riäfä: »Ganz unverdrossen Hast du drei halbhundert Gämschi gschossen, Häb bald Fyrabed!« Uff dass syg'r doch niämeh mit der Bixä g'gangä. Joder Gisler, 51 Jahre alt, Spiringen, und a. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Hagelwetter

Source: Hagelwetter

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1. In der Wyttenalp, Etzlital, jagte einst ein Hagelwetter ein ganzes Sennten samt dem Hirt und Zuhirt über eine Fluh hinab in den Tod. 2. a) Auf der Alp Vorderbaberg in Isental überraschte eines Nachmittags ein furchtbares Hagelwetter Hirt und Sennten. Als das erschrockene Vieh anfing zu rennen, ergriff der Hirt die vorderste Schellenkuh am Riemen, in der Hoffnung, sie und damit auch das Sennten aufhalten zu können. Aber es war umsonst. Das sämtliche Vieh stürmte dem Grat zu und stürzte mit dem Hirt beim »Ort« über die Fluh hinunter in die Gand ob Urwängi. b) Nach anderer Fassung wurde das Sennten beim »Tritt« vom Unwetter überrascht und über die Fluh in die Babergerschoss hinunter gejagt. Mann und Tiere waren tot. M. Imhof; M. Ziegler u.a.m. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Hahnähickli

Source: Hahnähickli

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Zu Unterschächen lag eine Frau krank darnieder. Da kam ein Heidenweiblein aus dem Brunnital zu ihr; das hatte ein Knäblein bei sich und sagte zur kranken Frau, sobald sie erraten könne, wie dieses Knäblein heisse, werde sie gesund. Bald darauf gingen die zwei Kinder der Unterschächnerin, ein Knabe und ein Mädchen, miteinander in die Beeren. Das Mädchen traf im Walde das Heidenbüblein an, das sich unbeachtet glaubte, lustig hüpfte und tanzte und dazu ein Liedlein sang, wie es froh sei, dass diese Frau nicht wisse, dass es Hahnähickli heisse. Als dann das Heidenweiblein wieder zur kranken Frau kam, konnte sie ihm sagen, wie das Büblein heisse, und wurde gesund. (Vgl. Lütolf 475, 437.) – Kt. Zug: Senfchörnli; Entlebuch: Gragörli. Karl Brücker Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Häilibock

Source: Häilibock

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Am häiligen Aben isch'sch Brüüch, Chääs z'braaten. Es Räiftli bliibd geng eppä; ma säid däm Häilibock, und das Wort Häilibock chunnd vum häiligen Aben naha. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Half der Gott!

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Das Amt eines Nachtwächters im Dorf versah zu seiner Zeit einer mit Namen Flück, genannt d’s Jellis. Sein Dienst bestand darin, bei anbrechender Dunkelheit die Öllaternen in den beiden Hauptgassen anzuzünden, das Feuer zu behüten, bei einem Brandausbruch die Löschmannschaft aus den Betten zu hornen und die Stunden zu rufen: „Etz bin-i uf der Abendwacht; I winschen allen en gueti Nacht! An der Gloggen hed’s Zwelfi g’schlagen.“ Nacht für Nacht schlurfte d’s Jelli die Oberdorfgasse dorfauswärts bis zum Trachtwirtshaus und die Unterdorfstrasse zurück, wo sich dann der Kehr im Dorfteil am Nussbaum schloss. Unterwegs hatte er bei dem schlechten Petrollicht die Augen zu brauchen, auf und unter den breiten Schwardächern der Dorfhäuser nach verdächtigen Räuchlein und Feuerteufelchen Umschau zu halten, etwa auch Lärmmachern Manieren beizubringen und Schelmenwerk ruchbar zu machen; umsonst zahlte ihn die Gemeinde kaum. Er tat den Dienst ja gut und gerne. Wenn so gar nichts zu merken und zu tun war, die liebe lange Nacht, half ihm der Tabak die Zeit verkürzen, oder im Winter bei Schnee und Biswind ein Schlückchen Selbstgebranntes aus dem grünen Schoppen in der weiten Manteltasche. Nur eines drückte ihn je länger je übler. Allemal, wenn er im Oberdorf am Friedlerbrunnen vorbeiging, hörte er es aus dem Finstern heraus niesen. Hatschi! Nicht überlaut, aber doch so, dass es das laufende Brunnenwasser deutlich übertönte. Zuerst hatte er sich dessen nicht geachtet. Aber als er es jeden Abend wieder und auf jedem Gang hörte, kam ihm die Sache ungemütlich vor. Er berichtete den Leuten davon. Eines Tages gab ihm jemand den Rat, wenn er den Geist in der folgenden Nacht wieder niesen höre, zu sagen: „Hälf der Gott!“ Der Niesende sei eine arme Seele, die nicht zur Ruhe kommen könne, bis sie durch den Zuspruch eines Lebenden erlöst werde. D’s Jelli befolgte den Rat. Noch gleichen Abends verstummte das „Hatschi“ beim Friedlerbrunnen für immer und der Nachtwächter brauchte sich nicht mehr zu ängstigen, sobald er die Brunnstube von weitem plätschern hörte. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Hälf dr Gott

Source: Hälf dr Gott

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Hälf dr Gott Einisch göh ihrere zwe über nes Brüggli. Du erniesst öpper drunger. Eine seit: „Hälf dr Gott!“ Un eso zum zweute Mol. Drufabe erniesst’s zum dritte Mol. Du seit dr anger: „Hälf dr es Ross!“ Du chunnt es Fraueli ungerem Brüggli vüre. Äs pläret gar schützlig u seit: „O, we d’jetz nume hättisch gseit: Hälf dr Gott! Jetz muess i ume hundert Johr ungerem Brüggli warte. Ersch we mer öpper drümol: Hälf dr Gott seit, wen i drümol hingerenangere erniesse, bin ig erlöst.“ M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Hälf dr Gott

Source: Hälf dr Gott

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Wenn man eine gewisse Brücke beging, hörte man niesen, ohne dass jemand zu entdecken war. Ein Betrunkener schrie barsch: »Hälf dr Gott, wennd-dr z'hälfä-n-isch!« Da erschien ihm plötzlich ein Weibervolk und sagte: »Jetzt bin ich erlöst; dieses »Helf dir Gott« hat mir noch gefehlt. Schon 50 Jahre habe ich darauf gewartet. Und willst du wissen warum? Ich habe mit Einer heftig gezankt, und da hat diese zufällig niesen müssen, und ich habe in blindem Zorn gesagt: »Helf dr der Tyfel!« Und das habe ich nie bereut und nie gebeichtet.« Frau Arnold-Gisler, Bürglen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Hälf-dr Gott i Himmel üfä

Source: Hälf-dr Gott i Himmel üfä

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Versteckis spielten die lebenslustigen Kinder hinter allen Betten und Gerätschaften, bis der Staub in Wolken aufwirbelte. Plötzlich hörten sie jemand heftig niesen. »Hälf-dr Gott i Himmel üfä!« ruft lustig eines der Kleinen, wie es so löblicher Brauch ist. Da kriecht auf einmal eine unbekannte Weibsperson unter einem Bett hervor, atmet erleichtert auf, als ob eine Zentnerlast von ihrem gepressten Herzen gewichen, und spricht: »Jetz bini erleest! Uf das Wort hani scho lang blanget!« und verschwindet. David Imhof, Seedor Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Hälfi Gott

Source: Hälfi Gott

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Es lebte einmal ein Mädchen, das nie »Hälfi Gott« oder »Vergelts Gott« sagte. Es starb, und nach seinem Tode war es in dem Hause furchtbar unghyrig. Es war ein Doppelhaus. Wenn aber jemand in dem Teile übernachtete, in dem das Mädchen gestorben, so war er am Morgen eine Leiche. Einst fragte ein Bettler über Nacht. Sie sagten ihm, es sei zwar eine Stube frei; wo er nächtigen könne, aber dann laufe er Gefahr, vom Gespenst getötet zu werden. Er fürchte sich nicht, meinte er und bezog die Stube. Bis Mitternacht war alles ruhig, aber gleich nach 12 Uhr gings los mit Toben und Lamentieren. Es war ein furchtbares Gepolter und Getöse in der Stube. Dann schlüpfte das Gespenst unter das Bett und nieste mehreremal, und jedesmal rief der furchtlose Bettler: »Hälfi Gott, wenn z'hälfä-n-isch.« Endlich kam das Gespenst wieder unter dem Bett hervor, jetzt ganz weiss. Es war jenes Mädchen und sagte: »Nun bin ich erlöst, auf dieses »Hälfi Gott« habe ich schon lange blanget.« Mit diesen Worten war es verschwunden. Barbara Gisler, Attinghausen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Halseisen und Fussfesseln

Source: Halseisen und Fussfesseln

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In der Wallfahrtskirche im langen Tal ist eine Partikel des heiligen Kreuzes Christi. Ein gewisser Pater Gaudentius brachte sie einst aus Rom. Lange Jahre hingen in dieser Kapelle auch Fussfesseln unter den Votivgaben. Die soll einer dort angehängt haben, der in türkischer Gefangenschaft war. Er musste dort viel leiden und versprach darum einst der Muttergottes, eine Wallfahrt ins Lange Tal zu machen, wenn er der Gefangenschaft entrinne. Und im Traum begann er seine Wallfahrt und ging und ging die ganze Nacht hindurch. Am Morgen stand er grad vor der Kapelle, und die Fesseln fielen ihm ab. Aus Dank für die Rettung hängte er sie in der Kapelle auf. Vor Jahren wurden diese Ketten gestohlen und kamen nie mehr zum Vorschein. Andere freilich behaupten, es seien nicht Fussfesseln, sondern es sei ein Halseisen gewesen. BINN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Hammerbachgespenst

Source: Hammerbachgespenst

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Bei der schönen, schwefelhaltigen Quelle im obern Dorf, dem sogenannten Hammerbrunnen, hatte seit uralten Zeiten ein Wesen seinen Wohnsitz aufgeschlagen, das je nach Bedürfnis bald das Aussehen eines Tieres, bald dasjenige eines Menschen annehmen konnte. Es führte den Namen „Hammerbachtier“. Es hatte seine größte Freude daran, Arme und Notleidende zu unterstützen, Hartherzige und Neugierige dagegen verdientermaßen zu züchtigen. (Hallau)     Aus: R. Frauenfelder, Sagen und Legenden aus dem Kanton Schaffhausen, Schaffhausen 1933. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch  


by Hand, die aus dem Grabe wächst

Source: Hand, die aus dem Grabe wächst

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Lange Zeit hindurch ragte auf dem Friedhof zu Spiringen eine Hand aus einem Grabe empor. Der Ortspfarrer soll den Ausspruch getan haben, von all seinen Pfarrkindern sei keines verloren gegangen, nur von einem wisse er nicht, wo es sei und wie es ihm ergangen. Man mutmasste nun, dieses sei ein Meineidiger, eben derjenige, der seine Hand zum Grabe herausstreckte. Zacharias Imholz Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Handspur des Brünnlings in Meerenschwanden

Source: Handspur des Brünnlings in Meerenschwanden

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Ein Meerenschwander Bauer verhöhnte einen brennendm Mann, den er nachts auf der Futterwiese traf, und rief ihm wiederholt zu: „Nimm mi, Brünnliger, nimm mi!“ Als letzterer alsbald anmarschierte, entsprang der Bauer ins Haus und verriegelte hinter sich die Thüre. Der Brennende aber griff mit den fünf Fingern seiner Hand sengend in das obere Thürblatt ein. Die Spuren davon sind so tief, dass die Kinder der Umgegend häufig ihre eigne Hand hineingelegt und ihre Spanne daran gemessen haben. Deshalb hat nun der Bauer ein Brettlein über den Brandfleck nageln lassen. Es Büebli in Spreitenbach isch z Nacht us em Hus usse uf de Mist, will`s sini Hösline gäng het kehre müesse. Wos`s do ennet em Berg en brünnlige Ma gseht, rüeft`s: „Chum, brünnlige Ma, putz mer s Hinter!“ Aber do mag`s bloss z Tennsthor noch zueschletze, se isch dr Bünnlig scho am Tennsthor a und het es Loch durs Thüre dure brönnt mit de Fingere. Und do hänt selle Lüt s Loch gseh wie-n-es no fürig isch gsi, und hänt`s gschwind müesse go lösche. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Hannele von Eckwyl

Source: Hannele von Eckwyl

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In der ganzen Umgegend von Eckwyl war noch in diesen letzten Jahren ein Weib geflohen und gemieden, weil sie für eine Hasenfrau gehalten wurde. Diesen Glauben zu rechtfertigen, erzählt man sich ein ganzes Schock abenteuerlicher Geschichten, wie hier ein paar aus den Dreissiger Jahren folgen. An einem Sonntagnachmittag hatte sich das Militär der Sektion Mäggenwil auf dem Eckwyler Exerzierplatze einzufinden. Es stellte sich ganz in der Nähe jenes Hauses auf, welches Hannele bewohnte, und bei der es heute, da es ein sehr harter und rauher Novembertag war, an neugierigen Besuchen nicht fehlte, die da aus dem Fenster zuschauen wollten. Eben fieng die Waffenübung an, als im Zimmer plötzlich ein Hase den Leuten durch die Füsse fuhr und ohne dass er sich erwischen liess, endlich zum offenen Fenster hinaus sprang. Unter Lärmen und Lachen setzte man ihm nach. Draussen war aber indes der gleiche Tumult auch unter den Soldaten entstanden, denn schon kam der Hase auf sie angerannt und hatte sie umsprungen, während sie einzeln aus dem Gliede liefen und nach ihm warfen. Endlich verschwand der Hase ins Dorf hinein. Erst als er allen wieder aus dem Gesichte war, bemerkte man, dass die Hannele diese ganze Zeit über weder in noch ausser ihrem Hause von irgendjemand gesehen worden war. Ein andermal hob sie ein Stück Tuch von der Strasse auf, von dem sie wohl wusste, dass es dem Eckwyler-Schneider gehöre, gab es ihm aber nie zurück. Der Schneider lachte nur darüber und fieng an, sie zu bannen. Als es die Alte verspürte, blieb auch sie nicht müssig und begann ihn ebenfalls zu treiben. Allein diesmal war sie die Schwächere und verlor; sie konnte sich nur noch durch Schweinefett vom Tode retten. Nun sind's fünf Jahre (1837), dass sie durch das Dorf Düblikon gieng und ihr dort die Kinder ihren Spitznamen Hannele nachriefen. Einem davon gab sie eine solche Ohrfeige, dass es erlahmte und sterben musste, nachdem selbst die Kapuziner ihre Besegnungen umsonst versucht hatten. Ihre uneheliche Tochter vermag es so wenig als andere Leute bei ihr auszuhalten. Sie hat sich schon oft von ihr entfernt und bei fremden und ferne wohnenden Leuten sich verdungen. Sie mag dies aber noch so heimlich anstellen, sie bleibt dennoch in der Alten Gewalt und muss nach dem zweiten Tage schon ihr wieder zulaufen. Wenn sie betteln geht und ein Weib schlägt ihr was ab, so klopft sie dasselbe nur auf die linke Schulter, und dann setzt es unfehlbar einen geschwollenen Kopf oder ein sonstiges Uebel. Deswegen schliesst auch Jung und Alt die Hausthüre, sobald man sie des Weges kommen sieht. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Hans am Sand

Source: Hans am Sand

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Hans am Sand, Siegrist zu Hasle im Berner Oberland, wollte nicht reformiert werden. Er schrieb an die dortige Kirchentüre: "Hans am Sand bin ich genannt, Zu Hasle ist mein Vaterland, Den katholisch Glauben ich wohl betracht’, Kein andrer ist, der selig macht, Ich glaube an Gott und Mariä, Es wird die Hasle Burä nu griwä" und flüchtete sich nach Obwalden. Bisweilen ging er nachts heimlich in seinen Heimatsort zurück, blieb dort einige Tage versteckt, bestärkte jedesmal die Seinigen im katholischen Glauben und kehrte in der nächsten Nacht nach Obwalden zurück. Aber er wurde verraten. Spione wurden aufgestellt, um anzuzeigen, wann er heimlich in seinem Hause zu Hasle sei, und als dies einst so angezeigt wurde, wurde ein Henker beordnet, ihn zu töten. Der tat es mit seinen Knechten auf der Landstrasse. Sands abgeschlagenes Haupt steckte man auf dem Brünig auf einen Spiess. Die Obwaldner nahmen das Haupt weg, trugen selbes in die Kirche nach Sächseln, wo es noch heute in der dortigen Sakristei zu sehen ist. Stattdessen steckten sie auf den Spiess am Brünig einen Katzenkopf. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Hans Baschi Jakober von Uri

Source: Hans Baschi Jakober von Uri

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Hans Baschi Jakober von Uri war 1683 zu Luzern in Untersuchung und gestand: In Mettlen bei Eschenbach habe er den Leuten vorgegeben, dass hinter dem Hause „ein heidnischer Weibergeist sei, der schon in die 800 Jahr da wandle. Sei halb grau, habe goldene Fingerring und trage an der Seite viel silberne Schlüssel.“ Derselbe bewache einen Schatz. Mit Messen und Sankt Antonius Gebet sei er zu entheben. Der Wirtin zu Baldegg habe er auch gesagt, in ihrem Keller liege ein Schatz. Soll ein Kränzchen (oder Kreuzli) und ein Licht dahin stellen, so werde sie viel Geld bekommen. Des Kilchmeiers Sohn in Hochdorf habe er ins Arniloch in Unterwalden führen wollen. Schatzgräber aus Hohenrain gingen - 1740 - rückwärts in des Teufels Namen aus dem Haus, schweigend und ohne ein Wort zu sprechen an den Ort. Machten mit einem Degen in den drei höchsten Namen einen Kreis und standen hinein. Zwischen 11 und 12 rufen sie dem Lucifer.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Hans Baschi Jakober von Uri

Source: Hans Baschi Jakober von Uri

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war 1683 zu Luzern in Untersuchung und gestand: In Mettlen bei Eschenbach habe er den Leuten vorgegeben, dass hinter dem Hause ein heidnischer Weibergeist sei, der schon in die 800 Jahre da wandle; sei halb grau, habe goldene Fingerringe und trage an der Seite viel silberne Schlüssel.« Derselbe bewache einen Schatz. Mit Messen und St. Antonius Gebet sei er zu entheben. Der Wirtin zu Baldegg habe er auch gesagt, in ihrem Keller liege ein Schatz. Soll ein Kränzchen (oder Kreuzli) und ein Licht dahinstellen, so werde sie viel Geld bekommen. Des Kilchmeiers Sohn in Hochdorf habe er ins Arniloch in Unterwalden führen wollen. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Hans Binz

Source: Hans Binz

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Hans Binz hat angeblich vor fünfhundert Jahren gewohnt zu Iberg hinter Schwyz, auf dem Heimwesen, das man den „Hirsch" nennt. Er, wie seine zwei Töchter, besassen Riesenstärke. Er habe ganze Tannenbäume getragen so ring wie Haglatten. Bei den Marktstreitigkeiten zwischen Einsiedeln und Schwyz stand er an der Spitze der letztern Partei. Aber auch die Einsiedler hatten einen Mann, Namens Oechslin, der jenem an Kraft gleichstand und einst an der Ibergeregg selben erschlug. Wo er umgekommen ist, steht noch ein Pfahl - kein Kreuz.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Hans Cheeschwanz

Source: Hans Cheeschwanz

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D'Möötter hed is verzelld, äs siigi en Alp gsiin; aber Jaar für Jaar siige d'Älper drüüf dännä chun; neemmen häigi gwissd wee, und döö häigi da neemmem mee welle z'Alp gaan. Döö ischd äina chun; Hans Cheeschwanz hed er ghäissen und hed gsäid, är waagi's; är siigi nid e Firchthas; är welli z'Alp. Är ischd z'Alp gfaaren, und alls ischd gööd ggangen; aber wan er am Aben ischd in dr Näschterre glägen, ischd e schwarza Ma chun, hed nid ds Müül üüftaan und ischd näb in ge-l-ligen. Jischzapfechalta ischd er gsiin, und Hans Cheeschwanz ischd gäge d'Wand grickd und dr ander im naa, bis Hans nimmä hed chenne fleen ung ganz an dr Wand an ischd gsiin. Döö ischd entli dem Schwarze ds Müül üüfggangen und hed gsäid, är selli chun. Hans ischd mid im, und dr Schwarz hed e Straalhowwen und e Schüüfle gnun, und döö hed er bifolen, är selli in arra Hitteschrooten afan graben. Aber Hans hed si gwidreged und hed gsäid: „I han da niid z'graben." Döö hed dr Schwarz afan graben, bis er uf ener Blatten ischd gsiin. „Lifd dee embrüüf", hed er gsäid. Aber Hans hed vernäited ung gsäid: „I han dee nid abhitaan; i han da niid üüfazliften." Döö isch dr Schwarz ellenggen hinder sa har und hed bbiischted ung gchnorzed, bis er sa hed hobe ghäben. Under dr Blatten ischd es Chessi volls Gäld virhachun. „Lift das embrüüf“, machd dr Schwarz enumhi. Aber Hans hed Bschäid ggä-w-wee geng: I han da niid abhitaan; i han da niid üüfazliften.“ Döö hed dr Schwarz d’Heenen ergriffen und ds Chessi üüfataan. Derna hed er ds Gäld zertaan und afan drii Hiifem machen. „So, jetze siin da drii Hiifen; äina ischd fir di; nimm de-r-rächten, suscht zerschriissen di z'tüüsig Bitzen und Fätzen", hed dr Schwarz drewwd und derzöö d'Oige verdräid wee ne toibe Muni. Aber Hans hed täichd: Firchd der niid, sa gscheed der niid und chächa gsäid: „Ee, sa nimen i grad all drii!" Bloss hed er's zum Müül üüsglaan, ischd dr schwarz Man neena mee da gsiin. Hans Cheeschwanz hed dee drii Hiife bhärded und ischd vun da an e-r-riicha Ma gsiin. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Hans Korber

Source: Hans Korber

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Vor sehr langer Zeit, als der Jura noch ganz mit dichten Wäldern bewachsen war, lebte in Les Bayards in einem einsamen Bauern­haus inmitten schwarzer Tannen ein Korbflechter, dessen eigentlichen Namen niemand wußte, denn alle nannten ihn nur Hans Korber. Er konnte besser als alle anderen Wäschekörbe, Henkelkörbe für die Hausfrauen und grobe Körbe für das Holz flechten. Aber vor allem war er als Musikant geschätzt: wenn er seine Klarinette an die Lippen setzte, fuhr es den Leuten in die Beine, selbst denen, die gar nicht tan­ zen konnten. Und da die Bewohner des Nachbardorfes Les Verrieres ausgezeichnete\' Tänzer waren, scheuten sie nie den bösen und steilen Weg zu Hans Korber, um ihn zu bitten, doch am nächsten Fest oder Ball aufzuspielen. Eines Tages, ich glaube es war im Februar, klopften zwei Burschen an seine\' Tür: »Gesundheit, Hans Korber}- - »Einen guten\' Tag wünsche ich euch, Freunde«, antwortete der Klarinettist. »Ihr habt sicher kalt? Ich habe Pantoffeln an die Wärme gestellt, ihr braucht nur eure Schuhe auszuziehen.« - »Vielen Dank, aber wir ha­ ben nicht allzu viel Zeit. Wir möchten dich wegen einer Hochzeit fra­ gen, auf nächsten Sonntag in Les Verrieres.. - »Das läßt sich machen. Wann soll ich dort sein?« - »Sieben Uhr abends.« - »In Ordnung, ich komme! Mögt ihr einen Enzian?« - »Da sagen wir nicht nein! Heute beißt der Wind, bei der Bise! Wenn die anhält, haben wir zur Hochzeit Sonnenschein. « Am Sonntagabend ließ Hans Korber die Hochzeitsgesellschaft tanzen wie noch nie: immer drei Runden lang. Er begann mit einem munteren Walzer, fuhr fort mit einem besessenen Kontertanz und schloß mit ei­ ner »Mouflerine«, um die erschöpfteri Tänzer nochmals hopsen zu las­ sen - und so ging das die ganze Nacht hindurch. - So gegen zwei oder drei Uhr morgens verließen die letzten den Saal. Die Wirtin war begei­ stert und sagte: »Vielen herzlichen Dank, Hans Korber. So habe ich schon lange nicht mehr getanzt! Aber bleib doch hier über Nacht. Draußen herrscht eine teuflische Kälte. Hör nur, wie die Dachschin­ deln quietschen: man sagt, dann seien die Wölfe unterwegs.« - »Ich habe keine Angst«, antwortete Hans Korber und versorgte seine Kla­ rinette in einer seiner großen Manteltaschen. »Schaut nur, wie schön und fest der Schnee ist- ich laufe wie der Wind zu mir hinauf.« - »Aber nimm doch wenigstens diese Körbchen voller Waffeln mit, die von der Hochzeit noch übrig sind: für dich und deine Familie!« Hans Korber stopfte die Waffeln in seine Taschen, trank noch einen großen Schluck Enzianschnaps und ging in die Nacht hinaus. Er wanderte beschwingt und munter. Etwa eine Meile hatte er bergauf und durch den Wald zu gehen; er vermied Abkürzungen und hielt sich an den Weg. Der Schnee knirschte unter seinen Füßen; im Mondschein glitzerten die Eiskristalle wie Diamanten. Solange der Weg noch durch das Dorf führte, ging alles gut, aber als Hans den letzten Misthaufen von Les Verrieres hinter sich gelassen hatte, schien es ihm, als bewege sich etwas dort hinten; doch dachte er, es hätte ihm wohl vor den Au­ gen geflimmert. Als er in den Wald kam, spürte er die Gegenwart eines Wesens deutlich hinter sich. Er drehte sich um, und es schien ihm, als folge ihm ein schwarzer Schatten. Er ging weiter - der Schatten folgte ihm. Blieb er stehen, dann stand auch der Schatten still. Jetzt war Hans Korber sich im klaren, daß er es mit einem Wolf zu tun habe, einem Tier von gewaltiger Größe: sein heißer Atem strömte wie Dampf aus seinen Nüstern, seine Augen leuchteten wie glühende Kohlen, seine Zähne blitzten wie Messer. Der Korbmacher war ein tapferer Mann; trotzdem fühlte er, daß seine Haare sich sträubten. Was tun? Weit und breit war kein Haus. Er ging weiter, gefolgt von dem Wolf, der immer näher kam. Plötzlich hörte er ein trockenes Schnappen, direkt hinter sich, das wohl seinem Schenkel gegolten hatte. Hans Korber langte in seine Taschen, fand die Waffeln, die die Wirtin ihm noch zugesteckt hatte und warf eine davon in den Schnee. Der Wolf schnappte das Gebäck und verschlang es. Im Wei­ tergehen warf der Korbmacher immer wieder eine Waffel hinter sich, und das Untier verschlang sie alle. Mit der Zeit erschöpfte sich der Vor­ rat; die weiten Manteltaschen wurden leer, es fand sich keine Brosame mehr. Hans griff in seine Brusttasche: dort steckte seine Klarinette. Ohne zu denken, zog er sie hervor und richtete das Mundstück. Eben setzte der Wolf zum Sprung auf den Mann an - Hans Korber begann zu einem verrückten Kontertanz aufzuspielen: der Wolf hielt im Sprung inne, legte sich nieder mit gesträubtem Fell, die Ohren zurückgelegt, den Schwanz eingezogen. Hans Korber spielte weiter und beobachtete den Wolf aus dem Augenwinkel. Und jetzt sieht er, daß das\' Tier sich wieder erhebt, Kopf und Ohren stellt und mit dem Schwanz wedelt wie ein treuer Hund. Der Korber ging weiter und spielte alle Melodien her, die er konnte: Walzer, Schottisch, Polka, Montferrine. Der Wolf gab ihm Geleit bis zu den ersten Häusern von Les Bayards. Dort hielt er an und schaute dem Korber nach, wie er ins Dorf hineinging; dann   kehrte er um und trottete zurück in den Wald mit gesenkten Ohren. Hans Korber fuhr unterdessen fort zu musizieren, so schön und so laut, daß die Dorfbewohner geweckt wurden und überall aus den Fen­ stern schauten. »He! Hans Korber, was ist los? Was musizierst du um diese Zeit? Du hast wohl zuviel Absinth getrunken.« - »Ach, Freunde, wenn es nur der Absinth wäre, der mich spielen lä t! Ich bin ihm schön entwischt! Schuft von einem Wolf, trotz allem! Wenn ich das nur vor­ her gewußt hätte», rief er aus und schlug auf seine leeren Manteltaschen. Und während er nach Hause ging, spielte er weiter auf seiner   Klarinette. Mouflerine/Montferrine = alter Tanz   Märchen aus Neuenburg   L. Favre, Jean-des-Paniers in “Musée Neuchâtelois 1868,: Die Schweiz in ihren Märchen und Sennengeschichten., R Waldmann, 1983 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Hans Kuhschwanz oder der Glückstraum

Source: Hans Kuhschwanz oder der Glückstraum

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Hans Kuhschwanz oder der Glückstraum   Auf der Alp Trichelegg, zwischen Grindelwald um dem Oberhasli-Tal, lebte einst ein junger Mann, der jahrein, jahraus die Kühe hütete und deshalb Hans Kuhschwanz gerufen wurde. Er war arm und litt darunter, dass er nicht genug Geld besass, um sein erwähltes Mädchen heiraten zu können. Eines Nachts, als er in seinem Heubett lag und noch lange über seine Armut nachgedacht hatte und unter Sorgen eingeschlafen war, träumte er einen besonderen Traum. Im Traum sah er eine Brücke in Thun und einen Mann, der ihm etwas mitteilte, was ihm sein Leben lang zu Glück und Wohlstand verhelfen würde. Am nächsten Tag eilte er ins Dorf, um seiner Geliebten den sonderbaren Traum zu erzählen und siehe da: Auch sie hatte den Traum geträumt. Hans hatte nun keine Ruhe mehr auf der Alp. Er nahm Abschied von seinem Mädchen und wanderte los Richtung Thun. Kaum zwei Stunden später stand er auf eben jener Brücke, die er im Traum gesehen hatte und wartete. Aber sein Glücksmännlein erschien nicht. Es ging schon gegen zwölf Uhr mittags und er schaute zum Niesen hinauf, da sprach ihn auf einmal ein Mann an: «He, du da! Was stehst du da den ganzen Tag herum? Hast du nichts Besseres zu tun?» Da erzählte ihm Hans von dem Traum, den er gehabt, und dass er nun hier auf der Brücke auf sein Glück warte. «Du bist ein Narr», rief da der andere. «Ich habe letzte Nacht geträumt, oben auf einer Alp wohne ein Hirte namens Hans Kuhschwanz und bei diesem unter dem Herd sei ein Krug mit Gold und Silber versteckt. Denkst du etwa, ich lasse wegen diesem Traum meine Arbeit liegen und suche einen der ‹Kuhschwanz› heisst?» Nach diesen Worten zog der Fremde davon. Hans aber hatte genug gehört. So schnell er konnte, eilte er nach Hause. Er grub am Feuerherd ein Loch und richtig, er fand den Krug mit dem Gold und Silber. Nun liess er eine schöne Sennhütte bauen, kaufte sich die besten Weiden und heiratete schon bald sein Mädchen und niemand nannte ihn jemals wieder Hans Kuhschwanz.       Quelle: Otto Henne-Am Rhyn, «Die deutsche Volkssage», Leipzig 1879, leicht bearbeitet von Djamila Jaenike   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Hans Mattli

Source: Hans Mattli

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ein Göschenerälpler, war eines Nachts gezwungen, in einem fremden Gädemli zu nächtigen. Zufällig hatte er darin einige Läden zum Abtransport an die Säge zu Göschenen bereit gestellt, und auf diesen streckte er jetzt seine müden Glieder aus. Er hatte schon öfters über die Gespenster gehöhnt. Aber in selber Nacht kam es und plagte und ängstigte ihn. Jöttet, jöttet! wiä das tah häig! Und wennd'r nid uff synä-n-äignä Lädmä glägä wär, sä hätt-ers dassälb Mal doch miässä v'rspilä. Das häig-ä scho i d'r Relli gha! Diä ganz durgänd gschlagä Nacht bis am Morged zum Bättälyttä! Dassälb Mal hätt'r afigs besser gnu, das hed'r mängisch v'rzellt.« Peter Ant. Gamma, 50 Jahre alt, Göscheneralp Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Hans Narr

Source: Hans Narr

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Hans Narr war unerhört schlecht. Er stahl, wo er konnte und hatte noch andere teuflische Einfälle im Kopf. Als seine Mutter starb, nahm er sie und setzte sie mitten auf der Strasse auf einen Stuhl, stellte das Spinnrad daneben und legte ihr den Faden in die Hand, ganz so, als ob sie spinnen würde. Sie hatte sonst immer vor dem Haus auf der Strasse gesponnen, und die letzten Jahre hörte und sah sie schlecht. Er ging dann hinauf zum Fenster und schaute, ob jemand komme. Langsam fuhr einer mit einem Heuwagen daher, und als der sah, dass die Alte dort mitten auf der Strasse sass und spann, rief er, sie solle sich aus dem Weg machen. Die arme Alte aber hörte nichts und konnte nicht weg. Als er noch näher kam mit dem Heuwagen und sie nicht weggehen wollte, schlug er mit dem Stock zu, so dass sie vom Stuhl fiel. Als der Sohn das sah, rannte er lärmend vor das Haus zu jenem Mann und schrie, er habe seine Mutter getötet, und er zeigte ihn sogleich beim Gericht an. Der Bauer liess dann die Alte untersuchen, und man fand heraus, dass sie schon vorher gestorben war, und so merkten die Leute, dass Hans Narr ihnen einen Streich gespielt hatte. Jetzt hatten alle die Nase voll von Hans Narr und dachten, es sei das Beste, ihn in einen Sack zu stecken und ihn in den See vor dem Dorf zu werfen. An dem und dem Tag packten sie ihn, steckten ihn in einen Sack und legten den auf einen Wagen Alle Männer gingen mit, um den Sack mit Hans Narr in den See zu werfen. Aber unterwegs kamen sie zu einem Wirtshaus. Da wollten sie einkehren und noch ein Glas Wein trinken. Hans Narr liessen sie selbstverständlich draussen allein auf dem Wagen. Als die andern im Wirtshaus waren, ging ein Schweinehirt mit seiner Herde am Wirtshaus vorbei. Als er neben dem Wagen war, hörte er, dass einer rief: «Und ich will nicht und mag nicht und tu’s nicht.» Als der Schweinehirt merkte, dass jene Stimme aus dem Sack dort auf dem Wagen kam, sagte er: «Nun, wenn du nicht den Gemeindevorsteher spielen willst, ich will es schon tun.» - «Dann musst du aber in diesen Sack und ich hinaus», sagte Hans Narr. «Aber ja, damit bin ich schon einverstanden», meinte der Schweinehirt, öffnete den Sack, liess Hans Narr heraus und ging selbst hinein. Hans nahm die Schweine und ging talauswärts zum See und weiter. Die andern kamen dann aus dem Wirtshaus, nahmen den Wagen bis zum See, warfen den Sack hinein und machten sich dann auf den Heimweg. Nach ein paar Tagen kam Hans Narr mit den Schweinen taleinwärts gegen das Dorf. «Tschui» hier und «tschui» dort, so dass die Leute aus den Häusern kamen. Als sie Hans Narr mit einer schönen Schweineherde den Weg heraufkommen sahen, da waren sie ganz erstaunt und wussten nicht, was denken. Als sie ihn fragten, warum er wieder hier sei, so sagte er, er sei im See gewesen und ganz unten habe er schöne Wiesen und Äcker sowie die schönsten Herden, Kühe und Schweine, und mancherlei andere Tiere gesehen. Er habe gedacht, für’s erste eine Herde Schweine zu nehmen und dann wieder hochzukommen. Als die andern das hörten wurden sie neidisch auf Hans Narr. Alle missgönnten ihm die wunderschönen Schweine. Als Hans das merkte, sagte er, sie sollten zum See gehen und heraufholen, was sie wollten. Auf ihre Frage, wie sie es tun sollten, antwortete er: «Geht nur zum See, nehmt ein Brett, dann soll der Vorsteher als Erster darauf in den See hinausgehen und ins Wasser springen. Gleich wenn er im Wasser ist, soll er zum Zeichen, dass er etwas sieht, einen Schrei ablassen. Dann sollen ihm alle nachspringen.»  Die Männer des Dorfes taten, was Hans Narr gesagt hatte. Am See stieg zuerst der Vorsteher aufs Brett, und als er mit seinem Schmerbauch ins Wasser sprang, da gab es einen gewaltigen Klapf. Die andern dachten, das sei das Zeichen und sprangen alle hinterher. So blieb Hans Narr allein zurück mit allen Frauen des Dorfes. (Schams)   Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Hans Öfeli-Chächeli

Source: Hans Öfeli-Chächeli

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Ein Bergmännchen liebte ein schönes Mädchen im Tale und kam mehr zu ihr auf Besuch, als der Hübschen lieb war. Endlich sagte der Freier, der das merkte, zu ihr, wenn sie beim nächsten Besuche seinen Namen wisse, wolle er nicht mehr kommen; wisse sie ihn aber nicht, so müsse sie seine Frau werden. Die Schlaue band ihrem Verehrer unvermerkt einen langen Faden an ein Bein und folgte ihm heimlich, als er fortging. Als das Männchen in seiner Höhle anlangte, sang es: "Ei, Rädeli, spinn! Ei, Häspeli winn' (winde)! Ei, Gott sei's gedankt. Dass mi Schätzli nit weiß, Dass i Hans-Öfeli-Chacheli heiß." Jetzt eilte das Mädchen heim. Der Kleine kehrte nach etlichen Tagen wieder. Nun sollte das Mädchen seinen Namen nennen. Es riet hin und her, als ob es nichts wüsste, und sagte endlich, er heisse wohl Hans-Ofeli-Chächeli. Das Männchen erschrak, fluchte, stampfte und schrie: "Das hat dir der Teufel gesagt!" eilte fort und kam nie wieder ins Tal. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 99, S. 48f   Audioversion in Basler Mundart, erzählt von der Märchenerzählerin Ines Henner   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Hans Öfeli-Chächeli

Source: Hans Öfeli-Chächeli

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  In einem Dorfe lebten einmal zwei Bauern, die waren gute Freunde und hielten treue Nachbarschaft und halfen einander in allen Nöten. Der eine Bauer aber hatte eine Tochter, der andere einen Sohn, und die beiden waren schon als Kinder unzertrennlich, und je größer sie wurden, je lieber hatten sie sich; und als sie groß waren, wurden sie einander versprochen. Nun aber hauste in einem Erdloch oben am Berg ein Herdmannli, das stellte der schönen Tochter drunten im Tale nach und kam mehr in den Hof auf Besuch, als ihr und ihren Eltern lieb war, und allemal brachte er kostbare Geschenke mit für die Frauen im Hause. Das Mädchen wollte von dem Zwerg nichts wissen, er war ihr gar zu hässlich und des Nachbars Joggeli gar zu lieb; aber die Geschenke des Wichtes gefielen ihr über die Maßen. Und als er eines Tages wieder viele kostbare Sachen gebracht hatte, da stach ihr unter dem Kram ein blankes Ringlein in die Augen mit einem funkelnden Stein. Da konnte sie nicht länger widerstehen und steckte ihn an ihren Finger. Da sprach der Zwerg mit krächzender Stimme: "Jetz bisch mys Brütli fyn, I wird dys Mannli syn!" Erschrocken zog das Mädchen den Ring ab, legte ihn wieder zu den ändern Sachen und rief: »Nein, ich will deine Geschenke nicht, und dich schon gar nicht!« Das ergrimmte das Männchen und es warf im Zorn die Kostbarkeiten auf die Diele, stampfte und schüttelte sich und schrie: »So schnell sind wir nicht geschieden, du und ich; heute in drei Tagen komm ich wieder. Wenn du bis dahin meinen Namen weißt, dann bist du frei. Errätst du ihn aber nicht, dann folgst du mir als meine Frau; dawider hilft dir nichts mehr in der Welt!« Damit war der Zwerg verschwunden. Bei den Leuten aber war große Not im Hause. Das Mädchen zerbrach sich den Kopf, und vor lauter Nachsinnen wurde es schier hinterfür. Aber es wollte ihm nichts in den Sinn kommen. Die Frist war fast gar schon verstrichen, nur noch ein Tag, und sie musste die Frau des ungestalten Zwerges werden, denn die Zwerge haben die Füße nicht wie andre Leute, sondern nach rückwärts. An diesem Tag aber hütete ihr Liebster oben am Berg. Er saß am Rain bei seinen Geißen und sann darüber nach, was mit seiner Liebsten und dem Zwerge sich begeben, und wie er da saß und sann, da sah er aufsmal das Erdloch, das der Eingang war zur Höhle des Männchens, und eh er sich's versah, da trat der Zwerg selber hervor und hub an, gar närrisch sich zu gebärden, hüpfte und tanzte und sprang wie toll hoch in die Luft und sang dazu: „He he, ho ho, hu hu: hinecht choch ich es Chrütli; more hol i mys Brütli; Hoi, Rädli spinn! Hoi, Haspeli winn! Ei, Gott sygs dankt, mys Schätzli nit weiß, daß i Hans Öfeli-Chächeli heiß!“ Wer zuletzt lacht, lacht am besten! dachte der Bursche und merkte sich den Namen, und abends eilte er geradeswegs zu seiner Liebsten. Andern Tags kam das Männlein zur Mittagszeit in die Küche, um die Braut heimzuführen. Er trat vor das Mädchen und fragte spöttisch: »Nun, Herzeli, weißt du meinen Namen schon?« Das Mädchen aber tat, als wisse es den Namen nicht: »Heißest du etwa Gragörli?« fragte sie und verzog das Gesicht, als ob der Rauch vom Herd ihr die Nase beize. »Oder Strubeli-Chutzli oder Gixi-Gäxi oder Chussi-Mussi oder Muggi-Stutz?« »Lätz, Lätz!« rief der Zwerg bei jedem Namen und hüpfte vor Freude von einem Bein aufs andere. »Dann heißest du am End gar Hans Öfeli-Chächeli?« Das Männlein erschrak, stampfte vor Zorn, fluchte und schrie: »Das hat dir der Teufel gesagt, du wüste Hex!«, fuhr zum Rauchloch aus und ist nie wieder ins Tal gekommen.   Quelle: Götz E. Hübner und Sigrid Früh, Von Gletscherjungfrauen und Erdmännlein, Frankfurt 1988        Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Hans Riss, der Geisterbeschwörer

Source: Hans Riss, der Geisterbeschwörer

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Gebürtig aus Säckingen trieb er sich in jungen Jahren als fahrender Schüler herum, hielt sich später im Amte Rotenburg bei Luzern auf und stand an der Spitze einer ganzen weiblichen Gesellschaft, die sich, wie die Hexenmutter in Küssnach, mit Nekromantie beschäftigte. Es war um das Jahr 1577. Hans Riss beschwor die Geister also. Im Hause, wo das Gespenst war, vermass er zuerst alle Türen, ja sogar das ganze Haus mit einem Faden. Hernach ward in der Stube ein Kreis gezogen. An den Tisch hingesessen, sprach dann der Beschwörer fünfzehn Worte, alle von unsers Herren Leiden und entbot damit dem Gespenste im Kreise zu erscheinen. Auf dem Tische befand sich Weihwasser und Palme. Wenn der so gebannte Geist kein böser war, sondern ein erlösungsfähiger, so erschien er im Kreise drinnen in weisser Gestalt und gab ein Zeichen. War 's aber ein bös Gespenst, so kam es nur an den Kreis heran und toste mächtig ohne sichtbar zu werden. Für solche, verdammte, sei weder zu bitten noch zu beten. Diese Kunst habe er von der Frau in Küssnacht um 1561 erlernt. Als er damals sie besucht, habe sie ihn gefragt, in welcher Stund er geboren sei. Da er geantwortet: „In der Fronfasten,“ erwiderte sie: „Wird dir gewiss viel Gespenst nachhaben.“ Und als sie zu Nacht gegessen, sei ein böser Geist in grüner Tracht in der Stube herumgelaufen und dann wieder verschwunden. Am Morgen darauf habe die Frau den Leuten sagen können, was sie brauchen müssten. Zu Riss selber trat der Böse oft als Kriegsmann, nannte sich Satan und half zum Beschwören. Brachte ihm eine Frau ungefreute Kinder, liess er sich von ihr drei gleich lange und dicke Haare geben und zündete sie an. Sie gaben dabei einen blauen Schein, wenn die Kleinen von lebenden Leuten verderbt waren, einen schwarzen aber, wenn das Übel von bösen Geistern und durch Zauberei verursacht worden war. Satan habe ihn auch geheissen mit ungewaschenen Händen zu einem Bache zu gehen und Wasser in aller Teufel Namen über sich hinaus zu werfen, auch das ganze Firmament zu verfluchen, damit ein Hagel komme. Weiters sprach zu ihm der böse Geist. „Ich will in die Häuser gehen und ein Getümmel anheben, damit die Leute zu dir schicken und du mich dann beschwören kannst. Will dir gehorsam sein. Alsdann werden sie dir Miet und Gaben schenken." Wie der Teufel ihn habe heissen die Elemente verfluchen, sei mächtiger Frost und Grausen durch ihn gegangen. Einmal wad er nach Ruswil zu Jost zu der Linden beschickt, in dessen Haus ein Geist ulmging, Beschworen, gab er zur Antwort: es sei des Josten Stiefmutter und müsse hier wandeln, weil sie einander im Leben gehasst gewesen. Zur Erlösung war ein „Fahrt" - Wallfahrt - notwendig. Zu seinen Kuren verwendete Riss bisweilen auch Totengebeine. - Satan habe ihm auch gestanden, die geschehenen Dinge wisse er wohl, aber die zukünftigen nicht. Schliesslich gestand er, es nehme ihn selbst Wunder, dass er nicht schon lang gefangen und ihm der verdiente Lohn geworden sei, so wie, dass die Leute so töricht seien, dass sie seine und der Seinesgleichen Betrügereien nicht gemerkt hätten. So wurde er wegen solcher „Apostützerei" durch Feuer vom Leben zum Tod gebracht und die Asch unter das Hochgericht vergraben. „Damit soll der Leib auf Erden gebüsst haben. Gott gnad der Seele."   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Hans und Urschel

Source: Hans und Urschel

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Im Lande Rätien war ein Mann, der war arm, aber einen kräftigern und schönern fand man im ganzen Gebirge nicht. Und dieser Mann konnte auswählen unter den Töchtern der Berge. Aber er sah nicht auf Tugend, sondern auf Besitztum und Schönheit. Der Mann war mildherzig und »gebig«, wie der Samariter, – sein Weib, das war aber geizig und »häbig«, wie ein heuchelnder Pharisäer. Er konnte dem Weibe nie zu viel arbeiten und zu wenig essen. Die Weiber der Nachbarschaft nährten reichlicher und pflegten besser ihre Hündlein. Dies machte den Mann wehmütig und niedergeschlagen; er wünschte sich selber den Tod. Schönheit und Kraft entschwanden ihm, wie den Bäumen die welken Blätter, wenn der Winter mahnt. Einmal ging der Mann in den Wald, um Holz zu fällen für den Winter. Er hatte gearbeitet während vieler, vieler Stunden und nicht herumgeschaut, um besser Mißgeschick und Hunger zu vergessen. Endlich brachte das reiche Weib ihm zum »Marend« ein Stücklein verschimmeltes Brot und eine sorgfältig ausgehöhlte Käsrinde. – Das Weib legte diese in einen zerrissenen Lappen eingewickelte Mittagsmahlzeit auf die Erde, schaute um sich und schnurrete, auf ihren Mann sehend, »wie wenig Arbeit für Das, was Du mir allein für das Essen kostest!« – Er schwieg, der abgehungerte Mann, und eine Träne, so groß wie eine Haselnuß, rollte auf seine Hand herab. Sie aber kehrte ihm den Rücken zu und begab sich mit ihrem ausgemästeten Leibe nach Hause. Jetzt hob der Arme die Mittagsgabe seines Weibes von der Erde, setzte sich bei der nahen Quelle und erweichte das verschimmelte Brot und die steinharte Käsrinde, um sie besser kauen zu können. Und während er dies tat, flog ein Rabe mit seinem heisern »Rock, Rock, Koa« über ihm durch die Lüfte dahin. – »O Weib!« rief er aus, »möchtest Du nur für ein einzig Jahr in einen solchen Raben verwandelt werden, um durch Winterkälte und Hungerplage menschlich fühlen zu lernen!« Kaum waren diese Worte seinen Lippen entgangen, als ein altes Weiblein vor ihm stand, gebeugt auf einen Stab. »Dein Wunsch ist erfüllt,« sprach die Alte freundlich ihn an. »Siehe, dort schwebet ein Rabe durch die Luft, dieser schwarze Geselle war Dein Weib, das Dich quälte durch Hunger und Gezänke.« Und er blickte auf und hörte die Stimme seiner Urschel flehend: »Hans, ach Hans, vergib!« Die Alte aber blickte den Hans an und sagte weiter: »Sie muß, wie Du es gewünscht hast, nun ein volles Jahr Rabe bleiben und Winterkälte und Hungerplage erdulden. Fliegt sie aber vor dieser Zeit vor das Fenster Deiner Wohnung und bittet um Einlaß und Nahrung, und Du wärest schwach genug, es zu gewähren, so ist sie erlöset und Du selbst mußt dann ein Jahr Rabe bleiben.« Grimmig kalt trat nun der Winter auf, Fluß und Sumpf waren mit Eis bedeckt. Die Vögel irrten herum und froren, und fanden keine Speise. Da setzte sich aufs Fenstergesimse ein hungriger Rabe und flehte um Einlaß und Futter. Hans, mitleidig und »gebig«, öffnete dem armen Gaste, ohne ans Weiblein im Walde zu denken, das Fenster. – Aber, gleich flog er selber als Rabe in die kalte Schneeluft hinaus. – Umsonst war sein Nahen und Bitten, – Urschel war geizig und »häbig« und öffnete nicht. Doch nach Jahreslauf kam Hans in seiner vorigen Gestalt. Urschel bereute, was sie früher getan. – Sie lebten fortan glücklich, wie Mann und Frau immer es sollten.     Quellen: Jecklin, Dietrich: Volkstümliches aus Graubünden. 3 Teile, Zürich 1874 und Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014        Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Hans von Bramberg

Source: Hans von Bramberg

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Hans von Bramberg war ein harter, menschenfeindlicher Mann, kalt wie das Gestein seiner Burg, grausam wie der Tiger, gefühllos wie das Grab, finster wie die Nacht. Hass und Rachsucht erfüllten sein wildes Herz, das lieblos war, wie das der Hyäne. Jagd und Zechgelage waren seine Hauptbe­schäftigungen; die Genüsse des Familienlebens kannte er nicht. - Alle, die ihm untergeben, erzitterten, wenn sein tyrannisch gebietender Blick unter den buschigen schreiend-roten Augenbrauen auf sie fiel. Als er einstens einen ganzen Tag im Gebirge mit Jagen zugebracht und Nichts erlegen konnte, zudem ein Bär seinen Lieblingshund zerrissen hatte, kehrte er, von Hunger und Durst gequält, vom Rachegefühl über den erlit­tenen Verlust entflammt, wütend wie ein angeschossener Keuler durch die Bergwaldungen herab, und schwur in fürchterlichem Ingrimm, das erste Wesen, das ihm begegne, mit seinem Waidmesser zu durchbohren. - Und siehe da, er stiess bald auf einen bleichen, hageren Mann! Fetzen nur um­hüllten seine Glieder, seine blossen Füsse waren wund, und Jammer und Kümmernis sprachen aus all seinen Zügen. Nach vollbrachter harter Ta­geslast hatte er seine Ziegen von der Weide abgeholt, um das treue Weib und die armen Kinder mit ihrer Milch zu erquicken. - »Du musst sterbenl« schrie der Tiger in menschlicher Gestalt, und griff nach dem Stahl. » Warum denn, o gnädiger Herr?« fragte angsterfüllt der arme Mann. - Die Antwort war ein Dolchstoss in die Brust des Schuldlosen, des Vaters von vier unversorgten Kindern. Er sank, - das wenige Blut entströmte dem beklommenen Herzen, und ein Fluch, ein schreckenvoller Fluch - »Möge die Mordhand dir verdorren, du und All das Deine in Jammer untergehen, und mögest du nach dem Tode dann durch Berg und Tal, und Wald und Schlucht in qualvoller Angst herumgetrieben werden!« - waren seine letzten Worte. Schrecklich ging der Fluch in Erfüllung. Hans von Bramberg hatte keine Ruhe mehr; Alles, was er besass, ging ihm jämmerlich zu Grunde. Eines Tages, bei verzweiflungsvollem Ritte, stürzte sein bestes Pferd, er zerquetschte sich die Hand und brach den Arm, mit dem er die Mordwaffe in des armen Mannes Herz gestossen. Und als er elendiglich gestorben, ging die Sage, dass sein Jammerruf in grausenvollen Nächten viel lauter von den Bergen aus Wald und Kluft erhalle, als Sturmgeheul und Donnerrollen. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Hans vu Wiisseflöö

Source: Hans vu Wiisseflöö

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Uf em Milistalden im Nessetal ischd es arms Mandli gsiin; Hans vu Wiisseflöö hed 's ghäissen. Im Gaden hed's nummen es äinzigs Cheeli ghäben. Äs hed e späta Üüstage ggän. We's äis hed gääberred, hed's dr ander Tag enumhi uberreerrd. Döö ischd e Tag chun; an däm hed Hans vu Wiisseflöö nid en äinzigi Halen Heww mee in dr Dili ghäben. Am Morgen hed er en Arvel Chris u-r-Rag gnun, fir ge z'hirten. Aber wan er d'Gadetiren hed üüftaan, ischd er gsiin wee gfrässna; ds Läger ischd läärs gsiin und ds Cheeli furt, und neemmen hed im chenne sägen, wa's ischd hichun. Äs hed afan üüstagellen. A Sunnsiiten hed's gääberred. Ds Chrüüd ischd bi-l-lengem virhachun. An hilmen Orten ischd e scheenna Blöömme gsiin. Äin Nacht ischd Hans erwached. Äs ischd im gsiin, im reeffi epper. Är hed gmäind, im häigi troimd und hed si enumhi welle dräjen. Döö gheerrd er umhi reeffen, und är ischd under ds Pfäischter. Döö ischd vor em Hüüs es Zwäärgli gsiin; das hed zöö-n-im üüfa greefd: „Heere, Hans vu Wiisseflöö, Gang uf d'Biitiflöö, Räich dii Chöö Und ds Chalb derzöö." Geb's rächt taged hed, ischd Hans gägem Barg. Uf dr Biitiflöö hed er sis Cheeli funden, und dernäb ischd es Chalbli gsiin, und beedi Teerleni siin glatti gsiin wee Schären. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Hanses Glückstraum

Source: Hanses Glückstraum

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Dreimal hintereinander hatte Hans Kuhschwanz auf Trichelegg zu Grindelwald geträumt, er müsse nach Thun zur Sinnebrücke, dort werde er etwas vernehmen, das ihm zum zukünftigen Glück verhelfen könne. Wacker nahm er eines Tages den Weg unter die Füsse. Wie er nun auf der Sinnebrücke stand und bald dem Lauf des Wassers, bald dem Flug der Vögel zuschaute, kam ein kleines gebrechliches Männchen auf ihn zu, das ein Gespräch mit ihm anband und Hans ausfragte, was er eigentlich hier wolle. Hans verriet zuletzt sein Geheimnis. Da sagte das Männchen: "Ein Pfiffikus scheinst du mir nicht zu sein. Mir hat nämlich ebenfalls zu verschiedenen Malen geträumt, ich sollte nach Grindelwald, denn unter der Feuerplatte des Hans Kuhschwanz auf Trichelegg sei ein Kessel voll Geld vergraben." Hans hatte genug gehört. So schnell ihn die Beine tragen konnten, lief er nach Grindelwald zurück. Kaum daheim angekommen, riss er die Feuerplatte heraus. Richtig, da stand der Topf und bis zum Rande gefüllt mit goldenen Talern. Hans war ein reicher Mann. Nur etwas passte ihm nicht in den Kram. Er liess sich nicht mehr gerne Kuhschwanz titulieren. Eilends lief er zum Landvogt von Interlaken, der sich auf sein inständiges Bitten bewegen liess, ihm einen seines Geldes würdigen Namen zu geben. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Härdlimann oder das Geisterfüllen bei Klingnau

Source: Härdlimann oder das Geisterfüllen bei Klingnau

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Der Weg vom Dorfe Koblenz am aargauischen Rheine nach dem Städtchen Klingnau ist wild und geht an vielen unheimlichen Stellen hin. Die Brücke daselbst am Steingraben, obschon erst vor zwölf Jahren neu aufgeführt, passiert man nicht gerne zu später Stunde; rechts und links ist Wald, in der Tiefe ein grosser Graben mit wenig durchsuchtem Dickicht, und weiter hinab beginnt das schon dem Namen nach schauerliche, unwegsame Giritzmoos. Ein reicher Betrüger, der den Armen durch Gewalt und List ein Stück Land nach dem andern abgenommen, soll seit seinem Tode hier in verschiedenen Gestalten hausen. Man hört ihn auch verschiedenartig nennen; bald heisst er Härdli-Geist, und hat diejenigen Marksteine zurückzuschieben, mit denen er zu seinen Lebzeiten hier die Grenzen ungerecht erweiterte; bald wieder soll es der Heiri von Zürich sein, der den Bürgermeister von Zurzach im Walde erwürgte und deshalb hier hingerichtet worden ist. Von ihm erzählt No. 351. Auch eine ganze Schar gefallener Krieger, man weiss nicht deutlich, aus welchen Zeiten und Kriegslasten, soll von hier aus einen traurigen Nachtumzug beginnen. Gar Vielfaches giebt man an. Folgendes aber ist gewiss und hat sich erst in der Neuzeit begeben. Ein Maurer, Wengi von Klingnau, mit seinem Hausnamen Küng geheissen, war die Woche über in der badischen Stadt Waldshut auf Arbeit gewesen und gieng nun am Samstag zu den Seinen heim. Da er erst um Feierabend von Waldshut aufbrechen konnte, so wurde es fast Mitternacht, als er an jener Brücke vorbei kam. Er hatte sie schon im Rücken, da er ein leises Stöhnen zu hören meinte. Er blieb stehen, und da er es aufs Neue vernahm, kam ihm die Vermuthung, es möchte hier vielleicht ein Holzsammler, oder ein Wirthshausgänger in die Tiefe des verrufenen Graben gestürzt sein. Von Furcht wusste Wengi nichts, er hatte ein sehr mitleidiges Herz, und wie er sonst ein kühner und starker Mann war, so wagte er es hinunter zu steigen. Als er sich durch das Gebüsch hindurch gemacht hatte, rief er jener Stimme zu; aber niemand wollte ihm Antwort geben. Dies gefiel ihm doch nicht recht, und jetzt erst — er hatte doch das Jammern vorhin so deutlich mehrmals gehört — kamen ihm die Geschichten in den Sinn, die man sich über diesen Ort erzählt. Er stieg also wieder hinauf, um seiner Heimat zuzugehen. Nun aber hörte er hinter sich drein traben und schnauben, und alsbald stand ein Füllen in der Nähe, das anstatt scheu zu thun, ihm gerade nachzulaufen schien. Der Mann meinte einen guten Fang zu thun, zog also sein Sacktuch heraus, band es dem Füllen um den Hals und zog dies hinter sich drein. Nicht lange, so that ihm der Arm weh und war das Tuch zu kurz. Er kehrte sich um, es anders zu binden, aber unbegreiflicher Weise war in diesem Nu das Füllen hoch gewachsen, und er hatte die grösste Mühe, nur noch hinauf zu reichen, um schnell sein Sacktuch wieder abzubinden. Nun entlief er; aber eben so schnell sprang das immer grösser werdende Thier ihm nach und war schon bis zum Entsetzlichen aufgeschwollen, da er gerade jenes Kreuz bei Klingnau erreichte, an dem einige tausend Kaisersoldaten verscharrt liegen, welche bei dem im Jahre 1799 hier versuchten Aarübergang ertrunken und unter den französischen Kugeln gefallen sind. Hieher flüchtete sich der Mann, hier verschwand aber auch das Thier mit einemmal. Voll Angst und Schrecken betrat er endlich sein Haus und erzählte sein Begegniss. Was half's, dass ihm die Einen glaubten, und Andere es ihm bestritten; krank war er heimgekommen und schon nach zwei Tagen starb er. Man sagt auch, Wengi habe das eingefangene Füllen für dasjenige des Engelwirths von Klingnau gehalten und es bis in den Ort hinein geführt; sobald er aber seinen Fuss über die Stallschwelle gesetzt hatte, um es an den Barn zu binden, sah er, dass er ein Weib an seinem Halstuch führe; er liess das Tuch im Stiche und entsprang. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Härdmännli und Härdwybli

Source: Härdmännli und Härdwybli

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a) Au der Binzholden und im Juch wohnten früher Herdmännlein und Herdweiblein. Sie waren klein von Gestalt und seien oft in das nächste Haus im Dorf «z Liecht» gekommen. Von ihren Füssen habe man nichts gesehen, weil sie lange Kleider trugen. Um die Form der Füsse zu erkennen, habe man einmal Asche gestreut. Darauf seien die Spuren von Gänsefüssen sichtbar geworden! b) Einmal gingen die Herdleutlein in Buus in ein Haus, wo man gebacken hatte. Sie erhielten aber keine Wähe. Das vertäubte sie so, dass sie im Zorn das Haus verliessen und nie wieder erschienen. c) Die Herdmännlein und Herdweiblein waren den Leuten in Buus wohlgesinnt und dienstbar. Sie halfen den Bauern bei der Arbeit und brachten ihnen wohlschmeckende Kuchen aufs Feld. Zuweilen machten sie in den Häusern Besuche und nahmen auch solche gerne an. Einem Buuser Besucher gaben sie zum Abschied einen Korb voll Blätter mit nach Hause. Der Mann achtete das Geschenk nicht und warf auf dem Heimweg die meisten weg. Als er aber zu Hause nachsah, fand er statt der übriggebliebenen Blätter Geldstücke. Buus Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Härpfelsuppen am häiligen Aben isch nid rächt!

Source: Härpfelsuppen am häiligen Aben isch nid rächt!

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Härpfelsuppen am häiligen Aben isch nid rächt!„Rächt ischd Rächt", häi d'Nachtbööbe z'Gööttannen zen äim gmäind, wan er ne gsäid hed, das siigi nid rächt, „aber Härpfelsuppen am häiligen Aben siigi o nid rächt." Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Hartmanns Holz

Source: Hartmanns Holz

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Hartmanns Holz Vor vielen hundert Jahren gehörte das Dorf Wila an der Töss zur Kirchengenossenschaft Turbenthal. Damals hausten auf dem Schloss Breitenlandenberg zwei Brüder, von denen der ältere ein wilder, roher Geselle, der andere ein frommer, mildtätiger Herr war. Als der jüngere das rohe und unsittliche Treiben des älteren nicht mehr ertragen konnte, warnte er ihn mit ernsten Worten, verliess das Schloss und zog nach dem Schlösschen Wila, um dort in der Stille zu leben und den Untertanen Gutes zu tun. Oben auf dem Hügel, an dessen Fuss die stattliche Wohnung stand, legte er ein hübsches Gärtchen an und liess es mit einer Mauer umziehen. Der ältere Bruder, der noch ferner auf der Stammburg hauste, hatte die wohlgemeinte Warnung des jüngeren sehr übel aufgenommen, er zürnte auf den kecken und vorwitzigen Knaben, wie er ihn nannte, und suchte ihn auf jede Weise zu ärgern und zu verletzen. Als dieser immer gleich ruhig blieb und dadurch die Meinung der Standesgenossen für sich gewann, erfasste den älteren ein heftiger Hass, und er schwur mit grässlichen Worten blutige Rache. Ob er nun seinen Entschluss ausgeführt, hat man niemals erfahren. Die treuen Wilemer aber fanden eines Tages ihren guten Grundherrn von einem Pfeil und mehreren Stichen durchbohrt in der Mitte eines dichten, entlegenen Gehölzes. Sie schrieben die Tat dem älteren Herrn von Breitenlandenberg zu. Dieser unternahm denn auch niemals ernstliche Schritte, den Mörder zu ermitteln. Den Verstorbenen aber begruben sie trauernd in seinem Gärtchen auf dem Hügel. Den Ort, wo sie den Toten gefunden hatten, nannten sie fortan „Hartmanns Holz“. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Wörtlich nach Herzog I, S 223; Gchr Wila 1917 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Hase am Kreuzwegli bei Rementschwil

Source: Hase am Kreuzwegli bei Rementschwil

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Noch nicht vor langem kamen zwei Schwestern, die eine von Bellikon aus, die andere von Spreitenbach, zu ihrer dritten Schwester nach Baldingen auf Besuch. Beide hatten abgeredet, sich in Killwangen zu treffen und von da aus zusammen nach Baldingen zu gehen. Auf der letzten Wegstrecke sahen sie Elstern unter immerwährendem Gekreische vor sich herfliegen. Dieselben waren bis Baldingen mit gezogen und schwärmten ihnen auch dort noch nach, als man nachher ins Freie gieng und mit dem Schwager die Felder beschaute. Deswegen vermuthete dieser auch gleich nichts Gutes. Er schärfte den beiden, da sie ihn nach zwei Tagen wieder verliessen, besonders ein, auf ihrem Heimwege ja recht vorsichtig zu sein. In Killwangen trennten sich die zwei Schwestern wieder, die eine, um gegen Spreitenbach zu, und die andere, um auf ihrem gewohnten Wege nach Bellikon heimzugehen. Jene kam glücklich nach Hause, an dieser aber erfüllte sich jetzt das Missgeschick, das durch die Galgenvögel ihnen angesungen war. Als sie nämlich in den Remetschwiler Weidgang kam, sah sie zwischen dem Holz und den Gemeindematten ein schönes kleines Häschen vor ihr herspringen. „Hätt' ich doch ein Flintchen!“ sagte sie bei sich selbst, und ergötzte sich herzlich darüber, dass das Thier so artig ihr im Wege voraushüpfte. Als sie aber an das Kreuzwegli kam, rannte der Hase mit einem Male in der Richtung nach Remetschwil zurück. Die Frau wendete hier gleichfalls um, ohne zu bedenken, was und warum sie's that, und lief nun anstatt den Bellikoner Weg, denjenigen nach Killwangen zurück, immer des sichern Glaubens, in der nächsten Viertelstunde an ihr Wohnhaus kommen zu müssen. Nun stieg sie aber mehrere Stunden durch Busch und Strauch, gerieth an abschüssige steile Orte und war gänzlich abgemüdet und verirrt, als sie endlich in Killwangen an ein Haus gelangte, wo zufällig noch einige Bursche zu Licht waren. Sie war so ganz der Meinung, sie stehe hier am eignen Wohnhause, dass sie den ersten, der ihr die Thüre öffnete, mit Staunen über sein Hierherkommen befragte und ob denn ihr Mann Hans nicht daheim sei. Nur schwer konnte man sie von ihrem Irrthum überzeugen und sie bereden, sich nun von den Burschen heimführen zu lassen. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Hättest dich recht aufgeführt!

Source: Hättest dich recht aufgeführt!

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Bei einem grossen Stein in der Alp Garschen hörte es der starke Antoni Bennet von Zumdorf niesen. Er dachte sofort, das sei eine arme Seele, rief aber ganz grob: »Dü Huärä Walser, hettisch-di recht g'holtä wie-n-ich, sä miesstisch nit do lydä!« Die Alp soll nämlich vor Zeiten Wallisern gehört haben. (Was richtig ist.) Der starke Bennet aber erkrankte hierauf schwer. Gabriel Simmen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Häuser- Inschriften in Prätigau

Source: Häuser- Inschriften in Prätigau

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 » Veracht' nicht mich und die Meinen, Betracht' erst Dich und die Deinen! Find'st Du dann ohne Mängel Dich, Alsdann komm, und verachte mich.«   »Gott, bewahre dieses Haus, Und die da gehen ein und aus.«   »Wer will bauen an die Strassen, Muss die Narren tadeln lassen; G'scheide machen nicht viel d'raus, Es giebt Narren g'nug, die Alles richten aus.«   »Wir bauen Häuser, gross und fest, Darin sind wir nur fremde Gäst! Und wo wir sollen ewig sein, Da bauen wir gar wenig ein.«   »Dies' Haus ist mein, und doch nicht mein, Und meinem Sohn kanns auch nicht sein. Und wird's dem Dritten übergeben, So wird's Dem ebenso ergehen. Den Vierten trägt man auch hinaus; Nun! sag't mir doch, wess' ist dies' Haus.«   »Was stehst Du da und tust mich schelten? Geh' weiter, Narr! Und lass' mich gelten.«   »Was ich in Sorg' und Müh' gebaut, Kann ich nicht lang' besitzen. Das Haus, das Gott mir anvertraut, Wird einst ein And'rer nützen. Ein Dritter kommt und nimmt es ein; Und dann werd' ich vergessen sein.«   »Ich Affe steh' und gaff; Dieweil ich gaff und steh', Könnt' ich Aff weiter geh'.«   »Ich hab' gebaut nach meinem Sinn; Drum Neider, geh' nur immer hin; Und wem die Bauart nicht gefällt, Der mach' es besser für sein Geld.«   (Schulhaus). »Für die Opfer, für die Müh', Für der Eltern Arbeitsschweiss Mög' die Jugend hier erblüh'n, Wie ein zartes Loorbeer- Reis.«   Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Häuser-Inschriften in Mayenfeld

Source: Häuser-Inschriften in Mayenfeld

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»Die Leute sagen immer: Die Zeiten werden schlimmer.« Ich aber sage: nein; Es trifft viel besser ein: »Die Zeiten bleiben immer (gleich) Die Leute werden schlimmer.«   (Kirchhoftüre) »Was wir sind, das waret Ihr, Was Ihr seid, das werden wir.«   Mühle. A mia duonna e al mulin Mauncha saimper qualchosin.   Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Hausgeist bei einem Brand

Source: Hausgeist bei einem Brand

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Als vor mehr als einem Jahrzehnt in einem Feld zu Bürglen das Haus abbrannte, sah man in einem Seitenkämmerchen einen unbekannten Mann, der scheinbar plünderte und allerlei Gegenstände zum Fenster hinauswarf, obwohl man nichts sah zu Boden kommen. Auf einmal kam er zum Hause heraus, indem er laut sagte: »Jetz isch gnüeg!« und verschwand. Da brach auch sogleich der Dachstuhl zusammen. Ambros Gisler Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Hausgeist hilft Späne machen

Source: Hausgeist hilft Späne machen

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Auf der Ruossdiele im obern Schlänggen zu Unterschächen hauste ein »Umghyr«; so hem-mer alligs gseit, nit »Gspängst«. Frau Gisler-Arnold Während der eine von zwei Brüdern daselbst das Vieh einstallte, ging der andere in das Häuschen, um etwas Warmes zu bereiten. Als der erstere auch das Häuschen betrat, fand er die untere Tafel in der gestemmten Stubentüre herausgeschlagen, so das er verwundert den Bruder fragte, was da gegangen sei. Der sagte, als er Späne gemacht habe, sei es aus der Kammer (ab der Ruossdiele) herabgekommen und habe in der Küche auch Späne gemacht, wie er ganz deutlich gehört habe, und da habe er den Dangelhammer gegen die Türe geworfen und gemeint, er mache jetzt da Späne und nicht das da draussen (oder: da wil i ez doch lüegä, weles dass gleitiger fertig isch, ich oder dü!). Hh. Kaplan Truttmann (schriftlich) Frau Gisler-Arnold, und a. (mündlich) Später schlissen sie das Haus ab und bauten ein neues. Da riet ihnen ein Geistlicher, den alten Sellabaum zu vergraben. Sie folgten und vergruben ihn im Trogboden. Seitdem spürten sie das Ungeheuer nicht mehr. Der Geist uf der Sellä müess halt dem Selläbäum nah. Frau Gisler-Arnold Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Hausgeist im Brandbalken

Source: Hausgeist im Brandbalken

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In Tägerig, unweit Mellingen, brannte ein Strohhaus ab. Das Brennholz des nieder gerissenen Gebäudes kaufte ein Mann aus der Umgegend an, um es nach seiner Wohnung heimzufahren. Nun gilt der Glaube, dass man niemals alles Holz zusammen von einer Brandstätte wegnehmen dürfe, weil man sonst leicht auch den Hausgeist mit sich brächte, welcher stets in dem Reste zurückbleibt, den man ihm auf der Baustelle liegen lässt. Dieses wusste zwar der Käufer, aber, von Geiz getrieben liess er's diesmal ausser acht. Beim Wegfahren von der Brandstätte mass er noch einmal seine volle Ladung und fragte befriedigt den Knecht: Jetzt haben wir wohl Alles? Eine Stimme von der Landwied her erwiederte schnell darauf: Jo, fahret numme zue, i sitze scho ûf der Landwidd hinde. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 75 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Haushüter

Source: Haushüter

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An einem Ort – wahrscheinlich in einem Berghaus – hiessen die abziehenden Bewohner die armen Seelen gaumen. Aber insgeheim hegten sie Zweifel an der Wirksamkeit ihres Mittels. Und in der Tat erhielt das Haus bald Besuch von Schelmen. Die plünderten Möbel und Lebensmittel hinaus. Doch wie wunderbar! weiter als vor die Haustüre brachten sie selbe nicht; hier mussten sie das Gestohlene wieder liegen lassen. Als dann später die Besitzer einmal Nachschau hielten, waren sie höchst erstaunt, den Plunder vor ihrem Hause anzutreffen. Aber sehen konnten sie da doch, dass ihnen die armen Seelen zuhilfe gekommen und die Diebe verjagt hatten; das war nun offenbar. Frau Gisler-Arnold, 82 Jahre alt, Schattdorf Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Hauswurz

Source: Hauswurz

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Viele hielten auf ihren Hausdächern oder Gartenzäunen einen Hauswurz-Stock. Wenn er auswuchs oder gar blühte, hielt man dies für ein Zeichen, dass bald jemand aus dem Hause sterben werde. Als das vor einigen Jahren in Hergiswil der Fall war, entsetzten sich manche; aber es starb niemand.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Häxebäse und Häxebeeri

Source: Häxebäse und Häxebeeri

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Häxebäse und Häxebeeri We me ne Häxebäse i dr Burdi het, so chlinet si, s’gliche isch mit eme Häxebeeri. We me es settigs im Chrättli het, so mehret’s nüt. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Häxezüpfli

Source: Häxezüpfli

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Woni jung gsi bi, het der olt Bürgi öppe gsait, bi ihne syge de Ross d Schwänz gflochte gsi. Si hai uufpasst, aber niemer verwütscht. S isch e Frau gsi; wo die gstorben isch, hets uufghört. Bubendorf Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Hebammen-Lohn von einer Zigeunerin

Source: Hebammen-Lohn von einer Zigeunerin

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Die Familien-Statistik von Zermatt erzählt: Einmal sei zu einer Zigeunerin, die in Kindsnöten lag, eine Zermatter-Hebamme berufen worden. Nach vollendetem Geschäfte gab man ihr als Bezahlung Kohlen in ihr Vorschoss, die sie auf dem Heimwege meistens wegwarf. Ein Zigeuner, der ihr nachfolgte, sammelte die weggeworfenen Kohlen fleissig auf, öfters die Worte wiederholend: «Meh zat — minder hat.» Zu Hause angekommen, sah die Hebamme zu ihrem grossen Erstaunen und Leidwesen, dass die noch übrigen Kohlen Gold geworden waren.   Die gleiche Geschichte wird auch im Saastale erzählt, wo die Godwerdjimutter auf Fee an der Honneggen soll gewohnt haben. Hirtenknaben wollen einmal in einem Felsenspalte die "goldene Wiege" dieser steinreichen Kindbetterin gesehen haben, waren aber zu dumm selbe gleich zur Hand zu nehmen. Als man sie nachher wieder suchen wollte, war sie nicht mehr zu finden. Auch in der französischen Gemeinde Savièse geht ganz die gleiche Sage von einer Fee — Zauberin, die dieses Spiel mit einer Hebamme trieb.   Im Torrent de Martemoz, Eringertal, so erzählen da die Leute, wohnt eine Fee, die in einer Pyramide unermessliche Schätze aufbewahrt. Einem Weibe versprach sie einst, dass einer aus der Familie Quarroz in Evolena den Schlüssel zu diesen Kostbarkeiten unter einer dürren Wachtholderstaude finden werde. — Die Familie starb aber aus, ohne den Schlüssel und den Schatz bekommen zu haben.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Heiden lehren schreiben und lesen

Source: Heiden lehren schreiben und lesen

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Gegenüber Amsteg, im Butzen, wohnte ein Meitli. Eines Tages kamen Heiden in das Haus und bettelten dieses und jenes, und es gab ihnen, was sie begehrten. Zuletzt verlangten sie noch etwas, das es nicht hergeben wollte, und es sagte, das sei nicht im Hause. Die Eindringlinge suchten nun selber das Gewünschte und brachten es in kurzer Zeit herbei. Sie weissagten ihm noch »ä frynä Ma« und fragten, ob es gut lesen und schreiben könne. Es sagte nein. Dann schrieben sie ihm etwas vor und sagten, es soll mit einer Gufen in eine Ader der Hand stechen, die Feder darein tauchen und damit die Vorlage abschreiben. Es tat so, und seitdem konnte das Meitli schreiben trotz einem und Geschriebenes und Gedrucktes lesen wie fressen. Das hat es meinem 70jährigen Gewährsmann, der in jungen Jahren zu ihm z'Stubeten gegangen, selber erzählt. Auf ähnliche Weise hat einmal ein Heide einige Mitglieder des Gemeinderates von Silenen, als sie in einem Wirtshause in Dägerlohn versammelt waren, schreiben und lesen gelehrt. Aber die Sache kam aus, und der Fremde wurde aus dem Lande gewiesen. Ambros Zurfluh, zu Männigen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Heidenhaus in Zuzgen

Source: Heidenhaus in Zuzgen

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Heidenhäuslein heisst man eine Zelge im Gelände des Fricktaler Dorfes Zuzgen. Die Erdmännchen, die hier wohnten, pflegten den Bauern, die über Nacht den Pflug auf dem Felde stehen liessen, einen Kuchen sammt einem Messer drauf zu legen. Den Kuchen konnte man essen, das Messer musste man liegen lassen. Nach einem solchen Frühstücke ging das Tagewerk doppelt gut von statten und der Segen ruhte sichtbarlich auf dem Acker. Als der Bauer Kaister sich den unglücklichen Spass machte und das Messer nicht mehr zurück gab, blieben die Erdmännchen aus, und die schöne Zeit der Kuchen war dahin. Man hat seit einem Jahrzehnt auf dieser Zelge zu verschiedenen Malen Heidengräber aufgepflügt. Die vorgefundenen Gerippe waren gross, von gutem Zahnbau, mit kriegerischen Ehren bestattet, denn ein jedes hatte dreierlei Schwerter zur Seite liegen und am Ellenbogen des Einen fand sich ein sogenannter Nabel, eine eiserne schalenförmige Einfassung, die zur Schildbuckel diente. Zweierlei Lanzenspitzen aus Bronze und aus Eisen, Schnallen von verfaultem Riemwerk, und ein an beiden Enden zugespitzter Nagel von sechs Zoll Länge, in der Mitte mit einer Messingzwinge versehen, lagen dabei. (Lehrer Aug. Frisch in Zuzgen.)  Sage aus Zuzgen Band 3.2, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962, S. 127 - 128 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Heidenkehle oder Heidkehle

Source: Heidenkehle oder Heidkehle

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heisst eine Runse, die sich am Eingang in das Isental beim Fruttchäppäli in den See hinunter zieht. Wie sie zu diesem Namen gekommen, erzählt die Sage. 1. Vor Zeiten zog hier wanderndes Heidenvolk (Zigeuner) vorbei. Ein altes Mütterchen, das ebenfalls zu dieser Gesellschaft gehörte, humpelte müde und abgemattet hintendrein. Es war den Heiden schon lange überlästig geworden. Jetzt packten sie es, und, obwohl es flehte und bitterlich anhielt, es leben zu lassen, da es ja noch laufen möge, stürzten sie es ohne Erbarmen in die Kehle hinunter. Fr. Wipfli-Herger, 80 J. alt, Seedorf 2. Nach anderer Darstellung war es nicht ein Mütterchen, sondern ein Heidenkind, dem dieses Schicksal hier widerfuhr. Michael Imhof, 80 J. alt, Isental 3. Da kam einst eine Bande fahrendes Heidenvolk von Seedorf her durch den steilen Abhang, Schild genannt, herauf. Ein altes, blindes Männlein keuchte mühsam hintendrein, geführt von einem Heidenweib, und fragte gar fleissig: »Ruckts, ruckts?« Das Weiblein antwortete: »Es ruckt, es ruckt; es besseret alsbald!« Als sie die Höhe bei der St. Niklausenkapelle auf der Frutt erreichten, gab das Weibervolk dem blinden Manne einen Stoss und stürzte ihn über die Fluh in die Kehle hinunter. Frau Gisler-Zwyssig, 68 J. alt, Isental Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Heidenweib auf dem Lägernberge

Source: Heidenweib auf dem Lägernberge

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Das Ehepaar auf der Mühle zu Lengnau hatte einen einzigen Sohn; man hört ihn bald Seppi, bald Erni nennen, denn es ist schon lange her, dass er gelebt hat; aber er galt für den bravsten im Lande, und dazu war er so stark, dass er keinen andern zu fürchten hatte. Er war einst ums Frühjahr auf dem Tanze im Lengnauer-Wirthshause; es war bereits weit in der Nacht, die Spielleute ruhten schon aus und tranken ihr Glas Wein, da kam noch eine neue unbekannte Tänzerin auf den Platz und setzte sich ganz stille auf die leere Bank an der Wand. Niemand erkannte sie unter ihrem langen Schleier; dass sie aber nicht aus der Gegend sein konnte, das zeigte ihr kostbares Seidenkleid. Des Müllers Sepp wagte endlich sie anzureden und zum Tanze aufzufordern. Nachdem sie einen Reihen mit ihm gemacht hatte - und dabei war's Sepp, als berühre sie nie den Boden - verlangte sie heimgeführt zu werden. Sepp begleitete sie bis ans sog. Steinböckli, dies ist ein kleines Heideland an einem felsigen Berglein. Hier verabschiedete sie ihn, bat aber, des andern Mittags sich wieder hier einzufinden, dann werde sie ihm zeigen, wo sie zu Hause sei. Zur bestimmten Zeit war Sepp daselbst und traf sie am Maiblümchensuchen. Sie schenkte ihm einen Strauss. Hier erzählte sie ihm, wie sie schon seit manchem Jahrhundert durch den Fluch ihrer Mutter in diesen Berg verwünscht sei, weil sie von einem Liebhaber nicht hatte lassen wollen, der ihren Eltern zu arm war. Alle hundert Jahre dürfe sie drei Tage aus dem Berge. Wenn alsdann ein braver Jüngling die Schlüsselblume aufnehme, die sie gebrochen und ihr damit in den Berg folge, so sei sie erlöst. Heute sei abermals der letzte Tag. Sepp entschloss sich und folgte ihr mit der Blume in der Hand. Sie kamen bergaufwärts an ein grosses Felsenthor. Drinnen glänzte es von wunderbarer Pracht. Alsbald aber erhoben sich zwei Drachen und spieen Feuer. Da erschrak Seppi so sehr, dass er ohne Besinnung entlief und nicht eher anhielt, als bis er daheim war. Hier wurde es ihm so weh ums Herz, dass er sich gleich zu Bette legte, und schon nach drei Tagen war er gestorben. Als ein andermal ein Büblein in dieser Gegend ein Schlüsselblümchen auflas und heim brachte, war es in helles Gold verwandelt. Als man den Verwandten darüber erzählte, griffen zwei von ihnen gleich nach Sack und Korb und liefen gegen die Lägeren. Allein sie fanden nichts, denn die Jungfrau ist nur den Bescheidenen hold. Dies erfuhr vor wenigen Jahren noch ein armer Mann von Ober-Ehrendingen, der alte Ziegelbrenner Bartli. Dorten am kahlen Berglein auf der Heide hatte er sich ein Häuschen gebaut und wurde darüber nicht wenig verlacht; aber das HeidewîbIi gab ihm Gedeihen. Die Weinreben, die er anpflanzte, wuchsen schön und ergaben ihm schon im vierten Jahre sieben Saum vom besten, der noch jetzt unter dem Namen „Heidewîbli-Wi“ bekannt ist. Auch eine Quelle ist ihm auf der Klippe entsprungen, sie heisst „Heidewîbli-Brünnli“. Nun weiss man von allen diesen Glücksgütern nichts mehr, als das Teufelsloch, das droben auf der Spitze des Lägeren gegen Ober-Ehrendingen hin liegt. Es soll von unergründlicher Tiefe sein; man meint, hier innen liege auch das Schloss versunken. Rings um die Kluft ist der Platz herkömmlich reingekehrt. Wirft man etwas hinunter, so wird es bis zum andern Tage wieder ausgestossen; und so fest glaubt man daran, dass man sogar schon Geldstücke hinabgeworfen hat. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 257 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Heidenzwerge zu Klein-Döttingen

Source: Heidenzwerge zu Klein-Döttingen

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Im Dorfe Klein-Döttingen, am linken Aarufer, steht ein altes, schon oft ausgebessertes Haus, nun von der Familie Kalt bewohnt, welches den Namen Heidenhaus hat. Sein Name soll von jenen Zwergen herkommen, welche man schlechtweg Heidenzwerge hiess, und die ehemals hier tagtäglich ihre Besuche abstatteten. Die grössten unter ihnen waren bis zwei einen halben Fuss hoch. Sie trugen schwarzgraue Ueberhemden, die ihnen von der Schulter bis auf den Boden reichten, um den Leib einen schwarzen Gurt, statt der Schuhe hölzerne Brettchen, und giengen stets barhaupt. Ihr Besuch galt einem menschenfreundlichen und vergnügten Hausvater, der mit all den Seinigen in fortgesetzter Eintracht lebte. Frühmorgens stellten sie sich bei ihm ein, giengen mit ihm aufs Feld und machten die Arbeit mit; beim Essen allein blieben sie weg, und nahmen nichts, was man ihnen auch vorsetzen mochte. Am Morgen waren sie immer besonders munter und aufgelegt, Abends aber wurden sie zusehends stiller, und wenn dann im Nachbardorfe Leuggern die Betglocke ertönte, so liefen sie eiligst und mit Wehklagen davon. Alle rannten dann einer bestimmten Stelle am Aarufer zu und stürzten sich ins Wasser; ebendorten stiegen sie aber am folgenden Morgen wieder hervor, und begaben sich zu ihrem lieben Bauern. Kam nun der Winter und gab es keine Feldarbeit mehr, so unterhielten sie die Familie mit allerlei Kunststücken. So brannten sie in der Scheune, wo sie ohnedies am liebsten waren, je nachdem man es haben wollte, vier- oder sechseckige, sogar zirkelrunde Löcher mitten durch ein Bund Stroh, ohne dass ein anderer Halm daneben Feuer fieng. Denn sie verstanden es, das Feuer zu bannen. Dieser Künste wegen hiess man sie auch Heidenzwerge; ob sie aber wirklich Heiden gewesen sind, weiss man bis heutigen Tag nicht. So lange sie nun den Bauern besuchten, nahm sein Wohlstand zu, und der ungenügsame Nachbar beneidete ihn oft darum und wünschte die Zwerge gleichfalls an sich zu ziehen. Allein das half nichts, sie blieben dem Alten getreu, und dieser lebte zufrieden und glücklich mit der ganzen Haushaltung bis zu seinem Tod. Als er aber gestorben war und seine beiden Söhne das Gut erbten, gelang es dem neidischen Nachbar bald, diese in Zwist zu bringen. Um so leider that's den gutmüthigen Zwergen, Zank und Streit in der sonst so friedlichen Familie hören zu müssen, sie erschienen bald nicht mehr täglich, dann nahm ihre Zahl ab, endlich kam nur noch einer. Aber auch dieser gieng zuletzt von dm beiden Brüdern unter folgenden Worten hinweg: 'Unsere Zeit ist nun vorbei, wir werden euch daher nie wieder, vielleicht ewig nicht mehr sehen, aber eurer Wohlthaten wollen wir ewig gedenken, lebet nur einträchtig und in Frieden.' Nach diesem Abschiede eilte der Zwerg wie sonst der Aare zu. Als ihm dabei der neidische Nachbar nachschlich, um die Uferstelle zu sehen, wo das Männlein verschwinde, stürzte er darüber selbst in den Fluss und versank; nichts mehr sah man von ihm als sein Blut, das einen Augenblick das Wasser färbte. So waren nun schon viele Jahre vergangen, und man hatte des Heidenvölkleins beinahe ganz vergessen; da brach zwischen den Fürsten ein grosser Krieg aus, und ihre Heere drangen auch in die Schweiz ein. Sie schlugen sich an Limmat und Aare und rückten auch in diese Gegend. Damals versuchten es die Kaiserlichen von Döttingen aus auf das linke Ufer der Aare überzusetzen, die Franzosen aber verwehrten ihnen den Uebergang und liessen sie durch Scharfschützen, welche hinter den Häusern und Bäumen von Klein-Döttingen sicher aufgestellt waren, so erfolgreich beschiessen, dass jene mit dem Schlagen der Schiffbrücke nicht zu Stande kamen. Darüber nahmen die Kaiserlichen ihr Geschütz vor und schossen mit glühenden Kugeln das ganze Dorf in Brand. Da stand nun das Heidenhäuslein, welches die Zwerge ehemals besucht hatten, entblöst am Ufer der Aare. Ringsum loderten die Firsten, in Zeit von zwei Stunden war das ganze Dörflein in Asche gesunken; das Heidenhaus allein war noch unversehrt. Die Scharfschützen hielten deswegen hier bis zuletzt aus. Wie die Kaiserlichen das sahen, richteten sie alles ihr Geschütz gegen dieses eine Haus, aber vergebens; sie durchlöcherten es bloss, seine Holzwände brachen nicht zusammen und das Strohdach entzündete sich nicht; ganz allein von allem blieb es übrig. Da wollen nun einige Leute des Dorfes gesehen haben, wie während dieser fürchterlichen Kanonade ein Zwerg aus dem Wasser gestiegen und jenem Hause zugegangen sei. Dankbar gedachten bei dieser Nachricht die beiden Brüder des guten Heidenvölkleins wieder, und ihm schrieben sie jetzt die Rettung ihres Heimwesens zu. Sie bereuten ihren Zank, söhnten sich aus, und da das ganze Dorf neue Häuser zu bauen hatte, machten auch sie zusammen sich daran, ihr altes väterliches zu renovieren. Als man nun das Dach frisch umdeckte, fand man unter einem Hohlziegel der First ein wohlerhaltenes Nuster (Paternoster) neben steckengebliebenen Flintenkugeln. Diejenigen Erzähler aber, welche nicht an Zwerge glauben, berichten über die Erhaltung des Hauses Folgendes. Hier war Tags zuvor ein alter Offizier der französischen Armee in Quartier gewesen und freundlich behandelt worden. Als er einige Stunden vor Beginn des Kampfes das Haus verliess, sagte er den Leuten für ihre Gastfreundschaft ausdrücklich Schonung und Erhaltung ihres Eigenthums zu. Auch wenn er selber fallen sollte, bemerkte er ihnen, so habe er für sie gesorgt, und zwar schon vorige Nacht beim Schlafengehen. Die Schlacht war vorüber und der Franzose zeigte sich nicht wieder. Man wurde begierig, ob man nicht an seiner Schlafstelle etwa eine Spur fände, aus der man sich sein so wunderbar erfülltes Versprechen erklären könnte. Man bemerkte am dortigen Bettpfosten nichts anderes als ein frisches Bohrloch, um das ein paar Anfangsbuchstaben eingeschnitten waren. Dieser Franzose muss also zu den Veteranen der Armee gehört haben, die sich alle auf die Heiden- oder Zigeunerkunst verstanden haben. Mit glühenden Stangen brannten sie runde Löcher durch die Strohgarben und sengten alle Spinnenweben in allen Winkeln des Hauses zumal weg, ohne dass sonst etwas im Hause darüber angieng oder nur russig wurde. Von solchen Wunderthaten erzählt man noch allenthalben. Das Kriegsereigniss, das im Vorstehenden gemeint ist, betrifft den Aarübergang, welchen Erzherzog Karl von Oesterreich in der Nacht des 16. August 1799 bei Döttingen mit 50,000 Mann erzwingen wollte. Die französische Armee bestritt ihn und 50 Zürcher-Scharfschützen besonders verhinderten dabei das Schlagen einer Schiffbrücke. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 313 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Heilbrunnen auf der Steiner-Au

Source: Heilbrunnen auf der Steiner-Au

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In der jetzigen Klosterkirche auf der Au bei Steinen sieht man zur Evangelienseite einen tiefen Sodbrunnen, der im 14. Jahrhundert entsprungen ist bei Eröffnung des Grabes einer heiligmässigen Ordensschwester. Sein Wasser brachte Leuten, die mit Fieber und Kopfweh behaftet waren, wunderbare Genesung.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Heiligkeit der Marchen und des Eigentums

Source: Heiligkeit der Marchen und des Eigentums

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Kurios ging's schon lange in einer gewissen Alp zu. Wenn der Senn anfing zu erwellen, kam ein Unsichtbarer in die Hütte, half ihm anfeuern, Milch in das Chessi schütten, scheiden, den Käs herausheben, zigern. Dabei war er aber dem Senn auch oft im Wege, und es kam manches recht ungeschickt heraus, und dann fluchte dieser alle Wetterzeichen und verwünschte jenen zu unterst auf die Höllenplatte. So aber erhielt der Unsichtbare Gewalt über den Senn und tötete ihn. Auf diese Weise war schon mancher verschwunden, und der Bauer bekam nach und nach keine Alpknechte mehr. Da kam wieder einmal ein frischer Meisterknecht auf die Alp, ein gesitteter, vernünftiger Mann, der nicht fluchte, sondern seine Gedanken und sein Herz öfters auf Gott und die Ewigkeit richtete. Über ihn hatte der Alpgeist keine Gewalt, und zu seines Meisters und aller Leute grösstem Befremden hielt er den ganzen Sommer stand. Am Schlusse der Alpzeit redete er den Geist an und erhielt von ihm, der jetzt sichtbar wurde, die Auskunft, er solle zu Hause das Porträt in seiner Schlafkammer recht anschauen und den Bauer fragen, wen es vorstelle. Wirklich fand er das Porträt vor, betrachtete es und sah sofort, dass es die unverkennbaren Züge seines geheimnisvollen Alpgehilfen trug. Der Bauer belehrte ihn, es stelle seinen eigenen Bruder vor; und nun erzählte ihm der Senn alles, und auf des Bauers bestimmten Befehl redete er im folgenden Sommer den Alpgeist zum zweiten Mal an. Dieser legte darauf das Bekenntnis ab: »Ich habe die Marchen meines Eigentums, das jetzt deinem Herrn, meinem Bruder, gehört, auf Allmend und fremdes Eigen hinausgerückt. Sobald sie mein Bruder wieder auf ihren gehörigen Standort zurückstellt, werde ich erlöst sein.« Das tat der Besitzer gewissenhaft, und der Alpgeist erschien nie mehr. Die Alp hatte Ruhe. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Heilung von Besessenen

Source: Heilung von Besessenen

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a) Einst hatte Pfarrer Josef Alfons Imhof (in Sisikon, gest. 1798) einem Besessenen den »Gott-b'hüetis« so bezwungen, dass man förmlich sah, wie er sich vom Körper in den Arm begab und von dort, wenn auch mit grösstem Widerstreben, hinabfuhr und dann in dem kleinen Finger sich noch wand und krümmte, bis er den Leib verlassen musste. Schriftlich: Alfred Schaller, Sisikon b) Ein andermal fragte Pfarrer Imhof den »Gott-b'hüetis« in einem Besessenen an, ob er wisse, was er im Sack habe. Lange wartete der »Gott-b'hüetis« mit der Antwort, bis er dann sagte: »de Bodä«. Der Pfarrer hatte aber ein Kruzifix in der Tasche, und diesen Namen wollte der Böse nicht aussprechen. Schriftlich: A. Schaller, Sisikon c) Pfarrer Imhof war als frommer, gottbegnadeter Mann bekannt und weitherum berühmt. Selbst von entfernten Orten wurden ihm Besessene zugebracht, die er in den meisten Fällen heilen konnte. Zu dem Verfahren wurden die stärksten Männer von Sisikon und Riemenstalden zugezogen, die die Besessenen während der Austreibung festhalten mussten, weil sie jeweilen furchtbar tobten. Während der Beschwörung wurde den Besessenen ein unschuldiges Kindlein auf die Arme gelegt, dem durften sie nichts Böses antun und konnten es nicht wegwerfen. Maria Josefa Aschwanden, 75 Jahre alt. d) Einmal wurden Pfarrer Imhof 5 oder 6 besessene Frauen von St. Gallen miteinander gebracht, die er alle bis auf eine von der Besessenheit befreien konnte. Bei dieser letztern halfen auch die stärksten Mittel nichts, und sie musste unbefreit nach Hause. Später wollten dann die starken Männer von Riemenstalden nicht mehr mithelfen, da der Böse durch den Mund eines Besessenen ihnen ihren unerlaubten Verkehr (Päderastie) untereinander ausbrachte. Eines Tages hielt der Böse dem Pfarrer auch wieder durch den Mund eines Besessenen vor, er sei ein »Räbäschelm«. Lange wusste der Pfarrer nicht, wie der Böse zu diesem wiederholten Vorwurfe kam, bis er sich erinnerte, dass er einst anlässlich einer Wallfahrt nach Einsiedeln, als ihn Hunger und Durst plagten, aus einem Acker oder Garten auf dem Katzenstrick am Wege eine Rübe ausgerissen und gegessen, aber zugleich als rechtes Entgelt in eine andere Rübe zwei Schilling gesteckt habe. Schriftlich von A. Schaller-Donauer, Sisikon e) Speeter syget duä ganzi Scharä Bsässni chu vo St. Gallä. Aber wisset iähr, wohär dass diä bsässä wordä sind? Diä heig ä Pfahr ids Tyfels Namä tauft! Ä Studänt, wonner bynem gha heig, heig-ems ussggä. Einisch heig-em der Tyfel »Räbäschelm« üssteilt und einisch »du schwarzes Buderli«. M. Josefa Aschwanden f) Auch ein Geistlicher auf Urnerboden (wahrscheinlich Fruonz) habe Besessene geheilt, die man aus dem Wallis brachte. Vom Klausen herab kämen sie, wie Ankenkübel rollend, einher; in die Kapelle musste man sie mit Gewalt pressen, heraus kamen sie dann glücklich befreit. Karl Brücker, Bürglen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Heinrich der Minnesänger

Source: Heinrich der Minnesänger

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Herr Heinrich von Strättlingen hing nicht an Gold und Gut. Das Gold, welches sein Herz allein glücklich zu machen vermochte, waren die Klänge, die er den Saiten seiner Laute entlockte, die Lieder, in welchen er die Wunder der Welt und die Schönheit der Frauen pries. Doch auch in der Minne betörten ihn nicht Glanz noch Reichtum. Es konnten ihn weder Stolz noch Hoffart der Rittertöchter ringsum im Lande blenden. Drüben überm See am Hünibache wohnte ein fromm Mägdelein, Ita geheissen. Ihr hatte er seine Liebe geschenkt. Itas Vater, Gerhard, war durch die Unbill der Zeiten um Hab und Gut gekommen und darüber im Gram gestorben. Der Himmel aber hatte es gefügt, dass Herr Heinrich nun sein Herz dessen verlassenem Kinde ergab. Oftmals kam er nächtlicherweile vom Schlosse seines Vaters im kleinen Kahne herüber gerudert, ganz allein. Mit brennendem Kienholz, dreimal im Kreise geschwungen, gab er von der Höhe des Sees der Herzallerliebsten ein Zeichen seines Kommens. Dann landete er der Aue gegenüber und fand die Holde bei dem kleinen Stege, der über den Bach geht, warten. Er führte sie zum Bächiholz unter die Buchenbäume. Alsbald sassen die beiden vertraut und in Minne unterm Waldeszelt. Menschlich Geschick aber ist wandelbar und Liebesglück unstet. Wo Tauben sind, da sind die Geier auch nicht weit. So geschah es, dass Herr Wolfhart, der Zwingherr von Oberhofen, eines Tages zu jagen ausritt und am Hause vorüberkam darinnen Ita mit ihrer frommen Mutter wohnte. Er sah das Fräulein in ihrem Wurzgärtlein stehen und hielt an, sich ob ihrer lichten Schönheit zu wundern. Da Wolfhart aber ungeschlacht und hässlich von Angesicht war, getraute er sich nicht, in offener Minne um die Holde zu freien. Er sann daher Untreue und Hinterlist. Des Nachts liess er einst das Fräulein durch seine Knechte fangen und hinweg nach seinem Schlosse führen. Er hatte ihnen befohlen, Itas Schappel und Handtüchlein in das Wasser zu werfen, um die Leute irre zu führen. Bald ging daher im Lande das Geschrei aus, schön Ita sei im See ertrunken. Inzwischen litt das Fräulein in der Gefangenschaft des Schlosses bittere Not. Denn als sich Herr Wolfhart von ihr verschmäht sah, liess er sie in einen finstern Turm werfen, darinnen er schon manchen seiner Widersacher hatte verderben lassen. Als Herr Heinrich nun des Unfalls inne wurde, von welchem er sein Lieb betroffen wähnte, war sein Herz über alle Massen traurig. Er riss sich im Jammer sein goldenes Haar aus und weinte laut und herzebrechend. Dann setzte er der vermeinten Hingeschiedenen mit eigenen Händen einen Marmelstein, darauf er ein abgebrochenes Veilchen geschnitzt hatte. Auf dem Steine stand geschrieben: Mir tät für minen ganzen Lenzen Ein einzig Blümlein gnuog erglänzen; Nun Ita niederliegt, mein Veil, Wird auch kein Frühling je mein Teil. Herrn Heinrich aber litt es hinfort nicht länger im Lande. Er zog nach seinem tiefen Kummer in die Ferne und kam an den Hof des Herzogs von Schwabenland, dort zu versuchen, ob er im Geräusch der Welt sein Herzeleid verwinden möge. Allein immer blieb die gebrochene Blume seiner Jugend vor seiner Seele, dass er sich weder an der Fluren Blüte, noch an seinem Saitenspiel mehr erfreuen konnte. In dieser Zeit geschah es, dass Ritter Wolfhart eines unversehenen Todes erblich. Darnach gab sein Sohn allen denen die Freiheit, welche im Turme schmachteten. Unter ihnen befand sich auch Fräulein Ita, die jetzt dem Marterbilde unserer lieben Frauen eher glich als einer blühenden Jungfrau. Sie fand ihre Mutter noch am Leben und war über das Wiedersehen mit ihr in tiefster Seele dankbar. Da geschah es, dass sie eines Tages in stillem Gedenken ihres einstigen Glückes zum Buchenwalde im Bächi wallte. Wie gross war aber ihr Erstaunen, als sie an der Stätte, da sie einst mit dem Geliebten so traute Stunden verlebt, ihren eigenen Grabstein fand! Was sollte sie beginnen? Wo war er, - ihr ein und alles - der ihrer in Leid und Treuen also gedacht? Er mochte gestorben sein, denn so fleissig sie sich auch hernach seines Bleibens erfragte, ward ihr doch keine Kunde geworden. In ihrer Herzenseinfalt wusste sie darum nichts Besseres zu beginnen, als neben dem Steine mit dem gebrochenen Veilchen einen zweiten aufzurichten. Es sollte derselbe ein Zeichen ihrer unverwelklichen Hoffnung sein, darauf sie ein zweites Veilchen graben liess, jedoch hochaufgerichtet. Es begab sich aber, dass Rudolf, der alte Herr von Strättlingen, sein Ende kommen fühlte und nach seinem Sohne Heinrich in die Fremde sandte, ihm Schloss und Herrschaft zu überantworten. Herr Heinrich war der Pracht und Hoffart in deutschen Landen überdrüssig und eilte, da er des Vaters Botschaft empfing, mit Sehnsucht der Heimat zu. Als er nach langer Reise zu Thun einritt, drängte es ihn mächtig, vor allem anderen die Stätte seines Liebesglückes zu schauen. Er trieb ungesäumt sein edles Ross hinüber zum Buchenhain im Bächi. Wie gross war aber sein Staunen, als er bei dem einen einen zweiten Marmelstein fand. "Sie lebt!" rief er. "Das hat nur sie getan!" Und vor unbändiger Freude ritt er hin zu dem Hüttlein, darinnen er einst so fröhliche Stunden erlebt. Allda fand er, die er so lange Jahre als tot betrauert hatte. "Da hätt’ ob all dem Herzen und Küssen kein Bienlein unerdrückt können inmitten sein", erzählt der Chronist. Am späten Abend erst brach Herr Heinrich nach seiner Heimat auf und ritt ein gut Teil der Nacht, bis er zu seinem Vater kam, den er siech und kummervoll seiner harrend fand. "Sei mir gegrüsst!" rief der Alte, "du mein Einziger, in welchen ich meine ganze Zuversicht gesetzt! Nun kann ich im Frieden dahinfahren." Des alten Vaters Hoffnungen waren nicht umsonst. Herr Heinrich tat sein Bestes, sie zu erfüllen. Die Herrschaftsleute waren ihm darum sehr zugetan. Als dann der alte Freiherr zu den Ahnen gegangen war, holte der neue Herr sein holdes Veil vom andern Ufer und setzte es als Schlossherrin herrlich an seine Seite. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Heiterechsee bei Muri

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So nennt man eine durchaus trockene Thalmulde, eine Viertelstunde von Muri an der Landstrasse nach Luzern; sie liegt im Maiholze und ist theilweise selbst überwaldet. Oft füllt sie sich bei ganz heiterer Witterung plötzlich mit Wasser an, und dies soll von jeher immer zu den Zeiten geschehen sein, in denen ausserordentliche Dinge zu erwarten standen; so namentlich vor der französischen Revolution, und wieder vor dem Hungerjahre 1817. Als im J. 1712 die Kriegsmacht der Berner nach Sins gegen die katholischen Kantone der Schweiz zu Felde zog, hörte einer der stolzen Berner-Dragoner von des Gewässers Gefährlichkeit reden, an dessen seichtem Saum er eben vorbei ritt. Er sprengte sein Ross mit den Worten an: „da will ich hindurch, sei's Gott lieb oder leid!" und war sogleich im Bodenlosen verschwunden. Was aber die Umwohner noch aufmerksamer auf diese Erscheinung gemacht hat, das geht im Dorfe Muri selbst vor. Dort ist die Pfarrkirche auf einen ziemlich hohen Hügel, Kirchbühl, gebaut; und ausserhalb der Kirchenmauer stehen einige andere Wohnhäuser in beinahe gleicher Höhe. In einem dieser Häuser nun soll sich der Keller gleichzeitig mit dem mehrere hundert Fuss tiefer liegenden und weit entfernten Heiterechsee mit Wasser anfüllen, und dieses verschwinde an beiden Orten zur selben Frist wieder, sobald das damit angedeutete Ereigniss seinen Anfang genommen habe. Sogar der im J. 1847 entstandene schweizerische Sonderbundskrieg soll auf solche Weise hier vorgemeldet worden sein, und durch die Wallfahrer, die aus Frankreich früherhin ziemlich häufig nach Muri kamen, ist auch die Kunde von diesem Wundersee bis ins Elsass verbreitet worden. Hierher versetzt der allgemeine Volksglaube ein Schloss, das wegen der Unthaten seiner Bewohner in die Erde hinabgeschlungen worden ist. Wer Nachts dort vorbeigeht, sieht des Schlossherrn schwarze Gestalt aus dem Sumpfe emporsteigen, sein Schloss suchen und wieder versinken. Dann wandelt er in der Gestalt des allbekannten Dorfhundes durch die Gassen des Dorfes Muri. Noch kennt man eine nicht geringe Zahl unterirdischer Gräben und Kanäle, die aus dem Innern der Erde die gefährlichen Wasser des Sees abführen. Das Volk hält sie für Gänge des alten Schlosses, ein Mann soll aufrecht darin laufen können. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 31 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Heitmenegg ist eine sonnige Alp im Schächental

Source: Heitmenegg ist eine sonnige Alp im Schächental

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 1. a) Heitmenegg ist eine sonnige Alp im Schächental am Fusse des schroffen Windgällenstockes. Dort, in einer der vielen zu einem eigentlichen Dorf sich gruppierenden Hütten, diente einst treu und redlich ein furchtsamer Hüterbub. Eines Abends schickte ihn der Senn, bei der Quelle, die in das Dännäwäschbächli fliesst, zu unterst in der ausgedehnten Alp, Wasser zu holen. Während der ahnungslose Knabe gehorsam den Befehl ausführte, nahm sein übermütiger Meister die schwere, schmutzige Rossdecke vom Nischt, eilte auf Schleichwegen dem Knechtlein voraus und kam dann, in diese Hülle vermummt, gruchsend und murrend (oder mit feurigem Gesicht) von unten her gegen den Brunnen herauf, in der Absicht, dem g'furchtigen Büebli Schrecken einzujagen. Diesen jedoch erfasste plötzlich eine merkwürdige Erregung, »är syg ganz erwildet«. Rasch liest er Steine auf und wirft sie wie wütend gegen das Gespenst. Dieses stösst einen Schrei aus, rutscht abwärts, durch die steinige, stotzige Kähle hinunter und verschwindet. Jetzt trug der Knabe das Wasser zur Hütte und erzählte, wie es ihm ergangen sei. In diesem Augenblick warf es des Senns Kreuzfingerring zur Hüttentüre herein. Die Älpler lasen ihn auf und erbleichten. »Jetz hesch d'r Sänn ärriëhrt!« sagten sie zum Knaben. Sie gingen alle und suchten. Aber niemals wurde etwas von diesem Senn gefunden oder gesehn, nu Hütt nu Haar. Wird ähnlich auch in Isental erzählt. b) Andere Erzählart: Der Senn hatte dem Bub schon oft zu fürchten gemacht. Endlich sagte der letztere: »Dem wil-i scho nu Stei grächä!« Zuletzt: »Hinecht han'm de Stei 'grächet! Das wil-i scho erreischtä!« Der Hirt warnt den Senn. Der Bub packt Steine und erschlägt das Gespenst und rühmt dann in der Hütte: »Hinecht bin-em doch Meister wordä; hinecht han-i's erreischtet!« Sie haben nie etwas gefunden, als einen Zipfel der Decke, in dem ein Kreuzlein gezeichnet war, und darin die rechte Hand mit dem silbernen Kreuzfingerring. Zacharias Imholz, Kaplan K. Truttmann u.a. 2. a) Ein Handbub der Etzlialp musste jeden Tag für den Senn das Wasser herbeischaffen, und zwar aus dem Dännäwäschbächli, das beim Rosstein vorbeifliesst. Der übermütige Senn schüttete es ihm nicht selten wieder aus, so dass er gezwungen war, am späten Abend nochmals zu holen. Eines Abends kam er ganz verstört zurück und sagte zum Hirt: »Jetz gahn-i nimmä; äs riëhrt m'r eisster Stei a.« »So riëhr äu!« riet ihm der Hirt. Zuerst wagte es der Bub nicht, den Rat zu befolgen. Eines Abends jedoch, als er die Bräntä an den Rücken nahm, um wieder Wasser zu holen, sagte er, dass Hirt und Senn es hörten: »Ja, wennd's hinecht nu einisch chunnt, sä tüen-i's bim Eid mit Steinä-n-ärriëhrä!« Und wirklich, es kam nochmals und bewarf ihn mit Steinen. Da ergriff auch der Handbueb einen hämpfligen Stein und warf ihn in der Richtung, woher die Steine gekommen. Da hörte er einen fürchterlichen Schrei. Als er in die Hütte kam, war der Senn nicht da. Er erzählte dem Hirt, wie es ihm gegangen; dieser wurde totenbleich und sagte: »Jetz hesch d'r Sänn ärriëhrt!« Sie suchten und suchten, aber von dem törichten Senn wurde nie eine Spur gefunden. Er war es gewesen, der dem Handbub zu fürchten gemacht. b) Nach anderer Erzählart (Alpgnof) wickelte sich der Senn in eine Schnitzeldecke ein, wie man solche früher aus Resten oder Enden von Wollstoffen herstellte, oder in ein Fell oder in eine dürre Kuhhaut und legte sich in den Weg und machte dem Bub mit allerlei Gelärm zu fürchten. Man fand von ihm nichts mehr als drei bis vier Haare an einem Stein und den Fingerring, oder den Daumen seiner rechten Hand. c) Dritte Erzählart: Der Senn, der zu fürchten machte, hatte ein Beil in der Hand. Von ihm fanden sie nichts mehr als die rechte Hand, worin er das Beil getragen und an deren Ringfinger ein Ring steckte, in dem der Name Jesus eingraviert war. d) Ursern: Der Hirt machte den Tinder zu fürchten. Von dem getöteten Hirten fand man nur mehr den Daumen der rechten Hand. Mit dem hatte er oft im Leben das Kreuzzeichen gemacht. 3. Im Dubel in der Huoren-Brunnen im Tale von Römerstalden geschah es, dass ein Gespenst dem Handknab vorlag und ihm den Weg versperrte, wenn er abends ausging, um Wasser zu holen. Endlich nahm er eine Axt mit und erschlug es. Als er in die Hütte kam und rühmte, er habe das Gespenst erschlagen, wurden die Älpler bleich und sagten: »Jetz hesch d'r Sänn erschlagä!« Es war der Senn gewesen, der sich als Gespenst verkleidet hatte. Von ihm fanden sie gar nichts als seinen Kreuzfingerring. Maria Josefa Aschwanden, 70 J. alt, Sisikon Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Heldentod des Thomas Inderbinen

Source: Heldentod des Thomas Inderbinen

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Zur Zeit als im Lande Wallis viel innere Wirren und und blutige Zwiste herrschten zwischen dem Volke von Wallis und den Baronen von Raron, die sehr reich waren und viele Freunde hatten, fiel 1419 eine feindliche Schar über den Grimselpass in Goms ein, um die Unterwerfung der Walliser an der Rhonequelle selbst zu beginnen. Die Leute von Goms liefen aber in aller Eile zusammen und schlugen die Eindringlinge am Fusse des Passes bei Ulrichen zurück. Diesen glücklichen Erfolg verdankten die Walliser hauptsächlich der Kraft und grossmütigen Selbstaufopferung des Thomas Inderbinen, dessen Heldentod noch im Munde des Volkes fortlebt. Als Sage wird noch erzählt, dass ihm die Natur ausserordentliche Körperkraft verliehen habe. Er nahm sechs Reisteisen (schwere Hebeisen), die er, je zu drei zusammengeschmiedet, in die Hände nahm und selbe, alles zerschmetternd, mit unwiderstehlicher Gewalt um sich herum im Kreise drehte. Bei jedem Streiche seiner gewaltigen Waffe rief er mit erschütternder Donnerstimme: «Holla, nieder mit dir!» So erschlug der furchtbare Mann der Hunderten viele, ohne zu ermüden. Dem wollte aber einer der Feinde ein Ende machen; warf sich darum unverletzt und gesund zu den Erschlagenen auf den Boden und, als der Gewaltige näher kam, schlitzte er ihm unversehens den Bauch auf. Der so meuchlings zum Sterben getroffene Riese schlug die ausfallenden Gedärme über die Achseln zurück und mordete fort, bis er entkräftet und erschöpft zu Boden fiel und den Heldentod für's Vaterland starb.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Helf dir Gott

Source: Helf dir Gott

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Die Strasse, welche heut zu Tage von Cur nach Mayenfeld führt, hatte vor dem Baue der Bahnlinie zum Teile eine andere Richtung als jetzt. Vordem führte sie etwa eine halbe Stunde westwärts vom Städtlein über eine kleine, steinerne, gewölbte Brücke, die jetzt ganz nahe der Bahnlinie liegt. - Unter dieser Brücke soll lange Zeit ein Geist sich aufgehalten haben, der durch sein immerwährendes Niessen am Abend und in der Nacht Vorübergehende erschreckte und plagte. Nun kam auch einmal Nachts ein Betrunkener dieses Weges und ruhte auf der Brückenmauer von seiner Zickzackwanderung ein wenig aus. Da fing der Geist (ein Brücken-Butz) auch wieder an, zu niessen, worauf der Weinselige, in der Beglaubigung, einen Menschen in der Nähe zu hören, rief: »Helf dir Gott!« - Wie erstaunte er aber, statt eines Menschen, eine wejsse Gestalt urplötzlich vor sich zu sehen, die ihm höflich dankte, und ihn ihren Retter und Erlöser nannte. - Seit dieser Zeit hörte nun auch das Niessen unter der Brücke auf. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Helf dir Gott

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Ein Burgerauer ging einmal um 12 Uhr in der Nacht bei der "Stiegelen" vorbei nach Hause und hörte jemand niesen. Er sagte: "Helf dir Gott!" Noch einmal geschah es, und er sprach den gleichen frommen Wunsch. Beim dritten Mal aber verlor der Burgerauer die Geduld und rief unwillig: "Helf dir der Teufel!" Jetzt war ein lautes Weinen und Jammern vernehmbar und dann die Worte: "O, ich Unglücklicher! Jetzt bin ich wieder zurückgeworfen ins alte Elend! Mit dem dritten "Helf dir Gott" hättest du mich erlöst!" Nach N. Senn, Chronik. Soll uns lehren, dass ein freundliches Wort mehr ausrichtet als ein unbedachtes.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 133, S. 62f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Helf dir Gott

Source: Helf dir Gott

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a) Irgendwo in Uri hatten sie einen Knecht, einen groben, unhöflichen Klotz, der nie »Helf dir Gott« oder »Gesundheit« sagte, wenn sich jemand in seiner Nähe erniesen musste. Nachdem ihn der ewige, allmächtige Dienstherr abberufen von dieser Erde, hörte man es in dem Hause, wo er gedient hatte, öfters niesen. Man wusste sofort, wer das sei, und wagte nicht, sich zu rühren, wenn er sein dröhnendes Niesen erschallen liess. Einmal trat ein neuer Knecht ein, der nichts von dem Spuke wusste und »Helf dir Gott« rief, als er's niesen hörte. Da liess es einen Knall los, und eine Stimme rief: »Dank, tausendmal Dank, jetzt bin ich erlöst.« Maria Schilter b) Maderanertal. Glied der Familie statt des Knechtes. Geist kam unter dem Tisch hervor und rief etc. Andreas Fedier Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Herkommen der Michel

Source: Herkommen der Michel

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Vor Zeiten brach in einem Lande gegen Norden eine Teuerung aus. Um der Not zu steuern, wurde jeder durch das Los bestimmte zehnte Bewohner gezwungen, die Heimat zu verlassen und anderwärts sein Brot zu suchen. In dem Orte Schwertschwendi traf das Los drei Brüder mit Namen Michel. Die Brüder zogen zusammen nach Süden. Auf einer langen Wanderung kamen sie an den Vierwaldstättersee und weiter an den Ort, wo heute das unterwaldische Dorf Sarnen steht. An diesem Orte fand es der Erste gut und blieb. Die andern zogen weiter und weiter, überschritten den braunen Berg und gelangten an die lieblichen Gestade des Brienzersees. Da gefiel es dem Zweiten so wohl, dass er sich am alten Orte Brienz zu bleiben entschloss. Er wurde der Stammvater eines zahlreichen, angesehenen Geschlechtes. Der dritte der Brüder endlich wanderte noch eine gute Weile am Wasser hin, folgte dann einem Bache in den Wald hinein und auf das hohe Gebirge zu und kam so in das Tal der schwarzen Lütschine und in eine Gegend, Grindelwald geheissen, wo auch er sich bleibend niederliess. Zum Andenken an ihren alten Heimatort führten die Brüder in ihrem Wappen den Dreiberg mit dem Schwert, auf welches Zeichen ihre Nachfahren heute noch stolz sind. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Herkunft des Namens Aesch

Source: Herkunft des Namens Aesch

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Als im Frühling des Jahres 58 v. Chr. das Raurachervolk sich anschickte, die alte Heimat zu verlassen, da schlugen überall die Flammen aus den Strohdächern und lohten Freudenfeuern gleich zum Himmel. Gierig leckten und frassen sie auf, was nur immer brennen wollte, — und das war alles! Kaum einer weinte dem Vergehenden ein verstohlenes Tränlein nach, etwa ein altes Mütterchen, ein lebensmüder Greis, dem die Reise ins Totenland willkommener gewesen wäre, als der Zug in das gelobte Land Gallien, dem die Jungen mit Begeisterung zugestimmt hatten. Die strebten jetzt mutig vorwärts der unbekannten Ferne entgegen. Längst waren die Freudenrufe im Talausgang verhallt und das Knarren der Karrenräder verlor sich in der Ferne. Das Feuer aber frass ungehindert, lustig weiter, bis von dem Ort an der Birs nichts mehr übrig war als ein grosser Aschenhaufen. Spätere Ansiedler an dieser Stelle nannten ihre neue Niederlassung Aesch, zur steten Erinnerung an den grossen Aschenhaufen, den sie bei ihrem Einzug hier vorgefunden hatten. Dieser Name ist geblieben bis auf den heutigen Tag. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Herkunft des Namens Anwil

Source: Herkunft des Namens Anwil

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Als der liebe Gott die Welt geschaffen hatte, betrachtete er mit Wohlgefallen das fertige Werk. Von seiner Arbeit befriedigt, machte er sich daran, die Hände zu reinigen. Mit einem Seufzer der Erleichterung, «Do bisch ämmel», schlenkerte er seine Hand, dass die noch daran haftende Erde davon spritzte. Da aber, wo dieser letzte Lehmklumpen hinklatschte, da liegt heute Ammel (Anwil). Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch  


by Herkunft des Namens Bubendorf

Source: Herkunft des Namens Bubendorf

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Als die alemannischen Ansiedler von unserer Gegend Besitz nahmen, gründeten sie mit Lust und Eifer ihre Höfe, überall, wo sie der Reichtum an guten Quellen, sonnige Lage oder eine windstille Mulde dazu verlockten. So entstanden denn bald auch im Tal der Frenke Blockhütten mit weit ausladenden, schützenden Strohdächern. Dabei blieb es aber nicht. Bald war es nötig, den heranwachsenden Söhnen, die einen eigenen Hausstand gründen wollten, auch Hütten zu bauen. Ein Bauer aber hatte so viele Söhne, dass aus seiner Ansiedlung ein ganzes Dörfchen wurde, nachdem man für jeden eine besondere Hofstatt angelegt hatte. Die Nachbaren nannten dieses Dörfchen der vielen Buben wegen «Bubendorf». Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch  


by Herkunft des Ortsnamens Bubendorf

Source: Herkunft des Ortsnamens Bubendorf

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Als die alemannischen Ansiedler von unserer Gegend Besitz nahmen, gründeten sie ihr Höfe. Bald war es nötig, den heranwachsenden Söhnen, die einen eigenen Hausstand gründen wollten, auch Hütten zu bauen. Ein Bauer aber hatte so viele Söhne, dass aus seiner Siedlung ein ganzes Dörfchen wurde, nachdem man für jeden eine besondere Hofstatt angelegt hatte. Die Nachbarn nannten dieses Dörfchen der vielen Buben wegen Bubendorf. Bubendorf Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Herr Kaspar und der Schultheiss

Source: Herr Kaspar und der Schultheiss

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Eines Morgens ritt Herr Kaspar von Strättlingen aus seinem Schlosse. Nach Gewohnheit hatte er sich einen Strick an den Gürtel gehängt. Als er vor das Schloss kam, hörte er in der Luft eine Stimme: "Den ersten Menschen, der dir begegnet, den sollst du mit dem Strick an deiner Lende erhängen!" Da er nun fürbass schritt, da begegnete ihm sein Schultheiss. Da sprach er zu ihm: "Schultheiss, du musst sterben!" Dieser erschrak heftig, fiel auf seine Knie und flehte um sein Leben. Herr Kaspar aber blieb hart und weigerte es ihm. Da nun der Schultheiss sah dass sein letztes Stündlein gekommen sei, sprach er: "Der allmächtige Gott ist gerecht und sucht den Missetäter heim. Ich habe diesen Tod wohl verdient, denn siehe, ich wollte heute, da man auf dem Schlosse die Messe gelesen hätte, heimlich gewaffnete Leute einlassen. Sie sollten tun, als wollten sie beten. Bei der Messe aber sollten sie dich niederstechen." Da erhängte Herr Kaspar den Schultheiss mit eigener Hand. Er erkannte aber, dass Sankt Michael sein Leben gerettet habe. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Hexe als Doggeli

Source: Hexe als Doggeli

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In einer Nacht erwachte ich, als sich die Türe leise öffnete und wieder schloss. Dann kratzte etwas an der hinteren Bettlade, kroch über die Bettdecke und sass mir auf die Brust. Ich konnte nicht rufen und konnte mich auch nicht mehr rühren Nach einer Weile hörte ich nur noch wie etwas vom Bett auf den Boden hinunterhüpfte. Das geschah zu mehreren Malen. Als Täterin vermutete ich eine Frau des Dorfes, die als Hexe galt. Sie hatte auch den Pferden des Nachbars die Mähnenhaare so gezöpft, dass man sie nur mit grosser Mühe wieder auflösen konnte. Um die Hexe zu entlarven, stellten wir einen neuen Birkenbesen umgekehrt hinter die Türe. Und wirklich, ich sah die Frau, als sie sich davon machen wollte. Ich griff nach ihr, sie konnte aber entwischen. Am anderen Tag musste ich in Amtsgeschäften in ihr Haus. Beim Fortgehen fasste ich sie scharf ins Auge und sagte: «Gäll, geschter znacht hesch gehört, wien i flueche cha!» Sie gab darauf zur Antwort: «Jokeb, hesch s Doggeli no hie und da? Hi, hi, hi!» Augst Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Hexe als Wolfsreiterin (1432)

Source: Hexe als Wolfsreiterin (1432)

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a) «Hanns Buser von Leifelfingen ... hat gesworn und bij sinem eyde geseit, das er uff einen dornstag (!) umben pfingsten, wer yetz ze vergangen pfingsten ein Jare verlouffen. umben mittentage wolte er gan von Leifelfingen gen Buttkon zem wine, und als er uff den wege keme, da sehe er die frowen so man nempte Gerin Kolerin von Buttkon, gegen Inn (ihn) har varen und uff einem wolff Ryten, und luffe der wolff fursich und sesse sij hindersich und hette des wolffes wadel (Schwanz) in der hand, und fuor rösch umben einen boum ettwie dick, und er erschrecke, daz er zitterte und lieffe hinder einen boum und hette sich gern verborgen. Also sehe er daz sy snelles dahin fuore. da gienge er fur sich und wer fro daz er von Ir kommen wer.» Als Buser gefragt wurde, ob er jemand angeben könne, der mehr darüber wüsste antwortete er, vielleicht sagten Nachbarn auch etwas. So habe ein Priester gesagt, wenn man von des Wirtes Haus zu Läufelfingen drei Häuser abzähle, finde man «ein hexen». b) Im Volksmunde wird erzählt jener «Bauer», der die Unglückliche verklagt und nachher geschworen habe, dass sie eine Hexe sei, sei der Ehemann der betreffenden Frau gewesen. Buckten Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Hexe fliegt als Hummel aus

Source: Hexe fliegt als Hummel aus

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In einem Dorfe des Kantons Glarus lebte einst ein Weib. Dieses Weib war eine Hexe. Lange Zeit wusste man dies freilich nicht, endlich ward es aber doch offenbar. Dies geschah auf folgende Art. Wollte nämlich das Weib des Nachts zu ihren Hexenversammlungen, so pflegte sie am Abend vorher das Fenster des Schlafgemachs, in welchem sie mit ihrem Mann schlief, zu öffnen. War der Mann eingeschlafen, so flog sie Nachts in der Gestalt einer Hummel zum Fenster heraus und kehrte erst bei der Morgendämmerung wieder heim, wo sie dann in ihren unterdessen im Bett zurückgebliebenen Leib durch den Mund wieder einzog. Da trug es sich nun einstmals zu, dass der Mann, wahrscheinlich durch einen kalten Zug, durch das offenstehende Fenster verursacht, erwacht, aufstand und das Fenster schloss, worauf er sich wieder niederlegte. Gegen Morgen erwachte er jedoch von Neuem, dies Mal aber von dem Summen einer Hummel, welche immer ängstlicher und ängstlicher außen vor dem Fenster herumflog und sich alle mögliche Mühe gab, in die Stube hineinzukommen, bei Anbruch des Tags aber plötzlich verschwand. Darauf nun habe sich der Mann nach seiner Frau herumgedreht, um ihr die merkwürdige Geschichte zu erzählen; diese aber sei zu seinem Schrecken eiskalt und bei näherem Nachschauen tot gewesen, da sei ihm augenblicklich klar geworden, welche Bewandtnis es mit seiner Frau und der Hummel gehabt habe. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Hexe hängt Läuse oder Flöhe an

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1. Ein Wybervolch in Schattdorf war im Rufe, Gott b'hiätis darvor! ein alte Hexe zu sein. Einst schritt ein Schuhmacher – meine Mutter hat ihn noch gekannt – an ihrem alten, schwarzen Häuschen vorbei und dachte, heimlich lachend, bei sich: »Da wett-i etz doch äu nu lüegä, was d'r diä chennt a'tüe?« Als er heim kam, biss es ihn scheusslich am ganzen Leibe, und er zog die Kleider aus und musste nun sehen, dass er hoch mit Läusen bedeckt war, so dick, dass er sie abschaben musste. Jetzt wusste er, was alte Hexen einem antun können. Marie Ziegler, Bauen 2. Ein anderes Mal marschierte ein Schattdorfer von Erstfeld her nach Hause. Am Rynächt gesellte sich ein wüstes, altes Weib zu ihm und begleitete ihn stillschweigend eine Strecke weit. Es war ein unheimliches Wybervolch, und der Wanderer dachte in seinem Herzen: »Bim Eich, das isch än alti Häx!« Nun geschehen ist im nichts, aber am Abend wimmelten alle seine Kleider von Läusen. Nikolaus Zgraggen, 70 J. alt, Attinghausen 3. In den Frytterbergen im Schächental zog ein fremdes Fraueli herum. Die Leute fassten Verdacht, es könnte eine alte Hexe sein. In einem Hause fragten sie's, ob es auch Läuse machen könne. Da hob das Wybervölchli seinen Arm und blies über seine hohle rechte Hand hin. Die Leute lachten. Am Abend hatten sie alle ihre Kleider dicht voller Läuse, und das Lachen verging ihnen. Kath. Wälti-Gisler 4. Eine Frau zu Bürglen stand im Rufe, mehr zu können als andere. Eines Tages liess sich ein Nachbar bei ihr die Haare schneiden; und er neckte sie dabei und sagte, sie könne nicht mehr als andere Menschen. Da meinte sie, sie werde ihm Läuse anhängen, bis er genug habe. Und richtig, als er heimkam, hatte er den Kopf voller Läuse. Er wurde ihrer nicht mehr los, da nützte alles Kämmen nichts. Endlich ging er zu den Kapuzinern, und diese befreiten ihn von seinem Übel. Johann Gisler, 65 J. alt 5. Mehrere Schächentaler kamen mit ihren Mänenen von Unterschächen her durch den Stutz hinauf. Oben trafen sie ein sonderbares Weibervolk an, das mit einem schwarzen hölzernen Löffel an seinem Hals etwas hinter das Gewand hinunter schüttete. Es redete die Leute an und erkundigte sich über die Beschaffenheit des Weges über den Klausen. Diese wollten ihm den Weg zu beiden Seiten des Klausen erklären und beschreiben, es aber sagte, den Weg auf dieser Seite sehe es schon, den brauchen sie ihm nicht zu beschreiben, aber, wie er auf der andern Seite beschaffen sei, könne es nicht sehen. Es sei vor 20 oder mehr Jahren über den Klausen, da habe es lauter Zitronen und Pomeranzen bei sich getragen und jetzt nur mehr Läuse und Flöhe. Die Männer gaben ihm Auskunft und schritten dann weiter. Es hatte keinen guten Eindruck auf sie gemacht. Einer warf noch mit Schneeballen nach ihm. Als dieser nach Hause kam – in die Breiten – biss es ihn am ganzen Leibe schrecklich, und er machte die Entdeckung, dass er ganz in den Läusen drin war. Er war genötigt, draussen vor dem Hause sich seiner vom Ungeziefer wimmelnden Kleider zu entledigen. Karl Brücker, Bürglen 6. »Das ist denn schon wahr; das habe ich selber erlebt und kann es bezeugen. Ich war noch so ein Bub. Da kam eines Tages ein fremdes Weib zu uns auf der Firlaui im Meiental und fragte übernacht. Wir überliessen ihr eine Kammer. Sie hatte ein Mädchen bei sich, das dann und wann reden wollte, aber nie liess sie es zu Worte kommen. Am nächsten Morgen wollte sie gar nicht fort, und wir mussten sie mit Gewalt vertreiben, da wir auf dem Felde zu arbeiten hatten und sie nicht vergaumen konnten. Seit jenem Augenblick aber hatten wir unser Haus den ganzen Sommer hindurch voller Flöhe, die wir auf keine Weise los werden konnten.« Johann Baumann, 70 J. alt, »der Brügg« Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Hexe mit der Mistgabel erstochen

Source: Hexe mit der Mistgabel erstochen

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a) Zwei Knechte des Prosper Bär zu Schattdorf, eines vermöglichen Bauers, der auch in der Nachbargemeinde Bürglen ein Feld besass, hennd äs Abeds z'Birglä bi dry Meitlänä 'torffet. Bevor Mitternacht da war, brachen sie auf, indem sie sich entschuldigten: »Miär miänt morä Mischt üßmännä, und da miäm-mer doch vorhär g'schlafä ha, susch sim-mer de nitt güet dra.« Es nützte nichts, dass die Mädchen schmeichelten und baten, nicht so zu eilen; die wackern Burschen blieben standhaft und machten sich auf den Heimweg. Lachend bemerkte eine der losen Jungfern, die ihnen herauszündete: »Mer wennd-ich de morä ds Reßli scho ä chly z'tänzlä machä.« Richtig! als die beiden Knechte am nächsten Tage den Dünger auf die grünende Wiese hinausführten, kam auf einmal so ein lauwarmer Wind (so ä lewä Dräckwind syg chu) und brachte von der Waldseite ein Grotzli daher bis vor das Pferd. Dieses scheute und bäumte sich auf und wollte davon rennen. Da sagte der eine Knecht: »Dü, häb ds Roß, ich will ds Grotzli packä!« So machten sie's. Während der eine das Tier festhielt, steckte der andere das Tännchen kräftig mit der eisernen Mistgabel an, und jetzt hatten sie Ruhe und konnten ungestört ihre Arbeit fortsetzen. Aber kaum eine Stunde war verflossen, so ertönten vom ehrwürdigen Kirchturm zu Bürglen alle Glocken; es läutete einer Leiche. »Wer isch ächt i d'Ewikeit ibärä?« fragten auch die zwei Knechte und vernahmen, dass es eine der drei Schwestern war, bei denen sie sich am Abend vorher noch lustig gemacht. Durch das Herz gingen ihr drei Stiche. So gut hatte also der Knecht die Hexe mit seiner Mistgabel getroffen. Einige Zeit später machte der eine der beiden Ledigen den zwei noch lebenden Schwestern einen Besuch, aber diäsälbä heigäd-ä nitt fry a'glüegt! Fr. Zäzilia Gisler-Walker b) Die zwei Burschen waren aus den Acherlenen in Schattdorf und besuchten zwei Mädchen in dem grossen Haus im Bruggenstalden zu Bürglen, zwei wunderliche und gwundrige Meitli, von denen man noch allerlei Anekdoten erzählt. Die Hexe schickte ihnen, als sie Heu eintrugen, Wirbel in das dürre Heu, dass es weit davon flog. Der Knecht fuhr mit einer Gabel in den Wirbel. Fr. Gamma-Gamma, 80 J. alt c) Die drei (zwei) Mädchen wohnten in einem Feld zu Bürglen. Als die zwei Knechte Mist ausmännten, bewegte sich plötzlich vor dem Pferde her etwas, das aussah wie ein »Wusch« Heu, der vom Wind aufgewirbelt und hin- und hergedreht wird. Der Knecht fuhr mit der Mistgabel mitten hinein. David Imhof, Seedorf, 40 J. alt. d) Zu Linthal, im Kanton Glarus (wo die Erzählerin lange in Arbeit gestanden), spielte eine Meisterin ihren Angestellten einen ähnlichen Streich beim Heueintragen. Fr. Wipfli-Herger, 80 J. alt »Das het mä scho meh, wennd äso ä Windwirbel i ds Heiw chu isch, uder wennd's eppä-n-ä Wirbelsturm ggä het, eppä-n-äs Mässer uder ä Heiwgablä uder susch äs Instrumänt uder äu äs Bätti dri griährt; und äu, wennd eppä Chiäh im Gadän i ei Chettänä verwerrt gsy sind, so hett-s' es usänand 'tah, wem-mä mid-ärä Mischtgablä dri'gschlagä het.« Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Hexe mit zweierlei Strümpfen

Source: Hexe mit zweierlei Strümpfen

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Im Herbst des Jahres 1808 kam ein fremdes Wybervölchli nach Bürglen, das an einem Bein einen roten, am andern einen schwarzen Strumpf trug. Auf dem Kopfe sass ihm eine Kappe mit Spitzen, die beständig auf- und abwackelten. Es betrat auch die Kirche, wo gerade Gottesdienst abgehalten wurde, und kniete in einen Stuhl zu den Andächtigen und hauchte und mumpfelte da, als ob es allein alles erbeten müsste. Einem Kind, das ein wenig rückwärts schaute, gab es einen Klaps, »äs Tschäppi«. Nach dem Gottesdienst stand es lange unter dem Gallenbirnbaum zwischen dem Pfarrhelferhaus und dem Sigristengarten und deutete mit dem Zeigefinger bald da-, bald dorthin und murmelte dazu: »Da isch ä Kapällä, dert isch ä Kapällä, da isch äu eini, dert isch äu eini.« Pfarrhelfer Planzer († 1827) gab ihm ein Almosen. Dann wanderte das Guschi dem Schächental zu und durch die Berge; und, wo es hinkam, lösten sich im folgenden »Läuwiwinter« die Lawinen (12. Dezember 1808). Frau Arnold-Stadler, 80 J. alt; Johann Gisler, 67 J. alt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Hexe plagt ein Mädchen

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Das älteste Mädchen einer armen Familie litt oft an Angstzuständen, die es nicht schlafen liessen. Dann schrie es manchmal: «Jetzt kommt sie wieder! Seht ihr sie nicht? Haltet sie!» Eine befreundete Frau reit der Familie, sie solle sich an die Kapuziner in Olten wenden. Bald darauf half eine Nachbarin, die für eine Hexe gehalten wurde, der Mutter des Kindes beim Andrehen am Posamentstuhl. Beiläufig fragte sie, wie es Marieli gehe. Die Mutter erklärte darauf, sie werde nach Olten reisen, um Hilfe bei den Kapuzinern zu holen, sobald die Ware aufgemacht, dh. der Posamentstuhl zum Weben bereit sei. Von der Stunde an hörten die Anfälle des Kindes auf, ohne dass die Kapuziner in Anspruch genommen werden mussten. Buus Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Hexe straft mit Flöhen

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Zur Zeit, als der Steinbergliger Hirt in der Fiseten war und der Weibel-Styni Knecht, kam eines Tages ein unbekanntes Weibervolk über den Fisetergrat daher; an den Füssen trug es schlechte »Schlopfischüehli«, und über den Kopf herunter hatte es ein Nastuch gebunden. Als es vorbei war, spotteten die zwei Mannenvölker seiner und sagten höhnisch: »Das hätt äu chennä züe-n-is appächu und is Fleh ahänkä, bis m'r gsy wäret wiä Kapizyner.« Von der alten Steinbergligerin wurden sie zurechtgewiesen, und am Abend sollten sie die Strafe für ihre Spötterei zu kosten bekommen. Laut schreiend und jammernd kamen sie von ihrem Gliger hergelaufen, hoch mit Flöhen bedeckt, dass sie wirklich aussahen und braun waren wie Kapuziner. Jä, und diä häiget de pissä, diä Fleh! G'gysset häiget-s und priälet, diä zwäi Mannävelcher! Es nützte nichts, dass sie von der Steinbergligerin mit Weihwasser besprengt wurden, nichts, dass sie in den Fiseterbach sprangen. Am folgenden Morgen mussten sie einen Geistlichen zu Hilfe rufen. Wohin er sie verbannen solle, fragte der. Sie zeigten ihm eine Höhle, das sogenannte Bräusiloch. Dorthin verbannte er die ungebetenen Gäste. Noch lange Jahre hat man sie in und vor der Höhle bei Sonnenschein hüpfen und hoch aufspringen gesehen. – Weder ä! das isch ja nitt wahr, das isch nur äso ä Sag. Fr. Nell-Gisler, 52 Jahre alt, Spiringen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Hexe und Glocke

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 Als die Schattdorfer sich bemühten, die neue grosse Glocke in den Kirchturm zu hängen, da wollte es gar nicht gelingen; die Glocke wollte einfach nicht hinein. Im nahen Kilchenacherli aber stand so ein Guschi und schaute den Arbeiten zu. Der Geistliche, der auch dabei war, erblickte es und erkannte sofort, dass es eine Hexe sei. »Das muss da weg,« meinte er und sprach einen kräftigen Bannspruch. Und weg war es! Im Nu hing jetzt die Glocke an ihrem Platze. Fr. Gamma-Gamma, 80 J. alt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Hexe und Kindsmörderin

Source: Hexe und Kindsmörderin

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 In einer Gegend wurden immer die neugeborenen Kinder getötet, und wenn man sie untersuchte, fand man auf ihren Köpflein eine kleine Wunde wie von einer Gufen. Ein Ehemann fasste nach und nach Verdacht auf ein gewisses Weibervolk und blieb, als ihn seine Frau mit einem Kind beschenkt hatte, eines Abends auf; er sass am Tisch, lehnte den Kopf auf seine auf der Tischplatte gekreuzten Arme und schien zu schlafen. Gegen Mitternacht kam eine Katze herein mit einer Gufen im Maul. Aber er schlief scheinbar weiter. Jetzt wollte sie auf das Kind los. Da packte er sie und warf sie auf die Diele hinaus, so heftig, dass er ihr ein Bein abschlug. Dann ging er ins Bett. Am Morgen lag jenes Weibervolk halbtot auf der Stubendiele; es fehlte ihm ein Arm, und es machte dem Mann bittere Vorwürfe. Aber dieser entgegnete kaltblütig, er habe eine Katze geschlagen und nicht ein Weib. Fridolin Fischer, 70 J. alt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Hexe und Kuh

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1. In eine Alp des Kantons Glarus kam alle zehn Jahre ein unbekanntes Weib, trieb sich bei den Kühen herum und tätschelte dann die schönste Kuh auf die Laffen, indem es dabei sagte: »Das isch doch äs scheens Chüehli!« Dieses Stück Vieh war dann immer dem Verderben geweiht. Endlich bekamen sie einen Urner Knecht, und der befahl: »Das nächste Mal berichtet mir sofort, wenn die Hexe wieder eine Kuh getätschelt hat, ich weiss dann schon, was machen.« Sie folgten ihm, und, als man ihn holte, da molk er sofort die Kuh, schüttete die Milch in ein Eisenchessli, stellte sie über das Feuer und rührte mit einer Kuhkette, in die er einen gesegneten Haselzwick verflochten hatte, die Milch. Da hörten sie ein entsetzliches Geschrei und Gejammer, und eine unsichtbare Stimme rief: »Herr üff, um Gotteswillä! Ich will g'wiss nimmä chu.« Aber der Knecht gab nicht nach, bis alle Milch verdunstet war. Nach und nach wurde das Stöhnen der Unsichtbaren immer leiser und verstummte zuletzt. Die Hexe erschien nie mehr auf der Alp. Adelbert Arnold, 20 J. alt, Bürglen 2. Wenn allemal ein gewisser Bürgler Bauer im Frühling mit seinem Vieh von Schwyz heimfuhr, kam jedesmal im Heiss-Tal am Tellen an der Axenstrasse ein Weibervolk, machte sich an die Schellenkuh, tätschelte sie und sagte: »Eine prächtige Kuh! Die gibt gewiss einen Schapf Milch!« Am folgenden Tage war die Kuh jeweilen tot. Das Gegenmittel konnte man mir nicht richtig angeben. Es blähte die Hexe auf und sie zerplatzte in Gegenwart der Leute, die sofort die Kuh molken, nachdem sie von ihr berührt worden. Gustav Arnold, Bürglen, 20 J. alt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Hexe verbrannt

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Zu Wassen kam einst ein Weibsbild an ein Wohnhaus, rieb seinen Leib an der Haustüre, – het da g'rangget – nahm dann zwei Holzscheite und heftete sie kreuzweise an die Haustüre. Da bekamen alle Insassen den Eselhusten. Dann ging das Blagg nach Göschenen und machte es an einem Hause nahe bei dem Kirchlein ebenso. Aber da wurde es gepackt. Die Göschener zündeten einen tüchtigen Scheiterhaufen an, drehten die Hexe dreimal im Kreise herum und schleuderten sie dann in die Flammen. Aber die verführte dabei doch ein gottsjämmerliches, märterliches Geschrei, so dass die Göschener zueinander sagten: »Nei, das mache-mer doch nimmä! verbrennä tiäm-mer keini meh!« Und sie hielten den Vorsatz. Franziska Kruog, 70 J. alt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Hexe verderbt Vieh

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1. Ein Wybervölchli von Attinghausen pflegte, in der Sennerei im Zwyerhause, Gemeinde Altdorf, die Milch zu holen. Es war in der Fremde gewesen bei den Freimaurern und redete etwas fremdländisch. Darum plagten es eines Abends die anwesenden Mannenvölker und ahmten lachend seine Sprache nach. Jetzt wurde es aber böse und schoss zur Türe und zum Hause hinaus und die Gasse hinauf bis vor Schipfigers Gaden. Dort stand es eine Zeitlang still. Am nächsten Morgen fanden Schipfigers eine Sau im Gaden tot am Boden liegen. Solche Sachen hatte die Hexe bei den Freimaurern gelernt, denen sie verschrieben war. (19. Jahrh. Es handelt sich um die irrsinnige Vinzenzia Megnet.) Kath. Müller, 75 J. alt 2. Von Bauen her kam ein fremdes, unbekanntes Weibervolk auf die Bärchi hinauf, kehrte bei Salome-Josten ein und bettelte etwas zu essen und um Obdach für die anbrechende Nacht. Das Weibervolk, gefiel den Leuten nicht. Dennoch sott ihm das Salome-Nänni Milch, tat aber ein klein wenig Weihwasser hinein, brachte sie in die Stube und stellte sie vor das Weibervolk auf den Tisch, mit dem Bedeuten, es solle zulangen. Dieses schaute so kurios auf die Milch, liess sie unberührt stehen und sagte giftig: »Hättisch-mer-si nitt 'prücht z'versywä (versauen)!« Ohne Z'nacht bezog es ein Nachtlager im Stalle, den das Nänni sorgfältig von aussen verriegelte. Als Nänni am nächsten Morgen öffnete, war die Fremde fort und lag die einzige Kuh im Stalle tot am Boden. Das hat sich vor wenigen Jahrzehnten ereignet. Johann Bissig, Isental, 67 J. alt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Hexe wandert über den Klausen

Source: Hexe wandert über den Klausen

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a) »Ysärä Vatter,« so erzählt ein Mann aus dem Schächental, »und ich und nu än andärä halbgwaxnä Büeb ab der Balm hennt gholzet gha da ›bim Stei‹ änä. Äs mag schiär 40 Jahr sithär sy. Wom-mer hei sind, hem-mer i der Wyssä Gand ä chly ghirmet. Wiä miär so da sitzet, da chunnd unnä-n-üfä vom Gurtästaldä här so äs grosses, gschlanggets Wybervolch dahärä. Vo Zytt zu Zytt het-si-si alligs ä chly erstellt und so gägä ›d'Bäch‹ duräglüegt. Und de hed äs denn alligs, das isch ys äso kürjos vorchu, so bim Härz ummä mid-ärä Hand under ds Gwand undärä ggriffä und darnah diä Hand gägä ›d'Bäch‹ durä-n-äso üssgspreizt, wiä wenn äs gflohnet uder glüset hätt und d'Lys uder d'Fleh dadurä riährä tät. Miär hennt da äso züeglüegt, und der ander Büeb het nu gseit: ›Isch ächt das, Gott b'hiät-is davor, än alti Häx?‹ Aber der Vatter het da neiwä nitt vill wellä darzüe sägä, är het nur gmeint: ›Sy wird wohl an-is vorby gah, de gsehm-mer de.‹ Wiä si düe züe-n-is üfä chu isch und an-is vorby isch, het si doch äu galgisch äs wiäschts, ghässigs Lüegi gäg-is gmacht. Glüegt het-si, i cha nyd anders sägä, as wiä-nn-i chy-bigi Chatz, so falsch und giftig. Ds Gsicht isch ganz grunzlets gsy, und uf-em Grind het-si äs Lumpli gha, das isch brandschwarzes gsy, aber ganz vollä chlyni, wyssi Tipfli. Miär Büebä hennt schiär miässä lachä, aber der Vatter het gseit: ›Ds Lachä vergahd-ech de scho nu eppä!‹ Güet, das Wybervolch isch wytters und het da immer gägä ›d'Bäch‹ durä gsäjet. Mä het gmeint, äs ga-i ganz langsam, aber äs hed-em verflüemet woll üßggä; mer hennd-em wellä nachä, aber hennt's ämal nimmä bsogä. Gäg-em Abed anä het's düe zwischet dä Bächä-n-appä so ä fynä Risel anägjagt; äs hed ämal meegä ggräwä. Jetz, ob das vo dem Wybervolch nachä chu isch, weiss ich fryli nitt, aber 'trüwet hennd-em's miär damals und hennt nu zu-nä-n-and gseit: ›Wem-mer das gwißt hättet, dass das äso eini wär, diäsälb hätte-mer i der Gand unnä-n-andrisch 'trischaagget!‹ Uf-em Bodä-n-änä isch äs bim Riädliger Hanssepp i d'Hittä-n-innä und het da grad ä Chüeh verlangt. ›Tjaa,‹ seit der Hanssepp, wiä-nn-er's äso im Wort gha het, ›tjaa, grad ä Chüeh gitt-mä doch nitt. Ich will-ech äs scheens Almüesä gä, am Gäld uder susch, iähr chennet's sägä, aber grad ä Chüeh vermag-i doch nitt.‹ Äs well ä Chüeh, het das Wybervolch gseit. So eini hed-em der Hanssepp düe fryli nitt ggä. Vor der Hittä-n-ussä het-si-si nu einisch um'kehrt und het griäft: ›Dä gisch-schi de morä-n-am Morged scho.‹ Der Riädliger het's gheert, het-si aber dessä nitt sovill g'achtet; aber, wo-nn-er am nechstä Morged zu dä Chiähnä-n-isch ga lüegä, isch doch diä scheenst Schallächüeh totni am Bodä glägä! Wo's über d'Prigel (Prügelweg durch den Sumpf auf Urnerboden) üsä-n-isch usset dä Riädrytti-Ruschtigä, henndem d'Lytt abglüegt, und da heig äs der Rock neiwä heillos wyt üfä gnu, meh as neetig gsy wär, und doch syg ganz troches Wätter gsy. Aber nitt mängä Tag syg's ggangä, heig's düe nu gnüeg Wasser ggä uber dä Bodä-n-üsä. Z'Glaris änä heigs äu nu neiwis Possä gspillt, aber was firtig weiss ich nitt. Aber dert hennt-s'es düe 'packt und verbrennt. Nu alles heig's willig anäg'gä, nur äs chlys Biächäli, wo's im Rock zwischet Füetter und Überzug i'bbiäzt gha heig, heig's umm-ä Hund nitt wellä harä-gä. Aber uberchu hennts'em's doch nu.« Daniel Imholz, 50 J. alt, Unterschächen b) Was D. Imholz will erlebt haben, wird auch von andern ähnlich erzählt. Namentlich wurde die Episode mit der gebettelten Kuh schon vor Jahrzehnten auf Golzer im Maderanertal erzählt und zwar als im Schächental geschehen. c) In einer Hütte auf Urnerboden gab man ihr Brot, aber sie ass keines. In einer andern Hütte bettelte und erhielt sie Nidel. Sie setzte sich auf einen Ambäck vor der Hütte, leerte nach jedem Schluck, den sie selber nahm, etwas von der Nidel in ein Knopfloch vorn am schwarzen Tschoopen, obwohl alle Knöpfe zu waren, und versudelte doch gar nichts. Bei Schuler Jakobs ging sie in den Schweinestall, woraus er sie vertrieb. Darauf sagte sie, sie wolle ihm schon noch »äs Schwirrli schlah.« Abends kam furchtbares Hagelwetter. Schriftl von Kapl. Truttmann Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Hexen (Eggersriet, SG)

Source: Hexen (Eggersriet, SG)

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Wenn man einen Besen aufrecht an die Türe stellt, können die Hexen nicht hereinkommen. Ist die Hexe schon da, so kann man den Besen gleichwohl anbringen. Dann muß die Hexe rückwärts zur Türe hinausschreiten. Die Hexen vertreibt man auch, wenn man Schwarzmeisterwurzeln in die Pfeife schneidet und raucht; doch werden sie dann "wild." Wenn man von den Hexen redet, hören sie es, wenn man nicht folgenden Spruch gebraucht:  "Der Tag ist heilig, die Mutter Gottes ist heiliger, der Herrgott ist noch heiliger und die Hexe die Verdammteste." Das Volk sagt, daß eine Hexe unbedingt ihre bestimmte Hexenarbeit zu verrichten habe. Durchschnittlich hat sie im Tage für 7 Rappen zu schaden. Kann sie ein Stück Vieh töten oder sonst größern Schaden verursachen, so hat sie für längere Zeit Ruhe. Am meisten schaden die Hexen im Stall. Sie machen den Pferden sog. Schrätteliszöpfe. Sie verstricken die Viehketten, daß die Kühe erwürgt werden. Ein Bauer kam spät in der Nacht heim. Er sah noch im Stalle nach, ob alles in Ordnung sei. Er fand die Ketten unlöslich verstrickt. Nun holte der Mann eine Axt. Unter Anrufung der drei höchsten Namen schlug er mit derselben auf die Ketten, brachte sie aber nicht auseinander. Da erschien aber die Hexe vor dem Hause und bat um einen halben Liter Erdöl. Die Bäuerin antwortete, und - von selbst fielen die Ketten auseinander. Oft trifft man auf der Wiese kreisförmige Stellen, an deren Peripherie das Gras bedeutend höher gewachsen ist. Da sollen die Hexen getanzt haben. Man nennt solche Stellen Hexen streiche oder Hexenringe. Noch im Sommer 1901 wurde ein solcher Ring gezeigt. In der Fasten, im Advent und Fronfasten kann man dort die Hexen sehen. Stets erscheinen sie in ungerader Zahl. Wenn eine Hexe nachts ausfährt, bleibt ihr Leib zurück. Wenn man ihn auf das Gesicht kehrt, kann der Geist bei der Rückkehr nicht mehr hinein. So kann sich ein Ehemann von seiner Frau, die eine Hexe ist, befreien. Leute, welche aufrechtstehende, borstige Haare haben, sind von den Hexen gekämmt worden. Wenn man eine Hexe kennen lernen will, muss man ihr scharf in die Augen blicken. Alsdann soll man ein Geißböcklein darin erblicken. A. Sprenger Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 32, S. 17f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Hexen (Rapperswil, SG)

Source: Hexen (Rapperswil, SG)

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In Rapperswil wurde 1609 Salome Schörpf von Mels als Hexe enthauptet und dann verbrannt. Sie bekannte, sie habe das "Hexenmachen" hier im Spital gelernt und habe einen Hagel in Flums gemacht. Der böse Geist, schwarz gekleidet, sei darauf zu ihr gekommen, habe ihr keine Ruhe gelassen, überall in Mels, Bärschis und hier musste sie zu seinem Willen sein. Von ihrer Lehrmeisterin habe sie einen Stein erhalten, der jeden Menschen, dem man selben aufs Haupt lege, "verlahmen" mache. Auch Salben habe sie erhalten, um damit Menschen und Tiere lahm zu machen. Allein habe sie zwei Hagelwetter gemacht und mit ihrer Lehrmeisterin drei, eines zu Stäfa, eines zu Küsnacht und eines nahe bei Zürich. Seit sie gefangen, sei der böse Geist zweimal bei ihr gewesen und hätte mit ihr gebuhlt. Die Lehrmeisterin habe die Hagel gemacht mit zwei Haaren, welche sie einem "verdorbenen" Rosse ausgezogen. Nach Rickenmann. *** Rapperswil hat von da an keine Hexen mehr verbrannt, im ganzen überhaupt nur vier, während an andern Orten diese armen Opfer eines unbegreiflichen Wahnes in grosser Zahl hingeschlachtet wurden. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 407, S. 235 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Hexen auf Obersaxen

Source: Hexen auf Obersaxen

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Ein Bauer ging spät in der Nacht an dem zerfallenen Stalle, dessen Umgebung Sand genannt wird, und etwa eine halbe Stunde vom Meierhof entfernt liegt, vorbei. Da hörte er ein Tönen, wie wenn man an metallene Gegenstände schlägt, und durch die Bäume gewahrte er einen lichtroten Glanz; er sah feurige Blitze und geisterhafte Gestalten um den Stall herum sich bewegen. Einige dieser Gestalten hatten goldene Kugeln in den Händen, und mit Diesen spielten sie wie die Kinder. - Auch war Musik da, aber Alles so lärmend, dass dem Bauern ganz »wind und weh« dabei wurde. Er fasste aber wieder Mut und trat näher, um die unbekannten Gestalten kennen zu lernen; aber eine Derselben kam auf ihn zu, und führte ihn vom Stalle weg, mit dem Bedeuten, dass er sich heimmachen solle. Der Bauer konnte viele Nächte nicht mehr schlafen, immer und immer kamen die grässlichen Gestalten ihm in den Sinn. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Hexen bannen

Source: Hexen bannen

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Eine Familie in Buus bezog ein neu erworbenes Haus gegenüber der Wohnung einer Frau, welche die Leute für eine Hexe hielten. Bald näherte sich diese Frau dem Hause, um die neuen Nachbarsleute zu besuchen. Doch der älteste Sohn der Familie hatte vorsorglich einen Hexenbannkreis um das Haus gezogen. Als die Hexe diesen Kreis betrat, blieb sie wie angewurzelt stehen und rief dem jungen Mann zu, er solle das «chaibe Züg» sein lassen. Darauf entfernte sie sich eilig und machte von dieser Zeit an nie mehr einen Besuch. Doch suchte sie die Kinder durch allerlei Geschenklein (in ungerader Zahl) anzulocken. Das gelang ihr aber nicht, denn die Eltern hatten den Kindern eingeschärft, nicht das geringste von ihr anzunehmen. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Hexen fürchten alles Geweihte und Heilige

Source: Hexen fürchten alles Geweihte und Heilige

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1. Zu Pfarrer Bissig († 1911) in Seedorf sei einst eine Weibsperson gekommen und habe Topfblumen feil geboten. Dem Pfarrer gefrelen die schönen, seltenen Blumen, und er wollte ihr ein Stück abkaufen. Wie oft er aber die Hand nach der Pflanze ausstreckte, so oft wich das Weib immer wieder zurück; es war einfach nicht imstande, sie ihm einzuhändigen. Da sagte der Käufer zu seiner Haushälterin: »So nehmt ihr sie ab!« Sie langte nach dem Topf mit den Worten: »Eja, im Namä Jesus cha-n-ä ja abnä'.« Indem sie aber den heiligen Namen aussprach, prallte die Verkäuferin wieder zurück. »So stellt den Blumenstock auf die Mauer!« schnerzte jetzt der Pfarrer. Sie tat es, und da konnte er die gekaufte Pflanze zu sich nehmen. Das Geld mussten sie der Hexe ebenfalls auf die Mauer legen, denn aus der geweihten Hand des Priesters es entgegenzunehmen, das war ihr einfach nicht möglich. »Jää, vorem G'wichnä-n- und vor heiligä Nämä und vor güetä Gidankä hennt-s'Respäk, d'Pfaffächällärä.« Fr. Karolina Tresch-Gisler, 80 J. alt 2. »In den Alpen Trogen und Lammerbach,« so erinnert sich ein 75jähriger Augenzeuge, »vagierte vor bald 60 Jahren auch so ein verdächtiges Bettelweib herum. Ich gab ihm ein schönes Almosen. Da sagte der Joder nachher zu mir: ›Hättisch g'seit, so nimm's i Gottsnamä, sä wärisch de scho drüffchu, was es g'sy wär‹. Am folgenden Tage wanderte es weiter gegen Brunni und Sittlisalp, und wenige Tage später entlud sich über alle diese Alpen ein schytzliches Hagelwetter.« Fr. Johanna Brücker-Arnold, Unterschächen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Hexen in Gemsgestalt

Source: Hexen in Gemsgestalt

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1. a) Ein Ratsherr kehrte, wenn er die Ratsversammlungen im Hauptorte besuchte, immer im nämlichen Wirtshause ein. Jedesmal, wenn er das Wirtshaus verliess, stand die Wirtin vor der Türe oder am Fenster, schaute ihm nach und lachte so kurios. Nun, der Ratsherr war auch ein leidenschaftlicher Hochwildjäger. Als er einmal eine Gemse geschossen hatte und hinging, sie auf seine Schultern zu laden, war sie verschwunden, und an ihrer Stelle lag nichts anderes als – ein dürrer Maijen, wie ihn die Weibervölker auf dem Hute tragen, und den steckte er auf seinen Hut. Bald hernach kam er wieder in den Hauptort und besuchte sein gewohntes Gasthaus. Die Wirtin liess sich diesmal nirgends blicken. Der Wirt hingegen betrachtete lange und scharf des Ratsherrn Kopfbedeckung und platzte endlich mit den Worten heraus: »Wennd's migli wär, sä seit-i, dü hättisch myner Fräuw der Mäijä-n-uff dym Hüet!« Die Wirtin aber wurde nie mehr gesehen, sie war und blieb verschwunden. Jos. M. Epp, Etzlital b) Nach einer Erzählart von Gurtnellen war der Jäger ein noch lebender Bauer aus den Kilchbergen zu Silenen. Als er einmal mit seinem auf die oben beschriebene Art erworbenen Maijen nach Altdorf kam, beschauten ihn alle Leute und sagten, das sei der Maijen der Frau Landammann. Die Frau Landammann war aber seit geraumer Zeit verschwunden. Jos. Gamma, 30 J. alt 2. Ein Wassner Jäger streifte oft am Rienzen herum. Eine Gemse stellte sich mehrmals auffallend und neckte ihn. Er durfte nicht schiessen. Auch Freunde, denen er davon erzählte, rieten ihm davon ab. Es würde zuerst ihn töten, sagten sie. Endlich tat er Gesegnetes in das Pulver, und das nächste Mal schoss er. Die Gemse fiel in einen engen, tiefen Krachen hinunter, und nur ein Stück eines blauen, rotgestreiften Weiberrockes blieb sichtbar. Als er heimkam, war die eigene Frau verschwunden und kam nicht mehr zum Vorschein. Sie war die erschossene Gemse gewesen. Fr. Wipfli-Baumann, 70 J. alt, u.a. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Hexen in Hermelin verwandelt

Source: Hexen in Hermelin verwandelt

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Ein alter Jäger von Matt saß einst auf der Berghöhe des Gulderstocks; da brach ein Hermelin unter einem Stein hervor. Obwohl der Jäger von seinem Vater und andern alten Jägern schon längst gewarnt worden war, nie im Gebirge Hermelin zu schießen, so wollte er das Tier dennoch erlegen. Er legte an, zielte und feuerte den Schuss ab. Da aber zersprang das Gewehr in tausend Stücken und augenblicklich war der Jäger von einer Unzahl Hermeline umringt. Der Jäger aber, der wohl wusste, zu welcher Sorte von Hermelin diese Tiere gehörten, machte sich eiligst aus dem Staube. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Hexen in Lungnez

Source: Hexen in Lungnez

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Zwischen Morissen und Villa befindet sich ein Stall, der schon seit Altem als ein Versammlungsort der Hexen gehalten wird. Vor einigen Jahren kam nun ein Mann aus Igels (der noch heute lebt) von Morissen weg auf dem Heimwege zu diesem Stalle, es mochte neun Uhr Abends sein. - Da vernahm er von Weitem schon Musik und Tanz, und gewahrte, beim Stalle angelangt, dass Derselbe hell erleuchtet war, als brenne es inwendig, und rings um den Stall war ein Tanzen und Lärmen, wie er sein Lebtag noch nie was erlebt hatte, - aber er vermochte Keines der Tanzenden zu erkennen. Ohne zu wollen, trat er näher, eine geheime Gewalt zog ihn hin. Er wollte weg, konnte aber nicht - er war gebannt. Da schrie er endlich: »Zum Teufel, drei Brode habe ich bei mir!« - Diese Worte hatten die Kraft, ihn von der geheimen Gewalt zu befreien; er konnte weiter ziehen. Ganz erschöpft kam er daheim an, und verfiel in eine Krankheit, die mehrere Jahre dauerte. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Hexen in Wasterkingen

Source: Hexen in Wasterkingen

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Hexen in Wasterkingen Wasterkingen im Rafzerfeld war in früheren Zeiten als Hexenort arg verschrien. Die dortigen Einwohner wurden mit dem Reim gehänselt: Wasterkingen, Wasterkingen ist ein schöner Flecken; sind viel alte Weiber drinnen, die reiten auf den Stecken. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Unterland Vernaleken, 202. Der Vers dürfte wohl nach dem grossen und letzten Hexenprozess von 1702 entstanden sein, bei welchem sieben Opfer enthauptet und eines verbrannt wurde. Siehe darüber P. Schweizer, Der Hexenprozess und seine Anwendung in Zürich, Zürcher Taschenbuch 1902. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Hexen zu Oberhittnau und zu Dürstelen

Source: Hexen zu Oberhittnau und zu Dürstelen

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Die Hexe zu Oberhittnau In Oberhittnau erzählte Bas Anneli, da sei eine Hexe, die „füülst“ und „bööst“ in der ganzen Welt. Diese habe sie schon mehr als hundertmal zur Nacht im Bett gedrückt und jedesmal habe sie das verdammt Lueder gesehen, wenn sie in die Kammer herein und zu ihrem Bett gekommen sei. Einmal an der Fronfasten z’Nacht sei sie so schrecklich von ihr gedrückt worden, dass sie geglaubt habe, sie sei, Gott bhüet uns davor, lahm. Da habe sie das rechte Bein mit beiden Händen in die Höhe gehoben und mit lauter Stimme gerufen: „Im Namen Gottes, des Vaters, des Sohns und des heiligen Geists, ich bin lahm!“ Da habe die Hexe plötzlich nachgelassen und sich nach derTüre gewendet. Dann habe sie ihr laut nachgerufen: „Gelt, gehst jetzt, du verfluchter, verdammter Sibechätzer! Du weisst schon, dass dir des Pfarrers Knecht die grosse Zehe abgeschossen hat, als du dich im Dürsteler Holz, im Stoffel droben in einen Hasen ‚vergstaltest‘ hast! Du Blitz, du Kanali!“ Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Mit unbedeutenden Änderungen aus Stutz, S. 38; siehe ferner daselbst S. 35 und 413. Das Drücken durch Gespenster, Unholde, schrättlein nennt man auch Alpdrücken.   Die Hexe zu Dürstelen Vor Jahre war in Dürstelen eine Hexe. Man habe sie in Zürich gefoltert; aber wenn der Henker gemeint habe, die Hexe hange oben, so seien es nur deren Kleider gewesen. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Stutz, 38. Er sagt am selben Ort, dass man zu seinen Zeiten noch wirklich an Hexen glaubte; musste er doch in seinen Knabenjahren zuschauen, wie man den als Hexen verhöhnten Frauen die Zunge herausstreckte. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Hexen, Glocken und Klosterbrand

Source: Hexen, Glocken und Klosterbrand

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Im Herbstmonat 1737 starb in Zug eine der verabscheutesten Unholden der Urschweiz, Lisi Bossard, nach qualvollem Leiden den Feuertod. Das Volk in Unterwalden spricht jetzt noch von der „Lisi Bossi" und ihrem Frevel, den sie am Gotteshaus Engelberg begangen habe. Es war am 29. Augstmonat 1729, als daselbst Studenten, wie die Sage lautet, Raketen spielten. Unglücklicherweise fuhren solche in das Gebäude und steckten es in Flammen. Man eilt beim ersten Wahrnehmen zu den Glocken hin, aber o weh, die Stränge ziehen nicht an, sie fallen halb versengt herab, bis auf das Seil an der grossen Glocke, welches allein noch fest hängt und den Glockenmund zum Hülferufen öffnet. Doch war es eben kein Sturmgeläute, wie es sein sollte, und die Talbewohner erkannten die Not zu spät. Daran ist Lisi Bossi Schuld. Sie war um den Weg und hat mit ihrer Schwarzkunst den Raketen die unheilvolle Richtung angezaubert, Brand erregt und die Glocken stumm gemacht. Nur auf die grosse Glocke hatte sie keine Gewalt.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Hexenfahrt

Source: Hexenfahrt

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Ein Jüngling liebte eine Maid. Jeden Sonntagabend besuchte er sie. Bald genügte ihm das nicht mehr, und er erlaubte sich, die Woche hindurch dann und wann einen Kiltgang einzuschalten. Das schien ihr aber nicht besonders zu behagen, denn sie sagte jedes Mal: „Am Freitag musst du dann nicht kommen, da habe ich keine Zeit.“ Anfänglich machte er sich nichts aus dieser Rede. Später kam ihm der Verdacht, das Mädchen könnte heimlich noch einen andern heben und diesem den Freitagabend widmen. Eifersucht quälte ihn, und er beschloss, der Sache auf die Spur zu gehen. Am nächsten Freitag machte er sich im Dunkel der Nacht auf den Weg, um den Nebenbuhler zu ertappen. Hübscheli schlich er sich ans Häuschen heran. In der Küche brannte Licht. Der Fensterladen schloss nicht gut. So konnte er durch eine Spalte alles beobachten, was drinnen vorging. Sein Schätzchen stand im Sonntagsgewand vor dem Spiegel, kämmte sich die Haare, flocht sie zu Zöpfen und band sie mit Seidenbändern. „Aha, die falsche Katze schmückt sich für den andern“, dachte er. „Wenn er kommt, so werfe ich ihn in den Brunnentrog. Dort wird ihm die Hitze schon vergehen.“ Aber es kam anders. Die Geliebte holte jetzt einen Topf herbei, nahm daraus eine Handvoll Fett und salbte damit einen Besenstiel. Sie setzte sich rittlings auf denselben und sprach: „Obenus u niena an.“ Sogleich schwebte sie empor und flog im Hui zum Kamin hinaus. Eine Weile noch stand der Jüngling verdutzt am Fenster. Dann entschloss er sich, dem Mädchen zu folgen. Er drang in die Küche, ergriff einen Besen, salbte ihn, klemmte ihn zwischen die Beine und sprach die Zauberworte. Da fühlte er sich emporgehoben und zum Kamin hinausgetragen. In sausender Fahrt flog er immer weiter und höher, über Felder und Wälder und Hügel und schlafende Dörfer. Endlich verlangsamte sich der Flug, und als seine Füsse wieder den festen Boden unter sich fühlten, da stand er auf einer Waldwiese, die von einem mächtigen Feuer erhellt war. Hier wimmelte es von Hexen und Hexenmeistern. Die einen wirbelten im Tanze, die andern sassen an reichgedeckten Tischen und assen und tranken. Einige Zeit stand er da, schaute dem ausgelassenen Treiben zu und suchte seine Liebste zu erspähen. Jetzt entdeckte er sie. Sie tanzte ganz übermütig. Ihre Blicke trafen sich. Sogleich liess sie, ihren Tänzer fahren, ergriff auf einem der Tische einen Becher voll Wein, brachte ihn dem Burschen und sprach mit ausgesuchter Liebenswürdigkeit: „Soso, bist du auch hier? Eh, das freut mich - das freut mich. Trink erst diesen Wein, und dann wollen wir tanzen - tanzen.“ Er nahm den Becher aus ihrer Hand und sagte: „In Gottes Namen - ja.“ Da ertönte ein hundertstimmiger Wutschrei - stockdunkel wurde es, und der ganze Zauber verschwand. Dem Jüngling war, als stürze er aus den Wolken in rasender Schnelligkeit auf die Erde hinunter. Der Atem ging ihm aus, er glaubte ersticken zu müssen, - die Sinne schwanden ihm. Als er wieder erwachte, schien ihm die Morgensonne ins Gesicht. Er lag in einem Sumpf - viele Stunden von daheim entfernt. Der Schlamm verdeckte ihn fast. Einen halbverfaulten, stinkenden Pferdefuss hielt er noch in der Hand. Das war der Becher, den sein Schatz ihm gereicht hatte.   Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch


by Hexenfahrt und Hexenbuch

Source: Hexenfahrt und Hexenbuch

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Zu zwei nicht mehr ganz jungen Mädchen im Urnerländchen ging ein Knabe zu Stubeten (auf Besuch). Sie erlaubten ihm zu kommen, wann er wolle, nur am Freitag und Samstag abends möge er ausbleiben. Darüber stach ihn der Wunder, und trotz allem Verbot schlich er doch an einem Freitag abends zu jenem Haus, wo er verstohlen durch's Fenster hinein die zwei Mädchen beobachtete. Der Lauschende schaute nun, wie die eine ein Brettchen mit einer Salbe aus einem Tiegel heraus bestrich und dann sprach: „Zum Kamin aus und nirgends an." Gleich war sie fort. Jetzt kam die zweite und machte es ebenso und ward richtig entrückt. Er wollte nun diese Probe auch bestehen, ging in die Stube, strich sich ein, denn er hatte nicht recht gehört, schlug es ihn im Kamin fast an alle Ecken und Enden an und flog dann mit ihm durch Busch und Hag weit fort in einen „furchtbar" grossen und schönen Palast, wo alle Anwesenden tanzten. Viele Musikanten waren da und unter denselben befand sich auch seine Katze, die er genau erkannte. Jetzt wusste er, warum sie immer bei Tag schlafe. Es wurde viel aufgetragen, aber nirgends Brot. Man brachte ihm ein Buch, in welches er sich sollte einschreiben lassen. Nach langem Weigern sagte er zu, wenn er's selber tun könne. Das ward gestattet und er schrieb die Namen Jesus, Maria und Joseph hinein und ein Kreuz in die Mitte. Da hatte das Buch keine Kraft mehr.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Hexengeschichte

Source: Hexengeschichte

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Im Stalduried heimu oich a mal an g'wissi jungi Wibsperso far a Hex g'häbet, di d's Veh verzäubrot hei. Eini van da hei a schöni frischkalbjoti Chuo mit am schönu Uter g'häbet. Wie nuh (nun) diz Wib mit discher Chuo, über du Platz g'fahrun ist, hätsch z'ihra selber g'seit: «We doch d'Hex nit abba umha ist, dasch mar d'Chuo g'seh cha, sust verliertsch mar sicher d'Milch old tuotsch abbas Tifolsch dran erdeichu (daran etwas böses anrichten.) Und richtig, wiesch mit der Chuo über dun Platz g'fahru sind, da sy d'Hex grad vor dum Hus g'sessu. Da hei d'Hex z'ihne g'seit: «Gebe che Gott Glück z'diescher Chuo.» Da het ihr d's Wib g'antwortot: «Ja du hellischi Hex, i weiss scho wie du Glück wischost.» Und oigublicklich sy d'Chuo tod niederg'fallu. Da sy d'Lit, di das g'seh heint, g'schwind zum Pfarrherr z'Staldu g'liffu und hei die vermeinti Hexe angiklagt, dasch ne grad di schö Chuo gitötet hei. Wie nu der Pfarrherr uf du Platz zer totu Chuo cho sy, hei er dum Volch g'seit mit zornige Blicku: «Lät mar das Mensch mit Fried, schi ist kei Hex, ja wen ihr's wissu wellt, es ist besser wa ihr — und wil ihr ihm heid d'Ehr g'stohlu, so hät sus Gott zuo gla z'ewwer Straf, dass der Tifol scha plötzlich erwürgt hät. Und wenn ihr's nit glaubu wellt, so b'schouwet du Hals vanner Chuo. Und richtig hei mu um du Hals van ner Chuo, zwei brandschwarzi Strife g'seh, as weh jemand mit g'firige Armu der Chuo schich um du Hals g'wunnu (winden) hätti, um scha z'erwirggu. Und so hät der Pfarrherr das arm Mensch van der Hexustraf erlöst.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Hexenglauben aus Bürglen

Source: Hexenglauben aus Bürglen

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1. Durch die Bürgler Berggüter wanderte vor etwa einem halben Jahrhundert ein sonderbares Weibervolk. Am Rücken trug es einen Korb, der beständig nach rechts und links hin- und herwackelte. An einem Orte säete es Bohnen, und daselbst hat es noch am nämlichen Abend gehagelt. In Kluser Michis Berggut Riedlig zu Spiringen starb es. (Es war also die irrsinnige Vinzenzia Megnet von Attinghausen.) Seine Leiche wurde auf einen Karren geladen, mit Grissästen gedeckt und nach Attinghausen befördert. Auf dem Wege kam Arnet Heiris Ludwini von Bürglen hinzu, lüftete die Grissäste und sah, dass die Leiche brandschwarz war. Auch flogen schwarze Vögelein herum. Einige behaupten, die Hexe sei nach Glarus geführt und dort verbrannt worden (19. Jahrh.!). 2. Noch ein anderes Wybervölchli, ds Tügg-Annäli, vagierte in jenen Jahren in Bürglen herum; es trug in einem Zeintli Tüggkugeln (Tuff) und bot sie zum Kaufe an. Aber das war nur ein Vorwand, glaubte man, in die Häuser zu gelangen und zu schaden. Man hielt es im Geheimen für eine alte Hexe. Johanna Brücker-Arnold; Josefa Planzer-Muoser Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Hexenhalfter

Source: Hexenhalfter

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Als der Bursche auf seinem Gaul ritt, meinte er: »Das Ross trämpelet näiwä nitt güet«, suchte einen Schmied auf und liess es beschlagen. Am folgenden Morgen wollte des Meisters Frau gar nicht aufstehen. Der Knecht fasste Argwohn und erzählte alles. Jetzt gingen Knecht und Meister miteinander ins Stübli und forderten die Frau auf, ihnen Hände und Füsse zu zeigen. Weil sie sich weigerte, zogen sie selber die Decke ab und staunten nicht wenig, als die Frau an Händen und Füssen mit Hufeisen beschlagen war. Katharina Gamma, 50 Jahre alt, Wassen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Hexenmeister

Source: Hexenmeister

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Ein junger Bettler kam in ein Bauernhaus und bat um ein Mittagessen. Der Bauer wies ihn ab, da er jetzt nicht Zeit habe, indem noch viel Heu in die Scheune zu bringen sei."Gut," sagte der Bursche; "Ihr bringet heute gar kein Heu ein." Sprach's und ging. Der Bauer konnte das Heu an diesem Tage wirklich nicht unter Dach bringen. Hatte er einen "Wisch" gefaßt, flugs kam ein Windstoß und trug alles fort, während die Nachbarn ungestört arbeiten konnten. Erst am andern Tage wurde das Heu eingebracht. Noch vielen andern Schaden richtete der Bursche an, wenn man ihn erzürnte. Endlich kam er vor Gericht, und da stellte es sich heraus, daß er unwürdig kommuniziert hatte. Er war also ein Hexenmeister. A. Sprenger.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 44, S. 23 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Hexenmeister von Ägeri

Source: Hexenmeister von Ägeri

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In der Gegend von Ägeri sollen vor altersgrauen Zeiten zwei Hexenmeister gehaust haben und von diesen geheimnisvollen Schwarzkünstlern erzählte man sich wunderbare Dinge. In einer Taltiefe der Oberägerer Allmend, nahe bei den Schwyzeralpen, zu Füssen des St. Jostenbergs, wohnte in einer alten Waldhütte der Kohler. Als Zauberer glaubte man ihn im Bunde mit dem Teufel. Wegen dieses Bündnisses mit dem Bösen soll er in Zug durch den Scharfrichter hingerichtet worden sein. Vor seinem Tode legte er folgendes Bekenntnis ab: Einst habe er sich in einen gefällten Baumstamm verwandelt. Auf diesen knorrigen Baumstamm hätten sich nun zwei müde Holzfäller gesetzt, um ihren schmackhaften Zobig zu verzehren. Einer der Männer habe dann zum Zeitvertreib mit dem Messer in der Baumrinde des Stammes herumgestochert, und das habe ihn, den Kohler, furchtbar geschmerzt. Bei einer andern Gelegenheit versprach er einigen Jägern eine recht glückhafte Jagd, sie müssten aber genau in der von ihm bestimmten Himmelsrichtung gehen. Voll Freude und Jagdbegier gehorchten sie dem Tausendkünstler, und hatten wahrhaft ihren Gehorsam nicht zu bereuen, denn eine Unmenge Wild sprang ihnen über den Weg. So viele Hasen, Hirsche und Rehe hatten sie ihrer Lebtag noch nie gesehen. Aber wie sie nun auf das Waldgetier losfeuerten, krümmten sich die Läufe ihrer Flinten und sie konnten rein sauber nichts erlegen. Der andere Hexenmeister, Hans Blattmann mit Namen, stand 1597 in Luzern vor Gericht und musste sich wegen angeblicher Zauberei verantworten. Zu seinem geheimnisvollen Treiben stund ihm ein reiches Arsenal zur Verfügung: Schüssel, Feuerspiegel, Kampfring, silberne Zeichen, gesegnete Wachskerzlein, Samenkörner, ein Segensbüchlein und ein sogenanntes Jungfrauenpergament. Dieses Jungfrauenpergament diente ihm zum Häuten und Stechen. Er verfertigte auch Heilmittel, so bereitete er eine heilsame Salbe für kranke Beine und zu diesem Zwecke nahm er Rindermark, Wildkatzenfett und Dachsenschmalz sowie gesegnetes Wachs von kleinen Kerzen. Im Volke erzählte man sich eigentümliche Geschichten von seiner grossen Wunderkraft. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 103 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Hexenmeister „Chriesibueb“

Source: Hexenmeister „Chriesibueb“

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Hexenmeister „Chriesibueb“ Einmal zog die Stadt Zürich einen berüchtigten Hexenmxeister gefänglich ein.Er hiess beim Volke nur der „Chriesibueb“, weil er mir Vorliebe an fremde Kirschen ging. Ganz besonders waren ihm die Zürcher aufsässig. Nun wollten sie in ihn hängen. Aber er durfte noch eine letzte Bitte tun. Nichts als ein Chlüngeli Garn wollte er haben. Aber kaum hielt er dieses in der Hand, so rollte er es ein Stück weit ab, warf es empor und erhob sich, das Fadenende in den Händen, vor der erstaunten Menge in die Luft. Der Gefängniswärter aber fand an der Türe von der Chriesibueben Hand den lustigen Spruch geschrieben: D Zürcher sind witzig und iri Türm sind spitzig. Und wänn si Auge hetted wie d Rappe, so chönted s de Chriesibueb nüd ertappe. Später wurde er aber doch hingerichtet, aber im Urnerbiet. Dabei hat er dem Scharfrichter noch einen bösen Tuck gespielt. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Wörtlich aus Büchli, 3, 269. Seine Quelle: E. Wälti, Blumen aus den Alpen, Bern 1841, S. 39   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Hexenohnmacht wider Glocken

Source: Hexenohnmacht wider Glocken

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a) Die Sankt-Laurentius-Kapelle zu Dallenwil muss doch einer Unholdin, die auf der Alp Wirzwele hauste, sehr im Wege gestanden sein, dass sie derselben Vernichtung schwur. Was aber eine rechte Hexe war, konnte bei guter Gelegenheit von einem Bergabhange nieder auf einer gewaltigen Erd- und Schuttmasse zu Tale fahren, sichtbar oder unsichtbar. Das nannte man eine Ribe, Rübe, und mit einer solchen Lokomotive sollte jene Kapelle wegrasiert werden. Das Unwetter war gebraut und stieg schwarz herauf; der Platzregen rauschte mächtig nieder, und das Weib riss mit übermenschlicher Gewalt tief den Erdboden auf, um ihn vernichtend über das Kirchlein zu schlämmen, als plötzlich ihr böser Wille alle Macht verlor und das Werk auf halbem Gange in's Stocken geriet. Denn triumphierend tönten von der Kapelle am Steinibach die Klänge des Wetterglöckleins. Ihrer Wut wider den geweihten Glockenmund machte sie in den Worten Luft. „Ich kann nicht weiter, das Steinibach-Hündli billt." - Der Erdrutsch heisst noch jetzt die „Hexenriebe."   b) Vor Zeiten sei in der angrenzenden bernerischen Gemeinde Gondiswil eine Hexe gewesen, die den Grossdietwilern Hagelwetter geschickt habe. Auf den Rat eines frommen Mannes habe man gegen diese Zaubereien die Beinhausglocke machen lassen und läutet sie nun, wenn ein Hagelwetter droht.  Die Hexe habe dann gesagt: „Wenn das Beinhausglöggli läutet, die vier Ferli in Ebersecken schreien und die gross Mohr in Willisau röchelt, so kann ich nichts mehr machen."   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Hexenohnmacht wider Glocken

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a) Die Sankt-Laurentius-Kapelle zu Dallenwil muss doch einer Unholdin, die auf der Alp Wirzwele hauste, sehr im Wege gestanden sein, dass sie derselben Vernichtung schwur. Was aber eine rechte Hexe war, konnte bei guter Gelegenheit von einem Bergabhange nieder auf einer gewaltigen Erd- und Schuttmasse zu Tale fahren, sichtbar oder unsichtbar. Das nannte man eine Ribe, Rübe, und mit einer solchen Lokomotive sollte jene Kapelle wegrasiert werden. Das Unwetter war gebraut und stieg schwarz herauf; der Platzregen rauschte mächtig nieder, und das Weib riss mit übermenschlicher Gewalt tief den Erdboden auf, um ihn vernichtend über das Kirchlein zu schlämmen, als plötzlich ihr böser Wille alle Macht verlor und das Werk auf halbem Gange in's Stocken geriet. Denn triumphierend tönten von der Kapelle am Steinibach die Klänge des Wetterglöckleins. Ihrer Wut wider den geweihten Glockenmund machte sie in den Worten Luft. „Ich kann nicht weiter, das Steinibach-Hündli billt." - Der Erdrutsch heisst noch jetzt die „Hexenriebe."   b) Vor Zeiten sei in der angrenzenden bernerischen Gemeinde Gondiswil eine Hexe gewesen, die den Grossdietwilern Hagelwetter geschickt habe. Auf den Rat eines frommen Mannes habe man gegen diese Zaubereien die Beinhausglocke machen lassen und läutet sie nun, wenn ein Hagelwetter droht.  Die Hexe habe dann gesagt: „Wenn das Beinhausglöggli läutet, die vier Ferli in Ebersecken schreien und die gross Mohr in Willisau röchelt, so kann ich nichts mehr machen."   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Hexensee und Hagelsee

Source: Hexensee und Hagelsee

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Der Hexensee und der Hagelsee auf der Alp Tschingelfeld liegen wegab in einem durch ein Felsjoch in zwei Teile geteilten Tälchen hochalpinen Charakters zu Füssen des Hinterbirg, der Grenzscheide zwischen Brienz und Grindelwald. In den Tiefen der beiden Seen hausten einst bösartige Geister, die zu Zeiten aus dem Wasser stiegen und die Gegend, Mensch und Vieh, mit fürchterlichen Ungewittern schreckten. I Beim Hexensee besammelte einst der Teufel seine Freundinnen und Freunde zu Hexentanz und ausgelassenem Gelage. Der spielsüchtige Küher, der an Bättenalp den Tod seines Buben und der ganzen Viehherde im Volli verschuldet hatte, soll sich im Hagelsee ertränkt und dann als einer der bösen Geister die Älpler mit grausen Dingen in Schrecken versetzt haben. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Hexentanz

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Zwischen Schuhegg und dem Malunbach, hoch über dem abstürzenden Wasserfall, ist das „Egli". Dort hielten die Hexen ihre lustigen Feste und Tänze in Gegenwart und unter Anführung ihres schwarzgrünen, bockbeinigen Tanzmeisters.  Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 354, S. 198f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Hexentanz

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1. Von einer Stelle der Gotthardstrasse aus, nahe der Teufelsbrücke, habe man früher in der Chilwi (so heisst die Örtlichkeit) ob dem Teufeltal die Hexen tanzen gesehen; sie trugen kurze, gestreifte Röcke und auf dem Kopf Schinhüte. In der Nähe dieses Tanzplatzes ist ein Brunnen. »Diä hennts lustig!« sagten allemal die Leute, die dem Tanze zuschauen konnten. Anton Wipfli, 70 J. alt, Wassen 2. In der Oberbitzimatt zu Sisikon, wo ich in meiner Jugend aufgezogen wurde, traf ich eines Tages auf einem ebenen Plätzchen einen Ring, worin gar nichts wuchs, der die blosse Erde zeigte; er war ungefähr einen Schuh breit, hatte etwa den Umfang eines grossen Wagenrades und umschloss in der Mitte ein kleines, rundes Stücklein Land, das fruchtbar war. Ich sagte das meinem Pflegevater, und der sagte: »Ja, dieser Ring sei stets unfruchtbar, weil darin die Hexen getanzt hätten.« Michael Aschwanden, 80 J. alt 3. Weibel-Toni-Sepp mit seiner Geliebten sitzen eines Abends, da sie vom Markte von Altdorf heimgekehrt, auf dem Bänkli vor dem alten Haus in der Rütti und plaudern fröhlich und in allen Ehren mit einander, keines Unrechtes sich bewusst. Da, auf einmal erblicken sie auf dem Bödemli unterhalb des Nachbarhauses in der Hostet ein Weibsbild in einem kurzen bärsianenen Röcklein, das wie rasend in unheimlicher Schnelligkeit einige Male im Kreise um einen Baum herumspringt und dann plötzlich verschwindet. Das »Karisieren« haben die zwei an jenem Abend dann aufgegeben. (19. Jahrh.) Mitget. v. Pfr. Jos. Arnold, Spiringen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Hexenwerk

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Der Pfarrherr von Oberwil, der an keine Hexen glauben wollte, stiess (um 1570) eines Tages, als er in Eile über einen Brückensteg schritt, eine ihm in dem Weg stehende Vettel in den Kot hinab. «Herr Pfaff», schrie die Alte heiss ergrimmt zu ihm auf, «du sollst mir`s nicht umsonst getan haben!» Er wurde vom Gürtel bis zu den Sohlen gelähmt, so dass er zur Kirche und zu Krankenbetten jeweils von zweien getragen werden musste. Nach drei Jahren wurde das Weib krank und erbat von dem Geistlichen die Absolution. Es erwähnt in der Beichte die Zauberei nicht, versprach aber, ihm dazu zu verhelfen, dass er bald nach ihrem Ende gesund werde. Nachdem die Alte «auf die ihr vom Satan bestimmte Zeit verstorben war», wurde der Priester dreissig Tage darauf plötzlich frisch und gesund. Oberwil Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Hexerei im Jahre 1577

Source: Hexerei im Jahre 1577

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Jakob Süry von Muttenz 1577 «zu Arlasheim für das Malefizrecht gestelt, beklagt und auf Jr bekhennen zum feuer verurtheilt» worden sind. Zu Dorothea war vor drei Jahren einer in schwarzen Kleidern in die Reben gekommen und hatte sie aufgefordert, ihm zu Willen zu sein, dann gebe er ihr, dass sie keinen Mangel haben müsse. «Das hab sie than und er hab ir ein Hafen mit gelt geben und hernach noch ein mal ein hand voll, da sie heim khommen, sey das im Hafen nicht(s) denn Rosskoth und das in der Hand nur laub gewesen.» Auch ihre Schwester und Süry sind auf diese Weise um Geld betrogen worden. Einmal sind die Schwestern auf einem schwarzen Hund zum Hexentanz geritten, ein andermal sind sie «auf ein nacht auf ein besen gsessen und die stieg abgeritten. Da sey ein Thier wie ein Geiss gestanden, daruf si gesessen und durch den Garten hinab, den bach hinaufgefahren. Und der Süry sei auch bei Jnen gesin und hab Jnen zu Danz pfiffen und ein Irrlicht hab mit Jrem buben danzet…» Reinach Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Hi, in Gottes Namen

Source: Hi, in Gottes Namen

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Auf der alten Landstrasse, die beim Schlosse Forsteck vorbeiführt, ging das Fuhrwerken vor Zeiten sehr mühsam, und es brauchte für Fuhrmann und Pferde viel Geduld. Wenn aber ein Fuhrwerk fast nicht mehr vorwärtskommen konnte und der Fuhrmann mit Fluchen, Schimpfen und Dreinschlagen sich helfen wollte, so stellte sich ein roter, zottiger Hund vor die Pferde und fing schauerlich zu bellen an, so daß die Pferde sich aufbäumten. Dann ging's gar nicht mehr, und die Eulen im nahen Walde schienen mit ihrem "Wick, Wick" und "Puhu, Puhu" den Fuhrmann noch wacker auszulachen. Kam aber der Fuhrmann zur Ruhe und Besinnung, sagte er ein frommes Wort: "Hi, i Gotts Name", und hatte er zugleich den Mut, den Hund mit der Peitsche abzuwehren, so hatte der Spuk ein Ende. Die Rosse zogen frisch an und überwanden ohne Störung die Steigung des Fahrweges. J. Göldi   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 86, S. 39f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Hieno auf dem Katzenstriegel bei Zurzach

Source: Hieno auf dem Katzenstriegel bei Zurzach

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Vor Alters reichten die Waldungen des Dorfes Tegerfelden fast bis gegen die Matten des Fleckens Zurzach hinunter. Dies dauerte so lange, bis sich eigennützige Ortsvorstände der Waldvogtei bemächtigten; unter ihrer schlechten Verwaltung kam der gute Gemeindebrauch ab, alle Jahre einmal einen Umgang um den Gemeindebann zu machen und die Marksteine der Reihe nach zu besichtigen. Da nun diese Gemarkungen nach und nach umsanken und weggeräumt wurden, so ging die sichere Waldgrenze gegen den Flecken Zurzach hin verloren, und es nahmen sich's die Zurzacher heraus, einige Tegerfelder im Walde beim Holzen zu fangen und abzustrafen unter dem Vorgeben, dieselben hätten auf fremdem Boden Holz gefällt. Allein die Bestraften verblieben auf ihrer Behauptung, wie dieses ihr eigener Grund und Boden sei, und riefen ihre Mitbürger um Schutz an. Die zwei Gemeinden konnten nicht einig werden. Die Zurzacher sprachen den ganzen Wald bis auf den Kamm des Zurzacher Berges für sich an, und gerade so meinten die Tegerfelder, es habe der ihnen zukommende Waldteil bis auf eben diesen Berg und noch jenseits bis zur Bergwiese im Beckenmoos zu reichen. So trieben sie ihren Prozess vor den Landvogt in Baden. Da die Urkunden fehlten, so sollten Zeugen entscheiden und diese von den Zurzachern gestellt werden. Den einen sollten sie aus ihren eignen Bürgern wählen dürfen, der andere Zeuge musste ein fremder sein. Da gelang es ihnen, einen alten Tegerfelder zu bestechen, und dieser war wirklich so ehrvergessen, nicht bloß ihr Schiedsmann zu werden, sondern nun seine eignen Heimatgemarkungen selbst zu schmälern. Bei der neuen Setzung der Grenzsteine, die nun erfolgte, sprach er den Zurzachern alles zu, was ihnen nicht gebührte; und wenn ihm die Seinigen dabei ins Wort fielen, so schwur und schrie er ihnen ins Gesicht mit seinen aufgehobenen Schwörfingern: „Hie noche und hie nein müend ihr d'Marche setze!“ So gingen den Tegerfeldern durch zwei Bösewichte mehr als hundert Juchart schönster Buchenwaldung für immer verloren. Allein die Strafe blieb nicht aus. Der falsche Zurzacherzeuge kam auf eine unbekannte Weise aus der Welt. Nun läuft er in dem Buchenwalde herum und legt sich sogar dem Postwagen, der hier durchfahren muss, in den Weg. Am liebsten tut er dies vor den drei heiligen Zeiten, da läuft er von der Grenze des Dorfes Reckingen bis zu der von Rietheim auf einem nun armseligen Waldhau, der den Zurzachern gehört und nur Zwergföhren trägt; früher aber stand derselbe voll herrlicher Buchen, denn dies ist eben jener Waldhau, der sonst den Tegerfeldern zur Bannbeschreitung gedient hatte. Aber auch dem Zeugen aus Tegerfelden ging es nicht besser. Derselbe war daheim Gemeinderat und Gastwirt im Gelben Löwen. Trotzdem und samt dem erworbenen Judasgelde sank er nun bald in tiefe Armut herab. Zuletzt zog er gar aus dem Dorfe weg. Er fristete sich noch einige Zeit damit, dass er den Lederhändlern, die auf der Zurzacher Messe besonders zahlreich erscheinen, die Häute aus dem Lagerhause in ihre Gewölbe karrte. Dies Taglöhnerbrod ward ihm zu sauer, und so fand man ihn endlich auf der Heubühne an einem Knüttelseil erhängt. So oft sich nun jener Schwurtag wieder jährt, kommt er im Gelben Löwen aus einem Hinterhause, welches man für das alte Wirtschaftslocal hält, während das Vordergebäude neuern Ursprungs ist, auf einem Schimmel geritten und wendet sich dann hinaus ins Grütt, einem Tegerfelder Waldstrich. Dort wartet schon sein schlechter Kamerad auf ihn. Unter dem fortwährenden Geschrei: „Hie noh und hie nein!“ ziehen sie auf den Katzenstriegel zu allen Punkten, wo die Marken heute rechtlich stehen sollten. Dann streckt er auch den Leuten, die ihm da begegnen, seine Hand zum Gruße dar, und wenn man so klug ist, ihm statt der eigenen den Stock entgegen zu bieten, so hat man des andern Tags das Vergnügen, die Brandspuren seiner drei Schwörfinger deutlich darauf eingedrückt zu sehen. Er trägt kurze Pluderhosen bis zum Knie, einen weißen und einen roten Strumpf, auf dem Kopf einen Dreiröhrenhut. Die übrige Zeit des Jahres ist er daheim im Hintergebäude des Wirtshauses. Hier hatte er sonst die Fremden geärgert und ihnen das Deckbette weggezogen; deshalb hat man jene Zimmer in einen Tanzsaal umbauen lassen. Aus Verdruss hierüber hat er sich dann in den Taubenschlag hinauf gemacht. Seine Urenkel sind ein angesehenes Geschlecht, und so redet man überhaupt nicht gerne mehr von ihm. Je nachdem man sich diese Begebenheit von einem Tegerfelder oder von einem Bürger aus Zurzach erzählen lässt, ist der angeschuldigte Bannbetrüger natürlich aus der andern Gemeinde. In Zurzach beschuldigt man sogar das kleine Städtchen Klingnau, man habe durch dieses den vormals größern Waldbann einbüßen müssen. Darüber redet die nachfolgende Geschichte. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Hienoch! Hienoch!

Source: Hienoch! Hienoch!

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In dem zwischen Zurzach und Tegerfelden gelegenen Walde hört man oft in finstern und stürmischen Nächten den Ruf: „Hienoch! Hienoch!“ (Hiernach! Hiernach!), wodurch des Wegs Unkundige nicht selten irre geführt werden. Davon erzählt die Sage: Bei einer zwischen genannten Gemeinden entstandenen Markstreitigkeit wurden die zwei ältesten Männer — als wohl die kundigsten — bei Ehre und Gewissen aufgefordert, die richtige Scheidelinie anzugeben. Obwohl nun beide die richtige Scheidelinie nicht mit Bestimmtheit anzugeben wussten, so schwur doch der Eine von ihnen, dass er die wahre Grenze kenne, und so schritt er unter dem fortwährenden Rufe: „Hienoch! Hienoch!“, weit über dieselbe hinaus, so dass die eine Gemeinde um ein gut Stück Land arg betrogen war. Zur Strafe für dieses Verbrechen geht nun der Unglückliche auch jetzt nach seinem Tode noch jenen Ruf ausstoßend als Geist um. Hinweis: Die gleiche Geschichte, etwas ausführlicher erzählt, findet sich bei E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856, unter dem Titel „Hieno auf dem Katzenstriegel bei Zurzach“ C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Hilfe aus der Zwergenwelt

Source: Hilfe aus der Zwergenwelt

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Im Berner Oberland war ein Mann am Heuen. Als er sich einmal nach dem Wetter umschaute, stand plötzlich ein Zwerg neben ihm und bat ihn um eine Handvoll Heu. Der Bauer sah ihn verwundert an – er war nicht grösser als ein Büblein – und erwiderte dann: «Was du in einer Bürde tragen magst, kannst du haben.» Der Zwerg schien mit diesem Bescheid zufrieden, ging in die Scheune und bald flog Heu aus dem Dachgiebel heraus wie Regen. Es hörte nicht auf‚ bis auch der letzte Halm draussen lag. Der Bauer traute seinen Augen nicht, als er sah, wie der Zwerg alles Heu in eine Bürde zusammenband und diese davontragen wollte. «Halt, du Schelm!» rief er jetzt, «so war es nicht gemeint. Wenn du alles Heu mitnimmst, wie sollen denn ich und mein Vieh durch den Winter kommen?» Der Zwerg jedoch antwortete ruhig: «Lass es gut sein. Wenn all dein Heu verbraucht ist, so gib mir Bescheid.» Damit verschwand er.  Ein harter Winter zog ins Land und schon kurz nach Neujahr war alles Heu aufgebraucht. Der Bauer wusste sich kaum mehr zu helfen. Wie er nun eines Tages sorgenvoll auf dem leeren Heuboden hin- und herging, erschien im Balkenwerk plötzlich der Zwerg und sagte: «Vertraue mir dein Vieh nur an. Du aber gehst jeden Tag in den Stall und machst deine Arbeit wie immer. Und du musst versprechen, die ganze Zeit nicht zu schimpfen und nicht zu fluchen.» Damit war der Mann einverstanden. Der Zwerg trieb die ganze Herde auf und davon. Der Bauer sah ihnen mit langen Blicken nach. Ob er seine Kühe wohl jemals wieder sah? Er tat jedoch seine Arbeit wie abgemacht. Freilich schien sie ihm im leeren Stall so ganz und gar sinnlos. Er konnte kaum den Frühling erwarten. Und eines Tages verlor er die Geduld und fing laut zu fluchen an. Kaum waren ihm die Worte entschlüpft, meinte er, die Glocke seiner Leitkuh zu hören. Schnell sprang er zum Giebelboden und spähte durch die Luke hinaus. Der Glockenton schien von ganz nah zu kommen. Und jetzt kamen seine Kühe am nahen Waldrand zum Vorschein, rund und fett, und neben jeder trabte ein Kälbchen. Auf dem hintersten Tier sass der Zwerg. Als nun der Zug beim Stall eintraf, sprang der kleine Reiter zu Boden, drohte dem Bauer mit dem Finger und rief: «Hätt’st dein Versprechen gehalten, hätt’ ich das Vieh noch länger behalten.» Damit war er auch schon verschwunden.  Quelle: H. Hartmann, Berner Oberland in Sage und Geschichte, Interlaken 2010.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Hilfe gegen Schadenzauber

Source: Hilfe gegen Schadenzauber

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Über einen Versegner in Zeiningen berichtet der Pfarrer von Arisdorf (1602): «Etlich suchen bei demselben nit allein verlorener Sachen halben Rath, sondern auch, wann sie nach gehaltener Hochzeit …bei ihnen selbs, wie sie es dorfür halten, impotentiam befunden, wie verschiedene getan, die ihre ausgezauberte Mannheit ihres Erachtens in Zeiningen wieder geholt.» Arisdorf-Olsberg Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Hilfreiche Hausgeister

Source: Hilfreiche Hausgeister

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а) Man hat früher stellenweise in der innern Schweiz auch eine Art freundlicher, hilfreicher Hausgeister vorausgesetzt, und sie gewöhnlich mit dem Namen „Unghür" bezeichnet, während unter „Gespenst" ein bösartigeres Wesen zu verstehen war. Ein solches Unghür auf der Guggern im Ibrig, drei Stunden bergeinwärts hinter Schwyz, schaukelte die Wiegenkinder, so oft die Mutter daran verhindert war. Auch rief es an Sonn- und Feiertagen, wenn die Leute nicht von selbst erwachten, denselben auch zur Frühmesse.   b) In des Rüöggen Heimen auf dem Stoss ob Brunnen war ein Unghür so heimelig, dass es mit den Kindern oft „Verbergis" spielte.   c) So kam um Mitternacht aus dem Sagenmatt-Gaden nördlich ob Brunnen das Unghür dem Gutsbesitzer, Jost Dietrich Ulrich, der in der Kleinstadt wohnte, es anzuzeigen, dass eine Kuh am Kälbern sei.   d) Im Schrottengaden unten an der Halden zu Hopfräben bei Gersau wandelte ein Unghür. Die gute Hausmutter im Hopfräbenhaus vergass nicht, alle Abende beim Rosenkranz auch ein Vater unser für die Unghür, „die uns helfen schirmen und wachen" zu beten. Einmal war niemand zu Hause und es verabredeten deshalb einige Buben, sie wollten einem bei dem menschenleeren Hause des genannten Mannes übervoll dastehenden Zwetschgenbaum es etwas leichter machen. In der Stille der Nacht schlichen sie sich hinzu. Da schau! es wächst etwas aus dem Boden, erhebt sich, wird ellenlang, schlingt sich um den Ast herum, hängt den geöffneten Rachen auf der andern Seite herunter und glotzt die Bursche mit feurigen Augen an. Nicht länger die Schlange anzulugen hatten sie Lust, sprangen davon, dahin und dorthin und wussten nicht, wie sie heimkamen. Am Morgen waren sie immer noch so erschrocken, dass keiner zum andern kam.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Himmlischer Gesang

Source: Himmlischer Gesang

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In einer anmutigen Ebene, wo herrliche Wiesen und Waldungen, dann wieder Gebüsche an der sanftfliessenden Muta und am Staubbache abwechseln, während dort drüben waldichte Halden mit einer gewaltigen senkrechten Felswand und stufenartigen Weiden über ausgedehnte Nossen dem Auge sich darbieten, dreiviertel Stunden von der Kirche zu Mutatal nach Schwyz hin, steht von einigen Häusern umgeben seit undenklichen Zeiten die Kapelle im Ried, dem heiliegen Täufer Johannes geweiht. Einst, da sie im Abgange sich befand, hörten die Nachbarn oft einen „übernatürlich lieblichen Gesang" darin, was manche glaubwürdige Zeugen bestätigt haben. Darauf hin entschloss sich 1635 der Herr Abyberg, dessen Eigentum sie war, den Neubau vorzunehmen.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Hinecht gitt's ä chüehli Nacht

Source: Hinecht gitt's ä chüehli Nacht

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So ä Bixler (ein Jäger, der mit der Büchse ging) syg einisch spät im Herbst innärä-n-Alphittä b'nachtet. Und darnah wo-nner da i dz Heiw innägschliffä syg, syg äs Mandeli chu und heig nu Heiw üf-nä-n-anä g'hyt und heig Lädä-n- und Tirä und allä Tyfels zämäplinderet und alles uf der Jeeger anä byget und heig gseit: »Hinecht gitt's den ä chüehli Nacht.« Und darnah, wo-nner wider ärwachet syg, syg äs bigoscht-hindärä Lanxi gsy. Karl Gisler, Schächental Der Sammler dieser Sagen erinnert sich, die obige schon in der Jugend in den achtziger Jahren aus dem Munde eines Schächentalers, namens Leonz Arnold, gehört zu haben, und wenn mal eines von uns im Sinne hatte, einen recht langen Schlaf zu tun, sagte es, bevor es ins Bett ging: »Hinecht gitt's (den) ä chüehli (chalti) Nacht.« Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Hirschbock im Ramhölzli

Source: Hirschbock im Ramhölzli

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Ein Jäger aus Beromünster, Kant. Luzern, jagte die ganze Gegend durch bis herab nach dem Walde Ramholz, der beim Aargauer- Dorfe Gontenschwil ist. Hier traf er auf einen grossen Hirschen und schoss ihn mit der Freikugel zusammen, die er gerade im Laufe stecken hatte. Weil er aber dem Schusse auf ein blosses Thier nicht zuvor den Zauber gelöst hatte, muss er nun selbst in Thiergestalt in den Wäldern umgehen. Auch erzählt man, da er alle Thiere zu bannen verstand, so habe er nicht mehr nach ihnen, sondern mit Freikugeln gegen die Sonne geschossen; darauf seien ihm drei Blutstropfen auf die Hand gefallen und er erlahmte. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Hirtentreue

Source: Hirtentreue

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Glarus und Bünden hatten sich einstens entzweit, und es erhob sich zwi­schen ihnen oft Zank und Reiberei. Da sammelten sich die Glarner und unternahmen einen Raubzug gegen die Bündner. Sie kamen auf den Flimser-Stein, wo sie die Sennen in die siedende Milch warfen; nur Einer derselben konnte sich retten. - Als die Glarner das Vieh zusammengetrieben und mit demselben sich entfernt hatten, kroch er aus seinem Verstecke, in das er sich gerettet, hervor, stieg auf eine hohe Tanne und blies in sein Horn: »Trubina! Trubina! s Landammas die bru Chua Mit der grossa Schälla Und Alls goht Vorna duri Dem Glarnerland zua. Ih guga, ih guga; Mi Guga verspringt. Gott Vater, Gott Suhn Zum Himmel mi bringt.« Der Senne blies so heftig in sein Horn, dass er versprang und von der Tanne herabfiel. Sein Blut rieselte wie ein Bächlein am Flimser-Steine herunter, und so entstand jener rote Streifen an demselben. Trubina, die in Flims wohnte, die Geliebte des Sennen war, und den Mahnruf desselben vernommen hatte, machte die Dorfbewohner schnell mit der schrecklichen Kunde vertraut. Die Flimser jagten den Feinden nach und ereilten Dieselben im ersten Dorfe, wo die Räuber über der Grenze im Wirtshause sassen, indes diese das Vieh in einem Baumgarten zum Verkaufe angebunden hatten, zechten und, so lange sie das Geläute der Glocken und Schellen hörten, an keine Gefahr dachten. Als sie aber aus dem Wirtshause kamen, fanden sie im Baumgarten nur noch einen Stier, den die Bündner zurückgelassen. Diese hatten nämlich allem Vieh Glocken und Schellen abgenommen, diesem Stiere angehängt und auf diese Weise die Glarner getäuscht, aber ihr Vieh gerettet. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Hitze und Kälte ertragen

Source: Hitze und Kälte ertragen

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Unter einem »Nesseli« (kleinen Felsen) trafen sie einst eine Frau an, über die beständig Wasser herabrann. Man fragte sie an, und sie antwortete, sie habe im Leben Hitz und Kälte nicht leiden wollen, und darum müsse sie da sein. Josefa Imhof-Aschwanden Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Höch uf u nienen a!

Source: Höch uf u nienen a!

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Höch uf u nienen a! Es Meitschi het e Chnächt iglade, zue-n-ihm z’cho; aber a däm u däm Tag söll er nid cho. Dr Chnächt het em Meischter dervo gseit; dä het das gchüschtet u dr Chopf gschüttlet‚ das gfall ihm ume halb; das Meitschi sig nid es guets; är söll einisch goh, wo-n-es gseit heig, a däm u däm Tag söll er deheime bliebe. Derno het dr Chnächt em Meischter gfolget un isch gange. Jä, wieso är hinecht chömm, frog ’s Meitschi. He, säg er, är heig grad guet dr Zit gha. Derno heig er si uf ene Bank gleit u dergliche to, är schlofi. Drufabe sig ’s Meitschi u gli druf d’Muetter i d’Chuchi use. Sie hei zsäme gchüschelet, un är het verstange, wie d’Muetter gseit het, sie wöllen ihm es Ei i d’Hang gä, de erwach er de nid. Derno hei beidi e Bäse vüregno; sie si druf ghocket u hei gseit: „Höch uf u nienen a.“ Eso si sie dür d'Luft us! Dr Chnächt het’s Wunger gno, wohi die däwäg usflüge. Är het no ne Bäse gseh, nimmt ne u seit: „Höch uf u nienen a!“ Das isch gange wie im Chutt! Är isch in e Wihalle cho. Do isch’s gar luschtig gange. Aber du si sie cho, un är hätt söllen ungerschriebe; är het nid welle. Uf’s Mol isch alls lär gsi. Niemer isch do gsi. Jetz het er müesse mache, dass er furtcho isch, süsch hätt ne d’Polizei abgfasset. Das Hinlegen des Eis in die Hand des Knechtes lässt sich wohl als Zauberhandlung deuten: Im Ei schläft etwas; und das Leben, das in verschlossener Schale schlummert, sieht nicht und hört nicht. Und so wie ein Leben im Ei schlummert, soll auch der Mensch, der das Ei in Händen hält, schlafen und nicht wahrnehmen, was um ihn herum geschieht. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929     Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Hoch-Rhealta

Source: Hoch-Rhealta

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Der letzte Ritter hier, ein arger Plaggeist des Landvolks und von diesem endlich in seiner Burg belagert, verband in der Bedrängnis seinem schwarzen Rosse die Augen, bestieg und spornte es in den Abgrund. Man sagt, ein Wesen, bald Katze, bald weiss gekleidete Jungfrau, bewache hier Schätze; wer sie heben wolle, müsse dem Wächter sein Schnupftuch werfen, sobald derselbe sich sehen lasse. Aus: U. Brunold-Bigler, Die Sagensammlung der Nina Camenisch, Disentis 1987, mit freundlicher Genehmigung der Autorin. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Hockgeister

Source: Hockgeister

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1. Der Tannbock Westlich von Heitenried liegt das Tannholz. In diesem Walde hauste vor Zeiten ein böses Ungeheuer. Es hatte die Gestalt eines grossen, schwarzen Geissbocks und wurde der Tannbock genannt. Man wusste nicht, ob dieser ein höllisches Wesen war oder der irrende Geist eines Sonntagsjägers, eines Wald- oder Wildfrevlers. Am Tage wurde er nie gesehen. Er trieb sein Unwesen zwischen dem Abend- und dem Morgenbetläuten. Da rannte er hinter den Leuten her, und im Vorbeisausen warf er sie grob zu Boden. Oft sprang er plötzlich aus einem Gebüsch, verstellte dem Wanderer den Weg und drohte, ihn mit den Hörnern zu bearbeiten. Manche, die von ihm verfolgt wurden, flohen gegen die Pfandmatt. Der dortige Bauer besass einen grossen Hund, der den Verfolgten zu Hilfe eilte. Vor diesem Hund fürchtete sich das Ungeheuer und floh in den Wald zurück. Einen üblen Streich spielte der Tannbock einem Schuhmacher. Der hatte in Niedermuhren auf der Stör gearbeitet. Am Abend wollte er nach Winterlingen in sein Heim zurückkehren. Man riet ihm, er solle nicht durch das Tannholz gehen, sonst werde ihn der Tannhock verfolgen und ihm gar ein Leid antun. Ob dieser Zumutung war der Schuster beleidigt, und prahlend entgegnete er: „Ich fürchte weder Bock noch Geiss - weder Mensch noch Geist. Gebt mir lieber noch ein Gläsli, das ist besser als guter Rat.“ Sie schenkten ihm eines ein. Er trank es in einem einzigen Zuge und sagte halbschlau: „Auf einem Bein kann man nicht gut laufen, noch viel weniger ein Ungeheuer bändigen.“ Da schenkten sie ihm das zweite ein. Er goss es hinunter und meinte: „Wir Schuhmacher sind gewöhnt auf einem Dreibein zu sitzen. Versteht ihr?“ Sie verstanden und schenkten ihm das dritte ein. Er warf es in einem einzigen Gutz den Schlund hinunter, bedankte sich und nahm den Weg unter die Füsse. Als er ins Tannholz kam, rief er in einem fort mit frechem Übermut: „Tannbock, mä-ä-ä-äh! - Tannböckeli, mä-ä-ä-äh!“ Auf einmal hörte er aus der Tiefe des Tanns etwas daherspringen. Radatt-radatt-radatt machte es und nahte mit Windesschnelle. Er blieb stehen und rief: „Chomm Gitz-gitz-gitz!“ Jetzt sauste das Ungetüm wie ein Sturmwind heran, und hopp - sprang es ihm auf den Rücken. Es meckerte und schnaufte, es stank wie ein Misthaufen und war entsetzlich schwer. Das arme Schuhmacherli musste diese Last im Sprunge durch den Wald chreetzen. Erst am Rande des Gehölzes fiel das Tier lautlos von seinen Schultern und verschwand. G. K.    2. Der Messerwetzer Zwischen Alterswil und Obermonten liegt das Grossholz. Es ist wegen seines schönen Stationenweges bekannt. In früheren Zeiten soll es in diesem Walde, namentlich zur Nachtzeit nicht geheuer gewesen sein. Es ging dort ein sonderbarer Geist um. Ein junger Mann aus Obermonten begab sich eines Tages nach Alterswil. Er liess sich dort von guten Freunden versäumen und trat erst in später Nachtstunde die Heimreise an. Sein Weg führte durch das Grossholz. Bald hörte er, wie jemand brummend und redend hinter ihm herging. Er spitzte die Ohren und lauschte, doch konnte er nicht verstehen, was der Unbekannte sagte, die Entfernung war zu gross. Aber der Hintermann kam beständig näher, und mit einem Male war seine Rede deutlich zu vernehmen. „Wetz dis Mässer, - wetz dis Mässer“, so brummte er in einem fort. Dazu machte er ein Sibu-säbu-geräusch, als ob er wirklich ein Messer wetzen würde. Der scheint mir kein gemütlicher Weggefährte zu sein, dachte der Obermontener und verdoppelte seine Schritte, um aus dem Wald und der Nähe des Unheimlichen hinaus zu kommen. Doch plötzlich schrie der Fremde ganz dicht hinter ihm: „Wetz dis Mässer, - wetz dis Mässer!“ Der junge Mann war nicht chlüpflig. Er blieb stehen und schaute um sich. Doch konnte er nirgends ein menschliches Wesen entdecken. Drum rief er mit voller Stimme seine Antwort in den Wald hinaus: „Nit nötig - mis Mässer houtI“ Kaum hatte er die Worte gesprochen, so sprang ihm eine dunkle Gestalt auf den Rücken und trieb ihn zum Laufen an. Schneller, immer schneller musste er gehen. Das Ungetüm hetzte, jagte, drohte. So eilte er durch die Nacht, schwitzend und keuchend unter der schweren Last, bis er in Obermonten sein Heim erreichte. Dort stürzte er sich gegen die Haustüre, dass sie krachend aufsprang. Jetzt erst fiel das Gespenst von seinem Rücken. und verschwand. Fiebernd legte sich der Mann nieder und musste lange Zeit das Bett hüten. Auch hatte der Schreck ihm die Sprache genommen. Erst nach und nach erlangte er sie wieder.   3. Und noch andere Ein anderer Hockgeist ging im Chrüziholz bei Düdingen um. Als der Sigrist von St. Wolfgang einst in der Nacht durch diesen Wald ging, rief er im Übermute aus: „Wena da as Ungkür ischt, so soll es nume grad choe!“ Da sprang ihm augenblicklich eine schwarze Gestalt auf die Schulter. Sie blieb dort sitzen und trieb den armen Mann, - als wäre er ein Ross - zu raschem Laufe an. Vor der Haustüre erst sprang der unheimliche Reiter ab und verschwand. P. N. Bongard * In Benewil hauste in einem alten Ofenhaus ein Ungeheuer. Einst ging ein verspäteter Kilter dort vorbei. Da sah er im Backofen ein helles Feuer brennen und aus dem Kamin stieg eine schwarze Rauchsäule. Den Kilter gelüstete es nach einem Abenteuer, und er rief: „Heeh! Ungkür, we du Chueche bachischt, so gimmer o as Stücki.“ Im selben Augenblick erlosch das Feuer im Backofen. Zum Fenster heraus sprang ein grosser, schwarzer Hund und setzte sich dem Burschen auf die Schultern. Der Junge floh entsetzt heimzu und versuchte im Gehen immer wieder die grausige Last abzuwerfen. Es gelang ihm nicht, der Hund hatte sich fest verkrallt. So musste er ihn weitertragen. Erst als sein Fuss die Hausschwelle berührte, fiel das Tier zur Erde und verschwand. Der junge Mann legte sich erschöpft ins Bett. Er stand am Morgen nicht mehr auf. Ein heftiges Fieber schüttelte ihn. Am Abend war er eine Leiche. P. N. Bongard   Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch    


by Hoggema

Source: Hoggema

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Da der Glarner-Geisshirt den Oberblegisee durchschwimmen will, beißt ihm der darin hausende Haggemann das Haupt ab. as Zürcher Landgespenst Hakenmann ist entschieden bösartig, auch am Glarner Walensee kennt und fürchtet sich jedes Kind vor seinem turmhohen Haken; mit den Ertrunkenen füttert der Wassergeist seine Fische, die selber wieder so groß sind wie „Tremmel" (Baumstämme). E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.    


by Höhlen und Löcher

Source: Höhlen und Löcher

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a) Das Arniloch. Ein alter Mann hat in seiner letzten Krankheit erzählt: Hinter Wolfenschiessen verlässt man die Engelberger-Strasse und gelangt seitwärts über Alpenboden an eine steile Felswand, in die hinein das Arniloch sich weitet. Im Sommer liegt ein Seelein drinnen, im Winter ist es abgeflossen. Mein Vater war daselbst und hat 's gesehen. Er ist auch an der Wand hinaufgeklettert und hat so von unten herauf durch eine kleine Öffnung in einen grossen schönen Saal hinein geschaut, wo eine Menge Säulen prachtvoll glitzerten. Die Wände sind mit Gold, das hier wächst, bekleidet. Einst war ein Bergwerk da, aber jetzt kennt man den seitlichen Eingang gar nicht mehr. Wenn man daherum bei den Leuten um den Weg auf die Arnialpe sich erkundigt, so fragen sie gleich: „Wänd er au is Goldloch?"   b) Man mag vor em Enziloch was immer für Sachen einstreuen - am Morgen drauf ist alles weg und der Platz wieder fein sauber gelegt.   c) Das Mondmilchloch am Pilatus, von den Obwaldnern Mahmilchloch genannt, hatte nach der Sage im Hintergrund eine nun verfaulte Leiter, um in die Tiefe hinab zu dringen, welche bis in die entgegengesetzte nördliche Felswand laufen sollte. Von dort unten herauf, aus der Bründlenalp, meinte man die Herdenglocken zu hören.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Höhlen und Löcher

Source: Höhlen und Löcher

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a) Das Arniloch. Ein alter Mann hat in seiner letzten Krankheit erzählt: Hinter Wolfenschiessen verlässt man die Engelberger-Strasse und gelangt seitwärts über Alpenboden an eine steile Felswand, in die hinein das Arniloch sich weitet. Im Sommer liegt ein Seelein drinnen, im Winter ist es abgeflossen. Mein Vater war daselbst und hat 's gesehen. Er ist auch an der Wand hinaufgeklettert und hat so von unten herauf durch eine kleine Öffnung in einen grossen schönen Saal hinein geschaut, wo eine Menge Säulen prachtvoll glitzerten. Die Wände sind mit Gold, das hier wächst, bekleidet. Einst war ein Bergwerk da, aber jetzt kennt man den seitlichen Eingang gar nicht mehr. Wenn man daherum bei den Leuten um den Weg auf die Arnialpe sich erkundigt, so fragen sie gleich: „Wänd er au is Goldloch?"   b) Man mag vor em Enziloch was immer für Sachen einstreuen - am Morgen drauf ist alles weg und der Platz wieder fein sauber gelegt.   c) Das Mondmilchloch am Pilatus, von den Obwaldnern Mahmilchloch genannt, hatte nach der Sage im Hintergrund eine nun verfaulte Leiter, um in die Tiefe hinab zu dringen, welche bis in die entgegengesetzte nördliche Felswand laufen sollte. Von dort unten herauf, aus der Bründlenalp, meinte man die Herdenglocken zu hören.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Höhlen und Löcher

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a) Das Arniloch. Ein alter Mann hat in seiner letzten Krankheit erzählt: Hinter Wolfenschiessen verlässt man die Engelberger-Strasse und gelangt seitwärts über Alpenboden an eine steile Felswand, in die hinein das Arniloch sich weitet. Im Sommer liegt ein Seelein drinnen, im Winter ist es abgeflossen. Mein Vater war daselbst und hat 's gesehen. Er ist auch an der Wand hinaufgeklettert und hat so von unten herauf durch eine kleine Öffnung in einen grossen schönen Saal hinein geschaut, wo eine Menge Säulen prachtvoll glitzerten. Die Wände sind mit Gold, das hier wächst, bekleidet. Einst war ein Bergwerk da, aber jetzt kennt man den seitlichen Eingang gar nicht mehr. Wenn man daherum bei den Leuten um den Weg auf die Arnialpe sich erkundigt, so fragen sie gleich: „Wänd er au is Goldloch?"   b) Man mag vor em Enziloch was immer für Sachen einstreuen - am Morgen drauf ist alles weg und der Platz wieder fein sauber gelegt.   c) Das Mondmilchloch am Pilatus, von den Obwaldnern Mahmilchloch genannt, hatte nach der Sage im Hintergrund eine nun verfaulte Leiter, um in die Tiefe hinab zu dringen, welche bis in die entgegengesetzte nördliche Felswand laufen sollte. Von dort unten herauf, aus der Bründlenalp, meinte man die Herdenglocken zu hören.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Höhlen und Löcher

Source: Höhlen und Löcher

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a) Das Arniloch. Ein alter Mann hat in seiner letzten Krankheit erzählt: Hinter Wolfenschiessen verlässt man die Engelberger-Strasse und gelangt seitwärts über Alpenboden an eine steile Felswand, in die hinein das Arniloch sich weitet. Im Sommer liegt ein Seelein drinnen, im Winter ist es abgeflossen. Mein Vater war daselbst und hat 's gesehen. Er ist auch an der Wand hinaufgeklettert und hat so von unten herauf durch eine kleine Öffnung in einen grossen schönen Saal hinein geschaut, wo eine Menge Säulen prachtvoll glitzerten. Die Wände sind mit Gold, das hier wächst, bekleidet. Einst war ein Bergwerk da, aber jetzt kennt man den seitlichen Eingang gar nicht mehr. Wenn man daherum bei den Leuten um den Weg auf die Arnialpe sich erkundigt, so fragen sie gleich: „Wänd er au is Goldloch?"   b) Man mag vor em Enziloch was immer für Sachen einstreuen - am Morgen drauf ist alles weg und der Platz wieder fein sauber gelegt.   c) Das Mondmilchloch am Pilatus, von den Obwaldnern Mahmilchloch genannt, hatte nach der Sage im Hintergrund eine nun verfaulte Leiter, um in die Tiefe hinab zu dringen, welche bis in die entgegengesetzte nördliche Felswand laufen sollte. Von dort unten herauf, aus der Bründlenalp, meinte man die Herdenglocken zu hören.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Holländers Haus

Source: Holländers Haus

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Das grosse Bauernhaus mit dem weit ausladenden Dach und den gotischen Fenstern kennt man unter dem Namen s Holländers Huus. Es war früher eine Freistatt, wohin Übeltäter aus den Dreizehn alten Orten flüchten konnten. Eine alte Jahrzahl und die an das Haus gemalten Kantonswappen sind übertüncht worden, damit nicht alle Leute, die vorbeigehen, das Haus angaffen (!). Jenseits des Strässchens stand früher eine grosse Linde. Diese wurde von einem Sturmwind zerrissen. Jetzt steht eine junge dort. Die ehemalige Kantonsgrenze ging mitten durch die Linde hindurch. Es soll an dieser Stelle viel geschmuggelt worden sein. Ein früherer Besitzer des Hauses habe sich durch diesen Schmuggel grosse Reichtümer erworben. Man habe die Schmuggelware auf dem Gempenstollen ausgetauscht. Zu einer Zeit soll das Haus dem Kloster Olsberg gehört haben. Damals lag ein grosser Teil des Hersberger Bannes im österreichischen Fricktal, später im Aargau, und war steuerfrei. Als in Baselland die Staatssteuer eingeführt wurde (1892), wurde eine Grenzregulierung zwischen den Kantonen Baselland und Aargau vorgenommen. Hersberg Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Höllenwein

Source: Höllenwein

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Die ersten Geistlichen, die in Salgesch wohnten, sollen die Johanniter gewesen sein. Sie hatten ihr Haus dort, wo heute das Pfarrhaus steht. Einst besuchten nun befreundete Ritter diese Johanniter in Salgesch. Hoch zu Ross kamen die Gäste an und wurden festlich bewirtet. Natürlich gab man ihnen auch Wein aus den eigenen Reben zu trinken. Der war so gut, dass sie einige Becher über den Durst tranken. Als die Herren wieder verreisen wollten, waren sie total betrunken und wussten nicht mehr, was beim Pferd vorn und was hinten war. Erstaunt fragten sie von den Pferden herab: «Was habt ihr uns da für Wein gegeben, das ist ja richtiger Höllenwein. Man weiss ja nicht mehr, wo man hinkommt!» Daher soll der Höllenwein seinen Namen haben. SALGESCH Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Höltis Grab

Source: Höltis Grab

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Höltis Grab Links an der Strasse von Winterthur nach Frauenfeld, nicht weit von Oberwinterthur, steht ein schöner Eichenwald, Höltis Grab genannt, von dem folgende Sage geht. In alten Zeiten stand an der Stelle, wo jetzt Oberwinterthur liegt, eine grosse Stadt. Ein feindliches Heer lagerte sich um die Stadt und mühte sich lange Zeit vergeblich ab, dieselbe zu erobern. Schon war das Heer im Begriff, die Belagerung aufzuheben und abzuziehen, als ein angesehener Bürger, Hölti, für eine grosse Summe Geldes dem Feinde einen geheimen Gang zeigte, durch welchen er während der Nacht in die Stadt eindringen konnte. Aber die wachsamen Bürger bemerkten zur rechten Zeit noch die drohende Gefahr und schlugen den Feind zurück. Höltis Verrat wurde entdeckt. Zur Strafe wurde der Verräter lebendig begraben und ihm ein Rohr in den Mund gesteckt, das bis über die Oberfläche der Erde heraufreichte, damit er nicht ersticke, sondern vor Hunger sterben müsse. Höltis treue Gattin wachte an seinem Grabe bis zu seinem Ende und liess dann an der Stelle des Grabes den Eichwald pflanzen, der heute noch steht. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Winterthur und Weinland Wörtlich aus Herzog I, Nr, 227. Vgl. dazu die Sage „Kölpeli“. Die Ähnlichkeit der beiden Sagen ist unverkennbar; auch die Namen der beiden Verräter klingen noch entfernt ähnlich. Es dürfte sich bei beiden Sagen um dasselbe geschichtliche Ereignis handeln: Ein Kampf der eindringenden Alemannen um die Eroberung des Kastells Vitodurum. In diesen Zusammenhang stellt sich auch die Sage von der „Wagenburg bei Oberembrach“. - Nach J. U. Hubschmied sind die Namen Kölpeli und Hölti nicht aus dem Romanischen übersetzt oder übernommen; er hält sie für Decknamen des Teufels. „Dass Sagenerzähler als Namen für Verräter Decknamen des Teufels verwendeten, ist naheliegend.“ Es ist aber auch möglich, dass beide Namen von einem wirklichen Personennamen abgeleitet sind, aber im Laufe der Zeit bis zur Unkenntlichkeit „zersagt" wurden. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Holz sammeln in Gravatscha

Source: Holz sammeln in Gravatscha

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In uralter Zeit wohnte in Las Agnas unten ein König, der hatte drei Söhne namens Gian, Giachem und Andreia. Eines Tages verkündete der König, dass der Wald in Gravatscha drüben zum Holz sammeln offen war. Er sagte zu seinen Söhnen: «Statt den ganzen Tag hier die Zeit zu verplempern, könntet ihr doch auch gehen und ein paar Krätzen Holz zusammenlesen.» Unsere drei Prinzen hatten nun eine "grosse" Freude an dieser Arbeit, denn sie waren natürlich nicht ans Holzsammeln gewöhnt, das war etwas Neues für sie. Nach dem Wunsch des Königs ging am ersten Tag der Älteste, Prinz Giachem. Die gute Königin war nicht besonders erfreut darüber, denn diese Arbeit schien ihr für Prinzen nicht so passend. Genug - sie liess sich von ihren Söhnen überreden und bereitete für ihren Giachem etwas Gutes zum Essen zu. Am andern Morgen ging Giachem beim Läuten des Beverser Glöckleins zum Holzschopf, zerrte seine Krätze und die Axt hervor und machte sich auf den Weg Richtung Gravatscha. Beim Wegweiser sah er schon einen Haufen Leute im Gänsemarsch den Hang von Gravatscha hinaufstürmen. - «Geht nur weiter, ihr Dummköpfe», dachte letzt Giachem, «ich habe keine Lust, schon am frühen Morgen bis zum Umfallen zu arbeiten und mir die Knochen auszurenken.» Deshalb ging er ganz langsam bergauf und gab sich keine Mühe etwas anderes aufzulesen als Ästlein auf dem Weg, doch das Bücken hatte ihn recht bald ermüdet und ihm die Lust aufs Holz sammeln vertrieben. Er schaute auf die Sonne und dachte, es werde jetzt bald Mittag sein; er hatte auch einen tüchtigen Hunger beisammen. Als er aufblickte, sah er gleich nebenan ein schönes Plätzchen, und er ging hin, um dort sein Essen auszupacken. Da kamen ein Hähnchen, ein Stück Bindenfleisch, ein guter Salsiz und sogar Schenkeli und ein Fässchen Veltliner zum Vorschein. Als er etwas mehr nach oben schaute, sah er einen schönen Baumstrunk und dachte: «Warte, warte, den muss ich haben; es ist besser, ich gehe jetzt hin und fälle ihn vor dem Mittagessen, denn nachher muss ich mein Schläfchen halten.» Er nahm seine Axt, ging hinauf, und bum, bum, begann er, auf den Strunk zu schlagen. Auf einmal gibt es einen Knall, dass unser guter Giachem ein Stück weit fortspringt, und vor ihm steht ein kleines, ganz in Rot gekleidetes Männlein mit einem langen weissen Bart. «Guten Tag, guten Tag, Herr Prinz», sagte es, «fürchtet Euch bloss nicht vor mir, ich bin nur das Wildmännlein. Was tut Ihr hier?» - «Das geht dich einen Scheissdreck an», erwiderte der Prinz, der sich jetzt wieder hinter sein Essen gemacht hatte. «Oho, oho», sagte das Wildmännlein, «so soll es Scheissdreck sein!» und verschwand. Nach dem Essen und dem Schläfchen lud Giachem seine Krätze mit jenen paar Holzscheiten auf und trottete missmutig nach Hause. Der König und die Königin standen vor dem Tor draussen und warteten sehnsüchtig auf ihren Sohn. Unterdessen kam unser Giachem mit seiner Krätze, die immer schwerer zu werden schien, über die Wiesen herangekeucht. Als er in Las Agnas war, sagte der König: «Nun lass sehen, was du heute gearbeitet hast.» Giachem leert seinen Korb aus, doch auf einmal riecht man einen fürchterlichen Gestank, und der König und die Königin stehen da - von oben bis unten voll Scheissdreck. Die Königin floh mit grossem Schreck durchs Tor, denn ihr schönes grünes Seidenkleid war völlig zerstört. «O du Trottel», schrie nun der König, «da hast du uns einen schönen Streich gespielt. Schämst du dich nicht, uns so zu ärgern?» Giachem wusste nicht, was antworten, und ging fluchend zu Bett. Am andern Tag ging Andreia Holz lesen. Doch es geschah ihm das Gleiche wie Giachem, nur dass diesmal der König und die Königin vorsichtshalber am Fenster standen. Anderntags liess der König den Gian nicht gern in den Wald, denn er fürchtete, dass es ihm gleich ging und dachte: «Wenn es auf diese Art weitergeht, so haben wir bald den Hof voller Scheissdreck.» Doch Gian liess sich nicht abhalten, und am nächsten Morgen lief er in aller Eile mit seiner Krätze bergan. Um Mittag hatte er sie bereits voll Holz. Auch er gelangte zum selben Baumstrunk wie die andern, und - tatsächlich - das Männlein erschien wieder, gerade als Gian am Mittagessen war. «Guten Tag, guten Tag, Herr Prinz, was tut Ihr hier?» fragte es. Mit allem Anstand antwortete Gian: «Ich esse soeben zu Mittag, und wenn es Euch passt, so seid Ihr dazu eingeladen; es ist genug da für zwei.» - «Vielen Dank», sagte das Männlein, «ich esse gerne mit Euch.» Nach dem Essen sagte es: «Ich sehe, dass Ihr freundlicher zu mir seid als Eure Brüder und will mich dafür erkenntlich zeigen. Habe gehört, Ihr hättet gern die schöne Prinzessin von Holland, die vor einigen Jahren bei Euch auf Besuch war.» Gian senkte den Kopf, wurde rot und erwiderte: «Ja, ja, das ist nur allzu wahr. Seitdem die Prinzessin hier war, macht mir nichts mehr Freude.» - «Der Prinzessin geht es gleich», sagte das Männlein; «ich habe gehört, dass sie nicht mehr lacht und dass der König hat verkünden lassen, jener, der die Prinzessin zum Lachen bringen könne, erhalte die Hälfte des Vermögens oder die Prinzessin zur Frau. Wenn Ihr meinen Rat befolgt, könnt Ihr sicher sein, dass Ihr die Prinzessin bekommt.» Gians Augen begannen vor Freude zu leuchten: «Sag mir nur, was ich machen soll, ich werde mein Möglichstes tun, um die Prinzessin zu bekommen.» Jetzt verschwand das Wildmännlein in seinem Baumstrunk und erschien bald wieder mit einem dreiplätzigen, mit roten, grünen und blauen Fransen geschmückten Wägelchen und einem hässlichen und brandmageren Esel mit langen Riesenohren. Dann holte er vom Wagen ein Kleid für Gian hervor, das dieselben Fransen wie der Wagen und runde Glöcklein darauf hatte. «Zieh jetzt rasch dieses Kleid an und geh mit deinem Esel nach Holland, doch jeden, der unterwegs Hilfe braucht, sollst du mitnehmen.» Zudem gab er ihm einen Beutel voll Geld für unterwegs mit und eine Zauberpfeife, und Gian dankte ihm freundlich für seine Gefälligkeit. Dann machte er sich auf die Reise. Er ging und ging und ging durch unermessliche Riesenwälder und begegnete schon bald einem grossen, spindeldürren Hund, der an einem Knochen nagte! Gian hielt seinen Esel an und fragte: «Was tust du hier?» Der Hund antwortete: «O Gott, o Gott! Ich bin halbtot vor Hunger! Seit vielen Monaten habe ich kein Stück Fleisch mehr erhalten.» - «Weißt du was, guter Freund, komm du mit mir», sagte Gian. Der Hund dankte ihm und sprang auf den Wagen. Jetzt gingen sie wieder weiter über Berg und Tal, und es dauerte nicht lange, so begegneten sie einem Mann, der an einer dürren Brotrinde nagte. Er war schlapp und schien nur aus Haut und Knochen zu bestehen. Gian hielt wieder an und lud ihn ein, mitzukommen. Auf der Reise erzählte der Mann, er könne nichts anderes als Brot vertragen, und es sei jetzt wirklich höchste Zeit, er habe nichts anderes bekommen als dieses kleine Stück. Während sie so sprachen, begegneten sie einem Mann mit einer blauroten Nase, der dauernd an einem Weinzapfen saugte. «Das ist doch ein sonderbares Vergnügen», sagte Gian, hielt den Esel an und fragte ihn, was er hier tue. «Unglücklicherweise bin ich ein armer Säufer und kann ohne Wein nicht leben. Doch weil ich keinen habe, bleibt mir nichts anderes übrig, als am Zapfen zu saugen.» - «O du armer Kerl», sagte Gian, «wenn dir nur das fehlt, so komm du doch mit uns; irgendwo werden wir Wein besorgen.» Unterdessen waren sie nach Holland gelangt, und der arme Esel musste nun eine rechte Gesellschaft ziehen. Wieder mussten sie durch einen Wald, und auf einmal sagte der mit dem Zapfen: «Oh, schaut dort drüben!» Alle schauten hin, und was sahen sie? Dort war ein Mann, der die Hosen heruntergelassen hatte. «Was fehlt Euch, guter Freund, Ihr werdet wohl nicht krank sein?» - «Wenn ich nicht krank bin; seit drei Tagen habe ich derart schrecklich den Dünnscheisser, dass ich mich nicht von der Stelle bewegen kann.» Alle sahen sich an und wussten nicht so recht, was anfangen; denn es war doch gewagt, den armen Alten unter diesen Umständen auf den Wagen zu nehmen. «Wisst ihr was», sagte der mit dem Zapfen, «wenn ich nicht zu lange ohne Wein sein muss, so könnte ich wohl dem Alten den Zapfen ausleihen.» Nachdem der sich den Zapfen hinten hineingesteckt hatte, kam der Mann auf den Wagen und setzte sich sorgfältig auf den dritten Sitz. Bald gelangten sie nun in eine grosse Stadt, wo der König wohnte. Sie hielten beim ersten kleinen Wirtshaus an, und der Wirt, ein grosser, dicker Mann, kam heraus, um nachzusehen, wer da war. Als er diese Karawane erblickte, begann er sich vor Lachen den Bauch zu halten; er lachte und lachte, bis auch seine Frau herbeikam, um zu schauen, was los war. Nachdem auch sie ausgiebig gelacht hatte, sagte sie: «Um Gottes Willen, geht mir fort mit diesem Wagen, mein Mann kriegt sonst sicher einen Schlag vor Lachen.» - «Das ist ein gutes Zeichen», dachte Gian. Er fragte die Wirtin, wo er Königspalast sei. «Aha», sagte die Wirtin, «Ihr wollt sicher die Prinzessin zum Lachen bringen, aber das geht nicht so leicht. Erst heute ist einer mit einem Schafspelz und Hörnern wie der Teufel dagewesen, aber es hat nichts geholfen, und der König hat jenen armen Kerl ins Gefängnis gesperrt.» Gian vergewisserte sich mit einem Blick ob alles in Ordnung sei, dann zog er seine Pfeife hervor, welche die Kraft hatte, die Leute zum Lachen zu bringen, gab dem Esel einen Peitschenschlag und aus Leibeskräften pfeifend zog er, von einer grossen Menge begleitet, durch die Stadt. Sobald Gian einen Pfiff ertönen liess, lachte alles, dass es ein Heidenlärm war- sogar über achtzig Jahre alte Leute hielten sich den Bauch vor Lachen und konnten kaum weiter. Unterdessen standen auf dem Balkon des Palasts der König und die Königin mit der Prinzessin, die heute trauriger war als je. Und der König und die Königin gingen ganz verzagt auf und ab, denn die schöne Prinzessin wurde von Tag zu Tag schwermütiger. Und es war nicht einmal mehr möglich, sie dazu zu bringen, dass sie auf die Strasse hinunterschaute. Auf einmal hören sie einen fürchterlichen Lärm, und zum Platz her kommt eine grosse Menschenmenge und Gian mit dem Esel voraus. «Was kommt jetzt denn da schon wieder?» sagte die Königin. Jetzt lässt unser Gian einen Pfiff los, und gleichzeitig schaut die Prinzessin hinunter und beginnt zu lachen und zu lachen, bis ihr die Tränen kommen. Je mehr Gian pfiff, umso mehr lachte die Prinzessin, bis zuletzt der König dem Gian ein Zeichen geben musste, er solle sich entfernen. Denn der Prinzessin war es vor Lachen schlecht geworden, so dass man sie wegtragen musste. Unterdessen ging Gian zum Schreiber und sagte ihm, nach der königlichen Verordnung könne er die Hälfte des Vermögens oder die Tochter des Königs haben, und er wähle die Prinzessin. Der Schreiber liess ihn auf einem Schemel Platz nehmen, und nachdem er ihn eine ganze Weile hatte warten lassen, kam er wieder zurück und sagte: «Der Herr König ist noch nicht gewillt, Euch die Tochter zu geben. Er würde Euch gerne nochmals auf die Probe stellen. Wie Ihr vielleicht gehört habt, ist unser König sehr reich, und niemand war bis jetzt in der Lage, all seinen Wein auszutrinken, all sein Brot und sein Fleisch aufzuessen und den ganzen Heustock in der Scheune draussen aufzufressen.» - «Oho», lachte Gian, «wenn es weiter nichts ist, so bin ich wohl im Stand, das zu übernehmen. Wenn Ihr die Tore öffnet, so werdet Ihr sehen, dass das bald erledigt ist.» Derweil rannte jetzt Gian die Treppe hinunter, um seinen Gefährten die gute Nachricht zu bringen. Sobald die das hörten, stürmten sie augenblicklich die Treppe hoch, der Esel in die Scheune, der mit der roten Nase in den Weinkeller, der mit dem Brot in die Rumpelkammer und der Hund in die Vorratskammer. Und die guten Sachen des Königs begannen auf eine wunderliche Art und Weise zu verschwinden. Der König sprang ganz erschrocken die Treppe hinunter und schrie: «Helf mir Gott, helf mir Gott, jetzt bleibt mir ja nichts mehr; jagt mir augenblicklich diese Schelme weg, ich weiss seit langem, dass die im Stand sind, mich zu Grunde zu richten.» Gian, der lachend zugesehen hatte, trat nun zum König hin und sagte: «Ich sehe, Herr König, dass Ihr jetzt auch überzeugt seid, dass es möglich ist, alle Eure Vorräte aufzuessen, und so bitte ich Euch nun zum zweiten Mal, mir Eure Tochter zu geben.» Der König legte seine Stirn in Falten und sagte: «Ja, mein guter Freund, das ist jetzt die grosse Frage, ob meine Tochter bereit ist, mit Euch zu gehen. Denn ich bezweifle das. Gut - ich gehe nachfragen, wie es steht.» Unterdessen sass die Prinzessin froh und zufrieden wie schon lange nicht mehr in ihrer Stube, als der König eintrat, um mit ihr zu reden. Er sagte: «Denk nur, dieser armselige Kerl mit dem Esel ist drunten und meint, er könne dich mitnehmen.» Die Prinzessin entgegnete sogleich: «Aber, lieber Vater, wenn Ihr die Weisung erlassen habt, dass er mich haben kann, so dürft Ihr Euer Wort nicht zurücknehmen. Und ich bin völlig einverstanden, mit ihm zu gehen.» - «Du machst doch nicht etwa Spass!» sagte der König, «du wirst mir doch nicht einen derartigen Verdruss machen?! Schämst du dich denn nicht, mit diesen Kerlen, die derart gefressen haben, dass sie kaum aufrecht stehen können, durch die Stadt zu ziehen?» Nun kam auch die alte Königin, und nachdem der König ihr die Sache erzählt hatte, begann sie zu weinen und klagte: «Oh, lieber möchte ich dich tot sehen als auf dem Wägelchen mit dem Esel. Wir, die wir so viel Geld ausgegeben haben, um dich gut zu schulen, und du, du willst dich mit solchen Leuten einlassen, die nicht standesgemäss sind!» Jetzt sagte die Prinzessin: «Aber der Bursche hat mir gefallen, und es ist so, dass ich den will!» Ganz durcheinander gingen der König und die Königin zum Schreiber, der ein schlauer Mann war, um sich mit ihm zu beraten. Inzwischen ging unsere Prinzessin zu Gian, und abends spät machten sie sich auf den Weg. Gian liess sich von der Wirtin noch eine Decke für den Sitz geben, auf dem er mit der Prinzessin sass. Hinten drauf waren wieder die andern Gefährten; auf dem letzten Sitz liess Gian den mit dem Dünnscheisser Platz nehmen. Sie fuhren wieder durch einen langen, riesigen Wald und hatten ein wunderschönes Leben miteinander. Die Prinzessin fiel von einem Lachen ins andere. Mittlerweile waren der König und die Königin zum Schluss gekommen, dass der Schreiber sogleich zur Prinzessin gehen sollte, um sie zu überzeugen. Er trat in die Stube, aber die Prinzessin war nicht da. Jetzt gab es ein fürchterliches Geschrei, und alles rannte von einem Zimmer ins andere, um die Prinzessin zu suchen, sogar in den Kleiderschränken und in der grossen Korntruhe in der Speisekammer. Aber die Prinzessin war unauffindbar. «Da hast du’s nun!» sagte die Königin, «du hättest sie einsperren sollen.» - «Jetzt geht mir ein Licht auf!» schrie auf einmal der Schreiber, den Finger auf die Nase haltend. «Niemand anders als dieser nichtsnutzige Landstreicher ist mit ihr abgehauen! Und ich würde vorschlagen, ein paar Reiter hinterherzuschicken, um ihn zu suchen.» Sofort lief der König ans Fenster, und mit ein paar Pfiffen hatte er gleich alle seine Reiter zusammen. Im gestreckten Galopp stürmten sie zum Wald hin, und schon bald hatten sie sie eingeholt. Die Prinzessin war die Erste, die von weitem eine grosse Staubwolke sah: «Du meine Güte», sagte sie, «das sind bestimmt die Reiter meines Vaters.» Auch Gian sah sie nun; er sprang auf und sagte zu dem auf dem letzten Sitz: «Pass auf, du mit dem Zapfen.» Unterdessen hatte der erste Reiter schonden Arm ausgestreckt, um das Wägelchen zu packen, als Gian rief: «Jetzt tu deine Pflicht!» In dem Augenblick zog der andere seinen Zapfen heraus, und der ganze Schwall Scheisse auf die Reiter! Die Pferde bäumten sich auf und wollten nicht mehr weiter, und die Reiter dachten sich: «Scheissdreck im Maul liegt nicht drin!» und hauten nichts wie ab. Froh und zufrieden fuhren nun die Reisenden weiter bis zur nächsten Stadt. Vor dem schönsten Wirtshaus hielt Gian seinen Esel an und verlangte beim Wirt zwei Zimmer. Aber der Wirt schien keine grosse Lust zu haben, sie ihm zu geben, bis Gian ziemlich viele Goldstücke aus der Tasche zog. Er begleitete die Prinzessin ins Zimmer hinauf und sagte, er komme sie bald wieder abholen. Unterdessen kaufte er eine schöne Kutsche mit vier Schimmeln und einen schönen Anzug aus schwarzem Tuch für sich. Für den Weintrinker und den Brotesser erstand er blaue Anzüge mit goldenen Tressen und Knöpfen sowie einer Kokarde auf der Mütze, denn jene zwei hatte er als Kutscher angestellt. Den mit dem Weinzapfen brachte er zu einem Doktor, der ihn sofort heilte, indem er hinten ein wenig Salbe auftrug; den nahm er als ersten Stallknecht. Nun ging er hinauf und klopfte an die Tür der Prinzessin. Sie rief: «Herein!» und statt ihres Gefährten von vorher sah sie einen schön gekleideten Herrn, der kein anderer war als der Prinz Gian von Las Agnas, den sie sogleich wieder erkannte. Er erzählte ihr seine ganze Geschichte mit dem Wildmännlein, und danach begleitete er sie hinunter zur schönen Kutsche. Und sie kehrten wieder nach Holland zurück, denn die Prinzessin freute sich nun darauf, den Eltern ihren schönen Prinzen zu zeigen. Der König und die Königin, die auf dem Balkon waren, sahen eine prächtige Kutsche gegen den Palast zu fahren. Zuerst sprang eine schöne Dame heraus, in welcher die Königin sofort ihre Tochter erkannte, und mit ihr der Prinz von Las Agnas. Sie erzählten nochmals alles, dann fuhren sie gemeinsam nach Las Agnas und hielten eine wunderschöne Hochzeit. Sie luden alle Leute im Engadin ein, und es gab in Las Agnas unten einen rauschenden Ball, wie man es noch nie gesehen hatte, und am Tag danach waren alle halb kaputt - und das Märchen ist aus. (Oberengadin)   Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Holzbirnbaum bei Lupfig und Jäger Hoperli

Source: Holzbirnbaum bei Lupfig und Jäger Hoperli

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Will man von Lupfig nach Wildegg hinüber, so kommt man auf dem kürzern Wege in der Mitte des dazwischen liegenden Waldes zu einem Steinbruch, bei dem in frühern Zeiten ein Holzbirnbaum stand, von welchem man jetzt noch mancherlei zu erzählen weiss. Wer da mit diesen Geschichten vertraut ist, oder alter Dinge noch mit einer natürlichen Ehrfurcht gedenkt, der wird heute noch einen Umweg einschlagen, wenn er in dieser Richtung nach Wildegg soll, während die Aufgeklärten freilich die kürzere Strecke nehmen, dafür aber auch manchmal tüchtig erschreckt ihr Haus erreichen. Ein Holzbirnbaum macht gewöhnlich die Hauptsache in den Erzählungen aus, die man hievon jetzt noch in den Spinnstuben hören kann. Unter ihm verzehrte ein krummer Jäger gewöhnlich sein Mittag- oder Abendbrod. Frassen ihm seine hungrigen Hunde irgend ein geschossenes Häslein an, so hieng er sie an diesen Baum, bis man ihr Heulen in unser Dorf hinunter hörte. Und an dem nämlichen Baume fand man ihn auch zuletzt todt; er hatte sich hier mit einem Stricke selbst aufgeknüpft, und weil man solche Leute nicht in geweihter Erde begraben darf, so wurde die Leiche gerade an der Stelle verscharrt. Kein Vorübergehender aber vergass, einen Stein an den Platz zu werfen, damit der Unhold nicht gleich hervorkommen könne, wenn ihn etwa der Teufel wecken wollte. Lange war der böse Mann vergessen, bis sich einmal ein Lupfiger auf dem Wege von Wildegg her dem Orte näherte und dort einen Hasen auf drei Beinen sah. Er betrachtete ihn als einen Angeschossenen und gedachte schon ihn mit sich heim zu nehmen. Da bemerkte er mit Grauen, wie derselbe immer mehr anschwoll, bis seine Augen zuletzt so gross wurden, wie Räder eines Pflugs. Je schneller der Mann entsprang, desto polternder folgte der gedunsene Hase ihm nach bis zum Hause. Noch athemlos erzählte er in der Stube, was ihm geschehen sei; nur das Bäschen wollte nichts glauben, und schob die so grosse Angst des Erzählers auf den starken Wildegger-Wein. „Da ist ja überall nichts von einem Hasen zu sehen,“ schrie sie zum Fenster hinaus; als sie aber den Kopf zurückziehen wollte, war ihr derselbe augenblicklich so angeschwollen, dass man ihr das Fenster am Leibe zerschlagen musste. Diese Begebenheit erweckte ein allgemeines Gemunkel unter den Leuten und obschon einige die Sache bezweifelten, so wurde doch dem krummen Jäger der Name dreibeiniger Hase von nun an allgemein beigelegt. Nicht viel anders gieng es einem ältern Manne in seiner Neugier, ob es sich denn wirklich so verhalte. Guten Muthes hatte er sich jenem Baume genähert und traf einen langen Mann, der unbeweglich auf die Erde sah, als ob er hier etwas Verlornes suche. Mach weiter, wir wollen zusammen gehen, sprach der Unerschrockene. Aber vor seinen Augen war der Schwarze verschwunden und jetzt verirrte er selber sich auf dem ihm wohl bekannten Wege so ganz, dass er ganz gewiss nicht mehr heim gefunden hätte, wenn die über sein Ausbleiben beängstigten Söhne nicht noch in später Nacht aufgebrochen wären, ihn zu suchen. Drei Tage lang lag er mit gedunsenem Mund und geschwollenen Augen zu Bette, und konnte vor Heiserkeit keine Frage der Seinigen beantworten. Durch dieses ward die Sorge des Dorfes von Neuem geweckt und man beschloss, damit es doch endlich Ruhe gebe, den Baum umzuhauen. Aber wie übel bekam es den Leuten, die von der Gemeinde dazu gedungen wurden. Während ringsum das Gebüsche unbewegt in der ruhigen Luft stand, schüttelte ein Brausen die Aeste dieses Baumes. Den Arbeitern sprang die grosse Waldsäge ab und wo man mit der Axt hintraf, war das Beil stumpf und ein blutrother Saft quoll nach. Nur mit Hilfe der dazu berufenen Kapuziner von Baden gelang es, den Baum weg zu schaffen. Aber mit allem diesem war der Krumme noch nicht vertrieben und es gieng zum Theil noch ärger als vorher; denn nun wurden die Leute nicht nur bei Holderbank und im Lupfiger-Walde von ihm beunruhigt, er verliess jetzt öfter seine Steinhaufen beim Baumstrunk und kam vom Felseli und vom Steinbruch mit solchem Lärmen herab ins Dorf, dass man des Nachts nicht mehr schlafen konnte. Im Spätherbste ist es gerade ein Jahr, da kam ein fremdes Weibsbild aus dem Lenzburger-Amt von Holderbank her über die Berge zu uns ins Dorf und setzte sich zitternd und athemlos auf die Fensterbank des ersten Hauses. Die Leute fragten sie, ob sie etwa gar der Hoperli habe nehmen wollen? Da erzählte sie von Haus zu Haus, was ihr oben begegnet sei. Als Spinnerin habe sie Arbeit gesucht droben auf dem Kernenberger-Hof, und kaum habe sie die Höhe erreicht gehabt, als ihr von der Lupfiger-Seite über den Berg her ein Mann entgegen stieg. Er habe weite Fluderhosen, ein langes rothes Wamms, einen grünen langschwänzigen Rock und auf dem Kopf einen Nebelspalter getragen. Eine Flinte habe sie nicht an ihm bemerkt, aber aus dem abscheulichen Gesichte seien die grossen Schaufelzähne so gelb hervorgestanden, dass sie vor Schreck starr, kaum von der Stelle zu kommen vermochte. „Ich will weiter, es muss sein“, schrie sie, und mit einem Anlauf sprang sie über Stock und Stein, so schnell sie nur immer konnte, gegen Lupfig hin, während der krummbeinige Mann mittagwärts über den Berg wankte und höhnisch und fürchterlich hinter ihr her schrie: „Ho, hop! Hu, hu!" Obschon jetzt die Rede geht, er sei neuerdings von den Kapuzinern in eine Flasche gebannt und unter einen Felsen geschoben worden, und wenn auch die jüngern Leute vom krummen Jäger überhaupt nichts mehr wissen wollen, so hört man ihn doch allemal hopen, das Jagdhorn blasen und hinter dem Dorfe hinab ziehen, so oft sich der Mond erneut, dann schlagen auch die Hunde in der ganzen Nachbarschaft an, als ob sie mit zur Jagd müssten. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 69 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Hoppedihop bei Ober-Endingen

Source: Hoppedihop bei Ober-Endingen

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Kalktaren heisst eine Waldgegend zwischen dem Steinebühl und Ober-Endingen. Hier stand ehemals ein Bauernhof, dessen Eigenthümer sich viele Gewaltthätigkeiten erlaubte. Er spukt nun als Schimmelreiter und heisst Hoppedihop, nach seinem Rufe, mit dem er den Wald durchschreit. Zimmerleute giengen in dieser Gegend eines Abends vom Arbeitsplatze und liessen den Wagen mit Balken hinter sich drein fahren. Es begegnete ihnen ein altes, gebücktes Weib und bat, ihre Holzbürde auf den Wagen legen zu dürfen; natürlich ward es ihr erlaubt. Beim nächsten Bache vermochten die Rosse durchaus nicht mehr, die Last über das andere Ufer hinauf zu bringen; aber ein alter frommer Mann sah den Zusammenhang bald ein; er liess jenen Reissbündel der Frau vom Wagen werfen, eine ungerade Speiche des Rades ausbrechen und die Rosse bis zur Abendglocke ausspannen. Kaum tönte diese, so gieng's wieder ans Ziehen, und der Wagen hob sich. Das Weib, das eben so lange zugesehen hatte, fuhr nun plötzlich unter heftigem Rauschen vor ihnen in die Luft, und in demselben Augenblicke kam der Schimmelreiter hinter ihr hergesprengt. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 197 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Hornusser Hungerbrunnen und Sälibrunnen

Source: Hornusser Hungerbrunnen und Sälibrunnen

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Auf dem Hornusserfelde (im Frickthal), genannt Hinter der Mühle, steht ein Wildbrunnen in grosser Achtung. Seit Menschengedenken ist er nie gelaufen als nur in den Kriegs- und Theuerungsjahren 1787, 1815, 1830, 1845. Auch im Frühjahr 1848 wollte er wieder anfangen zu sprudeln. Anders verhält es sich mit dem Brunnen, der auf dem Sälischlosse ist, der Nachbarruine der Wartburg bei Olten. Das zerstörte Sälischloss wurde schon zur Reformationszeit wieder hergestellt und mit einem Schlosswächter besetzt. Dieser, Felix Säli genannt, hat einen ganz übernatürlichen Hang gehabt, Wasser in ungewöhnlichem Masse zu trinken, und so hat er seinen Wasserdurst vom J. 1547, da man ihn zum Schlosswächter machte, bis zum J. 1635 fortgesetzt, wo er noch lebte und trank. So war er also 88 Jahre lang ein wassertrinkender Schlosswächter. Auch seine Nachkommen hatten sein Amt und seinen Durst, und von diesem Geschlechte hat die Ruine den Namen Sälischlössli bis heute. (Zofingerchronik 2, 18.) Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 40 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Hü, i Gotts Name!

Source: Hü, i Gotts Name!

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Hü, i Gotts Name! We dr Bur lot d'Ross azieh, so seit er wie z‘Grossättis Zite: «Hü, i Gotts Name!» Aber i weiss öppis z’brichte, wo das nid guet isch use cho. Uf Bärhegen isch vor viel hundert Johren es Zwinghereschloss gsi, wo jetz verschüttet isch. I dr heilige Nacht Iängt e Diechsle us em Chnübeli vüre, u d’Lüt hei gseit, mi müess vier SchümmIe, wo nid es einzigs schwarzes Hörli heige. a die Diechsle Iegge un i de drei heilige Näme Io azieh; de chömm us em Chnübeli vüre dr Wage mit viel guldige Sache druff. E Burema het das gwogt. I dr heilige Nacht isch er drahi u het vier Schümmle agleit. Süferli het er Io azieh u: „Hü, i Gotts Name!“ Jetz isch es gfählt gsi! D'Ross hei azoge: aber Diechslen isch zrugg u het dr Bur u d'Ross i Bärg ihe gschrisse. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Hufeisen und Mädchenzopf in der Wallfahrtskapelle

Source: Hufeisen und Mädchenzopf in der Wallfahrtskapelle

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a) Unter den Gelübdezeichen in der Vorhalle der Wallfahrtskapelle im Riedertal zu Bürglen sieht man ein Hufeisen, an das sich mehrere Sagen knüpfen. Ein armer Dorfschmied begegnete eines Tages einem flotten Reiter. Der Reitersmann redet den Schmied an und sagt: »Du sollst in Zukunft Geld genug haben, wenn du mir das Ding überlässest, welches du bei deiner Rückkehr ins Haus hinter der Stüblitüre findest.« Der arme Mann ahnte nichts Böses und schlug ein. Nach seiner Heimkehr fand er hinter der Stüblitüre ein hübsches Mädchen, das die Mutter unterdessen aus dem Riedertal geholt hatte. Der Schmied kratzte jetzt freilich hinter den Ohren, zog aber das Mädchen auf und dachte schliesslich nicht mehr an sein gemachtes Versprechen. Als das Mädchen zur holden Jungfrau herangewachsen war, kam der Reitersmann auf einmal wieder und verlangte dieselbe für sich, wie er mit dem Schmied abgemacht hatte. Alles Sträuben half nichts, und der Reiter zog mit der Jungfrau fort. Nach einiger Zeit kam der Reitersmann ins Dorf geritten, und da sein Ross ein Hufeisen verloren hatte, liess er dasselbe beim Schmied beschlagen. »Machs gut«, sagte er, »ich habe unter dessen Geschäfte zu besorgen, in einer Stunde bin ich wieder zurück.« Als der Schmied dem Ross das Eisen aufschlagen wollte, fing dasselbe zu reden an und sagte: »Vater, mach nicht so grob; ich bin dein Kind, das du dem Bösen verschachert hast. Für mich gibts nur eine Rettung – eine Wallfahrt ins Riedertal kann mich erlösen.« Sofort schwang sich der Vater auf das Pferd und sprengte im Galopp dem Riedertal zu. Der Böse schnurstracks ihnen nach. Als das Pferd mit den Vorderfüssen in die Vorhalle der Kapelle sprang, hatte der Böse die beiden erreicht, aber zu spät. Er fand nur mehr Zeit, das Pferd am Hufeisen des Hinterfusses zu fassen. Die Jungfrau war erlöst, und der Teufel warf das Hufeisen, das er dem Pferde abgerissen, im Zorn in die Vorhalle der Kapelle hinein. b) Nach einer andern Darstellung fasste der Teufel das Pferd an der Mähne und siehe! er hatte einen Weiberzopf in der Hand. Der Zopf wurde in der Kapelle aufgehängt, und bis vor wenigen Jahren war er dort noch zu sehen. c) Als der Schmied über die Sprache des Rosses, das sich als seine Tochter zu erkennen gab, erschrak, kam die Mutter Gottes und sagte: »Fahr ab, fahr ab! wenn du mit dem Rosse mein Haus im Riedertal erreichst, bevor dich der Satan einholt, ist sie gerettet!« Sofort schwang etc . ... Ambros Gisler Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Hujum!

Source: Hujum!

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"Hujum! Wela chnunt und cheart mi um!" lautet die Herausforderung zum Zweikampf. Er gilt namentlich den "Stubeti-Buben", die sich auf der Straße nicht zu erkennen geben wollen. Ein Grabserberger hörte auf dem Heimweg diesen Ruf von einer Scheune her. Er ging hin und bemerkte unter der "Vordiele" einen verdächtigen Burschen, der vermummt war und den er auch gleich anfassen wollte. Aber dieser blies ihn an und verschwand. Am Morgen hatte der Grabserberger einen geschwollenen Kopf, der so gross war wie ein Melkeimer. Nach wenigen Tagen war der junge Mann eine Leiche. Heinrich Hilty.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 113, S. 54 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Hund mit Menschenkopf

Source: Hund mit Menschenkopf

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Eine ältere Frau arbeitete einst in ihrem Rebstück im Laig. Auf einmal sah sie auf dem Feld unterhalb der Reben ein Wesen in Hundsgestalt mit einem Menschenkopf einer Ackerfurche entlang gehen. Sie erkannte das Gesicht als das eines ihr bekannten verstorbenen Mannes. Sie fürchtete sich so sehr, dass sie später nie mehr allein in ihrem Rebberg arbeiten wollte. Buus Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Hunde im Viktergässli

Source: Hunde im Viktergässli

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Als einst ein Mann aus Seewen mit dem Vornamen Viktor oberhalb der Gass ermordet worden war, sah man jeden Abend in der Dämmerung zwei Hunde das Schmidhübeli hinunter und über die alte Postbrücke ins Pfarrwäldli laufen, wo sie verschwanden. Damals hatte der Schmied einen Gesellen, der diesem Spuk auf die Spur gehen wollte. Er folgte den Hunden, bis sie verschwanden. Totenblass kam der Geselle zurück und Von da an sah man keine Hunde mehr, und es hiess, sie seien vom Bann erlöst. Das Gässlein bei der alten Schmiede heisst seit dem Mordfall Viktergässli. Ziefen Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Hundert auf einen Streich

Source: Hundert auf einen Streich

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Einmal flickte ein Schneider auf seinem Tisch. Er hatte Überreste vom Mittagsmahl neben sich, und da machte sich ein Schwarm Fliegen über die Reste her. Er nahm einen Lappen und schlug sie alle tot. Er war ganz erstaunt, einen so furchtbar großen Haufen erschlagen zu haben, denn als er sie zählte, waren es hundert. Das war eine ungeheure Zahl, und er wußte nicht, wie er das bekannt machen wollte, damit die anderen vernähmen, wie stark er sei. Da kam ihm ein Gedanke. Er nähte auf der Weste mit großen Buchstaben auf: „Hundert auf einen Streich!“ Damit gedachte er überall Schrecken zu erregen, drum ging er auf die Wanderschaft. In einem Walde gab es viele Bären. Da ließ der König ausrufen, wer die Bären töte, dem gebe er seine Tochter zur Frau. Der Schneider gedachte ein Probestück abzulegen und meldete sich zum Kampf. Er ließ einen großen eisernen Käfig anfertigen und mitten in den Wald tragen. Dazu verlangte er eine Spritze, Petrol und Feuerholz. Er sperrte sich in den Käfig ein und wartete, bis die Bären kamen. Wenn einer erschien, bespritzte er ihn mit Petrol, steckte ihn in Brand, worauf die Bestie davon rannte und verbrannte. Als alle tot waren, verließ er den Käfig, ließ die toten Tiere zum König tragen und verlangte seine Tochter zur Frau. „Ich habe dir die Arbeit zu leicht gemacht“, sagte der König, „du mußt mir noch ein anderes Probestücklein machen. In dem Wald daneben sind viele Mörder, gehst du und bringst sie um, so erhältst du meine Tochter ganz gewiß!“ Der Schneider machte ein saures Gesicht, erklärte sich aber bereit dazu. Er nahm ein Stücklein Ziger mit in der Tasche und begab sich in den Wald. Da erschienen die zwölf Mörder und lachten das dünne Männchen aus. Da griff der Schneider in die Tasche und sagte: „Seht her, könnt ihr diesen Kristall auch so zusammendrücken, daß das Wasser herauslauft“, und er machte es ihnen mit dem Ziger vor. „Nein, das können wir nicht“, sagten sie, „aber Steine zu Mehl zerreiben, das schon.“  „Das ist nichts“, rief der Schneider, „das Wasser muß herauslaufen!“ Sie zogen weiter durch den Wald. Da ergriff einer der Räuber den Wipfel einer Birke, bog ihn herunter und sagte: „Jetzt halt mir die Spitze ein wenig, wenn du stärker bist als wir!“  „Halten will ich ihn nicht“, sagte er, „aber drüber hinweg springen.“ Er ergriff den Wipfel, ließ ihn fahren und wurde im Bogen über den Baum hinausgeschleudert. Er kam aber so glücklich auf die Füße, daß er keinen Schaden nahm. „So, jetzt macht es nach“, rief er aus. Der erste stieg auf einen Felsen und versuchte von dort über den Baum zu setzen. Er blieb aber tot liegen. Alle andern machten es nach und fielen zu Tode. Da eilte der Schneider zum König zurück und sagte: „Die zwölf Mörder liegen tot bei dem großen Felsen, alle an einem Haufen. Ich habe sie mit leichter Müh ums Leben gebracht; ihr seht ja wohl, welche Kraft ich habe, aber jetzt will ich meinen Lohn. Gebet mir eure Tochter zur Frau!“ Der König fügte sich und die Hochzeit wurde abgehalten. Nach einigen Tagen beklagte sich die Tochter beim König: „Mein Mann ist ja nur ein leidiges Schneiderlein!“ Der Vater erwiderte: „Das weiß ich schon lange, aber jetzt bestelle ich hundert und einen Mann, denn einer mehr als hundert müssen es schon sein, die sollen mir das Schneiderlein aus dem Reich entfernen, aber ganz sachte mit ihm umgehen, sonst tötet er sie alle!“ Der Trupp Soldaten wurde so aufgestellt, daß das Haus des Schneiders ganz umringt war. Seine Frau trat ins Zimmer, aber da stand er am Tisch und sagte: „Kommt nur, ich wache!“ Da getraute sich keiner der Soldaten hinein, und sie kehrten alle um. Da sagte der König zu seiner Tochter: „Du hast dich gewiß geirrt!“ – „Nein, nein“, entgegnete sie heftig, „mein Mann ist ein leidiges Schneiderlein!“ – „Ich weiß schon Rat“, sagte der König, „warte nur!“ Er stellte ein ganzes Heer auf und befahl, daß es mit dem Schneider Krieg führe. Als der Schneider das vernahm, verstopfte er sich die Nase mit einem Flaschenkork und schritt den Soldaten entgegen. Als ihn die ersten erblickten, fragten sie ihn, warum er die Nase verstopft habe. Da antwortete er: „Den Kork darf ich nicht herausnehmen, sonst blase ich euch alle zusammen in die Luft!“ Da näherten sich die andern Soldaten auch, und als sie das vernahmen, baten sie ihn, den Zapfen doch nicht herauszunehmen, sie täten ihm gewiß nichts zuleide, und damit machten sie sich davon. Da sagte der König zum Schneider: „Mit dir ist nichts anzufangen“, und zur Tochter sagte er: „Du mußt dich halt leiden und bedenken, daß der Schneider das Land befreit hat von den Bären und Räubern!“ Ziger = Weichkäse (Kräuterkäse) Quelle, J. Jegerlehner, Sagen und Märchen aus dem Oberwallis, Nr. 144 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Hundert Ellen Allmend

Source: Hundert Ellen Allmend

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Ein braves, unschuldiges Buebli erzählte zu Hause, wie ihm schon lange ein Mann nachlaufe, an dem es keinen rechten Kopf zu erkennen vermöge. Da ging die Mutter mit ihm zum Pfarrer und erzählte alles. Der Pfarrer unterrichtete dann das Buebli, es ging zur Beicht und heiligen Kommunion und war bereit, die arme Seele anzureden. Aber der Pfarrer dingte ihm an, ja sich das erste und letzte Wort vorzubehalten, sonst könnte ihn der Geist zu Tode reden. Der angeredete Geist bekannte, er habe vor hundert Jahren 100 Ellen Allmend zu Eigen eingehagt, dafür habe er jetzt hundert Jahre wandlen und leiden müssen; und weitere hundert Jahre des Leidens stünden ihm bevor, wenn ihn niemand erlöse. Solches vernahm ein reicher Verwandter des Geistes, und der tat alles nötige, und so wurde die arme Seele erlöst. Anna Brücker, 90 Jahre alt. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Hundert Jahr nur eine Nacht

Source: Hundert Jahr nur eine Nacht

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Am Riederberg, Gibiet va Sant-Niklas, sy einest a Ma g'si, der hei hundert Jahr lang, und zwar im nämlichu Hus, g'lebt. Nach schim Tod sy a-mal di Totu-Prozessio bi dischum Hus verbi gizogu. As grössers Chind hei ebu ze Pfeistru usg'seh, wa die Totu verbicho sy. Uf eimal hei das lut ufg'hoirot: «Ja währli, währli, da chunt bi miner Trüw üsche Grossvater.» Ouch d'andru Huslüt sy an s Pfeister g'liffu und hei doch ditlich du Grossvater b'chennt, der hundertjährige cho ist. Wie er nu grad unter de Pfeistru varbipassiert ist, hei er du Chopf uf eimal ufg'hebet und umbruf gegu'n d's Hus gizeicht und mit luter Stimm g'seit: «Da bin i ou a-mal über Nacht g'sy!» —- Er hät darmit ohni Zwifol wellu z'verstah gäh: Hundert Jahr, oder a-n Nacht sy glich viel gegun d'Ewigkeit.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Hundert Jahre nur ein Tag

Source: Hundert Jahre nur ein Tag

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Am Riederberg auf Gebiet von St. Niklaus lebte einst ein Mann hundert Jahre im gleichen Haus. Nach seinem Tode zog einst die Totenprozession an diesem Gebäude vorbei. Ein erwachsenes Kind schaute eben zum Fenster hinaus, als die Toten vorbeikamen. Auf einmal schrie es auf: «Ja währli, währli, da kommt bei meiner Treu der Grossvater!» Die andern Hausleute liefen auch ans Fenster und erkannten deutlich den Grossvater, der hundertjährig geworden war. Wie nun der verstorbene Grossvater unter den Fenstern vorbeipassierte, drehte er den Kopf, zeigte auf das Haus und sprach mit lauter Stimme zu seinem Begleiter: «Da war ich auch einmal über Nacht!» ST.NIKLAUS Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Hünenbergers Pfeil

Source: Hünenbergers Pfeil

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"Was soll das Schreibgekritzel des Hünenbergers Sohn?  Traun, den gelahrten Kitzel, ihn hasst' ich lange schon:  Ein Schwert, anstatt der Feder; ein Pferd, statt Eselsvliess!  So hielt's bis jetzt ein jeder, der "Hünenberger" hiess." Zum greisen Abt von Kappel sprachs rauh der edle Gast  Und brach in seinem Rappel den Siegesbecher fast.  Der fromme Priester wiegte das weisse Lockenhaar,  Und, wie gewöhnlich, siegte sein Wort beredt und klar: "Ich seh die Tage kommen", fiel er bedächtig ein, "Wo, zu des Ganzen Frommen, das Schwert nicht herrscht allein, Wo einer klugen Feder noch höh'rer Preis gebührt; Beglückt ist dann Jedweder, der beide tüchtig führt!" "So kritzle denn der Knabe!" Der Freiherr brummt's zum Abt:  "Ich geb' ihm, was ich habe, Ihr gebt ihm, was Ihr habt!  Bald führ' er Eure Waffe, bald schwing er Schwert und Speer!  Lasst sehn was frommt der Pfaffe, nützt ihm der Ritter mehr." Das hat sich bald entschieden; dem Abte ward der Sieg,  Als in der Urschweiz Frieden die Fehde niederstieg;  Als Österreich zum Kampfe mit stolzem Heer genaht:  Dass es im Nu zerstampfe der Freiheit junge Saat. Das schmerzt den alten Ritter; er liebt die Freiheit sehr;  Drum ist der Dienst ihm bitter in ihres Feindes Heer:  "Wie gern ich ihnen steckte des Angriffs Wo und Wann!"  Und beides leis entdeckte dem klugen Sohn er dann. Da griff geheim zur Feder Herr Hünenberg der Jung,  Und auf ein Stücklein Leder schrieb er das Wort im Sprung:  "Ihr Mannen trotzt dem Sturme! Vergeltet Schlag mit Schlag!  Es gilt am "Roten Turme", auf nächsten Othmartag!" Und einen Pfeil als Träger, wählt er dem Pergamin,  Schoss aus des Herzogs Lager ins Schweizerlager ihn.  Jetzt wussten die Bedrohten genau das Wo und Wann,  Und freuten sich des Boten und folgten stracks ihm dann. Wohl ihnen, dass sie's taten! Denn still durchs Ägriholz,  Am Othmarstage nahten die Scharen Leopolds,  Mit Stricken in den Taschen, mit Schwert und Hallebart,  Das Land zu überraschen, behend und ungewahrt. Doch als von steilen Halden, aufsteigend beiderhand,  Schlachtrufe donnernd schallten für Gott und Vaterland;  Felsblöcke ungefristet sich wälzten in die Schlucht -  Da sah sich überlistet der Feind und nahm die Flucht. Doch in die blut'gen Gleise drang stracks der Schweizerschwarm,  Da ward, trotz Schnee und Eise, wohl manchem Ritter warm;  Stumm fiel der Landenberger, der Gessler sanken zwei -  Und kaum, mit Gram und Ärger, hieb sich der Herzog frei. Im Hünenbergerschlosse, da zechten abends spät  Burgherr und Tischgenosse, von gleicher Lust durchweht.  Das war der Abt, der Alte, dem bei der Schweizer Sieg .  Die Seele freudig wallte, bis ihr das Wort entstieg: "Lasst hoch die Feder loben, die jene Mahnung schrieb!  Ich will das Schwert erheben, das Österreich vertrieb;  Stimmt ein mit vollem Tone, trinkt aus, wie sich's gebührt:  Es gilt ja Eurem Sohne, der Schwert und Feder führt!" J. J. Reithard Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 3 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Hungerbrunnen in Degermoos

Source: Hungerbrunnen in Degermoos

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Unterhalb Degermoos, nahe beim Dörflein, liegt eine Quelle unsichtbar mitten im Ackerfelde, nur einige Leute wissen ihre Sprungstelle; gleichwohl hat sie noch immer reichliches Wasser ausgequollen, so oft Theuerungsjahre eingetreten sind, wie namentlich wieder i. J. 1847. Hier hatte ein wucherischer Bauer gewohnt; sein Hof, der zum Dörflein gehört hat, ist längst eingegangen. Es trat einst eine solche Landdürre ein, dass dorten das Flüsschen der Surbe versiechte und endlich auch noch der Thalebach austrocknete, ein Gewässer, das in jedem Sommer mit gleicher Stärke läuft und auch in den kältesten Wintern nicht zufriert. Damals grub dieser Bauer in seinem Hause einen Brunnen, den er auf seine Saaten leitete; das Wasser davon verkaufte er noch dazu den benöthigten Nachbarn bei der Mass. So gerieth ihm sein Getreide vortrefflich, und da es bald im Preise stieg, so wucherte er nun damit ebenso wie vorher mit dem Trinkwasser. Nun hat er zur Strafe hiefür es jedesmal anzuzeigen, wenn wieder eine Theuerung droht; dann erscheint er des Nachts im Felde und zapft das Hungerbrünnlein an. Man erinnert sich noch, wie reichlich es i. J. 1817 geflossen ist. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 39 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Hüü Flaag

Source: Hüü Flaag

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Zosso Ludwig wanderte einst in später Abendstunde von Tafers nach Rechthalten. Der Mond leuchtete hell auf seinem Weg. Es mochte gegen Mitternacht sein als er durch Tiletz ging. Da tauchte plötzlich ein schwarzes Pferd auf. Das trottete erst eine Weile vor ihm her, dann sprang es eine Strecke weit in die Wiese hinaus, kehrte um, setzte quer über die Strasse, verschwand in der Ferne und rannte nach kurzer Zeit wieder heran. So galoppierte es eine Zeitlang hin und her, einmal von links, einmal von rechts über die Strasse und jedesmal haarscharf dem Wanderer an der Nase vorbei. Doch einmal blieb es auf dem Wege stehen, als wollte es diesen versperren. Da wurde Zosso unwillig. Er gab ihm mit der flachen Hand einen Tätsch auf das Hintere und rief: „Hüü Flaag!“ Jetzt blies das Ross Feuer aus den Nüstern, und in rasendem Galopp sauste es von dannen, dass die Eisen Funken sprühten, und die Steine flogen. Nach wenigen Augenblicken war nichts mehr von ihm zu sehen und zu hören. Nun kam Zosso der Gedanke, das sei kein richtiges Pferd, sondern der büssende Geist irgendeines groben Fuhrmannes, oder eines andern pferdeschindenden oder tierquälenden Menschen gewesen. Grausen ergriff ihn, und er fing an zu laufen, was hesch was gisch, gegen den Strauss hinauf, dann nach der Wolfeich und von da quer über Matten und Äcker und Hecken und Zäune bis zu seinem Hause im Wallismattli nahe bei Eichholz. Dort stiess er die Türe ein und sank in der Stube endlich atemlos und erschöpft zusammen. Am andern Tage erwachte er mit einem Kopf, der aufgeschwollen war wie ein Mäss. Viele Wochen musste er das Bett hüten. Erst quälte ihn das Fieber, und als dieses endlich nachliess, bedeckte sich sein Leib mit einem bösen Ausschlag.   Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch


by I d'r Rischi

Source: I d'r Rischi

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Ammä-n-Ort häig ä Pfahr wellä-n-äs Gspängst bahnä, und das syg immä Gadä-n-innä gsy. Aber das häig-ä scheen a'priälet und häig'm virgha: Ob'r nimmä wissi, das'r einisch ammä Pür das scheenscht Choränähli i dä Schüehneschtlä v'rträit häig? Drymal häig-er's dur-ä Gadä hindärä 'praacht, das Gspängst, bis hert a d'Rischi züechä, und drymal syg's wider mid'm chu zum Gadä-n-üss. Aber ändlächä häig-er's doch innä 'praacht i d'Rischi, und da innä häig-er's v'rbahnet, da häig's miässä blybä. Aber d'r Pfahr syg doch flättsch-bachnassä gsy vo Schweiss, us'm üsä g'runnä syg's wiä us-ämä v'rlächnätä Zuber. – Solche Geschichten weiss meine Mutter (75 Jahre alt) viele; aber ich dulde nicht, dass sie selbe vor meinen Kindern erzählt; ich will nicht, dass sie gfurchtig werden. Fr. Gamma-Zgraggen, 40 J. alt, Silenen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by I dr Beistampfli

Source: I dr Beistampfli

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I dr Beistampfli Am Bechli isch früeher e Beistampfi gsi. Aber dä, wo isch druffe gsi, het meh weder gnue Dräck am Stäcke gha. All Sundi isch er z’Predig; unger em Arm het er es grosses Psalmebuech treit. Aber d’Lüt hei glich gwüsst, was’s mit ihm isch; mi het dies u äis gseit; emel toll Sang heig er de Lüten i ’s Beimähl to. Är isch nom Tod umecho. Z’Mittemacht het er ’s Wasser uf ’s Rad greiset. D’Mühli het afo stampfe. Derzue het er gjommeret u gsüfzget. Mi het’s wit zringsetum ghört. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by I dr Bisighohle

Source: I dr Bisighohle

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I dr Bisighohle Einisch si zwe Manne i d’Bisig ubere i d’Gruebe u hei Grien abgmacht. Sie hei afen es teufs Loch i Bärg ihe gmacht gha. Eismols gugget e Diechsle us em Bärg vüre. Sie hei witer abgmacht u dr guldig Wage vüreglochet. Äs sig e Hufe Gäld druffe gsi. Du chömm es Manndli derhar u säg: „Dir cheut de Wage ha. Aber ohni es Wörtli z’säge müesst er ne über d’Langete übere füehre.“ Denn isch no kei Brügg übere Bach gsi. Sie si Ross go reiche u hei dr Wage ring bis zum Bach brocht. Do het‘s nümme welle goh. Du seit eine: „We ume e Brügg wär!“ Im Hui isch dr Wagen ume zrugg i d’Hohle, het si verschloffe un isch dert bliebe bis uf e hütige Tag. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by I dr Chuchi

Source: I dr Chuchi

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I dr Chuchi Du, Sooder, i weiss dr wieder es Gschichtli vo dr Frau Faschte; d’Muetter het mer’s erzellt. Am heilige 0be, het sie gseit, hei men albe früeh Füürobe gmacht u gar druf gluegt, dass me d'Chelle schön stif i ei Reihe ufghänkt heig; vowägen äi Nacht chömm d’Frau Faschte, heigs gheisse, u we die nid alls i dr Ornig fing, mach sie de de Chelle uf ihri Gattig Füürobe; sie schlöi alls z’Hudle u z’Fätze. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by I dr Eiholzhohle

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I dr Eiholzhohle I dr Eiholzhohle het e Bur gmäiht. Düre Wäg abe isch es Fuehrwärch cho. Ungereinisch het dr Bur nümme chönne mäihe u het müesse bliebe stoh. Du dänk er: Wart, du diesen u äine, du wirsch wohl au warte. Dermit heig er s Fuehrwärch au bannet. E Rung heige si enangeren agluegt. Du dänk dr Bur: Was mache? Wen i ne lo fahre, so lot er mi wohl au Io mäihe, u heig ne losglo. Du hei dr anger au losbannet, u dr Bur heig wiederum chönne mäihe. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by I dr Franzosäzytt

Source: I dr Franzosäzytt

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haiget-s z'Wassä-n-ä Schibel Gäld im Härd vrsteckt; kai Mänsch hätt 'tänkt, dass das epper chennt findä. Aber woll! d'Franzosä syget doch d'rhindert gratä. Und d'rnah häiget-s's gfragt, wiä soo dass-si da d'rhindert ku syget. Düe häiget-s'äs Druckli virägnu und häiget's üfftah, und da syg äs chlys munzigs Tyfäli dri innä gsy. »Der da zeigt uns alles«, häiget-s gsäit, diä Franzosä. Peter Anton Gamma v. Göscheneralp, 50 Jahre alt. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by I dr gueten alte Zit

Source: I dr gueten alte Zit

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I dr gueten alte Zit Z’Eriswil hei vor vielne Johre die junge Lüt abgmacht, am Sundi i Wald go z’tanze. Dr Chuderjoggi isch es arms Manndli gsi u het dervo vernoh. Är het gwüsst, was dr Bruch isch u derbi Brönnts u Weggli nie tüe fähle. Drum het er siner Brattige gmacht; ’s het ne düecht, wen er’s wüsst azgattige, chönnt er am Änd stif Händel ha. Du het er d’Hut vomene Geissbock gnoh; d’Hörner si noh dranne gsi, u het Hudle u Heu ihegschoppet. Derno isch er mit dem Unghüür i Wald u hat’s bim Tanzplatz in e Tanne to. Am Sund druf si Bueben und Meitli derharcho; notisnoh isch e ganzi Chuppele do gsi. A Brönnts u Weggli het’s nid gfählt. Alls isch häluf u zwäg gsi. Jetz het’s Joggin düecht, d’Zit chönnt do si. Wo sie so tanzet u gholeiet hei, lot er süferli dr Geissbock am Seili dür d’Escht ab. Eis het ne gseh u geusset: „Dr Tüfel! dr Tüfel!“ Alls luegt uf, un im Hui isch alls dervogstobe, wie die wildi Jagd. Im Hangumdräihe isch e kes Bei meh do gsi. Jetz isch Joggi vüre. Gschwing het er d’Strauhfläsche u dr Wegglichorb uf em Räf versorget u si drückt, so gleitig wie-n-er möge het. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by I dr heilige Nacht

Source: I dr heilige Nacht

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I dr heilige Nacht I dr heilige Nacht chönne d’Tier rede. E Bur het das gwüsst. Am heiligen Obe isch er i Rossstall gange. Du het er ghört, wie eis Ross zum angere seit: “Im neue Johr si mer au nümme lang Gspane. Eis vo üs schlot dr Bur, dass er muess stärbe, u das, wo gschlage het, wird verchauft.“ Das her dr Bur möge. Är isch taube worde u het d’Geisle vom Nagel gschrisse. Dermit het er d’Ross gchlepft, was er möge het. Du schlot eis us u breicht ne-n a Chopf. Gli druf isch er e Lich gsi. Weihnachten, der heiligen Nacht, kommt im Glauben des Volkes besondere Bedeutung zu; da können auch die Tiere reden; mancher Bauer legt am Weihnachtsabend den Kühen ausgewähltes Futter vor, damit die Tiere nur Gutes von ihrem Herrn aussagen. Geheimnisvolle Kräfte besitzen aber nicht nur einzelne Menschen oder Tiere; auch Pflanzen üben rätselvollen Zauber aus, besonders das Irrkraut. (Siehe "Vom Irrchrut") Gewöhnlich schriebt man dem Farn die Macht des Irrkrautes zu; als Zauberkraut fand er vielfach Verwendung (Heinrich Marzell, die Pflanzen im deuschen Volksglauben S. 14 u. 25 ff). M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by I dr Lohäule

Source: I dr Lohäule

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I dr Lohäule l glaube süscht nid a Geischter u sötiigs Züg. Das isch doch alls nüt. Ume die, wo si gäng förchte, gseh öppis. Aber einischt han i doch öppis erläbt, wo mer z’dänke het gä. Äs isch i de churze Tage gsi. Du bin ig i d’Lohäule go holze. Äs isch rächt chalt gsi, u wen i nid hie u do es Gleseli hätt chönne näh, i wär armi türi erfrore. Z’Obe het’s gli afo feischtere. I ha ‘s Wärchgschir zsäme to u ha hei welle. Eismols ghören i bas hinge Bäum schlo u Holz schleipfe. Äs het mi wunger gno, wär das möcht si, sövli spät. I bi süferli hingere. Aber i ha nüt Verdächtigs gmerkt u ha mi ume uf e Heiwäg gmacht. Aber vor bi dr Altburg ghören i’s ume. I gangen um hingere; aber i ha wiederume nüt gseh u nüt ghört. Aber eso isch es emel drü Mol gange. Drufabe bin i hei. Aber zmornderischt, gäll Lisebethli‚ han i ganz e gschwullne Chopf gha; es paar Tag han i müesse ligge, bis es mer ganz het besseret gha. So erzählt ein Mann das Erlebnis eines Winterabends und hält sich dabei an das, was ihm Wirklichkeit ist. Furcht und Schrecken, wohl auch der Genuss des Branntweins und ein fieberähnlicher Zustand, verursacht durch eine beginnende Krankheit, beeinträchtigen sein gesundes Denken. Darum findet er die Ursache der Krankheit und des Erlebnisses im Bereich der Sagen von der wilden Jagd. Sein Erlebnis erzählte er weiter; andere berichten darüber, und die Erzählung entfernt sich sachte immer mehr vom wirklichen Geschehen, wenn auch das ursprüngliche Erlebnis noch deutlich durchschimmert; die Züge, die Wunderbares und Unheimliches an sich tragen, treten immer stärker hervor. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by I dr Sant Angereesenacht

Source: I dr Sant Angereesenacht

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I dr Sant Angereesenacht Mi Meischterfrau isch e Müllerschtochter us dr Gäged vo Bäm gsi. Die het is mängisch verzellt, wie sie’s gmacht heig, für dä z’gseh, wo de ihre Ma wärd. I dr Sant Angereesenacht het sie si abzoge. Derno het sie mit em Hemlistock dr Schübellade vo ihrem Gade gwüscht, ’s Ghüder voruse treit, Brot u Wi uf e Tisch gstellt un es Glas voll Wi igschänkt. Demo isch sie hingertsi i ’s Bett u het gseit: „Angerees, i bitte di, Bettstatt i betritte di, Zeig mer hinecht diesi Nacht Mi härzallerliebschte Schatz, Het er Ross, so chunnt er z’rite, Het er Chüeh, so tribt er sche, Het er nüt, so chunnt er süsch.“ Eismols hock am Tisch e junge Bürschtel. Är heig vo dr Sach uf em Tisch brucht. Sie heig ne nid gchennt. Aber wie-n-er sig do gsi, so plötzlech sig er ewägg cho. U dä sig später ihre Ma worde. Dr Müller, wen er si Frau so het ghöre verzelle, het albe gseit, jo, gwüss; äs sig Wohrheit. Är heig um die glichi Zit so öppis wie-ne Traum gha; äs sig ihm gsi, är hocki ire frönde Stuben am Tisch; druf stangi Wi un es aghaunigs Brot liegi dernäbe. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by I ha chalt!

Source: I ha chalt!

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Der Bergsommer geht zu Ende. Hirt und Herde sehnen sich nach dem warmen Winterquartier. Aber noch ehe die Talfahrt beginnen kann, schlägt das Wetter um. Ein kalter Wind fegt über die Berge und peitscht die Regenschauer, die endlich in einen winterlichen Schneesturm übergehen. Einen ganzen Tag lang schneit es ohne Unterbruch. Die Weiden decken sich mit Schnee, und die Äste der Tannen hangen ob der schweren Last tief herunter. Das Vieh muss im Stalle gefüttert werden. Die Nacht bricht herein, und immer noch schneit und stürmt es. An diesem Abend kriecht Josi, der mutterseelenallein auf der Muschenegg eine Hirtschaft betreibt, schon früh in die „Bettera“, deckt sich bis über die Ohren zu und schlummert ein. Mitten in der Nacht wacht er plötzlich auf. Er glaubt, es habe jemand an das Fenster geklopft. Aber das muss eine Täuschung sein; in einer solchen Wetternacht geht doch niemand über die Berge. Er horcht. Jetzt tönt vom Fenster her ein Wimmern wie das leise Weinen eines Kindes. Das kann nur vom Winde kommen, der um die Hütte pfeift. Einen Augenblick später hört er aber ganz deutlich, wie jemand das „Fensterläuferli“ öffnet und wieder schliesst. Dann krabbelt etwas auf dem Gesims, plumpst auf den Stubenboden hinunter und eilt mit kleinen Schritten durch das dunkle Zimmer. Jetzt hüpft es wie eine Katze auf das Bett hinauf, hebt die Decke auf und schlüpft darunter. Josi fühlt, wie sich ein eiskalter Körper an den seinen schmiegt. Aber er ist nicht „chlüpflig“. Barsch fragt er: „Hei da! Wer ist das?“ Keine Antwort. „Wenn du nicht sagen willst, wer du bist, so mach dich fort.“ Er legt den Rücken an die Wand und drückt mit den Knien das kalte Wesen zum Bett hinaus. Plumps, fällt es auf den Boden runter, dann trippelt es durch die Stube, springt aufs Fenstergesims, öffnet das Läuferli und jammert mit zitternder, weinender Stimme: „I ha chalt!“ Dann ist es draussen. Jetzt erst fällt dem Hirten ein, das könnte eines der Zwerglein sein, die ihm den ganzen Sommer die Tiere gehütet haben. Ein tiefes Mitleid mit dem armen, kleinen Geschöpf ergreift ihn. Rasch springt er aus dem Bett, eilt zum Fenster und reisst es auf. Da sieht er, wie ein Zwergenmännlein mühsam durch den Schnee stampft, der ihm bis über die Knie reicht. „Komm Kleiner, komm nur zu mir“, ruft er ihm noch zu. Aber das Zwerglein schaut nicht mehr zurück. Durch Wind und Schnee geht es weinend und klagend dem Burgerwalde zu. „I ha chalt  i  ha – chalt.“   Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch


by I töön derfir

Source: I töön derfir

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Losed, i wil Ewch eppes sägen! I gloiben nid, das's e Sind ischd, an enem Tschämi z'hälfen, we's niid mag und trotz em Doktren wolld drangaan. I töön derfir; i säge 's eggredi üüsa; i gloiben, das's en Gott ischd, und wen i derfir töön und derbee dee hechschten Nämem bbrüüchen, was sol da Sinds derbee siin? I fräägen Ech. Und de-w-wem ma bätted? Brüüchd ma da nid o den Namen vun isem Hergott und isem Häiland? Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Iberg

Source: Iberg

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Durch die Mauern der Burg Iberg sieht man jetzt noch nachts Ritter und Edelfräulein wandern in langen, wallenden Gewändern. Sie machen ihren Rundgang von Gemach zu Gemach; man kann sogar hören, wie sie hinter sich die Türen schmetternd zuwerfen. Von geschäftiger Hand wird sogar die Wiege geschaukelt, wie es vorzeiten geschehen.             Nach einem Gedichte von Hartmann. (Durch Fritz Grob.) Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 438, S. 258 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ich bi dunnä, und du bisch dobä

Source: Ich bi dunnä, und du bisch dobä

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Zu Attinghausen, im Talacherli, übernachtete einst, es mag etwa vor 100 Jahren gewesen sein, N. Zgraggen im Untergaden eines halb zerfallenen Stalles. Um Mitternacht erhob sich im Obergaden ein grausiges Gepolter, das tobte da oben und stampfte, lärmte und heulte, dass es nicht mehr schön war. Zgraggen wusste wohl, dass das ein Gespenst sei, dachte aber bei sich: »Rumplä dü, wië d'witt; ich bi dunnä, und dü bisch dobä.« Aber wohl! Kaum gedacht, kommt es sausend und rauschend durch die Rischi herunter wie eine Heubürde, und Zraggen findet es geraten, schleunigst den Finkenstrich zu ergreifen. K. Zgraggen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ich komme aus dem Niederland

Source: Ich komme aus dem Niederland

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a) Der alte Bauer im Breitental näherte sich eines Abends auf der Gotthardstrasse dem Wassnerwald. Da sah er auf einmal eppis z'drohlädä chu durä Tafälästutz appä, das syg g'sy wiennes Bäuwälästuck. Er redete das Ding an und erhielt zur Auskunft: »Ich komme aus dem Niederland, und mein Leib liegt noch warm in Seide und Sammet auf dem Totenbett. Ich war in meinem Leben kein schlechter Mensch, aber Hitze und Kälte habe ich nicht ertragen wollen und bin daher verurteilt worden, diese zwei Mühseligkeiten nach meinem Tode durchzumachen. Die Hitze habe ich jetzt erfahren, und nun muss ich auf den Hüfigletscher, um dort auch die Kälte zu ertragen. Ich muss mich beeilen, sonst finde ich keinen Platz mehr.« »Das het de der alt Breitätaler sälber verzellt, und der isch de susch kei verlognä Ma gsy«, beteuert mein Gewährsmann. Peter Walker b) Eine Sterbende im Isental jammerte: »Ja, ja, wenn d'Hitz und Chelti nit wäret, sä wärs scho nu z'stärbä.« Hans Aschwanden Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ich mag sie nicht, ich will sie nicht

Source: Ich mag sie nicht, ich will sie nicht

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Die früheren Bewohner des Lötschentales sollen recht einfältige Menschen gewesen sein. Eine rühmliche Ausnahme machte Toni der Schafhirte, obwohl er in einem andern Tale nicht zu den sonderlich Gescheiten gezählt hätte. Er hütete jeden Sommer zuhinterst im Tale, ganz nahe beim Langgletscher, seine Schafherde. Wenn die Sonne gegen Mittag gar heiss schien, so dass es über den Matten flimmerte, legte er sich platt auf den Rücken und schlief ein. So lag er auch wieder einmal im Schatten eines mächtigen Fels­blockes und verschnarchte die heisse Mittagszeit. Als er sich erhob und die Augen ausrieb und die Arme ausschlenkerte, dass die Löcher in den Achselhöhlen seiner Jacke bei jedem Schwunge noch weiter rissen, und dann nach der Herde blinzelte - ja, wo war denn die? Im Nu war er ganz wach, aber die Herde war weg. Er lief dem milchig weissen Gletscherbach entlang bis dort, wo er dem Gletscher­tor entströmt, dann wieder zurück und rief «tschu, tschu», aber die Herde war weg und alles Suchen umsonst. Er kletterte das Gehänge hinauf und stapfte durch den schüttern Föhrenwald, wo die Zapfen noch vom letzten Jahr her zu tausenden herumlagen, geriet in die Nähe des Bergsees und gedachte den Kopf ein wenig in das kühle Wasser zu tauchen, da ihm auf einmal ganz heiss geworden war. Er legte sich am Ufer hin, spreitete die Beine auseinander und streckte den Kopf nach vorn, und siehe, da unten auf dem Seegrund waren die Schafe, alle tot - doch nein, sie bewegten sich hin und her, liefen herum wie auf der Matte und frassen etwas auf dem schwärz­lichen Grund, das mochte Binsenkraut oder Seegras sein, er konnte es nicht unterscheiden. «Sie werden halt bei dem heissen Wetter viel Durst gehabt haben», dachte er, «drum sind sie in den See gestiegen, und während ich fauler Kerl geschlafen habe, sind sie mir fort­gelaufen. Was soll ich ungeschickter Wicht jetzt tun? Nichts kann ich tun. Ins Dorf werde ich laufen und die Leute holen, damit man die Tiere wieder heraufzieht, wenn sie dann noch am Leben sind!» Und das tat er. Er lief bergab, so schnell ihn die Füsse trugen, dem Dorfe zu. Die Schafe aber weideten auf dem Rücken des Bergkammes so still und ruhig, wie Schafe eben weiden, und spiegelten sich unten im See. Hinter Toni lief fast das ganze Dorf einher, denn jede Familie hatte ein oder mehrere Schäflein bei der Herde, und jeder war höchst erstaunt zu sehen, wie die Tiere da unten im Wasser mit vollem Appetit das Seegras abrupften und immer noch auf allen Vieren zu stehen schienen. Die Dörfler lösten das Seil von der Kirchenglocke; das eine Ende wurde dem toni um den Leib geschlungen, und nun liess man ihn in das Wasser gleiten, damit er die Schafe der Reihe nach heraufhole. Als Toni das kalte Wasser verspürte, schrie er laut auf: «Ziecht wieder, ziecht wieder», aber sie verstanden ihn falsch, und statt ihn heraufzuziehen, brüllten sie ihm zu: «Siehst du Widder, siehst wohl auch Aue» (Mutterschafe) und liessen ihn nur tiefer hinunter. Durch sein Zappeln verwickelte sich sein Röcklein an einem aus dem Grund aufragenden Felszahn, der ihn auffing. Er suchte sich mit den Händen zu halten, und als ihm so übel wurde, dass er zu sterben glaubte, zogen sie oben das Seil wieder an. Auf dem Seegrund aber lag seit vielen hundert Jahren ein wunder­prächtiges Schloss mit unermesslichen Gold- und Silberschätzen, und als nun Toni mit den Händen in die Taschen fuhr, zog er die kostbarsten Sachen heraus. Er zeigte den Bauern die Schätze und sagte: «Hättet ihr mich nur noch tiefer hinuntergelassen, so hätte ich noch mehr gefunden; das Schaf habe ich halt fahren lassen, um den Schmuck zu erwischen, denn dort unten wimmelt es von goldenen Bechern, Ketten, Spangen, Tellern und andern Geraten!» Sofort wollten sich mehrere der Dörfler ins Wasser stürzen, um auch etwas heraufzuholen, aber der Älteste rief: «Halt, halt, Re­spekt vor der Obrigkeit! Der Gewalthaber ist bei uns, der muss aus Respekt zuerst hinuntergeseilt werden!» Der junge Dorfpräsi­dent trat vor, spuckte in die Hände, wickelte sich das Seil um den Leib, warf das grosse rotgeblümte Taschentuch weg, damit er mehr Platz habe im Sack für die Goldsachen, und Toni half mit das Seil halten. Der Präsident wurde so tief hinuntergelassen, als das Seil langte, denn er sollte einen guten Fang tun, schon weil er Prä­sident war. Die Männer warteten immer auf das Zupfen am Seil, und da kein Zeichen zum Heraufziehen gegeben wurde, dachten sie: «Aha, der will alles einsacken, der Filzkragen, aber wir wollen auch noch dran, herauf muss er, der Lump», und so zogen sie aus Leibeskräften herauf. «Seht, wie er vollgestopft ist», riefen sie, als er zum Vorschein kam, «er kann sich nicht einmal mehr rühren!» Nun sahen sie erst, dass er tot war. Gefunden hatte er nichts auf dem Seegrund, der Gewalthaber, aber sein Leben verloren. Keinen Atemzug tat er mehr. Da wurden die Lötscher zornig und fuhren über den Toni her. Der war einzig Schuld an dem Unglück. Sie hielten einen kurzen Rat und beschlossen, ihn zu ertränken, aber nicht hier im See, denn das Seewasser mochte ihm so wenig anhaben, als den Schafen, sondern draussen in der Rhone, wo sie am schnellsten fliesst und grosse Wellen wirft. Sie banden ihm die Beine zusammen, steckten ihn in einen Sack und trugen ihn zum Tal hinaus. Bei der Rhone angekommen, war der Zorn verflogen, und sie wagten nicht, den Schafhirten so eins, zwei, drei in den reissenden Fluss zu werfen. Sie legten den Sack am Ufer nieder und gingen ins nächste Dorf, um sich dort mit ein paar Kannen Weisswein Mut zuzutrinken. Als Toni merkte, dass sie davon gelaufen waren, rührte er sich, denn das nahe Plätschern und Gurgeln des Wassers war ihm un­heimlich. Er rief aus voller Lunge: «Ich mag sie nicht, ich will sie nicht!» Das hörte der Schweinehirte, der mit einer grossen Herde Rüsseltieren des Weges kam und fragte: «Wen magst du nicht?» «Ei, die Grafentochter, die sie mir aufhalsen wollen!» «Die mag ich schon», erwiderte der Schweinehirt, «die mag ich schon!» «So komm, binde mich los und schlüpfe geschwind in den Sack, aber schnell!» Der Schweinetreiber löste die Schnur, liess den Ge­fangenen heraus, zog sich den Sack über den Kopf und liess ihn zubinden. Toni aber hielt sich den Bauch vor Lachen, machte das breiteste Maul, das er je gemacht und trieb die Schweine taleinwärts. Bald kamen die Lötscher dahergestolpert, alle pumpenregenvoll, und als der Hirt im Sacke hörte und merkte, was sie mit ihm an­stellen wollten, schrie er: «Ich bin ja gar nicht der Toni, ich bin ja gar nicht der Toni, lasst mich los!» «Wir wollen dir schon zeigen, wer du bist», überschrien sie ihn, packten den Sack am Kopf- und am Fussende, zählten eins, zwei, drei und schleuderten ihn so weit hinaus in die Rhone, dass sie dabei selber fast hineingeplumpst wären. Ein Klatschen und dumpfes Gurgeln, dann war alles vorbei. Die Wellen hatten ihn verschlungen. Die Lötscher wischten sich die Bart­struppen und machten sich auf den Heimweg. Sie waren noch keine Stunde im Tal drin, als sie den Toni einholten, der ganz gemütlich einen grossen Trupp Schweine vor sich hertrieb und ein Liedlein pfiff. «Was», staunten sie, «wir haben geglaubt, du lägest draussen in der Rhone, potz Wetter und Steinschlag!» - Toni jedoch leckte sich die Lippe und sagte: «Hättet ihr mich nur noch weiter hinein­geworfen, dann hätte ich noch mehr Schweine erwischt, denn dort gibt es Schweine, magere und fette, grosse und kleine, mehr als Tannen im Wald!» Mehr hörten sie nicht. Der Vorderste machte kehrt und lief davon, und die andern rannten ihm nach, und draus­sen bei Gampel sprangen sie in einem grossen Satz in die Rhone, dass es klatschte und spritzte, und keiner kehrte mehr zurück. Dadurch kam Lötschen in grosse Trauer, denn das Tal wäre bei­nah ausgestorben.   Quelle: Johannes Jegerlehner: Walliser Sagen, Hans Feuz Verlag Bern, 1959 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Iddi chun!

Source: Iddi chun!

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Anhi uf dr Miliflöe ischd es Zwäärgliloch. D'Heli gäid, wär wäis wie wiit, i d'Flöe inhi, und äs hed e Ziid ggän, wa da sii Zwärgleni gssin. Äis häi-l-Liit under dr Miliflöe ghewwed. Döe hed's uf dr Flöe embrüüf es Gschräi ggän: „Iddi chun! Iddi chun! Muggestutz wolld stärben!“ Derna ischd alls stills worden. D'Hewwerliit häin naa nenem Raschtli wiiter gschaffed. Chüüm häi s' agfange ghäben, hed's uf dr Flöe und in Nollen dirhar es Brielen und es Surre ggän: „Iisa Muggestutz ischd gstorben, gstorben, gstorben!" Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Im alten Goms

Source: Im alten Goms

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Die Leute lebten im Goms vor achtzig bis hundert Jahren noch sehr einfach. Vor dieser Zeit gab es noch keinen Krämer dort, und als der erste aus Italien eingewandert war, hiess es, an einem Sack Reis und an einem Zuckerstock habe er ein Jahr lang zu verkaufen. Die Gommer machten früher grosse Bittprozessionen nach Glis, in den Ernerwald, aufs Ritzingerfeld, ins Gerental. Die dauerten oft von einer Nacht um zwölf Uhr bis zur andern Nacht um zwölf Uhr. Alle Leute, junge und alte, die ihr Gehwerk einigermassen in Ordnung hatten, mussten daran teilnehmen. Die Prozession nach Glis dauerte ursprünglich sogar zwei Tage und hiess "Kalte Prozession", weil sie gegen den Frost helfen sollte. Es gab Hungersnöte. Ich weiss wie mein Grossvater noch erzählte, eines Jahres habe es fast nicht geapert. Mitte August sei man erst in die Alpe gefahren und am vierten Herbstmonat habe es schon eingeschneit. Die Kartoffeln waren nur klein und winzig. Die Kartoffelgrube im Keller habe man vernageln müssen, sonst hätte man im folgenden Jahr keinen Samen mehr gehabt. In diesem Winter durfte man nur zweimal Kartoffeln essen: einmal an Weihnachten und das zweite Mal an Fastnachten. Heu sei auch wenig gewachsen, das Vieh habe man im Winter mit "Chris" und "Grap" füttern müssen. Die Kühe gaben so auch nur wenig Milch und die Not war äusserst gross. MÜNSTER Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Im Arni

Source: Im Arni

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Etli menga Sumer naa em andren ischd es Männdelli i ds Arni chun. De Tag anha isch'sch umhagfaaren, as we's eppes sööchti; am Aben isch'sch furt; d'Älper häin nid gwissd wela Wäg uw wee. Aber ubernachted isch'sch uf der Siiten abhi uf Willer. Eeb's taged hed, isch'sch üüf, und we d'Liit uf dr Siite gmäind häin, äs schlaafi no, ischd ds Bett läärs gsiin. Äis hed im döö en Älper im Arni ds Gäld versteckd. Das hed ds Männdeli nid megen erliiden. Nid in dr Näschterren im Arni ischd dr Älper am Morgen drüüf erwached; z'Venedig ischd er uf arra Strass gsiin un nid bbräita. Döö ischd ds Männdelli chun und hed im es Rosiise ggän ung gsäid, är selli das am Aben under ds Hoitechissi töön, är erwachi den enumhi im Arni. Är hed das gmachd und ischd am Morgen in dr Näschterren im Arni erwached. Undrem Hoit ischd es guldigs Rosiise gsiin. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.          


by Im Chaschteler

Source: Im Chaschteler

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Im Chaschteler Im Chaschteler oben isch vor Ziten e Burg gsi. Dere het me Chaschtell gseit; dervo het dr Wald dr Namen übercho. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Im Chaser

Source: Im Chaser

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Im Chaser Z’Wyssbech, im Chaser hinge, isch es Schloss gsi. Aber mi gseht weni me dervo. Einisch het e Ma do hinge gholzet. Du isch er müed worde. Är het si i d’Heubeeristüdeli gleit‚ für z’leue. Gli druf sich er siner sälber nümme Meischter gsi u het afo schlofe. Du heig er Sache gseh vürecho. Nüt u niemmere heig er dervo welle säge. Är sig ganz en eigete worde. D’Sach heig er gmacht wie gäng‚ aber nüt meh glachet u sälte meh weder es Wörteli mit öpperem gredt. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Im Chiegaden

Source: Im Chiegaden

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Uf dr Funtene siin Hirter zsämechun und häin in enem Chiegaden afa spilen. Düöe hed's im Barnen afa rumplen; brandcholärdaschwarza stäid dr Tiifel vor enen, mid Oigen wie wiisses Läder und mid arra Gablen in dr Hand! Si häi d'Charti laa ghijen u-s-sii zem Tirloch üüs. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Im Fideikommissbutzen zu Spiringen

Source: Im Fideikommissbutzen zu Spiringen

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Im Fideikommissbutzen zu Spiringen sahen die Schulkinder, wenn sie vorbeigingen, öfters ein kleines Weiblein mit einem roten Röcklein auf der Latte unter dem Haus sitzen, und wenn sie näher kamen, schlüpfte es durch's Fenster hinein. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Im Fluhbergsloch

Source: Im Fluhbergsloch

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Zwischen Tracht und dem Dorfteil Fluhberg schob sich vor dem Strassenbau ein Felsvorsprung weit gegen das Seeufer hin ins Gelände, und der Weg taleinwärts führte um dessen Fuss herum. Der durch den nahen See und den Felsen bedingte Engpass heisst von alters her das Fluhbergsloch. An diesem Ort ist einmal einer von einem andern totgeschlagen worden. Und seither war es im Fluhbergsloch u’ghiirig. Vor vielen Jahren war in einer Brienzer Haushaltung ein junges kräftiges Mädchen aus dem Schangnau als Umgängerin. Wenn nun die Meistersleute in das Kienholz auf den Pflanzplätz zogen, musste das Mädchen deren Jüngstes auf den Armen oder in der Hutte, wie sich's etwa traf, mittragen. Sie tat das ja gerne, spürte sie die kleine, liebe Last doch kaum. Allemal aber, wenn sie ins Fluhbergsloch kam, bat sie die Meistersleute, ihr doch das Kind abzunehmen, sie vermöchte es nicht weiterzutragen. Dabei sah das Mädchen immer bleich und angegriffen aus. Einmal befragt, warum sie das Kind hier immer in andere Hände geben müsse, sagte sie, sie sehe da in den Stauden jeweils eine scheussliche Gestalt, die sie aus hohlen Augen wüst angrinse. Solange die Gestalt da sei, könne sie dann einfach nicht mehr weiter. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Im Frau Venenberg oder Venusberg

Source: Im Frau Venenberg oder Venusberg

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Nicht nur der Tannhäuser, auch andere sind in den Frau Vrenen- (Venus-) Berg gegangen. Der Tannhuser, wie er bei uns mundartlich heisst, war ein so grosser Sünder, dass ihn in der ganzen Christenheit kein Beichtvater lossprechen konnte, und jeder ihn hinwies an den Papst zu Rom. Darum wallfahrtete er zu ihm und beichtete. Doch der heilige Pater entsetzte sich ob dessen Freveln und sprach: „So wenig als mein Stab da grünt, so wenig kannst du ein Kind der Seligkeit werden." Höchst traurig verliess der Tannhuser die heilige Stadt, betrübt bis zum Tode. Er lief und lief, so weit der Himmel blau. Als aber der Papst bald darauf nach seinem Stabe langte: Wunder! Da blühte dieser, wie ein schöner Maienstock. Und schnell sandte er dem reuigen Beichtkinde nach und liess es suchen in aller Welt. Niemand konnte den Ritter finden, lange, lange nicht. Endlich wurde er entdeckt im Frau Vrenenberg, wo er an einem Tische schlief und nimmer erwachte. Sein Bart jedoch wächst fort und fort und dann, wenn er siebenmal um den Tisch herumgeht, dann, gebt Acht, ist - der jüngste Tag!   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Im Gaden

Source: Im Gaden

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En Hirter ischd im Gade bim Vee gsiin. Döö ischd ds Gäismäitli zöö-n-im chun und hed wellen afan zöömmerli töön. Dr Hirter ischd im us Wäg, und ds Gäismäitli hed nid welle-l-lugg laan, und wa's dem Hirter lengs gnöög ischd gsiin, ergriifd er's und wolld mid im zer Tir üüs; aber das ischd es troges Mäitli gsiin! Äs hed si uf die Hindre gstelld, und är hed gmerkd, das 's um ds Läben gäid. Uf ds Mal laad ne ds Gäismäitli us e Fingren und säid: „Äs ischd dr wirser, das d' wiisses Brood bee-n-dr heschd! I hätten dr suscht dem Mäischter zäigd und dr welle zindten!" Mid däm isch'sch zer Tiren üüs und furt. Dr Hirter wän nid vor lang Getti gsiin und hätti no em Broosme vum Chimmbettiring in arra Täsche ghäben.            Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Im Gespensterschloss

Source: Im Gespensterschloss

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Ein Soldat hatte den Abschied bekommen und reiste nun in die Heimat zurück. Eines Tages kam er in ein abgelegenes Dorf und fragte nach einer Herberge. Aber in der ganzen Ortschaft war kein Zimmer und kein Bett aufzutreiben. Was sollte er jetzt tun? Im Freien übernachten? Warum nicht! Ein Soldat ist an alles gewöhnt. Also machte er sich unter einem Baume ein Lager zurecht, hüllte sich in seinen Mantel und legte sich hin. Da kam ein Bäuerlein herbei und sagte zu ihm: „Schaut, da drüben am Walde steht ein Schloss. Es ist seit vielen Jahren nicht mehr bewohnt. Dort könntet ihr ein feines, weiches Bett und Speise und Trank finden. Aber es gehen schreckliche Gespenster in dem Hause um. Schon mancher, der dort einkehrte, ist nicht mehr zurückgekommen. Ich dachte, ich wolle euch das melden. Vielleicht gedenkt ihr einen Versuch zu wagen.“ Sprach der Soldat: „Ich danke euch für diese Botschaft. Gebt mir nur ein Licht und etwas zu lesen, dann gehe ich sofort ins Schloss. Nicht umsonst heisse ich Hans Ohnefurcht; vor Gespenstern habe ich mich nie gefürchtet“. Der Bauer eilte in sein Haus und kam nach einer kleinen Weile mit einer Kerze und einem alten Kalender zurück. Der Soldat nahm diese Dinge dankend in Empfang und machte sich auf den Weg. Das Schloss lag auf einer kleinen Anhöhe am Rande eines Waldes. Ein prächtiger Park umgab es. Da sangen die Vögel ihr Abendlied. Es war so friedlich hier und sah gar nicht nach Gespenstern aus. Hans Ohnefurcht klopfte an das Tor und als niemand Bescheid gab, trat er mutig ein. Nichts regte sich. Er wandelte durch breite, teppichbelegte Gänge, durch Säle und Zimmer. Überall herrschte peinliche Ordnung, und es hatte den Schein, als wäre das Haus noch bewohnt, und die Leute nur hinausgegangen, um einen Abendspaziergang zu machen. Endlich gelangte er in die Küche. Da fand er allerlei Vorräte an Speisen und Getränken. Er dachte: „Die Geister kommen erst um Mitternacht. Bis dahin hab ich noch reichlich Zeit, mir ein feines Nachtessen zu bereiten.“ Er stellte sich an den Herd, machte Feuer und richtete sich ein fürstliches Mahl her. Dann ass und trank er in aller Gemütsruhe, als ob er immer hier gewohnt hätte. Endlich zündete er die Kerze an und begab sich in den grossen Saal. Dort streckte er sich auf einem mit Seidenkissen belegten Ruhebett aus, zog den alten Kalender hervor und begann darin zu blättern. Die Stunden vergingen schnell, und die Mitternacht rückte heran. Jetzt nahm er seinen Degen und zog damit auf dem Boden einen grossen Kreis. In diesen hinein stellte er das Ruhebett, warf sich darauf und wartete. Im Dorfe drunten schlug es Mitternacht. Da hallten auf einmal schwere Schritte durch das Haus. Immer näher kamen sie. Jetzt klopfte jemand mit der Faust an die Türe. „Nur herein“, rief Hans Ohnefurcht. Die schwere Pforte flog auf, und ein kohlschwarzer Mann trat über die Schwelle. Er näherte sich drohend dem Soldaten. Aber, am Kreise angelangt, musste er Halt machen. „Wer bist du - und was willst du hier?“ fragte der Krieger. „Es kommt noch ein anderer, der wird es dir sagen“, antwortete der Schwarze. Jetzt begann es im Schloss zu poltern und zu rumoren. Schon nach einer kleinen Weile pochte es abermals an die Türe. „Nur immer herein“, rief Hans. Ein brandschwarzer Mann stampfte in den Saal und stellte sich neben den Vorigen an den Ring. „Wer bist du - und was willst du hier?“ „Es kommt noch ein anderer - der wird es dir sagen.“  Nun begann ein furchtbarer Spektakel. Im ganzen Schlosse lärmte, klopfte und rumpelte es, als würden Kisten und Kasten aufgesprengt, Türen eingeschlagen und Tische und Stühle hinausgeworfen. Das Haus erzitterte darob. Jetzt pochte es neuerdings an die Pforte. Das dröhnte wie Hammerschläge. „Nur herein“, schrie der Soldat. Wieder trat ein höllenschwarzer Geselle herein und stellte sich neben die zwei andern an den Kreis. „Wer bist du - und was willst du hier?“ Der Schwarze begann zu reden: „Verwegener, höre meine Antwort. Ich bin der Ahnherr dieses Hauses - der, welcher neben mir steht, ist mein Sohn - und der Dritte mein Enkel. Vor zweihundert Jahren war ich Vorsteher des Dorfes. Es herrschte damals Krieg. Als er zu Ende ging, brach die Pest aus und wütete schrecklich. Was der Krieg noch übriggelassen, das stiess sie unbarmherzig ins Grab. Unser Dorf starb fast gänzlich aus. Ich blieb am Leben. Es wäre aber besser gewesen, ich wäre auch gestorben, dann hätte ich mein himmelschreiendes Unrecht nicht begehen können. Das kam so: Es lebte damals in dem Dorfe ein reicher Mann. In seinem Hause holte sich die Pest nacheinander ihre Opfer. Vater, Mutter, Söhne und Töchter starben. Nur ein dreijähriges Büblein blieb übrig. Das brachte ich zu einer alten Frau, und die zog es auf. Das ganze Vermögen des Kindes nahm ich als Vormund in meine Obhut. Der Knabe wuchs heran und wurde volljährig. Nun hätte ich ihm seine Reichtümer aushändigen sollen. Ich tat es nicht. Ich gab ihm ein kleines Gütchen und behielt das grosse Vermögen für mich. Es konnte mich niemand darüber zur Rede stellen, denn alle Leute, die um dieses Vermögen wussten, waren tot, - auch jene alte Frau, die den Knaben auferzogen hatte. Ich galt als ein Ehrenmann. Niemand hätte mich einer so schändlichen Tat fähig gehalten. Meinem Mündel ging es anfänglich gut. Später geriet er in Schwierigkeiten, seine Familie verarmte und fiel schliesslich den Mitbürgern zur Last. Mir aber lächelte das Glück. Ich besass jetzt ein grosses Vermögen, das sich in glücklichen Unternehmungen ständig vermehrte. Ich baute dieses Schloss und lebte hier in Reichtum und Ehren wie ein Fürst. Nach meinem Tode erbte mein Sohn alle Güter. Obwohl er um meine Schurkerei wusste, unternahm er nichts, um das Unrecht gutzumachen Er führte wie ich ein geniesserisches Wohlleben. In gleicher Weise handelte auch mein Enkel. Mit ihm starb unser Geschlecht aus. Wir konnten alle drei nicht selig werden und müssen als Geister hier im Schlosse umgehen, bis unser Unrecht gutgemacht ist. Nun wartet dir, Fremdling, noch eine schwere Aufgabe. Komm, ich will dir etwas zeigen. Geh voran!“ Hans wusste, dass man Geistern nie vorangehen soll, sonst beginnen sie zu hetzen und zu jagen. Er befahl darum: „Geht ihr voran; ich folge euch.“ Dann nahm er in die rechte Hand den Degen, in die linke die Kerze und folgte den drei schwarzen Gesellen. Sie schritten durch einen langen Gang und kamen zu einer eisernen Türe. „Öffne hier“, sagte der Ahnherr. „Ich habe nicht geschlossen, öffne du selber“, befahl der Soldat. Da machte der Geist selber die Türe auf, und sie kamen in eine kleine Kammer. Hier lagen allerlei Werkzeuge herum. Der Ahnherr deutete auf Hacke, Pickel und Schaufel und sprach: „Nimm diese mit.“ Aber Hans Ohnefurcht entgegnete: „Ich habe sie nicht da hereingelegt. Nimm du sie selber fort.“ Nun hob jeder der Geister ein Werkzeug auf die Schulter, und einer nach dem andern verliess den Raum. Sie wanderten weiter, durch lange Gänge, über steile Treppen und mussten auf diesem Wege noch durch sieben Türen gehen. Bei jeder sollte der Krieger öffnen. Aber weil er sich weigerte, mussten es die Geister selber tun. Endlich gelangten sie tief unten in einen Kellersaal. Da stellten die Männer ihre Werkzeuge ab. Der Ahnherr deutete auf eine Stelle des Bodens und befahl dem Soldaten: „Grab hier!“ Der antwortete: „Ich habe hier nichts verlocht - grab du selber.“ Jetzt machten sich die Geister an die Arbeit und begannen eifrig zu graben, einer mit der Hacke, der andere mit dem Pickel, und der dritte schaufelte die Erde heraus. Bald kamen drei mächtige Kisten zum Vorschein. Die waren bis zum Rande mit Geld gefüllt.  „Hilf uns die herausheben“, baten die Geister. „Lüpft sie selber heraus“, lautete die Antwort. Ha legten alle drei Hand an. Ächzend und stöhnend hoben sie die Truhen aus der Grube und leerten deren Inhalt so auf den Kellerboden, dass drei Haufen entstanden. Und wieder trat der Geist des Stammvaters an den Soldaten heran und sprach: „Welchen der drei Geldhaufen willst du? Wählst du falsch, so bist du verloren, und wir sind nicht erlöst.“ Das war eine schwere Aufgabe. Hans Ohnefurcht dachte eine Weile nach und entgegnete schliesslich: „Ich will sie alle drei.“ Jetzt heiterten sich die Gesichter der schwarzen Gesellen auf, und wie aus einem Munde riefen sie: „0, habe Dank - wir sind erlöst!“ Der Ahnherr aber fügte noch hinzu: „Nimm dieses Geld und verteile es so: - Der erste Haufen gehört dem armen Manne, der am Ausgange des Dorfes in einer halbzerfallenen Bretterhütte wohnt. Er ist der letzte Nachkomme meines betrogenen Mündels. Den zweiten Haufen verteile nach und nach an die armen Leute dieser Gegend, den dritten behalte für dich. Auch das Schloss mit allem, was drin und drum dazu gehört, soll dein Eigentum sein. Aber, wehe dir, wenn du meinen Willen nicht genau erfüllst - dann wirst du an meiner Stelle einst hier umgehen müssen.“ Sprach der Soldat: „Sei ohne Sorge. Ich werde die Schätze so verteilen, wie du mir befohlen, das schwöre ich dir.“ Ein Windstoss fuhr durch den Keller. Die Geister verschwanden. Hans Ohnefurcht verteilte die Schätze und behielt, was sein war. Er nahm sich eine junge, hübsche Frau und führte als reicher Schlossherr noch viele Jahre ein vergnügtes Leben.    Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch  


by Im Giigeliboden

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Im Giigeliboden ist ein tyrannischer Vogt versunken, als er, neue, blutige Schandtaten ausheckend, in seiner schweren Rüstung einsam durch den Wald schritt. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Limmattal Aus den „Sagen aus dem Limmattal“. Quellen sind dort nicht angegeben. Laut Vorbemerkung wurden die Sagen durch Sekundarlehrer K. Klenk „durch Schulaufsätze“ gesammelt.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Im Gornernwald

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g'hirmeten einige Wanderer unter einer Tanne. Da hörten sie einen wunderlieblichen Gesang in nächster Nähe wie von Engeln. Einige Zeit später wurde der Baum gefällt, ein Schreiner kaufte ihn und machte lauter Kindertotenbäumchen daraus. Josefa Muther Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Im Holzerberg in Bürglen

Source: Im Holzerberg in Bürglen

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a) hat es sich früher häufig merken lassen. Eines Abends, als die Eltern und die grössern Geschwister bei den Nachbarn in der Bitzi kurzweilten, machten sich auch die jüngern Kinder zu Hause beim Kartenspiel lustig. »Sie hend peetnet.« Auf einmal hören sie ganz deutlich die Abwesenden alle über die Bsetzi vor dem Gaden daherkommen, Tritt für Tritt. Ein jedes aus ihnen erkennen sie am Schritt. Sie kommen zur Haustüre, stecken den Schlüssel ins Schloss, erreichen die Stubentüre und lassen sich nicht mehr hören. Die Kinder eilen hinaus, gucken und suchen, finden aber niemand. Von Furcht erfüllt sehnen sie sich nunmehr nach der Heimkehr der Ihrigen, die etwa nach einer Viertelstunde auch wirklich erscheinen. b) Ein anderes Mal blieb das kleine Tryni ganz allein zu Hause. Es hatte den Auftrag, den Heimkehrenden warme Milch bereit zu halten. Auf einmal kommen sie über die Gadenbsetzi daher, voraus der Vater, dann die Mutter, dann die ältern Geschwister mit Ausnahme eines einzigen. Sie treten ins Haus, schreiten durch die Küche an die Stubentür und – alles verstummt. Es verging noch ungefähr eine Viertelstunde, bis die Erwarteten wirklich sich einstellten, und zwar in der Reihenfolge, wie sie Tryni gehört hatte. Nur Nänni, die älteste Schwester, kam nicht über die Bsetzi, sondern nahm den Weg hinter dem Gaden über den weichen Rasen. c) Öfters hatten es die Nachbarn auf dem Bort im Holzer kläglich weinen gehört. Da geschah es nach etwa vier Wochen, dass die Mutter im Holzerberg von einer Schar Kinder wegstarb. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Im Hundtrog

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a) «Die Einwohner des Dorfs geben vor, die Edelleute dieser Schlösser (auf dem Wartenberg) haben sich die Speise durch grosse Hunde hinauftragen lassen. In diesem Umstand ist eben nicht nötig einzutreten; doch solle nicht verschwiegen werden, dass in einem alten Stiftungsbriefe von 1444 eines Hundstrogs an diesem Berge Meldung geschehe, (welcher von diesen Hunden den Namen haben konnte;) dessen auch in den alten Berainsbüchern von 1516 gedacht wird.»        b) Als die Ritter noch auf der Burg hausten, befanden sich auf halber Höhe des Wartenbergs Tröge für die Jagdhunde. Die Leibeigenen im Dorfe waren gezwungen, tagtäglich morgens und abends diese Tröge mit Hundefutter zu füllen. Wenn sie es unterliessen, wurden sie schwer gebüsst oder eingekerkert. Noch jetzt heisst man die Gegend, wo sich voreinst der Futterplatz der ritterlichen Hunde befand, «im Hundtrog.» Wartenberg Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Im Kamin verbrannt

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wurde in einem Hause zu Wattingen eine alte Hexe, die schon viel Schaden zugefügt hatte durch Rübenen, Hagel usw. Als man sie an einem Seil in das Kamin hinaufzog und viele Kinder zuschauten, rief sie selben: »Bättet fir mi, Chindä, äs git ä heissä Tag fir mich.« Man hatte sie gepackt, als sie eines Tages aus dem Gestrüpp ob Wattingen herausgekommen war. Franz Kieliger, 65 Jahre alt, Wassen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Im lange Samschtig

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In der Oberdörfer Mühli hei si emol e Magd gha. Die het müese amene Samschtig Nohmittag go Böhnli günne uf im Pflanzplätz in der Baselmatt. ’S isch e heisse Tag gsi und si het es Fläschli Brenz by-n-ere gha. So nimmt’s eim nit wunder, wenn si bim Zobe-neh ygschlofe-n-isch. Wär aber nit ehnder verwachet as am Sunntig am Morge, wo d’Lüt vo de Höfe in der Nöchi z’Chilche gange sy, isch eusi Magd. Sie het gfrogt, wie vill Zyt ass’ syg. «He nüni!» Druf seit si: «Da’sch jetz au e lange Samschtig gsi!» Sit der Bigäbeheit treit das Stück Land der Name «im lange Samschtig». Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch  


by Im Maaschiim Mischt üüsträägen

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Dr Sigrischt hed mer gsäid, är häigi äis im Maaschiim Mischt üüsträägen. Aber das mach er nee mee. Äs siigi äina zöö-n-im chun; aber was där gsäid hätti, hed er nee welle sägen. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Im Meiental

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haben früher hinter allen Steinen arme Seelen wandten müssen. Frau Wipfli Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Im Meiental

Source: Im Meiental

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hat man gesagt, das Toggeli sei nur ein Schatten oder wie ein Spiegel, d.h. Lichtwiderschein an der Wand1. In einem Hause, wo es die Kinder plagte, hat man ein Loch in die Wand gemacht und es mit dem Spruch: »Toggäli, geh hinweg von meiner Hand Und kehr ein in diese Wand« hinein verbannt und dann mit einem Zapfen das Loch verschlossen. Fr. Baumann, 33 Jahre alt, Meien Fußnoten 1 Auch im Schächental sagten und glaubten die Kinder, die einen Lichtreflex an der Wand »zwitzern« sahen: »Das isch ds Toggäli!« Pfarrer Arnold. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Im Möttelischloss bei Rorschach

Source: Im Möttelischloss bei Rorschach

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Im Möttelischloss bei Rorschach am Bodensee erscheinen zwei Mädchen in weissen Kleidern und roten Schuhen, mit Ketten gefesselt. Sie bitten weinend, man möge sie küssen. Das Bellen eines Hundes schreckt aber alle zurück, so dass sie immer noch nicht erlöset sind, und der Schatz den sie bewahren, ist noch ungehoben. Im Schlossee Sulzberg erschallt in der Mitternacht ein Rollen von Kugeln und ein Fallen von Kegeln, und ein so grauenhafter Lärm, dass jeder zur Nachtzeit den Ort meidet. Quelle: Theodor Vernaleken, Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch


by Im Nanztal

Source: Im Nanztal

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Es soll Tatsache sein, dass früher das ganze Nanztal bewohnt war. Als Beweis erzählten die Alten, im obern Faulmoos habe sich einst ein Brautpaar gegenseitig einundzwanzig Fischel Matte samt Obstbäumen zum Ehekontrakt gegeben. Unter der Heidenwasserleite habe man zu Beginn des letzten Jahrhunderts noch Bündel Heidenrebholz gefunden. Als Visperterminen noch zur Pfarrei Naters gehörte, sollen alljährlich an Fronleichnam zwölf Paare festlich gekleideter Jungfrauen, mit frischen Rosen und Nelken in den Haaren, aus dem Nanztal nach Naters zum Gottesdienst gekommen sein. VISPERTERMINEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Im Oterehölzli

Source: Im Oterehölzli

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Im Oterehölzli bei Winikon soll, wie man erzählt, ein Hagheerenschloss gestanden haben. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Gchr. Uster 1902. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Im Puurebüel

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Im Puurebüel Südöstlich von Fehraltorf steht ein Hügel, der sich unvermittelt aus der Ebene erhebt. Die Alten behaupten‚ darin solle ein grosses Grab sein. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Jahrbuch Pfäffikon Nr. 1, S.73   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Im Ramenholz

Source: Im Ramenholz

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Zwischen Herrenscheuer und Poya bei Rechthalten hielt sich vor vielen Jahren ein Spukgeist auf, der die nächtlichen Wanderer belästigte. Er stellte sich den Heimkehrenden in den Weg oder, wenn ein Fuhrwerk daherkam, tat er so, als ob er sich unter die Räder werfen und sich überfahren lassen wollte, wobei er dann ein fürchterliches Geheul ausstiess, dass es einem durch Mark und Bein fuhr. Bald zeigte sich das Ungeheuer in Frauengestalt, bald nahm es die Form eines hässlichen Tieres an. Besonders an heiligen Zeiten, wie Fast- und Quatembertagen, trieb das Ungeheuer sein Unwesen. Einst begab sich ein Rechthaltner Bursche nach der Poya zum Kiltgang zu seiner Geliebten, wo er sich bis zur Mitternacht aufhielt. Lustig und guter Dinge begab er sich, ein Liedlein pfeifend, auf den Heimweg. Als er beim Ramenholz anlangte, erblickte er plötzlich die schwarze Gestalt des Unholdes. Und ehe er’s gewahr wurde, packte ihn das Gespenst am Rücken. Schreckerfüllt wollte er die Flucht ergreifen, aber die Beine versagten ihm den Dienst. Er konnte keinen Schritt weiter setzen. Er wollte um Hilfe rufen, aber er brachte keinen Laut heraus. Zitternd und schlotternd vor Grausen musste er auf demselben Platz stehen bleiben bis zum Morgengrauen. Als endlich die schreckliche Wartezeit vorbei war und die Betglocke von Rechthalten den Engel des Herrn läutete, fiel der Bann vom Unglücklichen. In weiten Sätzen keuchte er das Bergli hinauf nach Hause. Als er daheim anlangte, fühlte er im Gesicht eine grosse Geschwulst. Er musste sich ins Bett legen und drei Tage darnieder liegen. Erst nachher genas er wieder.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Im Räubernest

Source: Im Räubernest

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Ein Kaufmann (ein Metzger) verreiste mit seinem treuen Hunde in eine fremde Gegend, um einen Markt zu besuchen. In einem dichten, finsteren Walde überraschte ihn die unheimliche Nacht. Lange irrte er da bangen Herzens umher, bis er endlich ein Lichtlein erspähte. Er ging auf dieses Lichtlein los und kam zu einem schönen, stattlichen Hause. Da klopfte er an. Ein altes runzliges Muetterli tat auf, und er fragte, ob er da übernachten könnte, die schwarze Nacht habe ihn hierher getrieben. Das Muetterli hiess ihn eintreten und an den Tisch sitzen, es wolle ihm ein Nachtessen bereiten. Der Kaufmann hatte Hunger und Durst und war mächtig froh, dass ihm das Muetterli Speise und Trank anbot. Er setzte sich an den Tisch und wartete auf das Essen. Bald kam ein Mann in die Stube, nahm neben dem Kaufmann Platz und fing ein Gespräch an. Es kam ein zweiter, ein dritter, und so ging es fort, bis es ihrer zwölfe waren. Sie hatten unheimliche Gesichter, waren aber freundlich und gesprächig und diskurrierten mit ihrem Gast, der sich die Mahlzeit wohl schmecken liess, welche das Muetterli unterdessen aufgetragen hatte. Als aber der zwölfte eintrat, ward dem Kaufmann doch etwas unheimelig zumute und er dachte bei sich: »Ja, was Teufels ist denn da los?« Er fasste Verdacht und machte sich auf alles gefasst. Der Hund lag zu seinen Füssen und knurrte. Endlich sagten die Unheimlichen zu ihm: »Wir wollen lustig sein miteinander! Jeder von uns da zahlt eine Flasche. Machet mit!« Er erklärte sich einverstanden und zahlte die erste Flasche, und jeder der zwölf Unkekannten liess eine aufspazieren. Zuletzt bestellte der Kaufmann noch eine Flasche Kirschwasser, schenkte jedem ein Gläschen ein und sich selber den Rest in einem Schoppenmywel. Dann stand er auf, erhob seinen Mywel und lud die zwölfe ein, mit ihm anzuputschen und Gesundheit zu trinken. Sie erhoben sich und stiessen an. Aber im Augenblick, da sie die Gläser an den Mund setzten, um zu trinken, fletzte er ihnen sein Kirschwasser in die Augen und rief dem Hund: »Bäri, pack! ich einä, dü elf!« Oder: »Gschwind wie der Wind brich Ysä-n- und Stachel!« Und elfen riss der wütende Hund die Gurgel auf, den zwölften erschlug der Kaufmann mit seinem Mywel. Als das Muetterli den Lärm hörte, wollte es auch herbeieilen, und der Kaufmann hatte grosse Mühe, es zurückzuhalten, sonst wäre es vom Hund auch getötet worden. Am Morgen eilte er nach Hause zurück und machte Anzeige bei der Polizei. Er erhielt eine schöne Belohnung, denn die Räuberbande hatte viele Schandtaten auf dem Kerbholz. Eine ähnliche Räubergeschichte wurde mir andeutungsweise vom Wassnerwald erzählt. Statt zwölf werden auch 40 Räuber angegeben. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Im Schabelehn

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Im Schabelehn Zwüsche Tag u Nacht, so afangs i dr Chiltnacht, het eine im Schabelehn d’Frau Faschte gseh. Sie isch unger dr Ifahrt gstange u obe acho. Gar e grossi, mächtigi Frau isch es gsi mit eme länge Gring. Mi het albe gseit, sie heig au erschröckelig lang Fingernegel für die ufölgige Ching zuehezchraue. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Im Schatz

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Im Schatz So heisst ein Hügel westlich vom Rossberg an der Kempt. Es sein daselbst noch ansehnliche Reste einer Burg zu sehen, die vermutlich den Herren von Rossberg gehörte. Hier sollen unterirdische Schätze verborgen liegen. Das wusste man schon vor Jahrhunderten. Es kam auch einmal ein Walliser namens Martin Offner von Siders, der hier mit der Wünschelrute Schätze suchte. Die Rute zog; es wurde aber gleichwohl nichts gefunden. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Winterthur und Weinland G. Peterhans, Ins Zürcher Oberland, S. 65   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Im Schiirli

Source: Im Schiirli

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Äina uf Willer hed z'Gadmen es Hewwmad ghäben. Bim Hewwe sii s' geng im Schiirli ubernachted. Aber äs ischd da nid alls süüfers gsiin; äis, wa s' umhi im Schiirli ubernachted siin, ischd in dr Dili es Grumpel losggangen. Döö hed dr Äigetimmer greefd: „Bischd d'en gööta Gäischt, sa bliib! Bischd em beesa, sa gang!" Drüüf ischd dr Gibel volla Näbel worden; är ischd zem Dilitor üüsachun, und derna ischd es griisligs Gschräi um Bbriel über e-w-Waald inhi. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Im Schloss Reschti

Source: Im Schloss Reschti

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Im Schloss Reschti wän en ganze Plunder Gäld vergrabna. Dr Gäischterbanner Michel hed das gwissd und hed mid zween old drii andren das Gäld welle virhatöön. Är hed nen aber an es Chnepfli gläid, si derffen nid es Wertelli midenandre brichten, we si dra siigen. In arra Nacht sii si derhinder har und siin in es Ghalt chun. Da ischd es Chaschtli gsiin und en Hund drüüf. Michel hed den Hund ergriffen und ab em Chaschtli glifted. Derna hed er ds Chaschtli üüftaan; äs ischd äbevolls Gäld gsiin; zobrischt ischd en niwwa Chriizer gsiin, e scheenna, glitzraga. „Dän nimen i afen", säid äina und hed ne-w-wellen nän. Aber eeb er rächt mid Brichten ischd fertig gsiin, hed's en griislaga Chlapf ggän, Tireni si zöögschletzd; ds Chaschtli ischd verschwunden, um Michel hed griiselli afam bbreelen. Är ischd verlorna gsiin. Dee andren häin no üüsi chennen u-f-fleen. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Im Schloss Sargans (Mundart)

Source: Im Schloss Sargans (Mundart)

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Z'Sargans mueß es natürli im Schloß joubä geistä-n, ebs well oder nit; in alta Schlössärä hind Gspinster albig d's Vourrächt ka, will dort, früehner Houchmuet, Übermuet, Gält und Ugrächtigkeit Trumpf gst ist. D'Lüt fürchten si grad jez na, und i wett wettä, es dörft keine-n-ällei im Armsündersaal ä Nacht schloufe, winner grad däs prächtigst Bett hett. Am zwölfi ratzletis mit Chettenä, oder es tappeti der Statthalter dur die lang, dumpf tünend Stägä-n-uffä mit dem Stäggli und der altä Parüggä; oder es cheim en altä Landvogt hindä zum Ringmurtürli ihä und suächti st Urner-, Schwizer- oder Glarner-Woupä-n-an der Wand, und im Zorn, as alls e sou ver-wahrlouset usgsäch, cheimerä im Bett gä verzausä. Albrecht. (Erinnerungen an das St. Galler Oberland in Sarganser-Mundart von Frater Hilarius. A, Wildhaber, Wallenstadt.) Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 179, S. 84 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Im Schrüübstock

Source: Im Schrüübstock

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I wäiss no güöd um bsinnem mi no dran, as we 's hiit wän, wa dr alt Elseller em Mässerlamellen hed zerhiid. E wan nid siigi ds Lentschi d'schuld, und däm well er grad äis derfir tüön, hed er gmäind, und derna hed er ds Mässer i Schrüübstock taan und hed asa züöschtrüüben, was er hed megen. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Im Schützenhaus

Source: Im Schützenhaus

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Im alten Schützenhaus geschah einmal ein Mord. Da war eine wunderschöne Tochter. Sie hatte aber den Fehler, dass sie zwei Liebhaber besass und beiden Hoffnungen machte, bis einer den andern an einem Schützenfest erschoss. Später geisterte es in diesem Hause. Von meinem Vater weiss ich, dass noch in den 188oiger Jahren die armen Seelen in der Nacht bis in dieses Haus kamen. Die Frau, die damals drin wohnte, "d alt Felixia", kam mit ihnen aber gut aus und hatte keine Angst. Bei der letzten Grenzbesetzung 1939-1945 waren da auch Berner Soldaten einquartiert. Die wussten nichts von allen diesen Geschichten. Aber schon nach der ersten Nacht kamen sie: «Da spukt was, da spukt was!» Sie durchsuchten die hintersten Winkel des Hauses, haben aber nichts gefunden. ERNEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Im Spinnmütterli

Source: Im Spinnmütterli

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Im Spinnmütterli an der Strasse von Oetwil nach Würenlos soll es früher gegeistet haben. Dem Großvater K. W. Glaettlis soll es noch passiert sein, dass er bei nächtlicher Heimkehr von Würenlos im Spinnmütterli vom Sturm erfasst, ringsum gedreht und in den Graben geworfen wurde. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Limmattal Aus den „Sagen aus dem Limmattal“. Quellen sind dort nicht angegeben. Laut Vorbemerkung wurden die Sagen durch Sekundarlehrer K. Klenk „durch Schulaufsätze“ gesammelt. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Im Staufebach

Source: Im Staufebach

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Im Staufebach Es isch im Winter gsi. Ig u dr Hälibänz si zsäme go Bäseris haue. Im Staufebach bin i in es Birchli uehegchläderet u ha abegmacht. Eismols macht dr Hälibänz: „E, dr Tüner! Chum abe! Gschwing, gschwing. Äs chunnt eine.“ Im Schwick bin i deniede gsi. Du chunnt e Ma derhär, d’Häng uf em Rügge, i halblinige Hose un Überstrümpfe, ire Füdlechlopferchutte u mit ere Büssichappen uf em Chopf. Är luegt uehen i ‘s Birchli; ig au, wott ne-n aluege u gseh kes Bei meh. Dr Hälibänz isch hinger em Haslehag versteckt gsi; ihm isch es glich gange. Drufabe si mer zsäme gäg Ochleberg zue. Ungerwägs het’s afo abehaue; mir hei ke trochene Fade meh an is gha. Nass wie d’Müs si mer gäge d’Pinte u hei es Zweuerli gha. Mi Muetter, wo wit umenangere isch cho, het gseit: „Jo, das isch dä u dä. Dä het me scho meh gseh.“ M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Im Strättlighubel

Source: Im Strättlighubel

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Im Strättlighubel am Thunersee sind grosse Schätze verborgen. Der Schlüssel dazu hängt unsichtbar an einem Hollunderstrauch. Man hat eine Frau gesehen, die auf drei Tüchern gelbe und weisse Bohnen sonnte. Einer liess einst seinen Stecken auf einem Tuche liegen; die Frau rief: "Mann, euer Stecken!" Allein er überhörte das und später fand er ihn auf dem gelben Tuche. Die Bohnen waren Gold geworden. Quelle: Theodor Vernaleken, Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch


by Im Tschudigut

Source: Im Tschudigut

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Das Tschudigut liegt in der Mettlen, halbwegs zwischen Netstal und Näfels. Früher stand dort ein Häuschen, in dem zwei Brüder wohnten, die aber stets miteinander im Unfrieden lebten. Einmal gerieten sie wieder in Streit. Wie Raubtiere fuhren sie aufeinander los. Wie es kam, weiss es niemand zu sagen: Auf einmal lag einer der beiden erschlagen in seinem Blute. Es war ein böser Tag, aber für den Brudermörder folgten noch bösere. Er fand nämlich von Stund an keine Ruhe mehr, sondern musste nachts in der Gegend umherwandeln und an die Türen klopfen. Mancher hat ihn gehört, und keiner konnte ihm helfen. Erst als er versprach, auf alle Zeiten hinaus der Kirche zu Näfels das heilige Öl zu schenken, fand er seinen Frieden. Das Tschudigut ist längst in andere Hände gekommen, doch muss heute noch der Besitzer laut dem Kaufbrief etwas für das heilige Öl entrichten. Das Mettlenhaus wurde von einem Felsblock zermalmt. Der Block lag lange Zeit mitten in der Wiese, bis man ihn im Jahre 1877 sprengte und sein Gestein zum Bau des Näfelser Schulhauses verwendete.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Im Übergang

Source: Im Übergang

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Im Übergang Äs isch sälb Rung gsi, wo d’Franzose bi üs alls uf e Chopf gstellt hei. Do sig e Franzos i Brang cho u heig welle Haber furaschiere. E Bur heig ihm ’s Mäss gfüllt u derno mit em Chnebel abgstriche. Drufabe heig dr Franzos mit em Sabel afo zable u gable; är heig ’s Mäss ghufets welle. Aber im glichen Augeblick heig ihm dr Bur eis abgstreckt, u derno heigen är u d’Buebe ne i ’s Bschüttloch to. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Im Wätterluft

Source: Im Wätterluft

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Ns ischd an enem chalte Tag ingäänds Wintermanet gsiin, d'Strewwi abha und d'Bäim läär, dr Winter im Bärgen und ds Chrüüd abgetzds. Us em Mattenhäiffen häi d'Wiiber und d'Chind die leschte-r-Rääbi und Runggli häitaan. Obenhar ischd dr Wätterluft ggangen. As hed toosed; d'Tanni häi si gchrimmd, und d'Delden häi giigampfed. Schneerüoti sii chun; äi Stoibbeten hed die ander gjagd; i Churzem hed's uber- grääwwds ghäben. Um ds Dorf um ischd no alls stills gsiin; nummen hie und da ischd e Schneefläigen chu z'fläiserlen. Mier Büoben häin däm züogseen. „Wie das tüod!", hed äina gsäid. Um Peetsch hed gmäind: „Das siin Gäischter. Das brichted ds Groosi geng. Si chemen im Wind und tien eso brielen und chittellen im Bäimen und wäi sa zerschriissen." Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Im Wiichel

Source: Im Wiichel

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Uber Gäisholz inha chunnd ds Nachtvolch; den gäid's bim Wiichel verbii. Äs häi rra vil gsäid, si häige ds Trampel gheerrd. Melchior Sooder:  Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Im Wiichel

Source: Im Wiichel

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Uber Gäisholz inha chunnd ds Nachtvolch; den gäid's bim Wiichel verbii. Äs häi rra vil gsäid, si häige ds Trampel gheerrd. Melchior Sooder:  Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Im Wiillerli

Source: Im Wiillerli

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Im Wiillerli hed äina ghirted und ischd dra gsiin, dem Mischt us em Gade z'töön. Tätsch, gumped es Mäitli vun dr Wittri abha vor d'Gadetir! Ds Gäismäitli! Um meer niid, deer niid, gäid's hindren Hirter, as we's ne wellti erdricken. Aber där biissd uw wirggd's, bis nen endtli laad gaan! Wa's furt ischd, hed er gseen, wee's Feess hed; äina ischd gsiin, wee rra d'Liit häin; dr ander ischd en Gäisföös gsiin. Aber ds Gäismäitli hätte nen doch megen, wen er nid an dr Gassen hätti es Ringli gchoifd ghäben; es par Broosmi dervun hed er no in dr Schlufitäsche ghäben. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Im Wittenholz

Source: Im Wittenholz

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ist's auch nicht geheuer. Da hört man nachts oft ein widerliches Geschrei. Mündlich.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 19, S. 13 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Im Wohnhaus im vordersten Ried

Source: Im Wohnhaus im vordersten Ried

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Zu Bürglen belästigte ein Ungeheuer die Insassen und spielte ihnen arge Streiche. Das verleidete ihnen zuletzt, und sie liessen den Kaplan (Sebastian Heinrich Senn, gest. 1755), kommen, dass er es verbanne. Er leistete dem Rufe Folge. Wie er vom Stigli her unten durch das Landgut heraufkam, rief ihm das Ungeheuer, indem es spöttisch in die Hände klatschte, entgegen: »Herr Sänndli! Hesch äs Fiddlä wiennes Pfänndli!« Herr Senn drohte nur mit dem Finger und sagte: »Wart nur, bis i dobä bi, dä zahmisch de scho nu!« Und richtig, kaum hatte er mit seinem Bannspruch begonnen, fiel das Ungeheuer kniefällig vor ihm nieder und bat flehentlich, er möchte es doch wenigstens unter Dach lassen. Die Leute empfanden Mitleid mit ihm und liessen es im Hause unter der Bedingung, dass es sie nicht mehr belästige. Nach vielen Jahren (ca. 1840–45) brannte das Haus ab, und aus dem brennenden Hause sah man eine weisse Taube gegen den Himmel fliegen. Frau Arnold-Planzer, Bürglen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Im „Sack“

Source: Im „Sack“

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Im „Sack“ An der Halde der früheren Burg Breitenlandenberg steht das Haus, genannt im „Sack“. Diesen Namen verdankt es einem sonderbaren Zufall. Vor langer Zeit hatte einmal ein Pfaffe etwas angestellt - man weiss heute nicht mehr was - und er musste sich flüchten vor den Verfolgern. Auf der Flucht kam er zu dem Hause und hielt bei dem Bauern an, dass er ihn verstecke. Das tat der gute Mann auch, denn er glaubte, dass dem Pfarrer wirklich unrecht geschehe. Er steckte ihn in einen Fruchtsack und stellte ihn mit anderen Säcken an einen Haufen. Diese List rettete dem Pfaffen das Leben. Sie ist aber später doch ausgekommen und hat dem Hause den bekannten Namen eingebracht. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Nach Lüssi, W.-Variante von Heda. Spahr-Lüssi im Beiblatt z. Neuen Winterthurer Tagblatt, 10. 4. 1952: „Streifzug durch die Winterthurer Besitzungen bei Turbenthal“: Als einst der Bischof von Konstanz vor seinen Feinden ins dunkle Tösstal fliehen musste, suchte er in diesem, dem Kloster St. Gallen gehörigen Hause (also im Sack) Zuflucht. Der Bauer, der eben sein Korn gedroschen hatte, versteckte den hohen geistlichen Herrn hinter den Kornsäcken. Seither heisst das Haus „im Sack“.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by In dem übertrümmerten Urbachtal

Source: In dem übertrümmerten Urbachtal

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In dem übertrümmerten Urbachtal erzählen die Älpler, dass vor Alters ein Hirtenknabe nicht einen Stein gefunden, den er einem ungehorsamen Kälblein hätte nachwerfen können. Aus dem Wallis, heisst es, kamen ganze Kindtaufen über das Gebirge nach Grindelwald in die Kirche. Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by In den Bergwerken

Source: In den Bergwerken

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Hie und da in den Bergen und namentlich in den Bergwerken gibt es Berggeister und Bergmänner, kleine, graue Männchen mit grossem herabfallendem Filzhut. Sie können die Bergknappen entführen und töten, wenn sich selbe nicht gehörig zu benehmen wissen. Sie müssen nämlich auf die rechte Seite stehen, wenn sie kommen, nicht jauchzen und lärmen, sondern sich schön still verhalten.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by In den Mond entrückt

Source: In den Mond entrückt

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Die Seelisberger und andere Urner sehen im Monde einen Mann mit einem Milcheimer an der Hand. Der habe einst nachts Milch gestohlen, und der boshafte Mond habe plötzlich seine Tat beleuchtet. Da habe der Dieb geflucht und sei zur Strafe in den Mond versetzt worden. Die Isentaler reden auch von einem Mann, der im Walde Staudengarben stahl. Als er eine auf seinem Rücken davontrug, brach der Mond hinter den Wolken hervor, und jetzt durfte er nicht mehr weiter. Da fluchte er grässlich. Der Mond aber »verschluckte« den Flucher, so wie er dastand. Josefa Imhof-Aschwanden; Franz Aschwanden, Seelisberg; Hans Aschwanden, Isental Ein Milchschelm mit dem Bränntli am Rücken, hatte fremde Kühe gemolken, vom Mondschein überrascht, flucht, wird vom Mond verschluckt. Katharina Muheim, Flüelen Ä Ma midäma Pinggel Heib (Heu) am Rigg, hatte ihn gestohlen, vom Vollmond überrascht, flucht, wird verschluckt. Marianna Schmid, Hospental Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by In der Alp Culma

Source: In der Alp Culma

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 im Etzlital trieb es jeweilen am letzten Abend vor der Alpabfahrt das Vieh mit Steinen hinaus. Jos. M. Epp Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by In der Alp Wanneli

Source: In der Alp Wanneli

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Gemeinde Erstfeld, ist ein unterirdischer See verborgen, und wenn der einmal ausbricht, so wird ganz Ripshausen untergehen. So offenbarte ein fahrender Schüler. Anton Baumann, 50 J.a. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by In der Drachenhöhle

Source: In der Drachenhöhle

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a) Ein Gemsjäger fiel auf seiner Wanderung im hohen Gebirge in einen Krachen hinunter. Er konnte nicht mehr heraus, denn die Wände waren glatt und überhängend. Nachdem er vergeblich probiert und sich abgemüht hatte, ergab er sich wohl oder übel in sein Schicksal und fing an, in seinem Kerker herumzukriechen. Bald kam er in einen langen Gang, an dessen Wänden es feucht herabträufelte. Seine Augen gewöhnten sich an die Finsternis und erspähten bald einen furchtbaren Drachen, der mit den Füssen sich an die Wand anschmiegte und die Feuchtigkeit aufleckte. Der Jäger erschrak zuerst, aber das Tier tat ihm nichts zu leide; es schaute ihn nur so an und deutete dann, er solle auch am Felsen lecken. Weil er wirklich Hunger und Durst spürte, befolgte er den Wink und leckte mit seiner Zunge die langsam herabsickernde Flüssigkeit. Der Jäger gewöhnte sich an seine Nahrung und an das Tier, als seinen einzigen Gespanen, der Leben und etwas wie Mitgefühl besass. So mochten viele Jahre verstrichen sein, als einmal der Drache sich von der Wand herabgleiten liess, durch den Gang hinauskroch, dann seinen Kopf zum Krachen hinausstreckte und die Vorder- und hierauf die Hinterbeine auf den Erdboden auflegte. Den Schwanz hängte er noch geraume Zeit in die Höhle hinunter und machte allerlei Bewegungen, um dem Jäger anzudeuten, er solle sich daran hängen. Aber der verstand die Drachensprache nicht, und so flog das Tier allein davon. Jetzt beschlich den armen, einsamen Menschen in seiner Höhle ein furchtbares Gefühl der Öde und des Verlassenseins, es war ihm, als ob sein einziger Freund ihm geraubt worden, ja es kamen ihm Tränen in die Augen. »Mä gseht doch äu, das isch es etz nur äs Tiär gsy, und de nu nid äs scheens!« Zu seiner grössten Freude kam der so schwer Vermisste nach einiger Zeit wieder heran gerauscht und begann von neuem das alte Leben. Der Jäger hätte ihm um den Hals fallen mögen. Als aber der Drache nach langer, langer Zeit wieder Anstalten traf, auszufliegen, kam es dem Gefangenen doch in den Sinn, sich auf dessen Schwanz zu setzen und sich mit den Händen festzuklammern. Das Tier flog langsam auf und setzte seine Last behutsam auf den Erdboden nieder. Der erlöste Jäger eilte rasch nach Hause. Aber wie war alles anders geworden! Von allen Menschen, die ihm begegneten, kannte er keinen einzigen. Daheim stand ein anderes Haus, und niemand von dessen Insassen wollte etwas von ihm wissen, und er selber kannte auch niemand. Vergeblich nannte er seinen Namen und gab sich für den Besitzer des Hauses aus. Da gingen sie endlich zum Pfarrer. Dieser fand in den alten Büchern, dass vor 105 Jahren ein Gemsjäger seines Namens verloren gegangen. 105 Jahre hatte er also in der Höhle in Gemeinschaft mit dem Drachen verlebt! Aber jetzt ging sein Leben rasch dem Ende zu. Er ertrug keine Speisen mehr; alles was er genoss, musste er wieder herausgeben, und er hatte das Gefühl, als ob ein Klumpen Blei in seinem Magen läge. Nachdem er gestorben, schnitt ihn der Arzt auf und fand eine grosse Goldkugel im Magen. Fr. Wipfli-Herger, 80 Jahre alt. b) Der Jäger lebte fünf, lebte sieben Jahre im Krachen. Seine Haare waren weiss, als er wieder zu den Menschen kam. Jos. Maria Zberg, 75 Jahre alt, und a. c) Als er mit dem Drachen ausfuhr, nahm er Gold mit. Zu Hause konnte er noch solange leben, als er von diesem Golde zu lecken hatte; dann musste er sterben, denn eine andere Kost ertrug er nicht mehr. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by In der Drachenhöhle

Source: In der Drachenhöhle

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Zwei Bürgler, ds Schrotners, fanden in einer Fluh ob der Scheenenkulm einen langen Gang, in dem sie gwundrig weiter drangen. Sie kamen in einen weiten Raum, und da hingen grosse Zapfen wie von Eis von der Decke herunter. Sie schlugen einige ab und steckten sie in ihre Taschen. Da rodete sich etwas Lebiges; die zwei Bürgler sind erschmyet, dachten, es sei ein Drache, und flüchteten sich. Draussen machten sie ein Kreuz neben dem Eingang, um ihn kenntlich zu machen. Die Zapfen, die sie mitgenommen, waren lauteres Gold. Später wollten sie in Begleitung die Höhle wieder aufsuchen, sie fanden das Kreuzzeichen, aber keinen Eingang. Der Drache war ausgeflogen, und hinter ihm hatte sich der Felsen geschlossen. Fr. Gisler-Arnold, 70 J. alt, Schächental Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by In der Hochzeitsnacht

Source: In der Hochzeitsnacht

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Als meiner Frauen Grossvater, namens Brand, in der Hochzeitsnacht zum erstenmal in dem noch nicht ausgebauten Hause im Matt zu Spiringen mit seiner Frau übernachtete, erschien um Mitternacht Einer mit Schaufel und Grebel in der Stüblitüre und winkte ihm, er solle mit ihm kommen. Er aber getraute sich nicht. Das hat er oft erzählt und gemeint, er hätte ihm folgen sollen, und so wahrscheinlich einen Schatz gewinnen können. Josef Betschart, 66 Jahre alt, Muotatal Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by In der Strassenkreuzung

Source: In der Strassenkreuzung

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beim Gut Dreiangeli in Altdorf sah eine Frau aus der Nachbarschaft vor vielleicht etwa 30–40 Jahren nachts zwischen 11–12 Uhr öfters einen Priester mit einem Buch unter dem Arm hin- und herspazieren. Auf der Seite gegen das Dorf ging er nie weiter als bis zum Nussbaum grad unter dem Dreiangeli-Haus 1. Wenn man ihn anredete, verschwand er; es war ein Geist. Frau Albertine Jauch, 70 J. alt. Fußnoten 1 Aus diesem Hause ging im 19. Jahrh. ein Priester hervor, namens Johann Josef Regli; vielleicht bezieht sich die Sage auf diesen. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by In der Triftalp

Source: In der Triftalp

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Es war noch im letzten Jahrhundert, als ein frommer, guter Mann in der Triftalp Hirte war. Schon viele Sommer hatte er das Amt versehen. Eines Sommers aber – der Mann war schon mehr als sechzig Jahre alt – war es auf der Alpe nicht mehr recht geheuer. Zweimal in der Woche fehlten dem Hirten am Abend seine eigene schwarz-gescheckte Kuh. Er konnte aufpassen wie er wollte, auf dem Heimweg verschwand die Kuh auf geheimnisvolle Weise. Kam der Hirt dann mit dem übrigen Vieh bei den Alphütten an, sah er seine fehlende Kuh bei den sogenannten Mordsteinen. Sie war dort umgeben von vielen grossen schwarzen Kühen, die mit voller Wucht gegeneinander rannten wie zum Kampfe. Dann sprangen sie in niedrige Höhlen hinein, kamen als kleine, rundliche Hexen mit Kuhhörnern wieder heraus und belästigten die schwarzgescheckte Kuh. Das dauerte eine Weile. Dann begleiteten die sich ständig wandelnden Tiere die Kuh des Hirten auf den Heimweg und nahmen sie dabei schön in die Mitte. Wie sie zum ersten Steg kamen, wo es auf einer Tafel hiess: «Gelobt sei Jesus Christus!» verschwanden die sonderbaren Begleiter. Die Kuh des Hirten tropfte vor Schweiss und ging zitternd den Hütten zu. Das dauerte mehrere Wochen lang, bis der Pfarrer von Saas-Grund die Alpe segnete. Dann hörte es auf. SAAS-GRUND Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by In die Irre geführt

Source: In die Irre geführt

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Einmal waren der Stock-Jokeb und der alte Fritzenhans im Bloond mit Auslichten beschäftigt. Auf dem Heimweg wurden sie so in der Irre herumgeführt, dass sie schliesslich statt in Ziefen in Bubendorf ankamen. Erst als sie von Bubendörfern angerufen worden waren, kannten sie sich wieder aus und fanden den Heimweg. Ziefen Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by In dr Grini

Source: In dr Grini

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Ds Groosi häd iis o vum Gäismäitli bbrichted. Äs wän no es chliis Mäitellti gsiin; döö wä d'Möötter mid im i d'Grini. D' Möötter hed afan Härpfel wäglen und si hed ghüüselled. Uf ds Mal säid ds Mäitli: „Gugg, Möötter, uf em Legsparrli!" „Was uf em Legsparrli?" D'Möötter hed niid und nemmre gseen und wägled wiiters. „Uf em Legsparrli sitzd es Mäitli und sträälld ds Haar. Gugg, äs hed ja es wiisses Schurzli an." Jetz erwached d'Möötter; si wäis, was das fir nes Mäitli ischd. Si springd zem Chind, nimmd's an en Arvel und fleed. Ma hed däm Mäitli o Grinimäitli gsäid; ma hed's drum geng in dr Grini gseen. Mengsmal siigi's uber d'Schränndli und uber em Bärg embrin bis abhi uf en Alpbach, aber wiiter nid. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by In dr Luft

Source: In dr Luft

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Ds alt Balibabi hed gsäid, d'Luft siigi volli Gäischter. Wen äina wä-w-wee ne Gufechnopf, mechti d'Sunnen nid derdir gschiinnen. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by In drei Gestalten

Source: In drei Gestalten

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Ein Bursche hätte eine verwünschte Jungfrau erlösen können, wenn er ihr drei Küsse gegeben hätte. Sie erschien ihm zuerst als der schönste Mensch; er küsste sie, und nun stand auf einmal der hässlichste Mensch vor ihm. Er küsste auch diese Gestalt, aber mit Unwillen und Widerstreben; da war der Mensch verschwunden, und vor dem Burschen reckte sich der leibhaftige Teufel. Nun erfasste ihn der Schrecken und trieb ihn in die Flucht. Jetzt verschwand auch die Teufelsgestalt, und es war wieder die Jungfrau, die nun wehklagend davonging. Zacharias Zurfluh Oder ein unschuldiges Büebli wollte die Jungfrau erlösen. Er musste dreimal um sie herumlaufen und ihr nach jedem Umlauf einen Kuss geben. Nach dem dritten Umlauf glotzte ihm eine feuerspeiende Kröte entgegen. Flucht. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by In drei Sprüngen

Source: In drei Sprüngen

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Früher belustigten sich die jungen Leute von Spiringen mit »Räggälä-läufä« (Wettlaufen?). Als Grenzpunkte galten der »Räggäli-Stei« und das Tanzhaus. Andere reden von »Räggälä-springä« von den Fuhren (Berggüter mehr als eine Stunde ob Spiringen) bis zum genannten Stein. Dem Ratsherrn Franz Müller im Ebnet (18./19. Jahrhundert) stellte sich fast jedesmal, wenn er nachts von Altdorf her aus dem Rat geritten kam, beim Räggelistein an der Gasse unter dem Dörfchen Spiringen ein Weibsbild entgegen oder stand auf dem Stein, streckte ihm die Hand entgegen und begehrte, aufs Ross zu steigen. Er erzählte das endlich einem Geistlichen und erhielt von diesem die Weisung, er solle das nächste Mal die Hand ergreifen und das Weibsbild wirklich aufs Pferd nehmen, und wenn er mit ihm in drei Sprüngen das Schulhaus – früher Tanzhaus – erreiche, dann sei die arme Seele erlöst, denn um eine solche handle es sich. Er dürfe aber nicht vergessen, seine eigene Hand mit einem Tuch zu umwinden. Der Ratsherr folgte dem Geistlichen; er reichte dem Gespenst die rechte, mit einem Nastuch umhüllte Hand, es schwang sich zu ihm aufs Pferd, und in drei gewaltigen Sätzen erreichte der Ratsherr das gesteckte Ziel, das etwa 50 Meter vom Räggelistein entfernt ist. Doch vor dem dritten Sprung rollte etwas wie eine Decke vor dem Kopf des Pferdes herunter; es bäumte sich, doch der Reiter gab ihm die Sporen zu fühlen. Der Geist war erlöst. Es sei ein tanzsüchtiges Weibervolk gewesen, oder nach andern hatte es in seinem Leben aus Rache einen Menschen vergiftet oder beim »Räggälä-läufä« sich verfehlt. Das hat man zu Spiringen immer behauptet, in dem engen Durchgang zwischen dem Schul- und dem Lehrerhaus sei es nicht geheuer. Alles Vieh, das hier durchziehen muss, sperrt und wehrt sich dagegen und muss mit Gewalt angetrieben werden, sei es bei der Alpfahrt oder bei der Abfahrt oder sonst, und wenn es den Durchgang passiert hat, schaut es nochmals zurück. »Jäh, das hend scho vill gseit und das ha-n-ich äu beobachtet. S'isch küriös!« beteuert mir ein ernsthafter Mann, der in der Nähe wohnt. Der Räggelistein habe seinen Namen daher, dass ihn ein fahrender Schüler von dem eine ganze Stunde höher gelegenen Berggut Rägeli mit einem einzigen Sprunge erreicht habe. – Es wurde auch eine Katze beobachtet, die bei ihm hauste. Joh. Gisler, Johanna Brücker-Arnold, Zäzilia Gisler-Walker, Jos. Maria Arnold und a. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by In e-w-Wind chun

Source: In e-w-Wind chun

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In e-w-Wind chun; ja, ma säid eso. Aber was isch'sch? Ma mäind, äs siigi dr Wind, wa äine sträipfi. Aber äs ischd eppes anders. I bbrüüchen dr nid z'säge-w-was. Ani das wäm minder Ibelmegendi umha. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by In e-w-Wind chun

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In e-w-Wind chun; ja, ma säid eso. Aber was isch'sch? Ma mäind, äs siigi dr Wind, wa äine sträipfi. Aber äs ischd eppes anders. I bbrüüchen dr nid z'säge-w-was. Ani das wäm minder Ibelmegendi umha. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by In einem Berg

Source: In einem Berg

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im Meiental hirtete eines Abends, äss syg äso meugels1 gsy, eine von Sisikon stammende Frau die Kühe. Da sah sie einen Mann bergab kommen, barfuss, in blauen Hosen, weissem Hemd, mit nur einem Hosenträger. Der kam in den Stall hinein und setzte sich stillschweigend auf den Barnen. Sie fing ein Gespräch mit ihm an und fragte ihn, was ihm fehle, aber nicht, wer er sei, oder woher er komme, oder wie ihm zu helfen wäre. Er sagte, es fehlen ihm noch fünf Messen zur Erlösung, und sie versprach ihm, dafür zu sorgen, dass er sie bekomme. Als auch ihr Ehegatte in den Stall kam, fragte sie ihn, ob er den dort auf dem Barnen auch sehe, aber er erklärte, nichts von selbem zu gewahren. – Das het sy sälber v'rzellt; summ hennd're s'gläubt, summ nitt. Friähner het mä so eppis vill v'rzellt, weder jetz glaubt-mes nimmä. Katharina Gamma, 50 Jahre alt, Wassen Fussnoten 1 dämmerig. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by In Göscheneralp ist's das »Ribi-Vreni

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das die Rübenen in Bewegung setzt und auf ihnen zutale fährt. Fr. Furger-Mattli u.a. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by In Gottes Namen

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Ein fahrender Schüler kehrte alljährlich bei einem Bauer am Grossberg ein und übernachtete bei ihm. Da traf es sich, dass der Mann zur Zeit eines solchen Besuches mit einem Knäblein beschenkt wurde. Der zauberkundige Schüler las in den Steinen und sagte zu dem Bauer: "Es wäre besser, du hättest ein Kalb bekommen. Das Kind ist in einer Unglücksstunde geboren worden und wird sich erhängen." Da fragte der Vater, ob das Verhängnis unabwendbar sei. Der Schüler antwortete, es könne nur verhütet werden, wenn der Knabe später bei allem, was er tue, die Worte spreche: "In Gottes Namen!" Der Knabe wurde so gewöhnt, bei jedem Werk die gemeldeten Worte zu sagen. Als er zwölf Jahre alt war, kam er zufällig zu einem Strick. Er ging damit auf die Oberdiele und wollte das eine Ende über einen vorstehenden Dachbaum werfen. Dort sass eine schwarze Katze und suchte mit den Pfoten den Strick zu fangen. Der Knabe rief ihr jedesmal zu: "Jetzt halt ihn in Gottes Namen!" Aber wie er das aussprach, ließ die Katze den Strick wieder fahren. So wurde der Knabe vor einem gewaltsamen Ende bewahrt. J. B. Stoop Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 314, S. 177 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by In Salamanca

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einer Stadt in Spanien, war eine Schule, an der die fahrenden Schüler von 32 Professoren unterrichtet wurden. Theresia Gisler, 73 Jahre alt, belesen, Spiringen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by In Spreuer begraben

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In der Stadt Baden lebte ein reicher Kornhändler, der den armen Leuten seine Ware teuer aufzunötigen wusste und ihnen während der Hungerszeiten manchen Sack Korns oft zur Hälfte bloß mit Spreuer gefüllt verkaufte. Nach seinem Tode begrub man ihn stattlich auf dem Kirchhofe, aber die Erde wollte ihn nicht leiden. Jeden Morgen fand sich das Grab frisch aufgedeckt und der Totenbaum aus dem Grabe herausgeworfen. Zweimal schon hatte man ihn wieder beerdigt, da erkannte man die vergebliche Bemühung. Auf Anraten des Pfarrers lud man nun den Sarg auf einen Wagen, und wohin ihn die vorgespannten Stiere ziehen würden, da sollte die Leiche verscharrt werden. Die Stiere zogen ihn in den entfernten Tannenwald auf der oberen Sommerhalde und blieben dort vor einer Grube stehen, die zu unbekannten Zwecken frisch aufgeworfen war und voll Spreuer lag. Hier hinein stellte man den Sarg und überdeckte ihn mit dem Spreuerhaufen; so ist er weiter nicht mehr zum Vorschein gekommen. Als aber ein Nesselbacher unlängst einmal nachts vom Markte zu Baden heimging und hier die frischgekauften Rinder vorbeitrieb, hörte er einen schneidenden Pfiff aus dem Walde und beim Umsehen gewahrte er eine schwarze Gestalt ohne Kopf. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by In Teufels Namen

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Ein Jäger, so hat mein Vater erzählt, hatte nie Glück. Dennoch sagte er jeden Morgen, bevor er auf die Jagd ging: »I will i Gotts Namä gah.« Endlich aber erwildete er und stiess die wüsten Worte heraus: »Sä gah-n-i etz hit i ds Tyfels Namä!« Diesen Abend kam er nicht mehr heim; er erschien nie mehr, und keine Spur von ihm wurde gefunden. Zuletzt gingen sie zu einem Kapuziner, und der sagte zu einem von ihnen, er solle ihm über die Schulter in einen Spiegel schauen. Er tat es und sah den Vermissten, Kopf nach unten, hinter einer Steinplatte hangen. »Und so wie ihr ihn da seht,« erklärte der Pater, »so ist er in der Hölle.« Anna Herger, 17 Jahre alt, Attinghausen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by In unglückhaftiger Stunde geboren

Source: In unglückhaftiger Stunde geboren

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Eine fromme Nonne schien am Sterben zu sein und wurde vom Geistlichen gefragt, ob vielleicht noch etwas ihr Gewissen bedrücke. »Ich hätte wohl etwas zu sagen«, meinte sie, »aber das ist doch sicher keine Sünde. Ich habe nämlich den bösen Menschen das Unglück gegönnt und gedacht, es geschehe ihnen recht.« »Da habt ihr euch nicht wenig verfehlt«, belehrte sie der menschenfreundliche Seelenhirt, »für die armen Sünder soll man liebevoll beten.« Und da sie sich wieder erholte, gab er ihr als heilsame Busse auf: »Zur nächsten Geburt im Orte wird euch die Hebamme holen, und ihr sollt sie begleiten!« So geschah es. In einem hochgelegenen Berggut kamen Zwillinge zur Welt, und die Geburtshelferin befahl der Klosterfrau: »Setzet euren rechten Fuss auf meinen linken und betrachtet über meine rechte Schulter blickend die Kindlein!« Jetzt sah diese mit Entsetzen, wie das eine der Kleinen wie ein Muttermal einen Strick um den Hals, das andere ein Messer an der Kehle hatte. »Wisset«, erklärte die erfahrene Hebamme, »diese Armen sind in einer unglücklichen Stunde geboren, eines wird sich, wenn erwachsen, erhängen, das andere sich selbst leiblos machen; aber betet für sie: Vielleicht wird euer und des ganzen Klosters inständiges Gebet das schreckliche Verhängnis abzuwenden imstande sein.« Die Dienerinnen Gottes flehten in gemeinsamen, beharrlichem Gebet zu Gott dem Barmherzigen um Rettung dieser armen Menschenkinder, und nach drei Jahren starb das eine, im siebenten Jahre auch das zweite in der Unschuld und Reinheit des Herzens. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Indianische Ziegen

Source: Indianische Ziegen

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In Uiflengu hatte einmal ein Vater einen Sohn, der bis zum zwanzigsten Jahre noch einen Glockenrock trug. Weil sie dort einsam und abgelegen vom Verkehr mit den übrigen Talbewohnern lebten, hatte der Bub noch niemals Weibervolk gesehen. Einmal, es war an einem Sonntag, sah er mehrere Frauen und Töchter mit weissen Schürzen vom Weissenriedberg herabkommen. Sie gingen nach Kippel zur Kirche. Da fragte der Bub verwundert den Vater was denn das für Tiere seien. Der Vater antwortete, das seien indianische Geissen. Darauf entgegnete schnell der Sohn: «Solche Geissen möchte ich auch haben.» LÖTSCHEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Interlaken

Source: Interlaken

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Der Schöpfer hatte einen seiner Engel ausgeschickt, um die junge Erde mit allerlei Zierden zu schmücken. Hier hatte dieser verheissungsvolle Saaten ausgestreut, dort herrliche Blumen gepflanzt, ein Tal erhielt lauschiges Buschwerk, ein anderes stattliche Baumreihen. Die Hügel aber wurden insgemein mit dunklem Wald ausgestattet. Als nun aber der dienstbare Geist des Herrn den Lauf der Aare heraufkam, und in der Ebene unter den höchsten Gebirgen von seinem Werke ausruhte, wurde er gewahr, dass ihm für diese Gegend nichts mehr übrig geblieben war. Darüber ward er sehr betrübt und beeilte sich nun, nachzusehen, ob allen Ernstes nichts mehr vorhanden sei. Sorglich suchte er in allen Falten und schüttelte die letzten Reste zusammen. Und siehe da, es ergaben sich noch mehrere Hände voll, und verwunderlich genug, was geblieben, war vom Allerschönsten das ihm zu Gebote gestanden hatte. "Du sollst nicht hintangesetzt werden", sprach jetzt der Engel, indem er seine Himmelsgaben über Flur und Hügel ausstreute. "Eine wunderbare Blumenpracht sollen deine Weiden hervorbringen, Wald werden deine Talseiten vom Schönsten tragen und um die Häupter der Berge will ich einen silbernen Schmuck legen wie ihn die Ebene nirgends aufzuweisen hat. Die Menschen sollen kommen und Deine Schönheit bewundern." Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Irreführende Geister

Source: Irreführende Geister

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1. Auf der alten Strasse zu Seelisberg gegen Emmetten hat es oft nächtliche Wanderer verführt, dass sie die ganze Nacht hindurch marschierten, ohne zu wissen, wo sie sich befanden, und wenn es am Morgen zu beten läutete, standen sie auf dem Punkte, von wo sie in die Irre geführt worden. Frau Zgraggen-Aschwanden in Seedorf, 80 J. alt. 2. Peter Aschwanden von Altdorf, Pferdeknecht, sucht eines Morgens vor Betenläuten den gewohnten Pferdestall auf, um die Pferde zu hirten. Es ist Nebelwetter, aber er kennt den Weg wie seine Hosentasche. Da kommt ein Lichtlein entgegen, macht unmittelbar vor Peter kehrt und geht ihm voraus. Er folgt ihm unwillkürlich nach, marschiert und marschiert unaufhaltsam drauflos, ohne den Stall zu finden, den er doch in zehn Minuten hätte erreichen sollen, und ohne zu wissen, wo er sei, bis er nach mehr als einer Stunde auf der Seedorfer Reussbrücke, etwa 15 Minuten von seinem Hause entfernt, beim ersten Klang der Betglocke sich zurechtfindet. Frau Braun-Münsch; Peter Aschwanden 3. Irregeführt hat es recht oft die Leute im Gurtamund und im Stoffel zu Altdorf, und im Gälletzacher sahen nächtliche Wanderer ein Licht an der Mauer zu oberst in der Matte, und wenn sie hingingen, war es wieder zu unterst in der Matte, und so narrte es sie hin und her. Das soll denn nur eine Wahrheit sein. Jakob Hartmann, 80 J. alt, u.a.m. 4. Bei den »drei Gädmern« in Altdorf, am Fusswege nach Seedorf, wollte eine Frau bei Einbruch der Nacht noch in den Stall gehen, um Nachschau zu halten, während die Angehörigen sich schon in das Bett legten. Mit der Laterne in der Hand verliess sie das Haus; draussen fühlte sie auf einmal etwas hinter ihrem Rücken, das sie wie mit kalter Hand an der Seite berührte, und von diesem Augenblicke an wanderte sie die ganze Nacht hindurch, ohne je den Stall zu finden und ohne je zu wissen, wo sie sei. Gegen Morgen befand sie sich jenseits der Reuss in einem Ried, wo gerade die Seedorfer fröschneten und sie zurechtwiesen. Als sie wieder auf dem Heimweg war, kamen ihr die Eignen entgegen und suchten sie. Kath. Gisler-Müller, 70 J. alt. 5. Dass überhaupt die ganze Umgegend bei der Rütti und Hostet am vordern Mühlebach gespenstig, beweist auch das folgende Erlebnis: Riedliger Thadees Mariä in der Hostet wollte des Abends spät zum Stalle, der nicht weit vom Hause entfernt ist. Er fand ihn aber nicht, wanderte die ganze Nacht hindurch ohne Ruhe und Rast und ohne je zu wissen, wo er sich befand, und als es am Morgen zu Spiringen zu beten läutete, stand er zu Hergerig auf der Bsetzi vor Ratzigers Gaden, kaum fünf Minuten von der Hostet entfernt. Erst jetzt war der Bann gebrochen. Mitget. v. Pfr. Jos. Arnold Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Irrkräuter

Source: Irrkräuter

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Irrkräuter „Gfriirchrut“, wie man’s im Oberland nennt, ist ein Kräutlein, das einem die Orientierung vollständig verwirrt, wenn man darauf tritt. Ja, allein schon seine Nähe bewirkt diesen Zustand. Da ist es doch einmal passiert, dass er sich deswegen nicht mehr aus dem Feisseholz beim Landsacher herausfinden konnte, obschon es nur ein kleines Gehölz ist. „Gretler-Ruedi“ im Hanfgarten erzählte: „Ich stieg von Itzikon gegen das Birch hinauf, wo ich Holz hacken wollte. Auf einmal sah ich einen Hasen fortrennen. Von diesem Augenblick an verlor ich mein Gedächtnis und jede Orientierung vollständig. Während mehr als einer halben Stunde mag ich in dem sonst vertrauten Birchholz umhergeirrt sein und fand einfach keinen Ausweg mehr. Schliesslich setzte ich mich auf einen Reisighaufen. Da kam ich plötzlich wieder zu mir; ich sass unweit der Stelle, wo ich hatte Reisigwellen binden wollen. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Aus Jakob Zollingers „Herschmettlerchronik“.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Irrlicht am Lorenzobad bei Erlinsbach

Source: Irrlicht am Lorenzobad bei Erlinsbach

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Abends hatte eine Frau in der Mühle zu Erlinsbach Mehl geholt und musste nach ihrem Hause am Berge über das Lorenzobad zurück. Dorten auf den Matten bemerkte sie ein tanzendes Licht. Sie glaubte da jemand, der eine Laterne trage zu finden, und freute sich schon den Heimweg mit ihm machen zu können. Doch dies kam immer näher und sie sah, dass es eine feurige Kugel war, in der man feurige Rippen erkennen konnte, ohne dass ein Kopf sichtbar gewesen wäre. Es sprang ihr auf den Mehlsack, der ihr nun zweimal so schwer wurde. Schon von ferne sahen die ihrigen die Feuerkugel auf der Mutter Rücken sitzen. So wie sie aber unter die Dachtraufe kam, sprang der Geist ab und lief den Bergweg wieder zurück. Der Frau schwoll alsbald der Kopf an und sie hatte eine Krankheit zu überstehen. Hätte sie gerufen: „Alle guten Geister loben rc (Anm. rc. = lat. Regem caeli = Herrscher des Himmels)", so würde das Irrlicht nichts geschadet, sondern ihr geantwortet haben: „Nun bin ich ein Kind der Seligkeit, und du wirst in einem Jahre mit mir sein“. Auf dem Rümlisberg im Wiggernthal sollen früherhin häufig feurige Männer gesehen worden sein, welche mit Messtischen sich um die Marksteine herum zu schaffen machten und mit einander im Kampfe waren. Der ganze Brünnligsberg soll von diesen Gestalten her seinen Namen haben, in den Dorfurkunden aber stets Bühnenberg genannt sein. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Irrlichter

Source: Irrlichter

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Oberhalb der Reben, die zwischen Hersberg und Arisdorf gelegen sind und dort, wo ehemals die langen Steinmahden (Lesesteinhaufen) lagen, sah man früher oft Irrlichter umherwandern. Über dem Feld bei der Sennweid (Olsberg) wurden ebenfalls Irrlichter gesehen. Einmal verfolgte man eines, konnte es aber nicht erreichen; denn plötzlich erlosch es. Auch in Gelterkinden sind die Irrlichter nicht unbekannt. So gewahrte man ein solches auf dem Kirchhof, von der Form eines rollenden Feuers, das geräuschvoll auf den Beschauer zukam. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Irrlichter (Arisdorf-Olsberg)

Source: Irrlichter (Arisdorf-Olsberg)

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Oberhalb der Reben, die zwischen Hersberg und Arisdorf in der Schöffleten gelegen sind, und dort, wo ehemals die langen Steimerten (Lesesteinhaufen) waren, sah man früher oft Irrlichter umherwandern. Über dem Feld beim Hof Sennweid wurden ebenfalls Irrlichter gesehen. Einmal verfolgte man eines, konnte es aber nicht erreichen; denn plötzlich erlosch es. Arisdorf-Olsberg Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Irrlichter 1

Source: Irrlichter 1

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Ganz geheuer soll's zuzeiten auf der Strasse zwischen Sonnental (Tscherlach) und Bärschis auch nicht sein. Sie zieht sich eine Strecke weit zwischen sumpfigen Rietern hin. In wüstschwarzen Nächten steht man nicht selten da Lichter mit rötlichgelbem Schein sich hin und her bewegen. Des Weges Unkundige suchen sich diesen Lichtern zu nähern, um da Hilfe und Wegleitung zu finden; statt dessen geraten sie immer weiter in die Sümpfe hinein, und das unheimliche Umherirren dauert fort, bis die Betglocke ertönt, deren Schall die „feurigen Männer" vernichtet. Erst das Morgengrauen bringt die Wanderer wieder auf die richtige Fährte. O. Giger. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 355, S. 199 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Irrlichter 2

Source: Irrlichter 2

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Irrlichter, die nach dem Volksglauben als „fürige Manne" ihren nächtlichen Tanz ausführen, weil sie bei Lebzeiten Grenzsteine gerückt und so ihre Nachbarn bestohlen haben, gab es ums Jahr 1800 in der Linthgegend zur Genüge. Ein alter Wallenstadter Bürger erzählt, dass er solche in seiner Jugend selbst noch gesehen habe. Das wird man ihm auch aufs Wort glauben sollen; wenigstens fehlte es an Sümpfen nicht, aus denen die leicht entzündlichen Wasserstoffgase aufsteigen, denen diese Lichter ihre Entstehung verdanken, was allerdings wieder ernstlich bestritten wird. Neuere Physiker behaupten, dass auch die Irrlichter, wie aller Geisterspuk, auf blosser Täuschung der Sinne beruhen.  Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 363, S. 205 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Isa Hergott sägni's besser

Source: Isa Hergott sägni's besser

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Naa em Ässen hed ma am häiligen Aben e Zipfel vum Tischlachen uber d' Milch und uber ds Brood gschlagen und hed; alls la siin. Isa Hergott sägni's dem besser. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ita von Unspunnen

Source: Ita von Unspunnen

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Im 12. Jahrhundert lebte auf der Burg Unspunnen bei Interlaken ein mächtiger Herr namens Burkhard mit seiner Gemahlin und einer einzigen, wunderschönen Tochter, Ita. Unspunnen gehörte zum Lande Burgund, über welches die Kaiser des heiligen römischen, oder deutschen Reiches ihre Hand geschlagen hatten. Da sie Burgund nicht selbst regieren konnten, sandten sie ihre Statthalter oder Rektoren. Als solche amteten während einigen Jahrhunderten die Herzoge von Zähringen. Die burgundischen Barone aber waren der deutschen Herrschaft stetsfort abhold und trachteten darnach, dieses Joch gelegentlich wieder vom Nacken zu schütteln. Als die Empörung unter Herzog Berchtold dem fünften aufs Neue emporloderte, war Burkhard unter den Unbotmässigen einer derjenigen, welche den Widerstand am längsten und hartnäckigsten unterstützten, trotzdem er ehemals des Herzogs Freund gewesen war. Diesen Widerstand zu brechen, zog daher Berchtold von Zähringen mit Heeresmacht in das Oberland. Am stillen Donnertag wurden die letzten Scharen der Aufständischen im Tal von Grindelwald geschlagen. Während Freiherr Burkhard mit seinen Waffengenossen und Untertanen dort um die Freiheit kämpfte, hatte Walter von Wadiswil, ein Getreuer des Herzogs, des Freiherrn von Unspunnen Tochter Ita im Schlosse kennen gelernt. Rasch war sein Herz für sie entflammt, auch fand er Gegenliebe bei ihr. Da er aber nicht hoffen konnte, je des Vaters Jawort zu erhalten, entführte er rasch entschlossen das Fräulein und liess sich mit ihr vermählen. Der Freiherr verstiess daher sein einzig Kind und zog sich hernach in Gram und Groll von aller Welt abgekehrt auf sein Schloss Unspunnen zurück, wo ihn hinfort kaum einer seiner Untertanen je zu Gesichte bekam. Jahre vergingen. Der Freiherr sah seine Gemahlin, die letzte Trösterin seiner alten Tage, ins Grab sinken. Noch einsamer ward es daher hinfort um ihn. Da kehrten eines Tages zwei Pilgrime auf seiner stillen Burg ein. Unter den alten Linden des Schlosshofes liess er ihnen ein Mahl darreichen. Durch ihre Gegenwart, ihre Gespräche aufgeheitert, trinkt er ihnen selbst Gesundheit zu. Als ihn aber die Fremdlinge eindringlich bitten, ihnen den Kummer zu nennen, der auf seinem Angesicht schrieben stehe, vertraut er ihnen die Leiden und Bitternisse seines Lebens an. Als er kaum geendet, werfen jene plötzlich ihre dunklen Mäntel und falschen Bärte ab. Vor Burkhard standen ein Jüngling, es war Rudolf der Sohn Itas und Enkel des Unspunners, sowie Herzog Berchtold. Mochte auch der Freiherr zögern, die dargebotene Hand des Herzogs zu neuer Freundschaft zu ergreifen, dem stürmischen Drängen seines eigenen Blutes, den Bitten seines Enkels vermochte er nicht zu widerstehen. In gleicher Nacht noch versöhnte sich der Herr von Unspunnen mit seinem vormaligen bittersten Feinde. Zur Feier dieser schönen Stunde lud er dann auf den folgenden Tag die Hirten des Tales zum frohen Feste ein. Auf seinen Wunsch ward dieses Freudenfest alljährlich wieder gefeiert und es ist dadurch die Erinnerung an die Versöhnung zu Unspunnen bis auf den heutigen Tag lebendig geblieben. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by J-r-Renen

Source: J-r-Renen

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J-r-Renen an Gummen hed en Älper us dr Golderre ghittned. All Aben ischd es Zwäärgli zöö-n-im z'Dorf chun. Bir Fiirgrööben ischd em Blatte gsiin; da drüüf isch'sch gen hocken und hed si am Fiir gwärmd um bim Chääsen u Zigre zöögseen. Dem Älper ischd där Dorf uf d'Lengi firaga worden. Äis Abeds hed er d'Blatten i ds Fiir gwelbd und sa häissi gmachd. Wan er hed täichd, ds Zwäärgli chennti bald chun, hed er sa umhi de Stotzwäg dartaan. Ds Zwäärgli ischd chun; ooni alla Argwoon hed's wellen uf d'Blatte räblen und hed si griisli verbrennd. Schiizli hed's afam breelen, ischd zer Hittetir üüs, und in allem Gaan hed's gmööled: „Hiir kam ich heehar, aber ds Jaar nimmä mee!" Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by J-r-Rumpel

Source: J-r-Rumpel

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Üf em Chirchen ischd äina chun mid arra Triibetem Becken; aber äs siigen nid rächt Beck gsiin; är häigi mid enen i-r-Rumpel wellen. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ja, ja! wenn'r nitt b'sägnet wäret!

Source: Ja, ja! wenn'r nitt b'sägnet wäret!

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Ob Eisten in Meien in einem alten schwarzen Häuschen waren eines Tages die kleinen Kinder allein zu Hause, während die Eltern auf einem entlegenen Gute arbeiteten. Da ging auf einmal die Stubentüre auf, und die Kinder sahen ein wüstes Weibsbild unter derselben stehen, das ganz wütend seine geballten Fäuste gegeneinander rieb und zornig fauchte: »Ja, ja, iëhr Zogglä! wenn'r nitt b'sägnet wäret, sä giëngteter z'Huddlä und z'Schmättärä!« Die Mutter hatte eben die fromme Gewohnheit, alle ihre Kinder zu b'segnen, wenn sie ausging, und das war nun den Kleinen ihr Glück gewesen. Frau Baumann, 75 J. alt, Meien Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Jacob und Josep

Source: Jacob und Josep

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Es war einmal ein Fischer, der ging Tag für Tag fischen. Eines Tages fischte er den ganzen Tag von morgens bis abends und fing nichts. Erst gegen Abend spürte er, wie etwas mit grosser Kraft an der Angel zog. Er zog und zog, und es kam ein grosser Fisch heraus. Mit aller Kraft hatte er ziehen müssen. Als er den Fisch an Land hatte, wollte er ihn töten. Aber als er eben zum Schlag ausholte, sagte ihm der Fisch, er solle einhalten, und fügte hinzu: «Jetzt wirst du mich töten. Und wenn du es getan hast, so nimm mein Herz und gib es deiner Frau. Dann wird sie zwei Söhne bekommen, die einander gleichen wie zwei Eier. Und die Lunge gibst du deinem Pferd, und das wird auch Zwillinge bekommen, zwei Füllen, eines genau wie das andere, und die Leber gibst du der Hündin, die wird Zwillinge werfen, die man nicht unterscheiden kann. Und nun kannst du mich töten.» Der Fischer tat, was der Fisch gesagt hatte. Er tötete den Fisch, gab das Herz der Frau, die Lunge dem Pferd und die Leber der Hündin. Nach neun Monaten gebar die Frau Zwillinge; die konnte keiner voneinander unterscheiden. Und nach ihrer Tragzeit bekamen die Stute und die Hündin ebenfalls Zwillinge, genau wie es der Fisch gesagt hatte. Die Buben wurden Jacob und Josep getauft. Sie wuchsen zu zwei schönen Burschen heran, aber sie glichen einander so sehr, dass niemand sie auseinanderhalten konnte. Mit den Pferden war es gleich, nur dass die nach einem gewissen Alter nicht mehr älter wurden, das heisst, immer in den schönsten Jahren blieben. Als die Buben erwachsen waren, beschlossen sie, ein wenig in die Welt hinaus zu ziehen. Jeder erhielt vom Vater ein Schwert, und eines war für beide gemeinsam. Jeder nahm auch ein Zwillingspferd und einen Zwillingshund mit. In einem Wald kamen sie an eine Stelle, wo der Weg sich verzweigte. Sie beschlossen, sich hier zu trennen: Josep nahm den linken Weg und Jacob den rechten. Das gemeinsame Schwert legten sie in eine Baumspalte und versprachen einander, alljährlich vorbeizukommen und nach dem Schwert zu sehen. Wenn es rostig sei, befinde sich der andere Bruder irgendwo in Gefangenschaft. Wir wollen uns zuerst einmal mit Josep auf den Weg machen. Der ging und kam zu einer Wirtschaft, und dort war ein junges Mädchen als Wirtin. Er führte das Pferd in den Stall, und den Hund nahm er mit sich ins Haus. Als das Mädchen sah, dass es ein schöner Bursche war, sagte sie: «Mach, dass du von hier wegkommst, dies ist ein Räuberhaus. Jede Nacht kommen 24 Räuber, und so viel ist sicher, du kommst mit dem Leben nicht davon.» Doch er sagte, er fürchte nichts, er wolle es mit denen schon aufnehmen. Er ging noch in den Stall und sah nach dem Pferd, dann begab er sich aufs Zimmer. Dort standen Tröge aller Arten sowie Tische und Truhen. Er verschloss die Türe und wachte. Allmählich erschienen zwölf Räuber, denn zwölf kamen vor Mitternacht und zwölf danach. Sie gingen in den Stall hinüber, sahen dort ein wunderschönes Pferd stehen und dachten: «Das muss ein Goldvogel sein, den wollen wir uns vornehmen.» Die Räuber gingen ins Haus. Sechs waren dafür, ihn vor dem Spätimbiss zu töten, sechs danach. Sechs stiegen dann hoch und stellten sich an die Tür, doch die war verschlossen. Sie wollten deswegen nicht lange fackeln und kamen auf den Gedanken, aus der Tür ein Loch herauszusägen. Aber das Loch war ein wenig eng geraten, so dass man sich hindurch zwängen musste. Der erste war kaum mit dem Kopf drin, als Josep, der hinter der Tür bereitstand, ihm den Kopf abhieb und ihn zum Loch hereinzog, dann schleppte der Hund ihn zuhinterst ins Zimmer. So kam einer nach dem andern dran, bis er alle zwölf erledigt hatte, und dasselbe geschah mit den zwölfen, die nach Mitternacht anrückten. So bezwang er alle 24, er und sein Hund. Dann ging er zum Mädchen hinunter und berichtete ihr, wie es zu und her gegangen war. Sie sagte, sie sei von den Räubern verschleppt worden und habe für diese die Wirtschaft führen müssen. Jetzt solle Josep sie heiraten. Der sagte ihr, das wolle er tun, aber zuerst wolle er noch ein wenig in die Welt hinausgehen. Vor der Abreise gab das Mädchen ihm einen Stab und sagte: «Wenn du damit auf einen Knochen schlägst, so wird daraus wieder das Tier, das es vorher war. Es wird wieder lebendig.» Josep ging dann weiter und gelangte wieder zu einer Wirtschaft mitten im Wald. Er führte wieder das Pferd in den Stall und nahm den Hund mit sich ins Haus. In dieser Wirtschaft war ebenfalls ein Mädchen. Dieses sagte auch, er solle von da weggehen, denn das sei eine Räuberhöhle, er käme bestimmt ums Leben, wenn er da bleibe. Aber er sagte wie beim ersten Mal: «Es sei, wie es wolle, ich habe keine Angst.» Er setzte sich hinter den Tisch, nachdem er noch nach seinem Pferd geschaut hatte. Da sassen schon drei um den Tisch herum, die brummten etwas in den Bart. Josep liess dann die Wirtin eine Flasche Schnaps bringen, packte die Flasche und spritzte den dreien einen Strahl Schnaps in die Augen. Es begann sie zu beissen, sie schlossen die Augen und rieben sie, unterdessen zog Josep das Schwert und tötete alle drei. Die Wirtin war darüber natürlich sehr froh, denn auch sie war von den dreien verschleppt worden und musste für sie die Wirtschaft führen. Auch sie sagte zu Josep, er solle sie heiraten. Er versprach es auch dieser. Er ging weiter und gelangte in eine Stadt. Dort waren alle Fenster mit Trauerflor verhüllt, und überall herrschte grosses Jammern und Weinen. Er ging in eine Wirtschaft und fragte den Wirt, was das bedeute. Der erklärte ihm, es gebe hier einen Drachen, und der verlange alle sieben Jahre ein Mädchen zum Frass. Man habe das Los gezogen, und es habe die Königstochter getroffen. Am nächsten Tag müsse man sie hinbringen. Josep fragte, ob er auch mitgehen dürfe, und der andere sagte ja. Am Morgen kam die ganze Stadt zusammen. Zwei führten die Königstochter vor die Stadt hinaus, und die Leute folgten ihnen. In den ersten Reihen, in der Nähe der Königstochter, stand Josep. Auf einmal erscheint der siebenköpfige Drache. Josep stellt sich vor die Königstochter, und als der Drache vor ihm anlangt, schreit er: «Halt!» und versetzt dem gleichzeitig mit dem Schwert einen solchen Streich, dass drei Köpfe abfallen. Darauf sagt der Drache, er solle aufhören, doch inzwischen hat der wieder drei Köpfe bekommen. Josep versetzt ihm nochmals einen Streich, so dass vier Köpfe abfallen, dabei wendet er sein Schwert so schnell, dass er mit dem gleichen Hieb auch die andern drei abhaut. Damit ist der Drache erledigt. Man kann verstehen, wie sehr sich alle in dieser Stadt freuten. Der König kam herbei, dankte Josep überschwänglich und versprach ihm seine Tochter. Dem Josep war dies recht, bloss sagte er, er wolle noch ein Jahr warten. Josep schnitt dann die Zungen aus den sieben Köpfen heraus und reiste weiter. Unterdessen ging ein anderer, ein Diener des Königs, nahm die sieben Köpfe und behauptete nach einem Jahr, er habe den Drachen getötet, diese sieben Köpfe seien wohl Beweis genug. Aber die Königstochter sah schon, dass es nicht der Richtige war. Josep kehrte dann nach einem Jahr in die Stadt zurück, und diesmal sah es ganz anders aus als beim ersten Mal. Da war Freude, es gab Gesang, Fahnen und Blumen. Er ging wieder zum Wirt und fragte, was das bedeute. «Nun, die Königstochter hält morgen Hochzeit», sagte der Wirt. «Nun denn, das will ich glauben», meinte Josep. Was er ihm gebe, wenn er seinen Hund mit einem Korb im Maul hinauf ins Schloss schicke und der die Speisen hierher bringe, welche die Königstochter heute essen werde. Der Wirt antwortete, er wette nichts, aber er solle es trotzdem tun. Josep liess sich einen Korb geben, legte einen Brief hinein und gab ihn dem Hund mit den Worten, er solle ins Schloss hinauf zur Königstochter. Der Hund tat, wie befohlen. Dort beim Schloss stand eine Wache, aber der Hund kümmerte sich nicht darum, sprang mit ein paar Sätzen mittendurch und gelangte zur Königstochter. Die fand den Brief, las ihn und wusste gleich, dass der vom Richtigen kam. Überaus glücklich und froh rief sie den König, ihren Vater, und der war auch sehr glücklich und schickte den Hund mit den besten Speisen zur Wirtschaft mit der Einladung, Josep solle kommen. Dann rief der König auch den, der die sieben Köpfe hatte. Und auf die Frage des Königs sagte der, es sei doch klar, dass er der Richtige sei, denn er zeige die sieben Drachenköpfe. Und er legte alle sieben Köpfe aus. Unterdessen kam auch Josep, und der zeigte die sieben Zungen, und so war es jetzt klipp und klar, dass Josep den Drachen getötet hatte. Der andere musste das Schloss verlassen, und Josep hielt Hochzeit mit der Königstochter, eine grosse, schöne Hochzeit. Am Abend gingen sie zu Bett, aber vor dem Zubettgehen schaute Josep aus dem Fenster und sah draussen im Wald ein grosses Haus. Er fragte, was das für ein Gebäude sei. Die Prinzessin, jetzt seine junge Frau, sagte, er solle deswegen nicht neugierig sein, denn wer dieses Gebäude betrete, komme nicht mehr heraus. Sie gingen dann zu Bett, und am Morgen, nachdem er sich gewaschen und gegessen hatte, sagte er zu seiner Frau, er gehe ein wenig spazieren, nahm sein Pferd und seinen Hund und ritt zu diesem Gebäude. Das Pferd und den Hund liess er vor dem Haus und trat ein. Da hörte er: «Ui, ui, ui!» Und es öffnete sich eine Tür, und eine Frau mit einem Halfter in der Hand rief: «Tritt ja nicht auf meine Küken!» und warf Josep das Halfter um den Hals. Augenblicklich war er in ein Pferd verwandelt, und sie stellte ihn in den Stall. Sein Pferd und den Hund liess sie neben dem Scheitstock im Boden versinken. Jetzt wollen wir sehen, wo Jacob ist. Der kam gerade zu dieser Zeit dorthin, wo das Schwert in der Spalte lag und zog es heraus, da war es ganz rostig. Nun wusste er, dass seinem Bruder etwas fehlte und nahm den gleichen Weg, um ihn zu suchen. Zuerst gelangte er zur Wirtschaft, wo sein Bruder eingekehrt war und der Wirtin die Heirat versprochen hatte. Die hielt ihn für Josep, rannte ihm entgegen, umarmte ihn überglücklich und sagte, jetzt wolle man heriaten. Doch Jacob meinte, sie wollten noch ein wenig warten, er ginge lieber noch in die Welt hinaus, aber wenn er zurückkehre, wolle er heiraten Er ging weg und kam zur zweiten Wirtschaft, und dort geschah dasselbe wie in der ersten. Als er in der Nähe des Schlosses war, erblickte ihn Joseps Frau, die Königin- Sie rannte ihm entgegen, umarmte ihn voll Freude und sagte, sie habe seinetwegen unerhörte Ängste ausgestanden. Jacob tat natürlich nicht dergleichen, sagte nicht, dass er nicht Josep sei und ging mit ihr ins Schloss hinauf. Am Abend beim Zubettgehen schaute er auch aus dem Fenster, wie es sein Bruder getan hatte, und fragte ebenfalls, was das für ein Gebäude da draussen im Wald sei. Aber das wisse er doch, sie habe ja schon gesagt, er solle da nicht hingehen. Jetzt schöpfte Jacob einen Verdacht. Sie gingen dann ins Bett, und er legte das Schwert zwischen sich und die Prinzessin. Anderntags nach dem Morgenessen sagte er, er gehe ein wenig spazieren. Und sie bat, er solle ja aufpassen und dieses Gebäude nicht betreten. Er sagte: «Nein, nein», ging jedoch trotzdem hin. Als er im Wald war, hörte er auch jene Küken und sah jene Frau mit einem Halfter in der Hand herbeikommen. Und sie sagte wie zu Josep, er solle nicht auf die Küken treten und warf gleichzeitig das Halfter gegen ihn. Aber er packte es und warf es zurück, so dass es ihr über den Kopf fiel und sie in ein Pferd verwandelt wurde. Dann verprügelte er sie und sagte: «Wenn du mir gerade jetzt meinen Bruder herausgibst, so ist es gut und recht, andernfalls töte ich dich.» Er schlug sie mit der Peitsche und zwang sie, seinen Bruder und alles, was sie sonst noch hatte, herauszugeben. Dann ritten die beiden Brüder zusammen der Stadt entgegen, und unterwegs sagte Jacob, er habe diese Nacht mit seiner Frau geschlafen. Da wurde Josep fuchsteufelswild, warf Jacob samt Pferd und Hund einen Felsen hinunter und kehrte heim. Am Abend, als er mit der Frau ins Bett ging, sagte sie: «Diesen Abend hast du bessere Laune und legst nicht das Schwert zwischen uns.» Das fiel Josep auf. Am Morgen nahm er seinen Stab und ging zum Felsen, wo er Jacob hinuntergestürzt hatte, und er klopfte mit dem Stab auf den toten Bruder, auf das Pferd und den Hund, und alle wurden wieder lebendig. Auf dem Weg zum Schloss kam die Prinzessin ihnen entgegen und wusste nicht, welcher ihr Mann war. Josep ging dann zu ihr hin und erzählte alles, und hier endet die Geschichte von Jacob und Josep. (Schams)   Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Jagd am Feiertag

Source: Jagd am Feiertag

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An einem Muttergottestag auf die Gemsjagd zu gehen ist frevelhaft und bringt sicher Unglück. Kein christlich denkender Mann wird an einem solchen Feste nach einem Grattier jagen. 1. a) Vier Männer aus dem Schächental, der Stäpheler-Seppli beim St. Antoni, der Isidori-Marie, des Sigersten Vinzenz und der Schloffi haben es einst mutwillig gewagt, am Muttergottestag z'Mitte Augsten auf Hochwild zu pirschen. Doch es ging ihnen dabei ganz wunderbar. Sie kamen bis in die Alp Gemsfeyer jenseits des Klausen, und da tauchten gar viele Tiere von allen Seiten vor ihren erstaunten und begierigen Blicken auf; aber zu einem Schuss kamen sie doch nicht, oder wenn auch, so bekamen sie doch geschossene Tiere nicht. Endlich stellte sich einem der drei Jäger ein stattlicher Bock in nächster Nähe; gemächlich konnte er auf denselben zielen, er drückte los, es krachte, er traf, so hatte er wenigstens geglaubt; aber der Bock rannte auf ihn los, schoss ihm zwischen die Beine, nahm ihn auf den Rücken und raste mit ihm wie besessen über Stock und Stein davon. Zum Glück konnte einer der drei andern Jäger, die hinter grossen Steinen lauerten, dem Vorbeirasenden rasch das Skapulier zuwerfen. Er ergriff das geweihte Zeichen und war gerettet. Seitdem wäre keiner von ihnen um kein Geld in der Welt je wieder an einem Muttergottestag auf die Jagd gegangen; sie wollten auch nicht recht über ihr Erlebnis erzählen; nur Bruchstücke und rätselhafte Andeutungen brachte man aus ihnen heraus. Aber die Geschichte ist doch ausgekommen und mir von mehreren Seiten, wenn auch nicht übereinstimmend, erzählt worden. Übrigens sollen auch andere bei ähnlicher Gelegenheit ganz böse Erfahrungen gemacht haben. b) Nach anderer Erzählart war es zu Weihnachten oder im Januar. Zehn Tage lang waren sie in der Fiseten auf der Jagd nach Gemsen, die sich ihnen massenhaft stellten, und doch brachte zuletzt ein jeder der drei Jäger nur einen Hasen als Jagdbeute heim. Die Gemsen hinterliessen im Schnee Rosspuren. Sie sahen auch einen Fuchs und gingen der Spur nach; diese verwandelte sich urplötzlich in eine Gemsenspur. 2. Auch Pfarrer Alois Arnold († 1831), ein leidenschaftlicher Gemsjäger, konnte sich einmal nicht enthalten, am Muttergottestag im Herbstmonat auf die Gemsjagd zu gehen. Da kam ihm ein Rudel mit einer prächtigen, schneeweissen Gemse an der Spitze entgegen. Er schoss nicht, sondern zog bekehrt nach Hause. Pfr. Jos. Arnold; Frau Arnold-Gisler, Unterschächen, u.a. 3. Am Muttergottestag im Herbstmonat (8. September) ging ein Tresch von Bristen im Felleli auf die Gemsjagd. Es stellte sich ihm ein Trupp Gemsen, darunter eine weisse. Die weisse nahm er auf's Korn, und wie er meinte, traf er sie. Aber, wie ihm geschehen, was ihm das seltene Tier zugefügt, das wollte er seiner Lebtag nie bekennen. Fidel Gisler 4. Trotz aller Abmahnungen ging ein Schächentaler an einem Eidgenössischen Bettag i d's G'jeg. Er wanderte über den Klausen, durchschritt die Klus, die Alp Gemsfeyer und kam in die Fiseten. Dort stand eine weisse Gemse. Der Jäger nahm sie auf's Korn und schoss. Da kam sie auf ihn zu, ebenso nach dem zweiten Schuss, nach dem dritten stiess ihn das Tier über die Fluh hinaus, wo er tot liegen blieb. Michael Imholz, 75 J. alt, Isental 5. Der sogenannte Ratsherr Chiëffer, ein Dachdecker von Wassen, arbeitete am Kirchendach zu Gurtnellen. Es kam das Fest des hl. Michael, das zu Gurtnellen, weil Patronsfest, als Feiertag begangen wird. Der Wassener dachte, er sei kein Gurtneller, und da er nicht am Kirchendach arbeiten durfte, ging er am Vorabend spät mit einem Kameraden in die Gornernalp, die in der Gemeinde Gurtnellen liegt, um am folgenden Tage der Gemsjagd zu fröhnen. Bei Zeiten waren sie schon am Michaelstag auf den Beinen und marschierten den Bergen zu. Als sie nach Balmen kamen, pfiff es ihnen. Aber darauf achteten sie nicht. Sie kamen »uff d'Bäch« und erblickten die ersten Gemsen. Diese mehrten sich immer, und nach und nach waren es ganze Scharen. Endlich schossen die zwei Jäger, aber sie trafen keine, und die Tiere rührten sich nicht. Ja, ein Trupp lief gemächlich hart an ihnen vorbei; sie schössen auch auf diese mehrmals; aber keinem Tiere wurde auch nur ein Haar verbrannt. Jetzt graute es doch den beiden Jägern, und sie traten die Heimkehr an. Zu Balmen pfiff es ihnen wieder. 6. Der Schluchen-Hans pirschte am Muttergottestag im Herbstmonat im Fuxtal auf Grattiere. Der erste Schuss schlug ihn halbtot. Jos. Gamma 7. Zu Mitte August, am Fest Mariä Himmelfahrt, gingen einst drei Jäger gemeinsam auf die Jagd. Auf dem »höchsten Bristen« schossen sie eine weisse Gemse. Als sie aber an Ort und Stelle kamen und die Beute sich aneignen wollten, da war die weisse Gemse verschwunden, und auf ihrem Platz stand eine schöne weisse Frau majestätisch vor ihnen. Man meint, es sei die Mutter Gottes gewesen. Diese sprach ernsthaft: »Ihr habt meinen Tag entheiligt. Dafür müsst ihr eine Strafe auf euch nehmen. Ihr könnt wählen. Wollt ihr lieber drei Klafter tief in den Erdboden oder auf die drei höchsten Gräte versetzt werden?« Die Jäger wählten das letztere. Da wurden sie in Steinsäulen, Steinmanndli, verwandelt und auf die drei höchsten Stöcke, auf den »höchsten Bristen«, auf den »höchsten Windgällen« und auf den »höchsten Krönten« versetzt. Dort sieht man sie heute noch. Alle Jahre (alle 100 Jahre) kommen die drei Jäger zu Mitte August auf dem höchsten Bristen zusammen und fragen oder klagen sich; der erste: »Wië lang sim-mer etz scho da?« Der zweite: »Wië lang miëm-mer ächt äu nu da sy?« Und der dritte antwortet: »Solang Gott will und dië liëb Müetter Gottes.« Andere erzählen, der Schuss habe nicht getroffen, aber den Gewehrlauf gekrümmt. Statt des höchsten Krönten wird auch der Geissberg genannt, statt von drei Klaftern von neun Ellen gesprochen. Dritte Erzählart: Vier Jäger, vier Steinmanndli: auf dem Mäntliser (besonders gut sichtbar), auf dem höchsten Bristen, auf dem höchsten Windgällen und auf dem Oberälper. Einer muss die grösste Kälte, der andere die grösste Hitze, der dritte den grössten Durst und der vierte den grössten Hunger ausstehen. J.M. Zberg; Frz. Zgraggen u.a.m. 8. Der vierte Jäger erschien erst spät im Tage auf dem Plan. Ein prächtiges Grattier stellte sich ihm. Er legte an und zielte. Da hielt eine schöne weisse Dame das Tier an den Hörnern fest. Der Jäger wagte es nicht zu schiessen und liess das Gewehr sinken. Nun war die Dame verschwunden und stand die Gemse allein da. Zum zweiten Mal legte er an, und wieder stand die Dame neben dem Wild. Beim dritten Mal rief sie, er solle nur schiessen; weil er am Morgen seiner religiösen Pflicht nachgekommen, habe er eine köstliche, schöne Beute wohl verdient. Er schoss und erlegte einen kapitalen Gemsbock. Die drei Jäger büssen noch heute auf ihren luftigen Höhen. Alle 100 Jahre zu Mitte August rufen sie einander zu. Der erste: »Wië lang sim-mer etz scho da?« Der zweite: »Wië lang gaht's äu nu?« Und der dritte antwortet: »Solang Gott will und Maria«, oder: »Das weiss Gott und Maria.« 9. Drei Jäger zogen am Muttergottestag zu Mitte August miteinander auf die Jagd und schossen eine weisse Gemse. Als sie dieselbe holen wollten, war sie verschwunden, und an ihrer Stelle stand eine schöne, glänzendweisse Frau und schaute die Jäger mit vorwurfsvollem Blicke an und sprach: »Ihr habt meinen Tag geschändet, und dafür müsst ihr eine Strafe auf euch nehmen. Ich will euch die Wahl lassen, ob neun Ellen tief unter den Firn oder auf die drei höchsten Berge verbannt oder zu Staub und Asche zerrieben zu werden.« Die drei Sünder wählten die Verbannung auf die höchsten Berge und wurden auf den Uri-Rotstock, auf den Rosstock und auf den Hohen Windgällen versetzt. Alle hundert Jahre rufen sie am fünfzehnten August einander zu, der erste: »Wië lang sim-mer ächt au scho hië?« der zweite: »Wië lang müëm-mer ächt nu da sy?« und der dritte: »Bis am Jüngstä Tag, und de chönne-m'r denn erst nu luegä, wiëss-is gaht.« Die drei Berge heissen auch: Der Elfe-, der Zwölfe- und der Einsstock. Frau Planzer-Gisler; J.J. Huber, Sisikon Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Jagd am Lirihansi bei Birmenstorf

Source: Jagd am Lirihansi bei Birmenstorf

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Der Lirihanst ist ein Stück Reb- und Waldboden, unterhalb Birmenstorf an der Brugger Strasse gelegen. Nach zween zuverlässigen Augenzeugen zieht dort die wilde Jagd vorbei. Meine Mutter erzählte mir Folgendes. Sie und mein Vater giengen einmal von Reuss ab der Störe heim, es war gegen 12 Uhr. Wie sie in jene Gegend kamen, hörten sie über den Gipfeln der Waldbäume ein Rauschen und Knicken, wie von brechenden Aesten. Sie glaubten zuerst, es seien Holzhacker und schritten ziemlich ruhig der lärmenden Gegend zu. Je näher sie kamen, desto lauter wurde es. Es that und rollte wie Donner, ohne dass doch der Nachthimmel bedeckt gewesen wäre. Dann kam das Tosen wie von allen Seiten auf sie herein, und mit einem Schlag plumpte es neben ihnen dumpf auf die Erde. Sie fuhren zusammen und schrieen. Alles war wieder still, rein schienen die Sterne. Eine andere Person versichert, das Nämliche erfahren zu haben, nur setzt sie noch hinzu, dass sie auf der Strasse ein ganz grünes Männchen gesehen habe. Meinem Vetter stunden hier einmal gegen drei Uhr die Pferde still, bäumten sich, bliesen die Nüstern weit auf und waren um keinen Preis vorwärts zu bringen. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 181 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch    


by Jagdhund mit Ketten

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Hinter dem Dorf hört man bei Wetteränderungen einen Jagdhund mit Ketten auf- und ablaufen, besonders wenn lauer Wind weht. Einmal ging einer der Sache nach, kehrte heim, legte sich ins Bett und starb. Ziefen Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Jäger am Bruchmattbrunnen, Frickthal

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Die Grossmutter meiner Schwägerin — so erzählt ein Frickthaler, — war zwischen Münchwiler und Eiken auf dem Felde in der Aernte und sollte den Schnittern Wasser vom Bruchmattbrunnen im Bulstelthale herbei holen. Als sie die Krüge dorten gefüllt hatte und sich von der Quelle erhob, stand ein Jäger in grünem Kleide und rothem Hute ruhig und schweigend vor ihr. Sie war damals noch ein schüchternes Mädchen und sagte also kein Wörtchen zu dem wunderlichen Manne. Das war ihr Glück. Denn als sie zu den Schnittern kam, brachte sie einen bedeutend geschwollenen Kopf mit und lag dann mehrere Wochen krank. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 210 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Jäger Daxli

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1. In dem alten Holzhäuschen nebendem neuen Schulhaus im Wyler zu Gurtnellen wohnte vor Zeiten der reiche Bauer und Jäger Sebastian Daxli. Der ganze Wyler vom Gornerbach bis zum Märchlital war sein1. Ihm begegnete eines Tages, als er mit einer Gemse auf dem Rücken aus Fellenen kam, auf der Fellibrücke ein fahrender Schüler und fragte ihn, ob er mit Blei gut versehen sei. »Nein, dessen habe ich nicht immer genug,« erwiderte Daxli. So wolle er ihm solches zeigen, sagte der Fremde, ging mit ihm über die »ghäcklet Plattä« und zeigte ihm im Fellitobel eine Bleiader. Dort konnte Daxli für sich und seine Freunde eine Menge Blei holen, durfte aber niemand die Stelle zeigen und nichts davon verkaufen. Andere konnten ihm zuschauen, wohin er ging, um sein Blei zu gewinnen; gingen sie aber denselben Weg, so fanden sie nichts. Daxli war reich, wurde aber zuletzt so arm, dass er seine Güter verkaufen musste. Deshalb sagt man von ihm heute noch zu Gurtnellen: Jeeger Daxli unverdrossä, Mängs hundert Gämschi g'schossä, Dazüe vill Fix und Hasä, Und z'letscht frisst er nu sy eignä Wasä. 2. Vor einigen Jahrzehnten flözten Holzarbeiter Holz durch das Fellital hinaus. Unter ihnen war ein Schwyzer, und dieser sagte eines Tages: »Hitt schaffi-n-i jetz nu mid ych, aber moorä tüe-n-i de annärä-n-andärä-n-Arbet schaffä.« Aber noch am selben Abend fiel er zutod. Man glaubt, er habe die Bleiader entdeckt. Jos. Baumann, Miseli; Jos. Gamma u.a. Fußnoten 1 Hier stimmt die Überlieferung mit den Urkunden überein. Schon 1522 zinst Hans Taxli vom Gut Wyler mit den angegebenen Grenzen an die Pfarrkirche Silenen. (Jahrzeitbuch Silenen). Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Jäger verschwindet

Source: Jäger verschwindet

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Zu Rindermatt b'nachtete einst um die Zeit von Allerseelen ein Jäger. Nach seiner Gewohnheit wollte er, bevor er sich ins Nischt legte, das St. Johannes-Evangelium beten. Kaum begonnen, verschwanden auf einen Klapf Jäger und Hütte vom Erdboden. Als im nächsten Sommer der Besitzer kam und keine Hütte, ja nicht einmal das Holz mehr fand und sich laut fragte, wer wohl die Hütte abgeschlissen habe, hörte er eine Stimme rufen: »Ich nitt, aber d'r ander, wo-mich mit sannt d'r Hittä v'rtreit het«. Karl Gisler Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Jägerpech

Source: Jägerpech

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 In Meien ging einer auf die Jagd, auf Murmeten los. Und richtig, sobald er auf dem Platze war, kam eine nach der andern aus ihrem Loch hervor, und er konnte sie niederknallen, dass es eine wahre Freude war. Doch als er sie auflesen wollte, war keine einzige mehr da. Jos. Maria Regli, 75 Jahre alt, Wassen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Jaggli Lander als Musikant

Source: Jaggli Lander als Musikant

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Durch das »Altefer-Dorf« hinauf schritt einst Jaggli Lander, der fahrende Schüler. Seine Schuhe waren mit den Ranken der Waldrebe gebunden und seine Hosen zerfetzt; aber das Musizieren, das hat er verstanden! Mit einem wuchtigen Holderknebel strich er im Takte über einen yenen Ast (Taxus) und entlockte diesem die herrlichsten, wunderbarsten Weisen. Nachdem er sein Violinkonzert beendet, setzte er den Holderknebel an den Mund und pichelte oder trompetete, je nach Belieben, dass den Menschen, die ihm in grossen Scharen folgten, das Herz im Leibe lachte vor Lust und Freude. Da kam auch Landammann Brand1, ein gebürtiger Schächentaler (der in fremden Kriegsdiensten und durch Heirat reich geworden) des Weges und redete den Musikanten an: »Wen-i äso chennt gygä-n- und pichlä-n- und trumbeetä wiä dü und alles wissti, sä tät-i de doch d'Schüeh nitt mit Niälä bindä und tat ä chly diä bessärä Hosä-n-a'leggä!« »Ja, dü müesch eppis sägä,« versetzt Jaggli Lander, »dü bisch im Schächädall innä-n-äu nu einisch ammä-n-ä-n-Ort innäg'stigä und hesch zwei Geißchäsli g'stohlä!« Und der gestrenge, weise Herr Landammann gestand freimütig: »Noch, bi mym Eich! Das isch wahr, das ha-n-i.« Josef Huber, Erstfeld Der alte Ratsherr Baumann im Schweinsberg zu Attinghausen († 1876 im Alter von 80 Jahren) hat den Jaggli Lander noch gekannt und hat selber gesehen, wie dieser in der Surenenalp Reckholterbäumchen ausriss, an den Mund hielt und damit pichelte, dass das Vieh zusammenlief, brüllte und trychelte, wie wenn es zur Alpabfahrt ginge. – Früher hat es überhaupt viel fahrende Schüler gegeben; sie konnten andern Leuten raten und helfen, aber sich selber nicht. Heinrich Baumann, 75 J. alt, Attinghausen Fußnoten 1 Martin Fridolin Brand, gebürtig aus dem »Tal« zu Spiringen, war Landammann 1756–1758, sein Bruder Johann Peter 1758–1760; der erstere starb 1787, der letztere 1775. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Jaggli Lander und der Hahn

Source: Jaggli Lander und der Hahn

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a) Ein anderes Mal, es war am Schmutzigen Donnerstag, kam Jaggli Lander mit einem Hahn dahergezogen. Der aber schleppte eine ganze abgeastete Tanne hinter sich her. Man kann sich denken, wie da die Leute schauten und staunten und die Mäuler aufsperrten. Jetzt kam ein Bauer daher mit einem Bündel Heu auf dem Rücken. Darin befand sich ein vierteiliges Kleeblatt, vielleicht auch mehr als eines. »Was tiänd iähr etz da gaffä wiä d'Limmlä, da g'seh-n-i etz doch nytt B'sundrigs,« meint der Bauer. »E, bisch dü blindä?« fragen alle verwundert, »g'sehsch dü nitt, dass der Hahnä da ä ganzä Trämel nachäschleipft?« – »Ja, ä scheenä Trämel! iähr Lappänä, das isch ja nur ä Heiwhahlä!« Der Zauberer war aber nicht mit ihm zufrieden und spielte ihm bald hernach einen Possen. Es war Markttag, und unser Bäuerlein war auch auf der Strasse. Mit weit über die Knie hinaufgezogenen Hosen und mit allen Anzeichen grosser Anstrengung kam es unten durch das Altdorferdorf heraufgewatet. Schuhe und Strümpfe trug es in den Händen. Die Leute lachten sich halbtot ob seinen Spargimentern. Und jetzt war es an ihm, zu fragen, ob sie denn den Bach nicht sähen, der die ganze Strasse ausfülle. Josef Huber, Erstfeld, u.a.m. b) Andere erzählen, aber seltener, es sei eine Feldgrille (»ä Müheim«) gewesen, die den Holzstamm zog. Ein Mädchen trug einen Korb voll Heu, in dem Vierklee war, ab dem Felde durch das Dorf zum Stalle. Als es ohne Heu wieder auf das Feld zurückkehrte, spielte ihm der Zauberer den bekannten Schabernack. Den Lachenden rief es zu: »Ja, ja, iähr lachet, und ich müeß äso wattä!« Marie Huber, 60 J. alt, Altdorf c) Nach anderer Erzählart war es in einer »Kumeedi«, wo der Hahn sein Kunststück zeigte, und ein Mädchen mit einem vierteiligen Klee im Sack brachte den Schwindel an den Tag. Der Gaukler spielte ihm einige Tage später, als es aus dem Sonntagsgottesdienste kam, den oben beschriebenen Streich. Josefa Muoser, Bürglen d) Im Isental behauptet man, das Mädchen habe zum Fenster hinaus geschaut und gerufen: »Der het ja nur äs Vergreeßerungsglas uber dä Heiwhahlä.« H. Aschwanden »Jää, viärblettrigs Chlee bringt und bidytet Glick und hilft gägä Häxä- und Bländwärch.« In alten Erbauungsbüchern findet man viele dieser Blätter. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Jaggli Lander wird verbannt

Source: Jaggli Lander wird verbannt

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Es scheint aber, dass sich der Landammann die freimütige Rede des Musikanten doch hinter die Ohren geschrieben, denn Jaggli Lander wurde des Landes verwiesen, trotzdem er den Schächentalern versprach, den Salzbrunnen am vordern Mühlebach, den eine alte Hexe mit einem eisernen Keil verschlagen hatte, wieder zu öffnen, wenn er im Lande bleiben dürfe. Josef Huber, Erstfeld, 50 J. alt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Jaggli Landers Geld

Source: Jaggli Landers Geld

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1. Jaggli Lander1 war ein fahrender Schüler, der mehr konnte und wusste als andere Leute. Er durchzog namentlich auch den Kanton Uri und offenbarte manches Geheimnis und manchen verborgenen Schatz. In seiner Tasche fanden sich immer fünf Batzen; davon konnte er ausgeben, so oft er wollte, fünf Batzen, nicht mehr und nicht weniger, waren immer da. Wenn er durch die Dörfer zog, lief ihm die Jugend in Scharen entgegen und begleitete ihn, denn es war sein grösster Spass, Batzen auszuwerfen und sich am Balgen der Knaben und Mädchen zu freuen, die über die Münzen herfielen und dabei über- und durcheinanderpurzelten. Josef Huber, Erstfeld, 50 J. alt 2. Er offenbarte auch, »im Chnollen« zu Surenen sei eine Goldstange wie eine Tanne verborgen. Anton Wipfli, Erstfeld Fußnoten 1 Es soll ein Lied über den Jaggli Lander existiert haben. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Jakob's Glückstraum

Source: Jakob's Glückstraum

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Vor Zeiten lebte ein Hirte, der auf einer entlegenen Alp den Bauern das Vieh sömmerte. Sein Name klang nicht sehr lieblich, obwohl er zu seinem Dienst passte. Jakob Kuhschwanz, so hiess er, und mit Gütern war der Mann wenig gesegnet. Seine Arbeit brachte ihm nur geringen Lohn, und oft wusste er kaum, woher das Brot nehmen.             Eines Nachts hatte er einen wunderlichen Traum. Er stand im treibenden Nebel, da hörte er eine Stimme rufen:               In Thun auf der Brück\'             machst du dein Glück.               Davon erzählte er beim Aufwachen seiner Frau und hatte nicht übel Lust, sich sogleich auf den Weg zu machen. Doch da fand er wenig Gehör. «Ach was», sagte die Frau, «du wirst dir doch nicht am helllichten Tag die Schuhe ablaufen wollen. Mach dich lieber an die Arbeit, zu tun gibt es überall genug!»             Jakob fügte sich, obwohl er ein saures Gesicht zog. Wohl oder übel ging er in den Schopf, flickte da an einer Sichel, setzte dort einem Rechen einen fehlenden Zahn ein. Aber als er sich zum Schlaf niederlegte, vernahm er genau die gleiche Stimme. Auch diesmal hielt ihn die Frau zurück. «Träume sind Schäume», sagte sie, «geh besser jetzt daran, mir Späne und Scheitholz fürs Feuer zu machen, es kann plötzlich kalt werden!»             In der folgenden Nacht hatte Jakob den wunderlichen Traum zum dritten Mal. Noch deutlicher sprach aus dem Nebel heraus die Stimme in seine Ohren:               In Thun auf der Brück\'             machst du dein Glück.               Jetzt gilt es, dachte der Hirte, und ganz leise, um ja seine Frau nicht zu wecken, schlüpfte er aus dem Bett und zog draussen in der Küche seine Kleider an. Dann steckte er ein Stück altbackenes Brot sowie eine Käseschwarte in seine Tasche und marschierte ohne nur einmal zu rasten nach Thun hinunter. Als die Sonne aufging, stand er schon mitten auf der Brücke. Sein Herz klopfte, so sehr war es mit Erwartungen geladen. Zunächst kam der Geisshirt, der seine glöckelnde Herde vorübertrieb und freundlich grüsste. Jakob blickte ihm nach, lief hin und her, indem er sich abzulenken suchte. Bald verfolgte er das Ziehen des Wassers, bald die Vögel, die über den Dächern schwirrten. Er nickte den Leuten zu, den Stadtfrauen, den Bauern und Marktfahrern. Als es endlich Mittag schlug, verzehrte er sein hartes Brot, nagte am Käse und streute den Rest zu den Enten hinunter. Um nichts in der Welt wäre er von der Brücke gegangen. Ein altes Sprüchlein, mit dem ihn manchmal die Grossmutter getröstet hatte, ging ihm durch den Kopf:             Wart ein Weilchen, lausch\' ein Weilchen,             Setz dich ein Weilchen nieder,             Und wenn du ein Weilchen gesessen bist,             So komm und sag\'s mir wieder!               Aber ach, es war eine harte Geduldsprobe, auch wurden ihm die Beine immer schwerer. Grämlich schaute er zu den Bergen empor, es fiel ihm ein, wie seine Frau wegen der vertrödelten Zeit schimpfen würde und ihn obendrein auslachen, weil er so leichtgläubig war. Eine Weile legte er den Kopf aufs Geländer. Da war es ihm, als höre er nochmals die Traumstimme:               In Thun auf der Brück\'             machst du dein Glück.               Also blieb er standhaft, bis die Sonne unterging. In diesem Augenblick erschien auch der Geisshirt wieder mit seiner Herde. Als er gewahrte, dass der Mann immer noch da stand, hielt er an und sagte: «Du studierst wohl das Gangwerk des Himmels, dass du stets auf dem gleichen Fleck wartest!» Jakob schüttelte den Kopf, und um sich Luft zu machen, berichtete er von dem Traum, der ihm dreimal das Glück vorgegaukelt hatte. Da lachte das Hirtlein, dass ihm die Ohren wackelten. «Wie kann man sich nur so narren lassen. Mir hat es auch schon mehr als einmal geträumt, ich solle auf die Trichelalp hinauf ins Haus von Jakob Kuhschwanz. Da sei unter dem Küchenherd ein Kessi voll Gold vergraben. Nun sage, wer wollte auf solchen Unsinn achten, und wer in aller Welt könnte Jakob Kuhschwanz heissen!»             Kaum hatte der Brückensteher diese Worte vernommen, lief er davon wie von einer Wespe gestochen. Der Geisshirt blickte ihm nach, schlug endlich den Finger an die Stirn und sagte: «Narren sind auch Leute, aber glücklicherweise sind nicht alle Leute Narren!» Darauf folgte er seiner drängenden Herde.             Jakob aber lief, was seine langen Beine hergaben, bis er spätnachts in seine Hütte kam. Sogleich eilte er zum Herd und riss die Feuerplatte heraus. Und da stand wahrhaftig ein Topf randvoll mit Goldtalern. «Nun soll jemand noch sagen, Träume seien Schäume», schmunzelte er und weckte seine Frau, die schon im besten Schlafe lag.             Von dem vielen Geld kaufte er einen stattlichen Bauernhof. Aber Kuhschwanz wollte er nun doch nicht mehr heissen. Das verstand auch der Landvogt, als er ihm ein paar schöne Taler unter die Augen hielt. Nur schade, dass nirgends geschrieben steht, was für einen neuen Namen er eingetauscht hat! Das würden wir doch eigentlich gerne wissen.   Aus dem Berner Oberland   Die Nidelgret und andere Märchen aus der Schweiz / nacherzählt von Fritz Senft Orell Füssli Verlag Zürich 1980  Siehe Märchenforum Nr. 68 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Jean der Dumme und Jean der Gescheite

Source: Jean der Dumme und Jean der Gescheite

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In der Nähe von Basel wohnte ein Mann, der hatte zwei Söhne. Sie sahen einander so ähnlich, dass der eigene Vater sie zuweilen kaum auseinanderhalten konnte. Der Vater war alt und eines Tages starb er. Der eine Sohn, der von allen Leuten Jean der Dumme genannt wurde, sagte zu seinem Bruder: „Nun ist unser Vater tot. Er hat uns nichts hinterlassen, deshalb wollen wir ihn selbst aufteilen und jeder von uns bekommt ein Stück.“ Der Bruder, der Jean der Gescheite genannt wurde, war hell entsetzt. „Was meinst du denn damit? Wir können unseren Vater doch nicht auseinanderschneiden! Da mache ich nicht mit. Bevor es soweit kommt, gebe ich ihn dir lieber ganz.“ Damit war der dumme Jean auch zufrieden. „Gut, wenn du meinst“, sagte er. „Dann packe ich ihn und nehme ihn mit.“ Also nahm er den toten Vater und machte sich auf den Weg nach Basel. An einer Strassenkreuzung stellte er die Leiche mitten auf den Weg, stützte sie mit zwei Stöcken und versteckte sich im Gebüsch. Nach einer Weile kam ein Metzger gewandert, der trieb ein paar Kälber vor sich her. Als die Tiere die seltsame Gestalt auf der Strasse bemerkten, hielten sie an und wollten keinen Schritt mehr vorwärtsgehen. „He, Alter!“, schrie der Metzger. „Geht bitte von der Strasse weg! Ihr haltet meine Kälber auf!“ Der angeredete Alte antwortete nicht und tat auch sonst keinen Mucks. Da wurde der Metzger wütend. „Wenn ihr nicht bald aus dem Weg geht, dann schlage ich Euch meinen Stock über den Schädel!“ Und als sich der alte immer noch nicht rührte, ging der Metzger wirklich mit seinem schweren Wanderstock auf ihn los und prügelte so lange auf ihn ein, bis er umfiel. Darauf hatte der dumme Jean hinter seinem Busch gewartet. Er sprang hervor und begann laut zu zetern: „Zu Hilfe! Du hast meinen Vater umgebracht! Einen harmlosen Alten, der nicht mehr gut hörte und nur auf mich wartete, bis ich mein Geschäft verrichtet habe. Du Unglücksrabe, wie willst du mir meinen Vater jetzt wieder lebendig machen?“ „Ich wusste doch nicht, dass der Alte taub ist“, sagte der Metzger ganz erschrocken. „Es war ein Unfall! Ich kann ihn dir nicht wieder lebendig machen, aber hier gebe ich dir Geld.“ Mit diesen Worten drückte er dem dummen Jean ein Säcklein voller Münzen in die Hand. Jean nahm das Geld und sagte: „Also gut, da sich ohnehin nichts mehr ändern lässt, nehm ich halt das Geld. Wir sind quitt. Was sollen wir uns auch mit dem Gericht herumstreiten?“ Er steckte das Geld ein, packte den Vater auf die Schulter und wanderte nach Hause zurück. Dort sagte er seinem Bruder: „Siehst du, was ich für unseren Vater bekommen habe? Jetzt haben wir wenigstens genug Geld für eine anständige Beerdigung.“ Jean der Gescheite war ganz neidisch, als er die Geschichte hörte. „Du hast einfach mehr Glück als ich!“, sagte er. Sie beerdigten den Vater, wie es sich gehört. Einige Tage später sagte der dumme Jean zu seinem Bruder: „Wir müssen unseren Ofen aufteilen.“- „Was willst du? Du bist doch verrückt! Im Winter, wenn es kalt wird, brauchen wir einen Ofen und der geht nur, wenn er ganz ist!“- „Du kannst reden, so lang du willst“, sagte Jean der Dumme. „Ich will meinen Anteil am Ofen!“ Er nahm die Hacke, haute ein paar Steine aus dem Ofen heraus, steckte sie in eine Schachtel und macht sich damit auf den Weg nach Basel. In der Stadt ging er bei allen Gold- und Silberschmieden vorbei und lud sie ein, im Hotel Drei Könige vorbeizukommen; er habe kostbare Steine zu verkaufen. Dann mietete er ein Zimmer im Hotel, liess sich eine Mahlzeit bringen und wartete auf die Schmiede. Bald drängten sich so viele Leute im Gasthaus, dass er sie abweisen musste. Er sagte: „Gleich wird es dunkel, das ist mir zu gefährlich. Da könnt ich meine Steine verlieren. Kommt alle morgen wieder.“ Als alle gegangen waren, bat er den Gastwirt, ihm für die Nacht ein besonders sicheres Zimmer zu geben: Er habe kostbare Steine dabei. Der Gastwirt versicherte ihm, er habe ein sehr gutes Zimmer für ihn, da könne gar nichts passieren. Mitten in der Nacht nahm der dumme Jean die Ofensteine aus dem Sack und warf sie in den Rhein. Früh am nächsten Morgen fing er laut zu schreien an: „Haltet den Dieb! Was ist das für eine Absteige hier, wo man nicht mal in seinem eigenen Zimmer sicher ist? Meine wertvollen Steine wurden gestohlen!“ Der Gastwirt versuchte ihn zu beruhigen. „Eine Räuberhöhle ist das hier!“, schrie Jean. „Die Steine waren alles, was ich hatte. Zehn Jahre habe ich schwer dafür geschuftet und nun sind sie weg! Aber das erzähle ich dem Richter! In diesem Wirtshaus hier ist alles voller Diebe!“ Der Gastwirt bekam Angst, dass die Leute das hören würden und nicht mehr bei ihm übernachten wollten und er fragte Jean, wie viel denn die Steine wert waren. „Zehntausend Francs, wenn du dafür nicht zum Richter gehst und mit deinem Geschrei aufhörst.“ Jean der Dumme war einverstanden, nahm das Geld entgegen und ging damit nach Hause zurück. Dort zeigte er es seinem Bruder und sagte: „Siehst du, was mir die paar Steine eingetragen haben? Und du wolltest mich daran hindern, den Ofen zu teilen!“ – „Wie hast du das angestellt?“, fragte der Bruder neidisch. „Das war ganz leicht. Ich bin einfach nach Basel gegangen und habe laut gerufen: ‚Kauft kostbare Steine!’ Das war schon alles!“ Jean der Gescheite wurde ganz eifersüchtig. Wenn sein dummer Bruder so etwas fertigbrachte, dann wollte er es auch probieren. Also füllte er auch einen Sack mit ein paar Steinen vom Ofen, stellte sich in Basel auf die Strasse und schrie: „Kostbare Steine zu verkaufen!“ Das hörte der Gastwirt der Drei Könige, der mittlerweile ahnte, dass er einem Betrüger auf den Lärm gegangen war. Er glaubte, es sei wieder Jean der Dumme, der das schrie und meldete es der Wache und die kam und verhaftete Jean den Gescheiten. Als sein Bruder nach drei Tagen noch nicht zurückgekehrt war, machte sich Jean der Dumme auf die Suche. Er ging bei allen Gefängnissen vorbei und in einem hörte er durch die Tür seinen Bruder stöhnen. „Warum haben sie dich eingesperrt?“, flüsterte er durch die Tür. „Du bist an allem schuld!“, antwortete der Gescheite. „Man will mich wegen deiner Betrügereinen an der tiefsten Stelle des Rheins ertränken.“ „Du bist ein Angsthase!“, sagte der Dumme. „Aber du brauchst kein Angst zu haben. Wir werden die Plätze tauschen.“ Weil sie sich so ähnlich sahen, gelang es ihm, seinen Bruder aus dem Gefängnis zu befreien und selber dazubleiben, ohne dass es jemand bemerkte. Jean der Gescheite ging erleichtert nach Hause. Der Dumme war gerade eine Viertelstunde im Gefängnis, da sah er durchs Fenster eine schöne Kutsche auf der Fahrt nach Basel, die von einem vornehm gekleideten Fuhrmann gelenkt wurde. „Nein, ich will sie nicht, ich will sie nicht!“, begann er laut zu schrein. Der Kutscher, der neugierig geworden war, hielt vor seinem Fenster an. „Was willst du nicht?“, fragte er. „Die Königstochter will ich nicht. Sie wollen mich zwingen, sie zu heiraten, aber ich lasse mich lieber ersäufen als die Tochter des Königs zu heiraten.“ Da hatte der Fuhrmann eine Idee. „Weißt du was? Wir tauschen die Plätze. Du nimmst mein schönes Fuhrwerk und die schönen Pferde und ich gehe an deiner Stelle ins Gefängnis. Ich werde die Prinzessin heiraten.“ Jean war einverstanden und es gelang ihnen, die Plätze zu tauschen. Zufrieden fuhr Jean der Dumme mit seiner Kutsche nach Hause. Am nächsten Tag kam die Wache, um den Betrüger aus dem Gefängnis zu holen. Sie merkten nichts von dem Tausch. Der Fuhrmann schrie immer wieder: „Ich nehme sie ja! Ich will sie ja nehmen!“- „Wen willst du nehmen?“, fragte ein Gendarm. „Na, die Königstochter!“, antwortete der Fuhrmann. „Ja, ja, die wird man ausgerechnet dir geben!“ Er wurde auf die Rheinbrücke geführt und an der tiefsten Stelle ertränkt. Ein paar Tage später kam Jean der Dumme mit seinem schönen Fuhrwerk und den schönen Pferden nach Basel gefahren. Er knallte laut mit der Peitsche und die Leute sahen ihm nach. „Ist das nicht Jean der Dumme, der da so viel Lärm macht? Aber den haben sie doch im Rhein ertränkt!“ Die Mutigeren getrauten sich, näher heranzugehen. „Bist du nicht der, den sie neulich ertränkt haben? Weshalb bist du noch am Leben?“ „Natürlich bin ich es“, antwortete Jean. „Unten im Rhein habe ich den Eingang zum Zwergenreich gefunden. Dort gibt es alles, was man sich nur wünscht. Ich zum Beispiel habe diese Pferde und den schönen Wagen mit heraufgenommen. Geht nur selber schauen!“ Die geldgierigen Basler liessen sich das nicht zweimal sagen. „Aber wo liegt der Eingang?“, fragte sie drängend. Jean führte sich auf die Rheinbrücke und zeigte zu der tiefsten Stelle hinunter: „Genau da geht’s hinein!“ Die Basler sprangen ins Wasser, einer nach dem anderen. Die Ersten, die gegen das Ertrinken kämpften, gurgelten laut: „Gluglug!“ – „Was sagen sie?“, fragten die, die noch oben standen. „Sie sagen, es hat für alle genug!“, antwortete der Dumme. Da sprangen die anderen auch hinterher, nur die Königstochter nicht. Jean der Dumme nahm sie in den Arm. „Jetzt sind alle Basler ertrunken und wenn du mich nicht heiratest, schick ich dich hinterher.“ Aber sie hätte ihn auch so genommen und so wurde Jean der Dumme zum König der Stadt Basel.   Quelle: Die schönsten Märchen der Schweiz, Dirk Vaihinger, 2012 Les „foles“ contes fantastiques patois recueillis dans le jura bernois, Schweizerisches Archiv für Volkskunde, Bände 15 bis 22. Basel 1911- 1918/1919, Arthur Rossat Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Jetz gib, was d willt!

Source: Jetz gib, was d willt!

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Als der Herrgott die Welt erschuf, besuchte er zuerst das Vispertal, dann zog er ins Saastal und rief dort die vier Gemeinden ins Leben. Beim Verlassen des Tales kam er in die Gegend von Eisten; dort kehrte er den Gabensack mit allen Resten, die noch drin waren, um, schüttelte und meinte dazu. «Jetz gib, was d willt!» Daraus entstand Eisten. Früher gehörte Eisten noch zur Pfarrei Stalden. Aus allen Weilern zogen die Gläubigen früh am Sonntagmorgen mit Lichtern aus, um nach Stalden zur Messe zu gehen. Oft kamen sie erst spät in der Nacht mit Lichtern wieder zurück. So erzählten es alte Leute. Heute ist Eisten eine Gemeinde, die aus vierundzwanzig bewohnten Weilern besteht. EISTEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern.


by Jetz hesch-mi iberfragt

Source: Jetz hesch-mi iberfragt

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1. Einem Reusstaler begegnete am Bristen ein fremdes Mandli mit einem grossen Klumpen Gold und sagte: »Ich habe genug!« Wo er den Fund gemacht, wunderte der Reusstaler. »Jetz hesch-mi iberfragt!« entgegnete, leicht erschreckend, der Fremde. Man glaubt, wenn der Urner nicht gefragt hätte, so würde ihm der Fremde den Fundort geoffenbart haben, oder er hätte ihn selber getroffen. Josefa Walker, Amsteg 2. Ein fahrender Schüler begleitete einen Älpler aus der Alp Sewen in Meien auf seinem Gang zu Tale, zeigte gegen den Rüttistock und sagte, dort wäre ein Haufen Kristalle, so gross wie eine Scheiterbeige. »Wo?« fragte der Älpler. »Hättest nicht fragen sollen,« sagte der Schüler, »jetzt darf ich dir nichts mehr offenbaren.« Albin Loretz Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Jetzt bin ich erlöst

Source: Jetzt bin ich erlöst

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Jeden Tag trug ein Mädchen aus dem Ebnet zu Spiringen Milch zu Boden. Einst schlipfte es auf einer Baumwurzel aus, verschüttete die Milch, und ein Fluchwort entwischte ihm. Bald nachher starb es. Nach vielen Jahren stürzte an der nämlichen Stelle wieder ein Mädchen und verschüttete die Milch; es sprach: »Tröst Gott und erlös Gott die armen Seelen!« Da erschien das erste Mädchen ganz weiss und dankte und sagte: »Mit diesem Worte hast du mich erlöst.« Und verschwand wieder. Mehrere Reusstaler ergänzen: »Das hend Vatter und Müetter eisster gseit, wemmä Milch üssghyi, sell-mä die armä Seelä treeschtä.« Jos. Maria Müller, Unterschächen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Johann Chaldar

Source: Johann Chaldar

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Der größte Kanton der Schweiz ist der Kanton Graubünden. Aber er ist wenig bevölkert. Denn um seine reizvollen Alpentäler, an deren Hängen die seltsame Arve wächst und in denen die lieblichsten Seen träumen, stehen gewaltige Schneegebirge. Einst hausten in diesen Alpentalern Rätiens, in denen man noch zum Teil eine ganz eigene Sprache redet, eine ganze Reihe böser Junker und Zwingherren, die das arme, aber aufrechte Volk unterdrückten und auf jede Weise plagten. Ihre stolzen Burgen überzogen das Land. Auf einem hohen Felsen am wilden Oberrhein hinter Thusis lag die große Bärenburg, und im Dörflein Donath [Donat] thronte die Burg Fardün. Die Herren dieser Burgen trieben es gar bunt. Der Herr auf der Bärenburg zwang die Leute, aus dem Schweinetrog zu essen, und der auf Fardün ließ allemal, wenn das Korn zu reifen begann, seine Pferde darin weiden. Aber das Maß dieses Tyrannen war voll. Eines Tages im Jahre 1424 ritt der Junker von Fardün ins Tal hinab. Auf dem Wege fiel ihm die schöne, reinlich gehaltene Hütte des Bauern Johann Chaldar in die Augen. Er haßte diesen freien Sohn der Berge besonders, weil er ihm einst zwei Pferde, die er in seine Saat hatte treiben lassen, erstach. Und obwohl er ihn damals jahrelang in seinem Burgverlies hatte hungern und frieren lassen, haßte er ihn immer noch, denn er sah wohl, daß der freie Sinn des armen Hirten noch nicht gebrochen war. Doch er wollte ihn noch zähmen. Er gedachte daher, ihn zu reizen und ihn dann, wenn er ihm ungebührlich komme, wieder in den dunklen Schloßkerker werfen zu lassen, aus dem er nie mehr lebend hervorgehen sollte. So bog er denn plötzlich vom Wege ab und ritt auf die Hütte zu. Dort stieg er ab, trieb sein Roß lachend in die eben wieder grünende Saat und trat dann in die Hütte des Landmannes. Dieser saß gerade mit Frau und Kindern um den Tisch, auf dem ein großes Holzgefäß voll Brei dampfte. Als sie das Tischgebet gesprochen hatten, erschien der Junker von Fardün in der Stube. Der Bauer Chaldar erhob sich und lud ihn ehrerbietig ein, am Tische Platz zu nehmen und mitzuhalten, wenn ihm ihre ärmliche Speise nicht zu gering sei. Da wurde der Junker brandrot vor Zorn und lärmte: "Wie, du hältst mich für so niedrig, daß ich Mus fressen sollte? Friß du's nur selber, ich will dir's würzen!" Und damit spuckte er ihm in den Brei. Johann Chaldar erbleichte. Bebend am ganzen Leib stand er einen Augenblick da. Dann packte er den Junker, schleppte ihn zum Tisch und drückte ihm den Kopf tief in den heißen Brei hinein. "Friß, friß", schrie er auf, "du kommst mir nicht vom Fleck, bis das Mus aufgefressen ist, das du so wohlgewürzt hast!" Und wohl oder übel, der Junker mußte den Brei, so heiß er war, aufessen, denn der Bauer ließ ihn nicht los. Als er die gezwungene Mahlzeit getan hatte, rannte er wutschnaubend nach seinem Pferd, um die Knechte in seiner Burg zu holen. Doch Johann Chaldar lief ihm nach und erschlug ihn. Dann rief er das Volk zum Aufstande auf, und bald wurde die Burg Fardün eingenommen und zerstört. Und rings im Lande erhoben sich die freien Rätier und brachen allüberall die Burgen, wo Zwingherren wohnten. Der letzte Zwingherr zu Hohen Realt aber setzte sich, als ihm das Volk die Burg stürmte, auf sein Pferd, kämpfte lange tapfer um sein Leben, und als er jeden Weg zur Flucht versperrt sah, gab er seinem Roß verzweifelt die Sporen und stürzte sich vom Burggemäuer in die Rheinschlucht hinunter. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Johann der Bär

Source: Johann der Bär

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Eines Tages brach ein grosser ruppiger Bär ins Dorf, raubte eine Frau samt ihrem Kindlein an der Brust und schleppte sie in seine Höhle. Er hatte nicht die Absicht, sie zu fressen, er knurrte nicht, legte sich zu ihren Füssen und gebärdete sich wie ein zahmes, anhängliches Tier. Die arme Frau suchte zu entfliehen, vermochte aber den Block nicht wegzuwälzen, den der Bär, so wie er auf Beute ausging, vor den Eingang rollte. Als das Büblein zwei Jahre alt war und sah, wie seine Mutter sich bemühte, den Klotz auf die Seite zu schieben, half er ihr mit seinen Ärmchen, denn die Kraft des Bären war auf ihn übergegangen. «Noch ein Jahr musst du wachsen, lieber Johann», sagte die Mutter, «und dann bist du stark genug.» Drei Jahre alt geworden, fühlte Johann eine unbändige Kraft in seinen Gliedern, die Stunde der Befreiung nahte. Sie sandte den Bären mit einem Körbchen in den Wald und befahl ihm, Wasser zu holen. Da ihm das Kunststück nicht gelingen wollte, blieb er sehr lange aus, und unterdessen schob Johann der Bär, wie er nachmals genannt wurde, den Block auf die Seite und floh mit seiner Mutter nach Hause. Zum Jüngling emporgewachsen, gefiel es ihm nicht mehr daheim. Zu sehr war er vom rauhen Höhlen- und Waldleben erfüllt. Er nahm Abschied von der Mutter und zog in den Wald, um den grossen Bären aufzusuchen und zu töten. Kaum eine halbe Tagereise unterwegs, traf er einen Riesen, der Waldbäume an der Dolde fasste und ausriss, rein nur zum Vergnügen. Hochmütig betrachtete er das Werk der Vernichtung und lud Johann ein, zu zeigen, was er zu leisten vermöge. Gelassen umschlang Johann mit der Linken eine Tanne, mit der Rechten eine Buche und rupfte sie wie Halme aus dem Erdreich. «Schliessen wir Freundschaft», sagte er zum Riesen, «du bist ein Kumpan, der mir passt. Ich bin nämlich im Begriff, den grossen Waldbären aufzustöbern und zu erlegen, und das ist kein Spass.» Der andere lachte, dass der Forst erzitterte und die Tannzapfen hageldicht auf ihre Schöpfe plumpsten. «Einverstanden, wir zwei vereinigt, nehmen es mit der ganzen Welt auf.» Selbander wanderten sie den Wald hinaus. Giebeltürme, Kuppeln tauchten auf, ein Vorhügel, auf dem ein Mann eine Schicht dreizentneriger Mühlsteine aufgetischt hatte und sich ergötzte, die Sandsteintrommeln über die Dächer der Stadt zu schleudern. «Rutsch mir den Buckel hinunter, Malefizfratz», rief er protzig, «das macht mir keiner nach, oder will es einer von euch Sprenzeln versuchen?» Ohne ein Wort zu verlieren, packte Johann einen Stein und warf ihn, einem flachen Kiesel gleich, über die Stadt, dass er in den Wolken verschwand. Alsdann den zweiten und den dritten, und der letzte flitzte durch die Luft, fast wie die Kugel aus dem Lauf und entschwirrte den Blicken, bevor sie ihn wahrnehmen konnten. Er lud den Steinwerfer ein, ihnen Gesellschaft zu leisten, und der neue Kamerad sagte: «Rutsch mir den Buckel hinunter, Malefizfratz, auf euch hab ich gewartet» und ergriff den knorrigen Wanderstecken. Die Meilensteine schwanden, und sie gerieten wieder in den Wald. In einer Blösse stand ein breitschermiges Haus mit einem Kartoffelacker auf der Morgen- und einem Ziergarten auf der Mittagsseite. «Wie für uns gebaut», rief der Riese und schmetterte die Tür auf. «Heda, Wein und Speisen auf den Tisch! Mir rumpelt und plumpert es im Magen. Niemand zu Hause, und doch ist für drei gedeckt, man könnte glauben, sie hätten auf uns gewartet.» Sie liessen sich die Speisen munden, und da ihnen das unbewohnte Haus gefiel, richteten sie sich ein; der eine kochte, die andern pirschten das Wild. Zuerst kam der Riese an den Herd, und als Johann und der Mühlsteinwerfer hungrig von der Jagd heimkehrten, hockte er blass und verstört am Feuer, und der Tisch war ungedeckt. «Was ist das für eine Wirtschaft, wir haben nichts zu essen und du rührst dich nicht!» «Wer morgen Küchenchef ist, wird es erfahren, was hier vor, geht», erwiderte er puckt und senkte den Kopf auf die Knie. Am nächsten Tag blieb der Mühlsteinwerfer zurück, die beiden andern zogen auf die Hasenjagd. Als sie ihre Beute in die Küche trugen, war kein Essen bereit, der Koch hockte auf der Herdplatte und starrte vor sich hin. «Zum Teufel», schrie Johann der Bär, «was soll jetzt das wieder, so red doch, red, und verteidige dich, wenn du kannst!» «Rutsch mir den Buckel hinunter und wart bis morgen, das Foppen wird dir vergehen.» Am dritten Tag blieb Johann zu Hause, litzte die Ärmel zurück, sägte Holz und traf die Vorbereitungen zu einem währschaften Mahl. Seine Kameraden sollten sich nicht beklagen. Er stellte die Pfanne übers Feuer, röstete das Mehl, hackte Zwiebeln und goss das Wasser hinein. Als die Suppe sprudelte, rührte er mit der Kelle, trat zuweilen unter die Tür und horchte auf die Schritte seiner Gefährten. Es ist noch früh, noch lange nicht Mittag. Ich rüste den Spiess und brate den Hasen. Da knackte der Boden unter seinen Sohlen, eine Platte des dicken Steinbelages wölbte sich, und es flammte ein strohgelber Kopf mit feuerrotem Bart. Zwei lange Arme stemmten auf und zogen den Körper nach, es wollte kein Ende nehmen. Der ungeschlachte Lümmel berührte die Decke, wackelte mit den Ohren, klappte den Rachen auf und zu und gurgelte wie aus einer Sodbrunnenröhre: «Man wird sich - ruru - wohl ein bisschen am Feuer - ruru - wärmen können.» Bei jedem Ruru quatschte es, .wie wenn eine Kuh den Hinterfuss aus dem Schlammboden zieht. «Ich kann dir nicht dawider sein», entgegnete Johann seelenruhig und kreiste die Kelle in der brodelnden Pfanne. «Du hast ja das Salz vergessen - ruru -, du Stümper von einem Koch!» Grinsend warf das Ungetüm eine Prise Holzasche in die Suppe. «Probier es noch einmal, du Gauch, und ich dreh dir die Ohrenflügel ab.» Das Ungeheuer klappte die Zahnlade auf und blies den Dampf wie ein Müllerross aus den Nüstern. «Ich muss dir die Suppe pfeffern - ruru - du blöder Küchengrudel», und bauz, schmiss er die zweite Prise in die Pfanne. - «und dir den Wildkrautgarten wässern», knirschte Johann und platschte ihm die heisse Brühe über den Schädel, ergriff den Bart des Unflates und zerrte ihn hin und her, bis er in seinen Händen blieb, worauf das Ungetüm verschwand. Johann schürte das Feuer, holte aus dem Garten Zwiebel und Grünzeug und goss frisches Wasser in die Pfanne. Die Kameraden kehrten heim, der Tisch war gedeckt, die Schüssel dampfend in der Mitte. «Unbegreiflich, wie du die Mahlzeit fertiggebracht hast», wunderten sie. «Hat dich denn niemand gestört, ist der Rote nicht gekommen?» Lächelnd öffnete Johann den Schrein, zeigte ihnen den grausigen Haarwust und kehrte wie mit einem Besen die Diele damit. «Habt ihr schon solchen Flachs gesehen? Pfui, wie ruppig und struppig!» «Jawohl kennen wir das Zeug, das ist ja der Bart des Unverschämten, der uns die Suppe versalzen hat. Wie ist es dir denn gegangen? Wo ist das Ungeheuer hingekommen? Du bist ja so munter, als ob nichts geschehen wäre.» Die Suppe schöpfend, erzählte Johann sein Abenteuer. «Das war ein lustiger Strauss», beschloss er, «und wir dürfen nicht auf halbem Wege stehen bleiben. Wir müssen dem Störenfried an die Gurgel, er soll Blut schwitzen, sonst ist er morgen wieder in der Küche und würzt uns das Mahl.» «Jawohl, dem Lümmel gerben wir das Leder und legen ihm das Handwerk.» Sie leerten eine Kanne auf gutes Gelingen und hoben die Platte, unter der es finster gähnte, banden dem Riesen ein Seil um die Brust und wanden ihn durchs Kamin hinab. Das Seil erreichte den Grund nicht, was nun? Ein zweites war nicht aufzutreiben. «Bah», sagte Johann, kühner gestimmt als die Gefährten, «lasst mich hinunter, ich halte einen Plumps schon aus.» Behutsam liessen sie ihn in den Schlund hinabgleiten und gaben ihm das Seil mit auf die Fahrt. Der Schacht war tiefer, als er glaubte, der Sturz von solcher Heftigkeit, dass ihm das Knie zerbrach. Er verbiss den Schmerz, wartete, bis die Augen sich der Dunkelheit angepasst hatten und sah sich um. Er befand sich in einer Küche, auf der Ofenbank schnarchte ein spindeldürres Weib, das er wachschüttelte. «Schaff eine Salbe her, die meine Knochen kittet, alte Runkelrübe, sonst wehe dir!» «Nur nicht so unhöflich», gackerte sie, brachte ein Salbentöpfchen und rieb ihm das Knie ein, das auf der Stelle wieder heil und gesund war. «Wo ist der Unhold, dem ich den Bart abgekauft habe?» «Hähä, ich weiss nichts von einem Unhold, weiss nichts.» «Auf der Stelle zeigst du mir die Kammer, sonst» - er ballte die Faust und schwang sie drohend über ihrem Krähennest. «Gleich, gleich, bitte, die erste Türe rechts. Er hält sein Mittagsschläfchen, und ich rate dir, ihn nicht zu reizen. Er ist kitzlig und zermalmt dich zu Staub und Mehl.» Verächtlich stiess Johann das Weib auf die Seite, gab der Tür einen Fusstritt, ergriff einen scharfgeschliffenen Säbel, der an der Wand baumelte und ging auf seinen Feind los, der von dem Lager fuhr, blinzelte, die Kinnlade auf und zu schnappte und nicht wusste, wie ihm geschah. Ehe er ein Glied rühren konnte, blitzte der Säbel und spaltete das Haupt bis auf den Halswirbel. Leichenfahl stand die Alte auf dem Söller und schlotterte wie dürres Laub im Wind. «Jetzt heraus mit der Geldkatze, hässliche Morchel, sonst kommst du an die Reihel» «Ah, äh, ich weiss nichts von Geld und Gut. Der rote Teufel hat nie etwas von seinen Schätzen gesagt. Drei Gäxnasen sind da drinnen in meiner Hut, das ist alles, rein alles, und ich bitte um Gnade, grosser Herr.» «Öffne den armen Dingern die Pforte, Runzelhexe ! Wo sind sie? Riegel auf!» Umständlich grübelte sie einen grossen Schlüssel unter der Schürze hervor, und es sprangen drei Mädchen aus der Kammer und warfen sich vor Johann nieder. «Erbarmen, schone unser Leben, erlöse uns von diesem Scheusal!» Während Johann die Jüngferchen tröstete und mit der sanftesten Stimme von seinen ehrlichen Absichten unterhielt, waren die Kameraden in der obern Küche nicht müssig geblieben. Nach langem Suchen hatten sie unter dem Dach ein Seil gefunden, das bis auf den Grund des Schachtes baumelte. Johann knüpfte es einem der Mädchen um den Leib und gab das Zeichen. Überrascht von der zappeligen Beute, die sie ans Licht hoben, rückten sie einen Stuhl ans Feuer und luden das Mädchen zum Sitzen ein. Sie gafften und staunten ob der Schönheit, ein jeder begehrte sie zur Frau, und da sie sich nicht einigen konnten, fielen sie übereinander her und katzbalgten sich. Da erscholl das Kommando, die zweite heraufzuwinden, was sie unverweilt besorgten. «Rutsch mir den Buckel hinunter, die ist noch schöner als die erste, ich überlass dir die andere.» «Blas mir, Mühlsteinwerfer, die zweite taugt für meine Grösse», und der Riese bugsierte den Kameraden unsanft in die Ecke. Abermals ertönte der Ruf aus dem Schacht, und siehe, die dritte der Jungfrauen war der Gipfel der Schönheit. Allein nun galt es, Johann den Bären ans Licht zu fördern. Ist er oben, so jagt er ihnen die Schönste ab, das war klar. Bleibt er im Stollen, so haben sie seine Gegnerschaft nicht zu befürchten. Ein verschmitztes Galgenlächeln im Gesicht, rollten sie das Seil aus. Johann aber erriet die spitzbübischen Gedanken seiner Kameraden. Er kannte ihre unverwüstliche Begehrlichkeit und hatte diese Art von Freundschaft satt bis zum Halszäpfchen hinauf. Er band den Strick um den Schüttstein und gab das Zeichen. In der Meinung, der Kamerad hange am Seil, liessen sie den Strang in halber Höhe fahren, der Stein fiel in die Tiefe und zerbarst in tausend Stücke. O diese Schurken! «He, Alte, ich will auch in die Küche hinauf», rief er, «mach, was du willst, aber hinauf muss ich.» Ohne Ausflüchte holte sie einen gesprenkelten Riesenvogel, der seine Fänge ausbreitete. Hopp sass er auf, hopp war er oben in der Küche. Die drei Mädchen sassen am Feuerherd und umringten ihren Retter, dankend, stammelnd, jubelnd. Er spazierte mit ihnen im Garten herum, und unversehens stürzten die Gefährten wie wilde Tiere auf ihn los, und es entspann sich eine grimme Rauferei, aus der Johann siegreich hervorging. Seite an Seite zappelten der Riese und der Mühlsteinwerfer auf dem Rücken, er kniete ihnen auf die Brust und bumste ihnen die Köpfe zusammen, dass es dröhnte wie von Kupferschlägen. Ob dem schauerlichen Echo im Walde richteten die Unterlegenen sich auf die Füsse und suchten das Weite. Das schönste der drei Mädchen erkor Johann zu seiner Frau, die andern zwei blieben bei ihm als Dienerinnen, bebauten den Garten und die Felder und waren ihm treu ergeben. Von den Raufbolden hat er nie mehr etwas gehört.   Quelle: Johannes Jegerlehner: Walliser Sagen, Hans Feuz Verlag Bern, 1959   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Johannely fy

Source: Johannely fy

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In der Taverna stand in alter Zeit, also noch reger Saumverkehr auf der alten Römerstrasse herrschte, ein stattliches Wirtshaus. Heute erblickt der Wanderer dort nur mehr zerfallenes Gemäuer. In diesem Gasthaus wirtete eine Frau mit Namen Johanna. Weil sie den Reisenden gerne verfälschten Wein ausschenkte, musste sie nach ihrem Tode büssen und zur Strafe in den "Kalten Wassern" ihre Schuld sühnen. In der Nacht hörten Wanderer rufen: «Ich heissu Johannely fy Bi zer Tafernu Wirti gsy Hä Wasser ussggä fer Wy Müoss jetz in de Chalte Wassru sy!» RIED-BRIG Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Johannes Ambort und der fahrende Schüler

Source: Johannes Ambort und der fahrende Schüler

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Die Familie Ambort stammte laut den Kirchenbüchern zu Wassen, wo ein Johannes Ambort 1635 heiratete, aus dem Wallis. Später liess sich ein Johannes Ambort in Amsteg nieder und handelte mit Kristallen; er ehelichte 1674 eine Katharina Jauch und nach ihrem Tode eine Eva Dittli 1685, erwarb um 1697 das Landrecht in Uri und starb 1722. Er ist Stifter eines grossen Jahrzeits zu Silenen und Amsteg. Seine Tochter Maria Barbara ehelichte 1715 den Altarbauer Johann Jost Ritz aus Wallis, sein Sohn Johann Franz Anton, geb. 1692, war Schulmeister in Silenen, und mit ihm verschwindet nach 1734 das Geschlecht Ambort aus Silenen. So die trockene Geschichte. Die Sage weiss viel mehr zu plaudern. a) Johannes am Port1, auch Portner genannt, ein armes Geissbäuerlein, wohnte im Sommer und Winter weit hinten im Etzlital bei den »Porthüslenen«2. An einem nebligen Herbstabend klopfte ein fremdes Mandli an seine einsame Hütte und bat um Obdach. Johannes wollte es nicht aufnehmen und nahm seine Zuflucht zu allerlei unstichhaltigen Ausreden. Er sei gewiss ein grosser Herr, meinte er, und für einen solchen möchte seine elende Hütte zu schlecht sein; er sei selber ein armer Schlucker; die Hütte sei eng, und noch anderes brachte er vor. Nachdem der Fremde versichert, er werde ganz gewiss keine Ansprüche machen und mit der geringsten Kost und dem einfachsten »G'liger« zufrieden sein, liess sich der Geissbauer bewegen, ihn zu beherbergen. Am nächsten Morgen ersuchte ihn der Fremde, ihn bis auf die Passhöhe zu begleiten, da er des Weges zu wenig kundig sei; er habe zwar kein Geld, aber er werde sich doch erkenntlich zeigen und ihm einen Gegendienst erweisen. Ambort gab ihm das Geleite, und auf der Passhöhe, beim Kreuz, zeigte der fahrende Schüler mit seiner Hand auf eine weisse Platte oder Fluh mitten am Kreuzlistock grad unter der höchsten Erhebung und sagte zu seinem Führer: »Sehet dort den weissen Fleck! Dort suchet, und ihr werdet einen grossen Schatz finden, der euch reich genug macht. Wenn ich dann wieder komme, sollt ihr ehrlich mit mir teilen.« Ambort versprach das hoch und heilig, und der fahrende Schüler zog weiter. Das hocherfreute Bäuerlein ging bald daran, die angewiesene Stelle aufzusuchen; es fand eine Höhle, die ihm eine ungeheure Anzahl der schönsten und grössten Kristalle bot und auch edle Metalle und einen Karfunkel von unermesslichem Werte. (Nach anderer Erzählart Kristalle im Werte von 30,000 Gulden.) Man sieht heute noch etwas Gemäuer und Überreste von seiner Hütte, die es sich am Fundort erbaute, und das Tröglein, worin es die Kristalle wusch. Er wurde ein steinreicher Mann und stiftete in den Gotteshäusern zu Silenen und Amsteg grosse Jahrzeiten für sich und seine Frau Eva Dittli. Er soll in Amsteg das Gasthaus zum Hirschen, sowie eine Bleue und eine Beinstampfe im Schachli betrieben, nach andern im sogenannten »roten Haus« zu Amsteg, damals Wirtshaus, gewohnt haben. Eines Tages begegnete der fahrende Schüler ganz unerwartet dem reichen Johannes Ambort und fragte, was er gefunden. »O, äs mag-si nid ärträgä,« versetzte dieser. »So, so!« sagte jener, »nun gut, eine Zeit lang werdet ihr, du und deine Frau, reich sein; aber zuletzt wirst du wieder arm werden, und die Läuse und Flöhe werden dich auffressen!« Und so kam es. Johannes Ambort hatte kein Glück mehr; sein Reichtum verschwand, wie er gekommen, nach dem Sprichwort: »Liächtli g'wunnä, Liächtli zerrunnä.« In seinen alten Tagen war er wieder ein armer Mann und hätte das Geld, das er für seine grossartige Jahrzeitstiftung ausgelegt, gerne wieder zurückgenommen. Der fahrende Schüler aber äusserte sich einem Urner gegenüber: »Ich wüsste noch einen Schatz, aber den möchte ich keinem Hund mehr zeigen.« b) Johannes Ambort ging auf Strahlen (Kristalle) aus. Da begegnete ihm in Amsteg ein fremdes Mandli mit einem Habersack auf dem Rücken, redete ihn an und fragte nach seinem Vorhaben. Johannes erzählte ihm von seiner Armut. Nun sagte der Unbekannte: »Gehet an den Kreuzlistock, dort werdet ihr eine weisschimmernde Steinplatte finden; grabet nach!« etc. c) Ein anderer Erzähler sagte zu mir: »Jä, nu, heig das Mandli gseit, Hed-er nyt iberchu, Sä sell-er zu nytt chu! Äs syg i der Neechi nu ä greeßärä Schatz, aber, der tiäg-er-em nimmä zeigä. Aber är wärdi nu einisch gfundä wärdä, heig-er nu g'seit. Wenn ich jinger wär, sä giängt-i doch nu einisch ga süechä. Weder ich gah am Änd glych nu und nihmä-n-ä Jingärä mit-mer.« d) »Das isch hiä ummänand än allgimeini Sag,« versichert ein Gewährsmann aus dem Etzlital. Der Schatz ist schon oft gesucht worden. Er wäre unter einer Steinplatte zu finden. Friedr. Epp; Jos. M. Epp; Fidel Gisler u.a.m. Fußnoten 1 So wird mundartlich der Name meistens gesprochen. 2 Diese Angabe von einem einzigen Erzähler will jedenfalls den Geschlechtsnamen Ambort erklären. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Johannes ohne Furcht

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In einem Dorf war ein Haus zu vermieten. Mehr als hundert Personen hatten schon darin gewohnt. Sie konnten es aber nur einen Tag, einen Abend und eine Nacht darin aushalten, und am nächsten Morgen gaben sie dem Besitzer wieder die Hausschlüssel zurück, weil sie um keinen Preis mehr dort bleiben wollten. Solange es heller Tag war, ging alles ganz gut. Sobald es jedoch an der Dorfkirche Ave Maria geläutet hatte und es dunkel wurde, geschah ein seltsamer Geisterspuk nach dem andern, und besonders in den oberen Stockwerken hörte man ein unheimliches und unerträgliches Gepolter. Dies dauerte die ganze Nacht bis zum Ave-Maria-Läuten am andern Morgen. Einstmals wollte ein Schuhmacher jenes Haus zur Miete nehmen. Der Besitzer betrachtete es jedoch als seine Pflicht, ihn ausdrücklich darauf aufmerksam zu machen, dass alle, die bisher darin gewohnt hatten, nur einen Tag und eine Nacht dort bleiben konnten, wegen der höchst sonderbaren Dinge, die im Hause vor sich gingen. Der Schuhmacher aber hatte keinerlei Angst und erklärte feierlich, er heisse «Johannes ohne Furcht». Nachdem sie miteinander über den Mietpreis des Hauses einig geworden waren, brachte der Schuhmacher seine paar armseligen Möbelstücke und all die Werkzeuge, die er zu seinem bescheidenen Beruf brauchte, in das Haus und wohnte dort ganz allein. Den Tag über arbeitete er emsig an seinem Schustertischlein und sang fröhlich dazu, ohne im Geringsten auf irgendeine Art gestört zu werden. Als es dann dunkel wurde, hängte er den kleinen Kochtopf an die Kette über das Kaminfeuer und fachte ein lustig knisterndes Feuer an, um sich eine gute Reissuppe mit Kohl und Bohnen zuzubereiten. Hernach setzte er sich wieder an seine schlichte Arbeit. Jetzt begann es draussen auf dem Kirchturm im Dorf Ave Maria zu läuten. Es war Feierabend. Da auf einmal hörte er in den oberen Stockwerken des Hauses einen Höllenspektakel, und durch den Rauchfang des Kamins ertönten die Worte: «Ich werfe, ich werfe!» Der Schuster hatte durchaus keine Angst, dass er sich dem heiligen Crispinus, dem Beschützer und Patron der ehrbaren Schuhmacher hätte empfehlen müssen, sondern als wirklicher Johannes ohne Furcht rief er mit starker, fester Stimme: «Lass mich in Ruhe! Doch wenn du Lust hast, wirf immerzu, nur wirf mir nichts in meine Suppe!» Und dann hämmerte er fröhlich weiter, und während er das harte Leder klopfte, sang er unbekümmert seine Lieder. Da auf einmal fiel mit grossem Gepolter das Skelett eines menschlichen Armes auf den Herd herunter. Aber der Schuster, als wäre nichts geschehen, schmiss mit seinen Händen, die vom Pech und der Stiefelwichse ganz schwarz waren, die Gebeine ins Feuer unter den Kochtopf und fuhr ganz ruhig weiter zu klopfen und zu singen. «Ich werfe, ich werfe!», donnerte von neuem die schauerliche Grabesstimme vom schwarzen Rauchfang des Kamines herab. «Wirf, was du willst», erwiderte Johannes ohne Furcht, «nur gib mir Acht, dass du mir meine Suppe nicht verdirbst!» Jetzt fiel aus der Höhe das Gerippe des andern Armes herunter, dann die langen Knochen der Beine, ferner der Rumpf und zuletzt ein schneeweisser Totenschädel mit zwei schrecklichen leeren Augenhöhlen und einer regelmässigen Reihe von Zähnen. Dabei grinste der offene Mund ihn unheimlich an. Johannes ohne Furcht warf ohne viel Federlesens alle diese Totengebeine unter den Kochtopf, der laut hörbar sprudelte. Dann setzte er sich wieder frohgemut an sein Tischlein und klopfte und sang weiter. Mit einem Mal hörte Johannes auf der Holztreppe im Gang draussen einen ganz leichten Schritt, etwa wie wenn eine Henne herunterhüpfte, und die Kammertür sprang knirschend sperrangelweit auf. Johann ohne Furcht erhob unerschrocken seine Augen und sah sich vor einem Mann von riesiger Gestalt, tadellos in Weiss gekleidet, mit einer grossen weissen Mütze auf dem Kopf und einem Paar weissen Schuhen an den Füssen. Die zwei Männer musterten sich gegenseitig mit den Augen von unten bis oben. «Was willst du?» sprach Johann leichten Tones. «Zünde eine Kerze an und folge mir», befahl die weisse Gestalt mit gebieterischer Stimme, «nimm auch jenen grossen Schlüssel dort an der Wand!» «Nimm ihn selbst», erwiderte Johannes. «Folge mir!» Johannes ohne Furcht schritt hinter dem Gespenst her und gelangte an die Kellertür. «Mach auf!» «öffne du selber!» Sie traten ein. Eine feuchte, kalte Luft schlug Johannes entgegen. «Nimm dort jenen Pickel und grabe hier an dieser Stelle!» «Grab du nur selber!» Die weisse Gestalt fing an zu graben und zu graben. Als sie etwa einen Meter tief gegraben hatte, stiess der Pickel auf etwas Hartes, das wie Eisen tönte. Man hatte eine eiserne Kiste entdeckt. «Komm, nimm sie heraus!» «Wenn du sie hingebracht hast, hol sie auch selbst heraus», gab Johannes zur Antwort. Jetzt bückte sich die Geistererscheinung und hob die Kiste ohne Mühe heraus. «Mach sie auf!» «Hast du sie zugeschlossen, so mach sie selber wieder auf!» Das Gespenst öffnete die Kiste mit Leichtigkeit. Ei der Tausend! Sie war dick vollgepfropft mit prächtig schimmernden Goldstücken. «Nimm diese Goldmünzen und zähle sie!» «Nimm sie nur selber und zähle du!» Die unheimliche Gestalt hob mit grosser Geduld und in verhältnismässig kurzer Zeit die schönen Goldstücke heraus und machte daraus fünf Häuflein oder besser gesagt fünf gleiche Teile. Dann kehrte sie sich gegen Johann ohne Furcht und sprach zu ihm: «Von diesen Teilen gehört einer dir, ein anderer soll dazu dienen, Messen für mich lesen zu lassen zum Heil meiner Seele; der dritte soll meinem Sohn sein als Eigentümer dieses Hauses, und die übrigen zwei Teile sollen meinen Mündelkindern übergeben werden.» Da sprach Johannes ohne Furcht zu der Gestalt: «Wer bist du denn? Und wozu alle diese Befehle?» «Ich war der Besitzer dieses Hauses und starb vor nunmehr dreizehn Jahren. Ich wurde in das Fegefeuer verwiesen, weil ich während meines Lebens, als ich Vormund zweier Pflegekinder war, ihnen ihr Erbe raubte und es für mich behielt. Das ist eines meiner Geheimnisse, das ich nur einzig dir anvertraue, denn alle andern Bewohner dieses Hauses flohen vor Entsetzen, als sie mich sahen, und ich konnte ihnen keine geheimen Dinge mitteilen. Meine Seele muss im Fegefeuer bleiben, bis ich alles zurückgegeben, was ich andern gestohlen habe. Morgen früh übergibst du den rechtmässigen Eigentümern das Geld, so wie ich es dir erklärt habe.» Und nachdem er das gesagt hatte, war das Schreckbild verschwunden. Darauf stieg Johannes aus dem Keller wieder in die Küche hinauf und ass dort in aller Ruhe seine Suppe, die mittlerweile eingekocht, aber immer noch lauwarm war. Dann trank er zwei Gläser guten Weines zu seiner Stärkung, legte sich hierauf zu Bett und schlief so friedlich wie zwei Frankenstücke. Am andern Tag sass er schon wieder in der Morgenfrühe an der Arbeit und hub an, aus allen Leibeskräften zu singen. Da kam der Herr des Hauses zu ihm und fragte ihn lächelnd: «Nun, Johann, wie ist es dir ergangen diese Nacht?» —«Sehr gut», gab Johann ohne Furcht zur Antwort. Und er fing an, ihm von Anfang bis zu Ende alles zu erzählen, was sich zugetragen hatte. Darauf verteilte er mit peinlicher Genauigkeit das Gold, so wie es ihm der Geist, der ihm erschienen war, befohlen hatte. Dann stellte er sein Schustertischlein samt den Messern, den Ahlen und dem Hammer beiseite und lebte fortan wie ein reicher Herr. Doch vergass er deswegen keineswegs seine Fröhlichkeit und seinen Gesang. Seit dieser Zeit lässt sich in jenem Hause auch keinerlei Lärm noch Geisterspuk mehr vernehmen, und die neuen Bewohner wohnen daselbst unbehelligt und in Frieden.   Am Kaminfeuer der Tessiner                                                               Walter Keller                                                                                           Hans Feuz Verlag Bern   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Johannisziger

Source: Johannisziger

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Zu anderer Zeit herrschten auf der Alp Allgäu in der Gegend des Hohgant verderbende Seuchen unter dem Alpvieh. Kein Mittel half, bis endlich eine wohltätige Spende an die Armen dem Übel ein Ende machte. Dazu hatte ein weiser Mann geraten. Zum Andenken sammeln alljährlich am Sonntage nach Johannis auf dem Kirchhofe von Unterseen alle Armen der Gegend mit kleinen Gefässen und sobald abends die Vesperglocke schallt, erscheinen die Weiber und Töchter der Begüterten mit grossen hölzernen Geschirren, in welchen ein Käs und ein Zigerrumpf zerstückelt eingebrockt sind. Beides wird verschenkt und die Gabe gilt für das Erzeugnis der Alp Allgäu am St. Johannistag, von welchem das Geschenk der Johannisziger benannt wird. Quelle: Theodor Vernaleken, Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch


by Jörg von Praden

Source: Jörg von Praden

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Vom starken Jörg von Praden kennt man den Geschlechtsnamen nicht. Zum Kirchenbau seines Dörfchens oder seiner Heimatgemeinde Praden im Schanviggertale trug er ganz alleine auf seinen Schultern den erforderliehen Sand aus bedeutender Ferne bergauf. Er füllte jedesmal einen Mal­tersack mit diesem schweren Baumateriale. Eines Tages wurde Jörg vor den strengen Magistrat der löblichen Stadt Cur zitirt, damit er wegen unbefugtem Holzen sich verantworte. Auf dem Gange nach der Stadt Cur riss er eine kleine Tanne aus, und benutzte die als Spazierstock. Vor dem Rathause in Cur angelangt, stellte er seine Tanne etwas barsch an die Mauer, so dass die Tannzapfen durch das offene Fenster auf den Tisch flogen, an welchem die hoch- und wohlweisen Häupter des Rates mit ihren bepuderten Perücken sassen. - Dann trat er in den Gerichtssaal, und fragte: »Was wollt Ihr?« »Nichts«, antwortete der Herr Bürgermeister, »geht nur wieder heim, Jörg.« Ein andermal kam ein Türke nach Cur, der durch seine Riesenkraft einen europäischen Ruf erlangt hatte. Der forderte prahlerisch den stärksten Bündner auf, mit ihm einen »Hosen-Lupf« zu machen. Jörg von Praden, der zufällig in der Stadt war, trat mutig auf den Kampfplatz, und schleuderte den Gegner dergestalt zu Boden, dass Derselbe lange Zeit nicht mehr aufstand. Für diese Rettung der Bündner-Ehre erlaubten die Curer ihm, bei einem Mehlhändler unentgeltlich so viel Mehl zu nehmen, als er heimtragen möge. Jörg liess sich nur zwei Maltersäcke mit Mehl füllen, schnürte die Säcke zusammen, und band die Last auf den Rücken. So beladen stieg er ganz gemütlich bergan, nach seinem 11/2 Stunden entfernten Bergdörflein. - Unterwegs bückte er sich zuweilen noch, um am Wege sich bietende Erdbeeren zu pflücken. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Jungbrunnen

Source: Jungbrunnen

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Als solcher wird jenes Quecksilberbrünneli am Pilatus gehalten werden müssen, von dem ein Schmid Dub von Luzern der Regierung Proben vorgelegt haben soll. Weil man ihm nicht den gewünschten Entdeckungspreis bezahlen wollte, habe er die Quelle nicht gezeigt und sei mit dem Geheimnis gestorben.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Jungfernacker bei Olten

Source: Jungfernacker bei Olten

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Bei dem solothurnischen Städtchen Olten, an der Aargauer Kantonsgrenze, giebt es einen sogenannten Jungfernacker, der seinen Namen also bekommen hat. Es war eben Markttag und zu dem Tanze, der an jedem Jahrmarkte abgehalten wird, wollte ein Bursche sein Mädchen abholen. Dieses aber war eben noch mit dem Kornschneiden beschäftigt und der Tänzer merkte kopfschüttelnd, dass sie noch lange nicht fertig sein werde. Da verfluchte sich die Schnitterin, sie wolle lieber in die Erde versinken, als bis ein Uhr nicht mit dem letzten Halm zu Ende kommen. Noch standen zwei bis drei Handvoll Aehren übrig, da schlug's in Olten ein Uhr, und das Mädchen wurde von der Erde verschlungen. Das Loch, wo dies geschah, kann niemals ausgefüllt werden. (A. Birrcher in Laufenburg.) Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 138 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Junker Prahlhans

Source: Junker Prahlhans

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Ein König hatte einen jungen Edelknecht, den man Junker Prahlhans nannte, weil er immer viel versprach und wenig hielt. Es lebte aber auch am Hofe des Königs ein Spassmacher, und dieser wollte den Prahlhans bessern. Das ging aber auf folgende Weise: Eines Tages hätte der König gerne gebratene Vögel gegessen und sprach zum Junger: »Hans geh hinaus in den Wald und schieße mir zehn Vögel für meinen Tisch.« Der Junger aber sprach: »Nicht nur zehn, sondern hundert Vögel will ich dir schiessen.« »Gut«, sprach der König; »wenn du ein so guter Schütze bist, so bringst du mir hundert; sollst für jeden einen Taler haben.« Der alte Spassmacher hörte das und ging dem Junger voraus in den Wald, wo die meisten Vögel waren, und rief sie und sprach: "Ihr Vöglein, flieget alle fort! Hans Grossmaul kommt an diesen Ort, Möcht' hundert Vögel schiessen." Als Junker Hans in den Wald kam, da konnte er keinen Vogel erschauen; denn sie hatten sich alle in ihren Nestern versteckt. Und als er mit leeren Taschen zurück zum König kam, wurde er hundert Tage lang ins Gefängnis gesperrt, weil er sein Wort nicht gehalten hatte. Wie er wieder frei war, sagte eines Tages der König: »Ich möchte heute wohl fünf Fische auf dem Tisch haben.« Da gedachte Junger Hans an seine hundert Tage Gefängnis und tat seinem Munde ein wenig Zaum an: »Ich will dir fünfzig Fische fangen statt fünfen«, sagte er zum König. Sprach der König: »Wenn du ein so guter Fischer bist, so fange mir fünfzig; sollst für jeden einen Dukaten haben.« Da ging der Spassmacher hinaus an den See, rief die Fische und sprach: "Ihr Fischlein, schwimmet alle fort! Hans Grossmaul kommt an diesen Ort, Möcht' fünfzig Fische fangen." Und als der Junker an den See kam, da konnte er kein Fischlein fangen. Sie waren alle ans andere Ufer hinüber geschwommen. Und da er mit leeren Taschen heimkam, liess ihn der König fünfzig Tage lang einsperren, weil er sein Wort nicht gehalten hatte. Und da die fünfzig Tage um waren, sprach der König: »Ich möchte wohl einen Hasen für meinen Tisch haben.« Junker Hans gedachte seines Gefängnisses und sagte: »Herr, ich will dir wenigstens zehn Hasen bringen.« Sprach der König: »Wenn du ein so guter Jäger bist, so jage mir zehn; sollst für jeden eine Dublone haben.« Da ging der Spassmacher hinaus in den Wald, rief die Hasen und sprach: "Ihr Häslein, springet alle fort! Hans Grossmaul kommt an diesen Ort, Möcht' zehn Hasen jagen." Und als der Junker kam, konnte er den ganzen Tag keinen Hasen jagen. Der König aber liess ihn wieder zehn Tage lang einsperren, weil er sein Wort nicht gehalten hatte. Und wie er wieder frei war, sprach der König: »Ich möchte wohl einen Hirsch für meinen Tisch haben.« Der Junker gedachte seines Leidens, das seine Prahlerei ihm schon verursacht hatte und sagte bescheiden: »Ich will hingehen und schauen, ob ich einen Hirsch erlegen kann.« Und als er hinging, konnte er wirklich einen solchen schiessen und brachte ihn mit Freuden dem König. Der lachte und sprach: »Schau, wenn man nichts Unmögliches verspricht, so ist das Worthalten leicht.« Und der Spassmacher lachte ins Fäustchen, denn der Junker war von jetzt an bescheiden.   Quelle: Sutermeister, Otto: Kinder- und Hausmärchen aus der Schweiz, Aarau:1869 Zürich. (I. Staub: Kinderbüchlein 6. Heft.)          Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Jüürliwätter

Source: Jüürliwätter

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Es Zwäärgli, es guferals Mandelli, hed an enem armem Man e Chöö gwintred. Nummen äis hed ds Zwäärgli itinged ghäben, bim Uürliwätter chenni äs den nid hirten, da meessi är de fälber zööha. Döö ischd vun äim Tag uf en andren d'Bisen inhaghiid, u chalt Näbla sii zen alle-l-Licken inhaghanged. Dem armem Man hed das uschnitzig Wätter nid gfallen. Är ischd zwäg, fir zem Chööli z'löögen und sälber z'hirten. Aber döö ischd ds Zwäärgli chun und hed im gsäid, är hätti chennen dehäimmem bliiben. „D'Bisen, das ischd nid ds Üürliwätter, das ischd ds Jüürli- wätter. Ds Üürliwätter, das isch dr Feen; där nimmd de Cheene d'Milch us em Üüter und iis ds Marg us em Bäinen." Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Kaibenrain zwischen Oberflachs und Schinznach

Source: Kaibenrain zwischen Oberflachs und Schinznach

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Ein Mann aus Schinznach war bei des Wildiküfers Tochter in Oberflachs zur Kilt gewesen (vgl. No. 327) und sah im Heimgehen einen schwarzen Mann, der um die blanke Mitternacht noch die Wiese zu wässern schien. Gleich trat unser Kiltgänger diesem ungewöhnlich „G'schaffigen" beherzt entgegen und wusste ihn bis zu jener Stelle zwischen Oberflachs und Schinznach hinzutreiben, die man den Kaibenrain nennt. Hier war der Wässermann plötzlich verschwunden, der Verfolger aber bekam zu gleicher Zeit drei so derbe Ohrfeigen, dass er umfiel. Als er wieder zu sich kam und fort wollte, fand sich's, dass er auf der einen Seite völlig gelähmt war. Dies geschah an dem Platze, welchen man Kaibenrain oder Rossberg heisst; eine Wieseneinsenkung, in der Nähe ist die Rössligrube. Die Pferdeknochen, welche man hier früherhin gefunden, sollen davon herrühren, dass ein altes Volk alle seine Rosse zusammen an dieser Stelle erschlagen und verlocht habe. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2 Aarau 1856, Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Kaiser Karl der Große und die Schlange

Source: Kaiser Karl der Große und die Schlange

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Der hochberühmte Kaiser Karl, der Mehrer des Deutschen Reichs und der gewaltige Feind des Heidentums, kam auch oft über den Rhein in die schweizerischen Vorlande, besonders nach dem weitbekannten Kloster St. Gallen geritten. Oft hatte er da mit den Klosterschülern seine Kurzweil. Im Kloster lebte damals ein Mönch namens Tanko, der sehr geschickt war. Er soll der erste Glockengießer des Deutschen Reiches gewesen sein. Ihn beauftragte nun Kaiser Karl, er möchte für das Kloster eine Glocke gießen. Als nun der geschickte Meister die Glocke fertig hatte, ließ er sie unter dem Dach neben der Kirche aufhängen. Da kam bald danach der Kaiser wieder in den Thurgau. Und als er nun eines Tages in die hochgelegene, schöne Stadt St. Gallen einritt, begrüßte ihn von der Klosterkirche her das Läuten der ersten Glocke. Da freute sich der Kaiser sehr, denn die Glocke klang wie eine Orgel. In seiner Freude schenkte er dem Meister Tanko einen ganzen Zentner Silber, damit er eine Glocke von noch feinerem Klang gieße. Aber obwohl nun der Mönch gar geschickt war, so war er doch nicht so gottesfürchtig wie seine Mitbrüder. Er behielt das Silber für sich und nahm nur Zinn und Kupfer für den Glockenguß. Als er nun die neue Glocke im Kloster neben der Kirche aufhängen ließ, fiel der schwere Klöppel herab und erschlug den frevelhaften Meister auf der Stelle. Nun will ich aber ein Stücklein von der Gerechtigkeitsliebe Kaiser Karls erzählen. Nämlich Kaiser Karl kam auch auf seinen Umzügen durch sein weites Reich in den Zürichgau und nach Zürich. Da hielt er in dem Haus zum Loch neben dem Großmünster, von dem heute noch sein Steinbild auf die Stadt herabschaut, Hof und sprach Recht. Denn er hatte auf der Stelle, wo die Märtyrer Felix und Regula hingerichtet worden waren, eine Säule aufrichten lassen. An dieser hing ein Glöcklein, das jedermann ziehen durfte, der sich zu beklagen hatte, wenn der Kaiser bei Tische saß. Eines Tages nun, als Kaiser Karl wieder frohgemut im Hause zum Loch Tafel hielt, hörte er das Klageglöcklein läuten. Er schickte einen Kriegsknecht hin, nachzuschauen, wer von ihm einen Rechtsspruch begehre. Aber der Kriegsknecht kam mit der Meldung zurück, daß niemand an der Säule beim Glöcklein zu sehen sei. Da ertönte das Glöcklein wieder und wieder. Jetzt ward es dem hohen Herrn unheimlich. Er befahl dem Kriegsknecht, sich in Hinterhalt zu legen und genau acht zu geben, was denn bei der Säule los sei. Der tat also, und da erblickte er zu seiner Verwunderung eine Schlange, die sich um das Glockenseil wand und es also läutete. Er meldete es sogleich seinem Herrn. Jetzt erhob sich Kaiser Karl und machte sich mit mächtigen Schritten zu der Glockensäule. Da fand er die Schlange. Diese aber verneigte sich tief vor ihm und raschelte dann vor ihm her. Der Kaiser folgte ihr, und so führte sie ihn zum Ausfluß des Sees, wo sie im Schilf der Limmat ihr Nest hatte. Verwundert sah der Kaiser darin auf den Eiern der Schlange eine gewaltige Kröte kauern. Da befahl er, die scheußliche Kröte wegzunehmen, und da sie fremdes Eigentum und Leben hatte rauben wollen, verurteilte er sie zum Feuertode. Einige Zeit nach diesem Rechtsspruch saß Kaiser Karl wieder im Hause zum Loch am Tische. Da ging auf einmal die Türe wie von selbst auf. Der Kaiser und seine Gäste erschraken und dachten an Zauberei. Aber jetzt kroch die Schlange über die Schwelle. Sie kroch zum Kaiser heran, wand sich am Tischbein herauf auf den Tisch, stieß den Deckel am goldenen Becher des Kaisers auf und ließ darein einen funkelnden Edelstein fallen, also daß man's im Saale wie ein feines Läuten hörte. Dann verschwand sie und wurde nie mehr gesehen. Karl aber, der dafür hielt, daß der Himmel seinen Sinn besonders habe prüfen wollen, ließ über der Stelle, wo er der Schlange Nest gefunden, eine Kirche bauen, die das Volk die Wasserkirche nannte. Sie steht noch heute. Den Edelstein aber schenkte er seiner Gemahlin, die ihn zeitlebens in einer goldenen Kapsel auf dem Herzen trug. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Kaiser Karl der Grosse, die Schlange und der Edelstein

Source: Kaiser Karl der Grosse, die Schlange und der Edelstein

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Kaiser Karl und die Schlange Zur Zeit, da Kaiser Karl das Grossmünster baute, wohnte er oft und lange in Zürich. Er hielt sich in seinem Hause, gleich neben dem Grossmünster auf, das den Namen hatte „zum Loch“, und das er sich selbst errichtet hatte. Damit reich und arm zu ihrem Rechte kommen sollten . . .‚ liess er eine Säule aufrichten und ein Glöcklein daran hängen, an dem Ort, wo die Stadtheiligen enthauptet worden waren. Er liess jedermann verkünden, wer Recht begehre, der könne, wenn der Kaiser beim Mittagsmahl sitze, dieses Glöcklein läuten, und er wolle ihn anhören. Als darnach einige Zeit verstrichen war und der Kaiser zu Tische sass, hörte er läuten. Er schickte sofort einen Diener, um nachzuschauen, wer des Rechtes beqehre, aber er fand niemanden. Kaum war er vom Platze weg, so läutete man wieder. Dies geschah zum dritten Male. Da befahl der Kaiser, dass man beobachte, wer das täte. Da kam ein grosser Wurm, hängte sich ans Glockenseil und läutete. Dies verkündete man dem Kaiser. Der stand vom Essen auf und sagte, man solle einem unvemünftigen Geschöpfe ebenso das Recht lassen wie den Menschen. Und als der Kaiser an den Ort kam, da verneigte sich der Wurm und kroch voraus gegen eine Reuse im Wasser, wohin er seine Eier gelegt hatte. Es hatte sich aber darüber eine grosse Kröte gesetzt. Als der Kaiser und all sein Hofgesinde sahen, dass der Wurm Rechts begehrte gegen die giftige Kröte, sass er zu Gericht und urteilte, dass sie verbrannt werden solle. Einige Tage, nachdem das Urteil vollstreckt worden war, als der Kaiser wieder am Tische sass, erschien der Wurm am Hofe. Das ward dem Kaiser kundgetan, und er befahl, ihn einzulassen und ihn nicht zu hindern in seinem Vorhaben. Die Schlange kroch zum Kaiser hin, verneigte sich vor ihm, wand sich auf den Tisch, stiess den Deckel von seinem Trinkgeschirr und liess einen edlen Stein hineinfallen. Dann kehrte sie sich um, verneigte sich vor dem Kaiser und ging von dannen. Dieses grosse Wunder, und auch, dass die seligen Heiligen auf dieser Hofstatt . . . gemartert worden waren, bewegte den Kaiser, zu ewigem Gedächtnis . . ein Gotteshaus dahin zu bauen. Dieses wurde die Wasserkirche genannt, deswegen, weil meistenzeits das Wasser darum ?iesst. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Nach Brennwald I, 88, ins Neuhochdeutsche übertragen, sonst unverändert   Karl der Grosse und der Edelstein Den Edelstein behielt der Kaiser und hielt ihn für ein gar köstliches Kleinod. Er schenkte ihn aus Liebe seiner Gemahlin. Der Stein barg eine wunderbare Kraft: Seitdem die Kaiserin ihn trug, mochte sie Karl nicht mehr verlassen, sie musste immer bei und um ihn sein. Nun . . .  ward die Kaiserin krank. Sie hatte aber des Steines Kraft erkannt und fürchtete, wenn eine andere Frau ihn erhielte, würde der Kaiser jene liebgewinnen und sie vergessen. In ihrem letzten Augenblick nahm sie den Stein unter ihre Zunge und verschied. Sie wurde alsobald nach kaiserlichen Sitten einbalsamiert und begraben. Aber der Kaiser, der nicht ohne sie leben konnte . . . liess sie wieder ausgraben und führte sie tot 18 Jahre mit sich, wohin er sich begab. Am Hofe lebte ein Ritter, der dachte, dass dies von des Steines Kraft käme; er untersuchte die Tote und fand den Stein unter ihrer Zunge. Sobald dies geschehen war, liess der Kaiser sie begraben und dachte nicht mehr an sie, sondern nur noch an den Ritter, der den Stein besass. Was dieser Ritter auch begehrte, stets willfahrtete ihm der Kaiser. Das währte einige Zeit, und man fing an, von dem Kaiser und dem Ritter Übles zu erzählen. Da nahm der Ritter diesen Stein, und als er einst mit dem Kaiser von Köln wegritt, warf er das Kleinod beim warmen Brunnen in den Sumpf, damit es niemandem mehr gehören solle. Selbigen Augenblicks verliess der Kaiser den Ritter und gewann so grosse Liebe zu dem Ort, dass er die Stadt Aachen darin baute. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Nach Brennwald I, 90, ins Neuhochdeutsche übertragen, sonst unverändert.     Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Kaiser Karl und die Schlange

Source: Kaiser Karl und die Schlange

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Einst kam Kaiser Karl der Große, der fränkische Beherrscher des Abendlandes, im Frühsommer an den Rhein. Wie er nun fernher das Schneegebirge schimmern sah, gelüstete es ihn, diesem weißen Wunder etwas näher zu rücken, um es mit Muße betrachten zu können. Er setzte also über den rauschenden Strom und ritt mit seinem einfachen Gefolge durch den fruchtbaren Zürichgau hinauf. Immer mehr und mehr zeigten sich die Berge, immer höher hoben sie ihre weißpelzigen Schultern aus dem unabsehbaren Tannenwildnissen der Voralpen. Aber als Kaiser Karl der klingenden und singenden Limmat entlang endlich in seine gute Stadt Zürich kam und von ihrem Strande aus den knisterndblauen See und die ganze Anmut der Gegend sah, beschloss er, nicht mehr weiter zu reiten. Er konnte nun die noch ganz weißen Berge so gut sehen, als ob sie oben am See in weißen Mänteln einen Frühlingsumgang hielten. Er ließ daher absatteln, und seine getreuen Zürcher, die sich seines Besuches gar hoch freuten, richteten für ihn das Haus zum Loch, das heute noch neben dem Großmünster steht, gar wohnlich ein. Und da er sich nun einmal in seinen Grenzlanden gegen das Welschland aufhielt, so gedachte er, auch gleich daselbst eine Zeitlang Hof und Gericht zu halten, guten Willen und Recht zu schützen und Mutwillen und Unrecht nach bestem Vermögen abzustellen. Deshalb ließ er, um seine Absicht allen so recht offenbar zu machen, an der Stelle, auf der einst die Blutzeugen Felix und Regula waren hingerichtet worden, eine Säule aufrichten. An diese Säule aber musste man ein Glöcklein hängen, das ein jegliches Geschöpf, welches sich zu Recht meinte gegen irgendwen beschweren zu dürfen, läuten sollte. Einst, als nun Kaiser Karl frohgemut mit einigen seiner Helden im Hause zum Loch zu Tische saß und auf ein wohlbekömmliches Mahl aus seinem goldenen Becher auch noch ein aufheiterndes Tränklein tat, war ihm, er höre die kleine Glocke läuten, die er ob dem Richtplatz der Stadtheiligen an eine Säule hatte hängen lassen. Also befahl er einem seiner Getreuen, hinzugehen und nachzuschauen, wer da wohl das Glöcklein ziehe. Bald kam der Kriegsmann zurück und berichtete, dass er bei der Säule niemanden gefunden habe, im Gegenteil habe sich das Klageglöcklein so unschuldig gestellt, als könnte es keinen Ton von sich geben. Er hatte noch nicht zu Ende geredet, so ließ sich das Glöcklein wieder hören, und dasmal recht deutlich. Nun schaute sich der Kaiser bedeutungsvoll im Kreise seiner Helden um. Er begann erregt seinen mächtigen Bart zu streichen, und alsdann gebot er dem Kriegsmann, er möge seine Augen besser auftun und sich irgendwo bei der Säule verstecken und wohl in acht nehmen, wer mit dem Glöcklein der Gerechtigkeit solch hinterrücksigen Mutwillen zu treiben wage. So begab sich des deutschen Kaisers Mann wieder weg. In der Nähe der Säule legte er sich auf die Lauer. Aber kaum befand er sich in seinem Hinterhalt, so sah er zu seiner Verwunderung eine große Schlange vom See her durch die Gasse rascheln. Wie erstaunte er aber erst, als er gewahren musste, wie die Schlange sich an des Kaisers Säule heranmachte, sich behend an ihr hinaufschlängelte, sich ums Glockenseil wand und also das Glöcklein zu läuten begann, als wäre sie Siegrist in der Glockenstube des über ihr stehenden Karlsturms und müsste wetterläuten. So geschwind als tunlich machte sich der Kriegsmann zu seinem Herrn zurück und verkündigte ihm die wunderliche Mär von der läutenden Schlange. Da ging ein Gelächter um des Kaisers Tisch, dass die Wände Echo gaben; einzig Kaiser Karl lachte nicht. Einen Augenblick sah er sich mit ernsten Augen im Kreise um, und nun fing er seinen Rauschebart wieder zu streicheln an, bis es mäusleinläubleinstill im Saale wurde. Dann erhob er sich rasch und schritt, gefolgt von seinen Leuten und von einem Schweif neugierigen Volkes, zur Säule, die er als Hort der Gerechtigkeit aufgestellt hatte. Und siehe, die Schlange hing immer noch am Glockenriemen und läutete in einemfort. Wie sie jedoch den hohen Herrn zu Gesicht bekam, ließ sie sich schleunigst an Seil und Säule herab und ringelte sich vor des Herrschers Füßen. Hier richtete sie sich hochauf und verneigte sich gar tief. Dann raschelte sie davon und der Kaiser schritt ihr, klirrenden Schrittes und hochgespannt, was da wohl werden möchte, mit all seinem bunten Gefolge nach. Aber als die Schlange an den See kam, da wo er seinen Ausfluss hat, hielt sie an, und jetzt erblickte der Kaiser im Schilf der Limmat ein großes Nest, in dem auf den Eiern eine hässliche aufgeschwollene Kröte hockte, die ihn giftig ansah. Am Gebaren der Schlange an aber merkte er, dass es ihr Nest sei, auf dem die ungeheuerliche Kröte sich so breit vertat. Sogleich ließ er die eklige, heftig geifernde Kröte wegnehmen, und alsdann verurteilte er sie, als eine Räuberin an Leben und Eigentum, zum Feuertode. Hierauf kehrte er ruhigen Ganges, doch nachdenklich, in seine Hofstatt zurück, und das Volk frohlockte, dass Gott dem Reich einen so gerechten Herrn gegeben hatte. Nicht lange nachher war es. Da saß Kaiser Karl der Große wieder einmal zu Tisch und hielt in ehrbarer Fröhlichkeit sein Mittagsmahl. Und draußen auf dem sommerlich warmen Pflaster, unter den Wendelsteinen des Großmünsters, standen die Kinder der Stadt und staunten zu ihm und seinen Herren hinauf, um zu sehen, wie sie becherten und sich vergnügten. Ab und zu fiel ihnen wohl auch durch die offenen  Fenster eine Leckerei auf die Kappen, um die sie sich dann wacker herumbalgten, was den zuschauenden Kriegsleuten viel Spaß machte. aber wie nun die Helden gar wohlauf beisammen saßen und tafelten, ging auf einmal, schier unhörbar, die Türe auf. Und da gleichwohl niemand eintrat, noch sich sonstwie jemand an der Türe sehen ließ, erschraken alle in der Tafelrunde. Es ward ihnen unheimlich und sie dachten an Hexerei. Wie sie aber noch auf die Türe hinstarrten, raschelte es, und auf einmal kroch eine große Schlange über die Schwelle. Unwillkürlich legten die Kriegsleute die Hand ans Schwert. Doch die Schlange wellte sich geradewegs zur Tafel, und ehe man sich’s versah, wand sie sich am Tischbein, an dem der Kaiser saß, hinauf auf den Tisch, stieß den funkelnden Deckel von seinem goldenen Becher und ließ etwas dareinfallen, worauf es wie ein weltfernes elfenstimmiges Läuten im Saal umging. Und im Hui war die Schlange auch schon wieder verschwunden. Geräuschlos, von keines Menschen Hand berührt, schloss sich die schwere Türe wieder. Als nun der überraschte und seltsam bewegte Kaiser in seinen Becher hineinschaute, in dem immer noch ein wunderbares Singen und Klingen war, fand er darin einen Edelstein, schöner als der Morgenstern im Frührot des werdenden Tages. Nun erkannte er, dass Gott, der ihn über so vieles gesetzt hatte, seinen Sinn prüfen wollte, und in diesem Gedanken ließ er später an der Stelle, wo er das Nest der Schlange gesehen hatte, eine schöne Kirche erbauen, Sie steht heute noch, heißt die Wasserkirche. In ihre Fenster schauen schon mehr als ein Jahrtausend die fernen Schneeberge, nach denen einst Kaiser Karl so heitern, weil gerechten Herzens, Ausschau hielt. Den Edelstein aber, den er in seinem goldenen Becher gefunden, schenkte er darnach seiner hohen Frau. Diese ließ ihn in eine goldene Kapsel fassen und trug ihn zeitlebens auf ihrem Herzen. Meinrad Lienert, Zürcher Sagen. Der Jugend erzählt, Zürich 1918. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Kaiser Karl und die Schlange zu Zürich

Source: Kaiser Karl und die Schlange zu Zürich

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„Als hiervor gemeldet ist, wie daß Karolus Magnus das Gestift zu der Probstj gebaut hat, derselben Zeit war er (Kaiser Karl) nun viel mit Wesen zu Zürich, und nämlich enthielt er sich in dem Haus gleich neben dem großen Münster, das zu dem Loch genennt und dieser Zeit ein Kornherrenhof ist, das er sich selbst gebauen hat. Und damit Reich und Arm zu Recht möchten kommen und niemand sein Zugang gewehrt wurde, so ließ er eine Säule aufrichten und ein Glöggli daran henken an dem Ort, da die lieben Heiligen St. Felix und St. Regula enthauptet waren, und ließ verkünden: Wer Recht begehrte, daß er zu dieser Zeit, so der Kaiser esse, dies Glöggli lüte, so wollt er den anhören. Und als dies etliche Zeit gewesen war, und der Kaiser zu Tisch saß, so hört er lütten, schickt angehens seinen Diener dahin, zu besehen, wer Rechtes begehrte. Da finden sie niemand. Und sobald sie da von dannen gingen, so läutet man abermals, das geschah zu dem dickeren Mahl. Da hieß der Kaiser, daß man wartete, wer das täte. Also kam ein großer Wurm (Schlange), hanget an das Gloggenseil und läutete. Das verkündeten sie dem Kaiser, der stand auf von dem Essen, und sagte, man solle dem unvernünftigen Geschöpft durch Eher ihres Schöpfers gleiches Recht gelten lassen, als den Menschen. Und als der Kaiser an den Ort kam, da verneigte sich der Wurm und kroch gegen dem Wasser in ein Rüschi, da er seine Eier gelegt, darüber sich eine große Krott (Kröte) gesetzt hat. Und als das der Kaiser und all sei Hofgesinde sahen, da saß er zu Gericht und bekannt, daß die Krott sollte verbrennt werden. Und nachdem dies geschah, über etliche Tage, so der Kaiser zu Tisch sass, so kommt der Wurm zum Hof. Das ward Ihm (dem Kaiser) kund getan. Also hieß er, daß man sie ließe hineinkommen und sie niemand am Kommen hinderte. Damit kroch die Schlange vor den Kaiser, verneigte sich, und kroch demnach auf den Tisch, stieß den Deckel von seinem Trinkgeschir auf und ließ einen edlen Stein hinein fallen, kehrt sich um, verneigte sich vor dem Kaiser und ging von dannen. Dies große Wunder, und dass die seligen Heiligen St. Felix und Regula auf dieser Hofstaat um Christi Glauben willen gemartert waren, bewegt den Kaiser, zu ewiger Gedächtnis. Gott zu Lob und Eher ein Gotteshaus dahin zu bauen, wird dieser Zeit die Wasserkirche genannt, aus der Ursache, daß der Merteyl Zeiten das Wasser darum fließt. Es ist auch in der Gruft unter dem Altar der Brunnen, bei dem die lieben Heiligen gewohnt und gefangen wurden, den nennt man deshalb den heiligen Brunnen."   (Zürich. Neujahrs-Bl.: Von der Stadtbibliothek 1842.) Aufzeichnungen, welche der Zürcher Scheuchzer nach Brennwalds Handschrift über diese Erzählung machte.  Geschrieben: Der Zürcher-Chronist Heinrich Brennwald, Sohn des Bürgermeisters Felix Brennwald, geb. 1478, gest. 1551, letzter Probst des Chorherrenstiftes in Embrach, in seiner Handschrift!. Chronik, Bl. 23 Quelle: E. L. Rochholz, Naturmythen. Neue Schweizer Sagen, Leipzig  1862. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch    


by Kampf der Ochsen

Source: Kampf der Ochsen

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In der Alpe von Luvis kam täglich während dem Käsen ein Mann mit einer Axt unter dem Arme in die Sennhütte, und stand längere Zeit da, ohne ein Wort zu reden; dann ging er wieder weiter. Den Knechten kam das kurios vor, aber Keiner wollte ihn anreden. Der Senn allein wagte dies, als der Fremde am folgenden Tage richtig wieder kam; und der Unbekannte gab auf die Frage, warum er alle Tage zu ihnen komme, aber nie ein Wort rede, die Antwort: »Ich bin ein un­glücklicher Mann, Ihr aber könnt von meinem Elende mich erlösen, wenn ihr Mut habet.« Dann fügte er hinzu, es solle einer der Hirten, oder der Senn selber, des Nachts zwischen 11 und 12 hinaus an den See gehen, der in der Nähe der Hütte ist. Es würden dann zwei gewaltig grosse Ochsen, ein roter und ein schwarzer, aus dem See heraufsteigen, und miteinander kämpfen; und zwar werde der Rote dem Schwarzen weichen müssen. - Gelinge es ihm dann, mit dieser Axt dem Schwarzen einen Hieb zu geben, so sei er erlöst; gelinge es ihm aber nicht, so solle er die Axt in den See werfen. Nach dieser Erklärung überreichte der Unbekannte dem Sennen die Axt. Der Senn übernahm die Ausführung, und verfügte zur rechten Stunde sich an den See hin. Er brauchte nicht lange zu warten, so kamen die zwei fürchterlich grossen Ochsen mit entsetzlichem Gebrülle zum Vorscheine, und zwar jagte der Schwarze den Roten aus dem See heraus und auf dem Wiesengrunde umher. So sehr es dem Sennen darum zu tun war, dem Schwarzen einen Hieb zu versetzen, gelang das ihm doch nicht; denn der Schwarze schob durch seine Wendungen den Roten immer dem Sennen zu, dass Dieser, in Le­bensgefahr, durch die beiden kämpfenden und ringenden Ochsen nieder­gestossen zu werden, den Plan zur Rettung der Seele des Mannes, für wel­chen er das Wagestück bestand, aufgab, und die Axt in den See warf, worauf die streitenden Ochsen mit grässlichem Gebrülle in die Wellen sich stürzten. - Seither soll zu gewissen Zeiten dieser See durch unsichtbare Macht stark werden,  und  hohe  Wellen  werfen;  und  das  Gebrülle  der,  selbst  unter dem Wasserspiegel streitenden Ochsen zu vernehmen sein. Der fremde Mann aber erschien nie wieder in der Alphütte. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Kampf mit Geistern

Source: Kampf mit Geistern

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Ein lustiger Bursche, den ich gut gekannt habe, der sozusagen immer vor sich her pfiff und johlte, wanderte eines Nachts am Rynächt dahin. Wie er zum Gässli gelangte, das dem Bälmli gegenüber zur Allmend führt, erblickte er »Einen«, der am Dornenhag kauerte. Und är gleitig d'r Lumpä uber dä Chopf appä und uff der los und gryft'm d'Wadä. Aber im nämlichen Augenblick packt ihn auch der Unbekannte, und beide ringen miteinder und zerren sich, bis am Morgen beim ersten Klang der Betglocke der Unbekannte plötzlich nicht mehr zu sehen ist. Den Burschen trafen Leute ohnmächtig auf der Strasse liegen. Fr. Zgraggen-Scheiber, 76 J. alt, Schattdorf Drei übermütige Seelisberger Burschen kehrten eines Abends jauchzend und johlend auf der alten Gasse von Emmetten her, wo sie z'Stubeten gegangen, heim. Auf einmal sahen sie »Einen« hinter dem Hag stehen, der ihnen seine Rechte zum Häägglä entgegenstreckte. Nach einigem Zögern nahmen sie die Herausforderung an. Aber keiner von allen wurde dem Unbekannten Meister; alle zerbrachen den Mittelfinger und mussten ihn später abnehmen lassen. Fr. Truttmann-Truttmann, Seelisberg, 35 J. alt. Wenn allemal ein gewisser Schächentaler Ratsherr abends aus der Ratssitzung heimkehrte, stellte sich ihm beim Wyliger-mättäli ein Gespenst in den Weg und belästigte ihn. Er klagte solches endlich einem Geistlichen, und der gab ihm ein gesegnetes Schwert und die Weisung, das nächste Mal mit dieser Waffe einen Kreis in der Wiese um sich zu beschreiben, darin zu stehen und den Geist damit anzugreifen und sich zu wehren. Aber es gehe auf Leben und Tod! Nachgeben, unterliegen, den Kreis verlassen dürfe er unter keinen Umständen. D'r Ratsherr häig das äso g'macht, und wyl er mit dem Geist 'kämpft häig, häig der immer gwysset und gwysset und syg z'letscht ganz im Wyssä da gstandä, häig'm 'tanket und'm wellä d'Hand gä. Aber d'r Ratsherr häig'm wohlwysli äs Schindäli anägha. Und d'rnah syg der Geist verschwundä. Der isch da erleest wordä. Alois Müller, 58 J. alt, Bürglen Ungeheuer und Gespenst sind nicht das nämliche; aber den Unterschied kann ich euch nicht sagen; nur das weiss ich, dass die Gespenster mehr Gewalt haben, dem Menschen zu schaden, bösartiger und schwieriger zu erlösen sind als die Ungeheuer. Aber das Ungeheuer, das in der Hostet am vordern Mühlebach hauste, war auch recht boshaft, sonst hätte es nicht Gewalt gehabt, dem Rütti-Peter, der daselbst wohnte, nachts das Kind, das er neben sich im Bette hatte, von seiner Seite wegzunehmen und auf die Diele hinauszustellen oder in die Stube hinaus zu tragen. Und das hatte es schon öfters getan. Endlich wurde aber der Peter böse. Weil es allemal aus der Kammer über eine Stiege neben dem Bett in das Stübli herabkam, ging er eines Abends und vermachte die Türe, welche die Stiege abschloss. Nachts hörte er es über die Kammerdiele hinübergehen. Jetzt dachte er: »Ja, ja, heute abend wollen wir sehen, wer da Meister ist, ich oder du!« und machte sich gefasst. Kaum gedacht, hatte es ihm das Kind schon weggenommen und in die Stubendiele hinausgestellt. Das machte ihn noch böser. Eiligst stand er auf und lief in die Stube hinaus. Und dert isch äs Mansch gsy, und är isch a' das Mänsch hi und het mid-em afah schwingä und het mid-em g'schwungä, bis'r vom Verstand chu isch. Wo-n-är wider zum Verstand chu isch, isch är angähnds uf'm Bett gsässä und het d'r Chopf i dä Händä gha, und ds Chind isch im Bett glägä. Sitdem häig-er Rüew gha und ds Chind oü. Theresia Gisler, 73 J. alt, Spiringen Der alte Spittler von Erstfeld – es soll bei 100 Jahren seither sein – kam eines Abends von Altdorf her aus dem Rat. Am Rynächt kam auf einmal ein grosser Mann mit mächtigem Bart, ein Licht in der Hand, aus den Grotzen geschritten, grad auf den Spittler zu, und zwang diesen zu einem Schwinget. Der konnte sich dessen nicht erwehren und schwang mit dem Geiste – ein solcher war es – lange, lange. Aber er wurde Sieger. Auf einmal ging der Tote weg. In Schweiss gebadet, totmüde, ganz vom Schauder ergriffen, kam der Spittler zu Hause an, zog Tschopen und Hut ab, hängte sie an einen Nagel und sagte: »So, das leggi-n-i nimmä-n-a'!« ging ins Bett und war in drei Tagen eine Leiche. Das hed-em doch chennä d'r Tod a'tüe! – Jä, das sell ä Grundwahrheit sy! Josef Zieri, 70 J. alt. Mein Vater erzählte, er sei einmal von einer Stubeten heimzu marschiert. Da sei ihm ein Geist, ein Gespenst, begegnet. Das häig-ä-n-a'packt und häig mid'm gschwungä bis gäg'm Morged anä. Bis uff d'Chnyw häigs-ä 'bracht, aber wytters nitt. Zletscht häigs nu zwee Stei gnu und häig-s' zwisched dä Händä zerribä zu Mähl und häig gsäit, wenn er nit d'Nacht-büebähosä-n-a'hätt, sä täts-ä zerrybä wië dië Stei. Karl Exer, Silenen  Ein sehr kräftiger, starker Seelisberger Bursche stand eines Abends grad im Begriffe, bei seiner Liebsten vor das Fenster hinaufzusteigen, um dort die Rede zu verkehren und um Einlass zu bitten, als auf einmal ein Unbekannter daherkam, ihn anpackte und einen Hosenlupf probierte. Der Seelisberger musste unterliegen und kam nicht mehr unter seinem ausdauernden Widersacher weg, bis am Morgen zu Seelisberg die Betglocke läutete. Mit deren erstem Ton war der Unbekannte verschwunden. David Imhof Ein Mann von Silenen blagierte eines Abends in einer Wirtschaft zu Erstfeld beim Mostglase mit seiner Kraft und rühmte sich, es möge ihm diesen Abend auf seinem Heimweg entgegentreten, was nur wolle, Geist oder Mensch, er nehme es mit jedem auf. Spät machte er sich auf den Weg. Aber schon am folgenden Vormittag vernahm man zu Erstfeld, er liege daheim halbtot im Bette, mit einem hochangeschwollenen Kopf, so gross wie ein Bienenkorb. Bei der Ellbogenkapelle sei »Einer« auf der Mauer gestanden. Ohne Kopf! sei dann heruntergesprungen und habe mit dem tapfern Silener geschwungen bis zum ersten Klang der Betglocke am Morgen. Zacharias Indergand, Erstfeld 1. Rothüser-Toni, der alte, von Erstfeld, kehrte einst gegen Mitternacht von Schattdorf her nach Hause zurück. Als er beim sogenannten Blutgaden am Rynächt ankam, sah er Einen auf der Mauer kauern; es machte den Eindruck, als halte er den Kopf vornüber auf seinen Armen eingesteckt, und Toni dachte, der wolle ihm aufpassen und ihn angreifen. Dem wollte er aber zuvorkommen; furchtlos trat er an die Mauer und riss den vermeintlichen Nachtbub herunter. Am Boden rang er mit ihm die ganze Nacht hindurch, ohne Meister zu werden, aber auch ohne zu unterliegen. Die beiden brachten einander jeweilen bis auf die Knie, aber auf den Rücken zu werfen vermochte keiner den andern. So kämpften sie miteinder bis zum Betenläuten am Morgen. Am nächsten Tage prahlte Toni bei seinen Freunden, wie er dem Unbekannten zu schaffen gemacht habe, und meinte, wenn noch einer bei ihm gewesen, den hätte er schon wollen! Und richtig, am Sonntag nahm er einen Begleiter mit. Der Unbekannte war wieder am nämlichen Platz, aber der klügere Kamerad betrachtete ihn näher und merkte, dass er keinen Kopf hatte. Da riet er vom Kampfe ab, und die beiden Erstfelder traten still den Heimweg an. »Ich dänkä, der danä wär de nu fir beed g'sy und nu fir mängärä!« Eine angeheiterte Gesellschaft wanderte um Mitternacht von Schattdorf her gegen Erstfeld. Am Rynächt sahen sie einen Mann mit auf der Mauerkrone aufgelegtem Kopf. Einer von ihnen packte ihn und zerrte ihn in die Strasse herunter. Und jetzt rangen die beiden miteinander von 1 Uhr bis am Morgen. Bald warf der Erstfelder den Unbekannten, bald dieser den Erstfelder über die Mauer hinüber, bald lagen sie in der Matte, bald in der Landstrasse. Gerade hatte der Erstfelder den Unbekannten wieder in der Landstrasse und schlug mit seiner Faust auf ihn ein. Da fing es in Attinghausen an Ave zu läuten. Mit dem ersten Klang der Glocke verschwand das Gespenst und sauste des Erstfelders Faust mit aller Wucht auf das Strassenkies. Franz Zurfluh, ein junger, bäumiger Erstfelder Bursche, wurde eines Abends in einer Matte am Rynächt von einem andern Nachtschwärmer angegriffen und zu Boden geworfen. Am Boden rangen sie miteinander die ganze Nacht hindurch, so dass bald der eine bald der andere obenauf war und keiner den andern wirklich besiegte. Aber morgens mit dem ersten Ton der Betglocke war der unbekannte Angreifer plötzlich verschwunden. Franz hatte mehrere Tage einen geschwollenen Kopf, und aus seiner Nase kroch zuletzt »ä Güegä« (Käfer), die man sorgfältig in ein Glas verschloss und dann dem Arzt zeigen wollte. Aber auf unerklärliche, wunderbare Weise verschwand das sonderbare Tierchen aus seinem Gefängnis. – Das hat mir 1913 ein junger Neffe des Franz Zurfluh erzählt. Alois Muheim; Julius Furrer; Franz Aschwanden u.a. Ein Ratsherr Arnold im Schächental kam aus dem Rat und wanderte abends spät gegen die Lehmatt hinauf. Beim hintern Mühlebach vor Urigen packte ihn etwas an und wollte ihn über die Brücke herunter zerren. Bis zum Bach kam es mit ihm, aber hineinstürzen konnte es ihn nicht. Zu Hause erzählte er alles, aber sie wollten es nicht glauben und gingen am Morgen hin, um Nachschau zu halten. Da sahen sie ein Gewühl und Gestampf im Schnee, wie wenn zwei miteinander geschwungen hätten. – Oder: Er schaute selber nach und sah nur sein eigenes Gspor und als ob er einen Wollensack herumgeschlagen hätte. Schriftl. v. HH. Kapl. Truttmann Der junge Bifängler-Hansi von Gurtnellen hirtete in seinem Gut Aarni in Meien und logierte dabei in einem Häuschen der Nachbarschaft. Nach alter guter Bauernsitte kochte er sich jeden Tag einen Milchreis. Das ging so eine Zeitlang; da fing es an, ihm Russ in den Reisbrei zu werfen. Kam er hungrig aus dem Stall oder von der Arbeit und wollte sich an der gesunden, wohlschmeckenden Speise gütlich tun, dann war sie brandschwarz und mit einer hohen Russchicht bedeckt. Da blieb er einmal, nachdem er den Reis im Pfännchen über Feuer getan, in einem anstossenden Gemach, um zu sehen, wer ihm solchen Schabernack spiele. Auf einmal brach in der Küche ein Lärm los wie in einer Mühle. Das ging zu, ripps rapps, man hätte meinen sollen, es wäre Krieg. Hansi liess es gewähren, und als er nachher die Küche betrat, richtig, da war der Milchreis branderdenschwarz. Am folgenden Abend jedoch stürzte er sich, sobald der Lärm wieder losging, in die Küche hinaus und rief herausfordernd: »Mit diër wil-i scho schwingä! Lüegä wil-i, ob-i nitt stercher syg ass dü!« Es war ein Gespenst da, halb sichtbar und halb unsichtbar. Das griff er an, fühlte aber nur dessen Beine, und diese waren rauh wie Tannrinde. Sie rangen miteinander, der Bifängler und das Gespenst, brachten einander auf die Knie, aber nicht weiter. Jenem wurde es nach und nach schwindlig; er fiel um und wurde halb bewusstlos am Morgen angetroffen. Man musste ihm »Heer und Dokter« holen, und viele Wochen lang lag er mit geschwollenem Kopf auf dem Krankenbett. Josefa Walker, Amsteg, u.a. Ein junger, heiratslustiger Seelisberger ging eines Abends gegen Emmetten auf Unterwaldnergebiet z'Stubeten. In dem einsamen Häuschen im Laueli, nahe der Kantons- und Gemeindegrenze, erblickte er Licht, obwohl niemand dort wohnte, und es wunderte ihn, was solches zu bedeuten habe. Er lenkte daher seine Schritte dem alten Hüttlein zu, stieg ans Fenster hinauf, schaute hinein durch die halbblinden, grünen Butzenscheiben und erspähte ein unbekanntes Weibsbild, das am altmodischen Tische sass und die langen, schwarzen Haare wirr über das Angesicht auf die Tischplatte herabhängen liess. »Hüss-Jumpfärä!« rief der Nachtbub nach gemeinem Nachtbubenbrauch. Da erhob das Weibsbild den Kopf, schüttelte die Haare zurück und warf dem Ruhestörer einen gehässigen, giftigen Blick zu. Das gefiel ihm nicht, und darum sprang er rasch hinunter und wollte sich davon machen. Doch wehe! Das Weibsbild ist auch schon da und stellt sich herausfordernd neben den kräftigen, stramm gewachsenen Burschen. Es beginnt mit ihm Achseln zu putschen. Das war früher eine beliebte Kraftprobe unter den Nachtbuben. Einige kräftige Stösse, und der Bursche liegt auf dem Rasen. Doch rasch erhebt er sich und steht aufrecht da, bereit zum Angriff. »Mit diër wil-i 's hinecht scho nu üssmachä, dü eländs Blagg dü!« ruft er. Aber zum zweiten Mal fliegt er zu Boden. Das Weibervolk packt und übertröhlt ihn am Boden, kniet ihm auf die Brust und will ihn erwürgen. Jetzt wird ihm doch angst. Er fängt an, den Englischen Gruss zu beten, inbrünstig, wie vielleicht noch nie in seinem Leben. Da war das Gespenst auf einmal verschwunden. Ob der Seelisberger das Dorfen aufgesteckt, weiss ich nicht. Sicher ist's, dass er geheiratet, und einer seiner Enkel hat mir diese »wahrhaftige« Geschichte erzählt. Ein zweiter Erzähler nannte aber einen andern Helden. Frz. Aschwanden; K. Zgraggen, 82 J. alt. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Kampf mit Wild-Lütli

Source: Kampf mit Wild-Lütli

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Als die Schuderser ihre erste Glocke mit ungeheurer Mühe den steilen Weg von Schiers nach ihrem Berg-Dörflein hinaufschleppten, kamen, wie sie eben den Schrau-Bach überschreiten wollten mit ihrer teuren Last, eine Anzahl Wild-Lütli ihnen entgegen, die ihnen verwehren wollten, mit der Glocke weiter zu ziehen, - denn wie alle Wild-Lütli, hassten auch sie jedes Glocken- oder Schellen-Geläute und harmonisches Getöne. Die Wilden setzten sich gar ernstlich und entschieden in Widerstand und es kam zu einer blutigen Schlägerei, in welcher aber doch die Schuderser Meister gingen (Oberhand behielten) weil Ihrer viel Mehr waren. Den Kürzeren ziehend, kehrten die Wild-Lütli nicht mehr nach Schuders zurück, sondern flüchteten heulend den Bergen zu, einwärts, und schlugen in den bekannten Felshöhlen an der Sulzfluh, und im entlegenen St. Antö­nien-Tale ihre einfachen Behausungen auf. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Kampf und Schutz wider Gespenster

Source: Kampf und Schutz wider Gespenster

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a) Der Joggelisepp von Hinterhohenegg, ein starker kräftiger Mann, ging am Abend vom Hutwiler-Markte heim. Er nahm den Weg über das Firstloch, durch welches ein Bach daher fliesst. Über diesen führt ein Steg. Als der Sepp hinüber wollte, schien auf der andern Seite des Stegs jemand zu begegnen und stille zu stehen. Sepp forderte den Unbekannten auf, hinüber zu schreiten oder ihm auszuweichen. Selbiger kam aber nur bis auf die Mitte des Steges und wich nicht aus. Nun der Sepp: „Wenn du nicht ausweichest, so werfe ich dich in den Bach hinunter." Sie wurden handgemein. Der unbekannte Gegner wurde geworfen und verschwand, nachdem er den weissdornenen Stecken des Hoheneggers angefasst hatte. Wie Sepp weiter gehend vom Stock Gebrauch machen wollte, däuchte ihm, derselbe gewähre keinen rechten Halt mehr und als er ihn daheim beim Licht beschaute, verwunderte er sich, dass der dürre Weissdorn wie eine Wiede gedreht war. Im Firstloch ist es ungeheuer. b) In Hasle, wo der Bach auf die Mühle fliesst, erscheint von Zeit zu Zeit das Biberlitier. Besonders wenn es am andern Wetter macht, dann fängt es an zu murren. Vor 90 Jahren erschien es öfter als jetzt. Einmal spottete dessen ein starker frecher Kerl, der Haselbacher, der mit der Laterne aus der Scheune kam, wo er über Nacht gezündet. Zu seinem Begleiter äusserte er: „Jetzt mache ich mit dem Teufel und dem Biberlitier, und fürchte es nicht.“ Nun erschien scheinbar eine Menschengestalt, zerschlug ihm mit dem Fusse die Laterne. Haselbacher, aufgebracht, fasste sie an und rang mit ihr. Hierbei vergrösserte sich das Biberlitier zu ungeheurer Grösse. Haselbacher merkte, dass er es nicht überwältigen könne und rief die himmlische Hilfe an; so kam er unbeschädigt davon. Der zuschauende Begleiter aber starb in 3 Tagen. c) Ungefähr in der Mitte des Weges von Schüpfheim zum heiligen Kreuz am Seitenberg haust das Hürrligespenst, das dem Wanderer Wasser oder Tannen oder Fluh in den Weg stellt, dass er nicht mehr vorwärts kann. Mancher sah das Hürrli nicht, sondern nur das Hindernis. Um unangefochten durchzukommcn, muss man auf den Schuhsohlen die Nägel in Kreuzform einschlagen oder sonst ein Kreuz darauf machen,   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Kampf und Sieg der Munder 1212

Source: Kampf und Sieg der Munder 1212

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Es war an einem Sonntag und das Mundervolk in der Kirche beim Gottesdienste. Der Geistliche hielt eine auffallend lange Predigt. Besorgt, um die zu Hause allein gelassenen Kinder, verliess eine alte Frau die Kirche. Kaum war sie im Freien, sah sie zu ihrem grossen Schrecken den Feind von den hohen Furen (eine Viertelstunde oberhalb Mund) gegen das Dorf herabsteigen. Ohne Verzug stürzte sie in die Kirche und berichtete, was sie gesehen. Ein ungeheurer Tumult entstand. Der Geistliche, wegen der ungewöhnlich langen Predigt im Verdachte des Einverständnisses mit dem Feinde, wurde von der Kanzel herabgestürzt; man bewaffnete sich mit Mistgabeln, Sensen und Knütteln und stürzte auf die feindlichen Berner in der hohen Furen und drängte sie zurück bis auf die Platzmatten (eine Stunde oberhalb Mund). Hier entspann sich das Gefecht von neuem. Der Feind wurde geschlagen, er floh ins Baltschiedertal und wurde am Orte Rämi gänzlich aufgerieben. Bloss drei Mann blieben übrig. Alle Menschlichkeit vergessend, stachen die Sieger einem die Augen aus mit der höhnischen Bemerkung, er solle jetzt heimgehen und berichten, was er gesehen. Dem zweiten schnitten sie die Zunge aus und bemerkten: «Geh nach Bern und erzähle, was du hier gehört hast.» Dem dritten schnitten sie die Ohren ab, damit er besser höre, was hier gesprochen worden sei und es nach Bern hinterbringe. Die Berner waren anfänglich ihres Sieges so sicher, dass sie gleich ihre Frauen und Kinder mit Spinnrädern und Hausrat mitbrachten, um sich dann im Wallis häuslich niederzulassen. Die Frauen warteten mit ihrer Habe im Baltschiedertal gegenüber dem Rotbach beim "Luegelstein". Der Rotbach, soll, von Menschenblut ganz rot gefärbt, in den Baltschiederbach geflossen sein. «Jetzt kommen sie, die Munderköpfe!» rief eine Berner Frau, als sie den Kopf eines gefallenen Kriegers den Rotbach herunterrollen sah. Zu ihrem grossen Entsetzen erkannte sie aber den Kopf des eigenen Mannes. MUND Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Kampfmutige Frauen

Source: Kampfmutige Frauen

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Die Frauen in Ennetbürgen in Unterwalden gehen in der Kirche zu Buochs vor den Männern zum Opfer, weil sie einer alten Sage zufolge im Jahr 1315 einen eingedrungenen Trupp des österreichischen Heers in der Kropfgasse angegriffen und in die Flucht geschlagen haben.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Kapelle Splee (Mundart)

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Vil Lüt hettend nil emoul der Muet, um Mitternacht zum Spley-Chapili uffi z'guh, won eim an gwütznä Öübetä-n-ä Geiß oder ä schwarzi Chatz am Weg stout. Und uffä Friddhouf dörstend si z'Nacht schu gär nit, und döt ischmä grad am sicherstä; die Toudnä tüand eim nüt mey. Albrecht, Erinnerungen.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 180, S. 85 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Kapelle St. Margarethen

Source: Kapelle St. Margarethen

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Zwischen Mettendorf und Andwil steht die Kapelle St. Margareten. Die Sage meldet, ein Edler von Andwil habe sie erbaut, um eine blutige Tat zu sühnen; er habe nämlich an dieser Stelle seinen Bruder erschlagen, der entweder in Andwil oder auf dem Schloss Oberberg gesessen hatte.                                        Nach Ruggle. (Geschichte der Pfarrgemeinde Gotzau, Gossau, H. Kellenberger, 1878.) Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 497, S. 294 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Kapelle z'en Hochflühen

Source: Kapelle z'en Hochflühen

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In dieser unter einem hohen und drohenden Felsen gelegenen Kapelle, war einst ein Waldbruderhäuschen gebaut, in welchem ein armer Eremit hauste. Einer von diesen erzählte, dass es bei anbrechender Nacht in dieser Kapelle sehr oft spuke. Unter anderem erzählte er folgendes: Als er abends, wo es schon finster geworden, wie gewöhnlich sein Nachtgebet verrichtete, habe am Eisengitter des Chors ein schwarz gekleideter Mann gekniet. Es wird wohl, dachte ich, ein Reisender sein, der dort seine Andacht macht; ich will ihn nicht stören, sondern noch einen Rosenkranz beten; bis der zu Ende ist, wird er sich wohl entfernen, damit ich dann die Kapelle schliessen könne. Als ich aber den auch gebetet, wollte sich der Unbekannte noch nicht bewegen; ich trat jetzt leise etwas näher und wagte ihn anzureden: «Guter Freund, es ist schon spät, ich wollte gern die Kapelle schliessen!» — Keine Antwort — Ich wiederholte meine Ansprache nochmals. — Keine Antwort. — Ich dachte, vielleicht hört er nicht gut, trat näher und berührte ihn ganz hübschlich mit der vorigen Bemerkung: «Es ist jetzt schon spät, ich muss die Kapelle schliessen!» — Da war es, als wenn man vom Gewölbe ein Fischel Erbsen über die Betstühle herabschüttelte. — Mich überfiel ein Schauder, als wenn man ein Fass Wasser über meinen Rücken gegossen hätte. — Ihr könnt denken, dass die Kapelle für diese Nacht ungeschlossen blieb. Derselbe erzählte: Er habe einst so zwischen Tag und Nacht in dieser Kapelle ganz sanft orgeln gehört; in der Meinung, dass etwa junge Leute diese Frechheit sich erlaubten, ging er in die Kapelle, um ihnen eine Ermahnung zu geben. Da fand ich in derselben keinen Menschen; aber auf der Orgel war eine Person im weissen Kleide, welche derselben leise, wunderbare Trauertöne entlockte, so dass mir zu fürchten begann und ich schnell die Kapelle verliess. Ein ander Mal habe er in der Nacht die Fenster der Kapelle hell erleuchtet gesehen. Da sei er zur grossen Porte gegangen und habe zum Schlüsselloch hineingeguckt. Wie er aber die ganze Kapelle hell beleuchtet gefunden und doch keine Kerzen brennen gesehen, habe es ihn nicht verzennt, die Porte aufzumachen und nach der Ursache zu forschen. Einmal habe er in selber mit tiefer Bassstimme, etwa um zwölf Uhr der Nacht, lange beten gehört; und ein anderes Mal ein herzliches Weinen, wie von vielen kleinen Kindern, fast um die gleiche Stunde. Vor vielen, vielen Jahren soll einem angesehenen Manne von Mörel auf dem Platze vor dieser Kapelle in der Nacht, etwa gegen zwölf Uhr, ein schwarzer vornehmer Reiter begegnet sein. Er war altväterisch und wie ein Staatsherr gekleidet: ja er glaubte ihn sogar zu kennen: «Bo min Gott! wa will der Herr so spaat und ganz allein?» so fragte er ihn. Da nahm die Gestalt des Reiters so etwas Geisterhaftes an, dass ihm anfing zu fürchten und grausen. Mit dumpfer Stimme antwortete er ihm: «Mi-ni mi! In Banji!» gab dem hohen und schwarzglänzenden Rosse die Sporen, dass es sich hoch aufbäumte und mit einem schrecklichen Satze samt dem Reiter in den grausigen Abgrund stürzte. Rechts und links stoben blaue Funken aus der Tiefe empor.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Kaplan Bürcher

Source: Kaplan Bürcher

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In Fiesch amtete einst ein Kaplan mit Namen Bürcher. Er musste auch oft in der Seelsorge von Ernen aushelfen. Die selbstbewussten Erner Ratsherren bedienten ihn gut mit Speise und Trank, bildeten sich aber auf diese Bedienung auch etwas ein. Sie foppten ihn deshalb gerne: «Nicht wahr, Herr Kaplan, ein paar gute Essen habt Ihr hier auch schon erhalten?» Kaplan Bürcher entgegnete ruhig: «Ja, das mag stimmu, aber u parr Pintschja Tootsinde häni hie öi scho umabja treit!» FIESCH Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Kaplan Schlunz

Source: Kaplan Schlunz

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Kaplan Schlunz wirkte in Glis von 1833 bis zu seinem Tode 1882. Er war von grosser Einfachheit in seinem Äussern, aber ein seeleneifriger und frommer Herr, der auch mehr konnte als andere. Viele merkwürdige Begebenheiten erzählt man sich noch heute in fast allen Teilen des Oberwallis von ihm. Einst versammelten sich die geistlichen Herren des Dekanates im Kollegium zur Priesterkonferenz. Einige machten sich lustig über den einfachen Geistlichen aus Glis und belegten absichtlich sämtliche Plätze, um Hüte und Kleider aufzuhängen. Als Kaplan Schlunz später in den Konferenzsaal trat, blickte er erstaunt umher, nahm dann gelassen seinen Hut, drückte ihn leicht an eine glatte Wand und sprach: «So, du hältst da schon!» Andere behaupten, er habe den Hut an einem Sonnenstrahl aufgehängt. Auf alle Fälle beschämte er arg seine Spötter. Dabei soll er auch ausgerufen haben: «Oh, wie viele Herren und wie wenig Geistliche!» GLIS Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Kapuziner sind stärker

Source: Kapuziner sind stärker

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Eine jungverheiratete Frau war bald nach der Hochzeit schwermütig geworden. Der Aeschifrau gelang es, die Lebensgeister der Unglücklichen wieder aufzumuntern, doch nicht für lange. Ein zweites Mal um Rat angegangen, erklärte die Aeschifrau, es sei ein altes Fraueli im Spiel, sie komme aber gegen dieses nicht auf. Man solle zu einem Kapuziner gehen, der möge dem Fraueli schon Meister werden. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Kapuziner strafen einen Flurschänder

Source: Kapuziner strafen einen Flurschänder

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Kapuziner strafen einen Flurschänder Nach der Mitte des 19. Jahrhunderts war es, dass einer aus nicht genannten Gründen einem Bauern Rebstöcke und junge Bäume abschnitt. Der Geschädigte liess die Kapuziner aus Rapperswil kommen, welche den Täter ausfindig machten. Sie hätten ihn sterben lassen können, aber der Bauer liess ihn aus Gnaden nur so strafen, dass er seiner Lebtag offene Beine haben musste. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Nach Gchr. Meilen 1918. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Karfreitagseier

Source: Karfreitagseier

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Als sie an der Grenze zwischen Erstfeld und Silenen das Drahtseil über die Reuss errichteten, gab ein alter Mann den Rat, in den Erdboden unter dem Drahtseilhäuschen im Namen der hochheiligsten Dreifaltigkeit drei Karfreitagseier zu versenken, das sei gut gegen Rübenen und Lawinen. Sie handelten nach diesem Rat und er hat sich als gut erwiesen. Als vor einigen Jahren die Rübi aus dem Brusttal ringsum alles verhergete, blieb sie grad vor dem genannten Häuschen stehen. Fr. Aschwanden-Ziegler, Erstfeld Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Karl der Grosse und der Hirsch

Source: Karl der Grosse und der Hirsch

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Karl der Grosse und der Hirsch Als Kaiser Karl, da er noch König war, einst von seiner königlichen Stadt Köln aus auf die Jagd geritten war . . ., stiess er auf einen grossen, schönen Hirsch, wie er in seinem Leben noch keinen gesehen hatte. Dem jagte er nach, in der Meinung, ihn zu fangen. Er verfolgte ihn so lange, dass er mit seinem Gesinde im Walde übernachten musste. Am folgenden Tage fand er den Hirsch wieder, aber der führte ihn den ganzen Tag durch Berg und Tal, und er kam dem König so manchmal zu Gesicht, dass dieser sich vornahm, nicht abzulassen, bis er den Hirsch stellen könne, koste es was es wolle. Also jagte er diesem Hirsch nach, von Köln bis nach Zürich. Einen halben RossIauf ob dem Schloss Thurricum, jenseits de: Wassers, dort wo . . . Felix, Regula und Exuperantius . . . begraben worden waren, fiel der Hirsch . . . auf die Knie; desgleichen taten auch die Hunde und wollten nicht weiter laufen. Dieses Wunder berichteten die Jäger dem König, der eilends: herbeiritt, um es zu sehen. Als die Pferde herzukamen, fielen sie auch auf die Knie, gleich wie Hirsch und Hunde auch getan. Da verstand der König wohl, . . . dass Gott ihm den Hirsch gesandt, weil er hier ein Wunder wirken wollte. Karl stieg von seinem Pferde und bat Gott, er möge ihm seinen Willen offenbaren. Alsobald erschienen zwei Waldbrüder oder Einsiedler, welche in dieser Gegend wohnten; die sagten, dass da einige Heilige begraben lägen, die vormals um des christlichen Glaubens willen gemartert worden wären. Da nahm der Kaiser in Stadt und Schloss Thurricum, die ia gleich dabei lagen, Wohnung. Er berief alle Priester des Landes und berichtete ihnen das grosse Wunder, das ihm begegnet war. Er liess graben und die Märtyrer suchen. Nachdem sie gefunden worden, wurden sie zu hohen Ehren erhoben und heilig gesprochen. . . . Der Kaiser lies sie in ehrliche Särge und Gräber verschliessen. Felix und Regula wurden in die Abtei zum Fraumünster getragen, Exuperantius führte er . . . nach Aachen. wo er ehrlich bestattet wurde. Als Karl etliche Jahre später, nämlich im Jahre 760, das (Gross-j Münster baute, liess er die Heiligen wieder an die frühere Grabstätte tragen, und an St. Exuperantius Statt, brachte er die sterbliche Hülle des hl. Placidus. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Nach Brennwald I, 85, ins Neuhochdeutsche übertrage, sonst unverändert. Von Brennwald weicht die Fassung des deutschen Pilgers Hans von Waltheim aus Halle an der Saale‚ die er 1474 in Zürich aufschrieb, in mehreren Motiven ab: Eines Tages zog Kaiser Karl der Grosse in der Nähe von Zürich auf die Jagd. Da kam ein grosser Hirsch ihm auf die Bahn, den der Kaiser mit seinem Hofgesinde und vielen Hunden verfolgte und sehr bedrängte. Doch da trat der Hirsch in einem Walde bei Zürich auf eine Stelle, wo er sowohl vom Kaiser, seinem Gesinde und den Hunden nicht verfolgt und verletzt werden konnte. Dieser Vorgang erregte des Kaisers Verwunderung, der sich im Gebet an Gott wandte, der ihm auch offenbarte, dass der Hirsch auf der Grabstätte dreier Märtyrer stehe, die das Tier vor jeder Verletzung schützten und bewahrten. Nach würdiger Vorbereitung liess der Kaiser an dieser Stelle graben, wo er tatsächlich die Gebeine der drei Heiligen fand. Er liess an dieser Stelle eine grosse Kirche, das Gossmünster bauen, die heute noch in grossen Ehren steht. - So dargestellt von Paul Guyer in der Wegleitung zur Ausstellung „Der Limmatraum im Wandel der Zeiten“, Zürich 1960     Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Karl der Grosse und die Schlange

Source: Karl der Grosse und die Schlange

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Als Kaiser Karl der Große sich mit seinem Hofstaat in der alten Stadt Zürich aufhielt und das Chorherrenhaus, zum Loch genannt, bewohnte, ließ er an dem Orte, wo Felix und Regula, die heiligen Märtyrer, von der thebaischen Legion enthauptet worden waren, eine Säule mit einer Glocke aufrichten und im Lande bekannt machen, dass der, so wider Andere Recht begehre, an dieser Glocke ziehen solle, wann er, der Kaiser, zu Tische sitze, und Jedem, der da Recht begehre, würde Recht werden, wenn er solches habe. Da nun begab es sich, dass, als der Kaiser eines Tages bei Tafel saß und er den Ton der Glocke gehört hatte, die Diener, denen er befohlen, nachzuschauen, wer da Recht begehre, mit der Meldung zurückkehrte, dass an der Säule Niemand zu erblicken sei. Als aber hierauf die Glocke noch zu öfteren Malen ertönte und dem Kaiser immer die gleiche Meldung überbracht wurde, da befahl er den Dienern nochmals nachzuschauen, das Mal aber wohl Acht zu haben, was sich an der Säule noch ferner ereignen möge. Da nun die Diener dies taten und sich in einen Hinterhalt legten, um unbemerkt zu sein, sahen sie einen Wurm sich der Säule nähern, der sich um den Strick daran schlang und die Glocke also anzog, dass sie läutete. Als nun der Kaiser dies Wunder, das man ihm treulich berichtet hatte, vernommen, erhob er sich alsbald von der Tafel und ging hin, um dem Wurme Recht zu sprechen gleich den Menschen. Da nun, als der Kaiser auf den Platz zu der Säule kam, wo die Schlange war, neigte sich diese vor ihm als dem Herrn, dann aber schaute sie ihn an, bittend, als wollte sie sagen: „Folge mir!" Dies verstand der Kaiser gar wohl und gütig wie er war, war er auch sofort bereit, der Aufforderung des Wurmes nachzukommen. Als aber die Schlange die Bereitwilligkeit des Kaisers sah, machte sie sich alsbald auf und kroch, dem Kaiser den Weg zeigend, vor ihm her nach dem Gestade des Sees zu dem Orte, da sie ihr Nest hatte. An diesem Orte aber angekommen, zeigte sich bald die Ursache dieser merkwürdigen Begebenheit: denn siehe, eine Kröte von ungemeiner Größe saß in dem Neste, brütend über den Eiern der Schlange. Da befahl der Kaiser, die Kröte hinwegzunehmen und fällte ihr, als frechen Eindringling in fremdes Eigentum, das Urteil, dass sie bei lebendigem Leibe verbrannt werde — ein Urteil, das auch alsbald vollzogen wurde. Als aber einige Tage nachher der Kaiser wiederum bei Tische saß, stellte sich die Schlange plötzlich nochmals bei Hofe ein, und kroch, als man sie vor den Kaiser gelassen, auf die Tafel, an der er saß, stieß den Deckel von seinem Pokale und ließ in denselben einen kostbaren Edelstein als Zeichen ihrer Dankbarkeit fallen, worauf sie, nachdem sie sich wie zum Abschied vor dem Kaiser geneigt hatte, verschwand und niemals wieder erblickt wurde. Den Stein aber, den der Kaiser von der Schlange erhalten, hob er als eine große Kostbarkeit zum Angedenken an das Wunder auf und schenkte ihn endlich seiner Gemahlin zum besondern Liebespfande. Dieser Stein aber hatte die Kraft eines Liebestrankes; denn von der Zeit an, da die Kaiserin den Stein besessen, hat ihr Gemahl sie niemals verlassen können und ist derselbe immer in große Betrübnis verfallen, wenn er nicht bei ihr war. Daher auch die Kaiserin diesen Stein, dessen Kraft sie wohl erkannt hatte, in ihrer letzten Krankheit, als sie zum Sterben kam, nicht von sich ließ und unter ihrer Zunge verbarg, da sie nicht wollte, dass er in die Hände eines anderen Weibes komme, welches der Kaiser alsdann hätte lieben müssen, während er ihr, der Toten, vergessen hätte. So wurde die Kaiserin einbalsamiert und mit dem Wunderstein begraben. Da aber der Stein auch noch nach ihrem Tode seine Wirkung nicht verlor, ließ der Kaiser, ihr Gemahl, sie wieder ausgraben und sich nachführen überall, wo er hinging. Dies dauerte achtzehn Jahre, bis einer von den Hofleuten, der die Kraft des Steines kannte, ob der fortdauernden Anhänglichkeit des Kaisers an die Leiche seiner Gemahlin mutmaßete, der Stein möge an derselben verborgen sein; worauf er sie auch durchsuchte, bis er endlich das Kleinod unter der Zunge der Toten fand, welches er nun für sich verwahrte. Als dieses geschehen, ging die große Liebe, welche der Kaiser bisher für seine Gemahlin gehegt hatte, auf jenen Hofbedienten über, so dass er ohne diesen nicht mehr leben konnte. Einige Zeit nachher begab es sich aber, dass dieser Ritter auf einer Reise nach Köln, wegen eines gefassten Unwillens, den Stein an einem „stinkenden Ort" bei einem Brunnen hinwarf, so dass hernach ihn Niemand mehr finden konnte. Mit dem Stein war jedoch auch die Liebe des Kaisers zu dem Ritter geschwunden, an deren Stelle jetzt ein fortwährendes Verlangen nach dem Orte trat, wo der Stein lag, so dass der Kaiser dort eine Stadt zu gründen beschloss, welche fortan sein Wohnsitz sein sollte. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Karl unter den Weibern

Source: Karl unter den Weibern

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Vor vielen und vielen Jahren war wieder Krieg im Lande Wallis, wie das eben keine Seltenheit. Das Kriegen war ehemals viel langweiliger, mühsamer und kraftanstrengender. Jetzt legt man in einer Stunde mehr Leute ins Kraut als früher in Monaten und Jahren und ein leichtfüssiger Schneiderjunge vermag jetzt im Felde so viel, als ein armfester Bergmann; nicht mehr die Leute entscheiden jetzt eine Schlacht, aber die besser eingerichteten Mordinstrumente. Bei kriegerischen Aufläufen mussten ehemals die waffenfähigen Männer alle die Heimat verlassen und gegen den Feind ins Feld ziehen; — es gab damals noch keine bestimmte Miliz. Darum blieben nur abgelebte Greise und schwache Kinder daheim, denen aber die jammernden Weiber und klagenden Töchter — wer mag's ihnen verargen? — das Leben so bitter zu machen pflegen, dass es fast wohliger im Felde, als in der traurigen Heimat aussieht. So war es auch in Zermatt in jenem Kriege, von dem ich erzählen will; alle wehrhaften Männer und Jünglinge waren ausgezogen; nur einer, mit Namen Karl, blieb zurück, um Ordnung zu halten. — Und es langte auf einmal Botschaft an, am Fusse des Theodulpasses im Aostatal sammle sich eine wilde Horde, um in Zermatt einzufallen und mit der wehrlosen Bevölkerung Unfug zu treiben. Zum grossen Jammer gesellte sich nun noch namenloser Schrecken. — Unser Karl verlor aber den Kopf nicht; schnell sammelte er die Weiber und kräftigen Töchter, liess sie die zurückgelassenen Kleider der Männer und Brüder anlegen und führte sie, mit allerhand Instrumenten bewaffnet, den Berg hinan dem Feinde entgegen. Im Furk, südlich Schwarzsee, zuunterst der Hochegge am Fusse des Passes, nahm er mit seiner Kriegerschaar Posten, liess eine Art Schanze aufwerfen und Steine sammeln, um dem Feinde an einer hohen Felswand den Durchpass zu wehren. Wirklich erschienen die Feinde bald auf der Passhöhe und bemerkten die Vorkehrungen, die man zu ihrem Empfange getroffen. Sie sandten darum Spione ab, um auszukundschaften, mit was für einem Feinde es wohl gelte. Diese durchmusterten alles genau und fragten verwundert den Anführer Karl, wie er da wohl seltsame Krieger habe, die ihre Brust so hoch trügen. Dieser antwortete, der Mut, die Wut und die grosse Kampflust mache ihnen das Herz so hoch anschwellen. — Die Spione kehrten bedenklich zurück — und vom Feinde war nichts mehr zu vermerken. — Das ist die Geschichte Karls unter den Weibern. — Noch jetzt wird jeder so genannt, der allein unter Weibervolk weilt. (erzählt von Herrn Kaplan Mooser)   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Karl Vonmentlens Katze

Source: Karl Vonmentlens Katze

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Karl Vonmentlen, der alte, in Seedorf pflegte zu erzählen: »Wir besassen eine graue Katze, die alle Samstagabende fortging. Das isch g'sy wiä-nnä-n-Ühr. Einmal folgte ich ihr heimlich nach. Sie marschierte flott über die Reussbrücke hinüber, über den rechtsufrigen Reussdamm hinauf, schlich zum unbewohnten Gadenhäuschen im Reussacher und schlüpfte da durch ein Loch hinein. Durch die grünen, zum Teil zerschlagenen Fensterscheiben drang ein matter Lichtschein heraus, und ich erlaubte mir, hineinzugucken. Da sah ich unser ›Zysi‹ inmitten einer Schar anderer Katzen, und alle tanzten und musizierten nach Noten. Wenn-i's nitt sälber mit mynän-eignä-n-Äugä g'seh hätt, sä gläubt-i's nitt.« Jos. Maria Aschwanden, 60 J. alt Eine ganz ähnliche Geschichte liebte auch alt Nikolaus Schillig in Bürglen als eigenes Erlebnis einer gläubigen Zuhörerschaft aufzutischen. Seine Katze hiess »Stimper«, weil sie einen verstümmelten Schwanz hatte, und der Versammlungsort war ein verlassenes, verborgenes Häuschen auf Schattdorferberg. Zwei Beispiele, wie alte Sagen als eigene Erlebnisse aufgeputzt werden. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Karlsstadts Tod

Source: Karlsstadts Tod

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In der letzten Predigt, welche Karlsstadt zu Basel hielt, sah er, wie ein großer, schwarzer Mann in die Kirche kam und sich neben den Bürgermeister setzte. Beim Ausgange aus der Kirche frug Karlsstadt, wer der Unbekannte gewesen, aber das wusste Keiner ihm zu sagen, denn Keiner hatte den Mann gesehen. Als der Prediger nach Hause kam, erzählte man ihm daselbst, der große, schwarze Mann sei vor wenigen Augenblicken da gewesen und habe sein jüngstes und geliebtestes Kind bei den Haaren ergriffen und hoch aufgehoben von der Erde, dann getan, als wolle er es fallen lassen oder niederwerfen, um ihm den Hals zu brechen, doch zuletzt habe er es wieder auf die Erde gesetzt und ihm befohlen: „Sage deinem Vater, dass ich binner drei Tagen zurückkomme und dass er sich also bereit halten mag.“ Karlsstadt erschrak sehr, als er das hörte; er legte sich zu Bette und starb drei Tage nachher. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Kasperli

Source: Kasperli

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Singend und johlend schwankte er durch das Ried. Auf dem Markte hatte er zwei Rinder verkauft und sich einen Bombenrausch angesoffen. Überhaupt war er eine liederliche Haut, ein Wirtshaushöck und Kartenspieler und mit dem Pfarrer und seiner Frau ewig im Streit. Da er herumlungerte und das bare Geld am Schenktisch verklopfte, war sein Weib um so reger auf Sparsamkeit und Zusammenhalten bedacht. Sie ackerte im Frühjahr den Weinberg, trug im Juli die Heuballen zur Scheune und hirtete im Winter das Vieh. Kasperli knallte mit den Fingern, taumelte rechts und links ans Strassenbord und wandte sich gegen einen Weidenstrunk. «Wie ein Teufel siehst du aus und bist es doch nicht. Schade, du müsstest mir Geld schaffen, Geld. Lustig ist es auf der Welt mit dem grossen Sack voll Geld.» Er torkelte weiter und putschte bei der nächsten scharfen Biegung mit einem Mann zusammen, der ein pralles Drillichbündel auf der Achsel trug, in dem es klirrte und klimperte wie von edlem Metall. «Hier ist das Geld, Kasperli», sagte der Unbekannte, und seine Augen glinserten wie Schwefel. «Ja zum Teufel, bist du etwa der Teufel selbst?» Betroffen wich er zurück. «Du sagst es. Nimm mir die Bürde ab, es ist lauteres, klares Gold. Ich verlange dafür - hm - eigentlich nichts von Belang, eine Kleinigkeit - was vor deiner Haustür ist, wenn du heimkommst.» Was wird vor der Haustür sein, wenn ich heimkomme! Ist's nicht die Katze, so ist es ein Stoss Brennholz. «Lauteres Gold, sagst du? Gut, Tatze her, ich schlage ein!» Blitzschnell zog er die Hand wieder zurück. Ihm war, als ob er ein glühendes Eisen ergriffen hätte. Er schulterte die Bürde, die ihn beinahe überzog und wankte gröhlend den Berg hinauf. Ist das ein spassiger Kerl, dieser Teufel - tauscht ein Vermögen um ein paar windige Bengel Pappelholz! Die soll er sich holen und der Grossmutter einheizen. Spät wie gewöhnlich bog er ins Dorf, wechselte den Sack auf die andere Schulter, gixte und gaxte und krakeelte ein Lumpenliedchen. Verstummte erst, als seine Frau über die Schwelle trat und ihn am Arm in die Stube führte. Schon lange hatte sie ihn erwartet und aus Furcht, er könnte ins Wirtshaus abschwenken, ihm aufgepasst. «O du Suppenhuhn», rief er noch halb im Dusel, «das hat grad noch gefehlt, dass du auf mich lauerst!» Weiter sagte er kein Wort und ging zu Bette. Der Frau fiel die Rede nicht auf. Betrunkene und Blödsinnige, die schwatzen beide Unsinn. Als Kasperli des Morgens in die Kleider schlüpfte, erinnerte er sich des gestrigen Vorfalls wie eines wüsten Traumes. Zum Kuckuck, auf dem Tisch glitzerte es von eitel Goldvögelchen, die Frau stand daneben, bohrte ihm die Blicke ins Gewissen und fragte, was das zu bedeuten habe. «Ich habe doch die beiden Rinder verkauft und einen guten Handel gemacht.» Vor ihren strengen Blicken senkte er den Scheitel. «Ist das Vieh im Preis so gestiegenr» «Gute Ware wie die meine macht sich immer bezahlt, und überhaupt, das verstehst du nicht. Geh in die Küche und richte mir das Frühstück! » Bald darauf schritt Kasperli mit der Breitaxt in den Wald um Holz zu fällen. Grübeln war nie seine Sache; er verliess sich auf seine Pfiffigkeit und dachte, es werde ihm schon etwas Gescheites einfallen, er werde den bösen Feind schon übertölpeln. Als er den ersten Axthieb ausführen wollte, klatschte ihm jemand auf die Achsel. Er knickte zusammen, das Beil splitterte und entglitt seiner Hand. «Kasperli, heut nachmittag bringst du mir deine Frau, just an diese Stelle, und dann wollen wir abrechnen!» Ihm erstarrte das Mark in den Knochen. In die teuflische Fratze glotzend, fuchtelte er mit den Armen und lehnte sich geschlagen an den Baumstamm. Als er sich aufrappelte, war der Menschenfeind weg. Mit zerwühlten Sinnen wanderte Kasperli ins Dorf zurück. Nach dem Mittagessen sattelte er den Maulesel und hiess seine Frau aufsitzen. Er möchte ihr das Waldstück zeigen, fabelte er, das er schlagen wolle und fragen, ob sie einverstanden sei. Der Frau erschien es sonderbar, dass ihr Mann auf einmal von solchen Dingen redete, das Tier ans Mäuerchen stellte und ihr in den Sattel half. Eine heisse Welle stieg in ihrem Busen auf, und Ungutes witternd, sprang sie bei der Waldkapelle vom Sattel und sagte, sie sei der Mutter Gottes noch drei Vaterunser schuldig, er solle draussen warten. «Schaden kann es nicht», brummte er und erwog jetzt allen Ernstes, wie er dem Satan die Beute ablisten könnte. Die Stirne faltend, würgte er seine Gedanken, knetete darin herum und brachte nichts Rechtes zustande, das Hand und Fuss gehabt hätte. Mit dem Teufel ist halt nicht zu spassen, er tut nichts umsonst, er will seinen Lohn. Gemartert und gepeinigt schritt er hin und her und getraute sich nicht ins Heiligtum. Nach einer Weile kam die Frau wieder heraus, bestieg das Tier, und stumm wie zuvor ging es weiter in den Wald. Nichts war vernehmbar als der Hufschlag, das trockene Hüsteln Kasperlis, der ängstlich herumspähte und ein Wunder erhoffte. Als der Forst sich lichtete, sah er einen Mann, der mit vorgezogenen Beinen auf einem Stumpfe kauerte und mit einem Rütlein im dürren Laube stocherte. Kasperli fasste den Zügel und hielt. Ringen will er wie ein Held um sein Weib, und koste es das Leben. Allein wie Gewichte zogen die Arme und Beine ihn nieder, der Atem stockte, die Schläfen hämmerten. Ächzend und hustend blickte er auf zu seiner Frau, die in göttlicher Ruhe und Gelassenheit die Hände faltete. Ein heiliges Lächeln spielte um ihren Mund. Der Teufel hob das Kinn, und alles Blut und Feuer wich aus seiner Fratze. Er sprang in den Weg hinaus, rannte kopfvoran gegen das Maultier und, wie von einer Mauer prallend, wieder zurück, krächzte und zeterte: «Dich will ich nicht, dich will ich nicht, geh nur wieder heim!» sauste wie der Sturmwind in die Schlucht hinab, in der es donnerte und blitzte und ein schwefliges Räuchlein dampfte. Bei dieser unverhofften Wendung schöpfte Kasperli wieder Mut und Kraft. Er besänftigte das Maultier, das immer noch bockte und ausschlug und führte es denselben Weg zurück. Immer wieder sah er hinter sich, er konnte nicht anders und vermeinte, der Teufel sei reuig geworden und stelle ihm nach. Wie sollte er sich das Entsetzen des Bockfüssigen erklären, dem vor niemand grauste als vor Gott und dem Allerheiligsten! Bei der Waldkapelle stieg die Frau ab und huschte hinein, indessen er das Maultier hätschelte und gelobte, dem Spiel und Suff für alle Ewigkeit zu entsagen und ein arbeitsamer Mensch zu werden. Des Wartens überdrüssig, ging er auch in die Kapelle und sah die Frau schlafend auf der Bank. Sachte wie nie legte er ihr die Hand auf die Schulter und rief ihren Namen. Sie rieb die Augen und sah ihn verwundert an. « Was ist dir? » fragte Kasperli. «Wie hast du jetzt einnicken können?» «Habe ich geschlafen? Dann war es ein Traum, ein schöner Traum. Die Mutter Gottes ist vom Altar niedergeschwebt und hat gesagt: «Bleib hier, ich reite für dich in den Wald, weil du ein braves Weib bist und dein Mann ein Lump. Und dann ist sie auf das Maultier gestiegen und mit dir fortgeritten.» «Also ist die Himmelskönigin mit mir gegangen und hat den Teufel in die Flucht geschlagen. Ein Wunder, ein grosses Wunder!» Er half ihr in den Bügel, und im Dorf angekommen, läutete die Aveglocke. Den Mammon übergab er dem Pfarrer zur freien Verfügung, und jedesmal, wenn ein heimlicher Drang nach Wein und Spiel ihn kitzelte, wandte er in scharfem Rank sich heimwärts, und so ist er doch noch ein hablicher, und was die Hauptsache ist, ein nüchterner, anständiger Mensch geworden und ein Gatte, für den sich seine Frau nicht mehr zu grämen und zu schämen brauchte.   Quelle: Johannes Jegerlehner: Walliser Sagen, Hans Feuz Verlag Bern, 1959   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Katze als Fleischdieb

Source: Katze als Fleischdieb

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In einem Häuschen zu Attinghausen wurde immer das Fleisch, das sie für's Mittagessen kochen wollten, aus dem ehernen Hafen entwendet. Da der Vater auf seine zwei Töchter Verdacht fasste, forderten sie ihn am Sonntag auf, daheim zu bleiben, während sie zur Kirche gehen wollten. Hierauf blieb er zu Hause; da kam eine schwere schwarze Katze zur Haustüre herein, ging auf die Herdstatt los, sprang hinauf, lüpfte wie ein Mensch den Deckel ab und häkelte das Fleisch heraus. Nun fuhr er aber auf sie los und vertrieb sie. Jetzt vermachten sie alle Türen und Lücken im Hause. Aber bald nachher richtete eine furchtbare Rübi ihre zwei Wiesen zugrunde. Barbara Gisler, Attinghausen, 80 J. alt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Katze auf der Freudenau, bei Stilli

Source: Katze auf der Freudenau, bei Stilli

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Abends im Heimgarten hatten einige Bursche und Mädchen aus der Umgegend von Stilli zusammm ein Gewette gemacht, wer von ihnen beim Nachhausegehen es wage, allein in die Ruine der Burg Freudenau zu gehen und drinnen laut einen Spruch herzusagen, der solle von den Andern ein Geschenk zu fordern haben. Das grösste der Mädchen übernahm's gegen einen neuen Rock. Sie stieg in den alten Thurm hinein, dessen eine Seite zusammengebrochen das Ufer der Aare überdeckt, und wollte eben eine alte Besegnungsformel zu sprechen anfangen. Allein nun sass oben im Mauerkranze eine schwarze Katze, darüber vergass sie ihre Formel und gerieth nur in ein konfuses Plaudern über ihren gewetteten Rock; sie begann: E rock chunt mer wol für mis g‘lismets chamisol. Da fiel ihr die Katze ins Wort und sprach: chatz oder chol, dir wird’s diner lebtag nümme wol. Das Mädchen entsetzte sich hierüber sehr und kam krank heim; nach ein paar Tagen starb sie wirklich. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Katze durch Kreuzzeichen vertrieben

Source: Katze durch Kreuzzeichen vertrieben

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Sehr verdächtig schien dem Schuhmacher Zacharias Imholz eine grosse, brandschwarze Katze, die ihm eines Abends hinter Hergerig zu Spiringen bei einem Kolonnenstein in den Weg kam und ihn mit grasgrünfunkelnden Augen anstarrte. Es zuckte ihn in den Fingern, sie durch einen Steinwurf zu vertreiben, doch besann er sich und dachte: »Diä mueß m'r etz hinecht nitt nu Stei heischä.« Dafür machte er das Kreuzzeichen gegen sie. Das wirkte. Mit einem Riesensprung machte sich das Tier über eine gewaltig hohe Mauer davon. – Er hat es mir selber erzählt. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Katze und Viehtod

Source: Katze und Viehtod

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Der Butzä-Fränzi, der im Ochsengaden in den »Gründen« zu Silenen sein Vieh hirtete, beobachtete dann und wann eine Katze, die sich in der Nähe des Stalles im Grase hin- und herwälzte (het-si g'wahlet); dann verdarb ihm jedesmal bald ein Stück Vieh. Er war aber nicht reich genug, um sich einen solchen Luxus zu erlauben, fragte deshalb im Kreise seiner Bekannten um Rat und erhielt endlich den Bescheid, er solle etwas Metallstaub vom kleinern Glöcklein bei den Vierzehn Nothelfern im Dörfli abfeilen und dem Vieh unter das Gläck mischen. Das tat er getreulich; die böse Katze sah er nie mehr, und sein Vieh blieb seitdem verschont (19. Jahrh.). Dieses Mittel wird von den Bauern des Reusstales gegen die Geissgelti angewandt. Jos. M. Tresch, 65 J. alt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Katzenbelustigung

Source: Katzenbelustigung

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1. Mein Vetter kam auf einer nächtlichen Wanderung zu Attinghausen an einem alten, verlassenen Häuslein vorbei, und weil er darinnen gegen alles Erwarten Licht erblickte, schob er das Fensterlein beiseite und guckte hinein. Da bot sich seinen Augen ein sonderbarer Anblick. Eine Schar Katzen tanzte nach der Musik einer Mundharmonika, die eine der Katzen, auf dem Tische sitzend, lustig durch ihr Maul gleiten liess: Aber alsbald kam eine von ihnen an das Fenster und bedrohte den Neugierigen so ernsthaft, dass er sich gleitig davon machte. Drunten am Bach sass auch noch eine, ä gwaltigä Pattsch, und glotzte ihn nicht übel mit ihren feurigen, funkelnden Augen an. Jä, das sell de nur wahr sy, das hed är de sälber verzellt. Katharina Kempf, 90 J. alt 2. Aus einem alten, zeitweise unbewohnten Häuschen in der Nähe von Ripshausen, nicht weit von der Reuss, hatten nächtliche Wanderer und Nachtbuben schon öfters die feinste Musik vernommen. Ein beherzter und neugieriger Mann schaute einst zum Fenster hinein und sah drinnen eine Anzahl Katzen. Die einen sassen auf dem Stubentisch und spielten auf Blas- und Streichinstrumenten lustige Tänze, während die andern zur lupfigen Musik in der Stube tanzten. Die laute Lustbarkeit dauerte gewöhnlich bis zum Betenläuten am Morgen; dann zerstreute sich die Gesellschaft in die benachbarten Häuser und besonders in die nahe Gand am Fusse des Stockberges, wo man sehr viele verwilderte Katzen antraf. Fridolin Fischer, 70 J. alt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Kegelspiel im Walde bei Uezwil

Source: Kegelspiel im Walde bei Uezwil

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Jm grossen Buchenwalde zwischen Uezwil und Kallern im Freienamte findet sich auf der Berghöhe, wo sich die Fusswege nach wohl fünf Ortschaften kreuzen, eine ebene, waldfreie Stelle mit einem langen rothbraunen Streifen, wo noch niemals Gras gewachsen ist. Da wäre, sagt man, die Kegelbahn gegangen des Wirthshauses, das vor Alters auf dieser Waldblösse gestanden haben und wegen vieler Unthaten seiner Gäste zuletzt vom Boden verschlungen worden sein soll. Um Mitternacht spuken nun da die Schatten der falschen Spieler, man hört die Kugel auf der Bahn hinrollen, das Lärmen der streitenden Parteien, das Stöhnen der im Raufhandel zu Boden Geschlagenen. Seltsam lautet dann die herrliche Tanzmusik dazu, die unaufhörlich fortspielt. Als der Müller von Sarmenstorf Nachts dieses Weges kam, umgab ihn hier ein starkes Surren und Rauschen, er konnte nicht mehr vorwärts, noch zurück. Zuletzt hieb er mit dem Stocke um sich und drängte sich gewaltsam hindurch, aber nicht ohne einen geschwollenen Kopf mit heim zu bringen. Auch Knaben, die an der nördlichen Bergseite, welche Gräberenwald heisst, die Ziegen hüten, haben gegen Abend schon oft jene schöne Musik gehört, die durch die Luft herkommt und dann mit starkem Brausen und Prasseln in die Waldwipfel fährt. Das Tägerli, zwischen Uezwil und Sarmenstorf gelegen, ist eine Heide, wo das Volk seit ältesten Zeiten die Fasnachtsfeuer anzuzünden pflegt. Man kam dazu ehemals sogar Gemeindenweise zusammen und hielt Spiele, Leibesübungen und Gefechte ab. Auch hier redet man von einer grossen Kegelbahn, die niemand kennt, deren Lauf aber bis zu dem weitentfernten Fuchsstein gegangen sein soll, einem Höhenpunk dieser Gegend. Man will hier Spuren römischer Bäder gefunden haben. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 129 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Kei Schatte meh

Source: Kei Schatte meh

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Kei Schatte meh Im Toggiburg hinger isch es Frau gsi. Die het e falschen Eid to gha. Vo dere hei d’Lüt gseit, si heig e ke Schatte meh. Im Dörfli z’Dietel isch e Ma gsi; dä het au der Lärme gha, er heig en Eid to u dä sig falsch gsi. Dessitwäge heig er au e kei Schatte meh gha; nume dr Huet heig men am Bode gseh. In dem Glauben, der Meineidige werfe keinen Schatten mehr, klingt unausgesprochen die Vorstellung an, dass die Seele im Schatten sei. Die Vorstellung ergab sich aus einer Denkweise, der wir nur dann zu folgen vermögen, wenn wir uns zurecht legen, mit welch geringen Mitteln der Erkenntnis der Mensch einmal arbeiteten musste. Der Tote, der liegt und nicht mehr aufrecht steht, wirft keinen Schatten mehr; das Leben, die Bewegung, die Seele ist entflohen. Also muss die Seele im Schatten sein. Weniger als im Glauben tritt diese Vorstellung besonders im Brauch einzelner Naturvölker zu Tage. Was uns von den Meineidigen erzählt wird, dürfen wir etwa so deuten: Die Seele ist ihnen schon abhanden gekommen; der Teufel bekam der Sünde wegen Gewalt über die Lebenden und hat ihnen die Seele genommen. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Kennzeichen, ob Eine eine Hexe sei, oder nicht

Source: Kennzeichen, ob Eine eine Hexe sei, oder nicht

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Hat ein Mann eine Hexe zur Frau, so bemerkt er dies daran dass aus dem Munde derselben zu Zeiten eine  Wespe oder eine Biene fliegt, nach einer Zeit aber wieder durch den Mund in den Körper zurückkehrt. Das ist ihr  Geist, der in dieser Gestalt zu nächtlicher Gesellschaft auszieht; der Körper befindet sich der Zeit in einem  lethargischen Zustande. Daran erkannte auch Einer in Fanas, dass seine Frau eine Hexe sei. Er machte, nachdem die Wespe ausgeflogen war, das Fensterlädeli zu und sperrte so den Geist der Frau aus, der, am Morgen wiederkehrend, Einlass verlangte. Der ergrimmte Eheherr hielt das Lädeli fest zu; der Geist verschwand endlich unter grässlichem Gesumme, und - am Morgen war die verhexte Frau halt tot. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Kind auf der Schlossfluh bei Twann

Source: Kind auf der Schlossfluh bei Twann

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Vor noch nicht gar zu langer Zeit wurde ein Kind aus dem Orte Twann vermisst. Die Eltern des Kindes machten sich mit allen ihren Verwandten und Bekannten auf den Weg um es wieder aufzusuchen, aber lange, lange konnte man es nicht finden. Endlich, nach mehreren Tagen kam es der Mutter in den Sinn, auch die steile Schlossfluh zu ersteigen und siehe! wie sie in das Innere der Burgruine trat, kam ihr das vermisste Kind fröhlich, als ob gar nichts geschehen wäre, entgegengehüpft. Als nun die erfreute Mutter es in die Arme schloss und fragte, ob es sich denn gar nicht nach Haus gesehnt und die lange Zeit über keinen Hunger gespürt habe, antwortete es: "Ach nein! ein schöner unbekannter Herr sei immer bei ihm gewesen, der gar lieb und freundlich getan, die schönsten Spiele mit ihm gespielt und ihm das beste Essen der Welt, Früchte und Backwerk, wie es noch nie gesehen, gereicht habe." C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Kind behexen

Source: Kind behexen

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Wenn kleine Kinder etwas hatten, hiess es gleich, «s wärd ene z leid gläbt». Einem schon etwas grösseren Buben gab eine Frau ein Stück Wäije, darauf wurde er krank. Sie gingen zu einem Mann nach Waldenburg, «dä het öppis chönne». Sie mussten «öppis an d Tür schrybe, derno het die müese cho». Es stimmte auch, aber leider war die Mutter nicht daheim, und die Kinder hielten aus Angst die Türe zu. — Jetz ghört me nüt meh eso! Ziefen Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Kind folgt der Mutter im Tode nach

Source: Kind folgt der Mutter im Tode nach

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Dem Nuschi-Hansi im Winkel zu Altdorf war die Frau gestorben. Als sie dieselbe zur Beerdigung zur Kirche trugen, übergab der Hansi sein Kind, ein noch nicht siebenjähriges Mädchen, der Frau des Nachbars Peter Walker in Verwahr. Dort wurde es auf einmal sehr schläfrig, und die Frau legte es samt seinen Kleidern auf das Bett im Stübli, wo es sofort einschlief. Peter war ausgegangen und stand auf dem Dorfplatz, als der Leichenzug vorbeizog. Hinter der Bahre schritt der Nuschi-Hansi einher, das Mädchen an der rechten Hand führend. Als Peter nach Hause kam, sagte er zu seiner Frau: »D'r Nuschi-Hansi het schynt's ds Mäitschi äu z'Chilä gnu.« – »E nei«, entgegnete die Frau, »da im Stibbli innä lytt's.« Peter tat, als ob er nicht recht gehört hätte. Nach einer Weile sagte er wieder: »D'r Nuschi-Hansi het sys Mäitschi äu mid'm z'Chilä gnu,« und erhielt die gleiche Antwort von seiner Frau. Beim dritten Male wurde er doch stutzig, er ging in's Stübli, schaute und fand richtig das Kind schlafend auf dem Bett, in dem nämlichen Röcklein, das es beim Leichenbegängnis getragen hatte. Es schlief, bis der Vater es holte. Aber bald folgte es seiner Mutter im Tode nach. (Erzählt 1913 vom Sohne Michael des obgenannten, jetzt verstorbenen Peter Walker, die beide nüchterne, ernsthafte Leute sind und die gewöhnlichen Sagen und Gespenstergeschichten in das Reich des Aberglaubens und der Fabelei verweisen. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Kind und gekrönte Schlange

Source: Kind und gekrönte Schlange

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a) Ein Kind hatte die Gewohnheit, mit seiner Milchsuppe vor das Haus hinaus oder in den Garten auf ein Bänklein zu gehen. Einmal passten ihm die Eltern auf und sahen, dass aus einer Mauerspalte heraus ein »Wurä« mit einer goldenen Krone auf dem Haupte auf das Kind loskroch. Beim Kinde angekommen, nahm er die Krone ab und legte sie auf einen Stein. Dann streckte er seinen Kopf keck in die Milchsuppe und trank begierig von der Milch. Das Kind schaute ihm zu, und endlich schlug es ihm mit dem Löffelchen sachte auf den Kopf und sagte: »Müesch Meckli äu nä, nitt nur Mämmäli!« Nach und nach merkte der Gast, dass er beobachtet wurde. Eines Tages liess er dem Kinde das goldene Diadem zurück, und dann erschien er nicht mehr. Nach anderer Erzählart setzte sich das Kind in der Stube auf die Bodendiele und kam die Schlange durchs Fenster hinein. »Müesch Meckli äu nä, nitt nur Mämmäli!« sagt man nicht selten eischiären Kindern oder auch erwachsenen Menschen, die aus den Speisen auswählen, was ihnen passt, oder zu scheu sind, von allem zu essen. b) An einem Ort ging allemal ein Kind mit seiner Milchsuppe vor das Haus und verzehrte sie dort. Einst passten ihm die Eltern ab und sahen, wie eine »Wurä« herbeischlich, sich zutraulich dem Kinde näherte, ein goldenes Krönchen vom Kopfe nahm und sorgfältig auf einen Stein niederlegte und dann anfing, Milch zu trinken. Nach einer Weile sagte das Kind zu ihr: »Müesch Meckli äu nä, nitt nur Mämmäli!« Solches erzählten sie einem, und der sagte, sie sollten die Krone zu rauben suchen, denn sie sei vom allerbesten Golde, aber ja dabei das Kind beiseite nehmen und ein vierblätteriges Kleeblatt auf den Stein legen. Das nächste Mal passten sie wieder auf, ergriffen heimlich die Krone und legten das Kleeblatt auf den Stein. Sobald das Tier aufhörte zu trinken, nahmen sie schnell das Kind weg. Als nun die Schlange ihre Krone nicht mehr fand, tat sie wie wütig, fuhr hoch in die Lüfte und schoss auf den Stein hinunter, wobei sie ihren Kopf zerschmetterte. Hätten sie das Kleine nicht weggenommen, so wäre sie auf dieses herabgeschossen und hätte es so getötet. Fr. Gisler-Zwyssig, 68 Jahre alt, Isental c) Schon längst war den sorgsamen Eltern, die in dem grössern, alten Hause bei der Kapelle Maria Hilf zu Richligen in Gurtnellen daheim waren, aufgefallen, wie ihr Knäblein mit seinem Milchsüppchen jedesmal vor das Haus hinausging und draussen gewöhnlich mit jemand redete. Eines Tages aber wollten sie sich über dieses merkwürdige Benehmen ihres Kindes doch nähere Kenntnis verschaffen und beobachteten es heimlich von einer geeigneten Stelle aus. Der arglose Kleine setzte sich mit seinem Näpfchen auf die oberste Stufe der hölzernen Hausstiege und fing an, wacker zu löffeln; da schlich aber aus einer Ritze der Stockmauer eine ziemlich grosse Schlange – ä Wurä – herbei, näherte sich ganz zutraulich dem Kinde und fing an, begierig die süsse Milch aus dem Gefäss zu trinken. Gutmütig lässt sie der Knabe gewähren, und erst als er sieht, wie das durstige Kriechtier die Brotbrocken unberührt lässt, schlägt er ihm gemütlich mit dem hölzernen Löffelchen auf den glatten Kopf und spricht dazu: »Müesch Meckli äu nä, nitt nur Mämmäli!« Aber für Belehrungen ist das Tier nicht zugänglich; ruhig sauft es weiter und kriecht wieder, nachdem es Hunger oder Durst gelöscht, in sein Versteck zurück. Die Geschichte hat mir eine alte Frau von Gurtnellen erzählt, die aus jenem Hause stammt, und hat ergänzend beigefügt, das Knäblein sei ihr Ahne gewesen, und sie habe das alles von ihrem Grossvater selig gehört. Sie ist auch auf der untersten Planzern in Altdorf lokalisiert und in Schattdorf. d) Ein Geissbub pflegte sein Zabig stets auf dem nämlichen Stein zu essen; es passte ihm nirgends besser. Wie ein König auf dem Throne sass er da und überblickte sein Reich. Nach und nach gesellte sich eine Schlange zu ihm und schaute ihm beim Essen zu. Sie lag ganz schön neben ihm und hielt sich ruhig. Er verlor alle Furcht vor dem zutraulichen Tier, und eines Tages gab er ihr auch von seinem Imbiss, indem er dabei freundlich sagte: »Da, müesch äu äs Meckli ha!« Sie nahm es an, und von diesem Tage an erschien sie täglich auf dem Steine, sobald die Essenszeit da war, und der Knabe teilte seinen Imbiss getreulich mit ihr. Er packte extra wegen ihr etwas mehr ein. »Da wit etz doch lüegä, wiä das z'letscht nu üsä chunnt und was diä nu will«, dachte er. Der Sommer nahm Abschied von der Alp, und zum letzten Male betrat der Geissbub seine Hochwacht auf dem Steine und setzte sich, sein einfaches Mahl einzunehmen. Auch die Schlange kam herangekrochen. Aber diesmal glänzte und funkelte ein herrliches, goldenes Krönchen auf ihrem Kopfe. Nach dem Essen nahm sie das Krönchen ab, legte es vor den Geissbub hin und liess es ihm zurück. Er hatte eine grosse Freude. Die Schlange bekam er nie mehr zu sehen, wie manches Jahr er auch die Geissen hütete und den Stein aufsuchte. Kath. Arnold-Muheim, 90 Jahre alt, Flüelen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Kind und Zigeuner

Source: Kind und Zigeuner

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1. Als einst ein Trüpplein Kinder im Freien miteinander spielten, kam eine Zigeunerbande des Weges, und ein Zigeunerweib berührte im Vorbeigehen eines der Kinder auf der Achsel. Wenige Augenblicke später verliess das Kind seine Gespielen und folgte der Bande. Auf dem Wege begegnete ihm seine Gottä. »Wohi witt dü, Gottli?« fragt sie. »Denä Lyttä nachä, wo da vornä gahnt,« sagt das Kind. – »Aber um Gottes Willen, das sind ja Zigeuner! Wer hat dich denn geschickt?« – »Niemand. Ein Weib hat mich auf der Achsel berührt, und jetzt muss ich ihm folgen.« Da nahm die Gottä ein Sackmesser und schnitt an jener Stelle die Kleider aus. Jetzt kehrte das Kind willig zurück. Frau Arnold-Gisler, zirka 50 J. alt, Bürglen 2. Als einst die Leute von Silenen aus dem Sonntagsgottesdienste kamen, zog grad eine Bande Heiden des Weges, und einer aus ihnen schritt auf ein hübsches Silener Meitli zu, klopfte ihm auf die Schulter und sagte: »Chumm bald nachä!« Sobald das Meitli nach Hause kam, wollte es wieder fort; es sagte, es wolle den Heiden nach. Die Mutter fragte, wie das komme, und dann erzählte es ihr von dem fremden Mann. Jetzt befahl sie ihm, das Tschöpli auszuziehen. Es tat so, und siehe da! Der Tschoopä watschelte, was gisch, was hesch, zur offenen Türe hinaus, den Heiden nach. J.M. Zberg. 75 J. alt, Silenen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Kindbetterin entführt

Source: Kindbetterin entführt

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Da war zu Weissemmen bei Escholzmatt eine Kindbetterin, die sich auf ihrem ersten Kirchgang, den sie behufs des Heraussegnens tun sollte, von keiner zweiten Person wollte begleiten lassen, indem sie über die Furcht anderer sich nur lustig machte und meinte, sie könne selbst sich so besegnen, dass der Böse ihr nichts anzuhaben vermöge. Sie besegnete sich und ging also alleine. Ein Kreuz bezeichnet jetzt noch die Stelle, wo der Teufel draussen unter freiem Himmel sie ergriff, hoch in die Luft entführte, dort ihren Leib — denn der Seele konnte er wirklich nichts zu Leid tun — durch ein feuriges Rohr zog und dann Glied um Glied zerriss, weitherum dieselben verschleudernd. Man fand einen Arm, wo das gemeldete Kreuz steht, auf dem zum Andenken jetzt noch ein Arm abgebildet ist.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Kindendes Erdweibchen in Uri

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Jost Gisler ist Senne, Gemsjäger und zugleich der Dorfwirt von Unterschächen in Uri. Er hat als Führer durchs Gebirge letzten Sommer folgende Geschichte erzählt. Wenn man von Unterschächen auf dem Wege gegen die Balmwand geht, unter welcher die Stäubi stürzt, so kommt man zur Quelle des eingegangenen Schächenbades, sie sprudelt warm aus dem Felsen hervor. Hier vorbei wollte einst die Hebamme des Dorfes zu den Sennhütten am Sidliberg hinauf. Da wo sich die Felswände zu einer Kluft verengern, wurde sie von einem Wilden Mannli angeredet und gebeten, mit ihm zu kommen und einem Herdwibli Beistand in Kindesnöten zu leisten. Sie tat’s und erhielt zur Belohnung eine Schürze voll dürrer Erlenblätter. Da sie das Geschenk missachtete, so sprach das Mannli, indem er sie zum Felsen herausbegleitete, warnend:  Je meh dass du verzatterist, Je weniger du hattist! (Stud. Arnold Zschokke von Aarau.)  Sage aus Reitnau Band 3.1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962, S. 103 - 104 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Kinder, hütet euch vor dem Haaggenmanndli

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Im ganzen Lauterbrunnental treibt das Haaggenmanndli sein Unwesen. Obschon von Gestalt klein und unscheinbar, ist es stark wie ein Baum, hinterlistig und verschlagen. Diesem Kobold, dem ist im wildesten Wildwasser so wohl wie dem Fisch und in der Luft so wohl wie dem Vogel. Jahraus, jahrein ist das Manndli erpicht auf Menschenfleisch — jawolla! Mit ganz besonderer Vorliebe geht es aus auf Kleinkinderfleisch, denn das ist weich und zart und, wenn gebraten, gar knusperig! Von der ersten Taghelle, die von den Gipfeln in den Talgrund sinkt bis zur Abendfinstri, die von den Taltiefen zu den Höhen emporsteigt, ist es ohne Ruh und Rast auf der Lauer. Es ist überall und nirgends. Aber am häufigsten trifft man diesen gefrässigen Passauf an den beiden Ufern der Lütschine vom letzten Haus in Sichellauinen bis hinaus zum Lütschisand am See. Nicht nur am Wasser, auch an den Rändern der Mürren-, Schiltwald- und Hunnenfluh, ist es emsig auf dem Lugaus. Das Haaggenmanndli hat einen langen, langen, zähen Eschenstock und vorn dran einen scharf gebogenen Haken wie ein Gyrenschnabel. Kommt ein Kindli zur rauschenden Lütschine und wirft Blümlein, Holz, Tannzapfen oder dergleichen hinein, um zu schauen, wie sie trudeln in den Strudeln, dann langt es mit dem grässlichen Haken hinter einem wasserumbrausten Stein herauf oder unter einer Mutte der Böschung hervor. Der Haken, der greift blitzschnell um ein Bein — ein Ruck — ein Platsch — und das hungrige Haaggenmanndli hat seine Speise! In der Lütschine frisst es die armen Kinderlein roh und gibt die zarten Knöchlein den grossen Fischen. Aber vom Fluhrand, wo die vielen Beeren und Blumen allzu bunt leuchten und allzu gut duften, da häkelt es die Unvorsichtigen herunter, brät sie ohne Federlesen in den finsteren Balmen hoch in den Flühen, die ja jedermann vom Talgrund aus wohl sehen, aber nie und nimmer erreichen mag. Die kreischenden Dohlen und die schwarzen Raben zanken um die Reste. Quelle: Hans Michel, Ein Kratten voll Lauterbrunner Sagen. Wengen 1936. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Kinder, schlittelt nicht beim Mondenschein!

Source: Kinder, schlittelt nicht beim Mondenschein!

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In Mürren, dem Dorf über dem Abgrund, greift des Bauers Sense bis auf die vorderste Fluhkante, und da blüht auch die letzte Zeile der Kartoffelstauden wie ein Mejenbeet. Keinem Bergbauern ist es je eingefallen, hier einen Hag zu errichten; der ist ja nur für das Gvicht, der Mensch, der kann selber schauen, wo er tritt und dass er nicht fällt. In alten Zeiten, als kaum anderthalb Dutzend sonnenbrandbraune Holzhäuser standen, führte der Allmiholzschleif über das Raindli im Dorf in der Richtung gegen die Balmen ob dem Abgrund. Zu Schneeszeiten warnte jede Mutter ihre Kinder vor dem Schlitteln im Holzschleif beim Mondenschein, denn in diesen Höhen oben giesst das grosse Nachtgestirn einen besonders hellen, trügerischen Glanz über die weiten, glitzernden Felder. Und am Rande wartet das Verderben auf unfolgsame Kinder. An einem mondhellen Winterabend zogen Mürrenkinder heimlicherweise einen grossen Handschlitten aus einem Holzscherm. Unten auf den Balmen ritten sie darauf nach Herzenslust, Auf knirschenden Kufen glitt ein grosser Haufen junge Seligkeit weichwellige Hügel hinab. Das kicherte und lachte und quietschte vor lauter Lust! Der älteste Bube umfasste mit kräftigen Fingern die Hörner des Handschlittens und wies ihm mit leicht gespreizten Beinen den stiebenden Weg. Auf einmal, als die Kinder sich oben wieder auf den Schlitten setzen wollten, erschien in der weissen Welt hinter einer Bodenwelle hervor ein grasgrünes Männdi. Es herrschte sie an: "So, jetzt will ich euch den Handscher auch einmal weisen!" Sie wagten keine Gegenrede. Nun ergriff dieses die Schlittenhörner und wies der fröhlichen Fuhr den Weg. Huii — wie war das ein schauerlichwohliges Sausen im harschen Schnee! Aufs Mal glitt das Männdi mit der ganzen Schlittneten hinunter auf die Fluh. Ein Meitschi, das hinten sass, erkannte im allerletzten Augenblick, zuvorderst auf dem Rand die Gefahr und rief: "Oh, Herr Jesses, Herr Jesses!" und liess sich vom Schlitten fallen. Mit den andern fuhr der Unhold über die so grausam hohe Wand zweieinhalbtausend Fuss hinunter in Tod und Ewigkeit. Quelle: Hans Michel, Ein Kratten voll Lauterbrunner Sagen. Wengen 1936. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Kindergeschrei

Source: Kindergeschrei

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In den Bergen um Ursern hören sie manchmal ein wehmütiges Kindergeschrei. Gewöhnlich fällt schlecht Wetter ein oder ereignet sich ein Unglück. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Kinderlosigkeit

Source: Kinderlosigkeit

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Pfarrer Isenmann zu Schattdorf († 1775) habe einmal gepredigt, es sei ihm während seiner Amtstätigkeit aus der ganzen Pfarrei keine Seele verloren gegangen; nur über das Seelenheil von drei Ehepaaren sei er im Ungewissen; das eine habe sich immer gezankt, das zweite habe nur ein und das dritte gar kein Kind gehabt. Katharina Gamma, 50 Jahre alt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Kinderlosigkeit verschuldet und gesühnt

Source: Kinderlosigkeit verschuldet und gesühnt

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Vor langer Zeit lebten zwei Eheleute, die kinderlos waren — aus eigener Schuld. Das Gewissen mahnte und sie beichteten. Da hiess es überall, sie müssten die Lossprechung beim Papst zu Rom selber holen. Was war anders anzufangen, als dahin zu pilgern? Der heilige Vater absolvierte, aber gab unter anderm zur Busse aus, dass während der Heimreise sie nie im gleichen Zimmer übernachten sollten. Und möge auch im Gehalte der einen Ehehälfte nachts was immer für ein Lärm entstehen, unter keinen Umständen dürfe die andere Person nachschauen. Sie gelobten dies alles treu zu beobachten und hielten Wort. Denn als eines Abends sie in einer Stadt Herberge nahmen, und in der Nacht im Gemach der Frau lange Zeit hindurch ein grosser, sonderbarer Tumult dem Gatten sich hörbar machte, ging er nicht hin, um zu sehen, was es sei, obschon er sich sehr dazu versucht fühlte. Erst am hellen Morgen, als eine geraume Weile schon wieder tiefe Stille war, öffnete er die Türe der andern Schlafkammer. Da flog eine weisse Taube heraus und am Boden lag - blutig entstellt und zerrissen - die Leiche seiner Gattin, deren Seele jetzt als Kind der Seligkeit in Taubengestalt sich zum Himmel schwang.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch. 5


by Kinderpopanzen

Source: Kinderpopanzen

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a) Auf dem Hundsrügge, einem langgestreckten Hügel am genannten Orte, zwischen dem Rotsee und Buchrain lebte einst ein böses Weib. Der Furie zu entgehen nahm ihr Mann Handgeld, zog in den Krieg und fand bald den Tod. Die Frau daheim freute es, wieder ledig zu sein, in der Hoffnung einen neuen Ehegenossen nach ihrem Herzenswunsch zu gewinnen. Allein sie blieb des Freiers bar und ging deshalb endlich auf schauderhafte Gedanken ein. Sie schrieb es nämlich dem Umstande zu, dass sie aus der ersten Ehe zwei Töchter hatte, dass um die Mutter keine Werbung erfolgte. Winterszeit war da, der waldige Hundsrügge tief mit Schnee bedeckt und grosse Kälte herrschte; kurz die Umstände der Zeit und des Ortes begünstigten den Plan einer Rabenmutter. Sie wartete die beste Gelegenheit ab und führte, von den Nachbarn unbemerkt, die Mädchen weit weg in den tiefen Tann hinein, wo sie sich ihnen entzog und nach Hause eilte. Die armen Kinder suchten umsonst die Spuren der Mutter und den beschneiten Pfad nach Hause. Kälte und Hunger, die schlimmen Bundesgenossen der Mörderin, halfen das ihrige mit, dass in einigen Stunden zwei Kindesleichen erstarrt da lagen. Des andern Tages eilte die heuchlerische Frau jammernd und händeringend in die nachbarlichen Häuser, die Mädchen zu erfragen. Fremdes Mitleiden bot allem auf, die Verlorenen zu entdecken, jedoch, bei diesem Wetter, umsonst. Erst lange hernach fand ein Holzhauer die beiden Entseelten fest umschlossen in einer Decke von Schnee und Eis. Indessen wachte in der ahnungsvollen Brust manch' eines Umwohners der leider nur zu wohl begründete Verdacht schrecklicher Untat wider die Verbrecherin auf, die Freier kamen nicht, sie flohen vielmehr und - als es wieder Winterszeit war, stürzte eines Tages eine Wahnsinnige dahin in jenen Tann zum Orte, wo die Leichname gelegen. In furchtbaren Tönen stiess sie die Namen ihrer Kinder aus, wühlte sich die Finger im eisigen Boden blutigwund und wühlte tief und tiefer, immer umsonst die Kinder suchend, bis sie endlich erschöpft dahinsank und dann verendete. Jetzt irrt sie noch umher bei dunkeln und kalten Nächten in den Wäldern und Klüften jener Gegend. Und wenn etwa arme Kinder dort im beschneiten Forste Reiser sammeln, hören sie oft ganz nah eine Stimme, die bald stöhnt, bald ächzt, bald jammervoll schreit und unter dem ängstlichen Rufe: „Das Nachthuri", eilen sie verstört nach Hause, um nicht vom Unhold erwischt und in den Sack geschoben zu werden.   b) Bölimann ist ein ebenso allerorts gebrauchter Schreckname, der einen bösen, Kinder in seinem Sack entführenden und ausser der Menschennatur stehenden Butz andeutet. Er ist überall und nirgends zu Hause. Die Ableitung des Wortes ist dunkel. In Unterwalden nennt man ihn auch Bölibautsch. - Den Bölimann muss bisweilen der Geuggel, 's Bauggi vertreten.   c) Der Böggel steht ebenfalls dem vorigen nahe und ist nach Rochholz von Bock abzuleiten. Um Lungern muss der Nachtböggel die Kinder heimjagen.   d) Das Mamuggi und Seemuggi, womit man in Zug die Kinder bedrohte, enthält ebenfalls den Begriff des halbunterdrückten Schreiens, „Müggens".   e) Nachtheuel muss wiederum in vielen Gegenden den Kinderfeind spielen. Diese denken dann wohl an die zunächst liegende Erklärung des Namens und stellen sich eine böse Eule, Heuel, Hüwel, Hu, Hau vor. Den ursprünglichen Zusammenhang mit Frau Holle hat das Volk vergessen und erst die Wissenschaft hat ihn wieder hergestellt.   f) Ganz lokal dient in Rickenbach das Bogetegüggi zum Kinderschreck. Der Bogetewald ist sein Bezirk, in dem es gerne Vorbeigehende neckt und ihnen „aufhockt", dass sie 's unter Angst und Keuchen eine Strecke weit tragen müssen.   g) Wie man an einigen Orten mit der Sträggelennacht die Kinder schreckt; so geschieht dies um Kerns in Obwalden mit der „Stüpfelenacht", weil da eine böse Hexe herumläuft und die unfolgsamen Kleinen stüpfelt und plagt.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Bei Teilen dieser Sage gibt es keine genaue Zuordnung zu einem der fünf Kantone. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Kinderraub durch die Sträggelen

Source: Kinderraub durch die Sträggelen

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Um Weihnachten sind die Sträggelennächte. Zu Fischbach, einem alten Dorf zwischen Zell und Grossdietwil, ist eine Hofstatt, die heisst: Tschägglen. Dort war ein böses Kind, bei dem weder Schelten noch Strafen fruchtete. Es war gerade in einer Sträggelennacht, da es wieder so ungezogen sich benahm. Die Leute drohten ihm mit der Sträggelen, doch kehrte es sich nicht daran. Jetzt stellte man sich, als ob es Ernst gelte, streckte das Kind zum Fenster hinaus, rief der Unholdin zu, es mitzunehmen - plötzlich wurde das Unglückliche aus den Händen gerissen und im Sturme entführt; man hörte es noch einige Zeit schreien und hat dann nie wieder etwas von ihm vernommen.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Kindertötende Hexe

Source: Kindertötende Hexe

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Auf Wisoberg in Nidwalden lebte eine Unholdin, welche oft sich habe verlauten lassen, sie gehe nach Deutschland um Kinder zu töten.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Kindleinsmord

Source: Kindleinsmord

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An der Treib, Brunnen am Waldstättersee gegenüber, war Hochzeit. Der Spielmann hatte sein Kind bei sich und schiffte abends mit ihm auf dem See heim nach Gersau. Ich weiss nicht, wie es kam, aber das Kind musste hungrig von dem Orte hinweg, wo andere vollauf Freuden, Essen und Trinken genug genossen hatten. Flehentlich bat es den Vater um Brot. Er verheisst zu geben, wenn es ihm drei Rätsel löse. Frage und Antwort lauteten: Was ist linder als Vogelflaum? Der Mutterschoss. Was ist süsser als Honigseim? Die Muttermilch. Was ist härter als Kieselstein? Dein Vaterherz. Jetzt ergriff der Unmensch das arme Geschöpf, zerschmetterte es am Felsen und verbarg die Leiche darunter. Einen Schuh desselben fand man hernach bei Gersau nächst einer Fluh, die deshalb den Namen zum „roten Schuh" erhielt. Der Mörder nahm Handgeld und zog in fremden Kriegsdienst. Dort sass er einst mit andern Soldaten beim Glas Wein und Gott fügte es, einer kam auf den Satz, wie nichts Böses verborgen und ungerächt bleibe. Es ist ein altes Sprüchwort: Der Wein löse die Zunge! Und so widersprach der Schuldbeladene der gemachten Behauptung. Nicht immer komme etwas an den Tag, er wisse es. Nun nahmen die andern ihn schnell beim Wort. Er soll's beweisen; und wie er jetzt merkt, dass er zu viel gesagt, wird er erst recht verlegen und schamrot. Kurz, es kam an den Tag und Blut forderte Blut. — Der Stein, an dem er das Kind erschlagen, soll vor etwa zwanzig Jahren zertrümmert und als Kalk verwendet worden sein. Nahe dabei erhält jedoch die Kapelle zum Kindleinsmord die Sage in frischem Andenken. Sie steht nachweislich seit 1570.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Kinzhalden-Joggeli bei Eiken

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Auf der Waldhöhe der Hard zwischen Siffelen und Laufenburg am Rheine kommt man an einer hohen Halde vorbei, die Auf dem Kinz heißt. Oben wird sie klüftig und hat mancherlei Erdlöcher von verrufener Tiefe; namentlich zwei bis drei solcher kennt man jetzt noch als besonders gefährliche und hat es ungerne, dass ein mit dem Berge nicht wohl Vertrauter nach ihnen suche; denn sie sind stark mit Gesträuch umwachsen und man könnte unversehens hinab stürzen. Das sind lauter Erdmännchenlöcher. Sie führen jäh in Abgründe; drunten aber beginnt eine Höhle, die mit vielen Verzweigungen von grosser Weite unter dem Rheine hindurch geht und erst auf dem drüben im Badischen liegenden Egghaldenberge wieder mündet. Dorten in der sogen. Halde, einer steilen Anhöhe beim Dorfe Wallbach am Rheine, liegt die Erdmännlisstube, und als man daselbst neulich Georg Büttners Keller grub, traf man in der Tiefe unvermuthet auf einen hübschen Backsteinboden. Wenn daher die Wallbacherkinder nicht aufs Wort folgen wollen, so droht man ihnen heute noch: „Wart, die Erdmännchen holen dich in ihre Stube hinauf!“ Früher nun waren die Erdmännchen auf der Kinzhalde beinahe der tägliche Besuch im Dorfe Eiken, sie halfen jeder Magd grasen, jedem Knechte reuten. Später aber sind sie ganz für sich geblieben. Daran soll der Kinzhalden-Joggeli schuld gewesen sein, der jetzt in diesem Hardwalde haust, sich mit ungeheurer Schnelligkeit von einem Orte zum andern bewegen kann und bald als grüner Jäger, mit einem Dreiröhrenhut auf dem Kopfe, die Leute erschreckt, bald gar als ledig umher laufendes Ross sie in die Jrre führt. Die einen sagen, er sei ein reicher Bauer von Kaisten gewesen, der seinen Nachbarn Alles abstahl und abzwängte, und nun müsse er in seinem alten Hause noch immer das gestohlene Korn hüten. Andere aber erzählen einlässlicher, er habe Winter geheissen und ein gleichnamiger Ortspfarrer von Kaisten, der in diesen Zwanziger-Jahren starb, sei sein Enkel gewesen. Am meisten ist er den Fuhrleuten aufsässig und kann das Kutschieren durchaus nicht leiden. Schon zu den Franzosenzeiten (1798) war dies so seine Art. Ein Frickthaler-Knecht hatte damals wohl mehr als fünfzig Malter Korn schon durch den Hardwald gefahren, und mochte er nun auf jede Seite des Wagens gehen und unten in der Schleife den schärfsten Hund mit sich führen, allemal zog ihm hier der Joggeli den Long (Achsennagel, Lünse) aus den Rädern, und der Wagen warf um. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 291 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch  


by Kinzhaldenjoggeli als Jäger und Ross

Source: Kinzhaldenjoggeli als Jäger und Ross

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Ein reicher Bauer von Kaisten im Frickthale pflügte seinen Feldnachbarn die Grenzfurchen ab, stahl ihnen zur Aerntezeit die aufgeschoberten Zehentgarben und war noch überdies ein Trunkenbold und ein Schwörer. Dafür musste er nach seinem Tode in dem Hause, das er bewohnt hatte, das gestohlene Korn hüten. Aber zu den heiligen Zeiten wüthete der Geist herkömmlich so sehr in den Stuben herum, stieg in den Stall hinab, quälte dorten das Vieh und jagte ihm den Schweiss aus, dass die Einwohner ihres Bleibens nicht mehr wussten und endlich das Besitzthum um eine geringe Summe losschlugen. Bald erschien auch der neue Käufer im Kapuzinerkloster mit dem Verlangen, man möchte ihm sein Haus besegnen. Die Mönche kamen, beschwuren den Geist in eine Branntweinflasche und führten ihn auf einem zweispännigen Wagen hinaus auf die Kinzhalde. So heisst eine bewaldete Hügelkette zwischen jenem Thalgrund, den das Bächlein Sisselen durchfliesst und dem Hardwalde, der gegen die Rheinufer bis Laufenburg sich hinzieht. Daselbst ist eine Gegend, bei der Breiten Eich genannt, ein „gezeichnetes Gestände“, wo das Hochgericht gewesen war; noch tragen die benachbarten Landstrecken Galgenacker und Galgenrain davon ihren Namen. Je näher die Rosse dem Ziele kamen, um so schwerer schien der Wagen zu werden, die Thiere brachten ihn kaum vom Platze. Endlich dorten angelangt, zog man der Flasche den Propf aus; sogleich fuhr auch der Geist mit einem solchen Getöse heraus, dass Fuhrmann und Kapuziner meinten, die Erde wolle untergehen. Seitdem führt er nun Betrunkene, die hier vorüber kommen, in der Irre herum oder setzt sie durch sein plötzliches Erscheinen in solchen Schrecken, dass sie darüber erkranken. Dem Strassenknecht, der zwischen Eiken und Sisselen den Weg zu machen hat und der ein arger Schnapstrinker war, sprang er auf den Rücken und liess sich bis zur Stangenlücke tragen, jenem Ziele, das die Geisterbanner ihm gesetzt haben. Dorten konnte der Wegmacher entrinnen, aber unter dem entsetzlichen Geräusche des Gespenstes verlor er Hut und Stock und verfiel in ein so schweres Siechthum, dass ihm alle Aerzte das Leben absprachen. Ein ander mal hatte ein Mann in dortiger Gegend sein Ross auf die Weide gethan und legte ihm Abends Zaum und Zügel an, um es wieder heimzureiten. Kaum war er aufgesessen, so wurde das Thier zusehends dicker und höher und blies sich schnell so gewaltig auf, dass der Reiter kaum mehr auf den Boden herunter sehen konnte. Er sprang ab und entlief. Das Ross ist niemals mehr heimgekommen, denn jener Teufel im Hardwalde hat es seitdem zu reiten. Der Kinzhaldenjoggeli soll eigentlich Winter geheissen haben und von Kaisten gebürtig gewesen sein; einen Ortspfarrer gleiches Namens, der erst in den Zwanziger-Jahren daselbst starb, soll alle Welt für den Enkel jenes Mannes gehalten haben. Auch soll noch an des Altgrossrath Winters Haus in Kaisten ein Stall sein, in welchem man lange kein Stück Vieh halten konnte. Man meint, man habe einen frühern Besitzer pfänden wollen und er habe sich drinnen erhängt. Dieser Winter war als österreichischer Untervogt über Eiken gesetzt und missbrauchte seine Gewalt aufs unbarmherzigste. So oft er Rekrutierungen vorzunehmen hatte, schickte er alle Leute, deren Aecker ihm gerade ins Auge stachen, als Soldaten fort und wusste sie schon in solche fremde Winkel, ja bis in die Türkei hinzuschieben, wo sie ihr Leben lang den Rhein nicht mehr zu sehen bekamen. Aeltere Männer, die er nicht mehr aus dem Lande schaffen konnte, behexte er und machte sie oft so irrsinnig, dass sie aus Täubi (Tobsucht) ins Wasser sprangen. Dann wurde der Vogt der Verwalter ihrer Hinterlassenschaft. So hatte er einmal während einer grossen Hungersnoth einen Familienvater an die Werber verhandelt; der arme Mann wusste sich und den Seinigen nicht Rath und Hilfe mehr, und begieng in der Verzweiflung eine schreckliche Unthat gegen sein eigenes Blut. Daher begegnet man an den Schluchten der Kinzhalde jetzt noch einer schwarzgekleideten hagern Gestalt, die ein bis zum Gerippe abgehungertes Kind dorten aus den Armen legt und dann lautheulend sich die Brust zerschlägt und die Haare ausrauft. Denn eher als jener Mann seine hungernden Kinder unversorgt im Stiche lassen wollte, stürzte er sie lieber in diese Kluft der Kinzhalde, die davon den Namen Kindshalde bekommen haben soll. Der Vogt war auch ein leidenschaftlicher Jäger und wusste durch Zaubermittel das Wild im Forste festzubannen. Einmal sah er von der Halde herab im kleinen Weinberg am Südabhange von Eiken einen Hasen in der Gasse, und schoss von oben herunter nach ihm. Aber an diesem erbärmlichen Thierlein musste der gewaltthätige Mann umkommen; sonderbarer Weise traf er sich selbst und starb auf jener Stelle. Als man seinen Leichnam fand, war er völlig schwarz geworden, und auch das Waldlaub, auf dem er lag, hatte sich mitgeschwärzt, zum Zeichen dass er dem gehöre, dessen Farbe er trug. Kaum ihrer Sechse konnten ihn zu Grabe tragen, aber je näher man dem Kirchhof kam, um so leichter wurde der Sarg. Da befahl der Pfarrer Rothenburger den Leuten, mit dem lauten Gebete aufzuhören und den Sarg noch einmal zu öffnen. Man fand ihn leer, obschon noch vor einer Stunde die ganze Gemeinde gesehen hatte, wie der Vogt brandschwarz drinnen gelegen hatte. Als seine alte Mutter nun vom Kirchhofe nach Hause zurückkam, rief er ihr schon vom Rauchfang übers Dach herunter spöttisch entgegen: „I bi d'heim no öb d'ihr!“ und in der Nacht darauf sah man ihn im Vogthause und in allen andern Häusern, die er sich im Dorfe zusammen gewuchert hatte, zum Fenster heraus schauen. Als man ihn darauf in die Kinzhalde beschwur, wusste er sich noch das Zugeständniss zu erzwingen, dass er sich alle Jahre um einen Hahnenschritt dem Dorfe wieder nähern dürfe. Man sagt, er werde nun bald Kaisten gänzlich erreicht haben und könne alsdann nicht wieder zurückgebetet werden. Inzwischen lärmt er noch im Hardwalde herum. Er soll sich unglaublich schnell von einem Orte zum andern bewegen können. Er geht in Jägerkleidung, trägt eine Flinte am Rücken und ruft sein fortwährendes Huhuh! Dann wird bei gänzlicher Windstille der Forst oft so heftig erschüttert, als wenn ihn der stärkste Sturm durchbrauste. Besonders ist er den Fuhrleuten und den Holzfrevlern aufsässig. Einen Dreiröhrenhut am Kopfe und einen Prügel in der Hand tritt er brüllend auf sie zu; oder er schleicht dem Fuhrwerk nach und zieht unvermerkt den Long (Achsnagel) aus, damit das Rad ausfällt und die Ladung stürzt. Wenn man nur einmal drüber flucht, während man den Long wieder einmacht, so wiederholt er augenblicklich seine Tücke. Weniger fürchten ihn die Holzfrevler. Ein Sisseler-Bauer, den er draussen beim Holzen angebrüllt hatte, entsprang zwar in der ersten Angst, weil er den Bannwart vor sich zu haben meinte; aber bald besann er sich wieder und kehrte um; Angesichts des altfränkischen Kerls nahm er seine Bürde Holz auf und sagte: So, bist's nur du! Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 183 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch  


by Kirchmaier zu Reitnau

Source: Kirchmaier zu Reitnau

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Der Kirchmaier war der reichste Bauer im Dorfe und der geizigste zugleich. Zum Lohne seiner Hartherzigkeit ist er nach dem Tode wieder gekommen, um in seinem eigenen Hause zu rumoren. Die Söhne wussten diesem öfteren Schrecken nicht anders abzuhelfen, als dass sie die Kapuziner im Luzernerlande bestellten und mit dem Geiste unterhandeln liessen. Der hält sich seitdem ruhig, aber es musste ihm eine besondere Stube im Hause hergerichtet werden. Sie ist unbewohnt, ohne Fenster, ganz schwarz ausgeschlagen, und mitten drinn steht ein schwarz überzogenes Bette. Jeden Morgen muss es frisch zurecht gemacht werden, und immer findet sich eine Vertiefung darinnen nicht grösser, als ob eine Katze da gelegen. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 302 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Kirschsteine werden zu Goldstücken

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An einem warmen Sommertag spazierte eine Magd vom Hofgut Witwald auf die Ruine Witwald, um hier zu stricken. Da lag auf einer Mauer ein Häuflein Kirschsteine an der Sonne ausgebreitet. Sie nahm ein paar davon in ihre Tasche. Als sie wieder daheim war, bemerkte sie, dass sich ihre Kirschsteine in lauter Goldstücke verwandelt hatten. Rasch eilte sie wieder zur Ruine zurück, um auch die andern zu holen. Aber da waren alle verschwunden, und mit leeren Taschen musste sie nach Hause gehen. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Klaus Leuenberger

Source: Klaus Leuenberger

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Wenn im Föhnwind die Emme anschwillt und das anstossende Schachenland bedroht, dann steigt aus den Nebelballen der Schächen eine grosse Männergestalt in wallendem Purpurmantel und schreitet durch die Strassen der Dörfer. Das ist Klaus Leuenberger von Schönholz. Mit starken Armen erfleht er den Segen des Himmels für seine liebe Heimat. Emmentaler Sagen, Hermann Wahlen, 1962 Gute Schriften Bern   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Klaus und Chrungele

Source: Klaus und Chrungele

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Klaus und Chrungele Wenn der Winter seinen Schnee herniederstreute, Wald und Flur und Berg und Tal im weissen Gewande schimmerten, o wie wohl wurde mir dann - so schreibt Jakob Stutz -, und je heftiger es schneite und stürmte, desto grösser war meine Freude... Sah ich hie und da Nebelwolken im Walde aufsteigen, glaubte ich bestimmt, das sei Rauch aus der Küche des Klauses, wo er eben jetzt das schöne, weisse Zuckerzeug backe, wie die Mutter mir oft erzählte; dann durchfuhren mich Schauer von Freude und Furcht, sprang eilends in die Stube, verbarg mich hinter den Ofen und malte mir da alles noch recht bunt und schön und fürchterlich aus, besonders die Chrungele, des Klausen Frau, die so dick sei, wie ein Güllenfass, welche durch die Strassen und in die Stuben hinein „rugele“ und jeden, welcher ihr kein Geld gebe, mit einem grossen Prügel totschlage. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Wörtlich aus Stutz, S. 106. Siehe auch Messikommer I, S. 135. Id.3, 833 s.v. Chrungeli, „Chlungere“ oder „Chrungele“ als Weihnachts-, in Bauma als Fastnachtsgespenst. Hwbd A. 6, 1478 - 1492 „Perchta“ (Schwarz). Vgl. E. Stauber, Sitten und Bräuche II, 199 (124. Neujahrsblatt der Hilfsgesellschaft Zürich).   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Kleider für das wilde Männlein

Source: Kleider für das wilde Männlein

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In Safien zuhinterst im Tal hütete ein wildes Männlein mehrere Jahre die Kühe, wofür man ihm dann Milch zu trinken gab. Die Kühe befanden sich sehr wohl dabei und gaben viel und gute Milch, denn das Männlein kannte die besten Weideplätze und Kräuter und war ein äusserst aufmerksamer Hirt. Endlich einmal verfertigte eine Frau ihm ein Paar lederne kurze Höslein und zog rote Schnüre hinein und legte die Höslein dem wilden Männlein hin. Als dieses dieselben angezogen hatte und sich betrachtete, da fing es an zu lachen vor Freude und wurde stolz, warf den Hirtenstab weit weg und eilte davon und liess sich nicht mehr sehen. Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Kleine Dubelchen

Source: Kleine Dubelchen

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aus den Mutten, in denen die wilden Leutchen ihre Gemsenmilch aufgestellt hatten, am Sonnig-Wychel im Fellital gefunden zu haben, behauptet allen Ernstes ein Mann aus dem Ried bei Amsteg. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Kleinkinderbaum

Source: Kleinkinderbaum

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Unter den Zinsgütern des Dorfes Koblenz verzeichnet der Zinsrodel der Klingnauer Probstei v. J. 1664, pag. 192 b. die Söthenzelge, deren Grenze auf dem Ried der Kindlibirnbaum ausmacht. In der Tegerfelder Zelge Zur Lindert am Rückfelde macht der Kindlibirnbaum im Vilbalchen die Ackergrenze aus (ibid. pag. 48 b.). Gleichfalls heisst eine Zelge am Schnaisinger-Brühl aus Acker- und Staudenland bestehend, die Kindsetzi (ibid. Pag. 136 b.). Eine eigene Gattung runder kleiner Mostbirnen heisst auch heute noch Kindlibirnen. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 87 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Kleinkindersteine

Source: Kleinkindersteine

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а)  An der Burgfluh bei Wölfliswil (Frickthal) wird ein isoliert stehender thurmförmiger Fels der Ankenkübel genannt. In ihm steht der Kleinkindertrog. Donnert es, so sagt man solchen Leuten zum Troste, die eben ein Kind durch den Tod verloren haben, es ist wieder ein Stein von der grossen Fluh herunter gepoltert, jetzt kann die Hebamme wieder ein anderes heraus holen. Beklagen sich die Geschwister, dass ihnen statt des verhofften Brüderleins schon wieder ein Schwesterchen gebracht worden sei, so entgegnet man, die Hebamme muss diejenigen zuerst dorten herausnehmen, die am meisten schreien. Eine Felsvertiefung dabei heisst die Waldbruderhütte; ein Eremit soll hier gewohnt haben und von den Kaiserlichen oder Franzosen erschlagen worden sein. b)  Beim Fluchbrunnen im Walde Honderen zu Nesselnbach im Freienamte, liegt der Fluchstein (Flühe), ein Fels, aus dem man bereits zwei Wohnhäuser gebaut hat. Er ist für die dortige Gegend des Reussthales der allgemeine Kleinkinderstein. c)  Bei Wegenstetten im Frickthale liegt in den Feldern der Mariastein, auf dem die Arbeiter zu ruhen pflegen. Vor Mannsgedenken noch hat man in ihm die Maria zu regelmässigen Zeiten gar schön singen hören. d)  Der sogen. Kindlistein, den man für das Ueberbleibsel einer römischen Hermessäule hielt, stand im Jahre 1836 unweit römischem Gemäuer am Karstenbühel, einer kleinen Anhöhe, die nun von dem Strassenzuge zwischen Zürich und Baden durchschnitten wird. G. Meyer- Knonau, der Kant. Zürich 1, 64. e)  Alter Weiber Morgengabe heisst ein eiförmiger Fels, der frei aus dem Vierwaldstättersee beim Dorfe Treib hervorragt. Aus diesem Felsen sollen die kleinen Kinder geholt werden. Lusser, Knt. Uri, pg 124. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 87 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Kloster Fahr

Source: Kloster Fahr

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Kloster Fahr Nach der Überlieferung sollen Lütold von Regensberg und seine Gemahlin Judenta das Klösterlein Fahr an der Limmat gestiftet haben, weil ihr Sohn in diesem Fluss ertrunken ist. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Limmattal Aus den „Sagen aus dem Limmattal“. Quellen sind dort nicht angegeben. Laut Vorbemerkung wurden die Sagen durch Sekundarlehrer K. Klenk „durch Schulaufsätze“ gesammelt.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Kobold Beckli in Kirchleerau

Source: Kobold Beckli in Kirchleerau

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Im Hause des Alt-Ammanns von Kirchleerau lebte seit langer Zeit ein Hausgeist; aber niemand verwechselte ihn etwa mit einem Gespenste oder mit einer armen Seele, sondern er war eben ein kleines verschrumpftes altes Männchen, das man herkömmlich mit zur Familie rechnete. Täglich erhielt er sein Schüsselchen Milchbrocken, mit jedem Neujahr sein neues Zwilchkleid, es war gerade so gross wie für einen Knaben. Dafür rüstete er aber auch Jahr aus, Jahr ein das Viehfutter, putzte die Küche, zöpfte und flocht den Rossen Mähne und Schwanz, und nie gab's im Stall einen Unfall. Da der alte Gemeindeammann starb und seine aufgeklärten Kinder jenes übliche Neujahrsgeschenk unterliessen, blieb auch das Beckli aus. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 285 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Kobold und Ameise

Source: Kobold und Ameise

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Ein Füchslein spazierte eines Tages gemütlich im Walde umher und als es müde wurde, wollte er wieder zurück in seine Höhle, um sich auszuruhen. Aber O weh! Es konnte nicht hinein, denn in seiner Höhle saß ein Kobold, der schaute es böse an und rief: «Mach, dass du fortkommst; hier bin ich jetzt zu Hausel»     Ganz erschrocken ging der Fuchs zum Bären und sagte: «Ach, lieber Bär, in meiner Höhle sitzt ein böser Kobold. Der schreit mich an und lässt mich nicht mehr in mein Haus hinein. Bitte, hilf mir doch, den Kobold zu vertreiben, damit ich wieder in meiner Höhle wohnen kann.»          Der Bär tröstete das Füchslein und sagte: „Ich werde den bösen Kobold vertreiben!“, und mit schweren Schritten tappte er zusammen mit dem Füchslein zur Höhle. Wie die beiden näher kamen, hörten sie auch schon den bösen Kobold brüllen: «Macht, dass ihr fortkommt, oder ich fresse euch mit Haut und Haar» Da erschrak der Bär gewaltig und lief so schnell er konnte wieder fort und liess das Füchslein allein zurück. Das Füchslein bat nun den Wolf um Hilfe: «Ach, lieber Wolf, in meiner Höhle sitzt ein böser Kobold, der schreit mich an und lässt mich nicht mehr in mein Haus hinein. Bitte, hilf mir doch, ihn zu vertreiben, damit ich wieder in meiner Höhle wohnen kann.» Der Wolf will dem Füchslein gerne helfen. Wie sie aber zum Fuchsloch kommen, schreit der Kobold wieder: «Macht, dass ihr fortkommt, oder ich fresse euch mit Haut und Haar!» Als der Wolf dies hörte, bekam er Angst und sprang schnell davon. Jetzt sass das Füchslein ganz allein vor seiner Höhle und wusste sich keine Hilfe mehr. Da hörte es ein Krabbeln und eine kleine Ameise kam gekrochen und sagte: „Was ist denn mit dir, kleines Füchslein, dass du so traurig bist?“ Das Füchslein erzählte ihm alles, auch dass Bär und Wolf nicht helfen konnten. Da hatte die Ameise Mitleid mit dem Füchslein. Sie schlich leise, ohne dasss der Kobold es merkte in das Fuchsloch hinein und kniff und zwickte und zwackte den Kobold, bis er es nicht merh aushielt und wie der Blitz aus der Fuchshöhle sprang und im Wald verschwand. Das Füchslein aber konnte wieder in seine Höhle einziehen und sich endlich ausruhen.   Quelle: Fassung Djamila Jaenike, nach: F.J. Vonbun, in: Alpenmärchen, 1910 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Kohlen auf der Brücke

Source: Kohlen auf der Brücke

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In St. Niklaus wollte einst ein Hirt abends spät seine Geliebte besuchen. Der Weg führte ihn über die Vispe, und zwar an einer Stelle, wo sie in einer tiefen Felsenschlucht rauschte und worüber nur eine schmale Bretterbrücke führte. Da sah der Hirt, was ihm sonst niemals widerfahren war, einen Haufen schwarzer Kohlen auf der Brücke liegen. Sie versperrten ihm den Weg. Ihm war nicht recht zumute; doch fasste er sich ein Herz und tat einen tüchtigen Sprung von einem Ende der Brücke bis zum andern. Der Teufel, der aus dem Dampf des zerstobenen Kohlenhaufens auffuhr, rief ihm nach: «Das war dir geraten, denn wärest du zurückgetreten, so hätte ich dir den Hals umgedreht, wärest du auf die Kohlen getreten, so hättest du unter ihnen versinken und in die Schlucht stürzen müssen.» Zum Glück hatte der Hirte, trotz den Gedanken an seine Geliebte, nicht unterlassen, vor dem Kapellchen der Muttergottes hinter St. Niklaus wie immer sein Ave zu beten. ST.NIKLAUS Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Kohlen in Gold verwandelt

Source: Kohlen in Gold verwandelt

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In Dangstetten, am rechten Rheinufer, lag eine arme Wittwe im Siechtum, das Spinnen ihrer fleissigen Tochter brachte nicht einmal so viel Geld ins Haus, als allein die Arzneien kosteten, und dazu kam eben noch die grosse Plage verlassener alter Frauen, ein äusserst strenger Winter. Die Tochter war eines Tages weit in dem Wald hinaufgestiegen um ein Bündelein dürres Leseholz, da stand mit einem Male ein Männlein unter den Tannen, das gar freundlich drein sah. Es hatte ein grünes Röcklein an, dazu Kniehosen, weisse Strümpfe und Schuhe mit Silberschnallen, aber auf dem Kopfe trug's einen so überaus grossen Dreiröhrenhut, dass man sich hatte fürchten mögen. Doch dazu liess es der Kleine gar nicht kommen. „Heb die Schürze dar“, sprach er artig zum Mädchen, dies da gehört für die Mutter, hab Sorge dazu und brings gut heim, es hilft gegen Kälte, Hunger und Schwindsucht. Damit warf er ihr drei glühende Kohlen in die Schürze und war verschwunden. Das Mädchen fürchtete sich nicht mehr, als sie sah, dass die Kohlen ihr das Kleid nicht versengten. Sie nahm ihr Bündelein Leseholz auf den Kopf und sprang damit heim. Als sie da vor der Mutter die Schürze auftat, lagen drei rote Klümpchen Gold drinnen. Noch schneller sprang nun das gute Kind nach Zurzach in den Flecken hinüber zum Arzte, den sie schon lange aus Armut nicht mehr hatte holen dürfen. Und der stellte denn auch die Mutter gar bald wieder her. (Karl Schmid von Zurzach.)  Sage aus Dangstetten Band 3.1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962, S. 119 - 119 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Kölpeli

Source: Kölpeli

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Kölpeli Auf der Ruchegg bei Oberwinterthur fand man Spuren einer römischen Ansiedlung. Dort soll eine wichtige Festung gestanden haben. Als die Feinde einmal über den Rhein her ins Land drangen, belagerten sie auch diese Burg. Ihr Kommandant hiess Kölpeli. Er war aber ein Verräter, unterhandelte mit den Belagerern und übergab die Festung widerstandslos. Der unrühmlichen Tat war auch ein entsprechender Lohn beschieden. Die Feinde stellten den Feigling in eine Grube und schütteten sie so zu, dass nur noch sein Kopf herausschaute. Dann warfen sie solange Steine nach ihm, bis sein Haupt vom Rumpfe getrennt war. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Winterthur und Weinland Nach P. Corrodi, Sagen Winterthur, 1916, S. 241. vgl. „Höltis Grab“. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Königin Bertha

Source: Königin Bertha

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Früher wurde das Land von der Reuß bis nach Frankreich hinein Burgund genannt. Es war ums Jahr 922 einem König Rudolf untertan. Die Frau des Königs hieß Bertha,eine schöne, gutherzige und in allen Dingen wohl unterrichtete Dame. Als Königin nähte sie ihrem Gemahl alle Kleider selber, ritt alljährlich im Lande herum, lehrte die Frauen Gärten anbauen, Hanf und Flachs pflanzen, auch spinnen und nähen. Wenn sie ausritt, so hatte sie immer ihre Kunkel und Spindel bei sich und spann selbst auf dem Pferd. Damals band man den Flachs wie heute auch an eine Kunkel; dann aber drehte man ihn mit den Fingern zu einem Faden, und wand diesen auf eine Spindel. In derselben Zeit aber lebte im Wälschland ein Mägdlein, das spann den feinsten Faden weit und breit. Als es einst ein Bund Garn, das schönste, das es gesponnen, fertig hatte, und es ihm niemand nach Gebühr bezahlen wollte, da brachte sie es der Königin zum Geschenk. Weil die Königin als gute Spinnerin das Garn zu schätzen wußte, freute sie sich über den feinen Faden. «Duhast fein gesponnen, meine Tochter!»sprach die Königin. „Deshalb gehe hin und binde den Faden an die Falle deiner Haustüre, und soviel Land du mit dem Garne umziehen kannst, soll dir und den Deinen eigen sein.“ Das Mädchen dankte und gewann für sich und seine Eltern das schönste und grösste Landgut der Gegend. Nach dem Tod der Königin kam im Lande der Spruch auf: «Es ist nicht mehr die Zeit, da Bertha spann!» Quelle: Sprachliches Lesebuch für die Anfangsschule im Kt. Solothurn, 2. Heft, Solothurn 1853   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Kopfloser

Source: Kopfloser

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Eine Frau Stadler erzählt, sie sei, als sie etwa 8–9 Jahre alt gewesen, bei hellem Tage durch den Butzen hinaufgegangen. Da gewahrte sie 3–4 m von ihr weg einen Mann in schwarzen Hosen, rotem Länder, weissem Hemd, aber ohne Kopf. Erschreckt ging sie weiter und hörte hagen in ihrer Nähe; deutlich hörte sie die Hagstecken einschlagen mit einem Beil, ohne aber etwas zu sehen. Voller Schrecken eilte sie heim. Spiringen. Schriftl. v. HH. Kapl. Truttmann Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Korallenbeeren

Source: Korallenbeeren

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Leider konnte mir niemand mehr sicher die Korallenbeeren bezeichnen; sie sind rot, und den Namen haben sie, weil die Kinder im Spiele korallene Halsbätti daraus anfertigen. Sehr häufig ist zwar auf Gurtnellen die Hagebutte, doch heisst sie meistens Dornäbützi. Eine Erzählerin sagt, sie hätte als Kind auch solche Halsbätti gemacht, es seien rote, giftige Beeren, die in den Hägen traubenähnlich wachsen. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Kornähren, Brot, Halm und Schaub

Source: Kornähren, Brot, Halm und Schaub

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Die Kornähren wuchsen einst ohne Halm vom Erdboden aus so hoch wie jetzt mit samt den Halmen. Zur Strafe der Undankbarkeit setzte sie Gott auf das jetzige Mass herab.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Köstliche Steine

Source: Köstliche Steine

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Durch die Tscherlacher Alp Sennis fliesst der Sagenbach. Dieser führt hinauf in eine Felsenbucht, zwischen Sichli und Gamsberg. In Eindrittelshöhe des letzteren sieht man eine tief und weit eingebohrte Grotte, „Goldloch" genannt. Von genannter Schlucht aus führt schrägauf ein 20 Meter breites, nacktes Felsband an diesen Ort, der nur von geübten, schwindelfreien Bergsteigern zu erreichen sei, und der Gang dahin müsse barfuss gemacht werden, um dem Fuss festern Halt zu geben.Von daher hätten die Venediger in alten Zeiten unermeßliche Schätze an gediegenem Golde geholt und zu den Alphirten gesagt: „Mancher Schweizerbauer wirft seiner Kuh einen Stein nach, der mehr wert ist als die Kuh selbst." O. Giger. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 349, S. 196 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Köstliches Laub

Source: Köstliches Laub

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Ä Gäissbüeb häig äu äinisch ä Läubhüffä-n-a'troffä und syg, wiä's äso Büebä machet, dri ummä gwattet. De häig'r aber wytt Schüeh agha, wiä-s' friähner gha hennt, und da syget Läubbletter dri k'ytt (g'hyä, im Unterland, k'yä, im Oberland = fallen). Dähäimä syget-s' lütter leetigi Goldstickli gsy. Aber der Läubhüffä häig'r nimmä miässä findä. Katharina Gamma, 50 Jahre alt, Wassen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Kraft der Alten

Source: Kraft der Alten

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Der Sagen gibt es unzählige, welche ausserordentliche Körperkräfte einzelner Menschen aus der Vorzeit erwähnen. — Einige sind schon angeführt worden. In Törbel wird erzählt: Auf der Furren haben die Zimmerleute beim Baue einer hohen Scheuer miteinander beraten, wie sie den Fürstbaum hinaufbringen könnten, der eben sollte aufgeschlagen werden. Weil sie nicht gleich einig wurden, rief man sie zum Abendessen, um da die Sache noch reifer überlegen zu können. Als die Arbeiter, nun im Plan einig, wieder erschienen, sieh! da ist der Baum oben und auf seinem Platze. — Ein gross gewachsener lediger Bursche, stärker an Körper als an Geist, horchte der Beratung der Zimmerleute zu; darum nahm er während ihrer Abwesenheit den Baum allein auf die Achsel und trug ihn hinauf an Ort und Stelle. — Von einem grossen und starken Weibe, Anna Kalbermatter, wird auch in Törbel erzählt, dass es einmal ihrem ziemlich kleingewachsenen Manne auf der Matte geholfen habe, dürres Heu zusammen zu rechen. Der Mann nahm eine für ihn etwas zu schwere Bürde auf den Kopf und hatte die Kraft nicht, selbe über die Leiter hinauf in die Scheuer zu bringen; er setzte darum ab und rief sein Weib um Hülfe herzu. Dieses kam gleich und schalt ihren Mann einen Nichtsnutz; band ihn dann mit einem Strick auf die Bürde nieder und trug in einem Zuge Heu und Mann die Leiter hinauf in die Scheuer. Die Familienstatistik von Zermatt erzählt, dass einmal zwei oder drei Söhne einen Zimmerbaum zogen, den sie nur mit grösster Mühe vorwärts brachten. Der alte Vater, der ihnen vom Hause aus zusah, ärgerte sich darüber; ging auf seinem Stock gestützt hin, jagte die Söhne vom Baume, sprechend: «Ihr unnützen Buben habt das Brot umsonst gegessen», und zog allein den Baum. Ferner ist zu lesen: Von Anton Furrer wird erzählt, er habe die Steinsäulen, auf denen das Portal der Kapelle in Winkelmatten ruht, getragen, eine Last die man jetzt keinem Saumtiere aufladen würde. Diese Säulen sind auf dem Mischisand, nahe am Gornerbache, ganz aus dem Felsen ausgehauen worden, und der Träger musste über ziemlich steile Felsen barfuss gehen, um sichern Stand zu haben.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Kraft des Abendgebetes

Source: Kraft des Abendgebetes

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1. In einem einsamen, entlegenen Berggütlein zu Attinghausen wohnten drei unheimliche Weibervölker. Bei ihnen kehrte eines Abends ein armer Fremdling ein und bat um ein Obdach für die Nacht. Sie boten ihm den Obergaden an, verheimlichten aber nicht, dass alle, die da schon übernachtet, getötet worden. Er fürchte sich nicht, meinte er und machte sich's im dürren Heu bequem. Dreimal betete er: I leggä mich i Gottes Kraft, I leggä mich i Gottes Allmacht, I leggä mich i das gettlich rosafarwene Blüet, Dass mich dië heilig Dryfaltigkeit dise Nacht a Lyb und Seel behiëtä tüet, B'hiët mich Gott vor der hellischä Glüet, (oder: »Dass miër kei beesä Find, kei beesä Geist kei Schadä tüet«). Dann entschlief er ruhig und zuversichtlich Um Mitternacht weckte ihn ein Geräusch und hörte er die Stimmen der drei Weibervölker hinter dem Gaden. Er guckte durch einen Spalt im Heutor hinaus und sah die drei unten an der Leiter. Das erste setzte seinen Fuss auf die Leiter und stieg drei Stufen aufwärts; dann hielt es inne und sagte: »Ich kann nicht mehr weiter, er liegt unter der Kraft Gottes,« und kehrte zurück. Das zweite erreichte die vierte Sprosse und wandte sich dann um, indem es klagte: »Ich kann ihm nichts antun, er liegt unter der Allmacht Gottes.« Das dritte hatte den obersten Seigel erklommen, als es umkehrte mit den Worten: »Wir können ihm keinen Schaden antun« er liegt ganz im göttlichen, rosafarwenen Blut«. Am nächsten Morgen fand der fromme Übernächtler die drei Hexen im Keller gehenkt und geschunden. Ferd. Dubacher, 30 J. alt. 2. Nach anderer Erzählart kamen um Mitternacht der Teufel und eine Anzahl Hexen in den Untergaden; die Hexen erzählten ihrem Meister rühmend, was sie tagsüber für Arbeit geleistet. Nur eine beklagte sich, sie habe den im Obergaden töten wollen, aber es sei unmöglich gewesen, er liege nämlich in Gottes Kraft, in Gottes Allmacht, in Gottes rosafarwenem Blut. (Schluss unbekannt). Barbara Gisler, 90 J. alt. 3. Drei Jäger übernachteten im Spätherbst im Meiental in einem einsamen Gädemli. Da machte einer den Vorschlag, sie wollten etwas miteinander beten, aber erst auf sein eindringliches Zureden machten sie mit. Sie verrichteten obiges Gebet. Um Mitternacht kamen drei Geister (wie oben unter 1.) »Das het allimal dië alt Gregoränä vo Meijä vor eppä 50 Jahrä z'Intschi hinnä v'rzellt«. Frz. Jos. Zurfluh, 75 J. alt, Intschi Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Kreuzegg

Source: Kreuzegg

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Als die Armee Suworows durchs Klöntal gegen Netstal vorstiess, wollte eine Abteilung über das Oberseetal den Franzosen in den Rücken fallen. Die Franken waren aber auf der Hut und empfingen die Feinde am Obersee mit heftigem Gewehrfeuer, so dass alle Angreifer bis auf einen fielen. Dieser wurde nachher, schwerverwundet, von den Bergbauern gefunden. Sie trugen ihn heim, um ihn zu pflegen, doch alle Salben und Tränklein halfen nichts mehr. Der Russe verschied, nachdem er seinen Wohltätern noch ein goldenes Kreuz gegeben und sie gebeten hatte, ihn am Ufer des stillen Seeleins, an der Seite seiner Waffenbrüder, zu bestatten. Der letzte Wunsch wurde ihm erfüllt, und man setzte an jener Stelle, wo der Berg etwas ins Wasser vorstösst, den gefallenen fremden Kriegern ein Kreuz. Heute ist es verschwunden, und an die ganze Geschichte erinnert nur noch der Name Kreuzegg.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Kreuzregen

Source: Kreuzregen

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Kreuzregen Im Jahre 1501 fielen den Leuten vielerlei schwarze, rote, blaue, gelbe, zumeist aber schwarzgraue Kreuzlein, auch Speere, Nägel, Geisseln und Dornenkronen auf die Kleider. Besonders bemerkbar waren sie auf den weissen Jupppen und Tüchlein der Frauen. Diese seltsamen Dinge wurden auch in verschlossenen Trögen und Kasten gefunden. Obschon etliche, nicht „ungelehrte Leute“ dies für ein Zeichen bevorstehender göttlicher Strafe hielten, glaubte man, sie seien durch die Kraft und die teuflische Kunst der Unholde entstanden. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Aus Mem. Tig. 1742, S. 554. Viele ähnliche Berichte finden sich in den sogenannten „Wickiana“   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Kreuzspinne

Source: Kreuzspinne

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Wenn das Vieh aus dem Stalle fortzieht, da zieht manchmal in den vereinsamten Ort das Gespenst hinein. Man kennt selbige Ställe jedoch daran, dass sie immer ganz frei sind von Spinngeweben. Vorübergehende spüren bisweilen, dass etwas ungeheür ist. Es weht ihnen etwa ein giftiger Wind zu, ein leises Frösteln überläuft sie und schnell bekommen sie dann um den Mund herum „Bläste".   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Bei dieser Sage gibt es keine genaue Zuordnung zu einem der fünf Kantone. Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Kriegsbeute

Source: Kriegsbeute

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Auch St. Georgen war am Rorschacher Klostersturm beteiligt. Als dann die Eidgenossen im Februar 1490 vor die Stadt St. Gallen zogen, kamen sie auch plündernd nach St. Georgen. Abt Ulrich schenkte den Schwizern von der Kriegsbeute die Glocke aus dem Kirchturm. Sie hängt heute noch zu Brunnen. Der Volksmund sagt aber, die Schwizer hätten die Glocke gestohlen. Schildknecht Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 9, S. 8 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Kriegslist der Eidgenossen vor Zürich

Source: Kriegslist der Eidgenossen vor Zürich

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Kriegslist der Eidgenossen vor Zürich Während des alten Zürichkrieges waren sich die Zürcher über ihre Kriegsführung nicht immer einig. So lagerten sie einmal uneins, es war im Sommer 1443, vor der Stadt bei St. Jakob und bei Wiedikon. Sie schickten in die Stadt nach Wein und Brot; man ass und trank und war lustig und lag herum ohne jede Vorsicht. Weiber und Kinder liefen hin und her, als ob Kirchweih wäre. Die Zürcher hatten dabei keine Ahnung das der Feind schon ganz nahe war. Unterdessen schickte Reding, der Hauptmann der Schwyzer, 400 seiner Leute, die alle vorn am Kleid rote Kreuze trugen, unterhalb der Manegg vorbei an die Sihl hinunter bis nahe zum zürcherischen Lager. Die übrigen Eidgenossen warteten bei Wiedikon am Albis. Wie diese den Zeitpunkt für gekommen hielten, marschierten sie über das Feld gegen St. Jakob. Als sich die Zürcher rüsteten, gegen den Feind zu ziehen, stürmten jene 400 aus dem Gesträuche an der Sihl auf sie los. Da die Schützen auf sie schiessen wollten, wehrte Ihnen Bürgermeister Stüssi das ab mit den Worten: „Nichts da, das sind von den unseren; sie tragen ja rote Kreuze!“ Damit wandte sich die Zürcher Mannschaft gegen den Gewalthaufen der Eidgenossen. Die listigen 400 aber zogen rasch der Stadt zu und fingen plötzlich an zu rufen: „Verräter, Verräter! Flieht, Zürcher, flieht!“ Zudem griffen nun die andern Eidgenossen an, und es herrschte eine heillose Unordnung unter den Zürchern. Alles floh der Stadt zu. Schon waren Feinde in die Stadt eingedrungen. Viele Zürcher wurden auf der schmalen Brücke vor dem Tore umgebracht, so Bürgermeister Stüssi, der ein Haupturheber des Krieges war. Ein Krieger aus Küsnacht erstach dort den Stadtschreiber mit den Worten: „Du bist auch schuld, dass hier so mancher Biedermann umkommt, darum musst du auch sterben!“ Als alles so kopflos in die Stadt hineindrängte, und man nicht Freund und Feind zu unterscheiden vermochte, fiel es der tapferen Frau Anna Ziegler ein, das Fallgitter am Tor hernieder zu lassen. Sie zwängte sich durch das Kampfgewühl, konnte ungehindert des Torwarts Stube erreichen und liess das Gatter niederrasseln, dass der Ansturm mit einem Male aufgehalten wurde. Die Zürcher erledigten die eingedrungenen Feinde nun rasch. Trotzdem konnte der Landschreiber von Glarus noch schnell seinen Freunden ein erobertes Fähnchen zwischen den Gatterpfählen hinaus zustrecken Er fiel als tapferer Krieger. Nun kamen die Zürcher wieder zur Besinnung und brachten schliesslich den Feind von den Stadtmauern weg. Der aber verwüstete das Gebiet rings um die Stadt in blinder Wut und zog erst ab, nachdem er den Zürchern genug Schaden angetan hatte. Dass es aber nicht zum Schlimmsten kam, hatte die Geistesgegenwart der Frau Anna Ziegler verhütet. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Teil nach Brennwald 2, 98, ab Zeile 13, ins Neuhochdeutsche übertragen, mit einigen Kürzungen; 2. Teil nach Lienert, S. 54, ebenfalls gekürzt.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Kröte und Schatz

Source: Kröte und Schatz

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Beständig kroch in einem Hauskeller eine Kröte umher. Sie war gar nicht zu vertreiben. Endlich fragte der Hausbesitzer einen Geistlichen um Rat, und der sagte, da sei ein Geldschatz verlochet. Er solle nachgraben, aber dabei sich durch gar nichts stören lassen und, wenn er meine, das Haus stehe in Flammen, doch die Arbeit nicht aufgeben. Der Mann folgte dem Rate. Während er an der Arbeit war, richtig! da fing es ob ihm an zu prasseln und zu poltern, als ob das Haus verbrenne und zusammenstürze. Erschrocken, warf er sein Instrument weg und lief davon. Doch sah er jetzt, dass alles im Hause in Ordnung war; keine Spur von einem Brand! Der Mann ging wieder in den Keller hinunter, um die unterbrochene Arbeit von neuem aufzunehmen; aber der Geldschatz war noch viel tiefer gesunken. Xaver Imholz, 50 J. alt, Schächental Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Kröten in Goldstücke verwandelt

Source: Kröten in Goldstücke verwandelt

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So oft der Fuhrmann Peter Schmied von Laufenburg nach Basel zu fahren hatte, und das geschah jede Woche, lag ihm sein Weib mit der Bitte in den Ohren, ihr doch einmal ein Marktgeschenk mit heim zu bringen. Er war aber gar kein gefälliger Ehemann und hielt auf diejenigen Liebhabereien der Frau am allerwenigsten, die seine Kasse anstrengten. Endlich sagte er doch zu, als man ihm seine eignen Wirthshausschwächen und die Drohung zu hören gab, dass man ihn das nächste Mal, wenn er sich wieder so lange beim neuen Weine versäume, gar nicht mehr einlassen werde. Solche deutliche Erklärungen hatte es denn schon öfter abgesetzt, aber noch immer war der Marktkram nicht eingekauft. Eben befand sich unser Schmied auf seiner neuesten Rückfahrt nach Laufenburg, und wiederum nur verspätet erreichte er jetzt Sisselen. Es war eine mondhelle Frühlingsnacht und jedes Blatt am Boden zu erkennen. Da sah er am Kreuzwege beim Dorfe eine ganze Partie Frösche rastlos auf so schmalem Raume durch einander hüpfen, als ob man sie dazu dressirt hätte. Wie die Gedanken sonderbar laufen, so schien ihm zwar diese grosse Menge von Thieren in so bestimmter Grenze wohl wunderlich, aber erst jetzt auch erinnerte er sich zugleich des abermals versprochenen und wiederum vergessenen Baslergeschenkes. Noch dazu war es heute schon wieder viel zu bald für ihn Nacht geworden; und seine Frau pflegte nicht umsonst zu drohen, das wusste er. Da schien es ihm denn ein ganz lustiger Einfall, wenn er ein halbes Duzend dieser Frösche in den Sack thun und sie daheim statt des Marktkrames übergeben würde. Das müsste, dachte er mit Lächeln, einen solchen Schrecken absetzen, dass er aller kostspieligen Zumuthungen ins künftige bestimmt überhoben bliebe. Gedacht, gethan. Sechs fette Stücke, die sich leicht fangen liessen, waren bald in einem Zwilchsacke, und fest zugebunden wurde dieser in den Wagenkorb gelegt. So spät er auch heute heimkam, so war diesmal die Frau doch freundlich und fragte schon vom Fenster herab, ob er ihr das Versprochene mitbringe. Ei freilich, war die Antwort, komm nur herab und hol's selber, im Sacke liegt's wohlverwahrt dahinten im Wagenkorb. Haus ab und Haus auf springt nun das Weib und sucht droben beim Lichte den festgeschnürten Sack aufzudrehen, während sich ihr Mann drunten noch mit der Fuhre zu schaffen macht, um ja dem bestimmten Spektakel auszuweichen. Jetzt war der Sack offen, die Neugier liess keine Zeit, erst hinein zu greifen, sie schüttelte ihn, wie er war, auf den grossen Tisch aus. Welche Freude! Einen so kostbaren Marktkram hatte sie niemals gehofft: ein halb Duzend gewichtiger Goldstücke rollten auf den Tisch, so glänzend, als wenn sie eben funkelnagelneu aus der Münze kämen. Während das Weib sie beäugelte, trat der Fuhrmann zur Stube herein und wollte kaum seinem Weibe, geschweige sich selbst trauen, als er sah und erfuhr, in welche Goldfüchse die hässlichen Kröten sich verwandelt hätten. Nun ward ihm eine vollständige Verzeihung zu Theil, und dass diese nachhaltig zwischen beiden Eheleuten gewesen ist, hat mir meine Grossmutter selber erzählt, die den Schmied und seine Frau noch wohl gekannt hat. (I. A. Rueb in Laufenburg.) E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Kruggeist in dem Gnadenthaler-Rebhügel

Source: Kruggeist in dem Gnadenthaler-Rebhügel

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Auf dem kleinen Rebhügel, genannt Klosterreben, einige Minuten vom Klösterlein Gnadenthal entfernt, steht ein Wächterhäuschen, das den Feldhütern im Herbst zum Aufenthalte dient. Es ist mithin die übrige Jahreszeit hindurch verschlossen. Drinnen ist in die dem Reußflusse zugekehrte Wand ein irdener Krug eingemauert. Man weiß noch, dass seine Öffnung mit Kork verschlossen und dieser mit einer Blechkappe außen überzogen ist. Durch Blech und Kork jedoch hat man einige Luftlöcher gebohrt. Hier hinein wurde durch Priester ein Unhold beschworen, der früherhin den Weinberg durch sein gespenstisches Erscheinen unsicher gemacht hatte. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Kuchen

Source: Kuchen

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Zwei "Knaben" gingen nach dem Seveler-Berg zur "Stubete". Die beiden Mädchen des Hauses freuten sich über den Besuch und gingen nach der Küche, Kuchen zu backen. Durch eine Türspalte konnten die Jünglinge in die Küche hinaussehen. Was sahen und hörten sie da? Über der Pfanne hing eine grosse Kröte; diese wurde jedesmal wieder mit dem Bratspiess angestochen, wenn die zum Backen nötige Butter ausgehen wollte. Dabei lachten die Mädchen und sagten: "Diese zwei sollen uns nicht mehr entrinnen!" Die Knaben assen dann natürlich keine "Küchli" und entfernten sich so schnell wie möglich; denn Hexen wollten sie nicht zu Frauen nehmen. Nach N. Senn, Chronik.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 150, S. 71 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Kühe verschwinden auf den Ruf einer Stimme von den Alpen und kehren nach drei Tagen wieder zurück

Source: Kühe verschwinden auf den Ruf einer Stimme von den Alpen und kehren nach drei Tagen wieder zurück

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Wenn die Sennen auf den Alpen sind, geschieht es zu Zeiten, dass in der Nacht eine Stimme gehört wird, gleich der eines Sennen, wenn er die Kühe ruft, welcher Stimme dann die Kühe unter Anführung der Meisterkuh alsobald nachgehen. Ruft nun der Hirt sie mit seiner wahren Stimme nicht wieder zurück, so kommen sie fort, dass man sie nicht finden kann. Drei Tage hernach finden sie sich aber auf ihren gewöhnlichen Weidplätzen auf den Alpen, mit angefüllten Eutern, wieder ein. Oft auch, und namentlich bei Nacht, wenn Sturm, Regen und Hagelwetter eingetreten sind, befällt sie eine solche Unruhe, dass sie wie toll über Stock und Stein davon fliehen und kein Rufen der Sennen sie mehr zurückbringt. Dies ereignet sich jedoch bisweilen auch am Tage, obwohl sich kein äusserer Grund davon entdecken lässt. Dann aber hält ihren Lauf selbst der tiefste Abgrund nicht auf, in blinder Hast stürzen sie darauf zu, ein Sprung und zerschmettert liegen sie in der Tiefe. Einstmals soll sich ein kühner Hirtenknabe, als solche Wut über seine Herde kam, an den Schweif der hintersten seiner Kühe angehängt haben und mit derselben verschwunden sein. Nach drei Tagen kehrte er jedoch mit ihr wieder auf die Alp zurück. Niemals hat er aber sagen wollen, wo er gewesen und was er während seiner Abwesenheit alles gesehen und erlebt. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Kuhhaut statt Hexe

Source: Kuhhaut statt Hexe

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Wie Zug und Unterwalden in der Lisi Bossard, so hat das alte Land Schwyz in der Kastenvögtin aus dem Muotathale, die um Mitte des vorigen Jahrhunderts lebte, seine verrufenste Hexe. Man fand sie eines Morgens im Gefängnisse tot. Aber die Volkssage war mit dieser einfachen Tatsache nicht zufrieden, sondern berichtet, man habe einmal in der Früh statt der verschwundenen Unholdin im Kerker eine zusammengerollte Kuhhaut angetroffen, welche, da sie auf die Gasse herunter geschmissen wurde, beim Auffallen getönt hat wie eine Schildkrötenschale.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Kuhstapfen

Source: Kuhstapfen

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Der Glaube an die Wirksamkeit des "Alpspruches" war bei vielen Leuten, sogar bei den Alpknechten von Ladils verschwunden. Gegen Neige des Sommers beschlossen sie an einem Abende, ihn zu unterlassen, und so geschah es auch. Als sie am nächsten Morgen zum Melken eintreiben wollten, gewahrten sie mit Entsetzen, dass keine einzige Kuh auf dem Satz vorhanden war. Sie begaben sich nach allen Seiten, um das verlorene Vieh zu suchen. Den steilen Weg gegen Vättis hin ging der "Küher", der den Alpspruch hätte sprechen sollen. Ihm entgegen kam eine Kuh aus dem Tale herauf und nach ihr eine zweite, dritte u.s.f. Die meisten hatten Kornähren zwischen den Hufen. Nun wusste er, wo das Vieh Übernacht gewesen war. Nachkommende Bauern meldeten auch, man habe ausserhalb Vättis, in den Kornäckern, Kuhstapfen gefunden. Die Gegend heißt bis auf den heutigen Tag "Kuhstapfen". L. Jäger.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 215, S. 104f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Kunde aus der Ewigkeit

Source: Kunde aus der Ewigkeit

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Mein Mann und sein Freund Baschi, von Linthal, hatten sich gegenseitig versprochen, nach dem Ableben Kunde aus der Ewigkeit zu bringen. Eines Abends nun kam mein Mann von Altdorf her nach Flüelen. Da begegnete ihm auf offener Landstrasse der genannte Baschi, und zwar in aller Eile, schwitzend, in Hemdsärmeln, trat ganz nahe an ihn heran und verschwand plötzlich durch den Strassenhag. »Was ist auch das?« fragte sich mein Mann. Wenige Minuten später kam ihm Baschis Frau weinend entgegen und sagte, ihr Gatte sei zu Gersau, wo er als Zimmermann gearbeitet hatte, plötzlich verunglückt. Oft sagte der Mann zu uns, ein solches Versprechen würde er nie mehr weder abnehmen noch selber ablegen. Fr. Gisler-Zwyssig, Isental Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Kunde aus der Ewigkeit

Source: Kunde aus der Ewigkeit

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1. Drei Geistliche haben viel über die Ewigkeit miteinander disputiert. Da machten sie gegenseitig aus, dass jener, der zuerst sterbe, den andern erscheinen und Auskunft geben solle: wie, wo und wann. Bald starb einer. Da syg's aber ä-n-ewigi. Lengi a'g'standä, bis der chu syg. Er sagte: »Äs isch nitt so, wië dü meintsch, und äu nitt so, wië-n-är meint; äs isch ganz andrisch.« M. Anna Schmid, Ursern, 77 J. alt. 2. Zwei Maitli hatten sich das Versprechen gegeben, nach dem Tode Kundschaft von der Ewigkeit zu bringen. Bald hernach erfiel das eine, und eines Abends, als das andere im Obergaden schlief, erschien es ihm im Heutor und sagte, niemand sollte je ein solches Versprechen geben. Es sei zwar nicht z'verlier gegangen, müsse aber seines Versprechens wegen länger leiden. Frau Kieliger-Tresch, Maderanertal 3. Zwei Freunde hatten ebensolche Verabredung getroffen. Da zeigte sich der Verstorbene dem Überlebenden, hob den Drohfinger und sagte nur: »Gnäu, gnäu!« (oder: »Zäi, zäi!« d.h. zähe). Frau Gisler-Zwyssig, Isental; B. Loretz, Amsteg, 70 J. alt. 4. Meine Mutter hatte ihren sterbenden Gatten gebeten, ihr nach dem Tode zu erscheinen und zu offenbaren, wie es ihm vor dem göttlichen Gerichte ergangen. Eines Abends hörte sie ihn kommen und am Fenster ihres Schlafzimmers, das zu ebener Erde lag, dreimal anklopfen. »Ja, ja, Hanssepp!« rief sie ganz resolut, »wië isch g'gangä?« – »Gnäu, gnäu!« sagte er mit drohend erhobenem Finger und verschwand. Und es war doch ein christlicher, grundehrlicher Mann gewesen. Ant. Stadler, 70 J. alt, Bürglen 5. Gar hohe und geheimnisvolle Dinge hatten zwei gute Freunde schon öfters miteinander besprochen. »Wië isch ächt i-d'r Ewigkeit änä? Isch ächt äu äso, wië miër gläubet und wië miër g'lehrt wärdet?« Das hätten sie so gerne ergründet. Zuletzt gaben sie sich das gegenseitige Versprechen, dass der, welcher zuerst sterbe, dem Überlebenden erscheinen und ihm über das Jenseits Auskunft geben müsse. Der jüngere starb zuerst, und nach längerer Zeit erschien er wirklich dem grübelnden Freunde und sprach zu ihm die seltsamen Worte: »Äs isch nitt so und isch nit andrisch, äs isch nu ganz andrisch.« Frau Aschwanden, Bauen 6. Zwei Geschwister hatten miteinander abgemacht, jenes, das der Tod zuerst hole, müsse dem andern erscheinen und Auskunft geben, wië-s i d'r andärä Wält syg. Die Schwester war's, die zuerst in die jenseitige Welt hinüberging, und als sie ihrem Abkommen gemäss dem Bruder erschien, nur das Eine sagte: Spitzli und Chrüsäli Sind im Fäckfyr gar grüsäli. In einem ähnlichen Falle lautet der Bescheid, uberähnä gäng's hert und gnäu, und äs – das Überlebende – sell nië meh so eppis v'rsprächä. Amm-änä Schryner z'Schateref – das isch nu kei Hüffä Jahr sitter – häig d'r Frind, chüm das'r tot gsy syg, i d'Ohrä gliselet: Bätt fir mich, Bätt fir mich! Ich lydä firchterlich. Der Schryner syg grad i d'r Büttig (Werkstatt) gsy, und häig nu nit ämal gwisst, dass disä gstorbä syg. Katharina Gamma, 50 J. alt. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Kunde eines Wirtes aus der Ewigkeit

Source: Kunde eines Wirtes aus der Ewigkeit

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Ein Wirt wollte auch nicht glauben, das ä-n-ändiri1 Wält äxistiëri. Es kam mit ihm zum Sterben, und, kaum war er tot, richtete er sich im Bette wieder auf und rief, äs gäb de-n-ä-n-Ewigkeit. Katharina Gamma, 50 J. alt, von Wassen Fußnoten 1 Dië äner, änder Wält = die jenseitige Welt. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Künden des »weissen Todes

Source: Künden des »weissen Todes

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Bei Einbruch der Nacht sahen einst vor wenigen Jahrzehnten die Älpler von Gufern im Maderanertal einen Vorderarm mit einer Fackel durch das Dunkel dahinschweben. Es kam diese Erscheinung vom Balmerschachen her und ging über das Balmen-Egg und dann zum Kärschelenbach hinunter und bis in die Gegend des Stäubenfalles. Auch lautes Geschrei begleitete sie. Genau zehn Jahre später verunglückten mehrere Mannenvölker in der Lawine in der letztgenannten Gegend. Unter den Personen, die hineilten, um die Verunglückten oder wenigstens ihre Leichen zu bergen, war auch die Mutter eines der letztern, die laut weinend oder schreiend mit einer Fackel in der Hand im Zuge einherschritt. Fr. Senn-Loretz, 26 J. alt, Wyler Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Künden durch Lichter und Weinen

Source: Künden durch Lichter und Weinen

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1. Im Trästal ennet der Märcht sah man oft nachts ein Licht eine Strecke weit hinaufgehen, zuerst dem Wege folgend, dann ins Tal hinein, wo es verschwand. An dieser Stelle wurde später der Strassmeister-Maria tot, von einem Stein erschlagen, angetroffen. 2. Ein Jüngling, der durch die Schloffen ging, hörte von einer Stelle unter dem Zingel her jammern und weinen, was sonst niemand hörte. Ein Jahr nachher fiel an jener Stelle ein sechs bis sieben Jahre alter Knabe zutode. Ähnliches erzählt man sich in Uri sehr häufig. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Kündende Frau

Source: Kündende Frau

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Über der Gegend der Wylerlaue an der Grenze von Erstfeld und Gurtnellen sah man einige Jahre hindurch von Zeit zu Zeit ein Weibsbild hin- und herlaufen. Es trug einen schwarzen Rock und drüber ein weisses Mäntelchen. Da kam dann eines Winters ein Mädchen aus der Gegend in der Lawine ums Leben. Jetzt sagte man, jene Erscheinung sei ein Vorbot gewesen. Zacharias Zurfluh Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Kündung durch einen Sarg

Source: Kündung durch einen Sarg

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d'r Läntergä isch er überhaupt wië däheimä g'sy, d'r Pfahr Imhof. Einisch, won-n-er ufächunnt, stahd im Schopfli (Hauseingang) ä grossä Totäbaum. »Ähä,« dänkt-er, »da chostet's äs G'waxes.« Äs par Tag speeter isch duä richtig ä g'waxnä Buäb uss d'r Läntergä i ds B'birg dä Schafä-nah, und da hed-än-äs Schaf am Hälsig überni Fluäh appäzerrt, und är isch so um ds Läbä chu. M. Josefa Aschwanden, Sisikon Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Kündungen

Source: Kündungen

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Man hatt ouch ettwan der noch lebenden Menschen Bildtnuss oder geist (wie man sagt) ettliche tag vor jrem Tod derwylen sie noch frisch und gesund in ihren hüsern oder sonst wandlen sehen, die bald darnach gestorben, allso auch aber mertheils wann solche Menschen in ihrem todtbett krank gelegen dz es im Huss ein gross gerumpell gemacht, als wenn Huffen schytter oder ein gewerlin mit Hussgeschirr ze huffen gefallen oder ein schwärer sack mit korn oder mäl im huss umbfiele und des Menschen Tod vordüten oder verwarnen wölle. Wann man dann den nächsten darnach geschowt, hatt man nüt funden, und ist mir selbs begegnet, bin ettliche malen daby gsin. Anno 1588 alls einer meiner guten fründen mit dem Jch vil jaren täglich conuersirt, sterben wollen, hatt sich jn derselben nacht etwann ein stund vor seinem End ettwas derglychen in miner schlaffkammer by minem schlaffbett erzeigt mit einem schnellen fingerklopfen am fussbret, darab Jch erwacht vnd ufs der stett ward Ich berüffen zu seinem End. Alls anno 1609 ein armer poss und arbeitter allenthalben diser Landsart wol erkannt von ettwas Missethat wegen mit dem schwärt gericht werden söllen, wie ouch beschehen, hatt sich ouch derglychen Ding zu Mittagzyt jn Hüsern allhie daryn er vil gewandlet mit Lüten und Anklopfen (aber niemand gesehen worden) erzeigt, eben in der stund und alls man jme jm thurn dz Leben abgekündt. Item so hand wir allhie ouch vilfelltig erfaren, dass wenn ein Ratsfründ sterben wöllen man ettliche tag vor und ee ouch derwylen er noch by gutter gsundheit gsin, by nächtlicher wyl jn dem gestül jn der Ratstuben ein grümpel, wie ouch dz gerüsch von den Ratschlüsslen gehört.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Bei dieser Sage gibt es keine genaue Zuordnung zu einem der fünf Kantone. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by La Ramée

Source: La Ramée

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Es war einmal ein junger starker Bursche, La Ramée genannt. Der hatte sich als Reisläufer anwerben lassen und diente schon länger als sieben Jahre und war doch nicht befördert worden. Da gefiel's ihm nicht länger unter den Soldaten. »Nein, da mach ich nicht mehr mit«, sprach er zu sich selber, »der Soldat zahlt mit seinem Blut nur den Ruhm des Generals.« Und er beschloss, bei der ersten Gelegenheit draus zu laufen und nach einem andern Beruf sich umzutun. Und er stellte alles so gut an, dass ihm die Flucht wohl gelang. Noch war er nicht manche Stunde marschiert, als er sich unversehens mitten in einer Einöde befand, die dehnte sich weit und weiter und reichte bis ans Meer. Aber wie da hinüberkommen? Da war guter Rat teuer. Wie La Ramée so am Strande hin- und herlief und den Wellen zuschaute, da gewahrte er plötzlich einen gewaltigen Vogel, der sich unweit niederließ. Der blieb ruhig sitzen, als La Ramée näher kam, und schien sich gar nicht vor ihm zu fürchten, gleich als wäre er zahm. »Ei«, dachte La Ramée bei sich, »wie war's, wenn ich mich auf den Rücken dieses Vogels setzte und mich von ihm über das Meer tragen ließe? Also, ich will's versuchen! « Gedacht, getan. Und siehe da, willig ließ der große Vogel ihn auf seinem Rücken sitzen wie einen Reiter. Aber bald ward La Ramée inne, dass der Vogel sehr gefräßig war und keinen Flügelschlag tat, ohne dass man ihm einen Brocken Fleisch in den Schnabel stopfte. Und je größer und je häufiger die Stücke waren, die man ihm gab, umso schneller flog er. So schlachtete denn La Ramée vor dem Abflug übers Meer eine Menge wilder Schafe, die am Strande zahlreich weideten, und nahm davon so viel mit, als der Vogel tragen konnte. Von Zeit zu Zeit reichte er ihm große Brocken. Der Vogel flog schneller und schneller. Aber die Reise war lang, und das Fleisch ging langsam aus, ehe das andere Ufer erreicht war. Der Vogel flog langsamer und langsamer. Als er das letzte Stück Fleisch verschlungen hatte, hielt er inne und war durch nichts zu bewegen, die Reise zu vollenden. Da schnitt La Ramée sich kurz entschlossen ein Stück Fleisch nach dem ändern aus seinem eigenen Körper, um den Vogel zu sättigen. Und der flog auf der Stelle weiter. Endlich erreichten sie die ersehnte Küste. Der Flug war zu Ende, und La Ramée bedurfte des Vogels nicht mehr. Aber noch hatte er kaum wieder festen Boden unter den Füßen, als er inneward, dass er wiederum inmitten einer unendlichen Einöde sich befand. Doch unverdrossen machte er sich auf den Weg und ging einem fernen Walde zu, in der Hoffnung, dort Menschen zu finden. Mitten im Walde kam er denn auch zu einer alten Burg. Mutig ging er hinein und durchstöberte alle Räume bis in den hintersten Winkel, aber sie waren leer, obgleich mit allem wohl versehen. Es sah aus, als hätten die Bewohner ihre Behausung eben verlassen, um einem Gast Platz zu machen. Aber das beunruhigte La Ramée kein bisschen, denn er war vom Kriege her schlimmere Quartiere gewöhnt. Er tat, als wäre er hier daheim und machte sich alsbald über die Vorräte her und hielt eine reichliche Mahlzeit; denn die Kutteln knurrten ihm vor Hunger. Aber wie er eben im besten Zuge war, da kam eine prächtige Hirschkuh in das Schloss geschritten und gebärdete sich, als sei sie dessen Herrin. »Aha, das scheint also die Herrschaft all dieser Herrlichkeit zu sein«, dachte La Ramée bei sich, und er sprach zu der Hirschkuh: »Verzeiht, dass ich in Eurer Abwesenheit hier eingedrungen bin und meinen Hunger gestillt habe, aber ich bin ein armer Flüchtling, nach vielen Gefahren und Mühsalen hierher gekommen und des Landes und der Leute unkundig«, und er erzählte der Hirschkuh seine ganze Geschichte. »Sei willkommen, guter Freund«, erwiderte diese, »und lass es dir wohl sein in meinem Hause. Wisse, ich bin ein Menschenkind wie du, eines Königs Tochter, aber durch einen bösen Zauber verwunschen und in die Gestalt dieser Hirschkuh verwandelt. Wenn du mich erlösest, dann werde ich meine Menschengestalt wieder erhalten und du wirst mich zur Frau gewinnen samt meines Vaters Reich. Dazu aber musst du durch drei Nächte harte Proben bestehen, allemal von Mitternacht bis Sonnenaufgang. Du musst alle Schrecknisse und jegliche Pein erdulden, ohne einen Laut zu tun. Ein einziges Wörtlein nur, und alles ist verloren. « Wer war da mehr bereit als La Ramée! »Hab ich doch oft dem Tod ins Auge geschaut«, dachte er bei sich, »und vor Hölle und Teufel fürchte ich mich erst recht nicht«, und er gelobte der Prinzessin, er wolle sie erlösen, und koste es sein Leben. Da nahm die Hirschkuh Abschied und lief in den Wald zurück. La Ramée aber rüstete sich auf die Nacht. »Wer weiß, was das für ein Feind ist, den es diesmal zu schlagen gilt«, dachte er, »ich will ihm keine Blöße geben, sondern ihn im Hinterhalt erwarten.« Und so hing er sich mit kunstvoll verknüpften Seilen an der Decke des Saales auf. Als die Uhr zwölfe schlug, da kam ein uraltes verhutzeltes Männlein, ganz grau und bucklig mit bösen stechenden Augen herein, begleitet von zwei Gesellen, die nicht viel schöner waren. Gleich fingen sie an überall herumzuspähen und in allen Ecken zu schnüffeln. Sie durchsuchten das ganze Haus vom Keller bis zum Giebel. So verging Stunde um Stunde, und das alte Männlein bleckte schon die Zähne vor Wut und verrenkte die Glieder, so dass La Ramée in seinem Versteck kaum das Lachen verhalten konnte. Nur eine Viertelstunde noch und die Sonne würde aufgehen. Aber o hei! Plötzlich sah das alte Männlein von ungefähr an die Decke und erblickte La Ramée. Ehe der wusste, wie ihm geschah, hatten die drei ihn auf den Boden gerissen und schlugen und traten, kniffen, fetzten und kratzten ihn, dass ihm schier die Sinne vergingen. Noch nie war ihm eine Viertelstunde so lang vorgekommen, aber er gab keinen Laut von sich. Kaum aber ging die Sonne auf, da ließen die Plagegeister von ihm ab. La Ramée sprang auf und war am ganzen Leibe unversehrt wie zuvor. Da aber kam auch schon die Hirschkuh aus dem Walde und - o Wunder- statt des Hirschkopfes trug sie nun ein Menschenhaupt, das Haupt der schönsten Jungfrau. Die zweite Nacht verbarg sich La Ramée in einem alten Wandkasten; dort, meinte er, würden ihn die üblen Gesellen wohl kaum finden. Und alles ging wie das vorige Mal. Schlag zwölfe kam das alte hässliche Männlein mit seinen Begleitern, und wieder durchsuchten sie das ganze Haus von zuunterst bis zuoberst, und kurz vor Sonnenaufgang erst entdeckten sie ihn in seinem Versteck. Aber diesmal plagten und peinigten sie ihn noch viel ärger, so dass La Kamee vor Schmerzen laut hätte schreien mögen. Aber kein Laut kam über seine Lippen. Mit dem ersten Sonnenstrahl, der durch die Scheiben drang, entwichen die Geister und gleich darauf kam die Hirschkuh aus dem Wald. Jetzt hatte sie einen Menschenleib, nur die Gliedmaßen waren noch die einer Hirschkuh. Die dritte Nacht verbarg La Ramée sich im Rauchfang. Und wieder ging alles wie die andern Male. Als die Geister ihn endlich fanden, da zwickten und zwackten sie ihn mit glühenden Zangen, stopften ihm glühende Kohlen in Ohren, Nase und Mund und warfen ihm heiße Asche in die Augen. La Ramée biss sich die Lippen wund vor Schmerz, aber er blieb stumm. Kaum waren die Geister fort, da sprang er auf und stieß einen hellen Jauchzer aus vor lauter Freude. Im selben Augenblick trat die schönste Prinzessin von der Welt herein und fiel ihm um den Hals. Alsdann machten sich La Ramée und die Prinzessin auf, um sich an den Königshof zu begeben. Aber ehe sie aufbrachen, gab die Prinzessin ihm ein kostbares Nastüchlein aus der feinsten Seide, darin die Anfangsbuchstaben ihres Namens mit Gold gestickt waren. »Nimm hier dieses Tüchlein mit meinem Namen«, sagte sie, »wer weiß, ob du dessen nicht bedarfst; denn unsere Reise ist weit und ungewiss der Weg.« Dann wanderten sie den ganzen langen Tag. Am Abend kehrten sie in einem Wirtshaus ein, um zu übernachten. Die Wirtin aber war eine schlimme Hexe. »Eh, eh«, brummte sie, »der schäbige Schwartenhals glaubt auch, er habe seinen Goldvogel schon im sicheren Käfig. Aber der soll ihm entfliehen, ehe er sich’s versieht.« Sie trug das Abendessen auf, und hernach brachte sie noch einen mächtigen Krug zum Nachttrunk. »Ich sehe, Herr«, sprach sie und tat gar freundlich, »Ihr seid ein Kriegsmann, und Soldaten lieben einen guten Trunk über alles, zumal am Abend nach dem Tagewerk, das ja hart genug ist. Also zum Wohl, Herr General!« Sie hatte aber dem Trank ein Zaubermittel beigemischt. »Trink nicht, trink nicht, sonst vergessest du mich, und ich bin dir verloren!« flüsterte die Prinzessin ihm zu. Aber aus alter Gewohnheit hatte La Ramée den Humpen schon angesetzt und geleert, und er versank auf der Stelle in einen todesähnlichen Schlaf. Und wie die Prinzessin ihn auch rüttelte und schüttelte, er erwachte nicht. Drei Tage lag er regungslos da, bis er wieder zu sich kam. Aber da schien er die Prinzessin kaum noch zu erkennen. Als die tückische Alte ihm nach dem Essen abermals einen Humpen aufstellte, leerte er ihn wieder in einem Zuge und hörte nicht auf die Prinzessin, die ihm wieder zuflüsterte: »Trink nicht, trink nicht, sonst vergessest du mich, und ich bin dir verloren!« Als er nach drei Tagen wieder zu sich kam, da war ihm die Geliebte ganz fremd geworden, und als sie ihn erneut von dem Trunk abhalten wollte, stieß er sie unwirsch von sich. »Nun hast du mich verloren!« sagte sie traurig und ließ ihn in dem Wirtshaus auf der Bank an der Wand liegen und kehrte allein an ihres Vaters Hof zurück. War das eine Freude, als die lange verlorene Tochter aufs Mal wieder da war! Und sie musste ihre Geschichte erzählen. Der alte König lud, um die Rückkehr der Prinzessin zu feiern, viele Gäste von nah und fern aufs Schloss. Nicht lange, so kam auch ein Reiterprinz aus der Fremde und warb um sie. Der Vater sprach: »Liebes Kind, da dein Befreier dich schnöde verlassen hat, so ist es nur billig, dass du diesem edlen Prinzen als Gemahlin folgest.« Und er setzte den Tag der Hochzeit fest. Mit wüstem Kopf und wirrem Sinn war La Ramée derweilen in der Schenke erwacht und war ebenfalls in die Hauptstadt gekommen. Rastlos ging er alle Gassen auf und ab. Es war ihm, er müsse etwas suchen, das er verloren habe, aber er wusste nicht was. Da stand in einem dunklen Gässlein plötzlich das alte eisgraue Männlein vor ihm, das ihn die drei Nächte in dem verzauberten Schloss bis aufs Blut geplagt hatte. »Treff ich dich hier auf der Gasse wieder«, sagte er und blinzelte mit dem einen Auge, »ich dachte, du säßest längst auf dem goldenen Throne da droben im Schloss?« Da kam La Ramée die Prinzessin und alles, was sich begeben hatte, wieder in den Sinn und er erzählte dem Alten, was ihm widerfahren war. »Wohl, wohl, hab ich dich damals geplagt, so will ich dir jetzt helfen«, und gab ihm eine Truhe mit drei Schubladen. In einer war eine Maus, in der andern eine Grille, in der dritten ein Mistkäfer. »Geh heut Abend, wenn's dunkel geworden ist, hinauf zum Schloss unter das Kammerfenster der Vermählten. Lass heute die Maus hinein und morgen die Grille und übermorgen den Mistkäfer. Dann wirst du die Prinzessin vielleicht wiederbekommen«, sagte das alte Männlein noch, und dann war es verschwunden. La Ramée tat, wie geheißen. Das Hochzeitspaar wollte eben zu Bette gehen, als die Maus der Prinzessin über die Füße sprang. Da raffte sie ihre Röcke zusammen und lief aus der Kammer und war durch nichts zu bewegen, dahin zurückzukehren. Am andern Abend, als sie eben in ihrem Nachtgewande zu Bette schritt, da saß die Grille in einer Falte des Bettumhanges und zirpte in einem fort, so laut sie konnte, und die Prinzessin suchte die ganze Nacht nach dem Urheber des Geräusches und wollte sich durchaus nicht ins Bett legen. Am dritten Abend wollte die Prinzessin eben das Deckbett über sich ziehen, als sie den garstigen Käfer neben sich auf dem Leintuch erblickte. Sie sprang aus dem Bette und war nicht wieder dazu zu bringen, sich wieder hinzulegen. Dies deuchte dem Prinzen, ihren Gemahl, ein so absonderliches Gebaren, dass er ohne Abschied heim in sein Reich reiste. Wer war da froher als die Prinzessin; denn sie hatte La Ramée nicht vergessen, sondern sie dachte Tag und Nacht an ihn. La Ramée aber kam am andern Morgen vor das Schloss. »Ich hab Eurer Prinzessin etwas zu bringen, das sie verloren hat«, sagte er zur Wache am Tor, die nach seinem Begehren fragte. »Seid so gut und gebt es ab, und wenn sie fragt, wer es gebracht habe, so sagt nur, er warte hier draußen!« Als die Prinzessin das Tüchlein erhielt und vernahm, wer es gebracht habe, da lief sie geschwind ans Tor und fiel La Ramée um den Hals. Am selben Tag noch ward die rechte Hochzeit gefeiert, und sie haben noch viele Jahre glücklich und in Freuden gelebt. Und damit ist die Geschichte aus.   Aus Johann Jegerlehner: Sagen und Märchen aus dem Unterwallis , Basel 1909        Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Lächerlicher Casus zu Lüestel

Source: Lächerlicher Casus zu Lüestel

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«Als im Augsten (1766) viele Bürgere zu Lüestel unter ihrem Geflügel schon eine geraume Zeit grossen Schaden erlitten, wurden sie räthig als wan etliche Iltis solches veruhrsachten. Diesem vorzukommen richtete H. Heiniman, Chirurgus, etliche Nächte eine Marderfalle, war auch so glücklich, dass er einen geglaubten Iltis gefangen. Da er solchen morges mit noch etlichen Nachbaren sechen wolte, erschracken sie, dass dieses Thier oben auf- fern Kopf eine Chron, feurige Augen, kurtzer dicker Schnabel und drum herum lange Haar hatte, auch dan und wan in der Fallen rasete und ausser- ordlich Laut gab. Da man solches vernahm, wurde in gantz Lüestel Lermen gemacht und lauften bey 100 Manns- und Weibervolck zusammen und betrachteten solches Wunderthier mit grossem Schrecken. Ueber solches ist viel lächerliches und unglickliges Raisoniren ergangen. Beyde H. Schuldheissen, H. Geistliche und Beysitzer und andere rahtschlagdten, was dies für ein Thier sein möchte und wie man es fangen könnte. Viele sagdten, man solle es erträncken, andere man solle es mit der Fallen an der Stadig verbrennen. Da man aber überhaupt glaubte, es seye ein feuerspeuenter Track, sagdten viele, man solle beyde Thor zuthun und fleissig bätten, es bedeut der Statt Untergang. Draguner und andere Militair greiften zum Gwehr; viele kamen mit Halebarden, Brüglen, Degen und Stangen herbey und wollten diesen Track tod schüessen oder schlagen. Den besten Raht gab Meister Rud. Ertzberger oder der sogenandte Löckli-Rudi und sagdte, man solle um die Fallen herum mit obigem Gewehr parad stehen und um ein tratene Fischer Wadle einen grossen Wullensack wicklen und vor die Fallen heben und dieses Thier darein jagen. Inzwischen verschliessten sich Weib und Kinder in ihre Häuser und bäten inbrünstig um ihre Vätter und Männer. Endlich hatte sich dieser feuerspeuente Track in eine bruetige Hennen oder Gluckseren verwandlet und ist auf diese Art gefangen worden. Da sie aber gesechen, dass dieses arme Vüech vor Aengsten ein Ey fallen liess, hatten sie erst geglaubt, dass es ein Huhn und sie betrogen waren. Mithin hat sich dieser Lüestler Casus anfangs erbärmlich, aber nachgehents lächerlich und ohne Lebensgefahr geendet. Das merckwürdigste war, dass dergleichen gauragirte und wohl exercirte Leuthe wie die Lüestler waren, eine solche einfältige That sollen begangen haben. Mithin sind sie noch mehr als die tapfren Schwaben, welche gegen einen Hasen gestritten, auslachungswürdig gewesen.» Liestal Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Lampohrenfluh bei Kaiserstuhl

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Oberhalb der Bauernhöfe Hägelen, eine Viertelstunde vom Städtchen Kaiserstuhl entfernt, am linken Rheinufer, stehen zwei sehr grosse Felsen, die auf der Südseite senkrecht abfallen und voll Scharten und Löcher den hier nistenden Vögeln einen sicheren Aufenthalt bieten. Der grössere der beiden Felsen heisst die Lampohrenfluh und hat eine tiefe Höhle, die auch jetzt noch zuweilen besucht wird. Sie war einst der Wohnort friedlicher Zwerge. Hier herauf trugen sie säckleinweise ihr Mehl aus der Talmühle, und brachten dafür Glück und Segen in diese hinab. Aus dem Mehl buken sie den armen Leuten Kuchen, aus allerlei Kräutern bereiteten sie Arzneien für die Kranken, in der ganzen Umgegend hielt man sie in hohen Ehren und gar nichts war ihnen nachzusagen, als dass sie ungewöhnlich grosse Ohren hatten, die ihnen sogar unter der Mütze hervor schlappten (lampten). Aber der Meister-Müller wurde allmählich reich, hierauf geizig, und zuletzt war er auch des Besuchs seiner Wohltäter überdrüssig geworden. Er mischte ihnen daher Gips unter ihr Mehl und meinte, sie würden daran sterben. Allein sie lachten nur über seinen törichten Geiz und warfen das giftige Mehl zusammen in den Mühlbach hinein, aus dem er sein Vieh tränken musste. Nun ging ihm Ross und Rind drauf. Ein Unglücksfall folgte dem andern, der Müller verlor seine ganze Habe. Vollständig verarmt nahm er seinen letzten Sack Mehl und stieg damit nach der Höhle hinauf, um es den Zwergen zu bringen. Diese waren aber bereits ausgewandert, und anstatt sie zu finden, stürzte er in eine Spalte und fand seinen Tod. (Nach der Erzählung Bilgers v. Kaiserstuhl, einberichtet durch Sarer v. Wohlenschwil.) Sage aus Kaiserstuhl Band 3.1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962, S. 106 - 107 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Landammann Christen in Wolfenschiessen

Source: Landammann Christen in Wolfenschiessen

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Von ihm erzählt man sich vieles. In seinen jüngern Jahren machte er eine Reise in die Unterwelt. Daselbst habe er Leute angetroffen, die die Kunst besassen, einem andern ein Schloss an den Mund zu werfen, ohne dass jemand es ablösen konnte, als sie. Dieser Landammann aber konnte dies, warf das Zauberschloss der Art jenen Leuten an den Mund, dass sie es nicht mehr abnehmen konnten. Als einstens die Berneroberländer über das Joch ins Engelbergertal einfallen wollten, und man ihn darüber berichtete, versicherte er die Unterwaldner, er wolle dieselben schon wieder fortbringen; zauberte daher ein jedes Läubchen im Engelbergerberge hinter dem Grafenort zu einem Soldaten, so dass die Berner beim Anblicke dieses Zauberheeres im Schrecken wieder eilig über das Joch zurückkehrten. Ein anderes Mal ging sein Zauberspiel dahin, dass an einem Sonntage, als die Leute in Stans aus der Kirche kamen, sie glaubten, es sei kniehoch Wasser und müssten nun durch selbes hinwaten. Ferner ging ein Hahn über den Dorfplatz in Stans und trug ein schweres Sagholz, was auch durch die Zauberkunst dieses Landammanns stattfand. Merkwürdig ist, dass man von ihm sonst nicht erzählt, als wäre er vom Volke gehasst oder gefürchtet worden, da man sonst die Zauberer überhaupt sehr fürchtete, und bald eine Zauberei witterte.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Landesstatthalter Hans Kuon

Source: Landesstatthalter Hans Kuon

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Zu Törelen, Gemeinde Spiringen, so erzählt die Sage, wohnte Landesstatthalter Hans Kuon und erbaute das schöne Haus, das heute noch am hinteren Mühlebach ob der Strasse steht. Während des Baues ritt er mit seinem Knecht gegen Schwanden, einen Weiler östlich von Unterschächen; unterwegs wurden beide auf der Rübi von einem Bergsturz überrascht. Der Knecht ritt in der Richtung gegen Äsch vorwärts und rettete sein Leben, der Meister wandte sein Ross und sprengte zurück, dem Tod in die offenen Arme. Das kleine Bethäuschen bei der Rübi soll an den Unglücksfall erinnern. Vor einigen Jahren sei etwas westlich der neuen obrigkeitlichen Werkhütte hinter Eistersmatt in der Nähe der Unglücksstelle tief im Schutt ein Rosseisen zum Vorschein gekommen. Einige sprechen sogar von einem goldenen Ring und Rossgebeinen, andere von einem Rossfuss mit Hufeisen. – Authentischen Bericht konnte ich leider keinen erlangen. Daniel Imholz, Jos. Arnold u.a.m. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Landsgemeinde-Erkanntnis

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Die Behauptung, dass man auf einem gefundenen Schatz ein Pfand zurücklassen müsse, um ihn nicht zu verlieren, fusst wohl auf einem Rechtsgrundsatze. Eine Landsgemeinde-Erkanntnis des Landes Uri vom Jahre 1759 lautet: »Erzgraben mag jeder Landmann, und wann einer Werkzeug daselbst liegen lässt, niemand anders Jahr und Tag alldorten arbeiten möge.« (Gfr. 79, p. 92.) Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Läng wie ne Bingbaum

Source: Läng wie ne Bingbaum

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Läng wie ne Bingbaum Einisch isch e Ma z’Obe spät vo Gueteburg gäge Madiswil glüffe. Äs isch e chli e Förchti gsi. Ungereinisch gseht er öppis vom Galgelöli gäge dr Bisig übere flüge. Är isch i aller Angscht gäge Madiswil gsprunge u het de Lüte gseit, är heigi s’Galgelölitier gseh; äs sig läng wie ne Bingbaum u heig us em Rache Füür gspeut. Sider darf er z'Nacht nümm elleini do düre laufe; äs muess gäng öpper mit ihm. Das Galgenlöliltier entspricht in der vorstehenden Erzählung gar nicht dem Wesen des tierischen Dämons, wie er in andern Sagen in Erscheinung tritt. Das Tier ist lang wie ein Bindbaum und speit Feuer aus dem Rachen. So aber zeichnet die Sage den Drachen. Eine Naturerscheinung, vielleicht ein fernes Wetterleuchten oder Sternschnuppen, deutet der nächtliche Wanderer als tierisches Wesen, das einer erregten Phantasie entspringt. Einzelne Sagen von geheimnisvollen Tieren mögen auf ein wirkliches Erlebnis zurückgehen; ein wirkliches Tier erscheint; sein aussergewöhnliches und eigentümliches Auftreten jagt den Menschen Furcht und Schrecken ein, und der Abergläubische schreibt dem unheimlichen Tier bald übernatürliche Eigenschaften zu. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Länger wärche, en Uberträttig

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Länger wärche, en Uberträttig I bi no es chlis Schuelermeitli gsi, wo-n-i ha müsse spinne, dr ganz Obe düre. U bim Usselehre han i gäng ’s Büechli auf em Spinnrad gha. Aber we’s zächni gschlage het, isch d’Mutter ufgstange u het seit: „’s isch Zit. Mir wei i’s Bett.“ Nie hei mer länger gmacht, süsch hätt me gmeint, d’ Frau Faschte chömm. U länger wärche het me für ne grossi Uberträttig agluegt u gemeint, es chönnt eim öppis ahange. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Langstielerbaum in Hausen

Source: Langstielerbaum in Hausen

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In Husen gieng vor wenig Jahren ein junger Mann am Vorabend vor Allerheiligen im Mondschein auf den Acker, um noch vor eintretendem Froste seine weissen Rüben heim zu holen. Als er im Rückweg über die sogen. Plätze unter dem grossen jetzt noch stehenden Langstielerbaume (Namen einer rauhen Birnenart) vorbeigieng, hörte er ein furchtbares Tosen und Krachen über sich auf dem Baume. Von Schrecken und Angst ergriffen, vermochte er kaum die unbedeutende Last bis nach Hause zu tragen. Böses war ihm sonst nichts widerfahren, als dass er am Morgen einen nicht wenig geschwollenen Kopf hatte. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 80 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Lass ab vo dine Wärke!

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Lass ab vo dine Wärke! All Charfriti chunnt z’Schwarzebech oben e Schwarzdorn vüre. Drunger lit en Isehafe voll Gäld. Eine vom ungere Wannebach het dä Schatz welle go reiche. Aber bi dr Walkibrügg het e Stimm grüeft: „Lass ab vo dine Wärke“, un e Mur isch tromsigs uber d’Stross gange, dass er nid het witer chönne. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Lass ihn ungestört!

Source: Lass ihn ungestört!

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Der im Sarganserlande wegen seinem Kapuzinerbarte "Bartli Peter" benannte Peter Schwarz hat denselben Geist (siehe "Der Geiger") bald geigend, bald die Feldpfeife blasend häufig gehört. Als er einst mit anderen aus Lasa Bauholz hinauf bis "Stofel" und Valgrausa zu schaffen hatte, vernahmen sie nachts die unheimliche Feldpfeife deutlich. Die Genossen, denen die Sache neu war, wollten auf den Pfeifer zugehen; Peter aber hielt sie mit Gewalt zurück und sagte: "Nähert euch ihm nicht; der wird noch manches Jahr hier pfeifen und geigen!" Dr. Henne-Am Rhyn. Deutsche Volkssage.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 202, S. 98 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Laufenburger Feuermann

Source: Laufenburger Feuermann

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Noch jetzt erzählen sich zu Laufenburg die Rheinschiffer, was ihnen schon ihre Väter und Grossväter vom dortigen Feuermann erzählt haben. Er winkte eines Abends vom Anlandungsplatze, dem sogenannten Scheffigen, am steilen Ufer herab und bedeutete, herübergeholt zu werden. Gerade kam auch der Schiffer Joseph Zimmermann von Seckingen her in seinem Weidling heimgefahren. Er sah ihn stehen und ohne lange wählen zu wollen, schickte er sich ins Unvermeidliche, fuhr hin, nahm den unwillkommenen Gast ein und ruderte mit ihm nach dem jenseitigen Ufer zurück. Da er die Art schon kannte, mit der solcherlei Gesellen sich zu empfehlen pflegen, bot er ihm beim Abschiede statt der Hand nur das Ruder entgegen, und augenblicklich warm alle fünf Finger dankbarlich hineingesengt. Aber in der Schnauze des Schiffes, wo er gesessen, hatte er zugleich den heissen Abdruck seines Sitzleders ebenfalls brandschwarz zurückgelassen. (Schweizerbl. 1833, 227.) Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 49 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Lauterbrunnen und Grindelwald

Source: Lauterbrunnen und Grindelwald

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Einst sandten die Bewohner des Bödeli, der Ebene von Interlaken, Kundschafter aus, um die wilden Täler gen Mittag, hinten bei den weissen Bergen, zu erforschen. Vielleicht gab es da neue Weidegründe für die Herden. Wo Wasserlauf und Quertäler sich schieden, da trennten sich die Männer. Vorher hatten sie aber vereinbart, auf der Rückkehr hier auf einander zu warten und gegenseitig zu berichten, was man vorgefunden. Wie sie sich wieder trafen, erzählten die Einen: "Mier hein niid wan luuter Brunnen g’funden." Die Andern sagten: "Un mier nüd wan Grind (Felsen) ol Wald." Später erhielten die beiden Täler die Namen Lauterbrunnen und Grindelwald. Quelle: Hans Michel, Ein Kratten voll Lauterbrunner Sagen. Wengen 1936. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Lauterbrunnen und Grindelwald

Source: Lauterbrunnen und Grindelwald

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Einst sandten die Bewohner von der Ebene in Interlaken, im Drange, sich auszubreiten, ein paar Kundschafter in die Täler, um zu erfahren, wo sich Weidegründe für ihre sich mehrenden Herden fänden. Als dieselben nun zurückkamen und gefragt wurden, was sie gefunden hätten, antworteten sie: "Lauter Brunnen» und einen Grindelwald." Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Lebendig begraben

Source: Lebendig begraben

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In der Nähe eines Dorfes stand ein Schloss. Darin wohnten vornehme, reiche Leute. Eines Sommers wurde die Schlossherrin plötzlich von einem Unwohlsein befallen. Schon nach wenigen Stunden sank sie in Todesschlummer. Man zog ihr ein kostbares Seidenkleid an, hängte ihr reichen Schmuck von Gold und Edelsteinen um und legte sie so in den Sarg. Dann wurde sie auf dem Dorffriedhofe unter den Trauerweiden begraben. Der Sigrist war ein junger Mann. Er liebte ein Mädchen und hätte längst gerne geheiratet. Aber er hatte kein Geld, sein Gehalt war zu karg. Nun wusste er, dass man die vornehme Dame mit Ketten und Ringen geschmückt ins Grab gelegt hatte. Da trat der Versucher an ihn heran und flüsterte ihm ins Ohr: „Schade für das kostbare Geschmeide, das nun in der Erde verdirbt. Wenn du das hättest.-! Grab’ s doch heraus - und verkauf`s. Mit dem Erlös kannst du bekommen, was du schon lange möchtest: Ein Häuschen - ein Gärtchen davor - Blumen an den Fenstern - ein hübsches Fraueli, das den ganzen Tag um dich singt und zwitschert. Sei nicht dumm. Greif zu. Jetzt oder nie.“ Der junge Mann konnte der Versuchung nicht widerstehen. Um die Mitternachtsstunde schlich er auf den Friedhof und begann die lockere Grabeserde geräuschlos auszuheben. Die Trauerweiden boten ihm Deckung. Tiefer und tiefer schaufelte er sich. Bald musste der Sarg zum Vorschein kommen. Plötzlich tönte ein hohler Schrei durch die Stille. Schrecken packte ihn. Er horchte gespannt. Da - wieder ein Schrei. Jetzt hatte er richtig gehört. Aus der Tiefe des Grabes war er gekommen. Sollte die Tote zum Leben erwacht sein, - oder wollte ihr Geist ihn verderben? - Sollte er fliehen? - Noch bevor er sich recht besinnen konnte, tönte zum drittenmal der Schrei aus der Tiefe. Deutlich verstand er die Worte: „Ich er-stik-ke!“ Jetzt war kein Zweifel mehr möglich. Sie lebte, - war lebendig begraben worden. Er vergass, was er tun wollte und dachte nur noch an ihre Rettung. Eiligst schaufelte er den Rest der Erde hinaus und brach den Deckel des Sarges auf. Die Totgeglaubte hob beide Hände hoch, atmete tief, und dann kam es freudig über ihre Lippen: „Luft - oh - Luft.“ Nach einer Weile richtete sie den Oberkörper auf und fragte: «Wo bin ich?“ Er gab keine Antwort, sondern schwang sich auf den Rand des Grabes, zog sie herauf und setzte sie unter den Trauerweiden auf den Rasen. Dort erzählte er mit flüsternder Stimme, was sich mit ihr ereignet. Sie schauderte. Als sie ihm aber für die Rettung danken wollte, da fiel er zitternd vor ihr auf die Knie und bekannte, dass er ihr den Schmuck habe stehlen wollen und nun an den Galgen komme. „Nein, nein“, beruhigte sie ihn, „du warst nur das Werkzeug, dessen sich Gottes Vaterhand zu meiner Rettung bediente. Du kommst nicht an den Galgen, dafür lass mich sorgen.“ Sie befahl ihm kurz und klar, was er tun und reden solle, um sich nicht in Widersprüche zu verwickeln und keinen Verdacht zu wecken. Dann trug er sie ins Schloss. Dort verursachte ihr Erscheinen einen gewaltigen Schrecken, der sich aber bald in Freude und Jubel verwandelte. Die Dame lebte noch viele Jahre. Sie betrachtete dieses zweite Leben als ein kostbares Geschenk Gottes und nützte es, um reichlich Gutes zu tun. Ihrem Retter war sie stets dankbar und beschenkte ihn so reich, dass er jetzt alles besass, was er sich immer gewünscht hatte: Ein Häuschen - ein Gärtchen davor - Blumen an den Fenstern - ein herziges Fraueli, das den ganzen Tag um ihn singt und zwitschert. - Aber ein Schatten lag doch zeitlebens auf seinem Glück. Erst auf dem Sterbebett offenbarte er, was im Leben nie über seine Lippen kommen durfte.   Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch  


by Lederklopfender Geist

Source: Lederklopfender Geist

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Etwas unterhalb der Alpliger Lücke, der Passhöhe zwischen Gescheneralp und Realp, hatte einer in einer Gand eine gestohlene Rolle Leder versteckt. Aber den hat nach seinem Ableben ein Geissbub noch oft dort Leder klopfen gehört. Anton Gerig Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Legende der Heiligen Notburga

Source: Legende der Heiligen Notburga

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zu Bühl im badischen Klettgau   Notburga Vidua, die Patronin der Mehrgeburten, auch der Armen und Gebärenden, wurde nach der Legende als schottische Königstochter im Jahre 796 geboren. Sie bestieg 814 in Edinburg den Thron und verheiratete sich 818 mit Herzog Alpoin. Als ihr Gemahl in einer Schlacht fiel, floh sie zum König von England und kam von dort aufs Festland herüber, wanderte rheinaufwärts an Aachen, Mainz, Ettenheim und Säckingen vorbei und gelangte schliesslich nach Bühl im Klettgau, wo sie am 24. Juni 820 neun Kinder gebar. Eines von ihnen starb, die anderen taufte sie mit dem Wasser einer Quelle, die einem Felsen entsprungen war, nachdem sie ihn mit ihrem Stabe berührt hatte. Sie errichtete an diesem Orte eine Kapelle, die vom Bischof von Konstanz im Jahre 832 geweiht wurde, als er zur Firmung ihrer Kinder nach Bühl kam. Weil sich aber mit der Zeit viele Leute an der Quelle niederliessen, die Schlägereien und Gezänk anfingen und das Wasser durch Windelwaschen verunreinigten, versetzte Notburga die Quelle auf einen Berg. Die hl. Notburga soll am 26. Januar 840 gestorben sein; ihr Grab befindet sich noch heute in der Kirche zu Bühl. Eine ihrer Töchter, die hl. Hixta, wurde in Jestetten verehrt, wo im Pfarrgarten eine ihr geweihte Kapelle stand, die wahrscheinlich ihr Grab enthielt.     Aus: R. Frauenfelder, Sagen und Legenden aus dem Kanton Schaffhausen, Schaffhausen 1933. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Legenden vom Kloster Allerheiligen

Source: Legenden vom Kloster Allerheiligen

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Gründungslegende Graf Eberhard [von Nellenburg] hatte viele Güter, sowohl im Schwabenland als auch im Elsass. Er war aber im Zweifel, wo er sein Gotteshaus erbauen sollte. Vor allem hatte er großes Gut, das sich viele Meilen weit von der Nellenburg bis an den Rhein, bis nach Schaffhausen erstreckte. Nun ersuchte er alle guten Leute überall, dass sie Gott bäten, ihnen zu zeigen, wo ihm ein Gotteshaus angenehm wäre. Und da er dies getan, fuhr er hin gen Rom zu den heiligen Aposteln Petro und Paulo, auch diese bittend, dass Gott ihm die Stätte anzeigen möchte. Und die Apostel Petrus und Paulus erzeigten ihm die Gnade, als er auf der Heimfahrt war, indem sie es einem guten Mann erzeigten, wo das Gotteshaus dem Herren angenehm wäre, wie wir hier sagen wollen: Wo nun das Kloster und die Stadt Schaffhausen liegen, war zu selbiger Zeit ein ungeheurer Wald und berüchtigt in allen Landen des Mordens wegen, das dort geschah. Der vielen Mordtaten wegen, die in diesem Wald geschahen, nannte man ihn den Schachwald. Er war sehr groß, und keine menschliche Wohnung war ringsum. Wo nun das Kloster steht, da saß ein armer Mann beim Rheine in einer Hütte, der führte die Leute hinüber und herüber über den Strom. Das Häuschen, in dem er wohnte, hieß das Schafhus, denn er war auch Schafhirt. Der Wald aber gehörte dem Grafen Eberhard, der, wie wir schon gesagt haben, bevor er nach Rom fuhr, den frommen Mann fleißig gebeten, er möge es Gott anheimstellen, ob er ihm anzeigen möchte, wo er sein Kloster bauen solle. Als dieser nun eines Tages im Gebete lag, und Gott diese Sache empfahl, geriet er in süße Andacht und sah eine Rute aufsteigen an dem Orte, da nun die Kapelle der heiligen Urstend sich erhebt, die auch St Erhardskapelle heißt. Diese Rute aber stieg immer höher und schien bis in den Himmel zu wachsen. Auf ihrer Spitze aber funkelte ein goldenes Kreuz. Dies Gesichte erzählte der gute Mann dem seligen Grafen Eberhard. Dieser befahl nun, am selbigen Orte Holz und Dornen auszureuten, baute daselbst eine Kapelle und ließ darin drei Altäre errichten.   Stiftergrab-Legende Am Grabe Eberhards im ersten Münster geschahen «Zaichen», das heisst Wunder, nämlich: Heilung von solchen, die vom Teufel besessen waren Heilung von Lahmen, Heilung von Stummen, Beschämung und Bestrafung eines hoffärtigen Ritters, der sich vor dem Grabe ungebührlich benahm.   Säulenwunder beim Bau des dritten, jetzigen Münsters Es geschah auch ein groß Wunder mit den Säulen, die jetzt noch im Münster und seiner Vorhalle stehen, sogar zwei Wunderzeichen, merk’ es wohl! Diese großen steinernen Säulen, die jetzt im Münster stehen und davor, wurden dem seligen Grafen Burchard einst am Meere gezeigt, worauf er einen reitenden Knecht hinsandte, wo die Säulen lagen, die das Eigentum einer Frau waren, die sie feil bot. Der Abgesandte Burchards sollte ihr die Säulen abkaufen, und er kam mit ihr überein, ihr Pfenning um Pfenning vorzuzählen bis die Säulen an ihrem Bestimmungsort wären. Er fing auch an zu zählen, als die Säulen aufgeladen wurden zur Abfahrt. Als er der Frau dreißig Pfenning vorgezählt, kamen auch schon die Leute und berichteten ihm, dass die Säulen schon an dem Orte wären, wo sie hingehörten. Dess verwunderte sich Graf Burchards Knecht gar sehr, er machte sich stracks auf den Weg nach Schaffhausen und fragte nach den Säulen. Dort waren diese zur besagten Stunde angekommen. Also wurden die Säulen aufgerichtet und jegliche geordnet, wie sie noch heutigen Tages stehen, und so wurde das Münster ausgebaut, wie es noch heute steht.   Ein anderes Säulenwunder Von disen sülen, so von grawem Sandstein gmachet, sagt man wit und breit, und gedenkend ouch die geschichtschriber iren als Munsterus [gemeint ist der Kosmograph Sebastian Münster] und andere. So wellend etlich, [dass] semliche sül nit gehowen, sonder gegossen sin. Es habend ouch die alten münchen irem bruch nach fabuliert, wie dise sül, nachdem si uf die hofstat kommen, in einer nacht sich selber ufericht habind on alle mendschliche hilf.   Säulensymbolik Die Säulen «werdend gezelt nach der zal der zwölf apostlen, darunder die Judam den falschen apostel bedütet, so uf der siten gegen dem crützgang einen zerspaltnen und gebrochnen köpf hat, dermassen daß man im mit isen zühilf kommen müessen».   Aus: R. Frauenfelder, Sagen und Legenden aus dem Kanton Schaffhausen, Schaffhausen 1933. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Leib und Seele

Source: Leib und Seele

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Es war eben zur Zeit der Reformation in Bünden, als in einem Orte im Engadin ein Bettelmännlein seinem Ende nahe war. Nun wollten beide Seelsorger in der Gemeinde ihm den letzten Trost spenden, und so kam es, dass während der protestantische Geistliche zu dem Todkranken sich verfügte, der katholische Seelsorger schon bei Demselben sich eingefunden hatte. Die beiden Hirten gerieten in heftigen Streit: Jeder behauptete, dass das Bettelmännlein ein Schäflein seiner Herde sei. - Endlich stellte man die Entscheidung dem Sterbenden selber anheim. Dieser urteilte: »Wenn die Herren Ehrwürden nicht einig werden, müssen sie halt teilen. Meinen Leib bekommt die Gemeinde, und mit der Seele mögen die Herren machen, was sie für gut finden.« Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Leiche wird lebendig

Source: Leiche wird lebendig

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Als einmal in einem Bauernhause eine Leiche auf einer Bank in der Stube aufgebahrt dalag und die Wachenden alle gerade im anstossenden Stübli einen Imbiss nahmen, fiel es einem Nachbarn ein, hineinzuschleichen, den Toten aufrecht hinter die Stubentüre zu stellen und sich selbst auf die Bank unter das Leichentuch zu legen. Die Leute kehrten zurück und fingen wieder an zu beten. Auf einmal wurde es lebendig unter der Decke, und der vermeintliche Tote erhob sich. In jähem Schrecken rannten alle wie besinnungslos zum Hause hinaus, der boshafte Nachbar ihnen nach, aber hinter diesem her auch der wirkliche Tote. Wohin diese zwei geraten, das weiss kein Mensch; von keinem hat man je auch nur eine Spur wieder gefunden. Andere Erzähler behaupten, vom Spötter sei nur noch ein blutendes Büschelchen Haut und Haar zum Vorschein gekommen. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Leit', leit'

Source: Leit', leit'

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In den Bürgler und Schächentaler Bergen fuhr eines Sommers ein Bettlermandli herum, aber die Leute schenkten ihm zu wenig, und es meinte, es wolle ihnen schon noch einen Schwirren schlagen. Es ging nicht lange, so brüllte einmal durch das Bachtal zu Wytterschwanden bei einem furchtbaren Gewitter eine grausige Rübi hinunter und drohte, viel Eigentum zu vernichten. Es nützte nichts, dass der alte Kluser eine Sense hineinwarf. Da läutete es zu Wytterschwanden über Wetter. Jetzt hörte man auf der Rübi eine Stimme rufen: »Leit', leit'!« und eine andere antworten: »I mag nimmä g'leitä, ds Santä-Toni-Sywli gysset.« Da legte sich das Wetter, die Rübi nahm den geraden Lauf zum Schächen und stand bald still. K Gisler, 75 J. alt, Unterschächen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Lichtenstein

Source: Lichtenstein

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Ein hier wohnender Ritter, wüst und wild, hielt eine feine, würdige Geliebte im Arm und schaute vom Erker ins Land. Des Ritters Jagdhunde zausten eine Herde den Bauern gehörende Schweine, was dem Ritter viel Spass machte. Die geplagten Tiere hielten aber zusammen und die Hunde mussten fliehen. «Schau», sagte der Ritter zum Weib, «die Schweine sind dummes Vieh, und doch haben sie meine edlen Hunde verjagt. Die noch dümmern Bauern aber kann ich zausen, wie ich will, die verjagen mich nicht.» Jemand trug diese Worte den Bauern zu, die machten den Versuch und verjagten den Ritter glücklich. Er hatte sich zwar tapfer gewehrt, weswegen ihn die Sieger bewunderten und sagten: «Weil ihr so tapfer, sollt ihr nicht von Bauernhänden sterben, sondern auf eurem edlen Rosse, das euch zu manchem Siege geführt, einen kühnen Ritt tun.» Sie führten das Pferd samt dem Reiter an die Felswand. «Nun mutig Herr oder ihr sterbt von Bauernhänden.» In dieser Not versprach der Ritter seine Seele heimlich dem Teufel, wenn er ihm gesund vom Felsen helfe. Er kam auch gesund hinunter, wurde aber drunten so konfus, dass er sich ins Dorf verirrte. Dort sahen ihn die allein zu Hause gebliebenen Weiber, liefen zusammen und schlugen ihn tot. Aus: U. Brunold-Bigler, Die Sagensammlung der Nina Camenisch, Disentis 1987, mit freundlicher Genehmigung der Autorin. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Liebeszauber

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Ein Bursche auf der Alp Hangbaum besuchte gar oft ein Mädchen auf Seelisberg. Es war ein weiter, mindestens sechsstündiger Weg, der viel Zeit in Anspruch nahm und den Burschen ermüdete. Die Alpknechte schimpften und machten ihm Vorwürfe. Er aber sagte, er sei ganz im Banne dieses Mädchens, das ihm nicht einmal besonders lieb sei. Jedesmal beim Abschiede klopfe es ihm auf die Schulter und sage zu ihm: »Komm bald wieder!« Da sagte ihm einer: »Das nächste Mal schlag dem Mädchen mit der Faust ins Gesicht, dass es blutet und das Blut auf den Erdboden tropft. Aber das Blut muss den Erdboden erreichen, das ist nötig.« Der Bursche befolgte den Rat. Als ihm das Mädchen beim Abschied wieder auf die Schulter klopfte, schlug ihm der Bursche mit der Faust auf Mund und Nase, dass das Blut auf die Erde rann. Von da an hatte er Ruhe. Hans Aschwanden, 50 J. alt, Isental Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Liebeszauber (Erstfeld)

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Ein Erstfelder Bursche besuchte öfters ein Mädchen im Wyler. Ich könnte ihn mit Namen nennen. Einst lissmete es ihm einen Lissmer und machte ihm damit ein Geschenk. Er legte ihn an, und seitdem musste er jedesmal, sobald er das Meitli jauchzen hörte, auf und davon und zu ihm gehen. Endlich merkte seine Mutter, dass er a'zogä syg, nahm den Lissmer und verbrannte ihn. Jetzt nahmen auch die Besuche ein Ende. Fr. Inderkum-Walker, Erstfeld Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Liebeszauber (Nachtrag)

Source: Liebeszauber (Nachtrag)

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Jä, das ha-n-ich sälber erfahrä, das ha-n-ich mit mynä-n-eignä-n-Aügä gseh! Ich hätt so eppis gar nitt gläubt, wenn-i's nitt sälber gseh hätt. – Ich war auf den Schattdorfer Bergen Magd bei einem jungen, bildhübschen Burschen, der mich gerne hatte. In der Nähe wohnte ein blühend schönes Maitli; das konnte es ihm antun. Jeden Abend, sobald es zu beten geläutet hatte, warf er die Sense, oder was er gerade in den Händen hatte, weg, lief ins Haus, wusch und kämmte sich und kleidete sich an und rannte davon wiän-nes Bysiwätter, dem Mäitli zu. Er musste einfach, obwohl er lieber daheim geblieben wäre. Endlich sagte ich ihm, er solle einmal mit seinem Beichtvater darüber reden. Das tat er, und der Beichtvater sagte ihm, er solle eines Abends nach seinem Besuch das Mädchen vor das Haus hinauslocken, aber dann bis vor das Dachtrauf, und wenn er's soweit habe, ihm mit der Hand auf Mund und Nase schlagen, bis Blut fliesse und das Blut den Erdboden erreiche. Der Bursche machte es so, und seitdem merkte er nichts mehr von dem seltsamen Trieb, und die Besuche fielen jetzt aus. Später ist er nach Amerika ausgewandert, und wäre ich mit ihm, so hätte er mich geheiratet. – Jä, ich lygä denn-ä keis Wort! Fr. Müller-Imholz, 52 Jahre alt, Unterschächen Ahnliche Historie, aber ohne Erwähnung eines Beichtvaters und des zur Erde fliessenden Blutes. Der Bursche musste dem Mädchen mit dem linken Handrücken auf den Mund schlagen. Fr. Arnold-Tresch, 52 Jahre alt, Seedorf Der Knecht einer Isentaler Alp musste allbott ä wiättigi Feeri wytt zu einem Maitli laufen, das er nicht einmal besonders gerne hatte. Endlich liess er sich von den Mitknechten fesseln und anbinden. Er geriet bald ins Toben, und sobald er vom Toben ermüdet niedersank, musste das Maitli zum Burschen kommen. Zacharias Aschwanden, 60 Jahre alt, Isental  Auch ein Mädchen in Amsteg het sym Purscht v'rgä (vergeben), indem es ihm von seinem Menstruationsblut im Getränke verabreichte, und er musste es in der Folge allabendlich besuchen. Auf den Rat eines Kapuziners schlug er endlich dem Meitli einmal mit der Faust auf Mund und Nase, dass es blutete, und jetzt war er von seinem Trieb, es zu besuchen, befreit. Fr. Walker-Gisler, 48 Jahre alt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Liebeszauber und schussfest machen

Source: Liebeszauber und schussfest machen

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Der der Zauberei angeklagte Schreiner Peter Hoch von Liestal gesteht 1627, er habe von einem Basler ein Zauberbüchlein abgeschrieben, u. a. auch Liebeszauber: eine Wurzel mit drei Haaren der Begehrten umwickeln und sie unter der Dachtraufe begraben, oder «eines Jungen Spatzen Zungen» dörren und «einer Jungfrawen eines gufenknopfs gross» geben, dass sie «i me Hold sein müsse». Er leugnet dagegen, schuld zu sein, dass seiner neuverheirateten Schwester und dem Schwager «ein sunderbare Ungelegen Inn Ihrem Eebeth (Ehebett!) widerfahren» sei - im Bett hatten sich Papierscheiblein mit aufgestempelten Zeichen, zu beiden Seiten des Bettes Holzspänchen mit aufgewickeltem Frauenhaar gefunden. Die beiden Eheleute geraten in Hochs Gegenwart in Angstzustände. Als Hoch wegen drohender Kriegsgefahr nach Augst zur Wache aufgeboten wurde liess er von seiner Frau gegen Hieb und Stich Zauberzettel in sein Wams einnähen. Hoch wird gefoltert und zu zwei Jahren Verbannung verurteilt. Liestal Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Liebliche Musik in der Luft

Source: Liebliche Musik in der Luft

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Jahr 1569. «Herr Wernhard Wölfflin, des Rahts zu Basel, als er zu seinen Mädern auf das Feld gegangen, (wohnte damalen zu Augst), hat es im Lufft über die massen liebliche Music gehört, also dass er darüber erstaunet, und fast mit aufgerichtetem Angesicht gegen Himmel, in einer Verzuckung gewesen, und der Melodey bey einer halben Stund zugehört. Welches aber seine Arbeiter, wie er sie gefraget, nicht gehört haben.» Augst Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Liechtleni uf em Matten

Source: Liechtleni uf em Matten

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Friejer häi d'Liit uf em Matte-l-Liechtleni gseen desumha faaren, und geng häi s' wellen han, das siigen nid rächti Liechter. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Liechtleni uf em Matten

Source: Liechtleni uf em Matten

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Friejer häi d'Liit uf em Matte-l-Liechtleni gseen desumha faaren, und geng häi s' wellen han, das siigen nid rächti Liechter. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Liechtli verschrecke Holzfrävler

Source: Liechtli verschrecke Holzfrävler

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Früejer isch alls go frävle. Woni e Bueb gsi bi, het der Wagner-Niggi verzellt: Woni mit andere zäme im Bloondwald bi go frävle, haimer bim Bolzeried Liechtli gseh, wo der Gränze noh gange sy. Mir hai Päch gee, und eine von is het derby d Chappe verlore — dä isch sen aber nit go hole! Bubendorf Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Liit bannen

Source: Liit bannen

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Vor vile Jaare siin umha und anha mee Ross gsiin wan etzen. Düöemalen wän äis Wiiller mit Rossen gen Hinderlachen old no wiiters z'Märt. Uf em Häiwwäg sii s' bnachted u-s-siin vum Briens oben üüsa und dir e Chilchwäg i ds Banholz chun. Gäb wie liecht hätt' es nen da lätz chennen gaan; im Waald häi rra uf sa glotzed und häin Hagstäcke ggräched ghäben; si häi's ganz schlächt gmäind und häim mid ene z'Bode wellen und ne ds Gäld nän. Aber bim Märtmannen ischd äina gsiin, där hed chennem bbannen. Wa s' sii chun mid üüfzogne Sparren und Stäcken, häi s'underäis nimma virers chennen, nid es Gläich tüöen, nid e-w-Wank. Am Morge sii d'Chilchliit verbii. Und no geng sii s' da gstanden mid üüfzogne Sparren und Hagstäcken. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Linde von Linn

Source: Linde von Linn

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Einer der grössten und ältesten Bäume des Aargaues ist die Linde am Bötzberge, welche dem Dörfchen Linn daselbst den Namen gegeben hat. Jeder ihrer Aeste ist ein eigener mächtiger Baum voll zahllosen Gezweiges. Ehe der Sturm ihre höchste Krone gebrochen hatte, war, wie ein dortiger Mann darüber sich ausdrückte, ihr Wald noch viel grösser. Sie steht etwas weiter drinnen in der Bergebene; dennoch überragt sie die vor ihr aufgewachsene Tannen- und Laubwaldung, dass man den einzelnen Baum meilenweit im Umkreise darüber hervor schauen sieht. Auf einer Seite ist der Stamm klüftig und morsch; gleichwohl schiesst er aus der geborstenen Rinde neue frische Aeste von Eichendicke hervor. Ein paar Ellen hoch kann man in die Höhlung hinein steigen. Wie erstaunt man, in solcher Höhe neue Wurzeln aus dem Jnnern von oben her kommen zu sehen, Luftwurzeln, die selbst wieder in Stammesgrösse keck in die leere Höhlung hinunter nach Boden suchen. Ein leiser Luftzug durch die Wipfel erinnert den darunter Liegenden an ein brandendes Gewässer. Man meint, ihr Schatten könne bis auf das entlegene Birrfeld hinüber reichen, wo jener Schicksalsdorn steht, dessen Absterben den Untergang des Landes zur Folge haben soll. (Vgl. Dornstrauch am Birrfelde) Andere sagen, die Welt gehe unter, sobald ihr Schatten auf die näher gelegene Ruine von Habsburg am Wülpelsberge falle, und man bewährt dies mit dem Spruche, der sich auf den einstigen Bewohner dieser Burg, auf Rudolf von Habsburg bezieht: Leit d'linde-n-ihr's chöpfli ûf s Ruedels hûs, se-n-isch mit alli welten ûs.   Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 62 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Lindegiger am Ruckfelde

Source: Lindegiger am Ruckfelde

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Wer vom Städtchen Brugg nach Zurzach geht, trifft auf dem weiten Ruckfelde einen alten Lindenbaum an der Wegscheide, um dessen Stamm Ruhebänke gezimmert sind. Ueber ihn hat man eine Reihe Geschichten, in deren Erzählung die Leute der umliegenden Ortschaften sich so getreu bleiben, dass nicht ein Wörtchen dran zu ändern ist. Im Dorfe Unter-Endingen lebte eine arme Familie Hauenstein. Unter ihrer Schaar von Kindern musste der älteste Bube, statt in die Schule, von Haus zu Haus das Brod betteln gehen. Später las er den Mist von den Strassen auf und verhandelte ihn karrenweise; dann gab ihm ein Krämer Schwefelhölzchen zum Verkauf, und während er diese in der Gegend umhertrug, stahl er zugleich den Juden von Ober-Endingen ihre Feldfrüchte und konnte sie unentdeckt auf die Wochenmärkte nach Brugg und Baden bringen. Bei reiferen Jahren verlangte er von dem Gemeinderathe seines Dorfes einen kleinen Geldvorschuss und betrieb damit einen Nagelhandel. Endlich kam er zu einem alten Tanzgeiger im Siggenthal und bei diesem lernte er das Geigen dafür, dass er im Endinger Walde so viel Holz frevelte, als der Spielmann den Winter über ins Haus brauchte. Hier wurde er nun in kürzester Zeit ein ausgezeichneter Geiger, der bei allen Hochzeiten gesucht war. Namentlich zur Zeit der Zurzacher Messe, wenn die Kaufleute über das Ruckfeld zogen und ihre schweren Geldsäcke ein wenig unter der Linde abstellten, um Rast zu halten, war der junge Geiger bei der Hand, strich die Fidel hinter seinem eigenen Rücken, oder auf seinem Kopfe stehend und machte um ein paar Schillinge unglaubliche Kunststücke. So wanderte er mit dem Nagelsack auf der einen, und der Geige auf der andern Schulter herum, betrieb das eine, wenn das andere gerade nicht gieng, und hielt seine Batzen so gut zu Rathe, dass er bald ein kleines Heimwesen in Endingen pachten konnte. Als er nun gar nicht ungeschickt heiratete und der Frau dann noch eine Erbschaft zufloss, wählte man ihn zum Gemeindeweibel, und da die Leute hieraufhin Kredit gaben, kaufte er das Wirthshaus zu den drei Sternen, liess die Inschrift darauf setzen: Lass Neider neiden, Hasser hassen, Was Gott mir gönnt, muss man mir lassen — und hiess jetzt der Weidwirth. Nun erst schrieb er mit doppelter Kreide. Die Gäste, die sonst ihr Schöppchen urchig (pur) zu trinken gewohnt waren, bekamen jetzt nur gewässerten Wein aufgestellt. Die einen, die sein Wirthshaus nicht mehr besuchten, wusste er in Gemeindedingen zu verfolgen und zu bedrücken; und die andern, die schwachherzig genug waren, noch bei ihm einzukehren, machte er trunken, und wenn er dann mit ihnen Händelchen abgeschlossen hatte, die zu ihrem grössten Nachtheile ausfielen, hatte er stets einige erkaufte Zeugen an der Hand, welche ihm vor Gericht den Prozess gewinnen halfen. Besonders hart war er gegen seine Dienstboten; er gönnte ihnen keine ruhige Minute. Frühmorgens um drei Uhr schon lag er ins Fenster und that, wie wenn er mit Vorübergehenden spräche. Da hiess es denn so laut, dass die Knechte nebenan in der Schlafkammer es hören mussten: „Ah, guete Tag, wo ane wennd-er? ehr sind au scho früjo; euse Lüt wennd nie ûf, me sott's alle Morge mit em Heulüecher (eiserner Heuhaken) ûssem Bett ûsse schlaike.“ Da meinten dann seine Leute, die kaum seit ein paar Stunden ins Bett gekommen waren, im Dorfe gehe man schon aufs Feld hinaus, und sprangen wie besessen aus den Federn. Was meinst, Bub, fragte mich jedesmal mein Grossvater, wenn er auf diese Geschichte zu reden kam, he, wie lange wohl musste der Lindegîger wirthen, bis er den Kaufpreis des ganzen Anwesens wieder herausgeschlagen hatte? Gewiss auch seine zwanzig Jahre, sagte ich rathend. Wohl gar gleich ein halb hundert! rief dann der Alte spöttisch; nein, in drei Jahren war er keinen Batzen mehr schuldig. Aber so schlecht gieng es eben damals noch bei der Obrigkeit her. Und wie denn heute noch der Reichste im Dorfe immer auch gleich Gemeinderath sein muss, so wurde unser Sternenwirth nicht nur dies, sondern endlich noch Ammann dazu und konnte jetzt mit seinem Gelde wuchern, das Armengut bestehlen und die Wittwen bedrücken, wie er wollte. Aber der Krug geht so lange zum Brunnen, bis er bricht, und das Leben hat auch noch keiner verlängern können. Seit der Sternenwirth das letztemal in den Keller hinabgegangen ist, hat man weder Weiss noch Schwarz mehr von diesem Säuberling erfahren; herauf ist er einmal nicht wieder gekommen, und so hiess es denn überall: „de Düfel heig e g'no.“ Von jetzt an aber sass sein Geist auf dem grossen Fass im Keller drunten und schrie um Mitternacht: „Drü Schöppli Wî und e Schoppe Wasser gend au ne Môss!“ Selbst die Nachtwächter hörten es, es soll wie das Gebrüll eines Stieres gelautet haben. Nun kam das Haus in Verruf und Niemand wollte da mehr zusprechen. Der älteste Sohn, der das Anwesen übernommen hatte, konnte sich keinem Weinfasse mehr im Keller nähern, ohne dass nicht der Spukgeist gerade drauf geritten hätte; ja alle Abende sah man ihn das Wasser büttenweise in den Keller schleppen. Der Sohn wollte ihm seine Wege verlegen und liess, um den Umbau der dabei nöthig wurde, etwas vor den Leuten zu verbergen, das Haus zuerst von aussen herunterputzen. Aber sogleich stürzte dabei der Maurer vom Gerüste. Als man ihn halbtodt in die Stube brachte und den Pfarrer mit dem Sterbsakramente hereinholte, fieng die alte Spieluhr im Zimmer, die schon seit Jahren nicht mehr gieng, wie unermüdlich an zu flöten, zu schnurren und zu walzen, und dann brach ein solches wildes Gelächter los, dass jedes Wort des Kranken und des Priesters unverstanden blieb. So wollte es nun die Familie nicht länger haben und wandte sich in ihrer Noth an einen Pfarrer von Würenlingen, der an andern Orten schon einem gleichen Nebel abgeholfen hatte. Dieser räumte den ganzen Keller aus bis auf eine grosse mit Stroh umflochtene Branntweinflasche; er stellte sie in den letzten Winkel zurecht, behielt jedoch ihren Stöpsel wohlweislich noch in der Hand. Dann zündete er ein tüchtiges Feuer an und warf fleissig Weihrauch hinein. Das ward dem Gespenste widerlich, es hustete und stöhnte, es schimpfte endlich, je mehr der Qualm den ganzen Raum füllte; zuletzt kroch es ins letzte Eckchen und gutwillig in die dorten aufgestellte Flasche, die nun der Pfarrer behend verpfropfte. Jetzt meldete er den Verwandten das Gelingen, die indessen oben in der Stube versammelt gewesen waren. Sie gaben sich noch keineswegs damit zufrieden, so lange man die leidige Flasche drunten im Keller haben sollte; allein diese war weder mit Winden, noch mit Spannketten vom Platze zu bringen. Der Pfarrer nahm noch einen Kapuziner von Baden zu Hilfe. Volle vierzehn Tage blieb dieser unten beim Gespenste, dann gelang es die Strohflasche vors Haus und auf einen Wagen zu schaffen. Aber auch jetzt schienen die Achsen unter der Teufelslast wie Halme zu brechen und die Rosse thaten keinen Ruck, bis man den Geist erst befragt hatte, wohin er gebracht sein wolle. Auf die Teufelskanzel, war seine Antwort. Dies ist ein Felsvorsprung am Bergzuge nördlich von Unter-Endingen. Hätte man das Richtschwert eines Henkers vorne auf den Wagen gelegt, so wäre gleich anfangs geholfen gewesen; nun führte man das Gefäss dorten hinaus und schleuderte es von der Teufelskanzel ins Schrännenloch. Mit grossem Gekrache versank die Flasche drunten in dem Bächlein, das der nahen Surbe zufliesst. Dafür soll nachher dem Würenlinger-Pfarrer, der den Geist zum Keller hinaus gebetet, übel mitgespielt worden sein. Dieser hielt auf strenge Zucht in seinem Dorfe und eiferte besonders heftig gegen den Unfug der Nachtbuben, der damals noch stark im Schwange war. Seit der Banngeschichte nun war alle Nacht ein Höllenlärm rings um sein Pfarrhaus zu hören, das vereinzelt auf einem Hügel liegt; und wenn dann der Herr mit dem Sprachrohr hinunter rief und den vermeintlichen Nachtbuben Ruhe gebot, scholl ihm das frechste Hohngelächter entgegen. Auch in seinen weiteren Exorcismen in der Gemeinde war er nicht mehr glücklich. Bei einem Patienten geschah es ihm einmal, dass ihm der Teufel aus dem Krankenbette entgegen schrie: „Wart aber, wie schlimm wird es erst dir einmal ergehen!" Wirklich lebte der Pfarrer darnach nicht lange mehr, der fortwährende Verdruss brachte ihn um. Man redet davon, als habe man seine Leiche mit einer Schlinge um den Hals gefunden. Bei seiner Beerdigung soll eine Stimme gesagt haben: „Gell, i ha de au möge!“ Dem Lindegîger muss es ebenfalls nicht lange in seiner nassen Tiefe gefallen haben, denn schon seit Menschengedenken hat er seine bleibende Wohnung auf der Ruckfelder Linde. Am Stamme dieses Baumes ist in Manneshöhe ein mit kräftiger Rinde überwaletes Loch, welches von einem schon vor alter Zeit gekuppten Stammschoss herrührt; da drinnen wohnt er. Denn als einmal der Bannwart von Tegerfelden dieses gefährliche Loch verkeilen wollte, wurde ihm mit den Worten: “Gang du no, i chome doch ûss“ Zapfen und Axt an den Kopf geworfen. Oft auch sass er auf einem Lindenast, den erst in den letzten Jahren ein Sturm gebrochen hat, und je ärger dann im Winter die Schneeflocken über das Rückfeld stöberten, um so schöner und schärfer geigte er drauf los. Dann soll auch der Wipfel des Baumes zu leuchten begonnen haben, auf Aesten und Zweigen stellten sich Tische zurecht, alle mit Spielleuten besetzt, und er selber strich seine verzauberte Geige dazu, die ihm ein Tegerfelder Pfarrer einst geliehen haben soll. Auch, sagt man, könne ihn nur ein Pfarrer dieser Gemeinde gänzlich erlösen, er müsse aber am Fronleichnamstage geboren sein. Da einst ein Tegerfelder-Bauer auf dem Heimwege von Würenlingen Nachts hier vorbeikam, fieng's im Baume so überaus lustig zu geigen an, dass mein guter Bauer augenblicklich dazu Hüpfen und forttanzen musste, bis er erschöpft und besinnungslos zu Boden sank. Man fand ihn des andern Tages in den Gebüschen am Fusse der Teufelskanzel, und von Stund an ist er der unübertrefflichste Tänzer im Lande gewesen. Ein Luzerner Schweinehändler war mit einer Ladung Schweine eben auf dem Wege zur Zurzacher Messe, und wollte mit seinem Zweigespann bei sinkender Nacht gerade an der Linde vorüber. Hier aber sprang plötzlich ein zwergenhafter wüster Kerl aufs Handross und schleppte das ganze Fuhrwerk über alle Graben und Löcher querfeldein wie im Blitze nach Unter-Endingen zum Sternen. Beim Wirthshause angekommen, ist der wunderliche Reiter verschwunden, am Fuhrzeug war kein Riemchen zerbrochen, aber dem sprachlosen Schweinehändler blieb für diesmal nichts weiter übrig als im Hause des Lindengeigers zu übernachten. Der Geist ist durchaus harmlos, und Niemand, der seiner jemals ansichtig geworden, hat noch behauptet, dass man darüber Schaden verspürt oder einen geschwollenen Kopf bekommen hätte. Allein wer zur Mitternachtsstunde in sein Revier kommt, der muss, er mag nun nach Tegerfelden oder Zurzach wollen, stets nach Unter-Endingen und dorten im Sternen bei seinen Nachkommen übernachten. Ganz natürlich sind diese schon längst reiche Leute; der Urgroßvater treibt ihnen ja die Kunden mit Ross und Wagen ins Haus, und so ist das Geschäft ein einträglicheres, als wenn ein einzelner Bauer in der Zechstube sitzt und über seinem Schöpplein Wein stundenlang Kalender macht. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 306 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Lindi, Lindi, loif!

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Am Bärg hed es Zwäärgli gholfen hewwen. Döö ischd es anders uf enen Nolle virbachun und hed abhagmööled: „Lindi, Lindi, loif! Dr Muggestutz wolld stärben." Döö hed ds Zwäärgli, wa ghewwed hed, alls laa ghijen und hed afa loiffen, was's hed megen; in allem Springen hed's gmööed ung grääred, as we's wän an enem Mässer ghanged. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Lindi, Lindi, loif!

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Am Bärg hed es Zwäärgli gholfen hewwen. Döö ischd es anders uf enen Nolle virbachun und hed abhagmööled: „Lindi, Lindi, loif! Dr Muggestutz wolld stärben." Döö hed ds Zwäärgli, wa ghewwed hed, alls laa ghijen und hed afa loiffen, was's hed megen; in allem Springen hed's gmööed ung grääred, as we's wän an enem Mässer ghanged. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Loderndes Gerippe 

Source: Loderndes Gerippe 

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Von einer glaubwürdigen person ist mir erzelt worden, dass sich uf ein Zyt by nächtlicher wyl, unversähenlich vor ir gestellt ein todter cörpel uffrecht allein dass gebein in gstalt der man den todt malt und by synen füessen sye uss dem erdtrich herfür komm ein kleins blawes liechtlin, dass sye allgemach am Cörpel uff gestigen bis an die Gegne der brust kommen, da habe angefangen ze wachsen und ye meer ye meer zugenommen, bis es letzlich zu grossem heitern flamen worden der den Cörpel gantz gefasst und umbgeben und entlich alles miteinandren verschwunden.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Bei dieser Sage gibt es keine genaue Zuordnung zu einem der fünf Kantone. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Lora

Source: Lora

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Lora Am Fusse des sonnenreichen‚ anmutigen Sulzberges befand sich eine Quelle, aus welcher man, je nach ihrer Ergiebigkeit gute oder Hungerjahre vorauszusagen glaubte. Diese Quelle hielt man auch für mineralhaltig, und es ist leicht möglich, dass der Name „Sulz“ von dieser Quelle hergeleitet ist. In alter, grauer Zeit wohnte hier Balz von Sulzberg, welcher ausgedehnte Güter besass. Ein einziges Kind hatte ihm sein Weib geschenkt. Er nannte es Lora. Es war wohlgestaltet, kräftig und schön; mutig und kühn stand es dem Vater zur Seite. Sie opferten den Göttern und lebten in Frieden. Viele Leute aus nah und fern kamen der Quelle wegen zu ihnen, und zufolge ihrer Gastfreundschaft standen sie weit herum im besten Rufe. Mit dem Nachbarn Ruosso, der ebenfalls viele Güter besass, lebten sie in bester Freundschaft, und es war kein Wunder, dass der Sohn des Ruosso und Lora einander lieb gewannen. Auf der anderen Seite des wildtobenden, über Felsen stürzenden und durch Schluchten schäumenden Waldbaches, oben auf dem Berg, stand eine Ritterburg. Da wohnte ein Zehntgraf, ein stolzer, gewaltiger Mann, der es mit Sitten und Anstand nicht genau nahm. Er hatte es auch auf Lora abgesehen. Um diese zu seiner Geliebten zu machen schloss er mit dem Teufel einen Bund. Der musste ihm zunächst am Felsabhang eine Brücke bauen über den Bach. Drum heisst diese Brücke die Teufelsbrücke. Der Teufel kam in Gestalt eines figelanten Burschen ins Haus des Sulzbergers und fand bald grosses Zutrauen bei Vater und Tochter. Er schmeichelte vorzüglich der Lora und meinte, sie sei im weiten Umkreis die schönste und begabteste Jungfrau; sie sei zu etwas Höherem geboren, und mindestens ein Graf wäre ihrer wert. So wurde der Hochmut in Loras Herz gepflanzt. Als nun der Graf selbst in blendender Kleidung vorübertritt, grüsste er sie recht freundlich, und sie erwiderte den Gruss zuvorkommend. Es blieb aber in Zukunft nicht beim Vorüberreiten. Ein zutrauliches Verhältnis entwickelte sich, welches immer traulichere Formen annahm und zuletzt zu geheimen Zusammenkünften führte, die in einer Grotte abgehalten wurden, oberhalb der Teufelsbrücke. — Mit Ruosso pflegte Lora ihr Liebesspiel weiter. Einst verfolgte dieser auf der Jagd einen Hirsch und kam zufällig zu jener Grotte. Er blickte ahnungslos hinunter, wo er zu seinem Schrecken just Lora in den Armen des Grafen liegen sah. Die Wut liess ihn nicht lange überlegen. Er spannte seinen Bogen und schoss den Pfeil auf den Räuber seiner Liebe ab. Das Geschoss traf aber die Geliebte tödlich und nicht den Grafen. Dies bemerkend, stürzte sich Ruosso voll Verzweiflung über den Felsen in die Tiefe, wo er zerschellte. Dem Grafen, dem das Schicksal den Tod so entsetzlich nahe vorweggeschickt hatte, wurde unheimlich zumute. Er überliess die Burg ihrem Schicksal und zog in die Welt hinaus. Auf dem Gewässer, das von Lora den Namen erhielt, spukte ihr Geist jahrhundertelang als Wassernixe. Der Teufel schnürte seinen Ranzen und zog befriedigt über seinen Erfolg von dannen, um wieder anderswo törichte und eitle Menschen irrezuführen. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Gekürzt aus Jahrbuch Pfäffikon Nr. 1, S. 5 - 9; daselbst von Jakob Schellenberg erzählt als „eine Sage“. Jahrbuch Pfäfffikon Nr. 7 gibt eine Schilderung dieser Gegend auf S. 31 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Löristier

Source: Löristier

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Dieser wilde Stier treibt sein Unwesen auf dem Reiat, in der Umgebung von Lohn. Er haust in der «Lör», einem Walde, der noch heute diesen Namen trägt, und wehe dem, der ihm in den Weg kommt, wenn er durchs Gehölz bricht. In der Nähe der «Lör» ist die «Wandfluh», eine steile, gegen das Bibertal abfallende Felswand. Wer dort hinunterfällt, ist verloren. Der Löristier kann auch dorthin treiben. (Lohn)     Aus: R. Frauenfelder, Sagen und Legenden aus dem Kanton Schaffhausen, Schaffhausen 1933. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Losplatte im Kiental

Source: Losplatte im Kiental

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Die ersten Menschen, die ihren Fuss in das Kiental gesetzt haben, waren zwei Brüder. Als sie das schöne, in zwei Tälern ausgebreitete Weidland sahen, fragten sie sich, wie sie es unter sich teilen sollten. Da setzten sie sich auf einen grossen flachen Stein, der im Grunde lag, und warfen das Los. Von dieser Stunde an ward der Stein die Losplatte geheissen. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Lueg, äs nimmt d'r dz Chind

Source: Lueg, äs nimmt d'r dz Chind

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Eine meiner Verwandten trug eines Nachts ihr kleines Kind herum, um es zu »vertwellen«. Der Vater lag im Bett und sah etwas Grosses, Weisses hinter der Mutter stehen, das Miene machte, das Kind zu ergreifen; deshalb rief er der Mutter: »Jesses, lueg, äs nimmt d'r dz Chind!« Das Kind starb kurze Zeit nachher. – Jedes Kind erlöst im Tode eine arme Seele aus dem Fegfeuer und geht mit ihr z'Himmel. Marianna Schmid, Hospental Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Lueggi, Lueggi, du gueti Chueh

Source: Lueggi, Lueggi, du gueti Chueh

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Unter den Nachbarn her- und jenseits des Brienzergrates, der schmalen Wasserscheide von Aare und Emme ist heute ein friedliches Auskommen, desgleichen unter den Leuten auf der Mittag- und Abendseite des Rothorns. Zu Grossvaters Zeiten, als weder Eisenbahnen noch Autos zuhinterst in die Täler fuhren, wechselte manches Kühlein und manches Trüpplein leichtfüssiger Schmalware über den Grat den Besitzer und gründeten sich Freundschaften, die noch in der Gegenwart gelten. - Das war einmal anders. Manche sagen, es sei im Anfang des vierzehnten, andere, es sei zwei oder drei Jahrhunderte früher gewesen, als eine Horde rauhbautziger Unterwaldner an den Hängen des Rothorns herniederstieg und auf dem Planalpstafel Mittlesten die Brienzer Älpler überfiel. Es war ein nebliger Tag. In den Hütten hatten die Älpler gerade den Käse aus dem Kessi genommen und säuberlich in die Vätterren gedrückt, als plötzlich die Türen aufknarrten und fremde, bäumige Kerle hereindrängten. Die schlugen, gottslästerlich lärmend und fluchend, alles Zweibeinige, was herumstand oder sass, kurzerhand nieder oder stürzten es in die Käs- kessi, in die noch heisse Schotte, kopfvorab. Wehgeschrei durchgellte den Stafel. So rasch und unerwartet kam den Älplern der Überfall, dass alle Gegenwehr zu spät kam und jeder den Kürzeren ziehen musste. Nur zwei Sennen wurden von den Unholden verschont, Vater und Sohn, die sollten sie im Nebel den Weg über Eisee in ihre Berge zurückführen. Als sich der Alte aber weigerte, den schändlichen Dienst zu tun, stachen sie ihm mit einem glühenden Scheit die Augen aus und hängten ihn an einen Dachrafen. Dem eingeschüchterten Buben aber banden sie die Hosenstössel unten zu und füllten diese mit Steinen, dass er nicht entlaufe. Dann trieben sie das Vieh zusammen und machten sich mit der Züglete bergwärts davon. Vorab dem Zug schritt mühsam der Bub. Die Last an den Beinen wog schwer. Dazu plagte ihn das Entsetzen über das eben Erlebte und die Angst vor dem, was ihm noch bevorstand. Ob Vieh oder Mensch blieb den schrecklichen Männern eins, er wird die Heimat wohl nie wieder sehen. Und doch glühte da irgendwo im Innersten noch ein geringes Fünkchen einer Hoffnung auf Hilfe. Oh, wenn nur Leute aus dem Dorf heraufkämen und den bärtigen Teufeln die Beute wieder abjagten! Aber die listigen Sackermenter hatten den Kühen die Glocken abgehängt, wer wollte da wissen, wo man ihnen an den Kragen müsste, wenn alles im dichtesten Nebel stak. Ei, sieh da! Sein liebstes Kuhli, die aschgraue Lueggi, trabte ja gerade hinter ihm her und versuchte zuweilen, als ginge ihr die Sache auch zu Herzen, den Kopf an seiner Seite zu reiben. Lueggi, du gutes Tier! Wenn er ihr chettete und sie beim Namen rief, musste man das nicht bis hinunter ins Gresgi und in der Talkrümmung, im Blattmahd hören? Und nun sang der Bub in einem fort und so laut er mochte: „Lueggi, Lueggi, gueti Chüe, Etz muesst gägen Underwalden züe!" Und damit er mit seinem Zuge möglichst lange im vertrauten Gelände, herwärts des Rothorns bleiben könne, führte er die Unterwaldner, um sie im Weg zu täuschen, die langen Kehre „in den Wengen“ bergauf bis auf den Grat und die kurzen Kehre über die „Mistgable“ auf der gleichen Seite wieder hinunter dem Stafel Mittlesten zu. Während Räuber und Vieh in den stotzigen Hängen im Nebel irrten, war an Mittlesten ein junger Älpler, der eine böse Messerwunde in den Bauch bekommen hatte, wieder zu sich gekommen. Mit der einen Hand die Wunde verhaltend, rannte er auf Tod und Leben auf die Mühlebachfluh zum „Buechelli“ und rief von hier aus durch ein Volli nach Brienz hinunter um Hilfe. Es war grad die rechte Zeit. Im Dorfe ging die Messe zu Ende und die Kirchgänger verliessen die Kirche. Kalt lief es den Leuten über den Rücken, als sie die schauerlichen Hilferufe vernahmen. Ein Mädchen erkannte den Rufer an der Stimme als ihren Liebsten. „Hei, ihr Burschen“, feuerte es die Jungmannschaft an, „wenn ihr den Mann stellen wollt, nehmt eure Waffen und gebt den Halunken auf den Grind, dass es beschiesst!“ Aber wohl, die Burschen machten sich gleitig zwäg! Im Handumdrehen war ein Purs in der Alpgasse beisammen, grimmig entschlossen, diesmal mit den Unterwaldnern gründlich abzurechnen. Im Eilmarsch lief der Haufe der Planalp zu. Unterdessen war dem Hüterbuben die List gelungen, die Unterwaldner wieder in die Nähe der Hütten von Mittlesten zu bringen. Auf einmal tauchten aus dem Nebel bewaffnete Gestalten auf und stürzten sich auf die Viehräuber; ein fürchterliches Hauen und Stechen hub an, die Unterwaldner fielen einer nach dem andern blutend ins nasse Gras. In den Hängen des Tanngrindels widerhallten die Weherufe der Getroffenen und das Geschrei der Angreifer. In erbittertem Kampfe machten die Brienzer ihre Drohung wahr, mit den Feinden gründlich abzurechnen; es sollte keiner mehr lebend über Eisee in die Heimat entkommen! Und erst als in einer Mulde an der Twärrenegg dem Letzten der Garaus gemacht war, freute man sich des Sieges und des wiedergewonnenen Gutes. Auf der Heimkehr fand man dann den jungen Älpler, der von der Mühlebachfluh um Hilfe gerufen hatte, beim „Buechelli“ tot. Er war am Brand gestorben. Die Hütte, in der der Ätti des Buben so grausam hingemordet worden war, hiess von dieser Zeit an die „Mordstye“ und der Ort an der Twärrenegg, wo der letzte Unterwaldner sein Leben lassen musste, der „Mordboden“. An beiden Orten wollen Älpler in jüngerer Zeit Waffen ausgegraben haben, und noch heute stehen, von Blacken und Nesseln überwuchert, im Planalpstafel Mittlesten die Überreste jener Hütte. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Lupsingen zu St. Pantaleon kirchgenössig

Source: Lupsingen zu St. Pantaleon kirchgenössig

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Lupsingen war früher zu St. Pantaleon SO kirchgenössig. «Die katholischen Vorfahren müssen auch fromme Leute gewesen sein, denn man erzählt, dass ein Biedermann (Name der alten Lupsinger Bürgerfamilie) eine schöne Glocke nach St. Pantaleon verschenkt habe, die später nach Stein gekommen sein soll.» Lupsingen Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Lüt banne

Source: Lüt banne

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Lüt banne Es angersmol sin ihm d’Buebe i dr Hoschtert hinger d’Öpfel. Uf ’s Mol hei sie öppis ghört uber d’Bsetzi düssele. Was gisch, was hesch, si sie uf u dervo! Numen eine het si no gchrümmt u het en Öpfel wellen ufha. Ändtlige si die angere i Sicherheit gsi u hei gwartet. Jetz ersch hei sie gmerkt, dass eine dehinge blieben isch. Du hei sie-n-ihm grüeft. Du isch er cho z’chiche: Jetz sig er gsprunge u gsprunge wie nid gschit‚ u gäng sig er uf em gliche Fläck gsi; är heig eifach nid furt chönne, gäb wie-n-er gsprunge sig. Ersch, wo sie-n-ihm grüeft heige, sig er ab Fläck cho. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Lütli ohni Chöpf

Source: Lütli ohni Chöpf

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Im Schuelweidli sy albe Lütli umenander gsprunge, wo keini Chöpf gha hai. Sie hai enander ghebt und sy imene Chreisli umetanzt, und druufabe ischs cho rägne. Lupsingen Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Mädchen als Fuchs

Source: Mädchen als Fuchs

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Der Haltä-Jochi von Gurtnellen († 1872 im Alter von 82 Jahren) hatte einst auf der Jagd ein Füchslein verschont, das sich sonderbar aufführte. Später reiste er einmal nach Graubünden und wollte dort Schweine kaufen. In der Wirtschaft, wo er einkehrte, tat die Wirtin sehr freundlich, bewirtete ihn auffallend reichlich und wollte für alles keinen Rappen annehmen. Ja sogar die Schweinchen, die er ihr abkaufte, gab sie gratis. Er habe ihr das Leben gerettet, sagte sie; denn jenes Füchslein, dem er geschont, sei sie gewesen. Das hat der Haltä-Jochi meinen Erzählern, von denen der eine sein 80jähriger Sohn ist, selber erzählt für eine gewisse Wahrheit. Karl Walker, Wirt und Bauer, 80 J. alt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Mädchen und Katze

Source: Mädchen und Katze

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Als der Gerig Heiri von Spiringen aus dem Militärdienst nach Hause reiste, begleitete er eines Abends auf offener Landstrasse ein junges, hübsches und, wie er meinte, braves Mädchen. In der Nähe eines armseligen, einsamen Häuschens sagte ihm die Begleiterin auf einmal Ade. Sie müsse da einen Besuch machen, war ihr Bescheid. Heiri schaute ihr nach und sah mit Erstaunen, wie sie vor der Hütte das Gewand auszog, als Katze die Holzwand hinankletterte und durch eine Fensterlucke in das Firstkämmerchen verschwand. Da beschleunigte aber Heiri ganz wacker seine Schritte. Später vernahm er, dass in jenem Häuschen vier Hexen daheim seien.   Frau Baumann-Gisler, 52. J. alt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Magdhildenbrünnlein bei Dingten

Source: Magdhildenbrünnlein bei Dingten

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Auf dem kleinen Berge, auf dem das Schloss Dingten gestanden hat, sprudelt ein silberheller Quell aus dem Fels hervor, er kommt aus einem Lee im Innern des Berges, den lauter Jungfrauen bewohnen. Eine derselben ist die schöne Magdhilde, die mit dem Laufe der Quelle hinab ins Tal lustwandelt und dort jede Nacht sich badet. Daher trägt auch das Brünnlein selber ihren Namen. Ehemals pflegte sie da den Landleuten zu zuwinken, als wollte sie ihnen alle erdenklichen Schätze bieten. Doch diese, welche sich bei Tage nur mit Befangenheit der berufenen Stelle nähern, entflohen vor der nächtlichen Erscheinung. Seit einigen Jahren soll sich die Jungfrau nur dann noch am Brunnen blicken lassen, wenn anderes Wetter eintreten will. (Seminarist Jak. Matter von Wittinsburg in Baselland.)  Sage aus Dingten Notiz: Schon der Name Magdhilde deutet auf die Kirchenlegende von den elftausend Jungfrauen, die mit der heiligen Ursula den Rhein befahren haben. Deshalb behauptet die Sage, lauter Jungfrauen bewohnen den See im Innern des Berges. Verwandtes erzählt man im Weiler Langrüti im Kanton Zug; er liegt an der Landstrasse nach Luzern, nahe bei Cham. Im Walde Langholz daselbst fliesst der Jungfernbrunnen mit klarem kalten Wasser. Die Quelle entsprang, um den Tod zu bezeugen, den hier drei Jungfrauen erlitten von der Hand eines Zwingherrn. (Mündlich aus Hünenberg.) Nicht also ins Wasser stürzen wollen diese Jungfrauen ihr Kind, sondern aus dem Wasser der Hollenteiche und der Kleinkinderbrunnen wollen sie die Neugeborenen holen und den Eltern überbringen. Daher unser Glaube, dass die Ammenfrau die kleinen Kinder aus den Teichen hole; daher der bekannte Kinderreim über sie: „Geht damit nach Hollabrunn, find't ein Kind’l der Sunn." Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Makolbus

Source: Makolbus

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Salime, der weiseste aller Könige, hatte den berühmten und gewiegten Makolbus zum Hofnarren befördert. Nachdem er die trockenen Berichte seiner Minister durchgelesen, sieben Audienzen erteilt, den Koch davongejagt und dem königlichen Architekten die Pläne für ein neues Raubtierhaus genehmigt hatte, sehnte er sich nach Zerstreuung. «Den Makolbus her!» befahl er einem Diener, «er soll mich unterhalten und meine Stirne glätten.» Der Narr erschien und verneigte sich tief. «Das Gras steht in der Freude», begann der König, «allerwegen grünt und blüht es, geh auf die Wiese und miss dich mit den Mähdern!» Makolbus liess sich eine Sense geben, ging hinaus und legte drei Schwaden nieder, dann warf er sich unter den Kirschbaum auf die faule Haut und schnarchte. Vor der abendlichen Tafel fragte ihn der König, wie lang und breit der Streifen sei, den er mit der Sense geschnitten habe. «Das Doppelte von dem, was deine besten Heuer mähten. Wieviel gibst du mir für den heutigen Tag?» «Keinen Heller mehr als den andern. » «Wenn du meine Arbeit nicht nach Recht und Gebühr bezahlen willst, so soll das Gras wieder aufstehen, bis auf die letzten drei Mahden.» Der König lief hinaus und sah drei Zeilen Gras am Boden liegen. «Famos», rief er begeistert, «mein Hofnarr ist ein Hexenmeister; ich hätte keinen bessern wählen können.»   Eines Tages, als Salimes Haupt die Sorgen umdüsterten, trampelte der Hofnarr plötzlich daher und sagte: «Der Tag ist heller als die Milch.» «Nein, die Milch ist heller als der Tag.» Makolbus beharrte auf seinem Ausspruch und stellte heimlich einen Eimer voll Milch vor die Tür des königlichen Schlafgemaches. Der König begab sich zur Ruhe und trat mit dem linken Bein in den Kessel, der umstülpte und den Inhalt über seine neuen Stiefel und den Boden ergoss. «Der Narr hat mir einen Possen gespielt», rief er entrüstet, «dem will ich!» Des andern Morgens bestellte er ihn auf sein Arbeitszimmer. Makolbus verschränkte die Arme und sagte kaltblütig: «Du hast behauptet, die Milch sei heller als der Tag, warum hast du sie denn nicht gesehen?»   Einst stritten sie, was besser sei, die Qualität oder die Quantität. Salime behauptete, die Grösse und nicht die Güte sei ausschlaggebend, während Makolbus gegenteiliger Meinung war. «Beweise her», rief der König, «oder ich lass dich baumeln!» «Unverzüglich werde ich den Beweis antreten, Majestät. Stell dich neben ein Fass voll Essig, und wir wollen Fliegen fangen, du zählst die deinen, ich die meinen.» Salime wählte die grösste Essigtonne aus den königlichen Kellereien, Makolbus setzte sich vor dem Kuhstall an die Sonne und hielt einen mit Honig bestrichenen Löffel auf den Knien. Als der Tag verschied, hatte er einen Sack voll Fliegen gefangen, der König nicht eine einzige. «Du bist ein Halunk und wirst gehängt, fertigt» «Einverstanden, nur bitte ich mir aus, häng mich an einen Baum, der mir beliebt.» Die Diener kutschierten ihn im Lande herum, an jedem Baum, den sie als Galgen vorschlugen, fand er etwas zu bemängeln. Da sagte Salime: «Ich bin der weiseste aller Könige, daran ist nicht zu rütteln, allein du bist noch klüger als ich», und er schenkte ihm das Leben.   Als sie auf der Terrasse des Palastes sassen und in den Palmengarten hinunterschauten, bemerkte Makolbus im Gespräch, es gehe doch nichts über die Natur, sie übertreffe alles, Gelehrigkeit und Wissen. Zum Widerspruch gereizt, entgegnete der König, die Lehre stehe über der Natur, und sie gingen eine Wette ein. Salime besass eine Katze von ungewöhnlicher Grösse und Klugheit, brandschwarz der Samt ihres Felles, die Augen gelb wie Bernstein. Sie war abgerichtet und trug zumitten der Tafel den Leuchter auf den Pfoten. Makolbus fing drei Mäuse, und als die Katze ihren Platz eingenommen hatte, liess er eine laufen. Der Kater schlitzte die Augen, spitzte die Ohren und zitterte am ganzen Leib, rührte sich aber nicht von der Stelle. Er war ein guterzogenes Tier und widerstand der Versuchung. Tags darauf liess der Narr die zweite Maus entschlüpfen. Die Katze juckte mit den Hinterbeinen, die Kerzen wackelten und fackelten bedenklich, fielen aber nicht vom Pfotenständer. Mit feuchten Augen schielte sie in den Winkel, wo das Mäuschen verschwunden war. Am dritten Abend huschte wiederum eine Maus über den Tisch. Ein Sprung und Tatzenhieb, und sie zappelte in den Krallen des Katers, die Kerzen rollten und erloschen. Im Zorn über die verlorene Wette, hob der König die Tafel auf und fuhr den Narren an, er sei ein Gaukler und bleibe einer, solange er lebe. «Gib mir Geld», lachte der Narr, «so viel ich brauche, und du bist meiner los und ledig!» Der Schatzmeister zahlte ihm die Hälfte des königlichen Vermögens. Allein Makolbus, nicht zufrieden damit, sagte, er brauche mehr und verlangte auch noch die Hälfte des gesamten Viehbestandes. Neben der alten Stallung hatte Salime ein neues Gebäude aufrichten lassen, das noch nicht bezogen war. «So, Bruder», entschied Makolbus, «das Vieh wird jetzt zur Tränke getrieben, und was in den alten Stall trampelt, gehört mir, was in den neuen stapft, ist dein, und niemand darf sich einmischen.» Mit dem Vorschlag einverstanden, begab der König sich zum Brunnen. Die Knechte öffneten die Tore vom alten und vom neuen Stall und entfernten sich. Gemächlich kamen die Kühe heraus, schlürften am Brunnen, wandten sich und kehrten alle ins alte Bauwerk zurück, zwei übermütige Milchkälblein ausgenommen, die herumtollten, den Eingang verfehlten und in das neue Gebäude hineinrannten. Makolbus verkaufte die schmucke Herde und verliess das Reich.   Von der Zeit an fiel es wie Nacht in das Gemüt des weisen Königs. Er verlor das Lachen und den Humor, vermisste den Schalk hier und überall und konnte ohne ihn nicht mehr leben. Boten um Boten sandte er ins Land hinaus, die Makolbus bestürmten, an den Hof zurückzukehren. Nach langem Sträuben liess er sich erweichen, und als er am Hofe erschien, fiel ihm der König um den Hals, übertrug ihm Zepter und Reich, liess ihn schalten und walten, behaupten und belehren und widersprach nie mehr. Im Volke hiess es, Salime regiere weiser denn je.   Quelle: Johannes Jegerlehner: Walliser Sagen, Hans Feuz Verlag Bern, 1959   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Man höre die armen Seelen

Source: Man höre die armen Seelen

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Hat allemal meine Mutter sei. geglaubt, wenn feuchtes Holz im Feuer pfeifende oder singende Töne von sich gab. Fr. Müller-Imholz, 52 Jahre alt, Unterschächen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Man muss sich zu helfen wissen

Source: Man muss sich zu helfen wissen

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Dass es eine schöne Sache um den lieben Sonnenschein ist, wissen die Vil­lasurer (Filisurer) sehr wohl, seitdem sie fanden, dass sie bei der Teilung der Herrlichkeiten des Erdbodens um diese herrliche Gabe, das Sonnenlicht, ziemlich zu kurz gekommen. Ihnen steht ein hoher Berg vor der Nase, und der nimmt die Sonne hübsch für sich in Anspruch. Aber nicht faul, machten sie auf der Spitze des Berges einen grossen Trichter, um die Sonne aufzufangen, und leiteten dann den Sonnenschein durch Holzteuchel ins Dorf hinunter, wie andere Leute das Wasser. Dadurch wurden sie in den Stand gesetzt, am Brunnen Sonnenschein, den Quadratfuss zu 6 Gulden 48 Kreuzer, alte Bündner­ Währung, verkaufen zu können. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Mangepan

Source: Mangepan

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Auf einem hohen Hügel westlich des Dorfes Mörel befand sich einst die Burg Mangepan, worin sich damals Raubritter aufhielten, welche die Leute auf allerlei Weise bedrängten. Ein unterirdischer Gang soll von der Burg bis hinunter zum Land- und Saumwege bei den hohen Flühen geführt haben. Diesen benutzten die Zwingherren, um die Vorbeigehenden aufzufangen und auszuplündern. Die Bevölkerung von Mörel und Umgebung war ihnen zinspflichtig, indem jede Haushaltung einen Sack voll Korn und beim Metzgen das saftigste Stück Fleisch einhändigen musste. Auch mussten die Neuverheirateten ihre Frau für drei Tage in die Burg schicken. Da geschah es einst, dass ein Hochzeitszug unter der Burg vorbeizog. Gleich eilte der Zwingherr herbei und wollte die Braut mit sich in die Burg führen. Der Bräutigam stellte sich anfangs ganz willfährig und sagte, er wolle mit der Braut zuerst heimgehen, um das Hochzeitsmahl einzunehmen, der Herr Ritter sei auch dazu eingeladen. Dabei drückte er dem Ritter so kräftig die Hand, dass das Blut zwischen den Nägeln hervorspritzte. Gern oder ungern musste der Ritter mit zum Hochzeitsmahle, wo er gleich von einigen starken Bauern umringt wurde, welche ihn unter Todesandrohung zwangen, mitzuteilen, auf welche Art die Burg einzunehmen sei. Widerstrebend gab er dann den Rat, man solle einen grossen, starken Lärch fällen, daraus eine Armbrust machen, womit man starke Holzblöcke nach der Burg schiessen könne. Dieser Rat wurde befolgt, und der Ritter selbst musste das Wurfgeschoss bedienen. Erst durch den dritten Schuss wurde eine Bresche in die Mauer geschlagen; die Bauern drangen nun um die Burg ein, zerstörten sie bis auf den Grund und verjagten die noch übrigen Zwingherren. RIED-MÖREL Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Mann, der die Sense tängelt

Source: Mann, der die Sense tängelt

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Eines Tages sah meine Mutter oben in der Lammatt (Flüelen) so äs alts Grittschimanndeli, d.h. einen nicht schön gekleideten, alten, verhutzelten Mann, der trug einen alten, grauen, ins Gesicht hinabhangenden Wetterhut auf dem Kopf und tängelte auf einem Stein eine Sense. Am Abend des nämlichen Tages kam ein furchtbares Wetter und übersarete der Gruonbach die ganzen Gruonmättli. Das hat die Mutter manchmal erzählt. Fr. Ganz-Aschwanden, 56 J. alt, Flüelen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Manna in enem Ring

Source: Manna in enem Ring

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Afis Dani ischd vor Tag vum Sand gägem Mäiringen. Hee und da hed in enem Hüüs afen es Leecht bbrunnen; d’Bäch häi toosed ung grüüsched: aber Liit siin no egghäiner virha gsiin. Bald wän er z’Stäi gsiin; im Land üüsi siin in enem Ring Manna gsiin; in dr Miti ischd äina gstanden. „Gööte Tag“, säid Dani und wolld an ene verbii. „Ja“, säid där emmitts, „ si häin en gööta Tag, si im Ring, aber i han nen no nid.“ Wee-n-er mid Brichte fertig ischd, siin dee Manne furt gsiin, as we si nee wän da gsiin. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Männchen will nicht anstreifen

Source: Männchen will nicht anstreifen

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Im Isental kam von Zeit zu Zeit ein Erdmännchen aus einer Felsenhöhle, um beim nahen Senn Milch, Süffi und dergleichen Speisen in Empfang zu nehmen. Dann zog es sich in die Höhle zurück und verschwand. Obschon sie nachschauten, war nichts von ihm zu entdecken. Es hatte ein zerfetztes Röcklein und gab immer gar ängstlich acht, dass es an niemanden anstreife. Nun stand ihm mal express ein Bursche beim engen Eingang recht breit in den Weg, damit es anstreifen müsse. Das Leutli konnte aber gar fein ohne Anstossen durchkommen, wobei es sein Kleidlein sorglich um den Leib zusammenfasste. (Aus Lütolf 481, 442.) Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Männchen will nicht anstreifen

Source: Männchen will nicht anstreifen

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Im urnerischen Jsenthal waren auch Erdleutle. Eines wohnte in einer Felsenhöhle, aus welcher es hervortrat, um beim nahen Senn Milch, Sufi und derlei Speisen in Empfang zu nehmen. Dann zog es sich in die Höhle zurück und verschwand. Obschon sie nachschauten, war nichts von ihm zu entdecken. Es hatte ein zerfetztes Röcklein und gab immer gar ängstlich Acht, dass es an niemanden anstreife. Nun stand ihm mal express ein Bursche beim engen Eingang recht breit in den Weg, damit es anstreifen müsse. Das Leutle konnte aber gar fein ohne Anstossen durchkommen, wobei es sein Kleidlein sorglich um den Leib zusammenfasste.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Männlein in der Gülle zu Tegerfelden

Source: Männlein in der Gülle zu Tegerfelden

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Vor langen Zeiten, ehe noch die alte Handelsstraße auf die Zurzacher Messe durch Tegerfelden gieng und wieder eingieng, lebte in diesem Dorfe ein wundersames Ehepaar. Es war seit Menschengedenken haushäblich hier angesessen, brave gute Leute von gottesfürchtigem Lebenswandel; aber beide waren so ausnehmend klein und winzig, dass man sie doch nicht wohl mit zur übrigen Bevölkerung zählen konnte. Nun geschah es, dass sich diese zwei kleinen Leutchen noch in ihren alten Tagen gemeinschaftlich in ein Vergehen einliessen. Zwar konnten sie es verheimlichen, und da auch die Nachbarschaft aus Schonung schwieg, so wurden die zwei weder damals bei Gericht gebüsst, noch weiss man heute ihre eigentliche That anzugeben; aber sie starben bald darüber hin und müssen dafür seitdem in ihrem eigenen Hause wandeln. Da die Beiden weder Kinder hinterliessen, noch sonst weit und breit einen Verwandten gehabt hatten, so fiel ihr Haus an die Gemeinde Tegerfelden. Man brachte es zur Versteigerung und es stellte sich auch ein annehmbarer Käufer ein, der es unter bestimmten Bedingungen einstweilen bezog. Aber gar bald merkte der neue Besitzer, dass er hier nicht allein wohne, und so muss wohl damals schon der Kauf wieder rückgängig geworden sein. Denn regelmässig an jedem Abend stellten sich im Hause die beiden kleinen Leutchen ein. Immer kam das Männchen zuerst herein, alsdann das Weiblein, und zusammen traten sie dann an den Herd hin. Beim Weggehen aber entfernte sich allemal das Weiblein zuerst, und mit gemessener Pünktlichkeit verzog hierauf das Männlein noch einen Augenblick länger, bis es sich ebenfalls fort und seinem Weibchen nach machte. Beide thaten dabei gänzlich arglos und blieben, unbekümmert um alle übrigen Anwesenden, ganz allein mit sich beschäftigt; aber zusammen sprechen hat man sie nie gesehen, nicht einen einzigen Laut haben sie je gegeben. Das alles war nun der Frau des neuen Besitzers ganz unerträglich und sie drang fortwährend in ihren Gemahl, diese kleinen Leutchen durch Kapuziner, die sich auf den Bann verstehen, aus dem Hause schaffen zu lassen. Bevor sich nun dieser zu einem solchen Gewaltsmittel entschliessen wollte, wendete er sich noch an einen alten, erfahrenen Mann in der Umgegend, an den Bauern Jetzer, der damals auf einem Hofe bei Lengnau sass, dem Erbgute seines sagenberühmten Geschlechtes. Dieser Mann war ein Fronfastenkind und konnte somit alle Geister erblicken und zum Sprechen bringen. Er kam in das verrufene Haus, unterhandelte allein und unbelauscht mit dem Männchen und erklärte hierauf dem Besitzer: das kleine Männlein bitte ihn, es nicht kirchlich aus dem Hause bannen zu lassen, weil dadurch eine endliche Erlösung am meisten verzögert werden würde; um aber doch den hartnäckigen Forderungen der Hausfrau nach Möglichkeit zu gehorsamen, wolle es sich von nun an in die Gülle (Jauche) der Miststätte vors Haus hinaus begeben und darinnen so lange wohnen, als man ihm ein eigenes Häuflein Mist unverrückt drinnen liegen lasse. Dies Alles ist denn auch pünktlich so geschehen und vor sich gegangen, völlige Ruhe muss aber damit doch nicht geschafft gewesen sein. Denn bald war das Haus wieder herrenlos und kam zum zweitenmale an die Gemeinde. Seither gab man es miethweise armen Leuten zu bewohnen. Auch diese sind der Reihe nach immer wieder ausgezogen, sie fanden es ebenfalls unerträglich, stets in Gesellschaft eines fremden Männleins leben zu sollen. Und doch konnte sich Keins über irgend eine Ungebühr beklagen, die man dabei auszustehen gehabt hätte. Nach und nach ist das Weiblein sogar völlig ausgeblieben, es gilt nun für erlöst. Das Männlein hingegen kommt heute noch regelmässig ins Haus herein, nimmt seinen Platz wie sonst am Herd und schaut staunend und stumm ins Feuer hinein. Nur ist jetzt sein Besuch an ganz bestimmte Tage des Jahres gebunden, besonders an Weihnachten, Ostern und die vier Quatemberzeiten. Nie erscheint es des Nachts, sondern immer des Abends zwischen Feuer und Licht; wohl aber hört man Nachts zuweilen aus jenem Misthäufchen her in der Gülle eine dünne Stimme, wie die eines schreienden Kindes, und meint, da rühre sich das Männlein. Angst hat niemand vor ihm. Das Kindsmädchen, das früher in jenem Hause wohnte und jetzt bei fremden Leuten dient, betheuerte, das Männlein selber gesehen zu haben, es sei ganz jung und trage ein graues Hütchen auf dem Kopfe; als es beim Feuer gestanden, sei es nur so gross gewesen, dass es mit den Augen eben an die Herdplatte reichen und sie überblicken konnte. So ist's heute noch in jenem Hause. Es steht neben der Tegerfeldner-Kirche, ein alterthümlicher Holzbau, die Zwischenbacken aus Lehm und Flcchtwerk gemacht, und gilt für die grösste Strohhütte ringsum. Die Hauptwand steht dem jetzigen Dorfwege entgegengesetzt nach hinten und trägt einen Wahrspruch. Unmittelbar davor sieht man die berufene Gülle und darinnen noch immer unangetastet jenes eigenthümliche Häuflein nie gebrauchten Mistes. Rings um dieses wächst ein Kranz von spanischem Gras, gelb und weiss gestreift. Der jetzige Miethsmann ist ein Schuster. Nicht um vieles würde er dieses Häuflein aus der Gülle nehmen lassen. Befragt man ihn etwas dringlicher um seine Gründe, so pflegt er ablehnend zu sagen: Nicht immer redet man gerne, und manchmal ist's ohnedies besser, man schweige. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 304 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Marchenverrücker (Zürich)

Source: Marchenverrücker (Zürich)

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Marchenverrücker Die alte Frau Trüb im Riedtli schritt einmal spätabends vom Galgenacher heimzu. Da erblickte sie auf einer Wiese eine Gestalt, die langsam hin und her ging. Sie erkannte in ihr den alten Kunz von Itzikon, der schon seit längerer Zeit verstorben war. Auf dem Grundstück, wo er einst die Marchen versetzt hatte, schritt er nun langsam die Grenzscheide ab. Sie näherte sich ihm und sprach ihn an. In diesem Augenblick verschwand er. * Marchenverrücker „chömed ume“ und müssen nach ihrem Tode die strittigen Grenzlinien abschreiten oder gar die Steine an den richtigen Ort setzen. Sie bekommen überdies einen schwarzen Rachen. * Trüllmeister-Rösi erzählte von einem Marchenfrevler, der nach seinem Tode ständig am Tatort „Heulen“ bei Herschmettlen umging. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Aus Jakob Zollingers „Herschmettlerchronik“.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Marchgespenst auf Seelisberg

Source: Marchgespenst auf Seelisberg

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Es war im Hungerjahr 1816, als meines Mannes damals 16jährige Grossmutter und ihre 11jährige Schwester mit ihrer Mutter zum Schmärzächäppäli nach Emmetten wallfahrteten. Auf der Marcht erblickten sie auf einmal drei grosse Männer. Deren zwei standen auf der einen Seite der Gasse; einer trug ein grosses offenes Buch, und der andere hinter ihm schaute hinein und zugleich über ihn hinweg dem dritten, der auf der andern Seite stand, auch in das Buch, das er trug. – Ja, wenn man die Beschaffenheit der Landesgrenzen zwischen Seelisberg und Emmetten recht betrachtet, muss man unwillkürlich denken, da sei einmal falsch gemarchet worden. Fr. Truttmann-Truttmann, 35 J. alt, Seelisberg Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Margriata

Source: Margriata

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Auf einer Alp lebte einmal eine junge Frau, Margriata hiess sie. Die lebte sieben Sommer bei den Hirten, doch niemand wusste, dass sie eine Frau war. Es war im siebten Sommer als sie einmal mit den Schafen den Staffel hinunter ging, als sie ausrutschte und auf eine Steinplatte fiel. Ein Hirtenjunge kam gesprungen, um ihr zu helfen und was sah er da: Das Hemd war verrutscht und er erkannte klar, dass eine schöne Frau in den Hirtenkleidern versteckt war. «Das muss unser Senn wissen», sagte er, «dass wir so ein schönes Mädchen auf der Alp haben!» «Nein!», rief Margriata, «sag nichts! Wenn du schweigst, will ich dir drei schneeweisse Hemden geben, die niemals schmutzig werden.» «Schöne Hemden will ich nicht», sagte der Hirtenjunge. «Der Senn muss es wissen, dass wir so ein schönes Mädchen auf der Alp haben!» «Nein!», rief Margriata, «sag nichts! Wenn du schweigst, will ich dir drei schöne Schafe geben, deren Wolle so dick ist, dass du sie dreimal scheren kannst.» «Die Schafe will ich nicht», sagte der Hirtenjunge. «Der Senn muss es wissen, dass wir so ein schönes Mädchen auf der Alp haben!» «Nein!», rief Margriata, «sag nichts! Wenn du schweigst, will ich dir drei schöne braune Kühe geben, die so viel Milch haben, dass du sie dreimal melken kannst.» «Die Kühe will ich nicht», sagte der Hirtenjunge. «Der Senn muss es wissen, dass wir so ein schönes Mädchen auf der Alp haben!» «Nein!», rief Margriata, «sag nichts! Wenn du schweigst, will ich dir eine Mühle geben, die so tagsüber Roggen und nachts Weizen mahlt.» «Die Mühle will ich nicht», sagte der Hirtenjunge. «Der Senn muss es wissen, dass wir so ein schönes Mädchen auf der Alp haben!» «Wenn du nicht schweigen kannst, sollst du bis zum Hals in der Erde versinken!», rief Margriata und augenblicks versank der Hirtenjunge in der Erde.  «Oh, schöne Hirtin hilf mir», rief der Junge erschrocken, «ich werde schweigen wie ein Grab.» Da gab sie ihm die Hand und zog ihn aus der Erde, doch kaum war er draussen, sagte er:  «Der Senn muss es wissen, dass wir so ein schönes Mädchen auf der Alp haben!» «Wenn du nicht schweigen kannst, sollst du drei Klafter tief in der Erde versinken!», rief Margriata und  der Hirtenjunge versank tief in der Erde, so dass man nichts mehr von ihm sah.  Margriata sah traurig auf die Erde und sprach: «Warum tatest du das, kleiner Hirtenjunge? Denn jetzt muss ich gehen.» Und sie begann zu singen: «Leb wohl, mein guter Senne, leb wohl, mein Alpkessel, leb wohl, mein Butterfass, leb wohl, mein kleiner Herd, wo ich geschlafen habe.» Dann ging sie über den Kunkels hinaus, schaute über die Kühe, und sang: «Lebt wohl meine guten Kühe, jetzt wird eure Milch vertrocknen, denn wer weiss, wann ich wieder zurückkehre.» Die Kühe schauten ihr hinterher, bis sie sie nicht mehr sahen. Sie weinten und ihre Milch versiegte.  Margriata ging weiter und kam an einer Quelle vorbei. Sie sang: «Leb wohl gute Quelle, jetzt wirst du bestimmt versiegen, denn wer weiss, wann ich wieder zurückkehre.» Die Quelle versiegte, kaum war Margriata an ihr vorüber gegangen. Weiter ging die junge Hirtin und kam an einer grünen Halde vorbei. «Leb wohl grüne Halde, jetzt wirst du bestimmt vertrocknen, denn wer weiss, wann ich wieder zurückkehre.», sang sie, dann schritt sie weiter und als man sie nicht mehr sah, war die Halde vertrocknet. Sie kam an Kräutern vorbei und sang: «Lebt wohl, ihr guten Kräuter, jetzt werdet ihr bestimmt verdorren, denn wer weiss, wann ich wieder zurückkehre.» Als sie vorüber ging, verdorrten die Kräuter und grünten nicht mehr. Schliesslich kam Margriata unter der Glocke des Heiligen Georgs und Gallus vorbei und da begannen die Glocken so laut zu läuten, dass der Klöppel mit lautem Klang herausflog. Die schöne Hirtin hat man nicht mehr gesehen, doch das Lied der Heiligen Margriata, der Schäferin, wird heute noch gesungen. Quelle: Fassung Djamila Jaenike, erzählt nach dem Lied «Canzun de Sontga Margriata" in der Übersetzung von Christian Caminada. Ortsangaben: Die Kirche Sogn Gieri steht ausserhalb von Rhäzüns. Es gibt die Quelle Sontga Margriata im Wald von Vignogn. Die Altp Kunkels liegt bei Pfäfers.               Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Maria Stein

Source: Maria Stein

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Einst stand im Kanton Basel, hoch über dem Dorfe Ettlingen, eine feste Burg, der "Fürstenstein" genannt. Auf der Burg lebte damals einer der wackersten seines Namens, der Ritter Hans von Rothberg, der um seiner guten und tapferen Taten willen weitum im Lande hoch in Ansehen stand. Eines Tages ritt der Ritter nach der reichen Stadt Basel zu Bekannten; vorher aber empfahl er frommen Sinnes Frau und Kinder dem Schutze Gottes. Da es nun ein gar schöner Tag war, verließ die Burgfrau mit ihrem Töchterlein, das ein herziges Kind war, den Burgfrieden und lustwandelte ein wenig mit ihm auf den grünen, aussichtsreichen Anhöhen herum. Wie nun die Mutter ein schattiges Plätzchen gefunden hatte, ließ sie sich, etwas müde und schläfrig von den tausend Wohlgerüchen, die Wald und Flur ausatmeten, ins Farnkraut nieder. Mit sinkenden Augen sah sie dem lieblichen Spiel der Falter zu, und wie einschläfernde Musik tönten ihr das Summen der Bienen und das Zirpen der nimmermüden Grillen. Von Zeit zu Zeit brachte ihr das Kind in einem Körblein allerlei Blumen, die es in der Nähe zusammensuchte. Aber nach und nach wagte sich das Töchterchen weiter weg und kam ins Gehölz, das an der Fluh stand. Auf einmal fuhr die Mutter schreckensbleich auf. Ein fürchterlicher Aufschrei gellte vom Gehölz her. In verzweifelten Sprüngen stürzte sie auf die vom Unterholz verdeckte Fluh zu und sank dort in die Knie, denn von ihrem Töchterlein war auch nicht das geringste mehr zu sehen. Es mußte über den schrecklichen Absturz unter ihr ins tiefe Tal gefallen sein. Doch sie raffte sich auf und schrie gellend wohl hundertmal den Namen ihres lieben Kindes. Es war alles umsonst, kein Laut, kein Echo. Da schoß sie auf und eilte so schnell als menschenmöglich auf stillen Pfaden hinunter ins Tal. Atemlos, mit aufgelösten Haaren, händeringend kam sie unten an. Aber wie angewurzelt blieb sie stehen, denn ihr Kind, das sie zerschmettert am Felsen zu finden glaubte, eilte ihr freudestrahlend, ein Körblein voll Erdbeeren in der Hand, entgegen und rief: "Mutter, Mutter, da bin ich!" Doch die zu Tode geängstigte Mutter konnte kein Wort herausbringen. Sie drückte ihr wiedergefundenes Kind ans wild pochende Herz, und dann mußte sie sich, völlig ermattet, ins Gras niedersetzen. Sie schaute mit scheuen Augen nach der wandgähen Fluh und konnte es nicht begreifen, daß ihr Töchterlein nach diesem schaurigen Sturz mit dem Leben davongekommen sein sollte. Immer wieder schloß sie's ans Herz. Aber jetzt erzählte ihr das Kind, was mit ihm vorgegangen sei. Als die Mutter geschlafen habe, sei es zu weit an den Abhang hinausgegangen, weil es die gähe Fluh im Gestäude nicht gewahrt hätte. Auf einmal sei der Boden unter ihm verschwunden und es sei abgestürzt. Da habe es mitten im grausigen Fall eine wunderschöne Frau in die Arme genommen und es unten im Tale sanft auf den Rasen gesetzt. Dort habe es danach die Erdbeeren gepflückt, die es nun dem Vater bringen wolle. Jetzt wußte die Mutter, daß die Jungfrau Maria ihr Töchterlein in ihrem Schoß aufgefangen hatte. Sie gingen heim, und die beglückte Mutter erzählte hastig dem eben von Basel zurückgekehrten Ritter, was dem Kinde begegnet sei. Der Vater aber war von diesem Wunder so erschüttert und voll Dankbarkeit, daß er auf der Anhöhe eine Kapelle erbaute. Später errichtete man da das Kloster Maria Stein. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Marie, die Sennerin

Source: Marie, die Sennerin

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Wie die Alten erzählt haben, hatten sie früher in den Alpen Sennerinnen, Gehilfinnen der Sennen. Eine solche hauste auch in einer Alp, deren Namen ich nicht kenne. Sie und der Senn führten miteinander ein unsittliches Leben. Eines Tages lief der Alpstier an eine gefährliche Stelle, und der Senn schickte den Hirten, ihn von dort wegzuholen. Bei dieser Beschäftigung stürzte ein ganzes Gness, erschlug das prächtige Sennten, die Sennerin Marie, Senn und Hirten. Später hörte man eine Stimme in der verschütteten Alp: »Ich und dr Hirt, Mary Hüer und Vorchüeh sind immer und ewig v'rlorä.« Seitdem hat man in den Alpen keine Sennerinnen mehr geduldet. Peter Ant. Gamma, Alpknecht, 50 Jahre alt, Göscheneralp Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Marienmilch in der Weintrotte zu Döttingen

Source: Marienmilch in der Weintrotte zu Döttingen

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In der Döttinger-Trotte, die man nach dem Namen eines neueren Besitzers auch Bachmanns-Trotte heisst, kehrt hin und wieder in den heiligen Nächten ein unbekannter Pilger ein. Er trägt Muschelhut und Stab, sein Reiseränzchen ist mit Marienmilch gefüllt, die er von Loretto aus Italien herbringt, und einige Stücklein davon lässt er nach seiner Nachtruhe gewöhnlich in der Trotte zurück. Wer dann solche Stücklein von der Marienmilch (Mondmilch) finden kann, der bringt damit ein Glück ins Haus; er legt sie zum Gedeihen der Seinigen in Stube und Stall, besonders auf die Himiletzi, das Dach des Ehebettes. (himilezi, die Decke, Gramm. 2, 214.) Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 303 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch  


by Markengeister

Source: Markengeister

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Bei Uerkheim an einem gewissen Hause wird in stürmischen Nächten bei einer Ackermarke ein Licht sichtbar und jeweilen beim Jahreswechsel wirds ein feuriger Mann mit einer Schaufel. Er gräbt den Markstein aus, setzt ihn tiefer in das Landstück zurück und spricht: Du bist nicht am rechten Ort. (P. Siegfried von Zofingen.) Ein Döttinger Bauer hatte seine Frau durch den Tod verloren. Um ihr keinen Grabstein kaufen zu müssen, fuhr er mit seinem Nachbar nachts in seine Wiese, lud einen großen Stein auf, der da die Marken der Matten bezeichnete und setzte ihn aufs Grab der Frau. Als der Bauer einige Jahre darauf ebenfalls starb, sah man auf seiner Wiese sogleich einen brennenden Mann, und dieser verschwand nicht eher wieder, als bis sein Freund jenen Grabstein vom Kirchhof weggeholt und an die alte Stelle zurückgesetzt hatte.  (O. Schmid von Zurzach.) Quelle: E. L. Rochholz, Naturmythen. Neue Schweizer Sagen, Leipzig  1862. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch  


by Marksteinversetzer

Source: Marksteinversetzer

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Das Volk hat ein feines Gefühl für Recht oder Unrecht. Mancher Übeltäter, der vom weltlichen Gericht mangels Beweisen freigesprochen wird, ist vom gesunden Denken der Volksseele moralisch gerichtet und verurteilt. Es scheint, als ob das Rechtsgefühl des schlichten Landbewohners trotzig sich aufbäumt wider Ungerechtigkeit und Willkür, die gottvergessene Menschen ihm zumuten wollen. Der Volksmund hält in Sage und Überlieferung Gericht über Betrug und Frevel an Gottes ewigem Gesetze. Hiefür mögen die folgenden Sagen gelten.   a) Beim Oberen Hapferen (Plaffeien) steht ein altersgraues Feldkreuz. In dessen Umgebung machte sich vor vielen Jahren zur Fastenzeit ein Geist bemerkbar. Um Mitternacht hörte man ihn mit kläglicher Stimme in die schwarze Nacht hinausrufen: «Wo soll ich ihn hintun, wo soll ich ihn hintun?» Es war die ruhelose Seele eines Bauers, der einst durch die Verlegung des Marksteines unrechtmässig seinen Feldbesitz vergrössert hatte. Dafür musste er mit einem schweren Grenzstein so lange herumgehen, bis ihm jemand durch die richtige Antwort Erlösung brachte. Aber bisher hatte noch kein Anwohner den Mut dazu gefunden. Da sassen wieder um die Fastenzeit einige Männer in der Wirtschaft im «Sahli» bei einem Glas Roten. Unversehens kam die Rede auf das Ungeheuer in der Hapferen. Ein Knechtlein, das dort im Dienst war, meinte grosssprecherisch: «Wenn ich den Geist schreien hören werde, weiss ich ihm schon die richtige Antwort zu geben. Frägt er mich: «Wo soll ich ihn hin tun?» werde ich ihm entgegnen: «Wo du ihn hergenommen hast!» Die älteren Männer warnten den mutwilligen Burschen vor solch unklugem Vorgehen; einer sprach: «Willst du deinen Entschluss ausführen, dann trinke dir vorher noch Mut an. Warte bis Mitternacht, dann hast du Gelegenheit, dein Vorhaben auszuführen und dem Geist zu antworten.» Bereitwillig ging der Bursche auf den Vorschlag ein. Nachdem er sich durch einige Glas Wein gestärkt hatte, begab er sich in heiterer Stimmung auf den Heimweg. Richtig! Am Kreuz beim Oberen Hapferen erklang durch die nächtliche Ruhe der Schrei: «Wo soll ich ihn hintun?» Der Knecht antwortete: «Wo du ihn hergenommen hast!» Kaum war das Wort verklungen, stand schon eine unkenntliche Gestalt neben dem Burschen; auf den Schultern trug sie einen schweren Stein: «Auf diese Antwort habe ich schon 1OO Jahre gewartet», redete der Unbekannte den Jüngling an, «du hast sie mir gegeben; jetzt verhilf mir auch zu meiner Erlösung! Ich kann nicht eher im Grabe Ruhe finden, bevor ich nicht den Markstein an den früheren Ort zurückversetzt habe, wo ich ihn einst entfernt habe. Hilf mir dazu!» Der Knecht bereute schon seine Tollkühnheit, aber nun war es zu spät. Er sah ein, dass er gut daran tat, dem Geiste zu folgen. Also klopfte er am Bauernhaus beim Unteren Hapferen die Leute aus dem Schlaf und bat sie um Hacke und Schaufel. Er hätte eine dringende Arbeit zu besorgen; bald hatte er das Gewünschte. Der Bursche ging nun zur Stelle, die ihm das Ungeheuer bezeichnete, und grub die Vertiefung, wo der Markstein hineingesetzt werden sollte. Darauf befahl der Geist: «Nun setze den Stein an die richtige Stelle!» Der schlaue Knecht weigerte sich und sagte: «So viel habe ich dir geholfen, aber den Stein setz selber an den Ort, wo du ihn weggenommen hast!» Darauf packte der Unbekannte den Markstein und schleudert ihn mit Riesenkraft in das Loch, so dass der Boden erbebte. Ein greller Feuerschein flammte plötzlich auf, dann war der Geist verschwunden. Da hielt es den Jungen nicht mehr länger. Er liess Schaufel und Hacke am Boden liegen und floh wie gehetzt der Wohnung seines Dienstherrn zu. Noch in derselben Nacht wurde der Knecht von einem heftigen Nervenfieber befallen. Er wurde so schwer krank, dass ihn der Pfarrer versehen musste. Im Fieberwahn redete der Kranke vom Rufer, Markstein, von Schaufel, Hacke und Grube. Die aufgefundenen Werkzeuge am Schauplatz des unheimlichen Erlebnisses erklärten den Leuten den Zusammenhang. Nach langen Wochen genas der Bursche, aber seine Haare waren schneeweiss wie die eines Greises. Der Übermut war verschwunden. Der Genesene blieb seiner Lebtag ein stiller, in sich gekehrter Mensch, der selber mit keinem Wort von seinem fürchterlichen Erlebnis Erwähnung tat. b) Glimpflicher kam ein junger Bauer davon; er sah abends auf dem Heimweg einen alten gebeugten Mann mit einem Feldstein auf den Schultern; der Alte seufzte gar jämmerlich. Als der Bauer näherkam, erkannte er in der unheimlichen Gestalt seinen längst verstorbenen Vater! Er war mit einem aschgrauen Gewand bekleidet. Traurig blickte er seinen Sohn an, ohne aber ein Wort zu sagen. Doch dieser begriff bald den Grund, weshalb sein Vater umgehen musste. Er hatte einst bei Lebzeiten unrechtmässig seinen Besitz vergrössert. Der brave Sohn gab nun der Schattengestalt das Versprechen, er werde das begangene Unrecht wieder gutmachen. Da blickte die Erscheinung freudig auf und verschwand. Der junge Bauer erfüllte getreu, was er versprochen; ausserdem liess er noch mehrere heilige Messen für die Seelenruhe seines Vaters lesen. Von da an verstummte das Seufzen auf dem Acker.   c) Einem anderen ruhelosen Geist rief ein Bauer übermütig nach: «Wirf mir den Stein an den Hintern», wonach dem Erschrockenen ein schwerer Stein in den Hausflur hineinkollerte. Zugleich rief eine Stimme: «Da hast du den Stein; setze ihn, wo er hingehört, auf deinen Acker.»   d) Ein Bauer hatte einen ungerechten Prozess gewonnen. Bald darauf starb er; wenige Tage nachher hörten die Angehörigen draussen auf der Matte während der Nacht ein Klopfen und Lärmen, wie wenn jemand einen Lattenzaun errichten wollte. Beim Nachsehen war jedoch kein Mensch zu erblicken. Das Klopfen kam vom neu erworbenen Stück Land her. Daraus schlossen die Angehörigen, ihr Vater müsse wegen des ungerecht erweiterten Landes im Fegefeuer viel leiden und könne so nicht zur Ruhe kommen. Sie gaben das neuerworbene Stück Land dem früheren Besitzer zurück, liessen mehrere hl. Messen für den Verstorbenen lesen. Da hörte das Hämmern und Klopfen sogleich auf.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Marksteinversetzer

Source: Marksteinversetzer

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Vor vill, vill Jore hät’s z’Alterf en habgirrige, gitige Bur gha. Sin Git ischt so groß gsi, da-n-er mitte i dr Nacht uffgstande ischt und Marktstö versetzt hätt. So sind alli sini Äcker, Wise und Räbberg größer, die vo sine Nochbere hergege chliner worde. Wo dä Gitchrage gstorbe gsi ischt, hätt er i dr Ebigkeit ko Rue gfunde. Zurr Strof hätt dä Grundschelm all Nacht möse i de Wise und Felder umelaufe, wo-n-er Markte versetzt hätt. Wärr z’Nacht spot a-ne-me Grundstuck dure got, wo-ne-moll im Marktversetzer ghört hätt, siet en Ma i einem (jenem) Acker inne sto, wo grabt und schuflet we lätz. Allpott got-er fürsi bis zur nöchste Markt. Dro tuet-er grochse und tröisse we ne Roß, wo Kolik hätt, lot d’Aerm lampe, würft si dro i dr Täubi wüetig i d’Luft, gheit uff de Bode härre und trohlet druff ume. E andermoll siet me konn Ma, aber e chli, urue[h]ig Liechtli, wo stundelang dr richtige Grenze nofahrt. Da Liechtli ischt nemer anders als dr Marktversetzer. Er hätt etz aber allwäg si Strof abbüeßt, wenigstens hätt-men in letschte Joore numme gsäh. (Altdorf)     Aus: R. Frauenfelder, Sagen und Legenden aus dem Kanton Schaffhausen, Schaffhausen 1933. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Martin Grass von Closters

Source: Martin Grass von Closters

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Im Veltlin hielt sich vor nicht vielen Jahren ein Tyroler auf, der vor Keinem sich fürchtete, und für den Stärksten in der ganzen Christenheit sich ausgab. Nun waren in Closters einige Weinhändler, die alle Jahre zu Zeiten nach dem Veltlin reisten, und Diese erzählten, daheim (in Closters) sei, unter Andern, auch ein Mann, der, wie sie meinten, den Tyroler »überhöhen« (bemeistern dürfte). Die Veltliner, begierig, den starken Closterser kennen zu lernen, gingen mit den Clostersern eine bedeutende Wette ein, welcher der Stärkere sein möge, der Tyroler oder ihr Landsmann. Die Closterser, die Nationalität ehrend und wahrend, beschlossen, nächstes Mal ihren Mann mitzunehmen. Mit List wussten sie den Marty Grass (so hiess ihr Mann) dahin zu brin­gen, dass er mit ins Veltlin kam. Er trank nämlich gerne ein Glas ächten Veltliner, war übrigens die harmloseste Seele weit und breit, und, obwohl seiner Stärke bewusst, nicht im Geringsten händelsüchtig. Der freute sich nun aber, einmal ohne »Spesen« (Kosten) zu einem guten »Roten« zu kommen, und ging deshalb gerne mit, wusste aber nicht, warum er eigent­lich mitgenommen wurde. Im Veltlin angelangt, kehrten die Closterser in dem gleichen Wirtshause ein, wo der Tyroler seine »stete Losung« (Nachtquartier) und Wiederkehr hatte. Mit Vorwissen des Wirtes legten die Closterser ihren Hans Grass in das Bette des Tyrolers; immer noch wusste Grass nichts von dem Vorhaben seiner Landsleute mit ihm. Wie gewohnt, kam auch der Tyroler, laut polternd, die Treppe herauf, in das Schlafzimmer, und wollte zur Ruhe sich begeben, fand aber gleich, dass in seinem Neste schon ein Vogel hocke, nahm, ohne lange zu fragen, diesen Vogel bei den Federn, und zog ihn auf den Boden heraus. Marty Grass aber (denn das war der Herausgezogene) nahm diesmal die Sache nicht so leicht, sondern fasste den Tyroler so an, dass er Demselben fürs Erste, zum Willkomm, die Finger zerbrach; dann packte er ihn bei den Hosen, hob ihn in die Höhe, und schmetterte ihn mit Gewalt auf den Fussboden, dass die Wände zitterten. Grass schimpfte nun gewaltig, dass man nicht einmal ruhig schlafen könne im Welschlande. Der Tyroler hatte vier Rippen »caput« (gebrochen), und wusste nun, dass er nicht mehr der Stärkste sei, in der ganzen Christenheit. Begreiflich waren die versteckt gewesenen Zeugen im Urteile einig; aber die Closterser, obgleich sie den Handel gewonnen, hatten grosse Mühe, die in ihrer Partie für den Tyroler gekränkten Veltliner zu besänftigen, wie auch den Marty Grass in Sicherheit zu bringen; - in einem leeren Weinfasse verborgen, wussten sie ihn mit List über die Grenze zu retten. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Martin Luther

Source: Martin Luther

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Es war einst ein Kapuziner mit einem protestantischen Pastor aufs beste befreundet, heigets üssgezeichnet midänand chennä. Daher lud der Pastor einst den Pater auf das Martin Luther-Fest dringlich als Ehrenprediger ein; er dachte, als sein guter Freund werde dieser den Martin Luther und dessen Lehre rühmen. Der Pater sagte: »Wenn du es absolut so haben willst, so werde ich die Predigt halten.« Und der Pastor wollte es absolut haben. Das Fest war da, und der Kapuziner bestieg die Kanzel. Als Vorspruch hatte er: »Martin Luther ist verdammt. Er ist zuunterst in der Hölle und leidet die grössten Qualen. Er ist der erste nach Luzifer; und kein Angster seiner Schuld wird ihm geschenkt werden.« Das war der Vorspruch; könnt euch denken, wie die Predigt war, was für Lobsprüche Martin Luther und seine Lehre zu schmecken bekamen. Nach der Predigt ging der Kapuziner davon. Der Pastor folgte ihm rasch und lud ihn ein, zu ihm ins Haus zu kommen, er müsse ihm den Lohn geben. Der Prediger ging mit ihm ins Haus, und dort zeigte er ihm zwei gedeckte Schüsseln auf dem Tisch und sagte, er solle auslesen. Er wählte eine; der Prädikant nahm den Deckel weg, zeigte auf eine Pistole, die in der Schüssel zum Vorschein kam, und sagte: »Mit dieser Pistole erschiesse ich dich, wenn du nicht haarscharf beweisest, dass Martin Luther in der Hölle ist und die grössten Qualen leidet.« Der Kapuziner erschrak nicht. Er sagte: »Wenn du es so haben willst, so werde ich es dir beweisen; ich werde Martin Luther zitieren; aber du wirst ihm die Türe auftun. Besinne dich!« Der Pastor bestand auf seinem Verlangen. Da nahm der Kapuziner sein Buch zuhanden und zitierte den Luther. Nach etwa einer Viertelstunde entstand im Hause ein entsetzliches Gepolter, ein Rumor, wie wenn sieben Teufel daher kämen. Von der Stiege her hörte man ein grausiges Kettengeklirr und Getöse. Es polterte an die Stubentüre. Da sagte der Kapuziner zum zitternden Pastor: »So, jetzt geh und mach die Türe auf!« Er ging, öffnete, und herein polterten zwei Teufel mit dem in Ketten gefesselten Martin Luther in ihrer Mitte. Der musste nun bekennen: »Ich bin Martin Luther, ich bin verdammt, bin zuunterst in der Hölle und leide die grössten Qualen. Ich bin der erste nach Luzifer.« Das genügte. Der Kapuziner entliess den Luther mit samt seiner Begleitung, die alle einen abscheulichen Gestank zurückliessen, den der Pastor nie mehr zum Hause hinaus brachte. Frau Nell-Gisler, Spiringen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Martisbrunn bei Wittnau

Source: Martisbrunn bei Wittnau

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So lange die Bevölkerung des Fricktales noch geringer, Wald und Weide also ausgiebiger war, als heute, war dort in allen Berggemeinden der Weidegang der Tiere so landesüblich, wie jetzt noch in den Alpen. Man liess die Rinder den Sommer hindurch auf den Höhen frei laufen, ein paar Hirtenjungen zum Hüten, und ein Sennknecht zum Melken, Buttern und Käsen genügte für eine ganze Herde von zwanzig bis dreissig Stück. Der Gutsbauer blieb indessen drunten im Tale; wenn die Zeit kam, um mit dem Sennen über Butter- und Käsegewinn abzurechnen, oder wenn man junge Kälber zum Verkaufe herabbringen sollte, verliess auch er einmal sein Dorf und besuchte seine sogenannte Bergheimat. So war es im Fricktale noch zu Anfang dieses Jahrhunderts gewesen. Wenn nun da der Bauer noch vor Tage zu Berge stieg und um keine Zeit zu versäumen, daheim ohne Frühstück fortgegangen war, so konnte es gar wohl der Zufall wollen, dass er droben bei seiner Sennhütte ankommend, sie vollständig leer sah, weder die verhoffte Schüssel Milch traf, noch draussen die Kühe oder den Küher aufzufinden wusste; was hätte er alsdann weiter tun können, als denselben harten Weg hungrig und durstig wieder heimwärts machen zu müssen. Da gab es jedoch noch hilfreiche Wesen in den Bergen, auf die sich ein rechtschaffener und gegen die Seinigen billiger Landmann in solcher Lage immer verlassen konnte, und das waren die Heidenweibchen. Die halfen ohnedies schon den Weidbuben den Wolf abhalten, das Vieh hüten, ein verlaufenes Stück aufsuchen und zum Melken herbeilocken, die hatten aber auch im voraus für den braven Meister sich vorgesorgt, wenn sie ihn an den bestimmten Tagen den Berg herauf kommen sahen. An das letzte Weidgatter, wo der Aufweg gewöhnlich am steilsten zu sein pflegt, legten sie Wähen und Brotlaibe hin, die dufteten noch nach dem Ofen und lagen entweder reinlich auf der Laubhecke oder gar auf einer schneeweissen Zwehel da. Weiter droben auf der Matte hatten sie für ihn Hirtenfeuer angezündet und die Kartoffel, die sie hineingelegt, brieten keinen Augenblick früher fertig, als bis der Erwartete daran vorbei kam. Der Lieblingsaufenthalt dieser freundlich gesinnten Bergjungfrauen war der Martisbrunnen. Seine Lage ist folgende. Der Homberg und das Horn sind zwei lang gestreckte Berge beim Dorfe Wittnau, und dazwischen zieht sich das enge Fahrental in die Höhe. Weiter hinauf wird dasselbe eine schmale Schlucht, die nur noch Raum lässt für den Karrweg, auf dem man das Heu bergab schlittet oder karrt, und für den ziemlich starken Bach, der nebenan zu Tale geht. Mehr als zwanzig kleinere Bäche stürzen zugleich mit lautem Brausen von den steilen Abhängen des Homberges in diese Enge herein. Einer derselben ist der Martisbrunnen und eben an ihm haben die Heidenweibchen gehaust. Doch nicht dass sie bloss auf diese Bergeinsamkeit beschränkt geblieben wären; sie kamen auch weiter ins Wittnauer Tal herab und brachten den Bauern süsse, mürbgebackene Wähen an den Pflug. Dass diese Wähen unnachahmlich gute Rahmkuchen waren, ist eine ausgemachte Sache, und wer davon einmal genossen hatte, durfte sagen, er habe das Beste auf der Welt gegessen. Da hatte denn auch ein junger Mann seinen Kleeacker fertig gepflügt und mit der Egge schön geebnet, als er das wohlbekannte Heidenweibchen gegen das Feld herankommen sah. Er wusste schon, was sie überbringen und wohin sie es ab- legen werde. Aber ihn reizte diesmal nicht der frische Kuchen, sondern ihn stach die Neugier zu erfahren, warum wohl unter ihrem langen Schleppkleide noch niemals ein Füsschen habe sichtbar werden wollen. Schnell knüpft er daher seinen Gipssack auf, den er zur Düngung des Kleeackers heute mitgenommen hat, und leert ihn in einem dicken Haufen um den Pflug aus.  Das gute Weibchen kommt, legt den Kuchen auf das Pflughaupt ab, geht wieder weg — und ach, die Fusstapfen, die sie in dem Gipse hinterlässt, sind leider die von Ziegenfüsschen. Diese alberne Neugier des einen Wittnauers ist dem ganzen Dorfe teuer zu stehen gekommen. Denn seitdem kann sich der Pflüger hungrig ackern, der Hirtenbube sich heiser schreien, der Gutsbauer sich müde steigen, sie finden keine Wähen mehr auf dem Pfluge, kein Brotlaib mehr an dem Weidehag, keine gebratene Kartoffel mehr auf der Almende, sie finden kaum ihr verlaufenes Vieh im Holze wieder, und der Weidetrieb auf dem Berge ist ohnedies ganz eingegangen. Nichts mehr besteht noch als der Martisbrunnen, jener Bach, an dessen Sturz die Hirten Abends das Vieh zur Tränke treiben; ein alter Eichentrog, der dort steht, erhält dem Bache noch den Namen eines Brunnens. Aber gerade über diesen treiben die Nachbargemeinden ein arges Gespötte und geben vor, er mache alle toll, die aus ihm trinken. Wenn daher ein Wittnauer beim Tanz auf Jahrmarkt oder Kirchweih allzulaut sich vernehmen lässt, so ruft man ihm neckend zu: „Hesch ab s’ Martis Brunnne g’soffe, dass d’ e so brüelisch (vorlaut bist)?“ Noch weiter geht diese Stichelei, denn man sagt, von diesem Wasser müssten alle Wittnauer zu Narren werden. Es predige daher ihr Pfarrer ihnen alljährlich nur über zweierlei Texte, welche auf einen und denselben hinaus laufen, also lautend:  „Um die Narren in Wittnau zusammen zu bringen,  Muss der Schmied ums Dorf eine Kette schlingen.  Um die Wittnauer Narren zusammen zu finden,  Muss der Seiler ums Dorf den Narrenstrick binden.“  Doch die Wittnauer lassen sich deswegen ihren Martisbrunnen keineswegs abschätzen, sondern schenken ihm bei Flurumgängen und Prozessionen noch immer eine besondere andachtsvolle Aufmerksamkeit. Und wenn die ganze Gemeinde alljährlich im Frühjahre, den gebotenen Feldumzug um alle Gemeindegemarkungen abhält, den man die Bannbeschreitung nennt, und dann dem Martisbache sich nähert, so laufen die Knaben in die Wette voraus, um den ersten Trunk im Maien aus diesem klaren Bergwasser zu tun. (Th. Studer aus Wittnau.)  Sage aus Wittnau Band 3.1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962, S. 102 - 105 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Matterhorn

Source: Matterhorn

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An der südlichsten Grenzscheide deutschen Landes ragt das Matterhorn empor, der westliche Nachbar des Berges Rosa. Da, wo jetzt die Visp einem Gletscher entfliesst, soll nach der Aussage der Umwohner vor Zeiten eine ansehnliche Stadt gelegen haben. Durch diese kam einmal "der laufende Jud", wie sie sagen, und sprach: "Wenn ich zum zweiten Male hier durchwandere, werden da, wo jetzt Häuser und Gassen sind, Bäume wachsen und Steine liegen. Und wenn mich zum dritten Male der Weg daher führt, wird nichts da sein als Schnee und Eis." Er muss wirklich schon drei Mal das Matterjoch überschritten haben, denn er hat sich verewigt durch Schnee und Eis. Er scheint darauf auch die entgegengesetzte Höhe des Wallisertales überschritten zu haben, denn es geht dort die Sage, der ewige Jude sei drei Mal über die Grimsel gewandert, und er habe sie zuerst als Weinberg, dann als Tannenwald und endlich als Schneeberg angetroffen. Für einen Schneeberg gilt die Grimsel gewiss, und durch Holzmangel, Felsenstürze, durch Vorrücken der Gletscher wird sie es mehr und mehr. Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Matthisethier in Reinach

Source: Matthisethier in Reinach

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Am Weihnachtsabend legte sich ein junges fremdes Kätzchen vor das Fenster eines Hauses in Reinach, dessen Bewohner Matthise genannt wurden. Sie liessen das verlaufene Thierchen aus der Kälte herein und gaben ihm ein Stückchen Fleisch vom Essen, bei dem sie gerade als am heiligen Abend fröhlich beisammen sassen. Aber damit hatten sich diese Leute einen Kobold ins Haus geschafft, dessen sie nun sieben ganzer Jahre nicht mehr los werden konnten. Mit dem einen Mädchen der Familie lebte das Thierchen zwar in gar vertraulicher Art, schlief bei ihm, lief mit ihm zur Feldarbeit hinaus und war, wo dasselbe gieng und stand, zugegen auf eine oft wundersame Weise; um so unleidlicher und boshafter aber that es gegen alle übrigen Hausbewohner; es machte so vielerlei Streiche, dass man die verschriene Katze bald überall nur als das Matthisethier kannte. So oft man buck, fand sich wenigstens ein Brodlaib bis auf die blosse Rinde ausgefressen; fingerweise war der Honighafen ausgestrichen und die schönste Wäsche im Schranke war sicherlich nicht mehr sauber, wenn man gerade ein Stück für den nächsten Feiertag heraus nehmen wollte. Da war denn die Hausfrau immer in Verlegenheit, die heilige Zeit entweder durch Waschen, oder gar durch Aufbreiten eines unsäuberlichen Tischtuches entweihen zu sollen. Lieber wusch sie dann manchmal noch die ganze Nacht durch. Aber auch dies zog ihr neuen Verdruss zu. Sie wurde in ihrem unzeitigen Hausfleisse entdeckt und nach der Strenge des frühern Brauches alsbald vor das Sittengericht geladen. Darüber schämte sie sich gar sehr; da sie jedoch bei ihrer nächtlichen Wäscherei unmöglich von Jemand hatte gesehen werden können, so bestand sie einmal vor Gericht darauf, dass man ihr auch den wiederholten heimlichen Angeber nenne. Man meldete ihr den Namen eines schon lange verrufenen Weibes und entliess sie mit einer geringen Busse. Wer hätte denken sollen, dass eben dieses schlecht beleumdete Weib und jenes Matthisethier eine und dieselbe Person seien. Aber jetzt erwies es sich. Denn bald darauf wurde die böse Angeberin wegen allerlei Zaubers verhaftet, und da sie noch mehr gestand, als man nur vermuthet hatte, so führte man sie aufs Schloss Lenzburg zum Berner-Landvogt, der sie als Hexe verbrennen liess. Da hörte aller Unfug im Reinacher Hause auf. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 154 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Mattisee und das Schwedenhaus bei Hettenschwil

Source: Mattisee und das Schwedenhaus bei Hettenschwil

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Als die Schweden die Rheinstädtchen Laufenburg und Rheinfelden belagerten, verwüsteten sie ringsum alles Land im benachbarten Jura und verfuhren namentlich in den Thälern von Mandach und Hottwil auf eine unmenschliche Weise. Sie gossen den Leuten Mistjauche ein und banden sie an den Schwanz ihrer Rosse; dann jagten sie mit denselben oberhalb Wil durch die Barte, das Härdlen- und das Götzelenholz, dann durchs Jmmenholz auf dem Altweggäßlein nach Gippingen zur Aare, und stürzten die Armen hier übers Ufer in den Fluss. Fragt man aber, warum sie von hier aus niemals in die innere Schweiz, und nicht einmal weiter in die hier offene Landschaft eingedrungen seien, die man das Kirchspiel nennt, so weist man auf ein altes Haus in Hettenschwil, an welchem die Wappenschilde der VIII Alten Orte (Kantone) angemalt sind. Diese Schildzeichen, sagt man, hätten den Feind so in Respekt gehalten, dass er seine Truppen nie über das Sennenloch, ein Waldthal von Hettenschwil, vorgeschoben hat, sondern droben im Versteck des Berges Verschanzungen anlegte, die noch vor fünfzig Jahren gestanden und dem Platz bis zur Stunde den Namen Schwedenholz bewahrt haben. Wo aber der Name der Eidgenossen damals nicht verlautete, da gieng es gerade umgekehrt. So nennt man im Frickthaler Dorfe Jttenthal eine geräumige Berghöhle das Schwedenloch, weil sich die unbeschützten Bauern alle in sie flüchten mussten. Auf den gleichen Waldwegen nun, auf denen damals das arme Landvolk zu Tode geschleppt worden ist, fahren jetzt die schwedischen Reiter auf halben Rossen Nächte lang hin und her. Sie treiben da ihre Pferde auf die Weide und reiten sie in die Tränke. Letztere liegt an der sogenannten Schwetti. Einer reitet ihnen dabei voran, der besonders an der Sichel kennbar ist, die er in der Hand schwingt. Die Wallbacher am Rheine wissen gleichfalls von ihm und sagen, er sei von einem Frickthaler mit der Sichel geköpft worden, als er diesem verwehren wollte, die schon überreif gewordene Frucht zu schneiden. Bei Laufenburg sagt man, es sei der Schwedenkönig selber, dem seine eignen Leute bei einem Lagertumulte das Haupt abgeschlagen hätten. Bei regnerischer Witterung beginnt ein hundertstimmiges Hurrahrufen, ein Kesseln und Rasseln, dass sich kein Mensch in der ganzen Gegend Nachts in den Wald wagen würde; und dieses wunderliche Getöse hat man Mattisee genannt. Das „Schwedenhaus“, welches der Feind sonst droben auf der Waldhöhe „Schwedenholz“ bewohnte, ist ins Dorf herabgeschafft worden und steht da noch. Eine Gegend droben im Walde nennt man die Hohle Gasse. Hier stand einst ein Schloss, als aber der Krieg kam, vergruben die Schlossbewohner ihre Schätze, zogen hinweg und das Schloss verfiel. Zwei Männer haben einmal versucht, das Geld zu heben, und hatten in tiefem Stillschweigen bereits einen Trog hervorgegraben, den sie alsbald mit vier Kreuzthalern unterlegten. Als sie nun auch den Deckel abhoben, sprang eine Schlange draus hervor und hieng sich dem einen um den Hals, dass er zu schreien anfieng. Augenblicklich war die Schlange wieder in den Trog zurückgesprungen und dieser mit ihr versunken. (A. Birrcher in Laufenburg.) Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 160 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Mäusemachen

Source: Mäusemachen

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Eine Unholde, die im Gschwend bei Menzingen wohnte, lehrte ihre Kinder Mäusemachen und ähnliche Künste. Eines Tages ging ein Mann, der sich dessen überzeugen wollte, zu ihr ins Haus und wünschte, sie möchte einen Donner mit Blitz produzieren. Sie war bereit, aber es müsse auch ein wenig regnen. Er hatte nichts dawider. Jetzt, sagte sie, gehe sie oben ins Haus und lasse es donnern, dann soll er mit der Hand nur einige Tropfen aus einem Krügli in die Luft hinaus sprengen. Aber er leerte das Krüglein unbesinnterweise ganz aus - und da fiel bald ein wahrer Wolkenbruch. Ein andermal nahm sie eine Tochter oder Hausmagd mit auf den Sabbat. Indem sie mit der Salbe ein Hölzchen bestrichen, fuhren beide zum Ort des Vergnügens. Nun sollte dort das Mädchen das Skapulir wegtun. - „Jesus nein", ruft sie. Husch, alles ist verstoben und sie sitzt nackt auf dem Tobelbrückli über der Lorze.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Meier Waldins Aichichiblin

Source: Meier Waldins Aichichiblin

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Ein Waldin von Hasellehn war ein tüchtiger Jäger. Eines Tages begegnete er im Rotgebirg dem Berggeist. Dieser machte ihm Vorwürfe, warum er ihm alle Gemsen wegschiesse; aber zugleich bot er ihm das schönste Gut im Lötschental an, wenn er nicht mehr jagen wolle. Der Jäger Waldin war damit einverstanden. Im Tale fand er Matten, Gebäude und Kühe vor, dass er sich ein Aichichiblin bauen konnte, gross wie ein Turm. Er wurde der reichste Mann im Tale und erreichte auch die höchsten Würden: Er wurde Meier von Lötschen. Die Gemsen vermehrten sich wieder und wurden so zahlreich, dass sie bis ins Tal auf die Weide gingen, auch in Meier Waldins Wiesen. Wie er das sah, duldete es ihn nicht mehr, er holte seine Büchse und schoss eine. Der Berggeist hörte den Schuss auch. Bald begann es im Berg zu rumpeln, und die Steine rollten von allen Seiten auf Meier Waldins Gut. Seine Matten wurden mit Schutt bedeckt. Das Aichichiblin wurde vom Berggeist in Stein verwandelt und steht noch heute an der Talstrasse. LÖTSCHEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch  


by Meier Waldis Aichichiblin

Source: Meier Waldis Aichichiblin

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Ein gefährlicher Jäger war Martin Waldin zum Salä bei Goppenstein. Vor ihm war kein Bein sicher, nicht im Sonnen- und nicht im Schattenberge. Vom ersten Pfiff der Murmeltiere am Nivengrat an St. Markt bis zum letzten an St. Martin strich der kühne Jäger ohne Unterbruch durch Wälder und Alpen und stieg bis auf die Gletscher und die höchsten Gräte. Aber wenn im Herbst die Murmeltiere sich eingeheuet und eingegraben, hatte der Jäger Waldin auch seinen Speicher reichlich versorgt mit Wildpret für den langen Winter und die Kästen angefüllt mit warmen Pelzen von schwarzgestreiften Gemsen und dichthaarigen Füchsen und Dachsen. Einmal nun auf einer Frühlingsjagd hatte Waldin eine Gemse angeschossen; die Schönste, die ihm je vor das Rohr gelaufen. In wilden Sprüngen verfolgte er das verwundete Tier, bis zur Klamm in Rotgebirg, wo er wusste, dass es sich stellen müsse. Die Gemse stellte sich, aber anders, als er erwartet hatte. Wie er hinüberblickt durch das schmale Grasband, sieht er die verwundete Gemse unter der schützenden Hand eines Riesen, dessen Hauch genügt hätte, ihn von den Felsen wegzublasen. Es ist der Berggeist der Adlerspitzen, der dem Jäger entgegenhält in vorwurfsvollem Tone: «Warum tötest Du mir alle Tiere?» Zitternd entschuldigte sich der Jäger: «Würd ich nicht birschen und jagen, so hätte ich nichts mehr zu nagen.» «Lass mir die Tiere», sagt der Berggeist, «und es soll Dir ein Wunsch erfüllt werden: wünsche aber nichts zu Deinem Schaden.» «So wünsche ich mir unten im Tale ein Gut, auf dem ich sorgenfrei leben kann ohne Mühe und Plage.» Im Tale findet der Jäger, was er sich gewünscht: Ein schönes abgerundetes Gut, auf dem er sommern und wintern kann, fast unzählige Kühe und Rinder, die auf den Matten weiden ; mitten drin ein freundliches Haus mit Speicher und Stadel, Ställen und Scheunen; davor einen eingezäunten Garten mit Obstbäumen und Blumenbeeten; einen eigenen Brunnen und eine Bank unter schattiger Rebe; endlich, was ihm nicht am wenigsten gefällt: ein Butterfass, hoch wie ein Kirchturm, das weit hinausschaut über die Dächer seines Hofes und die Marken seines Gutes. Noch am gleichen Abend bezieht der Jäger Waldin das neue Heim mit seiner einzigen Tochter, die er liebt wie sein eigenes Herz. Das Gewehr hängt er in der Stube an die Wand zu den Gemshörnern und Bärentatzen, den Siegeszeichen seiner frühen Jagden. Martin Waldin braucht nicht mehr zu jagen; er ist der reichste Mann im ganzen Tale. Seine Mitbürger übertragen ihm das höchste Amt, das sie vergeben können, das Amt des Meiers. Reichtum und Ehren im Überfluss; was soll sein Herz noch begehren? Behaglich sitzt Meier Waldin unter der Rebe vor seinem Hause, während die Knechte und Mägde jeden Morgen und Abend mit dem Milchtuitel auf- und absteigen am hohen Butterfass. Nur eines kann den Jäger in seiner Ruhe stören, wenn er sehen muss, wie die Gemsen sich in den Bergen vermehren und so zahm werden, dass sie sogar auf seinen Hof kommen, um aus seinem Garten zu naschen und aus seinem Brunnen zu trinken. Wie gerne hätte er das Gewehr von der Wand genommen, aber es hielt ihn zurück der Vertrag mit dem Berggeist; er will um keinen Preis meineidig werden. Noch eines macht seinem Herzen schwere Sorge: wer wird einmal sein Eidam werden und sein Gut erben? Die Tochter hat ihm nie etwas verraten und er hat nie gewagt, sie darum zu fragen, zu sehr schmerzt ihn der Gedanke, sie werde dann nie mehr ihm allein gehören. Der reichste und angesehnste Mann im Tale muss es sein, er allein ist würdig des Meiers Waldin. Meier Waldin verstand es auch, den Reichtum seines Hauses sehen zu lassen. Kein Durstiger ging auf der Talstrasse vorüber, ohne kühlenden Trunk, und kein Wanderer suchte hier vergeblich gastliche Herberge. Häufig kam ein Hirte von Jeitzinen, um auf dem Gut des Meiers nach seinen verlaufenen Tieren zu frage Der Meier sah den Hirten nicht ungern, denn dieser wusste wie ein Buch zu erzählen und sang die schönsten Hirtenlieder mit glockenheller Stimme. Unvermerkt hatte sich der Hirte von Jeitzinen in das Herz der reichen Meierstochter eingezählt und eingesungen. Dem Meier musste es auffällig werden, dass der Hirte so oft auf seinem Hofe verweilte, und es war ihm auch nicht entgangen, dass die Blicke der zwei jungen Leute sich scheu und züchtig, aber gerne kreuzten. Er will die Tochter auf die Probe stellen. Der Meier lässt vor jedes Fenster seines Hauses einen Stock setzen von vollen, feuerroten Nelken, nach Sonnenaufgang auf der Talseite und nach Sonnenuntergang gegen Jeitzinen. An der Pflege der Blumenstöcke musste offenbar werden, wohin das Herz der Tochter neigte, ob sie mehr den Gesellen des Tales oder dem Hirten von Jeitzinen zu gefallen suche. Bald sieht der Meier, dass die Nelken nach Sonnenaufgang, obwohl sie von der goldenen, milden Morgensonne jeden Tag geweckt werden, nicht so frisch bleiben, wie die nach Sonnenuntergang, die unter den sengenden Strahlen der heissen Abendsonne natürlicherweise eher welken mussten. Es ist entschieden. Zwischen seiner Tochter und dem  Hirten von Jeitzinen sind Liebesfäden gesponnen die er zerhauen will mit einem Schlage. Der reiche Meier vergisst, dass er selbst einmal ein armer Jäger gewesen. Reichtum und Ehren haben seinen Blick geblendet für die Wünsche zweier Herzen. Entschieden sagt er zu seiner Tochter: «Wenn du den Hirten von Jeitzinen heiratest können wir nicht beide auf diesem Gute bleiben.» Aber der Zug des Herzens ist nicht zu bannen, ebenso wenig als der Wildbach, der vom Felsen in die Tiefe stürzt. Am Pfingstsonntag vernimmt der Meier von der Kanzel, dass seine Tochter entgegen seiner Warnung mit dem Hirten von Jeitzinen ein unzertrennliches Herzensbündnis abgeschlossen habe. Den Meier duldet es nicht mehr in der Kirche. Rot vor Zorn eilt er heim, ergreift eine Hacke und fängt in seinem Garten an zu graben. In die tiefe Grube schleift er der Talschaft Geldschatz, wohl verwahrt hinter drei Schlössern in einem schön geschnitzten, mit Silber reich beschlagenen Kasten. Keine Zeugen sind dabei, die neugierigen Gemsen ausgenommen, denn alle Leute sind an dem hohen Festtag in der Kirche. Wie wahnsinnig stürzt der Meier in die Wohnstube, reisst die Büchse von der Wand und stürzt hinaus, von der alten Leidenschaft ergriffen, schiesst das schönste Tier und eilt fort, wie von einem bösen Geist getrieben. Der verhängnisvolle Schuss hat das Echo gewecktin den Felsenklüften der hochragenden Berge. Blitze zucken, Donner rollen, Felsen krachen, übertönt von der Stimme des Berggeistes: Meineidiger, die Rache ist mein, Dein schönes Gut werd dir zu Stein. Wie die Brautleute aus der Kirche kommen, finden sie ihr schönes Heim bei Goppenstein versteinert, verschüttet und verwüstet. Nur mehr das Aichichiblin ragt hervor, zu hartem Stein geworden. Vergeblich suchen sie den Vater, um dessen Segen zu erbitten; er lässt sich nirgends finden. Bei den Roten Palmen hatten ihn Hirten zum letztenmal emporsteigen sehen. Das reichste Brautpaar ist mit einem Schlage bettelarm geworden. Ihre Güter sind verwüstet und dazu ist noch der Talschaft Geldschatz, den der Meier zu verwalten hatte, spurlos verschwunden. Mit ihrer Hände Arbeit müssen sie denselben vollständig bis auf den letzten Rappen ersetzen. Heute noch ruht der reiche Schatz unter den Felstrümmern beim Aichichiblin und würde den Nachkommen von Meier Waldin gehören. Vom Meier Waldin hat man nach vielen Jahren eine Spur gefunden. Holzhacker entdeckten in einem Grasband im Rotgebirg ein menschliches Gerippe, und dabei fanden sie eine Alptersla, die genau ins Scheit der Kummenalpe passte, genau an dem Ort wo der Name Meier Waldin eingeschrieben. Meier Waldin war hier gestorben, wo er einst den Vertrag mit dem Berggeist eingegangen. Darum wir heute noch der Ort zur Martinsklamm geheissen. Auch den vergrabenen Geldschatz hat man seither einmal gesehen, aber die Gelegenheit verpasst, ihn zu ergreifen. Zwei Hütterinnen sahen einmal um die Mittagszeit beim Aichichiblin etwas glänzen: einen schön geschnitzten, mit Silber reich beschlagenen und mit drei Schlössern wohlverwahrten Kasten. Fragend schauten sie einander an; haben dadurch dem Schatze Aug abgebrochen und konnten ihn nicht mehr finden. Heute sieht man von der ganzen Herrlichkeit des Meiers Waldin nur mehr in der Nähe von Goppenstein, dort wo die grössten Steinschläge und die gefährlichsten Lawinen niedergehen, das Aichichiblin als Andenken an die Treulosigkeit der Menschen und die Rache des Berggeists. Quelle: J. Siegen, Sagen aus dem Lötschental, Erweiterte Ausgabe der Gletschermärchen (1905), Lausanne 1979. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Meier Waldis Butterfass

Source: Meier Waldis Butterfass

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Im Lötschental erhebt sich hart am Ufer der strudelnden Lonza ein turmhoher Felsobelisk, Längstein oder «Ankenchübel» (Butterfass) genannt, von dessen Entstehung die Talbewohner folgendes erzählen: Die Schutthalde, an deren Ende die Steinpyramide steht, war früher eine grosse, fruchtbare Alp, wo ein Berggeist mit wallendem Bart eine zahlreiche Gemsherde hütete, die ihm viel Milch gab. Die Gemsen wurden von den Jägem des Tales oft gejagt, was den Berggeist jedesmal in zornige Aufregung versetzte, denn die Tiere waren nach jeder solchen Hetze sehr erschöpft und lieferten gar keine oder rote Milch. Unter den Jägern tat sich besonders der Meier des Tales, namens Waldis, hervor, der so reich war dass er seine Alpen und Matten von Lehensleuten liess und an nichts Interesse und Freude zeigte, als an der Gemsjagd. Den ganzen Sommer durch und oft noch im Winter, schlich er mit der Büchse den flinken Tieren und schoss die schönsten Böcke weg. Er rühmte sich am Ende des Jahres, so viele Gemsen geschossen zu haben, als es Tage im Jahr gibt, und oft stieg die Zahl noch darüber, so dass er in seinem Speicher keinen Platz mehr hatte für das dürre Fleisch. Da erschien ihm einst, als er eben die sechste Gemse zur Strecke gebracht hatte, der Berggeist und rief ihn an; «Ich verlange, dass du das jagen einstellst, denn die Tiere gehören mir; ich verwalte die Gold- und Silberadern im Innern des Gebirges mit vielen anderen edlen Schätzen; ich erhalte das Metall in Flüssigkeit und hüte meine Gemslein, und wenn du noch einen einzigen Bock wegknallst, so wirst du es mit schwerer Strafe büssen!» Das lange schneeweisse Haar umflatterte das Gesicht des Greisen, aus dessen tiefen Runzeln zwei kleine, strenge Augen schauten. Die Rechte stützte er auf den Hirtenstock, und mit der Linken hielt er das flatternde, steingraue Gewand. Der Meier schrak gar nicht sehr zusammen ob der Donnerstimme. Er fasste die Flinte fest am Laufe, lehnte den Oberkörper darüber und erwiderte mit lauter Stimme, die Talschaft hätte ihm das Meieramt übertragen, und die Bergreichtümer, sowie das Wild, das sich auf den Alpen und in dem Steingeklüfte herumtreibe gehöre ihm grad ebenso gut wie einem andern. So redeten sie hin und her, bis der Berggeist einen Vorschlag machte. Er sprach in tiefem Ernst und zupfte dabei die wallenden Strähnen des Bartes: «Ich sehe, dass du dich im Recht glaubst und nicht aus eitler Mordlust die Tiere hezest. Wenn du aber die Gemsen fürderhin in Ruhe lassen willst, so magst du dir dafür etwas wünschen!» Der Meier sagte, er verspreche es und wünschte sich ein' Butterfass voll der süssesten Butter und so gross, wie es die Welt noch nie gesehen. Dann grüsste er, schlug die Flinte über die die Achseln und schritt rasch bergab. Als er am nächsten Morgen erwachte und des gestrigen Abenteuers gedachte, musste er lachen. «Nun, ich habe mir etwas gewünscht das, er nicht erfüllen kann, trotz seines Versprechens; einen Ankenkübel, so gross, wie man ihn noch nirgends gesehen hat, wo will er den hernehmen und mit Butter füllen! - Und wenn er sein Wort nicht hält, so bin ich auch nicht an meines gebunden, und dann werden die Gemsen vor mir keine Ruhe finden!» Er nahm die Büchse und schritt zur Tür hinaus. Ei, wie er zurückprallte und die Augen weit aufsperrte! Da stand der Butterkübel schon da, so hoch wie der Turm der Talkirche, gefüllt bis zum Rand mit der besten Gemsbutter. Und der Geist hielt sein Versprechen. Jeden Morgen stand der Kübel frisch zugefüllt am gleichen Platze. Meier Waldis liess sich das schöne Geschenk gefallen, hing die Büchse an den höchsten Nagel und verbrachte seine Tage mit beschaulichem Nichtstun. Aber wie die Zeit so langsam dahinfloss! Wenn der schöne, helle Sommertag anbrach, schaute er wohl sehnsüchtig hinauf zu den Felswänden, und ein tiefer Seufzer rang sich aus seiner Brust. Aber er sah den turmhohen Ankenkübel und gedachte der Worte des Berggeistes. So strichen zwei Sommer dahin. Die Gemsen hatten sich inzwischen so stark vermehrt, dass sie bis in die Matten und Kornäcker hinunterstiegen, über die Mäuerchen und Zäune setzten und sogar in die Kohlgärten eindrangen und die besten Kräuter wegfrassen. Als der Meier die vielen Tiere sah, regte sich das alte Gelüste wieder. Er griff zur Flinte und schlug an, doch besann er sich noch auf sein Versprechen und setzte den Kolben wieder ab. Die Versuchung aber war zu gross. Zweimal noch nahm er die Büchse von der Achsel, dann schoss er. Der Schuss krachte und widerhallte mehrfach in den Felswänden, aber o weh! Er löste ein furchtbares Ungewitter, Blitz und Donner folgten sich Schlag auf Schlag, und durch das Sturmgetöse tönte der Fluch des Berggeistes: «Weil du dein Wort nicht gehalten hast, so sollen deine Gärten und Matten zu abschüssigen Halden und Steinflächen, soll dein Ankenkübel zu Fels werden!» Als der Sturm sich gelegt hatte, war der Fluch in Erfüllung gegangen. So weit das Auge schaute, war alles eine Wüstenei, statt der Gärten und Matten Steinhalden, statt des Butterfasses ein schwarzer Felskopf. In seinem grossen Verdruss stieg der Meier mit der Büchse in die Berge, kletterte durch die Felsen und schlich den Gemsen nach. Er näherte sich Meier Waldis Klamm, wie die Schlucht heute heisst, wo er einen weissen Bock beschlich und dabei zu Tode fiel. Sein Hut rollte auf die rote Lauine, und die Stelle wird heute Inhutine ge- nannt. Quelle: Johannes Jegerlehner: Walliser Sagen, Hans Feuz Verlag Bern, 1959   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Meinrad auf St. Jost

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Im Königshof zu Cham weilte der fromme Ritter Meinrad von Zollern und suchte zu seinem Seelenheil ein stilles Plätzchen, um dort allein und fern des unseligen Waffenlärms sich ganz in den Dienst des allerobersten Herrn zu stellen. Wie nun Sankt Meinrad dem stillen Gelände des Zugersees entlang durch wilde Sümpfe und bergiges Gelände wanderte, kam er auf den heutigen St. Jostenberg. Er sah in die Weite und suchte und spähte nach einer ruhigen Einöde, wo er als Eremit Gott dienen könnte. Er dachte zurück an den schönen Königshof, er erinnerte sich an den stolzen Pilatusberg und an die bänderreiche Rigihöhe, und er schwang seine Wanderaxt, um dort seine Stätte zu suchen, wo sie niederfallen würde. Er schwang die Axt, doch allzufrüh entschlüpfte sie seiner Hand und fuhr durch die Lüfte bis an die Stelle im finstern Walde, wo der Muttergottesbrunnen frisch aus dem Erdreich sprudelte und heute das Kloster der schwarzen Mönche von Einsiedeln steht. Sankt Meinrad nahm demütig den Wink von oben an und zog über den atemraubenden Katzenstrick in das Waldtal von Einsiedeln, baute seine Zelle und diente dem Allerhöchsten während vielen Jahren. Dann erschienen beutegierige Mörder und schlugen den edlen Diener nieder, fanden aber durch die schwarzen Raben bald den strafenden Richter im nahen Zürich. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 22 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Meinungen und Bräuche über Haustiere

Source: Meinungen und Bräuche über Haustiere

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a) Im Frühling, wenn das Vieh das erste Mal auf die Wiesen gelassen wurde, war es vor Kurzem noch in Unterwalden Sitte, dass man vor dem Stalle oder an der Stelle, wo dasselbe hindurchgehen musste, einige Scheiter Holz anzündete und die Kühe dann über dieses Feuer - begreiflich oft mit Gewalt - hinüber trieb, wahrscheinlich, um das Böse von ihnen fern zu halten.   b) Auch war bei den Bauern hiesiger Gegend die feststehende Regel, das Vieh im Frühling im Zeichen des Löwen nicht auf die Weide zu lassen, in der vollen Überzeugung, dass, wenn es in diesem Zeichen das erstemal geschähe, obschon bei schöner Witterung, die Kühe „gallig und stössig" würden für den ganzen Sommer, und ein ewiges Stossen, Ringen und Stechen unter ihnen stattfände.   c) Hatte eine Kuh einen kranken Fuss, so wurde angeraten, den Fleck Erde unter dem kranken Fusse derselben mit Sorgfalt wegzuschneiden, ihn ins Kamin ob der Feuergrube zu hängen; und bis dann diese Erdscholle dürr geworden, sei der Fuss gebessert und geheilt.   d) Kälber, an Frohnfasten geboren, wurden getötet, denn sie waren gespenstersehend und taten überhaupt nicht gut.   e) Beim „Küchlen" sollen das erste Stück Hund oder Katz bekommen; die andern Küchle werden umso besser geraten. Manche geben sie den Kindern, welche darum betten müssen. f) Dem Kinde sang man vor: „Susanneli, Susanneli, Wo hest du dine Chüeli? Z'Laürz inne, z'Laürz inne Hanis' ufem Flüli."   g) Wenn man die Rotkehlchen verfolgt und plagt, so geben die Kühe im Hause zur Strafe dafür rote Milch.   h) Das Pferd gilt als besonders empfänglich für Gespensterseherei und bei den verschiedenen mythischen Sagen und Bräuchen nimmt es keine untergeordnete Stellung ein. Pferdemist ist oft das, was bei Hexenmalzeiten in der Gestalt von Leckerbissen aufgetragen wird, oder er wird, als Geschenk von Zwergen, zu Geld umgekehrt. In Pferde verwandeln Hexen andere Menschen. Und in ein Pferd verwandelte auch der Teufel des Schötzer Schmids sein Anneli.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Bei dieser Sage gibt es keine genaue Zuordnung zu einem der fünf Kantone. Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Melk Tresch und der Riese

Source: Melk Tresch und der Riese

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In Göschenen war ein riesenmässig starker Mann, Melk Tresch mit Namen. Einst brachten sie einen Riesen an einer Kette aus dem Kanton Bern über den Susten nach Wassen und forderten die Urner heraus: »Wenn einer da sei, der's mit ihm probiere, so könne er kommen, sei es, wer es wolle!« In Wassen war keiner, der es wagen wollte, aber man beschickte den Melk Tresch von Göschenen, und dieser kam sogleich, als er hörte, es habe einer Uri gehöhnt und herausgefordert. Er kehrte beim Präsident Gerig in Wassen ein, und der Berner war auch in der Stube. Man stellte dem Melk Tresch eine Mass Wein auf; sogleich drückte er mit den Händen vor Wut die Massflasche zusammen wie eine Seifenblase; man stellte ihm gleich wieder eine andere hin, er trank und sagte: »Der Berner soll nun kommen!« und gleich sprang er auf selben los, drückte ihn schrecklich und warf ihn zu Boden, so dass der Riese von Bern um Pardon schrie und also unterlag. Der Melk wurde gefragt, ob er keinen kenne, den er fürchte. Er antwortete, er kenne keinen als einen Tessiner, den er noch nie geprüft habe. Einmal ging er mit Präsident Gerig gegen den St. Gotthard, und der Welsche kam wirklich. Er war ein Säumer, und Gerig sagte zu Melk: »Packe ihn!« Melk liess sich dies nicht zweimal sagen und packte den Tessiner Riesen, und lange rangen sie miteinander, so dass es rauschte. Gerig wusste nicht mehr was anfangen, sondern wollte nach Hospental um Hilfe, denn es war ihm auch nicht recht, weil er gesagt hatte, »packe ihn«. Endlich fiel der Welsche, und Melk Tresch war Meister über alle Riesen, welche er kannte, und ging siegreich davon. Nach anderer Erzählart beschickte der Wirt Walker einen der Männer im Riess. Der kam, wollte aber zuerst nicht recht an den Fremden geraten; es sei ihm nicht darüber. Als aber der Riese immer stärker prahlte, ergriff er ihn an der Gurgel und am Unterleib, kehrte ihn um und schlug ihn so wuchtig mit dem Kopf auf das Strassenpflaster, dass er tot blieb. Franz Jos. Zurfluh, 75 Jahre alt, Intschi Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Melken und Hexen

Source: Melken und Hexen

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«Mögt ihr's glauben oder nicht, es ist doch so», pflegte der alte Bauer Jochem zu sagen, wenn er seinen Enkeln von all den wunderlichen Dingen erzählte, die er in seinem langen Leben gesehen und gehört hatte. «Auf dem Bücheli hauste ehedem ein altes Weib. Das war krank, jahrelang krank. Ich weiss es nicht anders, als dass diese Frau im Bette lag und sich von den Nachbarskindern Brot und Käse holen liess. Aber Milch hatte sie immer genug, obwohl sie weder eine Kuh noch eine Geiss ihr Eigen nannte und auch von niemand ein Tröpflein erhielt. Böse Zungen behaupteten, dieses Weib könne nur am Betttuchzipfel ziehen, so fliesse Milch heraus, soviel sie nötig habe. Und das sei die Milch der Kühe auf der Alp Vorderegg. Ich habe solches Zeug damals sowenig für wahr gehalten, wie ihr», fuhr der Alte dann mit vielsagender Miene fort, «aber als mir später mein Vetter Kaspar auf Kerenzen ganz im Vertrauen berichtete, er wisse dort oben auch einen, der’s so treibe, da machte ich mir doch meine Gedanken. Dieser Kerenzer benützte zum Melken gar nur das Handtuch, das hinter der Küchentüre hing. Da brauchte er nur ein paarmal daran zu zupfen, und schon schäumt die nidelschwere Milch in den Eimer. Dafür schimpfte dann da und dort ein Bauer, wenn er aus seiner Kuh keinen ’Sprutz’ mehr herausbrachte, weil sie schon von einem andern gemolken worden war. Mit natürlichen Dingen kann doch so etwas nicht her- und zugehen, oder?»   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Mengis entdeckt eine Hexe

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In Zunzgen hatte eine Hexe ihrem Nachbar das Kind verhext, dass es keine Ruhe mehr fand. Der Familienvater suchte Hilfe beim Scharfrichter Mengis in Rheinfelden. In aller Morgenfrühe trat er seine Wanderung nach Rheinfelden an; denn er durfte niemanden grüssen, der ihm unterwegs begegnete. Mengis führte ihn in ein dunkles Zimmer vor einen Spiegel und hiess ihn hineinblicken. Mit einem Ausruf des Entsetzens fuhr der Vater des Kindes zurück: «Der Tüfel nähm, es isch d’…!» Mengis verkündete nun dem erschrockenen Manne, die Hexe werde am folgenden Tage zu ihm ins Haus kommen, um etwas zu entleihen. Man solle ihr aber die Türe nicht öffnen und keine Antwort geben, sonst stürbe das Kind. Es kam wirklich so, wie Mengis prophezeit hatte. Die Frau erschien am anderen Tage und wollte etwas borgen. Leider hatte die Hausfrau Erbarmen mit ihr und gab ihr Bescheid. Das Kind aber starb, wie der Scharfrichter vorausgesagt hatte. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Mensch und Teufel unter der Brücke

Source: Mensch und Teufel unter der Brücke

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Es war zur späten Herbstzeit. Ein Bauer hatte am Chilchacher nebenaus dem Dorfe eine Abendhirtete fertig gemacht und trottete nun spät die Dendlisgasse hinunter heimzu, am Rücken das Brentli mit dem halbtägigen Nutzen, in der Hand eine Laterne, die mehr gespenstige Schatten als Licht in den Weg warf. Als der Hirter dem Mühlebach nahte, glaubte er neben dem Rauschen des Baches und irgendwo aus dem Dunkel heraus ein Stöhnen zu hören, das immer lauter und jämmerlicher ward, je näher er dem Brüggli kam. War da vielleicht jemand in den Graben gefallen? Die Stimme war doch die eines Menschen, da tat gewiss Hilfe not! Der Bauer stellte sein Brentlein ab und kletterte beim Schein der Laterne das stotzige Grabenbort hinunter. Was er unter dem Brüggli sah, brachte ihm fast das Gruseln bei. Da hockte ein ihm bekannter Dorfgenosse, der unverwandt auf den nämlichen Tupf starrte, dabei zitterte wie ein aspiges Laub und zeitum laut aufheulte. Auf die Frage, was er hier tue, sagte der Mann mit einer Stimme, aus der die Todesangst schrie, er habe sich halt vertreten, er habe unter die Freimaurer wollen, zur Strafe plage ihn nun der Böse. Der sei da, grad vor ihm, mache ein furchtbar schreckliches Gesicht und wolle ihn nicht mehr aus den Klauen lassen! Meinte der Hirter, das sei allerdings eine böse Sache, die er sich da aufgehalst habe, aber er wolle für ihn armen Sünder tun, was in seinen schwachen Kräften stehe, betete einmal das Vaterunser vorwärts und einmal rückwärts. Und siehe da, während der Bauer betete, wurde der Unglückliche still und stiller, löste sich die Angst von ihm und bald konnte er, aus dem Banne des Bösen erlöst, mit seinem Retter zusammen den Heimweg unter die Füsse nehmen. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Menzinger Glückssucher

Source: Menzinger Glückssucher

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Gemäss einem uralten Brauch soll man in Menzingen von St. Andreas Geld erwartet haben. Das Sankt Andreasfest war früher Zins- und Zehnttag. Manch armes Bäuerlein hat wohl am Vorabend des Apostelfestes keine Ruhe gefunden, wenn ihm für den morgigen Zinstag das nötige Geld fehlte und aus diesem Grunde wird mancher darum seine Zuflucht zu Sankt Andreas genommen haben. Der Ausdruck "andreslen" kommt in der Schweiz auch andernorts vor und bezeichnet eine zauberhafte Handlung mit glücksbringender Bedeutung. Item, zu Menzingen soll folgender Brauch gehandhabt worden sein: Am Vorabend des Aposteltages wurde ein hölzerner Zuber voll Brunnenwasser in die oberste Kammer des Hauses gestellt. Alle Hausinsassen versammelten sich in dieser Kammer und knieten in der Runde um den Wasserzuber herum. Sie beteten die ganze Nacht durch in der Erwartung, ein mildherziger guter Geist werfe Geld in den mit Wasser gefüllten Zuber. Ob das einmal eingetroffen sei, darüber schweigt allerdings die Geschichte. Der Vorabend des St. Andreastages wurde auch von heiratslustigen Mädchen als Lostag betrachtet. Aus den Träumen wurde das Schicksal des kommenden Jahres gedeutet und am Abend vor dem zu Bettgehen warf man über den Rücken den Schuh gegen die Kammertüre. Zeigte die Schuhspitze gegen die Türe, dann schritt man im kommenden Jahr als glückliche Braut über die Türschwelle, wies aber die Spitze des Schuhs gegen das Kammerfenster, so musste man noch ein ganzes Jahr warten und sich gedulden in der stillen Hoffnung, dass Sankt Andreas dann übers Jahr einen ersehnten Mann zur Verfügung habe. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 99 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Merkwürdige Erlebnisse eines Königssohnes

Source: Merkwürdige Erlebnisse eines Königssohnes

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In einem Land, weit, weit weg von hier, lebte einst ein König, der hatte zwei Söhne. Der ältere hieß Luigino und war vierundzwanzig, der jüngere hieß Giovanni oder Hans und war achtzehn Jahre alt. Weil sie aber daheim nicht im Frieden auskamen, beschlossen sie, sich vom Vater Geld geben zu lassen und dann in die Welt hinauszuziehen. Und so geschah es auch. Eines Morgens nahmen sie Reisegeld und allerhand Wertsachen mit sich und machten sich zusammen auf den Weg. Und als die Sonne unterging, kamen sie an eine Stelle, wo die Straße sich in zwei Richtungen teilte. Da sprach Hans zu seinem älteren Bruder: «Weißt du, was wir jetzt machen wollen? Du gehst diesen Fußweg zur Linken und ich diesen Weg zur Rechten, denn wenn wir miteinander wandern, so bringen wir es zu nichts. Aber du musst mir versprechen, dass wir uns in zwei Jahren hier wieder treffen. Und dann wollen wir schauen, wer von uns beiden es bis dann zu größerem Reichtum gebracht hat.» Nach zwei Jahren trat Luigino, weil er furchtsamer und weniger unternehmungslustig als sein jüngerer Bruder war, wieder den Heimweg an und kehrte arm zu seinem Elternhaus zurück. Hans dagegen, als der schlauere und mutigere von beiden, begann seine Laufbahn mit viel Glück. Er war ein leidenschaftlicher Jäger und bemerkte eines Tages auf der Jagd eine Schar wilder Tauben, die fröhlich bald da, bald dorthin flogen. Schon zielte er mit seinem Gewehr auf sie, sah jedoch nicht, dass hinter seinem Rücken ein Mann stand, der ihn daran hinderte, den Schuss gegen die hübschen Tiere abzufeuern. Der Fremde versicherte ihm, er besitze so viel Geschick, dass er imstande sei, die Tauben schön und lebendig herabfallen zu lassen. Und wirklich, er brauchte nur die Hand langsam empor zu halten und wieder sinken zu lassen, so lagen die Tauben lebend zu Hansens Füßen. Voller Verwunderung fragte er jenen Mann, wie er denn heiße: «Magnet ist mein Name», antwortete der andere. Da anerbot er ihm einen Franken als Lohn und den Lebensunterhalt, wenn er mit ihm ziehen wolle. Der Fremde nahm den Vorschlag an, und sie setzten selbander ihren Weg fort, brauchten auch nicht in Sorgen zu sein, denn alle Tage machten sie reichliche Jagdbeute. Eines Tages gerieten sie beim Verfolgen der Tiere immer weiter in einen dichten Wald; denn sie fanden dort eine Menge Wild. Da sahen sie einen Mann, der trug eine Mütze, auf deren Schirm ein Pistolenlauf befestigt war, und so oft er sich umdrehte, ging ein Schuss los. Als Hans bemerkte, wie er in kurzer Zeit viel Wild erlegte, ging er auf ihn zu und fragte ihn: «Aber sag doch, wie heißest du?» «Kanonier oder Meister Bumm, wie mich die Leute oft nennen», erwiderte der andere. Und Hans fuhr fort: «Willst du mit mir kommen? Ich gebe dir einen Franken im Tag und zu essen.» Der andere war es zufrieden. und sie zogen zu dritt ihres Weges weiter. Hatten sie Hunger und wollten Wildbret essen, so brachte Magnet das Tier mit einer bloßen Handbewegung zum Stehen, und Meister Bumm tötete es. Einmal erblickten sie nicht weit weg von ihnen eine Gruppe armseliger Häuser. Sie gingen darauf zu, um sich ein wenig auszuruhen und etwas zu essen. Da bemerkten sie jedoch, dass alle Bewohner des Ortes ihre Habseligkeiten flüchteten. Jetzt erst entdeckten sie zu ihrem Erstaunen einen Mann, der im Begriffe stand. den Berg oberhalb des Dörfchens festzuhalten. Sie schritten auf ihn zu, und Hans fragte ihn: «Ja, was machst du da eigentlich?» «Da, den Berg muss ich aufhalten, denn er will herunterkollern», gab der andere zur Antwort. «Ach, ja wahrhaftig, aber sag doch, wie heißest du?» - «Eisenschulter,» entgegnete der andere. «Willst du mit mir kommen», sprach Hans zu ihm, «so gebe ich dir einen Franken im Tag, sowie zu essen und zu trinken.» Ihr könnt euch vorstellen, wie jener froh über dieses Anerbieten war, denn er hatte vor Armut nur noch Fetzen am Leibe. Als sie wieder eine Meile gewandert waren, begegneten sie einem, der lief und lief, so schnell wie der Wind und hielt einen Eilbrief in den Händen. Hans rief ihm schon von weitem zu: «Halt da, was machst du? Wohin denn so eilig, und wie heißest denn du?» _ «Ich will einen Eilbrief besorgen und heiße: CorriCorri, Lauflauf.» - «Nun gut, mein lieber CorriCorri, willst du mit mir kommen? Ich gebe dir einen Franken im Tag und zu essen.» Der Eilbote machte nicht viel Worte, liess sich dies nicht zweimal sagen und schloss sich ihnen an. Bald darauf kamen sie an die Tore der Stadt Roccapiana. Und als sie durch die Straßen dieses Burgfleckens zogen, sahen sie an einem Hause einen Maueranschlag, auf welchem in großen Buchstaben zu lesen war: «Die Tochter des Königs Roccachiusa mit Namen Fulmine oder Blitz fordert einen jeden heraus, mit ihr um die Wette zu rennen. Wer sie im Schnell-Laufen übertrifft, soll sie zur Frau erhalten; wer aber verliert, muss sein Leben lassen.» «Das wäre etwas für unsereinen», dachte Hans bei sich im Stillen. «Ja wohl, ja freilich, ich werde die Königstochter zur Frau gewinnen!» Er wurde mit seinem Kameraden Lauflauf einig, stellte sich ohne lange Umstände dem König vor und schloss mit diesem einen Vertrag, der lautete: «Mein lieber Corri-Corri rennt für mich um die Wette. Verliert er, so muss ich sterben; bleibt er Sieger, so heirate ich die Prinzessin.» Der König erklärte sich damit einverstanden. Tags darauf wurde das große Wettrennen veranstaltet. Fräulein Fulmine lief davon wie der Wind, und unser CorriCorri war im Begriff zu verlieren. Hei, wie viel Leute waren herbeigeströmt, um dem Schauspiel beizuwohnen! Sobald Hans bemerkte, dass sein Schnell-Läufer zurückblieb, dachte er flugs daran, seinen Gefährten Magnet zu bitten, er solle die Prinzessin zum Stillstehen bringen. Da hob Magnet seine Hand in die Höhe und ließ sie langsam wieder sinken. Jetzt sah man ganz deutlich, wie die Königstochter immer mehr zurückblieb. Bald holte der Schnell-Läufer sie wieder ein und blieb Sieger. Nun war Hans sicher, dass er die Prinzessin zur Frau erhalten würde. Wie glücklich war er darüber! Und er eilte sogleich ins Königsschloss, um die frohe Botschaft zu verkünden. Der König erzählte seiner Tochter, welchen Vertrag sie zusammen abgeschlossen hatten und dass sie darum Hans als Sieger heiraten müsse. Sie aber erklärte, sie wolle nicht ihn, sondern den Schnell-Läufer zum Manne nehmen; der sei es ja gewesen, der sie besiegt habe. Jetzt wandte sich der König zu Hans mit den Worten: «Ich gebe dir so viel Gold, als ein Mann zu tragen vermag; aber meine Tochter bekommst du nicht!» Und damit führte er ihn in verschiedene Zimmer, die ganz voll Goldstücke waren. Dann ging er weg. Hierauf rief Hans seinen Freund Eisenschulter herbei, und dieser trug alles Gold in einem Mal von dannen. Sie luden es auf ein Segelschiff und stießen vom Ufer, ohne dass sie dem König für die genossene Gastfreundschaft Dank gesagt hatten. Der König aber bemerkte ihre Flucht und ließ ihnen nachjagen. Hans und seine Gefährten waren jedoch schon weit draußen auf dem Wasser. Der Kanonier fing an, seine Pistole abzufeuern und gab so viel Schüsse ab, dass er in kurzer Zeit alle Leute, die dem Schiff nachsetzten, umbrachte. Jetzt erst beschloss die Königstochter, Hans doch zu heiraten, denn er hatte ja den ganzen Goldschatz ihres Vaters mit fortgeführt, und sie hatte nichts mehr. Nun könnt ihr euch vorstellen, welch eine Freude das für den Königssohn war, dass es ihm nach so vielen Hindernissen gleich wohl gelang, die Prinzessin zu heiraten. Und er verschaffte damit auch seinem Bruder Luigino ein großes Glück. Sie hielten ein Festmahl mit großer Pracht; Doch mir haben sie keinen Bissen gebracht.   Quelle: Walter Keller, Tessiner Sagen und Volksmärchen, Märchen erzählt in Osogna von Maestra Alberti-Mattei, 1925   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Metall-Reichthum des Casanna-Gebirges

Source: Metall-Reichthum des Casanna-Gebirges

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Eine Zeit lange gewahrte man jährlich unbekannte Italiener in Bettler-­Kleidern in der Casanna-Alpe umherstreifen. Ein Solcher wurde öftermalen beobachtet, und verschiedentlich ausge­fragt, aber man brachte kein Wort aus ihm heraus. Sowohl bei dem wei­denden Viehe, als auch an andern Orten im Gebirge war er anzutreffen. - Was er tat, wovon er sich nährte, war den Hirten Allen ein Rätsel. - Nun ging einmal ein Hirte, welcher auch einen solchen Italiener gesehen, zur Zeit er auf Casanna hütete, und mit Demselben Händel hatte, weil der Fremde dem Viehe zu nahe stand, und er (der Hirte) befürchtete, er könnte dem Viehe etwas Böses antun, - dessen Gestalt er immer im Gedächtnisse behielt, - mit Vieh in' s Venezianische. Auf dem Markte wurde er von einem vornehmen Herrn erkannt, ange­redet, und nach kurzer Unterredung von Demselben eingeladen, in sein Haus zu kommen. Im Gespräche fragte der Herr den Hirten, ob er ihn nicht mehr kenne, und ob er nicht Der sei, der in der Casanna-Alpe einen Bettler »gewixt« (geschlagen) habe, in der Meinung, er tue dem Vieh etwas Böses an. - Dieser Bettler sei er selber gewesen. Der Hirte bekannte, dass er es gewesen sei, hatte aber grosse Angst, ver­meinend, der Herr werde ihn jetzt für seine Gewalttat strafen, und stand ganz »vertattert« (erschrocken, ängstlich) da. Der Herr aber lächelte, machte ihm wieder Mut, und ladete ihn ein, so lange bei ihm zu bleiben, als er nur wolle; zeigte ihm seinen Palast, seine Reichtümer, und sagte: »Das Alles habe ich aus Casanna-Gold genommen.« Beim Abschiede gab der Herr ihm noch ein sehr schönes Geschenk. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Metteli

Source: Metteli

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Um das Dorf Wettingen gilt von hoffärtigen und gewaltthätigen Leuten die Redensart „es wurd ei'm meine, de sîg de Metteli“, man möchte fast meinen, er sei ein Mann gleich dem Metteli, dem berühmten Vogt. Eine Viertelstunde vom Dorfe am Abhange des Lägerenberges liegt im Steingerölle des Bergschuttes ein überwaldeter Platz, das Steinbodenmätteli geheissen. Hieher versetzen einige dieses Vogtes Schloss. Andere suchen es auf der Höhe des Lägeren, gegen das Dorf Otelfingen zu, wo sich ebenfalls alte Mauertrümmer finden. Als bestimmt aber gilt es übrigens, dass der Vogt Metteli jetzt noch vom Steinbodenmätteli aus über die Zindelmatten bis gegen das Bannholz gefahren kommt und von dorten der alten Strasse nach ins Dorf herein. Vier Schimmel sind dabei sein Gespann und hinterher folgt ein heftiges Rauschen. J. Merz, Poet. Appenzeller 1836, S. 177 hat die Sage vom Metteli bedichtet: Me hört dick emol sägen im Land „so rîch wie der Mötteli, oder: er het Möttelis Guot“. Der St. Galler-Sage zufolge hat Hans Mötteli das Schloss Rappenstein, das ehemals Martistobel hiess, vom Kaiser zu Lehen erhalten 1483. Heut zu Tage wird Schloss Sulzberg beim Volke Möttelisschloss genannt; bei Untereck, Bezirks Rorschach. Es soll dies das einzige Schloss der Gegend sein, das die Appenzeller in ihrem Freiheitskriege unzerstört gelassen haben. Rudolf Mötteli, des reichen Hansen Bruder, soll es gekauft haben. Jetzt ist es im Besitz der Salis-Soglio. Da bewachen zwei Jungsfrauen, jung und schön, in weissen Kleidern und rothen Schuhen, aber beide in Ketten gehend, einen im Schlosskeller vergrabenen Schatz. Wer um Mitternacht anpocht, den bitten sie beweglich um den Erlösungskuss; allein ein riesiger Hund verhindert stets Mötteli's Geld zu erheben, und so zerfällt das Schloss immer mehr. Am Burgstadel hört man Kegel schieben, die Kugel in die Kegel einprallen und fröhliches Gelächter der Spielenden. Vgl. Appenzell. Monatsblätter 1825, 168. Diese Sage ist alt und gieng ziemlich frühe in die schweizerischen Chroniken über, so dass noch in den jetzigen Handbüchern der Schweizergeschichte vom reichen Metteli herkömmlich die Rede ist. Man berichtet, er sei während des Schwabenkrieges 1499 als Auszüger im Schweizerheere von den Landsknechten im Hegau gefangen genommen worden. Auf des Grafen Jost von Zorn Verwendung gelang es ihm, sich endlich um 2000 fl. loszukaufen. Kaum war das Geld erlegt und Metteli wieder auf St. Galler Boden angekommen, so überfielen dorten die deutschen Landsknechte plötzlich Reineck, wo er sich eben aufhielt, und nahmen ihn zum zweitenmale gefangen. Lenz, der gleichzeitige Chronist des Schwabenkrieges (herausgegcb. von Diessbach, Zürich 1849) reimt S. 132 b. darüber: der rychen mettelin eyner zur fart von lantsknechten gefangen ward, den furten sy mitt jn hin, den lost graff Jöst von Zorn an jn, umb zwei tusent gulden ab, den lantsknechten er sy gab. Die lantsknecht ouch namen jr teyl, zweyhundert um kamen zu Ryneck in derselben not. Das schloss Ryneck man behielt, die swaben man zur Flucht schilt, mitt dem mettelin sy entronnen wider uber See schwummen. Auf diesen Vorgang scheint sich die Redensart von des Mötteli's Geld und Gut zunächst zu beziehen und was sonst Kirchhofer, Sprichw. No. 116 darüber Allgemeines beibringt. Allein diese historische Beziehung, welche man der Sage zu geben versuchte, hatte dennoch keine Dauer in der Volks-Erinnerung. Tobler, Appenz. Sprachsch. 320 a. weiss aus der Volksrede nichts von einem rîcha Mötteli, wohl aber von einem sprichwörtlich geltenden Müeda Mötteli; man bezeichnet damit eine lästig fallende Person, in dem wegwerfenden Sinne, in welchem der Glîchsaeree im Reinh. Fuchs W. 658 den Namen als Scheltnamen anwendet. Ich will hier das Wenige was mir über den historischen Mötteli in die Hände kam, mittheilen. Zu Ende des 15. Jahrh. versteuert der Reiche Mettelin (Mattelin) zum Rapenstein, Patricier der Stadt Ravensburg, sein der Stadt eidlich auf 150,000 fl. angegebenes Vermögen. Naumann Serapeum 1845, 263. Rudolf Möttelin, 1417 Bürger zu Ravensburg, kauft das Dorf Woringen im Allgäu, geräth aber darüber mit dem Abt von Kempten in einen achtjährigen Zehent-Prozess. 1452 geht dann das Dorf an Walther Mettelin über, nach ihm an Hans von Rappenstein, genannt Mettelin. Haggenmüller, Gesch. v. Kempten 1, 239. 257. 431. Wegen fortgesetzter Prozesse wandern die Mötteli in die Schweiz aus. Durch den Stadtjunker Jak. Mötteli, dessen Vater Junker Joach. Mötteli gewesen, erhält Winterthur 1540 das weitläufige Möttelihaus geschenkt. Winterthur. Neujahrs-Bl. 1836, 4. Ruine Altregensberg am Katzensee, Kant. Zürich, war Mitte des 15. Jahrh. Mötteli's Eigenthum; von ihm gilt noch die auf jeden Verschwender gedeutete Redensart: man sollte meinen, er hätte Mötteli's Gut. Auf dem Landrücken zwischen dem See von Pfäffikon und Greifensee nabe bei Rutsperg lag zur Zeit des Chronisten Stumpf noch viel altes Gemäuer, das auch jetzt theilweise noch vorhanden ist und auf ein untergegangenes Städtchen gedeutet wird. Seit Jahrhunderten heisst dieser Platz Mettlen. Meyer- Knonau, Kant. Zürich 2, 493. 1, 91. Dorf und alte Burg Mettlen im Kant. Thurgau verzeichnet Pupikofer, Kant. Thurg. 304. Das Geschlecht der Möttele besteht noch im Appenzell Ausser-Rhoden in den Gemeinden Stein, Speicher, Trogen. Appenz. Monats-Blätter 1840, 161. Im Aargauerlande sind Gross- und Klein-Metteläcker im Schneisingerbann; Mettelwiesen im Hochwalde von Ober-Siggingen. Handschriftlicher Klingnauer Probstei-Zinsrodel, erneuert von Jak. Bluomer, Landvogt zu Baden, 1663, pag. 122. 144. Mythologisch wichtig werden nun dabei folgende Thatsachen. Das Appenzeller Mötteli-Schloss heisst ursprünglich Martistobel, dort wohnen zwei valkürenhafte Wunschjungfrauen, umgeben von den klaffenden Hunden der W. Jagd und bieten Schätze dar. Der Wettinger Metteli hat gleichfalls seine Schlossruine und fährt von ihr auf dem Lägerngebirge auf unverrückbarem Geisterwege mit vier verzauberten Schimmeln aus. Nun ist in No. 499 gezeigt, wie dem hl. Martinus Schimmel als Kirchenrosse geweiht wurden. Martinus ist aber ein Stellvertreter Wuotans-Mars, von dessen Heidentempeln ums Jahr 980 noch geschichtliche Zeugnisse reden: Myth. 1203. Beim Martisbauern zieht daher das Muetisheer mit allen Hunden durch die Keller. Meier, schwäb. Sag. No. 151. Die Thüringer Sage bei Sommer No. 8 kennt eine Frau Motte am Gutenberg hausend, welche in derselben Weihnachtszeit wie unser Guetisheer, hergezogen kommt. Gutenberg wäre langobardisch Gwodanes-berg, wie lotharingisch Vaudemont, Vodani mons. Gleicherweise liegt ein Gudensberg bei Maden (Mattium) und heisst 1154 Wuodenesberch. Ortschaften Waten und Motten liegen beide zusammen an der Fulda. Beim Sakermoht, bei der Moht-krenk schwört man in Köln (Weyden, Vorzeit Kölns 243). Das Mottisheer wird in Schwaben das Nachtgetöse der W. Jagd, und in Burgdorf im Emmenthal metaphorisch der Lärmen einer aus dem Schulhause herauspolternden Kinderschaar genannt. Unser Mötteli und Metteli reiht sich also wie der W. Jäger Mutti (No. 112) sprachlich und mythisch dem Gotte Muet an, von welchem Anmerk. „Matthisethier in Reinach“ die Rede ist. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 163 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Mia Varmy

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Als der gestrenge und ratfeste Herr Jost Ammann, Bürger von Freiburg im Uechtlande, auf dem hohen Felsenschlosse zu Ruw als Landvogt seiner gnädigen Herren und Obern sass, liess er am 1. März des Jahres 1634 der christlichen Wiedergeburt ein Weib von Ecublens vor sich erscheinen, Mia Varmy genannt, Witwe des Jakob Blanche. Im ersten Verhör wurde Mia über ihr wüstes Leben und ihre Verbrechen peinlich befragt; sie bekannte aber nur wenig, unter anderm, sie habe mit einem Knecht ein uneheliches Kind gezeugt. Am andern Morgen legte man das Weib zum zweiten Male auf die Folterbank, da gestand es folgendes: "Vor achtzehn oder zwanzig Jahren begegnete ich zu ès-Mollian einem grossen schwarzen Manne, der mir den Kopf kratzte, weil ich geflucht hatte, und dem ich Unterwürfigkeit und Gehorsam versprach: es war der Teufel, Gabriel genannt, mit dem ich einen Bund geschlossen habe. Zwei Jahre später kam er zu mir ins Haus und verlangte Lämmer von mir. Ich gab sie ihm einige Zeit hernach, das eine ob dem Dorfe und das andere ob der Stadt Ruw; um sie fangen zu können, hatte sich der Teufel in eine lange Stange verwandelt. Ein ander Mal versprach mir der schwarze Mann, mich reich, ja sehr reich zu machen; er gab mir viel Geld, allein es waren meistens gelbe, dürre Eichenblätter, und darunter nur zwei gute Goldschillinge. In dem Mollian ergab ich mich dem Teufel, indem ich Gott verleugnete und ihm entsagte, Gabriel für meinen Herren und Meister annahm und ihm huldigte, worauf er mich, als ich ihm die Rute geküsst hatte, beim Nacken und Halse anpackte und mir seine Krallen eindrückte." Bei diesem grässlichen Bekenntnisse bekreuzigten sich der Landvogt, die Schöppen, der Schreiber und die Weibel, worauf, nachdem sie dazu aufgefordert worden war, Mia darum ihr Sündenkenntnis fortsetzte, wie nachsteht: „Bei Granges," so fuhr die Witwe fort, "gab mir Gabriel ein Pulver, um Menschen und Tiere zu töten. Die nächtlichen Hexentänze (Schetta) hatten an verschiedenen Orten statt, unter andern bei der Brücke über die Broye, Montet, Granges, Villeneuve usw. Bei einem derselben tanzte man den Reigen um ein bläuliches Feuer, wo man gebratene Tiere ass, oder Most und Branntwein trank, der dem Urin einer Stute glich. Einige Hexen und Hexenmeister waren vermummt; zwei Teufelchen schürten das Feuer an, indem sie um dasselbe hüpften und sprangen. Gabriel, der grosse Teufel, verlangte meine Kinder von mir; allein ich verweigerte sie ihm." Nach diesen Bekenntnissen liess man die Hexe ruhen, aber nicht lange; denn sie wurde zum dritten Male auf die Folterbank gelegt, und zwar mit einem Gewichte von hundert Pfunden, worauf sie unter der Marterqual bekannte: "Ich habe ferner," rief sie stöhnend, "zu Granges eine Ziege und ein Kalb getötet, ein Kind zu Stäffis-am-See, eine Geiss und eine Katze zu Villards-Bramaré, sowie mehrere Tiere. Zu diesem Ende war es hinreichend, ein gewisses Pulver mit Salz, Brei oder Holzäpfel (Schetzéron) zu vermengen, oder ein besonderes vom Teufel erhaltenes Pulver in den Mund zu nehmen, um den Atem zu vergiften. Wenn das Obst auf den Bäumen oder das Korn verdorben werden mussten, so schlug ich nur mit einer weissen Weidenrute auf das Wasser in den Brunnentrögen, und sogleich erhob sich ein Nebel, der sich in einen verderbenden Reif oder in ein Hagelwetter verwandelte. Vermittels eines gewissen Haares, das mir der Meister gab, konnte ich mich willkürlich in einen Wolf umgestalten, um Stuten, Pferde und Ziegen zu töten, welche wir dann zusammen assen." Man verdoppelte die Qualen, um ihr noch mehr Bekenntnisse zu entpressen. "Ja," schrie die Hexe, "ja, vier Mal hat mir Gabriel im Bette Gesellschaft geleistet, er war aber so kalt, wie ein Eiszapfen." "Ja," rief Mia endlich, "ja, alles was ich bekannt habe, ist wahr; ich will als Christin leben und sterben, wenn mir Gott und meine gnädigen Herren die Gnade gewähren, die ich von ihnen erflehe." Am 15. März 1634 wurde Mia Blanche, geborene Varmy, verfällt, lebendig auf dem Scheiterhaufen verbrannt zu werden. Den 17. des gleichen Monats und Jahrs wurde das Urteil durch den Rat zu Freiburg bestätiget, und am 20. vollzogen, die Hexe aber zuvor an empfindlichen Stellen ihres Körpers mit einer Zange gezwickt, damit sie durch diese Marter zur Angabe aller Genossen ihrer Greueltaten gezwungen werde. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Miär brüchet d's Herrgotts Sunnä nytt

Source: Miär brüchet d's Herrgotts Sunnä nytt

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 1. Drei arme Jäger aus der Gegend von Amsteg gerieten am Bristenstock in eine Höhle, die sich tief in den Berg hineinzog. Ganz zu innerst fanden sie einen mächtigen Zapfen gleissenden, echten Goldes, der von der granitenen Decke herabhing, so gross, dass er das ganze Steger-Dorf hätte reich machen können. Einen schönen Klumpen schlug jeder der glücklichen Entdecker ab und steckte ihn in sein Ränzchen; den Rest wollten sie ein andermal holen und unterdessen über ihren Fund Stillschweigen beobachten. Statt, wie billig, Gott zu danken, schwenkten sie in ein Wirtshaus zu Amsteg ein, schlossen die Fensterladen am lauter-hellen Tag und prahlten in eitlem Stolze: »Miär brüchet d's Herrgotts Sunnä nytt, miär vermeegets z'liächtä!« Dann verprassten sie in männlicher und weiblicher Gesellschaft mit Tanzen und Spielen, Essen und Trinken in wenigen Tagen ihren ganzen Gewinn. Wie sie mit ihm fertig geworden, wollten sie noch mehr von dem edlen Metalle holen; sie fanden wohl die Höhle, aber darinnen nicht, was sie suchten, so sehr sie auch tasten und spähen mochten. Und jetzt waren sie noch ärmer als vorher. Fr. Wipfli-Herger, 80 J. alt, Schattdorf 2. Einige Männer in der Gegend von Silenen sahen einst eine herrliche Jungfrau durch die Lüfte gegen den Bristenstock dahinschweben und sich auf einem Punkte niederlassen. Ein wunderbarer Goldschimmer umleuchtete sie. Als sie verschwand, machten sich die Männer auf den Weg nach jener Stelle, fanden sie und erblickten dort herrliche, goldhaltige Steine. Sie dachten: »Die entgehen uns nicht, morgen werden wir sie holen,« und veranstalteten obbeschriebene Wirtschaftsszene, und zwar auf Pump. Am folgenden Tage fanden sie den Platz nicht mehr. Fr. Zieri-Frei, 50 J. alt, Silenen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Mid altem Mandellenen gattli töön

Source: Mid altem Mandellenen gattli töön

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Alli Jaar um dee gliich Ziid ischd es alts Mandelli i d'Arnialp chun, ischd desumhagfaaren und hed gsööchd ung gsööchd, aber was? D'Älper häim ma truwwed, äs sööchi Gold. Si siim misstriiww worden, siin im us Wäg, und dee Derffigen häin dass Mandelli afa plaagen. Bim Ääken und Eellen hed äina geng ds Redli gfeerd. Es Abeds ischd er uf d'Buni, und am Morgen ischd er zmitts uf ener Straass z'Venedig erwached. Är ischd drab ung gfrässna gsiin und am Hag an und hed nid gwissd, wa üüs und an. Döö ischd es alts Mandelli chun und hed ne gfräägd, ob nen nid wundri, was im Arni gäji. Dermid hed's im e Speegel ggän ung gsäid, är selli dri gseen. Was hed er gseen? Spiichermanna mid dem Stäcken in der Hand, ds Räf am Rigg, siim mid dem Chääs zem Spiicher, zringetum hed ds Vee gwäided. Döö hed im ds Mandelli gsäid, firohin selli är dem mid den alte Mandellene gattli töön; moren erwachi är den enumhi im Arni. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Milch um Bbrood am häiligen Aben

Source: Milch um Bbrood am häiligen Aben

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Am häiligen Aben isch'sch Brüüch gsiin, in enem Muttelli Milch uf e Tisch z'tüön und derzüö Brood. Vun enem Boin hed ma niid gwissd. Mengsmal het dMüötter dS Brood i d'Milch gschnätzed. Alli häin us em Ramen em Milchleffel uberchun, und naa em Bäten hed ma afan ässen und us em Muttelli schepfen, Aber das, wa ischd uberbbliben, hed ma laan uf em Tisch siin, d'Milch im Muttelli, ds Brood und ds Mässer näb em Brood. — In dr Nacht, hed si gsäid, chemen Engla und nämen, was no da siigi. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Milch verbrennen oder vergraben

Source: Milch verbrennen oder vergraben

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Durch das Wundermittel eines Kapuziners war es den Angehörigen eines verkrüppelten Mädchens aus dem Oberdorf gelungen, diesem die Gesundheit und einen geraden Körper wiederzugeben. Am Tage nach der wunderbaren Genesung brachte die Nachbarsfrau wie alle Tage die Milch ins Haus. Der Ätti nahm die Milch vor der Haustüre entgegen ohne Dankheigist und ohne sonst irgend ein Gleich zu tun. Er wusste wohl, warum! Die Frau hatte den Ruf einer Hexe, und grad sie hatte seinem Mädchen die Krankheit angetan! Aber jetzt musste sie büssen dafür, tropfenweise wollte er die Milch auf dem Herdfeuer verbrennen, dann musste das Wust am eigenen Leibe die Wehtat verspüren. Alsdann war das der Mutter nicht recht. „Wir wollen nicht Rache üben“, sagte sie, „das wäre unchristlich!“ Da vergrub der Ätti die Milch in der Erde und behielt sein gutes Gewissen. Die Milchfrau aber, die das Mädchen verhext hatte, musste ihren Zauber zurücknehmen, weil des Kapuziners Wundermittel stärker gewesen war als sie. Krank an Leib und Seele versagten ihre Füsse bald einmal den Dienst, und sie musste als Krüppel an den Krücken gehen ihr ferneres Leben lang. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Milch zeen

Source: Milch zeen

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En Haslibärger hed z'Chreeg dinged und ischd gen Holland ggangen. Nid lang derna hed d' Triihelchöö nummen no es Trepfelli Milch ggän und hätti doch no nid selten gaalti gaan. Churz drüüf ischd vum Bööb Bricht chun, Dratt selli den d'Triihelchöö nid eppä dännä töön, är triihi de d'Milch vun arra. Und jetz chunnd mer grad no eppäs anders z'Sin; das möös en dr o no sägen: We d'Chee im Üüstagen bim Üüslaan häin afam mälhen und i mid dr Milch bin häichun, hed d'Möötter de Dechel ab em Bräntli gnun und hed gsäid: „Botz, düü heschd eslengersi mee Milch. Düü heschd täich an enem Reemme zogen." Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Milchsaugende Schlangen und weisser Hahn

Source: Milchsaugende Schlangen und weisser Hahn

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Unter die Plagen der Alpenwirtschaft am Pilatus zählte man jene Schlangen, die den Kühen die Milch absogen. Das Gegenmittel war, einen weissen Hahn bei der Sennhütte zu haben.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Milchverschwendung und ihre Sühne

Source: Milchverschwendung und ihre Sühne

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Ein Senn der Brunnialp war zu faul und zu nachlässig, die köstliche Milch, welche das so geschätzte, gehaltreiche Mutterngras im Übermass erzeugte, zu erwellen und gehörig zu nutzen. In einer Melchteren trug er sie davon und schüttete sie in den Brunnibach. Dieses frevelhafte Tun verlangte Sühne. Der Senn ward in die Ewigkeit abberufen, aber immer noch sahen ihn die Älpler, die alle Jahre auffuhren, mit seiner Melchteren zum Bache wandern. Wenn sie jeweilen die Alp verliessen, oder wenn jemand zur Winterszeit da Wildheu abfasste, hörten sie ein märterliches Geschrei; wer am Herbst als Letzter die Alp beging, trug sicher eine Krankheit, einen Wind oder einen Ausschlag davon. Dem wollten sie abhelfen. Sie liessen einen Geistlichen kommen, und dieser redete den Geist an und vernahm von ihm, er müsse noch so und so viele Jahre für seine Trägheit und Verschwendung büssen. Är syg ufem Sännäbocki ganz i dä Juppä1-n- und im Mies ig'waxnä. »My Vatter«, so versichert mich meine Erzählerin, eine 85jährige Frau aus dem Maderanertal, »hat ihn selber noch gehört und gesehen.« Frau Walker-Furger, Amsteg Fussnoten 1 Alpenrosen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Mir auch einen Tropfen

Source: Mir auch einen Tropfen

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Einen jungen Burschen führte der Weg zu seiner Geliebten über den Friedhof. Dort leerte er regelmässig alle Weihwasserkesselchen und zletscht heig-er alligs nu ä Schrei usägjutzet. Dieses Leeren der Weihwasserkesselchen machte aber den Sigrist höhn; er begann aufzupassen, ertappte den Burschen und stellte ihn zur Rede. Der sagte, er habe solches nicht etwa ihm zum Trotze getan, sondern den armen Seelen zuliebe. Wenn er allemal Weihwasser gesprengt habe, habe er die armen Seelen rufen hören: »Mir auch noch einen Tropfen! und mir auch noch einen!« Darum habe er grad die Kesselchen geleert Und dann habe er allemal eine solche Freude und Befriedigung empfunden, dass er einen hellen Jauchzer tun musste. Frau Arnold-Arnold, Spiringen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Mis Seelelämmeli

Source: Mis Seelelämmeli

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Mis Seelelämmeli Vor vielne. vielne Johre het es Meitli es Ching i ’s Rohrbechbechli gheit. Die alte Lüt hei das Meitli no mängisch gseh, wie-n-es isch umecho. Äs isch em Bord noglüffe. D’Arme het’s verworfe u pläret: „O, mis Seelelämmeli! O mis Seelelämmeli!“ M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Missglückte Heilung von Gespensterfurcht

Source: Missglückte Heilung von Gespensterfurcht

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J. J. Aeschbach, der in den Jahren um 1850 in Münchenstein als Lehrer wirkte und nachher mit seiner Familie nach Amerika auswanderte, hatte einen Sohn, dem er das Fürchten austreiben wollte. Er befahl ihm zu diesem Zwecke an einem bestimmten Tage um Mitternacht auf den Friedhof zu gehen. Lehrer Aeschbach hatte sich dort versteckt, und er erschien hinter den Grabsteinen, mit einem weissen Leintuch bekleidet. Der Sohn glaubte ein Gespenst vor sich zu sehen, und er erschrak ob dieser Erscheinung so sehr, dass er von diesem Augenblick an mit dem fallenden Weh behaftet war. Das Bedauern der Dorfbevölkerung mit dem Knaben war allgemein. Münchenstein Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Missglückte Teufelsbeschwörung

Source: Missglückte Teufelsbeschwörung

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Der Bauer S. auf .... bei Eggersriet wollte mit einigen Gleichgesinnten den Teufel beschwören. Die Beschwörer verwickelten sich aber in ihren Zaubereien so, daß sie sich gar nicht mehr zu helfen wußten, bis sie der herbeigerufene Pfarrer befreite. A. Sprenger.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 27, S. 16ff Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Mit armen Seelen gefüllter Stall

Source: Mit armen Seelen gefüllter Stall

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Auf den Schattdorferbergen arbeitete eine Familie in den »Bösenen«, d.h. im steilen Magerland, am Heu. Ein starker Regen liess sich ein, und sie flüchteten in einen nahen Viehstall. Der Vater allein blieb an der Türschwelle stehen und wollte nicht eintreten, trotzdem sie ihn mehrmals kommen hiessen. Nachdem sich der Regen verzogen, verliessen sie ihren Zufluchtsort, und jetzt fragten sie den Vater, warum er draussen geblieben sei. »Es sind genug darinnen gewesen«, sagte er ganz ernsthaft. »Ja, wieso denn?« entgegneten sie ihm mit Staunen. »Gewiss«, meinte der Vater, »der ganze Raum war plattgstunggetvoll; auf allen Barnen sind sie gesessen, und das Allerwüsteste ist in der Rischi gestanden; vor dem hat mir am meisten gegraut.« Man meint, er habe die armen Seelen gesehen. Frau Gisler-Bissig, Schattdorf Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Mit de Totu ist nit z'g'spassu

Source: Mit de Totu ist nit z'g'spassu

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Z Natertsch ist as steinalts und schüchlich's Beihus, wa a scharpfe Hufo Totuchöpf und Todugibei hoch- ufgibigoti und ufgitischoti stähnt. So hoch di Biga van dische Totugibei ist, so sollsch noch ebu so tief ins Land oder unter d'Erda gah. Da brinnt oft halbi Nacht, ja sogar bis an-nu lutteru Tag as Liecht, das frommi Persone da gehnt ga darträgu und anzündu, zum Trost den abg'storbnu Seelu und darzuo bi dischum Liechtji bis i späti Nacht da fer d'Armu-Seele tüend andächtig bättu. Am-mal hät an tückische Nachtbuob so an-ar frommu und betundu Persoh wellu gah an Bosheit antuo. Damit er scha recht erchlüpfu chönne, hät er a frischg'schindtoti Kuohut g'nu, und di van-obu-n-umbri g'worfu, damit schra über du Chopf a-chomme. Aber was gscheht? Im nämlichu Ougunblick, wa er d'Hut hät umbri gworfu — heint d'Abg'storbnu scha ihm z'rugg über du Chopf g'hit. Das hät du boshaftu Nachtbuob so erschreckt, dass er vor Chlupf schee tullundu ist heimcho — erchrankot ist — und in as paar Tagu ist a Lich g'si. D'abg'storbnu Seele heint ihru Wohltäteri an Aro uberg'häbet, damit ihra nüt z'leit g'schehje. Daher chunt d's Sprichwort un-ner dum Volch: «das dem und dem nüt g'scheh ist, ist as g'fällig's Wunder! — dem heint d'Abg'storbnu gholfu! Schi lähnt nix u'vergoltu!»   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Mit einem Rütlein

Source: Mit einem Rütlein

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Ein um sein krankes Kind bekümmerter Männdel aus dem Chriesviertel erhielt von der Spiezwilerfrau die Weisung, mit einem Rütlein tüchtig auf die Bettdecke des Kindes zu klopfen; die Person, die dem Kleinen etwas „angetan“ habe, werde sich dann zum Besuche melden, aber er solle sie ja nicht zum Kinde herein lassen. Als der Mann nach Hause kam, schnitt er sich das Rütlein und fitzte damit des Kindes Bettdeckeli nach Kräften, wie ihm geheissen. Auf einmal klopfte es heftig an der Stubentüre, als hätte es jemand sehr eilig, eingelassen zu werden. Es ging aber niemand nachsehen. Von da an ward das Kind gesund. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Mit eme Horn es Zeiche

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Mit eme Horn es Zeiche Wo d’Pescht gregiert het, sigen all Lüt ewägg cho bis a zwei Lütli, e Ma un es Fraueli, ’s einte sig z’Sossau deheime gsi, ’s angere im Wannebach. Sie heigen albe enangere mit eme Horn es Zeiche gä, dass sie no läbi. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Mit ihren Dreispitzhüten

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so sagen die Alten, haben die Franzosen alles gefunden, was man vor ihnen gefleekt habe, nur nicht was unter fliessendem Wasser versteckt war. So haben einst die Leute in der Muren zu Wyler, als Franzosen vorbeizogen, gleitig einen Sack Reis unter einem Stein im Gorner Bach verborgen; der ist ihnen wirklich entgangen, alles andere haben sie gefunden. Barbara Gerig, 25 Jahre alt, Wyler Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Mit itone Geischter isch nid z’gspasse

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Mit itone Geischter isch nid z’gspasse Mi Unggle het en alti Chrüpfe wäggschrisse un e neui lo häremache. Imene Pfoschte het er e Zapfe gseh. Im Augeblick het er vermuetet, do chönnt öppis derhinger si u het dr Pfoschten ufgspalte. Du isch es chlis Gütterli vüre cho, uf em Bode isch e Tropfe Bluet gsi. Du het er es Loch gmacht, e kem Mönsch het er gseit wo, u ’s Gütterli dri to u verlochet. Einisch hei sie drum amen Ort es söttigs Gütterli ufto. E Frau het zuegluegt. Die isch drufabe zhingerfür worde. Us em Gütterli isch e böse Geischt usecho un i d'Frau ihe; das isch d‘Urhab gsi, dass die Frau derewäg zwägcho isch. Krankheiten werden verpflöckt wie die schwarze Spinne; in manchem Bauernhaus zeigt das „Bistel“ Spuren des Verpflöckens. Ähnlich werden böse Geister in Bohrlöcher gebannt oder getan; dann schliesst der Bannende das Loch mit einem Zapfen. Schon eine der vorausgehenden Sagen erzählt, wie ein Geist die Gestalt eines Vogels annimmt. Viele Tote gehen in Tiergestalt um; es ist schwer oder gerade unmöglich, sie zu erlösen. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Mit verdrehtem Kopf

Source: Mit verdrehtem Kopf

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Stock und Galgen oder die höhere Gerichtsbarkeit standen beim Landesherrn, also ehemals bei den Grafen von Werdenberg, später bei dem Glarner Landvogt. Es war hier ein eigentümliches Recht, dass Verbrecher nicht über das Gebiet des Städtchens geführt werden durften; für sie bestand das "Schelmenwegli", das von Lims aus steil zum Schlosse hinaufführt. Auf diesem Wege begegnet man zu gewissen Zeiten einem grossen, hagern Mann, der auf einem Schimmel reitet. Der Kopf ist aber verdreht, schaut also nach rückwärts; auf selbigem sitzt ein großer Schlapphut, der mit einer Feder geschmückt ist. Heinrich Hilty.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 111, S. 54 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Mittel gegen das Toggeli

Source: Mittel gegen das Toggeli

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Das Toggeli stellt sich das Volk meistens als Hexe vor, die sich in Gestalt einer Katze dem Menschen auf die Brust setzt und ihn so drückt. Man will gesehen haben, wie die Katze an das Fenster kam, es beiseite schob und in das Schlafgemach sprang. Der Bann löst sich, wenn der Bedrückte mit dem Taufnamen gerufen wird oder mit der Zunge im Munde das Kreuzzeichen macht oder den Namen Jesus ausspricht; Messer, die man in die Wiege der Kinder, die besonders häufig vom Unhold heimgesucht werden, oder in die Zimmertüre, in die Holzwand steckt oder auf die Brust legt, halten das Toggeli ab. Auch die rote Farbe scheut es und Kreuze, die man in die Zimmer- oder Haustüre ritzt. In Gurtnellen und wohl auch anderwärts hat man früher, um das Toggeli von den Kindern fern zu halten, Malefizpulver unter das Kissen gestreut, und ein Agnus Dei oder ein »Lysäpunggeli« oder beides zusammen zu Häupten des Kindes an die Wiege gehängt. Im Stalle aber, wenn es die Ziegen oder Kühe sog, sodass sie keine oder dreckige Milch gaben (sie sind um dz Ütter chu), streute man Malefizpulver zuvorderst in den Barnen und in die Rischi, wo das Toggeli aus dem Obergaden herabkam, und steckte geweihte Palmen und Haselzwicke auf. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Mittwoch

Source: Mittwoch

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Mittwuchäsyw und Mittwuchächälber het-mä nytt gärä; si tient gärä verdärbä. Ä Mittwuchämonet und äs Mittwuchäjahr sind nie nytt wärt. »Ä Mittwuchächeib.« Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Mittwoch und (seltener) Freitag

Source: Mittwoch und (seltener) Freitag

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so belehren mich ältere Leute aus allen Kantonsteilen, gelten als Unglückstage; an keinem der beiden Tage würde man vom Boden in den Berg oder umgekehrt von oder zu Alp, z'Stafel oder von Stafel fahren; lieber tüet mä-n-ä Tagweid dahinnälah. Ein Bannwälder, der zu Unterschächen in den Wald ging, um Holz zu zeichnen, kam in der Lawine ums Leben, und seine Kameraden entgingen mit knapper Not dem gleichen Schicksal. Am Mittwoch, haben die Alten gesagt, habe Judas den Heiland verkauft, deshalb sei es ein Unglückstag, erzählt eine 85jährige Frau von Amsteg. – »Der Mittwuchä-n-isch ä Fähltag«, sagt das Sprichwort; ebenso: »Ammänä Mittwuchä schlyft ä kei Müs innes anders Loch.« Ein Kinderspruch: »Mittwuchä! steck d'Nasä-n-i d'Tischdruckä.« An einem ungeraden Tag Montag, Mittwoch und Freitag, soll man nie erstmals das Vieh zur Weide lassen. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Moor Moritz bei Tegerfelden

Source: Moor Moritz bei Tegerfelden

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In Tägerfelden steht ein verfallenes Schlösslein mit einem dazu gehörenden Wiesengrunde, der die Schlossbreite heisst. Hier läuft jeden Samstag mit dem Klang der Betzeitglocke ein Mutterschwein, die Moor Moritz, und führt ihre zehn Ferkel mit sich. Es kommt aus jenem Theile des Schlösschens hervor, der ehemals die Stallungen ausgemacht hat, jetzt aber nur aus ein paar überdachten Mauern besteht und der Gemeinde zum Holzschuppen dienen muss. Es nimmt seinen Weg bis zum Chile-Rainli, einem Abhange, welcher zur Schlosskapelle gehört, und geht von da wieder heim. Es hat die Farbe der sogenannten Zweibrücker-Zucht, nämlich vorne schwarz und hinten weiss; ebenso sind auch seine Ferkel gezeichnet. Hat nun ein Vorübergehender den Muth, bis auf einige Schritte heranzutreten, so schwillt das Schwein zur Grösse einer solchen Waschwanne an, wie die sind, in welchen man geschlachtete Schweine brühet, und beginnt entsetzlich zu grunzen. Dies bedeutet, dass man zurückweichen soll. Folgt man dieser Warnung nicht, so ist man bis zum nächsten Morgen gewiss eine Leiche. Die frühere Herrin dieses Schlössleins soll eine alte Wittwe aus dem Luzerner-Adelsgeschlechte deren von Sonnenberg gewesen sein. Sie hatte Niemand als ihren Sohn Moritz. Sie machte für die Kapelle ihres Schlosses mancherlei Vergabungen an Feldfrüchten und Eiern, liess das Kirchendach statt der Schindeln mit Ziegeln eindecken und setzte bei ihrem Tode den Grundzins von ein paar Juchart Land nebst zehn Stück Hafer (ein Mannwerk) aus, um daraus die Löhnung des Sigrist bestreiten zu lassen. Einige Jahre lang nach der Mutter Tod gab der Sohn Moritz den gestifteten Hafer gebürend ab und verspürte ebenso lange in seiner Güterwirthschaft niemals Mangel. Nach und nach jedoch reute ihn diese unnütze Abgabe, er liess sie eingehen und hielt sich aus dem Ertrag des Kirchenhafers ein Schwein mehr. Aber die Strafe blieb nicht aus. Das Schwein war eines Morgens sammt seinen Ferkeln verschwunden, bald fiel im Stalle auch das übrige Vieh. Das Vermögen des Junkers schwand so sehr, dass er nach und nach bis zum armen Tauner herabsank, der sein einziges Tagwerk Ackerland mit fremden Ochsen pflügen muss. Als sein Hausdach anfieng baufällig zu werden, nahm er bei Nachtzeit die Ziegel vom Kapellendache herab und deckte dies dafür mit Stroh. Zuletzt fand man ihn in seinem Stalle an einem Stricke erhenkt. Nun sagt man, der Junker sei in jenes Schwein verwünscht, das alle Samstagsabende auf der Schlossbreite mit den Ferkeln weidet, aus Barmherzigkeit aber werde ihm vergönnt, hin und wieder in einer menschlichen Gestalt erscheinen zu dürfen. Man meint, er sei zugleich ein Dachdecker, weil man öfters um Mitternacht einen Mann auf dem Ziegeldache der Kapelle klappern hört. Auch auf jenem Holzlande, welches die Wanne heißt, ein hübscher Föhrenbestand, der jetzt der Gemeinde Baldingen angehört, erscheint er häufig als Jäger mit seinen Hunden; denn statt diesen Forst, nach der Mutter letztem Willen, zur Unterhaltung des Kirchengebälkes zu verwenden, hatte er ihn dem Junker von Baldingen um einen Antheil an der Hochjagd auf dem Baldinger Berge vertauscht. Am öftesten kommt er aber noch als die Moor. Da läuft das Schwein, ohne sich stören zu lassen, um Betzeitläuten seinen Weg hin und her. Seit etwa fünfzig Jahren schon ist ein Haus in diesen seinen gewohnten Pfad gebaut worden, nun läuft es durch dasselbe mitten hindurch. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 97 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Mooshund in Attelwil

Source: Mooshund in Attelwil

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Ein Teil des Dörfleins Attelwil, Bezirks Zofingen, heißt das Moos-Ester. Hier hörte man noch zu Anfang dieses Jahrhunderts auf dem Moosweg das Mooshündli lautbellend auf und abspringen. Männern, die Abends ihre Rosse von der Moosweide heimführten, geschah es dann, daß sie nichts als die bloße Pferdehalfter mehr in der Hand hatten und das Roß verschwunden war. An denselben Abenden sah man auch das Haus auf dem dortigen Dönniplatz, das von zwei Weibspersonen bewohnt war, im hellen Feuer stehen, ohne daß es brannte. (J. Eichenberger, Lehrer in Attelwil.)  Band 3.1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962,  S. 87 - 87 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch    


by Moospferd am Erlenmoos

Source: Moospferd am Erlenmoos

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Ein jüngerer Mann aus der Langenthaler-Gegend gab hierüber folgenden mündlichen Aufschluss. Es ist an der ganzen Sache kein wahres Wort. Die Leute wissen selbst nicht, was sie damit wollen; bald reden sie von einem Moosmann, bald von einem Moospferde, das drinnen im Erlenmoose stecken und brüllen solle. Allein nur alte Weiber halten noch steif und fest darauf; zu denen müsste man gehen, wenn man eigentlich was erfahren wollte, sie lügen jedoch ganz gottvergessen. Das junge Volk denkt jetzt anders, es kennt jenes Moos genau und hätte längst das Ross um die Wette herausgeholt, wenn ein herrenloses drinnen wäre. Nur das ist ausgemacht, was sich in meiner Jugend hier herum begeben hat, ich war noch ein geringes Bübchen. Da trafen Nachts unsere bösen Knaben an einem fremden Wohnhaus ein im Karren stehendes Ross, banden es los und führten es in ihrem schlimmen Uebermuthe sammt dem Wagen vom Karrenweg ab ins Erlenmoos hinein. Dort ist es freilich in jener Zeit noch gar unwegsam und gefährlich gewesm; die Buben fürchteten im Dunkel einzusinken, ihr böses Gewissen plagte sie obendrein, und so entliefen sie bald wieder und liessen Ross und Wagen in der Irre stehen. Das arme Thier muss dort untergegangen sein, wenigstens ist es in hiesiger Gegend nie wieder gesehen worden. Nun dauerte es nur handumkehrt, da starb derjenige Bursche plötzlich, der den Nachtbuben zuerst den schlimmen Rath dazu gegeben hatte; und gleich war wieder der Lärmen im Dorfe, das sei Strafe Gottes für den Frevel, jener sei nun ins Moos verwünscht und ziehe dort brüllend herum. Wir wollten Alle nicht daran glauben. Als das Gerede nicht nachliess, entschloss sich einer aus der Kameradschaft, Nachts im Moose sich genau umzusehen. Er that's und meinte bald wirklich so was zu sehen und zu hören. Eine ganze Nacht gieng er der Stimme vorsichtig nach bis zur Morgendämmerung. Als er den Weg an einer niedern Waldung gegen ein Haberfeld heraus nahm, sah er ganz deutlich einen Mann bei einem Leiterwagen stehen, der ein schreiendes und brüllendes Ross verkehrt daran gespannt hatte und unbarmherzig drauf lospeitschte. Man konnte ihm jedoch vor Sumpf nicht näher kommen. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 192 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Mord und Bergsturz in Madsand

Source: Mord und Bergsturz in Madsand

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(St. Niklaus) Unleugbare Spuren grosser Erdrutsche und gewaltiger Bergstürze finden wir im gebirgigen Wallis viele. Die Sage schreibt deren mehrere entweder bergzernagenden Drachen oder schlimmen und schadenbringenden Geistern zu und lässt manche fruchtbare Gegend, selbst blühende Dörfer mit Mann und Maus untergehen und verschwinden. — So wird erzählt, der grosse Bergschutt zwischen St. Niklaus und Herbriggen, auf dem nun der Madwald und das Madsand steht, habe ein Dorf, mit Namen Mad zerstört und begraben. Schon dieser Name scheint anzugeben, dieses Dorf habe in Wiesen gestanden, die gemäht wurden. Auch gewinnt das vorhanden gewesen sein eines solchen Dorfes an Wahrscheinlichkeit, weil es einer ziemlich ausgedehnten Gemeinde bis auf unsere Zeiten den Namen gegeben hat. Über diesen Bergsturz erzählen sich die Leute folgende traurige Sage: — In "Blattbach", auf dem westlichen Vispenufer dem obgesagten Madwald gegenüber, lebten zwei Geschwister miteinander in unerlaubten Verhältnissen. Als die Sache ruchbar werden musste, weil die Schwester in gesegneten Umständen sich zeigte, fürchtete sich der Bruder sehr vor den üblen Folgen seines Verbrechens; er trachtete darum seiner verführten Schwester nach dem Leben. Um aber sowohl dieser als der Welt sein ruchloses Vorhaben zu verbergen, streute er runde Erbsen auf die schmale Brücke, über welche sie täglich zum Viehfüttern nach den Madmatten gehen musste. Diese setzte ihren Fuss, keine Gefahr ahnend, sorglos auf die gestreuten Erbsen, glitt aus und fand im Wasser den Tod. Gleich liessen sich im Gebirge ob dem Dorfe Mad unruhige Geister hören, welche Erdmassen und Felsen herunterwälzten. — Der schuldbewusste Bruder, vom doppelten Verbrechen im Gewissen gequält, ward wahnsinnig und entleibte sich selbst. - Und der Geisterspuk wurde noch ärger im Gebirge. Bald war das Dorf Mad und die Umgegend überschüttet und eingesandet. — Die Leute, noch mehr Unheil fürchtend, nahmen ihre Zuflucht zu frommen Ordensmännern, welche mit geweihten Wachslichtern und unter beständigem Gebete den Berg hinanstiegen und den Geistern auch bald auf die Spur kamen. Sie fanden drei Gespenster, unter denen aber das kleinste, das wütendste und unbändigste war. «Nie habe ich einem Menschen was Leides getan», kreischte es, «unschuldig bin ich zu Grunde gerichtet worden! Ich habe darum Vollmacht zur Rache und grausen Zerstörung. Ich werde zu wühlen nicht aufhören, bis der Riedbach hier zu Tale fliessen und die Vispe bis zur Lerchfurren wird aufgestaut sein.» Indessen mussten die Geister doch vor den Gebeten der frommen Pater weichen. Bei anhaltendem Regenwetter, besonders im Frühjahr bei der Schneeschmelze, wird noch immer bedeutendes Erd- und Steingeröll zu Tal getrieben. Darum wird noch alle Jahre am 20. Juli zur Kapelle der Hl. Margaretha eine Prozession gehalten, um grössere Zerstörungen abzuwenden. Früher war dieser Tag für die Leute im Madsand ein gebotener Festtag und alles Schwören, Fluchen, Spielen, Saufen und Tanzen sollte in der Umgegend strenge und für immer verboten sein. Natürlich achtet man jetzt auf so altes Zeug nicht mehr.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Mörderthier im Ruederthal

Source: Mörderthier im Ruederthal

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Zwischen den Ortschaften Schildwald und Gontenschwil findet sich eine Schlucht, an welcher vorbei ehemals die Strasse durch den wilden Wald nach Beromünster gegangen sein soll; sie habe dorten das Winen- und Surenthal verbunden. Noch nennt man jene Schlucht die Mördergrube, weil dort eine Mörderbande mittelst künstlich gerichteter Dräthe den Durchzug der Reisenden ausgespürt und diese dann niedergemacht haben soll. Seither will Mancher an schwülen Sommertagen ein entsetzliches Geheul, stärker als das eines Menschen oder Wildes, aus jener Gegend her vernommen haben. Einige haben sogar das scheussliche Mörderthier, wie es beim Volke heisst, wirklich gesehen, andere nur ein schönes Weib, das geschmückt, aber unter Jammern und Stöhnen aus der Schlucht tritt, hinab zum Bächlein geht, Windeln waschend und dort verschwindet. Wer sich dann vor der schwarzen Katze nicht fürchtet, die mit einer weissen Haube auf dem Kopfe jenem Weibe vorausläuft, der sieht in der Schlucht zwei grosse Truhen offen, von Hunden gehütet; wer aber zwei schwarze Hühnlein aus einem Ei brüten und sie über die Schlucht hüpfen liesse, der hätte das Weib erlöst und den Schatz gewonnen. Der Sigrist von Gontenschwil sah auf dieser Stelle ein Ross auf einer Kiste aus dem Boden steigen, das tellergroße Augen hatte, und ist aus Schrecken drüber gestorben. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 259 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Muetter, spring!

Source: Muetter, spring!

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Muetter, spring! Einisch isch es Buebli zum-ene Jeger cho z’springe u het ihm gseit, äs wüsst ihm e Has; aber d’Hüng sell er de nid noheloh. „Jo, allwäg“, heig dr Jeger gseit u d’Hüng au mitgnoh. Du lauft s Buebli vorus u rüeft: „Muetter spring! Muetter spring!“ M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Mühle-Seiler

Source: Mühle-Seiler

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Mühle-Seiler war ein Geisterbanner aus dem Amte Signau, wo er zu Mühleseilen wohnte, von welchem Orte er auch wahrscheinlich seinen Namen hat. Grosse und kleine Ungeheuer mussten seiner Gewalt unterliegen. Die meisten Gespenster, welche hie und da den Bauern in ihren Ställen, in der Küche, in dem Keller hinter den Weinfässern und sonst wo spukten, nahm er hinweg und verbannte sie in das Rotental. Des Nachts ging er oft mit den ihm untergebenen Geistern auf der Strasse spazieren, wobei er immer den Hut unter dem Arm trug, und die ihm begegneten erzählten, dass er dann zu ihnen gesagt habe: "Seid doch so gut und geht ein wenig auf die Seite, es kommen da Herren!" Dann habe es gemacht, als ob eine grosse Menge Pferde durch die Strasse hintrabelte. Viele versichern auch, ihn mit seinen Herren, steilen, glänzenden Felsen nach wandeln gesehen zu haben. Hin und wieder exerzierte er auch mit ihnen und man vernahm dann ein Donnern und Tosen bis weit in die Ferne hin; dann sagten die Leute: „Die Rottalherren exerzieren, es gibt ander Wetter." C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Müllersfrau als Katze

Source: Müllersfrau als Katze

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Ein Müller ist lange mit einem Eheweibe geplagt, welches sich dem Hexenwesen ergeben hat, er kann sie aber dessen nicht überführen. Während er nun des Abends noch mit dem Müllihau beschäftigt ist, kommt ein ganzes Rudel Katzen auf den Mühlstein herauf gesprungen und hindert ihm mit dem frechsten Herumgestöber die Arbeit. Er lauert der zunächst Springenden auf und haut ihr endlich mit dem Breithammer eine Pfote ab. Am Morgen liegt sein Weib mit verbundener Hand im Bette. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Mumelimann bei Fahrwangen

Source: Mumelimann bei Fahrwangen

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Geht man vom rechten Ufer des Hallwiler-Sees aufwärts gegen die Höhen von Fahrwangen, so kommt man an dem Platze vorbei, auf dem die Burg der Freiherren von Fahrwangen gestanden hat, die in der Zeit der sog. Blutrache, verhängt gegen die Mörder des österreichischen Albrecht, nebst andern Burgen dieser Lande gebrochen worden ist. In der Nähe liegt das Wäldchen Flueren und darinnen das Mumeli, eine einsame Stelle, von uralten Tannen umgeben. Man sagt, auf diesem Plätzchen habe vor vielen Jahrhunderten ein Fahrwanger zwei Ritter verscharrt, die er bei einem Gelage auf seinem Schlosse erstochen hatte. Nun muss er noch immer seine Familiengruft verlassen und jede Nacht über die Felder im Sprunge hieher zu dieser Stelle laufen. Bald sieht man ihn weiss, bald schwarz. Er haut dem Holzdieb Nase und Ohren ab und trägt ihn in einem Sacke in den See. Auch in Zwergengestalt lässt er sich blicken. Am meisten erkennt man ihn an seinem Geschrei. Zwischen den Dörfern Meisterschwanden und Sarmensdorf johlt er wie einer, der zur Jagd geht; an dem Seeufer ruft er klagend. Dies nennt das Volk wehweln und wehvern, ihn selbst den Mumeli- oder den Runelimâ. Auf dem Fusswege, der von Meisterschwanden über das hohe Seeufer hinab führt zur Fähre, die nach dem jenseitigen Dorfe Birrwil überschifft, liegt ein einzelner steiler Hügel, der Kapf. Dort lässt ein todter Mann seinen Ruf zur Ueberfahrt so oft und deutlich vernehmen, dass die Birrwiler-Schiffsleute lange Zeit nie mehr aufs blosse Rufen drüben vom Ufer abfuhren, sondern erst auf einen Hornstoss erschienen, um die diesseits Wartenden einzunehmen und überzusetzen. Schon oft haben furchtlose Leute und selber Seeanwohner den Versuch angestellt, zu ergründen, woher doch diese Allen vernehmbare Stimme mit ihren gleichmässigen wehmüthigen Tönen kommen möchte. Wenn sie sich auf den Kapf stellten, so hörten sie den Ruf vom Schleiferhübel her, einem mit Gesträuchen bedeckten Steinhügel, der bei tausend Schritt nördlicher liegt; während die zu gleicher Zeit hier Stehenden glaubten, jene am Kapf hätten ihnen zugerufen. So kommt es, daß auch Nichtgläubige meinen, hierin liege etwas Übernatürliches. Das Landvolk behauptet, man höre diesen Ruf, so oft als Regenwetter eintreten oder ein heftiges Gewitter losbrechen soll. Am jenseitigen Ufer gilt dieselbe Wetterregel, allein man nennt sie den Schellenpeter und behauptet, man höre ein lebhaftes Klingeln, wie von vielen Schlittengäulen, aus den Waldhöhen des Homberges herunter weit durch die Gegend schallen. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 296 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Music im Lufft

Source: Music im Lufft

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«Eben auf den vorgenannten Tag (1. Januar 1602) hat Jacobus Ryter, Leutpriester zu Liechstall (wie er in seinem Wunderbuch vermeldet) im Lufft, bey dem Fluss Ergetz genandt, ein über die massen liebliche Music gehört von allerley Instrumenten, Cymbaln, Violen, Posaunen, Pfeiffen, Lyren und Cytharen, also dass er darüber erstaunet, bey einer guten halben Stund solcher lieblichen und wundersamen Melodey zugehört, und des rauschen Wassers nicht geachtet.» Liestal Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Musik beim Erhängen

Source: Musik beim Erhängen

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Ihrer drei wollten probieren, ob sie die schöne Musik auch hören würden, die der Teufel denen aufspielt, die sich erhängen. Sie hängten sich deshalb alle drei an einem Tannast auf. Da brach der Ast, und sie fielen zutode (Kt. Basel). Johann Aschwanden Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Musikklänge aus vergangenen Tagen

Source: Musikklänge aus vergangenen Tagen

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Zwei Mädchen spazierten einst das Diegtertal einwärts. Aus dem Pfarrhause in Diegten vernahmen sie eine wunderfeine, seltsame Musik. Nachher sahen sie Herren und Damen in alten Trachten auf der Matte oberhalb des Pfarrhauses spazieren. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch  


by Müsli gang du zerst

Source: Müsli gang du zerst

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E Müsli und e Glüetli sind emol mit enander spaziere gange. Do si sie an e Bach cho und hätte gern drüber welle ; aber kei Brüggli und ke Steg isch do gsi, nur e Strauhalm ist do glege ; über de hend sie müesse schritt , wenn sie hend übere welle. Do seit s'Glüetli zum Müsli: „Gang du zerst dure! Du channsch besser springe als ich." s'Müsli aber seit: „Nei, du muesch zerst übere, denn du muesch mir zünde." Am End wo sie gnueg zanket gha hend, so ruckt s'Glüetli vora. Aber chum isch's zmitz ufem Bach gsi, so chunnt der Strauhalm a, rißt abenand, und s'Glüetli fallt in's Wasser und stirbt, wie alli Glüetli sterbe, wenn sie is Wasser falle. Vor Angst het's e Schrei usglo: Zsch — het's gmacht. Sobald das s'Müsli gseh und ghört het, so fangt es a z'lache und lacht und lacht bis ihm s'Pelzli versprungen isch. Dem isch also si Schadefreud au nit guet beko. Was isch jetz z'mache ? denkt's. J wird müesse luege wie i cha mi Pelzli flicke. Und s'Müsli goht zum Schuhmacher und seit: „Du mir Droht ge, daß i cha mi Pelzli flicke." Der Schuhmacher seit: „Du mir Borst bringsch, ich dir Droht gib, daß du channsch di Pelzli flicke." Do goht S'Müsli zur Sau und seit: „Du mir Borst ge, Borst ich Schuemachei bringe, Schuemacher mir Droht git, daß ich cha mi Pelz« flicke." D'Sau seit:,, Du mir Chrüsch gisch, ich dir Vorst gib, Borst du Schuemacher bringe, Schuemacher dir Droht ge, daß du channsch di Pelzli flicke." Do goht s'Müsli zum Müller und seit: „Du mir Chrüsch ge, Chrüsch ich Sau bringe, Sau mir Borst ge, Borst ich Schuemacher bringe, Schuemacher mir Droht ge, daß ich cha mi Pelzli flicke." Der Müller seit: „Du mir Chorn gisch, ich dir Chrüsch gib, Chrüsch du Sau bringe, Sau dir Borst ge, Borst du Schuemacher bringe, Schuemacher dir Droht ge, daß du channsch di Pelzli flicke." Do goht s'Müsli zum Acher und seit: „Du mir Chorn ge, Chorn ich Müller bringe, Müller mir Chrüsch ge, Chrüsch ich Sau bringe, Sau mir Borst ge, Borst ich Schuemacher bringe, Schuemacher mir Droht ge, daß ich cha mi Pelzli flicke." Der Acher seit: „Du mir Mist gisch, ich dir Chorn gib, Chyrn du Müller bringe, Müller dir Chrüsch ge, Chrüsch du Sau bringe, Sau dir Borst ge, Borst du Schuemacher bringe, Schuemacher dir Droht ge, daß du channsch di Pelzli flicke." Do goht s'Müsli zur Chue und seit: „Du mir Mist ge, Mist ich Acher bringe, Acher mir Chorn ge, Chorn ich Müller bringe, Müller mir Chrüsch ge, Chrüsch ich Sau bringe, Sau mir Borst ge, Borst ich Schuemacher bringe, Schuemacher mir Droht ge, daß ich cha mi Pelzli flicke." D'Chue seit: „Du mir Gras gisch, ich dir Mist gib, Mist du Acher bringe, Ucher dir Chorn ge, Chorn du Müller bringe, Müller dir Chrüsch ge, Chrüsch du Sau bringe, Sau dir Borst ge, Borst du Schuemacher bringe, Schuemacher dir Droht ge, daß du channsch di Pelzli flicke."' Do goht s' Müsli zur Matte und seit: «Du mir Gras ge, ich Gras Chue bringe, Chue mir Mist ge, Mist ich Acher bringe, Acher mir Chorn ge, Chorn ich Müller bringe, Müller mir Chrüsch ge, Chrüsch ich Sau bringe, Sau mir Borst ge, Borst ich Schuemacher bringe, Schuemacher mir Droht ge, daß ich cha mi Pelzli flicke." D'Matte seit: „Du mir Wasser gisch, ich dir Gras gib, Gras du Chue bringe, Chue dir Mist ge, Mist du Acher bringe, Acher dir Chorn ge, Chorn du Müller bringe, Müller dir Chrüsch ge, Chrüsch du Sau bringe, Sau dir Borstige, Borst du Schuemacher bringe, Schuemacher dir Droht ge, daß du channsch di Pelzli flicke." Do goht s'Müsli zum Bach und leitet en i d'Matten ine: Do het d'Matte Gras ge, d'Chue het Mist ge, der Acher het Chorn ge, der Müller het Chrüsch ge, d'Sau het Borst ge, der Schuemacher het Droht ge,'und s'Müsli het chönne s’ Pelzli flicke.   Quelle: Sutermeister, Otto: Kinder- und Hausmärchen aus der Schweiz Basel und Aargau. (Schweizerische Jugendbibliothek I, 1, S. 107; und nach handschrift licher Mittheilung von E. L. Nochholz.) Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Musterung auf Seefeld

Source: Musterung auf Seefeld

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Auf der Alp Seefeld, hinter dem Beatenberg, hoch über Habkern und dem Justistal, hört man bisweilen stundenweit ein unterirdisches, donnerndes Geräusch. Auf dieser Alp stand in alten Zeiten eine grosse Stadt. Ihre Bewohner waren Heiden und verübten mancherlei Greuel. Als der heilige Justus in dem nach ihm benannten, benachbarten Tale seine Hütte an einer Quelle aufgeschlagen hatte, wandte er seine Schritte auch nach der gottlosen Stadt. Da wiesen ihm die heidnischen Bewohner die Tore, und als er wiederkam, schlugen sie ihn. Heiss entbrannte darüber der Zorn Gottes. Die Erde tat ihren Mund auf und verschlang die Ungerechten. Jenes Geräusch aber, von den Bewohnern der dortigen Gegend die Musterung auf Seefeld genannt, rührt von ihren Wagen her, die noch heutigen Tages in den Strassen der Stadt herumfahren. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Mutter «Es» oder «Nes»

Source: Mutter «Es» oder «Nes»

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Die Mutter «Es» oder «Nes» stellte man sich als ein uraltes Weib mit runzeligem Gesicht, als eine Art Hexe, vor. Die greuliche Frau hauste im «Mutter-Esen-Loch», einem Schlupfwinkel des «Widder». Wer fluchte, gottlos lebte usw., den zog sie in die Durach hinab. (Schaffhausen)     Aus: R. Frauenfelder, Sagen und Legenden aus dem Kanton Schaffhausen, Schaffhausen 1933. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Mutteri und Fideri

Source: Mutteri und Fideri

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Vor alte Zyte isch e prächtigs melchs Gresli bis uf de höchste Grat ufe gwachse. Jez findt mes nu nuch wiiter unde. Worum ächt? Dorum, das es d Puure z’guet kha heid derbi und übermüetig worde sind. Wänn si a den undere Stäfle gsi sind, so sind sie viil nidsi ggange gu tanze und gu wüest tue. Ab den oberen abe hät’s es aber nüd möge ggi. Ds Gras isch so guet gsi, as si drümal heid müese melche z’Tags; darum heid si müese dobe bbliibe. Das het ne gar nüd gfalle, und si heid mängmal gseit: «Wänn nu der Gugger das Gras nähm!» Wäget dem isch ds best Gras, ds Mutteri, i dr Hööchi ob vertooret, und es het Fideri drus ggi.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Naachääseller

Source: Naachääseller

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Äs ischd üf Mägisalp gsiin und e Sudel- und Rägetag und chaalts, uschnitzigs Wätter. Uber d'Grääd inha sii d'Näbla ghanged. Meer siim dir Fiirgrööbe gsässen, und ds chlin Dorferli hed is afa vu Naachääsellerre zellen. D'Naachääseller, das häi s' geng gsäid, chemen in dr häiligen Nacht ung gäijen i d'Hitti und chääsle d' Milch, wa d'Älper ds Jaar anha versiwwen. Aber da wän aina gsiin; däm ischd das nid gloiblis gsiin, und doch hed nen dr Gwunder plaged, ob das eso siigi. Döö ischd er am Tag vor em häiligen Abe z'Alp und im Vernachte zen Hitte chun. Und äs hed vernachted und ischd fiischter worden, und wiit umm bräit ischd neemmen und niid um d'Wäge gsiin. Är ischd in enen Hitten und uf ene Dotzen ge sitzen und hed gwarted ung gwarted. Um Mittinacht sii Tritta chun. Bin dr Schopftiren hed eppes d'Falle glifted; d'Tiren hed ggiired; derna sii Tritta dir e Schopf chun: d'Hittetiren gäid üüf, und d'Naachääseller chemen inha. Sinerre häi si si nid em Brosme gachted. Äina hed si uf enem Mälchstööl gsetzd, hed bir Fiirgrööben es tannigs Schiid gnun und hed afa Spääna machen. Underwiilen häin ander us Milchmälchterlenen um Muttem Milch i ds Chessi gleesd. Und där, wa hed Spääna gmachd, hed Fiir gschlagen und d'Spääna agsteckt, und äis Schiid um ds ander agläid. Ds Fiir hed afa sprätzlen, und Sprangi siin gäge d'Räfen und d'Schindli, und döö häi s' ds Chessi über ds Fiir gräited. Döö fräägd där, wa hed Spääne gmachd ghäben: „Wa sol i jetz de Schnitzer hitöön?" „Steck nen dert i d'Dotzen", hed im äina Bschäid ggän. Där stossd de Schnitzer gäge Dotzen ung gäge Lotzer und stichd nen i ds Bäin; äs ischd e Stich gsiin, zum Grediüüsibreelen. D'Naachääseller lege z'dicken, häin de Chääs i ds Järb und uf ds Britt taan und mache fertig, und dr Lotzer ischd umhi ellenggen in dr Hitte gsiin. Aber im Bäin hed's ne gstochen, wen er si nummen es Chiidelli gwäigged hed, und wen er hed e Schritt taan, hätt er wegen em Breel töön. Fascht hed er nid häim megen. Är ischd lama gsiin. Und äs hed afan üüstagellen, und är hed ds Bäin no geng nid chennem brüüchen. Ar hed doktred ung gsalbed, und dr Sumer ischd chun und verbii, und är ischd lama gsiin, und ds Bäin hed nid wellen gööten. Döö ischd äina chun; där hed im graten, är selli am häiligen Aben umhi z'Alp und in dee glich Hitten und uf en gliche Dotzen ge sitzen. Im gscheeiji niid, und äs bessri göss. Döö ischd er am häiligen Aben umhi z'Alp. Alls ischd ggangen, wer ds eerder Jaar; d'Schopftiren hed ggiired; dir e Schopf sii Tritta chun; d'Hittetiren ischd üüf; d'Naachääseller siin umhi da gsiin. Äina hed em Mälchstööl gnun und ds Spääschiid vun dr Fiirgrööben, fir d'Späna z'machen. „Jetz wäis i den, wam mi Schnitzer ds ganz Jaar anha ischd gsiin", säid er und schrissd de Schnitzer emzrugg, und dr Älper hed nid e Chloiche mee gspirrd. Und d'Naachääseller häi ds Chessi uber ds Fiir gräited und ds Chasleb i d'Milch taan und dr Schluck mit dr Bräche zertaan, häin de Chääs i ds Järb und si furt, und dr Lotzer ischd häin und hed ds Bäi chennem brüüchen und Stäg uw Wäg gaan wer vor Jaaren. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Nach dem Gelterkindersturm

Source: Nach dem Gelterkindersturm

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Anno Zweuedryssgi, wo d’Basler Stänzler vo Gälter- chinde über d Schofmatt uf Chiemberg entrunne sy, sy-n-ene d Baselbieter noh cho uf Amme ue und hei vom Nenlige in d’Stross abe gschosse. Do het der olt Rätschteler, wo z Chiemberg uf der Mühli gsi isch, de Basler der Wäg zeigt übere Chole. D’Baselbieter hei derfür d Ammeler ploget. Uf im Dorfplatz hei si es grossis Für gmacht. Si hei Späck und Brenz us de Hüsere gholt. ’S Brenz hei si übere Späck abe gheit, ass er besser brennt het und hei-n-ihn ins Für gheit. Das hei si de-n-Ammeler z’leid to, will si’s mit der Stadt gha hei. Das Fässli Pulver, wo ins Sattlerbaschis Gibel in versteckt gsi isch, hei si aber nit gfunde. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Nach em Gälterchindersturm

Source: Nach em Gälterchindersturm

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Anne Zweuedryssgi, wo d Basler Stänzler vo Gälterchinde über d Schofmet uf Chienbärg entrunne sy, synene d Baselbieter noe cho uf Ammel ue und hai vom Neuligen in d Strooss abe gschosse. Do het der olt Rätschteler, wo z Chienbärg uf der Mühli gsi isch, de Basler der Wäg zeigt übere Chäle. D Baselbieter hai derfür d Ammeler ploget. Uf im Dorfplatz hai si e grossis Füür gmacht. Si hai Späck und Brenz us de Hüüsere gholt. S Brenz hai si übere Späck abe gleert, ass er besser brennt het, und hainin ins Füür gheit. Das hai si den Ammeler zleid to, wil sis mit der Stadt gha hai. Das Fässli voll Pulver, wo ins Sattlerbaschis Gibel inn versteckt gsi isch, hai si aber nit gfunde. Anwil Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Nachbarin als schwarze Katze

Source: Nachbarin als schwarze Katze

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Wir hatten früher eine Wäscherin von Lausen. Einmal kam sie darauf zu sprechen, dass ihre Mutter immer wieder von einer grossen schwarzen Katze geplagt worden sei, die ihr nachts aufs Bett sprang und sie erschreckte. Diese Katze sei niemand anderes gewesen als eine böswillige Nachbarin, die habe hexen können. Die Mutter habe aus ihrer Meinung kein Hehl gemacht. Das kam jener Nachbarin zu Ohren, und sie lief zum Pfarrer, um sich zu beschweren. Der Pfarrherr habe die Mutter kommen lassen und habe ihr Vorwürfe gemacht; die Mutter sei jedoch bei ihrer Meinung geblieben. Lausen Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Nachtgespenst und nächtliche Geistermusik in Luzern

Source: Nachtgespenst und nächtliche Geistermusik in Luzern

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Anno 1607 hat sich jn der statt Lucern jm Sommer by nächtlicher wyl zu ettlichen malen ein wunderbarlich vnd erschröklich gespenst sehen lassen. Am ersten Anschow hatt es ein Menschliche gstallt gehept, wie ein langer dürrer schwarzer Mann mit langer Nase. Wie es dann ein person by dem Liechtschyn allso erblickt. Hatt sich bald verendert und jn die höhe gewachsen, allso das es mer dann eins spiesses hoch worden. Mann hatt gemerkt uff sinen gang. Das zu der stund, so es wandlen wollen sinen gang genommen von der Eggk naher die Ekkststägen uff da dannen uber den platz gegen der furen, hatt eine grüwlichen langen schwantz naher zogen, dessen Lenge gar nach des Platzes lang gsin. Ist allso die furen niderzogen uber den Cappellplatz, den selben hüsern nach umb geschwenkt vnd die Cappelgass uffzogen jn das klein gesslin zwüschen der Cappel- vnd ysengass; für dasselb gesslin hin hatt mans nit gsehen wytter ziehen. Darnach im nächsten daruff volgenden Monat Januario dess ynganden 1608 Jars hatt man ettliche nächt gehört ettwas geschwirms oder gespensts alls ob es ein umbzühende gesellschaft wäre mit allerley seittenspilen, harpffen, Luten, gygen, Zittern, Violen, Triangel und derglychen, eben den wäg von der Egg naher die Eggstägen uff uber den kornmerckt zühen wie das obgesagt gespenst ouch gethan.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Nächtliche Erlebnisse der Fischer

Source: Nächtliche Erlebnisse der Fischer

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Wenn die Fischer von Schattdorf und Attinghausen nächtlicherweile am Rynächt in den Giessen, die dort vorbeifliessen und von denen der eine aus dem Felsen entspringt, verbotenem Fischfang oblagen, Fische feimten, dann warf es bisweilen von der senkrechten Fluh Steinchen auf sie herab. Das bezeugten der Platti-Brosi, der Fischer Seppätoni von Attinghausen und andere einstimmig. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Nächtliche Erscheinung

Source: Nächtliche Erscheinung

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Der Acherler Marti hütete im Portnerberg, Gemeinde Spiringen, das Vieh. Er war sonst ein unerschrockener Mann und fürchtete nicht einmal – Gott b'hietis davor – den Teufel. In dem sehr alten Hause daselbst, welches jetzt durch ein neues ersetzt ist, hätte er übernachten sollen. In der ersten Nacht konnte er bis zwei Uhr schlafen, dann liess es ihm keine Ruhe mehr. In der zweiten Nacht weckte es ihn schon um 11 Uhr, und in der dritten Nacht liess es ihn grad gar nicht zur Ruhe kommen und trieb ihn vollends zum Hause hinaus; ja nicht einmal im Gaden wollte es ihn dulden, und er sah sich gezwungen, zu den Nachbarn zu fliehen, bei denen er ganz bleich und verstört ankam. Niemals wollte er erzählen, was er in jener Nacht erlebt (19. Jahrhundert). Mitgeteilt von Pfr. Jos. Arnold Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Nächtliche Gemeindeversammlung

Source: Nächtliche Gemeindeversammlung

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Ein Mann aus Bürchen wässerte einst in der Nacht. Um Mitternacht beendete er die Arbeit und kehrte heim ins Dorf. Wie er bis in den alten Weg kam, dachte er zu sich: «Was ist jetzt da heute für eine Beleuchtung in der Gemeindestube?» Er sah Leute in Reihen sitzen, alle mit Hüten. Er wunderte sich sehr, weil er selber auch Gemeinderat war. «Ist etwa Ratsversammlung, und man hat mich nicht eingeladen? Ist wohl etwas Verborgenes im Tun?» Er kam näher, ging neben der Friedhofmauer vorbei und sah noch einmal deutlich, wie sie dasassen. Eigenartig war nur, dass er nichts sprechen hörte. Er schloss daraus, sie seien fertig und wollte eben das Haus verlassen. Und so wartete er vor dem Ausgang, um sie zu sehen. Aber niemand kam, und nichts war hörbar. Er schaute noch einmal zum Fenster, aber alles war dunkel. Das war nicht normal. BÜRCHEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Nächtlicher Leichenzug bei Seon

Source: Nächtlicher Leichenzug bei Seon

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Vor alter Zeit war im ganzen Hallwiler-Seethale keine Kirche und kein Kirchhof als auf dem ein paar Stunden entfernten Staufberge. Dorthin giengen die Leute von beiden Seeufern zur Predigt, dorthin brachten sie auch ihre Leichen. So geschah es auch, als der reiche Herr im Schlosse zu Lütwil starb und auf dem Staufberge beerdigt werden sollte. Bevor die Lütwiler Leute aber sich auf den Weg machten, tranken sie im Schlosse, von dem heute gar nichts mehr zu sehen ist, noch so viel, dass sie hernach im Zuge hin und her wankten und endlich den Sarg gar fallen liessen. Bis sie diese Ungebür ganz abgebüsst haben werden, müssen sie seither nächtlicher Weile von Zeit zu Zeit wiederholt mit der aufgebahrten Leiche zum Staufberg hinunter ziehen. Dabei halten sie folgende Ordnung. Am dritten Tage Neumonds gewöhnlich brechen sie von Lütwil gegen das Dorf Dürrenäsch auf; dorten stellen sie das erste Mal ab und ruhen. Dann gehen sie quer über das Aescher Feld gegen das Retterswiler Dörfli, wo sie wieder ruhen und umwechseln. Auch weiter unten im Galgli, einem Dickicht an der Lenzburger Landstrasse, halten sie abermals still und füttern die Pferde mit ein wenig Hafer. Dann geht's gegen Seon, durch das obere Dorf hindurch und in das Chilchthal hinein. Von dieser Bergenge ziehen sie zum Heiliggraben hinüber und warten, weil sich ihnen hier eine zweite Schaar anschliesst. Nun geht's ohne weitern Halt hinauf zum Staufberg. Droben auf dem Kirchhofe nehmen alle die Hüte ab, bedecken das Gesicht mit einem schwarzen Tuche, und die Pfarrer knieen am Grabe und beten eine halbe Stunde. Dann verschwindet alles. Unseres Vogts Grosse hat sie kürzlich einmal gesehen, da sie Nachts von Retterswil heimgieng nach Seon und im Galgli bei der Kiesgrube noch zurückschaute. Der Sarg war mit einem rothen Tuch bedeckt; vier grosse Männer, in rothen Strümpfen, schneeweissen Ueberröcken und Spitzhüten trugen ihn. Voran giengen zwei Pfarrer in rothen und weissen Hüten, jeder trug ein offenes Buch, in dem er beständig betete. Zu beiden Seiten der Bahre und hinterher folgte eine grosse Schaar zu Pferde. Die Gewänder der Herren schimmerten von Gold und Gestein, die Pferde trugen Kränze um den Hals. Jedesmal wenn der Leichenzug dieses Weges kommt, stürmt und tost es bei uns aus dem Reffenthal und über den Schürberg-Pass her, und man kann sicher sein, dass es schlechtes Wetter geben wird. Wer nicht einen geschwollenen Kopf oder sonst ein Uebel bekommen will, geht dann gewiss nicht aus dem Hause. Wer aber den Zug anredet, wird todtkrank. Ein altertümlicher und schätzbarer Zug liegt hier in der Angabe, dass das Leichengefolge Halt mache, um den Leichenrossen Hafer zu füttern. Wenn die Schleswiger Bauern bei Hesterberg, erzählt Müllenhoff, einen Acker mit Hafer besäen wollen, so nehmen sie einen gefüllten überzähligen Saatsack mit und lassen ihn über Nacht auf dem Felde stehen. Der ist dann für den „König Abel“, wie man dorten den localen Wuotan nennt. Auf der Insel Möen lässt ihm der Bauer zur Aerntezeit ein Gebund Haber für sein Ross liegen. Myth. 896. Vielerlei Aerntebräuche aus Nord- und Süddeutschland in den neuern Sagensammlungen, die ich hier nicht weiter auszuziehen brauche, bestimmen nebst den in Grimms Myth. hierüber schon enthaltenen Ueblichkeiten, wie man den Aerntegott mit Trank- und Speiseopfern auf dem neugeschnittenen Felde ehrte und noch ehrt. Das ihm geheiligte Ross hat bei diesen Anlässen zuweilen noch eine besondere Rolle zu spielen. Das dafür zu unserm Zwecke Dienende ist bereits zusammen gefasst in der Schrift Oberdeutsches Gebildbrod, No. 20 „Rößlibrod“. Der reichliche Schmuck und Zierat, den unsere Ahnen den Tempelrossen in Mähne und Schweif flocht, wird von vorliegender Sage damit betont, daß die Rosse des Leichenconducts Kränze um den Hals und die Reiter Geschmeide in den Mänteln tragen. In Baaders bad. Sag. No. 227 tragen die Rosse der feurigen Kutsche Federbüsche „gleich Leichenrossen“; und jene bei Hessisch Haal haben das Haupt mit goldnen Federbüscheln verziert, gleich dem Gespann einer hohen Herrschaft. Wolf, Hess. Sag. No. 28. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 113 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Nächtliches Abenteuer

Source: Nächtliches Abenteuer

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1. Zu Alplen b'nachtete im Spätherbst ein Schächentaler Jäger, ging in die Hütte und kochte sich ein warmes Süpplein. Jetzt kam's ihm in den Sinn: »Ä, dä witt noch ga jützä-n- und lüegä, ob d'r neiwer Antwort gitt, äs isch oü gar langwylig.« Er ging also vor die Hütte und jauchzte da herzhaft in die Nacht hinaus und erhielt sofort Antwort. Da kehrte er in die Hütte zurück und setzte sich auf einen Stein neben dem Feuerloch. Bald trat ein Jäger herein mit der Büchse über die Achsel. »Güetä-n-Abed!« sagte freundlich der Schächentaler. Der Fremde dagegen antwortete mit keiner Silbe und setzte sich schweigend auf der andern Seite des Feuerloches auf einen Stein. Da wurde es dem Schächentaler angst, und er hätte den unheimlichen Kamerad gerne wieder weggewünscht. Ohne ein Wort zu reden, sassen die beiden die ganze lange Nacht neben dem Feuerloch bis am Morgen. Jos. M. Arnold, Unterschächen 2. Eine Wildheuerin zu Hinterbalm, Maderanertal, sagte eines Abends: »I will eis jützä und lüägä-n-ob-m'r epper Antwort gitt.« Sie tat es dreimal, und dreimal antwortete es ihr vom Sennenbocki her, und jedesmal kam die Stimme näher; da meinte der Frutt- Melki: »Lach dü der la machä, der kännä-n-ich scho, der isch scho vor 100 Jahrä-n-uf'm Sännä-bocki gsy!« Andreas Fedier, 45 J. alt. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Nachtlütli tanze

Source: Nachtlütli tanze

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Nachtlütli tanze We me vo dr Chüehweid i obere Glasbech geiht, chunnt me bi re Matte verbi. Do druff het me früeher gäng Ringe gseh, u die Alte hei gseit, do heige Nachtlütli tanzet. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Nachtlütli flieh i Wald

Source: Nachtlütli flieh i Wald

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Nachtlütli flieh i Wald Im Sossaumätteli, do wo dr Wald vo beidne Site fascht zsäme schlot, het men einisch drü Nachtlütli gseh. Aber sie si vor de Lüte düre Schlung uf gfloh un uf em Trittebärg oben im Wald veschwunge. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Name von Siblingen

Source: Name von Siblingen

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In Siblingen geht die Sage, es seien hier zuerst sieben Höfe gewesen, daher der Name. Und zwar sollen es die sieben Häuser sein, welche sich heute noch durch ihre treppenartigen Mauerzinnen von den andern unterscheiden.     Aus: R. Frauenfelder, Sagen und Legenden aus dem Kanton Schaffhausen, Schaffhausen 1933. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch  


by Napoleon in Liestal

Source: Napoleon in Liestal

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Als «der Napolion» (1797) in einer Kutsche durch das Städtlein fuhr, machte er vor dem Gasthaus zum Schlüssel halt. Alles jubelte, und der Schultheiss Brodbeck begrüsste ihn mit einer Rede. Napoleon hatte grosse Freude und sagte: «Votre Liestal est bien patriotique.» Liestal Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Nesa

Source: Nesa

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Im Nessel sömmerten ein Senne und ein Hirte die Kühe. Wahrscheinlich ging es ihnen etwas zu gut, denn sie wurden übermütig. Sie formten eine Puppe, tauften sie nachher in frevelhafter Weise und nannten sie Nesa. Das rächte sich bitter. Die Nesa bekam Leben, wurde überaus bösartig und verdarb ihnen der Reihe nach die schönsten Rinder. Den Frevlern verging das Lachen. Sie rannten bussfertig zu einem Pater und fragten um Rat. Der riet ihnen, einen jungen Stier nur mit reiner Milch zu tränken, bis er jährig sei. Als er nun so alt war, führten sie ihn gegen das Unwesen. Es begann ein fürchterlicher Kampf zwischen beiden. Zum Schluss wurde der Stier Meister, aber auch er war so erschöpft, dass er umfiel und zugrunde ging. RIED-MÖREL Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Neueste Geistererscheinungen

Source: Neueste Geistererscheinungen

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In Täsch zündete nicht vor langer Zeit eine unsichtbare Hand im Zimmer eines kranken Mädchens zuerst auf dem Tisch, dann auf der Ofenbank ein Licht an. Bald klagte die Kranke, sie werde an den Haaren gezogen und es wolle ihr die Decke fortreissen. Alle hörten ein unheimliches Kratzen an der Wand und die Hausmutter selbst wurde an der Schürze lebhaft gezogen. Man nahm Zuflucht zum Gebete und zu Segnungen und der Spuk hörte langsam auf. In Randa, Vispertal, ist ein Haus, welches durch sein unheimliches Wesen gegenwärtig allgemeines Aufsehen erweckt. Es soll dort ein tückischer Kobold den Hausmeister aus dem Bette gestossen und, wenn er im Keller Wein holte, mit Steinen hinausgejagt haben. Am Abend und selbst am Tage, bei verschlossenem Hause, hörte man es darin jammern, seufzen, poltern, rauschen und mit Kuhtricheln läuten und noch viel anderes. Die benachbarten Pfarrer sind als Exorcisten berufen worden; konnten aber nichts ausrichten. In Zermatt soll der Pfarrer einer Verstorbenen die Kommunion ausgeteilt haben. Eine fromme ledige Person, welche oft die hl. Sakramente zu empfangen pflegte, fiel krank und konnte wegen beständigem Erbrechen die hl. Wegzehrung nicht erhalten. Am ersten Sonntage nach ihrem Tode erschien sie an der Kommunionbank in ihrer gewöhnlichen Sonntagskleidung und am gewohnten Platze, wo ihr der Pfarrer, der sie wohl kannte, aber an ihren Tod im Augenblick eben nicht dachte, die hl. Kommunion erteilte. Als dieser gleich darauf sich ihres Todes erinnerte und die Sache näher untersuchen wollte, war die rätselhafte Person nirgends mehr zu finden! Ein Mann soll dort nach dem Tode einer Person erschienen sein und Anordnungen für seine Erlösung gefordert haben. Ein braver und ernsthafter Mann hatte in der Typhuskrankheit, welche 1860 in Visperterminen viele Opfer gefordert, seine Gattin und einen lieben Bruder verloren. Bald darauf wollte ihm der Schlaf in einer vom matten Mondlichte sparsam erhellten Nacht kein Auge zudrücken; seine Kinder und eine Hausmagd aber schliefen fest im gleichen Zimmer. Nachdenkend setzte er sich im Bette auf und begann für die lieben Verstorbenen ein frommes Gebet zu verrichten. Als er aber zufällig in der Stube umblickte, sieh! Da sass sein toter Bruder auf der vorderen Tischbank zum Tische gewendet und seine Arme auf denselben stützend. Er war genau in allem gekleidet, wie er ins Grab gebracht wurde. Der lebende Bruder, der seltsamerweise keinen besonderen Schrecken empfand, eröffnete mit ihm ein langes Gespräch und verlor ihn dann wieder aus den Augen ganz plötzlich und unerwartet. Er vernahm Geheimnisse und Aufträge, die deutlich für die Wahrheit der Erscheinung sprachen. — Die Magd merkte von allem nichts, aber die Kinder fragten am Morgen den Vater, wer in der Nacht in die Stube gekommen sei und so lange mit ihm gesprochen habe. In Emd soll bei hellem Tage eine Schwester ihre Verstorbenen in der Scheune im Festtagsgewande gesehen haben; doch weil sie ihr den Rücken zugewandt, habe sie selbe nicht anreden dürfen. In Visperterminen soll ein Bruder dem andern erschienen sein und ihm einige Offenbarungen gemacht haben. In Bellwald hat eine derartige Erscheinung und ein Totengang grosses Aufsehen gemacht und ist fast allgemein für eine unbezweifelte Wahrheit gehalten worden. Ich könnte Vieles von der Art noch anführen. So wenig ich überhaupt an solche Spukgeschichten glaube, so wage ich es doch nicht, alle diese Leute, die es mit vollem Ernst erzählen, der Leichtgläubigkeit zu beschuldigen.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Neutaler, härddick

Source: Neutaler, härddick

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Neutaler, härddick Dr Stöckliheiri het au so Gschichten erläbt, vowägen är het sälber meh chönne weder anger Lüt. Tel glaube settig Sache nid; aber är het mer’s sälber erzellt, un i frogen ech: Chönne de d’Lüt däwäg lüge? I glaube’s nid. Äs wird wohl öppis dranne si. Einisch het er mer erzellt, är sig z’Obesitz gange. Bi wäm chan-i nümme säge; aber äs sig uf der Allmäng gsi. Ihrere öppen es Dotze sigen ume Tisch ume gsi; är sälber sig uf em Ofetritt ghocket. Jetz heige sie ’s Christoffelgebätt afo ufsäge, dr erscht es Mol, dr zweut zwei Mol un so witer, gäng eine es Mol meh weder dr anger. Du sige Agetsche a d’Pfäischter cho picke. Wo öppe dr sächst gläse heig, sige Neutaler härddick uf em Stubebode umegröuelet; aber mi heig kene chönne näh. Du läsi dr acht oder nünt; i cha’s nümme gnau säge wele, du heig’s dussen afo wüescht mache. Am Änd chunnt dr Grüen ihe; är chönnt scho zeige wie me die Sach mach, heig er gseit. Du sig alls fertig gsi. Kene heig meh welle läse. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Nicht fluchen über den Föhn

Source: Nicht fluchen über den Föhn

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Als die Urner immer wieder über den Föhn fluchten, geschah es endlich, dass er ausblieb; viele Jahre mied er das Urnerländchen, und der Schnee fing an, die Schluchten und Täler auszufüllen; immer näher rückte er den Häusern. Jetzt wurde es den Urnern doch angst, und an einer Landsgemeinde beschlossen sie, mit Kreuz und Fahnen auf den Gotthard zu ziehen und den Föhn herbeizubitten. In Prozession zogen sie auf den St. Gotthard, knieten dort nieder und beteten mit ausgespannten Armen: »O Fehn, o Fehn, komm doch wieder!« Und wirklich, nach langem, inständigem Gebet fühlten sie wieder seinen Hauch; immer stärker wehte er, und endlich ergoss er sich in rasendem Sturm über den St. Gotthard und durch die Schellenen ins Urnerland. David Imhof, 50 Jahre alt. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Nicht spotten

Source: Nicht spotten

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Gibt's Gespenster oder gibt's keine, basta, spotten soll man nicht! Der Riseler-Josti von Erstfeld hat's erfahren. Der hat im Bogliberg gespottet über das Gespenst, das der Boglikapuzinergenannt wird. Aber wohl! Nicht lang ist's gegangen, da kam's an die Haustüre, kam in die Küche und klopfte an die Stubentüre. Nur um zu zeigen, dass es sich nicht spöttlen lässt! Und dem alten Balz im Bodenberg ist's ganz gleich ergangen. Er hat es selbst dem Lunzitöni erzählt. Josef Maria Furrer, 1921, Erstfeld Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Nid alls loibs

Source: Nid alls loibs

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Äs ischd im Vernachte gsiin. Es paar Mäitleni sii vum Alpbach gäge-w-Willige ggangen. Änet dr Brigg häi s’uf dr Strass eppes Gfiirigs gseen. Döö gäid’s i d’Luft, fliigd uf enen Hüüsfirscht und hed üüf ung gäid gäge-r-Räin. Si loiffen im naa; döö springd es alts Wiibelti gäge ds Schiirli; äs hed alts Hasligwand aghäben und uf em Grind en Haslihööd träägen. Aber bim Schiirli ischd neemmem mee gsiin, wäder Gfiirigs no Wiibli; ma bed geng gsäid, bin däm Schiirli siigi nid alls loibs. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Nid an dr Rüöeww!

Source: Nid an dr Rüöeww!

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Äis hed äina bbärghewwed. All Aben ischd er zen Hitten, hed gwarmsed ung gässen und ischd derna i d'Näschterren, fir am Morgen ghirmeta chenne-w-wiiter z'hewwen. Äis es Abeds ischd er in dr Näschterre glägen. Äs hed ne tüüchd, är siigi güöed etschwillmed gsiin, düöe gheerr er d'Hittetiren gaan und Tritta dir e Schopf chun. Uber ds Läiterli embrüüf ischd äina chun. „Schlafischd?" hed er gfräägd. „Gad bin i ab dr erwached", säid dr Bärghewwer. „Los", machd där uf em Läiterli, „düü chenntischd mer en Dienscht tüöen. Zem miinne Läbsziiten han i hie ghittned, und i bi d'Schuld, das e Chüöe z’Tod ischd troled. Wen epper die Chüö wellti bsalen, chäm i a d’Rüöeww.“ Wie’s düöe wä-w-wiiter ggangen, chan i nimma sägen. Aber i gloibe fascht, äs häigi düöe epper die Chüöe bsald. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Nid en Halen Heww mee

Source: Nid en Halen Heww mee

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Z'Äppigen ischd en Gäissler gsiin; är hed en Gade volla Gäiss ghäben; aber scho vor em häiligen Aben es Hewwstockelli, we d'Chatz drüüfgumped wän, wä's umghiid. Däm häi rra chennen angän, am häiligen Abe brichte Tschämeni und ds Treecht, äis wee ds ander, är sellti o äis ing Gaden und losen, was d'Triihelgäis sägi. Das Mandelli hed glosd und ischd äimmel am häiligen Aben ing Gaden. In dr Dili ischd aber schon äina gsiin, wa zen enem Chlack abhi hed welle bbrichten. Wa si ds Mandelli hed uf em Barne gsädled ghäben, hed där in dr Dili afa jaammren und sägen: „E, e, e, e! Schom bbald Niwwjaar um bbald nid en Halen Heww mee!" Dr Bock ischd hinna an dr Wand gsiin; där hed mi dem Stil a d'Wand dibbeled. Derna ischd das Mandelli dirhar ge bbrichten, was d'Triihelgäis gsäid häigi, und dr Bock o, där häigi si bschiizged und o gmachd: „E, e, e, e, e!" Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Nidelgret

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Die alte Nidelgret auf Glatt „bekannt vom See bis Andermatt" machte sich mit Hexenkunst die Butter. Ein Senn belauscht sie, wie sie von jeder Kuh zwei Löffel voll als Hexengut und Hexenzoll verlangt. Er macht ‘s nach; will aber von jeder Kuh zwei Kübel voll. Nun erfolgte eine Nidelvermehrung, dass ein rechtes Meer und eine Überschwemmung entstund, mit der er zu Grund ging. Statt des Hauses ragt ein weisser Block und ein „steingeword'ner Ankenstock" da.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Niklaus von der Flüeh

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Jene bewaldete Gegend, wo ein letzter Zipfel des Liestaler Bannes wie eine weit ausgreifende Hand nordwärts um den Bann Lausen herum bis nahe an das Sissacher Gebiet hinüberreicht, heisst das Chilchhöfli. Es ist seit langem bekannt, dass dort ein guter Fundort für Waldsteine ist, die sich zum Einfassen von Gartenbeeten grosser Beliebtheit erfreuen. Schon manche Wagen voll sind davon gesammelt und in die Gärten hinuntergeführt worden. Bevor diese Ausbeute an Steinen betrieben wurde, habe man noch Überreste eines alten Gemäuers erkennen können, die letzten Spuren, so berichtet die Sage — einer Kapelle und einer Einsiedelei. Hier soll Niklaus von der Flüe eine Zeitlang sein Klausnerleben geführt haben. Täglich stieg er hinunter nach der Niklauskirche von Lausen, um dort seine Andacht zu verrichten. Noch heutigen Tages trägt ein Weg über den Grammont gegen die Rüti ob dem Kilchberg den Namen Santichlausweg. Dieser Weg ist nicht zu verwechseln mit dem Niklaus von der Flüeweg, der 1936/37 durch ein Basler Arbeitslager erstellt worden ist und von der Chedditefabrik der Plänetzen entlang zur Arisdörferstrasse hinaufführt. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Niklaus von Flüe

Source: Niklaus von Flüe

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a) Am Gallustage (16. Oktober) des Jahres 1467 nahm Niklaus von Flüe von siner Familie Abschied, um sein Leben im «ellend» (Ausland) zu beschliessen; «als er dozumal gen Liechtstall keme, duechtte in wie die selb stat und alles das darinne was gantz rott sye, dorab er erschrocken und deshalben were er angends doruss uff ein einlitzen hoff (Einzelhof ) gangen zuo eim puren, dem er nach mengerley red sin willen zu verstan geben, doran der selb pur nit gefallen hette, sunder im das widerriette und meint, er soltte wider heim gan zu den synen und daselbs gott dienen, das wurde gott empfengklicher sin, dann uff andren frömden lütten zu ligen und im rüwiger werden, uss der ursach das er ein Eyttgnoss, dennen aber nit yederman glich hold were. Darumb er ouch eins wegs der selben nacht us des puren huss gangen uff das veld. Do läge er die nacht by eim zun und als er entschlieff, do keme ein glantz und ein schin vom hymel, der tätte inn den buch (Bauch) uff, dovon bescheche im so we, als ob in einer mit eim messer uffgehuwen hette und zeigte im, das er wider heim und in Ranft gan solt, als er ouch angends fruo tätte.» b) Kilchhöflein (heute Chilchhöfli), an der Grenze des Lausener- und Hers- bergerbannes: «Hier wäre vorzeiten eine Waldbrudershütte und eine Capelle, darvon noch die Überbleibsel zu sehen, Bruder Clausen Capelle genannt.» c) «Andere (Waldbrüder) zogen sich in die Stille des Waldes zurück. ... ebenso im Jahre 1436 im Walde ob der Kirche von Lausen, Eyfried Struss, der wohl, von der Gemeinde verehrt, im Chor der Kirche, angetan mit seiner groben wollenen Kutte, seine letzte Ruhestätte fand.» d) «Wer von Basel her auf der Eisenbahn das Ergolztal hinauffährt, erblickt oberhalb Liestal zur Linken die einsame Kirche von Lausen. Hier soll Niklaus von der Flüh, ehe er in Unterwalden und in der Nähe seiner Lieben sich niedergelassen, eine Klause gehabt haben. Oben auf den Bergen, in der Nähe von Nusshof und Hersberg, sei aber zur Zeit der alten Rauracher ein heiliger Opferhain gestanden und dort hätten die nachmaligen Christen ein Gotteshaus gegründet, wofür noch heute unterirdisches Gemäuer zeuge. Da sei denn der Einsiedler durch das Tälchen hinter seiner kleinen Wohnung, um den Grammel herum, regelmässig dorthin zur Kirche gegangen. Noch jetzt heisst dieser Weg St. Niklausenweg. Bis ins Jahr 1815 war auch in der Kirche noch ein riesenhaftes Bild des Pilgers zu sehen, das dann übertüncht wurde.» e) Das in d) «oben auf den Bergen» beschriebene Gebiet heisst Chilchhöfli und war in den letzten Jahrzehnten als Fundort für Waldsteine bekannt, die für Garteneinfassungen gebraucht wurden. Dort habe man auch die Überreste eines alten Gemäuers erkennen können; einige sagen, es sei die Wohnung und die Kapelle des Niklaus von Flüe gewesen. Von dort sei er täglich zur Niklauskirche nach Lausen hinunter gestiegen, um zu beten. Aus diesem Grund trage der Weg über den Grammel gegen die Rüti den Namen Santichlausenweg. f) «Beim Flüelibrünnli, einer früher von Kranken benützten Heilquelle (im Chueftel), soll sich der hl. Niklaus von Flüe aufgehalten haben. Auf seiner Reise nach Strassburg soll er auch eine Kapelle bei Lausen gegründet haben. g) Wo der Brueder Chlaus ins Elsis het welle, isch er bis uf Lause cho, wo jetz d Chilche stoht. Dört het er welle übernachte. Do het er im Traum gseh, wie in der Richtig gege s Elsis alles füürrot gsi isch,wie wenns brennti. Uf das abe het er umkehrt. Dorum sait me no jetz «S Füür im Elsis gseh». Lausen Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Nimm den Schlüssel ob der Tür!

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Ein Wanderer auf der Axenstrasse hörte eine Stimme rufen: »Nimm den Schlüssel ob der Tür und tue alle Türen auf!« Da schaute er um sich und erblickte in der Felsenwand eine Türe und darüber einen goldenen Schlüssel. Den nahm er und öffnete. Zehn Türen musste er öffnen, und dann erblickte er ein Wybervolch, auf einer Kiste sitzend, mit einer Schlange auf der Schoss. Und das Wybervölchli sagte zu ihm: »Diese Kiste, mit lauter Gold gefüllt, ist dein, und ich bin erlöst, wenn du der Schlange drei Küsse gibst.« Wie es herausgekommen, weiss ich nicht; ich meine, er hat das Wybervölchli nicht erlöst und den Schatz nicht gewonnen. Josefa Stadler, 40 J. alt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by No einisch will dr hälfe!

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No einisch will dr hälfe! E Burebueb het es Buech gha; do drus het er welle zaubere. I dr Nacht isch ihm vorcho, är gang über ne schmale Stäg. Unger ihm isch es rissends Wasser gsi. Jetz het’s ne düecht, äs gang alls unger ihm furt. Du isch e Ma cho. Dä het ihm d’Hang greckt u gseit: „No einisch will dr hälfe, aber de nümme!“ Zmornderisch het er ’s Buech ewäggto u’s nie meh agrüehrt. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Noch ein Stücklein vom starken Leuzinger

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Fridli Leuzinger stieg noch als alter Mann einmal im Jahre auf den Urnerboden, um Käse einzukaufen. Dann sassen jeweils alle Grauköpfe des Bodens in einer Küherhütte um den Plattentisch, sprachen von der guten, alten Zeit und den merkwürdigen Zeitläuften. Dazu tranken sie Most und tubakten ihren Dreikönigskanaster, dass das Stübchen in dichten Qualm gehüllt war. Draussen strichen derweil junge Burschen umher und trieben allerlei Kurzweil. Endlich kam einem in den Sinn, das Fensterläuferli zu ziehen, an dem der alte Leuzinger sass, und ihn an seinen weissen Locken zu zupfen. Ruhig wandte sich der Greis um und warnte hinaus: «Nimm di in Acht, Puurschtli, oder i gschau di!» Aber es dauerte nicht lange, so wurde das Fensterlein wieder gezogen und der Glarner gezupft. Die zweite Mahnung klang schon gebieterischer, nützte aber auch nichts, denn nach einem Weilchen wollte der Bursche einen dritten Rupf versuchen. Aber der alte Leuzinger hatte sich wohl versehen, und obwohl es schien, als sei er mit Leib und Seele bei der Gesellschaft, passte er doch mit seinen scharfen Augen und Ohren auf — und kaum hörte er das Läuferli ziehen, griff er ins Dunkel hinaus und zog. Ein 18jähriger, hochgewachsener Bengel rasselte samt dem Fenster in die Stube herein, quer über den Tisch. Dann hielt er dem Frechdachs eine Predigt über den Anstand, und dass man das Alter ehren solle, und walkte den Hinterteil des Burschen gehörig durch. Hierauf stellte er den schamroten Lümmel, dem das Fenster wie ein Chorkragen am Hals hing, vor die Tür und sprach: «Ha dr nüd zweimal gseit, Buebli, ich well di gschaue? Lauf jetz hei und lass dr ds Füdeli salbe!» Der starke Leuzinger aber hatte fortan Ruhe auf dem Urnerboden.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Noch ein unglücklicher Schuss

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Manche Barbareien mögen wohl von einzelnen rohen und dummen Bauern, die keine Kriegsregel kannten, verübt worden sein. — Sie glaubten nämlich, dass dies gegen einen überlegenen Feind, der ihr Vaterland räuberisch angefallen, geplündert und verwüstet hat, erlaubt sei. Ein solcher Irrtum ist wohl verzeihlich. — Aber womit sollen wohl die französischen Republikaner ihre Gräueltaten beschönigen, die sie an einem kleinen, ebenfalls freien Volke begangen haben? — Nach dem das Wallis meist erobert und schon Pardon ausgegangen war, geschah es in Naters, dass eines Morgens ein französischer Offizier mit seiner schönen und jungen Frau ob dem Dorfe spazieren ging. Da knallte plötzlich ein Musketenschuss in der Gegend vom Klosi und auf den Tod getroffen sank die schöne Frau an der Seite ihres trostlosen Gatten zusammen. — Welcher dumme Teufel diesen mörderischen Schuss getan, konnte man nie erfahren. Man kann sich die Aufregung dieses Offiziers und seiner Waffenbrüder über eine solche schändliche Tat denken! Wie angeschlossene Löwen drohten sie diesem Volke, Tod und Verderben. Ein schrecklicher Sturm entlud sich über dem Haupte dieser armen Bergbewohner; — raubend, mordend und verwüstend durchstürmten sie den ganzen Berg von Naters. Im Moos, Geimen und Melbaum, usw. tat sich bei Nacht der Himmel flammend auf und machte alles in weiter Ferne taghell. Sie wollten die Freiheit und Gleichheit diesem unabhängigen Volke mordend und raubend, nach französischer Art, aufdrängen und den schönen Sieg mit einer grossartigen Beleuchtung verherrlichen.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch    


by Noch eine heilige Tanne

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Links an der Strasse von Entlebuch nach Wolhusen, eine Stunde von diesem Orte stand in einem Wäldchen ein umfangreicher stolzer alter Tannenbaum. Das war die „heilig Tanne". Eines Abends trieb ein Mann von Entlebuch daher angekauftes Rindvieh heimzu nach Wolhusen. Der „heilig Tanne" sich nähernd, sah er um sie herum tanzende Kinder. Sie führten Hand in Hand einen Reigen um die Tanne auf. Er meinte, es wären die eigenen, von der Mutter ihm entgegen gesendet. Aber wie er bei dem Baum angelangt ist, so huscht eines nach dem andern, so klein geworden wie ein Mäuschen, durch ein Loch unter die Tanne, bei welcher der Platz ringsherum immer fein sauber war.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Noch mehr von der Erdmännchen Gunst und Kunst

Source: Noch mehr von der Erdmännchen Gunst und Kunst

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a) Auf Arniberg in Uri war einem Bauer eine Kuh verloren und gar nicht mehr zu finden. Im Herbst kam ein Bergmandli an sein Haus und rief ihm: „Bauer, unter der Bilfluh Ist deine braune Trichelkuh Und der Nutzen dazu.“ Der Bauer ging hin, fand die Kuh sammt dem Nutzen: Käse und Anken; ein sehr schöner Nutzen, womit der Mann hoch zufrieden war. b) Einer armen Frau in den Schüpferbergen (Entlebuch) hat ein Erdmännchen zum Hausbrauch ein Käslein geschenkt, mit dem Beteuern, dieses werde niemals ausgehen, nur dürfe sie keinen fremden Personen, sondern nur den eigenen davon mitteilen. Aus Vergessenheit gab sie einst jemand fremdem davon und jetzt nahm das Käslein ab wie andere auch. c) In einem armen Häuschen hinter der Hilfern bei Marbach im Entlebuch schwebte einst eine arme Wittwe in banger Sorge, wie sie während des Winters ihre Kinder ernähren könne. Sie hatte eine einzige Kuh im Stalle und nur einen kleinen Heustock oben auf der Bühne. Eines Abends, wie die bangende Mutter eben ihren Kleinen die Milch wärmte, pressten Sorgen und Kummer ihr die hellen Thränen aus. Ob dem trippelte ein munzig kleines Frauchen herein, das die Arme um die Ursache ihres Leides befragte und dann, wie es Antwort bekommen, sich anerbot, die Kuh den Winter über zu hirten und genug Milch zu verschaffen. Einzig dies wollte es nicht haben, dass man während dieser Zeit nach dem Heustock sehe. Frauchen war deshalb im Hause höchst lieb aufgenommen und es entspann sich, besonders zwischen ihm und den Kindern ein trauliches Verhältnis. Die Kuh im Stalle ward kugelrund, sah so gut aus und gab eine so fuhrige und gute Last Milch wie noch nie. Es war zum Erstaunen, von Nothleiden war keine Rede mehr. Als nun der Lanzig bald da war, wunderte es die Wittwe doch recht arg, ob denn noch genug Heu droben sei und sie konnte sich nicht enthalten nachzuschen. Da war der Heustock noch ganz unversehrt. Allein das Erdweiblein erklärte, dass es jetzt zur Strafe des Vorwitzes nicht länger bleiben könne, dass die Kuh fortan nur wie früher Milch geben und der Heustock vorzu abnehmen werde.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Noch mehr von der Erdmännchen Gunst und Kunst

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a) Auf Arniberg in Uri war einem Bauer eine Kuh verloren und gar nicht mehr zu finden. Im Herbst kam ein Bergmandli an sein Haus und rief ihm: „Bauer, unter der Bilfluh Ist deine braune Trichelkuh Und der Nutzen dazu.“ Der Bauer ging hin, fand die Kuh sammt dem Nutzen: Käse und Anken; ein sehr schöner Nutzen, womit der Mann hoch zufrieden war. b) Einer armen Frau in den Schüpferbergen (Entlebuch) hat ein Erdmännchen zum Hausbrauch ein Käslein geschenkt, mit dem Beteuern, dieses werde niemals ausgehen, nur dürfe sie keinen fremden Personen, sondern nur den eigenen davon mitteilen. Aus Vergessenheit gab sie einst jemand fremdem davon und jetzt nahm das Käslein ab wie andere auch. c) In einem armen Häuschen hinter der Hilfern bei Marbach im Entlebuch schwebte einst eine arme Wittwe in banger Sorge, wie sie während des Winters ihre Kinder ernähren könne. Sie hatte eine einzige Kuh im Stalle und nur einen kleinen Heustock oben auf der Bühne. Eines Abends, wie die bangende Mutter eben ihren Kleinen die Milch wärmte, pressten Sorgen und Kummer ihr die hellen Thränen aus. Ob dem trippelte ein munzig kleines Frauchen herein, das die Arme um die Ursache ihres Leides befragte und dann, wie es Antwort bekommen, sich anerbot, die Kuh den Winter über zu hirten und genug Milch zu verschaffen. Einzig dies wollte es nicht haben, dass man während dieser Zeit nach dem Heustock sehe. Frauchen war deshalb im Hause höchst lieb aufgenommen und es entspann sich, besonders zwischen ihm und den Kindern ein trauliches Verhältnis. Die Kuh im Stalle ward kugelrund, sah so gut aus und gab eine so fuhrige und gute Last Milch wie noch nie. Es war zum Erstaunen, von Nothleiden war keine Rede mehr. Als nun der Lanzig bald da war, wunderte es die Wittwe doch recht arg, ob denn noch genug Heu droben sei und sie konnte sich nicht enthalten nachzuschen. Da war der Heustock noch ganz unversehrt. Allein das Erdweiblein erklärte, dass es jetzt zur Strafe des Vorwitzes nicht länger bleiben könne, dass die Kuh fortan nur wie früher Milch geben und der Heustock vorzu abnehmen werde.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Noch mehr von starken Leuten

Source: Noch mehr von starken Leuten

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a) Ein aussergewöhnlich starker Ursner war Felix Renner zu Realp, genannt der »gsturä Felix«, weil er etwas geistesgestört war. Er war Alpknecht zu Garschen am alten Furkapass. Dort geschah es oft, dass die Alpschweine in die Hütte eindrangen und im Käse und Zieger gschändeten. Sie lehnten darum Steine an die Hüttentüre, die nach aussen aufging. Aber die Schweine wälzten sie oft weg. Da holte Felix einen Block aus dem Bachbett herbei, den drei starke Männer kaum zu bewegen vermochten. Nun war die Hütte gegen den Besuch der Borstentiere gesichert; aber, wenn der Block angelehnt war, mussten auch die Älpler auf Felix warten, falls sie in die Hütte wollten; denn nur er vermochte, ihn wegzuräumen und den Eingang frei zu machen. Von diesem Steinblock ist heute nur noch ein Dritteil erhalten, und der stärkste Mann vermag ihn nicht zu heben. Einmal hob Felix im Zorn in der Alp Oberkäsern mit seinem Kopf das ganze Hüttendach mit samt der First und den Dachsteinen in die Höhe. Eines Tages, da er mit seinem Saumtier Käse nach Realp befördert hatte, begegneten ihm auf dem Rückwege zur Alp einige Walliser, die ihm riefen: »He Felix! wollen wir nicht einen freundlichen Schwinget probieren?« Phlegmatisch entgegnet er: »Wie ihr wollt. Soll ich absteigen?« »Gewiss!« rufen die Walliser, »man schwingt nicht vom Ross herab!« Sachte steigt Felix ab. In wenigen Minuten sind die Walliser zusammengehauen und liegen am Boden. Der eine von ihnen war ein Ratsherr. Daher riefen seine Kameraden dem Ursner: »Behandle ihn glimpflich; er ist ein Ratsmitglied!« Aber Felix war der Ansicht, dass dem Ratsherr mehr gehöre als den andern, und verabfolgte ihm einige Streiche mehr. Am folgenden Morgen konnte man auf dem Kampfplatze Walserbatzen zur Genüge zusammenlesen. In der Täube steckte er einmal Kopf und Nacken unter die »Hiänä« des Alpkessels, der mit kalter Schotte gefüllt war, und hob ihn so aus dem Feuerloch in die Höhe. b) Ein starker, urchiger Mann war auch Ratsherr Antoni Bennet z'vor-Dorf. Er ging zur Sommerzeit stets barfuss, barhaupt und hemdärmelig in den Rat nach Altdorf. Die stärksten Lederseile zerriss er mit den Händen. Einst trug er das ganze Gepäck einer Herrschaft, zu dessen Transport sie ein starkes Pferd gemietet hatte, ganz allein von Meiringen über den Grimsel- und Furkapass bis Hospental, wo er zwei Stunden vor der Herrschaft ankam, obwohl er gleichzeitig mit ihr aufgebrochen war. Wie andere Ursner ging er alle Jahre im Horner und März nach Sitten in die Weinberge, um dort etwas zu verdienen. Einst umstanden ihrer einige Ursner und Walliser auf dem Platze zu Sitten einen Ambos. Die Walliser versuchten, diesen vom Boden zu heben; aber keiner brachte es zustande. Da sagten die Ursner: »Gang, Toni, und zeig-nä, wiämmä-n-äsonnä-n-Ambos lipft!« Und richtig! Toni hob ihn mit beiden Händen vom Boden und schwenkte ihn mehrere Male zwischen seinen Beinen wie eine Glocke. Vinzenz Simmen c) So ein starker Mann lebte auch in der Geissgass zu Gurtnellen. Ein Riesenmann! Ein Frässmuttli konnte man ganz ring durch seine Hosenstösse herunterziehen. Der kam einst dazu, als etwa 6–7 Arbeiter bei der Schönibrücke, die grad gebaut wurde, an einem Baum schafften und werkten, um ihn auf die andere Seite der Reuss zu transportieren. Da meinte er, den trage doch ein einziger, nahm ihn auf die Achsel und trug ihn über den Baum, der über die Reuss gelegt war, ans jenseitige Ufer und legte ihn gemächlich an Ort und Stelle nieder, wo sie ihn haben wollten. Jos. Baumann, Rütti d) Zu Grossprächtigen in Gurtnellen wohnte, es sind noch keine 100 Jahre seither verflossen, der »grosse Baumann«, ein starker, aber uwitziger und stolzer Bauer. Er prahlte gern mit seiner rohen Kraft und meinte, wenn er sich an einer Droslenstaude1 festhalten könne, so würde ihn die stärkste Lawine nicht vom Fleck bringen. Ein anderes Mal wettete er, man könne ihn auf eine Mutte legen, Pulver nach Belieben unter der Mutte anzünden, so werde es ihn doch nicht wegzusprengen vermögen, vorausgesetzt, dass er sich mit seinen Füssen gegen die Oberdiele feststemmen könne. Aber dassälb Mal het 's-ä düe meini doch nu appä'tah, das-er's zum zweitä Mal nimmä 'probiärt het. Midem Läbä syg er nu darvo-chu, aber chrank syg er grad ä Wyl gsy; das chammisi doch äu dänkä. Eines Abends kehrte er etwas angeheitert von Wassen her heimwärts. In einem der Häuser auf der »Höhe« war eine Kindsleiche auf einer Bank hart am Fenster des Erdgeschosses aufgebahrt. Im Augenblick, da Baumann hier vorbeigehen wollte, wachte gerade niemand bei der Leiche. Darum langte er mit seinem Stock durch das Fenster hinein, stürzte die kleine Leiche auf den Boden hinunter und machte sich eilig davon. Aber am nächsten Tage war er ganz vertschüderet; sein Kopf war angeschwollen und verbrätschet, und er musste mehrere Tage das Bett hüten. Johann Tresch Fußnoten 1 Drosle = Alpenerle, Alnus viridis Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Nonnen als Schneeaugen

Source: Nonnen als Schneeaugen

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Auf den Schreckhörnern bemerkt man oft weisse, glänzende Schneeflecken. Dies sind die Seelen leichtfertiger Nonnen aus dem ehemaligen Kloster Interlaken, die ob ihres unzüchtigen Lebenswandels verdammt sind, als leuchtende Schneeaugen die Mädchen im Tale vom Wege des Lasters zurückzuschrecken, dass ihr Herz frei bleibe von den schwarzen Flecken der Sünde, rein und glänzend wie der frisch gefallene Schnee. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Nonnen als Schneeaugen

Source: Nonnen als Schneeaugen

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Die Nonnen im Kloster Interlaken, die einst ihrer Tugenden wegen im ganzen Reiche berühmt waren, verfielen nach und nach allerlei Lastern. Zur Strafe wurden sie verdammt, nach dem Tode auf dem Schreckhorn herumzuirren. Dort erblickt man oft weisse glänzende Schneeflächen. Dies sind die Seelen der leichtfertigen Nonnen. Als leuchtende Schneeaugen müssen sie nun die Mädchen im Tale vom Wege des Lasters zurückschrecken dass ihr Herz frei bleibe von den schwarzen Flecken der Sünde, rein wie der frisch gefallene Schnee. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Nothhaus für Ertrunkene

Source: Nothhaus für Ertrunkene

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Nach einem im Freienamte geltenden Glauben muss ein durch eigene Schuld ums Leben Gekommener so lange ruhelos wandeln, bis die Zahl der ihm bestimmt gewesenen Lebensjahre voll ist, und man hat dafür folgende Geschichte aus dem hintern Entlebuch. Ein unbesonnener Bursche badete sich häufig in einem Gumpen (Bachloch), dessen Wasserstand durch plötzliche Gebirgszuflüsse oft sehr gefährlich wurde. Dorten fand man ihn einmal ertrunken. Da man durch geheiligte Loosbücher heraus brachte, dass er wohl siebenzig Jahre alt geworden sein würde, so erbarmte man sich seiner und liess ihm ein Häuschen mit Tagelöchern ans Gestade hinbauen, damit er doch gegen Wind und Wetter geschützt sei. Einer aus dem Dorfe Marbach hat ihn dorten aus dem Tageloch schauen sehen und ist darüber in ein anhaltendes Weh verfallen. Der Volksglaube fasst dies in dem Satze zusammen: Ein Gespenst muss ein Dach haben, hat es keins, so sucht es eins. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Nummen no es Raschtli

Source: Nummen no es Raschtli

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Äis, äs wän naa em Vernachte gsiin, hed Happelli no furt meessen. Undrem Epfelboin näb em Hüüs ischd äina gsiin, wa scho-l-lang hätti sellen an dr Rööww siin. Ja, fräägi Happelli, ob är no da siigi. Ja, sägi dr ander, aber nimmä lang, nummen no es Raschtli. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Nümmen umecho

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Nümmen umecho Im Toggiburg si zweu alti Lütli gsi. Einisch, äs isch Nacht gsi, si zweu Nachtlütlli cho. Sie si uf e Sinzel uehe gschläderet u si do go ge hocke. „Muess men euch ächt die ganz Nacht do ha!“ het dr Ma seit, wo sie  ke Wank to hei für furtzgoh. Derno si die zwei Lütli dervo gstobe u sider nie meh umecho. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Nüniglöcklein-Sage

Source: Nüniglöcklein-Sage

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(Erste Version) Damals in der Zeit, da so viele Ritter nach dem Heiligen Lande zogen,... war auch einer aus jener Feste, an deren Stelle jetzt der Munot steht, schon seit Jahren in der Ferne und keine Kunde von ihm gekommen zu seiner treuen Gemahlin. Aber er hatte ihrer nicht vergessen und war im Anzuge; nur der wilde Wald trennte ihn noch von seiner heimatlichen Burg, wo er die Getreue wiederzusehen hoffte. Aber schon ist le Nacht eingebrochen, und doch möchte er an demselben Tage sie noch wiedersehn und reitet mutig in den Wald hinein. Da bricht ein Gewitter los, der Bach schwillt an, der treue Ritter verliert den Pfad samt seinen Begleitern; sie stürzen in die wilden Fluten und finden darin den Tod. Nur einer rettet sich und bringt in nächtlicher Stunde der harrenden Gemahlin die Nachricht von seinem Tode. Sie hört dieselbe mit tiefem Schmerze. Doch damit von nun an die Verirrten in der grausen Wildnis den Weg besser fänden zu menschlichen Wohnungen, stiftet sie aus ihrem Gut ein silbernes Glöcklein, das sollte alle Nacht um dieselbe Stunde, da ihr Getreuer gestorben, durch die Gegend erschallen und sie an ihres Gatten Treue erinnern. Darum wird noch alle Abende um 9 Uhr das Glöcklein auf dem Munot eine Viertelstunde lang [heute fünf Minuten] geläutet, und sein klagender Ton erinnert an den Schmerz der Stifterin, die ihren treuen Gemahl so traurig verloren. Das ist die Sage vom sogenannten Nünyglöckli.     Aus: R. Frauenfelder, Sagen und Legenden aus dem Kanton Schaffhausen, Schaffhausen 1933. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Nüniglöcklein-Sage

Source: Nüniglöcklein-Sage

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(Zweite Version) Das Neuneglöcklein in Schaffhausen rührt schon seit der Zeit der Kreuzzüge her. Damals verließ daselbst Ritter Egbert seine geliebte Gattin Bertha nach zärtlichem Abschiede, nahm das Kreuz und zog nach Palästina. Er tat Wunder der Tapferkeit, wurde aber in einer Schlacht schwer verwundet und blieb in Folge davon am rechten Arm gelähmt. Kampfunfähig geworden, zog er wieder heim. Schon hatte er bei einbrechender Nacht den Wald vor seiner Vaterstadt Schaffhausen erreicht, da brach ein fürchterliches Gewitter los, in dessen Schrecknissen Egbert mit einem Knappen von dem übrigen Gefolge getrennt wurde und bald darauf über den jähen Abhang herab mit seinem Pferde in den tobenden Rhein stürzte und ertrank. Es war eben die neunte Stunde Abends, als der zitternde Knappe die Schreckenskunde seiner Herrin überbrachte. Diese entsagte sofort der Welt, nahm im Allerheiligenkloster, wo ihr Gatte mit Schild und Schwert als der Letzte seines Stammes in einem steinernen Sarge ruht, den Schleier als fromme Nonne und machte die Stiftung, dass jeden Abend um die neunte Stunde ein Glöcklein geläutet werde, um den späten Wanderer bei Nacht und Nebel zurecht zu weisen. Seit dieser Zeit wird bis auf den heutigen Tag in der Stadt Schaffhausen vom hohen Turme alle Abende das helle Neuneglöcklein geläutet.     Aus: R. Frauenfelder, Sagen und Legenden aus dem Kanton Schaffhausen, Schaffhausen 1933. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Nur nit vo Fyr und Liecht awäg

Source: Nur nit vo Fyr und Liecht awäg

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Als man eine arme Seele aus einem Wohnsitz in Attinghausen oder Erstfeld verbannen wollte, bat sie flehentlich: »Nur nit vo Fyr und Liecht awäg und nit i dz Bockitobel!« Alois Imhof, Seedorf Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Nur nitt spettlä!

Source: Nur nitt spettlä!

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 Ihrer sieben starke Männer aus dem Ried gingen vor einigen Jahrzehnten in das Fellital »z'Heiw«. Es mochte so um 3 Uhr morgens sein, als sie die Hütte zu Vorderwaldi erreichten und sich da niederliessen und Schwarzes (Kaffee) machten, das sie mit Schnaps gebührend würzten. Sie kamen auf das Gespenst zu reden, das hier hause, und der Greti-Byni, der Stärkste von allen, dem der Chohli in den Kopf gestiegen, prahlte: »Wennd eis isch, sä sell's nur chu, i mach-es scho mid-em üss!« »Nur nitt spettlä!« mahnen die andern ab. Er aber stürzt nochmals ein Beckli voll hinter den Kragen und ruft laut: »Und i sägä nu einisch: Wennd eis ummä-n-isch, sä sells chu, i will scho mid-em schwingä!« Da fängt es an in den Dachschindeln zu rumpeln, und auf einmal fliegen die Schindeln wie Schneeflocken um Bynis Kopf herum. Die Kameraden sagen: »Da hesch es etz! mach's dü jetz sälber mid-em üss!« und springen beiseite. Nachdem der Tanz der Schindeln aufgehört, kehren sie zurück und finden den Byni todaschenbleich dasitzen. Sie flössen ihm noch einen Schluck schwarzen Kaffee ein, um ihn zu beleben, aber ohne Schnaps. Es nützt nichts. Sie müssen umkehren und den Byni heimtragen. Daheim musste er noch mehrere Wochen das Bett hüten. Josefa Walker, Amsteg Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Nüt furtgäh!

Source: Nüt furtgäh!

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Nüt furtgäh! E chline Bueb isch em Zürcher Ueli gäng i d’Hoschtert u het ihm d’Öpfel abegschlage. Derno isch dr Ueli zu de Eltere u het ne gseit, är heig e Hüeterbueb übercho; aber jetz heig dä gar bösi Chleider, bsungerbar ’s Chutteli; ihre Bueb sig äbesogross; göb sie ihm nid chönnte ’s Chutteli etlehne, bis är es neus vo dr Näihere überchömm. He, jo, das chönn är scho ha, u dr Ueli isch mit ihm furt. Ihre Bueb sig i dr Stube gsi. Eismols föi dä a „ui, ui“ brüele, was er mög. Derzue heig er dr Rügge verha u si uf em Bode desume trölt, wie wen ihm öpper Schleg gäb. Eso sig’s au gsi. Dr Ueli het deheime mit eme Stäcke uf d’Chutte ghaue; aber d’Schleg het dr Bueb im angere Hus übercho. Aber nach der Anschauung des primitiven Menschen konnte die Seele oder etwas von ihr in allem leben, was dem Menschen irgendwie angehörte. Darum erscheinen Ausscheidungen und Wachstumsprodukte des Körpers, z. B. Haare und Nägel, als Seelenträger. Die im Körper weilende Seele kann sich aber durch Berührung Gegenständen mitteilen. So geht das, was der Psychologe Körperseele nennt, in die Kleider, in die Waffen, in Gegenstände des täglichen Gebrauchs über. Im Hexenglauben unserer Tage und im Zauber der Naturvölker stossen wir darum beständig auf Anschauungen, die in irgend einer Vorstellung des SeelengIaubens‚ wie sie die mannigfaltigen Formen der Körperseele zeigen, wurzeln. Aus dem eigentlichen Seelenglauben verschwanden zwar diese Vorstellungen; aber im Zauberglauben wirken sie noch weiter; getragene Kleidungsstücke darf man keinem Bettler schenken; Haare soll man verbrennen, wenn man nicht Schaden nehmen will. Wie es aber gehen kann, wenn man etwas weggibt, davon wissen die Leute noch viel zu berichten; das zeigt uns auch die Geschichte vom Wasendoktor: Zwischen Körper und Seele des Menschen bestehen geheimnisvolle Beziehungen; der Wasendoktor hat den Rock, den der Knabe getragen, in seiner Gewalt und darum auch den Knaben. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Nüt rede!

Source: Nüt rede!

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Nüt rede! Unger ere Bueche isch e Schatz vergrabe gsi. lhrere zwe hei das gwüsst u si go grabe. Sie hätti au kes Brösmeli derbi sölle rede. Du isch e Chrott vürecho. „Hau ren eis“, seit eine zum angere. Im Augeblick het’s e grüslige Gstank gä. Sie hei's nümme mögen ushalte u hei dervo müesse. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by O dü arms Fuxli, wo bisch dü?

Source: O dü arms Fuxli, wo bisch dü?

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a) Im Walde beim Geezig ob Seedorf hatte ein Jäger einen Fuchs geschossen und in seinen Rucksack gesteckt. Zufrieden mit dieser Beute, machte er sich auf den Heimweg. Wie er den schmalen Steg über den Palanggäbach betrat, tönte aus dem Walde eine wehmütige Stimme an sein Ohr, die fragte: »O dü arm's Fuxli, wo bisch dü?« Der Mann traute kaum seinen Ohren, als er es aus seinem Rucksack antworten hörte: »O Jeerä Mariä, i ds Heiri-Hansis Ruggäsack am Riggä!« Im erster Schrecken warf er den Sack mit dem Fuchs beiseite und lief davon. Später besann er sich doch wieder und ging zurück zu jener Stelle, um wenigstens seinen Sack zu holen, denn er hatte im Sinne, ihn auch in Zukunft zu brauchen. Aber statt dessen, was fand er? »Äs alts verhytts Handbräntli syg dert am Bodä g'lägä!« Joh. Stadler, 20 J. alt, von Spiringen; Karl Zgraggen, 80 J. alt, Seedorf, u.a. b) Einer hatte einen Fuchs geschossen und fand, als er hinging, um ihn einzupacken, nur eine brandschwarze Mistbräntä. Karl Walker, Schreiner, Gurtnellen c) Mit Ausnahme des Zuges vom Handbräntli wird die Sage auch in allen Gegenden des Kantons erzählt; die Frage lautet auch: »Grageerli, wo bisch dü?« und die Antwort aus dem Rucksack: »O Jeerä Mariä, i ds Hans Jeegerlis (i ds Hasäjeegerlis) Sack.« Meistens wird eine Brücke oder ein Steg genannt, wo das Ereignis soll stattgefunden haben, z.B. der Kummetsteg in Attinghausen. J. Imhof, Fischer, u.a. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by O du liebä, heitärä, hählä Tag

Source: O du liebä, heitärä, hählä Tag

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Zwei alti Maitli, ein vermögliches und ein armes, lebten in einem Zimmer beisammen. Das reiche war ein neidisches, gehässiges »Bhänki«, das dem armen das Blaue in den Augen missgönnte; wenn es abends am gemeinsamen Tisch arbeitete, so stellte es sein Licht in ein zerschlagenes Häfelein, dass es nur auf seiner Seite hell wurde, auf der Seite des andern aber, das kein Lichtlein vermochte, dunkel blieb. Das arme wurde krank und musste im Bett liegen; auch jetzt noch blieb der Neidhammel seiner schmählichen Gewohnheit treu, so dass der arme kranke Tropf im Bett in der Dunkelheit daliegen musste, auch wenn die reiche Zimmergenossin Licht auf dem Tische brennen liess. Wenn dann allemal der lichte, junge Tag zum Fenster hereinschaute, dann war die Kranke froh und jubelte: »O du liebä, heitärä, hählä Tag, Dass dich niemmer g'häfälä mag (in einen Hafen einsperren)!« Als aber die Vermögliche starb, da wollte ihr kein einziges Kerzlein brennen. Franziska Kruog, Wassen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by O jeerä, ich bi scho z'spät

Source: O jeerä, ich bi scho z'spät

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Bis in die neueste Zeit, so zum Beispiel in den neunziger Jahren des letztverflossenen Jahrhunderts, war es Brauch auf Ennetmärcht, dass die Leute, besonders am Abend, zu den Kalköfen, wo gerade ein Kalk gebrannt wurde, zusammen kamen und beteten. Auch Leute, die zufällig da vorbeigingen, blieben stehen und beteten etwa »Fyfi«. Man hatte dabei den Glauben, dass in jedem brennenden Kalk eine arme Seele leide, die erlöst werde, wenn man ihr mit Gebet zu Hilfe komme. Die Ofenglut dachte man sich als Fegfeuer. Als sie einst in der Nähe des Badhäuschens zu Unterschächen Kalk brannten, sahen sie eine arme Seele herankommen, die sich dem Feuer näherte. Hart vor dem Ofen machte sie plötzlich halt und rief klagend: »O jeerä, ich bi scho z'spät!« Sie hatte sich nämlich in das Feuer stürzen wollen, um da zu büssen, und bemerkte nun, dass schon eine andere arme Seele ihr zuvorgekommen. Karl Gisler, Unterschächen und a. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by O, Lindelloo!

Source: O, Lindelloo!

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Im Wiillerstock siin o Zwäärga gsiin. Äis häi rra gheerrd, wee s' breeled häin: „O, Lindelloo, o, Lindelloo! Dr Muggestutz wil stärben!"                           Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Obä-n-üß und niänä-n-a

Source: Obä-n-üß und niänä-n-a

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a) Zwei Burschen aus Schattdorf gingen zu drei hübschen Mädchen in Bürglen z'Gass. Die Jungfern erlaubten ihnen, alle Abend zu kommen, nur nicht Mittwoch, Freitag und Samstag. Dieses Verbot reizte aber gerade die Neugierde der Burschen, und eines Samstagabends stiegen sie heimlich vor das Fenster hinauf und guckten hinein. Die drei Mädchen standen in der Stube und putzten und strählten sich, und dann setzten sie sich und lasen in einem Buche. Hernach standen sie auf und gingen in die Küche hinaus, kochten dort etwas, rührten das Gekochte in einem Häfelein und bestrichen damit drei Besen. Endlich stellten sie sich hart vor die Herdstatt und sprachen: »Obä-n-üß und niänä-n-a!« (Oder: »Chämi üff und niänä-n-a«). Und flugs ging's auf den Besen durch das Kamin hinauf und fort. Jetzt schlüpften die Buben durch das Fenster in die Stube hinein und lasen auch im Buche und bestrichen ebenfalls zwei Besen mit der noch vorhandenen Salbe. Dann nahm der erste seinen Besen zwischen die Beine und sprach: »Obä-n-üß und niänä-n-a!« und fuhr ohne Anstoss zum Kamin hinaus. Der zweite wollte es nachmachen. Aber er war in Verlegenheit. Wohin sind die Mädchen, wohin der Kamerad gefahren? »Halt,« dachte er, »du sagst: ›Obä-n-üß und z'allä-n-Ortä-n-a!‹ dann wirst du sie schon finden.« Diesen Spruch murmelte er wirklich und flog auf dem Besen in die Höhe, stiess aber an allen Ecken und Enden an und zerschlug jämmerlich den Kopf an der Oberdiele und am Kaminrand, bis er das Loch fand und auch zum Kamin hinaus fuhr. Beide Schattdorfer, der zweite etwas später als der erste, kamen in einen herrlichen Saal oder Palast, wo viele Leute assen und tranken und lustig waren. Auch die drei Meitli waren dabei. Hinter einem Tisch sass Einer mit einem grossen Buch, und der fragte die Eindringlinge: »Wollt ihr auch in diese Bruderschaft? Dann müsst ihr mit euerm Blut euere Namen in dieses Buch schreiben.« Der Erste griff zur Feder, schrieb aber statt seines eigenen Namens die drei höchsten Namen. Und jetzt zerstob und verschwand alles auf einen Knall, und die zwei Wundernasen lagen in einem dichten Dornengestrüpp. Zäzilia Gisler-Walker, 70 J. alt b) Nicht lokalisiert. Formel: »Chämi üff und niänä-n-a!« Der zweite hatte die Hexen falsch verstanden. Er kam nicht ans Ziel und landete erst am Morgen bei Betenläuten, zerschunden und zerschlagen, in den Dornen. Franz Jos. Zurfluh, 75 J. alt, Intschi c) Nur ein Bursche, zwei Mädchen. Der Bursche schlug im Kamin fast an allen Ecken und Enden an und flog dann durch Busch und Hag weit fort in einen furchtbar schönen Palast, wo alle Anwesenden tanzten. Viele Musikanten waren da, und unter denselben befand sich auch seine Katze, die er genau kannte. Jetzt wusste er, warum sie immer bei Tag schlafe. Es wurde viel aufgetragen, aber nirgends Brot. – Der Bursche schrieb die Namen Jesus, Maria und Josef in das Buch und ein Kreuz in die Mitte. d) Nur ein Bursche, der aus Missverständnis die falsche Formel: »Obä-n-üß und z'allä-n-Ortä-n-a!« aussprach . ... Der Teufel fragte: »Willst du dich auch in unsere Bruderschaft einschreiben lassen?« »Ja,« sagte der Bursche, »aber ich will mich selber einschreiben.« Barbara Gisler, 80 J. alt. Attinghausen e) Die Zauberformel lautet: »Obä-n-üß und niänä-n-a bis i d'Stadt Wiän!« Andreas Fedier. 45 J. alt, Maderanertal f) Der Spruch lautet: »Salbe hiär und Salbe da, Chämi üß und niänä-n-a!« Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Oberberg

Source: Oberberg

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Schloss Oberberg war durch einen unterirdischen Gang mit den Burgen von Herisau verbunden.                                        B. Steiner. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 498, S. 294 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Obergesteln brennt

Source: Obergesteln brennt

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Einige Jahre bevor Obergesteln den Flammen zum Opfer gefallen war (1868), sammelte eines Abends eine ältere Frau etwa fünf Minuten oberhalb Geschinen in der Kalbereyen Holz. Wie sie eine genügende Last zusammengelegt hatte und nach Hause gehen wollte, sah sie den Himmel ringsum flammenrot und von Rauchwolken erfüllt. In Obergesteln aber erschaute sie die Mehrzahl der Häuser und Ställe in hochlodernden Flammen. Dazu hörte sie das Sturmgeläute von Obergesteln und Ulrichen. Sogleich eilte die Frau Geschinen zu, um da ebenfalls Hilfe zu fordern. Im selben Augenblicke hörte sie zwei Männer keuchend an sich vorüberlaufen, und diese riefen aus Leibeskräften: «Zu Hilfe! Feuer! Obrgesteln brennt! Zu Hilfe!» Wie die Frau die Schreckensboten ins Dorf rennen sah, vernahm sie immer noch ihren jammernden Ruf: «Obergesteln brennt!» Jeden Augennblick erwartete sie nun das Sturmgeläute und den Lärm des erschreckten Volkes in Geschinen. Aber alles blieb ruhig und still. Und wie sie zurück in das Feuermeer zu blicken gedachte, lag das Dorf unversehrt da. Das gleiche Schauspiel wiederholte sich den Augen und Ohren eines Obergestler Bürgers, und auch einem von Münster erging es ähnlich. Zu gleicher Zeit sahen Leute oft eine Prozession in Ulrichen aus dem Oberbach pilgern. An der Spitze des Bittganges schritt laut betend und segnend ein Bischof und trug die Gesichtszüge des hl. Niklaus, der in der Kirche von Ulrichen verehrt wird. Als dann Obergesteln wirklich in Flammen stand, schleuderte der starke Wind, der stets von der Furka weht, die feurigen Kohlen des brennenden Obergesteln bis auf die dürren Holzdächer von Ulrichen, ohne dass auch nur eine einzige Schindel Feuer fing. Diese Rettung aus grosser Gefahr schrieb das Volk der Hilfe des Himmels zu. Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. OBERGESTELN Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Obermad

Source: Obermad

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Ds lescht Derfli gägen Gadmen hinderhi ischd Obermad. Im Üüstagen old schon im Winter, we's towwed, ghijen d'Lowweni zringetum über d'Siiti inha. D'Hiiser und d'Schiireni stään eng anenandren und lää si zsämen zun enem chliinnen Hiifli. Dr Chatzenhubel räised d'Gadellowwi ab, das em Derfli wenig old nid vil cha gscheen. Äis wän us e Fleenen es Zwäärgli abhachun. Aber niidverfäänd Bööben häin niid Gschiiders gwissd z'töön, wan das Zwäärgli z eellen und z'ääken. Am Änd hed's ne chennen eggaan, und in allem Furtloiffen hed's greefd: „Wee ischd die Wäld so gross Und d'Utriww so gross Und d'Faltschhäit so gross, Obermaad mööss driimal undergaan." Das ischd eso chun.Äis ischd Obermaad verbrunnen. Ds ander Mal hed’s d’Gadellowwi uber ds Derfli inhagreerd, und wäis Gott, was ds dritt Mal sol gaan! Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Oblinden

Source: Oblinden

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Aus einer handschriftlich erhaltenen Chronik von Küster in Eschenbach: Tagwen Oblinden. Diese Gemeinde hat den Namen Oblinden, womit sie in dem landschaftlichen Freiheitsbrief a1439 benamset ward, nunmehr in den Namen Goldingen abgewechselt, welch letztern Namen eine Höhle, so an den Berg und in der Alp Kamm befindlich und die unterschiedlich daraus gesammelte Beute dieser Gemeinde zuwegen gebracht, weil ermelte Höhle, die durchgehens das "Goldloch" und daher das Oblindertal nur das goldene oder Goldingertal oder Goldingen genannt wird. Erwähnte Höhle solle von geräumiger Weite und nach Beschreibung derer, so hineingehen, in etwelche Gassen und Abwege ausgeteilt sein, worinnen die Erzverständigen ein gewisses feuchtes Sand auffassen und solches läutern lassen, etwan in frömde Länder vertragen. In sothaner Höhle soll ein grosser, grosser Weier gewesen sein, der aber anno 1756 im Jenner, in jenem fürchterlichen, durch einen großen Teil des Schweizerlandes vorspürten Erdbeben, durch ein Schlipf und Einsenkung des Erdreichs ausgefüllt worden. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 412, S. 238 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ochs und Kirchenplatz

Source: Ochs und Kirchenplatz

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Als weisendes Tier führen den Ochsen manche Erinnerungen auf, in Buochs (Unterwalden) wie im hl. Kreuze (Entlebuch). Man lässt ihn gehen wo er will, und wo er ruht, soll das Gotteshaus stehen. Ähnlich ward der Platz für die Kirche in Sarnen bestimmt.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Ochs und Kirchenplatz

Source: Ochs und Kirchenplatz

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Als weisendes Tier führen den Ochsen manche Erinnerungen auf, in Buochs (Unterwalden) wie im hl. Kreuze (Entlebuch). Man lässt ihn gehen wo er will, und wo er ruht, soll das Gotteshaus stehen. Ähnlich ward der Platz für die Kirche in Sarnen bestimmt.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Ochsenkopf zu Dottikon

Source: Ochsenkopf zu Dottikon

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Großbauer hieß im Dorfe Dottikon ein überaus reicher Bauer, der seinen Hof auf dem sogenannten  Hübel hatte, ein schönes Wohnhaus mit mehrfachen Scheunen und in einem herrlichen Gelände gelegen, dessen Ende man nicht einmal vom Hübel aus über blicken konnte. Sein Reichthum an Ochsen und Pferden war weit und breit im Munde der Leute, nicht minder aber auch seine Unbarmherzigkeit, mit der er die Armen durch Hunde von seinem Hofe weghetzen ließ und die Äckerlein der minder begüterten Nachbarn nach und nach in seine Gutsgrenzen hereinzog. Zur Strafe hierfür kam endlich eine schwere Heimsuchung über ihn. Aus dem zunächst am Hügel hinziehenden tief eingeschnittenen Tobel stieg ein böser Geist herauf und raffte in den Stallungen des Reichen alles Vieh mit einem Male hin. Der Bauer kaufte sich anderes, er riß die Stallungen nieder und führte sie an andern Punkten auf, immer erlitt er das gleiche Schicksal. Zornig über dieses Strafgericht floh er mit den Seinigen endlich ganz aus der Gegend und ist nachher nie wieder gesehen worden.  Die Leute in Dottikon haben das dem Bauern gefallene Vieh in den Tobel hinabgeworfen, derselbe heißt deswegen noch der Viehseuchetobel; die Plage des bösen Geistes aber haben sie in den Kopf eines frisch geschlachteten Ochsen hineingebannt. Dieser Ochsenschädel wird noch hergezeigt in einem hölzernen Gehäuse, das ein dortiger Bauer am Firstbalken seiner Scheune befestigt hat. Nach einer alten Satzung und zugleich um die Leute im Dorfe nicht in Angst zu setzen, dürfen diese Knochen nicht herunter genommen werden. (Seminarist J. Stutz.)  Sage aus Dottikon Band 3.1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962, S. 78 - 79 Notiz: Ausschnitt aus Ausführungen die die Schweiz betreffen: Bockkopf, Rosskopf, Grossfüllen sind Häusernahmen in der Stadt Zürich. O. Sutermeister, Schweizer Haussprüche 1860,8. Auf welchem Umwege Haupt und Hörner des an der Reuss erlegten sagenhaften Uristiers zum Wappen und zu den Harsthörnern des Urnerlandes gemacht worden sind, dies ist nachgewesen in der Aargau Sag. 2, S. 16. Man wird nun mit Grund annehmen dürfen, dass die mancherlei Tierhäupter und Hörner, welche als Raritäten noch hie und da in Torbogen, Kirchen und Rathäusern hergezeigt werden, Überbleibsel sind älterer, an den gleichen Orten einst aufbewahrten gewesenen Scheuchbilder. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ohrfeige von unsichtbarer Hand

Source: Ohrfeige von unsichtbarer Hand

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Der alte Heldemarti wohnte, bevor er von der Gemeinde in das Kantonsspital eingeliefert wurde, allein, arm und elend auf der Wacht. Nach seinem Tode in Liestal nahm es den Gemeindeweibel Schaffner wunder, ob einer nur da erscheinen könne, wo er gestorben war, oder ob seine Macht noch weiter reiche. In einer klaren, mondhellen Nacht rief er auf der Strasse bei der Wacht in den drei höchsten Namen Heldemartis Geist. Plötzlich erhielt er von unsichtbarer Hand eine gewaltige Ohrfeige, dass er taumelte und der Hut bis zur Haustüre der Wirtschaft zum Rössli flog. Am anderen Tag war sein Kopf so gross wie ein Sester geschwollen, und er musste drei Tage lang das Bett hüten. Augst Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Opferstock in Stüsslingen

Source: Opferstock in Stüsslingen

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Ein kleines Solothurner-Dorf zunächst an der Aargauer Juragrenze erzählt von einem seiner Ortspfarrer, er habe aus der Sakristei einen goldenen Kelche geraubt und sei dafür von einem Oltener Mönche in den Opferstock der Stüsslinger-Kirche bis heute gebannt. Des Nachts nun bricht er winselnd aus diesem Holzkasten durchs Blechloch hervor, mischt am Altare die consecrierten Dinge durch einander, zerreisst die Evangelienbücher und die aufgepflanzten Kirchenfahnen. Die dortigen Pfarrherren kennen den Grund dieses Unfuges wohl, weder wissen sie aber ihm zu steuern, noch getrauen sie sich aus Schamgefühl den eigentlichen Thäter zu nennen. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 75 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ortsnamen

Source: Ortsnamen

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a) Attinghausen. 1. Als die erste Familie in die Gegend kam, sagten die Kinder zu ihrem Vater: »Ätti, hiä wem-mer hüsä.« Sie siedelten sich da an, und der Ort heisst daher »Ättighüsä.« 2. Ein Sohn in den Schächentalerbergen, der von seinem Berg aus die schöne Gegend am Fusse der Gibelstöcke betrachtete, mahnte den Vater: »Ätti, da üsä wem-mer ga hüsä.« 3. Attinghausen hat vor Zeiten »Stadt Immälingä« geheissen. – I der Bschrybig heisst äs susch »Dorf Immälingä.« Pfr. Denier; Mathilde Imhof-Rämi, 70 Jahre alt, und a. Anmerkung: Immälingä heisst jetzt Ronimättäli, liegt nahe beim Weiler Albenschyt vom alten Saumweg und ist etwa 10 Minuten von der Pfarrkirche entfernt. Ein älterer Mann reimte: »Z'Immälingä-n-isch ä Limel dinnä.« Es ist wohl identisch mit Emmendingen, das im Schlachtjahrzeit nach 1422 genannt wird. (Wymann, Das Schlachtjahrzeit von Uri, S. 8.) b) Bärenfad in Unterschächen. In einer schwer zugänglichen Balm zu Niederlammerbach hauste ein Bär, der seine Streifzüge in die Alpen und bis in das Dorf Unterschächen ausdehnte und viel Vieh tötete. Endlich kamen die Jäger auf eine List. Sie schlissen eine Tanne und legten die feuchte, glatte Rinde auf das schmale Felsenband am steilen Tobel, das Meister Petz passieren musste, wenn er seine Höhle erreichen wollte. In der folgenden Nacht nun glischte er aus und fiel zu Tode. Daher heisst das Felsenband: d'r Bäräfatt. K. Gisler, 75 Jahre alt c) Ähnlich das Bärenloch auf der obern Frutta zu Spiringen, in dem ein Bär seine Wohnung hatte. Eine Tatze von ihm hing noch vor wenigen Jahrzehnten bei der Haustüre im Chieffermättäli. Pfr. Arnold d) Beim Plattenberg in Seedorf begegnete unversehens ein Jäger dem Meister Petz. Rasch zog er sich in den Spalt eines nahen grossen Steines zurück, feuerte von hier aus auf den eindringenden Unhold und traf ihn in den offenen Rachen. Unter mächtigem Gebrüll verendete das Tier. Der Stein aber heisst seither der Bärenstein. Ein anderer Punkt in Seedorf nennt sich Bärengrube. Al. Wipfli e) Bauen. Vor Zeiten war Bauen am Urnersee noch unbewohnt. Da kam ein Vater mit drei Söhnen in die Gegend, und diese ermunterten ihn: »Ätti, hier wollen wir bauen.« Sie liessen sich hier nieder und bauten die ältesten Häuser, die noch in Bauen stehen, nämlich in der Rütti am See, auf Resti, auf Huttegg und im Rütli. Marie Ziegler, 60 Jahre alt f) Eine Stelle in der Gornernalp zu Gurtnellen heisst das Seelenbödemli, weil die Älpler dort häufig eine arme Seele weinen hörten. g) Ds Isitall, hend alligs diä Altä gsäit, syg von obä-n-appä (also von Westen oder Nidwalden her) bevelkeret wordä. Jos. Imholz, 30 Jahre alt Anmerkung: Darauf deutet auch der Name »Aa«, den der Talbach bis Ende des 16. Jahrhunderts geführt hat, der auch in Unterwalden sehr gebräuchlich ist. Auch die Mundart des Isentales klingt an die von Unterwalden an. Die gegenwärtige Bevölkerung stammt allerdings zumeist von Seelisberg und aus dem Schächental. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Oxenberg

Source: Oxenberg

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 habe früher der Axenberg bei Flüelen geheissen. Alle vier Bergwiesen auf demselben (in Gülten und Kaufbriefen seit alten Zeiten Ruppsachsen genannt) haben einem italienischen Herrn gehört. Der habe jeden Frühling in Uri die jungen Ochsen zusammengekauft, auf dem Axen, den er als Alp benutzte, gesömmert und im Herbst nach Italien getrieben. Man sehe noch heute alte Mauerresten von kleinen ehemaligen Alphütten. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Paracelsus in St. Gallen

Source: Paracelsus in St. Gallen

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(Originaltext) Es was uf am Zyt, 1526–30, do der in ganz Europa hoch verüemt Doktor Theophrastus Paracelsus zu St. Gallen im obern Thurgäuw, vor dem Multerthor saß und mit ihm manch ehrbare Burger, wie das noch hütigen Tages zur Abendzyt gepflogen wirdt. Do erzellt inen der Doktor vielerley von synen Reysen und Farten durch Lamparten, Bömerland und Hungern, auch wie er in Polen mit den Zyginern gezogen und gehuset, ire Kunde der heilsamen Chrüter und Wundsalben zu erforschen, des Wytern Croatien und Skandinavien bereyset und kostliche Erfarung gesamblet zum Frommen der Lydenden. Und als er Inen so erzellt von der Menschen in frömden Landen Thun und Tryben zu aller Ergehen, wandelt deß Wegß Stücheler, der Stadtpfyffer, sonst ein heller Gesell und lustiger Sinnen voll, jetzt aber vast trurig und ernstlich zuwider sin Gewohnhait; alß den der Doktor ersach, dem nünt entrünnt, frogt er ihn: „Stücheler, min guoter Gesell, was bist du so trurig und henkst die Lefzgen? Du wärst wie ich wol truw lieber by dinen Herren zu Baden, statt hier zu schliche um ir Tor und die Fecken (Fittiche) zu lampen wie ain Vogel in der Mus?" Auf das, so gnappet der Stücheler mit dem Haubt, alß wollt er dem Doktor Recht geben, doch schamt er sich, das ers merk, aber der Parazelß fart fort mit sym Spott, sagende, willtu hüt noch zur Abendstund in Baden sin zu diner Freud und Lust und dinem Herren vorpfyffen, so ryt dahin, denn ich höre schon die Rößlin stampffen dorten by der Schüßhütten. Deßen wunderten sich alle, vorab der Pfyffer, wie sticht Im do das Rößlin in die Augen, der Parazelß aber trybt In ylfertig, was sumst so lang und stoht doch das Thierlin do für dich, satz dich hinuf und grüß mir mine Herren zu Baden, aber so lieb dir din jung Leben, so spar die Red und wahr din Zungen vestiglich underwegen, bis din Fuß zu Baden uf der Gassen stoht. Do satzt sich der Stücheler hurtig uf und mit Im hub sich das Rößlin uf vom Boden, sam es ain Vogel wär, fur auch mit dem Pfyffer von dannen glych ainem Luftstoß, das Männiglich davor entsatzte, der Doktor aber lachte grimmig darob glych ainem rechten Schalken. Mocht auch der Pfyffer uf syner Windfart an den Doktor denken, so konnt ers doch nicht lang und dick, denn er zu Baden vor der Herberg war, eh daß er sich versach, grad alß es hoche Zyt und man zu Baden die Torglogen lüt, mocht auch bloß uß dem Bügel stygen, so war das Rößlin uf und furt, denk wohl von wo es kommen! (Übersetzung) Zu Baden in den Rappen aber war alles lebendig, voll des Jubels und lutprächtigem Wesens, denn die frömden Gesandten, viel uß dem Adel, Frömd und Inheimbsch, auch der Eydtgenoßen Ratsboten pflogen daselbst der Freuden bym Spyl und Danzen, mit Bankettiren und Inen nach, in den anderen Wirthshüsern, machts das gmain Volk was aines Jeden Seckel und Truhen erliden mag, sonder Kumber, wovon morn deß zeren. Der Stücheler aber huscht ins Hus und sucht nit lang sin Platz hinter den Spillüten; uff ainsmol doch so fragt der Junker Ludwig Zollikofer von St. Gallen syn Schwacher, Heinrichen Blum, mir ist ich hör deß Stüchelers Pfyffen vor allen andern us und sind es doch frömd Spil- lüt uß Bömerland? Deß mochtend sy wol Rats sin. Denn der Stücheler lahnt hinder ainem Pfosten uff der Spillbrögi, das In kainer sehen könnt; denn die Bömen die mochtends wol liden, das er Inen hulf und syn Pfyffen tönt über die anderen uß mit künstlicher Schrillerei zur Freud von Alt und Jungen, deren viel vorhanden. Doch sticht den Junker Ludwigen der Wunder so heftig sam er ain großer Fründ der Musika, daß er hinden zu den Spillüten schlicht und gewart den Stücheler, zücht In auch alß der Dantz vorby, am Gwand hinter dem Pfosten herab und mußte er bychten den Herren von St. Gallen, den Ratsfründen wie und wann er kommen. Hierüber entsatzten sich die einten und fanden diese Wunderfart schier verwegen und seltzam, die andern mainten gar, Stücheler hätt ainen Stotzen Win zu viel trunken und vergessen wie er herkommen, all aber hatten ytel Freud und Lust an des Pfyffers Erzellen und munterm Wesen, er vergaß auch nit des Parazelßen Gruß zu melden, deß Namen Manchem galt eines Zauberers glych. Doch fand der Stücheler durch syn Herren von St. Gallen und lustig Spillwysen manch willig Hand und offen Becher, daß ers zu Baden wol verliden mocht und nachmols mit Inen dort abzog, alß sy rückkerten in Ir Vatterstadt, minder hitzig dann ers ußgeritten. Es war zu einer Zeit, 1526-30, als der in ganz Europa hoch berühmte Doktor Theophrastus Paracelsus in St. Gallen im oberen Thurgau vor dem Multertor sass und mit ihm manch ehrbare Bürger, wie dies noch heutigen Tags zur Abendzeit gepflegt wird. Da erzählte ihnen der Doktor vielerlei von seinen Reisen und Fahrten durch die Lombardei, das Böhmerland und Ungarn, auch wie er in Polen mit den Zigeunern gezogen war und mit ihnen gehaust hatte, um ihre Kunde der heilsamen Kräuter und Wundsalben zu erforschen. Des Weiteren, wie er Kroatien und Skandinavien bereist und dort köstliche Erfahrungen gesammelt hatte zum Frommen der Leidenden. Und als er ihnen so vom Tun und Treiben der Menschen, zum Wohlergehen aller in den fremden Ländern erzählte, kam Stücheler, der Stadtpfeifer des Weges; sonst ein heiterer und lustiger Geselle, jetzt aber fast traurig und ganz anders als gewohnt. Als der Doktor, dem nichts entging, ihn sah, fragte er ihn: „Stücheler, mein guter Geselle, was bist du so traurig und lässt die Mundwinkel hängen? Du wärst wohl, vermute ich, lieber bei deinen Herren in Baden, anstatt hier um ihr Tor zu schleichen und die Flügel hängen zu lassen wie ein Vogel in der Mauser?“ Daraufhin nickte der Stücheler mit dem Kopf, als ob er dem Doktor Recht geben wolle, doch er schämte sich, dass der es merke; aber der Paracelsus fuhr fort mit seinem Spott und sagte: „Willst du heute noch zur Abendstunde in Baden sein zu deiner Freude und Lust und deinen Herren vorpfeifen? So reite da hin, denn ich höre schon die Pferde stampfen dort bei der Schiesshütte.“ Dessen wunderten sich alle, vorab der Pfeifer, als ihm das Pferdchen in die Augen stach. Paracelsus trieb ihn eilfertig an: „Was säumst du so lange? Das Tierlein steht doch da für dich, setz dich auf und grüsse mir meine Herren in Baden. Aber wenn dir dein junges Leben lieb ist, so spar dir das Reden und halte deine Zunge im Zaum unterwegs, bis dein Fuss in Baden auf der Gasse steht.“ Da sass der Stücheler hurtig auf und mit ihm hob das Rösslein ab vom Boden, als ob es ein Vogel wäre, und fuhr mit dem Pfeifer von dannen wie ein Luftstoss, so dass sich alle darüber entsetzten. Der Doktor aber lachte grimmig darüber, gleich einem rechten Schalken. Mochte auch der Pfeifer auf seiner Luftfahrt an den Doktor denken, so konnte er es nicht richtig, denn er war in Baden vor der Herberge, ehe er sich’s versah: gerade als es hohe Zeit war und man in Baden die Torglocken läutete. Kaum war er aus dem Steigbügel, war das Rösslein auf und davon, wohl dahin, woher es gekommen war! Im (Wirtshaus) Rappen in Baden aber war alles lebendig und voller Jubel und lauten Treibens, denn die fremden Gesandten, viele aus dem Adel, Fremde und Einheimische, auch die Ratsboten der Eidgenossen, pflegten daselbst die Freuden bei Spiel und Tanz und Banketten. In den anderen Wirtshäusern der Stadt machte es ihnen das gemeine Volk nach – was eines jeden Geldsäckel und Truhe erleiden mochte, ohne Kummer darüber, wovon man morgen zehren sollte. Der Stücheler aber huschte ins Haus und suchte sich schnell einen Platz hinter den Spielleuten. Doch schon bald fragte der Junker Ludwig Zollikofer von St. Gallen seinen Schwager, Heinrich Blum: „Mir ist, ich höre des Stüchelers Pfeifen aus allen andern heraus, aber es sind doch fremde Spielleute aus dem Böhmerland?“ Sie konnten es nicht erraten, denn der Stücheler lehnte hinter einem Pfosten auf der Spielbrücke, damit ihn keiner sehen konnte. Die Böhmen mochten es wohl leiden, dass er ihnen half und dass sein Pfeifen mit seinen kunstvollen hohen Trillern zur Freude der vielen Alten und Jungen alle übertönte. Doch dann stach der Wunder den Junker Ludwig, der ein grosser Freund der Musik war, so heftig, dass er nach hinten zu den Spielleuten schlich und dort den Stücheler gewahrte. Als der Tanz vorbei war, zog er ihn an seinem Gewand hinter dem Pfosten hervor und er musste den Herren von St. Gallen, den Ratsfreunden beichten, wie und wann er gekommen war. Darüber entsetzten sich die einen, die diese Wunderfahrt schier verwegen und seltsam fanden, die anderen meinten gar, Stücheler hätte einen Schoppen Wein zu viel getrunken und vergessen, wie er hergekommen war, aber alle hatten eitel Freude und Lust an des Pfeifers Erzählungen und seinem munteren Wesen. Er vergass auch nicht, den Gruss des Paracelsus auszurichten, den viele für einen Zauberer hielten. Der Stücheler fand durch seine Herren von St. Gallen und seine lustigen Spielweisen manche freigiebige Hand und offenen Becher, so dass er es in Baden gut aushalten mochte und nachmals mit ihnen dort abreiste, als sie in ihre Vaterstadt zurückkehrten; weniger hitzig, als er ausgeritten war. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Pater Zürcher und die Feuersbrunst

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Der Jesuitenpater Zürcher war ein heiligmässiger Mann. Er wirkte eine Zeitlang in Ried-Mörel. Dort, wo heute die Kirche steht, erhob sich früher ein dreistöckiges Holzhaus, darin soll es unheimlich gewesen sein. Da entstand eine Feuersbrunst, sie drohte, die anliegenden Holzhäuser, Ställe und Speicher auch anzuzünden und so das ganze Dorf zu vernichten. Pater Zürcher ging um das Haus herum und las in einem Buch. Er sagte, das Haus müsse ganz abbrennen, aber weiter schade es nichts. Das soll so gegen 1850 herum vorgekommen sein. RIED-MÖREL Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Pest (Alt St. Johann, SG)

Source: Pest (Alt St. Johann, SG)

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Im Kühboden — auch auf der Wies und beim Esch, bei Starkenbach — assen nach der Pest alle Übriggebliebenen am nämlichen Tische. Im Kühboden war ein Haus so verpestet, dass ein Haselstecken, den man zum Fenster hineinhielt, kohlschwarz wurde. Es starben so viele Leute, dass eine Kuh in einer Nacht wegen Erbschaft in sieben Hände fiel. In Starkenbach fiel eine Grossschelle in einer Nacht in vier Hände. Im Kloster St. Johann liess die Krankheit nur zwei Geistliche zurück. Auf dem alten Friedhof der Reformierten ruhten unter einem Grabhügel 20 Jünglinge.                           N. Senn, Tagebuch. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 418, S. 246 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Pest (Peterzell, SG)

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Um 1528 starben in Peterzell an der Pest 340 Personen. In Peterzell, Brunnadern und auf dem Hemberg blieben nur noch so viele Leute, dass alle am nämlichen Tische essen konnten. N. Senn, Tagebuch. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 445, S. 261 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Pest (Quarten, SG)

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Auch in Quinten herrschte im 17. Jahrhundert der schwarze Tod so arg, dass nur noch eine Frau und eine Katze übrig blieben.  Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 365, S. 206 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Pest (Rorschacherberg/SG)

Source: Pest (Rorschacherberg/SG)

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In dem Weiler Hof starben sämtliche Einwohner an der Seuche. A. Sprenger.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 36, S. 20 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Pest (Wattwil, SG)

Source: Pest (Wattwil, SG)

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Im Jahre 1611 starben in Wattwil an einem Tage vierzehn Personen. Da man für Einzelgräber keine Totengräber mehr bekommen konnte, legte man die vielen Leichen in grosse gemeinsame Gräber, deren Hügel hinter der Kirche noch vor 100 Jahren zu sehen waren. Fr. Rothenflue, (Toggenburger Chronik, Bütschwil, Sproll-Mettler, 1887.) Im Dorfe Wattwil starben so viele Personen, dass die Überlebenden an einem Tische essen konnten. (Mündlich.) Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 437, S. 258 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Pest (Wildhaus, SG)

Source: Pest (Wildhaus, SG)

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Auf dem Schönenboden war beim grossen Sterbet um 1620 ein Haus (es steht nicht mehr) so verpestet, dass ein Haselstecken, den man zum Fenster hineinhielt, voll schwarzer Blattern wurde. Von Lisighaus wird dasselbe gesagt. Es war das alte Dichtlis Haus; jetzt ist ein Stadel an seiner Stelle.          N. Senn, Tagebuch. *** Ein Senn kam zur Pestzeit von der Alp ob dem Hag auf den Schönenboden herab; er klagte, wie ihn die eine grosse Zehe sehr schmerze; plötzlich fiel er tot nieder.                      N. Senn, Tagebuch. *** Um das Jahr 1360 schon wütete im Toggenburg die Pest, so dass mehr als ein Dritteil der Bevölkerung dahingerafft wurde. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 415, S. 241 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Pest, 1565 - 69 (Mosnang, SG)

Source: Pest, 1565 - 69 (Mosnang, SG)

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Im Jahre 1565 wütete eine leidige Pestilenz so grausam, dass im Dorfe Mosnang nur noch 93 Personen übrig geblieben, 30, die Gott vor so schrecklichem Übel in Gnaden verschonet, 33, die zwar von der leidigen Pest überfallen worden, jedoch wieder frisch und gesund aufgestanden sind, und 30 waren so schwach, dass man sie nie verlassen durfte, so dass man nicht wusste, welche zuerst sterben würde. Diese ansteckende pestilenzische Seuche dauerte etliche Jahre, und jedes Jahr beiläufig zwei bis drei Monate, während welcher Zeit der wohlehrwürdige Herr Bartholomä Fust, Pfarrer in hier, und mit ihm aus dem Dorfe Mosnang allein ungefähr 230 Personen starben. Von St. Verena-Tag 1565 bis aus die Kirchweihe 1569 sind nicht weniger als 528 Leute diesem Übel erlegen, nach damaliger Volkszahl beinahe die Hälfte der Pfarrkinder. Desgleichen ist auch der Hw. Herr Pfarrer Jakob Philipp Stössel samt seinen Mesnern von dieser Krankheit ergriffen worden. Von diesen Mesnern sind vier in einem Monat gestorben und zwei andere auch schon sehr krank gelegen, aber durch Gottes Hilfe wieder gesund geworden. Doch ist einem von diesen beiden auch schon der Totenbaum gemacht worden, weil er für tot gehalten wurde; er hat jedoch nachher noch etliche Jahre gelebt. Das Übel war so gross und das Sterben so viel, dass die Leute aus der Gemeinde Mosnang nirgends hin haben wandeln dürfen; man floh sie auf allen Strassen und Märkten; in den Städten und auf dem Lande wurden sie, wie die Siechen und Aussätzigen, von jedermann abgesondert. Denn solche Pest war ganz neu und bei Mannsdenken und länger kein solches Sterben gewesen. Anno 1565 ist diese leidige Sucht und dies vielfach grausame Sterben auch in das Libinger Gebirg und nach Halden gekommen. Dort sind von etlichen und 40 Personen nur noch zwei Kinder übrig geblieben, und eines ist geflüchtet worden, das später dennoch an der Pest gestorben. Diese leidige Pestilenz hat zu Halden, Engelbolgen, Vettigen, auf dem Stein, zu Libingen und der Orten so grausam zugenommen, dass der, Pfarrherr und Mesner einen halben Tag und eine ganze Nacht ohne Aufhören mit den heil. Sterbsakramenten zu den Kranken gehen mussten, so dass etliche während der heiligen Handlung gestorben sind. Nun ist zu wissen, dass der wohlehrwürdige Herr Pfarrer Jakob Philipp Stössel mit Bewilligung und herzlichem Verloben der ganzen Gemeinde Mosnang drei Kreuzgänge mit ausgespannten Armen (in möglichst wahrer Andacht) um das Dorf auf alle vier Strassen angelobet, welche nun fürderhin und zu ewigen Zeiten ein jeder Pfarrer schuldig ist, jährlich von der Kanzel zu verkünden, den ersten am Freitag vor St. Gallentag, getreulich zu verrichten. Und sollte die Witterung an einem der drei Freitage gar ungünstig sein, sollen die Andachtsübungen in der Kirche gehalten werden. Das Pfarrvolk ist alljährlich allen Ernstes zu ermahnen, dass selbes dem Gelübde und Versprechen ebenfalls getreulich nachkomme, damit die allerheiligste Dreifaltigkeit auf die Fürbitte der jungfräulichen Mutter Maria, der hl. Kirch- und Gemeindepatronen Georg und Theodul, des hl, Sebastian und aller lieben Heiligen die ganze Gemeinde und die gesamte Christenheit vor solch trübevollen Zeiten, grossem und gemeinem Elend jetzt und zu aller Zeit gnädigst beschützen, beschirmen und bewahren wolle. Amen. Aus dem Büchlein: "Andachtsübungen bei den drei Bitt- und Bußgängen auf alle vier Straßen für die Pfarrkinder zu Mosnang" von Pfarrer Heinrich.                                                  Durch J. Moser.  Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 451, S. 265 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Pest, 1611 und 1629 (Jonschwil, SG)

Source: Pest, 1611 und 1629 (Jonschwil, SG)

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In Jonschwil starben 332 Personen an der Pest, d. h. die Mehrzahl in Oberuzwil, das damals noch nach Jonschwil kirchgenössig war. Ganze Wagen voll Leichen habe man von dorther gebracht. Eines Tages seien sogar zwei Fuhrleute, die den Leichentransport besorgten, auf offener Strasse der Krankheit erlegen, so dass erst der dritte die Leichenfuhr beendigen konnte.           Fr. Rothenflue, Chronik. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 465, S. 278 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Pest, 1620 (Eichberg/SG)

Source: Pest, 1620 (Eichberg/SG)

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Von allen Bewohnern des Hölzliberges blieb ein einziger am Leben, der somit alleiniger Besitzer des Berges geworden war. Aber zur Krankheit gesellte sich damals der Hunger; der Mann sah sich genötigt, sein ganzes Besitztum für einen Laib Brot hinzugeben. P. Keller.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 72, S. 32 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Pestabwehrende Tierhäupter

Source: Pestabwehrende Tierhäupter

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a) In Erpolingen und im Dorfe Altbüron stehen zwei alte Bauernhäuser, „Heidenhäuser" hiess man sie, in welchen im Dachstuhl an der Hochstud vor noch nicht vielen Jahren Ochsenschädel als gegen den „Bresten" zu sehen waren.   b) Zu Rüessligen bei Buttisholz raffte eine Seuche das Vieh so lange dahin, bis sie unter das Dachgebälke der Scheune einen natürlichen Rosskopf hingen. Er soll noch dort sein.   c) Vielleicht hat auch das steinerne Widderhaupt, oder was es sein soll, am „Heidenturm" zu Altishofen eine gleiche Bedeutung.   d) Von Hechtköpfen an Häusern gibt es nur in der Nähe von Luzern noch ein vereinsamtes Beispiel.   Diese Sitte kann ihre Entstehung darin gehabt haben, dass man im Kopfe des Tiers die Leidenswerkzeuge des Heilandes abgebildet fand somit daran ein kräftiges Mittel gegen böse Dinge zu haben glaubte.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Pesthaus

Source: Pesthaus

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Im ehemaligen bischöflich-konstanzischen Amtshaus (Vorstadt 14) soll die Pest noch immer gehaust haben, nachdem das grosse Sterben längst vorüber war, weshalb man das Haus lange Zeit nicht mehr um- und aufgebaut habe. (Schaffhausen)     Aus: R. Frauenfelder, Sagen und Legenden aus dem Kanton Schaffhausen, Schaffhausen 1933. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Pestmännlein und Pestweiblein

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Zur Zeit der Pest erschienen im Prättigau zwei kleine, alt aussehende, abschreckend hässliche Geschöpfe. Das Männlein trug eine Schaufel, das Weiblein einen Besen. Eins sagte zum andern: «Geh du auf die rechte Seite der Landquart und wisch mit deinem Besen alles Leben ins Grab. Ich geh auf die Linke und schaufle dort alles hinab.» In wenig Tagen starben die meisten Bewohner des Tales. Aus: U. Brunold-Bigler, Die Sagensammlung der Nina Camenisch, Disentis 1987, mit freundlicher Genehmigung der Autorin. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Pestmännlein und Pestweiblein 

Source: Pestmännlein und Pestweiblein 

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Zur Zeit der Pest erschienen im Prättigau zwei kleine, alt aussehende, abschrekend hässliche Geschöpfe. Das Männlein trug eine Schaufel, das Weiblein einen Besen. Eins sagte zum andern: «Geh du auf die rechte Seite der Landquart und wisch mit deinem Besen alles Leben ins Grab. Ich geh auf die Linke und schaufle dort alles hinab.» In wenig Tagen starben die meisten Bewohner des Tales. Quelle: U. Brunold-Bigler, Die Sagensammlung der Nina Camenisch, Disentis 1987   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Pestrauch verkeilt

Source: Pestrauch verkeilt

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Eine verheerende Pest entleerte das eine Stunde von Luzern entlegene Pfarrdorf Meggen. Da sahen eines Tages im Loch, einem alten von Holz gebauten Hause am See, die Leute ein kleines blaues Räuchlein daher schweben und in eine kleine Spalte der Stubenwand hineinfahren. „Das ist die Pest", sagte einer der Anwesenden, ging und trieb einen Keil in selbe Öffnung. Von Stund an hörte im Orte das Übel auf. Nach vielen Jahren zog ein Glied der Familie in fremden Kriegsdienst. Als der Soldat einst wieder nach Hause kam, erinnerte er sich, wie sein Auge auf eben jene Stelle der Wand blickte, des Vorfalls und scherzend sprach er: „Will doch sehen, ob das Räuchlein noch da drinnen ist." Im gleichen Momente zog er, obwohl ihn eine Person dringend abmahnte, schnell den Zapfen und das blaue Räuchlein huschte hinaus. Die Pest, wieder befreit, streckte gleich den Vorwitzigen als erstes Opfer dahin, machte dann jenes ganze Haus aussterben und raffte viele andere im Dorf weg.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Pestsagen aus dem Schächental

Source: Pestsagen aus dem Schächental

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 a) Zur Zeit, da in Uri der Beulentod herrschte, lebte in dem alten Steinhaus zu Trudelingen ein reiches Fräulein, das auch in Flüelen begütert war. In einer einzigen Nacht fielen so viele seiner Verwandten der schrecklichen Krankheit zum Opfer, dass es innerhalb derselben neun Schellenkühe, also neun Sennten, erben konnte. b) Ein Landgut zu Spiringen wechselte infolge Erbschaft an einem einzigen Tage siebenmal seinen Besitzer. c) Eine rote Kuh mit weissem Schwänzlein wurde in einer Nacht siebenmal geerbt. d) Die Gemeinde Spiringen starb aus bis auf sieben Personen. Hans Exer u.a. e) In einer Kapelle zu Bürglen las man die Inschrift, oder eine Stimme wurde gehört: Isch das nid ä grossi (ä bittri) Chlag, Nynänynzg in einem Grab (77 Jungfräuwä-n-in einem Grab). Kath. Müller f) Die Pestkranken wurden in besondern Zimmern abgesondert, und durch eine »Tohlä« reichte man ihnen aus der Küche oder aus dem Hausgang ihre Nahrung. Diese »Tohlen« findet man in vielen alten Häusern von ganz Uri. g) Es kam einigemal so ein ganz kleines Nebelchen von der Altdorfer Seite her am Gruonberg entlang gegen die Bittleten ob Bürglen und strich sonnenhalb gegen das Schächental. Die Leute, die es für einen Vogel hielten, nannten es scherzweise »die Beule«. »Ähä, d'Bylä chunnt wider,« pflegten sie spöttisch zu sagen. Aber aus dem Nebelchen kam der Beulentod über Bürglen und das Schächental. Jos. Maria Gisler, Bürglen, u.a. h) Einst besuchte der Pfarrer von Bürglen ein altes Pürli zu Trudelingen, das die Zeit des Beulentodes erlebt hatte, und fragte es über den Beulentod aus. Da sagte es, nichts habe ihn's mehr hergenommen (weh getan), als wenn die Kühe mit vollen, grossen Eutern durch die Strassen hin- und herzogen und brüllten, und niemand da war, der sie melken konnte. Schriftl. v.H. Kapl. K. Truttmann i) Da war eine Verordnung, die Leichen zusammen zu nehmen. Einst hatten sie in der Bittleten die vermeintliche Leiche von einem alten Meitli geholt und stellten sie auf der Schächenbrücke ab, um andere Leichen zu holen. In Wirklichkeit war aber das Meitli noch nicht tot, und, als sie mit einer andern Leiche kamen, war es fortgekrochen, »versehnaagget«.1 In der Folge konnte es noch zehn Trychelkühe und viel anderes erben. Schriftl. v.H. Kapl. K. Truttmann k) Auch im Getschwyler im Schächental bekam ein Mädchen die Beule und wurde mit einigen Toten zusammen auf einen Schlitten geladen, um auf den Friedhof geführt und beerdigt zu werden. Auf dem Wege fiel es vom Schlitten und rollte einen Abhang hinunter, wo man es liegen liess. Es aber erhob sich, wanderte heim, erbte noch in der folgenden Nacht neun Trinkelkühe und wurde so das reichste Spiringer Meitli. Karl Brücker l) Einst schoss ein Teufelsdrache durch das Land, der hatte einen langen, glühenden Schwanz und spie Feuer. »Der bringt nichts gutes«, sagten sich die Leute, und richtig, es kam bald der Beulentod. – Teufelsdrachen und Golddrachen sind nicht die nämlichen. Ambr. Gisler, Bürglen m) In einem Bürgler oder Spiringer Berg starb eine ganze Familie bis an ein altes Meitli. Als die Männer die Leichen wegführten, sagten sie zu ihm: »Du musst auch mit, wegen dir allein kommen wir nicht mehr da hinauf.« Und sie luden es trotz alles Sperrens auf. Während sie aber eine fernere Leiche aus einem Hause holten, kroch es ihnen davon. Es blieb vom Tode verschont und erbte neun Trychelkühe und was dazu gehörte. Fr. Gisler-Arnold n) Eines Abends hörte der Senn von Niederalp, als er soeben zu beten gerufen hatte, die Stimme eines Geistes von der Gegend her, die das Hiänderle genannt wird: »Esset Enzen, Strenzen und Bibernell, so sterbet ihr nicht all!« Franz Müller Fußnoten 1 Bis da ganz ähnlich auch im Ried im Reusstal erzählt. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Pestsagen aus Rafz

Source: Pestsagen aus Rafz

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Pestsagen aus Rafz Auch diese Gemeinde wurde früher von mehreren Festzügen heimgesucht. Einmal starb fast die ganze Bevölkerung aus. An den vielen Beerdigungen fiel es schliesslich auf, dass dabei stets eine alte Frau mitging, die einen grossen Schlüssel in der Hand hielt, und überall habe es geheissen, solange sie diesen hinter einer Leiche hertrage, verschwinde die Seuche nicht. Endich sei auch sie gestorben, und dann habe sich die Pest in Rafz wirklich nicht mehr weiter verbreitet. Aber noch lange drohte man unfolgsamen Kindern mit den Worten: „Seid artig, oder die Schlüsselfrau kommt!“ Zu Zeiten der Pest, wollen die Alten wissen, sei es Brauch oder sogar Vorschrift gewesen, dass man des Nachts vor alle Häuser eine Gelte voll Wasser hingestellt und diese am Morgen wieder hereingenommen habe. Wo eine Gelte am Morgen nicht hereingenommen war, sei das das Zeichen gewesen, dass hier jemand an der Pest gestorben sei. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Unterland Nach Gchr. Rafz 1902; daranch Stauber, S. 66 und Hedinger, S. 19, beide ohne den 2. Abschnitt.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Peter Fechter

Source: Peter Fechter

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Als Teufelsbeschwörer kam 1583 zu Luzern Peter Fechter von Erlibach, Bernergebietes, in Haft. Sein Buch hatte er laut Geständnis von Andreas Fruttiger zu Sigriswil. Andere Schriften waren ihm durch einen fahrenden Schüler, Christoffel von Strassburg, eine Zeit lang Schreiberknecht zu Reichenbach im Bernbiet, überlassen worden. Nachdem er in der „Wanne gebraucht" war, zeigte Fechter an, zu Höchstetten bei Thun habe er folgende Salbe gemacht. Hab darein getan Wachs, Menschenmark, Menschenschmer, Murmelischmalz, Fuchsschmalz, Gemsenfett und Marderschmalz. Damit hab er böse Beine heilen wollen. Er gestand auch, er hätte gern die Pigmäen, Herdmändli, zu ihm herangebracht. Allein er habe die Beschwörung nicht auswendig gewusst. Die Instrumente dazu, „Ruten" und Haselstecken etc. habe er in seinem Buch beschrieben. Von Christine Suter zu Steig bei Unterseen hab er gelernt: Wenn einer drei Freitage nacheinander seine Hände aus einem Totenschädel wäsche und spreche: Im Namen Krusian, Simian und Navian, so greif ichs an so ... Gegen die Hausmäuse gab er ein Mittel an. An vier Ecken des Zimmers bohre man ein Loch und lege Quecksilber hinein. Schlage dann einen Nagel von einem Totenbaum dazu.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Peter Geel von Vild

Source: Peter Geel von Vild

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Ein Bürger aus Vild bei Sargans kam spät Abends von Mels über das Feld gegen Sargans. Beim steinernen Kreuze fing er einen nicht sehr scheu tuenden Fuchs, und schloss ihn in den leeren Sack, den er über die Schulter trug. Wie er dem Stadtgraben (d. h. dem Graben, der das ehemalige Stadtgebiet vom Melserschen trennte) und dem steinernen Steg nahte, rief eine Weiberstimme von der waldigen, bereits dunkeln Passatiwand herab: „Schwester, chumm jez!" – Wie erstaunte der Geel, als eine ähnliche Stimme auf seinen Schultern jammerte: „I cha nit; i bi in ds Peter Geelen Sack!“ („Ich kann nicht; ich bin in Peter Geelens Sack!“) – Entsetzt warf er die Bürde weg und befreite die Unholdin, die mit gesenktem Schweife den Weinbergen und Passati zurannte. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Peter Schluchter

Source: Peter Schluchter

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Ihm schrieb man es in erster Stelle zu, dass sich die Unterbächner und Birchner von Raron trennten und eine eigene Kirche bauen konnten. Nach einer Legende hiess es, er habe unten im Eschi jeden Samstag so viel Geld holen dürfen wie er brauchte, um die Arbeiter zu bezahlen. Als er am Schlusse dem Spender dankte und meinte, jetzt sei es zum letzten Male, da wurde der Geist böse, griff ihn an und zerkratzte ihn wüst. Das war nämlich ein Verstorbener, der Geld für zwei Pfarrkirchen gehabt hätte. Mit einer einzigen wurde er nicht erlöst. Nach einer andern Erzählung zahlte der Geist nur, bis sämtliches Mauerwerk aufgerichtet war. Als Schluchter noch mehr holen wollte, zerkratzte er ihn und sagte: «Für die Hoffart geht es nicht!» UNTERBÄCH Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Petrus und die Zimmerleute

Source: Petrus und die Zimmerleute

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Eines Tages, als unser Heiland mit einigen seiner Jünger unterwegs war, kamen sie auch an einem Wald vorbei. Es war eine Hitze zum Verschmachten, und der arme Petrus schwitzte, dass die Schweisstropfen ihm nur so in Strömen über die Wangen herunterrannen. Am Waldrand arbeiteten im Schatten drei Zimmerleute. Sie bearbeiteten Fichtenholz vierkantig, dabei pfiffen und sangen sie, denn damals hatte das Fichtenholz noch keine Äste. Als Christus und seine Jünger am Wald vorübergingen, da spotteten die Zimmerleute noch über sie. Das erzürnte den armen Petrus, er wandte sich an den Heiland und sagte: «Herr, erlaubst du, dass ich diese frechen Zimmerleute bestrafe?» Unser Heiland, der Petrus ungern einen Wunsch abschlug und selber der Meinung war, dass die Zimmerleute eine Strafe verdient hatten, antwortete: «Nun, so gib ihnen eine kleine Strafe.» Da rief Petrus in seinem Zorn: «Also gut, ich möchte, dass dieses Holz mit queren Eisennägeln drin wächst, damit die Zimmerleute aufpassen müssen, wenn sie mit dem Beil drein hauen und keine Zeit haben, sich über andere lustig zu machen!» Unserem Heiland schien diese Strafe zu schwer. Ganz rückgängig machen konnte er sie allerdings nicht mehr, bloss ein wenig mildern. Also wandte er sich zu Petrus und sagte: «Das wäre etwas zu viel; die Eisennadeln würden immer Scharten verursachen, wenn die Zimmerleute mit dem Beil ins Holz hauen. Wir wollen die Eisennägel bloss in dünne und harte Äste verwandeln, die kehren nur die Schneide, wenn die Zimmerleute mit dem Beil dreinschlagen.» Und dabei blieb es, und heute bleibt den Zimmerleuten wenig Zeit, um die Leute auszulachen, wenn sie Fichtenholz vierkantig bearbeiten. (Unterengadin)   Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Pfaffenhöhle in Suhr

Source: Pfaffenhöhle in Suhr

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Zwischen den Jahren 1740 und 1750 entstand zu Suhr im Dorfe ein allgemeiner Lärm, es führe aus dem dortigen Pfarrhause ein alter Gang unter der Kirche hinweg in ein Schatzgewölbe des Kirchberges, worin die Heidenpfaffen neben andern Kostbarkeiten und Kleinodien jenes goldene Kalb verborgen hätten, das sie aus dem wüsten Arabien mit sich nach Deutschland gebracht haben sollen. Die damaligen Tonangeber im Orte, die vielleicht ihrem Pfarrer nicht gewogen waren, aber das öde Gerücht so weit benützten, als es ihrem Streben nach Einfluss dienlich schien, rückten alsbald mit dem Antrage heraus, von Gemeinde wegen nach diesen unerschöpflichen Reichthümern im Berge graben zu lassen. Als ihnen die Mehrheit der Ortsbürger beistimmte, fieng man die Arbeit wirklich an. Man begann auf jener Seite des Chores den Boden aufzubrechen, auf welcher die Gerichtsmänner und Gemeindeältesten ihre Kirchenstühle hatten. Nach einigem Schaufeln traf man auf eine ungewöhnlich grosse rohe Steinplatte; für einen blossen Grabstein war sie viel zu gross, hinter ihr fand sich ein weiter leerer Raum, der von Schutt und Erde auffallend rein gehalten schien, also grub man um so frischer drauf los. Endlich gerieth man an die Quadern einer abwärts führenden Treppe. Der Jubel war gross, aber kurz, denn trotz alles Widerspruches der Steifgläubigen musste man zuletzt diese Treppe doch nur für ein Stück derjenigen erkennen, von der ein Jeder schon gewusst und um die sich Keiner mehr gekümmert hatte. Sie hatte nämlich zu den alten Gefängnissen geführt, welche die Berner-Herrschaft während des schweizerischen Bauernkrieges in den Sandsteinklüften dieses Kirchberges für die Aufrührer des Ober-Aargaus angelegt hatte. Diese schlechten Keichen verfielen nachher wieder und wurden zugeschüttet, einige davon benutzte der zunächst Wohnende auch als Nothkeller, und so stiess die übriggebliebene Treppe hier noch an die Kellerwand des Pfarrhofes an. Nun musste man das goldene Kalb sammt allen übrigen Schätzen freilich im Stiche lassen. Der Schluss des lächerlichen Unternehmens blieb jedoch gleich sonderbar. Denn wer sollte nun die Kosten tragen, wer den durchwühlten Boden wieder ausfüllen und das Kirchenchor frisch belegen lassen? Jene ursprünglichen Rathgeber waren schlau genug, allerlei Gerede zu verbreiten, durch welches sie kostenfrei ausgiengen. Denn die einen erinnerten sich plötzlich wieder, wie hier im Dorfe die Berner Reiter einst gehaust, gesengt und geplündert hatten; wie viele arme Bauern zu Suhr und zu Entfelden an die Dorflinde gehenkt oder in diese Berglöcher geschmissen worden waren; die andern aber behaupteten, diese unterirdischen Gänge stammten doch von den Heidenpriestern her, die hier gewohnt hätten, und die Ortspfarrer von Suhr seien mit diesen und andern heimlichen Dingen des Kirchberges schon von jeher nothwendig vertraut gewesen. Kurz der damalige Pfarrer Rufli wurde durch einen zweiten Gemeindebeschluss angehalten, diesen Gang vom Pfarrhause bis unter die Kirche auf seine Kosten vermauern zu lassen. Um des Friedens willen fügte sich zuletzt der gute Mann. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 101 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Pfaffensprung

Source: Pfaffensprung

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Drei alte Gurtneller erzählen übereinstimmend: »Pfaffäsprung het der Namä, wyl dert zwee Geischlich – friehner het mä g'seit Pfaffä – iber d'Ryss g'sprungä sind, wyl-si susch nit hend chennä-n-ämpflieh. Einä heig ibärämeegä, der ander syg appäg'hytt. So han-is alligs g'heert verzellä, und vo eppis anderem han-i nyt g'heert.« Eine andere Person aus Gurtnellen erzählt, zur Franzosenzeit sei da ein Geistlicher hinübergesprungen und so den verfolgenden Franzosen entronnen; und eine 85jährige, es habe da vor alten Zeiten ein Pfaff den Sprung gewagt, um den Räubern zu entgehen. Dr. Lusser in seiner Handschrift von ca. 1850: Z'Wassä, wo durni Schlucht di Ris entzezeli struset, Seit-mä der Pfaffäsprung, – warum?, das wili erzehlä. Chnabä, mä seit, dass längst ä luschtigä, wibischä Pater Listig ä Chlosterfrau g'stohlä heig, – wo kani nit sägä, Vornä uf eignem Ross heb er sie übrä Berg wellä flüchtä Und si due mit sim Ross samt ihrä da überä g'sprungä. »Ein Geistlicher, der ein Mädchen verführt, soll, um den Verfolgern zu entgehen, mit demselben einen glücklichen Riesensprung gemacht haben. Den Geist lichen war die Sage anstössig, daher versuchte man, ihr eine andere Wendung zu geben. Der Sprung sei ein Gottesurteil gewesen, durch welches sich der Geistliche von der Anschuldigung eines unkirchlichen, verbotenen Umgangs gereinigt habe.« (Aus Osenbrüggen, Wanderstudien, Schaffhausen 1874, Bd. IV, S. 67, und die Urschweiz, S. 284.) Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Pfarreistiftung

Source: Pfarreistiftung

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Als die Leute von Unterbäch bei der Lostrennung Gemeinde von der Pfarrei Raron auf Schwierigkeiten stiessen, machten sich zwei Männer auf und zogen nach Rom. Dort legten sie Guxenkappen, grobe wollene Handschuhe, Schneeüberstrümpfe, Fusseisen, Schneereifen, mit Eisen wohlbeschlagene, zugespitzte Stöcke zu den Füssen des Heiligen Vaters mit der flehentlichsten Bitte, man solle sich ihrer doch erbarmen, ihnen die Errichtung einer Pfarrei gestatten und sie nicht länger zwingen, in solcher Rüstung und mit solchen Waffen zum Gottesdienste zu gehen. Die Bitte fand Erhörung. Einer dieser Männer soll Peter Schluchter, der eigentliche Stifter dieser Pfarrei, gewesen sein. UNTERBÄCH Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Pfarrer Gattlen

Source: Pfarrer Gattlen

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Kamil Kuonen ging einst am Abend den alten Weg hinüber ins Thel zu einem Schafessen. Dort, wo früher die alte Kapelle stand, traf er unterhalb der Strasse den Pfarrer Gattlen. Kamil wünschte ihm freundlich: «Guten Abend!» Der Pfarrer gab keine Antwort, und Kamil grüsste zum zweiten Male. Keine Antwort. «Dann hat er mich vielleicht nicht recht verstanden», dachte Kamil und wünschte zum dritten Mal die Zeit. Der Pfarrer gab noch immer keine Antwort, sah ihn aber mit stechendem Blicke an. Am andern Tage begegneten sie einander, und der Pfarrer begann sofort: «Kamil, lass mich dann das nächste Mal in Ruhe. Wäre ich gestern nicht da gewesen, dann wäre es mit dir ganz arg verfahren!» Das erzählte Kamil selbst. Das hatte etwas mit Geistern zu tun. GUTTET Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Pfarrer Hohsennen

Source: Pfarrer Hohsennen

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Zwei Brüder pflegten auf der Alpe ihr Vieh. Zweimal im Monat bemerkten sie stets einen Mann, der an der genau gleichen Stelle vorbeikam: voll Schweiss, nur in Hemd und Hose gekleidet, ohne Schuhwerk und ohne Hauptkleid. Das kam ihnen merkwürdig vor, und sie erzählten es weiter So vernahm es auch Pfarrer Hohsennen, der beide zu sich kommen liess und sie ausfragte, ob das stimme. Sie bejahten es und gaben ihm genau Tag und Zeit an, wann er wiederkommen könnte. Pfarrer Hohsennen hatte viel mit Bozen zu tun und bannte sie oft weg. Am bestimmten Tage war er auf der Alpe und traf mit dem Geiste zusammen. Später erklärte er den Brüdern, sie sollen diesem Manne nichts zuleide tun. Er habe ihn gesehen, könne aber nicht helfen. Das sei einer, der aus Vorwitz, oder um einen dummen Bubenstreich zu spielen, die alte Augstborderi abgeschlagen habe. Zur Strafe, weil die Leute damals nicht wässern konnten und dessentwegen fluchten, müsse er hier so manches Jahr während dreier Monate je zweimal über diese alte Augstborderi laufen, bis die Schuld abbezahlt sei. BÜRCHEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Pfarrer Husli

Source: Pfarrer Husli

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Am 16. November 1858 starb in St. Sylvester der Kaplan Peter Neuhaus. Sein Leib wurde in der Kirche von Giffers zur letzten Ruhe gebettet und harrt da der Auferstehung. Liebe und Güte, Frömmigkeit und Bescheidenheit waren die Tugenden, die den Mann in hohem Masse zierten. Alles was er besass, schenkte er den Armen und den Kranken, und oft litt er selber Mangel. In ewigem Gedächtnis wird der Gerechte sein. Diese Worte des Psalmisten erfüllten sich auch an Kaplan Neuhaus oder „Pfarrer Husli“, wie das Volk ihn nannte. Man redet und erzählt noch heute von ihm. Die Nachwelt hat sogar einen Sagenkranz um diese edle Priestergestalt gewunden. Dieser Kranz ist zwar nicht neu. Er hat vordem schon andere Häupter geziert. Doch tragen die Sagen ein heimatliches Kleid, und darum seien sie hier erzählt. Der Grabenmüller hatte ein Kind, das vom bösen Geiste besessen war. Schon wenige Tage nach der Geburt sass es auf dem Bogen der Wiege, und der Böse redete aus ihm. Angst ergriff die Eltern. Sie eilten zu Pfarrer Husli und baten ihn um Hilfe. Aber kaum war er ins Zimmer getreten, die Beschwörung vorzunehmen, als ihm der Teufel durch den Mund des Neugeborenen zurief: „Du Schelm, was willst du hier? Gib erst zurück, was du gestohlen.“ Der Pfarrer konnte nichts ausrichten. Auf dem Heimwege dachte er nach, wann und wo er denn gestohlen habe. Endlich fiel ihm etwas ein. Ja, das musste es sein. Vor vielen Jahren war er einst in einen entlegenen Bergstafel zu einem Kranken gerufen worden. Auf dem Heimwege hatten ihn Hunger und Müdigkeit überfallen. Völlig entkräftet hatte er sich damals am Rande eines Ackers niedergesetzt, eine Rave ausgezogen und sie gegessen. Ja, das war das einzige Mal in seinem Leben, dass er etwas entwendet hatte. Pfarrer Husli ging sofort zu jenem Bauer, erzählte ihm alles und bat ihn, er möge ihm die Rave um Gotteslohn schenken. Dann kehrte er in die Grabemühle zurück und es gelang ihm diesmal, dem Kind den Teufel auszutreiben. * Im Tschabel lebte eine besessene Frau. Husli suchte ihr Hilfe zu bringen. Aber der böse Geist liess ihn nicht ins Haus hinein. Der Pfarrer verdoppelte jetzt sein Fasten und Beten und machte einen zweiten Versuch. Diesmal gelangte er in die Kammer. Doch der Böse rief ihm zu: „Mach dich fort du Heuchler. Das Volk glaubt, du lebest armselig und gebest alles den Armen und Kranken. Aber in deinem Hause ist Weissbrot und Butter versteckt.“ Husli eilte ins Pfarrhaus zurück und stellte seine Haushälterin zur Rede. Sie bekannte, es habe ihr heute eine Verwandte ein halbes Weissbrötchen und ein Mütschli Anken geschenkt. „Bringe das sofort der ärmsten Familie“, befahl er. Als dies geschehen war, begab er sich wieder nach dem Tschabel, und siehe, jetzt gelang es ihm, den Teufel auszutreiben. * An einem Sommernachmittag besuchte Kaplan Neuhaus den Pfarrer von Giffers. Die Stunden vergingen unter ernsten Gesprächen. Über die Berge war indessen ein Gewitter gegangen. Man hörte in der Ferne die Ärgera mit wilden Wassermassen heranrollen. Hinter dem Gumberg (Combert) aber türmten sich neuerdings schwarze und gelbgraue Wolkenballen auf, und der Donner brummte. „Jetzt muss ich heim“, sagte Husli, „ich glaube, es gibt ein böses Wetter.“ - „Warte, bis es vorüber ist“, antwortete der Pfarrer, „es wandert sich nachher leichter.“ Doch der Kaplan liess sich nicht länger halten und verabschiedete sich. „Ich fürchte, es könnte Hagel geben, und da muss ich bei meinen Schäflein sein“, sprach er noch im Fortgegen. Dann eilte er zum Dorf hinaus und gegen die Färtschera hinunter, - im Gehen noch den Wettersegen betend. Das Ungewitter nahte mit der Schnelligkeit des Sturmwindes. Es rauschte und rollte und toste. Als Husli an die Ärgera kam, da traute er seinen Augen kaum. Der Wildbach war von den Wolkenbrüchen in den Bergen mächtig angeschwollen. Noch hielt der Steg, aber die schmutzig gelben Wasser überfluteten ihn kniehoch. Da konnte er unmöglich hinüber. Einen Augenblick stand er ratlos am donnernden, schäumenden und spritzendem Strome. Jetzt sah er, wie die eresten Hagelstreifen über dem Wald bei der Goma in seine Gemeinde hereinbrachen und ihr Vernichtungswerk begannen. Husli zog eilig seine Schuhe aus und schleuderte sie hoch im Bogen über den Bach, der hier die Grenze bildet. Ein Wunder geschah. Kaum hatten die Schuhe den Boden von St. Sylvester berührt, da hörte der Hagel auf; die Wasserfluten nahmen ab, und der Kaplan konnte trockenen Fusses über denSteg gehen. * Es war an einer Priesterkonferenz. Beim Mittagsmahl sass Kaplan Husli auf dem letzten Platz unten am Tische. Da hörte er, wie einige Mitbrüder über seine verwaschene und geflickte Sutane Bemerkungen machten und ihrem Unwillen Ausdruck gaben, dass ein Geistlicher sein Äusseres so vernachlässige. Husli schwieg und liess alles geduldig über sich ergehen. Als aber das Gespräch nicht enden wollte, stand er einer plötzlichen Eingebung folgend auf, nahm seinen Hut und hängte ihn ohne Nagel an die glatte Wand. Hierauf zog er sein Mäntelein ab und legte es auf die Sonnenstrahlen, die durchs Fenster fielen. Endlich ergriff er noch ein Körbchen, füllte es mit Wasser und stellte es auf den Tisch. Es floss kein Tropfen heraus. Dann sprach er diese Worte: „Brüder, Gott sieht nicht auf das Kleid.“ Lautlose Stille herrschte im Saale. Endlich sagte der Herr Dekan: „Petrus - te sede a dextris meis.“ Freudig, als wollten sie damit Abbitte leisten, rückten die Mitbrüder weiter hinab und überliessen dem „Pfarrer Husli“ den Ehrenplatz. * Eines Tages kam ein Bote ins Pfarrhaus und meldete, der alte Hansjaggi im Graben sei am Sterben und sollte verwahrt werden. Der Pfarrer dachte: „Das ist ein schwaches Lebenslichtlein, da heisst es pressieren.“ Schon eilte er in die Kirche und holte das Allerheiligste. Betend machte er sich auf den Weg. Bald nahm ihn der Schatten des Buchwaldes auf, und eiligen Schrittes stieg er ins Ärgerental hinab. Es jagte ihn die Angst, er könnte zu spät kommen. Der alte Hansjaggi hatte sich sein Leben lang nie durch besondere Frömmigkeit ausgezeichnet. Der durfte nicht ohne Sakramente sterben. Husli verlängerte seine Schritte. Ein schmales Weglein führte ihn jetzt durch das dichte Erlen- und Weidengebüsch der Ey. Schon näherte er sich der Ärgera Da geschah etwas Sonderbares. Der Wildbach, der sonst um diese Zeit ganz zahm und ruhig fliesst, fing auf einmal mächtig an zu rauschen und zu rollen, als ob er Hochwasser führte. Und wirklich, als der Pfarrer ans Ufer kam, da sah er, wie schmutzge Wogen donnernd sich heranwälzten und schon den Steg überfluteten. Noch war dieser zu erkennen, noch hielt er, aber im nächsten Augenblick werden ihn die ungestümen Wellen wegreissen und forttragen. Da hinüber zu gehen war mit höchster Lebensgefahr verbunden. Doch der Pfarrer sagte: „Ich muss hinüber, - ich muss!“ Mutig betrat er die schwankenden Bretter, den Blick fest auf das Ziel, den Weg am andern Ufer, gerichtet. So ging er Schritt um Schritt vorwärts, unbekümmert um die Wellen, die ihn umbrausten und mit Gischt bespritzten. Das waren lange und bange Augenblicke. Endlich fühlte er wieder festen Boden unter den Füssen. Gott sei Dank, das Ufer war erreicht. Eine kleine Minute blieb er aufatmend stehen, blickte auf den Fluss und konnte sich dessen plötzliches Anschwellen nicht erklären. Es hatte schon lange nicht mehr geregnet, und auch über die Berge waren keine Gewitter gezogen. Doch während er noch sann, verstummte das Rauschen und Tosen, die Wogen legten sich, die Wasser sanken, der Steg tauchte auf, und die Ärgera floss wieder ruhig und klar durch das Gestein, als ob nichts geschehen wäre. - Jetzt erkannte der Pfarrer, dass alles nur ein Trug des Teufels war, womit dieser die Spendung der Sterbesakramente verhindern wollte. Husli nahm seine letzte Kraft zusammen und hastete des Weges weiter. Er musste die verlorene Minute wieder einholen. Bald darauf stand er am Bette des Sterbenden, versöhnte diesen mit Gott und reichte ihm den Leib des Herrn als Wegzehrung für die Reise in die Ewigkeit. Und dann schloss der alte Hansjaggi seine Augen für diese Welt, um sie drüben im Glanz der ewigen Seligkeit wieder zu öffnen.    Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch


by Pfarrer Husli – Das Schmalzhäfelein

Source: Pfarrer Husli – Das Schmalzhäfelein

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Im hochgelegenen Dörfchen St. Silvester lebte vor einigen Jahrzehnten ein heiligmässiger Kaplan, Neuhaus mit Namen; das Volk heisst ihn kurzweg «Husli». Er stammte aus Oberschrot, war später Pfarrer in Jaun, nachher Kaplan von St. Silvester. Seine letzte Ruhestätte ist in Giffers, wo er starb. Wegen seines tugendhaften Lebens und seines leutseligen Wesens wurde er bald in der weiteren Umgebung bekannt. Der Kaplan war sehr mildtätig gegen die Armen, denen er alles verschenkte, während er sich mit einem fadenscheinigen Talar begnügte. Um die Gestalt dieses musterhaften Priesters hat sich ein blütenreicher Sagenkranz gebildet, ein beredtes Zeugnis seiner Volkstümlichkeit. Diese Sagen setzen ihm gleichsam ein geistiges Denkmal beim Volke, in dessen Gedächtnis der fromme Husli lebendig weiterlebt. Ein andermal sollte Husli in Tafers eine vom bösen Geist geplagte Frau heilen. Der Gerufene kam, legte die geweihte Stola um und begann die Beschwörungsformel zu beten. Da fing der böse Geist an zu toben und zu schimpfen. Er warf dem Geistlichen Geiz und Heuchelei vor: «Du willst wohltätig und arm sein? Du Heuchler! Du hast ja in deiner Küche ein Häfelein Schmalz versteckt!» Der beschimpfte Pfarrer konnte sich dessen nicht entsinnen. Er ging heim und suchte in der Küche nach, bis er wirklich in einer Ecke an dem vom Teufel bezeichneten Orte in einem Gefäss etwas Schmalz fand. Die Haushälterin hatte ihn vor den Augen ihres Herrn verborgen; denn sie wusste zu genau, wie verschwenderisch der gute Pfarrer im Almosengeben war, dass er lieber Hunger litt, als den Armen eine Bitte abzuschlagen. Daher erklärte sich, dass in Huslis Haushalt oft das Notwendigste fehlte. Die verzweifelte «Kurjungfrau» wusste häufig nicht, was sie ihrem Herrn zu Mittag kochen sollte. Der Geistliche nahm nun trotz des Protestes seiner Wirtschafterin das Schmalzhäfelein und verschenkte es dem nächsten Armen. Erst jetzt wagte er es wieder, die besessene Person zu besuchen. Nun hatte der Teufel keinen Anlass mehr, dem gutherzigen Pfarrer Vorwürfe zu machen. Bei den wiederholten Beschwörungen blieb ihm nichts anderes übrig, als von der heimgesuchten Person auszufahren. Das tat er mit schrecklichem Wutgeheul. Bei seiner Flucht liess der geschlagene Feind einen üblen Schwefelgeruch zurück. Husli aber kehrte freudig in seine Pfarrei zurück und entzog sich den Dankesergüssen der Geheilten.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Pfarrer Husli – Der Hut am Sonnenstrahl

Source: Pfarrer Husli – Der Hut am Sonnenstrahl

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Im hochgelegenen Dörfchen St. Silvester lebte vor einigen Jahrzehnten ein heiligmässiger Kaplan, Neuhaus mit Namen; das Volk heisst ihn kurzweg «Husli». Er stammte aus Oberschrot, war später Pfarrer in Jaun, nachher Kaplan von St. Silvester. Seine letzte Ruhestätte ist in Giffers, wo er starb. Wegen seines tugendhaften Lebens und seines leutseligen Wesens wurde er bald in der weiteren Umgebung bekannt. Der Kaplan war sehr mildtätig gegen die Armen, denen er alles verschenkte, während er sich mit einem fadenscheinigen Talar begnügte. Um die Gestalt dieses musterhaften Priesters hat sich ein blütenreicher Sagenkranz gebildet, ein beredtes Zeugnis seiner Volkstümlichkeit. Diese Sagen setzen ihm gleichsam ein geistiges Denkmal beim Volke, in dessen Gedächtnis der fromme Husli lebendig weiterlebt. Wieder einmal erregte Husli Aufsehen. Er besuchte eine Konferenz in einem benachbarten Dorfe. Als einer der letzten trat er zu den versammelten Mitbrüdern. Mit seiner abgeschossenen Sutane, die stark ins Grüne schimmerte und durch häufiges Flicken einer bunten Gemeindeallmend glich, stach der gute Pfarrer unvorteilhaft ab gegen die feinen Talare seiner Amtskollegen; denn Husli gab nicht viel auf das Äussere. Die Herren schauten halb spöttisch, halb mitleidig auf die armselige Kleidung ihres Mitbruders. Gelassen nahm Husli Hut und Mantel ab und suchte sie an einen Kleiderhaken zu hängen. Aber alle Haken waren schon mit Hüten und Mänteln überladen. Husli schaute ratlos umher, die anderen Herren weideten sich an seiner Verlegenheit. Sie hatten aber die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Denn währenddessen huschte ein Sonnenstrahl durch die Stube über die Wand hin. Zur nicht geringen Verwunderung der Anwesenden hing Husli gemächlich seinen Hut und Mantel an den Sonnenstrahl, und der hielt stand. Da verschwanden die spöttischen Mienen der Mitbrüder und machten ehrwürdigem Staunen Platz. Denn solch augenscheinlichen Beweis von Huslis Wunderkraft hatten die Herren bisher noch nie erlebt. Ihre Hochachtung wuchs vor der Frömmigkeit des unscheinbaren, armen Pfarrers.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Pfarrer Husli – Der Versehgang

Source: Pfarrer Husli – Der Versehgang

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Im hochgelegenen Dörfchen St. Silvester lebte vor einigen Jahrzehnten ein heiligmässiger Kaplan, Neuhaus mit Namen; das Volk heisst ihn kurzweg «Husli». Er stammte aus Oberschrot, war später Pfarrer in Jaun, nachher Kaplan von St. Silvester. Seine letzte Ruhestätte ist in Giffers, wo er starb. Wegen seines tugendhaften Lebens und seines leutseligen Wesens wurde er bald in der weiteren Umgebung bekannt. Der Kaplan war sehr mildtätig gegen die Armen, denen er alles verschenkte, während er sich mit einem fadenscheinigen Talar begnügte. Um die Gestalt dieses musterhaften Priesters hat sich ein blütenreicher Sagenkranz gebildet, ein beredtes Zeugnis seiner Volkstümlichkeit. Diese Sagen setzen ihm gleichsam ein geistiges Denkmal beim Volke, in dessen Gedächtnis der fromme Husli lebendig weiterlebt. Einst wurde Husli zu einem Schwerkranken gerufen; der hatte schon jahrelang keine Ostern mehr gemacht. Hurtig eilte der Pfarrer mit dem Allerheiligsten zum Sterbenden, der auf St. Silvester-Gebiet wohnte, das damals noch zur Pfarrei Giffers gehörte. Der Weg führte über den Graben, dann über das steinige Geröll des Ärgerenbaches, der mit einem Holzsteg überbrückt war. Eine innere Stimme sagte dem Geistlichen, dass der Kranke in grosser geistlicher Gefahr schwebe. Möglichst schnell suchte der Seelsorger deshalb das jenseitige Ufer zu erreichen; er fürchtete einen schlimmen Streich des bösen Feindes. Deshalb liess er den alternden Sigrist zurück und eilte flink voraus. Als aber des Geistlichen Fuss den Steg betrat, schwoll der sonst ruhige Bach auf einmal an und floss über den Steg hinweg. Es schien mit Lebensgefahr verbunden, den überschwemmten Steg zu betreten. Mittlerweile keuchte auch der Sigrist heran. Beim Anblick der hochgehenden Wasser weigerte er sich, herüber zu kommen. Aber der Geistliche forderte den Unentschlossenen energisch auf, ihm nachzufolgen. Mutig schritt Husli durch die brausenden Wogen und ihm nach der zitternde Sigrist. Mit vieler Müh erreichten beide das Ufer, durchnässt nicht vom Wasser, wohl aber vom Schweiss. Und es war unbegreiflich zu sehen, wie sich nach dem Durchgang der Männer das Tosen des Baches gelegt hatte. Der Ärgerenbach hatte wieder die gewöhnliche Wassermenge und floss ruhig durch das Steingeröll. Das Anschwellen und Tosen des Wassers war nur ein Blendwerk des Bösen gewesen, der den eifrigen Pfarrer an der Ausübung seiner Pflicht verhindern wollte. Husli beschleunigte seine Schritte um das Versäumte nachzuholen. Er kam noch rechtzeitig, um den sterbenden Sünder mit seinem Gott auszusöhnen. Bald nach Empfang der heiligen Sakramente verschied der Kranke friedlich. Husli aber dankte dem Herrgott, dass es ihm gelungen war, eine unsterbliche Seele den Klauen des Erbfeindes zu entreissen. Mit Gottes Hilfe hatte der Gute die Wassernot überwunden und über die Hinterlist des Bösen gesiegt. Nie vergass der greise Sigrist diesen gefährlichen Versehgang.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Pfarrer Husli – Die Heilung des Besessenen

Source: Pfarrer Husli – Die Heilung des Besessenen

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Im hochgelegenen Dörfchen St. Silvester lebte vor einigen Jahrzehnten ein heiligmässiger Kaplan, Neuhaus mit Namen; das Volk heisst ihn kurzweg «Husli». Er stammte aus Oberschrot, war später Pfarrer in Jaun, nachher Kaplan von St. Silvester. Seine letzte Ruhestätte ist in Giffers, wo er starb. Wegen seines tugendhaften Lebens und seines leutseligen Wesens wurde er bald in der weiteren Umgebung bekannt. Der Kaplan war sehr mildtätig gegen die Armen, denen er alles verschenkte, während er sich mit einem fadenscheinigen Talar begnügte. Um die Gestalt dieses musterhaften Priesters hat sich ein blütenreicher Sagenkranz gebildet, ein beredtes Zeugnis seiner Volkstümlichkeit. Diese Sagen setzen ihm gleichsam ein geistiges Denkmal beim Volke, in dessen Gedächtnis der fromme Husli lebendig weiterlebt. Ein andermal wurde Husli zu einem Besessenen in den Graben bei Giffers gerufen. Als er nun die vorgeschriebenen Gebete des Exorzismus verrichten wollte, verhöhnte ihn der Geist und rief: «Was unterstehst du dich, mich zu belästigen. Du hast ja erst kürzlich auf einem Acker in Tscherlun eine Rübe gestohlen. Gib zuerst das Gestohlene zurück.» Der Geistliche wurde ob dieses Vorwurfes sehr betroffen und sann nach. Da erinnerte er sich, dass er einige Tage vorher bei einem Gang zu einem Kranken am besagten Acker eine Rübe herausgezogen hatte, um damit seinen Hunger zu stillen. Sogleich machte sich der gewissenhafte Seelenhirte auf den Weg, um das geschehene Unrecht, wenn es auch noch so geringfügig war, wieder gut zu machen. Der Bauer machte grosse Augen, als der demütige Kaplan seinen kleinen Diebstahl bekannte und meinte, wegen dieser Kleinigkeit hätte sich der Geistliche den Weg sparen können. Doch Husli liess sich erst beruhigen, als ihm der Bauer ernstlich versicherte, er schenke ihm die Rübe. Mit einem herzlichen Dankeswort verabschiedete sich der Seelsorger. Als er neuerdings zum Besessenen kam, gelang es ihm erst jetzt, den Quälgeist zu vertreiben. Denn vor solcher Demut beschämt, wagte der Böse keinen weiteren Widerstand und zog beschämt und besiegt in sein finsteres Reich der Unterwelt hinab.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Pfarrer Husli – Die wundertätigen Schuhe

Source: Pfarrer Husli – Die wundertätigen Schuhe

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Im hochgelegenen Dörfchen St. Silvester lebte vor einigen Jahrzehnten ein heiligmässiger Kaplan, Neuhaus mit Namen; das Volk heisst ihn kurzweg «Husli». Er stammte aus Oberschrot, war später Pfarrer in Jaun, nachher Kaplan von St. Silvester. Seine letzte Ruhestätte ist in Giffers, wo er starb. Wegen seines tugendhaften Lebens und seines leutseligen Wesens wurde er bald in der weiteren Umgebung bekannt. Der Kaplan war sehr mildtätig gegen die Armen, denen er alles verschenkte, während er sich mit einem fadenscheinigen Talar begnügte. Um die Gestalt dieses musterhaften Priesters hat sich ein blütenreicher Sagenkranz gebildet, ein beredtes Zeugnis seiner Volkstümlichkeit. Diese Sagen setzen ihm gleichsam ein geistiges Denkmal beim Volke, in dessen Gedächtnis der fromme Husli lebendig weiterlebt. Einst war im Nachbardorf Plasselb grosse Priesterkonferenz. Nach derselben verblieb man noch ein Stündlein in geselliger Erholung beisammen. Unterdessen verdunkelte sich der Himmel. Von der Berra her zog eine rabenschwarze Wolkenwand herüber, die nichts Gutes verkündete. Schon rollte der Donner in der Ferne, einzelne Blitze zuckten durch die Luft; da hielt es den braven Kaplan nicht mehr länger bei seinen Mitbrüdern. «Ich muss heim», rief er, «um meinen Leuten zu helfen.» Schnell eilte er ins steinige Ärgerental hinunter, wo ein schmaler, roh gezimmerter Balken als Brücke über den ungestümen Wildbach dient. Als der Geistliche den bekannten Steg betrat, brach schon das gefürchtete Unwetter über die fruchttragenden Getreidefelder und saftigen Wiesen los. Ein schrecklicher Hagelschlag drohte allen Fleiss der armen Landleute zu vernichten. In dieser Not wusste sich der gute Husli nicht anders zu helfen; er zog mitten auf dem Steg seine Schuhe aus und warf sie mit einem kräftigen Stossgebet ans jenseitige Ufer in das Gebiet seiner Pfarrgemeinde hinüber. Und siehe da! Kaum hatten des Geistlichen Schuhe den Boden berührt, verlor das Gewitter seine Kraft. Augenblicklich hörte der Hagel auf, die Wolken zerteilten sich, und ein heiterer Himmel lächelte den bangen Menschen zu. Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Pfarrer Husli – Wie Husli mit einem Weidenkorb Wasser holte

Source: Pfarrer Husli – Wie Husli mit einem Weidenkorb Wasser holte

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Im hochgelegenen Dörfchen St. Silvester lebte vor einigen Jahrzehnten ein heiligmässiger Kaplan, Neuhaus mit Namen; das Volk heisst ihn kurzweg «Husli». Er stammte aus Oberschrot, war später Pfarrer in Jaun, nachher Kaplan von St. Silvester. Seine letzte Ruhestätte ist in Giffers, wo er starb. Wegen seines tugendhaften Lebens und seines leutseligen Wesens wurde er bald in der weiteren Umgebung bekannt. Der Kaplan war sehr mildtätig gegen die Armen, denen er alles verschenkte, während er sich mit einem fadenscheinigen Talar begnügte. Um die Gestalt dieses musterhaften Priesters hat sich ein blütenreicher Sagenkranz gebildet, ein beredtes Zeugnis seiner Volkstümlichkeit. Diese Sagen setzen ihm gleichsam ein geistiges Denkmal beim Volke, in dessen Gedächtnis der fromme Husli lebendig weiterlebt. Der unscheinbare Pfarrer hatte manchmal die Spottreden seiner Mitbrüder ruhig ertragen und ihre Geringschätzung ihm gegenüber geduldig hingenommen. Dafür wollte er ihnen einmal einen harmlosen Streich spielen. Einst versprach er ihnen bei einem Patronsfest, nach der Mahlzeit ein Kunststück zu zeigen. Er liess sich einen «Chriesenchratten» (geflochtener enger Korb zum Kirschenpflücken) geben. Mit demselben ging Husli hinaus zum Brunnen und füllte ihn voll mit Wasser. Solcherart trug er das sonderbare Wassergefäss zu den Herren in die Pfarrstube und stellte es mitten auf den Tisch vor die verdutzten Zuschauer. Kein einziger Tropfen drang durch die Löcher des Körbleins auf den Boden. Husli forderte die Anwesenden auf, den Weidenkorb wegzuheben. Doch ungeachtet des Zuredens des Wundermannes wagte keiner, den Korb vom Platz zu entfernen, aus Angst, dadurch das Wasser zu verschütten. Mancher Mitbruder dachte in ehrfürchtigem Staunen: «Der Pfarrer im fadenscheinigen Talar kann mehr als der gelehrte Priester im feinsten Talar.» Husli war zufrieden mit der gelungenen Überraschung. Er nahm den Weidenkorb weg und schüttete das Wasser aus. Nachher empfahl er sich und trabte gemächlich seiner Pfarrei zu. Von demselben Tage an brauchte er die Schadenfreude oder geringschätzige Beurteilung nicht mehr zu fürchten. Um so mehr verbreitete sich der Ruf seines heiligmässigen Lebens in der ganzen Gegend.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Pfarrer Josef Alfons Imhof in Sisikon (1798 †)

Source: Pfarrer Josef Alfons Imhof in Sisikon (1798 †)

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Ja, der Pfahr Imhof, das isch ä frommä, heiligmässigä Geischlächä gsy. Är isch zerscht z'Schattref Hälfer gsy und isch vo dert, äs mag eppä hundertfifzg Jahr sither sy (1765), uf Sisigä chu als Pfahr. Und de isch-er z'erscht uff d'Gschauwi chu. Damals isch der Pfahrhof de fryli nu äs wüeschts, eländs Husli gsy, nid äsonnä Palascht wiä jetzä. Vorem Husli syg-em äs Unghürli bigägnet. Aber er häig das wüescht Husli nytt gschochä und das Unghürli au nytt. Das Unghürli heig-er z'obrisch i ds Husli ufäpahnet und speeter erleest. Z'ersch hennt-s'-ä furchtbar ghasset, d'Sisiger dänket! Blutternackt sind-s-em a dä Huswände nah ufäkräsmet, und i Kilä-n-innä sind-s'z'hinderfür innägstandä mit Chörbä-n-am Riggä. Aber äs isch bald usschu, was firnä frommä Pfahr dass d'Sisiger heiget. Damals isch z'Lauwerz im Kanton Schwyz ä Miller gsy, und dem sy Frau isch bsässni wordä vommänä Trunk nachä. Und darnah sind-s immänä Schiffli midärä chu bis uff Sisigä, und är het diä Frau doch entlediget. Zum Dank hed-em duä der Miller ä Mütt Mehl gschickt, i weiss nytt, weevel dass das isch. Aber är het das Mähl annärä-n-armä Witfrau gschänkt, wo damals i dem Hus gsy isch näbem Pfahrhof. Das isch ä Schwanderi gsy, ds Seebis Babä hennt-s-ärä gseit, isch mys Grossvaters Schwester gsy. (Erzählerin Schwander Mary-Seppi, von Sisikon, 75 Jahre alt, die seit 1765 alle Pfarrherren von Sisikon auswendig kannte und von jedem noch das eine oder andere Histörchen zu erzählen wusste, ein wunderliches altes Meitli.) Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Pfarrer Jsenmann

Source: Pfarrer Jsenmann

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von Schattdorf († 1775) wurde einst nach Attinghausen berufen, um ein Gespenst aus einem Stall zu bannen. Er ging, und als er vor der Stalltüre stand, fragte er den Ministrant, der das Weihwasserkesselchen trug, ob er das Gespenst auch sehen möchte. Der sagte: »Ja«, und da kam das Gespenst unter der Türselle heraus. Das sah aber so schrecklich aus, dass sich der Knabe seiner Lebtag nie mehr erlachen mochte. – Das het dr Weibel Walker mängisch v'rzellt. Katharina Gamma, 60 Jahre alt. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Pfarrer Kronig in Randa

Source: Pfarrer Kronig in Randa

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Im Hotel Weisshorn in Randa geisterte es früher. Da war einst eine stumme, ältere Frau gestorben, die vor ihrem Tode der Kirche eine Wiese vergabt hatte, damit für ihr Seelenheil gebetet wurde. Die Erben dachten aber, diese Frau brauche das Gebet nicht mehr, sie habe im Leben ja nicht viel Böses getan. Und sie behielten das Gut für sich. Aber da begann es jeden Abend in einem Hotelzimmer zu jammern. Das wollte nicht aufhören, bis man den Pfarrer Kronig aus Zermatt kommen liess. Er sah den Schatten, sprach mit dem Geist und befahl den Erben, sie sollten die Sache in Ordnung bringen. Der Geist habe gedroht, wenn man ihm das Gebet nicht nachschicken wolle, werde er sich dann anders bemerkbar machen. RANDA Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Pfarrer Strübins Schimmel

Source: Pfarrer Strübins Schimmel

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Hie und da soll man einen Schimmel den steilen Weg gegen das Pfarrhaus hinauf traben und dort verschwinden sehen. Auch im Pfarrhofe höre man zuweilen Pferdegetrappel, sehe aber kein Tier. Es heisst, das sei ein früherer Pfarrer Strübin, der auf seinem Schimmel reite. Dieses Tier galt ihm zu seinen Lebzeiten mehr als die Armen seiner Gemeinde. Als zur Zeit einer Teuerung die Basler Regierung eine Mehlspende für die Bedürftigen an ihn abgehen liess, behielt er das Mehl für sich und fütterte damit seine Haustiere. Auf dem Totenbett habe er seinen Schimmel noch einmal sehen wollen Man führte ihn durch einen breiten Gang unter die Türe des Sterbezimmers, so dass er von ihm Abschied nehmen konnte. Bubendorf Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Pfarrer Strübins Schimmel

Source: Pfarrer Strübins Schimmel

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In Bubendorf soll man hie und da einen Schimmel den steilen Weg gegen das Pfarrhaus hinauftraben und dort verschwinden sehen. Auch im Pfarrhofe höre man zuweilen Pferdegetrappel, sehe aber kein Tier. Im Volke heisst es, das sei ein früherer Pfarrherr mit Namen Strübin, der auf seinem Schimmel reite. Dieses Tier galt ihm bei Lebzeiten sehr viel, mehr als die Armen seiner Gemeinde. Denn, als zur Zeit einer Teuerung die Basler Regierung eine Mehlspende für die Bedürftigen an ihn abgehen liess, behielt er dieses Mehl für sich und fütterte damit seine Haustiere. Man erzählt auch, dass derselbe Pfarrer auf dem Todbette seinen Schimmel noch einmal sehen wollte und dass man das vertraute Tier durch einen breiten Gang unter die Türe des Sterbezimmers geführt habe, damit der Pfarrer von ihm Abschied nehmen konnte. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Pfarrer und Zauberei

Source: Pfarrer und Zauberei

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Pfarrer Murer (Franz Aufdermauer, 1830–1851 Pfarrer in Sisikon) konnte einen Brand ohne Wasser löschen. Einmal entstand hoch oben an der Fronalp, etwa zwei Stunden ob Sisikon, ein furchtbarer Waldbrand. Das sah Pfarrer Murer und lief eiligst vor den Pfarrhof hinaus, und mit einem rinnenden Handbräntli (mid-ämä grinnädä Handtaussli) löschte er von hier aus den Waldbrand. M. Josefa Aschwanden, 75 Jahre alt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Pferdehuf und Geissfüsse

Source: Pferdehuf und Geissfüsse

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Der Teufel hat einen Pferdehuf. Einen solchen hat er als Malzeichen einem Felsen auf der Trübseealp in Nidwalden eingeprägt. Aber auch mit Geissfüssen wurden er und seine Helfershelfer gedacht. Als 1798 die ersten Franzosen nach Hergiswil im Kanton Luzern kamen, schauten manche ihnen zuerst auf die Füsse, weil gesagt war, sie hätten Geissfüsse. Auf Hexensteinen sind die Fussmale hufartig oder sehen Geissfüssen und Klauen ähnlich.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Pfingstarbeit

Source: Pfingstarbeit

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Es war Pfingsten, als auf dem Meere ein plötzlicher, heftiger Sturm entstand und das Schiff jeden Augenblick zu verschlingen drohte. Alle zitterten, weinten und schrien durcheinander, denn jedermann meinte, sein Leben sei verloren. Da fragte ein Kapuziner auf dem Schiffe, ob jemand heute gearbeitet habe. Es stellte sich ein Fraueli und bekannte, äs häig äs Häftli an-nes Gstältli (Mieder) b'biëtzt. – »Werfet das Gstältli sofort in das Meer!« befahl der Pater. Das Fraueli gehorchte. Sofort fuhr der Blitz in das fluchbeladene Kleidungsstück und bohrte es in den tiefsten Grund des Meeres, der Sturm hingegen legte sich. Diese Geschichte hat meinem Gewährsmann jemand erzählt, der sich an jenem Pfingsttage auf dem Schiffe befand und den Sturm miterlebte. Sie wird auch vom Muttergottestag zu Mitte August erzählt. (Übrigens scheint die Sage sehr verbreitet zu sein, z.B. im Kt. Luzern, im Grossherzogtum Baden.) Jos. Ant. Imhof; Frau Wipfli-Herger u.a. Die Pfingstfeiertage seien die höchsten Feiertage des ganzen Jahres, behaupten dann und wann alte Leute. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Pilatus und Domini

Source: Pilatus und Domini

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a) Südwestlich von der Stadt Luzern, nach Unterwalden hinein, erhebt der Pilatusberg, voll wilder Schönheit, vielzackig und zerklüftet wie er ist, bis 6700 Zoll ( = 2119 m) empor seine höchste Zinne, welcher nach Osten und Westen hin andere zur Seite stehen, fast jede eigentümlich in Form und Sage. Je von einer Seite gesehen, gestalten sich für die Fantasie die Kontouren dieses Berges leicht zu irgendeinem menschlichen Haupt oder Antlitz aus. Für solche Naturspiele hatten schon die Alten ein offenes Auge. Von Hergiswil, am freundlichen Gestade des Vierwaldstättersees, führt neben dem Brunni vorbei durch Wiesen-, Hochwald-, und Alpen-Region ein neugebahnter Weg auf Kalksteingeröll über Risinen und Runsen an die nackten Felsenwände heran, die einem mit Absturz zu drohen scheinen. Da siehst du oberhalb von dir zur Linken denTellenpfad und gelangst endlich nach etwa dreistündigem Steigen hinauf, wo am Klimsenhorn seit 1858 Kapelle und Gasthof für Seele und Leib Erquickung gewähren. Und weiter führt, den Felsen abgetrotzt, ein Pfad über schauerlich-schöne Stellen dich den Grat hinauf zum Chriesiloch, eigentlich Kriechloch, am „Oberhaupt" vorbei zur höchsten Spitze, die vermutlich es sich hat müssen gefallen lassen, dass ihr eigentlicher und bedeutsamer Name Esel in eine weichere zwar, aber sinnlos abweichende Form gebracht worden ist. Da droben spielt jetzt freudig bei gutem Wetter die eidgenössische Flagge mit dem nie ruhenden Winde. Diese obersten Reviere des Bergstockes hat man einst als Tummelplatz böser, gespenstiger Wesen angesehen. N. Cysat, der über die Fabel vom Pilatussee seinen Spott ausgoss, glaubte gleichwohl, dass dieses Gebirge rau und  wild sei, mit bösem tüflischem Gespenst- und Geisterwerk gut besetzt und erfüllt. Nicht selten, erzählt er weiter, stürmen die Ungeheuer nachts vom Tal herauf über alle Höhen und Gipfel mit grausamem Geschrei wie eine Windsbraut oder wie viele Geschwader Reiter und Reisige daher, so dass das Erdreich weit und breit dröhnt und erbebt. Die Leute aber dünktes dann als würden sie samt Scheunen, Gaden, allen Gebäuden und dem Vieh weggetragen. Er selbst habe anno 1565 solches erlebt. Dennoch haftet die eigentliche Pilatussage nicht hier oben an den höchsten Höhen des Berges. Schaue gegen Mitternacht über die schroffen Wände, Schründe und Steinfelder hinunter ins stille, anmutige Eigental, das seine grünen Weiden sonnig um seine Marienkapelle herum auseinanderfaltet. Bist du etwa über die halbzerstörte Chastelen, wo jener Zwerg dem reichen, geizigen Vetter es gründlich verleidet hat, gegen arme Notleidende herzlos und kalt zu spotten, hinuntergelangt in jenes Tal, das der Rümlig nicht immer so harmlos durchmisst, so weiss dort jeder Älpler dir den Weg in die Bründlenalp zu schildern. In südwestlicher Richtung windet er sich auf einem Rasen voll würziger Kräuter, denen der verpönte Eisenhut gerne Gesellschaft leistet, höher und höher, beim Kaltwehbrunnen, wenn du willst, vorbei und setzt über den jungen Rümligbach hinüber. Wüsste manch einer, ob etwa hier jener Quecksilberborn verborgen liege, den Schmid Dub von Luzern zwar entdeckt, aber die Kunde davon aus Gram über erlittene Engherzigkeit, wie man so sagt, ins Grab als Geheimnis mitgenommen hat, wie eifrig würde Meister Sepp Gernreich sich tagelangem, mühseligem Suchen unterziehen und überdies noch einen guten Teil der Nacht mit Kopfbrechen sich abgeben. Nach einem Steigen von etwa 1 - 1 1/2 Stunden über Eigental hinauf gekommen, hat mein Freund die von Felstrümmern übersäte Bründlenalp erreicht. In der Sennhütte erquickt die frische Alpenkost. Da starren nach der Sonnseite hin die Felsenwände steil empor, zumal dort die beinahe senkrechte Fluh, auf welcher das Widderfeld sich lagert und an deren Vorderfläche das Dominiloch sich öffnet. Steigest du von der Bründlenalp gegen Sonnenaufgang über Wasserrunsen und Schafweiden, so stehst du nach 1 1/2 Stunden am felsigen Gemsmätteli. Allein gegen Niedergang der Sonne erst bergwärts, dann durch Wald und Bergmoor, und - wir sind in der Oberalp, unserm Ziele, nämlich an der sagenberufensten Stätte des Gebirges, wo früher im dunkeln Tannengehölz, von Felsen dort, und hier von einem natürlichen Erdwalle überragt, der finstere Pilatussee, die Hölle des gottesmörderlichen Richters, als sumpfige, mit Rohr umwachsene und eingezäunte Lache dalag. Abgegraben, bringt er es jetzt bei der Schneeschmelze nur kümmerlich noch zu einer Pfütze. Zwischen Widderfeld und Tomlishorn in der Tiefe liegt die Tommlialp. Südlich vom Widderfeld grünt die Birchbodenalp in der Nachbarschaft der Musflue. Auf dem Mittagsgüpfi ist jener Gnepfstein, der in der Sage, zumal für die Bestimmung ihres Alters, eine nicht unbedeutende Stellung hat. Wenn vor zweitausend Jahren und früher noch der Kelte drüben auf den lichten, frohmütigen Höhen des Lindenbergs oder an den schönen Berghalden am Sempachersee seine Blicke schweifen liess, so hatte er immer und immer wieder den majestätischen Pilatus vor sich. Nun weiss man auch, wie jenes Volk, dessen Herkunft aus Asien niemand mehr bestreitet, dem Berg- und Höhenkultus ergeben war und in welchem Zusammenhang dieser mit dem Sonnendienste hing. Man müsste es daher beinah' als Ausnahme von der Regel bezeichnen, wenn die ersten Bewohner unseres Landes, wenn die Nachbarn des Berges ihm nicht ihre Verehrung gezollt und der Wunder sie nicht gestochen hätte zu sehen, was denn da oben vorhanden sei. Vermutlich hat der Gnepfstein solchen Besuchen von Kelten seine Errichtung zu verdanken, denn nach der Beschreibung, die Capeller von ihm gegeben hat, erinnert er ganz an jene Art keltischer Steinsetzungen, die man Schwungsteine nennt, weil kolossale, schwere Steine so auf ihre spitze Unterlage gestellt sind, dass sie mit leichter Mühe in schaukelnde Bewegung gesetzt und tönend gemacht, aber nur unter vereinter Anstrengung vieler aus ihrer Lage gebracht werden können. Doch lauschen wir dem altväterischen, heimeligen Sagenmund, dem bis jetzt als ältesten bekannten Zeugen von der ursprünglichen Pilatussage aus unserer eigenen Gegend. Wir hören eine vierhundertjährige Stimme.   Was man ehedem in Luzern von Pilatus wusste Nachdem der Verruchte (Pontius Pilatus, ehemals römischer Statthalter in Judäa) im Gefängnis zu Vienne in Frankreich sich selbst entleibt hatte, wurde seine Leiche und sein unseliger Geist in diesen Berg, welchen man damals für die gräuslichste Wildnis und Wüste in Europa hielt, zu ewigem Leiden hingebannt. Auf einer Bergspitze, die man das Mittagsgüpfi nennt und gegen Entlebuch hin sich erhebt, da thronte der gottverlassene Sünder. Thronte wie ein Beherrscher des Reviers weitumhin und hatte die Macht, von der Kanzel, einem Felsenvorsprung aus, furchtbare Gewitter zu erregen. Als grauenhaftes Gespenst schreckte er auf dem Berge hin und her Menschen und Tiere. Endlich kam ein fahrender Schüler, der es unternahm, den bösen Geist zu beschwören und den vielgeplagten Leuten Erleichterung zu verschaffen. Er bestieg das Güpfi, wo der Unhold, wie von einer Warte herab, die Gegend durchspähte und begann allda wider das Gespenst seine Exzorzismen. Es war eine heisse Arbeit, der Felsen sogar wurde unter seinen Füssen schwankend und ist es geblieben bis auf den heutigen Tag. Das ist der Gnepfstein. Da nahm er einen festen Standpunkt ein und zwar auf dem Widderfeld, über dem Dominiloch. Was es da gegolten habe, das kann man ahnen, wenn man sieht, wie für ewige Zeiten die Rasendecke da, wo er stand, in einer viereckigen Fläche versengt ist und der nackte Fels zu Tage tritt, während ausserhalb dieser Stelle das Gras noch wächst. Endlich gelang dem Zauberer die Beschwörung und der Geist ging einen Pakt mit ihm ein. Er sollte fortan nur noch im See seine Behausung haben, wo ihm aber geflissentlich niemand die Ruhe stören dürfe. Zur Wasserfahrt gab ihm der Schüler einen Dämon in Rossgestalt mit. Das Tier schlug unweit vom See seine halbmondförmigen Hufe so stark in den Felsen ein, dass man jetzt noch die Spuren davon zeigen kann. Einmal nur im Iahreslaufe durfte Pilatus aus der Tiefe steigen und auf der Mitte des Sees weilen. Das geschieht am Karfreitag, da der Gottesmord vollbracht wurde. Dann, wann in der Kirche die Passion gesungen wird, sitzt er in Amtstracht auf seinem Richterstuhle da, Haar und Bart stiessen eisgrau von Haupt und Antlitz herab. Mit Leuten, die frech und vorwitzig genug zu dieser Stunde an den See gekommen, soll er geredet und ihnen schädliche, gefährliche Dinge anempfohlen haben. Doch wer ihn sah, überlebte selbes Jahr nicht mehr. In einer andern, kleinern, nahegelegenen Lache hatte Pilati Frau ihre Wohnung. Der verbannte Geist verhielt sich ruhig, wenn er nicht mutwilliger Weise gereizt wurde, sei es durch Zuruf oder Hineinwerfen von Gegenständen in den See. Geschah aber solches, oder rief man etwa: „Pilat wirf us din Kath“ nun, da brauste er auf mit aller Macht und rächte sich mit Sturm, Unwetter und Ueberschwemmung. b) Vom Domini In der Fluhwand unter dem Widderfeld, wo der fahrende Schüler den Pilatus zu bannen vermochte, über der Frostaffel, tieft sich eine Höhle aus, deren Eingang, wie es dem entfernten Auge vorkam, ein seltsames Steinbild hütete, „Domini", oder „unser Cornel" genannt. Es ist, als ob ein Mann mit gekreuzten Beinen, die Arme auf einen Tisch lehnend, dastehe, von Zaubermacht wie versteint. Die nähere, 1814 ausgeführte Untersuchung hat weder von einer künstlichen Statue, noch von einer tiefen Schatzhöhle etwas entdecken können. Verschiedene Sagen und Deutungen schliessen sich an dieses Naturspiel an. Man vernimmt: a)       Römische Soldaten, welche desertiert und sich hierher geflüchtet hätten, seien      die Bildner dieses Steins gewesen. Das war wohl mehr gelehrte Vermutung als Volkssage. b)      In der Höhle ist ein unermesslicher Schatz von Gold und Silber. Domini, wegen        seinen Verbrechen verwünscht und versteinert, muss ihn so lange hüten, bis    jemand die rechte Beschwörung findet, die ihn zur Herausgabe zwingt. Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Pilgerruh

Source: Pilgerruh

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Wer heute mit der Eisenbahn durch das Homburgertal hinauffährt, dem wird unterhalb Rümlingen am jenseitigen steilen Talabhang ein festes Gebäude auffallen, das Gehöft «Pilgerruh». Dieses Gebäude blickt auf ein ansehnliches Alter zurück. Denn es wurde lange vor der Bahn erbaut. Im 17. Jahrhundert hat ein Basler Herr auf der Flur «Ärgeli» dieses weithin sichtbare Haus erstellen lassen. Dessen Fundamente, die am Grunde 12 Meter dick sein sollen, reichen bis auf die Strasse hinunter. Das Haus sollte den Reisenden dienen. Dort fanden sie nach Bestimmung des Erbauers jederzeit ein gastliches Obdach. Der jeweilige Pächter des Hofes musste alle Wanderer beherbergen. Dafür war er von der Entrichtung eines Pachtzinses befreit. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Pisür, der grosse Räuber im Pfinwald

Source: Pisür, der grosse Räuber im Pfinwald

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In dem von jeher berüchtigten Pfinwald wohnte lange Zeit ein grosser Räuber mit Namen Pisür. Seine Wohnung soll er beim sogenannten Berüschohubel aufgeschlagen haben. Tagsüber verkehrte er freundlich mit den Leuten, ganz besonders mit den nahe wohnenden Salgeschern, denen er sogar die Gastfreundschaft zur Schau trug. Brach aber die Nacht heran, dann lauerte er bei der unheimlichen Pfinwaldstrasse dem unglücklichen Wanderer auf, tötete ihn, beraubte ihn und begrub dann den Leichnam in einem abgelegenen Winkel des Waldes. Mit diesem Pisür soll nun ein gewisser Mathier aus Salgesch so intim gewesen sein, dass Pisür sogar Gevattermann dieses Mathier wurde. Mathier pflegte, gegen die Sitte seiner Ortsleute, immer sehr frühe in die Pfinwaldgärten zu gehen. Selbstverständlich machte Mathier seinem Gevattermann jedesmal einen Besuch. Auf einen kühlenden Tropfen Wein konnte Mathier immer rechnen. Leider wiederholte sich diese Visite allzu oft und allzu früh. Pisür musste zweifelsohne bei dieser Morgenfrühe an einer Arbeit sein, die er ungestört verrichten wollte. Als Mathier einmal wieder so früh kam, sagte Pisür wild zu ihm: « Komme mir nicht mehr so früh, sonst fehlt es dir einmal!» Mit diesen Worten lud er ihn wie gewöhnlich zum Schoppen ein. «Nun trinke», sagte der Räuber, nachdem er einen grossen Krug gefüllt hatte. «Herr Gevatter», sagte Mathier, der merkte, dass heute anderes Wetter sei, «der Krug liegt in guter Hand, trinken Sie heute einmal zuerst.» Wie der Räuber den grossen Krug zum Munde führte, schlug ihm Mathier mit seinem Stocke den Krug ins Gesicht, dass Pisür umfiel. Mit Blitzesschnelle eilte Mathier aus dem Keller, bestieg sein Ross und ritt dem Dorfe zu. Kaum hatte Mathier die sogenannte Profenschingscheune hinter sich, da sah er Pisür auf einem schwarzen Bock schon ganz nahe. Zwei, drei Sätze noch, und Mathier fühlte, wie mit einem Säbelhieb der linke Flügel seines Rockes davonflog. Es wäre um ihn geschehen gewesen, hätte er nicht Leute um Hilfe gerufen. Auf das Erscheinen der herbeieilenden Arbeiter verschwand Pisür. Dieser Mann musste beseitigt werden. Aber wie? Man kam überein, bald ein Gemeindemahl zu veranstalten und ihn dazu einzuladen. Damit er ja nichts merke, dass man etwas im Schilde führe, bat man ihn, seine Dienstmagd als Köchin kommen zu lassen. Dankend nahm er von der Abordnung die Einladung an und gewährte zugleich die Bitte, die Magd als Köchin ziehen zu lassen. Man besprach sich mit der Köchin, die den Plan der Leute begünstigte. Sie verriet, dass er, solange er mit den Füssen den Boden berühren könne und mit zwölf Messern bewaffnet sei, unüberwindlich bleibe. Der Tag kam. Alles war im Gemeindehause versammelt. Als Ehrengast nahm Pisür den Ehrenplatz ein, nahe um ihn hatten zwölf der stärksten Salgescher Platz genommen. Während des Essens fehlte dem einen oder andern Salgescher, der absichtlich später kam, das Tischmesser. Deshalb trat bald der eine, bald der andere Bediente zu Pisür hin mit dem Gesuche: «Es fehlt uns ein Messer, könnten Sie uns vielleicht mit einem dienen?» Als man so das letzte Messer ausgelockt hatte, sprang man auf ihn los, packte ihn, ohne ihn Boden berühren zu lassen, und trug ihn aus dem Gemeindehause. Auf einem bereitgehalten Wagen führten sie ihn nach Sitten, um ihn da der Gerechtigkeit zu überliefern. SALGESCH Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Poltergeist

Source: Poltergeist

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Ein solcher zeigte sich früher in einem wohlbekannten Hause. In Advent und Fronfasten hörte man sein Gepolter oft. Es war, als ob man schwere Gegenstände herumwerfe. Beim Füttern erschien er oft im Stall und glotzte den Bauer an. Ein Geistlicher konnte ihn bannen. Zu diesem Zwecke wurde ein Totenkopf aus Stein gehauen und ins Haus gebracht. Der Geist erschien seither nie mehr. Es wird eine arme Seele gewesen sein, die ihrer Erlösung harrte. A. Sprenger.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 28, S. 17 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Poltergeist auf'm Hanig

Source: Poltergeist auf'm Hanig

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Auf dem Hanig, der Grächer Alpu, soll es selbst, wenn d's Senntum-Veeh da g'si-n-ist, dum Sennu und Hirt oft der Bozo gmacht hä. Eine, der da Hirt g'si ischt, hät mer ämal erzählt: I weiss nit, ob all's wahr ist, was mu da van-nu Bozu gihzält hät; aber am-mal das tuot mer niemu usredu, da hei wer's, ich und der Sennu guot g'hert. Z'allererst häts in-ner Nacht immer appas umpha grumplot; bald hät's an-ne G'schirru, bald am Senntum-Chessi, wie mit-am chleinu Hammerli umhag'klopfot. Z'letzt is under d's Veeh g'ratu, so dass'sch heint ang'fangu brüllu und lärmu, as we All's unter und über an andere füehri. Da hät d' Senni vor Zoru an Agsch ergriffu und ist vor du Stall glüffu, und g'schworu und g'fluochot, dass mars recht gigruset hät. - D's Betu, hät's g'rüeft, hilft hie glaub ich nit; ist-der aber z'helfu, und we's mih all's chostoti; is-der aber nit z'helfu, so träg dich der lebendige Tüfol uf d'unterst Hellblata, damit wir hie Ruo und Fried vor dir hei! Da si's vor ihm verbi g'fahru, wie an g'fürige Liechtstock. Aber des Abendsch hei-wer duo am-mal doch Fried g'häbet.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Poltergeister in Surava

Source: Poltergeister in Surava

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In Surava steht ein Haus, in welchem Nachts kein Feuer brennt. Derjenige, welcher in diesem Hause übernachten will, hört, in dem an­stossenden Gemache des Zimmers, wo er zu ruhen hoffet, bis am Morgen Holz spalten. Und es kann ihm nimmer gelingen, Feuer oder Licht zu machen. Will er auf der Ofenbank ruhen, wird er von derselben herabge­worfen. - Pfannen und Kessel, welche Niemand als Eigentum anzusprechen wagt, werden hin und her geschlagen. - Im Zimmer selber entsteht um Mitternacht solch ein Lärm, als hätten alle bösen Geister hier sich besam­melt, zum Sabbate, - und auf Gängen und Treppen handtieren Geister mit nachschleifenden Ketten, hin und her, und auf ab, - bis am hellen Morgen. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Postkutsche zu Endingen

Source: Postkutsche zu Endingen

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Alljährlich gegen die heiligen Tage kommt durch das Dorf Endingen Nachts eine prächtig aufgerüstete Kutsche gefahren. Sie kommt durch die Weidgasse, geht durch den Bach und in jenen Dorftheil, welchen man die Ruesse nennt. Vier Schimmel sind vorgespannt, sie fährt gänzlich geräuschlos und heisst gemeinhin die Postkutsche. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 109 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Priester zum Hexentanz entführt

Source: Priester zum Hexentanz entführt

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Zu den Zeiten Maximilians des Ersten lebte in den rhätischen Alpen ein gar frommer und gottesfürchtiger Priester. Der wurde eines Abends gerufen, einem fernwohnenden Kranken die Wegzehrung zu bringen; damit er nun um so schneller den Weg zurücklegen möchte, schloss er die Hostie in ein Büchschen, hing das an den Hals und bestieg ein Pferd, welches einen guten Trab ging. Als er so ein Streckchen geritten war, da kam ihm Einer entgegen, der lud ihn ein, von dem Pferde zu steigen und ein Schauspiel zu schauen, wunderbarer, als je etwas gewesen wäre. Der Priester war unklug und neugierig genug, der Einladung zu folgen, und stieg vom Pferde, doch in selbigem Augenblicke fühlte er sich mit dem Andern in die Luft gehoben und daher getragen bis auf die Spitze eines hohen Berges. Da sah er eine große und anmutige Ebene, beschattet von schönem Baumwerk und umgürtet mit starrenden Felsen; in der Mitte derselben tanzten unzählige Reihen, spielte man Spiele aller Art und standen mit den ausgesuchtesten Speisen beladene Tische; liebliche Gesänge tönten dazu und kurzum es war da Alles, was nur eines Menschen Herz erfreuen konnte. Der Priester stand noch ganz stumm darob, als der Geleitsmann wieder zu ihm trat und ihn fragte, ob er nicht der Königin seine Verehrung und ein Geschenk darbringen wolle? Die Königin nämlich saß auf einem hohen und prächtigen Thron und war schön und wohlgebildet über die Maßen. Alle nahten ihr nach der Reihe, warfen sich vor ihr nieder und reichten ihr ein Geschenk. Der Priester dachte bei sich, das könne Niemand anders sein als Christi Mutter, die benedeite Jungfrau Maria, und der könne er kein lieberes Geschenk bringen, als ihres lieben Sohnes heiligen Leib. Als nun die Reihe an ihm war, da trat auch er gar demütig vor ihren Thron und legte ihr das Büchslein mit den Hostien auf ihren Schoß, aber in demselben Augenblick verschwand sie mit den andern Allen und den Priester umgab dickes Dunkel. Er rief Gottes Hülfe um Beistand an und suchte sich mit vieler Mühe einen Weg durch Wälder und Büsche und fand nach langem Wandern einen Hirten, von dem er erfuhr, dass er über hundert Meilen von dem Orte entfernt sei, wohin er die heilige Wegzehrung hätte bringen sollen. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Prinz Karli

Source: Prinz Karli

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Vom Rothorn und der Änziflue her ertönt ins Luzernergäu hinaus zu gewissen Zeiten ein dumpfes, Kanonenschüssen ähnliches Donnern, das die Leute um Dietwil Rothhornschiessen nennen und so erklären: Prinz Karli exerziere mit seiner Armee im Berge und wenn der Antichrist komme, so gehe auch er mit seinen Soldaten aus dem Schosse des Berges hervor, streite gegen denselben und werde ihn überwinden.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Prinz Ludwig

Source: Prinz Ludwig

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Es war ein Vater, der hatte zwölf Söhne. Der Jüngste hiess Ludwig. In jenem Land stand ein Schloss, und dort wohnte eine alte Frau, die konnte auf alle Arten zaubern. Sie hatte viele schöne Burschen verzaubert. Der junge Prinz wollte alle erlösen, die die Alte verzaubert hatte. Er ritt mit seinem Pferd zum Schloss hinauf und stellte es in den Stall. Dort hörte er es rufen: «Prinz Ludwig.» Er schaute um sich und sah niemanden. Und es rief noch einmal. Der Prinz wandte sich zu einem Schimmel, der dort in jenem Stall war, und fragte: «Sprichst du mit mir?» Der Schimmel bejahte und sagte, er solle tun, was er ihm auftrage. Ludwig versprach das. Der Schimmel fuhr weiter: «Zuerst sollst du dein Pferd füttern, dann sollst du hinauf zum Abendessen gehen. Dann kannst du ins Bett gehen, aber während der Nacht kommen zwölf Schlangen, sechs von der einen und sechs von der andern Seite. Die werden dir nichts tun, nur eine unerhörte Kälte ausströmen.» Als er zu Abend gegessen hatte, legte er sich schlafen. Es ging nicht lang, und die zwölf Schlangen erschienen. Sechs krochen auf die eine Seite, sechs auf die andere. Allmählich bekam unser Prinz Ludwig kalt und zitterte wie Espenlaub. Irgendwie ging die Nacht vorüber. Er hatte die Kälte aushalten können. Am Morgen ging er nüchtern zu den Pferden hinunter. Der Schimmel sagte, er solle essen gehen, dann wollten sie spazieren reiten. Als der Prinz vom Morgenessen zurückkehrte, hiess ihn der Schimmel, er solle sich auf ihn setzen, und sie ritten plaudernd aus. «Wenn du es drei Nächte aushalten kannst, sind wir gerettet», sagte der Schimmel, «und jeden Morgen kommst du nüchtern zu mir herunter.» Plaudernd kamen sie zu einer Wirtschaft, wo ein schönes Mädchen war. Ludwig ging zu ihr hinein. Darauf nahm er seinen Schimmel und ritt nach Hause, ass zu Abend und ging ins Bett. Wieder erschienen die zwölf Schlangen und legten sich, auf jeder Seite sechs, neben ihn. In jener Nacht musste er eine noch grössere Kälte aushalten als in der ersten. Am Morgen ging er nüchtern in den Stall hinunter danach ass er, weckte das Pferd, und sie ritten wieder spazieren. Sie kamen wieder zu jener Wirtschaft, und er ging wieder zu jenem Mädchen. Langsam ritt er dann nach Hause, ass zu Abend und ging ins Bett. Der Schimmel sagte, es würden diese Nacht vierundzwanzig Schlangen kommen, und wenn es möglich sei, solle er es aushalten. Unser Prinz Ludwig hatte mehr als genug von der letzten Nacht, aber er hielt es aus. Am Morgen ass er, bevor er in den Stall hinunterging. Als er den Saal betrat, war für vierundzwanzig Prinzessinnen aufgetischt. Als er gegessen hatte, ging er hinunter und knöpfte sich die alte Zauberin vor, und die musste alle Pferde erlösen, die im Stall standen. Als der Schimmel erlöst war, war es ein schöner Jüngling, und er sagte zu Ludwig, unter jenen vierundzwanzig Prinzessinnen könne er jene auswählen, die ihm am besten gefalle, aber er machte sich nicht viel daraus. Nun denn, er ging dann zu dem Mädchen in der Wirtschaft, und die gab ihm ein schönes Tischtuch und sagte, wenn er dieses ausbreite, könne er sich wünschen, was er wolle. Alles werde darauf erscheinen. Jenes Mädchen gebar dann einen Knaben. Er ging nach Hause und bekam Streit mit seinen Brüdern. Die packten ihn und warfen ihn in eine Grube, wo zwölf Löwen drin waren. Aber er breitete jenes Tischtuch aus und wünschte zwölf Schinken für die Löwen, und die taten ihm überhaupt nichts. Jene junge Frau liess ihm oft ausrichten, er solle jetzt kommen und sie heiraten. Jedes Mal ging einer der Brüder hin. Und sie fragte jedesmal ihren Sohn, ob das der Vater sei, aber der wollte von denen nichts wissen. Am Ende wurde sie wütend und sagte, wenn sie nur die Knochen von ihm bringen würden, wäre sie zufrieden, sonst liesse sie alles in Feuer und Flammen aufgehen. Die Brüder sagten zueinander: «Ah, da ist nichts zu machen, gegen die kommen wir nicht auf.» Sie gingen dann in den Wald, schauten in die Grube und riefen, er solle jetzt kommen, sonst kämen sie alle ums Leben. Es wäre ihm gleich, wenn sie ums Leben kämen, doch wegen der Frau wolle er kommen. Zuerst liess er die Löwen hinaufziehen. Die liefen ihm nach wie Hunde. Als er zu dem Knaben kam, sagte dieser, ja, das sei der Vater. Sie hielten Hochzeit, und er war seiner Frau ein guter Mann, und der Knabe spielte mit den Löwen. (Schams)   Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Prophezeiung

Source: Prophezeiung

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Prophezeiung Eine alte Frau zu Brütten erzählte 1917, sie wisse noch ganz genau, wie einmal zu ihrer Jugendzeit, so um die Jahrhundertmitte, ein kleiner Mann in der Stube hin und her gegangen und aus der Sibyllen-Weissagung erzählt habe: Es werde eine Zeit kommen, wo man sich mit Maschinen durch die Luft tragen lasse und die Wagen ohne Pferde fahren werden. Dann werde zu dieser Zeit, da die Weiden Rosen tragen werden, auf dem Rafzerfelde eine gewaltige Schlacht geschlagen, dass das Blut einem bis an die Knöchel reiche. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Winterthur und Weinland Gchr. Brütten 1917. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Rääbargen, Rääbargen!

Source: Rääbargen, Rääbargen!

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Jisi Möetter ischd en Haslibärgerre gsiin. Und vum Zwäärgli hed si o verzelld; äs siigi chum bbrielen: „Rääbargen, Rääbargen! Dratt wolld stärben!" Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Raben

Source: Raben

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Wenn Raben halb verhungert und nötig tuend ungescheut in Städte und Dörfer kommen, so glaubt der gemeine Mann, dass eine Teurung bevorstehe. Diese Meinung wurde 1609 und 1610 bestätigt. Denn es kam eine solche Anzahl dieser Vögel so verhungert an und setzte zumal den Jungen in den zahlreichen Storchennestern auf den Häusern der Stadt Luzern so gierig zu, dass man förmlich Jagd auf sie machen musste. Wirklich blieb auch die Not in Korn, Wein und anderem Gewächs nicht aus.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Rabi Chrischtes Sackmässer

Source: Rabi Chrischtes Sackmässer

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Rabi Chrischtes Sackmässer Dr Rabi Chrischte het z’Chrieg dinget un isch zu de Schwizer go Neapel gange. Är het schon es Zitli dienet gha; du het er ei Morge sis Sackmässer nümme gfunge. Sueche het nüt abtreit. Du het er’sch uf e Rapport gä. Aber ’s Mässer isch nid vüre cho. Wie das cho sig, möchtischt gärn wüsse. He los, uf dr Allmäng isch sälb Rung es Meitli gsi, chli-n-es lüftigs. Das het i dr heilige Nacht Sache gmacht, wo me ringer nid miech; vowäge, mi tuet si versünge, we me so öppis macht. Aber eismols isch e Soldat bim Tisch ghocket. Gli druf isch er ewägg cho. Äs het nid gwüsst: Wohär u wohi. Aber uf em Tisch isch es Sackmässer gläge; das het er Io ligge. Es paar Jöhrli später isch das Meitli z‘dürab glüffe. Du isch ihm bi dr Zähntschür e Soldat ebcho. Äs isch e Napolitaner gsi. „E min Troscht“, mach’s für ihn's sälber; äis heig ihm fei dr Ote gno, „das isch jo dä, wo i äir heilige Nacht i mim Gade ghocket isch. Heriemersch, Heriemersch, jetz söll i mit eme Napolitaner z’Chile goh!“ Wie lang dass es gangen isch, bis sie si einig worde, weiss i nid; aber es isch emel derzue cho. Einisch si sie zäme bi ‘s Meitlis Eltere bim Ässe gsi. Das Mässer, wo dr Chrischte i äir heilige Nacht im Gade het lo ligge, isch au uf em Tisch gsi. „Wohär isch das? Wie chunnt das dohäre?“ frogt dr Chrischten eismols, wie-n-er’s gseht. Demo het ’s Meitli afo lache u het dr ganz Härgang verzellt, u dr Chrischte het glost u glost u het’s nid chönne fasse u ändtlige doch müesse glaube. Wie‘s witer gange sig? He, gli druf hei si Hochzit gha. Mi cha nid säge, dass ne uberus guet gange wär, aber au nid schlächt. Alli Johr isch es Ching cho. Eso wie’s bi üserein au isch. U we’s uber Eggs geiht, speichet men am Charrli‚ bis’s nümme chiehret, u we d’Ching nohe si, lauft mängs ringer‚ u was me chum cha reise, chunnt nüschti no gäng i d’Gredi. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Rache

Source: Rache

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Es war zur Sommerszeit. Ein Bauer aus dem Oberland wanderte den Bergen zu. Er wollte auf der Muschenegg ein Rind holen, um es auf den Markt zu bringen. Wie er so ahnungslos durch den Burgerwald ging, gewahrte er plötzlich etwas ganz Seltsames. Hart am Wege stand eine mächtige Tanne, und darunter schlief im weichen Moos ein Zwerglein. Erst blieb er wie gebannt stehen, doch allmählich trieb ihn die Neugierde näher zu dem sonderbaren Wesen. Lange, und von allen Seiten betrachtete er das kleine Männlein. Nein, dass es so etwas geben konnte. Es hatte kaum die Grösse eines zehnjährigen Knaben. Aber Bart und Haare waren grau wie das Moos an den Tannen und die Stirne gefurcht wie die eines Grossvaters. Auf einmal kam dem Bauer die Lust an, das Männlein so recht zu „erchlüpfen“. Er schwang seinen knorrigen Stock und schlug scharf neben dem Kopfe des Schläfers einen kräftigen Hieb auf den Boden, dass Moos und Reisig aufspritzten. Das Zwerglein fuhr entsetzt auf, wich einige Schritte zurück, blickte seinen Plager mit zornfunkelnden Augen an und rief:  „Wart  du Grobian, du denkst noch dran.“ Und husch, husch, verschwand es im Dunkel des Waldes. Am Abend desselben Tages schritt der Bauer wieder durch den Burgerwald abwärts. An der Halfter führte er sein Rind. Es war müde und wollte nicht mehr laufen. Nur langsam kam es vorwärts. Zudem nahte ein Gewitter. Ganz dunkel wurde es im Walde, und der Donner rollte schon über die Berge. Als der Mann endlich auf die Weide hinaus kam, fielen die ersten Tropfen. Vor ihm lag eine Berghütte: Der Sonnenwilschwand. Dort suchte er Schutz. Der Stafel war leer. Der Bauer band das Rind in den Stall. Ein furchtbares Unwetter ging jetzt über die Gegend. Es blitzte und donnerte ohne Unterlass, und den Regen goss es wie ans Melchtern hernieder. Die Wildbäche schwollen zu Strömen an und stürzten donnernd zu Tal. Als die Schauer endlich nachliessen, da war es dunkle Nacht. Der Mann beschloss darum, in der Hütte zu nächtigen und in der Frühe des Morgens den Heimweg anzutreten. Auf der Bühne machte er sich im duftigen Bergheu ein Lager zurecht, und bald schlief er fest wie ein „Rone“. Mitten in der Nacht aber wachte er auf. Lachen und Schreien tönte durch das Haus, und von der Küche drang ein Lichtschein herauf. Rasch machte er sich aus dem Heu, und auf allen Vieren kroch er vorsichtig tastend bis an die Stiege, die zur Küche hinabging. Was er hier erblickte, stellte ihm die Haare auf. In der Küche wimmelte es von Zwergen. An einem Balken der Decke hing sein Rind an den Hinterbeinen, und ein halbes Dutzend der kleinen Teufel zogen ihm gerade die Haut ab. Mit einem Donnerwetter wollte er die Stiege hinunter fahren und die Schinder zur Türe hinaus werfen. Aber die Zwerge hatten ihn schon bemerkt. Sie streckten ihm die langen Metzgermesser drohend entgegen und riefen: „Komm nur!“ Was war da zu machen? Hilflos musste er zuschauen, wie die Bösewichte ihr Werk weiterführten. Mitten in der Küche aber stand der Zwerg, den er heute Morgen im Walde erschreckt hatte, und gab seine Befehle: „Herunter mit der Haut - Kopf ab - Eingeweide heraus - Vorderstotzen ausschneiden - Hinterstotzen. In kürzester Zeit war das Rind kunstgerecht in Stücke zerteilt. Gleichzeitig machten sie in der Herdgrube Feuer, hängten einen Kessel darüber und brieten eiligst das saftige Rückenstück. Dann setzten sich die Zwerge an den Tisch und hielten fröhlichen Schmaus. Gegen Ende des Mahles nahm einer eine Schüssel voll Bratenstücke, brachte sie dem Bauer, der noch immer oben auf der Stiege kauerte, und sprach: „Tä da - muescht o eppis ha.“ Aber er mochte vor Ärger nicht essen. Da zückten in der Küche drunten die Metzger wieder drohend ihre blutigen Messer. Jetzt nahm er widerwillig ein kleines, viereckiges Stücklein aus der Schüssel und würgte es hinunter. Im gleichen Augenblicke liessen die Zwerge ein ohrenbetäubendes, teuflisches Gelächter erschallen. Dann verschwand der ganze Zauber. Dunkle Nacht herrschte in der Hütte, und der Bauer kroch ins Heu zurück. Es war schon heller Tag, als er wieder erwachte. Eilig stieg er in die Küche hinunter. Aber wie erstaunte er, als hier weder Haut, noch Fleisch, noch Blutspuren von der nächtlichen Schlächterei zu finden waren. Jetzt ging er zum Stalle und stiess die Türe auf. Hah - welch neue Überraschung! Das Rindli war noch da und lebte und muhte ihm freudig entgegen. Hatte er am Ende alles nur geträumt? Er führte das Tier hinaus und visitierte es von unten bis oben. Da entdeckte er auf dem Rücken desselben ein kleines, viereckiges Loch, genau so gross wie das Bratenstücklein, das er in der Nacht gegessen hatte. Jetzt ging ihm ein Licht auf. Die Zwerge hatten ihm als Vergeltung auch einen Chlupf bereitet und zwar einen ganz gehörigen.   Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch  


by Rache der Kirschenbettlerin

Source: Rache der Kirschenbettlerin

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»Kommt heute abend zu mir, ich will Euch dann eine alte Geschichte erzählen, aber eine wahre.« Zu den Klosterfrauen kam einst zur Zeit des »Chriäsiläichs« an einem schönen Sommertag so äs Guschi, nitt gar äs grosses, mid-ämä rotä Lumpä uber dä Chopf appä, und bettelte Kirschen. Die Klosterfrauen sagten, ja ja, äs miäss scho ha; aber sy häiget Häiw ligets und miässet z'erscht das iträgä. Das Wybervolch aber zischte, äs well-ne-s de hinet scho schittä, sy miässet de käini meh gwinnä, und machte sich davon gegen die Kirche hinunter und gegen Bolzbach zu. Gegen Abend kam es in unsere Bodmi hinauf. Die Mutter war mit Erwellen beschäftigt, und das Guschi schickte sich an, seinen dreckigen Stecken in das Chessi zu stossen. Doch unsere Mutter wehrte ihm ab und sagte, das gehe nicht. Nun, das Wybervolch ging fort, durch das Gygental bergauf. Unterwegs begegnete ihm der Ratsherr Arnold aus der Mettlen mit einem Bräntli voll Milch, die er im Gygästäfäli geholt hatte. Als er am Guschi vorbei war, warf er noch einen Blick nach ihm zurück, aber es war spurlos verschwunden, und alsbald entlud sich ein furchtbares, unerhörtes Hagel- und Donnerwetter über Seedorf, dass die Rübi vom Gygental bis in den See sich wälzte. Das hat unsere Mutter oft erzählt. Al. Wipfli, 60 Jahre alt, Seedorf Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Rache der Wetterhexe

Source: Rache der Wetterhexe

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1. Bei Bommatters im Rössli zu Schattdorf kam eines Tages, es sind noch keine hundert Jahre seither, ein altes Müetterli, altmodisch gekleidet, ein Häubchen auf dem Kopf, und bettelte um Nidel. Niemand kannte es. Der alte Bommatter sagte: »Jä, jä, d'Nyddlä-n-ab der Milch nä fir dich und darnah diä blaw Milch sälber ha, das chunnd-is etz doch ä chly stotzig vor! Channsch-es nitt susch machä?« »Äs macht-si de scho eppä,« warf das Müetterli giftig hin, schoss, was gibst, was hast, zum Haus hinaus, gegen die Wyergasse hinunter, durch die Gasse hinauf gegen Bürglen und fläutete dazu fortwährend mit seinem Sacklumpli. Es war ein prächtiger, glanzheiterer Sommernachmittag, wie man ihn nicht schöner hätte wünschen können, und kein Wölklein am blauen Himmel. Aber kaum war das erzürnte Weiblein vor dem Haus, als schon eine Wolke, so schwarz wie ein Wollhut, über den Schwarzen Grat dahergefahren kam und in wenigen Augenblicken einen Platzregen über Bommatters Matte ausschüttete, der ihnen das ganze liegende Heu verteufelte. In einer Stunde hätten sie es eintragen können, und jetzt mussten sie am nächsten Tag noch einmal daran herumsilchen. In den Wiesen rings herum war kein Regentropfen gefallen. Da sagte die Bommatterin zu ihrem Gatten: »Da hesch-es etz! Hättisch dü deerer nur Nyddlä g'gä; jetz hem-mer der Dräck im Mättäli.« 2. Auch in dem Häuschen an der Wyergasse, das an Bommatters Wiese grenzt, lebten zwei solche »B'hänki«. Wenn ihnen jemand nicht zu Willen war, dann brauchten sie nur ein Häfelein mit Wasser auszuschütten, und es fiel ein Regenschauer über seine Wiese und verderbte das dürre Heu. Und, wenn sie mit dem Wasser noch Bohnen ausschütteten, dann gab es Hagel. Johann Aschwanden, 60 J. alt, Schattdorf Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Rache einer Hexe

Source: Rache einer Hexe

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In Ems lebte vor alten Zeiten ein Bauer; man nannte ihn den »Gschworne Christof«. Der hatte eine Magd, die war aus dem Oberlande. Zur Zeit der Heuernte ging er nun auf sein Mayensäss, um das Futter einzusammeln, hatte aber schlecht Wetter dazu, so dass er wohl mähen, aber das Gemähte nicht dörren konnte. Endlich, nachdem er alles Gras abgemäht hatte, wurde das Wetter erwünscht schön; aber nun fehlten ihm fleissige Hände, denn mit seiner Arbeit allein war wenig am Ganzen getan. Zwar war noch die Magd da - aber die lachte ihn weidlich aus und spottete seiner Bekümmernis, »sie sei im Stande, das Heu sammt und sonders in einer Stunde an Ort und Stelle zu schaffen.« Dieses kam jedoch unserm guten Christof etwas seltsam und zu buntfarbig vor und gab gerne seinen Consens, sie könne also machen, wie sie wolle. Es gelüstete ihn aber heimlich zu sehen wie das »Mensch« die Sache anpacke, und er verbarg sich durch eine Wandritze lugend. - Nun kam die Magd wirklich, mit einem Besen, tat in allen vier Winkeln des Mayensässes einen Wisch oder Strich, indem sie zugleich einen Spruch hersagte. Kaum war das geschehen, so flog das ganze Heu in die Scheune hinein und verteilte sich ganz ordnungsgemäss von selbst; dann kam die Magd, tat mit dem Besen einen Streich auf das Heu und rief: »Sitz« - und siehe da, das folgsame Gefütter rückte ganz nett auf Zweidrittel zusammen. - Den guten »Gschwornen« setzte das was er gesehen, in Entsetzen und Erstaunen, er war aber so dumm und undankbar die Magd bei dem Gericht zu verklagen; das Gericht liess nun das »Hexenmensch« verhaften, nach dem Oberland führen, wo sie als Hexe verbrannt wurde. Bevor sie aber den Feuertod erlitt, übte sie noch ihre Rache aus: Der Geschworne solle erblinden, weil er ihr heimlich zugesehen, noch mehr aber desshalb, weil er sie verraten, seine Söhne aber sollen stumm werden und bleiben, weil sie geholfen, sie zu verurteilen. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Rache nach dem Tode

Source: Rache nach dem Tode

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»In den Stauden« zu Seedorf lebten zwei Schwestern in ständigem Streit und Hader miteinander. Endlich sagte eines zum andern: »Wart, wenn-i einisch tot bi, diär chumen-i scho der Grind chu umträjä!« Und richtig, nach seinem Tode kam es und drehte dem Überlebenden den Kopf um, dass es von nun an mit rückwärts gedrehtem Kopfe leben musste. Das sell ä gwissni Wahrheit sy. Fr. Ganz-Aschwanden, 56 Jahre alt, Flüelen  Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Rache, Rache!

Source: Rache, Rache!

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Vor viele, viele Jahru, soll in am Wirtschhus in-ner Sustu, a Chaufma va Meiland ermordet wordu sy. In-ner Nacht sy dischum Wirt — der Tot-Chaufma immer erschinu und hei drimal g'schruwwu: «Rache, Rache!» Dum Wirth hät's G'wissu kei Ruow meh gla und hät di Erschinung dum Bichtvater angizeigt, und di Ursach, nämlich schis Verbrechu. Da hei mu der Bichtvater zer Lehr gigä, er selle, we der Geist d's nächst Mal chome, nu frägu: «Wa Rache, wa?» Wie nu in der nächstu Nacht der Toto abermals g'schruwwu hät: «Rache, Rache!» so hät er nu g'frägt: «Wa Rache, Wa?» Da hei mu der Geist zer Antwort gigä: «I Meiland, i Meiland!» Na dem hei er du Toto niimme g'hört schriju. — Er aber hei schich g'hietot jemals als Händler nach Meiland z'ga. Na viele Jahru, da er dra gar nimme gedeicht hät, was der Geist ihm g'seit, sy er doch zuofälliger Wys na Meiland g'reist. In dem Wirtschhus wa er zuog'kehrt ist und übernachtet g'sy, heimu am Nahtisch, an ganze Chalberkopf ufgitreit; und wie die Reihe an ihnu cho ist, wa er schini Portio hät neh wellu — da hei der Chalberchopf ang'fanau blietu und hei drimal g'schruwwu: «Rache, Rache!» — Da sy er totubleiche cho und ag'fangu zittru, wie as Aspisläub. Da hei-mu-nu soglich ergriffu und er ohni Leignu uf der Stell bikennt, dass er vor so viele Jahru a Chäufma va Meiland ermordot hei. Das Hus aber, wa er i Meiland ist g'fangu wordu hei aber ebu dischum Chaufma g'hört, den er ermordot hät. Mu hei ihm churze Prozess g'macht und wie er's verdient hät, hingrichtot. No lang dernah heisch in dem Hus wa dische Mörder g'wohnt hei, viele viereckochti Goldstück funnu, di er in-er usg'holotu Wölbi-Binnu versteckt hät. Di nämlich Zellota g'hört mu oi, vam Brigerberg, und darum cha d's Ganza nur an Traum sy, us dem-mu endlich an G'schicht g'macht hät.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Radbod von Habsburg

Source: Radbod von Habsburg

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Im X. Jahrhundert gründete Radbod auf seinem eigenen Gute im Aargau eine Burg, genannt Habsburg (Habichtsburg, Felsennest), klein, aber fest. Als sie vollendet war, kam Bischof Werner, sein Bruder, der ihm Geld dazu hergegeben, den Bau zu sehen, und war unzufrieden mit dem kleinen Umfang. Nachts aber ließ Graf Radbod seine Dienstmannen aufbieten und die Burg umringen. Als nun der Bischof morgens ausschaute und sich verwunderte, sprach sein Bruder: »Ich hab eine lebendige Mauer erbaut, und die Treue tapferer Männer ist die festeste Burg.« Kommentar: Felix Faber: Hist. suev. lib. II. Joh. Müller, I, 262, not. 161. Quelle: Deutsche Sagen, Jacob Grimm, Wilhelm Grimm (Brüder Grimm), Kassel 1816/18 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Radspuren auf den Hochgebirgen

Source: Radspuren auf den Hochgebirgen

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In No. 120 wird behauptet, es habe einst auf dem Grat des Küttiger-Jura eine Hochstrasse, befahrbar mit Ross und Wagen, aus den hintern Bergen her bis nach Biberstein hinab an die Aare geführt. Der Graubündner Chronist Campell, der im 16. Jahrh. schrieb, berichtet, noch in seiner Zeit habe man im Oberengadin beim Silsersee und auf dem Julierberge Spuren einer grossen Heerstrasse und im Fels des Urgebirges die Geleise von Wagenrädern gesehen. Auch der französische Gesandte Paschal in seiner Legatio Rhaet. spricht von diesen Wagengleisen auf dem Julier. Aehnliche Spuren will man auch in Oberhalbstein entdeckt haben. Röder-Tscharner, Kant. Graubünden 1, 96. Die Römerstrasse über den Julier und Septimer mag allerdings hier vorbei geführt haben; die Sage aber von solcherlei Hochstrassen und Radspuren in den Schneewüsten der Firnenwelt ist allgemein, namentlich häufig am Monte Rosa und Bernhard, und hat in den Waldkantonen grossen, kaum einmal erstiegenen Fels-Einöden den Namen der Karrenwege gegeben. Dies beweist, dass man die Gebirge und höchsten Grenzpunkte einer Landschaft als den Scheideweg ansieht, den der Gott bestimmt und zuerst befahren hat, oder von dem aus er gen Himmel gefahren ist. In solchem Sinne heisst den Alten Götterwagen (Plinius, hist. nat. 2, c. 110) jener äusserste äthiopische Berggipfel, den die unter Hanno's Regierung versuchte karthagische Entdeckungsexpedition erreicht haben soll, und welchen Heeren (Jdeen 2, Abthl. 1, 521) am Senegal sucht. Rosswagen heisst das 5800 Fuss hohe Tyrolergebirge im Etschkreise; Teufelskarrweg eine querlaufende Felsenschichtung mit tiefen Einschnitten an den Wänden des Thunersees. Jahn, Kant. Bern 276. Die Jungfrau Maria kommt mit dem Christuskinde auf einem Wagen über das Solothurner-Juragebirge bis zum Obern Hauenstein gefahren. In jener Gegend, wo man nachmals den Berg erst durchhauen und Fussgängerbrücken an Ketten zwischen die Wände hinein hat hängen müssen, begegnet sie zu Wagen einem Jäger und giebt diesem dadurch Veranlassung zur Gründung des Klösterleins Schönthal (i. J. 1130) unterhalb der Alpe Kirchzimmern. Das noch vorhandene Kirchlein ist jetzt in eine Scheune verwandelt, am steinernen Portale erkennt man noch ein den Wagen ziehendes Lamm. Hanhart, Schweiz. Gesch. 1, 158. Ein tiefer Felseinschnitt am Säntis, da wo man in der Höhe von 6680 Fuss zu den obern Messmerhütten aufsteigt, heisst die Wagenlücke. Dies gleicht dem Rennpfad Hütchens, der sich über Gebirge und Wälder gerade hinzog (Grimm, DS. 1, 100), dem chemin des fées, dem Tröllaskeid, dem curriculum gigantum. Myth. 476. Die Sage liebt ihre Beziehungen oft auch nur in negativer und verschleierter Weise auszudrücken. Solcherlei Behauptungen halb geheimnissvoll, halb neckisch lautend, besagen Gleiches wie die obigen direct lautenden; darunter gehören nachfolgende: Auf dem Luzerner-Emmenhorn liegt im Sodbrunnen ein goldener Wagen, den der Burgherr sich aus denjenigen Schätzen schmiedete, die er den nach Rom Pilgernden abnahm. Reithard, Sag. der Schweiz 222. Im Zireinersee am Sonnenwendjoche in den Meraner-Gebirgen liegt ein goldener Wagen. Wolf, Ztschr. 2, 351. Am Firstmisberge liegt ein goldener Wagen (Stöber, elsäss. Sag. No. 76). Die Urner-Gemeinde Seedorf nennt den Berg, an welchem sie wohnt, Gutschenberg. Im Hügel zu Gerzensee steckt der Schatzwagen und schaut in der Osternacht mit der Deichsel auf der Morgenseite des Raines hervor (Wyß, Idyll. 2, 334). Auf dem Gipfel des hessischen Osternsteines sind Felsblöcke, die ihre jetzige Form nicht aus der Hand der Natur erhalten haben und deren Namen auch auf Opferstätten deuten; eine Spalte heisst Backofen, die andere Bratpfanne, eine dritte die Kutsche. Man entzündet droben die Osterfeuer. Colshorn, Myth. 304. Anno 1694 fuhr ein Tiroler-Fuhrmann mit einem Wagen voll Wein in den Untersberg, sah aber den Kaiser Rothbart dorten nicht. Durch den letzten unterirdischen Gang des Thurmberges zu Durlach hat man sechsspännig fahren können. Mone, Anzeig. 1838, 476. Am Thore der Schlosskapelle zu Eisenbach sind noch die Radspuren im Stein zu sehen von dem Wagen, mit welchem der feindselige Bruder hier durch die Kirche seine Ausfahrt nahm, um dem andern Bruder niemals begegnen zu müssen. Wolf, Hess. Sag. No. 246. Vgl. die in Abthl. X, „Bärlisgrub“ No. 440 gegebene Erklärung über die striemenweise erscheinende Frühreife in Saatfeldern. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 217 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Rahmzauber

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Bei einer alten Jungfer war ein Schuhmacher auf der Stör. Während er so schusterte, zog sie den Ankenkübel aus der Schroten hervor, tat ein ganz klein wenig Nidel hinein, dann aus einem Gutterli einige Tropfen einer ihm unbekannten Flüssigkeit, wobei sie murmelte: »Uss jedem Hüs äss Trepfli«, trieb darauf den Kübel einigemal herum und zog zuletzt ä wiätägä Zopfä-n-Ankä-n-üsä. Das gefiel dem armen Schuhmacher und er dachte bei sich: »Dä witt lüegä-n-as-ärä das Gutterli v'rwittschisch.« Und richtig, äs isch'm g'ratä; er erwischte es am Abend, nahm es mit heim und machte alles dem Maitli nach. Woher er den Ankenkübel nahm, das weiss ich nicht. Doch sagte er: »Uss jedem Hüs äss Leffäli voll«, und da zersprengte es den Ankenkübel, und eine Masse Nidel ergoss sich über die Stubendiele. Woher sie gekommen, war für ihn unsichtbar geblieben. Fr. Gamma-Zgraggen, 40 Jahre alt, Silenen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Rainhalden-Joggeli am goldnen Geisweg

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Oberhalb der Rebberge von Hornussen im Frickthale ist auf der Höhe des Weges ein Platz, Jn der Hand geheissen. Da verführt der gespenstische Rainhalden-Joggeli, welcher an der Rainhalde haust, sein unverständliches Geschrei. Weiter gegen den Berg hinauf hat man schon in alter Zeit ein Kreuz errichtet, um den Geist unschädlich zu machen, und eben deswegen sind auch im tiefer liegenden Finsterhölzli in manche Buchenstämme die Lateinbuchstaben IHS (Jesus) eingeschnitten. Wenige erinnern sich, ihn in menschlicher Gestalt gesehen zu haben, öfter aber kommt er als kreischender grosser Vogel, der zwischen dem dichten Laubholze schwerfällig sich die Flügel zerschlägt. Man beklagt sich dorten auch über einen giftigen Wind, der den Athem steckt und die Glieder lähmt. Dorten herum gilt als Localnamen der Goldne Geisweg, auf dem eine goldne Geis zum goldnen Geisbrunnen geht. Zwei Zimmergesellen, welche am Feierabend vom jenseits gelegenen Dorfe Jttenthal ihr Werkgeschirre über diesen Bergweg nach Hornussen heim trugen, hörten aus dem Walde her den Jagdschrei Hudada! und fiengen an den Ruf nachzuspotten. Da liess sich ein grüner Mann in den Gebüschen sehen, dessen Federbusch weit über die Zweige hinaus ragte, eine ganze Schaar von Hunden rannte zugleich daher und schien Lust zu haben, sich den beiden Zimmerleuten in die Hutte zu setzen, worin sie ihr Werkzeug schleppten. Keuchend unter dieser Last entsprangen sie bis zum Kreuze, hier aber verliess sie der Verfolger, denn nur so weit geht sein Revier. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 292 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Rappenstenstein oder die reichen Mötteli

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Me hört dick emol sägen im Land, "so reich wie der Mötteli", oder "er het Möttelis Guet"; ond wößed lötzel worum. Iez loset! Martis-Tobel wössed er ond die alte Mure? Die send dei vom e Schloß im Schaugehofer Ried a der Goldech; das ist 's Schloß Rappestäh gsee ond het dem Mötteli ghört. Zwee Brüeder send gsee z' Sant Galle, die send im Handel rich worde; an het ghätze Hans ond Ruodolf der ander; stattli Manne send's gsee! Die Hand de Rappestäh kauft, ond hend's vom Kaiser verlobt gha, ihren Namme z'schribe vom Schloß "Rappestäh, genannt Mötteli"; ond das ist gsee, me het zält 1483, ond het's zerst Sulzberg ghäße; 's ist no elä öberblebe onder alle dene Schlossere, wo d' Appezeller ruiniert hend, ond het nohwärts Möttelischloß bis hütige Tags all no ghäße. Vo dem sät me-n-allerhand. So sei en Schah do vergrabe ond wer verwacht vo zwo Jumpfere, die blibed all jung ond all höbsch; ond klopft men om Metternacht a, so belled schröckeli en Hond, ond raßlet schuli mit Chettle; wenn men em denn halt nöd förcht, und kloket me wieder, so chünd die zwo Jumpfere doher ime wnße, schöne Gwand, ond schöni, roli Schüeli hend s' a, send aber beidi an Chettle ond schreied ond bitted bewegli ond hätted gern, me wor's chösse; das bring ehne d' Freiheit zweg, ond söß sei ken anders Mittel, daß si erlöst werid, ond chöm me de Schatz söß nüd ober. Das ist en böse Beding, jo wohrli, ond ken het's no gwoget, ond ken het's Güraschi no gha. Der Hond ist e schrecklis Otier; er stoht all nebe de Jumpfere, ond wer e gsiet, dar si nüd rode! Wenn's 's Chössen eläh war, i denk, die Jümpferli wärid scho lang de Chettlen abcho ond frei! 's het aber no niemet 's Herz gha; drom müend sie ahden au zrock, ond wieder an Platz, wo si gsee send, ond tuend wider bleeren ond Hüne, daß si en Stä möcht verbarmen, und wider wache bim Schatz, ond das scho Johrhonderti lang. Was denket er jez vo der Gschicht? Lerna cha me doros: s' ist nüz i der Welt, das Bstand het. Vo 's Müttelis Geld cha me schwätze; wo wemm mer's aber go suoche? J. Merz. (Sutermeister, Schwizerdütsch.) * Schloß Rappenstein haben die Mötteli nicht besessen, da es 1405 von den Appenzellern zerstört worden; die Mötteli haben um 1420 das Schloßgut und die Ruine erworben. Das heutige Möttelischloß hieß ehemals Sulzberg.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 23, S. 14f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Rasch gewählt

Source: Rasch gewählt

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In Mels erzählte man vor bereits neunzig Jahren, ein junger Mensch sei arg vom Schrättlig gedrückt worden. Da riet ihm jemand, alle Öffnungen, durch welche der Schrättlig in sein Schlafgemach kommen könne, zu verstopfen bis auf eine nahe seinem Bette, in diese aber, sowie das Wesen wieder im Zimmer sei, schnell einen Zapfen zu stossen. Der junge Mann tat es und erstaunte, als er am Morgen einen sonderbaren Vogel auf der Bettstatt sitzen sah, welcher, als er keinen Ausgang fand, sich in ein sehr schönes Mädchen verwandelte. Der Melser fand Gefallen an ihm, liess es kleiden und nahm es zur Frau. Wiederholt fragte sie ihren Mann, was der Zapfen inder Wand zu bedeuten habe und bat ihn, er soll denselben entfernen. Er blieb aber fest, bis er nach zwei Jahren ihrem Bitten nachgab. Kaum war das geschehen, so fielen der schönen Frau die Kleider vom Leibe; sie schwang sich fort und sang im Verschwinden: "Hei, wie klingen die Glöcklein in Venedig so schön!" - Vater und Kinder haben sie nie wieder gesehn. Dr. Henne-Am Rhyn, Deutsche Volkssage. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 272, S. 146f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Rätselhafte Antworten

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Es war einst eine ganz arme Familie, die in einem Häuschen zur Miete wohnte. Der St. Martinstag im November, an dem sie den Hauszins hätten zahlen tollen, war bereits vorüber; aber sie hatten noch kein Geld. Eines Tages war Tarock, ein etwas einfältiger Bursche von achtzehn Jahren, allein zu Hause geblieben und hatte sich auf der Ofenbank am Kaminfeuer ausgestreckt. Da hörte er plötzlich an die Haustür klopfen, und der Besitzer des Hauses trat herein. «So, so, Tarock, was machst du Schönes?» fragte er den Jüngling. «Mooh! Ich liege hier und schaue zu, wer heraufsteigt und wer hinuntergeht.» «Und dein Vater, wo ist er hingegangen?» «Mein Vater ist gegangen, ein Loch zu machen, um ein anderes damit zu verstopfen.» «Und deine Mutter?» «Meine Mutter ist gegangen, das Brot der letzten Woche zu backen.» «Und dein Bruder?» «Mein Bruder ist auf die Jagd gegangen. Diejenigen, die er tötet, lässt er gehen, und diejenigen, die er nicht tötet, die bringt er mit nach Hause.» «Und deine Schwester?» «Meine Schwester ist in ihrem Schlafzimmer und weint über die schönen Stunden und das Glück des vergangenen Jahres.» Verwundert über diese Reden schüttelte der Hausherr den Kopf, denn er konnte nicht verstehen, was diese rätselhaften Antworten zu bedeuten hatten. Am folgenden Tag kam er wieder und sprach zu Tarock: «Höre, wenn du imstande bist, mir alles zu erklären, was du mir gestern gesagt hast, so schenk ich euch den Hauszins. Du sagtest mir, du hättest zugeschaut, wer heraufsteige und wer hinuntergehe.» «Oh, das ist doch sonnenklar: ich schaute den Bohnen zu, wie sie beim Kochen im Kessel auf und niederstiegen.» «Und dein Vater — sagtest du mir — sei ausgegangen, ein Loch zu machen, um ein anderes damit zu verstopfen.» «Ja freilich, er ist herumgegangen im Dorf, um Geld zu entleihen, damit er euch den Hauszins zahlen kann.» «Aber was soll das bedeuten, dass deine Mutter gegangen ist, das Brot von der letzten Woche zu backen?» «Die letzte Woche hat sie bei unsern Nachbarn Brot entleihen müssen, und jetzt ist sie gegangen, Brot zu backen, um es den Leuten wieder zurückzugeben.» «Aber wie ist es denn möglich, dass dein Bruder auf die Jagd gegangen ist und diejenigen, die er tötete, laufen Hess, während er jene, die er nicht erlegte, mit nach Hause brachte?» «Ei, warum soll das nicht möglich sein? Er war in den Wald gegangen, und weil es ihn überall stach, zog er sein Hemd ab, das ganz voll Flöhe war und machte sich auf die Jagd, das Ungeziefer zu vernichten. Diejenigen, die er tötete, liess er gehen, und die andern, die er nicht erwischte, die brachte er mit nach Hause. Das ist doch ganz klar.» «Das ist freilich nicht übel, Tarock. Aber sag mir noch, was ist mit deiner Schwester, dass sie in der Kammer droben die schönen Stunden und das Glück des vergangenen Jahres beweint?» «Letztes Jahr hatte sie einen Verlobten, der brachte ihr allerlei Geschenke und Schmucksachen. Aber jetzt hat sie leider all ihr Glück verloren.» «Ei, ei, das hast du brav gemacht, mein lieber Junge», sprach der Hausherr. «Du hast mir wirklich alles prächtig erklärt. Darum will ich nun mein Versprechen auch halten. Für dieses Jahr ist also der Hauszins bereits bezahlt. Geh schnell, hole deinen Vater zurück und bring ihm diesen Empfangsschein für den Mietzins.» Und damit ging der Hausherr fort, und Tarock war froh, dass er durch seine klugen Antworten für seine Eltern den Zins hatte verdienen können.   Am Kaminfeuer der Tessiner                                    Walter Keller                                                          Hans Feuz Verlag Bern   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Rätselhaftes Geschrei

Source: Rätselhaftes Geschrei

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Als sich vor vielen Jahren eine Frau vom Richtacker nach dem Städtlein Waldenburg begab, hörte sie im Watelbach unterhalb der Schanz ein fürchterliches Geschrei. Es war gerade anzuhören, wie wenn Tiere und Menschen miteinander kämpfen würden. Doch war nichts zu sehen. Die Bewohnerin eines Hauses in der Nähe dieser Örtlichkeit hatte diesen Lärm schon öfters gehört und hatte festgestellt, dass immer kurz nachher das Wetter änderte. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Ratsherr Infangers Gehilfe

Source: Ratsherr Infangers Gehilfe

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Ratsherr Infanger von Bauen, aber einer von den ältern (18./19. Jahrhundert), besass als Berggut eine Schwanden auf Seelisberg am Abhang des Niederbauenstockes. Dahin kam jeden Morgen ein wildes Männlein und half den Leuten beim Vieh und auf der Wiese. Am Abend verliess es sie wieder; niemand wusste, wo es daheim war. Obwohl es sie aufmerksam gemacht hatte, »wenns urä (schlecht Wetter) syg«, werde es nicht erscheinen, kam es dennoch auch bei Regenwetter. Aber einmal, da sie viel Heu einzutragen hatten und über einen Gehilfen froh gewesen wären, fehlte es. Und doch war prächtiges Wetter. Es wehte nur der heisse Föhnwind. Als es sich später wieder einstellte, gab es auf die Fragen der Leute zur Antwort, der Föhn sei das wüsteste Wetter, der trockne den Menschen das Mark in den Beinen. Maria Ziegler, und a. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Räuber im Wassnerwald

Source: Räuber im Wassnerwald

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Der Schalläpanggi bstirchlete bei der Verfolgung des Metzgerhansli über eine Baumwurzel und brach sein rechtes Bein. Man nennt ihn deshalb heute noch »d'r Wirzächlämper.« Fr. Gamma-Zgraggen, 40 Jahre alt, Silenen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Räuberschiff am Rhein im Tüfthal

Source: Räuberschiff am Rhein im Tüfthal

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Am Rheinufer unterhalb Rietheim stehen Ruinen eines gewaltigen Rundthurmes aus der Heidenzeit. Von ihm aus gefährdete eine Räuberbande vor langen Jahren die Kaufleute, welche auf ihrem Waarenschiffe hier vorbei nach Basel fuhren. Als sie auf einem solchen einst auch einen Geistlichen fanden, der allein unter allen Reisenden ihnen kein Geld zu bieten hatte, warfen sie ihn ins Wasser. Noch im Versinken verwünschte er die Unmenschen. Bald darnach wurde es auf dieser Rheinstrecke sicher und friedlich, und man hörte nicht mehr, dass irgend ein Reisender weiter angefallen worden sei. Aber die Stüdler von Zurzach, jene alte Schifferzunft, welche allein das Recht haben, alle Güter und Waaren durch die Rheinstrudel der Wildi und des Höllhakens zwischen Zurzach und Rheinfelden hindurch zu führen, bekamen bei ihrem nächtlichen Flösserdienste jene Bande wieder zu Gesicht. Namentlich ein Koblenzer Lachsfänger, der an jenem zerfallenen Thurme seine Gerätschaften zurecht legte, sah ihrer mehr als ein Duzend auf einmal, alle mit Schwert und Spiess bewaffnet. Ihr Hauptmann trug die gleiche Ausrüstung, körperlich aber war er ein blosses Knochengerüste. Als sie dem Fischer aus dem Auge kamen, hörte er noch lange drüben her vom badischen Gehöft Aettikon die Ruderschläge ihres Raubschiffes. Zwei muthwillige junge Leute aus Rietheim, denen man davon erzählte, wollten es nicht glauben und machten sich darauf eines Abends zu jenem alten Thurme. Die haben ihren Vorwitz hart gebüsst, denn nie hat man seitdem je wieder von ihnen gesehen oder gehört. Später meinte ein Schiffer, der Nachts rheinab fuhr, an dieser Stelle einen Ruf gehört zu haben und landete in der Voraussetzung, es werde Jemand in sein Schiff einsteigen wollen. Als er ans Ufer kommt, treten wirklich sogleich zwei sonderbar gekleidete Mannsbilder in seinen Weidling und fahren bis zum Dorfe Koblenz mit ihm hinunter. Dorten drückt ihm der Eine ein Stück Geld beim Weggehen in die Hand; während der Fehr das gewichtige Stück in der Hand wägt und betrachtet, sind die beiden Gesellen schon davon und aus seinem Gesichte. Er erzählt darauf im Wirthshause sein Abenteuer und als man ihn da auffordert, das schwere Geldstück herzuzeigen, zieht er statt dessen ein Stück von einer gelben Rübe heraus, das einen solchen Gestank verbreitete, dass Alle zugleich aus der Stube hinaus laufen mussten. Diesen Auftritt überlebte der Schiffer nicht lange; er ist binnen Jahresfrist wahnsinnig geworden und ward todt im Walde gefunden. Eine alte Frau von Degerfelden, die an der Ruine herum Kräuter für den Apotheker sammelte, hat bei dem Gemäuer ein Aechzen und Stöhnen vernommen; auch weiss man, dass hier des Nachts Stimmen laut werden, als ob man einem vorbeikommenden Fahrzeuge Halt geböte. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 49 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Raubold

Source: Raubold

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Raubold war ein grossmäuliger Schalk, der um nichtsnutziger Dinge willen aus dem Melchtale hatte entfliehen müssen. Er stak in Wolfsfellen und trug an jedem Bein über dem Knöchel eine starke Beinschelle, daran je eine Kette hing, mit welcher er die Leute im Oberhasli schrecken wollte. Als er von Frau Ute hörte, nahm er sich vor, Tag und Nacht auf der Spähe zu sein, und gewaltsam zu erobern, was sie einem Besseren zugedacht. Eines Tages nun ging ein bildschönes, herzensgutes Haslikind von Willigen nach der Felsenbalm, um Kräuter zu suchen. Unschuldig und arglos hatte sie nie mit einem Wunsche nach den Knaben des Tales geblickt. Sie war den Blumen des Waldes gleich an Schönheit. Nie war vor ihr von Frau Ute erzählt worden, damit kein Lauschen der Neugier auf die Ankunft der Drudin das Herz der Reinen in Wallung versetze. Wie das herzige Kind nun im Walde Kräuter sucht, vernimmt es plötzlich ein gellendes Schreien, wie wenn jemand Hilfjo ruft. Und wie es durchs Dickicht dem Lärmen zueilt, sieht es den Rücken und das Hinterhaupt eines rotköpfigen Buben. Es war Raubold, der mit erhobenem Knüppel auf ein steinaltes, runzliges Mütterchen dreinschlagen wollte. Mit Ungeschick hebt das Weibchen seinen Krückenstock, den Schlag aufzufangen. Schon ist das Mädchen an des Mütterchens Seite und schlägt mit einem Buchenast auf den Feuerkopf nieder, dass der Bube halb sinnlos zu Boden taumelt. Dann hebt es das Mütterlein wie ein Wiegenkind auf und trägt dasselbe nach der schützenden Felsenbalm. Der Bube aber schleicht sich von dannen. Als nun Frau Ute wieder zu sich kam, griff sie dem Kind ans Kinn, schaute dasselbe mit ihren Luchsaugen an und sang ohne sonst ein Wort zu sagen: Du, du, ja du Gibst mir diesmal Ruh! Aber nimmer-nimmermehr Komm ich in das Land daher. Dann winkte Frau Ute dem Mägdelein und führe es geradewegs nach Eisenbolgen. Am besten Hause klopft sie an. Da kommt Egelolf heraus, der gepriesenste Junge des ganzen Berggeländes. Aber Frau Ute, plötzlich zu Kräften gekommen, stellte frei sich hin, legte schweigend die Hand des Mägdeleins in die des Jünglings, drückte ihren Zeigefinger mit einem lötigen Kristallring einmal von oben und einmal von unten auf die verschlungenen Hände, dass ein heisser Strahl in die Zweie drang. Fort war die Zauberin, ehe das Paar sich recht besinnen konnte. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Realp

Source: Realp

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Ds Reälperdorf, das hennt diä Altä mängisch g'seit, syg vor altä Zyttä-n-ufem Biäl obä g'standä. Jetz isch dert Allmeini, aber schiär ringsum isch Eigä. Scho mängisch hennt-s' dert alti Minzä g'fundä, dass d'Schäärä (Maulwürfe) usem Bodä firäg'stossä hennt. Ysärä-n-Unkel het sälber einisch eini g'fundä und het si yserem Pfohr b'bracht, am Pater Hieronymus. Aber dert obä isch ds Dorf nit sicher gsy vor dä Läuwänä. Diä alt Furggastrass isch bim Ägärtä-Kapällti verby g'gangä. Summ säget wider, Frealp1 syg äs grosses Dorf gsy und syg hindäräg'gangä bis ufä Biäl. N. Simmen, Realp Fußnoten 1 Statt Realp sprechen alte Leute sehr oft: Frealp, eine Form die entstanden ist aus der Verbindung: uf Realp, wie Fottigen in Gurtnellen aus: uf Hottigen (nachweisbar im Jahrzeitb. Silenen). Selten hört man auch Ryalp. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Rechtsschutz des Grundeigentums

Source: Rechtsschutz des Grundeigentums

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 Zu Zeiten gehörten die heutigen vier Oberschwandberge zu Spiringen einem einzigen Besitzer und zwar »ledig und los« (frei von Hypotheken). Da sie nicht eingehagt waren, bekamen sie öfters Besuch von fremdem Vieh. Der geschädigte Eigentümer klagte endlich vor Gericht, bekam aber den Entscheid, dass er, so lange sein Land nicht eingehagt sei, keinen Rechtsschutz gegen Eindringlinge beanspruchen könne. Doch einen Hag wollte der Bauer nicht herstellen, eher, so war seine Erklärung, würde er den Berg aufwerfen.   Pfr. Jos. Arnold Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Redende Totenschädel

Source: Redende Totenschädel

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Drei Pfeffinger Burschen schlossen eine Wette ab: Wer wagt es, um Mitternacht im Beinhäuschen einen Totenschädel zu holen? Einer der drei wollte es wagen. Der eine der zwei andern Freunde schlich sich dann heimlich davon und begab sich ins dunkle Beinhäuschen. Punkt zwölf Uhr mitternachts trat der Mutige in den Friedhof, während der dritte draussen wartete. Er öffnete die knarrende Türe des Beinhauses und trat in den unheimlichen Raum, tastete sich zu den Schädeln und packte kurz entschlossen einen davon. Doch da hörte er eine tiefe Stimme, kaum hörbar: «Dasch myne!» Er stellte den Schädel an seinen Platz zurück, wollte aber nicht fliehen und nahm einen zweiten. Und wiederum ertönte es noch unheimlicher als zuvor: Dasch myne!» Da stellte er blitzschnell auch diesen Schädel wieder hin und griff nach dem dritten. «Dasch myne!» Doch diesen Totenkopf liess er nicht mehr los und nahm ihn mit der Bemerkung: «Du Esel, du wirsch dänk wohl nit drei Schädel ha!» Pfeffingen Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Reeberchen!

Source: Reeberchen!

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Im Nessetal hed ds Zwäärgli greeffd: „Reeberchen, loif, loif!" Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Rehabilitiert

Source: Rehabilitiert

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Das Eigentum der Ortsgemeinde Oberterzen reicht im Weidtal sehr weit in dasjenige von Mols hinein. Über dieses Besitztum wurde einst viel gestritten und in den Jahren 1732 und 34 auch prozessiert. Oberterzen konnte dem Landgerichte von Glarus seine Urkunden vorlegen und trug darum den Sieg davon. Die Molser aber behaupteten, einer ihrer Gegner hätte falsches Zeugnis abgelegt und sie damit benachteiligt. Der Schuldige müsse zur Strafe dafür im Weidtal wandeln. Die Terzner aber wandten sich an den Guardian des Klosters Mels, und dieser schickte zwei Kapuziner, den wandelnden Geist zu bannen. Sie fanden aber keinen und gaben folgenden Befund ab: „Da die Geister auf öfteres Anfragen keine Antwort gegeben, so folget unleugbar, dass sie das Ort verlassen oder keine jemalen dort gewesen seien. Wir meinen also am allerchristlichsten zu handeln, wenn man die Toten in Gott dem Herrn ruhen liesse." (1760.)  Durch G. Tschirki Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 366, S. 206 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Reichtum der Grafen von Froburg

Source: Reichtum der Grafen von Froburg

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Man weiset noch heutzutage im Gasthause zum Weissen Kreuz in Olten einen Saal her, in welchem bei vierundzwanzig Grafen und Freiherren des Froburger-Stammes ihre gewöhnlichen Zusammenkünfte abhielten, die alle bei Sonnenschein aus ihren Schlössern dahin und wieder zurück gelangen konnten. Der Erntegewinn des einen Froburger war allein so gross, dass, wenn der erste Kornwagen einer ununterbrochenen Reihe geladener Erntewagen bereits droben am Schlossthore ankam, der letzte dieses Zuges noch unten im Thale bei Olten fuhr. Und doch beträgt von da aus der Weg aufs Schloss ein paar starke Stunden. Nun ist die Stelle am Jura, wo einst die Burg stand, nur noch an einigen geringen Mauerstücken erkennbar, neben denen der Holzhauer da und dort alte Pfeilspitzen findet. Alles umliegende Gelände nennt man „auf Burg“. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Reinach im 30 jährigen Kriege

Source: Reinach im 30 jährigen Kriege

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Im Schwedenkriege wurde auch Reinach von plündernden Soldaten heimgesucht. Alle Häuser wurden ausgeplündert bis an eines, in welchem ein kleines Wiegenkind lag, das von den flüchtenden Eltern wohl vergessen worden war. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Reissendes und Beissendes

Source: Reissendes und Beissendes

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Hier beunruhigte einst ein böser Geist die Bewohner eines Hauses. Schliesslich fragte der Hauseigentümer einen Pater, was er da machen müsse. Dieser Pater riet ihm sogleich, er solle hingehen, etwas Gesegnetes mitnehmen, einen Hund und ein Gewehr. Der Eigentümer traute der Sache nicht recht und bat den Pater, ob er nicht grad selbst auch mitkommen wolle. So gingen sie beide gemeinsam. Um Mitternacht erschien der Geist: Er hatte zwei Paar hangende Lippen, ein grosses Maul, feurige Zähne und glimmende Augen. Und er begann zu reden: «Hättest du nicht Reissendes, Beissendes und Geweihtes bei dir, ich hätte dich heute hier zu kleinen Fetzen zerrissen. So aber muss ich gehen und kann nicht mehr zurück!» HERBRIGGEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Rentierflechte (Altstätten/SG)

Source: Rentierflechte (Altstätten/SG)

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Die Rentiersflechte war mit Muttern und Ritz das beste Futterkraut der Alpen; sie waren so milchreich, dass die Kühe täglich dreimal gemolken werden mussten. Dessen wurden die Älpler überdrüssig, und sie fingen an zu murren: "Ach, melken, melken immerfort! O, wärt ihr Kräuter längst verdorrt, Die ihr so reichlich spriesset; Von Milch ihr überfliesset!" In ihrem Arger stießen sie sogar die Verwünschung aus: "Verflucht sei Cypro, Muttern und Ritz Vom Rhein bis auf die höchste Spitz'!" Die drei Kräuter verdorrten. Nun aber erwachte in einem der Knechte das böse Gewissen; er suchte das Unheil wieder gut zu machen und rief: "Behüt mir Gott Muttern und Ritz Vom Rhein bis auf die höchste Spitz'!" Diese zwei erhielten ihre früheren Eigenschaften wieder; der Cyprian aber, der im Gegenzauber vergessen worden war, erwachte nicht mehr zu seinem Leben. Wartmann, Volksbotanik Cyprian ist der Name der Rentierflechte Cladonia ragniferina. So wird die Flechte im Werdenbergischen, in Sargans und auch in Bünden genannt, wo die Sage in vielen Variationen vorkommt. In Bünden heißt die Pflanze auch "Fideri". Die Rentierflechte wird oft verwechselt mit dem isländischen Moos, Cetraria Islandia, welche sich auf den trockenen Alpenweiden oft Gesellschaft leisten, und auf welches sich die Sage übrigens auch bezieht. In Bünden heisst diese Pflanze Massigge, Masegga. Die Muttere, Muttara, ist das Meum muttelina, die Alpenbärenwurz. Der Name Muttara, Mutteri, Mutternen geht durch die Alpen der ganzen deutschen Schweiz, Doch ist er aus dem Romanischen abgeleitet und hat mit dem deutschen Wort "Mutter" nichts zu tun. Die Appenzeller heissen die Bärenwurz "Rom-Blueme", Rahm-Blume. Ritz, Riz, ist in Bünden der deutsche Name für Plantago alpina, für den Alpenwegerich. Im Berner Oberland heißt er Adelgras oder Nadelgras. Eine Sage, in welcher Cyprian, Muttern und Ritz zusammen vorkommen, stammt kaum aus der romanischen Zeit, sondern lässt schon deutschredende Bewohner voraussetzen. Cyprian ist überhaupt ein verdächtiges Wort, dessen Ursprung noch dunkel ist. Th. Schlatter   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 71, S. 31f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Rentierflechte (Buchs/SG)

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Ein armes, altes, schwankendes Männchen besuchte einst die Alp Malbun und bat die Sennen flehentlich um ein wenig Buttermilch, wurde aber ein Tagedieb, Faulenzer, Nichtsnutz ec. gescholten und fortgejagt. Es ging, wandte sich aber nochmals um und rief über die Alp hin: "Verflucht sei der Cyprio; Er soll immer und ewig düar do stoh!" Alsbald verschwand das Männchen; die Pflanze aber hatte von Stunde an ihren Saftreichtum verloren. Waltmann, Volksbotanik.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 125, S. 60 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Resti

Source: Resti

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Die Burg Resti liegt im Haslital unweit vom Dorf an der Gassen, jetzt Meiringen. Sie soll von einem cimbrischen Hauptmann Resti erbaut worden sein, welcher mit einem starken Anhang ungefähr 100 Jahre vor Christi Geburt aus Ostfriesland, Dänemark und Schweden herkam, sich zu den Helvetiern schlug und mit denselben gegen die Römer zu Felde zog. Als der Anschlag misslang, wurde dem cimbrischen Hauptmann für sich und seine Leute ein rauhes, unbebautes Stück Land jenseits dem Berg Brünig nahe dem Ursprung der Aare angewiesen. Dort liess Resti ein festes Schloss erbauen. Seine Nachfolger wurden die Resti-Herren geheissen. Sie haben in einem Hilfszug mit ihrem Volk wegen treuen Diensten vom Papst ein Banner und Wappen erhalten, darinnen in weissem Feld ein schwarzer Adler steht, mit einem weissen Kreuz auf der Brust gezeichnet. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Reussbrücke zu Sins

Source: Reussbrücke zu Sins

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Die Reussbrücke zu Sins wird zusammenstürzen, wenn der Sinser-Jahrmarkt, der auf ihr abgehalten wird, wieder auf einen ersten Maisonntag trifft, bei dem so viele Leute zusammenströmen würden, wie es vorher noch nie der Fall gewesen wäre. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 55 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Reußschlange und Drachenloch

Source: Reußschlange und Drachenloch

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1566 im Juli, da eben die Reuß hoch gieng, meldete man in Bremgarten, eine Schlange steige aus dem Strome groß wie der Wiesbaum eines Heuwagens, und verschlinge die am Ufer weidenden Rinder. Der Städter Jakob Hubler war eben im Strom auf dem Salmenfang und stieß in der Meinung einen Fisch vor sich zu haben, mit dem Doppelzinken seines Ruders nach dem Unthier. Auf diesen Stoß fuhr es mit dem Kopfe gegen ihn empor, aber der Mann konnte noch ans Ufer entrinnen. Er mußte sich zu Bett legen und war von nun an mit Fieber geplagt. Cappeler, Hist. mont. Pilti 1676. pag. 123. Auf dem Fußwege von Wohlen nach Hilfikon im Freienamte kommt man über einen Waldbach, der aus einer Schlucht hervorfließt, das Drachenloch geheißen. Hier hat vormals ein Drache die Gegend unsicher gemacht. Wie er weggekommen ist, weiß man nicht. Band 2, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau, 1856, Seite 3 Kanton: Aargau Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Reussfähre bei Mühlau

Source: Reussfähre bei Mühlau

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Vom Aargauer Dorfe Mühlau geht eine Fähre über die Reuss ins Zugergebiet. Hier schiffte sich einst auch ein armes Mädchen mit ein, das von ihrem Geliebten treulos verlassen war; als man die Mitte des Stromes erreichte, sprang sie lebensüberdrüssig ins Wasser und konnte nicht mehr gerettet werden. Von dieser Zeit an wurde die Fähre beständig durch einen Wassergeist gestört; so oft man in die Mitte des Stromes kam, wurde das Wasser wild und tobend, und sobald man dann nicht schleunig den Rückweg nahm, lief man Gefahr umgeworfen zu werden. Also mied man nun diese Ueberfahrt gänzlich, dafür aber gieng weit und breit das Gerede, wie viele und grosse Verbrechen jenes arme Mädchen einst begangen haben müsse, dass man nicht einmal des Stromes mehr Meister sei, seitdem sie in ihm ihren Tod gefunden hatte. Inzwischen erschienen einmal zwei Kapuziner, die in der Gegend von Sins terminiert hatten und nun auf das Zugergebiet übergesetzt sein wollten. Der Fährmann aber verweigerte es ihnen und gab alle Umstände gründlich an. Es lag den Mönchen sehr daran, heute auf dem Heimwege nicht aufgehalten zu sein, sondern in der ihnen vorgeschriebenen Frist in ihrem Kloster richtig einzutreffen, daher sagten sie dem Fährmann bei der Allmacht Gottes völlige Sicherung seines Lebens zu und drangen in ihn, das Ruder zur Hand zu nehmen. Dieser folgte und brachte sie bis in die Mitte des Stromes an jene gefährliche Stelle, wo das Wasser zu sieden und zu toben begann. Allein anstatt ihn nun umkehren zu lassen, befahlen sie ihm still zu halten und beschwuren den Geist, in ihrem Schiffe zu erscheinen. Jn Gestalt eines langhaarigen schwarzen Hündchens kam dieser sofort aus der Reuss zu ihnen hereingesprungen, und erklärte auf die Frage, wer er sei und kraft welchen Rechtes er hier die Schiffahrt störe, er sei nicht etwa der Geist jener verunglückten Jungfrau, sondern der Teufel selbst. Ihm liege aber daran, die Leute glauben zu lassen, jenes Mädchen verursache den gefährlichen Wasseraufruhr; denn je länger ein solcher Glaube andauere, um so grössere Unthaten würden schlechtdenkende Menschen dem Mädchen aufbürden, um so mitleidloser ihr an die Ehre greifen und ihr Andenken schänden. Also bekäme er die schadenfrohen Lügner und Verleumder ganz sicher in seine Gewalt und mehre auf erlaubtem Wege damit sein Reich. Allein die Patres wollten von diesem Rechte des Teufels nichts wissen, sie geboten ihm vielmehr, ins künftige das Schiff ungekränkt passieren zu lassen. Er musste ihnen wohl folgen, denn die Fähre besteht noch; so urtheilt ein Theil der Gläubigen. Ein anderer Theil aber sagt, der Teufel habe sich mit dieser Erklärung nur über diejenigen Prediger lustig machen wollen, die alle Aeusserungen der Menschen für nichts als Eingebungen des schlauen Teufels ausgeben. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 57 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Rezept für Magenleiden

Source: Rezept für Magenleiden

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Ein Mann, der's auf dem Magen hatte, rief dem wilden Mandli am Windgellen, was er tun müsse, um sein Übel los zu werden. Es antwortete, er solle von »Gämsch'kittel« (Gemsengedärme) Suppe machen und sie geniessen. Das werde helfen. Anton Wipfli, Erstfeld Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Rheinfall-Legende

Source: Rheinfall-Legende

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Der heilige Konrad, Bischof von Konstanz, und der heilige Ulrich, Bischof von Augsburg, sehen zwei Seelen in Gestalt von Vögeln über dem Rheinfall Im Konstanzer Gebiet liegt ein fester Ort, der ob seiner Lage (am Flusslauf) Laufen heißt. Als sie [gemeint sind die beiden Bischöfe] dort eines Tages miteinander weilten und schauten, mit welcher Gewalt der Rhein dort wie in einen ungeheuren Abgrund hinunterstürzt und - schauerlich zu sehen - wieder herausbrandet, erblickten sie zwei Vögel, die unaufhörlich um die in Flusses Mitte ragenden Felsen kreisten, immer öfter im Fluge ermatteten, vom Wasser alsbald fast in die Sturzflut hinabgezogen wurden und wieder auftauchten: ein erbarmenswertes Schauspiel! Nicht lange aber ließen sich die Heiligen durch den ungewohnten Anblick täuschen; durch den Geist gelehrt, erkannten sie in der Gestalt der Vögel Seelen, die - noch nicht gänzlich gereinigt - jene Pein erdulden mussten. Sie eilten darum zur raschesten Hilfe des himmlischen Tisches, und als erster musste, als der Gast, der greise Ulrich herantreten, das Opfer des Lebens [Messopfer] darzubringen. Und als dieses von Gott aufgenommen war, erschien nur mehr ein Vogel. Ein zweites Opfer des Heils wurde vom Herrn des Hauses dargebracht, und die zweite Seele wurde durch ähnliche Art der Zuwendung befreit.   Aus: R. Frauenfelder, Sagen und Legenden aus dem Kanton Schaffhausen, Schaffhausen 1933. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Rheinfallsage

Source: Rheinfallsage

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Erste Version Als noch auf dem Platze, wo jetzt Schaffhausen liegt, nur ein Kloster und eine Schiffslände waren, fischte einst dort im Rhein ein reicher und vornehmer Edelmann. Schläfrig geworden, lenkte er den Nachen in eine Bucht, legte sich im Schifflein nieder und schlief ein. Während er so im Schlafe lag, wurde der Kahn allmählich von den spielenden Wellen in die Strömung geführt, und nun trieb er schnell und immer schneller dem Rheinfall zu. Der Edelmann schlief noch immer und erwachte selbst dann nicht, als er in dem Nachen den donnernden Fall hinabgerissen wurde. – Als er die Augen aufschlug, fand er sich im Fahrzeug eine Stunde unterhalb des Rheinfalls am einsamen Ufer. Zum Danke für seine wunderbare Rettung stiftete er an diesem Orte ein Kloster, das er reich begabte, die Benediktinerabtei Rheinau.     Aus: R. Frauenfelder, Sagen und Legenden aus dem Kanton Schaffhausen, Schaffhausen 1933. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Rheinfallsage

Source: Rheinfallsage

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Zweite Version Einst ist oberhalb des Rheinfalles von Schaffhausen bei der Überfahrt über den Fluss ein blutjunger Schiffer im Kahne eingeschlafen. Den Schlafenden in seinem Kahne hat dann der Zug des Stromes mit Gottes sichtbarer Hülfe unversehrt über den grauenhaften Felsensteig hinabgetragen. Statt Gott demütig für solche wunderbare Rettung zu danken, ist der junge Bursche durch das überstandene Abenteuer vielmehr übermütig geworden. In der Schenke, in der er auf die überstandene Gefahr hin den edlen Landwein sich gut schmecken ließ, anerbot er sich verwegen, um hundert Gulden noch einmal die schreckliche Fahrt zu wagen. Ein unheimlicher, fremder Gast, der hinterm Tische saß, schlug die Wette ein, und der freche Jüngling machte wirklich die Gott versuchende Fahrt. Aber Schiffer und Kahn haben die schäumenden Wogen am Fuße des Rheinfalls spurlos verschlungen. In der Nacht aber, in der dieses geschehen, will man viele Jahre ein Geisterschiff gesehen haben, wie dasselbe blitzschnell wie ein Pfeil mit dem gespenstischen Schiffer den Rheinfall herabschoss und unten in dem Strudel verschwand. Seit die neue Eisenbahnbrücke den schwarzen Dampfwagenzug donnernd über den Rhein hinüber führt, hat man das Geisterschiff am Rheinfall nicht mehr gesehen.     Aus: R. Frauenfelder, Sagen und Legenden aus dem Kanton Schaffhausen, Schaffhausen 1933. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Ribbi Rabbi!

Source: Ribbi Rabbi!

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Ze-w-Wenden hed es Zwäärgli bim Hewwen hälfe-r-rächen. Dö ischd us e Fleenen e Stimm, chun: „Ribbi Rabbi ischd am Stärben!" Im gliichen Oigemblick hed ds Zwäärgli de-r-Räche-l-laan gaan und ischd, was gischd, was heschd, obsi gäge d'Flee gsprungen. Vun da an siin egghäiner Zwäärga mee chun hälfen hewwen. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Riborrey und seine Tochter

Source: Riborrey und seine Tochter

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Die Alp Arpitetta liegt im hintersten Teil des Eivischtales und schaut auf die mächtige Zunge des Durandgletschers hinunter. Wenn von der silberblinkenden Pyramide des Weisshorns die Lawinen nie­derdonnern, rollt das Echo über die Alp weg, so dass die Kühe oft erschreckt die Köpfe heben und unruhig in der Luft herum­schnuppern. Früher war das anders. Im Winter hatten nur die Zacken und Hörner Eismäntel umgeworfen; das Klima war viel milder, Lawinen gab es nicht einmal im Winter, und Riborrey, der mit sechs Knechten und seiner halbwüchsigen Tochter die Alp bewirtschaftete, sah nie Eis bei seinem Brunnen. Vor der Hütte lag ein Gärtchen mit saftigen Gemüsen, mit Levkojen, Primeln und Nelken, und an der Laube rankte sich die Weinrebe empor. Die Ernten fielen immer so reichlich aus, dass die Scheunen bis unter das Dach gefüllt wurden. Auf der Weide glockte die Herde, die so zahlreich war, dass Riborrey nie genau wusste, wie viele Tiere er eigentlich besass. Seine Tochter ver­kehrte mit niemand, als mit dem alten Müller, dem sie jeden Herbst den Roggen zur Mühle fuhr, und mit dem Besitzer der gegenüber­liegenden Leealp, wo sie ihr Brot backen liess. Riborrey ging selten zum Gottesdienst in die Talkirche, sondern opferte auf dem Kuhfelsen. Einst erschien er zur Verwunderung aller Anniviarden in der Kirche. Als er hereintrat, fiel ein Sonnen­strahl durchs Fenster; er hing den Hut an dem hellen Streifen auf und setzte sich ins Bänklein. Während der Messe lachte er immer. Da nahm ihn der Pfarrer nach dem Gottesdienst ins Verhör und fragte ihn, warum er immer gelacht habe. Riborrey erwiderte, er habe den Teufel auf dem Fenstersims sitzen sehen; der hätte mit aller Macht an einer Kuhhaut gezerrt und sie mit den Zähnen aus­einander zu reissen versucht. Da sei die Haut zerrissen, der Teufel habe den Kopf an der Mauer angeschlagen, und da habe er halt lachen müssen. Der Pfarrer sah nun, dass Riborrey mehr wusste als er selbst und sagte, er brauche nicht mehr zur Messe zu kommen. So blieb Riborrey auf seiner Alp und verkehrte nicht einmal mehr mit den Talleuten. Die Jahre schwanden im Fluge dahin, er war alt geworden und seine Tochter eine schöne Jungfrau. Aber sie dachte nicht ans Heiraten, hing an ihrem Vater und besorgte mit den Knech­ten die Herde. Sie merkte wohl, wie das Klima rauher wurde, wie die Schneefelder immer näher rückten und der Gletscher langsam ins Tal vorstiess; sie sah auch, wie der Vater ab und zu ängstlich zu den weissen Felswänden emporblickte, wo der Schnee auch im Sommer hängen blieb und nicht mehr zerging. Eines Abends trat er früher als sonst in die Stube, zog die Tochter an sich und sagte: «Sieh, liebes Kind, die Jahre vergehen, die Zeiten ändern sich, am Fuss des Moncerna liegt eine Schneelast, die die Sonne des Sommers nicht mehr zu schmelzen vermochte; das ist ein Zeichen, dass wir fortziehen müssen; ich habe mich lange gewehrt, denn auf der Alp habe ich mein Leben zugebracht und ich verlasse sie nur ungern, aber es muss sein!» Einige Wochen später war das Wasser im Brunnen gefroren, und das war das Zeichen zur Abreise. Riborrey schenkte die Alp dem Landesherrn, verkaufte die Herde und zog mit all seiner Habe und den grossen Reichtümern ins Rhonetal hinunter. Allein, Riborrey sollte es bald bereuen, sich an der Rhone nieder­gelassen zu haben. Dort herrschten ganz andere Sitten und Gebräuche als oben im einsamen Alptal. Die Tochter brauchte keine Wolle mehr zu spinnen und keine Herde mehr zu hüten; die Zeit wurde ihr lang, und da fing sie an zu träumen und verliebte sich in einen jungen, hübschen Burschen, der ihr nachging. Der Vater sah eine Weile zu, dann sagte er zu der Tochter: «Sieh, die Zeit ist gekommen, wo du dir einen Bräutigam erwählen darfst. Die jungen Burschen hier unten gefallen mir aber nicht, und du sollst nie einem andern dein Herz schenken, als einem Anniviarden!» Die Tochter war gewillt, dem Vater zu gehorchen und die Werbungen der Männer aus dem Rhone­tale auszuschlagen. Wochen und Monate flossen dahin. Sie wartete auf den Anniviarden, der kommen sollte, aber kein einziger meldete sich. Da gehorchte sie nicht mehr der Stimme ihres Vaters, sondern der ihres Herzens und ging wieder mit dem jungen, hübschen Bur­schen, der ihr so wohl gefiel. Der Vater merkte es und runzelte die Stirne. Eines Abends schloss er das Haus mit dem Schlüssel ab und steckte ihn in die Tasche. Damit glaubte er die beiden Liebenden von­einander trennen zu können, aber weit gefehlt. Als Riborreys Tochter Brot backte, machte sie zwei Abdrücke von dem Hausschlüsseln in den Teig, die sie ihrem Geliebten heimlich zuzustecken wusste. Dieser trug die Abdrücke zum Schlosser und liess zwei neue Schlüssel an­fertigen. So konnte sie des Abends heimlich das Haus verlassen und mit dem Geliebten spazieren gehen. Aber es ging nicht lange, so ent­deckte der Vater den Betrug. Der Zorn flammte in ihm auf, so dass er seine Tochter verfluchte und wünschte, sie möchte für ihren Un­gehorsam in ein hässliches Ungeheuer verwandelt werden. Kaum war der Fluch gesprochen, so ging er auch in Erfüllung; die schöne Tochter tat einen Schrei und schrumpfte zu einer Schlange zusammen, Als der Vater sah, was er im Zorn angerichtet hatte, be­reute er seinen Fluch und rang die Hände, aber die Verwünschung konnte er nicht mehr zurücknehmen. Er fühlte sich ganz vereinsamt und vermisste jeden Tag von neuem sein geliebtes Kind, und als er sehen musste, wie sie als hässiiche Schlange das Haus umkreiste, legte er sich mit gebrochenem Herzen hin und starb vor Gram. Die Schlange hütete sorgsam die Schätze, die ihr der Vater zurück­gelassen hatte, und eines Tages offenbarte sie sich ihrem Geliebten und bat ihn, sie zu erlösen. In der Christnacht werde sie ihm zur Mitternachtsstunde erscheinen, das erstemal als Schlange, dann als Kröte und zuletzt als Drache. Wenn er sie in jeder Gestalt dreimal auf den Mund küsse, so werde sie erlöst und wieder in eine blühende Jungfrau verwandelt. Dann wolle sie ihn belohnen, ihm die Hand reichen und die Schätze ihres Vaters mit ihm teilen. Der Geliebte schauerte zusammen, erinnerte sich aber, was sie ihm als liebliche Jungfrau gewesen, und so erschien er in der Christnacht an der bezeichneten Stelle. Er brauchte nicht lange auf die arme Freundin zu warten. Als es Mitternacht schlug, kroch die Schlange herbei, schlang sich um seinen Leib und flüsterte ihm zu: «Küsse mich, küsse mich!» Er schloss die Augen, überwand den Ekel und küsste sie dreimal. Als er die Augen öffnete, war die Schlange ver­schwunden, und eine grosse Kröte hüpfte auf seinen Schoss, glotzte ihn mit feuchten, hervorquellenden Augen an und quakte: «Küsse mich, küsse mich!» Der Bursche wurde vor Ekel totenbleich; er schloss wiederum die Augen, krampfte die Hände zusammen und küsste die hässliche Kröte dreimal auf das breite, schlammige Maul. Nun flammte es hell auf, ein schrecklicher, feuerspeiender Drache fuhr zischend durch die Luft, schoss auf ihn los und schnob : «Küsse mich, küsse mich», und jedesmal sprühten die Feuergarben aus seinem Maul und zu den Nüstern heraus. Der Bursche zitterte am ganzen Leib vor Schrecken und floh, so schnell er konnte. Hinter ihm Seufzer und eine Stimme, die schluchzte: «Niemals, niemals sollst du glücklich sein!» Die Stimme hatte recht; der Jüngling ist bald darauf im Elend gestorben, und die unglückliche Tochter des Riborrey harrt bis zur heutigen Stunde ihrer Erlösung. Quelle: Johannes Jegerlehner: Walliser Sagen, Hans Feuz Verlag Bern, 1959 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Richelsmatt und Lauinen

Source: Richelsmatt und Lauinen

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Richelsmatt und Lauinen waren früher zwei blühende Dörfer. In Richelsmatt lebten besonders viele bekannte Handwerker, vor allem Hagelschmiede. Kirchlich gehörte Richelsmatt zu Ernen. Am Sonntag zogen bis gegen zwanzig "Tiechlitechtre" hinaus nach Ernen zur Messe. Durch die Pest ist das Dorf ausgestorben. Ein Kind in der Wiege hat damals in einer Nacht alle Verwandten bis in den neunten Grad beerbt. Eine Trichelkuh ging innerhalb zwölf Stunden auf den zehnten Besitzer über. ERNEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Riesen

Source: Riesen

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Im Kalkeisental wohnten einst Riesen, die nach dem Volksmund ihrem Landesherrn in Zeiten der Not vortreffliche Dienste leisteten. Kam nämlich ein Feind ins Haupttal, so wurden die Riesen aufgerufen; diese bewehrten sich unterwegs mit einer Tanne, die sie mit starker Hand aus dem Boden rissen. Mit ihren Fäusten schlugen sie die Äste weg, benutzten dann den Stamm als Spazierstock, und wenn es an den Feind ging, schwangen sie die Tannen im Kreise um sich her und mähten alles nieder, was ihnen entgegenstand. Nach Fl. Kaiser, Festschrift.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 204, S. 99 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Riesenbirne und Riesenkuh

Source: Riesenbirne und Riesenkuh

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In alten Zeiten gab es in unserm Lande Birnen, die waren tausend Mal grösser als die jetzigen; das waren die »überwelschen«. Wenn so eine überwelsche Birne abgefallen war, wurde sie in den Keller gerollt und da zapfte man ihr den Saft ab. Zwei Männer sägten mit der Waldsäge den Stiel ab und fuhren ihn in die Sägemühle, wo die Bretter für das Täferholz daraus geschnitten wurden. Viel Sorge machte es den Leuten dazumal, die Milch aufzuheben. Die Kühe waren nämlich so groß, dass man Teiche graben musste, um die viele Milch, die sie gaben, darin aufzufangen. Alle Tage fuhren dann die Sennen auf kleinen Schiffen in dem Teich herum und schöpften den Rahm ab. Das merkwürdigste waren aber die großen Kuhhörner: Die waren so lang, wenn man um Ostern hinein blies, so kam der Ton um Pfingsten heraus. Quelle: Sutermeister, Otto: Kinder- und Hausmärchen aus der Schweiz, Aarau: 1869 Zürich, Schaffhausen, Aargau, Waadt. (Schriftliche Mittheilung von H. Geßner.)        Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Rindelenmoor bei Schupfart

Source: Rindelenmoor bei Schupfart

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Herwärts vom Dorfe Ober-Schupfart im Frickthale treibt in der Rindelen die Rindelenmoor ihr Unwesen, ein gespenstisches Schwein, das man sonst auch Rochelenmoor wegen ihres heisshungrigen (rûechenden) Grunzens und Wühlens nennen hört. Vor noch nicht langer Zeit machte hier Nachts ein heimkehrender Schupfarter-Bauer seinen Begleiter aufmerksam, ob er denn jenen Hund nicht bemerke, der beharrlich hinter ihm drein fauche und lappe. Der Befragte konnte durchaus nichts wahrnehmen. Nun fieng der Andere gewaltig an zu fluchen und meinte damit das Unthier zu verscheuchen; als das Thier wegprallte, ward er aber am Fusse gestreift. Der Mann schwoll heftig an und hatte lange darnach noch das Bett zu hüten. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 100 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ring am Aarburgerschlosse

Source: Ring am Aarburgerschlosse

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An einer Felswand der Festung hängt ein grosser Eisenring; er soll in der Zeit, da das ganze Wiggerthal noch ein See gewesen, dazu gedient haben, hier die Schiffe anzubinden. Auch eine Lokalität der Nachbarstadt Zofingen, die jetzt ohne alle Stromschiffahrt ist, heisst noch Schifflände; es soll daselbst einst ein grosser Fluss, Namens Hägler, gewesen sein, dessen unterirdisches Brausen man dorten noch zu hören meint und den der Glaube bei Aarburg in die Aare münden lässt. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 6 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ring zu Eiere

Source: Ring zu Eiere

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Ring zu Eiere Im Toggiburg hinger isch es Fraueli gsi; das het si nid liecht lo ubernäh. Aber es het au mänge Fisch im Bach gha, wo-n-es nid gwüsst het, wie-n-er schwümmt. Amene Charfritig isch es einisch i drü Hüser go drü Garbebänger stähle. Do drus het’s es Näscht gmacht. Derno het’s es schwarzes Huehn i de drei höchschte Näme drufto. Derzue hat’s es Sprüchli gseit; was für eis, weiss i nid. Du het es du ’s Huehn lo goh. Das isch höch für d’Luft us zur Altburg übere gfloge. Öppe no zwone Schtungen isch es zruggcho. Sider si us dene drü Hüsere, wo-n-es Garbebänger gstohle gha, d’Hüehner i das neue Näscht go legge, u das Fraueli het gäng Eier gnue gha. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Riraa, Roree!

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Es Zwäärgli hed gholfen hewwen. Döö ischd es anders chun hobojen und reeffen: „Riraa, Roree! Muggestutz ischd gstorben!" Döö hed das Zwäärgli, wa's ischd aggangen, de-r-Räche la ghijen, hed bbrieled ung grääred und ischd gläitig wee nes Härmli dir e-r- Räin üüf, und im Oigemblick hed ma niimma mee vun im gseen. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Riraa, Roree!

Source: Riraa, Roree!

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Es Zwäärgli hed gholfen hewwen. Döö ischd es anders chun hobojen und reeffen: „Riraa, Roree! Muggestutz ischd gstorben!" Döö hed das Zwäärgli, wa's ischd aggangen, de-r-Räche la ghijen, hed bbrieled ung grääred und ischd gläitig wee nes Härmli dir e-r- Räin üüf, und im Oigemblick hed ma niimma mee vun im gseen. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ritter Georg und der Drache

Source: Ritter Georg und der Drache

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Im Egelsee auf dem Tegerfeld hauste voreinst ein greulicher Lindwurm. Der kam zuzeiten aus dem Wasser herauf und was er fand, es wäre Mensch oder Tier, das fraß er alles. Und wenn er hungerte und nichts mehr auf dem Feld fand, da ging er zur Burg, da musste man ihm zu fressen geben. Wenn er dann genug hatte, so zog er sich wieder in den See zurück, bis ihn abermals hungerte. Auf der Burg aber saß ein König. Alle Wege über Land waren sehr begangen, und so konnte man die Gegend nicht veröden lassen. Da nun niemand sich getraute, mit dem Untier zu kämpfen, so kam das Volk um seiner Sicherheit willen überein, dass man dem Wurm alle Tage zwei Schafe geben sollte. Die brachte man ihm an den See. Und dieweil sie das taten, kam der Drache nicht mehr nach der Burg und ließ die Menschen in Frieden. Mit der Zeit aber hatte der Drache soviel Vieh gefressen, dass schier keines mehr im Lande war, und da begann er wieder unter den Menschen zu wüten. Da wurden die Bürger rätig, man solle das Los werfen, und wen es träfe, arm oder reich, Mann oder Weib, den solle man dem Drachen geben desselbigen Tages und dazu ein Schaf. Da fiel das Los einmal auch auf des Königs Tochter, sein einziges Kind. Und der König weinte und jammerte und bat die Leute, sie möchten sich seiner erbarmen und ihn seine Tochter behalten lassen, er wolle ihnen Silbers und Goldes geben, so viel sie nur begehrten. Da aber ergrimmte das Volk und sie sprachen: «Auch wir haben unsere Nächsten verloren, drum musst du deiner Tochter auch entsagen. Also gib sie heraus, oder du musst mit ihr sterben.» Das war dem König bitter leid und er sprach: «O weh, du armes Kind, wozu bist du geboren worden, dass dein Leib so jung verderben muss.» Und er ließ sie ihre königlichen Kleider anlegen und sich bereit machen. Da sprach die Jungfrau: «Was anderen widerfahren ist, das ist nur recht und billig, dass es auch mir geschehe!» Und sie ging allein mit dem Schaf an den See und saß am Rain und wartete, bis der Wurm käme, und weinte bitterlich. Da aber kam zum guten Glück ein schöner, junger Rittersmann des Weges geritten, Jörg mit Namen geheißen. Weiß war sein Ross und silbern die Rüstung, und golden flogen ihm die Locken im Winde. Wie der die Jungfrau auf dem Bühl sitzen und weinen sah, da sprang er vom Pferde und trat zu ihr hin. Und wie er ihre Schönheit gewahrte und die reiche Zier ihrer Kleider, da ward ihm leid um sie, und er fragte, warum sie so betrübt wäre. Da antwortete sie und sprach: «Herr sitzet auf euer Ross und entreitet alsbald von diesem Ort, sonst werdet ihr mit mir sterben.» Da sprach der Ritter Jörg: «Edle Jungfrau, sagt mir erst, was euch sei.» Da erzählte sie ihm, dass sie hierher gekommen sei dem Drachen zum Fraß. Da sprach Jörg: «Seid getrost schöne Jungfrau, und fürchtet euch nicht. Ich will euch helfen im Namen Gottes.» Kaum hatte er das Wort gesagt, da wand sich der Wurm aus dem Wasser und fuhr zu. Die Jungfrau erschrak, dass sie verblich wie eine Lilie. Wie aber Ritter Jörg den Drachen ersah, schwang er sich auf sein Ross, machte das Zeichen des Kreuzes vor sich und sprengte mit eingelegter Lanze dem Wurm entgegen. Der spie Gift und Geifer aus seinem Rachen und schnappte nach dem Speer. Jörg stach ihm den Speer durch den Schlund. Da fiel der Wurm nieder und verendete. Dann hob der Ritter Jörg die Jungfrau vor sich aufs Ross und brachte sie heim in ihres Vaters Schloss. Und der König gab seine Tochter dem kühnen Ritter, der sie und das ganze Land erlöst, zur Frau und das Reich zu Erb und eigen.   Quelle: Schweizer Märchen, Sagen und Fenggengeschichten, hrg. von Curt Englert-Faye, Zbinden Verlag        Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ritter Goldbart

Source: Ritter Goldbart

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Einst erschien im Vispertal auf stolzem schwarzem Pferde ein Ritter, der gar vornehm aussah und den niemand kannte. Die Zügel des Pferdes waren aus feinstem rotem Leder geschnitten, und der Sattel war mit breiten Goldstreifen besäumt. Auf dem Kopf trug er einen silbernen Helm mit Adlerfedern, und sein Gesicht schmückte ein Bart, der aus den dünnsten Goldfäden gewoben schien. Alle Mädchen verschauten sich in diesen Ritter, und er konnte gar schön tun mit allen, Schmeichelworte an sie richten, und reich musste er sein wie ein Fürst, denn jeden Tag zog er Geschenke aus der Tasche, die er bald an diese und bald an jene austeilte. Er wohnte im grössten Hause des Dorfes, und dieses Haus ge­hörte einer Familie, die einen erwachsenen Sohn und drei wunder­schöne Töchter besass. Die zwei ältern waren bei den Leuten ver­hasst wegen ihres Hochmutes, die jüngste aber ihrer Lieblichkeit und Bescheidenheit wegen geliebt und hoch geehrt. Sie liebte die Musik und spielte des Abends oft auf ihrem Hackbrett so lieblich und fein, dass der Vogelsang verstummte und der Talfluss nur ganz leise da­hinrauschte. Der Ritter scherzte mit den drei Schwestern und neckte sie, nahm bald die eine, bald die andere auf die Seite, so dass jede glaubte, die Auserwählte seines Herzens zu sein. Jeder flüsterte er ins Ohr, sie sei seine Liebste, dürfe es aber den andern nicht verraten, und sie glaubten es ihm alle drei und hüteten das Geheimnis vor­einander. Das Zimmer des Ritters lag über dem der jüngsten Tochter, die ihn jeden Morgen, wenn er aufstand, mit dreierlei Stimmen sin­gen hörte. Etwas so Liebliches und Kunstvolles hatte sie noch nie gehört; das klang schöner als das Saitenspiel des Hackbretts, und sie wünschte von ganzem Herzen, auch so singen zu lernen. Sie hatte lange nicht gewagt, mit dem Ritter darüber zu sprechen, aber als er sie auch seine Liebste nannte und seine Braut und sie verstohlen küsste, ruckte sie heraus mit der Sprache und bat ihn, sie auch mit dreierlei Stimmen singen zu lernen. Er streichelte ihr die Wangen und sagte: «Morgen nachmittag gehen wir zusammen spazieren, mein lie­bes Bräutchen, hoch in den Wald hinauf. Dort werde ich dich singen lehren, dass du vor deinem eigenen Gesang verstummen wirst! » Des freute sie sich sehr und mochte den folgenden Tag kaum erwarten. Am nächsten Morgen lief sie das Dorf auf und ab und plauderte es überall aus, jetzt werde sie bald auch singen können wie der Ritter, er hätte es ihr versprochen, und ein Ritter werde sein Wort halten. Den zwei andern Töchtern hatte Ritter Goldbart dasselbe versprochen, und nun führte er am Morgen in aller Frühe die älteste mit sich in den Wald hinauf. Sie hing sich an seinen Arm, blickte hochmütig herum und war des Jubels voll. Auf einmal hiess er sie niederknien. Er band ihr einen Strick um den Hals und hing sie am Baume auf. Dann ging er hinunter ins Dorf und holte die zweite Schwester, die schon sehnsüchtig auf ihn gewartet hatte und nicht ahnte, welch schrecklichem Schicksal sie entgegenging. Mit schönen Worten lockte er sie in den Wald, schlang ihr das Seil um den Hals und knüpfte sie neben der Schwester an den Baum. Nach dem Mittagessen führte er die dritte und jüngste zum Spa­ziergang. Sie lachte und sprang wie eine Gemse, freute sich des Lebens und malte sich aus, wie herrlich es sein werde, wenn sie wie der Ritter nun bald mit dreierlei Stimmen singen könne. Er führte sie am Arm und plauderte ihr die schönsten Geschichten vor. Mitten im Wald änderte er plötzlich seine Stimme und hiess sie niederknien. Sie erschrak, faltete die Hände und blickte zum Him­mel auf. Da schaute ihr Auge die beiden Schwestern, die tot am Baume hingen. Sie stiess einen durchdringenden Schrei aus, rang die Hände und flehte um Gnade. Der Ritter aber sagte: «Du musst jetzt sterben. Zwei hangen an der Tanne, und die dritte musst du werden!» Als sie sah, dass ihr Flehen den Unhold nicht rührte, bat sie, drei Schreie tun zu dürfen, bevor er sie töte. Er entgegnete mit einem höllischen Grinsen: «Sing nur, mein Täubchen, es wird dir doch nichts nützen!» Sie waren im dichtesten Wald, wo die Lärchenbäume nahe bei­sammen standen und jede Aussicht gegen das Dorf hin verdeckten. Sie tat den ersten Schrei und rief: «Vater, komm geschwind und gar bald, Sonst muss ich sterben im Wald!» Alles blieb still, der Ritter stand unbeweglich neben ihr mit dem Seil in der Hand; auf dem Geäste sang ein Vöglein das Abendlied. Sie seufzte tief auf und rief zum zweitenmal: «Ach Mutter, komm geschwind und gar bald, Sonst muss ich sterben im Wald!» Durch die Stämme rauschte der Wind ganz leise, und in der Ferne hörte man ein Jagdhorn. Sie blickte in die steinharten Gesichtszüge ihres Mörders, der ihr deutete, sich zu beeilen und tat den dritten Schrei: «Ach Bruder, komm geschwind und gar bald, Sonst muss ich sterben im Wald!» Ihre Knie zitterten, und voller Entsetzen blickte sie auf den Mann, der die Schlinge auseinanderfaltete. Da stürzte jemand durch das Gebüsch; das war ihr Bruder. Er kam von der Jagd und hatte den Schrei gehört. Als er seine Schwe­ster vor dem Ritter knien sah, totenblass und zitternd wie die Tannen­nadeln, rief er aus: «Den Lohn, den will ich dir geben, Lass du meine Schwester am Leben!» Er schlug die Büchse an und schoss dem Mädchenmörder mitten durch den Kopf. Dann führte er die immer noch schauernde Schwe­ster an der Hand nach Hause und sagte: «Hier kannst du leben und bauen, Aber sollst keinem Ritter mehr trauen!» Am nächsten Tag wurden die ermordeten Schwestern auf dem Gottesacker bestattet.   Quelle: Johannes Jegerlehner: Walliser Sagen, Hans Feuz Verlag Bern, 1959 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ritter Hans Jeuch

Source: Ritter Hans Jeuch

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Eines Sonntags stand der Ritter Hans Jeuch in einem ihm gehörenden Hause in der Clus genannt, am Fenster, und schaute gegen Schlapin hinauf. Da sah er die Montavoner in hellen Haufen das Tobel herabkommen. Schnell legte er seinen Leder- Harnisch an, bestieg seinen Schimmel, dem er noch in der Eile eine »Gelte« (Holzgeschirr 8-10 Mass haltend) Wein zu saufen gab, und stürmte vor die Kirche hin, denn es war eben Alles in die Predigt gegangen. Dort gab er Zeugnis des Gesehenen und ebenso schnell waren die Closterser bei der Hand, zur Wehre zu stehen. Es nahm aber Jeder die Waffe mit, die er am Ehesten erwischen konnte. Dann sprengte Jeuch rasend den Montavonern entgegen, nachdem er den ihm folgenden Clostersern zugerufen: »Niedermachen will ich Euch g'nug, nur lasset mir Keinen wieder aufstehen.« So durchbrach er die Haufen der Montavoner, die sowohl die scharfe Schneide seines Schwertes, als den Huf seines grimmen Schimmels zu fürchten hatten. Er mähte ganze Reihen nieder, und was er niedermähete, »zetteten« die Closterser, d.h. sie liessen Keinen wieder aufstehen. So kam ein Teil der Montavoner durch das Schwert des Jeuch um, der andere Teil flüchtete das Tobel aufwärts, wieder heim zu. Auf dem Rückwege rasteten die Closterser, auf einer Wiese im Dörfli.Dort öffnete Jeuch seinen Leder-Harnisch, und siehe da, - es fielen eine Menge Flintenkugeln zu Boden. Er war halt kugelfest. Drei Tage lang floss der Schlapiner-Bach rot, so hatte das Schwert Jeuchs seine Schärfe bewiesen, und so hart war das Treffen gewesen. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ritter Jörg von Jörgenberg

Source: Ritter Jörg von Jörgenberg

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Ritter Jörg von Jörgenberg war ein tapferer Kriegsmann, zugleich aber auch der Schrecken der ganzen Gegend. Wenn er mit seinen Reisigen zu Tale fuhr, zitterte der Landmann und rettete sich in seine Hütte; selbst der einsame Wanderer mied des Ritters Nähe. Das Eroberte und von den Landbewohnern Erpresste wurde in der Burg in Saus und Braus verschwen­det; daher war Jörg von Jörgenberg beim Volke gar verhasst, und die be­drängten Landleute taten sich feierlich zusammen, dem Übel zu steuern. Die Edlen der Gegend und die Bauern rüsteten sich zur Erstürmung der Burg, und auf ein gegebenes Alarmzeichen eilte Alles Derselben zu, sie einzunehmen und Rache zu üben an dem grausamen Ritter. Die Edeldame, ganz das Gegenteil ihres Eheherren, die stets der Be­drängten Trost, die Hülfe der Kranken, die Retterin der Gefangenen aus dem dunkeln Verliesse gewesen, - sie suchte Gnade bei den Empörten, für sich, den Ritter und die Besatzung. Das ergrimmte Volk, eingedenk der Wohltaten, die die Dulderin vielfach ihnen gespendet, aber auch bewusst der erlittenen Missetaten von Seite des Ritters, gab ihrem Flehen folgendes Gehör: Sie, die Edelfrau, durfte frei abziehen, weil sie an den Gewalttätig­keiten des Burgherren keinen Anteil genommen hatte; auch ward ihr vergönnt, so viel ihrer Schätze mit sich zu nehmen, als ihr beliebte. - Trotz seiner Härte war nun der Ritter doch ihr liebstes Gut, und als Solches liess sie Denselben in einen Sack binden, welchen dann ihr Diener, der ihr folgte, trug. Die Edelfrau erhielt versprochenermassen die Freiheit. Das Volk, das ihre List merkte, war so edelmütig, der Treue der Burgfrau ein Opfer zu bringen, und auch den Tyrannen unbekümmert weiter ziehen zu lassen. Jedoch musste dieser Letztere das Land auf immer verlassen. Der Anführer der Belagerer sprach zum Volke: »Er ist entronnen! Unsere Hände bleiben frei von Racheblut; der Herr, der Richter ist im Himmel und auf Erden, der wird\'s vergelten.« - Die Burg wurde zerstört. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ritter Molina auf Salenegg

Source: Ritter Molina auf Salenegg

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Violanda, eine Tochter Vespasian\'s Salis, brachte das Schloss Salenegg dem Ritter Anton Molina zu. Von diesem Anton Molina wird behauptet, er sei gegen Ende seines Lebens von seinen Verwandten bewogen worden, die katholische Religion anzunehmen. Er starb auf Salenegg und seine Leiche wurde im grossen Rittersaale in den Sarg gelegt. In der Nacht nun, während es draussen tobte und stürmte, und nur ein klein Lichtlein allein den Toten hütete, kam eine mächtige Kutsche angefahren, in welcher der gute Ritter fortgeführt wurde; statt Seiner wurden grosse Steine in den Sarg getan. Die Verwandten waren gekommen, hatten den Wächter bestochen, seine irdischen Reste geraubt, um nach den Gebräuchen der römisch-katholischen Kirche ihn zu bestatten. - Als nun am Tage seines Begräbnisses mit grossem Gepränge der Sarg aus dem Rittersaale herausgetragen wurde, erblickte man arn Fenster oberhalb vom Balkone die leibhaftige Gestalt des tapfern Molina, der, als das Totenbehältniss zum Wegtragen aufgehoben wurde, dem Trauergeleite zurief: »Ist\'s schwer?« und dann verschwand. - Die Männer, die den Sarg eben wegtragen wollten, stellten Denselben eilends nieder, und als man ihn geöffnet hatte, fand man eine Menge Steine darin, statt des vermeinten Ritters. - Auch sagt man von diesem Molina, er sei der letzte Bewohner des Schlosses Aspermont oberhalb Jenins gewesen, und eines schönen Morgens von seinem Diener auf dem Boden liegend vor dem Bette tot gefunden worden, mit schwarzblauem, rückwärts gedrehtem Gesichte, was so viel sagen will, als hätte der Böse ihn so traktiert und mit der Seele des armen Ritters Reissaus genommen. Diese Sage ist aber ganz unbegründet, denn er starb ganz ruhig und ergeben auf Salenegg. - Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ritter Müllner und Rudolf von Habsburg

Source: Ritter Müllner und Rudolf von Habsburg

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Ritter Müllner und Rudolf von Habsburg Ritter Rudolf Müllner war mit Rudolf von Habsburg verfeindet; man weiss aber heute nicht mehr warum. Einst begegnete Müllner dem Grafen Rudolf - unbekannt wo -  und da der Ritter allein war, schickten sich die Reisigen des Habsburgers an, jenen gefangen zu nehmen. Müllner glaubte sich schon verloren, als ihm eine List ein?el. Er bückte sich, öffnete seine Kleidung, als ob er seine Notdurft verrichten müsste. Den Reisigen rief er zu, sie werden ihn doch in Ruhe lassen, bis er sein Bedürfnis verrichtet habe. Dem Grafen, der selbst ein Spassvogel war, gefiel der Einfall, und er befahl, den Ritter unangefochten zu lassen. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Escher, W. und A., S. 118. Ritter und Müllner, 1240 - 1286, des Rats 1256 - 1286, Reichsvogt.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ritter Tannhuser

Source: Ritter Tannhuser

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In der Ebene des Seeztales liegt der mit kurzen Eichen, Stechpalmen und anderm Gebüsch bewachsene Felsenhügel Tiergarten, wo vor der Reformation oft das Landgericht sich versammelte. Nach der Sage muss es da vor alter, grauer Zeit ganz anders ausgesehen haben als jetzt, wo die Eisenbahn unmittelbar am Hügel vorbeistreicht und rote Tonschieferplatten allenthalben auf demselben ausgebrochen werden. Es hausten hier vornehme Herrschaften, welche in überschwenglicher Pracht die ausgeartetsten Festgelage hielten und gottsträflichen Lüsten frönten. Zur Strafe dafür muss nun diese liederliche Sippschaft gar oft in gewissen Nächten ihr tolles Treiben auf dem Tiergarten wiederholen, und schon mancher, der bei einem solchen Anlasse hier vorüberwanderte, hat die schöne Musik gehört. In dieser alten Zeit kam auch der edle Ritter und Minnesänger Tannhuser zu jenen Herrschaften auf den Tiergarten-Hügel, welcher aber damals "Frau Vrenasberg" oder wohl Venusberg geheissen habe. Tannhuser liess sich durch die Schmeicheleien der Damen und durch das flotte Leben verführen und blieb mehrere Jahre daselbst. Endlich bereute er solches bitterlich, wollte sich von dannen begeben und dem Papste seine Sünden bekennen. Ein besonderes Missgeschick vermochte es aber, daß er die Absolution nicht erlangte und wieder auf den Venusberg ging, wo er nun bei seiner frühern Gesellschaft gebannt sein muss bis zum jüngsten Tage, wenn ihn nicht jemand erlöst. Derjenige, der ihn erlösen würde, könnte zum Lohne die um den Tiergarten gespannte goldene Kette und das auf dem Hügel verborgene goldene Kegelspiel in Empfang nehmen. Von Zeit zu Zeit steigt Tannhuser vom Hügel herab, um zu erfahren, ob er noch nicht baldige Erlösung zu hoffen habe. So kam der Ritter einmal auf seinem weissen Pferde zu einem Feldarbeiter in die naheliegende Plonser-Au und fragte diesen, wie spät es sei. Der Arbeiter nannte ihm die Stunde des Tages. Der Ritter wollte aber die Jahreszahl wissen und sprach, als jener sie ihm mitgeteilt: "Meine Zeit ist noch nicht da." Darauf bot er dem Arbeiter eine Prise aus einer grossen, silbernen Dose, welche derselbe aber aus geheimer Furcht nicht annahm. Der Ritter sagte dann nur noch: "Eine so köstliche Prise, wie ich dir eine anbot, wird dir in der Zeit deines Lebens nicht mehr angetragen werden." Er verschwand. Ein andermal begab sich Tannhuser zu des Schneider "Melchen" Vater, welcher neben dem Tiergarten Streue aufmachte, und bat diesen dringend, mit ihm auf den Tiergartenkopf hinaufzukommen und ihm dort Hilfe zu leisten; Gefahr sei dabei keine vorhanden, der Lohn dagegen werde gross sein. Der Bauer aber blickte den in der vornehmen Tracht eines frühen Jahrhunderts gekleideten fremden Herrn scheu und misstrauisch an und wies dessen Begehren rundweg ab. Hierauf sprach der Fremde in seltsam wehmütigem Tone: "Nun muß ich wieder lange warten, bis mir jemand helfen kann. Wenn die Nuss, die heute zur Erde fällt, zu einem schlagfähigen Baume aufgewachsen und aus einem Teile desselben eine Wiege verfertigt sein wird, kann erst das Kind, das darin liegt, mir helfen, wenn es will," und als der Ritter dieses gesagt hatte, konnte der Bauer nichts mehr von ihm wahrnehmen. Zur Erinnerung an Tannhuser wurde bis in den Anfang des 19. Jahrhunderts in den umliegenden Ortschaften folgendes Tannhuser- oder "Tiergätslied" gar oft gesungen, das die alte Witwe F. I. in M. uns überliefert: Tannhuser war ein wundriger Knab,  Gross Wunder geht er ge schauen;  Er geht wohl auf der Frau Vienus Berg  Zu denen drei schönen Jungfrauen. Er schaute zu einem Fensterlein ein.  Gross Wunder konnte er schauen;  Tannhuser war ein lustiger Knab, Drum blieb er bei denen Jungfrauen, Sie sind die ganze Woche gar schön, Am Sonntag sind's Ottern und Schlangen; Tannhuser hat anfangs der Wonne viel; Dann tat es ihm aber schier bangen. Jetzt trat es schon ins siebente Jahr;  Tannhuser tat erkennen.  Dass er ein grosser Sünder war.  Sein Seel verdammet wäre, Wie's eines Morgens Tage war, Tannhuser wollte ge beichten;  Er wollte wohl gehen für den Papst,  Wollt seine Sünden anzeigen, Der Papst nahm das Stäbli in seine Hand,  Vor Dürre war es gespalten:  "So wenig das Stäbli mehr Läubli trägt.  So wenig kannst Gnade erhalten." "So geh' ich wieder auf der Frau Vrenas Berg,  Lass mich durch nichts mehr abschrecken  Und schlafe bis am jüngsten Tag,  Bis mich Gott selber tut wecken," Jetzt währt' es nicht gar dritthalb Tag,  Das Stäbli fing an zu grünen  Und trägt drei rote Rüseli,  Drei wunderschöne Blumen, Der Papst schickt aus in alle Land;  Nicht künnen's Tannhuser erschauen;  Er liegt schon auf der Frau Vrenas Berg  Bei denen drei schönen Jungfrauen. Es währte nicht gar ein halbes Jahr, Der Papst, er war gestorben;  Jetzt ist er verdammet in Ewigkeit, Muss ewig sein verloren. Drum soll kein Bischof,  kein Papst nicht mehr Ein armen Sünder verdammen! Sein Sünde sei so gross sie mag, Bringt Gnad des Kreuzes Stammen. I. Natsch. *** Natsch spricht die Vermutung aus, der Minnesänger Tannhäuser möchte ein Chur-Rätier gewesen sein, da sein Sagenkreis im Sarganserland so fest gewurzelt war und so viele Ranken getrieben. Er glaubt sogar, der im Oberland heimische Familienname Danuser möchte auf ihn zurückzuführen sein. Hierin aber irrt er wohl. Immerhin legt die Sage Zeugnis ab von der ausserordentlichen Sagenkräftigkeit dieser Gegend. Die Tannhäuser-Sage ist übrigens weit älter als der Minnesänger. Frau Venus im Venusberge ist niemand anders als die germanische Göttermutter Freya. Die Abweisung des Beichtenden soll durch Papst Urban IV. (1261-64) geschehen sein, weswegen diesem Papste der Himmel verschlossen bleibe. Der Tann-Häuser ist ein Urtypus eines echten, alten Sagenstoffes, der unzählige Bearbeitungen erfahren hat und darum nicht mehr in seine einzelnen Bestandteile zerlegt werden kann. Pfarrer Stalder in Escholzmatt überliefert das Tannhäuserlied, wie es im Entlebuch gesungen worden. Natsch hat es ebenfalls aufgezeichnet. Es lautet: Wer grosse Wunder schauen will, Der gang in grüne Wald use. Es war einmal ein Ritter gut, Der hiess der von Tannhuse. Nu er in grüne Wald use kam.  Viel schöne Frauen er funde;  Die fingen an einen langen Tanz, Ein Jahr dunkt ihn eine Stunde, "Tannhuser, lieber Tannhuser mein,  Wollt ihr nit bi uns blibe?  Gib euch mein jüngstes Tochterlein  Zu einem ehlichen Wibe!" - "Die jüngste Tochter, die mag ich nit;  Der Tüfel ist in ihr inne;  Me sieht's de brune n Auge n an, Wie er tut in ihr brinne!" -^ "Tannhuser, lieber Tannhuser mein,  Du solltest uns nit schelten;  Denn kommst du wieder in diesen Nerz,  So musst du es entgelten!" Frau Venus halt' ein Feigenbaum;  Er legt sich drunter schlafen.  Da kam ihm vor in seinem Traum,  Er soll dies Leben lassen. Wie er gen'Rom hin Abschied nahm.  Wallt' er mit baren Füssen;  Er fiel auch nieder auf sin Knie,  Die Sünden abzubüssen. Ein weisser Stab in Papstes Hand  vor Dürre schier wollt spalten:  "Trägt diesen Stab sein grün Gewand, Wirst Ablass du erhalten!" Er kniete vor den Kreuzaltar mit ausgespannten Armen  Und bat den süssen Jesu Christ,  Er soll sich sin erbarmen, Tannhuser ging zur Kirche n us  Mit fast gebrochnem Heizen:  "Gott ist mein gnädiger Helle gsin; Nun lässt er mich in Schmerzen!" - Wie er zur Kirchen use ging,  Bekam ihm unser Frowen:  "Behüt mich Gott, du reine Maid,  Dich darf ich nit anschowen!" Er ging bis an den dritten Tag;  Der Stab fing an Laub tragen.  Der Papst sandt sine Botten ab.  Man soll's dem Ritter sagen, Tannhuser war jetzt nimmer hier. War schon hinweggefahren  Zum lustigen Frow Venusberg,  Man konnt' sin nit gewahren. Drum soll kein Papst noch Kardinal  Den Sünder nit verdammen;  Sin Sünde st so gross sie mag.  Bringt Gnad des Krützes Stammen! Ich verweise übrigens auf das Tannhäuser-Lied bei Uhland (Volkslieder 297), abgedruckt bei Arnim & Brentano (Wunderhorn I, 82). Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 253, S. 129ff Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ritter Velga

Source: Ritter Velga

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Hoch über der Saane, nahe der Stelle, wo heute der Weg nach St. Wolfgang von der Bernstrasse abzweigt, stand ehemals die feste Burg Kastels. Sie gehörte dem Ritter Velga. Er soll ein habgieriger Mensch gewesen sein. Die Bauern der Umgebung, die ihm zinspflichtig waren, klagten laut über seine Härte. Immer höheren Zins forderte er von ihnen und immer grössere Abgaben. Wer nicht bezahlen konnte, wurde unbarmherzig von Haus und Hof vertrieben und ins Elend gejagt. Auf diese Weise soll sich der Burgherr innert weniger Jahrzehnte ein ungeheures Vermögen zusammengescharrt haben. Da brach zwischen den Städten Freiburg und Bern ein Krieg aus. Die Berner zerstörten fast alle Burgen in der Umgebung Freiburgs. Eines Tages erschienen sie auch vor Kastels. Sie erstürmten das Schloss und plünderten es aus. Vom Keller bis zum Estrich wurden alle Kisten und Kasten geleert und die ungeheuren Reichtümer weggeschafft. Dem sagten die Berner „Sackmann machen“.Schliesslich wurde die stolze Feste verbrannt und gänzlich zerstört. So kam der Ritter Velga um alle die Schätze, die er sich erwuchert und ergeizt hatte. Darüber verlor er völlig seinen Verstand und fiel in Irrsinn. Neben dem zerstörten Schlosse baute er sich eine elende Bretterhütte und lebte darin noch mehrere Jahre. Jeden Tag sah man ihn auf dem verödeten Burghofe kleine Kieselsteine auf lesen, die er in eine Wanne legte und oft stundenlang herumschüttelte, als ob es Goldstücke wären, die er vom Staube reinigen wollte. Später wühlte er sogar den Boden auf, um immer neue Kiesel zu finden. Endlich erlöste ihn der Tod von diesem traurigen Dasein. Aber weil sein Herz zeitlebens nur an den Gütern dieser Welt gehangen und für die Nöte der Mitmenschen nur Härte gekannt hatte, konnte er nicht selig werden. Ein Geist musste auf die Erde zurückkehren, in den Ruinen von Kästels umgehen und sühnen. In mondhellen Nächten sah man noch in späten Jahrhunderten den Geist des Ritters im Burghofe herumirren, Kiesel auflesen und in der Wanne schütteln. Wenn aber von den Türmen der Stadt die Mitternachtstunde schlug, dann verschwand er mit seinem Schatz im alten Gemäuer, laut jammernd und wehklagend, dass sich darob ein Stein hätte erbarmen mögen.   Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch


by Ross als Glutofen

Source: Ross als Glutofen

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Im Schwaderloch, nahe beim sogenannten Sennhof im Frickthal, liegt ein Graben, an welchem es spukt. Als vor einem Jahrzehent der Sennbauer ausdreschen sollte und sich dazu die Drescher im Thale bestellt hatte, kam er sehr spät Nachts auf dem Heimwege an diesem Graben vorbei. Hier traf er ein Ross, das ihm wiederholt vor die Beine kugelte, aber alsbald verschwunden war, da er zu fluchen anfieng. Als er nun Nachts eine Weile geschlafen hatte, klopfte man ihm aussen am Fenster. In der Meinung, die gedungenen Drescher seien angekommen, stand er auf, sowie er aber die Kammerthüre öffnete, stand ein Glutofen an der Zimmerschwelle, so dass der Bauer darüber stürzte und sich die Beine verbrannte. Als darauf die Drescher anlangten, hörten sie etwas im Salzkasten rollen; daraus schloss man, dass man des Mannes verbrannte Schenkel mit Salzwasser benetzen müsse, und diese heilten. (A. Birrcher in Laufenburg.) Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 195 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Rothe Augenlieder

Source: Rothe Augenlieder

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Alle Hexen sind triefäugig und haben rothe entzündete Augenlieder; sie haben dies schon von ihren Müttern ererbt, die gleichfalls Zauberei getrieben haben, und pflanzen es eben so wieder auf ihre Kinder fort. Im J. 1798 plünderten die Franzosen im Freienamte. Dies machten sich einzelne Gemeinden aus der angrenzenden Landschaft zu Nutz und stahlen nebenher unbestraft mit. So kam in das bereits ausgeraubte katholische Dorf Hägglingen ein Mann aus dem reformierten Dorfe Othmarsingen in gleicher Absicht und drang in die dortige Kirche ein. Als er hier alles schon fortgeschleppt und geleert fand, stach er aus Wuth einem Muttergottesbilde auf einem Altar die Augen aus. Es sind ihm darauf bei Lebzeiten noch die Augen aus dem Kopfe gefault, und seine Nachkommen haben bis auf diesen Tag rothe Augenlieder. Diejenigen, welche den Apfelbaum an der Sarmenstorfer Einsiedelei umhauen, werden mit einer Augenkrankheit heimgesucht; der Frevler am Muttergottesbilde hat Nachkommen, deren Augenlieder entzündet sind. Von dem feurigen Blick der Weisen Weiber, der sich dann zur Triefäugigkeit und zum Schielen erniedrigt, ist Abthl. IX die Rede. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 81 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Rothes Tüchlein bei Kastelen

Source: Rothes Tüchlein bei Kastelen

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Aus fernen Landen war ein Flüchtling nach Thalheim gekommen im Jura und hatte sich da das Schloss Castelen hinter der Gislifluh gekauft, das er in aller Zurückgezogenheit nur mit einem Knechte und einer Magd bewohnte. Nach und nach gewannen er und der Knecht diese Magd zugleich lieb. Als sie aber unerwartet einen Knaben gebar, jagte der Herr den Knecht aus dem Dienste, die Mutter aber warf er sammt ihrem Kinde in einen unterirdischen Kerker des Schlosses und brachte Beiden manches Jahr selber ihr Essen hinab. Als nachmals der Flüchtling wieder in sein Vaterland zurückkehren konnte, erdrosselte er die Magd im Kerker, ihren Knaben, der indess gegen zehn Jahre alt geworden war, that er zu einem Bauern auf dem Berge ins Versteck. So erfuhr der Bauer aus dem Munde des Kindes bald die Unthat und machte davon Anzeige. Die Obrigkeit kam dem Mörder in weiter Ferne wieder auf die Spur, und als er sich entdeckt sah, nahm er sich selbst das Leben. Man fand bei ihm einen Brief, worin er den Wunsch ausgesprochen hatte, auf seinem Schlosse Castelen begraben zu werden. Dies geschah, aber seitdem muss er dorten umgehen. Ein Bauer dieser Gegend, der noch spät auf dem Wege nach dein Dorfe Thalheim war, sah hier lange einem Lichte zu, welches vor ihm herzulaufen und manchmal still zu halten schien. Da er es erreicht zu haben glaubte, war es erloschen, an der Stelle lag nun ein rothes Taschentuch, das wie zum Trocknen über die Hecke hingebreitet war. In dieser Gegend, wo weitum keine Wohnung ist, befremdete ihn das Tuch; er hatte es anfangs mitnehmen wollen, aber bei weiterm Nachdenken fand er's nicht für gut, er warf's mit dem verächtlichen Worte von sich: De näm' i ned ewegg! Kaum einige Schritte weiter lag jedoch wiederum ein rothes Tüchlein da. Nun kehrte der Bauer um, zu sehen, ob das Vorige noch an der alten Stelle liege; es war weg. Jetzt fieng es an ihm unheimlich zu werden und er machte sich fort. Aber schon nach kurzer Zeit lag ihm das unheilvolle Tüchlein noch einmal im Fusswege. Da fasste er Herz, begann zu fluchen und zu schwören und schwang den Stock. Sogleich war das Tüchlein verschwunden und statt seiner jenes Licht wieder gekommen, das nun dem Bauern bis an sein Haus hin leuchtete. Ermattet und niedergeschlagen legte sich der Mann zu Bette und blieb auch nachher noch lange an dem Arme starr, den er zum Dreinschlagen geschwungen hatte. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 146 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Rottalhans und Stufensteintoni

Source: Rottalhans und Stufensteintoni

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Das Rottal, der weite, wilde Gletscherkessel hinter dem Jungfrauberg, war vorzeiten eine schöne, saftige Alp. Hier lag ein junger Mann, Rottalhans, dem Viehgewerb ob. Eine Stunde weiter unten, auf Stufenstein, das damals nicht ein so mageres, kratziges Alpetli war wie heute, war Toni Senn. Sie waren jung, mächtig gross und stark wie die Bären. Als Rottalhans einmal zu Stufensteintoni hinunterstieg zum Abendsitz, da ging der ins Milchgaden und bot ihm eine zwanzigmässige Gebse voll Milch als Labetrunk. (1 Mass = 1,5 Liter) Mit einer Hand bot er ihm die mächtige Gebse, die war so voll, dass die Biene hätte draus trinken können, und auf den Boden floss nicht was Tau am Halm. Ob dieser stummen Kraftprobe staunte Rottalhans, nahm aber die Gebse auch mit einer Hand, holte den Atem tief unten, setzte an und liess die zwanzig Mass rinnen. Von dieser Stunde an drückten Neid und Eifersucht die beiden noch schlimmer als bisher, denn unten im Ammertengrund, da war eine Jungfer, man sagte von allem Wunder, was das für eine sei, zwei Augen wie der Himmel über dem Firn, zwei Wangen wie Bergrosenblust, und Hans wie Toni wähnten sich Hahn im Kratten. Einmal, als Toni sich anschickte, in den Grund hinunter zu gehen, sah ihm Rottalhans oben scheelen Auges zu. Er schaute über den Fluhsatz vor der Hütte hinunter und brummelte bärbeissig: "Was will er so zu Unzeiten schon wieder drunten? Ich weiss, wo ihn der Schuh drückt, den tonners Gassenschlingel!" Da kam Tonis Hüterbub herauf ins Rottal: "Hoi-hoo — Hans, wie geht es hier oben? Toni war schon die Woche, die verwichen, eine Teufelslänge unten im Ammertengrund, und eben ging er wieder. Da habe ich gedacht, ich komm zur Kurzweil herauf zu dir z’Dorf." Da liess Rottalhans alle Lasterwörter fallen, die ihm auf die Zunge sprangen, bekam einen Kopf, so rot wie eine glühende Kuhtreichel und sprang, ohne mit dem verdutzten Buben das Geringste zu worten, in solch grässlichen Sprüngen bergab, dass er Tritt für Tritt in den harten Felsen einsprang, und das Alpetli von da an der Stufenstein hiess. Sobald er Toni eingeholt hatte, packte er ihn an, und es begann ein Kampf auf Tod und Leben. Nach langem Ringen erst musste Toni von Griffen lassen und sank, wie ins Herz getroffen, zusammen. Von Gewissensbissen gefoltert, kehrte Hans nach dem Rottal zurück, und seinem Leben war auch bald ein Ziel gesetzt. Ob er freiwillig in den Tod ging, oder ob er vor Überanstrengung starb, konnte nie ermittelt werden. Mit gewaltiger Schnelligkeit wuchs nun der Gletscher an der Jungfrau, und bald bedeckte der mächtige Eisstrom die ehemals prächtige Alp Rottal. Wie das Stöhnen eines geängstigten Geistes liess es sich jahrhundertelang und bis zur heutigen Stund aus den tausend und abertausend kleinen und grossen Gletscherschründen hören. Wenn heute der Rottalföhn tosend und keuchend in den Grund niederstürzt, so sagen die Leute: "Hörst du, wie Stufensteintoni und Rottalhans sich schlagen oben in den Flühen?" Quelle: Hans Michel, Ein Kratten voll Lauterbrunner Sagen. Wengen 1936. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Rotznase

Source: Rotznase

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Rotznases Vater hatte drei Söhne und lebte in einem Wald als Kohlenbrenner. Weil die Familie grösser geworden war als sein Verdienst, hiess er die Söhne, ihr Brot selber zu verdienen. Rotznase - er war der Jüngste - begegnete einem grossen Herrn, als er durch einen Wald ging. Der Herr fragte, wohin ihn die Reise führe. «Ich suche eine Stelle, wo ich mein Brot verdienen kann», antwortete er. «Ich will dir Brot und Geld geben, damit es dir gut geht, dir und deiner Familie, wenn du tun willst, was ich dir sage - es sind Dinge, die du tun kannst. Sieben Jahre lang darfst du weder den Bart abhauen noch dich waschen, noch die Nägel schneiden, weder die Kleider wechseln noch sie flicken, wenn sie zerrissen sind, und nicht heiraten. Wenn es dir an Geld fehlt, kannst du hier welches aus diesem Wurzelstock holen.» Wenig oder nichts arbeitend, verbrachte Rotznase fünf Jahre nur mit seiner Familie und befolgte streng die Befehle dieses Herrn. Doch jetzt bekam er Lust, ein wenig in der Welt herumzuziehen, und er versorgte sich mit Geld. Als er durch ein Dorf ging, wo Frauen am Brunnen wuschen, fragte er, wo hier das beste Wirtshaus sei. Die lachten verstohlen und sagten: «Was für ein "schöner" Bursche», und wollten ihm nicht einmal antworten. Ein Bub, der daneben stand, begleitete ihn bis zum Wirtshaus. Rotznase gab ihm eine Dublone und zeigte so den verblüfften Frauen, dass er sie an der Nase herumgeführt hatte. Der Wirt hatte viel vornehme Herrschaften im Haus, gab ihm ein Almosen, aber einen so armseligen Kerl wollte er nicht aufnehmen. Doch Rotznase sagte: «So sollst du das Schild am Haus abnehmen!» Nach langem Drängen gab der Wirt ihm einen ganz abgelegenen Raum, damit er dort allein blieb. Doch Rotznase fragte, ob er nicht bedient werden und das gleiche Essen haben könne wie der König, der sich im selben Wirtshaus befand. Rotznase bezahlte alles im Voraus. Man tat, was er wollte, und er gab den Bediensteten ein grösseres Trinkgeld als selbst der König. Und man bediente ihn mit allem Respekt. Er blieb acht Tage zur Zufriedenheit aller. Jetzt fragte er, ob er nicht in den Saal hinunter zu den Fremden kommen könnte. Der Wirt erzählte dem König von dem seltsamen Gast, und der König meinte: «Lasst ihn kommen!» Als er eingeladen wurde, mit dem König zu spielen, lehnte er dankend ab. Doch Rotznase schaute dem Spiel zu, und in jener Nacht verlor der König so viel, wie das halbe Königreich wert war. Rotznase bot dem König an, das alles zu bezahlen, wenn er ihm eine seiner Töchter gebe. Der König willigte gern ein, sie gingen in den Palast, und er stellte ihm seine Töchter vor. Die zwei Älteren erschraken, als sie Rotznase sahen und riefen: «Bevor ich den nehme, ersteche ich mich», so die eine, und die andere: «Häng ich mich auf!» Die dritte erwiderte: «Ich will nicht etwas gegen den Willen des Vaters tun, ich will das machen, was er wünscht.» Rotznase sagte: «Ihr seid mir versprochen, und Euer Wort ist zwei Jahre lang verbindlich. Nach dieser Zeit kehre ich zurück, und wenn es Euch nicht passt, so seid Ihr frei!» Und er reiste ab. Nach zwei Jahren ging er zum Wurzelstock. Der Herr gab ihm ein Prinzengewand, eine Kutsche und mit Gold und Diamanten geschmückte Pferde, schnitt ihm die Haare, wusch und putzte ihn heraus. Als er vor dem gleichen Wirtshaus ankam, erkannte keiner, was das für ein Prinz war, auch im Königsschloss nicht. Die zwei Schwestern jubelten, denn wahrscheinlich würde er um eine anhalten, und sie erwiesen ihm grosse Ehre. Rotznase fragte, ob nicht noch eine dritte Tochter da sei. Die Schwestern sagten: «Die ist schon verlobt!» Jene, welche traurig abseits gestanden war, stellte sich vor und antwortete ganz sanft und leise, sie sei gebunden, und der Bräutigam werde bald eintreffen. Er fragte, ob sie durch ein Pfand gebunden sei. «Oh ja, ein halber Goldring.» Er zeigte die andere Ringhälfte und fragte: «Ist es etwa dies?» Die Prinzessin erkannte ihn, nahm ihn aus freien Stücken und voll Freude. Aus Wut erhängte sich die eine Schwester und die andere erstach sich. Und so gab der Teufel, welcher der Herr des Wurzelstocks war, Rotznase eine Prinzessin und gewann die andern beiden für sich. (Oberhalbstein)   Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Rowwi, rowwi Rinda!

Source: Rowwi, rowwi Rinda!

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Eis hed es Zwäärgli Lüüten uf em Iisch hälfen heuwwen. Due ischd es anders vürhachon bis uf Gäjegg und hed embrinha bbrüeled: „Heioo, heioo, Rowwi, rowwi Rinda! Muggestutz ischd gstorben. Und we d' nüd chuuschd, Stirben i o!" Due ischd ds Zwäärgli höch ufgsprungen, hed ds Wärchzüüg desuus ghiid und ischd gäge d'Schöpf gliffen, das mu nummen hed e Ziissa gseen. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Rowwrinden

Source: Rowwrinden

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Z'Hoflöö hed es Zwäärgli vun enem Nollen abhagreeffd: „Riraa, Roree, Rowwrinden! Muggestutz ischd gstorben!"              Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Rückkehr einer verstorbenen Mutter

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Ein Schächentaler, den ältere Leute noch gekannt haben, hat es selber erfahren, dass seine Frau, die von einem ganz kleinen Kinde weggestorben war, längere Zeit nachts kam und das arme Tröpfli pflegte und ihm die Ordnung hielt. Die Frau hat er nicht gesehen, wohl aber, wie eine unsichtbare Hand das Kind aus der Wiege hob, aufs Bett und wieder in die Wiege legte und so weiter. Solches soll hie und da vorkommen. Frau Gisler-Arnold, Schächental Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Rudenz

Source: Rudenz

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 In der zum Schlösslein Rudenz in Flüelen gehörigen kleinen Wiese sah man drei kreisrunde, zu einem Dreieck geordnete, gänzlich kahle Flecken, auf denen nie Gras wachsen wollte. Öfters hat man sie ausgegraben und mit anderer Erde ausgefüllt; aber es fruchtete nichts. Endlich soll sie Pfarrer Dittli (1872–1912) benediziert haben, nachdem man sie vorher nochmals mit frischer Erde erneuert hatte. Von da an überwucherten die geheimnisvollen Kreise, und heute sieht man keine Spur mehr von ihnen. Es ging die Sage, es habe einmal an dieser Stelle einer der Herren von Rudenz seinen Vetter getötet. Robert Müller Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Rudis Weihnachtsabend

Source: Rudis Weihnachtsabend

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Hoch am Berg, der Einsamkeit überlassen, wohnten Rudi und Annemareili mit dem Vater und einer lieben, lieben Mutter. Weitende hiess das Haus und war zu oberst im Tal, drei Stunden vom nächsten Dorf gelegen. Wald und Weide waren ihre Tummelplätze, die Tiere im Stall, Hasen und Vögel im Gehölz die Kameraden einer goldenen Jugendzeit. Als die Geschwister acht und neun Jahre zählten, starb die Mutter, und als man sie wegtrug, war ihnen, als ob die Sonne und alles Gute und Schöne mit ihr Abschied genommen hätten. Ein Jahr darauf heiratete der Vater zum zweitenmal und brachte eine Frau ins Haus, eine scharfe giftige Eigendienerin, die keine Liebe für die Sprösslinge empfand und in kratzborstiger Selbstsucht auch ihrem Mann den Tag verdunkelte. Nur sich liebte sie, und die Kinder, die ihr überall im Wege standen, am wenigsten. Wenn die verstorbene Mutter das Strickzeug beiseite legte und etwa sagte: «Rudi, du kannst mir auf den Schoss sitzen und für Mareili ist auch Platz daneben», wie hurtig klommen sie da auf die Knie, liessen sich streicheln und liebmachen und Geschichten erzählenI Wie war das mit der Stiefmutter so anders geworden! «Mach', dass du fortkommst», keifte sie mit dem Jungen, «geh die Schafe hirten, geh melken, mach dies, mach das!» mit dem Mädchen und liess ihnen keine Musse, gönnte ihnen keine Freude mehr. Der Vater zog in den Krieg und fand nicht mehr heim. Die böse Frau schaltete und waltete nun allein, verfolgte die Kinder mit ihrer Bosheit und ihrem Geiz, der ihr förmlich aus den Augen loderte, und doch hatte sie zur Ehe nichts beigesteuert als ein Spinnrad und einen grossmächtigen Uhu. Kohlschwarz und mit zwei Teufelshörnern am Querholz war das Spinnrad; ob sie auch alle Tage es benützte, ein grusliges Möbel, voller Spinnweb und Ungeziefer, und sobald sie das Rad antrieb, surrte es und summte es wie ein Hornissennest, spretzelte und funkte wie ein leerlaufender Schleifstein. Auf ihren Achseln kauerte der Uhu, die Krallen vorn und hinten gespitzt und rollte die feurigen Augen. Sie drehte den Faden und krähte dazu mit einer gelben falschen Stimme: «Auf dem Rad, auf dem Rad, reit ich einmal, hopsassa, aus der Stuben, aus der Stuben, ins heisse Land der Beelzebuben.» Und der Kauz: «U-u-u- wann fahren wir dem Teufel zu?» Frierend rieb sie fortwährend die Hände, und die Geschwister mussten auch im Sommer unermüdlich Holz rüsten und den Ofen heizen, dass er fast die Kacheln sprengte. Nie durften sie sich zu ihr an den Tisch setzen und sich so recht weidlich satt essen, und zum Naschen gab es nicht viel, da sie den Küchenschrank absperrte. Der Wald mit seinen süssen Beeren, den Klettertannen, den neugierigen Hasen und dem Geschmetter und Gekreisch der Vögel war ihre Freude und Kurzweil. Im Winter fing Annemareili, das im Sommer noch wie ein Röslein knospete, an zu kränkeln, es blasste zusehends, schwankte bei dem leisesten Wind, entschlummerte auf dem Ofentritt, stöhnte im Traum, und von der Alten aufgeschreckt, ging es mit Rudi ins Kämmerchen, und sie beteten zusammen: «Liebe Mutter im Himmel, dürfen wir auch bald zu dir kommen?» Am Tag vor Weihnachten befahl die Stiefmutter das Mädchen ans Rad. «Du lernst mir jetzt spinnen, vorwärts, trapp mit dem Fuss!» Das Grausen überwindend, setzte es gehorsam den Fuss auf den Tritt; allein das Rad gixte und gaxte und tat keinen Wank. «Du widerspenstiges Geschöpf, ich will dir den Kolder austreiben!» Sie fasste das Mädchen am Lockenbund und schubste es zur Tür hinaus. Am hellen Tage sah Annemareili die Sterne flimmern, so weh tat ihm der Kopf, und als die böse Frau ums Haus ging, huschte es in die Stube, schleppte das Rad in den gefrorenen Schnee hinaus und gab ihm einen Stoss, dass es die Halde hinabschieferte und plumps in den Bach, der spritzte und zischte, als ob er glühendes Eisen verschluckt hätte. Die Stiefmutter sah das Manöver, schoss wie ein Drache auf das Mädchen los und schleifte es in die finstere Kammer, wo es wie tot niedersank. «Stiefmutter», schrie Rudi, «O mein Schwesterchen, lass es hinaus!» Hirnwütig sprang er auf sie los und prallte zurück. Der Uhu auf ihrer Achsel spreizte die Krallen und hackte mit dem Schnabel, und die Frau gab ihm einen Blick, der Knabe zitterte am ganzen Leibe. «Fort, du Nichtsnutz!» brüllte sie, «ich will das Spinnrad wieder haben. Bring es zurück, und ich lass den Trotzkopf aus dem Kämmerchen. Sonst bleibt es, wo es ist, und dich soll der Wolf fressen!» Wie ein Pfeil sauste Rudi hinab zum Bach, der rauschend aus der Schlucht hervorbrach und das Rad fortgeschwemmt hatte. Er rannte dem Ufer entlang und fragte beim ersten Hof, ob man das Spinnrad gesehen hätte. «Was sagst du?» «Das Spinnrad mit den Teufelshörnern?» «Wart, ich will dir, wir haben nichts mit dem Teufel zu schaffen!» Flink wie ein Wiesel entschlüpfte er den Griffen des Bauers, lief und lief und fragte jeden Menschen aus, sagte aber nichts mehr von den Teufelshörnern. Er gelangte zu der Stelle, wo ein Steg über das Wasser führte. Die Wellen hatten ihn fortgerissen, und er turnte tiefer unten über eine Tanne, die der Sturm querüber geworfen hatte. Den Blick stets auf das Wasser gerichtet, eiIte er talab und kam ins Dorf, wo ihm niemand Auskunft geben konnte. Die Leute hatten anderes zu tun, als einem armen verhutzelten Büblein abzuhören. Es war heiliger Abend, und sie mussten den Christbaum schmücken. In ihrer Aufregung und Geschäftigkeit übersahen ihn auch die Kinder, die ihren Sinn auf das Weihnachtskind und die Geschenke gerichtet hatten. Beim letzten Haus des Dorfes warf ihn die Müdigkeit auf den Stiegentritt, die Tränen flossen ihm über die Wangen, und vor Elend sank ihm der Kopf auf die Brust. Da ging die Tür auf, und ein graues Mütterchen fragte, was ihm fehle. Schnaufend und schluckend bröckelte er hervor: «Hast du etwa ein Spinnrad aus dem Wasser gezogen?» «Ein Spinnrad? Eben hat es ein Bub aus dem Bach gefischt. Komm und schau selber! Ich wollte es mit der Axt zertrümmern und ins Feuer werfen.» «Da ist es!» rief Rudi in der Küche und stürzte sich darauf. «In die Flammen mit dem garstigen Gestell!» Rudi hat nicht mehr zugehört, er lud es auf den Rücken und wollte hinausschiessen. «Nur nicht so hitzig, Kleiner, wie weit hast du zu gehen?» «Bis ins Weltende.» «Ums Himmels willen, zu oberst in die Krächen! Du kannst bei mir übernachten und in der Frühe abreisen. Ich zünde jetzt das Weihnachtsbäumchen an.» «Vergelts Gott, ich darf nicht, ich muss heim!» «So nimm noch etwas auf den Weg mit, er ist lang und steil, und du siehst so elend aus.» Sie füllte ihm die rechte Tasche mit Zuckerstücklein, die linke mit rohen Rübchen, sie hatte grad nichts Besseres zur Hand. «So hast du etwas zu schlecken und zu beissen. Wart, wart! » Noch eine runde Schnitte Weihnachtsgebäck gab sie ihm auf den Arm, er schwang das Rad auf den Rücken und lief mit dem Wind um die Wette. Das Mütterchen guckte ihm nach. Sie hätte ihn doch zurückhalten sollen; aber eins, zwei, hat sie schon nichts mehr von ihm gesehen. Mit dem Spinnrad und dem goldenen Stollen beladen, eilte Rudi durchs Dorf. Es waren keine Kinder mehr auf der Strasse, und der Tag verging in den Abend. Durch die Fenster lächelten die Weihnachtslichter, Äpfel und goldene Nüsse, und ein Gelüsten überrieselte ihn heiss und kalt, an die Gesimse zu lehnen und ein Schimmerchen von dem fremden Zauber zu erhaschen. Noch nie ward ihm ein Christbaum beschert, und er hatte noch keinen gesehen. Allein, er dachte an sein Schwesterchen in der dunklen Kammer, sputete sich und liess das Dorf hinter sich zurück. Mählich wurde es finster, das Rad scheuerte seinen Rücken, die Füsse schmerzten, und das Semmelbrot zog ihm das Wasser im Munde zusammen. Ich bringe das Gebäck dem Mareili, und dann essen wir es gemeinsam. Ohne mich würde es ja keinen Bissen anrühren. Ich habe immer noch die Rübchen und die Zuckerbrocken. und jetzt muss ich laufen, damit ich heimkomme, und das Schwesterchen erlöse. Das waren die Gedanken, die ihn zur Eile trieben. Kaum eine Stunde unterwegs, hörte er etwas knistern, zwei gelbe Augen erglommen und wurden gross und feurig. Auf einmal sperrt ihm ein Wolf den Weg: «Was hast du Gutes in deinen Rocktaschen, dass sie dir so um die Beine plampen?» Rudi wechselte das Gebäck auf den linken Arm und griff in die Tasche. «Zucker hab ich hier, willst du versuchen?» Potztausend, wie sperrte das Tier den Rachen auf, schnappte und schnappte, wurde immer höflicher und freundlicher und machte das Männchen. «So, das ist das letzte Bröcklein», sagte Rudi und kehrte das Futter auswärts. «Ich habe nichts mehr für dich.» «Wenn du mir nichts mehr gibst», erwiderte der Wolf, «so mache ich auch nicht mehr das Männchen», und galoppierte davon. Der Wald umdunkelte den Knaben, jäh stieg der Weg bergan. Der Rücken tat ihm weh, die Füsse schleiften. Da schnauft und faucht es, und brum brum klotzt ein dicker Bär am Bord. «Halt, oder ich fress' dich!» Rudi hielt den Atem an vor Angst, stiess die Hand in die Tasche spürte die Rübchen und zupfte geschwind eins heraus. Als der Bär den Leckerbissen sah, machte er bitte, bitte mit den Tatzen und öffnete den Rachen, es wollte nicht mehr aufhören. Als nun die Rübchen eins ums andere ins Maul flogen und plötzlich eine Pause eintrat, stellte er sich auf die Hinterbeine und ging ringsum, bis Rudi sagte «aus und fertig, ich habe nichts mehr!» «He nun, wenn das Rübchenmahl zu Ende ist, so tanze ich auch nicht mehr Polka um und um», und mit einem mächtigen Satz verschwand der Petz. Der Weg wollte nicht enden, der Wald sich nicht lichten. Ober dem Abgrund schraubte der Pfad sich höher, und zum Glück ging der Mond auf und hellte mit seinem Silberschein. Zum erstenmal in seinem Leben erfuhr Rudi, was der Mond für ein trauter Gesell und Kamerad sein kann. Ohne sein Licht wäre er hundertmal erfallen. Wenn nur die Schmerzen im Rücken aufhörten! Das Rad stachelte und drückte, und erbärmlich schnaufend, kroch er wie eine Schnecke. Eiskalte Luft weht ihm ins Gesicht, und es kommt - wer kommt da - die Stiefmutter! Einen derben Stock in der Hand und den Höcker gesichelt, schnuppert sie mit der Hexennase gewiss nach dem Spinnrad, und ihr Kauz auf der Schulter fächert mit den Schwungfedern, plustert sich auf und rollt die Augen, die wie Höllenfeuer glühen. Der Junge lässt das Rad fahren und springt abseits. Als sie das Spinnrad wiedersieht, heult sie vor Freude, richtet es auf, umarmt es und hoppst zwischen die Teufelshörner. Der Uhu krächzt: «U-u-u- Jetzt fahren wir dem Teufel zu.» In einem grossen Bogen sausen sie in die Schlucht hinunter, es blitzt und kracht und donnert, und ein Wirbelwind trägt Rudi mit sich fort, er sieht und hört nichts mehr. Als er die Augen öffnet, steht Annemareili neben ihm und sagt mit süsser Stimme: «Komm, Brüderchen, wir wollen heim zur Mutter», fasst ihn an der Hand und ist mit ihm bergauf gewandert, federleicht und schmerzlos. Er strauchelt nie mehr, hat keine Müdigkeit mehr im Rücken und in den Füssen, sie steigen in eine seltsame Helle hinauf. Die Vögel pfeifen mitten im Winter, Eichhörnchen huschen über den Weg, Spechte umflattern sie und picken das Weihnachtsbrot, das Mareili ihnen bröckelte. Kein Wort fliesst über die Lippen Rudis; er muss allzeit sein Schwesterchen betrachten, das weisse Kleidchen und die roten Wangen und die Augen, o die schönen glänzenden Augen! «Pass auf!» sagte er einmal, «sobald der Bach kommt, müssen wir über die Tanne klettern.» «Wir sind schon über den Bach», sagte Annemareili. Er schwieg und liess sich führen. Er musste ja immer nur schauen und in die Helle staunen, die wie ein Sonntagsmorgen sich auftat. Am WeItend war kein Haus mehr, aber o-o- eine wundersame Weihnachtstanne, von Kerzen überglitzert und ob dem Wald ein Glanz und auf jedem Wipfel ein Sternchen, die alle vom Himmel gefallen waren. Wie von Silberdraht lief eine Leiter in den Himmel empor, und auf der Leiter stiegen die Engel nieder und sangen. Auf der untersten Sprosse - «Mutter, meine liebe Mutter!» jubelte der Knabe und spreizte die Flügel, er fühlte, dass ihm und dem Schwesterehen Schwungfedern gewachsen waren. Hand in Hand schwebten sie der Mutter in die ausgebreiteten Arme. Wie ein Kinderbäumchen so winzig, sah er den Weihnachtsbaum tief im WeItend glimmen und verglühen, und das sagte ihm nichts mehr. Wenn der Himmel sich öffnet, so ist die Erde nur noch ein Körnchen Staub. Und Rudi und Annemareili flogen mit der Mutter dem Himmel zu.   Quelle: Johannes Jegerlehner: Walliser Sagen, Hans Feuz Verlag Bern, 1959 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Rudolf von Habsburg und die Zürcher

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Rudolf von Habsburg und die Zürcher Nachdem die Zürcher die hoffärtige Antwort des Herrn von Regensberg empfangen hatten . . . wandten sie sich an den Grafen von Habsburg, ob er die Hauptmannschaft annehmen und sie zuhanden des römischen Reiches bis zur Wahl eines künftigen Königs oder Kaisers beschirmen wolle. Sie schickten zwölf Männer zu ihm auf die Habsburg. Dort wurden sie mit Ehren empfangen und wohl angehört. Rudolf war um diese Bewerbung sehr froh und ritt mit ihnen nach Zürich. Sie schwuren, einander Leib und Gut zu retten und zu helfen gegen alle, die sich unterständen, sie an Leib und Gut, Ehre und Freiheiten zu hindern. Dies geschah im Jahr 1265. Also setzte sich Graf Rudolf auf die Feste Kyburg, damit er besser zur Stadt Zürich und ihren Händeln sehen konnte. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Nach Brennwald I, 129, ins Neuhochdeutsche übertragen, sonst unverändert   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Rudolf von Rothenbrunnen

Source: Rudolf von Rothenbrunnen

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Der wilde Raubritter schaute spottend zu, wie der heilige Florinus den bösen Geist aus einer Frau trieb, zuletzt mit Hülfe seines Violinspiels. Der ausgetriebene böse Geist tanzte zum Ritter hin und lud ihn ein, in die Hölle zu kommen. Rudolf bekehrte sich von da an, machte einen Kreuzzug mit, baute später eine Einsiedelei bei Churwalden, das Land vor räuberischen Menschen und Tieren schützend. Aus: U. Brunold-Bigler, Die Sagensammlung der Nina Camenisch, Disentis 1987, mit freundlicher Genehmigung der Autorin. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Rueder Schloss-Niggel

Source: Rueder Schloss-Niggel

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Gegenüber der Mühle in Rued steht auf der andern Seite der Strasse des Junkers Kernenhaus. Der böse Geist, der drinnen wohnt, war da sonst Kernenmesser bei den Junkern von Rued gewesen und hiess Niggeli. Er mass den Kernen noch beim grossen Viertel ein und gab ihn dann beim kleinen Viertel aus. Drum sieht man ihn jetzt noch drüben in der Mühle den grossen Metzenkübel holen, und wenn er ihn mit Ach und Krach ins Kernenhaus geschleppt hat, so schlägt er da den Viertelsstreicher klappernd hin und her. Dann wissen die Leute schon im Voraus, dass bald schlechte Witterung eintritt. Während man vor etlichen Jahren das alte Kornhaus zum Wirthshaus umbaute, hörte man vom Niggel fast gar nicht mehr reden. Als aber nun der neue Wirth aufzog und den ersten Tanztag abhalten liess, da wüthete und tobte der Kobold so abscheulich herum, als reisse eins einen grossen Bündel Ketten durch alle Stockwerke hindurch. Dann warf er gröblich ein paar Tänzer um, oder einen Tisch, wenn volle Schüsseln oder eingeschenkte Gläser drauf standen, kurz er trieb die Gäste in einen solchen Schrecken, dass einige geschwollene Beine bekamen und andere drüber ernstlich erkrankten. Man musste also von Neuem anfangen, Zimmer und Gänge anders umzubauen, und seitdem hat er nicht mehr viel Angst gemacht. Einige meinen, weil er seinen alten Weg nun nicht mehr finde; Andere, weil er sich wirklich gebessert habe, da man für seine Seelenruhe den Armen im Dorfe noch lange Brod ausgetheilt hat. Aeltere Leute aber behaupten, der Niggel sei der vormalige Junker von Rued selbst gewesen und zur Strafe seines Geizes in ein Ross verwandelt worden. In Wahrheit ist Niggel ein in der Gegend noch üblicher Rossname. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 294 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Ruf der Sterbenden

Source: Ruf der Sterbenden

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Im Jahre 1564 wütete eine sehr heftige Pest an dem Rheine und besonders in der Gegend von Basel. Während derselben hat man durchgängig gesehen, dass die von ihr Ergriffenen im ärgsten Augenblicke ihrer Krankheit und kurz vor ihrem Tode den Namen des Einen oder Andern aus ihrer Verwandtschaft riefen, oder auch den eines ihrer Bekannten oder Nachbarn. Es dauerte dann nicht lange und der Gerufene wurde gleichfalls ergriffen von der Pest und rief wieder, ehe er den Geist aufgab, einen Andern, der gleichfalls bald darauf erkrankte und es ebenso machte. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ruhelose Schlossherren

Source: Ruhelose Schlossherren

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Eine Tochter aus Buus besuchte eines Tages ihre Schwester, die auf dem Hofgute Neu Schauenburg bei Pratteln diente. Es nachtete schon, als sie durch den Wald ging und sich dem Hofe näherte. Da hörte sie Hundegebell, Hörnerklang und lautes Rufen. Doch ging sie ruhig weiter und erreichte bald das Haus. Dort wurde sie vom alten Grossvater gefragt, ob sie sich nicht gefürchtet habe, so allein durch den dunklen Wald zu gehen. «Ach nein», antwortete sie, «es waren ja noch Jäger im Walde!» Da klärte sie der Alte auf, das sei die Wilde Jagd der ehemaligen Schauenburger Schlossherren gewesen. Ruinen Madlen und Schauenburg Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ruine Heinzenburg unter Präz

Source: Ruine Heinzenburg unter Präz

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Der letzte Burgherr war ein roher, tierischer Mensch, der besonders die Bewohner des Dorfes Präz arg plagte. Einmal raubte er die schöne, junge Braut eines dortigen Jünglings: Tieni Vergith (der Name des Mädchens ist unbekannt). Die treue Braut behielt dem Wüstling gegenüber, ein würdevolles Benehmen. Geärgert rief der Rohe: "Sollst meine Magd sein, stolzes Geschöpf, such mir Läuse." Er hielt ihr den Kopf hin, das Mädchen wollte sich von Ekel angewandelt zurückziehen. Da sah sie durch das enge Fenster die Präzer bewaffnet auf das Schloss zukommen, voran ihren Bräutigam. Sie streichelte den Kopf des Ritters bis er einschlief. Die Knechte wurden nun von den Präzern überwältigt, der Ritter getötet, das Mädchen, in der Unvorsichtigkeit des Handgemenges leider auch. Tieni Vergith starb bald. Seine getötete Braut hütete fortan als Geist das Schloss, in ihrem schwarzen Brautkleid, schön aber totenbleich, einen eisernen Schlüsselbund in der Hand, sieht man sie in Mitternächten der Fronfasten vor der Ruine. Hat ein Vergith, aber auch nur ein Vergith, den Glauben und den Mut zum Geiste hinzugehen und ihm den Schlüsselbund abzunehmen, so tun sich ihm die reichgehäuften Schätze des Raubritters auf. Aus: U. Brunold-Bigler, Die Sagensammlung der Nina Camenisch, Disentis 1987, mit freundlicher Genehmigung der Autorin. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ruine Königstein bei Aarau

Source: Ruine Königstein bei Aarau

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Oberhalb der Seidenfabrik hinter dem Dorfe Küttigen bei Aarau erhebt sich eine brüchige Jurawand, auf deren steilstem Ausläufer im Buchenwalde die Ruinen des Ritterschlosses Königsstein stehen, in dortiger Mundart das Küngstengut genannt. Die Ueberreste dreier Rundthürmchen mit ihren Fensterlücken sind allein von allem noch zu sehen, die kann man, so heisst es, mit der Hand zum Wackeln bringen, so morsch und aus so kleinen Steinchen zusammen gebacken sind sie; stürzen aber kann sie Niemand, denn sie sind mit der allerfettesten Milch verpflastert, wie die Bauern sie dem Zwinghern aufs Schloss liefern mussten. Dieser herrschte grausam und war noch dazu ein Baunarr. Erst mussten ihm die Landleute an der Hinterseite des Schlosses eine Strasse über den Felsen hinab sprengen bis zum Bächlein, das von der gegenüber liegenden Wasserfluh herab kommt. Dieser alte Pfad heisst jetzt die Säligasse. Da baute er Brunnenstube und Waschhaus, und ein Esel musste ihm stündlich von da das kalte Quellwasser herauftragen. Das ist der Fischbachbrunnen, der zwischen zwei Felsen herrliches Quellwasser aussprudelt. Dann liess er von der Burg bis zum Dorfe Kilchberg eine andere stundenlange Strasse anlegen, und alle Hörigen seines Twings in den Gemeinden Küttigen, Biberstein und Erlisbach mussten daran schanzen. Sie sollte schnurgerade und überall in gleicher Breite über das Gebirge geführt werden. Das Volk nennt die noch vorhandenen Ueberreste davon die Herrenstrass. Auch den jähen Weg zu den Benken, der über den Jura in das Frickthal hinüber führt, liess er durch die Hügel hauen, so dass er auf einem Esel, ohne abzusteigen, hier durch nach dem Schloss Urgitz reiten konnte, das drüben jenseits der Schneeschmelzi (Gebirgsgrates) beim Dörflein Asp als Ruine steht. Dem Königsstein gegenüber liegt eine gleich hohe Bergwand des langen Achenberges, die Wandfluh oder verkürzt Wampfle genannt; sie liess er durch seine Untervögte zu einem Garten umschaffen, und als dieser fertig und ummauert war, wollte er gleichfalls eine Burg drinnen haben. Sie entstand und auch von ihr will man noch etliche Trümmer auf jener Bergwand erkennen. Damit belehnte er dann seinen Bruder, und als dieser sich nachmals mit ihm überwarf, hat er ihm vom Königsstein aus mit einem Pfeile Auge und Haupt durchschossen. Die Leiche warf er in den Sodbrunnen, der über hundert Fuss tief in den Felsen gegraben ist. Damit sich nicht wieder einer gegen ihn auflehne, liess er nun den Thalweg zwischen beiden Bergwänden und Burgen mit einer starken Mauer verschliessen, die zwei Nachbarburgen aber durch eine lederne Brücke verbinden. Diese Brücke war hundert Klafter lang, mit Seilen unterspannt und bestand anfangs aus lauter Schmalleder. Bis sie fertig und so stark geworden war, dass der Ritter jeder Zeit von einem Schloss zum andern drüber reiten konnte, kostete sie manchen schönen Stier. Alle Jahre musste man zudem sie allenthalben ausbessern, denn sie moderte schnell, und die Bauern weigerten sich endlich, ihre besten Thiere dazu aufs Schloss zu liefern. Da fieng er ihnen auf seinen vielen neugebauten Wegen allenthalben das Vieh weg, das sie anders wohin zu Markte trieben. Um dieser Plage einmal los zu werden, zerschnitten die Küttiger heimlich diese Brücke, und als der Burgherr wieder drüber ritt, riss das drunter weggespannte Tragseil und der Dränger kam um. Man erzählt diese Begebenheit mit Angabe näherer Umstände auch also. Ein junger Bursche von Küttigen hatte sich durch Jugendstreiche und Ausgelassenheit daheim schon sehr verrufen gemacht, und da der Burgherr auch noch seinen persönlichen Hass erregt hatte, gab er sich bald dazu her, die Allen verleidete Lederbrücke zu zerschneiden. Die Verwegenheit gelang nur halb, und der aufgebrachte Vogt bot bei hunderttausend Gulden Jedem, der den Thäter angäbe. Obschon nun alle Bauern diesen wohl kannten, verrieth ihn doch Niemand, weil man gar wohl wusste, dass der Burgherr die Brücke doch wieder bauen und die dem Entdecker verheissene Summe nur um so eher wieder aus ihnen heraus pressen würde. Jener Bursche entwich aus dem Lande, gieng als Soldat in holländische Dienste und gerieth so bis nach Ostindien. Im Unglücke der Verbannung nahm er sich zusammen, schwang sich endlich zu hohem Ansehen auf und erwarb sich ein grosses Vermögen. Vor etlichen dreissig Jahren erst soll sein Todtenschein über Meer nach Küttigen gekommen sein. Endlich ward des Burgherrn Mass auch voll. Während er auf eine Jagd ausgezogen war, überrumpelten einmal die Bauern das Schloss und verbrannten es sammt der Brücke. Den rückkehrenden Ritter fiengen sie auf, hiengen ihn an den Füssen an einen Baum und kratzten und striegelten ihn mit Karden (Kardetschen, Wollhecheln) zu todt. Die Leiche schleppten sie auf die Wiese hinter dem alten Schulhause und verlochten sie da. Diese Stelle heisst die Cheibenstatt. Noch liegt droben im Schlosse des Burgherrn Schatz vergraben, er scheint im dortigen Sodbrunnen oder Keller zu stecken. Denn wenn überall Windstille herrscht, so zieht doch auf diesem Platze immer eine schneidende Luft oder wirbelt das Laub auf. Wenn sich dorten der grosse Uhu hören lässt und die Krähen ihn stossen, so giebt es jedesmal anderes Wetter; aber man meidet diese Stelle, die Kupferschlange hat schon manches Kind gebissen, das dorten Leseholz sammelte, und über Andere ist ein plötzliches Sausen hereingebrochen, dass sie mit einem bösartigen Gliederweh heimgekommen sind. Zwar will noch dieser und jener dorten einzelne Thaler gefunden haben, wenn er sie aber daheim herzeigen sollte, hatte er nichts als Schneckenhäuser im Sack. Oft wandelt in der grössten Mittagshitze ein weibliches Wesen durch die obere Waldung um die Ruine. In schneeweissen Gewändern holt sie in einem silbernen Handkessel Wasser herauf vom Kuhrüti-Brünnli, einer Quelle, die am Südabhange des Nachbarberges Egg entspringt. In ihrer aufgebauschten Schürze scheint sie Geld zu tragen, denn sie legt solches auf die Erde aus in grossen Wannen, welche sie gar hübsch aus Laub zu flechten weiss. Dann schaut sie mit einem bittenden Blick hinab in die Gegend, als wollte sie sagen: O ihr lieben Bauersleute, befreit mich doch aus diesem Schicksale, ich habe euch ja nichts angethan, dass man mich so lange leiden lässt! Am Charfreitage zeigt sie sich am liebsten; so haben sie einst drei Jungen gesehen und es schnell daheim dem Grossvater gemeldet. Der schickte sie gleich wieder zurück mit der Weisung, Brosamen auf jene Wannen und Blätter zu werfen, alsdann würde sich dies Alles in Gold verwandeln. Allein die Knaben konnten, auf jenem Platze wieder angelangt, von der ganzen Pracht nichts mehr finden. Ein Mann, der sich dorten herum Weiden zum Garbenbinden schnitt, sah ebenfalls Tücher in die Sonne gebreitet und allerlei niedliches Geschirr darauf gestellt. Er dachte seinem Kinde nur ein einziges dieser blitzenden Schüsselchen zum Spielzeug mit heim zu bringen und gieng damit hinweg. Als er's aber daheim aus dem Sacke zog, war's ein blosses Geldstück. Dies machte ihn zwar nicht unzufrieden, aber es jagte ihm eine besondere Scheu ein und er mied von nun an jenen Ort. Auch eine Ente und ein schwarzes Hündchen gewahrt man manches mal droben, und beide, meint man, seien die Jungfrau, die aus solcher Verwandlung erlöst sein und dafür ihre verborgenen Schätze hergeben will. Das liess sich der Flender von Erlisbach, als ihm sein Haus abgebrannt war, alles ausführlich an Ort und Stelle von einer alten Frau zeigen und erklären. Tief unten wies sie ihm eine kreisförmige Schuttlage, worunter der Schatz stecken werde, und alles werde sein, wenn er binnen drei Nächten das schwarze Hündchen vertrieben habe, das darauf zu liegen pflege. Käme dann die Jungfrau auch als Schlange, so solle er sie nicht fürchten, sondern sie zu berühren suchen. Und käme hernach der Teufel, welcher im Momente, da die Jungfrau erscheint, einen Felsen über dem Haupte des Schatzgräbers abzulösen droht, so müsse er schweigend zur Stelle bleiben. Denn auf jeden Ruf würde der emporsteigende Schatz sogleich wieder versunken sein. Der arme Flender machte sich nun mit drei Bauern von Küttigen, Entfelden und Oberhofen ans Geschäft. In der ersten Nacht gieng ein scharfer eiskalter Wind; sie liessen sich's nicht anfechten und gruben ein gewaltiges Loch aus, fast von solcher Tiefe, wie ihnen die Frau angegeben hatte. Mit Tagesanbruch verliessen sie auf verschiedenen Wegen die Höhe, um unbemerkt gegen Abend wieder hier zusammen zu treffen. In der zweiten Nacht war die Luft viel milder, sie gruben noch tiefer, da zogen Schwäne nahe an ihnen vorbei. Später meinten sie sogar einen schwarzen Hund zu erblicken. Eben stiessen sie mit Pickeln und Hebeisen auf einen Deckstein, als ein bärtiger Greis mit einer verschleierten Jungfrau zu ihnen trat und ihnen feierlich vortrug, dass sie in der nächsten Nacht die Truhe sicher erheben würden; dann aber sollten sie nicht säumen, einen Theil ihres Gewinnstes nach Küttigen zu erstatten und einen zweiten nach Biberstein, denn dorten seien ehemals grosse Summen erpresst worden. Allen Vieren bleibe gleichwohl noch genug, um zeitlebens reich zu sein. Nach dieser Erklärung schienen die zwei Gestalten wieder im Gebüsche zu verschwinden. Im gleichen Augenblicke aber erhob sich ringsum ein so einstimmiges Hohngeschrei und Heulen, dass unsere Männer zusammen entsprangen. So schrieen indessen nicht die Geister der Verwünschten, sondern die Dorfjungen, welche von der Schatzgräberei bereits gehört, heute zur Ruine sich geschlichen hatten und nun, da zwei von ihnen die Rolle der Geister spielten, zu voreilig ihrem Spottgelächter Luft machten. Gleichwohl liessen sich die Schatzgräber nicht die Aechtheit jener Erscheinung bezweifeln und waren in der dritten Nacht abermals an ihrer Arbeit. Allein die Sache war schon ruchbar. Es erschienen heute, anstatt der Schlossjungfrau, zwei Landjäger und betrafen die Beschwörer, wie sie eben um ein Feuer sassen und zusammen aus einem alten Buche beteten. Alle wurden festgenommen. Vergebens baten sie, man möge sie nur noch diese Nacht, die letzte, unangefochten am Platze lassen, dann seien sie reich und die Geister erlöst, und mit gutem Muthe werde man sich alsdann morgen freiwillig der Polizei stellen. Die Landjäger vollzogen ihren Befehl. Erst vor einigen Jahren ist der Flender gestorben, und noch auf dem Sterbebette hat es ihn geschmerzt, dass man ihm seine Hoffnung also zu Wasser gemacht hat. Es hatte sich auch ein anderer Bauer mit seinen Bekannten zu gleichem Zwecke auf die Ruine begeben und dreiundzwanzig Nächte lang von elf Uhr Nachts bis ein Uhr dorten gebetet. Schon zeigte sich im Innern der Grube etwas wie eine Wanne, in der das Geld vermuthet werden konnte; da brach einer von ihnen das angelobte Stillschweigen dadurch, dass er unwillkürlich eine Unanständigkeit begieng, und plötzlich war die Wanne wieder versunken. Jetzt wären wir auch Herren, schloss nachmals einer von ihnen hierüber seine Erzählung; so aber sind wir arme Bauern, haben alle Tage um geringen Lohn Wind und Wetter auszustehen, und erschwingen doch nicht einmal so viel, um nur eine kleine Haushaltung zu ernähren. Ein Mann in ähnlichem Nothstande kam spät des Abends zur Ruine herauf, um noch ein wenig Holz für sein Küchenfeuer mit heim zu nehmen. Da dünkte es ihn, als ob er Reiter vom Schlossberg herab sprengen höre, und wie er sich umschaute, kam eine ganze Reihe von Chaisen mit lauter altmodisch geputzten Leuten über den Berg gefahren. Kaum war der Zug vorüber, so ritt der Schlosskoch mit weisser Zipfelkappe auf einem Eselein ebenfalls daher. Er hielt einen Kupferkessel in der Hand, den er am Sodbrunnen gefüllt haben musste, und schnaufend vor lauter Eile fragte er den Bauern, ob der Zug schon weit voraus sei. Der sonst gleichgültige und ohnedies bekümmerte Mann musste nun doch über den Geschäftseifer dieses sonderbaren Kerls lächeln und antwortete: O, auf deinem Renner hast du sie gleich wieder! Auf dies Wort warf ihn ein Windstoss um, und da er heim kam, musste er mehrere Tage das Bett hüten. Etwas Aehnliches begegnete auch einem Bekannten meines Vetters, so fährt hier ein anderer Erzähler aus jener Gegend fort. Er wollte Nachts von dem Bergdörfchen Hard noch nach Küttigen hinab gehen, aber die sternenhelle Nacht wurde nach und nach so finster, dass er den Weg nicht mehr sehen konnte und sich in den Königsstein verirrte. Da hörte er nun ein Gerassel, wie wenn eine Kutsche käme und zugleich bemerkte er ein Licht, das sich schnell näherte. Das war denn auch wirklich die Laterne einer Kutsche. Mit vier Schimmeln bespannt kam sie herauf gefahren, zwei schwarze Windhunde liefen zur Seite und drinnen sassen Herren und Damen in alterthümlicher Tracht. Nun hielt sie an, ein Diener sprang ab, deckte schnell den Sodbrunnen auf, aus dem ein leichenhafter Mann emporkam, öffnete dann den Kutschenschlag und half ihm einsteigen, und alsbald fuhr alles wieder hinweg. In der Ferne verschwand das Laternenlicht der Kutsche, und kaum war alles vorüber, so fieng es sehr heftig zu regnen an, ein grosses Gewitter entlud sich. Von der Angst fortgetrieben und mit Hilfe der leuchtenden Blitze fand der Mann den Weg wieder und erreichte unbeschädigt das Dorf. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 141 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ruossalp

Source: Ruossalp

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a) Nach der Sage sollen die Schwyzer die schöne Ruossalp in Nöten des Vaterlandes gegen ein Viertel Silbermünzen (ein alter Mann sagte: ein Viertel Rubel) an Uri abgetrete haben, aber mit Ablösungsrecht auf eine genau festgesetzte Frist. Bis auf den letzten Tag hinaus verschoben es die Schwyzer, von dem Rechte Gebrauch zu machen; als sie endlich in ihrem Schifflein gegen »Uren« zusteuerten, stürzte sich brüllend und tosend der stärkste Urner, der Föhn, in den See und warf ihnen stürmische Wellen entgegen. Als die Schwyzer trotzdem Altdorf erreichten, war die letzte Stunde der festgesetzten Frist verstrichen, und der Seckelmeister von Uri verweigerte die Annahme der Auslössumme. Die Alp verblieb den Urnern. J.J. Huber. b) Nach einer andern Version soll sie einer Witwe Ruoss zugehört haben, die sie in einer Geldverlegenheit den Urnern als Pfand überliess, im übrigen aber die gleiche böse Erfahrung machen musste, wie die saumseligen Schwyzer. c) Die Alp gehörte einem alten Meitli in Morschach, das weit und breit die reichste Person gewesen und dreissig Gulden Vermögen besessen habe. Damals sei eben das Geld rar gewesen und habe einen ungeheuer hohen Wert gehabt. So sei in einer alten Chronik zu lesen. d) Andere erzählen, der Geissbub vom Bisistal und der Geissbub vom Schächental seien auf der Ruossalperkulm oft zusammen gekommen und hätten miteinander gewürfelt. Einmal habe der Schwyzer sogar die Ruossalp gesetzt und sie richtig verspielt. Es habe einen Prozess gegeben zwischen Uri und Schwyz, den die Urner gewonnen haben. So kam die Ruossalp mit Alplen an Uri, das die übrigen Alpen am Nordabhang der Bergkette später noch gekauft habe. Karl Gisler.  Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Russische Einquartierung

Source: Russische Einquartierung

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«Russen kamen (nach Napoleon) ins Dorf; sie waren hier einquartiert. Man rühmte sie nicht. Sie plagten die Leute. Wenn es blitzte, sollen die Russen die Säbel in die Luft geschwungen und geflucht haben, als ob sie das Gewitter hätten vertreiben können!» Pratteln Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ruten im Garte

Source: Ruten im Garte

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Ruten im Garte Wo Ruten isch, chunnt kei Häx häre. D’Lüt hei gseit, Trinelis Vreni sig eini. Aber dr Vater het gseit: „Nei. wäger nei. Vreni isch e kei Häx. l ha Ruten im Garte u Vreni isch ihe cho.“ Früeher het men albe Rutesalbi gmacht; die isch bsungerbar guet gsi für ne Schade, wo eim e Häx ato het. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by S Chill

Source: S Chill

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Weschtlig vom Dorf Brätzbel, zwüsche-n-im Sand- und im Herrligkeitshübel, lyt e chlyni Ebeni, ’s Chill, wie me-n-ihm seit. Dä Flurname wyst hüte noh druf hi, ass eusi Chilche vor der Reformation dort gstande-n-isch. Es heisst, au die solothurnischi Nochbersgmein Nunnige syg dohi z’Chilche cho. Noh der Reformation het si die Chilchgmein teilt; Nunnige isch wieder zum katholische Glaube zrugg gange. Die Chilche im Chill syg dernoh abtreit und am jetzige Ort ufboue worde. Wie die Olte-n-albe verzellt hei, sy früecher im Chill z’nacht Liechter gseh worde; e Teil syge umenander gfahre. Die Lüt, wo z’nacht übers Chill gloffe syge, heige gwöhnlig müese bis am Morge umenander laufe, ohni ass si meh gwüsst heige, wo si syge. Au heig me mängisch e Gmurmel vo ville Stimme gkört; im Dorf heig’s dernoh gheisse: Si hei nächt wieder bättet im Chill. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by S Chüewärtehüsli

Source: S Chüewärtehüsli

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Am westlichen Rande des Neufeldes bei Buus liegt ein ausgedehnter, von Gestrüpp bewachsener Lesesteinhaufen (Steimete), der «Chüewärtehüsli» genannt wird. Man erzählt, hier habe vor Zeiten eine Frau gewohnt, die sogenannte «Chüewärtene». Sie habe den Bauern oft Wähen auf die Pflüge gelegt, welche die Fuhrleute fanden, wenn sie am Morgen anspannten. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts grub der Eigentümer des Grundstückes in diesem Lesesteinhaufen. Er fand eine Höhlung, die von grossen Steinplatten gebildet war und Menschenknochen enthielt. Buus Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by S Däntschesäuli

Source: S Däntschesäuli

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In früechere Zyte hei d’Ramschteritter hinderim Dorf Brätzbel in der Däntsche e Fischweiher gha; me gseht hüte noh, wo der Damm dure gange-n-isch. Me heig lang noche z’nacht noh Lüt in oltmödische Trachte gseh ummelaufe. Eusere paar Kamerade sy emol z’obe hinderim Dorf dur d’Däntsche dure; mer hei gluegt, öb me neume chönnt e Nachtbuebestreich usfüehre. Do hei mer gseh ne Säuli ummespringe. Mer säge, das syg öpperim furt und luege’s gege d’Hüser abe z’trybe. Bim e Schopf isch das Säuli aber dur e Latteverschlag gsprunge, mer hei nit gwüsst wie. Und wie’s dinne gsi isch, isch`s undereinisch zum e Ma worde. Mer sy alli zäme ins Dorf gsprunge; d’Nachtbuebestreich sy-n-is vergange; jede het si still hei ins Bett drückt. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by S einzig Töchterli

Source: S einzig Töchterli

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S'isch einisch e riche Ma gsi, dä isch König gsi. Dä König het scho sibe Söhn gha und no kei Tochter. Das het er bitter ungern gha, und er het mängist Kalender gmacht und gstunet, was er ächt au müeß astelle, as er einisch au es Töchterli überchömm. Do verschwört er si, wenn er emol s'Glück heig mit eme junge Töchterli, so well er d'Söhn allsame derfür opfere, all sibe müeße sterbe. Dä Schwur isch au der Königin z'Ohre cho und het ihre schröckli Chummer gmacht, d'ihr chönet ech das ibilde. Wo d'Zit bald noche gsi isch, het si heimlig ihri Söhn versammlet und ne erleit, wie betrüebt aß es stang mit ihrer Zuekunft; aber si well ne helfe s'Lebe rette, und seit ne: „Chinder, ganget jetz abe vor's Schloß, verberget ech in d'Stude, aß ech niemer gseht, und betet. Und wenn's denn en Prinz git, so wei mer e rothe Fahne under s'Fenster stecke; git's aber e Prinzessi, so soll ech e schwarze Fahne am glichen Ort S'Zeiche si, d'ihr sollet flieh, so wit ech d'Füeß träge." Die Prinze mache's so und zu ihrem Schrecke erschint derno en schwarze Fahne im Schloßfenster. Do hei die sibe Herre mit nassen Auge und große Schmerzen Abschied gno voihrem schöne Heimet, brechen uf und göi wit furt, wien e's d'Mueter befohle gha het. Nach re müesame Wanderfahrt chöme si hungrig und voll Staub wie armi Handwerksbursche in e wildi Gebirgsgeged. Jetz wo si fo Mangel hei müeße lide und mit Trüebsal zrugg denkt hei a die alti Herrlichkeit im Königsschloß, het ne s'Lebe fast welle verleide, und me darf ne's au nit zürne, wenn me denkt, wie's Unglück uf ne gritten isch.  Do findet aber eine am Fueß vom ne Felse nes niders hölzigs Türli und obedra nes Hämmerli, und derbi isch gschribe gsi:   An d'Türe drümol schloh, s'wird nanderno ufgoh!   Si chlopfen a und dä Felse het sich gspalte, s'Türli isch sperangelwit ufgange, die Prinze treten i und chöme in e länge sinstere Gang, und das Gwölb het si immer tiefer in Berg ine gfüert. Am End chöme si in e wunderschöne heitere Saal vom ene Zauberschloß; drin isch e Pracht gsi wie im helle Himel obe. D'Süüle vom finste Marmelstei, der Bode vo Hälfebei und goldigi Zierate drin, a de Wände si Chränz und Zöddeli ghanget vo luter Diemantsteine, die hei mit de schönste Farbe gschimmeret, no schöner als Büülharz uf em stille Wasser, und a der Decki si luter goldigi Rose an gläsige Stöcklene ghanget, so vil aß si Niemer hätt chönne zelle. Aber mitts i dem Saal isch e Tisch gstande, e deckte, dä het no meh z'luege gä als die andere Sache alli. Mit de finste Spisen isch er belade gsi, wos cha gä, und mit dem allerbeste Wi. Jetz wo die hungrige Prinze Spis und Trank so nötig oluege und doch nit dürfen arüere, wil st frömd gsi si i dem Palast, so chunnt en schneewiße Geist, der i das Schloß verdannisirt gsi isch und seit: „Mini liebe Herre, sit nit so schüch, die Sache si grad für Euch grüstet, sitzet Jhr zweg und grifet zue. Und wenn dr mer nur no weit e große Gfalle erwise, so löt nur das Füür nie lösche, wo dört an der Wand im Chemi ewig wird müeße brönne; sunsch wenn dr's löt lösche, so fit dr mit mir unglücklig." Druf isch dä Geist Wider verschwunde. Vo selb a hei die Prinze das Füür bstandig unterhalte; eine het derbi gwachet, die andere hei ihn i der Reihe noh abglöst. Sechs von ene hei de mittlerwil gspielt und gschlofe, gesse und trunke oder au gar nüt to — so Künst cha ne Prinz alli. Aber mit der Zit isch ne die Verzauberung doch afe lästig worde, und si wäre gern wider i der Welt überobe gsi, wo's Kumediantelüt git und Rößlispiel, Jagereien und anderi Churzwil. Do hei si zrugg denkt, worum aß si jetz au so müeßen einsam do ibschlosse si und immer Holz alegge, und d'Antwort isch gsi, es Frauer zimmer sig einzig Schuld dra ; das heb ne die Stör anegreiset. Do hei si d'Füüst gmacht und gschwore, wenn es si sott ereigne, aß es Frauezimmer zuen ene abechömm, so Welle si i sim Bluet ihn Händ wäsche. Deheimen im Königsschloß isch das einzig Töchterli notsno zum e liebeswürdige Fräuli ufgwachse und het heimlig vo siner Mueter vernoh , aß de Brüeder wegen ihm in d'Verbannig hebe müeße. Derno het's grüsli Bedure gha mit ene und s'Herzli isch em all Tag weicher worde und s'Augewasser isch em cho, wenn's anderi schöni Prinze i der Nöchi gseh het, und sini eigene Brüeder der Himel weiß wo. Derno fasset's der Entschluß, si ufzsueche, und wenn's laufe müeß bis ans End der Welt, bis dörthi, wo zwee schneewißi Engel mit Federe us Sankt Michels Fackte d'Erdchugele salbe. Z'Nacht um Zwölsi het si heimlig chönne us em Schloß etrünne, reiset i d'Welt use und chunnt nach ere müeselige Wanderschaft endlig au a das Felsepförtli. Der Gwunder het's plogt, was acht au inne dra sig, und uf die glichi Art, wie sini Brüeder, isch's derno au i de Zauberpalast ine cho. I dem wunderbare Saal het's enanderno da Herretisch erblickt mit sine schöne Sache; und wil der Hunger nit chli gsi isch, so grift's zue, nimmt aber bi jeder vo dene sibe Portione nume öppis Wenigs, aß Niemer nüt merk. Wo's wider will use, het's der Weg nümme gfunde, isch derno in der größten Angst si go verberge, so guet als s'het möge gsi. D'Prinze, wo si erwache und wei esse, sinde derno, aß bi jedem Gedeck öppis Wenigs gschmarotzet worde sig, und hei sich d'Sach nit chönne erkläre. Was isch do z'mache gsi? Si hei gröthiget das und diesers und am End het Eine gseit, me müeß halt luege, und die Andere hei gseit, jo dä müeß luege, wo's ewig Füür z'bewache heig. Der Nöchst wo druf an d'Reihe chunnt, het ufpaßt wien e Häftlimacher, gseht richtig die schöni Prinzessi zum Tisch wandle, gseht si s'Müli spitze, gseht ihres Herzli angsthaft othme, und do isch's em ganz zitterig d'Hemlisbuesen uf und über d'Achslen ufe gange und a's Mörde het er mit keim Höörli meh denkt. Er fasset doch Herz, goht zun ihre ane und seit: „Fräuli, s'isch mer leid, i mueß Ech das und das sage; mer si denn die und die; machet aß dr furt chömet ! " Do isch em die Prinzessi um e Hals gfalle, het briegget vor Freuden und sich z'bchönne gä und gseit, si sig eben usgange, für ihri Brüeder ufzsueche. Was meinet ihr, wien er wird es Gsicht gmacht ha, won er das ghört ? Er het hurti das Meiteli in en Egge ihe verborge und isch's de Brüedere go achünde und seit: „Freuet ech und frohlocket: i ha das Büßeli gfange, won ab euse Pastete gschlecket het! Wenn dr en Eid thüjit, dr wellet ihm nüt z'leid thue, will ig ech's zeige." Das hei si gmacht, und derno füert er ne ihri Schwöster i d'Arme und s'het e grüsligi Freud und es Jubilieren abgsetzt. Aber zu dem Zauberberg us hei ' si jetz doch nümm chönne, wil Niemer meh der Weg gfunde het, wenn er einisch so fürwitzig gsi isch, ine z'trampe. Jetz het das Fräuli au ihre Brüedere ghulfe der Reihe noh das ewig Füür bewache. (Gat jetz Acht, Chinder, und hebet d'Bei uf d'Bank ufe,-s'chunnt Oeppis !) Wo si emol mitts i der Nacht bi ihrem Füür gsessen isch und Stöckli agleit het, chunnt gechlige ne Drach dur's Kamin vom Drach i de Zauberpalast bannet und verurtheilt gsi isch, das ewig Füür z'bewache, und seit: „Chinder, dr heit es guets Werk a mer tho, jetz bin ig es Chind der Seligkeit; der Zauber ist glöst, wo mi und Euch hieher gfeßlet het; i will Ech derfür dankbar si. Nehmet do vo mine Schätze, was Jedem am besten i d'Auge sticht, nehmet's, bhaltet's und heit Sorg derzue." Jm glichen Augeblick het der Bluetstrom vomüber wundene Drach das ewig Füür usglösche ; en bläulige Dunst het de Zaubersaal erfüllt, d'Wänd si afo stieh nach alle vier Weltgegede, immer witer und witer, d'Wölbung isch in d'Höchi gstigen immer höcher und höcher, und nach wenigen Augeblicke hei die verzauberte Königschinder über sich statt goldige Rose nur no paar Sterne gseh glänze wit am Himel oben uf blauem Grund; ringsum aber, statt de Süüle mit Chränze vo Diemantsteine, rings um und um het en saftige Wald im Morgethau ne etgegezwitzeret und i der Ferni d'Morgesunne dur sidigi Wülchli über d'Berge gschimmeret. De Tisch mit sine fürstliche Spisen isch breiter und länger worde vor ihren Auge; si Hein ihm nümm möge gluege bis an's End und si halber verzückt mitts zwüsche Svis und Trank inne gstande — doben uf der schönen Erde. Und der Geist, dem si allesammt d'Retter gsi si us siner Verzauberung, het si unsichtbar begleitet zum väterliche Schloß, ihri Eltere z'erfreue und us der Verzwiflung z'rette.   Quelle: Sutermeister, Otto: Kinder- und Hausmärchen aus der Schweiz Solothurn. (Nach B. Wytz Schwy zerdütsch S. 59.) Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by S grau Männli

Source: S grau Männli

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Ein früherer Oltinger Jäger erzählte: «I bi einischt ufem Astand gsi i der Sennweid obe, grad i der Nöchi vom Bahnstei. Lang isch nüt cho, aber do undereinischt purzle zweu Tier überenander übere, vor mer zue. I ha se für Hase agluegt, nimme d’Flinte und tätsch! Wo si der Rauch e chly verzge gha het und i will luege, öb wenigschtens ein vo dene Kärlene ligg, gsehni niene kei Has meh, derfür stoht es graus Männli vor mer zue, we der Tüfel het’s usgseh. En Augeblick ha-n-is agluegt und es isch mer i Sinn cho, ass mer einischt eine gseit het: die Graue sy vill schlimmer as die Schwarze. Item, i ha my Flinte-n-aghänkt, bi d’Eimet ab und heizue so gschwind as i ha chönne. Und jetz wüsset-er, worum ass i nümme-n-uf d’Jagd goh. I will nit noh einischt eso öppis erläbe.» Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch  


by S Gsigwybli

Source: S Gsigwybli

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An der Stelle, wo der «Bergweg» gegen den Schmutzberg umbiegt, heisst es «im Gsig». Dort soll ein Weiblein mit Kopftuch, einem weiten «Tschope», einer langen äJunte» und einem «Fürtuech» erscheinen. Es trage ein Körblein am Arm. Mit diesen Hinweisen auf das «Gsigwybli» wurden früher in Läufelfingen etwa Kinder geschreckt. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by S Pfaffegässli

Source: S Pfaffegässli

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Unterhalb Lupsingen, nahe beim Brüggli im Oristal, zweigte ein schmaler Feldweg von der Landstrasse ab und führte einem Lebhag entlang. Dieses Wegstück trägt den Namen Pfaffegässli, weil sich dort ein Pfarrer von St. Pantaleon erhängt habe und seither von Zeit zu Zeit dort gesehen worden sein soll. D Schärtene war eine Hausiererin von Büren. Aus der Sandgrube von St. Pantaleon verkaufte sie Sand, womit die Frauen und Töchter am Samstag ihr hölzernes Küchengeschirr scheuerten. Sie will die Erscheinung mehrmals gesehen haben. Sie war an Fronfasten geboren und sah darum mehr als andere Leute. Lupsingen Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by S Räbgässligspängscht

Source: S Räbgässligspängscht

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Noch in den neunziger Jahren war der Hang zwischen Arisdorf und Olsberg fast ganz mit Reben bepflanzt. An der Stelle, wo der Weg zwischen steilen Borden durchführt, erschien nächtlichen Wanderern das Räbgässligspängscht. Wie es aussah, weiss ich nicht. Von Zeit zu Zeit kam zu uns der Schuhmacher auf die Stör. Er brachte sein Geschirr in einer Hutte mit. Als er sich eines Abends spät zum Heimgehen anschickte, machte ihm mein Vater mit dem Räbgässligspängscht Angst. Am folgenden Morgen beteuerte der Schuhmacher, er sei dem Gespenst begegnet. Es habe sich hinter ihm auf die Hutte gesetzt und diese sei immer schwerer geworden. Arisdorf-Olsberg Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by S rot Fräuli

Source: S rot Fräuli

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In der Nähe des grösseren Curer-Alp-Sees stehen mehrere »gestrickte« (aus glatt behauenen Balken oder Stämmen gefügte) Wohnhäuser und Ställe. An der Stelle eines dieser Häuser war vordem ein Anderes, in welchem es aber »nicht richtig« war. Dieses Häuslein soll viele »Ehni-Alter« dort gestanden haben (vielen Generationen als Wohnstätte gedient haben), und niemals ein »Ung'fäll« in Demselben gewesen sein, und das verdankten die jeweiligen Bewohner einzig dem »roten Fräuli«. Das rote Fräuli war nämlich der Hausgeist, eine kleine, weibliche Gestalt in stets scharlachrotem Rocke und »Capatüsli« (sonderbar gestaltete Kopfbedeckung, mehr aber Kopfverzierung der Frauen im 17., 18. und 19. Jahrhundert). Das Fräulein kam nur bei besonderen Anlässen in die Stube, sonst hielt es beharrlich seinen Sitz bei der Kellerstege fest, und das auch nur von später Abendstunde an, die Nacht durch; am Morgen aber war das Fräulein nirgends mehr zu sehen und zu finden. Bei der Kellerstege hockte das Fräulein immer im gleichen Winkel, redete nie ein Sterbenswörtlein, und schaute immer gar wehmütig drein. Was nun das Fräulein sonst tat, und wovon sie ihr einförmiges Leben fristete, konnten selber die Hausbewohner nicht ergründen; aber das war gewiss, dass das Fräulein einen mächtigen Zauber in sich barg, der zu jeder Zeit alles Ungemach von Haus und Bewohnern ferne hielt. Gab's aber Zeiten, wo ein kleiner Schreihals die Zahl der Hausbewohner vermehrte, rückte auch das Fräulein von der Kellerstege in die Stube, setzte sich neben die Wiege, auf einen Holzschemel, und hütete die ganze Nacht durch den kleinen Weltbürger; am Morgen war es aber nirgends mehr zu erspähen, kam aber am Abende zutraulich wieder, und so auf den Tag ein ganzes Jahr lang, unermüdlich. Und so lange das rote Fräuli das Kleine in der Wiege hütete und pflegte, kam nie eine Krankheit an Dasselbe, und es gedieh so schön, dass es zum Verwundern war. Das ging viele Jahre so. Da kamen eines Abends drei Bursche ins Haus, ein Unwetter verhinderte sie am Weitergehen; sie baten um » Übernacht«, und der Hausvater hiess sie freundlich willkommen. Diese Burschen hatten auch das rot Fräuli gewahrt, und Einer von ihnen machte sich lustig über dessen roten Rock. Balde ging Alles zur Ruhe; einer der »Uebernächtler« legte sich rechts, der Zweite links neben den Ofen, auf die Bank; der Dritte, der das Fräuli ausgelacht hatte, machte sich auf den Ofen, und nahm seinen »Schnetz« aus der Tasche, denn er empfand eine steigernde Unruhe, und fing an, vor dem Fräuli sich zu fürchten. Als nun das Licht gelöscht ward, ging es gar nicht lange, so stiess Der auf dem Ofen einen fürchterlichen Schrei aus, fiel herab, und hinter den Ofen. Die zwei Andern wollten schnell Licht machen, aber, wie sie auch suchten, war das Standlicht nirgends zu finden. Sie mussten nun im Dunkeln suchen, und fanden den Kameraden wirk­lich hinter dem Ofen, schrecklich zusammengekrümmt, und schon halb erstickt. Mit grosser Mühe konnten sie ihn aus der lebensgefährlichen Lage wegkriegen, und auf die Ofenbank legen; er schien ihnen schwerer, als sonst zwei, drei Menschen zusammen. Bis Tagesanbruch regte er sich nicht, und lag starr und steif; erst dann begann er »sich zu weiggen« (sich zu bewegen) und wieder zu sich zu kommen. Aber sein Haar war während dieser Paar Stunden schneeweiss geworden, und er noch an allen Gliedern zitternd, stammelte: wie, nachdem das Licht ausgelöscht gewesen sei, auf einmal eine unbegreifliche Macht ihm den »Schnetz« aus der Hand gerissen, und ihm eine solche »Dusla« gegeben habe, dass er hoch aufgefahren, dann aber hinter den Ofen gefallen sei; weiter wisse er nichts. Am Morgen war, wie gewohnt, das Fräuli nirgends, und das gesuchte Licht hing an einem roten Faden an der Stubendiele. Aber von der Zeit an verschwand das Fräuli zeitweise, blieb kürzere oder längere Zeit aus, und kam immer seltener. Nach Langem kehrte ein Mädchen, eine arme Verwandte, im Hause ein, und weilte einige Tage. Auch sie sah das Fräuli, am ersten Abende sogar. In einer Nacht träumte ihr vom Fräuli, Dasselbe habe ihr gewinkt, mit in den Keller zu kommen. In der folgenden Nacht sah sie das Fräuli wieder, folgte ihr (im Traume), und bekam einen grossen Handkübel voll Gold und Silber zu sehen. In der dritten Nacht kam das Fräuli wirklich, erzählte ihr von dem Schatze im Keller, sie solle mit ihr kommen, den Schatz zu heben: Einen Drittel solle sie dann der Kirche, den zweiten den Armen geben, den dritten Drittel könne sie für sich behalten, doch dürfe sie, während sie den Schatz hebe, kein Wort reden, und nichts Böses denken. Das Mädchen folgte dem Fräuli in den Keller, wo unter dem »Tablatt« (Holzplatte, die auf einem aufrechtstehenden Pfeiler festgenagelt ist, und als Tisch zum Ablegen von Lebensmitteln dient) der Schatz lag, und nicht gar tief. – Auf die Weisung zu ziehen, fasst das Mädchen die »Hiene« (Handhabe) und zog; das Fräuli schaute zu. Wie nun aber der Handkübel so schwer von Gold und Silber war, und der Schatz grossen Wertes sein musste, dachte das Mädchen doch: »Ach wäre doch Alles mein« und seufzte. Und wie sie so dachte und seufzte, löste sich der Kübel von der »Hiene« ab, und versank in endlose Tiefe. Mit dem Schatze war aber auch, für immer, das Fräuli im roten Rocke und »Capatüsli« verschwunden, und von der Zeit an gab's im Hause dann und wann ein »Ung'fäll.« - Das Fäuli kam nimmer. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by S Sagigspängscht

Source: S Sagigspängscht

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Viele Leute fürchteten sich früher vor dem Sagigspängscht das sich im Unterdorf, in der Gegend der Säge, zeigte. Es erschien oft als Hund, konnte aber auch andere Gestalten annehmen. Im Mitteldorf musste man ihm in einem Haus die Türe offen lassen, damit es ungehindert seinen Weg durch den Hausgang nehmen konnte. Arisdorf-Olsberg Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by S Todtebeindli, das Totenbeinchen

Source: S Todtebeindli, das Totenbeinchen

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’s Todtebeindli (Original) ’s isch einisch e künig gstorbe; si frau und zweü chind sind no am læbe blibe, es meiteli und es büebli. do händ se einisch d mueter gfrogt, weles vo ene dass einisch mües künig werde. do seit se zue-n-ene „liebi chind, gœnd jetze zämme i wald usse, und suechet das blüemli, wo-n-ech do zeige, und das, wo’s von ech zerst findt, das mues einisch künig wärde.“ do sind die zweü zäme gange, und im wald sind se bim sueche echli ussenand cho, und ’s meiteli het ’s blüemli z’ erst gfunde. do denkt’s, es well sim brüederli no-n-e chli warte, und lit næbem wald i schatte, nimmt ’s blüemli i’d hand und schloft i gotts namen i. der wile chunt ’s büebli au a das örtli, aber ’s blüemli het er nonig gfunde gha. wo-n-ers do aber im händeli vo sim schwösterli gse het, so chunt em öbbis schröckeligs z sinn, „i will mis schwöschterli ermorde und em ’s blüemli neh, und hei goh mit, und und denn wird i künig?“ denkt und tho. er hets tœdt und im wald verscharret und härd drüber deckt, und kei mönsch het nüt dervo gwüsst. no mengem mengem johr isch e hirtebüebli dert uf der weid gsi mit sine schœflene, und findt es todtebeindli am bode vo dem meiteli; do macht er e paar löchli dri wie am-e-ne flötli, und blost dri. da het das beindli gar erschröckli trurig afoh singe de ganz gschicht, wie ’s meiteli vom brüederli umbrocht worden isch: me het mœge de hälle thræne briegge, wemme das lied ghœrt het. do goht einisch, wo das büebli so gflœtet het, e ritter dert verbi: dä het em das flötli abgchauft und isch dermit im land umme zoge, und het an allen orten ûf dem beindli gspillt. einisch het do au die alte künigi dem ritter zueg’lost, und isch ganz trûrig worde, und het der sohn abem thron gstosse und briegget ehrer læbtig. Das Totenbeinchen (Übersetzung) Einmal ist ein König gestorben; seine Frau und zwei Kinder blieben am Leben, ein Mädchen und ein Junge. Da fragten sie einmal die Mutter, welches von ihnen denn einmal König werden solle. Da sagte sie zu ihnen: „Liebe Kinder, geht miteinander in den Wald hinaus und sucht das Blümlein, das ich euch hier zeige, und wer von euch es zuerst findet, soll einmal König werden.“ Da gingen die beiden miteinander, und sind im Wald ein bisschen auseinander gekommen, und das Mädchen hat das Blümlein zuerst gefunden. Da dachte es, es wolle noch ein Weilchen auf sein Brüderchen warten und legte sich neben dem Wald in den Schatten, nimmt das Blümlein in die Hand und schläft in Gottes Namen ein. Inzwischen kam das Büblein auch an dieses Örtchen, aber das Blümlein hatte er noch nicht gefunden. Als er es aber im Händchen seines Schwesterchens erblickte, kam ihm etwas Schreckliches in den Sinn. „Ich will mein Schwesterlein ermorden und ihm das Blümlein nehmen und heimgehen damit, und dann werde ich König.“ Gedacht – getan. Er tötete und verscharrte es im Wald und deckte es mit Erde zu. Kein Mensch wusste etwas davon. Nach vielen, vielen Jahren war ein Hirte mit seinen Schäfchen dort auf der Weide und fand ein Totenbeinchen von dem Mädchen auf dem Boden. Da machte er ein paar Löchlein drein, wie bei einer kleinen Flöte. Und als er hineinbläst, fing das Beinchen gar schrecklich traurig zu singen an, die ganze Geschichte, wie das Mädchen von seinem Brüderchen umgebracht wurde. Man musste helle Tränen weinen, wenn man das Lied hörte. Einmal kam ein Ritter vorbei, als das Büblein so flötete. Er kaufte ihm die Flöte ab und zog damit durch das Land und spielte auf der Flöte. So hörte ihn auch die alte Königin einmal. Dabei wurde sie sehr traurig und sie stiess den Sohn vom Thron und weinte ihrer Lebtag lang. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by S Tüfels Erbsmues

Source: S Tüfels Erbsmues

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Bim stärchste Schneeghudel chunnt e arme Nur hei und setzt si uf en Bank zum warme Ofe zue. „Wie ist der gange i der Stadt, aß d'eso driluegst?" frogt en d'Frau. „Schlächt gnueg," seit der betrüebt Ma; „los jetz nume, i will der alls verzelle ; aber zerst mueß i gwüß no es Bitzeli Wärmi ha, denn i bi schier halb verfrore. Bi Wind und Wätter — he, de weist jo woll wie's hut abegmacht het, wo-n i furt bi — chum i denn i d'Stadt zu eusem Heer und säg em, daß's mer unmlügli sei, die drühundert Franke bis am Sunntig ufzbringe. I han e bittet und bättet, er möcht mer doch au no Zit ge bis im Summer; denn bis dethi werdit mer d'Lüt mi Schmidtearbet wol zahle. Er aber seit, er chön e kei Minute langer warte as bis am Sunntig; und wenn i bis denn s'Gäld nid bring, so löß er mer s'Hus und Hei sammt miner chline Schmidte am Mendig verchaufe und mi und di und alli Chind zum Hus us jage. Jetz was meinst, Frau? Es ist unmügli, daß mir bis übermorn drühundert Franke zäme bringe. Zwor het mer do euse Nochber sächzg Franke ge, aber es blibit mer doch no immer die andere zweihundert und vierzg übrig. Wenn mer zletscht doch nur der Tüfel s'Gäld is Hus brung! Wenn i em scho müeßt e par Iohr diene, so wer i doch denn eusem Heer ab, und der leidig Tüfel i der Hell cha jo au nid ärger si as de det i der Stadt ! " Chum het der Ma das gseit, so het's scho dusse afoh bruse und stürme, daß 's dem arme Bur schier sis Hüsli umgrüert het und der Wind het dur's Hus uf und ab gchutet und psiffe, daß es e Grus gsi ist. Wo das no e paar Minute ufghört het, so ghört de Bur und si Frau, daß öpper a der Türe chlopfet. Gschwind goht de Nur use, macht uf, und do ftoht e schwarze Ma im ene rote Mantel vor der Tür und seit: „Nu, Bur, de hest vorig gweuscht, wenn der doch de Tüfel nume Gäld brung; jetze lueg, do sind zweihundert und vierzg Franke funkelneu; s'fehlt si kei Rappe dra, zell's nu; aber holla — eb der's gibe, muest mer verspräche, mit mer z'cho und sachs Iohr bi mer i der Hell z'diene. Underdesse werde d'Frau und dini Chind nie Mangel ha." De Bur, verschrocke, weder vo Noth drunge, seit Jo und gheißt de Tüfel ie cho und si am Ofe werme, bis er cm sini par Hömli zäme packt heig, um mit em i d'Hell z'goh. Wäret» dem gseht er, aß de Tüfel am einte Roßfueß es Ise verlore het und seit: „Guete Fründ, luegid e chli eues Fueßwärch a, er Händ glaub uf em Wäg es Ise verheit. Wenn er wänd, so chömid mit mer i d'Schmidte ie, i will ech es neus ufmache. De Tüfel het de Ma fcho lang as e guete Huefschmid tannt, goht mit im und zieht no sälber de Blosbalg. Wo s'Ise rächt gsi ist, so seit de Bur: „Hand jetz de Fueß äne und do i die Chlemme ie, damit i s'Jse besser ufmache cha; denn i weiß wol, rächti Litt müend au guet bedient si". De Tüfel dankt do nüt Böses, het de Fueß i d'Chlemme ie, und de Bur schrubet em e i, nimmt aber de Schrubeschlüssel i Sack und seit: „So, Gvatter Schwarz, jetz wiimmer erst luege, wie lang i der für die zweihundert und vierzg Franke diene will!" Uf das ist halt de Hörndlima bös worde und het tho wie e Wüethige; doch het er zletscht nohge und isch mit em Bur übereis cho, daß er em nu drü Iohr diene müeß. Sobald de Bur de Tüfel wieder losgschrubet het, so het er müeße mit em i d'Hell fahre. Wo si mitenand det hi cho sind, so stellt de Tüfel de Bur grad as Fürschürgler a. Am zweute Tag goht der Schwarz mit der Ellermueter furt und seit zuen em: „Wenn d'trinke oder ässe witt, oder wenn d'öppe Gäld bruchst für en arme Ma, der di drum bittet, so gang nur det zum Chistli und säg : Chistli, Chistli mi. Gimm mer Brod und Wi, All uf s'Tüfels Gheiß. I der Hell isch heiß!   Und was dis Herz nur wünscht, sell wird enanderigsno  i goldige Blatte und Flasche zu mine Füeße si." Wo der Tüfel fürt goht, so ist euses Bürli no elei i der Hell gsi und het denkt: Jetz witt au emol luege, was acht i dene große Chessene inne ist, won i allewil drunder mueß füü«. Bim letschte, won er ufdeckt, gseht er au ne sone Dolders Gläubiger, der e vor e par Jahre drückt und drängt het, und voll Zorn leit de Bur gschwind no sächs Schlier a und seit zu dem alte Schölm: „Wart, i will der jetz s'Bad scho heiß mache; de hest mi au mängist z'schwitze gmacht!" Am dritte Tag chunnt denn der Tüfel wider hei. Do seit de Bur zuen em : „Loset, mi liebe Rothmantel, i euer Burg do inne rücht's es ist e Grus; d'Auge han i der ganz Tag voll Wasser gha; und i sött gwüß no einisch hei mis Fazenetli go reiche, damit i au cha d'Augen uswüsche und s'Mul verbha, wenn's e so galge-räß rücht." Do het de Tüfel d'Stirne grunzlet und gseit: „Los, Bur, i känn di, du bist en Arige; elei cha i di nid heiloh, sust chönntist mer öppe nümme ume cho; weder es Fazenetli sottist ha, das gsehn i, sust chönntist mer blind werde; drum isch es am beste, mer gönd mitenand." No ne par Stund chunnt denn de Bur mit em Rothmantel wider zu sim alte Hüsli zrugg, wo d'Frau und d'Chind no truret und briegget hand um ihren Aetti. De lang Weg und das gschwind Laufe händ aber de Bur und de Tüfel hungrig gmacht; drum het der Ghörndlet gseit: „Säg au diner Frau, si söll eus Zweene es Erbsmues überthue und choche, aber vo luter schwarzen Erbse." Der Bur seit's, befilt ere aber, au vo dene Wiß-Erbse dri z'thue, won em einist um Fraufaste im Schlof uf s'Bett grüert worde sige mit dene Worte: ,Do hesch e Nothpfenig." Si ligge det obe — seit er e — uf der Himlezzi im ene Papirli. Wo's Erbsmues lind gchochet gsi ist, so sitzid denn die zwee Reisede zue, und de Bur schöpft dem Tüfel use und git em mit Fliß de wiß Erbs demit. Wie de Rothmantel de wiß Erbs gseht, so het er erschröckeli gfluecht und gschwore. Aber was gscheht? De wiß Erbs wird e länger e größer und verspringt zletscht, und es flühred e ganze Hufe wißi mit silberige Dörndlene bsetzti Erbsli dem Tüfel is Gfrees und hand ne so jämmerli verstoche , as er vor Weh lut uf brüelet het. De Bur bsinnt si nid lang und seit : „Wenn d'mer alli mini drü Iohr erlohst und mer S'Weusch-Chistli gist und versprichst, mir und de Minige nie nüd azthue, so wil i di erlöse." Vo der Not zwunge, schreit de Tüfel: ,Jo frili!" Und wie's Chistli uf em Tifch stoht, so seit de Bur:  „Erbsi, Erbsigroß und chli Lönd das Stäche nume si; Euse Hörnlima seit Io, Ietze wenn mer ne au lo goh." Und wo denn die Erbsli wider in ihrer Hültsche binenand gsi sind, so springt de Tüfel mit eim Satz zum Pfeister us und het si wol ghüetet, i Zuekunft wider zu salem Hus zue z'cho.   Quelle: Sutermeister, Otto: Kinder- und Hausmärchen aus der Schweiz Aargau. (Nach Rochholz Schwei- zersagen II, S. 224.) Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by S Wiehnachtschindli

Source: S Wiehnachtschindli

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Es isch emal es fromms fromms Chind gsi, das sine Eltere nie Verdruß gmacht het und nie mit sine Gschwüsterti zangget und nie briegget het um nüt u wider nüt. Und alli Chinder hei's gar lieb gha, u wen es eim het chönne e Gfalle thue , so ist das si grösti Freud gsi. Da het einisch e büst Schlang sich um vili vili Chinder gliret u het si alli welle frässe. Da isch das Chind grad vo Witem derzue cho u het gseh , wie die Schlang ds Mul uftha het u wie's ere wie-n es Für us den Auge gfahre isch. Da het das fromm Chind gar es grusams Erbarme gha mit dene Chindere und isch gleitig z'springe cho u het gschroue: „Friß, Schlang, friß mi, aber la die andere gah! " Da het sich plötzlich die Schlang ufgliret, het die andere laufe la und isch uf das Chind zuegsprunge mit wit wit offenem Mul und fürige Auge groß wie Pfluegsredli. Und das Chindli het d'Händ gfaltet u ds Walt Gott betet, u het d'Auge zuetha u gmeint, die Schlang heb's in Eim Schluck verschlunge u lauft jetz dervo oder fliegi mit em dür d'Luft. Da het's endlech bin em selber denkt, es well doch d'Auge ufthue und luege wie's im ene Schlangebuch eigetlech usgsach. Aber da isch es heiter u hell um ihns gsi und e Sunne het gschine, aber e vil schöneri als die wo bi-n üs schint, und es isch emene Engel i den Arme gläge, und der Engel het gar hold und fründlech ihns aglächlet u gseit, es soll nume ja nit Angst ha, er well's an es schöns u guets Ort füere, wo's Freude ha ward wie no nie und wo kei bösi Schlang sig. U dernachet isch es wit wit mit ihm gfloge, gäng der schöne Sunne zue , so daß das arm Hüdeli vor luter Glast d'Auge wider het müeße zue tue. Da het's endlech der Engel abgstellt im ene gar herrliche Garte, wo luter Sache gsi si, won es nie gseh gha het, und won es Maje gseh het , die si so schön gsi wie ds Morgeroth u ds Aberoth, u hei wit wit gschine wie Sunneschin u Mondschin zsäme. U vil tused Engeli sin em zuechegsprunge u hein em d'Händ ga und hei gsunge so schön, so schön, daß es es dücht het, der lieb Gott müeß die selber ha lehre singe. Aber under alle dene Engeli isch keis vo dene Chindere gsi, won es vo der Schlangen errettet het, keis ein zigs, won es gchennt hätti. Da het's agfange briegge u gjammeret, es wöll doch zu sine chline Chindere , sunst chönnti ja vilicht die Schlang se doch no frasse. Da het es e Stimm ghört, die het nid vo dahär und nid vo derthär gschine z'cho, sonderen us jeder Blueme, us Aberoth u Morgeroth, us Sunneglast u Mondschin, u die Stimm het ihns gfragt: „Aber säg, gfallt es der de hie nid, isch es de hie nid schön? ,Ja, het druf das Chind Zantworlet, es gfallt mer gar wohl hie, aber i mueß doch zu mine Brüederli u Schwösterli u den an dere Chindere; was sölle die afange, wenn sie mi nümme hei? Aber wenn i die mitbringe darf, de wil i mit ihne cho u mi recht freue; o wie schön war das ! " Da het die Stimm wider tönt und het gseit: „Das cha no nid si. U da het's wider gar grüseli briegget, daß me hätt chönne d'Händ under ihm wäsche. „Liebs Chind," het du die Stimm gseit, „briegg mer nid, hie obe darf nid briegget wärde; aber we du nümme briegge witt, so wil i dr erlaube , daß du allbeneinisch abe darfsch zu den andere Chindere, u denn darfsch du chrame Läbchueche u anderi guefi Sache, aber nume dene, wo o lieb si; u alli die, wo du ne s'Briegge chasch abgwöne, die will i de o hie ufe näh, u de channsch du ja gäng bim ene si u dihr söllet mer alli lieb si." So het die Stimm gseit und das het du dem Chind so wohl ta, daß es nie meh briegget het u schön worden isch wie die andere Engeli. Dernachet isch es uf d'Wält gange u het de Chindere gchiamet u gäng meh nume dene wo nid briegge; u eis Chind na em andere het chönne zue-n em ufe u isch de o es Engeli worde. Aber es het gäng wider Chinder uf der Wält gäh u gäng meh, u alli die het es lieb gha und het se welle zue sich füere i si schöne schöne Garte , wo Himel heißt. Da het's müeße-n es Eseli astelle, um all dä schön Chram z'bringe, u wil es zu so vile Chindere mueß, so chan es nume-n einisch im Jahr zu «im cho ; aber won es vo Witem briegge ghört, da springt ds Vseli mit em witer was gisch was hesch. U allbeneinisch ma-n es elei nümme cho an allein Orte, wenn es gar vili Chinder z'bsueche het oder es vil Schnee ist, daß ds Eseli nid rächt düre cha. Da nimmt es de vo dene Chindere mit, die ihm die liebste Engeli worde si, u git imene jede es Eseli u e Chram derzue; u die gange-n o sine Chindere nah u brichte-n ihm, wo si gueti u wo si bösi Chinder atroffe hei und weli einisch i sin schöne Garte cho würde. Darum, liebi Meitscheni, sit lieb, de chöme di Engeli o zu «uch, bringe-n ech Chram Jahr um Jahr u näme-n ech einisch mit i de schön Garte.   Quelle: Sutermeister, Otto: Kinder- und Hausmärchen aus der Schweiz, Emmental (Mundartlich nach Bitzius: Lei den U.Freuden eines Schulmeisters 1839, II, S.256.)  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by S'wild Mannli auf dem Stein

Source: S'wild Mannli auf dem Stein

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Ein kleines Bauernhaus auf Camana. Auf der Wiese daneben ein spitzes Felsstück. Ein derbes Weib wohnte im Haus, ihre erwachsene Tochter war sehr hübsch. Wenn sie auf der Wiese Vieh hütete oder mähte, verliebten sich selbst die wild Mannli in sie, eins derselben besonders. Oft guckte es hinter dem Stein hervor auf das schöne Mädchen, das sich vor dem kleinen seltsamen Geschöpfe fürchtete und floh. Die Mutter fürchtete sich aber nicht und lud das Mannli ins Haus zum Schottentrunk (sie käsete eben). Wild Mannli sagte: «Wenn ich unter ein Dach trete, so regnets.» Das Wetter war klar, auf der Wiese lag das dürre Heu der Frau zum Einsammeln bereit. Die gutmütige Frau bat das Mannli wiederholt ins Haus zum Essen zu kommen. Es sagte immer: «Tret ich unter Dach, so regnets.» Endlich kams doch, auf fortgesetztes Bitten. Aber kaum unter Dach, so regnete es. Das Heu der Frau wurde ganz nass. Nun wurde die Gastfreundliche zornig, meinte, das Mannli habe das Wetter gemacht, ergriff den Ofenwisch und jagte das arme Geschöpf unter Schelten und Schlagen aus dem Haus. Das fliehende Mannli sagte: «Hab mich nicht eingebettelt bei dir, hab s`Wetter nicht gemacht, schlägst mich unschuldig, sollst keinen Regen mehr sehen.» Es sprang auf das spitze Felsenstück und war verschwunden. Die Frau erzählte die Geschichte ihren Nachbarn und ihr wurden in der Folge die Schuld des Regenmangels zugesprochen. Das Wetter wurde so trocken, dass dem Vieh das Futter verdorrte. Diesen grossen Mangel gab man einzig jener Frau Schuld. Sie musste vor dem Zorn ihrer Landsleute in eine Berghöhle fliehen, wo ihr die fromme Tochter zu essen brachte. Als aber die Dürre zunahm, verbot man der Tochter das Essentragen, sagend, wenn das Vieh verhungern müsse, solle es die, welche dran schuld, auch. Alles Bitten der Tochter half nichts. Da erklomm die Verzweifelnde mühsam den spitzen Stein, wo man s'wild Mannli zum letzten Mal gesehn, weinte dort, dass die Tränen zur Erde niederflossen und flehte dort s'unsichtbare wild Mannli um Erbarmen. Dieses erschien wieder, war ganz gerührt, rief: «Bist g'segnet! Es regnet!» Es regnete prächtig. Die Tochter durfte die Mutter wieder nach Hause holen. Aus: U. Brunold-Bigler, Die Sagensammlung der Nina Camenisch, Disentis 1987, mit freundlicher Genehmigung der Autorin. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Sachen umetriebe

Source: Sachen umetriebe

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Sachen umetriebe Vomene Bur isch ’s Gred gange, är chönn Sachen umetriebe. Amene Friti, we’s zsämeglütet heig, sig er mängisch i d’Schmiedte gsprunge u heig bifohle, ihm Negel z’mache. Die hei er de albe ire Mühli in e Wengelbaum igschlage, u wen ihm dr Tüfel öppis gstohle gha, är hätt’s müssen umebringe! Einisch hätt er du ein sölle Sachen umetriebe. Säg er, jo, är chönnti, weder ihm wurde Sache über e Wäg laufe, wo-n är de nid Stang hätti. Handschriftliche Aufzeichnungen aus den Rohrbachgraben geben uns über den Diebsbann eingehendere Kunde als die Sage. Der Raum verbietet, die sieben Anweisungen, die sich teilweise wiederholen und doch wieder verschiedenes enthalten, vollständig wiederzugeben. „Lass dir von einem Schmied drei Rossnägel machen am Karfreitag vor Sonnenaufgang und darnach am Samstag ein Hämmerli … und wenn dir etwas gestohlen wird, so nimm Kreiden und mach zwei Bilder eines Manns und eines Weibs an die Wand. Darnach nimm drei oder vier Nägel und schlag sie in das Bild.“ Zur Verstärkung der Handlung kommt das Wort, der Befehl und die entsprechende Verwünschung. Der Vorgang erinnert an einen Bosheitszauber der Malaien: „Will man einem Menschen etwas Böses zufügen, dann formt man von ihm eine Figur und durchbohrt mit einer Nadel den Körperteil. dem man an der lebenden Person Schaden zufügen will.“ (G. Buschan, Die Sitten der Völker). Ein anderer Bann enthält die verstümmelte Satorfomel und die Weisung: „Höusch in einer schmietten zwei RossneggeI um Gotteswillen.“ Die aussergewöhnliche Erwerbung, Betteln, bedingt aussergewöhnliche Wirkung. Der gleiche Bann empfiehlt, einen Zettel, worauf die Satorformel steht, an ein Kammrad zu schlagen; die Vorschrift enthält wohl eine Umänderung ursprünglichen Zaubers und erinnert an die Art, wie der Zürcher Ueli das Rad des Wägelchens treibt, um Diebe herbeizuzaubern. Die Unruhe des Wendelbaumes, die Bewegung des Rades, soll sich auf den Dieb übertragen, damit er geschwind wie ein treibendes Rad das gestohlene Gut zurückbringe. Ein anderer Bann empfiehlt, einen Nagel aus einer Totenbahre zu nehmen und ihn in die Türe zu schlagen, daraus der Dieb gegangen ist. Dann wird dem Dieb wieder befohlen, stille zu stehen und die Sterne zu zählen, bis der Bannende kommt, den Gebannten zu lösen. Die Vorschrift, drei Rossnägel in einen fruchtbaren Baum zu schlagen, erinnert an den Zauber, den der Bammertjöggel ausübt. Die Nägel sollen dem Dieb oder der Diebin, wie die Verwünschung lautet, durch Magen, Rücken, Augen, Lungen, durch Bein und Glieder gehen. Ähnlichen Zauber kennen, abgesehen von den christlichen Bestandteilen, alle Völker. Entlehnung von einem Volk zum andern mag stattgefunden haben, aber doch nur in seltenen Fällen. Die vergleichende Volkskunde zeigt uns, wie das menschliche Denken überall die gleichen Bahnen einschlägt, und wie aus ihm überall, zeitlich oder räumlich entlegen, die gleichen Vorstellungen des Glaubens emporwachsen. Der Diebeszauber, wie er bei uns noch in verschiedenen Elementen sich erhielt, kennzeichnet in einzelnen Teilen eine niedrige Stufe des Erkennens und sie gehört zu den ältesten Vorstellungen. Aus dem Glauben der Urzeit erwuchs er; er begleitete den Menschen durch eine Jahrtausende lange Entwicklung; dem Christentum trotzte er mit zäher Lebenskraft bis in unsere Tage hinein; es lag und liegt etwas in ihm, das dem Denken der Menschen trotz aller Kultur stets nahe lag und ihm darum beständig neues Leben zuführte. Man sagt oft, der Abergelaube sei der Bruder des Glaubens. Der Zauber, wie er hier in Erscheinung tritt, hat mit dem Christentum nichts zu tun. Der Zaubernde setzt, sich auflehnend gegen den Willen Gottes, den eigenen Willen über alle Dinge. Er braucht, wie es der Volksmund ausdrückt‚ gefährliche Worte, die zum Verderben gereichen. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Sage vom Pilatus, Pilatusberg und Pilatussee

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Zu Rom lebte einstmals ein vornehmer und mächtiger Mann, Namens Pontius Pilatus, welchen aber, trotz seiner Macht und seines Ansehens, die Strafe des irdischen Richters für die vielen Verbrechen ereilte, welche er begangen hatte. Er wurde zum Tode verurteilt. Stolz aber, wie er war, kam er der Vollziehung dieses Urteils dadurch zuvor, dass er sich selbst tötete. Als Selbstmörder wurde er nun, wie es damals Gebrauch war, in die Tiber den Fischen zum Frass vorgeworfen. Kaum aber war dies geschehen, so war es als ob sich die Pforten der Hölle öffneten. Es begann ein Unwetter zu wüten, welches kein Ende nehmen wollte. Da merkte man, dass dieser Aufruhr der Elemente von nichts anderem herrührte, als von dem ungeschickterweise in die Tiber geworfenen Leichnam des Pilatus, dessen Verbrechen selbst dieser Fluss dermassen verabscheute, dass er ihn nicht in seinen Fluten behalten wollte. Mit vieler Mühe wurde er also wieder ausgesucht, und siehe! als man ihn gefunden hatte, legte sich das Unwetter. Da aber der Leichnam doch irgendwo untergebracht werden musste, so wurde er nach Vienne im Delphinat geschafft und dort in die Rhone geworfen, welche ihm jedoch den gleichen Empfang bereitete. Unter Donner und Blitz zog ein Unwetter heran, bis die Bewohner jenes Landes den ungebetenen Gast wieder aus dem Wasser zogen und ihn, um ihn wieder los zu werden, nach Lausanne schafften. Da aber auch hier, wie in Italien und Gallien, Pilatus Ursache von Sturm und Wetter war, beschlossen endlich die Lausanner, nach reiflicher Ueberlegung, ihn in einen kleinen See zu werfen, welcher ohngefähr vierzig Stunden von ihrer Stadt auf den Alpen lag. In dieser Wohnung blieb er endlich, aber nicht ohne dieselbe von Zeit zu Zeit zu verlassen und als Gespenst die Alpen zu durchstreifen. Bald sah man ihn in dem Morast seines See's herumwaten, bald auf einem Felsen sitzen, bald im heftigen Streit mit noch einem anderen Gespenst, dem Könige Herodes, bald wie er in flüchtigem Lauf die Berge durchstreifte - immer aber war er der gleiche böse Geist, welcher die Umgegend mit Sturm und Wetter überzog, die Hirten auf den Weiden erschreckte, ihre Herden zersprengte und das beste Vieh von den Felsenklippen in den Abgrund hinab stürzte. Als Pilatus aber anfing sein Wesen immer ärger und ärger zu treiben und man seinen Leichnam doch in dem See behalten musste, da kein anderes Land ihn in mehr angenommen hätte, so wollten die Bewohner jener Gegend doch wenigstens versuchen, ob er nicht zur Ruhe zu bringen sei. Da traf es sich, dass eben ein fahrender Schüler, welcher zu Salamanka studiert hatte und zu den Rosenkreuzern gehörte, in die Schweiz gekommen war. Diesem versprach man eine große Summe Geldes, wenn er das Land von den Neckereien jenes bösen Geistes befreien und ihn auf ewig zur Ruhe bringen würde. Der Rosenkreuzer ging auf das Anerbieten ein und versprach sein Möglichstes zu tun. Er begab sich auch sofort auf die Verfolgung des Geistes, den er auch bald auf einer hohen Felsenspitze antraf. Er begann seine Beschwörungen. Wahrscheinlich dass diese nicht stark genug waren – genug, Pilatus wich nicht von dannen. Da sah der Rosenkreuzer sich gezwungen, Vorbereitungen zu stärkeren Beschwörungs-Formeln zu treffen. Zu diesem Zwecke begab er sich auf einen Hügel, welcher der Felsenspitze, auf der Pilatus sass, gegenüber lag. Hier erst begann der eigentliche Kampf, der so heftig wurde, dass von den Fußstössen des Beschwörers noch heutigen Tages ein Teil jenes Hügels ohne Rasen geblieben ist. Endlich wurden die Formeln so stark, dass Pilatus nicht mehr widerstehen konnte, und dem Beschwörer so weit nachgab, dass er sich zu dem Versprechen herbeiliess, sich fernerhin in dem See ruhig zu verhalten, wenn man ihm einen in eine schwarze Stute verwandelten Geist geben würde, um auf eine einem römischen Ritter würdige Art in seine Wohnung zurückkehren zu können, und ferner müsse es ihm erlaubt sein, des Jahrs einmal auf die Oberwelt empor zu steigen. Diese Bedingungen wurden ihm bewilligt. Als nun aber auf Befehl des Rosenkreuzers wirklich eine schwarze Stute, vor dem Pilatus erschien, sprengte er das Tier, nachdem er sich auf dasselbe hinaufgeschwungen, im Zorn über seine Niederlage zu solch heftigen Sprüngen an, dass man noch heute den Eindruck seiner Hinterfüsse auf einem der Felsen sehen kann, welche um den See herum liegen, der seit dieser Zeit den Namen "der Pilatussee" trägt. Pilatus aber hat seinen Pakt seither treulich gehalten, nur am Karfreitag sieht man ihn bisweilen in der Kleidung einer Magistratsperson um den See herum irren. Dem, der ihn gesehen, ist jedoch der Tod noch vor Ende des Jahres sicher. Seine Bosheit aber zeigt sich nur noch, wenn er geschmäht wird oder Steine in seinen See geworfen werden, dann bricht sein Zorn in irgendeine Ueberschwemmung oder ein  Ungewitter aus, das oftmals beim hellsten Himmel erscheint. Dass aber ein Erdbeben die Folge davon gewesen, dies ist indessen nur sehr selten geschehen. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Sage vom Schafselbsanft (C. Kohlrusch)

Source: Sage vom Schafselbsanft (C. Kohlrusch)

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Ufem Schafselbsanft hets vor altem schüni Weid ghä. Jez gsieht me nüt meh dervu, wegem Fire, aber as der Fire-n-abe chu ischt, da ischt der Balz z'Schuld, das ischt der letzt Sänn gsi. Der het mit sym Sänte welle z'Alp fahre a Limmere. Wo-n-er über d'Pantebrugg will, so gsieht er wyt unde-n-im Loch en alts Wybli, das het ufegrüeft und schüüzli bynem aghalte, er soll em ufehelfe, aber der Balz het gseit: „Hock du nu da unde; worum bist abe“, und het g'lachet. – Es vergünd etis Tage-n-über das, so sitzet der Balz vorusse-n-und lueget dem Veh. Uf ei Mal gits e Chlapf und der Fire rutschet a und ninnt als mitem, d'Stei und d'Hütte-n-und 's Veh, und der Balz het au nümme chänne flieh und het müeße-n-über d'Wand abe wie das ander. Wo-n-er schu z'usserst usse gsi ischt, heter das alt Wybli wieder gsih, das ischt mitem Fire derher z'ryte chu und het ne-n-use g'stoße und gseit: „Jez will ich lache.“ (Originaltext) C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Auf dem Schafselbsanft hatte es vor langer Zeit schöne Weiden. Jetzt sieht man nichts mehr davon, wegen des Firns, aber dass der Firn herunterkam, daran ist der Balz schuld, das war der letzte Senn. Er wollte mit seinem Senntum zur Alp fahren an den Limmern. Als er über die Pantenbrücke wollte, sah er weit unten im Loch ein altes Weiblein, das hinaufrief und furchtbar bei ihm anhielt, er solle ihm hinaufhelfen, aber der Balz sagte nur: „Hock du nur da unten; warum bist du hinunter?“, und lachte. – Es vergingen ein paar Tage, da sass der Balz draußen und schaute zum Vieh. Auf einmal gab es einen Knall und der Firn rutschte herunter und nahm alles mit sich, die Steine und die Hütte und das Vieh, und der Balz konnte auch nicht mehr fliehen und musste über die Wand hinunter wie alles andere. Als er schon ganz außen war, sah er das alte Weiblein wieder, das mit dem Firn dahergeritten kam und ihn hinausstieß und sagte: „Jetzt will ich lachen.“ (Übersetzung) C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Sage vom Schafselbsanft (T. Vernaleken)

Source: Sage vom Schafselbsanft (T. Vernaleken)

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Ufem Schafselbsanft hets vor altem schüni Weid ghä. Jez gsieht me nüt meh dervu, wegem Fire, aber as der Fire abe chu ischt, da ischt der Balz z' Schuld, das ischt der letzt Sänn gsi. Der het mit sym Sänte welle z'Alp fahre a Limmere. Won er über d'Pantebrugg will, so gsieht er wyt unde-n- im Loch en alts Wybli, das het ufegrüeft und schüüzli bynem aghalte, er soll em ufehelfe, aber der Balz het gseit: "Hock du nu da unde; worum bist abe", und het g`lachet. Es vergünd etis Tage-n- über das, so sitzet der Balz vorusse und lueget dem Veh. Uf ei Mal gits e Chlapf und der Fire rutschet a und nint als mitem d'Stei und d'Hütte-n-unds Veh, und der Balz het au nümme chänne flieh und het müese über d'Wand abe wie das ander. Wo-n-er schu z'usserst usse gsi ischt, het er das alt Wybli wieder gsih, das ischt mit em Fire derher z'ryte chu und het ne use g'stosse und gseit: "Jez will ich lache." Auf dem Schafselbsanft hatte es vor langer Zeit schöne Weiden. Jetzt sieht man nichts mehr davon, wegen des Firns, aber dass der Firn herunterkam, daran ist der Balz schuld, das war der letzte Senn. Er wollte mit seinem Senntum zur Alp fahren an den Limmern. Als er über die Pantenbrücke wollte, sah er weit unten im Loch ein altes Weiblein, das hinaufrief und furchtbar bei ihm anhielt, er solle ihm hinaufhelfen, aber der Balz sagte nur: „Hock du nur da unten; warum bist du hinunter?“, und lachte. – Es vergingen ein paar Tage, da sass der Balz draußen und schaute zum Vieh. Auf einmal gab es einen Knall und der Firn rutschte herunter und nahm alles mit sich, die Steine und die Hütte und das Vieh, und der Balz konnte auch nicht mehr fliehen und musste über die Wand hinunter wie alles andere. Als er schon ganz aussen war, sah er das alte Weiblein wieder, das mit dem Firn dahergeritten kam und ihn hinausstiess und sagte: „Jetzt will ich lachen.“ Quelle: Theodor Vernaleken, Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch


by Sage vom Schloss Schwanau

Source: Sage vom Schloss Schwanau

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Auf einer der Inseln des Sees von Lauerz erhebt sich ein in Ruinen zerfallener alter Turm, die letzten Überbleibsel des Schlosses Schwanau. Dieses Schloss war ehemals der Sitz tyrannischer Beamten der Grafen von Habsburg, welche von hier aus, durch Felsen und Wasser geschützt, in der umliegenden Nachbarschaft die größten Gräueltaten ausübten. Im Jahre 1308 hatte einer dieser Schlossherrn ein junges Bauernmädchen des Dorfes Arth nach seiner Insel entführt, um sie zum Opfer seiner Lüste zu machen. Er erreichte seinen Zweck, aber nicht ungestraft. Die beiden Brüder der Geraubten lauerten dem schändlichen Entführer bei einem seiner Ausritte aus, überfielen und erwürgten ihn und warfen ihn dann in den See. Die Rache des Oberherrn fürchtend, suchten sie nach vollbrachter Tat Hülfe bei ihren Nachbarn, den Schwyzern. Diese teilten ihren gerechten Zorn, belagerten mit ihnen das Schloss, nahmen es ein und zerstörten es; seinen mittleren Turm ließen sie jedoch stehen als ein Denkmal jener Gräueltat und ihrer Rache, späterer Zeit zum Gedächtnis. Den Entführer des jungen Mädchens aber verfolgte der Fluch jener Schandtat noch nach dem Tode. In jedem Jahre einmal, an dem Jahrestage des Verbrechens, erzittern um die Stunde der Mitternacht die Ruinen des ehemaligen Zwingherrensitzes unter heftigen Donnerschlägen - entsetzliches Wehgeschrei erfüllt den Turm - ein junges Mädchen, in einem weißen Kleide, verfolgt, eine Fackel in der Hand, auf dem Firste der Mauer einen Ritter, der ihr zu entfliehen sucht; sie aber lässt nicht ab, bis er unter schrecklichem Geheul sich in den See stürzt, der ihn sofort verschlingt; dann erst verschwindet das Fantom, um im nächsten Jahre den Verfluchten der gleichen Rache zu unterwerfen. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Sage von den Clariden-Alpen

Source: Sage von den Clariden-Alpen

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Vor langen, langen Zeiten lebte einst auf den Clariden-Alpen ein Senn mit einer „leichtfertigen Dirne“, welche er in so hohen Ehren hielt, dass er ihr von der Wohn- oder Sennhütte den kotigen und sonst schmutzigen Weg bis zum Käsgaden mit Käse belegte, damit sie ihre Schuhe und Füße nicht besudele. Da kam eines Tages seine arme Mutter, um ihren „hungrigen Bauch mit Milch und Suffy zu füllen." Der gottlose Sohn aber mischte ihr unter die Milchspeise „Pferdeharn", dass die alte Frau das schlimme Traktament gar bald verspürte und sich hierüber im gerechten Zorn so sehr entrüstete, dass sie ihrem verschwenderischen und verruchten Sohn alles Unglück über den Hals wünschte und Gott bat, an ihm seine gerechte Rachehand zu zeigen, was auch alsbald geschah, indem die Erde ihren Mund auftat und den Sohn als eine unnütze Erdenlast samt seiner Dirne verschlang. Mit der Erfüllung dieses Mutterfluches stürzten aber zugleich die obern Firnen und Felsen ein und überschütteten die vorher grasreichen und fetten Alpen mit Steingerölle, so dass sie von dieser Zeit an graslos und unfruchtbar blieben. Von dem auf solche schreckliche Art untergegangenen Bösewicht erzählen sich aber die Bewohner jener Gegend, dass er sich noch jetzt merken lasse, wenn man ihn rufe oder herausfordere. Ja, ein ehrwürdiger Priester, der nicht ohnweit von den Clariden-Alpen sesshaft ist, will sogar selbst sich einmal in seinen jungen Jahren an den Ort verfügt und kühnerweise den mit Leib und Seele verschlungenen Sennen herausgefordert haben. Hierauf sei aber die Erde in eine solche Erschütterung geraten, dass hoch herab von den Felsen Steine mit großem Geräusch gestürzt wären, worüber er so erschrocken, dass er schleunig die Flucht ergriffen und Gott gedanket, als er mit dem Leben davongekommen. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Sage von der Burg Kyburg

Source: Sage von der Burg Kyburg

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Im Jahre 1264 kam Burg Kyburg, bis dahin der Stammsitz der Grafen gleichen Namens, an das Haus Habsburg. Mit den Vögten, die von da an an der Stelle der einstigen Herren des Landes auf ihr hausten, zog ein finsteres Missgeschick in ihre Mauern ein, das schnellen Tod jedem dort geborenen Kinde drohte und im Fall, dass Mutter und Kind der Gefahr augenblicklich entrann, letzteres, wenn es ein Knabe war, nie die Jahre der Mannbarkeit erreichen ließ. Darum schlugen die Habsburger auch nie ihren Wohnsitz auf dieser Burg auf, obschon sie dieselbe zum Aufbewahrungsort der Reichskleinodien und heiligen Reliquien ausgewählt hatten. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Sage von der Stadt Staufen

Source: Sage von der Stadt Staufen

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Dort, wo der Marktflecken Schleitheim, lang gedehnt, in seinem heitern Talgrunde am Fuße des grün bewaldeten Randengebirges ruht, da stand vor langer, langer Zeit eine große, große Stadt, die sich weithin vom Kühtal über den Salzbrunnen bis hinauf zum Wannenbohlbuck erstreckte. Auf dem Rundhügel des Wannenbohls aber stand der Galgen. Diese uralte Stadt wurde Stadt Staufen genannt und der Berg gegen Mitternacht, auf dessen Sommerseite der jetzige Ort Schleitheim liegt, heißt heute noch der Hohenstaufenberg. Welches Volk zu Staufen hausete, ob es die verschollenen Ureinwohner waren, oder aber die weltbeherrschenden, klugen Römer, das weiß Niemand, denn die Stadt ist schon lange untergegangen. Im Felde, hinter Mauern aber, gegen Hallau, sollen die goldenen Bildsäulen der zwölf Apostel im Erdboden verborgen liegen. Wer Glück hat, der findet den Schatz und wird ein reicher Mann. (Schleitheim)     Aus: R. Frauenfelder, Sagen und Legenden aus dem Kanton Schaffhausen, Schaffhausen 1933. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Sage von der Wasserburg im Bodensee

Source: Sage von der Wasserburg im Bodensee

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Unweit Moosburg und Friedrichshafen liegen auf dem Grunde des Bodensees die Trümmer einer Burg, die Wasserburg genannt. Dass diese Burg samt der Insel, auf der sie stand, in die Tiefe des Sees versank, war der Fluch einer bösen Tat der Freiherren von Güttingen, deren Stammsitz Schloss Moosburg war. Grauenvoll lautet die Sage: Zur Zeit als die Freiherren von Güttingen noch jene Gegend beherrschten, kam eine große Hungersnot über das Land; was an Lebensmitteln vorhanden, war aufgezehrt, nur auf dem Schlosse der Freiherren von Güttingen, deren Speicher reichlich gefüllt waren, lebte man unbarmherzig mit dem Jammer der Andern noch in Saus und Braus. Da endlich als die Not nicht mehr zu ertragen, lief das Volk in Scharen zusammen und flehte die reichen Herren um einige Hände Korn, das elende Leben zu fristen, aber alles Flehen der Armen war umsonst. Hierüber empört rafften sie ihre letzten Kräfte zusammen und wollten mit Gewalt nehmen, was ihren Bitten versagt war. Was aber konnte das entkräftete hungermatte Volk gegen die wohlgenährten Knechte der Freiherren von Güttingen. Bald musste es der Gewalt weichen und ein großer Teil von ihnen ward gefangen auf Schloss Moosburg eingebracht, von dessen mitleidslosen Herren, die über die letzte verzweifelte Tat der Unglücklichen noch mehr ergrimmt, jetzt der Befehl erging, die Gefangenen in eine Scheuer zu sperren und diese darauf in Brand zu stecken. Als nun die Flammen über den armen Menschen zusammenschlugen und ihr Jammergeschrei mehr und mehr erstickte, da riefen die hartherzigen Freiherren mit teuflischem Hohn: „Ah, die Kornmäuslein haben bald ausgepfiffen!“ Kaum aber waren diese Worte über ihre Lippen, so fing es von unzähligen schwarzen Punkten in dem Brand drin an zu wimmeln, immer schwärzer und schwärzer ward die Glut, daraus endlich tausend und aber tausend Ratten und Mäuse hervorbrachen, welche mit spitzen Zähnen und Krallen wütend über die Unmenschen herfielen. Da flüchteten sich diese nach der ihnen zugehörenden Wasserburg auf einer Insel in dem See, hoffend dort dem Strafgericht Gottes zu entgehen. Aber auch hierher drangen ihnen die Peiniger nach, von dem schrecklichen Schicksal, bei lebendigem Leibe aufgefressen zu werden, konnte sie nichts erretten. Burg und Insel aber, von da an der Wohnsitz jener Tiere, wurden in kurzer Zeit so zernagt, dass sie bald nach dem Tode ihrer Herren in den See versanken. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Sägehund und Bornhund bei Aarburg

Source: Sägehund und Bornhund bei Aarburg

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Der Bornhund, ein schwarzer Hund mit Halsband, heißt Bruno, er geht beim Wechsel der Witterung von den obern Felsen des Bornbergs herunter an die Aare. Man hört behaupten, er sei geflügelt und fliege vom Bornberge am linken Aarufer hinüber auf die beiden Wartburgen am rechten. Er gilt als Wetterpropheten und Todesbote. Ein Teil der Vorstadt Aarburg, am Fuße der Festung hin gelegen, wird nach einem dortigen Sägewerk die Sage genannt. Auch hier läuft Nachts ein schwarzer Pudel umher, der Sagehund. In der Neujahrsnacht aber dehnt er seine Wanderungen weiter aus und besucht mit einem Namensbüchlein (altes Abc-Büchlein) im Maul, alle Gegenden rings um's Städtchen. Es soll der Geist eines Mannes sein, der vor vielen Jahren als Aufseher dortiger Baumwollspinnereien im Rufe eines unredlichen Verwalters verstorben ist. Da er die Fabrikuhren zu richten hatte und die Maschinen, so sagt man, alle diese seien bei seinem Tode still gestanden, und der große Wendelbaum sei unter schrecklichem Krachen zersprungen. (Arnold Niggli v. Aarburg.)  Band 3.1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962      Abteilung Sturmtiere 21. Kapitel  Sägehund und Bornhund bei Aarburg   S. 90 - 90 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch      


by Sagen vom grünen See 1

Source: Sagen vom grünen See 1

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Früher herrschte auf dem im Untern Ormundtale, bei dem Berg Chavonnaz gelegenen See Seray – welcher wegen seiner grünen Farbe auch der „grüne See" genannt wird – ein schneeweiß gefiederter Drache. Wenn er mit seinen langen, breiten Flügeln auf dem Spiegel dahinruderte, verschlang er alles übrige Geflügel – wilde Enten und Gänse –, was er auf demselben antraf, so dass binnem kurzen von solchen Nichts mehr zu sehen war; wenn sich aber junge und schöne Mädchen seinem Ufer nahten, da schwamm er langsam und hellsingend an das Ufer, um sie nicht zu erschrecken, und aß gar fein und zierlich den süßen Zieger oder den frischen Käs, den sie ihm darreichten, und entlockte seiner Kehle, während er die wunderbarsten Schwimmkünste machte, wie aus Dankbarkeit, die klarsten und süßesten Töne, bis er untertauchte und verschwand. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.    


by Sagen vom grünen See 2

Source: Sagen vom grünen See 2

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In der Mitte des grünen Sees liegt auf seinem Grunde ein Schatz von Perlen und Edelsteinen. Den hat dort die Tochter eines Edeln von Aigremont versenkt, als ihr Vater in einer Fehde mit den Wallisern begriffen war, und sie einen Überfall befürchtete. Später, als der Streit ausgeglichen war, fand sie den Schatz nimmer wieder. Jetzt sieht man sie, besonders wenn der Mond das Tal mit seinem Silberlichte füllt, an den Ufern des Sees im Schatten daher schleichen. Man sagt, dies geschähe, um zu verhüten, dass der dort verborgene Schatz nicht in die Hände eines vorwitzigen Suchers fällt. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Sagen vom Rheinfall

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Zwischen den Klippen des Rheinfalls sieht man oft die Gestalten weißer Pferde hin- und herschwanken. Gewöhnlich geschieht das in den Nächten vom Freitag zum Samstag. Man sagt, das sollen die Geister der Pferde sein, welche die Allemannen, die von der Mündung der Elbe kommend bis vor an die Quellen des Rheins drangen, hier opferten und von denen sich, wie man in den schaffhauser Zeitbüchern lesen kann, vor nicht gar zu langer Zeit zwischen den Ritzen der Felsen noch die Hufeisen vorfanden. Früher sprach man auch von einem Wagen mit Rindern bespannt; der soll bis hin nach Schaffhausen und um die Stadt dreimal herumgefahren sein. Einige sagen in der Luft, Andere auf der Erde. Sei er von links nach rechts, habe es etwas Gutes, sei er von rechts nach links gefahren, habe es etwas Böses bedeutet. Von alle dem weiß man aber jetzt nicht mehr viel. Endlich erzählt man auch noch von einem Geisterschiff, das blitzschnell wie ein Pfeil den Fall herabschießt und dann in dem Strudel verschwindet. In diesem Schiff sitzt ein Fischer, der einst in seinem Kahn eingeschlafen, unbewusst in die Nähe des Falles geraten und von Gottes Hand beschützt die grausenhafte Fahrt glücklich überstanden haben soll. Statt Gott für seine Rettung zu danken, sei aber der Bursch durch das Abenteuer übermütig geworden und habe gewettet, dasselbe noch einmal zu bestehen, meinend, das Schiff, das den Schläfer da glücklich durchgebracht, werde den Schiffer wachend und am Steuer, noch weit sicherer jede Gefahr vermeiden lassen. In der Tat habe der Fischer die Fahrt noch einmal gewagt, sei aber ein Opfer seines Frevelmutes geworden, zu dessen Strafe er nun zu jener Geisterfahrt verdammt ist. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.    


by Sälber taan, sälber han

Source: Sälber taan, sälber han

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Ds Groosi hed es Zelli gwissd vu sälber taan und sälber han. Zun enem Wiib wän äin und all Tag es Zwäärgli chun, und ds Wiib hed dem Zwäärgli meesse sträällen und den Grind lüüsen.  Dem Wiib hed das ggrüüsed und hed nid gwissd, was machen, fir ds Zwäärgli z’vertriiben. Äs hed im drum niid Gööds truwwed ung gfirchted, äs chennte-m-ma hinderrucks e Tuck töön. Aber dem Man hed's doch gsäid, äs chemi all gschlage Tag, wen är hirti, es Zwäärgli; däm meesiis den Grind lüüsen; äs grüuse-m-ma, nid zum Sägen. Dr Man hed im graaten, äs' selli äis en Hächlen uf d'Schoos nän; ee wan nid chennti's gööten. Döö wän dr Man dem Vee naa, und ds Zwärgli wä chun und ischd dem Wiib uf d'Schoos gräbled und hed welle vum Sträällen afa sanglen ung ganten; döö reckd ds Wiib uf d'Hächlen und reerrd sa dem Zwäärg i ds Fidla; si ischd drin bliibe stecken. Jetz hed ds Zwäärgli d'Gälten aggän und afam möölen wee nes Hooren. Äs ischd mid dr Hächlen zer Tiren üüs und hed ghorned und ghirrelled, was’s hed megen. Döö siin us de Fleene Schaareni Zwäärgleni chu z’loiffen und häi gfräägd:“Wär hed dr’s taan?“ „Sälbertaan! Sälbertaan!“ hed ds Zwäärgli bbreeled. Döö häin dee andren umgcheerd und häi gsäid:“Sälber taan, sälber taan“, und häi’s laan griinen um bbreelen und sii ggangen, wa s’siin harchun. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.    


by Sälbtan

Source: Sälbtan

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Im Stäckuhüs bei Ulrichen wohnten Gogwärgini. Dort lebte aber auch der Stäcku-Peter, der unten im Loch eine Mühle hatte. Oft am Abend, wenn der Mann noch einmal hinunter zur Mühle ging, bekam seine Frau Besuch von einem Gogwärgi, das sie belästigte und nötigte, ihm den Hintern zu kratzen Dazu verbreitete es einen unausstehlichen Gestank. Sichtlich litt die Frau darunter, magerte ab und wurde beinahe krank. Das fiel ihrem Mann auf, und sie musste ihm von dem eigenartigen Besucher erzählen. Der Mann wusste Rat. Er zog eines Abends die Kleider seiner Frau an und setzte sich ans Spinnrad. Das Spinnen wollte ihm aber nicht recht gehen, so dass es sogar dem Gogwärgi auffiel, wie unbeholfen er hantierte. Es sprach: «Du wintscherlescht und spintscherlescht und hescht immer glich vill dra, mich dünkt, du siischt der Ma!» Schliesslich konnte das der Mann nicht verheimlichen. Das Gogwärgi wollte nun seinen Namen wissen. Er heisse "Sälbtan"! Als nun der Besucher immer frecher wurde und der Stäcku-Peter ihm auch kratzen sollte, nahm Peter die Hechel und schlug ihm damit auf den Rücken, bis sie ihm am Hintern stecken blieb. Das Gogwärgi begann zu schreien und zu toben und rief seine Artgenossen zusammen. Die kamen und fragten, wer ihm denn das angetan habe. Es musste antworten: «Sälbtan, Sälbtan!» Worauf sie sich entfernten und spotteten: «Sälb tan, Sälb tan, bis das der d Hächja am Hindra chläpt!» ULRICHEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Salina auf der Scheibenfluh

Source: Salina auf der Scheibenfluh

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Es wird auch gemeldet von der Scheibenfluh (ab 1812 Schibegütsch) in Schangnau, wo die Emmen entspringt, daß auf demselben Berg ein großes Loch hinab gehe, und wann man mutwillig etwas darein werfe, so gäbe es ein ungestüm Wetter. Es komme auch zu Zeiten, wann es anderes Wetter geben wolle, eine Jungfrau heraus, welche an der Sonne ihre Haare strähle und zöpfe. Man haltet auch darvor, daß Pilatus dort begraben liege. (Hans Rudolf Grimm, bürgerliches Factotum der Stadt Burgdorf. Beruf: Buchbinder. Märchensammler, der versch. Büchlein drucken liess. Aus Lustwäldlein (Bern 1703).   Der meldet, wer in diese Scheibenfluh bei Schangnau Steine werfe, errege damit Gewitter und Hagelschlag. Der gelehrte Mönch Kircher sagt: Auf dieser Flüh’ finde man weder Kraut noch Gras; in der Höhle sitze die verwünschte Jungfrau Salina auf ihrer Goldtruhe, und schon mancher, der hineingestiegen, habe einen Goldklumpen mit herab gebracht. Thuner Pfarrer Rebmann (Buch: Gespräch der Berge (Bern 1620) Quelle: E. L. Rochholz, Naturmythen. Neue Schweizer Sagen, Leipzig  1862. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch        


by Salve Regina, 1388

Source: Salve Regina, 1388

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Der Ritter Hans von Wilberg zog mit aus zur Schlacht bei Näfels. Seine einzige Tochter Gutta bat ihn mit schlimmen Ahnungen, er solle nur diesmal dem blutigen Ringen fernbleiben. Doch es geschah vergeblich; denn die Wilberger kannten keine Furcht. Am folgenden Abend aber, als Gutta zur Himmelskönigin betete, erklang das Glöcklein von selbst; das Schlosstor sprang auf, und der Ritter sprengte herein als ein Toter mit klaffender Wunde. Er segnete seine Tochter und verschwand wieder, wie er gekommen war. Mit ihm war das Geschlecht der Wilberger erloschen. Gutta nun vermachte ihr Besitztum der Kirche von Wil und bat, dass man jeden Abend um sechs Uhr die Glocke läute und ein Salve Regina singe, zu dem sie sich selbst auch einfand, bis sie einst, wieder genau zu dieser Stunde, in die Schar der Seligen aufgenommen wurde. Die Burg selbst wurde von den Appenzellern (1408) gebrochen, und vergebens sucht man heute ihre Spuren. Der Küster war angewiesen, die Glocke zu läuten, bis das fromme Fräulein die Kirche betrat; dann schwieg das Geläute, und der Gesang begann. Aber eines Abends tönte die Glocke schon ziemlich lange über die gewohnte Zeit, und das Fräulein erschien immer noch nicht und erschien niemals mehr. Es lag tot in der verlassenen Burg der Väter, und das Geschlecht der Wilberger war erloschen. Wie die sechste Stunde schlug, war der Feierabend ihres Lebens sanft herangeschritten und die Salveglocke ihr Sterbeglöcklein geworden. Die Erzählung der alten Dienerin, das Marienbild ob dem Haupte der Sterbenden habe ein mildes Licht auf das brechende Auge ergossen, fand allgemein willigen Glauben. Die Bronschhofer massten sich die Gegend des Schlosses widerrechtlich als Allmende an; aber Abt Ulrich führte den Weinbau ein und behauptete das Land im Rechtsstreite gegenüber den Bronschhofern. Wahrscheinlich mussten die Steine der Burg zum Gemäuer der Torkelhütten dienen; 1505 sah man noch einige Trümmer „an dem Wege, da man gat nach Bronschhofen," dem jetzigen Wege durch die Reben. Diese Trümmer waren die Burg Wilberg. Jetzt sind auch diese verschwunden. Wer über ihnen wächst ein Wein, der Feuer und Kampslust jener Ritter geerbt zu haben scheint und dem Namen der Wilberger alle Ehre macht.       C. G. I. Sailer, Chronik. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 486, S. 285 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Salzquelle bei Alpnach

Source: Salzquelle bei Alpnach

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Am Fusse des Mutterschwandenberges im Eichi, eine halbe Stunde von Alpnach soll ehemals eine Salzquelle geflossen sein. Einst seien ganz fremde Leute gekommen mit einem Pferde. Sie füllten ihre Flaschen mit solchem Wasser, als einem ausserordentlichen Heilmittel und hingen sie dem Pferde an. Dann haben sie die Quelle verzaubert, dass sie jetzt nur noch sehr spärlich tröpfelt.   QÜlle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Samstag

Source: Samstag

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Äs isch ä kei Samschtig, dass nytt d'Sunne-n-ächly schint, dass d'Müetter Gottes cha d'Windlä trechnä. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Samstagslicht

Source: Samstagslicht

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Ein Mann von Spiringen hatte es los, für die armen Seelen das Samstagslichtlein brennen zu lassen. Er starb zu Sittlisalp, und nach der Messe vernahm man es zu Spiringen. Es waren aber Leute da, die während der ganzen Messe das Armenseelenlicht in der Wohnung des Verstorbenen hatten brennen sehen. Theresia Gisler, 73 Jahre alt   Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Sankt Fridolin

Source: Sankt Fridolin

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Einst fuhr ein Königssohn namens Fridolin aus dem grünen Irland über das Meer, bis er nach Frankreich kam. Von dort aus ging er weiter und predigte überall den Heiden das Christentum, bis er nach Säckingen am Oberrhein gelangte. Dort lebten auch zwei reiche Brüder, Urfo und Landolph. Diese waren aber sehr ungleiche Brüder: Der eine war wohltätig und der andere geizig. Da schenkte Urfo, der Wohltätige, dem heiligen Fridolin ein grosses Gut, das er in Glarus besass, wohin nun der Heilige zog. Als er dort ankam, beschaute er mit grosser Verwunderung das Dorf Glarus, das unter einem schrecklichen Berge lag, dessen Schatten darüber hing. Weil die Glarner aber noch Heiden waren, fing er an, sie zum Christentum zu bekehren, was nicht so leicht ging, denn die Leute von Glarus glaubten an eine Göttin, die sie Frau Vrene nannten und die hoch oben auf einem ganz von Felsen abgeschlossenen Gletscher wohnen sollte. Den Gletscher aber nannten sie Vrenelisgärtlein. Aber nach und nach bekehrte er sie doch und liess sich unter ihnen nieder, ihnen von seinem geschenkten Gute grosse Wohltaten erweisend. Als nun Urfo, der wohltätige Bruder, in Säckingen starb, ritt sein geiziger Bruder Landolph zum Gaugrafen Baldebert und klagte den heiligen Fridolin an, er habe sein grosses Gut im Glarnerlande widerrechtlich an sich gebracht, denn es sei eine Lüge, dass ihm’s sein Bruder Urfo jemals geschenkt habe. Der Graf Baldebert schickte sogleich nach Glarus zum heiligen Fridolin, er solle die Schenkung des Gutes durch Zeugen beweisen, ansonsten es an Landolph, den Bruder des Verstorbenen, falle. «Ich will die Zeugen bringen», sagte der Heilige zu dem Boten. Alsobald reiste er mit ihm an den Rhein nach Säckingen. Dort lud er das ganze Volk und den Grafen Baldebert ans Grab des verstorbenen Urfo. Wie nun alle beisammen waren, erhob sich der Heilige und rief mit lauter Stimme: «Urfo, Urfo, im Namen Gottes, der über Tote und Lebendige herrscht, stehe auf und zeuge für mich!» Da bewegte sich die Erde; das Grab tat sich auf, und der tote Urfo stieg heraus. Stillschweigend winkte er und ging der erschrockenen Menge voran zum Gericht, an dem eben die fünfzehn Gaugrafen tagten. Dort trat er vor seinen todbleichen Bruder Landolph hin und redete ihn mit tiefer Grabesstimme an: «Landolph, Landolph! Was störst du meine Ruhe im Grabe und beraubst mich also des Lohnes, den Gott mir für meine Schenkung gegeben hat?» Voller Entsetzen fiel Landolph in die Knie und bat ihn um Verzeihung und fügte auch noch sein Gut, das er im Glarnerlande besass, zu Urfos Schenkung hinzu. Darauf kehrte Urfo wieder ruhig zu seinem Grabe zurück und legte sich hinein, und sofort schloss es sich für immer bis zum Jüngsten Tage. Die Glarner aber nahmen den heiligen Fridolin in ihr Landeswappen auf, das nachher in Hunderten von siegreichen Schlachten über ihren Reihen wehte.   Aus: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915. Bericht in Märchenforum Nr. 78 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Sankt Gotthard und die Teufelsbrücke

Source: Sankt Gotthard und die Teufelsbrücke

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a) Über den Gotthard kam einst St. Gotthard, ein frommer Christenapostel, in das Reusstal, um diesseits der Alpen seinen Lehrerberuf auszuüben. Als er nun den Weg durch das Tal am Teufelsberg unterbrochen fand, baute er durch ein Wunder eine gewölbte Brücke. Aber der Teufel war damit nicht einverstanden. Er nahm einen ungeheuren Felsblock, umschlang ihn mit einer eisernen Kette, legte den Stein auf seinen Rücken und wanderte damit stromauf, um, bei der Brücke angekommen, sie einzuschlagen. Doch St. Gotthard ging ihm entgegen, traf ihn bei Göschenen und hielt ihm das Kreuz vor. Sogleich liess der Teufel den Block fallen und eilte so schnell als möglich davon. Noch heute sieht man den Stein an seiner Stelle. Drei Klafter hoch und fünf Klafter im Umfang, zeigt er auf der einen Seite den Eindruck vom Rücken Satans und ringsherum die Spuren seiner Kette. b) Den Eindruck vom Rücken Satans und die Spuren seiner Kette haben eine 70 jährige Erzählerin und ein ebenso alter Gewährsmann von Attinghausen in ihrer Jugend selber gesehen, haben mir aber die gewöhnliche Teufelsbrucksage erzählt. Josef Anton Jmhof und Mathilde Rämi c) J.J. Scheuchzer, der ebenfalls die gewöhnliche Teufelsbrucksage bietet, erzählt: »Als der Teufel mit dem Felsblock dahergekommen, um die Brücke zu zerstören, sei ihm auf dem Weg ein heiliger Mann begegnet, der ihn bescholten und dahin gebracht, dass er den grossen Felsenstein ablegen musste.« Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Sankt Jakob in Galizien

Source: Sankt Jakob in Galizien

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Ein Mann hatte sieben Söhne. Im Lauf des Winters wurde er krank. Da gelobte er: «Wenn ich gesund werde, machen wir eine Wallfahrt nach Sankt Jakob in Galizien.» Als es Frühling war, sagte er: «Wisst ihr, Buben, dass wir gelobt haben, wenn ich davonkomme, nach St. Jakob in Galizien zu pilgern?» Die Burschen erwiderten: «Ja, Vater, wir wollen gehen», und sie verpflichteten sich, die Nacht draussen unter freiem Himmel zu verbringen und nur kalt zu essen. Nachts standen sie da Wache, jede Nacht einer, während die andern schliefen. In der ersten Nacht wachte der Älteste, und nacheinander dem Alter nach einer pro Nacht. In der siebten Nacht gelangten sie in einen Wald. Der Jüngste war an der Reihe zu wachen. Er stand eine Weile da, dann sagte er zu sich selbst: «Es wird mir nachts langweilig, hier zu stehen und nichts zu tun; ich gehe in den Wald.» Er nahm sein Gewehr mit, und ein Stück weit drin bemerkte er ein Licht. «So will ich doch schauen, was das für ein Licht ist.» Er sah, dass es eine Räuberhöhle war. Da waren 30 Räuber drin, die assen zu Abend, und eine Alte kam mit Schüsseln voller Mehlklösse herein. Er denkt: «Wie wäre es, wenn du dem Räuberhauptmann, der zuoberst am Tisch hockt, eine Ladung ins Maul jagen würdest?» Da lädt er seine Flinte und schiesst, als der Hauptmann eben dabei ist, eine Gabel Klösse ins Maul zu stopfen. Da springen die andern 29 wütend auf und rufen, wenn er ein solcher Jäger sei, so solle er vortreten, sonst, wenn er versuche zu fliehen, Gnade ihm Gott! Er geht ohne Furcht in die Höhle, und die Räuber sagen zu ihm: «Wenn du ein solcher Jäger bist, so musst du diese Nacht mit uns kommen. Es gibt unweit von hier ein Schloss, wo wir mehrmals waren, um zu stehlen, und da ist ein Hund auf einer Laube. Sobald er jemanden hört, bellt er, so dass wir nicht zum Stehlen kommen, und du, ein solcher Jäger, schaust, sobald er angibt, dass du ihn abschiessen kannst.» - «Das will ich schon machen.» Sie brachen sofort auf und gelangten in die Nähe des Schlosses. Da sagten sie: «Schau jetzt, auf dieser Laube erscheint der Hund.» Und der stand sofort da und bellte, und der andere dem Hund eine Ladung ins Maul hineingejagt, und der war mausetot. Da begannen die Räuber unverzüglich, Hakenleitern anzulegen, um durchs Fenster zu steigen. Da sagt der Jäger: «Halt! So macht man’s nicht.» - «Lasst mich zuerst hinein, ich schaue nach, ob alles ruhig ist. Wenn ich sage "komm", so kommt ihr, sonst nicht.» Da meinen die Räuber: «Er hat Recht.» Der Jäger klettert eine Leiter hinauf und steigt durchs offene Fenster. Dann zündet er langsam ein Streichholz an und sieht eine Kerze auf einem Tisch stehen, zündet diese an, schaut sich im Zimmer um und sieht die Königstochter, die wie ein Dachs im Bett schläft. Ein Säbel und eine Flasche sind an der Wand aufgehängt. Darauf steht geschrieben: «Wer aus dieser Flasche trinkt, hat den Mut, 500 Räuber mit dem Säbel da zu töten.» Er macht rasch, trinkt von dem Wasser, nimmt den Säbel herunter. Dann schaut er die schlafende Königstochter an. «Es wäre doch schade, dieses Geschöpf zu töten», sagt er zu sich selbst. Kurzerhand schneidet er mit einer Schere, die er dort findet, ein paar Locken des Mädchens ab und nimmt diese in einem Papier mit. Danach sagt er, die andern sollen heraufkommen: «Komm, komm», und einer nach dem andern steigen die Räuber durchs Fenster. Er hieb ihnen der Reihe nach die Köpfe ab und warf sie durch die Kammer, danach schnitt er kurzerhand allen Räubern die Zunge heraus, legte sie in ein Tuch, nahm es mit und kehrte zu seinem Vater und den Brüdern zurück. Die schliefen noch fest. Er sagte den Seinen nichts davon, was er in der Nacht gemacht hatte. Sie gingen weiter und kamen nach Sankt Jakob in Galizien. Am Morgen im Schloss, als der Kammerdiener der Prinzessin das Essen brachte, sah er die getöteten Räuber daliegen. Könnt euch vorstellen, was für einen Aufruhr es jetzt gab. Da sagte die Prinzessin: «Wer weiss, wer mir das Leben gerettet hat; genau den heirate ich, und keinen andern.» Da erwiderte der Kammerdiener, er habe sie getötet. Die Prinzessin wollte es noch nicht glauben; sie liess weithin verkünden, wer mit dem Beweis komme, dass er diese Räuber getötet habe, den heirate sie, und keinen andern. Neben dem Schloss stellte sie eine Wirtschaft auf, mit der Aufschrift: «Hier kann einkehren und umsonst essen und trinken, wer die Geschichte seines Lebens erzählt.» Sie bediente die Gäste, dann mussten die ihre Lebensgeschichte erzählen. Jetzt waren der Vater und seine Söhne auf dem Rückweg von Sankt Jakob in Galizien, und sie kamen zu dieser Wirtschaft. Der Jüngste sagte: «Lasst uns hier einkehren, ihr seht, hier steht geschrieben, dass man umsonst essen und trinken kann.» Der Vater entgegnete: «Nein, wir haben gelobt, nur kalt zu essen.» - «So lasst uns trotzdem hineingehen; auch wenn es warmes Essen gibt, so können wir doch kalten Schinken und Trockenfleisch verlangen; wir müssen nicht warm essen.» - «Also gehen wir hinein», sagten die andern Brüder, und sie gingen. Da assen und tranken sie wacker. Als sie fertig waren, forderte das Mädchen sie auf, jetzt müssten sie ihr die Geschichte ihres Lebens erzählen. «Also, erzählt Ihr zuerst, Alter, beginnen wir mit dem Alter.» Der Vater sagte: «Nun, ich kann nichts weiter erzählen, als dass ich gearbeitet und mich abgerackert habe, um meine sieben Söhne aufzuziehen; vergangenen Winter war ich krank, und wir haben gelobt, nach Sankt Jakob in Galizien zu pilgern, und jetzt sind wir auf dem Rückweg; sonst weiss ich nichts zu berichten.» Und dasselbe sagten alle andern Brüder. Der Siebte erzählte dasselbe wie die andern, ausser: «In jener Nacht, als ich Wache stand, während mein Vater und meine Brüder schliefen, da war es mir langweilig, so sagte ich zu mir selbst: "Ich will in diesen Wald gehen und schauen, ob ich etwas entdecke." Da habe ich ein Licht gesehen, bin hingegangen, habe durchs Fenster geschaut, da waren also dreissig Räuber, die assen zu Abend. Eine Alte brachte Schüsseln voller Mehlkösse herein. Ich denke: "Das ginge gut, auf den zuoberst am Tisch eine Ladung abzufeuern"; ich nehme meine Flinte, und pampf, eine Ladung ins Maul. Da sagten die Räuber: "Wenn du ein solcher Jäger bist, sollst du vortreten, es soll dir kein Leid geschehen". Sein Vater sagte: «Aber lieber Sohn, was für Lügen du erzählst, du machst, dass wir alle ins Gefängnis kommen. Frau Prinzessin, Ihr mögt verzeihen, er weiss nicht, was er sagt, er spinnt!» - «Schweigt nur und lasst ihn erzählen!» Er fährt fort: «Die Räuber sagen: "Du musst diese Nacht mit uns kommen; hier in der Nähe steht ein Schloss, und wir waren mehrmals dort, um zu stehlen; es ist ein Hund auf einer Laube; sobald der bellt, musst du versuchen, ihm ins Maul zu schiessen." – "Das will ich schon tun." In der Nähe des Schlosses war der Hund sogleich auf der Laube, und ich, gleichzeitig, als er bellte, dem Hund eine Ladung ins Maul hinein.» Da wies ihn der Vater nochmals zurecht. Er solle schweigen und ihn erzählen lassen, sagte die Prinzessin, «denn was er sagt, ist die reine Wahrheit.» Und er fuhr fort: «Da stellten die Räuber unverzüglich Hakenleitern an die Mauer, um ins Schloss einzudringen. Und ich sage: "Halt! So nicht, lasst zuerst mich hinein, ich schaue nach, ob alles ruhig ist." Ich bin hinauf und hinein. Da lag ein schönes blondes Mädchen und schlief ruhig. An der Wand hingen ein Säbel und eine Flasche; da stand drauf: "Wer von diesem Wasser trinkt und diesen Säbel nimmt, hat den Mut, fünfhundert zu töten." Ich habe das Wasser getrunken und den Säbel genommen, dann den Räubern gesagt: "Komm, komm!" Einer nach dem andern kommt, und ich habe die Köpfe abgehauen und zudem die Zunge eines jeden herausgeschnitten.» Zum Beweis nahm er sein Tuch hervor und zeigte die Zungen. «Weiter nahm ich eine Schere, die auf dem Tisch lag, und schnitt eine Locke des schlafenden blonden Mädchens ab.» Er zog etwas aus der Rocktasche, entfaltete das Papier, zeigte ihr die Haare. «Das sind genau meine», antwortet die Prinzessin, «schaut, die fehlen mir hier; nur du kannst mein Bräutigam sein und kein anderer.» Er durfte die Königstochter heiraten, und er lebte gut mit seinem Vater und seinen Brüdern. Das war dank der Wallfahrt nach Sankt Jakob in Galizien geschehen. Nachher stellten sie dem Kammerdiener die Frage, ob wirklich er es gewesen sei, der jene Räuber getötet habe, und der gab zur Antwort, ja, er sei es gewesen, und kein anderer. So fragten sie weiter, was er mit den Zungen der Räuber gemacht habe. Er habe sie drin gelassen. Aber er solle doch schauen, die Räuber hätten keine Zunge drin, und zur Strafe steckten sie ihn lebenslänglich ins Gefängnis. (Oberhalbstein)   Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Sankt Kathrinenbrünneli und Glöcklein dazu

Source: Sankt Kathrinenbrünneli und Glöcklein dazu

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Zu Brunnen im Dorfe beim Geisssteg führt eine Quelle diesen Namen. Vor vielen vielen Jahren sei da eine Sankt Kathrinenkapelle gestanden. Ein zweites Sankt Kathrinenbrünneli fliesst aus der Fluh beim Quartier Hundsbühl (Husbühl) wo jetzt am Gestade ein Gärtchen sich eingebettet hat und das Auge frei und frank über den See hinweg die Rütlimatte drüben erblickt. Wer am Wechselfieber litt, trank von diesem Wasser und wurde gesund. Auch an dieser Stelle hat die Sage Sankt Kathrinen dieser Lieblingsheiligen des Volkes, ein kleines Heiligtum gewidmet. Ja, die Volkssage ist fromm, ist grossmütig, baut Gotteshäuser in grosser Menge und niemand kann sie so leicht und wohlfeil erstellen. Und wo sie wundersam eine liebliche Kapelle besitzt, da hängt sie auch ein Glöcklein auf, ebenfalls wundersam und von hellem Klang, ein Glöcklein das sich selber zu läuten im Stande ist. Ein solches hat sie wirklich dem Sankt Kathrinenkapellchen am Gestad in Brunnen auch verehrt und es hat sich wohl gehalten und von selbst geläutet, als die Tellen im Rütli dort den ewigen Eid geschworen haben.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Sankt Peter und der Mohr Pipette

Source: Sankt Peter und der Mohr Pipette

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Zu der Zeit, wo der Hebe Gott bisweilen auf unsere armselige Erde herabstieg, lebte ein sehr frommer und demütiger Mann in stiller Zurückgezogenheit fast wie ein Waldbruder. Weil er eine dunkle Hautfarbe hatte und leidenschaftlich gern sein Pfeifchen rauchte, bekam er den Zunamen der «Mohr mit dem Pfeifchen». Er lebte in tiefster Armut, denn er hatte beinahe all seine Habe den Armen und Not-leidenden gegeben. Das hatte der liebe Gott wohl bemerkt, und er wollte eine so edle Handlungsweise nicht ohne Belohnung lassen. Er schickte daher seinen Lieblingsjünger Petrus zu ihm, um ihm mitzuteilen, dass er drei Wünsche tun dürfe. Petrus begab sich also in die bescheidene Hütte des Mohren und sprach: «Der liebe Gott hat deine guten Werke gesehen und ist zufrieden mit dir. Er will dir darum drei Wünsche gewähren. Du Glücklicher unter den Sterblichen, wenn du diese schöne Gelegenheit benützest, das Richtige zu wählen!» Pipetta dachte ein Weilchen darüber nach und erwiderte alsdann: «Ich will dir sagen, was ich mir wünsche: Zum ersten, dass meine Pfeife immer mit dem besten Tabak gefüllt sei. Zum zweiten, dass alles, was ich will, in meinen Sack hineinwandere und nicht eher wieder heraus kann, als ich es befehle. Zum dritten: dass alles, was in meinen Hut hineingeht, mir gehören soll und es mir niemand mehr wegnehmen kann.» Als Petrus diese drei Wünsche vernahm, war er verwundert und gleichzeitig betrübt darüber. «Wie kannst du nur so etwas wünschen? Warum erbittest du nicht vom lieben Gott die höchste Gnade, die es für einen Christen geben kann, nämlich, dass deine Seele gerettet werde und du in den Himmel kommest?» Der Mohr entgegnete: «Ei, da lass nur mich machen! Diese Gunst, in den Himmel zu kommen, die will ich mir nicht als besondere Gabe schenken lassen, sondern ich will sie mir durch einen recht christlichen Lebenswandel selbst verdienen.» Also ging Petrus wieder fort, überbrachte die Botschaft seinem Herrn, und dieser erfüllte dem Mann die drei Wünsche. Von diesem Tag an war Pipetta glücklich. Er hörte nie auf zu rauchen. Sein Genueser Pfeifchen war immer mit Tabak gestopft, und zwar vom Besten, so dass er sogar nachts im Bett sich von seiner Pfeife kaum trennen konnte. Ferner trug er fortan immer einen grossen, leeren Sack auf den Schultern. Eines Abends, als er im Wald war, begegnete er zwei Teufelchen, die umherirrten und dabei waren, arme Seelen zu fangen. Da sprach Pipetta: «Ich will, dass diese zwei Unholde auf der Stelle in meinen Sack schlüpfen!» Und die beiden Landstreicher mussten, ob sie wollten oder nicht, augenblicklich in den Sack kriechen und sich darin, ganz eng aneinander gepresst, zuschnüren lassen. Dann schnitt sich Pipetta mit seinem Messer einen dicken und knorrigen Stock aus Eichenholz zurecht und fing an, mit dem Knüppel unbarmherzig auf den Sack loszuschlagen. Die beiden Teufel heulten vor Schmerzen, aber es half ihnen nichts. Das Hagelwetter tobte weiter auf sie herab. Endlich schrien sie: «Lass uns heraus, und wir wollen sofort wieder in unsere Wohnungen zurückkehren!» «Versprecht ihr mir, euch nie mehr auf dieser Welt unter den Leuten blicken zu lassen?» — «Wir versprechen es dir, nie mehr zu kommen.» — «Unter dieser Bedingung also macht, dass ihr fortkommt!» Und damit löste er den Sack auf, der da und dort grosse Blutflecken zeigte, und er sah, wie die beiden Bösewichter von Flammen und Rauch umhüllt, verschwanden. So setzte Pipetta seine irdische Pilgerfahrt fort, und als er beinahe achtzig Jahre alt war, kam auch für ihn das letzte Stündlein. Er musste sterben und seine letzte Reise antreten in die andere Welt. Als er im Jenseits war, ging er geradewegs zu Petrus, weil er sicher glaubte, ins Paradies hineinzukommen. Aber Petrus empfing ihn am Himmelstor, erkannte ihn gleich wieder und erinnerte ihn daran, wie er ihn seinerzeit vergeblich ermahnt hatte, doch ja sich von Gott zuerst die Gnade zu erbitten, in den Himmel zu kommen. Darum sollten nun für ihn die Pforten zur ewigen Glückseligkeit für immer verschlossen bleiben. Auf diesen Bescheid hin stieg Pipetta hinab in die Hölle und klopfte dort ans Tor. Der Zufall wollte, dass ihm gerade eines der beiden Teufelchen öffnete, die er vor Zeiten im Sack verprügelt hatte. Aber kaum hatte es ihn erkannt, so stiess es ihn zurück: «Mach, dass du sogleich fortkommst von hier», schrie es ihn an, «hier hast du nichts zu suchen in unserm Haus!» Wie nun Pipetta sich auch aus der Hölle verjagt sah, stieg er wieder empor, kehrte zur Himmelspforte zurück und bat den Türhüter Petrus inständig, er möge ihn doch wenigstens einen Blick in den Himmel tun lassen. Da öffnete Petrus mitleidig das schwere und gediegene Himmelstor ein klein wenig. Flink wie der Blitz warf Pipetta seinen Hut in den Himmel hinein. Da sagte er: «Jetzt lass mich nur noch schnell hinein, um meinen Hut zu holen!» Da öffnete Petrus die Tür ganz, Pipetta hüpfte flugs hinein und stellte sich mit beiden Füssen auf seinen Hut. «Jetzt bin ich auf meinem Grund und Boden, und niemand kann mich von hier vertreiben!» sagte er triumphierend und vor Glück erstrahlend, dass er sich endlich ein sicheres Plätzchen im Himmel errungen hatte. Die Legende erzählt noch, dass Petrus sich bald mit Pipetta versöhnte und Frieden mit ihm schloss. Und der Mohr musste ihm fortan helfen, die Tür zu hüten. So kam\'s, dass Petrus und Pipetta, der Mohr, Noch heute bewachen das Himmelstor.   Am Kaminfeuer der Tessiner                                                               Walter Keller                                                                                           Hans Feuz Verlag Bern   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Sankt Petronellen

Source: Sankt Petronellen

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Hart am unteren Grindelwaldgletscher stand einst, in eine überhängende Felsenbalm eingebaut, eine der heiligen Petronella geweihten Kapelle. Von dieser Heiligen war eine Wunderkraft auf den Gletscher übergegangen denn wenn der von allerlei hitzigen Fiebern geplagte Mensch von seinem Wasser trank, genas er unversehens durch dessen Wunderkraft. Als die Kapelle vom Gletscher zerstört wurde und ihre Glocke in den Gletscherschründen versunken war, konnte man zuweilen, wenn dem Dorfe durch Eis- und Wasserbruch oder durch Lawinenfälle Gefahr drohte, noch deutlich die silbernen Glockentöne im Eise vernehmen. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Sankt Petrus; Peter auf der Wanderschaft

Source: Sankt Petrus; Peter auf der Wanderschaft

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a) Auf einer Reise langten Jesus und Petrus in einer Herberge an, wo sie in einem Bette schlafen mussten. Der Herr lag an die Zimmerwand hin, Petrus vorne an der zugänglichen Stelle. Er war ordentlich unruhig. Da kommt deshalb nachts elf Uhr die Wirtin, ein zormütig Weib, und beweist dem überraschten Petrus die Schlagfertigkeit ihres Temperaments. Wie sie fort war, fiel ihm ein, die Widerhaarige möchte nochmals von dieser fatalen Lust angewandelt auftreten und er machte dem Herrn den Vorschalg, die Plätze zu wechseln. Der liebe, sanfte Jesus willfahrte. Das Weib erschien um zwei Uhr nochmals und kündete sofort jetzt dem, der an der Wand liege, ihre Schläge an, die wirklich schnell genug ihren Gegenstand fanden. b) Ein andermal kamen die beiden an einem Wirtshause vorbei, wo ein Zimmermann eben Hochzeit hielt. Petrus fühlte heftigen Durst und da der Herr nicht trinken mochte und auch den Jünger abmahnte, ging dieser ungehorsamerweise doch in die Kneipe. Zur Strafe machte ihm Jesus gleich eine Geige auf den Rücken. Petrus, der es nicht merkte, ward von den Hochzeitgästen mit vollen Gläsern begrüsst, indem sie sagten: „Gut, dass du kommst, wir hatten keine Spielleute; nun trinke wacker, dann spiel auf.“ Das Trinken verstand Petrus, aber die Worte vom Geigen hielt er für puren Scherz, und als er den Ernst sah, versichere auch er ernstlich, dass er, ein Fischer, nicht geigen könne und wolle. Jetzt fiel eine Tracht Schläge von nervigen Fäusten auf ihn nieder. Die Nutzsanwendung gab ihm bald daraf Jesus, dem er es klage, zu verstehen. c) Und wieder einmal reisten Jesus und Petrus mitsammen, es war im heissen Sommer. Auf dem Wege fanden sie ein Hufeisen. Der Jünger, vom Meister eingeladen, es zum Verkauf mitzunehmen, wollte nicht. Da hob Jesus selbst es auf, veräusserte es in der nächsten Hufschmiede und kaufte um den Erlös Kirschen ein. Bald klagte Petrus auf dem Weg über Durst und schlich trübselig dem Heilande nach. Jesus liess endliche eine Kirsche auf die Strasee fallen. Petrus bemerkte sie, bückte sich und ass. Dann fiel eine zweite, dritte und so weiter, bis Jesus die Reisetasche ganz der Kirschen entleert hatte. Petrus hatte sie alle aufgehoben und gegessen. „Wegen der Kirschen hast du dich nun so manchmal gebückt, und wegen dem Hufeisen wolltest du es nicht tun!“ rief ihm jetzt der Heiland belehrend zu. d) Petrus und Philippus waren beim Herrn, als er den Kanton Wallis durchwanderte. Bei Martinach nahm ein dichter Wald sie auf. Darinnen setzten sie sich nieder, assen, was sie bei sich hatten und hielten dann im grünen weichen Moose ein Schläfchen. Darüber zogen die Wolken sich dicht zusammen und ein Platzregen rauschte bald herab. Des Heilands Mantel wurde ganz durchnässt. Doch nicht lang, und die liebe Sonne schien wieder mild und freundlich. In der Nähe erblickten die Apostel einen alten Baumstumpen, welcher oben einen Auswuchs hatte. An diesem breiteten sie jetzt den nassen Mantel aus und warteten geduldig ab, bis er trocken war. Als sie endlich von da wieder aufbrechen und weiterziehen wollten, sagte Petrus: „Lieber Meister, der Stumpen hat gut getan, mache einen Menschen aus ihm.“ Jesus, die Gefälligkeit selbst, erfüllte den Wunsch. Der Baumstrunk verwandelte sich wunderbar in einen Menschen um, bei dem sogar mit genauer Ökonomie des Materials jener Auswuchs verwertet erschein, - er sass vorne am Halse. So entsand der erste Walliser. e) Jesus und Petrus trafen in einer armen Hütte eine notdürftige Kindbetterin an, die nichts zu essen hatte als ein mageres Mus. Jesus hob die Rechte und sprach seinen Segen darüber. Bald darauf machten sie in einem Hause Rast, wo eine reiche Frau bei gutgeschmalzener Suppe sass. Der Heiland gab hier den Segen nicht und Petrus wunderte sich hernach deshalb. „Die erste hat den Segen nötig gehabt; der andern war die Suppe sonst nahrhaft genug." - Sagte doch jüngst eine arme Taglöhnerin in einer Fabrik zu mir: „Den Reichen gibt Gott die Gab, den Armen die Gnad."   f) Unsere Wanderer näherten sich später dem Hause eines gewissen Juden. Mehrere standen in der Flur und kurzweilten. Einer von ihnen hasste den guten Jesus so sehr, dass er nicht mit ihm reden mochte und gleich, weil er sich gerade nicht anders verbergen konnte, in eine Stande (Kufe) kroch, die für ein geschlachtetes Schwein parat war. Schnell deckte man etwas darüber. Als nun der Herr mit Petrus sich zu den Übrigen gesellte, fragte er während dem Gespräch, was da drinnen in der Stande sei. Sie antworteten: „Ein Schwein." Mit ernster Miene sagte der Heiland: „Gut, es sei und bleibe ein Schwein darin." So war es in der Tat, eine strafende Wandlung war geschehen. Und von selber Stunde an bekommen alle Schweine im Rückgrat ein Bein, das einen Mann in einer Stande darstellt. Es heisst jetzt der Säuludi.   g) Der Heiland traf einst den Sankt Petrus neben einem Dornbusch sitzend und in gar trauriger Stimmung an, denn der Aposel litt unausstehlich Zahnweh. Jesus gbab ihm ein Mittel an: „Geh zu einem Brunnenquell, nimm einen Mud voll frisch Wasser, bete das Gebet, das ich dich gelehrt, spucke dann das Wasser aus, und so machs drei mal.“ Es hat geholfen.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Bei dieser Legende gibt es keine genaue Zuordnung zu einem der fünf Kantone. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Sankt Theodor lässt nicht spotten

Source: Sankt Theodor lässt nicht spotten

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Wo jetzt am Steig von Hergiswil nach Menzberg neben dem Eremitenhäuschen die Sankt Theodorskapelle zur Gebetsruhe ladet, war anfangs zu Ehren des Heiligen nur ein Bildstock errichtet. Ringsherum war Weide. Eines Abends, als der Hirtenbub seine Herde zusammentrieb, fehlte eine Kuh. Lange suchte er und fand endlich das Tier ruhend vor dem Bilde Sankt Theodors. „Warum hast sie nicht heimgen lassen," sagte er zum Heiligen, den er zugleich bei der Nase ergriff. O weh, die Hand, er kann sie zur Strafe nicht mehr zurückziehen! Erst als man eine Kapelle zu erbauen gelobte, war Sankt Theodor versöhnt und liess den Spötter los. Eine Version lautet: Wo jetzt die Kapelle steht, war früher das Bild desselben Heiligen an einer Tanne befestigt und wurde einmal von einem andersgläubigen Knechte entehrt. Zur Sühne dieses Frevels und zur Abwendung von Hagel und Viehseuchen, von welchem Übel diese Gegend heimgesucht worden sei, habe man diese Kapelle erbaut.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Sankt-Elms-Feuer zu Winterthur

Source: Sankt-Elms-Feuer zu Winterthur

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Sankt-Elms-Feuer zu Winterthur Am „spitzigen Kirchturm“ zu Winterthur beobachtete man oft vor Gewittern ein Feuer, welches von der Mitte des Helms gegen den Knopf hinauffuhr. Die Winterthurer nannten es Sant-Elmus-Feuer und meinten, dieses Licht deute auf im Knopf verborgene Reliquien des heiligen Anselm. Eine Untersuchung anlässlich einer Reparatur im Jahre 1700 zeigte, daß der Turmknopf keine Reliquien barg. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Winterthur und Weinland Schmid, S. 144.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Sassos Schwend

Source: Sassos Schwend

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In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts strömten viele katholische Jünglinge aus den Kantonen Luzern, Freiburg und Wallis zu den päpstlichen Fahnen, um für Papst und Kirche zu kämpfen und zu sterben. Unter ihnen war auch ein elternloser Guggisberger. Früher hatte er als Hüttenbub auf Sassos (Saxo) Schwend gedient. Als die begeisterten Jünglinge sich für das päpstliche Heer anwerben liessen, packte auch den reformierten Guggisberger das Soldatenfieber. Weil aber die Rekruten vor ihrer Aufnahme unter die päpstlichen Fahnen das Vaterunser und Glaubensbekenntnis aufsagen mussten, lernte der Guggisberger eifrig diese Gebete von seinen katholischen Kameraden auswendig. So bestand er die Aufnahmeprüfung und zeichnete sich in mehreren Gefechten durch Tapferkeit und Mut ehrenvoll aus. Nach Beendigung des Feldzuges verliess der wackere Kämpe den päpstlichen Dienst und kehrte wieder zu seinem früheren Brotherrn zurück auf Sassos Schwend. Mit neuem Eifer verrichtete er seine Arbeit in Stall und Feld. Nachts schlief er stets auf einem Strohhaufen in der Ecke des Stalles. Da hatte er Gelegenheit, manches zu sehen und zu hören, was den übrigen Hausbewohnern entging. Jede Woche ereignete sich im Stall etwas Aussergewöhnliches. Eine unsichtbare Macht schien da ihr Unwesen zu treiben. Die Tiere wurden geschreckt, so dass sie wild an den Ketten zerrten und vor Angst laut aufbrüllten. Wenn dann der Stallknecht und die anderen Sennen herbeieilten, kamen sie gerade recht, um die mit den Halsketten ineinander verwickelten Kühe vor dem Ersticken zu bewahren. Leider gelang es ihnen niemals, den unbekannten Übeltäter zu ertappen oder zu fassen. So scharf sie auch aufpassten, eines Morgens fehlte die beste Kuh. Als man nach ihr suchte, fand man sie, in eine Felsenspalte verirrt. Nur durch das Bimmeln der Kuhglocken fand man des Tieres Aufenthaltsort. Es lag auf der Hand, dass hier finstere Mächte ihr schlimmes Spiel trieben. Diesen beizukommen, war keine leichte Sache. Die Hirten gaben dem Guggisberger den Auftrag, von seinem Nachtlager aufmerksam auf die Vorgänge im Stall zu achten. In einer finstern Nacht gelang es dem Wächter auch, den Urheber der nächtlichen Bosheiten zu entdecken in der Person eines winzigen Koboldes, der einen langen, fuchsroten Bart trug. Den Kopf bedeckte eine grasgrüne Zipfelmütze. Wams und Hosen wiesen die gleiche Farbe auf. Als das grüne Männlein den Späher bemerkte, schrie es ihm mit krächzender Stimme zu: «Katholischer Ketzer, lass mich Wichtelchen in Ruh.» Der unerschrockene Guggisberger liess aber nicht nach, und es gelang ihm, mit kräftigen Zaubersprüchen den Kobold zu bannen, denn er konnte mehr als Brot essen. Nur er allein wusste darum, dass in der Alpenstube ein Zwergenpaar seinen Wohnsitz aufgeschlagen hatte. In einer Nacht hatte er zuerst bitterliches Weinen vernommen, dann die rätselhaften Worte: «Sag dem Appeli, d Appele sei gestorben.» Das war des Zwerges Weibchen. Am andern Morgen berichtete der Stallknecht, was er in der Nacht gesehen und erlebt hatte. Doch daran tat er nicht gut. Die biederen Sennen verspürten vor dem Guggisberger ein geheimes Grauen. Sie rieten ihm, sich anderswo um einen neuen Dienstplatz umzusehen. Der Guggisberger spürte das Misstrauen und befolgte den erteilten Rat, denn es gefiel ihm jetzt auch nicht mehr bei seinen Kameraden. Er packte sein Bündelchen, und an einem frühen Morgen war er fortgezogen ohne Abschiedsgruss, und man sah ihn fürder nie mehr in jener Gegend.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Satan im Keller

Source: Satan im Keller

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Im alten Schloss in Überstorf stand vor Zeiten ein alter Turm, dessen Erdgeschoss noch heute als Keller dient. In diesem Turm war ein Gelass, das keines Menschen Fuss betrat. Darin befand sich eine dicke Steinsäule, woran ein Gerippe angekettet sein sollte. Die Sage berichtet, es seien die Überreste eines früheren Schlossherrn, der im Kellergewölbe elendiglich zugrunde ging. Dieser Herr habe sich für eine grosse Geldsumme dem Leibhaftigen mit Leib und Seele verschrieben. Daher erwartete ihn ein klägliches Ende. Nach dem Ableben des Schlossherrn rumorte es viele Nächte in den Gängen und Zimmern des alten Schlosses. Kein Bewohner konnte während dieser Zeit ein Auge zutun. Man nahm Zuflucht zu Zaubermitteln und Beschwörungen; diese halfen aber nichts. Da holten die Schlossbewohner einen alten, welterfahrenen Kapuzinerpater, damit er den bösen Geist aus dem Hause verbanne. Der fromme Ordensmann fastete zuerst drei Tage hindurch und betete viel. Nachher begann er das Gespenst zu beschwören. Doch die kräftigen Worte der Beschwörung vermochten nicht den Geist aus dem Schlosse zu vertreiben. Deshalb bannte der Mönch den Unhold in den tiefen Keller und befahl ihm, in die steinerne Säule einzugehen. Der Geist musste gehorchen. Und bis zum heutigen Tage sei er immer noch in der Steinsäule festgehalten durch das Kraftwort des Paters; wenigstens behaupten es bis zur Gegenwart die Überstorfer steif und fest. Niemand betritt darum einen unheimlichen Keller.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Satan und das Weihwasser

Source: Satan und das Weihwasser

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Satan mag das Weihwasser nicht. Darum war's — und ist es noch — frommer Gebrauch — freilich nicht nach neuerem Geschmacke — Weihwasser in den Wohnstuben zu haben und fleissig sich damit zu bezeichnen. Ja vor Kreuz und Weihwasser hat der Teufel Respekt. Im Zorn übergab einmal ein Vater sein Töchterlein dem Bösen. Als dieser dasselbe abholen wollte, hatte die Mutter den glücklichen Einfall, ihr Kind mit Weihwasser zu überschütten. Nur ein paar schöne Haarlocken blieben trocken — und diese riss dann Satan aus und fort. Einem andern bedrängten Hausvater, der nur ein liebes Töchterlein hatte, versprach Satan eine hübsche Summe, wenn er um Mitternacht abholen könne, was bei seiner Heimkehr hinter der Haustüre sich finde. Der unvorsichtige Vater, der da nur wertloses Hausgerümpel vermutete, willigte ein und nahm das Geld freudig in Empfang. — Aber o weh! Er fand da gerade sein liebes Kind. — Weil er das Geld empfangen, musste er Wort halten; — er ward kleinlaut und verzagt und getraute sich nicht mehr sein Kind anzublicken, noch weniger mit demselben zu reden. Um Mittemacht pochte es heftig an die Hauschüre. Der Vater erschrak, weckte das schlafende Töchterlein und sprach: «Steh auf, mein Kind, und schau, wer da ist.» Ungern tat's das Mädchen, weil's ihm unheimlich vorkam; doch wollte es dem Vater nicht ungehorsam sein, stand auf, legte Kleider an und — nachdem es sich mit Weihwasser fromm bezeichnet — öffnete die Türe. Aber niemand war da. — Kaum war es wieder zu Bette, da pochte es wieder und das Kind tat wie das erste Mal und fand niemanden. Beim dritten Male ging es sogar zum Hause heraus, um dasselbe herum und suchte überall vergebens nach dem geheimnisvollen Klopfer. Tags darauf gab Satan dem Vater einen Verweis und den Geheiss, das dumme Weihwasser aus dem Hause zu schaffen. Aber dieser antwortete: «Das haben wir miteinander nicht gemertet!»   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Schadenzauber und Abwehr

Source: Schadenzauber und Abwehr

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Der Erzähler machte in den zwanziger Jahren in Pratteln eine Schreinerlehre. Damals berichtete ihm ein anderer, von Augst stammender Lehrling: Mein Bruder wurde jede Nacht von furchtbaren Schmerzen geplagt. Eine Frau sagte seinen Eltern, da müsse jemand dahinterstecken, der andere auf Distanz plagen könne. Solche Leute besässen das 7. und 8. Buch Mosis und müssten ihren Namen mit Blut hineinschreiben. Sie riet ihnen, von der Zimmertür bis zum Bett Salz zu streuen, dann könne ihm niemand mehr etwas anhaben. Sie befolgten den Rat, und in der nächsten Nacht sah er, wie die Türe aufging und eine ihm unbekannte Frau eintreten wollte, aber nicht konnte. Sie berichteten den Vorfall der Ratgeberin, und diese sagte ihnen voraus, in ein paar Tagen werde die Unbekannte kommen und sich einschmeicheln wollen. Sie kam tatsächlich und brachte Würste und Speck mit. Der Vater aber nahm einen Prügel und jagte sie fort. Wenn die Leute die Geschenke angenommen hätten, hätte sie wieder Macht über meinen Bruder bekommen. Augst Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Schaflitaufi auf Sefinenalp

Source: Schaflitaufi auf Sefinenalp

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Auf Sefinenalp sömmerten einst Hirten das Vieh, die waren gottsträfliche Lotterbuben. Sie pflegten das Unvernünftige schlecht, fügten ihm mit Willen Leid und Wehtat zu und lachten satanisch, wenn ein Haupt erfiel. Wege und Alp waren übel besorgt. An jedem Geigersonntag werkten sie rasch nur das Allernötigste und sprangen, wie der Heuschreck ins Wasser, Hals über Kopf ins Tal, wo sie die Geigen gehen hörten. Nur wenige stiegen am gleichen Tag zur Besorgung des Viehs wieder zu Berg. Die andern waren jeder ein Puuzaus, tranken weit über den Durst, und wurden die Hirten ob ihrem lästerlichen Tun zur Rede gestellt, dann sagten sie: "Wir nehmen grad noch eins, der Leib hat es verdient, der Leib muss es haben." Dann gaben sie dem Letzten in der Tanzstube den Bündel auf, bevor sie wieder in den verrufenen Boganggenstafel hinaufstiegen. Man sagte bald von diesem: In Boganggen tüejen si nid wan rieben un ranggen un fluochen un zanggen! An einem schönen Sonntagmorgen waren die gottlosen Schlendriane oben auf dem hohen Läger wieder einmal alle ab der Kette, und aus lauter Teufelsucht beschlossen sie, ein Schafli über den Tauf zu tragen. Der Schweiger war der Pfarrer, einer der Hirten Götti, und den Werkmann verkleideten sie als Gotta. Die langen Strähnen des gelben Vollschaubes (faseriger Wisch zum Durchseihen der Milch) wurden zu schönen Flechten geflochten und der Schafli- gotten an den Rücken gehängt. Aber trotzdem die Sennen selbst mit der heiligen Taufhandlung Spott und Allotria trieben, wagten sie es doch nicht, die drei höchsten Namen anzurufen. Die gelbbezopfte Gotta packte das zappelnde, blökende Schafli bei der Wolle, hielt es dem Schweigerpfarrer hin, der es in den Brunnentrog tauchte und laut über den im Morgensonnenglanz liegenden Stafel rief: Ich taufe dich im Namen der Geissen, Un Geissbänz sollt du heissen! Amen. Nach ihrem Ableben aber kamen diese wüsten Gäste nicht an ihre Ruhe, plagten auf allen Lägern, wo sie bei Lebzeiten so übel gehauset, das Vieh. Sommer für Sommer gingen wäger ein halbes Dutzend der besten Tiere über die Fluh oder wurden sonstwie abgängig. Nachdem sich Älpler und Bauern bis aufs Blut gelitten, wurden sie einig, einen Kapuziner zu rufen, der die bösen Geister banne und die Alp von all dem Ungemach befreie. Eben war wieder ein schönes Meischrind von einem Stein erschlagen worden, als der Klosterbruder kam. Er nahm aus seinem Zwilchsack drei Stricke, ging hinauf zum toten Rind, band die unsichtbaren, bösen Geister alle an, winkte einem Jungsenn, der ein gläubiger, gottesfürchtiger Bursch war. Er befahl ihm, weder zu reden, zu lachen, noch zu singen und mit seiner derben Küherpeitsche die Geister zu treiben. Der Kapuziner schleifte die Stricke hinter sich auf dem Alpboden nach. Der Älpler musste nach jeder Vaterunserlänge mit seiner Peitsche hinter den Strickenden auf den Boden schlagen. So kamen Jungsenn und Kapuziner über das Bründli und damit auch über die Grenzmarch der Sefinenalp. Hier liess der Bruder die drei Stricke fallen und verbrannte sie auf dem selben Fleck. Die Asche streute er in den Wind und verbannte die Argen auf die andere Talseite hinauf in die ewigen Eiswüsten des wilden Rottals, wo sie kein Unheil mehr stiften können. Quelle: Hans Michel, Ein Kratten voll Lauterbrunner Sagen. Wengen 1936. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Scharfrichter Mengis entdeckt Gestohlenes

Source: Scharfrichter Mengis entdeckt Gestohlenes

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Dem Vater meiner Grossmutter welcher fürs Leben gern jagte war eine hölzerne Fuchsfalle abhandengekommen, die er im Wald gestellt hatte. In der Hoffnung, der Rheinfelder Scharfrichter werde sie wieder beibringen können begab er sich dorthin. Weil er unterwegs mit keinem Menschen reden durfte, brach er schon früh um vier auf und wanderte über den Berg, um ja niemandem zu begegnen. Erst um acht Uhr kam er in Rheinfelden bei dem Manne an, von dessen geheimen Kräften er sich Hilfe versprach. Er durfte aber sein Anliegen nicht vorbringen Mengis fragte ihn: «Ist etwas verloren gegangen?» - «Nein.» «Aber gestohlen worden?» – «Ja.» - «Geht jetzt nur heim, Ihr werdet das vermisste Geschirr in dem hinteren der beiden Heiterlöcher im Giebel gegen das Gässlein finden.» Als man nachsah, steckte die Fuchsfalle richtig dort. Anwil Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Schatz auf der hohen Rialt

Source: Schatz auf der hohen Rialt

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Zwei Jäger, Schrötenthaler mit Namen, gingen einst auf die hohe Rialt auf die Jagd. Als sie dort an einer der Burg-Ruinen vorbeigingen, bemerkten sie auf einmal im Gemäuer eine offen stehende eiserne Türe, die sie sonst, so oft sie auch an der gleichen Stelle schon vorbeigegangen, gar nie noch bemerkt hatten. Verwundert darüber, traten sie näher, schauten in den Turm, erblickten aber nichts Anderes, als einen Haufen Nussschalen von ungewöhnlicher Grösse. Der Eine trat in den Turrn, nahm einige solcher Schalen zu sich, um sie seinen Kindern zum Spielen zu geben. Wer beschreibt aber sein Erstaunen, als er zu Hause seine Schalen auskramend, an ihrer Statt lauter schwere Goldstücke von seltsamem Gepräge besass. - Er erzählte seinem Kameraden von der wunderbaren Verwandlung, und nun hatten die Beiden nichts Eiligeres zu tun, als noch einmal auf die hohe Rialt hinaufzusteigen, um auch die andern Nussschalen zu holen; - aber von der eisernen Türe und den Nussschalen war nichts mehr zu sehen. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Schatz auf der Oppli-Egg

Source: Schatz auf der Oppli-Egg

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1. Auf der Oppli-Egg1 zwischen Opplital und Wylerlaue sind drei Kisten mit Gold im Erdboden vergraben. Sie werden aber von einer Kröte oder von einem Frosch behütet. Wer dreimal nacheinander um das Tier herumgeht und ihm nach jedem Umgang einen Kuss gibt, der kann den unermesslichen Schatz heben. Drei kecke Burschen haben es einmal gemeinschaftlich versuchen wollen. Der erste brachte es auf zwei Küsse, da schwoll das Tier an, der Bursche erschrak und ging zurück. Der zweite wagte noch einen Kuss, floh aber davon, als das Tier Flammen spie, und der dritte nahm angesichts des schrecklichen Untieres Fersengeld, ohne einen Kuss zu probieren. Tobias Lussmann, 24 J. alt, Silenen, u.a. 2. Ein kürzlich verstorbener alter Mann aus dem Wyler, namens Zberg, hat die Kröte gesehen am lauterhellen Tag, aber leider hielt sie sich keinen Augenblick still. Jos. Maria Zberg, 72 J. alt, Silenen 3. Auch zu Männigen, wo das grosse alte Haus steht, soll unter einem Stein ein Schatz vergraben liegen. Mein Gewährsmann, ehemals Besitzer, hat oft mit einer Latte unter den Stein gestüpft, aber nichts gefunden. Ambros Zurfluh, 70 J. alt 4. Im Kloster Seedorf ist ein grosser Schatz verborgen. Aber auf ihm hockt eine grosse Kröte, und es muss, wer den Schatz will, dem Tier nachts zwischen 12 und 1 Uhr drei Küsse geben. Peter Walker, 70 J. alt, Reusstal Fußnoten  1 Oppli heisst heute eine kleine, teilweise mit Gebüsch bewachsene Wiese ohne Wohnstätte, hiess früher Oppelingen und grenzt an Buchen und Männigen, früher Memmingen. Ein Freiherr Rudolf von Wyler vertauscht 1246 den 15. November Güter aus dieser Gegend mit Gütern des Klosters Wettingen. Wyler, Wylerlaue mit Oppli, Buchen, Blüemlismatt sind Bergsturzgebiet. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Schatz beim Pfaffensprung

Source: Schatz beim Pfaffensprung

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1. Der Hubel beim Pfaffensprung, hat ein fahrender Schüler gesagt, berge einen kostbaren Schatz und wäre würdig, mit einem Kranze umwunden zu werden. Sebastian Baumann, Wassen, 60 J. alt 2. Beim Pfaffensprung, so offenbarte ein fahrender Schüler, sei in einem unterirdischen Gang ein grosser Schatz verborgen.1 Peter Walker, 70 J. alt 3. Als es sich darum handelte, ob man die Wassner Kirche in der Moosmatt oder auf dem heutigen Standort oder auf dem Hubel beim Pfaffensprung bauen wolle, grub ein Mann auf dem letztgenannten Hubel, um zu sehen, ob genügend Fundament vorhanden wäre, und stiess dabei auf Kohlen. Nur aus Jux nahm er davon einige Brocken in den Sack. Zu Hause war es Gold. Erneutes Suchen blieb ohne Erfolg. Frau Wipfli Fußnoten 1 Es wurde dort im 18. Jahrhundert eine Kristallkluft ausgebeutet. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Schatz in der Burg Attinghausen

Source: Schatz in der Burg Attinghausen

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Nach Attinghausen kam einst ein fahrender Schüler. Wie es so geht, kam man auf allerlei zu reden, und die Leute erzählten ihm auch von dem Schatze der Burg. So ein halberwachsenes Meitli äusserte sich, es möchte das Geld auch einmal sehen. »Das will ich dir schon zeigen,« sagte der Fremdling und führte es in die Burg. Er öffnete eine eiserne Türe und fragte das Mädchen: »Fürchtest du dich?« »Nein,« antwortete es keck. Da öffnete er eine zweite Eisentüre und stellte wieder die Frage: »Fürchtest du dich?« – »Nein.« – Jetzt tat er die dritte auf. »Fürchtest du dich?« – »Nein.« – Und nun sah das Mädchen den Teufel auf einem mächtigen Haufen Geld hocken. Und mit beiden Händen schorte er wie besessen das sonst herumliegende Geld »under ds Hinder, gottmerchytt, äs wär nur da sicher.« Das neugierige Mädchen wurde bei diesem Anblick ohnmächtig, und der fahrende Schüler musste es hinaustragen. Mathilde Rämi, 70 J. alt Andere sagen, es hange da ein Kübel voll Geld an der Wurzel eines Haselnusstrauches oder ein Chessi voll unter einer Haselnusstaude. Michael Wirsch, 70 J. alt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 194 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Schatz in der Drachenhöhle bei Ennetmoos

Source: Schatz in der Drachenhöhle bei Ennetmoos

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Diese Höhle ist bekannt, durch die schöne Sage von Schrutan Winkelried, dem Drachentöter. Weniger bekannt ist jedoch die Sage, dass sie in ihrem Innern, mit Wasser gefüllten Tiefen einen uneremesslichen Schatz berge. Derselbe wird aber von einem Geiste gehütet und alle Karfreitage während dem Gottesdienste in der Höhle „gesonnt“. Der Zauberspruch, der aber dann den Bann lösen könnte, ist keinem Sterblichen vertraut.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Schatz in des Jaggelis Haus zu Schattdorf

Source: Schatz in des Jaggelis Haus zu Schattdorf

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Meiner Mutter Schwester und ihr Mann wallfahrteten einst nach Einsiedeln. Auf der Schifflände in Brunnen gesellte sich ein Wybervölchli von schwarzer Gesichtsfarbe zu ihnen und sagte, sie hätten einen Schatz in ihrem Hause, den es ihnen offenbaren wolle, wenn ihm die Frau die goldenen Ohrenplampen und, ich meine, auch den goldenen Fingerring schenke. Die Base gab ihm das Gewünschte; die Fremde sagte, sie werde dann einmal zu ihnen kommen, und ging weg. Richtig, nach längerer Zeit kam sie einmal in das Haus. Sie zeigte ihnen ein Ei und sprach zweimal darüber: »Im Namen der 99!« Dann öffnete sich das Ei, und es kamen eine »Totäschidälä« und Haare darin zum Vorschein. Nun sagte die Fremde: »Werfet nie Haare in das Freie, sonst könntet ihr ein lebenslängliches Kopfweh auflesen! Was den Schatz anbelangt, so muss ich noch acht Duplen haben, dann werde ich euch Aufschluss geben.« Nach einigem Zögern gab ihr die Base die acht Duplen. Da meinte die Fremde: »Ich werde wieder kommen. Bei euch zu übernachten, habe ich keine Gewalt!« und ging. Das war am Vorabend vor dem Muttergottestag zu Mitte Augsten. Als sie das Haus verlassen hatte, hörte man sie schreien. Sie kam nie mehr. Jetzt gingen meine Vetterleute zu den Jesuiten, und die sagten, ja, es sei ein Schatz in ihrem Hause, der von einem Geist bewacht werde. Es habe da vor Zeiten ein Edelherr gewohnt. Sie und ihre Verwandten und alle, die Anrecht auf den Schatz haben, sollen alle Abende in dem Hause zusammenkommen und miteinander beten. Dann werde der Geist erscheinen, und ein unschuldiges Kind soll ihn anreden. Aber dann dürfe niemand drein reden. Die Verwandtschaft kam nun alle Abende in dem Hause zusammen und betete. Eines Abends – mein Vater war zufällig diesmal nicht unter den Betern – erschien der Geist. Er sah aus wie ein Geistlicher im Chorhemd. Ein unschuldiges Kind, das man unterrichtet hatte, trat vor und redete ihn an: »Ich rede dich an im Namen der heiligsten Dreifaltigkeit. Wenn ich Dir kann behilflich sein zur ewigen Seligkeit, so dinge ich mir das erste und letzte Wort aus.« Da reichte ihm der Geist die Hand, und die Mutter des Kindes, aus Furcht, der Geist könnte ihm die Hand verbrennen, rief: »Maryeli, gib-em der Dechizipfel!« Da entstand ein furchtbares »G'schäry und G'rimpel« im Hause; der Geist verschwand, und der Schatz blieb ungehoben. – Die Geschichte hat der Erzähler mit folgenden Worten eingeleitet: »Herr Pfarrer, die Geschichten, die ihr da erzählt, glaube ich nicht; ihr wollt uns da Bären aufbinden. Aber ich will euch eine wahre Geschichte bringen.« Alois Zgraggen, Schattdorf Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945, Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Schatz und dreibeiniger Ziegenbock

Source: Schatz und dreibeiniger Ziegenbock

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1. Ein reicher Bauer hatte drei Töchter und einen Knecht, die er alle sehr strenge hielt. Er wurde krank und legte sich ins Bett, und da war an diesem Abend gerade Tanz in einem benachbarten Wirtshaus. Dem Knecht und seinen Töchtern empfahl er, auch an den Tanz zu gehen und sich lustig zu machen. Solches war nun ganz gegen seine Art und Gewohnheit; es war etwas Unerhörtes, und der Knecht fasste Argwohn und dachte, der Bauer planiere etwas. Wohl begleitete er die drei Jungfern zum Tanz, aber bald verliess er das Wirtshaus, schlich sich heimlich davon und verbarg sich im Gaden. Gegen Mitternacht ging die Gadentüre auf, und herein trat der Bauer und grub ein grosses Loch in den Boden. Dann brachte er einen Hafen voll Geld herbei und stellte ihn neben die Grube, dann noch einen und noch einen dritten. Jedesmal aber, wenn der Sonderling hinausging, sprang der Knecht aus seinem Versteck heraus und nahm eine Handvoll Geld zu sich. Endlich stellte der Bauer die herbeigebrachten Vorräte in die Grube und bedeckte diese sorgfältig, dass wohl niemandem je in den Sinn gekommen wäre, hier sei ein solcher Schatz verborgen. Und dann sprach er laut und feierlich: »Das Gäld müeß da sy und da blybä, bis Einä, wo-n-äs rots Mäntäli a'het, uf-ämä wyßä Geißbock, wo keis schwarzes Häärli und nur dry Bei het, drymal drüff hin- und härfahrt!« Einige Wochen später starb der wunderliche Geizkragen, und da fanden die Töchter zu ihrem grossen Schrecken gar kein Geld vor, nicht einmal die Totenkosten konnten sie zahlen. Und sie hatten doch immer so gerackert und gespart! Jetzt trat der Knecht vor und machte den Vorschlag: »Wenn mich eine von euch dreien heiratet, so will ich das Geld herschaffen.« Als die älteste sich bereit erklärte, kaufte er einen schneeweissen Geissbock, band ihm ein Bein an den Leib hinauf, legte sich ein rotes Mäntelchen an und ritt auf dem Tier dreimal über die Grube hin und her. Diese öffnete sich und gab den Schatz heraus, und jetzt war allen geholfen. J.J. Huber, 80 J. alt, Sisikon 2. Ein Bauer vergrub ein Eisenchessli voll Geld hinter der Rischi, als ihm der Knecht aufpasste, dem die häufigen nächtlichen Ausgänge des Bauers aufgefallen. Der Bauer sprach: »Dies Geld soll niemand bekommen, bis einer auf einem dreibeinigen, weissen Geissbock dazu reitet.« ... Sie kauften ein weisses Kitziböckli, nahmen ihm ein Bein ab und zogen es sieben Jahre auf, bis es imstande war, einen zu tragen. Der Knecht ritt selber, weil es sonst niemand wagen durfte, mit Schaufel und Grebel bewaffnet, auf dem Tiere, das weder geleitet noch angetrieben werden musste und von selber auf die Grube lossteuerte. Als er auf die Steinplatte kam, die das Geld bedeckte, hockte eine schreckliche Kröte darauf. Er fasst sie rasch auf der Schaufel und wirft sie unter dem Geissbock hindurch durch die Gadentüre hinaus. Sie liess dabei einen schrillen Schrei ab. Die Erben teilten den Schatz mit dem Knecht. Jos. Maria Gisler, Bürglen 3. Im Schafgädemli zu Attolfingen zwischen Seelisberg und Emmetten übernachtete einst, im warmen Heu gebettet, ein Reisender. Gegen Mitternacht erweckte ihn ein Geräusch. Es kam ein Bauer herein mit einem eisernen Hafen voll Geld und verlochete es im Untergaden im Boden, indem er laut dazu die Verwünschung aussprach: »Dieses Geld soll niemand bekommen, ohne wer auf einem dreibeinigen, schneeweissen Geissbock in den Stall hinein und über die Grube hinwegreitet.« Bis jetzt hat noch niemand diesen Schatz gehoben. Ihrer drei Seelisberger wollten sich einmal darüber hermachen, aber diä sind eiswägs wider chu! Ä b'hiät-is, wiä heig das afah rumplä-n- und g'wirbä-n-i dem Gädemli innä! Josef Maria Aschwanden, 60 J. alt, Seelisberg und Emmetten 4. Im Barnen eines Viehstalles übernachtete ein Bettler. Etwa um Mitternacht weckte ihn ein Geräusch. Es kam der geizige Bauer mit einem Sack voll Geld herein, stellte ihn auf den Boden und entfernte sich wieder. Rasch stand jetzt der Fremdling auf und füllte sich eine Hosentasche mit dem Mammon. Als der wunderliche Kauz zum zweiten Mal mit einem Sack voll kam, schien es einen Augenblick, als hätte er den Diebstahl bemerkt, denn er murrte bei sich: »Wenn d'chenntisch meinä, äs hätt-d'r epper drüßgnu, sä meintisch-es.« Doch stellte er, ohne weitere Nachforschungen anzustellen, seine Bürde hin. Der Übernächtler allerdings wagte es nicht mehr, einen zweiten Griff zu tun, als der Bauer hinausging und den dritten Sack holte, den er dann mit den zwei ersten in eine Grube versenkte. Über den so verborgenen Schatz sprach er jetzt laut: »Dieses Geld soll erst erhalten, wer auf einem fünfjährigen weissen Geissbock, der bloss drei Beine und kein schwarzes Härchen hat, rückwärts in den Stall hinein und über die Grube hinwegreitet.« Jahre verstrichen, der Sonderling starb, die Kinder waren enttäuscht, weil nichts zu erben war, und klagten laut und bitter, dass sie nun arme Leute seien. Das kam auch jenem Bettler zu Ohren; er ging hin und entbot sich, gegen ein Geschenk das Geheimnis zu offenbaren. Die Geschwister versprachen, ihn reichlich zu belohnen, und da zeigte er ihnen den Ort, wo ihr Vater das zusammengescharrte Geld verborgen, und belehrte sie, wie es zu heben sei. Es gelang ihnen, ein junges, glänzendweisses Ziegenböcklein zu erwerben; das zogen sie fünf Jahre mit Milch auf, und dann ritt einer der Söhne auf dem gewaltigen Tiere rückwärts in den Stall und hob den Schatz. Frau Gamma-Gamma, 80 J. alt, Schattdorf; Fr. Mattli-Bissig, 80 J. alt, Bürglen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Schatz zeigt sich

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In den Fehden im Walde zu Attinghausen ist unter einer grossen Felsplatte eine Kiste voll Geld versteckt. Am Karfreitag während der Passion oder in der »Heiligen Nacht« während des Gottesdienstes kommt die Kiste an die Oberfläche und öffnet sich, um nachher wieder zu versinken. »Am Karfreitag während der Passion heben sich alle Schätze ans Tageslicht.« Heinrich Baumann, 75 J. alt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Schatzbeschwörung

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Der Beschwörer begab sich auf den Platz, wo der Hort liegen sollte, zeichnete den Ring und sprach kniend sein Gebet, eine Anrufung der heiligsten Dreifaltigkeit, ihn vor bösen, dämonischen Einflüssen zu behüten. Dann stand er auf und neigte sich gegen den Schatz hin und betete das Evangelium nach Mathäus von der Verklärung Jesu, worauf wieder ein Gebet folgte, durch welches den bösen Mächten befohlen wird, zu weichen. Während diesem hatte der Beschwörer seine Augen zum Himmel gerichtet. Dieses bisherige mochte geschehen bei Nacht oder bei Tag. Von vier Uhr bis Nacht ging man heim und begab sich dann auf Mitternacht an die Stelle. Nun wurde erst recht Fleiss erfordert um den Geist zu beschwören und seine Kräfte zu benehmen. Um zwölf Uhr nachts wurde das Evangelium des heiligen Johannes gelesen, wobei man grosse Gefahr auszustehen hatte. Wer aber acht gab, dass nicht ein Fehler unterlief und schön im Ringe blieb, dem geschah nichts.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Schatzbringender Schuss

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Zu einem Jäger in Gurtnellen kam ein „fahriger" Schüler und sagte, er werde auf einige Zeit nach dem Nidersee auf Leutschachalp gehen, dann werde es im See ungemein rauschen. Zugleich lud er den Jäger ein, zu einer gewissen Zeit sich an den See zu begeben und, wenn er ihn aufbrausen sehe, hineinzuschiessen, es werde dann für ihn ein Schatz von unheurem Wert aus dem Wasser kommen und gewiss kein Übel begegnen. Der Jäger ging hin, hörte und sah es brausen, hatte jedoch nicht den Mut zu schiessen, indem er fürchtete, es möchte ihm ein Unheil widerfahren.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Schätze

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»Von Golzer aus«, so hat mir ein Golzner erzählt, »sahen wir auf der entgegengesetzten Talseite eine Gand, wo es mächtig glitzerte. Öfters sagten wir zueinander, da müsse sicher etwas Kostbares liegen, und ein alter Mann erinnerte sich, dass einst ein fahrender Schüler geoffenbart, dass dort ein Schatz verborgen, den ein Geissbub, der ein brandschwarzes Trychelgeissli hüte, zwar finden, aber nicht heben werde. – Nun geschah es eines Tages, dass der Geissbub, der zum Essen kam, ganz ausser Atem war und erzählte, er habe in jener Gand etwas Wunderbares gesehen. Sein Stecken sei ihm in ein Krachenloch hinuntergefallen, und är syg-em nachägstägeret. Der Stock sei immer tiefer gefallen und er ihm nachgestiegen; zuletzt habe er sich auf den Bauch gelegt, um ihn bequemer erwischen zu können. Da habe er in eine weite Höhle hinunter gesehen, und drinnen habe es herrlich von Strahlen geglänzt und geschimmert. Aber es habe ihm angefangen zu fürchten, und daher sei er ohne den Stecken davongelaufen. Weil der Junge wirklich eine brandschwarze Trychelgeiss in der Hirti (Herde) hatte, dachte man sofort an den Schatz, und sie liefen, um mit dem Bub die Höhle zu suchen; aber er fand sie nicht mehr.« Theresia Gisler, Spiringen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


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Mein Grossvater aus der Göschener Alp hat erzählt: »Schon öfters hatten wir von unserm Stafel aus auf dem Gletscher etwas gesehen, das wie Gold glitzerte und aussah wie ein »Trämäli«. Einmal nun im Maüglä, das heisst bei der Abenddämmerung, gingen wir hin und fanden richtig einen Goldklumpen. Wir dachten, der entgehe uns nicht, und machten uns der einfallenden Dunkelheit wegen auf den Heimweg. Unterdessen wurde es bockhoräleid und zwar mehrere Tage. Als es aufschonte, wollten wir das Trämäli holen, konnten es aber nimmer finden.« Theresia Gisler, Spiringen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Schätze beim Schlosse Montas

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Auf Maria bei Schiers stand das Schloss Montas, dessen letzter Besitzer zu gewissen Zeiten, auf seinem Schimmel, in stürmischer Nacht auf dem Burghügel herumreiten soll. - Trifft es sich, dass ein »Sonntagskind« ihn erblickt, und es wagt, dem Pferde in den Zügel zu fallen, so wird es in den unterirdischen Gang geführt, wo es grosse Schätze findet. Ein Schierser-Knabe schlief einmal in der Mittagszeit auf Maria, da, wo das Schloss gestanden, unter einer »Weisshaselstaude«, und erblickte, als er er­wachte, einen Haufen Goldes neben sich liegen. Er lief schnell heim, einen Sack zu holen, um das Gold einzufassen; es war dieses aber, als er zurück­kehrte, verschwunden. Er hatte vergessen, ein Kleidungsstück auf dem Schatze zurückzulassen, dann wäre das Gold ihm geblieben. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Schätze und Kristalle, die verschwinden

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1. Am Bristenstock geriet ein Geissbub auf seltsame Weise in eine tiefe Höhle, in eine Strahlenkammer, die er sonst nie gesehen hatte. Da war es taghell. Es glitzerte und funkelte in allen Farben gar herrlich, und glänzende Zacken hingen in Menge von der Decke herab. Einen aus ihnen, der ganz besonders schön glänzte, schlug der unerfahrene Junge ab und steckte ihn in sein Hirtentäschlein. Daheim zeigte er ihn zufällig einem Erwachsenen; der beschaute sich das Ding, zeigte es einem andern, es wanderte von Hand zu Hand, und man war der einstimmigen Ansicht, dass es ein äusserst wertvoller Stein, vielleicht sogar ein Karfunkel sei. Verächtlich meinte der Knabe: »Hm, deerä sind doch gnüeg dert!« Aber trotz des sorgfältigsten Absuchens war und blieb die Höhle verborgen, verschlossen. Jos. Maria Zberg, 75 J. alt, Silenen 2. Ein Geissbub fand »auf den Bächen« in Fellenen einen Haufen rote Plättchen. Sie gefielen ihm, und er nahm daher einige aus ihnen mit heim. Zu Hause wurden sie als Gold erkannt, und befragt, woher er sie habe, erklärte der Bub, es sei noch ein ganzer Haufe »auf den Bächen« zu finden. Aber, als er die Stelle wieder fand, erspähte er kein einziges Plättchen mehr. Ähnlich erging es einem Bergführer, der in einer Gand am Bristenstock einen Kristall glitzern sah, und vorerst die Fremden auf einen sichern Ruhepunkt führte. Jos. Gamma, 30 J. alt, Gurtnellen 3. Einer der glücklichsten Strahler und Jäger erzählte dem noch lebenden alten Balz am Lungenstutz, er habe einmal am Bristen zwei glänzende, hämpflige Steine gefunden und einen derselben heimgenommen. Er erfuhr, dass es Diamanten seien. Den zweiten Stein konnte er nie mehr finden, obwohl er die Stelle genau kannte. J.J. Jauch, Bristen 4. Am Bristenstock geriet ein Älpler in eine Höhle, die er noch nie gesehen hatte. Er schaute sich da tüchtig um und sah das lautere Gold von der Decke und längs den Wänden herab tropfen. Schnell lief er zur Alphütte, holte ein Fräßchessli 1 und stellte es unter. Als er aber später das volle Chessli holen wollte, fand er weder dieses noch die Höhle mehr. Jos. Maria Epp, 80 J. alt, Bristen 5. Gebhard Kieliger, der Zwerg von Amsteg, weiss zu erzählen: »Einisch, das ich im Platti änä (sein Landgut) d'Kiäh ggäumt ha, ha-n-ich so ä Steiplattä üffglipft, und da sind drundert ä ganzä Hüffä deerä goldgälwä Cheeräli virächu, sind gsy i der Greeßi wiä Gufächnepf und hennt gglänzt wiä Goldnapälieentli. I dem Äugäblick isch grad ä Chüeh ibärä Hag ibärä gsprungä und i Schachä-n-appä gliffä. Ich ha 'tänkt, diä Cheeräli ärggahet miär nitt, und ha der Stei la ghyä-n- und bi der Chüeh nachä. Und darnah, wo-n-ich diä zrugg 'tribä gha ha, ha-n-ich diä Cheeräli wellä ga nä, aber da isch keis einzigs meh ummägsy. Ich gläubä, wenn ich da eppis Gsägnets drüff gleit hätt, sä wäret-s nitt verschliffä.« 6. »Meiner Mutter Bruder, Kempfen Maria,« so plaudert ein Schächentaler, »und ein guter Freund kamen gegen Abend von der Ruossalp her gegen die Balm. Nicht weit vom Wächtersbutzen hinter einem runden Felskopf in einer Gand sahen sie's auf einmal glitzern und funkeln zwischen den Steinen. Neugierig gehen sie hin, um zu schauen, und finden eine grosse Zahl der herrlichsten schwarzen, weissen und rosaroten Strahlen, mit denen sie ihre Taschen und Ränzchen füllen, so gut es ihnen möglich ist. Im Herbst kehrte in ihrer Alphütte auf der Balm ein fremder Herr ein. Sie zeigten ihm ihren Fund, und er begehrt, die tadellosen Kristalle zu kaufen. Die Leute forderten einen anständigen Preis, so dass sie glaubten, einen guten Taglohn gemacht zu haben. Der Herr bezahlte sofort bar und sagte: »Wenn'r scho diä Summä fyfmal iberstitzt hättet, so wär der Prys nu nytt z'hochä g'sy. Wenn'r nu meh settig findet, so wil-ich-s' gärä-n-abnä und güet zahlä.« Selbstverständlich machten sich die Unsrigen bald auf den Weg, um sich einige gute Taglöhne zu sichern. Sie finden den runden Felskopf, finden die Geröllhalde, aber keinen einzigen Kristall und keine Spur von Kristallen.« (In Wirklichkeit wird es in dieser Gegend höchstens Kalkspat geben). Daniel Imholz, 50 J. alt 7. Johann Tresch von Gurtnellen, 72 Jahre alt, genannt der Präzis, wusste mir 1911 zu erzählen: »Der Waldi-Seppi und sein Bruder, der Baschi, und ich waren eines Tages oberhalb des Heimbüel im Wildheu. Der Seppi, ein furchtbarer Schabi, wie er gewesen, ging etwas von uns weg, um eine kleine sumpfige Stelle, die mit ganz jungen Droslen bewachsen war, abzumähen, denn diese geben, gedörrt, ein vortreffliches Futter für die Ziegen. Als er wieder zu uns kam, erzählte er, er habe da oben plötzlich in eine nicht gar tiefe Erdspalte hinabgesehen, die wie Gold geglänzt habe und dicht mit den herrlichsten rosenroten Strahlen bewachsen gewesen sei. Weil er kein Instrument bei sich gehabt, habe er's nicht gewagt, eine aus ihnen abzubrechen. »Morgen wollen wir geeignetes Werkzeug mit uns nehmen.« Wirklich nahmen wir am folgenden Tag ein Spitzeisen und einen Grebel mit uns und suchten die Erdspalte; aber um kein Geld hätte sie der Seppi finden können, obwohl er doch die Stelle ganz genau gekannt hat. – Ja, das hennt diä Altä mängisch gseit, wem-mä-n-äso eppis findi, sä sell mä-n-eppä-n-eppis darzüe tüe, und wennd's nur äs Mässerli syg uder ä Hüet, susch tiäg-si-si wider schliäßä. Und so isch-es brezys!« Ähnliche Erlebnisse erzählten mir auch andere Personen aus dieser Gegend. Die Geschichte wurde mir 1920 von Waldi-Baschis Sohn bestätigt mit der Behauptung, sie sei sicher wahr. 8. Pfarrer Alois Regli († 1879) in Wassen hat Folgendes aus dem Munde des Kaplans Meyer († 1871) von Ursern, genannt der »chly Herr«, eines eifrigen, weithin bekannten Kristallsammlers, gehört: Eines Tages spazierte ich in den Gassen von Andermatt. Da sah ich mehrere Kinder miteinander »detzlen«. Ich gehe zu ihnen und entdecke, dass sie zwei sehr wertvolle Bergtopase zum Spiele gebrauchen. »Woher habt ihr diese zwei schönen Steine?« frage ich. »Meine Mutter hat sie mir gegeben,« antwortete ein Knirps. Ich begebe mich sofort zu dieser Frau und erkundige mich bei ihr. Sie erklärt: »Die Steine habe ich in der Unteralp gefunden; sie hingen in einer Felsenhöhle, und, wenn Sie wünschen, kann ich Ihnen einen ganzen Korb voll solcher herbeiholen.« Freudig nehme ich das Anerbieten an und verspreche der Frau, die Steine gut zu bezahlen. Sie machte sich auf den Weg, um an dem ihr so wohlbekannten Orte die gewünschten Strahlen zu holen. Doch Höhle und Topasschatz waren verschwunden. Professor Josef Wipfli von Wassen, 1910 9. Ein Wassner, der noch lebt, war einst am Schysslaue-Schyen beschäftigt. Er wollte ein wenig g'hirmen und setzte sich deshalb auf einen Stein. Da tat sich auf einmal vor ihm ein grosses Loch auf im Erdboden, und da drinnen steckte ein Strahlenzinken am andern, einer schöner als der andere, und zu innerst sah es aus wie ein Altar, so schön aufgebaut, wie von kunstgeübter Menschenhand. »Jetzt gehst du heim,« sagte er sich, »und sagst, was du gesehen, und morgen holst du mit Hilfe von Kameraden die herrlichen Strahlen.« Gedacht, getan. Aber am folgenden Tage suchten sie vergeblich. Er hätte, bevor er heimging, sein Nastuch darauf werfen und zurücklassen sollen; dann wäre der Schatz nicht verschwunden. 10. Ein anderer Mann der nämlichen Ortschaft traf am Hörnli ob Wassen einen schwarzen Stein an von der Grösse und Gestalt eines Totenbaumes; ein höchst merkwürdiges Stück! Er probierte ihn zu heben, war aber dazu nicht imstande. Als er Hilfe herbeigeholt hatte, war der wunderbare Kristall nicht mehr zu finden. – Das sind denn aber zwei wahre Geschichten! Emil Baumann-Muther, 35 J. alt 11. Ein Mann von Spiringen lenkte seine Schritte dem Brunnital zu. Unterwegs sah er sich genötigt, der unerbittlichen Natur einen kleinen Tribut zu entrichten. Zu diesem Zweck begab er sich in das Gädemli in der sogenannten Altenrütti. Während seiner Verrichtung sah er auf einmal ungezählte, glänzende Goldstücke auf dem Boden umher liegen. Sobald er sich aber erhob und den Mammon sich aneignen wollte, war die ganze Herrlichkeit verschwunden. – Hätte er vorher, so glaubte der Erzähler, schnell sein Skapulier oder das Bätti darüber geworfen, so wäre es nicht so misslich gegangen. Mitgeteilt: Pfr. Jos. Arnold 12. In der Harnischplangg zu Realp fand ein Geissbub eine Pfanne voll Gold. Er legte einen Schuh dazu; als er jedoch am Abend die Ziegen zutale trieb, war der Schuh noch da, aber die Pfanne mit dem Gold war verschwunden, versunken. Michael Simmen, 68 J. alt 13. Eine Wassner Familie hatte im Meiental tagsüber gearbeitet. Beim Nachhausegehen am Abend blieb eines ihrer Kinder im Fehdenwald zurück, und erst, als die Eltern und grössern Geschwister schon fast daheim waren, holte es sie wieder ein, brachte aber zwei alte Krontaler mit. Gefragt, wo es diese gefunden, sagte es, im Fehdenwald habe es deren ein ganzes Gänterli voll gesehen. Am nächsten Tage suchte die ganze Familie, wie man leicht erraten wird, gemeinschaftlich den wunderbaren Schatz, fand aber zu ihrem grossen Bedauern kein Gänterli und keine Krontaler. Fr. Walker-Baumann, 80 J. alt, Gurtnellen 14. Ob dem Ried hinter Amsteg, nordöstlich der Langlaue ob (?) dem Wald, findet man uraltes, kolossal festes Gemäuer und tiefe Löcher in dem Erdboden. Man nennt es »Heidägmyr«, weil es von Heiden, die hier nach Erzen gruben, soll erbaut worden sein. Zwei Geissbuben fanden hier eines Abends, als sie die Geissen heimtrieben, drei Häfen voll Gold. Sie dachten, »das entgeht uns nicht«, trieben die Herde heim und begaben sich am folgenden Morgen dahin, um den Schatz zu holen. Der war aber verschwunden. Ambros Zurfluh, Silenen, 70 J. alt Am Abhang des Bristenstockes ob dem Ried finden sich das Schmittental, die untere und die obere Schmitten-Egg; dort stösst man ebenfalls (wenn nicht identisch mit dem obgenannten Heidengemäuer) auf alte Mauern und Erdhöhlen. Dort sollen Heiden nach Erzen gegraben haben. Ihre kleinen Kühlein, die laufen konnten wie Ziegen, trieben sie auf die Schmittenplatten zur Weide. Jos. Zgraggen, Rütlipächter 15. An einem sonnigen Karfreitag war es während des Vormittagsgottesdienstes, als einige »Gofä« in der Burgruine Attinghausen spielten und da plötzlich auf eine Menge silberner Platten stiessen, die lustig im Glanz der Sonne funkelten. Eine davon, aber nur eine, denn sie ahnten den Wert ihres Fundes nicht, nahmen sie mit nach Hause. »Aber Chindä, wohär hennd iähr etz diä Plattä? das isch ja lütterleetigs Gold!« fragte freudig erstaunt der Vater. – »E, uß der Burg; dert sind nu ä ganzä Hüffä!« Man kann sich denken, dass die guten Leute sofort eifrigst nachforschten, aber, o jerum! Da waren nu hooch nu nooch keine mehr zu finden. David Imhof, 45 J. alt, Seedorf, u.a. 16. Marianna Ziegler, geb. Hartmann, zu Bauen, aber gebürtig von Attinghausen († 1900, 80jährig), erzählte ihren Kindern: »Ich und andere Gofä spielten eines Tages im Gemäuer der Burg, und da lagen soviele Fünfliber auf dem Boden herum, dass wir damit grosse Beigen und Rollen machen konnten. Einige davon nahmen wir mit uns heim, als wir aber zu Hause anlangten, hatten wir statt der Fünfliber nur mehr Steinplättchen in den Händen.« Marie Ziegler, Bauen Fußnoten 1 Das Kupferkesselchen, in dem die Älpler ihre Speisen kochen. Der Reisbrei, Fänz und ähnliche Speisen werden darin auf den Tisch gebracht und daraus gegessen, Kaffee, Milch, Süffi aber im Fräßmuttli aufgetragen. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


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Vor vielen Jahren stiegen drei Männer gegen Mitternacht zur mittleren Burg auf den Wartenberg, um einen verborgenen Schatz zu heben. Während zwei mit Hacke und Schaufel hantierten, musste der dritte aus einem Beschwörungsbuch rückwärts vorlesen. Schon stiessen die Grabenden auf eine eiserne Kiste, als der Lesende plötzlich den gehörnten Teufel neben sich stehen sah und mit einem lauten Schrei das Buch fallen liess. In diesem Augenblick rollte der Aushub, wie von unsichtbarer Hand gescharrt, in die Grube zurück und füllte das Loch vollständig aus, so dass man am anderen Tag keine Spur der Grube mehr sah. Die Männer waren erschreckt den Berg hinab geflohen und schweissgebadet in ihrer Behausung angelangt. Wartenberg Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Schatzgräber auf Reichenstein

Source: Schatzgräber auf Reichenstein

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Die Begierde nach Geld trieb schon vor vielen Jahren Einige, bei der Ruine Reichenstein die Erde zu durchwühlen. Es wurde ein Magister der schwarzen Künste aufgesucht und mit ihm gedungen, um welchen Preis er das verborgene Geld heben wolle. Der Meister erschien und benutzte die Leichtgläubigkeit der Dummen. Er gebot bei der Arbeit gänzliches Stillschweigen. Als sie eifrig drauflos schaufelten, kroch zufällig eine Schnecke vorüber. «Potz Blitz, eine Schnecke!» rief plötzlich ein Arbeiter, sein Gelübde vergessend. Jetzt war alles vergeblich gewesen. Auf den ersten Laut senkte sich der Schatz in eine bodenlose Tiefe. Reichenstein und Birseck Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Schatzgräber bei Waldhausen

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Schatzgräber bei Waldhausen Die hiesigen Burgherren waren so verhasst, dass die benachbarten Bauern beschlossen, deren Sitz zu zerstören. Da ihre Mittel zu einer erfolgreichen Belagerung nicht ausreichten, gingen sie daran, die Burg in etlichen Nächten heimlich mit Stollen zu unterwühlen, worauf sie wirklich einstürzte und ihre Bewohner samt vielen Schätzen im Schutt begrub. Später wollte man die letzteren natürlich wieder hervorsuchen. Zu diesem Zwecke kamen ein paar beherzte Männer an einem Karfreitag hieher. Da seien ihnen, wie die Alten erzählten, einige Burggeister erschienen und hätten gesagt, sie sollten in der folgenden Nacht weissgekleidet zur Arbeit antreten und zuerst den noch vorhandenen Markstein in der Mitte der Ruine ausgraben, denn darunter befinde sich der Schlüssel zur Eisentüre, hinter welcher zwei schwere Schatzkisten verborgen seien. Die eine davon dürften sie behalten, den Inhalt der andern aber müssten sie für kirchliche und wohltätige Zwecke verwenden. Zudem sei den Männern anbedingt worden, sie sollten bei der Arbeit kein Wort reden, die Sache nicht ausplaudern und fertig sein, bevor man in Kaiserstuhl am Morgen Betzeit läute. Die Schatzgräber hätten nun emsig gepickelt und geschaufelt und die erste Truhe schon fast in ein nahes Haus getragen, als unvermutet das frühe Glockenzeichen ertönt habe, und jener Teil der Kiste, der noch nicht ganz unter der Dachtraufe gestanden habe, sei plötzlich verschwunden. Der Rest sei aber noch so wertvoll gewesen, dass die paar Männer dadurch zu einem grossen Vermögen gekommen seien, und zudem hätten sie durch ihre Bemühungen fast alle jene Burggeister erlöst. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Unterland Wörtlich nach Hedinger, S. 29. Seine Quelle: Bolleter, S. 232; E. Zehnder, Nacherzählung der Sage in „Zürcher Chronik“ 2, 1956, S. 36   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


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Unter Anführung eines Fremden (eines Berners) gruben 1726 fünf Leute im Krautgarten des Jakob Ab(b)t nach einem Schatz. Dessen Frau hatte «schon zum dritten mahl beobachtet und gesehen etwas, so weiss und gelblecht (gelblich gewesen und wieder in boden geschloffen seye.» Ein Gewährsmann erzählt, die Schatzgräber seien auf einen viereckigen Stein gestossen. Der Mann habe befohlen, «mann sollte den Stein gar hinweg thun, da seye gleich alles in c . v. Rossmist verwandlet worden.» Ein anderer hinterlegt, sein Sohn habe im Krautgarten die Lichter gesehen und sei hingegangen, um zu sehen, was vorgehe. Da «seye er eines schwartzen Hunds gewahr geworden, der Ihne je länger je grösser, ja endtlich gar wie ein c. v. Pferdt dunckte und ihme einen solchen Schreckhen eingejaget, dass er sich ohnverzuglich davon und nacher Haus begeben.» Arisdorf-Olsberg Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


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Man findet in unfernen Zeiten Menschen, und ich selbst habe deren manche gekannt, welche auf das Schatzgraben all‘ ihr Herz, Sinn und Gemüt samt Hab und Gut setzen. Sie dringen vermessentlich in die Höhlen, Klüfte, in alte zerfallene Gebäude, seit dem Heidentume her, obschon es hie und da einem schlimm dabei ergangen ist   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Bei dieser Sager gibt es keine genaue Zuordnung zu einem der fünf Kantone. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


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Source: Schatzgräberei

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Im Gruet war etwa um das Jahr 1870 herum unter dem Besitzer Mosbach, einem Mülhauser Fabrikherrn, eine Wahrsagerin. Diese erklärte, zwischen dem Gruet und den Pappeln liege ein Schatz in der Erde verborgen. Jede Nacht wurde darauf von zwölf bis ein Uhr von mehreren Arbeitern nach dem Schatz gegraben. Die Wahrsagerin hielt dabei eine Wünschelrute in der Hand. Diese habe sich auf unerklärliche Weise gebogen. Das nächtliche Schatzgraben lockte viele Leute aus dem Dorf ins Gruet. Auch meine Mutter sel. erzählte mir, sie sei mit anderen Leuten einmal nachts ins Gruet gegangen, um zuzuschauen. Die Arbeiter hatten schon ein grosses Loch in die Erde gewühlt. Niemand durfte während der Arbeit ein Wort reden, sonst versänke der Schatz nach Aussagen des Weibes tiefer in die Erde. Das Graben nach dem Schatze wurde dann von der Regierung in Liestal verboten. Münchenstein Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Schatzgräberei auf Burghalden

Source: Schatzgräberei auf Burghalden

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Schultheiss Bernhard Strübin meldet am 20. März 1727 nach Basel, «dass auch auf dem Burghaldenberg bei dem sogenannten Schloss Spuren von Schatzgräberei zu finden seien». Der Beklagte Wilhelm Gysin, Schuster, sagt u. a. aus: «An der Stelle am Burghaldenberg habe ein alter Schmied namens Hans Heidelman (doch wohl: Heinzeimann) gesagt, "es bleib kein Schnee da, werd gewiss Gelt da verborgen sein".    . Ein anderer Beklagter sagt aus, Heinrich Fiechter von Liestal habe eine Haselrute und sie «gegen einem Loch gehalten» und behauptet, da sei etwas. Er habe ein «kleines Zedulein» abgelesen, damit böse Geister keine Macht haben sollten; «es habe ihne gedunckt, es seye so ein Cathohlisch Affairen gewesen ...» Liestal Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Schatzgräberei auf dem Galms und auf Berg

Source: Schatzgräberei auf dem Galms und auf Berg

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Jahr 1727. Heinrich Füchter (Fiechter), Posammenter und Taglöhner von Liestal, hat von einem Solothurner ein Zauberbüchlein. Er hat bereits vor anderthalb Jahren auf dem Calmen (Galms) ein Loch gegraben, «weil es daselbst getönt.» Geistliche von Dornach und Arlesheim und der Nachrichter von Hüningen sowie ein «Bub von Wyl» seien «auf dem Feld gegen Selbisperg» neulich graben gegangen. Der Bub habe auf dem Berg ein Glas hervorgezogen und mit mitgebrachtem Wasser gefüllt, «darnach darein geschaut und gesagt, es hab etwas daherumb.» Diese Geistlichen haben daselbst ein Craiss gemacht, daraufhin haben sei gegraben.» Der Knabe habe den Beklagten nicht ins Glas schauen lassen, «mit dem Vorgeben, es müss einer ein Fronfasten Kind seyn». Er habe zuerst auch gegraben, «weilen er aber in werendem Graben geredt, hab er darvon müssen». «Ursächer» des ganzen sei «ein c. v. Stier… gewesen, dann sein Bruder hab diesen Stier auf dem Berg bei Selbisperg durchgeführt; er hab aber nicht können darüber bracht werden und hab es auch daselbst gedönt …» Liestal Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Schatzgräberei bei den «neun Thürmen» und im Dorf (1727)

Source: Schatzgräberei bei den «neun Thürmen» und im Dorf (1727)

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a) Der Angeklagte Jacob Abt von Aristorf, 61jährig, sagt aus: «Nach Augst zu den "neun Thürmen" sei er von Wilhelm Gysin (Schuster in Liestal) geholt worden, da dort eine goldene Krone und ein Scepter lige; er habe aber dort nicht gegraben.» Wilhelm Gysin sagt aus: «Bei den "neun Thürmen" hätten sie gebetet: "Wer Gott vertraut, hat wohl gebaut" und "O höchster Gott" und "Unser Lieber Herr", welches Er auss einem Psalmenbuch Ständligen gelesen. » b) Die Schatzgräber benützten Zauberschriften und ein in Basel am Spalenberg gekauftes Harnglas, tauglich zum Entdecken von Dieben und von verborgenen Schätzen. Die Hauptangeklagte Anna Saxer sagt aus, in dem Haus «spuckte» es; es sei da «Ein Geist ... der gantz weiss… Sie habe in der Cammern geschlaffen und nicht ruhen können, weil bald etwas gefallen, gebolderet oder als wenn man etwas ausschütte gewesen.» Ein anderer Bewohner sagt aus: «Man sehe ein Lichtlein im Hauss herumb fahren wie ein angezündet Schwebelhöltzlin. Sein Fraw und Er sehens öffters und komme des Nachts noch alzeit bis in Ihr Stuben ... Es komme zu Zeiten biss ins Bett.» Mehrere Beklagte haben in dem Glas den Schatz gesehen; die Hauptangeklagte «habe auch ins Glass gelugt... und in einem Tröglein ein guldenen Scepter und Cron gesehen.» Augusta Raurica Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Schatzhöhle bei Bellikon

Source: Schatzhöhle bei Bellikon

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Nahe beim Dorfe Bellikon ist eine Höhle, von der sich das Volk noch jetzt vielerlei Vorgänge erzählt. Man hütet sich überhaupt, jenen Platz zu betreten wegen des Gelärmes, das man in seiner Nachbarschaft häufig hört; gleichwohl weiss man, dass der Eingang zum Geklüfte alle Morgen sauber gekehrt ist, ohne dass jemals eine Fussspur dort in Staub und Gras sichtbar gewesen wäre. In der Tiefe steht eine goldgefüllte Truhe, und eine weiss gekleidete Frauengestalt bietet vom Schrankdeckel herab den Schlüssel. Ohne einen Laut muss man bis zur Hinterwand hinschreiten, das Weib vom Kasten heben und auf die Erde stellen, ihr den Schlüssel abnehmen, aufschliessen, um sich so viel des Goldes daraus zu nehmen, als man will; hierauf sorgfältig wieder verschliessen, das Weib auf die Truhe zurück heben und ihr den Schlüssel wieder wie vor einhändigen. Mehrere Männer, die dies zu thun versucht, sind schlimm dabei weggekommen. Der letzte Waghals hatte schon eine grosse Summe in seinen Zwilchsack gefüllt und schien mit Allem fertig. Er wollte nun der Jungfrau nur noch den Schlüssel wieder in die Hand geben; da habe sie denselben mit seinem ganzen Gewichte ihm auf die Nase fallen lassen. Es that ihm so weh, dass er unwillkürlich einen Fluch ausstiess. Augenblicks war er aus der Höhle geworfen und fand sich in eine Dornenwildniss versetzt, die sein Auge noch nie zuvor gesehen hatte. Nach langer Zeit erst und sehr gealtert kam er wieder in sein Haus zurück. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 249 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Schatzhütende Tiere

Source: Schatzhütende Tiere

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1. Ein Jüngling wollte einen Schatz heben, der von einem Gespenst behütet war. Dieses reichte ihm Schaufel und Grebel und deutete ihm schweigend, er solle da graben. Er grub und fand drei schwere Kisten. Auf ihnen hockten drei grässliche Tiere, eine Kröte, eine Schlange und ein Drache. Das Gespenst gab dem Jüngling durch Zeichen zu verstehen, er solle ihnen mit der Schaufel reiken. Da kehrte er sich um und schlug mit abgewendetem Angesicht auf sie ein. Jetzt wurde das Gespenst auf einmal weiss und offenbarte, es könne erlöst werden, wenn er eine Anzahl heilige Messen für's lesen lasse. Josef Baumann, 80 J. alt, Gurtnellen 2. I dä Frauwänä – mä seit au i dä Chöpfänä – a der Fronalp obä (ob Sisikon), da syg au ä Schatz gsy, und ä Chrott heig-ä müäßä vergaumä. Der Schatz syg dä verschwignä Mülärä, hets gheißä. Da syg einisch ä Frendä chu, ich glaubän,-äs syg ä fahrändä Schueler gsy, bastä-n-ämal än ußgfixtä, gvysiärtä Fink. Und der heig diä Chrott au g'seh und heig gseit: Das ist eine Krott wie ein Ofen, Augen hat sy wie Scheiben, Mit den Taapen winkt sy, man solle kommen; Ja, welcher Teufel soll da kommen? Einä heig-ä duä einisch überchu, der Schatz, aber wiä, das chan ich nitt sägä. M. Josefa Aschwanden, 75 J. alt, Sisikon 3. Im Judsfad ob der Rotgand in Meien ist seit der Franzosenzeit ein Schatz verborgen, der von einem Fuchs bewacht wird. Jos. Baumann, 80 J. alt, Meien Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Schatzhütende Tiere (Schlösslein zu Seedorf)

Source: Schatzhütende Tiere (Schlösslein zu Seedorf)

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Der Schatz im Schlösslein zu Seedorf wird vom Bösen behütet; aber am Karfreitag oder auch am Palmsonntag »under-em Passion, da müeß er drab, da müeß er fliäh«. »Meine Mutter hat vom Schopfli aus, wo wir daheim waren, jeden Karfreitag ein Tier, so gross wie ein Kalb, gesehen, das bei Beginn der Passion zum Schlosstor herauskam und sich unter einen Obstbaum in der Matte legte, bis die Passion in der Kirche gelesen war, worauf es wieder ins Schloss zurückkehrte.« Hans Exer, 80 J. alt Andere sagen bestimmt, es sei ein Hund gewesen, und erzählen das nämliche; doch sei er nur herausgekommen, wenn es unter der Passion ganz hell und keine Wolke am Himmel zu sehen war. Wäre jemand unterdessen ins Schloss hinein, so hätte er den Schatz gewinnen können. David Imhof, 45 J. alt, u.a. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Schatzhütender Drache

Source: Schatzhütender Drache

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Auf Tannen, einer hohen und wilden Alp in Obwalden, den Kilchern von Kerns gehörig, gibt 's eine Höhle, deren Ende man noch nie erreichen konnte. Man nennt sie das Vikeloch. Darin soll eine verwunschene Jungfrau sein. Sie und ihren Kasten voll Geld bewacht ein feuersprühender Drache und beide kann nur ein kühner Jüngling gewinnen und erlösen, der es trotz Drache und all seinem Treiben wagt, die Jungfrau bei der Hand zu ergreifen und zu heiraten.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Schatzkammer

Source: Schatzkammer

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Frau Brand im Dorfe Spiringen will Folgendes erlebt haben: Unser mehrere Kinder unterhielten uns »zwischen den Stöcken« in der Alp Wängi (am Nordabhang des Kinzigpasses) mit allerlei Spielen. Auf einmal befand ich mich ganz allein, und nun sah ich vor mir eine deutliche Treppe in den Erdboden hinunter gehen. Ich stieg hinab und kam in einen ausgedehnten Gang, dessen Wände glänzten wie pures Gold. Da lief ich schnell hinaus und holte die Gespanen herbei; aber jetzt konnte ich die Treppe um keinen Gugger mehr finden. Erzählt von ihrem Sohne Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Schatzsage von der Randenburg

Source: Schatzsage von der Randenburg

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Auch von ihr [der Burgruine] ging unter dem Volke die Sage, in den Kellern seien große Schätze verborgen. Ein Betrüger oder „Leutverführer” machte sich diesen Glauben im Jahr 1600 zu Nutzen. Er bewog einige Bauern von Schleitheim, im alten Schloss nach Schätzen zu graben; sie räumten mit grosser Mühe den Turm aus, fanden aber nichts als „eine alte, wohlgemalte und gebrannte Ofenkachel und ein kleines Küh- oder Stierglöcklein“. Der Betrüger machte sich während der Arbeit mit dem ihm vorgeschossenen Gelde aus dem Staube.     Aus: R. Frauenfelder, Sagen und Legenden aus dem Kanton Schaffhausen, Schaffhausen 1933. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Schellenpeter am Hallwiler-See

Source: Schellenpeter am Hallwiler-See

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In einem Aargauer-Dorfe am linken Ufer des Hallwiler-Sees, man weiss es nicht mehr näher zu bestimmen, lebte ein junger Schmied, der Peter Mangold hiess. Es muss dies schon vor gar vielen Jahren gewesen sein, denn ein Geschlecht dieses Namens kommt nun am ganzen Seegestade nirgend mehr vor. Er war ein fleissiger und braver Mensch, der vom Morgen bis in die Nacht an seiner Esse stand. Seine Hände wurden hart, aber sein Herz blieb sanft, er nährte und pflegte die Mutter mit kindlicher Liebe, er verliess das Haus niemals, um für sich einem Vergnügen nachzugehen, das er mit der alten Frau nicht hätte theilen können. Doch wenn die Fasnachtszeit heranrückte, da wurde der Peter regelmässig unruhig. Er singt ja stundenlang Hopser und Walzer, sagte dann die Mutter, und Hammer und Ambos muss ihm zu seiner Tanzmusik mithelfen! Wenn alsdann im Dorf zum Tanz aufgespielt wurde, war er freilich der Erste am Platze, der Leichteste im Tanze, der Artigste gegen die Tänzerinnen, der Freigebigste gegen die Musikanten. Bei einer solchen Fasnachtsgelegenheit hatte sich der Peter mit Seinesgleichen vermummt. Als sie zusammen den Tanzboden betraten, trug er an Kappe und Wamms eine so unzählige Menge kleiner Glöcklein und Schellen, dass man ihm einmüthig von Stund an den Scherznamen Schellenpeter gab. Die Mädchen wollten diesmal gar nicht von ihm lassen, er musste tanzen wie der Wirbelwind, bis er bei der Hitze im übervollen Saale und in dem Gewichte seiner Verkleidung kaum mehr athmen konnte. Er öffnete ein Fenster und kühlte sich in der Winterlust ab, die schneidend hereinzog. Schon nach ein paar Minuten fühlte er sich sehr unwohl, und als man ihm die Maske abnahm, war sein Gesicht so weiss wie der Schnee, der vor dem Fenster lag. Gleichwohl wollte er heute nicht zu den Schwachen gerechnet sein, noch einmal machte er sich mit aller Kraft an den Tanz. Kaum war er zwanzig Schritte weit gesprungen, so riss ihn der Schwindel zusammen, er war auf der Stelle todt. So war er eigentlich tanzend gestorben. So oft es nun später in Mangolds Dorfe und Nachbarschaft wieder Tanzmusik gab, liess es ihn im Grabe nicht ruhen, und ein hundertfaches Getöne von Glöckchen und Schellen, wie er an seinem letzten Freudentage damit behangen war, durchzog lustig die ganze Gegend. Und wo ein Tänzer erhitzt sich unvorsichtig in die Zugluft stellen wollte, da erschien Mangold mit warnend erhobenem Zeigefinger, sobald man aber seines Winkes achtete, verschwand er wieder unter hellem Schellenklang. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 297 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Scherz und Ernst

Source: Scherz und Ernst

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Öfters hatten zwei Jäger im Schachen zu Erstfeld gejägert. Eines Abends fiel es dem einen von ihnen ein, dem andern, den er in der Nähe wusste, Furcht einzujagen. Er stülpte seinen dicken Kaput über den findigen Kopf, stellte sich an eine oder zwei Erlen und schüttelte diese, dass es ganz ordentlich rauschte. Der andere kam wirklich herbei, nahm aber, sobald er die vermummte Gestalt erblickte, mit einem Angstschrei Reissaus, selbstverständlich zum grossen Ergötzen des erstern. Am nächsten Abend ging der lose Bursche auch wieder auf die Pirsch. Diesmal hörte aber auch er die Erlen rauschen und erblickte eine sonderbare Gestalt. »Ähä«, denkt er, »dem ist's doch nachträglich in den Sinn gekommen, wer ihn gefoppt; aber mich muss er nicht haben!« Und lachend geht er auf die rauschenden Erlen und die rätselhafte Gestalt los. Aber da taucht plötzlich ein furchtbares Wäuti vor ihm auf. Einen lauten, gellenden Schreckensruf ausstossend, macht er schleunigst kehrt und springt in grossen Sätzen davon. Aber das Gespenst verfolgt ihn ohne Gnade und Pardon bis zu Haus und Heim. Seither ging er niemals mehr auf die Jagd, und noch weniger hat er je wieder einmal zu fürchten gemacht. David Imhof, 45 J. alt, Seedorf Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Schicksal eines Rindes

Source: Schicksal eines Rindes

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Ein Mann hatte in der Alpe Vereina ein Rind verloren, fand es aber bald wieder. Es war Nacht geworden, und er suchte Unterkunft in der Hütte, für sich und sein Rind. Kaum hatte er aber eine Weile geschlafen, wurde er durch ein Geräusch aufgeweckt, und da erblickte er zwei Männer, welche, ohne den Besitzer des Rindes zu befragen, dasselbe schlachteten, dann ein Feuer anmachten, um einen Teil des Fleisches am Spiesse zu rösten.Die zwei Fremden rösteten und assen, bis sie das ganze Rind aufgezehrt hatten. Nur ein ganz kleines Stückehen davon bot Einer dem Closterser hin, der nahm, und ass es. Als sie fertig waren mit der Malzeit, nahmen sie die Knochen und wickelten selbige in die Haut ein, mit den Worten: »Stehe auf, und sei, was Du gewesen bist, aber in einem Jahre sollst Du kommen, und auf der gewölbten Brücke in dieser Alp den Tod finden.« Das Rind stand wieder auf, und war, wie vorher, - es fehlte ihm nur das kleine Stücklein Fleisch, das er (der Closterser) selber gegessen hatte. Im folgenden Jahre kam das Rind wieder zur Alpe, und es erging ihm wirklich so, wie die zwei Männer vorausgesagt hatten. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Schiesszauber

Source: Schiesszauber

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Jacob Jauslin, Posamenter von Liestal gesteht 1692, er sei vor zwei Jahren mit Hilfe eines Niederdörfers und eines Zunzgers «vermittelst zweyer zusammengebundenen leiteren auff das Hochgericht (Galgen) gestigen» und habe «einen allda gestandenen menschen-kopp herunder genommen und mit sich nach haus getragen, auch sich desselben zur giessung der kuglen, deren er sich im schiessen gebraucht, auff ein gewisse abergläubische weis bedient.» Liestal Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Schilligloch

Source: Schilligloch

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Früher war der Kilbizystig zu Näfels noch hoch in Ehren gehalten, denn da kam die Bauernsame zum Oberseemarkt zusammen und handelte und festete auf ihre Art, und nach so einem Markttag zog ein Bauer langsam wieder seiner Alp am Rütiberg zu, Schritt für Schritt. Er war guter Laune, denn er hatte das Rindli, das er aufgezogen, um gutes Geld verkauft, und die Gulden klimperten in seinem Hosensack ein kurzweilig Lied. In Gedanken legte er sie alle, ohne auch nur einen einzigen aufzubrauchen, in den heimlichen Strumpf, den er seit Jahr und Tag unter dem Laubsack verborgen hielt und den er jeden Regentag, wenn er mutterseelenallein auf der Alp war, nachzählte, denn der Geiz ist ein übles Laster. So kam er denn nach einer knappen Stunde gemächlichen Schrittes vor das Alpgatter. Da schaut er sich nach allen Seiten um, ob keiner ihn sehen möchte, und zieht den bockledernen Beutel aus dem Sack, um seine Barschaft in aller Ruhe nachzuzählen. Wie er sie aber auf einen flachen Stein ausschütten will, da fällt ihm ein Schilling ins Gras, und so schnell er sich auch bückt, er entrinnt ihm und schlüpft in ein Loch. «So fahr i d Hell, Trabant!» flucht er und schaut ihm nach, wie er tiefer und tiefer rollt, als grabe er sich selber ein Loch in den Erdboden, immer tiefer und tiefer durch dicke Wurzeln und hartes Gestein, durch Klüfte und Höhlen bis in die Mitte der Welt, wo der Teufel daheim ist. Und da sah der Bauer auf einmal mitten in Höllenglut und Glanz hinein und erschrak wie nie in seinem Leben. Dass er sich aber eine Lehre daraus gezogen und vom Geiz gelassen hatte, davon weiss niemand etwas. Ob er das Loch später wieder gefunden hat, ist nicht sicher und heute weiss kein Mensch mehr genau, wo er es suchen müsste.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Schimmelreiter

Source: Schimmelreiter

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In der Weihnachtsnacht reitet aus der Häfleten ein Mann mit einem Schimmel. Er führt noch eine Kuh mit sich, die er beim Wasenhaus unterhalb Tenniken verscharrt. Ein anderer Schimmelreiter erscheint jede Silvesternacht in Zunzgen und trabt durch den Graben zum Bach hinunter. Dort wäscht er sich und verschwindet beim zwölften Glockenschlag wieder im Graben. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Schimmelreiter in Gättibuch bei Linn

Source: Schimmelreiter in Gättibuch bei Linn

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Wer von dem Dörfchen Linn am Bözberge südwestlich sich wendet gegen die aufsteigenden Höhen, der kommt an einen Wald, der recht eigentlich in seiner Mitte eine lustige Wiese hat. Der schöne Wald war ein uraltes Eigentum der Linner, aber ihre Urkunden darüber waren längst verloren oder in der Gemeindekiste verfault. Nun hatten die Thalheimer, die jenseits des Berges wohnen, ihr Auge ebenfalls auf dieses Besitztum geworfen, und wie man sie jetzt noch Hegel und Wetzer heißt, so hieben sie sich da nun ungefragt ihr Holz und frevelten so frech, dass man sie in Thalheim beim Vogte anklagte. Da aber hieß es nun gar: der Wald ist der Thalheimer. Die Linner aber ließen es nun auf einen Landtag ankommen und der Vogt sollte entscheiden. Mitten im Walde auf der schönen Wiese versammeln sich beide Gemeinden; wer unten nicht Platz findet, steigt auf die Bäume, die Äste wimmeln und schwanken von Zuschauern. Plötzlich wird's stille, es bildet sich durch die Menge ein Weg und hoch zu Ross zieht der Landvogt, mit dem Federhut auf dem Haupte, hindurch und auf das Gerüste los, das im Kreise für ihn aufgezimmert ist. Er sitzt ab, aber die Bühne besteigt er nicht, damit man den Schwur ja nicht missdeute, den er jetzt sprechen soll. Nun erhebt er die Hand und streckt drei Finger auf, alles zieht den Hut, nur er bleibt bedeckten Hauptes und spricht: „Bürger von Linn und Thalheim, höret! So wahr ich meinen Schöpfer und Richter über mir habe, so wahr stehe ich hier auf dem meinen und der Thalheimer Grund und Boden!" Sogleich verließen alle Linner in höchster Entrüstung die Gerichtsstätte; aber schon am nächsten Morgen kam die Nachricht, es sei der meineidige Vogt auf dem Heimritte vom Blitz erschlagen worden. Als seine Getreuen ihm beistehen wollten, fanden sie in seinen Stulpstiefeln Erde, die er nach dem Wortlaute seines Eidschwures im Thalheimer Schlossgarten drein gefüllt hatte, und unter dem Federhute stak Kamm und Schöpflöffel, die man Richter und Schöpfer nennt. Seitdem spukt es in dem freundlichen Walde, der Landvogt durchreitet ihn nachts und ruft nach allen Seiten ein wildes Hohop! Ähnliches erzählt man in Linn über den Wald Gättibuch, der an der Grenze des Linner Gemeindewaldes liegt, mit in die Dorfgemarkung gehört hat, seit langem aber das Eigentum des Dorfes Schinznach ist. Der Landvogt von Casteln, der aus seinem Schinznacher Schlossgarten Erde in den Stiefeln mittrug, unter der Alongenperücke aber seines Sennknechtes Kamm (Richter) und Kelle (Schöpfer), leistete für die reichen Schinznacher den falschen Eid. Seither reitet er alljährlich in der Frist des Landtages durchs Gättibuch; sein Pferd ist wie das mit ihm laufende Hündchen schneeweiß, in gebrochenen Worten stößt er seine falsche Schwurformel unaufhörlich aus. Weil man aber nun nicht mehr an diese Erscheinung glaubt und sie nur auf die Einbildung derjenigen schiebt, welche zu viel trinken, so sagt man dort mit einem Scherzsprüchlein: Im Gättibuch isch nid gar schön, es hed so schwarze Büschli; Mandli, wenn d’ is Wirtshûs gohst, se bring mer nu kes Rüeschli! E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Schlachtenlärm nach dem 3. August 1833

Source: Schlachtenlärm nach dem 3. August 1833

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Seit jenem unglücklichen 3. August ist die Hardt besonders, in welcher der Rückzug und die Greuelszenen stattfanden, sowie auch die Örter, wo die unglücklichen Opfer der Volkswut begraben liegen, besonders berüchtigte Spukgegenden geworden. Verschiedene Zeugnisse stimmen darin überein, dass einzelne Personen das Ächzen und Winseln der Gemordeten schauerlich hören, oder auch, ohne was zu sehen, ein beständiges Marschieren, Getümmel, Gekarr und Gefahr auf der Strasse hören. Unser ehemaliger Milchmann und Bote aus dem Schönthal will eines Morgens die Sache so deutlich vernommen haben, dass er’s kaum glauben konnte, es sei nur Täuschung. So auch ein Mädchen von Muttenz, das auf der Strasse wandelnd unaufhörlich dadurch geängstet wurde. Es war ihm, als wandle es mitten im Kriegszug. So hört man auch von Zeit zu Zeit unwillkürlich das Schiessen und Plänkeln in jener Gegend. Muttenz Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Schlächts Wätter!

Source: Schlächts Wätter!

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Äs ischd wiit anhi im Sumer gsiin und am Bbuessalp Bärgdorf. Zwee Birschtla, si hein a Tschingelfäld hälfen alpen, siin o uberhi und hein am Aben umhi hei-w-wellen. Aber si hein nummen bis am Bättenalp mege gchon und siin bim alte Jaaggelli zuehi, fir z'ubernachten. Äs ischd e stockfiischteri Nacht gsiin; hie und da hed es Stärnelli zwitzred. Si siin i d'Gaschteren und i ds Bärgheuw, um bbald hed eina na em andren afa schlafen u-r-ruussen. In dr Nachd erwached eina. Äs hed ne duuchd, är gheeri eppis. Är weckd die andren; si fräägen, was er heigi. Due seid er: »Heid ech still! Losid!" Si sitzen uf und losen. Äs isch gsiin, wie wen eina mid trochennem Hals de Chalbre chetteti: „Otsche, sä, sä, sä!" Und umhi: „Otsche, sä, sä, sä!" „Das ischd dr Vollechüejer", machd eina. Si hein no es Raschtli glosd und hei si nid derffe verroden. Aber ds alt Jaaggelli hed gseid: »I han ne schom mee gheerd. Machid den", cheerd er si zen dänen vo Tschingelfäld, „das er angäänds heichemid. Nid uber lang chunnd's mid Schnee."   Eeb's taged hed, siin all uf. Dr Wätterluft isch ggangen. Wiit um bbreitü ischd alls uberschniits gsiin. Bin Hitten ischd ds Vee gstanden und hed bbrieled, alli uber enandren us. Eimmel gued en halbe Schue Schnee hed's dargrierrd ghäben; nummen hie und da hein no es paar Fidritschi u-l-leng Hali us em Schnee virhagseen. Und all hätte zwee Schlufege megen erliiden. Die vo Tschingelfäld siin ooni z'ässen abgstossen; fläät sii si gäge Tschingelfäld, fir hälfe z'ziglen und abzfaaren. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Schlafende Soldaten im Pfinwald

Source: Schlafende Soldaten im Pfinwald

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Der alte Peter Seewer erzählte mir, zwei Männer seien einst miteinander durch den Pfinwald gegangen. Da sahen sie plötzlich seitwärts des Weges einen grossen, tiefen Schacht im Boden. Sie eilten nach Susten um sich Seile zu holen und kehrten damit zurück. Mit Hilfe der Seile stieg einer hinunter. Er fand grosse, grosse Gänge und seitlich davon unzählige Kammern. An einer Stelle sah er ein kleines Lichtlein. Dessen Scheine ging er nach, bis er in einer Kammer stand. Da schliefen eine Menge Soldaten. Einer hob den Kopf und fragte: «Wie spät ist es?» Der Leuker nannte ihm die Tagesstunde. «Nein, nicht so meine ich, welches Jahr ist es?» fragte er weiter. Als er auch diese Auskunft erhalten hatte, erklärte der Soldat: «Dann ist es also noch nicht Zeit. Wir wollen weiter schlafen, bis das Wallis wieder in Gefahr ist. Das letzte Mal ist es durch Verrat gefallen!» LEUK Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Schläfred di?

Source: Schläfred di?

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In dr Grini ischd en Jeger gsiin; där ischd z'Jag, ob Sundeg old Wärchteg; das ischd äitöö gsiin. Äis ischd er an enem häiligen Aben gen uf Figs lotzen. Den ganzen Aben anhi hed er glotzed; äs hed ne gfroren, und är hed afen ganz närrsch Hend ghäben; aber neena hed si eppes gwäigged, und äi Stund um dee ander ischd verrunnen. As hed gägem Mittinacht grickd. Döö gheerd er e Stimm: „Schlääfred di? Mi schlääfred nid." As ischd nid e Stimm gsiin wee von enem Läbenden. Gläitig ischd er gägen häin und i ds Bett. Am häiligen Aben ischd er nee mee z'Jag. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Schlange und Eidechse

Source: Schlange und Eidechse

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a) Ein müder Waldarbeiter legte sich auf der blanken Erde zur Ruhe nieder und schlief ein. Da kam eine Schlange herangeschlichen, trug ein Laubblatt im Maul, legte es dem Schläfer auf das Herz und kletterte dann eine Tanne hinan, um von da aus auf den Menschen hinunterzuschiessen und ihn zu töten. Das ersah ein flinkes Eidechslein; eiligst kroch es herbei, nahm das Laubblättchen und legte es auf einen Stein neben den Schläfer. Die Schlange schoss jetzt auf das Blättchen los und zerschmetterte ihren Kopf am harten Stein. Fr. Hartmann, 80 Jahre alt, Seedorf »Das het mä scho meh g'heert, äs Heidoxli heig einisch ammänä Mansch ds Läbä grettet.« b) Nach einer Erzählart im Maderanertal war es ein Buchenblatt, und die Schlange erhob sich in die Lüfte und wollte aus der Luft auf den Schlafenden herabschiessen. Paulina Tresch, 24 Jahre alt. c) Mein Vater hat erzählt, die Schlange habe ein welkes Laubblatt dem Schläfer auf das Herz gestellt. Da kroch zufällig ein Eidechslein über den Mann, fällte das Blatt und schob es mit sich fort. Darüber erwachte er und war gerettet. Maria Ziegler, 60 Jahre alt, Bauen d) Nach einer Erzählart aus dem Reusstal legte die Schlange ein Kräutlein auf das Herz des Schläfers. Der Gerettete suchte später oft ein solches Kräutlein, fand aber nie eines. Heinrich Gamma, Gurtnellen e) Es war ein Blättchen von einer Mattätättsche (Plantago maior), das vom Eidechslein auf eine Reusskugel gelegt wurde. Jos. Gamma, 30 Jahre alt, Gurtnellen f) Die Schlange legte ein Efeu- oder auch ein Erdbeerblatt auf die Stirne des Schläfers, bäumte sich hoch auf und wollte auf das Blättchen losschiessen und den Menschen töten. Jetzt kam eilig ein flinkes Eidechslein und nahm das Blättchen weg. Da hatte die Schlange keine Gewalt mehr. »Däheimä hennt si ys eister g'seit: tiänd doch niä keim Heidoxli nytt z'leid, diä hennt scho mängem Mänsch ds Läbä g'rettet, sy sind äs Müettergottestiärli!« Hans Exer, 80 Jahre alt, Seedorf, und a. g) Ein müder Reisender legte sich unter einen Kirschbaum zur Ruhe und schlief ein. Bald kam ein Eidechslein daher und biss ihn in ein Ohr, worauf der Schläfer erwachte und im Schrecken einen gewaltigen Seitensprung tat. Wie er sich aber besann, sah er eine Schlange, die vom Baum herabschoss und ihren Grind an einem Stein zerschellte. Sie hatte es auf ihn abgesehen; das Eidechslein hat ihm das Leben gerettet. Zum Andenken sieht man noch heutzutage an jedem Blattstiel das Bild einer Schlange mit dem Kopf gegen das Blatt gerichtet. So habe ich es in meiner Jugend zu Schattdorf gehört erzählen. Josef Maria Imholz, Handlanger, 56 Jahre alt. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Schlange und Haselzwick

Source: Schlange und Haselzwick

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Schlangen tötet man, indem man mit einem Haselzwick kreuzweise auf sie einschlägt. Man nennt das den Kreuzstreich machen. Die einen behaupten, der Zwick müsse gesegnet sein, wenn er seine Wirkung tun solle. M. Josefa Aschwanden, Sisikon, und a. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Schlangen mit Füssen

Source: Schlangen mit Füssen

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Noch jetzt leben Leute, die wollen Schlangen gesehen haben, welche nicht fusslos waren. Es sind das offenbar Erinnerungen an die fabelhaften Drachen. Die "Heggi" (Eidechsen) und der „Wättertätsch" (der Molch) gelten übrigens immer noch als giftig; wie auch die Kröte, die doch alle mit einem guten Gewissen ans Tageslicht treten.  A. Sprenger  Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 342, S. 191f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Schlangen und die Milch

Source: Schlangen und die Milch

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Schlangen und armdicke, vierfüssige Würm hausten nach Angabe meines Erzählers bei einem Gaden in einem Feld zu Silenen. Auch ein König mit goldener Krone war darunter; auf seinen Rat stellten ihnen die Leute Milch auf, und sie kamen nachts und soffen Milch und verdarben. Es waren ihrer eine ungeheure Masse. Auch der König lag tot am Boden. Die goldene Krone war so gross wie ein grosser, schöner Fingerring. Ambros Zurfluh, 75 Jahre alt, Silenen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Schlangenkampf zu Giswil

Source: Schlangenkampf zu Giswil

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Dies ereignete sich im Grossenteil zu Giswil. In den obersten Häusern dieser Gegend wohnte eine arme Wittwe mit einigen Kindern und etwas Vieh. Einst im Sommer bestellte sie den Schuster für einige Tage auf die Stör. Während dieser Zeit erzählte ihm die Frau, wie beinahe jeden Abend um vier Uhr eine grosse Schlange vom Gebirge herabkomme und dann ihr und ihren Nachbaren kleine Schafe und Ziegen fresse. Er, ein rüstiger Mann, gelüstete nach einem Strausse. Aber weder im Hause noch bei den Nachbaren fand er ein rechtes Gewehr. Da nahm er einen grossen runden Hagstecken, spitzte ihn gut und lauerte damit auf das Ungetüm. Bald nach vier Uhr schlich es vom Berge daher und der Schuster wagte gleich den Kampf, der ihm bald bang und warm genug machte, doch endlich zu seinem Vorteil endete, indem es ihm gelang die Schlange durch die Weichen zu stechen. Übel verwundet, kroch sie noch bergab und der Schuster, todmüd, verfolgte sie nicht länger. In einem alten obrigkeitlichen Protokoll soll es heissen: „Da die Gemeinde Giswil klagt, es liege auf ihrem Ried eine grosse, tote Schlange, welche einen unausstehlichen Geruch verbreite und eine Pest befürchten lasse, so befehlen wir, dass ein tiefer Graben gemacht und das Aas hineingelegt und gut mit Erde bedeckt werde."   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Schlangenkönige

Source: Schlangenkönige

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Die Schlangen haben auch ihre Könige. Diese tragen auf ihrem Kopfe eine kammartige oder eine runde Krone. Die einen sind der Ansicht, es sei dieser Kopfschmuck ein fleischiger Auswuchs wie der Kamm des Hahns; die andern, und zwar die meisten, behaupten, sie bestehe aus dem besten Golde. Das sei wohl möglich, weil sie viel goldhaltigen Staub, Sand und Erde fressen, aus dem sie die Krone bilden können. a) Eine im Kanton Glarus verheiratete alte Schächentalerin erzählte »firni gwissni Wahrchet«: »Mein Mann und ich stiegen miteinander in die Alp Rychetli hinauf, um nach unserm Vieh zu schauen, das wir dorthin zu Lehen gegeben. Im Walde begegneten uns unheimlich viele 'Wirä', fast auf jedem Steine züngelte uns einer an, jeden Augenblick kreuzte einer unsern Weg, so dass wir fast nicht genug auf unsere Füsse schauen konnten. Da sahen wir auf einmal eine ordliche Strecke vor uns auf einem Felsstück einen schwarzen Klumpen und glaubten, es sei ein schwarzes Lämmchen. Doch schlugen wir, da weit und breit keine andern Schafe zu sehen waren, diesen Gedanken bald wieder aus dem Kopfe. In der Nähe angelangt, gewahrten wir mit Schrecken, dass es ein schwarzer, ungeheurer Wurä war, der sich im Kreise zusammengerollt hatte. Aus der Mitte des Kreises erhob er seinen gegen uns gerichteten Kopf, der so gross war wie der Kopf einer Katze; die schwarzen Augen, so gross wie Kirschen, funkelten unheimlich, und das Zünglein pendelte ohne Unterlass hin und her. Auf dem Kopfe glänzte eine goldene Krone, rund wie ein Beckli, aber nicht so hoch. Das war ohne Zweifel der König der vielen 'Wirä' dieser Gegend. In weitem Bogen umgingen wir ihn, immer war sein Kopf gegen uns gerichtet.« Daniel Imholz, 50 Jahre alt, Unterschächen b) Als einst der junge Dubacher Fränzi von Häggrigen auf Schy, einem Berggut hoch ob Wyler, die Ziegen gaumte, erblickte er auf einmal eine Schlange am Boden, zusammengerollt in einen runden Knäuel, der wie ein Hutgüpfi anzusehen war. Neben ihr lag ein goldenes Krönchen. Die Schlange hob Kopf und Hals in die Höhe und züngelte und drehte, als er im Kreise um sie herum ging, ihren Kopf beständig nach ihm und schaute ihn unverwandt an. Karl Walker, Schreiner, Gurtnellen c) Unter einem Stein zu Häggrigen hausten eine Anzahl Würm, junge und alte, darunter einer so gross wie ein Rechenstiel, der hatte eine goldene Krone. Wenn er allemal auf den Stein kam und sich sonnete, konnte man sich gefasst machen, dass es »urigs Wätter« gab. Einst stupften einige halbwüchsige Buben mit einem Stock unter den Stein. Aber da pfiff es! und ein Schlangenknäuel schnellte heraus. Wären die Buben nicht bergaufwärts gelaufen, so wären sie verloren gewesen. Barbara Dubacher, 85 Jahre alt, Gurtnellen d) Ja, die Wuräkönige haben eine goldene Krone auf dem Kopfe; die andern Würm müssen ihm folgen. Wenn er seine Krone verliert, töten ihn die übrigen Würm. Wenn man an einem Bergabhang einem Wurä entfliehen will, soll man bergan laufen, bergan mag er nicht; oder seitwärts, da kommt er ins Rollen. Abwärts aber schiessen die Würm mit furchtbarer Kraft. Wenn sie aus ihren Schlupfwinkeln kommen und sich sonnen, gibt es schlechtes Wetter. Maria Anna Schmid, 78 Jahre alt, Hospental Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Schlecht gehütet

Source: Schlecht gehütet

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Ein Wächter von Mels hatte eine Kuh in der Alp Foo. Sie wollte nicht bei der Herde bleiben, und der Küher musste sie beständig im Auge behalten. Zur Essenszeit lief sie ihm wieder fort, fiel über den "Tritt" hinunter und war tot. Im Winter starb der nachlässige Hirte; im nächsten Sommer aber sahen die Hirten und auch der Proviantträger Tschirti, wie der Mann die Kuh über den "Tritt" hinauftrug. Wächter verzichtete dann in aller Form auf jede Entschädigung, und damit war der Arme erlöst. G. Tschirki. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 266, S. 144 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Schlimme Folgen des Gebetes

Source: Schlimme Folgen des Gebetes

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Auf den Alpen soll man entweder gleich von Anfang an und fleissig oder dann gar nicht beten und zu beten rufen. – Ein Hirt der Rinderhirte Fiseten betete einst den ganzen Sommer hindurch kein Wort, tat kein christliches Zeichen, und doch hatte er keinen einzigen Unfall zu beklagen. Am letzten Abend vor der Abfahrt sagte er zu den Knechten, sie wollten noch einen Rosenkranz beten zum Dank für alles Glück des verwichenen Sommers. Sie taten es. Aber am nächsten Morgen fanden sie das vornehmste Rind der ganzen Hirte tot auf dem »spitzen Nessli«, wohin auf natürlichen Wegen ewig kein Rindvieh steigen kann. Karl Brücker Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Schloss Blatten

Source: Schloss Blatten

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Zu König Rudolfs Zeiten kam Schloß Blatten an die Herren von Ramswag. Das damals stolze Rittergeschlecht verarmte mit der Zeit so sehr, dass endlich drei Brüder auf der Herrenburg den Wein selbst ausschenkten, den sie nebenan gebaut hatten. I. Weber * In dem Schlosshof zu Blatten wurde oft ein sonderbarer Fuchs gesehen, den niemals ein Jäger zu Schuss bekommen konnte. Die Burgen Blatten und Wichenstein waren durch einen unterirdischen Gang miteinander verbunden. Heinrich Hilty   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 73, S. 33 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Schloss Gräplang (Mundart)

Source: Schloss Gräplang (Mundart)

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Im alte Schloss - abr nit in dinem, wo jetz na all Mürä und Gwölbr sind; dinn vum ganz altä stoht nu meh dr säb viereckig Durä untrem Schloss - sei ämol ä bösä, stringä Zwinghärr gsi. We-n er gheissä hat, weiss mä nümä. Dar sei, wenn d'Sunne schü gschinä hei, in 's Fraugärtli chu, det untrem Schloss zuä, und hei gluagät, eb b' Burä wagger schaffen. Hei 'r dinn einä gsiä, dar nit gwärchät hat, bis 'r fast umkeit ist, sa hei är ä uf 's Schloss bschiggt, und denn hei dr Bur schu gwüsst was Lands. Ma hat nä halt eifach an ä Nussbaum bundä, wo zmitts im Gartä gsi ist, und det usklopfet, bis 's Bluät über nä abigrunä ist. Dr Zwinghärr hei zuagluagät allimol und hei wagger mügi lachä, winn dr Bur äso zapplet und gwifflet hei, 'S ist drum kei Wundr gsi, winn d' Lüt ä fürchtigi Fröhni gsi sind, wo dr Zwinghärr gstorbä ist. Nohi hat mä öbbe gära im Schloss und Gärtli gspaziert, aber no-u-nou hat mä gmerkt, dass do na nit alls subr ist; dinn z'Mittag ani Zwölsi sei regelmessig allimol ä Ma ufem säbä Nussbaum gsi und hai glachat und pfnüzerät, was er usm Hals usä brocht hei. S Gärtli ist no-u-nou verwildät, wil niemäd meh hat wellä det härä gä schaffä. Vor öbbä zwinzg Iohra ist dr Nussbaum ghauä wordä, und wo-n 'r gfallä sei, hei mä ä Gwitzg kört, und es hei nämär grüeft: "Vergelt'Z Gott, dass 'r mi indli erlöst hind. Dinn i het müassä wandlä bi dem Baum, bis 'r ghauä wordä wer, und winn's au na hundert oder na meh Iohr duret hett." Aso altä Lütä chünnt mä diä Sag gär nit usredä; ja si sägn sogar na, es tet einä viel Gäld sindä, winn 'r dr Muät het, dr säb nussbäumi Stock uszgrabe; abr si möchten nit; dinn wümm mä-n an einzigs Mol statt in Härd in Stock schlu tet mit 'm Wärchzüg, fä wer mä fertig. Sutermeister, Schwizer-Dütsch.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 295, S. 164 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Schloss Sonnenberg

Source: Schloss Sonnenberg

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Eine Viertelstunde vom schön gelegenen Dorfe Rechthalten entfernt liegt am südlichen Rande des «Farneraholzes» das Heimwesen Sonnenberg. Das zweistöckige Wohnhaus steht auf den Überresten eines ehemaligen Schlosses. Vor etwa zweihundert Jahren wohnte da ein reicher und hartherziger Ritter. Er bekleidete das Amt eines Vogtes über die Bauern der Umgebung. Schwer litten die Leute unter der Willkür und Tyrannei ihres Herrn: denn dieser begnügte sich nicht mit den grossen Zehnten und Steuern seiner Untertanen, sie mussten ihm überdies noch mühselige Frondienste leisten. Kamen reiche Geschäftsleute durch das Gebiet, so lauerte der Ritter ihnen auf und plünderte sie mit seinen Reisigen aus. Da half keine Gegenwehr. Der Raubritter mit seinen vermummten Gesellen war in der Übermacht. Mancher, der sich zur Wehr setzte, musste dieses mit dem Tode büssen. Als die Herrschaft des Vogtes unerträglich wurde, verschworen sich die empörten Untertanen gegen ihren Herrn. Sie warteten nur auf eine günstige Gelegenheit, um das verhasste Zwingherrenschloss zu zerstören. An einem schwülen Sommertag war ihnen das Glück hold. Der Vogt ritt, nichts ahnend, durch den Wald. Da stürzte unvermutet eine Schar tapferer Männer hinter den Tannen hervor auf den Vogt zu. Tapfer verteidigten die Knappen ihren Herrn. Doch dem Ansturm der wütenden Bauern konnten sie nicht widerstehen. Sie wurden alle niedergemacht; nur dem Vogte gelang es, auf seinem schnellsten Pferd nach Bern zu fliehen. Seine Familie durfte ihm ungehindert nachziehen, aber das Schloss selber wurde zuerst ausgeplündert und dann in Brand gesteckt. Der verjagte Ritter kehrte nicht wieder. Die Untertanen atmeten erleichtert auf und freuten sich der erlangten Freiheit. Die Geister der erschlagenen Kriegsknechte aber irren in den Quatembernächten im Walde herum. Der Tambour schlägt die Trommel dazu, erzählen noch die alten Leute. Davon erhielt der Ort den Namen «Sagenloch».   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Schlossmusik und Geisterwäsche

Source: Schlossmusik und Geisterwäsche

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Einer der vielen Homberge des aargauer Jura liegt gegen Oberfrick, zunächst dem Dorftheile, welcher In der Gipf heisst. Auf seinem waldigen Sattel liegt die Burg der Grafen von Thierstein; noch knüpfen sich mancherlei Erzählungen an sie über den wilden Jäger, über die landumgehende Grafenfrau, über die Freiung in der Höhe, ein Grenz-Plätzchen, das heute noch herrenlos ist und auf welchem ein ewiger Rechtsstillstand andauert. Wer am Gründonnerstag und an Pfingsten Mittags zwölf Uhr in dieser Freiung steht, der sieht ringsum über die Thäler die Wäsche von tausend Hemden und Leintüchern ausgelegt in der Sonne trocknen, und hört eine von allen Seiten her spielende Kriegsmusik, die Schlossmusik genannt. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 135 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Schlosstanne in Wirlingen

Source: Schlosstanne in Wirlingen

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Schloss Wirlingen am badischen Oberrhein ist längst zerfallen und Waldbäume wachsen auf seinen Trümmern. Sonst erschien den Kindern dorten eine weissgekleidete Jungfrau in wallenden Haaren, nun lässt sie sich niemals mehr sehen. Die Leute sagen, sie sei erlöst, und da dies erst seit neuerer Zeit sein soll, so suchen sie den Grund ihres gänzlichen Verschwindens in folgender Begebenheit. Vor einigen Jahren vermissten Eltern des Abends beim Heimkehren vom Felde eines ihrer Kinder; beim Nachforschen fand man es im nahen Bache ertrunken. Dieses Kind ist der Erlöser der Jungfrau gewesen und so sollte es selbst gleichfalls nicht lange ohne den Lohn der Seligkeit bleiben. Das Schicksal der Jungfrau war nämlich an eine der Tannen auf der Ruine geknüpft; dieser Baum aber war gefällt und zur Wiege eben jenes Kindes verschreinert worden, das seinen Eltern so früh verloren gieng. Da nun der Schlossbaum fiel und zur Wiege gemacht wurde, in welchem ein Kindlein bis zum Laufenlernen geschlafen hatte, so war das Schicksal erfüllt. So lautet die wiederholte Versicherung des Dorfschreiners, der sich noch wohl erinnert, jene Wiege gemacht zu haben. (A. Birrcher in Laufenburg.) Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 90 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Schloss Reifenstein in Baselland

Source: Schloss Reifenstein in Baselland

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Am Berge von Reigoldswyl nach Titterten zu steht die Ruine Reifenstein. Dort lässt sich einmal im Jahre am Stillen-Freitag eine Jungfrau mit einem schwarzen Hündchen blicken. Als sie einst einem armen Manne von Arboldswyl einen grossen Schatz ausgebreitet hinlegte, wollte sich dieser die Sache so bequem als möglich machen und ging schnell in die gegenüberstehenden Gebüsche, um sich Tragstecken zu seiner reichen Last zu schneiden. Ebenso schnell kam er zurück, stürzte über Baumwurzeln, und da er ärgerlich in Flüche ausbrach, war von einem Schatze keine Spur mehr vorhanden. Auch wäscht sich die Jungfrau alljährlich im Brünnlein drunten in der Wiesen-Ebene, und wiederum gelangt der zu ihren Schätzen, der sich dann nicht fürchtet, ihr die Zöpfe aufzuflechten und das wallende Haar zu strählen. Aber nicht bloss ihre Augen funkeln alsdann und blitzen, sie fängt auch an, Feuer zu schnauben, während der Erlöser ihr die hellen Flammen aus den Zöpfen kämmen muss.  Sage aus Reingoldswyl Band 3.2, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962, S. 140 - 140 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Schloss Uznaberg, 1266/67

Source: Schloss Uznaberg, 1266/67

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Schloss Uznaberg gehörte den Grafen von Toggenburg, die sich erlaubten, zürcherische Kaufteute aufzugreifen und auszuplündern. Die Zürcher machten sich unter ihrem Feldhauptmann Rudolf von Habsburg auf, um das Raubnest zu brechen. Eine vielmonatliche harte Belagerung führte nicht zum Ziel. Schon wollten die Belagerer abziehen; da warfen ihnen die Belagerten in übergrossem Mutwillen lebende Fische zu, um sie davon zu überzeugen, dass es nicht an Mundvorrat gebreche. Rudolf aber hielt es für ein Zeichen, dass die Burg einen geheimen Zugang besitze. Ein Schweinehirt verriet ihm denselben. So wurde Uznaberg genommen und zerstört. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 401, S. 230  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Schloss Wartau

Source: Schloss Wartau

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Beim Bau der Burg liessen die Zwingherren den Mörtel mit purem Weine rühren; darum ist dieser noch heute so eisenfest. U. Adank Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 157, S. 75 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Schmied und Teufel

Source: Schmied und Teufel

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Ein Schmied aus Guttet jammerte einst in seiner Werkstatt, wie es ihm auch so schlecht gehe. Arbeitsam wäre er gewesen, Arbeit hatte er auch, aber es fehlte ihm stets an Eisen. So könne doch kein Teufel existieren, rief er aus. Richtig besuchte ihn sogleich der Teufel in der Schmiede und anerbot sich, er wolle ihm genug Eisen verschaffen. Er müsse ihm nur vor Jahresablauf ein Rätsel aufgeben, das er, der Teufel, nicht lösen könne. Der Schmied ging die Wette ein und hatte während des ganzen Jahres Eisen genug. Nach einem Jahr erschien der Teufel am genau gleichen Tag, so um halb zwölf Uhr in der Nacht, und fragte den Schmied, ob er das Rätsel bereit habe. «Ja nein, nein, daran dachte ich jetzt nicht mehr!» Aber es sei ja noch nicht zwölf Uhr, und vielleicht komme ihm noch etwas in den Sinn. Der Teufel freute sich schon, jetzt sei ihm die Seele des Schmiedes verfallen. Kurz vor zwölf Uhr stellte sich aber der Schmied auf den Amboss, nahm einen Eisenschlegel, schwang ihn über dem Kopf und fragte den Teufel: «Jetzt rate, lasse ich den Schlegel vorne oder hinten hinunterfallen?» Das konnte der Teufel nicht beantworten, und so gewann der Schmied die Wette. Nach einer andern Fassung seien beide zwischen zwei Felsen gegangen. Der Schmied habe den Hammer in die Mitte genommen und fragte: «Schlage ich an diesen oder jenen Felsen?» GUTTET Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Schmützenried

Source: Schmützenried

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Einem Manne Namens Schmutz, der lieber auf der faulen Haut lag, als sich durch der Hände harte Arbeit sein täglich Brot zu verdienen, war von der Gemeinde Zweisimmen, der er zur Last gefallen, der Ruttenwald zum Reuten übergeben worden. Hier hätte er sich nach und nach eine Heimstätte gründen können. Stattdessen missgönnte er allen Leuten, die unten im Tale grüne Wiesen hatten, ihren Besitz. Eines Tages, als er sich wieder einmal bei der Arbeit in der Höhe ärgerte, stand plötzlich ein kleines Männchen neben ihm das ihn zu einer hohen Felswand führte. Mit Staunen gewahrte der Missgünstige in derselben ein grosses Tor, aus welchem heller Lichterglanz brach. Das Zwerglein sprach: «"Diese Türe die sich nur alle hundert Jahre einmal öffnet, führt zu allen Schätzen der Welt. Gehe hinein, wähle, doch wähle klug und verpasse den Augenblick nicht sonst musst du drinnen bleiben. In einer Stunde schliesst sich die Türe wieder auf ein ganzes Jahrhundert." Da stand nun der Faulenzer und starrte die unermesslichen Schätze in der Erde Schoss an. Er hätte alles an sich reissen, alles forttragen mögen. Bald ergriff er einen Edelstein, bald eine Kette, oder Krone von Gold, dann wieder einen ungeformten Goldklumpen um schliesslich unschlüssig wieder alles hinzulegen und noch Wertvolleres zu finden. In seinem Herzen sann er nur, wie er seine Nachbarn überbieten könne. Darüber vergass er die Kürze der ihm zugemessenen Stunde. Sie war um, noch ehe er zu einem Entschlusse kommen konnte. Ohne das Geringste von den Schätzen mitnehmen zu können, musste er hinauseilen, um nur sein nacktes Leben zu retten. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Schneckenhäuser und Kronenthaler

Source: Schneckenhäuser und Kronenthaler

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Eine Frau von Bünzgen am Schwarzwälder-Rheinufer wollte am Charfreitag ins Dorf Hochsol zur Kirche gehen. Auf dem Wege dahin sah sie einen Haufen hübscher Schneckenhäuschen liegen und steckte zwei davon für ihre Kinder ein. Wie sie aber in der Hochsoler-Kirche ihren Rosenkranz aus dem Sacke ziehen will, findet sie zwei Kronenthaler drinnen. Auf dem Rückwege suchte sie auf der alten Fundstelle vergebens nach einem ferneren Schneckenhäuschen; nur der Boden war da ein wenig eingesunken und man hörte drunter ein leises Poppern, zum Zeichen, dass nun ein Geist selig geworden sei. (A. Birrcher in Laufenburg.) E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Schnee verkündet

Source: Schnee verkündet

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An einem späten Herbstabend kehrte ein Jäger auf der Alp Tanzboden in die Hütte ein und legte sich nach dem Essen zur Ruhe. Gleich darauf hörte er einen wunderschönen Gesang, der sich wiederholte. Erstaunt lauschte er. Am andern Morgen war die Alp und das ganze Tal mit tiefem Schnee bedeckt. F. W. Sprecher, Jahrbuch d. Schw. Alpenklub. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 225, S. 112 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Schneekündendes Manndli

Source: Schneekündendes Manndli

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Ein 80jähriger Älpler von Gurtnellen, der über 50 Jahre in der Alp Gornern g'sännet het, schöpft aus dem Born seiner Erinnerungen: Das war am 8. Herbstmonat, abends spät, als ich und der Waldi-Peter und ein Wassener in der Hütte a Rosti, einem Stafel der genannten Alp, beisammen sassen und gemütlich ein Pfeifchen rauchten. Ich hatte schon erwellt (d.h. den Käse und Zieger schon bereitet); da hörten wir jemand aus der Ferne sich unserer Hütte nähern. Er kam taleinwärts, und wir dachten, es sei ein Gemsjäger, der vielleicht bei uns übernachten wolle. Als dieser schon nahe unserer Hütte war, ging der Waldi-Peter hinaus, um zu schauen, wer es sei. Der vermeintliche Jäger ging an der Hütte vorbei, ohne irgend ein Zeichen zu geben, als begehre er, bei uns einzukehren. Nun redete ihn Peter an: »Jeegerli, Jeegerli!« und ich rief noch hinaus: »Laach-ä (lass ihn) la gah, wenn er will innä-chu, so chunnd är scho.« Doch der Wanderer, sobald er angeredet war, wurde nirgends mehr gesehen. Peter sagte, är häig äso ä grawlochtä Tschoope-n-agha, und Chopf häig'm är keinä gseh. Am folgenden Morgen lag tiefer Schnee über der Alp, und drei Tage lang wurde es nicht mehr aber (schneefrei). Jos. Baumann, im Miseli Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Schnelle Fahrt

Source: Schnelle Fahrt

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Ein junger Closterser hatte nach Holland sich anwerben lassen. - Aber es wollte ihm in Holland nicht gefallen; er konnte seine ferne Heimat, das traute Wiesental mit seinen sonnigen Höfen nicht vergessen - und noch viel weniger vermochte er ein Blümchen aus dem Sinn zu schlagen, das er zu Hause zurückgelassen, sein Liebchen nämlich, deren Bild nie von seiner Seele wich. So sass er denn auch eines Abends in der dunkelsten Ecke einer Schenke, missmutig und unzufrieden mit seinem Loose. Da trat die Wirtin, eine derbe Holländerin, auf ihn zu, und klopfte vertraulich ihm auf die Achsel: »He, guter Freund, warum so traurig, möchtet wohl wieder einmal s'Schätzlein sehen, nicht wahr? Es befindet sich ganz wohl. Noch vor wenigen Tagen habe ich vor seinem trauten Häuschen in der Laube, die Ihr wohl kennet, ausgeruht.« Der junge Mann schüttelte zweifelnd den Kopf, und konnte aus der Andeutung der Frau Wirtin nicht klug werden. Diese sprach weiter: »Wenn Euch d'ran liegt, s'Schätzchen wieder einmal zu sehen, könnt Ihr diesen Abend mit. - Aber von Fürchten darf keine Rede sein; um neun Uhr wird abgereist; ich erwarte Euch hier.« Der Soldat konnte die Sache durchaus nicht begreifen, dachte aber doch, »bist ja noch immer da, und fressen wird Die da doch dich nicht,« - nahm Urlaub bis am Morgen, und stellte um neun pünktlich sich ein. In einen dunkeln, faltenreichen Mantel gehüllt, erwartete die »Hexe« ihn. Der matte Strahl einer Laterne liess ihn erkennen, dass sie ein grosses, schwarzes Bocksfell ausbreite, auf welches sie ihn niedersitzen hiess. - Sie schärfte ihm ein, ja keinen Laut zu sprechen, was auch kommen möge, und noch weniger seinem Schatze seine Anwesenheit zu verraten. Dann bestrich sie mit einem kleinen, zierlichen Stöckchen einige Male den Rand des Felles. Mit einem Rucke erhob das Fell sich, auf welchem die Frau und der Bursche sassen. In rasender Eile gings nun über Berg und Tal, und nach kurzer Fahrt gewahrte der Bursche tief unten die Eiskuppe der Silvretta, das Pardenner-Bödeli, den Lus-Bühl, die Mönch-Alpe, überhaupt lauter bekannte Örtlichkeiten. Im Tale, im schönen Wiesengrunde lag, vom Mondscheine beleuchtet, sein Heimatdörfchen. - Langsam senkte das Fell sich jetzt, und ehe er sich's versah, sass er in der Laube vor dem Hause seines Schatzes. Mit klopfendem Herzen schaute er in die Stube. - Dort sass am Tische die Mutter, ihren mächtigen »Nasenspiegel«, nach ihrer Art, mit der Linken haltend, mit der Rechten eben den Deckel der grossen Hausbibel aufschla­gend. - Sein Schatz sass an der Mutter Seite, und hielt sinnend und träu­mend den Strickstrumpf in der Hand; wohl mochte sie in diesem Augen­blicke Seiner auch gedenken, nicht im Entferntesten ahnend, dass der Liebste so nahe sei. Schon will er ihren süssen Namen rufen, aber eine unsichtbare Hand ergreift und trägt ihn aufs Fell zurück. - Noch ein Blick - und verschwun­den ist Haus und Heimat. Wohlbehalten war er am Morgen in der Kaserne, und konnte rechtzeitig seinen Zimmerrapport abgeben. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Schoch, d alt Schmidja spinnt noch

Source: Schoch, d alt Schmidja spinnt noch

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Im Aletschtale, nahe beim Gletscher, soll einst ein vor Alter schwarzes Holzhäuschen gestanden sein, das eine fromme, alte Witwe bewohnte. Sie betete viel für die armen Seelen im Aletschgletscher. Wenn sie in den langen Winternächten im Schein eines Nachtlämpchens emsig spann, so betete sie fast ständig für die Verstorbenen und liess die Hauspforte ungeschlossen, damit die armen Seelen in ihre alte, eingeheizte Stube hereinkommen und sich erwärmen könnten. Doch zu diesem Eintritt bedurften sie ihrer Erlaubnis, welche sie ihnen erst erteilte, wenn sie zu Bette ging. Da öffnete sie ein Fenster und rief leise hinaus: «Jetzt - aber mir unschädlich!», liess noch ein Stümpchen Licht brennen und ging zu Bett. Bald öffnete sich leise die Haus-, dann die Stubentüre, wie von einem kühlen Windzuge. Unzählige, kaum hörbare Tritte trippelten und trappelten herein, als wenn viel Volk sich in die Stube und um den warmen Ofen drängte. Gegen Betenläuten hörte sie das gleiche Geräusch wieder zur Türe hinaus. Einst ereignete es sich, dass diese Witwe länger aufblieb als gewöhnlich und eifrig spann; dabei war es draussen sehr kalt. Auf einmal rief es deutlich vor dem Fenster: « Schoch (das will sagen, es ist kalt, oder: uns friert’s), d alt Schmidja (so hiess die Frau) spinnt noch!» - «Ich weiss wohl», erwiderte sie, «ich will nur dies Löckchen Werg abspinnen.» Aber es dauerte nicht lange, da rief es noch stärker:« Schoch, d alt Schmidja spinnt noch!» Da wurde sie ungeduldig: «Wenn ihr’s nicht erleiden könnt, bis ich fertig bin, so kommt herein.» Sie vergass aber beizufügen: «Ohne mich zu belästigen.» Da ging die Haus- und Stubentüre wie von einem starken Windstoss auf, und die Tritte der unsichtbaren Abendsitzer wurden so zahlreich, und das Herumrauschen dauerte so lange, als wollte es kein Ende nehmen. Ihr wurde so angstvoll, dass sie vor Hitze zu ersticken vermeinte; sie konnte sich nicht vom Rad entfernen - so gedrängt voll war die Stube von armen Seelen. Sie sah es als eine Strafe, weil sie die Verstorbenen so lange in der Kälte hatte warten lassen. Als die mitleidige alte Schmidja eben in den letzten Zügen war und die Krankenwärter zueinander sagten: «Was werden die armen Seelen jetzt rufen, wenn ihre Freundin tot ist?», da ertönte es in der nächtlichen Stille vor den Fenstern laut: «Schoch, d alt Schmidja läbt noch!» Die Sterbende machte noch Zeichen, dass sie sich freue über diese Stimme, und gab dann ihren Geist auf. Im gleichen Augenblicke sahen die Wächter vor den Fenstern eine starke Helle, und wie sie hinausschauten, sahen sie eine grosse Prozession brennender Lichter, die vor ihrem Haus bis zum Gletscher sich fortbewegten und wie sie, auf dem Eise angekommen, eines nach dem andern erloschen. «Das sind die armen Seelen», sagten die Wächter zueinander, «mit den Nachtlichtern, die sie für diese brennen liess: sie begleiten ihre Freundin!» NATERS Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Schoch, d'Altschmidja spinnd noch

Source: Schoch, d'Altschmidja spinnd noch

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Im Aletschtale, nahe bei dem Gletscher, soll einst ein vor Alter schwarzes Holzhäuschen gestanden haben, das eine fromme alte Witwe bewohnte. Sie betete viel für die armen Seelen im Aletschgletscher. Wenn sie in den langen Winternächten bei einem Nachtlämpchen am Rocken sass und emsig spann, so betete sie fast beständig für die Verstorbenen; liess die Hauspforte ungeschlossen, damit die armen Seelen in ihre alte eingeheizte Stube hineinkommen und sich erwärmen könnten. Doch zu diesem Eintritt bedurften sie ihrer Erlaubnis, welche sie ihnen erst erteilte, wenn sie zu Bette ging. Da öffnete sie ein Fenster und rief leise hinaus: «Jetzt — aber mir unschädlich!» liess noch ein Stümpchen Licht brennen und ging zu Bette. Bald öffnete sich leise die Haus-, dann die Stubentür wie von einem kühlen Windzuge. Unzählige, kaum hörbare Tritte trippelten und trappelten herein, als wenn viel Volk sich in die Stube und um den warmen Ofen drängte. Gegen Betenläuten hörte sie das gleiche Geräusch wieder zur Tür hinaus. Einst ereignete es sich, dass diese Witwe länger aufblieb als gewöhnlich und eifrig spann; dabei war es draussen sehr kalt. Auf einmal rief es deutlich vor dem Fenster: «Schoch, (das will sagen, es macht kalt oder uns friert's), d'Altschmidja, (so hiess das Weib), spinnt noch.» «Ich weiss wohl», erwiderte sie, «ich will nur dies Löckchen Werg abspinnen.» Aber es dauerte nicht lange, da rief es noch stärker: «Schoch, d'Altschmidja spinnt noch!» — Da wurde sie ungeduldig: «Wenn ihr's nicht erleiden könnt bis ich fertig bin, so kommt herein.» Sie vergass aber beizusetzen: «ohne mich zu belästigen» — Da ging die Haus- und Stubentüre wie von einem starken Windstoss auf, und die Tritte der unsichtbaren Abendsitzer wurden so zahlreich und das Herumrauschen dauerte so lange, als wollte es kein Ende nehmen. Aber auch ihr wurde so angstvoll, dass sie vor Hitze zu ersticken vermeinte, und konnte sich nicht vom Rocken entfernen, — so gedrängt voll war die Stube von armen Seelen. Sie sah es als eine Strafe an, weil sie die Verstorbenen so lange in der Kälte warten liess. Künftig wurde sie barmherziger und vorsichtiger. — Als die mitleidige alte Schmidja eben in den letzten Zügen war — und die Krankenwärter zueinander sagten: «Was werden die armen Seelen jetzt rufen, wenn ihre Freundin tot ist?» Da ertönte es in der nächtlichen Stille vor den Fenstern laut: «Schoch, d'Altschmidja lebt noch!» Die Sterbende machte noch Zeichen, dass sie sich freue über diese Stimme und gab dann ihren Geist auf. Im gleichen Augenblicke sahen die Wächter vor den Fenstern eine starke Helle, und wie sie hinausschauten, sahen sie eine grosse Prozession brennender Lichter, die von ihrem Haus bis zum Gletscher sich fortbewegten, und wie sie auf selbem angekommen, eines nach dem andern erloschen. «Das sind die armen Seelen», sagten die Wächter zueinander, «mit den Nachtlichtem, die sie für selbe brennen liess; sie begleiten ihre Freundin! — Ja! d'Altschmidja lebt noch!»   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Schöfflisdorf

Source: Schöfflisdorf

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Schöfflisdorf In der Nähe des Pflasterbaches, wo der schwarze Pudel umging, hat man vor Zeiten auch ein schwarzes Schaf gesehen. Von diesem soll der dortige Ort den Namen Schöflisdorf (Schöfflisdorf) erhalten haben. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Unterland Umstilisiert aus Hedinger, S. 19. Titel: „Der schwarze Pudel“, seine Quelle: persönliche Mitteilung. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Schön-Anneli von Berchtwil

Source: Schön-Anneli von Berchtwil

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Der Freiherr auf Rüssegg hatte auf seinen wilden Streifzügen reussauf und -ab im zugerischen Berchtwil eine bildhübsche Jungfer gesehen, die im Volksmund allgemein nur "Schön-Anneli" genannt wurde. Sie war aber auch ein herziges Mädchen, wie aus Milch und Blut geschaffen. Seit der Rüssegger sie gesehen, war all sein Sinnen und Trachten nur auf diese Berchtwilerin gerichtet. Aber all sein Werben, sein Locken und Versprechen nützte nichts, seine Liebe blieb unerhört. Als einst das Anneli von Berchtwil am Reussufer nach Haselnüssen suchte, wurde es von lauernden Knechten des Burgherrn von Rüssegg listig überfallen. In der allernächsten Nähe des bösen Hinterhaltes wartete unter überhängenden Uferzweigen ein Fischer mit einem grossen Weidling auf die raubenden Knechte und auf die kostbare Mädchenbeute. Anneli wehrte sich aus Leibeskräften, allein die sehnigen Arme der robusten Kriegsgesellen zwangen die Jungfer nieder. In ihrer grossen Angst und Herzensbedrängnis wusste sie keine andere Rettung als den Freitod. Unterhalb Meisterschwil sprang die beherzte Jungfrau aus dem Weidling in die Fluten der hochgehenden Reuss und sank lautlos in den Wellen unter. Vergeblich wartete der Herr zu Rüssegg auf seine erhoffte Beute, auf die er schon lange mit brennender Sehnsucht gewartet hatte. Mit leeren Händen kamen Knechte und Fischer auf die Burg zurück und nicht einmal den toten Körper der Berchtwilerin gaben die Reussgeister zurück. Fischer, welche an dieser Unglücksstätte ihrem Fangwerk oblagen, sahen zu gewissen Zeiten eine weisse Frauengestalt. Diese Gestalt schwebte über die Reussfluten und rief flehentlich um Hilfe. Aus dem dichten Ufergebüsch ertönte wie eine Antwort ein jammerndes Wimmern und Stöhnen, denn in dieses Ufergesträuch sei der lüsterne Rüssegger mit seinen raubenden Trabanten gebannt und müsse nun büssen für seine frevle Untat, die Schön-Anneli von Berchtwil in den frühen Wellentod getrieben. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 3 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Schongauerbad am Lindenberge

Source: Schongauerbad am Lindenberge

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Das Bad, welches auf der Höhe des Lindenberges irn Schlattholze liegt, führt eine ganze Reihe von Namen auf einmal. Bettwiler- und Schongauerbad nennt man es von der nahen Ortschaft und weil seine Stifter von Schongau gewesen sein sollen; Weissenbacherbad, nach dem Wohnort des Bösewichts, von dem hier erzählt wird; Guggibad, entweder wegen der Weite der Aussicht, die man hier auf einer Seite durch die Lücken des Tannenwaldes hat, oder nach dem Gugger, dem Satan, oder weil der Blaubart hier hauste, der ein von Zorn und Aussatz brandrothes Gesicht hatte, und welcher deshalb auch Rüefengügges genannt wird. Heidenbad und der Elftausend-Mägdebrunnen war sein Name vor Alters, so nennen es auch die ersten gedruckten Berichte, die seine Heilkraft anempfehlen. Hier zu Weissenbach wohnte, in geringer Entfernung vom jetzigen Bade Schongau, ein reicher Mann, der in Folge seiner Ausschweifungen aussätzig geworden war. Er hatte alle Aerzte und ihre Mittel vergeblich versucht. Nun schlich er menschenfeindlich und selber gemieden hier in dem grossen Walde umher, der einst diese ganze Umgegend bedeckt hielt, während jetzt nur noch wenige gewaltige Eichen davon übrig sind. Da gab ihm der böse Geist ein, er könne sich reinigen und von dem Uebel befreien, wenn er sich im Blute von sieben oder zwölf tugendhaften Jungfrauen bade, und all sein Trachten gieng jetzt nach solchem Blute. Am obersten Bergrücken, wo ein hoher Eichbaum weit über den Wald emporragte, gelang es ihm, eine Schaar von elf Mädchen zu überfallen, die auf ihrem Kirchgange von Boswil nach Hitzkirch hier den Schattenweg eingeschlagen hatten. Er fieng sie und hieng sie allzusammen an die tief herabgehenden Zweige der Eiche auf. Was half es ihm; noch fehlte die Zwölfte und er war noch immer nicht rein. Da ritt er gleich am Montag hinunter nach der Mühle und sang so süsse und schmeichelnde Lieder zum Fenster der Müllerstochter hinauf, dass sich das unerfahrne Kind verlocken liess, sich zu ihm aufs Ross zu setzen. Augenblicklich sprengte er mit seinem Raube der fürchterlichen Stelle im Walde zu. Als das Mädchen ihr Loos erkannte, flehte sie: nur noch drei Rufe lass mich thun, eh' ich sterben muss. Er gewährte es ihr und sagte: Wir sind hier zwischen Wald und Feld, Es g'hört dich weder Gott noch Welt, Schrei, was du schreien kannst. Nun rief sie des Vaters, der Mutter und ihres Bruders Namen. Der Mörder lachte schadenfroh, denn er wusste wohl, dass der Vater im Wirthshaus zum Sternen bei einem Hochzeitschmauss sass und dass der Bruder weit entfernt auf der Jagd war; die alte Mutter aber hatte er nicht zu fürchten. Jedoch als diese der Tochter Ruf vernahm und sich zu schwach fühlte, liess sie die Stimme in die Boswiler-Wälder hinüber wehen, und da sprach der dorten jagende Bruder und horchte auf: Still! G'höre-n-ich mini Jagdhündeli, Oder d'Stimm' vo-n-euserem Chindeli? Sogleich ritt er der Stimme nach, brach auf dem Platze hervor, wo der Böse eben im Begriffe war, die Schwester mit einem Weidenband an die Eiche zu hängen, befreite das Mädchen, band den Mörder mit derselben Fessel seinem Rappen an den Schwanz und schleifte ihn durch den Tannenwald zu todt. So war der Blutmensch hingerichtet. An dem Mordbaume entsprang damals die Heilquelle; auch sagt man, die beiden Geretteten hätten hier ein Bad zu errichten gelobt, das Wasser dazu aber erst graben und dann wärmen lassen. Der Schatten des hingerichteten Blaubart wandelt noch auf der Höhe, so oft die Witterung wechseln will; hätte er auch noch sein zwölftes Opfer geschlachtet, so hätte er „dur alle Wänd und Muslöchere dure schlüfe chönne.“ Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 22 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Schrättlig (Oberuzwil, SG)

Source: Schrättlig (Oberuzwil, SG)

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Ich lag im Bett und war noch wach; da kam etwas ans Türschloss, und herein trat ein altes Weiblein, so ein "Mucherli." Ich lag auf einer Seite, um sicher zu sein; aber das Ding kam ans Bett, auf die Füsse und endlich auf die Brust und het mi halt truggt, ass grad a Sach gsi ist. Mein Vater rief: "Was hest au?" Da verschwand der Schrättlig.                   (Joh. Tobler.)  N. Senn, Tagebuch. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 474, S. 280 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Schuhzauber

Source: Schuhzauber

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1. Ein Kaplan zu Bristen ging öfters nach Amsteg hinunter. Wenn er dann allemal auf der Heimkehr des Abends den drittobersten Kehr im sogenannten neuen Weg erreichte, geschah es, dass er gar nicht mehr vorwärts kam. Er mochte sich anstrengen und stampfen, wie er wollte, so konnte er doch die Kapelle beim St. Antoni gar nicht erreichen. Das dauerte, bis es am Morgen zu beten läutete. Endlich dachte er, als es ihm wieder einmal so ging: »Da witt etz doch lüegä!« und zog die Schuhe aus und dann den rechten Schuh an den linken Fuss und den linken an den rechten Fuss. Vom Augenblick an konnte er ungehemmt laufen. Seitdem machte er es jedesmal so. Ähnliche Geschichten werden im Maderanertal oft erzählt. Andreas Fedier, 48 J. alt, u.a. 2. Pfarrhelfer Josef Maria Arnold von Bürglen (geb. 1807, † 1897) wurde einst auf einem nächtlichen Krankenbesuch in der »hintern Gasse« b'stellt. Da zog er gleitig die Schuhe aus, und jetzt war der Bann gebrochen. 3. Auch in Isental wird behauptet, wenn man festgebannt oder sonst verzaubert sei, so müsse man, um den Zauber zu lösen, nur die Schuhe an den Füssen gegenseitig umtauschen. Zäzilia Gisler-Walker, 70 J. alt; Hans Aschwanden 4. Auf einem Versehgang wurde einst Pfarrhelfer Arnold von Bürglen von den Räubern unter dem Glattenried b'stellt. Er aber meinte: »Die können jetzt noch nicht alles,« tat einen oder mehrere Schritte rückwärts und marschierte hierauf unangefochten weiter. Auf dem Heimweg b'stellten sie ihn wieder. Da zog er seine Schuhe aus, nahm sie unter die Achseln und vollendete ungehemmt seine Rückkehr. Jos. Maria Gisler Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Schuster und Schneider

Source: Schuster und Schneider

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In einer Stadt wohnten ein Schuster und ein Schneider in demselben Haus. Eines Tages sagten sie zu einander: „Hier gefällt es uns nicht mehr, wir machen jetzt eine Reise und gehen in eine andere Stadt, aber das Essen müssen wir mitnehmen und das Werkzeug auch!“ Der Schneider sagte: „Du bist der stärkere von uns zweien, du kannst schon ein paar Brote mehr tragen zu deinem Werkzeug. Ich nehme nur drei Brote mit, denn damit habe ich zu essen genug!“ Der Schuster sagte: „Nein, sieben müssen es wenigstens sein, sonst geraten wir in Verlegenheit. Jeder nimmt sieben mit, und das reicht dann grad für eine Woche; bis dahin aber bekommen wir schon Arbeit!“ Der Schuster ging in seine Stube, packte das Werkzeug zusammen und legte sieben Brote dazu, der Schneider aber nahm nur drei mit. Dann wanderten sie zusammen durch die Welt. Am ersten Tage aß jeder ein Brot, am zweiten wiederum und ebenso am dritten Tage. Am nächsten Tag hatte der Schneider nichts mehr, deshalb sagte er zum Schuster: „So teil du mit rnir!“ Der Schuster war zornig, daß er seinen Rat nicht befolgt hatte, teilte aber das Brot mit ihm, und so auch am fünften Tage. Damit waren alle Brote aufgezehrt, und sie hatten nichts mehr zu essen. Weit und breit war kein Haus zu sehen, und da gab es auch keine Arbeit. Da geriet der Schuster in Zorn, legte seinen Werkzeugkasten nieder und sagte: „Deinetwegen muß ich jetzt Hungers sterben“, und er ergriff das Schustermesser und stach dem Schneider beide Augen aus und zog weiter. Der Schneider litt große Schmerzen und wand sich am Boden, schließlich aber tappte er auch weiter, den ganzen siebenten Tag hindurch, und gegen Abend kam er zu einem Gebüsch, unter dem er sich niederlegte. Er hörte, wie sich bald darauf Vögel in die Zweige setzten und zu einander sagten: "Wenn heute die Blinden wüßten, was diese Nacht für ein Tau fällt, sie würden sich mit dem Tau waschen und dann wieder sehend werden!“ Der Blinde hörte es, mochte kaum warten, bis die Sonne schien, dann wusch er sich und bekam das Augenlicht wieder. Nun sah er, daß er sich unter einem Galgen befand. Das war am neunten Tag, und er spürte furchtbaren Hunger. Da kam er auf seiner Wanderschaft zu einem Bienenstock, wo er dachte: „Aha, da gibt es Honig!“ Er wollte mit der Hand hineingreifen, aber da kroch die Bienenkönigin heraus und flehte: „Laß uns doch die Waben und störe uns nicht, wir werden es dir reichlich belohnen!“ Der Schneider senkte den Arm und zog mit knurrendem Magen weiter. Da sah er auf dem Felde ein Roß stehen. Er hatte Nadel und Messer bei sich und dachte: „Das will ich töten und ein Stück davon essen!“ Das Pferd aber begann zu reden und sagte: „Laß mich am Leben, ich werde es dir reichlich belohnen!“ Der Schneider zog weiter. Es war der zehnte Tag, und vier Tage lang hatte er nichts gegessen. Da sah er eine Mauer auftauchen, und bald stand er vor einer Ringmauer, wo der Pförtner grad das Tor schließen wollte. Der Schneider rief ihm zu: „Kannst du mir nicht ein Stücklein Brot geben, ich leide solchen Hunger, sonst muß ich sterben!“ Der Pförtner holte ihm das Brot, und als er es verschlungen, fragte der Schneider, ob er in dem Schlosse nicht Arbeit fände. Der Pförtner sagte, er wisse es nicht, er solle hier warten, er wolle gehen und den Herrn fragen. Bald kam er mit der Meldung zurück, der Herr lasse sagen, wenn er ein guter Schneider sei, so könne er hier Arbeit erhalten. So fand er im Schlosse als Schneider Arbeit. Es ging drei Tage, so kam der Schuster auch vor das Schloß und erhielt auch Arbeit. Der Schuster war sehr erstaunt, den Schneider hier zu finden und wiederum sehend, er wagte es aber nicht, etwas darüber zu sagen, sondern tat, als ob sie die besten Freunde wären. Der Schneider mußte dem Herrn, der zu einem großen Gastmahl eingeladen war, einen flotten  Rock anfertigen, der Schuster ein paar Schuhe. Da er mit der Arbeit überaus zufrieden war, sagte der Herr: „Ihr dürft mich zum Gastmahl begleiten, vielleicht werdet ihr dort noch andere Bestellungen erhalten!“ Der Schuster aber hatte immer noch großen Zorn auf den Schneider, daß er damals nur drei Brote mitgenommen und seinetwegen solchen Hunger hatte leiden müssen. Er verklagte ihn deshalb beim Herrn: „Der Schneider verdient die Stelle nicht in dem Schlosse, denn er ist ein schlechter Mensch!“ Da ließ der Herr den Schneider zu sich kommen und fuhr ihn an: „Du bist, wie es scheint, ein Lump, und deshalb mußt du fort von hier!“ Der Schneider fing an zu jammern und zu bitten. Da sagte der Herr: „Wenn du in einer halben Stunde dreimal um die Ringmauer herumläufst und den Brunnen im Hof in einen Springbrunnen verwandelst, so darfst du bleiben, und dann muß der Schuster fort!“ Der Schneider lief vor das Tor hinaus, um sich nach einem Roß umzusehen. Als er eines am Wege stehen sah, bestieg er es und sagte zu dem Pförtner: „So, jetzt fang ich an, sieh, wie viel Zeit ich brauche!“ Das Roß flog mit ihm dreimal um die Mauer, so schnell wie der Blitz und in der Hälfte der ihm zugemessenen Zeit. Dann galoppierte es dreimal mit ihm um den Brunnen, der sogleich anfing zu springen. Als er dem Pferd auf den Hals klopfte, sagte es: "Du hast mir das Leben geschenkt, und ich habe dir einige gute Tage verschafft!“ Der Schneider hatte seine Aufgabe gelöst und durfte im Schlosse bleiben. Aber auch der Schuster durfte bleiben, weil der Herr in den nächsten Tagen Hochzeit feiern wollte und seine Braut ein paar neue Schuhe bedurfte. Die beiden Feinde wurden auch zur Hochzeit geladen. Da fingen sie wiederum Streit an. Der Schuster gewann die Oberhand und verleumdete den Schneider derart bei dem Herrn und der neuen Gemahlin, daß er fortgejagt werden sollte. Da bat er abermals um Gnade und erhielt eine Aufgabe, bei der ihm die Bienen halfen. (Der Erzähler erinnert sich nicht mehr an die Aufgabe.) Der Schneider durfte nun bleiben, und der Schuster wurde fortgejagt.   Quelle: J. Jegerlehner, Sagen und Märchen aus dem Oberwallis, Nr. 114   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Schuster und Schneider (1959)

Source: Schuster und Schneider (1959)

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In einem Städtchen, das wenig von sich reden machte, wohnten Schuster und Schneider der sozusagen Tür an Tür.  Beide noch Junggesellen und einem guten Traubensafte gewogen, schlurften sie zum kühlen Trunk und Dorfklatsch in den Stunden, wo die andern Meister noch arbeiteten. Trotz all ihrer Geschicklichkeit nahm die Zahl der Kunden ab zumal bei Rumpelbach, dem Schuster, der ein Rauhbein war, bequem und bengelgrob und einem unfrommen Lebenswandel ergeben. Den weichen Schneider, der von Grund aus solid und brav war, hatte er mit der Zeit ins Schlepptau genommen so gründlich, dass er wie ein Hündlein gehorchte und vom Tische sprang, wenn Rumpelbach ihn rief und zum Schoppen aufforderte. Eines Tages wurden sie einig, dem Spiessbürgernest den Rücken zu kehren und an einen andern Ort zu wandern, der feinere Kundsame und mehr Kurzweil bieten könnte. Als Zehrung auf den Weg sollte jeder sieben Brote aufs Ränzel schnallen, und mit dem Werkzeug und Proviant beladen, nahmen sie die Strasse unter die Füsse. Die Brote auf die Wüste sparend, kehrten sie in den Herbergen ein. Allmählich wurde die Landstrasse einsam. Kein Haus mehr bot ihnen Schutz und Obdach. Mit öden Pappelreihen zog sie sich in die trostlose Ebene hinaus. Die Wüste begann. Sie zehrten aus dem Ränzel, und der Schneider, der nur drei Brote mitgenommen hatte statt sieben, um sein Felleisen nicht zu überlasten, war bald fertig damit und auf den Vorrat und die Barmherzigkeit Rumpelbachs angewiesen. Lang und mühsam ist die Wüste. Sehnsüchtig richteten sie die Augen nach dem Horizont, liefen und liefen endlose Strecken. Das letzte Brot war verspeist, und noch deutete kein Zeichen auf Kultur und menschliche Siedelungen. Ächzend fiel der Schneider ins Moos und glaubte, sein letztes Stündlein sei gekommen. Von der Wut angefallen, zückte der Schuster das Messer und stach dem wehrlosen Kameraden die Augen aus. «Bevor ich deinetwegen Hungers sterbe, du Schuft, sollst du meine Rache fühlen», wetterte er und ging weiter. Wie ein Wurm zappelte der Schneider in seinem Schmerz, wusch das Gesicht in einem Tümpel und tappte sich der Strasse entlang. Unter einem Strauch liess er sich nieder und flehte zu Gott, ihn aus der Qual zu erlösen. Bei allem Ach und Weh musste er einer Amsel lauschen, die so eigen sang und flötete, und wie Regen aus dem Laub träufelte es von ihrem Schnabel: Wenn die Blinden - tirlede, tirledi, in dem Tau die Augen feuchten, tirlede - tirledi, werden sehend sie und leuchten. Er betastete die brennenden Augenhöhlen und mochte kaum den Tag erwarten. Zuweilen streichelten seine Hände das Gras, und er spürte endlich das köstliche Nass, mit dem er die Lider befeuchtete. Mit jedem Tropfen Tau wichen die Schmerzen, und am Morgen war er sehend wie zuvor. Obschon ihn der Hunger peinigte, haderte er nicht mit dem Schicksal, so froh und glücklich war er, das Augenlicht wieder gewonnen zu haben. Auf dem Weitermarsche entdeckte er in einer Baumruine gefüllte Honigwaben. Die Lippen leckend, grübelte er die schönste der Waben los. Da flog die Bienenkönigin auf seinen Stecken und summte: Du bist einer, wir sind tausend, schon' unsere Winterspeise, Glückauf zur guten Reise! «Nur einer bin ich, ihr seid tausend, recht hast du, Immenkönigin. ich will euch nicht berauben.» Er setzte die Wabe wieder ein und zog des Wegs fürbass, noch einen Tag, noch eine Nacht. Ein Pferd wieherte im stumpfen Grase, er riss das Messer aus der Tasche und lechzte nach dem Fleische. Wie angewurzelt blieb er stehen und klappte die Schneide wieder zu. Aus dem ängstlichen Gewieher des Tieres klang deutlich eine Stimme: Kurz ist mein Leben, hüst und hott. Erbarme dich, und zieh mit Gott! «Fürchte nichts, braves Rösslein, es hat mich grad so übernommen, weil ich vor Hunger fast umfalle. Ade, ich bin kein Ungeheuer wie der Schuster.» Bei der nächsten Schleife des Weges türmte sich ein Schloss, die Sonne ging zur Rüste, und der Pförtner wollte die Zugbrücke aufziehen. «Halt ein, lieber Freund, und nimm mich auf, sonst muss ich verschmachten!» Der Pförtner bewirtete ihn mit Brot und Wein, und am Morgen drauf erhielt er den Bescheid, er dürfe auf der Burg bleiben und dem Grafen ein Kleid nähen. Kaum hatte er die Werkstatt eingerichtet, so polterte der Schuster daher, sperrte Mund und Augen auf, als er den Gefährten mit heilen Augen erblickte, und tat, als sei alles im alten zwischen ihnen. Kameradschaftlich klopfte er ihm auf die Schulter, fragte, wie es gehe, und es freue ihn ungemein, wiederum Tür an Tür mit ihm zu hausen, er wolle ihn weiter nicht stören und auch gleich mit der Arbeit beginnen, er müsse dem Grafen ein Paar Jagdstiefel anfertigen. Schweigsam kuschelte der Schneider sich zusammen, und je lauter Rumpelbach maulte, um so tiefer schnitt er ins Tuch und liess kein Wörtlein über die Zunge fliessen. Neu gestiefelt und gewandet kam der Graf in die Werkstatt, lobte die Gevattersleute und sandte sie auf den Markt, Tuch und Leder einzukaufen. «Mit Verlaub, Herr Graf», sagte Rumpelbach, als der Schneider davongehuscht war, «Ihr habt da einen Kerl angestellt, den ich wohl kenne. Er war ein Lump und bleibt ein Lump und hat auf der Strasse eine garstige Krankheit aufgelesen. Er ist nämlich lungenkrank und unfähig, einen Büchsenschuss weit zu laufen, ohne dass ihm der Pust ausgeht. So ist's, und das Weitere überlasse ich Euch.» Der Graf liess den Ahnungslosen zu sich rufen und schrie ihn an: «Ich habe vernommen, du seiest ein Luftibus und lungenkrank dazu. Schnür dein Bündel, und hole beim Schatzmeister den Lohn!» In seiner Ratlosigkeit und Einfalt bat der Schneider um Gnade und Gelegenheit, seine Gesundheit zu beweisen.  «Du siehst in der Tat nicht krank aus, allein, man kann nie wissen. Ein guter Läufer rennt in einer halben Stunde um den Twing. Tue desgleichen, und ich glaube an deine Gesundheit. Melde dich sogleich beim Pförtner!» Das Leben ist schwer, seufzte der Schneider, jedoch, es geschehen noch Wunder, und die Heiligen beschirmen die Schuldlosen. Der Pförtner schaute an die Sonnenuhr und winkte zum Start. Mit einem tapfern Ansprung lief das Schneiderlein durch den Burggraben, musste aber schon bald das Tempo mässigen, und noch lange nicht in der Mitte, gab er das Rennen auf und lehnte schlotternd an den Zaun. Ihm flimmerte, und er presste beide Hände aufs Herz. Da mupft und schupft ein braunes, munteres Rösslein in seinen Rücken, er sitzt im Sattel und fliegt, fliegt, steht wieder auf den Füssen und lange, lange, bevor die halbe Stunde um ist, vor dem Pförtner, der seine Leistung lobt und preist und dem Grafen von dem glänzenden Rekord sofort die Botschaft überbringt. «Also böswillige Verleumdung», sagte der Schlossherr. «Bei mir hat der Schuster ausgespielt. Leider hat meine Braut an ihm den Narren gefressen, will sagen, an seinem Schuhwerk. Er ist ein Meister in seinem Fach, das muss man ihm lassen, sie hat bei ihm die Hochzeitsschühlein bestellt.» Wie nicht anders zu erwarten war, gefielen der Braut die Stiefelchen über die Massen, nicht weniger als dem Bräutigam das Hochzeitsgewand von Meister Zwirn, und so wurden die beiden zur Tafel geladen. Als der Brautführer den ersten Toast ausbringen wollte, stürzte der Koch in den Saal und dem Grafen vor die Füsse. «Ein Unglück, erlauchter Herr, ich brauche frischen Honig für die Vermählungstorte, und der Herr Graf und die holde Gemahlin, sie werden in den Honigmonden gar oft zur Wabe greifen. Gott im Himmel, und jetzt - und jetzt - das Bienenhäuschen links, das Bienenhäuschen rechts, sie sind geplündert, ausgeraubt. Kein Vorrat mehr, kein Tröpflein in den Waben.,. «Erlaubt, hoher Herr», sagte der Schuster am Tischende und bog unbeholfen das Knie: «Ich kenne den Schelm. An meiner Seite hockt er frech, labt sich am Braten, an dem köstlichen Wein, sonnt sich in Eurer Gnade und tut, als ob er schuldlos wäre.» Wie ein Igel rollte sich der Schneider in seiner Hilflosigkeit zusammen und brachte kein Wort der Rechtfertigung auf die Zunge. In Wahrheit hatte Rumpelbach den Honig gestohlen und genascht. «Einer von euch beiden ist ein Gauner», knirschte der Graf, «das ist klar. Hinaus in den Garten! Das Häuschen links dem Schneider, das andere rechts dem Schuster. Bis zum Abend müssen die Waben gefüllt sein. Ruft die guten Geister zu eurem Beistand!» Der eine links, der andere rechts, starrten sie im Garten wie Ölgötzen auf das Immenhaus, und vor Schwäche fiel der Schneider in den Rasen, faltete die Hände und schloss die Lider. Zwischen Wachen und Träumen war ihm, als ob eine Biene sich auf seinen Ärmel setzte, als ob ein honigsüsses Stimmlein ihm zuflüsterte: Schlaf, liebes Schneiderlein, wir tragen für dich ein. Als Rumpelbach gewahrte, wie um den einen Stand es wimmelnd schwärmte und Tausende der emsigen Immen ein- und ausflogen, der Schneider in seinem Schlummer nichts dafür und nichts dagegen tat, derweil an seinem Haus nicht eine einzige Biene flügelte, durchzitterte ihn ein furchtbarer Schreck, er trollte sich von hinnen und kam nicht mehr zurück. Bevor es Abend war, erwachte der Schneider. Im klaren Gold des Wachses und der Fülle glänzten seine Waben. Der Graf kam daher, betrachtete die Honigernte und sagte: «Die guten Geister sind mit dem Schneider, die bösen mit dem Schuster. Schneider, du bleibst im Schloss jetzt für und für, indessen Rumpelbach» - sein schonungsloser Blick spähte nach dem Spitzbuben - «Ihn hat der Teufel gerichtet», meldete der Pförtner, «man hat ihn tot im Walde aufgefunden.»   Quelle: Johannes Jegerlehner: Walliser Sagen, Hans Feuz Verlag Bern, 1959   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Schwager Leide

Source: Schwager Leide

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Er war noch ein jüngerer Mann, der einmal den Postwagen geführt und eines Gebrechens wegen die Stelle gekündet hatte. Von seinem Beruf her war ihm die trockene Kehle geblieben und der Hang zum Würfelspiel. Immer in Geldverlegenheit, klopfte er in seiner Schwermut, da ihm der Schuldenvogt mit dem Landjäger gedroht hatte, auf den Tisch und fluchte: «Dass doch der Teufel käme und dem Ungemach ein Ende bereitete!» Kaum gesagt, kracht der Boden und zischt eine grüne Flamme aus den Fugen. Mitten in der Stube spreizt sich der Herr der Unterwelt, pechschwarz im Gesicht, ein blattgrünes Hütchen im Genick, auf dem die Rabenfeder wippt. «Lustig, lustig, Freund Griesgram! Silber in der Tasche, Nektar in der Flasche, heilet, heilet alle Schmerzen!» «Was begehrst du aber von mir?» «Ein Kleines, nicht der Rede wert. Du darfst dich weder schneuzen, wischen, kämmen, noch darfst du dir je die Nägel schneiden und die Kleider wechseln! Auf Tag und Schlag sieben Jahre, topp!» «Lass mir ein wenig Zeit zur Überlegung!» Die plötzliche Erscheinung, die Erfüllung seines Wunsches und jetzt das Ansinnen, sieben Jahre lang als Schmutzfink herumzulaufen, kitzelte ihm doch das angeborene Schamgefühl. Wenn nur das klare Gold nicht wäre, das auf dem Tisch so zauberisch funkelte und immer «Nimm mich, nimm mich!» machte. Wer kennt nicht den betörenden Gesang? Topp, schlug er in die Pratze, und der böse Feind verduftete ebenso theatermässig, wie er gekommen war, mit Dampf, Gezisch und Feuer. Schwager Leide zog ins Wirtshaus hinüber und entrichtete den Betrag für Kost und Logis auf sieben Jahre zum voraus. Nebenan wohnte der Schuster mit drei Töchtern. Am Vormittag rüstig bei der Arbeit, ging er am Nachmittag den Kunden nach und beim ersten kühlen Lüftchen zum Wein und kurzweiligen Würfelspiel. «Borg mir zwanzig Kronen!» wandte er sich an den Wirt. Der kleine dicke Mann kraute im Haar, schob beide Fäuste in die Hosensäcke und erwiderte verdriesslich: «Ich habe just den Weinhändler auf Heller und Batzen ausbezahlt und bin auf der Druse. Pump bei Schwager Leide! Ist er auch ein Schweinigel, er hat Geld wie Heu und wird dir leihen.» In der Tat war Leide ein unansehnlicher, zerlumpter Zigeunerfratz geworden, vor dem die Mädchen ausrissen, jedoch weichen Gemütes, knauserte er nicht mit dem Gelde. Zwanzig Kronen, was ist das für einen Krösus! Kurz und gut, er grübelte den Betrag aus der Schweinsblase, und der Schuster bedankte sich. Geliehenes Geld zurückzugeben ist immer eine heikle Sache, zehnmal schwieriger als zu borgen. Dem Schuster fiel es gar nicht ein, die erhaltene Summe zu vergüten, hexen konnte er nicht, im Gegenteil, er war schon wieder auf dem Trockenen und musste um Vorschuss bitten. Der Wirt schob ihn sachte in die bessere Stube, wo Leide noch speiste und den Rest des grauen Weines in den Becher goss. «Hier ist der Mann, der goldenen Trost austeilt», sagte der Wirt und zog sich zurück. «Ich möchte mir einen guten Handel nicht entgehen lassen», begann der Schuster demütig, «und eine Rolle Kalbsleder einkaufen, ehe der Preis steigt. Sei so gut und gib mir das Geld!» Leide blätterte ihm die Goldstücke auf die Hand. «Lass dir Zeit und begleiche die Schuld, wann es dir passt! Nur keine grauen Haare wachsen lassen!» Er fand nämlich Gefallen an den Schusterstöchtern, die nicht die feinsten waren, wohl aber guten Rufes, gesund und schaffig. Warum sollte er nicht heiraten und eines der Mädchen weiben? Werden sie sich abwenden, sich vor ihm bekreuzigen? Was bedeutet ein Köhlergesicht, wenn man im Geld wühlen und sich Haus und Hof, Knecht und Magd leisten kann! Noch ein Jahr, und er darf sich wieder waschen und kämmen und nimmt es mit jedem auf. Als der Schuster den dritten Pump verlangte, schenkte Leide ihm das Glas voll, sprach dies, sprach das, landete in der Jungmädchenstube und fasste seine Hand. «Wieviel begehrst du? Ich hocke nicht auf meinen Schätzen und bin dir gewogen. Allein, du hast drei Töchter und gibst mir eine, gleich welche, zur Frau!» Der Schuster hüstelte und ruckte den Sessel zurück, trommelte mit den kantigen Fingern auf der Tischplatte: Es braucht Appetit und Gottvertrauen, einen solchen Schmutzgockel zu heiraten. Er sagte es nicht. Er sagte nur: «Ich will meine Töchter befragen. Die zwei altern sind nicht mehr heurige Hasen, auch nicht die angenehmsten, das ist wahr, jedoch die Babette ist kein Unhold und täte mir leid.» Er trank aus und ging. Zu Hause wurde die Mehlsuppe aufgetragen, und als sie alle vier aus der Zinnschüssel assen, hob er den Löffel und sagte: «Hört das Neueste! Schwager Leide geht auf Freiersfüssen. Habt ihr's noch nicht gemerkt? Streicht er nicht um eure Fensterläden und gurrt und ruckt wie ein verliebter Täuberich! Er wünscht sich eine von euch Dreien zur Frau!» Ein geIler Schrei, und die Mädchen krümmten sich vor Ekel und Abscheu. «Ihr wisst, wie viel ich ihm schulde», fuhr der Alte gemässigt fort, «wie reich er ist; ich sag' euch, er hat Geld, er könnte das halbe Dorf zusammenkaufen.» Die Älteste schnitt eine Grimasse, als hätte sie in eine grüne Nuss gebissen. «Pfui, Teufel, so ein Rüsselvieh zum Mann, ich bring' den' Mut nicht auf und die Überwindung. Lieber würde ich mich hängen.» Die zweite hämmerte auf den Tisch, dass die Löffel tanzten. «Und nochmals Pfui über den Aasgeier! Mich kriegt er nicht, eher springe ich ins Wasser.» Babette bog den Scheitel züchtig und sagte leise: «Dem Vater zu lieb will ich ihn nehmen. In Gottesnamen» - mit einem lauten Seufzer stand sie auf und ging hinaus. Langsam schlurfte der Schuster ins Wirtshaus. Sollte er ihm die Jüngste anbieten oder nicht? Das Schild blinkte, die Geldsorgen umdüsterten ihn wie schwarze Nacht. Das war die eine Seite. Den reichsten Mann als Schwiegersohn, Überfluss, Verschwendung, die andere. Pech und Draht, was ist da noch zu überlegen, Babette hat sich einverstanden erklärt! Also, frisch vom Leder gezogen! Tapfer schritt er durch den Hausflur. «Was, deine Jüngste schenkt mir Hand und Herz?» schrie Leide ausser sich. «Schuster, kauf dir ein Gut, nimm meine Barschaft und streich sie ein!» Er schüttete ihm die Tasche aus. Die Hochzeit verschob er um vier Wochen, unter dem Vorwand, Einkäufe besorgen zu müssen und seiner Zukünftigen ein behagliches Heim einzurichten. In Wahrheit, weil am ersten Heumonat seine Leidenszeit zu Ende war. Am Hochzeitsmorgen fasste er sein neues Gewand und stiefelte zum Waldsee, badete, schnitt die Nägel, liess sich die Mähne scheren und zog mit den Musikanten, die er bestellt hatte, vor das Haus seiner Liebsten. Während die Musik einen handfesten Hochzeitsmarsch blies, trat er in die Stube, geschniegelt und gebügelt, mit einem Mejen am Hut. Sittsam überreichte er Babette ein Sträusschen und hackte den Arm ein. Die Glocken läuteten. Die beiden ältern Schwestern fielen in Krämpfe vor Neid und rannten heulend ins Feld hinaus. Andern Tags wurden sie tot aufgefunden. Die eine hatte sich erhängt, die andere in den See geworfen. Als Schwager Leide und sein hübsches Fraueli sich von den Gästen verabschiedeten und den Wagen bestiegen, trat der Teufel zu ihm und klopfte ihm auf die Schulter: «Schwager Leide, nun hast du eine, ich habe zwoo, wir haben beide unsern Lohn!»   Quelle: Johannes Jegerlehner: Walliser Sagen, Hans Feuz Verlag Bern, 1959 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Schwärmende Geisterschaaren, a - e

Source: Schwärmende Geisterschaaren, a - e

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a) Der Oedlisberg, den man auch den aufgeworfenen Hügel nennt, ist eine ringsum abgerundete Höhe im Walde an der Bergstrasse, welche von dem Dorfe Birmensdorf nach Fislisbach führt. Dorten erscheint in den heiligen Nächten eine Schaar bewehrter Männer, während zugleich ein Geharnischter auf der Spitze des Hügels steht. In dieser Stunde vernimmt man alsdann auf dem benachbarten Steppfelde bei Birmensdorf eine verworrene, aber militärisch rauschende Musik. In den dreissiger Jahren ist in jenem Hügel ein Schatz gehoben worden. b) Wer zu einer gewissen Zeit des Jahres Nachts von Umiken nach Villnachern im Aarthale geht, kann ein ergreifendes Schauspiel erblicken. Traurig marschiert ein Zug Soldaten links vom Ackerfelde her über die Strasse und man hört dazu den Klang einer dumpfen Trommel. Man sagt, diese Schaar sei vor Alters hier im Lager überfallen und niedergemacht worden. c) Im Mattenlande, einer grossen Wiesenebene der Dörfer Lengnau und Endingen, sollen zu Weihnachten und Ostern grosse Reiterschaaren gesehen werden. Das Volk sagt, es seien dies die Geister der Russen und Franzosen, welche sich i. J. 1798 hier ein Gefecht geliefert haben. d) Kloster ist der Name eines Dickichts im Hochwalde bei Bärikon, da ziehen Nachts ganze Schaaren von Klosterfrauen um. Mit aller Bestimmtheit versicherte mein Erzähler, er sei hier selbst einer Nonne mit einem Schlüsselbunde begegnet, habe ihr aber aus guten Gründen die Zeit ja nicht geboten (gegrüsst); gönne man einer solchen nur ein Wort, so werde man ihrer nicht mehr los, bis sie einen zu Tode geredet habe. (Bezirk Bremgarten.) e) Im Walde zwischen Döttingen und Würenlingen sollen so viele Geister stecken, dass ein Mann an einem ganzen Kornsack voll Nüsse nicht genug hätte, wenn er jedem Geiste nur eine geben wollte. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 170 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Schwarz und weiss

Source: Schwarz und weiss

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lm Jahre 1127 schenkte der deutsche Kaiser den Herzogen von Zähringen die Oberhoheit über unser Land. Berchtold IV. erbaute auf einem Felskopfe an der Saane eine feste, trotzige Burg. Die nannte er Fryburg. Die Stadt stand damals noch nicht. Nur drunten an der Saane gab es ein paar armselige Fischerhütten. Die ganze Umgegend war von dichten Wäldern bewachsen, in denen Bären, Wölfe, Hirsche und Wildschweine in Menge hausten. Berchtold war ein leidenschaftlicher Jäger. Eines Tages veranstaltete er eine grosse Jagd in den Wäldern des obern Senselandes. Gegen Abend kehrte die fröhliche Gesellschaft mit reicher Beute nach der Fryburg zurück. Der Herzog trennte sich von seinen Leuten, um noch ein neues Jagdrevier auszukundschaften. Da verirrte er sich in einem grossen Walde. Er ritt hin und her, bald aufwärts, bald abwärts, und konnte keinen Weg und keinen Ausgang mehr finden. Die Nacht brach herein, und stockdunkel wurde es im Walde. Eulen schrien und Wölfe heulten. Berchtold musste absteigen und das Pferd am Zaume führen. Schritt um Schritt tastete er sich durch die undurchdringliche Finsternis. Plötzlich blitzte ein Lichtschein durch das Gewirr der Stämme. Vorsichtig arbeitete sich der Verirrte näher an diesen heran. Er kam auf eine Lichtung, wo inmitten rauchender Meiler eine Köhlerhütte stand. Der Herzog band sein Pferd an einen Baum, ging zum Häuschen und klopfte an. Der Köhler öffnete die Türe und geleitete den unbekannten, späten Gast in die Stube. Dort bewirtete er ihn und machte ihm in einer Ecke ein Nachtlager zurecht. Berchtold war müde. Er legte sich hin und fiel in einen tiefen Schlaf. Als er erwachte, stand die Sonne schon hoch am Himmel. Er sprang auf, musterte sein Gewand und musste hell auflachen.   Sein Wams war am Rücken schwarz und auf der Brust weiss bestäubt. Wie kam das? Ganz einfach. Der Köhler hatte ihm das Lager aus Kohlensäcken bereitet und ihn mit einem Mehlsack zugedeckt. Nachdem der Herzog sich mit Brot und Milch gestärkt, drückte er seinem freundlichen Wirte ein Goldstück in die Hand, schwang sich aufs Pferd und ritt in den Wald hinaus. Schon nach einer kurzen Weile erreichte er den Rand desselben. Vor ihm lag das tiefe Tal der Saane, und drüben leuchtete hoch auf dem Felsen seine Burg im Morgensonnenschein. Lange betrachtete er dieses reizende Bild. Doch urplötzlich ging ihm ein kühner Gedanke durch den Kopf. „Jawohl“, rief er laut, „das will ich tun. Auf jenen Felsen baue ich eine Stadt. Fryburg soll sie heissen. Schwarz und weiss wird ihr Wappen sein.“   Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch  


by Schwarzer Eichmann in Wohlen

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Der schwarze Eichmann wohnt auf einer alten Eiche, die an der Wohlener-Strasse beim Oberdorfe steht; er steigt manchmal vom Baum herunter, um einen Wanderer zu verjagen oder weit umzuführen. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 80 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Schwarzer Hund

Source: Schwarzer Hund

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In Büsingen wird erzählt: Als zur Zeit der Karolinger an der Stelle eines weithin sichtbaren Opferplatzes das dem Erzengel Michael geweihte Kirchlein gebaut worden sei, hätten sich von Zeit zu Zeit in der Nähe ein Mann ohne Kopf und ein schwarzer Hund mit glühenden Augen gezeigt. Die Leute hätten noch lange davon gesprochen.     Aus: R. Frauenfelder, Sagen und Legenden aus dem Kanton Schaffhausen, Schaffhausen 1933. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Schwarzer in der Au, Klingnau

Source: Schwarzer in der Au, Klingnau

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Die Jüppe heisst ein Weiler, eine Stunde von Leuggern, von wo aus der Knecht noch in später Mitternacht über die Aare nach Klingnau hinüber geschickt wurde. Es regnete, stürmte und schneite, da er auf dem Rückwege in die Hohle Gasse kam. Der Wind liess ihn kaum den Regenschirm aufmachen, den er in Klingnau mitgenommen hatte. Während er sich damit plagte und über die Aecker an der Aare zu seinem Kahne hinunter lief, begegnete ihm in gleicher Richtung ein Mann von übermässig hoher Gestalt. Er fragte diesen, ob er ebenfalls mit an die Fähre käme, erhielt aber gar keine Antwort. Kaum getraute sich nun der Knecht den Regenschirm zuweilen so hoch zu halten, dass er zu dem Unbekannten hinüber blicken konnte. Derselbe trug einen breiten Hut und schleppte einen gewaltigen Sack nach; in gleichmässig grossen Schritten gieng er so mit fort, man hörte seine Füsse deutlicher, als dass man sie sah. So kam man zum Flusse; es war stockfinster, nirgends konnte der Knecht an der ihm wohlbekannten Stelle seinen Kahn wieder finden, in dem er erst vor kurzer Zeit übergesetzt hatte. Stunden lang lief er in Schilf und Gebüsch umher und eben so lange stolperte sein stummer Begleiter neben ihm und über ihn einher. Dies erzürnte endlich den Knecht, er vergass sich und brach in laute Flüche und Schwüre aus; jetzt half's. Augenblicklich war der Schwarze verschwunden und statt seiner sah der Knecht den Kahn. Er war schon über die Mitte der Aare hinaus, als schwere Lasten von Steinen aus der Höhe her ihm nach gestürzt kamen. Er im Kahn wurde mit Erde und Sand überdeckt. So schmiss der Grosse nach und pfiff dabei zweischneidig durch die Finger. Erst daheim unter der Dachtraufe hörte der Knecht ihn nicht mehr. Das ist der Schwarze in der Au, der von der Tracht den Namen hat, in welcher er herumwandelt. Das zerfallene Häuschen in der Au war seine Wohnung gewesen, da hütet er noch immer schlimmerworbene, verborgene Schätze. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 53 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Schwarzwälder-Bläseli

Source: Schwarzwälder-Bläseli

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(Freienämter-Mundart) D'Ohre han-i i d'Pelzchappe îe gschopped und d'Nase i d'Hand îe gno – so bin-i im vorige Winter zue-menä alte Freiämterbûr z' Stubete gange. Chind sind ûf de Bänke ume kletteret, si hend nit gwüsst, was afôh. Do ischt Ei's zum Grossätti äne gange, hed ä ume Hals ume gnoe und em „Aeh“ gmacht. „Aeh“, seit de Grossätti, was möchtist, du chlîni Stinkeri? Nüd, seit s'Nineli, ha ietz ke Hunger, wett lieber, Ihr thaetit üs au naümis verzäle; vom Stifeli öppis! Isch de Stifeli au nä Ma gsî? Jo frîli, Chind, ist er ä Ma gsî, aber ke grosse; ä Hals hed er au nur ä chlîne-chlîne gha, und de Chopf au nid gross, hinte-n-am Hals hed er äs Gwächs gha: hald hend's gseit, er heb zwê Chöpf. Er ischt allwäg än arigs Mandli gsî. As ä chlîne Bueb ist er ûs-em Schwarzwald ûe cho zue-me-enä b'kannte Diener im Gottshûs Muri und ûf sî Fürbitt in Chlosterdienst ûfgno worde. Z'allerest hend se-n-ä zu-m-en-ä Seuhüeter gmacht; ietz hed er afôh d'Seu dressiere, dass sie ehm nô glaufe sind wie d'Hündli. Das hend d'Wîber im Gasthûs z'erst g'seh, und wenn sie's nid gseh hättid, so hed er g'jugset, ass sie's ghört hend. Gschwind sin sie denn as Näbetpfeister gstande, hend d'Schîbe mit de Fingere gputzt und ûf's Seuhûs abe gluogt, wie de Schwarzwälder-Bläseli mit sîne Seue ûsfahri. „Nei, luegid dert doch au, wie de d'Seu dressiere cha! Wenn's der Hofbrueder Urbe wüssti, er chäm gwüss au goh luege“ - seit Eini zue der Anderä. S'ist nid lang gangä, de Brueder heds gseh, und do natürli au d'Hêre. D'Seu sind ietz gnueg dressiert, seit der Pater Schaffner, me wend iez au luege, was er mit de Schoofe mache wöll! Seit's und macht nä zum Schofhirte. De Stifeli goht zue-ne-nä îe, zählt si, hed si putzt und gsüberet de ganz Tag, und zfresse heder nä gä, Hûd und Lendi voll. Nur es Wörtli zu Eim, so hed's ihm ä Galoppader mgacht, oder es Hûri, oder ist zue-näm zue cho und hed nä gläcket. Hed er wölle ûs- oder îfahre: hed er's Schwebelpfîfli a's Mûl gno und het pfiffe: de sind sie ûfgumpet und putsch! Der dwäris noh cho. Hed er vom Gärtner Meie übercho, se hed er sie ihne ûf d'Chöpfli âbunde, und de hend sie Chöpf ûfg'ha und ä Stolz debî, wie eüsi Soldate, wenn sie Tannchris a de Hüete hend. Uf das ist er Chüehirt worde. Aber do hed er nid viel Freud gha, d'Chüe hend nur ûf die grosse Grasbösche und nid ûf e chlî Stifel gluogt, ûsg'no, wenn er ihne der Gleck-chübel vor d'Nase gha hed. Uf das ist er Acherbueb worde. Aber d'Stiere hend em's au nid chönne; d'Stiere sind halt eistert Stiere, öb's vier odde numme zwöi Bei hebid. Do muess er mit de Rosse fahre. Jetz hed er wieder ä grüsslige Freud gha. D'Ross sind gar gfölgig, lustig und gschwind, und lönd si gwenne, wie me will. Aber selb Ross, wo-n-er ûfem gritte-n-ist, hed doch eistert s'Prämie gha. Wenn d'Chlosterherre hend wölle ûsrîtee, hend se gseit: sattlid mer im Stifeli sî's. Z'erst hed's en gfreüt, ass me sîs Ross nähm; aber wie sîs Thierli eistert ûf de Stross gsî schi, se hed er's em Pater Schaffner g'klaget. Mî liebi Bläsi, seit de, das hed nüt z'bedüte: wegem Ross muesch nid bös sî, d'Hêre hend au lieber die Guete as die Böse. I will die ietz ûf ä andere Poste thue, de muest ietz Meisterchnecht sî, wo de nüd anders s'thue hesch, as âz'ordne und ûf d'Sach z'luoge. Jetz isch dem Stifel ûf ämol de Cham gross worde: Meisterchnecht, Pockerment! d'Dienstlüt hend gross Auge gmacht, frîli hend's scho lang gmerkt, ass de chlî Stifel s'Unterhömli vom Pater Schaffner seig; drum hend sie si ietz au duckt und g'schmuckt, wenn de Stifeli cho ist goh luege, was si schaffe. S'meist hed si gfreut, dass er nümme z'Fuess g'gange-n-und eister gritte-n-isch. Wär' er glaufe, se hätt'er sie mengist erwütscht a de leere Haue stande, wie nes Baümli am ä Stecke. Aber wîl er gäng ûf sîm wîsse Ross obe g'hocket isch wie-n-äs Chämi ûf em Pfahrhûs, se hend s'ehn de vo w'items gseh cho. Gwöhndli hed er sîm Ross d'Spore gae, dass sie wol ghört und gschmöcket hend, sîs Ross fressi der best Haber vom ganze Chloster. Wie bî de Rosse, so isch au bî de Lüte gsî. Wo-n-er fründli hi gluegt hed, hed d'Sunne g'schine; wo-n-er es sûr Gsicht gmacht hed, hed's gregnet oder ghaglet. Aber was mache? Wer g'regiert, isch Meister, hed ämol de Landvogt gseit. Und wenn de Vitzlibutzli selber chäm, so chönnt er nit parteiischer sî, as so-ne Stifel, de vor im Chopf de Springer, hintedrinn der Zwinger und zweüerlei Auge hed. Das goht aber gwöhndli so bî dene Lüte, die ûss-em Seüstal i d'Hêrestube chömid. Und das isch au der Grund, worum de Stifeli b'rühmt worden isch sîner Zît, und worum er ietz noh wandle muess. z'Müswangen i Schlattholz obe-n-ists ämol begegnet, ass e gwüsse Wilhelm* am Rhîseee-Märt (Rhîsee, Kanton Luzern) im Augste ä neue Wullhuet g'kauft und neu ûf en alt ûfgleit hed. Wie-n-er i Schlatt zrugg cho ist, se ghört und gseht er ä Herr cho ûf emä wîsse Ross. Er goht gschwind, macht ehm der Gatter ûf und hemt ehm dernô beed Hüet zmol äne. De Herr wirft'm öppis i Huet inä und de Bûr macht selle Gatter zue. Und wu-n-er will das Geld ûssem Huet ûssä neh, do hed er statt Geld i beede Hüete äs grosses Loch gha. Mir armi Seel, seit er, das het der Stifeli tho (Volkskalender von Baden im Aargau, 1852). * Man sagt, Schärer von Muri habe dieser Mann geheissen. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 298 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Schwein Dorfloos

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Merenschwand ist eine große, weitläufige Gemeinde, deren Hauptgasse an die gegen Osten einen Bogen bildende Landstraße angebaut ist. Da, wo der Bogen die stärkste Biegung macht, stößt am Fuße der sogenannten Burg der Dorfbach dazu, an welchem ebenfalls beiderseits Häuser gebaut sind. Dieser begleitet die Straße eine Strecke weit; bald aber macht dieselbe wieder eine Krümmung überspringt den Bach, wendet sich südlich und bildet hierauf die sogenannte Säugasse. Eine in der Nähe des Baches von der Landstraße abgehende Communicationsstraße, woran einige Häuser gebaut sind, wird Brühl genannt. Nördlich von der Hauptgasse aber bildet eine Häusergruppe mit der Kirche ein Dreieck, „die Hundskehre." Diese paar Straßenrichtungen muß man sich einprägen, um das Nachfolgende, das damit genau zusammenhängt, richtig zu fassen. Dort, wo der Dorfbach zur Straße stößt, steht ein großes hölzernes Kreuz, auf dessen Zieraten und Festigkeit die Länge der Zeit eben nicht am besten gewirkt hat. Von hieraus geht ein Dorftier, ein Schwein, zu verschiedenen Zeiten dem Bache nach, bis auf die Brücke, wo ebenfalls ein Kreuz, aber ein steinernes, steht; dort verschwindet das Schwein, zeigt sich aber nachher wieder in der Säugasse, wo es bei einem Hause, ungefähr in der Mitte dieses Dorfteiles, abermals verschwindet. Es ist von wechselnder Gestalt, bald kleiner, bald größer, und wird Dorfloos genannt, wer von ihm berührt wird, bekommt einen heftig geschwollenen Kopf.    Band 3.1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962, S. 97 – 101 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Schweine im Rebstock

Source: Schweine im Rebstock

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Auf dem Wege von Zurzach nach dem benachbarten Dorfe Rietheim kommt man zu einem mit Mauern eingefaßten Grundstück, das ein alter Kirchhof sein soll. Man behauptet, nur ein einziger Mann, ein Franzose, der hier im Zweikampfe fiel, sei hier begraben. Ein Schwein kommt zu Winterszeit aus dem Zurzacher Hause „Zum Rebstock" um das Häuserviertel herum und geraden Wegs hieher. Was es hier tue, weiß man nicht, es ist ihm, wie der Zurzacher Nachtwächter hierüber sagte, noch Niemand nachgegangen, weil mit diesem Tiere übel auszukommen ist. Andere meinen, hier liegen die Franzosen und die Kaiserlichen begraben, die sich einst in der Gegend von Zurzach in tagelangen Gefechten geschlagen haben. Vielleicht daß jenes Wirtshaus, nun zum Rebstock genannt, ehemals zur Sau geheißen. In Basel, erzählt Wachsmuth, Gesch. deutsch. Nationalität 1, 139 hatte ein Haus gleichfalls die Inschrift:  Auf Gott allein ich vertrau Und wohne in der alten Sau. Band 3.1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962      Abteilung Sturmtiere 1. Kapitel Gespenstische Dorftiere  30. Schweine im Rebstock  S. 97 - 97 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Schweschtri

Source: Schweschtri

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Ds Gäismäitli, ds Gowwliwiibli und ds Engschtlemmäitli sii Schweschtri gsiin. I truwwe-m-ma fascht, si häige gsäid, dee Schweschtri häige si mid eppes versindeged. Ds Gäismäitli häi s' geng am Haslibärg gseen, und vum Engschtlemmäitli ischd no nüü bbrichted worden, äs häigi an Engschtlen in arra Hitten als verherrged und z'underobegreerrd. Vum Gowwliwiibli ischd ds Gred ggangen, Älper häige's im Ürbech hinderhi gseen, an Gowwli und in dr Schrätterren. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Schwimmer Willi zu Meisterschwanden

Source: Schwimmer Willi zu Meisterschwanden

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Am Hallwiler-See im Dorfe Meisterschwanden lebte ein reiches Bauernmädchen Lisa. Sie hatte bis jetzt alle die Bewerber, die aus ihrer Gemeinde um sie freien wollten, hartnäckig abgewiesen, und wenn nun ein Jüngling aus der Nachbarschaft als Bewerber erschien, so wussten die aufgebrachten Bursche zu Meisterschwanden genug Mittel, ihm diese Besuche zu vereiteln, ja sogar lebensgefährlich zu machen. Da kam nun aber einer aus dem jenseits des Sees gelegenen Dorfe Beinwil, der fand sich einen neuen Weg in das bewachte Nachbardorf und kein Neider vermochte diesen zu entdecken oder ihn abzuschneiden. Willi (Wilhelm) war ringsum der geübteste Schwimmer, und wenn er Nachts über die halbstündige Breite des Sees zu Lisa hinüber schwamm, so hatte das Mädchen in ihr Fenster, welches gerade dem Ufer zugieng, das Licht gestellt, und unverwandt blickte dann Wilhelm nach jenem freundlichen lieben Zeichen. So konnte er lange und unbemerkt „zu Licht gehen“ und die Eifersüchtigen verlachen. Allein es waren einst noch in später Stunde Verwandte zu Lisa gekommen, die über Vermuthen lange ihren Besuch ausdehnten und von ihr, dem einzigen Kinde des Hauses, nicht verabsäumt werden durften. Zu der Zeit hatte Willi jenseits schon die Kleider auf den Rücken gebunden und sich den wohlbekannten ruhigen Wogen wieder anvertraut. Schon war er seinem Ziele nicht mehr ferne, er hörte es am Anschlagen der Hunde, da war plötzlich das Licht erloschen, dessen Schein er über sich in der Höhe des Gestades suchte. Die Dunkelheit des Gewässers, die peinigende Ungewissheit über die Geliebte, über das Ausbleiben ihres Freudschaftszeichens führten ihn irre, er ermüdete mit einemmale und versank. Jnzwischen war Lisa aus dem Gespräche ihrer Verwandten einmal losgekommen und in ihre Kammer hinaufgeeilt. Da entdeckt sie mit wahrem Schrecken, dass ein Windzug die Kammerthüre schon vor ihr geöffnet und das Licht in der Laterne ausgelöscht hat, das vors Fenster gesetzt war. Als es immer später wurde und der Erwartete noch nicht dem Hause sich näherte, stiegen die bangsten Ahndungen in ihr auf. Sie konnte es nicht länger ertragen; in der Finsterniss der Nacht und allein lief sie über die steilen Ufer hinab und rief so lange übers Wasser, bis ihr die Stimme versagte. Sobald man daheim die Tochter vermisste, liefen Knechte und Mägde nach allen Seiten aus, sie zu suchen. Aber es war schon hoch am Tage, da man das sterbende Kind drunten am See bei der Leiche Wilhelms fand. Noch jetzt wird diese Begebenheit an den Ufern des Hallwiler-Sees als ein wikliches Erlebniss erzählt. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 32 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Schwinge mit mir!

Source: Schwinge mit mir!

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Im Schosshause in Bodmen kam in der Nacht oft eine arme Seele in die Stube und setze sich auf den Ofen. Wenn sie am Morgen wegging, forderte sie den Besitzer auf: «Komm und schwing mit mir draussen!» Der liess sich aber nicht überreden, denn draussen vor der Hausschwelle wäre der Geist sicher stärker gewesen. Darum drohte ihm das "Tote": «Wir begegnen einander noch einmal!» Später war dieser Mann irgendwo Götti und kehrte spät am Abend heim. Da hörte er auf einmal: «Haltner, halt! Ich spreche dich um ein gutes Werk an. Schwing mit mir!» Weil der Mann das wieder nicht tun wollte, jammerte die arme Seele: «Deinetwegen muss ich jetzt noch in Wind und Wetter stehen, aber derweil du heute ein gutes Werk getan hast, kann ich dir nicht schaden!» MUND Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Sechs Gefährten kommen überall durch

Source: Sechs Gefährten kommen überall durch

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Es war einmal ein alter Soldat, der lange im Dienst des Königs gewesen war. Doch zuletzt war er so alt geworden, dass er nicht mehr im Stande war, seinen Dienst zu leisten. Da entliess der König ihn. Statt ihm jedoch eine schöne Pension zu geben, wie es sich gehört hätte, gab er ihm nur drei Batzen. Das ärgerte den armen Alten furchtbar, und als er fortging, dachte er: «Wart du nur, du verdammter, undankbarer Geizhals, dir will ich es schon zeigen, und wenn du mich auch um den Lohn beschissen hast, so hole ich ihn mir mit Gewalt!» Da kam er in einen Wald und sah dort einen Burschen, der die Bäume mit der Wurzel ausriss, als wären es Grashalme. Der alte Soldat fragte: «Was machst du da?» - «Ich sammle etwas Holz für meine Mutter», antwortete der Bursche. «Ach was, was zum Teufel bleibst du hier und sammelst Holz, komm mit mir, wir zwei kommen wohl durch die Welt!» - «Gut, ich werde kommen; doch zuerst muss ich noch mit dem Holz nach Hause.» Nach kurzer Zeit kehrte der Bursche zurück, und die beiden Gefährten zogen mit Gottvertrauen in die Welt hinaus, immer der Nase nach. Es dauerte nicht lange, so kamen sie auf einen Hügel und fanden dort einen, der sass da, hielt ein Nasenloch zu und blies mit dem andern gegen das Tal hinunter. »Was machst du hier, guter Freund?» fragte ihn der alte Soldat. «Ich puste, um jene Windmühle dort drüben neben jenem Weiler anzutreiben», antwortet er. «Ach, da sei uns Gott bevor. Du bist im Stande, jene Windmühle bloss mit deinem Schnauf anzutreiben? Dann komm mit uns! Wir drei kommen überall durch! Was willst du hier bleiben und dein Lebtag pusten?» Und der mit der Puste ging auch mit den andern beiden. Nach kurzer Zeit sehen sie am Weg einen Mann mit nur einem Bein sitzen, das andere hatte er neben sich im Gras liegen. Sie gingen zu ihm, und der Soldat fragte: «Was machst du hier? Warum hast du ein Bein abgenommen?» - «Nun, weil ich mit beiden viel zu schnell wäre.» - «Du musst mit uns kommen. Wir kommen wohl durch auf dieser sündigen Welt.» Und der, welcher ein Bein abgenommen hatte, ging auch mit. Sie kamen dann in einen Wald auf einen Berg. Dort fanden sie einen Jäger, der zielte. «Worauf zielst du?» fragte ihn der Soldat. «Auf jene Mücke dort drüben auf jenem andern Berg.» - «Aber kannst du so weit sehen?» - «Und ob! Sonst würde ich nicht zielen.» - «Ach, du musst mit uns kommen, wir verdienen uns unser Brot leicht und kommen überall durch.» Und der Jäger ging auch mit ihnen, und sie wanderten weiter bergauf. Zuoberst auf dem Berg sehen sie einen, der sitzt faul da und raucht seine Pfeife. «Hallo, was machst du da, du Pfeifenschmaucher?» fragt der Soldat. «Vorläufig nichts», antwortet der Raucher. «Aber weshalb stehst du hier oben mit dem Hut schräg auf einem Ohr und schaust immer herum?» - «Ich muss auf die Kälte aufpassen. Wenn ich den Hut gerade rücke, wird es so kalt, dass Stein und Bein gefriert.» - «Oh, du hast uns noch gefehlt! Komm mit uns! Wir sechs kommen bestimmt überall durch; ich möchte gern sehen, wer mit uns fertig wird!» Und der mit dem schrägen Hut war von nun an auch dabei. Jetzt ging der alte Soldat sofort zum König mit seinen fünf Gefährten, denn mit deren Hilfe wollte er sich seinen Sold für die vielen Dienstjahre auszahlen lassen. Und gerade als sie zum König kamen, fanden sie dort eine Menge Leute versammelt. Der König hatte eine Tochter, die rannte so schnell, dass es niemand mit ihr aufnehmen konnte. Als sie zwanzig Jahre alt geworden war und der König sie verheiraten wollte, liess er bekannt machen, dass jener, der rascher renne als seine Tochter, diese zur Frau und die Hälfte seines Königreichs als Mitgift bekomme. Sogleich ging auch der alte Soldat hin und meldete sich an, stellte jedoch die Bedingung, dass einer seiner Gefährten an seiner Stelle rennen könne. Dies wurde ihm gewährt, und er wählte für das Rennen jenen, welcher gewöhnlich nur auf einem Bein ging. Sogleich wurde die Rennstrecke bestimmt: Bis zu einer bekannten Quelle zuoberst auf einem recht hohen Hügel, dort musste jeder Wasser trinken, ein Büschel Brunnenkresse, die nur dort wuchs, pflücken und dem König bringen. Die Königstochter und der Läufer des alten Soldaten rannten miteinander los. Doch bald war der Gefährte Läufer ein schönes Stück voraus, denn er hatte sich selbstverständlich auch das andere Bein angeschnallt. Als er sah, dass die Königstochter nicht nachkam, legte er sich ein wenig hin. Doch es ging nicht lange, und er schlief ein. Die Königstochter schlich ganz leise an ihm vorbei, gelangte zur Quelle, machte kehrt und ging wieder am Schläfer vorbei. Aber der Gefährte Jäger ging nachsehen, was da los sei, denn ihr Läufer hätte schon lange wieder zurück sein sollen. Er merkte, dass dieser schlief, und auch, dass die Königstochter schon auf dem Rückweg war. Da nahm er sein Gewehr und feuerte einen Schuss gerade neben die Ohren seines Gefährten. Der sprang sofort auf die Füsse und sah, dass die Königstochter sich schon auf dem Rückweg befand. Er überlegte nicht lange. Wie der Wind rannte er zur Quelle hinauf, trank ein wenig Wasser, nahm ein Büschel Kresse und weg hinterher. Nach einem kurzen Augenblick überholte er die Königstochter und kam noch eine rechte Weile vor ihr beim König an. Der alte Soldat hatte gewonnen, und der König musste ihm seine Tochter und die Hälfte seines Königreichs geben. Das missfiel dem König. Seine junge und schöne Tochter diesem hässlichen alten Soldaten geben! Das konnte er nicht tun. Deshalb fragte er den alten Soldaten, wie viel er verlange, damit er ihm seine Tochter lasse und von der Heirat absehe. Das war es gerade, was der Soldat wollte, denn er hatte keine grosse Lust zu heiraten. Er forderte vom König deshalb einen Sack voll Gold, mit all dem, was einer seiner Gefährten im Stande sei wegzutragen. Damit war der König einverstanden. Der Soldat bestimmte für diese Arbeit den starken Gefährten, jenen, der die Bäume entwurzelt hatte. Sie liessen eigens einen Sack machen, wirklich einen furchtbar grossen Riesensack. Der König tat alles Gold hinein, das am Hof war: Münzen, Ohrringe, Halsketten, Löffel, Gabeln, kurz und gut, alles, was er hatte. Doch der Sack war kaum halbvoll. Da befahl er, dass in seinem ganzen Königreich jeder das Gold, das er besitze, bringen solle. Und alles gehorchte, und es wurden Schürzen voll Gold herbeigetragen. Und alles wurde in den Sack geworfen. Doch der war noch immer nicht voll. Als der Soldat sah, dass wirklich alles Gold des Königreichs hergegeben war, sagte er, er wolle sich jetzt mit dem zufrieden geben. Der König hoffte jedoch immer noch, dass der Geselle nicht im Stande sei, alles zu tragen. Aber der schulterte den Sack, wie wenn nichts wäre, und die sechs Gefährten reisten vom Hofe ab. Als der König das ganze Gold, das er in seinem Lande hatte, mit ihnen wegziehen sah, bereute er es, dass er alles jenem verdammten alten Soldaten gegeben hatte. Und er beschloss, ihn mit seinen Soldaten zu verfolgen. Und die waren ganz damit einverstanden; denn womit nämlich sollten sie besoldet werden, wenn sowohl der König als auch das ganze Land kein Gold mehr hatte? Also machte sich das ganze Heer des Königs an die Verfolgung der sechs Gefährten. Doch als die das ganze Soldatenvolk des Königs kommen sahen, um sie zu fangen, da gab der alte Soldat dem Gefährten mit der Puste den Befehl, das Heer zum Rückzug zu zwingen. Der begann, mit einem Nasenloch gegen die Soldaten zu pusten, und alle mussten zurückweichen und sich gut festhalten, um nicht hinzufallen. Unsere sechs Gefährten gingen weiter. Der König aber wollte sich noch nicht geschlagen geben. Er zog mit seinem Heer den Berg hinauf, um dann von der andern Seite vorzurücken und den sechs Gefährten in den Rücken zu fallen. So, glaubte er, er habe mehr Kraft, und der Wind könne sein Soldatenvolk nicht zurückhalten. Doch als die sechs Gefährten die Soldaten den Berg hinunter auf sich zukommen sahen, da rief der alte Soldat den mit dem schrägen Hut zu sich her. Und der rückte seinen Hut gerade und zog ihn bis zu den Ohren hinunter. Sogleich wurde es auf der Seite, wo er hinsah, schrecklich kalt. Die Soldaten des Königs begannen zu frieren, so dass sie zitterten wie Espenlaub, und manchen erfroren Hände und Füsse. Keiner wollte mehr weitergehen; sie machten kehrt und liefen zurück nach Hause. Die sechs Gefährten konnten dann ungestört weiterziehen. Sie teilten das Gold und waren ihr Lebtag reich genug, um ohne Sorgen zu leben. Und wenn sie nicht gestorben sind, so leben sie noch heute. (Unterengadin)   Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Seelen trunkliebender Säumer im Schnee

Source: Seelen trunkliebender Säumer im Schnee

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Am Furkagebirg zwischen Ursern und Oberwallis trifft man bisweilen Schneeflecken an, die so rot aussehen, als wenn sie mit rotem Weine getränkt wären und zwar ziemlich tief unter die Oberfläche hinab. Die Landleute sagten früher darüber, das komme von den Seelen trunkliebender Säumer, welche im Leben mit Saumrossen italienischen Wein über den Berg holten und oft durch Untreue oder Fahrlässigkeit ihn unterwegs mindern liessen. Dafür müssen sie jetzt in diesem öden Schneefeld büssen und leiden grosse Not von wegen ihrem Durst und Verlangen nach solchem Wein. Wer ihnen barmherzig eine Spende weiht und von dem edlen Rebensafte einige Tropfen hingiesst, dem helfen sie an den gefährlichen und verirrlichen Stellen des Bergpfades. (aus Lütolf, S. 149, Nr. 84) Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Seelenhungrige Teufel

Source: Seelenhungrige Teufel

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Der fromme Waldbruder zu Sankt Verena ob Zug sass eines schönen Tages vor seinem Hüttchen und betrachtete die Wunder der Natur, wie sie der Schöpfer in besonderem Masse dem herrlichen Zugerländchen beschert hatte. Plötzlich wurde der stille Beschauer aus seinem Betrachten aufgeschreckt. Mit Treichlengeläut und Peitschenknall kam unter grausigem Lärmen von Allenwinden her in wildem Sturm ein Rudel schwarzer Teufel gegen Zug. Mit einem andächtigen grossen Kreuzzeichen bannte der Waldbruder die wilde Schar für einen kurzen Augenblick und frug sie nach ihrem eiligen Vorhaben. Die Teufel erzählten nun, dass sie nach dem Luzernerbiet reisen und dort beim alten Kandi Mattmann warten wollen, um seine Seele in Empfang zu nehmen. Dieser Kandi Mattmann war ein Wunderdoktor gewesen und hatte landauf und landab die Kranken geheilt und den Armen geholfen. Nie hatte er aber bei den armen Leuten für seine Wunderkuren Geld verlangt. Jetzt lag er selber auf dem Sterbebett und die Teufel waren nun gekommen, um seine Seele zu holen. Beim Einnachten hörte der Waldbruder zu Sankt Verenen wiederum das bekannte Geheul. Die Teufel waren auf dem Rückweg, aber ohne die Seele des Kandi Mattmann aus dem Luzernerbiet. Die seelenhungrigen Teufel waren nicht auf ihre Rechnung gekommen, denn als sie in das Haus des sterbenden Heilkünstlers eindringen wollten, war ihnen der Eingang verwehrt, weil immer und immer wieder Bettelsäcke von unsichtbarer Hand aufgehäuft wurden. So mussten sie ihr Vorhaben aufgeben. Das Wohltun habe dem Kandi Mattmann die ewige Seligkeit verschafft und die seelenhungrigen Teufel abgewehrt. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 105 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Seelenwanderung?

Source: Seelenwanderung?

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»Das hed yserä Vatter mängsmal g'seit, mä sell kei Chrott, kei Fresch, iberhäut keis Tierli nie plagä, das syget armi Seelä«, erzählt eine Köhlerstochter aus dem Maderanertal. Eines Tages in den 80er Jahren brannten mein Vater und ein Kamerad, der blinde Sagerli, in unserm kleinen Heimwesen, im Rytteli, Kohlen. Da kam ein Fröschlein dahergehüpft und wollte über den Laden auf den Kohlenhaufen hinaufsteigen. Sie entfernten es, aber es kam immer wieder und wiederholte seine Anstrengungen. Jetzt sagte mein Vater: »Da muss gewiss eine arme Seele leiden.« Der Gehilfe versetzte lachend: »Ä, gläub doch äu seeligs nit; das isch äs Läärs!« Sie wurden aber darin einig, das Tierchen gewähren zu lassen. Und nun hüpfte es über den Laden auf den Gipfel des Kohlenhaufens und sprang von dort, mit einem lauten Schrei, in das Feuer hinunter. »Das hend-si alligs gseit, i jedem Chohlähüffä und i jedem Chalch, wo si brennet, tieg än armi Seel lydä, und friähner hend-si susch flyssig b'bätet, wennd si ä Chohl uder ä Chalch b'brennt hend.« – Der Bruder der Erzählerin hingegen sagt, das habe sich nicht damals ereignet, sondern sei damals erzählt worden. Peter und Franziska Tresch, Jos. Maria Gisler Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Seeungeheuer

Source: Seeungeheuer

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Etliche Ruderschläge ostwärts des Giessbaches säumen die hohen, stellenweise senkrechten Flühe des Rauft und des Entenwinkels das Seeufer. Jäh stürzen die Felsen in das tiefe blaugrüne Wasser, erheben sich am einen Orte glatt wie ein aufgestellter Tanzboden, an andern von schmalen Bändern mit Gesträuch und schwarzgrünen Tannen unterbrochen, in die Bläue des Himmels. Zwischenhinein senkt sich wohl auch ein Streifen Laubwaldes niederwärts, dessen unterste Bäume bei frühsommerlicher Fülle des Sees ihre vorwitzigsten Blätterbüschel in das kühle Nass tauchen. Einsam und still ist es an diesem Ufer; denn ohne Not rudert niemand in die wilde Abgeschiedenheit hinein, ja, nicht einmal die Sonne findet ungehemmt Zutritt, und so herrscht besonders in der engen, hohen Bucht des Entenwinkels, der nächtlichen Zufluchtsstätte der wilden Enten, jenes trübe, trügerische Tageslicht, das dem Gedeihen seltsamer Lebewesen förderlich ist. In dieser Gegend hausten einst die Seeungeheuer. Vom Mitternachtwind hieher abgetriebene Schiffsleute hatten Kunde von ihnen. Es waren zumindest zwei grossmächtige Tiere, mit Leibern wie Schlangen. Oder wie Fische? So sicher lässt sich das nicht sagen. Aber Köpfe streckten die über Wasser! Grausliche Köpfe, mit einer schrecklichen Schnauze, fast wie die eines Hundes. Und mit zwei krallenbewehrten Füssen schwammen sie, grodelnd wie ein Hund, im tiefen Wasser der Bucht. Die Ungeheuer wären sehr wohl imstande gewesen, die Boote der Schiffsleute zum Kentern zu bringen und die ins Wasser gestürzten Menschen gradwegs zu verschlingen. Man wich ihnen deshalb aus dem Weg, wo man sie traf. Und weil die Menschen so vorsichtig waren, blieb auch nie einer in ihren Krallen hängen. Dagegen behaupteten die Fischer durch alle Wände, die Ungeheuer vertilgten grosse Mengen von Fischen, weshalb die Hechte und Forellen, die Egen, Hasel, Balchen, Bläulig und Brienzlig im Brienzersee so rar geworden seien, dass der Beruf bald nichts mehr eintrage. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Sei's Gott lieb oder leid

Source: Sei's Gott lieb oder leid

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Als Graf Georg von Sargans mit dem Gedanken umging, seine Grafschaft zu verkaufen (1483), kam eine reiche Frau nach Weesen mit einem ganzen Fass voll Geld; denn sie wollte das Land in ihren Besitz bringen. Auf dem See aber erhob sich ein Sturm, und die Schiffer wollten umkehren. Die Frau aber verlangte, dass gefahren werde, sei's Gott lieb oder leid. Da sank das Schiff unter an den schroffen Felswänden des Kerenzerberges. Im neunzehnten Jahrhundert noch haben etliche Taucher dort das Fässchen gesehen, das in Felsenklüften liegt; man kann aber nicht dazukommen, weil furchtbare Seeungeheuer es umschwärmen. — Woher die Frau kam, weiss niemand.  Chr. Albrecht Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 371, S. 210 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Selbst dem Kuckuck ist nicht mehr zu trauen

Source: Selbst dem Kuckuck ist nicht mehr zu trauen

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Vor vielen Jahren lebte in Puschlav ein Bauer, des Vornamens Antonio, welcher vor Allem dafür sorgte, dass sein Vieh niemals am Futter auskam. Wenn nun heubedürftige Nachbarn zu ihm kamen, ihn baten, er möchte ihnen aushelfen, umsomehr der Frühling nahe sei, und die Anzei­chen auf ein gutes Heujahr alle vorhanden seien, - war immer wieder sein Letztes: »Ich traue Niemandem mehr, als dem Kuckuck, bevor ich seinen Ruf nicht höre, verkaufe ich kein Heu.« - »Ei! so schön wie der Kuckuck kann ich auch rufen und singen,« dachte einmal ein Schalk, der in Heuverlegenheit war, und ging in ein nahes Wäldchen, wo er den Ruf des prophetischen Vogels bestmöglichst nach­ahmte. Dann kehrte er zurück. Antonio, unter der Stalltüre stehend, winkte ihm heran: »Jetzt kannst Du kommen, Gevatter, wenn Du Heu willst; ich habe den Kuckuck gehört, und dem alleine traue ich.« Der Gevatter, nicht faul, holte Heutuch und Waage, und kam zu Futter für sein Vieh. - Am folgenden Morgen aber kratzte Antonio in den Haaren, als frischge­fallener Schnee weit und breit die Bergwiesen bedeckte. »Selbst dem Kuckuck ist nicht mehr zu trauen,« war von da an seine Redensart. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Selbstmörder

Source: Selbstmörder

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a) Vor Zeiten, wenn sich jemand erhängt hatte, sei es im Stalle, im Hause oder auf der Wiese oder wo immer, so kam die Obrigkeit herbei, und einer aus ihr stellte sich unter oder neben den Erhängten, zog mit dem Schwert, soweit er konnte, einen Ring um sich herum und, soweit der Ring reichte, bekam die Obrigkeit das Eigentumsrecht über Grund und Boden und was darauf stand. Das hat allemal unser Vater, der 80jährige Josep Franzä Josti, gesagt. Marie Ziegler, Bauen b) Bis ins 19. Jahrhundert erbte in Uri der Staat diejenigen, die sich entleibten, behaupten alte Leute. – Doch konnte ich im alten Landbuch (Gesetzessammlung) keinen Beleg für diese Behauptung finden. Kaspar Wipfli, 70 J. alt c) Früher habe man die Leichen der Selbstmörder nicht durch die Türe, sondern durch ein Fenster hinausgeschafft, weil durch die Türe herein der Heiland zum Verwahren getragen wird und die Selbstmörder nicht würdig sind, den gleichen Weg getragen zu werden. Josefa Imhof-Aschwanden, 85 J. alt, Altdorf, Isental.1 d) Noch andere behaupteten, man habe sie entweder durch ein Loch unter der Haustürschwelle oder durch ein Loch, das man in die Hauswand machte, herausschaffen müssen, aber nicht durch Türe oder Fenster. Fußnoten 1 Nach Dettlings Chronik (1860, S. 365) wurde die Leiche der Kastenvögtin, die sich im Kerker entleibt hatte, vom Scharfrichter zum Fenster hinausgeworfen. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Seltene Todesursache

Source: Seltene Todesursache

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Ainisch häig äinä-n-ä-n-Esel gha. Und d'rnah syg äinisch ä Fremdä chu und häig das Tier äso gschäuwet und häig gsäit, wennd der Esel drymal furzi, miäss är – der Besitzer – stärbä. Nu, der Ma häig-si dessä nitt so fast g'achtet. Mal äis Taggs häig är mit dem Esel näiwis miässä säumä, und da syg äs zimmli obsi g'gangä. Uf äinisch lah-i der Esel äinä la fahrä. Ja nu, äinisch isch käinisch, häig der Ma züe-n-em sälber gsäit, und syg ämel wytters. Nach-ämä Wyltschi syg der zwäit chu. Da syg-s'm aber doch angst wordä, dem Ma. Und är gaht und schnätzet ä Zapfä und steckt-ä dem Esel i Mastdarä. Nached anä häig äs der Esel afah üffbläjä-n- und üfftrybä, und uf äinisch trybi äs der Zapfe-n üsä und jagä dem Manndli grad a-nn-i Schläffä und schlah-ä müs-steitots. Josef Maria Fedier, 62 Jahre alt, Taglöhner und Holzarbeiter Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Seltsame Belohnung

Source: Seltsame Belohnung

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Im Plenefy hinter St. Silvester wohnte eine alte Frau ganz allein in einem Häuschen. Ihr Mann war schon viele Jahre tot, und die Kinder lebten in der Welt draussen. Sie fiel niemandem zur Last: im Gegenteil, durch ihre Kenntnisse in der Heilkunst wusste sie sich den Menschen der Umgegend unentbehrlich zu machen. Wenn jemand erkrankte, oder ein Unfall sich ereignete, oder ein Menschenkind der Erde Licht erblicken sollte, dann rief man das Mütterchen zu Hilfe. Mit Salben und Tränken wusste es allen zu helfen. An einem stürmischen Herbstabend sass die Frau am Tische und nähte. Da klopfte es an die Haustüre. Sie nahm die Lampe und zündete hinaus. Ein „Holzappelimannli“ stand auf der Schwelle. Es grüsste freundlich und sprach: „Seid so gütig und kommt mit mir. Mein Fraueli hat heftige Krämpfe, und das Kindlein weint in einem fort. Kommt schnell und helfet.“ Seine Stimme zitterte, und zwei Tränen tropften in seinen Bart. Die Frau hatte Mitleid mit ihm und antwortete: „Ich komme sogleich.“ Dann band sie schnell ein sauberes Fürtuch um, wickelte einen warmen Strangen um Kopf und Hals und schritt ohne Angst in die Nacht hinaus. Solche nächtliche Gänge hatte sie vielleicht schon hunderte gemacht. Das Zwerglein ging mit einem Licht voraus. Der Weg führt erst gegen den Schwand hinauf, dann ein Stück weit durch den Burgerwald. Endlich bogen sie nach rechts und kamen an den Fuss der Kreuzfluh. Dort krochen sie durch eine Felsspalte und kamen in einen saubern, wohnlichen Raum, der wie eine Stube aussah und hell beleuchtet war. In einem schneeweissen Bettchen stöhnte das kranke Zwergenfraueli. Seine Wangen waren blass und eingefallen, das aufgelöste Haar zeichnete schwarze Kringeln auf dem Kissen, und die schmalen Händchen lagen kraftlos auf der Decke. Neben dem Bette wimmerte in einer Wiege, die mehr einem Spielzeug glich, das neugeborne  Zwergenmeiteli. Die Frau bereitete aus den mitgebrachten Kräutern eiligst einen ktäftigen Trank und reichte ihn der Kranken. Dann bemühte sie sich um das Kind. War das ein kleines, zartes Wesen, nicht viel mehr als eine Spanne lang. Wenn sie die Finger spreizte, hatte es in der hohlen Hand Platz. Sie wusch es, gab ihm zu trinken und bettete es sorgsam wieder in die Wiege. Bald schlummerte es ein. Jetzt nahm sie sich wieder der der Kranken an. Sie wurde besser gelagert und mit heissen Auflagen behandelt. Das wirkte. Die Zeiträume zwischen den Anfällen nahmen an Länge zu und die Krämpfe an Heftigkeit ab. Gegen Morgen fiel die Kranke in einen ruhigen Schlummer. Sie war gerettet. Die Ärztin gab noch einige Anweisungen und verabschiedete sich. Das Zwerglein wollte sie heimbegleiten. Aber sie lehnte ab. Sie werde den Weg schon finden, es beginne ja bereits zu tagen, meinte sie. Das Zwerglein dankte ihr herzlich, und mit den Worten: „Das ist euer Lohn“, drückte es ihr etwas in die Schürzentasche. Am Rande des Waldes angekommen, wollte die Frau sehen, was ihr zum Lohne geworden sei. Sie griff in die Tasche und zog eine Handvoll herbstgelbe Buchenblätter heraus. Enttäuscht liess sie dieselben langsam aus der Hand flattern und eilte ihrem Hause zu. Als sie aber daheim die Schürze auszog, hörte sie ein feines Klingen. Sie griff nochmals in die Tasche und zog drei weitere Buchenblätter heraus, die aber aus feinstem Golde waren. Jetzt kehrte sie schleunigst zum Waldrande zurück, um die weggeworfenen wieder zusammenzulesen. Aber der Herbststurm hatte sie längst verweht und fortgetragen. Kein einziges mehr war zu finden.   Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch


by Seltsame Entführung

Source: Seltsame Entführung

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Ein Mann, Namens Heding, ging an einem Thomas-Markttage, Morgens als es noch dunkel war, mit etlichen andern Reisegefährten den Forst (Ge­gend zwischen der sog. Clus und Marschlins) hinaus, Cur zu. Und als er im Gehen etliche Schritte hinter den Andern war, siehe da ­entführte ein Geist ihn durch die Luft hin, mit solcher Geschwindigkeit, dass seine Kameraden gar nichts davon gewahr wurden. Nachdem er aber nicht nachkam, glaubten sie, es sei ihm Etwas begegnet, kehrten um, ihn zu suchen, fanden ihn aber nirgends. Der Geist setzte auf einen Felsenvorsprung oberhalb dem Schlosse As­permont, über der Molinära ihn nieder, in den Schnee, und liess allda ihn sitzen, also, dass der arme Mensch weder hinter sich, noch für sich sich bewegen konnte. So war er nolens volens schon zwei Tage auf diesem Felsvorsprunge, und fror und hungerte gar sehr. - Niemand vernahm etwas von seinen immerwährenden Rufen nach Hülfe. Am dritten Tage ging zufällig ein Geisshirt beim Schlosse vorbei und hörte hoch oben herab das Geschrei eines Menschen. Er jauchzte, worauf das »Jesmen« (Lamentieren) noch kläglicher wurde. Nun glaubte der Hirte, es sei Jemand von der Valzeiner-Seite herüberge­kommen und im Tobel verunglückt, und liege hülflos im Felsgeklüfte. Deshalb lief er schnell nach Zizers, sagte es den Leuten, worauf Etliche mit dem Doktoren hineilten und nachsuchten. Sie fanden ihn auf einer sehr steilen Felskuppe, mussten mit langen Stricken von oben herab ihn heraufziehen, und brachten mit grosser Mühe und Gefahr den armen Mann in Sicherheit. Er hatte aber im Schnee beide Beine erfröret, die dann der Medicus ihm abnehmen musste. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Seltsame Erscheinung

Source: Seltsame Erscheinung

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Einem Traubenwächter begegnete bei der sog. Kreuzgasse an der Masanser-Strasse bei Cur Folgendes. Es war in einer mondhellen, milden Septembernacht, als er in Ausübung seines Amtes als »Traubenwächter« oberhalb der Strassenmauer in den Weingärten hin und her ging. Plötzlich erblickte er in einen dunkeln Mantel gehüllt, einen Mann, der über die Mauer her ihn anzuschauen schien. Blick und Ausdruck vermochte er nicht zu erkennen. Langsam auf den Fremden zugehend, rief er Denselben an, ein, zwei Male, ohne Antwort zu erhalten. Als er jedoch, bei der dritten Aufforderung, ihm zu sagen, was er da wolle, hinzufügte, dass er hier nach Recht und Pflicht seines Amtes warte, liess die Gestalt sich vernehmen: »Wohl Dir, dass Du hier in Amt und Pflicht stehst, sonst möchte Dein Vorwitz teuer Dich zu stehen kommen.« Dies sagend, riss die Gestalt ihren Mantel auf, und zeigte dem, zum Tode erschrockenen Mann statt einer menschlichen Brust das Knochengerippe einer solchen. Der Wächter fasste einen solchen Schrecken, dass er ein Fieber bekam, welches er lange Zeit nicht mehr los wurde. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Seltsame Fuchsjagd

Source: Seltsame Fuchsjagd

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»Und miär isch äu einisch cheibisch kürjos ggangä. Ich ha-n-am Intschitobel hinnä immä-n-ä chlynä Gädemli dä Fixä glotzet. So gägä Mitternacht isch einä chu, ä gryßlächä! Ich ha 'zilet, und der Schutz isch richtig abggangä. Aber 'pohlet hets impärtinäntisch. Äs het-mi bigoschthindärä gwißt a Riggä z'riährä. Der Cheib hets, ha-n-i 'tänkt und bi üffgstandä ga lüegä. Aber findä ha-n-i doch gar nytt chennä, nur isch im Schnee so äs Gspor gsy wiä vo zwee Finkä, und das isch dur ds Tobel gägä d'Ryß appäggangä. Ich bin-em nitt wytt nachä, ich ha 'tänkt, dü gahsch hei, und ha ds Gwehr i d'Händ gnu und bi ggangä. Aber dassälb het nitt scheen üßgseh! Der ganz Läuf isch 'bognä gsy, und z'ußrisch am Rand isch er fyn zerschlitztä und zrugg'bognä gsy wiä-nn-ä Wychwadel. Am andärä Tag ha-n-i-'s düe chennä-n-am Schmid Bümä bringä z'Stäg und's la chirzer machä. Jä, das isch de keis Märi, so isch äs miär ggangä. Das sägä-n-ich de, wo-n-ich will; das derfet iähr de scho i ds Wuchäblatt tüe.« So erzählt mir ein Wahrheitsfreund von Silenen. J.M. Tresch, gen. Kapläni, 68 J. alt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Sesam, öffne dich

Source: Sesam, öffne dich

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Zufällig kam ein Geissbub an eine Fluh. Da hörte er eine Stimme rufen: »Sesam, öffne dich! Sesam, schliesse dich!« und die Fluh tat sich auf. »Da könntest du hineingehen,« dachte der Geissbub und trat ein, der Spalt schloss sich hinter seinem Rücken. Er wandelte durch einen Gang und kam in eine Kammer, wo Gold in Menge aufgehäuft war. Damit füllte der Geissbub seine Hosensäcke und trat den Rückweg an. Als er dem Eingang nahe war, rief er: »Sesam, öffne dich! Sesam, schliesse dich!« Der Spalt klaffte, der Bub gewann das Freie, und die Fluh schloss sich wieder. Zu Hause zeigte er seinen Fund den zwei Brüdern. Diese wollten auch von dem Golde und gingen zur Fluh und riefen: »Sesam, öffne dich! Sesam, schliesse dich!« Auch ihnen öffnete sich der Felsen, und sie beluden sich mit Gold. Auf dem Rückweg jedoch kam ihnen das Sprüchlein nicht mehr ganz in den Sinn, und so blieb ihnen der Ausgang verschlossen. Sie mussten drinnen bleiben. Da ging der Geissbub hin, um sie zu befreien, und rief: »Sesam, öffne dich! Sesam, schliesse dich!« Aber der Spruch hatte keinen Erfolg. Ein altes Guschi kam daher und sagte: »Diese Fluh wird nicht mehr geöffnet; die zwei Gefangenen da drinnen müssen im Golde einwachsen.« Karl Gisler, 75 J. alt, Unterschächen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Sichellauinen

Source: Sichellauinen

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Der allerhinterste ständig bewohnte Weiler im Tal ist Sichellauinen. Ein paar niedrige Holzhäuslein sind aus Angst vor Steinschlag und Lauinot eng zusammengekauert, beinah am End der Welt, am zweimal bergschuhbreiten Fussweg nach dem verrufenen Rottal. Vor Zeiten sollen sich hier oben Gerstenäcker und Weizenfelder ausgebreitet haben, deren gelbes Halmenmeer man im Sommer in weitausholendem Schwunge mit der Sense mähen konnte, ohne befürchten zu müssen, sie in Steinen schartig zu schlagen. Einmal aber stürzte die Lauine, nach einem schneereichen Winter, so unerhört wuchtig vom Rottal nieder, dass auf der andern Talseite, hoch ob der Tschingellütschine, alle Tannenbäume wie Zündhölzer geknickt waren. Nach der Schneeschmelze sah man, dass alles fruchtbare Ackerland vielfusstief unter Schutt und grossen Blöcken begraben lag. Die Häuser blieben verschont, aber noch lange Zeit nachher war das ganze Gelände eine Striegelweid (unabträgliche Weide) auf der man keinen rechten Sensenstrich tun und kein Getreide mehr säen konnte. Das spärlche Gras zwischen den vielen Steinen musste mit der Sichel gemäht werden.  In Erinnerung an diese Zeit heisst der Weiter noch heute Sichellauinen.   Quelle: Hans Michel, Ein Kratten voll Lauterbrunner Sagen. Wengen 1936. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Sichere Hilfe

Source: Sichere Hilfe

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Diesseits des Rheines lebte ein Arzt, der zwar nicht studiert hatte, der aber manches konnte, was den andern versagt geblieben. Er wurde oft auch ins Osterreichische hinübergerufen, so einmal zum Grafen von Hohenems. Darob wurden die Arzte dort drüben neidisch und dingten Mörder, die ihm bei der Rheinbrücke auflauern sollten. Da standen sie mit ihren Keulen. Aber der Doktor sah sie noch rechtzeitig und bannte sie fest, daß sie mit hochgehobener Waffe an der gleichen Stelle stehen bleiben mußten, bis er in Sicherheit war. G. W. Füllemann Wie köstlich müßte eine solche Kunst in Kriegszeiten sein!   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 58, S. 26 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Sidesberg

Source: Sidesberg

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Sidesberg Auf der Höhe von Sitzberg soll in längst vergangenen Zeiten eine Keltenburg gestanden haben, „gleichweit entfernt von Töss und Murg“. Sidesberg soll ihr Name gewesen sein. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland A. Oberholzer, Thurgauer Sagen, Frauenfeld 1912, Seite 54. Gedicht von Nikolaus Tschudy, Egg-Dussnang, ohne Handlung Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Sie sind fort

Source: Sie sind fort

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Auf einer sonnigen Alp, in der Nähe des schwarzen Sees, wohnte ein lustiges Zwergenvölklein. Auf keiner andern Alp wurde das Vieh so hübsch und fett wie hier, und nirgends wurde so würziger Käse, so goldige, süsse Butter bereitet wie dort; denn die Zwerglein hüteten und pflegten das Vieh, als ob es ihnen gehörte. Nie kam es vor, dass ein Tier abstürzte oder krank wurde. Der Hirt musste aber jeden Abend eine „Gebse“ voll frischer Nidel auf das Hüttendach stellen. Des Nachts kamen dann die Zwerglein und hielten fröhlichen Schmaus. Das war seit Menschengedenken immer so gewesen, und wenn ein Hirt zum Sterben kam, schärfte er noch auf dem Todbette seinen Söhnen ein: „Seid allzeit dankbar und gut gegen die lieben Zwerglein. Ihnen verdanken wir unsern Wohlstand. Vergesst nie die Nidel auf’s Dach zu stellen.“ So hatten es schon der Vater, der Grossvater und der Urgrossvater getan, und der Segen hatte sich auf Kinder und Kindeskinder vererbt. Da war aber in späteren Jahren ein Hirt, der nicht mehr so fromm und schlicht war wie seine Väter. Der Reichtum hatte ihn stolz und übermütig gemacht. Er meinte, er könne es ohne die Zwerge machen, und jeden Abend eine Gebse voll Nidel aufs Dach stellen, das sei eine Verschwendung. Damit könnte man eine Balle schönen Anken machen und diesen um gutes Geld verkaufen. Eines Abends ging er hin, nahm die volle Gebse vom Dache und schüttete deren Inhalt ins Butterfass. Dann füllte er sie mit Kuhmist und stellte sie wieder an ihren Platz. Darauf legte er sich Ruhe. Gegen Morgen weckte ihn ein fürchterliches Geschrei aus dem Schlafe. Vor der Hütter riefen die erzürnten Zwerge aus Leibeskräften: „Uf! - ga schinte! Uf - ga schinte!“ Der Hirte eilte geängstigt hinaus. Da packte ihn neuer Schrecken. Die Weiden waren leer, keine Kühe zu sehen, kein Glockengetön zu hören. Angstvoll suchte er seine Tiere in der Umgegend. Vergebens. Endlich fand er seine schöne, stolze Herde zerschmettert in einem Abgrunde. Die Zwerge hatten sich gerächt. Da war des Hirten Stolz gebrochen, sein Wohlstand dahin. Die Zwerge aber zogen fort und kehrten nie mehr zurück.    Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch


by Sieben Füchse

Source: Sieben Füchse

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Vom Weiler Plattis aus führt nach dem Dorfe Gretschins eine Straße. Rechts oben auf einem Felskopfe sind noch Mauerreste, im Volksmund "die brocha Burg" genannt. Nordwärts zieht sich durch den schönen Buchwald ein Fussweg durchs sogenannte "Hölzli" nach Sevelen hin. Einst war ein älterer Jäger hier auf dem Anstand, weil er Wild erwartete. Da kamen von der Magletschwand her in einer Reihe sieben Füchse gegangen. Erschrocken setzte der Jäger das Gewehr ab und liess dieselben vorüberziehen. Plötzlich rief der hinterste dem vorangehenden zu: "Wart noch, Kathrinali!" Am andern Morgen war der Kopf des Jägers gewaltig geschwollen, und von dort an ging der Mann nie mehr in dieses Gehölz auf die Jagd. Ch. Berger Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 164, S. 78 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Sieben Jahre

Source: Sieben Jahre

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In der Valenser Alp Lasa war einst ein leichtsinniger Küher, dem eine etwas lebhafte Kuh viel Verdruss machte. Da beschloss er, sich Ruhe zu verschaffen, jagte sie in eine Rüse, unter der ein Abgrund war, und das Tier fiel tot. Als er aber starb, musste er zur Strafe sieben Jahre lang nächtlich die tote Kuh aus der Tiefe heraustragen, wo sie jedesmal wieder hinabpolterte. Der "Geistende" kam zuweilen in die Hütte und setzte sich unter die Knechte, ass aber nichts, und niemand getraute sich, ihn anzureden. Einst jedoch wagte dies der Senn und erfuhr von ihm die Ursache seiner bald zu Ende gehenden Busse. Dr. Henne-Am Rhyn, Deutsche Volkssage.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 220, S. 106f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Sieben Kinder

Source: Sieben Kinder

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a) Die Mutter einer mit Kindern reichgesegneten, aber armen Familie ging einst zu einer reichen Frau betteln. Aber diese wies sie unbarmherzig und mit harten Worten ab. »Worum tiänd-er äseevel üfstellä?«, schnerzte sie und wandte der Bettlerin den Rücken. Diese ging davon, rief aber der Reichen noch zu: »Nu, so solled-er das neechstmal ai sibni uf einisch iberchu!« Und richtig, als die reiche Frau niederkam, gebar sie sieben Kinderlein auf einmal, und alle waren gesund und wuchsen auf. b) Zu einer Witwe in Altdorf – die Mutter meiner fast 90 jährigen Erzählerin aus dem Schächental hat sie gekannt – kam ein Herr z'Stubeten und hielt um ihre Hand an. Die Witwe hingegen meinte: »Solange ich noch Kinder bekomme, werde ich nicht mehr heiraten.« Als sie dann glaubte, diese Zeit sei angekommen, heiratete sie den Herrn. Doch siehe! sie gab sieben Kindern auf einmal das Leben. Natürlich waren sie klein wie Mäuschen. Auf zwei Platten trug man sie zur hl. Taufe in die Kirche. Aber aufgewachsen sind sie nicht. c) Ohne die Begründung hörte ich das gleiche erzählen in bezug auf eine Frau Albert, geborene Planzer, in Bürglen, welche ältere Leute noch gekannt haben. Die sieben Kleinen trug man auf einer silbernen Platte zur Taufe. (Tatsache ist nur, dass sie Drillinge gebar.) d) Ein Bäuerlein im Maderanertal hatte eine grosse Schar Kinder, und mit jenem Italiener konnte er sagen: »Alli Jahr äs Chind, vill Chind; alli Jahr ä Chäs, wenig Chäs«. Endlich verleidete es ihm, und er wanderte nach Amerika und blieb dort sieben Jahre. Dann kehrte er wieder heim, denn er dachte, jetzt bekomme er keine Kinder mehr. Aber nach einem Jahre beschenkte ihn die Frau mit sieben Kleinen auf einmal. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Sieben Sigersten

Source: Sieben Sigersten

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Vor Zeiten gab es in Sisikon nur sieben Haushaltungen. Damals war noch kein ständiger Sigrist zur Bedienung der Kirche und des Priester bestellt, sondern die Leute mussten abwechselnd je eine Woche den Sigerstendienst versehen. So ist es gekommen, dass auf einmal sieben Sigersten in der Gemeinde waren. J.J. Huber Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Siebzauber

Source: Siebzauber

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«1772. Ein Frenkendörfer hatte vermittelst des Umlaufes eines Siebes (Rädens, Räuters) sich abergläubisch überzeugt, dass drey andere seines Dorfes Felddiebe wären, und sie auch als solche angegeben. Er gestand ein, dass er diese Kunst auch seinen Sohn gelehrt hätte. Der Rath überwies die Bestrafung dem Schultheissen, und trug dem Pfarrer die Ertheilung eines Zuspruchs auf.» Frenkendorf Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Sigrist Planzers Versprechen

Source: Sigrist Planzers Versprechen

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Während 50 Jahren versah Andreas Planzer, genannt »Buggliger«, die Sigristenstelle an der Pfarrkirche zu Bürglen. Von ihm sagte das Volk, er habe mehr gesehen als andere Leute, weil er »z'alten Wochen« geboren war. a) Schon öfters hatte ihm eine unsichtbare Person, wenn er morgens zu beten läuten ging oder abends von dieser Verrichtung zurückkehrte oder wenn er, wie andere erzählen, in der Gegend von Loreten z'Gass ging, Steine nachgeworfen. Auf den Rat eines Kapuziners redete er eines Abends den Geist an, behielt sich aber klugerweise das erste und letzte Wort vor. Das muss man immer tun, wenn man mit Geistern spricht, denn sie haben keinen eigenen Atem, sondern reden mit dem Atem des Lebendigen, welchen sie zu Tode reden könnten, wenn er sich nicht das erste und letzte Wort ausbedingt. Auf des Sigristen Ansprache wurde der Geist sichtbar. Der Sigrist erkannte ihn, wollte aber nie verraten, wer es gewesen; die Leute mutmassten, es sei dessen verstorbene Frau, Rosalia Arnold, gewesen. »Du kannst mich erlösen,« offenbarte die Erscheinung, »wenn du keine grünen Kirschen issest, keine geistigen Getränke mehr geniessest und eine Anzahl heilige Messen für mich lesen lässest. Haltest du dies alles, so werde ich dir im Himmel einen goldenen Sessel bereit halten und wirst du Vater einer grossen Familie werden.« Der Sigrist versprach das alles, und als ihm zum Abschied der Geist die Hand reichte, hielt er diesem nach Weisung des Paters sein weisses Nastuch oder, nach anderer Erzählart, ein Stück Holz hin. Es war nachher, soweit es die Geisterhand berührt hatte, verbrannt. Andreas aber, bisher ein grosser Freund des »Geistigen«, hielt nach übereinstimmendem Zeugnis älterer Leute das Versprechen getreulich sein Leben lang. b) Dem Sigrist Andreas Planzer, wenn er in sein Rütteli zuhinterst im Riedertal hirten ging, begegnete auf dem Schrannen jeden Abend ein Woiti wie eine Heubürde. Auf eingeholten Rat bei Probst und Pfarrer Arnold (gest. 1819) redete er es an und versprach ihm drei Stücke: keine grünen Kirschen zu essen, keine geistigen Getränke zu geniessen, und das dritte Stück wollte er nie verraten. Jetzt schwebte das Gespenst schneeweiss von ihm weg. c) Eine andere Fassung lässt die Begegnung mit dem Gespenst – es war seine Frau, die er beim ersten Anblick nicht erkannte und mit den Worten: »E, was machisch etz dü da?« angeredet hatte – unter einem Kirschbaum zwischen Schattdorf und Bürglen stattfinden. Versprechen wie bei b, Abschied wie bei a. David Imhof, Frau Arnold-Stadler und a. d) Er musste versprechen, nicht Hirt und nicht Wirt und nicht Ratsherr zu werden, sein Leben lang keine grünen (d.h. ungekochten) Kirschen zu essen und keine geistigen Getränke zu geniessen. Frau Mattli-Bissig, 80 Jahre alt, Jos. Maria Gisler e) Bei wüstem Guxwetter (Schneetreiben) kam einst der Sigrist von Bürglen, Andreas Planzer, aus dem Riedertal. Auf der Strasse begegnete er einem schönen, feingekleideten Fräulein, das in aller Hast daherkam. Er redete es an, fragte nach dem Woher und Wohin und erhielt zur Auskunft, es komme von Paris und müsse noch heute auf den Ruchen. Was es auch um Gottes Willen denke, meinte kopfschüttelnd der Sigrist, bei diesem Wetter komme es nicht lebend da hinauf. Was es dort zu tun habe? »Und ich muss heute noch auf den Ruchen, dort muss ich wandlen. Soeben bin ich gestorben, und mein Leib liegt in Paris noch warm auf dem Totenbett. Aber wenn ihr tut, was ich von euch wünsche, so könnt ihr mich von diesem schweren Gange erlösen.« Was das sei? »Ihr dürft euer Leben lang keine rohen Kirschen essen und niemand etwas von dieser Sache verraten, als einst auf dem Totbett euerm Priester.« Das versprach der Sigrist, obwohl er ums Sterben gerne frische Kirschen ass. Da entschwebte das Fräulein ganz im »Weissen«, es war erlöst. Der Sigrist ist seinem Gelöbnis treu geblieben. Heinrich Wipfli, 55 Jahre alt, Seedorf Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Sigristin von Bremgarten

Source: Sigristin von Bremgarten

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Im Städtchen Bremgarten wissen die Kinder noch jetzt von einem Weibe zu erzählen, das die alte Sigristin hiess und sich auf allerlei Kunststücke verstand. Wollte sie backen, so fuhr sie im Brodkorbe oder in der Backmulde nachts die Reuss hinab, um sich in Mellingen erst die Zwiebeln zu holen und sie auf jene Brodwähen zu streuen, die sie aus der Scharrete (Teigüberreste in der Backmulde) trefflich zu machen verstand. Sah man sie nun in Mellingen Zwiebeln jäten, so konnte man sie doch zu gleicher Zeit auch zu Bremgarten in ihrem Hause schelten, schnarren und schnattern hören. Dabei gieng sie niemals auf dem gebahnten Wege, sondern stets über Wiesen und Wälder querfeldein. Einst hatte in ihrer Nachbarschaft ein Jäger einen Hasen geschossen, fand aber, da er zur Stelle kam, statt seiner nur einen alten Schuh. Er schöpfte Verdacht und gieng gleich in ihr neben stehendes Haus. Da lag sie nun im Bette und erzählte ihm mit tausend Umständlichkeiten, wie sie eben das Bein verrenkt habe. Ein andermal meldete sie ihrem Ehrenkaplan, wie so viele Hasen in ihrem Krautgarten steckten; er möchte also kommen und sich einen Braten schiessen. Er kam mit seiner Doppelflinte, schoss einmal und wieder und traf im ganzen Rudel kein Stück. Als er der Sigristin sein Missgeschick melden wollte, lag die am Hausgang und hatte beide Beine ab. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Silberbrünnlein bei Seengen

Source: Silberbrünnlein bei Seengen

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Beim Dorfe Seengen am Hallwiler-See kennt man ein sogen. Silberbrünnlein, aus dem in Hungersjahren die Menschen sich genährt haben sollen. Dass Segensgeister hier gewohnt haben, deutet auch noch der Name der benachbarten Wiesen an, die nördlich vom Hallwiler-Schlosse am Aabache liegen; sie heißen Alvmatt und Elfli. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 56 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Silberne Eiszapfen

Source: Silberne Eiszapfen

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Ein bejahrter Mann aus dem Dorfe Reckingen, Bezirks Zurzach, erzählt folgendes aus seiner Nachbargemeinde Böbikon, im Bezirke Zurzach. Das Böbikoner Wiesental verliert sich zuletzt zwischen steilen Felsen, durch deren Kluft der Kreuzlibach geht. Oben im Gestein glaubt man noch einige Mauertrümmer zu bemerken und nennt sie das Schlösslein Grünenfels. Zu Anfang unseres Jahrhunderts, ging einmal ein Bursche aus Böbikon den selten mehr betretenen Pfad oben durch diese Felsen- oder Burgtrümmer und gelangte unvermutet zwischen dem Geklüfte in eine unterirdische Grotte hinab, von deren Decke die allerschönsten Eiszapfen herunter hingen. In der Bestürzung über dieses fremde Wunder entlief er, erzählte aber seine Neuigkeit frisch den Kameraden daheim. Diese jedoch schalten und höhnten ihn über seine Verzagtheit. „Du Narr Du,“ sagten sie, „solche Eiszapfen sind eitel Silber! Hättest Du Deinen Schuh, oder sonst was aus Deiner Tasche, ein einziges Bröselein Brot in die Grotte hinein geworfen, so hättest Du da einen ungeheuren Schatz heben können.“ (Oberlehrer H. Herzog in Aarau.)  Sage aus Böbikon, Bezirk Zurzach Band 3.1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962, S. 120 - 120 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Silberne Glocken

Source: Silberne Glocken

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Silberne Glocken Vom ehemaligen Kirchengeläute zu Dürnten sagte man, die zweitgrösste sei aus Silber gegossen. Dasselbe behaupteten auch die Kirchgenossen von Seegräben, und sie hielten deshalb ihre einzige Glocke für besonders kostbar. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Messikommer I, S. 37; Vögeli, Glockenbuch, Ms. J 432, Z.-Bibl. Zürich, sagt über Dürnten: „Die zweite Glocke (b) mit einem Gewicht von 1118 Pfund galt als vortrefflich geraten und hiess im Volksmund ‚die silberne‘. Über sie liefen im Volke mehrere (heute nicht mehr bekannte) Erzählungen um. Ihre Krone war besonders gegossen worden und mit Zinn mit dem Schallkörper zusammengelötet…“ Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Silberne Sau im Chillholz

Source: Silberne Sau im Chillholz

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Im Freienämter-Dorfe Buttwil und den benachbarten Gemeinden des Lindenbergs geht noch die Rede, es hätten die Klosterherren von Muri, als die Neufranken am Ende des vorigen Jahrhunderts gegen die Schweiz anrückten, eine silberne Sau auf dem Hofe Chillholz vergraben lassen, der damals noch zum Stifte Muri gehörte und auf der Höhe des grossen Lindenberges gelegen ist. Es ist dies derselbe Berg, an dessen östlicher Seite das Gausermatten-Wibli schreit, No. 116, so oft dem Lande Kriegsgefahr droht, und auf dessen Höhe nach Norden das Bad der Elftausend Jungfrauen liegt, auch Heidenbad genannt, No. 14. 15. Nun soll es noch nicht lange her sein, dass einer der beiden Bauern gestorben ist, die beim Vergraben jenes silbernen Thieres hatten behülflich sein müssen. Er habe es öfter geschildert, wie man das Thier in ein Salzfass geschlagen, bergauf geschafft und im Walde versenkt habe, und sein Zusatz hiess dann gewöhnlich: wenn er damals schon so klug gewesen wäre wie sein Kamerad, der Odli (kleine Adam) von Buttwil, so hätte er sich sein Stück Speck von jener Sau auch auf Lebenszeit abschneiden können. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 101 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Simson auf dem Zürcher Fischmarkt

Source: Simson auf dem Zürcher Fischmarkt

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Simson auf dem Zürcher Fischmarkt Der Tridentiner Bildhauer Hanns Lyn habe für die Stadt Zürich ein Brunnenbild gehauen, das den Simson darstellt, wie er den Löwen zerreisst. Ein Mönch mit rotem Bart fragte ihn, was der Leu zu bedeuten habe. Lyn antwortete, das sei der Geist Zwinglis, der das Papsttum zerreisse. Bald hernach wurde Lyn nach Luzern berufen, um dem Bürgermeister ein Haus zu bauen. Er wurde dort mit Ehren empfangen und baute das Haus, stattlich wie keines. Nachdem das Haus fertig war, wies ihn der Schultheiss an den Zahlmeister. - Es war jener Mönch. Am vierten Tag nach Fertigstellung des Hauses wurde Lyn geköpft. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Nach Reithard, S. 108, in Prosa übertragen.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Sintram und Baltram, die Drachentöter

Source: Sintram und Baltram, die Drachentöter

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Ohnweit der Stadt Bern liegt die Stadt Burgdorf. Ihre Gründer waren die Brüder Sintram und Valtram, zwei mächtige und tapfere Herzoge von Lenzburg. Da kam es, dass auf dem neben der Stadt Burgdorf liegenden Berg ein ungeheurer Drache einst sein Lager aufgeschlagen hatte und ringsum in der Gegend unter Leuten und Vieh einen merklichen Schaden anrichtete. Als nun einmal beide Brüder auf der Jagd die Klüfte der Berge durchstreiften, kamen sie auch an die Höhle, in der das Ungetüm hauste. Kaum hatte dieses die Ritter wahrgenommen, als es sich auch sofort mit wilder Hast auf sie stürzte und Baltram, den jüngeren der Brüder, bei lebendigem Leibe verschlang. Sintram setzte aber dem Ungeheuer gar heftig mit Schwert und Lanze zu, so dass es ihm gelang, dasselbe zu töten, worauf er ihm den Bauch aufschlitzte, in welchem sich sein Bruder noch lebend vorfand. An dem Orte, wo die beiden Brüder das wunderbare Abenteuer bestanden, erbauten sie ihm zum Gedächtnis eine Kapelle, die sie der heiligen Margaretha weihten. In dieser Kapelle, die sich noch heutigen Tages vorfindet, kann man die Abbildung jenes merkwürdigen Ereignisses sehen. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Sintram und Bertram

Source: Sintram und Bertram

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Kaum hatten Sintram und Bertram, zwei mächtige Grafen von Lenzburg, am Ausgang des Emmentals Stadt und Feste Burgdorf erbaut, als sich auf einem benachbarten Hügel ein ungeheurer Drache einnistete, der unter Leuten und Vieh schweren Schaden anrichtete. Da beschlossen die beiden Brüder, die Gegend von dem Ungetüm zu befreien. Wie sie sich kühn an seine Behausung heranwagten, stürzte der Drache wütend aus seinem sichern Versteck hervor und verschlang Bertam, den jüngern, bei lebendigem Leibe. Sintram aber setzte dem Ungeheuer dermassen zu, dass es ihm nach hartem Kampfe gelang, es zu töten. Sogleich schlitzte er ihm den Bauch auf und rettete den noch lebenden Bruder. Zum Gedächtnis an die Tat stifteten die beiden Brüder der heiligen Margaretha zu Ehren an dem Ort des siegreichen Kampfes eine Kapelle, in der früher die merkwürdige Begebenheit auf einem Bilde zu sehen war. Emmentaler Sagen, Hermann Wahlen, 1962 Gute Schriften Bern Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by So lauf dem Bösen zu

Source: So lauf dem Bösen zu

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Noch vor wenigen Jahren besassen Jostä-Chaspis zu Küpfen in der Gemeinde Spiringen unter andern Schafen einen »Chilber« (junges weibliches Schaf, das noch nie geworfen), der am Abend beim Eintreiben nur mit Gewalt in den Stall zu bringen war. Man wird begreifen, dass der Bauer dabei »mängisch ä chly g'flamänderet 1 het« und sich einmal sogar zu dem Ausdruck verstieg: »So lauf dem Bösen zu!« Das Vieh scheint sich das zu Herzen genommen zu haben; es läuft davon, abwärts dem Schächen zu, über den Steg und verschwindet bei Einbruch der Dunkelheit im Erlengebüsch auf der Schwand. Seitdem hat es kein Mensch mehr zu Gesicht bekommen. Daniel Imholz, 50 J. alt, Unterschächen Fußnoten 1 flamändere, im Schächental euphemistisch für fluchen. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Sodbrunnen der Römerstadt Lorenz

Source: Sodbrunnen der Römerstadt Lorenz

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Vom Dorfe Dürrenäsch führt der Weg über den Bergsattel hinüber nach dem Dorfe Lütwil zum Ufer des Hallwiler-Sees. Droben auf der Berghöhe findet sich seitwärts im Walde eine hübsche Waldwiese mit einem alten halbverfallenen Ziehbrunnen, welcher dem Platze den Namen Sod gegeben hat. Land und Brunnen gehört den Einwohnern von Lütwil und sie haben letztern jährlich zu reinigen. Allein sie betrachten ihn mit grossem Misstrauen, trinken niemals daraus und steigen, wenn sie ihn alljährlich von dem hinein gewehten Sand und Waldlaub wieder frisch reinigen müssen, niemals weiter als bis auf eine geringe Tiefe in ihn hinab. Der Brunnen würde ihnen und ihren umliegenden Gütern in jeder Weise nützlich werden können, man hat ihnen auch schon mehrfach Geld angeboten, um ihn wieder in Stand zu setzen, sie lassen sich jedoch nicht dazu bewegen. Sie sagen nämlich, dieser Quell sei sonst reichlich geflossen und habe Hunger und Durst zugleich gestillt; allein der Teufel habe Quecksilber drein gegossen und so sei das Wasser versiecht. Zum Hohne habe er dann seinen Rossstall an jenes besonders anmuthige Plätzchen auf dem Wege zwischen Kulm und Dürrenäsch hingebaut, wo er seine Rosse an den Schwänzen herauszieht und alle Vorübergehenden plagt. Auch steckt er in Gestalt einer grossen Kröte im Brunnen. Der Barthli-Sepp ist seit fünfzig Jahren den Leuten noch im Gedächtnisse, wie er als ein ruchloser Nachtbube hier einst in die Tiefe des Brunnens hinunter gegraben und jene entsetzliche Kröte erblickt hat; auch an ein Büblein erinnert man sich noch, das beim jährlichen Räumen der Cisterne einmal zu nahe an den Rand getreten und hinunter gefallen war. Mittelst vieler Seile konnte man es wieder herauf ziehen; als man es abwusch und ihm die Steinchen aus den Schuhen klopfen wollte, waren alle Buchenblätter, die drinnen steckten, zu eben so vielen Goldstücken geworden. An diesen Sodbrunnen knüpft sich nun eine Reihe von Erzählungen, die einen eigenen kleinen Sagenkreis bilden, welcher von dem Kulmerthale aus in das Hallwiler-Seethal, von diesem bis über den Staufberg und zur Stadt Lenzburg hin reicht. Sie knüpfen sich in diesen verschiedenen Thalschaften an einzelne Waldungen, Moose und Wassertobel überall frisch an, oder auch an die Ueberreste eingegangener Wohnungen, an Ruinen angeblicher Heidenbauten oder Raubschlösser, und so sind daraus fast eben so vielerlei neue Geschichten an jeder einzelnen Oertlichkeit besonders entstanden. Der Sodbrunnen war der Mittelpunkt einer gewaltig grossen Römerstadt, welcher man mehrere Namen giebt. Die Lütwiler nennen sie das Gufenstädtli und sagen, sie habe vom Kulmerthal an und den Dörfern Kulm, Zetzwil und Dürrenäsch über den Berg hinüber bis zum Hallwiler-See gereicht und sei da über die Dörfer und Waldungen von Birrwil, Nieder-Hallwil und Seon bis zur Stadt Lenzburg gegangen, wo die gleichnamige Schlosshöhe Goffisberg noch jetzt auf diesen altrömischen Stadtnamen Gufenstädtli hindeute. In der Nähe jenes Brunnens aber stand das oberherrliche Schloss. Dieses war von einem abscheulichen Tyrannen, die Stadt von einem nicht minder entarteten Volke bewohnt, und so vertilgte endlich Gott dieses Sodom und liess es von der Erde verschlingen. Die Leute vom Dorfe Dürrenäsch geben der versunkenen Stadt den Namen Lorenz und weisen den Lauf der alten Stadtmauern an mancherlei Bauresten nach, die an der Strasse gegen Hallwil hin hie und da aus dem Boden schauen. Südöstlich vom Dorfe liegen ein paar Bauerngüter, welche man noch Sodhöfe nennt, sie gelten als die Ueberbleibsel des Stadtschlosses. Im obern Kulmerthale zwischen Reinach und Beinwil, nennt man dieselbe Römerstadt Hulm und erklärt sich mit ihrem Namen den des dortigen Hombergs, auf dem sie lag. Von dieser grossen Bergstadt zeigt man daselbst oben im Hochwalde an einer Stelle, da mehrere Feldwege sich kreuzen, noch den Grundstein, in welchem sich die Angeln des Stadtthores gedreht haben. Sie hat zugleich dem Kulmerthale den Namen gegeben. Als sie durch Feuer zerstört worden, blieb noch ihr Brunnen übrig, aber auch der wurde durch hinein gegossenes Quecksilber versenkt. Die Stelle, wo er sprang, füllt sich bei unfruchtbaren Jahrgängen noch jetzt mit Grundwasser an. Anderwärts nennt man das Schloss wieder Jglisten und sagt, es sei westlich vom Dorfe auf dem Hügel gelegen und von Rittern bewohnt gewesen. Hier reitet zu Zeiten ein Weib auf einem weissen Rosse den Hügel hinan. In alle diese Erzählungen mischt sich sodann die andere von der Wilden Jagd, und da jenes Schloss des Oberherrn beim grossen Brunnen stand, so geht auch diese W. Jagd herkömmlich vom Sodbrunnen aus. Sobald die Witterung ändert, vernehmen die Einwohner von Lütwil aus dieser Waldgegend her ein mächtiges Tosen und Brausen und sagen dann: „der junker Oberherr rot't se, d'meuti wird los glo, d'Wildjagd foht a.“ Kommt dies bei Tage, so vernimmt man bloss den Ton eines Jagdhornes, kommt's bei Nacht, so hört man auch Hundegebell dazu. Ist diese Jagd einmal aufgestanden, so hält sie getreu folgende Richtung ein. Sie zieht vom Sod nach der Egg, von da in das Wust an der Wannenfluh, und von da durch die einzelnen Striche des Lütwiler-Waldlandes, welche Föhren, Kabishaupt, Guggerai und Hinterm Ofen heissen. Von hier aus aber stehen ihr zweierlei Wege offen; entweder zieht sie nun querfeldein über weites Ackerland und durch das Dürrenäscher-Moos, und so kommt sie gerade auf die Bampfhöhen in den Liebegger- und Retterswiler-Wald. Oder sie nimmt den Lauf in einem Halbkreise durch lauter Waldungen des Kulmerthales, setzt in das Kulmer-Holz, kommt zu des Teufels Rossstall, setzt auf den Reinetberg über, von da über Dürrenäsch und Teufenthal nach dem Schlosse Trostburg und endigt dann auch hier auf der Bampf und im Retterswiler-Wald. Während dieses Zuges ist es für niemand rathsam, vor dem Hause zu stehen, wenn man nicht einen entsetzlich geschwollenen Kopf, Triefaugen und andere Uebel bekommen will. Nur der Scharfrichter könnte dann ein Heilmittel angeben. Den Wilden Jäger, der diese grossen Waldstrecken durchfährt, nennt man Sodbaschi. Es haben nämlich einst zwei Jäger die Bampf bewohnt, die in ihrem Hasse gegenseitig sich trieben und bannten und endlich mit geweihten Kugeln auf einander schossen. Als der eine gefeuert hatte, fieng der andere die tödtliche Kugel mit dem Hut auf und schleuderte sie seinem Gegner an den Kopf. Diesen hört man nun, wenn der Mond neu wird oder die Witterung anders, auch um Fraufastenzeit, seinen Hunden droben rufen und mit ihnen beim Stieget, dem äussersten Theile von Teufenthal gegen Dürrenäsch hinziehen. Er heisst Sodbaschi, weil er der Sebastian vom Sodhofe gewesen ist. Nur der alte Liebegger-Köhler brauchte sich nicht vor ihm zu fürchten; so oft er seinen Meiler anzündete, kam der Sodbaschi herzu, wärmte sich dran und seine Hunde frassen dem Köhler das Brod aus der Tasche. Allein die Wilde Jagd nimmt ihren Zug auch hinüber in das jenseits gelegene Seethal von Hallwil, und bleibt auch auf dieser Fahrt ebenfalls ihren schon einmal berührten Gegenden stets getreu. Die Waldtheile, die sie hier besucht, heissen Salvis, Tüfels Tanzplatz, ein runder unfruchtbarer Waldplatz voll Fils und Sauergras, Galgenhölzli. Hier erreicht sie die steilen Birrwiler-Waldungen und stürzt aus ihnen mit lautem Hundegebell herab ins Häfniloch, einem Bachtobel, in dem sie verschwindet. Die Leute, die dorten an der obern Bergstrasse einige vereinzelt liegende Häuser bewohnen, Häfni genannt, wissen die Ankunft der W. Jagd immer voraus; denn es lässt sich dann Tags zuvor unten am Seeufer bei Alliswil eine grosse Schlange blicken, die ein Goldkrönchen auf dem Kopfe hat. Alsdann braucht man nur die Heuschober oder Korngarben rechtzeitig noch unter Dach zu bringen. Jene Höfe leiten ihren Namen zwar nicht von der erwähnten Römerstadt, aber von einem Schlosse ab, das hier stand und vom Berge verschlungen worden ist. Es schaut noch Gestein davon aus dem Boden hervor und an jener Stelle fechten nun Nachts oft Ritter unter grossem Lärmen. An einer besonders tiefen Erdgrube sonnt sich da auch ein Schatz, den ein schwarzer Mann Mittags hütet und ein Fronfastenkind heben könnte. Von hier weg schlägt die Wilde Jagd ihren Zug durch das Thal hinab nach Seon und Egliswil ein. Dorten kommt dann ein grosser Leichenzug zu Ross („Nächtlicher Leichenzugbei Seon“) mit auf den Staufberg gegangen, während zugleich die Geisterkutsche am Heidengraben und der Heidenkirche vorbei („Die Spinne auf der Heidenburg“) gegen die Stadt Lenzburg fährt („Die Fischbank bei Othmarsingen“). Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 110 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Solavers

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Der letzte dieser Burg war ein tapferer Ritter, aber ein Schrecken der wehrlosen Landleute. Diese fassten endlich Mut und belagerten sein Schloss. Tapfer wehrte sich der Angegriffene und als dieses nicht mehr ging, gab er dem Pferde die Sporen und setzte mit ihm über die hohe Felswand hinunter, wo beide zerschmetterten. Aus: U. Brunold-Bigler, Die Sagensammlung der Nina Camenisch, Disentis 1987, mit freundlicher Genehmigung der Autorin. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Sonderbare Begegnung

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Hans Bächler von Rechthalten und sein Nachbar lebten viele Jahre in schönster Eintracht miteinander. Sie halfen sich gegenseitig bei den schweren Arbeiten, sie klagten sich ihre Leiden und Sorgen, sie teilten ihre Freuden miteinander - sie waren wie zwei Finger an einer Hand. Wie heute, so gab es auch damals Leute, die nur an Disharmonie, Zank und Streit ihre Freude hatten. Ihnen war die Freundschaft der beiden Nachbarn ein Dorn im Auge, ein nagender Wurm im Herzen. Sie suchten bei jeder Gelegenheit und mit allen erdenklichen Mitteln Zwietracht zu säen. Die böse Saat ging auf. Es kam zwischen den beiden zu einer Auseinandersetzung, die zum Streit überging und mit dem endgültigen Zerwürfnis endete. Mit Wehmut dachten sie oft an die schöne Zeit der Freundschaft und des Friedens wie an ein entschwundenes Liebesglück zurück. Es fehlte zwar nicht an beidseitigen Versuchen, die Eintracht wieder herzustellen, aber die Wunde war zu tief, sie schloss sich nicht. Vielleicht später. Später? - Nicht lange nachher starb der Nachbar eines plötzlichen Todes, ohne sich ausgesöhnt zu haben. Vierzig Jahre vergingen. Hans Bächler war ein alter, müder Mann geworden. An einem der letzten goldenen Herbsttage des Jahres ging er nach der Gauglera, um seinen Verwandten einen Besuch zu machen. Er säumte sich länger, als er beabsichtigt hatte, und als er sich endlich auf den Rückweg machte, da war die Nacht längst hereingebrochen. Aber der Mond leuchtete hell auf seinen Weg. Am Waldrand oberhalb Grunholz führte eine Treppe aus Steinplatten über einen Zaun. Als Bächler sich ihr näherte, sah er von der andern Seite her einen Mann auf sich zukommen. Der Fremde war in einen dunklen Mantel gehüllt, und ein breiter, tief über die Stirne gezogener Hut verdeckte sein Gesicht. Beide gingen auf die Treppe zu, setzten gleichzeitig hüben und drüben den Fuss auf den ersten Tritt, stiegen die vier, fünf Stufen empor und standen fast plötzlich oben auf der Stiege einander gegenüber. „Guten Abend“, sagte Bächler. Da schlug der Fremde den Mantel zurück, reichte ihm die Hand und sprach: „Glückseliger Abend für dich und mich.“ Hans stiegen die Haare zu Berge, und ein kalter Schauer rieselte ihm über den Rücken. Der vor ihm stand, jetzt kannte er ihn, es war sein längst verstorbener Nachbar. Mit zitternder Stimme fragte Bächler: „Was fehlt dir?“ Der Tote antwortete: „Erschrecke nicht, Hans. Vierzig Jahre habe ich in der andern Welt gelitten, weil ich ohne Versöhnung von dir gegangen bin. Mit namenloser Sehnsucht habe ich dem Tage entgegengeharrt, an dem ich dir die Hand drücken durfte. Nun ist es geschehen. Mir fehlt jetzt nichts mehr zur ewigen Seligkeit. Mache dich bereit, bald wirst du mir folgen. Das sei mein letzter Freundesdienst.“ Mit diesen Worten verschwand er, und Bächler stand allein auf der Treppe. Wie gehetzt eilte er heimzu. Er glaubte immer noch die kalte Hand des Freundes zu fühlen und seine Grabesstimme zu hören. Schweissgebadet langte er zu Hause an und legte sich ins Bett. Ein böses Fieber befiel ihn und raubte ihm nach und nach seine Kräfte. Als der Winter die ersten Flocken streute, trug man Hans Bächler auf den Friedhof hinaus. Seine Seele aber wird den Freund wiedergefunden haben in einer schönem und bessern Welt.    Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch


by Sonderbare Füchse

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a) Zwei Mannspersonen von Hinter-Obergaden in Gurtnellen hatten schon öfters bis spät in die Winternacht den Füchsen g'lotzet; aber nie wäre ihnen einer, solange sie auf dem Anstand waren, vor die Augen gekommen; trotzdem fanden sie jedesmal am nächsten Morgen die Beize angefressen. Da wollten sie es einmal schlau anfangen. Um Meister Reineke zu täuschen, trug am Abend der eine Jäger den andern auf dem Rücken an den Ort, wo sie auflauerten. In der Nacht kehrte der eine von ihnen allein in auffälliger Weise nach Hause zurück, während der andere an Ort und Stelle in seinem Versteck zurückblieb. Nicht gar lange währte es, da kamen zwei Füchse durch den Schnee daher und auf die Beize los. Aber welch sonderbare Erscheinung! Einer trug den andern auf dem Rücken! Dem Jäger graute ob diesem seltsamen Auftritt, und er wagte nicht, auf die beiden Tiere zu schiessen. Diese verzehrten die Lockspeise und kehrten auf demselben Wege, auf dem sie herangekommen, auch wieder zurück. Mehrere Tage fühlte sich unser Jäger unwohl, und von Hinter-Obergaden ging seitdem keiner mehr auf die Fuchsjagd (19. Jahrhundert). Jos. Baumann, 80 J. alt, im Miseli b) Ganz gleich erging es Babä-Tonis zwei Brüdern auf Golzer im Maderanertal. Sie hatten auf dem Eichhornboden dem Fuchs gebeizt. Doch hier war der zurückgebliebene Jäger frecher und schoss. Und da syg äso äs G'schych üff-g'gangä. Als er das Tier holen wollte, fand er nur eine – Nachtmütze (19. Jahrhundert). Johann Tresch, 72 J. alt Die Sage wird in der einen oder der andern Spielart fast durch den ganzen Kanton erzählt. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Sonderbares Ereignis in der Schulstube

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Sonderbares Ereignis in der Schulstube In Bubikon wurde, es war lange vor 1900, ein ungefähr 18-jähriges Mädchen beerdigt. Als das Leichengeleite fast die Kirche erreicht hatte, öffnete sich plötzlich die Türe des Schulzimmers, stand eine Weile offen und schloss sich wieder, ohne dass jemand zu sehen gewesen wäre. Der Erzähler, der damals als Schüler in der Schulstube sass und es selber gesehen hatte, meint: „Es war als ob der Geist der Verstorbenen noch einmal ihren lieben Lehrer und sein Wirkungsfeld besucht hätte.“ Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Gchr. Bubikon 1919.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Sonntags-Entheiligung

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Über einer Felswand am Furner-Berge, wo kein Menschenfuss hinkommen kann, hing lange Jahre ein vermoderndes Heutuch. - Es soll einem Furner, der an einem Sonntage im nahen Walde Streue sammelte, vom Winde entrissen worden, und an jener Felsrippe hängen geblieben sein, zur Warnung, dass er nicht mehr den Sonntag entweihe. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Spass mit dem unruhigen Pfarrer

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Während des Abtragens der alten Kirche von Bubendorf (1879) gab es ein lustiges Intermezzo: Von alters her ging die Sage, ein Pfarrer habe in einer Zeit der Teuerung für arme Leute Lebensmittel erhalten. Anstatt sie zu verteilen, habe er sie dem eigenen Vieh verfüttert. Nach seinem Tode habe er keine Ruhe im Grab gefunden, bis ein Kapuziner ihn in ein Fläschlein gebannt und hinter dem Denkstein versorgt habe. Ein Witzbold unter den Arbeitern kannte diese Geschichte und versteckte vor dem Wegräumen der Grabplatte sorgfältig sein Znünifläschchen dahinter. Beim Abheben – o Wunder! – kam das Gütterli zum Vorschein. Allgemeines Erschrecken! Einer der Männer aber näherte sich mutig, nahm den Zapfen weg und konstatierte einen ganz respektablen Tropfen Brennts, mit dem noch etwas anzufangen sei. Bubendorf Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Spettlä sell mä niä!

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Zu den Leuten einer unbekannten Alp kam einst, man weiss nicht woher und weiss nicht, wer es war, ein altes Müetterli und blieb bei ihnen den ganzen Sommer hindurch. Den Älplern war das ganz recht, denn sie hatten kein Weibervolk bei ihnen. Das Müetterli führte ihnen den Haushalt, wusch und flickte das Gewand, kochte das Milchreis und den Nyddläkaffee; dafür konnte das Mannenvolk gemächlicher von seinen Strapazen ausruhen. Als der Herbst und mit ihm der Tag der Abfahrt angekommen, da stellte sich das Müetterli auch vor die Hütte, und die Männer hätten ganz gut an seinem Gebaren merken können, dass ihm eine kleine Belohnung oder wenigstens Anerkennung seiner Arbeiten angenehm gewesen wäre. Aber sie dankten ihm nicht einmal, ja, der Senn hatte sogar die ganz gemeine Frechheit und liess vor dem Müetterli einen lauten Furz ab. Aber jetzt isch ärwachet! Mit einem Sprung stürzte es sich auf den Undankbaren und zerrieb ihn zu Staub und Asche. »Jäh, spettlä-n-uder der Fabel trybä, das sell mä nie; das gid-ä nit.« Franz Herger, Chuori-Franz, Seedorf Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Spotte vertreit sie nid

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Spotte vertreit sie nid E Schuehmacher im Grabe het sis Mässer zum Pfäischter usgstreckt u dr Frau Faschte gspottet. Drufabe het er dr Arm nümme chönne zrugg näh. Frei lang het er ne ganz gstabelige un usgstreckt müesse träge. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Sprache der Tiere

Source: Sprache der Tiere

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Auch die Tiere haben eine Sprache, die der Mensch verstände, wenn er ein gewisses Kraut besässe. Mäder mähten. Einer davon bekam Nasenbluten und verstopfte die Nase mit Gras. Sie hatten den Haushund bei sich. Jetzt verstand der Mann, dass ein Nachbarshund dem ihrigen zurief, er solle kommen und helfen, da heut Nacht Diebe einbrechen wollten. „Nein, ich komme nicht; ich bin letzthin bei euerm Haus vorbeigegangen. Man küchelte und gab mir nichts." Als der Mann das Gras weggeworfen, verstand er die Hunde nicht mehr. Er suchte wieder solches, jedoch umsonst.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Sprechende Haustiere

Source: Sprechende Haustiere

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In der heiligen Weihnacht um zwölf Uhr bekommen die Tiere des Stalles die Fähigkeit zu sprechen, denk, weil am Hauche solcher Tiere das heilige Jesuskind sich erwärmen konnte. Einst ging ein Bauer auf diese Stunde heimlich in den Stall, um zu horchen, was sein Vieh verhandeln werde. Da hörte er unter anderem, dass ein Ochs sprach: „Wenn doch unser Bauer wüsste, dass ich ihn in wenig Tagen als Leiche zum Kirchhof führen muss.“ Das hörte der Mann und dachte: „Wart, will dir schon zuvorkommen.“ Er ging, holte eine Schlagaxt, nahm den Ochsen aus dem Stall, band ihn an und holte zum Streich aus, um ihn mit einem Schlag aufs Gehirn zu töten. Dabei traf er fehl und die stark geschwungene Axt zerschmetterte dem Manne das Bein dergestalt, dass er alsbald an den Folgen starb.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Bei dieser Sage gibt es keine genaue Zuordnung zu einem der fünf Kantone. Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Sprechende Kühe

Source: Sprechende Kühe

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In weiten Gegenden lebt die weihnächtliche Sage von jenem ungläubigen Bauern, der unter keinen Umständen zugeben wollte, dass in der hochheiligen Christnacht die guten Haustiere im Stalle miteinander reden könnten. Auch im Zugerland hörte man von ihm erzählen. Der zweifelnde Bauer stieg in der weihevollen Christnacht auf den Heuboden hinauf und wollte so die kauenden Stalltiere belauschen. Durch jene Lücke, durch welche in der langen Winterszeit das duftende Heu in die Futterkrippen hinuntergestossen wird, guckte er auf das Vieh hinunter. Als dann die festlichen Weihnachtsglocken verklungen waren und die frommen Beter in der nahen Kirche der feierlichen Christmette beiwohnten, fingen die Tiere im Stall an zu reden. Da sprach die erste Kuh: "Wo steckt heute der Bauer?", worauf die zweite Kuh antwortete: "Er hockt auf der Drüschchi oben". Das dritte Haupt Vieh im Stall war eine Zugkuh, die schloss die nächtliche Unterredung der Tiere mit den prophetischen Worten: "Ja, in drei Tagen muss ich ihn dann auf den Kirchhof hinüber führen". Vor jähem Schrecken fiel der horchende Bauer in Ohnmacht. Am frühen Morgen wurde er von den Knechten aufgefunden, als sie das Vieh füttern wollten. Ins Bett gebracht, fieberte der Bauer sehr stark und nach drei Tagen lag er steifgestreckt auf der Totenbahre. Kurz vor dem letzten Röcheln konnte er den umstehenden Verwandten das furchtbare Gespräch der Kühe während der Christnacht erzählen. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 82 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Sprung über die Dala

Source: Sprung über die Dala

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Junker Hans Werra von Leuk war ein kühner Reiter. Er hatte sich in Frankreich den Titel eines Ritters vom "Goldenen Sporn" verdient und war um 1563 Meier in seinem Heimatzenden. Zwischen Varen und Leuk rauschte die Dala durch eine enge, abgrundtiefe Schlucht. Wo die jähen, überhängenden Felsen sich am nächsten stehen, führt noch heute eine Brücke darüber, die einst in Zeiten der Gefahr aufgezogen wurde, und daneben strebt der alte Dalaturm in die Höhe. Einst, so berichtet die Sage, sprengte unser Hans Werra, von Feinden hart bedrängt, zu Pferd von Varen her der Heimat zu. Doch die Fallbrücke war aufgezogen, der Durchgang gesperrt. Es gab nur einen einzigen rettenden Ausweg: den Sprung über den bodenlosen Abgrund. Fürwahr, ein kühnes Wagnis! Aber der tapfere Ritter zauderte nicht, lenkte einige Schritte seitwärts unterhalb der Brücke, und sich Gott befehlend, gab er dem mutigen Streitross die Sporen. Ein mächtiger Sprung - und er war drüben, der schaurige Dalaschlund war überwunden! Gott für die augenscheinliche Rettung dankend, erreichte er, unverletzt und wohlerhalten, sein Familienschloss am Eingang der Bürgschaft Leuk. LEUK Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Sprungprobe

Source: Sprungprobe

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Es ist an der Gotthardsstrasse, da, wo sie ob dem Gornernbache über eine schöne mit Geländern bewehrte Brücke auf das linke Ufer der Reuss übergeht, der Pfaffensprung. Da windet sich der Fluss in einer engen Felsenschlucht hindurch. Von einem Bord zum andern soll hier mal ein Klerikus einen Riesensprung getan haben. Einige sagen, um so mit seiner Geraubten den Verfolgern zu entfliehen. Nach andern aber, um durch dieses Gottesurteil sich von dem angedichteten Vergehen eines verbotenen Umgangs zu reinigen. Er habe gewonnen.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Spuck im Schlosse Räzüns

Source: Spuck im Schlosse Räzüns

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Zur Zeit, als die neue Strasse nach Tusis gebaut wurde, befanden sich viele Italiener-Arbeiter im Schlosse Räzüns in Aufenthalt, und schliefen im Erdgeschosse. In einer Nacht hörten sie ein schreckliches Gepolter, und vernahmen, wie Etwas mit furchtbarem Gerassel vom Keller heraufkam. Vor dem Schlafgemache der Italiener hielt es stille, fing aber dort an zu klopfen, worauf die sonst fest verrammelte Türe von selber aufflog. Jetzt erblickten die Arbeiter drei glühendweisse Pudel, deren Jeder ein scharlachrotes Halsband mit einem goldenen Schlüsse am Halse trug. Vor Schrecken und Angst flüchteten Alle durch die Fenster, ins Freie, und Keiner wollte der Letzte sein. - Sie waren nicht mehr zu bewegen, im Schlosse zu schlafen. Hätte nur Einer den Mut gehabt, zu bleiben, wären alle Schätze sein geworden, welche die drei Pudel unterirdisch, im Schlosse, bewachen müssen. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Spuk auf dem Hüttendach

Source: Spuk auf dem Hüttendach

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on jeher hiess es, in der Hütte der Alp Bärrlibutz im Erstfeldertale syg's nitt sübers. Einst übernachtete da eine Gesellschaft Erstfelder, die in die Farnstreue gehen wollten. Aber wohl! nach Mitternacht kam's. Wie der ärgste Hagel prasselte es auf das Hüttendach nieder. Das soll wahr sein, es sei noch gar nicht lange her. Franz Walker, Erstfeld Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Spuk auf Madien

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a) Ein Kind sah auf Madlen (bei der Burgruine) schöne, glänzende Blätter an einem Strauch und nahm davon mit. Als es zu Hause angelangt war, hatten sich die Blätter in Gold verwandelt. Am anderen Tag suchten seine Leute wieder solche Blätter, fanden aber keine mehr. b) Wenn einer auf Madlen Pferdeäpfel (Rossbolle) findet und sie in die Tasche steckt, dann zieht er zu Hause Gold heraus. Ruinen Madlen und Schauenburg Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Spuk im Holee-Schloss

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Man will den früheren Bewohnern dieses Schlössleins nicht das beste Lob spenden, und hört man von ihnen sprechen als wären sie Raubritter und Leute von sonst üblem Charakter gewesen, und diese Sage wollen die älteren Leute im Holee durch die Behauptung glaubwürdiger machen, dass nicht selten, besonders bei Witterungsänderungen, ein Gepolter in nächtlicher Stunde gehört werde; auch seien schon oft in eben dieser Zeit ritterliche Gestalten in Haus, Hof und Gärten wandelnd, aber bald wieder verschwindend, gesehen worden. Holee und Binningen Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Spuk im Pfarrhaus

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Das Pfarrhaus war als Gespensterhaus verrufen. Besonders die Pfarrfamilie Schölly (in Bubendorf 1884-1926) litt unter unheimlichen Erscheinungen, aber auch spätere Bewohner haben solche erlebt. a) Wo my Vatter (geb. 1833) ins Pfarhuus isch go ne Chind zum Taufe azeige, het efeismol öppis gcholderet in der Wand. Der Pfarer und sy Frau hai enand nummen agluegt und nüt gsait. b) Der alt Grauwiller Gmeiniverwalter het amme verzellt, im Pfarhuus syg emol e Mord passiert. Im e Zimmer haig si e Bluetfläcke zeigt und me haig dört inn all ghöre fäge. c) Frau Pfarrer Schölly erzählte mir selber: Wenn sie im Bett lag, spürte sie manchmal, dass Geister herankamen. Sie habe dann mit ihnen gebetet, bis sie nicht mehr konnte und sagte: «Jetz chani nümme, gönget wider!» Wenn sie strickte und es fiel ihr eine Nadel zu Boden, wurde sie ihr von unsichtbarer Hand wieder heraufgereicht; dasselbe passierte der Pfarrjumpfere, wenn sie spann und die Kunkel fallen liess. Als die Frau Pfarrer einmal Wäsche abnahm, sagte ihr Töchterlein Klärli, ein Sonntagskind, plötzlich: «Lueg, es hilft der öpper!» Frau Pfarrer sah niemand. Einmal sah Klärli auf dem Estrich in einer Ecke einen Mann stehen, der seinen Kopf unter dem Arm trug. Bubendorf Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Spuk im Viehstall

Source: Spuk im Viehstall

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Es geschah eine Zeitlang sehr häufig, dass, wenn unser Vater am Morgen in den Gaden kam, die eine oder andere Kuh schon ab der Kette war, oder auch, dass zwei Kühe wunderbar in eine einzige Kette zusammengebunden waren. Auch sonst trieb es im Gaden allerlei Spuk. Eines Tages wurde der Vater darüber zornig und sagte unwillig und laut: »Hättisch di rächt g'haltä! Hättisch rächt ta, sä miesstisch nit wandlä.« Er ahnte wohl, dass sich eine arme Seele merken lasse. Kaum hatte er seinen Ausspruch getan, so hörte er ein unsichtbares Ding weinen, bitterlich flennen. Das rührte ihn, und er liess für die arme Seele Messen lesen, und bald hörte der Spuk auf. Barbara Gerig, Wyler Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Spuk im “Lämmli"

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Spuk im “Lämmli" 1771 spukte es in Jakob Zieglers Haus „zum Lämmli“. Der Hausbesitzer wollte den Spuk bannen lassen und stellte hiefür den Scharfrichter Paul Volmar an. Doch dieser bemühte sich vergeblich, das Gespenst zu vertreiben. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Winterthur und Weinland Heimatkunde von Winterthur, hg. v. Lehrerverein Winterthur, Winterthur 1877, S. 218.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Spuk in der Hard

Source: Spuk in der Hard

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Vier traurige Ereignisse «fanden von einander in geringer Entfernung statt, nahe beim sogen. Landjägerhäuschen mitten in der Hardt. An diese Stelle knüpfen sich verschiedene Sagen, die von furchtsamen oder abergläubischen oder vielleicht auch boshaften Knechten herrühren. Der eine behauptete, auf einer Stelle eben beim Häuschen seien ihm plötzlich seine Pferde stillgestanden und hätten auf wiederholtes Schlagen nicht mehr fortgewollt. Erst gegen zwei Uhr morgens hätten sie wieder angezogen. Ein anderer gab vor, ein schwarzer Hund sei an der Strasse gelegen, wodurch die Pferde durchgingen; als er beim Nachspringen sich zufällig umsah, sei der Hund zu einem furchtbar grossen Tiere angewachsen und im Gebüsch verschwunden. Ein dritter beteuerte: beim Landjägerhäuschen sei etwas, er fahre nicht mehr nach zehn Uhr nachts vorbei; bald krache etwas am Wagen, ein Rad gehe ab oder zerbreche; nur wenn er an dieser unheimlichen Stelle vorbei sei, sei auch alles wieder in Ordnung usw. Birsfelden Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Spuk in der Jagdmatt

Source: Spuk in der Jagdmatt

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Ein brennender Mann schaute noch vor wenigen Jahrzehnten zu oberst im Pfrundhaus bei der Jagdmatt in Erstfeld nachts zum Fensterchen hinaus. Es soll ein Zimmermann gewesen sein, der beim Bau des Hauses schlechte Arbeit geliefert habe. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Spuk in Hemmiken

Source: Spuk in Hemmiken

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Im Jahre 1891 traten in einem Hause im Unterdorf während fünf Monaten mysteriöse Erscheinungen auf, welche die ganze Gegend in Aufregung brachten. Zuerst fand man einen Kellerboden mit Wasser bedeckt, was nach der Lage der Gebäulichkeit unmöglich schien. Dann wurde auch der Hausgang mit Wasser überschwemmt, schliesslich die Wohnstube. Als die Leute nach der Herkunft des Wassers forschten, platschte es sogar von der Küchendecke herunter. Wasserkessel aus der Küche fand man umgestürzt auf dem Estrich. Und so wechselten noch viele Gegenstände ihren Standort; Blumenstöcke, Spiegel hingen verkehrt an der Wand, Schlüssel verschwanden und waren auf einmal wieder da, Kleider wanderten aus den Schränken und kamen in den Heiterlöchern am Giebel, vor dem Haus, im Baumgarten, an den Ästen der Bäume hangend wieder zum Vorschein. Dabei konnte man nie eine Bewegung der Gegenstände feststellen, alle Ortsveränderungen geschahen sozusagen unsichtbar. Wie andernorts wurde auch hier ein Kapuziner zugezogen, der aber durch Gebete dem Unfug nicht steuern konnte. Der Spuk schwand wie er gekommen war. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Spuk in swe Orismühli

Source: Spuk in swe Orismühli

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a) In der Orismühli sy e Zytlang alli Morge bi de Ross d Mähnehoor züpflet gsi. Dass do öppis nit mit rächte Dinge zuegangen isch, het men an de Züpfli gmerkt; die sy allewyl vo usse ynezue züpflet gsi. Dorum het me ne Häxezüpfli gsait. Uf das abe isch den Orislüte agrote worde, si selle luege, ass si e schwarze Geissbock überchömme, wo keis wysses Höörli haig. Die Lüt hai also esone Bock in Stall yne to. Uf das hi hets besseret. S Züpfle het uufghört, aber der Geissbock isch alli Morge pflätschnass gsi und dur e Tag wie gschlagen ummegläge. b) In der Orismühli isch einisch vo Zyt zu Zyt am Morge es Ross tot im Stall gläge. Do hai d Lüt in der Mühli e Kapizyner lo cho. Da het ene agrote, si sellen e schwarze Geissbock, wo keis wyssis Höörli haig, in Stall tue. Si hai so eine zueto, und vo dort a hets besseret. Mängsmol hai si aber gchört, wie eine drümol in der Nacht uf däm Geissbock im Stall umenand rytet. D Ross hai sider Ruji gha, derfür aber hets Gspängscht der Geissbock plogt. Seltisberg Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Spukende Gescheidsleute

Source: Spukende Gescheidsleute

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Ungetreue Gescheidsleute in Maisprach mussten ihr begangenes Unrecht durch Wandeln büssen, besonders in der Gegend des Mettenholzes. Ein Mann spürte dort einmal, dass er von einem solchen Geist verfolgt würde. Als er endlich Buus erreichte, lief der Schweiss an ihm herunter, so sehr hatte ihn die Last gedrückt. Man glaubt, dass Geister, die einem so anhängen, gerne erlöst wären. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Spukende Katze - Brugg

Source: Spukende Katze - Brugg

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Auf der Kleinen Steig bei Brugg ist ein Platz, wo eine Hexe in Gestalt einer schwarzen Katze einen Schatz hütet. Es war bis jetzt vergebens, das Unthier wegzujagen. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Spukende Katze - Hägglingen

Source: Spukende Katze - Hägglingen

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Leute zu Hägglingen im Freienamte hatten bei einem Zauberer erfahren, mit welcherlei Mitteln man einem Schatz beikommen könne, von dessen Vorhandensein man in jenem Dorfe schon längst erzählt hatte. Sie verschafften sich daher eine schwarze Katze, die weder an der Schwanzspitze, noch an der Brust ein weisses Härchen hatte, schlugen ihr unter genauer Beobachtung verschiedenartiger Bräuche den Kopf ab, steckten diesen auf eine Stange und begaben sich damit um Mitternacht zur Stelle, wo der Schatz liegen sollte. Alle hatten sich ein fortgesetztes Stillschweigen gelobt und so gruben sie drauf los. Da wurde aber demjenigen, der die Stange mit dem Katzenkopf zu halten hatte, dieselbe wegen ihrer Länge beim Graben hinderlich, und er theilte seinen vernünftigen Gedanken, sie abzusägen, in aller Kürze dem Nachbar mit. „Hol ä'Säge“, sprach er. Nach diesem einzigen Wörtlein blieb jedes fernere Arbeiten vergeblich. Noch findet sich auf einer Anhöhe bei Hägglingen ein Platz, welcher den Flurnamen trägt Katzenstelleli. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Spukende Katze - Kaiserstuhl

Source: Spukende Katze - Kaiserstuhl

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Die Ruine vom Weissen Schloss, das auch Weisswasserstelz heisst, liegt in der Nähe des Städtchens Kaiserstuhl, auf dem rechten Rheinufer. Gegen die heilige Zeit hin sieht man dorten Lichter durchs Gemäuer fahren, verlöschen und wieder kommen. Zugleich gibt's ein Schreien und Poltern, als sollte alles zusammengeschlagen werden. Einem wandernden Handwerksburschen, der sich nachts am Schlosshügel niederlegte, schoss eine Katze feurig am Kopfe vorbei, dass er, obschon todmüde, auf und davon stürzte. Als er den Leuten seinen Schrecken erzählte, hiess es: Im Hornig sind d'Chatze zornig. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Spukende Katze - Ober-Endingen

Source: Spukende Katze - Ober-Endingen

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Brunnenwiesler heisst die schwarze Katze, die einem zu Ober-Endingen am Fusswege bei der dortigen Brunnenwiese begegnet und in die vorbeifliessende Surb zu verführen trachtet. Der Weg ist daher nachts gemieden; sie soll der frühere Besitzer der Wiese sein, der sich ein neues Wässerungsrecht herausprocessirte und diese Gestalt damit gewonnen hat. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Spukende Katze - Schwyz

Source: Spukende Katze - Schwyz

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Eine Hausfrau in Schwyz wollte vor 12 Uhr nachts nie zu Bette gehen und erklärte ihrem Manne, der das lange Spinnen bei Licht nicht dulden mochte, sie lege sich deshalb nicht früher schlafen, weil sie sonst von einer schwarzen Katze geritten werde, als ob Berg und Thal auf ihr lägen. Der Mann wusste augenblicklich Rath. Er befahl dem Weib, hinter den Ofen zu sitzen und sich dorten stille zu verhalten. Dann setzte er ihre grosse Schnellkappe auf, hieng eine scharfe Hechel über die Schulter und spann nun selber emsig am Nocken drauf los. Mit dem Schlag zwölf Uhr hieng ihm plötzlich das Nachbarweib blutend und schreiend über der Schulter in der Hechel. Sie bat und bettelte, man solle ihr nichts weiter thun, und ist seit jener Zeit nicht wieder gekommen. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Spukende Katze - Wettingen

Source: Spukende Katze - Wettingen

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Mitten zwischen dem Kloster Wettingen und dem eine Viertelstunde davon gelegenen gleichnamigen Dorf standen zwei grosse steinerne Pfosten hergebaut mit einem Gitterthore, hinter dem die Mönche die Strasse durch die Klostergüter gegen die Bauernwagen abzuschliessen pflegten. Man nennt deshalb jene Stelle jetzt noch „beim schweren Gatter". Seit man es abriss, hört man in der Luft ein Katzengeschrei, das einen des Nachts bis zum Rebberge des Klosters verfolgt. Der letzte, der es vernommen hat, blieb stehen und wollte abwarten, was sich weiter entwickeln werde. Da sah er vor sich eine Katze auf die Erde herabstürzen, und suchte das Weite. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Spukende Katze - Zurzach

Source: Spukende Katze - Zurzach

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Das Heutier hiess man in Zurzach jenes böse Weib, von dem man sagte, dass es alle ungeraden Nächte durch den Kamin zum Herenrath ausfahre und auf der Rückkehr die Schlafenden in der Gestalt des Schrätele quäle. Als schwarze Katze erkletterte es dann die Betten. Neben andern Künsten konnte sie auch einen Blick in die Hölle tun. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Spukende Rosse

Source: Spukende Rosse

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Ein Bauer will bei Ober-Siggingen Nachts ein lediglaufendes Füllen fangen, und wird darüber in eine Mistpfütze gestürzt, in der er sich bis zur Morgendämmerung herumarbeiten muss. Auf dem Bettberge in der Nähe des Frickthaler-Dorfes Schupfart findet sich allerlei Mauerwerk im Boden. Hier ist eine Stadt untergegangen, zu der eine lederne Brücke geführt hat. Der Volksglaube sieht Nachts noch ein Ross darüber weglaufen. Am Werb- oder Webbichgatter zwischen Schupfart und Wegenstetten lauft um Mitternacht ein reiterloser Schimmel vom Waldberge her. Geht man von Wettingen über Pfaffenbühl nach Otelfingen, so hört man auf dem Grepenbuck rufen „hopen". Da ruft nämlich jener erhängte Fuhrmann von Würelingen, den seine Verwandten hier verscharrt haben. Er heisst Rossheiri. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2 Aarau 1856, Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Spukgeschichten

Source: Spukgeschichten

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In der Stockenweid wohnte vor 50 Jahren eine Korbmachersfamilie, die von bösen Geistern übel geplagt und geschädigt wurde. Wollte man nachts der wohlverdienten Ruhe pflegen, so ging's los. Chide hät's, wie we me ganzi Fueder Chies ablade und im Gang umenand cheie wür, denn wieder, wie wenn e Schar Chatze d'Stege n uf und abe polderi und e Choge-Gschrei dezue verfüehri. Öpen emol — hauptsächli a de heilige Öbed und im Advent — ist allewil en schwarze Schatte umeghuscht, en Mensch oder en Hund. Zmols ist er ufs Bett cho und hat de Lüte d'Decki aweggrupft; zmols ist denn als wieder verschwunde. Die guete Lüt händ si mängmol am Obed numme getraut, is Bett zgoh; vor Angst händ s' gschwitzt, dass 's Wasser gad über s' abeglaufe ist. Am Morge sind s' denn ganz abgmattet und schwach gsi vor Schrecke. Der Hausvater wendete sich an den Pfarrherrn in Peterzell, der aber nicht helfen konnte. Zwei Pater Kapuziner wachten dann einige Nächte in dem berüchtigten Hause; aber da blieb alles still. Auch der nächst-stationierte Polizist stelte sich in gleicher Weise zur Verfügung, doch ohne Erfolg. Ein alter Sonderling, der in der Nähe wohnte, muss der Schwarzkünstler gewesen sein, der die Korbmachersleute unglücklich machte. Diese mussten das Haus verlassen, und der Vater, der sonst ein rüstiger Mann gewesen, siechte augenfällig dahin und starb nach wenigen Wochen.                                                                    J. Texel. *** Im Grundschwenditobel begegnete man zu gewissen Zeiten um Mitternacht einem schneeweiss gekleideten Manne, dessen Bewegungen ein Rauschen und Brausen verursachten, als ob ein wilder Bergstrom daherstürme. Er tat den Begegnenden nichis zu Leide, schritt stumm an ihnen vorüber bis auf die Mitte des Steges. Dort stürzte er sich in den Bach. Es wird ein Selbstmörder gewesen sein, der seine unselige Tat büssen musste. Auch am Haldenkehr erscheint ein Mann, der bei Lebzeiten als ein arger Tierquäler bekannt war. Einige wollen sogar beobachtet haben, dass er bei seinen nächtlichen Wanderungen den Kopf unter dem Arme trägt.                                                                     P. Aerne. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 444, S. 260 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Spukgestalten in der Gegend von Sissach

Source: Spukgestalten in der Gegend von Sissach

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Beim Schloss Ebenrain wurde nachts schon oft ein Mann mit einem Schwert gesehen, der ebenso lautlos verschwand, wie er aufgetaucht war. Einen anderen Mann, merkwürdigerweise ohne Kopf, kann man zwischen Licht bei der Weihermatt auf dem Felde arbeiten sehen. Ebenfalls einen kopflosen Mann will man bei der Kreuzmatt, am östlichen Dorfausgang gesehen haben, doch trägt dieser seinen Kopf unter dem Arme. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Spukhäuser

Source: Spukhäuser

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Spukhäuser Westlich des Giessen bei Herrschmettlen-Gossau steht das einsame Gehöft Galgenacher, so benannt nach dem Hochgericht der Herrschaft Grüningen, das sich in seiner unmittelbaren Nähe befand. Hier sollen in gewissen Nächten furchterregende Gestalten mit feurigen Augen durch die Fenster hinein glotzen. Im Treppenhaus ist zuweilen ein unheimliches Poltern und Klirren zu vernehmen. Im Ermisried stand ein Spukhaus. Seine Bewohner waren als Hexen verschrien. Nach dem Aussterben der betreffenden Familie wurde es 1919 abgebrochen. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Aus Jakob Zollingers „Herschmettlerchronik“. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Spuren armer Seelen

Source: Spuren armer Seelen

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Im äusserst rauhen und schwer zugänglichen Buggital zu Sisikon hat man schon Spuren von zarten Frauenschühlein gefunden und stöhnen gehört, ein Zeichen, dass auch zarte Stadtdämchen hier wandlen müssen. Josefa Imhof-Aschwanden, Altdorf Als einst eine Frau von Sisikon vom See her durch das Buggital hinaufstieg, um Holz zu suchen, fand sie auf dem Lawinenschnee Spuren von feinen Damenschuhen, Spuren, die bis zu einer Höhle unter einem Stein führten und da auf einmal aufhörten. Die Frau aber erblindete hierauf an einem Auge. Joh. Joh. Jos. Huber, Sisikon Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by St. Annaschloss

Source: St. Annaschloss

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Im St. Annaschloss wohnte in alten Zeiten ein grausamer Vogt. Einst saßen zwei Gefangene im tiefen Verließ. Der Vogt gab ihnen nichts zu essen, so daß der eine vor Hunger starb. Der andere blieb am Leben, weil eine Frau ihm heimlich Nahrung zutrug. Die Wohltäterin wurde aber gesehen und ebenfalls eingesteckt, wo sie mit dem armen Gefangenen verhungern mußte. Bald starb auch der grausame Vogt. Seit jener Zeit war es im Schlosse unruhig, bis dort eine Kapelle erbaut wurde. Vom St. Annaschloß nach Schloß Sulzberg (jetzt Möttelischloß) führte einst ein unterirdischer Gang. A. Sprenger. * Im St. Annaschloss saßen ehemals die Edeln von Rorschach, die im weiten Umkreis sehr begütert waren. Das Aufstreben des Klosters -in St. Gallen trieb sie in langwierige Fehden, denen sie endlich unterlagen. Im Jahre 1449 ging ihr Besitz in die Hand des Fürstabtes über; das Schloß wurde der Amtssitz des äbtischen Vogtes, der seit 1464 auch den Blutbann ausübte. Den heutigen Namen hat es von seiner Schutzpatronin, der heiligen Anna, zu der man gelegentlich wallfahrtet, da sie mit Vorliebe glückliche Ehen abschließen soll. Heiligi St, Anna, Gib alle Meitli Manne; Mir aber z'erste, I plangere am mehrste.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 35, S. 19f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by St. Burkhard im Balken

Source: St. Burkhard im Balken

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Der heilige Burkhard, dessen Grab noch im Freienämter-Dorfe Beinwil verehrt wird, soll sonst in einem Jägerhause bei Muri gewohnt haben. Dies beweist man jetzt noch in dem Weiler Längenmatt, einen Büchsenschuss von Muri entfernt. Da sieht man eine alte Scheuer, welche schon vor langen Zeiten renoviert und aussen mit dem Bilde des Heiligen bemalt worden ist; innen aber zeigt man einen alten Balken her, einen Schuh lang, welcher der Ueberrest von des Heiligen Wohnhaus sein soll. Wollte man ihn von da entfernen, so würde der Gegend Gefahr drohen. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 73 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by St. Eloi

Source: St. Eloi

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St. Eloi ist der Patron der Schmiede. Von ihm sagt man, er habe, um die Pferde bequemer beschlagen zu können, ihnen die Beine abgeschnitten und dann wieder angesetzt. Auch an der Spleekapelle bei Sargans war sein Bild angebracht. Als "St. Eloi" einst ein Meister genannt worden, antwortete er stolz: "Ja, Meister über alle Meister!" Aber Gott strafte ihn für diesen Hochmut damit, dass Eloi ein abgeschnittenes Pferdebein nicht mehr ansetzen konnte, bis er in sich ging und seinen Hochmut bereute. Dr. Henne-Am Rhyn, Deutsche Volkssage. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 174, S. 82 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by St. Felix und St. Regula

Source: St. Felix und St. Regula

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In uralten Zeiten lebte am oder vielmehr im Zürichsee ein altes keltisches Volk. Es hatte seine einfachen Hütten auf Bretterböden, die auf Pfählen stunden, ins untiefe Wasser gebaut. Hier fühlten sich die helvetischen Urahnen sicherer vor wilden Tieren und noch wilderen Menschen. Die Pfahlbaububen ließen glatte Kiesel übers Wasser nach den Elchen, Urochsen und Riesenhirschen schiefern und tanzen, wenn diese abends zur Tränke an den See kamen. Die helläugigen helvetischen Mägdlein aber verschüttelten sich schaudernd, dass ihre gewaltigen bronzenen Ohrenringe klingelten, wenn im pfeifenden Nachtwind aus den Wälder herab das Heulen der Wölfe kam. Endlich aber, als das Urvolk immer bessere Waffen erfand, machte es sich ans Land, um sich an den nach und nach lichter werdenden Ufern anzubauen. Also siedelte sich ein Volksstamm auch am Ausfluss der Limmat an und gründete mit einem Fischerdorf die Anfänge der heutigen Großstadt Zürich. Lange Zeiten lebten die Urväter in gutem Frieden als tapfere Jäger und Fischer. Aber als sie sich zur Zeit einer großen Völkerwanderung ebenfalls verlocken ließen, den warmen Winden nachzugehen und mit den andern helvetischen Stämmen ins Römerreich einzubrechen, erging’s ihnen gar übel. Trotz ihrer und ihrer Frauen Heldentum wurden sie von den kriegsgewohnten, besser bewaffneten Römern besiegt und mussten nun wieder in ihre verlassene Bergheimat zurückkehren. Jetzt wären sie wohl gerne an ihrem schönen blauen See zufrieden gewesen, aber nun waren sie kein freies Volk mehr, denn sie standen unter der Weltherrschaft der Römer, die auf dem Lindenhof zu Turicum, wie die Stadt damals hieß, sogar ein Kastell mit Soldaten hatten. In dieser Zeit lebte in Zürich, als Vertreter des römischen Kaisers, der Statthalter Decius, der die Apostel der Christen, die allüberall in den helvetischen Landen die Heiden bekehrten, verfolgte, wie er nur konnte. Da kamen denn einst nach der Stadt an der Limmat die zwei christlichen Geschwister Felix und Regula. Der Anführer der im Wallis stehenden Thebäischen Legion, der heilige Mauritius, hatte sie ausgesandt, das heidnische Volk zu Zürich dem Christentum zu gewinnen. Mit heiligem Eifer für ihre gottgewollte Sendung gingen sie ans Werk. Als nun der heidnische Statthalter Decius sah, wie sie großen Zulauf hatten, erschrak er. Er ließ sie vor sich kommen und befahl ihnen, ihren Glauben abzuschwören und den römischen Göttern zu opfern. Aber die beiden Glaubensboten Felix und Regula wiesen dieses Ansinnen mit Entrüstung von sich. Da ergrimmte Decius und bedrohte sie mit grässlichen Martern und gar mit dem Tode, wenn sie nicht sogleich die römischen Gottheiten Jupiter und Merkur anbeten würden. Doch sie hörten ihn ruhig an, wandten sich von seinen Götzen ab und bekannten vor allem Volk freudigen Herzens ihren Herrn und Heiland Jesum Christum. Jetzt ließ sie der Statthalter packen und auf glühende Eisenräder und in heißes Pech werfen. Ja, die rohen Kriegsknechte mussten ihnen sogar siedendes Blei eingießen. Aber wie schrecklich sie auch litten, sie priesen Gott und sahen mit verklärten Augen himmelan. Und als nun der erbarmungslose Decius sah, dass sie ihren Glauben nicht nur unter aller Pein standhaft bekannten, sondern sich ihrer Leiden um Christi Willen gar freuten, gebot er, man solle sie hinrichten. So führte man sie denn auf die Sandbank in der Limmat, wo heute die Wasserkirche steht, und schlug ihnen, angesichts des ruchlosen Statthalters, die Köpfe ab. Aber kaum waren sie in den Sand gerollt, hörten die Umstehenden vom Himmel die Stimmen der Heiligen und Engel singen: Ins Paradies sollen euch die Engel einführen und mit Ruhm die Märtyrer auch aufnehmen! Da geschah zum Entsetzen des ganzen Volkes ein unerhörtes Wunder. Die hingerichteten Heiligen Felix und Regula ergriffen ihre Häupter, die einen Heiligenschein ausstrahlten, und trugen sie von der Limmat weg, den Berg hinauf „wohl vierzig Ellen weit“, wie’s in der alten Legende heißt. Dort aber sanken sie dahin, und ihre Anhänger begruben sie an der gleichen Stelle. Bald darnach kamen sie in große Verehrung. Das christlich gewordene Volk wallfahrtete zu ihren Gräbern, und es sollen dabei gar viele Blinde und Lahme wunderbar geheilt worden sein. Jedenfalls hielt die zunehmende Stadt das Andenken ihrer zwei Heiligen und Märtyrer hoch. Man erbaute über ihrem Grab die nun uralte Kirche zum großen Münster, die bis auf den heutigen Tag das Wahrzeichen Zürichs ist. Auf den Herrschaftssiegeln der mächtig aufblühenden nachmaligen alemannisch-helvetischen Stadt Zürich aber blieben die Heiligen Felix und Regula, mit ihren Häuptern unter den Armen, für alle Zeiten eingeprägt.     Meinrad Lienert, Zürcher Sagen. Der Jugend erzählt, Zürich 1918. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.    


by St. Fridolin - Legende

Source: St. Fridolin - Legende

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Einst fuhr ein Königssohn namens Fridolin aus dem grünen Irland über das Meer, bis er nach Frankreich kam. Von dort aus ging er weiter und predigte überall den Heiden das Christentum, bis er nach Säckingen am Oberrhein gelangte. Dort lebten auch zwei reiche Brüder, Urfo und Landolph. Diese waren aber sehr ungleiche Brüder: der eine war wohltätig und der andere geizig. Da schenkte Urfo, der wohltätige, dem heiligen Fridolin ein großes Gut, das er in Glarus besaß, wohin nun der Heilige zog. Als er dort ankam, beschaute er mit großer Verwunderung das Dorf Glarus, das unter einem schrecklichen Berge lag, dessen Schatten darüber hing. Weil die Glarner aber noch Heiden waren, fing er an, sie zum Christentum zu bekehren, was nicht so leicht ging, denn die Leute von Glarus glaubten an eine Göttin, die sie Frau Vrene nannten und die hoch oben auf einem ganz von Felsen abgeschlossenen Gletscher wohnen sollte. Den Gletscher aber nannten sie Vrenelisgärtlein. Aber nach und nach bekehrte er sie doch und ließ sich unter ihnen nieder, ihnen von seinem geschenkten Gute große Wohltaten erweisend. Als nun Urfo, der wohltätige Bruder, in Säckingen starb, ritt sein geiziger Bruder Landolph zum Gaugrafen Baldebert und klagte den heiligen Fridolin an, er habe sein großes Gut im Glarnerlande widerrechtlich an sich gebracht, denn es sei eine Lüge, daß ihm's sein Bruder Urfo jemals geschenkt habe. Der Graf Baldebert schickte sogleich nach Glarus zum heiligen Fridolin, er solle die Schenkung des Gutes durch Zeugen beweisen, ansonsten es an Landolph, den Bruder des Verstorbenen, falle. "Ich will die Zeugen bringen", sagte der Heilige zu dem Boten. Alsobald reiste er mit ihm an den Rhein nach Säckingen. Dort lud er das ganze Volk und den Grafen Baldebert ans Grab des verstorbenen Urfo. Wie nun alle beisammen waren, erhob sich der Heilige und rief mit lauter Stimme: "Urfo, Urfo, im Namen Gottes, der über Tote und Lebendige herrscht, stehe auf und zeuge für mich!" Da bewegte sich die Erde; das Grab tat sich auf, und der tote Urfo stieg heraus. Stillschweigend winkte er und ging der erschrockenen Menge voran zum Gericht, an dem eben die fünfzehn Gaugrafen tagten. Dort trat er vor seinen todbleichen Bruder Landolph hin und redete ihn mit tiefer Grabesstimme an: "Landolph, Landolph! Was störst du meine Ruhe im Grabe und beraubst mich also des Lohnes, den Gott mir für meine Schenkung gegeben hat?" Voll Entsetzen fiel Landolph in die Knie und bat ihn um Verzeihung und fügte auch noch sein Gut, das er im Glarnerlande besaß, zu Urfos Schenkung hinzu. Darauf kehrte Urfo wieder ruhig zu seinem Grabe zurück und legte sich hinein, und sofort schloß es sich für immer bis zum Jüngsten Tage. Die Glarner aber nahmen den heiligen Fridolin in ihr Landeswappen auf, das nachher in Hunderten von siegreichen Schlachten über ihren Reihen wehte. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by St. Gaudentius

Source: St. Gaudentius

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Gegen Ende des 4. oder Anfang des 5. Jahrhunderts kam Gaudentius, Bischof von Novarra, von den Arianern verfolgt, in die rätischen Alpen und suchte vor seinen Verfolgern Schutz im Tale Bregallia, wo er aber sowohl Heiden, als auch christliche Irrgläubige vorfand. Erstlich predigte er im untern Teile des Tales, wurde aber, wie andere Glaubensboten, oft nicht nur nicht angehört, sondern gar noch verhöhnt,        verfolgt, und flüchtete nach dem obern Teile, an die Quelle der Maira, wo er in der Gegend des heutigen Casaccia sich niederliess und daselbst seine Klause sich baute. Dort an der römischen Heerstrasse über Septimer und Julier setzte er sein Bekehrungswerk fort, erstlich mit Erfolg ward dann aber, nachdem er in der Züchtigung der Laster der Vornehmen zu kühn verfuhr, von diesen als Irrlehrer und Gotteslästerer beim römischen Statthalter verdächtigt und zum Märtyrertode verurteilt. Oberhalb Casaccia, hart am Wege nach Moloja, steht eine noch gut erhaltene Kapelle, ein alter gothischer Bau, dem heiligen Gaudentius geweiht. Zu ihr hin zogen in frühern Zeiten grosse Schaaren Gläubiger; es war dies ehemals ein berühmter Wallfahrtsort. In der Gegend des heutigen Dorfes Vicosoprano erwarb Gaudentius sich die Märtyrerkrone: »Unter einer alten Lerche wurde er enthauptet; sein Leib erhob sich aber schnell vom Blocke, nahm sein Haupt und trug\'s selbst hinauf, dahin, wo eben die nach ihm benannte Kapelle stand. Dort legte er sein Haupt in die Erde und sich selbst dazu.« Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by St. Georgius

Source: St. Georgius

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Nachdem der heilige Georgius, von den Arianern um Mitte des vierten Jahrhunderts vertrieben und verfolgt, über die Alpen flüchtete, soll er im alten Rätien Schutz und Aufnahme gefunden, mehrere Jahre in unserm Lande gelebt haben, und für die Ausbreitung des Christentums besonders tätig gewesen sein. - Viele Gemeinden des heutigen Graubündens verehren ihn als Kirchenpatron, ja sogar ist sein Andenken in vielen Kirchen- und Gemeinden-, selbst in Gerichtssiegeln geblieben, bis auf den heutigen Tag. - Sowohl er selber, als auch nachher seine Reliquien sollen Wunder bewirkt haben. Wie nun St. Georgius unter dem Schutze der Bekehrten segensreich wirkte und keiner weitern Verfolgung seiner ehemaligen Feinde des Christentums wähnte, hatten diese den Zufluchtsort des Heiligen erspürt und einen Trupp Bewaffnete über die Gebirge abgesendet, ihn aufzufangen und lebendig zurück zu bringen. Das ging nun nicht leicht, denn der mächtige Graf in Ober-Rätien hatte ihn in Schutz und Schirm genommen. Dessen ungeachtet lauert die arge Rotte lange Zelt, ihn zu langen, wenn er ausging, das Evangelium zu predigen. So war der Heilige einstens auf dem Missionswege von Amides (Ems) nach Val Tomiliasca, (Domleschg) begriffen, und ritt den Pfad den finstern Brühl-Wald hin, als er plötzlich hinter sich die längst gefürchteten Widersacher, hoch zu Ross heransprengend, erkannte. - Er gab seinem Rösslein die Sporen, und das gute Tier, das an Grösse den Gäulen der Bösewichte bedeutend zurückstand, ward wie von unsichtbarer Hand gestärkt und blieb lange Zeit den Andern voran, bis dass endlich doch die Verfolger ganz nahe waren. - Da, wo heute der Kapelle des heiligen Georg bei Räzüns dem Rheine gegenüber, eine schroffe Felswand himmelan steigt, - setzte St. Georg\'s Tierlein an, und - rettete durch einen Sprung seinen Gebieter und sich an\'s andere Ufer hinüber; zwar waren vom heftigen Anpralle sämmtliche vier Hufeisen ihm losgerissen, aber es wieherte fröhlich; es hatte seinen Herrn dem sichern Tode entrissen. Die vier Hufeisen aber sind lange Zeit von dem Herrn im Schlosse zu Räzüns als Reliquie aufbewahrt worden, und hängen nunmehr als Gedenkzeichen an die wunderbare Rettung an der Pforte der Kirche bei Räzüns, welche eben den heiligen Georg zum Kirchenpatrone hat. Zudem führt noch heute auch der Kreis Räzüns den St. Georg in verschiedenen Siegeln. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by St. Georgslegende

Source: St. Georgslegende

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Weilen nun das Kloster allhier auch unter anderem in der Ehr der Marteren Georgii und Cyrilli erbauen worden, auch solches denselbigen in seinem Waappen zu Fuß mit der Fahne, die Stadt aber in dem Wappen und Siegel zu Pferd samt dem Drachen unter ihm und in dem Bannier die ganze Historie abgeschildert führet: So wollen wir die Tradition beyfügen, wie sie noch zu dieser Zeit erzehlet wird. Die Geschieht von gedachtem Ritter S. Geörg solle nemmlich sich also zu getragen haben. In dem so genanten Egel-See, auf dem Teger-Feld, unweit Kaltenbach, welcher ehemals größer und Fisch-reich gewesen, habe sich ein großer Drach oder Lindwurm aufgehalten, welcher die Straßen unsicher gemacht, indem er Menschen und Thiere angegriffen; dieses Uebel aber seye um desto größer gewesen, weilen auf Burg ein König residirt, dahero die Wege sehr stark gebraucht werden müssen und diese Gegend unmöglich öd gelassen werden können. Weilen nun dieses Thier zu massacriren sich niemand getrauet oder unterstehen wollen, habe man, um den Zugang zu der Burg sicher zumachen und die Passagirs und Einwohner vor einem so grausamen Tod zu verwahren, sich dahin verstehen müssen, diesem Drach täglich 2 Schaafe und eine Jungfrau lebendig zu seiner Nahrung zu zustellen, und so lang solches observirt worden, habe man Ruhe und Sicherheit gehabt. Endlich aber, nachdem alle Jungfern, so man in dieser Gegend haben können, aufgegangen, habe sich der König resolviren müßen, seine eigene Princeßin der Freßhafftigkeit dieses Ungeheürs aufzuopferen. Zu dem End habe man die Königliche Princeßin an das Reinlein, wo der Fußweg hinter Burg von der Straß hinaufgehet, gestellet und die Schaafe ihro an die Seite gethan. Nachdeme sie nun eine kleine Weile allda gewesen, die Eltern selbige von Fehrniß beweinet und Sie unter kläglichem Weinen, heülen und Seüfftzen ihr Elend bejameret und ihren Würger erwartet, so seye ein schöner, Tapfferer und junger Ritter daher geritten kommen, welcher die Princeßin um die Ursach ihrer aüßersten Betrübniß und Jamers gefraget. Als sie ihm hierauf den gantzen Umstand der Sach mit Dee- und Wehmut erzehlet, habe dieser höchst-Mitleidens-würdige Umstand und außnehmende Schönheit dieser Princeßin ihne also afficirt, daß er Theils aus aufsteigender Liebe zu dieser galanten Persohn, Theils aus anerbohrnen Tapfferkeit diesem Thier den Garaus zumachen, sich vernehmen laßen, er möchte dieses Monstrum auch sehen. Anbey habe er diese Dame in etwas aufgemunteret und getröstet, welches so viel gewürket, daß selbige sich zum Theil recolligiret und zu ihm gesagt, er solle nur ein wenig noch in Gedult stehen, es werde bald die Straße herein kommen; zugleich aber auch ihne auf das flehentlichste gebetten, daß er doch sich ihrer erbarmen und allen Kräfften aufbieten solle, um sie von ihrem heran nahenden, grausamen Tod zu befreyen: Mit Versicherung, daß nicht allein der König, als ihr Hr. Vatter, solche große That mit allen Gnaden erkennen, sondern Sie auch Ihne hernach heürathen und Lebenslang darvor dankbar seyn wolle. Hierdurch seye der Ritter noch mehr encouragirt worden, habe der Princeßin alles möglichste zu thun versprochen, zu dem End ein groß Stük Fleisch begehret, selbiges an seine Lantze gestekt und sich zu dem Kampff bereit gemachet. Da nun das Thier daher gekommen, seye er demselbigen auf seinem muthigen weißen Pferd entgegen geritten und habe dem Lindwurm das Fleisch vorgestrekt, da er nun begierelich nach demselbigen geschnappet, habe der Ritter ihme mit allem Nachtruk selbiges in den Mund und zugleich den Spieß durch den Hals gestoßen und also dem Tod überantwortet. Weilen dann also dieser kühne Ritter diesen Lindwurm glüklich getödet, das Land von einer ungemeine Plage befreyet und die Königliche Princeßin von ihrem gewiß- und erbärmlichen Tode erlöset; So habe sich auch der König verpflichtet befunden, dem Begehren seiner Tochter hiemit ein Genügen zu thun und selbiee dem Ritter zu seiner Gemahlin zu überlaßen. Stein am Rhein   Aus: R. Frauenfelder, Sagen und Legenden aus dem Kanton Schaffhausen, Schaffhausen 1933. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by St. German und die Schlangen

Source: St. German und die Schlangen

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Auf dem Platze, wo heute die Kirche von Rechthalten steht, soll in alter Zeit ein römischer Turm gewesen sein, der als Gefängnis diente. Im Laufe der Jahre zerfiel er und bildete einen mächtigen Steinhaufen. Giftige Schlangen hausten darin in grosser Zahl. Sie belästigten Menschen und Vieh und waren für die ganze Gegend eine böse Plage. Da beteten die Rechthaltner zum heiligen Germanus und machten dieses Versprechen: „Wenn du uns von den Schlangen befreist, so bauen wir zu deiner Ehre beim Römerturm eine Kirche.“ Das Gebet wurde erhört. In kurzer Zeit verschwanden alle Schlangen. Nun wurde die Kirche gebaut. Ihr Glockenturm soll noch auf den Fundamenten des römischen Baues stehen. St. Germanus wurde zum Patron der Kirche und der Pfarrei erhoben. Er hat über Rechthalten gewacht und daselbst nie mehr eine Schlange geduldet. * In späterer Zeit, - es mögen vielleicht hundertfünfzig Jahre her sein - da trat eines Sonntags nach dem Gottesdienste ein fahrender Komödiant in die Wirtschaft von Rechthalten. Er stellte eine Kiste auf den Boden, zog eine Flöte aus der Tasche und begann eine eintönige Weise zu spielen. Auf einmal hob sich der Deckel des Kastens und eine Schlange streckte züngelnd den Kopf heraus. Sie kroch immer weiter und weiter hervor. Es war ein riesiges Tier. Erst ringelte sie sich auf dem Boden, dann richtete sie sich auf und machte das Männchen. Der Komödiant spielte eine andere Melodie. Jetzt wand sich die Schlange an seinen Beinen empor, ringelte sich um seinen Leib und legte sich endlich um seinen Hals. Noch viele andere Kunststücke wurden gezeigt. So verging die Zeit, und es rückte schon gegen Mittag. Da trat ein Rechthaltner zu dem Manne und erklärte ihm, er solle mit dem Tiere verschwinden, bald werde es Mittag läuten. Die grosse Glocke sei dem heiligen Germanus geweiht, und der dulde in Rechthalten keine Schlangen. Sobald sie ertöne, werde seine Schlange kaput gehen. Der Fremde lachte aus vollem Halse und sagte, das sei Unsinn und Aberglauben und fuhr mit der Vorstellung weiter. Als es Mittag schlug, liess er sein Tier nochmals hochauf das Männchen machen. In diesem Augenblick fing die grosse Glocke an zu läuten. Da sank die Schlange zusammen und gab kein Lebenszeichen mehr von sich. Der Komödiant legte sie in den Kasten, schlug den Deckel zu und verliess fluchtartig die Wirtschaft. Es ist halt so: Sankt Germanus duldet in Rechthalten keine Schlangen.   Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch    


by St. Joder

Source: St. Joder

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a) Im Entlebuch lag ein grosser Herr auf dem Sterbebett, und der Teufel vernahm das und dachte, das gäbe einen schönen Heizgrunggel für die Hölle, den dürfe er sich nicht entgehen lassen. »Aber sputen muss ich mich, dass mir der Joderli nicht zuvorkommt.« Und er schritt auf ein Häfelein zu, rührte darin und sagte laut dazu: »Riähr um, Häfeli, riähr um, das i zyt i zwänzg Minüttä-n-im Äntlibüech bi!« So mehrere Male und d'rnah üff und drüss und d'rvo. Aber dem St. Joder war die Kunde auch zugekommen, und er konnte dem Horämelki zuschauen und abhorchen, wie er es anstellte. Auch er nahm seine Zuflucht zu dem famosen Häfelein, rührte darin und murmelte dabei: »Riähr um, Häfeli, riähr um, das i zyt in-närä Viärtelstund im Äntlibüech bi!« Und fort war er. An einem grossen Wasser holte er den Widersacher ein und zwang ihn, ihn hinüber zu buckeln. Der also nahm ihn richtig, wenn auch ungern, auf seinen Buckel und trug ihn durch die Lüfte über das Wasser. Mitten darauf rief er: »Joderli, bsägni-di, äss gaht heech!« Aber St. Joder wollte nicht und entgegnete: »D'Müetter het-mi am Morged bsägnet, und das tüets fir-ä ganzä Tagg.« Hätte er sich bsägnet, so hätte ihn der Teufel abgeworfen. Rechtzeitig, noch vor dem Teufel, langte der Bischof bei dem Sterbenden an und konnte dessen Seele retten und für den Himmel gewinnen; der Gehörnte musste leer abzottlen. – St. Joder ist bei uns im Isental Kirchenpatron. Fr. Jauch-Bissig, 62 Jahre alt. b) ... Auf der grossen Rhonebrücke zu Sitten tanzten am Karsamstagmorgen sieben Teufel, als St. Joder dazukam . ... Drei von ihnen fragte er, wie flink sie seien. »Ich bin so flink, dass ich die Bsetzi hinter einem fliehenden Reiter ihm vorwegs vor das Ross zu versetzen vermag.« – »Und ich wie eine Kanonenkugel.« – »Und ich wie ein Weibergedanke.« ... »Joderli, bsägni-di, susch nimmt-di d'r Tyfel!« ... Ursner, die in der Gegend von Sitten in den Weinbergen gearbeitet, haben diese Geschichte dort gehört. Michael Simmen, 68 Jahre alt, Realp c) ... St. Joder spazierte auf der Brücke und studierte die Predigt . ... »Ich bi so flingg wiä d'r Vogel i d'r Luft.« – »Ich wiä d'r Wind.« – »Und ich wiä d's Mäntschä Gidankä.« – »Sä nim-mi sofort uf-ä Rigg und träg-mi bis vor d's Papschts Palascht!« Uf-ä Rigg g'nu häig-ä-n-är, aber nitt gärä . ... Dr Papscht häig nu diä bliämtä Panteffel agha, und d'r Bischof häig diä ganz Tauf miässä-n-umändärä.– Ä Walser het miär das v'rzellt. Peter Anton Gamma, 50 Jahre alt, von Göscheneralp Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by St. Johann von Savien

Source: St. Johann von Savien

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Diesen Sinn hat die Legende über St. Johann in Savien. Dieser ist nämlich der alte Schutzheilige der Kirche »am Platze« und hat, trotz der protestan­tischen Religion der Savier, diese Stelle bis auf den heutigen Tag behauptet. Nun öffnet sich gleich hinter der Kirche das schauerliche TaI Carnusa, in welchem die Seelen derjenigen Verstorbenen, die nicht in den Himmel eingehen können, ihren Aufenthalt haben. - In stürmischen Nächten hört man sie dort wehklagen und um Erlösung flehen; - dann steigt, wenn der Tag mit seinem ersten Lichte die Kämme der Berge beleuchtet, eine weisse glänzende Wolke über das Dach der Kirche empor, und unschuldige Kinder, welche an Sonntagen, zu bestimmten Stunden, geboren sind - aber nur solche - sehen dann, wie die Wolke, nach verschiedenen wechselnden Formen, zuletzt als himmlische Gestalt des heiligen Johannes in silberschimmerndem Kleide über dem Tale schwebt. Der Heilige beugt über Carnusa sich hinab, schöpft eine Hand voll Wasser aus dem Bache und besprengt damit diejenige Seele, welche der Erlösung am würdigsten ist, die dann mit ihm emporsteigt, wenn die lichte Gestalt in den Strahlen der Morgensonne verschwindet. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by St. Josephen

Source: St. Josephen

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Das liebliche Dörfchen liegt malerisch über der Sitter. Ein kleines Bächlein stürzt sich in einem kühnen Sprung zu dem Flusse hinunter. An diesem Bächlein liegt das Drachenloch, wo einst ein gräulicher Lindwurm hauste. Ein Ritter der benachbarten Burg Spiessegg hat das Untier in glorreichem Kampfe überwunden.    A. Näf, Chronik. Alte Leute erinnern sich noch, an dem Felsen eine Tafel gesehen zu haben, auf welcher die Tat des Drachentöters abgebildet war. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 504, S. 296 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by St. Meinrads Stein

Source: St. Meinrads Stein

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Ausserhalb Allenwinden am Wege nach Ägeri steht das St. Meinradskäpeli. Sankt Meinrad ist hier durchgereist und ausgeruht. Noch sieht man den Stein, der ihm als Bank gedient hat. Eine knierunde Höhlung ist darin ausgetieft und fein geglättet. Die Pilger legen das rechte Bein in dieselbe und beten ein Vaterunser; das hilft gegen das Müdwerden.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by St. Michel hed-is ergäget

Source: St. Michel hed-is ergäget

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Im Lauiwinter 1808 bedrohte eine Lawine sogar die Pfarrkirche St. Michael zu Spiringen. Wie aber der Sigrist zu läuten begann, hörte man eine Stimme rufen: »Miär chennet nytt machä, St. Michel hed-is ergäget.« Die Lawine stand nun still. Johann Gisler von Bürglen, 64 J. alt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by St. Oswaldreliquien

Source: St. Oswaldreliquien

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Die St.Oswaldskirche soll an jener Stelle errichtet worden sein, wo früher eine bereits zu Pestzeiten erbaute Kirche gestanden haben soll. St.Oswald wurde in Zug aber schon seit langer Zeit verehrt. 1481 wurde ein Bürger aus Arth nach England geschickt. Er brachte ein Tüchlein nach Hause, das mit dem Blut von St.Oswald benetzt war. Im Kloster der Burg im Sprengel Lincolm, lag nämlich unversehrt die Reliquie des rechten Armes dieses Heiligen. Der Arm war von Penda, einem König der Mauren, in der Schlacht abgehauen worden. Auch ist eimal der Ammann und der Schreiber von Zug nach Weingarten geritten, um dort Reliquien von St.Oswald und St.Fintan zu erhalten. Von diesem Heiligen überliess Wettingen den Zugern einen Finger, Schaffhausen aber ein Stück des Schädels. Quelle: Stadlin, F. K., Topographie des Kantons Zug, 4. Bd., Luzern 1819 - 1824, S.257 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by St. Othmarslegende

Source: St. Othmarslegende

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Nachdeme er [gemeint ist der hl. Othmar] zu Weerd 10 Jahr unter der Erden gelegen, ließe sich ein Mönch vernemmen: Gott habe ihme in einer Erscheinung befohlen, daß Othmari Leichnamm in das Sangallische Kloster gebracht werde. Deßwegen verfügten sich eilff Mönchen Nachts gen Weerd. Nachdem sie den Leichnamm, welcher noch unversehrt gewesen, außgegraben und zu Schiff gebracht, seye ein starker Sturmwind entstanden, der ihnen aber so gar keinen Schaden zugestattet, daß zwey nebend dem Leichnamm brennende Kertzen nicht mögen außgelöschet werden. Und als vom starken Ruderen die Schiffleüth so durstig worden, daß von dem in einer Flaschen bey sich gehabtem Wein nur noch ein wenig übergeblieben: diesere Schiffleüth aber sich erinneret der wundersammen Vermehrung des Brots Matth: XIV. und XV. habe der übrige Wein in der Flaschen sich also gemehret, daß selbige immer voll geblieben, wieviel man daraus getrunken habe. Als sie mit dem Leichnamm zu Arbon angeländet, habend sie ihn gen Sangallen gebracht und in St. Galli Kirch, nebend St. Johannis Altar beygesetzet. Insel Werd bei Stein am Rhein   Aus: R. Frauenfelder, Sagen und Legenden aus dem Kanton Schaffhausen, Schaffhausen 1933. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by St. Romai-Kloster

Source: St. Romai-Kloster

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Am Kirchrain, in der Nähe der Höfe St. Romai, stand früher ein Kloster. Noch heute seien der Klosterkeller und verschiedene unterirdische Gänge vorhanden. Die Toten auf dem Klosterfriedhofe haben noch keine Ruhe; und jedesmal, wenn in Lauwil jemand stirbt, hört man nachts unter dem Boden das Klosterglöcklein läuten. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by St. Silvester

Source: St. Silvester

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  In ferner, grauer Zeit soll auf dem Hügel, wo heute die Kirche von St. Silvester steht, ein frommer Einsiedler gelebt haben. Die Felsenhöhle, welche ihm als Wohnung diente, wird noch jetzt gezeigt. Später wurde über ihr eine Kapelle erbaut, und der Ort erhielt den Namen Baselgin (= kleine Kirche). Diese Kapelle fiel aber der Zerstörung anheim. Um die Mitte des 12. Jahrhunderts baute sie ein Laienbruder aus dem Kloster Altenryf mit eigenen Händen wieder auf. Sie wurde dem heiligen Silvester geweiht. Dann meldet die Sage: Im Laufe der Jahrhunderte vermehrte sich die Bevölkerung, und das Heiligtum wurde zu klein. Da versammelte sich die Gemeinde und beschloss ein grösseres zu errichten. Doch wo? Über diese Frage konnte man sich lange nicht einigen. Einige Bürger wollten wieder oben auf dem Hügel bauen. Andere sagten, die neue Kirche gehöre auf die Ebene von „Zur Schür“. Dort werde mit der Zeit auch ein Dorf entstehen. Diese Ansicht gewann immer mehr Anhänger. „Eine Kirche und ein Dorf“, so hiess jetzt die Losung. Auf der Ebene von „Zur Schür“ stand neben der Strasse ein mächtiges Steinkreuz. Da sollte nun die neue Kirche gebaut werden. So hatte es endlich die Mehrheit der Bürger beschlossen. Aber es kam anders. Der Frühling zog ins Land, und St. Silvester begann mit dem Bau des neuen Gotteshauses. Die ganze Bevölkerung war voll Begeisterung. Jeder wollte Hand anlegen, jeder wollte mithelfen am Werke. Sand, Steine Holz und Kalk wurden auf den Platz geführt. Das war ein Kommen und Gehen ein freudiges Schaffen wie um einen Ameisenhaufen. Nun kam der Baumeister mit dem Plan in der Hand und begann beim Steinkreuz den Platz abzumessen und abzustecken. Andern Tages sollte mit dem Aushub der Fundamente begonnen werden. Als aber die Arbeiter auf dem Platz erschienen, da sahen sie staunend einander an; das Steinkreuz war über Nacht verschwunden, und nicht einmal die Stelle, wo es gestanden, war erkennbar. Jetzt fing man an zu fragen und zu suchen. Endlich fand man es oben auf dem Hügel, vor der alten Kapelle. Niemand wusste zu erklären, wie das gekommen war. Menschenhände konnten dies unmöglich getan haben. Aber der Bauplatz war nun einmal abgesteckt und das Material zur Stelle. Also begann man die Fundamente zu graben. Am nächsten Morgen gab es wieder eine Aufregung; es fehlten alle Werkzeuge. Über Nacht waren sie weggenommen worden. Man fand sie endlich auf dem Hügel droben neben dem Steinkreuz. Noch wurde ein Tag lang gegraben, aber der Eifer liess merklich nach. Eine Ahnung beschwerte die Herzen, es könnte alle Arbeit umsonst sein. Am dritten Morgen gab es eine neue Überraschung. Alles Material, - Holz, Sand und Steine - war verschwunden. Man fand es schön geschichtet und geordnet beim Steinkreuz oben auf dem Hügel. Nun erkannten die Bürger, dass eine höhere Macht in ihre Pläne gegriffen und ihnen deutlich und klar den Platz gezeigt habe, wo die Kirche zu bauen sei. Oben auf dem Berge legte man jetzt die alte Kapelle nieder und begann das neue Heiligtum zu bauen. Rasch und unbehindert wuchs das Werk empor. Noch ehe der Winter ins Land zog, war es glücklich vollendet. - Dieses Gotteshaus stand bis zum Jahre 1898, wo es abermals zu klein wurde und dem heutigen Platz machen musste. Der Wunsch des Volkes, die Kirche inmitten des Dorfes zu haben, ging also nicht in Erfüllung. Was machte das den Leuten? Sie hatten dafür die hohe Freude, ihr Heiligtum auf den herrlichsten Platz der Heimat gestellt zu haben. Es gibt in unserem Lande Kirchen, die grösser, schöner und reicher sind als jene auf dem Berge. Doch keine ist so schön gelegen wie sie. Ein Gleichnis des Himmelreichs möchte man sie nennen. Schmal und steil und mühsam ist der Weg, der zu ihr empor steigt. Eng ist die Pforte, durch die du eintrittst. Aber drinnen umfängt dich himmlische Ruhe. Hier bist du fernab vom Lärmen und Hasten und Treiben der Welt. Und gehst du hinaus und blickest gegen Morgen, dann stehst du wie geblendet vor der Pracht der Berge. Da ragen ganz nahe vor dir die Höhe von Neuhaus und die Muschenegg empor, weiter zurück erheben sich der Schwyberg und die Pfeife, und zu hinterst wölben sich die Gipfel der Stockhornkette wie ein Riesenaltar zum Himmel hinauf. Richtest du den Blick gegen Abend und Mitternacht, dann siehst du das ganze Mittelland mit Dörfern und Städten mit dunklen Wäldern, grünen Matten und goldenen Kornfeldern zu deinen Füssen liegen. - Rings um die Kirche breitet sich wie ein Blumengarten der Friedhof aus. Mächtige, uralte Linden und Ulmen halten treu die Wacht. In ihren Wipfeln orgelt der Bergwind und singen die Vögel das ewige Lied vom Auferstehn.   Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch    


by St. Victor

Source: St. Victor

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Victor, von seinen Eltern in seiner Kindheit Gott zum Opfer gebracht, weihte seine Jugend der Frömmigkeit und dem wissenschaftlichen Studium und übertraf an geistigen Vorzügen alle seine Altersgenossen. Seine Gelehrsamkeit und sein gottgefälliges Leben liessen ihn zum Lieblinge des Volkes werden, und die Geistlichkeit erhob ihn zur Würde des Priestertums. Er wurde Seelsorger an der Kirche der heiligen Gottesgebärerin im Orte Tomils und wirkte segensreich, belehrend, mahnend, tröstend und helfend, und der Ruf seiner Heiligkeit verschaffte ihm Ansehen und Liebe; die wahre Palme der Heiligkeit jedoch verschaffte ihm sein ärgster Feind selber. Es war nämlich das väterliche Gut Victors bei TomiIs gelegen. Dieses als Eigentum an sich zu bringen, fasste ein betrügerischer Mann, Victors Feind, den Entschluss, ihn durch heimliche Bosheit oder offenen Frevel zum Kampfe zu reizen. Zur Zeit der Weinlese, als der Priester Victor seinen Weinberg zu TomiIs besichtigte, fiel der Bösewicht ihn an und schlug ihm nach kurzem Wortwechsel mit einem Schwerte das Haupt ab. Aber! Oh Wunder. Der verstümmelte Körper hob alsbald das blutende Haupt vom Boden auf, trug dieses - Loblieder singend - auf einen nahen Hügel und legte es dort in die Erde. Im Kloster Cazis waren zwei Schwestern des Gemeuchelten, Aurora und Evalina mit Namen, Stiftsfrauen. Diese waren eben in der Frühmesse, als plötzlich die Glocken des Stiftes von selbst anfingen zu läuten, und von einer Ahnung erfüllt, gingen sie hinaus und sahen, wie die Seele ihres Bruders eben gen Himmel fuhr. Noch mehr, der Heilige wandelte zum Rheine. Die Wellen stauten auf, und trockenen Fusses gelangte er an\'s andere Ufer. Die beiden Schwestern gaben dem Convente unverweilt Kunde von dem kläglichen Tode ihres Bruders, und es ging ohne Säumen eine grosse Prozession dem daherschreitenden Märtyrer entgegen. Bei der Prozession angekommen, ging der Heilige mit derselben dem Stifte zu. Sein Körper wurde zur allerhöchsten Verehrung im Kloster bestattet und zu ihm hin geschahen überall her Wallfahrten. Der heilige Körper wurde im Verlaufe der Zeit zwei Male wieder aufgefunden, das erste Mal unter Bischof Heinrich VI. am 28. Mai 1496, das zweite Mal unter Bischof Johann V. am 24. Mai 1609 und von demselben an den grossen Altar versetzt, wobei er einen süssen Wohlgeruch verbreitete. Auf dem Hügel, wo der Heilige sein Haupt niedergelegt und selbst bestattet hatte, erstand zu seinen Ehren eine Kapelle, die noch heute steht.   Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by St.Johann von Stusavia

Source: St.Johann von Stusavia

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Die sogenannte Plazer Kirche hat eine düster romantische Lage. Sie erscheint wie angelehnt an eine waldbewachsene Bergwand. Ein schäumendes Bergwasser (Carnuser Tobel) strömt hinter ihr hervor. Von diesem Tobel steigen nach Regenbogen Dünste hinter der Kirche auf, die im Glanz der aufgehenden Sonne silberweiss erscheinen, vom gegenüberliegenden Dorfe aus gesehen. St. Johann von Stusavia heisst der Schutzpatron der alten Kirche. Sind die Morgennebel besonders hell und glänzend, sagte man vor Zeiten im Dorfe, der Heilige steige hinter der Kirche hervor, in einem silbernen Kleide, neige sich nieder zum Carnusertobel, wo des Tales arme Seelen nach dem Tode des Leibes hingebannt würden und in langen Regennächten laut um Erlösung jammerten. Am Morgen nach solchen Nächten erscheine der Heilige am liebsten, gerührt durch den Jammer der Unglücklichen, neige sich zum Geistertobel nieder, befreie einen der Unglücklichen und zerfliesse dann in der Morgenluft. Aus: U. Brunold-Bigler, Die Sagensammlung der Nina Camenisch, Disentis 1987, mit freundlicher Genehmigung der Autorin. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Stäg, Stäg! dü Schinderloch!

Source: Stäg, Stäg! dü Schinderloch!

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 a) Nach Amsteg kam einst ein fahrender Schüler. Mit geheimnisvoller Miene redete er von den Schätzen des Bristenstockes und machte Andeutungen von dessen Goldreichtum. Es werfe da, sagte er, mancher Kuhhirt seiner Kuh einen Stein nach, der mehr Wert habe als das ganze Tier; des Goldes sei so viel, dass es die ganze Pfarrei Silenen, ja sogar den ganzen Kanton Uri reich genug machen würde; der Bristenstock wäre würdig, auf drei goldene Säulen (»uff dry goldig Stitt«) gestellt und mit goldener Kette umwunden zu werden. Da wurden die Steger neugierig und lüstern nach den vielen Schätzen; sie gaben dem fahrenden Schüler reichlich zu essen und zu trinken und Geld und versprachen ihm noch eine grosse Geldsumme, wenn er ihnen die Schätze des Bristenstockes offenbare. Der Fremdling liess sich Speise und Trank wohl schmecken und füllte seine Säcke mit Geld. Dann öffnete er seinen Mund zum Sprechen und eröffnete: Stäg, Stäg! dü Schinderloch! (Oder: O Stägerloch, dü Schinderloch) Der Bristä-See vertreit di doch! »Da hennt s' düe der Dräck g'ha, d'Stäger!« meint einer meiner Erzähler. Christina Exer, Silenen b) Ein fahrender Schüler wollte in Amsteg ein Stücklein Brot kaufen, bekam aber keines. Da sagte er obigen Spruch. Frz. Zgraggen, 24 J. alt, Gurtnellen c) Ein Geissbub hörte einst eine Stimme: »O Stägerloch, o Schinderloch!« u.s.w. d) Der Spruch lautet auch: O Stägerloch, dü Sinderloch, Der Chärschäläbach vertreit di doch. Jos. Tresch, 53 J. alt, Amsteg Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Starke Ausserberger

Source: Starke Ausserberger

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Ein junger Ausserberger kam einmal zum Schwingen nach Sitten. Er wand eine junge Birke um den Leib und liess dieselbe dann auf einmal gegen seinen Gegner losschnellen, so dass dieser durch die Wucht des Schlages mitten entzweigehauen wurde. Der Vater dieses Ausserbergers soll einem jüngeren Sohne, der die Kraft nicht hatte wie dessen Bruder, Bäume samt der Wurzel auszureissen, mit einem Druck der Hand die Hirnschale eingedrückt haben. AUSSERBERG Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Starke Leute

Source: Starke Leute

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Aus Zermatt wird erzählt, dass einmal drei Söhne einen Zimmerbaum daher zogen, den sie nur mit grösster Mühe vorwärtsbrachten. Der alte Vater, der ihnen vom Hause aus zusah, ärgerte sich darüber, ging, auf seinen Stock gestützt, hin, jagte die Söhne vom Baume und sprach: «Ihr unnützen Buben habt das Brot umsonst gegessen», und zog allein den Baum. Von einem gewissen Furrer Anton wird erzählt, er habe die Steinsäulen, auf denen das Portal der Kapelle in Winkelmatten ruht, allein getragen. Diese Säulen sind auf dem Mischisand nahe dem Gornerbache ausgehauen worden, und der Träger musste über ziemlich steile Felsen barfuss gehen, um sichern Stand zu haben. ZERMATT Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Starke Mittel

Source: Starke Mittel

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In der Haupthütte einer Melser Alp war beim Heimfahren ein Melkstuhl vergessen worden. Einer, das Schwierige kennend, eine verlassene Alphütte, den Berggeistern anheimgefallen, zu betreten, aber mutig, wettete eine junge Ziege, er werde ihn holen. Er nahm mit sich ein Feuerzeug, einen Hund mit Sporen, ein Messer mit eingegrabenen Kreuzzeichen und Agathabrot. Als er den Melkstuhl berührte, rief eine sonderbare Stimme: "Hettist du nit Fürli heiSS und Hundili beiSS und Messerli spitz - i wett der helfen, d'Zitgeiss gwünne!" Dr. Henne-Am Rhyn, Deutsche Volkssage Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 260, S. 140f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Staufer und seine Gesellen

Source: Staufer und seine Gesellen

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Ein gewisser Staufer und seine Schüler Stadlin und Hoppo haben vor Altem - es mögen 400 Jahre sein - im Bernbiet und umgrenzenden Orten als Zauberer seltsame Dinge getrieben. Ihren Namen zufolge dürften sie in den innern Kantonen daheim gewesen sein. Der erste prahlte damit, jederzeit seinen Todfeinden in Mäusegestalt entgehen zu können. Einst ward er aber doch unversehens in einer Stube (Stupa) überfallen und niedergemacht. Seine Kunst vererbte sich auf Hoppo und von diesem auf Stadlin, der den Meistergrad erlangte. Mal hat dieser irgendwo unter die Türschwelle eines Hauses eine pulverisierte Schlange gelegt, worauf Menschen und Vieh in dieser Wohnung die Fruchtbarkeit auf so lange abhanden kam, als das Pulver daselbst blieb. Hoppo und Stadlin verstanden es ferner, von Dünger, Heu, Getreide oder was es war den dritten Teil ab Acker und Anger des Nachbars auf eigenen Grund und Boden unvermerkt zu zaubern. Wetter erzeugen, mit unsichtbarer Hand Kinder von der Seite ihrer Eltern wegzuführen und ins Wasser zu werfen, Unfruchtbarkeit zu erregen, Geheimes zu offenbaren, auf allerlei Weisen zu schaden und wenn sie wollten, mit dem Blitz zu töten, das alles umfasste ihre Schwarzkunst Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Bei dieser Sage gibt es keine genaue Zuordnung zu einem der fünf Kantone. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.    


by Steg für die Verstorbene

Source: Steg für die Verstorbene

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Zu Erlisbach war eine Wöchnerin gestorben und begraben worden. Der Kirchhof aber liegt nicht auf der gleichen Seite wie jenes verwaiste Haus, sondern jenseits des Baches, welcher das Dorf in zwei Theile scheidet. Da man nun seit jenem Begräbniss jede Nacht ums Haus weinen hörte, so erinnerte man sich, dass dieses von der verstorbenen Mutter herrühren möchte; denn sechs Wochen lang muss jede verstorbene Wöchnerin noch ihr Kind heimsuchen, hier aber hielt das am Hause vorbeifliessende Wasser den Geist ab, zu ihrem Säugling kommen zu können. Sobald ein Steg über den Bach gelegt war, hörte auch das Gestöhne auf. (A. Birrcher in Laufenburg.) Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 56 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Steinhausen

Source: Steinhausen

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Es lebte mal eine sehr gottselige Klosterfrau, welche in einem Gotteshause des Aargau dem Herrn diente Tag und Nacht. Sie war von armen Eltern geboren und führte den Geschlechtsnamen Steinhauser. Aber der Aufenthalt im Kloster war ihr nicht streng genug und sie bat, dass man sie in die Einsamkeit ziehen lasse. Ihr frommer Wunsch fand Erhörung. In der Einöde wurde ihr vom Kloster ein kleines Häuschen von Stein gebaut. Darin lebte und starb sie. Nach ihrem Tode kam ein ganz fremder Stamm in diesen Ort. Die Leute untersuchten denselben Platz und fanden den Namen Steinhausen. Deshalb wurde der Ansiedlung der Name Steinhausen gegeben. Zum ersten gesellte sich noch ein Stamm, welcher auch denselben Namen annahm. So bildete sich eine Gemeinde.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Steinwerfende Geister

Source: Steinwerfende Geister

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a) Nahe dem Jochgebirge bei Engelberg schiebt ein Gletscher sein Geröll gegen den Trübsee hinab. Er heisst Pfaffengletscher wegen einer Geschichte, die hier passiert ist. War nämlich mal in Engelberg ein ungemein starker Klosterbruder, so dass er gewöhnlich den Säumern die Salzfässer ganz allein von den Tieren hob. Dieser ging einst um den Besitz der Alp Trübsee die Wette ein, ohne auszuruhen ein mit Salz gefülltes Fass, ein „Salzröhrli" sagt man dort, vom Tal auf das Joch hinauf zu tragen. Es gelang ihm wirklich mit der Last bis nahe an das Joch zu steigen, ohne einmal zu rasten. Endlich bei einer Quelle, wo er sich mit einem Trunk Wasser erfrischen wollte, stürzte der Bruder tot dahin. Man begrub ihn an selber Stelle, die man jetzt noch den Pfaffenhaufen nennt. Sein Geist ist zur Strafe dieser Vermessenheit in die Gletscher und Klüfte des „Joches" gebannt und gibt sich bisweilen durch seltsames Tosen und Klingen kund. Man sagt dann, der Pfaffe sei geschäftig. Und wenn jemand ihm zuruft: „Pfaff, wirf Steine", so lässt er seiner nicht spotten und tut es.   b) Im schwyzerischen Wäggital erblickt man am Gugelberg eine Felshöhle, das Schuhmacherloch genannt, weil darin ein Schuhmacher hämmern soll. Mal rief ein übermütiger Mensch in das Loch hinein: „Schuhmacher, gib mir auch einen guten Leisten", da schmetterte ein Stein neben ihm nieder und verleidete ihm die Lust zu weiterm Spott mit der Geisterwelt.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.    


by Stephan Heinzmann

Source: Stephan Heinzmann

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ln der Waldkapelle ist ein Votivbild verlorengegangen, das Stephan Heinzmann, der Grosse genannt, dort aufhängte. Stephan Heinzmann, der in den Bitzinen wohnte, fuhr einst mit einem Saum Korn nach Brig. Auf dem Rückweg musste er bei Nacht die damals unheimlichen Rohrflühe passieren, wo er unversehens von einem Strassenräuber überfallen wurde. Dessen Losungswort lautete einfach; Geld oder Blut! Heinzmann, ein beherzter und handfester Mann, verlor die Fassung nicht, sondern packte den Räuber bei der Hand und sprach: «Also gut, jetzt habe ich einen Gesellschafter bis nach Visp; ich gehe nicht gerne allein! Mach mir aber keinen Mucks, noch weniger ein Zeichen, um deine Kameraden herbeizurufen, sonst schlage ich dich augenblicklich mausetot!» Der Räuber fühlte, dass ihm Heinzmann an Kräften weit überlegen war, und folgte ihm willig an der Hand bis oberhalb Visp. Dort entliess ihn der Grosse mit einem derben Fusstritt und dankte für die geleistete Gesellschaft. Der Räuber antwortete: «Danke nicht mir, sondern deinen festen Knochen!» Am folgenden Tage fand Heinzmann seine Hände beschmiert vom Blute, das er dem Räuber unter den Fingernägeln ausgepresst hatte. Aus Dank für die Rettung hängte er in der Waldkapelle die erwähnte Votivtafel auf. VISPERTERMINEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Stiefelireiter am Schongauer Hof

Source: Stiefelireiter am Schongauer Hof

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Der Stiefelireiter von Muri war nicht bloß ein boshaftes und jähzorniges Männchen, er war auch ein Religionsspötter und Rechtsverdreher. Er speite die Flurkreuze am Wege an und beschädigte sogar noch die Landleute, die solche frisch errichteten; da stahl er ihnen nachts das Heu, holte im Baumgarten das Obst aus den Zweigen herunter und hob ihnen die Scheiterbeigen ab. Und weil er beim Abt von Muri im besten Ansehen stand, so wagte niemand ihn zu verklagen, und sein Unwesen wurde immer größer. Jenseits Schongau auf Luzerner Grund wohnte eine fromme Person, die in ihren alten Tagen ihr hübsches Bauerngut der Abtei Muri vermachte. Das war dem habsüchtigen Stiefelireiter ganz erwünscht, sogleich ritt er auf jenen Hof hinauf und durchmusterte ihn. Dann trat er ins Haus ein, wo die alte Frau eben bei der Suppe saß, und erklärte ihr, die Besitzung sei für das Kloster nicht sehr von Nutzen, so lange dieselbe noch durch ein kleines dazwischenliegendes Gütchen unterbrochen werde, das notwendig mit zum ganzen Bauernhofe gehöre; die Frau möge also zum Frommen des Klosters und ihres eignen Seelenheils durch einen Beisatz in ihrem Testamente es verschaffen, dass dieses Gütchen mit in das Erbe des Stiftes falle. Darüber wurde die Frau so aufgebracht, dass sie von ihrer Suppe aufstand und dem Stiefeli mit kurzen Worten die Türe wies. Denn eben jenes Gütchen, das nur aus ein paar Wiesen und Äckern bestand, gehörte ihrer Bruderstochter, die hier in einer Strohhütte wohnte, und gerade in der sorgsamen Absicht, diese verlassene Frau in ihrer ärmlichen Hütte auch später noch geschützt zu wissen, hatte die Schongauerin im Testamente das Kloster zum alleinigen Gutsnachbar ihrer Anverwandten gemacht. Der Stiefeli aber wusste sich hierin zu helfen. Er bemächtigte sich der Pergamentrolle, welche die Schongauer Vergabung enthielt, und da er sich schon frühzeitig mit Erfolg auf die Nachbildung aller möglichen Handschriften verlegt hatte, so setzte er mit glücklich verstellter Hand zwischen Text und Unterschrift des Testamentes jener Schenkung noch die Worte hinzu: „samt dem Hüttlein und dem Gute, das bis dahin meines Bruders Tochter inne gehabt hat." Bald kam es nach dem Tode der Stifterin über die verfälschte Urkunde zum Rechtsstreit, aber der Stiefeli beendigte ihn damit, dass er auf dem strittigen Grundstück den Eid ablegte „so wahr sein Schöpfer und Richter über ihm, so wahr stehe er auf des Klosters Grund und Boden." Kaum war der Schwur heraus, so stieß er einen Wehschrei aus und wälzte sich in Todeszuckungen auf dem Wieslande herum. Als man ihm die Kleider aufknöpfte, sah man, dass es sein falscher Schwur war, der ihm den Hals gebrochen hatte; denn in seiner Kappe fand man Schöpfer und Richter (Löffel und Kamm) versteckt, seine Stiefel aber waren mit Erde aus dem Klostergarten von Muri angefüllt. Nun ist er zum Landesgespenst geworden, das mit verdrehtem Haupte auf einem Schimmel nachts auf allen Feld- und Waldwegen umher reitet. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Stiefelireiter im Maiengrün

Source: Stiefelireiter im Maiengrün

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Das Maiengrün ist die südliche Seite eines langen Bergzuges, der an seinem südwestlichen Abhang die grossen Steinbrüche von Otmarsingen und Mäggenwil hat, wo man den Geisbergerstein bricht, und nach Nordwest längs dem linken Reussufer durchs ganze Freienamt sich hinzieht. Der Stiefelireiter, welcher in dieser Landschaft überhaupt das bekannteste Gespenst ist und darinnen mehrfache Aufenthaltsorte hat, haust auch auf dem Maiengrün. Man weiss, dass er seinen Weg aus dem Kanton Luzern hernimmt, längs des Lindenberges hinreitet, denselben bei Vilmergen verlässt und ins Bünzthal herab kommt, um auf jene Felder zwischen Dietikon und Dottikon, welche die Platte heissen, hinüber zu gelangen. Hier bei der sogenannten Kronenstûd, einer Staude entweder, oder einem Hochgerichte, von deren keinem heute etwas mehr übrig ist, soll es gewesen sein, wo er als Klostervogt des Stiftes Muri den Meineid beim höchsten Schöpfer und Richter geschworen haben soll, während er dabei den grossen Rundkamm (Richter) im langen Haupthaare und den Suppenlöffel (Schöpfer) im Stulphute stecken hatte. Von hier weg reitet er dann beim Dorfe Hägglingen steil bergan zum Maiengrün. Hier trägt eine Fläche Holzland von mehreren Jucharten den Namen Klosterholz. Dies hütet er als eines der Güter, die er seinem Stifte mit erschworen hat. Alte Leute, die ihn hier gesehen haben, beschreiben sein Aussehen übereinstimmend also: Er ist ein kleines mageres Männchen, trägt blaue Hosen, hellgrünen Frack, grauen Filzhut und sehr weite grosse Reiterstiefel. Seine Stimme ist sehr widerlich und gleicht dem Kreischen der Vögel und dem Wimmern einer Nachteule. Knaben erzählen, wenn sie sich anschickten, hier ihre Bürde Leseholz zum Heimtragen aufzunehmen, so habe sie sich oft wie von selbst auf ihren Rücken gehoben; beim Umsehen aber nach der Ursache einer so unvermutheten Hilfe hätten sie immer noch etwas von dem wieder verschwindenden Stiefeli bemerkt, Pferdewiehern, Hufschläge, oder ein helles Gelächter vernommen. Einer alten Frau hat er ihre Welle Holz sogar auf den Kopf gehoben, und um sein Ross am Brunnen zu tränken, scheut er sich nicht bis zu den Leuten hinab zu reiten, die am Waldsaume herum ihre Wohnhäuser haben. Allein nicht immer zeigt er sich so gefällig; ja Fremden, Betrunkenen und rohen Burschen wird er geradezu gefährlich, wenn sie sich bei Nacht auf jener Höhe finden lassen. Er tritt ihnen in den Weg, versperrt ihnen den Durchpass und treibt sie bis zum Morgen im Holze herum. Ein Metzgerknecht aus Mäggenwil war bis Abends im Wirthshause sitzen geblieben und wollte erst mit Anbruch der Nacht seinen Weg über das Maiengrün nach Hägglingen hinüber nehmen. Auf der Höhe angekommen traf er einen Reiter quer im Pfade, dem er in keiner Weise auszuweichen wusste. Endlich griff er nach seinem Stock, um sich damit Durchgang zu verschaffen. Da wuchs Ross und Mann zusehends empor und die Augen des Letzteren fiengen an wie glühende Kohlen zu leuchten. Der Metzgerknecht ergriff die Flucht, an Kleid und Haut zerfetzt und ganz verspätet kam er wieder bei Mäggenwil aus der Waldung, um am andern Tage denselben Weg nach Hägglingen abermals, aber diesmal auf der ebenen Landstrasse zu machen. Im Bärenmoos, einem Walde bei Wohlen, traf der Stiefelreiter eine Bettelfrau und hat derselben in einem langen Gespräche von seinem Schimmel herab ganz vertraulich auseinander gesetzt, wie er zu Muri im Kloster das Leibgeding habe, alle sieben Jahre ein frisches Ross aus dem Stalle abholen und alles andere, was ihm da in den Weg komme, schänden und verderben zu dürfen. Man hat im Klostergebäude ein Zimmer, das ihm gehört. Vor Poltern und Lärmen kann es Niemand, der es bewohnen will, darin aushalten. Der Subprior hatte es einmal mit Bannsprüchen zu säubern versucht, ist aber schlimm dabei weggekommen. Kurz vor den Franzosenzeiten (1798) hat der Gnädige Herr das ganze Kloster zum Theil umbauen, zum Theil neu herrichten lassen; die Stube allein, in welcher man den Friedli (Fridolin) Geld zählen hört, ist unverändert geblieben. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 301 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Stier und Bär in der Aerggelen

Source: Stier und Bär in der Aerggelen

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Der Axalpstafel Kuhmahd reicht auf der Abendseite tief in das Giessbachtal hinunter. Die Weiden beim Bach heissen Aerggelen; stotziger wilder Wald auf drei Seiten und übereinander liegende hohe Felsbänder schliessen den Ort von aller Welt ab, es ist eine gottverlassene Gegend, in der sich Has' und Fuchs gut' Nacht sagen. Dort an einer Stelle, Uschboden genannt, fiel einst ein Alpstier einen wildernden Bären an, trieb diesen auf eine nahe grosse Tanne zu und spiesste ihn mit einem scharfen Stoss seiner spitzen Hörner an das grüne Holz, dass Meister Petzens Knochen krachten. Da sein Widersacher bald kein Lebenszeichen mehr tat, glaubte der Stier, der Strauss sei aus und wollte sich zurückziehen, im selben Augenblicke aber fiel ihm der tote Bär mit allem Gewicht vornüber zwischen die Hörner. Muni fasste das als neuen Angriff auf und stiess wieder zu. Der brave Muni! Er wurde den Bären nimmer los! So oft er auch von ihm abliess, immer wieder kriegte er den zottigen Kerl zwischen die Hörner, und immer wieder musste er ansetzen zum fürchterlichen Stoss, bis auch ihn die Kraft verliess und er selber mit dem toten Bären tot umfiel. Die Tanne hat in späteren Jahren der Sturm in Mannshöhe abgebrochen, der Storzen stand noch bis zu Grossvaters Besinnen. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Stierengarten zu Moosleerau

Source: Stierengarten zu Moosleerau

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Die Höhe, an welcher Moosleerau liegt, wird der Stierengarten genannt. In einer kleinen Schlucht auf der Ostseite dieser Anhöhe, gegenüber dem Rossrückenberge, hatten sich die Burgherren dieser Gegend einen Thierzwinger angelegt und belustigten sich damit, die armen Leute drunten mit den wilden Bestien kämpfen zu lassen. Von einem Weibe erzählt man, die einst weit hergelaufen kam und den Ritter fussfällig um das Leben ihres gefangenen Mannes anflehen wollte, die aber in dem gleichen Augenblicke sehen musste, wie der Unglückliche im Burggraben von einem Bären zerrissen wurde. Weiter hinauf am Bergrücken liegt ein kleines Stück fruchtbares Land, d'Hell geheissen; und da haben sie ihre Sklaven und Schlachtopfer verscharren lassen. Hier haust nun der Hellrüter, der letzte dieser Zwingherren. Derselbe betraf einst auf dem Felde, das man den Russerain nennt (vgl. „Die Ruesse“), einen reichen Bauern beim Pflügen, und befahl ihm augenblicklich, den Zugstier vom Pfluge zu spannen. Der Bauer kannte wohl das Ende einer solchen Forderung und verlegte sich aufs Bitten und Flehen. Als aber alle guten Worte nichts halfen, riss der Verzweifelte das Sech vom Pfluge und erschlug damit den Tyrannen, dann pflügte er ihn auf der Stelle unter die frische Ackerfurche. Von der Zeit an sehen die dortigen Leute oft eine Kutsche mit weissen Pferden vom Berge herab bis zum Russerain fahren, und wer ihr je näher gekommen ist, will einen leichenweissen Zwingherrn mit langem Barte darin bemerkt haben. Aber diesen traurigen Erinnerungen gegenüber bleibt es unbegreiflich, dass man auch auf dem gleichen Berge gar häufig sanfte Musik vernimmt; und dass es Saiten- und Pfeifenspiel sei, lassen sich die zunächst Wohnenden nicht ausreden. Ferner erzählen sie, wie hier ein Mann aus Aegypten gewohnt habe, welcher das erste Saatkorn in diese Weidgegenden gebracht haben soll. Der Hügel, auf dem er sich anbaute und die erste Frucht ärntete, hiess deswegen sonst das Kornhübeli, ein zierliches Berglein rings von Ackerland eingefasst, und wird nun in mundartlicher Verkürzung das Chnübeli genannt. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 126 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Stimper, der Musikant

Source: Stimper, der Musikant

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Unterschächener Burschen trafen auf ihren nächtlichen Schwärmereien ein einsames Schlätterhüsli, worin gegen alles Erwarten ein Lichtlein blinkte. Das war ein Rätsel, und das mussten sie lösen, das ging nicht anders. Eine Leiter war bald herbeigeholt, die stellten sie möglichst geräuschlos an und stiegen hinauf und äugten in die Stube hinein. Was sie da schauten, war aber wirklich interessant und belohnte reichlich ihre Neugier. Eine Schar Katzen belebte das Gemach und hatten es wiätig lustig. Die einen musizierten nach Noten, die andern tanzten wie besessen. Das ging in einem Staub und Rauch. Die Burschen konnten nicht aufhören zuzuschauen. Zuletzt aber wurde die Gesellschaft doch des Tanzens müde, ging in die Küche hinaus und bereitete sich ein Znyni, ass und trank. Eine der Katzen sprang auf die Herdstattmauer und kauerte sich da nieder. »Babi«, sagte zu ihr die Köchin, »müesch de nitt schlaaffä, susch chenntisch de nu i ds Fyr appäghyä«. »Nä-näi«, beruhigte sie die andere, »ich ertschlaaffä nitt«. Wie die nächtliche Lustbarkeit ausging, weiss ich nicht. Als am nächsten Morgen einer der Burschen beim Kalazzen (Morgenessen) sass, kam auch seine Katze herbei und sprang zu ihm auf die Bank. Ein verstümmelter Schwanz war ihr Kennzeichen. Freundlich betrachtete sie der Bursche. Plötzlich erinnerte er sich, so einen Stumpenschwanz unter den nächtlichen Musikanten gesehen zu haben. Schmeichelnd strich er der Katze über das Köpfchen und sagte: »Stimperli, nächtig hesch-di mein-i luschtig gmacht«, und urplötzlich fuhr ihm das Tier in's Angesicht, zerkratzte ihn elend und sprang mit einem Satze durchs verschlossene Fenster hinaus auf Nimmerwiedersehen. Pfarrer Jos. Arnold Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Stockalper und die Räuber

Source: Stockalper und die Räuber

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Im Brand, oberhalb der Rohrflühe, hausten Wirtsleute, die nebenbei noch Landwirtschaft betrieben und in der Nacht auf Raub ausgingen. Schon oft hatten sie reiche Kaufleute überfallen und ausgeplündert. Aber niemand konnte ihnen etwas nachweisen. Man wusste nur, dass diese Räuber immer als Frauen verkleidet waren. Kaspar von Stockalper wollte diesem Unwesen Einhalt gebieten. Weil jeder andere Versuch misslungen war, soll er sich zu folgendem Wagnis entschlossen haben. Er kleidete sich als unsauberer Bettler und Narr, ging nachts durch diesen gefahrvollen Wald und wurde von den Räubern gefangen. Er wusste sich bei ihnen gleich so gut zu verstellen, dass vorerst niemand Argwohn schöpfte und einen Spion vermutete. Mit Freude und Gelächter wurde er sogar als Koch angestellt und musste den Räubern Polenta kochen. Als ihm einer zeigen wollte, wie man es machen müsse, und dabei immer im gleichen Sinn umrührte, ergriff Stockalper den Kochlöffel und sagte: «Äs geit nit immer nummu so, äs geit öi uf d anner Sitta!» und rührte im Gegensinn. Die Räuber hatten an diesem, wie sie meinten, törichten Einfall ihren Spass. Einige begannen aber den neuen Koch doch mit argwöhnischen Blicken zu mustern und meinten: «Dieser Narr gefällt uns nicht, er hat zu gescheite Augen. Wer weiss, ob es nicht vielleicht ein Spion ist?» Es gab eine ziemliche Aufregung unter den Räubern, und Stockalper musste sehr befürchten, plötzlich von ihnen erdolcht zu werden. Er konnte sich aber weiterhin so gut verstellen, dass die meisten Räuber sich wieder beruhigten und lachend feststellten: «Un Göich ischt un Göich!» Weil aber die Räuber durch diesen vermeintlichen Narren doch in zwei Lager gespalten würden, hielt man es für besser, ihn mit Schimpf und Fusstritten aus der Höhle zu jagen. Stockalper hatte nun ihre Pläne und ihren Aufenthalt ausgekundschaftet. Er sammelte die nötige Mannschaft, drang als die Räuber schliefen, in die Höhle und nahm alle gefangen. Vor dem Gericht in Brig erkannten die Räuber zu ihrem grossen Ärger den vermeintlichen Narren wieder und machten einander nun Vorwürfe: «Hatten wir nicht recht, wenn wir behaupteten, es sei ein versteckter Spion?» - «Und», lächelte Stockalper, «hatte ich nicht auch recht, wenn ich sagte: «Äs geit nit immer nummu so, äs geit öi uf d anner Sitta!» BRIG Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Straali in dr Oltschiburg

Source: Straali in dr Oltschiburg

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In dr Burg ischd en Heli. Niemme-w-wäis sa. Alli Jaar schiind dr Maan es Mal drin. Dinne-w-wä Straali, alls anen- andren, die ganz Heli volli. Wär die hätti, wä-r-riich gnüoeg. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Strafe der Bettlerin

Source: Strafe der Bettlerin

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Ein Fuhrmann traf auf der Strasse ein altes Müetterli, das keuchend unter einer schweren Last einherging. Mitleidig lud er's ein, zu ihm auf das Fuhrwerk zu kommen. »Die zwei Rosse möchten mich nicht ziehen«, sagte es. Der Fuhrmann lacht hell auf. Endlich stieg es auf den Karren. Und richtig! Die zwei Pferde kamen nicht vom Fleck. »Was ist denn mit dir?« fragt verwundert der Fuhrmann. »Ich habe in meinen jungen Jahren ohne Not gebettelt und muss deshalb wandeln«, war des Mütterleins Bescheid. Jos. Tresch, Maderanertal Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Strafe der Kinderlosigkeit

Source: Strafe der Kinderlosigkeit

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In seinem Häuschen auf dem Lungenstutz im Maderanertal wurde der alte Indergand eines Nachts durch ein eigentümliches Gemurmel geweckt, das tönte, wie wenn ein Bittgang daherkäme. Er stand auf und schaute zum Fensterchen hinaus. Richtig, da kam ja eine rechte Prozession des Weges, wenn auch Kreuz und Fahne fehlten. Voraus schritt ein Schellenmann in kurzen Hosen und weissem Hemd. Ihm folgte ein Fraueli im Reifrock, diesem ein Priester im Chorhemd, dann kamen die verheirateten Männer und Frauen, hierauf die Ledigen, zuletzt, statt zuerst, wie es sonst bei einem richtigen Bittgang Brauch ist, die kleinen Knaben und Mädchen. Indergand erzählte sein Gesicht später einem Geistlichen und erhielt von diesem als Aufschluss die Antwort: »Der Mann und das Fraueli, die vorausschritten, sind in ihrem Leben ein Ehepaar gewesen, das keine Kinder gewollt hat. Die Nachfolgenden hätten seine Nachkommen sein können und sollen.« Albin Loretz, Maderanertal Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Strafe der Milchschänder und Spötter

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Früher hats eben nicht viel erlitten. Solche, die Milch versudleten, mussten nach ihrem Tode umgehen und kamen und setzten sich Leuten, die Milch trugen, auf die Bräntlisdeckel. Auch jenen Älplern, die wüste Reden führten oder über heilige Dinge und religiöse Wahrheiten spöttelten, kam es und setzte sich auf die Bräntlisdeckel. Frau Müller-Epp, Maderanertal Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Strafe des Geizes

Source: Strafe des Geizes

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Nachdem ein Geizhals einen Strumpf voll Goldgeld zusammengeschachert, verordnete er, dass man ihm diesen nach seinem Tode mit in den Totenbaum gebe. Das geschah. Der Totengräber, der von dieser sonderbaren letzten Verordnung gehört hatte, dachte, es sei schade um dieses verlorene Geld, und ging eines Nachts auf den Friedhof, um es sich anzueignen. Als er schon von weitem ein Feuer sah in der Gegend, wo das gesuchte Grab lag, erschrak er, fasste sich aber und schritt fürbass. Ein Totengräber, sagte er sich, fürchtet sich nicht unter den Toten. Was er jedoch am Grabe erblickte, trieb ihm die Haare zu Berg. Die Leiche lag auf dem Grabe! Der Teufel kniete bei ihr und goss ihr das Gold, das er aus dem Strumpfe nahm und im Feuer schmolz, in das Maul! Dass der Totengräber nicht lange zuschaute, ist leicht zu erraten. Am Morgen war die Leiche wieder im Grabe und dieses geschlossen. Aber man nahm sie heraus und begrub sie ausserhalb des geweihten Gottesackers. Sie war ganz schwarz. Frau Arnold-Gisler, Bürglen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Strafe des verborgenen Tanzes

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Vom alten H. Weibel P. Jos. Karlen in Törbel folgende Sage: Im Visperzehnen wurde einst ein geheimer Tanz in einem alten unbewohnten Hause gehalten. In der Stubentüre war, zur Bequemlichkeit der ehemaligen Bewohner dieses Hauses, eine runde Glasscheibe eingemacht. Eine Mutter hatte auch ein Kind bei diesem Tanze; sie nahm ein kleines unschuldiges Kind auf ihren Arm und ging zu diesem Haus, um ihr tanzendes Kind zu holen. Als sie an der Tanzstube ankam, sah. sie heimlich durch die runde Glasscheibe hinein. Da sah sie mitten im Kreise der lustigen Leute ein grünes Männlein mit einem langen Schweife. Sobald die Spieler ihren Tanz geendet, stund der in ihrer Mitte springende Teufel auch still. Sobald die Spielleute einen neuen Tanz anstimmten, hüpfte der Geist auch auf, und als der Tanz anfing, tanzte das grüne Männlein auch, aber ganz allein. Die Mutter mit dem unschuldigen Kinde trat mit grossem Schrecken in die Stube und sagte öffentlich was sie gesehen. Da sprang Alles auf und fort vor Schrecken. Jede Person wollte die Erste sein. Auf einmal erhob dieser Geist ein Geschrei: «Laufet nur —Eines aus euch bleibt doch mein und muss mit mir in die Hölle, um den Tanzlohn zu empfangen.» Was geschah — da ist eine tanzende Person verloren gegangen und nicht mehr gefunden worden; aber ein schreckliches Geschrei hatte man in der Luft gehört.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Strafe für Brotvergeuden

Source: Strafe für Brotvergeuden

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Vor etwa zwei Jahren hat ein Geissbub erzählt, er habe in der Alp Grossgand Brot versudlet und als er nachher die Alphütte betreten, da seien Brotmöcken durch die Türe herein auf ihn losgeflogen wie z'guxäda (wie ein Schneetreiben), sodass er schleunigst die Flucht ergriffen habe. Franziska Eller, 17 Jahre alt, Intschi Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Strafe für Verleumdung

Source: Strafe für Verleumdung

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Als ein Bristner Ratsherr früh am Morgen talauswärts schritt, begegnete ihm ein Maitli, das ihm gut bekannt war. »Wo witt etz dü hi?« fragte er. »Ich bin soeben gestorben«, antwortete es, »und muss auf den Bristenstock, meine Sünden dort abzubüssen. Dort muss ich leiden für meine Verleumdungen und üblen Nachreden.« Hierauf las es einen Stein[43] auf und zerrieb ihn zwischen seinen Händen und sagte: »Gut, dass du nicht gewusst hast, dass ich gestorben bin, sonst hätte ich dich zerrieben wie diesen Stein, weil du einen Geist angeredet hast.« Dann wanderte es weiter; der Ratsherr aber erschauderte. Zu Silenen wurde es ihm schlecht; er musste in ein Haus gehen und eine Krankheit ergriff ihn, die ihn bald dem Tode auslieferte. Josefa Imhof-Aschwanden Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Strafe für veruntreute Mess-Stipendien

Source: Strafe für veruntreute Mess-Stipendien

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Schon zweimal hatte sich ein reicher Herr, der auf einem Schlosse zu Hause war, auf der Jagd verirrt und hiebei ein Mandli getroffen, das auf einer Steinplatte sass, den Kopf vornüber auf die Hände gestützt. Beidemal nahm sich der Unbekannte des Verirrten an und brachte ihn nach Hause, ohne dass dieser sagen konnte, wie das geschah. Beim zweitenmal aber drohte der Geheimnisvolle dem Jäger, er solle schauen, dass er sich nicht mehr verirre, sonst könnte es ihm schaden. Dennoch verlor der reiche Schlossherr zum drittenmal den Weg und traf wieder das Mandli auf der Steinplatte. Das war aber ganz freundlich und brachte ihn wieder auf wunderbare Weise auf sein Schloss, sagte aber: »Dreimal habe ich dir geholfen, jetzt musst du auch mir helfen; lasse 100 heilige Messen für mich lesen, dann werde ich erlöst sein.« Der Jäger versprach es, und das Mandli verschwand. Als der erstere seinem Pfarrer die nötige Summe brachte, sagte dieser, er könne sie nicht annehmen, da er Stiftsmessen lesen müsse. Daher trug er sie in ein Kloster, wo man sie bedingungslos abnahm und zu besorgen versprach. Nach langer Zeit geriet der vornehme Herr wieder an des Mandlis Gnade, ohne zu begreifen, wie solches habe geschehen können. Das war aber böse und warf ihm vor, er habe sein Versprechen nicht gehalten. Er entschuldigte sich und erzählte, was er getan, und das Mandli sah ein, wo der Fehler liege. Es sagte, ihm sei bis dato noch gar nichts von den heiligen Messen zu Nutzen gekommen, führte den Jäger aber doch heim. In der folgenden Nacht jedoch verbrannte das Kloster mitsamt den Mönchen, und dem Herr wurde geoffenbart, jenes Mandli sei jetzt erlöst. Man mutmasst, es sei ein verstorbener Priester gewesen, der in seinem Leben Mess-Stipendien veruntreut habe. Karl Gisler Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Strassenhund und Stadttier zu Willisau

Source: Strassenhund und Stadttier zu Willisau

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a) Der Strassenhund ist ein grosses schwarzes Tier mit grossen leuchtenden Augen und feurigem Rachen, um den Hals ein weisses Halsband und um die Tatzen Manschetten. Es sehen ihn nicht alle, die welche ihn aber sehen, müssen, um Unglück zu vermeiden, ausweichen. Dieser Hund macht folgende Touren: Er kommt vom Städtchen Willisau, läuft durch den Tälebachgraben bis zum Bauwilersteg. Wer ihm auf dem Steg nicht ausweicht, wird in den Bach geworfen. Vom Bauwilersteg durch die Schlucht hinauf gegen Schürhubel, von dort in den Kanzelwald und die Bachtalen hinunter, der Buchwigger entlang, zum untern Tor hinein zu den Brunnen der Hintergass; zum obern Tor hinaus zur Ziegelhütte in den Willbergwald; von dort hinunter bei der Grundmühle vorbei auf die Hirseren; von diesem Wald gegen die Eimatt der Strasse entlang nach Hergiswil in den Änziwald und verschwindet dort. Es soll ein ehemaliger Schultheis sein, der durch sein Verwenden den Willisauern die ausgedehnten Waldungen zum Nachteil der Landgemeinde und Hergiswils zuzuwenden wusste und dafür wandeln muss. Die Sage will selbst die Familie bezeichnen, der der Schultheis angehörte, und die deshalb heruntergekommen sei. b) Das Stadttier ist ein grosser schwarzer Hund, der in den Fronfastennächten sich sehen lässt. Er kommt von der Spitalgasse, geht unter der Metzgschaal durch, die Hauptgasse hinauf auf den Kirchenplatz. Man sah ihn auch vor dem oberen und unteren Tor und im Seitengässchen an den Grabengärten. Erkennbar ist das Stadttier besonders an seinem furchtbaren abscheulichen Geschrei, wenn es durch die feierliche Stille der Nacht ertönt und Mark und Bein durchdringt; es ist mit keinem andern Laut oder Ton zu vergleichen. Dieses wandelt schon mehrere Jahrhunderte und ist eigentlich der alte Baumeister Willisaus, dessen Wohnhaus die alte Kupferschmiede in der Spitalgasse war. Er hätte nach Akkord die andern Häuser so bauen sollen wie das seine, hat sie aber kleiner und schlechter gebaut. Dafür büsst er nun. In Tiergestalten Erscheinende sind schwer zu erlösen.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Strauchhans wird gewarnt

Source: Strauchhans wird gewarnt

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Der Wildschütze Strauchhans «war zu einem Freischießen in Donaueschingen eingeladen worden, und sein Todfeind, der Oberjäger Grimm in Stühlingen, gedachte, sich bei dieser Gelegenheit des verhassten Mannes zu bemächtigen und ihn als Wilddieb auf einen Hirsch schmieden zu lassen. Strauchhans machte sich an dem bestimmten Tage auf den Weg. In der Nähe der Grenze fühlte er dreimal einen warmen Blutstropfen auf seiner Hand. Eine Bangigkeit kam über den sonst so mutigen Mann, und er musste sich an einen kleinen Abhang setzen. Wenige Augenblicke später erschienen Leute aus dem Dorfe Schleitheim, welche Kunde von dem Plane des Oberjägers erhalten hatten und ausgezogen waren, um Strauchhans zu retten. Sie waren sehr erstaunt, ihn noch diesseits der Grenze zu finden und führten ihn voll Freude in sein Haus zurück.» (Schleitheim)     Aus: R. Frauenfelder, Sagen und Legenden aus dem Kanton Schaffhausen, Schaffhausen 1933. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Strebelstaude zu Königsfelden

Source: Strebelstaude zu Königsfelden

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Auf den grossen Kornfeldern bei Windisch wurde Kaiser Albrecht durch seinen Neffen Johann und dessen Mitverschworene ermordet; sie liessen den vom Pferde Gehauenen liegen und entflohen. Im Schoose eines armen Weibes, einer Landstürzerin, die aus dem Städtchen Brugg gegangen kam, gab er hier den Geist auf. Seine Wittwe Elisabeth und seine Schwester Agnes, die Wittwe des Ungarnkönigs Andreas, errichteten an dieser Unheilsstelle vorerst eine Kapelle mit einem Häuschen und übergaben Beides zweien Waldbrüdern zur Aufsicht. Der eine war Bruder Klaus von Bischofszell; der andere Berchtold Strebel von Oftringen. Dieser war ein waghalsiger Ritter und König Rudolfs Freund gewesen, nach dessen Tode aber Franziskaner geworden. Während die beiden Klausner hier für des Kaisers Seele beteten, vollzogen dessen Frau und Schwester jene fürchterliche Blutrache, in der so viele Schuldige und Unschuldige hingeschlachtet wurden, dass der Aargau und Zürichgau lange darnach voll menschenleerer Burgen stand. Zwei Jahre darauf erschienen die zwei Frauen wieder, und legten den ersten Stein zum grossen Gotteshause und den zwei dazu gehörenden Klöstern von Königsfelden, deren Trümmer heute noch stehen. Diesem stolzen Bau musste die kleine Zelle der Waldbrüder weichen. Gerade als Agnes den Grund ausebnen ließ, um den neuen Fronaltar darauf zu setzen, trat Strebel zur Königin und prophezeite ihr, dass dieser Neubau nur so lange dauern würde, als die grosse Haselstaude leben werde, die hier an seiner eingerissenen Zelle stand. Man schonte sie. Die Staude dauerte bis ins Jahr 1520 und hiess die Berchtoldenstaude. Mit ehrfürchtiger Scheu war sie von allem Landvolke betrachtet. Man hatte sie dem Reformator H. Bullinger noch in seiner Kindheit gezeigt. (Tschudi 1, 252.) Da verdorrte sie sichtlich. Schon vier Jahre später entsprangen die Ordensleute aus dem Kloster; noch vier Jahre, und die reformierenden Berner hatten aus allen Gebäuden der aufgehobenen Abtei eine Hofmeierei gemacht. - „Wie der Bruder geweissaget, also ist vielvermeldete Stiftung im Jahre Christi 1528 zu nütti worden.“ H. Bullinger, Chron. Tigur. I. lib. 7. cap. 9. Endlich fielen die Franzosen ins Land und brauchten die Räume als Lazareth; das Uebrige verfiel und verbrannte, der letzte noch erhaltene Flügel ist nun ein Irrenhaus. Vgl. Abthl. XII, No. 500. 501: Bruderhöhle bei Brugg an der Aare. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 66 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Streggelenjagd in Merenschwanden

Source: Streggelenjagd in Merenschwanden

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Mehrere Nachtbuben wollten sich zusammen den landesüblichen Spass machen, jenes Nachtgelärme zu veranstalten, das man mit Peitschen, Ketten und Schellen um die Häuser bekannter Familien erhebt und wobei namentlich die erwachsenen Mädchen unsanft aus ihrem Schlafe durch maskierte Liebhaber aufgeweckt werden. Man nennt dies im Freienamte und dem benachbarten Luzernerlande das Streggelenjagen. Die Meerenschwander-Bursche sammelten sich in der Nacht des Fraufastenmittwochs vor Ostern, wohlversehen mit lärmenden Jnstrumenten an einem Lebhag, der zum Baumgarten eines ihnen bekannten Hauses gehörte und fiengen an, dieser Hecke entlang gegen das Wohnhaus hin ihren tollen Lauf zu machen. Diesmal aber war es auch auf einen ihrer eigenen Gesellschaft mitabgesehen; der Jörri (Georg), dessen schwacher Verstand sonst schon zu lachen gegeben hatte, sollte bei dieser Gelegenheit in Schrecken gesetzt und nachher zur Dorf-Anekdote gemacht werden. Sie stellten ihn deshalb allein an eine offene Lücke jenes Lebhages, an dem sie herunter jagten, und gaben ihm einen offenen Sack in die Hand, in welchem sich die gejagte Streggelen fangen sollte. Alsbald sprang eine gehetzte Katze gegen ihn aus der Hecke und fieng sich im offenen Sacke. Dieser wurde zugebunden, mit Hülfe der Uebrigen dem Jörri aufgeachselt, in sein Haus getragen und dorten in der Wohnstube abgestellt. Hier schwoll nun der Sack höher und höher auf; endlich platzte und sprang er in jeder Nath, und ein Ungethüm, welches daraus hervor kam, füllte immer breiter anwachsend alle Räume der Stube aus. Nun musste man die Kapuziner von Bremgarten zu Hilfe holen, die das Thier beschwören und das Haus von ihm befreien sollten. Sie brachten es mit geweihtem Oel, Salz, Wasser und Wachs unter vielen Gebeten dahin, dass das Thier wieder zu einer gewöhnlichen schwarzen Katze zusammenschrumpfte und zum Hause hinaus sprang. Die Burschen, die sich diesen Unfug erlaubt hatten, erkrankten zusammen, einige so schwer, dass sie starben; der Jörri aber, der von ihrem Anschlage nichts gewusst und nichts verstanden, kam mit heiler Haut davon Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 94 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Streit um eine Quelle

Source: Streit um eine Quelle

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Die Gemeinden Gampel und Erschmatt stritten sich einer Quelle wegen, die auf der obern Feselalpe entsprang. Beide Gemeinden beanspruchten die Quelle für sich, und keine wollte nachgeben. In der Folge entstand ein Prozess, der viele Jahre lang dauerte. Die zwei Gemeinden verfeindeten sich immer mehr, gaben sich böse Worte und taten sich vieles zuleide. Einst, als die Leute der beiden Dörfer wieder bei der Quelle versammelt waren, hörten sie plötzlich die Stimme des Geistes, die rief: «Spottet ehrlich, diese Tage sind gefährlich!» Und von diesem Augenblicke an nahmen die Wasser ab, und nur ein kleiner, dünner Wasserfaden sickerte noch durch die Matten. Damit war der Streit um die Quelle beendigt. ERSCHMATT Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Stridelwärch

Source: Stridelwärch

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Äis ischd äina z' Märt und hed e Chöe erhandled, es Tierli, glatt wien es Dagsli, mid liechten Hooren um Milchaadren, wie- m-ma sa an arra mälhe Chöe gääre gseed. Den Hälsig chenn er o han, hed dr Verchäifer gmäind. Dr Chäifer ischd mid dr Chöe häin; äs hed ne düüchd, wen nen nid alls träigi, häig er en göeta Choif taan um bbrüüchi nid gruwwna z'siin. Aber äs ischd anders chun. Bim Mälhen hed die Chöe es par Ziisse ggän, und derna isch'sch fertig gsiin. Är ischd gfrässna gsiin, und äs hed ne düüchd, är hätti ds Gäld, wan er fir d'Chöe hed ggä ghäben, ringer in e-l-Lowwene grierrd. Är hed nid anders chennen, wan an enem andren dervu bbrichten, wien är si an där Chöe trogen häigi. Döe ischd dr ander chun, hed die Chöe gschowwed ung gschowwed und hed am End gfräägd, wie's bim Choif ggange siigi. Döe hed er im den ganzen Handel bbrichted und äimmel o gsäid vum Hälsig. „Oha", machd dr ander, „bind sa virer; nimm derzöe en andra Hälsig; aber den alten Hälsig laan izogna im Barneloch, wan er ischd, und wa etz d'Chöe stäid, stell e Chibel volla Hiisli- bschitti uf ds Läger." Är truwwe-m-ma, die Chöe chennti den em- mumhi Milch gän. Eso isch'sch o gsiin. Am Aben hed die Chöe e Schapf Milch ggän; aber im Chibel hed Bschitti e paar twär Finger gmindred ghäben. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Stridlen

Source: Stridlen

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Mim Mööter ischd in dr Riiti z'Schööl; aber das isch jetz afa-l-lang siithar. Da wän es Mäitli z'Schööl ggangen, das hed gsäid, äs chenni si zen arra Chatz machen. Den andre Chinden ischd das nid gloibblis vorchun; aber das Mäitli hed es Chrigelli i ds Müül gnum; döö isch'sch e schwarzi Chatz worden; dee ischd undren Ofen gen groppen. Freejer häi s' drum eso chenne stridlen, und ds Mäitlis Möötter, ja, das ischd drum äini gsiin. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Strohhalm, brennendes Scheit und Bohne

Source: Strohhalm, brennendes Scheit und Bohne

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Eine Hausfrau wollte eines Tages als Mittagessen für ihre Drescher einen zünftigen Teller Bohnen zum Fleisch an Stelle von Maisklössen kochen. Um schneller anzufeuern, nahm sie einen Wisch Stroh. Einer dieser Strohhalme fiel zu Boden, und die Frau liess ihn eben da unten liegen, denn sie war in Eile. Nach einem Augenblick, als das Feuer gehörig angefacht war, dass es krachte wie beim Pistolenschiessen, sprang ein feuerrotes brennendes Scheit aus dem Kochherd, fiel zu Boden und blieb unten liegen. Einen kurzen Augenblick später begann das Wasser zu sieden, und es brodelte, dass es eine Lust war. Und die Bohnen begannen im Wasser und auf den Strudeln zu tanzen, wie wenn ebenso viele Fischlein im Kochkessel wären. Eine Bohne war jedoch ein wenig zu frech. Sie hüpfte ein Stück über den höchsten Strudel hinaus, flog aber ein wenig schräg und fiel neben den Kochkessel auf die Platte und von dort auf den Küchenboden. Diese drei Gefährten am Boden unten glotzten sich nun an und wussten zuerst nicht, was machen. Da sagt das brennende Scheit: «Wisst ihr was, wir hauen gleich ab, bevor die Hausfrau uns sieht, sonst schmeisst sie mich wieder ins Feuer und lässt mich völlig verbrennen.» - «Nun, mich auch», erwidert der Strohhalm. «Und mich», meint die Bohne, «wirft sie wieder ins siedende Wasser und lässt mich Schmerzen erleiden, dass ich die Sterne sehe, dies bis ich weich genug bin, dann gibt sie mich ihren Dreschern zu essen, die kauen mich ohne jedes Mitleid, bis ich nur noch Mus bin. Ja, ja, machen wir uns so rasch als möglich aus dem Staub!» So gingen die drei Gefährten fort, ganz leise zur Küche hinaus, die Strasse hinunter und weiter in die Welt hinein, ohne zu wissen, wohin. Nach kurzer Zeit kommen sie zu einem Tobel. Nun, was tun, um hinüberzukommen? Mit einem Sprung darüber, daran ist nicht einmal zu denken; denn das Tobel ist zu breit! Waten können sie auch nicht, das brennende Scheit hat nämlich entsetzliche Angst vor dem Wasser und würde sterben, sobald es hineinginge. Da sagt der Strohhalm: «Wartet, wir machen es so! Ich bin recht lang, ich reiche von einem Ufer zum andern. Also, ich werfe mich in voller Länge über das Tobel, und dann geht über mich, und wenn ihr drüben seid, so zieht auch mich darüber.» Alle waren damit einverstanden. Der Strohhalm warf sich also über das Tobel und bildete so eine Brücke. Dann wollte das brennende Scheit zuerst über die Brücke. Es ging ein Stück weit, bis zur Mitte des Strohhalms. Doch da bekam es Angst, die Beine begannen ihm zu zittern, und es blieb einen Augenblick stehen. Nun war es geliefert! Der Strohhalm fing Feuer, brannte durch, und die beiden Stücke fielen ins Wasser. Mit dem Strohhalm zusammen fiel auch das brennende Scheit hinein und starb sofort vor Angst. Und beide wurden vom Wasser weggetragen, wer weiss wohin. Die Bohne, die am Rand des Tobels gewartet hatte, bis das brennende Scheit drüben gewesen wäre, begann erbarmungslos zu lachen, als sie sah, wie dieses den Mut verlor, der Strohhalm Feuer fing und beide Gefährten mit einem jämmerlichen Geschrei ins Wasser fielen. Und sie lachte, bis sie platzte. Ein Schneider, der eben in jene Gegend kam, sah die arme gesprungene Bohne neben dem Fluss liegen und hatte Mitleid mit ihr. Er nahm eine Nadel hervor und nähte sie, so gut er konnte. Doch da er schwarzen Faden in der Nadel hatte, so wurde auch die Naht schwarz. Und dies haben alle Bohnen noch heutzutage. (Unterengadin)   Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Strudeli und Strättel

Source: Strudeli und Strättel

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Bei Brunnen herum im Kanton Schwyz ging ehedem am heiligen Dreikönigabend und in derselben Nacht ein möglichst grosser Lärm auf, indem zuerst die kleinen Buben, hernach die Männer alle die Blashörner, Treichlen, Rätschen, Geisseln in vollste Tätigkeit setzten und unter solchem Poltern und Schreien bei Fackeln und Laternenlicht ihren Umzug hielten. Solches galt den zwei Waldfrauen Strudeli und Strätteli. Die christlichen Glaubensboten hätten den Unfug nicht abzustellen vermocht, sagte man. Jetzt führen nur noch Knaben von 7 - 8 Jahren den Spektakel auf. Man hat den Glauben, wenn man nicht wacker treichle und lärme, so gäbe es wenig Obst.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Strüdeljaggi

Source: Strüdeljaggi

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Doktor Jaggi selig, der vor vielen Jahren in Gsteig, einem einsamen Seitentale des Saanenlandes, wohnte, verstand sich auf die geheimen Künste. Er vermochte unter anderem auch Vieh und Menschen "gstellen", das heisst an irgend einem Vorhaben, gut oder bös, zu verhindern. Er war nämlich im Besitze der berühmten, aber seltenen Strüdelbücher, welche die magischen Künste lehren. Darum sei sein Leib auch nach seinem Absterben brandschwarz geworden. Einmal kam ein armes Bäuerlein vom Gsteigboden zu Strüdeljaggi und bat ihn, er möchte die Schelmen "gstellen", die allnächtlich seine Kirschbäume plünderten. "Find ein Rosseisen," schnurrte ihn der Wunderdoktor an, "aber eines mit sieben Löchern drin, nicht mehr und nicht minder. Nimm das Eisen und vergrab’s um die Mitternachtsstunde am Kreuzweg, der zu deinen Bäumen führt." Da erschrak das Bäuerlein und wollte mit der Sache nichts zu schaffen haben, bat aber den Doktor, ihm doch in seinem Schaden behilflich zu sein. Das versprach endlich der Doktor und das Männchen drückte sich. In der Nacht - Samstag nacht war’s gerade - stand der Strüdeljaggi im Gsteigboden und wartete der Nachtbuben. Kaum waren sie auf den Baum gestiegen, sagte er seinen Spruch. Gebannt waren die Schlingel und vermochten kein Bein mehr zu rühren. Als am Sonntag morgen die Leute zur Predigt gingen, waren die beiden zur eignen Schande noch auf den Kirschbäumen. Erst als es ausgeläutet hatte, kam Strüdeljaggi dazu und löste den Bann unter der Schelmen Geheul mit seinem Stock aus Alberholz. Schlimm war er auch, der Strüdeljaggi. Kam einst ein Bäuerlein aus der Bissen zu ihm, das weit und breit im Tal als Geizhals bekannt war. Es klagte dem Wunderdoktor wie zu Hause seine Säue verstrüdlet worden seien. Dafür sollte nun des Doktors Kunst in Anspruch genommen werden. "Hast etwa noch vom ferndrigen (letzjährigen) Schweinen?" fragte der Strüdeljaggi behende. "So ein Brosamlein davon werde wohl noch da sein", erwiderte der Gefragte. Daraufhin der Wundermann: "Gibst du nicht das Letzte vom letztjährigen heraus, so ist uns der Strüdel überlegen und du, dein Weib und deine Kinder haben’s zu büssen." Das machte dem Mann Beine. Er lud den Doktor ein, sofort mit dem Schlitten alles zu holen, was im Rauch hange. Der Doktor ging sofort darauf ein. Da wollte die Bescherung kein Ende nehmen: Sieben Hammen (Schinken) und vier Speckseiten, samt einer ganzen Kette Würste kamen zum Vorschein, die der Doktor eilends behändigte, um den Strüdeln das Handwerk zu legen. Dem Bauer aber schenkte er dafür ein Bündelchen, welches derselbe am nächsten Freitag in der Morgenfrühe, ehe noch die Vögel pfiffen, im Schweinestall annageln musste. "Die Hauptsache aber", sagte der Doktor wichtig, "nimm jeden Freitag den Kupferkessel, in welchem du deinen Tieren kochst, bringe ihn unter die Dachtraufe, nimm einen Wisch, reib das Geschirr inwendig bis dir der Atem vergeht, denn je härter du reibst, je mehr setzest du dem Strüdel zu. Und bei Leibe lass mir die Schweinekost nicht im Kupfer erkalten, damit der Strüdel nicht wieder drüber kommt." Sprach’s und fuhr das Tal hinaus und verteilte seine schmackhafte Ladung unter die ärmsten Leute. Die Strüdeln aber waren von dem Tage an in der Bissen verschwunden. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Stumper, der Musikant

Source: Stumper, der Musikant

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1. Ein Gurtneller Bursche wanderte zu nächtlicher Zeit von Amsteg her heimwärts. Es war damals noch die alte, schmale Saumstrasse. Wie er in die Nähe des Fellitobels kam, hörte er Musik, »äs Tanzspill«, und, sobald er um die Ecke bog und zum Brücklein im Tobel sah, nahm er unter diesem Brücklein einen hellen Schein wahr, und in diesem Schein tanzen eine Anzahl schwarzer Katzen, nicht etwa auf einer Diele, sondern über dem Wasser des Fellibaches, der unter dem Brücklein hindurchfliesst. Eine grosse schwarze Katze mit einem Stumpenschwanz spielt ihnen mit einer Handorgelen auf. Wenn sie etwa eine Pause macht, rufen die tanzenden: »Stumper, spill is wider einä-n-üff!« Wie gebannt bleibt der Wanderer stehen und schaut dem Spiele zu, bis auf einmal der ganze Zauber verschwindet. Nun setzt er seinen Weg fort, nicht ohne über das Geschaute nachzudenken. Am nächsten Morgen, beim Kalatzen, kommt die schwarze Katze der Meistersleute herbei; sie hat auch einen Stumpenschwanz, und jetzt ist es dem Burschen klar: »Das ist der Stumper, der gestern Abend unter der Brücke aufgespielt hat.« Er erzählt alles dem Meister und fragt scherzend: »Soll-er-es firha?« Der Meister hat nichts dagegen, und der Bursche fragt die Katze: »So Stumper, wo bisch nächtig gsy?« – »I ha miässä fort.« – »Jä, dä hesch-di mein-i luschtig gmacht und bisch bim Tanz gsy und hesch üffg'spillt!« Auf dies Wort verschwand die Katze und hinterliess einen furchtbaren Gestank. Joh. Jos. Walker, Meitschligen, 70 J. alt 2. a) Stimper, so wurde Rothüsers Mäusejäger im untern Hof zu Schattdorf seines verstümmelten Schwänzchens wegen genannt, pflegte jeden Samstagabend auszugehen und erst am Morgen wieder zu erscheinen; während des Sonntages hingegen ergab er sich dem süssen Schlafe hinter dem Ofen oder in irgend einer warmen Ecke und liess die Mäuse feiern. Dieses pflichtwidrige Gebahren des Haustieres fiel zuletzt denn doch auf, und der Bauer fragte: »Washed ächt äu ysärä Stimper, dass der all Samschtigabed fortgaht und der ganz Sunntig üss eißter schlaft?« Endlich sollte es an den Tag kommen. An einem Samstagabend geschah es, dass Rothüsers Knecht, der auf Schattdorferberg das Vieh besorgte, Milch in den Boden hinunter trug. Im Häuschen im Rämeli (oder im Kellerberg) brannte Licht. Dort wohnten vier Meitli, die im Rufe standen, alte Hexen zu sein. Ab und zu kamen auch Burschen zu ihnen z'Gass, aber die meisten nur ein- oder zweimal; das absonderliche Betragen der Jungfern passte ihnen nicht. Der Knecht dachte, als er das Lichtlein sah, sie hätten wieder einmal Stubeten, ging hin und äugte neugierig durch das Fensterchen hinein. Da bot sich seinen Augen ein unerwartetes Schauspiel. In der Stube tanzten vier Katzen wie besessen, und auf dem Stubentisch (oder auf dem Ofen) sass die fünfte, ein weisses Nachthäubchen auf dem Grind, und spielte mit einem Knochen, den sie wie eine Mundharmonika brauchte, der lustigen Gesellschaft auf. Nach einer Weile nahm der Musikant den Knochen aus dem Maule und reichte ihn einer der Tänzerinnen hin mit den Worten: »Ich mag nimmä-n-orgälä, Stimper, tüe dü!« Da riss aber der Knecht die Augen auf! Richtig, die aufgeforderte Katze nahm das eigenartige »Mülorgäli« in Empfang und sprang auf den Tisch, und am Stumpenschwanz erkannte jetzt der Bursche den Stimper. Nun wusste er, warum dieser alle Samstagabend ausging und am Sonntage schlief. »Wer häd äu das 'tänkt!« Als am nächsten Morgen die Familie am Tische sass und frühstückte, da sprang auch die Katze auf die Bank hinauf und setzte sich neben den Knecht. Schmeichelnd und bettelnd rieb sie das runde Köpfchen an seinem Ellbogen und schnurrte gemütlich dazu. Freundlich blickte sie der Knecht an und sagte: »So, so, Stimper, nächtig hesch-di äu luschtig gemacht.« Da schoss das Tier urplötzlich auf ihn los, zerkratzte ihm wütend das Gesicht, lief davon, indem es einen scheusslichen Gestank zurückliess, und wurde nie mehr gesehen. Die Kratzwunden heilten nie ganz zu. Den vier Hexen im Rämeli aber legte ein Kapuziner das Handwerk, nachdem sie noch bekannt hatten, sie müssten im Auftrage des Bösen den Leuten Schaden zufügen, wofür sie jeden Tag fünf Schilling zu Lohn bekämen. K. Tresch-Gisler, 80 J. alt, Seedorf; Zacharias Zurfluh, Erstfeld b) Stimper ging jede Nacht aus. Der Meister schlich eines Abends ihm heimlich nach. Einsames Häuschen. Stimper trägt ein Licht auf dem Kopf und spielt mit einer Mundharmonika auf. Eine Schar Katzen tanzt, und, wenn Stimper mal aufhört zu musizieren, drängen sie: »Stimper, mach üff!« Ohne Ortsangabe. c) Die Katze hiess Hermann. – Dass Stimper mit einem Knochen aufspielte, erzählte unter vielen nur ein einziger Gewährsmann. Zäzilia Gisler-Walker; J. Zgraggen, Rütlipächter, 45 J d) Zwei Burschen sahen das Licht im Rämeli, gingen, schauten hinein, sahen die tanzenden Katzen und den Stumpäschwanz, der aufspielte. »Lüeg da! ysärä Stumpäschwanz!« sagte der eine. Kaum gesagt, war das Licht erlöscht und Stumpäschwanz kam nie mehr zum Vorschein. Frau Scheiber-Buhofer, Schattdorf Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Sturz des Mandlisers

Source: Sturz des Mandlisers

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Der Mandliserberg in Uri bildet mit einem seiner Gräte, dem Jakober, die südliche Begrenzung des wilden Leutschachtales, dessen Hintergrund, früher eine schöne Alptrift, jetzt mit ungeheuern Granitblöcken bedeckt ist. Vor vielen Jahrhunderten stürzte ein Teil des Mandlisers ein. Davon erzählen die Hirten folgende Sage: Vor Zeiten weideten mehrere Hirten in diesem Talboden eine grosse Herde. Eines Abends wurden sie in nicht geringen Schrecken versetzt, als aus der Felswand gerade über ihnen ein Getöse und ein dreimaliger Ruf "fort!" sich vernehmen lies. Eilig traten sie zusammen und beratschlagten, ob sie der Stimme folgen und den Ort verlassen sollten. Die Mehrzahl war der Meinung, dass man auf das Geschrei des Ungeheuers nicht achten solle. Sie blieben auch dann noch fest auf ihrem Beschlusse, als am dritten Tage der Berg noch heftiger dröhnte und als furchtbar die Worte erschollen: "Hinnech chumeni dä!" (Heut Nacht komm ich dann!) Kaum war aber die Nacht eingebrochen, so stürzte der Berg zusammen, und Hirt und Herde wurden unter den Trümmern begraben. Zur Erinnerung an die schreckliche Begebenheit heisst jetzt noch der verschüttete Ort vom Warnungsrufe "fort!" z'Furt. Quelle: Theodor Vernaleken, Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch


by Süffibalzis Tod

Source: Süffibalzis Tod

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Ältere Leute reden noch viel vom Süffibalzi, einem originellen, harmlosen Vaganten, der etwa vor einem halben Jahrhundert den Kanton Uri durchzogen und von der Barmherzigkeit der Leute gelebt hat. Ziegersüffi war sein Lieblingsgericht, daher sein Spitzname Süffibalzi. Alle seine Taschen und auch das Futter der Jacke waren mit Tannzapfenkühen und jenen holzgeschnitzten Kühen, die von den Bauern für ihre Kinder verfertigt werden, so angefüllt, dass er sich nur mit Mühe fortbewegen konnte. Mit ihnen wusste er sich Stunden und Stunden lang »z'vertwellä«, indem er sie irgendwo auf einer Bank oder einem Stein aufstellte und zur Weide, in den Stall, von und zu Alp trieb. Aber noch eine andere Sorte Kühe erfreute sich seiner besondern Zuneigung, das waren seine Läuse, die von ganz aussergewöhnlicher, riesiger Grösse gewesen sein sollen. War er ungestört, tat er einige Griffe nach seinem Busen, holte sie hervor und stellte sie ebenfalls als Kühe auf. Er soll ein schönes Sennten aufgetrieben haben. Hatte er sich mit ihnen eine Zeitlang unterhalten, versorgte er seine Busenfreunde wieder am gewohnten Ort. – Über seinen Tod meldet die Sage: Die Älpler zu Alpgnof im Maderanertal mischten unter die Ziegersüffi, die sie ihm aufstellten, Käslab, und er füllte damit nach seiner Gewohnheit Haut und Bauch. Nachdem er sich gesättigt, machte er sich auf den Weg gegen die Stäfel; aber, als er auf dem Stäflerboden zum Stoffelstein kam, da erstickte oder zersprengte ihn die in Gärung geratene Ziegersüffi, item dort fanden ihn die Älpler am nächsten Morgen tot liegen. Aber die Stelle, soweit der Leichnam sie bedeckt hatte, »syg doch dry Jahr lang niä meh ergrüenet.« Jos. Zgraggen, Rütlipächter, u.a. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Sühnendes Blutvergiessen

Source: Sühnendes Blutvergiessen

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An einem Ort in der Nähe der Reuss lebte eine Familie, die, zuerst blutarm, nach und nach auf unerklärliche Weise reich wurde. Da starb der Vater. Einige Zeit nachher schauten einmal die Kinder zum Fenster hinaus und sagten: »Wir sehen drunten an der Reuss den Vater mit Einem schwingen.« Sie liessen ihn anreden und vernahmen, er habe während seines Lebens Leute beraubt und in die Reuss gestürzt. Er werde erlöst werden, sobald in seiner Familie Blut vergossen werde. Gar nicht solange dauerte es, bis einmal eines seiner erwachsenen Mädchen im Walde über eine Baumwurzel bstirchlete und sich verletzte – het-si kräblet –, sodass Blut floss und es an einer Blutvergiftung sterben musste. Katharina Gamma, 50 Jahre alt, Wassen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Sulzgi und die armen Seelen

Source: Sulzgi und die armen Seelen

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Pater Sulzgi war auch kurze Zeit in Albinen als Pfarrer tätig (1824). Oft wanderte er in der Nacht und betete für die armen Seelen. Einst traf ihn einer ganz unerwartet im Lirschilgrabo an, wie er da mit offenen, ausgestreckten Armen betete. Der Albiner näherte sich ihm und fragte, was er denn da so auffällig mache. Sulzgi gab vorerst keine Antwort. Dann streckte er einen Fuss vor und befahl: « Stelle dich da drauf und schaue über meine linke Achsel!» Der Albiner traute dieser Sache vorerst nicht, dann sah er aber den Lirschilgrabo voll armer Seelen. Das erzählte meine Mutter oft. Der Sulzgi konnte und wusste mehr als andere. ALBINEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Susanneli

Source: Susanneli

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So hiess das B'hänki, das ganz allein im Obriedli zu Bürglen hauste. Das Obriedli liegt an der Gasse, die in das Riedertal führt, stösst ostwärts an den Riedertaler Bach (1550 Fürtebach) und nordwärts an die Gasse, die zur Emmeten geht, wo ein steiler Pfad auf die Vierschröt und in das Eggabergli abzweigt. Vor dem Häuschen kreuzen sich vier Wege. Damals stand aber noch kein Haus im Obriedli, und Susanneli bewohnte ein Gädemli. Die Leute fürchteten es und vermieden möglichst alles, womit sie es hätten erzürnen können. Wem es übel wollte, der bekam es hart zu spüren. Es ging einfach zum Bache hinunter, fletzte einige Hände voll Wasser in die Lüfte, und der prächtigste Hagel war fertig und prasselte über das Heu oder die Matte desjenigen nieder, dem es Rache geschworen hatte. Nachdem es einmal über die Matte auf dem Stalden hatte regnen lassen, sah man es mit einem Pfännchen in den Händen vom Bache herauf kommen. Auf die Gassenmauer säete Susanneli allerlei Blumen, und, wenn die Riedertalpilger daran rochen, bekamen sie räudige Nasen. Wenn es drüber brennen wollte, holte es den Böllen ganz einfach und in der kürzesten Frist in Mailand. Es tat den Anken in die Pfanne, fachte das Feuer noch einmal recht an, fuhr auf dem Besen davon, und, wenn es zurückkam, war der Anken grad recht warm. Josef Maria Gisler, 90 J. alt, Bürgle In Ursern bestand ein Spruch von einem Susanneli, wahrscheinlich einer Hexe, der besagt, es sei heruntergefallen und »verhytt der heelig Chnodä.« Mehr als dieses Bruchstück habe ich nicht in Erfahrung bringen können. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Susannenhöhle

Source: Susannenhöhle

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Susannenhöhle Vom Burgbühl oberhalb des Weilers Steg schaut von seinem Felsgrat in der Schlucht die Susannenhöhle herab. Darin sitzt ein schönes Burgfräulein gefangen, wie sie wegen Treubruch sich den ewigen Zorn des Burgherrn zugezogen hat. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Senn Jakob, Ein Kind des Volkes, hg. von Otto Sutermeister, Bern 1888, S. 32.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Tal Josaphat

Source: Tal Josaphat

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Es war um das Jahr 1917, als zu Wassen ein Mann nahe an dem Nachbarhause, das einer alten Witwe gehörte, ein Waschhaus und ein Sauställchen baute. Doch kam er ihr nicht vors Licht; er deckte das kleine Gebäude mit einem flachen Dach. Dennoch prozessierte die Witwe mit ihm, verlor es aber vor allen Instanzen. Da meinte sie: »Hesch-es jetz gwunnä, wiä d'hesch wellä, das gilt alls nytt; miär machet das im Tall Josaphat midänand üss.« Wenige Tage später starb diese Frau an Altersschwäche; der Bedrohte, der ihrem Ausspruche Glauben geschenkt hatte, wurde bald hernach von der Grippe überfallen und folgte genau am achten Tage der Witwe im Tode nach. Fr. Mattli-Gerig Anmerkung: Noch zu meiner Schulzeit (1877–1884) galt unter dem Volk das Tal Josaphat als Schauplatz des allgemeinen Weltgerichts; es war eine Art kirchlich geduldeter frommer Meinung. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Tal Josaphat (Variante aus dem Reusstal)

Source: Tal Josaphat (Variante aus dem Reusstal)

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D'r Kapizyner häig dem Getti a'tungä, är sell dem Gettichind de ja nid eppä d'r I'bund (das Patengeschenk) abnä, wennd's'm eppä-n-erschyni und-m der well zrugg-gä. Und wirkli syg's'm drymal d'r d'Nacht erschynä-n- und häig'm d'r I'bund anägha, aber ohni eppis d'rzüe z'sägä. Aber är häig-im-ä nid abgnu. Ersch nachhär syg's fir-nä-n-ids Tall Josaphat. Wo'ss z'ruggchu syg, häig's fry ärnschthaft gmäint, das miäch's nimmä; wennd's nid äss Weschberli gsy wär, sä hätt's-ess miässä v'rspilä. »Getti, du bisch am lätzä Zill gsy«, häig's nu gsäit und syg v'rschwundä. »Myner Müetter«, fügt die Erzählerin bei, »isch äu äss Gottächind nah d'r Tauf gstorbä. Wennd-si von'm redt, säit-s'm nur: mys Weschberli.« Fr. Gamma-Zgraggen, 40 Jahre alt, Silenen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Tamina

Source: Tamina

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Im Calfeisental sass ein weinendes Kind. Hirten von Pfäffers erbarmten sich des verlassenen Wesens. Unter ihrem Schutz erwuchs es zur lebhaften Jungfrau mit dunkelglühenden Augen. Man hatte ihr den Namen Tamina gegeben. Die Sage erzählt, dass das Mädchen einmal bei Ragaz am Rheine stand, als eben ein Holzfloss mit Purpurteppichen bedeckt den Strom hinunterschwamm. Auf dem Floss sassen junge Krieger von vornehmerem Aussehen: Friedrich der Zweite (Hohenstaufen) mit seinen Leuten. Der imponierendste unter ihnen, Hohenstaufen selbst, erregte die Bewunderung Taminas, welche als die einzige anwesende Person von den Kriegern angesprochen wurde, ihnen für heute eine Herberge anzuweisen. Schneewetter hielt die Fremden mehrere Tage lang in Pfäffers. Taminas Liebe zum Königssohn wurde immer glühender, aber sie blieb stumm. Als bei kommendem Schönwetter das Floss wieder rheinabwärts fuhr, ging Tamina verzweifelnd hin zu jener Stelle im Gebirge, wo man sie als Kind gefunden, und soll sich, der Sage nach, ganz in Tränen aufgelöst haben. Die Tränen formten sich zum Fluss und flossen hinunter in den Rhein, der auf seinen Wellen Friedrich Hohenstaufen fortgetragen. Der Fluss, der immer grösser wurde, erhielt den Namen Tamina. Aus: U. Brunold-Bigler, Die Sagensammlung der Nina Camenisch, Disentis 1987, mit freundlicher Genehmigung der Autorin. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Tannhuser und der Ziegenhirt

Source: Tannhuser und der Ziegenhirt

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Ein Knabe hütete auf dem Tiergarten die Ziegen. Da erblickte er an einem Felsen eine Türe, welche er öffnete. Innert derselben gewahrte er einen herrlichen Saal und in demselben einen grossen, runden Tisch, um den mehrere Herren sassen und schliefen. Einer davon hatte einen langen, schneeweissen Bart, der um den Tisch herumgewachsen war. Die Männer fragten den Knaben, wie weit die Zeit vorgeschritten sei. Der Geissbub aber machte sich so schnell als möglich aus dem Staube und konnte später diese Türe nie mehr finden. Was die geheimnisvolle Musik auf dem Tiergarten anbelangt, so hat der Schreiber dieses selbst die eigentümliche Wahrnehmung gemacht, dass das Anschlagen eines leichten Windes an den zerklüfteten Felsen auf der Westseite des Hügels in Verbindung etwa mit dem fernen Rauschen der Wasserfälle vom Meilen- oder Sarbache eine liebliche und deutlich vernehmbare Musik wie von einer Orgel oder Äolsharfe zu stände bringen. Übrigens haben früher auch gar oft Zigeunerbanden unter den überhängenden Felsen am Fusse des Hügels gelagert und ganze Nächte hindurch Musik und Tanz gehalten. Dieselben trieben bisweilen den Mutwillen so weit, daß sie vom nahen Gebüsche Zweige von Sträuchern in dünnen Kuchenteig herabbogen, diesen daran buken und hernach in die Höhe schnellen und an den Sträuchern hängen ließen zum Ärger der von diesem Gesindel allerwege gebrandschatzten Bevölkerung der Umgegend. I. Natsch. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 254, S. 134f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Tanzende Katzen

Source: Tanzende Katzen

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Vor zweihundert Jahren haben in der Geissweid bei Zug vier Katzen miteinander getanzt. Es wurde unter sie geschossen und eine am Fuss verwundet, da sei des Ammanns Frau hinkend geworden.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Tanzende Katzen

Source: Tanzende Katzen

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Nach altem Volksglauben konnten sich die Hexen in allerlei Gestalten verwandeln und so unerkannt ihren Mitmenschen Böses zufügen und sie plagen. So erzählt man in der Stadt Zug von Hexen, die sich in dunkelfarbige Katzen verwandelten. Auf der Geissweid, unterhalb des heutigen Kapuzinerklosters, hätten sich während dunkler Nacht oftmals vier Katzen ein lautes Stelldichein gegeben und dabei auf der Geissmatte Ringeltänze aufgeführt. Den Nachbarn gefiel dies lärmende Treiben nicht besonders, und als dies Katzentanzen ihnen zu bunt wurde, schoss ein mutiger Bursche, der hinter einer Hausmauer auf Lauer stand, mit einer Flinte flink unter die Tanzenden und erwischte mit einem Schuss eine der Katzen am hintern Fuss. Seit dieser Nacht war die Frau des damals regierenden Ammanns hinkend, denn sie war unter den Hexenkatzen gewesen, die auf der Geissweid getanzt hatten. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 104 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Tanzende Katzen

Source: Tanzende Katzen

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Nach altem Volksglauben konnten sich die Hexen in allerlei Gestalten verwandeln und so unerkannt ihren Mitmenschen Böses zufügen und sie plagen. So erzählt man in der Stadt Zug von Hexen, die sich in dunkelfarbige Katzen verwandelten. Auf der Geissweid, unterhalb des heutigen Kapuzinerklosters, hätten sich während dunkler Nacht oftmals vier Katzen ein lautes Stelldichein gegeben und dabei auf der Geissmatte Ringeltänze aufgeführt. Den Nachbarn gefiel dies lärmende Treiben nicht besonders, und als dies Katzentanzen ihnen zu bunt wurde, schoss ein mutiger Bursche, der hinter einer Hausmauer auf Lauer stand, mit einer Flinte flink unter die Tanzenden und erwischte mit einem Schuss eine der Katzen am hintern Fuss. Seit dieser Nacht war die Frau des damals regierenden Ammanns hinkend, denn sie war unter den Hexenkatzen gewesen, die auf der Geissweid getanzt hatten. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 104 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Tanzende und musizierende Katzen

Source: Tanzende und musizierende Katzen

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mit fürchterlich langen Schwänzen wurden zu nächtlicher Stunde auch in dem einsamen Häuschen im Laueli nicht selten beobachtet. Die langen Schwänze wären eigentlich die Haarzöpfe der Weibervölker gewesen, die in Katzengestalt die Tänze veranstalteten. Einem Burschen, der einmal hinaufstieg und durch die Scheiben hineinschaute, fing die Nase so zu brennen an, dass er weichen musste, und zeitlebens behielt er eine verbrannte Nase als Andenken. Fr. Truttmann-Truttmann, 35 Jahre alt, Seelisberg Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Tauben und Raben

Source: Tauben und Raben

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Tauben und Raben Auf der Richtstätte von Kyburg wurde einmal ein Knabe unschuldigerweise hingerichtet. Als man ihn zum Tode führte, flogen schneeweisse Tauben über das Volk hin. Die hatten auf des Knaben Seele gewartet, um sie in den Himmel zu tragen. Nach der Hinrichtung aber sind viele Raben gekommen; die haben sich den ungerechten Richtern auf die Köpfe gesetzt und ihnen die Augen ausgehackt. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Stutz, S 92, von der Mutter (1762—1813) K. W Glaettlis 1809 erzählt. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Taufstein der Kirche von Rein

Source: Taufstein der Kirche von Rein

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In denselben war ein Fräulein gebannt, mit dreifachem Kusse konnte man es befreien. Ein Bauer wagte sich daran, als sich aber nach dem zweiten Kusse das Mädchen in den Drachen wandelte, wollte der Bauer entfliehen. Da stürzte das Ungeheuer an die Kirchenwände und schlug in blinder Verzweiflung den Schuppenschwanz so heftig gegen den Taufstein, daß man jetzt noch die Spuren daran sieht. — Andere Erzähler wissen nichts von diesen verlangten drei Küssen, sondern geben an, der Bauer hätte dem sich wandelnden Mädchen dreimal, aber ohne zu lachen, um den Taufstein nachlaufen sollen. Dreimal muß man dem verwünschten Hügelimaidli, No. 119, pag. 140 um den Abgrund herum nachlaufen, welcher sich neben der Schatzkiste aufthut. Band 2, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau, 1856, Seite 3 Kanton: Aargau Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Tausendkünstler

Source: Tausendkünstler

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In Lungern lebte vor kurzem ein Mann, Gott tröst seine Seel', der wollte auch mehr können als Brot essen. Mal hat er an einem feurigen Männchen beim Kaiserstuhl seine Pfeife angezündet. Dann wusste er von Feldspiegeln zu berichten, mit denen man 20 Stunden weit unter und über der Erde sehen und verborgene Schätze entdecken könne. Er war ferner im Besitze einer so guten Sense, dass er ihr beim Mähen nicht nachzulaufen vermochte, und die beim Aufhängen dicke Eisennägel zerschnitt. Aber ihre Güte empfing sie von dem guten Wetzstein, den er hatte; derselbe kam von Mailand und war in sieben Teufels Namen gehärtet oder gegraben. Hätte ihn der Besitzer nicht in bestimmter kurzer Frist brechen mögen, so wäre er dem Teufel verfallen gewesen. Derselbe wusste auch, oder sah es selbst, wie einst einander zwei Hunde bis an ein Stückchen Stiel auffrassen. Weiter hat er einen guten Rechner gekannt, der im Zugergebiet gewesen sei. Dem fiel es einmal ein, zu rechnen, ob noch auf der ganzen Welt ein eben so guter Rechner existiere. Er rechnete und fand, es gebe einen solchen. Jetzt rechnete er wieder, wie er heisse und wo er wohne, und schrieb hierauf einen Brief an ihn, er habe durch Rechnung gefunden, dass er auch so gut rechnen könne, wie er, der Schreiber. Jetzt solle er auch rechnen, wo er sei und wohne und an ihn schreiben. Und beim tausend, nach einem halben Jahr kam von ihm auch ein Brief an den ersten Rechner. Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Teer chenne brichten!

Source: Teer chenne brichten!

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In dr häiligen Nacht brichte d'Teer; das häin dee Alten geng gsäid. Döö hätti döö äis äina gwundred, was d'Chee sägen um bbrichten. Am häiligen Aben ischd er i Cheegaden. Äs ischd Mittinacht worden. Döö säid e Chöö zer andren, an däm und däm Tag zerhiiji dr Büür es Bäin.. „Eppa nid", sägi dr Büür fir in sälber, „däm cham ma dervorsiin." Är ischd an däm Tag im Bett bbliiben und nid üüf. Döö hed's im Strewwisack afa chräschlen ung chräschlen. Är hed glosd; äs ischd nummen em Müüs gsiin. Döö chunnd si uf em Bettladen. „Näin", däichd er, „därra will i furthälfen." Är reerrd mi dem Bäin gäg sa, u-r-richtig, reerrd uf em Bettlade ds Bäin abenandren. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Teerleni uberchemen o dervun

Source: Teerleni uberchemen o dervun

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Vun dr Milch und vum Brood uberchemen o dee chliinne Teerleni, Hund u Chatz, d'Henni ung Gäiss. Ds Tischlachen vum häiligen Aben hed ds Groosi uber d'Henni gspräited, we si sii z'Sädel gsiin. Si siigen de sicharra vor em Vogel. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Tegerfelder Schlosshase

Source: Tegerfelder Schlosshase

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Zwei Mädchen von Tegerfelden giengen zusammen vom Grasen heim. Es lief ihnen ein Hase entgegen. Sie fürchteten sich und traten auseinander. Er sprang mitten zwischen ihnen durch und streifte das eine am Fuss. Beide dachten sich gleich, wer das sein möchte, denn alsbald schwoll der Berührten der Kopf auf. Daheim liess man schnell einen Mann von Würenlingen kommen, der zu helfen wusste. Weil das Mädchen sich weigerte, mit ihm in sein eignes Haus zu kommen, suchte er draussen etliche Kräuter und übergab sie mit dem Auftrag, dieselben auf einem Kohlenfeuer langsam bähen und dann überschlagen zu lassen. Während dies geschah, begab sich jemand in das Haus der beargwöhnten Hexenfrau. Diese sass eben am Rocken und spann. Nach wenigen Minuten aber sprang sie wüthend vom Rade, entlief in ihre Kammer und vollführte da einen Höllenlärm. Dem Mädchen aber war geholfen. Der Hase hat es indes doch nicht gelassen und ist auch nachher noch stets am Berge umher gelaufen, wo die alte Schlossruine steht. Noch kein Jäger hat ihm etwas anhaben können. Der Döttinger Doktor hat schon oft, aber immer vergeblich, auf ihn geschossen. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Teufel als Rabe

Source: Teufel als Rabe

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a) Der fromme Pfarrer Christen von Wassen und der Pfarrer von Erstfeld wallfahrteten nach Einsiedeln. In Schwyz sagte Christen zu seinem Gespanen: »Ich gehe über den Haken, und du schlägst den Weg über den Katzenstrick ein. Wenn dir ein Mannenvolk begegnet, das verstört und verzweifelt dreinschaut, so nimm's mit und bring's nach Einsiedeln!« Hierauf trennten sie sich. Dem Pfarrer Christen begegnete auf der Hakenegg so ein verzweifeltes Männlein, das ihm auf seine Anrede sagte, es müsse dem Teufel entlaufen. Christen vermochte es zu überreden, mit ihm nach Einsiedeln zurückzukehren. Am Gnadenort liess er es vor der Gnadenkapelle in eine Stande voll Weihwasser sitzen und begann dann seine Beschwörung in Gegenwart des Konventes. Da flog auf einmal ein Rabe im Kirchengewölbe herum, stürzte sich auf den Besessenen herab, denn ein solcher war der in der Stande, und zog ihn bis nahe an die Füsse heraus. Er flog zum zweiten Male in die Höhe und tat wieder einen Angriff, wobei er ihn bis zur Leibesmitte herausziehen konnte. Beim dritten Angriff vermochte der Rabe nichts mehr über den Gesuchten, der jetzt gerettet war. Das unheimliche Tier verschwand, hinterliess aber einen höllischen Gestank, denn es war der Teufel gewesen. Sie riefen ihm noch hintendrein: »He, ds Christäblüet isch nu nitt verchäuft.« Josef Baumann, im Miseli, und Barbara Gerig, Gurtnellen b) Als nach dem Tode des reichen N.N. dessen Sohn zum ersten Mal in den Keller hinunter ging, wo der Verstorbene sein Geld in Mutten aufgehäuft hatte, kamen ihm Raben aus dem Keller entgegengeflogen. c) Einen Raben trafen auch die zwei Männer, die zu Aesch unter der Kapelle nach dem Schatze gruben, auf der Kiste an; der setzte sich aber gehörig zur Wehr, und als sie trotzdem die Kiste lüpfen wollten, fielen sie rücklings um und kamen vom Verstand. Sie hörten nur noch den Schatz zur Tiefe rasseln. Frau Müller-Imholz, 52 Jahre alt, Unterschächen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Teufel bläst Zoten ein

Source: Teufel bläst Zoten ein

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Zwei Nachtbuben kamen zu einem Haus, wo Mädchen wohnten. Der eine stieg an das Fenster hinauf und het da g'schwätzt, das heisst, er rief unsaubere Zoten und zweideutige Worte hinein. Der andere blieb zurück und sah neben dem ersteren noch einen Unbekannten, der heig-em immer i d'Ohrä g'liselet. »Wer isch etz da bynder obä gsy und het dr i d'Öhrä g'liselet?«, fragte er ihn, als er wieder unten war. Der war aber sehr erstaunt und wollte nichts davon wissen, dass einer neben ihm gewesen. Es kam ihnen in den Sinn, wer das gewesen, nämlich der Teufel. Mitgeteilt von Pfarrhelfer Anton Baumann Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Teufel guckt hinter einem Berg hervor

Source: Teufel guckt hinter einem Berg hervor

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Zwei hochgelehrte Geistliche stritten miteinander – hennt midänand g'stucket –; der eine behauptete, es gebe – Gott b'hiätis davor – einen Teufel, der andere leugnete es und meinte: »Wennd's einä gitt, so stellä vor-mi züechä!« Das wollte der erstere nicht tun und versetzte: »Nei, vor-di züechä stellä tüe-n-ä nitt, aber das wili machä, das-er hinderem Stock virälüegt.« »So mach's!« forderte der Ungläubige. Und jetzt grinste der Gehörnte wirklich hinter dem nächsten Berggipfel hervor; der ungläubige Geistliche stürzte aber auch vor Schrecken tot zu Boden. »So hennt-s-es alligs verzellt; ich verzelle's de, wiä-n-i's g'heert ha.« Zacharias Zurfluh, Erstfeld Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Teufel muss Agathamehl fressen

Source: Teufel muss Agathamehl fressen

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Ohne es zu wissen, las einmal einer in einem Zauberbuch, und da kam – Gott b'hiätis darvor – der Teufel in Gestalt eines grossen, schwarzen, zottigen Hundes in die Stube hinein und wollte sich nicht mehr entfernen. Da lief jener zu einem Geistlichen um Hilfe, und der kam und reichte dem Hund eine Hand voll Agathamehl und sagte barsch zu ihm: »Da friss, Büdel, und darnah mach-di fort!« Und das Tier musste wohl oder übel davon fressen und trottete hierauf von dannen. »Gmundet heig-em äs mein-i nitt; är heig neiwä-n-äs kürjoses Gränni g'macht; aber baschta! nä heig-er's miäßä, und fort syg-er düe.« Pfr. Ambros Baumann, der es von seiner Mutter gehört, Bürglen Ein Doktor in Glarus hatte ein solches Zauberbuch; der konnte mehr als andere und wusste weit und breit alles. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Teufel muss Geld bringen

Source: Teufel muss Geld bringen

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Arme Mönche hätten gerne ihr altes, baufälliges Klösterchen neu aufgebaut, aber es fehlte am Geld und an den nötigen Mitteln. Da dachte der Obere, das könne doch keine Sünde sein, wenn er den Teufel beschwöre, ihm zu diesem guten Zwecke Geld zu bringen, das er irgendwo hernehme, wo es niemandem was nützt. Und er machte Ernst. Er nahm einen Pater mit sich in sein Zimmer und begann da zu beten und zu lesen. Endlich kam Einer keuchend daher, bachnass, und brachte einen ganzen Korb voll Geld. Der Obere nahm es und warf dem Bringer einen Groschen auf die Diele. Der las ihn auf und machte sich wieder davon. Der Pater wunderte sich über den kleinen Lohn, aber der Obere belehrte ihn, das sei genug für den Teufel. – Ein Groschen, sagten die Alten, sei das evangelische Geld. Heinrich Baumann, 75 Jahre alt, Attinghausen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Teufel notiert sich die Sünden

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Ein Mann wollte nie zur Kirche gehen. Endlich hiessen ihn die Leute, den Gottesdienst zu besuchen, und er folgte, sie hatten nicht einmal viel Arbeit mit ihm. In der Kirche gab er auf den Gottesdienst gar nicht acht, sondern schaute nur umher. Da sah er den Teufel in der Kirchtüre stehen; der hatte ein grosses Rossfell in den Krallen und schrieb darauf die Sünden der Leute. Das Rossfell war vollgeschrieben, als der Teufel zu vorderst in der Kirche ein altes Meitli erspähte, das einen neuen rätschwärchenen Rock trug und damit einen furchtbaren, entsetzlichen Stolz hatte. Diese schreckliche Sünde musste er notwendig notieren. Aber auf dem Rossfell war kein Platz mehr. Da riss der Teufel mit den Zähnen einen Schranz hinein als Erinnerungszeichen, wiämmä-n-eppä-ä Chnopf innes Fazzäneetli innä macht. Dabei schlug er den Kopf an eine Mauer. Darüber musste der Mann überlaut lachen. Nachher fragte ihn der Pfarrer, warum er so laut gelacht habe, und der Mann erzählte ihm alles. Jetzt erkannte der Geistliche, dass sein Pfarrkind mehr sehe und wisse als er selbst und liess ihn fürderhin in Ruhe. Barbara Gisler, Attinghausen, 80 Jahre alt. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Teufel schaut dem Tanze zu

Source: Teufel schaut dem Tanze zu

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Im »roten Haus« zu Amsteg war Tanz. Abends spät kamen noch zwei Burschen und wollten auch hinein. Aber die fuhren nicht übel zurück, als sie einen fürchterlichen Hund in der Strasse vor dem Haus »grüppen« sahen, der so gross war, dass der Kopf die Fensterhöhe erreichte, so dass er bequem zum Fenster hineinschauen konnte. Einer, der merkte, dass es der Teufel war, fragte ihn, warum er da hineinschaue, und erhielt zur Antwort: »Da drinnen wird es bald Zank und Streit geben, und es wird einer getötet werden, und der wird mein sein.« Aber da hatte er zu früh gejubelt. Sie holten einen Geistlichen, und der verbannte den Teufel und konnte den Streit verhindern. Einst fragten sie den Teufel, an welcher Sorte er mehr Freude habe, an den Tanzenden oder an den Zuschauern, und er bekannte: »An den Zuschauern; die denken mehr Böses.« Franz Zgraggen, Intschi, und a. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Teufel und Fluhblume

Source: Teufel und Fluhblume

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Die schöne Aurikel-Schlüsselblume (Linnes Primula Arioula) blüht an Felsen der Alpen und Voralpen und heisst darum in den Waldstätten Fluhblume. Nach Stalder nennt man sie im Entlebuch auch Badönikli, um Zürich Händscheli, im Aargau Bärenöhrli, in Glarus Florblümli und Fräulischlössli im Bündischen. Sie wachsen nicht selten an gefährlichen Stellen der Flühe, wo es Todesverachtung braucht, um ihnen nachzugehen. Kühne Jünglinge des Entlebuchs wählten sie deshalb früher gerne als Unterpfänder einer herzhaften Liebe und pflegten ihren Mädchen einen Strauss von Fluhblumen mitzubringen. Aber hie und da ist einer beim Pflücken zu tot gefallen. Nun erzählte man sich in Unterwalden, der höllische Menschenfeind sei es, welcher diese lieblichen Kinder des Frühlings an die steilen, wilden Flühe hinaufgepflanzt habe und sie dem von unten auf Betrachtenden aus der Ferne noch viel schöner und einladender vormale, als selbe in Wirklichkeit seien. Er verlockt damit in Tod oder Unfall. Die Älteren unterliessen nicht, ernstlich ihre Söhne darüber zu belehren, auf dass sie nicht durch den falschen Zauber geblendet in Gefahr liefen.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Teufel und Macolvi

Source: Teufel und Macolvi

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  D's Macolvi war das schlauste Lenkermännlein. Es war aber dem Teufel verfallen, und wenn dieser von Zeit zu Zeit kam, um es abzuholen, gingen sie zusammen eine Wette ein, und wenn es gewann, gewährte ihm der Hörner eine Gnadenfrist. Der Teufel war beim Macolvi zu Gaste, sie wetteten, wer länger auf dem feurig heissen Ofen sitzen könne. Verliert d’s Macolvi, packt's der Teufel. — Es musste unerhört einheizen. Der Teufel blieb länger als eine halbe Stunde ruhig sitzen, ohne nur das Gesicht zu verziehen. Er lächelte verschmitzt und nötigte nach überstandener Probe d's Macolvi auf den Ofen. Kaum war es oben, fing es an, hin- und herzuwackeln und mit dem Hintern auf dem Ofen herumzutanzen. Der Teufel grinste es an und fragte, was ihm fehle. „Ich suche nur ein wärmeres Plätzchen", entgegnete d's Macolvi, worauf sich der Teufel lachend als besiegt erklärte. Im nächsten Frühjahr, da die Lenkerbauern ihre Erdäpfel steckten, erschien der Teufel wieder. Im Herbste wollten sie den Ertrag von Macolvis Acker teilen. Wer mehr kriegt als der andere, hat gewonnen. Der Teufel will, was unter dem Boden, d's Macolvi muß nehmen, was darüber ist. Es ging hin, bebaute seinen Acker; doch es säte Roggen statt Kartoffeln, und als im Herbst der Teufel kam, hatte er nichts als ein langes Nachsehen. Im folgenden Jahre wollte es der Teufel anders haben. Er wollte beim Ertrag, was über der Erde ist. Da steckte d's Macolvi Erdäpfel, und der Teufel bekam die Stauden. Ein andermal gingen sie zusammen auf den Berg und wollten je einen Strohsack nähen. Wer eher damit fertig war, hatte gewonnen. Der Teufel, der seinen flinken Beinen viel zutraute, nahm gerade so viel Faden an die Nadel, als auf der Spule Platz hatte, um jeweilen beim Einfädnen keine Zeit zu verlieren. Dafür lief er jedesmal hin und her, so lang der Faden war. D's Macolvi setzte sich gemächlich hin und nähte, wie gewöhnlich die sterblichen Menschenkinder zu tun pflegen. Und es gewann. Da ersann sich nach langem Suchen und Grübeln der Teufel eine neue List. In einer lustigen Stunde vereinbarte er mit Macolvi, dass es während eines ganzen Monates nicht an den lieben Herrgott denken dürfe, worauf es willig und lachend einschlug. Der Teufel lockt nun d's Macolvi mit sich über alle Felsen und Abgründe. Wenn s in seinem Zimmerchen einschlafen wollte, flatterten unheimliche Fledermäuse um sein Bett herum, und mitten in der Nacht wurde es von merkwürdigem Gerassel geweckt. Einmal nahm der Teufel es mit sich auf einen weit abgelegenen Berg, als eben ein wildes Gewitter losbrechen wollte. Als aber der Donner und die Lawinen krachten und die Blitze durch die pechschwarzen Wolken fuhren, als ob aus dem Himmel helllodernde Fackeln herumgeschleudert würden, hatte d's Macolvi seine Teufelsfreude dran und hüpfte vor Lust auf einem Bein im Kreis herum. Bald darauf liess der Teufel seinen hellen Kumpan auf offenem Felde entschlummern. Mitten zur Nachtzeit wachte er auf. Da sah er wieder einmal all die silbernen Sterne über der ruhigen Erde funkeln. Und als er so lag und an nichts dachte, fiel ihm unvermerkt seine arme Seele ein, und bevor er wieder einschlief, wischte er sich mit dem Handrücken die feuchten Augen. Und als am andern Morgen ein Geisshüterbüblein d's Macolvi aus dem Schlafe rütteln wollte, half alles nichts. Nun schlief es viel zu fest.   Quelle: Georg Küffer, Lenker Sagen. Frauenfeld 1916. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch  


by Teufel und Wildschütz

Source: Teufel und Wildschütz

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Den Namen Arni führen mehrere Berge und Anhöhen in der innern Schweiz. Ein Arniberg erhebt sich auch an der Gotthardstrasse. Auf diesen Berg ging ein Jäger aus der Umgegend sehr oft auf die Jagd und nie schoss er umsonst, immer fiel ein Gewild, meistens ein Hirsch oder eine Gemse. Das fiel allgemein auf und man raunte sich in die Ohren, es gehe nicht mit rechten Dingen zu. Der Jäger hatte einen geistlichen Bruder, der dessen inne ward. Dieser wohnte einmal der Jagd absichtlich bei. Wie nun der Schütze fast in einem Akt eine Gemse erblickte und schoss, da sah der Priester, dass der Teufel das schöne Wildpret bei den Ohren hielt, welches sofort dem Schusse erlag. Der Geistliche brachte seinen Bruder von dieser verbotenen Kunst und dem Teufelsbündnis ab und nahm ihm die Kraft zu solchen Schüssen.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Teufel und Wildschütz

Source: Teufel und Wildschütz

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Auf den Arnibergen ging ein Jäger aus der Umgegend sehr oft auf die Jagd, und nie schoss er umsonst, immer fiel ein Gewild, meistens ein Hirsch oder eine Gemse. Das fiel allgemein auf, und man raunte sich in die Ohren, es gehe nicht mit rechten Dingen zu. Der Jäger hatte einen geistlichen Bruder, der dessen inne ward. Dieser wohnte einmal der Jagd absichtlich bei. Wie nun der Schütze fast in einem Akt eine Gemse erblickte und schoss, da sah der Priester, der ihm über das Gewehr hinaus schaute, dass der Teufel das schöne Wildbret bei den Hörnern hielt, sodass es sofort dem Schusse erlag. Der Teufel musste alle Kraft anwenden, das geängstigte Tier zu halten. Der heig da scho äs rächts Boorzi gmacht. Der Geistliche brachte seinen Bruder von dieser verbotenen Kunst und dem Teufelsbündnis ab und nahm ihm die Kraft zu solchen Schüssen. Eine jüngere Erzählart nennt einen bestimmten Jäger von Bristen mit seinem geistlichen Bruder, Kaplan daselbst. Von einem Hirsch will allerdings niemand etwas wissen. Franz Josef Zurfluh, 75 Jahre alt, Intschi und a. Der (Jäger) heig äs Heidäwirzli biänem gha, das heig- em ds Gwild a'zogä. Josef Zieri, 68 Jahre alt, Erstfeld Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Teufel verheisst Schuhe

Source: Teufel verheisst Schuhe

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a) Alle Kunstgriffe hatte der Unterhauser verschwendet, um zwischen einem rechtschaffenen Ehepaar Händel zu stiften. Endlich klagte er seine Not einem schlimmen Weibe. Das lachte den Teufel aus und tat gross damit, dass sie keinen vergeblichen Versuch machen würde. Er versprach ihr zum Lohn ein Paar neue Schuhe, wenn es ihr gelinge. Mit Verdächtigen und Verläumden bald beim Mann, bald bei der Frau, richtete das böse Weib wirklich die beiden in nicht allzulanger Frist hinter einander. Der Teufel liess die Schuhe machen und überraschte die Schlimme damit eines Tages, als sie gerade an einem Bache Windeln reinigte. Er stand am andern Borde und hielt ihr die Schuhe zusammengebunden an einem Räspi (Aestlein) hinüber. Gefragt, warum er 's so mache, sagte der Teufel: „Du könntest mich verführen, denn du bist schlimmer als ich."   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Bei dieser Sage gibt es keine genaue Zuordnung zu einem der fünf Kantone. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Teufel zerstört eine Herdstatt

Source: Teufel zerstört eine Herdstatt

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Bei einem Krankenbesuch sah ein Pfarrer eine Person in einem Büchlein lesen, das ihm auffiel. Er schaute hinein und sah, dass es ein Hexenbüchlein war. Sofort musste es ihm der Leser abgeben. Aber der Teufel war auch gekommen und hatte in der Küche schon die Herdstatt zusammengeschlagen. Es gab dem Pfarrer eine Heidenarbeit, ihn wieder fortzuschaffen. Fr. Gisler-Arnold, 75 J. alt, Schächental, am Spinnrad erzählt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Teufel, Geissbub und die Eiche

Source: Teufel, Geissbub und die Eiche

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Ein fauler Geissbub hatte sich hinter einem Steinblock an den kühlen Schatten gelegt, um ein Schläfchen zu tun. Aber jedesmal, wenn er die Augen schloss, trychelten die Ziegen davon, den Leuten ins Eigentum, und er musste aufstehen und sie holen. Endlich übermannte ihn der Zorn, und er rief: »Diese Hexen soll der Teufel gaumen!« Da sah er auf einmal ein schönes Wybervolch auf ihn zusteuern, und als es vor ihm stand, redete es ihn gar freundlich an und richtete an ihn die wahrhaft bestrickende Einladung, er solle nur herumschlendern, wo es ihm beliebe, oder schlafen nach Herzenslust, es wolle die Tiere schon hüten. Und es packte allerlei schöne und gute Sachen aus und schenkte sie ihm. »Am Herbst«, so erklärte es weiter, »wenn die Bäume ihre Blätter verloren haben, werde ich dich abholen und mit mir an einen schönen Ort nehmen, wo es noch mehr solche Guetsli hat.« Der Bub schaute sich das Wybervolch noch einmal an; es gefiel ihm, und noch mehr lockten ihn die leckern Dinge, die es ihm versprochen. Er zeigte sich mit dem Vorschlag einverstanden und überliess von jetzt an seine Herde, nachdem er sie auf die Weide getrieben, der Obhut des unbekannten Weibsbildes. Er hatte es herrlich. Als er am Herbst von Alp gefahren, erzählte er seinen Eltern, wie schön er es im Sommer gehabt und wie er sich auf die Ankunft des schönen Fräuleins freue. Aber die Eltern schauten das Ding anders an und erschraken; sie sagten dem Bub, das sei der Teufel gewesen, und machten eine Gelte voll Weihwasser bereit, da sollte er dann hineinspringen, wenn das Fräulein komme und ihn abholen wolle. Richtig, als die Bäume sich entlaubt, schwebte es eines Tages dem Hause zu und auf den Bub los. Es war so herrlich und bezaubernd anzusehen, dass dieser ganz starr war vor Staunen und Entzücken, wie ein Vögelein, wenn es die Schlange in ihrem Banne hat. »Ärddoch und ärddoch, spring gleitig«, riefen jetzt die Eltern. Da kam der Bub zu sich und sprang blitzschnell in die Gelte. Das Weibervolch ihm nach. Doch er duckt sich, dass das rettende Wasser über seinem Kopf zusammenschlägt. Da prallt das Fräulein zurück. Aber sobald des Bubs Haare über der Oberfläche auftauchen, stürzt es wieder auf ihn los; er wieder unter Wasser. Endlich schiebt das Weibervolk ohne den Ziegenhirten ab. Alle atmen auf, der Bub gilt als gerettet. Trotzdem sollten sie sich täuschen. Als er eines Tages im Walde Streue sammelte, stand das Fräulein auf einmal wieder in seiner ganzen Lieblichkeit vor ihm und sagte schmeichelnd: »So jetzt, liebes Büebli, komm du mit mir! Schau nur, die Bäume haben keine Blätter mehr.« Sie standen unter einer Eiche, und da zeigte der schlaue Junge in die Krone hinauf und sagte lächelnd: »Seht ihr denn nicht, dieser Baum hat noch Blätter.« Da musste das Fräulein nochmals unverrichteter Dinge verduften. Es war im Frühling, als die Verführerin das Hirtenbüebli wieder auf dem Felde bei den Kühen traf. Kahl standen noch die Bäume da, aber die Pollen schwellten mächtig an, und die Blätter drängten von innen an die Hüllen wie Hühnchen an die Eierschalen. Freundlich zwar, aber eindringlich, redete es auf ihn ein: »Aber jetzt, Büebli, musst du mit mir kommen, du hast es ja versprochen; kein einziger Baum, wo du auch hinschaust, ist noch belaubt.« Da schmunzelte der Knabe, riss eine schöne, runde Knospe herab vom Eichbaum, unter dem sie standen, löste sie vor den Augen des Fräuleins auf, zeigte ihm die jungen, zarten Blättchen und meinte, indem er mit den Fingern in den Baum hinauf zeigte, die ganze Krone sei voll solcher Blätter. Jetzt fuhr das Weibervolk in grimmigem Zorn aus der Haut und zeigte sich in seiner wahren, abscheulichen Teufelsgestalt. Ausser sich vor Täubi fuhr der Teufel mit seinen spitzen Krallen in die Knospen und zerriss und zerrupfte sie. Dann verschwand er mit einem abscheulichen Gestank. Seit jener Stunde sind die Eichenblätter so fein und eigenartig eingebuchtet. Fr. Gamma-Gamma, 80 Jahre alt; Fr. Wipfli-Herger, 78 Jahre alt, beide Schattdorf Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Teufelsbeschwörung

Source: Teufelsbeschwörung

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Vor Jahr und Tag hausten in der Hostet am vordern Mühlebach im Schächental drei Meitli, die heillos gut lesen konnten, sogar Latein. Da wurde eine Person bei ihnen krank, und der Pfarrer besuchte sie fleissig. Einmal liess er aus Vergesslichkeit daselbst sein Brevier auf dem Stubentisch zurück und wurde dessen erst gewahr, als er schon die Häuser beim St. Antoni erreicht hatte. Schnell kehrte er um, denn er wusste, dass auf der letzten Seite des Buches eine Teufelsbeschwörung eingetragen war, und, wenn am Ende die Meitli hinter diese geraten und sie lesen würden, dann könnte es schlimm werden. Er eilte aus allen Kräften. Und wahrhaftig! wie er sich der Hostet nähert, hastet auch schon der Teufel durch das Mühlebachtal hinauf. Der Pfarrer sputet sich, ihm zuvorzukommen. Gleichzeitig betreten Pfarrer und Teufel die Stube, letzterer um einen Schritt voraus. Mit raschem Griff entreisst der Geistliche dem lesenden Meitli das verhängnisvolle Buch, stürmt auf's Küchengänterli los, entnimmt diesem einen Sack Reis und leert ihn in die Diele hinaus, indem er den Hörnermann anherrscht: »Da lies alle Körner sauber zusammen, und dann packe dich, du wüster Kerl du!« Der Teufel machte sich an die Arbeit, und der Pfarrer las die Beschwörung rückwärts. Im Nu hatte der Teufel die Reiskörner zusammengelesen und in den Sack getan. Aber die Rückbeschwörung war soweit gediehen, dass er seine Gewalt verloren hatte und sich davonmachen musste. Frau Arnold-Gisler, 50 J. alt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Teufelsbockbart

Source: Teufelsbockbart

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Ein armer Bauer von Seelisberg arbeitete auf der Marcht am Holze. Mit Gott und der Welt unzufrieden, verfluchte er Armut und Arbeit, schwor alle Wetterzeichen und wünschte den Teufel herbei. Da kam ein Mandli des Weges, das er für einen Staudenhauer anschaute. Es wünschte ihm freundlich den guten Tag und fragte teilnahmsvoll, warum er so unzufrieden sei. Die freundliche Rede tat dem Seelisberger wohl, und er taute auf, klagte sein Elend und schloss seine Jammerlitanei mit den Worten: »I wett bald einisch liäber, der Tyfel nähm-mi!« Das Mandli tröstet ihn: »Musst nicht verzweifeln! Du musst Geld genug haben, wenn du mir treu sein willst.« Der Holzer erklärte sich zufrieden und versprach ihm, treu zu bleiben. Der Fremde gab ihm jetzt seine Adresse: »Teufelsbockbart, Zürich, Jakobstrasse Nr ...« und die Anweisung, er solle, wenn er Geld benötige, ihm schreiben und den Brief in irgend einen Postkasten werfen, er werde dann schon anlangen, ohne den Postbeamten in die Hände zu fallen. Dann übergab er ihm noch ein Büchlein, das solle er durchlesen und studieren, dann werde er das Gewünschte erhalten. »Aber treu bleiben! und dem Wybervolch und dem Schwarzen (Geistlichen) nichts sagen!« Und langsam marschierte der Nothelfer davon. Als der Seelisberger zum ersten Mal in dem Buche blätterte, las er, wie man in den Alpen Schaden anstiften könne. Das gefiel ihm doch nicht, und er erzählte der Frau von seinem sonderbaren Erlebnis. Diese wollte das Buch sogleich zum Herrn Pfarrer tragen, aber der Mann konnte sich doch nicht davon trennen und versteckte es im Gaden unter einem Dillbaum. Da kam am Abend das Mandli wieder, machte ihm Vorwürfe, er sei nicht treu geblieben, und fragte, wo das Buch sei. Der Bauer log, er habe es versteckt und könne es im Augenblick nicht holen. Nun machte sich der Fremde wieder zum Gaden hinaus; der Seelisberger schaute ihm nach und sah, dass er im weichen Boden die Spur von Pferdefüssen eindrückte. Jetzt hatte er genug gesehen, und das famose Büchlein wanderte zum Pfarrer. Jos. Maria Aschwanden, 60 J. alt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Teufelsbrücke

Source: Teufelsbrücke

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Ein Schweizer Hirte, der öfters sein Mädchen besuchte, mußte sich immer durch die Reuß mühsam durcharbeiten, um hinüberzugelangen, oder einen großen Umweg nehmen. Es trug sich zu, daß er einmal auf einer außerordentlichen Höhe stand und ärgerlich sprach: »Ich wollte, der Teufel wäre da und baute mir eine Brücke hinüber.« Augenblicklich stand der Teufel bei ihm und sagte: »Versprichst du mir das erste Lebendige, das darübergeht, so will ich dir eine Brücke dahin bauen, auf welcher du stets hinüber und herüber kannst.« Der Hirte willigte ein; in wenig Augenblicken war die Brücke fertig, aber jener trieb eine Gemse vor sich her und ging hinten nach. Der betrogene Teufel ließ alsbald die Stücke des zerrissenen Tieres aus der Höhe herunterfallen. Quelle: Deutsche Sagen, Jacob Grimm, Wilhelm Grimm (Brüder Grimm), Kassel 1816/18 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Teufelsbrücken

Source: Teufelsbrücken

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a) D'Tifelsbrugg und d'r Tifelsstei (Mundartum Altdorf).  Zur selben Zit wos nu keini Inschinier gäh hed und d' Ürner doch i d'r Schöllenä Brigga hend miesse la machä, sind's nid ibel i der Not gsi. Am End nu hend's mit em Tifel g'akkordiert. „Was gänd er mer derfür? " het er sie gfragt, Und grüsig ai si langi Gablä g'schwenkt. „Schland i, - der Erst, wo si über d' Bruggä wagt!,“ („Es trifft mi nit", hed jedä bi sich selber dänkt.) „Nu ja! - Landschriber, nimms ad's Protikoll!“ „Doch tummlä muest di, eh' dri Tag sind voll, Muess d'Briggä völlig fix und fertig si, Da gähmer - der nu z'Abed, blibs derbi!" Und i dri Tägä, wie sie abg'redt hent, isch d' Briggä fertig, grüsig hoch und breit vo einer Felsäwand zur anderä baut. Der Tifel, arig gnüeg, hockt ab am än'rä Port, het si still und passet uff der Erst. Das het dä Ürnerä Verdruss düö gäh, 's het niemer wellä z' Höll. Entli düä isch d' Landsg'meind z' Schatteräf zämä gangä, um eine üsä z' mehrä fir die Stell. Düä seit e Rathsherr, än finä Ma, vom Landamme ai um si Meinig g'fragt: „E jedä b'sunders will i grüezet ha! Üch und mich plagt der Tifel wieni g'seh. 'S isch n's grisslichs Ding. Doch, mini liebä Landslüt mer wend nu nit vellig verzage. I han ä Gitzibock dä heimä grad; wenn eine jetz mit mer zur Briggä gaht, springt der Gitzibock g'wiss üiber d'Brugg dem Tifel züo und so wird 'rä als der Erst doch miässä ha.“ Güöt, mä bringt das Tier a d'Briggä. Es stellt si graduf zornig ai zur Wehr, wie der am anderä Port - ai mitämä Schwanz und Horä, si fürälaht. Drüif putscht der Bock über d' Brüggä dem Tifel a, und d' Ürner rüäfä: „Der Erst, de chast jetz ha!" Jetz aber settet ihr dä Schwarz g'seh ha, wie der nit stampft und d' Brüggä zerschmetträ will, wie der wüästi G'sichter schnidt und schimpft und speizt und chratzet! Jetzt lauft er abbä i d'r Wassnerwald und holt e grüsslichä, hüshochä Stei und will si Brugg zerschlah i tüsig Stuck. Wiener am Stei da strüsset und bald mit em geg's Dörfli Göschenä ufä chunt, bigägnet em äs steinalts Müetterli. „Güäts Tägeli! Wo witt mit dem da hi? Lüög wie d'schwitzist; stell dü ab und ghirmä nes bitzli." Nu, er stellt ab und 's Müetterli schlipft g'schwind hindrä Stei und macht druf und dri es grosses mächtigs Chriz. Der Tifel merkt neimis, stosst am Stei und stosst und wieners `s Chriz erblickt, nei au Tifel was springst dervo und lahst di Schwanz so hangä? Lüög der Tifelstei und d'Tisfelsbrugg stöhnd nu züo diner Schand. „Und set er einisch wieder si la gseh, So putscht kei Gitzibock dä mit ihm meh: Chöm er mit Spiess u Gablä, oder mit Manier  - `s chunt de än anderä, - der Uristier!"   b) Zufolge einer Variante ward der Teufel überlistet, indem man einen hungrigen Hund an die Brücke brachte, ein Stück Brot oder Fleisch ihm vorhielt und über die Brücke warf, worauf das Tier gierig der Lockspeise nachsprang und so als der Erste hinüber ging. Satan zerriss den Hund in tausend Stücke.   c) Eine dritte Wandlung der Sage ist folgende: „Ein Hirte, der öfters sein Mädchen besuchte, musste sich immer durch die Reuss mühsam durcharbeiten um hinüber zu gelangen oder einen grossen Umweg nehmen. Es trug sich zu, dass er einmal auf einer ausserordentlichen Höhe stand und ärgerlich sprach: „Ich wollte der Teufel wäre da und baute mir eine Brücke hinüber.“ Augenblicklich stand der Teufel bei ihm und sagte: „Versprichst du mir das erste Lebendige, das darüber geht, so will ich dir eine Brücke dahin bauen, auf welcher du stets hinüber uud herüber kannst.“ Der Hirte willigte ein; in wenigen Augenblicken war die Brücke fertig, aber jener trieb eine Gemse vor sich her und ging hinten nach. Der betrogene Teufel liess alsbald die Stücke des zerrissenen Tieres aus der Höhe herunter fallen.   d) Nach anderm Berichte war es der heilige Bischof und Christenapostel Gotthard und nicht der Teufel, von welchem die Brücke gebaut worden ist. Vielmehr ging Satan ans Werk sie wieder zu vernichten und holte bis 1 1/2 Stunden weit unten im Wassnerwald einen ungeheuren Felsblock. Denselben umschlang er mit einer grossen eisernen Kette und trug ihn so auf dem Rücken, stromaufwärts, um die Brücke zu zertrümmern. Sankt Gotthard merkte das, ging ihm entgegen und begegnete dem Bösen bei Göschenen, wo er ihm das Kreuz vorhielt. Sogleich liess jener den Stein fallen um windschnell davon zu fahren. Der Stein aber, der drei Klafter hoch ist und fünf Klafter im Umfang hat, behielt die Eindrücke von Satans Rücken und ringsum von der Kette. Es ist männiglich erlaubt nachzusehen.   e) Dem Franzosen Ramond der gegen Ende des vorigen Jahrhunderts die Urschweiz bereiste, sagte man: Der Architekt der Brücke sei ein Luzerner gewesen und habe den Geschlechtsnamen Teufel geführt, dessen Familie noch blühe.   f) Andere Teufelsbrücken auf unserm Gebiet sind jene hübsche steinerne Brücke über die Sihl an der Ezelstrasse bei Einsiedeln; sodann die gewölbte steinerne Brücke hinter Schönenbuch ob Schwyz über die Muota. Doch ist für beide das Sagenhafte verloren gegangen. Teufelsmünster heisst eine wilde schroffe Felswand unweit Bauen am Urnersee.   g) Von den Wänden des Gotthards holte Satan beim Beginn des Baues der Stadt Bern einen Felsblock, um damit die Stadt zu zerschmettern. Auf Gottes Geheiss jedoch erstarrten seine Glieder, so dass ihm die Bürde entfiel. Der Findling von Gneis liegt nun bei Wabern und heisst Teufelsbürde.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Teufelserscheinung

Source: Teufelserscheinung

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Die schönste Gestalt, in der sich ein Teufel zeigen kann, ist die Jägergestalt mit der grünen Kleidung. Schöner aufzutreten, ist er nicht imstande, hed alligs ds Furggälä-Vreni selig gseit. Hans Aschwanden, Isental Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Teufelsgesellschaft

Source: Teufelsgesellschaft

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Von einem Tanze heimkehrend, betrat ein Spielmann ein Wäldchen und erblickte dort in einem einsamen Schlätterhüsli helles Licht. Das kommt ihm neu vor, und er denkt bei sich: »Jetz gasch ga lüegä!« Er geht hin und schaut hinein und sieht drinnen einen ganzen Haufen Leute, die tanzen und lustig sind, alle in Seide und Sammet. Denkt er: »Jetz gasch äu innä!« und geht mit seiner Handorgel hinein und wird von allen freundlich bewillkommt und aufgefordert zu spielen. Gut, er handorgelet, und sie tanzen. Dann bewirten sie ihn mit feinem Wein und mit den feinsten Speisen. Als er Abschied nahm, dingten sie ihm mächtig an, doch bald wiederzukommen. Und richtig, er ging wieder und spielte und wurde ebenso fein bewirtet wie bei der ersten Einkehr. Aber diesmal dingten sie ihm an, wöchentlich zweimal zu kommen. Das tat er auch eine Zeitlang und wurde gut bezahlt; aber jetzt hiess es, er solle noch neunmal kommen. Das kam ihm anfangs seltsam vor. Dänkt'r, jetz gäng'r zum Pfahr und säg-em's. Der Geistliche ermunterte ihn, wieder zu gehen, aber dann solle er ihnen das spielen, was der Priester während der Wandlung spreche, dann werde er schon darauf kommen, was das für Leute seien. Und sagte ihm die Worte. Und als der Spielmann beim nächsten Besuch sie spielte, da syget-s' lütter leetigs Tyflä gsy, wo da tanzet häiget. Hätte er die gewünschten neun Male noch aufgespielt, so wäre er ihnen verfallen. Peter Anton Gamma v. Göscheneralp, 50 Jahre alt. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Teufelsloch auf der Neuburgerhalde

Source: Teufelsloch auf der Neuburgerhalde

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Das Dörflein Mellikon liegt im Zurzacher Bezirk, nahe am Rhein. In seinem Gemeindebann ist das wüste Teufelsloch auf der Neuburgerhalde, ein senkrecht in die Erde hinunter gehender Felstrichter, der sich nicht ausfüllen lässt. Steine, die man hinabwirft, fallen lange unvernehmbar fort, bis man ein widerhallendes Getöne aus dem Schlunde herauf hört, wie wenn sie auf grosse leere Fässer gestürzt wären. Hier war vor Zeiten der fruchtbarste Landstrich der ganzen Gegend, das Korn wuchs in solcher Fülle, dass man es bis ins Urnerland um hohes Geld ausführte. Denn unter dem Boden wohnten die Erdmännchen, Marksteine bezeichneten genau den Raum, den ihre unterirdische Stube einnahm, und je mehr sie drunten kochten, um so mehr gabs droben Wein und Frucht. Das Landstück hatte dem Geschlechte, dem es zugehörte, grossen Wohlstand gebracht, es vererbte sich als ein unveräusserliches Eigentum stets vom Vater auf den Sohn. So kam es nachmals auch in die Hand eines zügellosen Jungen, der die Rolle des Meisters darein setzte, dass er alle seine Leute aufs zweckloseste herum hunzte und herunter hudelte. Die Erdmännchen müssen mir aus meinem Felde fort, sagte er, ich will das Gescheer nicht länger mehr so haben! In seiner Rohheit liess er jene durch Marksteine bezeichnete Ackerstelle aufbrechen und Unsäuberlichkeiten hinunter schütten. Nun mochten die Männchen bei solchem Gestank freilich nicht mehr bleiben und wanderten aus. Aber von Stund an wurde der Acker unfruchtbar, der Boden sank ein, es bildete sich jenes Teufelsloch und der Besitzer kam an den Bettelstab. Sage aus Mellikon Band 3.1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962, S. 111 - 112 Fussnote: Die Fässer auf dem Grunde des Teufelsloches deuten auf der Zwerge Weinkeller; seit letztere ausgewandert sind, klingen auch jene hohl oder leer, und da die Zwerge nicht mehr im Boden kochen, sind statt Korn Steine gewachsen.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.    


by Teufelsloch und Schlossfräulein auf Brunegg

Source: Teufelsloch und Schlossfräulein auf Brunegg

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Der schmale Felsengrat, auf welchem das Schloß Brunegg auf dem Kestenberge steht, ist auf etwa dreißig Fuß Tiefe und fünfzehn Fuß Breite durchhauen, so daß die Burg wie durch einen tiefen Wallgraben von ihrem Mutterberge abgeschnitten und isoliert hinausgesetzt erscheint auf den letzten luftigen Fels dieser Bergkante. Auf der Ostseite des Schlosses findet sich gleich unterhalb des Grundgemäuers eine Felsenspalte, welche das Teufelsloch heißt. Hier soll ein Geist hinter einer roten Türe Schätze hüten. Diese Spalte trägt keinerlei Spur von Behauung, sie verengt sich gegen innen bald, so daß nur verwegen Jungen sie bekriechen können. Gleichwohl heißt es, sie gehe durch den ganzen Kestenberg unterirdisch fort und münde erst in dem Schlosse Wildegg, welches weitentfernt auf dem jenseitigen Bergzuge des Tales in ähnlicher Höhe gelegen ist. Versuchsweise ließ einmal ein Bursche seinen Hahn in diese Kluft hinab, und nach drei Tagen kam er im Schlosse Wildegg in der dortigen Küche aus dem Boden herauf. Es ging gerade gegen Mittag, die Köchin hatte eine Schüssel Brei übers Feuer gestellt und war weggegangen, um noch Milch herbeizuholen. Als sie wieder zurückkam, hatte der Hungrige alles rein ausgefressen. Aber sie konnte ihn fangen, und die Brunegger erkannten ihn wirklich als den ihrigen.   Im Tale zwischen diesen beiden Schlössern, auf dem Altfelde beim Dorfe Mörikon, hat ein Bauer unlängst einen Kessel voll viereckiger Münzen ausgepflügt; hier liegt eine alte Heidenstadt verschüttet, Namens Lenz. Der ehemalige Schloßwächter auf Brunegg, von Geschlecht ein Hächler aus Lenzburg, der im vorigen Jahrzehnt gestorben ist, hat den wenigen Leuten, die ihn zuweilen in seiner entlegenen Wohnung besuchten, öfters vom Schloßfräulein erzählt. So oft ich des Abends, sagte er, in meinem Pächterhause auf der Ofenbank sitze, erscheint an der Stubenwand gegenüber eine schön gestaltete Hand in der Bewegung, als wollte sie in aufgespannte Saiten greifen. Sogleich dann hört man die wundervollsten Lieder spielen. Dies ist die Hand des Schloßfräuleins, das hier einst aus unbekannten Gründen verschmachten mußte. Wir haben den Ort ihres Todes entdeckt, als die Familie Hühnerwadel hier in den Besitz kam und ein paar Gemächer im Turme wieder bewohnbar machen ließ. Damals pflegten nämlich Vögel in großer Zahl in eine Mauerlücke des Erdgeschosses ab-und zu fliegen. Als man deshalb jene Mauerstelle, welcher bei der Steilheit des Felsens nicht außerhalb beizukommen war, von innen aufbrechen ließ, stieß man auf ein Gewölbe von der Größe, daß eben ein Mensch darin Platz hat, ähnlich den Einmauerungszellen in Klöstern. Es fand sich jedoch außer einer Menge Vogelnester nichts weiter darin.  Seminaristen I. Brugger und Joh. Fischer v. Mörikon. —Gottl. Häusler v. Lenzburg. Quelle: E. L. Rochholz, Naturmythen. Neue Schweizer Sagen, Leipzig  1862. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch    


by Teufelsmusik

Source: Teufelsmusik

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a) Jene, die sich erhängen, hören eine herrliche Musik. Es ist der Teufel, der ihnen so aufspielt. Alte Leute im Schächental erinnern sich noch, dass sich einmal Einer erhängen wollte. Schon hing er im Strick und hatte den Verstand verloren. Da kam ein guter Freund des Weges, erblickte ihn und löste ihn los. Das Leben kehrte zurück, aber ganz unwillig sagte der Gerettete: »Du dummer Kerl! hättest du mich hängen lassen! Ich habe einer wunderschönen Musik zugehört.« Frau Gisler-Arnold, 70 Jahre alt, Unterschächen. b) Vor weniger als zwei Jahrzehnten hörte jeweilen ein Ehepaar im Meiental, wenn seine Ohren vom stärkenden Alkohol geschärft waren, den Teufel aufspielen, geigen, und es liess sogar einmal den Pfarrer rufen, der ihm dann die Köpfe zurechtsetzte. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Teure Prozesse

Source: Teure Prozesse

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Im Mai 1865 gingen zwei Basen Paggi von Braggio nach Roveredo auf den Markt. Jede kaufte ein Schweinchen, das in Schrift und Druck stets mit der vorangehenden Verwahrung »salva venia« eingeführt ist. Aber die Eine dieser Basen hatte für ihr Tierlein dreissig Rappen mehr bezahlt als die Andere, und war stolz auf diesen Mehrwert ihres Borsten­viehes. In Arvigo kehrten sie ein, und die beiden Oui, Oui-Schreier wurden unterdess in einem Stalle beherbergt. - In bestem Einvernehmen gingen sie mit ihrem Erwerbe in der Dunkelheit heim, nach Braggio. Aber am andern Morgen entbrannte die Identitäts-Frage, indem Jede das teurere Schweinchen als das Ihrige ansprach. Vermittlung des Friedensrichters blieb erfolglos, und der wichtige Handel kam vor's Kreisgericht, bei welchem an 50 Zeugen vernommen wurden. Vom Urteile des Kreisgerichtes wurde an das Bezirksgericht appelliert, und erst im Dezember beendigte das Urteil in zweiter Instanz den Prozess, so dass jede der beiden Basen nunmehr ganz genau wusste, welches Schwein das Ihrige war. Die Prozesskosten waren indessen auf nur 2,400 Franken angelaufen, und in der Ausgleichung kam jede der Basen ihr Recht auf 1,200 Franken zu stehen. Ähnlich war vor einigen Jahren ein Streit zwischen zwei Gasthofbesitzern in Bernardino, um zwei Enten, in welchem die Parteien durch zwei berühm­te Advokaten aus dem benachbarten Tessin vertreten wurden. Auch hier bedurfte es nicht nur mancher Zeugen, sondern auch vieler Experten, um die Herkunft der Enten feststellen zu können; denn die Ita­liener mit ihrem feinen Gehöre wissen, dass das »Qua, qua« nicht von allen Enten gleich ausgesprochen wird. Der Prozess wurde endlich noch verglichen, aber die Herren Ligitanten hatten in die Summe von Franken 1000 Gerichtskosten sich zu teilen. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Themistokles Guigoz

Source: Themistokles Guigoz

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Auf der hintersten Staffel des Bagnestales liegt, dem Licht und der Sonne zugewendet, die Alp Charmontana. Der Saumweg geht darüber hin zum Col de fenêtres und jäh vom Pass hinab ins italienische Tal von Aosta. Der Col de fenêtres scheidet die Schweiz von Italien, hier Val de Bagnes, dort Valle d'Aosta, dazwischen weisse Gipfel, Felsen und Gletscher und das neutrale Geleuchte des Hochgebirges. Die Bagner sömmern ihre Kühe auf Charmontana, die rundum zur Walliserseite sich abdacht, und man erzählt, wie sie ihr Eigen gegen die räuberischen Nachbarn im Süden erstreiten und behaupten mussten, bis ihre Feinde eine gründliche Schlappe erlitten und ein für allemal genug hatten. Der Pfarrer von Bagnes, ein gebürtiger Savoyarde, bekannte sich heimlich zu den Valdostanern, die damals unter Savoyen standen, und gelobte ihnen, seine Schäflein durch eine List ans Messer zu liefern. Am Auffahrtstag verkündete er auf der Kanzel, er werde am Sonntag nach Pfingsten eine lange ernsthafte Predigt halten, und jedermann, jung und alt, gesund und krank, möge sich im Kirchlein einfinden. Der Sonntag kam, und das Gotteshaus füllte sich bis auf den letzten Platz. Von allen Höhen und Tiefen waren die Leute auf beschwerlichen Pfaden herbeigeeilt, um zu vernehmen, was der Geistliche ihnen so Wichtiges mitzuteilen hätte. Bevor er auf die Kanzel stieg, befahl er, alle Türen zu verrammeln, damit sein Wort nicht verhalle, und dann geisselte er die Lehre Calvins, die von der Waadt her auch ins Wallis eingedrungen war. In tiefer Andacht lauschten die Zuhörer. Einer nur war zu Hause geblieben, ein Soldat, namens Themistokles Guigoz. Eben aus französischen Diensten heimgekehrt, erachtete er es nicht für nötig, der Predigt beizuwohnen. Mit langen, knarrenden Soldatenstiefeln ging er in seiner Stube auf und ab und rauchte von dem Tabak, den er aus der Fremde heimgebracht hatte. Plötzlich tröpfelte es rot und blutig von der Decke. Sein Zweihänder schwankte hin und her, als ob er sich aus der Scheide zwängen wollte, und längs der Scheide rieselte das Blut. «Kreuzsakerment, was soll das bedeuten?» Er schritt ans Gesimse. Nichts sah er durch die blinden Scheiben und riss deshalb das Fenster auf. Kreuzsakerlot - verdächtig Volk, das da den Berg herunterwimmelt, hier ein Fähnlein und dort eines, und ein Geblitz von Degen, Lanzen, Helmen - beim Eid, die Italienerschelme und Kuhräuber - und von den Unsern das letzte Bein in der Kirche! Kein Zweifel, es sind die Valdostaner in Wehr und Waffen und wollen uns den Schädel spalten. Ha, darum hat uns der Pfaff in die Kirche befohlen!Fluchend kracht er die Tür auf, stülpt den Helm aufs Haupt und löst den Zweihänder aus dem Haken. «Der Räuberbrut will ich eins einbrocken - fort, willkommen die Kurzweil!» Er eilt zum Stall des Nachbars, zieht den Schimmel heraus, der die Nüstern bläht und scharrt, schwingt sich auf den nackten Rücken, und vorwärts durch den Talfluss ans andere Ufer, unter den Nussbäumen durch ins Engnis des Weges! Es war höchste Zeit! Pferdehufe dreschen, die feindlichen Ausspäher reiten heran und fällen die Picke zum Stoss. «Ha - alt!» donnert Guigoz, umklammert mit beiden Fäusten den Knauf seines Schwertes und lähmt die verdutzten Reiter mit seinem Blick. Die Pferde bäumen sich und bocken, es sprengt die Hauptmacht der Italiener heran. Ein Schnalzen mit der Zunge, und mitten hinein galoppiert der Gewaltige, mäht links, mäht rechts, und was noch steht, hält die grausige Mahd in Bann.In gestrecktem Laufe jagt er ins Dorf zurück, zur Kirche, schlägt dreimal sein Schwert ans Portal. Päm - pim - pam, es wankt, fliegt auf, und hinein ins Chor reitet Guigoz der Kühne auf dem Schimmel, ohne Sattel und Zaum. Die böse Wendung ahnend, ruft der Pfarrer: «Soll dieser Heide uns das Gotteshaus entweihen? Auf und ergreift ihn!» «Zu den Waffen», überschreit der Soldat den Ruchlosen, «die Valdostaner sind da! Nieder mit dem Verräter!» Er sprengt davon, die Menge stürzt ihm nach, die Männer zu den Gabeln, Sensen, Axten, die Frauen aber, behend wie nie, sie raffen Asche und glühende Kohlen in ihre Schürzen und sind die ersten auf dem Kampfplatz. Die Valdostaner wenden die Pferde, schreien, purzeln, wirren sich zum Knäuel, und im Geröll, das heute noch die Wüste heisst, erliegen sie den Streichen der Dörfler. Vom ganzen Tross blieben drei Männer am Leben.- Dem einen stachen sie die Augen aus: «Lauf über den grossen St. Bernhard, und rühme, was du gesehen hast!» Dem zweiten schnitten sie die Zunge ab:' «Geh heim, und plappere von euren Heldentaten!» Dem dritten hieben sie die Ohren weg: «Zieh mit, und flunkere, was du gehört hast!» Die Hütte des Themistokles Guigoz steht noch, unweit der Steinwüste, und der Zweihänder hängt in der Stube, gerötet vom Rost der Zeit, meinen die einen, vom Blut der erschlagenen Feinde, die andern, wer kann es ergründen?   Quelle: Johannes Jegerlehner: Walliser Sagen, Hans Feuz Verlag Bern, 1959 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Theophrasius Paracelsus

Source: Theophrasius Paracelsus

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a) Sein Vaterhaus. Wilhelm Bombast von Hohenheim studierte die Heilkunst und kam als Arzt unter Abt Konrad von Hohenrechberg nach Einsiedeln, wo er im Spitale Anstellung fand. Eine ebenfalls im Spitale angestellte Person von Einsiedeln, eine Hörige der Abtei, ward seine Frau und aus dieser Ehe stammt seit etwa 1493 der berühmte Paracelsus. Neben der Teufelsbrücke an der Sihl stand ein altes, nun seit kurzem erneuertes Bauernhaus, und dieses ist es, wo er, ein rechtes Naturkind, die früheste Jugend und etliche spätere Jahre verlebte. Daran hing ein gemaltes Bild, das den berühmten Doktor vorstellte und noch lebt sein Name als der eines Zauberers im Munde des umwohnenden Volkes. Bildung holte er nicht in Büchern, sondern auf Reisen durch ganz Europa herum. Dennoch schrieb er viele Bücher, oder diktierte sie. Seine Gemütsart war, wie er selbst sagte, nicht subtil von Natur gesponnen, sondern nach grober Schweizerlandesart. Welchen Gelichters seine Bedienten waren, sagen uns seine Worte: „Der Henker hat mir 21 Knechte genommen und von dieser Welt abgetan.   b) Paracelsus in der Volkssage zu Einsiedeln. Hätten wir keine andern Beweise, dass der berühmte Zauberer von Einsiedeln gewesen, so müsste schon der Umstand, dass sein Name hier noch in der Sage fest wurzelt, als Beweis gelten. Das Landvolk, das übrigens in dergleichen Mitteilungen zurückhaltend ist, nennt ihn gewöhnlich Rastus, Raster oder Erast, offenbar ein entstellter Theophrastus, ein Name, der freilich für unsre Bauern nicht ganz mundgerecht ist. Vor diesem Raster nun wird folgendes erzählt: Er hatte einen wunderlichen Degen, in dessen Knopfe sich sämmtliche vier Elemente befanden und durch dessen Berührung er alles in Gold verwandeln konnte. Diese Kraft des Degenknopfes wird, wenn mich nicht das Gedächtnis trügt, auch in den Biographien des P. angeführt, und aus seinem Bilde steht man zuweilen, wie er sich mit der Hand auf einen solchen Knopf stützt. Sein Tod war wunderbar. Raster hatte einen Schwager, der auf ihn neidisch war und ihm besonders seinen grossen Namen missgönnte. Also beschloss er, ihn zu töten und zwar durch Vergiftung mittelst eines Diamanten, den er für das sicherste Mittel zu diesem Zwecke hielt. Der Vorsatz wurde ausgeführt, Raster nahm das Gift, merkte aber sogleich, wo das herkomme und wer ihm dasselbe gegeben. Darauf verlangt er eine Kreide und zeichnete das Bild des Schwagers, der nicht zugegen war an die Wand. Als dies geschehen, verlangt er auch Bogen und Pfeil und schiesst den Pfeil in das Herz des Bildes, und siehe, der Schwager fallt im gleichen Augenblicke tot zu Boden. Jetzt verlangt der vergiftete Zauberer allein zu sein, um ein Gegengift zu bereiten. Alles zieht sich zurück, er schliesst sich in sein Zimmer ein und beginnt seine Zauberkünste. Die Nachbarn aber reitzt die Neugier und die Sorge um ihn, und sie beobachten ihn durch eine Spalte in der Wand des Zimmers. Aus Schrecken über das, was sie gesehen oder aus irgend einer andern Ursache, sprengen sie die Türe ein, worauf er ihnen erschrocken entgegenruft: „Ihr habt mich getötet, Freunde, ihr seid meine Mörder, denn jetzt ist mein Gegenzauber vereitelt.“ Die Freunde hörten das mit Entsetzen, entschuldigten sich und gingen dann nach seinem Wunsche wieder fort. Nur ein treuer Diener war zurückgeblieben. Dem wollte er ein Andenken hinterlassen und liess ihm die Wahl zwischen dem Degen und seinen Büchern. Der Diener besann sich lang, da er aber die Kraft des Degenknopfes nicht kannte, oder denken mochte, derselbe werde ihm doch nicht entgehen, wählte er die Bücher. Sofort trat er wieder vor seinen Herrn Raster und sagte: „Gebt mir die Bücher.“ Raster war hiemit übel zufrieden und erwiederte: „Ich hätte lieber gesehen, du hättest den Degen gewählt. Da es aber einmal so ist, so magst du die Bücher behalten; das Schwert dort nimm und wirf es in die Sihl, das soll niemand erben.“ Jetzt merkte der Diener, dass er nicht die rechte Wahl getroffen, nahm das Schwert, warf es aber nicht in die Sihl, sondern versteckte es in einem Busche, aus dem er es nach dem Tode Rasters wieder hervorzuholen gedachte. Darauf kehrt er zu seinem Herrn zurück, und als dieser fragt: „Hast du nach meinem Wort getan?“ so antwortet er: „Ja Herr.“ Da ergrimmte der Zauberer, der schon ahnte oder wusste, was vorgegangen, und drohte den Diener von wegen seines Ungehorsams zu erschiessen, wie er den Schwager zuvor erschossen hatte. Zitternd ritt der Diener zurück, holt den Degen aus dem Busch, bringt ihn seinem Herrn und gesteht seine Schuld. Dieser wiederholt den frühern Befehl. Der Degen wird in die Sihl geworfen. In dieser aber fängt es an zu brausen und zu tosen, Steine springen auf, der Boden bebt und mit ihm das Haus des sterbenden Paracelsus. Dieser, im Gefühl des nahen Todes, spricht zum Diener: „Jetzt weiss ich, dass du meinen Befehl befolgt hast, dass keiner mein Schwert erben wird und dass für mich die Stunde da ist aus dieser Welt zu gehen. Und so starb er. Wir wissen übrigens, dass Paracelsus in Salzburg starb.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Thomas In der Binen

Source: Thomas In der Binen

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Bevor die Berner ins Goms einfallen wollten, hielten sie beim Spittel auf der Grimsel Kriegsrat, wie das Goms am besten einzunehmen wäre. Da habe ein Berner Krieger erklärt: «Wie wir ins Wallis hineinkommen, wissen wir wohl; aber nicht, wie herauskommen. Es tut darum Not, vor allem dieses in Betracht zu ziehen!» Dieser wohlgemeinte Rat wurde aber überhört, und die Berner stürmten mit raschen Schritten über die Grimsel. Den Ort aber, wo jener Rat erteilt worden war, nannte man später "Rätischboden". Die Berner fielen sengend über die Gemeinden Oberwald und Obergesteln her und steckten sie nachher in Brand. Verängstigt flohen die Bewohner nach Ulrichen. Hier stand Thomas In der Binen (oder Thomas Riedi) und sammelte die wehrfähige Mannschaft um sich. Er selbst war ein Riese von Gestalt. Er hüllte sich in ein Bärenfell ein, und als Waffe diente eine Eisenstange, die aus sieben Reisteisen zusammengeschmiedet war. So begab er sich mit seinen Getreuen im geheimen in die Arzerschlucht beim Oberbach. Von hier aus konnte er die Berner, die dort wenig Platz zum Kämpfen hatten, unvermutet anfallen; die ganze Ebene war damals noch sumpfig. Als die Berner in Oberwald genug geplündert hatten, zogen sie ordnungslos gegen die Arzerschlucht hin. Plötzlich wurden sie angegriffen und sahen sich auf dem Tuetschiboden von den Wallisern überrascht. Thomas In der Binen schlug mit seiner fürchterlichen Waffe mehrere Berner auf einmal nieder. Kein Feind konnte ihm etwas anhaben. Was aber mit Kraft nicht gelang, musste List ersetzen. Ein Berner stellte sich tot, legte sich unter die Verwundeten und Toten, und als Thomas In der Binen über ihn hinwegschritt, schlitzte er ihm den Bauch auf, so dass die Eingeweide hervordrangen. Die Übermacht der Berner wurde drückend. Darum liess unser Anführer die Truppen zurück auf die Höhe ziehen, denn die Schwyzer, die mit den Bernern verbündet waren, versuchten die Gommer im Rücken anzugreifen. Er selber hätte gerne noch weitergekämpft, hatte aber einen solchen Durst, dass es ihm nicht mehr möglich war. «Ach», soll er ausgerufen haben, »hätte ich nur einen Trunk Wasser um den brennenden Durst zu stillen; dann könnte ich noch einmal kämpfen!» Als er diese Worte ausgerufen hatte, sei sogleich am Fusse des Hügels ein Brunnen entsprungen. Er labte sich daran, warf die Eingeweide über die Schultern und erschlug noch vierzig Berner. Dann sank er ermattet hin. Die Berner zogen sich, ob solcher Tapferkeit erschreckt, zurück und wollten über die Grimsel nach Bern fliehen. Da begegneten ihnen schon ihre Frauen, die mit Kindern und Hühnern das eroberte Land in Besitz nehmen wollten. Die Walliser haben noch viele fliehende Berner getötet. Der Brunnen auf dem Schlachtfelde fliesst aber noch immer und wird noch heute Riedi-Brunnen genannt. ULRICHEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Tier, das Schätze blosslegt

Source: Tier, das Schätze blosslegt

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1. Ein fahrender Schüler sagte, im Ochsenfad hinter Göschenen sei ein kostbarer Schatz verborgen. Wenn ein Familienvater aus dem Geschlechte der Regli in Göschenen einmal sechs (fünf) Buben nacheinander bekommt und kein Mädchen dazwischen, dann wird ein Rind (eine schneeweisse Kuh, eine ganz weisse Trychelgeiss) den Schatz mit den Hufen blosslegen (virästampfä), und einer dieser sechs (fünf) Buben wird ihn finden. Pfr. Dr. Schmid; Kaspar Imhof, 60 J. alt, u.a. Der Schatz soll in einem herrlichen Kristall bestehen, der so gross sei wie ein gefüllter Mehlsack. 2. Im Richlerental in Ursern ist ein Schatz vergraben. Wenn einst ein Familienvater vom Geschlechte Renner oder Regli in Ursern sieben Buben nacheinander bekommt und kein Mädchen dazwischen, dann wird ein Rind diesen Schatz mit seinen Hufen aufscharren, und einer der sieben Buben wird ihn finden. Ähnliches erzählt man sich von einer Stelle in der Unteralp. 3. Ein goldenes Chessi sei im Katzentritt am Abhang des Bristenstockes geborgen. Eine Geiss, die kein weisses oder kein schwarzes Haar hat, werde es hervorstampfen und ein armer Geissbub finden. Jos. Zgraggen, Rütlipächter, 45 J. alt 4. Im Lochberg, Ursern, ist ein Chessi voll Geld verborgen. Eine rotgefleckte Kuh wird dort einmal ausgleiten, dabei ein Rasenstück wegscharren und zutode fallen, und unter dem Rasenstück wird der Schatz zum Vorschein kommen. Ein Mann von Ursern, vom Geschlechte Simmen, der sieben Buben hat, wird ihn gewinnen. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Töchin und Töchet auf der Suche nach Heidelbeeren

Source: Töchin und Töchet auf der Suche nach Heidelbeeren

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Erst vor kurzem hatte es Mittag geschlagen. Töchin und Töchet hatten sich auf der Bank vor dem Haustor eingefunden und wollten das Mittagessen herunterrutschen lassen, denn sie hatten wacker Knödel vertilgt. Da sahen sie eine Schar Buben mit Fässlein und Kesseln durch Sur Punt laufen; die wollten in die Heidelbeeren. «Wartet, wartet auch auf uns!» riefen sie, schossen von der Bank auf und durchs Haustor hinein, um der Mutter zu sagen, sie solle ihnen die Fässlein geben. Doch die Schlingel von Buben wollten nicht auf sie warten, und als sie aus dem Tor kamen, waren die andern über alle Berge. «Ja nun», sagten Töchin und Töchet, «wir holen die schon ein», und sie liefen, so schnell sie konnten. Doch bereits in in Riva d'God sahen sie ein paar Heidelbeersträucher und begannen sie abzulesen. Und als diese leer waren, sah man keine Spur mehr von den andern Buben. Doch immer in der Hoffnung, sie zu finden, streiften Töchin und Töchet weiter im Wald herum und liefen und liefen, bis sie schliesslich kaum noch die Beine nachziehen konnten. Die Sonne war schon untergegangen, und als sie mutterseelenallein mitten im Wald waren, bekamen sie grosse Angst. Doch da, auf einmal, o welche Freude, - gerade vor ihnen stand ein Häuschen. Sie überlegten nicht lange und gingen hinein. Ein altes Weiblein kam ihnen entgegen. «Was wollt ihr, meine Kinder?» fragte sie. «Oh», antworteten Töchin und Töchet aus einem Mund, «wir sind Heidelbeeren suchen gegangen und haben den Weg verfehlt, und jetzt kommt die Nacht, und wir sind todmüde, gelt, Ihr lasst uns hier bei Euch schlafen?» - «Ach, meine allerliebsten Kinder», antwortete das Weiblein, «von Herzen gern würde ich euch über Nacht behalten, doch sobald es dunkel ist, kommt der grosse Türke, und wenn der euch hier sieht, dann wehe euch!» - «Oh, liebe Frau», sagten die Buben, «lasst uns hier schlafen. Wenn wir uns in jener grossen Truhe dort in der Ecke verstecken würden, so sähe uns der grosse Türke nicht.» Und die Alte liess sich überreden und half ihnen in die Truhe. Wenig später hörten sie schwere Schritte im Hausgang, und eine Donnerstimme brüllte: «Potz Blitz, hier riecht’s nach Menschenfleisch; ein gutes Abendessen wartet auf mich.» - Töchin und Töchet, die Ärmsten, bekamen Gänsehaut, als sie diese Worte hörten; sie getrauten sich kaum zu atmen. Doch dann hörten sie die Alte sagen: «Aber warum nicht, du grosser Dummkopf, komm nur her und setz dich an den Tisch, habe ich dir doch eine zünftige Polenta gekocht, wirklich so eine, wie sie du gern hast, mit einer dicken Käseschicht drauf und im Fett schwimmend.» Und kurz darauf hörten sie ihn geräuschvoll essen und schmatzen wie unten im Schweinekoben. Und es ging nicht lange, bis er aus Leibeskräften zu schnarchen begann. Kaum wussten sie, dass er tief schlief, so schliefen sie auch schon. Als es tagte, erschien die Alte mit zwei Holzschüsselchen, hob den Truhendeckel auf und flüsterte: «Da bring ich euch ein wenig Mehlschweize, esst sie rasch und kommt sofort mit mir, ich will euch bis zum Waldrand begleiten.» Ganz leise stiegen sie aus der Truhe und machten sich auf den Weg. Zuäusserst am Wald sagte die gute Alte ihnen adieu, und glücklich begaben sich die Buben auf den Heimweg. Als sie sich ihrem Haus näherten, sahen sie die Mutter, die eben die Fensterläden weit öffnete, und voller Freude riefen sie: «Mutter, hier sind wir!» - Und die Mutter küsste und umarmte sie, und sie begannen zu erzählen, wie es ihnen gegangen war. Doch jeder gab dem andern die Schuld. «Schuld an allem hat Töchin», sagte Töchet, «er kam nicht vom Fleck, und so haben wir die Buben nicht eingeholt.» Und Töchin sagte: «Nein, du bist schuld, wenn du nicht solche Riesenschritte gemacht hättest, wäre alles gut gegangen. Doch ich wollte mit dir Schritt halten und bin über eine Wurzel gestolpert, bin hingefallen und habe alle meine Heidelbeeren ausgeleert, und dann mussten wir sie wieder zusammenlesen, und unterdessen sind die andern verschwunden.» Doch die Mutter sagte: «Es sei, wie es wolle, doch euch zwei lasse ich nicht mehr in die Heidelbeeren, das gebe ich euch schriftlich.» Und Töchin und Töchet erwiderten: «Doch, zur guten Alten im Wald musst du mitkommen, um ihr zu danken. Jetzt finden wir den Weg gut.» - Und tatsächlich, eines schönen Tages gingen alle drei gemeinsam dem Wald zu, mit einem Korb, der sein Gewicht hatte, das kann ich euch sagen. Als sie bei der guten Alten waren, schlurfte die bald in die Küche, um einen Spritzer Kaffee für ihre Gäste zu kochen. Und unterdessen packten die ihren Korb aus, und es kamen verrückt gute Dinge zum Vorschein. Zuallererst eine Decke, die sie auf dem Tisch ausbreiteten, und dann alles Mögliche an feinen Sachen: Schildbrote von Casaccia, ein ganzer Butterballen, ein grosses Stück Schinken, ein Zieger und ein zünftiger Salsiz, und es gab ein ganz gutes Essen. (Oberengadin)    Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Tod ankünden

Source: Tod ankünden

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a) Eine Frau von Oberwil kam eines Tages über das Bruderholz nach Münchenstein, und zwar, weil ihr Ührchen stehen geblieben war. Sie sagte, dies geschehe nur, wenn ein ausserordentlicher Fall in der Familie eintrete; und richtig, bei ihrer Ankunft war bei ihren Verwandten ein Familienglied gestorben. b) In einer anderen Familie wurde eine Frau von ihrem Manne verlassen, und dieser begab sich nach Amerika. Da soll sich einmal, nicht viel später, die Wagle (Wiege), in welcher sich ein kleines Kind befand, auf unerklärliche Weise zweimal stark bewegt (geschaukelt) haben, ohne dass die Ursache hätte ergründet werden können. Einige Wochen darauf kam aus Amerika die Todesanzeige des Vaters des Kindes, und der Schullehrer rechnete der Familie aus, dass sich die Wiege des Kindes genau zur Todesstunde des Vaters bewegt hatte. Münchenstein Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Tod ankündendes Licht

Source: Tod ankündendes Licht

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Der Glaube ist in Uri stark verbreitet, dass sich tötliche Unglücksfälle, namentlich solche, die sich beim Holzfällen im Walde, beim Streue- und Wildheusammeln ereignen, durch Lichter voraus »künden«. 1. Es war im Herbst 1895, dass die Unterschächener im Walde ob Schwanden abends spät mehrere Lichter wollten herumschwirren sehen. Wenige Tage später fielen dort zwei Brüder Schuler über eine Fluh zutode, und am Abend holte man beim Schein der Laternen die Leichen. Diese Laternen machten nun ganz die gleichen Bewegungen wie die Lichter an jenem Abend. Vielleicht ein Jahr später sah man eines Abends von Spiringen aus Lichter gegen den steilen, felsigen »Hängst« hinaufsteigen. Da sagte eine gebildete Person in offenbarem Schrecken zu mir: »Entweder ist ein Mensch verunglückt und wird gesucht, oder es wird binnen kurzem dort ein Unglück geben.« Das erstere war der Fall. 2. Vor wenigen Jahrzehnten geschah es, dass die Leute von Erstfeld zu nächtlicher Zeit in der Reusslaue im Wald mehrere Abende nach einander ein unerklärliches, geheimnisvolles Licht beobachteten, das hin und her lief. Einige Tage später ging daselbst ein Weibervolk in die Streue und wurde dabei von einem herabrollenden Stein erschlagen und seine Leiche am Abend beim Schein der Laterne gesucht und aufgefunden. Mitget. von Pfarrhelfer Ant. Baumann 3. Vor etwa vier bis fünf Jahren sah ein Eisenbahnarbeiter von Erstfeld mehrere Morgen nacheinander, wenn er noch bei der Dunkelheit an seine Arbeit ging, droben im Bocki ein Licht hin- und herschwirren. Nach einiger Zeit wurde daselbst ein Holzarbeiter von einem fallenden Baum erschlagen. Fr. Aschwanden-Gisler, 1921 4. Das war im Isental. Zwei Jahre nacheinander sah ich zur nächtlichen Zeit an einer bestimmten Stelle im Walde am Abhang des gegenüberliegenden Berges ein Licht. »Was soll auch das bedeuten?«, sagte ich öfters zu den Meistersleuten, die es nicht sahen. Aber sie lachten mich aus. Da machte sich eines Sonntagmorgens früh der Geissbub auf den Weg, indem er sagte, är well nu i ds Derfli gah, är miëss ga d'Andacht machä. Die Leute wollten es ihm ausreden: »Channsch ja de am Fyrtig gah.« – »Näi, är gaï jetz hit.« – Und er ging zu den heiligen Sakramenten. Am folgenden Montag fiel er über eine Fluh zutode, und von jener Stelle, wo ich das Licht gesehen, trugen sie ihn tot weg. Fr. Gisler-Zwyssig, 68 J. alt 5. Wo jemand eines gewaltsamen Todes stirbt, z.B. beim Holzen, Wildheuen, da haben die Leute gewiss schon lange vorher ein nächtliches Licht gesehen. Ganz besonders ist dies der Fall, wenn auch die Leiche bei nächtlichem Lichterschein gefunden oder geborgen wird. In diesem Falle hat dann auch das kündende Licht gewöhnlich dieselben Bewegungen gemacht, wie das Licht der bergenden Leute. 6. »Eines Abends spät kam ich aus der Kirche nach Hause. Es war dunkel und weder Mond noch Sterne leuchteten. Eine kleine Strecke unterhalb des Hauses sah ich ein Licht in unserer Stube, das bald in das Stübli hinüber wanderte. Ich dachte, es sei die Mutter. Als ich das Haus betrat, war niemand da, und die Mutter kam erst eine Weile nachher aus der Kirche. Ich erzählte ihr, was ich gesehen, und wir konnten uns die Sache nicht erklären. Einige Tage später starb unsere Nachbarin in der Rebgruobe und ihre einzige Tochter, die wieder in einen Dienst treten musste, bat uns, wir möchten für sie während des Dreissigsten das Öllichtlein, Dreissigstlichtlein genannt, in unserm Hause brennen lassen. Wir erfüllten ihr die Bitte und unterhielten das Lichtlein, das bald in der Stube, bald im Stübli aufgestellt wurde.« Fräulein Muheim, Schattdorf Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945, Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Tod der sieben Zwerge

Source: Tod der sieben Zwerge

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Auf einer der Hochebenen zwischen Brugg und Waldshut am Schwarzwalde wohnten sieben Zwerge zusammen in einem kleinen Häuschen. Da kam einmal spät Abends ein junges nettes Bauernmädchen verirrt und hungrig des Weges und bat um ein Nachtlager. Die Zwerge hatten nur sieben Betten, dennoch stritten sie sich, denn Jeder wollte dem Mädchen sein Bett abtreten; endlich nahm sie der Aelteste von ihnen zu sich in seines, kaum aber gieng's ans Einschlafen, so kam noch eine Bauernfrau vors Häuschen, klopfte und begehrte Einlass. Das Mädchen stand gleich auf und sagte ihr, wie die sieben Zwerge hier selber nur sieben Betten und sonst keinen Platz mehr für Jemand übrig hätten. Darüber wurde die Frau sehr zornig und schalt in ihrem Argwohn das Mädchen, in welcher sie die Beihälterin von sieben Männern vermuthete, ein Lumpenmaitschi. Unter Drohungen, dass man einer solchen schlechten Wirtschaft bald ein Ende gemacht haben werde, gieng sie grimmig davon; noch in derselben Nacht aber erschien sie mit zwei Männern, die sie vom Rheinufer her geholt hatte, und diese brachen sogleich ins Haus ein, und erschlugen die Zwerge. Man verscharrte die Leichen draussen in dem Gärtchen und verbrannte das Haus. Das Mädchen war darüber den Leuten aus den Augen gekommen. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 312 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Todankünden

Source: Todankünden

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a) Zacharias Imholz, der gewandte, flinke Sigrist der St. Antonius Kapelle zu Wytterschwanden, erzählt: Ich trat eines Abends aus unserer grossen Stube heraus, um zur Kapelle zu gehen und zu Beten zu läuten. Da erblickte ich in einer dunklen Ecke zwischen Stuben- und Haustüre ein unbekanntes Mannenvolk. Ich dachte bei mir: »Wenn's etwas begehrt, so wird's schon reden«, und verliess das Haus. Drei Tage später erwartete mich zur nämlichen Stunde in derselben Ecke der Heirechen-Sepp und teilte mir mit, es seien ihm soeben seine Frau und ein Kind gestorben, und ich möchte so gut sein und ihnen läuten. b) Eine jetzt 90jährige Person aus Unterschächen erzählt: »Ich und andere Kinder von Unterschächen sammelten Holz im Brunnital. Weil wir auf der einen Seite des Baches keines finden konnten, wateten wir trotz des Verbotes unserer Mutter auf die andere Seite, wo wir glücklich anlangten und Holz in Menge trafen. Auf einmal hörten wir Kindergeschrei. Wir liefen alle miteinander der Richtung nach, woher die Töne kamen. Bald erblickte ich ein etwa 2–3 jähriges Kind, welches jämmerlich weinte, obwohl ich keinen Kopf sehen konnte. Meine Gespanen sahen es nicht, aber hörten es weinen. Es fürchtete uns, und wir liefen eiligst heim. Einige Tage später fiel an jener Stelle ein blühendes Mädchen zu Tode. Vielleicht hat eine Arme Seele auf seinen Tod planget.« c) Engelina, eine in unserm Hause wohlbekannte Person, kam von Andermatt durch die Schöllenen hinunter nach Göschenen. Durch die Heuetkehle jenseits der Reuss sah sie drei Männer herabsteigen, meinen Vater, dessen Bruder und einen Gehilfen. Sie wollte ihnen warten. Die drei Männer kommen unten an die Reuss, überschreiten den schmalen Steg und steigen aufwärts der Strasse entgegen. Hinter einigen Felsstücken aber entschwinden sie. Engelina wartet und wartet, doch die Erwarteten kommen nicht mehr zum Vorschein. Als sie in Göschenen in unserm Hause auf der Geissplatte einkehrte, sassen die drei Männer am Tische und stellten es durchaus in Abrede, an diesem Tage die Heuetkehle betreten zu haben. Im folgenden Winter wurden sie beim Heimschaffen von Wildheu in der genannten Kehle von einer Lawine überrascht und getötet (30. Januar 1838). Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Todankünden durch fallende Tropfen

Source: Todankünden durch fallende Tropfen

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Christina Zgraggen aus der Pfarrei Amsteg spielte mit andern Kindern in der Nähe des Bahnwärterhäuschens Nr. 42 Versteckis. Da fiel ihr auf einmal etwas wie ein Tropfen auf die Stirne, ohne dass sie sich trotz allen Herumschauens erklären konnte, woher er gekommen, auch war auf der Stirne kein Wasser. So tropfte es zum zweiten und dritten Mal. Sie rieb die Stirne mit der Schürze ab und eilte zur Mutter und erzählte alles. Bald nachher starb die Grossmutter, und jetzt wusste man, dass diese sich gekündet habe. David Imhof, Seedorf Unsichtbares Tropfen, besonders noch bei dem Stuhl oder der Bank, wo jeweilen die Person zu sitzen pflegte, gilt auch bei sonst etwas weniger abergläubischen Leuten, die auf andern Kündzeichen wenig halten, im ganzen Kanton als ein ganz besonders sicheres Kündzeichen. Es soll schon nicht bloss getropft, sondern geradezu »getschättert« haben. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Todankünden durch Musik

Source: Todankünden durch Musik

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Seld-Trynelers Einer marschierte bei Zunachten, vom Markte in Altdorf heimkehrend, gegen das Lehn zu, als er auf einmal eine prächtige Musik hinter seinem Rücken hörte, die ihm folgte bis zur Kapelle zu Trudelingen. Mehrmals schaute er zurück, ohne etwas entdecken zu können. Als er an dem Bethäuschen vorbei war, verstummte die wunderbare Musik. Bei dem Gädemli hinter Trudelingen schaute er wie zufällig auf die Strasse hinunter und erblickte da ein Ross, das sich auf einem kleinen Bödemli wälzte, – häig-si g'wahlet. Einige Wochen später verunglückte der Mann, als er mit einem Kameraden den Steg zu Trudelingen beging, und ertrank im Schächen. Zacharias Imholz, Spiringen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Todankünden eines Knechts

Source: Todankünden eines Knechts

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Chliser ist eine kleine, zwischen Felsen eingeschlossene, schwer zugängliche Alp am Südwestabhange des Bristenstockes, die früher als Oberstafel der Fellialp mit Rindvieh befahren, heute jedoch nur mehr gemäht oder von Ziegen und Schafen geweidet wird. Einmal waren daselbst mehrere Geschwister Walker aus dem Ried im Wildheu, als sie den Meieri-Franz, ihren Knecht, durch's Tal heraufkommen und sich ihnen nähern sahen. Hinter einigen Felsvorsprüngen entzog er sich ihren Augen, und trotz aller Erwartung erschien er nicht mehr. Am folgenden Tage begab sich eines der Geschwister ins Berggut hinunter und stellte dort den Franz zur Rede. Er leugnete mit aller Entschiedenheit. Kaum waren acht Tage seitdem verstrichen, fiel er einer tödlichen Lungenentzündung zum Opfer. Jos. Zgraggen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Todankünden eines Patenkindes

Source: Todankünden eines Patenkindes

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Wir wohnten noch im Holzerberg zu Bürglen. Die Mutter war uns gestorben, und ihre Schwester, ds Bäsi-Nänni, war unsere Haushälterin. Eines Abends sagte der jüngste Bub, es klopfe jemand an die Gwandlatte vor dem Hause und rufe »Kaspar!« So hiess der Vater. Wir andern hörten nichts und fanden niemand, als wir hinausgingen und Nachschau hielten. Am folgenden Abend ereignete sich das nämliche. Wir sagten es dem Vater. Aber der lachte nur und sagte, es sei Einbildung. Als es sich am dritten Abend wiederholte, sagte er, das nächste Mal sollten wir ihn sofort rufen. Aber es war nicht mehr nötig; er hörte es am nächsten Abend, als wir schon im Bette waren, selber an die Gwandlatte schlagen und »Kaspar« rufen. Sogleich stand er auf und schaute zum Fenster hinaus. Da stand sein Schwager von Brunnen draussen und bat, die Bäsi-Anna möchte nach Brunnen kommen und einem Kinde Patin sein. Das tat sie am nächsten Morgen. Nach einiger Zeit brachten sie das schwächliche Kind zu uns in die frische Bergluft. Wir Kinder hatten eine grosse Freude, denn wir durften allemal das Breipfännchen ausschlecken und ausräumen, wenn die Bäsi dem Kleinen gerösteten Mehlbrei gab. Aber die gute Pflege half nicht. Das Kind starb noch vor einem Jahre bei uns. Katharina Müller, 75 J. alt. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945, Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Todankünden in der Laube

Source: Todankünden in der Laube

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 In einem Hause zu Schattdorf hörte man öfters ein unerklärliches Gerümpel in den Holzbalken, die in der Laube aufgespeichert waren. Man mutmasste allerlei, doch es sollte bald Licht in die Sache kommen. Eines Abends, als die Familie und einige Nachbarn in der Stube beisammen sassen und Hanf reiteten, schlief der fünfjährige Hansli, ein gewecktes, braves Büblein, auf dem Ofenbänkli. Plötzlich fuhr er auf und schrie laut: »Ä Ma, ä Ma! är streckt d'Händ gäg-m'r und will mi nä!« Seitdem war Hansli kränklich. Wieder eines Tages, als er im Bette lag, erschrak er aus dem Schlafe, fing an zu weinen und schrie: »Der Ma will mi wider nä!« Von dieser Stunde an verlor er das Bewusstsein, und nach wenigen Tagen wurde er ein Engelein. In jener Laube holte man einige Balken, um ihm ein Totenbett und einen Totenbaum zu zimmern. Jetzt wussten sie, was das geheimnisvolle Gerümpel bedeutet hatte. »Da hennd äu arm Seelä 'planget,« meint die Erzählerin. Frau Wipfli-Herger, 80 J. alt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Todankünden zu Hohlen Balm

Source: Todankünden zu Hohlen Balm

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Zu Hohlen Balm im Maderanertal alpete seit Jahren der alt Babä-Sepp von Golzer. Hütte ist da keine, den nötigsten Schutz zum Sennen und zum Nachtlager der Älpler gewährt eine Balm, ein überhängender Felsblock, daher auch der Name der Alp. Eines Nachts erwachte der Babä-Sepp ob eines eigentümlichen, ungewohnten Geräusches; er setzte sich auf und spitzte die Ohren. Da gewahrte er, dass es in den Gabelen (Rückenreff), die am Eingang der Höhle aufgehängt waren, »chlotterte« und sie hin- und herschüttelte. Auf einmal fuhr eine derselben, wie von unsichtbarer Hand gehoben, in die Höhe über den Rand des Felsblockes hinauf. Babä-Sepp aber war nicht blügg; kaltblütig erhob er sich von seinem Lager, trat vor die Balm hinaus, griff nach der Gabele, trug sie ins Innere und stellte sie auf den Boden mit den Worten: »So, wenn-d'si witt ha, sä magschi nu einisch chu holä!« Am folgenden Tage kam eines der Seinen von daheim mit der Nachricht, es sei die letzte Nacht das jüngste Kind gestorben, und nahm gerade jene Traggabel mit heim, um darauf die Leiche des Kindes zur Kirche in Silenen zur Beerdigung zu tragen. Albin Gnos, 70 J. alt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945, Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Todankündende Leichenzüge

Source: Todankündende Leichenzüge

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1. Vom Wyler bis zur Pfarrkirche in Erstfeld sind vier »Lychghirmänä«, das heisst durch Feldkreuze oder Helgenstöckli bezeichnete Stellen, wo die Leichenzüge anhalten und beten. Ein Erstfelder kehrte von einem nächtlichen Besuche nach Hause zurück. Das milde Licht des Mondes erhellte ihm den Weg. Wie er der Lychghirmi beim Hofacher sich nähert, sieht er bei ihr einen Leichenzug. Deutlich schaut er den schwarzen Sarg im bleichen Mondlicht; er kennt die Sargträger, den Knaben mit dem Grabkreuz, hört die Leute beten. Daheim prophezeit er, in der Nachbarschaft werde es bald eine Leiche geben. Und richtig, am dritten Tage starb der Rütti-Sepp, und die Leichen- und Kreuzträger waren jene, die der nächtliche Wanderer bei der Lychghirmi gesehen hatte. Zacharias Zurfluh 2. Das alte Sigersten-Babi in Silenen konnte es fast jedesmal voraussagen, wann es wieder eine Leiche gebe. Vor seinem Hause, nahe bei der Kirche, machten nämlich die Leichenzüge halt und warteten laut betend auf die Priester. Dieses laute Gebet des Volkes hörte das Babi mehrere Tage voraus. J.M. Zberg, 75 J. alt. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Todesfälle kündender Lärm

Source: Todesfälle kündender Lärm

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Ein 75jähriger Greis von Silenen weiss zu erzählen: Ich hatte in meiner Kammer einen alten Kasten, der halb mit Bettg'wand, mit Lylachä und Ziëchä gefüllt war. Eines Nachts braschlete es wacker in diesem Kasten, und ich dachte bei mir: »Meintsch, was gitt's ächt wider?« Am folgenden Tage kamen Leute und riefen mich zu Hilfe; es sei der N.N. droben beim Holzen über eine hohe Fluh hinabgestürzt; ich möchte kommen und helfen. Ich sagte mir: »Der het's z'Huddlä-n- und z'Fätzä zerschlagä,« packte ein Leintuch aus dem Kasten und nahm es mit. Die Gebeine und Leichenstücke, die wir fanden, legten wir in dieses Leintuch. Jetzt wusste ich, was jenes Braschlen bedeutet hatte. J.M. Zberg Wennd's i dä Holzwändä, i dä Holzbedä uder i dä Chästä-n-äso braschlet uder chlepft, sä tüet-si epper chindä, wird bald sterben oder ist wahrscheinlich in diesem Augenblick gestorben. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Todesfälle voraussehen

Source: Todesfälle voraussehen

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Mein Grossvater war z'altä Tagä geboren. So nennen wir in Wassen die vier Fronfastenmittwoche 1 und den Heiligabend zu Weihnachten. Der hat alle Todesfälle der Pfarrei vorausgesehen. Einmal wollte er mit seiner Frau gegen Göschenen z'Wirt gehen, d.h. ein Wirtshaus aufsuchen. Damals aber gehörte Göschenen noch zur Pfarrei Wassen. Etwas hinter Wattingen begegneten ihnen zwei Personen, die hart an seiner Frau vorbeigingen, Wassen zu. Er fragte die Frau, ob sie selbe zwei auch gesehen habe, was sie verneinte. Eine kleine Strecke weiter kam ihnen eine dritte Person entgegen, die wiederum die Frau beinahe streifte und gegen Wassen, also gegen die Pfarrkirche oder den Friedhof wanderte, und auch diese war nur dem Grossvater sichtbar, der jetzt sagte, man werde in den nächsten Tagen drei Leichen von Göschenen nach Wassen auf den Friedhof bringen, eine etwas später als die anderen zwei. So geschah es denn auch; eine Lawine im Standtal vernichtete zwei Tage später drei Menschenleben, und die eine Leiche wurde um einen Tag später beerdigt als die zwei ersten. Ein anderes Mal, als er von Wassen her gegen Meien marschierte und die Schanz erreichte, begegneten ihm dort mehrere Personen hintereinander, die alle das Bätti in der Hand hielten und gegen Wassen hinunter stiegen. Alle waren ihm bekannt bis auf die letzte, die kannte er nicht. Bald hernach brach eine ansteckende Krankheit aus, an der die geschauten Personen starben, und ihnen folgte er selber als der letzte. Solche Erlebnisse hat er viele erzählt. Personen, deren Doppelgänger in der Richtung zum Friedhof wandern, müssen bald sterben. Katharina Gamma, 50 Jahre alt, Wassen. Fußnoten 1 Eigentlich ist das mehr im Unterland der Fall; in Wassen, Meien, Göschenen gilt der Ausdruck meistens vom letzten Tag des Jahres, seltener überhaupt von den letzten Tagen des Jahres. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Toggeli

Source: Toggeli

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a) Seltener versteht man unter dem Toggeli ein zum Zwergenvolk gehörendes Wesen, sondern meistens ist damit die Nachtmahr, ein als Unhold gedachtes, elbisches Ding, gemeint. Es stehen uns alte und junge Berichte darüber zu Gebote. Das Wort möge zuerst unser treffliche R. Cysat führen, da er vom „Doggkelin" schreibt: „Der pöffel hat sein sonderbare Meinung, alls ob es ettwas Thiers sye, oder ettwas geists jn gstallt einer katzen, so sich allso dem Menschen vff die brust legte, mitt andren meeren seltzamen vmbsteuden. - Wol Hand ouch vnsre wyber jren wohn, das diss Dogkelin den sugenden jungen kinden nachts vberliege vnd sy an jren brüstlinen suge davon jnen die brüstlin vnd werzlin ettwan geschwällent, ja ouch milch gebent. Darfür nun sy die wyber sollichs abzetryben einen wirten an die wiegen henckend, diesses Dogkelin mit sollchem klottern des wirtens abzetryben."   b) Einen Wirtel zur Abwehr des Toggeli hing man noch vor wenig Jahren in der Gegend von Horw und anderswo an die Wiegen der Kleinen, in der Meinung, Toggeli mache sich alsdann anstatt ans Kind an den Wirtel und spinne die Nacht hindurch. Gewiss eine graualte Vorstellung.   c) Cysat sagt am angerufenen Orte auch, wenn man das Klöpfeln der sogeheissenen Totenuhr gehört, habe man gesprochen: „Das Toggeli schmiedet."   d) Aus Unterwalden meldet man uns nachstehendes: Das Toggeli will oft in Gestalt einer Katze gesehen worden sein. Es stellt besonders Kindern und jungen Leuten nach. Für die erstern ist ’s ein Zeichen des frühen Todes, wenn sie oft vom Toggeli heimgesucht werden. Man wendet allerlei Gegenmittel an, steckt zum Beispiel vor dem Schlafengehen ob der Bettstatt ein Messer in die Wand. In diesem Falle ist ihm die Gewalt zu drücken benommen, es lässt sich aber durch Geräusch hören. Ein Schmied wurde häufig vom Toggeli gedrückt. Er klagte seine Plage einem Bekannten, der ihm folgenden Rat erteilte. In seiner Schlafkammer soll er ganz sauber wischen, nicht den geringsten Kehricht oder sonst einen Gegenstand darin dulden und über Nacht ein Fenster offen lassen. Ferner, was immer am Morgen er im Zimmer finde und wär 's auch nur ein Hälmchen vom Kehrwisch oder Besen, das soll er aufheben und drunten in der Schmiede in den Schraubstock klemmen. Wirklich fand der Schmied eines Morgens einen Halm auf dem Boden und tat, wie ihm angeraten worden. Als er sich nachher wieder beim Schraubstocke umsah, fand er in demselben ein ihm unbekanntes Weibsbild eingezwängt und tot. Man erzählt sich ferner: Ein Mädchen klagte seiner Gotte (Patin), es werde oft vom Toggeli geplagt. Die sagte ihm, es soll die kommenden Abende eine Werchhechel auf die Brust legen, aber die Zinken gegen den Leib zukehren. Es tat, wie die Gotte geraten, nur dass es die Zinken von sich weg, statt brustwärts richtete. Am Morgen darauf sah es mit grösstem Erstaunen, dass gerade seine Gotte selbst tot in der Hechel stak, folglich sie die Unholde gewesen.   e) Ein anderes Mittel: Die vom Toggeli gequälte Person giesse ihr Wasser in ein Fläschchen, versiegle solches und lege ein offenes Messer unter das Bett, so wird, wenn das Toggi eine Hexe ist, diese ihre Notdurft so lange nicht mehr verrichten können, bis sie sich flehend einstellt und offenbart.   f) Wenn früher die Kinder auf der Landschaft im Kanton Luzern gegen Abend sich vorübergehend begegneten oder vom Spielen auseinandergingen - was längstens, wo Ordnung war, um Betglockzeit zu geschehen hatte, suchte eines dem anderen scherzhaft noch ein „Zigge", - einen leichten Schlag - zu setzen mit den Worten: „Nachtzigge, dass d' Katz bi d'r ligge." Damit meinte man wohl das Toggeli in Katzengestalt.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Bei Teilen dieser Sage gibt es keine genaue Zuordnung zu einem der fünf Kantone.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Toggeli

Source: Toggeli

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a) Seltener versteht man unter dem Toggeli ein zum Zwergenvolk gehörendes Wesen, sondern meistens ist damit die Nachtmahr, ein als Unhold gedachtes, elbisches Ding, gemeint. Es stehen uns alte und junge Berichte darüber zu Gebote. Das Wort möge zuerst unser treffliche R. Cysat führen, da er vom „Doggkelin" schreibt: „Der pöffel hat sein sonderbare Meinung, alls ob es ettwas Thiers sye, oder ettwas geists jn gstallt einer katzen, so sich allso dem Menschen vff die brust legte, mitt andren meeren seltzamen vmbsteuden. - Wol Hand ouch vnsre wyber jren wohn, das diss Dogkelin den sugenden jungen kinden nachts vberliege vnd sy an jren brüstlinen suge davon jnen die brüstlin vnd werzlin ettwan geschwällent, ja ouch milch gebent. Darfür nun sy die wyber sollichs abzetryben einen wirten an die wiegen henckend, diesses Dogkelin mit sollchem klottern des wirtens abzetryben."   b) Einen Wirtel zur Abwehr des Toggeli hing man noch vor wenig Jahren in der Gegend von Horw und anderswo an die Wiegen der Kleinen, in der Meinung, Toggeli mache sich alsdann anstatt ans Kind an den Wirtel und spinne die Nacht hindurch. Gewiss eine graualte Vorstellung.   c) Cysat sagt am angerufenen Orte auch, wenn man das Klöpfeln der sogeheissenen Totenuhr gehört, habe man gesprochen: „Das Toggeli schmiedet."   d) Aus Unterwalden meldet man uns nachstehendes: Das Toggeli will oft in Gestalt einer Katze gesehen worden sein. Es stellt besonders Kindern und jungen Leuten nach. Für die erstern ist ’s ein Zeichen des frühen Todes, wenn sie oft vom Toggeli heimgesucht werden. Man wendet allerlei Gegenmittel an, steckt zum Beispiel vor dem Schlafengehen ob der Bettstatt ein Messer in die Wand. In diesem Falle ist ihm die Gewalt zu drücken benommen, es lässt sich aber durch Geräusch hören. Ein Schmied wurde häufig vom Toggeli gedrückt. Er klagte seine Plage einem Bekannten, der ihm folgenden Rat erteilte. In seiner Schlafkammer soll er ganz sauber wischen, nicht den geringsten Kehricht oder sonst einen Gegenstand darin dulden und über Nacht ein Fenster offen lassen. Ferner, was immer am Morgen er im Zimmer finde und wär 's auch nur ein Hälmchen vom Kehrwisch oder Besen, das soll er aufheben und drunten in der Schmiede in den Schraubstock klemmen. Wirklich fand der Schmied eines Morgens einen Halm auf dem Boden und tat, wie ihm angeraten worden. Als er sich nachher wieder beim Schraubstocke umsah, fand er in demselben ein ihm unbekanntes Weibsbild eingezwängt und tot. Man erzählt sich ferner: Ein Mädchen klagte seiner Gotte (Patin), es werde oft vom Toggeli geplagt. Die sagte ihm, es soll die kommenden Abende eine Werchhechel auf die Brust legen, aber die Zinken gegen den Leib zukehren. Es tat, wie die Gotte geraten, nur dass es die Zinken von sich weg, statt brustwärts richtete. Am Morgen darauf sah es mit grösstem Erstaunen, dass gerade seine Gotte selbst tot in der Hechel stak, folglich sie die Unholde gewesen.   e) Ein anderes Mittel: Die vom Toggeli gequälte Person giesse ihr Wasser in ein Fläschchen, versiegle solches und lege ein offenes Messer unter das Bett, so wird, wenn das Toggi eine Hexe ist, diese ihre Notdurft so lange nicht mehr verrichten können, bis sie sich flehend einstellt und offenbart.   f) Wenn früher die Kinder auf der Landschaft im Kanton Luzern gegen Abend sich vorübergehend begegneten oder vom Spielen auseinandergingen - was längstens, wo Ordnung war, um Betglockzeit zu geschehen hatte, suchte eines dem anderen scherzhaft noch ein „Zigge", - einen leichten Schlag - zu setzen mit den Worten: „Nachtzigge, dass d' Katz bi d'r ligge." Damit meinte man wohl das Toggeli in Katzengestalt.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Bei Teilen dieser Sage gibt es keine genaue Zuordnung zu einem der fünf Kantone. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Toggeli als Begleiter

Source: Toggeli als Begleiter

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Ein im Jahre 1913 verstorbener Schächentaler erzählte: »Eines Morgens in aller Frühe, die Sterne glänzten noch alle am wolkenlosen Himmel, wanderte ich mit einem, wie ich meinte, mir Bekannten gegen Flüelen, weil ich nach Luzern fahren und dabei das Marktschiff benutzen wollte. Auf einmal verliess mich mein Begleiter mit den Worten: ›I ha noch Gschäfti i dem Hüs dert,‹ und in wenigen Augenblicken war er meinen Augen entschwunden, ich weiss nicht wie, und durch das Gwätti jenes Hauses hinauf, das er mir bezeichnet hatte, kletterte eine schwarze Katze und sprang durch ein Fenster in das Haus hinein. Bi mym Eich, ich gloibä, der isch ds Toggäli gsy und isch dert äs Meitli ga plagä.« Pfr. Jos. Arnold Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Toggeli als Rache des Beleidigten

Source: Toggeli als Rache des Beleidigten

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»Aber ds Toggäli, das chennet sy eim a'tüe. Lytt, wo eim der Raach hennt, chennet das machä; das ha-n-ich sälber erfahrä. Wo-n-ich eppä zwänzgjährigs gsy bi, ha-n-ich einisch miässä-n-im Bärä z'Alteref üffwartä, und da hätt ich sellä mit eim tanzä und ha nitt wellä. Aber der d'Nacht drüff isch äs miär grüsig uff ds Härz chu und het-mi 'plaget, ich ha gmeint, ich miäss drüffgah, ich ham-mi kei Bitz meh chennä verrodä. So isch es mängi Nacht chu, bis ich a'gfangä ha, amm-änä-n-Abed äs Gibätli z'bättä fir das, düe hets 'pesseret. Äs anders Mal ha-n-ich im Ladä neiwä-n-epper ä chly ertäibt, und düe isch-m'r brezys wider äso ggangä.« Barb. Müller, 60 J. alt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Toggeli im Kinderreim

Source: Toggeli im Kinderreim

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»Toggäli Fyrlibrand, gim-mer ä goldigä Zant, ich gib d'r ä beinigä!« sprechen die Kinder, wenn sie einen verlorenen Zahn ins Feuer werfen. »Toggäli, Toggäli, Fyrlibrand, gim-mer ä nywä Zant!« sagten die Kinder von Wassen, wenn ein Sonnenreflex an der Wand zitterte, und ahmten mit dem Zeigefinger seine Bewegungen nach. »Toggäli, Toggäli, nimm äu äs Chlee, ich nihmä-n-äu eis!« heisst ein Spruch bei einem Kinderspiel, »Toggälichlee« genannt, wobei durch eine kleine Taschenspielerkunst ein Kleeblatt ab einem Messer weggezaubert und angeblich vom Toggeli weggenommen wird. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Toggeli im Leinlaken

Source: Toggeli im Leinlaken

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Zu Unterschächen hatte ein Vater ein ungeschicktes, tölpelhaftes Kind. Im Zorn nannte er es eines Tages einen Toggel. Seitdem wurde er nachts furchtbar vom Toggeli geplagt, bis ihm einmal einer einen guten Rat gab, den er befolgte. Als er wieder das Toggeli fühlte über das Bett gegen sein Herz heranschleichen, umwickelte er sich plötzlich fest und bhaben mit dem Lylachen und blieb so bis am Morgen im Bett. Da fand er im Lylachen eine ganz kleine, bloss etwa halbfingergrosse tote Gestalt eines Kindleins. Er betete für die armen Seelen und übergab dieses Körperchen dem Friedhof. Seitdem hatte er wieder Ruhe, aber sein Kind, das zeitlebens ein Tölpelchen geblieben ist, hat er niemehr einen Toggel geheissen. Karl Gisler, 75 J. alt Das Toggeli ist ein verwünschtes Kind. Andreas Fedier, 48 J. alt, Maderanertal Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Toggeli im Pferdestall

Source: Toggeli im Pferdestall

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Im Pferdestall des Herrn Muther in Wassen geschah es, dass jeden Morgen die Mähne eines der Pferde in kleine Zöpfe geflochten war und zwar recht hart. Es war ein Fuchsli mit weisslicher Mähne und stand bei der Stiege, die in den Obergaden hinauf führte. Man sagte, es sei das Toggeli, das diese Zöpfe flechte. Es nützte nichts, dass man das Pferd auf einen andern Platz im Stalle versetzte. Josefa Muther Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Toggeli knirscht im Schnee

Source: Toggeli knirscht im Schnee

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»Jä, dass de mid-em Toggäli grad gar nytt syg,« entgegnete mir eine Schächentalerin, »das säged iähr miär de doch nitt zgloib. Eppis vom Beesä isch das sicher. My Schwester isch de furchtbar vo dem cheibä Toggäli 'plaget wordä. Und das isch de sicher, das es miär alligs gheert hennt chu; miär hennt's gheerig und rächt gheert im Schnee gypschä (knirschen). Und damals isch einä züe-nn-ärä z'Gass chu, und der hed-er-es jedesmal chennä virha, wennd-si ds Toggäli gha het. Är hed alligs so hindsch glachet und het züe-nn-ärä gseit: ›Wiä isch d'r diä Nacht ggangä um diä und diä Zytt? Hesch nytt gspirrt?‹ Und jedesmal isch i'troffä!« Kress. Arnold Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Toggeli lässt seiner nicht spotten

Source: Toggeli lässt seiner nicht spotten

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Einä het's einisch »trätzlet«, dz Toggeli, und hed-em üssb'bottä, wennd's eis syg, sä sell's nur chu; är well's scho mid-ern üssmachä. Aber woll! Die neechst Nacht drüff isch-em düä, mein-i, da rächtä Wäg chu! Der heig doch furchtbar küchet und syg schier ärstickt; sie hend-em ämal miessä z'Hilf und händä miessä weckä. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Toggeli tängelet

Source: Toggeli tängelet

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Wenn der Holzwurm, in der Göscheneralp »Totänührli« genannt, in den Wänden sich hören lässt, sagt das Volk: »Ds Toggäli tängelet,« und allgemein heisst es, es gäbe dann schönes Wetter. Viele halten es für ein Zeichen, dass bald eine nahestehende Person sterben werde. Ein Mann von Attinghausen, der im Berghäuschen auf Sewli schlief, merkte und sah etwas zur Zimmertüre hereinkommen, das aussah wie eine Katze. Er meinte in diesem Augenblick ganz wach zu sein, konnte sich aber gar nicht rühren, kein Glied bewegen. Das Ding kam auf sein Bett zu, sprang hinauf, kam über die Bettdecke heraufgetrippelt und legte sich gerade auf des Mannes Herz, blieb da liegen und drückte ihn schrecklich. Dem Mann war dabei furchtbar zumute; er wollte schreien und konnte nicht, wollte sich bewegen, aufrichten, dreinschlagen, aber alle seine Bemühungen waren umsonst, er war nicht imstande, auch nur einen Finger zu krümmen. Endlich sprang die Katze wieder vom Bett herunter und machte sich leise zur Türe hinaus. Zurfluh, so hiess der Befreite, schnellte auf, lief zu den Seinen in der Kammer droben und erzählte ihnen, was er erlebt. Alle waren der einstimmigen, festen Ansicht, es sei eine Katze gewesen, und suchten im ganzen Hause herum, aber konnten sie nicht finden. Sie öffneten jetzt die Haustüre, um draussen nachzuschauen. Doch was ist das? Mitten in der Nacht tängelet Einer! Alle hörten ihn ganz deutlich. Miteinander liefen sie auf den Tangelstock los. Aber dort sass niemand. Jetzt hörten sie es im Gaden tängelen. Sie guckten auch da hinein und fanden keinen Menschen. Aber in der Holzwand tängelte es weiter. Nun ging ihnen ein Licht auf: »Das ist das Toggeli,« sagten sie zu einander und gingen wieder zu Bette. Jos. Zurfluh, 60 J. alt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Toggeli und das Messer

Source: Toggeli und das Messer

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1. Ein Mann von Erstfeld wurde furchtbar vom Toggeli heimgesucht. Nun klagte er es seinem Vetter, dem Pfarrhelfer in Attinghausen, und dieser riet ihm, drei Messer übereinander in die Schlafkammerwand einzustecken. (Der Geistliche weiss von allem nichts.) Sobald der Erstfelder diesen Rat befolgte, hütete sich das Toggeli, ihn weiter zu belästigen. Arnold Schmied, Erstfeld, Student 2. In einem Hause im Maderanertal hörten sie das Toggeli tängelen in einer Wand in der Stube. Da steckten sie ein Messer in die Wand, und sogleich hörte das Tängelen auf. Doch alsbald hörten sie's im Stübli, dort steckten sie auch wieder das Messer in die Wand, und bald tängelte das Toggeli in der Kammer. So trieben sie's im ganzen Haus herum bis ins Ruosschämmerli, und am Abend hörten sie's deutlich in der Esche unter dem Hause tängelen. Barthol. Epp u.a. 3. Ein Bursche, der viel vom Toggeli gequält wurde, erhielt den Rat, während der Nacht ein Messer aufrecht mit der Spitze nach oben auf seinem Herzen festzuhalten. Er machte das so und hörte, als das Toggeli kam und sich auf ihn legte, etwas auf die Diele hinaus fallen, und am folgenden Morgen lag ein Weibervolk tot neben dem Bett am Boden. Anton Gerig, Göscheneralp, Ziegenhirt 4. In Meien wurde ein Bursche seinem Schatz untreu und ging nun zu einer andern z'Dorf. Seither hörte er fast jede Nacht jemand über die Kammerstiege hinaufkommen, und dann kam es ihm auf die Brust und drückte und quälte ihn furchtbar. Da riet ihm ein guter Freund, ein scharfes Messerchen ins Schlüsselloch zu stecken. Der Bursche tat es. Am Abend hörte er es wieder ganz tifig über die Stiege hinauf kommen, bis an die Türe. Aber jetzt liess es auf einmal einen furchtbaren Schrei ab, und jammernd ging es wieder die Stiege hinunter. Am nächsten Tag hatte jenes Mädchen, das der Bursche verlassen hatte, die Hand verbunden. Frau Baumann, 70 J. alt 5. Einer, den das Toggeli plagte und bös machte, steckte drei Messer in die Zimmertüre. Am andern Tage hatte ein ihm bekanntes Weibervolk eine verbundene Hand, und jetzt wusste er, wer das Toggeli gewesen. Frau Inderkum-Scheiber, Schattdorf, 50 J. alt 6. Zwei schliefen in einer Kammer. Sie hörten das Toggeli in der Wand tängelen und konnten nicht schlafen. Ganz erbost, steckte der eine sein Sackmesser mit Gewalt in die Zimmerwand. Als er's am folgenden Morgen herauszog, war es blutig. Frau Wipfli-Herger, 80 J. alt, u.a. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Toggeli und der Holzzapfen

Source: Toggeli und der Holzzapfen

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Vom Toggeli wurde ein junger, lediger Bursche viel geplagt. Er klagte es einem guten Freunde, und dieser riet ihm: »Mach's so! Bohre in die Holzwand neben deinem Bette ein Loch, schnitze dazu einen Holznagel, der genau hineinpasst, und wenn dich das Toggeli wieder drückt, so stehe auf, sobald du imstande bist, und schlage den Nagel in diese Öffnung so dicht und fest, dass gar keine Luft mehr hineindringen mag. Was gilts, es bessert!« Der Bursche machte es so. Wie erstaunte er, als am darauffolgenden Morgen beim Erwachen sein Schatz neben dem Bette stand! »Was witt etz dü da scho i aller Friehi?« fragte der Bursche. Das Mädchen entschuldigte sich: »E, ich ha nur wellä chu lüegä, was dü machisch.« Der Bursche, der nichts Böses ahnte, heiratete es bald hernach. Das Toggeli drückte ihn jetzt nicht mehr. Gar oft wies die junge, hübsche Frau auf den seltsamen Nagel in der sonst glatten Wand und fragte, was der zu bedeuten habe, und meinte, er mache sich doch gar nicht schön. »Zieh ihn doch einmal heraus«, bat sie immer wieder. »Sie hed eister dra gantet und g'miedet.« Der Mann jedoch schwieg sich aus, und sie selber konnte den verhassten Zapfen nicht entfernen. Endlich einmal beim Herauswaschen des Zimmers, da er ihr gar furchtbar im Wege war und sie wieder so unermüdlich bat, gab der Gatte nach und zog den Holzzapfen wirklich heraus. Im gleichen Augenblick verschwand aber auch seine Frau auf Nimmerwiedersehen. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Toggeli und der Taufname

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Wenn man merkt, dass jemand vom Toggeli geplagt wird, soll man ihn mit dem Taufnamen anrufen, dann wird er befreit. Allgemein. Aber man muss den Taufnamen vollständig richtig aussprechen, z.B. nicht Toni, Sepp, Wysi, sondern Antonius, Aloisius, oder wenigstens Anton, Joseph, Alois. So haben die Alten gesagt. Frz. Jos. Zurfluh, 75 J. alt, Intschi Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Toggeli und der Taufname

Source: Toggeli und der Taufname

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Ruft man einen, der vom Toggeli gedrückt wird, mit seinem Taufnamen, so wird er befreit und erwacht; aber viele meinen, das sei gefährlich, der also Gerufene erwache zu rasch und könne augenblicklich sterben. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Toggeli und die rote Farbe

Source: Toggeli und die rote Farbe

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a) Es ist bekannt, dass ganz kleinen Kindern, Knaben sowohl als Mädchen, die Brustdrüsen anschwellen und auf Druck mit den Fingern eine dünne Milch entleeren. Auch im Stall ereignet es sich nicht selten, dass die Zicklein angeschwollene Euterchen bekommen und etwas Milch geben, über deren Menge gar oft übertriebene Angaben gemacht werden. In diesen Fällen sagen dann die Leute: Ds Toggäli het-s a'zogä, d.h. es hat sie durch Streicheln oder Anziehen der Zitzen auf das »Gemolkenwerden« vorbereitet. Ein rotes Bändchen, im Stall aufgehängt, oder ein rotes Tüchlein, dem Geplagten auf die Brust gelegt oder um den Leib gebunden, hält das Toggeli fern. Wenn jemand ein grellrotes Kleid trägt, fragt man ihn im Schächental: »Firchtisch ds Toggäli?« oder: »Het di eppä ds Toggäli 'plaget?« Pfr. Arnold u.a. b) Ein Mann von Attinghausen bekennt mir: »Als ich noch als ganz kleines Kind in der Wiege lag, habe mich, wie mir die Eltern später erzählten, das Toggeli furchtbar geplagt. Ich habe, sagten sie, ein ganzes Schapfli Milch gegeben. Da machtn sie aus roten Tuchlappen ein Kreuz und hefteten es an meine Wiege. Das habe geholfen.« Jos. Imhof c) Andere erzählen, sie hätten in ähnlichen Fällen drei Kreuzchen aus rotem Zeug auf die Wiege oder Bettdecke geheftet. d) Zicklein, die das Toggeli »a'zogä het«1, geben gute Milchgeissen ab. Fußnoten 1 a'ziäh (anziehen) besteht in einer streichenden Behandlung der Zitzen eines jungen Stückes Vieh, die vorgenommen wird einige Zeitlang, bevor man es anfängt zu melken. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Toggeli und die Ziegen

Source: Toggeli und die Ziegen

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 Öfters beobachtet man an Ziegen und Zicklein, dass sie über dem Kreuz die Haare verlieren und dann stellenweise ganz glatt geschoren erscheinen; man sagt dann: »Ds Toggäli het-s' b'schorä.« Jos. Maria Zberg, Silenen, 75 J. alt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Toggeli verschwindet

Source: Toggeli verschwindet

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Zu Schattdorf schliefen zwei Mädchen in einer Kammer. Da kam deren einem das Toggeli, und in seiner Beklemmung langte das Mädchen nach der Brust und bekam da so einen Patsch in die Hände, der war pluderlind wie ein recht fettes junges Kätzchen. Den zerriss es und warf ihn auf den Boden hinaus, dass es platschte. Darüber erwachte auch die Zimmergenossin, und beide standen unverzüglich auf und suchten, konnten aber rein gar nichts finden. Frau Gamma-Gamma, 80 J. alt, u.a. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Toggeli-Aberglauben im Meiental

Source: Toggeli-Aberglauben im Meiental

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Bei uns im Meiental lässt sich das Toggeli hauptsächlich im Hühnerstall merken oder überhaupt bei den Hühnern, denn zur kalten Winterszeit hält man diese öfters in der Stube unter oder auf dem warmen Ofen. Es treibt sie herum, beunruhigt sie, dass sie laut gaggen und schreien und herumflattern. Dem Spuk hilft man damit ab, dass man ein rostiges Messer oder eine rostige Sense inwendig über der Türe einsteckt. Rostig muss das Instrument sein, sonst gilt es nicht. Mit dem Bautzi und mit dem Toggeli hat man uns Kinder auch zu fürchten gemacht. Mit einem vierblätterigen Klee »Toggälichlee« spielen, glaubten wir, vertreibe das Toggeli. Karl Dubacher, 35 Jahre alt, Meien Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Toggelis Aus- und Eingang

Source: Toggelis Aus- und Eingang

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 1. Ein Lediger wurde oft vom Toggeli gedrückt; es war eine furchtbare Plage für ihn. Jemand, dem er es klagte, machte ihn aufmerksam, es werde wohl in der Diele oder Wand ein Loch sein, wo der Unhold hereinkomme. Er suchte und fand richtig in einer Ecke ein Loch, das vom beständigen Aus- und Einschlüpfen ganz glatt gescheuert war. Wie ihm geraten, stand er die folgende Nacht, sobald er das Drücken fühlte, auf, nahm einen gut abgepassten Holzzapfen und schlug ihn kräftig in das verdächtige Loch. Als er am Morgen erwachte, sass auf dem Bänkli ein nacktes Weibervolk und bat ihn flehentlich um Kleider. Er gab ihm welche. Aber es war nicht mehr fortzubringen und blieb da, wurde ihm eine gute Magd und später eine sorgsame Gattin, die ihm sieben Kinder schenkte. Diesen verbot der Vater strenge, je etwas an dem Holzzapfen in der Diele zu machen. Aber nach mehreren Jahren riss ihn doch einmal eines der Kinder beim Spielen aus; sogleich sagte die Mutter zu den Kleinen: »Säget de-n-am Vatter, ds Toggäli syg de wider i ds Niderland und heig-ä nu la griäzä,« schlüpfte durch das Loch davon und wurde nicht mehr gesehen. Zäzilia Gisler-Walker u.a. 2. Zufällig nahm ein Mann einen Zapfen, an dem Kleider aufgehängt waren, aus der Zimmerwand heraus. Da schlüpfte ein Weibervolk aus der Öffnung, blieb im Hause und wurde jenes Mannes Gattin. Jemand aber hatte jene Öffnung geschlossen, nachdem das Weibervolk herausgeschlüpft war. Einst sagte nun diese Frau zu einem ihrer Kinder, es solle den Zapfen herausziehen. Es gehorchte. Kaum war das geschehen, warf die Frau alle ihre Kleider von sich, sagte zu den Kindern: »Säget de-n-am Vatter, d'Mammä syg am Niderland züe,« und verschwand durch das Zapfenloch. Josef Walker, Gurtnellen a) Nach einer Erzählart vom Maderanertal war in jeder der vier Zimmerecken ein Loch. Pfr. Schäffeler b) Jedermann, der in einer bestimmten Kammer im Gammerschwand zu Bürglen übernachtet, wird vom Toggeli geplagt. Wenn man aber in das Astloch in der Wand ein Messer steckt, wird man verschont. Ambros Gisler, Maurer Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Toggelis Ausgang

Source: Toggelis Ausgang

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Ein Spiringer, der schon lange vom Toggeli geplagt worden, umwickelte es eines Nachts, da er's übers Bett kriechen fühlte, plötzlich mit der Federdecke und hielt es fest gefangen. Am Morgen dachte er, es sei tot, und liess die Decke auseinander. In diesem Augenblick sah er etwas durch ein kleines Loch in der Stübliwand entwischen. Frau Bolliger Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Toggelli -Torenmann

Source: Toggelli -Torenmann

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Vor der weissgekalkten Grundmauer des alten Holzhauses mit dem Schwardach und den hell in der Sonne blinkenden Fenstern ist ein Streifchen feiner, trockener und warmer Erde. Darin hat der Hosenstungg Hansel kleine zierliche Trichterchen entdeckt. Mit einem Hölzchen stochert er nun, leicht dem Rande nachfahrend, darin herum und singt ein eintöniges Zaubersprüchlein: „Toggelli, Toggelli, Torenman, Gimmer, was-i virloren han, Sust legen der e g’fiirigi, g’fiirigi Chetti an!“ Das hat der Bub von seinen ältern Kameraden gelernt. Wenn ein Körnchen der feinen Erde auf den Grund des Löchleins rieselt, dann spritzt der verborgene Ameisenlöwe, das Toggelli, einen ganzen Strahl davon den Trichter herauf, und das ist lustig! Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Tot ist tot

Source: Tot ist tot

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In einem entlegenen, einsamen Häuschen auf Seelisberg spukte es; das wusste jeder in der ganzen Gemeinde. Da wetteten sie einst mit einem Schuhmacher, er dürfe gewiss nicht eine ganze Nacht in jenem Häuschen bei einem Toten wachen. Er aber nahm die Wette an; es galt ein schönes Sümmchen Geld. Sie mussten ihm eine Flasche Schnaps und zwei Lichter mitgeben, eines für den Toten und eines für ihn selber. Und so ausgerüstet, machte er sich auf den Weg, nahm seine Schusterwerkzeuge und Schuhe mit und liess sich gemächlich in dem Häuschen nieder und schusterte drauf los. In das Totenbett jedoch hatten sie heimlich statt einer Leiche einen lebenden Menschen gelegt. Auf einmal regte sich dieser unter dem Leintuch, das ihn deckte, und hob ein wenig den Kopf, »hed üffg'g upfet«. Der Schuhmacher schaute so und sagte nichts. Zum zweiten Male hob jener den Kopf. Der Schuhmacher sah es und sagte laut: »Tot isch tot; wenn d'tot bisch, sä gupfisch nimmä!« Nach einer Weile regte es sich wieder unter dem Leintuch. Da rief der Schuhmacher ein bischen ernsthaft: »Jä, ich ha g'säit: tot isch tot; wenn d'nu einisch gupfisch, sä schlah-n-i mid-em Chlopfhammer dri!« Und wirklich, nach einer längeren Pause gupfet's zum vierten, aber auch zum letzten Male. Der »Schüehni« ergreift den Klopfhammer und schlägt auf den Kopf los, indem er dazu sagt: »Jetz bisch g'wiss tot.« Am folgenden Morgen fanden sie dann einen wirkliche Leiche auf dem Totenbett. Zacharias Zurfluh, Frz. Aschwanden u.a. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Totenprozession (Baltschieder)

Source: Totenprozession (Baltschieder)

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In Baltschieder wohnte eine Schneiderin; ich könnte den Namen nennen. Immer vor den hohen Kirchenfesten hatte sie schrecklich viel Arbeit, so dass sie oft bis um zwei Uhr morgens arbeiten musste. Einst, so erzählte sie mir selbst, sei es so gegen ein Uhr gewesen, kurz vor Weihnachten. Da dünkte sie, es töne wie Trommeln und Pfeifen. Das kam immer näher und näher, und schliesslich hörte sie es ganz nahe. Sie stand auf, ging ans Fenster, öffnete es und schaute hinaus, was da sei. Und da seien knapp vor ihrem Haus auf dem Baltschiedertalweg eine Menge Leute vorbeigezogen, vorne mit Pfeifern und Trommlern. Es folgten viele Leute nach, die so brummten, man wusste nicht, ob sie beteten oder miteinander redeten. Die Schneiderin ging zur Mutter und weckte sie, sie solle aufstehen und kommen, da seien so viele Pfeifer und Trommler, da sei sicher irgendwo ein Fest. Die Mutter aber sagte: «Schliesse nur das Fenster und geh jetzt schlafen! Das habe ich vor den grossen Festtagen schon oft gesehen. Das ist der Gratzug!» Die Schneiderin war damals so dreissigjährig. BALTSCHIEDER Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Totenprozession (Bellwald)

Source: Totenprozession (Bellwald)

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Diesen Mann kannte ich noch gut, als ich schon erwachsen war. Er ist 1908 gestorben. Der wohnte in den Bodmen und kam einmal in der Nacht heim, wahrscheinlich von Fiesch her. Als er im "Balebach" über die Brücke schritt, geriet er da auch in den Gratzug. Voran zog ein hässliches, grosses Tier mit aufgesperrtem Rachen und weiss Gott in was für einer Gestalt und Hässlichkeit. Der gute Mann meinte, jetzt sei er futsch, und er machte noch ein Kreuzeichen und eine gute Meinung. Darum musste das Tier unterhalb der Brücke durch. Sonst wäre es dem Mann wahrscheinlich schlecht gegangen. So passierte ihm nichts. Nur, als er heimkam und die Stubentüre öffnete, fiel er der Länge nach über den Boden hin und verlor den Sinn. Das war der alte Hansjob, der Johann Joseph Holzer. Hier im Volk heisst das Gratzug, weil sie jede Nacht über neun Gräte und neunundneunzig Friedhöfe wandern mussten. In der Walliser Sage nennt man das Totenprozession.   Ein Mann aus Bellwald hirtete in der Schlettru gegen Niederwald das Vieh. Der kehrte am Abend nicht nach Bellwald zurück, sondern schlief im Stall. Einmal blickte er in der Nacht zu einem kleinen Guckloch hinaus. Und da kam auch diese Totenprozession, und er schaute ihr zu, wie sie betend vorbeizogen. Zuletzt war einer, auf einem Hahn sitzend. Das kam diesem Bellwalder eher spasshaft vor, und er meinte: «Dü bischt e Narr und plibscht e Narr!» Da sprach eine arme Seele zur andern: «Gang abe da ga denu Tubul istoossu!» Auf der Stelle erblindete der Zuschauer an dem Auge, womit er hinausgeschaut hatte. Am andern Tag ging dieser Mann zum Pfarrer und erzählte ihm betrübt die Geschichte. «Ja, das ist eine böse Sache, das hättest du nicht sagen sollen!» mahnte der Pfarrer. Er merkte sich aber das Datum, es war im Jahre 1897, und er befahl ihm: «In einem Jahr, am genau gleichen Abend, gehst du wieder in diesen Stall und schaust hinaus. Sobald du diesen Mann wieder siehst, sprichst du ihn an: «Dü bischt sälig und plibscht sälig!» Nun gut, das Jahr ging vorbei. Am gleichen Abend schaute der Bellwalder zum Guckloch hinaus und erblickte auch wieder die Prozession. Am Schluss ritt der Mann auf dem Hahn. Der Bauer rief: «Dü bischt sälig und plibscht sälig!», und gleich darauf befahl die arme Seele der andern: «Gang abu ga denu Tubul üssazieh!» Sogleich sah der Mann wieder.   Dass es einen Gratzug gibt, das stimmt. Es sind noch nicht allzu viele Jahre, als ein gewisser Holzer aus Bellwald drin gekommen ist. Ich kannte ihn noch selbst. Dieser Holzer musste die ganze Nacht mitwandern und sah in der Prozession auch noch lebende Bellwalder. Am Morgen stand er beim Betenläuten in der obern Matte. Bald darauf starb er.   Der Gratzug zog nordwärts des Dorfes vorbei den "Balebach" hinunter, diesseits der Bodmen. Da soll einst ein Bellwalder in der Nacht vorbeigegangen und über dieses Brücklein geschritten sein. In diesem Augenblick kam der Gratzug. Der Mann benahm sich aber nicht korrekt und bückte sich. Da schritt ein Totes über ihn hinweg, und von da an blieb der Mann zeitlebens gebückt. Er konnte sich nie mehr strecken. Es soll in der Geisterstunde zwischen zwölf und ein Uhr vorgekommen sein. BELLWALD Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch     BELLWALD Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Totenprozession (Binn)

Source: Totenprozession (Binn)

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Der Gratzug oder die "Alpusidla" kam früher im Frühling aus den Alpen heraus, und im Herbst, wenn das Vieh wieder im Dorf war, zog die Alpusidla wieder hinein. Sie zog durchs Dorf, und es tönte, wie wenn viele Senntümer miteinander durchgezogen wären. Man sah aber nichts. BINN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Totenprozession (Grächen)

Source: Totenprozession (Grächen)

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Auf der obern Egge in Grächen hörte einst ein Mann am Abend die Totenprozession vorbeiziehen. Er war gerade am Auskleiden, wollte die armen Seelen aber doch am Fenster betrachten. Die Toten zogen betend vorbei. Er kannte niemand, bis ihm einer am Schluss bekanntlich vorkam; der trug noch einen Strumpf in der Hand. Wie die Prozession vorbei war, merkte der Mann, dass er selber noch einen in der Hand hielt. Er wusste jetzt, was das zu bedeuten hatte. GRÄCHEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Totenprozession (Herbriggen)

Source: Totenprozession (Herbriggen)

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An der Totenprozession mussten arme Seelen ihre Sünden abbüssen. Sie hatten drei Wege: einen im Grund einen Mitte Berg und einen unter dem Gletscher. Diejenigen, die zu Lebzeiten den Leuten im Dorfe geschadet hatten, die mussten auch dort zurück zum Büssen. Wer Holz gefrevelt und Waser gestohlen hatte, der musste Mitte Berg büssen. Unter dem Gletscher hatten jene zu leiden, die zu Lebzeiten nicht in Regen, Schnee und Kälte hatten stehen müssen. Wenn jemand solchen armen Seelen begegnete, musste er sagen: «Arme Seele, dass du weder über mich noch dich Gewalt hast, sage mir, was fehlt dir?» Waren die Geister in Menschengestalt, konnte man ihnen helfen, denen in Tiergestalt aber nicht mehr. HERBRIGGEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Totenprozession (Lax)

Source: Totenprozession (Lax)

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Ein gewisser Josef Fux, ein guter Schreiner, kam einmal des Abends zwischen neun und zehn Uhr von Ernen zurück. Er zog über die Brücke zwischen Ernen und Lax und kam gegen den Bach an die Strasse. Als er in diesen Bach gelangte, zog da eine ganze, grosse Prozession daher. Er sprang sofort auf die Seite und kniete sich neben die Strasse. Dieser Fux, er stammte aus dem Vispertal, erzählte nachher er habe viele Leute des Gratzuges gesehen, die er noch zu Lebzeiten selbst gekannt habe. Ihm sei sonst nichts passiert, nur habe er am andern Tag das Gesicht voll Ausschlag gehabt. Einzelne beteten. Die einen sagten: «Gelobt sei Jesus Christus», die andern: «In Ewigkeit Amen». In Dreierreihen seien sie gekommen. Er habe mindestens fünf Minuten lang warten müssen, bis alle vorbeigezogen seien. Der Zug kam von oben herunter. Das war so um 1896 LAX Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Totenprozession (Reckingen)

Source: Totenprozession (Reckingen)

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Die Schwester des alten Thenen arbeitete in einer Wirtschaft in Reckingen als Kellnerin. Sie war abends um elf Uhr noch in der Wirtschaft und wollte grad schließen. Im letzten Moment kamen aber Gäste, und sie musste wohl oder übel bleiben, wenn auch ungeduldig. So gegen zwölf Uhr wollte sie endlich schliessen. In diesem Augenblick hörte sie draussen Leute, und sie dachte sich: «Jetzt kommen da um diese Zeit noch Schildchnächt (Nachtbuben, Abendsitzer).» Sie blickte durchs Fenster und sah einen Haufen weisse Gestalten, die durch die Wintergasse herauf gegen die Kirche schritten. Das war der Gratzug. Sie konnte die Gestalten deutlich unterscheiden, kannte sie nicht, hörte sie aber beten. RECKINGEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Totenprozession (Ried-Mörel)

Source: Totenprozession (Ried-Mörel)

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Unter Gratzug verstand man an einigen Orten auch ein Gequietsche von Ferkeln, dazu schöne Musik mit Klarinett und Jauchzen. Im Ober Äbnet hatte eine Frau ein Mutterschwein und viele Ferkel. Eines Abends, als es schon eindunkelte, hörte sie die Schweine vor dem Hause. Sie schaute hinaus und sah richtig alle Tiere vor dem Stall. Sie wollte sie wieder in den Stall bringen und packte ein Ferkel nach dem andern, um es in ihre Schürze zu nehmen. Hatte sie es aber drin, entwischte es ihr im gleichen Augenblick, und sie brachte kein einziges in den Stall zurück. Nach langem Abmühen schaute sie im Stalle etwas nach und bemerkte zu ihrem grossen Erstaunen, dass alle Tiere da seien. Das war der Gratzug; sie hörte jetzt, wie die Schweine unter Geschrei hinauf in den Wald verschwanden. Oft hörte man es auch nur spielen wie Musik, oder man vernahm das Geräusch von vielen Vögeln oder ein Jammern. RIED-MÖREL Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Totenprozession (Törbel)

Source: Totenprozession (Törbel)

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Der Gratzug, das war nicht dasselbe wie Totenprozession. Der Gratzug, das waren böse Geister, denen man nicht mehr helfen konnte. Erwischte der jemand, hängte er ihm eine Krankheit, einen Ausschlag oder ein gichtähnliches Leiden an. Man nannte es auch "d Winna". Diese bösen Geister waren aber nicht mehr würdig den Erdboden zu berühren. Darum kam der Gratzug immer ungefähr einen halben Meter über dem Boden. Wenn man sich sofort auf die Erde legte, konnte er nichts schaden. TÖRBEL Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Totenprozession (Ulrichen)

Source: Totenprozession (Ulrichen)

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Ein Gertschen, er ist 1910 gestorben, erzählte mir selbst folgendes: Man hatte eine Prozession in den Ernerwald angesagt; ich weiss aber nicht mehr, um Regen oder Sonnenschein zu erbitten. Da dachte sich dieser Gertschen in der Nacht: «Ich gehe jetzt hier hinauf an den Weg und warte da, bis sie talabwärts kommen.» Damals führte die Talstrasse noch mitten durchs Dorf, die heutige Furkastrasse existierte noch nicht. Als er an diesen Prozessionsweg kam, waren da schon viel Leute, die beteten und sangen. Gertschen dachte bei sich: «Dascht jetz öi karios, was sind jetz das fer Lit?» Er kannte niemand. «Der erste, den ich kenne, zu dem gehe ich dann zu Paar!» Er schaute weiter und weiter, immer kamen Leute in weissen Kleidern, aber er kannte niemand. Nicht einmal vom Fleck konnte er sich rühren, bis die Kirchenglocke zum Beten läutete. Da sah er aber keinen einzigen Menschen mehr, er war ganz allein. ULRICHEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Totenprozession (Visp)

Source: Totenprozession (Visp)

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Eine Strecke vor dem grossen Kehr in Visp scheute einst einem Fuhrmann sein Pferd und fiel unter den Weg. Der gute Mann konnte es nicht retten und stand trostlos da. Da wandte er sich zu den armen Seelen um Hilfe. Und er hörte sogleich ein gewaltiges Geräusch, begab sich auf die Strasse und sah dort den Totenzug vorbeiziehen. Er fasste Mut und sprach die Toten um Hilfe an. Diese erklärten ihm: «Wir können dir nicht helfen, wir müssen eilen. Die ersten sind schon auf dem Siwiboden, die letzten aussen im Kehr. Von diesen kann dir geholfen werden!» Und richtig, als der Totenzug geendet hatte, stand sein Pferd wieder gesund auf der Strasse, und der Mann konnte heimkehren. Der Zug soll nach Visperterminen, Gspon und Siwiboden durch neun Stafel gezogen sein. VISP Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Totenprozession in Sitten

Source: Totenprozession in Sitten

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Viel wird unter dem Volke erzählt von Totenprozessionen und mitternächtlichen Geisterwanderungen. Es gibt manche Personen, meist weiblichen Geschlechtes, auch Temper-(Quatember-) Kinder genannt, welche eine eigene Gabe haben, solche Prozessionen zu schauen. Da sind es oft lange Reiben von unbekannten Toten, an die sich die Gestalten einiger bekannter Verstorbenen oder noch Lebenden anschliessen, von denen man vermutet, dass sie als die Ersten ins Geisterreich hinüberwandern werden. Uns auffallend ist es, dass diese Totenschau nicht selten sich erwahrt. Oft werden auch Lebende hineingezogen und müssen mitwandern. So ging es einem Manne in Sitten, als er eines Abends spät über den Kirchhof wandelte. Wie er bei der grossen Kirchtüre vorbei wollte, trat eben ein langer Zug verschleierter und in weisse Kleider gehüllter Beter heraus, der sich nach der St. Theodulskirche richtete. Alle trugen brennende Kerzen in den Händen und es war als rauschte gewaltiger Wind durch die Wipfel der Bäume. Als der Letzte aus der Kirche trat, bot er dem stummen Beobachter auch eine brennende Kerze. Wie er die Kerze anfasste, durchrieselte kalter Schauer seine Glieder; er wollte fliehen und doch zog es ihn hin, den geheimnissvollen Zug zu dieser ungewöhnlichen Stunde mitzumachen. Er nahm sich ein Herz und ging mit. Eben schlug es zwölf Uhr und die dumpfen Schläge mischten sich seltsam in den unverständlichen Chor der Beter. Die ganze Theodulskirche stand in hellen Flammen und schien dicht gefüllt; unser Erzähler befand sich allein da unter Unbekannten, obwohl ihm mehrere Gestalten als ganz bekannt vorkamen. Eine Stunde verging, er wusste nicht, wie lang oder kurz sie war, so hatte ihm das seltsame Schauspiel die Sinne verwirrt. Und mit Schlag ein Uhr, husch! da löschen alle Kerzen aus, und durch die öden Räume rauscht es wie wenn Schädel und Totengerippe an einander stossen, und der verwegene Beobachter befindet sich ganz allein in der stockfinstern Nacht und hält statt der Kerze einen Knochen in der Hand. — Die St.-Theodulskirche blieb früher Tag und Nacht offen, weil da dasTodesangstglöcklein geläutet wird, wenn jemand stirbt. (erzählt von Professor Henzen)   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Toter hält sein Versprechen

Source: Toter hält sein Versprechen

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Noch zu Menschengedenken lebten in der Schmidgasse zu Wassen zwei Brüder oder Freunde, die einander gelobten, nach dem Tode zu kommen und zu rufen: »Ich bi de tot.« Später wanderte einer von ihnen nach Amerika aus. Dort starb er, und richtig hörte ihn eines Abends der andere zu Wassen rufen: »Hans, ich bi de tot.« Auch meine Mutter hat's gehört. Das ist denn aber wahr. Emil Baumann-Muther Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Tredeschin

Source: Tredeschin

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Es waren einmal ein Mann und eine Frau, die hatten dreizehn Kinder. Als das dreizehnte geboren war, sagte der Vater zur Mutter: «Ich weiss gar nicht, was für einen Namen wir ihm geben sollen; alle Namen unserer Verwandten sind schon vergeben; wie soll er bloss heissen?» Die Mutter antwortete: «Weisst du was? Er soll Tredeschin, der kleine Dreizehn heissen.» Und tatsächlich der Bub wurde Tredeschin getauft. Tredeschin wurde mit der Zeit ein sehr aufgeweckter Bub, nur wuchs er kaum – er blieb immer der Kleinste. Schon früh vertiefte sich Tredeschin in die Bücher, und er erzählte wunderschöne Märchen. Auch Musik hatte er sehr gern: er konnte ausgezeichnet singen und Geige dazu spielen. Bei den Abendunterhaltungen spielte er den Langaus und viele andere Tänze. In seinen Büchern las er viel über die Schönheiten Frankreichs, und eines Tages bekam unser Tredeschin Lust, die Welt zu sehen. Er sagte zu seinem Vater: «Vater, ich will nach Frankreich gehen und schauen, ob der König Ludovic vielleicht einen Stallknecht braucht.»  Der Vater hatte nichts dagegen, und nachdem er sich von all seinen Verwandten und Bekannten verabschiedet hatte, machte sich Tredeschin auf den Weg. Jetzt ging er und ging und ging immer weiter, bis er eines schönen Tages in eine prächtige Stadt in Frankreich kam. Er trat in eine etwas schäbige Wirtschaft und fragte den Wirt, wo er den König Ludovic finden könnte. Der Wirt sah ihn an und antwortete: «Das will ich Euch gern sagen, junger Mann: Schaut dort drüben, jenes schöne Haus, das ist der Palast des Königs Ludovic. Wartet ein wenig: Der Knecht wird sogleich aus dem Stall kommen und die Kühe des Königs tränken; dann könnt Ihr ihn fragen, ob er eine Stelle für Euch hat.»  Tredeschin dankte dem Wirt, und zum Zeitvertreib nahm er die Geige hervor und begann so schön zu singen, dass alle Gäste ihn lobten und lobten - alle gaben ihm Wein und hatten ihre Freude an diesem schönen Burschen. Tredeschin war zwar immer noch klein, doch aus ihm war ein sehr schöner junger Mann geworden. Nach einer Weile stand er auf, nahm die Geige und ging zum Palast. Eine der Wachen trat her und fragte ihn, was er wolle. Tredeschin sagte, er möchte Stallknecht beim König werden. Gerade in diesem Augenblick kam der Altknecht aus dem Stall mit vielen schönen Kühen, die prächtige Glocken trugen. Unser Tredeschin ging zum Knecht und fragte ihn ganz bescheiden, ob er nicht eine Stelle für ihn habe. Der Altknecht musterte ihn von Kopf bis Fuss; dieser Bursche gefiel ihm nicht schlecht. Also sagte er: «Kommt mit mir in den Stall!» Dort setzten sie sich auf eine Bank, und der Alte fragte Tredeschin nach dem Namen und sagte ihm, er wolle ihn gerne als Knecht nehmen, aber er müsse zuerst den Schreiber fragen. Tredeschin war ganz vergnügt und begann sofort, sich nützlich zu machen. Jedes Mal, wenn eine Kuh einen Fladen fallen liess, holte er schnell den Besen und wischte den Fladen weg. Das gefiel dem Alten sehr gut, und er lud Tredeschin ein, mit den Knechten Kaffee zu trinken. Da begann Tredeschin zu pfeifen, zu singen und auf der Geige zu spielen. Alle freuten sich über diesen guten Sänger, sogar der Schreiber, der zu den Knechten herunter kommen war. Sie liessen Tredeschin keine Ruhe: Er musste alle Lieder singen, die er kannte. Tredeschin wurde nun als Stallknecht angestellt und fühlte sich wohl, denn alle hatten ihn sehr gern. Abends, wenn er in den Hof des Königs hinausging, um die Kühe zu tränken, sang er jedes Mal, dass es eine Freude war. Einmal war der König gerade am Fenster und hörte diesen schönen Gesang. Er rief seine Frau und seine Tochter, damit auch sie zuhören konnten, und fragte den Schreiber, wer das sei. Der Schreiber antwortete: «Das ist der neue Stallknecht.» Da meinte der König: «Es ist doch schade, einen so guten Sänger im Stall zu lassen; geht sofort hinunter und holt ihn.» Der Schreiber ging in den Stall und schickte Tredeschin zum König. Tredeschin nahm also seine Geige, und nachdem er sich umgezogen hatte, ging er hinauf in die Stube des Königs. Dort begann er dann zu singen und zu spielen, so dass alle hingerissen waren. Der König nahm ihn bei der Hand und sagte ganz freundlich zu ihm: «Wisst Ihr was, mein junger Mann? Ihr bleibt mir nicht länger im Stall. Ich will Euch Musikstunden geben lassen.» Jetzt war Tredeschin natürlich überglücklich und dankte dem König von ganzem Herzen. Es ging nicht lange, so hatten alle Tredeschin gerne, denn er blieb immer bescheiden und ohne Hochmut. In kurzer Zeit wurde er zweiter Schreiber des Königs. Nach einiger Zeit geschah es, dass der König auf einmal unzufrieden und krank wurde. Er konnte nachts nicht mehr schlafen und wurde von Tag zu Tag missmutiger. Immer dachte er an seinen Feind, den Türken, der ihm im letzten Krieg seinen schönen Schimmel gestohlen hatte. Dieser Schimmel ging ihm ständig im Kopf herum. Und schliesslich liess er verkünden, wer im Stande sei, ihm den Schimmel zurückzubringen, der bekomme entweder seine Tochter zur Frau oder die Hälfte seines Vermögens. Unser Tredeschin las dieses Schreiben und überlegte lange, wie es möglich wäre, den Schimmel zu kriegen. Eines Tages verliess er die Stadt und gelangte in einen dichten, dichten Wald. Er ging immer weiter vorwärts, und auf einmal sah er ein Wildmännlein vor sich. Das Männlein fragte ihn: «Was suchst du in meinem Wald?» Tredeschin erzählte ihm, er finde Tag und Nacht keine Ruhe, da er immer den schönen Schimmel des Königs im Kopf habe. Da antwortete das Wildmännlein: «Ich will dir helfen, doch du musst mir versprechen, dass du heute in einem Jahr zur gleichen Stunde hierher kommst, um mich zu treffen.» Tredeschin versprach dies. Da riet ihm das Männlein, wenn er in die Türkei gehe, solle er sich als Weinhändler verkleiden und Wein mit einem Schlafmittel drin mitnehmen, weiter brauche er Watte, um darin die Hufe des Schimmels einzupacken. Glücklich und zufrieden kehrte unser Tredeschin in die Stadt zurück, ging zum König und sagte ihm, er wolle in die Türkei und den schönen Schimmel holen. Der König war sehr vergnügt, nur die Königin und besonders die schöne Prinzessin wollten Tredeschin nicht ziehen lassen. Trotzdem reiste er ab, und für lange Zeit kam er nicht mehr zurück. Nach einer langen Schiffsreise gelangte er eines Abends spät in die Türkei. Er war als Händler verkleidet und hatte eine Kiste mit sehr gutem altem Wein bei sich. Er ging sofort zum Hof des Türken und fragte einen Diener, ob er nicht im Stall schlafen könne. Die Knechte liessen ihn eintreten und gaben ihm sogar etwas zum Abendessen. Tredeschin schaute sich im Stall um und konnte das schöne Vieh des Türken nicht genug loben. Im Gespräch fragte er den Altknecht: «Pferde habt Ihr keine?» Doch der Alte wollte kaum mit der Sprache herausrücken; er sagte nur: «Die sind in einem andern Stall.» Jetzt setzten sich alle um den Tisch, und Tredeschin begann, ihnen seinen guten Wein auszuschenken; fürs erste solchen ohne Schlafmittel. In kurzer Zeit waren sie angeheitert, und der Alte nahm unsern Tredeschin beiseite und sagte leise zu ihm: «Kommt mit mir, junger Mann, obwohl es nicht erlaubt ist, einen Fremden in den Stall zu lassen, Euch will ich die Pferde zeigen.» Tredeschin lobte die schönen Tiere und fragte: «Schimmel habt Ihr keine?» Der Alte, der schon recht betrunken war, sagte: «Nun denn, wenn Ihr wollt, will ich Euch den Schimmel zeigen, obwohl mich dies den Kopf kosten kann.» Er ging mit Tredeschin in einen kleinen Stall, wo ausser dem Schimmel des Königs von Frankreich kein anderes Pferd stand. Tredeschin schaute sich überall gut um. Dann kehrten sie zu den andern Knechten zurück, und jetzt nahm Tredeschin jenen Wein mit dem Schlafmittel hervor. Sie tranken weiter, aber allmählich schlief einer nach dem andern ein, bis alle mit den Köpfen auf dem Tisch lagen und wie die Murmeltiere schliefen. Jetzt nahm Tredeschin die Watte, ging zum Stall mit dem Schimmel hinüber, packte seine Hufe in Watte ein und führte ihn zu seinem Schiff. Aber auf einmal begann  der Papagei des Türken, der immer in der Küche war, aus vollem Hals zu schreien: «Türke, Türke! Tredeschin haut mit dem schönen Schimmel ab!» Der Türke erwachte darob, sprang im Hemd ans Fenster und schrie hinaus: «Tredeschin, schlauer Dieb, Wann kommst du zurück?» Tredeschin flüsterte mit leisem, leisem Stimmlein: «Heute in einem Jahr, Mir zum Nutzen, dir zum Schaden!» Und auf und davon mit dem Schimmel! Jetzt könnt ihr euch denken, wie fest man sich in Frankreich freute, als Tredeschin eines schönen Tages mit dem Schimmel heimkam. Der König dankte ihm überschwänglich - aber vom Vermögen oder von der Tochter sagte er nichts, weil er wusste, dass Tredeschin zu bescheiden war, um selbst darum zu bitten. So vergingen ein paar Monate. Eines Tages begann der König wieder unzufrieden und gereizt zu werden. Er dachte an seine schöne Bettdecke aus blauem Brokat, welche die Soldaten des Türken ihm im selben Krieg gestohlen hatten. Auch diesmal liess er in einem Schreiben verkünden, wer ihm die Decke zurückbringe, erhalte seine Tochter zur Frau oder die Hälfte seines Vermögens. Das geschah gerade ein Jahr später, als Tredeschin in die Türkei gegangen war, und er dachte an das Wildmännlein und an das Versprechen, das er ihm gegeben hatte. Er machte sich also auf den Weg, kam wieder in jenen grossen, dichten Wald und traf dort das Männlein. Nun fragte Tredeschin, wie er es anstellen müsse, um die Decke vom Bett des Türken herunterzuholen Das Männlein gab ihm eine Stoffrolle und sagte: «Wenn du in der Türkei vor dem Fenster des Türken stehst, so rolle den Stoff aus, du wirst darin eine Leiter finden, womit du in sein Schlafzimmer steigen kannst.» Tredeschin nahm die Rolle und kehrte glücklich und zufrieden in die Stadt zurück. Als der König hörte, dass Tredeschin wegen der Decke nochmals in die Türkei gehen wollte, freute ihn dies sehr, und er sagte zu ihm: «Wenn du mir auch die Decke zurückbringen kannst, so bekommst du auf jeden Fall entweder die Prinzessin oder die Hälfte meines Vermögens.» Tredeschin reiste ab und gelangte eines Abends müde und abgeschlagen in die Türkei. Ohne Zeit zu verlieren, ging er sofort zum Palast des Türken. Unter dem Schlafzimmerfenster nahm er den Stoff hervor und begann ihn auszurollen. Wie das Männlein gesagt hatte, war eine Leiter drin. Tredeschin nahm ganz leise einen Tritt nach dem andern hinauf bis unters Fenster. Als er sah, dass das Zimmer leer war, sprang er hinein, band eine feine lange Schnur an die Decke, dann stieg er wieder die Leiter herunter. Jetzt versteckte er sich in einer Mauernische unter dem Fenster und wartete, bis die zwei Palastwachen weg waren und der Türke und die Türkin zu Bett gingen. Es ging nicht lange, so kamen sie, legten sich ins Bett, und bald begannen sie zu schnarchen wie die Heuer. Nun packte unser Tredeschin die Schnur, die er an die Decke gebunden hatte, und zog daran. Die Türkin erwachte, versetzte dem Türken einen Stoss und schrie: «Was ziehst du mir die Decke weg?» - «Was zum Teufel», brüllte der Türke, «nicht ich habe daran gezogen, du bist es gewesen.» Sobald sie wieder eingeschlafen waren, gab Tredeschin wieder einen Ruck. Jetzt plusterte sich die Türkin auf und schrie: «Rupf doch nicht immer die Decke weg!» Der Türke schrie zurück: «Bist du verrückt geworden? Nicht ich habe daran gezogen, du rupfst immer daran und lässt mich nicht einmal nachts in Ruhe!» Nun begannen sie zu schimpfen und zu streiten, da gab Tredeschin einen so starken Ruck, dass die Decke aus dem Fenster fiel. In ihrer Wut merkten der Türke und die Türkin nichts, und Tredeschin rannte ganz schnell mit seiner Decke hinunter zum Meer. Aber auch dieses Mal begann der Papagei aus vollem Hals zu schreien: «Türke, Türke, Tredeschin haut mit der schönen Decke ab!» Kaum hörte das der Türke, so sprang er im Hemd ans Fenster und brüllte wütend hinaus: «Tredeschin, schlauer Dieb, Wann kommst du zurück?» Tredeschin schrie zurück: «Heute in einem Jahr, Mir zum Nutzen, dir zum Schaden!» Und auf und davon mit der Decke! Als Tredeschin nach einer beschwerlichen und langen Reise in die Stadt des Königs kam, freuten sie sich im Palast sehr über die Decke. Der König dankte ihm überschwänglich - aber von seinem Versprechen wollte er auch diesmal nichts wissen. So verging wieder ein Jahr, und eines Abends fragte ihn Tredeschin in aller Höflichkeit nach seinem Lohn. Jetzt wusste der König kaum mehr, was sagen. Da kam ihm der Gedanke, den armen Tredeschin noch einmal in die Türkei zu schicken. Also sagte er: «Ja, ich will dir geben, was du verlangst, aber nur unter einer Bedingung: Du musst noch einmal zum Türken und mir meinen gestohlenen Papagei, der sprechen kann, zurückbringen.» Bei sich selbst dachte der König: «Diesmal kehrt der nicht mehr zurück, diesmal erwischen sie den sicher, dann habe ich meinen Schimmel und meine Decke, ohne dass es etwas gekostet hat!» Tredeschin ging wieder in den Wald zum Wildmännlein und bat um Rat. Das Männlein sagte zu ihm: «Hab keine Angst, ich will dir helfen: schau, hier hast du eine Schachtel Bonbons mit Schlafmittel drin. Nimm die mit und gib sie dem Papagei.» Tredeschin machte sich wieder auf den Weg, obwohl die Prinzessin damit ganz und gar nicht einverstanden war. Diesmal zog er zerlumpte Kleider an, so dass er wie ein Bettler aussah. Abends spät gelangte er in die Türkei und schlich sich in den Palast, ohne dass die Wachen ihn bemerkten. Er ging sogleich in die Küche und bat mit trauriger Miene die Köchin: «Oh, um Gottes willen, gebt mir etwas zu essen; seit ein paar Tagen schon habe ich nichts Warmes gegessen.» Die Köchin hatte Erbarmen mit diesem armen Teufel und gab ihm einen Teller warme Suppe. Während er seine Suppe ass, kam der Diener des Türken in die Küche. Er sah diesen Bettler, schaute ihn ein wenig genauer an, und auf einmal rief er: «Packt diesen Dieb, packt diesen Dieb!» Jetzt versammelten sich alle Diener und die Kammerfrauen und am Ende kam auch der Türke. Sobald der Türke Tredeschin sah, brüllte er: «Fesselt ihn sofort, erwürgt ihn, erhängt ihn, zermahlt ihn!» Tredeschin fiel auf die Knie und bat: «Macht mit mir, was ihr wollt, doch habt Mitleid und fesselt mich nicht mit einem Strohseil, denn ich bin kitzlig am Bauch, und das wäre mein schrecklichstes Ende.» Da schrie der Türke: «Genau so sollst du verrecken! Packt ihn und fesselt ihn mit einem Strohseil an die Küchentür!» Gesagt, getan, und Tredeschin schrie und bettelte um sein Leben. «Diese Nacht kannst du noch am Leben bleiben», sagte der Türke, «doch morgen früh wirst du gehängt!» Kaum war Tredeschin allein, schnitt er das Strohseil durch. Er ging hinüber zum Papagei, der wie immer in der Küche in seinem goldenen Käfig sass, und fragte ihn flüsternd: «Papagei, willst du Bonbons?» Sofort antwortete der Papagei: «Aber sicher, aber sicher!» So frass der Papagei ein paar Bonbons und fiel sogleich in tiefen Schlaf. Jetzt packte unser Tredeschin den Käfig samt dem Papagei, sprang aus dem Fenster und rannte, so rasch er konnte, zu seinem Schiff. Aber kaum hatte er sich eingeschifft, da erwachte der Papagei und begann zu schreien: «Türke, Türke, Tredeschin haut mit mir ab!» Der Türke sprang wieder im Hemd ans Fenster, halb verrückt vor Wut, und brüllte: «Tredeschin, du Schuft Wann kommst du zurück?» Tredeschin rief zurück: «Nie mehr, nie mehr!» Und auf und davon mit dem Papagei! Unterdessen hatte der König von Frankreich keine schönen Tage mehr. Die Frau und vor allem seine Tochter machten ihm ständig Vorwürfe, weil er den armen Tredeschin zum dritten Mal in die Türkei geschickt hatte. Die Tochter litt grossen Kummer, weil sie sich fest in unsern armen Tredeschin verliebt hatte. Jetzt könnt ihr euch vorstellen, wie sich alle freuten, als eines schönen Tages Tredeschin gesund und munter mit dem Papagei heimkam. Der König nahm ihn bei der Hand und sagte: «Jetzt hast du meine Tochter verdient.» Es ging nicht lange, so wurde im Palast eine wunderschöne Hochzeit gefeiert. Man ass, trank und tanzte die ganze Nacht, und alle genossen das Leben in fröhlicher Runde, und das Märchen ist zu Ende. (Oberengadin) Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Tredeschin

Source: Tredeschin

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Es waren einmal ein Mann und eine Frau, die hatten dreizehn Kinder. Als das dreizehnte, ein schöner Knabe, geboren wurde, sagte der Vater zur Mutter: »Ich weiß wahrhaftig nicht, was für einen Namen wir ihm geben sollen. Die Namen der Verwandten haben wir bei den zwölf anderen schon aufgebraucht; wie könnten wir ihn nur nennen?« Die Mutter erwiderte: »Er ist der dreizehnte, so nennen wir ihn halt Tredeschin.« Und wirklich, sie tauften ihn Tredeschin, Dreizehnerlein. Es zeigte sich nun bald, dass Tredeschin der Gescheiteste von allen war; nur mit dem Wachsen ging es nicht recht vorwärts, er blieb immer der Kleinste. Schon früh begann er, sich an die Bücher heranzumachen, und bald konnte er viele herrliche Geschichten erzählen. Das war aber nicht alles. Tredeschin hatte auch eine sehr schöne Stimme. Wenn er sang, lauschte jung und alt; und spielte er auf seiner Geige zum Tanz auf, hüpften Knaben und Mädchen noch einmal so hoch wie sonst. In seinen Büchern las er viel vom schönen Frankreich, und eines Tages packte ihn die Lust, die Welt zu sehen. Er sagte zum Vater: »Vater, ich will nach Frankreich und dort versuchen, ob König Ludwig mich als Stallknecht in seinen Dienst nimmt.« Der Vater hatte nichts dagegen, und so nahm Tredeschin von allen Verwandten und Freunden Abschied und machte sich auf den Weg. Nach langer, mühseliger Wanderschaft kam er eines schönen Tages in eine prächtige französische Stadt. Er ging in eine bescheidene Herberge und fragte den Wirt, wo er den König Ludwig finden könne. Der Wirt sah ihn an und sagte: »Das will ich euch schon sagen, junger Freund. Seht dort das schöne Haus. Das ist der Palast des Königs Ludwig. Wartet ein wenig, der Knecht wird gleich aus dem Stall kommen, um die Kühe des Königs zu tränken. Da könnt ihr ihn fragen, ob er eine Stelle für euch hat.« Tredeschin dankte dem Wirt, und um sich die Zeit zu vertreiben, zog er seine Geige hervor und begann so wunderschön zu spielen und zu singen, dass alle Gäste ihn nicht genug loben konnten. Nach einer Weile stand er auf und ging zum Palast hinüber. Eine Wache stellte sich ihm in den Weg und fragte, was er wolle. Tredeschin antwortete: »Ich hätte Lust, Knecht im Stalle des Königs zu werden.« Da kam gerade der alte Knecht aus dem Stall mit vielen Kühen, die prächtige Schellen am Halse trugen. Tredeschin ging zu ihm und fragte ihn in aller Bescheidenheit, ob er nicht eine Stelle für ihn habe. Der Alte schüttelte zuerst bedenklich den Kopf, als er den Kleinen vor sich sah -Tredeschin war nämlich immer noch sehr klein für sein Alter - aber das hübsche, freundliche Gesicht gefiel ihm doch, und so sagte er: »Komm mit mir in den Stall.« Dort setzten sie sich auf eine Bank, der Alte fragte Tredeschin nach seinem Namen und sagte, er wolle ihn schon als Knecht nehmen, aber erst müsse er noch den Schreiber des Königs fragen. Tredeschin war damit zufrieden und fing gleich an, eine Beschäftigung zu suchen. Er nahm den Besen und putzte den Stall, bis er blitzsauber war. Das gefiel dem alten Knecht ausnehmend gut, und so wurde Tredeschin als Stallknecht angestellt. Er fühlte sich wohl bei seiner Arbeit, und alle hatten ihn gern. Abends, wenn er im Hof des Königs die Kühe tränkte, sang er jedes Mal, dass es eine Freude war. Einmal traf es sich, dass der König gerade am Fenster stand und den schönen Gesang hörte. Er rief die Königin und die Prinzessin, damit sie die prächtige Stimme auch bewundern könnten, und fragte den Schreiber, wer das sei. Der Schreiber antwortete: »Das ist der neue Stallknecht.« Da sprach der König: »Es ist doch jammerschade, einen so guten Sänger im Stall zu belassen. Geht hinunter und holt ihn sofort herauf.« Der Schreiber ging in den Stall und befahl Tredeschin, zum König hinaufzugehen. Tredeschin zog andere Kleider an, nahm seine Geige und ging hinauf in die Gemächer des Königs. Dort begann er so schön zu singen und zu spielen, dass alle staunten. Der König nahm ihn darauf bei der Hand und sagte sehr freundlich: »Wisst ihr was, mein junger Freund? Ihr bleibt mir nicht länger im Stall. Ihr kommt zu mir ins Schloss, und ich werde euch Musikunterricht geben lassen.« Tredeschin war überglücklich, und er dankte dem guten König herzlich. Bald mochten alle den Tredeschin gerne leiden, denn er blieb immer bescheiden und wurde gar nicht stolz. Auch der König gewann ihn lieb und ernannte ihn bald zu seinem zweiten Schreiber. Nach einiger Zeit geschah es, dass der König missmutig und krank wurde. Er konnte nachts nicht mehr schlafen und wurde von Tag zu Tag trübsinniger. Immerfort dachte er an seinen Feind, den Großtürken, der ihm seinen schönen Schimmel im letzten Kriege geraubt hatte. Schließlich ließ er öffentlich bekannt machen, dass derjenige, der imstande sei, den Schimmel zurückzubringen, seine Tochter oder die Hälfte seines Vermögens erhalten solle. Tredeschin las dieses Dekret und dachte darüber nach, auf welche Weise es wohl möglich wäre, den Schimmel aus dem Stall des Großtürken zu stehlen. Er war ein pfiffiger Bursche, und bald kam ihm ein guter Gedanke. So ging er denn zum König und sagte ihm, er wolle ins Land der Türken gehen, um den schönen Schimmel zu holen. Der König war außerordentlich froh darüber, die Königin aber und die junge Prinzessin wollten ihn nicht gehen lassen. Tredeschin machte sich dennoch auf den Weg, und lange, lange sah man ihn nicht mehr. Nach einer beschwerlichen Reise kam er mit dem Schiff eines Abends spät im Türkenland an. Er war gekleidet wie ein Kaufmann und hatte eine Kiste voll alter Weine bei sich. In einige Flaschen hatte er ein starkes Schlafpulver gegeben. Sofort ging er zum Schloss des Türken hinauf und spähte umher, wo der Stall sei. Er fand ihn bald und fragte die Knechte, ob er nicht im Stall übernachten dürfe. Si« ließen ihn ein und gaben ihm zu essen und zu trinken. Tredeschin sah sich im Stalle um und lobte das prächtige Vieh über alle Maßen. Im Gespräch fragte er den Oberknecht: »Habt ihr denn gar keine Pferde?« Aber der Alte wollte nicht recht heraus mit der Sprache; er sagte nur: »Die sind in einem ändern Stall.« Nun setzten sich alle um den Stalltisch, und Tredeschin begann, sie mit seinem guten Wein zu bewirten. Einstweilen gab er ihnen aber solchen, der kein Schlafpulver enthielt. Der Wein war stark und stieg den Knechten bald zu Kopf, besonders der Oberknecht wurde sehr mitteilsam. Er nahm Tredeschin beiseite und sagte ihm ins Ohr: »Kommt mit mir, junger Freund; es ist zwar bei schwerer Strafe verboten, einen Fremden in den Pferdestall zu führen, aber euch will ich doch die Pferde zeigen.« Tredeschin lobte die schönen Tiere und fragte: »Schimmel habt ihr nicht?« Der Alte sagte: »Nun denn, wenn ihr wollt, will ich euch den Schimmel zeigen, obschon es mich den Kopf kosten kann.« Er ging mit Tredeschin in einen kleinen Stall, in dem keine anderen Pferde waren, als der Schimmel des Königs von Frankreich. Tredeschin achtete genau auf alles und sah aufmerksam überall herum. Darauf kehrten sie zu den anderen Knechten zurück, und jetzt nahm Tredeschin die Flaschen mit dem Wein, der das Schlafpulver enthielt. Sie tranken lustig weiter, aber nach und nach fing einer nach dem ändern an einzunicken, bis schließlich alle schliefen wie Murmeltiere, die Köpfe auf dem Tisch. Jetzt zog Tredeschin ein Bündel Watte hervor, das er mitgebracht hatte, ging in den Stall des Schimmels, band dem Pferd die Watte unter die Hufe und lief schnell mit ihm hinunter zu seinem Schiff. Aber auf einmal fing der Papagei, der immer in der Küche war, aus Leibeskräften zu schreien: »Türk, Türk, Tredeschin raubt den schönen Schimmel.« Der Großtürk wachte auf vom Geschrei, sprang im Hemd ans Fenster und schrie hinunter: „Tredeschin, wo läufst du hin? Galgenstrick, wann kommst zurück?“ Tredeschin antwortete mit ganz feiner Stimme: „Übers Jahr, übers Jahr, übers Jahr sehn wir uns beide, mir zu Nutz und dir zu Leide.“ Und auf und davon war er mit dem Schimmel. Ihr könnt euch die Freude vorstellen, die in Frankreich herrschte, als eines Tages Tredeschin mit dem Schimmel ankam. Der König dankte ihm mit vielen Worten, aber vom Vermögen oder von der Tochter sagte er gar nichts. Er wusste sehr wohl, dass Tredeschin viel zu bescheiden war, um selbst danach zu fragen. So vergingen einige Monate. Da begann der König wieder unzufrieden und reizbar zu werden. Er dachte an seine schöne Bettdecke von blauem Brokat, die die Soldaten des Großtürken ihm im gleichen Kriege geraubt hatten. Auch diesmal ließ er verkünden, dass derjenige, der die Decke bringe, seine Tochter oder die Hälfte seines Vermögens erhalten solle. Tredeschin dachte bei sich: »Ist es das erste Mal so gut gegangen, wird es diesmal auch glücken«, und entschloss sich kurzerhand zu diesem Wagnis. Als der König hörte, dass er nochmals ins Türkenland gehen wolle, um auch die Decke zu holen, freute er sich und sagte zu Tredeschin: »Wenn du mir auch die Decke zurückbringst, bekommst du unter allen Umständen die Prinzessin oder die Hälfte meines Vermögens.« Tredeschin brach also auf. Er nahm nichts mit sich als eine Leiter und eine lange Schnur. Eines Abends spät kam er müde und matt im Lande der Türken an. Ohne Zeit zu verlieren, schlich er sich zum Palast. Unter dem Fenster des Schlafzimmers versteckte er sich hinter einer Mauerecke. Bald hörte er, wie der Türke und die Türkin sich zur Ruhe legten. Er wartete noch ein Weilchen, bis er die beiden gewaltig schnarchen hörte. Dann legte er die Leiter an und stieg leise die Sprossen hinauf. Droben sprang er durch das offene Fenster hinein, schlich leise zum Bett, auf dem die schöne blaue Decke lag, und band seine Schnur an einen Zipfel der Decke. Dann stieg er schnell wieder hinunter, und er begann sachte an der Schnur zu ziehen. Die Türkin wachte auf, gab dem Türken einen Rippenstoß und sagte: »Was ziehst du mir die Decke weg?« »Ach dummes Zeug«, antwortete der Türke, »ich habe nicht daran gezogen, du hast daran gezogen.« Sobald sie wieder eingeschlafen waren, zog Tredeschin wieder an der Schnur. Jetzt wurde die Türkin wütend und schrie: »So zieh doch nicht immer an der Decke!« Der Türke antwortete: »Bist du verrückt geworden? Ich habe nicht gezogen, du ziehst in einem fort und lässt mir nicht einmal bei Nacht meine Ruhe.« Nun begannen sie zu zanken und zu lärmen, und währenddessen tat Tredeschin einen so starken Zug an der Schnur, dass die Decke zum Fenster hinausflog. In ihrem Zorn merkten die Streitenden gar nichts, und Tredeschin lief hurtig mit seiner Decke an den Strand hinunter. Aber auch diesmal fing der Papagei aus Leibeskräften an zu schreien: „Türk, Türk, Tredeschin raubt die schöne Decke!“ Kaum hörte das der Türke, sprang er im Hemd ans Fenster und schrie voll Zorn hinunter: „Tredeschin, wo läufst du hin? Galgenstrick, wann kommst du zurück?“ Tredeschin antwortete: „Übers Jahr, übers Jahr, übers Jahr sehn wir uns beide, mir zu Nutz und dir zu Leide.“ Und auf und davon war er mit der Decke. Als Tredeschin nach langer Reise glücklich in der Stadt des Königs ankam, war wieder große Freude im Schloss. Der König dankte ihm sehr, aber von seinem Versprechen wollte er auch diesmal nichts wissen. So verging ein Jahr. Da fragte Tredeschin doch eines Abends in aller Bescheidenheit nach seinem Lohn. Der König wusste nicht recht, was sagen; da kam ihm plötzlich der Gedanke, den armen Tredeschin noch einmal ins Türkenland zu schicken. Er sagte also: »Ja, ich will dir geben, was du verlangst, aber nur unter einer Bedingung: Du musst noch einmal zum Großtürken gehen und den Papagei holen, der sprechen kann; den hat man mir auch gestohlen.« Bei sich dachte der König: »Diesmal kehrt er nicht mehr zurück, diesmal wird er sicher erwischt, und dann habe ich den Schimmel und die Decke umsonst zurückerhalten.« Tredeschin überlegte es sich lange, ob er sich in diese Gefahr stürzen solle, schließlich entschloss er sich, auch das dritte Mal das Wagnis zu unternehmen. Er ging zum Zuckerbäcker und wies ihn an, Zuckerzeltchen herzustellen, die ein Schlafpulver enthielten. Dann machte er sich auf die Fahrt, obwohl die Prinzessin ihn durchaus zurückhalten wollte. Diesmal zog er zerlumpte Kleider an, dass er aussah wie ein Bettler. Abends spät kam er im Türkenland an und ging in den Palast, ohne dass die Wachen ihn sahen. Er ging sofort in die Küche und sagte in jammerndem Ton zur Köchin: »Um Gottes willen, gebt mir etwas zu essen; es ist schon viele Tage her, seit ich etwas Warmes gegessen habe.« Die Köchin hatte Mitleid mit dem armen Tropf und gab ihm einen Teller warme Suppe. Während er seine Suppe aß, kam der Diener des Großtürken in die Küche. Er bemerkte den Bettler, sah ihn genauer an, und auf einmal rief er: »Fasst den Dieb! Fasst den Dieb! Das ist der Strolch, der Tredeschin, der den Schimmel und die Decke gestohlen hat!« Auf diesen Ruf kamen alle Diener und Kammerzofen und zuletzt der Großtürke selbst herbeigeeilt. Kaum sah dieser den Tredeschin, so schrie er: »Packt ihn, bindet ihn, würgt ihn, hängt ihn, zerreibt ihn lebendig zwischen zwei Mühlsteinen!« Tredeschin fiel auf die Knie und flehte: »Macht mit mir, was ihr wollt, nur habt die Barmherzigkeit und bindet mich nicht mit einem Strohseil; denn ich bin am Bauch furchtbar kitzlig, und das wäre das Schrecklichste für mich.« Darauf rief der Türke: »Gerade das sollst du erleiden. Nehmt ihn und bindet ihn mit einem Seil aus Stroh an die Küchentür!« Dies geschah, und Tredeschin bat und flehte, ihn doch am Leben zu lassen. »Diese Nacht magst du noch leben«, sagte der Türke, »aber morgen in aller Frühe wirst du gehängt!« Kaum war Tredeschin allein, so zerschnitt er das Strohseil. Dann trat er an den goldenen Käfig des Papageis heran und fragte den Papagei mit leiser Stimme: »Papagei, willst du Zuckerzeltchen?« Sofort antwortete der Papagei: »Her damit, her damit!« So fraß der Papagei einige Zeltchen und schlief sofort fest ein. Jetzt nahm Tredeschin Käfig und Papagei, sprang zum Fenster hinaus und lief zu seinem Schiff hinunter, so schnell er konnte. Aber kaum waren sie abgefahren, so erwachte der Papagei und begann sofort zu kreischen: »Türk, Türk, Tredeschin stiehlt mich! Tredeschin stiehlt mich!« Der Türke sprang wieder im Hemd ans Fenster und halb toll vor Wut brüllte er hinaus: „Tredeschin, wo läufst du hin? Galgenstrick, wann kommst zurück?“ Tredeschin antwortete: „Nimmermehr, nimmermehr, nimmermehr!“ Und auf und davon war er mit dem Papagei. Inzwischen hatte der König von Frankreich schlechte Tage. Seine Frau und besonders seine Tochter machten ihm immerfort die bittersten Vorwürfe, dass er den armen Tredeschin zum dritten Mal ins Türkenland geschickt habe. Die Tochter war sehr traurig; denn sie hatte unseren Tredeschin sehr lieb gewonnen. Nun stellt euch einmal die Freude vor, als Tredeschin gesund und munter mit dem Papagei heimkam! Der König nahm ihn bei der Hand und sagte: »Wahrhaftig, jetzt hast du meine Tochter verdient.« Es ging nicht lange, so gab es im Schloss eine prächtige Hochzeit. Sie aßen und tranken und tanzten die ganze Nacht und hatten große Freude alle miteinander - und die Geschichte ist aus.   Quelle: Götz E. Hübner und Sigrid Früh, Von Gletscherjungfrauen und Erdmännlein, Fischer TB, nach Gian Bundi, Engadiner Märchen, Zürich 1903        Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Tribächli am Lindenberg

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Tribächli heisst heute ein Wald auf der Höhe des Lindenberges, wo sonst weisse Jungfrauen aus dem Wasser kamen und den Kindern beim Erdbeersammeln erschienen. Wer sie aber jetzt gewahrt, ist des andern Tages mit Aussatz geschlagen. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 56 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Triefaugen

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Christian Gall, ein Bärschner, machte sich eines Abends spät von der Alp Malun auf den Heimweg. Drunten auf Forkels hörte er von weit droben aus der Gegend vom Isenberg einen sonderbaren, unschönen, etwas kreischenden Jauchzer abgeben. Er antwortete mit einem in seiner Meinung weit gelungneren. Doch dieser wurde ihm übel belohnt; am andern Morgen beim Erwachen hatte er blutunterlaufene Triefaugen und behielt sie sein Leben lang. O. Giger. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 353, S. 198 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Trog im Binzenhof bei Aarau

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Der Binzenhof ist ein artiges Landgut, das nahe bei Aarau am Distelberge unter dem Gönhardwalde gelegen ist. Ein Feldmesser Trog sollte es den Eigenthümern Binz ausmessen, übervortheilte sie, und da er entdeckt war und das Gericht fürchtete, erhieng er sich oberhalb im Gönhard. So oft es nun schlechtes Wetter geben will, oder wenn in der Umgegend ein Unglück statthaben soll, tritt er nachts auf dem Distelberge aus der Waldung heraus auf die Landstrasse. Ein Schweinehändler kam mit seinem Wagen voll Thiere nachts da vorbei und wollte von der Höhe hinab sein Fuhrwerk spannen. Trotzdem, dass er an seiner Kette riss und glich, blieb sie ihm jetzt zu kurz. Er lief in das nächste Haus am Wege. Ein Schneider, der da wohnte, gab ihm Strick und Seil, um damit die Spannkette zu verlängern. Nun aber zerrissen beim ersten Versuche auch diese Seile. Der Schweinehändler dachte sogleich an den guten Trog, dessen Spuk er hier, wo ihn sein Weg gar oft vorbeigeführt hatte, schon aus Erfahrung kannte. Er bat deshalb den Schneider, ihm die Hand so fest als möglich zu geben, und verrichtete so mit ihm die Höhe hinab den Dienst der Sperrkette. Es gieng ganz gut bis unten zum Markstein. Da aber wollten die Pferde durchaus nicht mehr weiter. Zugleich schlug es in Aarau zwölf Uhr und siehe, Trog trat aus jenem Fusswege, der hier in den Binzenhof führt, in die Strasse hervor, auf dem Kopfe eine weisse Zipfelkappe, in der Hand eine Messruthe. Unbekümmert fieng er an, die nächsten Felder auszumessen und verschwand, als er damit fertig war, ebenso unbekümmert wieder im Walde. Gleich darauf giengen auch die störrischen Pferde von selbst weiter. Ist Trog gerade oberhalb der Scheune des Binzenhofes auf dem Stege nächst dem Walde hin, so sind die Hunde im Hofe drunten nicht mehr zu bändigen. Sie bellen und laufen in den Wald hinauf, setzen quer über die Landstrasse und durchrennen den ganzen jenseits gelegenen Suhrerwald. Wenn sie wieder heimkommen, sind sie todmüde und können sich manchen Tag nicht mehr rühren. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Trostburger Schlosshund

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In der Schlossruine von Trostburg zeigt sich mit jedem Neumond ein schwarzer Hund und ein Metzger. Grosses Getöse und Geschrei begleitet sie. Sie gehen aus der Ruine bis in den Bifang, einer eingegangenen Hofstätte. Dieser Metzger soll Nachts zwei Brüder angefallen haben und sein Hund habe ihnen die Eingeweide aus dem Leibe gerissen.  Sage aus dem Jura   (siehe Sage der Trostburg im selben Band) Band 3.1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962, S. 86 - 86 Notiz: Bifang = altdeutsche Bezeichnung für umfangen, einschliessen, eingefriedetes Feld, gewöhnlich ein schmales Ackerbeet. Nachgeschlagen im Wikipedia. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch  


by Trottengeist zu Gebisdorf

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Zwischen den Ortschaften Gebisdorf und Birmensdorf liegt nicht weit von der Badener-Landstrasse rechts ab in einer Wiese die Gebisdorfer Weintrotte, ein altes, halbzerfallenes Gebäude. Sie steht immer offen; kaum hat man sie zugeschlossen, so reissen die Trottengeister die Thüre wieder auf. Einmal traf sich's, dass eine lustige Gesellschaft, am Herbstabend vom Keltern ausruhend, hier um ein flackerndes Feuer sass und sich beim Most gütlich that. Während unsere Gesellen da plaudern und trinken, kommt ein kleines graues Männchen daher, dem eine Kochkelle im nackigen Sitzleder steckt, schreitet mit komischem Ernst mitten durchs Feuer, und so beleuchtet von allen Seiten sagt's im Verschwinden: Gueten Obig, ihr Hêre, es chömed no meh derige, und i bi denn de Choch! Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 287 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Tüe-n-ä, wo-nä gnu hesch

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Mal Einer hat einen »Heiwpinggel« gestohlen und hat selben nie mehr zurückgegeben. Nach seinem Tode haben ihn die Leute oft gesehen mit einer Heubürde auf dem tief gebeugten Rücken nachts um das Gädemli herumstreichen, wo er das Heu entwendet hatte. Dazu rief er an einem fort und jammerte: »Wo sol-ä-n-äu hitüe? Wo sol-ä-n-äu hitüe?« Niemand hat gewusst, wie ihm zu helfen sei, bis einmal ein Betrunkener des Weges gekommen ist und ihm frech gerufen hat: »Dü Limel, tüe-n-ä, wo-nä gnu hesch!« »Gottlob, uff das Wort hani scho lang planget«, hat da der Geist gerufen, hat die Bürde gleitig über die Leiter hinaufgetragen und zum Tor hineingeworfen und ist schneeweiss wieder herausgekommen und ist dann verschwunden. Franz Herger, Cnuori Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Tüfeli im Äcke

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Tüfeli im Äcke Mi nimmt dr Bodelade, är muess en Ascht ha, vomene Totebäumli, wo-n-es untauftnigs Ching drinne glägen isch. Druf schlot me dr Ascht drus, dass ’s es Loch git. Dodüre gseht me mängs, wo me süscht nie gsäch. D’Lüt hei vo eim gseit, dä heig so ne Lade gha. Wo-n-er uf e Tanzbode sig, heig er gseh, wie amenen iedere Meitli u Bueb, wo tanzet heig, es Tüfeli im Äcke ghanget sig. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Tüfelsgäld

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Tüfelsgäld a) I dr Sant Johannisnacht blüeiht dr Farn. Wär gross Holzschueh aleit u dür ne Plätz lauft, wo viel Farn steiht‚ däm gheit dr Some dri; aber äs muess zwüsche den englefe u zwölfe si. Farnsome isch Tüfelsgäld. Wen er heichunnt het er d’Schueh voll Gäld. Aber eim, wo vo dr Sach weiss, möcht i grote ha, das ungerwäge z’lo; es chönnt, wie liecht wie liecht, lätz use cho. b) Drei Hanse hei si zsämeto; sie hei gwüsst, dass sie so am meischte Chraft hei, Farnsome z’gwünne‚ wo Guld drus wird. Ire gwüsse Nacht un ire gwüsse Stung hei sie im Schwangiwäldli vorne Farnstock ei Hampfele um die anger abgstreift. Ändtlige hei sie all Seck voll gha. Plötzlech isch e Ma hinger ne gstange. Uf em Chopf het er e Fäderehuet treit. I eir Hang het er es Buech gha. „So“, seit er, „jetz ungerschriebet mer do. Dümpfe cheut er i eui linggi Hang.“ Do hei all drei gschlotteret u si hingertsi zrugg; aber äine het nid lugg glo un isch ne nohe, dür ’s Wäldli, dür d’Gumi ab, Schritt für Schritt. Am Änd het es die drei vor Hitz fascht uberschlage, u gäng het’s gheisse: „Ungerschriebe“. Ersch im Toggiburg isch dä Ma eismols ewägg cho; sie hei nid gwüsst wie; aber d’Seck si drufabe ganz lär gsi. c) Dr Farn heig läng, läng Würze u zusserisch sig es Guldchörnli dra. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Tüfelswärch

Source: Tüfelswärch

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Tüfelswärch Einisch si ihrere e paar Buebe im Tenn bim Drösche gsi. Du seit eine: „Das glaubit dr jetz nid. Aber es isch eso: Amene Strauhhalm chönnt me si erhänke.“ Die angere hei das nid glaubt u ume glachet. Du hei sie es Gwett gmacht. Eine het si ane Strauhhalm aglitscht. Aber den angere het er agha: „Wen i de mit de Beine zable, näht der mi de abe. Süscht tuen i gar nid.“ Dermit isch er i Lätsch gschlüffe. Im glichen Augeblick chunnt e Has dür ’s Tenn. „E Has, e Has!“ rüeft eine un uf u nohe! Die angere, richtig, si nid zruggbliebe. Dr Has isch nid wit u z’zitewis bliebe stoh. We sie gmeint hei, jetz chönne s’ne näh, isch er früsch drus. Ändtlige si sie zrugg u hei’s verspielts gä, dä Has z’foh. Aber im Tenn isch äine ghanget, het e kes Gleich meh grüehrt un isch e Lich gsi. Sie hei ne abegno. Eine het mit em Sackmässer welle dr Strauhhalm verhaue. Är het nid chönne. Äs isch en isige Droht derdürzoge gsi. Das isch alls Tüfelswärch gsi u dr Has niemer angersch weder dr Tüfel sälber. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Türgricht

Source: Türgricht

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Ja, früher hat man arme Seelen in allen Türgrichten und auf allen Hagstecken gesehen. Einst ging mein Mann zu Bristen zu einer Kindsleiche beten. Als er heimkam, sah er ganz verstört aus. Aber nie wollte er sagen, was ihm begegnet sei. Erst auf dem Todbett bekannte er mir, er habe damals bei jener Leiche drei bekannte Männer im Türgricht gesehen. Diese waren auch tatsächlich bald nach dieser Erscheinung innerhalb kurzer Zeit gestorben. Frau Jauch-Epp, Amsteg Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Türschwellen

Source: Türschwellen

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a) I ds Riädligers, im altä Hüs am vordärä Mihlibach, sygs wiättig umghyrig gsy. Und darnah, wo sy das nyw Hüs 'püwä heiget, syg-nä gratä wordä, sy sellet de ja nid eppä-n-eppis vo der altä Tiräsellä zum nywä Hüs verwändä, sy sellet-si i Mihlibach appä reischtä; uder, ob der ganz Selläboim? i mein-es schiär gar. Theresia Gisler, 73 Jahre alt, Spiringen b) »Ja, disä het gseit, är wett iberall ibernachtä, nur nit ufärä Tiräsellä. Ja, da passiert vill! Das ha-n-i mängisch g'heert sägä.« Jä, was passiert de da? – »Halt Geister! – Geister passieret da.« Anton Stadler, Bürglen c) Noch zu Menschengedenken waren fast zu unterst in der Gross- oder Mettmatte in Altdorf am Gässli gegen Bürglen Trümmer eines ehemaligen Steinhauses zu sehen. Im Türgricht dieser Ruinen, so sagte man, hatten die armen Seelen Gerechtigkeit, da konnte man sie nicht wegbannen. Jakob Hartmann, 80 Jahre alt. d) Niemals soll man aus einem alten Haus das Türgricht in das neue Haus nehmen, sonst kommen auch die armen Seelen, die in diesem Türgricht oder im Hause überhaupt Gerechtigkeit haben, in das neue Haus. – Im Türgricht haben überhaupt die armen Seelen Gerechtigkeit. Nie soll man quer auf die Türselle sitzen, dass einem die aus- und eingehenden armen Seelen über die Glieder schreiten müssen, auch nie im Türgricht stehen bleiben; die armen Seelen sollen immer freien Durchpass haben. Solche, die auf der Türselle sassen und so den Eingang versperrten, haben geschwollene Beine bekommen. e) Niemals soll man abends nach Betenläuten im Hausgang die Türen gegeneinander offen lassen, sonst haben die Geister das Recht des Durchpasses. Niklaus und Josef Maria Gisler, Schächental Franz Jos. Zurfluh, Reusstal, und a. f) An einem Ort im Schächental wollten sie den Sellabaum heizen und warfen ihn in den Ofen ins Feuer. Aber da fing's an zu krachen da drinnen etwas furchtbares, und es schlug die Flammen gänzlich zum Ofen hinaus. Da redeten sie den Geist an, und er sagte, er sei im alten Haus unter der Sella der Erlösung nahe gewesen, so aber müsse er nun warten bis zum Jüngsten Tag. Karl Gisler g) Wer im Schächental ein altes Haus niederreisst und ein neues aufbaut, wird niemals den Sellabaum (Block, der zugleich die Haustürschwelle bildet) des alten Hauses in das neue hinübernehmen; er muss verlochet oder verreistet werden, andernfalls würden die Geister und das Unglück des abgeschlissenen Baues in den neuen herüberziehen. Als man vor einigen Jahrzehnten im »Schlänggen« ob Unterschächen das neue Haus baute, hat man den alten Sellabaum verlochet im »untern Wängi«, aber ob Riedertal hat man ihn ins Ripplital hinunter gereistet. Einige Zeit später bemerkte man eines Morgens daselbst einen auffallenden frischen Erdgeruch – äs het merkwirtig g'härdelet –; man hielt Umschau und entdeckte, dass an jener Stelle, wo der Holzstamm hinuntergeworfen worden, ein bedeutender Erdschlipf sich losgelöst hatte – äs hed ä Bruch üsäzerrt g'ha –, obwohl die Erde trocken war und es längere Zeit nicht mehr geregnet hatte. – Statt des Sellabaumes kann man auch den Firstbaum verlochen oder verreisten. Pfarrer Jos. Arnold und a. h) Als sie das alte, morsche Häuschen in den Stöcken zu Schattdorf abgeschlissen hatten, sagte ihnen der Geistliche, sie sollten ja nicht etwa vom Holz desselben in der Herdstatt zum Brennen brauchen, höchstens etwa in der Wellgrube beim Erwellen. Mit diesem Holz würden auch die Geister des alten Baues in den neuen kommen. Ambros Gisler Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Türst

Source: Türst

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Durchweg im Kanton Luzern hat der Türst gejagt, meist mit Hunden. In Kriens war die Klausengass, jetzt abgegangen, sein Weg. Da stürzte er mit grossen und kleinen, jungen und alten Hunden vorbei. Der alte Sigrist hat ihn oftmals gehört, und fand einst bei seinem Hause ein Hündchen des Heeres, das zurückgeblieben, liegen. Er nahm 's in seine Wohnung. Den folgenden Abend um dieselbe Zeit kam die ganze Schar wieder und hörte nicht auf um das Haus herum zu lärmen, bis er den andern das Gespänlein zurückgab. In Horw auf der Almend hörte man einst in den zwanziger Jahren die ganze Nacht durch den Türst fürchterlich tun. Am folgenden Morgen bei Besichtigung jenes Platzes waren viel tausend Hundsfussstapfen sichtbar und lag wirklich ein toter Hund auf dem Platze. Zu den oben bezeichneten Revieren des Türst könnten noch manche gestellt werden. Gar oft haltet er sich an Wälder und Bäche. Er jagte vom Nebenspergwald über den Rothbach bei der Dreifaltigkeitskapelle zwischen Grossdietwil und Altbüron vorbei nach dem Niserwalde. In Egolzwil stürmte er nördlich vom Dorfe dem Buchwald, zwischen Nebikon und Altishofen dem Flüggenwalde zu. Bei Luthern liess er sich in der Ebene des Barren hören und da musste man 3 Schritte nach rechts ihm ausweichen. In Sursee musste ihm des Küngen Haus in der Vorstadt, wie jenes auf Brestenegg, zum freien Durchzug offen stehen. Er jagte der Suren zu. Zu Menzingen (Kanton Zug) gilt der Glaube, dass in Häusern, wo der Gang durchs ganze Gebäude geht und nach beiden entgegengesetzten Seiten Türöffnungen hat, das wilde Heer das Recht des freien Durchzuges habe. An einigen Orten sollen Bilder und Kreuze wegen dem Türst errichtet sein. So ist zu Zinzerswyl, Gemeinde Buttisholz, an einem Bauernhause eine uralte Tafel, ein Muttergottesbild vorstellend, als Schutz vorhanden gegen den Türst, der ehedem hier vorbeijagte. — Ein ehemaliger Besitzer habe einst die Tafel weggenommen, aber sofort habe die wilde Jagd das Haus umtobt und unter das Vieh sei der Bresten gekommen. Nachdem er sie wieder hergestellt, sei es ruhig geworden. Im Dorfe Grossdietwil ist an einem Scheunentor ein altes hölzernes Kreuz befestiget, weil der Türst hier durch das Tenn gejagt habe. Der Türst pflegte früher in abscheulicher Weise über die Bergegg zwischen Werthenstein und Entlebuch hinweg zu jagen. Als ein Rudel grosser und kleiner Hunde trieb er dieses Unwesen so lange, bis man drei Kreuze, von deren einem aus man je das nächste erblicken kann, errichtet hat. Von da an ist er ausgeblieben und es ist schon sehr lange seither. Früher hiess der Türst einfach auch Nachtjäger und galten seine Hunde für dreibeinig, ein Schrecken für das Vieh auf den Weiden. „Item so hört man vielmolen in unsern Bergen und den dicken Wälern den Nachtjeger, so ein bös Gespenst ist, nachts jagen mit Hunden, Hornblasen und anderm Gfert, wie es die Menschen uf dem Gjägd bruchent. Die Hund hat man etwan gsehen hoppend uf 3 Beinen dahar, bellend der Wys heisern und erschrockenlich. Ist dem Vych fast gfarlich dann sy davor gar schüch, verstöubt und erkranket werden." Aber nicht bloss Hunde waren bei der Türstjagd. Oft dachte man sich auch Schweine dabei. In Escholzmatt bestand die Herde vorzugsweise aus solchen, die man „`s Irrlig`Spor“ nannte und zwar deswegen: Wer in die Spuren trat, wo sie durchgegangen, ging, wie man meinte, so lange in die Irre, bis ihm entweder ein Bekannter den Taufnamen zurief, oder bis endlich der arme Irrende ermattet hinsank und den Geist aufgab, wenn ihm nicht vorher menschliche Hilfe zu Teil wurde. Der Türst ist wie an gewisse Strassen und Räume, so auch an die Zeit gebunden. Er kann in der Nacht nur von einer Betglockenzeit zur andern fahren. Mag eines seiner Hündchen aus Müdigkeit nicht weiter und wird es am Morgen vom Glockenklang überrascht, muss es liegen bleiben bis wieder am Abend zum Beten geläutet ist. Jn der Huben, einem Hof bei Grosswangen, fanden die Knechte eines Morgens 5—6 dergleichen Hündchen auf dem Miststocke liegen wie tot. Einer schickte sich an, das schönste, eben weil es so schön sei, mitzunehmen in die Scheune. Der andere wehrte ab, doch vergebens. Das Hündchen ward in den Stall getragen und hingelegt, denn es gab kein Lebenszeichen. Aber wohl, nach Betglocke da ging es los. Da kam der grosse Hund wütete und schrie: „Gim m'r mis Gragöri use, gim m'r mis Gragöri use", und sie hatten keine Ruhe bis sie 's taten. Wie beim wütenden Heere, so geht auch der Türstjagd ein warnenedes Wesen voraus. Ein Mädchen, das zu Sursee in der Sonne diente, wollte eines Abends heim zu den einige Stunden entfernt wohnenden Ältern. Ausserhalb dem Städtchen, wo der alte Weg von der Zell in die Hauptstrasse mündete, kam der Türst daher. Es sah nichts, sondern hörte nur vorweg die Stimme: „Drei Schritt rechts uf d' Site!" Der Zug ging dann vorwärts gegen die Grabenmühle, wo sie in einem benachbarten Hause immer die Haustüre offen behalten mussten, und von da nach dem Morental gegen Knutwil hin. Das hat als alte Frau die Person selbst, der dies begegnet ist, mir erzählt.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by U, wenn si chäm!

Source: U, wenn si chäm!

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U, wenn si chäm! Vor vielne Johre hei d’Burscht vo dr Möhreweid düren Esel ab gschlittlet. Äs isch gägen Obe gsi. Du hei sie vo dr Frau Faschte afo brichte. „U, wenn die chäm!“ säg eis. Aber es angersch het gspottet: „Frau Fischte, Frau Faschte, we’s eini git, so söll sie cho!“ Bim z’Dürabfahre isch öppis hingernohe cho. Äs isch gsi wie ne Schatte, mit länge Beine. Du het’s Gspött ufghört. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Übelbelohnte Dienstfertigkeit

Source: Übelbelohnte Dienstfertigkeit

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In Guarda lebte ein Mann mit seiner Frau in Unfrieden. Als der einmal auf einer Bergwiese sein Heu aufladen sollte, um es nach Hause zu führen, hatte er Niemand, der ihm dabei Hülfe leistete, denn seine zänkische Frau wollte ihm nicht helfen. Da erschien eine Diale und half ihm sein Fuder zu laden. Er hielt sie für ein gewöhnliches Weib. Als sie aber auf dem Fuder stand, bemerkte er ihre Ziegenfüsse und dachte bei sich selbsten nun sei er übel dran, der Teufel stehe auf seinem Fuder. Die Diale fragte ihn nach seinem Namen; er dachte aber, dem Teufel wolle er seinen Name nicht sagen und antwortete: »Ich selbst« (Eug suess). Und als das Fuder geladen war, stach er der Diale die eiserne Heugabel durch den Leib, in der wirklichen Meinung, nun habe er den Teufel umgebracht und fuhr dann rasch davon. Die Diale liess einen durchdringenden Schmerzensschrei hören, und bald sammelte sich eine grosse Anzahl Dialen um sie herum und fragten\' »Wer hat das getan?« Sie gab sterbend zur Antwort: »Ich selbst., Da sagten die Andern: »Was man selbst tut, geniesst man selbst« (Chi suess fà, suess giauda). Seit dieser Zeit aber wurden in Wald und Feld keine Dialen mehr gesehen. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Über die Fronfastentage

Source: Über die Fronfastentage

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a) äussert sich der alte Fuhr-Josti von Seelisberg: »Friehner hend-si vill uff denä Fräufastäwuchä g'ha und hend g'seit, die wo z'altä Wuchä giborä syged, chennet und g'sehet meh as ander. Ich ha scho mängä so einä kännt und hätt doch neiwä nie nyt chennä sägä. Weder äs Chalb hani einisch g'ha, das isch z'altä Mittwuchä wordä, und das isch wirkli nyt es Chalb gsy wienes anders, das isch immer iber all Mürä-n-appä g'hytt.« b) Und Jos. Maria Aschwanden aus der nämlichen Ortschaft bestätigt und ergänzt: »Die Chalber, wo z'altä Wuchä wärdet, die sind nyt wie anderi, das isch wahr, äntweder gahnd-s' immer vom andärä Veh äwägg uder g'hyet-s appä.« c) »Z'altä Wuchä«, hend die Altä gseit, »sell mä nie i kei Bäum üfä«. Si hend nie wellä-n-ammänä sonnä Tag la Obst gwinnä. d) Wenn der Fehn z'altä Wuchä gaht, sä regiert-er äs Vierteljahr. e) Wenn man z'altä Mittwuchä, während es zwölf Uhr schlägt, laut etwas fragt, das man gerne wissen möchte, so gibt einem eine Stimme Auskunft. Karl Gisler Man sagt z'altä Mittwuchä, z'altä Frytig, z'altä Samschtig, d.h. am Fronfasten-Mittwoch-, Freitag-, Samstag; z'altä Wuchä, i der z'altä Wuchä, i der altä Wuchä, d.h. in der Fronfastenwoche, die z'altä Täg, die genannten drei Tage. Im Oberland heisst »z'altä Tagä« in den letzten (drei) Tagen des Jahres. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Über die Schulter schauen

Source: Über die Schulter schauen

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Der Bummatter von Schattdorf diente als junger Bub auf dem Urnerboden. Eines Tages kam der Süffibalzi in die Alphütte, und der Bub forderte ihn auf, Geschichten zu erzählen. Da sagte der Balzi zu ihm: »So chumm und stah-mr hinnä-n-uff d'Färschälä und lüeg-mr uber d'Axlä.« Dr Büeb machi das, und da stäng Äinä-n-a dr Hittä-n- und schytti Holz. Uff das syg der Büeb trürigä gsy und wiä z'Bodä gschlagnä. Der Meister fragte ihn nach dem Grunde seiner Niedergeschlagenheit, aber der Bub wollte es nicht sagen, auch dann noch nicht, als er zum zweiten Male gefragt wurde. Am dritten Tage machte der Meister ernst und sagte: »Und jetz müesch-m'r's sägä, susch müesch uss d'r Alp.« Jetzt bekannte der Bub, es stehe ihm beständig einer auf die Fersen. Sofort ging der Bauer mit ihm bis nach Altdorf zum Kumisari. Der forderte den Bub auf, er solle niederknien und beten. Das tat er, und der Kumisari betete mit ihm. Drei volle geschlagene Stunden, bis der Bub befreit war! Hätte dieser noch drei Tage mit dem Bekenntnis zurückgehalten, so hätte es Gewalt bekommen, ihn zu töten. Peter Ant. Gamma, 50 Jahre alt, Alpknecht, von Göscheneralp Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Über die »Brächä« in der Alp Urwängi

Source: Über die »Brächä« in der Alp Urwängi

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teilt mir Alois Infanger, Landwirt, von Bauen, schriftlich die folgende Sage mit: »Den tiefen Erdrutsch von weitem Umfange beim Entsprung des Bawerbaches habe eine Hexe angetreten, um das St. Iddakapellchen in Bauen zu verschwemmen. Weil aber das Glöcklein übers Wetter läutete, habe sie gesagt: »Ds Iddi tüet lyttä, i cha nyd üßrichtä.« Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Über nicht gewöhnliche Kräfte

Source: Über nicht gewöhnliche Kräfte

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verfügte auch ein Bergbauer vom Geschlechte Loretz auf Golzer, der lahm war und an einem Stecken gehen musste. Sich mit der linken Hand auf seinen Stecken stützend, brachte er mit der rechten eine Mutte voll Milch aus dem Nyddler herbei und leerte sie ins Wellchessi. Josef Maria Baumann, 65 Jahre alt, Gurtnellen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Überchumen i ächt au eine u wele?

Source: Überchumen i ächt au eine u wele?

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Überchumen i ächt au eine u wele? I dr Angereesenacht chan es Meitli oder e Bueb erfahre, wäm es tuet hürote. Do isch es Meitli gsi‚ wo das gärn hätt möge wüsse un isch zu siebe Brünne go Wasser trinke; derbi het es über ke Bach dörfe u nüt dörfe rede. Bim siebete Brunne het es eine gseh‚ wo d’Finger gwäsche u derno vo dr Röhre Wasser gno het. Aber gchennt het es ne nid. Zwe Monet später het es dä Bursch gseh; är isch ersch denn härecho, u dä isch du au si Ma worde. Der Sarg erscheint auf dem Ofen; der Bräutigam setzt sich an den Tisch, der gedeckt worden ist. Ofen und Tisch treten aber, wie E. F. Knuchel, Die Umwandlung in Kult, Magie und Rechtsbrauch, ausführt, an Stelle des Herdes. Auch die Archäologie liefert Aufschluss über die Bedeutung des Herdes; O. Tschumi, Urgeschichte der Schweiz, S. 178 ff., widmet dem Hausherd und seinen Geräten einen besondern Abschnitt. Unter dem Herde wurden die Toten bestattet. Die Seelen der Toten erscheinen an den Orten, da ihre Überreste liegen. Das Mädchen. das den Bräutigam schauen will, wendet sich an die Geister, an die Ahnen, um ihre Hilfe herbeizuführen. Ein weitverbreiteter Kinderreim, auf den O. Tschurni ebenfalls hinweist, führt gleichfalls auf den Herdkult zurück. Wenn ein Kind bei uns einen Milchzahn verlor, muss e es vor den Feuerherd treten, dem Herde den Rücken kehrend, mit der rechten Hand über die linke Schulter werfen. Dreimal musste es sprechen: „Müsli, Müsli, Gib mer e neue Zang, I gibe dir en alte derfür.“ In vielen Sagen kehrt die Maus als Seelentierchen wieder. Der Tausch war wohl einmal eine Opferhandlung, welche aus den Ahnenkult herauswuchs, denn der Herd ist der Aufenthalt der Ahnenseelen. Das Mäuschen ist ein Vorfahr, der als Schutzgeist angerufen wird. Noch eine andere Anschauung dürfte in den Brauch hinein spielen: Die Maus besitzt ein schönes Gebiss. Käse, Kartoffeln oder andere feste Nahrungsmittel, die von den Mäusen angefressen sind, darf man nicht fortwerfen; man soll die beschädigten Stellen auch nicht wegschneiden; wenn man da anbeisst, wo sich die Spuren der Mäusezähne zeigen, so bekommt man ein gutes Gebiss. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Überlistet

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Im Weisstannental, auf dem Gute Rinkenberg, war ein Mann gestorben, und der Vogt schickte seinen Knecht dorthin, dass er die schönste Kuh aus dem Stalle weghole. Neben dieser aber stand das Kalb, von dem sie sich selbst auf allerhöchsten Befehl nicht trennen wollte; alles Zerren und Reissen war umsonst. Nun wusste der Sohn des Hauses Rat. Er bemerkte dem Knecht des Vogtes, die Kuh würde schon folgen, wenn man zuerst das Kalb aus dem Stalle führen würde. Das leuchtete jenem ein. Das muntere Ding wurde von der Krippe losgelöst und folgte willig der dargebotenen Hand. Kaum aber war er draussen, so schlug der listige Junge die Türe zu und rief mit schadenfrohem Lachen: "Das Kalb magst du nun als des Vogtes Besthaupt behalten, die Kuh aber bleibt unser Eigentum; denn es steht im Landrecht geschrieben, was der Vogt über die Dachtraufe weggeführt habe, das sei sein Besthaupt, und dieses dürfe nicht mehr umgetauscht werden!"   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 250, S. 127 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Überschwemmer

Source: Überschwemmer

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a) Die Pfarrkirche zu Giswil wurde 1629 in Folge eines heftigen Gewitters überschwemmt und eingesaart mit der ganzen schönen Wiesengegend. Auf der Lauwi, dem verheerenden Wildbach, wälzten sich damals Unholde den Fluten voran. Die neue Kirche baute man dann auf dem Zwinghubel.   b) Eine ähnliche Sage geht über die Lungerer Lauwi; wenn sie bei Hochgewittern gefährlich anschwillt, geht ihr das „Lauwitier" mit wildem Geröll und Getön voran.   c) Als der Blattibach in Kirchhof, Gemeinde Sarnen, einst grosse Verheerungen anrichtete, fuhr oben auf der Welle eine Hexe von Römersberg bis in den Sarnensee hinab. Sie sass in einer „Mutte" (Mulde) und hatte rote Strümpfe an.   d) In Dallenwill reden sie vom „Ahabach-Ma".   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Überschwemmer

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a) Die Pfarrkirche zu Giswil wurde 1629 in Folge eines heftigen Gewitters überschwemmt und eingesaart mit der ganzen schönen Wiesengegend. Auf der Lauwi, dem verheerenden Wildbach, wälzten sich damals Unholde den Fluten voran. Die neue Kirche baute man dann auf dem Zwinghubel.   b) Eine ähnliche Sage geht über die Lungerer Lauwi; wenn sie bei Hochgewittern gefährlich anschwillt, geht ihr das „Lauwitier" mit wildem Geröll und Getön voran.   c) Als der Blattibach in Kirchhof, Gemeinde Sarnen, einst grosse Verheerungen anrichtete, fuhr oben auf der Welle eine Hexe von Römersberg bis in den Sarnensee hinab. Sie sass in einer „Mutte" (Mulde) und hatte rote Strümpfe an.   d) In Dallenwill reden sie vom „Ahabach-Ma".   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Ueberfahrende Gerippe

Source: Ueberfahrende Gerippe

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Der Schiffer von Klein-Döttingen musste einst in später Mitternacht drei Personen über die Aare fahren, welche sich in seinem Kahne zu drei Todtengerippen umgestalteten, aus deren Augenhöhlen Feuer loderte. Da sie nun ausstiegen und ihm den Fährlohn geben wollten, streckte er ihnen nur die Schalte hin. Sie schienen ihm ein schimmerndes Goldstück darauf zu legen. Als er es wegzunehmen meinte, war ein glühendes Loch durch das Ruder gebrannt. Bis heute bewahrt es die Familie auf. Vielleicht gehört Folgendes dazu: Die untern Kirchspiele des Zurzacher-Bezirks waren mit Kreuz und Fahne zu einer Prozession nach Zurzach gezogen und wollten, ein ganzes Schiff voll, bei Klein-Döttingen sich über die Aare stossen lassen. Hier schlug das Fahrzeug um und Alles ertrank. Seitdem kommen die „Chilspeler“ zwar noch immer prozessionsweise zur Festzeit nach Zurzach, doch ohne Fahne, und alle Jahre am selben Tage hört man in der Aare aus dem stärkern Gange des Wassers ein Wehklagen und Jammern. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 47 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ueberfahrende Sau bei Koblenz

Source: Ueberfahrende Sau bei Koblenz

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An der Mündung der Aare in den Rhein liegt das Fischerdorf Koblenz. Zu regelmässigen Zeiten erscheint am jenseitigen Ufer des Nachts ein Schwein, um sich vom Fährmann ins Dörflein übersetzen zu lassen. Auch jetzt, da die Kantonsregierung das Fahr gänzlich erneut und für den Transit im Grossen hergestellt hat, findet sich das Schwein noch immer ein und geht mit der Naue herüber. Die Leute sagen, es sei ein betrügerischer Grenzzollner dieser Gegend. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 100 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ueberlistete Hexe

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Eines Rathsherrn am Ennetbürgen bei Stans seine war auch eine von selben, die den Schwarzen lieber hatten als den angetrauten Ehemann. Ihr geplagter Gatte war endlich der Dinge satt, machte selbst Anzeige bei der Obrigkeit und verabredete auch Art und Weise, wie die schlaue Unholdin zu fangen sei. Unter dem Vorwande, Holz zu kaufen, sollte einer zum Rathsherrn kommen. Am bestimmten Tage traf er ein, kaufte zwei Klafter Brennholz und lud es auf den Wagen. Dann sprach der Mann zur Frau: „Hast gesagt, seiest ein neues Paar Schuh nötig; 's ist fast nicht der Wert, bloss eines Paars wegen den Schuster auf die Stör zu rufen. Geh lieber selbst nach Stans hinein und kauf' dir ein Fusswerk nach Wohlgefallen." Das Weib war 's zufrieden. Nun meinte der Mann: Es sei schlecht' und kalt Wetter; sie solle statt der alten Schuhe die Finken anziehen und auf dem Fuder Holz dahin fahren. Sie willigte wieder ein. Endlich fand der Rathsherr noch für gut, dass sich die Frau auf dem Wagen mit einem Seil anbinden lasse, da das Zugtier jung und mutig, der Weg holprig und etwas abfällig sei. Dem Rate lieh sie nochmal williges Gehör und liess es geschehen. Damit war sie aber überlistet. In Stans wurde das Fuder angezündet und verbrannte samt der Hexe. Wenn nämlich die Unholden keine Schuhe an den Füssen haben und die Erde nicht berühren können, haben sie keine Zauberkraft.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Uf Chiiberg go Brügel hole

Source: Uf Chiiberg go Brügel hole

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Uf Chiiberg go Brügel hole Weit verbreitet im Oberland ist die Erzählung vom „Brügel go hole auf Chiiberg“, und fast jede Gemeinde nahm sie für sich in Anspruch. Da lebte einst in einem Dorf ein Mann, der mit seiner Frau nicht im Frieden leben konnte. Die Frau klagte ihre Not dem Pfarrer und dieser überzeugte sich angesichts der „blauen Mosen“ an verschiedenen Körperteilen der Frau von der kräftigen Handschrift des Mannes. Der Geistliche fasste einen Plan zur Besserung des Kerls. Eines Tages liess er ihn kommen und übergab im einen Eilbrief an den Landvogt zu Kyburg. Der Herr Landvogt solle ihn gleich lesen und das Nötige vornehmen. Wohl und Wehe hänge von der sofortigen Erledigung ab. Der Mann, geehrt durch diesen seltenen Auftrag, trabte so viel er mochte, „go Chiiberg“, fand auch richtig die Kanzlei und gab den Brief dem Schreiber ab. Dieser wollte den Boten wieder heimschicken, aber der liess sich nicht so rasch abfertigen und bemerkte, der Herr Pfarrer, der ihn geschickt habe, müsse unbedingt sofort Antwort haben. Zum Glück oder Unglück, wie man will, war der Landvogt zu Hause, und der Schreiber konnte ihm das Schreiben einhändigen. Kurz, er las also den Brief des Pfarrers, kam in die Kanzlei und schickte den Schreiber, den Schlossknecht zu holen. Dieser erschien, und der Landvogt schickte ihn mit dem Briefboten in eine gewisse Kammer. Darauf zeigte der Vogt dem Schreiber eine gewisse Stelle in dem eben erhaltenen Brief. Der Kanzlist las da von einem Mann, der seine Frau verprügelte, und von der Bitte des Pfarrers, den betreffenden Kerl, den er als Bote selber mit dem Brief geschickt habe, wissen zu lassen, wie das Prügeln tue. Zwanzig Rutenstreiche oder so hat ihm der Landvogt verordnet und ihm die nötige Predigt gehalten. Darauf hat er ihn ohne Botenlohn wieder heimgeschickt. Die Geschichte ist natürlich ausgekommen, und seither sagt man, wenn einer ihn die Grube fällt, die er einem anderen gegraben hat, er sei “uf Chiiberg go Brügel hole. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Bauma; K. W. Glatttli hat die Erzählung aus dm Nachlass seines Vaters, der 48 Jahre als Lehrer in dieser Gemeinde amtete. Quelle nicht notiert. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Uf dr Brinndlilicken

Source: Uf dr Brinndlilicken

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Bim Brinndli ischd e-l-Licken im Hag, dert wam ma gäge ds Griid abhi gäid. Uf där Licken häin die alte-l-Liit vor Jaare geng em Ma-w-welle gseen han; är siigi uf e Schije gsässen, häigi e-l-lenga Mantel aghäben und altvätrisches Gwand. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Uf dr Chaltenegg

Source: Uf dr Chaltenegg

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Uf dr Chaltenegg Mi Schweschter isch im Vernachte uf em Heiwäg gsi. Sie isch vom Chabisbärg härecho u het gäge Flückige welle. Alls isch still gsi. Aber du isch es eismols derhar cho; i dr Luft het’s brüelet, chischterig u uheimelig. So isch es uber e Hoger ewägg. I churzem isch umen alls still gsi. Sie het gäng bhauptet, sälb Rung sig die wildi Jagd ob ere düre. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Uf dr Wiillerbrigg

Source: Uf dr Wiillerbrigg

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Uf dr Wiillerbrigg ischd e Chapeziner chun; an enem Hälsig hed er em Bock naha gschrissen. E-w-Wiiller ischd nen ebchun und hed dem Bock welle striichlen; aber dr Chapeziner hed gsäid: „Nid, nid! Lan dä-l-la siin. Äs chennd dr nitzer siin. I wil mid däm i d'Riseten." Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Uf e Funtenen

Source: Uf e Funtenen

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Vum Zwäärgliloch uf dr Miliflöe sii d'Zwäärga bis i ds Hinder-gummli anha chun um bis uf b'Funteni. Döezmaalen siin da gross Äichi gsiin; si häin Escht ghäben fascht bis uf em Boden abha. Zen dänen Äichen sit d'Zwäärga geng zöehi; si häin Escht gäge Stamm zöeha gschrissen und häi si von Eschte-l-lan t d'Luft nän und häi plamped und si vertwelld wie Chind. Aber im Änderdorf ischd e Gläffi gsiin; är hed göed chennen umhafänndren, und suschd isch'sch niid mid im gsiin. Äis ischd er nen gen i d'Escht saagen. Wa d'Zwäärgleni sii chun und häi welle plampen, si sumi mid den Eschten embrinha ghiid und läid z'Bode chun. Das häi si nid megen erliiben; si sii furtzigled und nie mee zrugg chun. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Uf em Arni

Source: Uf em Arni

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Uf em Arni Ire Arnihütte isch es gäng unghüürig gsi; aber ume, we d’War nümme isch uf dr Weid gsi u d’Hütte au lär. Im Herbscht isch einisch e Jeger verbi. Du het er ghört‚ wie öpper dr Chäs chehrt u mit em Milchgschir hantiert. Es angerschmol isch öpper im Winter bi dr Hütte verbi. Stäg u Wäg si verschneit gsi. Do isch im Hüttenegge eine gstange. Äine wott zue-n-ihm. Du steiht diese scho im angeren Egge u du i äim. Die Sage vom Geist in der Arnihütte erinnert an ähnliche Sagen aus den Alpen; die von den Sennen verlassene Hütte wird von einem Geist in Besitz genommen. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Uf em Blatti

Source: Uf em Blatti

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Die Alten häin äim verzelld, äs siigi es par Tag naa em z'Alpfaare gsiin, und si häige ds Vee uf em Blatti ghäben, uf em undreschte Staafel an Oltscherren. Düöe siigi mitts über Tag vum Bielen naha e fiiregi Chrugle chu z'troolen, und ds Vee, mälchs ung gaalts, äis wie ds ander, de Stil in dr Luft, brogsli zwäg, där fiirege Chruglen naa, gäge ds Stägi, vorüüs e Stärr! D'Älper gseen das, undren Hitten mege s‘ ne vorgchun; äina gid dem Stärr den Namen; si häin afan abschaalten und ercheerren, und naa und naa hed äis Hoitli naa em andren umhi afa-w-wäiden und frässen, as wen niid vergange-w-wän.                                                    Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Uf em Hingerarni

Source: Uf em Hingerarni

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Uf em Hingerarni Uf em Hingerarni lsch e Hirt gsl, Röthlisbärger het er ghelsse; är isch vo Trachsel cho un isch i de junge Johre e Verdingbueb gis. Är het müesse chuum tue un isch gäng am Hag anne gsi. Du het er ire Nacht e Traum gha. E Stimm het grüeft: „Z’Basel uf dr Rhinbrügg Vernimmsch du dis Glück.“ Derno isch er go Basel. Uf dr Rhinbrügg chunnt e Her u frogt ne, was er do machi. He, säg er, er heig e Traum gha u vernähm do sis Glück. Du säg äine. är heig au e Traum gha, unger dr Chuchi uf em Hingerarni sig e Hufe Gäld. „Aber i weiss nid, wo das Hingerarni isch“, u dermit sig er furt. Du säg dr Röthlisbärger: „Aber ig weiss, wo ’s Hingerarni isch“, u sig ume hei. I der Chuchi het er afo loche. E Hufe Gäld isch vürecho; jetz het er si chönne chehre un isch e riche Ma worde. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Uf em Hunze

Source: Uf em Hunze

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Uf em Hunze Dr Spilejoggi isch im Vernachte alli Gredi düre Wald uf gägem Tanzplatz, wo uf em Hunzen isch. Es het am angere Wätter umegmacht, u wo-n-er uf e Tanzplatz isch cho, het er zwo Süi gseh, wo desume glüffe si. Du het er meint, die sige öpperem uf em Bärg drus; aber eismols si sie niene meh do gsi. Du isch er hei. Är heig e Chopf gha wie-n-es Mäss. Du heig er erzellt, was er erläbt heig. 2Nimm Büchsepulver“, säg der Liebu, u du heig’s sofort besseret. Är glaub gwüss süsch nid a Gspäischter, het er gseit, wo-n-er mer das uf der Sagi erzellt het; aber das löi er si nid näh: Bim Tanzplatz un übere gägem Schlosschnubel im Wald, wo zur Dietelmühli ghört, do sig’s nid sufer; afe gäng we’s an angerem Wätter umemachl, u das mit de Süi heig au e Zsämegang gha mit dem Schlosschnubel. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Uf em Steihufe u drum ume

Source: Uf em Steihufe u drum ume

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Uf em Steihufe u drum ume We me vo dr Bisig düre Längwäg uehe gägem Steihufe geiht, chunnt me bi zweine Wolfsgruebe verbi. Im Längwäg bigägni eim z’Nacht e Riter uf eme wisse Ross; mi ghöri e Gutsche fahre u mit Chöttine rassle. U vor Johre het e Ma, es isch no gar nid lang, dass er gstorben isch, bim Längwäg es Fraueli gseh, wo mit eme guldige Haueli es Loch gmacht het. Dr Längwäg geiht düre Wald uf bis uf e Steihufe. We’s anger Wätter wöll gä, ghöri me do es Ross rühele. Unger de Tanne hei mer Manne, wo-n-i dr Nochtsemi deheime si, chlini Högerli zeigt, das sigi Greber. Dr Dokter Gärster, vo Dietel, u dr Sekundarlehrer Jordi, beid si siderhar gstorbe, heigi vor Johre do grabe; göb sie öppis gfunge heigi, hei sie mer nid chönne säge. E Burema het mer gseit, die Greber rüehri vo me Chrieg här; i glaube fascht, i bsinne mi drumm nümme so rächt dra, mi heigi do Franzose i Bode to, wo imene Chrieg sigen umcho. Uf em Steihufe isch au e Tanzplatz. Nid vit dervo isch dr Dorniggütsch, au ganz im Wald inne. Do sigi vor viel hundert Johren e Stadt gsi, angeri säge, nei, bloss es Schloss. Do sig e Zwingher gsi; däm si Tochter sig i’s Sodloch gsprunge un är ihre nohe. Rächter Hang geiht’s unerchannt stotzig abe zum Rittersgrabe. I dr Hühli, wo dert isch, sig vor Ziten e Ritter gsi. Dr Rütschelebammert heig einisch i d’Hühli ihe wölle; aber us Forcht, si chönnti zsämegheie, heig er ume zrugg müesse. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Uf en Iischmatten

Source: Uf en Iischmatten

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D'Zwäärgleni siin us em Bärgen bis uf d'Iischmatta chon. Uf ene Chirsboum sii si ge lüüen. Aber en gouha Lappi hed nen in en Ascht gsaaged, und wa si siin ufi gräbled, ischd eis ahighiid. Du sii s‘s gsprungen, weles eender, gäge d'Gäjegga und hei zruggriefd: „Hüüt hiehar und nüümma mee."       Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Uf enem Mälboin

Source: Uf enem Mälboin

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Z'Understock sii freejer o Zwäärga gsiin. Das häin dee Alten genge gsäid. Uf enem Mälboin häi s‘ ghirmed. Aber en äifältega Laschi ischd nen in Ascht ge saagen. Wa d'Zwäärga drüüf siin gen hocken, hed dr Ascht afa chrachen und ischd mid enen abhagiid. Das hed d'Zwäära misstriww gmachd. Siithar gid's im Ürbech egghäiner Zwäärga mee. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Uf Gemscheni z'Jag

Source: Uf Gemscheni z'Jag

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Äis ischd äina gsiin; där ischd uf Gemscheni z'Jag, aber geng läärrä häichun. Und en andra isch z'Jag ung geng hed er es Gemschi häibbrachd. Döö hed im dr äint gchlagd, är chenni virnän, was er welli, nee häigi är es Gemschi vor im; nid es Stilti, nid es Bäin vun enem Gemschi chenn er erseen, alls siigi wee verhäxeds. Dr ander hed im gsäid, är selli mooren äis mid im chun. Vor Tag sii s' zwägg, und eb d'Sunnen wä-r-rächt im Bärge gsiin, sii s' heej embrüüf gsiin. Aber neena häi si Gemscheni virhaglaan. Si wellen äis ghirmen und ässen, sägi dr ander. Drüüf häi s' afan üüspacken und ässen; dr ander hed den Hööd uf ds Gsicht taan, und es Raschtli derna hed er afa-r-rüüssen. Aber dr äint hed no ggässen und wäred dem Ässen i d'Grääd embrüüf gseen. Zwäi Gemscheni sii chun, äis es brandschwarzes, ds ander es schneewiisses. Was jetzen? Si siin neher und neher chun. Den andre-w-wecken? Im gliichen Oigemblick gseed er, wie ds Gweer vum andre rickd u-r-rickd; e-r-Rutz um en andren nimmd's um miikd den andren, bis er ischd erwached. „Scheess", säid dr ander zum äinten, „aber uf ds brandschwarz, ja nid uf ds wiiss!" Dr äint laad de Schutz ab und hed ds schwarz Gemschi bbräichd. Aber äs ischd im nimmä watz gsiin! Zwäi Gemscheni, es brandschwarzes, es schneewiisses, es Gweer, wa rickd! Das hed im z'sinne ggän und hed im ds Jage verläided. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Uli Rotach

Source: Uli Rotach

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Ob dem Schwäbischen Meer, dem Bodensee, liegt ums Säntisgebirge herum das grüne Appenzellerland. Dort wohnt ein gewecktes Völklein, eben die Appenzeller. Sie sind bekannt wegen ihrer Schalkhaftigkeit, ihrer altmodischen, schönen Tracht und wegen ihrer hübschen Frauen. Zur Zeit ihrer Befreiungskriege, im fünfzehnten Jahrhundert, verrichteten sie gar viele bemerkenswerte Taten. Es wäre da viel zu erzählen, wollte man alle ihre wilden Streifzüge, die bis ins Deutsche Reich hinaus gingen, und alle ihre Kämpfe, die sie im eigenen Land mit ihren Feinden zu bestehen hatten, berichten. Ich will aber nur von einer Schlacht erzählen, von der Schlacht am Stoß [Stoss]. Im Jahr 1405 rückte der österreichische Herzog Friedrich mit großer Macht ins Appenzellerländchen hinauf, um die freiheitslustigen Älpler einmal gründlich zu bodigen und zu zähmen. Bei regnerischem, unlustigem Wetter erstieg des Herzogs Heer die schlüpfrigen, vom Regen aufgeweichten Halden und Abhänge am Stoß. Da versperrte ihm eine künstliche Talsperre, eine Letzimauer, den Aufgang. Doch ließen sich dadurch die Österreicher nicht aufhalten. Sie durchbrachen die Mauer, und wie sie dahinter niemand vorfanden, jubelten sie schon siegesfroh, denn sie dachten, die Appenzeller Hirten hätten sich vor ihrer Übermacht geflüchtet. Aber als sie nun alle über die Mauer waren und frohgemut bergan weiter wollten, rannten auf einmal die Appenzeller mit ihren Freunden aus Schwyz und Glarus von den Anhöhen hinunter in die überraschten Österreicher hinein, und es begann ein böser Kampf. Weil nun die österreichischen Ritter vom Kopf bis zum Fuß geharnischt waren, fanden sie auf dem schlüpfrigen Boden keinen rechten Halt, während die Appenzeller in ihren leichten Hirtenhemden und barfuß sich gar weidlich zu tummeln vermochten. Zudem waren den Armbrustschützen des Herzogs die Sehnen vom Regen schlaff geworden. Dennoch hielt das wohlbewehrte Heer wacker stand, und kein Mensch konnte wissen, wie der Ausgang des Kampfes noch sein würde. Die immer mehr bedrängten Appenzeller mußten sich wehren wie die Löwen. Am heldenhaftesten aber wehrte sich ein Älpler namens Uli Rotach. Den hatten ihrer zwölf schwerbewaffnete Österreicher nach und nach an die Wand eines Heustadels zurückgedrängt. Da blieb er aber stehen und ließ seine Hellebarde also um die Köpfe der zwölf geharnischten Angreifer pfeifen, daß ihnen die Helme abflogen wie die Vogelnester im Föhnsturm. Immer und immer wieder drangen sie von allen Seiten auf ihn ein. Doch der riesige und herzhafte Älpler wußte sie allezeit mit fürchterlichen Streichen von sich abzuhalten. Schon lagen ihrer fünfe im Blute, und wer weiß, wie's den andern noch ergangen wäre, da fiel einem ein, den Stadel anzuzünden. Er warf einen Feuerbrand ins Heu, und sogleich schlugen die Flammen aus Dach und Wänden heraus. Jetzt hatte Uli Rotach den Rücken nicht mehr gedeckt. Er mußte sich, um nicht zu verbrennen, vom Gaden wegmachen, umringt von seinen rasenden Feinden wie ein edles Pferd von einem Hornissenschwarm. Aber er ließ seine Hellebarde also um sich wirbeln, daß bald wieder einem Feind die Blechhaube samt dem Kopf ins Gras flog. Schon lange stritt er mit nackten Armen, denn das Hirtenhemd hing ihm in Fetzen am Leib. Da gelang es einem seiner Gegner, ihn von hinten mit der Lanze also bös in den Rücken zu treffen, daß er in die Knie sank. Aber auch so hielt er die Feinde noch eine Weile im Schach, obwohl er die Augen voll Blut hatte und keinen Stich mehr sah. Endlich aber brach er zusammen und starb als ein Held. Trotz solchen und andern rühmenswerten Taten verloren die Appenzeller nach und nach an Boden, denn immer neue Scharen der in Eisen starrenden nachrückenden Fußknechte führten die erschöpften Ritter ins Treffen. Schon wollten die Hirten verzagen und sich vor der Übermacht zurückziehen, als auf einmal eine neue Schar Appenzeller Kämpfer auf der Anhöhe des Stoßes mit wildem Kriegsgeschrei auftauchte. Mit Schrecken sahen das der Herzog und seine Ritter und mit Verwunderung die kämpfenden Appenzeller, denn sie konnten sich nicht vorstellen, woher ihnen noch Hilfe kommen sollte, da sie ja alle in den Kampf gezogen waren. Aber als nun der hilfreiche Zuzug, wild aufschreiend, von der Anhöhe herabstürzte und die Appenzeller mit neuem Mute sich auf die überraschten Österreicher warfen, fing des Herzogs Fußvolk, von Schrecken ergriffen, zu weichen an, und bevor es die Ritter zu verhindern vermochten, löste sich ihre Heerordnung, und alles jagte in wilder Flucht den Berg hinunter. Da mußten auch sie nach, denn die Appenzeller waren fest an ihnen, und Ritter und Roß kratzten sich an ihrem Stechwerkzeug ärger als an einem hundertjährigen Dornenhag, also daß sie alle miteinander auf und draus gingen, wobei ihnen die Appenzeller Hirten mit ihren Knütteln gar rasche Beine zu machen verstanden. Wie nun die Schlacht aus und für die Appenzeller gar glorreich beendet war, denn die Abhänge troffen von österreichischem Blute, sammelten sie sich und schauten sich voll brennender Neugier nach dem hilfreichen Zuzug um, der ihnen so höchstzeitig geworden war. Wie erstaunten die Hirten aber, als sie in dem heranstürmenden Hilfsvolke ihre eigenen Frauen und Töchter erkannten, die sich wie Männer mit Hirtenhemden bekleidet hatten. Sie schlossen sie jauchzend an ihre Brust und dankten Gott, der ihnen in ihrem Frauengeschlechte eine so herzhafte Landeskraft gegeben hatte. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Um ein Mass Wein

Source: Um ein Mass Wein

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Die Furcht vor der besonders im Hasli schrecklich regierenden Schwinden liess verschiedentlich Leute ihr Hab und Gut gering achten. Sie vertaten es, angesichts des dräuenden Todes, mit Wohlleben, und dachten kaum an ihrer Seelen Not in letzter Stunde. Bei einem Gelage von Wirtshaushockern anerbot ein Bürger von Ebligen den Rotschälplern, ihnen seine Vorsass Salibühl am Brienzergrat als Eigentum zu überlassen, wenn sie ihm ein Mass roten Wein zahlten. Die so Angeforderten nahmen den Handel ernst. An Ort und Stelle erlegten die Rotschälpler den Kaufpreis und setzten sich damit auf eine leichte Art in den Besitz eines willkommenen Stafels, der der Alp heute noch wohl ansteht. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Um eine Million zu spät

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Ein Posamenter aus Arboldswil hatte in Basel seine fertig gewobenen Seidenbänder abgegeben und ging zu Fuss heimzu. Unterwegs kehrte er im «Rössli» zu Bubendorf ein, um sich für den letzten Anstieg zu stärken. Als er bei der Beuggenflue vorbeikam, schlug die Kirchenuhr von Bubendorf gerade elf Uhr. Plötzlich stand ein grosser, langbärtiger schwarzer Mann vor ihm, der ein schönes, weiss gekleidetes Mädchen an der Hand hielt. Da an dieser Stelle der Gemeindeplatz für das Kohlenbrennen war, glaubte der erschrockene Arboldswiler, es sei der Schmied von Bubendorf. Der Mann sprach aber: «Wir hüten hier einen grossen Schatz und finden im Grabe keine Ruhe, bis ein von Basel heimkehrender Posamenter meiner Tochter einen Kuss gibt. Er darf aber in der Basler Hard nicht mit Talern gestöckelt haben; auch soll sein Atem von Weindünsten rein sein. Heute kannst du diese Bedingung leider nicht erfüllen. Über acht Tagen erwarte ich dich wieder, wenn die Glocke elf Uhr schlägt. Versäume die Stunde nicht! Du darfst aber nicht zu Fuss gehen, auf keinem Tier reiten, auf keinem Wagen fahren. Komm und erlöse uns!» Dabei hob das weisse Mädchen flehend seine Arme; der Posamenter aber fiel in Ohnmacht und erwachte erst am folgenden Morgen neben dem schwelenden Kohlenmeiler. Nachdenklich ging er nach Hause, wo ihn seine Frau mit bösen Worten empfing. Nachdem er ihr aber sein Erlebnis erzählt hatte, sahen sie eine rosige Zukunft vor sich. Sie glaubten sich schon im Besitze des versprochenen Schatzes, und sie richteten sich bereits nach ihren zukünftigen Vermögensverhältnissen. Eine Woche später traten sie die Reise nach Basel an, um den Webstuhl aufzukünden. Auf dem Rückweg wollten sie zur festgesetzten Stunde die schatzhütenden Geister bei der Beuggenflue erlösen. Doch wie sollte der Mann auf dem Platz erscheinen, wenn er nicht gehen, fahren und auf keinem Tier reiten durfte? Schliesslich wusste die Frau einen Rat. Sie schlug vor, ihren Mann auf dem Rücken zu tragen. Es war schon Nacht, als die beiden von Basel her im «Rössli» zu Bubendorf eintrafen. Sie wollten dort als Herzstärkung, und um den Atem von Weindünsten rein zu halten, ein Gläschen Kirschwasser zu sich nehmen. Von dem starken Getränk schon etwas beduselt, machten sie sich endlich auf den Weg. In der Nähe der Beuggenflue setzte sich der etwas magere Posamenter rittlings auf die Schultern seiner kräftigen Frau, um den Bedingungen des schwarzen Mannes nachzukommen. Aber schon fing die Kirchenuhr an elf zu schlagen, und der Mann glaubte die wartenden Geister zu sehen. In raschem Laufe erreichte das seltsame Paar fast den Köhlerplatz, kam aber zu nahe an den dort mündenden Fluebach und stürzte kopfvoran in das zwar nicht tiefe Bachbett. Ausser einer ordentlichen Abkühlung der heissen Köpfe nahmen sie keinen Schaden. Als sie aber aufblickten, hatte die Glocke verklungen und die Geistererscheinung war verschwunden. «Um eine Million zu spät», jammerte der Mann, und ernüchtert und betrübt zogen die beiden heimwärts. Im Jahre 1828 kam in einer Spalte der Beuggenflue ein ansehnlicher Schatz von Silbermünzen aus alter Zeit zutage. Seither sind der schwarze Mann und das weissgekleidete Mädchen nicht mehr gesehen worden. Bubendorf Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Um einen Ofen voll Brot

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Die Flocken fielen und woben die weisse Stille, den Dächern des Dorfes Schneemützen und über Wald und Weide, Hang und Ebene des Tales einen feierlichen Wintermantel, der Steg und Weg in seine Falten schlug. Der Wildbach wurde ein schläfriger Geselle, der nichts mehr zu sagen wusste und in der tiefsten Rinne träge dahinschlich. Auch die Menschen waren schweigsam geworden; ihre Rede tönte klanglos, die Füsse schleiften durch den hohen Schnee zum Stadel und dem Vieh, und die Berge mit ihrem harten, geisterhaften Schweigen, den frühen Schatten, sie dämpften noch die Stille. Als der Senne der Alp Louvie den Hauskäse bereiten wollte, fehlte ihm das Werkzeug. Es lag wohlversorgt im Alpstafel oben, und da die Nachbarn ihre Geräte nicht entbehren konnten, versprach er demjenigen einen Ofen voll Brot, der auf die Louvie steige und den Brecher, Binde und Rührkelle herunterbringe. Selber getraute er sich nicht auf die Alp, denn in den einsamen Höhen ist es im Winter nicht geheuer; das weiss man, und die Wilderer erfahren es tagtäglich, wenn sie Murmeltiere graben und die Schneehühner jagen. Niemand mochte den heiklen Gang unternehmen als der arme Christoph, der ein Rudel Kinder zu speisen und zu tränken hatte und sich kümmerlich durch das Leben schlug. Er zog sein besseres, mit Agatefäden genähtes Kleid an und band die Schneeschuhe an die Füsse. «Wo willst du hin?» staunte seine Frau, mit dem Jüngsten auf dem Arm. «Das wirst du morgen erfahren, ich gehe Brot holen.» Langsam stapfte er die Halde empor, eisigkalt flimmerten die Sterne; der Schnee silberte im Mondenlicht. Halbwegs zwischen dem Grund und den hängenden Tannen bog er zur Hütte des Fluhpeter, der von jeher ein Einspänner gewesen, und seit ihm Frau und Kinder weggestorben, sich in seine Klause eingesponnen und der Welt und ihren Lüsten freiwillig entsagt hatte. Der Kräuter kundig, braute er wirksame Säfte, heilte Knochenbrüche und schwärende Wunden und galt dem Volk als praktischer Arzt und Ratgeber für Leib und Seele, als aufrichtiger Freund und Gottesmann. An die Tür dieses Weisen klopfte der arme Christoph. «Wer ist draussen? Im Namen Gottes gebt Antwort!» scholl eine kräftige Stimme im Gemach. Christoph pochte ein zweites Mal. «Wer ist da? Im Namen Gottes antwortet!» Ein drittes Klopfen. «Wer du auch bist, im Namen Gottes tritt herein!» Haare und Bart mit Eiszapfen bekränzt, trat Christoph in die warme Stube. Boden und Wände waren mit Fellen belegt, an einem Brett hingen Gems- und Steinbockgehörn, auf einem Lärchenstumpf trockneten Moose und allerlei Gewurzel. Eine Harzfackel leuchtete, die zerbrochenen Scheiben waren mit geöltem Papier überklebt. Auf Brust und Schultern flossen dem Eremiten die Silberhaare, die grobknochigen Hände ruhten auf einer Schrift. Christoph erzählte, warum er zu ihm heraufgestiegen sei und fragte, was er tun müsse, den Alpgeistern die Stange zu halten. Aus einer Truhe kramte Fluhpeter eine Laterne, Sichel und Beil und legte es ihm in die Hutte. «Ich frage nochmals, wie ich mich der bösen Geister erwehren soll», sagte Christoph und sah dem wortkargen Mann enttäuscht ins Gesicht. «Was du nötig hast, liegt in der Hutte. Troll dich, und überlass es der Zeit und Stunde! Nur immer stramm den Fusspuren nach auf dem Rückweg, und was sich auch abspielen mag, schau nicht zurück! Nun geh mit Gott!» Christoph stieg, stieg unaufhörlich, sichern Fusses. Zur Linken stürzte die Schlucht fast lotrecht, zur Rechten strebten die Felsen. Er band die Schneeschuhe los, hackte die Fersen in den steinharten Schnee, glitschte und glitt, stiess die Arme in die Luft und taumelte. Doch eine geheime Kraft riss ihn zurück, und wie am Seil gesichert, schritt er aus, gewann die Alp und den flachen Grund. Müde gelaufen, steht er vor dem Stafel. Er schiebt den Riegel, hört ganz fern und leise den Schlag der Turmuhr in der Tiefe. Es ist Mitternacht. Die Laterne zündet, er entdeckt im Schein das gewünschte Geräte auf dem Tisch. Es ist ein runder Tisch. Da schaukelt der Kupferkessel am Feuerhaken und schwingt wie eine Turmglocke. Wie er den Arm ausstreckt, um den Brecher zu fassen, dreht sich das Tischchen im Kreise. Auf dem Dache poltert und klappert es, als ob eine Teufelsbande mit Pfannen und Küchengeschirr sich auf die Grinde schlüge, und durch das Getöse klingt es so schauerlich: Pack ihn - pack ihn - und dann: Ich kann nicht - ich kann nicht. Kühl wie Schnee verstemmte er die Beine und schnappte nach den Gegenständen auf dem rasenden Brett, ohne etwas zu erwischen. Wozu hat mir der Fluhpeter Sichel und Beil mitgegeben? Er schwingt die Axt und zielt nach dem Brecher, der getroffen aus dem Kreise springt, zielt nach der Binde und zum dritten nach der Kelle, rafft das Zeug zusammen, huscht hinaus, riegelt ab und trappt in seinen Spuren heim. Die Teufel, die auf den Gräten und Höckern Posten stehen, rufen sich zu: Pack ihn - pack ihn - Ich kann nicht - ich kann nicht. Er überschreitet die Alpgrenze und hört den letzten verzweifelten Aufschrei: Ich kann nicht; sein Kittel ist über und über mit dem Faden der heiligen Agate genäht. Beim ersten Schlag der Frühglocke kratzte er vor seiner Schwelle die Schuhe ab. Er hatte einen Ofen voll Brot gewonnen.   Heute noch wird am Tag der heiligen Agate in der Talkirche mit dem Salz, das man den Tieren zu lecken gibt, auch der Nähfaden gesegnet.   Quelle: Johannes Jegerlehner: Walliser Sagen, Hans Feuz Verlag Bern, 1959 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Umecho

Source: Umecho

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Umecho Amen Ort, i säge nid wo, isch einisch e Bammert gsi. Dä isch gäge die arme Lüt gar wüescht gsi. Ar sälber het Holz gfrävlet u het drufabe arm Lüt drigstosse. Won er uf em Totebett glägen isch, het e Lehrer mit ihm müesse bäte. Dr Bammert het dr Tüfel gseh, u dr Hung, wo isch i dr Stube gsi, het gsüünet u si ungerem Bett verschloffe. Dr Lehrer het gschnadelet; d’Zäng het’s ihm zsämegschlage, u kes Wort het er vürebrocht. So isch dr Bammert gstorbe. Drufabe isch es im Hus unghüürig worde. Dr Bammert sig zruggcho, isch dr Lärme gange. D’War het nümme guet to. Du hei sie e Chapuziner vo Solothurn lo cho, für dr Bammert z’banne. Derno isch dr Chapuziner cho. Aber niemer het dörfe derbisi, u alls het us em Hus use müesse. Aber dr Verdingbueb isch zum Reitiloch gange‚ für z’luege, was gang. Du het er e Stimm ghört: „Du hesch au einisch es Blatt abegschrisse, wo d’ dert em Hag no bisch.“ U dr Chapuziner het gseit: „I cha do nüt mache. Äs isch no e Seel im Hus.“ Du isch es em Bueb Angscht worde, un är isch abe zu den angere. Jetz het dr Geischt em Chapuziner agha, är söll ne nid in e Fläsche spere, ar soll ne lieber de Lüften übergä. Du het dr Chapuziner ihm dr Wille to. Un äs git es Füür vom Bode bis a Himmel uehe! Wie ne Chutt isch es dr Weid zue. Zwe Tauner hei dä Rung im Berg ghulfe wärche. Die Heike ’s Füür au gseh u heige gmeint, d’Wält gäng unger. Sälb Obe heigi se nid hei dörfe. D’Dähle, wo ’s Füür druber sig, sige derno ganz rote gsi. Wenn der Tote in Menschengestalt herumspukt, so kehrt er wieder, wie ihn der Lebendige in der Erinnerung besitzt, der Tote erscheint in der Gestalt, die er bei seinem Tode hatte. Die Toten und ihr Wiederkommen Das Erlebnis des Todes übt auf das Gemüt der Überlebenden einen tiefen, beunruhigenden Eindruck aus, welcher auch den denkträgen Menschen einer primitiven Stufe zum Denken zwingt. Schon die vorausgehenden Sagen zeigen die Furcht der Lebendigen vor den Toten, ein Sichbeschäftigen mit dem Rätsel des Todes. Die Furcht kann sich, wie es Totenbestattungsbräuche bei Naturvölkern zeigen, zu einer krankhaften Angst vor den wiederkehrenden Toten steigern. Diese Furcht entspringt verschiedenen Ursachen. Der Anblick des Toten löst ein natürliches Grauen aus; der Tote ist nicht mehr der Lebendige. Die Infektionen, die von dem Toten ausgehen, ansteckende Krankheiten, vermochten im Überlebenden die Vorstellung zu erwecken, der Tote besitze unheimliche, geheimnisvolle Mächte. Der Tote kann mehr als der Lebendige; er vermag, die Angehörigen nachzuziehen. Die natürliche Ursache des Todes liegt ja dem Menschen einer niedrigen Stufe verborgen; er stirbt durch Tötung; die Waffen des Feindes bringen den Tod; ähnlich wirkt böser Zauber. Sprache und Volksglauben enthalten noch Bestandteile dieser Vorstellungen; ein unsichtbarer „Schlag“ trifft den Alternden; wer ihn ausführt, sagt der Volksglaube nicht mehr; aber sicher führte ihn einmal eine geheimnisvolle Macht, irgend ein Feind; wir reden noch heute vom „Hexenschuss“; ein unsichtbares Rütlein zwickt den Holzer und bringt Krankheit; ich verweise ebenfalls auf die anerkannte Macht, die im Sodbrunnen der Altburg wohnt und Siechtum und Krankheit bringen kann. In gesunden Menschen aber lebt ein starker Wille zum Leben, der Lebenstrieb. Der Geist des Toten ist darum neidisch auf den Lebenden. Ungern schied der Sterbende vom Leben; er sehnt sich nach den Angehörigen; er sucht sie zu sich, ins Totenreich zu ziehen. Vor allem schreit der Geist des Ermordeten nach Rache und sucht den Mörder zu verderben. Die Furcht vor dem Toten kann aber noch, wie H. Silberer‚ der Aberglaube ausführt, aus einer andern Quelle fliessen: Der Lebende hat dem Toten gegenüber ein dunkles Schuldgefühl, ein böses Gewissen; er vermag es zwar, weil es im Unbewussten liegt, nicht als solches zu erkennen; es beherrscht aber doch seine Denkweise. Die Toten halten die Versprechen, die sie im Hinblick auf ihr Jenseits gegeben haben und kehren wieder. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Umgehende Kindsmörderin

Source: Umgehende Kindsmörderin

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Mein Mann half vor vielen Jahren beim Rössliwirt in Bubendorf heuen. Das strenge Tagwerk brachte es mit sich, dass er ein paar Tage nicht in seinen Wohnort Arboldswil zurückkehrte, sondern in Bubendorf in einer Giebelkammer seines Arbeitgebers übernachtete. Eines Nachts hörte er jemand die Treppe heraufsteigen und nachher jemand vor sich hinreden. Gleich darauf schrie ein kleines Kind, obwohl keines im Hause war. Es hiess, zuoberst im Hause, in jener Giebelkammer, sei früher ein Kind ermordet worden. Seither sind dort immer die Fensterläden geschlossen. Bubendorf Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Unbefugtes Öffnen geschlossener Briefe

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sei früher mit Abhauen der rechten Hand bestraft worden, behaupten alte Leute aus verschiedenen Landesgegenden, und noch etwa vor 35 Jahren sagte ein Isentaler zu einem Bub, der sich diesen Fehltritt zuschulden kommen liess: »Jetzt hätten sie das Recht, die rechte Hand dir abzuhauen.« Pfr. Arnold, Spiringen; David Zurfluh, Isental Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Unberechtigte Amtsausübung

Source: Unberechtigte Amtsausübung

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Aber das ha-n-i alligs gheert v'rzellä, und das sell wahr sy. – Äinisch syg äss Zigyner Wyb vo unnä-n-üfä-n-uff Wassä chu, und dem syg ä Silener Fräuw v'rku mid-ämä Chind uff dä-n-Armä. Das Bättlerguschi häig-si erstellt und syg dem Chind so mid-ärä Hand uber ds Gsicht appägfahrä-n- und häig gsäit, äss wär äss scheens Chind, wennd's gsäächt. Und richtig häig das Chind nymeh gseh. Und d'rnah syg diä Müetter sofort mid'm zum Wassner Pfahr, und der häig gmacht, dass wider gseh häig. Aber d'r d'Nacht drüff häig-ä-n-äss Gspängst doch gwisst z'v'rderbä. Am Morged syg der Pfahr innärä Schrotä-n-ussä 'grüppet und häig zu Mül und Nasä-n-üss gschümet und syg bald äinisch g'storbä. Weder das häig'r nu chennä sägä, das Gspängst häig'm virgha, är häig ä käis Rächt gha, das Chind gsund z'machä, wyl's nytt sys Pfahrchind gsy syg. Das syg susch leschtig ä frommä Heer gsy. Katharina Gamma, 50 Jahre alt, von Wassen Der Pfarrer sagte zur Mutter: »Hättet ihr nur sogleich gesagt: »Mit d'r Hilf Gottes gseht's doch«, so wäre es nicht blind geworden. Schade, dass das Chind nicht aus meiner Pfarrei ist, so habe ich eigentlich kein Recht über es; aber ich will das Möglichste tun, um es gesund zu machen, trotz der Schwierigkeiten, die es absetzen wird.« Am folgenden Morgen traf die Magd den Pfarrer so an, wie oben beschrieben. Er sagte, er habe schon gedacht, es werde ihm so ergehen. Der Pfarrer genas nach einiger Zeit, und auch das Chind wurde wieder sehend. Fr. Gamma-Zgraggen, 40 Jahre alt, von Silenen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Unchristliche Trauer

Source: Unchristliche Trauer

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Einer armen Witwe entriss der unerbittliche Tod ihren einzigen Sohn, einen arbeitsamen, eingezogenen Jüngling, die einzige Stütze und den Trost ihres Alters. Tag und Nacht beweinte sie ihn, und niemand vermochte, die Verlassene in ihrem bittern Schmerz zu trösten. Da erschien ihr die arme Seele des so masslos betrauerten Toten und sprach: »Mutter, ich bitte euch, weint nicht mehr um mich! Solange ihr um mich weinet, habe ich keine Freude. Für euch wird der himmlische Vater sorgen.« Sprachs und verschwand. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Under dr Tirsellen üüs

Source: Under dr Tirsellen üüs

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Äis hed ds Gäismäitli wellen en Hirter i d'Dili zeecken. Äs hed es bbleemleds Schurzli aghäben. Aber den Hirter hed's niid verzennd und i'schd in Gade ggangen. Döö isch'sch im naa und hed nen under dr Tirsellen wellen üüsischriissen. Dr Hirter hed si afa-w-werren und hed eggäge ghäben, bis's nen hed laan gaan. D'Schöö siin im üüfgsprunge gsiin und d'Nägel üüsagsperrzd. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Underwaldner verbrennen en Hitten

Source: Underwaldner verbrennen en Hitten

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Üüsgäänds Winters siin drii Haslibärger ang Gibel z'Jag. Uf dr Underwaldnersiiten ischd äine über ne Flööe üüs ghiid. Dee andern häin ne funden u-s-siin mid dem Toten in en Hitten uf Underwaldnerboden. Churz drüüf, es Jaar derna old eppes später, häi d'Underwaldner dee Hitte verbrennd. Si häi däich nimmä wellen hittnen, wan e tota Bärner drin ischd glägen. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Underwaldner verbrennen en Hitten

Source: Underwaldner verbrennen en Hitten

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Üüsgäänds Winters siin drii Haslibärger ang Gibel z'Jag. Uf dr Underwaldnersiiten ischd äine über ne Flööe üüs ghiid. Dee andern häin ne funden u-s-siin mid dem Toten in en Hitten uf Underwaldnerboden. Churz drüüf, es Jaar derna old eppes später, häi d'Underwaldner dee Hitte verbrennd. Si häi däich nimmä wellen hittnen, wan e tota Bärner drin ischd glägen. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Unfreiwillige Warnung

Source: Unfreiwillige Warnung

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Zu dem Ländlein, in dessen Hauptstadt der Pilger [= Name eines Schaffhauser Kalenders] daheim ist, gehört auch eine große, ehrenwerte Gemeinde, wo es viele Gypsbrüche hat. Dieselben gehen oft wie ein Bergwerk tief in die Erde hinein, und ist die Arbeit der Gypsbrecher bisweilen eine gefährliche. Also trieben zehn solcher Männer eines Tages einen Stollen in den Berg, und nicht weit davon geht auf einem Fußweg der Müller vorüber und hört die Leute drinnen arbeiten. Dem Müller arbeitet daheim das Wasser, ohne dass er sonderlich Hand anlegen muss, und diese Zunft Leute ist ohnehin ein wenig im Gerücht des Übermuts: Item, dem staubigen Bruder kommt der Gedanke, wie die Gypsarbeiter Hals über Kopf herausstürzen würden, wenn man einen Warnungsruf hineinschriee. Der Müller weiß wahrscheinlich nicht, von wannen dieser Gedanke kommt und freut sich schon über den Spaß und den Zorn der Mannen, wenn sie merken würden, es sei alles blinder Lärm gewesen. Er ruft also hinein: „Fliehet, fliehet!“ Die Arbeiter springen zur Öffnung, und kaum sind alle beim Ausgang, so stürzt hinten der Stollen zusammen. Der Müller aber stand da und konnte kein Wort sagen und musste recht darüber nachdenken, auf welch sonderbarem Wege er der Retter von zehn Menschenleben geworden sei. Es weiß eben Einer, was du vorher und nachher tust. (Schleitheim)     Aus: R. Frauenfelder, Sagen und Legenden aus dem Kanton Schaffhausen, Schaffhausen 1933. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Unfug auf dem Friedhof

Source: Unfug auf dem Friedhof

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Meine Grossmutter erinnerte sich noch, dass die jetzige Kirche in Silenen erbaut worden. Dabei arbeiteten viele Tiroler. Die hend aber scho Stickli g'lieferet! Myner Tag des Läbes! Unter den Tirolern waren auch zwei leibliche Brüder. Einst fiel das Baugerüste zusammen, und einer der zwei Brüder fiel zu Tode, während der andere zufällig abwesend war. Man begrub den Toten in seinem besten Gewand, namentlich zog man ihm ein köstliches Hemd an. Als einige Tage später der Bruder zurückkam, reuten ihn die guten Kleider, und er beschloss, sie sich wieder anzueignen. Da schloss er mit dem Teufel einen Bund, und der versprach ihm zu helfen, wenn er nachts zwischen 11 und 12 Uhr das Grab öffne, den Toten ausziehe, ihm seine eigenen Kleider anlege und das Grab wieder schliesse. Worin aber die Hilfe bestand, weiss ich nicht. Der Tiroler machte sich zur bestimmten Stunde an die Arbeit; alles war vollbracht, nur das Grab noch nicht ganz gedeckt, als es 12 Uhr zu schlagen anfing. Da raffte er die geraubten Kleider schnell zusammen und lief wie besessen über den Friedhof. Hinter ihm her rasselte auch schon der Böse mit den Ketten; aber der Tiroler sprang mit einem Satz über die Mauer, und da hatte der Böse keine Gewalt mehr. So (1915) erzählt von einer 85 jährigen Frau von Amsteg. Die Kirche von Silenen wurde gebaut 1754–1756. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ungehüürige Orte

Source: Ungehüürige Orte

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„Ungehüürige“ Orte Am linken Ufer der Glatt geistet es, weil sich dort schon etliche das Leben durch Ertränken genommen haben. Auch beim Lochbrünneli am Weg von Pfaffhausen nach Witikon ist es nicht geheuer. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Nach Gchr. Fällanden 1902.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Unger dr Walkibrügg

Source: Unger dr Walkibrügg

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Unger dr Walkibrügg Im einesiebezgi sin e ganzi Chuppele Franzosen i dr alte Zähntschür iquartiert gsi. Sälb Rung het me d’Walkibrügg abgschrlsse, u d’Franzose, wo se gmacht hei, hei hiedüre zum erschte Mol Zimänt brucht. Ime Hus i dr Nöhi si sälb Chehr zweu alti Lütli gsi. Die heige zsäme gseit, unger dr Brügg sige gwüss au Geischter; die heige jetz‚ wo me d’Brügg furtnähm, au ke Schärmen u kes Dach meh. He, öppen eim wette sie gwüss i ihrem Hüsli Ungerschlauf gä, we’s emel e guete Geischt wär. Aber sie wäre sie bal reuig worde. I dr Nacht druf isch e Geischt cho. Im Hüsli het’s grampolet u polderet; sie hei e kes Aug voll chönne schlofe. Eso isch’s ei Nacht um die anger gange. Mängisch het’s ungerem Ofe gmacht: „Glugg, glugg, glugg!“, Grad, wie wen ungerem Ofe e Gluggere wär gsi. Ändtlige isch d’Brügg fertig gsi. Du isch dr Geischt ungheisse furt. Sider het me i däm Hüsli nie meh öppis Unguets gmerkt. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Unghür-Hubel

Source: Unghür-Hubel

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Im Kanton Bern liegt ein Forst, Bannholz genannt, wo sich merkwürdige Grabaltertümer finden, namentlich der "Unghür-Hubel," mitten im Forst, an der Strasse zwischen Heitern und der Süri bei Laupen. Es ist ein vereinzelt aufgelagerter, runder Hügel, von 30 Fuss Höhe. In Bezug auf die Totenstätte und zugleich auf Reste von Bauwerk, welche auf seiner Höhe vorkommen, wird der Hügel wohl auch das Unghürschloss genannt. Auch geht hier die Sage, dass der Teufel hier bisweilen auf einem Aschentuch Geld sonne, welches aber beim Hinzutreten verschwinde   Quelle: Theodor Vernaleken, Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch


by Unghüürig

Source: Unghüürig

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Unghüürig Imene Wald sige noch binenangere drei Tanzplätz gsi, wo si albe die junge Lüt gchuppelet heigi. E Giger heig Bricht ubercho, är soll de denn u denn uf em Tanzplatz si. Aber är sig e chli später, weder dass er hätti sölle, ungerwägs gsi. Scho vo witems heig er ghört, gigen u holeie. Aber am erschten Ort sig nüt gsi. Du gang er witersch u ghöri ume Gigen u Jutze; aber wie-n-er am Ort sig, sig au do alls lär gsi. Du heig er si afo förchte; fascht heig er nümme zrugg dörfe. Über die heimlichen Tänze des 17. und 18. Jahrhunderts berichten uns die Chorgerichtsmanuale recht viel; aber über bestimmte Dinge, über Lied und Tanz, wie er als Gebärde in Erscheinung trat, schweigen sie sich völlig aus. Wir wissen aber, dass der alte Tanz vielfach langsam und gemessen war; Lieder, von den Tanzenden selber gesungen, wurden „getreten“ oder „gegangen“; andere wurden „gesprungen“. Darum gebrauchen die Manuale hie und da neben den Namen „Nachttanz“, „Räbeltanz“ oder „Kilttanz“ (= Abendtanz) den Ausdruck „Springet“. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Unnötig zsämebättleti Almuese

Source: Unnötig zsämebättleti Almuese

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Unnötig zsämebättleti Almuese Äs isch öppe vor hundert Johre gsi, wo-n-e Mühlicharer Rüederwil im Rüegsauschache über d’Brügg gfahren isch. Uf de Wehrsteine isch e chatzgraus Bättlermanndli ghocket mit eme Seckli am Rügge. Derno het ihm dr Charer gseit, äs söll cho ufhocke. Aber ‘s Manndli het nid wölle; d’Ross möge ihns mit sim Seckli doch nid. Du het dr Charer glachet, was so-n-es Manndli am Rügge mög träge, mögi vier Mühliross au zieh u het ihm uf e Wagen uecheghulfe. Drufabe hegt er lo azieh; aber du hei d’Ross dr Wage nümme möge ab Fläck bringe. Du het dr Charer ’s Manndli gfrogt, was es de emel au i sim Seckli heig. „He los“‚ het ’s Manndli druf gmacht, „das si unnötigi Almuese wo-n-i zsamebättlet ha.“ Wenig Wert besitzen in der Regel die Sagen, welche Namen zu deuten suchen. Aber das Interesse, welches sie für die Vergangenheit zeigen, erfreut und zeugen von Menschen, deren Denken doch nicht ganz von der Sorge des Alltags beherrscht wird. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Unnötige Gespensterfurcht

Source: Unnötige Gespensterfurcht

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Über den Rücken des Titterter Marchhügels, gerade dort wo der Bannstein steht, zog sich früher ein Grünling dahin. Jene Stelle, wo der Weg den Hag durchschnitt, war als unghürig verrufen, weil dort ein Galgen gestanden hatte. Einmal an einem Samstagabend musste mein Vater in Reigoldswil einen Sack voll Mehl holen Der Grossvater ging ihm bis an diesen Grenzhag entgegen und wartete dort auf ihn. Er wollte sehen, ob sein Sohn Furcht zeige und legte sich darum hinter den Hag. Als er dann einen Mann schwer keuchend heransteigen hörte, fing er an zu seufzen und zu gruchsen. Da beschleunigte der Herannahende seine Schritte und eilte, weder nach links noch nach rechts blickend, an der ungemütlichen Stelle vorbei, so gut es ihm mit seiner schweren Last möglich war. Der so rasch dem Dorfe Zustrebende war aber nicht der Erwartete, sondern ein Nachbar. Erst nach einer Weile hörte man abermals einen herankeuchen. Neuerdings fing der Grossvater an, seine klagenden Laute auszustossen. Diesmal aber stellte der Ankömmling, welcher eben der Erwartete war, sein Räf auf den Boden und ging hinter den Hag, um der Ursache der seltsamen Laute nachzuforschen. Die Beherztheit seines Sohnes freute den Grossvater, und munter schritten die beiden dorfwärts. Mit Ergötzen vernahm der Sohn die Geschichte von dem furchtsamen Nachbarn. Am nächsten Nachmittag war im Schulhäuschen Gemeindeversammlung. Es traf sich, dass der Grossvater gerade neben den Genarrten zu sitzen kam. Als dieser einmal hinausschaute und sah, wie es draussen in Strömen regnete, bemerkte er: «I ha s`dänkt, `s wärd äso cho,das het geschter znacht wieder gar dunnerschiessig gmuchset hinder im Hag.» Der Grossvater konnte sich darauf des Lachens nicht erwehren. Der Nachbar aber hatte zu der ausgestandenen Angst nun auch noch den Spott zutragen. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Unpaar Strümpfe​​​​​​​

Source: Unpaar Strümpfe​​​​​​​

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Ein Sigrist aus Ulrichen, mein Urgrossvater, läutete in der Heiligen Nacht die Glocken. Da hörte er die Totenprozession kommen und schaute hin. Er sah neun Personen; alle kannte er, ausgenommen den letzten. Nur sah er, dass dieser "unpaar“ Strümpfe angezogen hatte. Nach der Mitternachtsmesse zog er seine Strümpfe aus und bemerkte, dass er selbst unpaarige getragen hatte. Da wusste er, dass die Reihe an ihn komme, und er sagte seiner Frau: «So, jetzt ist fertig für mich, jetzt habe ich zum letzten Mal Weihnachten eingeläutet!» Und so sei es geschehen. Die andern neun starben der Reihe nach, wie er sie gesehen habe, und am Schlusse sei er an die Reihe gekommen. Jetzt, ob’s wahr ist? ULRICHEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Unrecht Gut

Source: Unrecht Gut

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Nachdem die Jesuiten aus Brig geflohen waren, sollen einige Briger Familien die Gelegenheit benützt haben sich an der Habe der Jesuiten zu bereichern. Kaplan Schlunz aus Glis warnte damals: «Das wird diesen Familien kein Glück bringen. Ihr werdet es noch erleben und sehen, dass sie verarmen und um alles Ansehen kommen.» Und so traf es auch ein. BRIG Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Unrichtig

Source: Unrichtig

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Z'Hellichrüz, bem Chappeli in dä Büngerte, heis dinn und winn grad tünt, we winn nämmer dä Chüäne leiß und der Stumpä-n-ischluh teit. Der Franzsepp häts au köürt und gseit, das sei sä gwüß wouhr, as daß ine mit dem Trumpfsächsi der Bur raubä chünn. Albrecht, Erinnerungen Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 268, S. 144f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Unrichtiger Grenzverlauf

Source: Unrichtiger Grenzverlauf

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Auf der «Höche Rüti» fällt die Grenzlinie zwischen Kienberg und Oltingen nicht mit der Wasserscheide zusammen wie an andern Orten, sondern verläuft quer durch die Halde, welche gegen Oltingen abfällt. Die Schuld daran trägt ein Fuhrmann. Als er den Markstein die steile Halde hinaufführen musste, fiel ihm dieser, noch bevor er die Anhöhe erreicht hatte, vom Wagen. Der Fuhrmann hielt es nicht der Mühe wert, den schweren Stein wieder aufzuladen, und liess ihn liegen. Nachher wurde er von den Gescheidsmännern an jener Stelle gesetzt, wo man ihn liegend gefunden hatte. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Unsere kleinste Glocke

Source: Unsere kleinste Glocke

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stammt nach dem Volksglauben aus dem kleinen Klösterlein, das in alten Zeiten im "Nonnenbaumert" gestanden haben soll, im Balgacher Wald. Sie bestehe aus purem Silber und sei vor 100 Jahren schwarz bemalt worden, damit sie von den fremden Kriegern nicht entwendet werde. Ihr Klang aber läßt kaum darauf schließen, daß der Volksmund recht hätte. E. Gadient.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 49, S. 24 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Unsere Liebe Frau des Wanderers

Source: Unsere Liebe Frau des Wanderers

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Im Unterwaldnerland gibt es einen Bergpfad, der sich durch eine wild zerrissene Steinöde höhwärts windet. An der Stelle, wo er am schmalsten ist und wo die Felsen über ihm hängen, als wollten sie jeden Augenblick auf ihn herabstürzen, und wo unter ihm grauenhafte Abgründe gähnen, steht eine kleine Wallfahrtskapelle. Sie ist der Muttergottes Maria geweiht und heißt: "Unsere Liebe Frau des Wanderers." Einst, in früheren Zeiten, wurde diese unheimliche, schmale Stelle der Teufelsweg genannt. Die bösen Geister hielten hier Wache, und alles, was vorüberkam, Jäger, Hirten, einsame Wanderer, kamen in ihre Gewalt. Bald wurden die Armen von jähem Schwindel übernommen und fuhren rettungslos in die schauerlichen Abgründe, in denen riesige Tannen wie Grashalme aussahen. Dann wieder brachen schreckliche Unwetter los, und die Blitze fuhren an den steilen Wänden herum wie Schlangen und töteten die Wanderer. Oft auch, wenn alles ruhig schien, brauchte nur eine Grille auf einem Grasband zu zirpen und ein Vöglein zu singen, so fuhren die Lauinen über die Rissenen und Runsen und Felshänge herab und wischten alles, was gerade auf dem schmalen Bergsteig war, in die Tiefe. Jedermann scheute sich daher, den gefährlichen Pfad zu betreten, da er also verflucht war und da alle irdischen Mittel nichts nützten, ihn sicherer zu machen. Da kamen die geplagten Leute, die den bösen Pfad eben doch hätten begehen sollen, auf den Gedanken, an jener schlimmsten Stelle eine Kapelle zu erbauen und ein Marienbild hineinzustellen, damit niemand vergesse, daß am bösen Weg eine Helferin sei, die man in der Not anrufen könne. Wer aber sollte das gefährliche Werk ausführen und die Kapelle an jener Wegstelle erbauen, wo selbst eine Gemse mit vorsichtigen Tritten durchging? Lange fand sich, trotz aller schönen Anerbieten, niemand, der das Leben für des Landes Wohl einzusetzen wagte. Der notwendige Felsensteig konnte nicht begangen werden. Endlich fanden sich doch einige mutige Männer, die es versuchen wollten, die Kapelle zu erbauen. Nachdem sie noch eine heilige Messe mit Andacht angehört hatten, machten sie sich, mit allem Notwendigen wohlausgerüstet, zu jener bösen Wegstelle hinauf und begannen den Bau der Kapelle. Mit Grauen sahen sie dabei unter sich die Abgründe, die wie riesige Lindwürmer die Rachen nach ihnen aufzusperren schienen. Mit geheimer Angst taten sie auch zuweilen einen verstohlenen Blick ob sich nach den überhängenden Felsen, die jeden Augenblick über sie herabzustürzen drohten. Aber wunderbarerweise geschah ihnen nichts. Nicht ein einziger stürzte ab, und ruhig wie die Lämmlein im Stall blieben die Felsen über ihnen. Die arbeitenden Männer konnten es nicht begreifen. Sie hatten den Tod alle Augenblicke erwartet, aber er kam nicht. Eines Tages jedoch, als sie von ihrer schweren Arbeit ein wenig ausruhten und an die dräuenden Felsen über sich hinaufschauten, erblickten sie zu ihrer Verwunderung überall seidenfeine weiße Marienfäden, die von Stäudlein zu Stäudlein, von Grasbüschel zu Grasbüschel gingen und also als ein zartes Spinngeweb über die überhängenden Felsen ausgespreitet waren. Da erkannten sie, daß die Muttergottes Maria zu ihrem Schütze das fürchterliche Gefelse mit ihrem Schleier umfangen hatte und es also festhielt, damit es nicht über sie herabstürzte. Nun bauten sie getrost weiter, sahen mit keinem Auge mehr ob sich noch nid sich, und bald klebte die kleine Bergkapelle fertig am bösen Weg, ohne daß den Arbeitsleuten etwas Ungerades begegnet wäre. Dann kam der Pfarrherr mit feierlicher Prozession aus dem Tal herauf, weihte die Kapelle ein und nannte sie die Bergkapelle zu Unserer Lieben Frau des Wanderers. Seither mußten die bösen Geister weichen. Sooft auch Jäger, Wildheuer und andere Wanderer an der Bergkapelle vorbeigingen, soviel auch fromme Leute zu ihr pilgerten, nie mehr geschah jemandem ein Leides. Und so möge es in Gottesnamen bleiben bis ans Ende der Tage. Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Unter eine Esche gebannt

Source: Unter eine Esche gebannt

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Meiner Mutter Eltern besassen in der Nähe des Bockitobels drei Berggütlein. In deren einem war es nicht geheuer, und man schickte sich an, den Geist in das Bockitobel zu verbannen. Da schrie er erbärmlich: »Nur nid i dz Tebäli, nur nid i dz Tebäli! Wennd alli Lyber hättet, so wär dz Tebäli scho lengstä volles.« Darauf verbannte man ihn unter eine Esche ob dem Berggut. Einmal stiegen zwei Kinder der Familie in die Alp Waldnacht hinauf, um im sogenannten Waldhittli Süffi zu holen. Unter der genannten Esche setzten sie sich und hend da gsungä und g'häuret. Auf einmal bekamen sie den Mund voll Pfüsi (Blasen). Jetzt kam es ihnen in den Sinn, dass das verbannte Gespenst unter der Esche hause, und sie gingen weg. Franziska Kruog Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Untergang der Blümlisalp

Source: Untergang der Blümlisalp

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Wo jetzt der Turtmanngletscher den Talhintergrund mit seinen Eismassen ausfüllt, da war einst die blütenreiche Blümlisalp, die schönste des ganzen Tales. Dort führte ein Senn mit einem Mädchen namens Kathrin, ein sündhaftes Leben. Der alte blinde Vater wurde abscheulich behandelt; man strich ihm sogar Kuhmist statt Butter auf's Brot. In einer fürchterlichen Gewitternacht befahl der Senn dem armen Vater, das entfernte Vieh einzutreiben. Der Vater gehorchte; aber ohne es zu wollen, kam er immer weiter von der Alpe weg und die ganze Herde folgte ihm nach. — Dann stürzten ungeheure Eismassen über die Alpe herab und begruben selbe mitsamt dem bösen Sennen, der Kathrin und dem kleinen schwarzen Hunde, den jener besass. Noch jetzt sieht man, wenn der Turtmannbach gross wird, den kleinen schwarzen Hund hin und herlaufen längs des Wassers und aus den Gletscherschründen hört man rufen: «Ich und min Kathrin müssen immer und ewig auf der Blümlisalp syn!» (erzählt von R. Ritz)   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Untergang der Stadt Roll

Source: Untergang der Stadt Roll

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Am rechten Ufer des Thunersees, unweit des Schlossturmes Ralligen und des Dörfchens Merligen liegt nach einer allgemeinen Sage die Stadt Roll unter dem Schutte begraben. Sie soll durch einen furchtbaren Bergsturz verschüttet sein, indem ein grosser Gipfel der zerrissenen Ralligstöcke sich losgerissen habe und nach dem See hingestürzt sei. Noch jetzt liegen dort grosse Felsblöcke von festem Kalkstein. Auch ein schlossähnliches Gebäude, Ralligschloss, einige Minuten vor dem Schuttplatze gelegen, soll ein Überbleibsel sein. Vor nicht langer Zeit hat man unter einem grossen Felsstücke eiserne Werkzeuge gefunden. Folgende Sage geht darüber im Munde des Volkes: Eines Abends als sich die Bewohner jener Stadt zur Ruhe begeben wollten, kam ein Zwerglein (Bergmännlein) vom Berge herab und begehrte Nachtherberge, wurde aber von den ungastlichen Leuten abgewiesen; nirgend fand es freundliche Aufnahme als bei den Bewohnern des Ralligschlosses. Des andern Morgens stellte sich jenes Zwerglein auf den Gipfel der spitzen Fluh (Gibelfluh) und rief mit folgenden Worten die Unglücksbotschaft über die Stadt aus: Stadt Roll, zieh us mit dinem Volch! Die spitzi Fluh ist g'spalte; Schlegel und Wegge si g'halte, Zieh' us, dem Stampach zu! Aber niemand hörte auf diese Warnung und das Unglück brach herein. Der grösste Teil der spitzen Fluh riss sich los und zermalmte die Stadt samt ihren Bewohnern. Niemand wurde gerettet als die gastfreundlichen Bewohner des jetzt noch stehenden Ralligschlosses. Jetzt gleicht dieser Ort einer Einöde, nur auf eine spärliche Weide treibt der Schaf- und Ziegenhirt seine Herde. Quelle: Theodor Vernaleken, Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858. E Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch


by Untergang des Jäntelbodens

Source: Untergang des Jäntelbodens

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Der G'wüestboden im Tale der Göscheneralp, heute ein ödes Trümmerfeld, hiess vor Zeiten Jäntelboden und war eine blühende Au. Man hätte da keinen Stein gefunden, wenn man einen solchen einem der Pferde hätte nachwerfen wollen, die man damals noch in die Alp trieb. Da kamen eines Sonntags zwei fremde, unbekannte Weibspersonen daher, bis zum Jäntelbrunnen vor im Boden, standen in den Brunnen hinein und wühlten darin herum (»hennt dri' g'niält«). Der Himmel war glanzheiter. Aber alsbald fing er an, sich schwarz zu überziehen; in kurzer Zeit brach ein schreckliches Unwetter los, die Rübenen und Bäche fuhren tosend und brüllend von den Bergen und begruben den schönen Jäntelboden mit ihrem Schutt. N. Gamma, genannt »der Wiälesch«, ca. 85 J.a. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Untergang einer Alp

Source: Untergang einer Alp

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Auf Lammerbach im Brunnital, wo jetzt ein grosser Boden mit Schutt und Geröll bedeckt ist, war einst ein prächtiger Weidgang. Vor Allerheiligen 1666 regnete es mehrere Tage sehr heftig; der Gletscher mit viel Gestein stürzte herab und begrub am Tage Allerheiligen das schöne Gefilde. Joh. Josef Arnold, Spiringen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Untergang von Plurs

Source: Untergang von Plurs

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Wenn man aus dem felsigen graubündnischen Bergeller-Tale hinaustritt und die Strasse nach Clefen zieht, so kommt man an der denkwürdigen Stelle vorbei, wo das Städtchen Plurs unter einem Bergsturze begraben liegt. In noch früheren Zeiten stund dort die Ortschaft Belfort, welche ebenfalls verschüttet worden war. Plurs war ein reiches Städtchen und wo viel Geld und Gold liegt, da pflegt der Satan sich niederzulassen und seine Schlingen auszuwerfen. So kam es, dass die Einwohner von Plurs sich dem Wohlleben und der Schwelgerei hingaben. Auch der Hochmut kehrte bei ihnen ein und die Eitelkeit und Ruchlosigkeit machte das Mass voll. Es war an einem schönen Sommertage am 24. August des Jahres 1618 als eine Hochzeit in Plurs gefeiert wurde. Alle Eingeladenen erschienen in Sammet und Seide und das Brautpaar war mit goldenen Ketten und Edelsteinen behängt und die Strasse bis zur Kirche war mit sammetnen Teppichen belegt, über welche das Brautpaar vor den Altar schritt. Nach der Trauung wurde gespeist von silbernen Tellern und getrunken aus goldenen Bechern. In der Küche brannte Zimmetrinde unter den Töpfen und im Saale flimmerten die Wände von lauter Kostbarkeiten. Nach der Tafel spazierte die hochzeitliche Gesellschaft längs der Maira. Am Ufer hüpfte ein schneeweisses Lämmlein um seine Mutter. Da fasste einer aus der Gesellschaft den Gedanken, zur Ergötzlichkeit für die Zuschauer dem Lämmlein sein silberlockiges Fellchen abzuziehen. Gedacht, getan - in wenigen Minuten stand das blökende Lämmlein mit nacktem Fleische da, taumelte noch einige Schritte vorwärts und fiel dann tot nieder. Nicht einer aus der Gesellschaft suchte die ruchlose Tat zu hindern. Man kehrte zurück in das Städtchen und tanzte bis in die Nacht. Der Tanz war noch nicht zu Ende, als der anliegende Berg unter furchtbarem Donner das Städtchen mit Mann und Maus begrub. Quelle: Theodor Vernaleken, Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch


by Untergang von Plurs

Source: Untergang von Plurs

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Plurs, an der Maira oberhalb Cläven gelegen, war vor Zeiten ein so blühendes reiches Städtchen, dass man es sammt seiner schönen Umgegend Belfort, Schönflecken nannte; erst seit es verschüttet worden ist, hat es den Namen Plurs, Ort des Weinens. Seine Bewohner hatten sich des Seidenhandels nach Italien bemächtigt und betrieben neben dieser reichen Erwerbsquelle auch noch den Bau auf edle Metalle. An der Bergspitze des Rothhorns, oberhalb Churwalden, waren Silbergruben entdeckt worden von solcher Ergiebigkeit, dass Tag und Nacht der Zug der Maultiere unterwegs war, die das Erz zur Schmelze trugen*. Sogar kleine Bäche fliessenden Goldes soll es gegeben haben, an denen jeden Morgen und Abend eine Masskanne des reinsten gefasst werden konnte. Neben diesem grossen Reichtum hörte die Einfachheit des Älplerlebens bald ganz auf, Hochmut und gröbste Hartherzigkeit machte sich geltend. Alles was nicht Gold hatte und Gold einbrachte, das diente dem Volke nur zum Spotte. Man schämte sich der Erinnerung, dass man von armen Bergschäfern herstamme, dass man noch seit Menschengedenken in demselben groben Wollenrock einhergegangen sei, wie jeder andere Senne in den nächsten Alpenhütten auch. So stand es im Jahre 1618 in Plurs, als gerade eine Hochzeit mit niegesehener Pracht gefeiert werden sollte. Unter goldgestickten Baldachinen war man zur Kirche gegangen, auf Silbergeschirr hatte man gespeist, und jetzt erging man sich nach der Tafel an dem Gelände der Maira, wo das Brautpaar durch eine unerwartete neue Festlichkeit überrascht werden sollte. Da hörte man auf der nächsten Wiese ein Lämmchen kläglich nach der Alten blöcken, und dies Geschrei missfiel den zarten Ohren der Braut. Kaum hatte sie sich darüber geäussert, so erboten sich die Begleiter, das Tier zum Schweigen zu bringen. Mit herzlosem Übermute banden sie es an vier Pflöcken am Boden fest, um es lebendig aus dem Felle zu schinden. Die feine Gesellschaft hielt den Einfall sogar für witzig und schlau, ein verlaufenes Tier, das man auf eignem Gute hätte wegnehmen und totschlagen können, seinem Herrn lebend, nur ohne Pelz wieder heim zu schicken. Endlich war der Frevel geschehen und dem Tiere die Haut abgezogen. Aber eine solche Grausamkeit gegen arme Tiere und arme Leute sollte nicht unbestraft bleiben, der übermütige Ort war zum Untergange reif. Die zwei gegenüber liegenden Berge Simetta und Gonto warfen plötzlich grässliche Spalten, bodenlose Risse taten sich auf, ringsum bebte und dröhnte es in Höhen und Tiefen, und beide Berge stürzten ihren Felsengipfel nieder. Nicht blos die Hochzeitsgesellschaft ging zu Grunde, unter Donner und Nacht war die ganze Stadt verschlungen; bis über die Turmspitze der Hauptkirche hinaus liegt heute noch der Bergschutt. So liegen sie alle begraben die Paläste und Landhäuser der Reichen, die Waarenhallen voll Gold und Seide, sammt ihren verwilderten Bewohnern; die zahllosen Felsstücke des Simetta sind ihr Grabstein. An jenem Tage, da der Ort unterging, wurde mancher Saumtiertreiber oder Fuhrmann in der Schweiz plötzlich ein reicher Mann; denn heute waren die Seidenballen und Frachtgüter der Plurser unterwegs herrenlos geworden und blieben in seiner Hand. Ein solcher liess sich bald darauf zu Basel einen Garten mit Einfahrt und Portal anlegen und setzte die Inschrift drauf:  An Gottes Segen ist alles gelegen. Ein Packknecht aber aus dem dortigen Mauthhause wusste wohl, wie dieser Segen gekommen war, und schrieb darunter:  Du hättest wenig Segen,  Wenn Plurs nicht wär' erlegen.  Über den Untergang von Plurs, der am 4. Sept. 1618 erfolgte, hat man umständliche gleichzeitige Nachrichten. Der Pfarrer Barthol. Anhorn meldet in seiner Schrift, Zornzeichen Gottes (Basel 1665, 396), es seien am Tage vor jenem Bergstürze zu Plurs alle Bienen aus ihren Bienenkörben weggeflogen. Es wurden 2430 Menschen zusammen verschüttet, auch das Dorf Cilano ging mit zu Grunde, nur 12 Erwachsene und 3 Kinder entgingen von allen dem Tode. Der Schutt des herabgestürzten Berges Gonto liegt an vielen Orten über sechzig Fuss hoch, schon wächst ein grosser Kastanienwald drüber hin. Die Gier der Leute, welche von dem hier mitverschüttet liegenden Geldschätzen fabeln, hat bis zur Stunde nicht nachgelassen, in der Verwüstung herum zu graben. Man schlug anfangs bergmännische Gänge in den Schutt und hatte eine Kirchenglocke herausgebracht, die jetzt in dem Turme von Prosto hängt. Das grosse Ziel war, auf den Platz der Pfarrkirche vorzudringen, die so reich gewesen sein soll an Gold und Silbergefässen und an Edelsteinzierden. Allein die in ihrem Laufe gestörte Maira nahm sich den ganzen Schuttkegel zum Flussbette, ihr Wasser hat den lockern Boden längst durchwühlt und also aus dem Grunde auch die Trümmer der Kirche erreicht. Als im Winter 1858 das Mairabette trocken lag, grub man eine wohlklingende Glocke heraus, mit der Jahrzahl 1597. Jetzt eben im Winter 1861 heisst es, man sei daselbst aus einen Keller gestossen mit 30 Fässern; alles schwelgt schon in der Erwartung, sie würden noch gefüllt sein mit herrlichen alten Veltlinerwein, der zum wenigsten vom Jahrgänge 1617 sein müsste.  Ältere und neuere Berichte über diese Begebenheit finden sich bei Bridel, kleine Fussreisen durch die Schweiz, 1797. I, 221. – Leonhardi, Bündner-Vierteljahrschrift 1849, I. – Röder, der Kanton Graubünden I. 47, 265. * Für die eine Familie Wertemate-Franchi allein arbeiteten 200 Knappen und trugen täglich 16 Maultiere das Erz aus den Gruben über die Berge. Band 3.1., Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962, S. 83 - 84 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch


by Untergang von Rinderbüel

Source: Untergang von Rinderbüel

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Zu Rinderbüel im Maderanertale, da liegt, unter mächtigem Steingeröll begraben, ein ganzes Sennten. 1. Dort rief es eines Abends, als die Älpler die Kühe molken, von der jähen, unheimlich ob den Hütten drohenden Felswand herab: »I lah's la gah.« Der Senn setzte beide Hände in Trichterform an den Mund und rief durch dieses Sprachrohr zurück: »Dä magsch scho nu g'ha!« (halten). Am nächsten Abend erscholl die Stimme wieder: »I müess la gah,« und noch einmal antwortete der unerschrockene Senn: »Mal jetz häb nu ä chly!« Der dritte Abend war eingezogen in der stillen Alp, die letzte Kuh wurde gerade gemolken, aber das ganze Sennten stand noch wiederkäuend beieinander, da schrie es wieder von der überhängenden Felswand herunter mit furchtbarer drohender und doch fast bittender Stimme: »Jäh, i müess la gah!« Der Senn rückte eben den einbeinigen Melkstuhl unter der Kuh weg, stellte sich mit dem vollen Eimer in der Hand auf und rief hinauf: »So lach's äbä la chu!« Und im Augenblick berstete krachend der Felsen, fiel donnernd und Funken sprühend herunter und begrub das ganze herrliche Sennten mit dem Senn und den Knechten unter haushohen Trümmern und Steinblöcken. Nur der Hirt und ein rotes Trychelchüehli, die einzige Kuh einer armen Witwe, entkamen. Die Kuh war zufällig schon unten am Bache auf der Weide. Oder: das rote Chüehli war gerade bei seinem Kälblein, das extra in einer Balm untergebracht war. Seither heisst die Alp Rinderbüel. Friedr. Epp; Peter Tresch u.a.m. 2. Es war ein furchtbar wüster Abend, und der Senn zu Rinderbüel meinte, man solle mit dem Vieh wegfahren. Aber die Knechte weigerten sich und sagten, sie hätten hier mehr Recht als das Wetter. Um Mitternacht kam dann ein furchtbarer Rutsch vom Rinderstock her und tötete und begrub das ganze Sennten mit dem Senn und den zwei Knechten. Noch lange Jahre merkte man, dass sie wandlen mussten. Johann Tresch, Wyler Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Untergang von Schattdorf

Source: Untergang von Schattdorf

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Wie die Sage lautet, sollen im Anfang des elften Jahrhunderts zwischen 1020 – 1025 Altdorf und ein grosser Teil von Bürglen und Schattdorf untergegangen sein. (Aus Lusser: Geschichte des Kantons Uri, Seite 19.) Schattdorf sei die älteste Pfarrei des Kantons; vor alten Zeiten sei es einmal untergegangen, es sei nämlich dort, wo jetzt die Siessberge sich ausbreiten, ein See gewesen, der sei ausgebrochen und habe ganz Schattdorf übersaret. Von diesem Schaden habe der Ort den Namen Schattdorf. Mehrfach mündlich. Weil laut alten Chroniken und Schriften das heutige Schadorf das in dem Land Uri erstbewohnte Dorf gewesen ist und diesen seinen Namen Schadorf von dem etwan vor mehr muthmaslich vor 1000 Jahren erlittenen Schaden bekommen, dass zuvor sein Namen Ura olt Uri soll geheissen haben, welcher Schaden um so vill grösser muss gewesen sein, da man aus dem Lehn auf die Haldibergen ebenfuoss gehen könnte, und von disem Schaden, welchen der Gangbach verursachet, ein solches ausgeworfen und so erschröckliche Stein herabgeführt, die noch heut zu sehen, dass das ganze Dorf undergegangen und dise Originalpfarr alsden sich genöthiget befunden, mit der wohllöblichen Pfarr Bürglen zu vereinigen, bis sie widerum von derselben separiert, auch in Ansehung dises ohndisputierlichen Altertumbs unser Pfarrei in ofentlichen Processionen Creütz und Fahnen der Vorzug gestattet wird. (Aus Pfr. Isenmanns [† 1775] Aufzeichnungen im Urbar von Schattdorf; 14. Neujahrsblatt von Uri, S. 35.) Da wo jetzt die Siessberge in der Gemeinde Schattdorf sind, war vor uralten Zeiten ein See. Dieser brach aus und überschwemmte ganz Schattdorf. Von diesem See erhielten die schönen ebenen Bergwiesen, die nun an seiner Stelle entstanden, den Namen Sees- oder Siessberge. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Untergang von Sisikon

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Diä Altä hennt mängisch g'seit, der Bach heig Sisigä b'bracht, der Bach wärd's au einisch wieder nä. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Untergang von Waldi

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In Fellenen sind heute zwei Alpen, Vorder- und Hinterwaldi. Die bildeten vor Zeiten ein einziges prächtiges Berggut, Waldi genannt, und waren im Besitze eines reichen Bauers. Dieser hatte drei heillos schöne Meitli. Wenn allemal zu Gurtnellen im »grossen Haus« zur Fastnachtzeit Tanz war, sagten die Musikanten, sie fangen nicht an zu spielen, bevor die »Waldi-Meitli« da seien. Und dann holte man sie herbei. Nach vielen Jahren, als die drei Meitli schon verheiratet waren, hörten die Leute im Waldi eine Stimme rufen, sie sollen fort. So drei Abende nacheinander. Aber sie folgten nicht. Am vierten Abend brach ein ungeheures Felsstück ob der Senntenhütte im Vorderwaldi los und begrub einen grossen Teil des schönen Bodens samt den Menschen und Viehsennten. Joh. Jos. Walker Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Unterirdische Gänge

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Ein unterirdischer Gang führte vom Fürstenstein nach dem Schlosse Sternenberg bei Hofstetten. Es sollen noch Waffen darin verborgen sein. Ein weiterer unterirdischer Gang soll Fürstenstein mit dem Schloss Tschöpperli (Frohberg) verbunden haben. Das «heilige Loch», ein verfallenes Gewölbe, soll ein Teil davon gewesen sein. Fürstenstein Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Unterirdische Gänge

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Unterirdische Gänge Von der Burg Schönenewerd führte in alten Zeiten ein unterirdischer Gang unter der Limmat hindurch zum gegenüberliegenden Schloss Glanzenberg. Durch ihn verkehrten die beiden Rittergeschlechter miteinander. Und ein weiterer unterirdischer Gang soll von der Burg Schönenwerd gegen Urdorf verlaufen sein. In Urdorf heisst ein Haus „zum Kloster“, weil früher an der Stelle ein Kloster stand. Man erzählt, von hier aus führe ein unterirdischer Gang ins Reppischtal, dorthin, wo früher eine Kirche gewesen, heute sich aber ein stattliches Bauernhaus befindet. Ein weiterer unterirdischer Gang soll von Gwinden nach der Burg Schönenwerd geführt haben. In Gwinden ist nämlich unterhalb der Burgstelle der Erdboden mehrmals eigentümlich eingesunken, so dass der Boden immer wieder ausgeebnet und das eingesunkene Gebiet aufgefüllt werden musste. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Limmattal Aus den „Sagen aus dem Limmattal“. Quellen sind dort nicht angegeben. Laut Vorbemerkung wurden die Sagen durch Sekundarlehrer K. Klenk „durch Schulaufsätze“ gesammelt.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Unterirdische Gänge

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Wie alte Leute erzählen, soll vom Pfeffinger Schloss bis zum Schlosse Fürstenstein ein unterirdischer Gang führen, der früher besonders in Kriegszeiten benützt wurde. Ein anderer unterirdischer Gang führte vom Fürstenstein nach dem Schlosse Sternenberg bei Hofstetten. Es sollen noch Waffen darin verborgen sein. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Unterirdische Gänge

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verbanden nach der Sage die Burg Attinghausen mit dem Wohnturm im Schweinsberg und diesen mit dem Kloster in Seedorf, letzteres wiederum mit dem Schlösslein Apro in Seedorf, von wo sich ein unterirdischer Gang durch die ganze Talebene bis zum Schlösschen Rudenz in Flüelen und zum dortigen ehemaligen Gasthaus zum Ochsen hingezogen habe. Nach andern führte der unterirdische Gang vom Kloster unmittelbar nach Flüelen. Wahrscheinlich aber bezieht sich diese Sage ursprünglich nicht auf das Schlösschen Apro, sondern auf den fast gänzlich verschwundenen Turm der Ministerialen »von Seedorf« westlich der Pfarrkirche in der Turmmatte. Ein solcher Schacht habe vom Schlösschen Apro ungefähr in der Richtung des jetzigen Strässchens zur Reussbrücke geführt, ja sogar bis zur Ankenwage in Altdorf. Wenn man im Schlösschen wegging, so läutete es auf der Ankenwage in Altdorf an, und man lüpfte dort den Deckel über dem Ausgang des Schachtes. Ein um 1840 geborener Mann, Sohn eines ehemaligen Pächters des Schlössleins, behauptete, seine eigenen Eltern seien einmal bei Regenwetter auf diesem unterirdischen Wege von Altdorf heimgekehrt. Solche heimliche Verbindungen bestanden zwischen dem ehemaligen Turm im obern Hof zu Schattdorf und dem Meierturm in Bürglen, zwischen dem Roll'schen Haus in Altdorf und dem »weissen Haus« an der Attinghausener Strasse, zwischen dem ehemaligen Turm und dem »alten Brunnen« in Göschenen, zwischen dem alten ehemals Schmid'schen Haus im Spiss und dem Nussbäumli in Altdorf. Eine unterirdische »Strasse« – mein Erzähler betonte dieses Wort – führte vom Burgli oder Schatzbödemli in der Isleren zu Attinghausen zur dortigen Freiherrenburg. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Unverletzliches Reinacher Haus

Source: Unverletzliches Reinacher Haus

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Als den Rittern von Reinach ihr Thurm abgeschossen wurde, zogen sie vom Berge ins Dorf herunter und bauten sich ein Haus, das sich von den übrigen Bauernhäusern durch nichts als durch einen stumpfen Schneckenthurm unterschied. Dieser wurde nach ihrem völligen Erlöschen abgetragen und ihr Wohnhaus verkauft. Nun sind nur noch Trümmer davon übrig, diese aber bleiben unvertilglich. Vor einigen Jahren erschien dorten am frühen Morgen ein fremdartiger Mann; der Bauer, der ihn zuerst erblickte, starb rasch. Die Leute deuteten es sogleich auf ein bevorstehendes grosses Sterben. Drum schont man die Ueberreste jenes Hauses und meint, beim gänzlichen Abbruche desselben würde daraus ein Unheil über das Thal hervorbrechen. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 77 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Unverschliessbare Thüre in Veltheim

Source: Unverschliessbare Thüre in Veltheim

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In einem gewissen Hause zu Veltheim geht bisweilen am Tage wie bei der Nacht die Stubenthüre auf. Die Leute sind so sehr daran gewöhnt und unterscheiden die Zeit so gut, dass sie dann die geöffnete Thüre nicht wieder verschliessen, es wäre doch vergeblich. Ungläubige von der neuen Schule wollten hierin eine bloss natürliche Ursache sehen und stemmten sich deshalb mit aller Gewalt gegen die Thüre; sie öffnete sich dennoch und legte jene mit ihrer neuen Weisheit unsanft zu Boden. Einmal machte der Kobold seinen Besuch, als die Wiege mit einem kleinen Kinde eben an die Thüre geschoben war; er warf zwar die Wiege gänzlich um, das Kleine litt aber nicht den mindesten Schaden und der Mutter, die daneben sass und spann, geschah eben so wenig. Auch im Frickthaler-Dorfe Obermumpf findet sich ein altes Haus, dessen Thüren zu bestimmten Tagen des Jahres alle sich von selbst öffnen und die ganze Nacht darauf nicht wieder geschlossen werden können. Man sagt von Selbstmördern, dass jene Stubenthüre, durch die man ihre Leiche aus dem Hause schafft, ja sogar das Fenster einer solchen Stube, zu gewissen Nachtstunden sich stets von selber öffne. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 168 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Unweit Brienz

Source: Unweit Brienz

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Unweit Brienz soll ein Tal, Tiefital oder Teufital genannt, vor Alters seine bleibenden Bewohner auch während der Winterzeit gehabt haben; jetzt aber zeigt nur das Örtlein Engi hier ein paar Winterbehausungen. Jenes Tal indes hat noch einige uralte Häuser, die unter dem Namen der Heidenhäuser bekannt, nach der Meinung der Landleute aus der Zeit des Heidentums herrühren sollen, und jetzt nur des Sommers noch für einige Frist den Besuch der Eigentümer erhalten. Zwischen dem Faulhorn und Rötihorn finden sich in einem ziemlich ebenen Talboden jetzt grosse Schneelager neben einzelnen Plätzen von guter Gartenerde, die schon keine Kräuter mehr nährt. Vor Jahren entdeckte man hier noch Baumstämme, welche ganz in der Erde begraben lagen und von undenklicher Zeit herrühren. Man erzählt, es habe vor Alters auf dieser Stelle ein freundliches Dorf, mit Namen "zur Gossen", gestanden. Auch Meiringen wird von den Haslern meist "an der Gossen" genannt. In jenem Dorfe am Faulhorn soll einst ein Mägdlein beim Brunnen einen Eiszapfen gefunden und ihn als ein seltsames unbekanntes Ding seinem Meister gebracht haben, um zu vernehmen, was das sei. Aber der Meister sagte betrübt: "Das ist ein Zeichen von kalter und böser Zeit, die heranrücken will." Allmählich verwilderte die Gegend, und keine Sennhütte steht mehr da, wo sonst ein schönes Winterdorf gestanden. Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Uralte Städte, Dörfer und Klöster

Source: Uralte Städte, Dörfer und Klöster

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Auch im Emmental weiss die Sage von einer ganzen Reihe untergegangener Orte zu berichten. Teils waren es feste Städte auf lichter Bergeshöhe, die einst als unbezwingbar galten, von denen aber heute jegliche Spur fehlt, teils waren es schmucke Dörfer und ehrwürdige Gotteshäuser mit einer reichen Vergangenheit. Alle Sagenstädte übertraf an Grösse und Schönheit die Stadt Sumiswald. Sie lag ungefähr an der Stelle, wo sich der heutige Ort gleichen Namens erhebt, war aber viel grösser und reichte westwärts bis an den Münnenberg heran. Am Fusse dieses waldigen Bergzuges, da wo die Grüne vorbeirauscht, standen einst die Stadtmühlen. Der Volksmund erinnert sich noch daran, wenn er den Namen Münnenberg als Mühleberg deutet. Die Stadt Sumiswald war der verkehrsreiche Mittelpunkt des Emmentals und erlangte durch den Gewerbefleiss seiner Bewohner Berühmtheit im ganzen Lande. Ein bisschen abseits von den Wegen, denen heute der Verkehr folgt, lag die Stadt Brunnberg. Sie stand in uralter Zeit ungefähr zwischen den Dörfern Oberburg und Krauchthal auf der waldreichen Höhe der Krauchthalerberge. Ihre Bewohner sollen ebenfalls gewerbetüchtige und kunstsinnige Leute gewesen sein. Ihr Erfindungsgeist und ihre Unternehmungslust waren weithin bekannt. Mit Hilfe von kunstvoll angelegten Wasserleitungen und einem Pumpwerk eigener Erfindung leiteten sie das Wasser zu ihren Stadtbrunnen von dem benachbarten Stadelbrunnnen her. Auf der Schöritzegg im Schangnau, einer Gegend, die heute unbewohnt ist, erhob sich einst die bedeutende und weithin sichtbare Stadt Schöritz. Von ihrem einstigen Reichtum zeugt der goldene Schlüssel zu ihren Stadttoren, der noch heute irgendwo in einer alten knorrigen Bergtanne verborgen liegen soll. Auch von Signau weiss die mündliche Überlieferung zu berichten, dass es einst ebenfalls eine Stadt gewesen sei. An den lieblichen Gestaden eines Sees gelegen, soll sie ursprünglich Seenau geheissen haben. Aber nicht allein von Städten mit glanzvoller Vergangenheit wissen alte Leute zu berichten. Auf der wohlbekannten Lüdernalp stand zu jener Zeit ein schmuckes Dorf, dessen Bewohner als tüchtige Weber durch ihrer Hände Fleiss zu Wohlstand und Reichtum gelangten. An Sonntagen pflegten sie den Gottesdienst des benachbarten Klösterleins zu Sankt Oswald am Westabhang der Rafrütti zu besuchen. Heute erinnert nur noch der Name «zum Dosel» an das verschwundene Gotteshaus. Vom Weberdorf aber ist keine Spur mehr zu erkennen. Die Bewohner dieser Orte lebten in Fröhlichkeit und ruhiger Sorglosigkeit dahin. Jeder dachte nur an sich selbst und sein eigenes Wohlergehen. An Sonntagen feierten sie glänzende Feste und kümmerten sich wenig darum, was die Zukunft bringen mochte. Da zog der Krieg ins Land. Fremde Kriegshorden überfluteten auch das Emmental, und in wildem Übermut zogen sie brennend und plündernd durch die schöne Gegend. Sie bezwangen die Städte, raubten, was nicht niet- und nagelfest war, und steckten sie in Brand. Denn ihre Bewohner, in sorglosem Leben verweichlicht, hatten ihre Hand nicht an Schwert und Speer gewöhnt und waren unfähig, ihnen zu widerstehen. Was von der Bevölkerung nicht umkam, das zerstreute sich über das Land und überlieferte der Nachwelt die Kunde von einstiger Pracht und Blüte von Geschlecht zu Geschlecht. Emmentaler Sagen, Hermann Wahlen, 1962 Gute Schriften Bern Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Üren und jüren

Source: Üren und jüren

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En Hirter hed wiit embrüüf in enem Vorsess ghirted; neemme suschd ischd um d'Wäga gsiin. Äis Tags ischd es Zwäärgli chun, es chliis hends Mandelli. Äs hed ghirted ung gholzed, ganz ellenggen; äs hed z'dicke gläid ung gchääsled und ischd mid dem Vee z'Träihi gfaaren, und am Aben isch'sch näben Hirter i d'Näschterren ge-l-ligen. Alls isch ggangen wee an enem Schneerli. Dr Hirter wän äis gäären häin, äs hed ne tüüchd, ds Zwäärgli chennti ellenggen dem Vee Raad töön, und är hed's gfräägd, ob's im zwider wään, e Tag old zween ellengge z'siin. Ds Zwäärgli hed zfridna Bschäid ggän; aber äis dingi's ma an, we's üri old we's üre siigi, sell er den nid uf is zellen. Dr Hirter ischd no gliiche Tags häin. Am Abein hed ds Wätter gcheerd. Uber d'Flee hed's d'Biisen inhagreerd; äs hed afa junsenen ung guren ung Gwäächti triiben. Äin Gureten, äi Stoibbeten hed dee ander gjagd. Im Darseen hed's gliich no Schnee dargreerrd, da Gwäächti triben und dert dem Boden abarra gwischd. Dr Hirter hed afa chummren. Aber bald ischd er üüsbsunna gsiin und hed nid lang gsöögelled und ischd zwäg, fir z'löögen, ob im Vorsess alls in dr Ornig siigi. Är ischd zer Schiir chun und hed d'Gadetir üüfgschrissen; es paar Hoitleni sii gftanden; dee andre sii glägen und häi gmalen, und alli häin im d'Grinda zöögcheerd und häin niid anders ghäben. Döö ischd vum Hüüsli naha ds Zwäärgli chun; aber das ischd nid gööd Täggels gsiin und hed gulliideged und däliged, warfir är chemi. Äs jüri und siigi jüren; aber äs üri nid und siigi nid üren. Numme we's güred hätti uw wän üre gsiin, hätt' er meesse chun; den Ürwätter, de Feen, dä schiichi är, där schläiji de Cheenen i ds Üüter, das si vun dr Milch chemen und trochni im ds Marg im Bäinen. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Urispiegel und der Teufel

Source: Urispiegel und der Teufel

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Der Urispiegel, in der Mundart »Uerispiägel« genannt, war dem Teufel verfallen. Jedes Jahr kam der letztere, um ihn abzuholen; aber der Urispiegel schlug immer wieder eine Wette vor oder verlangte ein Kunststück vom Höreler und sagte: »Wenn du die Wette gewinnst oder das Kunststück zustande bringst, so will ich mit dir kommen, andernfalls musst du mir eine Gnadenfrist zugestehen.« Der Urispiegel verlangte, er müsse schwarze Wolle weiss waschen. Der Teufel machte sich an die Arbeit und rieb eine dicke Steinplatte durch, aber die Wolle blieb schwarz, und unwillig legte er die Arbeit auf die Seite mit den Worten: »Sübiri wär-si, aber wyssi will-si nitt wärdä.« Das andere Jahr hätte er von einer Sau Wolle scheren sollen. Aber die Sau schrie und die Borsten waren nicht Wolle; da wurde der Teufel wild und schnerzte: »Meh Gschrei as Wullä«, und gab es verspielt. Äs andersmal hätt er sellä mit Yschzäpfä-n-afyrä. Sowyt heigers doch pracht, dass grochä heig; aber achu heigs nitt wellä. Und darnah heig-er gseit: »Rychä täts! wennds achunnt, sä brinnts.« Wieder stand er vor der Aufgabe, einen Furz durch ein Barnenloch hindurch zu fassen und zu knüpfen oder einen »Lätsch« hinein zu machen. Urispiegel legte sich in den Barnen und liess einen durch das Barnenloch fahren. Eine Weile machte der Teufel allerlei Manöver, dann aber meinte er resigniert: »Gheert hanä und gschmeckt ha-nä äu, aber gryffä cha-nä nitt.« Der Urispiegel hatte den Teufel ganz in der Gewalt und traktierte ihn heillos. So verlangte er einst drei Kunststücke auf einmal von ihm: Er musste mit einer gläsernen Schaufel Steine klopfen; das brachte er zustande. Ein zweites Stück gelang ihm auch, und dem Urispiegel wurde es schon angst. Aber das dritte: Sagmehl zu knüpfen, war ihm unmöglich. Er musste bekennen: »Das chani nitt, das Sagmähl isch ja vill z'churzes!« Auch im folgenden Jahre stellte ihm der Urispiegel eine dreifache Aufgabe, welcher er sich nicht gewachsen zeigte: Ysäweggä lind zu sieden, Schiesspulver anzuzünden ohne in Brand zu stecken, und Sagmehl in ein Heugarn zu fassen. Einmal hätte er eine Biene erschaffen sollen. Tatsächlich brachte er ein kleines, geflügeltes Tierchen zu weg. Er sagte zu ihm: »Flyg«, und da war es eine Fliege. Der Urispiegel war nie verlegen. Als ihn der Teufel wieder einmal packen wollte, sagte er: »Wenn du mir drei Dinge bringst, die ich dir bezeichne, so will ich dein sein, sonst musst du noch ein Jahr auf meine Wenigkeit verzichten.« Der Teufel ging auf das Angebot ein, und der Urispiegel schickte ihn, die folgenden drei Dinge herzuschaffen: Holz von einer Kanzel, auf der noch nie gelogen wurde, Milch von einer keuschen Jungfrau und einen Zopf von Krötenhaaren. Aber der Urispiegel bekam keinen von diesen drei Gegenständen zu sehen, und der Teufel liess den Schwanz hangen und trottete ohne Beute davon. (Bei all den obigen Kunststücken wird, besonders im Schächental und am Ostufer des Urnersees, oft statt des Urispiegels Dr. Füst oder Dr. Füster genannt.) Im nächsten Jahr erschien der Teufel, als die Leute gerade die Kartoffeln pflanzten, und traf den Urispiegel in seinem Erdäpfelgarten und wollte ihn nehmen. Da machte der Urispiegel einen Vorschlag zur Güte: »Wir wollen diesen Garten je zur Hälfte miteinander nutzen. Welcher von uns beiden den grössern Ertrag daraus zieht, hat gewonnen.« Der Teufel ging auf den Handel ein. »Welche Hälfte willst du, die obere oder die untere?« fragte der Urispiegel. »Die untere«, entschied sich der Gehörnte. Da pflanzte der Urispiegel Korn statt Kartoffeln, und am Herbst hatte der Teufel die Wurzeln und der Urispiegel die Ähren. Im folgen den Lanxi wollte es der Teufel anders haben, er begehrte die obere Hälfte. Da steckte der Bauer Kartoffeln, und der Teufel musste am Herbst mit dem Kraut fürlieb nehmen und den Urispiegel auf Erden zurücklassen. Jetzt wollte aber der Teufel den Stiel umkehren und als er kam, um den Urispiegel zu nehmen, sagte er siegesgewiss: »Jetzt will ich einmal die Aufgabe stellen. Wenn du mir nicht ein Tier zeigen kannst, das ich nicht kenne, so gibts keinen Pardon.« Der Urispiegel erschrak im ersten Augenblick, dann aber ging er heim, zog seine Frau nackt aus, bestrich sie mit Honig und wälzte sie dann in einem Haufen Hühnerfedern herum. Als der Teufel kam, zeigte er ihm diese aussergewöhnliche Gestalt und fragte, ob er das Tier kenne. Der Gefragte beschaute das Ding eine Weile und bekannte dann: »Nei, ä sonnes Tiär, wo ds Ütter zwischet dä Vorderbeine obä het, hani doch nu keis gseh.« So hatte der Urispiegel wieder eine Jahresfrist gewonnen. Zuletzt ging er aber doch dem Teufel in die Schlinge, aber wie das zuging, weiss ich nicht. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Urispiegels Händel mit dem Teufel

Source: Urispiegels Händel mit dem Teufel

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Urispiegel und Teufel hatten immer Händel miteinander und suchten einander zu überlisten. Wurde der Urispiegel überlistet, so war er des Teufels. a) Einisch hätt der Ürispiägel am Tyfel sellä-n-erratä, wiä altä das är syg. Das isch fryli äs beeses Erratä gsy! Lang, lang het der Ürispiägel dra ummägstudiärt und ds Jahr isch scho schiär ummä gsy, und da isch-em afigs heiss und angst wordä. Und darnah zletscht gahd-er zummänä güetä Frind, und er hed-em gwisst z'ratä, und är hedem gfolget. Är gaht und nimmt sy eigni Fräuw – sy syg fryli nimmä grad das scheenscht Muster gsy – und ziäht si blutternackt zerscht im Hung ummä und darnah i dä Fädärä. Und darnah, wo der Tyfel chu isch, hed-er züe-n-em gseit: »Epp-mi nimmsch, müesch-mer etz äu nu äs Rätsel leesä. Ich will-d'r äs Tiär zeigä, und wenn d'channsch erratä, was fir eis das isch, sä channsch-mi nä.« Der Tyfel lachet und seit: »Ja ja, zeig dü nur ä sonnes Tiär.« Und darnah het der Ürispiägel äbä sy Fräuw innä Bäum üfätah und isch am Tyfel ga sägä: »Sä chumm etz chu lüegä und säg, was da firnes Tiär i dem Bäum obä-n-isch.« Der Tyfel het glüegt und glüegt und het das Gschepf von allä Syttä, hindersi und firsi, gschäuwet, und ändlächä isch-er gsturnä wordä und het priälet: »Jetz bini tüsig Jahr Tyfel, aber ä sonnes Tiär, wo ds Ütter zwischädä Vorderbeinä het, hani doch nu niä gseh.« Und jetz hed-em der Ürispiägel chennä sägä, wiä altä das-er syg. Jos. Maria Tresch, 68 Jahre alt, Silenen b) As anders Jahrs heiget-s an Härdepfelgartä midänand um d'Halbä gha. Am Lanxi seit der Ürispiägel zum Tyfel: »Was witt, das im Bodä uder das obem Bodä?« Der Tyfel het glachet und het gseit: »Natyrli das im Bodä!« Und darnah isch der Ürispiägel ggangä und het Bohnä gsteckt. Und am Herbst het düe der Tyfel d'Wirzä chennä ha, und der Ürispiägel het gschmeelelet und het d'Bohnä gnu. Am nechstä Lanxi het der Tyfel scho vo wytem priälet: »Ja, ja, hyr müesch-mi de nimmä ha! Hyr wil ich de, was obem Bodä-n-isch.« Und darnah het der Ürispiägel wider Härdepfel gsteckt, und am Herbst het der Tyfel mit dä Stirzlä chennä zfridä sy. Jos. M. Zberg, 75 Jahre alt, Silenen c) Einisch het der Ürispiägel der Tyfel innä Sack innä gnu und het verbundä und hedä-n-uf dä-n-Axlä innä Schmittä treit und het dert zum Schmid gseit: »Tüemmer das Sackli ä chly zwägchlopfä, äs tüet-mi heillos drickä!« Der Schmid hedä düä fryli ufä-n-Ambos gleit und hed afah chlopfä. Aber der Sack isch immer meh üffggangä, statt das-er-si zämägloh het. »Mä meinti, da hättisch der lebändig Tyfel dry!« seit afigs der Schmid zum Ürispiägel. Und darnah hets usem Sack üsä griäft: »Ja, und das bini!« Aber da het der Schmid einisch gleitig üffgmacht und het der Hess üsäglah. Zletscht isch aber der Tyfel am Ürispiägel doch z'aarigä wordä und hedä verwitscht. Dry Täg und Nacht heiget-sä gheert schryä-n-i der Luft, so heigärä-n-i der Relli gha. Peter Walker Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Urnavas

Source: Urnavas

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In alten Zeiten herrschten über das Volk von Naters ausländische und gewalttätige Tyrannen. Die Natischer mussten ihnen Tribut zahlen. Daneben trieben die Herrscher noch unterirdische Gänge in die Keller und stahlen dort die besten Käse und Hammen weg. Am meisten erbitterte die Untertanen aber der Befehl, dass jede neuvermählte Braut für drei Tage dem Tyrannen überlassen werden musste. Das brachte die jungen Leute zur Verzweiflung. Sie berieten, dieses unwürdige Joch abzuschütteln. Zwölf kühne Jünglinge versprachen ihre Hand an ebenso viele Jungfrauen und verschworen sich, ihre Hochzeit über dem Leichnam ihres verhassten Herrn zu feiern. Das Los bezeichnete das Brautpaar, welches den ersten Schlag ausführen sollte. Als der bestimmte Tag angebrochen und ihre Ehe in der Kirche geschlossen war, begaben sie sich in Festkleidern und in Begleitung ihrer Verwandten und Freunde vor das Schloss des Tyrannen und Wüstlings. Niemand verriet ihren Schwur. Als das erste Paar bei dem Herrn vorgelassen wurde, wollte dieser die Braut in seine Arme schliessen, fiel aber von einem wuchtigen Schlage tödlich getroffen, zusammen. Gleichzeitig pflanzten die draussen Gebliebenen Spiesse auf ihre Stöcke, bezwangen das Schloss, töteten oder überwältigten die Knechte und Gehilfen des Bösewichts, soweit sie nicht durch schleunige Flucht entrinnen konnten. Jubilierend über die gelungene Rache feierten nun die Brautpaare ihre Hochzeit; doch ihr Jubel dauerte nur kurze Zeit. Die Kastlane der benachbarten Burgen wurden über die Vorfälle im Schloss Urnavas unterrichtet, und sie fielen nun mit vereinten Kräften auf das Dorf Naters. Aber schon hatten sich die Rächer mit ihren Bräuten und Freunden, mit ihren Herden und ihrer Habe über die Berge nach Italien geflüchtet und fanden am Berggehänge von Ornavasso ein vor der Wut ihrer Verfolger sicheres und geschütztes Heim. In Capaleccio siedelten sie sich an und legten den Grund zur jetzigen Bürgschaft Ornavasso. Die alten Walliser behielten aber auch in den italienischen Gefilden ihre Heimat lieb; bis ins neunzehnte Jahrhundert hinein wallfahrteten sie zur Mutter Gottes auf dem Glisacker. Auch in Naters hat man die einstigen Auswanderer nicht vergessen. Noch 1930, 1950 und 1960 besuchten die beiden Gemeinden einander, wobei abwechslungsweise die Natischer nach Ornavasso, oder die Ornavasser nach Naters reisten. NATERS Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Ursern verwüstet

Source: Ursern verwüstet

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Im vorigen Jahrhundert erzählte man dem französischen Reisenden Ramond in Ursern, dieses holzarme Tal sei früher mit Tannen reich überpflanzt und auch sonst ein wahres Paradies gewesen. Ein fahrender Schüler beneidete die Talbewohner um ihr stilles Glück und brachte sie durch Brand und Zauber um alles Gehölze, so dass jetzt nur kümmerlich der wegen den Lawinen notwendige Bannwald noch fortkommt. Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Ursern verwüstet

Source: Ursern verwüstet

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Im 18. Jahrhundert erzählte man dem französischen Reisenden Ramond in Ursern, dieses holzarme Tal sei früher mit Tannen reich überpflanzt und sonst ein wahres Paradies gewesen. Ein fahriger Schüler beneidete die Talbewohner um ihr stilles Glück und brachte sie durch Brand und Zauber um alles Gehölze, so dass jetzt nur kümmerlich der wegen den Lawinen notwendige Bannwald noch fortkommt. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ursis und Landlef

Source: Ursis und Landlef

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Vor alte Zyte, es isch jetz über tuusig Jahr sit due, hät’s im Glarnerland anderst usgsieh as jez. D Linth isch überaal duregloffe, wo si hät welle; da und det isch es Tschuppeli Holzhüüsli gstande a dr Sunne und ab em Wasser und ab de Lauene. Fischer und Jeger sind dri deheimed gsi und arm Puure, wo öppen es Chueli oder ä paar Geiss kha händ. I de Weldere hät’s nuch Bäre und Wölf ggih und uff den Alpen obe Steibögg. I der säbe Zyt isch emal ä fründe Maa i ds Glarnerland chu, wiit vu England här, und hät dene Puurlene und de Fraue und Chinde allerlei Gschichte-n-erzellt und ussemene schüüne Helgebuech vorgläse, vum Heiland und vum Liebgott und vu de Ängeli im Himel obe. Vu allem dem händ si nuch kä Hochschii kha. Und er hät ne prediget, si söled nümme an all das alt Züüg glaube we bis zueche; es gäb kä Haaggemanne i de Bäche und kä Nachtfeyer, und ds Vech wärdi nüd vu böse Geistere verhäxet und was si sust nuch alls glaubt händ. D Lüüt händ dem Maa gloset we d Schwii äm Füüh. Dr Sant Fridli – eso hät der Maa gheisse – isch au ä halbe Toggter gsi und hät ne ghulfe, woner hat chänne, und eso isch es dänggi käs Wunder, as si der Maa delengeri lieber im Land kha händ. Ds Glarnerland hät i der säbe Zyt ä zwii Brüedere khört, das sind de sterchste gsi wiit und breit. Dr ei hät gheisse Ursis und der ander Landlef, und beed sind ledig gsi und händ kä Chind kha. Do isch dr Ursis chrangg worde, und eb er gestorbe-n-isch, hät er em Santfridli siini, eben äm Ursis siini Helfti vum Glarnerland vermacht und gseit, wenn er gstorbe sig, chäm er den alls ha und bhalte. Dr Landlef isch bi dem Handel derby gsi und hät dergliiche tue, er sig mit dener Verteilig einer Meinig. Es isch gar nüd lang ggange, so hät me der Ursis do richtig müese i ds Chilchelöchli tue. Wome due aber hät welle afuuh teile und dr Santfridli em Ursis si Helfti hät welle zhande nih, so hät’s der Landlef zeismal gruue, und er hät afuu muule, das gang de nüd und me wellne bschiisse. Und wil de beede nüd eis worde sind, sind si mitenand vore Richter. Det händ si müese jede der ganz Handel erzelle, und der Landlef hät alls abbhauptet, was si am Totebett mit em Santfridli abgmacht kha händ. Im Gägeteil, dr Ursis heb än ihm alles zäme vermacht, hät der Landlef gseit, und vunere Verteilete sig kä Reed gsi. Der Fridli aber hät gseit we’s gsi isch und es sig truurig, as der eigi Brüeder jez hindedri allszäme verträäje well. «Jänu», seit der Richter, wo si fertig gsi sind mit Rede, «Jänu! es isch halt jez äso: Vu rächtswäge cha nachem Glarnerrächt der Brüeder eerbe, und wänn der Fridli öppis anders will, so mos er ebe Züüge bringe chänne, wo bi dener Abmachig derby gsi sind. Ich gib ech jez e Munet Zyt und da chännd er ech beed bsinne, und nach emene Munet chämmer de wider zäme.» Jez hät der Landlef schu tänggt, er heb’s gwunne; si siged ja nu ihre drii am Totebett binenand gsi, wo si der Handel abgmacht heiged, und eine dervu redi ja nümme. Äm Fridli zlieb wärdi dernüümödisch Härrgott woll der Ursis nümme ussem Grab undenufe chuh luh. Der Fridli aber isch uf ds Grab vum Ursis und hät afuh bätte und hät so lang bättet: «Ursis! I Gotts liebe Name, stand uf und chumm sälber vor Gricht! Stand i Gotts Name uf und chumm!» bis das Totegripp zeismal zum Grab usekräsmet isch, und eso sind si do mitenand zum Richter. Wo der Landlef de beede gsieh hät chu, so isch er fürchtig erschrogge und fraget das Gripp: «Bisch es du, Ursis?» Und der Ursis seit: «Ja ich bis, Landlef! Worum lasch du mir im Grab unde kä Rueb und worum witt du äm Fridli das nüd luh, wonem ich uffem Totebett versproche ha?» Uf das hi isch der Landlef äso erschrogge, das er mit allem iverstande gsi isch und em Fridli si eigene Teil vum Land gad au nuch ggi hät, und dernah isch er uf und drus, und mä hät ne niemih im Land gsieh. Eso hät der Santfridli ds Glarnerland überchuu, und woner do na villne Jahre sälber gstore-n-isch und kä Chind kha hät, so hät er alls äm Chloster Sägginge vermacht, und ds Land hät vu dett äwäg ä de Chlosterfraue äm Rhy unde khört, vil, vil Jahr lang.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Ursprung der Freiherren von Uster

Source: Ursprung der Freiherren von Uster

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Ursprung der Freiherren von Uster Die Freiherren von Uster, die mit den Grafen von Rapperswil verwandt waren, sollen von einer unehelichen Tochter des Bayrischen Herzogs Eticho abstammen. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Jahrbuch Pfäffikon Nr. 1, S. 26/27. Vgl. dazu P. Kläui, Hochmittelalterliche Adelsherrschaften im Zürichgau. Mitteilungen der Antiquarischen Gesellschaft in Zürich 1960, S. 63ff.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ursprung der Schwander Kapelle

Source: Ursprung der Schwander Kapelle

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Ja, ja, von dem, was die Alten erzählt haben, ist die Hälfte nicht wahr; aber ich will euch mit einer Geschichte aufwarten, die gewisse, sichere Wahrheit ist; unser Vater hat sie oft erzählt. In des Hansen-Joders Haus zu Schwanden hauste einsam ein alter, alter, steinreicher Mann. Der ging hin und verlochete im Keller sein Geld, das er sich erhungert und errackert hatte, und dann legte er sich zum Sterben nieder, befriedigt, dass sich niemand an seinen Schätzen freuen könne. Am Dreissigsten, als die Erben teilen wollten, war kaum soviel Bargeld zu finden, dass es für die Totenkosten kleckte. Im Hause wollte es keine Knechte mehr tohlen, niemand wagte es, darin zu nächtigen, auch nicht die neuen Besitzer. Nach vielen Jahren meldete sich wieder einer als Knecht, ein Landsfremder und, wie sie meinten, nur so ein Löhli. Aber: »Probiärä gahd uber Studiärä«, dachten sie und stellten ihn ein. Er wurde von den Nachbarn davor gewarnt, im Hause zu übernachten, lachte aber dessen nur und bezog es fröhlich und heiter. Bei all seiner Arbeit pfiff er das St. Johannes-Evangelium. Schon am ersten Abend, während er sein Nachtessen kochte, warf es ihm Russ durch die Kaminschooss in die Küche herunter. Aber är häig äisster züe'pfyflet und 'kechlet und syg z'letscht mid'm Pfänndli i d'Stubä-n-innä, häig-si da chäch und fräch a Tisch anä gsetzt und mit Abädyt afah-n-ässä. Während er ass, kamen Menschengebeine durch das Ofenloch herunter geflogen, eines nach dem andern. Das genierte ihn nicht. Als nur noch der Schädel fehlte und eine Stimme fragte, ob 's 'Kuglä-n-oü noch sell riährä, rief er zurück: »Ja, 'Kuglä gheert zu dä Cheglä.« Da kam auch die »Totäschidälä« herangesaust, grad an ihren Platz, und jetzt ging ein Knarren und Krachen durch die Knochen, sie fügten sich zusammen zu einem vollständigen Menschengerippe; das stemmte seine Ellbogen, seine Hände gegen die Stubendiele, setzte sich auf, erhob sich, und da stand auch schon ein baumlanger, spindeldürrer Kerl vor dem Knecht, der immer noch am Tische sass und mit vollen Backen kaute. Als er aufschaute, deutete ihm das Gespenst, ohne ein Wort zu reden, mit Gebärden an, er solle ihm folgen. Der erhob sich vom Tische, schlurfte noch mit der leer gewordenen Pfanne in die Küche und schloss sich hierauf dem unheimlichen Gesellen an. Bei der Haustüre gab ihm dieser durch Zeichen zu verstehen, er solle Schaufel, Grebel und Hebeisen, die an der Wand angelehnt waren, ergreifen und mitnehmen. Auch diese Weisung befolgte er. Dann gings eine Treppe hinunter in einen Keller, wo ihm wieder stumm angedeutet wurde, er solle da graben. Er grub und kam auf eine Steinplatte, und uff deerer syg äs Chrettli g'grüppet. Das solle er mit der Schaufel entfernen, deutete der stumme Führer. Nicht ohne Mühe nahm der Knecht das Tier auf die Schaufel, schleuderte es zum Keller hinaus und lüpfte die Platte, unter der ein grosser Krug zum Vorschein kam. Den öffnete er mit dem Hebeisen und fand ihn mit Kupfermünzen bis oben gefüllt. Wieder wurde ihm zugemutet zu graben, und wieder stiess er auf eine Platte, worauf eine Kröte kauerte. Die aber hatte ein tüchtiges Gewicht, und är häig gheerig miässä sperzä, wo-nn-er-si uff d'Schüflä gnu und i Chäller üsa griährt häig. Unter der Platte erschien ein Krug mit glänzenden Silbermünzen, und darnach grub er zum dritten Male auf das stumme Geheiss des Unbekannten, grub und grub, bis er die dritte Steinplatte traf. Aber darauf hockte auch die dritte Kröte und glotzte ihn an. Ä wiättägä Pattsch! Die vermochte er nicht auf die Schaufel zu nehmen, da nützte alles Sperzen nichts. Sie hatte eine zu schytzliche Grösse. »Dr Chäib müess änäwäg üsä!« ermannt er sich, packt sie mit seiner Rechten bei einem Bein und schleudert sie über seine Achsel hinweg zur Kellertüre hinaus. Jetzt lüpfte er auch die Platte, hob einen Krug heraus, öffnete ihn, und da leuchteten und glitzerten ihm die herrlichsten Goldvögelein entgegen. Wie er sich freudestrahlend nach einem Führer umschaut, steht dieser ganz im Weissen da, schneeweiss wie ein Engel vom Himmel, bricht das Stillschweigen und dankt ihm, dass er ihn erlöst habe. Noch muss ihm der mutige Knecht geloben, das Geld des einen Kruges an die Armen auszuteilen und das des andern an den Bau einer Kapelle zu verwenden. Den Inhalt des dritten aber durfte er für sich behalten. Der Geist verschwand. Der fromme Knecht hat Wort gehalten und die Kapelle zu Schwanden auf dem Grundstück jenes reichen Mannes erbaut, und da steht wirklich noch heute eine und legt Zeugnis ab für die Wahrheit dieser Geschichte. Fr. Müller-Imholz, 52 Jahre alt, von Unterschächen, und a. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vater Fidelius

Source: Vater Fidelius

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Es war Anfangs des 17. Jahrhunderts, dass die östreichische Regierung zu Innspruck, Ansehen und Macht des Erzhauses aufrecht zu halten und die von der rohen Soldateska Unterjochten ihre Gewalt und Übermacht fühlen zu lassen, auch das unter ihrer Botmässigkeit stehende Prätigau durch unendliche Erpressungen drückte, und dessen Bewohner an Seele und Leib tyrannisirte. - So wurden die Prätigauer gezwungen, auch ihrem alten Glauben abzusagen und zum römisch-katholischen Kultus sich zu bekennen; die Regierung setzte zur Ausführung des kaiserlichen Befehles die protestantischen Prediger ab und Patres an ihre Stelle, so nach Seewis den Pater Fidelius, Kapuziner-Guardian von Feldkirch, von Sigmaringen gebürtig. Derselbe pflegte nun auch am 24. April des Jahres 1622 nach Anweisung seiner Obern des ihm anvertrauten Gottesdienstes in der Kirche zu Seewis, bewacht von einer Truppe Söldner, die vor dem Gotteshause Posto gefasst hatten. - Wie nun gleichen Tages, zur nämlichen Zeit, in Schiers der Aufstand einen tragischen Verlauf nahm, bemerkte ein Soldat den Rauch, der von der dortigen Pulver-Explosion entstanden war, und rief in die Kirche hinein, dass es in Schiers brenne. Pater Fidelius verstand den Ausruf nicht deutlich, bemerkte aber grosse Bestürzung und Unruhe auf den Gesichtern der Anwesenden. Er beschloss den Gottesdienst mit der Aufmunterung zur Beichte, glaubte in der Verwirrung der Versammelten Verrat zu sehen, und stieg ängstlich von der Kanzel. Nun stürzte Alles aus der Kirche; die Soldaten, das Ärgste befürchtend, gaben Fersengeld. Pater Fidelius, der von Schiers her Schüsse hörte, flüchtete, den Soldaten nach, die steile Halde hinab, wurde von den Bauern eingeholt und von zweien derselben, »Hildebrand und Bärtsch«, getötet. Noch zeigt man unterhalb der Kirche einen Brunnen, dessen Quelle zum ersten Mal soll geflossen sein, als hier, an dieser Stelle, Pater Fidelius die Märtyrerkrone sich erwarb. - Papst Benedictus XIV. erhob ihn im Jahre 1746 unter die Seligen. - Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Veerblettraga Chlee

Source: Veerblettraga Chlee

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„Baalis Aafii", eso hed d'Mööetter afa verzellen, „hed uf dr Choreflööe dem Atten naa gworbed. In dr Maden ischd es veerblettrigs Cbleeblad gsiin. Dööe hed Aafi de Schööe abzogen und das Chleeblad dri taan und de Schööe enumhi agläid. Äs hed gwissd, das ma säid, dr erscht, wa äim ebchemi, we ma veerblettraga Chlee im Schö zsämehediöe häigi, das gäbi den dem Man. „Uf em Häiwwäg ischd ma Dreeses Menk ebchun." Trini, dsMäitli, hed glosd u-l-lached: „Aber äs hed nen no nid." Dööe lached d'Mööetter o und säid: „Bim Doi, ja jeerä, schon! Aber gaan tee s' afen midenandren." Aber Trini hed glached ung gsäid: „Aber, Mööetter, düü hesch'sch lätz gsäid. We ds Mäitli an enem Chaschper ebchunnd, häissd den dr Man o Chaschper. Brigger Gretli ischd es Mäitli gsiin; äs hed veerblettraga Chlee im Schööe ghäben; dööe ebchunnd im Moor Simen. Aber Simen hed ja schon äini ghäben und hed täich an äinarra gnööeg ghäben; aber Jaar derna hed Trigli Simen fir is gfrägd, und äs hed nid näi gsäid. Jetz wolld i den o äis probeeren, wee das chunnd, wen i im Sumer es Blad finden und 's o i Schööe tööen! Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Veitstanz angehext

Source: Veitstanz angehext

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« Der Hexenglaube hat sich bei uns sehr ausgebildet und ein wahrer Apostel desselben war mein Gesangsfreund, der arme B. sel., dem dann das spasshafte Unglück widerfuhr, dass er selbst ein Mädchen, das den Veitstanz hatt, sollte verhext haben.» Bubendorf Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Venedig

Source: Venedig

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Der Glaube an die Wunderstadt Venedig hat einst tief im Urnervolke gewurzelt. Vor wenigen Jahrzehnten sammelte ein etwas beschränkter Mann von Bauen, genannt der Isleter († 1913), alle möglichen Kristalle und kristallähnlichen Steine, bis er sein Zimmer fast gefüllt hatte und selber keinen Platz mehr darinnen fand. »Wen-ich diä Kristallstei z'Venedig innä hätt, wär ich rychä gnüeg,« glaubte er steif und fest und hatte auch tatsächlich die Absicht, mit ihnen nach Venedig zu reisen. Da kam einmal in seiner Abwesenheit der Waisenvogt und schüttete in einer bürokratischen Anwandlung den Nibelungenschatz in den tiefen See hinaus. Seit jener Zeit wollte der erboste Mann nicht mehr arbeiten und fiel der Armenpflege zur Last. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Venediger (Grabs, SG)

Source: Venediger (Grabs, SG)

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Unsere Berge sind erzreich. Das wussten vor Zeiten die Venediger; diese kamen her und sammelten kostbare Steine in ihre Säcke. Sie sagten, man werfe hier mancher Kuh einen Stein nach, der mehr wert sei als die Kuh selbst. Die Venediger fanden aber auch flüssiges Gold; an gewissen Stellen unserer Felsen stellten sie ein Gefäss hin, in welches das Gold träufelte. Waren die fremden Männer reich genug, so kehrten sie nach Venedig zurück, wo sie in schönen Palästen wohnten. Die Fussböden der Häuser, ja sogar die Strassen der Stadt waren mit Talern belegt. Nach N. Senn, Chronik. Tatsächlich enthalten viele unserer Hügel und Berge mehr oder weniger reiche Erzadern, und an vielen Orten wurde in unvordenklichen Zeiten von unbekannten Händen nach diesen Schätzen gegraben. Nun lag es am nächsten, alle diese Minerarbeiten auf das Zwergenvolk zurückzuführen. Die fremden Goldsucher haben darum so manche Züge behalten, die an die Zwerge erinnern; sie sind überall Heiden. Sodann mag der Bergbau namentlich von unberufenen Händen betrieben worden sein, da die Einheimischen sich nützlicher zu beschäftigen wussten. Für unbekannte Leute ist bald eine Bezeichnung gefunden; was nicht deutsch ist, heisst heute noch kurzweg welsch, und jeder Fremde ist in gewissen Gegenden Italiens einfach ein Engländer. In Graubünden waren es die übermässig reichen Bewohner von Plurs, die überall Gold suchten und auch fanden, und zwar tropfte es förmlich flüssig aus dem Stein. Davon aber wurden die Leute übermütig und wendeten sich von Gott ab, und deswegen auch hat der Berg den Flecken Plurs zugedeckt. Nun war ja Venedig seiner Zeit ebenfalls ein reiches, glänzendes Staatswesen, und der Schluss liegt nahe, dass der Volksmund den Reichtum der schönen Lagunenstadt auf solche Quellen zurückzuführen wusste. Endlich hat man nur noch in Betracht zu ziehen, dass ein gewöhnliches Menschenkind die geträumten Schätze in unserm Gestein nicht zu entdecken vermochte, so war der fremde Goldgräber, der glücklicher sein wollte, auch gleich zum Zauberer geworden, der mit unsichtbaren Gewalten im Bunde stehen musste. Der Venediger ist also ein Zwerg, der zum heidnischen, fremden Zauberer ausgewachsen ist.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 116, S. 55 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Venediger (Lichtensteig, SG)

Source: Venediger (Lichtensteig, SG)

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An verschiedenen Orten im Toggenburg, so namentlich bei der Wildenburg in Wildhaus, fanden die Venediger reiche Goldschätze. Sie wurden wegen Zauberei vor den toggenburgischen Landrat gerufen, wo sie sich verantworten sollten. Sie versprachen dem Rat, sie wollten ihm eine goldene Kette schmieden, die um das Städtchen Lichtensteig herumreiche. Aber es half nichts; sie wurden zum Tode verurteilt. Herzog, Schweizersagen. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 440, S. 259 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Venediger verkaufen Teufelchen

Source: Venediger verkaufen Teufelchen

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Es waren vor alters die Venediger im Ruf, mit kleinen Teufelchen, die man „Spiritus familiares" nannte, Handel zu treiben. Um ein ringes Geld waren solche erhältlich und der Verkäufer verhandelte den Geist, indem er ihn in einen Kristall, einen Stein oder einen Fingerring einschloss. Ein Graf erzählte dem Luzernerischen Stadtschreiber Renwart Cysat darüber einst eine sonderbare Geschichte. Seiner Anverwandten einer, ein italienischer Edelmann, war im Besitz eines solchen „geheimen Tüfels". Auf einer Reise zum Heere liess dieser in einer Herberge, wo er übernachtete, den Ring aus Vergessenheit in einer Mauerlücke liegen und reiste ab. Erst nach einigen Monaten konnte er wieder im gleichen Gasthause einkehren und begehrte da in das gleiche Zimmer zu kommen, wo er früher geschlafen. Der Wirt entschuldigte sich, dass es seit jener Zeit hier gar nicht mehr auszuhalten sei, so gehe es da zu mit Poltern und Lärmen. Könnte ihn jemand von dem Übel befreien, so wäre ihm eine hübsche Summe nicht zu viel. Doch der Edelmann wusste dem Spektakel leicht abzuhelfen. Er ging, holte den Ring und weg war aller Spuck.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Verbannt

Source: Verbannt

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Die Kapuziner können Geister, die an bewohnten Orten lästig werden, an eine einsame Stelle hinausbannen; zwei dieser Kuttenmänner nehmen ihn einfach in ihre Mitte und spazieren mit ihm eines schönen Morgens nach dem vereinbarten neuen Aufenthaltsort. Wer ihnen zufällig begegnet, hat sich nicht im mindesten zu fürchten; er sieht nur beiseite und schweigt fein still. Ein solcher Geist sitzt im Geissbachtobel. Geht jemand auf die Alpen, und nimmt er zufällig im "Geissbachställeli" Nachtquartier, so kommt der garstige Kerl mitten in der Nacht und bläst dem Schläfer ins Gesicht, dass es bis am Morgen hoch aufschwillt und der Kopf so gross wird wie ein Melkeimer. Nach N. Senn, Chronik.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 134, S. 62f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Verbrennen von Hexen-Werkzeug

Source: Verbrennen von Hexen-Werkzeug

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Mit allerlei hat er sich befasst, dieser Biälä-Jeeri-Toni. Eine Zeitlang war er Schullehrer in einem Dorf im Kanton Wallis. Dert hennt-s'aber schynts ä lüttärä Pfahr gha. Der kam eines Tages zum Toni und sagte ihm ins Gesicht hinein, er habe allerlei Ruschtig im Hause, die nicht in ein Christenhaus gehöre; er solle sie wegschaffen. Wer aber nicht gehorchte, das war der Toni. Der Pfarrer erschien deshalb zum zweiten Male im Hause und verkündete, er gehe einfach nicht weg, bevor Toni vor seinen Augen den unchristlichen Plunder verbrannt habe. Jetzt musste sich der Bedrängte dazu verstehen; er suchte das Zeug zusammen und fuhr damit dem Ofen zu. Nun aber ging ein furchtbares Gepolter los; es donnerte und blitzte und hagelte in der Stube, dass es ein Graus war, dass man hätte meinen sollen, es müsse alles zu Hudlen und zu Schmettern gehen. Der Pfarrer musste an einem fort sagen, er solle nur keine Angst haben. Richtig, keinem geschah ein Leid, keiner wurde verletzt, und auch der Rumor nahm ein Ende. Theresia Gisler, 73 Jahre alt, Spiringen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Verdammte Säumer

Source: Verdammte Säumer

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Auf der Furka zwischen Urseren und Oberwallis zeigen sich oftmals rote Flecken in dem Schnee. Diese kommen von den Seelen trunkliebender Säumer, welche mit Saumrossen italienischen Wein über den Berg holen und oft durch Untreue oder Nachlässigkeit ihn auf dem Weg mindern lassen. In den Schnee gebannt, müssen die durstigen rotfarbigen Seelen jetzt büßen, und dankbar wohl retten sie denjenigen auf gefährlichem und verirrlichem Pfade, der ihnen einige Tropfen des Rebensaftes, nach dem sie lechzen, geopfert hat. Hinweis: siehe auch Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858: Büßende Säumerseelen (aus Graubünden) C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Verdrehte Füsse

Source: Verdrehte Füsse

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Unterhalb des Dorfes Goppisberg befindet sich eine Fluh. Bis da drauf kamen die Gogwärgini aus den Alpen herunter. Einmal war wieder eine Anzahl auf dieser Fluh. Auch Leute aus Goppisberg standen dabei und sahen dem Treiben zu. Plötzlich begann da ein winziger Knirps aus Goppisberg zu schreien: «Lotzet, lotzet jetzt, die haben die Füsse grad verkehrt!» Die Gogwärgini wurden dadurch sehr beleidigt, und sie antworteten: «Das Kleinste, das Schlimmste! Hier hin und hier her und hier nimmermehr!» Darauf verschwanden die Zwerge und sind nicht mehr zurückgekommen. GOPPISBERG Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Verdrehte Füsse    


by Vereitelter Kirchenbau

Source: Vereitelter Kirchenbau

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Schon mancher hat sich gewundert, weshalb wohl die Kirche von Lausen so abseits vom Dorfe gebaut wurde. Heute, da sich die Ortschaft nach allen Seiten, auch gegen die Kirche ausgedehnt hat, fällt es nicht mehr so auf wie früher, als die Kirche ausser einem Heu- oder Rebhäuslein das einzige Gebäude auf dem rechten Ergolzufer war. Nach der Sage hätte freilich die Kirche näher bei den menschlichen Siedlungen erbaut werden sollen, nach einigen im Brüel, nach andern in der Schulgasse, die durch ihren Namen noch daran erinnert, dass vor dem alten Schulhaus beim Bahnhof ein Gebäude in jener krummen, steilen Gasse als Schulhaus gedient hat. Schon lagen das Bauholz und die Steine bereit. Aber während der Nacht wurde durch unbekannte Hände alles an den abgelegenen Ort jenseits der Ergolz gebracht. Mit vieler Mühe schaffte man alles wieder zurück. Aber am nächsten Morgen war der Bauplatz wieder leer, und man fand Holz und Steine abermals an der vorigen Stelle. So geschah es auch noch ein drittes Mal. Da wurde beschlossen, den unsichtbaren Mächten keinen Widerstand mehr zu leisten, und die Kirche dort zu bauen, wo sie heute noch steht, am Fusse des Kirchbergs. Ähnlich erzählt die Sage die Kirchengründungen in Buus (vereitelter Platz bei der Säge), Ettingen (vereitelter Platz auf dem Felde gegen Aesch), Langenbruck (geplanter Platz Stelle der St. Johannkapelle), Läufelfingen (vereitelter Platz im Eisädel), Maisprach (vereitelte Bauplätze auf Spielhof und im Chloster), Oberdorf, St. Peter (vereitelter Platz Höhe oberhalb der Kirche), Ormalingen (vereitelter Platz auf Egg), Rümlingen (vereitelter Platz auf Flüehli bei Bückten), Ziefen (vereitelter Platz auf dem Bornberg hinter dem Pfarrhaus). Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Vereitelter Kirchenbau

Source: Vereitelter Kirchenbau

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a) Als Platz für die Ziefner Kirche war die Chäppelen an der Westecke des Ziefner Rebberges ausgewählt worden. Unbekannte, einige sagen: Engel, brachten die Bausteine und das Bauholz an den heutigen Ort auf dem Chilchberg. b) Weitere vorgesehene und dann vereitelte Plätze für den Kirchenbau waren auf dem Bomberg oder auf dem Brunnmätteli hinter dem Pfarrhaus. c) Eine andere Sage schreibt die Erbauung der Kirche auf dem Chilchberg dem Umstande zu, es habe dort in alten Zeiten eine Burg gestanden und man habe dann die verlassenen Mauern zum Bau der Kirche benützt. Ziefen Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vereitelter Kirchenbau

Source: Vereitelter Kirchenbau

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a) Schon mancher hat sich gewundert, weshalb die Kirche von Lausen so abseits des Dorfes erbaut wurde. Heute, da sich die Ortschaft nach allen Seiten ausgedehnt hat, fällt es nicht mehr so auf wie früher, als die Kirche fast das einzige Gebäude auf dem rechten Ergolzufer war. Nach einigen hätte die Kirche im Brüel, nach anderen in der alten Schulgasse im Dorf erbaut werden sollen. Schon lagen Bauholz und Steine bereit. Aber während der Nacht wurde durch unbekannte Hände alles an den abgelegenen Ort jenseits der Ergolz gebracht. Mit vieler Mühe schaffte man es wieder zurück, aber am nächsten Morgen war der Bauplatz wieder leer, und man fand Holz und Steine abermals an der vorigen Stelle. So geschah es auch noch ein drittes Mal. Da wurde beschlossen, diesem höheren Wink zu folgen und die Kirche zu bauen, wo sie heute steht. b) «Die Frage, warum die Kirche so weit vom Dorfe weg liegt, ist leichter zu stellen als zu beantworten. Die Sage, dass die alten Lausener die Kirche beim Dorf bauen wollten, dann der Teufel ihnen aber die Steine weggerollt habe, weil er gefürchtet, die Bewohner würden zu kirchlich, ist recht gut erfunden, hat aber kaum geschichtlichen Wert; wahrscheinlicher ist, dass die Kirche an einem Orte erbaut worden ist, welcher schon in vorchristlicher Zeit eine Kultusstätte war.» c) Man konnte sich zuerst nicht erklären, wie Bauholz und Steine an das rechte Ufer der Ergolz kamen. Zuletzt stellte es sich heraus, wer der Täter war, nämlich der Einsiedler Niklaus von von der Flüe. Weil er vom Volk als Heiliger betrachtet wurde, baute man schliesslich die Kirche dort, wo dieser das Baumaterial hingeführt hatte. Lausen Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vereitelter Kirchenbau

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Die Buuser Kirche sollte dort gebaut werden, wo heute die Säge steht, also unten in der Ebene. Jeden Morgen aber lag das zugerüstete Bauholz auf der Rugenholde. Man schenkte dem Zeichen Beachtung und errichtete die Kirche auf dem Hügel, wo sie jetzt steht. Buus Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Verfehltes Furchteinjagen

Source: Verfehltes Furchteinjagen

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Wo-nn-er g'gangä-n- und gstandä syg, häig'r vor'm-anä 'pättet, d'r Süffibalzi. Einisch häig'm ä Bristner im »nywä Wägg« wellä z'furchtä machä. Aber d'r Balzi syg nid ertatteret. »Bisch ä Geischt, sä säg's«, häig-er'm griëft, sä cham-mi-di a'redä; bisch ä kei Geischt, sä sell-di d'r Tyfel nä und trägä, so wyd as'r magg!« Aber mit dem sälbä Bristner syg's doch äu nu einisch abtättsch! Bis zum St. Antoni-Chappäli-üfä syg's mid'm! Peter Ant. Gamma, 50 J. alt, Alpknecht, u.a. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vergässe z bätte

Source: Vergässe z bätte

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In der zweute Helfti vom 18. Johrhundert isch z Zife e Jumpfere gsi, wo Mueter worden isch. Zur Strof her si derno ufs Schloss Wolleberg müese go absitze. Alli Nacht het si dört bättet: I legge mi nider in Gottes Macht, I legge mi nider in Gottes Chraft, I legge mi nider in Chrischti Bluet, Ass merk ei böse Find nüt tuet. Einisch inere Nacht het si das Gebättli vergässe. Do sait näben anere e Stimm: «Bethli, du hesch vergässe z bätte.» Uf das abe het si sofort agfange bätte und het ihres Gebättli nie meh vergässe, bis si wieder het hei chönne. Ziefen Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vergeblicher Zauber

Source: Vergeblicher Zauber

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Einer, der sehr verwegen war und auch etwas Zauberei verstand, zog eines Tages, um seine Kunst zu zeigen, einen Kreis um sich und bannte darauf mit Pfeifen das Gewürm in solcher Menge herbei, dass es rings um den Kreis hin wimmelte. Doch pfiff er trotzig fort, bis ein paar Würmer aus der Ferne auf ihrem Rücken einen ganz besonders dicken und abscheulichen dahergebracht und alsobald ihn über den Kreis hinein gegen den Zauberer warfen, der laut ausrief: "Ich bin verloren!" und im Augenblick von dem Ungeheuer zerrissen ward. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Vergelts Gott

Source: Vergelts Gott

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Man soll nicht mit »Danki Gott«, sondern mit einem »Vergelts Gott« danken. Im ersteren Falle hat es den Anschein, als ob wir den Herrgott schicken würden, für uns den schuldigen Dank abzustatten, und das ist doch eine unverschämte Zumutung. – a) Eine Köchin hatte die Gewohnheit, »Danki Gott« zu sagen. Sie starb, und nach ihrem Tode war stets eine unsichtbare Hand ihrer Nachfolgerin beim Kochen behilflich. Einmal bei einer ganz besonders willkommenen Hilfeleistung sagte die Köchin: »Vergelts Gott!« Da rief eine Stimme: »Gottlob! jetzt bin ich erlöst! Auf dieses Wort habe ich eben warten müssen.« Aber seitdem liess sich der unsichtbare Gehilfe nicht mehr merken. Es war jene Köchin gewesen, die mit »Danki Gott« zu danken gepflegt hatte. Maria Ziegler, Bauen b) Das Gespenstle im Gitschenberg zu Seedorf, von meiner Erzählerin und ihrer Familie im Schächental nur »das Gitschätunggäli« genannt, pflegte alle Abende den Leuten im Hause beim Abwaschen zu helfen. »Merci«. Endlich: »Vergelts Gott« etc. Frau Gisler-Bissig, Unterschächen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vergletscherung des Rätzliberges

Source: Vergletscherung des Rätzliberges

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Wie nach den Sagen der Frutiger die Blüemlisalp, so war auch der von Gletschern bedeckte Rätzliberg eine fruchtbare Alp, auf der Mutteren und Adelgras in Menge blühten. Eine reiche, aber geizige Frau in Bern hatte die Alp gekauft. Alle Jahre brachte der Hirt, der oben sommerte, der Lehensfrau den Zins und einen Korb voll frischen Ziger und fetten Anken, aber nie war die Ungenügsame zufrieden. Da brach ein Hagelwetter über den Rätzliberg und Hunger drohte der Herde. Der Küher brachte der Lehensfrau jammernd und um Mitleid bittend noch weniger Anken. Die Harte aber fluchte über den Hirten und verfluchte die Alp. Da rückte aus einmal vom wilden Strudel immer und immer näher das Eis gegen den Rätzliberg. Verschwunden war die blühende Weide; der Hirt, welcher zurückkehrte, fand Gletscher über die ganze Alp verbreitet. Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Verhalten bei Gewitter

Source: Verhalten bei Gewitter

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Es war hier zu Lande eine Ansicht herrschend, dass gar häufig Blitz, Hagel und Ungewitter der Kunst der Hexen zugeschrieben werden müsse. Deswegen läutete man nicht nur mit den Glocken, sondern hatte noch ein anderes vermeintliches Mittel gegen die hexischen Wettermachereien. Wenn nämlich ein starkes Ungewitter im Anzuge war, so griff man mit aller Hast nach einer Sense, legte selbe vor das Haus und kehrte die schneidende Seite nach oben, in der Ueberzeugung, dass so der wettermachenden Hexe die Zauberkraft benommen werde und sie sich davon verwunde.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Bei dieser Sage gibt es keine genaue Zuordnung zu einem der fünf Kantone. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Verhängnisvolles Abenteuer

Source: Verhängnisvolles Abenteuer

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Vor mehr als 100 Jahren geschah es, dass sich einst ein Göschener Kaplan allzulange bei seinem Pfarrer in Wassen aufhielt und erst am späten Abend den Heimweg unter die Füsse nahm. Er kam bis zum Standtal; dort hielt es ihn auf einmal fest; hed-ä gwandet, wiä diä Altä-n-allimal gseit hennt. Si syget denn allimal gsy wiä i viär Wändä-n-innä. Weder vorwärts noch rückwärts konnte er. Stundenlang betete und segnete er, bis er endlich loskam und wieder heimwärts laufen konnte. Am ersten Tage nach diesem Abenteuer kam er zu einer bekannten Weberin in der Ortschaft, erzählte ihr, was er erlebt, und sagte: »Appolunnä, Appolunnä! lüeget, das er niä der d'Nacht bim Standtal v'rby miänt!« Am zweiten Tage war er eine Leiche. Franz Nell, Hotelier und Landwirt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Verhängnisvolles Wettermachen

Source: Verhängnisvolles Wettermachen

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Den Geissbub von Spiringen besuchte oft eine Hexe, wenn er auf den Höhen zwischen Sulz- und Brunnital seine Tiere hütete, und lehrte ihn Wetter machen. Während er einst allein war und sich an seiner Kunst amüsierte, zuerst die schwarzen Wolken, dann einen schönen feinen Regen, hierauf einen ganz kleinen Hagel hervorgezaubert hatte, kam es ihm aus Übermut und Gwunder in den Sinn, das ganze Häfelein mit allem Wasser und den sämtlichen weissen Bohnen darinnen auszuschütten. Aber jetzt entstand ein entsetzlicher Hagel; ein Erdschlipf fuhr mit dem Geissbub und den Geissen zur Tiefe gegen Sittlisalp hinunter, und nie mehr hat man weder vom Bub noch von den Tieren auch nur eine Spur entdeckt. Den Erdschlipf sieht man heute noch. Karl Gisler, 75 J. alt, Unterschächen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Verheerendes Gespenst

Source: Verheerendes Gespenst

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Eine der Anhöhen, „Knubel", des Rigiberges heisst Bärenzingel. Unweit davon hatte die Gemeinde von Weggis eine Alp, welche nach oben an eine andere, den Artern zustehende stiess und das Langen-Moos genannt wird. Davon erzählt R. Cysat: Halt sich vor Zyten begeben, das den Weggissern jn diser jrer Allp von gespenst so daselbst jn der Höhe vnd vmb die Allp jm Bärenzingel bis hinab jn jre eigne Allp jm Langenmos vmbgeschweibet vnd etwa gesehen worden, an jrem vych vil schadens beschehen vnd das noch meer diesere andere Allp der Weggissern jm Langenmos sich angefangen nach vnd nach zu ergeben vnd ze rucken von jren grentzen vnd anstössen der obern alls der Artern Allp dannen nitt sich gegen thal alls ob sy flühe vnd dahin sincken wollte, wöllichs dann allte Landlütt, die sich dessen gedenckent mir selbö anzeigt vnd jch den augen- schyn gesehen, wölcher dann sich sehen lassen den schelleten vnd gerückten steinen vnd felsen ouch andern gemerckzeichen nach so man mir gezeigt. — Durch was veerach oder verborgen vrtheil Gottes sich sollches begeben, das lass jch meines theils an die gelerten, wie ouch das zwyfach remedium so die vnderthanen oder Landtlütt von Weggis Anno 1560 gebrucht. Nemlich das sy eins theilö ein gemeinen Crützgang vnd Bettfart vff das ort gethan, anderstheils aber einen Tüffelbeschwörer dahin berufst das gespenst da dannen zu beschwören. War ist es, das dise gfar domalen sich gestellt vnd vffge- hört, da nun ein theil des pöffels solches dem Crützgang, der andern aber dem Tüffelbeschwörer zumisst. Rechte Christen aber sollent vff der Tüffelbeschwörern verbotten künsten nitt achten.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Verhextes Vieh

Source: Verhextes Vieh

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Die Witwe B ...... in Fläsch besass mit einem Nachbarn, dessen Frau eine Hexe war, den Stall gemeinsam. Eines Morgens, als die Witwe der ihr gehörenden Kuh das Futter geben wollte, vernahm sie vom Heuboden herab ein unheimliches Geflüster. Sie suchte nach, fand aber weder im Stalle noch auf dem Heuboden etwas Besonderes. Wie sie aber wieder in den Stall zurückkehrte, traf sie ihre und des Nachbars Kuh in einer Kette. In der Angst rief sie einige Nachbarn zusam­men, und Einer riet ihr, des Nachbars Kuh mit der Mistgabel zu schlagen. Sie tat das, worauf die Kette zersprang, und des Nachbars Kuh auf ihren Platz zurückkehrte, ihre eigene Kuh aber die Zunge weit herausstreckte und nicht fressen wollte. - Nach langem Hin- und Herraten holte man den Doktor C ..... in Mayenfeld, der als Volksmagus bekannt war. Der nahm Kräuter mit, und Salben, und ging in den Stall, wo die kranke Kuh war, verschloss die Türe, und liess Niemanden zu sich in den Stall, während draussen die Nachbarn warteten, um den Erfolg zu vernehmen. Es kam nun auch die Frau des Nachbarn, dem die andere Kuh gehörte. Die wollte absolut in den Stall, aber der Doktor liess sie nicht zu sich hinein. Sie ging zornig weg, kam, und ging mehrere Male, bis der Doktor mit der Mistgabel ihr drohte; erst dann ging sie, und kam nicht wieder. Nach langer Zeit machte der Doktor auf, und verlangte Emd. Die Kuh frass besser als zuvor, und war wieder gesund. Beim Abschiede riet der Doktor, die Kuh bald zu verkaufen, da der Stall für diese »böse« sei. - Als er aber heimkehrte, kam seine Frau ihm entgegen, es sei im Schweinestalle nicht »richtig«: - er traf seine eigenen Schweine auf den Hinterbeinen tanzend an. Doch gelang es ihm bald, auch diesen Zauber zu lösen. - Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Verhextes Vieh

Source: Verhextes Vieh

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Verhextes Vieh In einem Haus in Maur verübten - es muß vor 1900 gewesen sein - Geister grossen Unfug. Das Vieh tat nicht gut; es war verhext. Der Rat einer Frau, der Eigentümer B. solle jeden Morgen beim Eintrltt in den Stall ein Vaterunser beten, wurde befolgt, aber ohne Erfolg. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Nach Gchr. Maur 1918.     Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Verirrt

Source: Verirrt

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Vor etwa 60 Jahren wollten drei Bauern von Krinau den Markt in Kaltbrunn besuchen. In der Morgenfrühe verliessen sie ihr heimatliches Dorf und gingen nach dem Alpli, Schwämmli und der Tweralp, um von da nach dem Ricken hinunterzusteigen. Ob eine Hexe ihnen das Irrkraut gelegt, oder ob der dichte Oktobernebel allein ihnen zuwider war, das lässt sich nicht entscheiden; Tatsache aber ist, dass die drei Männer den Weg verloren, dessen sie sonst durchaus kundig gewesen, dass sie den ganzen Tag liefen, ohne ein Ziel zu finden, und dass sie erst bei einbrechender Nacht an ein Haus kamen, wo ein Licht brannte. Sie klopften an und fragten, wo sie sich eigentlich befänden. Sieh da, sie waren im Dicken oberhalb Krinau. Jakob Enz. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 446, S. 262 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Verkehrter Besen vertreibt Hexe

Source: Verkehrter Besen vertreibt Hexe

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1. Zu Flüelen in Ratsherr Muheimen Haus kam eine alte Hexe und bettelte Milch. Es war im Augenblick den Leuten unmöglich, ihrer Bitte zu willfahren, und sie wollten das Weib freundlich verabschieden und auf ein anderes Mal vertrösten. Da kam aber gerade der Vater aus der Kammer herab, erblickte und erkannte die Hexe, ergriff schnell den Grissbesen und stellte ihn »zunderobsi« (mit dem Wischer obenauf) in den Hausgang. Aber woll! düe het's g'rickt! Wie ein Büchsenschuss fuhr das Weibsbild zum Hause hinaus. Aber verwünscht und verflucht hat es die Leute auch und ihre Habe, dass sie glaubten, die Fährlisau im Stalle müsse noch verderben. Kath. Arnold-Muheim, 90 J. alt 2. Im Pfarrgarten zu Seedorf gab es vor etwa sechs oder sieben Jahrzehnten sehr viele Graswürmer, die sich namentlich am zarten Kabis gütlich taten. Da rieten die gutmeinenden Seedorfer der »Heerämagd«, einen Besen zunderobsi in den Garten zu stellen. Ob sie den Rat befolgt, ist nicht bekannt geworden. 3. Ein der Hexerei verdächtiges Weibervolk zu Andermatt holte jeweilen in einem bestimmten Hause die Milch. Da wurde diesen Leuten mitgeteilt, äs syg da mit dem Wybervolch nitt ganz sübers. Um die Hexe zu probieren, stellten sie darum eines Abends, bevor sie kam, im Hausgang einen Besen verkehrt an die Wand. Als dann die Hexe kam und schüchtern die Haustüre aufmachte, riefen sie ihr, die Milch sei noch nicht da, sie müsse noch ein wenig warten. Aber die Hexe, die nur einen scheuen Blick in das Haus warf und den Besen erblickte, sagte: »I müess gah; i müess gah; i cha nitt wartä!« machte sich schleunigst davon und kam nie mehr. M. Anna Schmid, 77 J. alt, Hospental Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vermeintliches Gespenst

Source: Vermeintliches Gespenst

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Einmal erzählte eine Frau, es habe in ihrer Küche gespenstet, der ganze Feuerherd sei beim Kochen mit Krach auseinandergefahren und die Pfanne mit den geprägelten Herdäpfeln bis an die Deckt geflogen. Der damalige Gemeindepräsident Konrad Kummler, Bäckermeister, krümmte sich vor Lachen, als er die Geschichte vernahm, und meinte: «So, nun weiss ich, wer mir mein Holz gestohlen hat.» Von dem Backholz, das er jeden Abend rüstete, waren ihm nämlich regelmässig einige Scheite abhanden gekommen. Darauf hatte er einige Stücke Holz angebohrt, die Löcher mit Sprengpulver gefüllt und mit einem Holzzäpflein wieder verschlossen. Münchenstein Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vernageln

Source: Vernageln

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In der Eigenalp zur Gand in Bürglen hatten sie immer Krankheiten und allerlei Unglück unter dem Vieh. Sie gaben einem Gespenst die Schuld und erhielten endlich den Rat, neun Nägel in den Barnen zu schlagen, doch am ersten Abend nur den ersten Nagel ganz und die andern acht blos provisorisch, am zweiten Abend den zweiten, am dritten Abend den dritten usw. vollständig einzuschlagen, bis alle neun fest eingetrieben seien. Dazu mussten sie etwas sagen, aber ich weiss nicht was. Das Mittel soll seinen Zweck erreicht haben. Frau Arnold-Planzer, Flüelen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Verrat

Source: Verrat

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Zur Zeit der Franzosenkriege war der Gemeindevorsteher bettlägerig. Die Dorfbewohner kamen mit einer Tragbahre zu ihm und wollten ihn in Sicherheit bringen. Er aber meinte: «Mit diesen Proposini (Franzosen) werden wir schon fertig! Bringt nur die Gewehre, wir verteidigen uns hier!» Gut, das wurde ausgeführt, und man bereitete sich auf die Verteidigung vor. Unter den Männern war aber ein Verräter. Das war ein ganz falsches ,Blagg‘ und erzählte alles den Franzosen. So wurden darauf die Dorfbewohner überrumpelt. Den Vorsteher trugen die Franzosen auf einer Bahre zum Kirchenplatz, quälten und zerschnitten ihn da zu Tode. Damals schworen die Dorfbewohner, solange es in Leukerbad Felsen gebe und solange die Dala abwärts fliesse, soll keiner aus der Familie des Verräters je in den Gemeinderat kommen. Der Fluch soll sich bis heute bewahrheitet haben, heisst es. LEUKERBAD Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Verrat lohnt nicht

Source: Verrat lohnt nicht

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Ein Bewohner in Bellwald war vor den Franzosen nicht geflohen. Er hiess N. N., war sehr arm und hatte einige Söhne. In sein Haus kehrten die Franzosen ein. Man wusste nie, was da gesprochen wurde, nur vermutete man später, er sei ein Verräter gewesen. Auf alle Fälle, als die Franzosen weggezogen waren, kaufte dieser Mann Vieh, bis er wohl sechs oder sieben Kühe sein Eigen nannte. Dazu kaufte er ihnen Geläute und Schellen, dass es weithin tönte. Wenn er mit seiner Habe in die Schlettre zog, hörte man die Glocken weit und breit. Jedermann staunte. Als er gestorben war, führten seine Söhne die Landwirtschaft weiter, aber sie hatten kein Glück mehr: Stück für Stück erkrankte und verendete. Bald waren sie wieder blutarm. Das erzählten ältere Leute oft. Sie wussten nun, warum diese Familie kein Glück hatte. BELLWALD Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Verräterischer Totenschädel

Source: Verräterischer Totenschädel

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Es wird von vielen hundert Jahren her erzählt, dass ein Senn in Jberg auf dem Heim Sonnenberg gewohnt habe. Als einst ein Knabe zu ihm kam und ihn um ein Almosen bat, habe er diesen in seinem mit siedender Milch gefüllten Sennkessi gesotten. Darauf dingte der Mörder in den Krieg. Zurückgekehrt verlegte er sich auf 's Fischen, wobei ihm jedoch wenig Gewinn herauskam. Einmal zog er gar anstatt eines Fisches einen menschlichen Totenschädel aus dem Wasser, der ihm danu immer, wo er ging, nachrollte und welchen er nicht mehr von sich zu schaffen vermochte. So ward der Mörder dem Strafrichter entdeckt.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Versammlung der Hexen

Source: Versammlung der Hexen

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Versammlung der Hexen Zur Mitternachtsstunde vor jedem kirchlichen Festtage versammeln sich die Hexen aus der ganzen Umgebung von Fällanden auf der Dorfbrücke und halten daselbst ein Mahl. Wer in ihre Nähe kommt, muss bald sterben. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Nach Gchr. Fällanden 1902. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Verscherztes Glück

Source: Verscherztes Glück

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Ein alter Schärmauser in Bennwil hätte der reichste Mann werden können, wenn er im kritischen Augenblick das rechte Wort gewusst hätte. Hört nur: Einmal stellte er seine Fallen am Fusse des Rehhags. Da erschien plötzlich eine überlebensgrosse Gestalt, kam auf ihn zu und fragte, was er tue. Erschreckt stierte der Mäusejäger die geisterhafte Gestalt an und wusste auf deren Gruss nichts zu erwidern. Er hätte sagen sollen: «Alle guten Geister loben Gott, den Herrn.» Das wusste er aber nicht und schwieg. Der Geist blickte ihn furchtbar an und sprach: «Oh, weisst du den Spruch nicht! Ich hätte dir einen grossen Schatz gezeigt. Jetzt muss ich wieder 100 Jahre lang warten, bis ich wieder jemandem erscheinen darf und - vielleicht erlöst werden kann.» Darauf sah er ihn noch ein paarmal an und verschwand mit traurigem Blick in der Richtung gegen den Rehhag. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Verschiedene Dorfhunde, a — s

Source: Verschiedene Dorfhunde, a — s

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a. An der Zurzacher-Strasse beim sogenannten Brünneli liegt Nachts ein gewaltiger Mann quer über den Weg; man muss über ihn hinwegschreiten. Andere sehen an der gleichen Stelle stocksteif einen Hund. Aber er und der Mann fahren krachend in den Wald hinein, sobald man flucht. Man hat an dem einen rothe Strümpfe bemerkt, übrigens ist er schwarz. b. Am Grütt, nahe beim Schachen, wo der Waldweg nach Reckingen führt, hat eine Familie in der Einöde gewohnt; aber der furchtbare Lärmen eines Nachthundes vertrieb sie; derselbe liegt an der Kreuzlikapelle in Reckingen, und läuft des Nachts um die ehedem dazu gestifteten Landgüter, welche Gotteshöfe heissen; er trägt einen besonders grossen Schinnhut, seine Augen glühen und sind gross, wie ein Teller. c. Letztes Jahr am Ostervorabend waren zwei Bursche auf ihrem Heimgänge nach Dettingen, als plötzlich der Dorfpudel zwischen ihnen lief, pechschwarz, in der Grösse eines Mastkalbes. Aber am Steg, der über den Bach führt, musste er sie verlassen. Seinen gewöhnlichen Standpunkt hat er beim Nussbaum am untern Ende des Dorfes gegen Klingnau hin. d. In Obermumpf heult der Angerhund; es setzt einen geschwollenen Kopf, wenn man dabei zum Fenster hinausschaut. Der Schlosshund daselbst und in Münchwiler zeigt durch sein heiseres Bellen schlechtes Wetter an. e. Der Dorfhund in Muri ist der Schlossherr jener Burg, die im dortigen Heiterech-See (No. 19.) versunken liegt; er läuft zwischen der Bächelematten und Täfelitanne im Tüfelsgässli. f. Der Dorfhund in Wohlen wirft auf einer Wiese unterhalb der Jslerischen Fabriken die Vorbeigehenden zu Boden. g. Das Dorfthier zu Denschbüren läuft in Hunde- und in Stiergestalt um und heisst Langböri. Beherzte Nachtwächter haben schon nach ihm geschlagen, doch war's, wie wenn man in einen Aschensack haue. h. Strassenhund heisst auf der Kreuzstrasse zwischen Aarburg und Zofingen jener Berner-Bauherr, der zur Anlegung der neuen Postwege ins Aargau gesendet war und dabei die Bauern um ihre Grundstücke betrog. Jetzt zeigt er das schlechte Wetter an. i. Der Bornhund läuft mit seinem W. Jäger und auch allein auf dem Bornberge und um Aarburg herum; er trägt ein Schellenhalsband und klingelt laut, wenn das Wetter wechseln will. k. Der Baschishund in einem Hause zu Wallbach trägt eine rothe Mütze und soll ein heidnischer Edelherr sein, der hier die Kriegskasse vergraben. Einmal ist er auch als ein Jäger, den Federbusch am Hute, am Tage durch die verschlossenen Thüren des Hauses geschritten. Vgl. No. 255 l. Der schwarze Dorfhund in Tegerfelden kommt in der Sylvesternacht von der Schlossruine herab, bis zu des Ries Büngerte (Baumgarten) an der Surb; legt sich den Leuten mit den Vorderpfoten auf die Schultern und sprengt sie umher, bis sie halbtodt sind. Dem Wächter soll er zwar auch, aber schadlos nachlaufen, dieser muss jedoch das Ungethüm dann eine Strecke weit „chretzen", d.h. wie einen Tragkorb über die Achsel hernehmen. Er ist schwarz und trägt ein hochrothes Halsband. An Sommertagen badet er in der Surb beim Eheibengraben. Vgl. No. 167. m. Eine allgemein giltige Redensart sagt „heulen wie ein Trübelhund." Es ist damit der gespenstische Hund gemeint, der allenthalben in den Weinbergen unter verschiedenartigen Namen haust. n. Der schwarze Hund läuft zu genau bestimmten Fristen durch die Dörfer Stein und Möhlin nach Basel; er ist ein ehemaliger Fuhrmann. o. Zwischen Obermumpf und Schupfart geht auch ein Thier, bald Hund, bald Katze, seinen geweisten Weg. Man heisst es die Rochelenmoor. Vgl. No. 89. Wenn es aber von der Bühlmatt zu Schupfart durch des Martinis Gass und des Linggen Schopf läuft, hat es den Namen Pudelhund und Bachpflätschi. Ein solcher Pflätschi wandelt im benachbarten Dorf Hellikon bis zu des Baschis Haus. p. Das Jonenthier im Freienamte ist von vielfach wechselnder Gestalt und hält sich nicht blos im Jonengewässcr, sondern überhaupt im oberen Freienamte auf. Es hat hervorquellende rothe Augen von besonderer Grösse und sein Rücken ist blutunterlaufen. q. Das Dorfthier in Kulm ist ein so geselliges, dass es die Leute in ihrer Behausung heimsucht. r. Das Zofinger-Stadtthier ist ein Hund in der Grösse eines Kalbes. Seine Farbe ist brandschwarz, seine Haare sind zottig und rauh, sie reichen bis zur Erde, das Rund seiner Augen gleicht einem glühenden Teller. Er läuft in den heiligen Nächten von der Oberstadt hinab über den Kirchhof zur Kellnerei. Wer ihn erblickt, bekommt einen gedunsenen Kopf, wer ihn streift, ein böses Bein. In Niederwil im Wiggernthal wird dieser Hund das Mättelithier und Rollenthier genannt. Er streicht auf dem nächsten Bergrücken bis zum Hölzli, und bei einem dortstehenden Hause steckt er seinen Kopf in die Küchenthüre hinein. Im Walde von Ryken nach Niederwil lässt er sich in Begleitung eines Herrn und einer Dame sehen. Man darf nicht nach ihm deuten. Einem Manne erlahmte in dem Augenblicke der Arm, als er die Hand gegen die Matte hin richtete und zu seinem Begleiter sagte, dorten hat gestern der Mättelihund gebrüllt. Sein Name verräth Zusammenhang mit dem reichen Schlossvogt Metteli, No. 131. s. Der Bachpfaddli, auch Bachpflotschi geheissen, läuft zwischen den Frickthalerdörfern Wölfliswil und Oberhof und hockt unter dem dortigen Brücklein. Wer da Nachts darüber geht, sieht oft statt seiner, zwei Mädchen drunten im Wasser sitzen. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Verschiedene Hasenfrauen - Kaiserstuhl

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Das Schloss Schwarzwasserstelz, im Rheine unterhalb Kaiserstuhl gelegen, besass früher ein Baron von Tschudi. Dieser war eines Tages im Walde Schleikert auf der Jagd, und traf auf einen Hasen, der im Wege schlief. Der Jäger zielte, der Schuss gieng los und statt des Hasen lag der Baron selbst im Blute. Man sagt, ein altes Weib sei 's gewesen, welches den Baron sehr hasste und den Schuss auf den Schützen zurückwarf. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Verschiedene Hasenfrauen - Klingnau

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Der Hase im Langenhag lässt sich zwischen Klingnau und Ober-Endingen bei Tag und Nacht sehen und bleibt unerschrocken auf seiner Stelle. Betrifft man ihn jedoch gerade an jener Lücke, wo schon vor einem Jahrhundert eine alte Eiche die Grenze des Klingnauer-Stadtbannes bezeichnet hat, so ist er wie in den Boden versunken. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Verschiedene Hasenfrauen - Wüchswil

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Mein Grossvater hat, so lange er zu Wuechswil im Luzernerland diente, einen Knaben gekannt, dem man einst eine Flinte gab, um den Hasen zu schiessen, welcher regelmässig den Krautacker abfrass. Beim Schusse meinte man, es fahre in einen Blechhaufen hinein, und am Platze lag statt des Hasen ein Schlüsselbund. Nicht lange gieng 's, so kam die Nachricht, die alte Magdalena sei todtkrank. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Verschiedene Rübenernten

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Eine Frau pflanzte Rüben in einem Garten an der Strasse. Da kam ein Weibervolk des Weges und fragte, was sie da mache. Die Antwort lautete: »Ich machä Rüebä Fir Hüerä-n- und Büebä Fir alli, wo vorbygehnd und Rüebä neetig hend.« »Du dummer Hund«, rief das Weibervolk auf der Strasse, »ich machä Rüebä nur fir mich und my Ma.« Am Herbst hatte jenes, das nur für sich und den Mann Rüben gepflanzt hatte, zwei ganze Rüben! Das andere aber den Garten gsticket voll. Fr. Gisler-Zwyssig, Isental Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Verschiedenes über Hexen

Source: Verschiedenes über Hexen

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a) Hexenplätze. So nennt man jene Stellen in Wäldern die „blutt" d. h. unfruchtbar, von Vegetation verlassen und ringartig von „Tanngrozen", d. h. kleinem verkrüppelten Tannenwuchse umgeben sind. Berüchtigte Hexenplätze waren die „Ehrlosen" zwischen Münster und Hitzkirch, die Ruggisbalm ob Wolfenschiessen, das Pilatusrevier und viele andere. b) „Hexenbesen" sind eine Art verkrüppelter Tännchen, namentlich solche, bei denen die Verzweigung sich dicht und besenförmig um die Spitze herumstellt. c) Wettermachen durch Hexen. In Uffikon wünschte eine Frau Regen. Da gab ihr ein Weib ein Fläschchen mit einer gewissen flüssigen Substanz gefüllt, in der sich Bohnen befanden. Von der Flüssigkeit, sagte die Hexe, soll sie etwas ausgiessen, doch keine Bohne damit. Aber der „Wunderfiz" stach zu sehr, es wurden auch Bohnen herausgeschüttet. Nicht lange, und es folgte ein fürchterliches H   d) Das Buttern wird gar häufig durch Zauber verhindert. Man kann denselben indes durch verschiedene Mittel unwirksam machen, -  indem man etwas Salz und Brot ins Fass tut. Das Mittel ist auch in Schwaben bekannt. - indem man eine Silbermünze hineinbringt. Gelingt es, den Zauber zu vereiteln, so kann man das Bild der Hexe in der Buttermilch wahrnehmen. e) Verwandlung. Hexen verwandeln sich häufig in „graue Katzen." Gelingt es, Hexen in der Tiergestalt, die sie angenommen, abzuprügeln, wird man sie in persona, krank im Bette antreffen können. f) Durch Gegenzauber kann man Hexen langsam sterben machen. Rührt zum Beisoiel das Alpdrücken von einer Hexe her, so soll man nachts ein offenes Messer auf die Brust legen, mit der Spitze aufwärts, so wird die Unholdin durchbohrt. g) Wenn eine Hexe ins Haus kommt, muss man den Kehrbesen verkehrt, d. h. mit dem Wischer obenauf hinstellen und das Brot, wenn eines auf dem Tische sollte liegen, verkehrt, d. h. die untere Lage obenauf legen. h) Von Hexen zu reden ist nicht gut, sie hören es, ausser wenn man vorher sagt: „Dreck vor d' Ohre." i) Hans Wintterli, der Nachrichter, behauptet: Die Unholden hätten rote „Mönli" in den Augen, daran man sie erkenne. k) Haare, die an einem Samstage nach Vesperzeit ausgekämmt und weggeworfen wurden, gaben für Unholdinnen erwünschte Zaubermittel ab.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Bei diesen Sagen gibt es keine genaue Zuordnung zu einem der fünf Kantone. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Verschiedenes vom Hahn

Source: Verschiedenes vom Hahn

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Ein Hahn lebte sieben Jahre in einem Hause und legte ein Ei in den Rossmist. Aus dem Ei schloff endlich ein Basilisk und das ist in Basel begegnet. Drum hat die Stadt den Namen. In Obwalden war die Meinung, dass man keinen Hahn über fünf Jahre soll leben lassen. Im siebenten würde er tun, was oben geschrieben steht.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Verschütteter Brunnen

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In einem Frickthaler-Dorfe hatte ein Bauer einen Brunnen boshaft verschüttet. Gleich nach seinem Tode liess sich hinter dem Stubenofen in seinem Hause ein widerliches Aechzen vernehmen, und jedes Becken Wasser, das man auf den Tisch setzte, drehte sich im Kreise herum, schwankte eigenwillig über, und von Zeit zu Zeit fiel etwas von oben her aufzischend in dasselbe hinein. Die Erben vermochten dies und anderes nicht länger mehr zu ertragen, sie meldeten es bei Gericht und im Beisein der hiezu erschienenen Beamteten brannten sie das zuvor geleerte Gebäude nieder. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 44 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Verschwiegenheit

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Von den Saasern erzählte man früher im Zermattertal, sie seien sehr verschwiegen. Wenn die Saaser das Schiesspulver erfunden hätten, wäre es der Welt noch heute nicht bekannt. SAASTAL Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Verschwinden der Erdmännchen

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Am Bauen bei Seelisberg sagte einst ein Erdmännchen einem Knechte: „Chüetriber, säg dem Churre-Murri 's Chussi- Mussi sei gstorben." — Damit verschwand es und liessen sich seitdem keine mehr sehen.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Verschwinden der Erdmännchen auf Seelisberg

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Am Bauen bei Seelisberg sagte einst ein Erdmännchen einem Knechte: »Chüehtryber, säg dem Churri-Murri, s'Chussi-Mussi sei gstorben.« Damit verschwand es, und es liessen sich seitdem keine mehr sehen. (Aus Lütolf 496, 455.) Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Verschwundene Klöster

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Unterhalb der Kirche zu Neuheim (Kanton Zug) in der Unterhausmatte hat vor Zeiten, wie man sagt, ein Frauenkloster gestanden. Man zeigte dort eine Stelle, wo ungeachtet alles Anbauens nichts wachsen wollte. Nachts sah man ebendort Lichter. Bei der nahen Scheune erblickte mal der Nachtwächter einen Mann ohne Kopf. Am Fusse der Baarburg beim Krebsbach ist die Kuzelrüti, wo auch ein Nonnenkloster war, das 1363 verschüttet wurde, wobei drei Schwestern umkamen. In neuerer Zeit fand man dort römische Goldmünzen. Ein Verbannter sei da mit viel Geld in einen Baumstamm eingegraben worden.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Verschwundene Orte in Uri

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Im Anfang des elften Jahrhunderts, zwischen 1020 bis 1025 soll Altdorf und ein grosser Teil von Bürglen und Schattorf untergegangen sein. Aus dem Lehn bei Schattorf auf die Haldiberge hat man einst ebenen Fusses gehen können. So meldet Pfarrer Jsenmann im Urbar der Pfarrkirche Schattorf zum Jahre 1609. Wo am Achsenberg der Milchbach herab stäubt, lag einst ein armes Dörfchen. Hier wohnte ein altes Mütterchen, das wegen seiner Weisheit in hohem Ansehen stand. Einmal nahm sie eine seltsame Arbeit vor. Sie schliss ihr Holzhäuschen zusammen und liess die Balken weiter gegen Altdorf hinein, an das Flüeli nahe beim Südende des Sees schaffen. Die andern Leute munterte sie auf, gleiches zu tun, was die einen, weil ihnen die Frau als Prophetin galt, wirklich taten. Sie bereuten es nicht, wohl aber die Zurückgebliebenen, welchen der Bergschutt ein jammervolles Grab bereitete.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


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Verschwundene Städte Kloten Am 3. September 1760 begab sich der Sohn des Untervogtes von Kloten, Hans Hug, auf die Jagd, um für seinen Hochzeitstisch einen Braten zu erlegen. Er streifte weit herum, konnte aber nichts erlegen und setzte sich müde nahe am Teich, den man das goldene Tor nannte, nieder. Nach der Sage stand hier in uralten Zeiten eine Stadt mit einem goldenen Tor. Während eines Erdbebens sei alles versunken. Doch lösen sich von Zeit zu Zeit noch Goldplättchen ab von den Torsäulen und erscheinen auf der Oberfläche des Wassers. Hierhin hatte sich also Hans Hug gesetzt, und da träumte er vor sich hin. „Ich muss etwas erlegen!“ brummte er vor sich hin, „und wenn ich warten muss, bis mir der höllische Bock vor die Flinte läuft.“ Da lief ein ausserordentlich fetter Bock an ihm vorbei. Hug schlug an, und der Bock strauchelte, lief aber davon wie die schwarze Bise im Horner. Hans verfolgte rasch die Schweissspur. Er rannte über eine Stunde hinter dem Bock drein. Da lichtete sich der Wald. Wie er aus dem Holze heraus trat, breitete sich vor ihm eine Ebene mit einer prächtigen Stadt, die von einer Lichtflut umgeben war. Paläste mit flachen Dächern und goldenen Geländern darum herum glänzten ihm entgegen, breite Strassen zogen sich durch die mit Blumen und Springbrunnen geschmückte Stadt. Alles leuchtete in einem bunten Feuer, das nicht verzehrte, akkurat, wie es Mose sah. Leute in schimmernden Gewändern ergingen sich in den Strassen. Hug betrat die Stadt, welche um einen wunderbaren Palast geschart war. Ein Greis trat auf ihn zu und forderte ihn auf, mitzukommen. Hans Hug, ein wenig verwirrt, fragte den Alten, wo er sich eigentlich befinde. Dieser antwortete ihm: „In Claudia!“ Der Jäger folgte dem Manne in den grossen Palast, wo er in einen Baderaum geführt wurde. Hier lag ein todbleicher Jüngling im Bade, und das Wasser war gerötet vom Blut, das aus einer Wunde floss. Der Alte warf Hug vor, er habe diese Wunde verursacht. Dieser stellte das eifrig in Abrede. Ein schönes Fräulein erschien, und Hug stellte stellte fest, dass seine Braut dagegen nur ein unansehnlicher Strohwisch war. Dieses Fräulein verlangte, dass Hug sich zur Ader lasse, damit sein Blut dem Erschöpften eingeflösst werden könne, denn, so sagte sie weiter, der Verwundete sei der vermeintliche Rehbock gewesen. Diesen Aderlass bewerkstelligte der Greis, indem er ein ekelhaftes Tier aus einer Büchse nahm und es mit seinem rüsselförmigen, spitzen Kopfende an Hugs Brust setzte. Mit zwei Fledermausflügeln, die ihm hinter dem Kopf angewachsen waren, schwirrte das Tier und sog das Blut aus Hans Hugs Herzen. Aus seinem schlaffen Schwanzende troff es dem Rehbock-Menschen in den Mund. Während dieser Prozedur hielt das Fräulein den Burschen mit zarten Armen umschlungen, auch hatte es ihm zuvor einen Becher Weines gereicht. Ein süsser Duft und leise Musik schläferten den Jäger ein, dass er alles vergass, was ihn im Leben bewegt hatte. Nur bei der schönen Jungfrau zu bleiben, war seine einziges Verlangen. Vom Blutverlust geschwächt, versank Hug in einen Dämmerzustand und erwachte nach fürchterlichen Träumen unter der Buche, unter die er sich gelegt hatte. Er blutete tatsächlich aus eine Wunde an der linken Brust. Aber ihm fehlten der grüntuchene Rock, die mit silbernen Knöpfen beschlagene Scharlachweste, der Hut, das Geld, die silberne Uhr und die Flinte. b) Rümlang Ja, an verschwundene Städte glaubten die Alten mit aller Beharrlichkeit, die immer wieder verstärkt wurde, wenn bei Haus- oder Strassenbauten im Boden grosse Mengen römischer Mauerreste zum Vorschein kamen, wie z.B. in Kloten. Auch im benachbarten Rümlang stiess man oft auf solche Funde. Von dort aus schrieb schon 1841 Pfarrer Birch der Antiquarischen Gesellschaft in Zürich, ein Bauer habe viel altes Gemäuer entdeckt sowie viereckige Plättchen mit jüdischen Schriftzeichen. Das alles stamme wohl aus jener Zeit, da Rümlang nach der Sage noch ein Stadt gewesen und dann abgebrannt sei. c) Seeb Eine ähnliche Siedlung vermutete man ferner im sogenannten „Römerhölzli“ bei See in der Gemeinde Winkel. Als dort einst ein Bauer Schätze graben wollte, sei ihm nach alten Berichten die Haue wie von Zauberkräften nach unten gezogen worden, worauf er entsetzt den Platz verlassen habe. Das Volk erzählte sich auch von einer verschwundenen Römerstadt bei Winkel-Seeb. Oft stiessen die pflügenden Bauern auf Mauerreste und fanden alte, fremde Münzen im Ackerland. Man sagte von einer alten Heidenstrasse nach Winkel und über den Berg nach Winterthur hin. Das habe man früher in der Ernte an der gemeineren Frucht im Gebiet der ehemaligen Heidenstrasse deutlich gesehen, und im Holz ob Winkel heisst ein alter, fast verwachsener Weg heutzutage (1910) noch die Mauleselstrasse, weil die Heiden mit ihren Mauleseln hier durchpassierten. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Unterland a ) Kloten stark gekürzt aus Republikaner-Kalender 1840 S. 48, Titel „Der geschossene Bock“, ohne Autor. b) Rümlang, wörtlich aus Hedinger S. 23. Seine Quelle: Notizen im Landesmuseum· c) Seeb, 1. Abschnitt, wörtlich aus Hedinger S. 23. Seine Quelle: Notizen im Landesmuseum. 2. Abschnitt wörtlich aus Dora Rudolf, Konrad Meyer und sein Freundeskreis, ein Zürcher Literaturbild aus dem 19. Jahrhundert, Zürich 1929, S. 109. Die Autorin fügt auf der gleichen Seite hinzu, dass Meyer „durch diese Tätigkeit in Beziehung trat zu den verdienstvollen Altertumsforschern in Zürich, die dann später, angeregt durch Ferdinand Keller, weitergruben auf dem einstigen Waffenplatz der 21. Legion, deren Name, ‚Curtii Aquila’ heute noch im Munde der Alemannen als ‚Churzägle’ fortlebt“. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Verschwundene Städte

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Niemand weiss, wie lang es seitdem ist, dass auf dem Chilpel (Kilchberg) bei Schötz an der Luthern, dass bei Grosswangen und in Nebikon eine Stadt gewesen. Von der Kammer bei Buchs bis nach Zofingen war alles eine Stadt. Luzern hat einst da gestanden, wo jetzt bei Meggen die „Altstadt" ist und hat bis Meggenhorn gereicht. Ebenso sei Sursee einst in der heutigen Altstadt bei Schenken gewesen. Willisau sei in alter Zeit eine grosse Stadt gewesen. Sie reichte westlich bis an die Käppelimatt, wo jetzt an der Strasse das Käppeli steht. Von dort ging die Strasse nach Huttwil. Östlich erstreckte sie sich bis an die Rossgass bei Ostergau. Nördlich bis aufs Sankt Cyrillenfeld. Die Silbergass, der Buchwigger entlang, gehörte zur Stadt. Auf dem Sankt Cyrillenfeld stand ehedem eine Linde, dort wird eine grosse Schlacht mit fremden Monarchen vorfallen und die heilige Blutkirche drei Tage ein Rosstall sein.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Versöhnliche Herzen

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In jenen unseligen Tagen, da sich, wie anderwärts in der Welt, die Eidgenossen um des Glaubens willen gar heftig bekriegten, hatte sich auch die alte, vieltürmige Stadt Solothurn in zwei Glaubensparteien geteilt. Katholische und Reformierte oder Protestanten haßten sich bis aufs Blut, und jede Religionsgemeinschaft suchte die Herrschaft über die Stadt völlig an sich zu bringen. Als aber die Katholischen die Mehrheit und damit die Macht erlangten, schlugen sie den Reformierten ihr Ansuchen um freie Ausübung ihres Gottesdienstes ab. Darüber ergrimmten die Reformierten und planten heimlich einen Gewaltstreich. Eine Stunde vor Mitternacht wollten sie die Kirche und das Waffenhaus besetzen und so sich der Herrschaft über die Stadt gewaltsam bemächtigen. Das vernahm der Schultheiß der Stadt, namens Wengi. Schnell ließ er heimlich die Turmuhr zurückstellen. Dann berief er den Rat zusammen, und bald standen die Katholischen in Wehr und Waffen. Als die Reformierten nun merkten, daß ihr Anschlag verraten sei, lagerten sie sich, ebenfalls wohlgerüstet, jenseits des Flusses. So kam es, daß sich bald beide Parteien der Stadt, die katholische und die reformierte, kampfbereit gegenüberstanden und sich über den Aarefluß hinüber und herüber arg beschimpften und herausforderten. Jetzt holten die Katholiken voll Wut die große Kanone aus dem Zeughaus und richteten sie auf die Reformierten. Ein erster Schuß wurde, zum Glück ohne Schaden, losgebrannt. Aber als nun die Kanone ein zweitesmal, und genauer gerichtet, losgehen sollte, eilte der Bürgermeister Wengi, ein hochgewachsener, wehrhafter Mann, herbei und stellte sich, die Hand aufs Herz legend, vor die Mündung der Kanone und rief: "Soll Bürgerblut fließen, so fließe das meinige zuerst!" Da ließen die Schützen die Arme sinken, und niemand wagte gegen den wackeren Mann aufzutreten. Also kam es, daß die Katholischen mit ihrer Kanone wieder abzogen und zuletzt alles friedlich geschlichtet wurde. Also geschehen im Jahre des Heils 1533 am 30. Weinmonat. Ungefähr zur selben Zeit lagen die reformierten Zürcher mit den katholischen, sogenannten fünförtigen Eidgenossen von Uri, Schwyz, Unterwalden, Luzern und Zug im Kriege um des Glaubens willen. Obwohl sie sich nun als Feinde gegenüberstanden und sich heftig bekriegten, wünschten im Herzen doch die meisten den Frieden, was sich an gar mancher schönen Tat erkennen ließ. So viele, die sich jetzt bekämpfen mußten, hatten einst zusammen die blutigen Kriege im Welschland durchgemacht und brüderlich alle Not und Gefahr geteilt. So kam es, daß sie sich gar wohl kannten, und wenn sie sich nun, in Waffen starrend, an den Grenzen begegneten, so hielten sie wohl zusammen ein Gespräch ab von alter guter Zeit und altem gutem Streit jenseits des Gotthard. Da die Zürcher viel Kriegsvorräte an Wein und Brot hatten, bei den Fünförtigen aber Schmalhans Küchenmeister war, überschritten ab und zu Männer aus den katholischen Ländern die Grenzen absichtlich. Sie wurden dann gefangen, mit Speise und Trank gehörig bewirtet und durften danach wieder unbehelligt in ihr Lager zurückkehren. Einmal aber, erzählt ein alter Geschichtsschreiber, brachte eine größere Zahl frohgemuter Gesellen aus dem katholischen Lager der Hirten am Vierwaldstättersee eine große Mutte, ein niedriges, aber sehr umfangreiches Holzgefäß, voll Milch zu den Zürchern, die an der Grenze Wache hielten. Sie stellten die Mutte also auf die Grenze, daß die eine Hälfte auf dem katholischen, die andere aber auf reformiertem Boden stand. Dann riefen sie den Zürchern zu, sie hätten wohl eine gute Milch, aber keine Brocken drin. Da eilte eine Schar Zürcher mit Brot herbei. Sie brockten das Brot in die Milch, und so legten sich nun beide Teile, aber schön innerhalb ihrer Grenzen, bäuchlings ins Gras und begannen zusammen unter fröhlichem Sprücheln und Gelächter die Milchsuppe auszulöffeln. "Wenn aber einer mit seinem Löffel über die Hälfte des Gefäßes hinaus in die Milchsuppe herumlangte, hieb ihm sicher einer von der andern Seite auf die Finger und sagte: "Friß uf dinem Erdrich!" Der Stadtmeister der beiderseits befreundeten Stadt Straßburg im Elsaß, der als abgeordneter Friedensvermittler dabeistund und auch sonst noch manchen derartigen Scherz miterlebte, sagte bei diesem Anlaß: "Ihr Eidgenossen seid doch wunderliche Leute. Bei aller Zwietracht seid ihr eins und vergeßt der alten Freundschaft nicht." Quelle: Meinrad Lienert, Schweizer Sagen und Heldengeschichten, Stuttgart 1915 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Verspotte nicht die Tiere der Nacht. Non deridere gli animali della notte

Source: Verspotte nicht die Tiere der Nacht. Non deridere gli animali della notte

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Es war einmal ein Hirte, der sass vor seiner Hütte und ass Polenta mit Milch. Gestört durch den Waldkauz, der unablässig rufend hin und her flatterte, schrie der Hirte auf gleiche Art zurück. Plötzlich aber besann er sich und rief: «Kauz bist du, Kauz bin ich, willst du essen, so komm zu Tisch!» Kaum aber waren ihm diese Worte über die Lippen gekommen, da stand ein grosser Mann mit dem Kopf eines Kauzes vor ihm. Mit mächtiger Stimme, die den Tapfersten hätte erzittern lassen, sagte er: «Du hast mich gerufen. Was gibst du mir zu essen?» Verblüfft reichte ihm der Hirte eine Schale Polenta mit Milch. Im nächsten Augenblick schon war sie leer. «Ich habe Hunger, was gibst du mir?», brüllte das Ungeheuer. Der Hirte musste nun alles herbeischaffen, was er hatte, und alles wurde mit wilder Gier vom Kauz verschlungen: Mascarpone, Käse, Butter, Brot, Mehl, Salz, Zucker, Kaffee, Reis. Je mehr in seinen Backen verschwand, desto rasender wurde sein Hunger. Als nichts Essbares mehr zu finden war, wies der verzweifelte Hirte auf den Stall. «Essen Sie das Schwein, die Ziegen und die Kühe!» Alle Tiere wurden verschlungen, bis auf eine Kuh. Sie konnte das Ungeheuer nicht fressen, denn auf ihrer Glocke war ein Bild der Madonna. Da wandte sich der Kauz zu ihm und brüllte: «Hunger! Hunger! Dann fresse ich eben dich!» In seiner fürchterlichen Angst riss der Hirte ein Kreuz von der Wand und schrie: «Gesummaria helft!» Ein markerschütternder Schrei ertönte, Blitze zuckten aus dem Körper des Ungeheuers und im nächsten Moment war der Kauz verschwunden. Der Hirte stürzte besinnungslos zu Boden. Als er erwachte, stand alles wieder auf seinem Platz, auch die Tiere waren zurück im Stall. Seit jener Nacht aber, da hütete sich der Hirte davor, je wieder ein Nachttier zu verspotten. Quelle: Credenze popolari nel Canton Ticino, Vittore Pellandini, neu übersetzt von Andrea Hofman Non deridere gli animali della notte Una volta c'era un pastore che era seduto di fronte alla sua capanna e mangiava la polenta con il latte. Disturbato dalla civetta, che svolazzava avanti e indietro, il pastore gridò allo stesso modo. All'improvviso ci pensò su e gridò: « Civetta sei tu Civetta son io se vuoi favorire qua devi venire » Ma non appena queste parole gli uscirono dalle labbra, un omone alto con la testa di una civetta si mise di fronte a lui. Con una voce potente che avrebbe fatto tremare i più coraggiosi, disse: «Mi hai chiamato. Cosa mi dai da mangiare?» Stupito, il pastore gli porse una scodella di polenta con latte. Il momento successivo era vuoto. "Ho fame, cosa mi dai?" Ruggì il mostro. Il pastore doveva dare tutto ciò che aveva e tutto veniva divorato dalla civetta con avidità selvaggia: formaggio, burro, pane, farina, sale, zucchero,  riso, salsicce. Più divorava, più aveva fame. Quando non c'era più niente da mangiare, il pastore disperato indicò la stalla. "Mangia il maiale, le capre e le mucche!" Tutti gli animali sono stati divorati ad eccezione di una mucca. Il mostro non poteva mangiarla c'era un’ immagine della Madonna sulla sua campana. Quindi l’uomo civetta si voltò verso di lui e gridò: "Fame! Fame! Allora ti mangerò e basta! » Nella sua terribile paura, il pastore strappò una croce dal muro e gridò: "Gesummaria aiutatemi!" Ci fu un urlo sconvolgente, un lampo usci dal corpo del mostro e nel momento successivo la civetta scomparve. Il pastore cadde privo di conoscenza a terra. Quando si svegliò, tutto era tornato al suo posto, gli animali erano di nuovo nella stalla. Ma da quella notte, il pastore ha fatto attenzione a non deridere di nuovo un animale notturno. Fassung Carmela Saputelli, ©Mutabor Märchenstiftung Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Verstecktes Geld riechen

Source: Verstecktes Geld riechen

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Die Franzosen, als die im Lande waren, ja, da konnte man Meitli und Geld vor ihnen verstecken, wie man wollte, die haben alles »g'schmeckt« (gerochen), nur nicht, was hinter oder unter Wasser verborgen war. Pfr. Arnold, Schächental Andere sagen, Geldschätze habe man vor den Franzosen in rinnendes Wasser verstecken müssen, und erzählen: Ein Schmied habe zu jener Zeit sein Geld unter dem Ambos verborgen. Da kam ein Franzos in die Schmiede und sagte: »Guter Mann, ihr habt euer Geld schlecht versteckt.« Der Schmied wollte leugnen, aber der Franzos entgegnete: »Ihr habt es unter dem Amboss; ich sehe es. Aber ich will euch einen guten Rat geben. Hüllet es ein und leget es in rinnendes Wasser, dann werden sie es nicht finden.« Der Schmied tat so, hüllte sein Geld ein und hängte es an einem Bächlein an der Brawä auf und rettete es auf diese Weise. Fr. Gisler-Arnold, 70 J. alt, Schächental Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Verstorbene holen das Versprochene

Source: Verstorbene holen das Versprochene

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Ich hab ghört von Alten, das zwen gutt gsellen und Zächbrüder gsin vngefarlich umb das Jahr des Herrn 1526, der ein uss der March (im Canton Schwiz) der ander von Rapperschwyl. Die haben einandren jn einer frölichen Zäch angedingt, das wöllcher vor dem andren sterbe, der Lebend dem abgestorbnen ein fleschen mit wyn lifern sölle an ein bestimpt ort unfern von der Rapperschwyler Brugki, oberhalb dem Dörfflin Hurden. Allso nachdem der ein gestorben und der ander noch lebend sich sines gelübds erinnert, ist er mit der flaschen mit wyn zu bestimpter stund und ort erschinen, allda der abgestorben, oder sonst ettwar (Gott weiss wär) gfragt ob er da sye vnd die flesch mit wyn habe. Daruf er mit seer erschrocknem hertz geantwort, das Ja. Die stimm gevordert, sölle die fleschen darbietten, und sye syn glück so gut, denn so er dis nit erstattet, wäre er ze stucken zerrissen worden. Hierzu dient ouch dis so wir den 15. Dezembrig 1609 allhie in der statt Lucern ein geleerter und wolerfarner Herr und Houpt sines vatterlands in den 4 waldstetten, nämlich zu Uri, Johann Conrat von Beroldingen in warheit erzellt, das sinem An oder grossvatters vater Andreas von Beroldingen Landamman zu Uri fast glychförmige sach und versprechung zwüschen jm zund syner gutten gsellen einem ungefer Ano 1490 sich begeben, allein umb so vil wytter das der eine das geschirr mitt wyn, der ander aber in Brot bringen sollte. Dann als derselbig vor jme gestorben und Er der Lebend sye an des gelübds yngedenk sich mit dem gschirr mit wyn an dz bestimpte ort verfügt, sye des abgestorbnen Seel oder geist allda mit dem brot erschwere, doch sich nit sehen sonder allein die stimm hören lassen. Daruff Er, der Lebend gefragt, wie es vmb syn des abgestorben seel stände, ob Er sälig oder verdampt. Daruff jmi geantwort worden, Er möge es zwar nit wüssen, denn die beschlüfslich urtheil noch nit ergangen, denn er habe noch mässen das versprochen gelübde bim Leben beschechen halten oder erstatten, alls ein sach der gerechtigkeit. Aber sonst stände es gar gferlich zwüschen jme und der urtheil Gottes und solltend wol alle Menschen gewarnt sin, sich jn kein solche Vermessenheit ze lassen, sondern jre letste Ding besser betrachten. Diser Mann so domalen allso noch in Leben halt sich diss geschefft wol beherziget jst auch in sinem vatterland fast vernampt worden und wo man sin Fenster und Wappen jn hüser begert, hatt ers zwar geben aber allwegen zur gedächtnuss und erinnerung der sach diese histori oben in das gefäss malen und brennen lassen.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Verstorbene holt Kinder

Source: Verstorbene holt Kinder

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Zu Törelen im Schächental war Josefa, die gute, besorgte Hausmutter, Gattin des Ratsherrn Kaspar Herger, gestorben. Bald hernach kamen eines Tages die jüngsten Kinder, es waren zwei besonders tifige und brave, aus der Dachkammer herbeigesprungen mit der Nachricht: »Wir haben die Mutter gesehen! sie ist im Werktagsgewand gewesen und hat uns traurig angeschaut.« Einige Zeit später wussten sie wieder zu berichten, die Mutter sei ihnen in der Stube erschienen, sie sei in gebückter Stellung der Wand entlang gestrichen und habe ihnen einen wehmütigen Blick zugeworfen. Wochen waren verstrichen, und man hatte unterdessen vieles für die Erlösung der braven Frau getan. Die Leute arbeiteten eines Morgens auf dem Felde und schickten die zwei Kleinen in das Haus, dort etwas zu holen. Da brachten sie wieder die Nachricht: »Wir haben die Mutter in der Stube auf dem Tisch gesehen; sie war sehr schön gekleidet wie die (angekleidete) Mutter Gottes in der Kirche und hat uns freundlich lächelnd angeblickt und mit den Fingern gewunken.« Das war das letzte Mal, dass sie von den Kindern gesehen wurde. Diese starben bald hernach im Kindesalter dahin; das eine erhielt die erste heilige Kommunion auf dem Krankenlager. Die Erzählung, die ich von zwei Schächentalern vernommen, wurde mir 1915 von einer fast 80jährigen Schwester der Josefa bestätigt mit den folgenden Worten: »So sind's alligs 'Kind chu sägä; ich mecht nitt sägä-n-äs syg, und mecht nitt sägä-n-äs syg nitt; aber das isch wahr, sitdem ha-n-ich mich nimmä-n-äso gfurchtä.« Johanna Brücker-Arnold; Barbara Gisler, Spiringen; Johanna Aufdermaur-Arnold Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Verstorbener hält sein Wort

Source: Verstorbener hält sein Wort

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1. Der alte Rubi zu Attinghausen hatte nicht selten seinen Nachbarn im Hohl die Kinder gehütet; er hatte ja Zeit, und zu einer andern Arbeit war er nicht mehr fähig. Auf dem Krankenbett sagte er öfters zu ihnen, wenn er einmal tot sei, werde er hie und da kommen und ihnen die Kleinen gaumen. Mittlerweile vertauschte er das Zeitliche an das Ewige. Eines Tages sah der Bauer im Hohl, als er gerade in der Holzwitteren arbeitete, den Rubi daherkommen und in das Haus hineingehen. »Da bin i etz doch froh, dass m'r der zu dä Goofä lüegt,« dachte der Hohler bei sich, und erst geraume Zeit später kam es ihm in den Sinn, dass ja der Rubi gestorben sei. »Dü Narr,« schalt er sich selber, »der isch ja scho lang tot,« und ein eiskalter Schauer überrieselte ihn. Mehr als einen Monat blieb er krank. Katharina Gisler-Müller, 70 J. alt, Altdorf 2. »Den 15. December 1609 (hat mir) allhie in der Statt Lucern ein geleerter und wolerfarner Herr und Houpt sines Vatterlandes In den 4 Waldstetten, nemlich zu Uri, Johann Conrat von Beroldingen, in Wahrheit erzellt, das sinem An oder Grossvatters Vatter Andreas von Beroldingen, Landammann zu Uri, vast glychförmige Sach und Versprechung zwischen im und siner gutten Gsellen einem ungefer Ano 1490 sich begeben, allein umb so vil wytter, das der Eine (der Überlebende) das Geschirr mit Wyn, der Andere aber (der Tote) ein Brot bringen sollte. Dann, als derselbig vor ime gestorben und er, der lebend, sye an des Gelübds yngedenk sich mit dem Geschirr mit Wyn an ds bestimpte Ort verfügt, sye des Abgestorbnen Seel oder Geist allda mit dem Brot erschinen, doch sich nit sehen, sondern alein die Stimen hören lassen. Daruff er, der Lebend, gefragt, wie es umb syn des Abgestorben Seel stande, ob er sälig oder verdampt. Daruff ime geantwort worden, er möge es zwar nit wüssen, denn die beschlüßlich Urtheil noch nit ergangen, denn er habe noch müssen das versprochen Gelübde, bim Leben beschechen, halten oder erstatten, alls ein Sach der Gerechtigkeit. Aber sonst stande es gar gferlich zwüschen ime und der Urtheil Gottes, und solltend alle Menschen gewarnt sein, sich in kein solche Vermessenheit zu lassen, sondern ire letste Ding besser betrachten. Diser Mann, so domalen allso noch in Leben, hatt sich diß Geschefft wol beherziget, ist auch in sinem Vatterland vast vernampt worden, und wo man sin Fenster und Wappen in Hüser begert, hatt er's zwar geben, aber allwegen zur Gedächtnuss und Erinnerung der Sach dise Histori oben in das Gefäss malen und brennen lassen.« Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Verstridleti Milch

Source: Verstridleti Milch

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Am Milistalden ischd en Hüüshaltig gsiin, wan e verdrissegi Sach mid dr Milch hed ghäben. We se sa häin über ds Für taan, hed se sa bbrochen. Es Frowwelli hed ne graaten, we si üüfachemi, selle s' es Mässer nän und dri stächen und umha und anha howwen. Si häin das gmachd. In dr Nehi ischd es Wiibelli gsiin; das ischd es par Tag drüüf niimma under d'Liit chun. D'Milch hed's niimma bbrochen. Wa ds Wiibelli umhi virha ischd, hed's ds Hoit und d' Hend verbunde ghäben. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Versunkenes Schloss

Source: Versunkenes Schloss

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Im kleinen See des Dorfes Egolzwil, das zum Altishofer Kirchspiele gehört, liegt ein untergegangenes Schloss. Bei besonders klarem Himmel soll man die Zinnen desselben und das Türmchen der Kapelle wahrnehmen können. Bisweilen läute es auch ganz wundersam aus der Tiefe herauf.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Verunglückte Gemsjäger jagen nach ihrem Tode

Source: Verunglückte Gemsjäger jagen nach ihrem Tode

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Oben am Schreckhorn, so wie in andern Alpengegenden lassen sich zwischen den Gletschern oft Töne hören, die dem Knall einer gezogenen Büchse gleichen. Dies rührt von den Geistern der Gemsjäger her, welche als Strafe für ihre nicht zu überwindende Leidenschaft zum Jagen von den Berggeistern in die Tiefe gestürzt, nun verdammt sind, derselben auch noch nach ihrem Tode nachzugehen. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Verwandlung der Kohlen in Gold

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Eine Frau ging aus dem Dorfe Flums nach dem am Grossberg bei der St. Jakobskapelle gelegenen Hause. Auf dem Wege begegnete ihr eine schöne Jungfrau, die ihr eine Schürze voll Kohlen anerbot. Die Frau lachte vorerst und schlug die Kohlen rundweg ab; endlich steckte sie doch einige zu sich. Bitterlich weinte die Jungfrau, da sie ihren Wunsch nicht erfüllt sah. Als die Frau nach Hause kam, warf sie die Kohlen auf den Herd, und sieh, sie verwandelten sich in lauteres Gold. Jetzt gereute es die Frau, nicht alle Kohlen genommen zu haben. Schnell kehrte sie wieder an den Ort der Begegnung zurück. Aber die Jungfrau war und blieb verschwunden. Hätte die Frau den Wunsch der Armen erfüllt, so hätte wahrscheinlich für diese die Stunde der Erlösung geschlagen.  A. Sprenger  Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 338, S. 189 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Verwandlung des Mutteri in Fideri

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Vor alte Zite - so erzählt man in Glarus - ischt e prächtigs melchs Gresli bis uf die höchste Grät ufe gwachse. Jez findt mes nu noch witer unde. Worum ächt? Darum das es d' Pure z'guet g'ha händ derbi und übermüetig worde sind. Wenn sie aden undere Stäfle gsi sind, so sind sie viel nidsi gange gu tanzen und gu wüest tue. Ab den-oberen abe hets es aber nüd möge gä. D's Gras ist so guet gsi, dass sie drümal heid müese melche z' Tags; drum heid sie müese dobe blibe. Das het ne gar nüt g'falle und sie heid mängmal g'seit: wenn nu de Tüfel das Gras nähm. Weget dem ist d's best Gras, d's Mutteri in der Höchi obe vertüret und es het Fideri drus gä . Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Verwandlung des Mutteri in Fideri

Source: Verwandlung des Mutteri in Fideri

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Vor alte Zyte ischt e prächtigs melchs Gresli bis uf die höchste Grät ufe gwachse. Jez findt mes nu noch wyter unde. Worum ächt? Darum, dass es d'Pure z'guet g'ha händ derby und übermüetig worde sind. Wenn sie a de-n-undere Stäfli gsi sind, so sind sie viel nidsi g'ange gu tanze-n-und gu wüest tue. Ab de-n-obere-n-abe hets es aber nüd möge g'gi. D's Gras ist so guet gsi, daß sie drü Mal heid müese melche z'Tags; drum heid sie müese dobe blibe. Das het ne gar nüd g'falle und sie heid mängmal g'seit: „Wenn nu der Tüfel das Gras nähm.“ Weget dem ist d's best Gras, d's Mutteri, in der Höchi obe vertüret und es het Fideri drus g'gi.   Übersetzung: Vor langer Zeit wuchsen prächtige, saftige Gräslein bis hinauf auf die höchsten Grate. Jetzt findet man es nur noch weiter unten. Warum wohl? Darum, weil es den Bauern zu gut ging dabei und sie übermütig wurden. Wenn sie auf den untern Stafeln waren, konnten sie ins Tal zum Tanz gehen und wüst tun. Von den obern aus ging das aber nicht. Das Gras war so gut, dass sie drei Mal melken mussten täglich; darum mussten sie oben bleiben. Das gefiel ihnen gar nicht und manchmal sagten sie: „Wenn nur der Teufel das Gras nähme.“ Deswegen ist das beste Gras, das „Mutteri“, oben auf der Höhe verdorrt und es gab Flechten daraus.   C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Verwünschte Jungfrauen und Horte, a - i

Source: Verwünschte Jungfrauen und Horte, a - i

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a) Die Schlossjungfrau auf den Ruinen der Habsburg im Rheinstädtchen Gross-Laufenburg trägt einen mit Wein gefüllten Stauf in der Hand und wird von jenem erlöst werden, der ihr denselben trotz ihrer Wandlungen dreimal kredenzt. b) Im Walde zwischen den Rheindörfern Wallbach und Zeiningen geht ein Weg, das Finstergässschen. Dort begegnet es, dass sich einem ein grosser Sack voll Laub vor den Füssen herwälzt. Wer den Muth hätte, still zu stehen und ihn zu öffnen, fände eben so viele Thaler, als Blätter drinnen stecken. Auf diesem Wege kam einem Bauern eine Jungfrau entgegen und bot ihm ein Röschen an. Gerade diese unerwartete Freundlichkeit brachte ihn in Angst. Er entlief, wurde dann darüber ruhelos und beichtete es zuletzt seinem Pfarrer. Dieser aber that recht ungehalten darüber, dass er eine Blume verschmäht habe, mit welcher man zu allen vergrabenen Schätzen gelangen kann. c) Auf der Ruine Wessenberg bei Hottwil kann man mittelst eines schwarzen Kalbes den Schatz finden. Man weiss, dass ein grüngekleideter Mann droben im Berge steckt. Er trägt einen breiten Hut und Schnallenschuhe. Die Schlossjungfrau ist früherhin häufig im Thale erschienen und hat sich im Dorfbache gewaschen. d) Beim Schlosse Homburg suchten ein paar Schatzgräber nach Geld. Da erschien ihnen eine Jungfrau, die sie in ungewohnter altertümlicher Rede ansprach und verhiess ihnen alle Reichthümer, wenn einer von ihnen eine Nacht bei ihr bleibe; sie möchten nun darüber unter einander das Loos werfen. Statt dies zu thun, sprangen die Männer athemlos den Berg hinunter. (A. Birrcher in Laufenburg.) e) Das Hudikreuz bei Leuggern steht im Jmmenholz, wo sich die Wege ins Reuenthal und ins Sandfeld scheiden. Hier bei dem alten bemoosten Kreuze lässt sich ein Mädchen in bunter Tracht sehen. Sie trägt bald ein sog. Güggehü-Hütli, bald einen Kranz im Haar; bald ist sie weissgekleidet, bald hat sie eine grüne Jüppe und ein roth-gestreiftes Fürtuch an. Zwei Fuss hoch überm Boden schwebend zieht sie übers Feld hinauf längs dem Hag bis zum Strickerain. Am Giessberg macht sie mit ihrem Schlüssel ein Bohrloch in den Boden und versinkt beim Hudikreuz. So oft man sich diesem Nachts nähert, fängt es an zu rauschen. Sie soll hier unverdient den Tod durch Henkershand erlitten haben. f) Elendskreuz heisst eine Grenzmark im Bezirk Kulm an der Strasse, die von Menzikon in den Kanton Luzern führt. An diesem Steinkreuze wurde eine Kindsmörderin hingerichtet. Man stürzte sie lebendig in ein Grab voll Dornen, überdeckte sie mit einer abermaligen Dornenlast und warf einen Haufen Findlingssteine drüber. g) Stampfisbach nennt man eine kleine Waldung beim Schwyzer- Dorfe Wollerau, in deren Nähe eine Oeltrotte an einem Wildwasser liegt, das über eine Rise des nahen Waldberges Els herunterkommt. Ein Frauengeist spukt in diesem Dickicht und ruft Nachts den Vorübergehenden zu: Drei Schritt aus dem Weg! Ein herzhafter Mann wich aber nicht zurück, sondern fragte sie um ihr Begehren. Sie verlangte, um selig zu werden, er solle ihr acht Messen, jede mit acht brennenden Kerzen, lesen lassen, dann sei das hier im Walde von ihr vergrabene Geld sein. Die versprochenen Messen wurden zu Wollerau richtig gelesen, die Stelle aber, wo das Geld im Walde lag, konnte nicht wieder aufgefunden werden. h) Zwischen den Frickthaler-Dörfern Stein und Eiken liegt der Buchstallhag. In der dortigen Bruchmatte am Brunnen hütet ein weissgekleidetes Mädchen eine Schatzkiste und kommt sogar bis zur Landstrasse herab, um die Vorübergehenden freundlich anzusprechen. Man nennt sie das Bruchmattmaidli. Im Jahr 1846 versuchten Schatzgräber hier ihr Glück. Sie trafen, erzählten sie nachher, wirklich auf eine vergrabene Kiste, allein sie versank vor ihren Augen noch tiefer in den Boden hinein. i) Die Bückli-Eiche. In der Nähe, wo Rhein und Aare zusammenstiessen, liegt am linken Aarufer das sog. Fullfeld. Beinahe in dessen Mitte erblickt man auf einer kleinen Anhöhe eine alte Eiche. An dieser Stelle, die jetzt Bückli-Eich genannt wird, soll einst ein schönes Schloss gestanden haben. Wo oder wie dessen Besitzer umgekommen, weiss man nicht, auch von seinem Haushalte ist weiter nichts bekannt. Doch muss es nicht ganz in Ordnung hergegangen sein, denn jetzt noch spukt es dort zur Nachtzeit. Eine weisse Jungfrau wandelt bisweilen auf dieser Stelle umher. Sie hat einen Schlüssel in den Händen und einen weissen Kranz auf dem Haupte. Sie geht mehremale im Kreise herum und verschwindet dann wieder. Die Bauern von Full haben sie schon oft so wandeln sehen, besonders zur Fronfasten und Adventzeit. Ein Mann von Gippingen (Disli-Andres geheissen) hütete einst als Knabe dorten in der Nähe die Schweine. Da lief eines jener Weiber, die man hier zu Lande unter die Besessenen oder Betrübten rechnet, das Fullfeld hinunter und rief dem Knaben zu: „Kind, bei der Eiche dorten ist ein Geldschatz verborgen in einer eisernen Kiste, und ein schwarzer Pudel hütet!“ Man fieng nun sogleich an nachzugraben und fand einen Feuerherd mit Resten von Kohlen und Asche. Endlich stiess man auf eine Mauer. Noch weiter zu graben, hatten aber die Leute das Herz nicht, aus Furcht vor dem schwarzen Pudel. Die Stelle ist seither unbebaut und öde. Wenn man mit einem Karste dorten auf den Boden schlägt, so tönt es, als ob unterhalb Alles hohl wäre. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 261 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Verwünschungen

Source: Verwünschungen

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Auf Haldi lebte ein Mann, der furchtbar hart und unvernünftig mit seiner Frau umging. Einst, da ihre Niederkunft nahe bevorstand, schickte er sie noch zu einer schweren Arbeit. Sie wollte sich entschuldigen und wies auf das Kindlein, das sie unter dem Herzen trug. Er aber wurde nur noch wilder und brüllte sie an: »Ä, chum-mer doch nitt mit dynä Filänä!« Zur Strafe kam sein nächstes Kind mit zwei je einem Rossgrinde ähnlichen Köpfen zur Welt. Ein anderer ebenso roher Gatte sagte in einem ähnlichen Fall: »Ja, d'r Tyfel hesch byn-d'r!« Da gebar die Frau eine Schlange. Cäcilia Gisler-Walker Auch das Toggeli sei ein verwünschtes Kind. »Dü Cheibä Toggel!« sagte ein Vater im Zorn zu seinem Kinde. Und da war es das Toggeli, das jetzt die Menschen plagt. Peter Tresch, Silenen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Verwüstung der Schrattenfluh

Source: Verwüstung der Schrattenfluh

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Auf der Sonnseite der Schrattenfluh im Entlibuch ist eine dürre fast wurzellose Gegend. Früher soll diese Einöde eine der prächtigsten Alpen gewesen sein, die einem einzigen Sennen angehört habe. Als der Vater starb, hinterliess er drei Söhne; der eine von ihnen aber war blind und hielt sich unten im Dorfe Schangnau auf. In der Mitte des Sommers besuchte er an einem Sonntag seine Brüder. Aber diese verspotteten ihn heimlich, und beim Mittagessen mischten sie ihm anstatt frischen Zigers frischen Kuhkot in die Milch. Als nun der Blinde darüber eine saure Miene machte, konnten sie sich des Lachens nicht enthalten. Da merkte der Blinde ihre Schalkheit, und verfluchte die Brüder samt der Alp. Alsbald geschahen Bergstürze auf Bergstürze, und in wenigen Jahren hat man daselbst weder Erde noch Grashalm mehr gefunden. Quelle: Theodor Vernaleken, Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch


by Verzauberte Kuhketten

Source: Verzauberte Kuhketten

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In der Alp Wängi am Kinzigpass wurden eines Morgens zwei Kühe im Gaden in eine und dieselbe Kette verwickelt angetroffen. Niemand war imstande, die Kette zu lösen, und die zwei Tiere waren am Ersticken. Endlich holte man Gesegnetes und berührte damit das verzauberte Band. Sogleich löste es sich und gab die Gefangenen frei, die auseinander stoben; aber im nämlichen Augenblick flog auch ein etwa 10jähriger Knabe, der in einer Entfernung von mehreren Schritten zugeschaut hatte, auf unerklärliche Weise in die Mistgrube hinaus. Gewöhnlich hängt man gegen Zaubergewalten und böse Kräfte gesegnete Stechpalmen oder gesegnete Haselzwicke im Stalle auf. Kath. Müller, Schwester des obgenannten Knaben, 75 J. alt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945, Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Verzich! Verzich!

Source: Verzich! Verzich!

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Am westlichen Ende des Dorfes wohnte vorzeiten ein Ehepaar, das im Unfrieden lebte. Hochbetagt starb der Mann, ohne sich mit seiner Ehehälfte auszusöhnen. Darum blieb ihm die Grabesruhe versagt. Hoch über dem Häuschen, aus der Luft herab hörte man nicht selten ein Wehgeschrei: "Verzich! Verzich!" Chr. Lügstenmann. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 391, S. 225  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Viele schöne Herren

Source: Viele schöne Herren

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Am 29. September ist das Fest des heiligen Michael. Da feiert Stalden das Patronatsfest der Pfarrei. Das war schon früher so. Einmal hatten sich auch anlässlich dieses Festes eine ganze Anzahl Geistlicher im Pfarrhause zusammengefunden. Da die kirchlichen Feierlichkeiten vorbei waren, sass man gemütlich beisammen, plauderte und erlaubte sich auch einen Spass. Gewohnheitsgemäss traf an diesem Tage auch ein Tölpel von Stalden im Pfarrhause ein. Kaplan Abgottspon war am heutigen Tage besonders guter Stimmung und fragte den Narren: «Sag einmal, welcher von diesen Geistlichen ist der ,leideste‘ (wüsteste)?» Ein grinsendes Lachen, aber keine Antwort. Der Fragesteller fuhr weiter: «Ich gebe dir einen Batzen, wenn du es sagst!» - «Ja nun, wenn Sie es gerade wissen wollen, Sie selbst sind es», gab der Tölpel zur Antwort und nahm dankbar den Batzen zur Hand. Alle lachten nun Herrn Abgottspon aus. Dieser fühlte sich durch die erhaltene Antwort keineswegs beleidigt, denn er hatte sie so erwartet; das grelle Lachen seiner Mitbrüder aber stach ihm doch ins Herz, und er entfernte sich aus der Pfarrstube. Kurz darauf trat er wieder zur Türe herein. In den Händen trug er ein bis an den Rand mit Wasser gefülltes Weidenkörbchen und stellte es auf den Tisch. Kein einziger Tropfen rann heraus. Dann wandte er sich an die Anwesenden: «Jetzt kann einer der hübschen Herren den Korb mit dem Wasser wieder hinaustragen!» Keiner wagte es. Da fasste er selbst den Korb in die Hände, und im Hinausgehen flüsterte er: «Viele schöne Herren, aber wenig Geistliche!» STALDEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Vill z'friëh

Source: Vill z'friëh

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 In der Alp Surenen waren sie einmal im Frühling auch gar beizeiten aufgefahren. Da, am ersten Abend, als die Älpler in der Hütte beisammen sassen, fing es an, in den Schaufeln und Grebeln zu rumpeln und zu rasseln, und eine Stimme rief: »Vill z'friëh, vill z'friëh!« Wirklich, am folgenden Tage gab es Schneewetter und wurde so kalt, dass sie von Alp fahren mussten. K. Zgraggen, 82 J. alt. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vision eines Kindes

Source: Vision eines Kindes

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Ein armer Mann im Münstertale hütete einstens das Vieh in den Alpen. Seine Frau und das siebenjährige Söhnlein blieben zu Hause. Die Frau ging auf Taglöhne. Das Haus, in welchem sie mietsweise wohnten, war nach alter Weise gebaut, mit einem grossen Gewölbe unter dem Dache. Das Knäblein schlief in einem Bette mit der Mutter. Eines Nachts weckte es seine Mutter, und sagte zu ihr, sie solle mit ihm beten, es sei ein Mann in weissen Kleidern zu ihm gekommen, und habe gesagt, sie sollen beten und dann aus dem Hause gehen, denn das Haus werde bald einfallen. Die Frau, aus dem besten Schlafe erwacht, vermeinte, der Knabe habe geträumt, oder fantasiere, und befahl ihm stille zu sein; worauf sie wieder einschief. Aber in einer Weile weckte der Knabe abermals sie, der schöne, weisse Mann habe wieder mit ihm geredet, es sei jetzt Zeit, dass sie aufstehen, und aus dem Hause fliehen, denn das Haus werde bald einfallen. Die Mutter wurde unwillig, befahl ihm wieder zu schweigen, und schlief abermals ein.  Wieder nach einer Weile sprang das Knäblein aus dem Bette, zog die Mutter am Arme, und bat die Mutter dringlich, sie solle eilen, denn der weisse Mann habe zum Fenster herein geredet, und gesagt, es sei nunmehr die höchste Zeit zu fliehen. Auf dies hin stand die Mutter ohne Verzug auf, und wollte sich anklei­den. Aber der Knabe zog sie beständig am Arme, und drängte, es sei keine Zeit mehr dazu, der weisse Mann habe es ihm gesagt. Die Mutter folgte den Worten des Knaben, nahm die Kleider unter den Arm, und so eilten Beide die Treppe hinab, die Haustüre hinaus. Kaum hatten sie jedoch die Haustüre hinter sich, siehe, - da fiel das hohe Gewölbe ein, und zertrümmerte alle unterhalb liegenden Böden und Zimmer des alten Hauses, bis auf den Grund. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vision eines Mädchens

Source: Vision eines Mädchens

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In Tscharina oberhalb Untervaz standen früher einige Wohnhäuser. Katharina die Tochter aus einer dort wohnenden Familie, trat eines Morgens vor das Haus, lief aber schnell in Dasselbe wieder zurück, mit den Worten, ums Haus herum sei Alles mit Rahm bedeckt. - Es war Schnee gewesen.   Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vision von Knaben

Source: Vision von Knaben

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Der Lehensmann Brändli im sog. Stampis-Baumgarten bei Cur sass mit seiner Frau und zwei seiner Knaben im Alter von 6-8 Jahren eines Abends in der Wohnstube, als plötzlich die beiden Knaben ihren Eltern zuriefen: »Ei, schaut doch«! Brändli und seine Frau schauten in der Stube umher, konnten aber nichts sehen, oder entdecken. Die Knaben aber behaupteten fortwährend, und auch noch in spätern Jahren, die Wand ihnen gegenüber habe sich geöffnet und aus dieser Öffnung (welche jedoch nicht einer Türöffnung gleich sah, sondern nur einer Spalte in dem Täfel) sei langsamen Schrittes ein älterer Herr in schwarzer Kleidung heraus und in die Stube getreten, und habe ihnen (den Knaben) freundlich zugenickt. Auch habe dieser Herr Kniehosen, eine Perücke und einen langen Degen getragen, den dreikantigen Hut habe er unter dem Arme gehabt. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Visionen einer Frau

Source: Visionen einer Frau

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Die Frau Pfarrer B .. , in N ... erzählte einst: »Als ich meine erste Tochter zu erwarten hatte, glaubte ich in der letzten Zeit täglich in der Abenddämmerung die Gestalt eines alten geistlichen Herrn in der Stube herumgehen zu sehen, auf welche ich, auch mit dem grössten Widerwillen, immer hinschauen musste.« Ich klagte das meinem Mann, der aber vermochte diese Gestalt nicht zu sehen. Aber aus meiner Beschreibung, wie die Gestalt aussehe, sagte er mir, das sei sein Vater, der vor nicht langer Zeit gestorben war, den ich jedoch nicht mehr gekannt habe. Das Mädchen, meine liebe Luise, die bald nachdem auf die Welt kam, war ganz das Ebenbild des Grossvaters, wie mein Mann und viele Andere behaupten. Mein lieber Mann starb zu Weihnachten 1841 und nach seinem Tode blieb ich noch einige Zeit bei Verwandten in Cur. Im Winter wurde meine jüngere Tochter Anna krank, und ich war, wie gewohnt, am warmen Ofen, und hielt sie im Arme. Da kam es mir plötzlich vor, als ob die Gestalt meines sel. Mannes mir sich nähere, und besonders deutlich verspürte ich seinen Geruch. Um zu erforschen, ob dies nur Einbildung sei, fragte ich meine Kleine: »Anneli, riechst du nichts«? worauf Dieselbe antwortete: »Ich verspüre des sel. Papa\'s Geruch.« Als ich dann an den Tisch mich setzte, war es, als setze auch mein seI. Mann links sich neben mich. Denn auf dieser Seite spürte ich deutlich wieder seinen Geruch; auf der andern Seite aber roch ich gar nichts. - Dies währte einige Minuten und verlor sich dann. Einige Abende später, als ich die kranke Anna ins Bettlein legen wollte, kam es mir vor, als trete der Verstorbene vor mich her, und als drücke er den Fingerspitzen mir auf die Achsel, so dass ich lange nachher den Druck zu fühlen glaubte. Von da an hörten die Annäherungen des Seligen auf. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vo chline Lütli

Source: Vo chline Lütli

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Vo chline Lütli Einisch si zweu chlini Lütli dür s’Tal uehe cho. Sie hei gfrogt, für z’ubernachte. Aber niemer het se welle näh. Erscht z’Eriswil i dr Schmiedte het me se uf- u agno. Zmomderisch si sie furtgange. Du hei sie gseit, so lang vo dr Schmiedten es Riegeli oder es Schloss do sig, söll z’Eriswil i kes Hus dr Blitz schlo u dessitwäge verbrönne. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vo de drei Chüeiher uf em Enzi

Source: Vo de drei Chüeiher uf em Enzi

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Vo de drei Chüeiher uf em Enzi Säle Rung, wo dr gross Stärbet isch gsi, hei uf em Enzi drei Brüeder gchüeiheret. Amene Nomittag si sie einisch go rüten u schwändte u hei es Tannli umgmacht. Das het si ob em Gheie ghäicht, u eine isch uehegchläderet, für’s go z’löse. Du het er Escht abgmacht u glöst. Eismols seit er, ihm wärd ganz übel u eländ: är isch abgerütscht un im Augeblick e Lich gsi. Drufabe isch dr zweut uehegchläderet. Däm isch es uf ’s Hoor glich gange. I churzem isch er e Lich gsi. Jetz isch no dr Jüngscht do gsi. Dä het däicht, we das däwägg goh mües, so löi er d’Chüeh us. Aber bi dr Hütte het er dr Chopf an e Rafen agschlage; är het blüetet u blüetet; äs het fascht nid wellen ufhöre. Derno isch er go luege, wie’s an angeren Orten usgseih. Im ganze Trueb het. er nume no drei läbegi Persone gfunge. All anger Lüt si gstorbe gsi. Nicht alle Menschen, die von der Pest ergriffen wurden, sind dem Tode verfallen. Bluten kann Heilung bringen. Landammann Tresch von Uri schlägt stürzend die schwarze Beule auf; die Wunde blutet, und die Krankheit heilt. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vo de drü Mannen im Flüehli

Source: Vo de drü Mannen im Flüehli

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Vo de drü Mannen im Flüehli Mi Elter isch einisch mit angere Buebe i Bach go bade; äs isch amene Sundi gsi, i dr Nöhi vo dr Altburg‚ wo ’s Flüehli ganz a Bach häre chunnt. Du het es gruchset; är luegt ume; aber är het niemere gseh. Aber i eim furt het es gäng gruchset u gruchset; är luegt umen uf u gseht im Flüehli drei Manne. E Tisch isch vorne gstange. Druff isch e Hufe Füiffränkler gläge. Ume Tisch ums si die drei Manne ghocket. Eine het vo de Füiffränkler gno u se em andere i ’s Mul gstosse. Dä het d’Auge verdräiht u se umegä. Aber äine het, so sträng er möge het, gäng ihm ihegstosse u diese het se wieder umgehä. Jo, das het er albe berichtet. Aber mi muss söttigs mit öppe junge Lüte verzelle; die hätti doch ume ’s Gespött mit eim u lacheti eim us. Die Sage von den drei Männern, die sich im Berge aufhalten, wird klar, wenn wir zum Vergleich eine Sage aus dem Wallis heranziehen. Der Stopfende ist der Teufel; der Büsser war ein Geizhals. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vo de Schnabellüt

Source: Vo de Schnabellüt

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Vo de Schnabellüt Wenn öpper es teufs Loch macht, so fragt me ne: „Wosch zu de Schnabellüten abe?" D’Schnabellüt si unger dr Ärde; we me wit abe locheti, chame sie vüre. Von Schnabelleuten erzählt die im 12. Jahrhundert entstandene Spielmannsdichtung. Herzog Ernst von Bayern. Es waren menschenähnliche Wesen, in Seide gekleidet; aber auf langen, dünnen Vogelhälsen sassen auch Vogelköpfe, versehen mit langen Schnäbeln. Ihr Kreischen und Schnattern übertönten alle andern Laute. Es scheint fast, als ob Volksbücher Kunde von den eigentümlichen Fabelwesen eines fernen Weltteils in das Volk hineingetragen hätten. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vo der Chloschterfräu, wo-n-ich einisch gseh ha

Source: Vo der Chloschterfräu, wo-n-ich einisch gseh ha

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Ja; äs isch ä scheeni Monschynnacht gsy, keis Welchli am Himmel, und mier sind, ich und der Ma, im Stibli innä glägä. Und darnah ha-n-ich miessä-n-üffstah und bi nu a dz Pfeischter ggangä-n-ächly ga üsälüegä, und da gseh-n-ich ä Chloschterfräu dahärachu dur dz Wägli, und die griggelet uber dä Hag üss und gaht dem See züe. »Lüeg, da chunnt ä Chloschterfräu«, säga'n-ich zum Ma, »die gaht lätz; die will der Graschbälä züe und chennt dert nu appäghyä. Gang-ärä nachä!« Nu, der Ma isch üffgstandä, isch a dz Pfeischter ggangä und het von allem zämä nyt gseh, und ich äu nimmä. Das isch uff Golzärä-n-obä gsy. Golzärä het äbä vor altä Zyttä ammänä Fräuwächloschter gheert. Aes syg än Alp gsy. Im Tirmli im Derfli da syget nu Schriftä vorhandä, äs syget jetz 1800 Jahr, sitdem dass d'Chloschterfräuwä uf Golzärä gstaflet heiget; die heiget da g'alpet, vo der Fräumatt bis zum grossä Chrottäbiel. Weder die Chloschterfräu isch scho mängsmal gseh wordä. A Geischlichä heig si einisch a'gredt, und dem heig sy bikannt, sy miess da lydä, wyl-si Milch versudlet heig, wyl-si z'füli gsy syg, d'Milch gheerig z'nutzä. Jä, das isch de wahr! Das derft ich i der Ewigkeit änä sägä! Ich ha de die Chloschterfräu ganz güet gseh, das wyss Tüech, wos-si über d'Stirnä gha het, und der Schleier uber da Riggä-n-appä. Äs isch zwischet dä-n-eintlifä-n- und dä zwelfi gsy, der d'Nacht. Äu an andiri Fräu het-si einisch gseh, und darnah isch-schi underächu und het zächä Mässä la läsä fir das Chind, wo uff d'Welt chu isch, und uff das isch die Chloschterfräu ärleesti gsy. Frau Jauch-Epp, Amsteg Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vo dr böse Mueter und em freine Büebli

Source: Vo dr böse Mueter und em freine Büebli

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Es isch emol e Mueter gsi und es Büebli elei im e Hüüsli inne. Aber d'Mueter isch kä freini gsi und hät dem Büebli nüt möge verträge, und hät em Schleg gge, se vil si hät welle. Wänn's Büebli öppen Oeppis z'ässe ghöuscht hät, se hät si gsäit: „d'Fitze chunnst über, wenn d'nüd still bist." Und wenn's Mämm ghöuscht hät, se hät si gsäit: „De wirst woll nüd ver- lälle." Emol am en Obig, wos scho timmer gsi ist, hat s'Büebli rößer ggrinne weder andri Mol, das es s'Hitzgi übercho hät dervo none, will's ebe schiergarigs de ganz Tag nüt is Muul iegloh gha hät. Do ist d'Mueter grusam taub worde, und hät's gno und em d'Auge verbunde und uf enen Chrützwäg in en Wald use gfüert und gsäit: „Do lauf, du Brüeli!" und hät's dänn lo stoh ganz elei. Do seit s'Büebli a schreie, wien en Mörder und halt a: „Nimm mi wider, Mueter!" Aber si hät em kä Bscheid meh gge und ist häigsprunge s'vil si hät möge. Und wo s'Büebli das umebunde Züüg vo den Auge e wägschränzt, se häts doch nüt gseh, s'ist chridigschwarz Nacht gsi. Do häts halt agfange göuße, wie wenn's wor am Mässer stäcke; me cha woll dänke, es seig em gwüß chatzangst gsi. Do häts äismols öppis ghöre murren und brummle, und wo's e si umchehrt, se gseht's es Tier dostoh mit füürigen Auge; s'ist allwag en Bär gsi. De hät dann z'erst e chli psigget und gstoßen an em ume; uf das nimmt er's is Läff und gumpet mitem devo. Dem Büebli aber isch es gschwunde; es hät halt gmäint, er frässi's. Aber näi, er hät's in e Höhli ieträit; dirt isch es dänn gli vertnuckt und hät gschloofe bis morndeßmorge. De Morge isch s'Büeblis Mueter früe vor Tag erwachet; s'hät öppis bbolderet a d'Tür ane wie mit eme Chnebel, das s'ganz Hüüsli zitteret hät dervo. Si thuet s'Faister uf und s'Bälchli und lueget ussen abe — hah ! Do stoht e großes Tier dusse an ere Garteserte uf; ebe de Bär isch es gsi. De hät aber chönne rede und hät do grüeft: „Gimmer Brot und Milch für's Büebli, oder i friß di!„ Das hät si dann gottlos erchlöpft, und si hät nüd lang gmachet und hät em's anere lange Stange imene Chrättli über d'Lauben abe gstreckt und derzue gsüüfzget nüd für Gspaß. De Chro hät de Bär dem Büebli brocht, und hät em gflattiert und uf d'Achsle täggelet, bis s'devo ggässen und trunke hät. Do hät's dänn meh weder gnueg übercho und hät si nümme gfürcht vor em Bäre. Und dewäg isch de Bär all! Morge zu s'Mueters Hüüsli gange, daß das Büebli handum chugelrund worden ist vor Fäißi und d'Baggen ase gschwaderet händ. Und wo de Bär gmerkt hät, daß das Büebli gern Gvätterliwaar hett, so hät er em allerebigerlei brocht: Rößli und Wägeli und Hündli und Helgeli und en nigelnagelnöue Züriguldi. Dem hät dänn das Büebli am sorgste gha, und de Bär hät's gli gmertt. Do chönd emol Röuber, die händ wellen i d'Höhli ie; die hät aber de Bar gno und hät's z'chline Stücklene verrisse , und s'Gält, wo's de Lüte gstole gha hand, hät er dem Büebli gge, ganz Seck volle. Do hät's das Büebli guet gha und isch groß worde wien e Ma. Aber si Mueter ist underesse z'arme Tagen uscho und hät agfange griine , wann de Bär cho ist : si chönn em nüt meh ge. Das hät de Bär au bbelendet, das er do gsäit hät zu dem große Büebli: „Jch gang nu, nimm mit der was di freut; i cha der nüt meh z'ässe bringe, die Mueter hät sälber nüt meh." Das ist dem Büebli au z'Herze ggange und s'hät do gsäit zum Bäre : „Chumm mit mer häi zur Mueter, mer händ ich jo Züüg und Sache gnueg, ; mer wänd ere goge hälfe." Aber de Bär ist trurig gsi und hät äisig näi gmachet mitem Chopf. Do ist er äismols umgfallen und gstorbe. Wo s'Büebli das gseh hät, so hät's rooß agfange schreie und hät do dem Bären es Grab gmachet und hät e drinie gleit und wol zuedeckt. Derno isch es zu siner Mueter zoge. Aber jo, wie ist die erchlupft vor em ; es hät halt au usgseh wien e Thier. Do säit's aber zuenere: „Mueter, fürch der nu nüd, i bi de Chasperli, i thuene der nüt, im Gägeteil, jetz muesch es übercho wie gwöuscht, vil besser weder wo d'elei gsi bist."   Quelle: Sutermeister, Otto: Kinder- und Hausmärchen aus der Schweiz Zürich. (Nach I.Senn: Chelleländer Stückli 1361, S. 113.) Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vo dr Brunscht z’Schmiedige

Source: Vo dr Brunscht z’Schmiedige

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Vo dr Brunscht z’Schmiedige Vo dr Brunscht z’Schmiedige hesch gwüss au scho ghöre brichte? Nid, he nu, mi brichtet no hie u do dervo, aber kes ganz glich wie ’s angere. I gib es jetz, wie-n-is übercho ha u tue nüt derzue u nime nüt dervo. Z’Schmiedige‚ das weisch, do isch es Wirtshus. Do sigen einisch amene Sundi e Chuppele Lüt gsi, jungi u alti, däne sig notisnoh dr Wi i Chopf cho u sie sige rätig worde, jetz welle sie cheigle; aber es heig öppis Apartigs müesse goh. Sie heige Mütschi ghalbiert un ufgstellt; das sige d’Cheigel gsi u für Chugle heige sie Zweupfünger brucht. So erzelli’s die einte. Aber angeri säge’s ume angersch. I dr Stube heige sie ’s Liecht glösche. Eine heig e brönnegi Cherze gno. Dermit sig er ob em Ofeloch hin u här gfahre; de sig es i dr Stube bald heiter gsi u de ume stockfeischter. Das heig selle dr Blitz si; ’s Donnere hei sie mit Cheigelchugle nohegmacht. Niemer heig abgwehrt; alli heigen a däm Fahri Freud gha u kes heig dra dänkt, dass sie si dermit versüngi. Ungerwile heig es agstriche. Wie ne schwarzi Wang sig es cho. Eismols gäb’s e grüslegi Heiteri, e Chlapf? U dr Blitz het i ’s Hus gschlage. Un im Hus sig alls im Für gsi. Die einte säge, mi heig e füüregi Chugle, gross wie ne Zweupfünger, gseh vo eim Hus i ’s anger trole, drufache sig ’s Füür scho im Dach gsi, u wehre heig nüt abtreit. Die Sage dürfte der Wirklichkeit nahe kommen. Joh. R. Gruner schrieb über die Brunst in seiner Chronicon, mitgeteilt in „Blätter f. bern. Geschichte, Kunst und Alterertumskunde“, IX, S 120: 1725. Sonntags, den 13. May, abends gegen 9 Uhr, war Hl. Communionstag, hat das  Wetter in das Wirtshaus zu Schmidigen geschlagen, in welchem alle Gottlosigkeit verübet worden, wie dann an der Auffahrt den 10. März die gottlosen Buben Lebkuchen an Boden gelegt, weggen darauf gestelt und mit mutschen dagegen geworfen und gekeiglet‚ auch sollen, als das Wetter ins Hauss geschlagen, zwei Kartenspiel auf dem Tisch gelegen sein, diss und die übrigen 2 Häuser wurden eingeäscheret und nur ein stöcklein errettet. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vo dr Chräihe uf em Britschelade

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Vo dr Chräihe uf em Britschelade We ’s Wätter wott chehre u Räge gä, flügt alben e Chräihe uf ene Britschelade u gaagget eis Gurts, was zum Hals use ma. Mi Elter het gäng bhauptet: „Das isch e ke Chräihe. Das isch dä u dä. Dä het drum ei Zit nid ume gwässeret, we dr Chehr an ihm isch gsi.“ M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vo dr Färbergweid us

Source: Vo dr Färbergweid us

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Vo dr Färbergweid us Mi Eltere het vom Galgelölitier mängs gwüsst s’brichte; aber i chönnt wäger nümme säge, wie und was. Mi het gäng gseit, äs chömm vo dr Färbergweid här u gangi uber d’Lingeholzmatt gäge dr Gueteburghöhi. „Äs isch nümm sufer“, isch dr Bur i dr Lingeholzmatt cho, „Lüt,mir wei pressiere.“ Gwöhnlia het er Rächt gha; drufabe isch es cho u het s’Heu dür d’Luft us gno. Mängisch hei d’Chnächte probiert, e Gable drizschiesse; aber das isch nid liecht z’mache; das geiht albe gar gleitig. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vo dr grosse Schlange im Schmiedwald

Source: Vo dr grosse Schlange im Schmiedwald

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Vo dr grosse Schlange im Schmiedwald Früeher isch ’s Grücht gange, im Schmiedwald sig e schröckeligi Schlange. Dr Bammert het gseit, är heig se bi dr Wolfsgruebe gseh. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vo dr Müllerschtochter

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Vo dr Müllerschtochter En arme Bueb sig im Wald gsi. Du heig er eismols öppis unger de Bäum gseh. Us Forcht sig er uf ene Tannen uehegchläderet. Do heig er si versteckt, so guet wie mügli un im Stille bätet, üse Herrgott well ne vor allem Böse biwahre. Gli druf sigen e Chuppele Häxen unger dr Tanne. Sie helgen enangere brichtet. was sie alls agrichtet heige. Eini heig e Müllerschtochter gnamset, dere heig sie’s greiset; die chömm nümme zwäg. Sie chönne no zu mängem Dokter springe, das träg nüt ab u sig für nüt. U doch wär guet z’hälfe. We sie ame schneewisse Ross es Hörli us em Stiel schriessi, das täti choche u dr Tee dervo trinke, de chäm sie wieder zwäg im Hangumdräihe. Eismols säg eini: „Mi düecht, äs sig öppis nid sufer.“ En angeri: „ Jo, lueget, äs hocket eine uf em Baum obe.“ Die dritti: „Mir wei ne verschriesse!“ Die vierti: „Jä, tue we d’chasch! Äs isch e füregi Mur um ihn ume.“ U das sig gsi, dass er bätet heig. Un im Hui sige d’Häxe verstobe. Derno sig dr Bueb abe. Är heig dr Müllerschtochter nohgfrogt. Äs sig eso un eso eini. Ändtlige sig er a s’rächt Ort cho. Derno heig er grote, wie d’Häx gseit heig. Aber im Anfang heige d’Müllerschlüt nüt dervo welle wüsse. Aber bi längem heige sie doch dänkt, sie chönnte mit däm probiere. Du heig si d’Tochter bchimt u si i churzem ganz zwäg cho. Du slge die Müllerschlüt eso zfriede gsi u heige däm arme Bueb ihri Tochter gä. U dä heig Hochzit gha mit ere u sig später Müller un e riche Ma worde. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vo dr Schlossschür

Source: Vo dr Schlossschür

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Vo dr Schlossschür Z’Dietel ungerem Wald isch es Hus; mi seit ihm d’Schür. Vo do us geiht es Hohlwägli düre Wald uf. De chunnt men uf d’Höhi. Do isch vor alte Zite es Schloss gstange, u d’Schür, wo derzue het ghört, isch do gsi, wo hüt das Hus steiht, däm me d’Schür seit. Denn, wo-n-i no z’Dietel gsi bi, si i dr Schür drei Brüeder gsi. Eine vonne isch Bammert gsi. Dä het rner erzellt, i strube Nächte heig er mängisch ghört, wie dür dä Hohlwäg e Gutsche fahi; äs heig grasslet u gchlepft, u de sig es cho u bi ihrem Hus uber d'lfahrt ihe. Einischt sig er im Wald gis, dert wo das Schloss gstange sig; äs sig z’mitts uber Tag gsi, öppe am zwölfi. Kes Lüftli sig gange. Sälb Rung sige no gross Tanne do gsi. Eismols heig’s i de Dolder afo rusche; öppis ghei vo re Tanne uf e Boden abe. Das heig prezis eso gmacht, wie wenn e Riter mit Schwärt u Panzer am Bode tat ufschlo. Gseh heig er nüt. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vo dr schwarze Spinnele

Source: Vo dr schwarze Spinnele

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Vo dr schwarze Spinnele a) E wüeschte Zwingher het uf Bärhegen es grosses Schloss lo baue. U d’Lüt hei ihm müesse go taune u d’Bure dr Zug häre gä z’mitts i de Wärchet, wo sie selber all Finger voll hei z’tüe gha u nie gwüsst hei, wo dr Arbeit wehre. Sälb Rung hei ihren es paar müesse schwäri Trämeltanne uehe füehre; viellicht isch es ech dert gchantsam, das geiht do gar unerkannt stotzig uehe. Ungerwägs si ne d’Ross ebstoche; sie hei se nümme chönnen ab Fläck bringe; alls Hüschteren und Ustüfle het rein nüt abtreit. Du chunnt es grüene Manndli us em Wald vüre u seit, äs chönnt hälfe. We sie ihm es untauftnigs Ching welle zueha, so verspräch es ne, ei Trämel um dr anger uehe z’füehre. Sie chönnen ihm alls überlo. Was hei sie welle? Sie hei gwüsst, dass öppis Unguets a dr Sach isch. Aber sie hei e ke Uswäg gseh u si lo übernäh. Derno het das grüene Manndli e Güggel voragspannet u ei Trämel um dr anger im Hui düruehe gfüehrt. Nomene Rung het me em grüene Manndli Bricht gmacht‚ äs chönn jetz das Ching ha. E Jumpfere het müessen es unehligs Ching ha. Aber dr Pfarer het öppis i d’Nasen übercho un isch dr Sach vorcho. Us dessi Gründe het er ’s Chingli sofort tauft. Das grüene Manndli isch hingernohe cho, het aber nüt dergliche to, glächlet u gseit, d’Muetter müess einewäg es Müntschi ha u het ere-n-eis uf d’Backe gä. Notinoh isch dr Chimpettere d’Backe höch ufgschulle, ’s het e schwarzi Büle gä, u dodra isch d’Chimpettere gstorbe. Aber us dr Bülen isch e schüzlegi, schwarzi Spinnele gschloffe un angere agschnogget; die hei die gliche Bülen übercho u si gli druf gstorbe. Un eso isch es witersch; kes Hus isch ubergange worde. Zvorderisch im Hornbech steiht es Hus; do het men in e Riegstud es Loch bohret, die Spinnele drito u mit eme Zapfe vermacht. Das Hus het später ganz uberi gchiehret, u wo men es neus Stubewärch het gmacht‚ het me die Riegstud lo si un obefer dragsetzt, dass sie läng gnue wärdi. b) Uf em Bärhegechnübeli isch e Landvogt gsi, wo-n-es neus Strössll het lo mache. Z’bedne Site het er Eichli welle ha, u si Läheme hatt se sölle füehre. Däm isch aber die Sach wohl stotzig vorcho; si Frau isch mit eme Ching gange; är het e ke rächti Hülf gha u nid gwüsst, wie ’s achehre dr Arbeit wäge. Du isch eis Tags e Her zum Läheme cho u het ihm gseit, wen er ihm s’ Ching verspräch, wo-n-er uberchömm, so well er nid ume d’ Eichli uehefüehre, är well de derfür sorge, dass ne dr Landvogt fürderhi rüehwig löi. Dr Läheme het e ke angere Rot gwüsst u zu allem Jo gseit. Du het dr frönd Her mit drei magere Baggere d’Eichli gfüehrt u se gsetzt, u dr Landvogt het Freud gha. Bim letschte Eichli het dr Fuehrme dr Landvogt gheisse cho luege. Dä isch alls Gäggels gsi. Aber ’s Lächlen isch ihm gli vergange. Dr frönd Her het ne giftig agluegt, dr Finger ufgha u gseit: „Lue, du hescht jetz, was d’welle hescht. Aber jetz möchte i no es angersch Wörtli mit dr rede: Äs isch gnue Heu abe. Dr Läheme darfsch mer nümme ploge. I möchte dr’s grote ha. Lue do, dr Zuederhang, das isch di Urgrossvater! U dä do, lue, das isch di Grossvater, u äine, lue, di Vater. U wett nid angersch wosch tue, so chasch de näbe dä zuehe.“ Drufabe het du d‘Hebamme zuehe müesse. Dr Läheme het dr ganz Handel no einisch uberrächnet; är isch ihm zwider u nid rächt gsi; gärn wär er hingertsi drus. Aber wie das achehre? Är het dr Hebamme dervo gseit. Das isch e schlimmi Frau gsi. Sie het ’s Chingli bsägnet. Dr frönd Her, äs isch niemer angersch gsi weder dr Tüfel, het hingerab müesse näh. Vergäbe het er uf ’s Chingli passet. I dr Täubi haut er dr Hebamme e Chlapf zum Gring u macht si dervo. D’Hebamme het e blaui Mose gha; die isch bilängerschi herter gschwulle. Sie isch usgange, u derbi isch e grüslig grossi u schwarzi Spinnele vüre gschlüffe. D’Hebamme het schröckelegi Schmärze gha u isch i churzem gstorbe. U d’Spinnele isch bal i das, bal i äis Hus cho. Wo me vo re gredt het, isch si do gsi; mi het nid gwüsst, wohär sie chunnt. Ke Möntsch isch vor ere sicher gsi; die Lüt, wo ne d’Spnnele agschnogget isch, hei ne blaui Mosen übercho wie d’Hebamme u si gstorbe. Uf dr Schonig, z’Trachsel u z’Sumiswald het’s äi Rung d’Lüt gno wie d’Fleuge. Aber im Horrnbech isch e Bur gsi, lingger Hang im erschte Hus, we men uber d’Fritzeflueh ubere geiht; dä het in e Pfäischterstud es Loch bohret, d’Spinnele drito u mit eme Zapfe vermacht. Du hei die arme Lüt wieder Ruehw gha. Aber später isch dem Bur si Suhn gross worde; dä isch ufgstange u het welle hürote. Wägem Stud u wäge dr Spinnele het er nume ’s Gspött gah: es neus Hus het häre müesse. D’Zimmermanne hei alls wäggschrisse, die Pfäischterstud au, d’Spinnele het ume Witi ubercho, un isch erger gsi weder vorane. Im Hornbech si ume no e Ma un es Fraueli am Läbe bliebe; die si de Schüre no u hei d’War use glo u se lo laufe, dass sie nid i de Stele verhungeri. All Morge hei sie enangere mit eme wisse Lumpen es Zeiche gä, dass sie no läbi. c) D’Bure hätti em Schlossher sölle Buechli uf Bärhegen uehe füehre Aber das hei sie nid chönne. Derno het nen es grüens Manndli verrsproche, äs well die Buechli scho füehre, we sie ihm es untauftnigs Ching gäbi. Nume düre Chilchstalden uf näbe dr Chile z’Sumiswald verbi müesse sie d’Ross alegge. Drufabe het’s Manndli drei Eihorne agleit; uf em vorderschte isch es gritte. Uf Bärhege het es dr Schlossher wunger gno; jetz müess er emel au luege, was das für Eihorne sige, säg er. Das chönn er scho, mach ’s Manndli druf, die sigen all vo sim Gschlächt‚ u we den är gstorbe sig, well es de vierspenig fahre. Aber d’Bure wäre du gärn hingertsi drus u hei em Manndli es tauftnigs Chingli brocht. Es untauftnigs well er, heig das Manndli brüelet, vo däm well er nüt wüsse, u dermit heig er’s a d’Wang bängglet. Drufabe git er dr Muetter vom Chingli es Müntschi; dere schwillt d’Backe höch uf, u drus use chunnt die schwarzi Spinnele. Die het dr schwarz Tod brocht. Alls isch gstorbe, witume isch ke läbige Möntsch meh gsi. Umen e Bueb isch vürcho. Dä isch glüffen u glüffen u het niemer gfunge. Ändtligen isch er uf d’Freudigenegg cho. Do het es Meitli d’War gfueret u gsunge u gjuzet. U sider heisst es do d’Freudigenegg. Das si die zweu einzige gsi, wo vürcho si; die hei ghürotet, u d’Lüt wit u breit hieume chöme vo dene här. Die Erzählung Jeremias Gotthelfs‚ Die schwarze Spinne, führt auf die Volkssage zurück; sie hat aber sicher wieder auf die Sage eingewirkt und ihr neues Leben zugeführt. Die Spinne kehrt im Volksglauben als geheimnisvolles Tier vielfach wieder; in der Regel bringt sie dem Menschen nichts Gutes. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vo eifältige Fraueline

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  Äs isch einisch e Ma un e Frau gsi. We dr Ma es paar Batze het chönne uf d’Site tue, so het er se-n-i Schaft gleit, glachet u gseit: „Das isch öppis für en alte Ma.“ Dermit het er gmeint, är well de dervo bruche‚ wen er alt sig. Einisch isch d’Frau elleini deheime gsi. Du het’s a dr Türe gchlopfet. E Bättler het es Almuese gheusche,. D’Frau het dänkt, das sig dr alt Ma un ihm libermänts alls gä, wo-n-im Schaft glägen isch. Z’Oben isch dr Ma heicho. Du frogt er: „U de, was isch gange, wo-n-i furt gsi bi?“ Du seit d’Frau: „He, dr alt Ma isch do gsi.“ „Welen alte Ma?“ „He, dä, wo du-n-ihm albe Gäld ewägg tuesch. I han ihm’s du grad gä.“ Ändtlige het dr Ma begriffe, was gangen ischt. Du het er afo em Fraueli wüescht säge. Jetz göih er furt, het er am Änd gseit, wen er e dümmeri fing, well er de ume cho. Derno isch er furt. Du isch er in es Dorf cho. Do het e richi Wittfrau dr Ma biärdiget gha. Är het si deren ihres Hus lo zeige. Derno isch er go härechneule u he d’Hang über d’Auge gleit un a Himmel uehe gluegt. Gli drauf isch es Pfäischter ufgange. D’Frau isch cho u het es Tuech usgstaupet. Derno het sie dr Ma gseh u ne gfrogt: „Was machsch du do?“ Dä seit: „He, i luege, wo's düre geiht.“ „Wodüre de?“ „I Himmel. I bi vori abegheit. Jetz suechen i ’s Loch für umen uehe z’cho.“ „Jä, isch das de wohr?“ „Warum sött‘s nid wohr si? Di Ma isch au vor dreine Tage uehe cho.“ „Ee, das freut mi jetz au, dass er im Himmel isch. Was seit er au?“ „He, neue nid viel.“ „Wie geiht’s ihm au?“ „He, guet u nid guet.“ „Jo, worum de?“ „Är isch drum mit em Gäld voruse cho.“ „Was du nid seisch!“ „He jo, dänk wohl. Aber dem chönnt men abhälfe.“ „Jä, wie müsst me de das achehre?“ „Schick ihm öppis. J wett’s am Änd bringe.“ „O, do wär i grüseli froh. Wart e chli. I will reiche. I bin im Augenblick ume do.“ Sie het es Schübeli greicht un ihm’s brocht. „I hätte gwüss Chummer, wen i glaubti, är müsse chuum tue. I löi ne de grüesse. Är soll nid Längiziti ha.“ „Jo, jo, i will’s verrichte.“ Dermit het si dr Ma dervogmacht. Hie u do het er hingere gluegt. Är het gförchtet, es chömm ihm öpper nohe. Ändtlige isch er heicho. Du het er s’ Gäld uf de Tisch gheit, dass es het gchlingelet u seit: „Lue ume, Fraueli. I bi ume do. Die schleuscht bisch nid; aber i ha doch no e dümmeri gfunge.“ M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vo eim, wo verschwunden isch

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E Famylie im Dorf het e Sohn gha, wo nit ganz bache gsi isch. Ame scheene Tag isch dä Jung eifach verschwunde und niene meh gsi. Zu der glyche Zyt het sy Vatter an der obere Scheenebuechstrooss, wo sälbmol no wenig Hyser gstande sind, uf sym Land ä prächtige Chirsbaum umgmacht. Kei Mensch het chenne begryfe, ass men e gsunde Baum so mir nyt dir nyt besytiget. No villne Johre isch an där Strooss baue worde. Und do isch dert, won emol dä Chirsbaum gstanden isch, e Skelett vire cho. Es isch e ganzi Völkerwanderig gsi, und d Lyt händ si an dä jung Ma erinneret, wo sälbmol verschwunden isch; aber me het nyt chenne bewyse. Aesch Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vo jederem Hus es Löffeli voll

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Vo jederem Hus es Löffeli voll E Frau het chönne häxe. Sie het der Ankechübel vüregno u gseit: „Vo jederem Hus es Löffeli voll.“ De het sie Nidle gnue gha. Aber am Änd het si nüschti niene gnue gseh. Einisch seit sie: „Vo jederem Hus e Chelle voll.“ Du isch Nidle cho. ganz Schwettine u bachswis; d’Stübli isch voll worde, u drinn isch sie erstickt. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vo Negel‚ Rossise u Böhnli

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Vo Negel‚ Rossise u Böhnli a) E Ma het z‘Ustagen am Chaserebärg es Acherli gstruchet un isch i Wald ihe, go z'Obe näh. Du het er am Boden es Hüfli roschtegi Negel gseh ligge u die, wo's ne düecht het, mi chönnt se no bruche, het er ufgha un i Sack gstosse. Deheime het’s ne düecht, es chlingeli so arig im Sack inne. Är luegt, was es sig u het Guldstücki, eis nom angere, so viel wie-n-er Negel het gfunge gha, us em Sack chönne vürenäh. Er het drum no e chli Brotbrösmeli im Sack gha, wo-n-er d’Negel het drito. b) Am Chaserebärg het dr Danijoggi mit sim Liseli Härdöpfel gsetzt; das isch no e chline Strupf gsi. Nomene Rung isch däm d’Arbeit verleidet. Äs isch i Wald ihe go gvätterle. Du het es am Boden e Hufe Negel gseh ligge un e paar het’s ufgha un i s'Scheubeli to. Derno isch es zum Vater gange. Äs het ihm welle zeige, was es gfunge heig. Du glitzeren uf em Händli luter lötegi Guldstücki. Aber im Wald inne hei sie e ke einzige Nagel meh gfunge. c) Es Fraueli het im Schlosswäldli gholzet. Am Bode sin e Hufe Negel gläge. Aber äs het si witer nid gachtet u se lo ligge. Deheime het ihm öpper gseit, äs hatt söllen es offes Mässer dri schiesse, de wäri die Negel Guld worde. d) Bi dr Altburg het e Bueb es Rossise gseh ligge. Hätt er's gno, wär es Guld worde. Deheime het er’s gseit. Du si alli i d’Altburg u hei gsuecht u gsuecht, aber niene nüt meh gfunge. c) Einisch si Hansüelshanneses Joggi dür ne Wald glüffe. Näbem Wäg sige Böhnli gläge, wie verzatteret, hie es Hüfli, dert eis, do umen es paar u gli druf wieder es Hüfli. „Eh, das si jetz rächt schöni Böhnli“, heig er dänkt u öppe zweu Hüfli zsämeto u i Sack gstosse. Deheime heig er se zeigt; du sige Guldstücki vürecho. „E, hätt se jetz au alli gno“, säg er u sig wiederumen i Wald, aber heig e kes einzigs Böhnli meh gfunge. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vo re Alrune

Source: Vo re Alrune

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Vo re Alrune Im Toggiburg hinge si Lüt gsi, die hei gläbt wie d’VögeI im Hausset u hei Gäld gha i alli Spiel. Sie hei drum en Alrune im Chäller gha. We sie kes Gäld gha hei, het eis zum angere gseit: „I muess dänk e chli i Chäller go dr Chrott stopfe.“ Als Alraun bezeichnete das Mittelalter die Wurzel einer orientalischen Pflanze, Mandragora. Das Wort alrûna bezeichnet nach F. Kluge, Etymoligisches Wörterbuch der deutschen Sprache, altgermanische mythische Wesen, die im Geheimen wirken. Gotisch rûna = Geheimnis. Bei uns traten wahrscheinlich an die Stelle der fremden Mandragora einheimische Pflanzen. Aus der Wurzel schnitzte man Männchen, denen man die Eigenschaft zuschrieb, Geld hecken zu können. Die merkwürdige Wurzel, die der Bergresli beim Wässern fand, erinnert in ihrer Wirkung teilweise an das Heckemännchen, das Alräunchen. Ich darf nicht unterlassen, dass die Redensart: „Mi sött e Gäldschiesser ha“ wahrscheinlich auf den Alraun zurückführen dürfte. In der vorliegenden kurzen Sage heisst die geldlegende. geheimnisvolle Kröte Alrune. Viele Sagen erzählen von Kröten, die Schätze hüten; in diesem Falle aber sind die Kröten tiergestaltige Geister, die für begangene Sünden büssen müssen. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vo re Chünigstochter

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Vo re Chünigstochter Zwe Hanterchsbursche si dürne grosse, feischtere Wald glüffe. Gäng si si uf de Beine gis. Jetz isch es am Vernachte gsi u kes Hus u niemer ume Wäg. Dr ganz Tag hei si nüt z’ässe u z’trinke gha. Eine het nümme möge düreghaue un isch zruggbliebe, dr anger het si dervo gmacht u si Gspane im Stich glo. Eine het e ke Rot un e ke Wäg me gwüsst. Us Forcht vor de wilde Tiere isch er uf ene Baum uehe gchläderet. Är het si bsägnet u het do wellen ubernachte. Eismols gehört er unger em Baum öppere rede. Im Augeblick het er dänkt, äs chönnte Räuber si. Är het si müslistill gha u dr Ote azoge. Drunger si sie in es Spröchle cho, u du gwahret e er, dass do dr Tüfel isch mit ere Häx zsäme cho. „D’Chünigstochter, jo, die isch bös zwäg. Ke Dokter cha re hälfe,“ ghört er d’Häx säge. „I wüsst es rings Mittel,“ macht dr Tüfel druf. „Sie sött im Bluet vome wisse Hängscht bade. De chönnt sie wieder Stäg und Wäg bruche u wär gsung wie ne Fisch im Wasser.“ „Äs geiht nümme lang“, fahrt d’Häx witersch, „hei sie i dr Stadt kes Wasser meh. Die gäbi e Hufe Gäld, we sie gnue Wasser hätti.“ „Däm wär liecht abzhälfe. We dr Chünig ’s Schwärt nähm u’s a däm u däm Ort i Bode schlieg‚ de hätti sie Wasser meh weder ume gnue.“ Eismols het d’Häx d’Nasen i d’Luft gstreckt: „Äs isch öppis ume Wäg! Lue‚ dä do obe! Dä magsch abenäh.“ Aber dr Tüfel het gseit: „No so gärn. Wen i ume chönnt! Äs isch drum e Mur um ihn ume.“ Drufabe si sie plötzlig ewägg gsi. Em Hanterchsbursch het’s ordli afo liechte. Vowäge, dass er si het bsägnet gha, het ihm dr Tüfel nüt chönnen atue. Wo’s taget het, isch er i d’Stadt. Do hei all Lüt ume vo dr Chünigstochter gredt u wie ’s Wasser fähli. Wär d’Chünigstochter gsung miech, überchäm se zur Frau, u wär Wasser chönnt verschaffe, chönnt e Hufe Gäld ha. Derno het dr Hanterchsbursch gseit, är chönnt hälfe. Eis ums anger isch guet usecho, wo me uf ihn glost het. Dr Chünig het ihm Tochter gä u derzue e grosse Hufe Gäld. Weder i meine, är heig no afo suufe u dr Alt heig ne nach Amerika to. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vo re Häx u ihrem Chrott

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Vo re Häx u ihrem Chrott E Frau het all Sundi gchüechlet; aber dr Ma het afe dr Gring gschüttlet, vowäge är hätti gärn gwüsst, wie sie das achehri. Mähl, jo, Mähl hätti sie gnue gha; aber Eier, das isch angerlei, we d’Hüehner scho läng Stücks nüt meh gleit hei! Du het er dänkt, däm müss er derhingerecho. Amene Sundi am Morge het er zur Frau gseit, hüt well er au wider einisch z’Chile; är sig scho lang nüt meh gsi. Drufabe het er si gsundiget un isch furt oder het emel dergliche to; nid wit vom Hus isch er wider zrugg u hinger d’Holzbige. Gli druf isch d'Frau us der Chuchi cho. Sie het es hasligs Rüetli i der Hang gha. Sie isch blibe stoh u het desumeglueget. Derno isch sie i Chällerhals abe; do isch e gosse Chrot gsi. Mit em haslige Rüetli het si dr Chrott zwickt; du het er es Ei gleit, u so mängs Mol wie sie ne zwickt het, so mängs Ei het er gleit. Du het dr Ma gnue gwüsst. Är isch zur Frau u et ere seit, är möcht au lehre häxe. Das chönn er scho, het sie-n-ihm seit, wen er dr Wille derzue heig, jetzt müsse er afe nun Morge hingerenangere d’Häng nüt wäsche. Wo nün Tag si ume gsi, het d’Frau gseit, jetzt müess er mit er uf e Mischthufe u re nohesäge, was si sägi. Du het sie seit: „Jetzt laufe mer uf em Mischt.“ Dr Ma: „Jetzt laufe mer uf em Mischt.“ Derno fahrt si witer: „Mir verlaugne üse Herr Jesus Chrischt.“ Aber jetzte, was geiht; dodüre het är nid welle u het d’Frau abgschlage, um ere s’Häxe z’vertriebe. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vo ren apartige Würze

Source: Vo ren apartige Würze

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Vo ren apartige Würze Dr Bärgliresli isch go wässere u het e Graben ufto. Du het er e Würze vüregstosse, gli druf en angeri u derno e dritti. Es Fraueli het ihm zuegluegt. Das het die Würze ufgläse. Dr Resli het gfrogt‚ für was es die ufheig. „I säge’s nid“, het es gseit. „He, das wirsch dänk dörfe säge“, macht dr Resli druf. Aber ’s Fraueli het si gwehrt: „Un i säge der’s nid.“ Du het dr Resli ersch rächt nid lugg glo. Ändtlige seit es: „Lue, stoss se-n-i Sack. Aber i warne di: Häb Sorg zuene. U wenn öppis a di chunnt, wo dr z’dänke git, versorg’s guet!“ Uf em Heiwäg het dr Resli es Mässer gfunge, gli druf es Gäldstück, u fascht bim Hus e volle Gäldseckel. Är het niemere nüt geit u alls i ’s Ungergschlacht vo sim Trögli gleit. I dr Nacht druf rüeft öpper uf dr Gadeslaube: „Resli!“ Däm isch e Tschuder uber e Rüggen uf. „Resli!“ rüeft’s no einisch. „Was isch?“ „Ungerschriebe!“ „I ungerschriebe nid.“ Derno isch es still worde. I dr Nacht druf isch es glich gange. I dr dritte topplet’s as Pfäischter: „Resli!“ „Was wosch?“ „Ungerschriebe!“ „I ha’s scho gseit: I chume nid, un i ungerschriebe nid.“ „So gim mer mi Sach ume.“ „I chume nid. I ha dir nüt gno. Chascht reiche, wen öppis dis isch.“ Derno het’s Ruehw gä. Am Morge isch ’s Ungergschlacht lär gsi. Der Teufel schliesst mit den Menschen, die ihm die Seele verschreiben, einen schriftlichen Vertrag, ein Bündnis. Der Mensch unterschreibt mit dem eigenen Blute. Diese Art, die Unterschrift herzugeben, führt auf alte Blutzauber zurück. Das Blut galt als Träger der Seele. Blutsgemeinschaft bedeutet auch Seelengemeinschaft. Wer, vielleicht nur durch Saugen, einen Teil seines Blutes mit einem andern tauscht, wird mit ihm blutsverwandt. Noch heute ist bei Primitiven der Blutbund üblich Die Sitte, das Bündnis mit dem Teufel mit Blut zu besiegeln, bedeutet eine Umänderung und Abschwächung eines uralten Blutzaubers. Von einem Blutzauber aus dem Jahre 1726 berichtet das Chorgerichtsmanual Sumiswald: Der Schärer (Kipfer von Lauperswil) hat jedem (Ulrich Pfister und Barbara Bichsel) in den kleinen Finger geschnitten. Ulrich Pfister hat das Blut von sich und von Barbara Bichsel mit einander vermischt, mit einem Lumpen abgewischt und den Lumpen verbrannt. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vo ren unghüürige Chueh

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Vo ren unghüürige Chueh Üse Chäser isch i de junge Johren uf ere Weid Triebbueb gsi; aber d’Weid wüsst i wäger nümme z’namse. Dä het is mängisch verbrichtet‚ wie sie einisch mit ere Chueh heigen e Fuehr gha. Do sig mängisch z’mitts uber Tag e fröndi Chueh zu den angere cho; äs sig die brevsti gsi vo allne. Aber niemer heig se chönnen itue; gäng sig sie drus u furt; sie heige’s mögen achehre, wie sie heige welle. Aber einisch heige sie du mit enangere abgredt, äs müess doch arig goh, we re ihrere e Chuppele nid möchti gwehre. D’Chueh sig umecho. Bim Itue heige sie dürhar gwehrt, un am Änd sig die Chueh im Stall gsi. Aber jetz, was geiht? Eismols sig d’Chueh zum Schorloch us u sider nümmen umecho. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vo Sargnegel

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Vo Sargnegel Wie’s im vierzähni mit de Rosse gangen isch, weisch. Do isch eine gsi, wo-n-es bravs Ross het gha; i will ne nid namse. I han ihm gseit: „We de d’Kumission chunnt, muesch es de gä.“ Seit er. „Nei, wäger nid.“ „Jo, allwäg nid. Emel anger Lüt müesse söttegi gä.“ „Aber i tue’s nid. I schlon ihm drei Sargnegel in e Huef, wo mer dr Sigerischt gä het; de isch es stocklahm u das uf d’Minute.“ „U de, we’s de ume wosch bruuche?“ „He, de zieh se wieder use.“ Ein Diebsbann aus dem Rohrbachgraben enthält die Weisung, Nägel aus einer Totenbahre zu nehmen, um den Dieb zu schädigen. Einen Zauber. der auf der gleichen Vorstellung beruht. will der Besitzer des Pferdes ausüben. Die Vorstellung von der unheimlichen Macht der Toten mag diesen Glauben beeinflusst haben; in Wirklichkeit dürfte er wohl auf eine andere Vorstellung zurückführen: der Tod wird als eine Art Seuche gedacht; er geht über auf den Sarg und auf die Bahre; etwas von ihm überträgt sich auf die Nägel, die darum eine tötende, zum mindesten eine lähmende Wirkung ausüben. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vo Springete

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Vo Springete Nid wit vo do, wo-n-i bi deheime gsi, isch im Wald e Platz; däm seit me dr Springplatz; vowäge do hei vor vielne Johre Meitli u Buebe Springete gha. Üse Grossvater het is wilige vo dene Springete brichtet; im Verschleikte hei sie se-n-alben agstellt u zur Uzit, dass niemer öppis merki. D’Feischteri heig ne nüt to; sie heigen albe Latärnli a de Tanneschten ufghänkt. Aber tanzet hei sie de nid, wie me’s hüt gseht; mi het nid vergäbe vo Springete gredt. Dr Grossvater het üs au mängisch erzellt, wie-n-es sim Grossvater bimene Springet gange sig. E Chuppele jung Lüt sig do gsi u heigen e Springet gha. Do sig es Meitli gsi, gar es tolls, ’s schönschte vo allne; Züpfe heig’s gha bis fascht uf e Boden abe. U däm heig dr Grossvater i dr Uberegi es Blüemli zungerisch i Züpfe bunge; sie hei drum, wie’s äi Zit isch dr Bruch gsi, zusserisch i dr Züpfe farbegi Bänger igflochte. Vo denn ewägg het er dr Blüemeler gheisse, u dä Ubername isch is bliebe; aber dessitwäge het si no niemer hingersinnet. ’s Meitli heig aber dr Grossvater einewäg gärn gseh, u dä ihns, was weiss i, eh weder nid no lieber, u ’s J ohr sig nid ume gsi, wo sie zsäme sige z’Chile gange. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vo Wärber

Source: Vo Wärber

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Vo Wärber E junge Ma het im Wirtshus z’Rohrbech d’Chimpetti lo gä. Zur gliche Zit hei Wärber agworbe i ’s Chünigs Garde. Du het’s gheisse, wär am zwölfi no do sig, müess goh. Ungerwilen isch es zwölfi worde, u derno het men em Chimpettima gseit, är müess au goh. Jo, säg dä, är vermög si dessi nüt, är heig doch müesse warte für ’s zahle. Aber äs het nüt gnützt; äs heige zwe Gmeindsmanne d’Finger drinn gha. Du het er e Fluech to, eine söll nid z’rächtem Tod stärbe un emangere söll’s Hus ob em Gring verbrönne. Un eso sig’s au worde. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vo Wirtslüte

Source: Vo Wirtslüte

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Vo Wirtslüte Imene Wirtshus, i säge nid wo, isch es ei Rung au nid sufer gsi. D’Wirti isch umecho. De isch sie Stägen uf, Stägen ab, vom Chäller i d’Gaschtstuben u ume zrugg. Sie het stober grad use glotzet un i eim furt gmürmet: „Heu us em Bare! Drei Schoppe Wi un e Schoppe Wasser gä au e Moss.“ Z’Läbzite het sie drum de Rosse Heu us em Bare grupft, wen öpper igstellt het u de Geschte Wasser i Wi to. Aber ihre Ma, dr Wirt, isch au umecho, u mit däm isch es no die böseri Sach gsi‚ weder mit dr Wirti. Mängisch het’s z’mitts i dr Nacht im Hus e grüslige Chlapf gä; d’Türe si ufgange u wieder zuegschletzt; aber niemer hätt gseh, dass öppis Läbigs ume Wäg wär. Aber mi het wohl gwüsst, dass es dr Wirt isch, wo däwäg het husgha. Das isch lang eso gange. Am Änd het niemer meh wellen im Hus bliebe; d’Dienste hei drusgstellt, un i dr Wirtschaft isch au nüt meh glüffe. Du het dr früsch Wirt nüt Gschiders gwüsst z’tue‚ weder e Chapuziner derzue z’ha. Das het dr Geischt i d’Nasen ubercho un afo uschneischte wie nen Uflot. Är het em Chapuziner drigredt un ihm vürgha, är heig jo sälber au gstohle un e Rüeben us eme frönden Acher zoge. „I ha ne Chrützer i’s Loch to“, git ihm dä zum Bscheid u het ne gschweigget un isch witergfahre. Bimene Hoor hätt er ne gha; du ertrünnt er u chläderet gleitig wie nes Härmli i dr Gstalt vomene Grüenspächt im Tenn uber d’Stiglen uehe. Aber dr Chapuziner het nid lugg glo; ändtlige het er ne chönne i ’s Loch vome Saarbaum banne. Das het er mit eme Zapfe vermacht. Demo het’s uf d’Stung guetet, u sider het me nie meh öppis Unguets dervo ghöre verbrichte. Angeri brichte’s nid eso. Der Chapuziner heig dr Geischt in es Gütterli to. Das heig dr Murersepp, wo sie d’Reiti umegmacht heige, i d’Mur ihe to. Die einte säge: Dr Geischt heig brüelet: „Gället, dir cheut mi nid näh!“ Aber sie heigen amene Ma gschriebe. Dä sig cho u heig dr Geischt ine Gutter ihe to. Aber e Chällnere heig nen us Verseh umen useglo. Du heig’s vo vor agfange: „Gället, dir cheut mi nid näh!“ Aber äi Ma sig ume cho u heig nen ume i d’Gutter iheto. Drufabe heige sie im Bach es Loch gmacht u dr Gutter dri verlochet. Viele Geschichten erzählen, wie Gespenster herumspuken; einzelne Gestalten gehen recht harmlos einher. Warum sie nicht zur Ruhe gehen durften, weiss der Erzähler nicht zu berichten; die Ursache, die zur Wiederkehr führte, ging der Erinnerung verloren. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vogel Strauss

Source: Vogel Strauss

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Von den Hunden mit Gebell und Freudensprüngen zur Eile getrieben, stieg der Jäger ins Gefälle hinauf, wo die Spürnasen eine Fährte aufnahmen und mit hängender Zunge davonhotzelten. Nach einer Weile rudelten sie zurück, kläfften und winselten und stöberten wieder davon, um nochmals umzukehren und das Manöver zu wiederholen. Das Benehmen der Meute war sonderbar. Schussbereit stapfte er der Meute nach, sah die Tiere närrisch um einen Baum schnuppern, und fand in Lumpen gewickelt ein Knäblein, das kläglich wimmerte. Hurtig schlüpfte er aus dem Rock, schlug ihn um das Würmchen und brachte es nach Hause. In seiner Pflege knospete Meinrad zum strammen, rotwangigen Jüngling und Jägerburschen, und wenn er in geschmeidiger Kraft durch die Strassen der Stadt marschierte, so klirrten die Fensterriegel und guckten die Mädchen verstohlen ihm nach. Er aber hatte sich schon die niedliche Tochter des Büchsenschmiedes auserkoren und sich mit ihr verlobt, freilich gegen den Willen ihrer Eltern, die ihn ihrem Bürgerstolz von einem Prinzen träumten, der ihr alleiniges Kind in der Hofkutsche abholen und zum Altar führen werde. Das Mädchen dachte vernünftiger als Vater und Mutter, liess sich während ihrer Abwesenheit mit Meinrad trauen und siedelte aus dem elterlichen Haus ins Geschäft, das er übernommen hatte. Gross war der Unwille des Büchsenschmiedes nach der Heimkehr, als seine Tochter im Ehehäubchen in die Schmiede trat. Nachdem der erste Zorn verraucht war, lieh er seiner Frau Gehör, liess sich überreden, den unliebsamen Schwiegersohn zum Vogel Strauss zu senden, von dem noch keiner zurückkehrte. Am hellen Tage legte er sich ins Bett, beschied den Tochtermann zu sich und sagte, er sei gefährlich krank, und nach der Ansicht der Ärzte könnten nur drei Federn aus dem Haupt des Vogel Strauss ihn gesund machen. «Wenn die Federn dir helfen, so will ich den Gang von Herzen gern wagen», erwiderte Meinrad arglos, schnürte sein Bündel und zog davon. Kaum war er fort, so sprang der Büchsenschmied auf die Füsse und lachte ins Fäustchen. «Ade, auf Nimmerwiedersehen, er rennt sich in den Tod!»   Gegen Abend erreichte Meinrad die erste Stadt. « Wohin des Weges?» rempelte der Bäcker ihn an, der blonde, duftende Semmeln zum Kühlen an die Luft stellte. «Ei was, zum Vogel Strauss, dem Räuberhauptmann? Das braucht Mut und Gottvertrauen!» «Hab ich und weiss, was mir bevorsteht.» «So leg auch grad ein Wort für mich ein! Meine Tochter, weiss Gott, die schönste Dirne in der Runde, ist plötzlich eine Kröte geworden. Frag doch den Vogel Strauss, warum er das getan hat, und was ich tun muss, sie wieder zu kriegen!» «Das werde ich besorgen.» Die Taschen mit Semmeln gestopft, schritt er in dunkler Frühe weiter. In der zweiten Stadt angekommen, legte er sich beim Vernachten zur Ruhe und bezahlte vor der Abreise die Rechnung. «Wie weit noch und wohin?» fragte der Wirt. «Zum Vogel Strauss.» «Was Teufels, zu dem gefürchteten Räuberhauptmann, oder habe ich mich verhört? Freiwillig in den Tod! Sein Wein ist Menschenblut, seine Speise Menschenfleisch.» «Das ist Geschmackssache», versetzte Meinrad, den der hasenfüssige Wirt belustigte. «Wenn du so kühn bist, so leg auch grad ein Wort für uns ein! Unter der Linde vor dem Tore sprudelte im Brunnen das süsseste Quellwasser. Auf einmal ist er versiegt, und niemand ausser Vogel Strauss kennt die Ursache.» «Ich will hören, was er dazu sagt.» Er schnallte das Ränzel auf den Rücken und ging davon. Im dritten Städtchen klopfte ihm der Weibel auf die Achsel: «Ei, froher Wandersmann, wie keck und unternehmungslustig, als ob du die Welt erobern möchtest!» «Das überlasse ich den Haudegen und Abenteurern. Ich bin's zufrieden mit drei Federn aus dem Schopf des Vogel Strauss.» «Was - Vogel Strauss, der allmächtige Räuber! Grundgütiger Himmel, du getraust dich in den Höllenrachen? So tu mir den Gefallen, und leg ein Wort für mich ein! Ein Birnbaum steht in meinem Garten, kahl und dürr, und sonst jeden Herbst gesegnet mit den herrlichsten Butterbirnen. Frag ihn, was da zu machen sei!»   Die Leute mieden die Gegend, in die der Weg mündete, und ohne eine Seele anzutreffen, gelangte er im Zunachten zu einer Brücke. Jenseits, halb versteckt in den Büschen, schimmerte der Giebel des allgewaltigen Missetäters. Die Haare sträubten sich, als er an die Pforte klöpfelte, und regten sich halbwegs auch wieder Hoffnung und Zuversicht, als ihm eine Frau öffnete, die den jungen Gesellen mit einem Gemisch von Mitleid und Wohlgefallen musterte. «Weisst du nicht, dass hier der Vogel Strauss zu Hause ist? Wie kannst du nur so gott- und kopflos ins Unglück trappen?» «Weil ich vom Haupt des grossen Mörders drei Federn haben muss, damit mein lieber Schwiegervater gesund werde, und drei gute Räte für Menschen, die ihrer bedürfen!» Er schilderte, was sich in den Städten zugetragen, und wie die Bürger ihn gebeten hätten, ihnen aus der Klemme zu helfen. «Da du so jung und tapfer bist, werde ich dich vor der Gier meines Mannes schützen. Iss und trink, und bange nicht! Wenn er heimkehrt, so hört man sein Schnauben auf Meilen weit, und dann ist es Zeit, dich unter das Bett zu verkriechen und in den Hühnerflaum dich einzugraben. Bleibst du wach mit einem Ohr und aufmerksam, so wird sich alles zum Guten wenden. - Flink unter das Bett, es saust und braust im Wald, er naht wie ein Wirbelwind!»   Ein Rumpeln und Gekessel, Türenauf- und zuschmettem, und Vogel Strauss hagelte in die Stube, soff und schmatzte wie ein Tier, warf die Stiefel von sich, gurgelte wie ein Sodbrunnen und plumpste auf den Strohsack. Urplötzlich war es still. Sachte riss die Frau ihm eine Feder aus dem Schopf und bog den Arm zur Bettlade hinab. Meinrad, der nicht schlief, nahm die Feder in Empfang. «Weib, du hast mich gezupft!» rief der Mörder unwirsch und drehte sich auf die andere Seite. «Mir träumte drum, die Bäckerstochter sei in eine Kröte verwandelt worden. Ich sah das Tier und ergriff es am Bein.» «Die Alten sollen ihren Hochmut ablegen und die Krott einen Tag im Mist vergraben, so wird sie wieder Zopf und Rock!» Nach einer Weile raufte sie ihm die zweite Feder und liess sie niederschweben. «He, Alte, du störst meinen Schlaf!» «Weil mir träumte, ich lösche am Stadtbrunnen den Durst. Als ich die Lippen an die Röhre hielt, floss kein Tropfen mehr.» «Wie soll er fliessen, wenn der Obermufti mit unrecht Gut die Leitung verstopft hat?» Er gähnte laut, zog die Decke über die Ohren und schnarchte. Gleich entriss sie ihm die dritte Feder. «Zum Teufel», brüllte er wie ein Stier, «fortwährend störst du meine Ruh'!» «Ach Gott, verzeih, mich quälte schon wieder ein Traum! Du kennst den schönen Birnbaum des Stadtweibels. Just wollte ich eine Birne brechen, da war er kahl und leer.» «Natürlich, hat doch die Tochter des Stadtweibels ein Kind geboren und unter dem Baum verscharrt. Wie soll er da treiben und fruchten? Galgenholz - Galgenholz! Jetzt lass mich schlafen, ich muss zeitig auf die Beine an mein Tagewerk!» Kaum hatte er das Haus verlassen, rief sie Meinrad zu Tisch und zeigte ihm nachher den Weg, den er ohne Gefährde einschlagen durfte. «Und vergiss nicht, bei den Kapellen anzuhalten und ein Vaterunser für meine arme Seele zu beten!»   Meinrad steckte die Federn auf den Hut und folgte dem Pfad, der in die alte Strasse gabelte. Beinah wäre ihm der Stadtweibel um den Hals gefallen, als er ihn gesund und wohlgemut daherziehen sah. «Bist du wirklich beim Vogel Strauss gewesen? Und lebt er noch? Und hast du mein gedacht?» «Stadtfenster haben Ohren. Begleite mich ein Stück vors Tor hinaus, und ich will dir etwas erzählen, was dich nicht freuen wird.» Auf der Landstrasse vernahm der Weibel, seine Tochter habe unter dem Birnbaum ein Kind begraben, er werde wieder grünen und blühen, sowie das Kind in geweihter Erde bestattet sei. Ebenso erstaunt als betroffen zog er den Beutel und leerte ihn in Meinrads Hand.   Im mittlern Flecken verbreitete sich die Kunde von seiner Rückkehr wie ein Lauffeuer. Die Handwerker feierten und stoffelten im Lendenschurz hemdsärmlig nach der Herberge, den Burschen zu sehen, der bei Vogel Strauss gewesen und heil davongekommen war. Der Wein strömte, und der Duft von saurem Braten und Rauchwürsten lockte nicht allein die Menschen aus ihren Behausungen und Winkelnestern, auch die Fliegen und Bremsen und stoberes Gesindel, das in der Ortschaft dem verbotenen Gewerbe oblag. Der Wirt strahlte, die Köchin schwitzte, Musikanten stimmten die Instrumente zum Tanz. «Ihr lieben Mitbürger und Genossen», rief der Wirt, «hört, was unser Held für Kunde bringt vom grossen Mörder!» Ein drückendes Schweigen lastete, Meinrad erhob sich. «Ist euer Bürgermeister anwesend? - Nicht hier, gut! - Ein sauberer Patron! Zählt eure Stadtgelder nach und geht zum Brunnen und schaufelt die Erde bloss. Der Schatz, den ihr aufdeckt, ist just der Fehlbetrag der Stadtkasse, den er entwendete. Gebt diesem Ehrenmann den Schuh und ein Gratisnest im Gasthaus zum schwarzen Turm, und der Brunnen fliesst wie ehedem so klar und reich!» Die Menge stob zum Loch hinaus, auf den Bürgermeister los die einen, zum Brunnen die andern, gruben und schaufelten und hoben das gestohlene Geld scheffelweise aus der Erde. Der Brunnen tröpfelte, rauschte und plätscherte zuletzt bachfrisch in die Schale.   Überreich belohnt, nahm Meinrad Abschied und fuhr im Landauer weiter, fütterte im Städtchen die Pferde und überbrachte dem Bäcker die Botschaft von Vogel Strauss. «Du und deine Frau haben grossen Hochmut mit der Tochter getrieben und seid dafür bestraft worden. Vergrabt die Kröte eine Nacht im Düngerhaufen, und wenn der Stadtwächter die Sonne begrüsst, tritt eure Tochter, zum Menschen gewandelt, ins Geschäft.»   Nochmals beschenkt, stieg er in die Kutsche, die Pferde knirschten ins Gebiss, und reich und prächtig hielt er wie ein Prinz vor seinem Hause. Die Bürger eilten herbei, fragten, was für ein Pascha ihrem Nest die Ehre erweise, und da stürzten Meinrad und seine Frau ans Fenster, grüssten und winkten und schwenkten die Tücher. Enttäuscht zerstreute sich die Menge; es war kein Pascha und kein Prinz, nur Meinrad war es, einer aus dem Städtchen, der ihren einer, und das ist nie Interessant.   Unterdessen war sein Schwiegervater wirklich erkrankt und im Fieberwahn zum Fenster hinausgesprungen. Meinrad legte die drei Federn auf den Sarg, und immer noch geht die Rede im Städtchen, wenn einer Unrecht begeht und sich das Leben nimmt: Er hat seinen besten Freund zum Vogel Strauss gesandt und dann selber ins Gras beissen müssen.   Quelle: Johannes Jegerlehner: Walliser Sagen, Hans Feuz Verlag Bern, 1959 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vöglein Gabrielin lädt alle zu Tredeschins Hochzeit ein

Source: Vöglein Gabrielin lädt alle zu Tredeschins Hochzeit ein

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Tredeschin, der wollte seine Hochzeit vorbereiten, und Vöglein Gabrielin erhielt den Auftrag, die Gäste einzuladen, nämlich Gans Badessa und Ente Tracontessa, Hahn Cristallo und Huhn Costantina. Alle nahmen selbstverständlich die Einladung an und brachen gemeinsam zu Tredeschins Hochzeit auf. Gans Badessa hatte zu diesem Anlass einen wunderschönen Hut mit Rosen und Tulpen aufgesetzt, doch als sie unter einem Baum durchging, blieb dieser an einem Ast hängen. «Ohne Hut gehe ich nicht an Tredeschins Hochzeit, nie und nimmer», sagte Gans Badessa, wandte sich um und machte sich auf den Heimweg. Die andern gingen weiter, doch da - was geschah? - Ente Tracontessa, die sich extra einen Schleier aufgesteckt hatte, der fast bis zum Boden reichte, verfing sich damit in einem Busch. Sie versuchte sich zu befreien, doch - o Schreck - ein ganzes Stück des schönen Schleiers blieb an den Dornen des Busches hängen. «In diesem Aufzug zeige ich mich nicht an Tredeschins Hochzeit», sagte sie, «nein und nochmals nein», wandte sich um und ging heim. Sie gingen noch ein Stück weit, und was geschah? Hahn Cristallo, der sich prächtige weisse Seidenstrümpfe angezogen hatte, blieb an einer Distel hängen und - o was für ein Unglück - machte einen grossen Riss in die Strümpfe. «Keinesfalls zeige ich mich so den Hochzeitsgästen», krähte Hahn Cristallo, nahm den Weg unter die Füsse und ging nach Hause. Sie waren nun fast bei Tredeschins Wohnung, und was geschah da? Huhn Costantina stolperte und fiel in eine Wasserpfütze. Vöglein Gabrielin eilte sofort herbei und half ihm sorgsam auf. Doch es sagte: «In diesem Zustand kann ich nicht an die Hochzeit gehen. Zudem bin ich klitschnass und könnte mir eine starke Erkältung holen», wandte sich um und ging eilends heimzu. - Und so blieb von der ganzen schönen Gesellschaft der Hochzeitsgäste nur der Hochzeitsbitter übrig: Vöglein Gabrielin. Doch das machte sich so breit wie möglich und ass für fünf. (Oberengadin)   Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Volkslied vom Anneli

Source: Volkslied vom Anneli

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(Mundart vom obern Hallwiler-See.) Es wend zwöi Liebi z'sämme, Wenn's vor em Wasser g'sî möcht; Er schrai um Lieben ännet, Ob es nit zündä wett? Wol frîli will i dir zünda, Wenn du dä übere schwimmst; Wo muess i das Liechtli stella, Dass mir's nit abe wütscht? Stell ich's i die Höchi, So löscht mir's ab der Wind, Und stell ich's i die Mitti, So Iösehet mir's ab die Chind. *) Und stell ich's i die Teufi, Dört lit das alti Wîb, Die Hex dört nebe dem Seeli Verlöscht's mit ihrem Chib. Denn chaust du nit übere finda, Und blîbst verloren im See; Ach Gott, wie will ich der zünda? Ha scho kei's Liechtli meh! Das Anneli sprung zue der Muetter: Erlaubet mir's an den See, I möcht' mîni Händeli chuela, Sie thüent mer im Herza weh. Ach Tochter, lieberi Tochter, Alleinig muesst du nit goh, Du hest ein chlînes Schwösterli, Dasselbig muesst mit der loh. Ach Muetter, lieberi Muetter, Mîs Schwösterli ist e Chind, Es günnt die chlîne Blüemli ab, Die no-nig zitig sind. Ach Tochter, lieberi Tochter, Alleinig muesst du nit goh, Du hest ein chlînes Brüederli, Daselbig muesst mit der loh. Ach Muetter, lieberi Muetter, Mî's Brüederli ist es Chind, Es springt de chlîne Waldvöglene noh, Die no-nig g'federet sind. Ach Tochter, lieberi Tochter, Alleinig muesst du nit goh, Nimm du der alti Schiffmann, Derselbig chaust de mit loh. Ach Schiffmann, liebe Schiffmann, Steck du der Angel ab, Fahr du dem blaue Striemeli noh, Du findst ein ertrunkne Chnab. Er zog der Jungchnab ussä Im Anni ûf sîni Schoos: B'hüet ihn Gott im Himmel, Dass er ihn fahra loht! Es g'schaut e wol ummen und umme, Es g'schaut em wol sîni Händ: Verleih ihm Gott im Himmel Es guet's glückseliges End! Es g'schaut e wol ummen und umme Es g'schaut em wol sîn Mund: Verleih ihm Gott im Himmel Ei gueti glückselige Stund! Was zog's ihm ab sîm Finger? Vo Gold es Ringelî: Ach se, du liebe Schiffmann, Das soll dî Finderlohn sî. Und nahm der Junchnab in Arfel, Sprung mit em i Boddesee: Es soll wege mînetwille Kei Jüngling sterbe d'ass de! *) Setztet's Liecht zu hoch, so löschet's der Wind, Setzet's zu nieder, so löschen's die Kind Fischart, Aller Praktik Grossmutter Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 33 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom 3. August 1833

Source: Vom 3. August 1833

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Ein noch lebender Basel-Olsberger erzählt, er sei am 3. August 1833, als die Stadtbasler auf der Flucht waren, genötigt worden, einen zurückgebliebenen Söldner (Stänzler), der seitwärts von ihm hatte entfliehen wollen, zu erschiessen. Eine rohe Horde von Verfolgern behauptete, er (der Olsberger) sei nicht gut gesinnt und habe jenen entkommen lassen wollen. Man machte Miene, ihn selbst zu erschiessen, wenn er nicht den Söldner töte. Da er einsah, dass sonst zwei für einen getötet würden, habe er sich in das Unvermeidliche gefügt. Olsberg Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom Alpgeist, der erlöst wurde

Source: Vom Alpgeist, der erlöst wurde

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Im Entlebuch werden jedes Jahr im Sommer die Kühe auf die saftigen Weiden in den Bergen gebracht. Ein Alphirt bleibt oben bei den Kühen, bis sie im Herbst wieder ins Tal gebracht werden. Jetzt gab es aber eine Alp auf der kein Hirte bleiben wollte, denn es hiess, dort wohne ein Geist. Solche Angst hatten die Menschen vor ihm, dass sich niemand mehr auf die Alp traute. Endlich aber kam ein junger Alphirt und wollte es trotzdem versuchen: "Wenn du es schaffst", sagte der Mann, dem die Alp gehörte, "schenke ich dir die ganze Alp". Das liess sich der Hirt nicht zweimal sagen. Mutig zog er mit den Kühen hoch auf die Alp. Doch kaum war er oben, kam ihm schon der Geist entgegen. Er war ganz schwarz und sprach kein Wort. Erschrocken blieb der Alphirt stehen, doch der Geist öffnete ihm höflich  das Tor, damit die Kühe in den Stall konnten. Von nun an begleitete der Geist den Mann überall hin. In den Stall, in die Scheune, ins Haus, ja er setzte sich sogar an den Tisch, wenn der Hirt essen wollte. Der gruselte sich vor dem schwarzen Geist, aber mit der Zeit verlor er seine Angst und gewöhnte sich sogar ein wenig an ihn. Der Sommer war schon fast vorüber, da geschah etwas Seltsames mit dem Geist: Er wurde immer heller. Erst nur der Kopf, dann die Schultern, dann die Beine, er begann richtig hell zu leuchten, nur die Füsse waren noch schwarz. Dann kam der letzte Tag, bevor der Hirt die Kühe wieder ins Tal bringen wollte. Er räumte die Stube auf, schaute im Stall nach dem Rechten und ass ein letztes Mal mit dem Geist sein Essen. Da wurde der Geist auf einmal ganz weiss, sogar seine Füsse, und ganz plötzlich war er fort und nur ein kleines bisschen Asche lag auf dem Boden. Der Hirt wunderte sich sehr. Er nahm die Asche und trug sie nach Draussen. Da hörte er eine Stimme, die sagte: "Hab Dank, du hast mich erlöst. Nun wirst du immer Glück haben." Dann flog aus der Asche  eine weisse Taube empor und verschwand am Himmel. Am nächsten Tag verliess der Hirt die Alp und brachte die Kühe ins Tal. Er bekam nun die ganze Alp geschenkt und glücklich ist er noch viele Jahre mit seinen Kühen im Sommer dorthin gezogen. Den Geist aber hat er nie mehr gesehen. Fassung D. Jaenike, nach: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug. Luzern 1862 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom alte Buume

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Vom alte Buume Im Ungerdorf isch vor vielne Johre e Ma gsi, Buume het er gheisse, gar e rächten u e fromme. En iedere Sundi isch er z’Chile. Aber im Ihelüte isch er uf d’Mure vom Totehof go ge hocke. Mit Ihego het er gäng gwartet, bis es het verlütet gha. Einisch het ne du öpper z’Red gstellt, warum er erscht nom Verlüten ihegöih. „We der gsähet, was i gseh, tätit der nid froge“, het er zum Bscheid gä. „I währedem Lüte drücke no chuppelewis Geischter i d’Chile. Innefert si d’Gäng gsteckt voll. I de läre Stüehle hocket eis am angere. Äs si derbi, wo no gar nid lang gstorbe si. I säge’s ufrichtig. wie’s isch, un i wott ne nid dervo si, we sie a dr Predig öppis hei u derdürwille descht ehnder a d’Ruehw chöme“. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom alte Füürglöggli

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Vom alte Füürglöggli Vom Füürglöggli wird mängs gseit; ob’s wohr isch, weiss i nid. Ganz im Afang sig es z’Sant Urbe gsi. Derno sig es uf Gumiswil cho. Einisch sige Gumiswiler u anger z’Gumiswil äne ire Wirtschaft gsi. Die heige de Gumiswiler fürgha, ihres Glöggli mach gäng: „’s isch mer, wie wen i nid zahlt wär! ’s isch mer, wie wen i nid zahlt wär!“ Du heig’s Chrach gä, u d’Gumiswiler sige mit de Frönde furt. Derno zeige d’Huttwiler s’Glöggli gstohle; aber au z’Huttel sig’s nid lang gsi. D’Rohrbacher heig es ume de Huttwiler gstohle. Das Feuerglöcklein sprang am 27. März 1927. Es trug in gotischen Minuskeln die Inschrift: „o rex gloriae xpiste veni nobis cum Pace. MCCCC XVII“; verdeutscht: O, König der Ehre, Christus, komm zu uns mit Frieden. 1417. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom alte Müller

Source: Vom alte Müller

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Vom alte Müller Dr alt Müller het e Bueb gha, wo vo eir Woche zur andere meh gleidet het. Dr Mahlchnächt, wo bim Junge gschlofe isch, het em Müller gseit, är chönnt ihm scho öppis säge. „He, was de?“ frogt dr Meischter. „Jo, so öppis seit me nid gäm. Mi weiss nie, was’s eim sälber chönnt gä.“ „Jä, lue, jetz wott i d’Wohrheit wüsse; du weischt öppis. Lo gseh; rück us!“ „He, es chunnt all Nächt e schwarzi Chatz i ’s Gaden uehe u gumpet em Bueb uf d’Bruscht. De fot dä a chiche, wie wenn er wett ersticke. Öb er ihm dörf dopple, we die schwarz Chatz chömm.“ „Jo, er well,“ säg dr Chnächt. I dr Nacht druf isch die schwarzi Chatz wiederume cho. Dr Chnächt het a dr Wang dopplet. „’s isch scho guet,“ rüeft dr Müller. Am Morgen isch dr Müller i ’s Gaden uehe cho. Hinger dr Tür isch es Nochberfraueli gstange. Sider het dr Bueb Ruehw gha. Viele Hexengeschichten wissen Ähnliches zu berichten wie die vorstehenden zwei Erzählungen (Es Meitli ploget e Frau, Vom Schmied u vom Doggeli); aus dem Alptraum heraus erwächst zu einem Teil der Hexenwahn einer spätem Zeit. Vor allem aber besitzen zauberkundige Wunderdoktoren die Macht, ihre Seele auszuschicken, vielleicht um etwas Wissenswertes in Erfahrung zu bringen. Die Seele begibt sich auf die Wanderung, aber nicht mehr in der Gestalt eines Seelentierchens; sie entspricht in ihrer äussern Erscheinung dem Menschen, dem sie angehört. Wenige Augenblicke genügen, um weite Entfernungen zurückzulegen. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom alte Sigerischt

Source: Vom alte Sigerischt

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Vom alte Sigerischt Vor Johre het me bi dr Pfrungschür mängisch e schwarze Hung gseh. Dr alt Sigerischt het viel dervo gwüsst z’brichte. Mi Elter isch de au mängisch go ge hälfe lüte. Einisch, äs isch im Winter gsi, isch er au mit ihm. Du isch dr Hung uf dr Chilehofmur gläge; eso grossi Auge het er gha! Aber dr Sigerischt het nüt drum to u gchüschelet: „Dä isch nüt z’schühe. Ume süferli. Ume nüt dergliche tue.“ De hei sie de albe, für i d’Turn z’cho, i d’Chile ihe müesse; ussehar isch sälb Rung no e kei Türe gsi. Aber mängisch isch es de vorcho‚ dass er de d’Türe nid het chönnen uftue. De het er ume gseit: „Ume süferli. Mir müesse no chli warte. Heit Giduld. Ume es Bitzeli Giduld. Sie si drum no nid fertig dinne. We sie de fertig si, geiht sie de von ihm sälber uf.“ Die Toten erscheinen da, wo ihre Gebeine liegen. Das seelische Leben erscheint dem Menschen so eng mit dem Körper verbunden, dass auch in unserm Volksglauben stets noch eine gewisse Bindung von Körper und Seele vorhanden ist, wenn auch die Einheit von Körper und Seele nicht mehr besteht. Aber der Glaube, dass die Toten in einzelnen Sagen, den Gräbern entsteigend‚ auf dem Friedhof erscheinen, kann noch auf andern Gründen beruhen. Friedhof und Kirche mahnen an die Vergänglichkeit des Lebens; da liegen die Abgeschiedenen. Gesträuche und Steine des Friedhofs, von hellem Mondlicht übergossen, täuschen dem Abergläubischen menschliche Gestalten vor; andere Sinnestäuschungen mögen hinzutreten und die Bildung von Sagen begünstigen. In einzelnen Fällen werden die Wiederkehrenden dem Auge nicht sichtbar; nur das Ohr vernimmt ihr Tun. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom Altstetterhof

Source: Vom Altstetterhof

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Vom Altstetterhof Die Alten behaupteten, der „Altstetterhof“ sei ein festes Haus, d.h. eine Burg gewesen. Das sei der Sitz der Edlen von Altstetten gewesen. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Schmid, Altstetten, S. 22. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom Änd vo dr Wält

Source: Vom Änd vo dr Wält

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Vom Änd vo dr Wält ’s Jammeili isch es Fraueli gsi, es arms u wäger nid es hoffärtigs; i nimen-a, äs heig ihm mängisch e chli im Chopf gfählt: hinger im Toggiburg isch es deheime gsi. Das het gwissaget, we ’s Änd vo dr Wält nohe sig, fahri Wäge mit füürigen Augen uf isige Strosse. Ross heig meh keni meh. So wie’s jetze sig, gang’s nümme lang. Dr jüngscht Tag sig gli nohe. Die Sage vom Weltende enthält alte heidnische Weissagungen, vermischt mit christlichen Vorstellungen; die Welterneuerung, die dem Weltende folgt, klingt ebenfalls an. Die Weissagung wird auch Niklaus von der Flüeh in den Mund gelegt; in Wirklichkeit steht sie mit ihm kaum in irgend einer Beziehung. In Einzelheiten weiss sie sich einer veränderten Zeit anzupassen und spiegelt ein Bild wider, wie es sich um die Mitte des vorigen Jahrhunderts bieten mochte: Es ist nicht gut, wenn die Menschen zu gescheit werden, wenn Wagen ohne Rosse mit feurigen Augen auf eisernen Strassen fahren, wenn Strohhüte die grösste Hoffart kennzeichnen. Mit der Sage vom Weltende vermischt sich die Weissagung der letzten Schlacht, die auf dem Emmefelde bei Luzern stattfindet. Die Kämpfe zu Anfang des vorigen Jahrhunderts leben noch in der Erinnerung und weisen zugleich auf eine Zeit hin, die der Weissagung neue Nahrung zuführte. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom Ärdspiegel

Source: Vom Ärdspiegel

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Vom Ärdspiegel Mi muss i dr Nacht e Spiegel amene Chrüzwäg vergrabe u drufstoh. Z’förchte brucht me si nüt; es cha eim nüt gscheh. De chunnt - grad use gseit - e Wage voll Tüfeli; aber eim öppis atue chönne sie nid; sie hei ke Macht über ein. Deheime hänkt me dr Spiegel uf; mi cha ne hitue, wo me will. De gseht me drinn alls, wo me gärn möcht wüsse: ’s Hus wo dä wohnt, wo gstohle het u wie-n-er vor d’Tür chunnt. Mi gseht drinn, wie lang dass e Mönsch läbt, was amene Chrankne fählt u was gut für d’Chrankheit isch. Dr Zürcher Ueli heig e söttige Spiegel gha. Dr Buechegrotjoggi het au e Spiegel gno u nen i dr hellige Nacht am zwölfi amene Chrüzwäg i Bode to. Derno isch er druf gstange u warte gsi, was gscheih. Du chunnt dür e Wald uehen e Lich derhär. Zwe hei ’s Totebäumli treit. Uf em Bäumli isch eine ghocket u het uf ere Flöte gfingerlet u düderlet. Das isch uf ihn z’Dorf cho. Vor Angscht het er gschnadelet wie-n-es aschpis Laub. Du springt er uf u dervo‚ was gisch, was hesch, u het alls dehinge glo. Der Spiegel und die spiegelnde Fläche und das Bild, das sie zurückwarfen, beschäftigte das Denken der Menschen zu allen Zeiten. H. Zulliger, Die Lebendigen und die Toten, macht wahrscheinlich, dass der Spiegel, um geheimnisvolle Kräfte zu gewinnen, mit den Toten in Verbindung gebracht werden musste. Die Toten sind mächtiger als die Lebenden; von ihnen gehen die geheimnisvollen Kräfte auf den Spiegel über. Kreuzwege spielen im Glauben des Volkes immer eine bedeutende Rolle. Unsichere Kunde vom Fernrohr, dem „Feldspiegel“ mochte den Glauben vom Erdspiegel beeinflussen. Einen Spiegel, der zur Entdeckung verborgener Quellen dient, gewinnt man auf andere Art: "Vom Grüenspächt weiss i nüt z’brichte“‚ sagte mir ein Bauer, „aber vom Schwarzspächt. Das isch eso: Du muesch e Spiegel chaufe u ne drei Tag in es Loch lege, wo ne Schwarzspächt sis Hohl het. No dreine Tage chasch ne näh. Zerscht lot me ne Hund i Spiegel luege. De gsehsch ’s Wasser laufen im Bode u weisch, wo d’brunne muescht.“ M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom arme Bueb

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Vom arme Bueb Einisch isch e Ma von Amerika heicho. Derno isch en arme Bueb zue-n-ihm gange u het ihm gseit, är heig nüt z’wärche, är söll ihm öppis z'tüe gä. Duderno het ihm dr Ma gseit, är well ihm e guete Rat gä, är söll z’Mitternacht einisch um d’Altburg ume laufe; de chömm de bire Türe Gäld vüre; aber är söll de uf ’s Mol umen e Franke näh. Aber einisch hei g er du zwo Franke gno u heig sider nüt meh ubercho. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom arme Sünder

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Vom arme Sünder Unger em Galgen isch en arme Sünder gstange. Dä het me welle hänke. Dr Hänker het ne no usgrüeft, wen es Wibervolch ne mög manne, so söll es cho u ne näh. Derno isch eini vürecho. Sie het’s dänk gha wie äis Meitli, wo gseit het: „’s isch glich wes pföselet, wes ume höselet.“ Du het dr Hänker em Gfangene d’Binge vo den Auge gno. Aber dä het gli gseh, was Gattigs. Är het tschuderet, wie wen er in e Holzöpfel bisse hätti u gseit: „Ein spitz Genäs, Ein bös Gefräss. Hänker, hänk uf.“ M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom Armenseelenlicht

Source: Vom Armenseelenlicht

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a) Einem Mann zu Richligen war die Frau gestorben, und er liess während des Dreissigsten für sie das Lichtlein brennen. Doch kam es ihm mit der Zeit zu teuer vor, und er ging mit dem Gedanken um, es nicht mehr zu unterhalten. Als er nun eines Abends heimkam und zufällig zuerst zum Fenster hineinschaute, sah er eine Anzahl Leute am Tisch um das Dreissigstlichtlein herum sitzen, und darunter erkannte er seine verstorbene Frau. Es waren alles arme Seelen. Nun fuhr er doch fort, das Lichtlein für die Verstorbene zu unterhalten. Frau Baumann-Gisler, Gurtnellen, 62 Jahre alt b) Meine Mutter liess jede Samstagnacht das Öllichtlein – Samstagliecht – für die armen Seelen brennen. Einmal nun hatte sie kein Öl mehr, da zündete sie den noch ölgetränkten Docht an und sagte: »Daran mögt ihr jetzt haben, solange es währt, ich habe in Gottes Namen kein Öl.« Und siehe! es brannte noch am Morgen, wie wenn genügend Öl daran getan worden wäre. Jetzt sagte sie: »Habt ihr jetzt so sparen können, so lösche ich es nicht, es mag brennen, bis es selber erlöscht«. Und es brannte bis zum Mittagläuten. Karl Gisler, Unterschächen, 75 Jahre alt c) Ja, und mir hat das Holzer-Babäli von Spiringen auch einmal erzählt: Es habe einmal am Abend, als es das Armenseelenlicht anzündete, zu spät bemerkt, dass das Öl nicht mehr für die ganze Nacht ausreiche; aber ins Dorf laufen wollte oder konnte es doch nicht mehr. Als es dann während der Nacht in die Stube hinausschaute auf den Tisch, wo das Licht brannte, habe es eine Anzahl arme Seelen gesehen, die um den Tisch herumgestanden seien und ganz steif auf das Licht geschaut hätten, und eine habe auf einmal ihren Finger in das Öl getaucht, und darauf sei das Licht mit einem kleinen Knall erlöscht und seien alle verschwunden. Das Babäli habe dann den Psalter für sie gebetet. Fr. Achermann-Planzer, Flüelen, 54 Jahre alt d) Einem Ehemann in Schattdorf lag es nicht recht, dass seine Frau ein Armenseelenlicht unterhielt; er nannte solches Getue eine Verschwendung, weshalb sie es in den Keller hinunter trug und dort überdies mit einem Fass bedeckte. Aber er fand es auch hier. Doch, wie er das Fass lüpfte, erkannte er eine grosse Anzahl arme Seelen, die sich auch unter dem Fasse um das Licht geschart hatten. Katharina Gamma, 50 Jahre alt e) Franziska Gisler, ursprünglich von Bürglen, liess in ihrem Wohnhaus zu Flüelen das Nachtlicht für die armen Seelen brennen. Eines Nachts hatte sie die Stüblitüre offen gelassen, und als sie einmal in die Stube hinausschaute, erblickte sie dort eine dichte Menge armer Seelen rings um den Tisch herum, nur an einer Stelle, wo der mit Kleidern behangene Stuhl stand, konnten die armen Seelen nicht an den Tisch heran. Da stand Franziska auf und entfernte den Stuhl. Sie hat es selber erzählt. Frau Gisler-Zwyssig f) Weder beim Dreissigst- noch beim gewöhnlichen Armenseelen-Lichtlein darf ein anderer Gegenstand auf dem Tische liegen. Auch dürfen keine Stühle um diesen Tisch herum stehen. In einem Hause in Flüelen liess einmal die Hausfrau einen mit Gewand beladenen Stuhl an einem solchen Tische stehen. Während der Nacht erwachte ein unschuldiges Töchterlein, schaute um sich, weckte dann die Eltern und sagte: »Nehmt doch den Stuhl mit dem Gewand dort vom Tische weg, es stehen ein ganzer Haufen Leute davor und können seinetwegen nicht zum Tische gelangen.« Man darf auch nicht das Lichtlein zur Arbeit profitieren. Neben das Lichtlein stellen manche Leute ein Glas mit gewöhnlichem Wasser, dass die armen Seelen darin ihre Zungen abkühlen können. Frau Gisler-Zwyssig, Isental g) Eine Frau in Andermatt wollte ein Armenseelenlichtlein in ihrem Hause unterhalten, aber der Mann duldete es nicht. Darum stellte sie es in den Keller. Da war einmal der Mann längere Zeit fort. Diese Gelegenheit wollten eines Samstagsnachts Diebe benutzen und in diesen Keller einbrechen; denn sie wussten, dass dort reiche Speisevorräte aufgespeichert waren. Aber wie erstaunten sie, als sie darinnen das Lichtlein sahen und dabei eine grosse Volksmenge! Da ergriffen sie die Flucht. Es waren die Armen-Seelen gewesen, die sich um das Licht versammelt hatten. Die Diebe selber erzählten später einmal ihr Erlebnis. Franz Zgraggen h) Wenn aus einer Familie eine Person gestorben, so lassen zu ihrer Seelenruhe die Angehörigen während den nächsten dreissig sich folgenden Nächten ein Öllichtlein im Hause brennen, man nennt es »Dryssgischliächtli«. In manchem Hause lässt man überhaupt alle Nächte vom Samstag auf den Sonntag solche Lichtlein – Armä-Seeläliächtli – brennen für alle armen Seelen. Eine sparsame Hausfrau ennet der Märcht, die für ihren verstorbenen Gatten Leonz ein solches unterhielt, wollte eines Abends in seinem schwachen Scheine nähen. »Der Lunzi-sälig het gwiss nyt därgäge, wenn ich dz Liächtli scho midem teilä«, sagte sie sich. Doch siehe! dreimal nacheinander löschte es ihr das Lichtlein aus, und sie musste das Nähen an diesem Abend aufgeben (19. Jahrhundert). i) Auf dem Tisch, wo das Licht brennt, duldet es keinen andern Gegenstand, die armen Seelen wollen einen saubern Tisch haben. Ein Schuhmacher spottete dieses Aberglaubens und stellte am Abend ein Paar Schuhe neben das Licht. Aber wohl! am Morgen lagen sie am Boden, obwohl niemand etwas an ihnen gemacht hatte (19. Jahrhundert). k) Eine Person von Schattdorf, namens Karl, brannte für den verstorbenen Grossvater das Dreissigstlichtlein. Eines Abends rief es ihm dreimal »Kari!« und er erkannte sofort die Stimme des Grossvaters. Er schaute um sich und bemerkte, dass das Lichtlein erloschen war, das er jetzt sofort anzündete (20. Jahrhundert). l) Man sagt, dass sich um dieses Licht die armen Seelen versammeln. Wenn man dabei arbeitet, so gilt das Lichtlein nicht. Anton Stadler, Frau Mattli-Bissig und a. m) Auf einem Tisch, wo das Armenseelenlicht brannte, blieb aus Versehen ein Messer liegen. In der Nacht wurde das Licht immer wieder ausgelöscht. Da ging eine Person und tastete auf dem Tisch umher und es kam ihr eben das Messer in die Hand. Sie nahm es weg, und jetzt brannte das Licht ohne Unterbruch. n) Zu Unterschächen ist es in manchen Häusern Brauch, bei dem Lichtlein in einem Beckli oder Glas etwas reines Wasser auf den sauber abgeräumten Tisch zu stellen. Über den Ursprung des Brauches erzählt man: Einmal blieb aus Zufall ein Beckli voll Wasser stehen auf einem solchen Tisch. Da rief plötzlich ein ganz kleines Knäblein, in dem es auf den Tisch zeigte: »Müetter, lüeget, wie da ä Hufä ganz chlini Gofli um das Beckli ummä sind und d'Fingerli im Wasser wäschet!« Die Mutter sagte das dem Pfarrer, und der erklärte, das seien arme Seelen, die ihre Hände im Wasser abkühlen. Seitdem obiger Brauch. Frau Baumann-Müller, Frau Gisler-Arnold, Karl Gisler o) Ein anderes Mal blieb ein Papierschnitzel auf dem Tisch mit dem Armenseelenlicht. Da sagte ein unschuldiges Kind, sie sollen es wegtun, sonst dürften die armen Seelen nicht kommen und die Fingerchen ins Wasser auf dem Tisch tauchen. Frau Arnold-Gisler Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom Bachser Chindlibuck

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Vom Bachser Chindlibuck Der Chindlibuck ist eine Anhöhe über dem Dorfe Bachs. Hier war es vor Zeiten nicht ganz geheuer. Es hiess, es erscheine daselbst nachts ein feuriges Auge oder eine blaues Licht, und aus dem Boden krieche gelegentlich ein grauenhaftes Ungeheuer hervor. Wenn eine Bachser Familie „Jugend bekam“, sagte man neugierigen Kindern, die Hebamme habe diese im Chindlibuck oben geholt. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Unterland Um die kommentierenden Beigaben gekürzt aus Hedinger, S. 5. Dessen Quellen: Bolleter, S. 10; Binder, S. 128. - Ähnliche Angaben über die Herkunft neuer Erdenbürger sind noch in vielen andere Orten bekannt. Im Wehntal war ehedem die Redensart verbreitet, man habe sie im Wachthäuschen auf der Lägern bezogen, und ein grosser erratischer Block am Altberg heisst noch heute “Chindlistei“. Stauber zählt in „Sitten und Bräuche“, 1, S. 5, als weitere Herkunftsorte der Kinder im Kanton Zürich auf: Stäfnerstein (bei Stäfa), Kindlistein (bei Maschwanden), Kindlistein am Uetliberg, Totenbrünneli (bei Benken), Chrungelichaschte (an der Sihl oberhalb Hirzel). Dieses Thema ist bearbeitet im „Atlas der Schweizerischen Volkskunde, II Teil, Karte 202 / 203, „Herkunft der Kinder“.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom Bäcker, der Zürich verbrannte

Source: Vom Bäcker, der Zürich verbrannte

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Vom Bäcker, der Zürich verbrannte Im Jahre 1280 lebte ein Bäcker im Niederdorf, der wohnte unterhalb des Baches. Er hatte etwas verschuldet und wurde gefangen genommen. Nun war zu jener Zeit eine tiefe Pfütze von faulem Wasser gleich ob dem Rüden, der damals den Grafen von Toggenburg gehörte. Über dieser Pfütze hing ein Korb; in diesen setzte man die dazu Verurteilten und gab ihnen weder zu essen noch zu trinken. Es war ihnen aber erlaubt, in den Kot hinunter zu springen. Diese Strafe galt als schändlich. Dazu wurde auch jener Bäcker verurteilt. Das verdross ihn sehr, und er dachte Tag und Nacht darüber nach, wie er sich rächen könne. Er kaufte viel Holz und füllte damit sein Haus. Als es ihn am schicklichsten dünkte, zündete er sein Haus früh vor Tag an und floh zur Stadt hinaus. Als er auf den Zürichberg kam, begegnete ihm eine Frau, die sprach: „Warum fliehst du, da du doch siehst, wie es in der Stadt übel geht?“ Da antwortete er: „Geh bin und sag ihnen, der Bäcker, der aus dem Korb in den Kot gefallen ist, habe sich gewaschen und wolle sich bei diesem Feuer trocknen. Auch habe damals jung und alt gelacht. Wenn sie jetzt schreien und weinen, so sei erst die Hälfte gutgemacht an ihm.“ Die Stadt verbrannte vom Niederdorf bis zum Oberdorf an den Schwibbogen, und es blieben nur wenige Häuser verschont. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Nach Brennwald I, 141, ins Neuhochdeutsche übertragen, sonst unverändert. Älteste Überlieferung des 14. Jahrhunderts des tatsächlichen Brandes im Jahr 1280 in der Chronik der Stadt Zürich, S.32. Der Name des Bäckers, Wackerbold, ist im Richtebrief überliefert.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom Bammertjöggel

Source: Vom Bammertjöggel

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Vom Bammertjöggel Dr Bammertjöggel het alli Tierli i dr Gwalt gha. Wen er uf d’Site gstangen isch, Tschöttelichappen ungeren Arm gno u öppis brümelet het, si d‘Eihorne chuppelewis uf de Bäume desume ghocket. Mit de Hase het er au so chönne gschire. Gäng het er gwüsst. was im Wald gangen isch. Wär mit ihm guneiset het, het müesse hingerab näh. l de drei höchschte Näme het er Armesünderschmalz, das isch Ohreschmalz, a drei Negel to u die in e Chriesbaum igschlage. De het dä Baum wäger e kes einzigs Chrieseli treit; Schoreniggeli hets albe no gä; aber de isch eis um ‘s angeren ahegheit, u we Chriesi hätti sölle si, isch dr Baum lär gsi. D'Schelme het er au chönne triebe. Aber i cha nümme säge, wie das albe zue- u härgangen isch. ln e Bitz Holz, i meine fascht, es heig tannigs müesse si, het er drei Negel gschlage. De het er em Tütschi gä, was er möge het. Dä, wo men ihm öppis gstohle het, het niemerem dervo dörfe säge. De het dr Schelm e ke Ruehw meh gha u her müessen umebringe, was er het gstohle gha. Die Zauberhandlung, der Klotz und das Schlaqen auf denselben erinnert an den Bosheitszauber der Eweneger. Sie umwickeln einen Baumstumpf mit Palmenblättern und hämmern auf ihn, indes sie den Namen des dem Tod bestimmten Feindes aussprechen. Der Klotz, den der Bammertjöggel bearbeited, bedeutet ursprünglich den Dieb, das Schlagen soll ihn gefügig machen und zum „Chehrumtürli" bringen. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom Bärewirt z’Bärn

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Vom Bärewirt z’Bärn Dr Bärewirt z’Bäm isch e unerchannt riche Ma gsi u het viel Gäld usgleuet gha. En arme Ma vo Wynige het ihm müesse go zeise. Äi Rung si no kener Bahne gsi, u dä Ma, wo-n-i vori gseit ha, isch z’mitts i dr Nacht vo deheim furt, dass er de au zur rächte Zit heichömm. Äs isch z’Nacht um drü ume gsi. Du isch er grad z’Burdlef bi dr Gisnauflueh düre. Är ghört e Stimm: „Gisnau, tue dich auf; dr Bärewirt vo Bäm isch do!“ Das isch ihm e chli gspässig vorcho‚ so z’mitts i dr Nacht. Aber är het dänkt: „Das geiht di nüt a, was do geiht. Förcht dr nüt, so gscheht dr nüt“, un isch witersch glüffe. Im Vormittag isch er uf Bäm cho u het em Wirt nohgfrogt. Jo, zu däm chönn är nümme; dä sig grad die Nacht öppen am drü gstorbe, het er zum Bscheid ubercho. Jetzt het er gmerkt, wodüre dass’s jagt. Aber är het nüt dergliche to‚ dr Zeis gä un isch ume hei. Uugrächts Guet heig dr Wirt gha; drum heig er i d’Gisnauflueh ihe müesse. Wie die vorausgehenden Sagen zeigen, erhielt sich auch in unserm Volksglauben die Vorstellung eines Totenreiches im Innern eines Berges. Eine Türe führt in den Berg; ein Wächter steht dabei, fragt und gewährt den ankommenden Toten Einlass. Vom eigentlichen Wesen des Toten oder der Seele sagen sie uns aber zu wenig, um bestimmte Schlüsse auf die Vorstellung des Seelenglaubens zu ziehen, die unsern Sagen zugrunde liegt. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom Benkelsteg

Source: Vom Benkelsteg

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Vom Benkelsteg In der Nähe des Benkelsteges bei Maur sind schon eine ganze Menge Gespenster gesehen worden. Einst ging ein Mann dort nachts hinauf, ganz nüchtern, wie er selber 1917 erzählt hat. Da habe auf einmal bei der letzten Wendung der Strasse vor dem Steg etwas wie eine völlig schwarze Wand vor ihm gestanden und sein Weitergehen verhindert. Nun habe er tüchtig zu fluchen angefangen -  und weg war die Erscheinung. Es wurde licht‚ und er konnte weiter. Ein andermal, wie der gleiche Erzähler beim Steg aus dem Walde heraustrat, habe er plötzlich ein Licht auftauchen sehen, wie wenn jemand eine Laterne einen halben Meter über dem Boden trüge. Das Ding sei mit Windesschnelle über die Wiesen rechts gegen den Wald hinabgeeilt. Kurz darauf habe er den Dorfgenossen T. angetroffen, der ihn fragte, ob er nicht auch soeben diese eigentümliche Erscheinung beobachtet habe. Andere erzählen, dass hier einmal Schatzgräber arbeiteten. Da sei ein schwarzer Herr erschienen Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Nach Gchr. Maur 1917. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom Bildstöcklein

Source: Vom Bildstöcklein

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Das Bildstöcklein am Rütiweg unterhalb des Rebberges soll ein steinernes Kreuz ersetzt haben, das einst an der Strasse nach Münchenstein auf dem Lee gestanden habe. Seinen Ursprung verdankt es, wie behauptet wird, einem Gelübde, welches eine Familie Leu, Besitzerin der Bruggmühle, im 14. Jahrhundert wegen eines verlorenen Kindes gemacht habe. Dieses, drei Jahre alt, hatte sich nämlich beim Erdbeersuchen im dortigen Walde verirrt und konnte drei Tage lang nicht gefunden werden. Da gelobten die beängstigten Eltern, der Mutter Gottes ein Denkmal zu errichten, wenn sie das verlorene Kind wieder erhielten. Und wirklich, am dritten Tage kam dieses wohlbehalten wieder zum Vorschein. Es hatte sich unterdessen von Beeren ernährt. Zum Dank dafür hätten dann die Eltern das erwähnte Kreuz errichtet. Nach einer anderen Version war es nicht ein Kind gewesen, das verloren gegangen war, sondern eine Jungfrau, die gewalttätig entführt und nach einiger Zeit unversehrt wieder gerettet wurde. Arlesheim Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom Bitzbergerrain

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Vom Bitzbergerrain An der alten Strasse von Pfäffikon nach Zürich, am Bitzbergerrain bei der Speck, sah man früher viele Ungeheuer umgehen, und manche schauerliche Geschichte wurde zum grössten Schrecken der Kinder erzählt. Als man dort seinerzeit die Strasse senkte, wurden mehrere menschliche Knochengerüste gefunden. Nicht weit davon stand bis in die neuere Zeit der “Fluchstein“, den man für einen Opferstein aus vorchristlicher Zeit hielt. Hansheiri, ein alter Müllerknecht in Pfäffikon, erzählte in den dreissiger Jahren des 19. Jahrhunderts in einer Spinnstubeten, dass einst, als er spät abends heimgefahren sei, seine Pferde beim Bitzberg plötzlich bockstill standen. Lange seien sie nicht vom Platze zu bringen gewesen. Auf einmal nahmen sie ein Satz und sprengten davon. Als Heiri zurückschaute, erblickte er ein grosses Tier, so gross wie ein Kalb, das tellergrosse, feurige Augen hatte. In gewissen Stunden ist solches fast allen Fuhrleuten am Bitzbergerrain vorgekommen. Man sagt, es sei dort eine Mordtat verübt worden. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Jahrbuch Pfäffikon Nr. 4, S. 211   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom Blitz erschlagen

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Drei Geissbuben auf den Giebelstöcken wurden von einem Donnerwetter überrascht. Zwei von ihnen fürchteten sich, machten das Kreuzzeichen und beteten: »Jesus, Matthäus, Markus, Lukas und Johannes; b'hüet-is Gott und d's heilig Chrytz.« Der dritte jedoch spottete nur und lachte und prahlte. Da traf ihn inmitten der zwei Gespanen ein Blitzstrahl und schlug ihn tief, tief in den Erdboden. Es gab ein furchtbares Loch in den Erdboden, und man sieht es heute noch; wenn man Steine hineinwirft, hört man sie sehr lange rollen und poltern, und man kann hineinwerfen, soviele man will, der Krachen wird doch nie voll. Sie gruben nach dem Knaben tief in den Boden, aber fanden keine Spur von ihm. Katharina Kempf, 90 J. alt; Josefa Imhof-Aschwanden, 85 J. alt. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom Bloondbuur

Source: Vom Bloondbuur

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a) Der Bloondbuur wird als ein böser, zanksüchtiger Mann mit einem grossen Viehstand geschildert, der mit allen Nachbarn in beständigem Streit lebte. Zur Strafe dafür muss er auf der Erde wandeln, bis alle seine Sünden gesühnt sind. b) Der Bloondfuerme gehört me chlöpfe und Hü! rüefe, wenns chunnt cho rägne. c) Durs Bloond isch alben e Ma mit eme füürige Wage und füürige Ross überim Holz dur d Luft dure gfahre. Ziefen Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom Bollechüejer

Source: Vom Bollechüejer

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Im Oberbärg am Bättenalp hätte zween Hirte söllen hüeten; aber si hein nüüd zer War gachted und gcharted. Du ischd es Hagelwätter chon, und d'War isch bir Volla uber d'Schöpf us. We's wolld leid tuen, ghörd ma jetz geng es Gchött und es Ghoi. Vom Geisgang naha chunnd es Glüüt bis zen Hütten; de chöme s' i d'Hütti; si nämem Mutti vürha, füüren und lege dMilch z'dicken. Si chömen o uehi zen dänen, wa uf em Heuw in dr Gaschterra ligen. Aber gfäärli isch'sch nüd. Mu muess nen nummen nie ds lescht Wort laan. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom Brodässe

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Der Hansli het es Fraueli gha und das het Bethli gheiße, und s'Bethli het e Ma gha und dä het Hansli gheiße ; der Hansli und s' Bethli sind beidi gar ordeligi Lüt gsi und hend beidi gar ordeli chönne Brot ässe. Der Hansli het aber nüt u liebers gässe als der Rouft, und s'Bethli nüt uliebers als d'Mutsche. Und häretgage het der Hansli d'Mutsche schröcke- lech gärn gässe und s'Bethli der Rouft. Dessetwäge hend si's gar guet mitenander chönne. Denn der Hansli isch froh gsi, wenn s'Bethli brav Rouft gässe het, wil ihm de allemol d'Mutsche übrig bliben isch; und s'Bethli isch froh gsi, wenn der Hansli d'Mutsche gässe het, wil es de der Rouft ganz übercho het. Und eso isch es gange bis der Hansli am End aller Ende ghimmlet het. Do dernochet het aber s'Bethli z'eismol Niemet meh gha, won em d'Mutsche ewäg gässe het. Was thuets ? Es het halt wider e Ma gno, und da het gheiße Iöri. Und der Iöri und s'Bethli sind beidi gar ordeligi Lüt gsi und hend beidi gar ordeli chönne Brot ässe. Aber oheie! Der Jöri het grad au nume welle de Rouft ässe, und s'Bethli hätt' um's Läbe kei Mutsche abebrocht. Do hend si ali beidi enand liberments nüt meh ässe lo und sind zletscht ali beidi a der Vergöustig gstorbe. Gott bhüet is dervor.   Quelle: Sutermeister, Otto: Kinder- und Hausmärchen aus der Schweiz Aargau (Mundartlich nach Nochholz Echweizersagen II. S. 318.) Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom Brot

Source: Vom Brot

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Einer hatte die Gewohnheit, das Brot mit dem Messer anzustecken. Da geschah es einst, dass es zu bluten anfing. Fr. Baumann-Herger, 55 Jahre alt, Attinghausen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom Brote und den drei guten Ratschlägen

Source: Vom Brote und den drei guten Ratschlägen

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In einem großen Dorfe lebte ein Ehepaar, welches so arm war, daß der Mann in die Fremde ziehen mußte, um sein Brot zu verdienen. Weit von seinem Heimatdorfe fand er einen Dienst bei einem alten, guten Manne, bei welchem er sieben Jahre lang blieb. Als diese verflossen waren, und den Mann die Sehnsucht nach seinem fernen Weibe ergriff, bat er um seinen Abschied und um den Lohn. Sein Herr entließ ihn mit freundlichen Worten, gab ihm ein Brot in die Hand und erteilte ihm die drei folgenden Ratschläge: er solle nie murren, nie von der rechten Straße abweichen und sich vor Handlungen im Zorne hüten. Unser Freund ging dankend seines Weges und kam gegen Abend in ein Wirtshaus im Walde, wo man die Gäste in Totenschädeln bediente. Das dünkte dem Manne sonderbar, und er war eben im Begriffe, den Wirt über seine eigentümliche Bedienung zur Rede zu stellen, als ihm der erste Rat seines Herrn einfiel und er ruhig in sein Bett ging. Am andern Morgen weckte ihn der Wirt und sagte ihm, er habe durch sein bescheidenes Schweigen, ungeachtet ihm diese Schädelwirtschaft aufgefallen sein müsse, alle diejenigen Gäste erlöst, welche darüber gemurrt. Nach diesen Worten führte der Wirt unsern Mann in den Keller, öffnete die Türen und ließ unzählige Verzauberte heraus, welche ihren Retter fast mit ihrem Dank erdrückten. Darauf verließ die ganze Gesellschaft das unheimliche Wirtshaus und ging fröhlich weiter. Da kamen sie zu einem Scheidewege, wo die Befreiten den alten Weg aufgeben und den neuen einschlagen wollten. Eingedenk des zweiten Ratschlages seines alten Herrn widerriet das aber unser Mann und ging, als die Andern ihm nicht folgen wollten, den alten Weg fürbaß. Und wahrlich zu seinem Glück; denn im nächsten Städtchen erfuhr er, daß seine Begleiter von einer Räuberbande entweder versprengt oder erschlagen worden seien. Zufrieden mit seinem Schicksal, setzte unser Mann seine Reise fort und kam bei Nacht in sein Heimatdorf vor seine Hütte, aus deren Fenstern aber voller Lichtschein drang. Darob verwundert, blickte er in das Wohnzimmer und sah, wie seine Frau einen jungen, schönen Mann herzte und küßte. Dieser Anblick erweckte in ihm die Geister der Eifersucht, und er griff schon nach dem Messer, um seine vermeintlich geschändete Ehre zu rächen, als ihm der dritte und letzte Rat des einstigen Dienstherrn einfiel, ja nicht im Zorne zu handeln und er sich ruhig ins Wirtshaus begab, um über sein Weib Erkundigungen einzuziehen. Dort erfuhr er auch den wahren Sachverhalt, daß nämlich jener junge Mann sein eigener Sohn sei, der am andern Morgen die erste heilige Messe lesen werde. Beruhigt ging der Mann zur Ruhe, stand frühzeitig auf und nahm unerkannt am Ehrentage seines Sohnes Teil, bis er am Abend im Hause erschien und von seinem Weibe, seinem Kinde und allen Gästen aufs Liebreichste empfangen wurde. Nach genossenem Nachtmahle schnitt der Vater das Brot seines ehemaligen Dienstherrn auf und heraus fiel ein Regen von Gold und Edelsteinen, daß die Familie die reichste wurde weit und breit im ganzen Lande.   Quelle: Jecklin, Dietrich: Volksthümliches aus Graubünden. 3 Teile, Zürich 1874, in Tiraun bei Trons erzählt.       Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom Brueder Chlause

Source: Vom Brueder Chlause

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Vom Brueder Chlause Hesch au scho ghört vom Brueder Chlause? Dä het gseit, es chömm e Zit, do sige d’Strosse mit Ise bschlage. Wägen ohne Ross fahri. D’Meitli trage Buebechappe. Die gröschti Hoffert sig im Strouh. De bräch dr gross Chrieg us. I dr Schwiz mach me nen us, uf eme Fäld noch bi Luzärn. Luzärn schiess me zsäme. E Bueb hüeti dert drufabe d’Geisse. Dä säg: „Do isch Luzärn gstange.“ D’Russe träichi d’Ross im Bodesee. Die junge Buebe u die alte Manne jagi dr Fing us em Land. De sägi die alte Manne, we sie jetz ume no jung wäri, jetzt wäri’s ume guet derbi z’si. So het albe mi Elter brichtet. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom Brüeltier

Source: Vom Brüeltier

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Vom Brüeltier Vor Johre, i ma mi no guet bsinne, do isch es hie albe gar unghüürig gsi. We’s gfeischteret het, isch ’s Brüeltier uber d’Matten ewägg cho, bsungerbar bi strubem Wätter. Brüelet het es de albe gar grüseli, grad wie ne Geiss, wenn es se wott töde. Einisch hei mer e chli gchiltet. Du isch es a ’s Pfäischter cho z’tätsche; a dr Rahme isch es bliebe hange. U, das het Chralle gha, bim Düner, lue, i lüge nid, wie mi Hang do! Aber wohl, mir hei ’s Liecht glösche u hei d’Charte us de Finger to! M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom Bületod

Source: Vom Bületod

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Vom Bületod Im Schmiedwald isch, wär weiss vor wie vielne Johre, e Stadt gsi u dä Rund z’Madiswil weder Chile no Totehof. Du isch z’Madiswil allwäg e Stärbet gsi; sie hei du d’Liche nid bäumt un e Hufe uf ene Leiterwage ufglade u si derwäg uehe. Derno isch unterwegs bimene Hus es Burscht vorusse gsi. Du het’s dr Fuehrme mit dr Geisle gchlepft. Das, richtig, het schüüzlech afo pläre, u d’Muetter het gfrogt, was ihm de das widerdienet heig, das er däwäg mit ihm verfahri. Du säg dr Fuehrme, das heig er nid bös gmeint; das sig no jung, derdürwille vergäss de das dr Bületod nie. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom Chrüziholz in Düdingen

Source: Vom Chrüziholz in Düdingen

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Es war noch in der guten alten Zeit, da Königin Berta das Land bereiste, um durch Wort und Tat das Wohl ihrer Untertanen zu fördern. So kam sie auch in die Gegend des heutigen Düdingen, wo heute in der Gegend von St. Wolfgang die Kantonalstrasse durch fette Äcker und grasreiche Wiesen hindurchführt. Damals bot die Gegend noch einen wilden Anblick. An Stelle der fruchtbaren Äcker und gepflegten Matten dehnte sich ein dichter Wald bis zum heutigen Düdingen. Ein holpriger Weg zog durch die Wüstenei. Mühsam zog das Ochsengespann der Königin durch die wilde Gegend, während Bertas fleissige Hände den Flachs zu feinem Faden spannen. Da hielt mit einem jähen Ruck das Gespann. Ein Ochse wollte nicht mehr weiter. Nur mit Mühe gelang es dem Lenker, das Tier zum Weitergehen zu bewegen. Aber es ging nur langsam vorwärts; am Sagerain, wo der Weg am Hang zum Düdingerloch führt, musste wieder unfreiwillige Rast gemacht werden. Müde legte sich der Ochs zu Boden, und es bedurfte sowohl der Lockungen wie der Schläge, um das Tier zum Aufstehen zu bewegen. Doch vermochte es sich nur auf einer kurzen Strecke Weges zu halten. Als der jenseitige Hang des Tales erstiegen war, musste Königin Bertha ein drittes Mal unfreiwilligen Halt machen. Ganz erschöpft fiel der Ochse zu Boden und verendete am selben Platze. Die Königin war ob dieses Unglücks schmerzlich berührt. Sie beschloss, diese Unheilsstätte besonders zu kennzeichnen. Daher liess sie dort eine Kirche bauen. Die drei Stellen, an denen das Tier zu Boden gefallen war, wurden mit drei Kreuzen bezeichnet. Davon erhielt der Wald östlich von St. Wolfgang den Namen «Dreichrüziwald». Es ist nur mehr ein Überrest jenes grossen Waldes, der ehedem die Düdinger Gegend bedeckte. Auch das Ochsenhorn im Düdinger Wappen und die drei Rosen sollen mit dieser Bertasage zusammenhängen.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom Chüeiher

Source: Vom Chüeiher

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Vom Chüeiher Uf ere Weid isch e Chüeiher gsi. Dä isch uf eme Bäsestiel dür d’Luft us z’Märit‚ uf Luzärn, uf Burdlef oder gäge Bärn, wie-n-er’s gwünscht het. D’Chnächte het’s Wunger gno, wie-n-er das achehri. Sie si-n-ihm go d’Sach erläse u hei es Buech gfunge. Eine het drinn afo läse. Derno si Chräihe cho, e ganze Schwarm, e grossi vora. Sie hei nümme gwüsst, wie dr Sach wehre. Aber ungerwile isch dr Chüeiher zruggcho. Är het ’s Buech gno u zruggläse, u die Chräihe hei ume zrugg müesse. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom Chüeloch

Source: Vom Chüeloch

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Im Rücken des Schönenbergs gähnt eine senkrechte Kluft in die Tiefe. Mehrere Sekunden hört man das Poltern eines hinabgeworfenen Steines. Es mag vorgekommen sein, dass früher gefallenes Vieh hier versenkt wurde, was vielleicht zu dem Namen Anlass gab. Oder man nannte es so, weil es «chüemeesig» gross ist. a) In dieses Loch fiel vor etwa 150 Jahren ein Mann namens Johann Mangold, als er mit Weidenschneiden beschäftigt war. Glücklicherweise blieb er an einem Felsvorsprung hangen. Er legte seine Schuhe und das Rebmesser in eine seitliche Spalte und arbeitete sich wieder herauf, indem er eine enge, seitliche Kluft benützte. Als nachher Männer mit Seilen und Leitern hinunterstiegen, fanden sie die erwähnten Gegenstände. Ohne diese untrüglichen Beweisstücke hätte niemand geglaubt, dass der Verunfallte aus der Tiefe selbständig ans Tageslicht gelangt wäre. b) Ein anderes Mal soll ein Jagdhund in das Chüeloch gefallen sein. Sein Besitzer wagte das eigene Leben, um das Tier zu retten. Er liess sich in den dunkeln Schlund abseilen. Plötzlich sprang der Hund auf seinen Rücken und klammerte sich fest. So wurde er gerettet, doch sein Herr erlitt dabei einen so heftigen Schrecken, dass er an dessen Folgen starb. Buus Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Vom Chünde

Source: Vom Chünde

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Vom Chünde I de vierzger un i de füfzger J ohre si vo dr Wysseche gar viel Lüt nach Amerika. Äs isch äbe sälb Rung angersch gsi, weder jetze. Der Härd wär nid tür gsi; ’s Gägespiel, d’Heimet si dräckwoufu gsi, hingäge ’s Gäld rar, u d’Lüt hei bösgha u hei müesse chuum tue, wie sider nie meh. Heriere, wen i dra dänke, wie mir hei düre müesse! Sälb Chehr isch im Schniedersgraben e Bur gsi. Sameli het er gheisse; däm isch i Chopf gwachse, är chömm in Amerika besser für. Am Obe vorane, wo-n-er zmornderisch het welle furtgo, hei sie imene Burehus no gletzinet u gobesitzlet; äs sig bis i Morgen ihe gange. Sameli het gar schön chönne singe u het dr Büri i dr Ubersüünigi gseit, wen er de gstorbe sig, well er de cho u re no e chli singe. Zmorndrisch isch Sameli furt. Mängi Wuchen isch düre. Ei Nacht erwachet d’Büri; sie het im Husegge so schön ghöre singe. Am Morge het sie den angere dervo gseit; aber die hei net gehört gha. Churz druf chunnt Bricht, Sameli sig uf em Wasser gstorbe. Jetzt hei si zruggrächnet; du isch ne dr Dumen i d’Hang gfalle; äi Nacht, wo öpper so schön im Husegge gsunge het, isch Sameli gstorbe. Jetz hei sie nümme lang bruche z’wärweise, wär es gis sig. Nachdem Glauben der Völker, auch der nicht christlichen, kehren besonders böse Tote wieder; bösartig schrecken und ängstigen sie die Lebenden und suchen Böses zu stiften. Die Vorstellung dagegen, dass die Toten für ihre Taten büssen und nicht zur Ruhe kommen, entspringt christlichem Glauben. Die Strafe, die den Sünder unerbittlich ereilt, entspricht der Sünde. Die Büssenden erscheinen vielfach in Menschengestalt. Der Geist, die wiederkehrende Seele, lässt auf verschiedene Vorstellungen des Seelenglaubens schliessen; selten steht eine Vorstellung rein und unabhängig von andern da; verschiedene Vorstellungen gleiten ineinander über: Körperseele, der „lebendige“ Leichnam, das Gespenst, das man greifen und befühlen kann, Schatten- und Hauchseele gehen vielfältige Verbindungen miteinander ein. Selten erinnert das Auftreten der Wiederkehrenden an die Seelentierchen. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom Doggeli

Source: Vom Doggeli

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Als Korporal und in dieser Eigenschaft als Zimmerchef der Rekrutenschule in der Kaserne Liestal hatte ich einen Soldaten namens Hermann Heiniger, wohnhaft in Münchenstein, der war vom Doggeli befallen. Als ich einmal vom Appell ins Mannschaftszimmer kam, sah ich bei der Türe zwei Messer, ein andermal zwei Bajonette über das Kreuz gelegt. Heiniger gestand mir, er habe diese Messer bzw. die Bajonette zum Schutz gegen das Doggeli auf die Türschwelle gelegt, und zwar auf Anraten seiner Mutter. Ich erklärte ihm, das Doggeli sei Alpdrücken und komme vom Magen her, was er nicht glauben wollte. Er behauptete steif und fest, das Doggeli schon mehrere Male gesehen zu haben. Es sei von der Türe her gegen ihn gekommen und habe sich auf seine Brust gesetzt. Durch das Doggeli sei er gewöhnlich so gelähmt, dass er kein Glied rühren und auch nicht rufen könne. Münchenstein Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom Doggeli

Source: Vom Doggeli

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Alte Leute erzählen oft vom Doggeli. Es erscheine zwischen zwölf und ein Uhr, in der Geisterstunde. Man hört, wie es in der Schlafkammer die Bettlade hinauf krabbelt. Dann setzt es sich dem Schläfer auf den Hals, dass er fast den Atem verliert. Gegen ein Uhr krabbelt es vom Bett herunter und verschwindet. In einige Häuser des Dorfes kommt das Doggeli fast jede Nacht. Ramlinsburg Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom Doggeli

Source: Vom Doggeli

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Eine Frau lag in der Nebenstube krank im Bett und sah, wie die Ihrigen in der Wohnstube das Mittagessen einnahmen. Auf einmal sprang ein grosser Hund auf das Fussende ihres Bettes und legte sich über das Deckbett. Die Kranke wollte ihre Angehörigen zu Hilfe rufen, allein die Kehle war ihr wie zugeschnürt. Nach einiger Zeit verschwand der Spuk und sie fühlte sich wieder besser. Buus Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Vom Dokter Fuschti

Source: Vom Dokter Fuschti

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Vom Dokter Fuschti Dr Dokter Fuschti u dr Tüfel hei zsämen e Bund gmacht; ume weiss i gwünd nümme, wie u was do alls gangen isch; i säge dr afe, was i weiss; ’s chönnt si, es chunnt mer de no später z’Sinn; de cha dr’sch de no gäng brichte. Einisch isch dr Dokter Fuschti usgfahre u dr Tüfel het ihm müesse d’Stross vorewägg bsetze, so starch äine gfahren isch. Em Tüfel isch es verleidet u het gseit, är mög jo chum gcho; är gäb ihm do Sache uf. är chönn se jo nid mache. Aber dr Fuschti het ihm gseit, är söll ume dra hi; är wüssi’s wohl, wie sie’s gmacht heige; är heig nid im Sinn zrugg. Es angersch Mol het ihm dr Fuschti en angeri Ufgab gä; diese het es Mäss Hirsch dür Schiterbigen abgschüttet u äine hät’s ire gwüsse Zit sölle zsämeläse. Ändtlige wär du d’Zit ume gsi. u dr Tüfel het wölle dr Fuschti reiche. Aber wo dr Tüfel isch cho, het dr Fuschti bätet u nid ufgluegt. Därewäg het dr Tüfel verspielt gha un isch ume furt. Drufabe isch dr Tüfel mit ere Musig derhär cho; die het gar cheibeschön blose. He, säg der Tüfel, numen einisch söll er ufluege u lose; aber dr Fuschti het si nid lo abha u het witer gfahre. Dr Tüfel het ume müesse hingerab näh. No eis het er probiert. Är isch umecho u het e Chuppele Meitli gha. Jetzt het dr Fuschti ufgluegt, u mit däm isch er verlore gsi. Gleitig het ne dr Tüfel mit eme Seili bunge; därewäg het ne dür es Aschtloch gschrisse; gar schützlig het dr Fuschti brüelet; äs sig fasch nid zu Zueloese gis. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom Doktor Hans Tüet

Source: Vom Doktor Hans Tüet

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1. a) Er lebte noch zu Menschengedenken im Kanton Glarus und dokterte mit Sympathie. Ein ausgezeichneter Wasserkenner, wurde er oft von den Urner Älplern auf den Urnerboden berufen. Einst schickten sie aus Jux einen Lappi mit dem Wasser einer Filimährä zu ihm und liessen fragen, was dieser Frau fehle, und um eine Medizin bitten. Der Doktor betrachtete das Wasser; dann verpackte er ein Bündelchen Heu und Haber schön in ein Papier, gab es dem Boten, indem er ihn scharf fixierte, und sagte: »Säg däheimä, sy sellet de seelig Dummheitä nur nimmä machä! D'Narrä syget ufem Bodä-n-obä, nit z'Glaris unnä. Gännd iähr der Filimährä brav Haber und guets Heiw; si wird a dem und dem Tag filälä, ä Hängst mid-ämä rotä Stryffä (mid-ämä großä Hälm, d.h. Fleck, Bleß) uber dä Chopf appä.« Und so kam es heraus. Doch das Heu und den Haber mussten sie dem Tüet teuer bezahlen. Aber gleichzeitig mit dem Tüet lebte auch ein Doktor Füsti. Der hatte es mit dem Bösen und traktierte den Tüet im Geheimen (auf Distanz) so, dass er zeitlebens kränkelte. b) Die Urner Doktoren waren dem Tüet aufsässig und, um ihn zu blamieren, schickten sie etc. wie oben. Max Albert, 75 J. alt; Kaplan Truttmann u.a. 2. Einst kam ein Schächentaler zu ihm und traf ihn an einem Tische sitzend, seinen Kopf separat vor sich auf dem Tische rasierend. »Gält, ich ha's kummod a'greisets zum Rassiärä,« meinte Tüet. Der Schächentaler zog sich zurück, und, als er nach einigen Minuten wieder eintrat, trug Tüet seinen Kopf, fein rasiert, wieder nach aller Leute Art auf dem Rumpfe. Fr. Nell-Gisler, von Spiringen, 50 J. alt 3. Ein Mädchen aus dem Butzen zu Spiringen sollte für seinen kranken Vater zum Dr. Tüet. Beim Ankleiden geriet es in Streit mit der Schwester, deren bessere Schuhe es anzog. Auch der Vater wurde darüber aufgeregt. Als es mit dem Wasser zum Doktor kam, sagte er gleich, es habe den Vater erbost, was es bestritt, worauf er schliesslich sagte, ein anderes Mal solle es Schuhe anlegen, die an die Füsse und nicht an den Kopf passen. Fr. Nell-Gisler. – Schriftl. v. Kaplan Truttmann Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom Drachebrinneli

Source: Vom Drachebrinneli

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In der Nähe des Drachenbrünnli stand in alter Zeit ein Schloss, das von einem Herzog und seiner Familie bewohnt war. Es war aber eine schlimme Zeit, denn im nahen Allschwilerwalde hauste ein Drache. Tag um Tag zog er auf Raub aus und war erst zufrieden, wenn ihm die Bürger der nahen Stadt ein Schaf zum Frasse hingeworfen hatten. Diesem Drachen fiel der Herzog zum Opfer, als er vom Wasser des Brunnens trinken wollte. Als nachher seine Tochter dort für ihre kranke Mutter einen Labetrunk holen wollte, drohte ihr das gleiche Schicksal. Da stand ihr in höchster Not ein Ritter bei, der im Walde jagte. Er erlegte den Drachen, und zum Dank ehrten die Basler die mutige Tat, indem sie ein Standbild des Ritters am Münster anbringen liessen. Aesch Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom dritten Augschte 1833

Source: Vom dritten Augschte 1833

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My Grosmueter isch vo Aschdef (Arisdorf) gsi. Sie hets vo ihrem Vatter gha: Dä isch derby gsi wo si der Landerer ab em Ross grisse hai bi der Greingruebe. Er het vo däm Länderer es guldigs Hemmlischnöpfli heibrocht. Ein haig im Landerer, woner am Bode glägen isch, dür Gras ins Muul gschoppet – dä haig nämlig einisch loverlut, d Buure selle Heu und Strau frässe. Arisdorf-Olsberg Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom Dummhansel

Source: Vom Dummhansel

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In einer schwarzen Schindelhütte lebten einst Vater und Mutter mit ihren drei Söhnen. Der jüngste hiess Hans, und weil er ein wenig einfältig war, trieben die älteren Brüder manchen groben Spass mit ihm. Auch nannten sie ihn nur den Dummhansel. Die Eltern waren beide schon alt. Deshalb beschlossen sie, ins Hinterstübchen zu ziehen. Ausser dem Haus besassen sie aber nur etwas Weidland, ein mageres Äckerlein und ein Stück Wald. Da lohnte es sich nicht, das Gut unter den drei Söhnen zu teilen. Weil sie aber alle drei Kinder gleich gern hatten, wussten sie nicht, wem sie den Vorzug geben sollten.  Eines Tages mähten sie im Wiesland das Gras. Da sagte der Vater zu den dreien: «Jetzt seid ihr alt genug, euch eine Frau zu nehmen. Aber es kann nur einer im Haus bleiben, für drei ist der Raum zu eng. Die anderen müssen fort!»  Die Mutter stellte es schlauer an. Sie stieg auf die Laube und zupfte aus dem grossen Bündel, der vom Giebel herunterhing, drei Handvoll Flachs. Jedem der Söhne gab sie ein Büschel und sagte: «So, jetzt geht damit zu euren Mädchen und lasst den Flachs spinnen. Wer mir das schönste Garn zurückbringt, der soll heiraten und das Gütchen in Besitz nehmen.»  Die älteren beiden Brüder dachten: So fein wie mein Mädchen spinnt keines, ich werde schon gewinnen! Einzig der Hans hatte keine Liebste und wusste nicht, was er tun sollte. Er stopfte den Flachs in die Tasche und schlenderte bedrückt ins Feld hinaus. Was blieb ihm jetzt wohl übrig, als bei fremden Leuten Arbeit zu suchen! Er lief und hörte die Lerchen trillern, er sah die Libellen über dem Bach tanzen, und darüber vergass er bald seinen Kummer. Auf einmal vernahm er eine Stimme, die rief: «Wo willst du hin, Hans?» Er blickte sich um, konnte aber weit und breit keinen Menschen entdecken. Also schritt er weiter auf dem sumpfigen Boden, doch nun rief es zum zweitenmal: «Wo willst du hin, Hans?» Schrei du nur, dachte er und setzte seine Wanderung fort. Doch als noch einmal ganz laut sein Name gerufen wurde, ging er einige Schritte zurück. Jetzt bemerkte er eine Kröte, die auf einem grossen Blatt sass und wie ein Mensch zu ihm redete: «Wo willst du hin, Hans?» Ohne langes Bedenken zog er das Büschel Flachs aus der Tasche und sagte: «Die Mutter meinte, ich solle eine Spinnerin suchen, die mir schönes Garn daraus spinne. Aber da ich keine kenne und bald von daheim fort muss, bin ich noch einmal hier an den Bach gekommen.»  Da hüpfte die Kröte näher und rief: «Gib mir den Flachs, gib, gib!» «Was willst du damit anfangen?» fragte er erstaunt. «Gib nur her, ich will ihn dir spinnen, und wenn die Brüder ihr Garn abholen, kannst du auch deines in Empfang nehmen!» Da dachte der Hans: Es kommt auf eines heraus, ob ich mein Büschel herumtrage oder ins Wasser werfe. Also warf er es der Kröte zu. Die schnappte es hurtig mit ihrem Maul und hüpfte damit in die Binsen.  Auf Nimmerwiedersehen, dachte Hans, und er musste lachen über seine Dummheit. Im Moos hatte er nasse Füsse bekommen, darum kehrte er um und ging nach Hause. Doch keinem Menschen verriet er etwas von der Kröte. «Nun Dummhansel, hast du irgendwo ein Krummbein gefunden, das dein Garn spinnt!» spotteten die Brüder, und untereinander sagten sie:  «Wenigstens darf er auch nicht bleiben, wenn einer von uns das Haus verlassen muss. So werden wir endlich den dummen Tropf los!»  Endlich kam der Tag, wo das Garn abgeholt werden musste. Die bei den Brüder liefen davon, jeder zu seiner Liebsten. Hans hatte die Kröte schon halbwegs vergessen, aber da ihn die Mutter auch wegschickte, wanderte er zum Moosgrund hinaus. Und als er zu der Stelle kam, wo die Kröte gesessen hatte, was musste er da erblicken? Da hing wirklich sein Garn an einer 5 taude und glänzte in allen Farben. Nie hätte er geglaubt, dass man so feines Garn spinnen könne. Vorsichtig begann er es aus den Zweigen zu lösen und wollte es nach Hause tragen. Doch jetzt hörte er rufen: «Wo willst du hin, Hans?»  Ach ja, die Kröte, dachte er und kehrte sich um. Wie das erstemal sass sie auf dem grossen Blatt und glotzte ihn mit den runden, feuchten Augen an.  «Du wirst das Haus erhalten», sagte sie, «und dann kannst du heiraten. Hast du auch eine Liebste?»  «Wie sollte ich eine Liebste haben», entgegnete Hans und wurde traurig dabei, «mich sieht doch keine an!»  «Gut», sagte die Kröte, «dann heiratest du mich und wirst es nicht bereuen.  Geh sogleich zum Pfarrer und bestelle das Aufgebot! Wenn er zuerst nicht will, dann bestehe nur ernsthaft darauf. Suche auch einen Schneider auf und lass für dich und mich ein Hochzeitskleid anfertigen. Bestimme den Hochzeitstag und hänge das Kleid im Vorraum der Kirche auf.»  «Und wie soll dein Kleid aussehen?» fragte Hans.  «Sage dem Schneider nur, es sei für eine Grafentochter, er soll das schönste Tuch dazu nehmen. Wenn dann der Trauungstag ist, warte vor der Kirche. Wenn du ausharrst, werde ich ganz gewiss kommen.»  «Das will ich schon tun», sagte Hans guten Glaubens, «gewiss harre ich aus.» Nun wanderte er eilig nach Hause und wies der Mutter das Garn vor. Sie prüfte es und verglich es mit den Strängen der Brüder, die längst daheim waren. Dann sagte sie: «Ei wie fein, Hans, was hast du für eine geschickte Liebste! Dein Garn ist wahrhaftig das schönste. Nimm das Haus und bestelle die Hochzeit. Ihr anderen müsst ausziehen!»  Wie zogen die Brüder jetzt schiefe Gesichter! Noch am gleichen Tag gingen sie ohne Abschied davon. Hans aber ging zum Pfarrer und bat ihn, auf der Kanzel das Aufgebot zu verkünden.  «Mit wern?» wollte der Pfarrer wissen. «Mit der Kröte im Moosgrund», erwiderte Hans und verzog keine Miene. Der Pfarrer aber glaubte, er wolle ihn zum besten halten und schüttelte erbost den Kopf. «Mit solchen Dingen treiben nur Narren Spass», sagte er. Aber Hans bestand darauf, dass er getraut werde, und schliesslich musste der Pfarrer nachgeben und ihn einschreiben.  Nun lief Hans zum Schneider und bestellte die Hochzeitskleider. Auch der Schneider sah ihn zuerst von der Seite an, indem er mit der Schere ins Leere klapperte. Aber als Hans versicherte, die Gewänder würden pünktlich bezahlt werden, nahm er sogleich die Masse.  War das ein Tag, als Hans ganz allein zur Hochzeit in die Kirche schritt!  Von allen Ecken und Enden kamen die Leute. Die einen meinten, Hans sei wohl völlig übergeschnappt, andere behaupteten, er wolle das ganze Dorf zum Narren halten. Oben hinter der Orgel sassen versteckt die beiden Brüder mit ihren Mädchen. Sie schämten sich zwar wegen dem Dummhansel, aber ihre Neugier konnten sie nicht bezähmen.  Das weis se Kleid der Braut hing im Vorraum der Kirche, und alle konnten es bewundern. Doch plötzlich gerieten die Leute in Bewegung. Der Pfarrer erschien auf der Schwelle. Streng blickte er auf den dastehenden Hans, aber da fing drinnen die Orgel wie von selber ganz leise zu spielen an. Und jetzt hüpfte in langen Sprüngen eine braune Kröte die Treppe herauf. Die Leute wichen zurück, streckten und reckten die Hälse, während der Pfarrer empört die Augen schloss.  Die Kröte hatte den Vorraum erreicht und tat einen grossen Satz hinauf an das weisse Kleid. Das fiel geräuschlos vom Nagel und deckte das Tier zu. Fast im gleichen Augenblick stand eine Jungfrau an der Kirchenschwelle, mit rosigen Wangen und kastanienbraunem Haar. Sie bot Hans den Arm und blickte ihn so freundlich an, dass sein blasses Gesicht über und über errötete. Dann gab sie dem Pfarrer ein Zeichen, und sie traten in die Kirche.  Das war nun ein Schauspiel, wie man im Dorf noch kaum erlebt hatte. Als die Trauung be endet war, setzte voll und mächtig die Orgel ein. Hans aber führte seine Frau am Arm hinaus und zur Schindelhütte, wo für beide ein langes und glückliches Leben begann.  AUs: F. Senft, Die Nidelgret und andere Märchen aus der Schweiz,  Zürich,  1980, Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom Egelsee

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Vom Egelsee Auf der Höhe des Hasenberges, wo sich jetzt alter Wald im gemiedenen Gewässer des kleinen Egelsees spiegelt, stand früher einmal ein Schloss. Man nannte die Feste „Bauernweh“, weil der Tyrann Niko, der dort hauste, die Bewohner des nahen Limmat- und Reusstales unbarmherzig bedrückte und aussog. Seine Herrschaft reichte vom Schloss Schönenwerd bis nach Bremgarten und Baden. Eigentümlicherweise waren seine Rechte beschränkt; von Samstag mittag bis Montag mittag, von Mittagläuten zu Mittagläuten, war seine Macht ausgeschaltet, gebrochen. Dieser grausame Herr schickte einen noch viel grausameren Vogt mit einer Schar von Knechten durchs Land, um Zins und Zehnten einzutreiben. Wer nicht sogleich bezahlte, den liess er unbarmherzig in die Gewölbe seiner Burg werfen. Als die Gewalttätigen einst am Samstag abend aus dem Limmattal heimkehrten, sahen sie zu Kindhausen bei einer Witwe mit sieben Kindern noch Licht. Auch sie hatte aus Armut dem Vogt die geschuldeten Abgaben nicht entrichten können. Da rief der Wüterich: „Die Alte hier hat auch die Pacht vergessen! Nehmt ihren Plunder als Ersatz!“ Sogleich packten die Knechte Hab und Gut der Witwe zusammen und trieben die Mutter samt den Ihrigen aus der Hütte. Nur eine Hand voll Mehl wollte sie mitnehmen zum Brei für ihr Jüngstes. Man riss ihr dieses aus dem Arm und warf es in das unterdessen angezündete Haus. „Nun braucht es keinen Brei mehr!“ höhnte der Vogt und ritt hinweg. In ihrem Schmerz rief die Mutter den Himmel um Strafe an: „Wänn nu de Tunner di und dini Burg in Boden ie verschlüeg!“ Noch in derselben Nacht erhob sich ein furchtbares Ungewitter. Es regnete Blitzschläge auf das Schloss herab, und unter Krachen versank es mit Mann und Maus hundert Klafter tief in den Boden hinein. Am darauffolgenden Sonntag morgen lag ein dunkelgrüner See an jener Stelle. Der See aber ist von einem Rankenwerk geheimnisvoller Erzählungen umstrickt. Ist er besonders klar, dann kann man tief unten die Ziegel des versunkenen Schlosses erkennen. In seiner Umgebung geistern immer noch der Vogt und seine Hunde. Gelegentlich versperren sie einem einsamen Wanderer den Weg. Am Ufer des Seeleins findet man Mauerreste, die von einer versunkenen Stadt herrühren sollen. Wirft man solche in das Wasser, so steigt er auf und überschwemmt das ganze Land. Die vielen Blutegel im See sollen beweisen, dass hier viel unschuldiges Blut geflossen ist. Der Egelsee war einst doppelt so gross. Man sagt auch, er sei unergründlich und friere nie zu. In den letzten Jahren ist er zwar trotzdem zugefroren. Dass er langsam verlandet, ist Tatsache. Auf Befehl des Ritters sollte der See ausgemessen werden. Als sich die Vermesser ans Werk machen wollten, rief eine Stimme aus der Tiefe des Wassers: „Missisch du mich, so friss ich dich!“ Kaum war dies gesprochen, verschwand das ganze Schloss samt Ritter in den Wellen. Von diesem Augenblick an getraute sich niemand mehr, die Tiefe dieses Sees auszuloten. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Limmattal Aus den „Sagen aus dem Limmattal“. Quellen sind dort nicht angegeben. Laut Vorbemerkung wurden die Sagen durch Sekundarlehrer K. Klenk „durch Schulaufsätze“ gesammelt. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom Erdboden verschlugen

Source: Vom Erdboden verschlugen

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Auf dem Geilenbüel in Schattdorf hausten drei alte, geile Meitli, die nie zur Kirche gingen und über alles Religiöse spöttelten. Eines Sonntags aber, als sie während des Gottesdienstes wieder Gugelfuhr trieben, wurden sie plötzlich vom Erdboden verschluckt. Man zeigt noch die Stelle, wo das geschehen. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom Farnsamen

Source: Vom Farnsamen

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Auf der rechten Seite des Plasselbschlundes liegen die Tatüren. Das waren einst drei schöne Bergweiden mit Alphütten. Heute sind sie mit Wald bepflanzt. Sie gehörten vor langer Zeit einem Herrn aus der Stadt. Er war ein bisschen Sonderling. Die Leute nannten ihn den „Doktor“, weil er während seines Sommeraufenthaltes in den Tatüren beständig Heilpflanzen sammelte und daraus Tränklein und Salben bereitete, womit er alles Bresthafte an Menschen und Tieren kurierte. Ein alter Hirt machte ihn einst mit der Wunderkraft des Farns bekannt. Er erzählte ihm folgendes: „Am Santihanstag, genau um Mitternacht, da blüht und verblüht der Farn. Der Samen, der sich bildet, ist winzig fein wie Stäubchen und fällt sogleich zur Erde. Das ist jammerschade, denn er besitzt eine wundersame, geheime Kraft. Wer ihn besitzt, der versteht die Sprache der Tiere, liest die Gedanken der Menschen, heilt jede Krankheit, schlägt aus Steinen Gold, weiss alles und kann alles. Leider ist es ungemein schwer, diesen Samen zu bekommen, denn wer seine Wunderkraft kennt, der kann ihn nicht gewinnen. Der neidische Teufel, der den Menschen jedes Glück missgönnt, hütet das Farnfeld. Nur der Ahnungslose und Unwissende kann in seinen Besitz gelangen. Als der Doktor das hörte, beschloss er, die Probe zu machen. In der nächsten Johannisnacht begab er sich an den nahen Wald, wo sich ein weites Farnfeld ausdehnte. Es war eine helle, klare Mondnacht, und kein Wölklein stand am Himmel. Der Doktor hatte Tücher mitgenommen. Er legte sie sorgfältig unter die Farnstauden, damit der Samen darauf falle. Nun war es Mitternacht. Da erhob sich urplötzlich ein furchtbares Gewitter. Es blitzte und donnerte unaufhörlich. Regen und Hagel prasselten hernieder. Der Sturmwind ergriff die Tücher und blies sie weit fort über den Wald hinüber. Ein Blitz spaltete den nächsten Baum und schlug den Doktor zu Boden, wo er besinnungslos liegen blieb. Als er erwachte, blickte ein freundlich blauer Himmel auf ihn hernieder, und die letzten Sterne erloschen eben im rosigen Dämmer des Morgens. Hatte er geträumt? Ach nein! Da lag ja der zersplitterte Baum neben ihm und zeugte von Wirklichkeit. Doch der Doktor liess sich nicht entmutigen. Im folgenden Jahre unternahm er einen neuen Versuch. Auch dieser misslang. Die Elemente tobten noch ärger als das erste Mal. Und noch ein drittes Mal zog der Mann in der Johannisnacht ins Farnfeld. Aber er hätte sein Wagnis bald mit dem Leben bezahlen müssen, denn es raste ein Sturm, und Blitze zuckten, als ob es Feuer regnete. Jetzt sah der Doktor ein, dass es dem Wissenden wirklich nicht möglich sei, den Farnsamen zu gewinnen. Also musste er einem Unwissenden diese Aufgabe übertragen. Das machte er so: In der nächsten Johannisnacht weckte er eine halbe Stunde vor Mitternacht den Knecht und sprach zu ihm: „Mathis, hole in der obern Hütte droben den Muni. Er ist heute verkauft worden und soll morgen früh in die Stadt geführt werden.“ Der Herr wusste, dass der Knecht gewöhnlich seinen Weg durch das Farnfeld nahm. Er hoffte, es würde dem Ahnungslosen Farnsamen in die Schuhe fallen, und er könnte dann dieses kostbare Gut mühelos bekommen. Mathis tat wie ihm befohlen. Mutterseelenallein wanderte er in dunkler Nacht zum obern Stafel hinauf, band den Stier los und führte ihn behutsam bergab. Als er durch den hohen Farn schritt, schlug es irgendwo ganz in weiter Ferne die Mitternachtsstunde. Da fühlte er auf einmal einen heftigen, stechenden Schmerz am Fusse. Er blieb stehen und horchte in die Nacht hinaus. Der Hund bei der oberen Hütte bellte, und der bei der untern gab ihm Bescheid. Aber sie bellten nicht wie sonst. Der Knecht lauschte gespannt. Nein, wirklich, sie bellten nicht, - sie redeten miteinander. Ganz deutlich verstand er jetzt ihr Zwiegespräch: „Du, du“, rief der Hund im oberen Stafel. „Was, was?“ antwortete der im unteren. „Du muescht guet hüete.“ „Worum, worum?“ „As chäme jetz de Schelme.“ „Das isch mier glich, i hüete nüt.“ „Worum de nit?“ „Ebe los: D’ Herrschaft het hüt Chnuttelini z’ Nacht ghäbe, un üs hi si a kiner ggä.“ „So, so, isch das wahr?“ „Woleppa!“ „Ebe guet, de hüeten i egschpräss o nüt.“ Das Hundegebell verstummte. Mathis war sonderbar zu Mute. So etwas hatte er noch nie erlebt. Grausen packte ihn, und er suchte so schnell als möglich die Hütte zu erreichen. Doch kaum war er einige Schritte weitergegangen, da wurde der Schmerz im Fusse immer heftiger und unerträglicher. Es war ihm, als steckten feurige Nadeln im Schuh. Mit Aufbietung aller Kräfte schleppte er sich bis zum nächsten Zaun und band den Stier fest. Dann warf er sich zur Erde, zog den Schuh ab, klopfte ihn an einem Zaunstocke aus und legte ihn wieder an. Jetzt war der Schmerz verschwunden. Er setzte den Weg fort, kam bald darauf bei der untern Hütte an, band den Muni in den Stall und legte sich zur Ruhe. Am andern Morgen weckte der Herr seinen Knecht schon früh und fragte ihn, ob er mit dem Stier gut heruntergekommen, und ob ihm nichts widerfahren sei, denn in der Johannisnacht sei es nicht geheuer. Da begann Mathis sein Abenteuer zu erzählen. Als er aber sagte, er habe den Schuh an einem Zaunpfahl ausgeklopft, da sprang der Doktor auf und rief: „0 weh, o weh! Mathis, was hast du getan. Unser beider Glück hast du verscherzt. Die reichsten Männer der Welt wären wir geworden und hätten nicht mehr arbeiten müssen. 0, wie schade, wie schade.“ Der gute Knecht stand sprachlos und mit offenem Munde da und wusste nicht, was das bedeuten sollte. Jetzt eilte noch die Magd herbei und meldete voll Aufregung, es seien in der Nacht Schelme dagewesen. Die Gadentüre sei aufgebrochen und der Anken gestohlen worden. „Ich hab’s gewusst, dass Diebe kommen“, stotterte der Knecht, „die Hunde haben`s ja einander zugerufen.“ „Wer? Die Hunde?“ rief die Magd, schüttelte den Kopf und konnte nicht verstehen. Flugs zeichnete sie ein Ringlein auf die Stirne, als hätte der arme Mathis ein Rädchen zu viel im Kopfe. Doch der Doktor liess seinen braven Knecht nicht beschimpfen. Er verriet ihm vorerst die Geheimnisse des Farnsamens und fuhr dann fort: „Diesen Zaubersamen, der so unendlich schwer zu erringen ist, den hattest du in deinem Schuh und hast ihn wieder hinausgeklopft. Nun bist du wissend geworden und kannst ihn nie mehr gewinnen. Nun ist es aus mit dem mühelosen Reichwerden. Nun müssen wir beide wieder arbeiten wie zuvor. Doch, das soll uns nicht betrüben. Ich bin überzeugt, es ist sogar besser für uns. Nach ewigem, göttlichem Gesetz ist der Mensch zur Arbeit geschaffen wie der Vogel zum Fluge. Die Arbeit hält unsern Körper gesund und unsern Geist frisch. Sie gibt unserem Leben Ziel und Inhalt. Sie schenkt uns immer wieder neue Freuden. Darum komm, Mathis, lass uns wieder an die Arbeit gehen, du zu deinen Kühen, ich zu meinen Kräutern. Den Farnsamen lassen wir für immer und ewig bleiben, wo er ist.“   Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch    


by Vom Fehdistock

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Mein Grossvater, damals etwa 13 oder 14 Jahre alt, wanderte einst mit seinem Vater in der Nähe des Fehdistockes im Meiental. Sie mussten sich aber trennen und gesonderte Wege einschlagen. Auf einmal befand sich der Bub auf einem Platze, der weit und breit mit herrlich goldglänzenden Strahlen bedeckt war. Sie blendeten ihn geradezu. Als er wieder mit seinem Vater zusammentraf, erzählte er ihm sein Erlebnis. Gemeinsam suchten sie die Stelle wieder auf, konnten sie aber nicht mehr finden; der Bub hätte etwas auf dem Platze zurücklassen sollen. – Das ist denn aber eine wahre Begebenheit! Ja, vom Fehdistock hennt diä Altä vo Wunder taa, wiä da chostbari Sachä dri wäret. Fr. Baumann, 33 Jahre alt, Meien Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom feurigen Männlein

Source: Vom feurigen Männlein

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Dass es auf dem Urnerboden feurige Männlein gibt, hat man zu allen Zeiten gewusst. Freilich lassen sie sich nur in stillen, dunklen Nächten blicken und verschwinden im Morgengrauen, und so sind sie selber schuld, dass kaum einer genau weiss, wie sie aussehen. Aber einmal, an einem schönen Sommerabend, traf es sich, dass doch ein paar Sennen ihnen von einer Wand hoch oben herunter bei ihren Spielen zusehen konnten, ohne dass sie es merkten. Sie erzählten anderntags, dass zuerst so ein Männchen von den Planggen beim Mattenzwang hergekommen sei, in lauter kurzen Sprüngen über das Wiesland, dann sei ein zweites erschienen vom Fätschbach her. Sie hätten aus allen Rippen feurig gelodert und seien alles in allem in ein feuriges Gewändlein eingekleidet, aus dem Maul aber sei ihnen gälliges Feuer geschossen, so dass sie sich beinahe gefürchtet hätten. Beide seien so hin und her durch das Gras gezüngelt, als ob sie einander suchen würden; wie sie sich dann aber erschwickt hätten, da seien sie in einem Hui aufeinander losgeschossen, bis sie in einem haushoch aufstiebenden Flammenstoss und einem argen Klapf verschwunden seien. Der alte Ratsherr, dem sie dann die unheimliche Geschichte berichtet haben, hat nur den Kopf dazu geschüttelt und kein Wort gesagt; aber erzählt hat er den Handel in allen Dörfern.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Vom Firstbaum

Source: Vom Firstbaum

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Als der Zimmermann beim Bau des Hauses im Roffeien zu Bürglen mit dem Holzschlägel den ersten Streich auf den Dubel führte, um den Firstbaum in der Hauswand zu befestigen, schlug es Feuer. Da meinte er, das gefalle ihm nicht, und liess einen andern Firstbaum herbeiholen. Aber es ging noch einmal so, und ein dritter Firstbalken musste herhalten. Als es auch bei diesem wieder »gneischtete«, sagte der Zimmermann, jetzt könne er nichts mehr dagegen machen, jetzt müsse der Baum bleiben. Nicht viele Jahre später verbrannte das Haus. Jos. Gisler, 61 Jahre alt, Spiringen  Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom Fischer Bachs

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Vom Fischer Bachs Es ist bereits erzählt worden vom Fischer Bachs, der den Grafen von Toggenburg mit zwei anderen ertränkte. Doch getraute er sich vorerst nicht, seine Tat bekannt zu machen . . . Erst als man den Verrätern durch die Häuser lief und ihnen alles nahm, was sie hatten . . . , trat er vor den Rat und sprach: „Herr Bürgermeister, ich bin ein Fischer, wie ihr wisst. Nun habe ich drei Fische in einer Reuse. Da bitt ich, ihr wolltet die Fische nehmen und mir die Schuppen lassen.“ Man gab ihm Leute mit, mit denen er dahin fuhr, wo die Ertrunkenen lagen. Sie wurden herausgezogen, Bachs nahm ihnen das Gut, das sie auf sich trugen, und liess den andern die Leichen. . . . Bachs liess später an dieser Stelle, wo er die drei ertränkt hatte, ein gemauertes Bildhäuschen aufrichten. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Nach Brennwald I, 189, ins Neuhochdeutsche übertragen, gekürzt. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom Gauliweiblein, Engstlenfräulein und Geissmaidlein

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Ein Schweizer aus dem Berner Oberlande war einst vor einer ziemlichen Zeit auf Reisen in der Fremde und eines Abends kehrte er in einer abgelegenen Hütte ein, wo ihn ein alter Mann mit Gastfreundschaft empfing. Nach mancherlei Gesprächen gab der Greis sich dem Wanderer als einen Oberhasler zu erkennen, den der Kummer von der Heimat in das Ausland getrieben. Ihm waren drei schöne Töchter verfluchet worden; und bis auf diesen Tag sind alle drei, von der Bezauberung noch unerlöst, auf hohen Haslerbergen, wo sie oft mit Spuk sich zeigen. Zuerst im Gauligletscher haust das Gauliweiblein, und erscheint, von einem Hündchen begleitet, oft den Sennen in dem hintern Urbachtal. Zum zweiten irrt das Engstlenfräulein an der Engstlenalp zuhinterst in dem Genteltal und von den Hirten gar viel Mal erblickt. Zum dritten weilt das Geissmaidlein auf den Höhen des schönen Hasliberges, und hat wohl öfters schon einsame Knaben angelockt zum Buhlen. Doch, als es noch vor kurzem mit einem hübschen still gearteten Jungen auf den Heuboden einer Scheune steigen wollte, ließ es ein paar Geissfüsse sehen, und der bang erschrockene Jüngling schlich seitab von dannen, weil bei diesem Anblick ihm nicht mehr geheuer war. Wie dieser dreifache Zauber zu lösen sei, weiss wohl der Alte nur, der in der Fremde wohnt; doch hat er niemandem noch es mitgeteilt, und niemand weiss, wo er zu finden, niemand ob er noch am Leben sei. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Vom Girenbad ob Hinwil

Source: Vom Girenbad ob Hinwil

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Vom Girenbad ob Hinwil „Wie die gar Alten des Orts fürgeben, soll das Bad auch ein Gyr anfänglich gefunden haben, welcher in selber Gegend, bei des Badwassers Ursprung ersehen worden, als er sich auf eine Zeit darinnen erlabet und gebadet.“ * Ein Geier habe einst ein Bein gebrochen oder geschädigt, das kranke Glied im dortigen Wasser gebadet und sich bald wieder des besten Wohlseins erfreut. Solches sei von einem aufmerksamen Bewohner der Gegend beobachtet worden, und er habe, dem Wasser heilkräftige Wirkung zuschreibend, ein Bad hergerichtet, welches bald Zuspruch fand und „Girenbad“ genannt wurde. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland 1. Abschnitt aus Mskr. L. 464, Zentrabibl. Zürich. 2. Abschnitt Stauber, S. 55, wörtl. Stumpf, Chronik; Mem. Tig. 1742; A. Näf, Geschichte der Kirchgemeinde Hinwil, S. 90; Jahrheft der Antiquarischen Gesellschaft Hinwil 1934, S. 12 - 17, und 1950, S. 26/27. Man kann die Geschichte des Bades bis zum Jahre 1364 zurückverfolgen, ohne bis zur Gründung vorzustossen. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom Gold in der Baarburg

Source: Vom Gold in der Baarburg

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In den geheimnisvollen Schächten und unbekannten Höhlen der Baarburg soll ein ungeheurer Reichtum von purem Gold zu finden sein. Doch das Graben nach diesem köstlichen Metall ist von unheimlichen Gefahren umdüstert und die Behörden hatten schwere Strafen auf das Schatzgraben gesetzt, da man fürchtete, das ganze Dorf Baar käme in Gefahr und Unglück. Damals erschienen oft dunkle, fremde Gäste im Land, die nach Gold suchten und sich auf geheimnisvolle Künste verstanden. Man nannte sie einfach Venediger. Ein solcher Venediger kam einst auch ins Dorf Baar und bat um die Erlaubnis, in der Baarburg nach Gold zu suchen und zu graben. Er versprach als Gegengabe den Baarern eine so grosse Goldkette zu schenken, dass man die ganze Baarburg damit umspannen könne. Aber die Angst vor dem drohenden Unglück beim Goldgraben war grösser als die Lust nach der grossen Goldkette des Venedigers und so blieb das Gold in der Baarburg bis auf den heutigen Tag. Quelle: Hans Koch, Zuger Sagen und Legenden, Zug 1955, S. 47 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom Goldloch 

Source: Vom Goldloch 

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Wenn man vom Spitalgantrisch gegen den Känel wandert, so sieht man rechterhand die Weisse Fluh. An ihrem Nordwesthang liegt hoch oben auf einer kleinen Felsplatte das Goldloch. Trosseln und Vogelbeerstauden verdecken es. Das Goldloch ist ein 1 - 12 m tiefer Felsschacht, einem Sodloch ähnlich. Ein verwegener Jäger stieg einst in die Tiefe dieser Höhle hinab. Da unten fand er einen Gang, der in das Innere des Berges führte. Dort war ein grosser, dämmerig beleuchteter Raum, und in dessen Mitte stand - o welche Pracht - eine Tanne aus reinem Gold. Wie ein Kind vor dem Christbaum, so stand der Jäger da, ganz versunken in den Anblick des funkelnden Baumes. Doch plötzlich schrak er zusammen. Tap-tap-tap kam es wie langsame, schwerfällige Schritte immer näher, und das Echo davon tönte wie ganz fernes Donnerrollen durch den Berg. Dem Jäger gruselte es. Eiligst brach er sich eine Handvoll Zweige von dem goldenen Baume und stürzte dem Ausgange zu. Aber er schlug bald hier, bald dort mit dem Kopf an den Fels, und mit Entsetzen musste er feststellen, dass der Gang immer enger und enger wurde. Jetzt kommt er dem Schacht näher. Schon sieht er das Tageslicht schwach durch die Öffnung leuchten. Aber diese Öffnung des Ganges ist kaum mehr zwei Spannen breit. Schon fühlt er den Fels an Brust und Rücken. Noch zwei Schritte, dann ist er draussen. Todesangst packt ihn. Kalter Schweiss rinnt von seiner Stirne. Die goldenen Zweige entsinken seiner Hand. Die Finger krallen sich in die Felsritzen und suchen einen schwachen Halt. Die Füsse stemmen sich gegen die Wand. So schiebt er sich ruckweise wieder ein Stück vorwärts. Noch einen Schritt, dann ist er im Schacht. Aber der Gang verengt sich noch mehr. Jetzt ist er nur noch eine Spanne breit. Der Jäger ist förmlich eingeklemmt. Sein Atem stockt. Da fühlt die eine Hand den Rand des Felsens und umklammert ihn krampfhaft. Ein Ruck - und halb erstickt, zerschunden und blutüberströmt taumelt er in den Schacht. Gerettet. Nach dem Gold im Berge gelüstet ihn fortan nicht mehr. Aber dieses Abenteuer weckte in andern Leuten die Sucht nach Gold. Denn Gold bedeutet Reichtum, Macht und Lebensgenuss. Im Laufe der Jahre ist noch mancher in den dunklen, gähnenden Abgrund des Goldlochs hinab gestiegen, in der Meinung, die Stunde des Glückes könnte ihm, ja gerade ihm doch endlich schlagen. Ging es nicht mit manchen grossen Erfindungen und Entdeckungen auch so? Dutzende, vielleicht hunderte suchten und probierten vergebens - und plötzlich gelang es einem. Könnte es nicht auch hier so sein? Es stiegen immer wieder andere voll Hoffnung in die dunkle Höhle und kehrten enttäuscht ans Tageslicht zurück. Keinem wollte sich der unterirdische Gang öffnen, und keiner hat den goldenen Baum je wieder gesehen.  Vor vielen Jahren machten vier Männer aus Plaffeien nochmals den Versuch, das Geheimnis des Goldlochs zu erforschen. Mit Leitern stiegen sie in die Tiefe des Schachtes und fanden noch verschiedene Spuren früherer Schatzgräber. Mit dem Pikel grub einer den Boden auf, die Erde schaufelte er in einen Kessel, der von den Gefährten an einem Seil ans Tageslicht gezogen wurde. Während er da drunten grub, hüpfte plötzlich eine kleine Kröte im Loch herum. Er nahm sie auf die Schaufel und warf sie in den Kessel. Dieser wurde hinaufgezogen, und Erde und Kröte über die Felswand geschüttet. Der Mann in der Tiefe pickelte und schaufelte weiter. Nach einiger Zeit lag vor ihm wieder eine grössere Kröte. Ahnungslos brummte er: „Hier sollte es ‚Chrotteloch‘ heissen und nicht ‚Goldloch‘“. Dann schaufelte er das garstige Tier in den Kessel, deckte es mit ein paar Schaufeln Erde zu und gab das Zeichen zum Aufziehen. Der Inhalt des Kessels wurde wieder über die Felswand hinabgeschüttet. Der Schatzgräber pickelte und schaufelte frohgemut weiter. Doch plötzlich wackelte vor ihm abermals eine Kröte, ein riesiges Tier. Es schien, als wäre sie aus der Tiefe emporgetaucht. Sie war so gross wie die Schaufel. Sie glotzte den Mann mit giftig grünen Augen an, blähte sich bedrohlich auf und wurde immer grösser und dicker, bis sie zuletzt fast die ganze Bodenfläche überdeckte. Da packte den Goldgräber das Entsetzen. Er zweifelte nicht daran, dass sich ein Teufel in der Kröte verberge. Schleunigst ergriff er die Werkzeuge, kletterte wie gehetzt die Leiter empor und verliess mit seinen Gefährten in wilder Flucht die Stätte des Grauens. Seither ist es still geworden um das Goldloch. Nur scheue Gemsen suchen dort unter den Trosseln und Vogelbeerstauden etwa noch Schutz vor brennender Hitze oder vor Verfolgern. Hie und da klettert auch ein wundriger Wanderer hinauf, um droben einen Blick in die unheimliche, dunkle Tiefe zu tun. Oder lockt ihn vielleicht immer noch der goldene Baum?   Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch  


by Vom grüene Manndli

Source: Vom grüene Manndli

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Vom grüene Manndli a) Vom grüene Manndli hei sie albe früeher viel brichtet. Einisch heig es es Ching gno u’s i ’s Wasser gschosse. Jo, was äs do machi. He, für das sig’s nüt schad; das hätt nume es nütnutzigs Ching gä. b) Mit eme Charer het es au z’tüe gha. Dä het gäng d’Ross gchlepft. Du het ihm öpper gseit, wen är gsäch, was är gseih, är chlepfti d’Ross minger; äs chöm es grüens Manndli nohe u schrieb’s uf, wen er d’Ross zwicki. c) Alli Johr isch amenen Ort eso es Fescht gsi; i weiss bim Tütschel nid was für eis. Do isch imene Hus e Bueb gsi, wo au gäng z’Sattel a d’ Luschtbarkeit gangen isch. Wo-n-er du einisch uf em Heiwäg gsi isch, het nen es grüens Manndli ufgha u gseit, wen er no meh gang, so gangs de, wie’s gang; är wöll ihm zeige wohi. Druf isch er mit ihm in es grosses Hus, wo mehreri Ghälter gha het, u Brünnlig sige mehrfach do drinne gsi. ’s Johr druf het du dä Bueb nümme welle goh; aber die angere hei an ihm gchäret, un am Änd het er si lo überrede. Am Fescht sig er no gsi; aber uf em Heiwäg heig ne ’s grüene Manndli gno; do heig alls Wehre vo den angere nüt abtreit. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom gschide Chiristi und vom Lappihans

Source: Vom gschide Chiristi und vom Lappihans

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  In einem entlegenen Bergdorfe lebte einst ein wohlhabender Bauer. Der hatte zwei Söhne; Hans und Christof hiessen sie. Hans war ein gutmütiger Träumer, nicht dumm, aber auch nicht witzig. Er vergass sich oft und konnte stundenlang einem Vöglein zuschauen, das die Jungen fütterte, oder einem Wurm, der über den Weg kroch, oder einer Ameise, die ein Körnchen schleppte. Bei der Arbeit blieb er nicht selten stehen, um den andern zuzuschauen. Wenn dann der Vater mahnte: „Heh, Hans, gehörst du auch zu uns?“ - dann erwachte er aus seinem Traume, griff zu Gabel oder Rechen und schaffte mit. Christof, sein Bruder, war ganz anderer Art. Er arbeitete fleissig, war besonnen und wusste überall seinen Vorteil wahrzunehmen. Besondern Spass machte es ihm, wenn er seinen Bruder im Handel übertölpeln konnte. Dann sagte der Vater jeweils: „Christi, das hast du gescheit gemacht; der Hans aber ist ein Lappi.“ So kam es, dass die Brüder nur noch der „gschid Christi“ und der „Lappihans“ hiessen. Wenn jemand etwas Dummes anstellt, so lachen die Leute noch lange darüber und erzählen es weiter; aber etwas Kluges übergehn sie schweigend. Darum werden Lappihansens Albernheiten noch heute erzählt, während die Schlauheiten des gschiden Christi längst vergessen sind. Einst arbeiteten der Vater und der Christi auf einer entlegenen Bergmatte. Hans sollte ihnen das Mittagessen bringen. Es gab Chnuttelini und Reisbrei. Als er so des Weges ging, sprang plötzlich ein Hund hinter einem Hause hervor, bellte ihn an und fletschte die Zähne. Hans meinte, das Tier wolle ihn zerreissen. In der Todesangst suchte er nach Steinen, fand aber keine. Da griff er in den Korb und schleuderte ein braungebackenes, knusperiges Chnutteli gegen den Hund. Der stürzte sich darauf und verschlang es. Dann knurrte und bellte er von neuem, und Hans warf ihm das zweite Stück. So ging es fort, bis alle Kugeln verschossen waren. Jetzt endlich ergab sich die Bestie und zog sich mit einem gerundeten Bauch hinter das Haus zurück. Hans war gerettet und freute sich seines klugen Einfalls. Im Weitergehen kam er an einer Felswand vorbei. Da sah er etwas, das ihn alles andere vergessen liess. Ameisen krabbelten über das Gestein und schleppten schwere Lasten. Der Fels war voller Spalten, und die armen Tierlein hatten unendliche Mühe, diese zu überqueren. Oft stürzten sie samt ihren Bürden in so einen Abgrund und mussten auf der andern Seite den steilen Hang wieder emporklettern. Hans hatte Erbarmen mit diesen kleinen Geschöpfen. Er entnahm dem Korb die Schüssel und den Löffel und fing an, die Felsspalten mit Reisbrei auszupflastern und zu ebnen, damit die Ameisen ungehindert darüber laufen könnten. So arbeitete er bis die Schüssel leer war. Jetzt erst machte er sich wieder auf den Weg. Spät nachmittags langte er endlich auf der Bergmatte an. Als sich Vater und Bruder mit brandschwarzem Hunger über den Korb hermachten, fanden sie nur eine leere Schüssel. Ein andermal sollte Hans auf dem Berg droben ein Schaf holen. Unterwegs traf er den alten Pfarrer, der einen kranken Hirten besuchen wollte. Da sie beide den gleichen Weg zu machen hatten, gingen sie miteinander. Aber der Pfarrer blieb alleweil stehen, um zu verschnaufen. Jetzt erbot sich Hans, ihn auf den Schultern bis zur Hütte hinauf zu tragen. Weil keine Zuschauer zu befürchten waren, nahm der Pfarrer das Angebot dankend an. Wie nun der gutmütige Junge schweigend mit seiner Bürde bergan stieg, da vergass er sich wieder einmal. Seine Gedanken eilten der Zeit voraus, und es war ihm, als käme er jetzt schon vom Berg hernieder und trüge das Schaf auf den Schultern. Er klemmte dem Pfarrer die Waden und redete zu sich selber: „Bist du feist, heh, bist du feist?“ Erst als der Geistliche ihm die Ohren zupfte und zu sprechen begann: „Heheh, Hans - sei anständig und mache keine Flausen!“ - da erst fand er sich in die Wirklichkeit zurück, und seine Wangen färbten sich puttelrot vor Scham. Nachdem der Vater gestorben war, wurden die beiden Brüder rätig, die Kühe zu teilen. Lange konnten sie sich nicht einigen. Endlich machte Christi diesen Vorschlag: „Wir öffnen beide Stalltüren und binden die die Tiere los. Diejenigen, die zur hintern Türe hinausgehen, gehören dir, und die, welche zur vordem hinausgehen, gehören mir. Hans war einverstanden. Vor der Teilung gab Christi den Tieren viel Salz zu lecken, davon sie grossen Durst bekamen. Als sie nun losgebunden wurden, sprangen alle zur vordem Türe hinaus, denn dort stand der Brunnen, nur ein steinaltes „Ruuggeli“ fand durch den hintern Ausgang den Weg ins Freie. Das war jetzt Hansens ganze Habe. Der gschid Christi aber rieb sich schmunzelnd die Hände und log so unverfroren: „Ich kann wirklich nichts dafür, dass die Tiere mich lieber haben als dich.“ - Das war sein letzter Triumph, denn just an diesem Tage kehrte sich das Glück von ihm ab und wandte sich dem Bruder zu. Lappihans dachte: „Was soll ich mit einer einzigen Kuh noch länger bauern. Ich will sie lieber metzgen, die Haut verkaufen und etwas anderes anfangen.“ Gedacht, getan. Am nächsten Tage schlachtete er das Tier, rollte die Haut zusammen und trug sie nach der Stadt. Das war aber ein weiter Weg. Hans wanderte und wanderte und gelangte endlich in einen grossen Wald. Inmitten desselben überraschte ihn die Nacht. Jetzt kam er zu einer kreisrunden Lichtung. Auf dieser stand eine mächtige Tanne mit breiten Ästen, die fast bis auf den Boden reichten. Er entschloss sich hier zu übernachten, kletterte auf den Baum und suchte sich in luftiger Höhe einen bequemen Sitz. Mitten in der Nacht gab es auf einmal ein Mordsgefläder. Drei Hexen - jede von einer andern Seite her - ritten auf Besen heran und liessen sich unter der Tanne nieder. Sie schwatzten, lachten und tschädereten durcheinander wie eine Elsternschar. Dann tanzten sie wie besessen um den Baum. Als sie sich ausgetobt hatten, begann die eine: „Nun, Schwestern, erzählt, was ihr verübt habt. Ich selbst hatte einen schlechten Tag; - niemand umgebracht, nichts gestohlen, nichts verdorben. Aber von heute an muss es anders gehen.“ - Jetzt redete die Zweite: „Schaut, das habe ich gestohlen, ein Säcklein voll Goldstücke, doch sage ich nicht bei wem. Lüpft einmal, wie schwer das ist. Ich verstecke meinen Raub einstweilen hier im hohlen Baum. Sobald die Luft sauber ist, hole ich ihn.“ Nun berichtete die Dritte: „Ich hatte einen guten Tag. Drunten in der Stadt kehrte ich beim reichen Löwenwirt ein und machte sein schönes Töchterlein krank. Jetzt liegt es fieberglutig im Bett. Die Ärzte kommen und gehen. Keiner kann helfen. Man müsste ihm herzwarmes Blut von einem schwarzen Hund zu trinken geben, dann würde es wieder gesund. Aber wem käme das in den Sinn? Nach drei Tagen wird das Mädchen sterben.“ - „Hui, das hast du gut gemacht!“ riefen jetzt die andern Hexen, reichten sich die Hände und tanzten abermals wie toll um den Baum herum. Auf einmal schrie eine: „Es taget überm Wald!“ Da eilten sie zu ihren Besen und flogen mit Geschrei von dannen. Lappihans glaubte, er habe geträumt. Mit sturmem Kopf stieg er vom Baume hernieder. In der Höhlung des Stammes fand er das Säcklein mit den Goldstücken. Die Hexen mussten also wirklich dagewesen sein. Er wickelte die Beute in die Kuhhaut und machte sich auf den Weg. Nach langer Wanderung erreichte er die Stadt. Dort verkaufte er einem Gerber die Haut. Dann schlenderte er planlos durch die Gassen und Gässchen. Plötzlich stand er vor einer grossen Wirtschaft, an der ein goldener Löwe als Schild prangte. Er trat ein und liess sich einen Trunk geben. Die Wirtsleute waren sehr betrübt und erzählten, ihr einziges Kind, eine Tochter von zwanzig Jahren, sei zum Sterben krank, und kein Doktor könne ihr helfen. „Sie ist verhext worden“, sagte jetzt Lappihans. - „Dumms chibe Züg“, brummte der Wirt, schüttelte ärgerlich den Kopf und ging hinaus. Die Wirtin, die heimlich auch schon an eine Verhexung gedacht, aber es nie auszusprechen gewagt hatte, setzte sich neugierig zu Hans an den Tisch, und er erzählte ihr sein nächtliches Erlebnis im Walde. Das brachte die Frau in freudige Aufregung. Noch in der gleichen Stunde wurde ein schwarzer Hund geschlachtet und sein warmes Blut der Tochter zu trinken gegeben. Augenblicklich fühlte sich die Jungfrau gesund, stand auf, fiel ihrem Retter um den Hals und küsste ihn dankbar. Der Wirt tat ganz närrisch vor Freude. Er machte Hans reiche Geschenke und führte ihn endlich mit seiner Kutsche nach Hause zurück. Als der gschid Christi seinen Bruder in dem noblen Fuhrwerk heimkehren sah und die Reichtümer gewahrte, die er mitbrachte, da erwachte in ihm der böse Neid. Hans musste ihm seine Erlebnisse genau erzählen. Da dachte er: „Wenn schon der dumme Lappi so viel Glück hatte, wieviel mehr müsste ich erst haben.“ Er schlachtete auch eine Kuh, nahm die Haut unter den Arm und eilte der Stadt zu. Gegen Abend durchquerte er den grossen Wald, fand die Lichtung, kletterte auf den Baum und wartete gespannt auf die Wiederkehr der Hexen. Um Mitternacht flogen sie daher und liessen sich unter der Tanne nieder. Da begann die eine zu jammern und zu heulen: „Das Gold ist fort. Es muss jemand hier gewesen sein.“ Die Zweite schnaufte vor Zorn und rief: „Die Wirtstochter ist wieder gesund geworden. Es muss uns letzte Nacht jemand belauscht haben. Hah! wenn ich den erwische, in hundert Stücke zerreisse ich ihn.“ Jetzt bekam Christi auf dem Baum droben eine heillose Angst. Er begann zu zittern und zu schlottern. Die Kuhhaut entglitt seinen Händen und fiel just auf die Hexen hinunter. Die fuhren kreischend auf und spähten ins Geäst des Baumes. Plötzlich schrie eine: „Seht, seht! Da droben hockt er, der Dieb, der Lauscher, der Verräter!“ Mit einem Wutgeheul kletterten alle drei wie blutgierige Katzen den Baum hinauf, ergriffen den gschiden Christi und zerrissen ihn zu Fetzen und zu Flaum. Lappihans erbte die Güter seines Bruders, heiratete des Löwenwirts einzig Töchterlein und wurde so der reichste Mann des Landes   Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch


by Vom Hagel und von der Wetterhexe in den Siessbergen

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a) Vor etwa 60 Jahren erzählte eine alte Frau in Schattdorf ihren Kindern: »Als wir noch droben in den Siessbergen wohnten, kam eines Tages von Oberfeld her so ein kurioses Guschi dahergezogen, das, vor sich her brummelnd, gegen die Alp Gampelen weiter wanderte. Nicht lange dauerte es, so hagelte es absord in den Siessbergen und verderbte uns das dürre liegende Heu, während die Leute ringsum bei prächtigem Sonnenschein das ihrige hübsch eintragen konnten.« »Äs anders Mal, wo's äu äso furchtbar g'haglet g'ha heig i dä Siessbergä-n-obä, heiget-si ä ganzi Hampflä Hagelstei i d'Stubä-n-innä gnu, und da heiget-si doch in denä Hagelsteinä Haar und richtigi Häftli g'fundä!« Frau Gamma-Gamma, Schattdorf, 80 J. alt b) Eine Bürglerin beteuert: »Dass-si Haar und Häftli i dä Hagelsteinä g'fundä heiget, ha-n-ich äu scho g'heert; und das soll nur wahr sy.« c) Eine Schächentalerin ergänzt: »Im Brunnital hinnä hennt-s' es oi einisch äso g'macht, und da hennt-si ämal oi g'heerigi Häftli dri g'funda. Noch! das soll de nur wahr sy! Das chunnd äbä vo dä Häxä.« d) Ein 70jähriger Mann von Attinghausen will Haare und Rossnägel in den Schlossen entdeckt haben, findet das aber ganz natürlich. »Der Wind wirblet ja gar vill i d'Luft.« Ein Reusstaler behauptet, er wisse aus eigener Erfahrung, dass in jedem Hagelstein ein Härchen eingeschlossen sei. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom Hanischulmeischterbueb

Source: Vom Hanischulmeischterbueb

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Vom Hanischulmeischterbueb Dr Hanischuelmeischterbueb het mängs chönne, wo anger Lüt nid hätte gwüsst azgattige. Z’Eriswil het er es Wätter gmacht, wie, chan i nid säge; ume sövel weiss i: Äs sig es Röuchli uf, u du heig’s es schüzlechs Wätter gä. Ame Bur het’s dä Rung ’s Gwächs ganz i Boden ihe gschlage. Aber sie hei no ganz anger Sache von ihm brichtet. Är sig i frönde Chriegsdienschte gsi u heig albe ganz Riterschwadrone chönne mache. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom Haus „zum Bau“ in Meilen

Source: Vom Haus „zum Bau“ in Meilen

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Vom Haus „zum Bau“ in Meilen Dieses alte Haus, das mit seiner Grösse die Kirchgasse dominiert, gehörte seinerzeit General Hans Rudolf Werdmüller, der durch C. F. Meyers „Schuss von der Kanzel“ berühmt geworden ist. Es soll früher dem Kloster Einsiedeln gehört haben; es sei gleichzeitig mit diesem in den Jahren 892 bis 896 erbaut worden. Im mächtigen Weinbauernkeller besteht ein Abteil, wo sich die Folterkammer befunden habe, und es wird von Einheimischen behauptet, die Ringe, die noch im Kreuzgewölbe dieses Kellers eingemauert sind, hätten zum Aufziehen der Gefangenen gedient. Durch die wegen der Tiefe des Kellers ausserordentlich lange Leibung der Fenster seien die Gefangenen in den Keller hinuntergelassen worden. Durch einen unterirdischen Gang seien sie unter der jetzigen Eingangstreppe des Kellers hindurch jeweilen in den damals mit einer Zinnenmauer umgebenen Hof hinausgelassen worden. Die Umgebrachten habe man im Keller verscharrt. Als später ein neuer Boden gemacht worden sei, habe man im Boden massenhaft Gerippe von Erwachsenen und Kindern gefunden und ein ganzes Ledischiff voll nach der Ufenau in das dortige Beinhaus geführt. An einer bestimmten Stelle des Bodens, wo früher einmal gegraben worden sein muss, sei ein Mönch verscharrt worden. Diese Mitteilungen sollen aus einer handschriftlichen Chronik stammen, welche früher im Hause aufbewahrt worden sei. Die Erzählerin, die selber darin nächtelang gelesen hat, versichert, dass darin auch Abbildungen des Hauses aus früherer Zeit enthalten gewesen seien. Dann sei einmal er alte L. (jetzt längst verstorben) gekommen und habe sich die Chronik ausgebeten, da eine im „Löwen“ versammelte Behörde darin etwas nachsehen wolle. Man habe sie ihm zu diesem Zwecke übergeben und seither sei sie verschwunden. Vor vielen Jahren soll in der Zeitung ausgeschrieben gewesen sein, wer dem Inserenten diese Chronik verschaffen könne, erhalte eine grosse Belohnung. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Schriftl. Mitteilung von P. Corrodi. Seine Quelle: „Chronik von Kaspar Suter aus Horgen in Zug, 1549.“   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom Heidenloch

Source: Vom Heidenloch

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«Man sagt, es sei in der Bleihalden nach Blei gegraben worden, und vielleicht verdankt das sogenannte Heidenloch, wo die Erdmännchen wohnen, und durch welches früher Hunde eingedrungen und im Bauche des Berges eine halbe Stunde weit vorgedrungen sein sollen, einem solchen Versuche (Grabungen nach Blei) sein Entstehen.» Bubendorf Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom heiligen Arbogast

Source: Vom heiligen Arbogast

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Arbogast, der später Patron der Kirche von Muttenz wurde, war ein grosser Wohltäter der Gemeinde. Einmal betete er am Abhang des Wartenbergs und erflehte für die Gemeinde einen besonderen Segen. Im Schlaf hörte er eine Stimme sagen, sein Gebet sei erhört, und als er aufwachte, sah er an der Stelle eine Quelle hervorspringen. Dieser Brunnen ist «vielen älteren Personen, weniger aber den jungen Leuten als Arbogastbrunnen bekannt». Muttenz Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom Herzog, der 300 Jahre im Himmel war

Source: Vom Herzog, der 300 Jahre im Himmel war

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Es war einmal ein junger Herzog, der war überaus fromm und gut, aber er wollte durchaus nicht heiraten. Schliesslich nahm er auf das ausdrückliche Begehren seiner Mutter eine Prinzessin zur Frau. Am Hochzeitstage betete der junge Bräutigam, der liebe Gott möge ihn doch rein bewahren. Am Morgen desselben Tages erschien bei ihm ein schöner Jüngling und anerbot sich als Koch, und der Herzog stellte ihn als solchen an. Durch sein frommes und holdseliges Betragen machte sich der Jüngling bei den Leuten am Hof und besonders beim Herzog recht herzlich lieb, und dieser bat ihn, er möge doch immer an seinem Hofe bleiben. Am dritten Tage, nachmittags, erklärte der Jüngling, seine Stunde sei gekommen, er müsse wieder nach Hause. Der Herzog begleitete ihn allein eine Strecke Weges. Da kamen sie unter heiligen Gesprächen unvermerkt auf eine grüne Heide, die ganz mit Rosen und Rosmarin bewachsen war und von Balsam duftete. Unter einem Palmbaum stand ein weisses Maultier. Der Jüngling löste es ab und bat den Herzog, er möchte sich darauf setzen. Das tat dieser, und alsobald schwang sich auch der Jüngling hinter ihm auf das Tier. Da war es dem Herzog, als ob er durch die Luft schwebe. Bald sahen sie in der Ferne eine prächtige Stadt, und gleich darauf kamen sie an ein goldenes Tor, welches mit Edelsteinen besetzt war. In der Stadt drin strahlte ein Glanz und eine Herrlichkeit, als ob tausend Sonnen schienen. Von allen Seiten hörte man Musik und Gesang, und weissgekleidete Jungfrauen mit Blumenkränzen um die Stirn gingen durch die mit Gold besetzten Strassen. Diese Jungfrauen empfingen den Herzog mit Jubel und Freude. Keine Feder vermag zu beschreiben, was er da Schönes und Herrliches zu sehen bekam. Der Herzog wäre gerne da geblieben, aber sein Führer bemerkte ihm, auch seine Stunde sei nun gekommen, er müsse nach Hause, aber er werde wohl bald wieder kommen dürfen. Als der Herzog wieder heimkam, fand er seinen Palast in ein Kloster verwandelt. Er klingelte an seiner Pforte. Ein Klosterbruder in langem, schwarzem Gewande trat hervor, und der Herzog fragte ihn, was sie da machen, oder ob er sich verirrt habe. Er sei heute mittag von zu Hause fortgegangen, und nun zur Vesperzeit sei er wieder da und finde das herzogliche Schloss nicht mehr, in dem er doch Herr und Meister sei. Der Bruder antwortete: „Hier regiert ein Abt Ich will Euch zu ihm führen.“ Aus dem Gespräch mit dem Klostervorsteher ergab sich, dass der junge Herzog 300 Jahre fortgewesen und jener Jüngling ein Engel gewesen sei, der ihn in den Himmel geführt habe. Die ganze Geschichte von seinem Verschwinden sowie den Tod der Herzogin und der Mutter konnte er selbst auf einem Denkstein lesen. Man veranstaltete auf das Wiederfinden des Herzogs ein grosses Freudenfest, und dieser musste an der Tafel zuoberst sitzen. Als er aber ein Stücklein Brot in den Mund nahm, wurde er plötzlich zu einem uralten Manne - und starb. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Stutz, S. 39. Vgl. Jegerlehner, Sagen und Märchen aus dem Oberwallis, S. 276, „Vom Prior, der 308 Jahre geschlafen hat“. — Erzählerin: Bas Anneli. Wir begeben uns an die Grenze des eigentlichen Sagengebietes. Namen, Örtlichkeiten und Zeit werden so unbestimmt, die Sprache dichterisch, dass wir die Erzählungen auch unter die Märchen zählen können. Vgl. „Das schneeweisse Steinchen“. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom Hungsdürscht und vom Vogeldürscht

Source: Vom Hungsdürscht und vom Vogeldürscht

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Vom Hungsdürscht und vom Vogeldürscht Äs git aber au e Hungsdürscht un e Vogeldürscht. Einisch bin i z’mitts i dr Nacht uber e Chaserebärg gäge dr Altburg glüffe. Do hei d’Vögeli pfiffe u gliedet; äs het mi düecht, äs sött uf eme-n-iedere Zweigli eis hocke. Äs isch e häli Freud gsi, wie si gsunge hei. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom Imlischberg-Mareili

Source: Vom Imlischberg-Mareili

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a) Als einmal zwei Männer vom Wildenstein herkamen, hörten sie plötzlich etwas rauschen, und eine alte Frau kam daher. Es schien aber keine rechte Frau zu sein. Sie sah eher wie eine Ziege aus, und doch trug sie eine Haube und eine Brille. Die Männer waren kaum bei der Egg (Waldstreifen unterhalb Ramlinsburg) angelangt, da regnete es in Strömen. b) Vor vielen Jahren hauste im Wald auf der anderen Talseite das Imlisch-berg-Mareili. Einmal begegnete es einem Manne von Ramlinsburg auf dem Wege nach Lampenberg. Dieser erschrak so sehr, dass er ein Weh (epileptische Anfälle) davontrug. Das Imlischberg-Mareili wurde früher oft gesehen. Eine weisse Gestalt beim Alt-Schloss hielt man ebenfalls für diese Erscheinung. Wenn kleine Kinder nicht gehorchen wollten, drohte man ihnen: «S Imlischbärg-Mareili chunnt und nimmt di mit!» Ramlinsburg Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Vom Irrchrut

Source: Vom Irrchrut

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Vom Irrchrut E Burefrau vo Reisiswil isch uf Huttel ihe, für allerlei Sache z’chrome. Sie isch mit eme Ching gange u het no dies u äis nötig gha. Uf em Heiwäg isch sie düre Schmiedwald u näbe dr Wolfsgrueb verbi. Dr Wäg isch ere gchanntsem gsi. Es Rüngli isch sie näb em Wäg ihe uf eme chline Fuesswägli glüffe u het gmeint, jetz chömm sie vor e Wald use un i Gmeinweid. Aber dr Wald het e kes Ändt welle näh. Sie isch glüffe u glüffe. Äs het vernachtet un isch feischter worde. Brüele u Pläre het nüt abtreit. Wit u breit het si nüt Läbigs grüehrt di ganzi längi Nacht. Ändtlige het’s taget. Du isch sie uf s’gliche Plätzli cho, wo sie vom breiten u rächte Wäg isch näbetsi gange. U do isch sie, sie hat’s äbe nid gewahret gha, sicher uf enes Irrchrut trappet gsi. Wär do druff z’stoh oder z’goh chunnt, dä verlürt dr Wäg, lauft gäng imene Kreis ume u fingt si längs Stücks nümme z’rächt. In der Erzählung klingt noch eine Anschauung an, die bei Naturvölkern deutlich beobachtet werden kann. Die Frau, die mit einem Kinde geht, ist schädigendem Zauber und bösen Geistern besonders ausgesetzt. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom Kalbertritt und Plattenkreuz

Source: Vom Kalbertritt und Plattenkreuz

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a) Vor gar langer Zeit, also wo es noch Hexen, Kobolde, Tuggenmännlein gab, soll über die Platte ein Metzger mit seinem Hunde und Kalbe gekommen sein. An dieser Stelle angekommen, habe ihn plötzlich etwas ergriffen und über den Fels mit Hund und Kalb hinaufgezogen. Alle drei haben sich aber kräftig gewehrt und angesperrt, dass man ihre Tritte jetzt noch sehr deutlich im harten Fels eingedrückt findet. Das Sperren sei aber vergeblich gewesen, die unheimliche Kraft habe sie bezwungen und man habe nichts mehr vom Metzger vernommen. Seit jener Zeit stehe nun das Kreuzlein dort. b) Eine eigentümliche Geschichte hat das sogenannte Plattenkreuzlein herwärts der Ruine Tschöpperli ob der Plattenmatte. Dieses Kreuz steht auf einem Felsen, in welchem man Eindrücke sieht, wie wenn sie von Menschen-, Kalbs- oder Hundsfüssen und einem Stocke herrührten. Es wird nun erzählt: Ein Metzger sei mit einem Kalbe und einem Hunde vom Laufental aus nach Basel gereist; wie er aber an die Stelle gekommen, sei er von Räubern überfallen und getötet worden; die Eindrücke in dem Felsen rührten von seiner und seines Hundes tapferer Gegenwehr her. Zum Andenken an dieses Ereignis sei dann daselbst ein Kreuz errichtet worden. Wahrscheinlich verhält aber sich die Sache umgekehrt d.h. die die Eindrücke des Steines haben Anlass zur Sage des Mordes und diese dann zur Erstellung des Kreuzes gegeben. Ettingen Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom Kappeli

Source: Vom Kappeli

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Vom Kappeli Bis zur Reformation stand zwischen dem Letzigraben und Altstetten eine Kapelle. Dort heisst es heute noch „Im Kappeli“. Das war seinerzeit ein Wallfahrtsort der Zürcher. Fünfmal im Jahr fanden dorthin Prozessionen statt. Wenn jeweilen die Prozession nahte, mussten die auf den nahen Feldern arbeitenden Bauern niederknien, bis sie vorbei war. Taten sie das nicht, habe man ihnen statt jeder zehnten Garbe jede neunte abgefordert. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Schmid, Altstetten, S. 121, mit unbedeutenden Änderungen. Betreffend die fünf Prozessionen ebenda.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom Kessel

Source: Vom Kessel

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Unterhalb des Städtchens Liestal stürzt sich die Ergolz über ein paar flache Gesteinsbänke. Man heisst diesen Wasserfall, oder vielmehr die tiefe «Gumpe», die sich unten dran gebildet hat, den Kessel. Von ihm gehen dunkle Geschichten um von einem jungen Schmiedgesellen, der vor vielen Jahren auf der Wanderschaft ins Städtlein gekommen sei, sich hier in des Meisters Tochter verliebt und sie zur Frau begehrt habe. Da nun der alte Schmid nicht willens gewesen war, dem Fremden sein Kind zu geben, warf sich dieser eines Tages in das schwarze Wasser des Kessels, um seinen brennenden Kummer zu ersäufen. Nach einer Weile aber tauchte er wieder aus der Tiefe empor und trug einen schmalen Goldreifen in der groben Hand, ein zierliches Ringlein, das der Meisterstochter genau an den Finger passte. Der alte Schmid hatte nun ein Einsehen und liess seinem Kind den Willen, soll aber selber von der Begierde nach dem Gold, das in der dunklen Tiefe lag, ergriffen worden sein und in einer Nacht, als niemand es sah, den Sprung ins Wasser gemacht haben, denn man fand ihn am folgenden Tag bei den Weiden, die weiter unten standen, ans Ufer geschwemmt. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Vom Kirchenbau

Source: Vom Kirchenbau

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Nach einer alten Sage wären die Bewohner Willens gewesen sie (die Kirche) auf der Westseite des Tales zu erbauen. Weil aber das Material mehrmals während der Nacht durch unbekannte Kraft auf den östlich gelegenen Hügel gebracht wurde, fand man für gut, sie «höheren Willens» gemäss, an die jetzige Stelle zu bauen. Arisdorf-Olsberg Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom Kleinriet

Source: Vom Kleinriet

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Vom Kleinriet Nahe bei Alten ist das Wiesland „Kleinriet" oder „Krähenriet“ an einem langgestreckten, niedrigen Hügelzug. Der selbst gehört zu Alten, während sich die Waldung der Gemeinde Marthalen noch eine Stunde weit gegen Alten hin bis dicht an das Dorf erstreckt. Die Überlieferung behauptet, im Kleinriet habe ein Hof gestanden, der zuletzt einer alten Jungfer gehörte. Als diese starb und die „Lauberen“ zwischen Marthalen und Andelfingen geteilt werden sollten, wollten die Altemer speziell die Reben, die damals und noch bis zu Menschengedenken den ganzen Hügelzug bedeckten. Daher erhielten die Marthaler das viele Holz am Buchberg. Im Kleinriet stand - nach der Chronik im Kirchturmknopf - eine grosse Eiche, aus der im 17. Jahrhundert, als der Wind den Kirchturm abgeweht hatte, die Balken für dessen Neubau hergestellt wurden. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Winterthur und Weinland Aus den Notizen von· P. Corrodi. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom Lernen des Hexenwerks

Source: Vom Lernen des Hexenwerks

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In der Bieli zu Ennetmoos wohnte eine Hexe mit zwei Söhnen, Hansli und Seppli. Ihr Mann war sehr fromm. Die Mutter dagegen lehrte ihre Söhne die Hexenkünste: Vögel machen, Ungewitter verursachen und solches Zeug. Hansli war gelehrig, nicht aber Seppli, der immer, wenn er von Hause ging, Weihwasser nahm.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Vom Mägdlein ohne Arme

Source: Vom Mägdlein ohne Arme

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In einem kleinen Häuschen vor dem Dorfe lebte einst ein bitterarmes Ehepaar, welches sich und das einzige Töchterlein kaum zu ernähren vermochte. Als gerade die Not am größten war, kam eines Tages ein fremder Herr in einem grünen Rocke in die Hütte und sagte den guten Leuten, er wolle für das Töchterlein sorgen, wenn die Eltern ihm dasselbe nach 12 Jahren zu eigen geben wollten. Diesen Vorschlag nahm der Vater gerne an und schmunzelte zufrieden, als der Fremde ihm einen Beutel voll Gold mit den Worten überreichte, es werde sich derselbe nach Wunsch immer wieder füllen. In dem Augenblicke aber, wo der fremde Mann die Stube verließ, gewahrte der Vater mit Entsetzen, daß Jener Pferdefüße hatte, und er wußte nun, daß er seine Tochter dem Teufel verschrieben. Inzwischen wuchs das Töchterlein fröhlich heran, des schlimmen Schicksals unbewußt. Und nach 12 Jahren kam der Grüne von damals und forderte die Tochter. Als das unschuldige Mägdlein aber zu ihm hintrat, merkte er wohl, daß es sich gewaschen und bekreuzt hatte, so daß er ihm nichts anhaben konnte, weswegen er zum Vater sagte, er solle, ehe das Kind sich waschen und bekreuzen könne, ihm beide Arme abschlagen und es an einen Baum im Walde binden. Am andern Morgen aber stund die Tochter noch vor Sonnenaufgang auf und wusch und bekreuzte sich nach alter, frommer Sitte. Der Vater, von Habsucht geplagt, tat inzwischen, was ihn der Grüne geheißen und führte das arme, verstümmelte Kind hinaus in den Wald. Der Teufel kam, aber er hatte wieder keine Gewalt über sein Opfer. Die Jungfrau wäre indessen elendiglich verschmachtet, wenn nicht ein Königssohn des Weges geritten wäre und sich der frommen Jungfrau ob ihrer wunderbaren Schönheit erbarmt hätte. Er löste ihre Bande, setzte sie auf sein Roß und ritt mit ihr in das Schloß seines Vaters. Da dieser just den einzigen Sohn gerne vermählt gesehen hätte, dieser aber die fremde Jungfrau ohne Arme zur Frau wollte, so willigte der gute alte König, von der Anmut der Fremden bezaubert, ein, und so ward die Hochzeit mit großer Pracht gefeiert. Das junge Paar lebte glückliche Tage, bis der Königssohn in den Krieg ziehen mußte. Nach einigen Wochen ritt indessen ein Edelknabe aus dem Thore des Königsschlosses dem Lager zu mit der frohen Mähre, daß die junge Fürstin eines Zwillingspaares genesen sei. Im Walde begegnete dem Boten eine Hexe, die mit ihren bösen Blicken das Schreiben verzauberte, so daß der Prinz mit Entsetzen die Mähre zu lesen bekam, daß ihm seine Frau zwei Katzen geboren habe. Ergrimmt gab er den Befehl, die Fürstin mit ihrer Mißgeburt in den Wald hinauszustoßen. Mit Kopfschütteln vernahm man im Königsschlosse den seltsamen Befehl, aber niemand wagte eine Einrede, und so ward die arme Fürstin mit ihren Kindern in die Wildnis hinausgestoßen. Lange irrte sie weinend umher, bis sie zu einem Brunnen kam, wo sie ihren Durst löschen wollte. Da fiel das eine Kind plötzlich ins Wasser, die Mutter griff mit den Armstumpfen darnach und holte das Kind wieder heraus. Die Arme waren ihr wieder gewachsen, das hatte der Zauberquell getan. Glückselig ob der Heilung schaute die Fürstin empor zum Himmel, und die Augen wieder zur Erde wendend, erblickte sie in nächster Nähe ein prachtvolles Schloß mit hell glänzenden Fenstern. Sie trat mit ihren Kindern in die Hallen und fand, was nur das Herz begehren kann, nur keine Menschen, d.h. sie ward von unsichtbaren Händen bedient, wie es einer Königstochter ziemt. Hier lebte sie sieben Jahre lang, täglich des Gemahles harrend. Dieser war inzwischen vom siegreich bestandenen Kriege zurückgekehrt, und als er die Wahrheit vernommen, mit seinen Rittern in die weite Welt gezogen, um die so ungerecht bestrafte und heißgeliebte Gemahlin aufzusuchen. Nach langem Irren kam er endlich allein in den Zauberwald und fand sein Weib und seine Kinder wieder. Er stieß ins Horn, daß es, weithin schallend, sein glänzendes Rittergefolge herbeirief, welches der wiedergefundenen Herrin huldigte. Dann verließen Alle in fröhlichster Stimmung die stille Stätte. Als aber die Fürstin mit dankendem Blicke noch einmal zurückschaute, war das Zauberschloß verschwunden, und es stand an seiner Stelle eine Dornhecke. Quelle: Jecklin, Dietrich: Volksthümliches aus Graubünden. 3 Teile, Zürich 1874        Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom Maitelli und vom Böebelli

Source: Vom Maitelli und vom Böebelli

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Äis ischd em Möetter und en Att gsiin. Die häi zwäi Ching ghäben, es Mäitelli und es Böebelli. Aber ds Böebelli hed nimma die rächt Möetter ghäben; die ischd gstorbe gsiin. Ds Mäitelli hinggägen wän ira rächts Ching gsiin, und das hed si gäre ghäben; aber ds Böebelli hed si güüssred um plaaged. Äis ischd Dratt am Holz gsiin. Döe hed d'Möetter ze Chinde gsäid: „Jer chennd äis gen holzen. Und de darf das, wa ds besser Burdelli häimbringd, im Chaschten in dr Loiben gen en Epfel räichen." Wa s'siin häichun, hed ds Böebelli die greeser Burdi ghäben und ds Mäitelli die gringer. Und ds Böebelli isch gäge d'Loiben und hed de Chaschtedechel glifted und hed en Epfel wellen nän. Aber d'Möetter ischd verdrissegi gsiin ung gruwwni und ischd dem Böebelli naa und hed de Dechel zöe und dem Böebelli ds Hoit abgrierrd. Derna hed si ds Böebelli gnun und in en Hafe taan und ischd mid dem Hafen uber ds Fiir und hed ds Böebelli gchoched. Ds Mäitelli hed dem Attem miesse z'Morge träägen. Im Bullgelli hed's ds Ässe ghäben und im Hammbräntli z'triihen. Und Dratt hed ds Bullgelli üüsgchnipfd und hed ggässen, und in allem Ässen hed er d'Gnägleni in en hola Wiidlistock inhigrierrd. Underäis ischd e Guggüüser us dr Heli chu z'fläigen und hed si en enem Boin zobrischd i ds Delldelli gsetzd. Die zwei ersten Fassungen (Vom Maitelli und vom Böebelli, Ds Märi vun dr beesem Möetter) stammen aus Brienzwiler; vom Liirlüüserli erzählte ein Greis auf dem Hasliberg. Alle drei Varianten (wissen fast nur von Untat und Rache zu sagen. Von dem echt märchenhaften Ausgang, dem Lebendigwerden des Knaben, wie das Grimmsche Märchen „Von dem Machandelboom" erzählt, vermögen sie nicht zu berichten. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom Manndli uf em dürren Ascht

Source: Vom Manndli uf em dürren Ascht

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Vom Manndli uf em dürren Ascht Mi Vater isch i de jüngere Johre i de Dörfer usse Charer gsi. Später het er üs Chinge ob em Ässe mängisch es Gschichtli erzellt, wo-n-er für ne Wohrheit usgä het. As heig e Bur es Jümpferli gha. Einisch sige sie bim Mittagässe gsi. Du verbrichti dr Chnächt, im Vormittag heig er jetz öppis erläbt: das gäb ihm doch frei e chli z'sinne. Wo-n-er dür e Wald gange sig, ghör er eismols e Stimm: „Säg em Liriläri, dä u dä uf em dürren Ast sig gstorbe.“ Dr Vater het ihm albe dr Name gä: aber i ma mi nümme dra erinnere. Drufabe hei g das Jümpferli schützlig afo pläre, sig zur Stung uf u furt mümmen umecho. Das Männchen auf dem dürren Ast und die Magd gehören zum Walde; vielleicht sind es Wesen, die in den Bäumen des Waldes wohnen; wenn ihr Baum gefällt wird, sind auch sie tot; zwischen dem Baume und ihrem Leben besteht ein geheimnisvolles Verhältnis. Ähnlich wie in dieser weit verbreiteten Sage der Tod des Männchens angesagt wird, erscholl im alten Griechenland über das Meer der Ruf: „Der grosse Pan ist tot!» Und viele Stimmen klagten. Pan hiess der Herr, der Gott des Waldes. Mit ihm lebten die Dryaden, die Baumfrauen, mythische Wesen, die sich im Walde aufhielten. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom Mittwoch

Source: Vom Mittwoch

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Über den Mittwoch als Unglückstag gibt mir eine ältere Person von Bauen folgende Auskunft: Ysärä Vatter hätt nie keis Gitzi, keis Chalb, kei Sü, keis Schaf üffzogä, wo ammänä Mittwuchä wordä-n-iseh; är hed gseit, das Veh, wo ammänä Mittwuchä wärdi, grati nie güet. Är wär äu nie ammänä Mittwuchä innes anders Hüs inni andiri Weid, innä-n-andärä Gadä, uder z'Bärg uder z'Alp gfahrä uder hätt a dem Tag dz Veh zum erstä Mal üssglah. Mä sell ai nie a dem Tag innä Platz uder uff d'Reis gah, hed-er g'seit. Äs syg än Umglickstag; äu d'Mänschä, wo a dem Tag uf d'Wält cheemet, wärdet umglicklich, si tieget-si gärä ertränkä-n-uder ärhänkä. Im Kanton Luzärä syg einisch ammänä Mittwuchä-n-äs Büebli wordä. Das heig, wo's greesser wordä-n-isch, die Gwohnheit g'ha, eisster eppä-n-innä Hälsig innä z'schlyfä, wo's heig chennä-n- und meegä. Und ämal einisch heiged-s-es düä wirkli i der Räupfi im Gadä immänä Hälsig üffg'hänkts tot g'fundä, das dänk midem Hals nimmä-n-üsä het meegä. Ammänä-n-Ort heiged-s' einisch ä Bättler iber Nacht gha. Das syg i der Nacht vom Mittwuchä-n-ufä Donschdig g'sy, und d'Müetter i dem Hüs syg am Niderchu g'sy. Der Bättler heig an eim fort b'bättet: »Nur nit vor dä zwelfä!« Und darnah syg aber das Chind doch vor da Zwelfä-n-uf d'Wält chu, und der Bättler heig-s äsoo g'schäuwet und heig gseit: »Dü arms Chind!« Und darnah heiged-s-än-äsoo aglüegt und heiged gfragt, was är mit dem meini. Der Bättler heig düä zur Üsskunft g'gä, das Chind syg ammänä-n-umglicklichä Tag wordä, ammänä-Mittwuchä. Aber si sellet jetz probierä und sellet das Chind lernä zu allem, was afahi uder a d'Hand nähm und bi jeder Arbet z'sägä: »I Gotts Namä!« Die Lytt hend dem Bättler g'folget und hend das Chind äsoo underrichtet. Und darnah, wo's greesser wordä syg, heigs einisch ä Hälsig gnu und syg undernä Bäum ggangä und heig-si da bigoscht wellä-n-ärhänkä und heig der Hälsig iber-nä-n-Ascht ibärä wellä riehrä. Uff dem Ascht obä syg ä brandärdächohlä-schwarzi Chatz g'grüppet und heig uf der Hälsig passet und heigä de wellä mid-ämä Tääpli iber dä-n-Ascht ibärä zieh. Aber wie das Chind g'seit heig: »Sä nihmä-n-i Gotts Namä!«, syg der Hälsig wider appäg'hyt und d'Chatz syg nienä meh gsy. Maria Ziegler Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom Nacht-Toggeli

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haben sie früher viel erzählt. – Einst schliefen mehrere Burschen in einer Kammer. Da merkten die zwei in dem einen Bett, dass ihr Kamerad im andern mit Einem kämpfe. Ja, nach einer Weile rief er sie zu Hilfe: »Kommet doch, er will mich verderben!« Lachend entgegnete ihm der eine: »Schick ä dü zu ys durä, m'r wend-ä scho!« Allmählich wurde es ihnen doch unrecht, als sie ihn immer so gwirben sahen, und einer glaubte, an der Wand beim Bette des Bedrängten etwas wie den Schatten eines menschlichen Kopfes wahrzunehmen. Nach einigem Besinnen stach er mit seinem Sackmesser hinein, und jetzt gab es Ruhe. Später einmal redete er mit einem Geistlichen über dieses Erlebnis, und der platzte heraus: »Ja, diesen Stich habe ich in meinem Herzen.« Fr. Nussbaumer-Zgraggen, 27 Jahre alt, Schattdorf Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom Oberhasler Schnötenbrunnen

Source: Vom Oberhasler Schnötenbrunnen

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Vom Oberhasler Schnötenbrunnen Diese einst südöstlich des Dorfes, der jenseits der Bahnlinie gelegene, 1921 bei der Drainage zugedeckte Quelle in der Schnöten, einer schnöden, d. h. schlechten, sumpfigen Wiese, gab ihrer Tiefe wegen den Leuten je und je viel zu denken, und sie glaubten, sie hange irgendwie mit dem Mettmenhaslersee zusammen. Das deutet auch die folgende Sage an. In einer Ruhepause standen einst ein paar Heuer um diesen Wasseraufstoss herum, der kein eingefasster Brunnen, sondern wie anderswo nach der älteren Wortbedeutung nur eine Quelle war. Sie mutmassten wieder einmal, wieso es darin Fischlein habe und wie tief sie wohl sei. Da schleppte ein übermütiger Bursche einen „Wisbaum“ herbei, d. h. eine dicke, etwa fünf Meter lange Stange, die zur Befestigung des Heufuders gebraucht wurde. Mit diesem Bindbaum wollte er die Tiefe messen. Er hielt ihn ins Wasser, wobei er ihm aber entglitt, in einen Wirbel hinabgezogen wurde und verschwand. Und wo soll er schliesslich wieder zum Vorschein gekommen sein? Im „Näppehaslisee“ unten, womit der vermutete Zusammenhang des Schnötenbrunnens samt seinen Fischen nach der Volksmeinung erklärt war. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Unterland Wörtlich aus Hedinger, S. 13. Seine Quelle: „Nach einem Artikel von alt Regierungsrat Dr. P. Corrodi im ‚Wehntaler‘ vom 18. Mai 1948, Nr. 58, der als Quelle die in der Bibliothek des Schweizerdeutschen Wörterbuches aufbewahrten Dialektnotizen des Rümlanger Pfarrers K. Marthaler aus 1869 benützt hatte.“ Emil Stauber bemerkt in „Sitten und Bräuche im Kanton Zürich“, 2, S. 104: In Niederweningen wurden noch bis vor wenigen Jahren von den Knaben Räbenlichter-Umzüge veranstaltet, bei denen sie nach den Streuriedern, „Schnöten“, wanderten, um dort die brünnigen Mannen zu foppen. - Zur Etymologie von «Schnöten» siehe Id. 9, 1367, s. v. schnot „spärlich gemessen, kärglich“. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom Pflasterbub zum Prinzen

Source: Vom Pflasterbub zum Prinzen

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Ein reiches Ehepaar hatte einen Sohn. Der Vater hatte seine Gelder in einer andern Landschaft angelegt. Als der Sohn herangewachsen war, sagte er zu ihm: "Du kannst mich jetzt begleiten, wir holen die Zinsen. Das nächste Mal kennst du dann den Weg und kannst dann allein gehen!" Der Sohn begleitete den Vater, und sie holten den Zins. Nach einem Jahr sagte der Vater: "Geh und hole mir den Zins, den Weg kennst du ja!" Der Sohn begab sich auf den Weg und erhielt den Zins, mußte aber in der Stadt über Nacht bleiben. Im Verlauf des Abends ging er spazieren. Da sah er eine Gruppe von Leuten, die einen toten Menschen auspeitschten. Als er fragte, was das zu bedeuten habe, erhielt er zur Antwort: "Das ist hier so der Brauch: wer stirbt, ohne seine Schulden zu bezahlen, wird ausgepeitscht!" Das schien ihm eine Barbarei zu sein. Er fragte, wie groß die Schulden des Toten seien. Als man ihm die Summe nannte, griff er in den Sack, zog die Zinsen heraus und bezahlte die Schuld, damit der Tote nicht länger mehr geprügelt werde. Dann zog er nach Hause. Der Vater fragte ihn, wo er das Geld habe. Da zeigte der Sohn den leeren Sack und erzählte seine Erlebnisse. Der Vater wurde sehr böse und schrie ihn an: "Du dummer Narr, der Tote hat ja die Schläge nicht gespürt, lasse mir solche Streiche in Zukunft!" Nach einem Jahr hieß ihn der Vater wieder den Zins holen, "aber die Dummheiten laß mir sein", ermahnte er ihn. Der Sohn unternahm die Reise und erhielt den Zins. Auf der Rückreise kam er bei einem großen Gebäude vorüber. Zuunterst in der Mauer war ein kleines Loch, und drin bemerkte er eine Frauenhand, die winkte. Er fragte, wer drin sei. Da rief es aus dem Gefängnis: "Hilf mir heraus, ich bin eine gestohlene Jungfrau!" Er ergriff ein Messer, vergrößerte das Loch und zog sie heraus. Dann begleitete er sie in die nächste Stadt, suchte eine Wirtschaft, in der er das Mädchen für die Kost verdingen konnte, und drückte dem Wirt den ganzen Zins für sie in die Hand. Zu Hause angekommen, fragte der Vater, wo er den Zins habe. Er erzählte, wie er dazugekommen, das Geld für ein Werk der Nächstenliebe auszugeben. Da wurde der Vater böse und jagte ihn fort. Da zog er in die Stadt zu dem Mädchen. Dieses erzählte ihm, sie sei eine Königstochter, sie hätte dem Vater geschrieben, und er habe ihr Geld gesandt. Sie lud ihn ein, sie nach Hause zu begleiten, denn sie hatte schon Neigung zu dem tapfern Burschen gefaßt. Sie mußten über das Meer reisen. Der Kapitän des Schiffes sah wohl, daß die Königstochter in den Begleiter verliebt war. Ihm gefiel sie aber auch, und er machte mit den Matrosen aus, ihn ins Meer zu werfen. Als sich ein Sturm erhob, rief man den Burschen aus der Kabine und bat ihn, auch Hand anzulegen. Als er helfen wollte, wurde er gefaßt und ins Meer geworfen. Er konnte sich an einem Brett festklammern, das ihn über Wasser hielt, und während das Schiff fortzog, wurde er ans Ufer einer Insel geschwemmt. Die Königstochter weinte und trauerte um den verlorenen Geliebten. Der Kapitän aber brachte sie ihrem Vater, dem König, und sagte, er habe ihr das Leben gerettet und verlange sie zur Frau. Der König war damit einverstanden. Die Tochter aber sehnte sich nach ihrem wirklichen Retter und schob die Heirat immer hinaus; noch ein Jahr wenigstens sollte der Kapitän warten. Der unglückliche Bursche auf der Insel schaute jeden Tag aus, ob nicht ein Schiff käme, dem er ein Zeichen geben könne. Aber weder Segel noch Mäste zeigten sich, und so verstrich ein ganzes Jahr. Da kam eines Tages ein Hase durchs Wasser geschwommen, der anfing zu reden: "Setze dich auf meinen Rücken und sage mir, wohin ich dich tragen soll!" Der Bursche nannte die Gegend, wo die Königstochter zu Hause war, und der Hase trug ihn durchs Meer ans Land. Zum Abschied sagte das Tier: "Ich bin der Tote, den man ausgepeitscht und für den du bezahlt hast. Als Hase muß ich meine Schulden abbüßen, aber jetzt bin ich erlöst!" Damit verschwand er. Der Bursche wanderte zu und kam in die Residenz. Als Pflasterjunge wurde er im Palast des Königs angestellt. Auf dem Schiff hatte er der Königstochter oft auf einer Flöte vorgespielt. Diese Flöte, die er immer bei sich getragen, hatte er gerettet. Nach Feierabend setzte er sich auf die Mauer und spielte seine alten Weisen. Die Königstochter hörte ihn und sagte: "Wenn er nicht ins Wasser gestürzt wäre, so würde ich sagen, das sei mein Geliebter, der da unten spielt, denn grad solche Melodien hat er geblasen!" Unterdessen war die Hochzeit angesagt worden, denn das Jahr war um. Zum Hochzeitstage war der Pflasterbub als Flötenspieler eingeladen worden. Beim Gastmahl schlug nun der König vor, jeder der Gäste möchte etwas aus seinem Leben erzählen. Als der Kapitän an die Reihe kam, erzählte er, wie er seine Braut vor dem sichern Tode gerettet habe. Da wurde auch der Flötenspieler aufgefordert, seine Schicksale zu erzählen. Er sagte: "Gestattet mir zuerst eine Frage an den Kapitän: Welchen Tod erleiden diejenigen auf den Schiffen, die falsch schwören?" Der Kapitän gab zur Antwort: "Die werden lebendig gevierteilt!" Da fing er nun an mit seiner Lebensgeschichte, erzählte, wie es ihm ergangen sei, wie der Kapitän ihn ins Meer geworfen habe und wie er wunderbar gerettet worden sei. Die Königstochter erkannte ihn und stürzte in seine Arme. Der Kapitän wurde gefesselt und in den Turm geworfen. Er sollte nach seinem eigenen Urteil gevierteilt werden, aber der Flötenspieler verwendete sich für ihn; er habe seinerzeit einen Toten losgekauft und er finde, ein Lebendiger sei noch mehr wert. Da wurde der Kapitän aus dem Lande gewiesen, und der Bursche heiratete nun die Prinzessin. Quelle: Johannes Jegerlehner, Sagen aus dem Oberwallis, Basel 1913. Nr. 142. S. 118 - 120.?(Kanton Wallis, Ems im Turtmanntal). AaTh 506 A.        Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom Rennweg

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Vom Rennweg Der Rennweg ist heute eine bekannte Strasse im Zentrum Zürichs. Aber in früheren Zeiten war er einer der Zugänge zur Stadt und wohlgeschützt durch das befestigte Rennwegtor. Dieser Weg soll den Namen daher haben, dass die römischen Vögte, welche auf dem (Linden-) Hof sassen und ihren Marstall unterhalb des Schlosses hatten, die Rosse in diese Gasse hereinreiten und -sprengen liessen. Andere meinen, dass die Edelleute. die auf dem Hof im Dienst standen. auf diesem Platz ihre Turniere und Rennspiele abhielten. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Aus der Schrift „Rennwegtor“, Zürich 1891, S. 1, ohne ältere Quelle   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom Rifferswiler Moos

Source: Vom Rifferswiler Moos

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Vom Rifferswiler Moos An der Stelle wo heute die weite Fläche des Rifferswiler und Hauser Mooses als Torf- und Streueland sich hinzieht, war einst nichts als Sumpf, den kaum eines Menschen Fuss betreten konnte, ausser in ganz kalten Wintern. Die weite Ebene gehörte den Herren auf der Schnabelburg, die das Land aber gering schätzten. Als einst einer dieser Herren einem Krieger den Sold zahlen sollte, liess er ihm die Wahl zwischen einem Helm und dem sumpfigen Moos. Der Krieger zog den Helm vor und verzichtete auf die weite Fläche Landes, wo später wertvolle Streuerieder lagen und jährlich für grosse Summen Torf gewonnen wurde. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Knonauer Amt Gchr. Mettmenstetten 1905; Stauber, S. 51.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom Runde hei

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Vom Runde hei Äs het scho fast afo tage, wo-n-es paar Nachtbuebe heiglüffe si. Sie si dür ne Wald u gli derthi cho, wo sie si hei müesse trenne, ei Wäg isch grad us, dr anger diese u äine so. „I förchte mer fascht“, meint eine. „Emel i förchte mer nüt u wenn i dr Tafel bi de Hörner hätt“, het en angere grossto. Derno si sie usenangere u äine, wo grosshanset het, isch si Wäg gäge hei. Aber äs isch nid lang gange‚ ghöre di angere es schröckligs Brüel: „Ui, ui, ui!“ Sie uf u em angere z’Hülf! Sie si Sinns gsi äs heig ihm öpper glusset. Aber dä isch elleini im Wäg gstange, ganz verschmeiete u het gschlotteret: „I ha dr Tüfel bi de Hörnere gha. Ganz füürigi si sie gsi. O, miner Häng!“ M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom Rütscheleschnieder

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Vom Rütscheleschnieder Dr Rütscheleschnieder, es arrns Taunermanndli, het Winterszits imene Wäldli gwedelet. Är isch nid grad en abergläubische gsi, u doch het er de bhertet, do chömm gäng es Fraueli düre. Äs versteck ihm ’s Wärchgschirr u ghei ihm d‘Wällen um. U nüt wäder gäng het er vo däm Fraueli brichtet. Usgähnds Winter het dr Bur nid wit dervo z’Acher gfahre. Du säg er, jetz well er em Schnieder au einisch go gen e Lugi agä; was bruch er d’Lüt däwäg z’förchte z’mache. Drufabe sig er zue-n-ihm u säg, das sig jetz emel vori au unerchannt gsi; eismols sig es Windspiel cho u heig d’Mutte stubeshöch ufgno. Jo, äbe, mach dr Schnieder druf, äs sig du grad äim Wäldli no z’dürab cho. Wen er schie do nid a äim Buechli hätt chönne ha, äs hätt ne si armi tüüri dür d’Luft us gno. Dr Bur heig nüt druf gseit u sig furt. Wo-n-er zu sine Lüte sig cho, heig er gseit, gäg em Schnieder sig er umen e Höseler; do müess är’s verspielts gä u heig d’Sach verbrichtet. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom Rybihund

Source: Vom Rybihund

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a) Vor vielen Jahren stand anstelle der alten Post eine Hanf- und Flachsreibe. Daher heisst das kurze Wegstück zwischen der Poschtbrugg und der Chatzebrugg das Rybigärtli. Die Fortsetzung dieses Weges auf der rechten Bachseite bis zur Mühlibrugg trägt den Namen Chatzetal. Wo jetzt die Säge steht, war ebenfalls eine Reibe. Von hier läuft oft zu später Nachtstunde ein zottiger Hund mit grossen Augen durch das Chatzetal hinunter in das Ryvbigärtli. Ein neugieriger Knecht lauerte einmal dem Rybihund auf und folgte ihm bis zum Rybigärtli. Dort erhielt er plötzlich einen tüchtigen Schlag, und am nächsten Tag war sein Kopf stark geschwollen. Man erzählt, ein geldgieriger Wirt habe früher seine nächsten Verwandten betrogen und müsse nun in Hundsgestalt seine Habsucht büssen. b) Auf dem Wege vom Rybigärtli zum Wäldchen hinter dem Pfarrhaus wurde vor nicht langer Zeit der Rybihund, ein schwarzes Tier mit glühenden Augen, von einem Angehörigen der Pfarrfamilie Alder ebenfalls wahrgenommen. c) Ich schlief schon, als mich mein Freund Heiri weckte und mich bat, ihm zu helfen, einige Bändelkisten auf einem Karren zum Bott zu transportieren. Es ging schon gegen Mitternacht, und es war heller Mondschein. Heiri war froh, dass ich mitkam; denn er war ein ängstlicher Bursche. Beim Bott luden wir unsere Kisten auf den Bottenwagen um, der um Mitternacht talwärts fuhr, um am folgenden Morgen in Basel zu sein. Auf dem Heimweg sah ich bei der Chatzebrugg, wie aus dem Häuserschatten ein grosser schwarzer Hund über die Brücke und einige Schritte vor uns die Strasse hinauflief. Lautlos war sein Schritt und sein Fell glänzte im Mondschein wie Seide. «Den Hund müssen wir fangen», sagte ich zu meinem Freund doch dieser hatte Angst und wollte lieber heimgehen. Ich liess Karren und Heiri stehen und folgte dem Hund durch das Nünigängli dann den Fussweg hinab bis zur oberen Schmiede. Beim Schmidtengässli verschwand er plötzlich im Dunkeln, und ich sah ihn nicht mehr. In diesem Moment kam mir die Geschichte nicht mehr ganz geheuer vor. Heiri war mir nachgefolgt und bat in einem fort: «Karl, komm doch heim!» Schliesslich dachte ich, es sei doch besser umzukehren, und wir gingen ins Bett. Ziefen Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom sächste Buech Moses

Source: Vom sächste Buech Moses

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Vom sächste Buech Moses Em Schnieder Xanderli siner Buebe hei ’s sächste u ’s siebete Buech Moses gha u probiert, mit ringer Müeih rich z’wärde. Aber gli druf isch es im Hus nümme meh guet gsi. Uf dr Reiti het’s grumplet, i de Wänge gchrachet u bal hie, bal dert dopplet. Dr Xanderli isch ändtlige derhinger cho, was d’Buebe hei agstellt gha u het nüt Besschersch gwüsst z’tue, weder em Pfarrer dervo z’brichte. Dä isch mit ihm cho u het bifole, sie söllen i dr Chunscht es grosses Füür mache u ’s Buech dri gheie; de wärd’s wohl guete. Sie hei gfolget. Em Schnieder si Frau het’s zweu Mol dri gheit, aber zweu Mol isch es us em Füür gumpet un a d’Chuchiwang hingere gfloge. Du nimmts dr Pfarrer, e fromme, gottesfürchtlge Ma, u bängglet’s is Füür, u du isch es drinn bliebe u verbrunne. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom Schalemee zu Wölfliswil

Source: Vom Schalemee zu Wölfliswil

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Unser alter Schalemee, das war noch ein Herr! So lange er bei uns Pfarrer war, da hat es nie gehagelt und kein grosses Wasser gegeben. Er konnte das Wetter hinschicken, wo er wollte. Aber das Obst gedieh jedes Jahr, es gab immer viel Wein und Frucht, so dass man fast nicht wusste, wohin damit. Er konnte auch bannen, und wenn er wollte, so kletterte er auf eine Eiche und schon regnete es Dublonen, Neutaler und Fünfliber bis zur Genüge. Bei meiner Seele – er konnte ein Loch durch einen Strohballen brennen und sogar der Teufel musste ihm gehorsam sein! Wenn es irgendwo brannte, ging er dreimal stampfend um das Haus herum und sprach dazu einen Agatha-Segen. Dann ist das Feuer noch einmal kerzengerade in die Höhe gestiegen und danach ganz plötzlich erloschen. Aber jetzt können sie nichts mehr, die Pfaffen! Sie können nichts anderes mehr, als beim Tisch mit dem Löffel essen und die Leute auslachen. Heutzutage können sie in Gottes Namen nichts mehr gegen das Wetter machen; sie müssen es einfach zulassen. Man sagt ja viel von den Alten; aber diese waren wahrhaftig noch andere Männer, als die heutigen! Übersetzt aus der Ober-Fricker Mundart. Der vermeinte Pfarrer lebte im vorigen Jahrhundert auf der Pfründe zu Wölflinswil im Fricktal, war Jesuite, und hieß Chalomeille. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Vom Schärer Dani

Source: Vom Schärer Dani

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Vom Schärer Dani Vom Schärer Dani het albe mi Vater gäng brichtet. Dä isch e Dökterler gis und het mängs chönne; aber chli e kurlige isch er allwäg notti gsi. Einisch sig mi Elter zu-n-ihm gange. Säg dr Dani: „Bossen. Angerees“ - Angerees so het mi Vater gheisse - „Angerees, i cha öppis.“ Mi Vater druff: „Was wettisch du chönne!“ „Chum, i will dr’sch zeige.“ Demo si sie zsäme d'Gumi uf u vom Gruenholz gegen Schmiedwald. Am Wäg isch es Hüsli gstange; mi het ihm s’Haarerhüsli gseit; nid wit dervo isch e grossi Eich gsi; sie steiht hüt au nümme. Du het dr Dani unger dr Eich e Ring am Bode gmacht, du e chlinere dri un i dä no e chlinere. I dä isch dr Dani go stoh. Säg er zum Vater: „So chumm au ihe. Säg nüt u häb di still. Es cha dr nüt gscheh we d’ mer folgisch.“ Drufabe het dr Dani öppis afo mürme. D’Bletter i dr Eich hei afo zittere; aber e keis Lüftli isch gange. Gli druf het’s i dr Eich gchuttet u d’Escht hei afo chrache u chrose. Aber kes Blettli u kes Greseli het si süsch grüehrt. Jetz söll er ihm uber die linggi Achsle luege, säg dr Dani. I dr Eich isch eine gsi, dr Tüfel‚ jo gwüss. Säg dr Dani: „Bossen, Angerees, i cha öppis?“ Jo, söttig Sache hei sie eim albe brichtet; aber hütigstags säge d’Lüt‚ es gäb e ke Tüfel. Glaubsch du, ass eine git? In der Geschichte, die vom Scherer Dani berichtet, kehren verschiedene Elemente von Zauberhandlungen wieder: das Ziehen von drei magischen Kreisen, das Murmeln von Zaubersprüchen, Stillschweigen während der Zauberhandlung, Schauen über die linke Schulter. Die Art der Beschwörung lässt auf alte Kulthandlungen schliessen. Dass gerade unter einer Eiche die Beschwörung vor sich geht, ist kein Zufall. Die Eiche war Donar geweiht. Donar schleudert den Blitz; die Eiche zieht nach volkstümlichem Glauben den Blitz an. Ich will nicht sagen, dass in der vorstehenden Sage der Teufel an die Stelle Donars getreten sei; dafür erzählt uns die Beschwörung zu wenig; aber der Hinweis, dass in mancher volkstümlichen Überlieferung Donar vom Teufel abgelöst wurde, dürfte dennoch gestattet sein. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom Schatz im Judsfad im Meiental

Source: Vom Schatz im Judsfad im Meiental

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heisst es, ein Jude habe dort vor alten Zeiten Erz ausgebeutet geschmolzen und geläutert. Drei Häfen voll hatte er gewonnen, nämlich einen voll Gold, einen voll Silber und den dritten voll Kupfer, und seinem Schatz, dem Itti zu Fernigen, geoffenbart, unter welcher Steinplatte er sie vergrabe. Er starb bald nachher, und weil niemand etwas Gesegnetes auf die drei Häfen gelegt, sind sie versunken. Vor wenigen Jahrzehnten sollen einige Männer nach den Spuren der Schmelzi gesucht haben, in der Hoffnung, noch etwas von dem köstlichen Erzeugnis der Erde zu finden. Sie stiessen auf Kohlen, und da vertrieb sie ein Ungewitter. So sei es schon Vielen ergangen, auch wenn sie morgens beim herrlichsten Wetter aufgebrochen. Jos. Baumann, 80 J. alt, Meien; Peter Walker, 70 J. alt, Wassen, u.a. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom Schloss Wildberg

Source: Vom Schloss Wildberg

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Vom Schloss Wildberg das zwischen Madetswil und Gündisau gestanden hat, führte ein unterirdischer Gang zum alten Schloss Wildberg, an die Stelle, wo heute das Pfarrhaus Wildberg steht. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Gchr. Russikon 1917. Die jetzt 94-jährige in Wallikon wohnende Ida Furrer berichtet, dass sie noch in ihrer Jugendzeit mit Gespielen die unterirdischen Gänge der Burg betreten habe. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom Schluuchebrünneli

Source: Vom Schluuchebrünneli

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Vom Schluuchebrünneli Wenn man vom heimeligen Weinländer Dorfe Marthalen auf der grünen Hochfläche der Lauberen südwärts in der Richtung gegen Alten der Geländekante folgt, wo die bewaldete Lauberenhalde sich gegen das weitgedehnte Niederholz senkt, gelangt man zu einem schattigen Tälchen oder Einschnitt im Abhang. In der Nähe zog sich der uralte Kirchweg von Andelfingen her nach Rheinau die Halde hinab. Dieser Geländeeeinschnitt heisst „Schluuche“ (= Schlucht), und in geringer Entfernung von seinem oberen Ende plätscherte früher mitten Im Wiesengelände ein Feldbrünnlein, auf der Karte „Kleinrietbrunnen“, im Volke aber das „Schluuchebrünnili“ genannt. Früher kam, wie man erzählte, aus der Schlucht herauf ein altes, verhutzeltes Fraueli, in der landesüblichen „Stuuche“, das „Schluuchefräuli“. Es erschreckte die Kinder, besonders wenn sie den Brunnen trübten. Daher fürchteten sich die Kinder der in der Nähe arbeitenden Bauern, allein am Brunnen Wasser zu holen. Ferner wurde dort nachts ein Reiter ohne Kopf gesehen. Aus diesem Grunde wollte beim Zunachten niemand mehr sich in der Gegend aufhalten. Auch wird erzählt, ein Einsiedler habe sich früher in der Schluuche aufgehalten. In den dreissiger Jahren, also kurz vor dem zweiten Weltkrieg, wurde das Brünnlein auf dem freien Felde beseitigt; das Wasser ist nun in einer Brunnenstube am oberen Eingang der Schluuche gefasst und etwas weiter unten in dieser fliesst es aus einem Rohr in einen hölzernen Brunnentrog. Es ist von besonderer Frische und angenehmer Kühle. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Winterthur und Weinland Nach P. Corrodi, Zürcher Bauer, 25. 7. 1941. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom Schmied u vom Doggeli

Source: Vom Schmied u vom Doggeli

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Vom Schmied u vom Doggeli ’s Doggeli het gäng e Schmied ploget. Du isch er zu eim gang; wo öppis gwüsst het u het ne-n um Rot gfrogt. Dä seit ihm: „Däm isch scho abzhälfe. Du muesch mer jetz ume folge. We de z’Nacht gspürsch, dass es chunnt, so grif zue, u we der öppis i d’Finger chunnt, sig’s de, was es well, so gang de uf en Ambos mit ihm u gib ihm mit em Hammer. Lo’s nid goh; schlach zue u spar nüt. Es guetet de gwüss; glaub mersch.“ I der Nacht druf chunnt ’s Doggeli ume. Dr Schmied grift zue u verwütscht e Strouhhalm. Er lot ne nid los, treit ne i d’Schmiedte, leit ne uf en Ambos und schlot toll mit em Hammer druff, bis er dänkt, es chönnt gnue si. Demo isch er ume i ’s Bett u het Ruehw gha. Am Morge geiht er i d’Schmiedte. Do lit am Bode es alts Fraueli. Es isch ganz verchnütschet u tot gsi. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom Schwabenloch

Source: Vom Schwabenloch

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An der Holi Gass, am Weg von Reinach nach dem Predigerhof, befindet sich das Denkmal zur Erinnerung an das Gefecht auf dem Bruderholz, wo am 22. März 1499 850 Eidgenossen, in der Mehrzahl Solothurner, die von einem Beutezug aus dem Elsass zurückkehrten, von einer Übermacht kaiserlicher Truppen angegriffen wurden. Die Eidgenossen erfochten einen glänzenden Sieg; sie verloren einen einzigen Mann, während 89 Kaiserliche, darunter auch einige Adelige, fielen. Die Waldlichtung, wo die meisten Gegner umkamen, wird heute noch Schwabenloch oder Schwaderloch genannt. In den fünfziger Jahren des 19. Jahrhunderts fand man dort in einem hohlen Baum eine Ritterrüstung und später an mehreren anderen Stellen des Bruderholzes verschiedene Waffen. Reinach Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom schwarze Hung

Source: Vom schwarze Hung

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Vom schwarze Hung a) Im Toggiburg, dert wo ’s Strössli gäg Ungerausel abzweigt, gseht me mängisch i dr Nacht e schröckliggrosse Hung mit füürigen Auge. Einisch bin i mit em Eltere z’Obe spät vom Dorf heiglüffe. Du lit dr schwarz Hun bi dr Pfruendschür uber d’Stross ubere; mir hei nid verbi chönne u hei en Umweg macht. Dr Elter het zmorndrisch e gschwullne Gring gha‚ wie-n-es Mäss. Mir het's nüt to; i weiss nid worum. b) Einisch bin i z’Nacht vo Urschebech hei. Zwüsche Wistäge u Dietel isch mer e schwarze Hung ebcho: das isch e Hung gsi wie süsch e ke Hung; d Auge hei zündtet wie ne Velolatärne. Der schwarze Hund, der als Dorftier nächtlicherweise in den Gassen herumspukt, kehrt in vielen Sagen wieder. Alles, was hier von ihm erzählt wird, kennzeichnet ein Tier, das ohne Beziehung zu einem Menschen zu sein scheint. Aber die Entstehung dürfte doch wohl auf einen Menschen zurückführen, der zur Strafe für begangene Sünden in ein Tier verwandelt wurde. Herumschweifende Hunde mögen dem weit verbreiteten Sagenstoff noch stets neue Nahrung zuführen. In der vorliegenden Sage ging die Vorgeschichte, warum der Mensch in Tiergestalt herumspuken muss, wahrscheinlich verloren; man erzählt nur noch vom Auftreten des Hundes. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom schwarze Ma uf em Lürligrot

Source: Vom schwarze Ma uf em Lürligrot

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Vom schwarze Ma uf em Lürligrot Uf em Lürligrot isch’s unghüürig gsi. Johr für Johr het dr Hirt mit dr War Ungfell gha. Niemer het’s am Änd meh gwogt ufzzieh, u d’Bure hei im Azeiger lo usschriebe, sie suechen e bhärte Ma für ihri War uf em Lürligrot. Dr Sami het's gwogt u si agmäldet. Är isch uf d’Weid ufzoge. Am Weidgatter isch e chohleschwarze Ma gstange. „Ale, Chohlebrönner, hie häre! Tue ’s Gatter uf!“ het ihn Sami abrüelet. Dä isch cho u het ufto. „Hü, rod di chli; bing a. Du hesch dr Zit. Du bisch ja hie deheime.“ Dr schwarz Ma het ohni Widerred gfolget u het bald do bald derthi müesse springe. Z’Obe het dr Sami e Ziegermilch uf e Tisch gstellt; dr schwarz Ma isch bim Ofe bliebe stoh. Du het ihm Sami grüeft: „He do, chumm vüre. Du hesch brav gschaffet. Jetz chasch au ha.“ Du hei beid zsäme gässe. Ändtlige fot dr schwarz Ma a u seit: „Nimm e Pickel un e Schufle u chumm mit mer.“ „Jo», macht dr Sami, „jo, i chume; aber du geihscht vora.“ Du isch dr schwarz Ma vorus un uber d’Stägen ab i Chäller. Jetz was geiht? ’s Blatt het si dräiht; dr schwarz Ma het bösi Auge gmacht, mit em Finger uf ene Stell dütet u gseit: „Grab es Loch. E Stung hesch Zit. Bisch nid fertig, bisch verlore.“ Sami het dänkt: „Läbe lo oder dürecho. Äs isch jetz, was isch.“ Dermit het er afo grabe. Dr Schweiss isch von ihm abetropfet. D’Stung isch no nid ume gsi; du chunnt es ehrigs Häfeli u ne Zwilchsack voll Gäld vüre. Drü Mol het Sami e schwäri Burdi i d’Stuben uehetreit. Dr schwarz Ma het drei Hüfe gmacht. Demo het er zu Samin gseit: „Lue do! Dä Hufen isch für die arme Lüt, dä do dine u äine isch mine.“ J etz, was geiht! Sami schüttlet dr Gring u seit chäch: „Nei, dä Rung geiht’s angersch. Afe du hesch nüt meh nötig, u den arme Lüte will i sälber gäh“, grift mit beden Armen uber e Tisch u schrisst all drei Hüfe zuehe. Drufaben isch dr schwarz Ma plötzlich niene meh gsi. Jetz hei die Buren e schöni, gsichereti Weid gha, dr Sami Gäld in alli Spiel; är isch eine vo de gröschte Bure worde. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom sich künden

Source: Vom sich künden

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Im Jahre 1871, als ich in den Monaten Juni, Juli und August dem Herrn Alex. Flury in Pontresina in photographischen Arbeiten aushalf, liess eine traurige Begebenheit mich an die geheimnisvolle Verständigung und Ver­bindung der Seelen glauben. Ich war nämlich am 4. Juli Abends von einem Gange ins Freie auf mein Zimmer zurückgekehrt, willens, balde mich zu legen, indes mein Mitarbeiter, FI. Davatz, in seinem Zimmer nebenan noch mit Schreiben beschäftigt war. Wie ich nun so noch in einem Buche las, vernahm ich vom Zimmer meines Kollegen her plötzlich einen Ton, wie wenn Jemand mit einem Messer oder dergleichen stark an ein leeres Trinkglas schlägt. Ich ging zu Davatz, und fragte Ihn, ob er so spät noch Chemikalien mische, bemerkte aber gleich, dass meine Frage voreilig gewesen, denn von Gläsern und Präparaten war keine Spur zu sehen. - Er schrieb, wie ich vordem es mir gedacht hatte. - Ich sagte ihm von dem sonderbaren Ton, den ich vernom­men hatte, und er erwiderte: »Das ist sehr sonderbar«. Nun blieb ich bei ihm eine lange Weile, und wir erzählten einander so Allerlei vom »sich künden«, bis es doch Zeit wurde, zu Bette zu gehen. - Die ganze Nacht träumte ich davon. Beim Morgenessen des folgenden Tages erzählte die Magd, sie habe ge­stern Abend auf der Treppe nach dem obern Stocke gesessen, und habe Stiefel geputzt, da sei so nach 10 Uhr eine Gestalt (sie hätte sich verschwo­ren, ich sei es gewesen) auf sie zugekommen, obgleich die Haustüre längst schon geschlossen war. Diese Gestalt hätte die Treppe hinauf wollen, sie aber habe keine Kraft und Macht gehabt, aufzustehen, um Platz zu machen, und so sei sie immer auf dem Tritte hin und her gerutscht bis die Gestalt endlich doch hinauf habe können. Das sei ihr aber so sonderbar vorgekom­men, und sie habe Stiefel und Wichse und Bürsten im Stiche gelassen, ohne abzuwarten, ob die Gestalt wieder herabkomme, oder was daraus noch werden solle. Sowohl Davatz als ich erwähnten nun auch des Vorfalles am vorigen Abende, und Alle fanden das Seltsame bedeutungsvoll. Indessen gingen wir wieder an die gewohnte Arbeit. Ungefähr um 9 Uhr Vormittags kam Herr Flury zu mir, und fing mit mir ein Gespräch an, wie es so im menschlichen Leben gehe, und kam vom Allgemeinen auf das Nähere, bis er mir endlich sagte, Herr Hauser in Cur, den ich wohl kenne, habe ihm berichtet, er solle mir melden, dass mein Bruder Carl, der in der Anstalt St. Pirminsberg war, sehr krank sei, und meinen baldigen Besuch erwarte. Begreiflich war meine Bestürzung sehr gross, und, nachdem H. Flury soweit mich gefasst sah, das Schlimmste zu vernehmen, gab er mir ein Te­legramm, zufügend: »trösten Sie sich in Gottes Namen«. - Das Telegramm enthielt die Nachricht meiner lieben Frau an Herrn Flury, er möchte auf schonende Weise mit dem Hinschiede meines Bruders Carl mich bekannt machen. Und Herr Flury hat es so gemacht, wie man eben jede Todesnach­richt mitteilen soll, mit der grössten Vorsicht meldete er mir die betrüben­de Nachricht, umso mehr auch ihm bekannt war, dass mein Bruder und ich seit einer Reihe von Jahren vom Unglücke und Missgeschicke verfolgt, sehr aneinander hingen (wie man so sagt), und dass eben nur betrübend Verumständungen allein Schuld an seinem geistig krankhaften Zustande waren. Ich verträumte begreiflich den ganzen Tag; Herr Flury war indessen nachsichtig genug, mich in der Arbeit zu schonen; noch mehr! er und seine gute Frau suchten mich zu trösten, so gut es ging. Am Abende brachte der Briefträger mir einen Brief von meiner l. Frau die in Eile weitern Bericht mir gab über die jede Stunde zu erwartende Abberufung des armen Bruders. Jetzt war mir und den Andern Alles klar: Während ich am vorigen Abende in meinem Zimmer am Lesen war, »kündete« der unglückliche Bruder »sich an«, - er dachte in seinen letzten Stunden noch an mich, er »kündete« sich sonderbarer Weise durch den seltsamen Ton oder Klang am leeren Trinkglase. - Sein Geist war also bei mir. - Die Vision, welche die Magd gehabt, war wieder er gewesen, in welchen letzten Augenblicken seines irdischen Daseins er die grösste Anstrengung gemacht haben mag, mir sich noch zu zeigen, geistig noch mit mir zu verkehren. Und wirklich, nach dem Berichte des damaligen Anstalts-Direktoren Herrn Zinn muss er in den letzten Stunden 9-11 Uhr Nachts schrecklich gelitten haben, worauf nach 11 Uhr Nachts seine Auflösung erfolgte. Mag nun die Verwandtschaft und die engere Beziehung der Seelen zu einander bezweifelt oder verneint, gar rund abgestritten werden! -sie besteht doch, und äussert sich mehr oder weniger kräftig, oder schwächer, nach dem Grade der gegenseitigen Zuneigung. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom starken Martin Schelbert

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Der war sonst ein Schwyzer, aber viele Sommer hielt er sich ennet der Märcht auf dem Urnerboden auf. Einst hatte er in Glarus eine Kuh gekauft und trieb sie von Linthal durch die schmalen Wiesenpfade hinauf, wo er natürlich mit der Kuh nicht hätte fahren dürfen. Endlich stellte sich ihm ein Bäuerlein entgegen und verbot ihm den Weg. Zuerst bat Schelbert mit guten Worten um die Erlaubnis, auf dem Wege weiter fahren zu dürfen; als aber der erboste Bauer nicht einlenken wollte, ergriff er ihn mit dem einen Arm und drückte ihn an seinen Leib, dass er fast erstickte, und sagte: »Und da üfä gah-n-ich jetz glych.« Dann liess er den Glarner los, nahm die Kuh auf den Rücken und marschierte dem Urnerboden zu. Einst kam ein Berner in das Schächental, der hiess Ries und war auch in Wirklichkeit ein Riese an Grösse und Kraft, und er heischte die Urner zum Zweikampfe heraus. Zu Unterschächen hiess man ihn auf den Urnerboden gehen, dort sei Einer, der es mit ihm aufnehmen werde. Auf dem Urnerboden wies man ihn nach Linthal; dort fand er in einer kleinen Wirtschaft den Martin Schelbert und forderte ihn heraus und neckte und tratzte ihn. »Nun, wenn du schwingen willst, so sei's« sagte endlich Schelbert, »aber es gilt um Leben und Tod, und der Kampf muss ohne Zeugen ausgefochten werden.« Sie suchten eine Remise auf, und hinter verschlossenen Türen fingen sie an, midänand z'sterchärä. Da war ein furchtbares Gepolter, Geputsch und Gewimmer und Geschrei (»äs 'Polter und äs 'Puttsch und äs Pättsch und äs 'Pähtsch«) da drinnen, und die Leute draussen dachten schon, der Schelbert müsse es verspielen. Da nahm dieser einen frischen Anlauf, und es gelang ihm, den Berner zu verderben. Aber der Schelbert war nach diesem Kampfe so erbrochen, dass er keine Hosen mehr anlegen konnte und von dieser Stunde an einen Rock tragen musste. Jos. M. Müller Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom Stutzanneli

Source: Vom Stutzanneli

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a) Am Stutz, wo die Banngrenze Arboldswil und Ziefen scheidet, konnten noch am Ende des 19. Jahrhunderts Sonntagskinder in mondhellen Nächten ein Hirtenmädchen mit einem Strohhut erblicken, das suchend den steilen Hang auf- und niederstieg. Es handelte sich um ein Mädchen, das einst in diesem Gebiet Schafe hütete, eines durch Sturz von einem Felsen verlor und aus Angst vor der Strafe sich ein Leid antat. Seither muss es umgehen und das Schaf suchen. b) S Stutzanneli het eso lang müese no sym Tod umenander laufe, as es süscht gläbt hätti. c) Mein Vater hütete einst seine Kühe in der Rötlen zwischen Arboldswil und Titterten. Er sass oben am Grundstück, als das Stutzanneli mit weissem Hütchen auf der Landstrasse von Titterten herkam und plötzlich verschwand. d) Bei der Heimkehr von Arboldswil rief ein übermütiger Ziefner Knabe in der Gegend des Stutzrains: «Stutzanneli, bisch au do?» Am Tage darauf hatte er eine geschwollene Backe. Ziefen Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom Tannbock

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Zwischen Heitenried und Lehwil verbreitete ehemals ein furchterregendes Ungetüm Schrecken unter den Landleuten und machte mit seinem Treiben die Wege unsicher. Man hiess es nur den «Tannbock», weil das Gespenst in der Gestalt eines wüsten, schwarzen Geissbockes sich zeigte. Abends nach dem Angelusläuten bis zum dämmernden Morgen trieb der Tannbock sein Unwesen. Einst ging am frühen Morgen ein Schneider von Mellisried nach Lehwil auf die Stör. Als er durch den nahen Wald beim Schwellibach schritt, hörte er im Waldesdunkel das Schreien des Tannbockes. Den Schneider packte der Übermut, und er ahmte den hässlichen Schrei des Ungeheuers nach. Dazu fügte er noch einige Spottreden hinzu. Auf einmal hörte er ein wildes Stampfen und Schnaufen hinter sich: der Bock hatte des Schneiders Neckereien vernommen und raste nun racheschnaubend heran. Bevor der erschrockene Meister Zwirn sich in Sicherheit bringen konnte, war ihm der Tannbock schon auf die schmalen Schultern gesprungen und krallte sich am Rücken des Männleins fest. Mit entsetzlichem Schrei hetzte der erwischte Spötter fort nach der nächsten Behausung, die aber in ziemlicher Entfernung lag. Das hockende Gespenst blies dem Flüchtenden seinen giftstinkenden Atem ins Gesicht. Als der Schneider endlich keuchend und schwitzend vor den ersten Bauernhäusern von Lehwil anlangte, liess der Tannbock plötzlich sein Opfer los, und mit einem gewaltigen Satz sprang er über die grünen Wiesen fort. Dem erlösten Schneider war es vorerst nicht ums Arbeiten. Der ausgestandene Schrecken hatte ihm so sehr zugesetzt, dass er während dreier Tage das Bett hüten musste.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom Teufel

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Ein Bottminger hatte beym Wein Gott gelästert, auch einst gesagt, dass der Teufel nichts thue, oder Niemand hole, er frage ihn denn zuvor; dann kämen ihm seine Engel auf dem Schlienger Berge zu Hülfe. Er wurde für sechs Monate an das Schellenwerk geschlagen und dann in der Kirche öffentlich vorgestellt. Bottmingen Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom Toggeli

Source: Vom Toggeli

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habe ich früher eine Geschichte erzählen gehört. Aber ich weiss nur noch, dass es sich in ein Säulein, in ein Ross und in eine Kuh verwandelt hat. Emil Baumann-Muther, Wassen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom Totenweg

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Vom Totenweg So heisst ein Strässchen zwischen Steinmaur und Schöfflisdorf. Warum wohl? Ja, darüber wurden schon viele Vermutungen geäussert. Die einen sagten, hier seien in der Frühzeit die Toten westwärts zum gemeinsamen Friedhof in Niederweningen getragen worden. Andere dachten eher an die umgekehrte Route, d.h. an einen Transport nach Steinmaur. Eine weitere Deutung ergab sich aus der Tatsache, dass man auf diesem Wege die zum Tod verurteilten Verbrecher der Landvogtei Regensberg zur Richtstätte an der Egg führte, wo sich heute noch der “Galgenacker“ befindet. Die beste Erklärung hängt wohl mit einer Sage zusammen, nach der hier einst ganze Wagen voll Toter von Steinmaur aus nach einem nahen Massengrab transportiert worden seien. Dabei sei es vorgekommen, dass einzelne Leichen in der Dämmerung unbemerkt vom Wagen gefallen und erst nachträglich wieder aufgelesen worden seien. Offenbar hat man hier noch Erinnerungen an den „grossen Sterbet“ des Jahres 1611 vor sich. Damals raffte die Pest im ganzen Zürichbiet über 50 000 Menschen dahin und wütete auch im Unterland grauenhaft, so dass etliche Dörfer fast die Hälfte ihrer Bewohner verloren. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Unterland Wörtlich aus Hedinger S. 25. Seine Quelle: Persönliche Mitteilung. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom Türsten-Gjäg

Source: Vom Türsten-Gjäg

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Vom Türsten-Gjäg wird im Simmental also berichtet. Einer, der eben auf dem Kiltgange ist, hört hinter sich Lärmen, als ob ein Schweinetreiber ihm eine Heerde Säue nachtriebe. Diese kommen wirklich daher. Zwei kleine Ferkel nimmt der Kiltgänger, steckt in jede Rocktasche eins und sieht, wie während dem die andern in der Luft davon fahren. Bei seiner Liebsten angelangt, meldet er, er habe ihr Säulein gekramet und will sie hervor langen. Aber sic waren der Weile so gewachsen, dass die Rocksäcke zersprangen. Dann fuhren sie zum Fenster hinaus der andern Heerde nach. (Samuel Beetschen von Ringoldingen im Simmental.) Band 3.1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962, S. 97 – 101 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom Venediger in Glarus

Source: Vom Venediger in Glarus

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Im Kanton Glarus hört man viel von fahrenden Schülern erzählen, welche in einer Nacht von Venedig in die Alpen kommen, einen Sack voll Steine einfassen und ebenso schnell wieder daheim sind; auch erzählt man, dass einer einmal einen Alpensohn mit sich genommen und ihm alle Herrlichkeiten seiner Vaterstadt gezeigt habe; am andern Morgen sei er in seinem Bette zu Hause aufgewacht, während er doch am Abende vorher beim Venediger zu Bette gegangen sei. Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom Verdingbueb uf em Ällmig

Source: Vom Verdingbueb uf em Ällmig

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Von verborgenen Schätzen weiss die Sage überall zu berichten. In gefahrvollen Kriegszeiten vergrub man wohl oftmals Geld an sicherer Stelle, und zufällige Funde, wie es von der Ellmegg bei Huttwil berichtet wird, führten dem Glauben von verborgenen Schätzen stets Nahrung zu. Die Bildung von Schatzsagen fördern aber immer sichtbare Zeugen der Vergangenheit, Wall, Graben und Burghügel, die an ein weit zurückliegendes Geschehen erinnern. Wo die Geschichte dem Menschen gegenüber schweigt, umrankt die Sage das alte Gemäuer, und sicher weiss sie auch von einem Schatze zu erzählen, der da vergraben oder verschüttet liegt; die Spuren auf den Burghügeln geben sichere Kunde, dass Schatzgräber ihn schon gesucht haben. Vom Verdingbueb uf em Ällmig We me vo Huttel gäge Neulige hingere geiht, so isch lingger Hang e Hoger; mi seit ihm d’Ällmig. Vor vielne Johren isch do e Bur gsi; dä het e Verdingbueb gha. Uf em Hoger obe het dr Bur e Weid gha, u dr Bueb het all Obe dr War ’s Gläck uehe treit. So het er au einisch z’Obe spät dr Wäg unger d’Füess gno; ire Hang het er dr Fuetterchübel treit. Ungerwägs dräiht er si um u luegt hingere uber e Hoger us. Was gseht er eismols? Do steiht armsläng vor ihm zuehen e Tisch. Vier Heren i altmödische Chleidere, wie me se äi Rung nid treit het, sitzen um e Tisch umen u spiele. Du reckt dr Bueb prezis i Fuetterchübel ihe u streut e Hampfele Salz u Mähl über die vier Heren un über e Tisch. Wie ne Schwick dräiht er si um, macht si dervo u luegt nid lang ume. Drufabe het er d’War gfuehret wie gäng un isch dr glich Wäg, wie-n-er isch härecho‚ ume gäge hei. Do, wo vorane die vier Here gspielt hei, isch niemer meh gsi. Das het er scho vo witems mögen erchenne; aber wie-n-er nöher chunnt, gseht er uf em Bode e Hufe Gäld. Gleitig isch er derhinger har u het dr Fuetterchübel gfüllt, derno s’Seckli; fascht het er’s nid möge träge. Deheime het er’s im Gaden imene alte Schaft verstosse. Jetzt hätt er’s ungwärchet chönne u nümme müesse bös ha. Aber är het nüt dergliche to u niemere es Wörtli dervo gseit. Sider isch mängs Johr düre. Dr Bueb isch grösser worde u mit em Bur sim Meitli gange. Dr Alt het nüt dervo gmerkt. Aber wie seit me: Z’Lieb u z’Leid wird eim alls gseit. Mi het em Bur z’merke gä, är söll de dr Mähre zum Aug luege, so lang es Zit sig. Äs chönn au e chline Baum es grosses Duller ha. Die zweu liesse sie nid däwag lo gschire. Em Bur het me das ume einisch bruche z’säge. Uf dr Stell het er s’Meitli i d’Hüpple gno. Das het nid lang glaugnet. Jetz isch s’Füür im Dach gsi. Drufabe het er em Chnächt lo säge, är söll i die hinger Stube cho; är helg öppis mit ihm z’rede. U dütsch u dütlig het er ihm gseit, das tol er de nid; da dra bruch er nüt z’sinne. Was er si de sinere z’erchlage heig, het dr Chnächt gfrogt. Was er eigetli au meini; e Buretochter u de grad sis einzig Ching un es arms Chnächtli! Äs düech ne, we’s ume das sig‚ sötti de no alls i d’Gredi cho. Drufabe het dr Chnächt sis Gäld us em Gaden abe greicht‚ uf e Tisch gheit un erzellt‚ wie-n-er derzue cho isch. Jetz het dr Bur angeri Auge gmacht u süferli afo anger Saiten ufzieh. Am Änd het er d’Milch ganz abe glo u nüt meh dergäge gha, ’s Gägespiel, meh weder ume froh isch er gsi, dass es däwäg gangen isch. Im Jahre 1868 fand man auf der Ellmegg beim Abbrechen eines alten Speichers wirklich einen Schatz; 50 Goldstücke waren in einer Schwelle verborgen. In der Regel ist es nicht leicht, einen Schatz zu heben. Habgierige Menschen waren es, die einmal aus irgend einem Grunde Geld oder Geldeswert tief in die Erde vergruben. Ihre Seelne, zu bösen Geistern geworden, hüten noch immer den Schatz. Vielleicht gehört der Schatz gar dem Teufel selber; dann wird die Aufgabe, den Schatz zu heben, nicht leichter. Wer nicht Zeit und Stunde weiss, vermag nichts auszurichten. Aber auch dann gelingt es nicht sicher; der Schatzgräber muss den richtigen Zauber wissen; denn nicht jeder greift unwissend und unschuldig wie ein Waisenknabe zu Dingen, die teuflischen Zauber brechen, zu Mehl und zu Salz. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom Vögelein, das goldene Eier legte

Source: Vom Vögelein, das goldene Eier legte

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Nicht weit von einer grossen Stadt lebte ein Besenmacher, welcher mit Mühe und Noth seine Frau und zwei Knaben zu ernähren vermochte. Diese giengen eines Tages in den Wald, um Nester zu suchen und fanden zu ihrem grossen Erstaunen eines, in welchem ein Vöglein saß, das goldene Eier legte. Darüber freuten sich die Knaben gar sehr, nahmen Eier, Vogel und Nest und eilten nach Hause zu ihrem Vater, dem sie den gefundenen Schatz zeigten. Der gute Mann gieng zum Goldarbeiter im Dorfe, welcher die Eier besah, und ihm erklärte, dass er ihn und seine ganze Familie erhalten wolle, wenn der Besenmacher ihm das Vöglein abtrete. Dessen war Jener wohl zufrieden und sie zogen alle in das Haus des Goldschmieds, wo sie eine Zeit lang die besten Tage hatten. Das Vöglein aber legte täglich ein goldenes Ei. Einmal hörte der Goldschmied, wie das gute Thierchen sang: »Wer mein Hirn isst, der wird König und wer mein Herz verspeist, der erhält täglich 100 Dukaten.« Kaum hatte der gierige Schmied diese Worte gehört, dass er das Vöglein tödtete und es zum Braten in die Pfanne legte. Während er aber auf einen Augenblick hinausgegangen war, kamen die zwei Knaben des Besenmachers in die Küche, rochen den Braten und verzehrten denselben zusammen, so dass der Jüngere das Hirn, der Ältere das Herz zu verzehren bekam. Als der Goldschmied wieder in die Küche trat und das Vöglein verschwunden sah, gerieth er in große Wuth und jagte die ganze Familie fort, wodurch diese wieder in das größte Elend gerieth. So mussten sich die Brüder entschliessen, in die Fremde zu reisen, um die Eltern zu unterstützen. So kamen sie zu einem Scheidewege, mitten im Walde, bei welchem der Jüngere ostwärts, der Ältere südwärts zog. Der Jüngere kam nach langem Marsche in die Hauptstadt des Reiches, wo soeben der König gestorben und von den Grossen des Reiches die Vereinbarung getroffen worden war, dass derjenige König werden sollte, der hoch zu Ross zuerst in der Frühe des folgenden Morgens den heiligen Hügel vor der Stadt erreichte. Der junge Mann, welcher kräftig und schön aussah, erhielt ebenfalls ein Pferd und durfte sich am Wettrennen betheiligen. Das Glück war ihm hold, er sprengte wie ein alter Reiter den Hügel hinan, blieb Sieger und wurde noch desselbigen Tages zum Könige gekrönt und ausgerufen. Er ließ seine Eltern sogleich zu sich kommen, ward ein grosser Fürst und Held und regierte lange und glückliche Jahre. Der ältere Bruder aber hielt sich in der ersten Nacht in einem großen Gasthofe an der Heerstraße auf, und als er am andern. Morgen erwachte, fand er einen großen Geldbeutel vor sich liegen mit vollgültigen hundert Dukaten. Da sich nun das Wunder täglich wiederholte, heirathete er die wunderschöne und reiche Wirthstochter, und zog mit ihr an den Hof seines Bruders, wo er zum Ritter des Reiches geschlagen wurde.   Quelle: Jecklin, Dietrich: Volksthümliches aus Graubünden, Teil 1, Zürich 1874, in Disla bei Disentis erzählt.           Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom Vögeli uf em Baum

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Vom Vögeli uf em Baum Amene Ort si Vater u Muetter gsi u zweu Ching, es Meitli un es Buebli. Derno si bösi Zite cho; ’s Ässe isch rar worde. Du het d’Muetter ’s Buebli gheisse go ne Öpfel reiche, sie sige überobe im Trögli, ’sBuebli isch gange u het si über ’s Trögli gchrümmt, für ne Öpfel z’näh. Aber d’Muetter isch ihm nochedüsselet u schmätteret dr Dechel vom Trögli zue, so starch sie ma. Dermit het sie em Buebli dr Chopf abgschlage. Drufabe het sie ’s Buebli gno u gchochet. Dr Vater isch im Wald usse gsi u het nüt gwüsst vo dr Sach, ’s Meitli het ihm müesse ’s Ässe usebringe. U dr Vater het afo ässe. Wo-n-er isch fertig gsi, isch eismols es schöns Vögeli uf ene Baum uechegfloge. Sie hei nid gwüsst, wo-n-es isch härcho. Das het gsunge u gliedet: „Mis Muetterli het mi gschlage; Mis Schwesterli het mi trage; Mi Vater het mi gnage U d’Beinli in e hohle, hohle Baum ihe to. Juhe, juhe, i läbe noh!“ (Oder: „Guggus, guggus, i läbe noh!) Im schönen Vögelein‚ das sich leicht beschwingt auf einen Baum setzt, erkennen wir die Seele des Knaben. Die Zeile, „Guggus, guggus, i läbe noh“, kann den Kuckuck, der im Volksglauben eine besondere Rolle spielt, als Seelentier‚ vielleicht als Seelenträger verraten; eine Fassung aus Brienzwiler nennt ihn mit Namen. Einzelne Motive des Märchens weisen auf ein hohes Alter hin. Schon die Vorstellung vom Wesen der Seele führt in Anfänge menschlicher Kultur zurück. Aber auch die Grausamkeit der Mutter spricht dafür, wie F. von der Leyen, Das Märchen, ausführt. Denn der Kannibalismus, wie er in der Erzählung vorkommt, dürfte nicht der Phantasie entsprungen sein, sondern in die Kindheit der Menschen zurückleiten; dunkle Erinnerungen, die Jahrtausende alt sind, kehren im vorliegenden Märchen wieder. Das Märchen lebt in kümmerlichen Resten noch heute an verschiedenen Orten weiter. Unsere Fassung zeigt deutlich Verfallserscheinungen; sie reicht in keiner Weise an das Märchen „Von dem Machandelboom“‚ Grimm Nr. 47, heran. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom Vöglein, das die Wahrheit erzählt

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Erwacht an einem schönen Morgen ein reicher Müller ob dem Stillstehen des grossen Mühlrades. Der brave Mann eilt hinab in den Mühlraum, um nach der Ursache der Störung zu sehen. Da findet er auf dem grossen Rade eine schön gezimmerte Kiste und in derselben drei wunderhübsche Kindlein, zwei Knaben und ein Mädchen. Dieselben trugen goldenes Haar und ein gülden Sternlein auf der heitern Stirne. Der Müller rief seine Frau herbei, die bei dem seltenen Anblicke die Hände vor Verwunderung über dem den Kopf zusammenschlug, und da die beiden Leutchen ohne Kinder waren, beschlossen sie, die fremden als ihre eigenen zu pflegen und zu erziehen. So verging manches Jahr des Friedens, und die Kleinen wuchsen fröhlich und kräftig heran, zur grossen Freude der guten Pflegeeltern. Als aber die Knaben ins zwanzigste Jahr kamen, da glaubte der Müller ihnen die volle Wahrheit sagen zu müssen, und er erzählte ihnen, wie er sie gefunden und dass sie nicht ihre, der Müllersleute, eigene Kinder seien. Die Geschwister verlangten aber zu wissen, von wannen sie kämen und wer ihnen Vater und Mutter sei, und sie bedrängten mit ihren Fragen den gutmütigen Alten gar sehr, der ihnen endlich sagte, sie sollten die Burg aufsuchen, wo das Vöglein sei, das die Wahrheit erzähle; dort würden sie die gewünschte Auskunft erlangen. Und als der frühe Morgen kam, ritt der jüngere der beiden Knaben, ungeachtet aller Bitten und Tränen der Pflegeeltern, auf des Müllers stattlichem Rappen von dannen. Als aber Wochen und Monate vergingen, ohne dass eine Nachricht kam, da weinten die Mühlenbewohner gar heisse Tränen, und es zog an einem frühen Herbstmorgen, von den besten Segenswünschen begleitet, auf einem stolzen Braunen reitend, der ältere Bruder aus, um den Verlornen und das wunderbare Vöglein aufzusuchen. Es verging der Herbst, es kam der Winter, und wieder wurde es Frühling, aber von den Fernen kam keine Nachricht in die stille Bergmühle. Nun hielt sich das zur Jungfrau emporgeblühte Schwesterlein, welches sich die schönen Augen um die verschollenen Brüder schier ausgeweint hatte, nicht länger, und sie bat um das schneeweisse Pferd des Müllers, um das Brüderpaar aufzusuchen. Vergebens flehte der alternde Müller, vergebens rang die gute Müllerin die Hände, um den Liebling zu­rückzuhalten; eines Morgens war die treue Schwester in die Ferne geritten. Der Weg führte sie über Wiesen und Felder, und als sie durch einen langen, finstern Wald trabte, kam ihr von ungefähr ein altes Weib entgegen und sagte zur Jungfrau, es wisse wohl, wen sie suche; auch ihre Brüder seien des gleichen Weges gegangen, um das Vöglein zu suchen, das die Wahrheit spreche und welches zu finden sei in einem funkelnden Schlosse auf dem steilen Hügel neben dem Bergsee. Allein die Brüder und mit ihnen auf Tausende und abermals Tausende von Rittern und Edelfräulein seien niemals zurückgekehrt, weil sie der Warnungen nicht geachtet. »Schöne Jungfrau,« schloss die Alte, »wollt Ihr glücklich das Werk vollbringen und die Retterin der Verzauberten im Bergschloss werden, so geht Euren Weg und schaut Euch nicht um, was auch hinter Euch gerufen werden mag, wendet Ihr nach rückwärts Euer Antlitz, so werdet Ihr in einen Stein verwandelt.« Die Jungfrau dankte und ritt weiter. Es ging nicht gar lange, so kam sie an den Fuss eines steilen Berges, wo sie Ihr Pferd zurücklassen musste. Mutig stieg sie den stotzigen Pfad hinan, vor ihr auf stolzer Höhe das prächtige Zauberschloss. Da erhob sich hinter ihr ein Donner wie die Brandung des Meeres, und es wurde ihr Name gerufen von unzähligen schmeichelnden und drohenden Stimmen. Aber die Mutige schaute nicht zurück und stieg fürbass weiter, bis sie an das Schlosstor gelangte, wo ein entsetzlicher Riese mit mächtiger Tanne in der Hand ihr den Weg versperren wollte. Aber die Jungfrau schlüpfte behende durch und entkam glücklich in das Innere des Schlosses. Durch die leeren Prunkgemächer irrend, führte sie ihr gutes Geschick in einen grossen Saal, wo unzählige, reichbe­fiederte Vögel in goldenen und silbernen Käfigen im wunderlichsten und doch verständlichen Kauderwelsch ihr zuschrien, sie allein könnten die Wahrheit offenbaren. Nur in einer Ecke lag ein graues unscheinbares Vöglein in einfachem Zwinger und schwieg, die fremde Jungfrau mit seinen klugen Äugelein anschauend. An dieses wandte sich die fast Zagende, und sie erfuhr von ihm, dass es selbst allerdings der Vogel sei, der die Wahrheit offenbare und sie ihm nun zu folgen habe. Dann gingen die beiden in den Garten; auf das Geheiss des Vogels hob die Jungfrau hart am Rand eines Springbrunnens eine Rute empor, mit der sie die Steinblöcke im Garten und auf dem Berge berührte. Und siehe, kaum war das Geheissene getan, dass der Zauber wich und lebenswarme Menschen in glänzendster Hoftracht, Ritter und Damen, fröhlich die Jungfrau umstanden, in unmit­telbarer Nähe aber die beiden heissgeliebten Brüder, welche die treue Schwester schluchzend umhalsten. Und vom nächsten Baum herab sang In wunderbaren Tönen das graue Vögelein die Geschichte der Geschwister: sie seien Königskinder, aber während der Abwesenheit des Vaters habe ein böser Ohm, der nach der Herrschaft trachtete, sie ausgesetzt und dem vom Kriege zurückkehrenden König die Mähre vorgelogen, es habe die Königin selbst drei Katzen geboren, wesshalb sie im Gefängnis schmachte. Empört ob der grauenhaften Tat des schlimmen Oheims schworen die Brüder Rache und Sühnung für die arme Mutter, und sie brachen auf von einem  glänzenden Gefolge umringt, der Königsstadt entgegen, die Schwester voran, von den edelsten Jungfrauen geleitet. Und als sie vor das Königs­schloss traten, da fanden sie, auf marmornem Stuhle sitzend, den noch stattlichen, aber kummervollen Vater und neben ihm, wie eine zischende Schlange, den aalglatten Ohm. Das Erkennen war das freudigste, und am andern Tage sass der König und sein befreites Gemahl auf dem goldenen Throne, neben ihnen die wiedergefundenen Kinder und das herbeigeholte schlichte Müllerpaar, weinend vor Lust und Freude und jubelnd begrüsst vom ganzen Hofe. Die kühne Tochter aber ist eine grosse Königin geworden, die beiden Brüder, gewaltige Helden, teilten sich nach dem Tode der Eltern in das Reich und herrschten lange und glücklich. - Den Ohm erreichte das verdiente Schicksal: Er starb am Tage nach dem Wiederfinden durch Henkershand.   Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014, in Camplium bei Trons erzählt. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom Wasedokter

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Vom Wasedokter a) Üse Vater het gseit, är helg einisch es Chuehli gha, gar es guets; ’s heig e Chübel voll Milch gä. Eismols heig’s nümme welle frässe; we men i Stall ihe cho sig, sig’s a Baren uehe gumpet u s’Hoor heig’s grediuse gstellt. Du sig er zum Zürcher Ueli uf e Wasen ihe. Dä säg ihm, do sig sicher es bös Fraueli im Spiel, ob nid so eis chürzlig öppis sig cho reiche. Du säg er: „He, net,“ nid dass er wüss. „Jo, - verwiche het es Fraueli e Liter Milch greicht. Es het i dr Chäshütte keine meh ubercho.“ „Das isch scho gnue,“ säg dr Wasedokter. Derno hei er ihm Sunnewirbelbletter gä für nes Trank. Z’mornderisch sig die sälbi Frau d’Muetter cho frage, wo dr Vater geschter gsi sig. Das göih seie nüt a; sie söll mache. dass sie furtchömm. Drufabe heig’s dr Chueh besseret. b) Einisch isch e sFraueli zum Wasedokter gange u het ihm gchlagt wäg em Ma. Är heig vo re gstellt. Jetz möcht sie nüschti gärn wüsse, wo-n-er sig. Du macht dr Zürcher Ueli ’s Läufterli uf u redi süferli mit öppere. Du chehr er schi um u säg‚ dä fahri uf eme Schiff nach Amerika. c) Einisch heig uf am Wase e Metzgergsell um Arbeit gfrogt. He, säg dr Zürcher Ueli, är chönn istoh; sie welle grad e Chueh metzge. Dr Gsell heig se gstoche; aber nid es Tröpfli Bluet sig cho. Dr Ueli heig glächlet. Du sig dr Gsell ufstange un um d Chueh ume glüffe u s Bluet sig bogewis cho. Drufabe heig dr Zürcher Ueli i ’s Bett müsse; dä Rung sig er a lätze cho. d) E Bur het zweu Ross gha, wo-n-am Morge d’Schwanzhoor hei inenangere züpfet gha. Demo isch er zum Zürcher Ueli u het ne um Rot gfrogt. Är söll im Baren e Strauhgarbe verbrönne; är bruch ke Angst z’ha‚ ’s Hus göih a. Wo-n-er ’s gmacht het, isch es Fraueli derhär cho, mit verbrönnte Hoore u mit ere Huben uf em Chopf. e) Es angersmol isch e Burefrau zue-n-ihm cho u het si erchlagt wäg em Meitli, das strich de Buebe no. He, es söll vo Sant Johannisblueme Tee trinke; es besseri so chli, chli, aber chömm de gärn ume. f) E Bur het uf ere Weid es Füli verlore. Derno isch er dr Wasedokter go froge, wo-n-es sig. Dä säg‚ uf eme Grot - u het ne dütlig beschriebe - stöih e Tanne mit ere Grippele. Do drinne sig ’s Füli mit em Gring ebhanget. Ar chönn’s no läbig näh, wen er gleitig göih. Eso sig’s au gsi. g) En angere Bur het dr Wasedokter welle fecke u het ihm ’s Wasser vomene Esel brocht‚ dr Nochber sig chrank. Dr Ueli het ’s Wasser agluegt u zweu Päckli gmacht Är söll mit däm Züg hei un ihm toll vo dere Sach gä. Im einte Päkli isch Heu, im angere Haber gsi. h) E Burebueb het bi re Brunnröhre trunke. Derbi isch ihm d’Uhr i Trog gheit. Är het net dervo gmerkt. Wo-n-er zum Wasedokter isch, hat ihm dä gseit, är soll morn wiederumecho. Dr Bueb het dänkt, ringer göih er uf d’Reiti go ligge, weder hei u morn wieder häre. Z'Obe het er uberniede zwe ghöre rede. Du säg eine: „He, ume nid z’lut; är liet de bloss uf dr Reiti obe.“ Das sig dr Hörnlima gsi. i) Dr Zürcher Ueli isch imene Wirtshus igchehrt. ’s Wägeli mit eme Fessli Moscht druff het er lo stoh. E paar Buben hei’s gseh u si-n-ihm ‚sFessli go verstecke. Wo dr Ueli isch usecho, het er nüt dergliche to. Är isch heigfahre u het ’s Ross i Stall to. Derno het er ame Redli afo dräihe u dräihe, gäng gleitiger, dass es gsuret isch wie ne Hurrlibueb. Druf si äiner Buebe cho z’springe u z’chiche; är söll ufhöre, sie welle ’s Fessli gärn bringe. k) Dr Zürcher Ueli het chönne d’Schelme triebe. Ern Sager isch e Winge furtcho. Dr Zürcher Ueli het ihm es Gütterli gä, Das söll er bim Hus ufhänke. Dr Schelm müess über drei Bech. Er chömm de um die u die Zit. Eso isch es au gsi. l) E Bur het es Süili gha, gar es bravs. Eismols wott’s nümme frässe. Dr Buur isch zum Wasedokter. Dä seit ihm: „Lue, es isch es Fraueli im Spiel. Do hesch es Stäckli. Dermit schlo ’s Süili ab.“ Dr Bur het ihm gfolget. Du isch d’Jungfere cho z’springe u het grüeft: „Doch rächt hör uf! Doch rächt hör uf!“ Das isch d’Häx gsi. Dr Bur het se furtgjagt. m) Mi Vater het e chrankni Chueh gha. Dr Zürcher Ueli het ihm grote: Du weisch dr Stächpalmstock im Hag, wo ob euem Hus düre geiht; är steiht zwüsche den Eiche. Hau zweu Eschtli ab; steck se innefert über d’Stalstüre. Liecht chönnt’s cho, du fingsch dr Stock nümme. Bänggle d’Chappe druber, wo d’meinsch‚ er sött do si; de cha’s nid fähle. Wo dr Vater im Hag dr Stächpalm gsuecht het, het er ne nümme chönne finge. Du bängglet er d’Chappe. Jetz isch er z’mitts im Gstrüch gstange; d’Zweigli hei im unger d’Achsle greckt. n) E Frau het bim Zürcher Ueli lang müesse warte. Äs het scho gnachtet, u sie het wit hei gha. Äs sig wohl strängs‚ i dr Nacht sövli wit laufe, säg sie zum Ueli. Är well ere öppis gä; sie mög de chli besser, gäb dä ume u het ere imene Gleseli e chli igschänkt. Drufabe het sie d’Frau uf e Wäg gmacht. Aber wie isch das gange! Äs isch ere gsi, sie hätti Fäcke u chönnt flüge, gleitig wie ne Vogel über Höger u Wäld ewägg. Im Hangumdräihe isch sie deheime gsi. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom Welthund

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Eine alte Frau aus Oberdorf erzählte: Mein Vater wohnte in seinen jungen Jahren in der hintern Gasse. Damals nahm man es mit dem Waldfrevel nicht so genau, und der junge Mann wusste, wo die schlanksten Tännchen, d. h. die schönsten Bohnenstecken wuchsen. Darum bekam er vom Badwirt den Auftrag, eine rechte Bürde glatter Bohnenstecken zu hauen. Um aber kein Aufsehen zu erregen, sollten sie in einer dunkeln Nacht in die Badscheune gebracht werden. Wie abgemacht, so ausgeführt. Es mochte um zwölf Uhr sein, als mein Vater still von der Badbrücke die Strasse hinab nach Hause gehen wollte. Nach ein paar Schritten war es ihm, als folge jemand; und als er sich umsah, lief lautlos hinter ihm ein grosser, schwarzer Hund. Welche Angst er ausstand! Wusste er doch sofort, dass das der Welthund war. Zitternd erreichte er die strassabwärts nahe gelegenen Schwarzhäuser, wo Verwandte wohnten. Glücklicherweise war noch eine Türe offen, und er schlüpfte in den dunkeln Gang. Etwas nach Mitternacht fuhr damals noch die grosse Baslerpost, von Langenbruck herkommend, durch Oberdorf. Mein Vater benutzte die Gelegenheit; als er sie kommen hörte, verliess er den Gang und sprang hinten auf das Trittbrett des Postwagens. Schon glaubte er, dem Ungeheuer entronnen zu sein; denn er gewahrte es während der Fahrt durchs Dorf nicht mehr. Aber o weh, als er bei der Schmiede vom Trittbrett sprang, um durch das finstere Schmidtengässlein in das elterliche Haus zu gelangen, war der fürchterliche Hund wieder da und blieb ihm auf den Fersen bis zur Haustüre. Keines Wortes mächtig und zitternd am ganzen Leibe begab sich der junge Mann in seine Kammer. Mit ganz zerschlagenen Gliedern erhob er sich am nächsten Morgen, getraute sich aber nicht, etwas von seinem nächtlichen Abenteuer zu sagen. Erst als es darauf fast drei Wochen lang ununterbrochen regnete, gab er sein Geheimnis preis. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Vom wisse Riter im Längwäg

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Vom wisse Riter im Längwäg Düre Längwäg uf sprängt mängischt nächtligerwis e Riter uf eme wisse Ross. Er chunnt vom Galgelöli nohe u geiht bis zum Dorniggütsch. Scho mängem isch er z’Nacht ebcho. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom wisse Vögeli

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Vom wisse Vögeli Vor alte Ziten isch es giftigs wisses Tau vom Himmel gfalle. Fin wie Wissmähl isch es gsi. Derwäge hei viel Lüt müesse stärbe. Du isch es wisses Vögeli vom Himmel cho u het pfiffe: „Ässit Aschtränzen u Bibernäll, So stärbe die Chranke nid so schnäll.“ Das weisse Vöglein kennt ein Mittel gegen die Pest. Es ist aber kein wirklicher Vogel; es kann reden und kommt vom Himmel herunter. Wir dürfen sein Erscheinen wohl so deuten: Gott hat sich der leidenden Menschheit erbarmt; er sendet ein weisses Vöglein, eine „Seele“, auf die Erde, um den Menschen ein wirksames Mittel gegen die verheerende Pest mitzuteilen. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom Wolf gefressen

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Aus dem untern Axenberg in der Gemeinde Sisikon ging ein Kind zur Schule und musste zudem auch zu Hause bei der Arbeit mithelfen. Als die Familie eines Abends gemeinschaftlich den Rosenkranz betete und das arme, müde Kind dabei einschlief, wurde der Vater wild, stellte es vor die Haustüre hinaus und vergass es da. Endlich sagte die Mutter, sie wolle das Kind holen. Der Vater entgegnete: »Ich habe es hinausgestellt, ich hole es auch.« Aber vergeblich öffnete er die Türe, das Kind war nicht mehr da. Umsonst suchten sie es unter Weinen und Schreien; ein Wolf, der letzte in Uri, hatte es gefressen. Man fand einige Tage später seine Spur und erlegte ihn. Andere Erzähler behaupten, das Böse habe Gewalt bekommen über das Kind; das sei oft vorgekommen, dass Kinder, die nach Betenläuten strafweise vor die Haustüre gestellt worden, verschwunden seien. Seit dem Tode jenes Kindes sieht man oft zur Nachtzeit im Axen und Umgebung ein Licht herumschwirren (19. Jahrhundert). Maria Ziegler; Frau Hartmann-Wipfli Als vor einigen Jahren eine Frau Huser in der Vorstadt zu Altdorf ihrem Kind laut drohte, sie wolle es, wenn's nicht recht tue, vor das Haus hinausstellen, obschon es schon zu Beten geläutet hatte, eilte die Nachbarsfrau herzu und mahnte sie dringend davon ab, solches zu tun, wenn sie das Kind nicht verlieren wolle. Karolina Buggli Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom Zurücktreiben

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1. Ja, ja, Herr Pfarrer, ihr sagt jetzt schon, die Geistlichen hätten so etwas nie gekonnt, aber ihr seid eben auch ein Geistlicher. Sie wollen nicht; es ist eben nichts angenehmes, das Zurücktreiben. Mir hätte ein Kapuziner auch einmal etwas zurücktreiben sollen; ich bat ihn darum und sagte, wir seien eben auch nicht reich und könnten es wohl brauchen. Aber er sagte auch, so etwas könne er nicht. Aber die Leute sagten mir nachher, ich hätte ihn nicht darum bitten sollen, ich hätte es von ihm direkt verlangen sollen, dann hätte er es tun müssen. Ich hätte sagen sollen: »Ihr müsst mir das und das zurücktreiben.« Wir müssen ja die Geistlichen auch erhalten. Ich glaube auch, wenn hie und da etwas zurückgetrieben würde, so wäre das nur von Gutem. Es würde sich noch mancher besinnen, bevor er stehlen würde. Frau von Unterschächen, 65 J. alt 2. Ein Älpler von Silenen hatte am Mittwochabend eine schöne Bürde Anken aus der Alp gebracht und sie in den Keller seines Hauses gestellt, um sie am nächsten Morgen früh nach Altdorf auf den Ankenmarkt zu tragen. Doch am Morgen war das köstliche Erzeugnis der Alp verschwunden! Sofort lief der Bestohlene zum Franz-Mariä-Baschi im Buchholz, der mehr konnte als nur Brot essen, und der versprach ihm, das Entwendete zurückzutreiben, und bezeichnete genau die Nacht, da der Dieb kommen werde. »Aber,« so legte er dem Älpler dringend ans Herz, »jene Nacht musst du vollständig durchwachen und jeden Augenblick bereit sein, dem Dieb die Last abzunehmen, und darfst dich durch nichts davon abschrecken lassen, mag kommen, was da wolle, sonst ist der Dieb für ewig verloren!« Jener hielt sich bereit und hatte die Frechheit, obwohl es die ganze Nacht hindurch schytzlich rumpelte, polterte und lärmte und jeden Augenblick jemand zu kommen und wieder zu gehen schien, zu wachen und gegen Tagesanbruch dem Dieb, der wie rasend dahergeschossen kam, die Bürde Anken abzunehmen. Jos. M. Tresch, 70 J. alt 3. Im Gasthaus zum Adler in Bürglen wurde eines Tages Fleisch aus der Pfanne über dem Feuer gestohlen. Da liefen sie schnell zum Pfarrhelfer Planzer († 1827), der im Rufe stand, zurücktreiben zu können, und baten ihn um diesen Dienst. Es dauerte nicht lange, kam wirklich der Dieb im vollen Schweisse dahergerannt und brachte das Fleisch auf dem runden hölzernen Fleischteller. Einen Teil hatte er schon in kleine Stücke zerschnitten, den andern Teil noch nicht. Frau Arnold-Stadler, 80 J. alt 4. »Uff dä Bächä« in Fellenen wurden von Zeit zu Zeit Schafe entwendet. Endlich wandte sich der Geschädigte an Einen, der zurücktreiben konnte. Dieser versprach ihm, den Dieb zu stellen, sagte aber, er müsse sich, wenn es an die Alphütte poche, an eine bestimmte Stelle begeben und dort bleiben, bis am Morgen die Sonne an die Gräte komme. Eines Nachts rumplete es wirklich an die Hüttentüre; es pressierte heillos! in den Unterhosen trieb es ihn zur Hütte hinaus bis an die bekannte Stelle. Als die Sonne die Wolken rötete, erschien der Dieb mit den gestohlenen Schafen in aller Eile und rief dem Harrenden flehentlich zu: »Säg um Gottswillä, i sell s' la gah!« Da rief jener: »Sä lach's la gah!« Jetzt liess der Dieb die Schafe laufen. Im nächsten Augenblick warf die Sonne ihre ersten Strahlen an die Gräte. Hätte der Dieb die Schafe nicht vorher loslassen dürfen, so wäre er eine Beute des Teufels geworden. Jos. Gamma, 30 J. alt, Gurtnellen 5. Irgendwo und irgendwann wurde einem Bauer eine erkleckliche Summe sauer verdienten Geldes gestohlen. Da suchte er jemand auf, der zurücktreiben konnte, und der verhiess ihm, solches zu tun, aber, wenn der Dieb komme, müsse er ihm das Geld abnehmen, mache er es, wie er es wolle. Das gelobte zwar der Bauer, doch, als der Dieb erschien und das glühende Geld von einer Hand in die andere schüttete und daran blies, fing es an zu donnern und zu blitzen, zu tosen und zu toben, dass das Bäuerlein eine höllische Angst bekam und davonrannte. Da kam der Teufel und zerriss den unglücklichen Dieb in Stücke. Drei Tage lang hörte man diesen in den Lüften schreien. Der Zauberer aber beteuerte hoch und heilig: Nie mehr werde er zurücktreiben. M. Josefa Aschwanden, 75 J. alt, Sisikon 6. Einem Bauer wurde eine schöne Trinkel gestohlen. Er ging zu einem, der zurücktreiben konnte. Der sagte zu, bemerkte aber, wenn sie der Dieb zurückbringe, müsse er sie ihm abnehmen, sonst sei der Dieb verloren. Als einmal der Bauer im Gaden beschäftigt war, streckte jemand, den er aber nicht sah, die Trinkel an einem Stecken zur Oberlücke der geschlossenen Gadentüre herein. Marie Dittli, 50 J. alt, Intschi 7. Zu Schattdorf, im Wirtshaus zum Tellen, wurde am Vorabend der Kilbi eine schöne Bürde Anken, die im Hausgange stand, mitsamt der Gabelen gestohlen. Als die Wirtin ihren Verlust in der Wirtsstube überlaut beklagte, erteilte ihr ein Gast den Rat, sie solle drei Hand voll Salz in einer Pfanne ohne jede Beigabe wacker rösten und drei bestimmte Worte dazu sprechen, die ich nicht kenne. Dann werde der Dieb mit dem Gestohlenen kommen; aber sie müsse dann bereit stehen und ihm den Anken abnehmen. Sie ging und röstete das Salz mit allem Eifer. Bald kam der Dieb in grosser Hast daher, schwitzend und dampfend, bis zur Stelle, wo die Bürde gestanden, und sie nahm ihm diese ab; der Dieb war unkenntlich. Frau Inderkum 8. Jeden Winter wurde der Milchkessel einer Alp in Isental gestohlen. Da ging endlich der Besitzer zu einem Kapuziner und bat ihn, den Dieb zur Rückerstattung zu zwingen. »Zurücktreiben« nennt es der Volksmund. Der Pater versprach es, liess sich aber vom Bittsteller das heilige Versprechen abgeben, an einem bestimmten Tage sich in der Alp einzustellen und dem Dieb, der kommen werde, das gestohlene Gut abzunehmen, möge er noch so schrecklich erscheinen. Gut, am bestimmten Tage war der Bauer in der Alp, der Dieb kam. Aber wie? ganz brennend, und der Alpkessel war auch glühendrot. Der Bauer lief davon. Als sie im folgenden Frühling in der Alp auffuhren, stand der Schelm mit dem Kessel unter der Hüttentüre. Wie sie ihn antasteten, um ihm die Last abzunehmen, fiel er vor ihren Augen in Staub und Asche zusammen. Aber auch der Besitzer sank tot zu Boden. Frau Gisler-Zwyssig, 68 J. alt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom „Hellreben“-Wein zu Brütten

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Vom „Hellreben“-Wein zu Brütten Der Wein, der in den „Hellreben“ wächst, hat einen etwas sauren Ruf. Behaupten doch böse Zungen, es sei einmal in einem besonders guten Jahr passiert, dass eine Traubenbeere, die der Trottbaum nicht zu zerdrücken vermochte, über das Helltobel geflogen sei und in dem nahen Bläsihof im Stalle einem Ochsen ein Horn abgeschlagen habe. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Winterthur und Weinland Gechr. Brütten 1903/04, S.6. Der Volkswitz ging noch weiter. Peterhans, Ins Zürcher Oberland, Winterthur 1925, S. 72: Der Steighof-Ruedi (Bosshard) habe jeweilen noch erzählt, der Luftdruck sei so stark gewesen, dass er noch im Hofe Rossberg die Fensterscheiben einzudrücken und auf der Kyburg die Wetterfahnen zu drehen vermochte. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vom-mänä Vinediger

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In-närä-n-Alp im Ryßtal obä sind denn äu ä Sänn, ä Hirt und ä Chnächt bin-änand gsy, wiä das eppä-n-isch. Eis Abeds syg ä frendä Herr chu i d'Hittä-n-innä und heig gfragt, ob er eppä-n-ä Tag zwee chennt a' der Chost sy by-nnä-n- und ibernachtä. E, das chenn är scho, heig der Sänn gseit, wenn är mit der Chost und mit dem Gliger zfridä syg, wo si eppä heiget. Platz syg scho eppä. Der Herr heig gmeint, ja, ja är syg scho zfridä, sy miässet keini Umständ mid ihm machä, und syg da 'plibä und ibernachtet. Wo s'ä gfragt heiget, wo-här das er syg, heig er gseit: »Uß der Vinedig.« Am neechstä Morged syg är bi Zyttä-n-üff, heig ä Sack a Riggä gnu und syg fort und der ganz Tag fort 'plibä. Am Abed syg er wider chu und heig der Sack vollä Stei 'pracht und heig-ne-s' 'zeigt und heig gmeint, uß deenä well-er etz i der Vinedig äs scheens Vermeegä leesä. Der d'Nacht heig der Sänn 'tänkt: »Ä, dä nimmsch-em äs par vo deenä Steinä; der merkt das nitt, und darnah gahsch speeter äu mit-nä-n-i d'Vinedig und lüegsch, was drüß leesisch!« Und är nitt fülä, stahd üff und tüet zwee, dry vo dä chlynärä-n-uff d'Syttä. Am Morged heig der Frend syni Stei nu einisch ä chly gmuschteret, heig aber nit derglychä 'tah, as ob er eppis merkti; und darnah heig är diä Älpler da gheerig und rächt 'zallt und heig Abschid gnu und 'tanket und syg fort, dänk der Vinedig züe. Am Herbst, wo si üßg'alpet gha hennt und diä greescht Herbstarbet verby gsy isch, dänkt der Sänn: »Jetz gahsch mit dynä Steinä-n-äu gägä, Vinedig,« und isch uff d'Straß. Und darnah, wo-n-är i d'Stadt Vinedig innächunnt, riäft ihm epper us-ämä hoochä, scheenä Hüs appä. Är lüegt und erchännt sofort der frend Herr, wo im Summer by-n-em uff der Alp obä gsy isch. »So, chunnsch etz mit dynä gstollnä Steinä?« heig er-em griäft, der Herr. Der Sänn syg da scheen erschmyet, das cham-mi-si dänkä. Aber der Herr syg ganz frindlächä gsy, und heig gseit, är soll nur züe-n-em üfächu, äs gschehi ihm nytt Beeses, z'kunträri, är wärdi nu ä Freid verwittschä. Ändlächä syg er doch innä-n-i ds Hüs und üfä zu dem Herr. Der syg mächtig frindlächä gsy und heig nu einisch gseit, är sell nur nid Angst ha; si syget uf der Alp obä-n-äu frindlich mid ihm gsy. Und heig-em Spys und Trank üffgstellt und-ä gneetet, är sell nur züegryffä. Güet, är heig-si da gar nimmä lang la neetä und heig wacker züeggriffä und mid Abädyt ggässä-n- und 'trunkä. Und darnah heig der Herr züe-n-em gseit, är sell etz zu dem und dem Hüs gah mit synä Steinä, und dert sell er sägä, sy sellet-em gä, was-si wärt syget. Güet, är isch ggangä und het das Hüs gfundä, und hed ä wiätigä Hüffä Gäld derfir iberchu. Mit dem isch är wider zu dem Herr ggangä, und der fragt-ä, ob är etz nitt gärä bald däheimä wär. »Wo-woll«, heig-er gmeint, »wiä schneller, wiä liäber.« Und darnah syg der Herr mid-em z'obrisch i ds Hüs üfä und heig dert ä Chammertirä-n-üff'tah. Da sygs ganz timmer dinnä gsy, und all Bälkä syget züe gsy. Da sell er etz innä gah, heig düe der Herr gseit, und timmerlägä dinnä sy und eißter zringed-um gah. Aber de diä ganz Nacht niä bstah! immer gah! Und ersch, wenn-er de dänki, äs chennt gägem Morged anä rickä, sell-er d'Bälkä-n-üfftüe. Nu, är syg innä, und der Herr heig 'Kammertirä züe 'tah und syg fort. Disä syg dinnä-n-eißtig zringed-um ggangä, diä ganz Nacht, ohni z'bstah, und am Morged, wo-nn-er 'tänkt heig, äs tagi, heig er d'Bälkä-n-üf'tah, und da heig är uß sym Hüsli grad uf' ds Wassnerderfli appä gseh, und z'Wassä heigs grad z'bättä glyttet. – Das isch da ring und gleitig ggangä! Güet! jetz wär är fryli ä rychä Ma gsy. Aber mä seit nid ummäsusch: »Liächtli gwunnä, liächtli zerrunnä.« So isch dem äu ggangä. Darzüe lüegä heig er nitt chennä, är heig der Herr 'tribä-n- und i wenigä Jahrä heig är alles verbutzt gha. Da isch er ibelfeilä gsy. Dänkt er: »Jetz gahsch ga lüegä, ob nitt sälber deera Stei findisch; und darnah, wenn d' findsch, sä gahsch nu einisch mid-nä nach Vinedig.« Güet, är gaht i d'Alp und süecht und chunnt zun-närä Gand. Da syget deerä kürjosä Stei dri gsy, diä heiget gglitzeret und heiget äs furchtbars Gwicht gha. Dänkt er: »Das chenntet nu vo dä rächtä sy; deerig nimmsch jetz und gahsch nach Vinedig mit-nä.« Und är fillt all Seck mit seeligä Steinä und gaht uff d'Straß. Diä syget aber heillos schwär gsy und-heiged-em schiär d'Seck ab'zerrt; einä syg-em ämal durä Tschoopäsack durä. Und darnah heig er zwee, dry verriährt. »Diä miäm-mer etz nu nid all Seck verzehrä,« heig er züe-n-em sälber gseit. I Vinedig syg er wider bi dem Herr i'kehrt und heig nu einisch ä scheenä Stuck Gäld fir syni Stei iberchu, aber är heig nu einisch nitt chennä derzüe lüegä. I par Jahrä syg alles wider dem Tyfel züe gsy. »Jä nu,« heig er 'tänkt, »diä Gand wurd wohl nu am altä-n-Ort sy. Dä channsch ja wider deerä Stei ga reichä und mit-nä-n-i d'Vinedig gah.« Und är syg ggangä und heig diä Gand gfundä, aber jetz syg das ä Gand gsy wiän-ni andiri. Kei einzägä son-nä Stei syg meh da gsy. J.J. Walker, 70 J. alt, Meitschligen Ein Erzähler nennt die Alp Riental bei Göschenen. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vome Bammert

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Vome Bammert Uf em Möösli steiht es alts Hus; ’s Dach reckt fascht ufe Bode. Mi seit ihm Salomos Hus. Do isch vor Johren es arms Taunerli deheime gsi. Das het z’Nacht bim Mondschi es dürsch Tanndli heitreit un im Schöpfli abgleit. Ungereinisch steiht e Ma i altmödische Chleidere näb em Tannli. Uf em Chopf het er e Dreizopfehuet treit. Mit eme Zollstäcke her er ’s Tanndli afo mässe. Das sig dr Bammertheiri gsi, wo vor meh weder hundert Jahre do sig deheime gsi. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vome Ching u re Schlange

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Hexen und Zauberer verwandeln sich in Tiere; aber auch die Seele nimmt oftmals die Gestalt von Tieren an. Stets steht bei den Anschauungen, welche auf diese Tiere zurückgehen, der Mensch mit dem tierischen Wesen in bestimmter, enger Beziehung; das Tier, das in Erscheinung tritt, ist kein wirkliches Tier; es führt auf einen Menschen zurück. Im Volksglauben treten aber geheimnisvolle Tiere auf; mit dem Menschen haben sie nichts zu tun. Man schreibt ihnen übernatürliche Kräfte zu. Ihr Auftreten jagt Furcht und Schrecken ein. Vome Ching u re Schlange En armi Frau, wo gäng isch go taune‚ het es Meiteli gha. Göb sie albe furt isch, het sie em Ching es Becki mit Brot u Milch uf d’Site to. Aber d’Muetter het’s düecht, ’s Meiteli mageri gäng wie stränger. Einisch het sie ungsinnet hei müesse; du het sie gseh, wo ’s Ching het afo ässe, wie ne Schlange ungerem Ofe isch vürecho. Die het us em Becki Milch gno u ‘s Meiteli het zue re gseit: „Nimm Boti o, nid ume Mämmi!“ Jetz isch schie zuehe u het ’s Ching gno, u d’Schlange het me drufabe töt. U dr Bur het mit em Ching u dr Muetter Erbarme gha u se beidi a Tisch gno. Diese weitverbreitete Sage zeigt uns das Verhältnis zwischen Mensch und Schlange. Das leise Gleiten des unheimlichen Tieres über den Boden, sein Kommen und Verschwinden und vor allem der Biss der giftigen Arten machen die Schlange zu einem gefürchteten Wesen, das der Mensch scheut und in der Regel als Feind behandelt. Aber die Sage zeigt uns noch mehr: die Schlange kommt vom Ofen her; leise klingt in der Erzählung die Vorstellung von den Ahnenseelen an, die sich in der Nähe des Herdes oder des Ofens aufhalten. Und wie die Maus, so erscheint ja auch die Schlange in vielen Sagen, wie in der Folgenden (D’Stummli u d’Schlange), als Seelentier. Die Schlange, die vom Ofen herkommt, ist darum keine wirkliche Schlange, sondern die Seele eines verstorbenen Familiengliedes. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vomene Bruederstrit

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Vomene Bruederstrit ’s Chiupbechli z’Leimiswil heig vor vielne Johre zweine Brüeder ghört, wo guneiset heige. Im Chiupbechli sige sie bim Mäihe hingerenangere cho. Beid heige mit de Sägetze ufzoge u eine heig gseit: „We du ziehsch, ziehn i au!“ Dermit heig eine zoge u diesen au, u beid sige tot uf em Platz bliebe. Jetz, wie’s de geiht! D’Lüt hei gseit, do sig nid alls sufer. Einisch, äs isch i dr Ärn gsi, isch es derhär cho u hett is d’Zatte wit dür d’Luft us gno. Mir hei äi Rung e Tauner gah, wo au isch derbi gsi; dä het drufabe gäng dervo brichtet u het welle ha, das sig nit mit rächte Dinge zue- u härgange. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vomene Fürspräch

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Vomene Fürspräch Amene Ort isch e Fürspräch gsi; dä het en iedere Prozäss gwunne. Är het e Brueder gha; däm het’s die Sach nid chönne. Ei Tag seit er zum Brueder: „Mi nimmt ume wunger, ob de du i dr Ewigkeit au z’rede chunnsch.“ Sie si uf e Tod cho z’brichte u hei enangere versproche, dä, wo früeher stärb‚ müess em angere cho säge, wie-n-er änefer acho sig. Derno isch dr Fürspräch gstorbe. Sie hei e Jumpfere gha. Die chunnt gli druf zum Her u seit ihm, sie well furt. Jo, das wärd nid si. Doch, es sig eso. Jo, was sie si de z’erchlage heig. Äs chömm drum all Tag e grosse, schwarze Hung uf d’Füürblatte cho hocke. Sie trau si nid, ne furtzjage. U furt chömm er, sie wüss nid wie. Du chunnt em Her dr Gedanke, äs chönnt am Änd si Brueder si u seit: „Los jetz no. Rüef mer einisch, wen er chunnt. I chume de sälber cho luege. De gseht me no gäng, was witer geiht.“ D’Jumpfere het si lo brichte. Scho zmornderisch isch sie cho rüefe, dr Hung sig ume do. Dr Her isch use u het dr Hung gfrogt: „Bisch du’s?“ u het ihm dr Name gä. „Jo, i bi’s“‚ het dä gseit. „U de, wie geiht’s? Hesch öppis chönne säge?“ „Kes Wort han i chönne säge. Vo Gott abgschwore‚ isch ewig verlore.“ M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vomene schwarze Ma

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Vomene schwarze Ma Äs isch e Ma gsi, wo meh het chönne. Einisch isch er furt u het es Büechli lo ligge. Du isch es Burscht cho u het’s erwütscht u drinn afo läse. Derno isch plötzlech e schwarze Ma do gsi; dä seit, är heig es Rächt uf das Burscht. Jo, aber, säge du die Lüt, e Gfeligkeit chönn er ne wohl tue. Jo, das chönn er scho. Du hei sie es Mäss Hirsch ine Schiterbige gheit u däm Ma gseit, är söll ’s Hirsch ume useläse. U das Burscht wäri du emel grettet gsi. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vomene Vierbeiner

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Vomene Vierbeiner Amene Samschti z’Nacht, het mer dr Vetter Üel verzellt, sig er vo Grünge gägem Widigschbärg gange. Du chöml grad bim Marchstei e Vierbeiner. Was das de sig e Vierbeiner, froge ne du; i bi nid druber cho, was er gmeint het. „He, e Vierbeiner“, seit er. „Dä het e Lieb wie nes Tier un e Chopf wie ne Mönsch. Är isch grad cho bis a mi a u wieder furt. Aber mänge Tag han i e gschwullne Chopf gha.“ M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Von dem Turtmanngletscher im Wallis

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Auf der Stelle, wo jetzt der Turtmanngletscher seine blauen Eislasten ausbreitet, befand sich einst die schönste Alp des Tales, Blüemlisalp geheissen. Der Senn hatte ein schwarzes Hündlein und eine Jungfrau, Namens Kathrin, mit welcher er ein unzüchtiges Leben führte, während er seinen alten, blinden Vater auf unmenschliche Weise behandelte. In einer Nacht brach ein furchtbares Hochgewitter los. Der harte Sohn befahl seinem Vater das entlegene Vieh einzutreiben. Dieser gehorchte mit bitterem Schmerze, von dem Sohne Übles befürchtend, wenn er seinem Gebote sich nicht fügen würde. Da geschah es aber, dass der blinde Vater, als er in den wilden Sturm hinausgetreten war, ohne sein Wissen in seltsamem Drange sich immer weiter von der Alp entfernte, und dass alle Kühe ihm nachzogen. In derselbigen Stunde brach der Gletscher donnernd los von den festen Höhen und bedeckte plötzlich die schöne Alp für immer mit seinen turmhohen Massen. Der strafwürdige Senn, das arge Weib und das Hündlein fanden ihr Grab unter den Trümmern der eingestürzten Wohnung und kein menschliches Auge kann den Ort so vieler Freveltaten mehr erblicken. Noch jetzt wollen die Tal-Leute, kurz vor eintretenden Wasserverheerungen, zuweilen das schwarze Hündlein sehen und eine menschliche Stimme hören welche die Worte ruft: "Ich und min Kathrin mühen immer und ewig auf Blümlisalp sin." Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Von den armen Seelen heimgejagt

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Ds Balzä-n-ä Büeb im Billä-n-obä heig einisch am Abed vor Aller Seelä gseit, är well hinecht nu ächly z-Stubädä. Der Vatter heig das nit gärä gseh und heig-em abg'ha. Aber das heig nyt gfruchtet. Är heig ägleit und syg g'gangä. »Chasch lüegä wie's d'r gaht!« heiget-s'em nu nachägrieft. Aber woll! am zwelfi sygs wider chu midem! Jesses Maryä! wie der chu syg! wie z'flygädä! bis a d'Hüstirä heigs-ä pracht! und är mit sannt der Tirä i ds Hüs innä! Flätschbachnassä syg er gsy und ä ganzi Wyl wie gsturnä-üfärä Gstabällä gsässä, bis er nur as Wertli firepracht heig. Andlächä heig-er chennä sägä, äs Fyrrots sygem nachächu wiennä Wind. Jä, der hent die armä Seelä hei'tribä. Anton Stadler, Bürglen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Von den armen Seelen heimgejagt

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Ein Isentaler pflegte des Abends, zum Verdrusse seiner braven Frau, recht lange im Wirtshaus zu hocken. Da versprach sie den armen Seelen eine heilige Messe, wenn sie ihn einmal nach Hause treiben würden. Nun eines Abends, als der Mann auf seinem Heimwege die Lychghirmi beim Tosenden Stein erreicht hatte und im Begriffe war, vor dem Kreuze daselbst den Hut zu ziehen, da rauschte es auf einmal in den Haselstauden am Wege, und pfeilschnell wie der Wind trieb es ihn vorwärts, er konnte nicht sagen wie. Unterwegs fasste er den Vorsatz, dem Kreuz bei der Lychghirmi im Schluchen die gebührende Reverenz zu erzeigen, und erhob die Hand. Aber kaum hatte er den Hut in der Hand, war er schon eine Strecke von zehn Minuten über die Stelle hinaus. Daheim langte er ganz in Schweiss gebadet an; an jedem Haar hing ein Schweisstropfen. Die ganze Strecke vom Tosenden Stein bis zu seinem Hause, sonst etwa 3/4 Stunden, hatte er an jenem Abend in drei Minuten zurückgelegt. Aber geholfen hat's. Er hat's selber erzählt. Hans Aschwanden u.a. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Von den Brüdern, welche die Leute, das Fleisch und den Wein kannten

Source: Von den Brüdern, welche die Leute, das Fleisch und den Wein kannten

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Es waren einmal ein Mann und eine Frau, die hatten drei Söhne. Der Vater und die Mutter waren alt und sagten den Kindern, sie müssten verdienen gehen. Der Älteste sagte, er wolle dies tun und zog fort. Da begegnete er einem alten Mann, der fragte ihn, wohin er gehe. Der Bursche antwortete, er gehe verdienen. Der alte Mann meinte: «Was willst du denn verdienen gehen? Geh nur nach Hause und sage, du kennst die Leute.» Der Vater meinte, es nütze nicht viel, die Leute zu kennen. Dann sagte der zweite Sohn, er wolle schauen, ob er etwas verdienen könne. Er ging ein Stück weit und begegnete dem alten Mann, der fragte, wohin er gehe. Der Bursche antwortete, er gehe verdienen. Der Alte sagte, er solle nach Hause und sagen, er kenne das Fleisch. Er tat, was der Alte ihm geraten hatte. Der Vater brummte, es nütze nicht viel, das Fleisch zu kennen, weil sie keines zu essen hätten. Zuletzt sagte der Jüngste, er wolle sehen, ob er etwas verdienen könne. Dann ging er ein Stück weit, da begegnete er dem alten Mann; der fragte, wohin er gehe. «Geld verdienen», antwortete der Bursche. Der Alte sagte: «Du, geh nach Hause und sag, dass du den Wein kennst!» Auch er ging nach Hause und sagte, er kenne den Wein. Der Vater meinte, das bringe nicht viel, da sie keinen Wein zu trinken hätten. Da beschlossen die drei Brüder, zu dritt einen Verdienst zu suchen. Sie gingen ein gutes Stück weit und kehrten in ein Wirtshaus ein. Sie waren gerade beim Nachtessen, als der Wirt in die Stube trat. Zwei standen auf und zogen höflich den Hut, der dritte aber tat so, als sähe er den Wirt überhaupt nicht. Sie assen dann weiter; der eine nahm das Fleisch nicht, und der andere trank den Wein nicht. Nachher gingen sie zu Bett, alle drei in eine Kammer. Der Wirt war neugierig, was die drei seltsamen Vögel untereinander verhandelten. Er ging zur Tür hinauf und belauschte sie. Der mittlere Bruder sagte zum Älteren: «Warum hast du den Hut nicht gezogen, als der Wirt in die Stube gekommen ist? Er, solch ein Herr!» Der Älteste antwortete: «Der ist nicht besser als ich, denn er ist ein Bastard und ich nicht!» «Aber weshalb hast du das Fleisch nicht gegessen, so ein gutes Fleisch?» Der mittlere Bruder antwortete: «Ich esse kein Fleisch von einer toten Hündin.» Jetzt fragten die beiden älteren Brüder den Jüngsten: «Warum hast du den Wein nicht getrunken?» Der Jüngste sagte: «Ich trinke keinen Wein aus einem Fass, worin die Magd ihr Kind geworfen hat!» Danach ging der Wirt zu seiner Mutter und fragte sie, ob das stimme, dass er ein Bastard sei, und auf sein Drängen hin gab sie es zu. Dann ging er zur Magd und fragte sie, welches Fleisch sie den drei Burschen gekocht habe, und erschrocken gestand sie, dass es das Fleisch der toten Hündin war. Nachher stieg er in den Keller hinunter, untersuchte das Fass und fand darin ein totes Kind. Jetzt war der Wirt davon überzeugt, dass die Brüder sich in der Zauberkunst auskannten, deshalb stellte er alle drei ein und gab ihnen einen guten Lohn. Am nächsten Tag lud der Herr den Bruder, der die Menschen kannte, zu einem Fest ein. Er solle ihm eine Braut aussuchen. Den Burschen liess manche kalt, die dem Herrn gefallen hätte. Da kam eine daher, die dem Knecht passte und er sagte zum Herrn: «Das ist eine gute Frau für dich!» Der Herr nahm die Braut zu sich, und sie machten eine prachtvolle Hochzeit und lebten viele Jahre in Frieden. Die drei Brüder aber hatten es gut beim Wirt.   Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Von den Büssern oder feurigen Mannen, die sich nachts sehen lassen

Source: Von den Büssern oder feurigen Mannen, die sich nachts sehen lassen

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Von disem Handel wäre wol vil zeschryben vnd ze sagen. - Ettliche solche füwrige geister (sind) den Lebenden Menschen erschinen da man usstruckenlich menschliche Figur und gstallt eines abgestorbnen vnd schon verjäsnen ussgezerten Menschen Cörpers sehen können, ettlichen grad vor jren augen, wöllichs allso ze sehen gsin, alls wann mann ein brünnend Liecht oder füwr hinder einer Zeinen hette, dz füwr durch den Lyb, durch die sytten, Rippen, Augen, Mund, Nasen und Oren ussschlahen und wenn denn die flammen vergangen, ist das Corpus da ligen bliben, glussende wie abgebrennter stock in einer Rütti. Ettlichen Menschen sind sie nachts uff der strass begegnet anfangs wie ein füwrige kugel vor iren füssen darnach gächling uffgebrunnen wie ein gross füwr; ettlich haben jn sölchem ufbrünnen usstruckenlich ein form oder gstalt eines Menschen mitten in flammen gesehen. Das gmein Volk haltet es gentzlich darfür, dass die Menschen so by jrem Leben etwan jre nächsten oder nachpuren mit den Marchen ubervortheilent, nach jrem Tod allso gepyniget werden und an solchen orten, da der fäl beschehen, wandlen und sich sehen lassen müssen. Darumb man dann auch bisswylen siht zwen oder dry gegen einandern in uffbrünnendem füwr louffen und anpütschen allso dz es ein gross füwr und geristen gibt; ettwann kompt der dritte zwüschen sy, anfangs hebt es an mit einem klein glüssen, glych wie ein blawes Liechtlin, dann so fart es gächling uff und gibt ein füwr, wandlet und schiesst hin und wider. War ist es das nit alle Menschen solche ding (oder dochs uffs wenigst ein so schinbarlich) sehen könnent, wie es dann grad mir selbs begegnet, da man mirs gezeigt, und sonderlich schier ordinarie wann die nacht am duncklichisten gsin oder das gestirn ein endrungen des Wetters anzeigen wollen. Ich hab es zwar also in sinem won blyben lassen und darnachen noch allwegen etwas zwyffels ghept bis letstlich da ichs überflüssig und meer dann gnug ouch mit gutter muss in die 2 stund lang an einandren sehen können und mässen und allem Zwyffel damit ein end gemacht, das beschach den 23 tag decembris dess 1609 jars, da iich mit hohes stands eerenpersonen diser statt und guts, namens gesellschaft nachts uber unsern Seew har vom Bürgen nachen uber den Trichter gefaren. Da die schifflüt uns der sachen anfangs verwarnt, allda sachen wir an dem gelend Horwer gerichts am kestenboum und Langensand dem seew nach erstlich dry oder vier diser Züslern die mitthin von kleinem glussen zu einem füwr uffgingent und mitthin umb einandren schwäbend, an orten und Enden da keine hüser noch Lüt nachts mit Liechtern wandletend. Besser hinab under dem stutz liessend sich ouch 3 nitt wyt von einandren sehen, mitt glycher bewegung und verenderung da die schifflüt sagtend das an demselben ort ouch ein Hagmarch verendert worden wäre, mit dem Zuthun, dz wo man den Hag wider an sin statt setzte, dise seele zu ruwe kommen möchten, wie es dann ettliche diser Züsslern den Lebenden allso mit wincken und dütten gezeigt und darnach da die sach wider in das allt gericht nit meer gesehen worden. Besser unden sachen wir einen andern der gächling uff ging uff aller hohe des walds in der Birchegg da doch in söllicher wilde und ruchen wilden wald weder hüser noch schüwr zefinden, und das zum dritten mal. Letstlich noch ein andrer der erhub sich umb Tribschen am nächsten gegen der statt, der erbran gächling uff mit dem grösten füwr, mer dann der andren keiner, und so vil man merken mögen schwäbte er uff dem sew, bald fur er uber sich in den Lufft mit krummem schwung wie die Rosen bald liess er sich wider hinab uff den sew und fur ouch den seew uff uber wasser allwegen der lingken syten nach obsich und schwang sich sonach das der strim von sinem glantz bis zu unserm schiff uber dz wasser reicht, das doch und zwüschen gar ein grosse wytte war; bald ijn einem ougenblick sachend wir jn uber den sew ufffaren wie ein pfyl vom armbrust an das gelend zu Kirsiten by zwei stund wyt, da er gar schnell anlanget und noch lang in unserm gesicht bran. Disen dingen wir all mit grossen verwundern zu gesechen. Es hand wol auch ettwann solche Büsser nachts wandlende vnd jnen begegnende Lüt erschreckt, beleidiget beschediget, ja ouch ettwan in die wasser geworffen und ertrenckt. Ettwann so si angeredt worden haben sy geantwort, ettwan aber nit, ettwan hand sy zeichen oder andüttung geben der verenderten marchen halb wie die wider zu verbessern, und nachdem dasselbig beschechen, sind sy nit meer gsechen worden. Ettwann so die Lüt denen sy von wyttem begegnet, gebettet, hand sy sich erst jnen meer genähert, wann sy aber jnen geflucht, sind sy gewichen. Ander gespenst, wann sy den Menschen begegnet, besonder nachts, ettwan jn Menschlicher form ettwa jn tiergstallt, Hund oder katz, wie ein schwartzer schatt wandlen, etwan in ungwonlicher grösse und nit rechter proportz ouch füwriger glitzere zu den ougen, oren, mund und nasen uss, haben sy den sehenden Menschen krankheit vnd geschwulst dess angsichts verursacht.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Bei dieser Sage gibt es keine genaue Zuordnung zu einem der fünf Kantone. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Von den drei Brüdern

Source: Von den drei Brüdern

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Vor vielen, vielen Jahren lebte ein König, dessen Reich sich bis an das Meer erstreckte. Als er alt und schwach und des Regierens müde wurde, da ließ er seine drei Söhne kommen und sagte ihnen, er werde demjenigen das Reich übergeben, welcher hinausgehe und binnen drei Tagen den schönsten und besten Wagen anfertige. Von den drei Söhnen aber galten die zwei ältesten für gar begabt, während man auf den jüngsten nicht gar viel hielt. Nun begaben sich die Drei hinaus vor die Stadt, wo die zwei Altern den Jüngsten allein seines Weges ziehen ließen. Dieser trat in den nahen Wald und kam immer tiefer und tiefer in das Dickicht, wo er an einem Baum ermattet niedersank und dann Brod und Käse hervorholte, um sich zu erlaben. Da kam ein alter, grauer Mann, in einem weiten Mantel des Weges gegangen und bat den Königssohn um einen Imbiß. Der Jüngling gab dem Manne gerne, was er hatte und sah freudig zu, wie die raue Kost dem Alten schmeckte. Als dieser sich satt gegessen, sprach er zum Königssohne: »Ich kenne deine Not, und ich will dir helfen. Lege dich inzwischen hin und schlafe, bis ich dich wecke.« Der junge Mann schlief lange, und als er erwachte, war der Alte verschwunden; vor ihm aber stund der bequemste und prächtigste Wagen, den man sich nur denken kann. Diesen zog er nun in die Stadt und trat damit vor den König; vor dessen Thron aber standen die zwei andern Brüder, die aber kaum ein Rad, geschweige denn den ganzen Wagen verfertigt hatten. Der Vater aber lobte den Dummen gar sehr und wollte ihm das Reich zuerkennen; allein die beiden andern Söhne baten und flehten so lange, bis der alte König eine zweite Probe erlaubte und jedem der Söhne einen Hanfstrang überreichte mit der Meldung, daß derjenige das Reich erhalten werde, welcher dem Hanfe das feinste Gespinn abgewinne. Wieder gingen die drei Brüder hinaus, dieses Mal jeder seines Weges. Der Jüngste ging wieder in den Wald, war aber gar betrübt und setzte sich an einen Teich nieder, um sich auszuweinen. Da kam ein Fröschlein aus dem Wasser gehüpft und fragte ihn nach der Ursache seines Kummers. So das Fröschlein die Leidensgeschichte des Prinzen erfahren, hieß es ihn guten Mutes sein und den Hanfstrang frisch in den Teich werfen. Das tat der Königssohn, worauf ihn der Schlaf übermannte. Nach vielen, vielen Stunden wachte er auf, rieb sich die Augen und war nicht wenig erstaunt, als er das wundersamste goldene Gespinst sah, das man sich nur denken kann. Dieses nahm der Königssohn und ging in das Haus seines Vaters. Seine Brüder hatten zwar auch hübschen Faden gebracht, aber mit dem goldenen des Jüngsten war er gar nicht zu vergleichen. Wieder wollte der Vater diesem den Preis zuerkennen, und wieder gab er den Bitten der ältern Brüder nach, doch eine dritte und letzte Probe zu erlauben. Da schwur der alte König bei seinem Barte, daß derjenige seiner drei Söhne das Reich erben sollte, der ihm die schönste Schwiegertochter zuführte. Mit diesem Bescheid gingen die Prinzen gleichzeitig aus drei verschiedenen Thoren zur Stadt hinaus auf das Feld. Der Jüngste besann sich nicht lange und schritt rüstig dem Walde und dem Teiche zu. Dort angelangt, rief er nach dem Fröschlein, welches alsbald kam und nach seinem Begehren fragte. Der Prinz teilte sein Anliegen mit, worauf das Fröschlein sagte: »Küsse mich auf das Mäulchen und vertraue mir.« Der Knabe tat, wie ihm befohlen, und eh' er sich's versah, hatte sich das Fröschlein in die schönste, minnigste Maid verwandelt. Mit dieser zog er zu Hofe, und weil seine Braut die der Brüder an Schönheit weit übertraf, erhielt er des Vaters Reich und lebte mit seiner Frau herrlich und in Freuden.   Quelle: Jecklin, Dietrich: Volksthümliches aus Graubünden. 3 Teile, Zürich 1874        Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Von den drei goldenen Äpfeln

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War vor vielen, vielen Jahren ein König in der Ebene, der lag seit vielen Monden krank und niemand konnte ihm helfen. Da kam eines Tages ein Bäuerlein in die Königsburg und wurde vor den Fürsten gelassen. Zu diesem sagte der Mann, er wolle ihn heilen, sofern der König drei goldene Äpfel aus dem verwünschten Garten erhalten könne. Der König ließ seine Söhne kommen und hieß den ältesten die Äpfel bringen. Der Prinz sattelte sein Pferd und ritt aus der Königsburg. Im Walde stieß er auf einen Bettler, der ihn um ein Almosen bat. Aber der Prinz war harten Herzens und schlug den armen Mann. Am Rande des Waldes stund ein Wirtshaus, hier trat der junge Mann ein und wollte nach genossenem Imbiß wieder von dannen ziehen, aber die Wirtin hielt ihn mit süßen und schmeichelnden Reden zurück (denn sie hatte wohl gemerkt, daß des Jünglings Beutel mit Golddukaten wohl gespickt war), bis er all sein Geld verjubelt, worauf er ins Gefängnis geworfen wurde. Als der Älteste so lange nicht kam, machte sich der Zweite auf den Weg, ritt durch den Wald, wies, wie Jener, den Bettler ab, kam ins Wirtshaus und blieb bei Wein und Speisen so lange, bis die güldenen Dukaten ausgingen und auch er den Weg zum Gefängnis antreten mußte. Nach Jahresfrist bestieg der Jüngste sein Pferd, um die beiden Brüder und die drei goldenen Äpfel zu suchen. Im Walde traf er, wie die Andern, auf den alten, grauen Mann, aber er ging nicht stolz und höhnend am Bettler vorbei, sondern reichte ihm eine Gabe. Da sprach der alte Mann mit mildem Lächeln: »Ihr seid gut, und ihr sollt die goldenen Äpfel erhalten. Geht aber am Wirtshaus am Waldesrand vorbei und laßt Euch nicht von süßen Worten umstricken. Lenket dann Euer Pferd gegen Sonnenaufgang und ehe drei Tage vergehen, werdet Ihr vor dem verwünschten Garten mit den ehernen Toren stehen. Vorher aber müßt Ihr durch das Reich der Löwen, dann durch das der Bären und endlich durch dasjenige der Affen gehen. Seid dann aber hübsch manierlich mit den Tieren, dann tun sie Euch nichts zu Leide, denn sie sind verzauberte Menschen, welche der Befreiung harren.« Der Königssohn dankte und ritt fröhlich weiter, das Antlitz gegen Osten gewendet, der süßen Töne nicht achtend, die aus dem Waldwirtshaus drangen. Und ehe der dritte Abend sich auf die Erde herabsenkte, hatte der Prinz das Reich der Löwen erreicht und ward vor den König geführt. Diesem offenbarte er sein Begehr und erhielt den Rath, mit der zwölften Mittagsstunde den Garten zu betreten und vier Viertelstunden später denselben zu verlassen, und zwar um keine Minute zu spät, da mit dem Schlage Eins sich die ehernen Pforten dröhnend schlössen und dann keine Rückkehr mehr möglich sei. Des Löwenkönigs solle er aber gedenken und auch ihm drei goldene Äpfel bringen. Die gleiche Aufnahme, die gleichen Ratschläge und die gleichen Wünsche fand der Königssohn bei den Bären und Affen und als die Glocke Zwölfe schlug, stund der Prinz vor den ehernen Toren des verwünschten Gartens, die sich krachend öffneten. In einem Baumgange fand er eine Jungfrau, die so schön war, wie die Sonne am Himmel, und er setzte sich zu ihr und erzählte ihr sein Vorhaben. Da schlang sie die lilienweißen Arme um seinen Nacken und bat ihn, die goldenen Äpfel zu holen, aber des Gesanges nicht zu achten, der ihn mit süßen Klängen verlocken werde, da er sonst die Stunde der Erlösung vergessen würde und sie und er auf immer verloren wären. Sie aber warte seiner an ihrem Platze, den sie nicht verlassen könne. Und der Prinz ging hin, verstopfte sich die Ohren und brachte zwölf goldene Äpfel herbei, drei für seinen siechen Vater und je drei für die Fürsten im Reiche der Löwen, der Bären und der Affen. Dann nahm er die Jungfrau und führte sie durch die ehernen Tore hinaus, die sich, da es eben Eins schlug, donnernd hinter dem Paare schlossen. Treu seinem Worte, gab er die Äpfel den drei Tierfürsten und ging mit seiner holdseligen Braut von dannen. Sie waren noch nicht weit gekommen, als hinter ihnen sich eine Wolke erhob und bald darauf ein glänzendes Gefolge herangesprengt kam, um dem königlichen Paare zu huldigen. Das Gefolge aber bestund aus Rittern, die der Prinz in den drei Reichen durch die goldenen Äpfel befreit hatte. So ritt die stolze, schimmernde Schar durchs Land und als sie zum Waldwirtshause kamen, wurden die beiden ältern Brüder des Ritters eben zur Richtstätte geführt und waren nicht wenig froh, als sie durch ihren Bruder befreit wurden. Statt ihrer aber mußte die arge Wirtin verbluten und dann zogen alle in die Königsstadt und der König war von Stund an gesund.   Quelle: Jecklin, Dietrich: Volksthümliches aus Graubünden. 3 Teile, Zürich 1874, in Tavanasa bei Brigels erzählt. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Von den drei goldenen Schlüsseln

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Drei arme Brüder gingen hinaus in die weite Welt, um Schätze zu suchen und trennten sich vor den Toren der Stadt. Der Älteste gelangte in ein ödes Gebirge, wo er eine Fee fand, die ihn in ihren Dienst nahm. Diese bewohnte ein marmornes Schloß auf granitenem Grunde. Als ein Jahr verflossen war, sagte die Fee zum ältesten der drei Brüder: »Ich muß fort und komme eine lange Zeit nicht. Inzwischen aber bist du der Hüter meines Schlosses und dir übergebe ich die drei goldenen Schlüssel zu den drei verschlossenen Zimmern.« Das Zimmer rechts und das Zimmer links darfst du öffnen, nicht aber, so dir dein Leben lieb ist, das Zimmer in der Mitte, in welchem alle Herrlichkeiten der Welt liegen. Sprach's und verschwand. Und der junge Mann öffnete die Türe links und erschaute des roten Goldes die Fülle. Dann öffnete er die Türe zum Zimmer rechts und wich zurück, geblendet von smaragdenem Glanze. Vor der Türe in der Mitte aber blieb er bebend stehen, den Kampf kämpfend zwischen Pflicht und Neugierde. Die letztere siegte; er öffnete das Tor und ihn umblitzte in unbeschreiblicher Pracht alle Herrlichkeit der Welt. Kaum aber hatte sein Auge gesehen, was zu sehen dem Menschen nicht vergönnt, da fühlte er seine Glieder erlahmen und erkalten und er verwandelte sich in einen schwarzen Marmorstein. Nach Jahr und Tag kam der zweite Bruder des Weges gegangen, trat ebenfalls in den Dienst der Fee, erhielt die drei goldenen Schlüssel, ließ sich aber auch von der Neugierde verleiten, öffnete das mittlere Tor und ward zu einem grünen Marmorstein. Zuletzt erschien der jüngste Bruder im Schlosse und nahm, wie seine Vorgänger, Dienst bei der Fee, erfüllte aber alle Bedingungen, öffnete die Türe links, öffnete die Türe rechts und ließ das Tor in der Mitte verschlossen. Da stund die gütige, anmutstrahlende Fee vor ihm, legte die Hand auf sein Haupt und vor ihm erschloß sich in blendendem Schimmer die Herrlichkeit der Welt. Die Fee berührte dann den schwarzen und grünen Marmorstein mit einer Rute, gab den verzauberten Brüdern ihre frühere Gestalt wieder und hieß die drei sich mit Schätzen beladen und gehen. Das taten die Brüder und gingen dankend von dannen. Als sie aber das Antlitz zurückwendeten, war vom Schlosse nichts mehr zu sehen und wo sich die stolzen Hallen aufgetan, stund eine schwarze Felsenwand.   Quelle: Jecklin, Dietrich: Volksthümliches aus Graubünden. 3 Teile, Zürich 1874, in Surrhein bei Somvix erzählt        Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Von den Erdmännchen oder Toggeli

Source: Von den Erdmännchen oder Toggeli

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So hatten die Toggeli einstmals einem Sennen alle seine magern Kühe für den ganzen Winter hindurch unter dem Versprechen abgenommen, keine derselben, wenn sie im Frühjahr wiederkehren würden, bei ihrem Namen zu nennen. Als aber die Zeit der Alpauffahrt herangerückt war und die guten Leutlein mit den Tieren der Fluh nachgefahren kamen, konnte der Senn, als er sie alle glänzender und fetter denn je erblickte, die Freude seines Herzens nicht anhalten und brach in den Ruf aus: "Hoho die Gäbel ist ämel alle z'weg!" Dies kam ihm jedoch teuer zu stehen; kaum war der Ruf verhallt, so lag auch die bei ihrem Namen genannte Kuh, von den Felsen herabgestürzt, zerschmettert zu seinen Füssen.   So hatten einstmals boshafte Buben den Baumast, von welchem herab sie den Arbeitern zuzuschauen pflegten, bis auf eine dünne Stelle durchsägt, so dass er brach, als sie sich arglos auf ihn niederliessen und sie alle zu Boden fielen. Erzürnt riefen sie da aus: "O, wie ist der Himmel so hoch und die Untreue so gross! Heute hieher und nimmermehr!" und niemals von diesem Augenblicke an sah man sie an jenem Orte wieder. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Von den feurigen Mannen

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Von den feurigen Mannen Der Mülihans in Rafz wusste viele Geschichten von feurigen Mannen zu erzählen. Ihm sei mancher begegnet im Rafzerfeld draussen, wenn er nachts von Wil heimgekehrt sei. Das Feuer habe ihnen allemal nur so aus den Rippen herausgeschlagen. Einige Übermütige neckten einmal einen feurigen Mann und riefen: „Chumm, chumm!“ Da stürzte er sich auf sie los, und mit knapper Not konnten sie noch das Tennstürchen vor ihm zuschlagen. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Unterland Nach Gchr. Rafz 1902. Der eigentliche Name des Mülihans war Johannes Neukomm. Er stand im Rufe, Krankheiten durch Gebet heilen zu können; er hielt auch religiöse Versammlungen ab. Gestorben 1893. Ein zuverlässiger Mann erzählte dem Chronisten von Begegnungen mit Irrlichtern. Eines habe er im Hegi gesehen. Es sei eine Flamme gewesen in der Grösse einer Literflasche; nicht weit von ihm sei sie zwischen den Bäumen umhergehüpft und dann verschwunden. Ums Jahr 1906 ist eine solche Flamme, die bis auf die Dächer hinauf hüpfte, mitten im Dorf beim „Kreuz“ gesehen worden. Dekan Bär in Hinwil‚ 1896-1907 Pfarrer in Rafz, erzählte K. W. Glaettli 1934 etliche Erlebnisse mit „brünnigen oder füürigen Mannen“, die er von Rafzern aus erster Hand gehört hatte. Leider sind die Notizen nicht mehr vorhanden. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Von den Heidenhäusern

Source: Von den Heidenhäusern

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Im ganzen Kanton, am meisten im Schächental, spricht man von »Heidenhäusern«. Es sollen nämlich vor alten Zeiten Heiden im Lande gewohnt haben, die solche Häuser erbauten. Es sind gewöhnlich Bauten aus dem 16. und ersten Viertel des 17. Jahrhunderts. Ältere Leute im Schächental machen einen Unterschied und sagen, die eigentlichen Heidenhäuser seien jene, deren Dielen eingewandet sind, d.h. durch die Hauswände hindurchgehen und von aussen sichtbar sind. Meines Wissens steht nur noch eines dieser letzteren Art im Oberdorf zu Spiringen, das bis vor kurzem einem Michel Arnold gehört hat. Ein zweites stand bis 1915 im Küfermätteli im Dorf Spiringen. Schmucklose Holzhäuser, ohne Friese und Gurten, ohne Jahrzahlen, wahrscheinlich aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts, vielleicht auch älter. Was die Heiden anbetrifft, so werden sie von vielen Erzählern mit den wilden oder Heidenleuten identifiziert, die in Höhlen und Bergklüften wohnten, während andere sich nicht näher aussprechen. Doch werden nie die Zigeuner als Erbauer angesehen, obgleich sie auch Heiden genannt werden. Das ehemalige Datschihüseli im Uoli zu Spiringen soll auch ein Heidenhaus gewesen sein. Von den Heidenhäusern behauptet man, dass sie nicht verbrennen, solange man an ihnen keine baulichen Änderungen vornimmt. Das frühere Haus unter dem Nessli zu Unterschächen soll eines gewesen sein. Der Eigentümer riss es, weil alt, nieder und baute ein neues, das bald verbrannte. Da sagte die Mutter: »Hättet ihr das alte stehen lassen, das wäre nicht verbrannt!« Eines der bekanntesten Heidenhäuser ist das kleine alte hölzerne »Datschihüsli« bei der »roten Brücke« in Bürglen; obwohl die ganz nahe Fabrik und die Häuser in seiner unmittelbaren Nähe mehrmals, ja sogar die ehemalige hölzerne »rote Brücke« wenigstens einmal abgebrannt, dieses Häuschen hat alle Brände überstanden. »Es muss also doch etwas daran sein, dass die Heidenhäuser nicht verbrennen.« Aber seit 1913 hat es doch sein Aussehen bedeutend geändert und ein hoffärtiges neues Kleid angenommen. Ob es dabei seine Unverletzlichkeit eingebüsst? Die Zukunft wird es lehren. Auch das Dorf Andermatt in Ursern kann nicht verbrennen, weil es aus lauter alten Heidenhäusern besteht. Auch das kleine, von Grund auf bis in das Dach aus Steinen aufgemauerte Datschihüsli, das noch zu Menschengedenken bei Sigmannig gestanden und nur Stube, Stübli, Küche und Firstkämmerchen enthielt, 1722 als Steinhaus zu Sigmannig in einer Rechnung aufgeführt wird, ferner ein ähnliches Steinhäuschen, das »bei der Schützen« zu Silenen steht, das Steinhaus im Buchholz und der Turm im Dörfli zu Silenen, das Holzhaus in der alten Hostet zu Intschi, das ehemalige Häuschen zu Husen in Meien, dessen heutigen Nachfolger Berner gebaut haben, und ein altes Holzhaus neben der Kirche in Meien galten oder gelten z.B. als Heidenhäuser oder Heidenbauten. Eine »Heidenmauer« bildet die Westseite eines Hauses zu Fernigen in Meien, und ein »Heidenkellerchen« soll Michel Bissigs Haus in Unterschächen besitzen. Von den Heidenhäusern wird im Schächental die Eigentümlichkeit behauptet, dass sie immer mehr oder weniger offen seien: entweder ist im Schindeldach eine Lücke, oder es ist eine Fensterscheibe herausgeschlagen, basta, immer ist eine ungehörige Öffnung da; wird die eine geschlossen, tut sich die andere auf. Das konnte man gerade an jenen Heidenhäuschen bei der roten Brücke beobachten; beständig fehlte da die eine oder andere Fensterscheibe. (Es wohnten arme Leute darinnen.) Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Von den Heidenleuten im Schächental

Source: Von den Heidenleuten im Schächental

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Im grauen Altertum gab es im Schächental wilde Leute, die noch Heiden waren, weshalb sie oft auch Heidenleute genannt werden. Sie wohnten meistens in Felsenhöhlen, an denen das Kalkgebirge reich ist. Von Gestalt waren sie klein (doch werden sie nicht gerade als Zwerge beschrieben), ihre Füsse waren Klumpfüsse oder verkehrt, ihre Sprache ein merkwürdiges Kauderwelsch. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Von den Hexen

Source: Von den Hexen

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Die Hexen oder, wie sie eine 80jährige Seedorferin nennt, die Pfaffenkellerinnen müssen jeden Tag für fünf Schilling Schaden anrichten; diesen Auftrag haben sie vom Bösen. Oft schleichen sie sich als Bettlerinnen ins Haus. Wenn man ihnen jedoch das Almosen mit den Worten darreicht: »So nimm's i Gottsnamä« so werden sie es zurückweisen und sich so verraten. Wenn man einen Besen verkehrt, d.h. mit dem Wischer nach oben aufstellt, so machen sie sich davon. Wenn man ihnen eine Sense oder zwei Sensen kreuzweise in den Weg legt, so stolpern sie darüber, und daran kann man sie als Hexen erkennen. Will die Milch nicht buttern, und vermutet man dabei Zauber, so wirft man etwas Salz ins Butterfass. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Von den Schlangen aufgezehrt

Source: Von den Schlangen aufgezehrt

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Ein Bettler, der auf dem Ofenbänkli einer Bauernstube übernachtete, hörte die Kinder des Hauses schreien: »Durst! Durst! Muetti! Wasser!« Doch die Mutter erwachte nicht, und da ging der Arme selber in den Hof hinaus zum Brunnen, um den durstigen Kleinen Wasser zu holen. Auf einmal fing er an schrecklich zu schreien und zu jammern, so dass jetzt die Leute erwachten und in den Hof hinauslaufen wollten. Er aber rief ihnen abwehrend zu: »Cheemet ärddoch nitt, ich bi ganz i dä Wirmä-n-innä!«. Am Morgen lag er tot neben dem Brunnen; er war von den Schlangen fast ganz aufgefressen. Zacharias Zurfluh, Erstfeld Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Von den Stumpern und Markenrückern

Source: Von den Stumpern und Markenrückern

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Da im Werdenbergischen Grund und Boden stark verstückelt sind, kann das Vieh im Herbst meistens nicht geweidet, sondern nur "gestumpet" werden. Jedes Tier wird dabei vermittelst einer zwei bis drei Meter langen, an einem Pfahle drehbaren sogenannten "Hafte" auf der Wiese angebunden. Wann es das Gras abgefressen hat, "gibt man nach", d. h. der Pfahl wird gerückt. Es gab aber auch unehrliche Stümper; diese schlugen die Pfähle derart ein, daß ihr Vieh auf Nachbars Grund und Boden fressen konnte. Solche erhalten, wie es recht und billig ist, ihre Strafe; denn sie müssen nach ihrem Tode stumpen. Solche Stumper hört man zur Nachtzeit öfters aus dem Studner- und Stadtner-Riet. Noch grössere Strafe erhalten, wie alte Leute erzählen, selbstverständlich solche, welche durch Verschieben von Grenzzeichen sich sogar den Boden ihrer Nachbarn aneignen wollen, die "Marchenrücker". Sie finden niemals Ruhe im Grabe und rücken immer vergeblich die "Marchen" auf die richtige Stelle zurück. Auch die Irrlichter sind auf sie zurückzuführen. Heinrich Hilty.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 107, S. 52 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Von den Venedigern auf Casanna

Source: Von den Venedigern auf Casanna

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Auf der Alp Casanna im Prättigau und in der Umgebung der Alp enthielt das Gebirg viel Mineral und namentlich Goldadern. Einst flüchtete sich ein Hirt bei einem Ungewitter in eine Höhle und blieb dort sitzen, bis der Himmel wieder aufheiterte. Als er zu den übrigen Hirten kam, bemerkten diese auf seinem Hute glänzende, gelbe Tröpflein gediegenen Goldes. Er kehrte dann in die Höhle zurück und nahm von dem Golde, das dort zu Tage lag und kehrte auch zum zweitenmale wieder und nahm davon. Als er zum drittenmale kam, konnte er die Höhle nicht mehr finden und eine Stimme rief ihm zu: „Sei jetzt zufrieden mit dem was du hast; halte redlich Haus, so wirst du mit deinen Nachkommen genug haben." Vor Zeiten kamen im Sommer viele Italiener in Bettlerkleidung in diese und andere Alpen und suchten Gold. So geschah es einmal, dass ein Hirt einen solchen, der öfters in die Nähe seiner Herde kam, tüchtig peitschte. In spätern Jahren kam dieser Hirt in das Venezianische, wohin die Bündner damals sehr häufig auswanderten und Handel trieben. Da redete ihn ein vornehm gekleideter Herr an und fragte ihn, ob er nicht einmal auf der Alp Casanna einen Italiener geschlagen habe. Der Prättigauer läugnete es anfänglich, der Herr aber versicherte ihm, es solle ihm deshalb nichts geschehen, und nun gestand er es. Der Herr erzählte ihm, er habe dort Gold gesucht und gefunden und sei jetzt ein reicher Mann, auch bewirtete er ihn drei Tage lang fürstlich und beschenkte ihn noch bei seiner Abreise. Vor mehr als 100 Jahren grub man auf Anraten und unter Mitwirken eines „laufenden Schülers" in der Alp Casanna nach Gold. Als man bereits eine ziemliche Grube ausgeschaufelt hatte, bezeichnete der „laufende Schüler" einen Tag, an welchem ein Weib kommen werde, um in die Grube hineinzuschauen. Gelinge ihr dies, so werde die Grube zusammenfallen und man werde kein Gold finden. Er zog einen Kreis um die Grube und hieß die Grabenden an jenem Tage Wache halten. Einer derselben blieb daher vor der Grube. Da kam wirklich ein Weib mit aufgeflochtenen Zöpfen und eilte der Grube zu. Der Mann eilte ihr entgegen und wollte sie zurückhalten, allein sie entwand sich ihm und sprang an den Rand der Grube und blickte hinein. Augenblicklich fing es an zu krachen, die Grube fiel zusammen und die Grabenden retteten mit genauer Not ihr Leben. Der Mann hatte in dem Weibe eine bekannte Frau der Umgegend erkannt, die in dem Verdachte der Hexerei stund. Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Von den Wiedertäufern

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Von den Wiedertäufern Als zur Reformationszeit die Wiedertäufer von der Regierung heftig verfolgt wurden, flohen viele ins unwegsame Tössbergland. Am Abhang des Allmannberges, nicht weit von Bäretswil, gab es früher einige Naturhöhlen, von denen die grösste noch zu sehen ist. In diese Höhlen verschloffen sich die Wiedertäufer. Die jetzt noch von Spaziergängern und Interessenten oft besuchte „Täuferhöhle“ verfällt aber allmählich. Noch vor hundert Jahren konnte man aufrecht dreissig Schritte hineingehen. Im Hintergrund waren einst Nischen, und man vermutete auch Geheimgänge, denn das Molassegestein des ganzen Oberlandes ist von vielen Schründen durchzogen. In diesen Nischen hausten die Wiedertäufer, und man fand im letzten Jahrhundert, als man dort eine Sommerwirtschaft einrichtete‚ Münzen und Geräte aus früheren Jahrhunderten. Doch waren auch hier die Täufer nicht sicher. Um vor den Häschern des Landvogtes zu Grüningen fliehen und ihre Spuren verwischen zu können, hatten sie jeweilen ihren Pferden die Hufeisen verkehrt aufgenagelt und waren ins Toggenburg entkommen. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Nach Studer, Geschichte der Kirchgemeinde Bäretswil, S. 74. - Die Wiedertäufer sollen auch das Hagheerenloch und andere Höhlen wie Weissengubel und Dachsgubel im Tössbergland benützt haben.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Von den wilden Leuten

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Im Untertal, dem vorgletscherzeitlichen Tal des Schilz, unter dem grossen Gufel, lebten einst wilde Leute. Sie taten niemand etwas zu leid und führten ein armseliges Leben. Eine Grohbergerin gab ihnen hie und da zu essen und tat ihnen überhaupt Gutes. Da bot ihr das wilde Weiblein einmal in seinem Schösslein braune Blätter an. Um den Leuten nicht weh zu tun, nahm die Grotzbergerin die Blätter, obgleich sie dieselben nur für Bettlaub hielt. Auf dem Heimweg liess sie die Blätter fallen. Eines blieb an der Schürze hängen. Als sie es daheim näher anschaute, war es Gold. J. B. Stoop   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 289, S. 160 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Von den zwei Freunden

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Es war einst ein König, der hatte zwei wunderbar schöne Töchter. Da er aber wollte, daß sie unvermählt blieben, ließ er ein prachtvolles Schloß mitten in einem dunklen See bauen und die Ufer mit gewaltigen Mauern umgeben, so daß niemand zu den Königstöchtern gelangen konnte. In einer finstern Nacht aber rauschte eine herrliche Männergestalt empor aus den Wellen und verblieb eine Nacht im Schlosse. Nach neun Monaten aber klapperten die Störche ob den Zinnen der Seeburg und brachten den zwei Prinzessinnen zwei wunderschöne Knaben, die sich seltsamerweise so glichen, wie ein Ei dem andern. Das war eine große Verlegenheit für die königlichen Jungfrauen und sie baten die Bauersfrau, welche ihnen täglich das Essen brachte, ihnen doch noch mehr Speisen zu verschaffen, da sie gar gewaltigen Hunger hätten. Als die Knaben acht Jahre alt wurden, ließen die beiden Königstöchter den Vater ersuchen, ihnen doch grünes Tuch und zwei Bogen mit Pfeilen zu senden, um sich als Jägerinnen zu kleiden und auf kleine Vögel zu schießen. Der Vater entsprach dem Wunsche der Töchter, sandte prachtvolle grüne Tücher und zwei Bogen von Gold mit weithintreffenden Pfeilen. Die beiden Mütter lehrten nun ihre Knaben die lieblich singenden Vögel schießen, in stiller mondbescheinter Mitternacht in den Wassern des Sees schwimmen und kleideten sie mit dem grünen, golddurchwirkten Tuche. Nach Jahr und Tag sagten die Mütter zu den beiden Knaben, sie sollten nun in die Welt hinausgehen, um ihr Glück zu versuchen, den Namen Derer aber, die sie geboren, nicht nennen. Und zum Andenken gaben sie den Jünglingen je ein Schwert mit goldenem Griff. In mondheller Sommernacht schwammen die Knaben durch den See, erklommen die Ringmauer und gingen Hand in Hand durch die schweigende Nacht, bis sie zu einem Scheidewege im tiefsten Walde kamen, wo sie sich zu trennen beschlossen. Neben einer uralten Eiche pflanzte der Eine sein Schwert in die Erde, und schwuren sich beide, nach Jahresfrist wieder bei der Eiche zusammen zu treffen, und sollte der Eine oder der Andere nicht kommen, so habe der Erschienene nicht eher zu rasten, bis er den Freund und Blutsverwandten gefunden. So schieden sie mit Händedruck und der Eine ging links, der Andere rechts. Der so den Weg rechts eingeschlagen, erreichte nach einigen Tagen eine große glänzende Stadt, in welcher tiefe Trauer herrschte. Er fragte nach der Ursache und erfuhr, daß ein scheußlicher Drache die Tochter des Königs geholt und daß derjenige die Hand der Jungfrau und das Reich erhalten würde, der sie von jenem Ungetüm befreie. Dem jungen Ritter schwoll das Herz ob jener Mähre und er beschloß den Strauß zu wagen. Von den Segenswünschen des Hofes begleitet, ging er hinaus, wo der Drache hauste, empfahl seine Seele Gott und sandte dem Ungeheuer aus seinem goldenen Bogen einen Pfeil in den Rachen, daß Jenes stöhnend erlag. Darob war gar große Freude im Lande und der junge Ritter erhielt die Hand der jungen Königstochter und das Regiment über Land und Leute. Eines Tages überkam ihn aber eine wilde Jagdlust und mochte die besorgte Gattin einwenden, was sie wollte, er ging früh morgens in den nahen Wald, die lieblich singenden Vögel zu schießen. Im Dickicht begegnete ihm ein altes Weib, welches ihn bat, einen Ring zu suchen, den sie verloren habe. Während der Fürst, um ihr den Dienst zu leisten, sein Haupt zur Erde gebeugt hatte, strich das Weib, welches eine arge Zauberin war, dem jungen Mann über die goldenen Locken und verwandelte ihn in einen schwarzen Marmorstein. Als das Jahr herum war, kam des Verzauberten Vetter zur Eiche, bei der das Schwert stand. Dieses aber war rostig, und das bedeutete Unglück für den, so nicht erschienen war. Ohne Säumen machte sich der Ritter auf, um den Freund zu suchen, und so kam er in die Stadt, wo seiner Muhme Sohn König gewesen. Dort empfing man ihn mit Jubel, denn man hielt ihn für den verlornen Fürsten und führte ihn im Triumph hinauf in die Königsburg, wo die weinende Königin den vermeintlichen Gemahl an ihr Herz preßte. Der Ritter aber legte des Nachts sein Schwert zwischen sich und Jene. Mit dem Frührot erhob er sich vom Lager und ging hinaus zur Jagd, ungeachtet der Tränen seiner schönen Base. Im Walde angekommen, begegnete auch ihm jenes tückische Zauberweib und bat ihn, einen verlornen Ring zu suchen. Der Ritter aber war klug und erkannte in der Hexe die Zauberin, welche seinen Freund in den schwarzen Marmorstein verwandelt. Er drohte ihr mit dem Schwerte und schwur, ihr das Haupt vom Rumpfe zu trennen, wenn sie nicht den Freund von seinem Zauber befreie. Das böse Weib aber hatte über den Jüngling keine Macht und mußte ihm willfahren. Sie gab ihm eine Rute, welche die Kraft hatte, zu entzaubern. Damit schlug der Jüngling auf den nächsten Marmorstein und dann auf viele andere, die umher lagen und bald lagen sich die Freunde in den Armen und um sie scharten sich Ritter ohne Zahl, die jene Rute vom Zauber befreit. Und freudig zogen sie alle in die Königsstadt, wo ihre Tage in ungestörter Ruhe verflossen. Der tapfere Vetter aber ward des Reiches Feldhauptmann und warf alle Feinde nieder.   Quelle: Jecklin, Dietrich: Volksthümliches aus Graubünden. 3 Teile, Zürich 1874. In Schlans erzählt.       Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Von der Alp Fellenen

Source: Von der Alp Fellenen

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 Der obere, südliche Teil dieser Alp ist heute eine bis drei Stunden lange Steinwüste – Gand –, unterbrochen von einigen Flecken ewigen Schnees. Vor Zeiten war es aber herrliches Weidland bis hinauf auf das Grätli. Da oben kamen zu jenen vergangenen glücklichen Zeiten die Sennten und Küher der Urner aus Fellenen und der Bündner zusammen. Ruhig liessen die Hirten das Vieh laufen und ergaben sich gemeinsamen Spielen bis am Abend, wo sie es dann mit Peitschen zusammen und zu den Hütten trieben. Vom Obermatt bis auf das Grätli, heute fast drei Stunden weit, war so glattes Weideland, dass eine Kegelkugel vom Grätli her bis Obermatt hinunter in ununterbrochenem Laufe dahinfuhr. Joh. Jos. Walker Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Von der Altstetter Kirche

Source: Von der Altstetter Kirche

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Von der Altstetter Kirche Der Sage nach soll die Kirche zu Altstetten, die eine der ältesten des Kantons Zürich ist, auf dem Fundamente eines römischen Gebäudes stehen. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Schmid, Altstetten, S.123. Diese Überlieferung ist durch die Ausgrabungen im Jahre 1941 bestätigt worden.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Von der Burg bei Fehraltorf

Source: Von der Burg bei Fehraltorf

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Von der Burg bei Fehraltorf Südwestlich von Fehraltorf erhebt sich aus dem Ried ein kleiner Hügel, der von drei deutlichen Wällen umgeben ist. Das ist die Burg. Im Volk geht der Glaube, dass sie aus heidnischer Zeit herstamme. Noch in den achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts erzählte man sich von Zeuslern‚ die sich bei der Burg umgetrieben haben. Auch wusste man von einem unterirdischen Gang zwischen der Speck und der Burg. Die Burg war aber auch eine Schatzgräberstelle. Ein Schatzheber habe einst um Mitternacht dort gegraben. Als er schon ein tiefes Loch ausgehoben hatte, und den Schatz in nächster Nähe glaubte, fielen immer Steine in die Grube. Er stieg hinaus, um nach dem Steinwerfer zu schauen, sah aber nichts. Auf einmal fing es an unheimlich zu rauschen, und plötzlich war die Grube verschüttet. Den Schatzgräber überkam die Furcht, und er rannte nach Hause, verfolgt von einer Schar Eulen. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Jahrbuch Pfäffikon Nr. 1, S. 69, unter dem Titel „Abstecher nach dem römischen Speckschloss und der Burg bei Rüti-Fehraltorf“ von Hs. Jb. Schellenberg (30.12.1877); H. Brüngger, Fehraltorf im Wandel der Jahrhunderte, Pfäffikon 1933, S. 12. Die neuere Archäologie hält die „Burg“ für eine sog. Motte, eine Frühburg aus dem 9. Jahrh.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Von der Burg im Steg

Source: Von der Burg im Steg

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Von der Burg im Steg Auf der linken Seite der Töss erhob sich vor Zeiten auf stotzigen Felsen über dem uralten Wirtshaus zum Steg die Burg gleichen Namens. Noch im Jahre 1780 standen die Mauern der Ruine mannshoch. Später wurden sie abgerissen, um aus den Steinen das Haus im Burgbühl zu bauen. Auf der Seite gegen Bauma findet man dort zwei tiefe Löcher, die senkrecht in den Fels hinuntergehauen sind. Man sagt, es seien Brunnenlöcher, und es wird erzählt, dass auf ihrem Grunde ein goldenes Rösslispiel liege. Ein Burgfräulein, das im Grabe keine Ruhe findet, muss den Schatz hüten. Die Alten berichten, dass man früher gesehen habe, wie eine Gestalt bei den Löchern umging. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Hegi, Das Tösstal, S. 186. In Nr. 2, „Reformierte Schweiz“, 1956, habe ich versucht, im Aufsatz „Schatzsagen auf Zürcher Gebiet“ eine Anzahl Sagen dieses Typs zu ergründen und zu deuten. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Von der Burg Rossbach

Source: Von der Burg Rossbach

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Von der Burg Rossbach a) An der Stelle, wo einst bei Herrliberg die Burg Rossbach stand, liegt ein goldenes Kegelspiel vergraben. Man weiss aber davon nichts mehr zu erzählen. b) Die Burg gehörte in der Mitte des 14. Jahrhunderts einem von Ebersberg. Es wird erzählt, dass ihn Zürcher im Jahre 1353 während des Krieges mit Österreich durch eine Kriegslist auf den See gelockt, überfallen und mit seiner Mannschaft getötet, die Feste, von welcher aus Ebersberg den Schifffahrtsverkehr auf dem See beunruhigte, gebrochen und seine allein auf der Burg zurückgebliebene Gattin Beatrix von Rümlang ohne Lösegeld zu ihren Verwandten nach Hause zurückgeschickt hätten. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Abschnitt a) schriftliche Mitteilung von P. Corrodi, der die Angabe von R. Egli, Lehrer in Herrliberg, hatte. Abschnitt b) Zeller-Werdmüller, Zürcherische Burgen, in Mitt. der Ant. Ges. in Zürich, Bd. 23, S. 361   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Von der Familie Haagern

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Von der Familie Haagern In Schönau bei Hittnau wohnte in alten Zeiten ein stolzes Geschlecht, Haagern genannt. Seine Angehörigen kamen jedoch mit ihren Herren, den Rittern von Werdegg, nicht aus, und beide Teile standen einander in den Weg, wo sie nur konnten. Einmal geschah es, dass einer der Haagern sich etwas hatte zu Schulden kommen lassen, weswegen er von dem Herrn auf Werdegg bestraft werden sollte. Er fürchtete sich aber vor diesem nicht und fuhr mit seinem Stierengespann unterhalb Schönau, dort wo jetzt die Sennhütte steht, zu Acker, als ob nichts geschehen wäre. Da kam ein werdeggischer Knecht auf ihn zu und wollte, mir nichts, dir nichts, einen Stier ausspannen und mitnehmen. Der Haagern brauste auf und wollte den Stier nicht geben. So gerieten sie in einen Wortwechsel und bald hagelte es Hiebe. In seinem Zorn riss der Bauer einen Zaunstecken aus und erschlug damit den Knecht. Da weit und breit kein Mensch war, konnte der Totschläger den Knecht unbemerkt verscharren und kein Pfarrer segnete sein Grab, und auch kein Tränlein schloff dabei in die braune Ackererde. Nach langen, langen Jahren, da jener Haagern als ein uralter Mann auf dem Totenbette lag, bekannte er seinem ältesten Sohne, wie er einstmals jenen Knecht umgebracht und verscharrt habe. Von diesem Sohne bekamen es später seine Kinder zu wissen, und nach abermals einem Menschenalter kam die Geschichte unter die Leute. Aber da war kein Kläger und auch kein Richter mehr. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Heer, S. 358. Heer hatte die Sage von einem alten Hittnauer.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Von der feuerspeienden Schlange

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Ein Ritter ritt einst auf die Jagd. Da kam ihm von ungefähr ein alter Mann entgegen und bat den edlen Herrn um eine Gabe. Dieser gab willig ein Goldstück und wurde vom armen Greis mit Segenswünschen überhäuft. Dann sprach der alte Mann: »Euch stehen Abenteuer bevor und zu Eurem Schutze geb ich Euch einen Fuchs mit. Den entsendet im Augenblicke der höchsten Gefahr und er wird Euch retten.« Dann pfiff der Alte und in mächtigen Sprüngen kam ein grauer Fuchs herbei und schmiegte sich schmeichelnd an den Ritter. Dieser nahm das gute Tier auf den Arm, schwang sich auf sein Roß und ritt von dannen, dem Alten, der mit entblößtem Haupte da stand, Grüße zuwinkend. Gegend Abend kam der Jüngling vor eine dunkle Höhle, stieg vom Pferd, band dasselbe an eine Tanne, rief dem Fuchs, der ihm wie ein Hund folgte. Kaum hatte er aber einige Schritte getan, daß er fast erschrocken zurück wich, denn vor ihm stand in kurzer Entfernung eine furchtbare Feuerschlange, größer und scheußlicher, als der größte und scheußlichste Drache. Der Ritter warf zwar mit aller Macht den Speer in den offenen Schlund des feuerspeienden Ungetümes, aber der eiserne Speer zerschellte, wie ein schwacher Stab. Ströme von Flammen ausgießend, ringelte sich die Schlange in die Höhe und wollte sich auf den Ritter werfen, um ihn zu zermalmen, als dieser den Fuchs enteilen hieß. Darob machte die Schlange eine Bewegung nach rückwärts. Diesen Augenblick benutzte der Ritter, tat einen raschen Sprung, deckte sich mit dem Schilde, und stieß, den Namen Gottes anrufend, sein zweischneidiges, breites Schlachtschwert in das Herz der Schlange, daß dieselbe lautlos zusammenbrach. Da kam das Füchslein wieder, lobte den Ritter ob seiner mannhaften Tat und lud ihn ein, noch das Letzte zu tun und die Königstochter mit ihren neunundneunzig Jungfrauen zu retten, die die Schlange bewachte und die von ihr getötet werden sollten. Der junge Held besann sich nicht lange und folgte dem Fuchs, sich an seinem Schwanz haltend, durch dunkle Gänge, bis er in einen goldenen, blitzenden Saal kam, wo die schönste Königstochter, von neunundneunzig Edeljungfrauen umringt, bebenden Herzens ihres entsetzlichen Schicksals harrte. Aber statt der vernichtenden Schlange kam ein stattlicher Jüngling in vornehmem Kleide, der den edlen Jungfrauen die Freiheit brachte. Da bot ihm die Königstochter ihre Hand, er ward ihr Gemahl und sie genossen der schönsten Tage und wenn sie nicht gestorben sind, so leben sie noch.   Quelle: Jecklin, Dietrich: Volkstümliches aus Graubünden. 3 Teile, Zürich 1874, in Bardagliun bei Trons erzählt.        Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Von der Gerichtsstätte zu Altstetten

Source: Von der Gerichtsstätte zu Altstetten

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Von der Gerichtsstätte zu Altstetten In alter Zeit wurde unter der Dor?inde, am westlichen Ufer des Baches, in der Nähe des jetzigen Dorfbrunnens, Gericht gehalten. Wenn bei einer Exekution ein zum Tode Verurteilter dem Henker entrinnen und, während der Scharfrichter bis auf zwölf zählte, so weit laufen konnte, dass er den Verurteilten mit einem Schwertwurf nicht mehr erreichte, war dieser frei. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Wörtlich aus Schmid, Altstetten, S. 58, mit dem Hinweis: „Die Gerichtsstätte, die die Sage meint, ist wohl mit dem Gerichtshof, den die Habsburger in A. innehatten, identisch“.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Von der Grenze bei Maisprach

Source: Von der Grenze bei Maisprach

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Nördlich von Maisprach weicht die Kantonsgrenze etwas von der Wasserscheide ab, sodass der kleine Sonnenberg heute ganz in den Kanton Aargau zu liegen kommt. Das war früher nicht so. Die Sage geht, dass zu einer Zeit, als die Grenzen besser ausgemarcht werden sollten, ein Gemeindebeamter im Protokoll gelesen habe, die Grenze laufe vom Sonnenberg «gerade fort» anstatt «dem Grate fort» und so sei der Bann um den Besitz des halben kleinen Sonnenberges gekommen. — Andere wollen wissen, ein Dorfmagnat von Maisprach habe, um seine Schulden zu tilgen, das genannte Gelände an Oesterreich verkauft. Seither müsse er aber den Berg noch immer auf einem Schimmelchen umreiten. Der Erzähler, in den Sechziger Jahren Lehrer in Maisprach, fügt bei, dass an der Sache etwas sei, denn quer über die Zeininger-Egg, in der Richtung der besprochenen ersten Grenzlinie, laufe ein alter Lebhag, der «Bannhag» genannt werde. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Von der Gründung der Stadt Zürich

Source: Von der Gründung der Stadt Zürich

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Vom Anfang der Welt an gezählt 3266 Jahre, 1154 Jahre nach der Sintflut, 82 Jahre nach Abrahams Tod und 30 Jahre nach der Gründung Triers, der ältesten Stadt in deutschen Landen, lebte im Königreiche Arles ... ein König, der Thurricus hieß. Dieser wollte sein Königreich und das schwäbische voneinander trennen. .. Also baute er an die Aa, das ist der oberste Teil der Limmat, ein gar königliches und festes Schloß und ein kleines Städtchen dazu. Dieses reichte vom Einfluß der Sihl in die Aa bis zur (späteren) St. Peterskirche. Die Stadt nannte er nach seinem Namen Thurricum, das heißt "Stadt des Opfers". Hier opferte er jährlich den Göttern Jupiter, Merkur und der Diana in drei Tempeln, die er ihnen zu Ehren baute.  564 Jahre später, aber 1364 Jahre vor Christi Geburt, saß zwischen Schaffhausen und Rheinau an einem gar festen Ort, den der Rhein mehrteils umfließt, in einer mächtigen Stadt, ein König, welcher Schwevus hieß. Sein Land nannte sich nach ihm Schwevia und die Stadt Schwaben. Dieser Schwevus wollte sein Königreich, das bis an die Limmat reichte, von dem Königreiche Arles scheiden und baute dem Städtchen Thurricum gegenüber, auf der anderen Seite der Aa, auch ein Städtchen, genau gleich lang, wie das des Königs von Arles.  Und weil die beiden Städtchen so nahe beieinander lagen und nur durch die Aa getrennt waren, nannte Schwevus sie mit einem Namen, nämlich Duregum, das ist "civitas duorum regum" oder auf deutsch "die Stadt zweier Könige".  Bekannt ist, daß die Helvetier ihre Städte verbrannten, als sie nach Gallien auswanderten. Zürich war zu jener Zeit die Hauptstadt des Thurgaus und wurde auch verbrannt. Aber Kaiser Julius zwang die "Tigerini", ihre Stadt wieder aufzubauen. Bei dieser Gelegenheit sah er die günstige Lage dieses Ortes und schenkte den Einwohnern Regalien und das Stadtrecht, umgab die Stadt mit Mauern und Türmen und legte eine Besatzung hinein, die das Land zu beschirmen hatte. Er gab der Stadt den Namen Turregum, was bedeutet, daß sie mit Türmen beherrscht wird. Dies geschah vom Anfang der Welt an gezählt im 5095. Jahr und 46 Jahre vor Christi Geburt.  Also ist diese Stadt weiter in der Gewalt der Römer geblieben bis auf Diokletian. Der baute das alte Schloß gar fest aus, verstärkte die Stadt, denn sie war den Römern recht nützlich und günstig gelegen. Wenn sie aus Italien nach Deutschland reisen wollten, besammelten sie aIl ihr Volk daselbst. Darum änderte Diokletian ihren Namen und nannte sie "Terregum terror regum", das heißt der Schreck der Könige, die hier bekriegt und überwunden wurden. So sind bisher an der Stadt Zürich vier Gründungen oder Stiftungen zu verzeichnen, nämlich von zwei heidnischen Königen und von zwei heidnischen Kaisern.  Quelle: K.W. Glaettli, Zürcher Sagen, 1959, (Stadt Zürich und Zürichsee). Nach H. Brennwald, Schweizerchronik Bd. 1, 1908 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Von der Gründung der Stadt Zürich

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Von der Gründung der Stadt Zürich Vom Anfang der Welt an gezählt 3266 Jahre, 1154 Jahre nach der Sintflut, 82 Jahre nach Abrahams Tod und 30 Jahre nach der Gründung Triers, der ältesten Stadt in deutschen Landen lebte im Königreich Aries . . . ein König, der Thurricus hiess. Dieser wollte sein Königreich und das schwäbische voneinander trennen . . . Also baute er an die Aa, das ist der oberste Teil der Limmat, ein gar königliches und festes Schloss und ein kleines Städtchen dazu. Dieses reichte vom Einfluss der Sihl in die Aa bis zur (späteren) St. Peterskirche. Die Stadt nannte er nach seinem Namen Thurricum, das heisst „Stadt des Opfers“. Hier opferte er iährlich den Göttem Jupiter, Merkur und der Diana in drei Tempeln, die er ihnen zu Ehren baute. 564 Jahre später, aber 1364 Jahre vor Christi Geburt, sass zwischen Schaffhausen und Rheinau an einem gar festen Ort, den der Rhein mehrteils umfliesst, in einer mächtigen Stadt ein König, welcher Schwevus hiess. Sein Land nannte sich nach ihm Schwevia und die Stadt Schwaben. Dieser Schwevus wollte sein Königreich, das bis an die Limmat reichte, von dem Königreiche Arles scheiden und baute dem Städtchen Thurricum gegenüber, auf der anderen Seite der Aa, auch ein Städtchen, genau gleich lang, wie das des Königs von Arles. Und weil die beiden Städtchen so nahe beieinander lagen und nur durch die Aa getrennt waren, nannte Schwevus sie mit einem Namen, nämlich Durequm, das ist „civitas duorum regum“ oder auf deutsch: „die Stadt zweier Könige“. Bekannt ist, dass die Helvetier ihre Städte verbrannten. als sie nach Gallien auswanderten. Zürich war zu jener Zeit die Hauptstadt des Thurgaus und wurde auch verbrannt. Aber Kaiser Julius zwang die „Tigerini“, ihre Stadt wieder aufzubauen. Bei dieser Gelegenheit sah er die günstige Lage dieses Ortes und schenkte den Einwohnern Regalien und das Stadtrecht, umgab die Stadt mit Mauern und Türmen und legte eine Besatzung hinein, die das Land zu beschirmen hatte. Er gab der Stadt den Namen Turregum, was bedeutet, dass sie mit Türmen beherrscht wird. Dies geschah vom Anfang der Welt an gezählt im 5095. Jahr und 46 Jahre vor Christi Geburt. Also ist diese Stadt weiter in der Gewalt der Römer geblieben bis auf Diokletian. Der baute das alte Schloss gar fest aus, verstärkte die Stadt, denn sie war den Römern recht nützlich und günstig gelegen. Wenn sie aus Italien nach Deutschland reisen wollten, besammelten sie all ihr Volk daselbst. Darum änderte Diokletian ihren Namen und nannte sie „Terregum terror regum», das heisst der Schreck der Könige, die hier bekriegt und überwunden wurden. So sind bisher an der Stadt Zürich vier Gründungen oder Stiftungen zu verzeichnen, nämlich von zwei heidnischen Königen und von zwei heidnischen Kaisem. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Nach Brennwald I, 68/7, ins Neuhochdeutsche übertragen, sonst unverändert. Betreffend die Altersrivalität mit anderen Städten, siehe die immer noch lesenswerte Schrift von Jakob Amiet, die Gründungssage der Schwesterstädte Solothurn, Zürich und Trier, Solothurn 1890, S.43, Oskar Walser.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Von der Gründung des Stiftes Embrach

Source: Von der Gründung des Stiftes Embrach

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Von der Gründung des Stiftes Embrach Zu der Zeit, als die Grafen von Kyburg ehrlich und wohl regierten, nahmen sie zu an Gut, Ehre, Leuten und Land, und es begaben sich gar viele Adelige unter ihren Schutz. Die bauten nun überall starke Häuser für sich und ihr Gesinde. Nun war Embrach und jene ganze Gegend eine rauhe Wildnis von Wald und Bergen. Dahin setzten sich etliche Adelige mit ihrem Volk, rodeten die Wildnis und bauten die Festen Geilsberg, Wagenberg, Sal, Blauen, Grafensbühl, Moosbrunnen, Baltenberg, Rüdenegg und Freienstein. Diese Burgen standen ... so nahe beieinander, dass man von einer zur anderen rufen konnte. Diese Edelleute kamen überein, für sich und ihre Gesinde eine Kirche zu bauen. Die wurde da, wo es noch im Kilchacker heisst, zu bauen begonnen. Aber was sie an Baumaterial zuführten und den ganzen Tag rüsteten, kam nachts alles weg und wurde den andern Tag auf dem Boden, wo das Gotteshaus Embrach jetzt steht, gefunden. Hier wurde die Kirche gebaut. Nun waren unweit der Feste Freienstein, auf dem Berg, der Irchel heisst, zwei Waldbrüder, deren einer fromm, der andere aber ein grosser Schalk war. Dieser schlug den andern aus teuflischem Neide tot, legte ihn in seine Stube, zündete das Haus an und tat, als ob es aus unbekannter Ursache verbrannt wäre. Als das Feuer auflohte, liefen viele Leute herzu und fanden darin den Bruder unversehrt. Da kam der Schalk, der ihn ermordet hatte, auch herbei und jammerte sehr um seinen Bruder. Wie er sich ihm aber nahte, begann der Tote zu bluten. Da ergriff man den Mörder, der seine Tat sofort gestand. Er wurde dem Landgrafen zu Kyburg überantwortet und nach Verdienst gerichtet. Den Leichnam des Ermordeten führte man nach Embrach und begrub ihn in der Pfarrkirche. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Unterland Nach Brennwald I, 96 ins Neuhochdeutsche übertragen, sonst unverändert. Übrige Quellen: Mem. Tig. 1742, S. 117; Scheuchzer, Beschreibung der Naturgeschichte des Schweizerlandes, Bd. I, S, 2; darnach Kohlrusch, S. 298; J. R. Wyss, Volkssagen, 2. Band, Bern 1822, S. 33; Stauber, S. 68; Hedinger, S. 7. Die Sage ist im Laufe der Zeit mit jener von der Blutbuche verknüpft worden, ist aber noch wohl zu unterscheiden davon. - Zur Gründung von Embrach noch den Wortlaut von Mem. Tig. 1742, S. 117:  ... „der Ermördete aber zu Embrach begraben, über sein Grab ein Capell gebauet, er für einen Heiligen verehrt, und dahin Wallfahrten angestellt, also, dass nach und nach grosses Gut dahin vergabet mithin aus Bewilligung der Grafen von Kyburg daselbst ein Closter der regulirten Chorherren gebauet worden. Von obigen Mörden oder Umbringen her solle, nach einiger Meynung das Stift Umbrach oder Embrach genannt worden seyn.“ Quelle dazu: Murer, Helvetia Sancta. Nach Murer soll der Name des ermordeten Heiligen „Emericus“ gewesen sein. Darnach bei J. R. Wyss „Embricus“. Das Chorherrenstift in Embrach wird bereits am 4. 6. 1044 genannt (Zürcher Urkundenbuch, Nr. 233); es wurde anlässlich der Reformation aufgehoben. Zur Geschichte des Stiftes vgl. R. Hoppeler, Das Kollegialstift St. Peter in Embrach (Mitt. d. Ant. Ges. in Zürich, Bd. 29 (1921/22). Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Von der Hexrüti

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Von der Hexrüti Die Hexrüti ist eine einsame Örtlichkeit in der Nähe von Bertschikon in der Gemeinde Gossau. Noch am Anfang unseres Jahrhunderts wusste man, dass sich allerlei Spukgeschichten an diesen Ort knüpfen. Leider fand sich niemand mehr, der diese Geschichten im Gedächtnis behalten hatte. Der bekannte Pfahlbauforscher Messikommer fand an dieser Stelle einen sogenannten Schalenstein. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Messikommer I, S. 187. Schalensteine werden auch sonst als Hexenplatten bezeichnet. Beispiel Guarda: „plattas dallas strias“. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Von der Kirche Elgg

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Von der Kirche Elgg Im Volk geht die Meinung, dass zum Bau der Kirche von Elgg (im Jahre 1508) die Ruine der Burg Herten bei Unterschneit als Steinbruch verwendet wurde. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Winterthur und Weinland Hauser S. 128. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Von der Kirche zu Wila

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Von der Kirche zu Wila Als das Testament des Herrn Hartmann eröffnet wurde, fand sich, dass er die Erbauung einer eigenen Kirche für Wila auf der Höhe angeordnet und die dazu nötigen Gelder angewiesen hatte. Die Leute von Wila glaubten, der Selige habe dabei die nahe Grossacherhöhe im Sinne gehabt und könne unmöglich sein Lieblingsplätzchen zu diesem Zweck bestimmt haben. Sie begannen deshalb im folgenden Frühjahr auf jenem Hügel den Bau, indem sie Holz und Steine dorthin führten. Als aber die Nacht hereingebrochen war und die Werkleute von ihrer Arbeit daheim ausruhten, stiegen Geister hernieder, erfassten die fertig gezimmerten Balken und die behauenen Steine und trugen sie hinüber zum Grab des edlen Breitenlandenberg am Schlossgärtchen. Am folgenden Morgen lagen Holz und Steine wieder im Schlossgärtchen, und so am dritten Morgen. Einige Bauern, welche die letzte Nacht auf dem Bauplatz gewacht hatten, sahen mit Erstaunen und Schrecken die Geister bei ihrer Arbeit und erzählten den andern das seltsame Wunder, wie gleich nach Mitternacht nebelhafte Gestalten erschienen und alles in kurzer Zeit durch die Luft fortgetragen hätten. Da erriet man dann leicht, dass der edle Stifter die Schlosshöhe zur Baustelle für die neue Kirche bestimmt hatte und errichtete über seinem Grabe das schöne Gotteshaus. Den mit der Mauer umzogenen Garten schuf man in einen Kirchhof um. Seitdem bildet Wila mit seinen Weilern ein eigenes Kirchspiel. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Wörtlich nach Herzog I, S 223; Gchr Wila 1917, nach romantischer Weise in Versen erzählt. Legenden vom geheimnisvoll weggetragenen Baumaterial gibt es auch in Adetswil, Embrach, Flaach, Maur, Meilen und Schöfflisdorf. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Von der Kyburg

Source: Von der Kyburg

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Von der Kyburg a) Nach dem Tode des letzten Grafen von Kyburg kam 1264 die Grafschaft an das Haus Habsburg. Mit den Vögten, die anstatt ihre Herren auf der Burg hausten, zog ein finstreres Missgeschick in ihre Mauern ein, das jedem dort geborenen Kinde mit schnellem Tod drohte, und wenn Mutter und Kind der Gefahr augenblicklich entrannten, die Knaben nie die Jahre der Mannbarkeit erreichen liess. Darum schlugen die Habsburger nie dauernd ihren Wohnsitz auf der Kyburg auf, obschon sie auf derselben die Reichskleinodien und Reliquien aufbewahrten. b) Wenn leuchtende Flammen an den Türmen erschienen, bedeutete das den Ausbruch von blutigen Fehden und drohende Kriegsnot. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Stauber, S. 63; Kohlrusch, S. 309, der die Sage aus „Hist. Suevorum“ entnommen. Kohlrusch führt in seinem Kommentar sämtliche Reichskleinodien und Reliquien auf, die zur Zeit Rudolfs von Habsburg auf der Kyburg verwahrt wurden. Unter den Richtern der Landvogteien Kyburg und Grüningen herrschte der Spruch, dass in der Vogtei Kyburg immer das Alte, in Grüningen seit jeher das Neue Testament gegolten habe, d. h. am ersten Orte das strenge, am letzten das milde Gesetz.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Von der Manegg

Source: Von der Manegg

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Von der Manegg Als der Glücksstern über dem Geschlecht der Ritter Maness untergegangen war, musste Ital Maness die Burg Manegg verkaufen. Unter seinen Nachfolgern kam sie bald in Verfall. Später hauste ein armer, einfältiger Mensch darin. Im Jahr 1409 zogen mutwillige Burschen aus Zürich hinauf und trieben ihren Spass mit dem Bewohner der Burg. Diese verbrannte dabei, mehr aus Unvorsichtigkeit als aus böser Absicht. In den Ruinen solle in Schutz vergraben liegen, der von einer gefährlichen Schlange bewacht wird. Dazu bemerkte der Zürcher Hans Erhard Escher 1692: „Ist hiermit glaublich, das der leidig Satan sich in solcher abscheulicher Gestalt erzeigen könne und also ansehen lasse.“ Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Nach Escher, Enge, S. 168. Dichterische Gestaltung der Überlieferung durch Gottfried Keller in der Novelle: Der Narr auf Manegg.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Von der Nadel zum Zepter

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In seiner Werkstatt fädelte der Meister Nadelgix den letzten Knopf an eine Hose. Die Vögel sangen auf den Holunderbüschen, und zum Fenster herein surrten die Wespen, sumsten dem emsigen Handwerksmann um die Nase, und von dem Schnupftabaksgeruch behelligt, flogen sie weiter und naschten an dem Kuchendreieck, das der eigentliche Grund ihres Besuches war. Er wehrte mit der Hand, mit dem Ellenstecken und regte sich in einen grimmen Zorn hinein; denn alle Abwehr war vergebens, die frechen Immen nahmen zu an Zahl, und jählings schoss ein dunkler Schwarm durchs Fenster und liess sich auf dem Kuchen nieder. «Ihr unverschämten Satane, euch will ich!» Sachte stegerte er vom Tisch herunter, fasste die Hose an beiden Stössen und zog auf - ein Klatsch, der Teller zerspritzt an die Decke, und von der Wucht des Schlages und dem Mordsklapf ohnmächtig geworden, stürzt das Schneiderlein zu Boden, erholt sich langsam, fügt die Scherben zusammen und staunt über das Gemetzel, das er unter den Wespen angerichtet hat. Mit spitzen Fingern las er sie zusammen, und als er den Haufen zählte, waren es hundertsieben im ganzen, nicht eine mehr, nicht eine weniger. Erhielte er für jede Wespenleiche einen Taler, so könnte er ein beschauliches Leben führen. Das ist eine furchtbare Niederlage, ein unerhörter Sieg, das muss er kundtun, das sollen die Nachbarn, was sag ich, alle Menschen erfahren, das macht ihm keiner nach! Hurtig schlüpfte er aus der Ärmelweste und nähte von den Resten der zitronengelben Hose fingersdick auf den Rücken: 107 auf einen Streich. Das tönt wie ein Heldenlied, das donnert wie Lawinenhall. Schmunzelnd zog er die Weste an, warf Nadelzeug, Schere und Bügeleisen in die Hölle, packte Käs und Brot in die Tasche und ging auf die Weltreise. Mit offenem Munde gafften die Leute, die Buben liefen ihm nach und schrien: «Oo - oo - ist das ein Herkules, ein Simson - hundertsieben auf einen Streich - OO - oo!» Das gab ihm Mut und Zuversicht und die Gewissheit, zu grossen Taten berufen zu sein. Als er unter dem Torbogen durch in die Stadt marschierte, liefen die Bürger zusammen, und er glaubte, die Kunde von seinem Heldenstück habe ihn übereilt und das Volk rüste zu seinem Empfang. «Was ist das für ein Rummel, wer soll geehrt werden?» richtete er sich an einen Spiesser, der sein Bäuchlein rundete, und mit verstelltem Gleichmut zupfte das Schneiderlein die Weste zurecht. «Du jedenfalls nicht, so wenig als ich, überhaupt niemand. Wer wollte sich erdreisten, die Bären im Wald abzumorxen? Das müsste schon ein General sein, ein Hüne, ein Held!» «Und der Preis? Wird ein schöner Preis geboten?» «Das will ich meinen! Das Schönste und Beste, was der König zu vergeben hat, seine bluteigene Tochter.» Das war die erste grosse Überraschung seiner Reise. Entschlossen, den Kampf mit den wilden Bestien aufzunehmen und Probe seiner Kraft und Heldenhaftigkeit abzulegen, ging er zum Hofmeister, nannte seinen Namen und den Zweck seines Besuches, liess einen Käfig aus Stahl und Eisen anfertigen, verlangte eine Spritze, flüssiges Pech und Feuerzeug und rollte auf dem Gerüstwagen in den Wald hinaus. In grosser Eile luden die Träger den Zwinger ab und sprengten zurück, indessen Nadelgix sich in den Käfig begab, das Gitter sorgsam schloss und geduldig auf die Bären harrte. Es knackt und knistert im dürren Reisig, es brummt und trottet daher, und ein gewaltiges Tier reckt sich an den Stäben hoch, schnüffelt und brüllt so fürchterlich, dass die Erde bebt und das Laub von den Bäumen raschelt. Kerzenblass presst Meister Zwirn sich an die Rückwand, klappert mit den Zähnen und erholt sich erst, als er inne wird, wie solide Eisen und Stahl und der Zwinger widerstehen. Behende greift er nach der Spritze, ölt dem Petz das Fell ein und wirft ihm ein brennendes Scheit an den Kopf. Ein paar Sprünge, und das Tier bricht tot zusammen. Auf diese Weise brachte er auch die andern Bären ums Leben, das schwierige Abenteuer war glänzend gelungen. Ein braunes Reh schlich arglos näher, es war nichts mehr zu befürchten, die Bären lagen alle auf der Strecke. Er überbrachte dem Hofmeister die freudige Botschaft, sprach beim König vor und heischte mit kecker Stimme seinen Lohn.   Der König betrachtete das Männchen, seine strohgelben Wimpern, den dünnen Hals und Brustkorb und die Gliedmassen, und sein Versprechen gereute ihn. «Viel zu leicht war die Aufgabe», sagte er, «ehe dich meine Tochter nimmt, musst du noch eine zweite Probe bestehen! » «Und das wäre?» «Gen Osten treiben Waldriesen ihr Unwesen, überfallen meine Untertanen, rauben und plündern und sind der Schrecken meines Volkes. Zieh aus und schlag sie nieder, dann bist du wirklich ein Held und meiner Tochter würdig! » Nadelgix leckte den zerstochenen Zeigefinger, schob die Ärmel zurück und drehte sich auf dem Absatz herum. «Also gut, der Preis ist hoch und begehrenswert, ich werde ihn verdienen!» Er steckte einen Brocken frischen Molkenkäse in die Tasche und marschierte erhobenen Hauptes dem Walde entgegen, der vor dem östlichen Tor begann und endlos sich dehnte. Einsam war die Strasse, von keinem Menschen begangen. Plötzlich ein wieherndes Gelächter, Feuerschein und der Duft von Gebratenem. Er geht auf das Feuer zu und wünscht freundlich guten Morgen. Die rauhbärtigen Gesellen rissen sich an den Ellbogen und witzelten über den haselgertendünnen Nadelgix. Der Bratenwender sprang auf die Füsse und rief: «Noch etwas dünner, und man könnte ihn saufen. Zwölf Hasen schmoren am Spiess, her mit dem dreizehnten, ich verschlinge zwei mit Haut und Haar!» Nadelgix wich einige Schritte zurück, griff in seine Tasche und stotterte: «Nimm dich in acht, ich bin stärker als ihr alle! Seht diesen Kristall, ich zerdrücke ihn mit den Fingern zu Wasser und Staub!» Damit presste er vor ihren Augen das Ziegerstücklein, bis es tröpfelte und nur ein Klümpchen in seiner Hand zurückblieb. Die Riesen brüllten: «Das hat er gut gemacht, famos, famos! Steine zerreiben wir auch in der Tatze, doch ist noch nie ein Tropfen Wasser geflossen. Wie macht er's nur? Sie ersuchten ihn, am Schmause teilzunehmen und lümmelten mit ihm durch den Wald fort. Der Bratenwender bog eine Birke zur Erde und forderte Nadelgix auf, die Spitze zu halten. Er traute seiner Kraft nur halb und wollte ihn in die Patsche bringen. «Auf solche faxen lasse ich mich nicht ein», rief Nadelgix verächtlich, «ich will euch jetzt zeigen, was Kraft und Behendigkeit ist!» An das Birkenende geklammert, flog er in einem prachtvollen Bogen durch die Luft und fiel so glücklich auf die Füsse, dass er keinen Schaden nahm. Die Räuber hielten sich den Bauch vor Lachen, stampften und versuchten das Kunststück nachzumachen. Die Bäume waren alle zu schwach und zu dünn für diese Kolosse, und deshalb klommen sie auf einen Felsgrind und sprangen einer nach dem andern über den ersten Baum, purzelten und brachen das Genick. Wo noch einer zappelte, ging er hin und zerhackte ihm die Schläfen. Als er die Riesen erledigt sah, beinhah wie die Wespen zu Hause, lief er zurück und rühmte: «Was u geboten, Ist geschehen mit leichter Mühe habe ich die zwölf Riesen umgebracht. Danke dem Retter des Landes und lass dem Wort zur Tat werden!» Mit saurer Miene Iiess der König die Hochzeit ansagen und in aller Stille ohne Pomp abhalten. Einige Tage nach der Trauung fragte.der König seine Tochter, wie gehe und ob sie mit dem Gatten zufrieden sei. Sie rümpfte die Nase und sah unfroh auf die Spitzen der goldenen Schühlein: «Ganz und gar nicht bin ich zufrieden, du hast mir ja einen Schneider zum Gemahl gegeben, und ich bin doch eine Prinzessin!» Der König bedauerte sein Kind und erteilte dem tapfersten seiner Generäle den Befehl, 108 Soldaten aufzubieten und Nadelgix den Garaus zu machen. «Warum grad 108, wenn ich fragen darf?» «Er litzt 107 auf einen Streich, also muss es einer mehr sein, wenn du ihn meistern willst.» Der General liess zu der befohlenen Truppe auch eine Batterie und das Garderegiment alarmieren und umzingelte das Haus des Prinzgemahls. Von seinem Stabe begleitet, trat er ins Zimmer und forderte ihn zur Übergabe auf. Nadelgix, der grad von einer Fleischpastete zehrte, kratzte mit der Gabel im Haar und entgegnete kaltblütig: «Vorsicht, meine Herren, ich bin auf der Hut!» Er stand auf und drehte sich gegen das Fenster. Als die Offiziere seine Rückenschrift entzifferten, stahlen sie sich stumm hinaus und liessen die Soldaten wieder einrücken. Immer wieder fiel der Ritter von der Nadel in seine frühere Beschäftigung zurück, nähte Knöpfe an, bügelte den Dienern die Hosen, änderte eigenhändig den Mantelkragen seiner Frau und hockte am liebsten mit übergeschlagenen Beinen auf dem Tisch. Der König erkundigte sich nach dem Befinden seiner Tochter und vernahm unerfreuliche Dinge. «Er ist halt doch ein Schneiderlein, ein schwaches, kraftloses Männchen», beklagte sie sich, «nicht einmal imstande, den Eierkuchen in der grossen Pfanne zu kehren. Seiner Stärke misstrauend, befahl ich ihm: Marsch, in die Küche, zeig deine Muskelkraft! Wie hat er sie gezeigt, so grossartig, er war nicht einmal fähig, die Pfanne aus dem Feuer zu heben! Da sagte ich: Küchengrudel, komm her und wende mir den Eierkuchen! Küchengrudel fasst den Stiel, ein Schwung und tätsch! es ist geschehen. So einen Mann hab ich!» Diesmal erhielt der Feldmarschall den Auftrag, den Schneider in eine Schlacht zu verwickeln und tot auszuliefern. Als der Kriegsplan ruchbar wurde, verstopfte Nadelgix sich die Nase und schritt auf das Marsfeld hinaus, auf dem es von Truppen wimmelte. Adjudanten und Ordonnanzen jagten auf und ab, Säbel und Tressen funkelten im Morgenlicht, die Offiziere hielten Kriegsrat und bestimmten auf die Minute genau den Zeitpunkt des Angriffs, als der Feind gemächlich daherstiefelte. Aller Augen wandten sich, und der Feldmarschall fragte den Prinzgemahl erblassend, warum er die Nase verspündet habe. «Zieh' ich den Kork heraus, so fliegt ihr allesamt in die Luft, so stark ist mein Gebläse, und stürzt wolkenhoch. Wo der Kriegsrat mein Verderben dengelte, steht euer Siegesdenkmal, und das ist ein Spinnendreck. Jetzt wählt, ihr Gauche und Hasenfüssel» Er tippte an die Nase, als ob er den Kork entfernen wollte. Die Offiziere fielen vor ihm in den Staub und flehten um ihr Leben. Gnädig winkte er ihnen und winkte nochmals, sich zum Heere zu begeben und den Rückzug anzuordnen. Das geschah mit grösster Disziplin und Schlagfertigkeit. Eine halbe Stunde später übten auf dem Marsfeld nur noch die Heuschrecken. Der König erkannte, dass ein tapferes Schneiderlein über Heer und Flotte triumphieren kann. Wenn die Armee versagt, ist kein Abstand mehr zwischen einem König und Meister Zwirn, zwischen Zepter und Ellenmass. Er lud seine Tochter zum Vieruhrkuchen mit Schlagsahne, ihrem Lieblingsgebäck, und tröstete: «Gewiss hätte deine Tugend und Schönheit den besten der Männer verdient. Bedenke jedoch, es hat ein jeder seine Fehler und Schwächen. Nadelgix hat das Land von den Bären und Räubern gesäubert, vergiss nicht die Lorbeeren, die er um unsere Heimat sich erworben hat!»   Quelle: Johannes Jegerlehner: Walliser Sagen, Hans Feuz Verlag Bern, 1959   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


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Das Schlossgut hatte früher eine eigene Schäferei. Einmal soll einer der Schlossherren sehr viel Wolle auf dem Estrich aufbewahrt haben. Da nisteten sich die Schaben in diese ein und zerfrassen sie. Es blieb nichts anderes übrig, als ganze Wagenladungen davon aufs Bruderholz zu führen, wo sie zur Düngung der Äcker verwendet wurden. Holee und Binningen Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


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Von der Spräggelenacht In Knonau wurde jeweilen am zweitletzten Freitag vor Weihnachten die Spräggelennacht abgehalten. Einer alten Sage zufolge sollen sich in jener Nacht Geister herumgetrieben haben. So seien die Geister von zwei alten Jungfern, welche ihren Liebhabern untreu geworden waren, in der Kirchmatte herumgehüpft. Sie sollen sich einmal in die Kirche gewagt haben, als der Sigrist zum Läuten ging. Ein Dämon vorwiegend bösartiger Natur war die Sträggele oder Spräggele‚ die durch das Spräggelen-Jagen verscheucht werden sollte. In der gleichen Nacht soll jedes Jahr ein Mann, der Marchsteine versetzt hatte, mit einer Hacke in der einen und mit einer Laterne in der anderen Hand, nachts 12 Uhr durch die Schlossmatte geschritten sein. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Knonauer Amt Stauber, Sitten und Bräuche im Kanton Zürich 2, 119, wörtlich, aber aus der Beschreibung der „Spräggelennacht“ herausgelöst. Die Hauptfigur der Spräggelennacht ist die „Schnabelgeiss“. Ihre Beschreibung siehe bei Stauber, am gleichen Orte. Über die Begleitung der „Schnabelgeiss“ siehe auch Geschichte der Gemeinde Obfelden, S. 501, 502 (von Hemmig). Vgl. ferner Id. 11, 2152 s. v. Sträggele (Wanner). Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


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Von der Wagenburg Zu den währschaften Bauernhöfen auf der Hochfläche von Brütten gehört auch derjenige von Unter-Wagenburg in der Gemeinde Oberembrach. Seinen Namen will eine alte Sage erklären: In der Gegend von Winterthur habe einst eine grosse Schlacht zwischen den Römern und Alemannen stattgefunden, wobei die letzteren gesiegt hätten. Die Römer seien nach Süden und Westen geflohen und hätten schliesslich beim obgenannten Hof mit ihrem Tross eine Wagenburg aufgestellt. Aber sie konnten sie nicht halten. Nachher sei der Ort von einem alemannischen Priester bewohnt und eben Wagenburg genannt worden. Die Spuren dieser Burg will man noch lange gesehen haben. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Unterland Leicht umstilisiert aus Hedinger, S.26. Seine Quelle: M. Thomann, Aus Geschichte und Sage des unteren Tösstals, S.60. - Der Ortsname Wagenburg heisst mundartlich Waaberg. Waagberg ist vermutlich die ältere Form, aus der sich durch Volksetymologie das heutige Wagenburg entwickelt hat. „Waag" ist nach Prof. B. Boesch „Gewässer“. Vgl. den Ortsnamen „Wälewoog“, Gemeinde Wald. Waaberg wäre demnach zu deuten als Berg (oder Burg) beim (oder über dem) Wasser. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Von der zürcherischen Landesgrenze im Oberholz

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Von der zürcherischen Landesgrenze im Oberholz Es ist recht merkwürdig, daß die Grenzmarkierungen an der zürcherisch-sanktgallischen Grenze nicht immer die gleichen waren, und dass in früheren Zeiten oft darum gestritten wurde. Dass eine Grenzänderung auch einmal durch höhere Gewalt herbeigeführt werden konnte, beweist die nachfolgende Geschichte. Vor altem gehörte das Niederholz bei Wald zum Weiler Oberholz. Und das Oberholz gehörte mit Steuer und Brauch nach Goldingen, mit Braut und Bahr aber nach Eschenbach. Damals hiessen noch alle Einwohner Oberholzer und stammten alle von einem Stammvater ab. Da geschah es in einer Pestzeit, dass im Oberholz alle Leute ausstarben, bis auf einen Mann. Und weil nun niemand mehr da war, der zur Messe in der Kapelle das Glöcklein läutete, musste es dieser letzte tun. Aber auch aus dem Niederholz kamen immer weniger Leute, und nach ein paar Tagen kam nur noch einer, der auch Oberholzer hiess. Da beratschlagten die beiden Oberholzer, welche die letzten Überlebenden waren, ob sie ihre Heimat verlassen, oder ob sie in ihren verödeten Weilern bleiben sollten. Schliesslich wurden sie rätig, zu Hause zu bleiben. Aber weil im Oberholz kein Gottesdienst mehr gehalten werden konnte, beschlossen sie, dass jeder zur Mittagszeit auf eine Anhöhe steigen solle, und woher er läuten höre, dort solle er Kirchgenosse werden. Der Oberholzer von Oberholz stieg gegen die Mittagszeit in die Stöck hinauf und hörte dort die Glocken von Eschenbach. Daher blieb er dort kirchgenössig. Der Oberholzer von Niederholz jedoch hörte das Geläute von Wald. Seither ging er dort zur Kirche. Wald war aber damals schon reformiert. Drum wurde das Niederholz vom Oberholz abgetrennt. Seither ist das Niederholz zürcherisch und reformiert. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland VB. 30. 10. 1916; Gchr. Wald 1902; A. Bauhofer, Berge, Wälder, Grenzen und Siedelungen im Zürcher Oberland, Wetzikon 1950. - Steuer und Brauch waren politische Abgaben, Braut und Bahr = Hochzeit und Begräbnis.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Von der „Gspaltenfluh“

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Von der „Gspaltenfluh“ Diese über 20 m hohen und zerspaltenen Deckenschotterfelsen befinden sich westlich vom zur Gemeinde Oberweningen gehörenden Hof Wattwil, und es ist begreiflich, dass sich an jene unheimliche Gegend auch eine Sage knüpft. Darnach habe ein bei Schneisingen wohnender Kohlenbrenner mit dem Zunamen „Zingg" einen Knaben gehabt, dem von seinem Götti ein silberner Löffel geschenkt worden sei. Diesen habe er aber seinem habgierigen und bösen Vater nie abgeben wollen, sondern ihn immer bei sich getragen. Da seien sie eines Tages bei Waldarbeiten miteinander bis oben an die „Gspaltenfluh“ gekommen, und hier habe der jähzornige Vater den widerspenstigen Sohn plötzlich von einem hohen Felsen hinabgestossen. Bald nachher sei er aber an Körper und Geist erkrankt und innert ein paar Wochen gestorben. Die Leiche des Knaben sei samt dem silbernen Löffel erst später gefunden worden, und zwar dort, wo ein Bächlein entspringt, das deshalb den Namen „Silberbrünneli“ erhalten habe. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Unterland Wörtlich aus Hedinger S. 29. Seine Quelle: Lienhard, Blatt 12.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Von der „Schipf“ zu Herrliberg

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Von der „Schipf“ zu Herrliberg Im kleinen Pavillon im Park des Landgutes Schipf in Herrliberg sei, wie die Alten erzählen, ein Brudermord geschehen. Davon herrührend soll daselbst im Innern ein Blutflecken zu sehen sein. Dem Gewährsmann, der sich die Sache angesehen, wurde vom Hausbesitzer zwar nicht im Pavillon ein Flecken gezeigt, sondern im Gang des oberen Hauses zur Schipfe. Nach Verlautbarung der Dame des Hauses lässt sich dieser Fleck tatsächlich nicht beseitigen. Wie er entstanden, weiss niemand. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee schriftliche Mitteilung von P. Corrodi, der die Angabe von R. Egli, Lehrer in Herrliberg, hatte.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Von Drachen

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a) Am obersten Hang des Dünneten oder Schwarzgrat, der sich zwischen Schattdorf und Erstfeld aus der Ebene fast senkrecht zu einer Höhe von 2000 m.ü.M. auftürmt und das ganze Reusstal vom Rütli bis in die Schöllenen beherrscht, dehnt sich das mit Droslen und Zwergtannen bewachsene Wurmälpeli aus. Dahin soll vor alten Zeiten ein feuriger Drache durch die Lüfte »z'schiässädä chu sy« und sich daselbst niedergelassen haben. Sein feuriger, das heisst glühender, Leib verbrannte weit und breit die Droslen und Tannen zu Staub und Asche, und sein giftiger Odem erzeugte eine ansteckende, tödliche Krankheit im Tale. Alte Leute berichten noch heute, man habe da droben viele verkohlte Baumstrünke gefunden. Stadler-Hänsi, der etwa vor zwei Jahrzehnten gestorben, erzählte, sein Vater habe diesen Drachen gesehen, wie er vom Gitschen her quer durch das Tal gegen den Schwarzgrat hoch durch die Lüfte dahinschoss (es handelt sich vielleicht um jene Erscheinung, von der auch Landammann Bünti in seiner Chronik zum Jahre 1704 Erwähnung tut. S. XX. Hist. Neujahrsblatt von Uri 1914, S. 4). Auch Jeeris Nepperli, ein altes Weibervolk zu Bolzbach, hat ihn beobachtet und beschrieben: »Är hed ä Grind g'ha wiänni Heiwburdi und ä Schwanz wiänni grossi Nusslattä«. Seit jener Zeit heisst das Älpeli Wurm- oder Wuränälpeli. Fr. Scheuber-Walker, 80 Jahre alt, Schattdorf, und a. Man erzählt auch, es habe daselbst lange Zeit ein Lindwurm – vielleicht ist er mit jenem Drachen identisch – gehaust, und ein kühner Jäger habe ihn endlich erschossen. Leute, die nach Jahren an Ort und Stelle sein Skelett gesehen, behaupteten, seine Rippen seien so gross gewesen wie die Rippen einer grossen Kuh. Magdalena Lusser, 80 Jahre alt, Erstfeld, und a. b) Auch das Hohl-Loch zu Attinghausen soll eines dieser sagenhaften Tiere beherbergt haben. c) Eine Person von Bauen, die sich lange in Frankreich aufgehalten, will ebenfalls einmal zur Nachtzeit in den ersten Tagen des August einen feurigen Drachen gesehen haben durch die Lüfte schiessen und behauptet, die Drachen hätten einen Karfunkel im Rachen, sonst wären sie unsichtbar. Maria Ziegler, 60 Jahre alt d) Die Drachen nähren sich von purem, lautern Gold; sie thronen auf Goldadern. Sie schiessen auf Felsen – Gnessi – los, die Gold enthalten, und diese spalten und öffnen sich vor ihrem giftigen Atem. Wo ihr Gift niederfällt, da entstehen ansteckende Krankheiten. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Von Eichen

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Heilig Eich. Beim Unterskapfhof am Wege von Hergiswil nach Menzberg standen drei riesige Eichen, von denen eine jetzt umgetan ist. Sie hiess die „heilig Eich“. In ihrer Höhlung fand man richtig das Marienbildchen vor, das vor Altem eine Bettlerfrau, die unter dieser Eiche Schutz gefunden, an selbe hingestellt hat. Nach und nach ward das Bild vom wachsenden Baum überwallt und endlich verdeckt. Die Leute haben oft dabei gebetet.     Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Von einem "Danke Gott"

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In der Nähe der Schartenhöhle bei Eppenwiler sei auf einer Weide ein so genanntes Gatter gewesen, das sich jedem Durchgehenden von selbst öffnete und schloss. Ein Mann habe einmal hierauf ein: „Danke Gott" gesagt. Da sei ihm ein Geist in Gestalt einer weissen Taube erschienen und habe gesprochen: „Ich bin jetzt ein Kind der Seligkeit und du wirst es in einem Jahre auch werden." Der Geist verschwand und in einem Jahre sei der Mann gestorben.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Von einem Abenteurer,

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der bewies, dass der Teufel zu Konstanz und der grosse Gott zu Schaffhausen, auch die Maria zu Einsiedeln und er Geschwister wären.   Zu Einsiedeln in dem Schweizerland hat es sich begeben, dass viele Leute, ihre Wallfahrt zu vollbringen, dahin gekommen sind. So hat es sich zugetragen, gegen Abend in einem Wirtshaus, als man aß, dass die Pilger geredet haben von der lieben Maria zu Einsiedeln, wie sie so gar gnädig wäre, auch von ihren Wunderzeichen, die sie getan hätte. Unter die Pilger war auch ein guter Gesell geraten, der nicht der Wallfahrt sondern seiner Geschäfte halber dahin gekommen war Der aß auch mit ihnen zur Nacht. Als nun die Pilger so viel Guts der lieben Maria zuschrieben, redete er auch das Seine dazu und sprach: „Wie hoch schätzt ihr sie doch, sie ist meine Schwester.“ So das die Pilger, auch der Wirt erhörten, erstaunten sie über diese Rede, und es ward so ruchbar, dass es dem Abt auch kund getan ward, welcher diesen guten Gesellen, als er vom Tisch aufstand, fangen und über Nacht in den Turm legen ließ. Morgens ließ er den Übeltäter, weil dieser die liebe, würdige Mutter Gottes geschmäht hätte und geredet, sie wäre seine Schwester, mit heftiger Klage vor den Rat stellen. Nach langer Klage fragte man den Übeltäter, was er damit gemeint hätte? Er antwortete: „Ja, die Maria zu Einsiedeln ist meine Schwester, und was noch mehr ist, der Teufel zu Konstanz und der große Gott zu Schaffhausen meine Brüder.“ Der Rat entsetzte sich ob dieser Rede, und sie steckten die Köpfe zusammen und sprachen: „Gewiss ist dieser ein Heiligenschmäher.“ Der oberste Richter fragte ihn weiter, um etwas mehr aus ihm heraus zu bringen: „Wie darfst du die schnöden Worte allhier ausstoßen, so von allen Landen jetzt Pilger hier sind und es allenthalben erschallen wird?“ Der Übeltäter antwortete: „Ich habe recht geredet, denn mein Vater ist ein Bildhauer gewesen, der den Teufel zu Konstanz gemacht hat und auch den großen Gott zu Schaffhausen und eure Maria und auch mich: darum sind wir verschwistert.“ Also lachten sie alle und ließen ihn ledig.     Aus: R. Frauenfelder, Sagen und Legenden aus dem Kanton Schaffhausen, Schaffhausen 1933. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Von einem der die Sprache der Tiere verstand

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Vor vielen, vielen Jahren lebte ein vornehmer Herr, der hatte einen einzigen Sohn. Als er etwas grösser war, schickte der Vater ihn in ein Kloster zur Schule. Als der Bursche am Ende des Jahres nach Hause kam, fragte der Vater ihn, was er gelernt habe. «Das A!» gab der Sohn zur Antwort. Natürlich wurde der Vater sehr wütend, dass der Sohn nur einen Buchstaben gelernt hatte, und er beschloss, den Buben nicht mehr lange zur Schule zu schicken. Aber auf sein langes Bitten hin liess er ihn noch ein Jahr lang zur Schule gehen. «Was hast du dieses Jahr gelernt?» fragte der Vater. «Das B», antwortete der Student. Nun musste der Bursche den Vater lange drängen, bis er ihn nochmals ein Jahr gehen liess, denn er sagte: «Nur wegen einem Buchstaben jährlich, bleib du nur zu Hause!» Schliesslich konnte der Sohn doch noch ein Jahr herausschlagen. Als der Sohn diesmal nach Hause kam, sagte er dem Vater, er habe das C gelernt. Jetzt geriet der Vater ganz ausser sich vor Wut: «Was, nur drei Buchstaben in drei Jahren gelernt?» schrie er den Sohn an. «Dich lasse ich gerade jetzt durch meine Knechte umbringen.» Vergebens erklärte der Bursche, er könne das ABC, wie es sich gehöre, und das wolle etwas heissen, und er werde es fertig bringen, dass der Vater eines Tages Wasser über die Hände seines Sohnes giessen werde. Der Vater befahl zwei Knechten, mit dem Burschen in den nächsten Wald zu gehen, um ihn zu töten. Zum Zeichen, dass sie ihn getötet hätten, verlangte der Vater von ihnen, die Zunge und die Augen des Sohnes zu bringen. Im Wald flehte der Bursche mit Tränen in den Augen die Diener an, ihn am Leben zu lassen. Und er rührte die Herzen der Diener so, dass sie sagten, wenn sie ein Wildtier fänden, dem sie die Augen ausstechen und die Zunge herausschneiden könnten, wollten sie ihn leben lassen. In dem Augenblick lief ein Hase herbei und fiel dem Burschen tot vor die Füsse. Die Diener drückten dem Hasen die Augen heraus und schnitten die Zunge weg. Beides brachten sie dem Herrn zum Zeichen, dass sie den Sohn getötet hatten. Der Bursche aber ging durch den Wald, bis er zu einer grossen Strasse kam. Da begegnete er zwei Mönchen. Als er sie fragte, wohin sie gingen, erzählten sie, der Papst in Rom sei gestorben, und sein Nachfolger werde bald durch die Taube gewählt. Sie gingen zur Versammlung, um die Ankunft der Taube zu erwarten. Der Bursche nahm die Einladung der Mönche, sie zu begleiten, gern an, und er reiste mit ihnen weiter. Als sie zu einer Quelle kamen, setzten sie sich hin, um zu essen. Da krochen eine Schar Frösche aus dem nahen Sumpf und fingen an zu quaken. Die Mönche merkten, dass der Bursche den Fröschen ganz aufmerksam zuhörte, und sie fragten ihn, was dies zu bedeuten habe. «Oh, sie erzählen mir nur, wie ich der kranken Tochter des Königs, der in der nächsten Stadt regiert, helfen könne!» antwortete der Bursche. In der Stadt hörten sie, die Königstochter sei schon seit sieben Jahren krank, und kein Arzt könne ihr helfen. Der Bursche ging mit seinen zwei Gefährten zum König und bot sich an, der Prinzessin zu helfen. Darauf führte der König die drei in das Zimmer, wo die Prinzessin im Bett lag. Da liess der Bursche einen Tisch mit einem weissen Tuch bedecken und befahl dann allen Dienern, um den Tisch herumzuknien und zu beten. Bald darauf kam ein Frosch mit einer Hostie im Maul zum Fenster herein, setzte sich auf den Tisch und liess die Hostie fallen. Einer der Mönche spendete mit dieser Hostie der Königstochter die heilige Kommunion, und im gleichen Augenblick war sie gesund. Voller Freude wollte der König dem guten Helfer seine Tochter zur Frau geben, aber der lehnte dankend ab und zog mit den Mönchen weiter. Sie waren noch nicht weit, da flog eine Schar Raben mit schrecklichem Gekrächze um sie herum. «Was wollen diese Raben nun sagen?» fragten ihn die Mönche. «Dass die Stadt Rom bald untergehen wird, wenn die Einwohner nicht strenge Busse tun!» gab der Bursche zur Antwort. Als sie in der Nähe von Rom waren, schien es dem Burschen, als sei die ganze Stadt mit einem schwarzen Schleier verhüllt. Er ging in den Strassen herum und predigte Busse, bis die Einwohner sich zu Gott bekehrten. Dann verschwand der schwarze Schleier, und Rom war befreit. Nach wenigen Tagen versammelte sich das Volk in der grossen Kirche, um zu sehen, wen die Taube zum Papst wähle, und siehe da, sie setzte sich auf den Burschen. Der hatte sie zweimal weggejagt, aber das dritte Mal sah das Volk, auf wen sich die Taube setzen wollte, und er wurde zum Papst ausgerufen. Als er seine erste Messe feierte, bemerkte er seinen Vater unter den Rittern, und er liess ihn und noch einen Ritter zum Altar rufen, um ihm, dem Papst, bei der Messe zu dienen. Und so kam es, dass sein Vater ihm Wasser über die Hände goss. Als sein Vater auch zum Festessen kam, das er bei seiner Krönung zum Papst gab, setzte er seinen Vater zuoberst an den Tisch. Der war ob dieser Ehre ganz erstaunt, und nach dem Essen bat der Vater den Papst, ihm die Beichte abzunehmen. Im Beichtstuhl gab sich der Sohn zu erkennen. Und der Vater blieb sein Lebtag bei seinem Sohn.   Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins, Ursula Brunold-Bigler (Hg), Desertina Verlag        Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Von einem Glockenguss

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Die ersten Glocken zu Silenen (die grosse Glocke zu Spiringen) wurden in der Streissrütti (auf der Achern) gegossen. Der Glockengiesser hatte sein 16-jähriges Söhnlein bei sich. Als der Guss schon ziemlich nahe war, ging der Meister von der Arbeit weg (nach Altdorf, um dort etwas vergessenes zu holen) und liess das Büblein dabei, dem er einschärfte, es dürfe die Schmelzmasse ja nicht etwa herauslassen. Als er aber zurückkam, waren die Glocken schon gegossen und prächtig geraten. Das Büblein hatte es allein getan. (Das Büblein sagte zum Meister: »Die Glocke habe ich gegossen. Entweder ist's geraten oder gefehlt.« Der Meister erschrak so sehr, dass er tot umfiel. Die Glocke aber war wohl geraten. Spiringen.) Frz. Jos. Zurfluh; Fr. Gisler-Arnold u.a. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Von einem Schatz im Gruontal

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Es ging die Sage, im Gruontal sei ein Schatz an einer gewissen Stelle vergraben. Ihrer zwei machten sich einmal daran, ihn zu gewinnen. Sie gruben und gruben und kamen endlich auf eine eiserne Kiste, und auf dieser kauerte eine Kröte. Jetzt dachten sie, es sei Zeit, etwas zu essen, der Schatz entgehe ihnen nicht mehr, und setzten sich in einiger Entfernung nieder und assen etwas. Als sie die Arbeit wieder an die Hand nahmen und die Kiste herauslüpfen wollten, war diese verschwunden. Fr. Ganz-Aschwanden, 56 Jahre alt, Flüelen Anmerkung: Auf Zeisigegg soll eine Burg oder ein Turm gestanden haben. – Die Hortsagen enthalten gerne einen geschichtlichen Kern. – Betreff Oppli-Egg siehe Durrer: Oppligen im Lande Uri, im Jahrbuch für Schweizer Geschichte, Bd. 24, der auch zu Oppligen eine ehemalige Burg vermutet. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Von einem Skelett

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Eine Frau aus Lupsingen beobachtete während drei aufeinanderfolgenden Sommerabenden südlich des Dorfes eine Frau mit Kindern, die ein Skelett nachschleiften und wieder verschwanden. Lupsingen Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Von einem Wettermacher

Source: Von einem Wettermacher

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 In der Chuchi, nahe bei der St. Leonhardskapelle in Erstfeld, arbeiteten die Leute am Heu. Da kam vom Bürtschen her ein grosser, schöner Herr des Weges, stand bei ihnen still und sagte, sy sellet de nur ä chly gleitig machä, äs chennt-nä de susch nu dri rägnä. Sie lachten ob seiner Rede, denn am Himmel war kein Wölklein zu erspähen. Der Herr schritt weiter, sprang aber bald auf eine Strassenmauer hinauf, und da beschattete er mit den Händen seine Augen, schaute gegen das im Westen liegende Erstfeldertal, hob dann das linke Bein in die Höhe und drehte sich auf dem rechten rasch dreimal ringsum. Dann sprang er hinunter und war plötzlich spurlos verschwunden. Aber düe sygs losg'gangä mit wättärä-n- und haglä-n- und ribänä! Ä b'hiätis! Mä heig g'meint, das ganz Erschfäldertall und nu das halb Ryßtall derzüe miäßtet z'Huddlä-n- und z'Gudärä gah. Einer, der es selber mit angesehen, hat es meinem 75jährigen Gewährsmann erzählt. Ambros Zurfluh Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Von einem Wurm getötet

Source: Von einem Wurm getötet

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In einer Riedmatte im Meiental hatte es viele Schlangen und Würm. Da hätte sie der Pfarrer von Wassen bannen sollen, aber der wollte sich dessen nicht beladen. Jetzt holten sie den Pater Guardian in Altdorf. Dieser beschrieb mit einer Haselgerte einen Kreis um sich, stand hinein und las in einem Buche. Es kamen nun die Schlangen und Würm von allen Seiten bis an den Kreis heran, immer mehr und mehr, und zuletzt ein weisser Wurä; das war der König. Dieser pfiff, und auf einmal kamen die Tiere wie geschneit durch die Lüfte, und eines, aber nicht der König, schoss auf den Kapuziner los und drang durch die dicke Kutte hindurch bis auf das Herz. Der Pater lief davon, talauswärts, und in Wassen starb er. Die Schlangen blieben, und später sind sie dann von selber verschwunden. Fr. Baumann, 70 Jahre alt, Meien Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Von einem «Versegner»

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Um das Jahr 1590 bat Ruedi Gerngross den Pfarrer Heinrich Strübin auf dem Kirchhof zu Ziefen vor der Predigt, er möge ihm das erste Kapitel aus dem Evangelium St. Johannes abschreiben. Der Pfarrer wies ihn an den Schmied oder an den Müller, da es ihm an Zeit fehle. Gerngross erwiderte, die beiden würden es ihm nicht abschreiben. Auf die Frage, was er mit der Abschrift tun wolle, antwortete er: «Ich bitt euch dorum, und londs by euch bliben, deheimen hab ich ein krank Ross, wan ich sanct Joannis Evangelium under die Thürschwellen legte, so wurd es bald gsund.» Ueber diese Worte erschrak der Pfarrer und «vermannt in mit allem Ernst abzuston, dan soliches von Gott und der Oberkeitt verbotten wäre.» Als der Pfarrer nach der Predigt die Kirchenältesten und Bannbrüder darüber informierte, erfuhr er, was für ein «Versegner» Gerngross sei. «Ich hertt (hörte) bald, das khein Nachlossens bey im wäre, man bring ime an heiligen Sontagen vor und zwischen der Predig kranke Ross us Sollothurner Gebiett zu (das ist des Teufels List, domit er die Lüth von der Predigt göttlichen Worts abhalte), etliche siner Nachburen (so noch läbten) sagten, dem Gerngross wirtt gewis ein Mal mit siner schönen Kunst das Maull zerfallen. Er will doch aller Rossen Grosätti werden.» Bald darauf kam Pfarrer Strübin in einer Vorbereitungspredigt zu Bubendorf auf die «Versegner» zu reden, wobei er, ohne Namen zu nenne, den Ausdruck «aller Rossen Grosätti» verwendete. Bei einer späteren Klage des Ruedi Gerngross, er habe ihn «aller Rossen Grossvater geschulten», rechtfertige sich der Pfarrer durch einen Bericht. Ziefen Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Von einem „Danke Gott"

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In der Nähe der Schartenhöhle bei Eppenwiler sei auf einer Weide ein so genanntes Gatter gewesen, das sich jedem Durchgehenden von selbst öffnete und schloss. Ein Mann habe einmal hierauf ein: „Danke Gott" gesagt. Da sei ihm ein Geist in Gestalt einer weissen Taube erschienen und habe gesprochen: „Ich bin jetzt ein Kind der Seligkeit und du wirst es in einem Jahre auch werden." Der Geist verschwand und in einem Jahre sei der Mann gestorben.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Von einem „Danke Gott"

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In der Nähe der Schartenhöhle bei Eppenwiler sei auf einer Weide ein so genanntes Gatter gewesen, das sich jedem Durchgehenden von selbst öffnete und schloss. Ein Mann habe einmal hierauf ein: „Danke Gott" gesagt. Da sei ihm ein Geist in Gestalt einer weissen Taube erschienen und habe gesprochen: „Ich bin jetzt ein Kind der Seligkeit und du wirst es in einem Jahre auch werden." Der Geist verschwand und in einem Jahre sei der Mann gestorben.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Von einem, der die Sprache der Tiere verstand

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Vor vielen, vielen Jahren lebte ein vornehmer Herr, der hatte einen einzigen Sohn. Als er etwas grösser war, schickte der Vater ihn in ein Kloster zur Schule. Als der Bursche am Ende des Jahres nach Hause kam, fragte der Vater ihn, was er gelernt habe. «Das A!» gab der Sohn zur Antwort. Natürlich wurde der Vater sehr wütend, dass der Sohn nur einen Buchstaben gelernt hatte, und er beschloss, den Buben nicht mehr lange zur Schule zu schicken. Aber auf sein langes Bitten hin liess er ihn noch ein Jahr lang zur Schule gehen. «Was hast du dieses Jahr gelernt?» fragte der Vater. «Das B», antwortete der Student. Nun musste der Bursche den Vater lange drängen, bis er ihn nochmals ein Jahr gehen liess, denn er sagte: «Nur wegen einem Buchstaben jährlich, bleib du nur zu Hause!» Schliesslich konnte der Sohn doch noch ein Jahr herausschlagen. Als der Sohn diesmal nach Hause kam, sagte er dem Vater, er habe das C gelernt. Jetzt geriet der Vater ganz ausser sich vor Wut: «Was, nur drei Buchstaben in drei Jahren gelernt?» schrie er den Sohn an. «Dich lasse ich gerade jetzt durch meine Knechte umbringen.» Vergebens erklärte der Bursche, er könne das ABC, wie es sich gehöre, und das wolle etwas heissen, und er werde es fertig bringen, dass der Vater eines Tages Wasser über die Hände seines Sohnes giessen werde. Der Vater befahl zwei Knechten, mit dem Burschen in den nächsten Wald zu gehen, um ihn zu töten. Zum Zeichen, dass sie ihn getötet hätten, verlangte der Vater von ihnen, die Zunge und die Augen des Sohnes zu bringen. Im Wald flehte der Bursche mit Tränen in den Augen die Diener an, ihn am Leben zu lassen. Und er rührte die Herzen der Diener so, dass sie sagten, wenn sie ein Wildtier fänden, dem sie die Augen ausstechen und die Zunge herausschneiden könnten, wollten sie ihn leben lassen. In dem Augenblick lief ein Hase herbei und fiel dem Burschen tot vor die Füsse. Die Diener drückten dem Hasen die Augen heraus und schnitten die Zunge weg. Beides brachten sie dem Herrn zum Zeichen, dass sie den Sohn getötet hatten. Der Bursche aber ging durch den Wald, bis er zu einer grossen Strasse kam. Da begegnete er zwei Mönchen. Als er sie fragte, wohin sie gingen, erzählten sie, der Papst in Rom sei gestorben, und sein Nachfolger werde bald durch die Taube gewählt. Sie gingen zur Versammlung, um die Ankunft der Taube zu erwarten. Der Bursche nahm die Einladung der Mönche, sie zu begleiten, gern an, und er reiste mit ihnen weiter. Als sie zu einer Quelle kamen, setzten sie sich hin, um zu essen. Da krochen eine Schar Frösche aus dem nahen Sumpf und fingen an zu quaken. Die Mönche merkten, dass der Bursche den Fröschen ganz aufmerksam zuhörte, und sie fragten ihn, was dies zu bedeuten habe. «Oh, sie erzählen mir nur, wie ich der kranken Tochter des Königs, der in der nächsten Stadt regiert, helfen könne!» antwortete der Bursche. In der Stadt hörten sie, die Königstochter sei schon seit sieben Jahren krank, und kein Arzt könne ihr helfen. Der Bursche ging mit seinen zwei Gefährten zum König und bot sich an, der Prinzessin zu helfen. Darauf führte der König die drei in das Zimmer, wo die Prinzessin im Bett lag. Da liess der Bursche einen Tisch mit einem weissen Tuch bedecken und befahl dann allen Dienern, um den Tisch herum zu knien und zu beten. Bald darauf kam ein Frosch mit einer Hostie im Maul zum Fenster herein, setzte sich auf den Tisch und liess die Hostie fallen. Einer der Mönche spendete mit dieser Hostie der Königstochter die heilige Kommunion, und im gleichen Augenblick war sie gesund. Voller Freude wollte der König dem guten Helfer seine Tochter zur Frau geben, aber der lehnte dankend ab und zog mit den Mönchen weiter. Sie waren noch nicht weit, da flog eine Schar Raben mit schrecklichem Gekrächze um sie herum. «Was wollen diese Raben nun sagen?» fragten ihn die Mönche. «Dass die Stadt Rom bald untergehen wird, wenn die Einwohner nicht strenge Busse tun!», gab der Bursche zur Antwort. Als sie in der Nähe von Rom waren, schien es dem Burschen, als sei die ganze Stadt mit einem schwarzen Schleier verhüllt. Er ging in den Strassen herum und predigte Busse, bis die Einwohner sich zu Gott bekehrten. Dann verschwand der schwarze Schleier, und Rom war befreit. Nach wenigen Tagen versammelte sich das Volk in der grossen Kirche, um zu sehen, wen die Taube zum Papst wähle, und siehe da, sie setzte sich auf den Burschen. Der hatte sie zweimal weggejagt, aber das dritte Mal sah das Volk, auf wen sich die Taube setzen wollte, und er wurde zum Papst ausgerufen. Als er seine erste Messe feierte, bemerkte er seinen Vater unter den Rittern, und er liess ihn und noch einen Ritter zum Altar rufen, um ihm, dem Papst, bei der Messe zu dienen. Und so kam es, dass sein Vater ihm Wasser über die Hände goss. Als sein Vater auch zum Festessen kam, das er bei seiner Krönung zum Papst gab, setzte er seinen Vater zuoberst an den Tisch. Der war ob dieser Ehre ganz erstaunt, und nach dem Essen bat der Vater den Papst, ihm die Beichte abzunehmen. Im Beichtstuhl gab sich der Sohn zu erkennen. Und der Vater blieb sein Lebtag bei seinem Sohn.     Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Von einem, der zum Teufel ging

Source: Von einem, der zum Teufel ging

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Vor Zeiten lebte auf einem Schlosse im Walliserland ein mächtiger Herr mit Namen Montacuay. Der hatte unter seinem zahlreichen Gesinde auch einen Knecht, das war aber ein arger Schalk und trieb, statt seinen Dienst gehörig zu verrichten, allerlei Possen und Schelmenstücke. Sein Herr ärgerte sich sehr darüber, mochte ihn aber nicht fortschicken, denn der Michel war ein lustiger Geselle und ein witziger Kopf, der mit seinen munteren Schnurren und losen Reden auch den Verdriesslichsten zum Lachen brachte, und niemand konnte ihm lange im Ernst böse sein. Und wenn er recht arbeitete, leistete er mehr als drei andere zusammen. Da gab es Krieg, und der Burgherr musste ins Feld ziehen. »Michel«, sagte er, »rüste dich, du sollst mich begleiten. Aber eines sage ich dir, lass mir alle Sprünge und Spässe hübsch bleiben, denn im Kriege gibt's ohnedies der Gaukelei mehr als genug. Versiehst du wieder etwas aus Meisterlosigkeit, dann ist dir der Galgen gewiss. Das lass dir gesagt sein!« »Schon recht, Herr«, sagte der Michel, »will dran denken, wenn ich's nicht vergesse.« Aber noch waren sie nicht manche Tagesreise weit gekommen, als der Mutwillen den Michel schon wieder stach, so dass er anhub, Unfug zu machen. Er verübte seine Streiche, gerade als hätte er das Verbot seines Herrn gar nicht gehört. Der Ritter aber ging voller Zorn hin und schrieb eigenhändig an seine Gemahlin einen Brief: »Frau, lass den Michel auf der Stelle hängen!« und versiegelte das Schreiben mit seinem Schwertknauf. Dann beschied er den Michel vor sich; seinen Zorn aber liess er sich nicht anmerken. »Michel«, sagte er, »nimm diesen Brief, reite heim und bring ihn meiner Frau. Sieh aber zu, dass du ihn nicht verlierst.« »Schon recht, Herr, ich werde den Brief abgeben, wenn ich ihn noch habe«, sagte der Michel und begab sich auf den Weg und ritt Tag und Nacht. Am Abend des dritten Tages kam er todmüde zu einem Kloster. Der Abt nahm ihn gut auf, weil er des Ritters Bote war und ein gar lustiger Bursche, der allen Leuten gleich das Herz aufschloss, und gab ihm zu essen und zu trinken. Nach dem Essen hiess er ihn ausruhen und schlafen gehen, weil er wohl sah, dass er zum Umfallen müde war. Und so ward dem Michel alsbald seine Lagerstatt angewiesen; er legte sich nieder und schlief auf der Stelle ein. Indes wollte der Abt sehen, wie sein Gast gebettet sei, und er erblickte die Brieftasche. Da nahm er einfach den Brief heraus und las die Aufschrift und sah, dass er mit des Ritters Insiegel versiegelt war und an die Frau des Ritters gerichtet war. Nun war der Abt ein neugieriger Herr, der seine Nase gern in alle Sachen steckte; und er begann, bei sich nachzudenken, ob er den Brief aufbrechen und sehen solle, was darin geschrieben stand. Kurz und gut, er nahm das Siegel ab, las darin und fand, dass der Überbringer gehenkt werden sollte. Darüber betrübte er sich sehr, denn er hatte ein gutes Herz und meinte es gut mit allen Leuten. Dass der Bursche gar seines eigenen Todes Bote sein sollte, das weckte seinen Zorn und sein Mitleid. Er dachte bei sich, was das für eine Sünde wäre, dass man einen so kecken Knecht in einen so schmählichen Tod sende. Aber nichts in der Welt geschieht ohne Gottes Willen: Der Abt schrieb unverweilt einen anderen Brief. »Frau, gib dem Michel ohne Verzug unsere Tochter zur Frau!« Dann hing er dem Schreiben das nämliche Siegel wieder an, so dass man es nicht merken konnte, dass das Siegel erbrochen gewesen, und steckte ihn wieder in die Brieftasche. Am anderen Morgen früh bei Tag weckte er den Michel, segnete ihn und gab ihm Urlaub. Und der ritt seines Weges weiter. Als der Michel im Schloss ankam, grüsste er seine Herrin von ihrem Gemahl und übergab ihr den Brief. Aber als die Frau gelesen hatte, was darin stand, schloss sie den Michel in ihre Arme und küsste ihn und sprach: »Sei mir von Herzen willkommen, lieber Sohn, sintemalen es meines Herren Willen ist.« Und dann wurde Hochzeit gehalten. »Ei, ei«, sprach der Michel zu sich selber, »die Welt kann der Schreiber und Schälke nicht entbehren, und wenn der Schreiber nichts taugt, gibt er der Feder die Schuld. Aber ein guter Schreiber ist aller Ehren wert.« Als der Krieg zu Ende war, kehrte der Ritter Montacuay mit seinen Mannen nach Hause zurück. Was der für Augen machte, als er den losen Knecht am Leben fand und dazu noch als Schwiegersohn, könnt ihr euch denken. Und als ihm die Frau erschrocken den Brief vorlegte, da wusste er eine Weile nicht, was er sagen sollte. Dann aber schlug der Wetterstrahl auf den Michel herab: »Pack dich auf der Stelle fort, du Erzschelm, und fahr geradewegs zur Hölle und hol mir meinetwegen drei Haare aus des Teufels Bart!« »Wie Ihr meint und wollt, Herr«, sagte der Michel, »wenn Ihr mich nicht länger zum Tochtermann haben wollt, so seid Ihr mein Schwiegervater gewesen. Gehabt Euch wohl, und nichts für ungut!« Er packte alsbald sein Bündel und sagte seiner Frau, die gar betrübt und traurig war, Lebewohl. »Weine nicht, Käterli, ich komme bald wieder«, sagte er. »und dann bleibe ich für immer bei dir!« Dann nahm er den Weg unter die Füsse. Nachdem er einige Zeit gegangen war, kam er an einem Schlosse vorbei. Da rief eine Stimme zum Fenster heraus: »He, du, wohin geht die Reise?« »In die Hölle zum Teufel!« »So sei doch so gut und richte mir einen Auftrag aus!« »Ja, warum auch nicht? Das geht in einem zu. Was wäre es denn?« »Oh, ich habe einen Garten, der könnte der schönste sein auf der ganzen Welt, aber die Quelle ist versiegt, die früher in der Mitte floss, und gibt kein Wasser mehr, so dass Blumen und Bäume verdursten und verdorren und alles zur Wüste wird.« »Soll geschehen!« rief der Michel und wanderte weiter. Und unlang kam er durch ein Städtlein, aus einem Hause rief eine Frau ihn an: »He du, wohin geht die Reise?« »In die Hölle zum Teufel!« »So sei doch so gut und richte mir einen Auftrag aus!« »Ja, warum auch nicht, es ist ein Tun. Was wäre es denn?« »Seit sieben Jahre liegt meine Tochter krank im Bett und kann nicht leben und nicht sterben, und kein Doktor kann ihr helfen. Frag doch, was zu tun sei, damit sie wieder gesund werde.« »Soll geschehen«, rief der Michel und ging seiner Strasse zu. Endlich kam er vors Höllentor. Da stand ein Mann davor und hielt Wache. »He du, wohin geht die Reise?« »In die Hölle zum Teufel.« »So sei doch so gut und richte mir einen Auftrag aus. Seit sieben Jahren stehe ich schon hier und halte Wache und werde nie abgelöst. Frag doch, was ich tun soll, damit ich endlich abgelöst werde!« »Soll geschehen!« rief der Michel und schritt durchs Tor in die Hölle hinunter. Aber wie er zur Behausung des Teufels kam, da war er just ausgegangen, um einen Höllenbraten heimzuholen, aber die Frau war zu Hause. Und das war Michels Glück, denn die Weiber machen sich gern meisterlos und stechen mit Kunkeln und Gabeln nach der Herrschaft. Mit einem schlauen Weibe fängt man den Teufel im freien Feld, denn Weiberlist geht über alle List, dachte der Michel, zog höflichst den Hut, verbeugte sich tief und sagte: »Mit Verlaub und Vergunst, edle Dame, ich bin hergeschickt, um drei Haare aus Eures Herrn Bart zu holen. Und dann soll ich grad noch fragen, warum auch der Brunnen in jenem Garten versiegt sei und was die Tochter in jenem Haus wieder gesund machen könne und wie's auch jene Schildwache vor dem Tor draussen anstellen müsse, um abgelöst zu werden.« »Ja, mein guter Freund, das ist eine böse Sache«, erwiderte die Frau, »mein Mann ist zwar eben ausgegangen. Aber wenn er heimkommt und dich hier findet, ist's um dich geschehen.« Und sie hiess Michel gleich sich unter dem Bett verstecken und sich dort ruhig verhalten. Und richtig, kurz darauf kam der Teufel mit Gebraus und Donnergepolter nach Hause. »Ich schmeck, ich schmeck Christenblut!« schrie er so laut, dass die Teller auf dem Wandbrett klirrten, und schnoberte mit beiden Nüstern in der Luft herum, dass die Vorhänge flackerten. »Ach, was du dir einbildest, hier ist weit und breit kein Christ!« sagte die Frau und schlug das Bett auf. »Es ist Zeit, schlafen zu gehen, und du wirst obendrein müde sein von der Fahrt, denk ich.« Der Teufel brummte noch etwas in seinen Bart, ging zu Bette und schlief ein. Ritsch - da riss ihm die Frau mit einem Ruck ein Haar aus dem Bart. Der Teufel fuhr auf und schrie: »Was ist? Was zerrst du mich am Bart?« »Ach, mir hat so kurios geträumt, der schönste Garten in der Welt sei verdorrt, weil die Quelle darin versiegt ist und nicht mehr fliesst.« »Oh«, sagte der Teufel, »der Dummkopf, dem der Garten gehört, muss nur den Baum umtun, der darüber gewachsen ist, dann wird sie wieder fliessen wie zuvor.« Dann kehrte er sich um und schlief wieder ein. Da rupfte ihm die Frau - ritsch - ein zweites Haar aus. »Was zerrst du mich schon wieder am Bart?« schrie er. »Ach, mir hat so kurios geträumt, es sei ein Haus und darinnen liege die Tochter krank seit sieben Jahren und könne weder leben noch sterben. Und ihre Mutter weiss nicht, was sie mit ihr machen soll, denn kein Doktor kann ihr helfen.« »Ach was, die dumme Gans! Das Mädchen ist auf eine Hostie getreten, und die ist an ihrem Schuh kleben geblieben. Die soll es verschlucken, dann wird sie auf der Stelle gesund.« Sprach's und schlief weiter. Ritsch - jetzt riss die Frau ihm das dritte Haar aus. »Was zupfst du mich schon wieder am Bart? Jetzt ist's dann aber genug!« rief der Teufel. »Ach, mir hat schon wieder so kurios geträumt.« »So, was hat dir denn geträumt?« »Mir hat geträumt von einem, der stehe Wache draussen vor dem Tor und wisse nicht, wie er's anstellen solle, dass er abgelöst werde.« »Eh, der Zipfel, der soll zu dem ersten besten, der vorübergeht, sagen: Bleib hier und warte, bis ich wiederkomme!« Am andern Morgen, nachdem der Teufel ausgegangen war auf seine Arbeit, hiess die Frau den Michel, der alles mit angehört hatte, wieder hervorkommen und gab ihm die drei Haare. Der Michel dankte der Frau gar schön und trat geschwind den Heimweg an. Als er durch das Tor schritt, sagte er zu der Schildwache: »So gib mir nun meinen Lohn, und ich sage dir, wie du abgelöst werden kannst.« Der Mann gab ihm einen Sack voll Gold. »Sag zu dem ersten besten, der vorbeigeht: Bleib hier, bis ich wiederkomme!« »So bleib du hier«, rief der Wächter. Aber da war der Michel schon weit und rief zurück: »Wart den nächsten ab!« Als er wieder durch die Stadt kam, ging er in das Haus zu jener Frau und machte ihre Tochter zur Stunde gesund. Da bekam er wieder einen Sack voll Gold. Dann half er dem Eigentümer des Gartens den Baum umtun und siehe da, die Quelle sprudelte auf der Stelle wieder wie zuvor. Voller Freude schenkte der Herr ihm ebenfalls einen Sack voll Gold. Als nun der Michel wohlbehalten mit seinen Reichtümern heimkam, fiel ihm seine Frau um den Hals. Der alte Ritter aber bekam die drei Haare aus des Teufels Bart. Wie dieser aber die Reichtümer sah, fragte er, wo Michel das viele Gold herhabe. »Oh, das bekommt man, wenn man in die Hölle geht und wieder zurückkommt«, sagte der Michel. Da besann sich der Ritter keinen Augenblick mehr, sondern machte sich stehenden Fusses auf den Weg zur Hölle. Und als er zum Höllentor kam, da sprach die Schildwache zu ihm: »Bleib hier, bis ich wiederkomme.« Und da musste halt der Ritter Wache stehen, und da steht er heute noch.   Aus Johann Jegerlehner: Sagen und Märchen aus dem Unterwallis, Basel 1909   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Von einer Tanne

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Immänä Wald heig-mä flyssig g'heert annärä Tannä bäckä. Das syg ä hüffä Jahr äsoo g'gangä und niemmer heig-si derffä ga fallä. Jedä-n-Äugäblick heig-mä g'meint, äs mies-si spaltä und de g'hy-ssi. Ändlächä heiget doch zwee Purschtä, ächly vo dä frächärä, zunänand gseit: »Ja, jetz gah-mer glych und häuwet-si, äs gid-ä scheenä Hüffä Sehindlä.« Und sy midänand uf d'Strass und agfangä häuwä-n- und bäckä-n-a der Tannä, bis si g'hyt syg. Und syg alles güet g'ratä. Ä prächtägä Hüffä Schindlä heigs g'gä! Und die heiget sy anni Bygä ta. Aber die Schindlä heiget doch i der Bygä-n-innä nu kei Rüew g'ha! Bständig heig es da grumoret und klepft und klotteret dri-innä. Das syg äsoo g'gangä, bis einisch ds Nachpürä-n-äs Chind gstorbä syg. Da syg der Nachpür chu und heig g'fragt, ob är nid äs par Schindlä chennt ha. »Jeerä woll!«, heig disä gsäit, »deerä nimm dü nur!« Und är heig äs par gnu und heig äs Totäbeimli drüss g'macht fir das Chind, und sittem heiget die Schindlä-n-i der Bygä Rüew g'ha. Joh. Jos. Walker, Gurtnellen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Von einer wurtzen zu schiessen ein wunder

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Der Junker Hans Jakob Adelschweyler, Alchimist im Wirtshaus zu Augst an der Bruck, macht sich seinen Begleitern gegenüber anheischig, am Karfreitag um die 9. Stunde im Wald bei Augst eine Wurzel zu graben, die gegen Schiessen «fest macht.»  Er spricht eine Beschwörung, u. a.: «O Gott Himmels und Erden…gebüt dinen englen Haniel und Hagiel, das sy mir diese wurtzen In mine Hand kommen lassen, das mir auch der böss fyend (Feind) Turses kein schaden oder Hindernuss daran zufüge…» Unter bestimmten Zeremonien gräbt er eine Wurzel aus und fordert die Begleiter auf, nun aus vier Schritt Entfernung auf ihn zu schiessen. Keiner wagt es. Augst Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Von Eisenzäunen

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a) Am Nordabhang der Spitzä, zwischen Obsaum und der Rütti, hat sich vor dem Bergsturz von 1887 die Bärtschäplangg ausgedehnt, wo viel Wildheu gewonnen wurde und ein auch für Rindvieh gangbarer Weg führte, wenigstens bis ins 19. Jahrhundert von der Rütti nach Obsaum. Etwas tiefer hiess eine bis zur genannten Katastrophe mit Gebüsch bewachsene Gegend »i dä Gäisä«, eine andere »der Wylerwald«, ein gewisser Punkt »ds Hicki« und der Wald dabei »der Hickiwald«, lauter Namen, die der jüngern Generation schon entschwinden. Eine Örtlichkeit ob der nur für Geissen und Schafe nutzbaren »hibschä heechä Plangg« im obern Sulztal heisst »ds Älpäli« und sei vor Zeiten eine richtige Alp gewesen. D'Milch heigmä-n-undr-mä Balmstei gnutzet, d.h. ein Balmstein diente als Sennhütte. Der Balmstei isch jetzt nu z'gseh. Pfr. Arnold, 70 Jahre alt b) Die Sage behauptet, sowohl in den Gäisen als auch in der »hübschen hohen Plank« sei prächtiges Weidland gewesen, das die Heiden je mit einem Eisenhag eingezäunt hatten. Theresia Gisler, 73 Jahre alt, Spiringen c) In der Alp Heidmenegg, im Heidenstäfeli und im Heidenwäldeli im Schächental und in der Heiden- oder Ruosstalbalm im Isental lässt die Sage Heiden- oder Wildleute wohnen. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Von Fürsprechern

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 1. Ein reicher, habsüchtiger Bauer beneidete seinen ärmern Nachbarn, der ein schönes, aber ganz überschuldetes Anwesen besass. Damit hätte er so schön sein eigenes Besitztum abrunden können. Das arme Bäuerlein war aber nicht zu bewegen, sein Gut zu verkaufen, daher verband sich der andere mit einem schlauen Advokaten, mit dessen Hilfe er durch Prozessieren, durch Listen und Kniffe das verschuldete Bäuerlein, das auch bei ihm Geld entlehnt hatte, um alles und an den Bettelstab brachte. Später aber rührte sich das Gewissen des ungerechten Bauern, und es wurde ihm Angst ob seiner Missetat. Er ging wieder zum Fürsprech und klagte ihm seine Gewissensbisse. Der beruhigte ihn und sagte, er nehme alles auf sich. Sie machten miteinander aus, welcher von ihnen beiden zuerst sterbe, solle dem andern erscheinen und ihm offenbaren, wie es ihm ergangen vor dem göttlichen Gerichte. Der Fürsprech starb zuerst, aber er erschien nicht, und der Bauer dachte schon, der sei schlecht gestorben, dass er nicht Gewalt bekomme, sich zeigen zu können. Eines Tages begegnete ihm aber in seiner Matte ein schwarzes Hündchen, das ihn bis nach Hause begleitete und sonderbar tat, sodass er's endlich fragte, ob es ein Hund sei, oder was es sei. Da fing es an zu reden und bekannte, es sei jener Advokat, der ihm geholfen, den armen Nachbarn zu berauben. Er sei immer und ewig verloren. Das Reden habe ihm da drüben nichts genützt; man habe ihn gar nicht angehört. »Und auch dir wird es um kein Haar besser gehen, wenn du nicht das ungerechte Gut mit Zins und Zinseszinsen zurückerstattest!« Frau Arnold-Gisler, Schächental, 50 J. alt, u.a. 2. Zwei geriebene Advokaten hatten miteinander verabredet, dass derjenige von ihnen, der zuerst sterbe, dem andern erscheinen und sagen solle, ob man da drüben mit Reden auch etwas erreiche. Der etwas bessere starb zuerst. Er erschien dem Kameraden und sagte nur: »Kei's Wort häint-s-mi lo redä.«' M. Anna Schmid, Hospental Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Von Geistern, die plötzlich verschwinden

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Von Geistern, die plötzlich verschwinden Einmal sah Trüllmeister-Rösi‚ als es nach der Dämmerung zu seinem etwas oberhalb des Dorfes gelegenen Hause hinaufstieg, eine Gestalt, die ein Licht trug und aus einem Seitenweg sich der Strasse näherte. Rösi beeilte sich, um mit ihr zusammenzutreffen und zu erfahren, wer das sei. Als sie aber bei der Wegmündung ankam, waren Gestalt und Licht wie weggeblasen. * Grethler-Ruedi aus dem Hanfgarten war einmal in der Pint bei Oberottikon mit Heuen beschäftigt. Da sah er von weitem einen Verwandten die Strasse herabkommen. Ruedi verliess seine Arbeit und ging ihm entgegen, um ihn zu begrüssen. Doch als er die Strasse erreichte, war der andere verschwunden, als hätte ihn der Erdboden verschluckt. * Bachme-Wilde-Albert aus der Fuchsrüti sah auf dem nächtlichen Heimweg von einem Liechtgang in Ottikon einen Mann vor sich hergehen. Er beeilte sich, um ihn einzuholen und den Weg gemeinsam mit ihm zurückzulegen.Doch wie sehr er auch seine Schritte beschleunigte, er holte den Unbekannten nicht ein. Plötzlich bog dieser in ein Seitensträsschen gegen das Haus von Wagner Weber ab und verschwand dort im angebauten Abort. Verwundert schaute er nach - aber niemand war mehr zu sehen. * Der alte Hofmann im Ammetännli kehrte eines Abends in der Dämmerung vom Felde heim. Auf dem Flurweg, der von der Langmatt zum Birch hinaufführt, sah er jemanden vor sich hergehen. Plötzlich verschwand die Gestalt hinter einem grossen Unkrauthaufen. Neugierig schaute er nach - aber niemand war mehr zu sehen. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Aus Jakob Zollingers „Herschmettlerchronik“.         Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Von goldenen Zeiten zu Obfelden

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Von goldenen Zeiten zu Obfelden Ehedem führten die Obfelder im Knonauer Amt ein wahres Schlaraffenleben. Wenn im Herbst die Bauern sich vom Bette erhoben, lagen oftmals die reifen Birnen schon vor der Kellertür, ohne dass sie eine Hand hatten rühren müssen. Diesen Dienst erwiesen ihnen die Wassernixen von der Reuss, die ihnen besonders zugetan waren. Damals gab es in unserem Lande Birnen, die waren tausendmal grösser als die jetzigen, die sogenannten „überwelschen“. War so eine abgefallen, so wurde sie in den Keller gerollt und dort zapfte man ihr den Saft ab. Zwei Männer trennten mit der grossen Waldsäge den Stiel vom Fleisch und führten ihn in die Sägemühle, wo Bretter für Täferholz daraus geschnitten wurden. Viel Sorge machte es den Leuten dazumal, die Milch aufzuheben. Die Kühe waren nämlich so gross, dass man Teiche graben musste, um die viele Milch, die sie gaben, darin aufzufangen. Das Merkwürdigste aber waren die ungeheuer langen Kuhhörner. Blies man um Ostern hinein, so kam der Ton zu Pfingsten heraus. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Knonauer Amt Wörtlich aus Büchli, Sehweizersagen 3, 35.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Von Goldlöchern

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Von Goldlöchern Es war vor langen Jahren, als im Goldingertal zwei junge, krausköpfige welschparlierende Burschen erschienen. Gross und klein spähte nach ihnen, die Bauern durch die Astlöcher im Tenntürli und das Weibervolk hinter den Umhängen hervor. Das Treiben der beiden nahm sich gar sonderbar aus. Sie stiegen in jedes Bächlein hinab, um im Geröll zu stochern. Sie klopften mit ihren Hämmern an allen Felsen, und wo sie etwas Glänzendes im Gestein erhaschen mochten, steckten sie es in einen ledernen Sack. Nach einiger Zeit hatten die Leute herausgebracht, dass die beiden Fremden, Venediger nannte man sie, Gold suchten. Ob sie welches gefunden, weiss man nicht. Zu jenen Zeiten soll es üblich gewesen sein, das Vieh auf den Weiden mit Steinen zu treiben. Das beobachteten auch die Welschen. Kopfschüttelnd meinten sie zu den Hirten, wenn sie wüssten, was für Steine sie da herumwürfen, so würden sie dieselben nicht den Kühen nachwerfen. Am Abhang der Kreuzegg, da wo jetzt das Steingewirr des abgebrochenen Berges liegt, gruben die Venediger eine mächtige Höhle. An den Wänden und am Boden kratzten sie den Sand ab und trugen ihn in Säcken fort. Ihr Quartier hatten sie in Jöslis Haus bezogen. Das ist heute die Wirtschaft zur Sonne in Hintergoldingen. Obschon sie dort mit verschiedenen Einheimischen zusammenkamen‚ liessen sie kein Wort vom Gold verlauten. Wochen und Monate wühlten sie in der Erde. Sie gruben so lange, bis am 28. Brachmonat 1757 die Höhle und der ganze Berg zusammenfielen. Seither heisst er der „abproche Berg“. Aber die Venediger wurden noch nicht kopfscheu. Am Dägelsberg begannen sie eine neue Höhle auszugraben. Auch da arbeiteten sie mit grossem Fleiss, ja sie gruben so tief in den Fels hinunter, dass dem Brunnen in der Hübschegg das Wasser abgegraben wurde. Am Sonntag stiegen die Goldsucher ins Fischenthal hinunter, wo sie jeweilen in der „Blume“ eins auf den Zahn nahmen, wie der Vater des hier aufgewachsenen Anselm Rüegg erzählte. Von den Venedigern weiss der Volksmund noch allerlei Geschichten zu erzählen. Der eine von ihnen war ein besonders hübscher Bursche mit dunklen Augen und schwarzem Kraushaar. Von dem träumten bereits alle Mädchen rund um den Tössstock herum, ganz ander als sie jeweilen von den Fischenthaler-‚ Sternberger- oder Walderburschen träumten. Und es dauerte wirklich nicht lange, bis er eine am Bändel hatte, ein hübsches Bauernkind aus dem Oberholz. Die Oberholzer Burschen freuten sich sie über den Vorstoss in ihre Rechte nicht, aber sie trösteten sich damit, dass er einen rechten Anstand zahle, wenn schon einer den ganzen Tag mit Gold zu tun habe. Aber der Fremde wusste vom Anstand nichts, nicht einen Batzen klaubte er aus seiner Blater heraus. Im Gegenteil, er begann zu welschen wie besessen, er sei niemandem etwas schuldig. „Was?“ brüllten ihn die Burschen an, „nichts schuldig?“ Und sie schüttelten ihre Fäuste unter seiner Nase. „Den Anstand bist du uns schuldig, wie jedermann, der von auswärts zu unseren Mädchen z Liecht geht. Das ist Brauch, und wer sich dem nicht unterzieht, kann seine blauen Wunder erleben!“ Der Goldgräber begann schrecklich aufzubegehren, er habe seinen Schatz nicht gekauft und brauche ihn nicht zu zahlen. Da verprügelten ihn die Oberhölzler erbärmlich, und während die einen ihm die verschiedenen Punkte seines Sündenregisters vorhielten, gerbten die andern ihm das Fell. Von Stund an sah man den Venediger nicht mehr. Wahrscheinlich lief er spornstreichs nach Hause, um seiner Mutter von seiner blonden Geliebten und den barbarischen Bräuchen in unserem Lande zu erzählen. Vom andern Venediger wusste der alt Schulmeister Anselm Oberholzer im Oberholz auch eine Geschichte zu erzählen. Als die Venediger im Berg oben nach Gold gruben, kam einst einer am Abend zur Essenszeit ins Oberholz herunter und fragte ums Übernachten beim Sonnenwiesbauer. Der Bauer liess ihn nur ungern herein, denn man kannte die fremden Vögel zu wenig — oder zu gut. Als es dann ans Essen ging, liess ihn die Bäuerin merken, dass man zuwenig Milch habe. Da lachte der Welsche und sagte, dem sei leicht abzuhelfen. Er deutete dem Hausvater, mit ihm vors Haus zu kommen und einen Melkkübel mitzunehmen. Im Schopf draussen nahm er das Hagmesser und schlug es hinten in den Sägebock hinein. Sodann holte er den Melkstuhl, nahm den Kübel zwischen die Beine und begann aus dem Messerheft die beste Milch herauszumelken. Dem Sonnenwiesler kam die Sache nicht ganz geheuer vor, aber der Welsche beruhigte ihn, er solle nur zufrieden sein, die Milch komme von den Kühen auf der Scheidegg drüben. Als der Vater Oberholzer die Geschichte von der ferngemolkenen Milch in der Wirtschaft erzählte, fanden die Oberhölzler, man habe jetzt von den Venedigern genug gehört und erlebt: Da kamen sie, machten das Weibervolk närrisch, gruben Wasser vom Hübscheggbrunnen ab, liessen einen Berg einstürzen, zauberten und hexten; nein, so etwas konnte man nicht anstehen lassen. Eines schönen Morgens kam der Landvogt mit seinen Knechten und suchte den Goldgräber und Zauberkünstler, und da fand er auch den andern noch, der den Anstand nicht bezahlt hatte. Der war also doch nicht über die Berge davon. Der Landvogt machte keine Umstände und nahm die Herrschaften mit nach Zürich. Dort machte man ihnen den Prozess, weil ja die Schatzgräberei verboten war. Was bei dem Prozesse herausschaute, weiss man nicht, aber das weiss man, dass die Venediger versprachen, den Herren Räten aus ihrem Golde eine Kette herzustellen. welche um die ganze Stadt Zürich herumreiche, sofern man sie frei lasse. Dieses grossmäulige Versprechen trug ihnen aber nichts ein. Später wühlte auch ein Heidegger von Zürich im Goldloch am Dägelsberg. Zimmermann Hansheiris Grossvater in der Vorderschüür musste ihm jeweilen die Spitzeisen nach Wald hinuntertragen‚ wenn sie nachgeschliffen werden mussten. Er erzählte, dass er dann immer über die Bachscheide und die Wolfsgrub gegangen sei, weil das der nächste Weg war. Als das Goldloch längst verlassen war, bemächtigte sich seiner der Teufel. Die Leute mieden die Gegend, wo ein Loch gerade hinunter zur Hölle führte. Joggelis Hansruedi, der Schwefelholzkrämer, wusste davon auch noch eine Geschichte zu erzählen, dass einem die Haare zu Berge standen und man sich nicht mehr getraute, die Füsse unter den Stuhl zu halten. Als Hansruedi noch ein junger, kräftiger Bursche war, musste er einst hinten im Baurenboden ein Kalb holen. Wie er auf dem Weg war, brach ein Unwetter los, und der Bursche wusste nichts Besseres, als in das nicht weit entfernte Goldloch hinaufzurennen, um unterzustehen. Aber als er dort im Eingang stand und das Wetter von seinem trockenen Plätzchen aus betrachtete, stieg etwas durch die Leiter aus dem Loche herauf, und ehe sich’s Hansruedi versah, hatte sich der Teufel hinter ihm aufgepflanzt. Unser Hansruedi war sonst ein unerschrockener Kerl und nicht von den Gfürchigen, aber als der andere so sprungbereit hinten in der Höhle stand, die Geissfüsse in den Boden stemmte und mit dem Munischwanz wedelte, da war es ihm nicht mehr ganz wohl. Auf einmal stürzte der Schwarze auf ihn los, und Hansruedi nahm Reissaus. Was die Füsse mochten, rannte er durch Dornen und Gestrüpp auf das Schnebelhornwirtshaus zu. Aber der Teufel mochte ihn mit seinem Bratspiess erreichen und konnte ihm damit einen Stich ins linke Bein versetzen. Zerfetzt und zerschunden langte er im Bergwirtshause an und liess sich, mehr tot als lebendig, auf die erstbeste Bank niederfallen. Seine Haare waren vor Schrecken in dieser kurzen Zeit erbleicht und für seiner Lebtag grau geworden, und sein linkes Bein blieb für immer lahm. Diese „Vineder-Mannli“ waren Heiden. Wenn eines von ihnen starb, wurde ein tiefes Grab gemacht. Der Verstorbene kam aufrecht in die Grube zu stehen. Sie glaubten, der Tote müsse ins Jenseits eine grosse Reise über einen sehr breiten Fluss antreten. Daher legten sie dem Dahingeschiedenen eine Münze auf die Zunge. Diese war für den Fährmann bestimmt, der ihn in einem Schiffchen in das Land der Toten fahren müsse. In die rechte Hand erhielt er ein Stück Brot, damit er auf der langen Reise nicht Hunger leide. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Hegi, S. I3; Id. 3, 1031, s. v. Goldloch, 1, 833, s. v. Venediger; VB., 8. 6. 1923; Lüssi, F.: HL. 1935, 44; Keller, „Chelleländer Ard und Brüüch“ S. 83. Mündlich von ‚Geissenvater Rüegg im Baurenboden. Dieser selber hatte die Erzählungen von Joggelis Hansruedi, dem Schwefelhölzliktämer, und von Zimmermanns Hans Heiris Grossvater auf der Vorderscheuer, welcher seinerzeit dem Heidegger die Spitzeisen nach Wald trug, um sie Inder Schmiede zu schärfen. Letzter Abschnitt aus Kuoni, Sagen des Kantons St. Gallen 1902, S. 267 Lehrer Jäger in Goldingen erzählte mir etwa um 1944 eine Sage von einem dritten Goldloch. Dieses befindet sich am Goldingerbach, direkt unterhalb des abgebrochene Berges. Sein Eingang liegt auf ca. 1000 m. ü. M., ist ca. 1 m hoch und 6 m breit. Innen erweitert sich das Loch und führt etwa 60 m ins Innere. Nicht weit vom Eingang zweigt ein zweiter Stollen ab‚ der sich wiederum in einen 25 m und einen 50 m langen Gang gabelt. Wenn man aus diesen Höhlenwänden Mergelbrocken bricht und zerschlägt, sieht man an den Bruchstellen staubfeine und goldglänzende Teilchen. Über deren Beschaffenheit ist bis jetzt nichts bekannt. Architekt Senn im Steg-Fischenthal hat die Höhle erstmals vermessen, wahrscheinlich um 1930. In dieser Höhle war nach Lehrer Jäger auch ein Schatz vergraben. Wer ihn heben wollte, musste den Teufel anrufen, der alsobald hinten in der Höhle erschien. Wer ihn im Ringen überwinden möchte, konnte zu den Glücksgütern gelangen. Die Venediger, die oft als Schatzgräber und -finder und er Schweiz auftauchten, konnten „mehr als Brot essen“ oder „mehr als das Vaterunser beten“. Man schreibt Ihnen Zauberkünste alle Art zu, von denen die bekannteste das Schatzfinden ist. Sie konnten die Schätze zu Hause schon durch ihren „Bergspiegel“ sehen. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Von grossen Fischen

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Mächtige Fische bevölkerten noch bis Ende des letzten Jahrhunderts den Brienzersee. Schiffleute hatten solche oft gesichtet, wie sie mindestens zu Dritt in der Wasserdünne am alten Aaregg oder tief in der Bläue der Grundfuren vor dem felsigen Ufer des Aenderberges eng nebeneinander lagen oder langsam und stolz dahinzogen. Das alte Aaregg ist eine stumpf in den See hinausragende Landzunge, von der Aare vor der Haslitalentsumpfung aufgeführt. Der Lauf der Aare ist noch heute durch eine sumpfige Lischeren gekennzeichnet, während die beidseitigen Ufer zu Wies- und Pflanzland hergerichtet sind. Zu den letzten Leuten, denen die Fische begegneten, zählten Michel Jaggelli und sein Weib. Die Beiden fuhren eines Spätsommertages mit dem Ruderschiff vom Dorf hinüber an das alte Aaregg zu ihrem Pflanzplätz, Jaggelli rudernd, sein hageres Weib Aenni auf der Biete sitzend, die Hände müssig im Schoss. Im Gleichtakt rauschten die Ruder, der einzige Laut ringsum. Ungefähr auf der Höhe der Lischeren schoss Aenni plötzlich von ihrem Sitz auf und schrie Jaggellin an: „Häb usi, häb usi!“ Und Jaggelli im ersten Chlupf: „Für was denn?“ Mit schmalem, hartem Finger wies Aenni gegen die Lischeren zu ins Wasser: „Gross’ Fisch’!“ Nun sah Jaggelli sie auch. Drei an der Zahl, schwammen sie nebeneinander her, hoben ihre breiten dunkelgrauen Rücken zuweilen leicht aus dem Wasser. Mächtige Fische; lang und rund wie währschafte Ladhölzer! Kaum zwanzig Schuh weiter und er hätte sie angefahren. Soviel ermass Jaggelli in der Eile. Dann drehte er das Schiff sachte aber rasch gegen den offenen See hinaus und ruderte einen weiten Bogen um die Kolosse herum. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Von guten und von bösen Rittern

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a) Im Alt-Schloss wohnten früher zwei Ritter. Der eine war ein friedliebender, der andere ein streitsüchtiger Mann. Dieser unterdrückte seine Leute und brachte sie um Hab und Gut. Der gute Ritter hatte eine liebe Frau und ein schönes Töchterlein. Oft kamen fremde Ritter auf das Schloss zu Besuch. Dann sprengten sie mit den Rittern vom Alt-Schloss auf schönen Rossen dem Loochbächlein nach, bis sie auf der Landstrasse waren. Von einem solchen Zug kamen die Ritter vom Alt-Schloss nicht mehr zurück. Das Schloss wurde hierauf angezündet und ausgeraubt. b) Der friedliebende Ritter kehrte von einem Besuch in der Römerstadt (Augusta Raurica?) nicht mehr zurück. Das Töchterlein habe sehr geweint, da seine Mutter auch schon lange tot gewesen sei. Es hielt sich darauf bei einer alten Frau im Schlossturm auf, wo es bis zum Tod dieser Frau geblieben sei. Bald nachher sei das Mädchen auch gestorben. Spitzburg Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Von Hans und dem hinkenden Teufel

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Als Hans zwanzig Jahre alt wurde, packte er seine Siebensachen in ein Bündel, nahm einen Sack voll Brot und einen zweiten voll Zwiebeln und zog in die Welt hinaus. Unterwegs aber bekam er Hunger, setzte sich an den Wegrand und ass ein Stück Brot und vier Zwiebeln. Da kamen zwei alte Männer herzugewandert, und einer von ihnen sprach zu ihm: «Mein Sohn, würdest du uns ein wenig von deinem Essen geben?» — «Jawohl, sogleich, kommt nur herbei und nehmt mit dem wenigen vorlieb, was da ist.» Also setzten sie sich hin und assen miteinander. Die beiden Alten waren aber niemand anders als Sankt Paulus und der liebe Gott. Nachdem sie mit Essen fertig waren, nahmen sie Abschied und wanderten ein Stück weit auf der Strasse dahin. Da sprach der liebe Gott zu Sankt Paulus: -Geh zu dem wackeren Jüngling zurück und sage ihm, dass ich der liebe Gott sei, und ihm zum Dank für seine Herzensgüte und Mildtätigkeit zwei Wünsche erfüllen wolle; aber rate ihm, vor allem solche zu äussern, die ihm helfen können, seine Seele zu retten.» Sankt Paulus begab sich sogleich zum Jüngling und richtete die Botschaft aus. Hans dachte ein wenig darüber nach, was er sich wünschen solle und sagte dann: -Ich wünsche mir, dass alles, was ich will, in meinen Sack hineingehen muss und nicht wieder heraus kann, bis ich es sage.» -Gut so! Und wie lautet der zweite Wunsch?» Hans dachte wiederum darüber nach und erwiderte hierauf: -Ich habe daheim einen Feigenbaum in meinem Garten nahe beim Haus, und ich wünschte, dass alle, die hinaufsteigen, um heimlich davon zu pflücken, solange droben bleiben müssen, bis ich ihnen ein Zeichen gebe, wieder herunter zu steigen.» «Aber warum bittest du nicht um die Gnade, geradenwegs ins Paradies eingehen zu dürfen?» fragte Paulus. «Das will ich mir ganz allein verdienen, ohne jemand darum zu bitten.» «Nun also, wenn es dir so gefällt, tu, was du willst!» Sie sagten sich Lebewohl, und ein jeder zog auf seiner Strasse weiter. Hans wanderte und wanderte viele Tage. Da kam er in eine Stadt, wo er viele Leute auf dem Marktplatz sah, die geschäftig und aufgeregt eine wichtige Sache besprachen. Er fragte, was da los sei. und sie gaben ihm zur Antwort, es hause ein Teufel mit zwei kleinen Teufelchen in jenem Rathaus, und wenn jemand am Morgen in den Palast gehe, so sei er, bevor die Sonne untergehe, tot, und die Leute kämen in Prozession, um ihn mit dem Kruzifix abzuholen und ihn auf den Friedhof zu bringen. Hans meinte: «Nun gut, so will ich hineingehen.» «Nein, Gott bewahre», rieten ihm die Leute ab, «geht nicht hinein, sonst seid ihr bis morgen nicht mehr am Leben!» Aber Hans Hess sich nicht abhalten und begab sich zum Rathaus. Unterwegs verschaffte er sich in einem Laden ein wenig Brot, Reis und Wein sowie ein Kartenspiel, und dann trat er mit seinem Sack auf den Schultern in den Palast hinein. Es war bereits Abend. Um Mitternacht sollte der hinkende Teufel erscheinen. Um halb zwölf hängte Hans die Bratpfanne an die Kette über das Kaminfeuer und fing an, seinen Risotto zuzubereiten. Schon war er mit dem Reisgericht beinahe fertig, als er eine fürchterliche Stimme vom Kamin herab erschallen hörte, welche rief: -Ich werf hinab, ich werf hinab!» «So wirf doch herab, was du willst», gab Hans zur Antwort, «nur rühr mir meine Pfanne nicht an!» Und siehe, da warf der Teufel ein Teufelchen durchs Kamin hinab, dann noch eines, und endlich kam er selbst herabgesaust. Dann blieben alle drei Teufel verwundert und gekrankt stehen und keiner redete ein Wort. Hans richtete seinen Risotto an und setzte sich hin, um zu essen. «Nun», sprach er zu den drei Teufeln, «was steht ihr dort? Wollt ihr ein wenig mithalten? So kommt herbei und esset auch davon!» Aber sie blieben stumm. Als er seine Schüssel ausgegessen hatte, rief er ihnen zu: -Wohlan, herbei, setzt euch zu mir, wir wollen ein Kartenspiel miteinander machen, aber unter einer Bedingung: wer gewinnt, muss im Palast bleiben, und wer verliert, muss hinausgehen und darf nie wieder in dieses Haus hinein.» Sie machten also ein Spiel; Hans gewann die Partie; aber der Teufel wollte das Haus nicht verlassen. Da rief Hans: «Im Namen Gottes müsst ihr alle in meinen Sack!» Und da blieb dem Teufel samt seinen zwei Gesellen nichts anderes übrig, als in den Sack zu kriechen. Flugs band ihn Hans zu, gab dem Sack einen Fusstritt und schob ihn so vor sich hin zum Rathaus hinaus. Da schrie der Teufel: «Lass mich los, lass mich los, Hans, mach doch den Sack auf!» Aber er: «Stirb, du Unhold!- Die Stimme erscholl jedoch neuerdings aus dem Sack: «So lass mich doch los, um des Teufels willen!» Hans er widerte: -Wenn du mir zeigen willst, wo der Schatz begraben Hegt, und du mir ein mit deinem eigenen Blut geschriebenes Schriftstück gibst, dass du nie mehr in diesen Palast zurückkehrst, dann will ich dich befreien.» Der Teufel war jedoch damit nicht einverstanden. Als Hans die Treppe hinuntergehen wollte, sah er von unten herauf eine Prozession von Leuten emporsteigen. Sie trugen eine Totenbahre und waren gekommen, um ihn zu Grabe zu geleiten. Da schrie er ihnen entgegen: -Aber was bringt ihr da? Seid ihr verrückt geworden, ihr da?» Die Leute liessen vor Entsetzen Kruzifix und Totenbahre fallen und rannten Hals über Kopf davon. Hans dachte bei sich: «Aber was sind das für merkwürdige Menschen? Die wollen mich begraben bei lebendigem Leib!» Dann ging er zu einem Schmied und bestellte bei ihm einen so dicken Eisenpfahl, dass es zwanzig Männer brauchte, um ihn zu tragen. Noch ehe es Abend wurde, kamen die zwanzig Männer mit dem Eisenpfahl und fingen an, auf den Sack loszuschlagen. Die Teufelchen waren nach wenigen Schlägen tot, aber der alte Teufel hatte eine zähe Haut. Er schrie in einem fort, man solle ihn laufen lassen. Aber Hans entgegnete: -Wohlan, so zeig mir vorerst, wo der Schatz verborgen liegt», worauf der Teufel erwiderte: «So öffne den Sack, nimm eine Hacke und folge mir.» Jetzt machte Hans den Sack auf und Hess den Unhold heraus. Dieser führte ihn in der Nähe zu einem Baum und sprach zu ihm: -Da grab die Erde auf, an dieser Stelle hier!» Aber Hans erwiderte: «Grab du nur selbst.» Da musste der Teufel den Rücken krümmen und graben. Und wirklich stiess er auf etwas Hartes und zog einen Siedkessel voller Goldstücke heraus. Dann gab er ihm einen Schein, mit dem eigenen Blut geschrieben, worin er versprach, nie mehr in jenen Palast zurückzukehren. Hierauf verschwand er. Hans brachte den gefundenen Goldschatz ins Rathaus, übergab ihn der Behörde, Hess sich reichlich bezahlen und kehrte nach seinem Vaterhaus in die Heimat zurück. Dort nahm er eine Frau und erhielt später ein Söhnlein. Bei der Taufe wollte er den gerechtesten Mann, den es auf der Welt gebe, zum Paten nehmen. Und er machte sich auf die Reise, um ihn zu suchen. Wieder begegnete er auf seiner Wanderung jenen zwei alten Männern, die ihn fragten: «Wo gehst du hin?» Und er: «Ich gehe aus, den gerechtesten Mann auf der Welt zu suchen, um ihn für die Taufe meines Söhnchens zum Gevatter zu bitten.» Da fragte Sankt Paulus: -Und wäre ich dir nicht gut genug dazu?» — -O nein!» — -Und ich?» fragte der liebe Gott. -Nicht einmal du!» — »Ei warum denn?» -Damals, als du die Welt erschaffen hast, hast du Reiche und Arme, Gesunde und Kranke durcheinander gemengt. Stattdessen sollten doch alle Menschen gleich sein. Also nicht einmal du, mein Herr und Gott, bist gerecht gewesen. Und du, Paulus, nimmst seine Partei an und hältst zu ihm.» Und mit diesen Worten trennten sich die Wanderer und zogen jeder seine Strasse. Eine Strecke weiter begegnete Hans einem Skelett, das eine Sichel in der Hand trug. Wer mochte das sein? Es war der Tod, der ihn fragte: -Wohin gehst du?» — -Ich bin auf der Suche nach dem gerechtesten Mann auf dieser Welt, damit ich ihn zum Paten meines Sohnes mache.» Und der Tod entgegnete: -Bin ich dir nicht gut genug? Schau doch, wie gerecht ich bin. Ich trete zu jeder Stunde in alle Häuser ein. Ich erlöse alle gleichermassen von jedem Übel, und ich schaue niemandem ins Gesicht, er sei reich oder arm.» — «Du hast recht», versetzte Hans, «du bist der einzig Gerechte in dieser Welt.» Und sogleich nahm er sein Anerbieten an. Die Taufe wurde gefeiert, und der Tod amtete als Gevatter. Nach sieben Jahren jedoch starb das Kind, und die Mutter folgte ihm bald darauf im Tode nach. Hans selber war mit den Jahren auch alt geworden, und eines schönen Tages kam der Tod und wollte auch ihn mitnehmen. -Ach, Gevatter», sagte er zu ihm, «du hast mir einen schlechten Dienst erwiesen. Du hast mir mein Kind und meine Frau weggenommen, und nun bin ich ganz allein übrig geblieben!» — -Ich hab es dir ja gesagt», beruhigte ihn der Tod, «dass ich niemanden verschone.» — -Nun gut, so schau doch. Jetzt habe ich soeben eine Menge Birnbäume, Feigen- und Kastanienbäume angepflanzt, und ich möchte diese so gern gross werden sehen und ihre Früchte dereinst gemessen. Lass mich noch hundert Jahre leben!» «Du verlangst wirklich etwas Ungerechtes von mir, der ich gerecht bin! Aber um dir ein Geschenk zu machen, darfst du noch hundert Jahre auf der Erde bleiben.» "Gut so», erwiderte Hans vergnügt. Hundert Jahre später klopfte der Tod wiederum an seineTür. Hans gab zur Antwort: «Wohlan denn, höre, was ich dir für einen Vorschlag mache. Bevor ich mit dir komme, wollen wir einmal Karten spielen. Gewinne ich, so musst du mich noch weitere hundert Jahre leben lassen. Verliere ich, so ist\'s um mich geschehen.» Der Tod war einverstanden, und sie fingen an zu spielen. Hans gewann, und der Tod musste unverrichteter Dinge abziehen. Hundert Jahre darnach stand der Tod neuerdings an der Tür. «Kommst du jetzt oder nicht?» fragte er Hans. «Nun gut, schau doch, während ich in die Kammer gehe, um die Zoccoli abzuziehen und die Schuhe anzulegen, steigst du auf jenen Feigenbaum dort und issest dich satt nach Herzenslust.» Der Tod stieg hinauf und ass, bis er genug hatte. Aber als er satt war, konnte er nicht mehr hinunter und rief Hans um Hilfe. Dieser kam herbei und erklärte: «Ich will dir herabhelfen, aber nur unter der Bedingung, dass du mich noch weitere hundert Jahre leben lassest.» — -So leb doch so lange du willst, doch pass wohl auf, am Ende bist du es, der kommen wird, mich zu rufen, ich solle dich holen.» Also stieg der Tod vom Baum und machte sich davon, und die Leute sagten oftmals: -Stirbt denn dieser Alte nie?» Seine Feigenbäume und Birnbäume waren in dieser langen Zeit gross geworden. Sie hatten längst Früchte getragen, und einige waren bereits zu Brennholz zersägt worden. Da rief Hans den Tod herbei. Dieser kam sogleich, nahm ihn bei der Hand, und so gingen sie zusammen in die andere Welt. Hans dachte, es wäre das Beste, zuerst in die Hölle hinabzusteigen. Auf der Türschwelle fand er aber den hinkenden Teufel, der, sobald er ihn sah, ausrief: «Fort da mit diesem abscheulichen Kerl, der uns das ganze Haus zu unterst und zu oberst kehrt. Weg von hier mit euch, der ihr uns alle Teufelchen umbringt!» Und er jagte ihn von der Hölle fort. Jetzt stieg Hans empor zum Paradies: «Teck, tock!» -Wer ist da?» fragte Sankt Petrus. «Ich bin es, der Hans. Ich wollte meinem Freund Paulus einige Worte sagen; bitte, tu mir den Gefallen und rufe ihn herbei!» Sankt Petrus fing an zu rufen: «Paulus, Paulus!» Und während er so rief und in die Ferne schaute, warf Hans seinen Sack zur Pforte des Paradieses hinein und sagte: -Auf Befehl Gottes springe ich in meinen Sack hinein.» Und damit schlüpfte er flink ins Paradies und versteckte sich im Sack. Als Sankt Paulus herbeikam und ihn darin entdeckte, sagte er: -Wir können ihn nicht von hier vertreiben, Petrus, denn jener Sack dort ist sein eigen.» Und so blieb Hans fortan im Paradies.   Am Kaminfeuer der Tessiner                                                               Walter Keller                                                                                           Hans Feuz Verlag Bern   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Von Heiden und einem Schatz

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Unter der Weissen Nossen ob dem Butzen gegenüber Amsteg, nämlich im Breiten Wald in der Nähe des Schmidigberges1, soll ein Schatz vergraben sein. Einst zogen Heiden da vorbei und man sagte ihnen von diesem Schatze. Da nahm einer von ihnen ein Gutterli hervor, hielt es vor sich in die Höhe und schaute gegen den Breiten Wald hinauf. Unten war etwas am Gutterli befestigt, ich weiss nicht was, und daran klopfte er dreimal, aber es rührte sich nicht. Jetzt sagten die Heiden: »Da isch nyd ummä!« Ambros Zurfluh, 70 J. alt Fußnoten  1 Gehörte im 15. Jahrh. dem Landammann Heinrich Dietlin. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Von Hexen

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Von Hexen Die drei Nägel F... in der Sch... fand eines Tages drei Nägel, die in einen Baum geschlagen waren. Er erschrak darob sehr und meldete, was er gesehen hatte, einem Herrn E… Dieser riet ihm, die Nägel auszuziehen und unter der Dachtraufe zu vergraben. Als das geschehen war, kam alsbald eine alte Frau betteln. Man gab ihr nichts, und sie kam den andern Tag wieder. Man schickte sie weg und drohte ihr mit Schlägen, falls sie wieder erschiene. Seither schlich sie sich nur noch ums Haus herum. Der Mann aber wurde krank und siechte dahin. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee SAVk 2 (1898) 269, Nr. 173   Die Hausierhexe In Wädenswil war ein armes Fräuli, das mit allerhand Waren hausierte. Kaufte man ihm nichts ab, fluchte sie einem Unglück an. Einmal hatte sie ihren Korb vor einem Haus abgestellt. Da nagelte ein spitzbübischer Kupferschmied ihn an die Bank. Als das Fräuli wieder herauskam, konnte es natürlich den Korb nicht wegheben. Es schimpfte und fluchte laut, dass alle Leute es hören konnten: Die zwei, dies getan haben, müssen binnen Jahresfrist sterben! So geschah es. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee SAVk 2 269, Nr. 163   Hexenschaden In G… starb eine alte Hexe. Der Pfarrer sagte den Leuten in einem bestimmten Hause, sie sollen sich wohl hüten in diesen Tagen etwas auszuleihen oder sonst aus dem Hause zu geben. Eine Tochter, die davon nichts wusste, tat’s aber doch. Sofort starb jenen Leuten alles Vieh. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee SAVk 2 269, Nr. 167   Drei Hämpfeli Salz Eine Frau in Wädenswil wollte in einem Hause Waren verkaufen. Man sah sie aber in jenem Hause nicht gern als Hausiererin. Deshalb stellte man einen Besen aufrecht gekehrt vor das Haus und streute drei Hämpfeli Salz darauf. Drei Jahre  lang blieb die Hausiererin weg; im vierten kam sie wieder. Darauf starb in jenem Hause ein Knabe. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee SAVk 2 269, Nr. 170 Das behexte Mädchen „Unser Nachbar hatte eine Tochter im Alter von elf bis zwölf Jahren. Diese wurde behext, indem ihr eine Hexe in den Mund atmen konnte. Das Kind konnte, wenn es bei uns war, plötzlich zur Stube hinausspringen, indem es ausrief: ‚Seht ihr sie! Seht ihr sie!’ Und dann zeigte es auf die nur ihm sichtbare Hexe. Ja, einmal zerarbeitete und zerschlug es sich ordentlich an derselben. Dann troolete es in der Stube herum und ins Bett hinein und wieder heraus. Eines Tages kam Herr Pfarrer N. N., das Kind zu besuchen. Das blickte ihn anfangs starr an. Verwundert fragte er, warum das geschehe. Diese sagten ihm, er solle nur sein rotes Halstuch, das er trage, zudecken. Das tat er, und das Kind sah ihn nicht mehr so an. Der Pfarrer schärfte den Eltern streng ein, doch ja an dem Kinde nicht weiter abergläubische Mittel zu versuchen. Aber es half überhaupt kein Mittel. Nun konnten die Eltern ein Bündel bekommen, das sie dem Kinde in die Tasche taten. Aber nun hätte einer das Krachen hören sollen, das durch das ganze Haus fuhr. Sie liessen sich aber nicht abschrecken. Einmal nahm das Kind das Bündel aus der Tasche heraus und warf es in den Winkel. Da hätte man sehen sollen, wie das Bündel in der Stube herumflog, so dass man’s schier nicht mehr erwischen konnte. Nun nähten sie es dem Kinde zwischen das Futter und es genas.» Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee SAVk 2, 273   Die Hexe nimmt das Kind aus dem Bett Eine junge Frau hatte ein Kind von etwa drei Vierteljahren. Als sie einmal einige Tage fort musste, übergab sie das Kind seiner Gotte zur  Obhut. Als des Kindes Mutter fort war, kam eine alte Frau, eine Hexe, zu der Gotte. Als sie das Kindlein sah, konnte sie nicht genug tun, wie das doch ein schönes Kind sei; sie sollten ihm allweg nur Sorge haben, es werde nicht alt. Nachts darauf hörte die Gotte in der Stube, darin das Kind schlief, Iaut rumpeln. Sie stand auf, und siehe, das Kind lag nackend und auf dem Angesicht in der Stube draussen. Sein Bettlein war aber zugedeckt und in bester Ordnung. Sie legte das Kleine wieder hinein, aber zum zweiten Male wurde das arme Kind auf den Stubenboden gelegt. Nun stellte die Gotte den Besen zunderobsi, und die Hexe hatte keine Gewalt mehr. Denn eine Hexe war’s, und nichts anderes, die das Kind auf den Stubenboden gelegt hatte. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee SAVk 2, 273   Das Dorf voll Hexen Es war eine traurige Zeit an dem Orte, von dem die vorhergehende Geschichte handelt. Alles war behext. In jedem Hause hatte es eine Hexe. Es gab nirgends so viel alte Jungfrauen wie dort, denn jeder brave Bursche scheute sich, eine Hexe zu heiraten. Unter den Hexen jenes Ortes, welches der Erzähler nicht nennt, sei eine gewesen, von der man sagte, sie könne in der Stube herumfliegen. Eine andere hatte gar keine Ruhe zu Hause; nur wenn sie sich beim „Walddoktor“ aufhielt, war es ihr wohl. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee SAVk 2, 274   Das viele Brot An einem Orte (in der Gegend von Horgen) wunderte sich der Hausvater, wie doch das viele Brot, das er alle Morgen im Küchenschrank fand, über Nacht in sein Haus komme. Weil er es dem Brot ansah, von welchem Bäcker es war, so ging er zu diesem und bat ihn, doch kein Weites und Breites zu machen. Wenn ihm wieder Brot abhanden komme, so solle er es ihm nur sagen, er werde es ihm vergüten. Seine Buben waren nämlich behext und konnten das Brot holen, ohne dass es jemand merkte. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee SAVk 2, 274   Von den Hexen und ihren Seelen In der Gegend von Horten erzählte man sich: Die Hexen ritten des Nachts auch etwa aus. Das ging so zu: Sie standen auf die Chouscht, nahmen den Besen zwischen die Beine - und fort ging’s, zum Dach hinaus durch die Luft. Hätte man nun den Leib einer Hexe, die unterdessen wie tot im Bett lag, umgewendet, das Gesicht nach unten, so hätte sie sterben müssen, denn die Seele, die von der Reise zurückgekommen wäre, hätte den Weg nicht mehr in den Leib zurückgefunden. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee SAVk 2, 274 Der Hexe Tod An einem Orte in der Gemeinde Horgen lag eine Hexe im Sterben, aber obschon sie laut schrie, ging doch niemand zu ihr ins Haus. Nun bat sie um Gottes Willen, ihr doch nur eine schwarze Katze zu geben. Umsonst; sie musste verräbeln und wurde kohlschwarz Man soll doch ja und besonders bei Nacht einer schwarzen Katze nichts tun, auch den Ägersten (Elstern) nicht, denn in den meisten sind Hexen verborgen — Es habe einmal jemand einem Ägerst ein Bein abgeschossen, und als er heimkam sass seine Frau hinter dem Ofen und hatte ein Bein ab. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee SAVk 2, 275 Hexe würgt Schlafende Eine Erzählerin (ab dem Horgener Berg?) versicherte, es sei ihr einmal nachts eine Hexe auf die Brust gesessen und habe sie am Halse so abscheulich gewürgt, dass sie nicht imstande gewesen sei, um Hilfe zu rufen, obschon sie ihr Äusserstes aufgeboten. Erst als sie der Hexe einen rechten Fluch angehängt, habe diese sie losgelassen. Das Drücken habe die Frau noch lange am Halse gespürt. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee SAVk 2, 275   Der lsengrind Der Isengrind ist ein Gespenst in Hundegestalt. Er hat feurige Augen und trägt Hörner. In einer Nacht zwischen Weihnacht und Neujahr macht er die Runde durchs Dorf Horgen. In einer Familie daselbst waren die Eltern just an jenem Abend ausgegangen, als der Isengrind umging. Die Kinder lagen auf dem Ofen. Da kommt das Gespenst herein nimmt einen Knaben auf die Hörner und läuft mit ihm fort. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee SAVk 2, 276   Der zauberkundige Bezirksrichter „Bezirksrichter X. kann den sterben lassen, welcher ihm das Geringste stiehlt. Er kann den Täter erkennen, indem er in einen Zauberspiegel blickt. Bruder und Schwester hat er ums Leben gebracht. Die Leute im Hörsacher hätten ihn längst in den Bach geworfen, wenn sie ihn nicht fürchteten. In seiner jüngst abgerissenen Scheune spukte es alle Nacht.“ Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee SAVk 2, 269, Nr. 162   Die Hexen in Horgen Zu Anfang des 15. Jahrhunderts lebte in Horgen eine Hexe, die „Wattenbüelerin“. Die hatte ein Unwetter verursacht, welches die Reben bös verwüstete. Auch nahm sie einigen Kühen die Milch; das heisst, sie verzauberte das Vieh, dass es keine Milch geben konnte. Ja, einige hatten sie gesehen, als sie bei der Kapelle St. Niklaus auf einem Wolfe ritt. Für einen gewissen Zauber brauchte sie einmal ein Männerherz. Als sie einen Mann ausfindig gemacht hatte, dessen Herz ihr den beabsichtigten Zweck erfüllen sollte, redete sie ihn drum an. Der aber wollte sein Herz nicht an eine Hexe verschenken. Jetzt wurde da Weib bös und drohte ihm, sie wolle es dennoch haben und ihm eines aus Stroh einsetzten. Sie war aber an den Lätzen geraten, denn der Bursche und andere Horgener, denen sie zueleidgewerkt hatte, verklagten sie. Noch um 1850 erzählte man sich in Horgen, dass in der Andreasnacht auf dem Kreuzwege die Hexen tanzen. - Sie holen in der Christnacht um 12 Uhr Wasser an einem laufenden Brunnen. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Nach Strickler, Geschichte der Gemeinde Horgen, Horgen 1882   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


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1. Ein Isentaler wanderte zur Nachtzeit heimwärts. Da ersah er auf einmal auf dem Hag zur Seite eine schwarze Katze. Die begleitete ihn nun, immer auf dem Hag einherschreitend, und fuhr ihm von Zeit zu Zeit schmeichelnd mit dem Schwanz ins Gesicht. Das verleidete ihm, und er bedrohte sie, grobe Worte ausstossend, mit seinem Stocke. Aber jetzt schmeichelte sie noch mehr. Plötzlich schlug er mit dem Stocke nach ihr. Allein da war er auch schon von einer ungeheuren Menge von Katzen umringt, die ihn bedrohten. Wie er sie los geworden, weiss ich nicht. Aber das hat er später oft gesagt, nachts würde er keine Katze mehr plagen. Joh. Bissig, Bächi 2. Auch ein Nachtschwärmer zu Attinghausen traf einst auf eine grosse, schwarze Katze. Ihr glatter, dichter Pelz stach ihm in die Augen, und er zückte deshalb mit seinem schweren Stock nach ihr, um sie zu töten. Aber da kam er nicht gut an. Im Augenblick war eine ganze Menge dieser Tiere da und bedrohte und verfolgte ihn. Nur, indem er mit seinem Bätti wie wütend nach ihnen schlug, konnte er sich ihrer erwehren (19. Jahrhundert). »Jää, nah Bättälyttä sell-mä keiner Chatz nymeh z'leid tüe,« belehren warnend die Alten. Karl Zgraggen, 82 J. alt, Seedorf 3. Silener Nachtbuben, die im Buchholz herumschwärmten, hörten auf einem Holunderbaum, deren es viele hat im Buchholz, neben einem Häuschen ein märterliches Katzengeschrei. »Denä wil-i scho nu appähälfä!« meinte einer und warf einen Stein hinauf. Eine Katze fiel getroffen neben ihm zu Boden. Aber auf einmal wimmelte es von Katzen um ihn herum. Ihre Augen leuchteten unheimlich wie glühende Kohlen. In der Angst ergriff er die Flucht, stürmte auf das Häuschen los, schlug in der Eile die Türe ein und verbarg sich. Nur so konnte er sich retten (19. Jahrhundert). Christina Exer, 35 J. alt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


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a) In Gibelflüh hingen die Leute rote Röcklein und Mäntelchen den Erdmännchen zum Geschenk an die Türe. Sie nahmen diese mit, aber zogen sie nicht an. Einmal haben ihnen die Knechte einen „Ziberlisturm" (Brei) zubereitet. Den haben sie gegessen, liessen aber die Steine liegen. Die Leute streuten diese auf den Boden. Ganz fröhlich von ihrem Mahle wollten die Erdmännchen nun auch einen Tanz halten, fielen jedoch dabei wegen den Steinen um. Das hatten sie sehr ungern und blieben aus. b) Wo die Erdleute etwas Falsches oder ungerades bemerrken, gehen sie fort. Auf dem Winikoner Letten steht ein Haus mit Scheune. Dort fanden sich regelmässig Erdleutchen ein, um für den Bauer das Vieh zu besorgen. Zur Belohnung stellte man ihnen allemal einen Ziberlisturm in den Ofen. Die Erdleute essen ums Leben gern Ziberli. Einst verbarg man den Sturm unter die Bank; als das Erdmännchen ihn an der gewohnten Stelle nicht fand, sprach es: Gut Nacht! Der Ziberlisturm ist nicht für uns gemacht! oder: Es will nachten unter den Bänken, Was wird auch der Ziberlisturm denken. Von da an kamen sic nicht wieder. In Hinterhuoben bei Eschenbach ist auch eine Erdleutchenhöhle. Diese Männchen halfen in der Scheune das Vieh besorgen und die Weibchen spannen. Es durfte aber niemand um Weg sein. Zur Belohnung liess der Vater einem solchen Männchen, das zerrissene Kleider trug, ein Paar Höschen machen und legte sie ihm zu. In der obern Tannen zu Hergiswil kamen viele Jahre Erdleutchen und besorgten die Scheune, hirteten und molken. So lange dieses geschah, gedieh das Vieh vortrefflich. Der Bauer verkaufte immer schwere fette Ware. Zum Lohne stellte man dem Männchen ein Becken voll Milch mit einem Stück Brot in die Futtertenne. Es ass sie aber nur, wenn es niemand sah. Einmal hatte der Bauer den Schneider auf der Stör und die Frau meinte, man solle dem Männchen auch neue Kleider machen lassen, weil es so böse habe. Es geschah, und als man ihm die neuen Kleider in der Tenne zu Weg legte, nahm es dieselben, kam aber nicht wieder, denn es meinte damit seinen Abschied und seine Auszahlung erhalten zu haben.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


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die vor Zeiten im Meiental hinter Lytzigen1 nach Gold gegraben und im Verein mit den Leuten aus Meien ein wüstes Leben geführt, hat unsere Mutter oft erzählt. Fr. Mattli-Gerig, 45 Jahre alt, Wassen, 1926 Fußnoten  1 Lytzigen im Meiental und nicht Leggistein bei Wassen ist das Lougastingen, Lougasingen von 1318 und 1338; der Name ist abzuleiten von »Liutgast« (Leutgast), einem doppelstämmigen alemannischen Personennamen, beziehungsweise von dessen Kurzform »Lützo« (aus Liutizo). Das schriftdeutsche »Leute« (lüte) heisst in der Urner Mundart: Lyt, in andern Dialekten: Lüt. Jahrzeitbuch Wassen ca. 1518–1525: Hus und Hofstat und Matten heist Lützigen im Moeyen. Leggistein heisst um 1520: Lueggenstein, Leuzingen im Kanton Glarus im 12. Jahrhundert: Loeugesingen. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


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Der Bauer im Katzensternen zu Oberintschi lauerte auf eine Murmeten. Sie kam und schaute aus ihrem Bau heraus. Aber sie hatte auf dem Grind lange Haare wie ein Weibervolk. Der Jäger schoss auf sie, das Gewehr jedoch zerplatzte dabei, und der Jäger fiel um und lag eine ganze Weile bewusstlos am Boden. Als er wieder zu sich kam, war keine Murmeten zu sehen (19. Jahrhundert). Frz. Jos. Zurfluh, 75 J. alt, Intschi b) Im Rohr ob Wassen hatte ein Jäger eines Abends eine Murmeten gesehen und ging am andern Tag, sie zu schiessen. Da schaute sie zum Loch hinaus und – hatte einen Schinhut auf! Aber nun verlor er den Mut und ging ohne Beute heim. Anton Wipfli, 70 J. alt, Wirt zu Wattingen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


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1. Auf dem Flüeli (Zwing-Uri) bei Amsteg ist ein grosser Schatz versteckt; würde man ihn finden, so wäre der ganze Kanton Uri reich genug. Anna Brücker, 85 J. alt, Altdorf Auch im Langen Grund, Silenen, sei zur Franzosenzeit ein grosser Schatz verlochet worden. 2. Bei der Wylerenbrücke, wo die Bäche aus der Wyttenwasseralp und von der Furka sich vereinigen, ist ein Reissack voll Geld im Boden vergraben. Michael Simmen, 68 J alt, u.a., Realp 3. Auch zwischen dem Gut »in den Steinen« in Wassen und der Sürytti in Gurtnellen soll ein Schatz verborgen liegen, und ein armer Geissbub werde ihn finden. Meiner Erzählerin Grossvater hütete einst in dieser Gegend die Geissen. Er erblickte etwas wie eine Kiste, und die Tiere wollten daran nicht vorbei und schneuzten furchtbar. Das wäre sicher der Schatz gewesen, aber der Bub war eben zu dumm. Frau Baumann, Meien, 70 J. alt 4. Auf einer »Brawä« ob der Stössialp oder beim Stössitürli im Maderanertal sind drei Kisten im Erdboden, aber was darin ist, weiss man nicht, oder es wird auch die nämliche Sage wie vom Lungenstutz erzählt. Franziska Tresch 5. Feldschyen heisst ein hoher, vielzackiger Granitstock zwischen Göscheneralp und Ursern; dort haben die Alten die meisten und schönsten Strahlen gefunden. Auch der Kristallsarg des hl. Karl Borromeo in der Krypte des Mailänder Domes stammt von dort. P. Gamma, 80 J. alt Z'Mitte August mittags 12–1 Uhr kommen alle Schätze ans Tageslicht. Albin Loretz, Maderanertal Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Von Schätzen in Altdorf

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Im Lusser'schen Hause in Altdorf, das ehemals dem hochangesehenen Landammann Thaddäus Schmid gehört hat, wurde zur Zeit des Einfalles der Russen und Franzosen Geld und Schmuck im Keller vergraben. Ein französischer Diener, der bei Landammann Schmid Faktotum war, hatte dieses Geschäft besorgt. Einige Zeit nachher verschwand er, und, als man in ruhigern Zeiten den Schatz ausgraben wollte, war er nirgends mehr zu finden. Als Landammann Thaddäus Schmid das Haus verkaufte, liess er im Kaufbrief eintragen, wenn jemals derselbe gefunden würde, so müsse er an die Familie Epp, als seinen rechtmässigen Erben abgegeben werden. Der Schatz kam jedoch nie zum Vorschein. Lange Jahre nachher sah ein Herr Lusser auf dem Estrich einen Mann in ganz alter Tracht, und da er ihn nicht kannte und nach Beschreibung niemand ihn kennen wollte, nahm man an, es sei der Geist des Franzosen Fränzels gewesen, der den Schatz gestohlen habe und nun wandlen müsse. Fr. Oberst Epp-Schmid, 80 J. alt Schätze sind auch verborgen in Geschwister Gammas Langmatte, ehemals Tanner'scher Wohnsitz; unter einem Nussbaum zu Allenwinden, wo Landammann Johann Zumbrunnen ihn vergraben und mit Kalk soll bedeckt haben, bevor er in den Krieg gezogen sei. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Von Schätzen und fahrenden Schülern

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1. Als einst ein fahrender Schüler zu Abfrutt, Göschenen, vorbeiging, schaute er lange beim Mühlebach gegen den Wald hinauf, und die Leute fragten, ob ihm der Quellbach so gut gefalle. Das Wässerlein sei schon recht, antwortete er, aber nicht deswegen schaue er da hinauf, sondern wegen etwas anderem. Da oben sei ein grosser Schatz verborgen. Fr. Baumann, Meien 2. Ein fahrender Schüler sagte, auf dem alten Hausplatz im Spitzacher1 zu Intschi sei in einem »ehrenen« Hafen ein grosser Schatz vergraben, und der Frau im Bissiggüetli zu Richligen offenbarte einer vor etwa 70 Jahren, in ihrem Garten sei ein goldener Fingerring versteckt, den sie auch wirklich einst beim Gartnen fand. Frz. Jos. Zurfluh, Intschi 3. Unter einer Fluh gegenüber dem Dörfli in Meien sehe man eine Stelle, die den Anschein einer Strasse habe. Dort, sagte ein fahrender Schüler, müsse Ledergeld versteckt sein. 4. Auf Stuckli ob den Stühlen hatten die Leute zu gewissen Zeiten ein Feuer gesehen. Der fahrende Schüler offenbarte, dort sei ein Schatz verborgen, und einige Meier machten sich einmal auf den Weg, den Schatz zu heben. Aber das Feuer kam ihnen entgegen und wuchs vor ihren Augen an. Da fürchteten sie sich und flohen. Hätten sie etwas Gesegnetes hineingeworfen, so hätten sie den Schatz vielleicht bekommen. Meien 5. Ein fahrender Schüler wanderte mit einem Gespanen durch Wassen. Mit einem Haselzwicke machte er allerlei Manöver und sagte bald hier, bald dort: »Ach, hier ist genug; ach, hier ist genug!« Der Gespane fragte endlich: »Und für mich ist denn gar nichts?« »Wohl, wohl, es ist auch etwas für dich.« Gemeint war Gold. Er offenbarte auch, in der Eggen von Wattingen dem Rohrtal entlang bis hinauf in den Stock ziehen sich drei dicke Goldadern. Das geschah noch zu Menschengedenken. Fr. Wipfli-Baumann Fußnoten 1 Die Mühle daselbst, schon 1291 urkundlich erwähnt, wich erst dem Bau der Gotthardbahn. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Von Schlangen verfolgt

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a) Als der Jocheli-Toni, ein Gurtneller, von Gornern her beim Härdbälmli ankam, sah er auf einmal einen mächtigen Wurä, der sich im Bächlein wusch und eine echtgoldene Krone auf einem Stein neben sich liegen hatte. Er, nicht faul, packte mit raschem, sicherm Griff die Krone und lief mit ihr aus allen Kräften davon. Das Tier aber verfolgte ihn (durch die Lüfte, wie einige sagen) bis zum »grossen Haus«, wo der Toni daheim war, und zerschmetterte oder spaltete an einem Nagel der Haustüre, die der Fliehende noch zuschletzen konnte, den Kopf. – Oder: als er gerade die Stubentüre hinter sich ins Schloss warf, schoss auch der Wurä zu einer Hausgangtüre herein und zur andern wieder hinaus. Joh. Tresch, 72 Jahre alt, und a. b) Die Würm haben zwei Beine, sind grösser als die Schlangen und baden sich oft im Wasser, wobei sie ihre goldene Krone neben sich legen. Ein Kind kam einst an einen Bach und fand ein goldenes Krönchen, packte es und ging damit fort. Aber jetzt kam der Wurä ihm nachgeschossen, und da gab ihm das Kind die Krone zurück. Fr. Baumann-Dubacher, 85 Jahre alt, Gurtnellen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Von starken Männern

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In alten Zeiten - als es noch keinen Kaffee und Tee gab, Tabak und Branntwein fast unbekannt waren, als man noch wacker Milch trank und Käs’ und Brot ass, auf dem Strohsack schlief, ohne Maschinen arbeitete, zu Fuss reiste - da gab es noch urwüchsige, starke Männer, die dem biblischen Samson glichen, und von deren Körperkraft man noch heute redet. In einem Dorfe des Oberlandes, da steht neben einem alten Bauernhause ein mächtiger Wehrstein, der einer riesigen Kartoffel gleicht und seine 200-300 Kilo wiegt. An diesem übten ehemals die Söhne des Hauses ihre Kraft. Wer den Stein nicht um das Haus herum tragen mochte, der galt als Schwächling, der sollte ledig bleiben oder studieren. Vor Zeiten lebte in Plaffeien ein gewisser Neuhaus, den man wegen seiner dunklen Gesichtsfarbe den „schwarzen Saler“ nannte. Er war ein stiller, gutmütiger, fast einfältiger Mensch - ein «guter Tschooli», wie die Leute sagten. Solche Naturen sind nicht leicht in Zorn zu bringen. Wenn sie aber einmal erwärmen, dann sind sie blindwütig und unberechenbar. Saler besass eine herkulische Kraft. Ganz allein lüpfte er ein Fass voll Gips, das 500 Kilo wog, auf einen Wagen. Im Schwingen und „Hegglen“ liess er sich von niemand besiegen. Einmal kam ein berühmter welscher Schwinger ins Freiburgerland, er suchte einen Partner für Kraft und Kunst zu zeigen. Man holte den Saler. Eine grosse Volksmenge strömte zusammen, um denZweikampf beizuwohnen. Jetzt traten die Gegner in den Ring. Der Welsche mass den schwerfälligen Deutschen mit einem überlegenen spöttischen Blick, packte ihn ganz urplötzlich um die Arme und warf ihn hohnlachend zu Boden. Dieser heimtückische Angriff, der eigentlich eine gemeine Überrumpelung war, brachte Saler in blinde Wut. Langsam erhob er sich. Flammend vor Zorn schrie er: „Ah, so chan i o, süsch gugg nume!“ Dann umfasste er den Gegner, drückte seine Bärenpranken in dessen Hüfte, dass er laut aufschrie und warf ihn auf den Rücken. Blitzschnell sprang der Besiegte wieder auf und stürzte sich auf Saler. Dieser nahm ihn abermals in die Zange und schmetterte ihn zu Boden, wo er eine Weile stöhnend liegen blieb. Endlich erhob sich der Welsche und kam wutschnaubend in geduckter Stellung auf seinen Feind los, um ihn bei den Beinen zu packen. Doch Saler kam ihm zuvor, fasste ihn mit eisernem Griff am Nacken und am Hosenboden, hob ihn hoch empor und warf ihn im weiten Bogen durch die Luft, dass er den erschrockenen Zuschauern vor die Füsse fiel und dort wie tot liegen blieb. Im Sommer hirtete Saler auf einer Alp des Schwarzseetales. Hin und wieder kam es vor, dass Schwinger zu ihm kamen, an ihm ihre Kraft zu erproben und ihm seine Griffe und Kniffe abzugucken. Zu einem friedlichen Hosenlupf war Saler immer bereit. In dieser Absicht suchte ihn auch ein bekannter Schwinger aus dem Bernbiet auf. Dieser hegte insgeheim die Hoffnung, ihm den Ruhm der Unbesiegbarkeit entreissen zu können. Unter einer breiten Wettertanne höhlte Saler gerade einen mächtigen Baumstamm zu einem Brunnentrog, als der Berner zu ihm trat und ihn also anredete: “Säg! - bisch du dää, wo dem wäutsche Uhung d’Muggen ustribe het?“ Saler fragte: „Hesch du das o scho vurnoe?“ „Heh, deich wouw“, erwiderte der Berner - „die ganzi Wäuwt prichtet dervo. As isch mi Gottseuw aso. Lue, das het mi gfröuwt, i cha der nit säge wie. I bi äxtra übere choo, für der as Kumplimänt z’mache. Ja, u dee - dee han di no öppis angersch wöuwe frage.“ Saler ahnte, was der Fremde wollte und sprach: „Ebe chom, wir gangen i d’Hütta wui.“ Mit diesen Worten nahm er die Hohlaxt auf die linke Schulter, den halbfertigen Brunnentrog unter den rechten Arm und schritt den Hang hinauf der Hütte zu. Der Berner folgte ihm. Oben angekommen, legte Saler die Bürde nieder und ging in den Gaden. Nach einer Weile kam er heraus und hielt zwischen Daumen und Zeigfinger eine Gebse voll Milch. Die streckte er dem Fremden so gelassen hin, als ob es nur ein Teller wäre und sprach lachend: „Sä da, trich afen a Tropf Mülch ». Jetzt hatte der Berner genug gesehen: Der Brunnentrog unter dem Arm, die Gebse voll Milch zwischen zwei Fingern - das war unerhört. Er wagte nicht, die Milch in Empfang zu nehmen, er hätte beide Hände dazu gebraucht. Verlegen wehrte er ab: „Dank heigisch - Dank heigisch.“ Und ohne zu sagen, wozu er gekommen, machte er sich eiligst von dannen. * Ein anderer Kraftmensch war der junge Ruffieux von Oberschrot. Er diente als Chüjerbub in den Gantrisch- und Spittelbergen. Es war zu der Zeit, als die schreckliche Viehseuche wütete, da sassen eines Abends die Hirten schweigend beim Nachtessen. Die Traurigkeit würgte sie. Milch, Ziger und Brot blieben fast unberührt. Soeben war wieder eine der bravsten Kühe verendet. Der Meisterhirt unterbrach die Stille und sagte: „Wir müssen das Tier noch heute Abend zum Kreuz hinabschleifen und es dort verlochen. Schade, dass wir kein Pferd haben, denn die Kuh ist sehr schwer. Doch, wenn wir alle Hand anlegen, werden wir’s auch schaffen. Wo steckt übrigens der Bub wieder? Der muss dann auch helfen.“ In diesem Augenblick trat der Junge in die Küche und sprach: „So, ihr könnt dann die Grube zuschaufeln, ich habe die Kuh alleinig hinabgeschleift.“ Einmal plagten ihn die Hirten: „Wenn du doch so kräftig bist, warum nimmst du denn beim Holztragen nur so kleine Bürden?“ Da lachte das Bürschlein und meinte: „Ich habe den Lohn nur als Chüjerbub und trage darum nicht Bürden wie richtige Chüjer.“ Auf der Richisalp im Simmental war Kilbi. Da zogen die Hirten des Gantrischgebietes über die Mähre, um mit den Bernersennen bei Spiel und Trank, Gesang und Tanz einen fröhlichen Tag zu feiern. Der Bub wäre auch gerne mitgegangen, aber die Hirten hiessen ihn zu Hause bleiben, er sei noch zu jung und habe zudem nur „kudleti“ Kleider. Der Junge war aber nicht gesonnen, daheim zu bleiben. Heimlich schlich er den Hirten nach. Ob der Richisalp legte er sich im Schatten nieder. Sehnsüchtig blickte er hinunter auf das fröhliche Treiben. Jauchzen, Singen und Becherklang tönten zu ihm herauf. Er hörte die lupfigen Rhythmen der Musik und sah, wie die Sennen mit den hübschen Simmentalerinnen über den Tanzboden wirbelten, dass Röcke, Zöpfe und Bänder flogen. Ach wie gerne wäre er dabei gewesen. Aber - zu iung. Als ob Jungsein ein Fehler wäre. Man sagt, an einer Kilbi gehe es lustig bis zuletzt. Ja, so war es auch auf Richisalp. Am späten Nachmittag, als man schon an die Heimkehr denken musste, gerieten die Freiburger mit den Bernern in Streit. Zuerst gab’s böse Worte, dann Drohungen und endlich Tätlichkeiten. Die Berner besassen die Übermacht und drängten die Freiburger mehr und mehr zurück. Doch plötzlich schoss der Chüjerbub wie ein Bisenwetter den Hang herunter, schwang einen mächtigen Stecken, den er sich aus einem knorrigen Tannast geschnitten und hieb wie ein Wilder auf die Berner los. Einer nach dem andern trohlte zu Boden. Die Mädchen heulten und schrien: „Gät acht uf de Kudlochte; er schlat mit jedem Streich eine z‘tot». Dem Jungen wuchs darob der Mut. Wie Uli Rotach schlug er mit seiner Waffe wütend um sich, dass keiner der Feinde an ihn herankommen konnte. So trieb er ganz allein die Berner bis weit den Hang hinunter. Endlich gab er die Verfolgung auf und kehrte mit den Freiburgern jauchzend und singend in die Spittelberge zurück. Man nannte ihn fortan nur mehr «der Kudlochta». Was später aus ihm geworden, ist nicht mehr bekannt. Vielleicht hat er noch andere Kraftstücke verübt; vielleicht hat er eine Frau genommen und ist ein stiller Mann geworden.    Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch    


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Source: Von Totentänzen auf dem Kirchhof beim Grossmünster

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Von Totentänzen auf dem Kirchhof beim Grossmünster Von einem Todten-Tanz eine warhaffte historia (1574). Ludwig Frey, der wächter uff dem thurn in Niderdorff, und miner Herren Trummenaschlaher, zeigt mir an, wie er am 11. Jenners mit sampt sinem sun umb die 2 in der Nacht, ab dorff, uss des Heinrich Gessners huss gangen, als er ettlichen frömbden lüthen gutt gschirr gemacht, mit pfyfen und zügen, in dem sye er von der lüthpriesterei nahin über den kilchhoff gangen, habe ein laternen by im getragen, sye aber sunst heyter Monschyn gewäsen. Als er nun zuo dem Wettinger huss kommen, habe er einen rechten Todten-Tanz gesähen, vor der kilchenthür, innert dem mürli, und als wyt das mürli gad, nütt dan schwarz personen die miteinanderen uff und nider getanzet, in dem als er sich wol gesägnet, und uff die krüzstrass kommen, gegen Herren Lavaters huss, sye er ein wyl still gestanden, wie wohl der knab übel erschrocken, den vater bim rock zogen, und erwüscht, habe er im trostlich zugesprochen, das et im nütt fürchte, Gott werdi in wol behüten. In den sye es alles verschwunden, dass er nütt mer gesähen, söllichs hatte er mir für gwüss und warhafft, hoch und thür bezüget, das es kein fantasy gewäsen. Ich hab auch darum selbst den knaben verhört, der es glycher gstalt bestet wie der vater. *** Von einem todten tantz, der uff dem kilchhoff zum grossen Münster warhafftig gesehen worden (im Jahre 1581). Hans Ulrich Küng, hanns küngen seligen eelich verlassner sun, ungefehr ein Knab by 10 Jahren alt, zeigt mir und anderlüthen (wiewohl er sunst gar bhob und nit viler worten) für gewiss und wahrhafft an, wie er hür, im Februario nachts umb die 10 Uhr sin muoter, die by irer schwöster in der kleinen Statt znacht gässen, wiesen wöllen, und als er uff den kilchhoff kommen (danne es gar dunkel und ein Iaternen by im tragen) habe er am thurn, da sider har die nüw stägen buwen worden, einen tantz von wyb und manss personen jung und alt gesehen, die all zwehn wyss, ongefehr (wie ers achtet) mehr denn zwentzig, die gar wunderbarlicher wyss hin und wider gesprungen, etlich nidergefallen, die er nit mer gesehen uff stan, und als er inen vast eine halbe stund zugeluogt, sygend sy an der kilchthurn muren bym Wettingerhuss, gegen der lüthpriesterey nach und nach gewankt und einsmal verschwunden, das er nichts mehr gesehen. Dises tanzen wird gwüss ein vorbott gsin sin der hiesigen pestilenz, die (im Jahre 1582) in der grossen und kleinen Statt, und vor den tharen, in den wachten, hin und wider vil guoter lieber lüthen hingenommen, denen Gott allen gnedig sin sye in irem letzten end, und es wölle auch Gott inen eine fröliche ufferstandnuss verlyhen, und uns allen gnad geben, das wenn unser stund und zyt hie ist, auch seligklich und wol absterbind. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Wörtlich aus Stauber, S.37, Seine Quelle: „Wickiana“, Zentralbibliothek Zürich, Ms F22 und F29a.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Von unterirdischen Gängen

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Von unterirdischen Gängen Wie die Alten wissen wollten, hatte jede Burg ihren unterirdischen Ausgang. Diese Schlüffe hatten natürlich einmal eine Bedeutung. Man dachte sie sich als Verbindungswege zwischen den Burgen. Noch heute sagt man Bauma, dass früher einmal ein unterirdischer Gang bestanden habe zwischen den Burgen Werdegg und Sternenberg. Der war so gross, dass die Werdegger imstande waren, darin in den Sternenberg hinauf zu reiten. Im Hagheerenloch seien die Gänge beider Burgen zusammengestossen. - Vom Eichschloss führte ein solcher Gang ins Lobach-Tobel. Die Burgen Kempten und Wetzikon waren auf gleiche Art miteinander verbunden und ebenso die Schlösser Grüningen und Liebenberg. Vom Rappengubel bei Steg, sagt man, habe ein unterirdischer Laufgang nach dem Wirtshaus zum Steg bestanden, so hoch, dass die Hagheeren darin zu Ross auf und ab reiten konnten. Am unteren Bachtel führte auch ein Hagheerenweg durch Holz. Man sieht dort eine lange, dem Hügel gleichlaufende Krinne im Boden. Dieser Graben rühre her von einem zusammengefallenen unterirdischen Hagheerenweg. Vom Batzberg bei Wald führte einst ein Gang hinunter bis zur Wellenwoog an der Jona. Vom Ritterhaus Bubikon soll ein unterirdischer Gang bis an den Zürichsee hinüber geführt haben. Es sind noch die Gänge vom Schloss Girenbad und von der Burg bei Fehraltorf zu erwähnen. Wahrscheinlich hat man früher noch von weiteren solchen sagenhaften Gängen gewusst. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Fr. 12. 7. 1924; Kaspar Keller, Chelleländer Ard und Brüüch, S. 61; Stutz, Gchr. Wald; mdl. von Alb. Honegger, Orn; Jak. Honegger, Hinwil (Holzweid); H. Brüngger, Fehraltorf u. a. Unterirdische Gänge werden beinahe jeder Burg zugelegt. Über einen solchen in Grüningen berichtet Oberamtmann Escher, der daselbst zwei Amtsdauern (12 Jahre) regierte, in seinen „Erinnerungen“ (1866/67) S. 234: er schreibt: „Es wurde auch behauptet, es führe ein unterirdischer Gang nach der Burg Liebenberg im Brand… Damit mochte es sich folgendermassen verhalten haben: in der am Fusse des Schlosses befindlichen Erspelwiese war eine dem Burgverliess nahe Stelle sumpfig, und nicht unwahrscheinlich ist, dass aus dem Verliess eine Öffnung dahin führte, welche nachher von Schutt verstopft und von Sumpfpflanzen verwachsen war. Einmal in die Erspelwiese gelangt, war es in jener Zeit leicht… nach Liebenberg zu gelangen, längs der noch zu meiner Zeit mit Wald bedeckten Hügelreihe. Diese Kommunikation konnte dienen, hin und her Berichte zu geben, Nahrungsmittel zu bringen, Verstärkung zu senden oder die Flucht zu begünstigen.“ S. 233 beschreibt Escher, wie er einmal einen Ausbrecher wirklich ins Verliess hinabliess. Dabei gibt er eine nüchterne Schilderung dieses Raumes: „Das Verliess war einige Wochen vorher durch Weghebung der dasselbe bedeckenden Laden geöffnet worden, da man neugierig war, wie dasselbe beschaffen und ob dort bemerkenswerte Gegenstände, Folter, Werkzeuge, Fesseln, Gerippe oder dergleichen zu finden sei. Der bei mir stationierte Landjägerunteroffizier und der Amtsweibel liessen sich an den Seilen hinab mit Laterne und und Stroh versehen, brachten aber den Bericht, dass nichts Bemerkenswerten zu finden gewesen, und dass auch keine Reptilien sich darin aufhalten.“ - Der unterirdische Gang im Ritterhaus Bubikon wurde durch die Ritterhausgesellschaft kontrolleirt; er führte bis zu einer Brunnenstube.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Von Wieseln verfolgt

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Das Wiesel oder Ärmli ist ein gern gesehenes Tierchen. Wo es hinkommt, da räumt es unter den Feldmäusen gründlich auf. - Alte Leute behaupten, wenn man ein Wiesel plage, dann stosse es einen Pfiff aus und augenblicklich eilen ihm alle Ärmli der ganzen Umgegend zu Hilfe. Der Bauer Stöffel wollte das nicht glauben und beschloss gelegentlich einmal die Probe zu machen. Als er einst auf dem Felde den Mist spreitete, sah er in der Nähe ein Wiesel aus einem Mauseloch kriechen. Schnell ging er hin und drückte mit dem Schuhabsatz die Öffnung zu. Dann begann er das Tierlein zu jagen. Es rannte hin und her, bis es wieder zum verstopften Loche gelangte. Dort wollte es eilig die Erde wegscharren und verschwinden. In diesem Augenblicke stürzte sich Stöffel auf das Tier und packte es am Halse. Jetzt stiess es wirklich einen grellen Pfiff aus und von allen Himmelsrichtungen eilten alsbald zornige Wiesel zischend und fauchend herbei - Dutzende zuerst, dann Hunderte. Der Bauer gab das Gefangene frei und suchte sein Heil in der Flucht. Aber die Tiere rannten ihm nach und hefteten sich an seine Fersen. Er warf den Hut weg. Sie fielen über diesen her und zerrissen ihn. Dann ging die Verfolgung weiter. Jetzt liess er das Nastuch fallen. Im Nu war es in Fetzen zerbissen und die Ärmli jagten mit neuer Wut hinter ihrem Plager her. Einige sprangen ihm am Rücken empor und bissen ihn in Nacken und Arme. Nun streifte Stöffel seinen Tschopen ab und warf ihn hinter sich. Die wilde Meute stürzte sich darauf und in wenigen Äugenblicken war das Kleid z’fitzes und z’fätzes zerrissen. Aber diese hurze Zeit hatte dem Verfolgten einige Schritte Vorsprung eingebracht. Er erreichte sein Haus, stürzte hinein und schlug die Türe zu. - Gerettet. Die erbosten Wiesel rannten noch einigemale um das Haus herum und verstreuten sich dann nach allen Windrichtungen.    Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch


by Von Zwingherren

Source: Von Zwingherren

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a) Auf dem Turm im Dörfli zu Silenen, lautet die mehrfach bezeugte Überlieferung, sei früher noch ein hölzernes Haus gestanden, was auch jedenfalls richtig ist. Zur Zeit regierten da Landvögte oder Zwingherren; unter ihnen war einmal »ä barä Tyrann«. Als dieser den Turm1 baute, da befahl er den Weibern, ihm Eier zu bringen. Die armen Weiber brachten ganze »Trägänä« Eier dahin, und er schüttete sie in das Pflaster, daher die furchtbar festen Mauern. b) Andere behaupten, der Turm im Dörfli, das uralte Steinhaus bei der Pfarrkirche Silenen, ein ebenfalls mittelalterliches Haus im Buochholz oben an der Gasse, Tschumis Holzhaus mitten im Buochholz und Johann Greppers »ds alt Hüs« zu Intschi seien von den Heiden gebaut worden. Frau Walker-Furger, Amsteg, 85 J. alt c) Die Zwingherren auf dem Flüeli (Zwing-Uri) und im Dörfli hatten eine lederne Brücke gespannt von einem Turm zum andern. Die Leute mussten ihnen alle möglichen Nahrungsmittel liefern; sie aber gingen hundsmiserabel mit der Kost um, vergeudeten sie schändlich. Wenn ein junger Mann heiratete, musste er die Frau in der ersten Nacht dem Zwingherrn überlassen. Der Zwingherr auf dem Flüeli war der Gessler. Das haben der alte Berger-Jaggli im Dörfli und der alte Heiri-Joosi auf Frentschenberg oft erzählt. Frau Jauch-Epp, Amsteg u.a. d) Auf Beroldingen hauste vor alten Zeiten ein Zwingherr. Wenn ein Untertan eines Zwingherrn heiratete, so musste der junge Ehemann seine Frau die ersten acht Tage dem Zwingherrn überlassen, und erst nachher konnte er sie zu sich nehmen. Johann Aschwanden Fußnoten 1 Die 85-jährige Erzählerin weiss nicht sicher, ob den Turm im Dörfli oder den auf dem Flüeli. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vorankündigung des Todes

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Ein Bursche machte seiner Auserwählten in Rechthalten einen Abendbesuch, den man in Deutschfreiburg «Kiltgang» heisst. Um Mitternacht kehrte er froher Stimmung zurück. Er schlug den kürzeren Weg über das Trossland ein, der durch das Giffersmoos führte. Über das Bächlein führte eine grosse Steinplatte, die als Brücke diente. Schon öfters war der Freier diesen Weg gegangen, ohne dass ihm dabei etwas Ungutes zugestossen wäre. In dieser Nacht sollte ihm aber dieser Gang zum Verhängnis werden. Als der Bursche sich dem Steg näherte, erblickte er auf einmal einen Sarg, worauf ein Leuchter mit brennender Kerze gestellt war. Der Jüngling erschrak sehr bei diesem unheilvollen Bild. Wie von unsichtbaren Feinden gepeitscht, rannte er seinem Elternhause zu, das er, fast ausser Atem, erreichte. Bald darauf erkrankte er an einer unerklärlichen Krankheit; kein Mittel wollte helfen. Innerhalb dreier Wochen war der starke Bursche eine Leiche. Vor seinem Hinscheiden teilte der Sterbende seinen Eltern mit, dass er drei Wochen vorher schon die Ankündigung seines Todes beim Bächlein erfahren habe: die brennende Kerze über dem schwarzen Sarge in jener verhängnisvollen Nacht.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Voraussehen

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Folgende Begebenheit, die eigentlich nicht zu den Sagen gehört, die ich aber doch mitteilen möchte, erzählte mir 1926 der 53 Jahre alte Alois Furrer, mehrjähriger Gemeindepräsident der grossen und sehr gemischten Gemeinde Erstfeld, ein gewissenhafter und durchaus nüchtern denkender Mann. Bekanntlich sind anfangs der 80er Jahre in der Ammeten zu Erstfeld zwei Personen vom Blitz erschlagen worden. Nun, einige Zeit vorher schaute ich eines Tages an dieses uns benachbarte Haus hinauf. Ich war so ein junger Bub und sass in unserer Wiese. Auf einmal ging der Balken im Firstkämmerchen auf, ein Mann schaute hinaus, der den Laden aufgetan hatte, und hinter ihm stand ein anderer, mir unbekannter, in schwarzer Kleidung, und schaute ebenfalls hinaus. Dann schloss sich der Laden, und alles war wie vorher. Ich habe niemand gesehen zum oder vom Hause gehen. Ich wusste auch, dass zur Stunde kein Seelenmensch in diesem Hause war. Einige Monate nach dem Blitzschlag kam der Pfarrer in die Ämmeten, liess sich zeigen, wie der Blitz in die Firstkammer und von da durch das Gebäude hinuntergefahren, und genau so, wie ich es an jenem Tage gesehen, ging der Balken der Kammer auf, ein Insasse des Hauses, der ihn aufgetan, stand in der Öffnung und hinter ihm der Pfarrer, dem jener die Sachlage erklärte. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vordeutender Geist

Source: Vordeutender Geist

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Zu Ebersecken stand früher ein Frauenkloster Zisterzienserordens, das 1274 Jakob von Fischbach und Rudolf von der Balm gestiftet haben. Die Konventfrauen wurden 1594 nach Rathhausen versetzt. Seit undenklichen Zeiten nun bis in neueste Zeit sei zu gewissen Tagen eine Nonne zwischen der untern Kapelle (der ehemaligen Klosterkirche) und dem Schulhaus, ja einmal im Schulzimmer gesehen worden. Ihr Erscheinen habe immer ein bestimmtes Ereignis angezeigt - eine Art weisser Dame.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Vornehmer Käsedieb

Source: Vornehmer Käsedieb

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Als eines Tages ein Älpler von Spiringen an seinem Käsgaden auf dem Märcherboden vorbeiging, bemerkte er mit Erstaunen, dass die Türe offen stand. Er ging also hinein und erschrak nicht wenig, denn seine Käse waren fort. Die Frucht seiner sommerlangen Arbeit, Sorge und Mühe! Womit sollte er jetzt seine Schulden zahlen, seine Familie durch den langen Winter hindurchschlagen? Er weinte das lautere Wasser und konnte gar manche Nacht keinen Stich schlafen, kein Auge zutun vor Kummer. Endlich riet ihm ein Freund, nach Glarus zu gehen und dort einen zu suchen, der ihm den Dieb nennen könne. Das tat er und fand dort nach langem Suchen ein altes Wybli, von dem man sagte, es könne solches. Er offenbarte ihm seine Angelegenheit, und es gab ihm gute Tröstung und sagte, heute könne es ihm den Dieb noch nicht nennen, wohl aber in drei Tagen, auf diesen Zeitpunkt solle er sich wieder bei ihm einstellen. Dass er pünktlich erschien, lässt sich leicht erraten. Es nannte ihm den Dieb mit Namen und Geschlecht. Wie erschrak aber der Mann, als er diesen Namen erfuhr! Das war ja einer der reichsten und angesehensten Unterschächner, ein Mann in Ehren und Ämtern. »Gehet zu ihm«, fuhr das Wybli fort, »und fraget ihn, wann er euch die Käse bezahlen wolle. Will er nicht ausrucken, so kommt wieder zu mir, ich will ihm dann schon Nachwind machen!« Lange zauderte der Bestohlene, den Ratsherrn anzureden; er ersorgte das heillos. Endlich an einem Sonntag »nah Chiles« ging er ihm nach, redete ihn an und fragte, wann er ihm die entwendeten Käse vergüten wollte. Der schaute ihn mit einem Blicke an, als wollte er ihn in den Grund hineinbohren und auf der Stelle zu Boden schlagen, und leugnete keck. Nach langem Reden aber gestand er endlich und versprach, alles zu vergüten, und bat, ihn um Gotteswillen nicht zu verraten und in Schimpf und Schande zu bringen. So kam die Sache in Ordnung. – Das hat meine Frau erzählt. Jos. Betschard-Brand, 66 Jahre alt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vorzeiche

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Vorzeiche Am Tag vorhär‚ ob Huttel verbrunnen isch, het ’s Chilezit gäng gstagglet. D’Lüt hei gspottet, e Heidesiegerischt sig derhinger. I dr Nacht druf het ’s Wätter igschlage. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vorzeichen der Niederlage von St. Jakob

Source: Vorzeichen der Niederlage von St. Jakob

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«Man sagt, es seie zwen Monat ongefahr vor dieser Schlacht, auff dem Velde bey S. Jacob dreissig Nächt einandern nach, zu vordeutung dieses Niderlags, ein gross getümmce, geschrey unnd seufftzen gehöret worden, wie dann sonst mehr beschehen, one zweifel aus des Sathans gespengnuss, welcher eines solchen subtilen, geschwinden und fertigen verstandts, das er auss der Menschen reden, thun und lassen, bald mercken und weissagen kan, wo die Sachen auss wöllen.» Muttenz Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vorzeichen im Dreissigjährigen Krieg

Source: Vorzeichen im Dreissigjährigen Krieg

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Bericht des Dorfpfarrers, 1635: «Von dem hiesigen Kirchthurme hätte man am hellen Tage, eine von Farbe roth, weiss, grün, gelb und himmelblaue Fahne wehen gesehen. Er hielt sie für ein Omen (Vorbedeutung) der darauf erfolgten schweren Zeiten» (Überfall des Dorfes durch schwedische Reiter). Therwil Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vreneli's Gärtli

Source: Vreneli's Gärtli

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Vormals war diese Kuppe ein Garten, der mit mehreren weidereichen Alpen einem Hirten gehörte, der eine Tochter namens Vreneli hatte. Diese heiratete einen unbemittelten Jüngling, dessen Mutter das junge Paar zuweilen besuchte. Aber jedes Mal, wenn die Schwieger kam, wurde sie von der hochmütigen Tochter schnöde behandelt. Um ihre Reichtümer den Leuten zu zeigen, baute Vreneli eine Treppe von lauter Käse. Und als einst die Schwieger wieder schlecht bewirtet und gering behandelt und ins Tal hinabgestiegen war, wünschte sie, dass diese Käse zu Stein werden möchten, und dass die stolze Sohnesfrau gedemütigt werde. Das geschah und kurz darauf wurde das ganze Besitztum mit ewigem Schnee bedeckt.       Quelle: Theodor Vernaleken, Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung www.maerchen.ch.  


by Vrenelis Gärtlein

Source: Vrenelis Gärtlein

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Unter dem Albispass, im abseitigen traulichen Knonaueramt, das auch noch einen lustigen Übernamen hat, liegt ein stilles Bergwasser, der Türlersee. Obwohl er einen mit dem schönsten Blauauge der Welt ansehen kann, hat er doch auch Zeiten, besonders gegen Abend, wo er düster drein schaut. An seinem lieblichen, obstbewachsenen Umgelände wachsen seltene Blumen, und in den nahen Wäldern blüht gar der merkwürdige Aronstab. Vor alten Zeiten nun gehörte dieses eigenartige Seelein, samt allen umliegenden Gütern, einer vornehmen Frau, die man Frau Vrene nannte. Sie war eine umtunliche, aber auch hoffärtige Frau, die keinen Spaß verstand und gerne allüberall den Meister gemacht hätte. So war’s denn kein Wunder, dass sie sich mit den Helfenschwilern, die unter ihrem See im Jungalbis hausten, überwarf, und dass sie ihnen, der Landmarkung wegen in böse und langwierige Streitigkeiten geriet. Und dass sie zwar einen harten Kopf, die Helfenschwiler Bauern aber auch keine Butterstöcke auf den Schultern hatten, kamen sie immer mehr auseinander und fingen an, sich zu Leid statt zu Lieb zu leben, wie es doch gerade Nachbarn, die sich immer wieder brauchen können, am zuträglichsten wäre. Als nun die Bauern im Weiler Helfenschwil, der am Flüsschen Jona lag, sich immer steckköpfiger gegen sie aufführten und ihre Grenzen wenig mehr in acht nahmen, wurde sie schier krank vor Ärger. Also gab sie der ruhigen Besonnenheit, die doch eines Menschen beste Waffe zu Wehr und Abwehr ist, den Laufpass, indem sie beschloss, den ungeheuer tiefen Türlersee durchs Jungalbisgebiet in die schönen Güter ihrer Widersacher in Helfenschwil abzuleiten, auf dass seine Wasser dort alles für ewige Zeiten in einen Sumpf verwandeln sollten. Weil sie aber mit dieser schweren Arbeit selber zu keinem Ende gekommen wäre, rief sie vorbeiziehende fahrende Schüler in ihr Haus. Diese bewirtete sie aufs freigiebigste. Zuletzt schienen sie also von ihr eingenommen, dass sie ihr auf Anhalten versprachen, ihr bei der Ableitung des düstern Sees mit all ihren Künsten behilflich zu sein. Und da sie mehr verstanden als andre Leute, so ging’s nun mit dem Ableiten des unheimlichen Gewässers sehr rasch. Im Augenblick hatten die fahrenden Schüler einen höllentiefen Graben gemacht, und Frau Vrene stand immer bei ihnen und freute sich ihrer Behendigkeit. Und als nun der Graben bis hart ob die schwerbedrohten Güter ihrer Nachbarn ging, zog sich die stolze Frau feiertäglich an und begab sich zu den emsig arbeitenden fahrenden Schülern, denn nun sollte der letzte Spatenstich getan werden. Alsdann würden die verheerenden Wildwasser ausströmen und wie der Weltuntergang über die Nachbarn hinunterstürzen. Wie sie nun, also aufgeputzt, zu den fahrenden Schülern kam, sah sie eben, wie einer von ihnen am äußersten Grabenende stand, und wie er just den Spaten hob, um mit Zaubergewalt den letzten Durchstich zu tun und die Flut zu entfesseln. Als er aber ins Angesicht der schadenfroh grinsenden Frau Vrene sah, lachte er gellend auf. Er drückte ihr den Spaten in die Hand und umarmte sie: „Du musst mit mir, du magst wollen oder nicht!“, rief er aus, und alsobald kam ein Windstoß und nahm sie mit fort über den Albisberg, über den Zürichsee hinauf, dass der entsetzten Frau Hören und Sehen verging. Wie sie wieder zu sich kam, fand sie sich oben am Glärnisch auf einer kurzrasigen, von Felsenmauern umgürteten Berghalde, die von den schönsten Alpenblumen bestickt und besternt war. „Da kannst du gartnern!“, sagte der fahrende Schüler zu ihr. Auf einmal begann es zu schneien, und es schneite Tag und Nacht, bis sich der sonnenwarme Grünhang in einen hartkörnigen Firn und darnach in einen pickelharten Gletscher verwandelte. Dort steht nun die hochmütige, unversöhnliche Frau Vrene mit dem Spaten in der Hand als eine Eissäule bis auf den heutigen Tag und hält voll Sehnsucht Ausschau nach den fernen grünen Höhen, in die der kleine, schwermütige Türlersee so schön eingebettet ist. Ihr Eisgärtlein aber heißt heute noch das Vrenelis Gärtlein.     Meinrad Lienert, Zürcher Sagen. Der Jugend erzählt, Zürich 1918. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.    


by Vrenelis Gärtli

Source: Vrenelis Gärtli

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Unter den steilen Felsen des Glärnisch wohnte vor Zeiten eine Witwe. Sie besass eine grosse, schöne Alp zuoberst auf dem Berg. Dort sömmerte die Frau ihr Vieh. Ihre einzige Tochter Vreneli half ihr beim Sennen. Dieses Vreneli war ein überaus? eigensinniges und ungebärdiges Mädchen. Das freie Leben auf der Alp war ganz nach seinem Sinn. Die Mutter liess ihm nur allzu oft seinen Willen, denn Ermahnungen hätten nichts genützt. Wenn der Herbst einbrach und man mit dem Vieh wieder zu Tal fuhr, war Vreneli unglücklich und zornig; am liebsten wäre es das ganze Jahr auf der Alp geblieben. Oft schaute es vom Tal aus zum Glärnisch hinauf, stampfte auf den Boden und verwünschte den Winter und den Schnee. Eines Tages im Spätherbst, als auf dem Berg schon Schnee lag, beschloss Vreneli in seiner Starrköpfigkeit, es wolle jetzt gleich auf den Glärnisch hinaufsteigen und auf seiner höchsten Erhebung Blumen pflanzen. Vergeblich bat die Mutter, es solle doch?Vernunft annehmen und nicht Gott versuchen. Vreneli blieb starrsinnig bei seinem Vorhaben, stülpte sich ein grosses Käsekessi über den Kopf und stieg bergan. Es kam nur langsam vorwärts, denn der Schnee lag schon hoch, und es blies ein rauer Wind. Manchmal hätte der Sturm Vreneli beinahe in die Tiefe geschleudert. Erschöpft gelangte es endlich auf den Gipfel. Dort grub es mit den blossen Händen?den Schnee weg, legte ein kleines Stück Wiese frei und setzte seine Blumen ein.?Vreneli sollte sich nicht lange an seinem Gärtchen freuen. Es begann wieder zu? schneien in grossen Flocken. Bald sah man die Blumen nicht mehr und der Kessel, den Vreneli auf dem Kopf trug, wurde immer schwerer vom Schnee. Vergeblich  versuchte es sich davon zu befreien, der Kessel drückte es unbarmherzig in den Schnee und Vreneli musste darunter erfrieren. Seit dieser Zeit ist der Glärnisch mit ewigem Schnee und Eis bedeckt; an seinem östlichen Ende erkennt man deutlich das viereckige Feld, das die Leute Vrenelisgärtli nennen.  Quelle: aus: „Glarner Sagen“, gesammelt und herausgegeben von Kaspar Freuler und Hans Thürer, Glarus 1979   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vrinelisgärtli

Source: Vrinelisgärtli

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Dieser, heute sich als wüstes Steingebilde auftürmende Felsklotz war ehedem das Gärtchen eines wunderschönen, keuschen Mädchens, Vrineli geheissen. Die herrlichsten Alpenblumen zierten es, die Früchte an den Bäumen waren nochmal so süss wie drunten im Tal ihrer Schwestern, und innige, stille Freude umwob das liebliche Wesen, dessen Pflege die Flur unterstellt war. Damit nun keines Frevlers Blick das holde Mädchen streifen könne, hatte der Vater, welcher als mächtiger Berggeist die Alpen ringsum beherrschte, einen Kranz steiler, unzugänglicher Felsen um das blühende Heim seiner Tochter gezogen. Diese Mauern stehen heute noch. Jeder, der auf den Glärnisch klettert, kann sie mit eigenen Augen sehen. Ein kühner Bursch aus Glarus nun, der gelockt von der Schilderung der Gemsjäger, die das schöne Mädchen von ferne erblickt haben wollten, Tag und Nacht nicht zur Ruhe kommen konnte, machte sich eines Morgens auf, die grause Felsenburg zu erklimmen. Sie liebten sich vom ersten Blick an, und Vrineli verbarg ihn vor dem Auge des Vaters. Aber dieser witterte Unheil. Er flog zum Schein über die Berge, kehrte aber unvermutet wieder zurück und fand das Paar in zärtlichster Umschlingung. Sein untilgbarer Hass gegen das Menschengeschlecht, das ihm seine Gemsen tötete, machte ihn unerbittlich. Er schleuderte den Burschen über die hohe Wand hinab und verwandelte sein schluchzendes Töchterlein in einen grauen Felsklotz. Und nur, so erzählt die Sage, wer in Liebe dreimal den richtigen Stein küsst, kann das schlafende Kind wieder zum Leben erwecken. Tausende von Steinen liegen auf dem Gärtli, Eis und Schnee hat der zürnende Vater darüber gegossen. Wer weiss, wie lang die Geschichte schon her ist!   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Vu-w-Wigglen!

Source: Vu-w-Wigglen!

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Bäbelli hed gsoored. Am Aben hed näb em Hüüs e-w-Wiggle bbrieled: ,,Wigg! Wigg!" ung geng: „Wigg! Wigg!" »Das gildBääbellin", hed d'Müöetter gsäid und hed afam bbrielen. Am Morgen ischd Bääbelli gstorbes gsiin. Zween Haslibärger häin uf Gemscheni z'Jag wellen. Ds Wiib vum äinten ischd vor Tag üüf ge-w-warmsen. Näb em Hüüs ischd e Chriesboi gstanden. In däm ischd e Wiggle gsiin und hed bbrieled. Dem Wiib hed niid Gööts gloossed „Jelli, gang nid", hed's gsäid, „i han dr an!" Aber Jelli, was wäis i, hed vor em andren nid wellen e selis gloiben und ischd ggangen. / Gliiche Tags ischd er i Fleene z'Tod ghiid. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Vum Älper

Source: Vum Älper

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Äis häi rra ds Mägisalpmäitli abha uf em Alpbach gseen. Äs ischd uf dr Alpbachmüür gsässen und hed ds Haar gsträäld, scheens lengs und häiterlochts brüüns Haar. Döö gäid's nid lang, gid's e-l-läidi Feen; äs hed den Alpbach üüsigreerrd; alls hed er uberliffen und ubersaared. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Vum Bärgrabben um Plagrabben

Source: Vum Bärgrabben um Plagrabben

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Dr Grossätti ischd am Stärbe gsiin. Äs ischd gägen Abe ggangen; döe sii zweem Plagrabben uf ds Roosenepfelbäimli vor em Hüüs chun und häi-w-wiescht afam möelen. Döe hed dr Grosätti gsäid: „Ja, ja, mier wisse's schon. Ier brüüchid's niid chu z'rieffen." In dr Nacht ischd er gstorben. Eis heim mer uf em Iisch gheuwwed. Vor dr Schüür am Schatte siim mer am z'Abe gsiin. Uf ds Mal chöme Rabbe chu z'flüügen; i d'Linde sii s' gen grobben und hein grüüselli afam muelen. Dr alt Heini hed grad mid dem Chachtelli zum Muul wellen; du triffd nen dr Schlag und ischd tod gsiin. Das siin die Rabbe chu sägen. Äis häi rra Heww zogen. Im Waald häi-r-Rabbe gmöeled. „Was wäin die ächt sägen?" mäind äina. Am gliiche Tag hed's e Lowwene ggän; där, wa gfräägd hed, ischd dri chun, und die andren häin ne tota häizogen. Es Mäitli und em Bööb häim bim Wasser gheeted. Döö sii s' nid häichun. Döö hed ma ds Mäitli im Wasser funden, tots, aber dem Bööb nid. Sööchen hed niid abträid. Döö ischd Dratt zun arra Waarsägerren. „Löögid, wa d'Rabbe fläigen," hed si gsäid; das ischd alls gsiin. Dratt ischd dem Wasser naa. Bin arra Lamm sii-r-Rabbe gsiin und i d'Bäim gflogen. Halba im Wasser ischd dr Bööb uf enem Stäi glägen. „Rrrbb, Rrrbb!" rieffe d'Bärgrabben, we si uber ds Dorf fläigen, und d'Chind gäbe ne Bschäid: „Rabb, Rabb, hindrem Hag liid es tots Plag!“ I gloiben nid a Gspänschter und Ughiir. Aber we d'Rabbem möölen um möölen, dee wäin eppes sägen! Im Uüstage vor enem Jaar bin i mid Triinin gäge ds Birchi. Uf enem Hag ischd e strüüba Rabb ghocked und hed gmööled ung gmööled und hed si nid wellen ergän mid Möölen. „Das ischd nid loibs“, sägen i zu Triinin. „Aä, Möötter", machd äs. I han niid drüüf gsäid. Zwee Tag derna ischd Duli Menken es Chalbli uber ds Birchiegg üüsitrooled und ischd draggangen. Und i säge's grad: I schiihe's, we d'Rabben möölen um möölen un nid wäin üüfheerren. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vum Beeggel

Source: Vum Beeggel

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Äs gid's hin uw wider, das am Aben d'Müotter d'Chind faschd nid ab dr Gassem bbringd und müoss chäfellen und hinderhan: „Etz chemid häin. Bald fiischtred's, und de chunnd dr Beeggel und nimmd all Zwienggra, wa no düüsse siin." Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vum Blattistier

Source: Vum Blattistier

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Am leschten Aben uf Bielen, vor em Virerfaaren embrin uf ds Blatti, isch'sch en gliichlaga Brüüch gsiin. Wär zlescht ischd vum Tagwäidren old suschd ischd häichun, ischd Blattistier worden. O, das hed esie es Bbriel ggän! Ma hätti's hindrem Horem mege gheerren: „Dr Blattistier! Dr Blattistier! Är chunnd! Är chunnd!" Gwoondlian siin äben die a d'Räie chun, wa häim miesse tagwäidren. Hinna ischd dAtzig geng gringi; im Läger und in dr Zemi isch'sch bis uf em Boden abgetzts; ds Vee wäided obsi und chunnd i d'Wildi, und die, wa Tüür häin, häi z'tien mid Werren und Abschalten bis i d'Nacht inhi. Äs ischd geng am Alpvogt gsiin, d'Älper laa zsäme z'chun, fir ditz old das üüszmachen. Äs isch'sch Brüüch gsiin, das er an enem Aben vor d'Hitte ggangen ischd um bbrieled hed: „Züöeha! Züöeha! Züöeha!" De sii d'Älper chun und häin afa-r-raaten. Wägem Virerfaaren uf ds Blatti embrin hed menga im Stillen afa-r-rächnen und uberschlaanr „An däm und däm Tag müöes das und das Ganzem tagwäidren; d'Räien wän an iis. Das wän gad dr lescht Tag vor em Abfaaren. Ä' ä', näin, fir dä Tag bin i nid; äs brüüchd niemmen vun iis Blattistier z'siin!" Gsäid hed das egghäina, aber täichd hed's en iedra, und en iedra hed gwerrd mid Henden und Fiessen, fir nid Blattistier z'wärden. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vum Blattistier

Source: Vum Blattistier

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Am leschten Aben uf Bielen, vor em Virerfaaren embrin uf ds Blatti, isch'sch en gliichlaga Brüüch gsiin. Wär zlescht ischd vum Tagwäidren old suschd ischd häichun, ischd Blattistier worden. O, das hed esie es Bbriel ggän! Ma hätti's hindrem Horem mege gheerren: „Dr Blattistier! Dr Blattistier! Är chunnd! Är chunnd!" Gwoondlian siin äben die a d'Räie chun, wa häim miesse tagwäidren. Hinna ischd dAtzig geng gringi; im Läger und in dr Zemi isch'sch bis uf em Boden abgetzts; ds Vee wäided obsi und chunnd i d'Wildi, und die, wa Tüür häin, häi z'tien mid Werren und Abschalten bis i d'Nacht inhi. Äs ischd geng am Alpvogt gsiin, d'Älper laa zsäme z'chun, fir ditz old das üüszmachen. Äs isch'sch Brüüch gsiin, das er an enem Aben vor d'Hitte ggangen ischd um bbrieled hed: „Züöeha! Züöeha! Züöeha!" De sii d'Älper chun und häin afa-r-raaten. Wägem Virerfaaren uf ds Blatti embrin hed menga im Stillen afa-r-rächnen und uberschlaanr „An däm und däm Tag müöes das und das Ganzem tagwäidren; d'Räien wän an iis. Das wän gad dr lescht Tag vor em Abfaaren. Ä' ä', näin, fir dä Tag bin i nid; äs brüüchd niemmen vun iis Blattistier z'siin!" Gsäid hed das egghäina, aber täichd hed's en iedra, und en iedra hed gwerrd mid Henden und Fiessen, fir nid Blattistier z'wärden. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vum Doggelli

Source: Vum Doggelli

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Josellis Chaschper ischd e tolla, rotbräächa Burscht gsiin; dr ganz Tag hed er gsungen old ghoired und den nid eppä wee nen Ummel in enem Bräntli! Das ischd vun äim uf en andra Tag anders worden, wan er us dr Chamer furt i ds Loibelli ischd ge schlafen; ds Doggelli hed nen afa plagen. Wen er im erschte Schlaf ischd gsiin, isch'sch chun. Vor em Hüüs isch'sch über d' Stäina däässelled; den isch'sch im Gengli gsiin; d'Hüüstiren ischd üüf; d'Loibestägen hed gchrächled; uf em Loibengang si Tritta chun, und den isch'sch zer Loibetiren inha. Vor em Bett hed's es Raschtli gwarted; e Gump und äs sitzd im uf dr Bruscht! Wee nen Heww- chlupfel isch'sch im uf dr Bruscht glägen; nid es Wort mee hed er virhäbbrachd, hed nid chenne flööchen und nid e-w-Woich töön! I Churzem si Chaschpren dee rote-w-Wange vergangen, und är hed virhä gseen, as wen er undrem Bode virhächäämmi !Jetz hed im äina graaten, är selli e Staachel i Strewwisack töön. Das hed er gmachd, und virohin ischd ds Doggelli niimmä chun. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vum Engschtlemmäitli

Source: Vum Engschtlemmäitli

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Ds chlin Jaaggelli hed an Engschtle galped. Äis isch'sch uber Tag under nen Arven am See ge-l-ligen. Döö chunnd es Mäitli uber e See z'tänzlen; uf em Hoit träid's es chliis Heetli. Jaaggelli wäigged's wee nes Loib; aber stäiwwurfswiit vor im isch'sch zergangen und neena mee gsiin. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Vum ewwige Jud

Source: Vum ewwige Jud

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Dr ewwig Jud ischd afe zwäimal da gsiin. Wan er ds erscht Mal ischd chun, ischd dr Schlosswaald bim Reschtituren e-w-Wiimbärg gsiin, ds zwäit Mal em Bööchwaald, und wen er ds dritt Mal chunnd, ischd er den en Gletscher. Dr ewwig Jud hed nee egghäi-r-Rööww; är möös gaan ung gaan, bis d'Wäld undergäid. Är hed si am Häiland versindeged. Wan er ma hätti selle ds Chriiz träägen, hed er nid wellen, und döö hed dr Häiland gsäid, är welli staan und dr Jud meessi gaan, bis d'Wäld undergäji. We d'Riseten virhatrooli, bis ds Hinderburgseewli üüsgangi, chenni dr ewwig Jud den o ge ghirmen. In dr Golderren ischd an enem Aben em Ma chun und hed bin enem Hüüs gfräägd, fir z'ubernachten. Sie häin nen in e Stube taan, wa s' häin es Tischli ghäben. Dee ganz Nacht ischd där Man um ds Tischli um ggangen; nee hed er ghirmed; dee ganz Nacht ischd er um ds Tischli um. Mid arra Schääri hed er us em Gwand rundi Blätzleni üüsagschoren und sa umhi uf ds Gwand bbeessd. Eso isch'sch dee ganz gschlagen Nacht ggangen. Das ischd neemmen anders gsiin, wan dr ewwig Jud. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Vum Freesevolch

Source: Vum Freesevolch

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Under dr Burg dirhi gäid ds Freesevolch. Das brüüchd niid z'ässen; das ischd es bessers Volch wam meer, und äs siin nid usälegi. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vum Fresch und vum Vegelti

Source: Vum Fresch und vum Vegelti

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Äis ischd es Freschli gsiin und es Vegelti. Si hain es chlis Hüüselli ghäben, grad wee dr Groosatt und ds Groosi. Dr ganz Winter anha hai s' zsäme ghüüsed und sii zfride gsiin und hain nee es Uwwertelli midenandre ghäben. Döö hed's afan üüstagellen; d'Bäim hai bbleed; im Bärgen hed's gaabred. Äis, zwäi isch'sch Alpfaaresziit worden. Jetz häi s' afa chäären und unäisen. Beedi häi z'Alp wellen und alpen und egghäis dehäimme siin und hewwen. Und si häin nid gwissd, wee's üüsmachen. Döö hed ds Vegelti gsäid, si welle-w-warten, bis ma z'Alp faari. Das, wa den eender dobe siigi, chenni den alpen und ds ander meessi den hewwen. Am Abe vor em z'Alpfaaren siim beedi freej z'Bett. Ds Vegelti hed bald afa schlafen. Ds Freschli hed das gmerkd und ischd hibschelli, hibschelli üüf, hed d'Stubetiren üüftan, ischd dir d' Chuchi üüs und über d'Stägen ab und ischd gäge d'Alp ung ghippled ung ghippled ung ghippled und hed neena ghirmed und underwägs nid mid enem eedren Hagstäcke dorfed. Am Morge freej ischd ds Vegelti erwached und hed d'Fäcke glifted und ischd bald an dr Alp gsiin. As isch zwägigs gsiin und hed si uf d'Firscht vun dr Hitte gsetzd und hed afa pfiifflen: „Üdilee, und i bi z'Alp! Üdilee, und i bi z'Alp." Aber us dr Hitten üüsa hed ds Freschli gwarred ung gantred: „Üdilee, und i bin in dr Hitten und am Chääsen", und hed scho gmolches ghäben. Wenn i das Jellis Chinde zelld han, het Dreeselli ds Müül verzogen ung gmäind: „Das hed den aber dä Sumer nid megega Chääs ggän, vum Fresch!" I bsinnem mi aber o no dran, wee-n-is ds Groosi zelld hed. Mädelli, d'Schweschter, ischd da gsässen und hed niid gsäid. Ds Oigewwasser ischd ma über d'Wangen embri troled; äs hed si dem Vegelti düüred. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vum Gäisgitzi

Source: Vum Gäisgitzi

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Äs ischd mengs Jaar siithar. Da wän äis zween Älper vum Gowwli häin. Underwägs ischd nen es Gitzi naagliffen. Si häi's ercheerd u-w-wellen emzruggjagen. Den isch'sch bliibe staan und hed gmeggelled, uwwe s' sii ggangen, isch'sch nen umhi chun naaz'zottlen. Döö ischd äina ertoibed und hed e Stäi gnun und hed nen gäge ds Gitzi greerrd. Tätsch, är hed's, ooni z'wellen, gad ang Grind bbräichd; ds Gitzi ischd desüüsghiid und hed äis, zwäi egghäis Bäim mee verreerrd. De-w-Winter drüüf ischd där gstorben, wa hed ds Gitzi z'Tod greerrd ghäben. Ds Naajaar ischd dr ander nachts ds Ürbech hinderhi gäg em Gowwli. Döö ebchunnd im äina; uf em Rigg hed er es Gitzi träägen. Verwäis, wär das äimmel o siigi? Är hed glöögd ung glöögd. Äs ischd där gsiin, wa ds Gitzi hed erreerrd ghäben. Dr ander ischd bliibe staan und hed gfräägd, was das jetz selli siin, är, mit däm Gitzi am Rigg. Das meessi är träägen, bis är, wa fräägi, stärbi. Dem meessi är ma ds Gitzi abnän, old är gäji um bsali das Gitzi; de siigi är erleesta. Dr ander hed das Gitzi angäänds bsald. Vun da an hed dän mid dem Gitzi neemmem mee gseen. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vum Gäisgitzi

Source: Vum Gäisgitzi

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Äs ischd mengs Jaar siithar. Da wän äis zween Älper vum Gowwli häin. Underwägs ischd nen es Gitzi naagliffen. Si häi's ercheerd u-w-wellen emzruggjagen. Den isch'sch bliibe staan und hed gmeggelled, uwwe s' sii ggangen, isch'sch nen umhi chun naaz'zottlen. Döö ischd äina ertoibed und hed e Stäi gnun und hed nen gäge ds Gitzi greerrd. Tätsch, är hed's, ooni z'wellen, gad ang Grind bbräichd; ds Gitzi ischd desüüsghiid und hed äis, zwäi egghäis Bäim mee verreerrd. De-w-Winter drüüf ischd där gstorben, wa hed ds Gitzi z'Tod greerrd ghäben. Ds Naajaar ischd dr ander nachts ds Ürbech hinderhi gäg em Gowwli. Döö ebchunnd im äina; uf em Rigg hed er es Gitzi träägen. Verwäis, wär das äimmel o siigi? Är hed glöögd ung glöögd. Äs ischd där gsiin, wa ds Gitzi hed erreerrd ghäben. Dr ander ischd bliibe staan und hed gfräägd, was das jetz selli siin, är, mit däm Gitzi am Rigg. Das meessi är träägen, bis är, wa fräägi, stärbi. Dem meessi är ma ds Gitzi abnän, old är gäji um bsali das Gitzi; de siigi är erleesta. Dr ander hed das Gitzi angäänds bsald. Vun da an hed dän mid dem Gitzi neemmem mee gseen. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vum Gäismäitli

Source: Vum Gäismäitli

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Vum Gäismäitli häi s' freejer ganz Ziileti bbrichted. Wen das ischd a ds Zilli chun, häin alli eppes vun im gwissd. Äs hed Gäistschääggleni ghäben und nid Feess wee d'Liit; drum hed men im ds Gäismäitli gsäid. Mengsmal häi's d'Liit gseen mid enem wiisse Schurzli. Egg Simen und Dörfer Drees häi vun Engschtle naha Chääs träägen. Uf em Mislibendli häi s' d'Räf abgstelld ung ghirmed, de Frässbullggen, Chääs, Brood um Bbrannts virha und häi ggässen ung gleselled. Simen hed ds Hoit hinderhigläid, fir ds Glesli üüsztriihen und säi'd: „E, e, e, gugg, Drees, bim Gäistrit gäid es Wiibevolch!" „Es Wiibevolch?" fräägd Drees und säid drüüf: „Göss, göss, ee, min Gottelli, da gäid es Wiibevolch!" Aber a Tannen sii s' abgfaare gsiin, und es Wiibevolch hätti bim Gäistrit nid ellengge chennen gaan. Si häin afa-w-wärwäisen, wär das chennti siin; aber underwiilen ischd das Wiibevolch vergold ggangen. Si häin umhi d'Räf a Buggel gnun und sii sicher gsiin, das siigi nemmen anders gsiin wa ds Gäismäitli. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vum Gässlihas

Source: Vum Gässlihas

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I'Wiiller hed ma friejer vil vum Gässlihas bbrichted. Dr Elseller hed o ditz old das vun im gheerd und hed täich gmäind, das siigi e-r-rächta Has und ds ander Trug. An enem Aben ischd er ge passen. In dr Fiischtri ischd dr Has gäg i chun, und dr Elseller hed ne-w-wellen nän wie ne Vogel en Hennen. Aber dr Has nimmd e Sprung über e Schwäiffelhag, dr Elseller im naa; mid äim Gump ischd dr Has us en Häiffen umhi im Gässli. Etz faad dr Elseller an, ganz Ziileti flüöechen; alli Zäichen hed er gschworen; düöe stäid dr Has uf die Hindren, läid im e Talpen uf d'Agslen u säid: „Los, Elseller, äs wän dr wirser, düü giengischd häin." Etz hed dr Elseller gwissd, was das fir nen Has ischd, allwäg egghäi-r-rächta. Är ischd häin und i ds Bett; etli menga Tag hed er ibel megen; aber naa und naa hed er umhi mege zwägg-graaggen. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vum gfangne Zwäärgli

Source: Vum gfangne Zwäärgli

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Äis häi rra es Zwäärgli gfangen. Si häin im drewwd, si teejem ma ditz old das, old äs sägi nen äis old ds ander. Aber ds Zwäärgli hed nen niid verraten ung gsäid: „Jer megid mi hänken old tränken,                     sa sägen i nid, was ds Ziiland tööd." Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Vum Gowwliwiibli               

Source: Vum Gowwliwiibli               

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An Gowwli, hinderhi im Ürbech, ischd e Cheehirt gsiin; zen däm ischd dr ganz Sumer anha ds Gowwliwiibli chun. Gengen hed's vum Hiiraate bbrichted, und dr Hirt hed im versprochen, mid im z'Chilche z'gaan; aber äs ischd im nid ganz watz derbee gsiin, und är hed geng es Firwort ghäben und's gwissd üüsiztagen. Allimal hed's im Äier bbrachd und taan wer nid bi Troscht. In dr Schrätterren isch'sch äis an enem Älper ebchun. Där hed greessd; aber äs hed d'Hand vor dS Müül ghäben ung gsäid: »Zaberbott!" Dee, wa das äim häi verzelld, häi gsäid, äs häigi drum en andri Sprach ghäben, as wam ma hee Lands äini häigi. Freejer häi d'Älper Jaar fer Jaar ds Gowwliwiibli gseen. Geng hed's es schwarzes Hundelli bee-n-im ghäben. We's ischd chun, häi d'Älper mege ggräched siin. Ds Hundelli hed ds Vee üüfgjagd, und im Handumdräijech ischd Mälchs wee Galts Dotz über Dotz dervun. We d'Älper vor megen häin und allen häin den Name ggän, häi s' es mege bhan. Dr alt Baali ischd fascht sii Läbetag all Sumer an Gowwli z'Alp. Äis ischd er mid ener Burdi ds Ürbech hinderhi. Döö ebchunnd ma es schwarzes Hundelli, nid lang derna ds Gowwliwiibli sälber. „Gööte Tag", säid Baali. »Sumerbott", hed ds Gowwliwiibli Bschäid ggän. Es anders Mal ischd er o z'Alp. Döö ischd ds schwarz Hundelli allem Cheewäg naa hinder im chun. I will däm ab, häig er täichd und siigi dir nen Abwäg üüf. Wan er ischd i Cheewäg chun, ischd ds schwarz Hundelli vor im ggangen. Chosi hed wellen han, är häigi ds Gowwliwiibli im Ürbech uf dr Allmäind gseen. As häigi e-r-rottipflata Rock aghäben und häigi taan, as we's täti rüümmen. In dr Schrätterren ischd es Hirtli bin Gäisse gsiin. Döö chunnd dir e Chrachenden abha ds Gowwliwiiblis Hundelli. D'Tschämeni siin erchlipfti z'beede Siiten usenandre gsprungen; äs ischd mitts dir sa und änefir dir e schwarzem Bärg üüf. Jaar fir Jaar häi s' an Ürnen mid dem Vee em Metti ghäben, fascht nid zum Derbeesiin, geng an enem Aben. Äs ischd en Abe gsiin, wee en andra Aben o; ds Vee hed gwäided, und d'Triichli und Tschanggli sii ggangen; neemmen hätti Schlächtem gloossed. Aber vun äim Chlapf zum andren isch'sch anders chun. D'Teerleni häin den Grind üüfgnun, und im Hüi ischd alls Dotz uber Mäis dervun! D'Älper häim megen afa-w-werren; si siin dem ganze Tschüür vor, häi gwerrd ung gflatteerd und allem den Name ggän, bis se si enumhi ergän häin. An Jlmestäin hed ds Gowwliwiibli geng ds Vee gsinderred, ds scheender bsundrig und ds ander bsundrig. Dr Cheehirt hed das nid gääre ghäben und drewwd, we's no äis chemi, well er ma schon häizindten. Aber äs ischd no äis chun, und döö hed er ma de Stäcken naatriben. Bald ischd er gruwwna worden. Är ischd abbäässagä worden und hed ds Ärmli nimmä chennem bbrüüchen. An Ürnen ischd es jungs Hirtli ellenggen in dr Hitte gsiin. Döö ischd ds Gowwliwiibli chun; äs ischd dem Bäichen naa und über dMilchmutti graaten. Us allen hed's d'Nidlen oben ab glapped und hed gschnoised, bis's hed gnöög ghäben. Derna isch'sch furt. Verwäis, was hed das Wiibli äimmel o das Hirtli eso meessen erchlipfen? Das hed im täich niid z'Läid taa ghäben! Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vum guldege Liirlüüserli

Source: Vum guldege Liirlüüserli

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Äs ischd im Winter gsiin und alls verschniits. Und da ischd en Att gsiin und em Möötter, und der häi zwä Ching ghäben, es Mäitelli und es Bööbelli. Dratt wän am Holz gsiin, und döö hed d'Möötter ze Chinde gsäid, si chennen o d'Huttleni nän und es Burdelli gen holzen. Das, wa eender siigi, chenni den i d'Loiben und im Chaschtli gen en Epfel räichen. Döö sii ds Mäitelli und ds Bööbelli i-w-Waald und häin afan Holz zsämeträägen. Aber ds Bööbelli hed gmerkd, das ds Mäitelli mee hed zsämebbrachd, und döö hed's nid welle ds naagänder siin und hed ds Mäitelli mid dr Flächten an em Boi bbunden. Derna hed er sis Burdelli gnun und ischd häin, und ds Mäitelli ischd hinnendri chun. Ds Bööbelli hed wellen den Epfel räichen. Aber d'Möötter ischd gruwwni gsiin um massläidegi; si hed drum ds Mäitelli liäber ghäben. Si ischd dem Bööbelli nahidäässelled. Wan es si hed über e Chaschte gchrimmd, hed s'ma grad mid dem Chaschtedechel ds Hoit abgreerrd. Derna hed d'Möötter ds Bööbelli gnun und i ds Chosichessi taan, und ds Chessi hed si mid dr Heenen a ds Häli über ds Für ghäichd. Derna hed ds Mäitelli meessen dem Atte ds Ässe träägen. Där ischd under nem Boin ge sitzen und hed afan ässen und d'Bäindleni gnäglen ung gnäglen und hed sa derna in en hola Stock inhi greerrd. Ds Mäitelli ischd mid läärrem Bullgi hain und ab dr Zilete gsiin und hed ds Bööbelli gsööchd. Döö ischd es Vegelti chu z'fläigen. Das hed si uf d'Hüüsfirscht gsetzd und afa singen: „D'Möötter hed mi gschlagen, Ds Mäitelli hed mi träägen, Drätti hed mi gnägled, Güggüüserli, Güggüüserli, I bin es guldigs Liir-Liirlüüserli!" Ds Mäitelli hed das Vegelti gheerd singen und ischd üüsi vor ds Hüüs und hed besser welle-l-losen. Döö hed im ds Vegelti es guldigs Girbi abhagreerrd. Döö ischd dMöötter o chu gwundren, und ds Vegelti nimmd e Schwarstäin und reerrd dän dr Möötter uf ds Hoit, und tooti isch schi desüüsghiid. Die zwei ersten Fassungen (Vom Maitelli und vom Böebelli, Ds Märi vun dr beesem Möetter) stammen aus Brienzwiler; vom Liirlüüserli erzählte ein Greis auf dem Hasliberg. Alle drei Varianten (wissen fast nur von Untat und Rache zu sagen. Von dem echt märchenhaften Ausgang, dem Lebendigwerden des Knaben, wie das Grimmsche Märchen „Von dem Machandelboom" erzählt, vermögen sie nicht zu berichten. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vum Hennelli und vum Hanelli

Source: Vum Hennelli und vum Hanelli

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Ds Hennelli und ds Hanelli siin i d'Haselnuss ggangen. Underwägs häi s' bbrichted und abgmachd, si wellen ds alleräinhindrischt Nusselli, wa s' finden, midenandre täillen. Döö sii s' ze Stüüde chun, und ds Hennelli hed en Nus erlickd und ischd uf sa loos, hed sa grad ganzi welle schlicken und dem Hanelli niid dervun gän. Aber d'Nus ischd ma im Hals bliibe stecken und hed nid nidsi und nid obsi wellen. O, wee hed' s meesse d'Oige verdräijen! Ds Hanelli hed das gseen und ischd alls äis Sprungs zem Bächli: „Dü meer Wasser gän, Wasser i Hennellin gän, Hennelli tööd ersticken, we's nid cha d'Nus abhischwäichen."   Aber ds Bächelli hed si gwidriged: „I deer nid Wasser gän Old dü meer Blatt gän."   Döö ischd ds Hanelli zem Lindelli gsprungen: „Dü meer Blatt gän, Blatt i Bächellin gän, Bächelli meer Wasser gän, Wasser i Hennelin gän, Ds Hennelli tööd ersticken, we's nid cha d'Nus abhischwäichen."   Aber ds Lindelli hed nid wellen und hed gsäid: „I deer nid Blatt gän Old dü meer Bang gän."   Döö ischd ds Hanelli zer Brüüd gsprungen und hed bbättled: „Dü meer Bang gän, Band i Lindellin gän, Lindelli meer Blatt gän, Blatt i Bächellin gän, Bächelli meer Wasser gän, Wasser i Hennellin gän, Hennelli tööd ersticken, we's nid cha d'Nus abhischwäichen."   Aber d'Brüüd hed vernüted: „I deer nid Bang gän, „Old dü meer Mäien gän."   Döö ischd ds Hanelli zem Garte gfäckned: „Dü meer Mäien gän, Mäien i Brüüd gän, Brüüd meer Bang gän, Band i Lindellin gän, Lindelli meer Blatt gän, Blatt i Bächellin gän, Bächelli meer Wasser gän, Wasser i Hennellin gän, Hennelli tööd ersticken, we's nid cha d'Nus abhischwäichen."   Aber dr Garten hed guwilliged. Und döö ischd ds Hanelli zer Gäis gsprungen. Und döö ischd d'Gäis chun und hed den Garte welle frässen. Jetz wol, jetz ischd dr Garte willaga worden und hed em Mäie ggän. D'Brüüd hed dem Mäie gnun und es Bang ggän, und ds Lindelli hed es Blad ggän. Ds Blad hed ds Hanelli dem Bächli bbrachd, und ds Bächli hed mid dem Blad afa ggoigglen, und ds Hanelli hed em Muggete-w-Wasser gnun und ischd zem Hennelli gsprungen. Und ds Hennelli hed ds Wasser gnun, und d'Nus ischd dir en Hals ab, und das Tschüüdihennelli hed nid meessen ersticken und ischd froo gsiin, das 's nid wäge rra Haselnus hed meesse stärben. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vum Hoiri und vum Älper

Source: Vum Hoiri und vum Älper

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Äs ischd im Vernachte gsiin. Uf Baalisalp, änet dem Graben, ischd en Älper näb dr Hitte gsiin. Unna im Waald hed es Hoiri gmööled. Döö hed er's afa verantren. Ds Hoiri ischd obsi chun und hed gmööled ung gmööled, und är hed in äim furt gantred, und äis, zwäi, är hed nid chenne säge-w-wee, ischd ds Hoiri ob im gsiin und hed mid de Fäcken uf in greerrd.' Är hed üüf und fleed, und ds Hoiri fliigd im naa, und är hed nid anders gwissd, wa z springen und ischd nidsi, bis er z Hoflöö in es Hüüs hed chennen. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Vum Märt häin

Source: Vum Märt häin

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An enem Märt wän es Mäitli und em Bööb spat häin; äs ischd fiischter gsiin u chiidegi Nacht. Underwägs stelld si ds Mäitli a ds Wägbort, wee we's epprem us em Wäg wellti. Was äs häigi, fräägd dr Bööb. „Gugg mer uber dee lingg Agslen", säid ds Mäitli. Är machd's. Uf em Wäg ischd e-l-lenga Zug chun; äis am andren, dr ganz Wäg gstacked volla; si häi faschd nid chennen gaan. Äs ischd in dr Nacht gsiin. Es Mäitli und em Bööb sii vun enem Märt häin. Döö chunnd e-l-Liich. Vorüüs d'Trääger mid dem Sarch; hinnennaha d'Liit, e Zug, är hed nid wellen üüfheerren. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vum Säimmer us em Pommat

Source: Vum Säimmer us em Pommat

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E Pommatter hed mid fiif Rosse gsoimmed. I Laagle hed er Wii ghäben. Im Üüsiwäg ischd er zer Zube chun, wa dr Wäg eso schmala ischd, uf äir Sitte d'Flöö, uf dr andre d'Lamm. Im Wäg ischd es Zwäärgli gsiin, und d'Ross häin nid gäbig verbii wegen. Döö hed dr Säimmer d'Gäisle gnun und hed ani Sorg um Borg uf ds Zwäärgli afam brätschen und reerren und hed derzöö gflööhed u taan wee nes Ughiir. Ds Zwäärgli hed gmööled wee nes Hooren, und döö sii zringetum us en Nellen und Fleenen d'Zwäärgleni chu z'loiffen und häin das Zwäärgli üüfgläsen und tots häiträägen. Dr Säimmer und d'Ross sii-w-wiiters, gägen dee üüsser Ürwäid und gägem Breens. Im Zruggwäg hed dr Säimmer d'Ross zsämebbunde ghäben. Ds vordrischt Ros hed er gfeerd. Eso ischd er zer häälem Blatte chun. Döö verstirfled es Ros u chunnd in Uvortel; äs welbd üüfi, schriissd ds ander nahi, beedi zsäme ds dritt und eso äis naa em andren; ds lescht wolld dr Säimmer han, und das schriissd nen o üüsi, und d'Ross und dr Säimmer ghijen i d'Lamm und ertriicen im Wasser. Äs wolld alls han, da siige d'Zwäärge derhinder gsiin. Siithar gheerd ma z'gwisse Ziiten bir häälem Blatten es armeetigs Gschräi us dr Lamm üüsa. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Vum Schwarzeflöömäitli

Source: Vum Schwarzeflöömäitli

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In dr Schwarzeflöö ischd en Heli; aber neemme chan inhi old är häigi de Schlussel derzöö. Aber äis, wäis Gott vor weevil Jaaren, hed en Älper e Schlussel funden; där hed grad zem Schlusselloch passd. Är hed üüftaan und ischd in en Heli chun. Da ischd es scheens Mäitli gsiin, Hiifen Gäld und vil andri scheenni Ruschtig. Und ds Mäitli hed gsäid, vun däm, wa da siigi, chenni är eppes nän; är derffi üüsaläsen. He nu, sägi dr Älper, sa nämi är dee Gloggen. Döö hed ds Mäitli grediüüsa bbreeled: „O, warum heschd nid mi gnun? We d' mi gnun hättischd, wän i erleests!" Dr Älper, e junga Gali, ischd furt und hed d'Gloggen dr scheenschte Chöö ghäichd. Ma hed d'Gloggen am andrem Bärg gheerd; si ischd scheen ggangen, wee wiit umm bbräit egghäini. Aber äs ischd nid lang ggangen, sa gäid d'Gloggen und d' Chöö z'Niiten; die äinte sägen, ma häigi d' Chöö funden, den Grind ab, ung Gloggen niimmä derbee. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vum Stäfeltimäitli

Source: Vum Stäfeltimäitli

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Ds Stäfelti häissd em Bitz Land ob Gööttannen hinderhi. Da wä ds Stäfeltimäitli gsiin. All Sunndeg hed's z'Chilche-w-wellen. Aber egghäis alleräinzigsgottsigs Mal hed's mege gchun. Äs ischd virha bis zer Fureflöö old bis uf en herten Acher; aber den het's verliited, und Sunndeg fer Sunndeg hed's uverrichteter Sach emzrugg meessen. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vum Stollewwurm

Source: Vum Stollewwurm

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Brigger Menk hed im Rufibärg e Stollewwurm gseen. Är hed e flacha Grind ghäben und Stolleni fir Feess, aber Haar egghäiner. Ds alt Afi ischd mid de Mäitlenen am Bräitlowwenen ge-r- raaschen. Pletzli hed's gstüüche wee d'Pescht! An enem Tännelli ischd e Stollewwurm gstotzed. Ds Jaar brüüf ischd ds Tännelli dirrs gsiin. Under dr Briinigsflöö hed äina e Stollewwurm z'Tod grerrd und zerhowwen; äs hed Bitza ggän wee määssegi Hammbräntleni. Zwo Hoflejerri sii z'Chilche gsiin. Döö hed's afa spewwen u- r-rägnen; Schärma häi s' egghäiner ghäben, u-s-si siin bin arra Schür in e-l-läärra Cheegade ggangen. Bim Schoorloch ischd in dr Strewwi em Bitz Holz glägen. Uf ds Mal hed si där Bitz afa-w- wäiggen und e-w-Wurm mid Stollenen ischd zum Schoorloch üüs. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Vum Tirlinarr

Source: Vum Tirlinarr

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An Oberfäld häin Älper Griidhänsels Chalbelli verloren; si häi gsüöechd und niena niid funden. Hänsel hed Bschäid uberchun. Är ischd a d'Alp und hed sälber gsüöechd ung gsüöechd, uf Bielen, hindrem Horen, an Oberfäld; wäder Hüüd no Haar vu siim Chalbelli ischd virha chun. Düöe ischd er uber en Briinig zem Tirlinarr. Där hed nummen e Tscholle glached ung gsäid, das Chalb siigi an arra andren Alp und siigi zwäg; de d'Nacht sigi's under enem Spiicher. Griidhänsel ischd häin. Ds ander Vee ischd hänen im Vorsess gsiin. Är ischd umhi z'Alp und hed gmäind, das siigi gwess an Oberfäld, läbends old tots; aber vum Chalbelli hed er umhi niid funden. Düöe ischd er uber e Sattel und abhi gägen Hinderburg und vun da gägen Axalp. Und richtig! Under nem Spiicher ischd sis Chalbelli gsiin, gsund und zwäg, ung gfäld hed im niid em Brosmen. Ägerre Jos ischd ibelmegenda gsiin; ganz us em Gwand ischd er ghiid. Är ischd zem Tirlinarr und hed im vu siim Groiggi bbrichted. Där hed im gsäid, är häigi im Waald es Wasserchalb trüühen; das mangleti vun im. Jos hed Tee uberchun, und nid lang isch'sch ggangen, hed er Stäg uw Wäg chennem bbrüüchen und ischd alla zwäg worden. Es Mal ischd Griidhänsel wägen em Rind bim Tirlinarr gsiin, und där hed im Ruschtig ggräched. Uf ds Mal hed dr Tirlinarr afa-r-richellen, etz siigi's handtli ggangen; äs siigi gad äina bim Chriesen embrinha ghiid; aber är häigi bloss es  Ärmli gwirsed. Hänsel ischd stäiwurfs wiit vum Hüüs gsiin; düöe ischd em em Büöeb chu z'loiffen, är mangleti de Dokter, Dratt siigi bim Chriesen vun dr Läitre ghiid und häigi es Ärmli gwirsed. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vum Zwirgiriiter

Source: Vum Zwirgiriiter

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D'Hasler ung Grindelwaldner häi-w-wägen dr Schäidegg midenandre gunäised. D'Grindelwaldner häi tiir und fescht bherted, die Alp siigi iri und geng iri gsiin und si häiga sa getzd und gnutzed sa lang, das ma si megi dra bsinnen. Äi Vogel, äis Gsang! D'Hasler hingäge häi gsäid, d'Schäidegg siigi d'March, ung Grindelwaldner häigen heenaha niid z'sööchen, wa si niid häige verloren. Dr ganz Handel ischd vor Gricht chun. En Grindelwaldner hed en Äid taan, sa waar, das e Schepfer uber im siigi, stäji är uf Grindelwaldnerboden. Undrem Hööd hed er e Schepfleffel ghäben und i Schöönen Härd us siim Garten. Döö sii d'Hasler um d'Schäidegg chun. Aber dr Grindelwaldner, wa hed gäided ghäben, sa waar, das uber im e Schepfer siigi, stäji är uf Grindelwaldnerboden, ischd nid a d'Rööww chun. Är chunnd uf enem Ros vun dr Schäidegg naha, riited gäg em Roosellowwi virha, dir Gschwandtemmad und sprenggd uber ds Zwirgi ab! Mee wan äim ischd er scho z'Nacht ebchun! Dee äinte sägen, är sitzi vercheerta uf em Ros, ds Hoit undrem Öögs. Bim Landhüüs siig er undermalen uber dee stäinig Stägen üüfgritten bis inhi i d'Grichtstuben. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Vun arra Chräämmerren

Source: Vun arra Chräämmerren

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Im Dorf ischd e Chrämmerre gsiin; dr Giid hed rra zun Oigen virhagseen. We si nid uf andren hed chenne z' Träihi riiten, isch'sch ibel ggangen; si hed ggiitschgred und zsämegchrawwed, sa wiit as si hed mege-r-recken. Döö wä si gftorben. Aber si ischd nid a d'Rööw chun. Si ischd im Lädelli us enem Eggelli chu virhaz'diihen und hed bbrimmelled: „Drei Viertel, drei Viertel bei Nacht haben bei Tag ein Pfund gemacht." Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vun arra grosse Chatz

Source: Vun arra grosse Chatz

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Im Grund wä Gmäinraad gsiin. Äs ischd ggangen bis naa Mittinacht. Äina ischd derbee gsiin; där hed wiit ghäben bis häin. Stärnen häi zwitzred; aber äs wän doch fiischter gsiin; nid in enem enzigen Hüüs mee hed es Leechtli bbrunnen. Uf em Wäg ischd e Chatz glägen. Mid enem Schöö hed er se welle furtschlinggen. Döö aber ischd dee lengi worden, wee dr Wäg ischd bräita gsiin. Bim Diit, Diit, ja jeerä, äs gid drum allerläi Chatzi. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vun arra Härefrow

Source: Vun arra Härefrow

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An enem Ort sii zwee Chnächta gsiin; si häin am gliiche Tisch ggässen und siin im gliichem Bett gschlaafen. Äinä ischd e chächa, rotbräächa Burscht gsiin und dr ander es grings Birschtelli, bläicha wee-n-es Äschetööch. Äis es Tags hed dr Chäch mid dem Magerren afa z'Bode stellen, si siigen beed an dr gliiche Choscht, är siigi gsunda und nee abläässiga, und är, dr ander, gseeji drin, as wen er undrem Bode virhachäämmi old sooreti. Är wissi's wol; är chenne-m-ma scho säge-w-warum; all Aben, wen er gööd d'Oige zöötaan häigi, chemi es Wiib und ghiji im es Roshälfterli uber ds Hoit; de siigi är es Ros; ds Wiib sitzi uf in embrüüf, und de jagi’s nen dee ganz Ncht umha bis am Morgen, uw wen är üüf,sa siigi är meeda und abgfätzta und schwitzi wee em Bär. Dr ander hed nid vil drüüf gsäid; si wellen hina Platz tüüschen; är selli äis a d'Wand. Des Abeds ischd das Wiib a-l-Lätza graaten. Äs ischd enumhi chun und hed dem Chnächt welle ds Hälfterli uber ds Hoit reerren. Aber jetz isch'sch am Lätze gsiin! Dr Chnächt hed ra ds Hälfterli us e Chnode gschrissen und re 's uber en Grind greerrd. Jetz ischd äs es Ros gsiin, und dr Chnächt ischd däm uf e-r-Rigg gsprungen und hed's dee ganz Nacht gjagd u gfitzd und hed im nid es Raschtli Rööww glaan. Am Morgen ischd er uf em Ros häichun und hed's im Rosgaden abbunden. Derna hed er dem Mäischter und allen Deenschten greefd, är welle nen es Ros zäigen. Aber da ischd wäder Stil no Gäggi von enem Ros mee gsiin; an enem Hälfterli ischd d Mäischterfroww abbundni gsiin. Dee ischd drum e Häxefroww gsiin und hed niid Gschiiders gwissd z'töön, wan ander Liit z'plaagen. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Vun dr Gäldchischten im Reschtituren

Source: Vun dr Gäldchischten im Reschtituren

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Äs gäid no genge ds Gred, im Reschtiture siigi en hüüfen Gäld. Vor enem Tschuppe Jaaren häi zween das Gäld welle-r-räichen. Wa's am Gloggeturen hed zwelfi gschlagen, sii s' bim Schlos gsiin u-s-siin zun arra Tire chun. Si siin gäg sa zöö, und döö isch schi vu sälber üüf. Si siin inhi und in es Ghalt chun. Da ischd e Chischte gsiin; drüüf ischd es Hundelli grobbed, und dervor häi zween Hengschte zsämegreerd. Si häi's gwaagd u-s-sii zwischen Hengschten dir; egghäina hed sa bbräichd, nid den äinten, nid den andren. Derna häi si ds Hundelli ab dr Chischte glifted; taan hed's nen nid ds gringschd Dingelli. Döö häi si d'Chischten üüftaan; äbävolli Gäld isch schi gsiin; in Handhuttlenen häi si afan Gäld üüsiträägen. Si häin derna alls wellem breederli täillen; das hätti eso selle siin. Döö hed äina zobrischt uf em Hüüfen es Guldstickli gseen; verzennig hed's glitzred; im Verschläikten hed er's wellen i d'Täsche töön. Döö gid's es Breel, es Grumpel, es Toossen. D'Tireni sii zöögschletzd; alls zsämen ischd zöö! Äina wän düüsse gsiin, dr ander dinnen, und där ischd nee mee virhachun. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Vun enem Chinig und vo-r-Räibren

Source: Vun enem Chinig und vo-r-Räibren

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Äis siin in enemWaald Räiber gsiin. Neemmen hed se chenne faan, und war dir dä-w-Waald isch ggangen, ischd nee mee virhachun. Döö ischd da e Chinig gsiin; där hed es Hudelgwendli agläid und es Schlotterhutelli a-r-Rigg gnun und ischd i-w-Waald ggangen, as wen er wellti holzen. Är hed gringi Chnebelteni zsämegläsen, ischd über Stäina und Wirzi gstirfled, hed d'Chnebelteni zerbrochen und i ds Huttelli gstungged und ds Huttelli umghiid und taan wee ne Schlächta und en Nool. D'Räiber hain im zöögseen und häin ne gfangen und i d' Hili gnun. Und das Mandelli hed Tscholleti glached, und dr Hoitman hed gsäid, fir was si dä bbrachd häigen, das siigi e Ganggel. Si chennen dän nid üüsschlaan ung Gäld fir in häischen. Aber da ischd e-r-Räiber gsiin, där hed däm Mandelli nid rächt truwwed ung gmäind, dar siigi gschiider, wa d'Chappe schiinni, där teeji goich und chennte sa no hinder dr Hand nän. Döö häi s' im es Girbi virha, fir na z'fecken, und ds Mandelli hed meesse träten. Bald hed's hindertsi träten und den umhi virhi, und derzöö hed's glached wee ne Tscholi und taan wee nen Halbschlächta uf enem Chibel. D'Räiber sii-r-rätig worden, si wellen dä-l-lan gaan; mit däm siigi's hinn u vor niid und dir und dir e Tschampel. Und derna häi s' ne-l-la-l-loiffen. Es par Tag derna sii Saldate chun, dr Chinig ischd o derbee gsiin. Si siin i d'Hili und häi d'Räiber gfangen und i Schälli taan. Derna hed dr Chinig ds Girbi gnun und hed träten, ds Redli ischd zringetum und hed gsurred, und d'Räiber häi virhagseen wee troled Widra. Aber dr Chinig hed glached, hüt chenni är eso, äs häige-m-ma drum bessred. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vun enem Chinig und vum Miisen

Source: Vun enem Chinig und vum Miisen

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Äis ischd e-w-weeschtä Chinig gsiin, ganz e-w-weeschtä. Wen arm Liit sii chun, hed er sa in e Chäller taan. Döö häi s‘ da bbreeled, Tag und Nacht, und wa Dorf ischd chun, hed er zöö-n-im gsäid: „Losid, losid, wee dMiis pfiiffen!" Aber dr Leebgot hed nen döö plaaged. Döö ischd er uber ds Meer uber. Aber e-w-wiissi Müüs ischd im naagschwummen und hed ne gfrässen. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Vun enem schwärre Stäin

Source: Vun enem schwärre Stäin

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Äs ischd äina gsiin; där hed vil und dick bir Chilche verbii meessen, mengsmal z'Mitternacht. Äis und ds ander Mal hed er geng eppes an dr Müür gseen; was, hed er nid megen erseen. Aber äs hed ne düüchd, äs welli eppes vum Wäg über d'Müür i Fridhof inhi. Das hed im z'sinne ggän. Döö ischd er zem Pfarer und hed im 's verzelld. Dr Pfarer hed im gsäid, wen er jetz asen e sevel mengs Mal verbii siigi und im nee eppes gscheen, sa siigi da egghäi Gfaar, und we's im no äis gliich gäji, sa sell er es par Stäina ab dr Müür nän. Nid lang derna gäid er umhi z'Mitternacht bim Chilchhof verbii, und umhi isch'sch im gsiin, da siigi epper um d'Wäga. Ar lifted en grossa Stäin ab dr Müür; är ischd vil schwärder gsiin, wan das er hed gmäind. Döö säid er zöö-n-im sälber: „E sela schwärra Luft han i jetz no nee tan!" „Und e sela gööta o nid", gid e Stimm Bschäid. Derna ischd alls stills gsiin. Später ischd er da no vil verbii, o zen Uziiten: aber nee mee hätt' er eppes anders gseen old gmerkd. Aber gwissd hed er gööd, warum är hed meessen in dr Müür e-l-Lickem machen; äs hed äina a d'Rööww wellen, und däm hed er meessen dä Stäin us em Wäg töön. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vun enem wiissen Gemschi

Source: Vun enem wiissen Gemschi

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Äs ischd ingäänds Winters gsiin, Schnee über all Bärga inha und rächt chalts Wätter. Döö wän e Jeger z'Jag; är ischd gägen Engschtlen hinderhi; aber dr ganz gschlage Tag hed er niid uberchun; im Vernachten ischd er am Engschtlesee verbii und hed zen Hitte-w-wellen; dr See ischd gfrorna gsiin. Döö gseed er uf em Iisch es wiisses Gemschi; är bsinnd si nid lang, scheessd uf is und hed's bbräichd. Derna hed er's a-r-Rigg gnun und ischd mid im gägen Hitten. Ds Gweer hed er in es Egg gstelld, ds Gemschi an e-r-Rafen ob dr Fiirgrööben üüfghäichd, und derna hed er afa Spääna machen und hed welle fiiren. Iwwäreddäm ghiid ds Gemschi abba i d'Fiirgrööben; är hed's gnun und umhi üüfighäichd. Är ergriifd ds Wallschiid und wolld's i d'Müür töön; döö ghiid ds Gemschi umhi inha i d'Fiirgrööben; är nimmd's zem andrem Mal und häichd's umhi a-r-Rafen. Aber wan er hed ds Schali wellen a-w-Wallhaaggen häichen, ischd ds Gemschi no äis chun inhazghijen. Fascht toibläiggi hed er's umhi wellen üüfiliften, döö säid ds Gemschi: „Jetz choischd mi de-l-laa siin!" Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Vun er eerdre Chöö e Chibel volla

Source: Vun er eerdre Chöö e Chibel volla

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Im Grund ischd es Mandelli gsiin; äs hed nummen es gringers Cheeli ghäben, aber Milch u Chääs gengem mee wan gnöög. Döö wän en andra gsiin; däm ischd das artigs vorchun. Im Verschläikten ischd er ggangen und hed däm Mandelli wellen gen us d'Finger löögen. Ds Mandelli ischd im Fiirhüüs gsiin. Am Turner ischd ds Häli gsiin und ds Chesselli dran. Döö ischd ds Mandelli us ene Dotzen ge sitzen; an enem Reemmen hed's afa zeen um mälhen, und derzöö hed's bbrimmelled: „Vun er eedre Chöö e-l-Leffel volla!" Dr Lotzer hed gnöög gwissd. Schnöörstracks ischd er abgschoben, hed ds Chessi a ds Häli ghäichd und hed us enem Reemmen afam mälhen ung gsäid: „Vun er eedre Chöö e Chibel volla." E Leffel volla ischd im zwenig gsiin. Das wän döö ganz vercheerd üüsachun; aber säge-w-wee, näin, säge-w-was döö ggange-w-wän, chennt i nimmä; das ischd mer eggangen. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Vun Hoseträägerren und Strumpfbendlenen

Source: Vun Hoseträägerren und Strumpfbendlenen

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Am häiligen Aben tee d'Mäitleni Strumpfbender under d'Hoitechisseni. Im Schlaf gsee s' dän, wa s' den hiiraaten. In dr Riiti häin das Mäitleni gmachd; si siigen aber gruwwni worden. Si häigen Ding und Sache gseen, wa s' leeber niid häigen dervu-l-la verlüüten. D'Bööebe-l-legen Hoseträäger under d'Chisseni, we s' wäi gseen, mid welerra si den Hochziid häi Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wagen des W. Heeres

Source: Wagen des W. Heeres

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Höhere Gottheiten werden fahrend gedacht; auch ihr Reiten denkt sich unsere Mundart immer noch als eine blosse Fahrt, wie die ältere Sprache den zwei- und vierspännigen Wagen reita, den Fuhrmann reitweko nannte. Anton, Gesch. der Landwirthsch. 1, 425. Der dänische Othin unterweist seinen Liebling, den König Harald Hildetand in den Kriegskünsten und wird sein Wagenlenker in der Bravallaschlacht. Auch Gott Thôrr hat den Beinamen vom Wagen, auf dem er fährt, und heisst Reidhar-tyr, Rhedings- oder Wagengott. Grimm, Myth. 147, 306, 178. Fahr zum Odin! ist eine noch geltende Verwünschungsformel: Geijer, Schwed. Gesch. 1, 110. Nun haut sich der Alte mit der Art ein Rad, gilt im Ditmarschen vom grollenden Donner: Müllenhoff, Schlesw.-Holst. Sag., No. 840. Schlofts, Kinda, da schwari woag'n wird glei vabei foarn, sagen die Mütter um österreichisch Pressburg zu den Kindern, die nicht friedlich einschlafen wollen. Wolf, Ztschr. 2, 193. In unserer spielenden Rede sagt man beim Gewitter, der Herrgott fahrt spazieren. In der älteren Anschauung des mythischen Zeitalters sowohl, wie in der noch dauernden Ausdrucksweise der Sage und der Volksrede wird der Götterwagen als ein zweimal vorhandener unterschieden. Der eine fährt und bleibt zugleich am Himmel, der andere fährt nur auf der Erde oder durch unsere Luft. Der eine Himmelswagen des Gottes ist das Sternbild des Bären und heisst bei uns Hêrewagen, Cherwagen; er dreht sich Nachts mit grossem Geräusche um, sein Tiefer- und Höher-stehen deutet man auf Wohlfeile oder Teuerung der Lebensmittel. Scheuchzer, Schweiz. Natur-Gesch. 1, 245 spricht von einer Windsbraut am Hörrwagen; in den Niederlanden heisst das Gestirn selbst Woenswagen, Wodanswagen. Rebmann, Gespräch zwischen Niesen und Stockhorn (Bern 1620) beschreibt das Gestirn pag. 30 also: bei diesem steht der grosse Ber, der gross Heerwagen gnennet er, Sein sternen seind also gestalt, gleich er Ross, Wagen, Reutter halt. Dies ist der Wagen der Seligkeit, des Glückes und der Freude. Tacitus weiss Germ. 40, dass wenn derselbe durchs Land fährt, der Gottesfrieden überall herrsche. Dasselbe weiss auch die Noveleser Chronik zu sagen von jenem großen Leiterwagen ihres Klosters, der Ton seiner Schellenstange bringt Ruhe und den Stillstand aller Geschäfte und Fehden im Lande hervor. (Latein. Gedichte des X. und XI. Jh., pag. 107). Und wie man nach dem einst von Kühen gezogenen Wagen der Gottheit die Milchstrasse noch auf Baltrum Waogenpat, das Wagengeleise nennt, im Gröningerlande aber Kaupat (Kuhweg), und wie für den Namen Wodan zugleich eine Göttin eintritt, die nach diesem Wagen benannte Frû Waogen (Kuhn, nordd. Sag. pag. 457, 519), ebenso gilt auch am Schaffhauser Rheinfall noch die Tradition, ein Wagen mit Rindern bespannt, soll dreimal die Stadt umfahren haben, bald auf der Erde, bald in der Luft, und durch seine Richtung nach Rechts Gutes, durch seine Linkswendung Böses verkündet haben. Kohlrusch, Schweiz. Sagen-B. 1, 341. Wir können den Glauben an diesen Gotteswagen noch bis in unsere Zeit verfolgen. Der politische Brauch hat in den oberitalienischen Städten den Carroccio oder Fahnenwagen daraus gemacht; der kirchliche Brauch hat ihn in einen Prozessionswagen verwandelt, wie derjenige, genannt la Barra, zu Messina und Palermo ist an Maria Himmelfahrt, der lebende Kinder auf seiner höchsten Mondscheibe trägt. Beim Frühlingsumgang singen unsere eigenen Landeskinder noch von diesem (Simrock, KindB., No. 487): Wir wünschen dem Herrn einen goldenen Wagen, damit soll er ins Himmelreich fahren. Das schles. Christkindlein sagt in den Häusern bei seiner Bescheerung: Geh hinaus zu meinem Ross und Wagen Und hol herein die Gottesgaben. Wir haben draussen stehn einen schönen Wagen, Der ist mit lauter Gold und Silber beschlagen. Weinhold, Weihnacht-Sp. 36, 38, 40. Dieser Geisterwagen ist, wenn er durch die Stadt Freiburg fährt, vierspännig und so angefüllt mit Leuten, dass manche nur noch auf der Langwied Platz finden. Baader, bad. Sag., No. 56. Aus seinem Innern tönt eine wunderschöne Musik: Stöber, elsass. Sag., No. 206. Ohne dass man ein Rad hört oder ein Radgleis sieht, fährt er unter lieblicher Musik die Kreuzberger Nonnen mit Schimmeln und Rappen dreimal um den Marktplatz. Bechstein, DSagb., No. 252. Eine gläserne Kutsche und eine kleine goldene liegt unterirdisch: Bechstein, Thüring. Sag. 2, pag. 124, 150; aber dem Teufel zerbricht die gläserne Kutsche bei Bielefeld: Firmenich 1, 274 b. Eine Kristallkutsche fährt am Römerweg: Stöber, elsass. Sag., No. 119 (Romweg heisst uns die Milchstrasse). Ein Triumphwagen geht über die Tuchelhaide: Tettau-Temme, preuss. Sag., No. 190. Unter dem Kloster Eldena steht die Christnachtskutsche, ibid. No. 237. Der Wagen der Verdammniss entwickelt sich nothwendig aus diesem Götterwagen. Der Gothe Athanarich (gest. 382) liess auf ihm des Gottes Bildsäule an den Häusern der Christen umher fahren, um diese unter die Räder zum Zermalmen werfen zu lassen. Geilers von Keisersberg Ameise (Strassburg bei Grüninger 1517) hat auf dem Titelblatte zum „Wütischen Heer“, Bl. 38, die Abbildung eines grossen Leiterwagens, in welchem ein Mann auf dem Kopfe steht. Auch in dem Todtentanz von C. und R. Meyer (Zürich 1650) fährt, Bl. 53, der Todesgott in einem Wagen, zwei Hirsche vorgespannt, dem Walde zu. Geiler scheint noch beiderlei Wagen unterscheiden zu wollen. Er äussert über den einen in der Predigt Der hellisch Löw (Strassb. bei Schürer): bey dem karren oder wagen so verstat man das her, da David spricht im psalter: der karr gottes ist zehentausent manigfaltig. Im übrigen aber redet er mehr von demjenigen der Verdammniss: Die zyehendt hye einen karren der vnruow vnd dört einen wagen der ewigen verdamnüss. Seel-Paradies Bl. 210 b. Alle Menschen vol lasteren die werden innen des musters der hellen, das ist denn der wagen. Bl. 231. Gleiches äußert Cyriac. Spangenberg im Ehespiegel (Strassb. 1578) pag.13, und unsere Volksrede sagt von einem grundschlechten Menschen, er sei „dem Tüfel ab dem Charre g'heit.“ Daraus wird der in den Sagen so oft genannte Hellwagen (vgl. Kuhn, nordd. Sag. No. 199), der rappenbespannte Wagen Kölns, der in den Gürzenich fährt (Weyden, Kölns Vorzeit 207), der dreirädrige mit einem Siebengespann (also entsprechend dem Vorbilde des Siebengestirnes: Schöppner, bayr. Sag. 1, pag. 315, No. 384). Dieser Wagen fahrt oft einem bestimmten Wirthshause zu: Schnezler, bad. Sagb. 2, 205; oder er wird ohne Deichsel an der Ortskirche herum geschoben: ibid. 2, 694. Oft ist es nur ein einzelnes Rad, welches feurig bergan läuft (Panzer, bayr. Sag. 1, No. 36); oft ist dieses Feuerrad ein Höhlengeist, wie der Osnabrügger-Alte, der zu Ross bekämpft werden muss (Viehoff, Archiv für neue Sprachen 1851, 117); oft find es grosse vierrädrige Wagen (Harry, ndsächs. Sag. 1, No. 52. Schambach-Müller, ndsächs. Sag. No. 82); oder es ist ein ganz kleiner eisengeschmiedeter ex voto-Wagen, wie er in der Kirche zu Pielenhofen aufbewahrt wird (Panzer 1, No. 140). Oder endlich der Wagen ist zerbrochen, und Frau Perchta verlangt, dass ein Begegnender ihr den Wagen verkeile, die Wagendeichsel verpflöcke (Börner, Orlagau-Sag. 173. 182). Am häufigsten denkt man sich nun noch blosse Kutschen. Statt der beinahe zahllosen solcher Art nenne ich eine aus meiner Nachbarschaft. Auf der Hexenwiese zu Prattelen, Kant. Baselland, zeigt sich eine schwarze leere Kutsche, die gewöhnlich als Vorbote eines Todesfalls erscheint; hört man aber nur ihr Gerassel, so bedeutet's schlechtes Wetter. Kohlrusch, schweiz. Sagb. 1, 375. Man bemerkt also, dass sich Witterungsbeobachtungen noch zuletzt an die Sage vom Wagen anknüpfen, wie sie selber ursprünglich zusammenfällt mit der Beobachtung des Sternenlaufes und Sterneneinflusses. Diesen Zusammenhang hatte Klopstocks liebevolle Versenkung in unser ihm noch unaufgeschlossenes Alterthum voraus geahnt; im Bardiet seiner Hermannsschlacht verkörpert er nämlich den diesem Cultus vom Götterwagen innewohnenden Begriff in folgendes Gleichniss: Die Räder an dem Kriegeswagen Wodans Rauschen, wie des Waldes Ströme die Gebirg' herab. In diesem Sinne erzählt man auch vom Schimmelritter zu Liestal (Abthl. VIII, No. 344), seine Stimme gleiche der gedämpften Sprache vieler versammelter Männer, oder dem Wasserrauschen über hohe Felsenwände. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 215 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Wahr geworden

Source: Wahr geworden

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Gerne und fleissig nahm ein armes Fraueli von Gurtnellen, das für sich und seinen bequemlichen Mann arbeiten musste, an den Bittgängen und besonders an den Leichenbegängnissen Anteil, kam aber gewöhnlich zu spät. »Wenn ich einisch z'biärdigä bi, ich well de scho machä, sy miend si de nu der Wyl lah!« meinte es mehr als einmal. Nun ereignete es sich, dass dieses Fraueli bei der Bitzilücke, vom Schlage getroffen, zu Boden fiel und als Leiche im »grossen Hause« bis zur Beerdigung aufbewahrt wurde. Auch der Ehemann hielt Wache, erhob sich aber nachts gegen zwei Uhr, um in der »Kehlen« sein Vieh zu besorgen. Gegen vier Uhr war er damit fertig, kleidete sich an und begab sich abwärts, um die sterblichen Überreste seiner Gattin zur Pfarrkirche in Silenen zu begleiten. In Schnee und Dunkelheit verirrte er sich, geriet bei der »Stelli« auf die Fluh hinaus und fiel zutode. Statt mit der Toten den letzten Gang anzutreten, mussten die Gurtneller den Verirrten suchen, den sie auch, aber als Leiche, am Fusse des Felsens antrafen. So kam es, dass der Leichenzug Gurtnellen viel zu spät verlassen konnte und in Silenen ankam, als der Gottesdienst schon lange beendet war. Aber am Fusse jenes Felsens bei der Stelli hatte man es vorher öfters flennen gehört (19. Jahrhundert). Johann Tresch Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Waldegg

Source: Waldegg

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Der alten Toggenburg gegenüber stand die Burg Waldegg, von der nur noch spärliche Überreste vorhanden sind. Auf dem nahen Burgstock sind noch mehrere runde Löcher zu sehen, die auf die Anlage von Ziehbrunnen schliessen lassen. Dort soll nach dem Volksmund einst eine hölzerne Stadt gestanden haben, die längst zerstört worden sei. Der Hof soll ehemals Stadtberg geheissen haben. Nach A. Näf. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 455, S. 269 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Waldvögel als Vorzeichen

Source: Waldvögel als Vorzeichen

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Eine sonderbare Erscheinung waren im Jahr 1570 ein Art Waldvögel, den Spechten nicht unähnlich, mit blutfarbenem weissgestreiftem Gefieder, gelben Schwänzen mit Sträussen, die sich in überaus grosser Menge bey Arlesheim und Dornach sehen liessen. Weissagende hielten sie für Zeugen und Vorboten künftiger wichtiger Ereignisse, die auch kurz darauf durch die Annäherung fremden Kriegsgesindels gegen die Bistum-baslerische Grenze eintraten. Arlesheim Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wali

Source: Wali

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Gespensterhund Mit dieser Spukgestalt schreckte man eigensinnige Kinder. Man stellte sich das Her als einen Hund vor, gross wie ein Kalb, mit schwarzem, zottigem Haar und einem leuchtenden, tellergrossen Auge. Beim Zunachten verliess es sein Versteck, tauchte bald da, bald dort auf und flösste späten Passanten Todesangst ein. Den Neugierigen, die den Wali von den Erkerfenstern aus sehen wollten, schwoll der Kopf dermassen an, dass sie ihn nicht mehr zurückziehen konnten. (Schaffhausen)     Aus: R. Frauenfelder, Sagen und Legenden aus dem Kanton Schaffhausen, Schaffhausen 1933. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Wallfahren und arme Seelen erlösen

Source: Wallfahren und arme Seelen erlösen

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a) Eine Mutter mit ihren Kindern machten eine Wallfahrt nach Einsiedeln, die sie versprochen hatten, um eine arme Seele in ihrem Hause zu erlösen. Auf dem Rückwege sah die Mutter in einem Wald prächtiges Tannkris und sagte zu den Kindern: »Da wollen wir Kris mitnehmen für einen Krisbesen.« Und sie sammelten davon und nahmen es mit. Da kam ihnen die arme Seele entgegen und »bewillkommte sie freundlich von Besenkrisen« (so hend alligs die Altä gseit), aber erlöst sei sie nicht. Sie machten später eine zweite Wallfahrt und kauften zu Einsiedeln allerlei Sachen ein, um denen zu Hause etwas zu kramen. Da kam ihnen die arme Seele wieder entgegen und »bewillkommte sie freundlich von Kramen«, aber erlöst sei sie nicht. Das dritte Mal, da sie leer von der Wallfahrt heimkehrten, kam ihnen die arme Seele freudig und ganz im Schneeweissen entgegen und »bewillkommte sie freundlich lächelnd von Wallfahrten« und sagte, jetzt sei sie erlöst, und verschwand. Wenn man eine Wallfahrt versprochen hat, so darf man nicht andere Geschäfte damit verbinden, und wenn man versprochen hat, zum Beispiel nach Einsiedeln zu »gehen«, so darf man nicht »fahren«. Frau Mattli-Bissig, Bürglen, 80 Jähre alt. b) Einer ging barfuss wallfahrten für eine arme Seele. Auf dem Heimweg, schon nahe seinem Hause, traf er einen Holzchnebel auf der Strasse; ökonomisch, wie er war, nahm er ihn mit. Da rief ihm die arme Seele, wenn er den Holzchnebel hätte liegen lassen, hätte er sie erlöst. Das zweite Mal kaufte er am Wallfahrtsort ein Gebetbüchlein für sich. Zu Hause rief die arme Seele: »Hättest du das Büchlein nicht gekauft, wärest du mir lieb.« Da kehrte er sofort um und machte eine dritte Wallfahrt, ohne etwas mit heim zu nehmen. Da rief die arme Seele, jetzt wolle sie ihm einen goldenen Sessel im Himmel grächen. Frau Gisler-Arnold, Schächental Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Walt Gott und Maria

Source: Walt Gott und Maria

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a) Wenn allemal meine Grosseltern, so fährt meine Erzählerin fort, das Berggut verliessen und in das Streiwiriss hinunterzogen, schlossen sie das Berghäuschen, indem sie dabei laut den frommen Spruch beteten: »Walt Gott und Maria!« Da erscholl einmal vom Bockitobel her der klagende Ruf: »Ach Jeerä, nur das: Walt Gott und Maria!« Seitdem beteten sie doch etwas mehr dazu, und die Stimme liess sich nicht mehr hören. Franziska Kruog b) Bevor der Urner Bauer am Abend den Stall verlässt, betet er den Anfang des Evangeliums des heiligen Johannes, nämlich die ersten 14 Verse: »Im Anfang war das Wort« etc., und fügt hinzu: »Walt Gott und Maria, der Santä Toni und der Sant Wändel sollet alles b'hietä-n- und biwahrä!« – Manche, die das Evangelium nicht beten, sprechen wenigstens beim Verlassen des Stalles am Abend oder beim »Innäzindä« das »Walt Gott und Maria«, und viele fügen hinzu: »Tröst Gott und erlös Gott die armen Seelen.« – Also ein Betruf im Kleinen. – Wenn es donnert, betet der Göschner Älper: »Walt Gott und Maria!«, wenn es blitzt: »B'hietis Gott und Maria!« Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wandelnde Rathsherren von Muri

Source: Wandelnde Rathsherren von Muri

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Bis still, die Herren gehen herum! war sonst eine landesübliche Redensart, wenn man einen, der zu Anzügliches redete, zu einem ehrerbietigen Tone auffordern wollte. (Melch. Kirchhofer, Schweiz. Sprichw. No. 79.) Dies findet in Muri-Egg noch seine Anwendung. In diesem Dorftheile steht ein baufälliges Haus, das vor Alters ein Rathhaus gewesen sein soll. Seine letzten Bewohner, die zur Miethe drinnen waren, haben noch bis vor wenigen Jahrzehnten Tag und Nacht die Hausthüre offen halten müssen. Denn sobald man diese schloss, entstand Nachts ein unerträgliches Gepolter und die längst verstorbenen Rathsherren spazierten dann in ihren Amtsmänteln durch den Hausgang hin und her. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 168 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wanderndes Bild

Source: Wanderndes Bild

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An einer Hausmauer in Lungern ist eine grosse männliche Figur gemalt. Wenn es am Karfreitag, nachmittags drei Uhr, zum Sterben Jesu läutet, so geht dieser Mann zum Kirchenbrunnen Wasser trinken.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Wanderung nach dem Tode

Source: Wanderung nach dem Tode

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Ein Erstfelder wanderte auf gewohnter Landstrasse der urnerischen Residenz zu. Am Rynächt begegnet ihm eilenden Schrittes der bejahrte Geistliche Johann Josef Baumann, resignierter Pfarrer von Attinghausen, gebürtig von Erstfeld und damals wohnhaft im »roten Turm« in Altdorf. In Altdorf aber vernahm dieser Mann, dass Pfarrer Baumann gestorben sei (1884), und zwar gerade zu der Stunde, da er ihm am Rynächt begegnet war. Jos Huber, Erstfeld Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wanderung nach Einsiedeln

Source: Wanderung nach Einsiedeln

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Einst hütete ein Knabe zu Compadiels die Ziegen an einer Steinhalde des Pic Gliems. Wie nun seine Tiere weideten oder umher sprangen, saß er auf einem Stein und dachte, wie er so lieber in die Kirche gegangen wäre, anstatt Geißen zu hüten, und ließ seinen Wunsch laut werden, »aber es ist zu weit«. »O nein«, sprach leise eine Stimme hinter ihm. Erschrocken wendete der Knabe sich um und sah einen Jungen seines Alters hinter ihm stehen, der sagte weiter: »Wenn du in die Kirche willst, so komm nur mit mir, eben läutets in Einsiedlen zum Amte, wir kommen noch recht.« – »Ja ich will gerne, aber die Geißen?« »Die laufen nicht weg, komm, es läutet bald aus.« Die beiden gingen, und der von Compadiels betrat eine ganz unbekannte Gegend. Noch keine fünf Minuten waren sie gegangen, als sie vor dem schönen Stiftsgebäude in Einsiedlen anlangten. Sie wohnten dem Amte bei, gingen dann im Orte herum, und unser Compadielser, der sein Lebtag solche Herrlichkeiten nie gesehen, konnte sich nicht satt sehen. Er verlor seinen Gefährten, so war er in Gedanken vertieft. Die untergehende Sonne mußte ihn an den Heimweg mahnen; es wurde ihm bange, wie er ohne den Kameraden den Rückweg finden möge, ratlos stand er da und jammerte. Wiederum stand der fremde Junge hinter ihm und tröstete ihn: »Komm nur«, nahm ihn bei der Hand, und führte ihn in Zeit von fünf Minuten von Einsiedlen wieder an die steile Halde ob Compadiels, wo die Ziegen alle noch gemütlich weideten. Der fremde Junge verschwand aber vor den Augen des Andern, und dieser Letztere ging nun nichts lieber als Geißhüten an der Halde, von wo er durch den Fremden nach Einsiedlen geführt wurde, so oft er zur Kirche wollte. Trotz der frommen Gesinnung schlich sich aber nun auch Gewinnsucht in die Seele des Hirtenknaben, und der wollte sich durch List das Selbstfinden des Weges nach dem Stifte aneignen, um auch Kameraden auf demselben dorthin zu geleiten, ohne Hülfe des Fremden, und in der Absicht, dadurch Geld sich zu verdienen. Er nahm einstens zum Zwecke, den Weg sicher zu finden, kleine Holzstücke mit, die er von Zeit zu Zeit in die Erde steckte. Sein Führer merkte die Absicht und führte ihn lange im Gebirge herum, ließ ihn hoch auf einem Berge sitzen und verschwand. Der Verlassene hatte drei Tage zu gehen, bis er diesmal wieder daheim war, und mit dem nach Einsiedlen wandern war's für immer aus. Quelle: Jecklin, Dietrich: Volksthümliches aus Graubünden. 3 Teile, Zürich 1874, Chur 1876, Chur 1878 (Nachdruck Zürich: Olms, 1986), S. 3-5.            Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wängiguschi

Source: Wängiguschi

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In der Alp Wängi am Kinzigpass wurde oft ein Wybervölchli in altmodischer Kleidung gesehen. Niemand kannte es, und nirgends kehrte es je ein. Rotä-Hans-Tonis einer begegnete ihm eines Tages auf dem Steg und tat dergleichen, als ob er's in den Bach stürzen wollte. Es aber erhob nur den Drohfinger gegen ihn. Johann Herger, 75 Jahre alt, Taglöhner Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wanzenschneider von Obermumpf 

Source: Wanzenschneider von Obermumpf 

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Die Felder von Schupfart nach Obermumpf hin, zweien Fricktaler Nachbardörfern, sind breit ansteigende Berggüter, durch die eine muldenförmige Bodenvertiefung mit zur Höhe emporgeht, der Wanzengraben. Er ist mit Holz bestanden und gehört zur Almende von Obermumpf. Hier spukt der Schneider von Obermumpf, der einst seinen Kunden das Tuch stahl, nach seinem Tode im Hause fortpolterte, Tieren und Menschen lästig fiel, endlich aber von einem geisterbannenden Kapuziner in eine Flasche hineingeschworen und hierher getragen wurde. Er hat die Erlaubnis, alle hundert Jahre einen Hahnenschritt näher gegen Obermumpf gehen zu dürfen; kann er so seine ehemalige Wohnung wieder erreichen, so muss ihm Recht gehalten und der Aufentalt im Dorfe für immer gestattet werden. Dies dauert ihm aber zu lang und er sucht sich auf anderem Wege zu helfen. Als vor einigen Jahren ein Schupfarter Knecht ein eben angekauftes Rind hier nach Obermumpf durchtrieb, sprang der Wanzenschneider dem Tiere zwischen die Hörner, und versuchte so in seine Heimat reitend zurück zu kommen. Allein das Tier scheute, warf ihn ab und kam allein in den alten Stall heim gelaufen. Mehrere Männer, die ihn zu verschiedenen Malen erblickt haben, schildern ihn als einen Menschen von gewöhnlichem Aussehen, doch trägt er noch den Ellenstab unter dem Arm, und statt der Hände gucken Geissenklauen aus dem Rockärmel. (A. Ruflin und Uebelhart von Schupfart.)  Sage aus Obermumpf Band 3.2, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962, S. 144 - 144 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Wappensage

Source: Wappensage

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»Ich erinnere mich wohl«, so schreibt F.D. Kyd in seinem Büchlein 'Panorama oder Aussicht und Rundsicht der zwei Anhöhen Gütsch und Bühl', »in meiner Jugend gehört zu haben, dass die Schwyzer eine Kuh, die Unterwaldner ein Kalb in ihrem Wappen hatten, bevor sie von Papst Gregor VI. das Kreuz und die Schlüssel erhalten. Nur die Urner wollten bei ihrem alten Wappen bleiben.« Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wär isch’sch ächt gsiin?

Source: Wär isch’sch ächt gsiin?

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Iisi Möetter ischd vum Haslibärg chun und hed is mithin vun äim bbrichted, wa eso e starcha wä gsiin. Äis wä's Nacht gsiin und niemmem mee uf Wäg u Stäg. Dr Starch und en andra häin no häi-w-wellen. Vor enen ischd äina ggangen. Verwäis, was das acht fir äina siigi. Was där da z'tien häigi. Däm well er grad äis naa und de-w-Wäg zäigen, sägi dr Starch. Dermid ischd er im naa. Bin arra Schiir ischd dr Fremd zöehi und in Gaden inhi. Dr Starch ischd o zer Schiir chun und ischd o in Gaden. Döe hed dr Fremd gsäid, där, wa's verspili, siigi den däm, wa's megi. Dermid hed im Gaden es griislis Gsperz und Fälen agfangen. Dr ander ischd wäreddäm o naha gsiin, ischd under d'Tire chun und hed gfräägd: „Sol i chun hälfen?" „Näin", machd dr Starch, „Mentschenhilf träid da niid ab. Da möes Gott hälfen." Döe chunnd dr Starch us em Gaden. Ds Gwand ischd z'Hudlen und z'Fätze zerschrisses gsiin. An niwwe Schöenen hed er d'Nääd üüfgsprengd ghäben. Gsäid hed er nid es Wort. Är ischd häin und i ds Bett und in e par Tagen e-l-Liich gsiin. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wärber bim Tanz

Source: Wärber bim Tanz

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Wärber bim Tanz Z’Gumiswil isch Tanz gsi. Gli isch es handtli gange; äs si au Wärber im Wirtshus gsi. Ungereinisch het’s gheisse, wär jetz tanzi, sig Regrut. Ungsinnet chunnt dr Bärghans ihe, e junge Bursch u doch e Ma wie nen Eich. Är het nüt vo der Sach gwüsst u het au tanzet. Du het es gheisse: „Jetz bisch agworbe!“ „Was agworbe!“ het er druf gmacht, „Chuutzemischt, i weiss nüt dervo.“ „Dänk wohl“, het er umen ubercho, „du weisch wohl, wie mer gmacht hei.“ Im Hangumdrähihe isch e ganze Chuppelen um ihn ume gsi, u eine het ihm vo hinger ’s Handgäld i Sack gstosse. „Äs gilt nüt hingertsi drus“, het dä brüelet, „’s Handgäld treit er jo im Sack.“ Jetzt het dr Hans dr Handel begriffe; ä tuet e Griff uf ene Stuehl u dräiht es Bei ab. Du het er afo usteile. Zletscht isch er eleini gsi, u niemer het’s gwogt, ihm es Hörli z’chrümme. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Warnung vor falschem Eid

Source: Warnung vor falschem Eid

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Zu Emmetten, im Hause auf der Rubi, da sieht man in einem Fenster alle zehn Finger (oder: die drei Schwörfinger) eines Menschen eingebrannt. Schon öfters hat man das Fenster herausgenommen und ein anderes hineingetan, aber immer erschienen sie auch wieder im neuen. Das ist heute noch so. Das kommt von einem falschen Eid, den einmal eine Besitzerin getan hat. J. Aschwanden; Jos. Tresch Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Warum der Hund den Schwanz krumm trägt

Source: Warum der Hund den Schwanz krumm trägt

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Im Luzernerbiet verakkordierte ein Mann mit dem Teufel eine Brücke um das, was zuerst dieselbe, wenn sie fertig sei, passiere. Der Teufel bringt mit vieler Müh und Not das Werk zu Stande, dann holt er den Bauer, dasselbe zu besichtigen. Dieser aber, nicht dumm, nimmt ein zwei Kreuzer Brötchen mit sich und seinen Hund. Bei der Brücke angekommen, wirft er das Brötchen über selbe, welchem auch schnell der Hund nachspringt und so zuerst die Brücke beschreitet. Unwirsch darüber wirft der Teufel dem Hund einen Stein auf den Hintern und ebendeshalb tragen seitdem alle Hunde den Schwanz krumm und lassen ihn hängen, wenn man sie vertreibt.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Warum der Teufel hinkt

Source: Warum der Teufel hinkt

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Als die heilige Verena einst vor ihrer Zelle in der Nähe Solothurns auf den Knien lag und ihr Gebet verrichtete, in das sie auch alle die miteinschloss, welche vom Pfade der Wahrheit und Tugend abgewichen, geraden Wegs der Macht des Bösen anheimzufallen drohten, ärgerte sich der Teufel, der eben da vorbeigegangen und sich neugierig herbeigeschlichen hatte, dem Gebete der Heiligen zuzulauschen, so sehr, dass er wütend ein Felsstück losriss und es mit seinen Krallen hoch über dem Haupte der Betenden erhob, um es auf dasselbe herabzuschleudern. In diesem Augenblick aber schaute die heilige Verena zufällig empor und ihr Blick traf den über ihr niedergebeugten Fürst der Hölle, den dieser Blick dergestalt verwirrte, dass er erschreckt einige Schritte zurückfuhr und der schwere Stein, seinen Krallen entsinkend, statt auf das Haupt der Heiligen, auf seine eigenen Füße fiel. Brüllend und heulend entfloh er. Der Stein, an dem die Spuren der Teufelskrallen ganz deutlich zu sehen, liegt noch an jener Stelle. Er ist sehr schwer und groß und daher es auch kein Wunder, dass der Teufel von seinem Fall zeitlebens hinkend geblieben. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Warum die Wegenstetter in der Engstigen ein Vaterunser beten

Source: Warum die Wegenstetter in der Engstigen ein Vaterunser beten

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Die Fricktaler waren mit den Baselbietern von jeher gut befreundet. Ein besonders freundnachbarliches Verhältnis bestand zwischen den Wegenstettern und Rothenflühern, wozu der gegenseitige Grenzschmuggel viel beigetragen haben mag. Einst forderte die Pest in beiden Dörfern zahlreiche Opfer. Man einigte sich — aus welchem Grunde weiss man heute nicht mehr - die Pestleichen in der Engstigen, unterhalb der Sagemühle an der alten Strasse nach Ormalingen zu bestatten. Dies geschah. Kam nun in früheren Jahren ein Wegenstetter an jenem Begräbnisplatz vorbei, entblösste er sein Haupt und sprach still für seine Vorfahren ein Vaterunser. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Warum dr Totewage chunnt

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Warum dr Totewage chunnt E Frau het mer erzellt, warum dr Totewage chunnt. Das isch eso: Z’Ärbuligen äne het si vor vielne Johre e Ma ’s Läbe gno. Siner Lüt hei das gar ungärn gha. Sie hei nid welle ha, dass es e Lärme gäb u unger d’Lüt chömm. Dessitwäge hei sie dr Totnig im Wald ungere to un es Legistück i ’s Totebäumli gleit. We dr Tot uf e Chilehof zu den angere wär z’liege cho, so hätt er d’Ruehw vo diesne gstört; das wäre de sine Lüte nüschti nid rächt u z’wider gsi. Für die, wo si sälber umbrocht hei, het me sälb Rung aparti es Plätzgli gha. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Warum es auf der Schanz geistert

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 Josef Baumann († 1909 ca. 80 Jahre alt) aus dem Meiental hat von seinem Vater Johann, der als Landwirt zu Färnigen in den vierziger Jahren des letztverflossenen Jahrhunderts starb, wiederholt die folgende Erzählung gehört: Unser drei Geissbuben hüteten am Schyenstock die Ziegen. Auf einmal (es muss am 14. August 1799 gewesen sein) bewegte sich eine kriegerische Kolonne über Guretzmettlen und Seewen gegen den Schyen. Es waren die Franzosen, die über den Susten kamen, um die Österreicher in der Meienschanze anzugreifen. Wir hatten aber damals keine Ahnung, wer diese Soldaten seien, und waren höchlichst überrascht, als wir von ferne die glänzenden Uniformen und die blanken Waffen aufblitzen sahen. Von diesem ungewohnten Schauspiele erschreckt, sprangen wir davon und verbargen uns hinter Steine und Gebüsch. Die Soldaten fingen unsere Ziegen ein und sogen ihnen die Milch aus. Dann wählten sie die fetteste aus, schlachteten sie und verzehrten sofort das rohe Fleisch. Nun dachten wir, es könnte auch den andern Ziegen nicht besser gehen, wenn wir uns nicht zeigen würden. Darum traten wir aus unserem Versteck hervor. Die Soldaten schienen darob erfreut, fragten sofort, ob man hier gegen die Meienschanze vorrücken könne, und ob wir einen sichern Weg dahin wüssten. Wir bejahten dies gerne, und man gab uns etwas Geld mit der Weisung, dasselbe dem Eigentümer der geschlachteten Ziege zu bringen. Allmählich näherten wir uns den österreichischen Vorposten und konnten schliesslich von den Flühen herab die Meienschanze zeigen, worin die Österreicher lagen. Es begann ein Gewehrfeuer; die Franzosen konnten wohl hinab schiessen, aber die Österreicher drangen mit ihren Kugeln nicht hinauf. Die Franken beauftragten uns, kleine Steine zu sammeln, die sie mittels grossröhriger Büchsen auf die Gegner hinunter sandten. Erstaunt fragten wir die Schiessenden, warum sie denn Steine verwenden? Sie sagten, die seien gut genug, die gehen schon hinab, sie müssten das Blei sparen. So schossen unsere Begleiter eine grosse Zahl Feinde zusammen und vertrieben dieselben zuletzt aus der Schanze. Die Toten warf man auf dem steinigen Grunde in ein Massengrab und deckte dieses leicht mit Erde zu. Josef Baumann (wie auch andere Leute aus der Gegend) fügt der Erzählung seines Vaters noch hinzu: Die Stelle dieses Grabes kann man jetzt noch in der Nähe der ehemaligen St. Niklausenkapelle erkennen, und da und dort kommen von Zeit zu Zeit Gebeine zwischen den Steinen zum Vorschein. Durch Einfluss der Witterung wurde eines Tages auch ein Totenschädel unweit dem Kirchweg in jener Gegend bemerkbar. Die Buben trieben damit ihr Gespött und warfen ihn in das Schanztobel. Er rollte mit einem merkwürdigen, übernatürlichen Gepolter in die schaurige Tiefe, aber des andern Tages war der Schädel stets wieder am Wegrand zu finden. Man berichtete den Vorfall unserem Pfarrer. Dieser sagte, der Kopf wolle offenbar auf geweihtem Erdreich ruhen. Er nahm den Schädel und versorgte ihn im Beinhaus bei der Pfarrkirche zu Wassen. Da hatte er nun Ruhe. Es war auch sonst in der Nähe jenes Soldatengrabes nicht geheuer, und es hat dort zuweilen Leute bstellt, und ein geheimnisvolles, nächtliches Licht hat schon manchen Wanderer in die Steingand hinauf oder sonstwie in die Irre geführt, bis ihn der Klang der Betglocke am Morgen befreite. Seitdem man aber die Seelensonntage eingeführt, nahm der Spuk ein Ende. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Warum Guggu

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Ein Knabe wollte einer Frau ein Brötchen abkaufen, aber es ihr um den vorgeschlagenen Preis nicht abnehmen, daher jene sagte: „So flüg uf und mach guggu!" worauf der Knabe als unser Kuckuck aufflog.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Warum in Engi keine Kirche steht

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Ist es nicht seltsam, dass man in Engi kein Gotteshaus sieht, wohl aber zu Matt und Elm, obschon diese beiden Dörfer viel kleiner sind? Nun wäre es freilich falsch, daraus zu schliessen, dass die Engeler etwa weniger fromm oder gar keine Christen wären. Im Gegenteil, sie wollten vor vielen Jahren eine eigene Kirche bauen. Gewissenhaft trugen sie jeden entbehrlichen Blutzger zum Tagwenvogt, bis dieser die Geldkiste mit all den Schärflein nicht mehr vom Fleck brachte und darum den Baufonds für gross genug erachtete. Inzwischen hatten sich die Bürger nach langem Hin- und Herreden auch auf einen günstigen Bauplatz geeinigt. Die Kirche sollte zwischen die Speichen- und Fritternrunse zu stehen kommen. Schliesslich fand der Tagwensbaumeister in einem alten Kalender die Abbildung einer stattlichen Kirche, die er den Leuten zeigte und so gut erklärte, dass sie einhellig beschlossen: «Eine solche wollen wir auch.» Schon am andern Tag hoben die Männer die Baugrube aus, um das Fundament zu legen, denn eine Kirche darf man ebenso wenig auf Sand bauen wie ein gewöhnliches Haus. Jeden Abend kamen die Frauen, Töchter und Kinder auf den Bauplatz, zu sehen, wie weit die Arbeit der Männer vorgerückt sei, und ehe der Mond wieder zu wachsen begann, ragten die Kirchenmauern gute drei Schuh hoch über den Boden hinaus. Bereits beratschlagten die Engeler, welche Art Pfarrer wohl am besten zum neuen Gotteshaus passen würde, ein rundlicher oder ein «Sprenzel» – da waren eines Morgens die Mauern verschwunden, jawohl, bodeneben abgetragen. Es guckte auch kein Stein mehr aus dem Rasen hervor und lag auch nicht einer mehr herum. «Wele Lappi …?» Aber niemand wusste Bescheid, und die Männer von Engi begannen mit wahrhaft gläubiger Geduld zum andern Mal. Genau drei Schuh hoch standen die neuen Mauern, als sie abermals verschwanden, wie wenn man sie weggeblasen hätte. Wer will es den guten Leuten verargen, dass sie vor Zorn glühten und nur mit Mühe vom Tagwenvogt für einen dritten «Anlauf» zu gewinnen waren? Da sie nun schon gute Übung im Steinebrechen, Mauern und Pflastern besassen, lief ihnen die Arbeit leicht von der Hand, so dass die Mauern rasch emporwuchsen. Doch auch diesmal war aller Fleiss umsonst. Kaum hatten sie die Höhe von drei Schuhen erreicht, so ward das Werk auf rätselhafte Weise abgebrochen und weggetragen. Da merkte selbst der Tagwenvogt, dass hier etwas Unlauteres dahintersteckte, und so unterliess man den Kirchenbau für alle Zeiten. Die Engeler beschuldigten niemand, auch dann nicht, als sie zu Matt hinter manchen Häusern grosse, frisch aufgeschichtete Steinhaufen bemerkten, und ihnen die Matter auf die Frage nach der Herkunft der Steine schnippisch antworteten: «Das gaht der Muu e Cheib a, as gaht’s.»   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Warum man ein Tälchen die Lenk heisst

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In alten Zeiten kam übers Meer von Ägypten her ein ganzes Kriegsvolk nach dem Wallis. Es waren lauter Christen. Da aber die Walliser noch Heiden waren, töteten sie die Krieger. Ein einziger Mann entrann, der hiess Longinus. Lange irrte der Alte im Gebirg umher. Dazumal versperrten noch keine Gletscher die Höhen. Droben am Wallisberg, wo heute kein Gemsjäger mehr über das Eis fürbass mag, lag eine grosse Alp von hundert Rinderweiden, welche man gemeinhin Blüemliberg nannte. Dreimal des Tages konnten dort oben die Kühe gemolken werden. Über diese Alp herab kam Longinus, hungernd, dürstend, wund an den Füssen und vom Scheitel zur Sohle zerlumpt. Die Leute des Tales aber erbarmten sich seiner, nahmen ihn freundlich auf und gaben dem Flüchtigen Raum in ihren Hütten. Als er sich ihr Vertrauen erworben, lehrte er sie den Christengott kennen. Da konnten sich nun die Hexen und Strüdlen den Mund wischen und gehen. Das Gemäuer auf dem Burgbühl, das zu den Götzenopfern gebraucht worden, zerfiel. Die Leute waren im neuen Glauben glücklich geworden. Als aber Longinus starb, nannten die Leute das Tälchen in dem sie wohnten, in dankbarer Erinnerung an ihn, "die Lengg". Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Was dem Waldbruder begegnet ist

Source: Was dem Waldbruder begegnet ist

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Um 1590 lebte bei Horw im Bruderhäuschen der Eremit Peter Cunert, gebürtig aus der Grafschaft Rotenburg. Als er zu Ostern noch in der Nacht aufstand und nach dem Kapellchen auf der Allmend wandelte, um dort zu beten, begegnete ihm bei der Horwer Mühle etwas, das ihn beim Haar ergriff und stark zog, worab er zwar heftig erschrak, aber doch fürbass ging. Dasselbe folgte ihm dabei nach bis zum Käpeli beim Gatter. Da ergriff es ihn so, dass er kaum ins Käpeli hineinzukommen vermochte. Dann als er heraustrat ist jenes mit grausamem Geräusch ihm nachgefolgt und immer auf der rechten Seite, bis zum Bildstöckli auf der Allmend. Hier sah er etliche blaue Lichtchen um sich, die ihn rauschend umschwebten bis zum Allmendkäpeli. Hat sich darob nicht wenig entsetzt, der Waldbruder, und besegnete sich mit dem heiligen Keuz. Sofort sah und hörte er nichts mehr und kam unangefochten heim. So hat er Samstag nach Jakobi 1591 seinen gnädigen Herren und Oberen in Luzern berichtet.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Was die Hexe zurückgelassen

Source: Was die Hexe zurückgelassen

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1. Vor nicht gar vielen Jahren ging eine Lawine von dem grossen Windgällen über Bernetsmatt und den Golzersee bis in die Stössialp nieder. Auf ihr fand man ein schwarzes Haarnetz (äs Gäräli), wie es die Frauen auf dem Kopfe zu tragen pflegen. Sofort wussten die Talleute, woher es gekommen. Als nämlich zu Luzern die letzte Hexe verbrannt worden, hatte sie bekannt, sie habe auf einem Berg in Uri auch noch etwas hinterlassen, dass Rübi und Laui Schaden stiften mögen, und das war nun sonder Zweifel dieses Haarnetz, anders lässt sich ja die Sache gar nicht erklären! Johann Tresch, Bristen, 20 J. alt 2. Eines Herbsts wanderte ein Weibervolk durch das Maderanertal und machte mit den Händen allerlei Manöver gegen die Berge hinauf. Im Winter ging dann eine Lawine nieder an einem Ort, wo noch nie und wo mit rechten Dingen keine niederstürzen kann. Auf dem Lawinenschnee fand man das Brusttuch jener Hexe, die im Herbst beobachtet worden war. Andreas Fedier, 45 J. alt 3. »Es war im Jahre 1907. Ein furchtbarer Sturm wütete und legte ganze Wälder. Ich durchwachte die Nacht in meinem einsamen Berghause im Etzlital, denn jeden Augenblick konnte der Sturm mein Holzhäuschen stürzen. Da krachte es im nahen Walde, und in wenigen Augenblicken lag eine grosse Strecke Wald am Boden, wie gemäht. Die mächtigsten Tannen waren gänzlich entwurzelt. Am nächsten Morgen fand ich zu meinem höchsten Erstaunen zwischen Haus und Gaden einen alten Wirzägrebel mit kurzem Halb, ein Breitbeil mit ebensolchem Halb, einen Strähl, in dem noch Weiberhaare hingen, eine viereckige, glockenpfennigganze Fensterscheibe und ein Paar Finkensohlen. Die Sachen gehörten nicht uns, und niemand hat sie je reklamiert. Ich kann mir nichts anderes denken, als dass die Hexe in dem Sturm diese Sachen hier doch hat müssen zurücklassen.« Heinrich Walker, 50 J. alt 4. In der hintern Bitzi zu Erstfeld steht ein grosser, oben ebener, freiliegender Felsblock. Den hat die Riedtal-Lawine gebracht, und der Besitzer des Gutes hat oben auf ihm ein Stück von einem Spinnrad gefunden. Man schloss daraus, eine Hexe habe die Lawine in Bewegung gebracht und sei mit ihr auf dem Steine zutal gefahren, wie solches auf der nahen Wylerlaui auch schon beobachtet worden. Ambros Walker, 60 J. alt 5. Auf einer niedergegangenen Lawine in Gurtnellen fand man einen roten Halbstrumpf und einen Schuh oder Pantoffel von einer Hexe. Thomas Dittli, 25 J. alt, u.a. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Was die hundertjährige Megger-Meili aus Luzern alles in den Ruinen von Neuhabsburg gesehen hat

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Ein altes Mütterchen, welches Gott mit einem Alter von 100 Jahren gesegnet hatte, und in Luzern und dessen Umgebung noch vor wenigen Jahren unter dem Namen die Megger-Meili bekannt war, erzählte von gar wunderbaren Erscheinungen, welche sie in den Ruinen von Neuhabsburg, besonders an gewissen Tagen gehabt haben wollte. Oftmals wenn sie des Morgens frühe oder des Abends in der Dämmerung an ihnen vorbeigegangen oder in einem Kahne auf dem Vierwaldstättersee von dem Burgweidli nach der Angelfluh geschifft sei, habe sie stattliche Ritter, oft wie Höflinge mit seidenem Wams bekleidet, dann wieder in Stahl gehüllt, mit Helm und Schwert gesehen. Im ersten Falle hätten sie ihr von den Ruinen herab freundlich zugenickt oder ihr wohl gar gewinkt hinaufzukommen; im letzteren dagegen hätten sie mit den Schwertern geklirrt und ihr mit geballten Fäusten und drohenden Gebärden zu verstehen gegeben, sie solle sich so schnell als möglich entfernen. Einmal habe sie, nach einer so freundlichen Einladung, es gewagt, die kleine zwischen dem See und der Burg befindliche Wiese zu betreten. Dort habe sie zu nicht wenig Erstaunen und Entzücken gesehen, wie die Ritter mit einem goldenen Kegelspiel sich ergötzten. Gern hätte sie eine der schön glänzenden Kugeln in ihrer Schürze aufgefangen, allein es sei ihr unmöglich gewesen, indem dieselben ihr Ziel nie überschritten gehabt hätten oder ihr nahe gekommen wären. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Was die Wildhauser von der Wildenburg erzählen

Source: Was die Wildhauser von der Wildenburg erzählen

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Bei Gambs in der toggenburgischen Gemeinde Wildhaus im Kanton St. Gallen liegen auf einem Felsen die Trümmer der Wildenburg. Ein großer finsterer Turm ist das einzige merkliche Überbleibsel dieser einst so starken Feste. Hohe, schroffe und nackte Felsen, zwischen deren Zacken spärlich hier und da eine düstere Tanne hervorlugt, bilden seine Umgebung – eine schauerlich wilde Gegend, der geeignete Wohnort jener gespenstischen Spukgestalten, die der Sage nach dort ihren Sitz aufgeschlagen haben. Im Schutt und Sand der Wildenburg liegen ungeheure Schätze, gehütet von zehn der hässlichsten Kobolde und Gnomen. Das sind die Zwingherren, die zum Schrecken des Volkes auf der wilden Burg wohnten, und die zu ewiger Strafe, Tyrannen zur warnenden Lehre, in den schrecklichsten Gestalten nun ihr zusammengestohlenes Gut Tag und Nacht bewachen müssen. Um Mitternacht, zur Geisterstunde, wenn kein Sternlein glimmt, kriechen sie aus ihren Höhlen hervor, springen herum, leuchten wie Irrwische, raufen sich die Haare, toben und heulen, dass es den Leuten in der Nachbarschaft Mark und Bein erschüttert und die Alpen bewegt. Zu gewissen Zeiten ändern sie ihre Gestalt, die nie ihres Gleichen hat. Das Eine dieser Ungeheuer ist jung und frisch, das Andere alt und kränklich, wieder Eines ganz schwarz; bald erscheinen sie als Riesen, bald als Zwerge, voll Höcker und so fort, zuweilen aber auch als Schweine, Hunde, Katzen und Tiger und als langgehörnte Böcke, die bei jedem Atemzug Höllendampf von sich blasen. Wenn die Quatember- oder andere heilige Zeiten herannahen, spuken sie in der Gegend weit umher. Dem wildenburger See entlang, wo mancher Berggeist schon ertrank, wandelt eine alle Matrone, die, wird sie Jemand gewahr, eifrig sich die Hände reibt, und klagt und winselt. Dem Wanderer nahe, rümpft sie die Nase und zugleich wird sie zu einem sich immer und immer verlängernden Rüssel, womit sie nach Beute hascht. Glücklich, wer dann im Schleier der Nacht Schutz und Rettung findet. Weiter vorwärts stößt man wieder auf einen gewaltigen Mann mit großem breitgeränderten Hute, und eingehüllt in eine weite schwarze Kutte, vollkommen ähnlich einem schwarzen Mönche. Zuletzt steht noch mitten in der Straße ein Ungetüm mit Zigeunerbart und Räuberblick, welches den Weg verrammelt. Alle diese Ungeheuer zusammen leben in ewigem Hader. Tritt einmal ein ruhiger Augenblick ein, so sitzen sie um ihre reichen Kessel, zehnmal größer als die, worin man Käse kocht, und zählen schäckernd ihr Gold. Plötzlich werfen sie dann Alles wieder hin, sich selbst mit geballten Fäusten schlagend, und so quälen sie sich, bis endlich die ausgestandene Pein ihre verübten Grausamkeiten sühnen wird. Nach ihren Schätzen waren schon manche lüstern, aber von den Einheimischen hat keiner das Herz, sich mit den mächtigen Gnomen zu schlagen, die an der eisernen Pforte der grauenvollen Gewölbe Wache halten. Da geschah es, dass aus den Laguneninseln des adriatischen Meeres viele Menschen auswanderten und sich in alle Winkel der Erde zerstreuten. In Wildhaus, wohin sie auch kamen, kannte man sie unter dem Namen Venediger und sie wurden als Hexenmeister und Tausendkünstler geehrt und gefürchtet. Ein solcher hatte auch Lust, die hässlichen Geizhälse in der Burg zu plündern, wollte aber vorerst auf ein Mittel denken, wie er sie blenden konnte. Nach langem Grübeln besann er sich endlich wieder, wie man die Ungeheuer mit der weißen Ziegenkrautblume, wie man sie nennt, banne, die jedoch unglücklicher Weise höchst selten wächst. Dies hielt ihn aber nicht ab, die höchsten Alpen zu durchstreifen, bis er sie fand. Nun machte er sich mutig auf den Weg zur berüchtigten Höhle. Beim wildenburger See stieg er in den unterirdischen Gang hinab, der vor Zeiten in die Burg führte, und nach wenigen Minuten stand er an einer großen, eisernen, mit schweren Barren kreuzweise belegten Türe, die sich ihm, auf die Berührung mit seiner Zauberpflanze, krachend öffnete. Und er betrat eine leere Felsenkammer, und finster, wie die schwarze Nacht, nur zuweilen vom Strahle des Goldes, wie von einer Wetterleuchte feurig durchblitzt. Furchtlos und ohne Rast legte er nun Hand ans Werk, raffte von den zahllosen Goldklumpen, die an den Wänden herumlagen, was sich tragen ließ, zusammen, und versprach sich schon im Voraus, recht bald wieder zu kommen, als ihm auf einmal, als er eben abziehen wollte, mit leisem Wimmern ein unsichtbares Wesen zuflüsterte: „Laß's Best' nicht liegen, laß's Best' nicht liegen!!" Darob erschrak der goldgierige Mann; folgsam, nach gegebenem Rate, besah er noch einmal seine reiche Beute und eilte damit schaudernd von dannen. Erst beim schmetternden Schlusse der Türe erinnerte er sich, dass er das Beste vergessen habe, die weiße Ziegenkrautblume! – Von nun an wagte sich Niemand mehr dahin, lieber grub man sich Gold im Gebirge, dessen Eingeweide an diesem köstlichen Metalle so reichhaltig gewesen sein sollen, dass einst ein anderer Venediger, der sich durch seine Zaubereien das Leben verwirkt hatte, eine goldene Kette um die Stadt Lichtensteig zu schmieden versprach, wenn er begnadigt würde. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.    


by Was ds Zwäärgli säid

Source: Was ds Zwäärgli säid

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Ds Zwäärgli hed gsäid, bi scheenem Wätter selle-m-ma e Schlufi mid äim nän, bi-l-läidem häige-m-ma d'Weli z'mache-w- wie-m-ma welli. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Was einem Stadtbürger Freiburgs auf der Johannisbrücke passierte

Source: Was einem Stadtbürger Freiburgs auf der Johannisbrücke passierte

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In der Mitte des vorigen Jahrhunderts ging eines Nachts ein Stadtbürger, namens Cugniet, über die kleine Johannisbrücke der Stadt Freiburg. Da hörte er auf dem nicht unweit liegenden Oelberg ein ausserordentliches Geräusch, wie das Schreien, Wehen und Schlagen der Fittiche grosser Raubvögel, von einem singenden Gesumse begleitet, das hin und wieder durch ein gellendes Gelächter oder liebesüsses Stöhnen unterbrochen wurde. Er lehnte sich an das Geländer der Brücke, und hörte diesem sonderbaren Auftritte zu, den er sich nicht erklären konnte, und der nur auf Augenblicke durch das Geplätscher und dem Wellenspiel der Saane unterbrochen wurde; auch schien es ihm, dass hin und wieder rotgelbe oder graugrüne Flämmchen flimmerten, die sich im Kreise schnell bewegten. Unversehens empfing der Neugierige eine äusserst derbe Maulschelle, wie von einer eisernen Hand, dass er vor Schmerz und Schreck "heiliger Joseph!" rief. Da stand plötzlich neben ihm eine ihm wohlbekannte vornehme Frau, welche einen Besenstiel zwischen den Beinen hielt, auf dem sie reitend in die Nacht davonflog und verschwand, nachdem sie ihm einen silbernen Becher, zum Pfand für seine Verschwiegenheit, geschenkt hatte. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Was hat er geschaut?

Source: Was hat er geschaut?

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In der Arnetrütti zu Schattdorf plagte es ihnen immer das Vieh im Stalle. Endlich liessen sie ihren Ortspfarrer, den Kommissar Isenmann (gest. 1775) kommen, dass er es verbanne. Sie wollen ja gerne etwas tun für die armen Seelen, aber das Vieh können sie nicht so plagen lassen, meinten sie. – Der Gerufene kam, und der beherzteste, meisterlosigste Schattdorfer Knabe – er hatte ihn selber ausgesucht – trug ihm den Weihwasserkessel. »Bub!« sagte er zu ihm, »dass du mir ja keinen Schritt vor mich tust, bevor ich es erlaube!« Gut, der Junge blieb schön hinter dem Geistlichen stehen, während dieser vor der Gadentüre betete und gsegnete. Endlich schloss er und sagte: »So, Bub! jetzt guck hinein!« Der schaute hinein und wurde totaschenbleich. Niemehr in seinem ganzen Leben mochte er sich erlachen. Man glaubt, er habe den Teufel geschaut. Frau Gisler-Bissig Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Was mochte das sein?

Source: Was mochte das sein?

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Zwei Brüder Wipfli von Erstfeld haben im Weidli in der Rynächtgegend ihr Vieh besorgt und sind im Begriffe heimzugehen. Da sehen sie zwei Gestalten, Weibervölker, wie sie meinen, von unten herkommen, und es sagt der eine zum andern: »Gang du afigs, dü värchunnsch da Gspanä, ich chumä bald nachä.« Dieser gehorcht, und da die Gestalten am Gädemli schon vorbeigehuscht, beschleunigt er seine Schritte, um sie einzuholen. »Die hesch du bald b'sogä«, sagt er sich. Aber trotzdem er sich wacker sputet, sind sie doch beständig so 10–20 Schritte von ihm entfernt. Vor dem Hofstetten-Steg denkt er: »Ähä, jetzt hesch es de!« Kaum gedacht, haben sie die Brücke hinter sich. Beim Türli zu Hofstetten ist er ihnen so nahe gerückt, dass er auf sie losschiesst und sie packen will. Doch halt! Er greift ins Leere, und die zwei Rätsel sind ihm um 20 Schritte voraus. Endlich zu Niederhofen holt er sie ein, will an ihnen vorbei springen und ihnen ins Angesicht schauen. Doch wie er den Anlauf nimmt zum Sprunge, sind sie auch schon wieder fort. Ohne sie eingeholt und erkannt zu haben, betritt er sein Haus, das am Wege steht. Es waren unbestimmte menschliche Gestalten, er wusste nicht, ob Mannen- oder Weibervölker, doch schienen sie ihm eher das letztere zu sein (19. Jahrhundert). Martin Wipfli Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Was war es?

Source: Was war es?

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Meine Base erzählte mir von übernatürlichen Wesen, die hoch in den Lüften daherkommen und Sturm und Wetter erzeugen, oder die im Wasser dahergeschwommen kommen und Überschwemmungen verursachen. Einst fuhr es so im Fluß daher. Ein Mann, der Sandholz auffangen wollte, hielt es für ein Stück Holz und schlug ihm den langen Haken in den Rücken. Sogleich trat das Wasser über die Ufer. U. Schawalder   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 62, S. 28Was war es? Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Waschende Geister, 1 - 10

Source: Waschende Geister, 1 - 10

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1. Schlossjungfer auf Wessenberg. Die Ruine Wessenberg liegt im Bezirke Brugg. Auf dem verwilderten und verschütteten Schlosshofe geht die Schlossjungfer alle Charfreitage im steinigen Schlossgässchen umher; will aber die Witterung umschlagen, so kommt sie bis zum sogenannten Dorfbrunnen in Hottwil und spült dorten Linnen und Wäsche. Sie soll früherhin verschiedenartige Gestalten angenommen haben, seit einigen Jahren spricht man indess nicht mehr von ihr. Schatzgräber haben im Burgstall Silbermünzen von achteckiger Form gefunden. 2. Das Wäscherli ist der Name eines Weihers bei Birri. Das Volk sagt, es sei die älteste Waschgrube der Gegend gewesen. So oft schlechtes Wetter kommt, erscheint hier ein Weib in alterthümlicher Tracht und schwadert diejenigen Linnen, die sie vormals bei einer Dorfwäsche gestohlen haben soll. Sie trägt einen breiten Schinnhut (Weidengeflechte), kurze Jüppe, rothes Brusttuch, auch eine starkgefaltete Schaube (Deckelmütze). Ein Mann aus der Schweddi und der Altammann von Birri haben sie so erblickt. 3. Das Bündelmaideli spukt im Frickthale auf dem Homberge zwischen Wittnau und Wegenstetten an derjenigen Stelle, wo ein Wallfahrtskreuz errichtet ist. Man droht noch den unfolgsamen Kindern in der Gegend mit ihr. 4. Der Bergfridli lässt sich aus den Waldungen her im Frickthale hören und gilt mit seinem Rufen als ein Wetterprophet. (Er gehört zu den männlichen Witterungsgeistern und wiederholt sich Abthl. XI, No. 472: Frickthaler-Landespatron Fridolin.) 5. Die Waschjungfer von Rohrdorf, Bezirks Baden, wird Nachts auf dem Brunnenstein gesehen, wie sie Wäsche windet und ausbreitet. 6. Das Strähl-Anneli und das Spinnmütterli gelten nur noch als unheimliche Vorstellungen bei der Bevölkerung des Badener-Bezirkes. Letzteres hielt sich besonders in jenem Theile der Weinberge vom Dorfe Würenlos auf, welchen man den Bick nennt. Man mass ihr die Schuld bei, wenn der Rebmann seinen mühsam auf die Höhe getragenen Korb voll Dünger zur Unzeit umgeleert fand. 7. Das Bachmaidschi auf der Ziegelmatte. Will man vom Dorfe Dottikon im Freienamte aufwärts nach dem Nachbardorfe Hägglingen gehen, so hat man anfangs an einem tiefen Bachtobel hinzusteigen. Hier wandelt zu Fronfasten das Bachmaidschi als blaue Flamme über die rauschenden Wasser herab. Wer sich ihr vorsätzlich in den Weg stellen will, bekommt einen geschwollenen Kopf. Am jenseitigen hohen Ufer liegt ein kegelförmiger Bühl wie ein alter Burgstall mitten in dem Wiesgelände. An seinem Fusse stösst man vielfach auf Scherben von Urnen; das Volk, welches daraus schloss, hier müsse einst eine Ziegelhütte gestanden haben, nennt die Flur die Ziegelmatt. Von da aus nimmt auch der Dorfhund seinen Lauf. 8. Brunnenmädchen in Küttigen. Beim Bärenbrunnen im Dorfe Küttigen pflegt in gewissen Nächten ein weiss gekleidetes Mädchen Wasser zu holen; man sagt, sie sei früher Wirthin gewesen und habe den Schenkwein zu sehr getauft. Ein Küttiger bewog einmal seine Frau, des Nachts mit zu gehen, um dieses Mädchen zusammen zu betrachten. Die Frau aber vermochte von allem nichts zu sehen, nur dass sie hörte, wie man einen Züber am Brunnentrog abstellte. (A. Birrcher in Laufenburg.) 9. Am Südabhang des Berges Maiengrün im Freienamte läuft ein Fahrweg vom Dorfe Hägglingen nach Mäggenwil; an demselben liegt das Müseli. Hier sitzt an einem Bergquell, welcher Müselibrunnen heißt, das Müselifräuli, kämmt und wäscht sich, breitet bunte schimmernde Gewänder in der Sonne aus und während sie einen Ellenstab drüber schwingt, singt sie klagende Lieder. Zur Zeit des beginnenden Frühlings sieht man sie am öftesten. - Der Name dieses Müseri- oder Moosweibchens wiederholt sich in dem des Müserigeistes von Gebistorf, No. 345. 10. Die alte Köchin Im Dorfe Tägerig umgeht die Ortskirche herkömmlicher Weise ein Nachtgeist, den man die alte Köchin heisst. Sie trägt eine Bränzhaube, das ist eine schwarze Florhaube mit strahlenförmig um das Haupt gehendem Drahtrande, dazu ein weisses Goller, nämlich einen viereckig geschnittenen Halskragen, der Brust und Nacken bis zur Hälfte herab deckt, und ein schwarzes Jüpplein, ein Mieder, das mit der Brisnestel über der Brust künstlich verschnürt ist. Vom Schulhaus bis zur Kirche geht sie hinter einem Hag her, in der Hand hat sie einen kleinen masshaltigen Milchkessel; er glänzt, als ob er frisch vom Blechschmied käme. Ein Hündlein mit weissem Rubelhaar (zottig) und rothem Halsband lauft hinter ihr her. Ein junges Mädchen, das der Alten begegnete, wollte ihr guten Abend bieten und wie man einen solchen Gruss nicht nach der Tageszeit, sondern je nach der gerade geltenden Arbeit auszudrücken pflegt, sagte das Kind: Jhr geht gar spät Milch holen. Da war die Alte verschwunden, das Kind aber kam mit einem gewaltigen Rüfenmaul heim. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 150 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wasser usem Wy trepflä

Source: Wasser usem Wy trepflä

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Ein Weinreisender, der viel in einem Wirtshaus zu Gurtnellen verkehrte, kam eines Tages von der Göschener Alp her. Zwischen Abfrutt und Göschenen begegnete ihm die Wirtin jenes Wirtshauses. Er wünschte ihr freundlich »Guten Tag!«, aber sie nahm ihm den Wunsch nicht ab. (Geister nähmet dz Zyt nid ab, nur den Lobspruch.) Da fragte er, wohin sie wolle, und jetzt sagte sie: »Ga Wasser usem Wy trepflä!« Er dachte: »Aha, das ist auf dich gemünzt!« und ging weiter. Noch einmal schaute er nach ihr zurück. Sie war's ganz sicher, ihre Kleider, ihr Wandel, alles verriet sie. Am folgenden Tage kam er nach Gurtnellen und kehrte auch in jenem Wirtshause ein. Er traf das Töchterlein, das weinte und auf seine Fragen zur Auskunft gab, die Mutter sei gestern zu der und der Stunde gestorben. Auch in der Nachbarschaft sagte man das nämliche. Die Stunde ihres Todes war genau die Zeit, da ihm die Wirtin zwischen Abfrutt und Göschenen begegnet war (19. Jahrhundert). Peter Walker Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wassergeist bei Seckingen

Source: Wassergeist bei Seckingen

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Im Frickthalerdorf Hornussen lebte ein Bauer, der täglich in die Messe gieng, fleissig seinen Rosenkranz betete, dem Pfarrer und Kaplan in Allem folgte, der Obrigkeit aber um so weniger nachfragte. Wegen wiederholten Ungehorsams liess ihn zuletzt das Amt auf vier Tage ins Bürgerstübchen sperren. Da man ihn wieder aus der Haft entliess, wandelte ihn eine solche Scham vor den Leuten an, dass er sogleich dem Rhein zulief und sich hinein stürzte. Ein Bekannter, der ihm auf dem Wege begegnet war, hatte aus seinem trüben Aussehen nichts Gutes geschlossen und war ihm nachgegangen; als er den Fluss erreichte, sah er eben noch, wie der Unglückliche im Wasser mit dem Tode rang; er hatte ein am Ufer stehendes Tannenbäumchen zu fassen gesucht, dieses riss aus und blieb ihm in der Hand, damit versank er. Einige Zeit darnach fuhr ein Schiffer den Rhein herab und fühlte oberhalb Seckingen, eben an dieser Unglücksstelle, wie sein Weidling plötzlich emporgehoben werde. Zugleich sah er vorne an der Schnauze des Schiffes ein Tannenbüschlein aus dem Wasser auftauchen, versinken und dann wieder hervor kommen, von einer Menschenhand krampfhaft festgehalten. Sogleich erinnerte er sich des Unfalls, der hier seinem Bekannten das Leben gekostet hatte, und im herzlichsten Mitleiden rief er: ach Gott, was muss man denn thun? Da war's ihm, als ob Jemand entgegen gerufen hätte: Sechs Johr am Läbe verlore, Und sechs Johr im Wasser verfrore. Der Schiffer rechnete nach, dass heute gerade sechs Jahre um seien, seit der Hornusser hier ertrunken war. Vom Schwarzsee im St. Gallischen erzählt man, es sei ein Mann aus Weisstannen in ihn gestürzt und strecke nun bisweilen seinen Arm heraus, in der Hand einen mit bunten Bändern behangenen Stock haltend. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 38 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wassergeist im Trottenbach

Source: Wassergeist im Trottenbach

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Auf dem Wege von Leuggern nach Neuenthal kommt man beim Trottenbach zum alten Steg, der über den Graben führt. Drunter haust ein Gespenst. Es trägt das Haupt im Arme, die Augen auf einem Teller und brüllt dabei wie zu einem hohlen Hafen heraus. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 55 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wässermann in Seengen

Source: Wässermann in Seengen

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übervortheilte seiner Zeit die Nachbarn im Wässerrecht und geht seitdem um. Schwarz am ganzen Leibe, den Spaten auf der Schulter, kommt er vom G'hei her, läuft dem Graben nach bis zur Kirche, trinkt dort am Brunnen und verschwindet. Ein Weib, das spät Nachts von der Wäsche heimgieng, sah ihn so kommen und blieb stehen. Während er am Brunnenstock gelehnt sie mass, meinte sie einen Nachbar in ihm zu erkennen und rief ihn an. Da tritt er vor sie hin, sie gewahrt nun ihren Jrrthum, entrinnt, kommt leichenblass heim und hat am andern Tage einen geschwollenen Kopf. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 55 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wässermann zu Staffelbach

Source: Wässermann zu Staffelbach

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Jemand war an einem Sonntagsmorgen auf dem Wege von Staffelbach her, um diesmal den Gottesdienst im Dorfe Schöftland zu besuchen. Er schlug dabei den Fusssteig an der Suhre hinab ein und erstaunte, als er hier einen ihm wohlbekannten Mann in den Matten fand, der in seinem Futterhemde dastand und gegen allen Brauch eben die Wiesgraben auszubessern beschäftigt war. Er grüsste den Mann im Vorbeigehen, erhielt aber weder Dank noch Antwort. Sein Erstaunen wuchs aber noch mehr, sobald er gegen die Kirche von Schöftland kam und nun eben denselben Mann hier unter den Kirchgängern und im Sonntagsrocke erblickte. Wie war es möglich, dass der Arbeiter heimgehen, den Weg noch einmal zurücklegen und frischgekleidet noch vor ihm die Kirche erreichen konnte? Dem Ding war nicht zu trauen; gleich nach beendigter Predigt musste es den Bekannten unter den Kirchgängern mitgetheilt werden. Aber auch sie versicherten einstimmig, es selbst gesehen zu haben, wie der angebliche Wässermann diesen ganzen Morgen in der Predigt geschlafen hatte. Der beargwöhnte Doppelgänger war ein reicher Staffelbacher-Bauer, der sich vor einigen Jahren noch recht wohl befunden hat. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 44 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wässerrecht zu Ursprung

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Folgende Geschichte gehört den letzten Jahren an. In einem Hause in Ursprung, eine starke Viertelstunde von Bötzberg, fällt plötzlich reichliches Wasser von der Stubendecke, ohne dass die Hausbewohner die Ursache davon finden können. Dieses wiederholt sich mehrere Wochen, so dass die Stube fast unbewohnbar wird. Die Betten werden durchnässt, die Hausfrau schläft mehrere Tage gar nicht mehr darin. Man muss zuletzt die Stubendecke neu machen lassen und nun scheint geholfen. Da wird ein kleines Kind in Haus und Kost genommen, das einmal den Drang in sich fühlt („es heig nit anders chönnä“), ein Becken voll Wasser gegen die neue Decke zu spritzen, und seither tropft das Wasser wieder herunter, wie zuvor. Selbst das Mittagessen ist nicht sicher davor; man isst einmal auf der Ofenkunst zur grössern Sicherheit unter einem Regenschirm; nichts desto weniger fällt auch da ein Platsch (Guss) Wasser in den Härdöpfelbräusi (geröstete Kartoffeln). Die Kohlenpfanne, die man in die Stube gesetzt hat, um die Betten zu trocknen, findet sich nach einer Weile ebenfalls voll Wasser. Während der Spuk im besten Gange war, brach Feuer im Hause aus, ebenfalls auf unerklärte Weise. Es fieng unter dem Dache an und zog sich allmählich tiefer. Das Haus verbrannte von Grund aus. Verdacht von Brandstiftung liegt nicht vor. Man sagt: „wie das Wasser von oben herunter kommen konnte, so konnte es auch das Feuer.“ Man muthmasst, der Mann der letzten Hausbesitzerin, der seit vielen Jahren todt ist, hätte einmal einen allgemein für falsch gehaltenen Eid wegen eines Wässerungsrechtes gethan, und das sei nun die Strafe. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 43 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wasserschmecker und Schatzsucher

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Meine Grossmutter erzählte oft, im Hof Obergruet (Schlössli) sei in früheren Zeiten kein laufender Brunnen gewesen, und das Wasser musste aus einem Sodbrunnen gepumpt werden. Ein Knabe, der im Schlössli wohnte, behauptete nun, dass an einer gewissen Stelle laufendes Wasser zu finden sei. Grabarbeiten, die daraufhin vorgenommen wurden, förderten eine schöne Quelle zutage, die dem Brunnen des Obergruetes heute noch Wasser liefert. Dieses ist während der grössten Hitze immer wunderbar kühl, und es galt als Gesundbrunnen, von dem für viele Kranke das Wasser geholt wurde. Merkwürdigerweise versiegte die Quelle auch in Zeiten der grössten Trockenheit nicht. Der gleiche Knabe erklärte, unten am Gruetberg sei irgendwo Geld in einem Kessel vergraben. Dieser Knabe soll sich jede Nacht vom Hause entfernt haben, und wo er sich aufhielt und was er während der Nachtzeit trieb, ist nie bekannt geworden. Eines Tages war er auf unerklärliche Weise verschwunden. Münchenstein Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wätter azeige

Source: Wätter azeige

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Wätter azeige a)  Mi Vater isch uf em Liemberg uf dr Stör gsi. Im Vernachte isch er hei. D’Sunne het grad ungere welle. Du gseht er eismols am Waldrand e Ma. Dä het ganz churz Hose treit; sie sin ihm bloss bis uf d’Chneu abecho. Är het d’Hang uber d’Auge gno un i d’Luft gluegt, wie wen ne d’Sunne tät blände; aber är isch im Schatte gstange. I däm Augeblick isch dr Vater an es Grebli cho; e Laden isch druber gleit gsi; är luegt uf e Bode u wott dr Schritt nid verfähle. Druf luegt er uf, u dr Ma ischt ewägg gsi. - Aber no i dr gliche Nacht het si ’s Wätter gchehrt; ’s het afo schütte‚ was het abe möge. b) Es angersmol bin i mit de Gschwischterti go heubeere. Ungereinischt gseh-n-i unger eme Stock es alts Fraueli mit schneewisse Hoore u mit eme Lumpen ume Chopf ume. Äs het d’Hang uber d’Auge gha un i eim furt gar ärschtig a Himmel uehe gluegt. Uf ’s Mol isch es verschwunge. Drufabe het’s i de Tannen afo rusche, un im Hui isch es Wätter do gsi. Die Toten im Wind Menschen, ausgestattet mit geheimnisvollen Kräften, vermögen Sturm und Unwetter zu erzeugen. Ähnliche Vorstellungen begegnen uns in den Sagen vom Wirbelwind; aber in ihnen verschlingen sich Anschauungen von zauberkundigen Menschen, die Wind erzeugen, mit Vorstellungen von unerkannten, unheimlichen Mächten zu einer verworrenen Erscheinung, so dass eine befriedigende Einreihung, die nach bestimmten Vorstellungen gliedert, fast unmöglich wird. Unheimliche Mächte sind überhaupt im Spiel, wenn Unwetter losbrechen. So erzählen die Leute noch heute viel von unheimlichen Frauen und Männern, die erscheinen, wenn es schlechtes Wetter geben will. Es sind die Sturm- und Wetterdämonen. Man erkennt sie zwar nicht auf den ersten Blick als solche; denn selten ist der Gedanke, dass sie es sind, welche Sturm und Unwetter erzeugen, klar ausgesprochen; die Erzählung sagt nur, dass sie Unwetter künden. Der Glaube an wiederkehrende Geister spielt oft in einzelne dieser Sagen hinein. Erzählungen von Wiederkehrenden schliessen gerne mit dem Ende: „Drufabe het ’s Wätter gänderet“; aber ihr Erscheinen stand ursprünglich mit dem Wetter in keinem Zusammenhang. Nicht dem Seelenglauben entspringen die kurzen Sagen von den Wetter kündenden Geistern, sondern im Erlebnis des Sturmes liegt ihr Ursprung. Dem Lauschenden graust, wenn er in den Sturm hinaushorcht; es tost, heult und pfeift! Da sind unheimliche Mächte, finstere Dämonen im Spiel. Sie sind es, welche das Unwetter erzeugen und in ihm einhergehen. Schrecken und Grausen zeichneten die Dämonen, deren Züge sich aber im Verlaufe der Jahrhunderte milderten. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wätter u Müsli mache

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Wätter u Müsli mache E Luzärner isch zum Zürcher Ueli. Eismols isch es Müsli i dr Stube desume gfahre. - Dr Luzärner isch ubere Chatzerschwang hei. Ungerwlle het si s’Wätter gchehrt gha; ungeruf isch es ganz schwarz cho. „Jo, jo“, säg dr Luzärner, "chan er Müsli mache, chan er au Wätter mache!“ Die Hexen erzeugen Unwetter, um Feld und Flur zu schädigen; sie machen aber auch Mäuse, welche die Saaten verzehren und Misswachs und Hungersnot hervorrufen. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Weder lachen, noch weinen, noch singen

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Auf einer Kreuzstrasse zu Schattdorf belästigte ein Gespenst die Leute. Man sagte, es sei eine arme Seele, und die wäre zu erlösen. Ein junger, tapferer Bursche wollte das wagen. Er musste eine ganze Nacht an einer bestimmten Stelle sitzend ausharren und durfte dabei, mochte kommen, was nur immer wollte, weder lachen, noch weinen, noch singen. Er setzte sich und wartete. Da wackelte ein krummes, altes Weib mit einem Zeintli voll Eier daher, setzte sich vor dem Burschen auf die Eier und zerrieb sie mit dem blutten Hintern. Das gab einen heillosen Brei, und der blieb ihm am Rocke und überall hängen, und so machte es sich wieder von dannen. Das wäre nun etwas zum Lachen gewesen, aber der Bursche liess sich da nicht verführen. Wie die zwei andern Proben lauteten, weiss ich nicht, aber er bestand beide. Am Morgen erschien ihm die erlöste Seele ganz im Weissen, doch seine Haare waren weiss geworden, und er starb bald hernach als ein Kind der Seligkeit. Nikolaus Inderkum Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wee ischd dee Utriww so gross!

Source: Wee ischd dee Utriww so gross!

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Z‘Wasserwendi sii d'Zwäärga bis uf en Abembeel abhachun. Da ischd zen där Ziit en grossa Mälboi gstanden. We d'Liit häi ghewwed, sii s' us däm Boi gchläned und häin den Hewwerre zöögseen. Döö aber hed nen äina e Tuck tan und ischd nen in enen Ascht ge saagen, wa s' geng siin drüüf ge sitzen. Wa d'Zwäärga sii chun und uf em Boi gräbled siin, ischd dr Ascht abbrochen, und all siin abhaghiid. Döö häi s' bbreeled ung ghuwwled, siin obsi gsprungen und häin emzruggreefd: „Wie ischd dr Himmel so hoch! Wie ischd die Utriww so gross! Hiit hiehär und nimmermeer!" Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Weg nach Isental und fahrender Schüler

Source: Weg nach Isental und fahrender Schüler

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»Friähner het mä-n-ibir-ni Leitärä-n-ufä miässä stygä, wem-mä-n-i ds Isitall innä het wellä; wäg dem hennt d'Isitaller d'Leitärä-n-im Wappä,« meldet eine Volksüberlieferung. Es ist leicht möglich, dass vor Zeiten der Felsenvorsprung bei der Frutt, den der von Seedorf nach Isental führende Fussweg vor Erbauung der neuen, bequemen Isentalerstrasse durch eine in den Felsen gehauene, schmale Treppe überwand, auf einer Leiter erklommen werden musste. Auch sonst ist der Weg schmal und steil, führt über bröcklige Schrunden und Risse, und die Füsse rutschen auf dem bald groben, bald feinen Kies nicht selten aus. Himmelhohe Wände starren zu Häupten des Wanderers und senden von Zeit zu Zeit einen donnernden Gruss in Form eines losgerissenen Felsblocks; auch der blaue See zu Füssen vermag das Düstere der Gegend nicht ganz zu bannen, denn es ist kein Trost, sich sagen zu müssen: »Stürzest du, so bist du eine Beute des tiefen Wassers da drunten.« Also diesen Pfad wandelte einst ein fahrender Schüler, begleitet von einem Urner. Droben auf der Frutt überschauten sie nochmals den zurückgelegten Weg und erfreuten sich gewiss auch der herrlichen Aussicht, die dieser Punkt dem Auge bietet. Da meinte der Urner: »Nicht wahr, das ist ein gefährlicher Weg?« Der »g'fahred Schüeler« liess nochmals seine Augen aufmerksam über die wilde Gegend streifen und sagte dann in festem Tone: »Nein, dieser Weg ist nicht gefährlich; da kommt niemand ums Leben.« »Und in der Tat,« behauptet mein Gewährsmann, ein 80jähriger Isentaler, »ist auf diesem Weg noch niemand verunglückt.« Michael Imhof Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wegen Menschengebeinen

Source: Wegen Menschengebeinen

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In einem Hause zu Intschi war ein alter Kasten. Nun geschah es, dass sie ein neues Haus bauten und diesen Kasten auch hinüber nahmen. Sobald dies geschehen, liess es ihnen gar keine Ruhe mehr, es polterte und rumorte im Hause an einem fort. Das häig gschytteret und poolet i dem Hüs innä, dass nimmä zum Üsshaltä gsy syg. Die Leute klagten es einem Geistlichen, und der sagte, ja, da sei nichts anderes zu machen als zu beten. Sie gaben nun Almosen, und es wurde schrecklich viel gebetet, bis der Spuk endlich aufhörte. In dem Kasten hatten sich nämlich Menschengebeine befunden, und ein unkundiger Bursche hatte sie beim Plündern herausgenommen und in die Reuss geworfen. – Jä, das isch de-n-aber ä wahri Gschicht! Das hätt sich diä Fräu, wo's v'rzellt het, gar nytt la nä, da hättet iähr chennä sägä, was'r hättet wellä. Fr. Mattli-Gerig, 45 Jahre alt, Wassen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wegerbaschi

Source: Wegerbaschi

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Der Wegerbaschi stammte aus Geschinen und war ein Riese an Gestalt und Kraft. Einst ging er nach Sitten auf den Markt. Dort trug er zum Spass die schwerste Kuh auf den Armen durch die Stadt, als wäre es ein kleines, leichtes Kälblein. Alle staunten. Das Ereignis kam auch dem Bischof zu Ohren, und er liess den Wegerbaschi rufen, er möchte doch grad gern sein stärkstes Diözesankind sehen. Weil der Bischof Freude an ihm empfand, gestattete er, als Erinnerung einen Sack voll Korn aus seinen Kästen nach Hause zu nehmen. Baschi war damit einverstanden, nur der Verwalter schaute gross, als Baschi mit einem mächtigen Strohsack, einer ,Bissagga‘, erschien, um das versprochene Korn zu fassen. Er meldete es dem Bischof. Dieser empfand wieder Freude daran und liess den Strohsack mit Korn füllen. Baschi solle es aber bis nach Hause tragen, ohne einmal zu ruhen. Zur Kontrolle schickte der gnädige Herr einen Knecht mit. Beide schritten tapfer talaufwärts, bis der Knecht kaum mehr Schritt halten konnte, und in Mörel war er todmüde. Dort hingen aber reife Kirschen an einem Baum. Baschi gelüstete es danach und mit einem kräftigen Ruck samt Last erwischte er den Ast, so dass er und das Knechtlein sich daran gütlich tun konnten. Dem Begleiter war diese neue Kraftprobe doch zu viel. Er verabschiedete sich und kehrte nach Sitten zurück mit dem Bericht, für Baschi sei diese Last ein Spiel. Nach einer Woche soll Baschi dem Bischof ein tüchtiges Roggenbrot, aus diesem Korn gebacken, nach Sitten gesandt haben. Baschi hatte auch eine Liebste, Sänza hiess sie und wohnte in Naters. Beide hatten einander famos gerne und wollten bald heiraten. Einst war Baschi auf dem Heimweg und machte seiner Liebsten bei dieser Gelegenheit einen Besuch. Sie war gerade am Hirten und bot ihm brauchgemäss den "Kalbertrunk" an. So reichte sie ihm eine volle Melchter kuhwarme Milch. Baschi wird wohl ziemlich Durst gehabt haben, denn er trank diese Milch grad aus. Dessen erschrak nun die Liebste derart, dass sie von ihm nichts mehr wissen wollte; er esse und trinke ja für sieben, ihn vermöge sie ja nicht zu sättigen. Das gefiel nun freilich dem Baschi auch nicht, und aus Rache rollte er der Sänza einen solchen Stein in den Stall, dass ihrer sieben Männer genug hatten, ihn wieder zu entfernen. So musste Baschi seiner Riesenkraft wegen ledig bleiben. Baschi war auch Säumer. Häufig verkehrte er in Meiringen und war dort wohlbekannt. Ein paar Berner wollten ihm eines Tages einen Streich spielen. Zwischen Meiringen und Innertkirchen fällten sie eine zünftige Tanne in den Saumweg und versteckten sich in der Nähe. Richtig kam Baschi vorbei, hielt an, stutzte etwas und brummte dann: «Oh, ihr werdet mir nicht zu schlau!» Mit den Händen riss er die grössten Äste weg, packte sein Maultier samt der Last und lüpfte es über den Baum. Die staunenden Meiringer hatten nun das Vergnügen, die Tanne aus dem Wege zu räumen, und Baschi lachte sich in die Faust. Der Grimselwirt war etwas grosssprecherisch. Vor dem Hospiz hatte er stets einen mächtigen, bösen Hund. Eines Tages meinte er nun zu Baschi und wies auf das Tier: «Dem da wärest du doch nicht Meister!» Baschi antwortete kalt, das könnte man ja probieren. Er solle ihn nur loslassen. Baschi stellte sich an eine Mauer; der Wirt hetzte den Hund auf ihn. Baschi packte ihn kurzerhand am Unter- und Oberkiefer und riss ihn da grad in zwei Stücke. Diese warf er dem Wirte vor die Füsse und spottete: «So, da hescht ds Blagg!» Das war auch auf dem Grimselpass. Baschi war mit einem Saumtier auf dem Heimweg. Da begegnete ihm an einer engen Stelle ein Berner Säumer. Der Weg war so schmal, dass sie nicht aneinander vorbeikommen konnten. Der Berner wollte nicht zurückweichen und Baschi natürlich auch nicht. Nach einem kurzen Wortgefecht packte Baschi das Maultier des Berners und lüpfte es auf ein Dach in der Nähe. Baschi konnte nun vorbeiziehen und der andere musste schauen, wie er sein Tier wieder auf den Weg brachte. Als Baschi auf dem Sterbebett lag, besuchten ihn zwei Neffen, die in Frankreich Offiziere waren. Sie bildeten sich auf ihre Grösse und Kraft auch etwas ein. Es waren tatsächlich kräftige Männer. Baschi begrüsste sie, packte sie jeden an einer Hand und schüttelte sie so fest, dass beiden das Blut unter den Fingernägeln herausspritzte. Dabei sagte Baschi: «Wa mal es bitzji Chraft ischt, da plibsch!» Bei seiner Beerdigung in Münster massen die Schulknaben die Länge des Sarges. Er mass neun Fuss. GESCHINEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Weib lässt Steinhagel fallen

Source: Weib lässt Steinhagel fallen

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Eine Frau von Wassen ging für eine schwerkranke Nachbarfrau gegen Abend nach Silenen zum Doktor Lussmann. Da erblickte sie ein Weibervolk in einem »bärsianen« Kleid, das ihr voranging und beständig eine Hand schlenkerte. »Aha«, dachte sie, »da gibt's einen Gespanen«, holte das Weibervolk ein und wünschte ihm einen guten Abend. Aber das sprang plötzlich aus der Strasse, ohne den Gruss zu erwidern, und im Nu prasselte ein gewaltiger Kieselsteinhagel auf die Wassnerin los, die ohne umzuschauen davonrannte und atemlos und schweisstriefend und an allen Gliedern zitternd beim Doktor anlangte. Erst musste sie eine Tasse Kaffee trinken, die ihr der freundliche Arzt anbot, bevor sie ihr Anliegen vorbringen konnte. Josefa Imhof-Aschwanden, 85 J. alt, Altdorf Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Weib statt Hase

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Im Bärgli ob dä Heegä häig äinisch ä Jeeger – er häig Franz ghäissä – uff nes Hasli gschossä und häig's troffä. Und d'rnah, wo-nn-ers häig wellä ga nä, syg äsoo äs Schlunggi-wybervelchli da glägä stad'm Hasli und häig i dä Haarä kratzet und häig gsäit: »Franziscus, iähr wettet gloüb Hasä schiässä.« Wytters cha-n-i nymeh sägä. Weder är syg düe ämal häi. – Derä Värsli het d'r Vatter vill gwisst; weder si wäret de wyttläiffiger gsy, as-es ich etz da v'rzellä; ich ha meh dä halbs v'rgässä. Joder Gisler, 51 Jahre alt, Spiringen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Weiber-List

Source: Weiber-List

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Der Barthli Flütsch in St. Antönien wollte einmal am Morgen »recht frühe« auf seine Bergwiese, um zu heuen, und beorderte seine »Alte« (Frau), um vier Uhr ihn zu wecken, und bis dahin »z'Morget« (Morgenessen) für ihn parat zu halten. Nun war guter Rat teuer, denn schon lange Zeit wollte »'s Zit« (die Uhr) nicht mehr gehen, und doch wollte er am Morgen früh fort. Aber die gute »Alte«, die zwar nicht Schuld war, dass die Frösche keine Schwänze haben, war listiger, als Barthli (Bartholomäus) sie dafür hielt. »Gang nu (gehe nur), i weck' Di sicher,« schob sie ihn in den Schlafgaden (Schlafgemach). Uschi (Ursula), die besorgte Alte, trüllte (drehte) Döchte (Dochte), rüs­tete Unschligg« (Unschlitt) zum Lichte, setzte sich auf die Ofenbank und ­trieb den Perpendikel der Uhr die ganze Nacht hindurch. Barthli wurde zur rechten Zeit geweckt, nahm es ihr aber arg übel, dass sie nicht auch »z'Morget« bereitet habe. »Wer hätti denn triiba sölla,« antwortete Uschi ganz richtig. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Weiber-Schlauheit

Source: Weiber-Schlauheit

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Nicht die Vorliebe für Wein oder Bier, sondern lediglich das Interesse an belehrender Unterhaltung und Vergnügen an erheiterndem Gespräche hielten den guten Meister X. in der alten Curia oft bis weit über die Gei­sterstunde hinaus fest in dem Kreise seiner Freunde. Seine liebe Ehehälfte war damit gar nicht zufrieden, und machte ihren Getreuen des Öfteren auf das Ungeziemende seines langen, nächtlichen Ausbleibens nur der belehrenden Unterhaltung wegen, eindringlich und handgreiflich aufmerksam, - aber - ohne Erfolg. - Ja, er behauptete stets, vor 10 oder 11 nach Hause gekommen zu sein. Einst kehrte der Gute wieder lange nach Mitternacht heim. - Kein Wort der Missbilligung von Seite seiner Eheliebsten ward ihm zu Teil, sie bittet ihn blos, die »Schwarzwälderin« zu stellen, da sie Kopfweh habe, und das ewige »Tick-Tack« nicht vertragen könne. Arglos und bereitwillig willfahrte er dem bescheidenen Wunsche, froh darüber, dadurch, dass er ihren Wunsch und Willen erfüllte, den »Sturrn« am Ehehimmel verjagt und das »Donnerwetter« von seinem Haupte abge­wendet zu haben. - Am andern Morgen trat sein »Haus-Engel- vor ihn hin, frisch und ge­sund, und sagte lächelnd, und auf die »Schwarzwälderin« hinaufdeutend: »Schau doch, wie spät es ist.« »Die Uhr steht, aber sie ‚hat‘. Zwei,« meldete der Geprüfte. »Eben um die Zeit bist Du heimgekommen, Du hast Dich halt selber verraten.« Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Weiberlist

Source: Weiberlist

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a) Ein armes »Teetschipürli« (gedrücktes Bäuerlein) musste sich nebst Frau und einer grossen Kinderschar mit einer armseligen, halbverfallenen Hütte begnügen; der eisige Nordwind blies durch ihre morschen Wände hinein, und der stürmische Föhn drohte, sie niederzulegen. Schon lange hatte der bekümmerte Mann hin und her gesonnen, wie er ein neues, wenn auch nur ganz bescheidenes Häuschen bauen könnte, aber alles Sinnen und Überlegen führte zu keinem rechten Ziele; es fehlte immer das nötige Geld. (Nach Erzählarten im Isen- und Reusstal handelt es sich um ein Gädemli.) Da er eines Tages auf dem Felde oder im Walde, ich weiss nicht, welches das Richtige ist, ermüdet von seiner strengen Arbeit sich niedergesetzt hatte und über die Lösung der brennenden Frage nachstudierte, stand plötzlich, als er mal aufschaute, ein fremdes Mandli vor ihm. Als ob dieses die trüben Gedanken des kummervollen Bauern in seinem Gesichte gelesen hätte, fragte es teilnahmsvoll nach der Ursache seines Kummers. Aufrichtig erzählte er von seiner Not und Verlegenheit. »A pah«, meint da der Unbekannte, »dem ist bald abgeholfen; gib mir, was du nach der Arbeit bei deiner Ankunft zu Hause hinter dem Ofen findest, so soll bis morgen zum ersten Hahnenschrei dein neues Häuschen fix und fertig dastehen. Schlag ein, du machst ein gutes Geschäft!« Nach einigem Besinnen geht der so Angesprochene auf den dargebotenen Handel ein und verspricht dem sonderbaren Nothelfer das Verlangte gegen die ihm in Aussicht gestellte Errichtung eines Häuschens. Wohl erschrickt er einen Augenblick, da er beim Abschied noch flüchtig die zwei Pferdefüsse (Bocksfüsse) des mildherzigen und so auffallend tüchtigen und raschen Zimmermanns erblickt. Doch tröstet er sich leicht, weil hinter seinem Ofen ausser einigen Lumpen, zerrissenen Strümpfen und alten Hosen sonst nie etwas zu finden ist. Bald verlässt der Bauer seine Arbeit und sucht seine Hütte auf, die er heute zum letzten Male bewohnt. Wie erbleicht aber der Arme, da er hinter dem Ofen im Stübli weichgebettet in der Zeinen ein prächtiges, neugeborenes Knäblein findet! Ausser sich vor Schmerz und Reue, klagt er sein namenloses Leid der Schwiegermutter und bekennt ihr den unüberlegten sinnlosen Handel mit dem Bösen. Die listige Frau tröstet ihn und erklärt: »Lach dü nur mich la machä, dem dummä Tyfel bin ich aarigs gnüeg.« Sie lässt den wachsamen Haushund und den morgenkündenden Hahn fasten. Das Gepolter der unsichtbaren Teufelsgesellen, die wacker am neuen Häuschen schaffen, lässt den hungrigen Hund nicht zum Schlafe kommen, er bellt aus Leibeskräften, und kaum hat die Mitternachtsstunde recht geschlagen, erwacht auch der Hahn ob all dem Lärm und Gebell und kräht mit aller Macht. Es war aber auch höchste Zeit; der neue Bau stand schon fertig da bis in's Dach, nur ein kleines Loch auf der First war zum Glück des Bäuerleins noch nicht gedeckt, drei Schindeln fehltenbloss. Da kratzte sich der Gehörnte in den Haaren und meinte reumütig: »Hätte ich mit eigenen Händen soviel gearbeitet, als ich mit Zuschauen allein hergestellt habe, so wäre das Häuschen erstellt und die Seele des Kindes wäre mir nicht entgangen!« (oder: »Wen-i das gmeint hätt, sä hätti de nu fester pressiärt!«). Das Loch auf der First konnte nie zugedeckt werden, das musste immer offen bleiben. Pfarrer Arnold b) Nach anderer Erzählart trug der Teufel beim Hahnenschrei grad den letzten Türpfosten herbei, der heig-er aber nitt fry z'Bodä g'riährt. Die Türe blieb immer unvollendet. c) Eine dritte Darstellung weiss nichts von der Hungerkur von Hund und Hahn, sondern behauptet: Als die Frau gewahrte, dass das Häuschen bald fertig sei, machte sie Feuer an auf der Herdstatt, und da krähte der Hahn. Die Hähne krähen nämlich, sobald sie Feuer im Hause riechen. Eine Türe und ein Fenster waren noch nicht fertig, als der Hahn krähte. Der Bauer hatte dem Teufel seine eigene Seele verschrieben. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Weiberlist

Source: Weiberlist

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Eine alte Handschrift berichtet, der Freiherr von Weissenburg sei mit seinen Kriegsvölkern vor Mülenen im Frutiglande gezogen und habe durch Morden und Rauben sehr grossen Schaden angerichtet. Die von Mülenen aber setzten sich verstärkt durch die Leute aus der Umgebung zur Wehr, Weil aber der Herr von Weissenburg damals einer der mächtigsten Zwingherren weit und breit war, mussten die Belagerten zuletzt von Mülenen weichen. Sie flohen bis oberhalb Reichenbach. Als nun die Weiber von Mülenen, Äschi und dort herum dies gewahrten, warfen sei mit raschem Entschlusse weisse Hemden und Tücher über sich und bewaffneten sich mit Heugabeln, Heuschrotern und dergleichen Geräten. In solcher Rüstung zogen sie eilfertig durch den Faltschengraben hinauf bis obenhin wo es noch heutzutag auf Engelburg heisst. Von dort gingen sie mit lieblichem Gesang den Weissenburgern entgegen. Als diese nun den seltsamen Zug ansichtig wurden, glaubten sie nichts anderes als dass die Engel vom Himmel den Bedrängten zu Hilfe kämen. Darüber ergriff sie ein derartiger Schreck, dass sie die Flucht ergriffen. Nun eilten ihnen die von Mülenen nach und ereilten einen vollständigen Sieg über sie. Der Ort aber, wo die vermeintlichen Engel zum Vorschein gekommen waren wurde hinfort die Engelburg, das Dorf darunter aber wurde von den überlisteten Feinden wegen solcher Falschheit und Weiberlist Faltschen genannt. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Weiberlist

Source: Weiberlist

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Der Hof Weiberlist zu Oberkirch hat den rechten Namen. Ein Landmann von da ging einst mit dem Teufel für Geld und Vergnügen ein Bündnis ein und sollte nach verflossener Frist mit Leib und Seele dem Bösen angehören. Während dem dieses Verhältnis dauerte, nahm der noch ledige Bauer eine Frau. Sie bemerkte nach einiger Zeit an ihrem Manne eine auffallende Traurigkeit und gab nicht nach, bis sie das Geheimnis heraus hatte. Dem kummerhaften Gatten flösste sie Trost ein, denn sie wolle es erst noch mit dem Teufel probieren. Vermöge des Ehebundes schrieb sie sich so gut ein Anrecht auf den Mann zu, als der Satan vermöge des Paktes. Als nun derselbe kam, den Mann zu holen und die Frau protestierte, musste er sich gefallen lassen, erst drei Dinge zu erfüllen, wenn er den Bauren nehmen wolle. Zum ersten zählte und säete die Frau Bohnen in ein Kornfeld. Der Teufel sollte sie alle auflesen, dass auch nicht eine fehle. Das tat er pünktlich. Zum zweiten zählte und säete sie Hirskörner in's Gras. Wieder musste der Teufel alle Körnchen zurückbringcn. Es machte ihm nur Spass. Zum dritten verlangte die Frau, dass ihr Gegner ein Haar, das sie von ihrem Haupte nahm, so viele Klafter lang strecke, als unser Herrgott Streiche empfangen habe, nämlich 6666 Klafter lang. Wie der Teufel fein und kunstreich die Arbeit vornehmen mochte, immer zerriss das Haar, ohne die bezeichnete Länge zu erreichen. Er musste sich endlich von Weiberlist überwunden geben und seitdem heisst Weiberlist der Hof. Die Eisenbahn führt jetzt zwischen Haus und Scheune vorbei.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Weibervolk

Source: Weibervolk

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In dem Hof Wyssbrunn soll es in einer Kammer nicht ganz geheuer sein. Schon mancher, der darin geschlafen hat, ist zu ungewohnt früher Morgenstunde aufgewacht und hat dann ein Weibervolk vor dem Spiegel stehen sehen, das sich kämmte. Ein Knecht, der sich gebrüstet hatte, er mache sich nichts daraus, in der Cammer zu schlafen, hat die Erscheinung der Frau auch gesehen. Lausen Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Weidbahnen der W. Jagd um Aarau

Source: Weidbahnen der W. Jagd um Aarau

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Auf der rechten Aarseite beginnt der Jagdlärmen im Aarauer Oberholze, man hört Aho rufen und ein Horn blasen. Vom Gürnet oder Gönhard geht's quer über die Landstrasse zum Binsenhof, von dorten weg die Strasse wiederum kreuzend in der Höhe des Surer Waldberges auf dem Todtengässlein fort bis zur Spitze des Berges, dem Pfaffenhügel. Im gleichen Walde zieht's am Steinernen Tisch vorbei, wo sonst der Sammelplatz der Gönhards Hexen gewesen ist. Jenseits dieser Berghöhe, welche Distelberg heisst, beginnt ein anderer Nachtzug und geht gegen Teufenthal hinauf. Hier zieht der Holzweibel Landluegi mit den Hunden ans Winenufer zum Vogelrain; er schlägt dabei mit einer Axt an die Tannen. Da begegnet er dem Rothenburger, auch Roththaler geheissen, der aus dem Luzernergebiete vom Enziloch herkommt. Auf der linken Aarseite zieht die W. Jagd dem Jura nach. Am Saum der benachbarten Grenze von Baselland ist es der Rothenfluher, der böse Dieter, der Wiesberg-Joggeli und der Ewigjäger. Vom Thalkessel in Kienberg aus kommt er ins Frickthal; dorten ruft er auf den Waldbergen von Wölfliswil seinen Hunden: „Walti, dede, hudada!“ - „Chum, wenn d' öppis bisch!“ rief ihm da einst ein Berauschter zu; darauf war's, als ob der ganze Wald her käme, und der Erfrechte wurde jämmerlich zugerichtet. In entgegengesetzter Richtung stromab geht eine andere Schaar der Jagd zwischen den Aarauer- und Schinznacher- Jurabergen hinüber gegen die Waldungen von Brugg. Hier und im Rynikerbann entsteht dann in klaren Mondnächten ein Schiessen, Bellen und Schreien, das sich oft in ein klägliches Geheule auflöst. Es ist dieses noch in den letzten Zeiten wiederholt gehört worden. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 179 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch  


by Weihnachtsabend im Stall

Source: Weihnachtsabend im Stall

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Jeden Abend bin ich in den Stall gegangen mit der Laterne, um zu sehen, ob alle Tiere angebunden seien. Aber am Weihnachts­abend bin ich nicht gegangen. Ich habe Angst gehabt, weil man gesagt hat, daß die Tiere reden, sich etwas erzählen, wenn die heilige Weihnachtsmesse gelesen wird. Auf Caspausa war ein Bauer, der ließ dem Vieh keine Ruhe und kargte mit dem Futter. Der wollte nicht glauben, daß die Tiere am Weihnachtsabend während der Messe reden, und zuletzt hat er’s doch ausprobiert, um zu sehen, ob das wahr sei oder nicht. Er ist im Stall gewesen und hat gehorcht oben auf dem Heuboden, der eine Öffnung hatte, und da hat er wirklich die Tiere reden hören. Alle waren unzufrieden mit dem Meister, und alle beklagten sich, das eine über die Schläge, das andre über das Fressen. Ein Rind beklagte sich, daß es in den Wald hinaus gehen müsse, um Holz zu ziehen. Er lade zu viel auf den Schlitten und schlage es, wenn es ein wenig ausruhen wolle, und nachher bekomme es nicht einmal gutes Heu und nur we­nig. Aber das werde bald ein Ende haben, diese Tyrannei. Es versetze ihm einmal einen Stoß mit dem Horn, daß er auf dem Platz bleibe. Und da hat er gedacht: «Aha, jetzt bist du gut zu den Tieren!» Und nachher ist er besser gewesen und hat gut Ordnung gehabt (im Stall) und die Tiere nie mehr geschla­gen und ihnen recht genug zu fressen gegeben. Und so hat er sein Leben vor einem Unglück bewahrt. Erzählt von Maria Stöckli-Peder in Tschamut. In: A. Büchli, Mythologische Landeskunde von Graubünden. Ein Bergvolk erzählt. Die Täler am Vorderrhein Imboden, Band 2, Nachwort von U. Brunold-Bigler, 4. Auflage, Disentis 1992 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Weihtannen

Source: Weihtannen

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An der Stelle, wo jetzt das Kirchlein des Dorfes steht, soll vor der Grundsteinlegung eine mächtige Weisstanne gestanden haben; daher der Name des Dorfes und Tales. Letzteres habe früher Maiental geheissen. Chr. Albrecht Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 247, S. 126 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Weinbau in Sisikon

Source: Weinbau in Sisikon

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Im Gumpisch usset-dem Tällä soll friähner ä Wybärg gsy sy. Jetz isch es mit Wald und Steig'rell iberdeckt. Wossi a der Axästrass b'buwä hennt, hed än Arbeiter dert nu ä Wystock midarä ganzä Trubä mit grossä Beeränä g'fundä. Au i der undärä Bitzimatt isch vor Zyttä-n-ä Wybärg g'sy, aber dert heig der Schnee d'Räbä-n-appägschlagä; äs isch halt gar stotzig dertä. J.J. Huber u.a. Der Weinberg im Gumpisch hat sich nach Mitteilung der Brüder Infanger vom äussern Tellen in der Nähe des Eisenbahn-Wärterhäuschens befunden und sei, wie ihre Voreltern überliefert, durch eine Rübi zerstört worden, die ganze, noch in ihrem Erdreich aufrecht stehende Tannen mit sich gebracht habe. Gumpisch gehört heute zum Gut Bittleten am äussern Tellen, war aber zeitweilig eine Liegenschaft für sich. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Weinen kündet Tod an

Source: Weinen kündet Tod an

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1. Mein Vater erzählte, er habe im Felliberg zu Gurtnellen gedient. Da hörte er eines Abends, als er im Häuschen sass, beim Troge oben am Waldrande weinen. Und dann kam es zum Häuschen herunter; der Vater hörte auf dem gefrorenen Boden jeden Schritt. Es kam bis auf die Steinplatte vor dem Hause, stellte dort den Stock an die Hauswand, und – alles war wieder still. Der Vater ging hinaus und fand niemanden. Die ganze Nacht war er deswegen beunruhigt, in Ängsten. Am folgenden Tage brachte man ihm Bericht, dass seine Meisterin gestorben sei. Franz Inderkum, Schattdorf 2. Auf dem Riedboden im vordern Wängi hörten sie's längere Zeit hindurch weinen. Da fiel des Besitzers Bruder über die Fluh zutode, und seitdem wurde das Weinen nicht mehr gehört. Barbara Gisler, 90 J. alt, Spiringen; Frau Arnold-Gisler, Bürglen 3. Mit einigen Jungen spielte ich eines Tages in der Schellenen. (M'r hennd da g'sywlet uder Sywli 'tribä, wië-mä susch äu säit.) Da hörte ich auf einmal in der Höhe unterhalb des Balmfad laut weinen. Ich machte die Kameraden aufmerksam, aber diese hörten nichts. Im folgenden Herbst standen wir wieder an demselben Orte beisammen. Da fiel ein junger Bursche, Michael Nell, genannt der Tobel-Michi 1, der im Balmfad Wildheu mähte, über den Felsen hinunter zu Tode. Männer kamen, die Leiche zu bergen, mit ihnen auch die Mutter des Jünglings. Am Fusse des Felsens kniete die Mutter bei der Leiche ihres Sohnes nieder und weinte laut. Peter Gamma, 80 J. alt 4. Wenn sie im Wängi am Kinzigpass von Alp fuhren, hörten sie es allemal weinen. Eines Herbsts am letzten Abend rief der S enn am Schlusse des Betrufs zum Abschied: »Hinecht z'letscht Mal,« und es antwortete: »Nei, nu einisch.« Und wirklich sennete er nochmals einen Sommer im Wängi, aber dann starb er. Oder: Eine Stimme antwortete ihm: »Ja, und dü und nu zwei andiri chemet nimmä.« Und wirklich starben diese drei Personen im folgenden Winter. Kath. Gisler-Gisler, 75 J. alt, u.a. Fußnoten 1  Der Todfall des Michael Nell an jener Stelle und der Umstand, dass die Mutter dort bei der Leiche weinte, sind Tatsachen. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Weinspende an Berggeister

Source: Weinspende an Berggeister

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Am Furkagebirge zwischen Ursern und Oberwallis trifft man bisweilen Schneeflecken an, die so rot aussehen, als wenn sie mit rotem Weine getränkt wären und zwar ziemlich tief unter die Oberfläche hinab. Die Landleute sagten früher darüber, das komme von den Seelen trunkliebender Säumer, welche im Leben mit Saumrossen italienischen Wein über den Berg holten und oft durch Untreue oder Fahrlässigkeit ihn unterwegs mindern liessen. Dafür müssen sie jetzt in diesem öden Schneefeld büssen und leiden grosse Not von wegen ihrem Durst und Verlangen nach solchem Wein. Wer ihnen barmherzig eine Spende weiht und von dem edlen Rebensafte einige Tropfen hingiest, dem helfen sie an den gefährlichen und verirrlichen Stellen des Bergpfades.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Weinzauber

Source: Weinzauber

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Während in den dreissiger Jahren des 19. Jahrhunderts die Arbeiter bei Intschi am Bau der neuen Gotthardstrasse beschäftigt waren, sahen sie gar manches Lagel vom besten Italiener durch die alte Riedstrasse auf der entgegengesetzten Seite des schmalen Reusstales hinabführen, und der Mund wässerte ihnen ordentlich ob dem guten Tropfen, der für sie leider unerreichbar blieb. Aber einige von ihnen konnten zaubern. Sie bohrten einfach irgend eine der vielen Birken an, und es floss der köstlichste Wein heraus. Jost Indergand, Amsteg, Hotelier, 70 J. alt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Weise Frauen um Kienberg

Source: Weise Frauen um Kienberg

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Auf der Frauenhalde, waldwärts beim Dörfchen Kienberg im Frickthale gelegen, wohnen noch Erdweibchen, die man für weise und heilige Frauen hält. Aber weder gehen sie zu den Landleuten mehr ins Dorf, noch nehmen sie deren Besuch an. Man sagt, sie und die Erdmännchen im Dorfe Densbüren, über der Staffelegg drüben, seien scheu geworden, seit des alten Schak's (Jacques) Frau ihnen einmal Asche gestreut hat. Wenn aber ein armer Bube beim Heimschlitten des Holzes sich quetscht, so legen sie ihm ein Heilkräutlein auf. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 275 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Weiss gekleideter Rachegeist auf Schwanau

Source: Weiss gekleideter Rachegeist auf Schwanau

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Unter die frühesten Zeitbücher der Urschweiz gehört bekanntlich das „weisse Buch" in Sarnen, es stammt aus der zweiten Hälfte des fünfzehnten Jahrhunderts. Dasselbe erzählt von den Untaten der Vögte und wie sie Frauen und Töchter raubten und auf den Häusern, die sie gemacht, verwahrt hielten, so lang es ihnen gefiel. Endlich ward von den bedrängten Landleuten dem Drucke ein Ende gemacht, die Gewalttätigen mussten fliehen und ihre Burgen als Ruinen hinter sich lassen. Zur selben Zeit sank, wie das weisse Buch sagt, auch eine nicht näher bezeichnete Schwandau in Trümmer. Eine Burg Schwanau haben Schweizer im Jahr 1333 zerstören helfen, diese lag im Elsass am Rhein. Folgende Sage schliesst sich an die Ruinen an, welche dem Inselchen Schwanau im Lauerzersee bei Seewen im Lande Schwyz sein malerisches Aussehen verleihen. In der Schwanau sass auch einer jener Herren, denen die Frauenehre wenig galt. Der Tag der Rache streckte ihn als Leiche und sein Haus in Trümmer darnieder. Aber jetzt erschüttert einmal jährlich um Mitternacht ein Donner den alten Turm, in welchen schauriges Klaggeschrei sich mischt. Rings um die Mauer wird der Vogt von dem weissgekleideten Mädchen, das er entehrt hatte, verfolgt. In der Hand trägt sie eine brennende Fackel. Vergebens sucht er auszuweichen, sie verfolgt ihn fort und fort, bis er mit Geheul sich in den See stürzt, der ihn sogleich verschlingt. Nun verschwindet auch die weisse Gestalt wieder für ein volles Jahr.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Weisse Frau (Lupsingen)

Source: Weisse Frau (Lupsingen)

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Vor Wetteränderungen geht im Dorf Lupsingen eine weisse Frau um. Diese Erscheinung wurde auch im Grüngli, östlich des Dorfes, gesehen. Lupsingen Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Weisshaslen und Mistel

Source: Weisshaslen und Mistel

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 Im Hältäli im Maderanertal kehrte einst ein fahrender Schüler ein. Er bemerkte, dass der Bauer niedergeschlagen einherging, und dass die Familie mit der zahlreichen Kinderschar den besten Koch, nämlich den Hunger, angestellt hatte. Teilnahmsvoll fragte er nach ihrem Kummer. Da öffnete ihm der Bauer sein Herz und klagte ihm seine Armut. »Biss kei Narr,« tröstete der Fremde, »du hast Geld genug in deinem Eigen. Gehe hinauf zuoberst ins Hältäli, dort findest du eine Weisshaslen und daran eine Mistel. So hoch die Mistel am Strauche, so tief grabe unter dem Strauche in den Erdboden, und du wirst reich genug sein.« Das Schuldenbäuerlein beeilte sich, den Ratschlag auszuführen. (Was er gefunden, ob Geld oder Alraune, wusste mein Gewährsmann, der Wächter der Windgällenklubhütte, nicht.) Franz Epp  Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Weiss Frau auf Burg Balm

Source: Weiss Frau auf Burg Balm

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Auf der Burg Balm sonnt eine weiße Frau an gewissen Tagen Kostbarkeiten, die aber nicht zu gewinnen sind, ohne dass man ein geheimes Pulver darauf streut. Wer ohne dasselbe sich an dem Schatz vergreifen will, stürzt rücklings den Felsen hinab. Auch der Teufel treibt dort sein Wesen und hat schon manchen Habsüchtigen verleitet durch Gold, aber es war immer nur Scheingold. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Weiter Kirchgang

Source: Weiter Kirchgang

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Vor alten Zeiten mussten die Leute auf Beroldingen zu Seelisberg bis nach Erstfeld zur Kirche gehen, oder nach andern bis Buochs. Jos. Maria Aschwanden, Bauen, 60 J.; Johann und Jos. Aschwanden, 75 J. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Welen eh bim Gattertöri?

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Welen eh bim Gattertöri? Dir sid sicher scho vom Chappell gegen Ärbulige glüffe? Do isch lingger Hang, we me hingere geiht, e Wald. Vor Zite isch dert e Weidgatter gis. Sälb Rund isch e Bur z’Obe spät hingere gritte. Im Wald het drümol e Chutz brüelet. „Huhuhuu!“ het ihm dr Bur gspottet, „welen eh bim Gattertöri?“ Drufabe het er s’Ross zwickt. Aber es wär nid nötig gis. Das het si getreckt. Äs isch derdürhingere gsatzet; dr Schweiss isch ihm fei abezübelet. I eim Satz isch es über ’s Töri ubere. „Huhuhuuu“, mach’s im glichen Augenblick näbezue, „hesch Zit gha. Wärisch de mine gsi!“ Em Bur isch es chalt ubere Rüggen uf; ganz chline isch er worde; äs het ne fei geschüttelt uf em Ross obe. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wemmer flüechä-n-uder bättä?

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Kathry und Johannä, Zwillinge, meiner Schwester Töchter im Wängi, ob Bürglen, damals so Schulmeitli, kamen eines Abends vom Steinboden her mit Süffi und Milch gegen das Wängi und waren an Händen und Rücken beladen. Auf einmal riss dem Kathry das »Greisig« am Rücken, das Bräntli stürzte zu Boden, und die Milch zerrann nach allen Seiten. »Wemmer bättä-n-uder flüeche?« rief es in der ersten Aufregung. »Bättä«, riet Johanni, »d'Müetter het gseit, wemmä Milch üssghyi, sä tieget die armä Seelä-n-uf eppis plangä und mä ell's treeschtä.« Da trösteten sie die armen Seelen und beteten: »Treescht Gott und ärlees Gott die armä Seelä, und gäbnä Gott die ewig Rüew und Säligkeit.« Zu Hause beteten sie nochmals 5 Vater Unser und Ave Maria. Während der folgenden Nacht hörte Johanni das Kathry lachen und fragte: »Was hesch dü, dass dü so lachisch?« »Ich habe einen wunderschönen Traum gehabt«, gab Kathry zur Auskunft. »Es träumte mir, ich hätte eine arme Seele erlöst, und sie erschien mir in herrlicher Gestalt, ich kann nicht sagen wie schön! Das hat mich so gefreut, dass ich lachen musste.« Aber das Johanni sagte spöttisch: »Ä was! Der Traum ist ein Gauch, und wer's glaubt, ist es auch!« Als am nächsten Morgen die zwei Maitli vor das Haus hinaustraten, sahen sie ganz in der Nähe auf einem »Ambeisbiel« ein wunderliebliches, schneeweiss gekleidetes Kind sitzen. Dreimal winkte es ihnen freundlich lächelnd mit dem Händchen, sie sollten zu ihm kommen. Auf den dritten Wink näherten sie sich ihm, und es dankte ihnen, dass sie es erlöst. Schon 24 Jahr habe es sich in diesem Berggut aufgehalten und habe da Hitze und Kälte ertragen. Schon ihr Vater habe an der nämlichen Stelle zweimal Milch verschüttet, habe dabei aber geflucht und es nicht erlöst. »Schon an euerer Wiege bin ich gestanden und habe gewusst, dass ihr mich erlösen werdet, und habe auf diese Stunde planget. Ich will für euch beten und euch einen Sessel im Himmel bereit halten (grächä). Es soll euch immer gut gehen. Hättet ihr geflucht, statt zu beten, so hätte ich Gewalt bekommen, euch zu verfolgen und euch zu schaden.« Und noch etwas offenbarte ihnen die erlöste Seele, das aber die zwei Maitli nie verraten wollten, auch nicht dem bischöflichen Kommissar in Bürglen, der sie »b'schickte«. Sie sagten auch, sie hätten die arme Seele gekannt, dürften aber nicht sagen, wer es gewesen sei. Nachdem das Kind gesprochen, wurde es immer kleiner und kleiner (isch abgschwinä) und zerfloss an Ort und Stelle wie ein Nebelstreifchen in nichts. (Mündlich von der Tante der beiden Mädchen.) Magdalena Bissig-Arnold, 80 Jahre alt, Altdorf Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945, Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Weni Heu

Source: Weni Heu

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Weni Heu E Chüeiher im Vorderried isch bös drinne gsi; ’s Heu isch rar gsi, un är het nid gwüst, wie d’War düre Winter bringe. Du isch es Manndli cho u het ihm gseit, äs well ihm siebe Chüeh wintere. Dr Chüeiher isch iverstange gsi. Im Ustage druf isch das Manndli mit de dingete Chüehne düre Fuhreschwang dohäre cho z’fahre. Wo-n-es se gwinteret het, isch niemerem gchanntsem gsi. Recht wenig erzählen unsere Sagen von Zwergen und andern Gestalten, die ihnen verwandt sind. Das wenige, das von ihnen berichtet wird, genügt nicht, ihr Wesen zu erkennen. Wie andere Vorstellungen fiesst auch der Glaube an das Vorhandensein der Zwerge aus mehreren Quellen; auf einen Ursprung darf ihre Erscheinung nicht zurückgeführt werden. Aber die einzelnen Quellen werden von den Forschern sehr ungleich gewertet. Einige deuten die Zwergsagen als Erinnerung an Zwergvölker der Urzeit: Ein eroberndes Volk verdrängt und unterwirft ein zwergartiges Volk, das auf einer höhern Kulturstufe steht als der Unterdrücker und namentlich in der Kunst des Schmiedens und vielleicht auch in der Heilkunde über eine grosse Erfahrung verfügt. S. Singer vertritt diese Ansicht ausführlich in einem Aufsatz, Die Zwergsagen der Schweiz, 1912, gestützt auf Funde, die in die Urzeit zurückreichen. Ihm schliesst sich an O. Tschumi, Urgeschichte der Schweiz. Andere Forscher lehnen die angeführten Anschauungen ab und erklären sich die Zwerge als Gegenstück der Riesen: Einmal gab es Riesen; sie türmten die Berge auf; noch andere Spuren ihres gewaltigen Tuns liessen sie auf der Erde zurück. Aber es gab auch menschenähnliche kleine Wesen; das waren die Zwerge, das Gegenteil der Riesen. Ihr vielfältiges Treiben beobachtete der Mensch in Naturerscheinungen, die ein mannigfaltiges, verborgenes Leben in der Erde verrieten. Aber in der Erde wohnen auch die Toten; einzelne ihrer Züge spielen in das Wesen der Zwerge hinüber. Auch der Alptraum führt zu den Zwergen; Alberich heisst der mächtige Zwergenkönig. Auf Alp geht auch das Wort Elfe zurück, das aus dem Englischen stammt und erst seit Wieland und Herder gebräuchlich wird. Die deutsche Volkssage kennt keine Elfen; sie sind neueren, literarischen Ursprungs. Auch der Name „Nachtmännlein“ bezeichnete einmal den Alpdruckdämon; der Glaube an das Vorhandensein der Nachtlütli mag vielleicht teilweise auf den Alp zurückgehen, obschon ihr Wesen heute diesem Ursprung widerspricht. Der Kobold oder Hausgeist, der bei uns völlig zu fehlen scheint, spielt ebenfalls in die Zwergensagen hinein, namentlich dann, wenn ein Zwerg in den Dienst eines Menschen tritt, wie es ein Beispiel zeigt. Zu einem andern Teil lassen sich die Zwergsagen aus der Natursage herleiten; die freie Natur ist der Aufenthalt der Zwerge und der Nachtlütli. In Feld und Wald sah der Mensch kleine Gestalten rasch dahineilen; nur auf einen Augenblick zeigten sie sich dem Schauenden; im Winde sich treibende Blätter, bewegte Stauden, fliegende Nebelfetzen täuschten dem Furchtsamen kleine, menschenähnliche Wesen vor; in andern Erscheinungen der Natur sah oder hörte er die Wirkungen ihres Treibens. Glück und Unglück, das Gelingen oder Misslingen seiner Arbeit schrieb er ihrem neckischen, vielleicht bösartigen, vielleicht guten Tun zu. Ihr Charakter entspricht ihrem Aufenthaltsorte in Wald und in Felshöhlen. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wenn allemal der fromme Senn einer Alp

Source: Wenn allemal der fromme Senn einer Alp

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1. Wenn allemal der fromme Senn einer Alp in Meien bei Zunachten das St. Johannes-Evangelium durch die Folle rief, kam ein Gespenst durch die Alp herunter und spie Feuer; es raste am Senn vorbei und verschwand in der Ferne. Eines Abends meinte der Senn zum Hirten und Handknab: »Wennd's hinecht nu einisch chunnt, so packi-n-i's!«. Und richtig kam es. Als es an ihm vorbeirasen wollte, packte er es mit festem, sicherem Griff. Aber in diesem Augenblick verschwand das Gespenst mit dem Senn für immer. Gabriel Simmen 2. Auf Portgera kam es ihnen alle Abende vor die Hüttentüre. Eines Abends sagte der freche Senn: »Der wil-i doch hinecht einisch go g'schwauwä!« Und er ging hinaus. Aber niemals mehr hat man seit dem Augenblick den Senn zu sehen bekommen, noch eine Spur von ihm gefunden. Mich. Simmen, 68 J. alt, Realp Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wenn der Esel zum dritten Mal schreit, musst du sterben

Source: Wenn der Esel zum dritten Mal schreit, musst du sterben

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Es war einst ein Müller, der jeden Tag mit seinem Eselchen durch die gleiche Strasse zur Mühle ging. Da sah er einen Mann auf einem Baum, wie er den Ast, auf dem er sass, durchsägte. «O Ehrenmann», rief er ihm zu, «passt auf, dass der Ast, auf dem ihr sitzt, nicht mit euch herabfällt!» Der Dumme aber wollte es ihm nicht glauben. Doch krach! da brach der Ast entzwei, er fiel vom Baum herunter und streckte die Beine in die Höhe. Dann stand er auf und -dachte bei sich: «Potztausend, dieser Müller ist ein Wahrsager, ein Zauberer.» Er wartete auf ihn, bis er zurückkehrte und sprach zu ihm: «O Müller, ihr habt wirklich recht gehabt. Ich bin wahrhaftig herabgefallen. Ihr seid in der Tat ein Zauberer. So sagt mir nun, wann ich sterben muss.» Und der Müller entgegnete: «Wenn mein Grautier zum dritten Mal schreit, dann seid ihr tot.» «O ich Armer», rief der Dummling aus. In diesem Augenblick hub der Esel an laut zu schreien, ohne lange zu fragen. «O ich Armer», dachte der Dumme, «ach ich Armer, jetzt bleiben mir nur noch zwei übrig.» So zogen sie ein Stück weit ihres Weges. Da plötzlich schrie der Esel zum zweiten Mal. Der Dumme dachte: «O weh, jetzt bleibt mir nur noch einer übrig.» Vor Angst hieb er mit seinem Sackmesser eine Rute ab, um damit dem Esel das Maul zuzubinden, damit er nicht mehr schreien könne, als das Saumtier plötzlich zum dritten Mal zu schreien begann. Da schnellte die Rute so heftig, dass der Dumme wie tot umfiel. Jetzt musste man ihn begraben. Sie legten ihn in einen Sarg und nagelten diesen gut zu. Dann hoben ihn vier Männer auf die Schultern und wollten ihn zum Friedhof tragen. Es führten aber zwei Wege dorthin. Und wie sie zum Scheideweg gelangten, sagte der eine zum andern: «Müssen wir jetzt hier durch gehen oder dort durch?» Da klopfte der Dumme an den Deckel und rief: «Als ich noch am Leben war, ging ich stets hier durch.» Jetzt Hessen die vier Männer vor Schrecken den Sarg zu Boden fallen, ergriffen die Flucht, und der Dumme kehrte als ein Auferstandener wieder ins Leben zurück.   Am Kaminfeuer der Tessiner                                                               Walter Keller                                                                                           Hans Feuz Verlag Bern   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wenn die Milch nicht buttern will

Source: Wenn die Milch nicht buttern will

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Wenn die Milch nicht buttern will, soll man nehmen Stryten und dasselbig kreuzweis unter den Barren, desgleichen auch auf das Gestell, wo die Milchmutte steht, legen und, wenn man das Vieh aus dem Stalle lässt, die Seile oder Ketten, an die man sie bindet, nicht auf die Erde hangen lassen, sondern in die Krippe legen und mit einer Rute dreimal im Namen der drei göttlichen Personen daran schlagen. Das wird helfen und hat geholfen. Aus dem Jahre 1590.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Bei dieser Sage gibt es keine genaue Zuordnung zu einem der fünf Kantone. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Wenn man arme Seelen erlösen will

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Soll man zuerst erforschen, ob sie wirklich zu erlösen seien oder nicht, indem man sie fragt: »Lobet ihr den Herrn im Himmel?« Gibt die Seele ein verneinendes Zeichen, soll man sich ihrer nicht annehmen; im andern Falle soll man weiterfahren und sagen: »So schweiget mir und antwortet mir und saget mir, was euch mangelt!« Mit diesen Worten ist auch dem anredenden Menschen das erste und letzte Wort vorbehalten, was sein muss, weil die Geister mit dem Atem des Menschen atmen und reden und ihn so zu Tode reden könnten. Franz Müller Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wenn man nicht recht hört

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Eine Hexe fuhr auf dem Besenstiel aus. Ihr Zauberspruch lautete: "Durs Chämmi uf und niene a!" Eine andere Person, die zugesehen, aber den Spruch nicht richtig verstanden halte, wollte ihr nachreiten, sprach aber: "Durs Chämmi uf und überall a!" Da ging's hinauf ins Kamin, aber wie besessen ringsum an alle Wände und Steine und dann durchs Gesträuch und durch die Bäume in einem grausigen Ritt, bis der arg zerschundene Reiter endlich abgeworfen wurde und wie tot liegen blieb. (Mündlich mitgeteilt)   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 106, S. 51 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wenn nytt wärisch wie d'Sunnä

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Früher stand an der Strasse zunächst hinter dem Urnerloch ein Steingädemli; da drinnen war es nicht sauber: Ein Gespenst bewohnte es, und das liess niemand ungeschoren hinein. Alle, die es aus kühnem Wagemut oder aus Unkenntnis der Sachlage unternahmen, da zu nächtigen, griff es wütend an, entriss ihnen die Handschuhe und zerfetzte diese wie Wollen- oder Seidenbüschelchen, und die Leute konnten noch froh sein, wenn es nicht ihnen selber auch so erging. Damals wirkte in Wassen ein Pfarrer Christen, ein gebürtiger Ursner (Joh. Anton Christen von Realp, 1728–1772 †, Pfarrer in Wassen), und dieser ging nicht selten in die Heimatgemeinde zu den Seinen auf Besuch und daher an jenem Gädemli vorbei. Diesem Geistlichen rief das Gespenst jedesmal, er solle ins Gädemli kommen, wenn er es wagen dürfe, und höhnte und trätzelte ihn. Eines Tages antwortete er ihm: »Hitt nu nytt, aber denn äs andersmal!« Das nächste Mal war er vorbereitet und betrat den Stall, nachdem ihn das Gespenst wieder herausgefordert. Es schaute ihn aber gar nicht freundlich an und empfing ihn auch sonst nicht, wie man einen eingeladenen Gast zu empfangen pflegt. Nachdem es ihn mit seinen giftigen Blicken gemustert, packte es einen »Arvell« Handschuhe, zerriss und zerrieb sie wie Seide in kleine Fetzen und fauchte den Pfarrer an: »Wenn nytt wärisch wie d'Sunnä (so rein), sä gieng's-der wie deenä Händschä.« Doch der Geistliche war stärker und verbannte das Ungeheuer. Aber Arbeit hat's ihn gekostet! Er war ganz in Schweiss gebadet, als er die Stätte verliess. Josef Maria Baumann, 85 Jahre alt, im Miseli Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wer Gott am nächsten

Source: Wer Gott am nächsten

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In derselben Stunde, aber von ganz verschiedenen Seiten her, kamen ein Bettler, ein Geistlicher und ein Bauersmann in die Herberge und trafen sich am Küchentisch. Der Suppenkessel dampfte am Feuerhaken, der Wirt füllte ihnen die Krüge. Bald waren die drei Gäste in ein hitziges Gespräch verwickelt, und sie achteten es nicht, dass noch ein fahrender Schüler zu ihnen sich gesellte und stumm zuhörte. Nach einer Weile stieg ihnen der Wein zu Kopfe, und jäh entlud sich ein Streit über Gott und die Menschen, und jeder von ihnen behauptete, beim Schöpfer in Gunst zu stehen und am meisten zu gelten. Da pochte der fahrende Schüler an den Krug und sagte: «Tut ihr, was ich euch empfehle, so will ich den Streit schlichten. Morgen früh wandere ein jeder seine eigene Strasse talein, talab, wie es der Zufall fügt, und wo der Tag zur Rüste geht, lege er sich schlafen. Dann kehrt ihr hierher zurück, und ich werde euch melden, wer Gott am nächsten ist.» Beim ersten Licht und Hahnenkräht gingen die drei auf die Reise und waren tags darauf beim Zunachten wieder in der Schenke. Der Gottesmann pustete, der Bettler lahmte und schimpfte, während der Bauer still und bescheiden sich an die untere Tischecke setzte. «Nun bin ich gespannt», sagte der Schüler, «wie es euch auf der Reise ergangen ist.» «Schlimm genug», maulte der Lahme. «Ich verlor mich in einen Krüppelweg durch Strupp und Schachen, und als die Sonne schied, legte ich mich nieder. Die ganze Nacht rollte und rieselte es von der Halde, mein Lager war ein Höllenpfuhl, ich konnte kein Auge schliessen. He, Wirt, Wein auf den Laden, den Braten an den Spiess, ich will jetzt essen und trinken, und dann rüstest du mir ein flottes Bett!» «Ich bin», sprach nun der Geistliche, «talaus geschritten durch den Tann, und als die Sonne sank, stand da ein Rosenbusch in heller Blust, unter dem ich mich zur Ruhe legte. Nach altem Brauch erhob ich mich früh wieder auf die Füsse, und da hing noch eine einzige Blüte am Strauch, der über Nacht leer und kahl geworden war.» «Nun kommst du an die Reihe, Landmann, erzähl uns deine Erlebnisse! » «Ich habe nichts Besonderes erlebt. Ich stieg und stieg auf einer breiten, bequemen Strasse, und auf dem Pass angekommen, schwand die Sonne. Zur rechten Hand war grad ein Haus, sonst keines weit und breit, die Tür sperrangeloffen. Ich ging hinein, sah gedeckten Tisch vor mir, klopfte nochmals, und da niemand erschien, in Gottesnamen hat mich der Hunger bewältigt. Ich speiste wie ein Prinz und schlief in einem guten Bett. Das hab' ich dann am Morgen, bevor ich abzog, wieder zurechtgemacht, und das ist alles.» «Vernehmt nun meinen Spruch!» sagte der Schüler, «das Richten fällt mir nicht schwer. Du, Bettler, bist bei unserm Herrgott schlecht angeschrieben. Dein Lager war eine Kiesgrube. So viele Steine in der Nacht hinunterflogen, so oft hast du gelogen. Als Bettler pilgerst du von Haus zu Haus, nährst dich von Almosen und hast noch nie ein Dankeswort auf die Zunge gebracht. Du, Geistlicher, hast unter einem Rosenbusch geschlafen. So viele Rosen an den Zweigen, so viele Messen hast du gelesen. Am Morgen hing noch eine einzige Blume. Von deinen Messen war nur eine gut. Dich, Bäuerlein, hat Gott geführt zu Speise und Trank und einem warmen Bett. Wer schafft wie du, dient auch dem Schöpfer, drum muss am Himmel hoch dein Stern dem Herrn wohl am nächsten sein!»   Quelle: Johannes Jegerlehner: Walliser Sagen, Hans Feuz Verlag Bern, 1959 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wer Gutes tut, findet Gutes

Source: Wer Gutes tut, findet Gutes

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Ein Kaufmann und ein Müller waren Freunde. Der Kaufherr behauptete, dass man heutzutage sagen müsse, wer Gutes tue, finde Schlechtes, und wer Schlechtes tue, finde Gutes; denn er habe immer Gutes getan und dafür jeweilen schlechten Lohn geerntet. Der Müller jedoch war gegenteiliger Meinung. Darauf gingen sie zusammen eine Wette ein, setzten eine Summe zum Pfand und verabredeten, dem ersten Wanderer, den sie auf der Landstrasse unterwegs antreffen würden, die Frage zu stellen, wer von beiden recht habe: ob derjenige, welcher behaupte, dass Gutes tun Gutes bringe, oder derjenige, welcher der Meinung sei, dass Gutes tun Böses bringe. Erhalte der Müller recht, so habe dieser die Wette gewonnen; würde aber der Wanderer dem Kaufmann beipflichten, so bekomme dieser die Summe. Die erste Person, die sie antrafen, war eine Bauersfrau. Sie legten ihr die Streitfrage vor und fügten hinzu: Welche ist von beiden Ansichten die richtigere?» Und sie gab zur Antwort: «Auf dieser Welt trifft es leider oft zu, dass wer Gutes tut, schlechten Dank dafür erntet.» Jetzt hatte der arme Müller die Wette verloren und musste dem Kaufmann die Summe geben. Dessen ungeachtet fuhr er fort, bei seiner Meinung zu beharren und ging immer wieder neue Wetten ein, bis er seine ganze Habe verloren hatte. «Aber jetzt bist du doch überzeugt, dass du im Unrecht bist», sagte eines Tages der Kaufmann zu ihm. «Nein», erwiderte der Müller, «ich bin sogar bereit, meine beiden Augen als Pfand einzusetzen und lasse mich nicht davon abbringen, dass wer Gutes tut, auch Gutes findet.» Und dennoch verlor er auch diesmal wieder seine Wette. Der Kaufmann liess ihm das Augenlicht nehmen, und der arme Müller war blind. Eines Abends befand er sich auf einer einsamen Strasse. Sehen konnte er nun nichts mehr, und er dachte daran, es sei für ihn wohl das Beste, sich ins Unglück zu schicken und die Nacht irgendwo in einem Winkel zu verbringen. Er tastete um sich und hörte nach einer Weile das Rauschen eines Wassers unter einer Brücke. Und zu gleicher Zeit vernahm er ein Flüstern von menschlichen Stimmen, die zueinander sprachen: «In dieser Stadt, in der und der Strasse, in dem und dem Hause, wohnt ein reicher Herr, der ein Kästchen voll Gold besitzt, und in dessen Mitte ist ein Fläschlein, das ein Heilmittel enthält für die Blinden. Es genügt, damit die Augen zu benetzen, um wieder sehen zu können. Morgen gehe ich in dieses Haus und stehle alles.» Kaum hatte der Blinde dieses Gespräch mit angehört, so machte er sich auf den Weg und suchte einen Kaminfeger, dem er das ganze Geheimnis erzählte. Dieser sprach zu ihm: «Lass nur mich machen.» Er begab sich zu jenem reichen Herrn und bat ihn um Arbeit. Der erlaubte ihm, ins Kamin hinaufzusteigen, um es vom Russ zu reinigen. Kaum war er jedoch in jenem Zimmer, so suchte er das Kästchen mit der Flasche und steckte es samt dem Russ in seinen Sack. Hierauf schlich er sich aus dem Hause, ohne nur seinen Lohn in Empfang genommen zu haben. Er fand den Blinden, der auf ihn wartete, bestrich ihm mit dem Arzneimittel die Augen und heilte ihn. Darauf teilten sie das Geld miteinander. Hernach suchte der Müller den Kaufmann auf, und dieser fragte: «Du scheinst mir mein alter Freund, der Müller, zu sein; aber du bist es doch nicht, da du das Augenlicht besitzest.» Und damit lud er ihn ein, Platz zu nehmen. Der Müller erzählte ihm seine Erlebnisse. Da sprach der Kaufmann: «Ich will auch hingehen und in jenem Winkel bei der Brücke schlafen.» Er begab sich in der Tat zu der Brücke, und als bereits Mitternacht vorüber war, hörte er ein Flüstern. Es waren wieder jene selben Diebe, die zueinander sagten: «Wir haben uns doch letzte Nacht hier versammelt, wir haben dies und jenes besprochen; wir sind bei dem Reichen aufs Dach gestiegen und haben uns durch das Kamin hinuntergleiten lassen in jenes Zimmer und haben nichts gefunden. Also ist dies ein Zeichen, dass jemand hier in der Nähe ist und unser Gespräch belauscht hat.» Und damit machten sie sich rings um die Brücke auf die Suche und entdeckten den Kaufmann, der alles mit angehört hatte. Sie ergriffen ihn, raubten ihn aus bis auf die Kleider und das Hemd, banden ihn mit Stricken auf halbe Höhe eines Baumstammes fest, schlugen ihn auf erbärmliche Weise und über-liessen ihn halbtot seinem Schicksal. Am andern Morgen kamen einige Wanderer über die Brücke, sahen ihn, hatten Mitleid mit ihm, banden ihn los vom Baum und brachten ihn in das Spital, wo er noch einige Tage lebte. Als das der Müller hörte, machte er dem Kranken einen Besuch und sagte zu ihm: «Siehst du nun, dass ich doch recht hatte? Schau jetzt, was du dabei gewonnen hast? Es ist doch wahr: Wer Gutes tut, findet Gutes; wer aber Schlechtes tut, dem wird mit Schlechtem vergolten.» Auf diese Weise wurde der Müller für sein Vertrauen belohnt.   Am Kaminfeuer der Tessiner                                                               Walter Keller                                                                                           Hans Feuz Verlag Bern   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wer sich dem Teufel verschreibt

Source: Wer sich dem Teufel verschreibt

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dessen Bildnis wird in der Hölle aufgehängt, und, wenn er mit dem Gedanken umgeht, den Pakt zu brechen, so braucht der Höllenfürst nur das Porträt mit einem Messer zu durchstechen, und der Treulose ist tot. Auch von den Freimaurern hiess es, dass das Porträt eines jeden Mitgliedes in ihrem Versammlungsort aufgehängt und stets bewacht sei. Sobald ein Glied des Bundes mit dem Gedanken umgeht, untreu zu werden oder ein Geheimnis auszuplaudern, so fängt sein Porträt an zu wackeln und wird vom Wächter durchstochen. Der Stich trifft und tötet den Abtrünnigen oder Verräter. Fr. Scheiber-Walker, 80 J. alt, Schattdorf; M.A. Schmid, Hospental, u.a. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wer Tiere misshandelt, muss wandeln

Source: Wer Tiere misshandelt, muss wandeln

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Auf dem Berg spielten an einem Sommerabend die Kinder der Familie L. Der Vater und die Mutter sassen in der Stube. Plötzlich rannten die Kinder voller Schrecken herein und berichteten, draussen stehe «einer». Die Eltern beruhigten die Kinder und schickten sie wieder hinaus. Nach einer Weile kamen die Kinder wieder und wollten nicht mehr von der Seite der Eltern weichen. Schliesslich begab sich der Vater vor das Haus und sah dort wirklich «einen» stehen. Der Bauer fragte den Unbekannten, was er hier wolle. Da bekannte der Fremde, er sei der verstorbene O. F. und müsse als Arme Seele wandeln. «Ich habe nämlich vor Jahren auf dem Berg ein Mädchen gekannt, das mich treulos verliess und mit einem andern ging. Aus Rache habe ich nachts das schönste Rind im Stall des Vaters jenes Mädchens an einem Strick aufgehängt und so erdrosselt. Bald darauf fiel ich zu Tode, und nun muss ich wandeln. Ich bitte dich um aller Heiligen willen: Geh zu X. H. und bezahle die Schuld für mich.» L. versprach es der Armen Seele. Darauf verschwand sie. Als L. am andern Tage nun zum Geschädigten gegangen war und ihm alles gesagt hatte, bekreuzigte sich dieser und sagte: «Nein, nein, behalte das Geld für dich, du kannst es so gut brauchen wie ich. Dem O. F. aber verzeihe ich von ganzem Herzen.» Seither hat man nie mehr etwas gesehen.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Wert der Unschuld

Source: Wert der Unschuld

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Das frommgläubige Volk legt der Unschuld getaufter Kinder hohen Wert bei und traut derselben wohl überirdische Kraft zu. — Der Satan und böse Geister vermögen nichts gegen dieselbe; Bozen und Spukgeister sind kaum zu fürchten, wo ein Kind in der Unschuld Gesellschaft tut. — Betrüger, die diesen Volksglauben kennen, verlangen oft unschuldiger Kinder Hände, um einen versprochenen Schatz zu entdecken oder anderes Blendwerk zu verüben. — Die Mutter glaubt viel kräftiger und wolkendurchdringender beten zu können, wenn sie ein unschuldiges Kind auf den Armen hält, das sich ihr anschmiegt und ihren Hals umklammert. Auch gibt es Orte, wo den Sterbenden ein unschuldiges Kind möglichst nahe gebracht wird, das den bösen Feind verscheuchen und die ausgehauchte Seele in der Unschuld in Empfang nehmen soll. — Unschuldige Kinder werden darum beim Volke überall gerne gesehen und wohl geduldet. Diese Schätzung und Achtung vor der Unschuld getaufter Kinder erreicht aber beim gläubigen Volke den Höhepunkt, wenn eines derselben das Glück hat, in derselben zu sterben. In mancher Sage beurkundet sich der Volksglaube, die unschuldigen Kinder gehen nicht allein in den Himmel, sondern würden von einer andern, aus den Reinigungsqualen dafür erlösten, armen Seele dahin begleitet. Der Tod eines unschuldigen Kindes, so wird geglaubt, befreit also allemal, wenn möglich unter den Anverwandten, eine leidende Seele aus den Peinen des Fegfeuers; gilt darum als ein glückliches Ereignis für die ganze Familie, das oft in heissen Gebeten vom Himmel verlangt wird. Der gute Vater und die zärtliche Mutter weinen freilich dem lieben Kinde ein Paar stille Tränen nach; aber das freudige Bewusstsein, einen schönen Engel im Himmel zu haben, der für sie am Throne des Allmächtigen betet, trocknet diese Tränen gleich und stimmt alle Traurigkeit in Freude um. Der Begrabtag des Kindes wird ein Freudenfest für die ganze Familie; Eltern und Anverwandte ziehen ihre Hochzeitskleider an, begleiten so die Leiche zu Grabe und feiern im trauten Kreise den glücklichen Tag. — Auch die Kirche kennt keine Trauer und begleitet unter Lobgesängen die Leichen unschuldiger Kinder zur geweihten Erde. O! wie sehr sticht da die glaubensarme Mode der Städte und Grunddörfer ab, wo der feine Ton fordert, auch die Leichen unschuldiger Kinder in Trauer und unter Wehklagen zur letzten Ruhestätte zu bringen!   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Wertvolle Hilfe

Source: Wertvolle Hilfe

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Im Burgerwald hauste vor alten Zeiten das niedliche Volk der Zwerge. In Felsklüften, unter den Wurzeln der riesigen Waldbäume und zwischen den Steinblöcken hatten sie ihre Wohnungen. Vor unbekannten Menschen flüchteten sie sich oder machten sich unsichtbar. Dem Hirten und dem Holzhauer nahten sie sich ohne Scheu und ergötzten ihn während der Arbeit durch drollige Spässe und Spiele. Guten Menschen halfen sie, wo sie konnten. Wer sie aber erzürnte, der konnte auf die Rache der kleinen Leutchen zählen. Im Schwand war Heuet. Wohl ein Dutzend Fuder „klingeldürres“, duftendes Heu lag auf der Bergmatte ausgebreitet und wartete auf die fleissigen Hände, die es unter Dach bringen sollten. Aber es waren nur wenige Arbeiter zur Stelle. Zudem nahte noch ein Gewitter. Der Meister war halb verzweifelt. „Wenn doch in Gottes Namen ein paar Dutzend Leute kämen, um uns zu helfen“, rief er aus. Siehe, da fing es an zu rascheln im Erlengebüsch. Die Zweige knackten, und von allen Seiten strömten Zwerglein herbei, Männlein und Weiblein, viel Hundert an der Zahl. Lautlos machten sie sich an die Arbeit. Jedes nahm einen Büschel Heu, trug ihn eiligst nach der Hütte und holte schon wieder die zweite Bürde. Das wimmelte und krabbelte ums Haus wie ein aufgerührter Ameisenhaufen. Als die ersten grossen Regentropfen auf das Schindeldach der Berghütte trommelten, da war die Matte abgeräumt und kein Hälmlein mehr draussen. Der Bauer wollte den Zwergen für ihre Hilfe danken, aber diese waren verschwunden. Von der Höhe des Waldes tönte noch ein hundertstimmiger, übermütiger Jauchzer hernieder.   Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch


by Wespenbann und Gegenbann

Source: Wespenbann und Gegenbann

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Früher hat jeder Seckelbub bannen können und Bann lösen, wenn die Geschichten wahr sind, die man zu hören bekommt. – Ihrer fünf Isentaler Mannspersonen standen vor der Alphütte zu Bolgen bereit, zutal zu gehen. Da sagte der eine: »Wartet, ich muss noch hoffieren!« »Was muss ich dir geben,« fragte ein anderer, »wenn du in das Wespennest dort hoffierst?« »Hm, wenn du mir fünf Franken auf die Hand gibst, so tue ich's,« erklärte der erste und erhielt die fünf Franken auf die Hand gezählt. Er hatte gut wetten, denn er wusste die Wespen zu bannen. Das merkte aber bald der andere und löste den Bann. Aber jetzt fuhren die Wespen los, und der hoffierende Bursche musste schleunigst die Flucht ergreifen. Hans Aschwanden, 50 J. alt, Isental Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wetterhexe hinter der Holzbeige

Source: Wetterhexe hinter der Holzbeige

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 Beim Pfarrhof in Seedorf bauten sie vor etwa einem halben Jahrhundert oder etwas mehr ein Holz- und Waschhaus. Am Tage, da sie es deckten, kam nachmittags bei glanzheiterm Himmel ein altes Müetterli daher und sagte zu den Deckern, sie sollten nur ein bisschen flink machen; denn es werde bald regnen. Der Pfarrer, der auch in der Nähe stand, lachte und meinte, vom heitern Himmel werde es doch nicht regnen. Er dachte, das Müetterli möchte wohl ein Almosen, und reichte ihm einen Batzen. Aber es nahm ihn nicht an. Da händigte er das Geldstück dem Schreiner ein, und dieser bot es dem Müetterli an, das ihm sehr verdächtig schien, und aus seiner Hand nahm es ihn entgegen. Es marschierte nun die Strasse abwärts, und etwa eine Minute vom Pfarrhof entfernt, bei des Sigersten Haus, machte es sich hinter eine Holzbeige. Die Gassenbuben schauten ihm zu und sahen, dass es dort wie eine Hexe in einem Häfelein rührte. Aber keine fünf Minuten waren verflossen, so regnete es in Seedorf wie mit Zübern. Karolina Tresch-Gisler, 80 J. alt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wetterhexe in Altdorf

Source: Wetterhexe in Altdorf

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 a) Ältere Leute haben noch eine arme Weibsperson von Attinghausen gekannt, die im Rufe stand, eine alte Hexe zu sein. Diese ging einmal, von Altdorf herkommend, an der obern Langmatt vorbei, wo die Leute gerade mit dem Eintragen des gedörrten Heues beschäftigt waren, aber damit nitt gar grysäli pressierten. »Müess-ech äu eppä chu hälfä?« fragte die Hexe. »Nä-näi!« riefen alle, »mer hennt nytt z'pressiärä, mer chennet's machä ohni ych!« »I weiss nitt!« warf jene spitzig hin, »äs chennt de nu gleitiger chu, as iähr meinet.« Und wirklich, kaum war das Weib aus dem Gesichtskreis der Heuer, überzog sich der Himmel brandschwarz. Im Nu fiel ein schwerer Regen über jene Matte, und zwar nur über die, wo man ihre Mithilfe verschmäht hatte. – Nach einer andern, jedenfalls ältern Erzählart, war es ein Heidenmüetterli. b) Auf den Eggbergen ereignete sich dasselbe, als die mit Heueintragen beschäftigten Leute einer Bettlerin nicht sofort entsprachen. Heinrich Baumann, Attinghausen; Frau Arnold-Planzer, Flüelen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wetterhexe in Schattdorf

Source: Wetterhexe in Schattdorf

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 In Schattdorf lebte eine Weibsperson, die der Hexerei verdächtig war. Einst an einem herrlichen Sommertage, da die Sonne am wolkenlosen Himmel strahlte, die Bauern am liegenden Heu arbeiteten, die Wäscherinnen ihre Lylachen trockneten, sprach zu ihr ein Mann, um sie zu probieren: »Lüegä mecht-i, wiä d'Lytt zwägzapplä tätet, wennd's chämt chu haglä.« »Das wil ich scho machä,« entwischte es der Hexe; und sie brachte ein kleines Häfelein, goss Wasser hinein und einige Böhndli und gab es dem Neugierigen mit den Worten: »Spritz äs par Trepfli i d'Luft und lüeg de!« Der Lahli jedoch schüttete das ganz Häfelein aus, und es entstand sogleich ein Schrecken erregendes Gewitter; nussgrosse Hagelsteine prasselten nieder und bedeckten hoch den Boden. Durch das Teiftal wälzte sich der Gangbach zugleich mit einer Rübi gegen Schattdorf. Da lief der Sigrist zur Kirche und läutete über Wetter. Augenblicklich gab es Ruhe, und die enttäuschte Hexe rief: »Vrenäli, hättisch dü nitt so g'schrüwä, so wär ganz Schatref underg'gangä!« Rosina Lussmann, Maderanertal Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wetterhexe mit der Zeine

Source: Wetterhexe mit der Zeine

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»Ein Mädchen von Bolzbach«, so fährt meine Erzählerin fort, »stieg einmal gegen das Gygenstäfeli hinauf, um dort Süffi zu holen. Unterwegs begegnete ihm so ein wüstes Guschi mit einer Zeine auf dem Kopf, in altmodischem Gewand; es kam aus dem dichtesten Gestrüpp hervor und lissmete an einem schwarzen Strumpf. Das Guschi redete die Bergsteigerin an und sagte: »Magsch dänk ä chly gleitig gah, äs chunnt de nu eiswägs chu haglä!« »Ja, worum nitt gar!« brummte das Mädchen, »vom heitärä Himel chunnt's etz dänk chu haglä.« Aber woll! chüm het das Meitli i ds Älpäli üfa meegä und undärä Schärmä, het's grandig afah haglä, eppis usinnigs. Das heig da nitt scheen 'präglet iber ds Hittätach innä.« »Das isch äu neiwä-n-ä kürjosi g'sy!« meint meine Erzählerin, zu deren Lebzeiten sich das Ereignis abgespielt haben soll. K. Tresch-Gisler Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wetterhexe oder Wetterdämon

Source: Wetterhexe oder Wetterdämon

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Mathilde Rämi von Attinghausen ging einmal als junges Meitli mit einer Freundin in den Bodenwald, um dort Holz zu sammeln. Aber es war wie vergalsteret, sie vergassen zu Hause den Gertel, konnten also nur mit unbewaffneten Händen arbeiten, und obendrein kam es bald brandschwarz von ussä-n-innä. Da huschte auf einmal so ein Guschi an ihnen vorbei; es trug verblichene, ausgewaschene Kleider und ebenso Schinhut; blitzschnell machte es sich in das dichte Dornengestrüpp und fuhr wie ein Büchsenschuss durch das Gebüsch hin. Sofort fielen vom Himmel schwere Tropfen wie Zweiräppler. Die Mädchen machten sich schleunigst davon und kamen in kürzester Zeit zu Hause an, waren aber schon flätschbachnass und froren wie die Hunde. Solches hat mir 1913 die 70jährige Mathilde Rämi selber erzählt und hat behauptet, das sei ganz gewiss eine alte Hexe gewesen. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wetterhexe wandert bis nach Glarus

Source: Wetterhexe wandert bis nach Glarus

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»Als ich eines Morgens – ich war damals so ein Schulmeitli – die Geissen gegen die Kilchberge hinauftrieb und mit ihnen die Mäuseplatten erreicht hatte, wollten deren zwei, die mir immer zunächst waren, nicht mehr weiter und schneuzten und pfiffen durch die Nase und hennd eißter äso pfnätzget. Ich schaute in der Gegend herum, und da kam so eine alte, schwarze, unheimelige Weibsgestalt durch das Gestrüpp herauf und eilte mir voran bergwärts. An ihrem Rücken hing ein Körbchen, und ihre Hand war mit einem Stock bewaffnet. Ich trieb meine Tiere vorwärts gegen den Windgällen auf die gewohnte Weide. Aber am Abend gaben jene zwei, die so geschneuzt hatten, rote Milch, und über den Windgällen und den Pfaffen und über Sewlialp entlud sich ein furchtbares Hagelwetter und brachte eine mächtige Rübi durch das Evibachtal hinunter. Später vernahmen wir, dass diese alte Hexe – Gott b'hiät-is – an jenem Tage über Sewli und über die Männdlisplangg und das Furggeli bis ins Griestal hinüber gewandert, ja sogar, wie uns Schächentaler und der Leng-Bartli von Glarus mitteilten, die am Herbst mit Walenvieh über den Gotthard zogen, über den Märcherboden nach Glarus hinüber. Aber die Glarner haben sie gepackt und verbrannt.« Frau Gerig-Münsch, 91 J. alt, Silenen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wetterhexen

Source: Wetterhexen

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Eine traurige Begleiterscheinung der Glaubensspaltung oder Reformation war das Aufleben des unheilvollen Hexenwahnes. Dieser abscheuliche Aberglaube verseuchte allmählich alle europäischen Länder; er machte keinen Unterschied zwischen protestantischen und katholischen Gegenden. Vor dieser geistigen Epidemie konnten sich nicht einmal Gelehrte und menschenfreundliche Persönlichkeiten schadlos halten. Auch unser schönes Freiburger Ländchen hatte unter diesem Hexenglauben schwer zu leiden. Man war mal der Meinung, der böse Feind bediene sich gewisser verkommener Menschen beiderlei Geschlechts, um Menschen und Tieren in boshafter Weise zu schaden, Unwetter herbei zu zaubern, Krankheit und Unglück jeglicher Art verhassten Nachbarn oder Feinden anzuwünschen, das Vieh zu verhexen, dass es keine oder rote Milch gab, kurzum: alles Unheil in Haus, Stall und Feld wurde den sogenannten Hexen in die Schuhe geschoben. Angebliche Beweise hiefür fand man genug. Aus dieser Geistesverfassung heraus geboren, entstanden die Hexensagen und Hexenerzählungen. Noch heute pflegt der Volksmund bei Schwierigkeiten oder Misserfolgen zu sagen: «Man meint, es wäre alles verhext.» Kulturdokumente dieses Wahnglaubens sind die folgenden Hexensagen. Im Freiburger Oberland, vorzüglich in Rechthalten, Plaffeien und Schwarzsee gab es gefürchtete Hexen. Besonders den benachbarten Guggisbergern traute man in dieser Hinsicht alles Schlimme zu. Einer dieser Zauberinnen schreibt man den derben Ausspruch zu: «Wenn d Rufenenerära, d Sant-Antonichära und d Rechthaltnermöra lüte, chan i nüd mache.» Mit diesen wüsten Schimpfnamen belegten die Unholdinnen die geweihten Glocken der Wendelinskapelle in Rufenen, die Wetterglocken von Rechthalten und St. Antoni. Denn beim Wetterläuten dieser Glocken war alle verderbliche Zauberkraft der Hexen erfolg- und wirkungslos. Daher rührt der Hass der Hexen gegen das Wetterläuten. Schon manches beschworene HageIwetter hatte der eherne Mund der geweihten Glocken abgewonnen. Eine vornehme Dame hatte die Hexenkunst erlernt. Sah sie im Sommer die fleissigen Landleute bei der Heuernte schwitzen, sagte sie im Geheimen: «Ich muss die erhitzten Leute ein wenig abkühlen.» Das besorgte sie in folgender Weise: Sie befahl ihrer Dienstmagd, einen Kübel Wasser langsam auszugiessen. Während dies geschah, las die Herrin aus einem alten fremdsprachigen Buch eine Zauberformel. War sie damit zu Ende, überzog sich der vorher noch sonnenklare Himmel mit schwarzen Regenwolken, dann fing es langsam an zu regnen, sobald die Landleute ihr Heu unter Dach hatten. An einem schwülen Augusttage begann die Frau dasselbe Spiel von neuem. Wiederum sollte die Magd langsam einen Eimer Wasser ausgiessen. Diesmal vergass die vielbeschäftigte Dienerin die Weisung ihrer Herrin; sie goss alles Wasser auf einmal aus, währenddessen die Dame wie gewöhnlich auf ihrem Lehnsessel ruhend im Zauberbuche las. Nun zeigten sich sofort die schlimmen Folgen, welche die Unaufmerksamkeit jener Magd verursachten. Sogleich eilte die Dame schreiend und scheltend herbei und tadelte das Mädchen ob seines Ungehorsams. Der Himmel verdunkelte sich ungewöhnlich schnell, und ein fürchterliches Unwetter brach los. Eiergrosse Hagelschlossen fielen herunter und zerschlugen Felder und Äcker, so dass die gesamte Ernte vernichtet wurde. Der gescholtenen Magd fiel das Zusammentreffen des Unwetters mit dem Ausgiessen des Wassers sowie das ungewöhnliche Gebaren der Herrin auf. Sie zeigte dieselbe bei der Behörde als Hexe an und wies deren Zauberbuch mit den rätselhaften Schriftzeichen als Beweis vor. Keine drei Tage verstrichen, da wurde die vornehme Dame als Hexe gefangen genommen und von den Richtern zum Scheiterhaufen verurteilt. Mutig erlitt sie den Feuertod. Merkwürdigerweise blieb von diesem Zeitpunkt an das Oberland von schweren Ungewittern und Naturkatastrophen verschont.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wetterhexen

Source: Wetterhexen

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 Eine 80jährige Witwe von Seedorf erzählt jä de firni g'wissni Wahrheit, das chennet iähr miär de gläubä! »Als ich noch ledig war, ging ich einmal mit einer Freundin über die Seedorfer Allmend, so durch ein Gängli zwischen den Erdäpfelgärten gegen den Bodenwald hinauf. Da begegnete uns ein wüstes, schwarzes Guschi in uralten Kleidern; mä hätt sellä meinä, sy wäret scho i ds Noi's Archä g'sy. Statt des Hutes trug es ein Zeintli auf dem Kopf. Da wir es ein wenig betrachteten, gab es uns so einen giftigen Blick und schnerzte uns an: »Worum g'schäuwet iähr mich äso? ha-n-i eppä Hoorä?« »E nu, rächt Lytt darf mä nu eppä-n-a'lüegä, und wennd-s' grad nitt scheen sind,« sagte ich und ging weiter, bemerkte aber zu meinem Gespan: »Bim Eid! das isch ä Pfaffächälleri g'sy; da chunnt g'wiss bald ä Bach durch das Gängli appä.« Und richtig! noch vor Sonnenuntergang kam ein schreckliches Hagelwetter, der Palanggä (Bach) brach aus, und ein Arm desselben wälzte sich gerade durch jenes Gängli hinunter. Zur nämlichen Stunde hat auch ein Geissbub, der in der Nähe von Scharti Ziegen hütete, so ein Guschi gesehen. Das Hagelwetter tat so unverschämt, dass die Rübenen überall losbrachen und alle Wege ruinierten. Der Bub musste mit seinen Tieren nach Isental hinunter und kam an diesem Abend nicht nach Seedorf heim.« K. Tresch-Gisler Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wetterhut am Aarauer-Hungerberg

Source: Wetterhut am Aarauer-Hungerberg

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Das Buchgatter am Aarauer-Hungerberg ist die Grenze, bis zu welcher das benachbarte Dorf Erlinsbach ehemals das Weidevieh austreiben durfte. Im dortigen Hêrenwalde kennt der Bauer zweierlei Wetterzeichen. Er hört die Stimme eines kleinen Kindes (vgl. „Das Kind und die Blutstropfen“), und weiss, dass alsdann bald Regen folgen wird; und er behauptet, dass sich am Buchgatter ein Mann im Wetterhute zeige, der, sobald man sich ihm nähere, sogleich verschwinde. Mancher, wenn er von diesem letzteren hört, greift alsbald je nach Sense oder Sichel, denn dann kommt anhaltend gute Witterung. Auch im Dorfe Küttigen erscheint auf den Aeckern, des Statthalters geheissen, bei Regenwetter ein Mann mit grossem „Schinnhut“, d. i. mit einem aus gespaltenen Weidenruthen geflochtenen Deckelhute. Von diesem Manne mit dem grossen Hute weiss noch ein Volksräthsel aus dem Freienamte (aarg. Kinder-Spruch, Abthlg. III, No. 423, der Sternenhimmel); es nennt ihn den Muet, welcher als Herr des Muetisheeres mehr Krieger befehliget als der Tannenwald Aeste hat: De Muet mit de breit huet het meh gä'st, wedder der wald tannäst. Der sehr grossen Aehnlichkeit wegen sei ein bremischer Reim hieher gesetzt, den die Kinder um Martini singen und Gaben dabei einsammeln. (Bremer-Ammenreime 1836, pag. 60.) Jann mit dem filzhoot, dau (thau) up dem dache, Frô mit 'n witten laken: himmelriek is upgedaan; wo schält wi alle hen mit usen gästen gan? (Ueber den Namen Muet erklärt sich Anmerk. zu „Matthisethier in Reinach".) Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 122 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wetterkündende Alpgespenster

Source: Wetterkündende Alpgespenster

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1. In der Alp Gornern geschieht es dann und wann, dass die Älpler »Einen« hören in schweren Holzschuhen über die Gadenbsetzi daherkommen und über die Leiter hinaufsteigen bis an das Heutor. Dann wird jedesmal das Wetter wüst. Manchmal kommt er hinein und liegt zu den Älplern und bleibt bis am Morgen. Barbara Gerig, Wyler 2. Galtenebnet, Seenalp und Spilau sind Urner Alpen am Nordabhang der Rosstock-Windgällenkette. Zu Galtenebnet hörten die Älpler aus dem Schächental öfters »Einen« über den Antritt vor dem Stalle dahin eilen; es tönte gerade, wie wenn er in Holzschuhen oder Holzböden daherkäme. Jedesmal, wenn er sich merken liess, trat merkwürdiger Weise sehr bald Regenwetter ein. Mitget. v. Pfr. Betschart, Morschach Die gleiche Beobachtung machten die Älpler zu Seenalp und Spilau, wenn Schneewetter im Anzug war. Mein Erzähler wollte das nicht glauben und sagte, den möchte er einmal hören. Aber er hat's erfahren. Als er eines Nachts zu Seenalp bei Nebelwetter nicht einschlafen konnte und sich deshalb ins Heutor setzte und tübäklete, hörte er ihn auf einmal in den Holzböden über die Bsetzi daher traben und fühlte ihn an seinen Füssen vorbeiziehen, konnte ihn aber nicht sehen. Dann hörte er ihn noch die Gadentüre auf- und zuschletzen. Erschrocken eilte er ins Nischt. Nach einer Weile hörte er ihn zum zweiten Mal die Türe mit grossem Geräusch auf- und zuschlagen und über die Bsetzi dahinpoltern. Bald hernach gab es Schnee. Es ist der Geist eines ehemaligen Kuhhirten von Seenalp, der zu seinen Lebzeiten bei Schneewetter sein anvertrautes Vieh sträflich vernachlässigt hat. Ambros Gisler, Bürglen, u.a. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wettermachen durch Sympathie

Source: Wettermachen durch Sympathie

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Vor bald 100 Jahren war's, da hatten Fygstuehlers zu Schattdorf in ihrer Wiese »ä ganzä Schibel Heiw liget's.« Das war schon dürr, und vom wolkenlosen Himmel sandte die gute Sonne den fleissigen Schattdorfern ihre wärmsten und hellsten Strahlen. Gegen Mittag begannen die Leute mit dem Wenden des Heu's. Jetzt sprach in einem Nachbarhause jenseits des Dorfbaches, das heute die Wirtschaft zum Tellen ist, eine Weibsperson zur andern: »Lüegä mecht-i etz doch, wiä ds Fygstüehlers z'wäggzapplä tätet, wennd äso uf einisch ä Sprutz Rägä chämt.« »Das cha-n-ich scho machä,« platzte rasch die andere heraus. Es war Spitalvogt Arnolds Tochter von Altdorf, die bei ihrer Base, Frau Schellhammer, weilte, ein »Heegerli« (mit einem Höcker), sonst ein ganz ordliches Fräulein, braver und reicher Eltern Tochter. Wirklich dauerte es nicht lange, so bildete sich über Fygstuehlers Matte, und nur über dieser, eine schwarze Wolke, und ein Regenschauer fiel nieder und feuchtete das ganze Heu an, so dass sie das Eintragen desselben bis gegen Sonnenuntergang aufschieben mussten. Das vernahm aber der wachsame, anschlägige Ortspfarrer, b'schickte und examinierte das Fräulein. Ganz zerknirscht bekannte es seine Missetat; es hatte nicht geglaubt, etwas Böses zu tun. Den angerichteten Schaden ersetzte es. »Ähnliche Künste konnten sie früher machen, ohne zu sündigen, einfach durch Sympathie,« glaubt meine Erzählerin. Frau Gamma-Gamma, 80 J. alt; Franz Zgraggen, in der Blewi Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wettinger-Drache

Source: Wettinger-Drache

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Oberhalb Wettingen soll ein Drache seine Höhle gehabt haben; sie ist unzugänglich, und man weiß daher nicht, ob er wohl jetzt noch drinnen wohnt. Man behauptet aber, ihn noch vor einigen Jahren gesehen zu haben. Es werden ihm Flügel zugeschrieben, und wenn er durch die Lüste fliege, soll er mit dem Feuer, das er ausspeit, die Gegend in einem weiten Umfange erleuchten. Die Bevölkerung um Gansingen im Frickthale pflegt Kometen und Drachen für ziemlich gleiche Dinge anzusehen und behauptet auch, eines Drachen Erscheinung deute wie die eines Kometen auf Sterben und Krieg. Zum Dorfthier verallgemeinert, findet sich der Drache so ziemlich noch in jeglicher Ortschaft besonders und mit seinen eigenthümlichen Ortshistorien vor. Dann aber hat es das Unthier mit jedem Drachen anderer Sagen gemein, daß es gemeiniglich nur im Dorfbache lebt, daß seine Augen die Größe von Pflugrädern oder Fleischtellern haben, sein Leib die Länge eines Bindbaums, daß sein Blick leuchtet gleich Kirchenfenstern und Chaisenlaternen, und sein vorgequollenes Auge Verglichen wird einem Strang aneinander geknüpfter Marktzwiebeln. Diese Vorstellung hat sich schon längst in der Volksrede stabil gemacht und ist in Kalenderreime übergegangen. Das Dorfthier hat z. B. bei Rud. Wyß, Schweiz. Idyllen 1, 197: Augen, wie ein Wagenrad, Stacheln auf dem Rückengrat. Band 2, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau, 1856, Seite 2 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wiborada, die Klausnerin, und ihr Märtyrertod

Source: Wiborada, die Klausnerin, und ihr Märtyrertod

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Als der Erbauer der St. Magnuskirche, Bischof Salomon, einst von seinem Bischofssitze Konstanz aus einen Besuch im Galluskloster machte, brachte er eine durch ihre Tugenden bekannte Jungfrau, Namens Wiborada, mit sich. Nachdem dann bei einer gewissen, auf dem Berg gelegenen Zelle, neben der Kirche des hl. Georg (dem jetzigen St. Georgen), ein kleines Häuschen errichtet worden war, blieb sie da beinahe vier Jahre, indem sie in so großer Enthaltsamkeit von Speise und Trank sich einschränkte, daß kaum jemand es dem Erzähler zu glauben vermag. Denn während sie beständig, bei Nacht und bei Tag - in der Kirche verblieb, verharrte sie in Gebet und Nachtwachen unter unermüdlichem Anstehen der göttlichen Liebe, so daß sie niemals jenes kleine Haus betrat, außer selten in unvermeidlichen Fällen, sei es, daß sie etwas Schlaf genießen, sei es, daß sie dazwischen einmal nach drei Tagen den nüchternen Leib erfrischen wollte. In diesen Übungen Gott dienend und von Tag zu Tag in verdoppeltem Fasten den zarten Körper züchtigend, lebte sie allein im Geiste, während die Glieder verfielen. Der Wiborada genügten aber diese Selbstpeinigungen noch nicht. Sie begehrte danach, in einer kleinen Behausung, welche für sie dicht an der St. Magnuskirche (in der nordöstlichen Ecke) errichtet worden war, eingeschlossen zu werden. Als der ehrwürdige Bischof von neuem zum Kloster kam. befahl er, da die kleine Klause, nach welcher sie in ihrem ganzen Leben dürstete, schon bereit gemacht war, unter Entsendung einiger Mönche, daß sie zu ihm geführt werde, und indem der Bischof sie mit wenigen Worten beehrte und segnete, verschloß er die Klause. Das geschah im Jahre 916. Eine Türe hatte die Klause nicht; nur durch das Fensterchen verkehrte die Eingeschlossene mit der Außenwelt. Ein aus Tierhaaren geflochtenes, sehr rauhes Gewand hüllte ihre Glieder ein; eine eiserne Kette trug sie anstatt eines Gürtels. Im Frühjahr 926 drangen die Ungarn bis in unsere Gegenden vor. Unter ihrem Abt Engilbert hatten die Brüder des hl. Gallus auf einer Halbinsel an der Sitter einen sichern Zufluchtsort gefunden. Man mahnte auch die Klausnerin Wiborada zur Flucht; sie aber wollte davon nichts wissen. Ihr eigener Bruder, der schon betagte Mönch Hitto, der Aufseher der Kirche St. Magnus, rettete sich auf ihre Bitten in den nächsten Wald. Sie allein blieb zurück und fand den Tod.  T. Pestalozzi. (Die St. Magnuskirche, St. Gallen, Fehr.) Kommentar von Christoph Deuel, 8. April 2005: Die St. Magnus Kirche heisst heute St. Mangen Kirche. Dort wo Wiborada einst ihr kleines Einsidlerhäuschen hatte (es hatte keine Türen) ist heute der rechte (vom Haupteingang her) oder der nördliche Flügel der Kirche (sie ist in Kreuzform gebaut). Vor der Kirche steht ein Brunnen, der Wiborada Brunnen. Die Mönche des Klosters St.Gallen brachten ihr regelmässig das Essen, sodass sie ihren türlosen Raum nie verlassen musste.  Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 3, S. 4f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wichenstein

Source: Wichenstein

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Am Semelenberg, in der Nähe des Hirschensprunges, stand in einer Felshöhle das Schlösschen Wichenstein. Dieses gehörte zum Schloss Blatten und wurde von den Appenzellern zerstört. Die Höhle ist 15 Meter breit und tief und heute noch durch eine Mauer abgeschlossen, in welcher ein Türeingang und acht Fensterlöcher zu sehen sind. Wichenstein war ein von Buschkleppern bewohntes und darum gefürchtetes Raubnest. Die Bösewichte, die hier hausten, sind unselig aus der Welt geschieden und wandeln als grosse, schwarze Hunde heute noch ihre bösen Wege. Vor mehr als hundert Jahren ging "Rofahans", ein unerschrockener Oberrieter, nachts hier vorbei. Er hörte wiederholt seinen Namen rufen und folgte der Stimme, die ihn ins Innere der Burg lockte. Da sah er einige altertümlich gekleidete Männer am Tische sitzen, auf welchem eine eichene, eisenbeschlagene Kiste lag. Aber auf dem Deckel sass eine häßliche Kröte, die den Fremdling sonderbar anglotzte. "Rofahans," sagte einer der Männer, "wenn es dir glückt, dieses Tier zu entfernen, so ist die Kiste dein Eigentum mit allem Geld, das drinnen ist." Hans ließ sich das nicht zweimal sagen; er wollte den Schatz bekommen. Aber ehe er das hässliche Tier berühren konnte, blähte es sich zu riesenhafter Grösse auf und gab einen stinkenden Rauch und Qualm von sich. Der Mann floh entsetzt davon und verließ den unheimlichen Ort. Hinter sich hörte er ein höllisches, ein markdurchdringendes Geschrei: "Wehe uns! Jetzt müssen wir wieder tausend Jahre auf unsere Erlösung warten!" Heinrich Hilty * Vom Wichenstein führte ein unterirdischer Gang durch den Fels in die Ebene hinab, wo sich zwei Gewölbe befanden. Derselbe ist einmal geöffnet, dann aber wieder zugedeckt worden.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 74, S. 33f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wider bi Spinnere

Source: Wider bi Spinnere

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Wider bi Spinnere Einisch het e Frau z’Obe spott gspunne. Du het’s a d’Pfäischter gchlopfet. D’Spinnere het uf u ischt zum Pfäischter vüre. „Wär isch do?“ frogt sie. „Nummen ig“, säg e Frau vorusse, göb sie re nid öppis chönnt hälfe. Jo, sie soll numen ihe cho, mach diesi druf. Aber bim Liecht ma die Frau erchenne, dass sie neimer angersch weder d’Frau Faschte het i d’Stube gheisse cho. Du het sie re es widligs Härdöpfelchörbli gä, sie soll das go Amerika ihe ghufet voll Wasser go reiche. En angeri Frau isch nid so gschid gsi. Die het au gspunne; äs isch bal halbi eis gsi. Eismols het’s a d’Pfäischter gchlopfet, un e Frau isch vorusse gstange u het gseit, sie heig do no Liecht gseh u heig welle luege, öb si re nid öppis chönnt hälfe. Jo, säg die Frau, sie soll numen ihe cho, u het ere e Haschpel gä für Garn ufzwinge. Aber was isch gange? D’Frau Faschte het ere dr Buch ufghüie u d’Därm ugfghapschlet. In hessischen Prozessakten von 1630 bekennt ein Zauberer, er sei in Frau Venus Berg gewesen. Auch Frau Holt sei in den Berg gefahren; die Fahrt geschähe auf den „Neuen Jahrs Tag“. Ferner sagt er aus, dass er alle Fronfasten in den Berg fahre. Frau Holt ist aber niemand anders als Frau Fasten; auch die enge Beziehung, welche zwischen Frau Fasten und Frau Venus besteht, hält eine Sage aus Rohrbach noch fest (siehe „D’Frau Fischte u d’Frau Vrene). M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wie Betten zu seinem Namen kam

Source: Wie Betten zu seinem Namen kam

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Auf dem gleichen Platze, wo heute das Dorf Betten steht, stand vor etlichen hundert Jahren eine Ortschaft mit dem Namen Rotdorf. Warum dieser Name geändert wurde, erzählt uns folgende Sage: Eine ansteckende Pest wütete im Lande; man nannte sie den grossen Tod. Am fürchterlichsten hauste sie aber doch in Rotdorf. Eine Zeitlang wurden fast täglich etliche Personen vom Tode dahingerafft. Jammern und Wehklagen erfüllten das Dorf. Die so schrecklich heimgesuchte Bevölkerung nahm Zuflucht zum Gebete: bis hinüber nach Bister und Grengiols hörte man die bedrängten Leute laut aus Leibeskräften beten. Von da an erhielt die Ortschaft Rotdorf den Namen Betten. Die ziemlich zahlreiche Bevölkerung von Rotdorf wurde eine Beute des Todes, mit Ausnahme von drei männlichen Personen, die ausserhalb des Dorfes das Vieh besorgten: Der eine beim sogenannten Ebnetboden, der zweite beim Sterbbitsch und der dritte bei den Stadlen. Diese drei, die sich mit Rufen verständigen konnten, versprachen, ein kleines Gotteshaus zu bauen, wenn Gott sie vom Tode errette. Ihr Gebet fand Erhörung, und es entstand das erste kleine Gotteshaus in Betten. Diese drei Überlebenden verteilten nun die Liegenschaften unter sich. Der eine, Mathias mit Namen, erhielt einen ansehnlichen Teil oberhalb des Dorfes, welcher dann die Benennung Matte erhielt. Der zweite, der Thomas hiess, bekam seinen Teil weiter oben diesen Ort nennt man noch jetzt Domen. Der dritte hiess Martin, und diesem fiel der Martisberg zu, der auch noch jetzt den Namen des einstigen Besitzers trägt. BETTEN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Wie das Schneeglöcklein entstand

Source: Wie das Schneeglöcklein entstand

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Nun schneit es schon den ganzen Tag. Der Himmel ist dunkel, und die arme kleine Maria ist müde wie noch nie. Es ist schon so lange her, dass sie ihre Mutter sucht, ihr liebes gutes Mütterlein. Aber der Wind flüstert dem Kinde mit traurigem Tone zu, als wollte er sagen: «Arme Kleine, dein Mütterchen ist gestorben, es ist tot. Suche es doch, liebes Kind, nicht in der Ferne, sondern auf dem kürzesten Wege. Schau, dort auf dem Friedhof ruht es und schläft.» Und der Schnee fällt langsam und unaufhörlich in dichten Flocken. Welche Stille ringsumher im Tal. In Weiss liegt alles eingehüllt. Die kleine Maria trippelt mit ihren kalten Füsschen mühsam durch den hohen, weichen Schnee. Wie stechend kalt es ist! Aber auch im Hause der Tante Beatrice war es kalt und unfreundlich. Und dann taten der Kleinen die groben und knochigen Hände des Onkels Antonio weh, wenn er ihr Schläge gab auf den Kopf. Und Olga war oft so böse mit ihr, zog sie immer am Zopf und sagte: «Du Hässliche! Du bist ein garstiges Ding, Maria! O wie hässlich, wie faul und nichtsnutzig du bist, und issest bei uns das Gnadenbrot!» Was ist auch der lieben Mutter in den Sinn gekommen, zu sterben? Ihrem guten Mütterlein, das sie nie schlug, sondern sie liebkoste und sie beim Zubettegehen küsste, das ihre Hände in den seinigen wärmte, wenn sie kalt hatte, und das ihr alle Tage heisse Polenta gab mit köstlicher Milch. Aus diesem Grunde also wollte Maria nach Hause zurückkehren, zu ihrer treubesorgten Mutter, die sie gewiss suchte. Und wie sonderbar, sie weinte, als sie auf dem Totenbett ihr Kind zum letzten Male sah. Maria wusste den Weg nach Hause. Es war weit, weit. Aber dort wartete ja das Mütterchen, und ferner ein lustiges Feuer und die dampfende Suppe auf dem Tisch mit der Milch und den grossen feinen Bohnen! Der Wind heulte unheimlich wie eine Eule durch die kahlen Bäume. Der Schnee fiel immer höher, der Himmel wurde noch dunkler, und das Heimatdorf war noch immer nicht zu sehen. O Mütter, gute liebreiche Mütter, wie könnt ihr nur sterben! Ohne euch sind die armen Kinder so verlassen in der Welt! Wie lang er-scheint ihr jetzt die schneebedeckte Strasse, und die Kleine ist so müde und friert. Schau, nun. wird es Nacht. Schon zeigte sich am Himmel ein grosser Stern, der aussah wie das liebevolle Auge einer Mutter. Maria konnte nicht mehr weiter. Sie setzte sich auf den Schnee unter zwei alte, hohe Tannen und schloss die Augen, die so viel geweint hatten, wobei sie mit ihrem dünnen Stimmchen lispelte: «Die Mutter wird sicher kommen, sie kommt mir entgegen, mich zu holen.» Dann schlief sie ein. Nach einer Weile fühlte Maria, wie" ihre Hand, die sie auf den Schnee stützte, von zwei warmen, weichen Händen gefasst wurde, und sie rief: «O Mutter!» Aber nein, es war nicht das gute Mütterlein. Es war ein wunderschöner Engel mit blauen Augen und goldenen Flügeln. «Komm, Maria, die Mutter erwartet dich!» sprach die Engelsgestalt. Und indem sie das Kind immer an der Hand hielt, führte sie es weit, weit hinauf gegen den grossen Stern, der immer heller strahlte wie das Auge einer Mutter, die ihr hilfloses Kind liebevoll betrachtet. Maria war jetzt versorgt. Am Orte aber, wo die Hand der Kleinen im Schnee geruht hatte und vom Engel berührt worden war, schmolz der Schnee, und es erblühte eine bleiche und schöne Blume. Sie wurde das Schneeglöcklein oder die Marienblume genannt. Maria aber hatte droben im Himmel ihr Mütterlein wieder gefunden und war glücklich, während der Schnee immer dichter auf die kalte Erde fiel. Die Bergbewohner versichern, dass bei den Tannen, halbwegs auf der Strasse von Prato nach Dalpe, jedes Jahr ein Schneeglöckchen hervorwächst, das grösser und schöner ist als alle andern, offenbar der Maria zu Ehren.   Am Kaminfeuer der Tessiner                                    Walter Keller                                                          Hans Feuz Verlag Bern     Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wie das Volk Ortsnamen erklärt

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Buochs in Unterwalden, Kanton Nidwalden Die Leute dort herum -hatten eine Kirche nötig, konnten sich aber über den Standort nicht vereinbaren. Sie kamen nun auf den Gedanken, man wolle einen Ochsen mit einem Bauholze belasten, ihn antreiben, und gehen lassen wohin er wolle. Wo er still stehe, da soll die Kirche erbaut werden. Es geschah und der „Buw-Ochs" (Bau-Ochse) blieb da stehen, wo sich die Kirche jetzt befindet und nach und nach ein Dorf entstund, das eben darum den Namen Bau-Ochs (mundartlich Bu-Ochs) Buochs erhielt. Uffikon, Kanton Luzern Uffikon wird dahergeleitet, dass man einst die Umwohner von der auf einer Anhöhe erbauten Kirche zum Gottesdienste gemahnt habe mit dem Rufe: „Ufi cko!" (Heraufkommen!) Dagmersellen, Kanton Luzern Dagmarsellen soll früher Brunonisberg geheissen haben, Trostberg nach andern. Wohlhusen, Kanton Luzern Wohlhusen habe als Städtchen den Namen Gruonenberg geführt. Römersberg, Kanton Obwalden Auf Römersberg, bei Sarnen, sollen die ersten römischen Ansiedler gewesen sein. Nach ähnlicher Manier hat man die Ortsnamen Blikersdorf von einer Bleiche, Wartensee (wart m'r am See), Willisau, Hildisrieden, Engelwartigen, Kulmerau, Schnabelacker u. a. erklärt.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


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Buochs in Unterwalden, Kanton Nidwalden Die Leute dort herum -hatten eine Kirche nötig, konnten sich aber über den Standort nicht vereinbaren. Sie kamen nun auf den Gedanken, man wolle einen Ochsen mit einem Bauholze belasten, ihn antreiben, und gehen lassen wohin er wolle. Wo er still stehe, da soll die Kirche erbaut werden. Es geschah und der „Buw-Ochs" (Bau-Ochse) blieb da stehen, wo sich die Kirche jetzt befindet und nach und nach ein Dorf entstund, das eben darum den Namen Bau-Ochs (mundartlich Bu-Ochs) Buochs erhielt. Uffikon, Kanton Luzern Uffikon wird dahergeleitet, dass man einst die Umwohner von der auf einer Anhöhe erbauten Kirche zum Gottesdienste gemahnt habe mit dem Rufe: „Ufi cko!" (Heraufkommen!) Dagmersellen. Kanton Luzern Dagmarsellen soll früher Brunonisberg geheissen haben, Trostberg nach andern. Wohlhusen, Kanton Luzern Wohlhusen habe als Städtchen den Namen Gruonenberg geführt. Römersberg, Kanton Obwalden Auf Römersberg, bei Sarnen, sollen die ersten römischen Ansiedler gewesen sein. Nach ähnlicher Manier hat man die Ortsnamen Blikersdorf von einer Bleiche, Wartensee (wart m'r am See), Willisau, Hildisrieden, Engelwartigen, Kulmerau, Schnabelacker u. a. erklärt.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


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Buochs in Unterwalden, Kanton Nidwalden Die Leute dort herum -hatten eine Kirche nötig, konnten sich aber über den Standort nicht vereinbaren. Sie kamen nun auf den Gedanken, man wolle einen Ochsen mit einem Bauholze belasten, ihn antreiben, und gehen lassen wohin er wolle. Wo er still stehe, da soll die Kirche erbaut werden. Es geschah und der „Buw-Ochs" (Bau-Ochse) blieb da stehen, wo sich die Kirche jetzt befindet und nach und nach ein Dorf entstund, das eben darum den Namen Bau-Ochs (mundartlich Bu-Ochs) Buochs erhielt. Uffikon, Kanton Luzern Uffikon wird dahergeleitet, dass man einst die Umwohner von der auf einer Anhöhe erbauten Kirche zum Gottesdienste gemahnt habe mit dem Rufe: „Ufi cko!" (Heraufkommen!) Dagmersellen. Kanton Luzern Dagmarsellen soll früher Brunonisberg geheissen haben, Trostberg nach andern. Wohlhusen, Kanton Luzern Wohlhusen habe als Städtchen den Namen Gruonenberg geführt. Römersberg, Kanton Obwalden Auf Römersberg, bei Sarnen, sollen die ersten römischen Ansiedler gewesen sein. Nach ähnlicher Manier hat man die Ortsnamen Blikersdorf von einer Bleiche, Wartensee (wart m'r am See), Willisau, Hildisrieden, Engelwartigen, Kulmerau, Schnabelacker u. a. erklärt.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Wie der Bichelsee entstand

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Wie der Bichelsee entstand In dem von Turbenthal ausgehenden Tälchen von Neubrunn liegt an der Grenze der Kantone Zürich und Thurgau der kleine, von Waldhöhen begleitete Bichelsee. Nach der Sage stand früher an seiner Stelle ein Eichenwald, der einer Witwe gehörte. Ein gewalttätiger Nachbar erhob Anspruch auf den Wald und es gelang ihm, vor Gericht ihr den Wald zu entreissen. In gerechtem Zorn verwünschte sie den ihr freventlich geraubten Wald, Während der folgenden Nacht tobte ein heftiges Gewitter; die Erde erbebte, der Sturm brach los und feurige Zeichen drohten am Himmel. Als die ersten Strahlen der Sonne hinter dem Hügel hervorleuchteten, war der Wald verschwunden und über den versunkenen Baumkronen breitete sich ein See aus. Lange Zeit rissen sich die Fischernetze an den Eichen, die aus der Tiefe hervorragten. Im See soll auch ein Inselchen gewesen sein, das versunken sei, nachdem zwei Brüder sich in einem Erbschaftsstreit um dasselbe geschlagen haben. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Wörtlich aus Stauber, S. 64 Nach Id. 7: 1482 hiesst der B. auch Seelmattersee. „Bickel“, volksetymologisch gedeutet: versunkene Baumgrotzen, die die Fischernetze „anbickten“, zerrissen. Gustav Hegi, Das obere Tösstal, 1902: Der B. soll unergründlich sein und durch verborgene Rinnen mit weit entlegenen Gewässern im Tösstal in Verbindung stehen. Wirklich stiess man in den Sechzigerjahren (des 19. Jh.) beim Graben eines Kanals am Südende des Sees auf eine Zahl im Boden versunkener Baumstämme. - Vermutlich haben schon frühere ähnliche Feststellungen Grund zur Sagenbldung gegeben. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wie der Blausee seine Farbe erhielt

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Vor Zeiten sah der reizende kleine See im oberen Tal der Kander noch anders aus als heute. Sein Wasser unterschied sich nicht von andern kleinen Berggewässern. Es wohnte aber in der Nähe seiner Ufer ein Mägdlein, das sein Herz einem Hirtenknaben zugewandt hatte. Oft gingen die beiden in hellen Mondnächten zu dem von uralten Tannen umstandenen Alpensee, auf welchen der Knabe zum Zeitvertreib einen Kahn gesetzt hatte. Auf den silbernen Fluten verträumten sie dann freundliche Stunden ihres jungen Lebens. Da fiel einst der Knabe, als er hoch in den Flühen im Seiltuche Heu einbringen wollte, über eine Felswand zu Tode. Untröstlich war von der Zeit an das Mägdlein. In mitternächtlicher Stunde schlich es sich oft zum versteckten Seelein, flehte bald in erschütternder Klage den Himmel um Wiedergabe des Geliebten, oder haderte mit ihm über seine Grausamkeit. So verwirrten sich nach und nach des Kindes Sinne. Umsonst war die Mahnung der Eltern, die nächtlichen Besuche aufzugeben. Eine geheimnisvolle Macht zog die Unglückliche immer wieder dorthin. Eines Morgens aber fand man Schiff und Schifferin auf des Wassers Grunde. Von der Stunde an hatte das Seelein eine tiefblaue Farbe angenommen. Die Leute sagten, es seien die Tränen der unglücklichen Liebe und das Wasser sei ebenso blau wie des unglücklichen Mägdleins Augen es ehedem waren. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wie der Handbub das Jauchzen und Jodeln lernte

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Als man einst bei der Entladung der Alp von Compadiels einen Melkstuhl vergessen hatte, sollte der Handbub hinauf, denselben zu holen. Er ging, kam aber erst am Abend spät zur Alphütte und blieb dort übernacht; er konnte aber nicht recht einschlafen. Um die Zwölfe erwachte er vom leichten Schlummer, und erblickte zu seiner grossen Verwunderung um den Feuerherd drei Sennen, von denen Einer auf dem Melkstuhle sass, den er heim holen sollte. Diese drei taten nun Milch in den Kessel, und gaben davon dem Handbuben; er trank, und so gut hatte noch nie die Milch ihm geschmeckt. Sie liessen ihm auch die Wahl zwischen drei Künsten: »gut singen, gut jauchzen und jodeln, oder gut pfeifen« zu können. - Er wollte gut jauchzen können. Am Morgen nun, als er mit dem Melkstuhle bergab sprang, wollte er seine Kunst probieren, und wirklich konnte er jauchzen, dass er sich selber gern hörte und immer zujauchzte. - Als er nun drunten im Tale so schön jauchzte und jodelte, verwunderten sich seine Kameraden sehr, und er musste ihnen erzählen, wie er es erlernt habe. - Der Senn wollte auch so schön jauchzen können, und ging an einem Frühlingsabend in die Alphütte hinauf, um von den drei fremden Käsern das Jauchzen und Jodeln zu lernen. - Es ging ihm Anfangs wie dem Handbuben, aber zu ihn auf dem Lager im Winkel erblickten: Dich hat Niemand geheissen.« - Sie zerrissen ihn in Stücke. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wie der Kuhreihen [Jodler] kam (Mundart)

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Wiä isch dumenä hübsche Chnächt in der Ragazer Alp Bardiel ergangä! Derselb hei au d'Gaistersinna gsäha und hei vu drüerlei verschiedener Schottä eini müaßa-n-usläsä. Zum Glügg hat er di grüä gwehlt. Duä heig einä vu da Geisterä zuenem gseit: "Hettist du änderst gwehlt, so hettemer di verrupft we d's Gstrüpp in der Sunnä. Aber jetz chast ä Wunsch tuä; er soll erfüllt wärdä." Duä sägi der jung Burst: "Där, wou beim Cheise-n-ä sou prächtig gjoulät hat, söll mis au leihrä." Das ist gschieh, und vu duä a heig me der erst Chuahreiä im Ouberland ka. Albrecht, Erinnerungen.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 203, S. 98f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wie der Name des Hofes „Erlosen“ entstand

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Da wo heute der „Felsenhof“ in Hinwil steht, stand vor mehreren Jahrhunderten ein Bauernhaus. Dazu gehörten viele Wiesen und Äcker. Darum herum stand, so weit das Auge reichte, weiter Wald. Der Bauer war ein rüstiger Sechziger. Er war früher Meisterknecht des Ritterhauses Bubikon gewesen. Deshalb konnte er auch schreiben, und er teilte seine Schreibkunst auch seinen Söhnen mit. Seine Frau Dorothee war ihm frühe gestorben. Mit seinen beiden Söhnen Hans und Ulrich bewirtschaftete er seinen grossen Hof. Doch die Brüder hatten ständig Streit, weil der Erstgeborene ein reizbarer Bursche war. Das Zerwürfnis vergrösserte sich, als Hans, der ältere, ein Weib ins Haus brachte. Da beschied der Vater Ulrich vor sich und eröffnete ihm den Wunsch, er möchte sich eine Frau nehmen und dann im Umkreis von zehn Stunden an einem ihm passenden Orte einen eigenen Hof errichten. Der jüngste Sohn befolgte des Vaters Rat, und der erhielt als Erbe die Hälfte des Viehstandes von des Vaters Hof, nebst einem schönen Stück Geld. Mit seiner Habe zog er dem Wildbach nach talaus. Er bahnte sich durch Wald und Gestrüpp einen Weg. Ulrich und seine Frau fanden denn auch nach einer Weile einen freien Platz, wo sie sich die neue Heimstatt erbauten. Einige Jahre verstrichen. Obwohl die Familie Ulrichs keinen Mangel leiden musste, war sie doch des Lebens nicht ganz froh, weil sie Inder Abgeschiedenheit der Nachrichten vom Elternhause entbehrten. Endlich verirrte sich ein wandernder Schneider zu ihnen. Weil auf dem neuen Hofe in den letzten Jahren an den Kleidern nicht viel gemacht worden war, hatte der Schneider längere Zeit zu tun. Er erzählte den Vereinsamten auch von Land und Leuten, so dass ihre Sehnsucht nach dem Vaterhause erwachte. Doch wegen des ältern Bruders Wildheit getrauten sich Ulrichs Leute selbst nicht, den väterlichen Hof aufzusuchen. Deshalb gedachten sie, den Schneider mit einem Zeichen dorthin zu schicken. Ulrich versorgte also den Boten mit Zehrung und ging eine Tafel zu holen, auf welcher er dem Vater mitteilen wollte, er solle ihn aus seiner freiwilligen Verbannung erlösen. Während nun Ulrich die Tafel suchte, stahl der Schneider einige Schweinsrippli und liess sie in seinem Schnappsack verschwinden. Dann erschien der Hausvater mit der gefundenen Tafel, auf der nichts weiter stand als „Erlösen“. Der Schneider versprach, alles zu besorgen und verabschiedete sich. Als er unterwegs ausruhte, betrachtete er die Tafel aufmerksam. Da er selber nicht schreiben konnte, hätte er gerne gewusst, was die Zeichen bedeuteten. Über dem Schriftbild standen zwei seltsame Zeichen, die den gestohlenen Schweinsrippchen ähnlich sahen. Vielleicht, dachte er, sind es auch zwei Bockshörnchen, und sie bedeuteten, dass er ein Schneider sei. Es war ihm nicht ganz geheuer zumute, wie einem, der kein gutes Gewissen hat. Zur Vorsicht wischte er die beiden Striche aus. Glücklich traf der Schneider den alten Vater, und er übermittelte ihm die Tafel, auf welcher er das Wort „Erlosen" las. Er hatte somit keine Ahnung vom Anliegen seines Sohnes. Er vermutete aber, er habe seinem Hofe diesen Namen gegeben und er befinde sich mit seiner Familie in geordneten Zuständen, sintemalen der Schneider von keiner Not berichten konnte auf Ulrichs Hof. Seither ist der Name an dieser Ortschaft geblieben und sie trägt ihn noch heute. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Jahrbuch Pfäffikon Nr. 2, S. 41/43, erzählt von Kalligraph Rüegg, dem sein Vater die Geschichte oft vorgetragen hatte. Es ist wahrscheinlich, dass an der Stelle des Felsenhofs (gebaut als privates Geschäftshaus um 1830, 1874 Sekundarschulhaus, 1918 Gemeindehaus, 1958 abgerissen für ein neues Primarschulhaus) ein Bauernhaus stand; die Urkunden über die Ritter von H. deuten darauf hin. Es ist auch als sicher anzunehmen, dass Erlosen von Hinwil aus besiedelt wurde. K. W. Glaettli, Die Entstehung der politischen Gemeinde Hinwil, im Jahrheft der Antiqu. Ges. Hinwil 1950. Zur Namendeutung, sieh Id. 3, 1436, s. v. Er-losen, „Flurname für Grundstücke, die nicht mehr gepflügt werden, sondern in Wiese oder Wald umgewandelt sind oder wegen ihres unfruchtbaren Grundes nicht zu Ackerland taugen. Der Name ist abgeleitet von ahd. arian mhd. eren = pflügen. Andere Beispiele: Erlosen (Höchstetten BE), Erlisse (Zollikon ZH), Erlos (Rinach LU).   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wie der Rätzliberg ein Gletscher wurde

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Einst war der obere Rätzliberg im hintersten Simmental, aus welchem in sieben Brunnen das Landwasser entspringt, eine fruchtbare Alp, auf welcher Mutterne und Adelgras in Hülle und Fülle grünten. Eine reiche aber geizige Frau unten aus dem Lande hatte den Berg gekauft. Alle Jahre brachte der Hirt, welcher droben sein Vieh sommerte, der Lehensfrau den Zins nebst einem Korb voll frischem Ziger und von der goldensten, fettesten Butter. Allein nie war die Ungenügsame zufrieden. Einst brach ein furchtbares Hagelwetter über den Rätzliberg, und Hunger drohte der Herde. Der Küher aber vermochte der Frau im Tale jetzt noch weniger zu bringen. Die Hartherzige aber fluchte seines geringen Zinses, verfluchte die Alp, die nichts Besseres hervorzubringen imstande sei. Da rückte plötzlich das Eis vom wilden Strubel auf die Alp zu. Begraben ward der herrliche Berg, verschwunden die blühende Weide. Als der Hirt im nächsten Sommer zurückkehrte, fand er nichts mehr als einen grossen Gletscher. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wie der Schwarzsee entstand

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Aus der Krone der Freiburger Alpen leuchtet ein wunderbarer Kobalt: der Schwarzsee. Sonnige Weiden und dunkle Wälder umsäumen seine Ufer, und die nahen Berggipfel spiegeln ihre stolzen Häupter in seinem klaren Wasser. Alles atmet hier Ruhe und Frieden. Der Lärm der aufgeregten Welt dringt nicht in diese Einsamkeit. Wie der Schwarzsee entstanden ist, meldet uns eine Sage. Vor vielen hundert Jahren gab es in diesem Tale noch keinen See. Eine prächtige Matte breitete sich hier aus, und ein Fluss durchzog sie. Üppige Weiden zogen sich den rechten Talhang hinauf bis zum Gipfel des Berges, der damals noch Geisserich hiess. Alle Berggüter von der Talsohle bis zur Höhe gehörten dem Bernhard Riggi. Er war der reichste Mann der Gegend. Aber der grosse Reichtum hatte ihn weder stolz, noch hartherzig gemacht. Bernhard war freundlich gegen alle Menschen und hilfreich gegen alle Bedürftigen. Darum wurde er auch von der ganzen Bevölkerung hoch geachtet und verehrt. Im Frühjahr, wenn der Föhn den Schnee aus den Alpen gefegt und die Weiden mit frischem Grün bekleidet hatte, zog Bernhard Riggi mit seinen Viehherden zu Berge. War das eine Augenweide, wenn die endlosen Scharen von Kühen und Rindern mit klangvollem Geläute durchs Tal zogen. Einen Sommer lang freute sich Bernhard am einfachen Hirtenleben, droben auf der Riggisalp. Das Glück war ihm allzeit hold. Nie suchte eine Seuche seine Herden heim. Aber auch nie stürzte ein Tier in einen Abgrund, denn Bernhard hatte sich nach guten Hütern umgesehen: es waren die Zwerglein. Sie hüteten des Nachts die Tiere, sie halfen beim Melken, sie halfen den Käse und die Butter bereiten. Sie halfen überall. Als Lohn musste ihnen der Senn jeden Abend eine Gebse voll Nidel unter eine Wettertanne stellen. Des Nachts kam dann das kleine Volk und schlürfte den köstlichen Trank. Gemsen und Rehe gab es damals in grosser Zahl. Niemand verfolgte sie. Sie waren ganz zahm und zutraulich, weideten mit dem Vieh und kamen ohne Scheu in die Nähe der Hütte, wo sie aus den Rinnen das Salz leckten, das die Hirten ihnen gestreut hatten. So lebten Menschen und Tiere im tiefsten Frieden nebeneinander, und nirgends auf der Welt schienen die Menschen so glücklich zu sein wie dort droben. Aber kein Sterblicher soll auf dieser Erde restlos glücklich sein. So hatte auch Bernhard Riggi etwas, das ihm Kummer machte. Es war sein Sohn Ubald. Der folgte nicht den weisen Lehren und dem Beispiele seines Vaters. Er war stolz, finster und verschlossen. Am Hirtenleben hatte er keine Freude. Das war ihm zu gering. Er wollte höher hinauf. Er wollte ein Herr sein. Als Bernhard zum Sterben kam, rief er seinen Sohn zu sich und sprach: „Ich fühle, dass meine Tage zu Ende gehn. Es war ein schönes Leben. Dem Herrgott danke ich dafür. Er hat meiner Hände Arbeit gesegnet, mich reich mit Gütern beschenkt, mich vor allem Unglück bewahrt und mir seinen Frieden gegeben. All mein Hab und Gut, mein Reichtum gehört nun dir. Aber ich bitte dich, Ubald, lass den Stolz nicht in dein Herz kommen. Diene Gott mit demütigem Herzen. Sei hilfreich und freundlich gegen die Mitmenschen. Sei freigebig gegen die Armen. Sei auch gut gegen die Zwerglein, denn ihnen verdanken wir viel. Ubald, willst du mir das versprechen?“ Der Sohn gelobte es. Bernhard starb, und Ubald trat sein Erbe an. Anfänglich schien es recht gut zu gehen. Aber schon nach wenig Jahren vergass er sein Versprechen und ging seine eigenen Wege. Ubald wurde ein Jäger. Mit Bogen und Pfeil bewaffnet versteckte er sich in der Nähe der Salzrinnen. Kamen Gemsen oder Rehe heran, dann durchbohrte sie ein Pfeil. Das Wild verliess die Weiden und zog sich auf die Gipfel, Gräte und in die Schluchten der Berge zurück. Aber der verwegene Jäger fand auch ihre verborgensten Schlupfwinkel. Überall wo er hinkam, brachte er Tod und Verderben. Auf dem Gipfel der Kaiseregg liess sich der Stolze ein Jagdschloss erbauen. Mit Verachtung schaute er hinunter auf die Hirten und das kleine Volk. Die Hirtschaft überliess er den Knechten. Die Zwerglein wollte er in seinem Reiche nicht mehr dulden und verbot seinen Hirten, ihnen Nidel unter die Wettertanne zu stellen. Empört über diesen schwarzen Undank verliess das Zwergvolk für immer die Gegend und liess sich in einem andern Bergtale nieder, wo bessere Menschen wohnten. Jetzt hütete niemand mehr die Herden. Die Tiere stürzten über Felsen und Abgründe. Pest und Seuchen brachen aus. Da ergrimmte Ubald, fluchte auf den Herrgott, verspottete die Frömmigkeit seines Vaters und verwünschte Zwerge, Hirten und Herden. Jetzt folgte das Strafgericht. An einem Hochsommernachmittag stiegen hinter den Bergen dunkle Wolken auf. In der Ferne begann es zu grollen. Immer näher kam es heran. Der Wind heulte. Jetzt stand das Gewitter über dem Berge. Ganz dunkel wurde es. Blitz auf Blitz zuckte durch die Wolken. Es war, als ob es Feuer regnete. Der Donner krachte durch die Berge, und der Boden zitterte ohne Unterlass. Das Vieh brüllte in den Ställen. Die Hirten flohen, sie meinten, das Ende der Welt sei gekommen. Jetzt barsten die Wolken. Hagel prasselte hernieder und ganze Sturzbäche von Regen. Schmutziggelbe Fluten wälzten sich die Alp hinunter und vereinigten sich zu einem reissenden Strom. Hoch oben im Kaisereggschloss stand Ubald am Fenster und schaute zitternd hinaus in das furchtbare Toben der entfesselten Elemente. Da wankte plötzlich der Boden unter ihm.  Ein fürchterliches Donnern und Krachen dröhnte an seine Ohren. Dann wurde es dunkel um ihn. Der Berg hatte sich gespalten, und ein Teil desselben war mit Schloss und Jäger zu Tale gerutscht, Hütten, Wälder und Vieh mit sich reissend. Noch immer goss der Regen nieder. Immer mächtiger schwollen die wilden Ströme an. Die Erd- und Gesteinsmassen des Bergsturzes versperrten im Tale drunten dem Wasser den Weg. Es stieg und stieg immer höher und wurde zu einem tiefen, dunklen See - dem Schwarzsee. Als die furchtbare Katastrophe vorbei war, bot die ganze Gegend das trostloseste Bild der Verwüstung. Die Menschen suchten nach und nach auf dieser Einöde wieder Boden zu gewinnen. Aber am Abbruch der Kaiseregg kam aus einer Felsschlucht ein Drache hervor. Seiner Gefrässigkeit fielen Menschen und Tiere zum Opfer. An der kalten Sense - der Ort heisst heute noch Gutenmannhaus - hatte ein frommer Einsiedler, namens Remigi, seine Zelle. Zu diesem eilten die Hirten, klagten ihm ihr Leid und baten ihn um Hilfe. Der fromme Mann kam, und mit den Zeichen des Kreuzes bannte er das Ungetüm. Bei den Felsen oben am See stürzte sich der Drache ins Wasser und ward von da an nicht mehr gesehen. Jener Fels heisst heute noch die Drachenfluh.    Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch    


by Wie der Stalden-Karli den Schelm gefunden hat

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Seit altem war es Brauch und ist es bis zum heutigen Tag geblieben, dass urnerische Knechte auf den glarnerischen Alpen als Sennen dienten und sich nützlich machten. So einer war der Stalden-Karli von Silenen, der diente auf einer Alp im Hinterland und machte seine Sache schlecht und recht. Wie er eines Abends am Tisch sitzt und den Fenz löffelt, so kommt einer durch die Türe herein und gibt ihm einen Zettel und geht wieder. Auf dem Zettel aber hatte seine Frau geschrieben, in der letzten Nacht hätte ein Schelm den Chriesibaum im Höschteli rübis und stübis geleert, und es sei kein einziges Chrieseli mehr dran. Und den Tolder (Haupttrieb, Krone) hätte der Schelm auch noch abgezwickt. Ob er nicht ein Mittel dagegen wüsste? Andernmorgens läuft der Karli in heller Wut ins Tal und zu einem der mehr kann als andere Leute (ich denk, es wird der Doktor Thuet gewesen sein!), und fragt ihn, ob er einen Spruch oder sonst etwas Kräftiges gegen den Schelm wisse. Am liebsten würd er ihm den Hals umdrehen. Der Doktor sagte kein Wort über den Reden des Knechts; dann schloss er sich in der Nebenstube ein, und es nützte dem Karli nichts, dass er durchs Schlüsselloch ergattern wollte, was er nicht sollte, denn es war verstopft. Nach der Zeit trat der Doktor mit einem Glas klaren Wassers wieder in die Stube, sagte kein Wort, sah den Knecht an und ging hinaus. Der Karli dachte, dass ein Glas Wein ihm lieber wäre, aber in den Glarner Herrenhäusern werde das wohl so der Brauch sein. Er liess das Glas stehen und wartete eine Viertelstunde, eine halbe und eine ganze Stunde, und weil es ihm alsgemach zu langweilig wurde, beschaute er sich die Porträter an den Wänden, die Blumenvasen und die Maienstöcke und zuletzt auch das Glas Wasser. Was erblickte er auf dem Wasser? Akkurat wie in einem lautern Spiegel? Seinen Chriesbaum, so wie er seit des Grossvaters Zeiten im Höschetli gestanden war, und zuoberst im Tolder sass einer, den er kannte. Dann war das Bild verschwunden. Der Karli aber legte einen Gulden auf den Tisch und machte sich davon. Im Herbst aber, wie er wieder nach Silenen kam, so geht er in des Nachbars Stube, wünscht höflich die Zeit und setzt sich auf das Ruhebett. Was er wolle, fragt der andere. Ob er kein Bauchweh habe, sagt der Karli. Wüsst nicht von was, sagt der andere. Von meinen gestohlenen Chriesi, sagt der Karli. Wie der Nachbar aber einen roten Kopf bekommt, und anfängt zu lamentieren, da nimmt der Karl ihn vor den Richter und gewinnt den Prozess. Der Tolder aber ist nicht mehr nachgewachsen.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Wie der Tannenbaum ins Tschudiwappen kam

Source: Wie der Tannenbaum ins Tschudiwappen kam

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Wenn ein vermöglicher Mann kinderlos stirbt, so lachen die Erben. Aber die beiden Vettern, denen 1313 die Güter des alten Hans von Seedorf zufielen, wurden darob zu grimmigen Feinden, der eine hiess Rudolf Tschudi und war ein Glarner, der andere hiess nach seinem verstorbenen Onkel Hans von Seedorf und hauste im Urnerland. Beide waren Bauern, und darum war es begreiflich, dass jeder die fetten Alpweiden auf dem Urnerboden erben wollte. Zuerst versuchten sie in Frieden die Alp zu teilen, konnten sich aber nicht einigen, beschimpften einander was das Zeug hielt, und liefen schliesslich unverrichteter Dinge heim. Im Frühling trieb der Tschudi seine Viehhabe auf den Urnerboden, richtete sich in der Hütte ein und tat, als ob die Alp ihm gehöre. Doch kaum war er wieder zu Tal gewandert und hatte die Knechte allein gelassen, so fielen des Vetters Leute über die Glarner Älpler her und jagten sie samt dem Vieh an die Linth hinunter. Wie das der Tschudi vernahm, rief er seinerseits alle Freunde und Nachbarn zusammen, mit denen er auch glücklich die Alp zurückeroberte. Nun schädigten die beiden habsüchtigen Vettern einander, wo und wie sie konnten, zündeten Häuser und Gäden an, raubten und plünderten. Da der Tschudi dabei mehr gewann, nannten ihn die Urner nur den langen Riebing oder Räuber, während die Glarner ihren Hauptfeind den Teufel von Uri hiessen, weil er mehr Freveltaten auf dem Gewissen hatte. Einmal, als die Glarner eben wieder die Alp besetzt hatten und glaubten, für einige Zeit Ruhe zu haben, wurden sie unversehens von den Urnern angegriffen und hätten bestimmt fliehen müssen, wenn diesmal der Tschudi nicht selbst dabei gewesen wäre. Der kämpfte wie ein Löwe. Schon hatte er eine Anzahl Feinde in die andere Welt befördert, als ihm die Waffe zerbrach. Wie dies die Urner bemerkten, drangen sie von allen Seiten auf ihn ein. Da ergriff Tschudi, der ein bärenstarker Mann war, eine Tanne riss sie samt den Wurzeln aus und fuhr damit auf die Gegner los, als müsse er einen Stall wischen. Mit ein paar mächtigen Streichen tötete er neun Urner. Die übrigen nahmen, von Schrecken gepackt, Reissaus. Nach diesem Kampf hatten beide Parteien genug vom Streit und liessen sich von vernünftigen Vermittlern aussöhnen, worauf das Erbe friedlich verteilt werden konnte. Zum Andenken an den langen Riebing und seine Heldentat setzten die Tschudi in ihr Wappen einen Tannenbaum mit neun roten Zapfen.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Wie der Türlersee entstand

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Wie der Türlersee entstand Da wo jetzt der Türlersee sich ausbreitet, lag in alten Zeiten ein schöner Bauernhof mit fruchtbaren Feldern. Der Besitzer hatte ein einziges Kind, eine anmutige liebe Tochter. Die war dem jungen Schlossherrn auf der Schnabelburg in die Augen gefallen, und er stellte ihr leidenschaftlich nach. Das gute und ehrbare Kind wies aber alle seine Versprechungen zurück, beharrlich und schroff. Dem einfachen und freien Bauernmädchen missfiel die Pracht der Burggemächer. Doch der Schlossherr konnte den Vater überreden, das Kind zu mitternächtlicher Stunde unter allerlei Vorspiegelungen auf das Schloss zu bringen. Der Ritter selbst öffnet das Tor und zieht das widerstrebende Mädchen herein. Wie er das Tor hinter ihm schliessen will, merkt es, was gespielt wird und stösst einen Schrei der Verwünschung aus auf seinen verräterischen Vater. In diesem Augenblick fährt ein flammender Blitz vom Himmel und trifft das Elternhaus. Das Kind sieht noch durch die Türspalte, wie die Erde eine feurige Kluft öffnet und der einst schmucke und gesegnete Hof mit allen Feldern darin verschwindet. Am Morgen lag an deren Stelle ein See. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Knonauer Amt Gehr. Mettmenstetten 1905, mit dem Titel „Türlersee und Schnabelburg“; Reithard, S. 140 und 145; Kohlrusch, S. 291, und Reithard, S. 141 mit dem Zusatz, der Vater habe die Tochter dem „Grafen“ gegen Geld und Gut verschachert. Stauber, S. 49.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wie der Vögeli die Räuber bannen konnte

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Ihrer vier hatten sich auf dem Altdorfer Markt zusammengefunden, zwei Unterschächener, der dicke Baldriger Ratsherr und der Vögeli aus dem Auen, rare Mannen, einer wie der andere. Und wie es eben so kommt, man verspätet sich nicht ungern um ein Ständlein beim Abschiedstrunk, und wie sie zusammen zur Wirtschaft auf die Strasse hinaustreten, da ist’s schon dunkle Nacht, und man sieht kaum drei Schritt vor sich hin. Da meinten die Unterschächener, es möchte gescheiter sein, im Flecken zu übernachten; um so mehr, als man nicht wisse, was einem alles im Schächental oder am Berg warte. In diesen Zeiten, wo Strauchdiebe und Zigeuner hinter allen Börtern hockten und ehrliche Leute um Hab und Gut bringen wollten. Der Ratsherr war einverstanden mit dem Vorschlag, denn er trug eine dicke Geldkatze um den Bauch gebunden; der Vögeli aber lächelte und war dafür, die Nacht hindurch über den Klausen zu reiten. «Das erste Dutzend übernehm ich allein, und mehr als zwölfe gehen nie zusammen auf Raub aus! Und Ihr, Ratsherr, seid schliesslich auch noch ein Mann, mit dem sich’s nicht spassen lässt, oder?» Der Ratsherr wollte nicht als Hasenfuss gelten und war einverstanden, obschon’s ihm dabei keineswegs wohl zumute war. So ritten denn die vier über Bürglen hinauf und Schritt um Schritt ins Tal hinein. Wie sie aber durch ein Stück Wald kamen, so spürte der Vögeli, dass sein Rösslein über etwas stolperte, und das war kein Stein, sondern ein Heuseil, das Schelmen über die Strasse gespannt hatten. Alsbald läutete denn auch ein Glöcklein am Hang, und durch den Wald hinunter gelaufen kamen ihrer sechs oder sieben Räuber. Der Vögeli stand bolzengradauf in den Bügeln und schrie auf sie zu: «Vorwärts mit Euch! Hü! Pressiert’s Euch denn gar nicht? Da kommen wir mit Geld und Koffern den Wald hinauf, und Ihr besinnt Euch noch? Worauf wartet Ihr denn noch? Fehlt’s Euch an der Kurasche?» Der Ratsherr schlotterte an allen Gliedern: «Seid Ihr denn ganz des Teufels, Vögeli?» rief er und wollte dem Pferd die Sporen geben. Aber der Vögeli lächelte: «Nur den Kopf nicht verlieren, Herr Ratsherr. Es wird ihnen schon vergehen!» In dem Augenblick kamen die Räuber aus dem Wald hervorgeschossen, aber kaum war der erste am Strassenrand, so blieben sie alle plötzlich bockstill stehen, mitten zwischen Brombeeren und Heckenrosengesträuch, und kamen nicht mehr vom Fleck, sondern standen da wie ausgestopft und taten keinen Schritt mehr. Der Vögeli ritt zu ihnen hin, so nahe, dass er sie mit der Geissel unter der Nase kitzeln konnte: «Das Gümpelen ist Euch, mein ich, schon vergangen, Ihr himmeltraurigen Sürmel, hä? Schaut Euch die Burschen einmal aus der Nähe an, so kennt Ihr vielleicht den einen oder den andern oder auch nicht!» fragte er die Schächentaler. Nachdem liessen sie die sieben am Waldrand stehen, wie sie standen, und ritten im Galopp weiter und hielten nicht eher an, bevor sie bei dem Spiriger Kilchturm die Rösslein verschnaufen lassen konnten. Da hielt der Vögeli an und fragte den Ratsherrn: «Aber ha! Ihr reitet noch wie ein Junger. Von jetzt an aber wollen wir’s gemütlicher nehmen. Und was soll denn nun mit den sieben Schelmen geschehen?» Die andern aber werweissten hin und her, wie er denn dies Stücklein fertiggebracht habe? Da lächelte der Vögeli zum dritten Mal und sagte: «Nichts leichter als das, wenn man’s kann! Habt Ihr denn noch nie etwas vom "Bannen" gehört? Wenn ich einen banne, so muss er bockstill stehen, ob er will oder nicht, und kommt nicht mehr vom Fleck, bevor ich ihn freimache. Wenn Ihr meint, so lass ich die sieben bis zum alten Jöristag im Schachen stehen und bis sie brandschwarz werden! Aber vielleicht sind sie aus lauter Hunger und Elend zu diesem Metier getrieben worden?» Und so liess er sie laufen, und wer heute im Schachen vorüberkommt, findet sie längst nicht mehr.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Wie der Weissenburger Gesundbrunnen gefunden ward

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Vor sechshundert Jahren war zu Terenschatten im niederen Simmental, hart an der Simme, ein altes berühmtes Gotteshaus und Klösterlein, von etlichen Brüdern des Ordens Sankt Augustini innegehabt. Freundnachbarlich hielt der Freiherr von Weissenburg, der alt Johannes, unfern ein offen Haus auf seiner Feste und lud die Mönche gar oft zum Bankettieren ein. Sie sprachen bei ihm ein bei Tag und Nacht. Es hatte der Freiherr auch ein Töchterlein, das war ohnegleichen und hiess Kunigund. Sie wollte er zum ehelichen Gemahl einem von Grimmenstein geben, der hiess Herr Hans. Grimmenstein war aber gar ein strenger und fast harter Mann. Zu der Zeit kam zu des Freiherrn Hausfrau auf die Burg auch oft ein ehrbarer geistlicher Mann aus dem Klösterlein von Terenschatten, mit Namen Bruder Gervasi, sonst ein geborener Herr von Simmenegg und der Letzte seines Stammes. Es war sein Amt, die alte Frau und auch das junge Fräulein zu erbauen. Oft erwies sich die letztere hold gegen ihn. Es sollte nun bald die Hochzeit mit dem Grimmenstein stattfinden. Die junge Maid aber war widerspenstig und wollte je länger je weniger davon wissen. Bruder Gervasius hatte es ihr angetan, ihn minnete sie mit der ganzen Inbrunst ihres Herzens. Sie vermochte daraus auch kein Hehl zu machen gegen ihn und sagte ihm unter Tränen, dass sie eher sterben wolle, als die Gemahlin des Grimmenstein werden. Der Mönch aber war ihr längst zugetan und öffnete ihr jetzt sein eigen Herz. Sie wurden einhellig miteinander dass sie zusammen fliehen und in der Welt ihr Glück suchen wollten. Zur Nacht schlich die Maid hinaus und fand nach Verabredung den Bruder bei dem kleinen Türlein, wohl gerüstet, ihrer harren. Er hob sie auf seinen Arm, trug sie keck durch die Simme durch Wasser und grausam Gestein bis in eine Bergschlucht. Hier, in der Verborgenheit, blieben sie und bauten allda ein Hüttlein. Ein Geisshirt aber, welcher Gervasius wegen erwiesener Wohltat Dank schuldete, brachte ihnen, was sie zum Leben nötig hatten. Da nun der alte Freiherr merkte, dass sein Töchterlein abhanden war, schickte er sein reisig Volk weit ins Land ihr nach. Es gelang diesen aber nicht, Botschaft von der Maid zu empfangen. Da klagte der Freiherr dem Himmel, dass er sein Kind so hart gedrängt. Er büsste deshalb ein ganzes Jahr und starb hernach mit lauter Reu und Leid. Inzwischen hielten der Bruder und die Maid sich ehrbar und still, als Eheleute tun, in Zucht und aller Treu. Sie wollten auch nicht von dannen weichen, als der Hirt ihnen sagte, der alte Freiherr sei selig verschieden. Es ward aber hernach die gute Frau Küngold krank und siech. Das machte den Bruder von Herzen traurig, denn er fürchtete, sie werde sterben und ihn einsam und in Kummer zurücklassen. Darum betete er viel und arznete sie auch mit allerlei Kräutern. Es half dies aber nicht. Sie wurde stets hinfälliger. Da ging der Gemahl aus und es ward ihm eine grosse Gnade: Denn in selbiger Schlucht fand er ein Brünnelein, das war warm und sprang hervor aus der Fluh und hatte einen gar besonderen Geschmack. Er schöpfte davon ein Näpflein voll und gab es seinem Lieb zu trinken. Das schien ihm sehr heilsam zu sein und eine wundersame Kraft zu besitzen, denn kaum dass sein Herzlieb ein wenig von der Heilgabe getrunken, fühlte es bereits eine wunderbare Stärkung über sich kommen und über kurzem gesundete es mehr und mehr. Darnach spendete der Bruder forthin aus dem Brünnelein jedermann, der da krank und bresthaft darniederlag, also dass er wegen des Wassers gebenedeiet ward bis an sein seliges Ende. Sein Gedächtnis blieb bei den Landleuten auf alle Zeiten bewahret, denn des Brünnleins Tugend dauerte fort und hat Tausenden die Schmerzen gelindert. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wie die Alp Tschingelfeld an einen Ringgenberger kam

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Es muss viele Hundert Jahre her sein, da lebte in Brienz ein schönes Mädchen, dem als alleiniger Erbin eines reichen Vaters die Alp Tschingelfeld, sowie das Berggut die „Brau“ auf dem Aenderberg und die grossen Güter Winkelmatten im Aarboden gehörten. Um das Mädchen warb ein ebenso reicher Bauernsohn aus der Herrschaftsgemeinde Ringgenberg am untern Ende des Sees, und da es ihn gut mochte, stand dem beidseitigen Glück anscheinend nichts entgegen. Wer aber an der Sache keinen Gefallen fand, waren die jungen Burschen in Brienz. Die Aussicht, ein schönes Mädchen, zudem eine ganze Alp und prächtige Güter an einen Auswärtigen abtreten zu müssen, liess ihrem Neid und ihrer Bosheit keine Ruhe. Kam der Ringgenberger, wie’s Brauch, ins Dorf zum Schatz zu Besuch, hei, sprangen sie, ihm mit Knütteln aufzupassen und versprachen, ihn windelweich zu prügeln, wenn sie ihn erwischen sollten. Dem Mädchen füllten sie die Ohren mit neidischem Geschwätz, liessen keine Gelegenheit vorüber, ohne den Versuch gemacht zu haben, die Beiden auseinander zu bringen. Just das Gegenteil erreichten sie. Das beständige Kritteln und Drohen band das Paar nur noch fester zusammen, so fest, dass auch der hinterste junge Schnaufer daran nicht mehr zu zweifeln brauchte, selbst Schlegel und Weggen würden die Beiden nicht mehr auseinander bringen. Da kam in Brienz ein Tanzsonntag heran. Das Jungvolk zog zur Linde nahe der Kirche. Die Geiger fiedelten was die Saiten hielten, Mädchen und Burschen tanzten und sangen und lachten in den blauen Tag hinein, als gälte es auf lange Zeit hinaus fröhlich zu sein. Da betrat auch der Ringgenberger den Tanzplatz und lud sein Mädchen zum Tanzen ein. Das laute Getue verstummte fast plötzlich, stattdessen übertönten zweideutige Zurufe das Gefiedel. Das Mädchen, Gefahr ahnend, bedeutete dem Burschen zu fliehen, der schüttelte aber nur trotzig den Kopf, „grad z’Leid nicht, und wenn’s doch einmal geprügelt sein muss, will ich auch dabei sein“. Sagte es und wurde im nächsten Augenblick von vielen derben Fäusten vom Mädchen weggerissen, über den Platz gezerrt und nebenaus in den Stauden derart traktiert, dass er nimmer aufstand. Die Geiger packten ein, der Tag war bös zu Ende gegangen. Kein Brienzer sollte sich der Tat je freuen können. Das Mädchen betrauerte seinen Liebsten manches Jahr, wies jeden Burschen aus dem Dorfe trotzig ab und wandte, als die Zeit gekommen war, sein Herz wieder einem Ringgenberger zu, diesmal einem armen Burschen mit dem Namen Grossmann. Durch diese Heirat kam die Alp Tschingelfeld samt den Gütern Brau und Winkelmatten als Weibergut nach Ringgenberg. Als in späteren Zeitläuften Alp und Güter den Besitzer wechselten geschah dies jeweils unter dem Vorbehalt, dass der Tschingelfelder beim Alpaufzug und bei unzeitigen Schneefällen das Vieh für drei Tage ohne Entgelt entweder in die Winkelmatten oder auf die Brau treiben durfte. Diese Dienstbarkeit wurde erst in jüngster Zeit von den betroffenen Eigentümern für schweres Geld zurückgekauft. Die Untat der jungen Burschen, hat sich durch Jahrhunderte hindurch gerächt. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Wie die Ettinger ihren Necknamen erhielten

Source: Wie die Ettinger ihren Necknamen erhielten

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Die Ettinger haben wie die Bürger ihrer umliegenden Ortschaften ihren Spott- oder Übernamen; man nennt sie bekanntlich Gugger. Wie sie zu diesem Namen gekommen sind, erzählen sich die alten Leute so: Als Ettingen noch keine Pfarrei, sondern nur eine Filiale der Pfarrei Therwil war und darum die Ettinger an Sonn- und Feiertagen den Gottesdienst in Therwil besuchen mussten, hätte es bei diesem Anlasse zwischen den Therwilern und Ettingern immer Neckereien und Zwistigkeiten gegeben. Dieses sei besonders am St. Markustag geschehen, an dem die Ettinger von jeher einen Bittgang nach Therwil halten. Bei einem solchen Bittgang hätten die Ettinger eine neue Kirchenfahne gehabt. Auf derselben war der hl. Geist in Gestalt einer Taube abgebildet. Die Therwiler hätten nun, wahrscheinlich aus Missgunst wegen der neuen Fahne, gesagt, die Ettinger hätten einen Kuckuck auf ihrer Kirchenfahne. Von da an habe man die Ettinger Gugger geheissen. Es war seinerzeit nicht ratsam, die Ettinger an diesen Spitznamen zu erinnern, wer es wagte, sie Gugger zu nennen oder in ihrer Gegenwart zu guggen, der bezahlte seine Kühnheit, wenn es noch gelinde ging, mit einem blutigen Kopfe. Jetzt lachen die Ettinger darüber. Ettingen Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wie die Feste Baldern fiel

Source: Wie die Feste Baldern fiel

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Wie die Feste Baldern fiel Die Burg Baldern auf dem Albis . . . gehörte . . . dem Freiherrn von Regensberg. Nun rüsteten die Zürcher und ihr Hauptmann dreissig Pferde und setzten auf jedes zwei Kriegsleute. Die mussten auf der Höhe des Grates auf die Burg zureiten. Es war aber nahe bei der Feste ein Staudentobel, durch das sie reiten mussten. Da drin musste die Hälfte der Mannschaft bleiben, während die anderen dreissig an die Burg heranritten. Als die Besatzung den kleinen Zug sah, stürmte sie sorglos heraus zu einem Scharmützel. Durch eine scheinbare Flucht lockten die Zürcher die Besatzung an die Halde hinter dem Schloss. Jetzt brachen die andern dreissig, die sich versteckt hatten, auf und besetzten Brücken und Vorhöfe der Burg. Die zurückgebliebenen Mitglieder der Besatzung sehen die Gefahr und gaben der ausgerückten Mannschaft ein verabredetes Zeichen. Diese machte kehrt und hielt wieder der Burg zu. Da hatten sie die Feinde vor sich, und hinten folgten ihnen die Reisigen wieder nach. Die Übermacht erkennend, nahm die Besatzung die Flucht, und in ihrem Schrecken gaben die andern die Burg auf. Die Zürcher hielten sie etliche Tage besetzt, dann zündeten sie sie an und brannten sie bis auf den Grund nieder. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Nach Brennwald I, 133, ins Neuhochdeutsche übertragen, sonst unverändert.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wie die Franzosen die Leute plagten

Source: Wie die Franzosen die Leute plagten

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Wie die Franzosen die Leute plagten Wenn die Leute nicht gehorchten, wurden sie von den Franzosen geschlagen. Während der Nacht schliefen die Franzosen in den Betten der Dorfbewohner, und diese konnten zusehen, wie sie die Nacht verbrachten. Oben im Dorf Dietikon nahmen die Welschen einen schönen Stier und töteten ihn mitten in der Nacht. Die Franzosen hatten auch kein Heu. Sie nahmen den Einwohnern einfach alles Heu weg und gaben es ihren Tieren. Das Heu wurde so knapp, dass die Dorfbewohner ihre Kühe mit gerätschtem Stroh und gar mit Brot füttern mussten. Die Franzosen blieben so lange im Dorfe, bis alles aufgezehrt war. Kein Brot und kein Geld war mehr vorhanden. Heute noch (1915) hat die Gemeinde Dietikon an den Folgen der Einquartierung durch die Franzosen zu tragen; noch jetzt hat sie Schulden aus jener Zeit. Auf dem Guggenbühl fällten sie die schönsten Kirschbäume‚ um die Kirschen besser pflücken zu können. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Limmattal Aus dem Heftchen „Aus schwerer Zeit, alte Erinnerungen aus dem Limmattale“ von Oskar Lüssi, Dietikon, 1915. Der Verfasser dieser Schrift ging den Spuren der Franzosenzeit nach, die in der Erinnerung alter Leute noch vorhanden waren. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wie die Freien Ämter unfrei wurden

Source: Wie die Freien Ämter unfrei wurden

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Das Stiftbuch des Klosters Muri erzählt, wie in frühesten Zeiten freie Bauern in den Ortschaften zu Buttwil, Geltwil und Wallenschwil gewohnt, Freie ihr Land zu Wohlen bebaut hätten, wie der Ort Muri schon vor dem Jahre 1024 seine eigne Taufkirche besessen habe. Die Landesgeschichte und Sage aber dieses Teils des Freiamts berichtet, wie eben diese Ortschaften um ihr Recht und dann um ihr Eigentum gebracht worden sind. Es hatte sich ein elsässischer Graf Guntram in eine Verschwörung gegen Kaiser Otto I. eingelassen, verlor darüber seine Lehen und kam in die Acht. Er zog sich nun auf ein kleines Erbgut zurück, das auf der Landzunge beim Zusammenflusse von Aare und Reuß im Aargau gelegen war und heute noch Im Eigen genannt wird. Hier nahm er von den Ruinen zu Altenburg und Habsburg den Namen an, baute sich alsdann auch in den Freien Ämtern ein Herrenhaus und mischte sich als neuer Landgraf in die Zwistigkeiten der Leute um Muri und Althäusern. Diese unerfahrenen Leute wählten ihn öfters zum Schiedsrichter. Allein damit hatten sie, nach dem Ausdrucke der Klosterchronik, gerade der Katze den Speck empfohlen. Er wusste sie so zu belisten, dass die Gemeinden bald nicht mehr in ihren eignen Waldungen holzen durften; und die einzelnen Bauern, die ihm anfangs das Land rodeten oder es von ihm in Zins nahmen, machte er nach und nach zu Leuten seines Bodens. Seine Söhne setzten diese Erpressungen fort und die Enkel steigerten sie noch. Als Graf Ratbot die Gräfin Ida von Lothringen zum Weibe nahm, schenkte er ihr das Freiamt zur Morgengabe, als ob es ihm schon seit ewig gehörte. Darüber ergrimmte nun aber in gleich großer Habsucht sein Bruder Rudolf, es kam zwischen beiden zu Fehden und sie äscherten sich gegenseitig die Dörfer ein, über deren Teilung sie nicht einig werden konnten. Mittlerweile war jene Lothringer Gräfin Ida im Aargau angekommen, und da sie das Land bis Zofingen hin verwüsten sah und die Städtchen Aarau und Brugg in Flammen aufgehen, fragte sie dem Grunde dieser betrübenden Ereignisse nach. Aus dem Munde Werners, des dritten und jüngsten der Brüder, der unbeteiligt als Bischof zu Straßburg lebte, erfuhr sie das alte, schon vom Ahnherrn des Hauses begangene Unrecht. Die menschlich fühlende Frau entsetzte sich darüber, aber nach dem Begriffsmaße ihrer Zeit glaubte sie nun, das Böse zu sühnen und noch drüber hinaus Gutes zu tun, wenn sie den Raub, anstatt ihn den beraubten Bauern zurückzugeben, zum Aufbau eines Klosters verwende. So gründete sie auf eben jenen Ländereien, die ihr zur Brautgabe geschenkt waren, die Benediktiner-Abtei Muri im Jahre 1018. Die ganze weitere Geschichte dieses Stiftes und der umliegenden Landschaft ist in den Worten eines Mönches enthalten, der die Klosterchronik von Muri geschrieben hat. Dieselbe ist begonnen im Jahre 1145, und da ihr zweiter Fortsetzer im Jahre 1210 auf die neuen Gewalttätigkeiten seines Convents gegenüber der damaligen Bevölkerung zu sprechen kommt, ruft er mit Unwillen aus: „Was soll's denn helfen, dass es nun der Mönch verzehrt, was der Räuber gestohlen hat!“ - „Cogitet, quid prosit, si latro rapiat, et monachus comedat.“ Frid. Kopp, Acta Murens. - Das Kloster aber war mit der ursprünglichen Schenkung keineswegs zufrieden; schon der erste Abt Rupert kaufte der Grafenfamilie allen rechtmäßigen und unrechtmäßigen Landbesitz in der Umgegend um einige hundert Pfund Silber ab, und da sich der Kaufschilling hiefür nicht augenblicklich aufbringen ließ, so machte er nun dieselben metallenen Kruzifixe, Kelche und Reliquienschreine wieder zu Geld, welche so eben neu von den frommen Frauen Ida und Euphemia dem Kloster vergabt worden waren. Auch jetzt noch gab es einige freie Leute in jenem Landstriche. Aber ein von Gott gezeichneter Bösewicht aus dem gierigen Geschlechte der Gerunge trat nun dort gegen seine eignen Landsleute auf, bedrängte sie zu Gunsten des Stiftes, stieß sie von ihrem Erbe und trieb sie endlich ganz zum Lande hinaus. Er ist darüber hernach von ihrer einem umgebracht worden. Die Klosterchronik erzählt auch von dieser Schandtat, allein sie tut es mit folgenden Worten des Mitbeteiligten: „Die zwei letzten Freien sind bei uns Brüder geworden, die übrigen sind in den Bifang unseres Klosterbodens hereingezogen und haben uns das ihre zugebracht; und nur diejenigen Güter, die zuletzt Gerung raubte, stehen noch im Streite, ob sie uns oder deren Erben gehören." Dieser Streit war bald zu Gunsten des Convents entschieden. So ist es auch nachher geblieben. Der Abt wurde sogar in den Fürstenstand des Reiches erhoben, aus welchem sein weltlicher Vorfahr einst als Verschwörer ausgestoßen worden war; und den Unterdrückten verblieb von ihrem Rechte nichts als, wie zum Hohne, der historische Namen Freie Ämter. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wie die Gegend um Pfäffikon gestaltet wurde

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Wie die Gegend um Pfäffikon gestaltet wurde In alter, grauer Zeit lagen die Ländereien um Pfäffikon im Besitze dreier Jungfrauen. Die waren aber so eigen, dass sie trotz des reichen Grundbesitzes keine Freier fanden, die sie ehelichen wollten. Unter solchen Umständen wurden sie alt, und jede machte nach ihrer Art ein Testament oder tat einen Wunsch, was nach ihrem Tode aus ihrem Besitztum werden sollte. Die älteste, welche mit der Welt schon lange gebrochen hatte und daher niemandem etwas gönnen mochte, wünschte, dass ihr Teil zu Wasser werde. Die zweite, etwas besser als die älteste, aber doch noch ewig eigen, wünschte ihr Teil zu Ried. Die jüngste war die beste. Sie musste aber das Los, ledig zu bleiben, mit den anderen teilen, weil diese es so haben wollten. Diese wünschte, dass ihr Teil zu gutem Mattland werde. Wie sie gewünscht hatten, geschah es auch. Es entstanden der See, das Ried und das Mattland, wo jetzt Pfäffikon ist. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Jahrbuch Pfäffikon Nr. 1, S. 83, „als Sage erzählt“ von Jb. Schellenberg. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wie die Grindelwalder in den Besitz der Scheideggalp kamen oder bestrafter Meineid

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Die Hasler und Grindelwalder lebten einst über den Besitz eines Landstrichs im Streit. Unrechtlicherweise wussten die letzteren sich aber durch eine List in Besitz desselben zu setzen. Einer von ihnen musste seine Schuhe mit Erde von ihrem eigentümlichen Boden füllen und so ausgerüstet, auf dem streitigen Lande stehend, den Eid leisten: "er stehe auf grindelwaldischem Boden, er würde sonst nicht den Milchschöpfen auf dem Kopfe haben, wenn er nicht daheim wäre!" Dieser hinterlistige Eid aber lässt dem, der ihn geleistet, keine Ruhe im Grabe und oft will man ihn verkehrt auf einem Roste sitzend unter Wehklagen bis an das Zwirgi hinab gegen Meiringen zu herumreiten gesehen haben. Ein Hasler soll sogar noch bei Mannsdenken mit ihm handgemein geworden sein. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Wie die Grindelwaldner zur Ennet-Scheideggalp kamen

Source: Wie die Grindelwaldner zur Ennet-Scheideggalp kamen

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Die Hasler erzählen eine Sage, wie einst, als sich die Wanderleute in die Alpen teilten, die Grindelwaldner zur Alp jenseits des Eselrückens kamen. Über den Besitz der Alp, die gegen Hasli zu an den Kamm der Grossen Scheidegg stösst, bestand zwischen den Leuten von Grindelwald und denjenigen von Oberhasli Streit, weil beide Teile diesen Grund und Boden ansprachen. Ein Grindelwaldner wusste mit List einen Entscheid herbeizuführen. Er füllte seine Schuhe mit Erde von der Grindelwaldner Seite. So ausgerüstet leistete er vor dem Ammann jenseits den Eid, er stehe auf Grindelwaldner Grund. Der hinterlistige Schwur aber liess dem Mann nach dem Tode keine Ruhe. Oft steigt er aus dem Grabe und reitet, verkehrt auf dem Rosse sitzend, unter Wehklagen bis zum Zwirgi gegen Meiringen hinab, wo er sich den Haslitalern erzeigen muss. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wie die Gründlimatte untergegangen

Source: Wie die Gründlimatte untergegangen

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a) Die heutigen Güter Gründli am Gangbach in der Gemeinde Spiringen haben einst ein einziges Heimwesen gebildet, das schönste weit und breit, bekannt unter dem Namen: »diä gross Grindlimattä«, mit schönem Obstgewächs, mit einem stattlichen Haus, dessen Fenster mit starken, ausgebauchten Eisengittern bewehrt waren, mit einem prächtigen Buchenwald, in dem sie 14 Tage lang Laub wischen konnten. Es gehörte einem alten, kinderlosen Ehepaar, das seiner Lebtag weder kranke Tage noch ein Unglück erfahren hatte. Eines Abends nun sagten die betagten Eheleute zueinander: »Uns hat der Herrgott doch vergessen, dass es uns immer so gut ergeht.« In der folgenden Nacht brach eine Rübi im Gangbachtal los und überschüttete Haus und Heim Gründli. Pfarrer Arnold; Zacharias Imholz b) An einem herrlichen Gutwettertag geschah es einst, dass im Gut Talachern ob dem Gründli äs Heichüehli mit hellklingendem Trychäli auf einmal den Schwanz lüpfte, umschaute und laut trychelnd und mit erhobenem Schwanz davonlief, gegen Mettengaden und das Gangbachtal los. Dort erstellte es sich einige Augenblicke, warf dann die Hinterbeine in die Höhe (hed üffgriährt) und rannte wieder zurück. Kaum zwei Stunden später, bei heiterem Himmel, kam unter schrecklichem Gepolter ein Bergsturz durch das Gangbachtal und hed alles undergmacht. Theresia Gisler, 73 Jahre alt, aus dem Gründli Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wie die Harschhörner und Banner erworben wurden

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Im Jahr des Herrn 811 unternahm Kaiser Karl der Grosse einen Zug wider die Heiden in Spanien. Dabei waren auch Leute von Luzern, Uri und Schwyz. Wegen ihrer Tapferkeit erwarben die Luzerner damals vom Kaiser das Recht, dass sie Heerhörner durften führen, nach Sitte Rolands, seines Sohnes. Man sagt, die von Uri hätten die Kreuzablösung in ihr Banner erworben und die von Schwyz das Kruzifix im roten Banner.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Bei dieser Sage gibt es keine genaue Zuordnung zu einem der fünf Kantone. Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Wie die Heidenstadt Roll zerstört ward

Source: Wie die Heidenstadt Roll zerstört ward

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Unfern vom Thunersee, hinter dem Rebgut Ralligen, liegt die sogenannte Einöde. Hier stand in alten Zeiten eine Stadt, deren Bewohner als Goldgräber einen Namen hatten. Aber sie waren voller Herzenhärtigkeit. Einst ging bei einem Sturme ein Zwerglein durch die Strassen Rolls, das irgendwo sicheren Unterschlupf suchte. Allein die Rollianer verspotteten das Wichtlein wegen seiner hässlichen Gestalt, zupften es am langen grauen Barte und stiessen es vor die Türe. Am Ende der Stadt erst, in einem wenig versprechenden Häuslein, fand der Gehetzte Schutz. Die Wirtin tischte ihm Brot, Milch, Käse und gedörrte Kirschen auf. "Ich will es euch danken", rief das Zwerglein, öffnete die Stubentüre und schlüpfte in die grausige Nacht hinaus. Da hört man hoch oben im Gebirg rufende Stimmen. Die Zwerglein hocken auf den Felszinken der Spitzen Fluh und hämmern auf den Fels ein, dass die Funken durchs ganze Tal fliegen. Noch ruft eines der Männchen warnend: Stadt Roll, zieh us mit dinem Volch Die spitzi Fluh isch g’spalten, Schlegel und Weggen si ghalten; Zieh us, dem Stampbach zu! Der Warnruf wird nicht beachtet. Schon ist der Fels abgelöst und tosend stürzt der halbe Berg ins Tal, die sündige Stadt mit ihren Bewohnern bedeckend. In der schwarzen Masse aber steht das Zwerglein, das zuvor vergeblich Gastung gesucht. Mit einer Tanne lenkt es den Schlammstrom, damit er nicht die Hütte derer zerstöre, die zuvor seine Wohltäter gewesen. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wie die Hexe Kranke heilt

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Eine Unholdin hatte mit ihrer Salbe ein Kind gähling krank gemacht. Dann wollte sie wieder helfen und tat es in dieser Weise. Sie nahm hinter der Türe Güsel, dreierlei Palmen und Kernenmehl. Solches zündete sie an und schlug ein beschmutztes Tischtuch darüber. Probatum est.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Bei dieser Sage gibt es keine genaue Zuordnung zu einem der fünf Kantone. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Wie die Kapelle delle Fraccie bei contra entstand

Source: Wie die Kapelle delle Fraccie bei contra entstand

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Von der berühmten Kapelle, welche in reizvoller Lage oberhalb Tenero unweit von Locarno sich befindet, wird folgende Sage erzählt: Ein armer Tessiner aus Contra oder Lavertezzo im Verzascatal war nach Rom ausgewandert, hatte sich dort durch Fleiss und Sparsamkeit ein schönes Stück Geld verdient und wollte nun wieder in sein stilles Heimatdorf zurückkehren. Wohlverstanden, solche Auswanderer machten damals den ganzen weiten Weg von Rom bis zum Heimatdorf zu Fuss. Als er etwa die Hälfte des Weges zurückgelegt hatte, wurde er von Räubern überfallen und ausgeplündert und musste froh sein, mit dem Leben davonzukommen. Seine sauer verdienten Ersparnisse, die Frucht vieler Jahre mühsamer Arbeit, waren verloren, und es blieb dem armen Manne nichts anderes übrig, als wieder nach Rom zurückzukehren und von neuem sein Glück zu versuchen. Also wandte er seine Schritte wieder gegen Rom. Wie er so in Gedanken versunken die Strasse weiterzieht, bemerkt er unterwegs zwei Männer, die in einem Loch, das sie bei einer Mauer gegraben hatten, einige Dinge verstecken. Also wartet er behutsam hinter einem Baum, bis jene zwei Unbekannten sich entfernt haben und nähert sich dann ganz vorsichtig, um nachzusehen, was sie dort verborgen hätten. Und wie gross ist sein Erstaunen! Er findet in dem Loch unter der Mauer nicht nur alles Geld wieder, das die Räuber ihm gestohlen hatten, sondern noch viel anderes dazu, so dass er mit einemmal reich geworden ist und sogleich den Beschluss fasst, so schnell als möglich heimzukehren. Auf seiner Wanderung kamen ihm aber oft Bedenken, ob er eigentlich jenes ganze Geld für sich behalten dürfe. Und um sein Gewissen zu beruhigen, geht er zu einem Pfarrer, um sich bei ihm Rat zu holen. Dieser erklärt ihm, dass er angesichts der Lebensgefahr, welche er ausgestanden habe, sehr wohl das gefundene Geld behalten dürfe. Immerhin aber würde er ihm empfehlen, der ersten Kirche, welche er auf seiner Weiterreise antreffe, eine schöne Spende als Dankesopfer zu machen. Zufrieden und glücklich über diesen Bescheid zog er weiter, seiner geliebten Heimat zu. So oft er aber von weitem einem Kirchturm erblickte, so schloss er halb seine Augen, um die Kirche nicht sehen zu müssen. Auf diese Weise gelangte er über den Langensee bis nach Locarno und weiter zur Brücke von Tenero, von wo er die Landstrasse verliess und in den schmalen Fussweg einbog, der zu seinem Heimatort Contra führte. Und kaum war er an dem Ort, der «Fraccie» genannt wurde, angekommen, so beschloss er, dort eine Kapelle errichten zu lassen, die diesen Namen bekam, und zwar an der Stelle, wo sich vor alter Zeit schon ein Kirchlein befunden hatte zu Ehren der Maria, die als Wunder wirkend daselbst verehrt wurde. Auf diese Weise konnte er durch den Bau einer Kapelle in der Heimat seinen Dank für das gefundene Glück bezeugen.   Am Kaminfeuer der Tessiner                                    Walter Keller                                                          Hans Feuz Verlag Bern     Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wie die Kastanien bei uns heimisch wurden

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„Kestenbaum" heißt ein am Vierwaldstätter-See sehr schön gelegener Hof der Gemeinde Horw. Wahrscheinlich rührt sein Name von Kastanienwaldungen her, die früher da gestanden haben. Es liegt hierüber folgende Sage im Volksmunde: Vor vielen Jahren übernachteten da, wo es jetzt „Kestenbaum" heisst, zwei Italiener. Als sie am Morgen weggingen, übergaben sie dem Gastgeber zum Danke zwei Kastanien, sagend, dass er selbe setzen solle. Er tats und sah zu seiner grössten Freude bald zwei üppige Bäume herangewachsen, die er sorgfältig pflegte, bis sie ihm Früchte trugen, die er sehr schmackhaft fand. Indem er wieder neuerdings Kastanien setzte, hatte er noch bei Lebzeiten einen Wald von fruchtbaren kräftigen Kastanienbäumen. Von da haben sich die Kastanienbäume dann auch weiter verbreitet. — Von daher auch der Name Kestenbaum.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Wie die Kirche der Madonna die Sementina entstand

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Wer über die imposante Brücke geht, welche die Dörfer Monte Carasso und Sementina, unweit Bellinzona, verbindet, hält unwillkürlich inne, denn sein Auge wird von einem seltenen Anblick festgehalten. Längs des Tales erheben sich die berühmten Mauern einer alten Befestigung, die dem Tal und der ganzen Gegend ein historisches Gepräge geben. Aber noch altertümlicher wirkt die schöne Kirche, die unten im Flussbett des Bergbaches in einem Seitental steht. Warum sie gerade dort errichtet wurde, bildet für den Wanderer eine zweite Überraschung. Als ich mit Verwunderung in die tief eingerissene Schlucht hinabblickte, kam gerade ein altes Mütterchen aus Sementina des Weges. Sie erriet sogleich meine Gedanken und erzählte mir folgendes: Sehen Sie, die Kirche dort unten ist der heiligen Madonna aus Dankbarkeit geweiht. Das kam so: Vor alter Zeit wohnte im Tal eine ganz arme Witfrau mit zwei kleinen Kindern. Sie ging oft an das Ufer des Bergbachs hinunter, um herabgeschwemmte Hölzer aufzufangen und sich damit ein warmes Stübchen zu bereiten. Sie suchte also dieses Holz längs des Flussbettes, ohne an die grossen Gefahren zu denken, denen sie sich aussetzte. Eines Tages hatte es stark geregnet; aber der Bach war noch nicht angeschwollen. Die Frau nahm also das eine Kind auf den Arm, das andere an die Hand und begab sich gerade an den Punkt, wo heute die Kirche steht. Einige gutherzige Leute aus dem gleichen Dorf warnten sie noch, sie solle sich heute nicht in die Schlucht hinabwagen. Sie aber gab zur Antwort, sie habe soeben zur heiligen Maria gebetet, sie möge sie und ihre Kinder beschützen. Als sie an jener Stelle anlangte, vernahm sie plötzlich ein ungewöhnliches Getöse. Sie erriet bald, was es war und hatte keine Zeit, lange zu überlegen. Denn plötzlich kam eine gewaltige Flut Wassers daher, das eine Menge Steine und Holz mit sich führte. Augenscheinlich war sie mit ihren zwei Kindern nun verloren. Da erhob sie ihre Augen voll Vertrauen zu Gott und empfahl sich seinem Schutz. Und was geschah? Als das Wildwasser schon ganz nahe bei ihr war, trennte es sich plötzlich in zwei Arme, so dass die Fluten links und rechts an ihr vorüberrauschten und sie wie auf einer Insel stand. Noch immer betete sie, die Kinder an sich drückend, und blieb unversehrt. Als dann die Wasserflut vorüber war, dankte sie der göttlichen Vorsehung, die sie auf so wunderbare Weise gerettet hatte. Und nun geschah ein zweites Wunder. Gerade vor ihr auf einem Felsklotz erblickte sie eine Lichtgestalt, die Himmelskönigin, mit reichen Gewändern angetan. Bei diesem Anblick warf sich die Gioll, — dies war ihr Name — auf die Knie und verharrte mit ihren Kleinen im Gebet, bis die glänzende Erscheinung wieder verschwand. Dann stieg sie aus der Schlucht empor und kehrte in ihr Dorf zurück, wo sie ihren Nachbarn ihr Erlebnis erzählte. Diese eilten sogleich an den Ort, um sich von dem Geschehnis zu überzeugen. Danach beschlossen sie, eine Kapelle zu errichten. Und zwar sollte diese nicht etwa auf der Insel, sondern oben am Berghang gebaut werden, um vor dem Hochwasser für immer sicher zu sein. Die Bauleute schafften auch alsbald das Material dazu herbei. Wie gross aber war ihr Erstaunen, als dieses über Nacht an den Fluss hinunter, eben an die Stelle gebracht worden war, wo das göttliche Bild der armen Witfrau erschienen war. So beschlossen sie denn, die Kapelle hier unten zu errichten. Und später, als die Leute Geld gesammelt hatten, wurde an ihrer Stelle eine schöne Wallfahrtskirche erstellt. Es kam aber wiederholt vor, dass gewaltige Wasser die Kirche bedrohten. Ja einmal brachte der Bach so viel Geschiebe daher, dass die Steine ins Innere der Kirche drangen und sogar ein gewaltiger Felsklotz herabgeschwemmt wurde, den die Bauern vor dem Hauptportal wegräumen mussten. Bei alledem blieben aber trotz ständiger Gefahr Altar und Marienbild unbeschädigt. Als dann aber im Jahre 1914 so viele Steine vom Wildbach herabgebracht wurden, dass sie den Vorhof der Kirche bis zu dem Mäuerchen füllten, beschloss der Pfarrer, eine starke Stützmauer gegen die Wasser anlegen zu lassen. Auch bei dieser letzten Gefahr war die Kirche unversehrt geblieben. So lautet die Legende von der Wallfahrtskirche von Sementina, wie sie mir von der alten Bäuerin erzählt wurde.   Am Kaminfeuer der Tessiner                                                               Walter Keller                                                                                           Hans Feuz Verlag Bern   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wie die Kirche im Paradies gebaut ward

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Herr Arnold von Strättlingen, der wohl bedachte wie der Erzengel Michael ihm und den Seinen je und je geholfen, nahm sich vor, dem Heiligen eine eigene Kirche zu bauen. Er holte dazu den Rat weiser Leute. Und sie wählten eine Matte am Wendelsee, genannt unter der Ziel. Viele Werkleute gruben dort einen ganzen Tag das Fundament für den heiligen Bau. Als sie aber am folgenden Morgen wieder an die Baustatt kamen, fanden sie, dass das, was am Tag zuvor war ausgeworfen worden, wieder glatt und eben war, als ob keine Hand dabei tätig gewesen. Da erschien ihnen, als sie darüber rastlos standen, der heilige Michael und zeigte ihnen einen Platz und Garten da die Kirche gebaut werden sollte. Man nannte denselben zum Paradiese. In dem Garten war ein Brunnen, den zeigte ihnen Sankt Michael und sprach: "Ich will das Wasser bewegen wie es vor alten Zeiten von den Engeln geschehen ist. Hier soll man finden Gesundheit des Leibes und der Seele." Darauf verschwand der Heilige. Wer sich von dieser Zeit an in dem Quell, der Juckibrünnlein genannt wird, badete, wurde von allen leiblichen Gebrästen geheilt. Noch unsere Grossväter haben sich in ihren Kleidern in diese heilige Flut gesetzt, um das Wunder an sich wirken zu lassen. Seit aber Menschenhand im Jahr 1714 den Kanderlauf in den Thunersee gerichtet hat, ist dieser Brunnen versiegt. Herr Arnold von Strättlingen aber ging hin und erkaufte das Land im Paradies von einer ehrbaren Matrone mit Namen Margret Vischerin um vierzig Pfund Pfennige. Darnach schickte er Boten ins Land, um beizuschaffen, was nötig war um die Kirche zu bauen. Er liess auch eine Glocke in den Turm setzen, Altäre errichten, einen dem Sankt Michael, und den andern der Jungfrau Maria. Hernach, als die Werkleute Türen und First aufgerichtet, sandte er abermals Boten aus nämlich zum Bischof von Lausanne, ihn zu bitten, der Kirche Weihe zu vollziehen. Und als dieser kam, ward er gar herrlich empfangen. Bald begann er andächtiglich die Weihe der Altäre, des Kirchhofs und des heiligen Brunnens. Da erschien ihnen der heilige Michael zum andern Mal und segnete sie, und es hörte das Volk einen Lobgesang der nie zuvor war gehört worden. Darauf zogen alle Anwesenden in Prozession zu der Burg Strättlingen und holten das Heiligtum und brachten dasselbe zu der Kirche. Da versiegelte der Bischof alle die Freiheiten der Kirche mit eigenem Insiegel, gab dem vielgenannten Herrn Arnold seinen Segen, nahm Urlaub und schied von dannen. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wie die Lötschentaler ihren Schreiber ausbrüteten

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Die Lötscher wollten auch einen Schreiber haben. Sie hielten Rat und es wurde beschlossen, dass eigens zu diesem Zweck einige Abgeordnete ins Rhonetal nach Sitten reisen sollten, mit dem Auftrag, sich dort einen Schreiber zu erhandeln. Da sie vermuteten, ein Schreiber käme auf die Welt wie ein Huhn, nämlich aus dem Ei, begaben sie sich auf den Markt. Als sie einen großen, runden Kürbis sahen, dachten sie, dies müsse ein ebensolches Ei sein. Sogleich fragten sie die Händlerin: „Sind dies die Eier, aus denen die Schreiber ausschlüpfen?“ Die Frau bejahte, worauf die Abgesandten tief in ihre Geldbeutel griffen und sich den Kürbis kauften. Dann trugen sie ihn nach Hause, wo sie ihn sofort mitten auf den Platz stellten. Jetzt sassen zwei Lötscher zur Seite des Kürbis und einer oben drauf, im guten Glauben, den Kürbis wie ein Ei auszubrüten. Doch als sie einmal abgelöst wurden, geriet der Kürbis ins Rollen und fuhr in die nahen Büsche. Dort schreckte der kullernde Kürbis einen Hasen auf, der vor den Augen der erstaunten Lötscher davonlief. Da riefen die Männer: „Unser Ei ist gut geraten, der Schreiber ist geschlüpft!“ Und als sie die langen Ohren des Hasen sahen, meinten sie zufrieden: „Schaut nur, seine Feder hat er auch schon hinterm Ohr!"   Aus «Sagen und Märchen aus dem Oberwallis», Jegerlehner u. Bächtold-Stäubli, Basel, 1913. bearbeitet von Andrea Hofman     Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wie die Pest ins Tal kam

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Die Lauterbrunner blieben lange vom gähen Tod verschont, der seit Monaten drüben in ganz Grindelwald Leid in Haus und Heim brachte. Die Leute an der weissen Lütschine führten damals kein gottgefälliges Leben, machten sich in ihrem Übermut über das Sterben lustig und dachten nicht daran, dass das gleiche Unheil auch sie treffen könnte. Die Bergbauern hatten sich ein gröbliches Fluchen angewöhnt und meinten: Fluochen un bätten Muos en andren dirhijätten Da stiess eines Tages, es war im 1442igsten Jahr, rauchiges Gewölk über die Scheidegg, kroch über die Biglen- und Mettlenalp und blieb im Schiltwald in den Tanngrotzen hängen. Hier begann bald darauf der grosse Sterbet. Das erste Opfer war ein Gritli Gertsch, eine Hochzeiterin. Aber die grobjänischen Flucher liessen sich nicht erweichen, bis sie alle Feuer am Stecken hatten. Dem Totengräber im Talgrund pflegten sie zu melden: "Bei uns oben hat der schwarze Tod wieder einen gestreckt; es ist doch gut, dass du und der Schreiner nicht brotlos werden." Schliesslich aber gab es der Leichen so viele, dass ständig jemand die Wengenkehre hinunter nach dem Friedhof hätte unterwegs sein müssen, um die Gräber zu bestellen. Nur noch bis zum Schnierahorn unter dem Zwirgi ging fortan der Bote und rief von dort aus die Zahl der Toten hinunter, die am folgenden Tag in den Härd einzulegen seien. Da verstummten in Wengen oben Flucher und Lästermäuler. Von hier griff die Seuche nach Lauterbrunnen in den Talgrund. Sie wütete so furchtbar, dass im vordem Dorfteil, "in der Zuben", zwölf Wiegenkinder zur Pflege in das gleiche Haus getragen werden mussten. Die Eltern der armen Kindlein waren alle weggestorben. Als der Tod durch das Tal schritt, bauten die Zimmerleute in Gimmelwald ein Haus. Bevor sie die First auftragen konnten, hatte er sie erreicht, und es starben alle, die daran bauten. Das Haus blieb ein Jahr lang in Wind und Wetter ohne First und Dach. Einmal betraten die Leichenschauer einen Weiler im Tal. Alle Häuslein waren leer bis auf eines. In der Stube auf dem Ofen sass die letzte Überlebende, ein altes Mütterlein. "Wenn es dabei bleibt und nicht mehr weiter greift, will ich schon zufrieden sein", rief es ihnen zu. Die Toten hatten auf dem Friedhof nicht mehr Platz und wurden schliesslich dem Kilchstutzweg entlang zur Ruhe gebettet. Zuletzt stieg die Pestilenz selbst hinauf nach Mürren. Da wurde neben vielen andern auch ein junger Bursche von ihr befallen. Wie eine schwarze Beule sich an einem seiner Finger zeigte, nahm er das Beil, schlug ihn kurzerhand auf dem Scheittotz ab und steckte ihn in einen Windspalt der Fleckenwand. Dann war ihm wieder wohl wie dem Vogel im Hanf, und er meinte, dass eben weder Zeit noch Stunde für ihn da gewesen seien. Hernach ging er während sieben Jahren fremdes Brot essen. Sobald er wieder nach Mürren kam, da zog er — wer hätte es nicht auch getan? — den eingetrockneten Finger aus dem Spalt. Aber jetzt waren Zeit und Stunde da; der schwarze Tod übersprang selbst den grossen Zeitenraum. Rasch bedeckten die wüsten Beulen seinen Leib, und bald trugen sie auch ihn hinunter auf den Gottesacker. Achthundert Seelen hat der grosse Sterbet in der Talschaft dahingerafft. Quelle: Hans Michel, Ein Kratten voll Lauterbrunner Sagen. Wengen 1936. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wie die Sennen das süss käsen lernten

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Vor alten Zeiten sollen die Sennen kein Verständnis von der Zubereitung des »süssen« Käses gehabt haben; ihnen fehlte das Mittel dazu, die Milch zum Gerinnen zu bringen, ohne sie sauer werden zu lassen, denn damals liess man die Milch stehen, bis sie ganz dick war; dabei kam aber nur saurer Käse zu Stande, der bekanntlich nicht besonders schmeckt. Die wilden Mannli oder auch Fänggen genannt, verstanden aber die Kunst des »Süsskäsens«, und von einem derselben hat einer unserer Vorfahren es gelernt. Nämlich im Maiensässe von Schuders lebte einmal ein wildes Fänggenmannli mit dem Sennen auf vertrautem Fuße und empfing von demselben gar mancherlei Geschenke und Gaben. Eines Abends sagte der Senne, er müsse morgen mit Butter zu den Seinigen ins Dorf hinunter gehen und bat das Mannli für ihn zu »käsen«. Der Fängge nahm den Vorschlag an, denn er wollte ihm nun einmal eine Probe seiner Naturwissenschaft zeigen. – Der Senne ging ins Dorf, und das Mannli käste. Wie erstaunte aber der Senne, als er am Abend zurückgekehrt war und den vom Fänggen gefertigten Käse kostete und dieser so süss schmeckte, wie die frische Butter. Lange suchte er das Fängenmannli zu bewegen, ihm zu sagen, wie man »süss käsen« könne, aber unser Bergmännlein war nicht zu überreden. Da griff der Senne zur List. Mehrere Wochen nachher sagte er eines Morgens mit strahlender Miene, als der Fängge in die Hütte trat: »Jetz chan i denn au süess chäsa.« Darauf ereiferte der wilde Kleine: »Häst süessa Chäs gmacht, so häst au Mâga g'ha.« Keine Miene verriet den Sennen, daß er jetzt nun auch um das Geheimnis wisse, das der Fängge ihm immer vorenthalten hatte, probierte mit dem »Gizimagen«; der Versuch gelang, und er war fortan im Stande, den besten süssen Käs zu machen. Das Fänggenmannli, als es sich so überlistet sah, gab die Freundschaft mit dem Sennen auf und wollte mit ihm weiters nicht mehr zu verkehren haben. Quelle: Jecklin, Dietrich: Volkstümliches aus Graubünden. 3 Teile, Zürich 1874, Chur 1876, Chur 1878 (Nachdruck Zürich: Olms, 1986), S. 21-22.        Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wie die Stadt Bremgarten den Fischbacher Wald bekommen hat

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Wo heute das Dorf Fischbach ist, waren vor etlichen hundert Jahren nur drei Brüder, die Seiler, haushäblich angesessen. Hans und Jakob wohnten sich zunächst; Joachim, der dritte, etwas entfernter von ihnen in der Mühlimatte, da wo man es heute zum Hohen Kreuz nennt. So sparsam die beiden ersten lebten, so groß und übermütig tat Joachim, der Älteste. Er mochte nicht bauern, errichtete eine Schenke und tat sich in seiner Einbildung gar viel daraus zu gut, dass ihm die Bremgartner die Ehre erwiesen und fleißig seinem Weine zusprachen. Da schwatzte er dann in seinem Herrendünkel geringschätzig vom Landgewerbe und vermaß sich einstens vor den Gästen, dass ihm sein Bauernhof samt Allmend und Waldung feil sei an jeden Städter, der ihm dafür binnen drei Stunden einen Metzen Zürcher Angster auszahlen könnte. So hieß man Silberpfenninge, auf denen die abgeschlagenen Häupter der Zürcher Stadtpatrone Felix und Regula geprägt waren. Während dieses Gespräches zechten die Bremgartner Ratsherren tüchtig fort, bis dem trunkenen Wirt die Augen zufielen. Dann sendeten sie eilends einen Reiter nach Zürich, der ihnen aus der dortigen Münzstätte den Scheffel Angster herbeibringen sollte und stellten zugleich den Uhrenzeiger in der Stube zurück. Als indessen Joachim wieder erwachte und zu besserer Besinnung gekommen war, gereute ihn sein Wort, und er hätte den übereilten Handel gerne rückgängig gemacht; allein nun trat der rückkehrende Bote in die Wirtsstube und leerte den bedungenen Scheffel voll Angster vor ihm aus. Da es nun zu spät war, so erbat er sich zuletzt noch das Recht, jederzeit nur so viel Holz und so oft in dem verkauften Walde fällen zu dürfen, als die drei Brüder inskünftig für ihre vier Häuser und zwei Scheunen in Fischbach brauchen würden, falls sie diese durch Brand verlieren oder wegen Baufälligkeit sonst einmal abbrechen sollten. Die schlauen Ratsherren bewilligten dieses unter der Bedingung, dass diese Häuser stets auf der alten Baustelle wieder aufgeführt werden müssten. Damit war für Bremgarten ein zweifacher Vorteil gewonnen. Denn da die verkaufte Waldung zwischen den drei Brüdern bis dahin unverteilt gewesen war, so war nun auch der Waldanteil der zwei andern mit an die Stadt verwettet; zugleich aber waren auch sämtliche Nachkommen der drei Brüder von der ausbedungenen Waldnutzung ausgeschlossen, sobald sie einmal in jenen vier Wohnhäusern nicht mehr Raum fanden und auf andern Stellen ihres eingebüßten Erbes sich anbauen mussten. Bald geschah es auch so. Das Geschlecht der Seiler in Fischbach macht heute zwei Dritteile der dortigen Bevölkerung aus und hat für ihre stärker angewachsene Zahl außer zwei einzigen Jucharten Gemeindewaldung keine andere Vergünstigung, als eben das Anrecht an jenes Bauholz, das ihnen Bremgarten zu den vier Häusern und zwei Scheunen liefern muss, so lange dieselben nach Beding an der alten Stelle und innerhalb desselben Raumes erneuert werden. Die Häuser stehen noch und eine Urkunde über den Vertrag ist im Besitz des Seilerschen Geschlechtes. Vor einiger Zeit wollte sich Bremgarten auch noch von dieser letzten Verpflichtung losmachen und erbot sich, gegen Herausgabe dieser Urkunde, dem Dorf einen Wald von etwa vierzig Jucharten abzutreten. So lockend dies Geschenk für ein holzarmes Dorf war, so ließen sich die Bauern doch nicht zum dritten Mal fangen. Man schlug den Wald aus, denn er ist gänzlich am Wasser gelegen und wird von dem wilden Reußflusse alljährlich mehr unterfressen und hinweggeführt. Die Stadt soll dann hierüber sogar einen Prozess versucht haben, von den Gerichten aber abgewiesen worden sein. Der Bruder Joachim ward seines zu späten Verdrusses nicht mehr in der Heimat Herr, er wanderte nach St. Gallen aus und starb als Mönch im dortigen Kloster. In der Nähe seiner alten Wohnstatt, die nun eingegangen ist, liegt an der Landstraße der sogenannte Herrenbrunnen. Dort zeigen sich noch die Schatten jener schlauen Ratsherren als murmelnde Gespenster. Seit dem Jahre 1712 hat sich ihre Gesellschaft weiter vermehrt. Damals lieferten sich auf dieser Stelle die fünf katholischen Kantone und die Berner die Staudenschlacht, im Spotte also von den Reformieren genannt, weil der Anführer der Katholiken, Oberst Sonnenberg, 500 Freiämtler vor dem Gefechte längs einem Waldsaume so versteckt hatte, dass die nachrückenden Grenadiere und Dragoner der Berner in ein heftiges Kreuzfeuer gerieten. Gleichwohl wurden diese nach zweistündiger Anstrengung Sieger. Die geschlagenen Katholiken hielten deshalb ihren Anführer Sonnenberg für einen Verräter, und sein eigener Sohn soll ihn während des Treffens vom Gaul geschossen haben. Vom Wasser dieses hübsch gelegenen steinernen Brunnens scheuen sich die Kinder zu trinken, sie sagen, es laufe über lauter Totenschädel und Wildenten. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wie die Therwiler ihren Necknamen erhielten

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a) Früher folgte die Grenze zwischen den Bännen Therwil und Reinach der Wasserscheide. Da die Therwiler ihren Wald zu klein fanden, zogen sie mit hundert Eseln aus und schleiften die Bannsteine gegen Reinach. Dabei stand ein Esel um, und es waren deren nur noch neunundneunzig. Seitdem nennt man die Therwiler Neunundneunziger oder Marchsteinschleifer. Wenn man um Mitternacht über das Chäppeli geht, kann man noch das Rasseln der Ketten hören. b) Es rückten einst hundert Therwiler Soldaten gegen Arlesheim. Auf dem Chäppeli zählte sie der Anführer. Da er sich aber nicht mitzählte, kam er immer nur auf neunundneunzig. c) Anno 1499 schauten die Therwiler beim Gefecht auf dem Bruderholz zu. Einige halfen den Eidgenossen, indem sie Gabeln, Kärste und Sensen herausgaben. Nachher prahlten sie: «Ja, ja, anno Neunundneunzig, da sind wir Therwiler auch dabei gewesen.» d) Der Neckname Nünenüünzger, d.h. die Zahl 99, ergibt sich, wenn man die Buchstaben des Alphabets nummeriert und die Zahlen für «Derwyll» zusammenzählt. Die Summe beträgt dann 99. Therwil Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wie die warme Quelle entdeckt wurde

Source: Wie die warme Quelle entdeckt wurde

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Es war im Jahr 1038, als Karl von Hohenbalken, Jäger des Gotteshauses, auf die Jagd zog. Auerhähne und Waldhühner zu erlegen, mochten seine Gedanken und Wünsche sein. Sieh, da wurde aber sein mitleidig Herz erregt, ein Leben zu erhalten, statt ihm den Tod zu bringen. Ein Täubchen, für jeden Bewohner des Klosters ein heiliger Vogel, wurde vom schwarzen Rabenvolke, welches die Taube von der Arche Noahs her hassen soll, mit grimmigem Geschrei und Gekrächze verfolgt. Er eilte dem Schwärme nach, lief in den Wald hinein, in die Tiefen hinab, in welchem das Täubchen das Opfer seiner Feinde werden sollte. Die verfolgte Unschuld zu retten, das liebe Täubchen dem Tode zu entreissen, war jetzt sein einziger Gedanke; jede andere Beute hatte er gänzlich vergessen. In diesem Eifer übersieht er ganz und gar, wie er selbst in der grössten Lebensgefahr schwebt. Er kommt so weit in die schwindlige Tiefe hinab, dass er plötzlich den Dampf gewahr wurde, welcher aus dem gähnenden Schlünde emporstieg. Als er das Täubchen in Sicherheit gebracht, liess er sich an Stricken hinab und sah das blutwarme Wasser aus den Felsenritzen hervorsprudeln. Es war der schöne Lohn seines edlen Herzens, wenn er "aus besonderer Gnade und Mildigkeit Gottes, menschlichem Gebrauch zu Nutz und Frommen, das sehr edel, köstlich und heilsam Wasser entdeckte," ohne noch zu ahnen, wie "viel unaussprechlicher Wirkungen es hat." (Euler.)* Die beiden Klosterjäger Vils und Thuoli von Vilters werden von den einen als seine Jagdgenossen und Begleiter genannt; wahrscheinlicher aber ist es, dass sie erst 200 Jahre später gelebt und 1240 oder 1242 bei der Verfolgung eines Wildes die Quelle, die bis dahin nicht gebraucht, vielleicht gar vergessen worden war, wieder gefunden haben. M. Klotz, St. Galler-Blätter 1900.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 207, S. 100f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wie die Zuger ein Stück Land erlistet

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Vor alten Zeiten hatte die untere Gemeinde Wilägeri von der Stadtgemeinde Zug ein Geldanleihen erhoben, unter der Bedingung, die geborgte Summe auf einen bestimmten Tag wieder zurückzuerstatten. Zur Sicherheit dafür setzten sie ein Stück Land am Rossberg ein. Die Verfallzeit kam. Die Ägerer hatten aber das Geld beisammen und waren bereit, am festgesetzten Tage dasselbe der Stadtbehördc Zug einzuhändigen. Ein betreffender Ausschuss begab sich zu diesem Zwecke auf den Weg, um noch vor der Abendstunde, in welcher die Betglocke den Tag schliesst, in der Stadt einzutreffen. Gleichsam als wären sie spazieren gegangen kamen einige Herren von Zug am gleichen Tag nach Allenwinden. Fast zu gleicher Zeit trafen diese mit den Wilägeriherren im Wirthshaus daselbst zusammen. Man lud sich gegenseitig zu einem frischen Trunk ein. Die Zugerherren zeigten sich gar generös und liessen eine Bouteille um die andere auftragen. Es musste nicht Most, weder Walchwiler noch Hitzkircher sein, man trank ächten Zürcher und glühenden Saft aus Burgund. Schnell und froh ging die Zeit vorüber, man merkte es kaum, bis der Tag sich zu neigen begann. „Es will schon Abend werden“, rief endlich einer der Abgesandten von Wilägeri, „wir müssen aufbrechen und unser Geld noch vor Betglockenzeit dem Stadtrat einhändigen, sonst verlieren wir die Alpe." „Ihr kömmt immer noch zur rechten Zeit", bemerkte ein Herr von Zug, in der Absicht, die Ägerer noch länger hinzuhalten. Diese aber, sei es, dass sie der Sache nicht trauten, oder sonst von ihrem Pflichteifer fortgetragen wurden, begaben sich sofort auf den Weg nach der Stadt Zug. Schon lag dieselbe vor ihren Augen mit ihren staatlichen Türmen in der Abendsonne glänzend. Noch zehn Minuten und das Geld hat sein Ziel gefunden. Unvermerkt aber war ein Zugerherr auf einem Nebenweg zum Sankt Michaelissigrist vorausgeeilt, der schnell die Betglocke läuten musste. Eben traten die Ägerer durch's Stadttor ein, als vom hohen Michaelsturm die Betglocke erklang. — Das gab einen bösen Klang; die Kreuzlitaler in der Tasche stimmten mit ein. Doch die Boten eilten auf das Stadthaus, indes die Betglocke verklungen, und warfen das Geld auf den Tisch. — Die Zugerherren aber schoben dasselbe langsam zurück: „Es tut uns leid, ihr habt euch verspätet, Tag und Stunde sind vorüber und die Betglocke hat dem Markt ein Ende gemacht. Euch bleibt das Geld, uns aber das Alpeli." Freilich war die Sache abgetan. Die guten Wilägerer kehrten zurück, aber nicht in der besten Laune. Von dieser Zeit an wird das Land, welches auf der Höhe des Rossberges liegt, „Zugeralpeli" oder einfach „Zugerli" genannt. Die Grenze kann jeder Wilägerer von weitem zeigen, das Zugeralpeli hat aber auch eine auffallend merkwürdige March.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Wie die Zwerge aus dem Engital vertrieben wurden

Source: Wie die Zwerge aus dem Engital vertrieben wurden

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Weit von allen Leuten fort, hoch über Mürren, liegt, in den Felsenfalten der Berge so gut versteckt, das Engital. Es ist eine kleine, ringsum abgeriegelte, schöne Hochwelt für sich. Wen sollte es Wunder nehmen, dass in vergangenen Zeiten die Zwerge hier heimisch waren! Oben am Schwarzgrat hausten sie in einer Höhle. Alle Bergleute taten ihnen zulieb, was sie konnten, denn man hatte es ja sattsam erfahren, warum Dörflein und Weidscheunen vor Erdrutsch und Lawinennot je und je verschont geblieben waren. Brach irgendwo an der Bergflanke das Unheil los, so beinelten die Engitalzwerge blitzschnell, wie auf Zauberwort, an die Abbruchstelle, hockten dort auf die obersten sich bewegenden Schnee- oder Erdmassen und wiesen dem brodelnden Durcheinander den Weg neben Scheune und Wohnstatt vorbei. Ein Mürrner, ein garstiger Racker, lief Sommer für Sommer vor Tau und Tag hoch ob dem Holzwuchs dem letzten Büschel Wildheu nach. Der Bauer wusste vom Hörensagen, dass die Zwerge menschliche Arbeit im geheimen oft besorgen. Er hatte aber die Erdmännchen auf der Latte, denn ihm halfen die kleinen Kröten weder Stich noch Hack. Der einfältige Glinggi (Tolpatsch) wusste nicht, dass sie einem Batzenklemmer nie und nimmer an die Hand gehen. Sobald die Sonne hoch oben im Engital anschlug, kamen die winzigen Leutchen aus der Höhle, um sich der tauglitzernden Morgenstund zu freuen. Mühelos und wieselflink sprangen sie über die Stotzhalden. An einem Sommermorgen, der klarer war als der Kristallstein — die Berge standen nur zu sichtig — da sah der Wildheuer, dass die Murbenden (Murmeltiere), diese lustigen Grasaffen, schon früh in ihre Löcher hineingeheuet hatten. Jaa nu — ein Wetterumschlag in ein paar Tagen konnte ihm nichts mehr anhaben. Es schien ihm aber alles widerhaarig zu gehen. Die flaumzarten Morgenwolken im Blauhimmel schmolzen; das war ein untrügliches Zeichen, dass es ander Wetter machen wollte, schon am Tag darauf, und er hatte ja so aussergewöhnlich viel Liegendes auf beiden Talseiten. Am Morgen waren ihm die Engitalleutchen durch den Rest des Stehenden gestrüelt, und das hatte er auf dem Strich. Obschon ihm das, was die Zwerge verdarben, kaum einen Futtertuchbündel voll ausmachte, beschloss er trotzdem, ihnen einen bösen Streich zu spielen. Am folgenden Morgen war die schlimme Wetterleid; da. Des triefendnassen Gasterentages (Tag, wie gemacht zum Liegen auf dem Heulager) ungeachtet stieg der Heuer bereits in der Frühe durch Nebel und Regen hinauf ins Tal, wälzte grosse Steine vor die Erdmännleinhöhle und hielt die armen Stünggeli so lange gefangen, bis nach Tagen die Sonne wieder die Wolken durchbrach. Wie sie heraus konnten aus dem finstern, feuchten Loch, luden sie weinend und wehklagend ihr Hab und Gut auf den Rücken und gingen für immer fort, weit über alle Berge. Quelle: Hans Michel, Ein Kratten voll Lauterbrunner Sagen. Wengen 1936. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wie die Zwerge aus dem Haslital vertrieben wurden

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Des Sommers kam häufig all die Schar der Zwerglein aus den Flühen herab ins Tal, und gesellte  sich entweder hilfreich oder doch zuschauend zu den arbeitenden Menschen, und namentlich zu den Mädern im Heuet (der Heuernte). Da setzten sie denn wohl sich vergnügt auf den langen und dicken Ast eines Ahorns in das schattige Laub. Von boshaften Leuten aber ward der Ast einmal bei Nacht durchgesägt, dass er nur noch schwach am Stamme hielt, und als die arglosen Geschöpfe sich am Morgen darauf niederließen, krachte der Ast vollends entzwei, sie stürzten auf den Grund, wurden ausgelacht, erzürnten sich heftig und schrien: „O, wie ist der Himmel so hoch und die Untreu so groß! Heute hieher und nimmermehr!“ — Als Leute von Wort ließen sie niemals in diesem Lande sich wiedersehn. Nach einer andern Erzählung war es der Zwerglein Gewohnheit, sich auf einen großen Felsstein zu setzen, und von da den Heuern zuzuschauen. Aber ein paar Schälke machten ein Feuer auf den Stein, ließen ihn glühend werden, und fegten dann alle Kohlen hinweg. Am Morgen kam das winzige Volk und verbrannte sich jämmerlich, und rief voll Zornes: „O böse Welt, o böse Welt!“ — und schrie um Rache, und verschwand auf ewig. Nach der Angabe anderer zeigen sich die Zwerge immer in weißen Mänteln, welche lang auf der Erde schleppten und im Stillen sagte man, sie hätten Gänsefüßchen, oder solche deren Zehen nach hinten stünden. Da war denn ein Schalk, der einen Kirschbaum hatte, wo sie manches Jahr ihm Nachts die Kirschen abgepflückt und freundlich hingebreitet hatten vor die Scheune. Der ließ im nächsten Jahre um den Stamm des Baumes Asche streuen. Wirklich zeigten sich die Füße der Zwerglein in den Stapfen wie Gänsetritte: Aber das verratene Völklein wich für ewig fort. Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.    


by Wie dr Dürscht brüelet

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Wie dr Dürscht brüelet Dr Dürscht het me früeher gäng ghört; äs het i dr Luft afo schreije, nid wie ne Chutz u doch öppis ähnligs. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wie dr Löchlidokter i churzem nach Neuyork chunnt

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Wie dr Löchlidokter i churzem nach Neuyork chunnt Einisch sig e Frau zum Löchlidokter u heig ihm gchlagt, ihre Ma sig siebe Johr in Amerika, u nie heig er heigschriebe, sövli mängs Johr; jetz möcht sie afe gärn wüsse, göb er no am Läbe sig. Jä. säg der Löchlidokter, jetz chönn är no nüt säge; aber sie söll e chli warte. Dermit sig er i ’s Stübli u heig dTüre hinger an ihm zuezoge. Der Frau sig’s läng worde; ändtlige heig sie ufgha u d’Stüblistür ufgmacht: Dr Löchlidokter sig uf em Ruehbett gläge. wie tot; ’s Mul heig er wit offe gha; hübscheli heig sie d’Tür wieder zueto. E Rung göih's; du chömm er u säg. dr Ma läbi no; är sig grad z’Neuyork am z’Mittagässe. Es göih nid mänge Tag. du chömi dr Ma hei u d'Frau heig ihm brichtet. wie sie vor churzem bim Löchlidokter sig gsi. „Jä, äbe,“ säg dä, „jetz geiht mer es Liecht uf. Wo-n-i z'Neuyork z’Mittag gässe ha, isch eso e Burema düre Gang hingere cho. Das isch dr Löchlidokter gsi.“ Hexen und Zauberer bedienen sich noch anderer Mittel., um innert kurzer Zeit weite Strecken zurückzulegen. Aber die Ausführung der Fahrt, die meistens zu nächtlicher Zeit stattfindet, weicht von der Art, wie sich der Löchlidoktor nach Amerika begibt, bedeutend ab. Die Hexen fliegen auf einem Besen durch die Luft; nicht die Seele allein begibt sich auf die wilde Fahrt; der Leib in Menschengestalt und beseelt nimmt daran teil. Das Ziel des nächtlichen Rittes ist meistens irgend eine Hexenversammlung; zu den Unholdinnen gesellt sich vielfach der Teufel; in einsamen Waldlichtungen finden ausschweifende Tänze statt. Einzelne Geschichten lassen erkennen, wie die verbotenen „Kilt- und Räbeltänze“ des 17. und 18. Jahrhunderts. die zur Nachtzeit stattfanden, die Überlieferung beeinflussten. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wie dr schwarz Tod uf Huttel cho isch

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Wie dr schwarz Tod uf Huttel cho isch Einisch sig z’Roth es Fraueli derhar cho mit eme Chörbeli am Arm; äs sig gar sträng glüffe. Mi heig’s gfrogt, was es emel au däwägg z’laufe heig. He, säg es, äs müess drum uf Huttel ihe, go d’Schwindte bringe. Drufabe sig dr schwarz Tod cho; niemer heig chönne hälfe. Aber es Vögeli sig z’Huttel bim Dokter uf e Sinzel go hocke u hei öppis gsunge. Aber verstange heig’s alli Längi niemer. Aber ändtlige sig de Dokter druber cho; äs heig pfiffe: „Trinket ab Bibernäll, So stärbet ihr nid so schnäll.“ M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wie dr Spahr heiritet

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Wie dr Spahr heiritet Einisch hei sie z’Bärn obe Sitzig gha. ’s Mittagässe isch nohe gsi. Du seit dr Spahr zumenen angere, är söll de mit ihm hei cho ässe. „Was meinsch?“ frog diese; är isch Sinns gsi, är heig nid guet ghört. He, är söll mit ihm heicho uf e Mischleberg für z’Mittag z'ässe. säg dr Spahr druf. Jo, was är au meini; äs rücki gäge den englefe, machi dr anger. „U de wiederume zrugg?“ He wohl, säg dr Spahr, är heig ’s Ross do; är chönn hinger ufhocke; sie sige de z’rächter Zit ume. Drufabe het dr Spahr ’s Ross vüregnoh. Dr anger isch hingeruf. Demo isch ’s Ross uf u wie ne Chutt dür d’Luft us. Ob em Rite het si ’s Ross gstoglet. I churzem si sie uf em Mischleberg gsi, u d’Büri het grad ’s Ässen uf e Tisch to. Säg dr Spahr zum angere, ob er au wüss, wo si ’s Ross gstogleg heig. Das chönn er nid säge. „Bim Chilchsturm z’Chilperg.“ M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wie Dürstelen zu seinem Namen kam

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Wie Dürstelen zu seinem Namen kam Früher haben die Dürsteler behauptet, es gebe im Stoffel drin einen unterirdischen See. Zu diesem komme man durch einen Stollen, der aber durch eine eiserne Türe verschlossen sei. Von diesem Türstollen habe Dürstelen seinen Namen erhalten. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Von Karl Wartmann, gebürtig aus Niederdürstelen, dem Verfasser am 7. 4. 1960 erzählt. Das „alte Gsääg“ stellt, wie viele andere Berichte, einen volkstümlichen Versuch zur Namensdeutung dar. - Stoffel, bewaldete, steile Bergkuppe, 931 m. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wie Eiger, Mönch und Jungfrau entstanden sind

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Auf Wengernalp lebte einst eine Familie von Riesen. Sie bestand aus dem Vater, zwei Söhnen und einer Tochter. Als der Vater noch jung und die Kinder noch klein, da waren sie verträgliche Leute und lebten mit ihren Mitmenschen auf gutem Fuss. Je älter der Vater wurde, desto wunderlicher und ungesitteter benahm er sich, wollte mit niemand mehr Gutfreund sein und hatte stets Lust, auf alle Leute herunter zu hacken. Die Kinder waren in des Vaters Geschlecht, wurden igelstachlig und nahmen bald auch böse Launen an. Wer über die Wengernalp kam, wurde von den Riesen geplagt — oh, Herr Jesses — Bösewichte waren das bald und schreckten selbst vor ärgster Missetat kaum zurück! Einst kam ein armes, altes Manndli in schäbigen Grisshosen (zweifärbige Sommerkleidung aus Hanf) über die Scheidegg und bat bei den reichen Riesen auf Wengernalp um einen Trunk Milch. Sie fuhren es aber hart an, sie hätten hier oben keine Milch zu viel, ein solcher Schlufi solle Wasser saufen, wenn der Durst ihn quäle. Als sie sahen, dass das Manndli kein Chlupfhans war und hörten, dass er ihnen zurief, er wollte lieber unter einem Schopf (grosser Stein) neben einem Wespennest sein, als neben ihnen zu leben, da wollten sie ihm an den Kragen. Aber das alte Manndli, das ein Berggeist gewesen und stärker war als alle Riesen der Welt, verschwand wie weggeblasen. Es tat zuvor noch einen fürchterlichen Schwur, und mit einermalen, da begannen die bösen Riesen zu wachsen — hoch, hoch — und wurden zu Fels und Eis, der Vater zum Eiger, die Söhne zum weissen und schwarzen Mönch und die Tochter zur Jungfrau. Quelle: Hans Michel, Ein Kratten voll Lauterbrunner Sagen. Wengen 1936. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wie ein fahrender Schüler Ungeziefer vertreibt

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In der Göschner Alp gab es sehr viele Kröten und Schlangen, welche bis in die Häuser eindrangen, den Leuten in die Milch hineingingen und in die Kost, oder was immer zubereitet ward. Ja, die Menschen sogar waren bald des Lebens nicht mehr sicher. Das war eine recht grosse Plage. Da zog ein fahrender Schüler des Weges und versprach den Bewohnern der Alp, das Ungeziefer zu vertreiben, wenn jeder Haushälter ihm eine Geiss gebe. Die Gemeinde sagte freudig zu. Auf diesen Vertrag hin nahm der Fahrige ein Pfeiflein aus der Tasche, tat dreimal einen Pfiff und alle Kröten und Schlangen kamen hervor und folgten seinen Schritten über eine Stunde weit, bis zur Sankt Niklausenkapelle, also bis über die Gemeindemarken von Göschner Alp. Hier hielt er still und kündete den Kröten und Schlangen an, wenn je eine wieder die Grenzen nach der Göschner Alp überschreite, sei sie des Todes. Von da an ist die Alp von Kröten frei.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Wie ein fahriger Schüler Ungeziefer vertreibt

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a) In der Göschener Alp gab es sehr viele Kröten und Schlangen, die bis in die Häuser eindrangen, den Leuten in die Milch hineingingen und in die Kost, oder was immer zubereitet wurde. Ja, die Menschen sogar waren bald des Lebens nicht mehr sicher. Das war eine rechte, grosse Plage. Da zog ein fahriger Schüler des Weges und versprach den Bewohnern der Alp, das Ungeziefer zu vertreiben, wenn jeder Haushälter ihm eine Geiss gebe. Die Gemeinde sagte freudig zu. Auf diesen Vertrag hin nahm der Fahrige ein Pfeiflein aus der Tasche, tat dreimal einen Pfiff, und alle Kröten und Schlangen kamen hervor und folgten seinen Schritten über eine Stunde weit bis zur St. Niklausenkapelle, also bis über die Gemeindmarken von Göschener Alp. Hier hielt er still und kündete den Kröten und Schlangen an, wenn je eine wieder die Grenzen nach der Göschener Alp überschreite, sei sie des Todes. Von da an ist die Alp von Kröten frei. (Aus Lütolf 243, 178.) b) Schon in Göschenen, Abfrutt und Wyggen anerbot sich der Fremde, die Schlangen und das Ungeziefer zu vertreiben. Aber sie wollten ihm keinen Lohn geben. – Die Schlangen folgten dem Fahrenden bis gegen Horwen, also noch weiter als bis St. Niklausen, und dort verbannte er sie in die Wurägand hinauf. Friedrich Epp, Portier, Maderanertal, und a. P. Fl. Kindle im Archiv XII, pag. 213 erzählt: Das Pfeifchen war silbern. Schlange, Kröte, Ratte, Maulwurf, Schnecke und Wurm sammelten sich um den Spielmann, und als sie alle da waren, kehrte sich der Schüler, schritt, ein Märschchen pfeifend, das Tal hinaus, alle folgten ihm und kehrten nie mehr zurück. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wie ein Fischer sein Kind verkaufte

Source: Wie ein Fischer sein Kind verkaufte

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Gianni trieb, wie schon sein verstorbener Vater, das Handwerk eines Fischers. Freilich hatte er beim Fischfang nie viel Glück gehabt, denn es waren nur wenige Fische, die er jeden Tag fing. Und doch hatte er eine sehr zahlreiche Familie. Fünfzehn Kinder nebst seiner Frau saßen hungrig am Tisch und verlangten nach Brot. Wie schon oft, so saß er auch an einem schönen Maimorgen, um vier Uhr in aller Frühe, am Seeufer und warf sein braves Netz aus. Aber so oft er es auch zurückzog, so fand er nicht einmal den Schwanz eines Fisches darin. Die Turmuhr hatte bereits acht Uhr geschlagen, und die andern Fischer kehrten schon heimwärts, zufrieden mit ihrem guten Fang. Der unglückliche Gianni aber ließ sich's nicht verdrießen und fischte geduldig weiter. Allein, es wollte auch jetzt kein Fisch in sein Netz gehen. Schon war er in seiner Verzweiflung im Begriff, seine Sachen zusammenzupacken und heimzukehren, als vor ihm ein alter, aber vornehm gekleideter Mann erschien und ihn liebevoll anredete: »Guter Mann, wie geht es mit dem Fischfang heute morgen?« »Schlecht, sehr schlecht, mein Herr! Schon seit vier Uhr sitz ich hier und habe nichts, aber auch gar nichts gefangen, und meine Familie hat nichts zu essen.« »Nun gut, lieber Freund«, sagte der Unbekannte, »so will ich euer Glück machen. Aber unter einer Bedingung. Ihr müsst mir euer nächstes Söhnlein, das ihr bekommt, verkaufen, wenn es vierzehn Jahre alt geworden ist. Wollt ihr das annehmen?« Der Fischer überlegte bei sich im Stillen, dass er und seine Frau bald fünfzig Jahre alt seien und doch keine Kinder mehr zu erwarten hätten. Deshalb gab er zur Antwort: »Ich bin damit einverstanden.« »Gut so, dann setzt eure Unterschrift hierher«, sprach der Unbekannte und reichte ihm ein beschriebenes Papier. Der Fischer unterschrieb den Vertrag. »Da nehmt, hier habt ihr dreihundert Franken«, fügte der Alte hinzu. »Und jetzt werft euer Netz noch einmal aus.« Der Fischer gehorchte. »Jetzt zieht es zurück!« Und, o welch Wunder! Der Fischer zog viele schöne Fische ans Ufer. Er fragte voll Erstaunen: »Aber wer seid ihr, mein Herr? Wohl gar ein Zauberer?« »Also«, versetzte der Unbekannte, »es bleibt abgemacht. Heute ist Anfang Mai. Nach fünfzehn Jahren am fünften Mai um acht Uhr morgens seid ihr hier an der gleichen Stelle mit eurem Sohn!« Und kaum hatte er dies gesagt, war er verschwunden. Glückstrahlend kehrte der Fischer mit dem vielen Geld und den Fischen nach Hause zurück. Von diesem Tag an fing er immer Fische und konnte seine große Familie gut durchbringen. Ein Jahr später schenkte ihnen Gott aber ein schönes Kind. Die Mutter wusste von dem Pakt, den ihr Mann mit dem geheimnisvollen Alten abgeschlossen hatte. Sie grämte sich darüber, wenn sie ihr Kindchen anschaute und rief aus: »Wenn heut über vierzehn Jahren das Kind noch am Leben ist, so wollen wir sicher diesen Schatz nicht hergeben, nicht wahr, mein lieber Mann!« Dem Söhnlein gaben sie bei der Taufe den Namen Fortunino, der Glückliche. Es wurde rasch größer und war kräftig und schön. Mit sechs Jahren besuchte der Knabe die Dorfschule und wurde bald der Liebling des Lehrers. Er machte gute Fortschritte und war der Tüchtigste in der Schule. Aber so oft der Vater seinen Sohn anschaute, kamen ihm die Tränen, und er konnte nicht anders als weinen. Der Knabe erzählte dies seinem Lehrer und dieser sprach: »Fortunino, du musst, koste es, was es wolle, von deinem Vater in Erfahrung bringen, warum er weint, so oft er dich ansieht. Du bist nun dreizehn Jahre alt, bist groß und stark, fast mehr als es deinem Alter entspricht.« Eines Tages waren Fortunino und sein Vater allein in der Küche. Und wieder fing der Vater, wie gewohnt, zu weinen an, und er weinte wie eine abgeschnittene Rebe. »Warum weinst du jedes Mal, wenn du mich siehst, Vater?« fragte das Kind mit liebevollen Worten. »Was für ein Geheimnis verbirgst du vor mir?« »Ach, ich weine, ich weine ... so ... so ... Ich weiß es selber nicht recht ... ich ...« »So sag es mir doch, Väterchen, sag es mir, ich bin doch jetzt dreizehn Jahre alt.« Da beschloss der Vater, es ihm zu sagen und sprach: »So wisse, mein liebes Kind, dass ich dich verkauft habe. Es geht nicht mehr ganz ein Jahr, am fünften Mai, so muss ich dich ans Ufer des Sees führen. Dort wird sich um acht Uhr morgens, ein reicher alter Herr einfinden. Dann wirst du mich verlassen und mit ihm gehen müssen. Ich habe ein Schriftstück unterzeichnet. Verzeihe mir. Es war das Elend dran schuld, das mich trieb, dich zu verkaufen, noch ehe du auf der Welt warst. Verzeihe mir, verzeihe mir!« Und damit brach der unglückliche Vater in lautes Jammern aus. Fortunino blieb wie versteinert. Er brachte kein Wort heraus, kein Vorwurf kam über seine Lippen. Am folgenden Tag erzählte er den unerhörten Vorfall seinem Lehrer. »Die Sache ist sehr ernst, um nicht zu sagen geheimnisvoll«, meinte der Lehrer. »Doch warte ... mir kommt ein Gedanke. Ich habe einen Bruder, der ist Pfarrer im Dorfe P. Vielleicht kann er dir aus dieser Verlegenheit helfen. Morgen gehst du zu ihm. Hier hast du Geld für die Reise. Mut braucht's hier freilich.« Schon am Abend des nächsten Tages kehrte Fortunino wieder von seiner Reise zurück. »Und nun«, rief ihm der Lehrer entgegen, »sag schnell, was bringst du mir für Neuigkeiten?« »Euer trefflicher Bruder sendet euch viele herzliche Grüße. Was den Vertrag anbetrifft, den mein Vater und jener geheimnisvolle Alte abgeschlossen haben, so weiß er nicht, was er dazu sagen soll. Er glaubt, es sei der Teufel. Da sollte man vor allem wissen, wo er zu Hause ist.« »Das werden wir bald erfahren, Fortunino. Morgen in aller Frühe begibst du dich auf das Gebirge im Osten des Dorfes. Dort droben wohnen zwei Brüder von mir als Einsiedler. Der eine oder der andere wird dir aus dieser Notlage helfen.« Also stieg Fortunino am anderen Tag hinauf ins Gebirge. Er wanderte und wanderte den ganzen Tag. Endlich gelangte er gegen Sonnenuntergang zur ersten Klause. Er klopfte an, und es öffnete ihm ein alter Einsiedler, der einen langen weißen Bart trug. »Komm herein, schönes Kind. Was führt dich in so später Stunde zu mir?« Der Junge erzählte, was für einen Vertrag sein Vater mit einem geheimnisvollen Alten, der sicher niemand anders als der Teufel sei, abgeschlossen habe, und fragte den Waldbruder, ob er nicht wisse, in welchem Haus der Unhold wohne. »Morgen wollen wir darüber nachdenken. Unterdessen nimm und iss dieses Stück Brot und trink von diesem Wasser, denn du wirst Hunger und Durst haben. Nachher legst du dich auf jenen Strohsack und schläfst bis morgen.« Am andern Morgen versammelte der Eremit mit einem Pfiff seine tausend Tauben und befahl ihnen, durch die Welt zu fliegen, um das Haus des Teufels ausfindig zu machen. Aber nach drei Tagen kehrten die Bewohner der Lüfte wieder zurück, ohne etwas gefunden zu haben. »Höre, mein Kind!«, sprach der Büßer. »Zwei Stunden Weges von hier wohnt einer meiner Brüder, ein Zauberer, ein Magier, wie es keinen mächtigeren geben kann. Mach dich auf zu ihm, ich bin gewiss, dass er dich von dem Vertrag erretten kann, den dein Vater mit dem Satan geschlossen hat.« Fortunino dankte und ging fort. Er wanderte und wanderte und klopfte schließlich an die Türe des Zauberers aller Zauberer. Als die Tür aufging, stand die Zauberin auf der Schwelle. »O du armer Knabe«, rief sie aus, »weißt du denn nicht, dass der schreckliche Zauberer alle auffrisst, die ihm unter die Augen kommen? Weißt du nicht, dass, wer hier zu dieser Tür hineingeht, weder lebend noch tot hier wieder herauskommt?« Sie hatte jedoch so großes Mitleid mit dem bildschönen Knaben, dass sie ihn eintreten ließ, ihm zu essen gab und ihn dann mit mütterlicher Fürsorge zu Bette brachte. Nach einer Weile kehrte der Zauberer mit großem Gepolter heim. »Ich rieche Menschenfleisch!« rief er aus. »Du bist wohl närrisch«, erwiderte die Zauberin, »iss jetzt zu Nacht und schweig!« »Nein, ich bin kein Narr. Willst du den Menschen holen, oder soll ich gehen?« Da eilte die Zauberin zum schlafenden Kind, weckte es, führte den Knaben, der keinerlei Angst hatte, vor den Zauberer und bat ihn so lange und inständig, das hübsche Kind zu schonen, bis der böse Mann einwilligte. Ja, er streichelte sogar den Jungen. Fortunino erzählte ihm unerschrocken von dem Pakt zwischen seinem Vater und dem Teufel und bat ihn treuherzig, er möge ihn doch davon befreien. »Ich will es tun«, sagte er. Darauf befahl er seiner Frau, ein tüchtiges Feuer anzufachen und näherte sich hierauf mit dem Knaben dem großen Kamin. Er hatte ein altes Buch bei sich, dessen Pergamentdeckel über und über mit Flecken bedeckt war. Ferner schwang er in der Hand eine Rute aus Eisen, die er im Feuer zum Glühen brachte. Hierauf öffnete er sein Zauberbuch und rief mit donnernder Stimme einen Teufel herbei. Gleich darauf sauste einer durch den Kamin herab.»Bist du es«, sprach der Magier zu ihm, »bist du es, Unglücklicher, der diesen Knaben von einem Fischer gekauft hat, noch ehe der Kleine zur Welt kam?« »Nein, ich war es nicht!« »Dann fort mit dir!« Und damit gab er ihm mit der glühenden Rute einen entsetzlichen Streich. Darauf rief er mit schauerlicher Stimme einen andern Teufel. Jetzt erschien einer, der war alt, sehr alt, verkrüppelt und hatte einen Buckel. »Bist du es, der von einem Fischer diesen Knaben gekauft hat, noch ehe er geboren war?« »Ja freilich«, grinste der abscheuliche Satan. »Aha, du bist's also, du Verwünschter. Da nimm!« Und der Zauberer fiel über ihn her und versetzte ihm so viele Rutenschläge, bis er halbtot zu Boden fiel. »Wo ist das Schriftstück, auf dem der Vertrag unterschrieben wurde? Wenn du es mir nicht auf der Stelle gibst, so schlage ich dich tot.« Jetzt zog der Teufel das Schriftstück hervor, und der Zauberer verbrannte es vor seinen Augen im Kaminfeuer. Darauf kehrte der Satan mit zerschlagenen Gliedern in die Hölle zurück. Der Zauberer aber, der trotz seiner Grausamkeit doch ein gutes Herz hatte, schenkte dem Knaben Fortunino ein Säcklein voll Goldstücken und ließ ihn dann heimkehren. Endlich kam der fünfte Mai. Der Fischer saß am Seeufer am selben Ort wie vor fünfzehn Jahren und fischte, und Fortunino stand dabei; aber es erschien niemand, der ihm das Kind verlangte, und so kehrten sie glücklich zur Mutter heim. Aus: Walter Keller: Tessiner Märchen, Frauenfeld Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wie ein Kapuziner aus dem Luzernerbiet die Seuche begrabt und verkeilt

Source: Wie ein Kapuziner aus dem Luzernerbiet die Seuche begrabt und verkeilt

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Zweimal herrschte auf der Alp Ällgäu (Kanton Bern) unter dem sömmernden Vieh eine verheerende Seuche. Das erstemal im Sommer 1718, dann wieder im Sommer 1800 oder 1801. Der erste dieser Viehpresten wütete so arg, dass man eines Morgens neun Kühe bei einander auf der Weide tot fand. Man rief einen Kapuziner aus dem Luzernerbiet, vermutlich von Schüpfheim über Sörenberg, herbei, um das Übel zu bannen. Er kam und bannte es unter den Boden in eine Grube und verschloss die Öffnung derselben mit einem Stück Holz. Er befahl auch, dass man künftig alljährlich in der Sankt Johannisnacht den Ertrag eines halben Tages von den eben auf den Alpen Bohl und Ällgau sommernden Kühen in Käse und Zieger unter die Armen der Umgegend verteilen soll und verhiess diesen Alpen auf so lange, als man dem Gebote getreulich nachkomme und als jenes Loch verschlossen bleibe, Verschonung von der Viehseuche. Nach andern hat der oberländische Wunderdoktor Bühlfritzli die Pest ins Holz eingelegt. Aber das geheimnisvolle Holz wurde später gefällt und. Sie kam wieder. Nun wurde Bühlfritzli, der Sohn des eben Erwähnten, geholt. Dieser legte (1800 oder 1801) die Seuche heimlich ins Holz, so dass niemand davon wusste als einige wenige Hirten. Er liess auch Reiser und Reckholder auf einen grossen Haufen zusammentragen, denselben anzünden und das Vieh ums Feuer herumgehen. Der Rauch stieg nicht in die Höhe, sondern breitete sich über das Vieh aus und hüllte es ganz ein. Es wurde so von der Seuche ganz befreit. Von jenem ersten Vorgang her rührt die noch bestehende Sitte, dass die Alpen Bohl und Ällgäu das den 4. Juli morgens Gemolkene für die Armen des Tals käsen und ziegern, den 5ten den ungesalzenen Käse und Zieger in den Twirrispeicher hinaustragen und dort unter die Armen verteilen. Man nennt dies Sankt Johannsen, oder der Sankt Johannser, weil es am Sankt Johannestage alten Stils geschieht. Der Teil des Ällgäu, in welchem dieses vorfiel, heisst seitdem Bös-Ällgäu.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Wie ein Schwick

Source: Wie ein Schwick

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Die Familie eines Bergbäuerleins sass in der Küche am Schragentisch beim Mittagessen. Wie die Leute so ahnungs- und wortlos die Suppe schlürfen, geht plötzlich, wie von Geisterhand aufgeknallt, die Küchentüre jäh auf, fährt ein Sausen und Fauchen herein, übertönt wie von menschlichem Gewimmer, und verschwindet rasch wie ein Schwick wieder zum Türloch hinaus. Im selben Augenblick fällt ein Fleischstecken aus dem offenen Kamin herunter. Am Abend darauf, als die Bäuerin dem Schwein das Fressen brachte, lag dieses tot im Stalle, auf der einen Seite war es ganz blau wie von einem heftigen Schlag. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Wie ein wildes Männchen Wort hält

Source: Wie ein wildes Männchen Wort hält

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Z' wild Mandle het sis Wort g'halte. Auf dem Berge, der Saanen und Abländschen von einander trennt, liegt eine Bergweide, der so genannte Rudersberg. Nahe daselbst ist auch die nach ihm benannte Rudersberg-Fluh. Diesen Berg hat mein Ahngrossvater manchen Sommer mit seinen Kühen bezogen. Einst ist im Herbste ein wildes Bergmännchen zu ihm gekommen, und hat verlangt, dass er ihm von seinen Kühen ein Stück den Winter über zu nutzen gebe. Er getraute sich anfangs nicht darauf einzugehen; das Bergmünnchen aber ist mehrmals gekommen, und hat immer mehr angehalten, bis er zuletzt gedacht, wenn er ihm nicht willfahre, so werde er mit seinem Vieh nachher desto weniger Glück haben, und endlich könne er den Verlust noch wohl ertragen, wenn er auch sein Kühlein nicht wieder sehen sollte. Er nahm sich vor, aus seinen Kühen das geringste Stück auszulesen, und es dem Männchen anzuvertrauen, und entliess dasselbe mit dem Versprechen, zur Abfahrt wolle er ihm eines geben. Am Kühscheid (Alpabfahrt) ist das Männchen gekommen und hat das Kühlein, das er ihm an einem Seile dargereicht, furchtsam zur Hand genommen, und ist damit gegangen und hat es durch die Felswände der Rudersberger Flühe, wo nur Gemsen gehen können, ohne Gefahr hinweg geführt. Im andern Jahre, als er wieder auf den Berg gefahren, ist das Männchen mit dem Kühlein wieder gekommen, und hat auch ein Kälblein von demselben mitgebracht. Auch im Herkommen hat es denselben schauerlichen Weg gefahrlos zurückgelegt. Das Kühlein am Seile führend hat es ihm dasselbe, wie beim Empfange, furchtsam an die Hand gegeben, ihm aber dann sehr gedankt und gesagt, jetzt habe es Käse für sein Lebtag gemacht. Da hat er es gefragt, wie es dasselbe gewintert habe; und auf dieses hat es zur Antwort gegeben: bei lauter Würzlein, die es den Sommer hindurch gegraben und getrocknet habe. Darnach ist es wieder gegangen, aber nie mehr gekommen. Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.    


by Wie einen das Gespenst nahm und was er hernach erlebte

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Balthasar Jörgi, genannt Hunkeler, von Nebikon im Amte Willisau hat an Donnerstag vor Oswaldi 1509 erzählt. Hinter Mathis Jörgis Haus zu Nebikon führt ein Kilchweg vorüber, auf dem man gewöhnlich alle Nacht etwas Gespensts hört. Also auf eine Zeit ist er bei guten Gesellen in gemeldetem Hause gewesen und hat getrunken. Mittlerweile musste er hinaus und nun kam ihm der Gedanke, möchte doch lugen, was für ein Gespenst vorhanden sei. In dem hörte Jörg: ein Geräusch daher kommen, sah etwas und wollte mit ihm reden. Fuhr ihn sogleich das Gespenst an und mit ihm auf und davon, so dass er nichts mehr um sich selber wusste. Das bemerkten aber seine Gespanen, liefen nach, gewannen und führten ihn heim, wo er drei Tage lag, bis er wieder zu Sinnen kam. Nun beichtete er und versprach eine Wallfahrt nach Sankt Jakob. Sogar eine Strafe an die Obrigkeit musste er bezahlen, weil ihn der Teufel habe nehmen wollen. Ihrer sechzehn Männer begaben sich wirklich auf die Pilgerschaft. Allein in Toulouse mochten sie wegen Condéschem Kriegsvolk nicht weiter gelangen und mussten zurück. Darauf, an der Messe, begab sich Jörgi nach Willisau an den Schiesset. Und als er daselbst bei der Kronen zu Nacht gegessen, haben etliche ihn angezogen, er sich gewidert und geredt: „Es freut mich nicht zu singen, ich wäre denn bei Sankt Jakob gewesen und hätte meine Fahrt verrichtet.“ Doch sunge er letzlich. War aber ein Berner da, dem es nicht gefiel. So wurden sie stössig. Und als nun auch der Wirt ihn anfuhr, er sei ein Hudler, solle ihm seine Gäste ruhig lassen; da brannte Jörgi heftig auf: „Ich bin kein Hudler, ich bin als gut als du.“ Und redete dann Hans Marti, der Wirt: Nein, denn der Teufel hätte ihn einmal genommen. Jetzt ging der Grimm erst recht los und dem Jörgi entfielen etliche grobe Schwüre, wusste selbst nicht wie. Meinte, es geschehe ihm gross Unrecht, sei er doch nicht mit Willen in das Gespenst gekommen und habe es teuer gebüsst. Allein es ging ihm noch schlimmer. Denn der Flüche wegen verklagt, wurde er in Willisau um hundert Kronen gebüsst. Sein Gütchen hätte kaum so viel ertragen. Deshalb wandte er sich an die gnädigen Herren und Obern in Luzern, erzählte und stellte ihnen alles dies vor, bat untertäniglich um Gnade. Dies war der Anlass zur Aufzeichnung dieser Geschichte.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Wie einer das Jauchzen lernte

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a) Als man zu Ende des Sommers beim Herabfahren aus einer Alp im Kanton Uri noch einen Melkstuhl zurückgelassen hatte, musste einer der Handknaben denselben holen. Er kam erst sehr spät auf diese Alp. Wie er nun die verlassene Alphütte betrat, sah er zu seinem grossen Verwundern drei Sennen um die Feuergrube und einen derselben auf jenem Melkstuhle sitzen, den er holen sollte. Der Käsekessel war über hellloderndes Feuer gereitelt, und man fragte ihn, ob er auch ,,Suffi" (Käsmilch) trinken möchte. Er bejahte es, weil er meinte, er dürfe nicht abschlagen, aber dennoch erfasste ihn dabei ein Grauen. Nun wurde abgeschöpft, wobei er zu seinem fernern Erstaunen sah, dass dreierlei Suffi in die Geschirre gegossen wurde: rote, weisse und schwarze. Sie fragten ihn, von welcher er trinken wolle, und er verlangte weisse. Diese drei Sennen erklärten ihm nun auch die drei Farben: Die rote bedeute die unnütz gebrauchte und versudelte Milch während dem Sommer; die weisse, dass sie die Kühe recht gemolken und mit der Milch recht umgegangen, und die schwarze, dass sie häufig in der Alp geschworen hätten. Endlich gaben sie ihm noch die Wahl, was er lieber von den drei Künsten wolle: ob recht gut singen, oder pfeifen oder jauchzen, und er verlangte, recht gut jauchzen zu können. Dieser Wunsch wurde ihm zugesagt. Morgens darauf, als er fortging, begann er zu jauchzen und er konnte es wirklich zum Verwundern schön, so dass bei seiner Heimkunft die Leute über sein angenehmes Jodeln erstaunten. Der Senn, der zu Hause war, brannte vor Begierde, dieses Jodeln auch zu erhalten, ging darum unverzüglich auf diese Alp. Als er aber dahin gelangte, wurde er von den drei geisterhaften Sennen zerrissen und zermalmet, indem sie ihm zornig bedeuteten: es geschehe ihm so, weil er ohne Not hieher gekommen.   b) Von seiner Mutter, einer Luzernerin aus dem Entlebuch, hörte Nationalrath I. B. Müller sel. von Wil, Kanton Sankt Gallen, als Knabe oft und gerne Sagen und Märchen erzählen, die er dann sich aufzeichnete und durch gütige Vermittlung des H.Herrn P. Gall Morel sind diese Blätter uns zur Benutzung überlasten worden. Darin Folgendes: Es war üblich, wenn man die Kühe ab den Alpen tat, die Pferde noch dort weiden zu lassen. Mal sollte ein Senn solche Pferde heimholen. Beim Suchen verspätet, muss er in der Hütte übernachten. Erwacht aus dem Schlaf und sieht Zwerge fröhlich käsen. Sie grüssen ihn und sagen, dass die Milch, welche die Sennen verschütten, ihnen zu gut komme, wenn der Verschüttende sage „in Gottes Namen". Fluche er aber, sei sie verloren. Dann gaben sie ihm von der herrlichen Käsemilch, führten ihm zwei Pferde vor und liessen ihm die Wahl, ob er lernen wolle singen, flöten, Waldhorn spielen oder jauchzen. Er wünschte nur schön jauchzen zu können und das lehrten sie ihn so schön, dass ihm, als er auf dem Heimwege jauchzte, alle Talbewohner folgten, so ausgezeichnet machte ers.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


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a) Als man zu Ende des Sommers beim Herabfahren aus einer Alp im Kanton Uri noch einen Melkstuhl zurückgelassen hatte, musste einer der Handknaben denselben holen. Er kam erst sehr spät auf diese Alp. Wie er nun die verlassene Alphütte betrat, sah er zu seinem grossen Verwundern drei Sennen um die Feuergrube und einen derselben auf jenem Melkstuhle sitzen, den er holen sollte. Der Käsekessel war über hellloderndes Feuer gereitelt, und man fragte ihn, ob er auch ,,Suffi" (Käsmilch) trinken möchte. Er bejahte es, weil er meinte, er dürfe nicht abschlagen, aber dennoch erfasste ihn dabei ein Grauen. Nun wurde abgeschöpft, wobei er zu seinem fernern Erstaunen sah, dass dreierlei Suffi in die Geschirre gegossen wurde: rote, weisse und schwarze. Sie fragten ihn, von welcher er trinken wolle, und er verlangte weisse. Diese drei Sennen erklärten ihm nun auch die drei Farben: Die rote bedeute die unnütz gebrauchte und versudelte Milch während dem Sommer; die weisse, dass sie die Kühe recht gemolken und mit der Milch recht umgegangen, und die schwarze, dass sie häufig in der Alp geschworen hätten. Endlich gaben sie ihm noch die Wahl, was er lieber von den drei Künsten wolle: ob recht gut singen, oder pfeifen oder jauchzen, und er verlangte, recht gut jauchzen zu können. Dieser Wunsch wurde ihm zugesagt. Morgens darauf, als er fortging, begann er zu jauchzen und er konnte es wirklich zum Verwundern schön, so dass bei seiner Heimkunft die Leute über sein angenehmes Jodeln erstaunten. Der Senn, der zu Hause war, brannte vor Begierde, dieses Jodeln auch zu erhalten, ging darum unverzüglich auf diese Alp. Als er aber dahin gelangte, wurde er von den drei geisterhaften Sennen zerrissen und zermalmet, indem sie ihm zornig bedeuteten: es geschehe ihm so, weil er ohne Not hieher gekommen.   b) Von seiner Mutter, einer Luzernerin aus dem Entlebuch, hörte Nationalrath I. B. Müller sel. von Wil, Kanton Sankt Gallen, als Knabe oft und gerne Sagen und Märchen erzählen, die er dann sich aufzeichnete und durch gütige Vermittlung des H.Herrn P. Gall Morel sind diese Blätter uns zur Benutzung überlasten worden. Darin Folgendes: Es war üblich, wenn man die Kühe ab den Alpen tat, die Pferde noch dort weiden zu lassen. Mal sollte ein Senn solche Pferde heimholen. Beim Suchen verspätet, muss er in der Hütte übernachten. Erwacht aus dem Schlaf und sieht Zwerge fröhlich käsen. Sie grüssen ihn und sagen, dass die Milch, welche die Sennen verschütten, ihnen zu gut komme, wenn der Verschüttende sage „in Gottes Namen". Fluche er aber, sei sie verloren. Dann gaben sie ihm von der herrlichen Käsemilch, führten ihm zwei Pferde vor und liessen ihm die Wahl, ob er lernen wolle singen, flöten, Waldhorn spielen oder jauchzen. Er wünschte nur schön jauchzen zu können und das lehrten sie ihn so schön, dass ihm, als er auf dem Heimwege jauchzte, alle Talbewohner folgten, so ausgezeichnet machte ers.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Wie einer stark geworden

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Am Herbste wurden einem Schafbub soviele Schafe als Lohn zuerkannt, als er aus dem Schafpferch über den Hag heraus zu lüpfen imstande war. Aber da fiel der Sommerlohn dürftig genug aus, denn ein einziges Schäflein, das geringste von allen, vermochte er herauszuheben. Dennoch dingte er im nächsten Sommer wieder beim gleichen Meister zum nämlichen Lohn. Er war unterdessen durch den guten Rat eines erfahrenen Freundes klüger geworden. Jeden Tag während des ganzen Sommers würzte er seine Milchsuppe mit einer Schnupfeten Salz. Am Herbst lüpfte er zum Erstaunen und Schrecken des Besitzers ein Schaf nach dem andern über den Hag, und nur das leichteste von allen liess er dem Meister übrig. Pfarrer Arnold, Schächental, und a. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wie er seine Alraune los wurde

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Ein armer, geplagter Mann im Reusstal war in heller Verzweiflung; er wusste nicht mehr, wo Speise und Trank hernehmen für seine Stube voll Kinder und wo Geld, seine Schulden zu bezahlen. Da riet ihm ein fahrender Schüler, er solle sich auf den Weg machen und den ersten, besten Mann, der ihm in lederbrauner Kleidung begegne, anreden und um Rat fragen, der werde ihm sicher Auskunft geben. Der arme Mann befolgte die Weisung des Fahrenden. Er gelangte bis nach ..... (die Erzählerin weiss den Ort nicht mehr); dort begegnete ihm ein kleines Männchen in lederbrauner Kleidung. Er sprach es an, klagte ihm seine Bedrängnis und bat um einen Rat, indem er bekannte, ein fahrender Schüler habe ihn an es gewiesen. »Du bist am Rechten,« erwiderte der Lederbraune, »gehe und grabe unter einem Erbselenbusch (Sauerdorn, Berberis vulgaris), dort wirst du eine Kröte (»ä Chrottä«) finden, nimm sie nach Hause, lege ihr Geld unter, und sie wird dir jeden Tag noch einmal soviel dazu legen!« Mit Freuden handelte der arme Mann nach dieser Anweisung. Endlich hatte er einen ganzen Schochen Geld beieinander und dachte, es sei genug. Er packte die Kröte und warf sie über eine sehr hohe Fluh hinaus. »Diä isch z'Huddlä-n- und z'Gudärä g'gangä,« sagte er sich und ging befriedigt heim. Aber, als er zu Hause ankam, sass die Hex wieder in ihrem Druckli auf dem Buffet. Er warf sie zum zweiten und dritten Mal in den Abgrund, immer mit dem gleichen Misserfolg. Zuletzt, auf den Rat seines Weibes, wickelte er das unheimliche Vieh in ein seidenes Sacklumpli oder, wie andere wissen wollen, in einen weissledernen, altmodischen Geldsäckel, steckte es in den Sack und ging mit ihm auf den Markt, liess aber Zipfel oder Schnur zum Sack heraushangen. Und wirklich im dichten Marktgetümmel stahl ihm ein Schächentaler, was er gerne hergab, und er war der Kröte los. »Är heig nitt mutz und nitt cheus 'tah, won-ner g'merkt heig, das-em disä-n-i Sack fahri.« – Einige fügen hinzu, der Dieb habe ihm alles wieder zurückgebracht; aber er habe es nicht angenommen, und die Kröte selber sei immer wieder zum Schächentaler zurück, und so habe der Dieb diesen ihm unwillkommenen Schatz behalten müssen und sei dann zu einem Kapuziner gegangen usw., wie bei der vorausgehenden Nummer. Josefa Walker, Amsteg, u.a. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wie er seine Alraune loswurde

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Ein armer, geplagter Mann im Reußtal war in heller Verzweiflung; er wußte nicht mehr, wo Speise und Trank hernehmen für seine Stube voll Kinder und wo Geld, seine Schulden zu bezahlen. Da riet ihm ein fahrender Schüler, er solle sich auf den Weg machen und den ersten, besten Mann, der ihm in lederbrauner Kleidung begegne, anreden und um Rat fragen, der werde ihm sicher Auskunft geben. Der arme Mann befolgte die Weisung des Fahrenden. Es begegnete ihm ein kleines Männchen in lederbrauner Kleidung. Er sprach es an, klagte ihm seine Bedrängnis und bat um einen Rat, indem er bekannte, ein fahrender Schüler habe ihn an angewiesen. «Du bist am Rechten», erwiderte der Lederbraune, «gehe und grabe unter einem Erbselenbusch, dort wirst du eine Kröte finden, nimm sie nach Hause, lege ihr Geld unter, und sie wird dir jeden Tag noch einmal soviel dazu legen!» Mit Freuden handelte der arme Mann nach dieser Anweisung. Endlich hatte er einen ganzen Schochen Geld beieinander und dachte, es sei genug. Er packte die Kröte und warf sie über eine sehr hohe Fluh hinaus. «Diä isch z'Huddlä-n- und z'Gudärä g' ganga», sagte er sich und ging befriedigt heim. Aber, als er zu Hause ankam, saß die Kröte wieder in ihrem Druckli auf dem Buffet. Er warf sie zum zweiten und dritten Mal in den Abgrund, immer mit dem gleichen Mißerfolg. Zuletzt, auf den Rat seines Weibes, wickelte er das unheimliche Vieh in ein seidenes Sacklumpli oder, wie andere wissen wollen, in einen weißledernen, altmodischen Geldsäckel, steckte es in den Sack und ging mit ihm auf den Markt, ließ aber Zipfel oder Schnur zum Sack heraushangen. Und wirklich im dichten Marktgetümmel stahl ihm ein Schächentaler, was er gerne hergab, und er war die Kröte los. «Är heig nitt mutz und nitt cheus 'tah, won-ner g'merkt heig, das-ern disä-ni Sack fahri.»  AUs: Josef Müller, Sagen aus Uri, Bd.1, 1926 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wie etliche Schweine auf ungewöhnliche Art bachab schwimmen und von sonst einer absonderlichen Sache

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Höre Toni, vor Altem war 's nicht immer ratsam Schweine zu kaufen. Das hat einmal ein Mann aus Urswil bei Hochdorf, wo sie die famose Streggelen hatten, erfahren. Es tut ihm jetzt kein Zahn mehr weh. Selbiger ist eines Tages hinübergegangen nach Hohenrain und hat einem reichen Bauer etliche Säu abgekauft. Ja, schöne, fette, wohlgewachsene Tiere waren das und er zählte gerne auf der Stelle seine blanken Taler aus dem grossen, um den Leib geschnürten Geldgurt dafür hin, setzte den Hut ein wenig schief und nahm vergnüglich Abschied. Die Schweine werden glücklich bis an den Dorfbach gebracht; jetzt plötzlich geht es, als ob die berüchtigte Herde der Gerasener da wäre. Sie huschen nämlich geschwind wie der Wind in den Bach und schwimmen sämtlich als - Strohwellen davon. Hat der Urswiler da ein langes Gesicht gemacht, so liess er sich desto kürzere Frist, bis er wieder oben bei jenem Hofe war, wo man so sonderbare Rasse züchtete. Den ersten höflichen Gruss und Herzenserguss ladet der Betrogene nach seinem Handwerks-Brauch auf die Hausfrau ab, die er gerade in der Flur beschäftigt findet. Wie sie ihren guten Anteil bekommen hat, geht der Schweinhändler hinein in die Stube, wo er den Bauren anzutreffen glaubt. Der hat sich wirklich den langen Weg über 'n Ofen hingelegt und tut, als ob er sehr tief schlafe, obschon es kein Lungensüchtiger war, der jetzt eine Flut von Schmähwörtern ausstiess. Dieser aber will ihn nun durchaus wachend machen, greift nach dem Bein des Bauren, zupft daran und - hat es ganz ausgerissen in seiner Hand! Darob ist er so erschrocken, dass er sich schnell aus dem Staube machte und noch nie so ring bergab gelaufen ist. Weisst, der kunstreiche, schlaue Bauer hat hernach gelacht und ohne Doktor das Bein sich selbst gleich wieder eingesetzt. Mach 's nach.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Wie heisst er wohl?

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Irgendwo lebte einmal ein Schmied. Er war nicht mit Gütern gesegnet. Sein einziger Reichtum bestand in einer grossen Kinderschar. Was er verdiente, reichte kaum hin für den Lebensunterhalt. In seiner Werkstatt aber fehlte es bald an diesem, bald an jenem, einmal an Eisen und Stahl, ein andermal am nötigen Werkzeug. Er konnte einfach den Rank nicht finden, um aus dieser Misere herauszukommen. Einst gingen ihm auch die Kohlen aus. Da eilte er zum Köhler, ein Fuder zu bestellen. Aber der empfing ihn sehr ungnädig und schnauzte ihn an: „Meinst du, du könnest Schuld auf Schuld häufen? Bezahle mir erst, was du noch schuldig bist, sonst gebe ich dir nichts mehr.“ Alles Bitten und Flehen und Versprechen war umsonst. Am andern Tage sass der Schmied traurig auf dem Amboss, den Kopf in die Hände gestützt und studierte, was er jetzt beginnen solle. Aber alles Grübeln und Sinnieren nützte nichts, er fand keinen Ausweg. Da trat ein fremder Herr in die Werkstatt. Er trug einen grasgrünen Rock. Der Schmied hielt ihn zuerst für einen vornehmen Jäger. Aber bald genug merkte er, dass es der Teufel sei. „Heh, Meister, warum so traurig?“ fragte der Fremde. „Kein Feuer auf der Esse, das ist schlimm. Allweg keine Arbeit mehr.“ „Wohl, Arbeit hätte ich genug“, antwortete der Schmied, „aber mir fehlen die Kohlen.“ Dann erzählte er ihm sein Unglück. Der Grüne heuchelte tiefes Mitleid und versprach zu helfen. „Ich will dir einen Haufen Kohlen liefern, so hoch wie dein Haus“, sagte er, „und mache nur einen ganz leichten Vorbehalt. Genau in drei Jahren komme ich wieder. Wenn du mir dann sagen kannst, wie ich heisse, so ist die Schuld gestrichen und du bist frei.“ „Und wenn ich deinen Namen nicht weiss“, fragte der Schmied, „wie steht es dann?“ „Ja, dann bist du mir verfallen, und ich nehme dich mit“, war des Teufels Antwort. Der Schmied sann nach, was er machen solle. Schliesslich dachte er: „Ich habe drei Jahre Zeit. Bis dahin wird mir wohl einmal ein rettender Einfall zu Hilfe kommen.“ Und er schlug ein. Der Grüne machte sich lachend von dannen. Als der Schmied am andern Morgen hinausschaute, stand vor dem Hause ein ganzer Berg von Kohlen. Bald brannte das Feuer in der Esse wieder, und mit neuer Freude ging der Meister an die Arbeit. Der Erfolg blieb nicht aus. Erst bezahlte er dem Köhler die alte Schuld, dann schaffte er neue und bessere Werkzeuge an. Auch der Tisch war jetzt reicher gedeckt als früher, und es mangelte der Familie nichts mehr. Ja, sie gelangte nach und nach sogar zu Wohlstand. Das machte dem Schmied zwar Freude, aber im geheimen nagte doch ein Kummer an seinem Herzen. Schon waren zwei Jahre verstrichen, und auch das dritte ging dem Ende entgegen. Er aber kannte den Namen des Grünen immer noch nicht, wie eifrig er auch die ganze Zeit nach ihm geforscht und gefragt hatte. Der rettende Einfall wollte nicht kommen. Die letzten Tage der Frist vergingen wie ein Traum so schnell. Sie lösten das Rätsel nicht. Verzweiflung packte den Schmied. Heute noch muss er den Namen finden. Morgen wird der Grüne kommen und ihn lebendig in die Hölle befördern. Er rannte wie ein Irrsinniger in der Werkstatt herum, raufte sich die Haare und stellte sich wohl zum tausendsten Male die Frage: „Wie heisst er wohl, - wie heisst er wohl?“ Dann betete er wieder zu allen Heiligen und rief ihre Hilfe an. Das beruhigte ihn eine Weile. Aber plötzlich überfielen ihn wieder Hilflosigkeit und Verzweiflung. Er riss den Schurz vom Leibe, warf ihn auf den Amboss und eilte wie ein gehetztes Wild in den Wald hinaus. „Wie heisst er wohl - wie heisst er wohl“, stöhnte er in einem fort. Er suchte nochmals alle die Namen zusammen, die das Volk dem Teufel anhängt. Er hatte das schon hundertmal getan und kannte die ganze Reihe auswendig. „Heisst er etwa Hörnlimann, - oder Chräbli, - oder Stollfüessler, - oder Fitzibutzi, - Grüentschööpler, - Chrabutzi, - Höllerli, - Buechechasperli, - oder gar Grumpirenazi? Vielleicht ist einer dieser Namen der richtige. Aber welcher? Vielleicht heisst er ganz anders. Was soll ich machen? Was soll ich ---?“ Immer tiefer irrte der Arme in den Wald hinein. Keuchend arbeitete er sich einen Hang empor. Der Schweiss perlte ihm von der Stirne, er merkte es nicht. Ohne Unterlass jammerte er: „Wie heisst er wohl -- wie heisst er wohl? - Ach wäre ich doch im Elend gestorben, statt die Hilfe des Bösen anzunehmen. Gütiger Gott, habe Erbarmen mit mir.“  Immer weiter jagte es ihn, immer höher stieg er empor. Der Wald lichtete sich und artete in verworrenes Gebüsch aus. Ein schmales Felsental öffnete sich. Rauchwolken stiegen darin auf. Ohne zu wissen, was er tat, ging er in dieser Richtung weiter. Auf einmal drangen sonderbare Töne an sein Ohr. Er hielt an und lauschte. Jetzt hörte er es deutlich. Da drüben sang jemand. - Nein, es war eigentlich nicht ein Singen, es war mehr ein Brüllen oder Gröhlen, wie von einem Betrunkenen. Zwischenhinein aber schallte immer wieder ein ausgelassenes Lachen. Der Schmied vergass plötzlich seinen Kummer und schlich vorsichtig durch das Buschwerk immer näher an den Schreier heran. Jetzt kam er an eine Lichtung und was er nun sah und hörte, hätte ihm vor Freude bald das Herz gelähmt. Mitten auf dem Platze erhob sich ein ganzer Berg von Kohlen und rings um diesen rauchten wohl ein Dutzend Meiler. Um den Kohlenhaufen herum aber tanzte jener Teufel, dessen Namen er seit drei Jahren suchte. Er hatte eine Schaufel in der Hand und warf damit verstreut herumliegende Kohlen auf den Haufen, drehte sich wieder im wirbelnden Tanze und johlte dazu: „Hans Winkelhom heisse ich. Ha - ha - ha - haa! Doch der Schmied weiss es nicht. Ha - ha - ha - haa! Morgen früh hol ich ihn. Ha - ha - ha - haa!“ Dem Schmied war, als fiele eine Zentnerlast von seinem Herzen. Bald hätte er einen Freudenschrei ausgestossen. Nun war das schwere Rätsel gelöst. Dem Vater im Himmel und allen Heiligen sei’s gedankt. Vorsichtig kroch er durch die Gebüsche zurück, stürmte in seliger Freude den Wald hinunter und kam spät in der Nacht glücklich zu Hause an. Am andern Morgen stand der Schmied in aller Frühe schon am Amboss und hämmerte, dass die Funken sprühten. Doch plötzlich, wie aus dem Boden gewachsen, stand der Teufel vor ihm. Diesmal trug er nicht den grünen Rock und sah nicht aus wie ein feiner Herr, sondern wie ein richtiger Gottseibeiuns, mit Bockfuss und Schwanz und Hörnern. „So, Freund, die drei Jahre sind um“, sagte er grinsend und zeigte dabei die Raubtierzähne. „Entweder sagst du mir jetzt, wie ich heisse, oder du kommst mit.“ Der Schmied antwortete spöttisch: „Du musst doch ein stockdummer Löhli sein, dass du nicht einmal deinen Namen weisst.“ „Oho! - ich weiss ihn schon“, sagte der Gehörnte, „aber du, - du weisst ihn nicht, gelt - heeh! Also bist du mir verfallen. Komm mit!“ Er zog eiligst eine Kette hervor, damit den Schmied zu fesseln. Der aber hob drohend den schweren Vorschlaghammer und rief: „Hans Winkelhorn, verschwinde in die unterste Hölle!“ Als der Teufel seinen Namen hörte, da knirschte er vor Wut mit den Zähnen, stampfte mit dem Bockfuss und hieb mit dem Schwanz in die Luft. „Wer hat dir das gesagt?“ brüllte er. „Der Hans Winkelhorn selber, als er gestern Abend um den Kohlenhaufen tanzte“, antwortete lachend der Schmied. Da gab der Teufel einen abscheulichen Gestank von sich und fuhr mit Donnerrollen in die Hölle hinunter.    Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch


by Wie König Rudolf zwölf Kirchen bauen liess

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Als König Rudolf von Burgund einst auf seinem Schlosse zu Strättlingen am Thunersee der Ruhe pflegte, hatte er einen Traum und ward verzückt. Er sah vor sich eine grosse Stadt mit hohen Mauern und zwölf Pforten. Auf jeder dieser Pforten stand ein Engel der des Tores hüten sollte. Darüber erwachte der König und verwunderte sich höchlich, was der seltsame Traum zu bedeuten hätte. Der liess daher im Lande herumforschen. Lange aber konnte ihm niemand sein Gesicht deuten, bis er einst einen Priester fand, der ihm eröffnete, Gott habe ihm ein Zeichen gegeben, wie er seinen Dienst mehren und zwölf Kirchen bauen lassen solle, die da Töchter des Paradieses der Kirche sein würden. Da fing der König an zu tun wie ihm geraten war. Er baute aber die zwölf Kirchen, die hiernach stehen, nämlich: Frutingen, Leuxingen, Eschi, Wimnis, Uttingen, Thierachern, Scherzlingen, Thun, Hilterfingen, Sigriswil, Amsoldingen. Es sollte aber die letztere ein Brüderstift sein mit einer bestimmten Anzahl Domherren. Doch auch zu dem Goldenen Hof liess der König ein solches Stift errichten an welchem Ende bereits eine Burg mit hohem Turme stand welche man heute Spiez heisst. Bei dem hohen Turme wurde durch ihn eine Stadt gebaut und gefreit nach den Freiheiten anderer römischen Städte. Der König aber war ein unbeständiger Mann, der sich vom Satan verführen liess, der Kirche im Paradies nicht mehr zu gedenken, die doch seine Ahnen gebaut hatten.  Er sann, wie er die zwölf Tochterkirchen erhöhen und die Mutterkirche unterdrücken könne, vergass auch der Zeichen und Wunder, welche in dieser Kirche geschehen waren. Aber Sankt Michael liess seinem Hause im Paradies solches nicht widerfahren. Es kam nämlich ein grosses Siechtum über den König und wie er krank lag, träumte ihm, der Teufel klage ihn vor Gott an und fordere seine Seele. Als das Gericht über ihn gesetzt war, traten die Engel Gabriel und Raphael für den König ein um seine Seele zu verteidigen. Der Teufel aber trat drei Mal mit stets neuer Anklage auf. Da gab Gott Urteil und sprach, man solle eine Waage bringen um das Gute gegen das Böse zu wägen. In seiner Seelenangst bat jetzt der König Sankt Michael, ihm in dieser Seelennot beizustehen, verhiess ihm auch alles Gute für die Kirche im Paradiese. Da däuchte ihn, es trete Sankt Michael mit der Waage zu ihm hin und legte auf die Schale, da wenig Gutes darinnen war, seine Hand auf. Der Teufel aber hängte sich an das andere Ende, um es nieder zu ziehen. Da dräute ihm der Heilige mit dem Schwert und jagte ihn von dannen, also dass König Rudolf erlöst war. Als er aber genas, ging er hin und tat, was er gelobt hatte. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wie Lötschengletscher entstand

Source: Wie Lötschengletscher entstand

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Auf der hintersten Staffel des Lötschentales, wo es «Zu den Bänken» heisst, wohnte jahraus, jahrein die Frau Bank mit ihren beiden Töchtern Marie und Seline, zwei Knechten und der Magd. Das Tal war eisfrei und die Hütte auf dem Grund, den heute der Gletscher überwallt. Vom Konkordiaplatz und dem Aletschfirn her wendet er sich westwärts und schiebt eine gewaltige Zunge hinunter ins Lötschental. Vor siebenhundert Jahren ergrünte der Talboden bis an die Lötschenlücke hinauf und war fruchtbar, indessen die eigentliche Talsohle, die heute bebaut und bewohnt wird, von Wald und Geröll zur undurchdringlichen Wildnis gestempelt wurde. Vor der Hütte der Frau Bank blühten Nelken, Geranien und goldene Ringelblumen, des Nachts brannte ein Feuer vor dem Stall, und es musste jemand wachen und schüren und mit dem brennenden Reisighaufen die wilden Tiere scheuchen. Im August und in regenarmen Sommern schon früher, vertrockneten die Bäche; man war genötigt, das Wasser zuzutragen oder die Herde auf dem Petersgrat und der Lötschenlücke zu weiden und an den Seelein zu tränken, welche die Schneeadern speisten. Nur auf Schattenhalb, in den obersten Schründen des Bietschhornes, schimmerte blaues Gletschereis. Selten regnete es im Sommer länger als einen Tag, der Brunnen vor dem Hause sang immer leiser und leiser und nickte zuletzt in der Sonnenglut ein. An einem heissen Hochsommertag pochte Lonza, ein fahrender Schüler, an die Hütte und bat um Speise und Obdach. Noch nie in ihrem Leben hatte die Mutter Besuch erhalten, und sie bewirtete den willkommenen Gast mit uraltem Käse, Brot und Rahm und ging mit ihm in der Morgenfrühe die rotversengten Matten empor. In das herrliche Leuchten des Gebirges staunend, dankte er für die freundliche Aufnahme und bedauerte, die prächtige Bergwelt verlassen zu müssen. «Gewiss ist es hier schön», erwiderte Frau Bank und kehrte sich gegen die weissen Bergspitzen, die, in blauem Duft schwimmend, das Tal übergipfelten. «aber wasserarm. Es ist nicht zu sagen, was wir unter der Trockenheit leiden. Sieh, wie der Boden dürstet, das Gras hart und spröde und glitschig wird!» «Ja, leider fehlt es hier am Wasser. Ich will dir sagen, wie man die Dürre überwinden könnte. Die Natur ist wie der Mensch und doch wieder besser, sie lässt mit sich reden.» «Das wär ein Glück!» «Hast du eine reine Jungfer zu Hause?» «Meine beiden Töchter sind rein wie der frische Schnee. Sie sind gestern mit dem Vieh zum Petersgrat emporgestiegen, wo ein Brunnen fliesst.» «So soll die flinkere von sieben Gletschern ein Stücklein Eis brechen und die sieben Splitter auf dem Lötschenjoch der Reihe nach auf den Boden legen. Schmelzen sie nicht in der Sonne, so werden sie im Herbst und Winter wachsen und gross werden, und im nächsten Sommer hüpft ein munteres Bächlein haldab, und du hast Wasser die Fülle.» Dankbar schenkte sie dem fahrenden Schüler aus dem Speicher ein Brot und ein Hauskäslein und stoffelte beglückt dem Hause zu. Am Sonntag erschienen die Töchter, um Proviant zu holen. Die Mutter erzählte ihnen von dem freundlichen Ratgeber und wie sie froh wäre, wenn seine Prophezeiung in Erfüllung ginge. Von dem Hunde bewacht, klomm Seline ans Bietschhorn hinauf, kraxelte von einem Gletscherchen zum andern, splitterte von sieben Eiszungen je ein Teilchen los, stieg auf die Lötschenlücke und steckte die Klumpen gleich weit auseinander in eine Reihe. Als die Schwestern nach einiger Zeit nachschauten, war das Eis schon fest angefroren und nicht mehr von der Stelle zu bewegen. Bei der zweiten Besichtigung wuchteten die Eisstücke wie Geröllköpfe und im Spätherbst lückenlos von einem Ende zum andern. Von der Hütte aus erblickten sie den schimmernden Wall, der im Winter sich buckelte, allmählich zu einem kleinen Firn verbreitete und augenfällig grösser wurde. Schritt um Schritt kroch er in die Tiefe, und aus dem zerklüfteten Gletschertor rann ein milchweisser Bach, der dem fahrenden Schüler zu Ehren den Namen Lonza erhielt. Die Nächte wurden frisch, die Winter empfindlich kalt, der Brunnen vereiste, und vom Jägihorn herab pfiff und orgelte der Wind. Bürstendicht sprosste im Mai das Gras, die Herde gedieh und litt nicht mehr an Trockenheit und Wassermangel. Nach dem Tode der Mutter bauten Marie und Seline flussabwärts eine neue Hütte und teilten das Besitztum. Seline erhielt die obern Gefilde, von der heutigen Spitze des Zungengletschers an gegen die Lötschenlücke hinauf, Marie als die ältere, nicht mehr so bewegliche Schwester, die untere Hälfte des Tales mit den flachen Gründen. Bald fing sie an zu hadern, sie sei bei der Teilung überlistet worden, Seline habe den schönsten Bezirk an sich gerissen und ihr die streitbare Tiefe überlassen. Allein noch zu ihren Lebzeiten schwoll der Gletscher in die Länge und Breite, frass sich unaufhaltsam abwärts und verschlang die fetten Weiden und das alte Haus «Zu den Bänken». Viele Jahre später haben andere Leute an der Lonza Fuss gefasst und den grossmächtigen, talbeherrschenden Eisstrom Langgletscher oder Lötschengletscher getauft. Die Lonza schwillt im Sommer zum ohrenbetäubenden Wildwasser, und Schafbuben, die am Rande des Gletschers hirten, vernehmen in hohen Zeiten die Mähder unter dem Eise, die ihre Sensen dengeln, und das Glockenspiel der Herde, die auf die Weide zieht.   Quelle: Johannes Jegerlehner: Walliser Sagen, Hans Feuz Verlag Bern, 1959 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wie man das Ziegern gelernt hat

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Ein Jüngling, der auf dem Vättnerberg das Vieh fütterte, war während einer ganzen Woche nie in das Tal heruntergekommen, um Nahrungsmittel zu holen. Es war auch nicht nötig; eine Zwergentochter hatte sich bei ihm häuslich niedergelassen, und ihr Vater versah beide reichlich mit Wildbret; Milch hatten sie zur Genüge. Damals machte man aus der abgerahmten Milch den Magerkäse; das Ziegern aber war noch unbekannt. Von der Zwergin hat es der Bauernsohn gelernt. Sie erklärte weiter, das eigentliche Gold sei in dem Schotten enthalten. Sie wollte auch zeigen, wie man dieses gewinnt und hantierte im Käskessi herum, als die Hüttentüre aufging und der Vater des Jünglings erschien und sie im seinem Zorn zur Türe hinauswarf. Der Sohn erzählte nun alles und setzte den Vater in nicht geringes Staunen. Aber die Reue kam zu spät. Die Zwergin war nicht mehr zu finden, so wenig als das Gold in dem Schotten. L. Jäger.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 213, S. 104 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wie man die Hexen vor andern Leuten erkennt

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Hat Einer ein Ei im Sack, das eine schwarze Henne am Charfreitag Morgens gelegt hat, so kann er erkennen, welche Weiber in der Gemeinde Hexen sind: Am Charfreitag nämlich müssen alle Hexen in die Kirche gehen, und da sieht er dann mehr als andere Leute; ihm (wenn er dieses Ei bei sich in der Tasche hat) erscheinen die Hexen, als ob sie verkehrt in den Bänken sässen. Diese halten Alle die Hände auf dem Schoosse gefaltet, drehen aber immer die Daumen übereinander und murmeln leise: »Wissa Fada, schwarza Fada, wissa Fada, schwarza Fada.« Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wie man in der Not beten lernt

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Bei einem Hochgemuter auf der Alp hatten sich zwei Räfiser, der Baba-Hans und der lang Badist, in eine Hütte am Buchserberg geflüchtet; eng zusammengeschmiegt sassen sie zitternd hinterm Tischlein; lange Zeit kam kein Ton von ihren Lippen. Prasselnd fielen schwere Regentropfen aufs Hüttendach; Blitz auf Blitz folgte; der Sturmwind drohte die Hütte wegzublasen; das Wetter tobte immer ärger. Endlich löste sich die Zunge des langen Badist; vom Himmel erhoffte er Hilfe. "Du, Baba-Hans, 's Wüetihö tefflat (teufelt) über is her," sagte er; "bet, bet, Baba-Hans, as tuat strohlig!" Der Baba-Hans war aber nie ein eifriger Beter gewesen. Was sollte er beten? Aus seiner Jugendzeit her kannte er noch das Tischgebet: "Spis (speise) Gott, gsegn (segne) Gott, tröast (tröste) Gott, erhalt Gott üs un alli arma Chin, dia uf der Erda sin, Amen." Dieses beteten beide, bis das Wüetihö vorübergegangen war.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 130, S. 61f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wie man zu einer Frau kommt

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Hat man Gelegenheit, dem Schrättlig etwas nachzuwerfen, so muss er bleiben. Ein junger Bursche tat das und schloss hierauf das Fenster, durch welches der Schrättlig gekommen war. Er suchte ihn auf dem Boden; da lag aber nur ein Strohhalm. Der Bursche hob diesen auf, um ihn zu zerbrechen und zum Fenster hinauszuwerfen. Da ward aus dem Strohhalm ein schönes Mädchen. Der Bursche fand Gefallen an ihm und nahm es unbedenklich zur Frau. Er musste aber stets das Fenster, durch welches seine Ehegattin gekommen war, geschlossen halten; sie konnte nur durch dieses entfliehen. Der Mann glaubte, die Kinder werden die Mutter an das Haus binden; aber da irrte er sich. Wie er einst das Fenster öffnete, floh sie fort und kam nicht wieder. A. Sprenger Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 319, S. 178f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wie me am Tüfel cha wehre

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Wie me am Tüfel cha wehre Äs isch im Heuet gsi. Amene Morge früeh han i uf ere Matte gmäiht. I dr Nöchi isch e Bur a dr glichen Arbeit gsi. Vo do noche isch z’zitewis e Schutz losgange. Später isch dr Meischter au cho. Du froge ne wäge de Schütz, wo do losgöihe. Du het er gmacht: „Jo, das isch äine dert. Mit dem isch’s e bösi Sach. Är meint gäng, dr Tafel könnt ne näh u mit Schiesse wott er ne vertriebe.“ Mit Lärm und drohenden Waffen wehren die Primitiven bösen Dämonen; ähnlich sucht der Bauer den Teufel des Volksglaubens zu schrecken. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wie me em Doggeli cha wehre

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Wie me em Doggeli cha wehre ’s Doggeli isch grüen; es isch chlin u chunnt zum Schlüsselloch ihe. Amene Ort isch e Frau gsi. Dere isch z’Nacht ‘s Doggeli uf d’Bruscht cho hocke. Demo het ere e Frau gseit, sie söll e Biblen unger e Chopf näh. Du het die Frau das eso gmacht u vo denn a het se ’s Doggeli nümme ploget. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wie Sargans zu seinem Namen gekommen

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Als die ersten Bewohner von Sargans in Verlegenheit waren, welchen Namen sie dem Orte geben sollten, begaben sie sich an das nahe Flüsschen Saar und beschlossen, es sei die Ortschaft nach dem Flüsschen und dem ersten Gegenstand zu benennen, der herabgeschwommen komme, und dieser war eine Gans. Sargans führte denn auch wirklich eine Gans im Wappen. Sein altes Banner ging aber in der Schlacht am Stoss (1405) verloren. Mehr als hundert Jahre hing es mit andern über dem Hochaltar in Appenzell; heute befindet es sich im Zeughaus. Nach einer andern Überlieferung soll ein Appenzeller es im Jahre 1445 aus dem Kasten im Rathaus zu Sargans entwendet haben. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 171, S. 81 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


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Wie sie bi dr Altburg gschatzgrabet hei Im Männelerhüsli isch vor Johren e Ma gsi; är isch scho lang gstorbe. Mi het ihm dr Männelerdani gseit. Wo-n-i e chline Bueb bi gsi, bin i mängisch zue-n-ihm z’Obesitz. Das isch albe gar heimelig gsi; i bin uf em Ofetritt ghocket, un är isch uf em Ofen obe gläge u het tubaket. Derzue het er mängs erzellt vo früeher un us sine junge Johre. Einisch sig er zumene Meitli gange. Du sig er hei; äs sig feischteri Nacht gsi. Derno ghör er ungereinisch öppere derhar cho. Är heig si bimene Hus in es Eggeli drückt. Wär ächt do chömm, sövel spot, heig er dänkt. Zwe Manne un e Frau sige’s gsi. Die sige vo dr Rohrburg cho u heige probiert, Gäld vürezzaubere. Drei Ringe heige sie gmacht. I erschte Ring heige sie es Schwärt gsteckt. Derno heige sie ’s Christoffelgebätt härgläse. Ob em Läse spring ’s Schwärt us un i gliche Schlitz zrugg. Du säg d’Frau‚ we ’s Schwärt no einisch usespringt, so sig eis vonne verlore. Du chömm es Schof. Das säg, sie sige do nid am rächten Ort. Sie müessi zur Altburg ubere. Dert sig Gäld. Am Obe drufabe sige sie i d’Altburg gange. Sie heigi ’s gliche gmacht. Du chömm e Moore. Amene Schlüsselbung heig sie viel Schlüssel treit. Die säg, do sig Gäld. Aber sie müesse i drei katholische Chile d’Mäss lo zrüggläse. Aber vor de zwölfe‚ jo nid derno. D’Frau sig gange u heig drei Pfarrhere beuftreit, sie söllen a däm u däm Obe vor Mitternacht d’Mäss rückwärts läse. Wo sie bi dr Altburg sige gsi, heig d’Frau gli gmerkt, dass eine vo vorfert läs. Sie heig si uf d’Bei macht, gang zum Pfarrer u säg ihm är heig nid rächt gläse. är müess hinger afo. Aber d’Frau sig trotz em Pressiere nid rächtzitig ume do gsi. Wo si gäbe der Altburg uehe gange sig, schlöi’s a dr Chile zwölfi. Wo sie sig uehe cho, stöih e grüene Ma do u säg: „I Han Ech gseit, dir söllit vor de zwölfe do si.“ Jetz sig’s uber zwölfi u dermit gäb er dr Frau e Streich; die sig umgfalle. Die beide Manne sige i ’s Dorf gsprunge u heige Lärme gmacht. Mi sig d’Frau go reiche. Sie sig bewusstlos gsi. Du heig me se uf Lotzbu to. Do sig sie deheime gsi. Am dritte Tag sig sie gstorbe; sie sig ganz schwarz gsi. Die Schatzgräber auf der Altburg beschwören den Teufel, der in verschiedener Gestalt erscheint. Der Teufel hat nicht die Macht, die drei magischen Kreise zu überschreiten. Das Schwert dient zur Abwehr, wie das Schnitzerli im Korb des Säuglings. Das „Christoffelgebet“ enthält kräftige Gebete und Sprüche und gehört zurAusrüstung des Schatzgräbers. Die Art, wie der Teufel auf der Altburg beschworen wird, zeigt ähnlich ein Holzschnitt aus dem Jahre 1532, abgebildet in E. Fehrle, Zauber und Segen: Der Schatzgräber, Holzschnitt von Hans Weiditz aus: Petrarca. Trostspiegel 1532. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wie tiir däm Bock?

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E Chapeziner hed en hornochta, schwarza Bock an enem Chettelli gfeerd; äs ischd e scheenna, brava Bock gsiin. Em Man ischd bin däm Bock bliibe staan, hed ne gschowwed und hed gfräägd: „Wie tiir däm Bock?" Aber dr Chapeziner gid im zem Bschäid: „Schwiig. Äs ischd dr wirser. Mid däm wollt i wiiter wan gen Underbach und nen dert in e-w-Wald töön." Där Bock ischd egghäi-r-rächta Bock gsiin. Dr Chapeziner hed nen nid wiit vun iis gräichd ghäben; i wil ds Hüüs leeber nid namsen. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Wie vor alten Zeiten im Kanton Uri starke Menschen waren

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a) In Göschenen war ein riesenmässig starker Mann, Melch Tresch mit Namen. Einst brachten sie einen Riesen an einer Kette aus dem Kanton Bern über den Susten nach Wassen und forderten die Urner heraus: „Wenn einer da sei, der 's mit ihm probiere, so könne er kommen, sei es wer es wolle!" In Wassen war keiner, der es wagen wollte, aber man beschickte den Melch Tresch von Göschenen und dieser kam sogleich als er hörte, es habe einer Uri gehöhnt und herausgefordert. Er kehrte beim Präsident Gerig in Wassen ein und der Berner war auch in der Stube. Man stellte dem Melch Tresch eine Mass Wein auf. Sogleich drückte er mit den Händen vor Wut die Massflasche zusammen wie eine Seifenblas. Man stellte ihm gleich wieder eine andere hin, er trank und sagte: „Der Berner soll nun kommen!" und gleich sprang er auf selben los, drückte ihn schrecklich und warf ihn zu Boden, so dass der Riese von Bern um Pardon schrie und also unterlag. Der Melch wurde gefragt, ob er keinen kenne, den er fürchte? Er antwortete, er kenne keinen als einen Tessiner, den er noch nie geprüft habe. Einmal ging er mit Präsident Gerig gegen den Sankt Gotthard und der Welsche kam wirklich. Er war ein Säumer und Gerig sagte zu Melch: „Packe ihn!" Melch liess sich dieses nicht zweimal sagen und packte den Tessiner Riesen und lange rangen sie mit einander, so dass es rauschte. Gerig wusste nicht mehr was anfangen, sondern wollte nach Hospenthal um Hilfe, denn es war ihm auch nicht recht, weil er gesagt hatte „packe ihn!" Endlich fiel der Welsche und Melch Tresch von Göschenen war Meister über alle Riesen, welche er kannte und ging siegreich davon. b) Vor uralter Zeit kam über den See herein eine Riesenstärke nach Altdorf und forderte einen Urner heraus, und wenn keiner sei, so wäre es eine Schande für Uri. In Altdorf war keiner, der sich mit dem Fremdling zu messen getraute. Der Landammann wusste aber von drei starken jungen Männern im Schächenthal; er schickte hinein, es solle doch von den drei Brüdern einer kommen und Uris Ehre retten. Die drei Brüder nötigten jeder den andern, er soll gehen. Da sagte die Mutter zum jüngsten, er soll gehen, denn er könnte noch der stärkste sein, da er, als sie alle drei Anken aus dem Kessel getrunken, um eine Fingerlänge tiefer in das Kessi hinunter habe trinken mögen. Und dieser ging nach Altdorf. Der Landammann fragte ihn, ob er wolle zuerst zu Mittag essen, oder es mit dem Riesen ausmachen? Er aber sagte, er wolle zuerst das Essen verdienen und ging und packte den Riesen, drückte ihn in der Mitte zusammen und warf ihn beim Löwen in Altdorf über den (damals noch nicht gedeckten) Bach hinüber, so dass er ohne Verstand da lag und bald seinen Geist aufgab. Dann ging er mit dem Landammann zum Essen. Beim Abschied wollte ihm der Landammann den Lohn geben, er aber wollte nichts. Es war ihm genug, Uris Ehre gerettet zu haben. Wie man aber in ihn drang etwas anzunehmen, so sagte er, man könne ihm ein wenig Salz geben. Der Landammann befahl, ihm ein Salzfass herauszugeben und der gute Schächentaler nahm das Salzfass auf die Achsel und gieng damit ruhig dem Schächen zu, als ob er nur ein Viertel Mehl trüge.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Wie ’s Galgelölitier chunnt

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Wie ’s Galgelölitier chunnt Äs isch usgähnds Summer gsi. Uf dr Grossmatt isch Wärch gspreitet gsi. Du isch uber d’Matte ’s Galgelölitier cho. ’s Wärch nimmt’s uf! Chilchturmshöch treit’s es dür d’Luft us. Hingerem Dorf isch es umen abe. Hie isch es Zatter gsi, dert eis, do es Hüfli u do umen eis. Jetz si d’Wiber cho u hei afo zsämeläse. En iederi het gchiflet u ’s Mul gschüttlet, was sie het möge. Ob em Zsämeläse isch es nid sufer gange; keini isch zrugghanget u het welle hingerab näh; ’s hätt nid viel gfählt, sie wären enangere no i d’Hoor grote. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wiederkehr der Verstorbenen

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Früher haben sich die armen Seelen viel häufiger zeigen können, hört man allgemein. Seitdem aber die Seelensonntage (Monatssonntag, an dem ein Kapuziner predigt und hilft Beicht hören) in den Pfarreien eingeführt wurden, sieht man selten mehr arme Seelen (Passim). Selten hört man: Bei der Beerdigung eines Verstorbenen spricht der amtierende Geistliche, wenn er nach katholischem Ritus die drei Erdschollen auf den Sarg wirft, drei Worte über die Leiche: »Dü sollst nicht mehr widerkommä, dich nimmä la gseh und nimmä la sächä!« (La gseh und la sächä ist eine Tautologie.) Barbara Gnos, Maderanertal Wieder andere sagen, seitdem die Geistlichen ein gewisses Band am Arme, das sie früher nicht gehabt, bekommen hätten, dürften sich die armen Seelen nicht mehr so sehen lassen. Welches Band, weiss mein Erzähler nicht. Karl Exer, Silenen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wiederkehrende Mutter

Source: Wiederkehrende Mutter

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Auf dem Wasen in Göschenen stand eine Kindbetterin zu früh auf, was ihren Tod verursachte. Nachdem sie gestorben, wurde sie von ihren Kindern gesehen. Sie sass jeweilen auf dem Ofenbänkli, und die Kinder sagten zu dem Vater: »Gib doch der Mutter auf dem Ofenbänkli auch zu essen.« Aber der Vater konnte sie nicht sehen. Später verbannte man sie in ein Kämmerlein, wo sie heute noch wandlet. Emil Baumann-Mutter Spielart: Sie muss in dem Hause wandlen, bis das jüngste Töchterlein 20 Jahre alt ist. Das ist jetzt der Fall. Frz. Baumann und Anton Gerig, Göscheneralp Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wiederkehrender Ehemann

Source: Wiederkehrender Ehemann

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Da sei einmal in seiner Krankheit ein Ehemann vernachlässiget worden und gestorben. Nach seinem Tode kam er jeden Tag und arbeitete im Stalle. Am Abend kam er in das Haus und setzte sich auf das Ofenbänkli. Sie mochten beten oder arbeiten oder essen, er »het si nid erweiggt«. Das ging so, bis die Gattin starb, und jetzt war er erlöst, und sie kam auch in den Himmel. M.A. Schmid, Hospental Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wieso Merenschwander Knaben Speckbuben heissen

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Merenschwander-Knaben werden in andern Dörfern mit dem Spitznamen Speckbuben beschimpft; dieser aber soll sich nicht auf die Dorfloos beziehen, sondern aus folgendem Geschichtchen entstanden sein. In der Säugasse soll eine Frau von ihrem Manne sehr kurz gehalten worden sein, so daß sie, trotz ihres Bemühens, nie Gelegenheit hatte, nebenbei etwas zu ernaschen. Da sei sie auf den Einfall gekommen, am Sonntagmorgen Kindswindeln zu brühen, aber in diese hinein heimlich ein Schwein-Schäufelein zu wickeln, das sie dann, während der Mann in der Kirche war, zu essen gedachte. Gedacht, getan. Nun aber trat zufällig ein Ortsfremder zum Besuch ins Haus und traf die Frau gerade über dem Auseinanderlegen der fetten Windeln. So kam die Sache aus und der Spitzname Speck ging aufs ganze Dorf über. (N. Moos von Merenschwand.) Band 3.1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962, S. 97 – 101 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wie’s eim cha goh

Source: Wie’s eim cha goh

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Wie’s eim cha goh Einisch isch e Ma z’Obe spät uf Dietel abegfahre. Wo-n-er zur Walki cho isch, gseht er e Möntschelieb mit eme Chalbschopf dür d’Luft flüge. Du isch er derdürab, was er möge het. Z’Dietel isch er i Bäre. Du hei ne d’Lüt gfrogt, warum er so bleich sig. Derno het er ne erzellt, was er erläbt het. Die einte hei welle ha, das sig ’s Galgelölitier gsi. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wiiss Figs, en ganza Tschuppen

Source: Wiiss Figs, en ganza Tschuppen

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Trigli Jelli hed am Solti ghirted. Nid wiit vun dr Schiir hed er em Bäizi under d'Stüüdi taan. Wa's hed afan nachten, ischd er zwäg, fir uf d'Figs z'lotzen. Das wän an enem häiligen Abe gsiin. Alli Lengi hed er vergäbe glotzed. Äs ischd chaalt gsiin, und vu Fiessen hed er afen wenig mee gspirrd. Döe hed's gägen Mitternacht grickd. In dr Fiischtri chunnd e Fugs z'diichen; Jelli ergriifd hibschelli ds Gweer und faad a zaalen. Im gliichen Oigemblick siin en ganza Tschuppen wiiss Figs um in um gsiin; är hed ds Gweer la siin und ischd angäänds häin. Firderhin ischd Jelli nie mee an enem häiligen Aben uf Figs ge-l-lotzen. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wild Mannli Feuer im Wasser

Source: Wild Mannli Feuer im Wasser

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Ein wild Mannli hütete den Bauern unentgeltlich das Vieh, welches viel gesünder und schöner wurde seit wild Mannli hütete. Jeden Abend trieb es die Kühe ins Dorf und entfernte sich dann schnell. Die Bauern hätten das seltsame Geschöpf in ihrer Neugier gern gefangen und näher betrachtet, was aber nie gelang. Da füllten sie eines Abends den Wassertrog, wo das Mannli gewöhnlich trank, mit Branntwein an und passten im nebenstehenden Gebüsch, um den, wie sie hofften, bald Betrunkenen, zu fangen. Das Mannli kam, trank ein wenig, schrie: «Feuer im Wasser!», und entfloh auf immer. Die Bauern konnten fortan selber ihre wieder mager werdenden Kühe hüten.   Aus: U. Brunold-Bigler, Die Sagensammlung der Nina Camenisch, Disentis 1987, mit freundlicher Genehmigung der Autorin. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wild Mannli und das Kleid

Source: Wild Mannli und das Kleid

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Ein wild Mannli tat den Bauern auf dem Felde allerlei Dienste und war sehr demütig und freundlich. Da gaben ihm die Bauern aus Dankbarkeit ein hübsches, rotes Kleid und belauschten es beim Anziehen, welches es lange auf lächerlich verkehrte Weise versuchte. Endlich wars ihm gelungen. Bewundernd beschaute es sich selber im roten Putz, tanzte dann laut jubelnd herum und war fortan zu hochmütig, länger Felddienste zu verrichten. Aus: U. Brunold-Bigler, Die Sagensammlung der Nina Camenisch, Disentis 1987, mit freundlicher Genehmigung der Autorin. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wild Mannli und die Gems-Käslein

Source: Wild Mannli und die Gems-Käslein

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Ein wild Mannli hatte eine Menge zahmer Gemsen, die es molk und süsse Käslein machte. Solche teilte es zuweilen unter die schönsten Mädchen des Tales aus, weswegen die Käslein ein bekannter und beliebter Leckerbissen wurden. Aber niemand kannte deren Zubereitung, welche letztere weit besser schien als die gewöhnliche Käsebereitung. Alle Versuche, das Mannli bei seiner Arbeit zu belauschen, waren vergeblich. Eine einzige Person hatte Zutritt bei ihm, ein armes einäugiges Kind. Dieses wurde im Tale oft befragt und konnte nichts anderes antworten als dass es in der Höhle schön sei, die Käslein gut schmeckten; vor der Bereitung aber singe das wild Mannli so lange, bis es (das Kind) einschlafen müsse. Ein schlauer Bruder des Kindes schlich sich nun einmal in dessen Kleidern hinauf in die Höhle. Das Mannli hielt ihn für seinen Liebling und zeigte auf eine Schichte getrockneten Moos. Da hinein kroch der Schlaue und betrachtete von diesem Versteck aus die Höhle. Sie war hoch weit und rein gehalten, mit Moos und Alpenblumen phantastisch geschmückt. Zierliche, kleine Gefässe aus Bergkristall mit Gemsmilch gefüllt standen längs der Wände in Reihe. Das Mannli trat an den Eingang der Höhle und pfiff. Scharen von Gemsen kamen und wurden in die kristallenen Gefässe gemolken. Der Knabe lauschte gespannt, denn er dachte, jetzt wird das Käsen beginnen. Da fing das Mannli jenen eintönigen, einschläfernden Gesang an, von welchem das einäugige Kind erzählt: «Einäugelein! Schlaf ein!» Es sang so lange, bis das eine Auge des lauschenden Knaben einschlief. Aber das andere wachte und schaute umso gespannter durch die Lücken des Mooses. Da gewahrte das Mannli das boshaft lächelnde, schimmernde Auge, sah, dass jemand anders als sein Einäuglein da sei. Es stiess einen gellenden Schrei aus, entfloh und wurde nie mehr gesehen. Die Gemsen scheuten fortan die ihnen früher so liebe Höhle.   Aus: U. Brunold-Bigler, Die Sagensammlung der Nina Camenisch, Disentis 1987, mit freundlicher Genehmigung der Autorin. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wild Mannli und die Kohlen

Source: Wild Mannli und die Kohlen

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Ein wild Mannli gab einer Bäuerin, die seinem Weiblein in grosser Not geholfen, zur Belohnung eine Schürze voll Kohlen. Die Bäuerin, geärgert über den anscheinend geringen Lohn, liess hie und da im Gehen eine Kohle aus der Schürze fallen. Das Mannli sagte: «Je mehr d'zerzast, je minder d'hast!» Als die Frau heimkam, hatte sie nur noch eine einzige Kohle in der Schürze und warf diese auf den Feuerherd, wo sie bei näherem Besehen in ihm ein Stück Gold entdeckte. Nun lief sie eilig hin, die andern Kohlen zu suchen aber vergebens. Aus: U. Brunold-Bigler, Die Sagensammlung der Nina Camenisch, Disentis 1987, mit freundlicher Genehmigung der Autorin. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wild-Mannli's Holzfällen

Source: Wild-Mannli's Holzfällen

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Wie man von den Fänggen lernte, die Teuchel bohren, erschaute man von ihnen noch viele andere Vorteile und Handgriffe. So gab es z.B. in früheren Zeiten fast bei jedem Holzschlagen Unglücksfälle, indem die Arbeiter in dem Augenblicke, wo der Baum zu stürzen begann, flüchteten, und sehr oft von einem Aste getroffen, schwer verletzt oder gar tot geschlagen wurden. Nun wusste man, dass die Wild-Mannli ein sicheresMittel gegen solche Unglücksfälle besassen, Dasselbe aber nicht mitteilen wollten. Einmal, als ein Mann im Schierfer-Walde eine gewaltige Tanne fällete, kam ein Wild-Mannli, und hüpfte, lustig plaudernd, um ihn herum. Als die Tanne fiel, eilte der Holzhauer aus Leibeskräften fort; das Mannli aber blieb ruhig stehen, und doch war, zur Verwunderung des, nur mit knapper Not und heiler Haut davongekommenen Holzhauers, das Mannli gänzlich unversehrt geblieben. Als nun der Holzhauer wieder einmal Tannen fällete, kam das gleiche Mannli auch. Wart, Kleiner, heute musst Du mir Dein Geheimnis verraten, Du magst wollen, oder nicht,urteilte der Arbeiter. Er redete lächelnd das hüpfende Mannli an: »Aber jetzt weiss ich auch, warum ihr, Wildlütli, beim Holzfällen nie -ung'fällig- (unglücklich) werdet.« »Gelt nu, Du häsch g'seha, i bin stu bliba, und han g'schaut, wo sch'hi kya will, und bin dua uf dia ander Sita g'ganga, - so hät's mar nüt tua«, entgegnete schmunzelnd der Kleine. Seither macht man es in Graubünden immer so, beim Holzfällen. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wild-Mannli's Rat

Source: Wild-Mannli's Rat

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Zur Zeit, als noch die liebe Einfalt in unserm Lande »gäng und gäb« (Brauch) war, geschah es einmal, dass der Geschworne Val. Suter in Tenna in seinem Garten ein ganz merkwürdiges Tier fing. Er trug das sonderbare Geschöpfe schnell heim, steckte es in seiner Frau Haubenschachtel, damit es ja nicht hart liegen müsse, und lief damit zum Pfarrer nach Versam. Sowohl er als der Herr Pfarrer (der sonst ein gar gelehrter Mann war) hatten ihr Lebtag kein so eigentümlich gestaltetes Tier gesehen, und da gab der Pfarrer dem Geschwornen den Rat, so schnell als möglich den Gemeinderat zusammen zu berufen, und durch Denselben untersuchen, was das für ein Tier sei, und entscheiden zu lassen, was man damit zu thun habe, denn dass Das etwas Absonderliches sei, sehe man an der schwarzen Haut, an den fürchterlich breiten »Toapen« (Tatzen) und an der spitzen Schnauze und an den kleinen, listig zugekniffenen Äuglein; es sei dieses ein Tier, das viel schlimmer sei, als ein Basilisk. Wenn Das einmal losbreche, gebe es gewiss grosses Unglück. Voll Angst, dass er nun der unglückliche Besitzer eines so landesgefährlichen Ungetüms sein müsse, und im Wahne, das sei gerechte Strafe für seine Sünden, – lief er mit dem Tiere in der Haubenschachtel heim, und beorderte noch auf den Nachmittag den Gemeinderat zur ausserordentlichen Sitzung. Der Gemeinderat versammelte sich, besah und beriet die fatale Sache, konnte aber zu keinem Entschlusse kommen, und sprach schliesslich dahin sich aus, es sei rein unmöglich, darüber abzusprechen, das müsse vor die ganze Gemeinde kommen; und der GemeindeRatsweibel erhielt die Weisung, alle stimmfähigen Gemeindegenossen von Tenna, Versam, und den Höfen auf den nächsten Vormittag auf das Rathaus in Tenna zu berufen, damit Jeder seine Meinung und Stimme abgebe, was mit dem schrecklichen, unheilvollen Tiere anzufangen sei. Es wurde nun auf der versammelten Gemeinde der böse Casus vorgebracht, und hin und her beraten, was das wohl für eine neue Landplage sein möge. Von Allen aber konnte Keiner sich erinnern, von einem solchen Tiere je gehört oder gelesen, geschweige denn mit eigenen Augen gesehen zu haben. Man kam überein, das Ungeheuer zu beseitigen, und der Gemeinderat stimmte in seiner hohen Weisheit über diesen Fall ab, das Tier feierlich vom Leben zum Tode zu bringen. Aber nun entstand eine weitere, sehr gewichtige Frage: Auf welche Art sollte das Ungeheuer enden. Durch Henkershand, Kopfabschneiden, Verbrennen, oder Ersäufen? Keiner wusste Rat. Da trat ein Wild-Mannli, das in den Bergen das Vieh hütete, in die Ratsversammlung, und das wurde auch um seine Meinung gefragt. Wild-Mannli lächelte schelmisch, und gab den Rat, das Untier – »lebendig zu vergraben.« Das war ein Spruch nach Aller Wille, und kostete nicht viel. Und ungesäumet wurde ein Loch in den Garten des Geschwornen gemacht, das Tier lebend hineingetan, und schnell zugemacht. – So kam es, dass man denen auf Tenna nachsagt, »sie hätten ihre Scheermaus (Maulwurf) lebendig vergraben.«   Jecklin, Dietrich: Volksthümliches aus Graubünden, Teil III, Chur 1878.     Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wilde Jagd um Zofingen und Brittnau

Source: Wilde Jagd um Zofingen und Brittnau

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Vor Jahrhunderten trieb in den Wäldern um Zofingen und Brittnau ein Jäger sein Wesen, und wenn er den ganzen Tag keinen Hasen erlegt hatte, so musste ihm beim Heimgehen der Teufel noch einen in den Orten Vor dem Wald und Strengelbach auftreiben. In diesen Wäldern ist er auch gestorben. Seither hört man, wenn sich das Wetter ändert, Hundegebell und Jägerruf. Noch vor zwanzig Jahren kam dann in der Luft ein Gebrause von Kirchberg her, über den Albiswald, zog durch den Kunzen- und Kuhrainwald, lief im Städtchen Zofingen vom Schlachthause bis zum jetzigen Bibliothekgebäude hinauf; und wenn es über den Mühlberg nach Reiden hingieng, hörte man oben am Schnürberg aus dem Hundegebell den Ruf heraus: „Wehr unten, wehr oben!“ - „Wehr du selbst oben!“ rief ihm einst ein Bauer zu, der bei diesem Lärmen neugierig das Fenster geöffnet hatte, „bei mir da will ich schon wehren!“ Plötzlich hatte sich auf dies Wort das Getöse gelegt. Als aber nun der Bauer in seine Kammer gieng und zu Bette wollte, klopfte jemand ans Fenster; der Bauer hatte den Muth verloren und wagte nicht zu öffnen, bis Klopfen und Ruf zum dritten Mal drohend kam. Als er den Schieber aufthat, brüllte ihm eine Stimme entgegen: Halfest du mir heute jagen, So kannst du jetzt auch Knochen nagen. Von diesem Tage an zehrte der Mann, den wir noch alle gekannt haben, wirklich auf Haut und Bein ab und starb endlich. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 174 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Wildenmannlis-Loch im Toggenburg

Source: Wildenmannlis-Loch im Toggenburg

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Auf der östlichen Seite des Siluner-Rucks oder des Seln, in der Bergkette der Kuhfirsten (Churfürsten jetzt genannt), liegt zwischen Silun und Breitenalp in einer Felswand eine Höhle, welche der zunächstwohnende Senne das Wildenmannlisloch nennt und so beschreibt: Ihr Thor ist so gross, dass man mit Ross und Wagen hinein fahren kann. Sie führt anderthalb Stunden weit in den Berg hinein und die Gänge drinnen sind so weit, dass mehrere Mann nebeneinander aufrecht gehen können. Vorne haben die Wildmännchen sich Tische und Bänke ausgehauen; eine Viertelstunde weiter innen liegt ein kleiner See, rings von Felsblöcken eingefasst, die sie sich zu ihren kühlen Ruhesitzen hergewälzt haben; noch weiter nach hinten kommen dann ihre Wohnungen. Sie leben von Wurzeln und Milch. Den benachbarten Sennen helfen sie den Stall schoren (misten), Vieh füttern und den Berg heuen. Einst holten sie die Hebamme aus dem kleinen Orte Starkenbach, bei St. Johann im Toggenburgischen, zu sich hinauf, die einem Wildweiblein in Kindsnöthen helfen musste. Schliesslich erhielt sie dafür eine ganze Schürze voll Erdbrocken. Auf dem weiten Wege aus der Höhle heraus gab sie auf das werthlose Geschenk nicht acht, als sie nun heraus ans Tageslicht kam und den letzten Brocken besah, war er reines Gold. Benachbart liegt auf Silimatt das Rauchloch, eine Erdöffnung, die ähnlich dem Wetterloche des Kamor im obern Rheinthal ist. Hinab geworfene Steine hört man lang in der Tiefe rollen, oft steigen Dünste aus ihm empor, die Regen bringen. In dieser Gegend wohnt auch das Hinter-Risi-Manndli, das auf dem Käseruck oder Asterkäseren, einem Weidgebirge von mehr als 7000 Fuss Höhe, in einem scharlachrothen Kittelchen und mit grossem Schlapphut sich blicken lässt und auf einer Geige aufspielt. (Mündlich von J. Scherrer von Ebnat.) Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 328 Zwergensagen aus anderen Schweizerkantonen Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Wildenmannslöchli

Source: Wildenmannslöchli

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Unweit den Buchserberghäusern ist das Wildenmannslöchli, eine Felsenhöhle, welche, wie viele erzählen, eine halbe Stunde weit in den Berg hineingeht. Unter dem Boden werden aber Distanzen meistens überschätzt. Die Höhle verzweigt sich in einer Tiefe von etwa hundert Schritten in drei kleinere Röhren und Spalten, welche nicht mehr passiert werden können. Ihr Name sagt schon, dass dort die wilden Männli gewohnt haben sollen. Ein Bauer pflügte mit seinen Taglöhnern in der Nähe des Wildenmannslöchli einen Acker. Sie hörten tief unter der Erde, wie die wilden Männli mit Brotbacken beschäftigt waren; sie vernahmen ganz gut das Rumpeln der Kübel, das Prasseln des Feuers. Die Taglöhner riefen spassend: "Bringet uns auch Brot." Bald gingen sie zum Mittagessen beiseite, und als sie wiederkamen, erstaunten sie ob der Menge irdener Brötlein, Wecken und Zelten, welche die wilden Männli während ihrer Abwesenheit ihnen gebracht hatten. Die wilden Männli bereiteten nämlich ihr Brot aus roter Tonerde, dem Lehm, wie solcher an unsern Berghängen gefunden wird. Nicht umsonst litten sie sehr oft an Zahnschmerzen! Heinrich Hilty.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 121, S. 58 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wildensbuch

Source: Wildensbuch

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Wildensbuch Eine wunderliche Behauptung hört man um Trüllikon und Andelfingen. Nicht weit von diesen Orten liegt das Dörfchen Wildensbuch. Dessen Einwohner glauben bis heute (1862) in allem Ernste, ihr Dorf sei der Mittelpunkt der Welt. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Winterthur und Weinland Aus Rochholz, Naturmythen, S. 164. Vgl. dazu A. Ribi, Die Namen der Ortschaften am Zürichsee (Jahrbuch vom Zürichsee 1946/47, S.91), wo auf solche Weltmittelpunkte hingewiesen wird. In den Weltmittelpunkten des klassischen Altertums, Delphi und Athen war dieser Mittelpunkt bestimmt durch einen behauenen Stein, der den Nabel (Omphalos) der Welt darstellte. Möglicherweise waren der Elfistein bei Meilen und der Zwölfistein bei HinwiI etwas Ähnliches. Aus der Verbreitung dieser Steine liesse sich allenfalls schliessen, dass man unter „Welt“ kein allzugrosses Gebiet vorzustellen hat. So nennt z. B. der Oberländer sein Dorf, seinen Weiler oder gar nur den Hof „euseri Wält“. Über Wildensbuch fehlen alle diesbezüglichen Angaben. Deutsche Weltmittelpunkte: Tanna und Pausa in Sachen, Poppau in der Altmark, Einzigen bei Allstedt. An beiden letztern Orten zeigt man einen Felsblock In einem Teich als eigentliches Zentrum. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wilder Jäger Mutti am Chnubel

Source: Wilder Jäger Mutti am Chnubel

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Das sogenannte Mutt-Schüerli am Chnubel bei Gontenschwil, Wohnhaus und Scheune, stand früher droben auf dem jenseits gelegenen Homberge, wurde aber abgebrochen und ins Thal herunter gefahren, um hier aufgerichtet zu werden. Die Fahrt aber kam in der Nähe der jetzigen Baustelle auf einer Matte plötzlich ins Stocken, und die vorgespannten Thiere zogen nicht weiter mehr an. Da bemerkte der Bauer, dass hinten auf einem hervorstehenden Brette der Ladung ein ihm unbekannter Mann inzwischen aufgesessen war. Um sein Bauunternehmen nicht durch unüberlegtes Reden zu vereiteln, stiess er jenes Brett stillschweigend vom Wagen, und sogleich gieng nun die Fuhre wieder weiter. Aber von dieser Stelle aus auf der Matte, wo das Brett abgeworfen worden, nimmt jetzt der Wilde Jäger seinen Weg zum Umzug auf den Homberg hinauf, wo sonst das Mutt-Schüerli gestanden hat. Die Bedeutungen, die der Name Mutti in jener Gegend noch hat, sind: stark, reich, körperlich gedrungen, bösartig. (Ueber den Namen Mutti, Muet vgl. Anmerk. „Wetterhut am Aarauer-Hungerberg“). Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 128 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wildes Heer bei Egliswil

Source: Wildes Heer bei Egliswil

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Im Stöckhof bei Egliswil beherbergte der dortige Bauer einen terminierenden Kapuziner und plauderte mit ihm vor dem Schlafengehen noch, als ein fernes Getöse das wilde Heer ankündigte. Der Kapuziner ermahnt die Leute des Hauses, sich ruhig zu verhalten. Allein während das Getümmel nun über dem Hause wegzieht, steckt der Sohn den Kopf zum Läusterli (Schalter des Fensters) hinaus und schreit hinauf: Du rîist i der Nacht, De Tüfel het di g'macht! Du rîtist wie ne Schnîder, De Tüfel holt di wieder! Auf diese Worte scholl es aus den Lüften herab: witt du mit mer strîte, se chast au mit mer rîte! Kaum hatte man diese Worte vernommen, so fliegt der Bube zum Fenster hinaus. Am nächsten Morgen fand man ihn unfern im Walde völlig zerschmettert. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 181 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch    


by Wildes Männchen und die Hebamme

Source: Wildes Männchen und die Hebamme

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a) Wilde Leute hausten vor Zeiten auch am grossen Windgellen auf der Seite gegen Sewli. So ein wildes Männlein holte einst in Silenen die Hebamme. Als diese ihres Amtes gewaltet hatte, füllten ihr die wilden Leutchen die Fürscheibe mit Buchenlaub oder doch mit etwas, das so aussah wie Buchenlaub; das sei ihr Lohn, sagten sie. Auf dem Wege liess aber die Hebamme dann und wann achtlos ein Blatt fallen. Da sagte das wilde Männchen, das ihr folgte und die Blätter auflas: »Wie meh as d'verzottisch, Wie weniger as d'hoscht!« Zu Hause hatte sie nur noch wenige Blätter, aber diese waren das reinste Gold! Eilig kehrte sie um, die zerstreuten Blätter zu suchen, aber sie fand keine. Jos. Maria Epp, Maderanertal b) In Isental, ein Heidenmännlein aus der Heidenbalm, oder vom Hornefeli. Kohlen statt Buchenlaub. »Wie meh as d'verzatterisch, Wie minder as d'hatterisch.« Es seien kleine Leutlein gewesen, diese Heiden mit verkehrten Füsschen. Michael Imholz, Isental Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wildhans am Kestenberg bei Birr

Source: Wildhans am Kestenberg bei Birr

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Der lange, mit schönem Buchenwalde bedeckte Kestenberg trägt auf seinem westlichen und östlichen Ende die zwei Schlösser Wildegg und Brunnegg. Zwischen inne hat ein gespenstiger Jäger seine Weidbahn, den man den Wildhans von Wildegg nennt. Er hängt seine Hunde an die Bäume, um sie mit Riemen zu hauen oder Hungers sterben zu lassen, so oft sie die Fährte verloren haben. Dann hört man ihr Gewinsel bis ins Dorf Birr hinab. Aus Wuth erhieng er sich selbst an einer Eiche. Erst nach langem Suchen fand ihn der Schlossherr, vom Winde in den Zweigen hin und her geschaukelt; sogleich befahl er den Baum zu fällen. Aber Blut quoll unter dem Axthiebe heraus und rothe Adern durchzogen den ganzen Stamm. Da verbrannten die Leute den Stamm sammt dem Leichnam. Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 73 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wildmallnli's schlecht Wetter

Source: Wildmallnli's schlecht Wetter

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Man hört noch heute in den Dörfern am Fusse der Galanda die Redensart: »Wenn alle Wetter Wetter sind, Das Allerärgst' ist doch der Wind.« »hät's Wild-Mann li g'seit.« Nämlich das Wild-Mannli, von dem hier die Rede ist, hatte seine Höhle auf Battänia oberhalb Haldenstein, wo auf dem sog. Waldboden ein Bauer von Haldenstein sein Vieh winterte. Dem half das Wild-Mannli dann und wann im Füttern und Melken aus, wenn Derselbe nicht zur gehörigen Zeit auf dem Waldboden eintraf, sei es, dass der Bauer etwa krank war, oder Geschäfte halber nicht kommen konnte. Einmal schneiete es so stark, dass der Bauer nicht wagte, hinauf zu gehen. Er blieb desshalb vier Tage im Dorfe drunten, in der guten Meinung, das Wild-Mannli besorge ihm Vieh und Geschäfte, auf alle Fälle. Es fiel nun starkes Tauwetter ein, und ohne länger zu säumen, machte er nach dem Waldboden sich auf. Allein, wie er in den Stall trat, traf er seine Habe halb verhungert, und das Mannli war nirgends zu finden. Er suchte den Wilden in dessen Höhle, erspähte ihn dort auch, aber ganz im Laube, seiner Lagerstätte, versteckt. Dann schalt er den haarigen Wilden heftig wegen seiner Nachlässigkeit, der aber antwortete gelassen: » Wenn alle Wetter Wetter sind, Das Allerärgst ist doch der Wind.« Wie bekannt, ist nun der Föhn den Fänggen so zuwider, dass sie, wenn der anhebt, jedes Geschäft im Stiche lassen, und so lange im Heu oder Stroh, oder Laub versteckt sich halten, als dieser Wind regiert. Erst wenn er sich gelegt hat, kommen sie wieder zum Vorscheine. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wildmandli in Ursern

Source: Wildmandli in Ursern

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Am St. Gotthardsgebirg waren die Höhlen von einem Völklein bewohnt, das den Nachbarn Schafe und Geissen entführte und eifersüchtig die Kristalle bewachte. (Aus Lütolf, S. 55, i.) Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wildmännchens Aussehen auf Fontanen

Source: Wildmännchens Aussehen auf Fontanen

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In der Alp Fontanen in der Gemeinde Giswil ist, von Steinen aufgebaut, ein Türmchen, das „Heidentürmchen" genannt. Man behauptet, die alten Heiden hätten selbes errichtet. Dieses Türmchen hat seine auf einander gelegten Steine, welche dessen Säulen ausmachen, mit so gutem Mörtel befestiget und verkittet, auch diesen Säulen im Kapital oben so viel Gewicht und Festigkeit gegeben, dass auch der stärkste Älpler oder Hirte, welcher hinaufklimmt und an seinen Säulen mit beiden Händen rüttelt, doch gar nichts aus einander reissen kann. In der Nähe dieses Heidentürmchens und auch sonst noch an andern Orten dieser Alp Fontanen befinden sich viele grosse Steine, in welchen Menschenfüsse, auch Füsse von Tieren eingeprägt sind. Dieses hört man auch von andern grossen Steinen in Obwalden auf Bergen, Alpen und Allmenden. Man erzählte mir auch, ein Jüngling oder Hirte von Giswil habe einst, als er neben diesem Heidentürmchen stand, ein heftiges Verlangen gehabt, so einen alten Heiden, ein „Heiden-Mandli", zu sehen und sogleich sei ein solcher Heide erschienen, gehüllt in rauhe Tierfelle. Der Jüngling erschrak heftig und lief davon. Auch hörte ich schon oft von Leuten aus Giswil, wie sie dort im Grundwald und Mörli Gespenster von „alten Heiden, Heidenmannli" (gewöhnlich am Tanngrotzen oder den Tierfellen kennbar) wollen gesehen haben. Der Tanngrotzen dient als Stab und Waffe.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Wildmännchens Sitz

Source: Wildmännchens Sitz

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Als sie einst in einem Hause des Dörfleins Isental ein wildes Mandli kommen sahen, das sich viel bei ihnen aufhielt und ihnen in Haus und Stall mit grossem Eifer diente, gingen die übermütigen Jungen und schlugen schnell Eisennägel in den Holzklotz, der des Männchens steter, gewohnter Sitz war. Ob es sich auf die tückischen Nägel niedergelassen oder ob es den Schabernack rechtzeitig bemerkt, das weiss ich nicht; aber empfunden hat es den übel angebrachten Scherz: es ging hinaus und zeigte sich nie mehr. Mich. Imhof Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wildmannlisloch

Source: Wildmannlisloch

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Auf der Tüfelisalp, an den Kurfirsten, befindet sich eine tiefe Höhle, in welcher steinerne Bänke und Tische angebracht sind. Da hauste seiner Zeit ein kleines Bergvölklein, von dem jede einzelne Person kaum zwei Fuss hoch war. Dieses hatte alle verborgenen Schätze der Berge in seiner Gewalt, erzeigte sich aber den Hirten und übrigen Bewohnern der Umgegend dennoch gar freundlich und dienstbar, und immer war etwa ein Männchen bereit, das Vieh auf der Alp zu hüten, ohne dafür einen Lohn zu verlangen oder anzunehmen.                           I. Natsch. *** Auf der östlichen Seite des Seluner-Rucks liegt eine Höhle, das Wildmannlisloch. Ihr Tor ist so gross, dass man mit Ross und Wagen hineinfahren kann. Sie führt anderthalb Stunden tief in den Berg hinein, und die Gänge drinnen sind so weit, dass mehrere Mann nebeneinander aufrecht gehen können. Vorne haben die Wildmännchen sich Tische und Bänke ausgehauen; eine Viertelstunde weiter innen liegt ein kleiner See, rings von Felsblöcken eingefasst; diese haben sich die Zwerglein zu kühlen Ruhesitzen hergewälzt; noch weiter nach hinten kommen die Wohnungen. Die Zwerge lebten von Wurzeln und Milch. Den benachbarten Sennen halfen sie den Stall „schoren", das Vieh füttern, den Berg heuen. Einst holten sie die Hebamme von Starkenbach, die einem Wildweiblein beistehen musste. Als Lohn erhielt sie eine ganze Schürze voll Erdbrocken. Auf dem weiten Wege aus der Höhle heraus gab sie jedoch auf das wertlose Geschenk nicht acht; als sie heraus ans Tageslicht kam und den letzten Brocken besah, war es reines Gold.  Rochholz, Schweizersagen. *** Das Wildemannloch führt zirka 170 Meter in den Berg hinein; weiter vorwärts kann man nicht wegen Enge der Öffnung. Da wohnten ehedem die wilden Männchen; diese halfen den Alpknechten und Talbewohnern oft arbeiten, waren dienstfertig und kamen hie und da ins Tal. Ein Senn stellte diesen Leutchen aus Dankbarkeit einmal ein Essen vor; ein anderer wollte ihnen Kleider geben; von da an sah man die wilden Männchen nicht mehr. N. Senn, Tagebuch. *** Im Wildmannlisloch hausten einst Zwerge. Als sie verdrängt wurden, verwandelten sie sich in die Wurzeln des Allermannsharnisch. I. Natsch. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 419, S. 246 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wildsäue

Source: Wildsäue

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„Wildsäue“ Die Einwohner eines namhaften Dorfes im Weinland nannte man früher neckischerweise „Wildsäu“. Diesen Spitznamen führte man auf folgende Begebenheit zurück. Einmal zur Zeit der Kornernte hauste in den Getreidefeldern des Dorfes ein Wildschwein, welches furchtbare Verwüstungen anrichtete und trotz aller Bemühungen nicht herausgelockt werden konnte. Da sagte jemand dem Gemeinderate, die wilden Schweine frässen gerne Eier und riet ihm, einmal zu versuchen, ob man damit den Eber fangen könne. Der Vorschlag gefiel dem Gemeinderate, und er beratschlagte lange hin und her, wie man ihn ausführen könne, ohne dass der, welcher dem ungebetenen Gaste die Eier streuen sollte, das Getreide noch mehr vernichte. Endlich kam man auf den richtigen Gedanken und beschloß Folgendes: Der Eierstreuer müsse sich in einen Korb setzen, und vier Mann sollen ihn durch das Getreide tragen, damit er keins zertrete. Bei jedem Schritt habe er ein Ei aus dem Korbe zu werfen. Durch diese schlaue Tat wurde zwar der Eber aus dem Korn herausgetrieben, aber zugleich hatten die vier Männer es dermassen zertreten, dass es zu nichts mehr zu gebrauchen war. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Winterthur und Weinland Nach Corrodi im Zürcher Bauer, 22. 3. 1938; Vernaleken, S. 343. P. Corrodi fügt diesem Schwank eine Reihe Spitznamen anderer Dörfer des Weinlandes an: Elliker: Wildsäu, Thalheimer: Guggu, Altiker: Laubseck, Herter: Heuel, Rickenbacher: Fischotter, Gütighauser: Füchs, Dinharder: Schööf, Elgger: Chrutballe. WeItere Necknamen von Orten bei E. Stauber, Sitten und Bräuche im Kanton Zürich, I S. 63. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wilhelm Tell

Source: Wilhelm Tell

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hatte bei »der Tannen« ob Sisikon in der Gemeinde Morschach eine Base, die er auf seinem Marsche nach Küssnach besuchte. Frau Aschwanden-Schmid, Bauen; Frau Senn-Furrer, Brunnen. Quelle:Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wilhelm Tell

Source: Wilhelm Tell

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Es fügte sich, daß des Kaisers Landvogt, genannt der Grißler, gen Uri fuhr; als er da eine Zeit wohnte, ließ er einen Stecken unter der Linde, da jedermann vorbeigehen mußte, richten, legte einen Hut drauf und hatte einen Knecht zur Wacht dabeisitzen. Darauf gebot er durch öffentlichen Ausruf: Wer der wäre, der da vorüberginge, sollte sich dem Hut neigen, als ob der Herr selber zugegen sei; und übersähe es einer und täte es nicht, den wollte er mit schweren Bußen strafen. Nun war ein frommer Mann im Lande, hieß Wilhelm Tell, der ging vor dem Hut über und neigte ihm keinmal; da verklagte ihn der Knecht, der des Hutes wartete, bei dem Landvogt. Der Landvogt ließ den Tell vor sich bringen und fragte: warum er dem Stecken und Hut nicht neige, als doch geboten sei? Wilhelm Tell antwortete: »Lieber Herr, es ist von ungefähr geschehen; dachte nicht, daß es Euer Gnad so hoch achten und fassen würde; wär ich witzig, so hieß ich anders dann der Tell.« Nun war der Tell gar ein guter Schütz, wie man sonst keinen im Lande fand, hatte auch hübsche Kinder, die ihm lieb waren. Da sandte der Landvogt, ließ die Kinder holen, und als sie gekommen waren, fragte er Tellen, welches Kind ihm das allerliebste wäre. »Sie sind mir alle gleich lieb.« Da sprach der Herr: »Wilhelm, du bist ein guter Schütz, und find\'t man nicht deinsgleichen; das wirst du mir jetzt bewähren; denn du sollst deiner Kinder einem den Apfel vom Haupte schießen. Tust du das, so will ich dich für einen guten Schützen achten.« Der gute Tell erschrak, fleht um Gnade und daß man ihm solches erließe, denn es wäre unnatürlich; was er ihm sonst hieße, wolle er gerne tun. Der Vogt aber zwang ihn mit seinen Knechten und legte dem Kinde den Apfel selbst aufs Haupt. Nun sah Tell, daß er nicht ausweichen konnte, nahm den Pfeil und steckte ihn hinten in seinen Göller, den andern Pfeil nahm er in die Hand, spannte die Armbrust und bat Gott, daß er sein Kind behüten wolle; zielte und schoß glücklich ohne Schaden den Apfel von des Kindes Haupt. Da sprach der Herr, das wäre ein Meisterschuß. »Aber eins wirst du mir sagen: Was bedeutet, daß du den ersten Pfeil hinten ins Göller stießest?« Tell sprach: »Das ist so Schützengewohnheit.« Der Landvogt ließ aber nicht ab und wollte es eigentlich hören; zuletzt sagte Tell, der sich fürchtete, wenn er die Wahrheit offenbarte: wenn er ihm das Leben sicherte, wolle er\'s sagen. Als das der Landvogt getan, sprach Tell: »Nun wohl! Sintemal Ihr mich des Lebens gesichert, will ich das Wahre sagen.« Und fing an und sagte: »Ich hab es darum getan: hätte ich des Apfels gefehlt und mein Kindlein geschossen, so wollte ich Euer mit dem andern Pfeil nicht gefehlt haben.« Da das der Landvogt vernahm, sprach er: »Dein Leben ist dir zwar zugesagt; aber an ein Ende will ich dich legen, da dich Sonne und Mond nimmer bescheinen;« ließ ihn fangen und binden und in denselben Nachen legen, auf dem er wieder nach Schwyz schiffen wollte. Wie sie nun auf dem See fuhren und kamen bis gen Axen hinaus, stieß sie ein grausamer starker Wind an, daß das Schiff schwankte und sie elend zu verderben meinten; denn keiner wußte mehr dem Fahrzeug vor den Wellen zu steuern. Indem sprach einer der Knechte zum Landvogt: »Herr, hießet Ihr den Tell aufbinden, der ist ein starker, mächtiger Mann und versteht sich wohl auf das Wetter: so möchten wir wohl aus der Not entrinnen.« Sprach der Herr und rief dem Tell: »willt du uns helfen und dein Bestes tun, daß wir von hinnen kommen, so will ich dich heißen aufbinden.« Da sprach der Tell: »Ja, gnädiger Herr, ich will\'s gerne tun und getraue mir\'s.« Da ward Tell aufgebunden und stand an dem Steuer und fuhr redlich dahin; doch so lugte er allenthalben auf seinen Vorteil und auf seine Armbrust, die nah bei ihm am Boden lag. Da er nun kam gegen einer großen Platte – die man seither stets genannt hat des Tellen Platte und noch heutbeitag also nennet –, deucht es ihm Zeit zu sein, daß er entrinnen konnte; rief allen munter zu, fest anzuziehen, bis sie auf die Platte kämen, denn wann sie davonkämen, hätten sie das Böseste überwunden. Also zogen sie der Platte nah, da schwang er mit Gewalt, als er denn ein mächtig starker Mann war, den Nachen, griff seine Armbrust und tat einen Sprung auf die Platte, stieß das Schiff von ihm und ließ es schweben und schwanken auf dem See. Lief durch Schwyz schattenhalb (im dunkeln Gebirg), bis daß er kam gen Küßnacht in die hohle Gassen; da war er vor dem Herrn hingekommen und wartete sein daselbst. Und als der Landvogt mit seinen Dienern geritten kam, stand Tell hinter einem Staudenbusch und hörte allerlei Anschläge, die über ihn gingen, spannte die Armbrust auf und schoß einen Pfeil in den Herrn, daß er tot umfiel. Da lief Tell hinter sich über die Gebirge gen Uri, fand seine Gesellen und sagte ihnen, wie es ergangen war.   Quelle: J. und W. Grimm, Deutsche Sagen, 1816 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Will's de-n-uf-em Hüfifirä-n-abbiessä

Source: Will's de-n-uf-em Hüfifirä-n-abbiessä

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a) Vielleicht 70 bis 80 Jahre sind jetzt seither verflossen, da lebte zu Silenen ein fröhlicher junger Mann, namens Emanuel Zgraggen. Hatten ihn Lebenslust und Leichtsinn zu einem harmlosen Jugendstreich verführt, oder wurde er etwa beim Kaisern auf einem kleinen Betrug, den er sich aus Jux erlaubte, ertappt, so pflegte er lachend zu sagen: »Ich will's de-n-uf-em Hüfifirä-n-abbiessä.« Da ereignete es sich, dass er auf der Gemsjagd mit einem Kameraden den Hüfigletscher überschreiten wollte und während eines Wortwechsels unglücklicherweise in eine tückische Gletscherspalte zu Tode fiel. Nach 14 Jahren kamen seine Gebeine mit Ausnahme des Hauptes wieder zu Tage und wurden auf dem Friedhof zu Silenen beerdigt. Soweit dürfte die schlichte Erzählung geschichtliche Wahrheit sein, denn sie wird uns nicht nur von Leuten des Maderanertales, sondern auch von der 80jährigen Nichte Emanuels, Frau Sigrist A.M. Zgraggen-Zgraggen (gest. 1914), als solche mitgeteilt. Die Sage ergänzt noch: Dreissig Jahre nach diesem unglücklichen Ereignis brach ein Stück Gletscher los, und von der Abbruchstelle stieg längere Zeit ein bläuliches Räuchlein in der Gestalt eines Totenbaumes hervor und wallte talauswärts bis ob den Lungenstutz. Die Menschen wurden aufmerksam, gingen hin und fanden die bleichen Gebeine des Verunglückten. Man legte sie auf eine Bahre und trug sie so bis auf den Lungenstutz, wo man sie in einen Totenbaum tat. In diesem Augenblick fingen sie an zu bluten. So konnten sie nun doch noch in geweihte Erde bestattet werden. b) Als man beim Eingang zum Friedhof beim Türli die Gebeine einige Augenblicke abstellte, da fingen sie an zu bluten. Die Grossväter von zwei Erzählern haben es selber gesehen. Warum? Ein Geistlicher, darüber befragt, soll gesagt haben, der Verunglückte sei erst in diesem Augenblick eigentlich gestorben. Er sei 30 Jahre vor der ihm zum Tode bestimmten Stunde verunglückt. c) Eine Mutter sagte oft zu ihrem Büebli: »Channsches de ufem Hüfifirä einisch abbiessä.« – Die gefundenen Knochen legten sie zu Hause auf einen Kasten, da rann Blut aus ihnen. »Channsch-es de-n-ufä Hüfigletscher gah abbiessä«, ist noch heute, wenn auch selten mehr, eine im Reuss- und Maderanertal gebräuchliche, mehr oder minder scherzhafte Drohung. Auch »Heiwsteffel, Wirri und Inger« glaubt man dorthin verbannen zu können. Andreas Fedier, Friedrich Epp, Franz Zgraggen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Windspiel

Source: Windspiel

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Windspiel a. We’s amenen Ort es Windspiel het gä, het üse Grossätti alben e Gable drigschosse; de isch es abegheit. Aber einisch het e Ma e Gable drigschosse u heig vo denn ewäg es bös Bei gha. b. Es brucht nid grad e Gable z’si; es cha au es Mässer, uberhaupt öppis Spitzigs si; aber we me‘s bängglet, muess me „Süidräck! Süidräck!“ rüefe. c. Dr Löchlidani het am Galgerain Heu zsämegmacht. Du ischt es Windspiel cho u het ihm emel zwe Böge Heu u Tschöttelichappe dür d'Luft us gno. „Süicheib, Süicheib“, het er grüeft, „’s Heu chascht ha; aber d Chappe gi mer ume.“ Demo isch d’Chappe wiederume z’Bode gheit; aber ‘s Heu het’s ihm wit dür d‘Luft us ewägg treit. Der Wirbelwind erschien dem Menschen immer als etwas Übernatürliches. Vielleicht erregen ihn Hexen, die ja Gewitter mit ihren Begleiterscheinungen erzeugen können, und wenn nicht Hexen die Urheber sind, so müssen andere geheimnisvolle Mächte im Spiele sein, irgend ein übernatürliches Wesen vielleicht, das man nicht genau zu erkennen vermag. Und wie man sich gegen die Tücken der Hexe und gegen das Doggeli schützt, so sucht man auch den Zauber, der im Wirbelwind ist, zu brechen mit Dingen, die hauen oder stechen und Verletzungen beibringen. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Windspiel - Madiswil

Source: Windspiel - Madiswil

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Ein Berner-Bursche bei Langenthal im Obern Aargau, der nicht an die Geisterhaftigkeit der Windsbraut glaubte, tat vermessen den Wunsch, er möchte mitten hinein geraten in ein Windspiel, das gerade in seiner Nähe vorbeiwirbelte. Da hebt sich eine Hand daraus hervor und warnt gegen ihn mit einem drohend ausgestreckten Zeigefinger. (Dorf Madiswil) E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.    


by Windspiel - Nesselnbach

Source: Windspiel - Nesselnbach

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Kann ein Windspiel unter einem schon fertiggeladenen Garbenwagen entstehen, so hebt es ihn in die Höhe und zerstreut dann die ganze Ladung nach allen Richtungen. Ein Bauer in Nesselnbach (Freiamt) sah während seines Kornschnittes plötzlichen Regen drohen. Anstatt nun sich zu beeilen, spannte er die Ochsen wieder vom Wagen, lud die übrigen Garben noch vollends auf, deckte sie nach Möglichkeit und ließ sie so auf dem Wagen draußen im Unwetter stehen. Dafür ward ihm die ganze Fuhre umgeworfen, jede Garbe zerstreut und so sehr aufgelöst, dass man sie nachher wieder neuerdings musste. Mehr als die Hälfte war verloren. Ein andermal kam im Freiämter Dorfe Nesselnbach von einem umgebauten Acker her ein Wirbelwind auf das Kornfeld hingefahren, auf dem man eben im Kornschnitt begriffen war. Er riss dem Knechte den Hut vom Kopfe und nahm ihn so hoch in die Lüfte, dass man nichts mehr davon sah. Je ärger der Knecht nun um den verlorenen Hut jammerte, um so ärger schrie der Großvater in die Luft hinauf: Säukegel, Säukegel! (d.h. Tierlosung). Dies wiederholte er so lange, bis sich der Wind legte, dann kam auch der Hut des Knechtes wieder aus der Luft herunter, aber hoch her und bei fünf Minuten vom Felde entfernt. E. L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 2, Aarau 1856 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wingart zu Beinwil

Source: Wingart zu Beinwil

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In der Gemeinde Beinwil am Hallwilersee trägt ein großes Feld am Berghange den Namen Wingart, Weingarten. Eine uralte Kapelle mit schöngebauten Fenstern und Glasgemälden stand noch vor einigen Jahren hier und ist abgebrochen worden. An dem sogenannten Beschißgäßlein war der Standort eines untergegangenen Schlosses. Der frühere Eigentümer dieses Landstückes hat beim Ausebenen der Umwallungen Ringe, Waffenstücke und Skelette im Boden ausgegraben, jedoch alles sogleich zerschlagen und sorgfältig wieder vergraben, um mit diesem Heidenzeug sich kein Ungeheuer mit ins Haus zu schaffen.  Jetzt noch hört man, wenn man hier den Karst in den Boden schlägt, das unterirdische Gewölbe dröhnen, auf dem man steht; man sagt, einer der Arbeiter sei einmal bis zum Türpfosten desselben gelangt. Beim Witterungswechsel sieht man einen schwarzgekleideten Mann an diesem Orte stehen; seine Lederstiefel nennt man Schwabenstiefel, sie sind bis über die Schenkel heraufgezogen, in einer großen Wanne lüftet er Kronentaler. (I. Merz, Gemeindeschreiber in Beinwil.) Quelle: E. L. Rochholz, Naturmythen. Neue Schweizer Sagen, Leipzig  1862. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch    


by Winkelried tötet den Lindwurm

Source: Winkelried tötet den Lindwurm

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In der Zeit, als man die Wälder der Schweiz zu lichten und zu reinigen anfing, ist eine gräuliche Schlange und erschrecklicher Drache, so die Schweizerischen Jahrbücher Lindwurm nennen, in dem Unterwaldner Lande gefunden worden. Dieser würgte sowohl Menschen als Vieh, so dass ein Dorf davon den Namen Ödweiler bekam, welches so viel ist, als ein verlassener Ort. Da war es, dass einer aus diesem Lande aus dem Geschlecht der Winkelriede, dessen Vorname Struth war, sich wegen begangenem Totschlage außer Landes aufhalten musste. Als dieser von der Not seiner Landsleute hörte, erbot er sich, das Ungetüm zu töten, wenn ihm die Rückkehr in das Vaterland gestattet werde. Das wurde ihn gerne zugelassen. Freudig seine Heimat wieder zu sehen, macht sich Struth von Winkelried sofort auf nach dem Orte, wo sich der Lindwurm aufzuhalten pflegte. Bald traf er auf ihn und der Kampf begann, aus dem Struth von Winkelried, nachdem er seine Lanze, an deren Spitze ein Büschel spitziger Dörner befestigt war, in den Rachen und dann sein Schwert durch den Leib gestoßen hatte, als Sieger hervorging. Als er aber vor Freude über den Sieg das blutige Schwert in der Lust schwang, fiel ein Tropfen Blut auf seinen Leib und plötzlich fiel er tot hin. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wir müssen auf den Hüfifirn

Source: Wir müssen auf den Hüfifirn

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Einem Reusstaler, der nach Altdorf wanderte, begegneten am Rynächt drei (oder: eine Schar) halberwachsene Mädchen, die eilig einherschritten und ihre Bündel in Nastücher eingewickelt an den Armen trugen. Sie waren halb weiss (oben) und halb schwarz (unten) gekleidet und belehrten den Reusstaler auf seine neugierige Frage: »Wir müssen auf den Hüfifirn, um dort Frost und Kälte zu erfahren, denn diese zwei Dinge haben wir während unseres zeitlichen Lebens nicht ertragen wollen.« Hierauf verschwanden sie. »Jäh, das hani de dick und oft g'heert ärzelle«, beteuert eine Erzählerin, »und so eppis wetti de scho nu gläubä.« Nach anderer Erzählart waren es zwei sehr vornehm gekleidete Damen, die dem Urner begegneten. Von den Bündeln wird da nichts gesagt. Mathilde Imhof-Rämi und a. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wirm bannen

Source: Wirm bannen

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Äs hed äina uberhi im Rumpel Wirm bbanned undischd mid enen gägen Oltscherren.   Äina hed welle-w-Wirm bannen. Är hed uf em Boden e-r- Ring gmachd und ischd drin. Wirm sii chun; aber zöö-n-im i-r- Ring inhi häi s' nid chennen. Döö sii zwee-w-Wirrm chun; uf em Rigg häi s' en grossa wiissa träägen. Dr wiiss ischd uber e-r-Ring gsprungen, dee andren im naa, und all häin dem Banner bbissen und teeted. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Wiss Ampeisse

Source: Wiss Ampeisse

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Wiss Ampeisse Amene Ort isch e Büri gsi. Die isch e Githung gsi bis a Hag use. Niemere het sie öppis gönnt. U vo Chinge het sie nüt wölle wüsse, es si re agstange; aber die het sie im Verschleikte um ’s Läbe brocht. Spöter si du anger Lüt i’s Hus cho; äi Büri isch unger em Härd gsi. Du si bi dr Füürplatte Hüfe wiss Ampeisse vürecho. Das si die tote Ching gsi. Die weissen Ameisen dürfen wohl als Seelentierchen angesprochen werden, die durch den Tod frei geworden sind. Die Vorstellung von dem Glauben an die wiederkehrenden Toten mag hineinspielen. Warum aber erscheinen die Seelentierchen gerade auf dem Herde? Nach dem Volksglauben erscheinen die Toten an den Orten. da ihre Überreste liegen; vielleicht entledigte sich die Frau der Kinder im Feuer. In der Erzählung kann aber auch die Erinnerung an den Herd- und Feuerkult anklingen, dem wir noch später begegnen werden. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wo die Bergleutlein wohnen

Source: Wo die Bergleutlein wohnen

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In einer gewissen Gegend sollen einst Bergleutlein gehaust haben. Man wusste, dass sie an einem bestimmten Orte tief im Bergesschoss ihre Wohnung hätten. Die Leute nahm es sehr wunder, wie es dort in den goldnen Behausungen aussehen mochte. Sie gingen daher mit Pickeln und Schaufeln versehen darauf los, fingen an zu graben und wühlten einen tiefen Schacht. Als sie glaubten, dem kristallenen Tempel nicht mehr ferne zu sein, forderten sie barsch die kleinen Bergleutlein heraus, sich zu zeigen. Da erschien ein Zwerglein, allein die Gräber überfiel ein solcher Schrecken, dass sie eiligst davon flohen. Theodor Vernaleken: Alpensagen - Volksüberlieferungen aus der Schweiz, aus Vorarlberg, Kärnten, Steiermark, Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Wien 1858 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wo man sündigt, muss man büssen

Source: Wo man sündigt, muss man büssen

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Vor alten Zeiten, so habe ich oft erzählen hören, geschah es einmal, dass einem Schächentaler, der zur Nachtzeit von Altdorf durch das Hellgässli hinauf heimwärts wanderte, aus einem Seitengässli ein älterer Mann in die Quere gelaufen kam. »Guten Abend!«, sagte fröhlich der Schächentaler, der etwas angestochen war. Doch der andere erhob stumm drohend den Zeigefinger, und in diesem Augenblicke fuhr ein kalter Schauer dem Schächentaler in die Glieder, und mit Schrecken gewahrte er, dass der Angeredete keinen Kopf hatte. Schnell fügte er deshalb seinem Grusse die Worte hinzu: »Das erste und letzte Wort will ich mir vorbehalten haben.« »Das ist besser«, erwiderte der andere, »sonst hätte ich dich zutode reden können. Wisse! noch diese Nacht muss ich eine G'hirmiplatte zu Vorfrutt (am Klausenpass) erreichen; dort habe ich gesündigt.« Frau Kempf-Bissig v. Unterschächen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wo müess etz ich sy?

Source: Wo müess etz ich sy?

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Als sie auf Seelisberg ein altes Haus abschlissen und im Begriffe standen, den letzten Baum-Balken wegzumännen, hatte dieser ein furchtbares Gewicht, und sie hörten eine Stimme klagen: »Jä, und wo müess etz ich sy?« Der Besitzer tröstete: »Wenn d'kei Schadä tüesch, sä channsch mit miär chu«, und die arme Seele zog in der Folge mit ihm in das neue Haus. Joh. Huser, 60 Jahre alt. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wo Schätze liegen

Source: Wo Schätze liegen

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a) Alte Leute sagten, wenn sie im Sommer bei den Ruinen von Rudenz (Obwalden) Heu gesammelt, hätten sie am Mittag bei dem Schlosse klingen hören, als ob jemand einen Korb voll silberner Löffel auf einen Tisch ausschütte. b) Ein Knabe, Melk Jmfeld, ritt einst auf einem Schlitten hinter dem Schlosse Laudenberg zu Sarnen. Eine herrliche Jungfrau mit einem grossen Topfe voll Gold rief ihm zu: „Werfe ein Pfand darauf." Der schnell vorbei reitende Knabe tat es nicht und weg war Jungfrau „Erzarun" und Gold. Dieser Knabe war mein Grossvater. c) In den Burgrümmern am Fusse des Brünigs, auf der Burgfluh kann am Charfreitag um Mitternacht ein Schatz enthoben werden. d) Westlich von Giswil erhebt sich der sogenannte Giswiler-Stock. Auch darin ist ein Schatz verborgen von lauter Gold, der sogar zum Vorschein kommt und den man glänzen sieht. Aber er wird von einem Geist gehütet, der, wenn sich jemand nähert, Steine wirft und rollt, so dass es unmöglich ist, dem Schatze beizukommen. e) In der Ruine Neuhabsburg bei Meggen sonnt jeden Charfreitag während dem Gottesdienste ein Geist sein goldenes Kegelspiel. Jünglinge aus dem Dorf wollten einmal dem Schauspiel abwarten und hatten sich nicht nur mit Bränz versehen, um sich bei Courage zu erhalten, sondern auch mit geweihten Gegenständen, um selbe sogleich auf den Schatz zu werfen und ihn so zu bannen. Allein sie harrten umsonst und hatten nichts gewonnen als das Ausgelachtwerden. f) In der Alpe Sörenberg ist ein goldener Wagen. Mal waren einige drauf und dran ihn zu erhaschen, als einer das Maul nicht hielt und alles verdarb. Von Zeit zu Zeit rückt der Wagen aus der Tiefe der Oberfläche näher. Schon guckte einst die Deichsel ein Stück weit hervor. Ein Senn, der kam um zu mähen, achtete sich nicht und hieb mit seiner scharfen Sense das Deichselstück mit dem Grase weg.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Wo Schätze liegen

Source: Wo Schätze liegen

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a) Alte Leute sagten, wenn sie im Sommer bei den Ruinen von Rudenz (Obwalden) Heu gesammelt, hätten sie am Mittag bei dem Schlosse klingen hören, als ob jemand einen Korb voll silberner Löffel auf einen Tisch ausschütte. b) Ein Knabe, Melk Jmfeld, ritt einst auf einem Schlitten hinter dem Schlosse Laudenberg zu Sarnen. Eine herrliche Jungfrau mit einem grossen Topfe voll Gold rief ihm zu: „Werfe ein Pfand darauf." Der schnell vorbei reitende Knabe tat es nicht und weg war Jungfrau „Erzarun" und Gold. Dieser Knabe war mein Grossvater. c) In den Burgrümmern am Fusse des Brünigs, auf der Burgfluh kann am Charfreitag um Mitternacht ein Schatz enthoben werden. d) Westlich von Giswil erhebt sich der sogenannte Giswiler-Stock. Auch darin ist ein Schatz verborgen von lauter Gold, der sogar zum Vorschein kommt und den man glänzen sieht. Aber er wird von einem Geist gehütet, der, wenn sich jemand nähert, Steine wirft und rollt, so dass es unmöglich ist, dem Schatze beizukommen. e) In der Ruine Neuhabsburg bei Meggen sonnt jeden Charfreitag während dem Gottesdienste ein Geist sein goldenes Kegelspiel. Jünglinge aus dem Dorf wollten einmal dem Schauspiel abwarten und hatten sich nicht nur mit Bränz versehen, um sich bei Courage zu erhalten, sondern auch mit geweihten Gegenständen, um selbe sogleich auf den Schatz zu werfen und ihn so zu bannen. Allein sie harrten umsonst und hatten nichts gewonnen als das Ausgelachtwerden. f) In der Alpe Sörenberg ist ein goldener Wagen. Mal waren einige drauf und dran ihn zu erhaschen, als einer das Maul nicht hielt und alles verdarb. Von Zeit zu Zeit rückt der Wagen aus der Tiefe der Oberfläche näher. Schon guckte einst die Deichsel ein Stück weit hervor. Ein Senn, der kam um zu mähen, achtete sich nicht und hieb mit seiner scharfen Sense das Deichselstück mit dem Grase weg.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Wo soll ich ihn hintun?

Source: Wo soll ich ihn hintun?

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Im Schlatti, einem Teil der ehemaligen Bergstatt Tiefental auf dem Brienzerberg, sahen die dort hausenden Leute in hellen Mondscheinnächten einen unbekannten Mann einem Haggsträss nach hangauf und hangab laufen. Zu seinem rätselhaften Gebahren rief der Unbekannte immerzu mit einer Stimme, die den Leuten das Gruseln vollends beibrachte: „Wo soll ich ihn hintun? Wo soll ich ihn hintun?“ Die Leute waren der Erscheinung bald überdrüssig, wagten es aber nicht, etwas gegen sie zu unternehmen. Endlich fasste sich ein Bursche ein Herz und rief dem Unheimlichen auf sein Sprüchlein den barschen Bescheid zu: „Dahin, wo du ihn genommen hast!“ Die Erscheinung war ein Marchgänger gewesen, der zu Lebzeiten falsch gemarchet hatte und dafür büssen musste. Seitdem der Bursche ihm die Antwort nicht schuldig geblieben, sah und hörte man nichts mehr von ihm. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Wo söll ne hitue?

Source: Wo söll ne hitue?

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Wo söll ne hitue? Im Hasli het e Bur e Loherstei versetzt. Wo-n-er gstorben isch gsi, isch er au umecho. D’Lüt hei ne mängisch gseh u ghört, wie-n-er e Loherstei desumetreit u brüelet het: „Wo söll ne hitue?“ - „Chueh, tue ne, wo d’ ne gno hesch“‚ het ihm du einisch eine zuegrüeft, wo nüt vo dr Sach gwüsst het. Derno isch dr Stei i ’s Locher cho, u dr Ma isch erlöst gsi. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wodans Rache

Source: Wodans Rache

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Als die heidnischen Gottheiten dem siegenden Christentum erlagen und auch die Bewohner des Waadtlandes der neuen Lehre geschworen, war der Groll der Besiegten gegen ihre ehemaligen Anhänger so groß, dass sie diesen durch die Elemente, über welche sie damals die Macht noch nicht gänzlich verloren hatten, an ihrem zeitlichen Gute, um sie für ihre Abtrünnigkeit zu strafen und ihren Glauben an den neuen Gott wieder wanken zu machen, so viel als möglich zu schaden suchten. Vor allen war es Wodan, der erste der heidnischen Götter, der solche Rache übte. Bald brauste er als entfesselter Sturm, bald auf der Wolke des Donners einher, die Felder und Saaten von Reich und Arm zerstörend. So kam er auch einst im alten Glanze auf einer hochaufgebäumten Woge, gleich wie auf einem Streitrosse sitzend, die Rhone herab, in der einen Hand ein Schlachtschwert, in der anderen die Weltkugel haltend. Da rief er: „Rigou, hai ousson!“ (Strom, erhebe dich!) und die Rhone erhob sich auf seinen Befehl, überschwemmte das Ufer und riss, die ganze Gegend verheerend, einen Teil von St. Maurice ein; nur die Stelle, wo der Altar dem neuen Gotte errichtet war, blieb unversehrt. Da erst erkannte Wodan seine Ohnmacht gegenüber dem Christengotte. Nie wieder seit jener Zeit hat er sich den Menschen gezeigt, nie wieder Versuche gewagt, von neuem sein Reich unter ihnen zu gründen. Nur des Nachts, zu gewissen Zeiten des Jahres, lässt er sich noch hören im Sausen des Sturmes, hoch oben auf den Gletschern, zwischen Felsen und Gestein, in düsterem Waldesgrund, mehr aber sich selbst zur Pein, denn zum Schaden der Menschen. Unerblickt von deren Augen zieht er dann im scheußlichen Zuge einher, Freya, seine Gattin, einst eine gütige Göttin, jetzt ein böses Zauberweib, zur Seite, und was auf ewig verdammt, folget ihm: Selbstmörder, Trunkenbolde, ungetauft gestorbene Kinder, gehengte und geköpfte Missetäter, üppiges Weibsgesindel, Hexen und Hexenmeister, blutdürstige Nixen und boshafte Gnomen, kurz die Schaar aller jener bösen Geister, deren Reich die Felsen und Gletscher der Alpen, und deren Zahl so groß ist, dass, wollten sie dasselbe teilen, einem Jeden kaum ein Pfund der mächtigen Eis- und Felsenmasse anheim fiele. So sank Wodan, der einst von den Menschen als heiliger Gott Verehrte. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Woher das Emmengold

Source: Woher das Emmengold

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Der Meye- oder Eyesee hinter Sörenberg liegt im Gold. Da nimmt es die kleine Emme her und trägt selbes weit fort. Ein Berner Senn brachte einst hier einen Sommer zu. Weil sehr arm, ging er in Kriegsdienste. Da hörte er einmal in einem Wirtshause einem Gespräch zu. Man redete von der Schweiz und ihrem den Schweizern unbekannten Goldreichtum. „Der Schweizer wirft manchen Stein einer Kuh nach, der Stein ist mehr wert als die Kuh," hiess es. Dann kommen diese Männer noch auf den Eye-See zu sprechen. Jetzt wird er erst recht aufmerksam, kann seinen Mund nicht halten und sagt, er sei auch dort wohlbekannt und habe kein Gold wahrgenommen. Jene erwiderten, er habe nicht recht untersucht. Darauf bittet er um Urlaub. Daheim dingt er sich wieder als Senn hinauf an das Seelein. Nun ging es freilich anders. Er wurde der reichste Berner. Wie der König von Frankreich einmal drei Millionen von Bern entlehnen wollte und die Herren das Geld nicht hatten, da lieh er 's dem König und die Bernerregierung verbürgte. Aber er konnte vom König nichts mehr zurückbekommen und wollte nun, dass die Berner bezahlten. Sie weigerten sich mit der Ausflucht, sie seien nur Bürg, nicht Zahler, er müsse erst von dem König einen Abschlag haben. Das mochte er nicht tun, war er ja dennoch der reichste Berner. Er hiess Bürkli. Der alte Mann, Gott hab' ihn selig, von dem ich die Geschichte vernommen, fügte bei: „Mein Vater war am See, hat in ein Loch neben dem See einen Löffel, den er an seinem Stock befestigt und gekrümmt hatte, hinunter gesteckt und merkte, dass dieser vom fliessenden Wasser gezogen werde. Taucht tiefer und zieht hinauf. Es waren Steinchen drinn, für welche ihm ein Goldschmid 25 Gulden bezahlte."   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Woher der Brüelberg seinen Namen hat

Source: Woher der Brüelberg seinen Namen hat

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Woher der Brüelberg seinen Namen hat Anno 1339 wurden „unter der Stadt am Brüel“ viele Juden verbrannt, weil sie das Trinkwasser vergiftet haben sollten, und 1401 brachen infolge eines Mordes in Diessenhofen vielerorts, auch in Winterthur, Judenverfolgungen aus. 27 Personen, darunter Kinder, wurden auf der Wiese beim Brüel mit Feuer hingerichtet. Ihr herzzerreissendes Geschrei erfüllte die Luft. Von dem Ge-brüel der an dieser Stätte Umgebrachten soll der anstossende Berg den Namen Brüelberg erhalten haben. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Winterthur und Weinland Heimatkunde von Winterthur, hg. v. Lehrerverein Winterthur, Winterthur 1877, S. 218.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Woher der Monte Gridone seinen Namen hat

Source: Woher der Monte Gridone seinen Namen hat

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Der Gridone ist ein Gebirge am Langensee, das bei Ronco und Brissago emporsteigt und in das Tal von Cannobio hinunterschaut. Bei Losone ist einer seiner wichtigsten Ausläufer. Sein Name Gridone rührt von folgender Sage her: Zwischen den Dörfern Losone und Golino, die beide zu Füssen dieses Berges liegen, herrschte seit alter Zeit her Streit, wem von beiden der Wald, genannt Terrasca, gehören solle, und wo die Grenze beider Gemeinden sich befinde. Schliesslich kam man nach langem Streiten überein, jedes Dorf sollte den ältesten und angesehensten Mann auswählen. Diese beiden sollten einander entgegengehe» und da, wo sie sich träfen, sollte für immer die Grenze sein. Nun suchte es aber der älteste Mann von Losone ganz schlau anzustellen. Er ging heimlich auf den Kirchhof, nahm eine Handvoll Erde und streute sie in seine Schuhe. Dahn zog er diese an und machte sich auf den Weg, um den Berg herum gegen Golino, gefolgt von einer Schar, Leute aus seinem Dorf, die ihn begleiteten. Bei jedem Schritt rief er aus: «Die Erde, auf der ich gehe, gehört zu Losone.» Und so gelangte er schliesslich bis ans andere Ende des strittigen Waldes Terrasca, wie die einen behaupteten, bis an den Bergbach Riale, indem er seinem Gegner ein Stück Land raubte, das eigentlich zu Golino gehörte. Sie begegneten sich am Ende des Waldes, und das Männchen von Losone sagte: «Bis hierher geht unser Land.» Der andere wollte es nicht glauben. Da nahm der Losonese die Erde aus seinen Schuhen und sagte: «Siehst du jetzt, dass ich auf meinem Boden bin?» Der andere musste es wohl oder übel glauben, aber gerecht war die Sache nicht. Als später das alte Männchen aus Losone starb, wollten weder Gott der Herr noch der Teufel seine Seele annehmen, so dass diese in jenen Wald Terrasca zurückkehrte und dort als böser Geist umging, welcher durch sein klägliches Rufen, das man dort hörte, den Leuten Angst und Schrecken einjagte. Die Leute wollten mit der Zeit nicht mehr durch jenen Wald gehen, selbst die Hirten und auch die Kühe und Ziegen sprangen in grossen Sätzen davon, wenn sie die unheimlichen Klagetöne im Wald vernahmen. Sogar die Bewohner von Pedemonte jenseits des Flusses hörten von Zeit zu Zeit ein Schreien. Schliesslich Hess man den Pfarrer kommen, der die arme Seele beschwor und den Wald segnete, worauf sich der Geist auf die schroffen Felsen und die höchsten Zacken des Gridone zurückzog, von woher man jetzt noch von Zeit zu Zeit ein Rufen vernimmt. Dieses Schreien hört man in der Tat sehr wohl in Cavigliano, das gegenüber dem Gridone liegt, und besonders deutlich dann, wenn der Wind von Süden her weht. Von diesem Schreien (gridare) hat der Berg Gridone seinen Namen erhalten.   Am Kaminfeuer der Tessiner                                    Walter Keller                                                          Hans Feuz Verlag Bern     Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wohlfeil

Source: Wohlfeil

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Einst wurden die schönen Berggüter ob Brunnadern, auf der rechten Neckerseite gelegen, um drei Becher voll Mehl verkauft. N. Senn, Tagebuch. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 442, S. 260 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wohlgängerli

Source: Wohlgängerli

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Als jemand abends die Strasse dahinschritt, da erblickte er auf einmal einen Knäuel elende, fast schattenhafte Gestalten über den Boden kriechen, die ihm den Weg kreuzten und aussahen wie abgemagerte, bleiche, dahinserbelnde, in zerfetzte Lumpen gekleidete Kinder, die hilflos am Boden herumkrappeln. »Was isch äi das fir Waar?« rief er ganz erstaunt. »Das sind etz Wohlgängerli,« tönte es ihm entgegen. – »Ja, was isch de das?« »Das sind Chind, wo vo dän Eltärä värhilässget wärdet und vorem Zytt miend stärbä. Ja, ja! – Wennd alligs ä sones arms, värhilässgets Chind stirbt, seit alles, äs syg-em wohl gangä. Da g'sehnd-er etz, wie wohl dass-nä gaht! So miämmer wandlä bis mer ysers Zytt ärläbt hend!« Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Woiti zu Bolzbach

Source: Woiti zu Bolzbach

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Variante von Seedorf. Zu Bolzbach lebten zwei Brüder Wipfli, denen die ganze genannte Gegend zugehörte, in stetem Unfrieden miteinander. Eines Tages verfolgte der eine den andern sogar mit offenem Messer und wollte ihn töten. Da kam ihnen plötzlich ein Gespenst entgegen, ein grosser, mächtiger, bis über den Kopf vermummter Mann, und eine Stimme rief: »O weh! O weh! aber weh! z'Bolzbach gitts kei Frida meh.« Jetzt kehrten beide Brüder um. Marie Infanger  Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wolgänger

Source: Wolgänger

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a) Einem nächtlichen Wanderer, so haben sie in Erstfeld erzählt, da ich als Knabe dort aufwuchs, begegnete ein Trupp unbekannter Leute, die miteinander plauderten und lachten alsbald ein zweiter und zuletzt ein dritter. Dieser war der schweigsamste, und einer daraus fragte den Wanderer, wiä spat dass syg. Er nannte eine Stunde so um Mitternacht herum, worauf der Fragende entgegnete, äs syg nu wohl friäh. Man glaubte, es seien Wolgänger gewesen, d.h. die Seelen Abgeschiedener, wo ihres Zytt nid erläbt häiget. Fridolin Fischer, 78 Jahre alt b) Ammä-n-Ort syg äs uschuldigs Chind gstorbä, wo nu nid ämal z'Schüel g'gangä syg. Und da häig äu einä gsäit, wiäs äso Brüch isch, äss syg'm woll g'gangä. Speeter syg's'm äinisch abchu1, und är fragi's: »Wo witt hi?« »Nach Wohlergehen«, häigs gsäit und syg v'rschwundä. Katharina Gamma, 50 Jahre alt, Wassen Fussnoten  1 Abchu, mit Wortton auf chu = begegnen, begegnet. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Woran man die Hexen erkannte

Source: Woran man die Hexen erkannte

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Vor Zeiten lebten im alten Schwanderhause neben dem Pfarrhof in Sisikon zwei alte Meitli, die der Hexerei verdächtig waren. Um sie zu probieren, legten ihnen die Nachbarn einmal zwei Sensen kreuzweise vor die Haustüre und legten sich in den Hinterhalt, um zu sehen, ob die Meitli darüber stolpern würden. Und richtig! als sie vor das Haus kamen, sind beide b'stirchlet, und jetzt wusste man, dass es richtige Hexen waren. J.J. Huber, 80 J. alt, alter Napolitäner Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wotans Heer

Source: Wotans Heer

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Zu gewissen Zeiten fährt in dunkler Nacht eine unheimliche Schaar gespenstischer Wesen mit schrecklichem Geräusche von der Hohneck über das Brunnenholz und die Wilhalde, ja selbst in der Nähe des Dorfes vom vordern Kirchweg nach dem hintern Graben. Andre sagen, es ziehe sich von der Wilhalde gegen das Lotstetter Hard in das Thurtal gegen Andelfingen. Wieder andre meinen, das Gerassel und das Getöse des Zuges gehört zu haben in der Richtung von Lotstetten her über das Jungfernhölzli nach der Wilhalde an Buchberg vorbei zum Murkathof und dort beim Wellenkopf über den Rhein. Die Leute nennen es das Muodisêl oder auch Waudisêl (d. h. Wuotanes heri, Wuotansheer). Es sei der wilde Jäger mit seinen Genossen, und man höre herunter rufen: uß wêg und ab wêg! (Rüdlingen)     Aus: R. Frauenfelder, Sagen und Legenden aus dem Kanton Schaffhausen, Schaffhausen 1933. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Wuatahee und Klagweh

Source: Wuatahee und Klagweh

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Das wütende Heer Wodans heißt im Rheintal "Wuatahee" oder "Wuatihee." Von ihm wird das "Klagweh" unterschieden. Wie jenes fährt es auch in den Lüften daher und stößt die mannigfaltigsten, unendlich wehklagenden Töne aus. Noch leben hier Leute, die es gehört haben wollen. U. Schawalder   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 61, S. 28 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wüetihö

Source: Wüetihö

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Das Wüetihö ist ein vielbeiniges schwarzes Tier von der Gestalt einer Katze, doch bedeutend grösser als diese. Es durchzieht nachts mit einem unheimlichen Geschrei das Feld oder sogar die Luft. Nach N. Senn, Chronik. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 100, S. 49 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wunderbare Alpen

Source: Wunderbare Alpen

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Wunderbar war einst das Gebirge. Zwischen den zackigen Hörnern, wo sich heute starre Eismeere ausbreiten, lagen liebliche Täler, über deren grüne Triften der Schmuck farbenprächtiger Blumen ausgestreut war. Die Wälder zogen sich weit höher hinan als heute. Der Mensch aber hatte in diesen hohen Gegenden seine friedlichen Wohnstätten gebaut. Gemstiere weideten in grossen Herden in seiner Nähe und kamen zutraulich herab bis zu seinen Hütten. Keine giftigen und ungeschmackten Kräuter brachte der kräftige Alpgrund ehedem hervor, der im Vergleich mit heute den vielfältigen Abtrag ergab. Keine Gletscher starrten in die Hochtäler herab, dass von ihrer unaufhörlichen Arbeit die Triften darunter hätten Schaden leiden können. Es war allumher eine paradiesische Fruchtbarkeit. Die Kühe der Bergsennen, die sich in diesen sonnigen, ertragreichen Höhen niedergelassen, waren von ungeheurer Grösse und ergaben einen solchen Überfluss an Milch, dass man diese in gegrabene Teiche melken musste. Aber diese Teiche wurden sehr bald angefüllt. Zu Schiff fuhr man aus, um den Rahm vom Milchsee abzunehmen. Eines Morgens aber, als ein schöner junger Hirt dieses Geschäft verrichtete, warf ein Windstoss seinen Nachen um, dass er in dem weissen Meere elend ertrinken musste. Die Jünglinge und Mädchen trauerten um ihn und suchten tagelang seine Leiche, um ihr ein ehrlich Begräbnis zu geben. Sie suchten aber lange vergeblich. Erst nach einigen Tagen als man buttern wollte, fand sie sich mitten im schäumenden und anschwellendem Rahm eines Butterfasses, das so hoch war wie  ein Turm. Da bestattete man den schönen Leib des Knaben  in einer weiten Höhle welche von den Bienen mit Honigscheiben, gross wie Stadttore angefüllt worden war. Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wunderbare Lebensrettung

Source: Wunderbare Lebensrettung

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Nahe bei dem Dörfchen Wiesen »Bodmen« nennt man heut' den Ort, Wohnt' ein Säumer, fromm und bieder, Hatte Gott zum treuen Hort. –   Fleissig fuhr er mit sechs Pferden Nach dem schönen TaI Veltlin; Pflegt' in Plurs zu übernachten, Auf der Reise her und hin. –   Wie er dort nun eines Abends Zur bekannten Herberg' kam, Fing das Leitpferd an zu traben, Dass es hoch ihn Wunder nahm.   Weithin war's nicht einzuholen, Und die Andern rannten nach. Ihm schien‘s ein bedeutsam' Wunder, Wusste nicht, wie ihm geschah.   Doch es ist ihm wohl geschehen, Denn in jener Schreckensnacht Hatte Plurs sein Grab gefunden Mit dem Reichtum und der Pracht.   Und er war gerettet worden, War es also wunderbar; Sah die grause Grabesstätte Nachher noch so manches Jahr.   Leugne denn nicht Gottes Wunder! Oder hat's nicht Gott getan, Der den Treuen und Gerechten Wunderbar erretten kann?   Nie vergass er, Gott zu danken, Der so freundlich ihn bewahrt'; Denn der Wohltat zu vergessen, Ist nicht frommer Menschen Art.   Auch dem Pferde wollt' er's lohnen, Trieb es vor, sein Leben lang, Aber keine Last berührte Fürder es, auf seinem Gang.   Dort bei Wiesen auf dem »Bodmen« Zeigt man Dir annoch sein Haus, Das derweil nun auch zerfallen. Doch sein Wirt zog längstens aus. –   Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wunderbare Musik

Source: Wunderbare Musik

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Schon mancher Wanderer, der in der Nacht die Buuseregg (zwischen Farnsberg und Staufen) überschritt, erlebte dort Seltsames. Als der Erzähler einmal auf der Höhe des genannten Bergüberganges anlangte, hörte er auf einmal eine wunderbare Musik, obschon er weit und breit kein lebendes Wesen entdeckte. Buus Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wunderbare Rettung eines Kindes

Source: Wunderbare Rettung eines Kindes

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Beim Basler Erdbeben (1356) wurde die Burg Reichenstein zerstört. Beim Einsturz sollen nach der Überlieferung alle ihre Bewohner umgekommen sein bis auf ein Kind, das zur Zeit, da das Erdbeben erfolgte, mit einer Magd nach dem Gspänig (Wald hinter dem Schloss Reichenstein) spazieren gegangen sei. Dieser Spaziergang musste aber etwas spät stattgefunden haben, da der verheerende Stoss des Erdbebens nachts um zehn Uhr erfolgte, und das im Oktober. Reichenstein und Birseck Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wunderbares Leuchten

Source: Wunderbares Leuchten

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a) Auf dem Kieshügel östlich von Urswil stand schon aus alter Zeit ein Bethäuslein, in dem die 14 Nothhelfer verehrt wurden. Dasselbe war dem Zerfalle nahe und niemand da, der es ausgebessert oder umgebaut hätte. Damals sass auf dem Schloss zu Hohenrain ein Ritter, Johanniter-Ordens, der blind geworden. Kein Licht drang in sein Auge; nur wenn er von dort aus sein Gesicht nach Südwest richtete, gewahrte er in der Richtung, wo das Bethäuslein stand, einen hellen Schimmer. Er liess Nachfrage halten und vernahm den Verfall des Bethäusleins. Er entschloss sich zur Erneuerung. Den alten kleinen Bau liess er abtragen und an dessen Stelle eine grössere Kapelle mit einem Altare, geweiht wie bisher den 14 Nothhelfern, erbauen. Als das Kirchlein vollendet und der frommen Andacht eröffnet war, erhielt auch der Erbauer sein Augenlicht wieder. Aus Dankbarkeit hat er zum Unterhalt der Kapelle noch Stiftungen getan und Bodenzinse übertragen, die zum Teil gegenwärtig noch auszurichten seien. Auch habe er das Bild der heiligen Otilia, der Fürbitterin im Augenleiden, in der Kapelle aufrichten lassen.   b) Um 1779 lebte auf der Aha-Mühli in Sarnen der Gerwer Anton Wirz. Er war es gewöhnt, nachts vor dem Schlafengehen noch eine Zeitlang zum Fenster hinauszuschauen. Nun sah sein scharfes Auge einst viele Abende nacheinander, wie es in die Nacht hinaus spähte, über einem Wald in der Richtung nach Kerns, dort wo er seine Sommerweide, einen trockenen unfruchtbaren Grasboden, hatte, ein Licht schimmern. Ängstlich geworden, fragte er einen Kapuziner um Rat. Da ward ihm der Bescheid, dort, wo das Licht sich sehen lasse, einen steinernen Bildstock zu errichten. Das Bild sollte die Mutter Gottes darstellen und eine Bank für die fromme Rast der Reisemüden angebracht werden. So geschah es. Und wie der Bau vollendet war, verschwand auch das Licht für immer. Der Platz ist zwischen Boribach und Kermat, am Fussweg von Kerns nach Sarnen. Es wird dort viel gebetet, besonders von jenen, die das kalte Fieber haben.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.      


by Wunderbares Leuchten

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a) Auf dem Kieshügel östlich von Urswil stand schon aus alter Zeit ein Bethäuslein, in dem die 14 Nothhelfer verehrt wurden. Dasselbe war dem Zerfalle nahe und niemand da, der es ausgebessert oder umgebaut hätte. Damals sass auf dem Schloss zu Hohenrain ein Ritter, Johanniter-Ordens, der blind geworden. Kein Licht drang in sein Auge; nur wenn er von dort aus sein Gesicht nach Südwest richtete, gewahrte er in der Richtung, wo das Bethäuslein stand, einen hellen Schimmer. Er liess Nachfrage halten und vernahm den Verfall des Bethäusleins. Er entschloss sich zur Erneuerung. Den alten kleinen Bau liess er abtragen und an dessen Stelle eine grössere Kapelle mit einem Altare, geweiht wie bisher den 14 Nothhelfern, erbauen. Als das Kirchlein vollendet und der frommen Andacht eröffnet war, erhielt auch der Erbauer sein Augenlicht wieder. Aus Dankbarkeit hat er zum Unterhalt der Kapelle noch Stiftungen getan und Bodenzinse übertragen, die zum Teil gegenwärtig noch auszurichten seien. Auch habe er das Bild der heiligen Otilia, der Fürbitterin im Augenleiden, in der Kapelle aufrichten lassen.   b) Um 1779 lebte auf der Aha-Mühli in Sarnen der Gerwer Anton Wirz. Er war es gewöhnt, nachts vor dem Schlafengehen noch eine Zeitlang zum Fenster hinauszuschauen. Nun sah sein scharfes Auge einst viele Abende nacheinander, wie es in die Nacht hinaus spähte, über einem Wald in der Richtung nach Kerns, dort wo er seine Sommerweide, einen trockenen unfruchtbaren Grasboden, hatte, ein Licht schimmern. Ängstlich geworden, fragte er einen Kapuziner um Rat. Da ward ihm der Bescheid, dort, wo das Licht sich sehen lasse, einen steinernen Bildstock zu errichten. Das Bild sollte die Mutter Gottes darstellen und eine Bank für die fromme Rast der Reisemüden angebracht werden. So geschah es. Und wie der Bau vollendet war, verschwand auch das Licht für immer. Der Platz ist zwischen Boribach und Kermat, am Fussweg von Kerns nach Sarnen. Es wird dort viel gebetet, besonders von jenen, die das kalte Fieber haben.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.      


by Wurmis

Source: Wurmis

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Heisst ein Landgut in Riemenstalden auf der Urner Seite. Dort wurde jede Nacht eine Kuh gesogen an einem Strichen. Endlich passten die Leute dem Schelm auf. Es war ein »Wurä«! Die Kuh sehnte sich ordentlich nach ihm, so war sie an ihn gewöhnt. Die Leute erschlugen ihn. Von da an hat dieses Gut den obgenannten Namen. Anton Wyrsch, Sisikon Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Würzbrunnen

Source: Würzbrunnen

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Als noch Wolf und Bär im waldreichen Emmental hausten und Menschen und Vieh unsicher machten, stand auf der Anhöhe von Würzbrunnen eine Stadt. Einst führten ihre Bewohner einen blutigen Krieg. Dabei gelang es dem Feind, mit feurigen Pfeilen die Stadt in Brand zu stecken. Tagelang wütete das Feuer. «Bis uf d'Würzen abebrunne» sei die Stadt, behaupten noch heute alte Leute der Gegend. Unter den Trümmern, die heute unter Wald und Weide verborgen liegen, sollen kostbare Schätze begraben sein, nach denen oft gegraben wird. Wie durch ein Wunder Gottes blieb das Kirchlein von dem Feuer verschont. Darum genoss es lange Zeit als Stätte der Anbetung hohes Ansehen und wurde für die Bewohner des Emmentals zu einem beliebten Wallfahrtsort. Viele hundert Jahre nach der Zerstörung der Stadt beschlossen die Bewohner des Tales, das Kirchlein zu Würzbrunnen abzubrechen und es drunten in Röthenbach neu erstehen zu lassen. Allein das war unmöglich. Was die Handwerksleute tagsüber unter grossen Anstrengungen ins Tal hinabgeschafft hatten, das trugen während der Nacht unsichtbare Hände wieder an den alten Ort zurück. Und so ist es gekommen, dass das Kirchlein zu Würzbrunnen, dieses bauliche Kleinod des Oberemmentals, der lieblichen Landschaft erhalten geblieben ist. Emmentaler Sagen, Hermann Wahlen, 1962 Gute Schriften Bern Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Wydä sind äu güet!

Source: Wydä sind äu güet!

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a) Aus Elend und Verzweiflung wollte ein armes Mandli sich erhängen. Als es sich dem Walde näherte, wo es seine schreckliche Tat vollbringen wollte, kam ihm in den Sinn, dass es den Strick vergessen, und es wollte umkehren, ihn zu holen. Aber da rief eine Stimme: »Wydä sind äu güet.« Das machte den Armen doch stutzig; er besann sich eines Bessern und gab sein unseliges Vorhaben auf. Zäzilia Gisler -Walker, 70 Jahre alt. b) Ein armes Männlein aus dem Reusstal wurde verklagt und musste vor Gericht erscheinen, wo es eine harte Busse zu erwarten hatte, und sein Geldbeutel litt schon so wie so an der galoppierenden Schwindsucht. Wie er sinnend und sorgend an der Rynächtflue vorüber schreitet, denkt er bei sich: »Bim Eid, wenn-d'ä Strick hättisch, sä giängtisch-di ga erhänkä!« In diesem Augenblick rief es laut und deutlich von der Fluh herab: »Wyddli (Weidenzweige) tätet's äu!« Diese Dienstfertigkeit des unsichtbaren Helfers gefiel dem Reusstaler doch nicht; er kehrte um und fasste den festen Vorsatz, einer solchen Einflüsterung in seinem Herzen nie mehr Raum zu geben. »Diä, wo-ssi tiäget erhänkä, heiget der scheenscht Tod, hennd alligs diä Altä gseit; deenä tiäg der Tyfel üffspielä und Musig machä. Und das hani äu gheert sägä, friähner heigmä settig, wo-ssi sälber lyblos gmacht heiget, un der der Tiräsellä durä zum Hüs üss tah«, belehrt mich meine Erzählerin. Frau Wipfli-Herger, 78 Jahre alt, Schattdorf, und a. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Z Greebere

Source: Z Greebere

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Am Südabhang des Rigiberges, zwischen der Kantonsstrasse ins Fricktal und dem Buuserbach, liegt die Flur mit dem Namen «Z Greebere». Man vermutet, dass dort in früheren Zeiten die Toten bestattet wurden. Buus Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Z' Spettlä tüet nië güet

Source: Z' Spettlä tüet nië güet

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Dass es in einer Hütte der Alp Stössi geistete, das wusste jedermann im Maderanertal. Als einst zwei Bristnermännlein diese Hütte betraten, da fing der eine von ihnen an, über das Gespenst zu spotten und ihm auszubieten und über die abergläubischen Narren zu lachen, die solche Dinge glauben. Ja, er ergriff sogar einen Stein und warf ihn mit höhnischem Gelächter gegen die zahlreichen Schwimmlig (Pilze), die den Boden der Hütte überwucherten. Aber wohl, mit dem isch änanderänah üsa! Ä b'hiët-is, wië isch der zur Hittä-n-üss chu! G'scheh isch-em nyt wytters, aber ä par Tägg hed-er düä doch nu chennä-n-ä g'schwullnä Grind ummäträgä. »Das isch de scho wahr«, beteuert mein Gewährsmann, »das hätt d'r Byni nitt g'logä, und der het's g'seh und het's miër sälber v'rzellt.« Und ein Zuhörer meint: »Äs cha sy wië nitt; aber z'spettlä tüet nië güet, das isch äs Alt's.« Albin Gnos, Maderanertal, 70 J. alt. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Z' Unghür

Source: Z' Unghür

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Einst in furchtbarem Sturm und Schneeregen schritt mit kurzem, eiligem Schritt ein Geschöpf durch das TaI, das einem Mann in fremdartiger Kleidung glich. Lange durchnässte Locken, halb grau, halb schwarz, flogen vom Wind gepeitscht um ein Gesicht von regelmässiger Schönheit, aber schauerlichem Ausdruck: die unruhigen Augen glühten gleich einem Backofen. Der schnellschreitende Mann trat in eine der Hütten des Tales, wo Vater und Söhne sich eben mit Eintreiben des Viehs beschäftigt hatten und nun durchnässt am Herdfeuer sassen. Über denselben hatte die Mutter den Käskessel hängen. Die Kinder schrien, als der wilde Fremde eintrat. Die Eltern boten ihm Platz am Feuer und warme Schotte an. Der Mann zitterte (wie es schien vor Kälte), goss in rasender Eile die siedendheisse Schotte von einem Gefäss ins andere, dass das Getränk hoch zur Decke aufspritzte, verschlang es kaum gekühlt, stürzte aus dem Haus, lief die hohe Bergwand, die nach Rheinwald führt, hinauf, so schnell, dass die nachfolgenden Kinder ihn für einen Geier hielten. Aus: U. Brunold-Bigler, Die Sagensammlung der Nina Camenisch, Disentis 1987, mit freundlicher Genehmigung der Autorin. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Z'altä Mittwuchä

Source: Z'altä Mittwuchä

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sell-mä niä z'Stubädä gah, hets eister gheissä. Da chennt etz der Tristeler Hansi im Schachä-n-obä-n-äs Wort derzüe sägä. Der hed eis Summers i der Gisleralp obä diänet. Mal äu einisch dass z'altä Mittwuchä gsy ist, seid er am Abed, är gahi hinecht nu zum Tristeler Nänni hindärä. Diä andärä hend-ems gwerrt und gseit, är sell nytt gah, äs syg z'altä Mittwuchä. Är miäss gah, heig er gmeint und syg fort. Am neechstä Morged, wo sy ds Veh zämätribä heiget und heiget wellä mälchä, syg är nu niänä-n-ummä gsy. Und nytt chu und nytt chu bis gägä Mittag anä. Und da syg-är verhärdädä-n- und verdräckätä da-härä chu, eppis grüsigs! Sy heigädä düe ä chly üssglachet und üssgspillt: nächtig miäss ers doch scheen gha ha bim Nänni, das ers solang heig meegä biänem verlydä. Aber der Hansi heig ä kei bitz glachet. Ändlächä säg er, wennd sy wisstet was är, tätet-s'äu nytt lachä. Der ganz Summer üss heig-er-si niämeh meegä-n-erlachä und syg eisster tüssä gsy. Erscht am Herbst heig-ers düe verzellt, wiässem der sälb Abed ggangä sy. Wonner zvordrisch i ds Fäldmes hindärä chu syg, syg-em äs Wybervolch abchu und syg chu bis hert vornä züechä. Und syg hindernähär! Und vo da awägg heig är nymeh vonem sälber gwisst bis am Morget z'Bättälyt tä, und da syg är im Gergertall unnä-n-innärä Grotzä-n-obä ghanget. Das Wybervolch syg sy Müetter sälig gsy, wonem alligs gseit gha heig, z'altä Mittwuchä sell-er niä z'Stubädä gah. Dom. Imhof, 55 Jahre alt, Spiringen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Z'altä Samschtig

Source: Z'altä Samschtig

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Unser drei Gespanen – keine Neulinge – wilderten einst am Balmergrätli. Es war z'altä Samschtig. Nachdem wir lange Zeit einen feisten Gemsbock hin und her gejagt hatten, ruhten wir endlich bei einem grossen Steine aus. Nie hätten wir gedacht, dass sich eine Gemse zu diesem Punkte verirren würde, und doch kam nach einiger Zeit eine solche direkt auf uns zu gelaufen. So dicht stellte sie sich vor uns auf, dass sie einer mit dem Gewehr hätte erreichen können. Ich wollte schiessen, aber ich konnte nicht, ganz unbegreiflicherweise. Auch von den zwei andern Kameraden schoss keiner. Plötzlich machte das Tier kehrum und rannte davon. Keiner sandte ihm eine Kugel nach. Totaschenbleich schauten wir einander an und fragten uns: »Jä, worum hem-miär etz nitt gschossä?« Wir konnten keinen andern Grund finden als: Weil es z'altä Samschtig, d.h. Fronfastensamstag war. Martin Planzer, 36 Jahre alt, Unterschächen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Z'altä Tagg

Source: Z'altä Tagg

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d.h. an einem Mittwoch, Freitag oder Samstag in einer der Fronfastenwochen, das het's eißter g'heissä, sell-mä nitt mit d'r Bixä gah. Von Baldrig ging einmal ein Bauer trotz Abmahnens der Seinigen an einem solchen Tage abends aus, um den Füchsen zu lotzen. Als er in Damian Arnolds Äbnetli kam, begegnete ihm »allpott« ein Fuchs; trotzdem ihm solches merkwürdig vorkam, schoss er doch deren mehrere, nahm einen oder zwei mit sich und liess die andern liegen. Daheim warf er die Beute unter das Ofenbänkli. Am nächsten Morgen ging er aus, um die übrigen zu holen, fand aber statt ihrer nur eine Anzahl »Hybi«, d.h. Häubchen, wie solche einen Teil der alten Urner Frauenkopftracht, »Hübä-n- und Chäppli« genannt, ausmachten. Da häigs-em doch afah duttärä, und är häig diä Hybi la liggä-n- und syg hei. Theresia Gisler, 73 J. alt, Spiringen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Z'spettlä-n-erlydet's nitt

Source: Z'spettlä-n-erlydet's nitt

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»Ein brutaler Mann war der Chählä-n-Alois,« erzählt ein alter Gurtneller. »Als er eines Abends stark angetrunken heim ging, stieg er bei unserem Hause auf dem Stalden an das Fenster hinauf, spöttelte und höhnte über das Gespenst im Leidloch, wo er vorbei musste, und prahlte, dem wolle er diesen Abend den Meister schon zeigen. Unsere besorgte Mutter befahl uns Kindern, das Fenster zu schliessen, worauf der widerliche Spötter bald sich davontummelte. Aber an jenem Abend hat es ihn im Leidloch »i 'Klüs gnu«, dass er sein Leben lang genug bekam. Lange Zeit blieb er krank, sein rechtes Bein wurde nie mehr gesund und wurde im Laufe der Jahre von den Ärzten nach allen Seiten zerschnitten und zerhauen. Z'spettlä-n-erlydets halt äbä nitt. Wem-mä rüewig sys Wägs gaht, sä chennet eim beesi Geister nytt machä, aber spettlä-n-uders'agryffä, das darf mä nitt.« Johann Tresch, der Präzis, 72 J. alt. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Zahnweh

Source: Zahnweh

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Ein armer Mann von Rans, welcher beim Geitzbachtobel, am Buchserberg, dürres Holz suchte, fiel über einen Fels hinunter und brach ein Bein. Den ganzen Nachmittag und die folgende Nacht musste er liegen bleiben und rief von Zeit zu Zeit um Hilfe, Endlich erschien ein wildes Männchen, welches, nachdem es erfahren, was dem Ranser fehlte, sagte: "So, ist es nur das? Ich habe geglaubt, du habest Zahnschmerzen!" Und damit entfernte es sich wieder. Heinrich Hilty.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 122, S. 59 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Zarèra

Source: Zarèra

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Oberhalb Pisciadella ist eine Stelle, wo lauter Ruinen von Gebäulichkeiten sich befinden, und diese Stelle heisst heute noch la Rovina (die Ruine). Daselbst stand, wie die Sage erzählt, das hübsche Dorf Zarèra, welches aber von rohen, gottlosen Leuten bewohnt war, die man in der ganzen Umgebung verachtete und fürchtete. Zarèra war der günstigen Lage wegen eine bedeutende Haltstelle für Fuhrleute und Wanderer, aber die wurden von den Einwohnern so schlecht gehalten und betrogen, dass sie sich hoch und teuer verschworen, in diesem Orte nicht wieder einzukehren; gar oft wurden sie noch beraubt, und zudem bestrichen die Wirte die Zähne der armen Saum- und Fuhrpferde mit Seife glatt, dass sie kein Heu fressen konnten, und doch mussten die Säumer und Fuhrleute das Heu zu unverschämten Preisen bezahlen. Das ging so lange Jahre. Die Langmut des göttlichen Richters war er­schöpft, doch warnte er die durch Geiz Verblendeten und in Betrug Ver­stockten, indem er ihnen eine Vision gab: Die Bewohner erblickten nämlich nächtlicher Weile eine Jungfrau auf einem weissen Rosse um ihre Wohnun­gen herumreiten, mit lauter Stimme zur Busse und Besserung ermahnend. - Es blieb jedoch bei dem Schrecken. Die leidenschaftlichen Bewohner höhnten die Warnerin arg. Die Gnadenfrist war endlich verstrichen. Der Tag der Rache brach an. - Der Mittag verwandelte sich in Mitternacht. Furchtbar rollte der Donner. Der Orkan brach los. Die Waldbäche um­schlossen das Nest der sündhaften Rotte. Der zuckende Blitz liess die Verstockten ihre verzweifelte Lage sehen. Von allen Seiten stürmten Felsblöcke, Bäume sammt Wurzeln, Massen von Schlamm ein, und - als der Himmel sich klärte, war Zarèra nicht mehr. - Hie und da sind auf den Ruinen Bäume gewachsen, und in der Mitte der Ruinen findet sich ein Platz, auf welchem kein Baum Wurzeln fassen mag. Darunter soll die Kirche von Zarèra gestanden haben. - Eine einzige Frau, die nicht mit den Andern allen gehalten, wurde mit ihrem Säuglinge gerettet, ein Windstoss hatte Beide fortgetragen und auf einen Rasenplatz niedergesetzt. Sie konnte der übrigen Talbevölkerung Kunde von dem schrecklichen Ereignisse geben. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Zauberbuch sprengt Schlösser

Source: Zauberbuch sprengt Schlösser

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Zu einem Pfarrer kamen einst zwei schlichte, unschuldige Eheleutchen mit einem Buch und sagten arglos, das syg neiwä-n-äs kurjoses Buäch, wem-mä da dri läsi, tiäget alli Schlösser uffspringä. Der Pfarrer schaute sich das sonderbare Buch genau an und meinte, es sei nicht für die Leute. Er behielt es bei sich und gab ihnen ein anderes. »Ja, ja, friähner heig äs ä seeligi Biächer g'gä, da syg au dri g'sy, wiäm-mä chenn ä Brand ohni Wasser löschä. Der Pfahr Murer heig das aber au chönnä.« M. Josefa Aschwanden, 75 J. alt, Sisikon Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Zauberbuch und Teufel

Source: Zauberbuch und Teufel

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Ein junges Bürschchen in Attinghausen las einmal in einem Zauberbuch. Plötzlich ging die Türe auf, und herein trat – Gott b'hiätis darvor! – der lebendige Teufel. Das Büblein war aber auch nicht links und las gleitig wieder zurück; und da ergriff auch der Hörnermann brummend den Rückzug und ging »hindersi« zur Türe hinaus. Der Pfarrer vernahm von der Geschichte und nahm dem Jungen das Buch ab. K. Zgraggen, 82 J. alt, Seedorf Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Zauberfamilie in Basel

Source: Zauberfamilie in Basel

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Zu Basel war ein Burger von einem altem berühmten Geschlecht: Adelbert Meyer. Dieser war für einen der reichsten Bürgeren gehalten. Er kam hernach in das Regiment und nahm eine reiche Witwe zur Ehe, welche hernach vorgab, der Meyer ihr Ehemann sei ein Schwarzkünstler; daher sie sich von ihm scheiden ließ. Er aber wollte ihr nichts herausgeben, bis man ihm seinen Hausrat angefangen zu verganten. Er wurde darauf, weil er krank war, in einem Sessel auf das Rheintor getragen; also war ihm von seinem zeitlichen Gut nichts übergeblieben. Inzwischen ist auch durch einen Juden erwiesen worden, dass er einen Spiegel habe, in welchem er alle seine Missgünstige sehen könne. Kurz hernach ist er in der kleinen Stadt in ein Haus verbannisiert worden, worüber er für großem Kummer ganz grau worden. Einer seiner Söhne wurde über seinen kläglichen Zustand ganz sinnlos, der andere Sohn verdarb. Sein Tochtermann und seine Tochter wurden auch für Schwarzkünstler gehalten. C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Zaubergeschichten in der Augstbortalpe

Source: Zaubergeschichten in der Augstbortalpe

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Im Bergtale, das die Gemeinde Emd von St. Niklaus trennt, liegt die Hochalpe Augstbort mit dem Hochpasse gleichen Namens, der ins Turtmanntal hinüberführt. — Der Name mag herkommen, weil diese Bergweide erst im Augustmonat kann abgeätzt werden; sowie eine Spätweide in der Belalpe auch wohl darum die "Augstkumme" heisst. — In neuester Zeit ist dieser Bergpass so ausgebessert worden, dass die Touristen selben nun zu Pferde überschreiten können. Von der Passhöhe führt noch ein neu angelegter Fussweg auf's "Schwarzhorn" hinauf, das die herrlichste Rundschau in die erhabene Gebirgswelt bietet. In der Bergschlucht Augstbort sprudelt, ungefähr in der Höhe, wo die Holzregion aufhört, aus einem Felsen hervor die vielbelobte Quelle, "Goldbrunnen" genannt, von der schon alte und neuere Schriftsteller reden und die mag bekannt geworden sein in alten Zeiten, wo dieser Bergpass oft ist benützt worden. Es scheint die Grafen oder Oberherren in Visp hätten das Vispertal an seiner Mündung so abgeschlossen, dass die Leute von Gafental (St. Niklaus — Zermatt) sich mit ihren Herrschaften in Raron und Leuk nur mittelst dieses Passes in Verbindung setzen konnten. — Darum mag auch der Weg nach Törbel, der zu diesem alten Bergpasse, oder durch die Moosalpe nach dem Bezirke Raron führt, sein sprichwörtliches Alter haben; — man sagt von einer alten Person oder Sache, sie sei "so alt als der Weg an Törbel". Aus der Hochalpe Augstbort wird manche Zauberei erzählt. — Einst sassen die Alpleute ruhig in ihrer Hütte beisammen; da brachen auf einmal alle hölzernen Milchgeschirre, die zum Trocknen auf dem Hüttendache aufgestellt waren, aus und rollten polternd und klirrend über das Dach herunter und den Stafel herab. Als die Leute aufsprangen und die Geschirre wieder sammeln und heimbringen wollten, waren alle bester Ordnung, auf dem Dache und keines fehlte. — Eines andern Spätabends wurde das Alpvieh vom Nachtlager aufgetrieben und davongejagt; die Kühe schnurrten heftig, stampften mit den Füssen den Boden und alle Viehschällen klangen hell: Als aber die Alpleute herbeieilten, um das aufgeschreckte Vieh zu beruhigen, sieh! da pflegten alle Tiere der stillsten Nachtruhe und nicht ein einziger Kalle schlug an die Schälle. — Einem Alpweibe begegnete einst am hellen Tage auf der Wasserleitung, die das Wässerwasser nach Törbel und Zeneggen führt, ihr eigenes Alpschwein übel zugerichtet und vor Schmerzen grunzend; ein Auge war ausgerissen und hing nur noch an einem Blutfaden die Wange herab. Mitleidig führte die bestürzte Hausfrau das leidende Schwein wieder heim. Als sie aber die Schweinstalltüre öffnete, sieh! da war ihr Schwein gesund im Krommen und das verschlagene ihren Augen entschwunden. Einst besorgten zwei junge Mädchen ihr Vieh in der Augstbortalpe. Sie erhielten in den Abendstunden nach getaner Arbeit oft Besuche von einem unbekannten Weibe, das sie angenehm zu unterhalten wusste. Eines Abends lud dieses Weib die Mädchen ein, mit ihm nach "Jungen" (St. Niklaus) zu einem lustigen Abendsitze zu kommen. Sie folgten. Der Weg führte sie durch eine mit Gesträuch dicht überwachsene Halde hinauf und hinüber. Die unbekannte Begleiterin wollte die Mädchen vorangehen lassen; diese aber, weil sie den Weg nicht kannten, weigerten sich dessen hartnäckig. Das Weib musste nachgeben und voran. Da merkten die erschrockenen Mädchen, dass ihre Führerin am linken Fusse nicht Menschengestalt, aber einen Hahnenfuss habe. In der Angst begannen sie gleich ein "Ave Maria" zu beten und sieh! ihre Begleiterin war entschwunden; der Tag begann zu grauen und mit Erstaunen sahen sie sich so hoch ins Gebirge entführt, dass sie erst am Abend müde und entkräftet ihre heimatliche Alpe wieder erreichten. — Und wer das zuletzt erzählte, dem ist der Mund noch warm.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Zauberkundiger Viehdoktor

Source: Zauberkundiger Viehdoktor

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Zauberkundiger Viehdoktor Dem städtischen Eichmeister versagte 1777 eine Ölpresse den Dienst. Der Eigentümer nahm an, böse Leute hätten sie ihm verhext. Er rief den Scharfrichter, den Zauber zu lösen. Der aber erklärte sich als zu schwach, um dem Bösen entgegenzutreten. Nun holte der Eichmeister den Viehdoktor von Pfaffhausen, der im Ansehen stand, über böse Geister Macht zu besitzen. Dieser machte allerlei Räucherwerk, sprach seltsame Worte, vollführte Gebärden und brachte mit seinen Künsten richtig die Öle wieder in Gang. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Winterthur und Weinland Heimatkunde von Winterthur, hg. v. Lehrerverein Winterthur, Winterthur 1877, S. 218. Die Erzählung geht zurück auf den Straffall Salomon Sulzer, Holzwerkmeister, der 1777 eine verhexte Ölpresse durch Beschwörung wieder ingang zu setzen versuchte. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Zauberwurzel

Source: Zauberwurzel

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Der alte Hans-Melki hinter der Pfarrkirche zu Silenen hatte eines Tages seine Sense zur Hand genommen, um das Gras unter den Bäumen seines Gütleins wegzumähen, denn es fing an zu brennen. Aber äs hed-em-si gar nit wellä häuwä. Wie er so an dem halbversengten Gras herumschindet, kommt ein altes Muetterli durch die Gasse dahergehumpelt; es erstellt sich, schaut über die Mauer hinein und ruft, wie es so Brauch ist: »Häuwt's-es?« Unwillig versetzt der Melk: »Chennt neiwä nitt riähmä! Äs isch hitt wiä verhäxets; i tüe nur d'Sägässä verschlah und 'pringä-n-ä kei Mahdä z'Bodä.« Jetzt brachte das Fraueli eine Wurzel aus seinem Rocksack zum Vorschein und reichte sie dem Mähder mit der Belehrung: »Tües-si i ds Steifass leggä, und de lüeg de, ob's nitt besser gaht; aber uff der Allmeini brüch-si nitt, susch verchämtet diä andärä rein nymeh.« Und so machte er's. Er brauchte nur die Sense am Boden anzusetzen, und da lag auch schon ein Schwaden am Boden. Aber nach einiger Zeit gefiel ihm solches doch nicht, es kam ihm unheimlich vor. Da warf er die Wurzel weg. Soweit er, mit der Wurzel im Steinfass, gemäht, wuchs doch zwei Jahre lang »kei griäni Chydä meh!« Tobias Lussmann, 24 J. alt Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Zehntenfrei

Source: Zehntenfrei

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Zehntenfrei Als einmal Krieg im Lande war, fühlte sich die Gräfin Margarete von Kyburg auf ihrem Witwensitz „Moosburg“ nicht sicher. Sie liess ihre Hörigen ringsum aufbieten, damit sie ihr beim Flöchnen ihrer Habe auf die sichere Kyburg hülfen Die Bauern von Effretikon, Tagelswangen und Lindau stellten sich zur rechten Zeit ein, nur die Bisiker zögerten. Sie hofften, es würde ihnen nicht mehr zu tun übrig bleiben. Ihre List gelang; als sie vor der der Burg erschienen, war die Gräfin schon abgezogen, und sie lachten sich ins Fäustchen. Wie ärgerten sie sich aber, als nach hergestelltem Frieden die Burgherrin zurückkehrte und den treuen Helfern zur Belohnung gewisse Grundstücke zehntenfrei erklärte. Seither lacht man in dieser Gegend Leute, die eine gute Gelegenheit verpasst haben, mit den Worten aus: Ir chömed halt z spoot, wie d Biisiker! Man glaubt auch, dass die Flur „Zehntenfrei“ zwischen Lindau und Tagelswangen von der Savoyerin Margarete herrühre. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Schriftlich mitgeteilt von Lehrer Emil Honegger, Tagelswangen, 1962; ihm mündlich erzählt 1935 von Joh. Ulrich Wegmann daselbst. E. Honegger fügt bei: In der Flur „Zenhtenfrei“ stehen alte Grenzzeichen mit den Buchstaben ZF S. Sie bezeichnen aber den Umfang des einstigen Riedhofes, dessen Zehnten 1479 die Brüder Moroff von der Familie Schwend in Zürich ablösen. „S“ bezeichne nicht Savoyen, sondern Schaffhausen, das den Zehnten im angrenzenden Tagelswanger Gebiet innehatte. Die Steine wurden im 18. Jahrhundert gesetzt.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Zeichen des Hingerichteten aus dem Jenseits

Source: Zeichen des Hingerichteten aus dem Jenseits

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a) Ein vornehmer Rompilger aus deutschen Landen übernachtete in einem Gasthause zu Amsteg. Sein Zimmergenosse merkte, dass er viel Geld bei sich trage und überfiel ihn, um ihn zu berauben. Unglücklicherweise hatte der Ahnungslose an jenem Tage auf der Strasse einen »Trullihegel« (Taschenmesser) aufgelesen und zu sich gesteckt, und mit diesem verteidigte er sein Eigentum und – es ist fast nicht zu glauben! – tötete dabei den elenden Gauner. Er wurde des Mordes angeklagt und trotz seiner Unschuldbeteuerung zum Tode durch Henkershand verurteilt. Während seiner Untersuchungshaft auf der Ankenwage zu Altdorf gewann er die Liebe und das Zutrauen des Landweibels, und dieser liess ihn im Hause frei herumlaufen. Oft hörten ihn die Mutter meiner 90jährigen Erzählerin und viele andere Leute in seiner Zelle ein wunderschönes Lied singen. Als sie ihn auf den Richtplatz führten, weinte der Weibel bitterlich und bat ihn, ihm ein Zeichen zu geben, wenn er in der Ewigkeit gut angekommen sei. Einige Tage nach der Hinrichtung, als der Weibel am Fenster stand und weinend an den unschuldig hingerichteten Pilger dachte, da lag auf einmal das Käppchen, das dieser gewöhnlich auf dem Kopfe getragen hatte, auf dem Fenstersims. Jetzt war der Weibel getröstet; er wusste nun, dass sein Freund gut gestorben war. b) Nach anderer Erzählart war der Hingerichtete ein Oesterreicher, der sich Bartholomäus Tassel nannte, in Amsteg bei einem Bauern diente und sich gegen einen eifersüchtigen Nebenbuhler mit einem Trullihegel wehrte. Er wollte seine vornehmen Eltern nicht nennen. Auf dem Wege zur Richtstätte habe er zu einem Fenster hinaufgezeigt und zum begleitenden Priester, Pfarrhelfer Melchior Baumann (1816 – 1837), gesagt: »Sehet da meine Eltern!« Hätte er seine Eltern der Obrigkeit genannt, so wäre er nicht hingerichtet worden. Kath. Kempf, 90 J.a.; Heinrich Baumann, 70 J. alt. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Zendenrichter Owlig

Source: Zendenrichter Owlig

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Ein Owlig aus Mund war Zendenrichter. Es wird ein wichtiger Mann gewesen sein, aber vielleicht arbeitete er gerne auf eigene Rechnung und war parteiisch. Einst kam er am Abend von einer Gerichtssitzung heim nach Mund. Da lag ein Schreiben auf seinem Tisch, dabei war den ganzen Tag bestimmt niemand ins Haus gekommen. Nur sein stummer Bruder war da, der konnte aber nicht schreiben. Im Brief stand: «Mein Vater sitzt heute in Brig zu Gericht. Er nimmt es dem Armen und gibt es dem Reichen; dass Gott erbarm!» MUND Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Zeusler

Source: Zeusler

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Zeusler Rägel, eine Pfäffikerin, erzählte: „Wir hatten eine Liechtstubeten. Als wir zufällig aufs Riet hinausschauten, bemerkten wir einen leibhaftigen Zeusler, also einen, der Marksteine versetzt hatte. Nachdem einer in Vorschlag gebracht hatte: wir wollen beten, dann kommt der Zeusler in die Nähe, waren wir alle einverstanden, gingen unter die Haustüre und beteten. Der Zeusler kam mit Windeseile näher und immer näher. Wir hatten kaum Zeit, die Türe zu schliessen. Der Zeusler schlug mit der Hand auf die Türe. Als wir später nachschauten, waren darin fünf Finger eingebrannt, deren Brandmal nicht mehr abzuhobeln war.“ * Noch um die Mitte des 19. Jahrhunderts galt im Oberland die allgemeine Überzeugung: Wenn man beim Erscheinen der Zeusler betet, so sitzen sie einem auf die Achsel und drücken einen fast zu Boden; flucht man aber gegen sie, so lassen sie einen in Ruhe. * Im Robenhauser Ried war es auch nicht ganz geheuer. Dort sah man oft sonderbare Lichter herumtanzen. Die Einheimischen nannten sie Irrlichter. Es kam vor, dass ein solches Irrlicht einsame Wanderer bei Nacht und Nebel stundenlang im Ried herumlockte, bis sie in die Turbenlöcher fielen. Man hielt diese Erscheinungen für die Seelen von Brandstiftern, die im Grabe keine Ruhe fanden. Zur Abbüssung ihrer Frevel müssen sie bis zum jüngsten Tage als Zeusler oder Irrlichter im Riede herumgeistern. * Jakob Stutzens Vetter Kaspar erzähl, wie er selber einmal bei Nacht auf dem Kreuzweg zwischen Unterhittnau und Isikon einem Zeusler begegnete. Es sei gewesen, wie wenn ein blaues Lichtlein in einem Krättlein vorüberrollte. Im Kreuzweg sei es höchst unheimlich, denn dort seien auf ein paar Äckern Marchsteine verrückt worden. Er wisse, wer’s getan habe, sage es aber seiner Lebtag keinem Menschen. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Fr. 12. 7. 1924; 1. Abschnitt: Jahrbuch Pfäffikon Nr 4, S. 212; 2. Abschnitt SAVk, 2 (1898), 277; 3. Abschnitt: Messikommer I, S. 187; 4. Abschnitt: Stutz; S. 36. - Zeusler = feurige oder brünnige Mannen. HwbdA. 2, 1406 - 1411 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ziberli

Source: Ziberli

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Zu Hergiswil erzählte man dieses: In einem Hause hatte man eben einen Ziberlisturm (Brei) zum Essen aufgetragen, als man einige bekannte Heidenweiblein herankommen sah. Um mit diesen Gästen nicht teilen zu müssen, verbargen die Leute das Gericht hinter den Ofen. Die Weiblein traten in die Stube und weil sie mehr wußten als andere, blieb ihnen das Geschehene nicht verborgen. Sie weilten daher nicht lange bei den neidischen Menschen und sagten im Gehen: „Denk der Ziberlisturm ist nicht für uns hinterm Ofen". Seitdem ist dieser Spruch zur Redensart geworden.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Ziegen verbrennen

Source: Ziegen verbrennen

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Das haben die Alten auch im Reusstal gemacht. Wenn unter den Geissen eine Krankheit ausgebrochen ist, haben sie deren eine lebendig verbrannt und dabei geglaubt, sowie deren Herz dabei vertrockne, so vertrockne auch das Herz desjenigen, der die Krankheit verursacht habe. Fr. Gamma-Zgraggen, 40 Jahre alt, Silenen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Zigeuner auf dem St. Gotthard

Source: Zigeuner auf dem St. Gotthard

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Einem müden, starkbelasteten Müetterli, das sich setzen und ein wenig ausruhen wollte, drohte eine Bande Zigeuner, zu der es gehörte, mit Verlochen. So machen es die Zigeuner, sie verlochen die alten, unwerten Leute. Maria Anna Schmid, 75 J. alt, Hospental Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Ziviltrauungen durch den Landvogt

Source: Ziviltrauungen durch den Landvogt

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Alljährlich an der Noh-Ufert (Sonntag nach dem Auffahrtstag) kam der Landvogt vom Schloss Homburg nach Buckten. Alle jungen Leute seiner Vogtei, die im Sinne hatten, sich zu verehelichen, mussten antreten. Der Vogt schritt die Reihe entlang und stellte die Burschen und Mädchen paarweise zusammen, um gleich darauf die Ziviltrauung vorzunehmen. Bei dem Zusammenstellen der Paare sei manchmal etwas grob und summarisch verfahren worden und die Zusammengehörenden hätten aufpassen und «uf der Heck sein müssen, dass auch wirklich die Richtigen zusammenkamen.» Buckten Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Zringetum Fiir

Source: Zringetum Fiir

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Äis hed äina bin enem Schiirli im Ürbech Holz zööhibbiiged. Döö springd em Man us em Gibel inha; är hed altvätrisches Gwand aghäben, äimmel e-l-lenga Chittel mid grosse Chnepfen dran. Döö hed er nen niimmä gseen. En andra hed däm Man o gseen. Är siigi an enem Tisch gsässen, es Bööch vor im zööha; zringetum näben im siigi Fiir üüfa bbrunnen. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Zu den heiligen Buchen

Source: Zu den heiligen Buchen

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Bad Buchen bei Oberuzwil hiess s. Z. "zu den heiligen Buchen". Dieser Name weist ohne Zweifel auf eine Sage zurück, die aber verschollen ist. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 470, S. 279 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Zu den Toten gerufen

Source: Zu den Toten gerufen

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Auf Oberprod lebte vor 100 Jahren ein baumstarker Mann, Bartholomäus Lutz. Eines Abends, als er sich zur Ruhe begeben wollte und bis auf das Hemd und einen Strumpf ausgekleidet war, hörte er plötzlich ein Murmeln wie ein Beten, das seinem Hause immer näher kam. Er eilte ans Fenster und sah unten auf der Strasse das Nachtvolk betend vorbeiwandern. Der letzte im Zuge, auch nur mit dem Hemd und einem Strumpf angetan, sah unserm Barthli Lutz aufs Haar gleich. Dieser verstand die Mahnung und sagte zu sich selbst: "So, Barthli, dir gilt es; du kannst dich reisefertig machen!" Nach wenigen Tagen wurde er wirklich eingebettet auf dem Sarganser Friedhof. D. Giger * In der Nacht hörte Barthli auf der Strasse ein lautes Gemurmel, stand eilig auf und schaute zum Fenster hinaus. Ein langer Zug ging vorüber; an dessen Schluss sah er sich selbst und zwar nur im einen "Hosenstoss" laufend. Wie er oben am Fenster über sich selbst hinunterschaute, bemerkte er, dass er die Hosen wirklich nur zur Hälfte angezogen hatte. Nach einigen Tagen starb der Mann. In Wangs dagegen sah ein Mann sich selbst am Ende des Zuges mit dem Fensterflügel an der Achsel marschieren, eben weil er auch zum Fenster hinausschaute. Es ist halt bidinggli, wümme si sälber uhni Spiägel gsieht. Ds' Barthli Lutzä Wib z' Proud hat ämoul dum Profässer Hinni erzelli: We si Ma erchrangget sei, säg er ämoul zuenem: "Lueg, dort gug-geisend zwi zum Pfifter ihä; der ei bin ich, und der ander ist der Joggli Willi!" Gli druf ist der Barthli gftorbä, im Summer 1823, und dernou der baumstarch Willi au. Albrecht, Erinnerungen.   Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 188, S. 88 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Zu den Unholden und Unseligen

Source: Zu den Unholden und Unseligen

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a) Während der Beulentod herrschte, hieb ein Mann auf der Guggern in Iberg seine Beule, sobald er sie bekam, ab, bohrte ein Loch in die Wand, tat die Beule hinein und vernagelte dasselbe. Dann entfernte er sich von seinem Wohnorte, kehrte erst nach vielen Jahren wieder zurück und sprach dann spöttisch, er wolle jetzt sehen, was seine Beule mache. Kaum hatte er den Nagel ausgezogen, so sprang die Beule an ihn hinaus und er fiel tot zu Boden. b) Bei einem Viehpresten zu Luthern ward das verursachende Gespenst in ein Scheuerlein verbannt bis zum nächsten Donnerwetter, wo man ihm vorsichtig die Türe öffnete. Es fuhr ein Brand heraus, der einen langen Strich alles schwarz und dürr machte. c) Die zwölf Unseligen: Es erscheinen im Enziloch alle Mitternächte zwölf grüne Männer, setzen sich auf zwölf vor der Höhle bereit stehende Stühle, trinken geschmolzenen Schwefel und Pech und verschwinden dann wieder in die Höhle. d) Wegen eines Frevels bekam ein Mann zur Strafe die Wahl, in der Sonne zu verbrennen, oder im Mond zu erfrieren. Er wählte das Letztere und seitdem sicht man ihn, wie er im Mond steht und ein Staudenbürdli auf den Schultern und eines in der Hand hat.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Zu Feeden

Source: Zu Feeden

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in Meien lebte einsam ein furchtbar frommes Ehepaar. Jeden Abend pochte es ihnen heftig an die Haustüre, häig wiättig a d'Hüstirä poolet. Endlich berieten sie sich mit ihrem Ortspfarrer, und der unterwies sie, das nächste Mal dem Unbekannten zu rufen, er solle in Gottes Namen hereinkommen. Sie folgten, und da kam ein grosser Mann in die Stube herein, der keinen Kopf hatte. Sie blieben auf und beteten die ganze Nacht für die armen Seelen. Am folgenden Morgen, beim ersten Klang der Betglocke, verschwand der kopflose Geselle, er war erlöst. Frau Mattli-Gerig, 45 Jahre alt, Wassen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Zu Massénas Limmatübergang

Source: Zu Massénas Limmatübergang

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Zu Massénas Limmatübergang soll ein Müller namens Schmid in Oetwil nicht wenig beigetragen haben. Er schoss heimlich mit einer Steinschleuder dem französischen Posten Nachrichten über die Limmat, sodass die Franzosen über die Vorgänge am andern Ufer wohl unterrichtet waren. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Limmattal Aus den „Sagen aus dem Limmattal“. Quellen sind dort nicht angegeben. Laut Vorbemerkung wurden die Sagen durch Sekundarlehrer K. Klenk „durch Schulaufsätze“ gesammelt.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Zu Mitte August

Source: Zu Mitte August

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so hat mein Vater (ein Wildhüter) erzählt, streiften zwei Jäger im Gebirge. Eine Gemse stellte sich ihnen, und der eine ergriff das Gewehr, legte an und zielte, schoss aber nicht. »Schiäss doch«, ermunterte ihn der andere zweimal. Dennoch liess er das Gewehr sinken. »Näi, i schiässä nitt«, sagte er, »äs het-mr's äinä bi dä Hoorä wider.« Anna Herger, 17 Jahre alt, Attinghausen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Zu Wassen

Source: Zu Wassen

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 lebte ein Kind, das öfters zu sich selber laut sagte: »Da ist auch Einer; da kommt wieder Eine« usw.; und doch sahen die Erwachsenen niemand. Da fragten sie den Pfarrer, und der schaute im Taufbuch nach und erklärte dann: »Das nimmt mich nicht Wunder. Das Kind ist nämlich am letzten Tage des Jahres worden.« Später, als es erwachsen war, sagte es auch die Todfälle in der Gemeinde voraus. Die drei letzten Tage des Jahres heissen im Reuss- und Maderanertal die alten Tage. Wer dä »z'altä Tagä« oder »z'altä Wuchä« (in der letzten Woche des Jahres) geboren ist, sieht die armen Seelen und kann die Todfälle voraussagen. Einige lassen nur den Mittwoch der drei letzten Tage gelten. Es werden noch mehr Beispiele erzählt. Frl. Walker, Göschenen; Frau Baumann-Dubacher, Franz Jos. Zurfluh, und a. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Zu Wischenwassern in Guretzmettlen im Meiental

Source: Zu Wischenwassern in Guretzmettlen im Meiental

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 1. Zu Wischenwassern in Guretzmettlen im Meiental warf es oft den Älplern Kieselsteine nach. Ebenso bewarf es zu Färnigen nächtliche Wanderer mit Steinen. Nachts kauerte da auf jedem Hagstecken eine Katze. 2. Auf Abrigen in der Gornernalp spukte es. Oft warf es Steine auf einen bestimmten Fleck der Alp, und das tönte, wie wenn sie auf eine dürre Kuhhaut fallen würden. 3. Als ein Gurtneller in die Nähe des Helgenstöckleins zu Waldi kam, flogen auf einmal rings um ihn herum eine Menge kleiner Steinchen; es war, als ob es Sand guxen würde. Das dauerte eine ganze Weile. Aber ihn selber traf kein Körnchen, und es geschah ihm auch sonst nichts und passierte ihm auch nachher nichts aussergewöhnliches. Jos. Baumann, 68 J. alt, Rütti 4. Durch das Berggut Herrenzwy tröhlte ein Gespenst von Zeit zu Zeit mächtige Steine herunter. 5. Als sie eines Abends zu Rosti in Gornern schmutzige Reden führten, begann es auf einmal Kieselsteine auf das Hüttendach zu werfen, bis sie mit ihren Zoten aufhörten. 6. Einem noch lebenden 85jährigen Erzähler aus Meien hat es einmal auf der Schanz ob Wassen Steine nachgeworfen. Auch von der Gand aus unterhalb Ripshusen wurden oft Passanten mit Steinen beworfen und Nachtbuben ebenso heimgejagt. 7. Noch zu Menschengedenken bewarf es die Leute, die aus dem Eggäbergli nach Bürglen wanderten, auf der Vierschröt, wo ein Hexenplatz ist und Hexen hausen, mit Steinen. 8. Beim »langen Schnee« am Bristen wäre ein Schatz verborgen. Aber wenn man ihn holen will, kommen Steine und vertreiben einen. Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Zum Aschtloch üüs

Source: Zum Aschtloch üüs

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Äis wän äina gsiin; dar hätti e Jungfroww ghäben, es tolls, händigs Mäitli. Die hätten düöe äimmal ghiirated und o Chind überchun. Äis wän düöe dr Ma furt gsiin und d'Müöeter mid de Chinden ellenggen dehäimmen. Im Diliboin wän en Aschtnagel gsiin; düöe sägi d'Müöetter zen enem Mäitli, äs selli den Nagel üüsischlaan. Ds Mäitli häigi das gmachd uw wan er siigi düüsse gsiin, im Hüi, siigi d'Müöetter zum Aschtloch üüs u-f-furt. Dratt wän düön häichun. Wa d'Müöetter siigi, frääg er. Die siigi zum Aschtloch üüs u-f-furt, häin im d'Chind zum Bschäid ggän. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Zum Chehrumtürli!

Source: Zum Chehrumtürli!

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Zum Chehrumtürli! Es Fraueli het nid a d’Frau Faschte glaubt. Das sig nüt, het es bhauptet, emel es heig se no nie gseh. Das het eine ghört. Dä heig dänkt: Die will i jetze z’förchte mache. ’s Spöttle vergeiht ere sicher. Bim Tusigsdiller, was gilt’s? Die söll no a d’Frau Faschte glaube. Äs isch amene Chiltobe gsi. Das Fraueli het gspunne. Du isch ihm äine a ‘s Pfäischter go ge chlopfe. ’s Fraueli luegt uf. E Spuele Garn flügt ihe! ‘s Liecht verlöscht! Sider het das Fraueli a d’Frau Faschte glaubt: Jo, mi söll dere nid spotte; sie sig zum Chehrumtürli cho. Gä wie liecht sig sie ungsinnet do. Sie chönn erzelle, was sie sälber erläbt heig. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Zum Drachen verwünscht

Source: Zum Drachen verwünscht

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Zum Drachen verwünscht war die Jungfrau in der Geltenfluh bei Engelberg, weil sie ihrem Vater nicht gehorcht hatte. Nur ein reiner Jüngling, der noch nie heimgarten gewesen, sollte sie erlösen können. Andere wurden immer von der Drachenjungfrau über die Fluh hinab geworfen. Endlich kam ein Unschuldiger, der im Ringen mit dem Drachen sammt diesem über den Felsen hinabfiel, aber ohne sich zu schädigen. Gleichzeitig zerborst die Drachenhülle und eine schöne, reiche Jungfrau stand vor ihm, die seine Frau ward.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by Zum Geisterglauben bekehrt

Source: Zum Geisterglauben bekehrt

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Der alte Nuschi-Hansi zu Altdorf wollte in seiner Jugend an keine Gespenster- und Geistererscheinung glauben. Da kam er nach Frankreich in einen Dienst auf dem Lande und musste im Stalle schlafen. Eines Nachts kam einer zur Türe herein und winkte ihm, aber Hansi weigerte sich. Der Hund, den er bei sich im Stalle hatte, zeigte Furcht. Erst auf wiederholtes Winken folgte Hansi dem Unbekannten. Aber als er bemerkte, dass dieser den Boden nicht berührte, sondern schwebend dahin wandelte, graute es ihm so, dass er umkehrte. Am nächsten Morgen hatte er einen mächtig geschwollenen Kopf. Seitdem glaubte er auch an Geistererscheinungen. Josefa Imhof-Aschwanden Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Zur Klarydensage

Source: Zur Klarydensage

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Der Senn in Klaryden – i Chlarydä – besass 20 Kühe. Die Mutter besuchte ihn am 15. August und wurde mit grasgrüner Schotte bewirtet. Beim Abschiede reichte sie dem Sohne die Hand und sagte: »Ds neechstmal cha-di de d'r Herrgott heimsüechä.« Als sie auf dem Klausen zurückschaute, sah sie, wie eine schwere Wolke über Klaryden sich zusammenballte und allmählich niederliess, dass man sie mit einer Hand hätte erreichen können, worauf es anfing zu donnern und zu blitzen und die Alp samt Menschen, Vieh und Hütte einzuschneien. Jos. Gisler, 61 Jahre alt, Altdorf Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Zur Sage vom Greiss in Meien

Source: Zur Sage vom Greiss in Meien

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Der Fremdling kam aus Glarus; er bekannte, hitt häig's'm häiss Fiäss gmacht, d.h. er habe sich furchtbar beeilen müssen. – Ja, vom »z'bringä Tüe« hat man im Reusstal oft erzählt. Sobald jeweilen der Unbekannte etwas von dem für ihn bereiteten Feuer erwischte, z.B. eine Kohle, eine Glut, konnten sie ihm nichts mehr anhaben, hatten sie keine Gewalt mehr über ihn. Fr. Gamma-Zgraggen, 40 Jahre alt, Silenen; Kath. Gamma, 50 Jahre alt, Wassen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Zur Zeit des Beulentodes

Source: Zur Zeit des Beulentodes

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sagte Einer, jetzt gehe er auf einen hohen Berg, dem »Bylätod ga ds Fiddlä-n-anäha«, d.h. Trotz zu bieten. Er wurde aber dort wie andere Leute, die zu Hause geblieben, vom Würgengel erreicht. Marie Dittli, Gurtnellen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Zurücktreiben

Source: Zurücktreiben

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Pfarrer Lusser in Altdorf († 1891) wurde einmal von einer Schattdorferin ersucht, er möchte ihr eine entwendete Summe Geld zurücktreiben. Er bekannte zwar: »Ja, das können wir Geistlichen und müssen es auch tun, wenn man es positiv verlangt«, belehrte sie jedoch, es sei sehr schwierig, verantwortungsvoll, und man habe es dabei mit dem Bösen zu tun; wer es verlange, der setze sein eigenes Seelenheil und dasjenige des Diebes grosser Gefahr aus. Auf diese Belehrung hin bestand die Schattdorferin nicht mehr auf ihrer Bitte. Theresia Gisler, 73 Jahre alt, Spiringen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Zusammengeflochtene Pferdeschwänze

Source: Zusammengeflochtene Pferdeschwänze

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Bei Oppelis, einem uralten Haus am Eingang in die Schauenburgergasse, gebaut an Stelle einer römischen Villa, wie Säulenfunde beweisen, komme es vor, dass den Pferden die Schwänze zusammengeflochten werden. Wer das sieht, bekommt am anderen Tag einen geschwollenen Kopf. Pratteln Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Züsler (Oberuzwil, SG)

Source: Züsler (Oberuzwil, SG)

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Züsler, feurige Männer, Markenrücker, sah man hier oft; meistens sind es Fronfastenkinder, die solche Dinge sehen. Wenn man einem Züsler begegnet, wird man seiner nur dann los, wenn man zu einem Gebäude unter die Dachtraufen geht. Wenn man einem Züsler ein Scheit oder so etwas bietet, raucht und brennt es sogleich. (J. J. Keller.)  N. Senn, Tagebuch. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 475, S. 281 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Zutode gebetet

Source: Zutode gebetet

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Zutode gebetet Am Altjahrabend legte eine junge Meistersfrau in Zürich, die ihren alten Mann lossein wollte, auf vier Tische je ein Brot und setzte je eine Mass Wein dazu. Dann sprach sie die Einsetzungsworte des heiligen Abendmahles und ass und trank von jedem. Sogleich bewegte sich zur Tür herein ein Leichenzug. Hinterher folgte auf schönem Ross ein schlanker, junger Bursche. Wenige Tage nachher starb der alte Mann, und ein junger nahm die Witwe zur Ehe. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee SAVk 2, 270, Nr. 172.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Zutzi-Mutzi und Korinterli

Source: Zutzi-Mutzi und Korinterli

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a) In den Wanneliplatten im Schächental, einer einsamen felsigen Gegend, lebten Wilde. Unter ihnen waren zwei Schwestern, Zutzi-Mutzi und Korinterli (auch Korinti), die gar nicht miteinander auskamen. Korinterli machte sich davon, kam in das hochgelegene Heimwesen Windeggen ob Unterschächen und bot sich als Magd an. Was sie arbeiten könne, fragte man. Sie könne im Haus und draussen schaffen, sagte sie, aber lieber doch draussen. Wie sie heisse? »Korinterli.« Also gut, sie dürfe bleiben. Aber im Uräwätter schaffe sie nicht, sagte sie, welchem Wort man wenig Bedeutung beimass. Sie war tatsächlich eine ausgezeichnete Magd. Sie nahm es mit jedem Mannenvolk auf und trotzte Sturm und Wetter. Sie ging männen mit den Mannenvölkern. Nur wenn der warme Föhnwind wehte, versteckte sie sich und war nicht zur Arbeit zu bewegen; das sei eben »Uräwätter«, sagte sie. Es war ein Wintertag, und Korinterli ging mit dem Mannenvolk gegen den Klausen männen. Unterwegs wurde ein Joch beschädigt und unbrauchbar. Eines der Mannenvölker ging gegen Unterschächen zurück, ein anderes zu holen. Auf der Rückkehr in der Nähe von Äsch hörte es eine Stimme: »Jochliträger! Sage dem Korinterli, es könne heimkommen, das Zutzi-Mutzi sei gestorben.« Nun, als er bei den Gespanen auf der Balmalp ankam, sagte er nichts, aber am Abend zu Hause erzählte er sein Erlebnis. Sobald Korinterli es gehört, packte es wie der Blitz seine Sachen zusammen, ging davon und kehrte nie wieder. Jakob Schuler, Schattdorf b) Ein Mädchen diente in einem vornehmen Hause in Altdorf als vortreffliche Magd. Nachts kam einmal eine Stimme vors Haus und rief: »Zutzimutzi, stand üff! ds Grossmiätti isch gstorbä.« Theresia Gisler, 73 Jahre alt, Spiringen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Zwei Bildstöcklein im Maderanertal

Source: Zwei Bildstöcklein im Maderanertal

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Zu Seewen auf Golzern wohnte ein Bauer; der hatte cheibisch schöne Meitli, und mehrere Buben gingen zu ihnen z'Stubeten. Diesen Buben begegnete öfters ein unbekannter Mann. Sie wurden endlich einig, ihn zu beobachten. Da sahen sie, dass er bis zur Lücke beim Stafeltrog ging und dort wartete und dann einen Mann, der auch herbeikam, auf seinen Rücken lud. Diesen trug er abwärts bis zur Wegscheide »bei den Häusern«, stellte ihn dort ab, lud ihn dann etwa nach einer Viertelstunde wieder auf den Rücken und trug ihn zurück bis zu jener Lücke, wo beide sich trennten und bald verschwanden. Der Träger schwitzte, dass es über ihn herabrann. Endlich befestigte man an dem Gaden bei jener Lücke ein Helgenstöckli, worauf auch die Erscheinung nicht mehr gesehen wurde. Später entfernte man das Helgenstöckli – es ist eine schwarz angekleidete Mutter Gottes – und stellte es drunten im Tale auf der Manuellauwi am Wege wieder auf, und hier ist es jetzt noch. – Das het my Müetter mängisch erzellt. Auch beim Glausen zuunterst auf Golzern war es umghyrig; das änderte sich aber, als man daselbst ein Bildstöcklein mit der Mutter Gottes errichtete. Johann Tresch, Wyler Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Zwei Herren in Grün

Source: Zwei Herren in Grün

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Es war einmal eine sehr reiche Dame, doch die wollte nie ein Almosen geben. Sie konnte nicht einmal einen Armen ohne Ekel ansehen. Ihr Mann tat sich schwer damit; er schimpfte deswegen öfter mit ihr. Auch ermunterte und bat er sie, barmherziger mit den Armen zu sein, doch es nützte alles nichts. Einmal gab er ein Festessen und lud dazu viele Geistliche ein. Er und seine Frau sassen auch mit ihnen am Tisch. Da begannen die Priester über die Armen zu reden, nämlich welch grosse Wohltaten man ihnen mit Almosengeben erweise, und sie forderten die reiche Dame auch dazu auf, denn der Herr hatte die Geistlichen einzig zu diesem Zweck eingeladen. Auf einmal sagte die Dame, jetzt sollten sie endlich damit aufhören, sie möge nicht mehr zuhören, sie wolle viel lieber in der Hölle neben zwei Reichen sitzen als im Himmel neben zwei Armen. Da wurde sie ganz schwarz, und zwei Herren in Grün kamen zur Tür herein. Jetzt liefen alle davon ausser den beiden Dienerinnen. Da befahl die Frau ihnen, Wasser zu holen, sie müsse ein Bad nehmen. Sie taten, was sie sagte, doch das Schwarze wollte und wollte nicht weg. Die beiden Herren in Grün klopften zum zweiten Mal an die Tür, da sagte die Dame, sie sollten noch einen Augenblick warten, sie komme sofort. Sie wusch sich so fest wie noch nie, doch sie blieb ganz schwarz. Sie klopften nochmals, und diesmal ging sie vor die Tür. Die beiden Herren in Grün packten sie am Arm und zerrten sie in den Keller hinunter. Die Dame gab den Dienerinnen ein Zeichen, ihr zu folgen, und sie gingen auch hinunter. Da tat sich ein Abgrund auf, welcher die beiden Grünen und die Dame verschluckte. Danach mussten alle das Haus verlassen, weil sie das schreckliche Geschrei der Dame nicht mehr aushielten.   Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins, Ursula Brunold-Bigler (Hg), Desertina Verlag     Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Zwei Herren in Grün

Source: Zwei Herren in Grün

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Es war einmal eine sehr reiche Dame, doch die wollte nie ein Almosen geben. Sie konnte nicht einmal einen Armen ohne Ekel ansehen. Ihr Mann tat sich schwer damit; er schimpfte deswegen öfter mit ihr. Auch ermunterte und bat er sie, barmherziger mit den Armen zu sein, doch es nützte alles nichts. Einmal gab er ein Festessen und lud dazu viele Geistliche ein. Er und seine Frau sassen auch mit ihnen am Tisch. Da begannen die Priester über die Armen zu reden, nämlich welch grosse Wohltaten man ihnen mit Almosengeben erweise, und sie forderten die reiche Dame auch dazu auf, denn der Herr hatte die Geistlichen einzig zu diesem Zweck eingeladen. Auf einmal sagte die Dame, jetzt sollten sie endlich damit aufhören, sie möge nicht mehr zuhören, sie wolle viel lieber in der Hölle neben zwei Reichen sitzen als im Himmel neben zwei Armen. Da wurde sie ganz schwarz, und zwei Herren in Grün kamen zur Tür herein. Jetzt liefen alle davon ausser den beiden Dienerinnen. Da befahl die Frau ihnen, Wasser zu holen, sie müsse ein Bad nehmen. Sie taten was sie sagte, doch das Schwarze wollte und wollte nicht weg. Die beiden Herren in Grün klopften zum zweiten Mal an die Tür, da sagte die Dame, sie sollten noch einen Augenblick warten, sie komme sofort. Sie wusch sich so fest wie noch nie, doch sie blieb ganz schwarz. Sie klopften nochmals, und diesmal ging sie vor die Tür. Die beiden Herren in Grün packten sie am Arm und zerrten sie in den Keller hinunter. Die Dame gab den Dienerinnen ein Zeichen, ihr zu folgen, und sie gingen auch hinunter. Da tat sich ein Abgrund auf, welcher die beiden Grünen und die Dame verschluckte. Danach mussten alle das Haus verlassen, weil sie das schreckliche Geschrei der Dame nicht mehr aushielten.   Thompson Motiv Q 286 (Lieblosigkeit wird bestraft)   Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Zwei Hexenmeister

Source: Zwei Hexenmeister

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Einst mähte ein Bauer in seiner Wiese. Da kam ein Mann des Weges, wünschte ihm »ds Zyt a« und fragte, was er sich so schinden und abmühen möge. »Jä, das Mattli chan ich etz ämal nitt la stah!« entgegnete der Bauer. »Sä lüeg etz, ob nitt chasch!« sagt der Ankömmling, und in diesem Augenblick bleibt der Bauer bocksteif in der Stellung, die er grad einnimmt, und kann keinen Hieb mehr tun. Er ist b'stellt. Aber auch er kann mehr als Brot essen, er versteht es, sich frei zu machen und dem andern den gleichen Schabernack zu spielen und ihn ebenfalls zu b'stellen. Da steht dieser nun in der Gasse steif und starr und ist nicht imstande, einen Schritt zu tun; wie lange, weiss ich nicht; aber, als endlich der Bann aufgelöst wurde, fiel er vor Schwäche zu Boden. Joh. Jos. Walker, 70 J. alt, Meitschligen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Zwei Kühe an einer Kette

Source: Zwei Kühe an einer Kette

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Um eine solche Kette öffnen zu können, muss man mit einer "Mistfurke", die Zinken wie zu einem Kampfe vorab gerichtet, dreimal um den Stall herumgehen und dann mit der Hand auf die angespannte Kette schlagen, oder man sticht unter Anrufung der höchsten drei Namen mit der "Furke" in dieselbe, und sie öffnet sich dann in beiden Fällen sogleich von selbst. I. Natsch *** Die eine Kuh ist die Hexe, die hier ihr böses Spiel treibt. Schneidet man ihr mit dem Messer ein Ohr ab, so ist die böse Nachbarin für ihr Leben lang "gezeichnet". Ich selbst kannte noch eine Frau, von der man allgemein sagte, dass sie beständig mit verbundenem Kopfe ausgehe, weil sie nur noch ein Ohr hätte. Noch lebt in der gleichen Gemeinde ein Mann, der seiner eigenen Kuh ein Ohr wegschnitt, weil er zwei Tiere in einer Kette zu sehen meinte und die Hexe "zeichnen" wollte. Ferner wird mir ein ebenfalls noch Lebender genannt, der sein Kind mit einer Ziege in der gleichen Kette gefunden haben will. Der Vater habe sich mit einem schrecklichen Fluchen geholfen. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 276, S. 149 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Zwei Kühe an einer Kette

Source: Zwei Kühe an einer Kette

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In den Viehställen gibt es mancherlei Vorfälle, die der leichtgläubige Landmann übernatürlichen Ursachen zuschreibt und als ein besonderes Zeichen oder als eine Mahnung annimmt; wenn z. B. sich eine Kuh unter den Augen des Kühers oder der Küherin auf einmal von der Krippe losmacht, und ihr die Kette entweder am Halse bleibt oder offen und wohl auch gut geschlossen auf den Boden fällt; oder wenn ein Stück Vieh mit aufgeschlagener Kette so hart an's Krippenholz gebunden wird, dass volle Mannskraft erfordert wird, um selbes wieder loszubinden, usf. Am Auffallendsten ist's aber, wenn zwei Kühe, oder auch Ziegen, in einer und derselben Kette gefunden werden. Natürliche Zufälle können das kaum zuwege bringen, weil es die Kraft eines Mannes übersteigt, die Hälse zweier Kühe in den gemessenen Umfang einer Halskette so aneinander zu schnüren, dass das geängstigte Vieh mit den Füssen stampft und mit offenem Munde brüllt. Dass solche, natürlicherweise unerklärbare Zufälle in den Viehställen hie und da wirklich vorkommen, beweisen der allgemeine Glaube und viele Sagen unter der viehhaltenden Bevölkerung. Es gibt wohl kaum eine Gemeinde, wo von solchen Vorfällen und Erlebnissen niemand was zu erzählen wüsste. Ich selbst könnte glaubwürdige, gutbekannte Personen nennen und die Viehställe näher bezeichnen, die solchem Spuke unterlagen. Bemerkenswert ist dabei, dass die allgemeine Volksmeinung solche Zufälle in Viehställen selten boshaften Menschen oder bösen Geistern zuschreibt, sondern allüberall dafür hält, es seien leidende Abgestorbene, die durch solche Zeichen, zur Erleichterung ihrer Qualen, von den Lebenden Gebete und gute Werke verlangen. Und dieser überall lebende Volksglaube ist eben nicht neu. Aus dem vorigen Jahrhunderte wird in St. Niklaus erzählt, in Stellimatten, im Jungtal, habe einer jungen Küherin drei Nächte nacheinander geträumt, zwei Schwestern "Zerdile" bedürfen noch des Gebetes, um erlöst zu werden; sie solle ihren Vater, als Besitzer ihrer einstigen Güter, bitten, für sie noch Gebete verrichten zu lassen. Jeden Morgen nach solchem Traume fand das Mädchen im Stalle zwei Kühe an einer und derselben Kette. Am dritten Tage hielt es die Erschrockene nicht mehr aus und lief zum Vater nach St. Niklaus herab, der erstaunt wahrnahm, eben den gleichen Traum gehabt zu haben. Er liess darum die verlangten Gebete verrichten, obschon weder er noch seine Tochter sich erinnern konnten, von den Schwestern Zerdile je etwas gehört zu haben. Erst später erfuhr er aus alten Schriften, dass es wirkliche eine Familie "Zerdile" in St. Niklaus gegeben habe, die mit zwei Schwestern längstens ausgestorben sei.   Quelle: M. Tscheinen, P. J. Ruppen, Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Sagenfreunden, Sitten 1872. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Zwei Kühe in einer Seili

Source: Zwei Kühe in einer Seili

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In einer Hütte auf Sefinenalp kam den Älplern eines Sommers etwas so Seltsames zuhanden, dass sie den Verleider bekamen und drohten, der ganzen Sennerei den Buckel zu kehren. So peinlich sie im Stall auch Ordnung hatten und jedes Haupt an seinen rechten Platz an die Barni banden, kurz nach Mitternacht unmussete (unruhig werden) das ganze Gewerb, und am Morgen waren stets zwei Kühe in einer Seilschlaufe. Die beiden Tiere stampften und zerrten, waren schier am Ersticken, und ihr Milchertrag war gering. Der Knoten in der Seili war so stark und zäh eingerissen, da half kein Fluchen und Wüst tun, das ganze Seil musste zerschnitten werden, und so ging es, bis die Alp leer wurde. Das lag auf der Hand, dass zu Beginn des nächsten Alpsommers ein Kapuziner kommen musste, um Abhilfe zu schaffen. Da kam dann einer aus Unterwalden, ein kurzer, dicker Knutti, der, wenn es streng bergauf ging, den Atem gar tief unten holen musste. A—aaber ooha, dieser Pater, der verstand seine Sache! Sobald er das Gehalt betrat, betete er: D’r Liebgott well ys decke, d’r Liebgott well ys wecke! Gott gäb ys Schirm und Huod, sächs Nachtengel guod, zwee zu Hoipt und zwee zun Fiesse und näben ys. D’r Liebgott well ys bewahre vor aller Gfahr, vor Fyr und vor Wasser und vor Schand und vor Laster und vor alle fuile, faltsche Zunge und vor alle unglickhaftige Stunde und vor allem däm, wo ys ibel chund. Oh, b’hiet ys Gott dervor! Amen! Am Morgen darauf, als wieder zwei Haupt in die gleiche Seili gezwängt waren, nahm der Kapuziner einen tannenen Sparren, schlug damit in den drei höchsten Namen dreimal auf den Knoten und siehe — er liess sich mit Leichtigkeit lösen. Hernach bohrte er ein Loch in jede der Hüttenecken, steckte einen Zettel hinein und verzäpfte es wieder. Seither litten weder Sennen noch Vieh mehr unter der lästigen Alpplage. Quelle: Hans Michel, Ein Kratten voll Lauterbrunner Sagen. Wengen 1936. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Zwei Kühe in einer «Halse»

Source: Zwei Kühe in einer «Halse»

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In jungen Jahren bin ich von einem Nachbar in seinen Stall gerufen worden, und dort habe ich mit eigenen Augen «zwo Chüe in einer Halse (Halskette)» gesehen; das bringt man normalerweise nicht zustande. «Und Auge hai si gmacht!» Ein anderer Nachbar wusste, wie lösen: «Me mues numme mit eme Stäcke druufhaue und flueche derzue, was me vermag!» Bubendorf Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Zwei Oberdörfler versetzen einen Marchstein

Source: Zwei Oberdörfler versetzen einen Marchstein

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In der Nähe vom Treichgässli versetzten einst zwei Oberdörfler zum Schaden eines Anstössers einen Marchstein. Im Sommer darauf erkrankte der eine am „Chald“, das langwierige Fieber brachte ihn unter den Boden. Eines Nachts schreckte den Überlebenden ein deutliches Klopfen am Fenster aus dem Schlafe. Da der Mann nachsah, was zu so später Stunde wohl los sein möchte, hörte er sich von einer Stimme aus weiter Ferne und doch wieder ganz nahe beim Namen rufen. Auf die Frage, wer denn um den Weg sei, meldete sich der Verstorbene und bat einmal der tusigs Gottswillen und das andere Mal fast grollend und drohend, in der nächsten Nacht vor dem Zwölfuhrschlag in das Treichgässli zu kommen und wieder recht marchen zu helfen. Es gehe um ihrer beiden Seligkeit, und vorweg um seine, des verstorbenen Freundes Ruhe im Grabe. Dem Manne am Fenster klopfte bei diesem Bericht das Herz bis zum Halszäpfchen hinauf. Zum Donner auch, nun artete die Geschichte aus zu bitterem Ernst! Jetzt ging’s ihm allweg doch noch an den Chrossen! Vor Angst am ganzen Leibe schlotternd, stand er dem nächtlichen Rufer Red und Antwort, versprach endlich, da er keinen andern Ausweg sah, zur rechten Zeit am Orte anzustehen, worauf die Stimme sich zufrieden gab und verstummte. Um die abgemachte Zeit belud sich der Oberdörfler mit einer Strahlhaue und schritt nicht sehr beherzt dem Felde zu in die Nacht hinein. Im Treichgässli kam ihm einer entgegen, der auf den Schultern einen feurig glühenden Marchstein trug. Es war der verstorbene Freund. Dort, wo auf der oberen Seite des Gässli der Scharhag aufhörte und ein schitteres Haggesträss ins Land hineinlief, warf dieser den Stein zwei Schuh hinter den Hag. Hier fingen sie auch an zu graben, ein anderthalb Schuh tiefes Loch. Der Andere setzte den Marchstein darin, der nun wieder am rechten Orte stand. Als die Arbeit getan war, reichte der Feuermann dem Oberdörfler die Hand zum Abschied. Dieser traute aber der Sache bis zum letzten Augenblicke nicht und hielt statt der Hand den Stiel der Strahlhaue hin. Er hatte gut daran getan, denn als er zu Hause beim Schein des Mijel die Haue versorgte, war deren Stiel, dort wo ihn der Andere ergriffen hatte, schwarz angebrannt. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Zwei Rinder in einer Kette

Source: Zwei Rinder in einer Kette

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"Ich bin gewiss nicht abergläubisch, und doch ist mir etwas passiert, wo es nicht mit natürlichen Dingen zugegangen ist," erzählte mir der allgemein als Freigeist bekannte Stega-Leart (Leonhard). "Eines Abends hatte ich mein Vieh im Stall im Montjol gut eingebunden und im besten Zustande verlassen. Als ich am folgenden Morgen wieder in den Stall kam, fand ich eine Kette leer, in einer andern dagegen zwei Rinder derart eingeklemmt, wie es keinem Menschen möglich gewesen wäre, es so zu machen. Lange Zeit musste ich alle meine Kräfte anspannen, um die beiden Tiere aus ihrer unangenehmen und gefährlichen Lage zu befreien. Selbstverständlich zog ich mit meinem Vieh sofort in einen andern Stall; das zurückgebliebene Heu wurde erst im folgenden Jahre verfüttert. Heinrich Hilty. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 146, S. 69f Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Zwei Stücklein vom Doktor Thut

Source: Zwei Stücklein vom Doktor Thut

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Im Alten Glarus und weit über die Grenzen hinaus galt der Doktor Thut als ein Wundermann, der die schwersten Krankheiten heilen oder mindestens fast heilen konnte, mehr oder weniger. Zum Leidwesen all seiner Patienten aber starb er früh, und daran war niemand anders schuld als der Wunderdoktor von Altdorf, der Faust hiess. Der konnte ihn nicht riechen und soll ihn heimlich über Berg und Tal so lange geplagt und traktiert haben, bis er an einer unerklärlichen Krankheit dahinstarb. Denn der Faust ertrug keinen andern Wunderdoktor, und wenn er innewurde, dass ein Urnerbödeler statt nach Altdorf mit seinem Wasser nach Glarus hinunter gelaufen sei, so brauchte sich der kaum zu verwundern, wenn ihm tags darauf eine Kuh verkalberte oder eine Geiss an Frittern erfiel. Einmal, als ihm die Galle überlief, beschloss er, dem Glarner Doktor einen Streich zu spielen, um den Urnerbödelern zu zeigen, dass er allein Herr aller Künste und der Glarner nur ein Pfuscher sei. So liess er denn eines Bodenbauern Knechtlein nach Glarus ziehen, gab ihm aber in einem wohlverschlossenen Gütterli ein wenig Wasser von dem braven Rösslein des Bauern mit. Das Knechtlein sollte dem Thut viel Komplimente machen und ihn fragen, was denn dem alten Fraueli fehle; auch solle er ihm die Tokterrustig gleich mitgeben und das Küntli dazu. Der Doktor Thut hielt das Gütterli ein Weilchen gegen das Licht, ohne ein Wort zu sagen. Dann holte er einen Wisch Heu und eine Handvoll Haber und versorgte beides sorgfältig in ein Trüggeli. Das sei für den ärgsten Hunger, solle er auf dem Boden ausrichten, und die Bödeler sollten sich nicht allzu sehr verwundern, wenn in der nächsten Zeit das alte Fraueli ein Fülli bekomme, so ein kohlschwarzes mit roten Haaren, wie sie dem Wasserdoktor von Altdorf auf dem Kopf wüchsen, und vielleicht sei es ihm auch noch in andern Dingen ähnlich. Der Kostenpunkt aber betrage vier Gulden und nicht weniger, und die musste der Knecht auf den Tisch legen, sonst wäre der Thut seiner Lebtag nicht mehr auf dem Urnerboden erschienen. Alte Leute erzählten sich noch anderes. Einst sei ein Urnerbodenpuurli mit irgendeinem Anliegen zum Doktor Thut gekommen. An der Stubentüre habe es ordentlich angeklopft, wie’s der Brauch sei, zweidreimal, und weil ihm niemand «Herein» gerufen, so habe es sich gedacht, er wird’s nicht gehört haben, und sei in die Stube getreten. Der Thut, so erzählte das Puurli hernach, sei am Plattentisch gesessen und habe sich rasiert. Aber nicht rasiert, wie ein anständiger Christenmensch sich rasiere. Nämlich seinen Kopf habe er mitten auf den Tisch säuberlich in eine Porzellanplatte gestellt und sei mit dem Schermesser drumherum gefahren, dass es dem Puurli kalt über den Rücken hinuntergelaufen sei. Er habe keinen Schnauf mehr tun können, und da habe der Kopf sich umgedreht und gefragt, ob das nicht eine kommode Praktik sei, sich so zu schaben? Zuletzt habe er gar noch mitten über das Haar mit dem Strähl einen Scheitel gezogen, wie der Chorherr einen trage, und dann den Kopf wieder auf den Hals gesetzt, als ob das die natürlichste Sache von der Welt wäre. Das aber sei so schreckhaft anzusehen gewesen, dass er den Finkenstrich genommen habe, und keine tausend Rosse mehr brächten ihn wieder in das Doktorhaus.   Quelle: K. Freuler, H. Thürer, Glarner Sagen, Glarus 1953 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by Zwei Tiere in einer Kette

Source: Zwei Tiere in einer Kette

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In Schiers erzählte ein Mann eines Abends in einer Gesellschaft, dass er bis jetzt nie an Hexerei geglaubt habe, aber heute Abend sei doch etwas Kurio­ses ihm passiert. Er sei nämlich, wie gewohnt, in den Stall gekommen, und habe da seine zwei Kühe in einer Kette, und dem Ersticken nahe, angetroffen. Indem die Ketten nicht zu lösen gewesen, habe er die »Bissen« (Keile) herausgeschla­gen, und dann erst habe er die Ketten lösen können. - » Das sei mehr als etwas Rechtes,« meinte er. - Einige Tage später kam der Mann wieder in den »Hengert« (Gesellschaft), und erzählte, die Hexerei habe sich aufgeklärt. Er habe nämlich auch zwei Geissen in einer Kette angetroffen, aber genauer nachgesehen, und gefunden, dass die Eine vor der Andern durchgeschloffen, dann auf der andern Seite gestanden, und dass Beide so, durch Wegstehen von der Krippe, gegenseitig sich würgten. Quelle: Volksthümliches aus Graubünden, D. Jecklin, vollständige Neuauflage, Berlin 2014 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Zwei unzertrennliche Freunde

Source: Zwei unzertrennliche Freunde

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Das erzählte der Vater. Da waren einmal zwei furchtbar treue Freunde, die einander ganz gut verstanden. Da starb der eine, und er konnte sich dem Lebenden offenbaren. So vernahm der Lebende, dass sein Freund verlorengegangen und verdammt sei. Er trat darum mit dem Teufel in Verbindung, um seinen Freund zu retten. Der Teufel versprach, er wolle ihm neun Vögel auf eine Latte stellen, alle seien genau gleich. Darunter sei auch sein Freund. Wenn er auf den richtigen zeige, ihn erkenne und sage: «Der ist es!» komme sein Freund in den Himmel. Wenn nicht, bleibe sein Freund in der Hölle, und ihn nehme er dann auch noch grad hinzu. Der Lebende hatte eine solche Liebe und Zuneigung zum Verstorbenen, dass er die Wette einging. Er wollte das Experiment wagen. So stellte der Teufel auf einer Latte neun schneeweisse Tauben auf. Der Mann durfte dreimal daran vorbeiziehen und die Tauben betrachten. Das tat er. Schon zweimal ging er vorüber und sah nichts. Als er das dritte Mal sie ansah, bemerkte er, wie der zweitletzten eine Träne herabrollte. Er sagte. «Diese ist es!» und so konnte er den Freund retten. BELLWALD Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Zwei unzertrennliche Freunde

Source: Zwei unzertrennliche Freunde

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Das erzählte der Vater. Da waren einmal zwei furchtbar treue Freunde, die einander ganz gut verstanden. Da starb der eine, und er konnte sich dem Lebenden offenbaren. So vernahm der Lebende, dass sein Freund verlorengegangen und verdammt sei. Er trat darum mit dem Teufel in Verbindung, um seinen Freund zu retten. Der Teufel versprach, er wolle ihm neun Vögel auf eine Latte stellen, alle seien genau gleich. Darunter sei auch sein Freund. Wenn er auf den richtigen zeige, ihn erkenne und sage: «Der ist es!» komme sein Freund in den Himmel. Wenn nicht, bleibe sein Freund in der Hölle, und ihn nehme er dann auch noch grad hinzu. Der Lebende hatte eine solche Liebe und Zuneigung zum Verstorbenen, dass er die Wette einging. Er wollte das Experiment wagen. So stellte der Teufel auf einer Latte neun schneeweisse Tauben auf. Der Mann durfte dreimal daran vorbeiziehen und die Tauben betrachten. Das tat er. Schon zweimal ging er vorüber und sah nichts. Als er das dritte Mal sie ansah, bemerkte er, wie der zweitletzten eine Träne herabrollte. Er sagte. «Diese ist es!» und so konnte er den Freund retten. BELLWALD Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Zwerge fliehen vor dem Winter und verraten ein Geheimnis

Source: Zwerge fliehen vor dem Winter und verraten ein Geheimnis

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Im Rücken der Chrutmettlihütten auf der Axalp steigen die Flühe an die 200 Fuss lotrecht zu den Schlafbühlen auf, einem dem Axalphorn vorgesetzten breiten Grasband, das die Gemsen und Murmeln äsen. Rechterhand von den Hütten aus befindet sich im obern Fluhrand eine deutlich sichtbare Höhle, das Zwergliloch geheissen. Als die Höhle von den kleinen Leutlein noch bewohnt war, nahmen diese, wenn sie zu den Älplern niedersteigen oder sich an den Halden sonnen wollten, den steilen Weg von der Höhle aufwärts in das schmale Geissentreib, das vorn auf der Fluh hinlief. Eines Abends kam von den Zwergen einer herunter in das Chrutmettli zu den eben melkenden Älplern und zeigte diesen an, dass ihr Volk die Gegend verlassen werde, da bald ein rauher, kalter Winter in die Berge falle. Zum Dank für die gute Aufnahme, die sie von den Älplern seit je erfahren durften, wolle er ihnen noch verraten, dass dort beim Tschingel am Axalpberg ein Kristallschatz verborgen sei, der ihnen einst zu grossem Reichtum verhelfen könne. Ein Doppelschild, das heisst, ein Mann mit Namen Schild, der auch eine Schild zur Frau hat, wird den Schatz finden. Wohl fand später mancher Doppelschild an der bezeichneten Stelle kleine Kristalle, der grosse Schatz aber blieb allen verborgen; der Richtige hat wohl noch nicht danach gesucht. Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Zwerge wetterkündend 

Source: Zwerge wetterkündend 

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Noch vor einem Menschenalter waren in dem Bergdörflein Oberflachs, Bezirks Brugg, die freundlichen Erdmännchen der allgemeine Gegenstand der Gespräche. In einer Sandsteinhöhle hatten sie ihr Wesen, die oben in den Rebbergen des Schlosses Castelen liegt, wo der berühmte Landwein Casteler wächst. Das Bächlein, das aus dieser Höhle herunter fliesst, leiteten sie sorgfältig neben Acker und Weinberg vorbei, dass es in seinem Anschwellen bei Regengüssen schadlos bergab ging und das fruchtbare Erdreich nicht mit wegschwemmte. Tagtäglich kamen sie ins Dorf herunter in verschiedene Häuser und arbeiteten den Leuten im Stalle, oder hüteten ihnen daheim die Kinder, während dem der Bauer draussen ans dem Felde zu schaffen hatte. Da hatte einst ein reicher Oberflachser sich Dünne gebacken, nämlich solcherlei flachgewirkelte Brotkuchen, die man mit Rahm und Speckwürfeln belegt; und nun als eben die Kleinen auf Besuch bei ihm eintraten, schob der Nimmersatt die noch nicht aufgegessenen Stücke schnell unter die Decke des nebenan stehenden Bettes. Aber die Männchen hatten es doch schon gesehen und verliessen diesmal um so eher den unappetitlichen Geizhals. Das war dem eben recht, ungestört ging er gleich wieder hinter seine Kuchen her. Allein was zog er nun aus dem Bette? An der Stelle seiner Dünnen fand er bloss alte Schuhsohlen und Lederschnitzel. Anderwärts trieben sie den Leuten das Vieh auf die Weide, und das taten sie am längsten, so lange bis im Dorfe die erste ABC-Schule errichtet worden ist. Da haben die bösen Schulbuben mit Steinen nach ihnen geworfen, und seitdem gehen sie keinen Schritt mehr ins Dorf. Hie und da kann etwa noch einer im Wald oben ein solches Männchen von ferne erblicken; das ist aber dann kein gutes Zeichen, denn es geschieht immer zu der Zeit, wo ein Hochgewitter bevorsteht. Und da kommt dann der anschwellende Wildbach schonungslos über Acker und Rebberg herunter geflossen. (Erwin Haller aus Veltheim) Sage aus Oberflachs bei Brugg Band 3.1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962, S. 112 - 113 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Zwergenrat an Mädchen

Source: Zwergenrat an Mädchen

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Im Dorfe Remigen, Bezirks Brugg, kamen die Erdmännchen in ein bestimmtes Haus auf Besuch, in dessen Keller der unterirdische Gang mündete, von dem Herdmännliloch herabführend, das man noch droben auf dem Bützbergköpfli zeigt. Diese Besuche dauerten fort, so lange die Leute rechtschaffen, freigebig und friedfertig lebten. Als die Tochter des Hauses eben auf dem Wege war, um zum Tanze zu gehen, sagte ihr eins: „Breneli, blib du hübsch deheimen, me suecht die guete Chüe im Stahl und nid uf em Märit.“ (Lehrer I. Vogt in Remingen.)  Sage aus Remigen, bei Brugg Band 3.2, Quelle: Ernst L. Rochholz, Naturmythen, Neue Schweizer Sagen, Leipzig 1962, S. 127 - 127 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Zwergleins Geschenk

Source: Zwergleins Geschenk

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Eine Kräutersammlerin von Plaffeien fand einst im Sangernboden (Kanton Bern) einen kranken Zwerg. Dank der Kenntnisse, die sie über Heilkräuter sich anerworben hatte, glückte es der Frau, den kranken Zwerg zu heilen. Zum Dank für seine Wiederherstellung gab ihr der Geheilte eine Handvoll dürren Buchenlaubs in die Schürze. Die Frau nahm das Geschenk an, um den Zwerg nicht zu beleidigen, und war des Glaubens, derselbe wollte sich einen Scherz mit ihr erlauben. Sie liess sich aber nichts dergleichen anmerken und tat, als ob sie sehr erfreut wäre. Heimlich dagegen dachte sie: «Buchenlaub liegt noch genug im Walde herum, solches brauche ich nicht eigens nach Hause zu tragen.» Auf dem Heimweg liess die Frau achtlos ein Blatt nach dem andern auf den Boden fallen, bis die Schürze leer war. Daheim schüttelte sie die Schürze kräftig aus, um sie von Staub zu säubern. Da flog etwas Goldenes klirrend zu Boden. Was war das? Ei, zwei blitzblanke Goldstücke waren ihr aus der ausgebreiteten Schürze auf das Pflaster gefallen. Vorher waren es zwei hängengebliebene Laubblätter. Zu spät erkannte die Kräuterfrau, welch eine Dummheit sie begangen hatte, als sie achtlos die Blätter auf die Strasse fallen liess. Wohl kehrte sie unverzüglich auf dem gleichen Weg zurück, den sie gegangen war, doch es war vergebens. Sie fand jetzt weder Goldvögel noch die weggeworfenen Buchenblätter. Die Reue war wieder einmal zu spät. Dafür war die Frau um eine Erfahrung reicher.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Zwergleins Hochzeitsgeschenk

Source: Zwergleins Hochzeitsgeschenk

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Im Gebiet der freiburgischen Voralpen liegt die schöne Bergweide Salzmatt. Sie hat ihren Namen von einer salzhaltigen Quelle, die auf dieser Alp entsprang. Alles Getier, das daraus trank, gedieh so gesund, dass es eine Freude war, es anzusehen. Auch die Anrainer durften von dieser Heilquelle ihr Vieh tränken, das gleichfalls die wundersame Wirkung derselben verspürte. Vor Jahren gehörte die Bergweide einem wackeren, jungen Plaffeier Bauern. Alljährlich zog er im Frühjahr, wenn die Bittprozessionen gehalten waren, auf die Salzmatt. Weit und breit gab es keinen Hirten, der so gewissenhaft und geduldig des Viehes wartete wie dieser Jungbauer. Nie hörte man ihn fluchen oder schelten, wenn etwa die Kühe den Melkeimer umstiessen oder sonst sich irgendwie widerspenstig zeigten. Nie kam es vor, dass er in roher Weise die Tiere schlug oder quälte. Die verständigen Vierfüssler fühlten heraus, dass es ihr Herr gut mit ihnen meinte. Darum folgten sie willig seinem Ruf und liessen sich ohne Widerstreben von ihrem Herrn leiten. Es ging ihnen nie etwas ab vom Futter. Da war es kein Wunder, dass auf der Alp alles Vieh prächtig gedieh und bei der Talfahrt im Herbst alle andern Tiere an Rundung übertraf. Es kam auch selten vor, dass ein Stück einging oder krank wurde, denn hilfreiche Bergmännlein halfen dem Sennen bei der Arbeit. Sie hüteten die Tiere und hielten alles Böse von denselben fern. Unsichtbare Hände nahmen dem Mann manche Arbeit ab; sie melkten die Kühe, striegelten deren scheckiges Fell und pflegten sorgsam das Jungvieh. War der Meister abwesend und hatte er anderswo zu tun, da konnte er sicher sein, dass daheim die nötigen Verrichtungen im Stall und Feld getan wurden. Dafür erzeigte sich der Hirt seinen treuen Helfern recht dankbar. Er gab ihnen Milch, Käse und Brot, und im Stafel fanden sie jederzeit ein freundliches Obdach. Nun kam auch für den Jüngling die Zeit zum Heiraten. Als er soweit war, dass er mit einer braven Plaffeierin den Ehebund schliessen konnte, besorgten ihm die braven Heinzelmännchen auf der Alp die Arbeit. Ohne Sorgen konnte er nach dem Pfarrdorf Plaffeien hinabsteigen, um dort Hochzeit zu feiern. Vorher jedoch wollten ihm die Zwerglein ein Hochzeitsgeschenk machen. Welche Freude empfand der junge Hochzeiter, als er am Hochzeitsmorgen früh auf dem Tisch eine kostbare, goldene Taschenuhr fand mit der Widmung: «Dem braven und wohltätigen Hirten überreichen die dankbaren Zwerge dieses Angebinde.» Eine solch feine Uhr besass nicht einmal der Ammann von Plaffeien, ja vielleicht selbst der Schultheiss von Freiburg nicht. Freudestrahlend zeigte der Bräutigam seiner Annemarie das wertvolle Hochzeitsgeschenk der dankbaren Bergmännlein. Ich brauche wohl nicht mehr beizufügen, dass den braven Leutchen auch fernerhin das Glück hold blieb. Emsige Hände und frommer Sinn sind die beste Garantie für ein glückliches Familienleben.   Quelle: Pater Nikolaus Bongard, Sensler Sagen, Freiburg 1992. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Zwingherren

Source: Zwingherren

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Auf der Burg wohnten Zwingherren. Die Bewohner der Umgebung mussten ihnen so hohe Abgaben entrichten, dass sie selber fast nicht mehr leben konnten. Dazu hatte von jedem neuvermählten Pärchen die Frau für drei Nächte in die Burg zu gehen. Das wurde den Leuten schliesslich doch zu bunt, so dass sie die Burg belagerten und endlich nach langer, langer Zeit einnahmen. Man glaubte, die Hälfte der Schlossbewohner getötet zu haben, aber als sie wegzogen, war es eine Prozession von Niedergesteln bis an den Rotten. Heute sieht man noch die Hofstatt der Burg, und an einem Ort heisst es, da sei der Weinkeller gewesen, weil die Steine dort he ute noch rot gefärbt sind. Da hätten die Zwingherren den Wein gelagert. Man sagt darum: Zer Wiichüofu. Im Feschtiloch soll ein Schatz begraben sein. Man könne ihn aber nur in der Heiligen Nacht heben, während es zur Wandlung läute. Eine wüste Kröte sitze drauf und hüte das Gold. Manche versuchten schon, hier reich zu werden. Aber es soll noch niemand gelungen sein. NIEDERGESTELN Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by Zwinglis Riesensprung

Source: Zwinglis Riesensprung

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Ulrich Zwingli der Reformator war bekanntlich zwischen 1516 - 1518 Prediger zu Einsiedeln. Einmal predigte er daselbst auf dem Brül vor einer Volksmenge über seine neuen Lehren. Von Gegnern derselben wurde er jedoch umzingelt und es bedrohten ihn Schläge. Aber urplötzlich verschwand er, indem er einen gewaltigen und „unerhörten" Sprung vom Brül hinweg bis auf das westlich gegenübergelegene Gebirg genommen hat. Darum heisst noch heut zu Tag der Platz, wo er nach dem Sprunge stand, der Ketzerboden.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.  


by Zwischen zwei Felsen

Source: Zwischen zwei Felsen

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Ein Silener hatte in Erstfeld einen Zins bezahlt. Als er auf dem Heimweg war und am späten Abend in den Wylerwald kam, war's ihm auf einmal, als ob er zwischen zwei hohen Flühen einherginge, die vor und hinter ihm sich auftürmten. Er marschierte auf Leib und Leben und blieb doch immer auf dem gleichen Fleck. Endlich sagte er laut zu sich selber: »Um Gottes und Mariä Willä, was isch äu das hinecht?« und im Augenblick war der Bann gebrochen. Die zwei Felsen waren verschwunden, und der Wanderer konnte ungehindert vorwärtsschreiten. Zacharias Zurfluh, Erstfeld Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Zwischen zwei Türen gebannt.

Source: Zwischen zwei Türen gebannt.

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Zu Wassen wurde vor einigen Jahrzehnten eine Weibsperson, ds Sepplis eines, beerdigt. Als der Sigrist am folgenden Tage zur Kirche kam, stand sie zu seinem höchsten Erstaunen beim Türli am Eingang des Friedhofs. So mehrere Morgen nacheinander. Endlich sagte er es dem Pfarrer. Der ging am nächsten Morgen mit ihm zur Kirche und redete sie an. Da bekannte sie, sie sei lebend begraben worden, und müsse jetzt noch 25 Jahre so wandlen, bis sie vor das Gericht Gottes komme; denn so lange hätte sie eigentlich noch leben sollen. Da liessen sie an einer Seite der Kirche eine Doppeltüre machen, und zwischen diese beiden Türen wurde der Geist eingeschlossen und eingebannt. Josef Baumann, Gurtnellen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Zwölf Jahre auf der Kantonsschule

Source: Zwölf Jahre auf der Kantonsschule

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Es gab einen, der war zwölf Jahre auf der Kantonsschule gewesen. Als er gescheit genug war, kam er nach Hause. Als Markt war, ging er hin. Seine Mutter sagte, er solle Nadeln kaufen. Er ging hin und kaufte Nadeln. Auf dem Rückweg sah er einen Strohballen und steckte die Nadeln ins Stroh. - Er war zwölf Jahre auf der Kantonsschule gewesen. - Zuhause fragte die Mutter, wo er die Nadeln habe. Er sagte ihr wo. «Bist du doch ein Schlaumeier, du hättest sie doch an den Hut stecken sollen.» Er erwiderte: «Das nächste Mal weiss ich, was tun.» Er ging nochmals auf den Markt, kaufte eine Heugabel und steckte sie an den Hut. Als er nach Hause kam, war der Hut futsch. Die Mutter schüttelte den Kopf und sagte: «Konntest du die Gabel denn nicht an einem Stiel auf dem Rücken tragen?» - Er war zwölf Jahre auf der Kantonsschule gewesen. Das nächste Mal ging er und kaufte ein Schwein. Dann stiess er ihm einen Stock in den Arsch und trug es auf dem Rücken. Als er nach Hause kam, war das Schwein tot. «Aber konntest du es denn nicht an einen Fuss binden und es vorangehen lassen?» sagte die Mutter. Er sagte: «Das nächste Mal weiss ich, was tun.» - Er war zwölf Jahre auf der Kantonsschule gewesen. Dann ging er und kaufte einen Kochtopf mit Füssen und band den Strick um einen Fuss. Aber der Kochtopf marschierte nicht voraus, er musste ihn nachziehen und kam nur mit dem Fuss nach Hause. Die Mutter sagte: «Dich kann ich nicht mehr auf den Markt lassen, jetzt gehe ich, und du bleibst hier und haushaltest.» Als sie weg war, ging er hinunter und stand mit dem Rücken gegen das Haus, um zu "haushalten". - Er war zwölf Jahre auf der Kantonsschule gewesen. Dann ging jemand vorüber und fragte ihn, was er hier mache. Er antwortet: «Nun, meine Mutter ist auf den Markt gegangen und hat mir gesagt, ich solle haushalten.» Der Passant erwiderte: «Das ist aber nicht haushalten, du musst hinaufgehen, Butter einsieden und Wein trinken.» Er ging hinauf und stellte den Butterhafen aufs Feuer. Dann kam er auf den Gedanken, hinunterzugehen und Wein zu trinken. Er stieg in den Keller und trank Wein. Dort fiel ihm ein, dass die Butter überlaufen könnte. Er rannte hinauf in die Küche, vergass aber in der Eile, den Fasshahnen zu schliessen. Als er in der Küche anlangte, war die Butter übergelaufen. Er denkt an das Fass und rennt schnell in den Keller zurück. Der ganze Wein ist ausgelaufen. Er packte rasch ein paar Säcke Mehl und schüttete es auf den Wein. Was für ein Geschmier! Er war zwölf Jahre auf der Kantonsschule gewesen. (Schams)   Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Zytzibützi g'storbä

Source: Zytzibützi g'storbä

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»Unsere Vorfahren«, erzählte mein 80 jähriger Vater, »besassen die Alp Waldnacht zu eigen. Eines Sonnabends kam der Knecht mit Ziger und Anken aus der Alp heim und sagte als er sich im Walde ausgeruht, habe jemand gerufen: 'Jochliträger! säg am Lüsgrind, dz Zytzibützi syg g'storbä!' Die Hausmagd, die gerade in der Küche beim Nachtessen sass, hörte das, legte sofort, ohne ein Wort zu sagen, den Löffel weg, ging hinaus und kam nie mehr zum Vorschein.« Schriftlich von Frau Oberst Epp-Schmid, Altdorf Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Z‘Pulver riiben

Source: Z‘Pulver riiben

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En Hirter ischd wiit näb em Dorf üüsi bim Vee gsiin und hed gmischted; äin Gableten um dee ander hed er zum Tirgräis üüsi greerrd. Underäis sitzd ds Gäismäitli uf dr Tirsellen! Dr Hirter tööd, as wen er egghäiner Oigen hätti und reerrd im en Gable volli Mischt grad i ds Schurzli. Döö erwached ds Gäismäitli. Mid enem Grind vor Täibi we ne gfiiregi Triichlen springd's im an; aber sa gläitig, wee's im atätschd ischd, laad's nen umhi gaan: „I riibten di z'Pulver, we d' nid wiisses Brood bee-n-dr hättischd!" Dermit isch'sch furt und hed tobed wee nes Wätter in enem Graben. Dr Hirter hed täichd, är häigi doch nid es Breeselli wiisses Brood been im. Är hed i d'Täschi griffen und äini naa dr andren üüsgchoored und findt am End in arra Schlufitäschen es Bibbi vun enem Weggli. Melchior Sooder: Zelleni us em Haslital. Märchen, Sagen und Schwänke der Hasler aus mündlicher Überlieferung. Basel 1943. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.  


by Z’Fiechte

Source: Z’Fiechte

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Z’Fiechte Z’Fiechte isch e Ma im Stärbe gsi. Du het er all Lüt vom Bett un us dr Stube gjagt. Aber eine het ihm abglusset. Dä het gseh, wie-n-er dür‘sch Wäbstubeloch ab isch, het Gäld ghöre chlingele u brummle: „Mit däm Schlüssel, wo-n-i bschliesse, söll men au uftue.“ Nom Tod het me ne gno un umdräiht wie mit eme Schlüssel, dert wo-n-er ‘s Gäld het verlochet gha u ’s Gäld isch drufabe wiederume vürecho, wo-n-er het erraggeret gha. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Z’förchte mache

Source: Z’förchte mache

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Z’förchte mache Vo dr Frau Faschte het me i mine Schueljohre gäng gredt. Ufern Mösli hei äi Rung Buebe si ganz wiss verchleidet u si derewäg eim vor d’Pfäischter cho, für eim z’förchte z’mache. Frau Fasten kommt von irgend einem unheimlichen Orte her; plötzlich taucht sie auf; niemand weiss in der Regel, woher sie kommt; einmal kommt sie von der Altburg her; sie wird also im Burghügel wohnen; in Rütschelen tritt sie aus einer Fluh heraus. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Z’Leimiswil

Source: Z’Leimiswil

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Z’Leimiswil Dür d’Hohlen abe chunnt mängischt e Licht, vorus ’s Totebäumli u hingernohe d’Lüt, e länge, länge Zug. Mi gseht, wie sie derhär chöme‚ aber ghöre tuet me rein nüt. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Z’Rütschele

Source: Z’Rütschele

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Z’Rütschele We me vo Madiswil gäge Rütschele geiht, chunnt me dür ne Hohle. Rächter Hang isch e Sangsteiflueh. Do drinne, het mer albe dr Vater gseit, sig d’Frau Faschte. Am heilige Obe dörf me nid z’lang chilte, süsch erwörg sie ein. Wo-n-i e chline Bueb gsi bi, han i das glaubt, un i hätt mi nid trauet‚ z’Nacht do düre z’laufe. Warum trägt aber, so fragen wir uns, dieser weibliche Dämon den Namen „Frau Fasten“? Der Kirchmeier von Rohrbach schreibt 1740 in seine Rechnung: „Uf dän 4 tag hohrnung hab ich däm schull meister zu Rohrbach däm Felix Iff frau fastengält zalt für schull lohn für wiehnacht 1739…“ Die Eintragung zeigt, dass Fronfasten als Frau Fasten gedeutet wurde. Auf den Mittwoch, der Weihnachten vorausgeht‚ fällt die Weihnachtsfronfasten; denn Fronfasten kehrt als Kalenderdatum in Abständen von je drei Monaten viermal innerhalb eines Jahres wieder. Aber „Frau Fasten“ ist sicher keineswegs die blosse Personifizierung eines Kalenderdatums; ein anderer Name, der ursprünglicher war, ging verloren. Frau Fasten tritt, wenigstens bei uns, nicht das ganze Jahr hindurch in Erscheinung. Während der „Zwölften“, der kurzen Tage, geht sie über die verschneiten Wege und klopft zur Zeit der Kiltnacht an Fenstern an, wenn in der Stube die Bäuerin am Spinnrad sitzt. Den kurzen Tagen aber geht Weihnachtsfronfasten unmittelbar voraus. Ihr Auftreten zeigt uns, dass es Fronfasten vor Weihnacht war, die zur Bildung des Namens Anlass gab. Zu den andern Fronfastenzeiten erscheint Frau Fasten nicht. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by Z’Urschebech

Source: Z’Urschebech

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Z’Urschebech E Bur z’Urschebech het z’Nacht au so ne Lichezug gseh. No i dr gliche Nacht sin ihm d’Hoor usgange, u vo denn ewägg treit er ganz e blutte Chopf. Dem Totenwagen folgt ein langer Zug, ein Totenheer. Die Erscheinung entspricht in einzelnen Zügen dem Nachtvolk in Graubünden‚ dem Gratzug im Wallis, dem schweren Wagen, der bei Pressburg fährt. Die Sage vom Totenheer gleitet aber auch hinüber in die Sagen vom wilden Heer, der wütenden Schar, die in der Luft einherjagt. Die Vorstellungen des Seelenglaubens verbinden sich eng mit den Erscheinungen, die sich aus den Vorgängen der Natur herleiten lassen; Seelensage und Natursage gehen vollständig ineinander über. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by `S Geissheiriloch

Source: `S Geissheiriloch

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Ganz z`oberscht uf der Geissflue, uf der Hochwacht, isch es arigs, halbverfallnigs Loch, ebe `s Geissheiriloch. Das isch der Ygang zumene underirdische Gang, wo bis uf d`Farnsburg abe goht. I däm Loch het vor Zyte der Geissheiri ghuset. Das isch än Art «Raubritter»  gsi. Nid grad ein vo de Schlimmschte. Wol het er di ganzi Umgeged unsicher gmacht; nüt «Ässigs» isch vorem sicher gsi, aber umbrocht het er süscht niem, weder hie und do ne Geiss; die sy-n-em ebe eso grad rächt schwer gnueg gsi zum Träge, das gech Wägli uf, und Geissefleisch het er ums Läbe gärn gha. D Landjeger hei-n-em ufpasst, aber verwiitscht het en keine und i sy Wohnig yne het si keine gitrout. Mit was er si eigetlig verfehlt gha het, ass er si het müese verstecke im Geissheiriloch, weiss niem. Au weiss niem, wenn er es Änd gnoh het, oder ob er emand jetz no dört huset. Wenn d’Bure wei go heue z Oltige, luege si öppe am Morge a d’Geissflue ue wenn dort es Näbeli ufstygt, seit öppe der eint oderder ander: «Lueg der Geissheiri het wieder e Geiss verwütscht, es rauchnet noh!» Und dernoh weiss me, ass’ vorläufig no kei Heuwätter git. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by  Der Geiger im Tobel

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In einem andern Tobel will man einen Geiger gehört haben, der nachts seine Weisen spielte. Freilich behaupten andere, die Baumäste hätten sich gerieben und so die Bassgeige gespielt.                                   Chr. Lügstenmann. Quelle: Sagen des Kantons St. Gallen, Jakob Kuoni, St. Gallen 1903, Nr. 393, S. 226  Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by  Der Venediger im Sörenberg

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Alljährlich erschien im Sörenberg an den Quellen der kleinen Emme, die das Entlebuch durchströmt und bekanntlich Goldsand führt, — ein Venediger. Die waren ja überall, wo es Gold zu gewinnen gab. Ganze Fuder voll Goldsternen, die nur der Kundige zu erkennen vermochte, soll er allemal mit sich heimgenommen haben. Beim Suchen half ihm meistens ein Sörenbergerknab, der ihm sehr treu und ergeben war. Abends schliefen beide gewöhnlich etwa auf einem Heustocke. Einst wollte der Venediger seinen guten Gehülfen mit sich heimnehmen, allein dieser wollte nicht, indem er versprach, einmal allein und zwar mit einer Ladung selbstgesuchter Goldsteine dahin zu reisen. Der „Venediger" zweifelte zwar, ob ihm das gelingen werde, nahm aber den Vorschlag an und verreiste nach Venedig. Der Hirtenknabe hatte im Umgang mit dem Fremden auf alles wohl geachtet und war wirklich im Stande echte Goldsteine von den unechten zu unterscheiden, aber das Ausscheiden des edlen Metalles war ihm Geheimnis. Mit einer schönen Ladung machte er sich eines Tages auf den Weg, gelangte bis Venedig und dort ins Quartier der Goldmacher. Da wäre er als unberufener Zeuge unfehlbar ums Leben gekommen, hätte nicht sein sehr überraschter Freund sich seiner angenommen und ihn in sein Haus geführt, freilich mit dem Bedeuten, es sei ihm ratsam bald wieder fortzukommen. Doch nahm er ihn sehr freundlich auf, bewirtete ihn vornehm und beschenkte ihn zu einem reichen Manne. Unter andern merkwürdigen Sachen zeigte er ihm ein Glas, das man Bergspiegel nannte. Als er hineinguckte, sah er, was im gleichen Momente daheim im Sörenberg die Leute schafften. Als es Zeit war wieder zu gehen, führte der Venediger seinen Gast zu einem prachtvollen Bette. Er durfte sich aber nicht auskleiden, musste seine Reisetasche, in welcher die Geschenke verpackt waren, sich anhängen und den Reisestock im Arm behalten. So entschlief er, um — im Sörenberg auf einem Heustocke zu erwachen, nicht zu Venedig im Palast seines Freundes, der ihn wunderbar durch seine Kunst diese Nacht in die Heimat gezaubert hatte.   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by  Ohne Titel

Source:  Ohne Titel

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Auf einer Schwyzer Alp hatten die Sennen beim Wegziehen was vergessen und einer musste zurück in die verlassene Hütte und den vermissten Gegenstand holen. Er ging, fand die Sache vor und machte sich gleich wieder auf den Heimweg. Im gleichen Augenblicke rief ihm eine fürchterliche Stimme nach: „Wenn d' wieder chunst, so wirst verzehrt und dehrt wie 's G'strüpp a d'r Sunne.“   Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch.


by «Chläfflerfrau» und «Chläfflersau»

Source: «Chläfflerfrau» und «Chläfflersau»

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Die Chläfflerfrau erschreckte in der Nacht den Wanderer, der von Hofen her kam. Ein anderes Schreckgespenst war die Chläfflersau. Den Kindern, die zur Betzeit nicht heimkehrten, wurde gedroht, sie würden von der Chläfflerfrau (-sau) geholt. (Opfertshofen)     Aus: R. Frauenfelder, Sagen und Legenden aus dem Kanton Schaffhausen, Schaffhausen 1933. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by «Oberwiesen»

Source: «Oberwiesen»

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Weiler bei Hallau Hier, am südlichen Hang des Hallauerberges, in unmittelbarer Nähe des Dorfes, sollen sich nach der Sage das «Städtchen Oberwiesen» und der «Rittersitz der Edlen von Oberwiesen» befunden haben Der Ort sei in früheren Kriegszeiten in Trümmer und Asche gelegt worden und niemand hätte sich gefunden, der ihn wieder hätte aufbauen wollen.     Aus: R. Frauenfelder, Sagen und Legenden aus dem Kanton Schaffhausen, Schaffhausen 1933. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by «Unghüüriger» Ort

Source: «Unghüüriger» Ort

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Beim Chäschteli scheuen oft die Pferde oder können gar nicht mehr weiter. Andere sind dort einem Wagen ohne Pferde begegnet, der vorbeijagte. Pratteln Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by »Griäz-m'r diä, wommer nachfraget«

Source: »Griäz-m'r diä, wommer nachfraget«

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pflegt man oft beim Abschied zu sagen. Aber das ältere und gesetzte Volk im Schächental hat vor dieser Art Grüsse aufzugeben einen grossen Abscheu. »Der Teufel fragt einem auch nach«, heisst es. Und einmal sei wirklich bei einer solchen Gelegenheit der Teufel gekommen und habe dem Grussaufgeber nachgefragt. Und da musste der andere, der den Auftrag angenommen, ihn wirklich ausrichten. Man soll sagen: »Griäz m'r diä Lytt, wommer nachfraget.« Ambros Gisler, Bürglen; Zacharias Imholz, Spiringen und a. Ergänzung: Man soll sagen: »Griäz m'r diä, wom-mer nahfraget, wennd's rächt Lytt sind.« Theresia Gisler, 73 Jahre alt, Spiringen Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by »Umg'hyrig«

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War es auch im Fideikommissbutzen zu Spiringen. Hanstoni, der alte Ratzigerratsherr, der das Berggut mehrere Jahre in Pacht hatte, schaute dort einmal zum Fenster hinaus. Auf einmal kam »es« hinter seinen Rücken und warf ihn rückwärts zu Boden. Hanstoni hat den Geist erkannt, hed-em's aber niä wellä-n-üssgä. Wenn der Ratsherr auf dem Ofenbänkli schnarchte, hörte man es aus dem Keller herauf präzis auch so schnarchen. An die Türe geklopft hat »es« sehr häufig, und ein brennender Mann ist dann und wann gesehen geworden (19. Jahrhundert). Zacharias Imholz Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by »Wen-i ä rotä Strimpf hätt.«

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Über Bürglen ging ein schreckliches Unwetter nieder. Der Regen fiel, dass es rauschte, und die Bäche und Bächlein tosten auf allen Seiten. Zwei Hexen, die schon lange den Bürglern den Untergang geschworen hatten, benutzten die Gelegenheit. Die eine liess im Sonnigen ob dem Färchwald, die andere im Schattigen auf der Vierschröt oder im Riedertal je eine Rübi an. Schon hatte die im Riedertal mit ihrer Rübi den Bach hinterschwellt. Wie weit die andere ob dem Färchwald mit der ihrigen herabgefahren, sieht man noch heute. Aber jetzt kamen die Kirchenglocken zur Sprache, und die Glöcklein zu Loreeten und im Riedertal tönten gar laut zum Himmel. »Ich mag nimmä,« rief es im Schattigen. »Ich mecht nu, wen-i ä rotä Strimpf hätt,« antwortete es im Sonnigen. Die Rübenen stellten ihren Lauf ein. Mitget. v. Kaplan Daniel Aschwanden Noch vor wenigen Jahrzehnten sagte man zu Bürglen, wenn ein Weibervolk in roten Strümpfen daher kam, es sei eine alte Hexe. Ambros Gisler, Maurer Quelle: Müller, Josef: Sagen aus Uri 1-3. Bd. 1-2 ed. Hanns Bächtold-Stäubli; Bd. 3 ed. Robert Wildhaber. Basel: G. Krebs, 1926, 1929, 1945 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by ​​​​​​​Der Hackermann

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Der Bub muss zum Essen. Er wirft sein Hölzlein weg, stunggelt treppauf in die Küche und will sich zum Tisch setzen. Doch, da mahnt die Stimme der Mutter: „Dass du mir die Hände wäschest, Bub!" Er scheint zu überhören, löffelt Suppe. Da geht sie hin, ergreift ihn am Arm und führt ihn zum Wasser: „Wet d'Hend nid wäschist, chunnd den der Hackerman! Und där hacked der sa uf, bis s' weh tien und blietin!“ Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch


by ​​​​​​​Verschobene Grenzlinie

Source: ​​​​​​​Verschobene Grenzlinie

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a) Die Banngrenze zwischen Ziefen und Seewen SO bildet auf dem Gauset eine eigentümliche Zickzacklinie. Dieser Grenzverlauf hat folgende Ursache: Am Tage vor der Steinsetzung wurden alle Grenzsteine an Ort und Stelle gebracht. In der darauffolgenden Nacht führte ein Mann aus Seewen einen der Bannsteine mit Hilfe seines Schimmels hinweg an den Ort, wo er heute noch steht, nämlich diesseits der Seewener Rüttenen. Entgegen aller von der Ziefnerseite erhobenen Einsprachen wurde dann am nächsten Tag der Stein an dieser Stelle gesetzt. Zur Strafe für seinen Grenzfrevel wurde der Seewner Mann nah seinem Tode zum Schimmelreiten verdammt. b) Die Grenze am Gauset zwischen Ziefen und Seewen war umstritten. Die Vertreter der beiden Gemeinden traten zu Unterhandlungen zusammen und einigten sich über die Standorte der zu setzenden Steine. Diese wurden an Ort und Stelle verbracht. Nach diesem gütlichen Vergleich luden die Seewner die Ziefner zu einem gemeinsamen Trunke in einem Seewner Gasthause ein. Während nun dort die Grenzbereinigung gebührend gefeiert und dabei tapfer gezecht wurde, schafften einige Seewner die Steine von den vereinbarten Plätzen weg und verrückten so die Grenze gegen die Ziefnerseite, wo die Steine nachher gesetzt wurden. Zu spät merkten die Ziefner, dass sie bei diesem Handel betrogen worden waren. Ihre nachträglichen Beschwerden hatten keinen Erfolg mehr. Ziefen Quelle: P. Suter/E. Strübin, Baselbieter Sagen. Quellen und Forschungen zur Geschichte und Landeskunde des Kantons Basel, Band 14. Liestal 1976 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by ’s Chalb a dr Firscht

Source: ’s Chalb a dr Firscht

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’s Chalb a dr Firscht Uf ere Weid, i säge nid wo, steiht en alti Chüeiherhütte. Do hangi a dr Firscht es Chalb. Äs sig ume es dünns Fädeli, wo's dra bunge sig. Sie heige’s scho wöllen ahenäh; aber ’s Fädeli löi nid; äs sig drum alls uehebannet. D’Lüt säge, do sig einisch e Chüeiher gsi. Däm heig’s d’Chalber eis nom angere töt. Du heig ihm öpper gseit, är söll es Chalb a d'Firscht uehehäiche; är chönn druf zelle, dass er de kes settigs Ungfel meh heigi. Är heig’s eso gmacht. Vo sälbem a heig’s e kes Chalb meh töt. I bi drufabe einisch go luege. Un i dr Tat, a dr Firscht hanget no gäng es Chalb. Aber mi ma chum erchenne, was es isch. U dr Hirt het gsiet: „Für öppis wird’s wohl si. U so lang i läbe, isch’sch mer rächt, we’s dobe bliebt.“ M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by ’s Chilchli z’Frybech

Source: ’s Chilchli z’Frybech

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’s Chilchli z’Frybech ’s Chilchli z’Frybech isch unger am Rain gsi, dert wo dr Wäg gäg em Moos abe geiht. Vor ne paar Johre het dr Bur do no Steine usgmacht u se brucht für z’stalle; derbi sige no Eselsise vürecho. Ganz hert derbi isch ’s Chinglibrünnli; au i de trochene Johre ergeiht es nid; worum me Chinglibrünnli seit, weiss me nid; aber früeher si d’Lüt vo wit u breit dohäre cho u hei vo däm Brünnli Wasser greicht; äs sig gar gsung, het me gseit. Viel brichte d’Lüt eigetlig nümrn meh vo däm Chilchli; aber mi Vetter, är isch im achzähhundertundeinezwanzgi jung gsi, het mer erzellt, im Moos niede sige zu sine Zite zwei alti Lütli gsi, die heige gseit, wie sie zu gwüssne Ziite gseihi, wie ganz Zilete Lüt dür die Wäge chöme u dert zuehe heige, wo albe s’ Chilchli gstange sig. In Freibach stand bis zur Reformation eine berühmte Wallfahrtskapelle, die der hl. Maria geweiht war. Im Jahre 1424 entstand eine Schmiedenbruderschaft, der ursprünglich nur Schmiede angehören mochten, die aber bald Männer und Frauen aller Stände aufnahm. Die gottesdienstlichen Verrichtungen, welche die „Brudersami“ angingen‚ fanden in der Kapelle zu Freibach statt. Die Stiftungsurkunde steht im Anzeiger für Schweizerische Geschichte 1880, S. 330 f. Nach der Reformation hielt die Bruderschaft ihre Versammlungen in Grossdietwil ab. Von dieser Bruderschaft dürfte der Name auf den Schmiedwald übergegangen sein. Warum heisst aber die Quelle „Chinglibrünnli“? Kam ihr vielleicht schon vor der Gründung der Kapelle kultische Bedeutung zu? Oder wurde ihr während des Bestehens der Kapelle oder nur nach der Reformation heilsame Wirkung zugeschrieben? M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by ’s Doggeli

Source: ’s Doggeli

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’s Doggeli ’s Doggeli isch es Unghüürli u chunnt z’Nacht‚ we d’Lüt schlofe, zum Schlüsselloch oder zum Pfäischter ihe. De geiht es de Lüten uf d Bruscht go hocke, bis sie nümme chöi dr Ote zieh. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by ’s Doggeli chunnt cho suuge

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’s Doggeli chunnt cho suuge We de Chline d’Brüschtli gschwälle‚ so chunnt ’s Doggeli cho suuge. Für däm z’wehre leit me dem Chingli es Teschtamänt unger ’s Chöpfli u steckt zwöi Schnitzerli chrüzwies i Chorb. Mi Vater het für ganz sicher erzellt, si eltischt Brueder heig au ’s Doggeli gha. Er isch scho us dr Schuel gsi, wo’s ne het afo ploge. Wen er het welle schlofe, isch es uf eismols cho, isch ihm uf d’Bruscht ghocket u het afo suuge. Dr Brueder het drufabe Brüscht übercho wie-n-es Wibervolch, u Milch isch usecho. Wie’s ihm du besseret het, chan i nümm meh säge. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by ’s Fraueli a dr Sossaugass

Source: ’s Fraueli a dr Sossaugass

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’s Fraueli a dr Sossaugass We’s wott cho strübere, so steiht a dr Sossaugass, wo dr Wäg gägem Holzacher uehegeiht, es wüeschts Fraueli; ’s Gsicht isch voll Runzele u grau azluege wie Spinnhuppele. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by ’s Fraueli bi dr Lushütte

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’s Fraueli bi dr Lushütte Äs isch amene schöne Tag gsi; d’War het gweidet, u d’Zimmermanne hei a dr Lushütte öppis umegmacht. ’s Mittagässe isch nohe gsi. Sie hei ’s Wärchgschir abgleit u si vo dr Arbeit furt. Ume dr Meischter het no diesersch u äis welle noheluege. Plötzlig isch es Fraueli derhar cho; es wüeschts, wüeschts Fraueli sig es gsi, u het gfrogt wie spät es sig. Derno isch dr Meischter zu den angere go ge hocke u frogt: „U de, wie het ech jetz das Meitschi gfalle?“ „Was für nes Meitschi?“ „Jetz tüet dergliche. He, das Fraueli, wo vori düren isch.“ „Äs isch doch niemer düre.“ „Wohl isch es Fraueli düre“, seit er u het’s bischriebe. Die angere hei nüt gseh gha. Dr Hirt het zueglost u bis do gschwiege. Druf seit er: „I weiss scho, was das für nes Fraueli isch. Mir wei de mache, dass mer z’Schärme chöme.“ Drufabe het dr Meischter no gseh‚ wie’s am Zun no hingere geiht u ghört, wie’s de Guschti chöttet. Gli druf het si dr Himmel uberzoge. Dr Wätterluft het d’Tannen erhudlet. Eismols het’s afo donnere u wättere, dass es isch e Grus gsi. Das Dämonische, das die Wetterdämonen kennzeichnet, tritt besonders beim Fraueli in Erscheinung, das bei der Lushütte vorbeigeht. Fremde Vorstellungen fliessen aber auch wieder in sein Wesen hinein. Es stellt die verfänglichen Rätselfragen; es sucht die Gusti ins Verderben zu locken; am Ende bricht der Sturm los, sein eigentliches Wesen kündend. Andere der vorausgehenden Sagen mögen ihren Ursprung ganz aus dem Seelenglauben herleiten; wie ich eingangs andeutete, ist es schwer, die Erscheinungen, die nur mit kurzen, wenigen Zügen gezeichnet sind, an die richtige Stelle zu rücken. Aber der Seelenglaube verbindet sich doch eng mit Vorstellungen, die aus dem Erlebnis des Sturmes herleiten. Als Hauch entflieht die Seele; der letzte Atemzug, der dem Sterbenden entfloh und sich dem ängstlich Beobachtenden als Wölklein in der kalten Luft des Zimmers bemerkbar machen konnte, wurde als die entweichende Seele betrachtet. Man öffnet die Fenster; man leert Flaschen und Gläser, in denen sich die Seele verstecken könnte; auf ihrem Weg darf sie auf kein Hindernis stossen; sie geht in die Luft über und vereinigt sich mit den andern Seelen, die ruhelos im Winde dahinziehen. „D’Luft isch voll vo Geischter; we me se ums gsäch! Sie hei chum Platz näbenangere.“ - „Atem und Seele, Wolken und Wind sind verwandte Dinge.“ Im Winde fahren die Seelen dahin; besondere Erregung aber erzeugt die Seele Erhängter. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by ’s Fraueli mit em Rächeli

Source: ’s Fraueli mit em Rächeli

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’s Fraueli mit em Rächeli We me z’Ausel bim Chappeli uf d’Höhi chunnt, so geiht e Wäg hingere gägem Sali. Da isch früeher e hohle Baum gstange. Us däm Hohl sig alben es Fraueli vüre cho. Äs heig es hölzigs Rächeli treit. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by ’s Füür banne

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’s Füür banne Achtzähehundertuvieredrissg isch Huttel verbrunne. Dr Blitz het igschlage, u ’s Füür isch schwalswis über d’Decher ewägg u vo eim Hus i ’s anger. Du isch e Bur cho. Dä het chönne ’s Füür banne. Du isch es bolzgredi uf u het nümme chönne witersgrife. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by ’s Galgelölitier

Source: ’s Galgelölitier

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’s Galgelölitier a) Z’Madiswil nieden isch es Wäldli, ’s Galgelöli. Z’mitts uber Tag, we si süscht kes Blettli a de Bäume rüehrt un es-n-iedersch Lüftli dehinge bliebt, fot’s dert i de Tannen a ruschen u tose‚ u de geiht’s gleitig wie-n-es Windspiel ubere Hunzerügge düruehe bis uf Rohrbech. Das isch ’s Galgelölitier. Äs isch es Unghüür; sälte gseht me’s; eine seit, es sig gross wie-n-es Ross, an angere‚ öppe wie-n-es jährigs Chalb. Meischte’s nimmt es dr Wäg gäge d’Bisig ubere. Wär ihm im Wäg steiht, uberchunnt e gschwullne Chopf u wird chrank. Einischt si ihrere zwe amene Charfriti i ’s Galgelöli go dachse. Sie hei vor ne Hühli e Sack gspannet u es Tierli drigjagt. Derno hei sie flingg verbunge u hei de deheime druber welle. Eine het dr Sack uber d’Achsle gschlängget un isch süferli derdürab. Dr anger isch hingernohe. Dä isch froh gsi, dass es nid gäng gheisse het: Viel Jages u weni Fos. Drum isch ne ’s Güegi acho; vor Ubersüünigi het er brüelet: „Galgelöli, wo bischt?“ „Galgelöli i Hämelersch Sack inne“, tönt’s us em Sack use. Aber wohl, das het ne Bei gmacht; jetz hei sie gmerkt, wodüre dass haget; äine het dr Sack lo gheie u beid si, was gischt, was hescht, gäge ’s Dorf zue. Sie hei später sälber nümme gwüsst, wie sie derdürab cho si. b) E Schelm het i dr Nacht Gstohlnigs imene Sack heitreit. Du rüeft e Stimm us dr Luft: „Galgelöli, wo bisch?“ „Galgelöli i Hämerlersch Sack inne“, git’s us em Sack use Antwort. Im glichen Augeblick het si öppis drinne afo rüehre u zable, u d’Burdi isch schwär worde wie Bli. Du lot dr Schelm dr Sack gheie, satzet dervo u luegt nümm ume. c) Zwe Jeger hei bire Fuchsehühli es Tier in e Sack ihe gjagt u si drufabe in e Wirtschaft. Eismols geiht d’Tür uf un öpper rüeft: „Galgelöli, wo bisch?“ „I Hämerlesch Sack inne!“ Im Hangumdräihe isch dr Sack grösser worde; d’Schnuer het glo un us em Sack use spring es Tier, wie me süsch kes gseih. Die einte hei welle ha, es heig emel sächs oder siebe Gringe gha. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by ’s Lähemes Bueb

Source: ’s Lähemes Bueb

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Als „Müschterli“ oder „Stückli" wandern schwankartige Erzählungen Land auf und ab. Wohl trägt jedes Dorf unserer Umgebung einen „Übernamen“, den ihm freundnachbarliche Neckerei angehängt hat; aber keines ragt besonders hervor; der Oberaargau besitzt kein Schilda. ’s Lähemes Bueb Einisch isch e Läheme gsi, wo mit Bösha u Chuumtue nid het möge dr Zeis ufbringe. Äs isch ihm z’wider gsi, em Her go z’chlöne‚ un är het dänkt, äs gang doch, wie’s gang; dr Her tüe si de scho rode. Derno isch dr Her cho, für z’vernäh‚ us wessi Gründe, är dr Zeis nid überchömm. Aber äs isch niemer deheime gsi, weder em Läheme dr Bueb. Wo dr Vater sig, frog dr Her. „He“, seit dr Bueb, „dä isch i dr Hohlen obe u macht dr Schade grösser.“ „U d’Muetter?“ „Die isch im Ofehus u tuet Brot bache, wo mer färn gässe hei.“ „U dr Chnächt?“ „Dä isch uf dr Weid u tuet jage. Die, wo-n-er überchunnt, lot er goh, u die, wo-n-er nid cha näh, bringt er hei.“ „U d’Jumpfere?“ „Die isch im Spicher u pläret, was sie färn glachet het.“ Dr Her isch nid us em Bueb cho u het wölle wüsse woruber; für e Nare ha, löi er si nid. „He jo“, git ihm dr Bueb ume. „Dr Vater isch i dr Hohle‚ wo dr Wäg düregeiht. We’s rägnet, dräcket’s dert, u de laufe d’Lüt dür’sch Gras. Drum schlot dr Vater Dörn i Bode. Aber we’s de rägnet, laufe d’Lüt de einewäg nid düre Wäg; sie göh um d’Dörn ume, u de wird dr Schade ume grösser. U färn het is ’s Wätter ’s Gwächs i Bode gschlage; mir hei nid übercho, was mer gsäit hei. Du si mer zu de Nochber go ge Brot entlehne‚ u das, wo d’Muetter jetz bachet, müesse mer umebringe. U wäg em Chnächt: Dä tuet im Waldegge luuse; die, wo-n-er foht, gheit er ewägg, u die, wo-n-er nid cha näh, bringt. er hei. U d’Jumpfere het färn gäng Mannevolch gha un isch gäng häluf gsi. Jetz sött sie eine ha; weder es lot si kene meh zuehe.“ M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by ’s Liecht i dr Lohäule

Source: ’s Liecht i dr Lohäule

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’s Liecht i dr Lohäule Vo dr Chüehweid chunnt gäng es Liecht dür d’Lohäule vüre bis zur Altburg. Do brönnt’s eismols stubeshöch uf u vergeiht. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by ’s Lingge Hannes

Source: ’s Lingge Hannes

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’s Lingge Hannes ’s Lingge Hannes isch es arms Manndli gsi, het sini Vierteli gnutzet, ’s Johrholz zoge, het so häb, chläb möge gstabe, z’weni zum Läbe gha u z’viel zum Stärbe. Du het er bi-n-ihm sälber dänkt: „Bis ke Löl. Äs isch amen angeren Ort au Wält. Mach ’s Bündteli u gang uf u furt. In Amerika isch scho mängen ungsinnet u ring zu öppisem cho. Deheime chascht schindten u raggeren u bringsch doch niene nüt für.“ So het er’s gmeint z’verbessere, het abghänkt un isch nach Amerika. Aber äs isch nienen alles u niene nüt u dürhar öppis z’schühe. Äs isch ihm nid guet gange. U d’Längiziti het ne du no ganz uber Ort brocht. Är wär gärn ume hei. Wen er ume dr rächt Wäg gwüsst hätt! Du isch er einisch zu re Farm cho. E junge Bürschtel het vorusse gholzet. Dr Hannes het ne gfrogt, wo dr rächt Wäg sig für i d’Schwiz. Är wüssi’s nid, het dä gseit; aber dr Vater sig i dr Hoschtert obe, dä chönn’s viellicht säge. I der Hoschtert het e Ma Bäum putzt. Dr Hannes het ihm d’Zit boten u ne ’s Gliche gfrogt. Do chönn er wäger ke Uskunft gä; aber är söll zum Grossvater u dä froge; er tüei i dr Chuchi heize. I dr Chuchi isch en alte Ma vor em Ofeloch gchneulet u het i Tritt hingere gfüüret. Aber dä het ihm au ke rächte Bescheid chönne gä un ne zum Urähnigrossätti gwiese; är hocki i dr Stuben uf em Ofe. Dr Hannes het’s düecht, ihm chönn niemer meh hälfe u het es Gsicht gmacht wie siebe türi Johr. Uf em Ofe isch es steialts, schitters Manndli ghuret. Dr Hannes het grüesst u gfroget, wo-n-es düregöhi für i d’Schwiz. „So, so“, macht das alte Manndli, „i d’Schwiz wottlsch? Das chan i au nid säge. Ume sövel weiss i, dass me gäng gäge Sunnenufgang muess laufe. - Du wirsch dänk öppen e Schwizer si?“ „He jo“, säg dr Hannes druff. „I bin au eine. Wohär bisch?“ „Us em Bärnbiet.“ „Jo, Bärner bin ig au. Vo welem Ort blsch de?“ „Vo Rohrbach.“ „E, aber nei!“ seit das Manndli. „Wie si das trifft! Vo Rohrbach bin ig au.“ Du isch em Hannes ’s Härz ufgange. Är het afo erzelle, wie-n-ihm alls erleidet sig, wie-n-er gwärchet heig u bös gha vo eim Stärne zum angere u gäng uber nüt cho sig. Du het ne dr Alt tröschtet u gseit: „Lue, das cha si alls chehre. Mi muess dr Zit erwarte, we me jung Tube wott ha. Lid di chli. Lo di jetz brichte.“ U du het er ne brichtet, längs u breits, wie-n-er’s müess achehre, wen er heichömm, für us dr Armuet use z’cho‚ „Lue, wett mer folgisch, so cha’s nid fähle.“ Dr Hannes isch ume hei cho. Är het em alte Manndli gfolget. Im ungere Wannebach, wo em Hag no e Haslehag steiht, het er es hasligs Rüetli greicht, es eijährigs Zwiseli, wo höher weder die andere gstangen isch. Ire Nacht, wo’s am Chilezit zwölfi gschlage het, isch er drümol um d’Altburg ume glüffe u zu dreine Türe cho. Är schlot mit em Zwiseli uf di mittleschti. Sie springt mit e dritte Schlag uf un är schrietet uber d’Schwellen in es feischters Ghalt eine. Är ma erchenne, dass drei Hüfe Gäld uf em Bode glitzere. Du rüeft e teufe Stimm: „Wele vo dene drei Hüfe wosch?“ „All drei“, git er zum Bscheid, wie ne das alte Manndli brichtet het U die glichi Stimm wie vorane git zrugg: „So, das isch rächt! We d' dr lätz Hufe erwütscht hättisch, wärisch im Augeblick e tote Ma gsi. Ei Hufe chascht für di bhalte; dr anger isch für die arme Lüt.“ Was mit em dritte het müsse go, chan i nid säge. Dr Hannes het’s eso gmacht un isch sider e habliche Ma gsi. Är hätt’s ungwärchet chönne; ’s Gäld het glich gwüsst z’schetze un nütz z’Unnutz verbrucht. Aber für die arme Lüt het er gäng öppis gha, un Armi sige nie z’lääre Hänge vo sir Hustüre furt. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by ’s Meitli vor em Spiegel

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’s Meitli vor em Spiegel Es Meitli het z’Predig welle. Äs isch vor em Spiegel gstange u het si gstrählt u gstrählt u isch nid fertig worde. „Gang jetze“, het ihm ’s Müetti gseit. Aber ’s Meitli het si dessi nüt gachtet un isch witer gfahre. „Äs lütet zsäme“, het ’s Müetti gseit. „Jetz chunnsch de gwüss z’spät.“ „Mira, da isch mer glich, u we dr Tüfel tät lüte“, het es gschnaulet. Im glichen Augeblick isch es am ganze Lib schwarz worde; gstagets wie ne Stud isch es do gstange un e Lich gsi. Für es furtznäh, het me müesse dr Bode usesage. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by ’s Wätter chehrt

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’s Wätter chehrt Zwüsche Tag u Nacht bin i mit em Husbur gäg em Hüselmoos abe; i bi äi Rung e chline Bueb gsi. Mit hei Warlef gsetzt, un äs isch e schöni Nacht gsi. Wo mer uber e Bärg hei si, ghöre mer e Jagd. Es chlis Hüngli het gjagt. Am Morge, gäb’s Tag gsi isch, isch es schröckeligs Wätter cho. In der Regel tritt die wilde Jagd zu allen Jahreszeiten auf; aber einzelne Erzählungen weisen auch bei uns auf eine bestimmte Zeit hin, auf die „kurzen Tage", zwischen „Weihnachten und Neujahr“. Das ist kein Zufall. Vielfach nennen deutsche Sagen die zwölf langen Nächte, die Zwölften, zwischen Weihnachten und Dreikönigstag als die Zeit des Auftretens der wilden Jagd. Im Glauben klingen noch alte Erinnerungen an die Wintersonnenwende an: die Sonne hat ihren tiefsten Stand erreicht; ihre schaffende Kraft droht bösen Gewalten zu erliegen. In den langen Nächten treiben finstere Dämonen ihr Unwesen; Scharen von Geistern brausen in wütendem Sturm über die winterliche Erde hin. Aus dem Heer der Seelen löste sich, entsprechend irdischen Verhältnisen, eine Einzelgestalt ab: ein Anführer, der wilde Jäger, der Dürst, ein Reiter auf weissem Pferde, setzt sich an die Spitze der wütenden Schar, die in einzelnen Sagen gar nicht mehr Erwähnung findet. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929     Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by ’s Weierli brätsche

Source: ’s Weierli brätsche

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’s Weierli brätsche Vaters Brueder Hans het ire Nacht um ’s Neujahr ume gseh, wie Chasper u Rees, siner Nochber, 's Wasser im Weierli brätschet hei. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929 Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by „De Tüütsch“

Source: „De Tüütsch“

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„De Tüütsch“ Zur Franzosenzeit stand links von der Strasse, welche nach dem „Waggital führt, fast auf der „Aahöchi“, eine kleine Weidscheune. Dorthin wurde ein österreichischer Husar geschickt, um für die Pferde seiner Truppe Heu zu stehlen. Der Knecht, welcher eben das Jungvieh fütterte, tat, als ob er das vom Husaren geforderte hole und stieg, vom Husaren gefolgt, auf den Heuboden hinauf. Unter dem Heuloch drehte sich der Knecht blitzschnell um und stiess seinen Feind hinunter. Die Leiche warf er in den Jauchetrog und machte sich wieder an die Arbeit Unterdessen ward das aufgescheuchte Pferd des Fremden ins Lager zurückgekehrt, und zwei Husaren, Schlimmes ahnend, machten sich auf den Weg, den vermissten Kameraden zu suchen. Sie kamen auch an der Weidscheune vorbei, wurden aber hier von Meister und Knecht irregeführt. Unglücklicherweise guckte ein Soldat in den Jauchetrog und sah den Stiefel seines vermissten Kameraden aus der Jauche ragen. Die Österreicher wollten ihren Freund sofort rächen und griffen den Bauern und den Knecht an. Diese setzten sich jedoch zur Wehr und stachen die beiden Kriegsleute mit der Gabel tot. Dann begruben sie die Leichen in der Nähe. Da die Husaren schriftdeutsch redeten, nannte man jenes Stück Land, auf dem sie begraben liegen, „de Tüütsch“. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Stadt Zürich und Zürichsee Schriftliche Mitteilung von Peter Ziegler, Wädenswil, der die Sage von Landwirt Albert Haab im Steinacher, gest. 1955, erzählen hörte.   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by „D’Bassgygerstöck“ bei Frenkendorf

Source: „D’Bassgygerstöck“ bei Frenkendorf

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Im Wald nahe an der Grenze gegen das Solothurnergebiet, wo die Fluren Galgenstein und Wolfenried liegen, steht eine - früher waren es deren zwei - dicke knorrige Buche. Diesen Ort bezeichnet man als «Bassgygerstöck». Als Erklärung für diesen wunderlichen Namen erzählt man, dass anno 1499 die eidgenössischen Spielleute ihre Musikinstrumente an den beiden vielastigen Bäumen aufgehängt hätten, als sie über den Gempen nach Dornach in die Schlacht zogen. Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchen.ch


by „Hesch ghulfe jage…“

Source: „Hesch ghulfe jage…“

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„Hesch ghulfe jage…“ I ’s Sigerischte Hus, het dr Grossätti erzellt‚ si zwüsche Wiehnecht u Neujohr ihrere es Chüppeli zsämecho; dr Rabijobbi, es arms Taunermannli, wär emel au derbi gsi, dr Hänslijoggi, e Wäber us em Rubeli u so söttig. Dr ganz Obe düre hei sie gspielt. Ohni Ufhöre hei sie ufe waggelige Tisch gchnodet. Wo wieder einisch es Mol isch düre gsi, hei sie ufgha u si voruse. Im glichen Augeblick het’s afo tose; ab de Decher si Schingle gfloge, u vo de Bäume het’s Escht abdräiht. Dr Süidürscht isch ob ne dür. Do cheut er ech dänke; das het e Schrecke gä. Sie si i d’Stube gsprunge u hei si chum dörfe verrüehre. Umen eine het si nid vo dr Forcht lo ubernäh; dä isch bliebe stoh u het em Dürscht gspottet u brüelet, was zum Hals use möge het. Derno isch er zu den angere i d’Stube, het glachet u isch zum Tisch go ge hocke. Die angere si bleich u verschmeiet do gsi. Plötzlig geiht d’Türen uf; öpper bänglet es Bei ihe u rüeft: „Hescht ghulfe jage, Chascht au hälfe gnage.“ Im Augeblick gheit dä, wo het gspottet gha, vom Vorstuehl uf e Boden use un isch e Lich gsi. Jo, wäger. Ein Jäger verfolgt aber ein Wild; was für eines kommt in unsern Sagen nicht zum Ausdruck. In der letzten Sage heisst es, der Dürst werfe einen Knochen in die Stube hinein. In deutschen Sagen vernehmen wir, dass der Jäger die Holz- oder Waldweibchen jagt; am ehesten entsprechen ihnen unsere NachtlütIi‚ und in einzelnen Sagen wirft der Jäger die Keule eines Holzweibchens dem Spötter vor die Füsse. Ähnlich wie vom „Süidürscht“ erzählt man vom „Hungsdürscht“ oder vom „Vogeldürscht“. Aber das Erlebnis, welches der meist kurzen Erzählung zu Grunde liegt, tritt in der Regel deutlich hervor; eine Schar Zugvögel zieht über die Hügel und Tälchen; ihr Schreien und Rufen und das Klatschen ihrer Flügel deutet der einsam zur Nachtzeit Wandernde als den Lärm der wilden Jagd. M. Sooder, Sagen aus Rohrbach, Huttwil 1929   Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.


by „Stell di Wels!"

Source: „Stell di Wels!"

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Nach der Sage soll einer der Herren von Grasburg ein ausgezeichnetes Pferd gehabt haben, das er (wohl nicht ohne Absicht einer Anspielung auf die damals so mächtige politische Partei in Deutschland) „Wels" nannte. Einmal soll er auf einer Jagd, während er eifrig in vollem Laufe einen schönen Hirsch verfolgte, plötzlich an eine jäh abschiessende Felswand gekommen sein. Die drohende Gefahr zu spät erkennend, habe er noch laut gerufen: „Stell di Wels! " Aber das edle Thier habe nicht so urplötzlich den rasenden Lauf hemmen können und sei mit seinem Herrn hinuntergestürzt, wo man dann beide zerschmettert gefunden habe. Als Schauplatz dieses tragischen Vorfalls wird auf der alten Freiburgerstrasse die Stelle bezeichnet, wo oberhalb der Oele der Sandfels senkrecht abfällt. Quelle: J. J. Jakob, Heimathkunde des Amtes Schwarzenburg, Bern, 1869. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www. maerchen.ch


by Der Sand-Bläsi

Source: Der Sand-Bläsi

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Der Sand-Bläsi Vor vielen, vielen Jahren war im Fischenthal gut leben; denn die Handspinnerei verschaffte goldenen Verdienst, und es konnte der Fleissige und Sparsame etwas erübrigen; ein Tag fleissiger Arbeit reichte für den Unterhalt einer Woche aus. In diesen glücklichen Tagen verbreitete sich einst das Gerücht, in fernen Landen habe ein reicher Mann, namens Sand-Bläsi, eine von Wasser getriebene, mechanische Spinnerei erfunden, welche nur mit wenigen Arbeitern in vierzehn Tagen so viel Garn liefere, als die sämtlichen Spinner im Fischenthal in einem ganzen Jahre. Anfänglich wollte niemand an solch ein Wunder glauben, und als die Fabrikanten wirklich kleinern Spinnerlohn zu bezahlen anfingen, vermuteten viele Spinner, es wäre nichts weiter als eine unter den Einnehmern verabredete Sache, um den Spinnerlohn herunterzudrücken. Aber bald wurde man von der wirklichen Existenz des gefürchteten Sand-Bläsi vollkommen überzeugt. Seine Spinnerei lieferte ungemein feines Garn, wie es keinem Handspinner möglich war und zu weitaus billigeren Preisen, als es bisher zu bekommen gewesen. Woche um Woche verschlimmerte sich der Verdienst der Handspinner, bis es endlich fast unmöglich war, damit das Leben zu fristen. Die verzweifelten Spinner liessen den Sand-Bläsi bitten, Barmherzigkeit zu üben an den armen Handspinnern und sein mechanisches Geschäft nicht allzusehr zu erweitern, damit sie nicht gänzlich zu Grunde gerichtet würden. Allein der reiche Mann wusste nichts von Mitleid gegen die Armen und er errichtete bald neue, ähnliche Wasserwerke. Jammer und Not der Handspinner wurden noch grösser; während viele in ein dumpfes Träumen verfielen, erkannten andere die Grundursache ihres Unglücks in der Habgier des reichen Sand-Bläsi, der wahrscheinlich einen Bund mit dem Teufel gemacht habe. Und manche fluchten dem Sand-Bläsi in grässlichen Ausdrücken, und zwar zu mehrerer Bekräftigung um Mitternacht an den Kreuzwegen und unter Haselbüschen; in den Sternen lasen sie das schauerliche Verhängnis des Verworfenen und sahen beruhigter in die Zukunft. An einem Abend, als die Spinnräder in den Lichtstubeten zur Ruhe gestellt waren und die Spinner zu gemeinsamem Gebet auf den Knien lagen, geschah ein seltsames Zeichen: Jede Radscheibe lief von selbst „gyrend“ um den Wendelbaum, worauf es ganz still wurde. Anfänglich hielt es jede Stube für das gewöhnliche „Geisten“, wie man es immer hörte in dem Augenblicke, da im Ort jemand starb. Aber als Tags darauf aus allen Spinnstuben des Tales dasselbe berichtet wurde, war man auf etwas Ausserordentliches gespannt; es blieb auch nicht aus. Bald lief das Gerücht durchs Tal, der Sand-Bläsi werde nun seinen Lohn bekommen. Gott selber sei über ihn zu Gericht gesessen und habe zu Recht erkannt, der Sand-Bläsi habe alle seine Reichtümer zu veräussern und dann, so weit der Erlös ausreiche, in den Landen, der durch ihn verarmten Spinner herumzufahren, damit jedermann erkenne, der habgierige Sand-Bläsi sei ein Gräuel in den Augen des Herrn. Der Sand-Bläsi war so reich geworden, dass 30 Pferde erforderlich waren, um die grosse Geldlast fortzubringen. Und ein Wunder war’s , dass es ebenso vieler Pferde bedurfte, um seine schmächtige Person zu führen. Auf jedem Pferde musste ein Fuhrmann sitzen, und es musste ein ehemaliger armer Spinner sein, sonst kamen die Lasten nicht von der Stelle. Das alles verursachte grosse Kosten und das Vermögen des Sand-Bläsi erlitt schon in den ersten Tagen seiner Wanderschaft eine starke Verminderung. Während die Geldlasten täglich weniger Pferdekraft erforderten, schwerte der Sand-Bläsi um so mehr. Von seiner Fahrt wurde im Tal oft und abenteuerlich erzählt, und eines Morgens hiess es, er habe ins Baumer-Tal eingelenkt und werde bis etwa am folgenden Abend in Lenzen eintreffen. Um die Vesperzeit des folgenden Tages war dann endlich das Knallen der Peitschen im Widerhall des Schlössligubels unweit der Grenze von Fischenthal in den Spinnstuben von Lenzen leicht hörbar. Die neugierigen Spinner und Spinnerinnen eilten ihm entgegen; eben fuhr er ins Fischenthal; das war ein Schauen! An einem Wagen zogen sechzig Pferde, und die Last auf demselben war nichts anderes als der Sand-Bläsi, der zum Gerippe verdorrt in einer Ecke zusammengekauert sass. Der Wagen schien wegen der vielen nötig gewordenen Reparaturen aus lauter Eisen zu bestehen. Sand-Bläsis nur noch in wenigen Talern bestehendes Vermögen trug ein ehrlicher Spinner, neben dem Wagen einhergehend, nach. Der Zug bewegte sich sehr langsam, als wäre ein Berg fortzuschleppen; unaufhörlich musste gemännt und geknallt werden. Helleuchtend kam der Mond hinterm Waldsberg herauf, als der Sand-Bläsi im Lenzen einfuhr. Immer langsamer ging’s; die Pferde dampften vor übermässigter Anstrengung; um die kleine Summe seines Vermögens wurde noch Futter für dieselben hergeschafft. Der Zug näherte sich jetzt dem Rabengubel (hohe, graue, dünnbebuschte Felsen oberhalb dem Lenzen, links der Töss). Gab dieser von jeher allen, die ihn laut anriefen, ein gar holdseliges Echo und blieb keine Antwort schuldig, so redete er vornehmlich an diesem Abend überaus laut und kräftig. Von Fuss bis Haupt vom Monde beleuchtet, stand er wie ein gespenstiger Riese da, und ihm drohte der Sand-Bläsi fast die Füsse abzukarren; das schien Runzeln zu erzeugen auf seiner Stirn. Jetzt, hart an seinem Fusse, stockte der Zug. Schauerlichen Tones kam eine Stimme aus dem Wagen, vor dem sich die Menge der Zuschauer zurückzog und sich am rechten Ufer der Löss, in den Stöcken postierte. Abermals und schauerlicher kam die Stimme aus dem Wagen: Der Sand-Bläsi flehte‚ es möchte die Fuhrmannschaft doch das äusserste versuchen, um die Fahrt fortzusetzen. Mitleidig gehorchten sie; ein Männen, Klatschen und Knarren erhob sich, dass die Felsen bebten; donnernd redete der Rabengubel drein. Die Fahrt blieb im Stocken. Zum drittenmal kam ein flehendes Getöne aus dem Wagen; dann neues Rufen, Knallen und Knarren. Da schüttelte der Rabengubel zornig sein Haupt und schleuderte einen mächtigen Felsblock auf den Sand-Bläsi herunter, unter dem dieser die Augen schloss. Noch lange nachher glaubte man nachts in den Stöcken einen schwer beladenen Wagen die Töss hinauffahren zu hören; man vernahm ein krachend Getöse wie in den Eingeweiden des Rabengubels und es schien etwas herunterzustürzen und war doch nichts, und alles war wieder mäuschenstill. Quelle: K. W. Glaettli, Zürcher Sagen 1970, Oberland Wörtlich aus Stauber, S. 57; VB, 1. 11. 1916. Senn, Bilder, bezeichnet diese Geschichte bereits als Volkssage. Die Chronik von Fischenthal weist darauf hin, dass 1805 in der aufgehobenen Abtei St. Blasien im Schwarzwald eine grossse mechanische Spinnerei eingerichtet wurde. - Der Bergsturz bei Lipperschwändi fand tatsächlich statt, und zwar am 2. Hornung 1827. Die Motive der Sage sind also aus drei Quellen zusammengeflossen: 1. aus der Spinnernot am Ende des 18. Jahrhunderts, 2. aus der Tatsache der mechanischen Spinnerei in Sankt Blasien, die seit 1805 die Handspinner konkurrenzierte, 3. aus dem Felssturz von 1827 an der Fischenthalergrenze. Senns: „Bilder“ erschienen 1850, und wenn darnach die Geschichte vom Unglücksbringer Sand Bläsi schon eine Volkssage war, blieb für deren Bildung der knappe Zeitraum von 20 Jahren. St. Blasius, „Sand-Bläsi“, Heiliger und Märtyrer, Bischof von Sebaste in Kappadozien, 316 eingerichtet, hat mit der Sage im Grunde nichts zu tun. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchen.ch.